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Goethe-Jahrbuch.
Herausgegeben
VON )~ ^^ '''■ '^ y
Ludwig Geiger.
Siebzehnter Band.
Mit dem elften Jahresbericht
DER
Goethe-Gesellschaft.
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Frankfurt a/m.
iTeRÄRiscHE Anstalt
RCTTEN dt LOENING.
1896.
Goethe-Jahrbuch.
Herausgegeben
VON ^~ (^' /' '^ '/
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Ludwig Geiger.
Siebzehnter Band.
Mit dem elften Jahresbericht
DER
Goethe- Gesellschaft.
Frankfurt a/m.
Literarische Anstalt
RüTTEN & LoENING.
1896.
Goethe-Jahrbuch.
Herausgegeben
VON ^~ •"' '^ '/
Ludwig Geiger.
Siebzehnter Band.
Mit dem elften Jahresbericht
DER
Goethe- Gesellschaft.
Frankfurt a/m.
Literarische' Anstalt
RüTTEN & LoENING.
1896.
Goethe-Jahrbuch.
Herausgegeben
VON j ~ ^ '' '" '■'
Ludwig Geiger.
Siebzehnter Band.
Mit dem elften Jahresbericht
Goethe- Gesellschaft.
Frankfurt a/m.
Literarische Anstalt
RüTTEN & LoENING.
1896.
Mit drei Lichtdrucken
VON Leonardos Abendmahl
NACH DEM Original
UND DEN COPIEN VON MAGNUS UND MORGHEN,
SOWIE EINEM FaCSIMILE
DES ERSTEN ParALIPOMENON ZU GoETHES FaUST.
Druckerei von August Osterriet h in Frankfurt a. M^
Vorwort.
|l|em vorliegenden Band ist kaum etwas Anderes vor-
anzustellen als der übliche und stets gern geübte
Dank an Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin
von Sachsen für die dem Jahrbuch gewahrte Ueberlassung
wichtiger ungedruckter Stücke aus dem Goethe- und Schiller-
Archiv und für ertheilte Erlaubniss der Reproduction von
Goethes Handschrift (vgl. zu S. 209 fg.).
Die andere aus drei Tafeln bestehende Kunstbeilage
stammt diesmal nicht aus Weimars Schätzen. Sie bezieht
sich auf einen einzelnen Aufsatz (S. 138 — 156) und erhält
durch diesen ihre genügende Erklärung.
Grade dieser Aufsatz gibt den erwünschten Anlass
darauf hinzuweisen, dass unter den Mitarbeitern dieses
Jahrbuches nicht nur die eigentlichen Fachmänner, Ger-
manisten und Goethephilologen, die, wie billig die erste
Stelle einnehmen, vertreten sind, sondern dass mit ihnen
sich Kunst- und Musikhistoriker, Anglicisten, classische
Philologen und Historiker vereinigen. Wie im vorigen
Bande ein Italiener eine ausführliche Darlegung brachte,
so ergreift in diesem ein Engländer das Wort.
IV V^ORWORT.
Ein solch friedlicher Wettstreit von Vertretern mannig-
facher Disciplinen und verschiedener Nationen gibt die
frohe Gewähr von der immer grössern Beachtung, die
unsere Studien finden. Möge es dieser Sammlung vergönnt
sein, die Resultate dieser fröhlichen Arbeit noch lange weit-
hin zu verkünden.
Berlin, im Mai 1896.
W. 50, Schaperstrasse 8.
LUDWIG GEIGER.
Inhalt.
Seite
I. Neue Mittheilungen:
I. Mittheilungen aus dem Goethe- und Schiller-Archiv.
1. Betrachtungen über ein dem Dichter Goethe in seiner
Vaterstadt zu errichtendes Denkmal. Herausgegeben
von J. Wähle 3
2. Ueber Kunst und Handwerk. Herausgegeben von
O. Harnack 13
3. Ueber die Gegenstände der bildenden Kunst. Heraus-
gegeben von O. Harnack 16
4. Ueber strenge Urtheile. Herausgegeben von O. Harnack 19
5. Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. Nebst
einem Briefe Brinckmanns an Karoline von Wolzogen.
Herausgegeben von Albert Leitzmann 30
6. Briefe Fr. Tiecks an Goethe. Herausgegeben von Ludwig
Geiger 45
7. Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe.
Herausgegieben von Hans Gerhard Graf 58
Materialien aus dem Goethe- und Schiller- Archiv sind ferner be-
nutzt in der Abhandlung von Graf (S. 7J — 105) und in der Miscelle
von Manning (S. 209 — 214).
II. Besuch des Freiherrn Ludwig Low von und zu
Sleinfurt bei Goethe am 3. October des Jahres
1829. Von Friedr. Otto 62
IL Abhandlungen.
1. Hans Gerhard Graf, Heinrich Voss der Jüngere und
sein Verhältniss zu Goethe und Schiller 75
2. Richard M. Meyer, J. P. Eckermann 105
3. Georg Witkowski, Der Erdgeist im Faust, Gespräch
zweier Goethefreunde 122
4. Josef Strzygowski, Leonardos Abendmahl und Goethes
Deutung . . . . . . . . . 138
5. J. Schipper, Ueber Goethes Sonette 157
VI Inhalt. ...
Seite
6. Max Friedlaender, Goethes Gedichte in der Musik 176
7. Veit Valentin, Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu
Frankfurt 195
III. Miscellen, Chronik, Bibliographie.
I. Miscellen.
A. Einzelnes zu Goethes Leben und Wirken.
1. Zu Faust.
a. Zur Chronologie des ersten Paralipomenon zu
Goethes Faust. Von Eugen W. Manning . . 209
b. Die mittelalterliche Ritterburg im 2. Theil, Act III.
Von A. Baumeister 214
c. Höchst. Von A. Baumeister 218
d. Der Kampf mit dem Meere in Goethes zweitem
Faust. Von Rudolf Fürst 219
e. Zum historischen Faust. Von H. Heidenheimer 222
2. Zur Entstehungsgeschichte von Goethes Singspiel
»Erwin und Elmire«. Von W. Martinsen . . . 222
3. Zur letzten Kleidung Egmonts. Von Theodor Distel 224
4. Zum Epimenides. Von Ottokar Lorenz .... 225
5. Berlin und die Xenien. Von Ludwig Geiger . . 230
6. Die schwimmenden Inseln im Megaprazon. Von
Bernhard Seuffert 234
7. J. M. Tesdorpf. Von Ludwig Fränkel .... 236
8. Zu Goethes Briefen an Schadow. Von Ludwig Geiger 238
9. Ungedrucktes aus Autographencatalogen. Von Ludwig
Geiger 239
10. J. G. Schlosser über Goethe 1772. Von Carl
Schüddekopf 240
11. Karl Matthaei über seinen Besuch bei Goethe. Von
Heinrich Funck 241
12. Maria Mnioch und ihre Urtheile über deutsche
Dichter, besonders Goethe. Von Daniel Jacoby . 242
13. Stegmayer an Goethe. Von Ludwig Geiger . . 249
14. Goethe und die Wartburgfeier. Von Alfred Stern 250
15. S. Munk bei Goethe. Von Ludwig Geiger. . .251
16. Eichstädts Gedächtnissrede auf Goethe. Von Paul
Weizsäcker 251
1 7. Eduard Mörike über den Briefwechsel zwischen Schiller
und Goethe, Von Rüd. Krauss 255
18. Aus Bauernfelds Tagebuch. Von Ludwig Geiger 258
19. Eckermann an eine Schauspielerin. Von Ludwig
Geiger 260
B. Nachträge und Berichtigungen zu BaadI, I\\ V, XV, XVI 262
__^ Inhalt. VII
II. Chronik. Seite
A. Nekrologe 266
B. Verschiedenes 273
III. Bibliographie.
I. Schriften.
A. Weimarer Goethe-Ausgabe 279
Bericht der Redactoren 280
B. Ungedrucktes.
Briefe, Literatur, Neue Ausgaben, Gespräche. . . 288
C. Neue Ausgaben der Werke 288
D. Einzelschriften und Erläuterungen.
1. Allgemeines. Bibliographisches. Sprachliches.
Metrisches 289
2. Dramen 289
5. Gedichte 292
4. Prosaschriften 293
E. Uebersetzungen 294
IL Biographisches.
A. Allgemeines 295
B. Biographische Einzelheiten 295
C. Goethes Verwandte 296
D. Goethes Verhältniss zu seinen Freunden und Nach-
folgern 297
E. Stellung zur Wissenschaft und Kunst 298
F. Notizen von Zeitgenossen über Goethe 299
IIL Verschiedenes.
A. Bilder und Statuen, Gedenkplätze, Sammlungen . 299
B. Dichtungen über Goethe, Compositionen, Parodien,
Illustrationen, Nachdichtungen Goethischer Werke. 300
Register 302
Goethes West- östlicher Divan. Von Konrad Bürdach. Fest-
vortrag, gehalten in der 1 1. Generalversammlung der Goethe-
Gesellschaft am 30. Juni 1896 i*— 41*
Elfter Jahresbericht der Goethe-Gesellschaft.
Mitglieder- Verzeichniss.
L Neue Mittheilungen.
Goethe-Jahrbuch XVII.
I. Mittheilungen aus dem Goethe-
UND Schiller -Archiv.
I. BETRACHTUNGEN ÜBER EIN DEM DICHTER
GOETHE IN SEINER VATERSTADT ZU ERRICH-
TENDES DENKMAL.
Es begegnet gar oft, dass ein wichtiges Geschäft, wenn
gleich vor seinem Angriff wohl überlegt, doch im Verfolg
einen andern Gang nimmt, der bedenklich werden könnte.
Es ist daher wohlgethan, von Zeit zu Zeit rückwärts zu
schauen, um, indem wir sehen woher wir gekommen,
sicherer zu beurtheilen wohin wir gehen. Es sey erlaubt
in gegenwärtigem Falle eine solche Vorsicht zu brauchen,
und in so weit die Entfernung vom Orte es zulässt, ein
vielleicht nicht durchgängig begründetes doch wohlge-
meintes Wort auszusprechen.
Der erste, aus freundschafthchsten Gesinnungen vor-
züglicher Landsleute, als deren Organ wir Herrn S. Boisser^e
auftreten sehen, vor einigen Jahren entsprungene, von dem
Dichter dankbarlichst anzuerkennende höchst ehrenhafte
Vorschlag, ging auf eine massige, abgeschlossene Zelle,
errichtet in einer heitern, freyen Gartenanlage. Aus diesem
Wenigen geht schon hervor, dass etwas beabsichtigt war,
was, ohne ausserordentlichen Aufwand, in irgend einer Park-
anlage möchte auszuführen seyn. Der hiezu gewählte Ort
war die Mühlau, ein zwischen zwey Wassern gelegenes
Weidig.
Nkue Mittheilungen.
Seit jener Zeit des ersten Gedankens und Entwurfes,
hat sich in der unmittelbarsten Nachbarschaft gar viel ver-
ändert, denn der Schneidewall ist niedergerissen, man hat
ein schönes Ufer, mit einer Reihe prächtiger Häuser gegen-
über erbaut und von dem St. Gallen -Quartiere her bildet
sich auch bereits eine herrliche Strasse, die gerade nach
der Insel führt, so dass man, entlang derselben gegen den
Ma3ni zugehend, das Denkmal immer vor Augen hatte.
Hiernach lässt sich nun recht gut begreifen, wie die
umsichtigen Frankfurter Freunde jenes erste, bescheidene
Denkmal für zu kleinlich halten und grösseren architek-
tonischen Unternehmungen sich zuw^enden mussten. Eine
mächtigere Substruction erschien als nothwendig, auf dieser
ein bedeutender Sockel, und, um das Ansehn des Gebäudes
zu vervollkommnen, ein Säulengang um die Zelle. Sodann
allem diesen gemäss, eine Statue statt der Büste.
Nun sey es vergönnt einiges Bedenken bei einem so
wichtigen Geschäfte zu äussern. Das Local selbst, wenn
es sich auch gegenwärtig einer bedeutenden Nachbarschaft
erfreut und nicht für so abgelegen, als sonst, gehalten
werden kann, bleibt doch immer ein schmaler Inselstreif
zwischen zwey Wassern. Nun soll, nach dem mitgetheilten
Entwurf, die hohe und breite Substruction bis in den Fluss
reichen, wo sie ohne entstellende Eisbrecher kaum bestehen
könnte.
Fügen wir noch eine Bemerkung hinzu! Schon vor
mehreren Jahren hat man weisHch an diesem Orte eine
heilsame Schwimm- und Badeanstalt angelegt. Ob diese,
bey so nahe herangerückten Wohngebäuden, ferner bestehen
könne, lässt sich ohne Local-Kenntniss nicht beurtheilen,
dass sie aber dem vorgeschlagenen Gebäude weichen
müssten, leidet wohl keinen Zweifel: denn sie würden
einem schätzbaren Theile des Publikums, gerade in der
schönsten Jahrszeit einige Scheu vor unsern Lusträumen
einflössen.
Ein Säulengang in nördlichen Gegenden ist kaum an-
zurathen. Die Säulen, aus Sandstein zusammengesetzt,
würden an der Wetterseite gar bald leiden und mit uner-
freulichen Reparaturen bedrohen. Wie wenig dergleichen
Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 5
aufrecht zu erhalten sind, deutet der zum Muster genommene
Tempel der Vesta selbst, dessen Säulenweiten im Verlauf
der Zeit zugemauert worden; ein Schicksal das dem be-
absichtigten Gebäude früh oder spät bevorstehen könnte.
Denke man sich nun den Schnee der sich in diesem Umgang
um die Zelle legen würde, den Schnee der die projectirten
Stufen des Sockels füllen müsste und erinnere sich, dass
alle noch so gut gefugte, der Witterung offen liegende
Quadersteine durch den Frost unwiderstehlich auseinander
getrieben werden, so wird man noch grössere Besorgniss
empfinden.
Die Zelle selbst, von oben erleuchtet, ringsum ver-
schlossen, dürfte zu keiner Jahreszeit einen erfreulichen
Aufenthalt gewähren; dem jedesmal verlangenden Beschauer
augenblicklich geöffnet, kann sie nur eine Kellerluft ent-
gegen schicken und wäre im Sommer vielleicht nur wenige
Monate durch ein erfreulicher Aufenthalt, im Winter ganz
unzugänglich.
Wem der Weltlauf, die Ereignisse alter und neuer Zeit
gegenwärtig sind, der darf bey einem solchen Werk auch
wohl an spätere, seltene, unerfreuliche Fälle denken. Ein
so einzeln stehendes Gebäude möchte in Friedenszeiten viel-
leicht unangetastet bleiben, aber bey Kriegsunruhen dürfte
die bronzene Thüre, als angreifische Waare, vor Freund-
und Feindeshänden schwerlich sicher seyn.
Wenden wir uns nun zu einem, unsere Meynung vorzüg-
lich begünstigenden Argumente ! Damals als diese Unterneh-
mung zuerst zur Sprache kam, war die Bibliothek noch nicht
gegründet, jetzt ist sie es; warum sollte man nicht, wenig-
stens vorschlagsweise, seine Gedanken dorthin wenden.^
Man hat dem Dichter eine Statue votirt; einem Deut-
schen ist diese Ehre noch nicht widerfahren; bey Nachbar-
Nationen kommt es eher vor: Pigal reiste nach Ferney
um seine Vorarbeiten zu einer nachher ausgeführten Marmor-
Statue Voltaires zu unternehmen; dergleichen mehrere Bey-
spiele sich auch wohl anführen Hessen. Bey dem neuen
Bibliütheksgebäude nun wird Grund und Mauer, Dach und
Fach vorausgesetzt, Säle aller Art; dorthin bringe man die
Statue, dorthin, wo alle Literatur, also auch die schöne, zu
Neue Mittheilungen.
Hause ist, wo die Wissenschaften zu Hause sind, denen der
Dichter die Mannichfaltigkeit seiner Productionen schuldig
geworden.
Denkt man sich nun jenes am herrlichsten Ort gelegene,
gewiss durch die Baumeister trefflich angelegte und ausge-
führte, mit gelehrten Schätzen ausgestattete und bereicherte
Locale, so wird ihm eine Bildsäule zum Schmuck gereichen
und sie sich wechselseitig von dem Orte geehrt sehen.
Kommt nun noch hinzu dass diese Räume schon in Custodie
und Aufsicht gegeben, von allea Fremden ohnehin besucht
werden, dass sie regelmässig eröffnet sind, dass dort Zu-
sammenkünfte der Belesensten, Wissenschaft Liebenden,
Gebildeten sich von selbst ergeben; so wird man den Gegen-
satz gar lebhaft empfinden gegen jenen Fall, wo einzelne
Personen, allenfalls kleine gesellige Panhien, sich ein be-
schränktes, unbewohntes, ausser einigen, obgleich schätzens-
werthen Bildwerken nichts darbietendes Locale, nach einer,
• wenigstens bey gewissen Jahres- und Tageszeiten, müh-
seligen Wallfahrt aufschliessen lassen.
Ersparte man nun jenen grossen eigentlich incalcu-
lablen architektonischen Aufwand, so wäre man sicher mit
einer allenfalls billig zu erwartenden Beytrags-Summe aus-
zureichen, und man könnte mehr an das Plastische wenden.
Noch eine Hauptbetrachtung aber tritt uns hier entgegen,
dass man nämlich auf diesem Wege Anlass gewinnt, ja
aufgefordert wird in derselben Localität verdienten Männern
der Vaterstadt gleichfalls Ehre zu erweisen, welches auf
gar mannichfaltige Art geschehen kann.
Nehmen wir also an dass man sich mit der Behörde,
welcher das Bibliotheksgeschäft obliegt, vereinigen könnte,
so geht unser Votum dahin: irgend einen Saal plastisch
auszuschmücken und eine sitzende Statue von Rauch, dem
allgemein anerkannten talent- und kunstvollen Bildhauer der
schon eine glückliche Büste des Dichters verfertigte, dort
aufzustellen.
Was die Basreliefs betrifft so wären aus den Werken
des Dichters, ohne Unterschied, solche Momente auszuziehen
die dem Bildhauer am günstigsten sind.
Betrachten wir nun auch die Sache von der sittlichen
Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 7
Seite, bedenken dass durch die Ausführung unseres Vor-
schlags das Missgefühl sogleich getilgt würde, das wohl
aufkeimen könnte, wenn eine solche Auszeichnung aus-
schliesslich und einzig bleiben sollte. Ja man darf nicht
ganz läugnen : das projectirte Monument scheine das Maass
zu überschreiten, die Ehre, die man einem Einzelnen er-
weisen darf.
Auch müssten wir uns sehr irren, wenn nicht in einem
Theile des Publikums schon einiges Missfallen zu bemerken
wäre. Fromme Seelen sehen etwas Heidnisches, dem
Götzendienst Ähnliches, in dieser Anstalt, welches ihnen
kaum zu verargen ist; durch unsern Vorschlag aber wird
alles geschlichtet und versöhnt; ja Nemesis würde den ein
so übergrosses Glück Erlebenden nicht zu denaüthigen haben
und er sich zugleich höchst geehrt und freundlich beruhigt
fühlen.
Weimar den 21. May
1821.
Im zweiten Theil der »Wahlverwandtschaften« findet man
ein merkwürdiges Gespräch über die Errichtung von Denk-
mälern. Charlotte hatte die Grabhügel abtragen und den
ganzen Kirchhofsplatz ebnen lassen; die Monumente waren
von ihrer Stelle genommen worden un^ hatten an der Mauer,
an dem Sockel der Kirche Platz gefunden. Dagegen erhebt
der Vertreter einer benachbarten Familie, die sich Grabstätten
auf diesem Friedhof ausbedungen hatte, Einsprache. Charlotte
vertheidigt ihr Werk und der junge Architect unterstützt sie
mit künstlerischen Argumenten.
»Der Baukünstler, der Bildhauer sind höchlich interessirt,
dass der Mensch von ihnen, von ihrer Kunst, von ihrer Hand,
eine Dauer seines Daseins erwarte; und desswegen wünschte
ich gut gedachte, gut ausgeführte Monumente, nicht einzeln
und zufällig ausgesäet, sondern an einem Orte aufgestellt,
wo sie sich Dauer versprechen können.« In den Kirchen
oder in schönen Hallen um die Begräbnissplätze seien Denk-
zeichen, Denkschriften aufzurichten. Auf Charlottens Vorwurf,
dass die Künstler zu sehr an der engen Form eines klein-
lichen Obelisken, einer abgestutzten Säule oder eines Aschen-
krugs haften blieben, erwidert er die gewichtigen Worte:
»Was Entwürfe zu Monumenten aller Art betrifft, deren habe
ich viele gesammelt und zeige sie gelegentlich; doch bleibt
immer das schönste Denkmal des Menschen eigenes Bildniss.
8 Neue Mittheilungen.
Dieses gibt mehr als irgend etwas anders einen Begriff von
dem was er war ; es ist der beste Text zu vielen oder wenigen
Noten : nur müsste es aber auch in seiner besten Zeit ge*
macht sein, welches gewöhnlich versäumt wird. Niemand
denkt daran, lebende Formen zu erhalten, und wenn es ge-
schieht, so geschieht es auf unzulängliche Weise. Da wird
ein Todter geschwind noch abgegossen und eine solche
Maske auf einen Block gesetzt, und das heisst man eine Büste.
Wie selten ist der Künstler im Stande sie völlig wieder zu
beleben!« Und in einem kleinen Aufsätzchen, »Denkmale«
überschrieben, das zuerst in seinen nachgelassenen Schriften
gedruckt ist (Hempel 28, 423 f.), beklagte Goethe , dass er
die Deutschen in ihrer Neigung Freunden und Abgeschiedenen
Denkmale zu errichten, auf falschem Wege sehe, da sie zu
diesem Zwecke abgestumpfte Säulen, Vasen, Altäre, Obelisken
und ähnliche bildlose allgemeine Formen verwendeten, während
doch das beste Monument des Menschen der Mensch selbst
sei. »Leider tritt noch ein anderer Fall ein. Man denkt an
ein Denkmal gewöhnlich erst nach dem Tode einer geliebten
Person, dann erst, wenn ihre Gestalt vorübergegangen und
ihr Schatten nicht mehr zu haschen ist.« Alle architectoni-
schen Monumente erklärt er für bedenklich, weil sie, »vom
Wetter, vom Muthwillen, vom neuen Besitzer zerstört und,
«o lange sie stehen, durch das An- und Ein kritzeln der Namen
geschändet werden.«
Goethe selbst war der erste deutsche Dichter, den seine
Freunde und sein Volk durch Errichtung eines Denkmals
ehren wollten. Bei dem Festmahl, das Frankfurter Verehrer
des Dichters zu seinem 70. Geburtstage veranstalteten, tauchte
der Gedanke auf, dem noch Lebenden ein Denkmal in seiner
Vaterstadt zu weihen. Sulpiz Boisseree war es, der die An-
regung gab, der einem zur Durchführung derselben gestifteten
Verein einen Entwurf unterbreitete und der, gleichsam als
Sprecher dieser Genossenschaft, sich mit Goethe darüber ins
Einvernehmen setzte. ' Sein Wunsch war, das Denkmal »höchst
massig und einfach, aber auch höchst gediegen und edel,
und so einigermassen in dem Sinne zu halten, den der Dichter
als Kunstfreund stets an den Tag gelegt hat.« (S. Boisseree 2, 266.)
Der Plan war folgender. * In der Umgebung von Goethes
Vaterstadt sollte in freier, oflfener Landschaft, auf einem Hügel
in einem Garten, ein eigenes Haus errichtet werden, einfach,
rund, von oben beleuchtet, von aussen mit Säulen umgeben;
' Vgl. S. Boisseree 2, 266 ff., Christian Daniel Rauch von Friedrich
und Carl Eggers 2, 305 ff. und Rauch und Goethe, Urkundliche Mit-
theilungen von Carl Eggers.
'vgl. Das Goethe-Denkmal in Frankfurt am Main. Frankfurt
a. M. 1844.
Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 9
aus der Thtire sollte man einen Ausblick haben auf den
Main, die Stadt und die ganze Landschaft. Das Gebäude
sollte aus Quadern errichtet, die inneren Wände sollten mit
gelbem Stuckmarmor tiberzogen werden. Eine Bank aus
weissem Marmor sollte den sinnenden Beschauer zur Ruhe
einladen, oben sollten Gesims und Fries aus demselben Stoff
den Abschluss bilden. Die Kuppel sollte ausgemalt, der Boden
mit weissem und dem übrigen entsprechenden farbigen Marmor
eingelegt, die Thüre von Erz verfertigt werden. Als Ver-
zierung des Aeusseren war bestimmt : ein Kranz von Eichen-
laub, der unter dem Gesimse das Ganze umgäbe, an den
Thürflügeln einerseits eine brennende Lampe, -anderseits ein
Oelzweig, in erhabener Arbeit, und über der Thüre eine In-
schrift mit ehernen Buchstaben : »Dem Andenken von Goethe.«
Als Verzierung des Innern war in Aussicht genommen ein
rund umlaufender Fries mit Darstellungen aus Goethes Werken
in halberhabener Arbeit. Am vortheilhaftesten wäre es, meint
Boisser^e, der Verfasser des Entwurfs, hier ein Werk für alle
gelten zu lassen ; das könnte am besten durch die Wahl von
Hermann und Dorothea erreicht werden. Die durchgehende
Beziehung auf das Vaterland und die ereignissvolle Zeit, die
der Dichter erlebt hatte, schienen das Gedicht zu dem ge-
setzten Zweck am geeignetsten zu machen. Von anderen
Werken des Dichters, wie Werther, Faust, Iphigenia, brauchten
nur die Namen in ehernen Buchstaben an den Wänden an-
gebracht zu werden. Auf einem durch Stufen erhöhten Boden
sollte das Brustbild aufgestellt werden, auf einem einfachen
Untersatz, an dem der Harfner und Mignon, in halberhabener
Arbeit, eine schöne bedeutsame Verzierung bilden würden.
Als Verzierung der inneren Thürflügel waren ebenfalls Lampe
und Oelzweig in Aussicht genommen. In der Kuppel sollten
vier schwebende Genien auf himmelblauem Grunde Kränze
über dem Haupte des Dichters emporhalten : die Genien der
Natur, der Liebe, der Poesie und der Unsterblichkeit. »Es
würden dadurch die grossen Gaben bezeichnet, die den Dichter
schmücken und der höchste Lohn, der ihm zu Theil wird;
zugleich würde darauf hingedeutet, dass die wahren Gaben,
wie der wahre Lohn, nur von oben kommen, und so erhielte
das Ganze eine Beziehung auf Denjenigen, der über aller
menschlichen Grösse thront.«
Dieser Entwurf entspricht vollständig dem künstlerischen
Charakter jener Zeit. Ein feingebildeter gelehrter Kenner, dem
die schaffende Phantasie völlig mangelt, setzt aus dem reichen
Vorrath seiner architectonischen Kenntnisse Steinchen zu-
sammen, um einen Bau für die Ewigkeit zu errichten. Wie
lange hätte sich dieses aus dem Verstand zurechtgezimmerte,
künstlich stilisirte Gebäude vor dem Vorwurfe künstlerischer
10 Neue Mittheilungen.
Langweiligkeit wahren können? In diesem Raum wäre nicht
Platz gewesen für ein lebensvolles, den modernen Geist
Goethes abspiegelndes Denkmal, sondern nur für eine kunst-
voll aber unlebendig drapirte und stilisirte Nachahmung der
Antike.
Goethe hatte kurz vorher, in den Jahren i8i6— 1818,
bei Schadows BlUcherstandbild für Rostock, dem Künstler
mit seinem Rathe zur Seite gestanden. Dass dem Helden
dieses Denkmal noch zu seinen Lebzeiten aufgerichtet werde,
fand er »bedeutend und angenehm.« »Der Deutsche ist eigent-
lich nicht gewohnt bei Lebzeiten Ehre zu geben und zu
empfangen, es ist eine gewisse löbliche Scheu in ihm, die er
nicht leicht überwindet, weshalb wir ihn auch nicht tadelns-
werth finden wollen« (Brief an v. Preen 7. Oct. 1819, Rau-
mers Histor. Tasch'enbuch 4. Folge, 3. Jahrg. 1862, S. 400).
Goethe selbst hatte diese Scheu; was man in Frankfurt mit
ihm vorhatte, erschien ihm mehr, als eine »bescheidene Be-
trachtung der Resultate seines Lebens« zuliess ; und er rieth,
damit Nemesis nicht aufgerufen werde, mit bescheidener Sorg-
falt zu Werke zu gehen.
In Frankfurt hatte man Dannecker, den Schöpfer der
grandiosen Schillerbüste, für das Denkmal, Thorwaldsen für
die Reliefs aus den Dichtungen in Aussicht genommen.
Dannecker sollte nach Weimar kommen um Goethes Büste
nach dem Leben zu schaffen. Aber, wendet Goethe ein,
»sollte es nicht etwas bedenklich sein, einen Bildhauer dahin
zu senden, wo er keine Formen mehr findet? wo die Natur
auf ihrem Rückzug sich nun mit dem Nothwendigen be-
gnügt, was zum Dasein allenfalls unentbehrlich sein möchte;
wie kann dem Marmor ein Bild günstig sein, aus dem die
Fülle des Lebens verschwunden ist?« (S. Boisser^e a. a. O.
S. 270.) Danneckers Reise verzögerte sich in Folge schwerer
Krankheit seiner Frau, und unterblieb aus diesem Grunde
vollständig. Goethe lenkt die Aufmerksamkeit auf Rauch und
erbietet sich, ihn bei sich aufzunehmen. »Ich würde über
diese Angelegenheit wie bisher geschwiegen haben, träte nicht
ein Stillstand ein, dem Sie selbst keinen Rath wissen; die
Schnepfe des Lebens schwirrt vorbei, ein guter Schütze muss
sie eilig fassen.« (Boisser^e S. 287.) Und schon 4 Wochen
darnach, im August 1820, ist Rauch bei Goethe, und es
entstand jene berühmte Büste, von der Goethe selbst ge-
stand, dass ihre Behandlung wirklich grandios sei. Auf Rauch
war man übrigens auch in Frankfurt gekommen.
Es hatte den Anschein, dass sich die Angelegenheit rasch
entwickeln wollte. Die Pläne zu dem Gebäude wurden fertig-
gestellt, Thorwaldsen hatte sich zur Lieferung der Basreliefs
bereit erklärt. Auch der Platz für die Anlage war bereits
Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. II
bestimmt: die am südwestlichen Ende der Stadt gelegene
Mühlinsel. Boisser^e legt Goethe die Topographie des Platzes
eingehend dar und schildert ihn als fiXr das Denkmal höchst
geeignet (a. a. O. S. 289). Er bittet Goethe um ein offenes
Urtheil, insbesondere über den neu aufgetauchten Plan, den
Bilderkreis für die Reliefs auch noch auf andere Werke des
Dichters auszudehnen, wofür er Scenen aus Werther, Götz,
Faust, Iphigenie und Tasso vorschlägt. Diesem letzten Vor-
schlag gibt Goethe seine Zustimmung, aus rein künstlerischen
Gründen, aber eines Urtheils über die ganze Anlage enthält
er sich noch. Durch die Ungunst der politischen Verhältnisse
war aber die ganze Sache ins Stocken gerathen ; und ausser-
dem schwankte der Denkmalsverein, ob er eine colossale
Büste oder eine Statue bestellen solle. In Weimar hatte man
sich eingehend mit dem vorgelegten Plane beschäftigt; die
ganze Anlage war, wie aus den oben mitgetheilten Ansichten
Goethes über Denkmäler einleuchtet, durchaus nicht nach
seinem Geschmack. Und er tritt jetzt mit einem neuen Ein-
wurf hervor, der wohl geeignet war, die Ausführung noch
fraglicher zu machen; er stellte die Frage, ob man nicht
besser thue, das Denkmal mit der neugegründeten Bibliothek
in Verbindung zu bringen. »Die Sache kam bei uns zur
Sprache, als ein Abdruck des Auf- und Grundrisses eintraf
und man über die Ungeheuern Vorkosten erschrak die eine
solche Mo/es erfordern würde. Zurückhalten will ich nicht,
dass ich von Anfang her dasselbe Bedenken trug und mir
der abgelegene, feuchte Ort keineswegs gefallen wollte; ich
schwieg aber^ um in die gute Absicht keine Störung zu
bringen.« Die Sache sei von grosser einziger Wichtigkeit,
»und da ich noch erlebe, was nicht leicht jemand erlebt, so
seh ich mich an als einen Theilnehmer, der seine Stimme gar
wohl zu einer solchen Angelegenheit geben darf.« (23. April
182 1, a. a. O. S. 306 f.) Die Frankfurter wollten aber von
dem einmal gefassten Plane nicht abstehen, da sie glaubten
durch den Bau eine Verschönerung ihrer Stadt zu gewinnen.
Auch Boisser^e verblieb dabei, ohne auf Gqethes Auseinander-
setzungen direct zu antworten. Das mochte wohl Goethe
reizen in einem etwas schärferen Tone seine Bedenken noch-
mals zusammenzufassen. Er schreibt am 24. Mai 182 1 (a.a.O.
S. 310): »Die vorausgesehenen und Ihnen verkündigten Con-
testationen sind wirklich eingetreten und verschiedene nicht
ganz erfreuliche Discussionen entstanden. Alles ausser meiner
Gegenwart. Da sich indessen der Streit wo nicht zu ver-
bittern, doch zu verwirren schien, so gab ich den Wunsch
zu erkennen, dass alles Gesprochene eiligst möchte redigirt
werden, und versagte nicht meine Einwirkung. Was entstanden
liegt hier bei, und es möchte dem Freunde wahrscheinlich
12 Neue Mittheilungen.
nicht unangenehm sein, da er selbst den unmässigen Bauplan
nicht billigen kann. So viel hab' ich gehört, dass der Vor-
schlag, wie er hier liegt, mehrere Geister und (remüther schon
für sich gewonnen. Ich bitte daher, ihn selbst zu prüfen, und
in so fern sie ihm beistimmen, Ihre Entfernung und sonstige
Verhältnisse es erlauben, freundlich mitwirken möchten.« Das
Resultat jener Weimarischen Besprechungen, die mit Heinrich
Meyer und dem Canzler von Müller in erster Linie statt-
gefunden haben (vgl. Goethes Tagebücher Mai 182 1), ist
voranstehender Aufsatz, der sich in einer Niederschrift von
Johns Hand in Goethes Nachlass gefunden hat.
Das Denkmal ist bekanntlich zu Goethes Lebzeiten nicht
zu Stande gekommen. Er scheint das geahnt zu haben, als
er am 15. September 1820 an Graf Reinhard schrieb: »Von
dem in Frankfurt mir bestimmten Monumente weiss ich nichts
zu sagen; ich verhalte mich dagegen ganz stille, contem-
plirend; denn da es mehr ist als was ein Mensch erleben
sollte, so muss er sich gar wundersam bescheiden zusammen
nehmen, um nur die Legung des Grundsteins zu überleben.«
Rauch verfertigte mehrere Skizzen (vgl. Zarncke, Kurzge-
fasstes Verzeichniss der Originalaufnahraen von Goethes Bildniss
S. 83 ff.), aber eine Einigung über die Wahl einer derselben
kam nicht zu Stande, da sich im Comit^ Einflüsse geltend
machten zu Gunsten der von Bettina von Arnim erfundenen,
von dem Bildhauer Wichmann modellirten Goethestatue (vgl.
Eggers a. a. O. 2, 311 ff,). Endlich im December 1825 wurde
ein Vertrag zwischen Rauch und dem Banquier Bethmann,
der die Sache selbst in die Hand genommen hatte, aufgesetzt.
' Durch den im nächsten Jahr erfolgten Tod Bethmanns kam
die Angelegenheit wieder ins Stocken und schlief endlich,
da die Bethmannschen Erben auf der Erfüllung des Vertrages
nicht bestanden, gänzlich ein. Rauch scheint, so ehrenvoll
und interessant ihm die Aufgabe war, unter den obwaltenden
Umständen doch die rechte Lust nicht gehabt zu haben
zu dem letzten entscheidenden Schritt. Ihn beengten die
Anforderungen und Vorschriften, die von Frankfurt aus er-
gingen, und seine freie künstlerische Phantasie konnte sich
nicht unter das Joch beugen, das ihr der mit einem kleinen
klassizistischen Zöpfchen behaftete Doctrinarismus des treflf-
lichen Boisser^e gern auferlegt hätte. In die Einzelheiten
dieser nicht sehr erquicklichen Verhandlungen einzudringen,
ist nicht die Aufgabe dieser Zeilen. Aus den Publikationen
von Eggers kann man sie genau verfolgen. Goethe selbst
liess die Sache nach und nach fallen. Wichtigere Dinge traten
in den Kreis seiner Thätigkeit ; vor allem die Vorbereitungen
zu der letzten, gewichtigen Kundgebung seines Schriftsteller-
thuras, zu der grossen, sein ganzes Lebenswerk in eine wuchtige
ÜBER Kunst und Handwerk. I 3
Einheit zusammenfassenden Ausgabe letzter Hand. Sie sollte
bei Cotta erscheinen und Boisser^e war betheiligt an den
Verhandlungen. Am 13. August 1825 schreibt Goethe an
Boisser^e, dass ihm gerade in diesem Augenblick vollkommen
gegenwärtig sei, »wie Ihre freundschaftliche Gesinnung vor
Jahren ein zartes bedeutendes Monument beabsichtigte, welches
nachher durch architectonische Weitläufigkeiten vereitelt wurde;
so wie denn auch das projectirte Marmorbild zu stocken
scheint. Lassen Sie uns das als Versuche betrachten, in wel-
chen der gute Wille gewogener Landsleute sich auszusprechen
den Anlass nahm! greifen wir mit Ernst und Einigung zu
gegenwärtiger Gelegenheit: die schon angeregte Nation dahin
zu bestimmen, dass sie eine Unternehmung begünstige, die,
aus meinen eignen Materialien, mir ein bleibendes Denkmal
wohlmeinend zu errichten die Absicht hegt.«
1837 wurde in Stuttgart Thorwaldsens Schiller aufge-
richtet; und erst 1844 erhielt Goethes Vaterstadt das lange
vorbereitete Denkmal seines grössten Sohnes, von Schwan-
thaler gefertigt. J. Wähle.
*
2. ÜBER KUNST UND HANDWERK.
Alle Künste fangen von dem Noihwendigen an; allein
es ist nicht leicht etwas Nothwendiges in unserm Besitz
oder zu unserm Gebrauch, dem wir nicht zugleich eine an-
genehme Gestalt geben, es an einen schicklichen Platz
und mit andern Dingen in ein gewisses Verhältniss setzen
können. Dieses natürliche Gefühl des Gehörigen und
Schicklichen, welches die ersten Versuche von Kunst her-
vorbringt, darf den letzten' Meister nicht verlassen, welcher
die höchste Stufe der Kunst besteigen will, es ist so nahe
mit dem Gefühl des Möglichen und Thulichen verknüpft,
und diese zusammen sind eigentlich die Base von jeder
Kunst. Allein wir sehen leider, dass von den ältesten
Zeiten herauf die Menschen so wenig in den Künsten als
in ihren bürgerlichen, sittlichen und religiösen Einrichtungen
naiürliche Fortschritte gethan haben, vielmehr haben sich
gar bald unempfundene Nachahmung, falsche Anwendung
' vielleicht verhört für besten. Suphan.
14 Neue Mittheilungen.
richtiger Erfahrungen, dumpfe Tradition, bequemes Her-
kommen der Geschlechter bemächtiget, alle Künste haben
auch von diesem Einfluss mehr oder weniger gelitten, und
leiden noch darunter, da unser Jahrhundert zwar in dem
Intellectuellen manches aufgeklärt hat, vielleicht aber am
wenigsten geschickt ist reine Sinnlichkeit mit Intellectuali-
tät zu verbinden, wodurch ganz allein das wahre Kunst-
werk hervorgebracht wird.
Wir sind überhaupt an allem reicher was sich erben
lässt, also an allen Handwerksvortheilen , an der ganzen
Masse des Mechanischen, aber das was angeboren werden
muss, das un mittheilbare Talent, wodurch der Künstler
sich auszeichnet, scheint in unsem Zeiten seltner zu sein.
Und doch möchte ich behaupten, dass es noch so gut wie
jemals existire, dass es aber als eine sehr zarte Pflanze
weder Boden noch Witterung noch Wartung finde.
Wenn man die Denkmale betrachtet, welche uns vom
Alterthum übrig geblieben sind, oder die Nachrichten über-
denkt, welche sich davon bis auf uns erhalten haben, kann
man leicht bemerken, dass alles was die Völker, bei denen
die Kunst geblühet, auch nur als Geräthe besessen, ein
Kunstwerk gewesen und als ein solches geziert gewesen sei.
Eine Materie erhält durch die Arbeit eines ächten
Künstlers einen innerlichen, ewig bleibenden Werth, anstatt
dass die Form, welche durch einen mechanischen Arbeiter
selbst dem kostbarsten Metall gegeben wird, immer in sich
bei der besten Arbeit etwas Unbedeutendes und Gleich-
gültiges hat, das nur so lang erfreuen kann als es neu ist,
und hierinnen scheint mir der eigentliche Unterschied des
Luxus und des Genusses eines grossen Reichthums zu be-
stehen. Der Luxus besteht nach meinem Begriff nicht
darinnen, dass ein Reicher viele kostbare Dinge besitze,
sondern dass er Dinge von der Art besitze, deren Gestalt
er oft verändern muss, um sich ein augenblickliches Ver-
gnügen und vor andern einiges Ansehen zu verschaffen.
Der wahre Reichthum bestünde also in dem Besitz solcher
Güter, welche man Zeitlebens behalten, welche man Zeit-
ÜBER Kunst und Handwerk. 15
lebens gemessen, und an deren Genuss man sich bei immer
vermehrten Kenntnissen immer mehr erfreuen könnte. Und
wie Homer von einem gewissen Gürtel sagt: er sei so
vortrefflich gewesen, dass der Künstler, der ihn gefertiget,
zeitlebens habe feiern dürfen, ebenso könnte man von dem
Besitzer des Gürtels sagen, dass er sich« dessen Zeitlebens
habe erfreuen dürfen.
Auf diese Weise ist die Villa Borghese ein reicher,
herrlicher, würdiger Pallast, mehr als die ungeheure Woh-
nung eines Königes, in welcher wenig oder nichts sich
befindet, das nicht durch den Handwerker oder Fabrikanten
hervorgebracht werden könnte. Der Prinz Borghese besitzt
was niemand neben ihm besitzen, was niemand für irgend
einen Preis sich verschaffen kann, er und die Seinigen
durch alle Generationen, werden dieselben Besitzthümer
immer mehr schätzen und gemessen, je reiner ihr Sinn,
je empfänglicher ihr Gefühl, je richtiger ihr Geschmack
ist, und viele Tausende von guten, unterrichteten und auf-
geklärten Menschen aller Nationen werden durch Jahr-
hunderte eben dieselben Gegenstände mit ihnen bewundern
und gemessen.
Dagegen hat alles was der bloss mechanische Künstler
hervorbringt, weder für ihn noch für einen andern jemals
ein solches Interesse. Denn sein tausendstes Werk ist wie
das erste und es existirt am Ende auch tausendmal. Nun
kommt noch dazu, dass man in den neuern Zeiten das
Maschinen- und Fabrikwesen zu dem höchsten Grad hinauf
getrieben hat und mit schönen, zierlichen, gefälligen Dingen
durch den Handel die ganze Welt überschwemmt.
Man sieht aus diesem, dass das einzige Gegenmittel
gegen den Luxus, wenn er balancirt werden könnte und
sollte, die wahre Kunst und das wahr erregte Kunstgefühl
sei, dass dagegen der hochgetriebene Mechanismus, das
verfeinerte Handwerk und Fabrikenwesen der Kunst ihren
völligen Untergang bereite.
Man hat gesehen, worauf in den letzten zwanzig Jahren
der neu belebte Antheil des Publicums an bildender Kunst,
im Reden, Schreiben und Kaufen hinausgegangen ist.
Kluge Fabrikanten und Entrepreneurs haben die Künstler
l6 Neue Mittheilungen.
in ihren Sold genommen und durch geschickte mechanische
Nachbildungen die eher befriedigten als unterrichteten
Liebhaber in Contribution gesetzt, man hat die aufkeimende
Neigung des Publicums durch eine scheinbare Befriedigung
abgeleitet und zu Grunde gerichtet.
So tragen die Engländer mit ihrer modern-aniiquen
Topf- und Pasten-Waare, mit ihrer schwarz, roth und
bunten Kunst ein ungeheures Geld aus allen Ländern und
wenn man es recht genau besiehet, hat man meist nicht
mehr Befriedigung davon, als von einem andern unschul-
digen Porcellain-Gefässe, einer artigen Papiertapete oder
ein paar besonderen Schnallen.
Kommt nun gar noch die grosse Gemählde-Fabrik
zu Stande, wodurch sie, wie sie behaupten, jedes Gemähide
durch ganz mechanische Operationen, wobei jedes Kind
gebraucht werden kann, geschwind und wohlfeil und zur
Täuschung nachahmen wollen; so werden sie freilich nur
die Augen der Menge damit täuschen, aber doch immer
eben dadurch den Künstlern manche Unterstützung und
manche Gelegenheit sich emporzubringen rauben.
Ich schliese diese Betrachtung mit dem Wunsche, dass
sie hier und da einem einzelnen nützlich sein möge, da
das Ganze mit unaufhaltsamer Gewalt forteilt.
3. ÜBER DIE GEGENSTÄNDE DER BILDENDEN
KUNST.
Von der bildenden Kunst verlangt man deutliche, klare,
bestimmte Darstellungen. Ob diese nun bis auf den höchsten
Grad der Ausführung möglich seien, dabei kommt viel
auf den Gegenstand an und es ist also von der grössten
Bedeutung, was der Künstler für Gegenstände wählt und
welche er zu behandeln geneigt ist.
Die vortheilhaftesten Gegenstände sind die, welche sich
durch ihr sinnliches Dasein selbst bestimmen.
Die erste Gattung derselben ist die natürliche. Sie
stellt die bekannten, gewöhnlichen gemeinen Dinge, wie sie
sind, obgleich schon zu einem Kunstganzen erhöht, vor.
ÜBER DIE Gegenstände der bildenden Kunst. 17
Sie sind meist physiologisch, manchmal gemein pathetisch
und haben in diesem Sinne nichts ideales, ob sie gleich
als Kunstwerke in einem andern Sinne an der Idealität
participiren müssen.
Die zweite Gattung ist die idealische selbst; man er-
greift nicht den Gegenstand, wie er in der Natur erscheint,
sondern man fasst ihn auf der Höhe, wo er von allem ge-
meinen und individuellen entkleidet, nicht durch die Bear-
beitung erst ein Kunstwerk wird, sondern der Bearbeitung
schon als ein vollständig gebildeter Gegenstand entgegen
geht. Jene erzeugt die Natur, diese der Geist des Menschen
in der innigsten Verbindung mit der Natur; jene erhebt
der Künstler durch mechanische Bearbeitung zu einer ge-
wissen Würde, bei dieser ist alle mechanische Behandlung
kaum fähig ihre Würde auszudrücken. In Darstellung jener
haben es die Niederländer, in Darstellung dieser die
Griechen zur höchsten Vollkommenheit gebracht. Diese
letzten sind auch entw^eder physiologisch oder hoch pathetisch.
Das Erforderniss dieser ganzen Classe ist, dass sie sich
beim ersten Anschauen sowohl im Ganzen als in ihren
Theilen selbst erklären, von jenem gibt gedachte Schule
unendliche Beispiele, von diesen sei ein Jupiter, ein Laokoon
genannt.
Nun kann es aber einen gewissen Kreis, einen Cyklus
von Gegenständen geben, die zusammen gleichsam einen
mystischen Gegenstand ausmachen wie die neun Musen
mit dem Apoll, Niobe mit ihren Töchtern. Hier erscheinen
die mancherlei Modificationen einer Eigenschaft oder eines
AfFects und schliessen sich nach einer glücklichen Ver-
kettung wieder in sich selbst zusammen.
Die Gegenstände, von denen wir bisher gesprochen,
sind wohl von allen die vollkommensten, indem die der
zweiten Gattung in ihrer Vollendung mit der ersten
coincidirt.
Nun gibt es aber Gegenstände, die an und für sich
nicht verständlich oder nicht interessant sein würden, wenn
sie nicht durch eine Folge verbunden und erklärt würden;
es kann aber diess eine Folge von Handlungen sein wie
z. B. die Thaten des Herkules oder von Theilen einer
GOETHE-jAURBtCil XVII. 2
Neue Mittheilungen.
Handlung wie z. B. eines Beclianals. So hat auch Julius
Roman einen Truppenmarsch zur Begleitung Kaiser Sieges-
munds in einem langen Friese ausgeführt. Auf der rechten
Einsicht dieser Gattung ruht die ganze Kunst des Basreliefs.
So wie nun eine einzelne Handlung aus einer solchen
Folge, wenn sie bekannt genug ist, vorgestellt werden kann,
wie z. B. irgend eine That des Herkules auf einer Gemme,
so werden auch nicht mit Unrecht solche Gegenstände
gewählt, die durch Fabel oder Geschichte allgemein bekannt
sind; zwar erreichen sie nie den Werth der ersten; doch
kann man den Künstler, der mit gehöriger Vorsicht zu
Werke geht, hierin nicht einschalten.
Ob nun gleich bei allen Kunstarbeiten der Gegenstand
niemals allein, sondern insofern er behandelt ist, betrachtet
werden kann, so lässt sich doch von denen drei bisher be-
schriebenen Gattungen sagen, dass sie hauptsächlich be-
züglich auf das Object betrachtet sind. Bei den Folgenden
wird mehr die Behandlung und der Geist des behandelnden
in Betracht gezogen, und so werden die Gegenstände denn
bestimmt :
Durch tiefes Gefühl, das, wenn es rein und natürliclt
ist, mit den besten und höchsten Gegenständen coincidiren
und sie allenfalls symbolisch machen wird. Die auf diese
Weise dargestellten Gegenstände scheinen blos für sich zu
stehen und sind doch wieder im Tiefsten bedeutend, und
das wegen des Idealen, das immer eine Allgemeinheit mit
sich führt. Wenn das Symbolische ausser der Darstellung
noch etwas bezeugt, so wird es immer auf indirecte
Weise geschehen.
Das tiefe Gefühl aber kann an Schwärmerei grenzen
und mystische Gegenstände aufsuchen, von dieser Art sind
die meisten Vorstellungen der katholischen Religion, die
auch wieder gewissermasen ihren allgemeinen grossen Cirkel
haben; es gibt darunter aber auch zufällige Bilder, wenn
z. B. mehrere Patronen einer Stadt oder Familie zusammen-
gebracht werden; doch kann man diese Art unter die Ge-
legenheitswerke rechnen, obgleich auch sie durch Aus-
führung hoch erhoben werden können, wie die heilige
Cäcilie von Raphael zeigt.
ÜBteR STRENGE UrTHEILE. I9
Aber auch das flache Gefühl macht Ansprüche an
Kunst, daher entspringen die sentimentalen Bilder, deren
unsere Zeit so unzählige hervorbringt durch eine falsche
Verbindung des Sittlich Schönen mit der darstellenden
Kunst; man möchte sagen, dass die Künstler und Liebhaber
dieser Art eigentlich recht ökonomisch sind.
Nun gibt es auch Kunstwerke, die durch Verstand,
Witz, Galanterie brilliren, dahin wir auch alle allegorischen
rechnen; von diesen lässt sich am wenigsten Gutes er-
warten, weil sie gleichfalls das Interesse an der Darstellung
selbst zerstören und den Geist gleichsam in sich selbst
zurücktreiben und seinen Augen das, was wirklich darge-
stellt ist, entziehen. Das Allegorische unterscheidet sich
vom Symbolischen, dass dieses indirect, jenes direct be-
zeichnet.
Nun gibt es auch noch eine fahche Anwendung der\
Poesie auf bildende Kunst. Der bildende Künstler soll \
dichten, aber nicht poetisiren, das heisst nicht wie der
Dichter, der bei seinen Arbeiten eigentlich die Einbildungs-
kraft rege machen muss, bei sinnlicher Darstellung auch
für die Einbildungskraft arbeiten. Die meisten Arbeiten
von Heinrich Füszli sündigen an dieser Seite.
Doch sind die drei vorstehenden Gattungen kaum
so tadelnswerth als eine letzte, die wir der neusten Zeit
schuldig sind: es ist nämlich der Versuch die höchsten
Abstractionen in sinnliche Darstellung wieder zu verkörpern.
4. ÜBER STRENGE URTHEILE.
Nichts ist dem Dilettantism mehr entgegen als feste
Grundsätze und strenge Anwendung derselben.
Die Geschmackskritik, wodurch wir genöthigt werden
sollen uns etwas gefallen oder missfallen zu lassen, ist
selten völlig stringent, weil Gefallen und Missfallen selbst
mächtiger bleibt als irgend ein Grundsatz.
Grundsätze aber, aus denen man herleitet, was der
Künstler zu thun habe, führen schon mehr Gewicht bei
sich, weil alsbald erprobt werden kann, in wie fern sie
2*
20 Neue Mittheilungen.
praktisch auslangend siiid, obgleich auch bei der Anwendung
manches Schwanken vorkommen möchte.
Möchten daher unsere Leser niemals vergessen, dass
wir mit Künstlern sprechen; dem Freund, dem Liebhaber
der Künste, besonders dem, der sammelt und bezahlt, wird
es immer unvorschreiblich frei bleiben zu loben, zu schätzen,
sich zuzueignen, was ihm persönlich am meisten behagt>
nur verlange er nicht, dass wir einstimmen sollen, ja er
zürne nicht, weno wir ihm den Künstler manchmal zu
rauben und auf andere Wege zu lenken vorhaben sollten.
Es tritt noch ein Fall, besonders bei der Dichtkunst
ein: wir haben manchen altern Schriften einen gewissen
Grad unserer Bildung zu verdanken; wir erinnern uns aus
der Jugend noch des guten und glücklichen Eindrucks,
den ein solches Werk auf uns machte; wir halten es noch
für gut, wenn sich auch schon unser Geschmack gebessert
hat; ein gewisses frommes Vorurtheil bleibt uns wie für
alte Lehrer für Gegenstände früher Verehrung. Wahr ist's,
dass. jeder, der ohne auf einen höhern allgemeinern Stand-
punct sich erhoben zu haben, wenn er über solche Gegen-
stände scherzt oder sie wohl gar verachtet, einen innern
Vorwurf seines Gewissens fühlt; ein zartes Gemüth rechnet
sich solche Regungen als eine Impietät an; daher ist es
nicht zu verwundern, wenn man sein Gewissen auch gleich-
sam zu dem Gewissen anderer machen will. Man kann
in Deutschland oft bemerken, dass derjenige der einen so-
genannten Lieblingsschriftsteller der Nation strenge tadelt,
immer wegen eines bösen Herzens in Argwohn steht, wenn
auch seine Grundsätze und Argumente die Güte seines
Kopfs ziemlich in Sicherheit setzen.
Wir sehen voraus, dass wir auch manchmal in den
Fall kommen werden, dass ein Liebling der Menge nicht
gerade auch unser Liebling sei und wollen die desshalb
unvermeidlichen Vorwürfe gern über uns ergehen lassen;
nur werden wir manchmal erinnern, dass wir nur mit dem
Künstler sprechen und diesem Anlass geben möchten das
Bestmöglichste sich selbst und andern zur Freude hervor-
zubringen. Indessen mag sich das Publicum ja an unsere
Urtheile nicht kehren, lieben und verwerfen, wie es der
Über strekge U«THEiLt. 2i
Tag mit sich bringt; scheint doch, Wenn man theoretische
Aussprüche anhö/en soll, die Ueberzeugung ziemlich allge-
mein zu sein und bei uns ist sie vollkommen, dass kein
neues Kunstwerk das gegen die Muster der Alten gestellt
und nach Grundsätzen, die sich aus diesen entwickeln las-
sen, beurtheilt würde, völlig bestehen könne; eben so all-
gemein ist angenommen, dass ein Künstler am besten fährt,
der sich mit Genie, Geist und Kraft an die Alten fest an-
zuschlj.essen und sich nach ihnen zu bilden weiss, und doch
ist keine Frage, dass die besten Werke der Alten in glück-
licher Uebersetzung dem lebenden Publico allgemein nicht
so Wohlbehagen können als Werke gleichzeitiger Künstler;
aus diesem Widerspruch entsteht ein Widerstreit des Prac-
tischen und Theoretischen, in welchem der arbeitende
Künstler hin und wider geworfen wird; ihm in diesem
Falle so viel als möglich beizustehen, halten wir für Beruf
und Pflicht und behaupten vielleicht mit einigem Anschein
der Paradoxie, dass gerade dem Künstler nicht gefallen
dürfe, was dem Publico gefällt. So wenig der Pädagog
sich nach den augenblicklichen Einfällen der Kinder, der
Arzt nach der Sehnsucht und den Grillen des Patienten,
der Richter sich um die Leidenschaften der Parteien zu
kümmern hat, eben so wenig sieht der wahre Künstler das
Gefallen als den Zweck seiner Arbeit; er meint es wie
jene genannte Männer so gut er nur kann mit denen, für
die er arbeitet, aber er meint es noch besser mit sich selbst,
mit einer Idee, die ihm vorschwebt, mit einem fernen Ziele,
das er sich steckt und zu dem er andere lieber mit ihrer
Unzufriedenheit hinreissen mag als dass er sich mit ihnen
auf halbem Wege lagerte. ^
Als Goethe in Italien von der Fülle neuer Erfahrungen
und Erkenntnisse sich zu einem neuen Leben erweckt fühlte,
da fasste er sogleich auch den Entschluss, nicht nur durch
den neuen Geist, der seine Dichtungen erfilllen sollte, sondern
auch durch systematische Darlegung in bewusstem didaktischem
Streben, das was er gewonnen, der Heimat mitzutheilen. Aber
die Aufnahme, welche er bei seiner Rückkehr fand, die Theil-
nahmlosigkeit des Publikums für das, was ihm als die höchste
und reichste Gabe, als d6r Gipfel des eigenen Lebens er-
22 Neue Mittheilungen.
schien, bewog ihn jahrelang die Verwirklichung des Plans
hinauszuschieben. Erst Schillers verständnissvolle Mitarbeit
und sein jugendliches Vertrauen auf die Möglichkeit einer
erfolgreichen Erziehung und Hebung des Publikums Hess die
alten Pläne wieder lebendig werden. Sie auszuführen wäre
der Meister gern nochmals nach Italien gewandert; da dies
aber nicht auszuführen war, so entsandte er den Kunstfreund
Heinrich Meyer dorthin, der in zweijährigem Aufenthalt in
Florenz und Rom aufs genaueste beobachtete und sammelte
und Goethe in regelmässigen Briefen die eingehendste Rechen-
schaft ablegte. Und um noch frischer und lebendiger und
zugleich völlig ungestört die Ergebnisse von Meyers Reise
auf sich einwirken zu lassen, macht sich Goethe im Herbst
1797 selbst auf, um dem Freunde, der zurückkehrt, in die
Schweiz entgegenzugehen. Auf dieser Reise entstehen nun
bald in einsamem Sinnen, bald im Gedankenaustausch mit
Meyer eine Reihe von Entwürfen, welche in den nächsten
Jahren theils in den »Propyläen« ausgeführt worden, theils
auch im blossen Schema oder in fragmentarischen Nieder-
schriften stecken geblieben sind.
Am 15. September, noch auf der Hinreise begriffen, hat
Goethe in Stuttgart folgende Aufgaben in sein Tagebuch ein-
getragen :
»Gelegentlich durchzudenken und aufzusetzen.
1. Schema von einer vollständigen doch im Personal ein-
geschränkten Kunstacademie.
2. Schema von Kunst und Handwerk, bezüglich auf die
innere Decoration eines Schlosses.
3. lieber das Darzustellende oder über die Gegenstände,
welche die verschiedenen Künste bearbeiten können und sollen.
4. Ueber die Behandlung der verschiedenen Gegenstände
durch die verschiedenen Künste, je nachdem die Mittel und
Zwecke dieser letzten verschieden sind.
5. Von der sinnlichen Stellung oder Zusammenstellung
der Theile.
6. Von den verschiedenen Darstellungen bezüglich auf
ihren tiefern Gehalt und Wirkung.«
Ein Arbeitsprogramm, das mit grosser Consequenz im
Auge, behalten worden ist, wenn auch das vorzeitige Eingehen
der Propyläen nicht alles h^t zur Ausführung gelangen lassen.
Das an erster Stelle genannte Thema hat eine ausführliche
Behandlung im 2. und 3. Bande der Propyläen durch Heinrich
Meyer gefunden, ebenso das dritte im i. Bande; an beiden
hat sich Goethe, wie die Manuscripte zeigen, helfend und
eingreifend betheiligt. Der vierte Punkt hat keine besondere
Ausführung erhalten, sondern ist mit dem dritten gemeinsam
Über Kunst und Handwerk. 23
behandelt worden; über den fünften und sechsten besitzen
wir kurze Schemata Goethes, die seinen Gedankengang er-
kennen lassen. Eine kurze Ausführung des zweiten glaube ich
in dem ersten der vorstehenden Aufsätze zu finden, für welchen
Bernhard Suphan, ohne noch jener Tagebuchnotizen zu ge-
denken, doch dem Inhalt entsprechend sogleich die Ueberschrift
»Kunst und Handwerka vorgeschlagen hat. Der sachliche
Gegensatz, den Goethe im Sinne hat, ist freilich nicht ganz der,
den wir heute mit diesen Worten verbinden. Uns, die wir in das
Getriebe des Fabrikwesens eingezwängt sind, erscheint das
Handwerk schon als eine verhältnissmässig freie, persönliche
Thätigkeit, die sich im Kunstgewerbe mit der Kunst berührt;
Goethe aber fasst es als das niedrige^ mechanische, welches
dem künstlerischen Schaffen entgegengesetzt ist. In seinen
Ausführungen vermischt er dann auch unbekümmert Hand-
werks- und Fabrikbetrieb, indem er Beides in gleichem Contrast
zur Prodnction des Künstlers empfindet. Fraglich könnte
scheinen, ob unser Aufsatz auch der besondern, im Tagebuch
gegebenen Bestimmung entspricht: »bezüglich auf die innere
Decoration eines Schlosses.« Goethes Betrachtung hält sich
doch sehr im Allgemeinen und lässt keinen bestimmten practi-
schen Zweck erkennen. Allein ich glaube doch, dass das aus-
führlich behandelte Beispiel von der Villa Borghese uns auf
einen solchen Zweck hinweist. Dies Beispiel steht an sich
ganz unvermittelt, willkürlich da; aber diese Willkür ver-
schwindet, wenn wir nach jener Tagebuchnotiz annehmen,
dass bei dem ganzen Aufsatz stillschweigend der Gedanke
an architectonische Decoration dem Verfasser im Sinne lag,
aber nur an dieser einen Stelle Anlass hatte sich auszusprechen.
Wer genau zusieht, wird vielleicht auch an andern Stellen
die zu Grunde liegende Gedankenschicht erkennen, so z. B.
wenn gleich anfangs der ästhetische Trieb darin wahrge-
nommen wird, jedem Ding »einen schicklichen Platz zu geben.«
Dürfen wir so in diesem Aufsatz die Ausführung jenes
Tagebuch- Vorsatzes erkennen, so werden wir staunen, mit
welch tiefliegendem Blick der Dichter dieses scheinbar so
nüchtern -practische Thema: Kunst und Handwerk bei einer
Haus-Decoration — beschaut hat. Er sieht in ihm den Charakter
zweier Zeitalter sich berühren und bekämpfen, eines Zeitalters
freier individueller Bethätigung und eines gebundener, mechani-
scher Massen thätigkeit. Und wenn uns das Vorausschauen
moderner sozialer und Ökonomischer Bewegungen noch in
den weit späteren »Wanderjahren Wilhelm Meisters« über-
rascht und imponirt, so möchte es im Jahr 1 797 fast wunder-
bar scheinen. Das ist es nun doch nicht Wenn Goethe in
den Wanderjahren den Zustand der neuen Zeit greifbar be-
zeichnen will, so weist er auf Amerika hin; Amerika mit
24 Neue Mittheilungen.
seiner eigenartigen Kulturform war aber auch schon 1797 als
ein neues, auf eine Zukunfts-Epoche hinweisendes Gebilde in
den Gesichtskreis der weiter blickenden Beobachter getreten.
Der Befreiungskrieg der Vereinigten Staaten, die Erscheinung
des practisch-nUchternen, einfach-selbstbewussten Franklin war
von empfindsamen Gemtlthern nur als ein neuer Anlass zu
begeisterter Schwärmerei für Freiheit und Gleichheit aufgefasst
worden; aber der sicheren Weltkenntniss hatte sich hier etwas
ganz anderes angekündigt. — Doch von Amerika ist in unsrem
Aufsatz nicht die Rede, wohl aber von England. Auch dieses
Land hatte sich schon damals durch seine gewaltige industrielle
Thätigkeit in Gegensatz zu dem übrigen Europa gestellt. Der
hartnäckige Kampf Englands gegen das festländische Europa
in der napoleonischen Zeit ist durch diesen wirthschaftlichen
Gegensatz bedingt und wurde auch von Goethe so aufgefasst. '
Jedenfalls — er empfand schon das Herannahen eines
»mechanischen« Zeitalters und er fühlte schon die Last, die
es der Künstlerseele auflegte, die Bande, in die es das freie
Spiel ihrer Kräfte zwang. Ja er meint schon zu bemerken,
dass durch diese Einflüsse das »unmittheilbare Talent« des
Künstlers seltener geworden sei ; das Gefühl wirkt nicht mehr
in unablenkbarer Sicherheit; denn Intellect und Sinnlichkeit
haben sich getrennt, und es ist dadurch innerer Zwiespalt und
Unsicherheit erzeugt. Wir erkennen leicht den Gedankengang
wieder, in welchem sich Goethe wie Schiller damals einig
fanden und sich mit Vorliebe bewegten. Von der Abhandlung
tlber naive und sentimen talische Dichtung (1795) bis zu
»Winckelmann und sein Jahrhundert« (1805) beherrscht dieses
Schema die Gedanken Beider, und führt in dem letztgenannten
Werke zu dem begeisterten Preise des Alterthums, welches
»jene kaum heilbare Trennung in der gesunden Menschen -
kraft« noch nicht erfahren hatte.
Freilich auch in der Gegenwart ist die Gabe der Natur,
welche den Künstler macht, nicht verschwunden ; aber sie
scheint es fast, weil die Bedingungen zur Entwicklung »dieser
zarten Pflanze« fehlen. Und sie fehlen, weil die* Schätzung
der Kunst sich verringert hat, weil die Kunst den Modernen
nicht mehr ein nothwendiges Bedürfniss ist. Das wird durch
den Hinweis auf die Griechen erhärtet, welche Alles, was sie
umgab, von Künstlerhand gestaltet wünschten, während der
* Man lese den Preis der »Continentalsperre« in dem Gedicht an
die Kaiserin von Frankreich (18 12):
»Das Kleinliche ist alles weggeronnen,
Nur Meer und Erde haben hier Gewicht.
Ist jenem erst das Ufer abgewonnen,
Dass sich daran die stolze Woge bricht,
So tritt durch weisen Schluss, durch Machtgefechte,
Das feste Land in alle seine Rechte.«
Über die Gegenstände der bildenden Kunst. 25
Neuere sich mit handwerksmässiger Verzierung begnügt. Dem
wahren Reichthum, der sich in künstlerisch-werthyoUem Besitz
ausweist, wird der Luxus gegenübergestellt, der handwerks-
mässige Prunkwaaren aufhäuft.
Und nun wird als Beispiel einer würdigen fürstlichen
Anlage die Villa Borghese genannt, welche in den letzten
Jahrzehnten zu allgemeiner Bewunderung der Mitwelt ent-
standen war. Goethe hat das Ganze im Sinn: Park und Casino,
künstlerische Ausschmückung und eingefügte Kunstschätze;
denn dies Ganze war in der That einheitlich, ein Theil ftlr
den andern geschaffen. ' Es darf uns nicht irre machen, wenn
wir heute die Decoration in Stuck und Fresco neben den
aufgehäuften Kunstschätzen kaum der Beachtung werth finden ;
damals urtheilte man anders, und wenn man die zeitgenössi-
schen Künstler wohl auch überschätzte, so hatte man doch
immerhin mehr Kunstsinn als die meisten Besucher von heute,
welche die Säle nur durcheilen, um die wenigen von Bädeker
besternten Kunstwerke zu betrachten. Als Goethe in Rom
lebte, hatte ein Deutscher, Christoph Unterberger, die Ober-
leitung über die Anlage der Villa gehabt, und der Dichter
mochte bei seinen stillen Besuchen des Parks oft mit Neid
dieses Werk betrachtet haben, das weit über alles hinaus-
ging, was er in dem bescheidenen Weimar unternehmen konnte ;
vielleicht hatte er auch mit dem Künstler selbst sich aus-
gesprochen. Und in Weimar hatte er dann im »Römischen
Hause« nach dem Maass der vorhandenen Mittel etwas Aehn-
liches zu schaffen gesucht. Doch schnell wendet er in unserm
Aufsatz sich wieder von dem Beispiel ab und kehrt zu allge-
meinen Betrachtungen zurück, über den einzigartigen, dauern-
den Werth des Kunstwerkes und die öde Leere handwerks-
mässiger Massenwaare. Und da sind es nun die Engländer, die
er angreift, weil sie diese mechanischen Erzeugnisse durch neue
Methoden ins Unendliche vervielfältigen. Die fabrikmässige
Nachahmung antiker Vasen und die eben damals sich ankün-
digende Technik des Farbendruckes erregen seinen Widerwillen.
Das Schlusswort des Aufsatzes ist von typischer Bedeutung.
Auch heute kann der, welcher im Sinne Goethes arbeiten
will, sich nichts besseres wünschen, als hie und da Einzelnen
förderlich zu sein, »da das Ganze mit unaufhaltsamer Gewalt
vorwärts eilt.«
Die zweite Abhandlung besticht etnei^ Gegenstand, der
Goethe ganz besonders am Herzen g^egen hat. Schon ein
Jahr bevor er in sein Tagebuch die Aufzeichnung machte,
die wir oben anführten, hatte er an Meyer nach Florenz
' Eine ausführliche Darstellung der Villa Borghese von Pagliarini
war 1796 erschienen.
26 Neue Mittheilungen.
geschrieben : »Wir (Goethe und Schiller) sind diese Tage über
(die Wahl des Gegenstandes bei Kunstwerken sehr im Gespräch
gewesen, sammeln Sie doch auch ja auf diesen Punkt! es ist
der erste und der letzte, und da man die ganze Materie nicht
dogmatisch, sondern kritisch behandeln könnte, da man überall
glückliche und unglückliche Beispiele könnte reden lassen,
so wäre es eine recht schöne Gelegenheit in und mit dieser
Frage so viele wieder zur Sprache zu bringen.« Meyer hatte
darauf geantwortet: »lieber die Wahl des Gegenstandes bei
Kunstwerken ist es wohl schwer sich so kurz zu fassen als
es der Raum eines Briefes, der noch nebenbei andere Dinge
enthält, verstattet, und wir werden dieses Capitel wohl bis
dahin sparen müssen, wenn wir uns wieder mündlich mit
einander mittheilen können. Indessen glaube ich, dass man
als allgemeine Regel annehmen kann: Je vollständiger sich
eine Handlung durch den Sinn des Gesichts begreifen und
fassen lässt, je besser passt sie für die bildenden Künste.«
Dieser letzte Satz bildet auch in der That den Grundgedanken
der ausführlichen Abhandlung über diese Frage, welche Meyer
in den. »Propyläen« erscheinen liess. ' Sie entstand, wie die
Handschriften ausweisen, unter eifriger Mitarbeit Goethes,
welcher zwar im Einzelnen mit seiner brüderlichen Kritik
von Meyers Darlegungen nicht zurückhielt, im Ganzen abier
durchaus übereinstimmte. Denn auch für Goethe war die Frage
nach den »Gegenständen« eine technische, eine Frage nach
der practischen Darstellbarkeit und Verständlichkeit, nicht
etwa eine dogmatische, und man würde sehr irren, wollte man
meinen, dass er mit der Bestimmung der »Gegenstände« das
Gebiet der Kunst durch irgend welche von Aussen heran-
gebrachte Ueberzeugungen oder Vorurtheile hätte einschränken
wollen. Nicht darum handelt es sich, was die bildende Kunst
darstellen dürfe, sondern um das, was sie darstellen könne.
Aber trotz dieser Uebereinstimmung mit Meyer ist den-
noch Goethes kurzer Aufsatz, der uns hier vorliegt, eine ganz
eigene Arbeit neben jener ausführlichen Abhandlung; er ist
nicht etwa der Keim oder auch Kern derselben, sondern ein
anderer Versuch die Aufgabe zu lösen. Meyer behandelt die
Frage äusserlich rcglementirend ; die Gegenstände werden in
Categorieen getheilt, demgemäss gebilligt oder verworfen imd
alles mit zahlreichen Beispielen belegt. Goethe fasst die Sache
tiefer: schon in der ersten Hälfte des Aufsatzes, wo er that-
säcWich von den »Gegenständen« redet, behandelt er sie nicht
nach ^ äusserlichen Eintheilungsgründen, sondern nach dem
Stufengang ihrer künstlerischen Bedeutung; in der zweiten
* Ueber diesen Aufsatz vgl. die ausführliche Würdigung in meiner
»Klassischen Aesthetik« S. 195—201.
Über die Gegenstände der bildenden Kunst. 27
Hälfte fasst er das Thema dann psychologisch, um die Be-
dingungen festzustellen, welche die Wahl geeigneter oder un-
geeigneter Gegenstände veranlassen. Eines Commentars be-
dürfen diese Ausführungen bei ihrer einfachen Klarheit und
Durchsichtigkeit nicht. Nur darauf sei hingewiesen, wie dem
Dichter unwillkürlich die Urtheile, welche er gewohnt ist,
auf die Dichtkunst anzuwenden, hier sich auf die bildende
Kunst übertragen. Wenn er das »tiefe Gefühl« als die Quelle
glücklicher Stoffwahl rühmt, so erinnern wir uns, dass schon
im »Götz« das »von einer Empfindung volle Herz« als das
gepriesen wird, was »den Dichter mache«, und dass noch
der Altmeister »lebendiges Gefühl der Zustände« den »Poeten
machen« Hess. Und wenn wir als bedenkliche Abirrungen
dieses Gefühls ihn hier die Schwärmerei und die flache Senti-
mentalität tadeln hören, so erinnern wir uns, zu welchen
abwehrenden Aeusserungen ihn die erste Eigenschaft gegen-
über den romantischen Dichtern, die andere gegenüber Kotzebue
und ähnlichen scheinbar moralisirenden, in Wirklichkeit ent-
nervenden Schriftstellern veranlasst hat. Dass ferner Kunst-
werke, welche aus Verstand oder Witz statt aus Gefühl her-
vorgehen, niedrig angeschlagen werden, erinnert lebhaft an
jenes abweisende Urtheil, welches Schiller über Wieland und
Voltaire und zugleich über eine Geschmacksrichtung aus-
gesprochen hat, welche die Werke des Witzes und des poeti-
schen Genies für Synonyme halte, * ein Urtheil, welches in Hin-
sicht Voltaires auch Goethe billigte, wenn er ihm die »Tiefe«
absprach. ^
Trotz der nahen Beziehung, welche wir demnach zwischen
Goethes Kunstkritik und seinem litterarischen Urtheil er-
kennen, warnt er doch in unsrem Aufsatze so entschieden
vor der »Anwendung der Poesie auf bildende Kunst.« Denn
er war sich bewusst, dass beide, wenn sie auch aus gemein-
samem Grunde entspringen, doch mit ganz verschiedenen
Mitteln arbeiten. Schlimm gegen diese Einsicht verstösst, wer
sich an die am Schluss angeführte, unlösbare Aufgabe wagt:
an die Verkörperung der »höchsten Abstractionen in sinn-
licher Darstellung.« Bernhard Suphan hat mich darauf hin-
gewiesen, dass Goethe hier an Carstens' in der That unglück-
liche Darstellungen des Raumes und der Zeit gedacht habe.
Unzweifelhaft ist dies richtig; Goethe war auf diese Dar-
stellungen durch den gehässigen Bericht des Malers Müller
in Schillers »Hören« aufmerksam geworden. Aber es ist ein
eigenes Verhängniss, dass als abschreckendes Beispiel hier
gerade der Künstler hingestellt ist, dessen Werke am Meisten
» An Körner i. Mai 1797.
* Anmerkungen zum »Neffen des Rameau.«
28 Neue Mittheilungen.
Goethes Forderungen entsprechen. Goethe hatte jedoch damals
noch nichts von Carstens gesehen, und er war mehr noch
als durch Müller jedenfalls durch die einmüthig ungünstigen
Berichte seiner römischen Freunde Hirt und Eury eingenommen
worden. Später ist es bekÄfintlich Goethe «elbst -^gewesen, der
einen grossen Theil von Carstens' Nachlass ftlr das Weimarer
Museum angekauft hat.
Es ist lebhaft zu bedauern, dass Goethe die kurze Skizze
dieses Aufsatzes nicht weiter ausgeführt hat, etwa in der Form
eines Gesprächs, wie sie in den »Propyläen« mehrmals so
glücklich angewendet worden ist. Sicherlich wäre das Thema,
welches dem Dichter so sehr am Herzen lag, so mit weiter
und tiefer gehender Wirkung behandelt worden als in der
gewissenhaften und scharfsinnigen, aber trocknen und ein-
tönigen Weise Meyers.
Der letzte Aufsatz, welchen wir angereiht haben, steht
nicht in so engem Bezug zu den beiden ersten, wie diese
unter sich, gehört aber doch demselben Arbeitsgebiet an.
Er stammt aus einem Sammelbande, welcher ausdrücklich für
Vorarbeiten und Entwürfe zu den Propyläen bestimmt ist. Auch
ergibt die Betrachtung des Inhalts unwidersprechlich, dass es
sich um die Einführung, die Empfehlung und auch die Entschul-
digung des neuen Unternehmens und seiner Eigenart handelt.
Thatsächlich wurden die Propyläen mit jener ausführlichen »Ein-
leitung« eröffnet, welche ein volles, ideales Kunstprogramm der
Weimarer Kunstfreunde, Goethe und Heinrich Meyer, gibt, und
zugleich auch die Wege vorzeichnet, auf welchen die neue Zeit-
schrift an der Verwirklichung dieses Programms mitarbeiten will.
In dieser Einleitung wird die kritische Aufgabe der Zeit-
schrift nur sehr kurz behandelt, während die noch vorhandenen
Entwürfe zeigen, dass es ursprünglich beabsichtigt war, dies
mit grösserer Ausführlichkeit zu thun. Vermuthlich war es
der Wunsch, nicht von vorn herein abzuschrecken und auf
die Möglichkeit ernsten Kampfes nicht schon bei der Eröff-
nung hinzuweisen, welcher schliesslich die Zurückhaltung gebot.
Mir scheint nun, dass der kurze Aufsatz »lieber strenge
Urtheile« ein Bruchstück ist, das anfänglich für die Einleitung
bestimmt war und dann weggelassen wurde. Sehr charak-
teristisch für den damaligen Standpunkt Goethes ist gleich
der erste Satz über den Dilettantismus. Er lebte damals ganz
in klaren und festen Gedanken über künstlerisches Schaffen,
und nichts war ihm mehr zuwider als willkürliches Herein-
und Herumtappen auf dem Kunstgebiet. Daher sein Ingrimm
gegen die Dilettanten, der in den Briefen immer und immer
wieder zu Tage tritt und ihn es nicht für verlorene Zeit
achten Hess, mit Schiller gemeinschaftlich das ausführliche
Schema über oder besser wider den Dilettantismus auszu-
Über strenge Urtheile. 29
arbeiten. Aus diesem Schema, das Stoff zu einem ganzen
Buch enthält, erkennt man, wie eifrig sich der Dichter mit
diesen Gedanken beschäftigt hat, die ihm auch hier in den
Sinn kommen, ohne dass der Hauptinhalt des Aufsatzes dazu
nöthigte. Denn es liegt ihm hier ja gerade daran, einem
grösseren Leserkreis strengere Grundsätze einigermassen plau-
sibel zu machen, obgleich er selbst anerkennt, dass sie meist
»nicht völlig stringent« seien, und obgleich er sich zu der
toleranten Erklärung verpflichtet fühlt, dass er den Freund,
den Liebhaber der Künste in seiher Urtheilsweise nicht stören
will. * Desto strenger freilich will er gegen den Künstler sein
und sich nicht scheuen, dabei wenn es sein muss, auch gegen
das günstige Urtheil der grossen Menge zu Verstössen. Indem
er diesen letzten Gedanken ausführt, tritt nun doch die ganze
Verachtung des »Publikums«, in der er sich immer gleich-
geblieben ist, trotz der vorhergehenden sanfteren Verhüllung
wieder schroff hervor, und die Sätze, die hier folgen, mögen
wohl hauptsächlich veranlasst haben, dass schliesslich die Ver-
öffentlichung unterblieb; denn es war in der That unmöglich,
ein neues Unternehmen mit der Lehre zu eröffnen, dass der
Künstler sich nach den Wünschen des Publikums so wenig
richten dürfe, als der Arzt nach denen des Patienten. Sach-
lich aber wird diese Lehre hier vollkommen ausreichend be-
gründet, sobald man nur Goethes Voraussetzung zugibt. Diese
lautet: dass nach allgemeinem Urtheil nur auf dem Wege
der antiken Künstler das höchste Kunstziel erreicht werden
könne. Wenn nun trotz dieses allgemein anerkannten Grund-
satzes das Publikum dennoch moderne Werke den antiken
vorzog, so handelte es thatsächlich widersinnig und verdiente
keine Berücksichtigung. Der moderne Beurtheiler wird aller-
dings die Frage aufwerfen, ob jene Ueberzeugung von dem
einzigartigen Werth der Antike wirklich so allgemein gewesen
sei, ob sie dem Publikum nicht einigermassen gewaltsam auf-
gedrungen und von ihm nur ziemlich gedankenlos hingenommen
worden sei, während es sich in seinem Geschmack instinktiv
doch dagegen sträubte. Für Goethe selbst unterliegt es indess
keinem Zweifel, dass es ihm mit der unbedingten Verehrung
der Antike damals voller und heiliger Ernst war. Aber trotz-
dem empfahl er nicht etwa die Nachahmung der antiken
Kunstwerke; sich nach den Alten zu bilden, rieth er dem
Künstler, nicht aber sie nachzubilden, O. Harnack.
* Etwas überraschend kommt hier der Absatz über die Schätzung
älterer Dichterwerke herein. Suphan hat mich darauf aufmerksam ge-
macht, dass er vielleicht in Gedanken an -Herder geschrieben sein
könne, der durch seine geflissentliche Lobpreisung älterer, schon über-
wundener Dichtungen — oesonders in den Humanitätsbriefen — geradezu
gegen Goethe und Schiller demonstrirt und sie empfindlich gekränkt hatte.
7^
30 Neue Mittheilungen.
S. BRIEFWECHSEL ZWISCHEN BRINCKMANN UND
GOETHE. NEBST EINEM BRIEFE BRINCKMANNS
AN KAROLINE VON WOLZOGEN.
I. Brinckmann an Goethe.
Paris den 29 Novbr 99.
Von Spanien aus werd' ich ermuntert Ihnen zu schreiben,
und da ich Einmal diesen Mut fasse, so will ich noch die
Kühnheit hinzuthun, Ihnen beifolgende Elegien zu über-
senden. Ein Schwedischer Diplomat, der in Paris deutsche
Verse macht und drucken lässt, ist doch eigentlich eine so
seltene Erscheinung, dass dieses manches entschuldigt; denn
wollte ich schlechtweg als Dichter meine Werke an Gbthe
übersenden, so möchte das Wort Kühnheit noch ein Eufe-
mismus sein. —
Aber schon seit meinem ganzen Aufenthalt in Paris
führ ich recht lebhaft das Bedürfnis, Ihnen noch mit wahrer
Rührung und Sehnsucht für die herablassende Güte zu
danken, deren Sie mich in Weimar würdigten.
Ich habe vielleicht in meinem Leben keine so schöne
und glückliche Tage genossen wie die wenigen, die ich
auf meiner Reise hieher bei Ihnen verbrachte, und ich
wende seitdem mein Angesicht nach Weimar, wie die Juden
nach Jerusalem, bei jedem andächtigen Gebet, das ich täglich
zu den Penaten meines Herzens und Geistes richte. —
Ach! Sie hatten wol recht, da Sie mir riethen ganz ruhig
noch dort zu bleiben, indem die französischen Direktoren
ihre Plane ganz ruhig ausführen würden, ohne sich durch
meine Ankunft stören zu lassen. Wie arbeite ich seitdem ver-
gebens! und wie herzlich sehn' ich mich zurück! Wenn Sie
mich sonst ein bischen mit meiner Deutschheit zum Besten
hatten, so mögen Sie glauben, dass es jetzt zehnmal ärger ge-
worden ist : Ich bin ein förmlicher enrag^ geworden, und die
hiesigen Deutschen selbst finden ich sei ein Ultragermane.
Wenn ich Ihnen aber nur recht deutlich machen könnte,
was diese grosse Nazion für ein jämmerliches Ding sei!
Es geht über alle Beschreibung. Die Revoluzion selbst ist
allerdings ein höchst merkwürdiges Fänomen, aber doch
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 31
auch nur ein Thatengedicht nach vorgeschriebenen Endreimen.
Einige sogenannte Filosofen, wozu die Marats und Robes-
pierre eben so gut gerechnet werden können, wie die
übrigen, gaben immer den R^im an, und die Revoluzions-^
virtuosen zwängten darauf die ganze Nazion in Alexan-
driner, ohne Rücksicht auf irgend ein höheres poetisches
Leben — In diesem Kunstprodukt bewunderten die Fran-
zosen alsdenn Natur und Harmonie gerade wie in ihren
Trauerspielen.
Der beste Beweis dieser Erbärmlichkeit ist der Zei-
tungsenthusiasmus, womit jedes neue Quatrain dieser Re-
voluzion beklatscht wird, wenn es gleich den vollkommensten
Widerspruch mit dem vorigen enthält. Unsre Revoluzions-
stuzer in Deutschland kommen hiebei gerade eben so sehr
in Verlegenheit wie mit den Moden. Während sie sich
wahrscheinlich noch über den Prairial höchst freudig ge-
bährden, wird er hier schon als ein elendes Machwerk der
Jakobinerrotte auf allen kleinen Theatern gespielt. — Unser
grosser, unsterblicher Tag ist jezt der 19. Brumaire; dieser
hat uns die Revolu:(ion vollendet! — wie man freilich einen
Zirkel vollendet, wenn man die ganze Periferic durchläuft,
um gerade auf den Fleck zurückzukommen, von welchem
man ausging. Ist dieser Punkt nun das Ziel, so könnten
wir übrigens allenfalls bleiben wo wir sind; denn der fran-
zösische Zirkelgang an sich, scheint mir wenig anziehendes
zu haben. — Nicht unmerkwürdig ist es, dass unsre hie-
sigen, nun erst durch diese entsezliche Erfahrung vollendete
Staatsweisen auch ungefehr nichts weiter entdeckt haben,
als was der Menschenverstand schon von jeher allen lei-
denschaftlosen Gegnern der Revoluzion a priori eingab.
Sieyes demonstrirte vor ein par Tagen mit unendlicher
Salbung: »Man müsste, um eine voUkommne Staatsver-
fassung zu begründen, Frankreich erst gewissermassen ent-
revolu:(ioniren ! Jedes einT^elne Prinzip der Revoluzion sei an
sich wahr und unwiderlegbar; allein es hätte immer an
harmonischer Verbindung aller Prin:(ipien gefehlt; isolirt
aufgestellt und streng befolgt, hätte also auch das vortref-
lichste schädlich werden müssen.« —
So etwas war nun in kein Franzosengehirn noch ge-
32 NtuE Mittheilungen.
kommen, und man bewunderte diesen Ausspruch, als sei er
allein schon nicht zu theuer erkauft durch all die blutigen
Sofismen, die ihm zu Vordersäzen dienten. — Ich Barbar
bewundere darin nichts, wie die Naivetät; Gentz hingegen
und Mallet du Pan werden sich über den Plagiat beschwehren.
Ein andrer Franzos sagte mir Einmal eben so naiv:
»je congois parfaitement l'enthousiasme des itrangers
pour toutes nos revolutions. 11s croient que nous avons
toujours et^ de bonne fois, dans ce qui s'est fait ici, et alors
9a doit paroitre tres beau, — surtout de bien loin.«"—
Doch was quäle ich Sie mit unserer elenden Politik. —
Wäre die Literatur nur mehr werth; Aber auch hiebei
ärgert mich nichts so sehr, als dass unter die Lumpengötter
dieses Volks — der Werther gerathen sei. — Jederman
zitirt seinen grossen Namen, und doch ist es mir uner-
klärbar, was diese Menschen darin finden. Da mir dieser
Enthusiasmus eigentlich das ensemble de la plattitude fran-
^oise verdirbt, so bin ich sehr froh gewesen, während
meines hiesigen Aufenthalts folgende damit mehr harmo-
nirende Anzeige einer neuen Ausgabe von Werther zu
finden : »Parmi les romans, qui nous viennent d'AUemagne,
on cite avec iloge — o! dass die Bestien an einem solchen
iloge ersticken möchten ! — les passions du jeune Werther.
C'est un modde de sensibilit^, et d'une certaine gräce inno-
cente (als wenn von Fontenelle die Rede sei) et patriar-
chaleHii Das ist doch wol der erste Patriarch mit der
Pistole, der mir in meiner Praxi noch vorgekommen ist. —
Was aber die Sache noch touchanter macht, ist dass
beinah um die nemliche Zeit eine Uebersezung von des
seligen Schönaichs Herrman in herrlichen Alexandrinern ganz
neu angezeigt wurde. »Ce pofeme, qui a toujours et6 regardi
comme un chef d'oeuvre de la litterature allemande, merite
l'attention particuliere de tous les peuples libres. On y
trouve toute renergie allemande, jointe ä cette sobriete
classique, qui caracterise les ouvrages de l'antiquit^ p« —
Wie gefällt Ihnen diese euQTgiQ, sobriete, antiquiti?? —
Alle diese ästhetische Plattitude, diese Schiefheit der
Urtheile — liegen aber viel tiefer; im Blut und Charakter
des Volks. Humboldt wird Ihnen dies schwerlich zugeben.
Briefwechsel zwischen Brinckmakn und Goethe. 33
denn die Franzosen sind ihm Einmal interessant worden —
blos durch seine Beschäftigung mit ihnen. So schrieb ich
ihm neulich er würde auch gewiss an den Spanischen
Schafen ganz neue Talente entdecken, blos weil er doch
nicht gern umsonst sich mit ihnen möchte in rapports ge-
sezt haben. Ich sammle indess, was mir vorkomt, beim
Lesen, Hören und Sehen, um einst jenseits des Rheins
wenigstens meine Ansicht der Dinge zu geben.
Ferne sei es indess von mir nicht zu ehren, wem Ehre
gebührt. Die Einzige Stael, mit der ich jezt in Einem
Hause wohne, und also täglich viel sehe, hat mir die freund-
lichsten und wahrhaft ehrfurchtvollen Empfehlungen an Sie
aufgetragen. —
So auch ein liebenswürdiges Weib M? de Flaba, Ver-
fasserin eines niedlichen Romans Adele de Senange, der
sich vorzüglich durch seine Simplizität auszeichnet. Sie
hat mich versichert sie begreife nicht, wie jemand der selbst
das menschliche Herz zu schildern wünsche, unterlassen
könne, den Werther wenigstens ein par mal des Jahres zu
lesen — und vorzüglich wie man sich unterstehen könne
die Heloise mit jenem Meisterwerk nur zu vergleichen.
L'hdoise ce beau plaidoyer d'amour qui Vous expose
toujours le pour et le contre avec la plus grande exactitude,
pour ne pas faire du tort ni k la passion ni il la vertu.
Verzeihen Sie mir meinen allzulangen Brief, und würdigen
Sie mich Ihres gütigen Andenkens.
von Brinckmann.
Alex. Humboldt ist in Cumana in Südamerika glücklich
angekommen, hat sich ein Haus und 2 Negerinnen ge-
miethet, und scheint glücklich und vergnügt.
2. Goethe an Brinckmann.
Hochwohlgebohrner
Hochgeehrtester Herr,
Durch Frl. v. Imhof, von welcher ein Brief beyHegt,
erfahre ich von Zeit zu Zeit, dass Sie noch gern an uns
denken und Sich der Tage, die Sie in Weimar zubrachten,
mit Vergnügen erinnern. Sollten Sie einmal wiederkehren;
Goethe-Jahrbvch XVII. ^
34 Neue Mittheilungen.
so würden Sie finden, dass Sie bisher von uns nicht ganz
abwesend waren.
Sie erlauben, dass ich Ihnen, durch gegenwärtiges,
Herrn Professor Sartorius aus Göttingen empfehle, der
Ihnen gewiss, durch seine Schriften, als ein Mann bekannt
ist, der sich um Staatsverfassung und Geschichte verdient
gemacht hat.
Mögen Sie Ihn, bey seinem Aufenthalte in Berlin, mit
würdigen Männern Ihres Kreises bekannt machen, so werden
Sie Danck verdienen und mich zugleich besonders ver-
binden.
Der ich mich freuen werde auch wieder einmal un-
mittelbare Nachricht von Ihrem Befinden zu erhalten und
mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne
Weimar Ew. Hochwohlgeb.
d. I. Juli 1803. 8^°z gehorsamsten
Diener
J. W. V. Goethe.
5. Brinckmann an Goethe.
Berlin den 4. October 1803.
Es würde Ihnen mit Recht unverantwortlich scheinen,
wenn ich Ihren Brief vom iten Juli zur rechten Zeit be-
kommen hätte, und doch so spät beantwortete. Aber Sie
wissen vermutlich, dass Professor Sartorius sich lange in
Wien aufgehalten und erst im September hier ankam. Da
er nun das Glück hat, über Weimar zurückzukehren, benuz'
ich mit Freuden diese Gelegenheit, um mein Andenken
bei Ihnen wieder aufzufrischen, und Ihnen wenigstens durch
ein par Worte zu sagen, welchen unglaublichen Genuss
mir die grossmütige Versicherung gewährte, dass Sie den
kleinen, unbedeutenden Fremdling noch nicht ganz ver-
gessen haben, den Sie einst mit so herablassender Güte
unter Ihren heiligen Penaten empfingen. Ich habe neulich
dem Baron Lagerbjelke, der meinen König auf seiner
Deutschen Reise begleitet, sehr andächtige Empfehlungen
an Sie aufgetragen. Ich weiss nicht, ob er Gelegenheit
gefunden, solche auszurichten ; aber auf alle Fälle beneide
Briefwechsbl zwischen Brinckmann und Goethe. 35
ich diesem acht fratiT^sischen Gtmt ein Glück, das ich ganz
anders würde zu schäzen gewusst haben.
Seit meinem Aufenthalt in Weimar sehne ich mich in
der That nach diesem gelobten Lande zurück, wie das
alte Bundesvolk nach Jerusalem. Ohne Hofnung der Rück-
kehr, aber nie ohne wehmütige Wünsche. Ich war so
glücklich bei Ihnen, ich war es hernach in der brennenden
Sandwüste der französischen Ueberkultur so lange nicht,
dass ich nicht ruhte, bis ich mich wenigstens wieder auf
deutschem Boden ansiedeln konnte — zum grossen Skandal
meiner jungen Freunde in Norden, welche eine armselige
Uebersezung alles reinmenschlichen Lebensgenusses ins
FranT^osische für den Gipfel der Kultur ansehen. Durch
diese falsche Stimmung gehen wir armen Schweden dann
auch allmählig zu Grunde, so wohl in Rücksicht der sitt-
lichen, als der litterarischen Ausbildung. Unserer Sprache
und unsern Charakteranlagen zum Trotz, die alle unver-
kennbar urdeutsch sind, bemühen wir uns unablässig, jene
verächtliche Travestirung unsrer bessern Eigenthümlichkeit
zu vollenden; und es ist nicht zu leugnen, dass ja einige
unserer vorzüglichsten 5^örrö«x, unter denen Gustav III.
oben ansteht, hiebei wirklich eine Art von Talent gezeigt
haben. In meinem Vaterland habe ich mich wohl gehütet,
den Unwillen hierüber nur im mindesten zu verrathen,
denn hierüber verstehen unsre guten Kopfe — und deren
haben wir wirklich recht viele — keinen Scherz. Ausser-
dem war ich durch meine langwierigen Auswanderungen
schon verdächtig geworden. Man vermutete, ich würde
alles Ächtschwedische verachten, und daher sezte ich meinen
ganzen Stolz darinn, überall in Sprache und Gesinnung so
korrekt und klassisch zu sein wie möglich. Auch hatte ich
mich in Paris schon in dieser Uebersezungskunst so sehr
geübt, dass es mir jenseits der Belte nur um so besser
gelang, und es wurde mir zu keinem geringen Verdienst
angerechnet, dass ich mich von allen Germanismen so un-
angesteckt erhalten hatte!
Wie wohl es mir aber bald hernach that, mich wieder
unter Deutschen zu finden, kann ich Ihnen gar nicht be-
schreiben. So wie ich das politische Europa längst nur in
3*
36 Neue Mittheilungen.
zwei Hälften getheilt habe, — was schon und was nach
nicht zu Frankreich gehört — so erkenne ich in einem
hohem Sinn durchaus nur eine deutsche und eine Nicht
deutsche Geistes- und Sitten Ausbildung. Wie sehr die erstere
die allein wahre und seligmachende sei, scheint mir schon
daraus völlig klar, dass jeder vollendete Deutsche den Aus-
länder, auch in seinen feinsten Nüanzen hegreift; weil er
überall den Menschen im Original liest; jener hingegen
auch von dem vorzüglichsten Deutschen selten etwas anders
zu fassen vermag, als was der Überse:(ung kaum werth ist;
jede bessere Eigenthümlichkeit, der Geist wodurch Deutsch-
heit eigentlich zu einem vielumfassenden Begrif wird, geht
ihm überall verloren. Sie könnten, wenn es darauf ankäme,,
den Fokär konstruiren, ja ihm selbst die prismatische Stralen-
brechung seines esprit erst verdeutlichen, statt dass der
alte Sünder, wenn er auch noch ein halbes Jahrhundert
citoyen de Potsdam geblieben wäre, nicht Eine Zeile vom
Faust kapirt haben würde. — Bei den Franzosen ist es
überhaupt merkwürdig, wie sehr sie den esprit allemand
gern en masse betrachten; und selbst der geistreichen Stael^
die sich doch bis auf einen gewissen Grad aus dem Franzö-
sischen losgedacht hat, konnte ich schwer genug begreiflich
machen, dass kein Volk, und keine Literatur so viel
Individuen hätte, als die Deutschen. Da ich freilich nicht
den Mut hatte, das ganze Kapitel sur la literature allemande
in ihrem Manuskript durchzustreichen, so musste ich mich
wohl begnügen, ihre Musterrolle der so genanten deutschen
Poeten, etwas abzukürzen; aber so ganz klar ward es ihr
doch nicht, warum neben Gbthe solche Schacher, wie der
ehrliche Zachariä^ auch nicht genannt werden dürften.
Indessen weiss die Stael immer noch mehr von unserer
Literatur, als die meisten Deutschen aus der vornehmen
Welt.
Berlin unter andern ist eigentlich nur interessant durch
die unendliche Flachheit, wodurch hier alles neben einander
Platz hat. Ohne UngeT^ogenheiien von einer oder der andern
Partei, die sich von Zeit zu Zeit studentenmässig über den
breiten Stein zanken, würde es hier nicht einmal Kollisionen
geben. Alles latscht rechts und links aus einander, und
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 37
jedes Interesse ist nur zufällig und augenblicklich. Die
Eugenia und die Hussiten sind für das Publikum nur -— 2
neue Stücke; Schlegel und Merkel zwei gleichrüstige Vor-
steher eines belustigenden Hahnengefechts. — Aber diese
völlige Unbedeutsamkeit des Publikums hat auch ihr sehr
Gutes. Das vielköpfige Ungeheuer spricht glücklicher Weise
nirgends mit, und dem Vortreflichen wird wenigstens^ auf
keine Weise, wie einst in Frankreich, en masse entgegen-
gearbeitet. Die bessern Köpfe mögen bisweilen wohl dabei
zu Jakobinern werden, aber die bessern Naturen bilden sich
um so selbständiger selbst aus, und wir haben Gottlob!
keine Normalschulen des Hofgenies oder des Zirkelge-
schmacks, —
Der ächte Götheanismus (ich halte hiebei nur die Uni-
tarier für rechtgläubig) pflanzt sich hier allmählig ^yie eine
unsichtbare Kirche fort, deren Mitglieder wohl allein als
das wahre Salz der geschmackloseren Masse betrachtet
werden müssen. Ich bin wenigstens so glücklich nur mit
Glanbensverwandlen in vertrautem Verbindungen zu leben,
und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie irgendwo inniger
geliebt j und warum nicht? andächtiger angebetet worden,
als in einigen dieser schönen Zirkeln. Sie kennen, hoff'
ich, die Frau von Berg, vielleicht auch ihre vortrefliche
Tochter, die Gräfin Voss. Seit mehreren Jahren hab' ich
das Glück, in dieser seltenen Familie Kindesrecht zu ge-
niessen, und ich möchte wohl sagen, dass Ihre Schriften
der Mittelpunkt unserer ächtreligiösen Verbindung sind.
Alle schöneren Seelen, die einer hohem Ausibildung werth
sind, werden hier in jene heiligeii Mysterien eingeweiht,
und es heisst bei uns, in einem höhern Sinn, niemand ein
Mensch, als wer durch den Geist Ihrer Schriften getauft
ist. Freilich mögen wir wohl, wie alle Rechtgläubigen,
gerade gegen die nächst gränT^enden Sehen bisweilen into-
leranter sein, als gegen völlig Ungläubige, und auf dem
Gute der Gräfin wurde wirklich vorigen Winter vor Ihrer
Büste ein förmliches Autodafi von allerlei Ketzern gehalten,
die uns den Namen Göthes zu misbrauchen schienen. Allein
vor dem Volke möchte ich doch nicht einmal den Lakrymas
fallen lassen, weil sonst die Kozebue und die Merkels
38 Neue Mittheilungen.
glauben möchten, dass man doch in etwas ihrer Meinung
wäre. Einer geistreichen Freundin, die neulich sehr dadurch
allarmirt worden, dass Sie eine Menge Dinge beschüzen
sollen, die ihr durchaus nicht als vortreflich zu Sinne wollten,
und die mich nun fragte : »Ob es Ihnen wohl so eigentlich
Ernst mit der neuen Schule wäre? und ob Sie denn wirklich
am Alarkos eben so viel Geschmack finden müssien wie an
der Ifigenie und dem TassoUi antwortete ich bloss aus
Ilias XI.
»Alle tadelten sie den schwarzumwölkten Kronion,
weil er dem Troischen Volke beschloss zu verleihen den
Siegsruhm.
Doch nicht achtete dessen der Donnerer; ferne gesondert
schied Er hinweg von den andern, und sezte sich, freudiges
Trozes,
wo er die Stadt der Troer umsah', und die Schiffe Achaias,
und hellstralendes Erz, und Würgende rings und Erwürgte.v
Aber ich erschrecke vor der unbescheidenen Länge
dieses Sendschreibens. Um Ihre Schonung in Anspruch zu
nehmen, muss ich Sie daran erinnern, dass Sie mich selbst
in Ihrem Brief grossmütig auffordern Ihnen mittelbar einige
Nachricht von mir zu geben, und ich bin nicht impertinent
genug, um es für möglich zu halten, dass Sie mir ein
blosses Kompliment machen solten. Verzeihen Sie, grosser,
edler, und liebenswürdiger Mann ! dass ich mich unterstehe,
Ihnen, ohne alle Etikette so vertraulich zu schreiben; die
religiöse Ehrfurcht ist gewiss nicht die geringere, und meine
zärtliche und dankbare Ergebenheit hat keine Grenzen für
den Erhabenen, der mein geistiges Leben so unendlich be-
reichert und verschönert hat, und um dessentwillen ich
mich seitdem allein freue im i8ten Jahrhundert geboren
zu sein. Lächeln Sie des Schwärmers, aber zürnen Sie
ihm nicht, wenn er im Vollgefühl der tiefsten Ehrfurcht
und Dankbarkeit alle andre Rücksichten vergisst, um Ihnen
mit der offenmütigsten Vertraulichkeit diese Empfindungen
wenigstens Einmal auszusprechen
Ihr ergebenster
von Brinckmann.
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 39
4, Goethe an Brinckmann.
Die Fortdauer Ihrer geneigten Gesinnungen habe mit
lebhaftem Vergnügen, aus dem durch Herrn Professor
Sartorius erhaltenen Bericht, ersehen; empfangen Sic meinen
besten Dank für die gute Aufnahme dieses wackren Mannes
und lassen Sie eine Bitte stattfinden, die ich im Vertrauen
auf Ihre Neigung wage.
Möchten Sie nicht Ihre Kenntniss nordischer Litteratur,
zu Gunsten des in Jena vom neuen Jahre an heraus-
kommenden gelehrten Blattes, verwenden? und von Zeit
zu Zeit über Vergangenes und Gegenwärtiges jener Sphäre
Ihre Gedanken dem Publikum mittheilen?
Sie erlauben, dass Herr Hofrath Eichstädt Ihnen dess-
halb eine förmliche Einladung zuschicke; so wie Sie mir
vergönnen, von Zeit zu Zeit, durch irgend einen Durch-
reisenden, mein Andenken erneuern zu dürfen.
Ein herzliches Lebewohl!
W. d. 24. Octb. 1803. Goethe.
/. Brinckmann an Goethe.
Berlin den I5tcn Mai 1804.
Wenn ich mich erdreistet habe, dem grössten deutschen
Dichter eine Samlung von Kleinigkeiten öffentlich zuzu-
eignen, deren Verfasser höchstens durch Adoption das Recht
erlangen möchte, sich als einen Mitbürger von Gbtbe anzu-
sehen — so habe ich vorzüglich nur auf die herablassende
Güte gerechnet, deren Sie mich bisher persönlich gewürdigt
haben.
Empfangen Sie daher dies Büchelchen nur als ein Opfer
meiner tiefsten Ehrfurcht, und der unerschütterlichen, herz-
lichen Ergebenheit, die ich Ihnen gewiedmet habe, seit ich
die schönsten und genussreichsten Stunden meines Lebens
dem wohlthätigen Zauber Ihrer Muse verdanke.
Mein Beruf zum Dichter ist freilich. mehr als zweifel-
haft. Ich habe mich in der Vorerinnerung . darüber auf-
richtig und ohne Ziererei erklärt. Es giebt aber jezt in
unserer Literatur so viel Liebhaberkon:(erte, dass es schon
40 NfiUE Mittheilungen.
eine verzeihlichere Anmassung scheint, hieran Theil zu
nehmen, ohne sich für einen Virtuosen zu halten. Das
einzige kleine Verdienst, das mir vielleicht die Kenner zu-
gestehen werden, möchte wohl die Sorgfalt sein, die ich
auf Sprache und Versbau gewendet habe; aber auch diese
mechanische Fertigkeit verdanke ich einzig und allein den
Belehrungen unsers Freundes Voss, und dem anhaltenden
Studium seiner Werke. Bei einem Ausländer scheint mir
diese Sorgfalt unerlässliche Pflicht; aber ein Dichter, wel-
cher nur diese erfüllt, muss sich billig noch als einen »un-
nüzen Knecht« betrachten.
Ich schmeichle mir indess mit der Hofnung, dass Sie
wenigstens mit den patriotischen Gesinnungen zufrieden
sein werden, die meine Zueignung enthält. Sie finden,
dass ich als Politiker, Filosof und Literator meiner enthusias-
tischen Vorliebe für Deutschland gleich treu bleibe, und
wenn dies ein Vorurtheil ist, so muss es wenigstens bei
jedem Bewunderer Göthens eben so natürlich wie verzeih-
lich scheinen,
Sie haben mir vor einiger Zeit die Ehre gethan, mich
aufzufordern an der Jenaischen Literatur-Zeitung Theil zu
nehmen. Bloss überhäufte Geschäfte, welche durch den
Aufenthalt meines Königs verdoppelt worden, haben mich
verhindert, dieser Aufforderung ein Genüge -zu leisten. Ich
hoflFe aber in Kurzem Ihnen irgend etwas über die Schwedische
Literatur zuzusenden.
Empfangen Sie die Versicherungen meiner tiefsten Ver-
ehrung und meiner unveränderlichen, herzlichen Ergebenheit.
von Brinckmann.
6. Brinckniann an Karoline von WolT^ogen.
Berlin den i6. Mai 1804.
In diesem Augenblick befiehlt mir Frau von Schiller,
Ihnen meine Gedichte zu schicken, gnädige Frau! und mein
Herz gebietet mir eben ernsthaft, mein Andenken bei Ihnen
zu erneuem. Über das Büchelchen habe ich nicht viel zu
sagen, über meine Empfindungen für Sie und Schillers
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 41
könnte ich sehr lange sprechen — aber leider habe ich
nur noch einige Augenblicke Zeit.
Empfangen Sie indessen vor allen Dingen meinen
herzlichen und gerührten Dank für die freundliche Güte,
mit der Sie sich noch des unbedeutenden Fremdlings er-
innern, den Sie einst in Ihrem Hause einer so heimischen
Vertraulichkeit würdigten. Das Andenken jener seligen
Tage in Weimar ist noch immer einer der lichtesten
Punkte an dem Horizont der verdämmerten Vergangenheit.
Nach diesem gelobten Lande kehr' ich noch immer, wie
das alte Bundesvolk nach Palästina, meine traurigen Blicke;
ohne Hofnung, wieder eingesezt zu werden in meine alten
Rechte, aber nie ohne Sehnsucht.
T»Da lebten wir, dies Tröpfchen Zeit
nach seinem innern Werth war eine Ewigkeit!«
Unterdessen verwittert mein geistiges Leben in der öden
Sandwüste leerer Beschäftigungen und genussloser Zer-
streuungen der grossen Welt. Den leztern kann ich mich
wohl oft entziehen, aber den erstem muss ich um so un-
bedingter huldigen, weil meine ganze Denk- und Empfin-
dungsweise mir nun einmal keine Empörung erlaubt gegen
den kategorischen Imperatif einer erkannten Pflicht,
Gerade während Schillers Anwesenheit in Berlin bin
ich weniger, als jemals mein eigener Herr gewesen, und so
habe ich den Herrlichen viel weniger genossen, als ich ge-
wünscht hätte. Hinlänglich jedoch, um Ihnen zu versichern,
dass meine tiefe Ehrfurcht vor seinem Genius, und meine
herzliche Liebe zu ihm, wo möglich vermehrt worden
sind. Ich fühle, dass wir Freunde werden, und einander
bald völlig verstehen würden, wenn ich je das Glück
hätte, von Politik und Hof-Erbärmlichkeiten entfernt, in
einem ruhigen Winkel Ihres Landes ein filosofisches Idyllen-
leben zu führen.
Meine Gedichte betrachten Sie also, recht eigentlich
wie Elegien, durch deren Gesang ein Galeerensklafe sich
beim Rudern zu ermuntern sucht; und lesen Sie diese
Kleiniglceiten, als theilnehmende Freundin, nicht als strenge
Kunstrichterin.
42 Neue Mittheilungen.
Ich küsse Ihnen mit tiefster Hochachtung, Dankbarkeit
und Ergebenheit die Hände, und ersuche Sie um Almosen
eines freundlichen und grossmütigen Andenkens.
Ihr Br.
Der Schwede Brinckmann (geboren 1764 in Nacka bei
Stockholm, gestorben 1847 ^^ Stockholm) hat seine gesammte
Jugendbildung in Deutschland genossen : als einähriger Knabe
kam er auf das herrenhutische Pädagogium in Niesky, mit
achtzehn Jahren an das evangelische Brüderseminar in Barby;
an beideii Anstalten war er Schulkamerad Schleiermachers,
mit dem ihn ein inniges Freundschaftsverhältniss verband.
Gegen 4pp Willen seines Vaters, der ihn zum Theologen be-
stimmt hatte, verliess er 1787 das Barby er Seminar und bezo^j
die Universität Halle: seine Neigung zog ihn zum Studium
der Philosophie, der Diplomatik und des Staatsrechts, das
ihn befähigen sollte, später im diplomatischen Dienst seines
Vaterlandes Anstellung zu finden. Genaue Kenntniss des
klassischen Alterthums und daraus entspringende nie aus-
setzende Leetüre der antiken Literaturen, ein feiner Sinn für
Poesie und frühe Fertigkeit in poetischer Gestaltung seiner
Gedanken und Reflexionen, bei denen vor allem die gediegene
und tadellose Formvollendung wohlthut, waren die Eigen-
schaften, aus denen sein lebhaftes Interesse für deutsche
Literatur und deutsches Geistesleben, seine schwärmerische
Verehrung für unsere grossen Dichter erwuchs und immerfort
sich nährte. Nach kurzer Vorbereitung im inländischen Dienst
gelang es ihm, einem Herzenswunsche an höchster Stelle Er-
füllung zu erwirken: er wurde 1792 dem schwedischen Ge-
sandten in Berlin als Legationssecretär beigegeben, in welcher
Stellung er bis 1797 verblieb. In diesem Jahre wurde er in
gleicher Eigenschaft nach Paris versetzt, kehrte jedoch 1801
nach Berlin zurück, wurde 1807 Gesandter, ging 1808 nach
London in gleicher Eigenschaft und hat seit der Thronent-
hebung König Gustavs IV. 1809 das Amt eines schwedischen
Hofkanzlers bekleidet. Seine Beziehungen zu Deutschland
werden dann schwächer und schwächer, dagegen nimmt er
in diesen seinen letzten Jahrzehnten eine hervorragende Stelle
in der Entwicklung der schwedischen Literatur ein. Eine
hübsche Charakteristik Brinckmanns gibt Varnhagen, Ver-
mischte Schriften (zweite Auflage) 3, 133.
Den Grössen Weimars trat Brinckmann auf der Reise
von Berlin nach Paris, im Februar 1798 persönlich nahe.
Am 17. Februar bat er Goethe in einem kurzen Billet um
die Erlaubniss, ihm seine Aufwartung machen zu dürfen:
»Ich fühle es gewiss selbst, wie unbescheiden es gewöhnlich
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 45
scheinen muss, wenn jeder unbedeutende Reisende sich zu
der Bekanntschaft eines grossen Mannes hinzudrängt, und die
Furcht, mich diesem Vorwurf auszusetzen^ würde auch in
diesem Fall meinen lebhaftesten Wunsch unterdrückt haben,
wenn ich nicht ganz eigentlich auf Ihre Güte gegen unsre
gemeinschaftlichen fteunde, Herrn und Frau von Humboldt
rechnete« (Ungedruckt). Zugleich überreichte er ein Schreiben
des Berliner Archäologen Hirt vom 31. Januar, in dem es
von Brinckmann heisst: »Als Freund der Familie von Hum-
boldt, und überhaupt als ein Mann von liberalem Geiste,
der selbst verschiedene glückliche Versuche in den Musen-
künsten gemacht hat, bedarf derselbe keiner weitern Intro-
duction. Die schöne Welt bedauert, in ihm einen der aima-
belsten Gesellschafter zu verlieren« (Ungedruckt). Goethe bat
Brinckmann, einige Tage länger zu bleiben, und lud ihn auf
den 20. zu Mittag ein (vgl. Tagebücher II, 199). Dieser sagte
in einem zweiten Billet zu und beschloss inzwischen nach
Jena zu gehen, um Schiller kennen zu lernen, wozu er sich
von Goethe den »Talisman« einiger empfehlender Zeilen aus-
bat, um nicht abgewiesen zu werden. Diese holte er am 18.
früh bei Goethe ab (vgl. dessen Tagebuch). Goethe schrieb:
»Herr von Brinckmann, der um Sie zu sehen nach Jena geht,
wünscht einige Worte von mir mitzunehmen. Da er Ihnen
durch die Musen schon empfohlen ist, und seine lebhafte
Unterhaltung Ihnen gewiss angenehm seyn wird, so brauche
ich weiter nichts zu sagen« (Briefe XIII, 70); ferner am 21.:
»Brinckmann war sehr erfreut mit Ihnen einige Stunden ver-
traulich zugebracht zu haben. Seine lebhafte Theilnahme an
so vielem verdient wirklich eine gute Aufnahme. Gestern ass
er mit mir und ich hatte ihn zwischen unsere zwey liebens-
würdige Schriftstellerinnen [Karoline von Wolzogen und Amalie
von Imhoff] placirt, wo er sich ausserordentlich gut befand.
Eigentlich scheint er mir aber eine rechte Katar für ein so
grosses Element wie Berlin zu seyn« (Briefe XIII, 71). Auch
Schillers Urtheile über den schwedischen Fremdling sind er-
halten ; er schreibt an Goethe am 20. Februar : »Da ich eine
Zeitlang ,von dem Schall der menschlichen Rede' fast ganz
entfernt kbte, so war mir die lebhafte Gesprächigkeit des
Freundes, der mir gestern Ihren Brief überbrachte, sehr er-
frischend und ergötzend. Es ist überhaupt unterhaltend, einen
Leser zu sehen, und sich die eigenen oder fremden Ideen in
irgend einer Gestalt wieder geben zu lassen. Diesem sieht
man übrigens die Filiation stark an, weil er durch Humboldts
in unsem Kreis gezogen worden. Eigen ist es, wie sich bei
einem gewissen Zustand der Litteratur ein solches Geschlecht
von Parasiten oder wie Sies nennen wollen, erzeugt, die sich
aus dem was von andern geleistet ist, eine gewisse Existenz
44 Neue Mittheilukgen.
bilden, und ohne das Reich der Kunst oder Wissenschaft selbst
zu bereichern oder zu erweitern, doch zum Vertrieb dessen
dienen, was da ist, Ideen aus Büchern ins Leben bringen,
und wie der Wind oder gewisse Vögel . den Saamen dahin
und dorthin streuen. Als Zwischenläufer zwischen dem Schrift-
steller und dem Publicum muss man sie wirklich sehr in Ehren
halten, obgleich es gefährlich seyn möchte, sie mit dem Pub-
likum zu verwechseln. Uebrigens hat dieser gegenwärtige
Freund einen feinen Sinn und bei seinem raisonnirenden
Hange scheint er mir eine zarte Empfindung zu besitzen;
dabei eine besondre Geschmeidigkeit, sich in fremdes zu finden,
ja es sich anzueignen. Gegen Humboldt gehalten scheint er
mir zwar ein viel flacheres Urtheil und schwankendere Begriffe
aber mehr Gefühl zu haben« (Briefe V, 347) und wiederum
am 23.: »Er ist ein sehr unterhaltender Mensch in Gesell-
schaft und schlau genug, das Geistreiche und das Triviale an
beiden Enden zusammenzuknüpfen« (Briefe V, 350). Auf jene
längere Charakteristik erwidert Goethe am 2 1 . Februar : »Unsern
Schweden den Sie trefflich geschildert haben habe ich noch
morgen zu bleiben beredet. Unsere Frauen in Weimar bedürfen
gar sehr solcher fremden Erscheinungen, und ich mag ihnen,
da sie sonst so wenig Vergnügen haben, dergleichen gerne
gönnen. Gewiss sind diese Naturen sehr wünschenswerth weil
sie zur affirmativen Seite gehören und doch immer Talente
in der Welt supponiren müssen, wenn ihr Talent gelten soll«
(Briefe XIII, 76; vgl. auch 75).
Diese persönliche Berührung, für Brinckmann, wie er oft
betont hat, einer der schönsten Lichtpunkte seines ganzen
Lebens, führte zu dem vorstehenden ^Briefwechsel, dem als
Anhang ein Schreiben Brinckmanns an Karoline von Wolzogen
beigefügt ist.
Anmerkungen.
1. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 30 Z. 5,
durch Wilhelm von Humboldt, der damals mit seiner Familie
Spanien bereiste. — Z. 7. »Elegien. „. Abdruck für Freunde.
Paris 1799.« Will man die Feinheit der Brinckmannschen
Versification studieren, so vergleiche man diese Elegieen mit
ihren Umarbeitungen in den Gedichten von 1804. — S. 33 Z. 14.
Ueber Madame de Flahault (1760— 1836) vgl. Biographie uni-
verselle XXXIX, 724; Lebensnachrichten über Niebuhr I, 146;
Tagebuch Wilhelm von Humboldts von seiner Reise nach
Norddeutschland im Jahre 1796 S. 107.
2. Original in Brinckmanns Nachlass, jetzt im Besitze
des Herrn Grafen Axel Knut von Trolle -Wachtmeister auf
Trolle-Ljungby in Schonen. Eigenhändig. Nach einem Concept
gedruckt Goethes Briefe XVI, 245, — S. 33 Z. 34. »Brinck-
mann kam sehr entzückt von Weimar und Jena hier an und
Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 45
ganz voll von Amalia — wenn die Partie zu machen ist,
soll von meiner Seite nichts fehlen sie zu Stande zu bringen ;
und hätte Brinckmann jetzt schon einen Gesandtschaftsposten,
so wäre auch keine Frage, dass er nicht ernstlich an Amalie
dächte ; das merke ich an allem. Auch wären sie in der That
wie ftlr einander geschaffen und einer würde der Eitelkeit
des andern Genüge thuna schreibt Karoline von Humboldt
im Mai 1798 an Schillers Frau (Charlotte von Schiller II, 177;
vgl. auch 325). Die Biographin Amalie von Imhoffs erwähnt
von dieser Beziehung „nichts. — S. 34Z. 4. Ueber Georg Sar-
torius vgl. Allgemeine deutsche Biographie XXX, 390; ferner
von der Hellen zu Goethes Briefen XVI, 238, 10.
3. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 37 Z. 23.
Karoline Friederike von Berg, geborne von Häseler, die be-
kannte Freundin der Königin Luise.
4. Original in Brinckmanns Nachlass. Geists Hand, die
letzten drei Zeilen eigenhändig. Nach einem Concept gedruckt
Goethes Briefe XVI, 333. — S. 39 Z. 8. Brinckmann scheint
an der damals neuorganisirten Jenaer Literaturzeitung nicht
mitgewirkt zu haben. »Hast du nichts vom Schweden Brinck-
mann gehört? Warum mag der meinem Vater und Eichstädt
nicht geantwortet haben? Wir hätten ihn so gern an der
Zeitung zum Rezensenten« schreibt Heinrich Voss an Solger
(Archiv für Literaturgeschichte XI, 102).
5. Original im Goethe- und Schiller-Archiv. — S. 39 Z. 22.
»Gedichte. Erstes Bändchen. Berlin, bei Johann Daniel Sander.
1804.« Das Widmungsgedicht in Stanzen ist an Goethe ge-
richtet.
Ein weiterer Brief Brinckmanns an Goethe vom 7. Juni
1804 enthält eine Empfehlung des jungen Grafen Wachtmeister,
der auf einer Reise durch Deutschland auch Weimar berührte
und Goethe kennen zu lernen wünschte ; vgl. darüber Goethe-
Jahrbuch XIII, 237.
6. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 41 Z. 14.
Das Citat kann ich nicht* nachweisen. — Z. 23. vom 1.— 17.
Mai des Jahres. Albert Leitzmann.
6. Fr. Tieck an Goethe,
Berlin 3 April 1802
Unter den Künstlern, die idi hier nun habe kennen
gelernt, ist Buri ohnstreitig der interessanteste. Seine Copie
nach Lionardo scheint mir soviel ich von diesem Meister
46 Neue Mittheilungen.
kenne sehr gut zu sein. Ein Portrait eines Gendarms
Offiziers welchen er die ganze Figur in Wasserfarben ge-
malt hat, enthält manches Gute, doch gefällt mir auch
vieles nicht. Desto besser ist aber das Portrait der Gräfin
Tolstoy, ich habe nur eine Copie davon gesehen, die er
selbst gemacht und von welcher er mir gesagt, sie sei bei
weitem nicht so gut als das Original. Es ist nicht blos in
ganz vortrefflichem Stil gezeichnet, sondern wirklich ausser-
ordentlich gut colorirt. Der Goldgrund macht, um har-
monisch zu bleiben, natürlich ein sehr blühendes Colorit
nöthig und er hat alles erreicht, was er nur wünschen
durfte.
Leider hat er den grössten Theil der Zeit hier mit
Copieen seiner Bilder nach Lionardo zugebracht. Doch
wird er wahrscheinlich in 3 Wochen Berlin verlassen, um
für die Königin von Preussen die grosse Madonna in Dres-
den zu copiren; von dort aus geht er nach Italien zurück.
Schlegel lässt sich Ihnen gehorsamst empfehlen, der
Jon ist hier noch nicht aufgeführt, weil schon so viele andre
Stücke vorher angenommen. Er wird aber in den ersten
Tagen oder Hälfte des nächsten Monats gegeben. Der
Architekt Genelli, den Sie schon aus mehreren! kennen,
hat Schlegel eine Dekoration dazu gezeichnet, die wirklich
ausser dem schönen malerischen Effect viel Werth als
Architekturstück hat. Es lässt sich also hoffen, dass von
dieser Seite das Stück hier in Berlin mit grosser Voll-
kommenheit gegeben werden wird. Die Dekoration war
wirklich für Berlin sehr nöthig, denn die Schlechtigkeit
und Dummheit des hiesigen Malers beim Theater ist un-
beschreiblich. . . .
Berlin 21. Febr. 1824.
.... Ich füge nichts über den Werth der einzelnen
Arbeiten (Brandtschen Medaillen) bei, weil solche Euer
Exzellenz vor Augen liegen, und es unverständig wäre Ihrem
eigenen Urtheile vorgreifen zu wollen, doch bitte ich diese
mit den Arbeiten unserer anderen Medailleurs zu vergleichen,
zum Beispiel denen in der letzten Zeit in München ge-
schnittenen, welche so sehr gerühmt wurden. Ich bin
Briefe Fr. Tiecks an Goethe. 47
wenigstens über die mit dem Bildnisse Fr. Jacobis, welche
noch dazu nach meiner Büste geschnitten ist, erstaunt.
Uebrigens war Herr Brandt der erste hier, welcher seine
Münzen erhoben im Stahl schnitt und dann in die Stempel
einsenkte, welches allgemein für die bessere, obgleich
schwierigere Art gehalten wird. Ehemals kannte man hier
keine andere Art, als dass nach der gegebenen Zeichnung
die Medailleurs sich ihre Münzen im grössern Format von
einem Bildhauer im flachen Relief modelliren Hessen, diess
Relief wurde abgeformt, und diese hohle Form, welche ver-
grössert den Stempel darstellte, wurde mit Quadraten über-
zogen und nach diesen der wirkliche stählerne Stempel gleich
vertieft geschnitten. So sind alle Münzen, welche unter
dem Namen des Daniel Loos gehen, sowie aller andern
früheren Berlinischen Münzenschneider gemacht, Abrahamson
war der einzige unter ihnen, welcher selbst seine Modelle
machen konnte.
Auch der grössere Theil der früheren französischen
grossen Prachtmünzen ist auf diese oder ähnliche Art ge-
macht. Erst in den letzten Jahren der französischen Repu-
blik dachte man zu Paris auch daran, den Medailleuren einen
höhern Grad künstlerischer Ausbildung zu geben, man
setzte Preise aus wie für Maler und Bildhauer und zwang
so die jungen Leute modelliren zu lernen und sich nicht
bloss mit der Technik ihrer Kunst zu beschäftigen. Noch
der berühmte Andrieux, von >velchem die schönste Denk-
münze Ludwig des i8ten existirt und welcher erst im vorigen
Jahre gestorben ist, konnte nur vertieft schneiden, wenn
gleich dies in sehr hoher Vollkommenheit. Mir ist auch
nicht bekannt, ob Hedlinger seine Münzen anders als ver-
tieft geschnitten hat. Die Münzen gleich vertieft zu schnei-
den hat den grossen Nachtheil, dass, da der Stempel doch
bei einer der ersten Münzen zerspringen kann und alsdann
die ganze Arbeit verloren wäre, derselbe zuerst in weichem
Stahl abgeprägt werden muss, um im Fall des Zerspringens
wieder ersetzt werden zu können, statt dass bei dem
Schneiden des erhobenen Stempels dieser dann in den er-
weichten Stahl eingetrieben wird und so mit grösserer
Leichtigkeit der zerprungene Stempel ersetzt werden kann.
48 Neue Mittheilungen.
Seit Herr Brandt hier ist, haben auch die anderen
jungen Stempelschneider angefangen in Stahl erhaben zu
schneiden und mehrere der Münzen, welche Loos der Sohn
unter seiner Direction (das heisst als Unternehmer) her-
ausgegeben hat, sind auf diese Art geschnitten . und man
kann nicht läugnen, dass die Herren König, Goez und
Voigt junge Männer von vielem Talent sind. König ist
jetzt nach Dresden gegangen, woselbst er bei der könig-
lichen Münze angestellt ist; Goez ist in diesem Augen-
blick auf einer Reise durch Italien hegrifFen, woher er
zurückerwartet wird und ist seit mehreren Jahren bei der
hiesigen Münze angestellt. Voigt, der jüngste unter ihnen,
ist sehr fleissig und denkt auch auf eine Kunstreise nach
Italien.
Ausserdem ist noch ein Medailleur Jagdmann hier,
welcher zwar den Titel als Hofmedailleur führt, aber nicht
für die königliche Münze beschäftigt ist. Er hat auch wenig
bekannt gewordene Arbeiten geliefert. Eine grosse Münze,
mit dem Bildnisse Albert Dürers, welche er vor einigen
Jahren geschnitten, ist sehr lobenswerth und werde ich
suchen, Ihnen solche ein andermal zu übersenden, wenn
Sie solche nicht schon besitzen sollten. Es ist dieselbe,
d. h. der Kopf, vielleicht mit mehr Heiss und Weichheit
als irgend einer der Köpfe des Herrn Brandt geschnitten,
obgleich letzterem wohl niemals so viel Zeit auf eines
seiner Werke zu verwenden gelassen ist, da leider die Denk-
münzen grösstentheils übereilt gemacht werden müssen.
Verzeihen Euer Exzellenz mein langes Geschwätz sowie
die schlechte Handschrift, doch fügte ich gern noch etwas
über mich selbst und meine eigne Arbeiten hinzu, wenn ich
etwas Interessantes von mir zu sagen wüsste. Aber so ist
die ganze Zeit meines Aufenthalts hier in Berlin mit den
Modellen zu den Stuck- und Sandstein-Arbeiten des Theaters
hingegangen, sowie zu den Kupfertreibereien, welches alles
mehr oder weniger doch nur als Decorationsarbeiten anzu-
sehen sind. Nach der Vollendung jener Arbeiten habe ich
einige Marmorbüsten vollendet, worunter eine Wiederholung
jener des alten Geheimrath Wolf, welche noch in Weimar
modellirt wurde. Diese zweite Marmorbüste ist unstreitig
Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 49
besser als die erste entfernt vom Original ausgeführte.
Jetzt bin ich unter andern Dingen beschäftigt das Modell
zu der Statue Ifflands auszuführen, weiche ebenfalls im
Theatergebäude aufgestellt werden soll
Sehr schmerzhaft ist es mir gewesen, dass man sich
nicht von Frankfurt aus an mich gewandt hat Euer Exzellenz
Statue wegen, sondern an Rauch ; wie sehr ich auch Rauchs
Freund bin, kann ich mich doch des Neides nicht erwehren,
dass ihn in sovieler Rücksicht das Glück mehr begünstigt
und das Glück, Ihr Bildniss in Marmor aufzustellen, kann
ich mit ruhigem Herzen Niemand gönnen
Berlin 15. Junius 1824.
. . Was mich dazu geführt,* Rauch dieß Blatt mitzu-
geben, ist die Erwähnung Diderots und seiner Tochter,
der Frau von Vandeul im letzten Hefte für Kunst und
Alterthum bei Gelegenheit des Manuscriptes zu Rameaus
Neffen. Dieß brachte mir nemlich eine alte Geschichte
wieder in Erinnerung, welche ich von eben dieser Frau
von Vandeul in Paris hörte.
Ich hatte Gelegenheit gehabt durch Frau von Humboldt
dieselbe kennen zu lernen und sehr gütig von ihr aufge-
nommen, war ich regelmässig alle acht bis vierzehen Tage
Mittags oder Abends bei ihr eingeladen, wo ich die Be-
kanntschaft mehrerer älterer Künstler machte.
Von ihr erfuhr ich, dass noch ein Manuscript Diderots
ungedruckt existirt, welches den Titel führt La promenade
du Scepticien. Das fertige Werk hatte ihr Vater nemlich
einigen Freunden mitgetheilt, als er eines Morgens einen
Besuch einer Magistrats-Person erhielt. Diese, mit ihm im
Gespräch in seiner Bibliothek auf und abgehend, zieht von
Zeit zu Zeit einen Band hervor, bis selbige endlich den
Heft findet, welcher dies Manuscript enthält, wo mit dem
Ausspruch »das war es was ich suchte«, ihm ein Polizei-
befehl mitgetheilt wird, diess Werk zu confisciren.
* Es steht ziemlich deutlich da: gewöhnt; diess dürfte aber bloss
Schreibfehler sein, das Wort »gewöhnen«, womit der vorhergehende
Satz schloss, steckte ihm noch in der Feder; aber man erwartet unter
allen Umständen »geführt«.
Goethe-Jahrbuch XVII. 4
50 Neue Mittheilungen.
Im Jahr 1800, eben als ich noch in Paris war, kam
dieser Vorfall wieder zur Sprache und ich hörte dieß
mehrere male von Frau von Vandeul erzählen und viel
darüber sprechen. Ein Buchhändler nemlich kündigte eine
Bücherauction an, und um Käufer anzulocken machte er
bekannt, dass in dieser Sammlung sich jenes noch unge-
gedruckte Manuscript Diderods vorfände und mit ver-
steigert werden sollte. Frau von Vandeul, obgleich sie wohl
das Manuscript ihres Vaters gedruckt wünschte, fürchtete
doch den Stadtklatsch zu sehr, welcher ihr die Impietät
gegen das Andenken ihres Vaters nicht verziehen haben
würde ein Manuscript von ihm versteigern zu lassen. Sie trat
deshalb mit dem Buchhändler in Unterhandlungen selbiges
zurückzukaufen. Dieser aber welcher nun glaubte, in der
Versteigerung es nun um so höher treiben zu können,
wenn Frau von Vandeul es ihrer Pflicht gemäss hielt es
zu kaufen, wollte von keinem Vergleich wissen, sondern
verwies auf die Auction, obgleich ihm vorgestellt wurde,
dass er auf jeden Fall in ungerechtem Besitz sei, da wenn
jene Magistratsperson, aus deren Nachlass das Manuscript
in seine Hände gekommen, auch beauftragt gewesen sei,
selbiges zu confisciren, so habe solche kein Recht gehabt,
es als Eigenthum zu behalten, sondern es müsse der Polizei
oder der Erbin Diderots zurückgegeben werden. Da an
keinen Vergleich zu denken war, so machte Frau von
Vandeul dem Polizeipräfecten von Paris Anzeige und dieser
confiscirte das Manuscript ohne Umstände zum zweiten-
mal, zum Nachtheil des Buchhändlers. Frau von Vandeul
fürchtete, durch dieß rasche Verfahren des Polizeipräfecten
in einen langen und kostspieligen Process mit dem Buch-
händler verwickelt zu werden, doch scheint dieß nicht
der Fall gewesen zu sein, wenigstens so lange als ich in
Paris war, bis August 1801 nicht
Berlin 12. April 1828.
.... Ich habe mich bemüht, alle 15 kleinen Statuen
(für das Gesellschaftszimmer der Kronprinzessin), soviel mir
möglich war, im Sinne der Antike darzustellen, ohne dass
ich doch etwas anderes als die Natur zum Vorbilde ge-
Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 51
nommen, weshalb ich glaube, dass solche- lebendig sind.
Zum Achill, Ulyss, Bacchus habe ich antike Köpfe benutzt.
Seitdem diese Arbeiten vollendet sind, auf welche ich mehr
Fleiss verwendet habe als meinen ökonomischen Verhält-
nissen angemessen, weil man mir geschmeichelt, dass solche
in Marmor sollten ausgeführt werden, habe ich die Statue
IfBands vollendet und in das Schauspielhaus aufgestellt.
Auch diese Statue sitzend über Naturgrösse habe ich für
die geringe Summe von 2500 Thlrn mit Einschluss des
Marmors ausgeführt, um die Gelegenheit nicht zu ver-
säumen ein Marmorwerk zu machen. Diese Statue ist sitzend,
das Bildnissnach dem vonSchadow im Jahr 1804 modellirten,
welches sehr ähnlich ist. Stellung und Bekleidung so, dass
solche an die beiden Antiken, den Menander und Posidippus
erinnern sollen, d. h. also keinem ähnlich. Es freut mich,,
dass diese Statue Beifall gefunden hat, obgleich der Ort
der Aufstellung für die Beleuchtung nicht günstig ist. Der
Winter ist mir damit hingegangen, zum Behuf des Museums
zwei Pferdebändiger und Pferde zu modelliren, welche in
Eisen gegossen und vergoldet den obern Aufbau krönen
sollen. Mangel an Fonds haben nur die Ausführung der
beiden an der vordem Front möglich gemacht. Die männ-
lichen Figuren sind eben über 10 Fuss hiesiges Maass
gross, das springende Pferd noch etwas höher. Die Stel*
lung ungefähr die der Kolossen auf Monte Cavallo, aber
bewegter, um gegen die Luft eine reichere Silhouette zu
bilden. Ein Mann und ein Pferd sind auch bereits recht
gelungen in Eisen gegossen und vor Ende des Sommers
werden beide aufgestellt sein. Jetzt bin ich mit der Vollen-,
düng zweier Marmorbüsten beschäftigt, die der Kronprinzess,
welche den Brunnen-Saal zu Aachen schmücken soll und
die des Kanzlers Niemeyer in Halle, von welcher das
Modell bei seiner Jubelfeier figurirte. Die nächste zu unter-
nehmende Arbeit ist eine Reihe kleiner Reliefs an einem
Sarkophage zu einem Grabmonumente des General von
Scharnhorst
Unsere Academie wird den Todestag (Dürers), nach
dem neuen Kalender berechnet, am 18 d. M. feiern. Es
wird dazu in dem neuerbauten Saal der Singacademie eine
4*
52 Neue Mittheilüngbn.
Decoration aufgerichtet nach Schinkels Angabe. Der untere
Theil derselben bildet eine Architectur, eine Wand, dere»
Gesimse durch Pfeiler getragen, diese in 5 Felder theilen.
Vor den mittleren wird eine Statue Albert Dürers auf-
gestellt, welche Prof. Ludwig Wichmann aufstellen wird.
Zu beiden Seiten sind sitzende Statuen, Malerei, Sculptur^
Perspective und Militärbaukunst darstellend in den anderen
vier Feldern angebracht, welche ich zu besorgen übernommen
habe. Ueber diese Architectur ist in einem grossen bogen-
förmigen Felde nach einem der schönsten Holzschnitte Albert
Dürers die Trinität von Engeln umgeben in Malerei colossal
ausgeführt, welches Professor Daehling malt. Das Ganze von
goldnen Rahmen und Verzierungen umgeben, durch zelt-
artige Gehänge von der Architectur des Saales abgeschlossen.
Professor Toelken, Secretär der Academie der Künste wird
ein Elogium Albert Dürers lesen, eine Cantate, welche Prof.
Levezow geschrieben und Felix Mendelssohn componirt hat^
aufgeführt werden, zu welcher unsere besten Sänger und
Sängerinnen die Soloparthien, die Singacademie aber die
Chöre übernommen hat, die Feier wie gewöhnlich dann
ein Essen schliessen. Rauch wird dabei den Entwurf des
Monuments aufstellen und dem kunstliebenden Publikum^
welches gegenwärtig, der Wunsch Nürnbergs ans Herz.
gelegt werden zur Ausführung beizutragen.
Von anderen künstlerischen Bemühungen ist es Euer
Exzellenz wol schon auf anderm Wege bekannt geworden^
dass ein Theil der Zuhörer Herrn Alexander von Humboldts
demselben zu Ehren eine Medaille schlagen lassen. Das Bild-
niss zur Vorderseite habe ich modellirt, die Rückseite hat
Rauch nach Professor Levezows Angabe entworfen. Unten
sitzen Gea und Oceanus, über ihnen ein Theil des Thier-
kreises, welcher die Zeichen der 5 Monate enthält, in welche»
die Vorlesungen gehalten sind, über demselben Helios im
Wagen. Die Anordnung ist geschickt, indem durch das.
Band, welches der Thierkreis bildet, der Untertheil des vor-
wärts springenden Pferdes verdeckt wird
Die vorstehenden kurzen BriefauszUge waren Ursprung-
lieh dazu bestimmt, als ein Theil der Serie : Goethe und Berlin
^
Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 53
•den Briefen F. A. Wolfs und A. Hirls (Goethe-Jahrbuch XV,
S. 54 ff.) unmittelbar zu folgen. Der damalige Abdruck wurde
durch Platzmangel verhindert, doch leitete zu der Ausschlies-
sung auch die Erwägung, dass die wenigen Briefe eines
Künstlers mit den zahl- und inhaltsreichen zweier Gelehrten
kein gutes Ganze ausmachten. Weit besser passen sie in den
Zusammenhang unseres Bandes. Denn hier werden nicht nur
neben Goethes Betrachtungen über verschiedene Gegenstände
der Kunst auch Goethes Beziehungen zu einzelnen Künstlern
erörtert, sondern speziell ein Kunstwerk — das Goethedenkmal
zu Frankfurt — besprochen (oben S. 3 ff.), an dem betheiligt zu
werden Tieck sehnHch gewünscht hätte.
Friedrich Tieck, der Bildhauer (1776— 185 1) wird den
Meisten eine ziemlich neue Erscheinung sein. Nur ein grosser
Brief Tiecks an Goethe aus dem Jahre 1825 ist im Goethe-
Jahrbuch Band yil, 202 — 205 gedruckt, sonst wird sein Name
{vergl. das Gesammtregister der ersten 10 Bände s. v.; in
Band 11 — 14 kommt sein Name überhaupt nicht vor, in
Bd. 15 an zwei Stellen, die gleich angeführt werden müssen) nur
gelegentlich in den an Rauch gerichteten Briefen erwähnt, eine
«einer Goethe-Büsten kurz genannt und ein paar wegwerfende
Urtheile Böttigers mitgetheilt, der ihn als ein Mitglied der Ber-
liner Clique hasste. Selbst in einer, über Goethes persönliche
Verhältnisse so reichhaltig unterrichtenden Quelle, wie die
Sammlung von Goethes Gesprächen, wird Tieck nur einmal
und zwar ganz kurz als Goethes Tischgast erwähnt. Im Leben
und nach seinem Tode schadete ihm der grössere Ruhm seines
Bruders Ludwig, der ihn nicht recht aufkommen Hess, und
die bedeutende Umgebung der damaligen berühmten Berliner
Bildhauer, insbesondere Rauchs, die ihn erdrückte. Dass er
jedoch denen, 'die ihn näher kannten, eine höchst sympathische
Erscheinung war, sympathischer selbst als sein vielgepriesener
Bruder, geht aus der anmuthigen Schilderung hervor, die
Theodor Bernhardi, der Sohn von Tiecks Schwester, in seinen
kürzlich erschienenen Jugenderinnerungen von dem Onkel
entworfen hat.,
Ein persönliches Verhältniss hat, wenn man die Bezie-
hungen Tiecks mit denen Wolfs, ja selbst Hirts vergleicht,
zwischen ihm und Goethe kaum geherrscht; daher soll auch
hier nicht der durch mehrere Jahrzehnte hindurchgehende
^gelegentliche Verkehr im Einzelnen verfolgt werden. Vielmehr
soll nur auf zwei kurze Perioden hingewiesen werden, in
denen die Beziehungen etwas lebhafter waren, und aus denen
infolgedessen schriftliche Zeugnisse übriggeblieben sind: die
eine von 1800 bis 1804 die andern 1824 bis 1828.
Tieck befand sich seit 1798 in Paris (vgl. A. D. B. 38,
247 fg.). Von dort wurde er durch W. v. Humboldt an Goethe
54 Neue Mittheilungen.
derartig empfohlen (vgl. Briefw. Goethes mit den Brüdern
Humboldt z. B. 162. 170), dass die Erwartungen des Meisters
ziemlich hochgespannt waren. Schon auf die Empfehlung
Humboldts hatte Goethe von diesem geschrieben (19. Nov.
1800, Briefe 15, 148):
. . . »Vielleicht hätte Herr Tieck die Gefälligkeit mir bey
dieser Gelegenheit einige nähere Notiz von den französischen
Künstlern zu geben, auch den Geburtsort, das Alter, und was
sonst von ihnen merkwürdig ist, anzuzeigen und mit mir,
wenn Sie Frankreich verlassen, in eine unmittelbare Correspon-
denz zu treten.« Tieck kam 1801 nach Weimar und wurde ausser
für eine Goethe-Büste auch für die Arbeiten am Schlossbau in
Anspruch genommen. Seiner Büste gedenkt Goethe als einer »mit
grosser Sorgfalt gefertigten« (Annalen 1801). Bei dieser Gelegen-
heit mag daraufhingewiesen werden, dass Goethe in den Annalen
1820 eine neue von Tieck modellirte Büste erwähnt. Genaueres
über die vier verschiedenen von Tieck herrührenden Goethe-
Büsten: i) die Bearbeitung der Trippeischen Büste 1800, 2) die
nach dem Leben gemachte 1801, 3) die Colossal -Büste für die
Walhalla 1806—8, 4) die bereits erwähnte von 1820, findet
man in den einschlägigen Werken von Rollett und Zarncke,.
auf die hier kurz verwiesen werden muss, da ein weiteres Ein-
gehen auf diese Kunstwerke meine Kenntnisse tiberschreiten
würde, zudem auch grade in diesem Zusammenhange von keiner
erheblichen Wichtigkeit ist, da unsere Briefe auf die Büsten nur
ganz gelegentlich eingehen.
Während die Romantiker sich sehr entzückt über Tiecks
Persönlichkeit äusserten (A. D. B. a. a. O.), war Goethes Stim-
mung getheilt. Dem Künstler war er wohlgesinnt und drückte
diese Ansicht z. B. in seinem Briefe an Sartorius (10. Oct.
1801, Briefe 15, 260) in den Worten aus:
»Herr Tieck, Bildhauer, der eben von Paris zurückkehrt,,
modellirt gegenwärtig an meiner Büste. Ich hatte dabey Ge-
legenheit mich viel mit ihm über jene wunderliche Hauptstadt
der Welt zu unterhalten, wo er beynahe 3 Jahre studirt hat.
Wenn seine Arbeit glückt, wie ich hoffen kann, §0 erlauben
Sie ja wohl dass ich Ihnen gelegentlich einen gipsenen Freund
ins Haus schicke.« Deutlicher, eingehend auf das ihm nicht
ganz genehme Wesen des Menschen, sprach er sich in einem
Briefe an W. v. Humboldt aus, 29. Nov. 1801, Briefw. S. 176;.
Goethes Briefe 15, 291 fg.:
. . . »Tieck, den Sie ja selbst näher kennen, ist eine Zeit
lang bey uns gewesen, als Künstler und Mensch erregt er
lebhaftes Interesse. Er besitzt ein schönes Talent, das er
treulich ausgebildet hat ; nur leidet er gar zu sehr an den aflfec-
tionibus juventutis, indem er sich ein äusserst heftig absprechen-
des Urtheil erlaubt, das denn doch oft eine grosse Beschränkt-
Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 55
heit andeutet. Dieses schadet ihm nicht allein innerlich, in-
dem es ihn für guten, fördernden Rath unempfönglich macht,
wie ich bey verschiedenen Gelegenheiten bemerken können,
theils äusserlich, in Bezug auf die Gesellschaft, indem er sich,
ganz ohne Noth und Zweck, Widersacher, Feinde und strenge
Richter aufregt.
Können Sie hierin etwas auf ihn wirken, so werden Sie
ein grosses Verdienst um ihn haben; denn er ist, wie ich
merke, zugleich sehr empfindlich und mag nicht wohl ver-
tragen, dass es aus dem Wald schalle, wie er hinein gerufen
hat. Und freylich ist es eine ganz natürliche Folge, dass
man denjenigen, der alle Menschen beurtheilt, als wenn sie
unbedingt wirken könnten, wenn er selbst producirt, die-
jenigen Bedingungen auch nicht gelten lässt, welche ihn be-
schränken, sondern gleichfalls, bey Beurtheilung seiner, ein
Absolutes zum Massstab nimmt.«
Diese Stelle sollte ursprünglich anders, in mancher Be-
ziehung schärfer lauten. Diese Variante (Briefe 15, 365) darf
hier nicht fehlen, zumal sie ausser der Beurtheilung Tiecks auch
ein Stückchen Selbstcharakteristik Goethes enthält. Sie lautet:
»Zwar wir waren auch etwas unleidlich da wir jung waren ;
ob wir aber so selbstsüchtig, so absprechend, so ohnbehos't,
so grob und so empfindlich waren, weiss ich mich wirklich
nicht zu erinnern.
Das schlimmste ist, dass er sich sein Leben von Grund
aus zerstört, wenn ihm nicht bald ein Licht über seinen
sittlichen Zustand aufgeht. Denn natürlich, wenn einer so
selbstisch, rechthaberisch, ohne irgend eine Rücksicht in den
Wald hineinschreyt, so erwiedert ihm das Echo solche frazen-
hafte Töne, die ihm fi-eylich zu keinem Ohrenschmaus ge-
deyen. Nun hat der Wald unrecht! und die Welt! und ein
kränklich ombrageuses Menschenfeindchen ist fertig, das viele
Jahre braucht um nur gegen sich selbst und gegen andere
wieder eine vernünftige Positur zu fassen. Wer der Welt grad
aus zu Leibe gehen will muss ein derbes Fell auf den Knochen
haben.« •
Den Winter 1801/2 verbrachte Tieck in Berlin. Dort
erreichte ihn der offizielle, 21. Dezember 1801 geschriebene
Brief (15, 299 fg.), in dem ihm die grossen Basreliefs an der
Haupttreppe des Schlosses aufgetragen und andere in Aussicht
gestellt wurden. Gelegentlich werden Grüsse an ihn in den
an Berliner Freunde gerichteten Briefen bestellt. (Briefe 15,
297» 16, 75.)
Während dieses Berliner Aufenthalts ist unser erster Brief
geschrieben. In den ausgelassenen Stellen des Briefes meldete
Tieck, dass er erst in 2 bis 3 Wochen nach Weimar kommen
würde und erzählte ferner, dass seine Büste der Schauspielerin
56 Neue Mittheilungen.
Unzelmann, besonders der Kopfputz daran, in Berlin sehr ge-
fallen habe. Er schrieb ausserdem, dass die Goethe bekannte
Frau von Berg (es ist die im G.-J. XIV, 59, 109, 126 und oben
S. 37 u. 45 erwähnte) Goethe den Abdruck einer von Tieck ge-
machten Büste zukommen lassen wolle, und fuhr fort: »wenn Sie
sich des Gesichts noch erinnern, so werden Sie eingestehen, dass
es eine schwere Aufgabe war.« Erwähnt mag endlich bei dieser
Gelegenheit sein, dass Goethe bei der Schilderung des Schloss-
baues sich, wie so oft, in kunstgeschichtlichen und technisch-
künstlerischen Dingen der Hilfe seines Freundes Meyer bediente.
Auf die Erwähnnng Tiecks in den Annalen bezieht sich fol-
gende Stelle in einem ungedruckten Briefe an Meyer: (23. Mai
1828) »Man thut wohl am besten, Tiecks als Bildhauer, Catels
als Marmor - Mosaicistenglätter zu gedenken und überhaupt
das Technische abzuschliessen und einige Masse zu gewinnen ;
denken Sie gefl. darüber nach und helfen mir durch Ihr gutes
Gedächtniss.«
Wegen des langen, durch den Tod seiner Eltern und die
Erkrankung seiner Schwester veranlassten Ausbleibens Tiecks
wurde Goethe ungehalten. A. W. Schlegel sollte daher in
seinem Auftrage den Bildhauer daran erinnern, dass Goethe ihn
älteren Concurrenten vorgezogen habe, nun durch sein Aus-
bleiben bei dem Herzog, der ein schnelles Fortschreiten der
Arbeiten wünschte, in eine unangenehme Lage käme. »Ja es
bleibt«, so schloss Goethe den Brief (13. Mai 1802, Bd. 16, 88)
»mir nichts übrig als noch eine kurze Zeit abzuwarten und
als dann Herrn Tieck einen peremtorischen Termin zu setzen,
welches ich nicht gern thue, doch aber auch die Verant-
wortung einer solchen Zögerung nicht auf mich nehmen kann.«
— Wann Tieck nach Weimar kam, ist nicht genau zu be-
stimmen (vgl. Goethes Briefe 16, 443). Er scheint den grössten
Theil des Jahres 1803 dort gewesen zu sein. Freilich, am
18. Jan. 1803 sandte er (doch wohl von Berlin aus) die Büste
der Schauspielerin Jagemann. Aber schon dem Anfang des
Jahres werden ein paar künstlerische Anfragen zugerechnet
fBriefe 16, 161) und Ende 1803 wünschte Tieck von seiner
Goethe-Büste einen Abguss zu machen, um mehreren Personen
die Büste zu verschaffen ; Goethe war aber nicht gern bereit
seine Büste dazu herzugeben (Briefe 16, 374, zwei andere
nicht Goethe betreffende Arbeiten werden das. 17, 127, 159
angedeutet). Diese Bitte trug Tieck dem Dichter selbst vor
(10. Jan. 1804, ein früheres Billet vom 4. Jan. betrifft ein
anderes Kunstwerk) : er wünschte einige Stunden, um Goethes
Kopf, den er habe, nach der Natur zu retouchiren und bat,
falls der Dichter weder Zeit noch Lust dazu habe, sich zu
diesem Zweck die Gypsbüste aus. Die zahlreichen übrigen
Arbeiten der Weimarer Zeit, die zumeist in Weimar verblieben
Briefp Friedrich Tiecks an Goethe. 57
sind, einige Medaillons, viele Büsten, Basreliefs im Treppen-
hause und einzelnen Gemächern des Schlosses, Statuen der
Musen und antiker Götter und Göttinnen sind A. D. B. 38,
248 fg. verzeichnet und sollen hier nicht alle wiederholt wer-
den. — In Goethes Tagebuch wird Tieck am 17., 18. Nov.,
22. Dez. 1803 erwähnt.
Aus der zweiten Periode des Verkehrs zwischen Künstler
und Dichter mögen wenigstens drei Briefe abgedruckt werden ;
auch der bereits im Band VII veröffentlichte gehört hierher
während die übrigen im Goethe-Schiller-Archiv befindlichen,
da sie meist nur technische Mittheilungen enthalten, hier weg-
gelassen sind. Der Brief aus dem Jahre 1828 verdient einen
Abdruck, weil er von einer Arbeit spricht, die Goethe auch
öffentlich erwähnte. Ueber diese 15 kleinen Statuen nämlich
sprach er sich in der Notiz »Heroische Statuen von Tieck«
K. u. A. Band VI Heft 2, abgedruckt Hempel 28. 848, aus. Der
Artikel schliesst nach einem besonderen Lobe der Kassandra
»Alle zusammen im Komplex mit architektonischer Klugheit
dargestellt, können einer schönen und zugleich prächtigen
Wirkung nicht verfehlen.« Näheres über den Standort der
Statuen siehe bei Eggers, Rauch und Goethe S. 133 A.
Die in dem Briefe vom 15. Juni 1824 behandelte litera-
rische Curisiotät verdient eine kurze Erläuterung. Die Anek-
dote über das Manuscript Diderots nämlich ist in der Form,
wie sie hier erzählt wird, unbekannt. Nur der Anfang, der
Besuch einer Magistratsperson bei Diderot, wird von dessen
Tochter, Frau von Vandeul, selbst erzählt. Sie nennt in den
M^moires sur Diderot (grosse Pariser Ausgabe I, S. XL VI) diese
Person d'Hömery. In der Vorrede zu »La promenade d'un
Sceptique« a. a. O. I, S. 173 ff. wird auseinander gesetzt,
dass diese erst 1830 nach einer Abschrift, dieNaigeon gemacht
oder gekauft hatte, veröffentlicht wurde. Naigeon erwarb eine
Copie in der Auction der Sachen des Herrn Malesherbes und
gab daraus in seinen Memoiren einen Auszug. Copie und
Memoiren gingen etwa 1821 aus dem Besitz eines alten Fräu-
leins Mdrigault in die Hände von Brifere über, der sie am Ende
seiner Diderot- Ausgabe 1823 veröffentlichte. Es wäre daher
möglich, dass es sich bei der Erzählung Tiecks um diesen
Malesherbes'schen Nachlass handelte. Immerhin ist diese Er-
innerung an den französischen Schriftsteller, dem Goethe, wie
bekannt, ein so grosses Interesse widmete, nicht ohne Be-
deutung. Ludwig Geiger.
^
58 Neue Mittheilungen.
7. ZWEI BRIEFE VON JOHANN HEINRICH VOSS
AN GOETHE.
(Vgl. die Abhandlung ■Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu
Goethe und Schiller«.)
I.
Jena, 27 Apr. 1805.
Sie sind uns wiedergeschenkt worden, nun zum dritten
male, und im Ernst, bis zu der fernen Stunde der Natur.
Ich drücke Sie mit Wehmut und Freude an mein Herz,
Innigst geliebter; und denke: ein herliches Göttergeschenk
für Viele, die Göthe kennen und lieben, wie wir! Sobald
blauer Himmel ist, komme ich hinüber, den Genesenden,
den Gesünderen wiederzusehn.
Vorher wollen wir einen der menschlichen Zufälle bei
Seite schieben. Ich gehe nach Heidelberg : ohne Amtspflichten
natürlich, mit einer Pension von 1000 Gulden. Mildere
Luft und Familienbedürfnis nöthigen mich aufzugeben, was
ich mit schwerem Herzen verlaßen werde, Haus und Hof,
und ländliche Stille, und die Krone von allem, edle Freunde
in der Nähe. Diese jährlich einmal, und dann auf längere
Zeit, als von hieraus, zu besuchen, scheint mir leicht, wenn
ich die Reise in Absäzen denke.
Dem Durch]. Herzog, dessen zuvorkommender Gnade
ich ein lebendiges Vorgefühl des Heimischen und Behag-
lichen verdanke, werden Sie meine ehrfurchtsvolle Anhäng-
lichkeit, und, wie ungern ich abgehe, bezeugen.* Was mich
drückt, laue Thalluft mit schneidenden Bergwinden schnell
wechselnd, läßt sich nicht abändern.
Über Jacobis Besuch werden Sie u Schiller entscheiden.
Wenn Sie um Johannis verreist sind, so nimt er einen
anderen Weg in das Pfaffenland, und ich begegne ihm
irgendwo. Ihren Ausspruch erfahre ich durch Heinrich, oder
aus Ihrem Munde. Unsre herzlichsten Grüsse.
Voß.
Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe. 59
2.
Heidelberg, 26 Oct. 1806.
Nach verwirrten Gerüchten von dem, was unser Wei-
mar und Jena betroffen hat, erhielten wir gestern die erste
Nachricht durch Heinrich. Welch ein fürchterlicher Eintritt
des dunklen Verhängnißes ! und wo der Ausgang ! Wir im
Lichten der vorüberfliegenden Sturmwolke blicken nach Euch
mit Wehmut, Ihr lieben Landsleute, Ihr Freunde, Ihr Zierden
und Hofnungen des Vaterlands! Wer hätte das vorigen
Sommer gedacht, als wir aus dem Schooße des Friedens
hieher, wo das Wetter zusammenzog, auswandern mußten?
Edler, theuefster Freund, Sie sind Vater, und lieben
meinen Heinrich; ein Ausweg für ihn wird Ihnen Freude
machen. Man hat hier beschießen, ihm die zweite Pro-
feßur der Philologie, mit welcher ein Seminar verbunden
sein wird, und eine Stelle an der Bibliothek zu geben. Der
Ruf wäre, auch ohne diese Verheerung, zum neuen Jahre
erfolgt. Jezt gilt es, ihn so frühe als möglich, dem Elende,
wo er nichts helfen kann, zu entreißen. Ich nehme ihn
zu mir, unserer Ruhe, und seiner Gesundheit wegen. Er
wird mit dem jungen Boie noch in erträglicher Witterung
hier ankommen können. Wir bitten Sie dringend, ihm den
Entschluß durch Zureden zu erleichtern, und ihm seinen
Abschied vom Gymnasio zu beschleunigen. Mit der nächsten
Post hoffe ich ihm Reisegeld zu schicken.
Ihr Herz wird Sie unter den fallenden Trümmern auf-
recht erhalten; denn Sie sollen noch lange unter uns
wirken und zum Beßeren hinlenken. Sein Sie herzlich
gegrüsst mit den Ihrigen, und lieben Sie mich,
Ihren
Voß.
Im Herbst 1802 war Voss von Eutin nach Jena überge-
siedelt. Goethe hat wiederholt ausgesprochen, wie sehr und
warum er die Nachbarschaft des »trefflichen« Mannes als eine
Bereicherung seiner eigenen Existenz, als wesentlichen Gewinn
für die Universität und die von Weimar- Jena ausgehende Geistes-
arbeit empfand. Es ist bekannt, mit welcher Wärme und
Beharrlichkeit er bemüht war, der Familie Voss den neuen
Aufenthalt in jedem Sinne angenehm zu machen, und wie herz-
6o Neue Mittheilungen.
lieh er sich freute, als Voss ira Sommer 1804 den Ruf nach
Würzburg ablehnte.' Nicht minder bekannt ist die heftige
Aeusserung seines Zornes und Schmerzes über Vossens Weg-
gang nach Heidelberg, dessen Sohne Heinrich gegenüber am
18. Mai 1805. »An dem Tage«, berichtet der jüngere Voss (Mit-
theilungen über Goethe und Schiller S. 64, in Berlits Neu-
druck S. 97 f.) hatte er durch Riemer erfahren, dass mein
Vater nach Heidelberg gehn würde. Seine Krankheitsschwäche,
Schillers Tod und der Verlust meines Vaters, — alles lag
schwer auf seinem Gemüth ; er fing mit einer Heftigkeit an zu
reden, bei der ich vor Entsetzen erstarrte. »Schillers Verlust«,
sagte er unter andern, und dies mit einer Donnerstimme, y^musste
ich ertragen, denn das Schicksal hat ihn mir gebracht; aber
die Versetzung nach Heidelberg, das fällt dem Schicksal nicht
zur Last, das haben Menschen vollbracht.« Unter den »Men-
schen« konnte Goethe im Grunde doch nur Einen verstehen,
nämlich Voss selbst, der über das eigene Bleiben und Gehen
die Entscheidung in Händen hatte. Diese leidenschaftliche
Rede wird ergänzt durch das ruhige Wort Goethes zu Ecker-
mann, als er diesem zweiundzwanzig Jahre später (7 . Oktober
1827) »den classischen Boden«, Vossens Haus und Garten in
Jena zeigte : »Er war mir sehr werth und ich hätte ihn gerne
der Academie und mir erhalten. Allein die Vortheile, die
man ihm von Heidelberg her anbot, waren zu bedeutend,
als dass wir bei unsern geringen Mitteln sie hätten aufwiegen
können. Ich musste ihn mit schmerzlicher Resignation ziehen
lassen.« Voss, in seinem nüchternen Abwägen der ökonomischen
Vortheile, ist gewiss von Undankbarkeit gegen Goethe nicht
freizusprechen. Als besonders rücksichtslos aber und für
Goethe verletzend musste Vossens vertrauenloses Schweigen
über sein Vorhaben erscheinen einem Manne gegenüber, der
ihm so viel Offenheit und freundschaftliche Theilnahme ent-
gegengebracht hatte.
Von diesem Vorwurfe wird Voss nunmehr durch den er-
sten der hier mitgetheilten Briefe befreit. Man fühlt den
knappen, künstlich gesetzten Worten, trotz ihrer scheinbaren
Herzlichkeit, die Kühle und Verlegenheit des Schreibers an.
Die Angabe des j. Voss, Goethe habe am 18. Mai durch
Riemer erfahren, dass sein Vater nach Heidelberg gehe, be-
weist, dass er keine Kenntniss von dem Brief an Goethe,
dieser über den Empfang und Inhalt desselben bis dahin nicht
mit Heinrich gesprochen hatte. Durch Riemer mag Goethe
am i8. Mai neuerdings an die Angelegenheit erinnert worden
sein, worauf dann die heftige Aussprache in Heinrichs Gegen-
wart erfolgte, so dass dieser zu der Annahme berechtigt war,
Goethe habe am selben Tage zuerst von der Sache gehört.
Anfang Juli 1805 verliess Voss Jena. Dass der Sohn den
Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe. 6l
Eltern über kurz oder lang nachfolgen wttrde, war Goethe
sofort klar, er sprach es noch am Abend jenes i8. Mai gegen
Christiane aus (Brief Heinrichs an Solger 22. Mai 1805, Archiv
für Literaturgeschichte Band XI S. 125). Die Uebersiedelung
Heinrichs nach Heidelberg — der wesentliche Inhalt des zweiten
der oben mitgetheilten Briefe — wird im Zusammenhang der
Abhandlung besprochen und desshalb hier nur auf den be-
treffenden Abschnitt (8) verwiesen.
Wenige Einzelheiten bedürfen der Erläuterung.
1. Voss konnte Goethe als einen den Freunden »zum
dritten Male Wieder geschenkt ena begrüssen, insofern kurz zu-
vor, im Februar und März 1805, zwei heftige Anfälle und zu
Anfang des Jahres 1801 eine schwere Krankheit Goethes
Leben bedroht hatten. — ))Ohne Amt sp flicht enn , diese Be-
dingung war schon an Vossens Eutiner Pension geknüpft. In
Heidelberg lebte Voss in freier Müsse seinen Studien. — Fr,
Hnr, Jacobi, auf dem Wege nach München, hielt sich Ende
Juni mehrere Tage in Weimar auf und verlebte mit Goethe
am 27. Juni einen Abend bei Voss.
2. Der junge Boie ist Friedrich, der älteste Sohn von
Vossens Schwager Hnr. Chn. Boie (Vgl. Goethe-Jahrbuch
X, 81 f.). —
Von beiden Briefen besitzt das Archiv die Originale.
Für die Erlaubniss der Mittheilung spreche ich auch an dieser
Stelle meinen verbindlichsten Dank aus.
Hans Gerhard Graf.
J^^^i^^^^
^tf
IL Besuch des Freiherrn Ludwig Low
VON UND zu Steinfurt bei Goethe
AM 3. OCTOBER DES JAHRES 1829.
Von Friedr. Otto.
Der Freiherr Karl Friedrich Ludwig von und zu Steinfurt
(1803 — 1868) war der Sohn des nassauischen Oberjägermeisters
Philipp V. Low (1756— 184 1).' Nachdem er zu Heidelberg,
wo er sich des näheren Umgangs mit dem Historiker Schlosser
zu erfreuen hatte, und zu Göttingen die Rechte studiert, aber
auch anderen Zweigen der Wissenschaft und namentlich der
Kunst seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte, liess er sich im
Jahre 1826 zu Heidelberg als Privatdocent nieder und schrieb
hier sein Erstlingswerk , das noch jetzt geschätzte Buch :
»Ueber die Markgenossenschaften von K. F. L. Freih. v. Low«,
Heidelberg 1829. 8. Im Jahre 1833 folgte er einem Rufe an
die Universität zu Zürich als Professor ; später kehrte er in
die Heimat zurück und wirkte hier als Mitglied der höheren
Justizbehörden, zuletzt als Präsident des Oberappellalions-
gerichts zu Wiesbaden.
Da er ein glühender Verehrer Goethes war, so ist es
begreiflich, dass er nichts sehnlicher wünschte, als den ver-
ehrten Dichter selbst einmal zu sehen und zu sprechen. Schon
sein Vater hatte das Glück gehabt dessen persönliche Be-
kanntschaft zu machen; als Goethe im Jahre 1814 zu Wies-
baden in der Kur war, treffen wir ihn wiederholt im Verkehr
mit demselben, und auch die Gemahlin seines Bruders Georg,
Luise geb. v. Diede , deren Eltern Goethe seine »werthen
Gönner und Freunde« nennt,* eilte damals nach Wiesbaden,
' Vgl. Notizen über die Familie derer Freih. Low von und zu St.
von Wilhelm Freih. Low, 1868, S. 118. Ueber Ludwig A. D. B. Bd. XIX.
* Italienische Reise, Bericht vom 22. Februar 1788.
Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 63
um ihn zu begrUssen, wie sie ihn auch später (1828) mit
ihrer Tochter zu Dornburg besuchte. * Es ist auffallend, dass
in unserm unten folgenden Bericht weder Goethe noch der
Freih. v. Low dieser Begegnungen gedenkt.
Wann dieser seinen Vorsatz ausführte, dartlber gibt er
zwar selbst scheinbar Aufschluss, indem er den September 1831
namhaft macht. Aber abgesehen davon, dass dieses Jahr mit
einigen Thatsachen, die der Bericht angibt, nicht vereinbar
ist, nennt das Tagebuch Goethes, das Herr Dr. Fresenius für
uns einsehen durfte, den 3. October 1829 als den Tag des
Besuches, und dieser Angabe müssen wir unbedingt Glauben
schenken ; nach ihr haben wir einzelne Zahlen des Berichts zu
verbessern kein Bedenken getragen. Soviel geht augenschein-
lich aus dem Irrthume v. Löws hervor, dass der Bericht geraume
Zeit nach dem Besuche, aber nach den sogleich gemachten
Notizen niedergeschrieben ist, als der Verfasser auch andere
Erlebnisse, namentlich Reisen schriftlich aufzeichnete. In den
Cyclus derselben nahm er auch unsern Bericht auf, als er sie
abschriftlich in einen kleinen Quartband vereinigte, und zwar
an zweiter Stelle, woher vielleicht der Anfang unserer Er-
zählung »in dieser Zeit« zu erklären ist. Indessen ist aus
dieser Reihenfolge eine bestimmte Zeitangabe der Abfassung
nicht zu entnehmen.
Uns lag eine doppelte Ausfertigung des Berichts vor, die
uns in dankenswerthem Entgegenkommen der Sohn des Ver-
fassers, Herr Oberlieutenant Freih. E. v. Low mittheilte:
I. Das Original, 16 Seiten in Quart. Hier sind manche
Stellen, insbesondere mehrfach die Namen von Personen durch-
strichen. Was den Verfasser zu diesen Tilgungen bewog, lässt
sich nicht immer erkennen, da fast nirgends in der Sache
selbst ein Grund vorzuliegen scheint. Vielleicht dachte er an
eine Veröffentlichung seiner Aufzeichnung* und wollte bei den
betreffenden Personen, deren Namen er getilgt hatte, wenn
sie noch am Leben waren, oder bei ihren Angehörigen und
Nachkommen keinen Anstoss erregen; so bei Thibaut und
dem Historiker Schlosser, mit denen er zu Heidelberg und
auch noch später enge befreundet war, und bei Fritz Schlosser,
von dessen Gemahlin er ein Empfehlungsschreiben an Goethe
und dessen Schwiegertochter erhalten hatte. Wir haben jetzt
keinen Grund mehr diese Namen zu unterdrücken und haben
* Vgl. F. Otto, Goethe in Nassau, in den Annalen des Ver. f.
nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, XXVII, 85 f.
* Davon sprach er allerdings manchmal, wie sein Sohn, Herr Erw.
V. Low, versichert, doch gab er später die Absicht auf, weil er meinte,
das Ganze sei zu überschwänglich gehalten, und es passe nicht mehr
für den reiferen Mann die Stimmung des Jünglings, in der er sich
Goethe genähert habe.
64 Neue Mittheilungen.
sie an den betreffenden Stellen in eckigen Klammern ein-
gefügt. Andere Stellen betreffen Verbesserungen des ursprüng-
lichen Textes in Wahl der Worte u. s. w. ; hier haben wir
den ersten Wortlaut ganz unbeachtet gelassen und das neu
eingesetzte Wort ohne Bemerkung aufgenommen. Wieder andre
getilgte Stellen sind kürzere oder längere Zusätze, die dem
Verfasser wohl unwesentlich oder ungeeignet erschienen ; diese
haben wir in die Anmerkungen verwiesen oder ganz weg-
gelassen.
2. Eine Abschrift, in der alle angegebenen Verbesserungen,
Auslassungen u. s. w. wohlbeachtet sind, hie und da auch
ein Lesefehler sich eingeschlichen hat. Es schien nicht noth-
wendig dies jedesmal zu bemerken. Diese Abschrift ist in
dem Quartband von S. 17 an enthalten.
Wir lassen nunmehr den Bericht selbst folgen.
BESUCH BEI GOETHE.
In dieser Zeit' fühlte ich lebhafter als je den Wunsch,
Göthe'n einmal zu sehen und zu sprechen. Schon auf drei-
fache Weise hatte ich die Einwirkung dieses gewaltigen
Geistes auf meine innere Bildung erfahren. Wenn in jener
früheren Zeit des Trübsinns* sein Faust vielfach dazu
beigetragen hatte, mir das verworrene Räthsel meines Da-
seyns zu lösen, so hatte ich später aus seinen Gedichten
und Romanen mehr und mehr frische Lebenskraft gesogen
und mich durch sie in heitrer Auffassung der äusseren
Dinge und in frischer Verfolgung des vorgesteckten Ziels
den hemmenden Vorurtheilen gegenüber befestigt, mit wel-
chen selbst die Besten häufig einem freien allseitigen nicht
auf einzelne äussere Zwecke gerichteten Streben feindselig
entgegen treten. Nun war mir auch allmälig die eigent-
liche Freude an der Kunst aufgegangen und wo fand ich
hierfür wieder vielfältigere Anregung und Bereicherung des
Eigenen, als in Göthe's Schriften? —
Auf solche Weise war meine frühere Verehrung zu
einer wahren Vergötterung gestiegen. Wohl bin ich mir
' Ueber diese allgemeine Zeitbestimmung s. d. Einleitung.
* Von einer solchen Stimmung schreibt er z. B. am 5. Sept. 182}
an den Prof. Schlosser in Heidelberg von Göttingen aus.
Besuch des Freih. Ludw. Low v. ü. zu Steinfurt bei Goethe. 65
dessen stets bewusst gewesen; ich habe mich häufig sogar
deshalb getadelt und zu grosser Beschämung öfter erzählen
gehört, wie der grosse Mann selbst jedes Weihrauchstreuen
abwehre und hasse, erkennend, dass auch der kräftigste
Geist seine Abhängigkeit von äusseren Verhältnissen häufig
und bitter, und je vielseitiger sein Streben ist, desto häufiger
und bittrer erfahren muss. Ja ich habe öfter lebhaft ge-
wünscht, nie etwas von Göthe'schen Schriften gelesen, nie
etwas von seinem Wesen und Handeln erfahren zu haben,
damit sich desto freyer von jedem fremden Einfluss meine
Individualität entwickeln könne. Allein erkannte ich auf
solche Weise das Gefährliche blinder Nachbeterei, so ent-
gieng mir auf der andern Seite doch auch nicht der vielfache
Nutzen, ja fast die unabweisliche Nothwendigkeit, sich in
einem Alter des Schwankens, der Unruhe, der Regellosigkeit
an bestimmte ideale Charaktere, die zur völligen Klarheit
durchgedrungen sind, fest anzuschliessen. Dass aber grade
Göthe's Charakter besonders zu einem solchen Ideale ge-
eignet, getraute ich mir gegen die fast allgemein behauptete
verneinende Ansicht durchzuführen.
Die Reise nach Weimar ward also (Ende Sept. 1829)
angetreten. Ich legte sie bis an Ort und Stelle im Eilwagen
zurück und wüsste mir kaum irgend etwas von Bedeutung
aus dem Verlaufe derselben zu erinnern. In Weimar ange-
langt suchte ich zunächst meine Verwanden auf. Dann
wurden alsbald die Empfehlungsbriefe, [die mir Geheimerath
Thibauty an Göthe [und die Räthin Schlosser^ an Göthe
und seine Schwiegertochter gegeben] abgesendet. Auf 12
Uhr des folgenden Tages ' ward ich beschieden. Der Zu-
stand von Spannung und Gepresstheit der Seele, in welchem
ich mich bis dahin befand, ist schwer zu beschreiben. Ich
* Der bekannte Professor der Rechte zu Heidelberg von 1805— 1840.
* Gemeint ist die Gemahlin von Goethes Freund Fritz Schlosser,
der gewöhnlich von seiner vorübergehenden Stellung als Oberschul-
und Studienrath zu Frankfurt (18 12) den Titel Rath führte. Frese,
Goethe-Briefe aus Fritz Schlossers Nachlass S. 7. Seine Gemahlin war
Sophie geb. Dufay; sie hatte Goethes Schwiegertochter auf einer Reise
nach Weimar kennen gelernt.
3 Des 3. Oktobers. S. die Einleitung.
GOBTHr-JAHRBUCB XVII, 5
66 Neue Mittheilungen.
brachte einen grossen Theil der Nacht schlaflos oder un-
ruhig träumend zu und durchrannte am folgenden Morgen
in höchster Aufregung Strassen und öfientliche Anlagen.
Endlich schlug die bezeichnete Stunde. Ich trat in das
Haus, das ich schon mehrmals im Vorübergehen mit heiliger
Ehrfurcht betrachtet. Zeigte dessen Aeusseres mit Ausnahme
grossartiger Dimensionen nichts Bedeutendes, so überraschte
gleich beim ersten Eintritt das Innere höchlich. Auf in
der Höhe angebrachten Vorsprüngen standen Büsten, in
Nischen Statuen, gleich vorn an der Treppe ein Abguss
des bekannten antiken Hunds. Die Treppe selbst zog sich
in dreifacher Beugung und rein italiänischer Bauart sachte
ansteigend hinauf. Sie war mit Guirlanden geziert zu Ehren
eines Freundes, dessen Geburtstag man feierte.' Vor der
Thüre, durch welche man mich eintreten hiess, ist das
Wort Salve in Holz eingelegt. So ehrwürdige festliche
Umgebung erhöhte die ernste Stimmung, in der ich mich
befand. — Man führte mich durch ein Zimmer in ein
zweites. Überall Kunstwerke verschiedener Art, Gemähide,
Kupferstiche,Büsten, Statuen, auf Repositorien grosse Mappen,
Zeichnungen enthaltend. Das Ameublement stand hiermit
in Widerspruch; es war geschmacklos, alt, fast ärmlich zu
nennen. Ich wartete einige Minuten. Dann sah ich durch
eine offen stehende Thüre des Zimmers, in welchem ich
mich befand, Göthe in das anstossende Gemach kommen,
ziemlich rasch in sehr aufgerichteter Haltung, die Lippen
bewegend, manchmal selbst leise redend hindurch schreiten
und zu mir eintreten. Sein Aeusseres entsprach im Ganzen
meiner Erwartung nicht. Nach den vielfachen glänzenden
Beschreibungen, die ich gehört und gelesen, hatte ich mir
ihn noch grösser und weniger gealtert vorgestellt. Nur
sein lebhaftes, mitunter feuriges Auge und seine aufrechte
Haltung, die er während unserer ganzen Unterredung bei-
zubehalten suchte und von Zeit zu Zeit, wenn der Ober-
körper unwillkührlich vorsank, wieder herstellte, bezeugte
auch im Aeusseren noch die Herrschaft des gewaltigen
' Des Grafen Reinhard. S. unten S. 72. Die Feier hatte nach dem
Tagebuch Goethes am 2., dem Geburtstage Reinhards, stattgefunden.
Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 67
Geistes über den Sojährigen Körper. Höchst merkwürdig
aber, ja wahrhaft erstaunenswürdig war die Art wie er
sprach. Es war der reinste ununterbrochenste Fluss der
Rede, die höchste Mannigfaltigkeit und Gewandtheit des
Ausdrucks, über welchen Gegenstand er auch sprechen
mochte. Da wo' sich's um tiefere Dinge handelte und
wo selbst die Gebildeten, selbst die geübten Denker in
der Regel die Worte suchen müssen, da bewegte er sich
mit derselben Leichtigkeit, als wenn er über das Wetter
oder eine Stadtneuigkeit spräche. Man sah überall, wie
ihm, der sein ganzes Leben der Beschäftigung mit Ideen
und Idealen gewidmet, diese Dinge, die uns nur Zucker-
brod sind, zur gewöhnlichen Speise geworden. Es war
mit einem Worte unsre deutsche Sprache in der Gestalt,
wie man sie sich von überirdischen Wesen geredet denken
möchte.
Nachdem wir uns niedergelassen, fragte er zunächst,
in welcher Beziehung [Thihaut] der Verfasser meines
Empfehlungsschreibens mich seinen CoUegen nenne und als
ich die Bewandniss der Sache erklärt, sprach er einiges
zum Lob des Standes der Gelehrten, indem er meinte,
theils sey es angenehm, an einem Orte zu leben, wo man
stets dem Gang der Wissenschaft genau folgen könne,
theils erfreulich, das was man erlernt und erforscht, nun
den Jüngeren durch mündliche Lehre wieder mitzutheilen;
insbesondere habe das Studium der Geschichte ' viel An-
ziehendes.* Er erkundigte sich hierauf nach dem neuen
Universitätsgebäude,' seiner Einrichtung und Bauart und
erwähnte dann rühmend einiger Professoren, [namentlich
Thibatits, Creu:(ers, Schlossers und Paulus\^ Von [Schlosser]
' Verbessert für »des deutschen Rechts«, das v. Low las.
* Hier folgen die durchstrichenen Worte: »da es auf die ältere
Zeit zurückführe.«
3 Gemeint ist das kurz vorher erworbene Bibliotheksgebäude.
4 Creuzer, Professor der Philologie 1804- 1845, mit einer kurzen
Unterbrechung im J. 1809, f 1858. Schlosser, Professor der Geschichte
1817— 1861. Paulus, Prof. der Theologie von 181 1 — 18$ I. Nach »Paulus«
sind die Worte durchstrichen: »Ueber Thibauts Ciavierspiel schien er
sich etwas ironisch zu äussern.«
5*
68 Neue Mittheilungen.
pries er das neueste Buch,' hinzufügend, dass es freilich
noch manches zu wünschen übrig lasse, allein man müsse
sich bei solchen Werken an die vorzüglicheren Seiten
halten. Ich sprach von [Paulus] Einfluss auf die Theo-
logie und meinte, es sey gut, dass ein so kräftiger Ver-
theidiger der Denkfreiheit noch vorhanden sey; allein er
scheine mir doch zu weit zu gehen, wenn er, wie mir
berichtet worden, den jungen Leuten gradezu sage, es gebe
keine Unsterblichkeit. »Freilich, freilich«, erwiederte er,
»und es ist ja lächerlich, so etwas zu behaupten ; was weiss
er denn davon?« Er sprach dann ausführlicher von den
theologischen Streitigkeiten der jüngsten Zeit* und meinte,
dass solche Partheiungen wohl stets bestehen würden, da
sie stets bestanden hätten. »Wie sich's mit der Dreieinigkeit
verhalte, und ob der Mensch von Natur gut oder böse sey,
und ob er durch Christum erlöst und von seinen Sünden
befreit worden, oder ob er durch eigene Kraft oder nur
durch Gottes Gnade selig und von der Verdammniss befreit
werden könne, oder, fügte er herzlich lachend hinzu, ob
er sich gar selig preisen soll, dass er verdammt ist, darüber
wird wohl, so lange es Menschen gibt, mit Eifer gestritten
werden.« Am schönsten, meinte er, sey es jetzt in einer
Stadt Nordamerikas, von der er neulich gelesen, dass in
ihr an die 60 Kirchen seyen, in deren jeder ein anderes
Glaubenssystem gepredigt werde; da könne man also an
jedem Sonntag im Jahr sich in einer andern Confession
erbauen. Die Menschen verliessen in diesen Dingen viel
zu sehr den einfachen Weg; die Kinder könnten darin gar
wohl unsre Lehrmeister seyn. Ich erinnerte an sein
kleines Gedicht ,Katechisation' ? Er lachte und sagte:
' Durchstrichen: »die Universalgeschichte.« Gemeint ist offenbar
die universalhistorische Uebersicht der Geschichte der alten Welt und
ihrer Cultur, die von 1826 an erschien. Goethes anerkennendes Urtheil
über Band I s. Werke, Ausgabe von 1850 flf. 26, 289. In Betreff des
folgenden leichten Tadels vergesse man nicht die Verschiedenheit der
Betrachtungsweisen und Standpunkte beider Männer.
* Statt der letzten Worte hiess es ursprünglich: »von dem Streit
zwischen Voss und Creu:(ern, über den Herbst in seiner Biographie von
J. H. Voss II, 207 ff. übersichtlich gehandelt hat.
Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 69
»Ja, ja, so ist's.« Ueber sein Verhältniss zu Stolberg be-
fragt, sprach er von ihm, besonders aber von seiner
Schwester und überhaupt von dem Kreise der Menschen,
die sich damals um die Fürstin GaUt:(in in Westphalen
versammelten, mit grossem Lob. Es seyen Menschen von
ausgezeichneter Bildung gewesen, bei denen er immer
gerne verweilt und die auch den alten Heiden immer
recht wohl in ihrer Mitte geduldet hätten.' Über das
[Schlossersche]^ Ehepaar befragt, berichtete ich, was mir
bekannt war, rühmte ihre Gastfreiheit, ihren schönen Wohn-
ort (in der Nähe von Heidelberg)' und fügte hinzu, es
sey unbegreiflich, dass zwei Menschen von so klarem Ver-
stand in diesen Bigottismus hätten verfallen können.'* »Wohl
ist das schwer zu begreifen,« erwiederte er; »ja wenn sie
noch vielleicht eine grosse Sünde begangen hätten, die sie
nur im Schoosse der allein selig machenden Kirche abzu-
büssen hätten hofien können! Aber so sind sie die besten
unschuldigsten Menschen von der Welt, die niemals etwas
Böses gethan haben.« Er sprach dann von ihrem letzten
Aufenthalt bei ihm ^ und als ich sagte, dass er doch in reli-
' Hierauf folgen die durchstrichenen Worte : »Ihr strenger Catho-
lizisraus habe ihn niemals gestört, wie ihn überhaupt der Unter-
schied von Protestanten und Catholiken nie berühre; er frage gar
nicht darnach und bemerke es nicht einmal und wisse kaum, wer von
seiner Umgebung zu den einen oder andern gehöre«.
* Statt Schlosserschen steht am Rande »das W.sche Ehepaar«;
dass es aber, wie oben beibehalten ist, nach der ursprünglichen Schreibung
heissen muss, geht aus der folgenden Beschreibung ihres Wohnorts,
ihrer Gastlichkeit u. s. w. hervor, die ganz zu Frese, a. a. O. S. 1 5 passt.
3 Fritz Schlosser (1780— 18$ 2) hatte sich im Jahre 1825 auf Stift Neu-
burg bei Heidelberg einen freundlichen Sommeraufenthalt geschaffen, ihn
mit Kunst- und literar. Schätzen reichlich ausgestattet und wusste ihn durch
die ausgedehnteste Gastlichkeit zu erheitern und zu beleben. Frese S. 1 3. 1 5.
■♦ Schlosser war am 21. Dezember 1814 mit seiner Gemahlin in Wien
zur katholischen Kirche übergetreten ; übrigens blieb er ein warmer Freund
Goethes und tolerant genug gegen Andersglaubende, um sogar Marianne
Willemer häufig zu Stift Neuburg freundlich zu begrüssen. Frese S. 9. 14 f.
Weder sie scheute sich das Schlossersche Paar zu besuchen noch er sie
zu empfangen ; zu Heidelberg freilich hiess Neuburg eine Jesuitenburg.
5 Nach Frese S. 7 war Schlosser im Jahre 1820 bei Goethe in
Weimar; seine Frau muss, nach unserer Stelle, ihn begleitet haben.
70 Neue Mittheilungen.
giösen Punkten sehr schwer mit ihnen werde harmonirt
haben, entgegnete er, im Allgemeinen mache der Unter-
schied von Protestanten und Catholiken ihn niemals irre,
er frage gar nicht darnach, er bemerke es nicht einmal,
und wisse kaum, wer von seiner Umgebung zu den einen
oder andern gehöre. Allein freilich habe eine so scharf
hervortretende Bigotterie immer verhindert, zu einem vollen
inneren Verständniss zu kommen.
Ich wandte das Gespräch auf seine literarischen Pro-
ductionen, insbesondere auf Faust und die italiänische Reise.
Er äusserte sich darüber mit der liebenswürdigsten Be-
scheidenheit und Anspruchslosigkeit. Die italiänische Reise
seyen Briefe, die er an seine Freunde geschrieben und die
er sich habe zurückgeben und drucken lassen, weil er
geglaubt, sie möchten wohl für manche interessant seyn.
In der eben erscheinenden neuen Ausgabe seiner Werke
wolle er jetzt noch Nachträge liefern.' In seinem Faust
habe er das unruhige Wogen und Treiben im Menschen
einmal schildern wollen. Ich sagte, es habe mich sehr
gelächert, am Schlüsse des zweiten Theils des Faust die
Worte »ist fortzusetzen« * zu finden, da bekanntlich immer
soviel darüber gestritten worden, ob das Gedicht überhaupt
fortgesetzt werden könne oder nicht, ob Faust der Teufel
geholt habe oder nicht; nun seien die armen Leute doch
in Zweifel und Ungewissheit geblieben. »Freilich«, er-
wiederte er mit der lieblichsten Schalkheit, »könnte das
nun noch lange Zeit so fortgehen. Ja man muss es wohl
einem alten Mann verzeihen, wenn er sich manchmal so
einen kleinen Scherz erlaubt.« Ich entledigte mich der
vom Grafen Sternberg ^ aufgetragenen Empfehlungen. Er
' Die »eben erscheinende neue Ausgabe«, 1827 begonnen, brachte
im Jahre 1830 die Bände 21—30, von denen Band 27, 28 u. 29 die
italienische Reise enthalten.
* So schliesst der Abdruck des i. Aktes des zweiten Theiles in
der Ausgabe von 1828, Bd. 12 der Ausgabe letzter Hand, nach V. 6036
der Weimarer Ausgabe Bd. 15, i. 1888 (Scene im Lustgarten nach den
Worten des Kaisers: Sei stets bereit, wenn eure Tageswelt, Wie's oft
geschieht, mir widerlichst missfällt).
3 Graf Caspar v. Sternberg (i 761— 1838), der von Goethe oft
gerühmte naturwissenschaftliche Freund. Bei Gelegenheit der Versamm-
Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 7 1
sagte einiges zu seinem Lobe und erkundigte sich nach
der Medaille, die grade jetzt ihm zu seinem Gedächtniss
geprägt werde, bemerkend, dass, wenn sie von geschickter
Hand ausgeführt werde, man etwas Schönes zu erwarten
berechtigt sey, da das Profil des Mannes bedeutende Formen
zeige.' Meine Frage, ob er noch immer sich hauptsächlich
mit Naturwissenschaften beschäftige, bejahete er, hinzu-
fügend: »Die Naturwissenschaften sind die einzigen, die
uns auf einen sichern festen Grund führen, oder vielmehr,
die uns nicht täuschen.« Der Sinn dieses mir damals etwas
dunkeln Ausspruches ist mir später durch die Lektüre von
Wilhelm Meisters Wanderjahren * klar geworden. Von der
Naturforscherversammlung, die grade damals wieder zu-
sammentrat', sprach er mit Achtung; alles der Art sey schon
gut, weil es überhaupt zu Stande habe kommen können;
erspriessliche Folgen für Wissenschaft und Gelehrte könnten
da nicht ausbleiben.
Es war geraume Zeit während unserer Unterredung
verstrichen; ich bemerkte, dass er sie beendigt wünsche,
und stand auf. Er empfahl mir schliesslich den Besuch der
Grossherzogin-Mutter, ihre hohen Eigenschaften rühmend
und entliess mich. Ich stieg eine Treppe höher zu seiner
Schwiegertochter, wo ich in das eben Erlebte versunken
fast kein Wort sprach und die traurigste Rolle spielen
mochte.
Hatte ich mich im höchsten Grade glücklich zu preisen
über den freundlichen Empfang, den ich erfahren, über die
lung der Naturforscher zu Heidelberg, die er besuchte, wird H. v. Low
ihn gesehen und gesprochen haben. Vgl. Wurzbach, Biographisches
Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 38, 252 fF.
' Wurzbach S. 266 erwähnt zweier Medaillen in Silber und Bronze
oder Kupfer, aber ohne Jahresangabe der Anfertigung ; über Sternbergs
Gestalt und Gesichtszüge s. ebenda S. 263 f.
* Vielleicht u. a. die Stelle am Ende des dritten Kapitels, wo
Jarno zu Wilhelm sagt: »Die Natur hat nur Eine Schrift, und ich
brauche mich nicht mit so vielen Kritzeleien herumzuschleppen. Hier
darf ich nicht fürchten, wie wohl geschieht, wenn ich mich lange und
liebevoll mit einem Pergament abgegeben habe, dass ein scharfer
Criticus kommt und mir versichert, das alles sei nur untergeschoben.«
3 Die Versammlung zu Heidelberg fand vom 18. September an statt.
72 Neue Mittheilungen.
heitre Stimmung, in der ich den edeln Greis gefunden, so
musste ich noch an demselben Tage die Launen des Glücks
auf die bitterste Weise erfahren. Ich gieng nämlich von
Göthe zu meinen Verwandten und brachte dort den ganzen
Nachmittag und Abend zu. Als ich in's Gasthaus zurück-
kehrte, kam mir der Kellner sogleich mit der Botschaft
entgegen, Frau v. Göthe habe mich auf den Abend einladen
lassen, um ihr in Gesellschaft ihres Schwiegervaters und
des Grafen Reinhard, des Freundes, dessen Geburtstag man
feierte, ' zuzubringen ; da er nicht gewusst, wo ich aufzu-
finden, habe er dieses Auftrags sich nicht früher entledigen
können. — Verehrer Göthe's, welche wissen, dass grade
in kleinen Kreisen die Liebenswürdigkeit seines Wesens
und die Hoheit seines Geistes am meisten hervortrat, solche
auch, die erfahren haben, dass die Sehnsucht einen grossen
Mann kennen zu lernen durch das erste Begegnen keines-
wegs befriedigt, sondern vielmehr gesteigert wird, werden
sich den Eindruck vorstellen können, den jene Schreckens-
botschaft auf mich machte. Noch jetzt kann ich nicht ohne
das schmerzlichste Gefühl daran zurückdenken.«
' Vgl. S. 66 Anm. H. v. Low hatte nach dem Tagebuch nach
seinem Besuch Goethes mit dem Grafen eine Spazierfahrt gemacht.
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Heinrich Voss der Jüngere
UND SEIN VERHÄLTNISS ZU GOETHE
UND Schiller.'
Von
Hans Gerhard Graf.
I.
en Lesern des Goethe-Jahrbuchs ist Johann Heinrich
Voss, der älteste Sohn des Philologen und Dichters
gleichen Namens, kein Unbekannter. Im fünften,
der »Familie Voss« gewidmeten, Abschnitt der von Bratranek
herausgegebenen »Nachträge zu Goethe-Correspondenzen«*
' Für die gegenwärtige Arbeit war es mir vergönnt, aus den
Schätzen des Goetne- und Schiller-Archivs (ausser den beiden oben
mitgetheilten Briefen) Folgendes zu benutzen: einen Brief Heinrichs,
an Goethes Sohn, dat. Heidelberg 13. April 1808, und einen (den
einzigen erhaltenen) Brief Heinrichs an Christiane, dat. Weimar 23. Juli
1805, sowie die Manuscripte von Goethes »Herrmann und Dorothea«,
»Reineke Fuchs« und »Achilleis«. Die Mittheilung einiger Proben aus
der »Achilleis« geschieht mit ausdrücklicher Genehmigung. Dem hoch-
verdienten Leiter des Archivs, Herrn Prof. Dr. Suphan spreche ich für
den, mir in reichem Masse erwiesenen, thätigen Antheil, für so manche
fördernde Belehrung meinen ergebensten Dank aus. — Ferner wurden
von ungedruckten Briefen Heinrichs verwerthet: i. die an B. R. Abeken,
im Besitz der Königl. Oeffentlichen Bibliothek zu Dresden, 2. die an F. K.
WolfF, deren Benutzung ich der Güte ihrer Besitzerin, Fräulein Strodt-
mann in Ploen, verdanke.
* Goethe- Jahrbuch V, 38—112.
76 Abhandlungen.
erscheint der Sohn Heinrich als Haupt- iind Familien-
correspondent. Die dort veröffentlichten fünfzehn Briefe
an Goethe bezeugen, im Verein mit Heinrichs Briefen an
Schillers Wittwe, ' das rege Nachleben eines vertrauten,
während der Jahre 1804 bis 1806 mit Goethe und Schiller
gepflogenen persönlichen Verkehrs.
Ueber diesen seinen Verkehr mit beiden Dichtern hat
Heinrich Voss in zahlreichen Briefen berichtet, die, zum
grössten Theil gedruckt vorliegend, viel Anerkennung, ja
enthusiastisches Lob erfahren haben und von den Bio-
graphen mannigfach benutzt worden sind. Ein jüngst er-
schienener Neudruck von zweiunddreissig der wichtigsten
Briefe* gibt Veranlassung, der Persönlichkeit des jungen
Voss und seinem Verhältnisse zu Goethe und Schiller eine
eingehende Betrachtung zu widmen. Nur aus der An-
schauung seiner IndividuaUtät heraus lassen sich die eigen-
thümlichen Vorzüge und Mängel seiner Mittheilungen über
beide Dichter erklären und würdigen.
Der Vater Voss, auf dem Dorfe geboren, war in Leben
und Dichtung der Einfachheit ländlicher Sitten, dem Häuslich-
Behaglichen, Idyllischen zugewandt; beharrlich, nüchtern,
von solidestem Fleisse, verbrachte er seine Tage im Schul-
zimmer, unter den Bäumen seines Hausgartens, zum grössten
Theil aber am stillen Arbeitspult seiner btudierstube. Ehrlich
und gut, schätzte er an den Menschen nächst der Wahr-
haftigkeit vor allem die Herzensgüte. Auf wissenschaft-
lichem Gebiete schroff bis zur Härte gegen Andersdenkende,
fühlte er sich im Grunde wohl und verstanden nur im
engen Kreise der Seinigen. Am Besten verstand ihn seine
Frau, Ernestine, die Schwester seines Freundes Heinrich
Christian Boie, eine liebevolle, still thätige Natur, deren
schlichte (nicht selten freilich parteiische, daher vorsichtig
zu benutzende) Familienaufzeichnungen mit Recht schönere
Idyllen genannt worden sind, als Voss selbst sie schrieb.
Heinrich war beider Eltern Lieblingskind. Nicht nur
weil er der körperlich schwächlichste, geistig begabteste
der vier Söhne war, sondern weil in ihm sich die Art und
Neigung der Eltern am reinsten darstellte. Man möchte
' Charlotte v. Schiller und ihre Freunde III, 201^-256.
* Unter dem Titel: Goethe und Schiller in persönlichem Ver-
kehre. Nach brieflichen Mitteilungen von Heinricri Voss. Mit Ein-
leitung und Erläuterungen neu herausgegeben von Georg Berlit. Stutt-
gart 1895.
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 77
sagen, Vossens beste Dichtung, das Idyll, habe in seinem
Sonne Heinrich menschliche Gestalt gewonnen.
Heinrich wurde zu Otterndorf (unweit Cuxhaven) am
29. October 1779 geboren und starb, unverheirathet, am
20. October 1822 in Heidelberg. Von den dreiund vi erzig
Jahren seines Lebens verbrachte er volle siebenunddreissig
im Elternhause. Auf welcher Altersstufe wir ihn aufsuchen,
immer blicken wir in ein stilles, unscheinbares, idyllisches
Dasein. Die Familie war 1782 nach Eutin übergesiedelt.
Hier wuchs Heinrich bis zum zwanzigsten Jahre unter der
Obhut von Vater und Mutter heran. In Haus und Garten,
umgeben von der lieblichsten Natur, in Gesellschaft biederer
Menschen, bewegte er sich ganz in der idyllischen Welt
der »Luise«.' um nach einer Unterbrechung von wenigen
Jahren wieaer in diese Welt, als in sein Element zurück-
zukehren. Zwar nicht nach Eutin, denn von da : waren die
Eltern 1802 nach Jena, i8o> nach Heidelberg übergesiedelt.
Aber dieser Wechsel des Wohnortes bedeutete für Vossens
nicht einen Wechsel der Lebensweise. In ihrem Haus-
garten zu Heidelberg gediehen Erbsen und Kohl, blühten
Rosen und Nelken unter Mutter Ernestinens Pflege, wie
in Eutin, Vater Voss pflanzte und veredelte seine Obst-
bäume wie ehemals, und beide wurden in Garten, Hof und
Haus bei jeglichem Geschäft treu unterstützt von ihrem
Heinrich, unter dessen besonderer Obhut die Hühner und
Puter standen. Ganz im Charakter der Idylle ist auch Hein-
richs Vorliebe für allerlei Handarbeiten. Schon früh zeigte
sich seine Lust und Fähigkeit zu dergleichen, und manches,
was er im Alter von zehn Jahren getrieben, das übte er,
vierzigjährig, als Heidelberger Universitätsprofessor mit
f gleichem Behagen und gleicner Hingebung. Zwar unter-
iess er später wohl, was dem Knaben mehr Freude ge-
macht hatte, als die Spiele der Altersgenossen : Stricken und
Häkeln und das Zubereiten der mitgenommenen Chocolade
auf gemeinsamen Ausflügen. Aber beharrlich baute er die
Käfige für seine zahlreichen Canarienvögel selbst;* er ver-
stand zu drechseln und erfreute die Mutter einmal mit
einem kunstreich gefertigten Spinnrade; auch wusste er
' Wilhelm von Humboldt, der auf einer Reise nach Norddeutsch-
land 1796 Eutin besuchte, schreibt über Vossens in seinem Tagebuche
(Hsg. V. A. Leitzmann, Weimar 1894, S. 78): »Die ganze Familie ist
im guten Verstände idyllenartig, gut und natürlich.«
* An Charl. Schiller, 2. August 1807: »Wenn es Michaelis nicht
mit den gelehrten Arbeiten gehen will, so werde ich Vogelkäfige
flechten.« — Da H. Einunddasselbe häufig in mehreren Briefen mit
ganz ähnlichen Worten erzählt, dürfen kleine scheinbare Abweichungen
in den Citaten bei etwaigem Vergleichen nicht auffallen.
78 Abhandlungen.
Bücher regelrecht zu binden, und mancher Einband in des
Vaters Bibliothek ging aus der Hand des Sohnes hervor.
Das Meisterstück seiner Geschicklichkeit aber legte er ab,
als er 1803 in Jena die Zimmer des neuen Heims, unter-
stützt von den Brüdern, eigenhändig tapezierte. Dies Werk
gelang so, »dass«, wie die Mutter schreibt, »der kunst-
fertige Meister nicht vermisst ward.« Bei dieser Arbeit
wurde Heinrich einmal von Goethe überrascht, der, das
bereits Geleistete lobend, sagte: er wolle ihn zum Hof-
tapezier in Weimar creiren. Auch in Heidelberg war der
stets Bereite als Tischler, Drechsler, Tapezier, Ciavier-
stimmer unentbehrlich. Bis zu seinem Tode blieb die Pflege
der Hausuhr seiner Sachkenntniss anvertraut.
In diesen bescheidenen Thätigkeiten, die unmittelbar
zur Erhöhung des häuslichen Behagens beitrugen, spricht
sich neben der entschiedenen Vorliebe für das Idyllische
zugleich das trauliche Verhältniss Heinrichs zu seinen Eltern
aus. Mit ihnen war er in allem Thun und Lassen, im Fühlen
und Denken auf das Engste verwachsen, ihnen zur Freude
zu leben, blieb allezeit sein Hauptwunsch. Ernestine, die
selbst ganz und gar sich in die Denkart ihres Gatten hin-
eingeleot hatte, seine Stimmungen theilte, findet einmal
für Heinrich den innigen Ausdruck : »der treue, stille Theil-
nehmer unsrer Gefühle.« Hier ist das Rechte getroffen.
Die Mutter war für den Sohn der liebste Umgang, sich mit
ihr zu unterhalten, ihr vorzulesen seine grösste Freude.
Zum Vater blickte er allezeit verehrungsvoll auf und ordnete
sich ihm unbedingt in jedem Sinne unter.
Früh wurde Heinrich mit dem Lebenselement des
Vaters bekannt und vertraut, mit dem klassischen Alterthum.
Ein lebhafter Sinn für die alten Sprachen, insbesondere
Verständniss für deren metrische Eigenschaften, gehörte
zum väterlichen Erbtheil. Neben dem Griechischen und
Lateinischen, in das der Vater selbst ihn einführte, eignete er
sich durch fleissige Leetüre von Shakespeares und Cervantes'
Dichtungen zeitig die Kenntniss des Englischen und Spani-
schen an. Die Philologie war jedenfalls dasjenige Gebiet, zu
dem Heinrich am meisten Fähigkeit und Wissen auf die
Universität mitbrachte. Landpfarrer zu werden lag seinem
Gemüth und seiner Neigung zum Stillleben nahe, aoch gab
er diesen Plan auf und schloss sich in der Folge ganz den
Studien des Vaters an. Wie Heinrich als Knabe und selbst in
späteren Jahren besondere Freude daran fand, sich dem Vater
diirch säuberliches Abschreiben von dessen Manuscript für
den Druck dienstfertig zu erweisen, so folgte er im eigenen
Beruf als Gymnasiallehrer in Weimar, als Universitäts-
professor in Heidelberg, durchaus der vom Vater über-
Heinrich Voss d. J. und sein VerhAltmiss zu Goethe u. Schiller. 79
kommenen Methode und blieb in seinen wissenschaftlichen
Ueberzeugungen und Bestrebungen der treue Famulus, der
bescheidene Appendix des Vaters. »Wenn ich meines Vaters
ganzes Wesen und Sein fühle«, schrieb Heinrich sehr be-
zeichnend, zwei Jahre vor seinem Tode, » — nicht in allen
Stunden gelingt mir das — so denk' ich bei mir: »Du bist
doch gar weit vom Stamm gefallen.« Glaube nicht, dass mir
in diesem Gefühl etwas Drückendes liegt; es zwingt mich
bloss zur Demut zurück ; der Sohn und Erbe seines Geistes
zu sein, das liegt nicht in mir, wohl aber seines Herzens
Sohn zu sein und noch immer mehr zu werden.«
Gewiss ist Heinrichs kindliche Pietät verehrungswürdig,
aber bei ihm wird diese schönste Zierde des Kindes beinahe
zur Karikatur, denn sie artete aus in blinde, bedingungslose
Unterordnung. Zum Theil hatte freilich dieser Mangel an
Selbständigkeit seinen Grund in Heinrichs von Geburt an
leidendem, nie zu voller Gesundheit gelangendem Körper.
»Ach! dass die Gesundheit nicht kommen will«, klagt er
wiederholt, »Was habe ich doch in meinem Leben schon
gelitten! Ich habe die ganze körperliche Schwäche und
Gebrechlichkeit meiner Mutter zum Erbtheil empfangen!«
Von der Mutter erbte der Sohn aber zugleich die Liebens-
würdigkeit und Milde des Charakters, die der Vater häufig
vermissen lässt.
. Diese Kränklichkeit, in Folge deren nicht selten Wochen
und Monate lang an ein gedeihhch fortschreitendes Arbeiten
nicht zu denken war, steigerte Heinrichs Hang zur Ein-
samkeit. Von klein auf menschenscheu, ohne menschen-
feindlich zu sein, liebte er es, in der Abgeschiedenheit
seines Studierstübchens sich seinen Gefühlen hinzugeben.
Hier sass er, zumeist schon in aller Frühe, umgeben von
den geUebten Büchern, im warmen Schlafrock, beständig aus
der langen Pfeife rauchend, und spann bei einer Tasse AafFee
oder Thee gemächlich und selbstzufrieden die Fäden seiner
Lieblingsbeschäftigungen fort.
Dichterisch productiv zu sein, war ihm versagt. So
wandte er sich, auch hierin dem Beispiele des Vaters
folgend, mit Begeisterung der poetischen üebersetzerarbeit
zu. Aber etwas Ganzes, Bedeutendes zu schaffen, sollte ihm
trotz allen Bemühens nicht gelingen. Die Verdeutschung des
Äschylos, sein Lieblingswerk, bneb unvollendet, obgleich er
ihm mehr als anderthalb Jahrzehnte seines Lebens gewidmet
hatte; die Shakespeare -Uebertragungen vermochten sich
gegen Schlegels, Baudissins und Dorothea Tiecks Arbeiten
nicht zu behaupten, wenn schon sein »Othello« und »König
Lear« durchaus anerkennenswerthe Leistungen sind.
Mit seiner Unproductivität hängt auf das Engste die starke
8o Abhandlungen.
Neigung zum Recensiren zusammen, über die er mit leiser
Selbstironie schreibt: »Ich kann mit Jago sprechen: I am
nothing, if not critical. Wäre die ganze Welt eine Äschylos-
ausgabe, so würde ich die Welt recensiren, und den lieben Gott
obendrein.« Seine zahlreichen Recensionen, zumeist philo-
logischer Werke, zeigen tüchtige Fachkenntniss, bisweilen
fernes Verständniss. Doch ist Heinrich in seinen Urtheilen
keineswegs immer gerecht, die Behandlung lässt nicht selten
Mass und Ruhe vermissen. Er war naiv genug, zu glauben,
dass er, als der treue Schildknappe seines Vaters, ohne
Weiteres berechtigt sei, sich gleichfalls des groben Rüst-
zeugs zu bedienen, das jener m wissenschaftlicher Fehde
führte. Heinrich gesteht selbst, bei Gelegenheit seiner
Recension von Hölderlins »Sophokles«, die in ihrem schul-
meisterlichen Dünkel und vorlaut spatzenmässigen Tone
dem unglücklichen Dichter wenig gerecht wird: »Ich
war bange, er [Vater Vossl möchte nicht zufrieden sein,
weil ich es mit dem Hölderlin etwas derbe gemacht habe ;
aber mein Vater ist in seinen Recensionen selbst derbe,
und muss es an seinem Sohne schon dulden.« Er bedachte
nicht, dass das, was man dem berühmten Vater um dessen
hoher Verdienste willen allenfalls zu Gute halten konnte,
ihm als dem Sohne, der erst noch etwas leisten sollte,
doppelt übel anstand. Nach dieser Seite hin passt auch
auf Heinrich das Wort Knebels : »Es ist ein eigenes
Geschlecht um das Vossische. Es ist, als wenn sie vom
Meister Grobschmied wären gehämmert worden. Alle Züge
ihres Charakters sind so hart ausgedrückt.«*
Und doch war Heinrich im Grunde eine weiche, be-
scheidene, freundliche Natur, von herzgewinnendem Wesen.
So zeigte er sich als Lehrer seinen Schülern und Zuhörern
gegenüber, so auch im persönlichen Verkehr mit Freunden
und in den an sie gerichteten Briefen.
»Mit meiner Schule geht mirs sehr gut : ich bin durch-
ängig von allen Schülern geliebt, und wohl der einzige
,ehrer hier, in dessen Stunden es immer ordentlich zu-
geht«, meldet Heinrich von Weimar aus, und einer seiner
ehemaligen Schüler bestätigt, wie günstig »die liebens-
würdige Persönlichkeit des Lenrers, sein milder Ernst, sein
wohlwollender Eifer« gewirkt habe. »So warme Anhäng-
lichkeit, wie sie Voss als Professor in Weimar bei seinen
Schülern besass, hatte damals wohl noch selten ein Schul-
mann besessen. Es war der Erfolg der reinsten und
biedersten Humanität.« *
t
' Ch. V. Schiller und ihre Freunde III, 411.
* Briefe von Heinrich Voss III, 51 f.
Heinrich Voss d. J. und sein VerhÄltniss zu Goethe u. Schiller. 8l
Die liebste Erholung fand Heinrich im Briefwechsel mit
seinen Freunden, unter denen Wilhelm Iden, von Eutin her
mit ihm bekannt, und die Studiengenossen Christian Nie-
meyer, Karl Solger, Rudolf Abeken ihm die vertrautesten
waren. In der sogenannten »Griechischen Gesellschaft«,
deren Präsidium Heinrich unter dem Namen »der Alte
Ehrwürdige« führte,' hatten die Freunde sich auf der
Universität vereinigt, und so dachte Heinrich sie sich auch
nach ihrer räumlicnen Trennung als gesellig beisammen,
als »Ein gemeinsames Herz«, wie er sich ausdrückt, und
liebte es, einen und denselben Brief an mehrere von ihnen
gemeinschaftlich zu richten, obschon sie sich nicht am
gleichen Orte befanden.* In diesen Briefen, in dem un-
gehemmten, vertraulichen Erguss von Herz zu Herzen fand
sein sanftes, gefühliges, . hingebendes Wesen den ihm ge-
mässen Ausdruck. Das gelegentliche Urtheil der Mutter
über einige dieser Briefe passt auf die meisten : »Es ist so
durchaus die Schilderung einer reinen Seele, die sich mit
allen ihren Schwächen, in dem Gefühl hingiebt, verstanden
zu werden.« Heinrich war der geborene Briefschreiber.
Eine ungemein schnelle Handschrift kam ihm zu Statten,
und so füllen seine Berichte nicht selten zehn, sechzehn und
mehr engbeschriebene Octavseiten. Seiner Natur gemäss
tragen die Briefe den Charakter behaglicher Ausführhchkeit,
bequemer, lässiger Breite, durchweg herrscht die Sprache
des Gefühls; es zeigt sich ein liebenswürdiger Humor, der
die Anekdote liebt, und ein lebhafter Sinn für das Häusliche,
AUtägUche, Menschlichfamiliäre. Den Inhalt der Briefe
bilden Familiennachrichten, Berichte über eigene Arbeiten,
Urtheile (von denen die meisten sich nur leicht an der
Oberfläche bewegen) über mancherlei Bücher und — für
uns das Wesentliche — Mittheilungen über eine Reihe von
bedeutenden Persönlichkeiten, zu denen Heinrich in mehr
oder weniger nahe Beziehungen trat. Diese Mittheilungen
zeigen, deutlicher als den Charakter der geschilderten Per-
sonen, Heinrichs eigenes Wesen, besonders einen wichtigen
Zug desselben, der mit seiner Unselbständigkeit und Schwäche
auf das Engste zusammenhängt.
Das Sittliche war durchaus die herrschende Kraft in
' Die Anfangsbuchstaben dieses Beinamens, D.A.E., benutzte H.
bei vieJen seiner Recensionen als Chiffre.
* Ein Beispiel dafür bietet Heinrichs, an Iden adressirter, Brief
vom 31. Juli bis 3. August 1805, dessen erste zwölf Seiten der Adressat
behielt, während Abeken die übrigen acht Seiten zu sich nahm. Jene
sind veröffentlicht im Archiv für Litteraturgeschichte IV, 244—251, mit
der Bemerkung am Ende: »Schluss und Unterschrift fehlen«, beides
gibt das unter den Briefen an Abeken befindliche Manuscript.
Goethe-Jahrbuch XVII. 6
82 Abhandlungen.
Heinrich, nicht der Verstand, noch weniger die Phantasie.
Von klein auf zeigte er einen ungewöhnlich starken Trieb
zur Bewunderung, einen Durst, sich zu begeistern für alles
Gute, Menschlicnedle. Sich demüthig zu beuo[en vor einem
bedeutenden Menschen, das wurde seine Wollust, sein
Gottesdienst. »Nie ist mir das Gefühl der Demuth näher,
als wenn ich bei Männern stehe, in denen ich die Allmacht
Gottes verehren kann.« Es lebte in Heinrich eine tiefe
Sehnsucht nach dem, was ihm mangelte: Männlichkeit,
Gesundheit, Kraft und Grösse, er trug davon ein Ideal in
sich und wo er es verwirklicht zu finden glaubte, da gab
er sich, wie berauscht, in schwärmerischer Entzückung hin.
Sein weiches Gemüth bedurfte, wie es scheint, einer solchen
Art von Heldenverehrung, er hing ihr sein Leben lang nach.
Als die Heroen dieses jugendlich überschwänglichen
Persönlichkeitskultus erscheinen neben dem Vater, »diesem
edelsten der Männer«, nach einander: Friedrich Leopold
Graf zu Stolberg, Goethe und Schiller, Wilhelm Heinrich
Karl von Gleichen in Rudolstadt, Christian von Truchsess
auf Bettenburg, General von Dörnberg, Johann Georg
August von Hartmann in Stuttgart und Jean Paul. So ver-
schieden diese Männer waren, Heinrich fand und liebte in
allen das Gleiche: eine innerlich reiche, kräftige, auf sich
selbst ruhende Persönlichkeit, den Menschen von lauterem
Herzen. Auch im Aeusseren seiner Helden glaubte er stets
Aehnlichkeiten zu entdecken. Goethe ermnert ihn an
Stolberg, Jean Paul an Goethe. Von Hartmann schreibt er:
»Er sieht Leopold Stolberg gleich — und hat auch etwas
vom Herrn von Gleichen.« Dörnberg ist ihm der »mili-
tärische Jean Paul.« Am Anfang und am Ende seines
Lebens stehen die Gestalten von Stolberg und Jean Paul.
In der Masslosigkeit der Liebe zu Beiden verhielt sich der
Vierzigjährige wie der Zehnjährige. Den Grafen Stolberg,
der ihn zuerst mit Shakespeare bekannt machte, »vergötterte«
Heinrich als Knabe; in Bezug auf Jean Paul scnrieb er
(1817): »Ich habe in der That vorübergehende Momente,
wo meine Liebe zu ihm eine wahre Paulolatrie wird.«
Der Leichtentzündliche vergriff sich auch wohl ein-
mal im Gegenstande seiner Verehrung, nahm das Unechte
für echt, den Schein für das Wesen, wie es bei dem Dichter
Fouqu6 der Fall war (hier ging Heinrich behende alsbald
zu Spott und Verachtung üoer; und vor allem bei dem
»unwiderstehlich anziehenden, demüthigfrommen« Kaiser
Franz. Dass das treuherzige, schlichtbürgerliche, gemüth-
liche Gebahren dieses Mannes nur die Maske der Schlau-
heit war, hinter der sich ein Mensch von sehr wenig Herz
und Geist verbarg, entging Heinrichs kindlichem Blick.
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 83
»Hätte ich meinem inneren Triebe folgen dürfen, so wäre
ich vor ihm niedergekniet, und hätte ihm die Hand ge-
küsst«, bekannte Heinrich, als er 1815 Kaiser Franz bei
dessen Besuch in Heidelberg sah. Glücklicher Weise irrte
er sich so gründlich nur dies eine Mal, meist durfte er
sich getrost dem Zuge seines Herzens anvertraun.
Heinrichs Begeisterung wirkt sympathisch, denn sie
kommt aus dem Innern und ist ihm heiliger Ernst. Aber
der Gute bleibt doch viel zu tief in der bfossen Verehrung
stecken, sie fördert ihn wohl, insofern sie ihn, nach seinem
-eigenen Ausdruck, »im Guten stärkt und über das Gemeine
erhebt« ; aber sie erhöht seine Energie nicht, sie setzt sich
nicht um in That. Er empfindet lebhaft das Licht und
die Wärme seiner Gestirne, und sonnt sich dankbar in ihrem
Schein, aber sie zeitigen nichts in ihm, die Frucht bleibt
unreif.
Eine Ausnahme hiervon, innerhalb gewisser Grenzen,
bildet Heinrichs Verhältniss zu Goethe und Schiller; jeden-
falls ist es für uns das interessanteste und lehrreichste von
allen, wie es für ihn von allen das segensreichste war. An
ihm wird sich im Einzelnen darthun lassen, was über
Heinrichs Individualität bisher im Allgemeinen gesagt wor-
den ist.
3.
Heinrich sah Goethe zum ersten Mal, als er, fünfzehn-
jährig, im Mai 179^1 den Vater auf einer Reise nach Halber-
stadt und Weimar oegleitete. Schiller lernte er sechs Jahre
später, Weihnachten 1800, bei Gelegenheit eines Ferien-
besuches kennen, den er als Student von Halle aus in
Jena und Weimar machte. Zugleich sah er damals Goethe
nieder. Die liebevolle Aufnahme, die er in Jena im
Hause des Kirchenraths Griesbach fand, bewog Heinrich,
im Herbst 1801 mit seinem, der Medicin sich widmen-
den Bruder Wilhelm nach Jena überzusiedeln. Von der
Zeit an sah Goethe die Brüd,er Voss bisweilen. In Briefen
aus dem Winter 1801 ' nennt er Heinrich »etwas über-
spannt«, Wilhelm »etwas dunkel«, es scheine ihnen an
Ernst, sich auszubilden, nicht zu fehlen; sie machten mit
drei anderen Jünglingen eine der wunderbarsten jungen
Gesellschaften, die je zu seiner Kenntniss gekommen seien.
»War es nicht die Neigung und das Verhältniss zu diesen
jungen Leuten, so würde schon die Neugierde, wie ein
solches Phänomen sich auflösen kann, mich aufmerksam auf
' Goethes Briefe XV, 282, 17; 283, 11.
84 Abhandlungen.
sie machen.« — »Man sieht sie hier weder in der Comödie,
noch bei sonstigen Lustbarkeiten, und ich habe sie bisher
nur in Jena gesprochen, ich werde von Zeit zu Zeit nach
ihnen sehen und ihre Fortschritte beurtheilen.«
Bei Heinrichs Schüchternheit wurde ein näherer Ver-
kehr mit Goethe und Schiller erst möglich, als die Eltern
Voss im Herbst 1802 Eutin verliessen und, auf der Umschau
nach einem gesunden, stillbehaglichen Wohnsitz, vorerst,
um der Söhne willen, gleichfalls nach Jena zogen. Goethe
hat mehrfach betont, wie werthvoU und erfreulich ihm die
Nachbarschaft des alten Voss war. »Seine grosse umsichtige
Gelehrsamkeit,« heisst es in den Tag- und Jahresheften
1802, »wie seine herrlichen poetischen Darstellungen, die
Freundlichkeit seiner häuslichen Existenz zogen mich an,
und mir war nichts angelegener, als mich von seinen
rhythmischen Grundsätzen zu überzeugen.« Mit warmer
Freundschaft war Goethe unablässig bemüht, den schwer-
zubehandelnden, spröden Mann in Jena heimisch und sess-
haft zu machen. Dem Lande, der Universität, der »Jenaischen
Literaturzeitung« w^ünschte er die hochgeschätzte Kraft
dauernd zu verbinden ; für sich selbst hoffte er bedeutenden
Gewinn von einem persönlichen Verkehr. '
Heinrich, der nach Beendigung seiner academischen
Studien zunächst eine Hofmeisterstelle beim Grafen Reuss-
Köstritz in Berlin antreten sollte, war im Sommer 1803
nicht unbedenklich an der Gicht erkrankt, musste in Folge
dessen jene Stelle aufgeben und verbrachte traurige Wochen
in der Einsamkeit der Krankenstube. Zeitweilig betrachtete
er sich als einen Sterbenden, auch die Seinigen sahen ihn
dafür an. Erst im Laufe des Winters trat eine wesentliche
Besserung des Befindens ein, und wenn jetzt Goethe oder
Schiller die Eltern besuchte, so vermochte Heinrich, im
Gefühl wiederkehrender Lebensfreude, der Gegenwart bei-
der Männer froh zu werden. »Jetzt ist Goethe wieder
hier,« schrieb er am 25. November 1803 den Freunden,.
»Nun kann auch ich ihn geniessen, da ich den Tag über
schon wieder bei meinen Eltern bin. Auch der liebe
Schiller war acht Tage bei uns, und oft in unserem Hause.cc
Voss, der Vater, erhielt zu Anfang 1804 einen Ruf nach
Würzburg, der ihn lockte. Goethe aber hoffte, ihn durch
eine feste Anstellung des Sohnes zum Bleiben zu bestimmen
und schlug Heinrich als Lehrer der alten Sprachen am
Gymnasium zu Weimar vor. Der Vorschlag wurde ge-
' Für die Beziehungen Goethes zu J. H. Voss vgl. ausser G.-J.
V, 38—112 und H er bsts Biographie die Darstellung von Düntzer (Aus
Goethes Freundeskreise S. 132 — 172).
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 85
nehmigt und zugleich für später die Aussicht auf das
Direktorat eröffnet, da der bisherige Leiter der Anstalt,
Karl August ßöttiger, um diese Zeit sein Amt niederlegte.
Alsbald lud Goethe den jungen Mann in sein Haus ein,
damit er sich unter seinen Augen in Weimar bekannt mache
und auf die neue Thätigkeit vorbereite.
Zweimal wohnte Heinrich, vor seiner Einführung am
Gymnasium, mehrere Tage hintereinander' bei Goethe als
dessen Gast, das zweite Mal zugleich als Hofmeister von
Goethes Sohn in Vertretung des abwesenden Riemer. »Eine
himmlische Zeit! Göttertage,« wie der Entzückte den Freun-
den zuruft, in denen Goethes Milde und Väterlichkeit dem
Schüchternen die Zunge löste und das Herz ganz und gar
gewann. »Goethe ist der herzHchste, der innigste Mann
unter Gottes Sonne,« das war Heinrich, bei semer Rück-
kehr nach Jena zweifellos, »da denke ich manchmal : wenn
Der für dich ist, wer mag wider dich sein. — Goethes
Zutrauen und seine Liebe zu verlieren, wäre das Schreck-
lichste, was mir in Weimar begegnen könnte; aber so lange
ich bleibe, was ich bin, und fortfahre zu werden, was ich
werden kann, so lange werde ich sein ,lieber Sohn^ bleiben,
wie er mich mehrere Male genannt hat.« In Goethe glaubte
Heinrich zugleich einen trefflichen Schutz gegen das »Ver-
spiessbürgern« gefunden zu haben. »Goethe w^ird mich in
Athem und Thätigkeit halten — ich weiss es und fühle
es, dass ich Aufmunterung von Aussen bedarf.«
Nicht weniger begeistert war Heinrich von der Auf-
nahme im Schillerschen Hause, von der Theilnahme und der
»geraden, anspruchslosen Offenheit« des Dichters. Freudig
stimmte er dem Vater bei, als dieser, ihn beim Abschied
segnend, sagte : »Ich stosse Dich nicht aus dem Paradiese,
ich schicke Dich vielmehr in das Paradies hinein.«
Heinrichs Begeisterung sollte alsbald eine schwere
Prüfung auf ihre Echtheit bestehen. Voss fühlte sich zur
Annahme des neuerdings dringender wiederholten Antrages
nach Würzburg um so geneigter, als man nunmehr auch
für Heinrich günstige Aussichten eröffnete. Er wünschte,
da der Genuss seiner Eutiner Pension die Annahme eines
Amtes ausschloss, sich des Sohnes als eines getreuen Ver-
mittlers zwischen sich und der Universität zu bedienen.
Heinrichs Neigung aber, nebenbei, das Gefühl, für ein
academisches Lehramt nicht, wenigstens noch nicht, ge-
eignet zu sein, entschied für Weimar. Zum ersten und
letzten Mal in seinem Leben zeigt hier der Sohn den Eltern
gegenüber eine eigene Meinung, eigenen Willen. »Ich will
Vom 12. bis 20. Februar und vom 29. März bis 8. April 1804.
86 Abhandlungen.
Mensch werden«, so rechtfertigt er vor sich selbst und
den Freunden gegenüber seinen Entschluss, »und zum
Menschen werde ich fürs erste nur in Weimar. Ich habe
mich standhaft erklärt, dass ich hier bleibe. Mit Goethe
gelebt haben zu dürfen, und dies nicht gethan zu haben,
das wäre nach meiner Denkweise ein Leichtsinn, der mir
unendliche Reue für die Zukunft bereiten würde. — Gott
segne mein geliebtes Weimar. Mir ist es ein heiliger Ort,
weil ich fühle, wie ich als gereifter Mann einmal bekennen
werde, dass ich ihm meine Ausbildung verdankt habe. —
Wahrlich, der Herzog soll es mir nicht umsonst gesagt
haben, dass er mein Hierbleiben zu schätzen wisse. Ich
will in seiner herrlichen Stadt, wo ein Goethe, ein Schiller
ist, auf meinem Posten nicht umsonst gelebt haben. Das
habe ich dem Herzog und meinem theuren Goethe im
Herzen gelobt!«
In unmittelbarer Nähe Goethes, beim Schlossvoigt am
Frauenplan fand Heinrich Quartier. August Goethe und
Riemer konnten bequem von Fenster zu Fenster den neuen
Genossen herbeirufen, der sich mit Schreibpult, Sopha,
Kaffeemühle, Weingläsern, langen Pfeifen und anderem
idyllischem Hausratii alsbald seine Junggesellenwohnun^
behaglich gemacht hatte. Zu jeder Tageszeit durfte Heinrich
unangemeldet in Goethes Arbeitszimmer treten, und nicht
selten war er schon früh um sechs Uhr dort; mehrmals
in der Woche ass er des Mittags oder Abends bei Goethe,
leistete ihm in Haus und Garten, oft viele Stunden lang,
Gesellschaft und ging mit dem Dichter im Park spazieren;
er wurde Goethes Vorleser, Zuhörer, Schüler, Mitarbeiter.
In der Familie Schillers war Heinrich herzlich will-
kommen. Als bescheidener, heiterer Gesellschafter hatte
er schnell Charlottens Zuneigung und die Liebe der Kinder
gewonnen; jene, die allzeit Lese- und Lernbegierige, nahm
Dei ihm Unterricht im Spanischen, die Knaben wurden seine
Privatschüler in den alten Sprachen. Ueber den Dichter
schrieb Heinrich an die Freunde : »Wenige Menschen haben
mich so enthusiastisch eingenommen wie Schiller. Er weiss
es und ist mir desshalb gut geworden. ,Es sei so selten^
hat er sich geäussert, ,dass junge Leute in reiner Absicht
zu ihm kämen und mehr wollten als einen berühmten Mann
anstaunen^«
Vollen Einblick in den von Tag zu Tag sich vertrau-
licher gestaltenden Umgang mit Goethe und Schiller und
deren Familien würde nur ein chronologisch, aus sämmt-
lichen brieflichen Mittheilungen Heinrichs zusammenge-
stellter Text gewähren, dem sich die gelegentlichen Aeusse-
rungen beider Dichter über ihren Schützling ergänzend an-
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 87
schliessen müssten. ' Für den gegenwärtigen Zweck ge-
nügt es, das Wesentliche hervorzuneben und zusammenzu-
fassen.
Aus Heinrichs Briefen lässt sich die lehrreiche An-
schauung gewinnen von Goethes Art und Kunst, die Ent-
wickelung eines begabten jungen Mannes im persönlichen
Umgang zu fördern. Vor allem sucht Goethe das Selbst-
vertrauen des schüchternen Schülers zu stärken. Er lenkt
das Gespräch auf Gebiete, wo Heinrich zu Hause ist, geht
lebhaft auf seine Lieblingsbeschäftigungen ein : alte Mytho-
logie und Geographie bilden in der ersten Zeit den Maupt-
gegenstand ihrer Unterhaltungen. Das Vossische Special-
feniet, antike Metrik und die Kunst des Uebersetzens
ommen alsbald zur Sprache. Heinrich legt Goethe seine
Horazübersetzungen vor, liest stundenlang Sophokles mit
ihm; eine gemeinsame Durchnahme der griechischen Silben-
masse wird verabredet. In beständigem Staunen war Hein-
rich während der ersten Wochen, denn Goethe, dieses ehr-
liche, für seinen Vater nicht eben schmeichelhafte Geständ-
niss legte er den Freunden ab, »eröffnete« ihm »den wahren
Sinn für klassische Litteratur.«
Durch die Richtung auf bestimmte Zwecke und durch
sofortige Verwerthung des Geleisteten wusste Goethe die
ThätigKeit seines Schülers zu steigern. Es ist bekannt, wie
lebhaft Goethe am Zustandekommen und Emporblühen der
neuen »Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung«, die seit
Januar i8o/t unter Eichstädts Leitung erschien, betheiligt
war. Jetzt kam er Heinrichs Neigung zum Kritisiren ent-
gegen, indem er ihm Recensionen für die Litteraturzeitung
auftrug. In diesen Arbeiten suchte er ihn überall zu Klar-
heit der Vorstellung, Bestimmtheit des Ausdrucks, vor allem
aber zu Mass, Milde und Wohlwollen zu leiten. Ein Bei-
spiel dafür bietet sogleich die erste Recension Heinrichs,
über des Vaters »Mythologische Briefe« ; sie machte Goethe
zwar viel Freude, aber er »rechtete« mit dem Verfasser
über ein paar Ausdrücke, die er »unfreundlich« und »ver-
ächtlich« nennt.* Der Hitzköpfigkeit seines Schülers und
dessen gelegentlich durchbrechender, grob zufahrender
' Auszüge aus Heinrichs Briefen, in der angedeuteten Weise
bearbeitet, werden demnächst in Philipp Reclams Universal-Bibliothek
erscheinen.
* Goethes Briefe XVII, 96 f. An Eichstädt schrieb Goethe: »Die
Recension gefallt mir sehr ... Einige wenige Bitterkeiten wären
wohl wegzulöschen<i (XVII, 100, 25).
88 Abhandlungen.
Stammesart, die Goethe einmal kurzweg als »Vossität«
bezeichnet,' begegnete der Meister stets mit Gelassenheit
und liebevoller Mahnung. Er that es um so lieber, als
Heinrich sich bildsam und dankbar zeigte. »Voss erzählte
mir mit Rührung,« berichtet der Archäologe Welcker,* »wie
weise und geschickt Goethe ihn, als er über eine böswillige
Kritik aufgebracht war, besänftigt und auf alle Erwiederung
zu verzichten bewogen habe, ^ und so immer wohlmeinend
und edel in seinem Rathe sei.« In späteren Jahren, wo
Heinrich, beständig unter den Augen des Vaters arbeitend,
Goethes milden Einfluss entbehrte, verfiel er zwar als
Recensent bisweilen nur zu sehr in die alte »Vossität«,
niemals aber kam ihm in den Sinn, seine plumpen Ausfälle,
offen oder versteckt, gegen Goethe zu richten. Riemers
Bemerkung,^ Heinrich habe (1809) in seiner Recension
von »Grübeis Gedichten« (vielmehr von Grübeis »Corre-
spondenz und Briefen«) Goethe »tückisch einen hämischen
Streich versetzt,« ist als ungerecht und feindselig zurück-
zuweisen. Grob freilich und unfreundlich ist jene Besprechung
und nur tadelnd, im Gegensatz zu Goethes freundlicher An-
erkennung. Es liegt aber keinerlei Grund zu der Annahme
vor, dass Heinrich mit ihr Goethe habe verletzen wollen.
Bei der für Voss, Vater und Sohn, wichtigsten Recension
der neuen Zeitung, bei der Besprechung der Vossischen
Gedichte verbanden sich Meister und Geselle zu gemein-
samer Arbeit. »Einige Stellen habe ich ausgearbeitet,«
berichtet Heinrich, »nämlich die über die höheren Stände,
und den letzten Theil über Sprache, Rhythmik und Mytho-
logie. — Ein recht originelles und schönes Ding, aber keine
Recension, sondern vielmehr ein Gedicht über die Ge-
dichte. — Nur den zweiten Theil haben wir gemeinschaft-
* Goethes Tagebücher 1806, 27. August (III, 165).
* R. Kekule, Leben F. G. Welckers, Seite 37 (auch Goethes Ge-
spräche VIII, 203 f.).
3 Es handelt sich hier um eine heftige Entgegnung Friedrich Asts
auf Heinrichs Recension von dessen Sophoklesübersetzung. In der ersten
Hitze wollte Heinrich gleichfalls heftig erwidern, Goethe aber belehrte
ihn, dass er jenen empfindlicher als durch Leidenschaftlichkeit durch
Ruhe treffen werde, und dass man mit dieser allein über den erregten
Gegner eine wahrhafte Superiorität gewinne. »Ueberlassen Sie mir die
Antwort. . . . Dazu sind wir Alten ja da,« schloss er seinen väterlichen
Rath, »dass wir die Jugend vor Unbesonnenheiten warnen; als wir
jung waren, machten wir es selbst nicht besser, aber es hat uns Ver-
driesslichkeiten zugezogen in zahlloser Menge.« Heinrich folgte dem
Rath, und Goethe selbst verfasste in wenigen, sachlichen Zeilen die
»Antwort des Recensenten.« Vgl. Goethes Werke (Hempel) XXIX, 242 f.
und Euphorion, 1. Ergänzungsh. S. 190: L. Geigers Erläuterung zu
einem Briefe Arts an Creuzer.
^ Mittheilungen über Goethe II, 667 Anmerkung.
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 89
lieh gemacht. Wenn er Dir nicht so scheint wie der erste,
so denke daran, dass das Ganze nicht in einem Gusse ge-
macht ist und dass ich im letzten Theil oft die Feder ge-
führt habe, weil Goethe solche Dinge lieber spricht als
hinschreibt. Ich machte es denn, so gut ich konnte, und
Goethe übersah dann das Ganze und corrigirte, wo es Noth
that.« Das lächerliche Gerede Misswollender, Goethe habe
das Ganze gar nicht ernst gemeint, es sei vielmehr ironisch
zu verstehen, fand, wenn auch bei den Eltern Voss viel-
leicht, bei Heinrich nicht im Geringsten Eingang. Der An-
blick Goethes an jenem Abend, wo im geselligen Kreise
aus der »Luise« gelesen wurde, Goethe aber, von Rührung
übermannt, nicht weiter sprechen konnte, seine herzlichen
Gespräche unter vier Augen, als sie gemeinschaftlich an
der Kecension arbeiteten, dies alles gehörte zu Heinrichs
heiligsten Erinnerungen, jeder Zweifel an der Aufrichtig-
keit von Goethes öffentlichem Lob hätte ihm als ein Frevel
erscheinen müssen. Noch zehn Jahre später klagt Heinrich:
»Was wirkt heutzutage eine Recension, da nicht einmal
Goethes treffliche und fast durchaus treffende Charakteristik
meines Vaters' den Leuten die Augen geöffnet hat?«
Gewiss hoffte Goethe, dass jene hetevoUe Darstellung
mitwirken würde, Voss in Jena zu halten. Für die neue
Zeitung arbeitete Voss bereits; gleichfalls auf ihn bezog
sich ein weit ausschauender Plan Goethes. In einem merk-
würdigen kleinen Schriftstück* aus dem März 1804 ent-
wickelt dieser seine Gedanken über die Gründung einer
»kleinen Societät,« deren Hauptzweck sein sollte: »ein
wahrhaft allgemeines deutsches Wörterbuch zusammen zu
bringen.« »Unser Voss müsste präsidiren, die Herren Eich-
städt, Fernow, Voss, der Sohn, würden sich anschliessen und
Schiller und ich nach unserer Weise nicht unwirksam bleiben.«
Heinrich hatte dem Vater schon bei dessen Vorarbeiten zu
einem ähnlichen Werke geholfen, so war es natürlich, dass
Goethe auch für dieses, unausgeführt gebliebene, Unter-
nehmen die Kräfte des jungen Mannes zu nutzen gedachte.
' Aus dieser Bemerkung geht zugleich hervor, dass Heinrich
Goethes Recension ganz richtig aufFasste. Goethe hat in ihr auf eine
eigentlich ästhetische Würdigung, auf die Beurtheilung des künstlerischen
Werthes der Gedichte verzichtet; aber gewiss nicht, wie man gemeint
hat (vgl. Herbst, J. H. Voss II, 2, 74—77), aus diplomatischer Klug-
heit und weil er nun einmal nicht tadeln, sondern anerkennen und
loben wollte, sondern weil er erkannte: dass für Vossens »Individual-
poesie« der rein ästhetische Massstab untauglich ist, und dass man
zur Anschauung seines eigenthümlichen Werthes nur durch liebevolle
Versenkung in die den Dichter umgebende Natur und durch Darstel-
lung seines menschlich-sittlichen Charakters gelangen kann.
» Goethes Briefe XVII, 305 f.
90 Abhandlungen.
5.
Bedeutungsvoller als in diesen wissenschaftlichen Be-
strebungen und Leistungen wurde Heinrichs Thätigkeit im
Dienste Goethes auf metrischem Gebiet und im Bereich
poetischer Uebersetzung.
Goethe schätzte Heinrichs Kenntniss der antiken Vers-
masse hoch, sowie dessen spätere Uebersetzerarbeiten, und
unterliess nicht, wenn er öffentlich oder in Briefen der
Verdienste des Vaters dankbar gedachte, auch den Sohn
zu nennen/ Wie sehr musste der junge Mann sich geehrt
und gehoben fühlen, als Goethe ihm eigene Dichtungen
zur metrischen Verbesserung übergab. Auch das war ein
glücklicher Umstand für Hemrich, dass Goethe gerade da-
mals eine neue Ausgabe seiner Werke vorbereitete. Durch
ein heiteres Spiel des Zufalls sollte der Sohn mit Feuer-
eifer an der Ausfeilung und formellen Vollendung jener
Dichtung Goethes arbeiten, die der Vater stets nur als eine
schwache Nachahmung seiner »Luise« angesehen hat.'
»Goethe hat mir die Umarbeitung von ,Hermann und
Dorothea' aufgetragen, und ich darf ändern, wo und wie
viel ich will. Dazu hat er mir sein Manuskript gegeben,
wo die einzelnen Verse so weit von einander abstehen,
dass ich viel dazwischen schreiben kann. Ich war anfangs
schüchtern dabei, doch nun habe ich, da er es nicht anders
haben will, auch toll hineincorrigirt.« Das Letztere wird
Niemand leugnen, der einen Blick in die Handschrift gethan
hat. Heinrichs Aenderungen sind aber, wie es scheint,
bei den späteren Ausgaben gänzlich unberücksichtigt ge-
' An das von Goethe in den Tag- und Jahresheften 1806 und
in seinem Briefe an Heinrich vom 22. Juli 182 1 (G.-J. V, 87 f.) Aus-
gesprochene schliesst sich folgende briefliche Aeusserung Heinrichs
vom 12. Juli 1822 über einen Besuch des Freiherrn Otto Christoph
von Budberg: »Er kündigte sich sogleich an als einen Uebersetzer der
alemannischen Gedichte ins Hochdeutsche und las mir einen Brief von
Goethe vor, der ihm die gereimten Gedichte corrigirt zurückschickt
und ihn mit den hexametrischen an mich verweiset als den, nächst
seinem Vater, vorzüglichsten und geistreichsten Kenner der griechischen
Silbenmasse.« — Beiläufig sei hier erwähnt, dass Goethes eben citirter
Brief an Heinrich, in dessen an Abeken gesandter Abschrift folgende
Abweichungen von dem Druck im Jahrbuch zeigt: S. 87, Zeile 17
»lieben« statt »Herrn«, Z. 23 nach »wir« folgt »daher«; S. 88, Z. 6
»Unwollenden« statt des unverständlichen »Umrollenden«, Z. 9 fehlt
»wenigstens«.
* Heinrich theilte, wie immer, die Ansicht des Vaters. Vgl. das
merkwürdige Zeugniss Abekens in dessen »Erinnerungen« S. J2 (her-
ausgegeben von Ä. Heuermann in der Festschrift zur 300jähr. Jubel-
feier des Raths-Gymnasiums zu Osnabrück 1895).
HjEI««ICH Voss D. J. UND SEIN VeRHÄLTNISS ZU GOETHE U. SCHILLER. 9I
blieben,* auch nicht, wie Goethe beabsichtigte, einer gemein-
samen Durchprüfung unterworfen worden. Heinrich ver-
muthete, dass ihm zu gleichem Zweck auch der »Reineke
Fuchs« würde anvertraut werden; wenn es geschah, so kam
es doch zu keiner Durchsicht; das Manuskript des Gedichts
enthält keinerlei Aenderungen von Heinrichs Hand. Dagegen
weist die Handschrift der »Achilleis« eine grosse Zahl von
Correcturen auf, die zweifellos von Heinrich herrühren, ob-
gleich dieser nicht nur nirgends etwas davon erwähnt,'
sondern geradezu schreibt: »Ausser ,Hermann und Dorothea^
habe ich nichts durchgesehen.« Dieser Irrthum ist um so auf-
fallender, als Heinrich im Allgemeinen über seine Thätig-
keit mit behaglicher, von Selbstgefälligkeit nicht immer
freier. Breite berichtet. Und gewiss begrüsste er doch die
»Achilleis«, als sie 1808 im zehnten Bande der neuen Aus-
gabe erschien, mit besonderer Freude, denn in dieser Dich-
tung hat der Meister thatsächlich einige Aenderungen seines
Schülers angenommen. Sogleich der erste Hexameter ist
in der Wortfolge zur Hälfte Heinrichs Werk. Goethe
schrieb ursprünglich:
»Hoch zu Flammen entbrannte noch einmal die mächtige
Lohe«
und änderte nach dem Vorschlage Heinrichs:
»Hoch zu Flammen entbrannte die mächtige Lohe noch
einmal.«
Nicht selten geht aus der ersten Fassung und Heinrichs
Verbesserung ein Drittes hervor, z. B. in Vers 494, der
anfängHch lautete:
(Steuernd gelangt er hieher und zeigt den Hügel von
ferne)
»Den Gesellen und fragt, was hier wohl das Zeichen
bedeute?«
Heinrich strich das »wohl« und begann: »Seinen Ge-
nossen«; jenes acceptirte Goethe, von diesem nahm er,
seiner Vorliebe für aas Wort »Geselle« treu, nur »Seinen«
auf und schrieb endgültig :
»Seinen Gesellen und fragt, was hier das Zeichen be-
deute.«
' Endgüliig kann hierüber nur von dem Herausgeber in der
Weimarer Goethe- Ausgabe berichtet werden. Vgl. H. Schreyer, Goethes
Arbeit an ,H. u. D.' (G.-J. X, 197 f.) und Heinrichs Brief an Goethe
vom 31. Juli 1805 (G.-J. V, 48).
* Heinrich schreibt allerdings einmal, Goethe habe ihm noch
»andere Sachen« (ausser »H. u. D.«) zur metrischen Durchsicht ge-
geben; zu diesen gehörte also offenbar die »Achilleis«.
92 Abhandlungen.
- -rs ^71, —
Richtige fühlte, aber das kühne »bläulich« nicht wagte.
Er corrigirte das ursprüngliche:
»Warlich ! versetzte darauf die Göttin mit blauen Augen«
in:
»Warlich! versetzte darauf die blickende Göttin.«
Es ist hier nicht der Ort, Goethes Verhalten zu Hein-
richs Aenderungen eingehend zu besprechen und diese
selbst zu charakterisiren ; nur die Thatsache, dass Goethe
bei der endgültigen Gestaltung eigener Dichtung seinem
I'ungen Freunde Rath und Stimme eingeräumt hat, musste
lervorgehoben und durch einige Beispiele veranschaulicht
werden.
Auch für seine poetische Uebersetzerarbeit fand Heinrich
die fruchtbare Anregung in Weimar. Er hatte Goethe und
Schiller als Probestück seiner Fähigkeit den ersten Aufzug
von Shakespeares »Richard III.« vorgelegt. Diese Ueber-
setzung, insbesondere die wohlgelungene Traumerzählung
des Herzogs von Clarence veranlasste beide Dichter, ihm
die Verdeutschung des »Othello« aufzutragen. Heinrich
löste diese erste, grössere Aufgabe zur Zutriedenheit der
Meister. Schiller ging das Ganze gemeinschaftlich mit
Heinrich durch, bearbeitete es für die Bühne und empfahl
das Stück als »eine verdienstliche Arbeit« an Iffland.* In
der Freude über das Gelingen hatte Heinrich zu Schiller ge-
sagt: wenn der »Othello« aufgeführt würde, wollteer sich
»nicht wie sonst unter den gemeinen Pöbel unten hinsetzen,
sondern oben erscheinen, wo er wäre«* als am 8. Juni 1805
die erste Aufführung stattfand, schriet) er den Freunden :
»Ich habe mich vormals darauf gefreut als ein Kind zum
heiligen Christ, aber jetzt ist es mir sehr gleichgültig, oder
vielmehr traurig, denn ich soll ihn ohne Schillern sehn.«
Ausser »Othello« gehen von Heinrichs Shakespeare-Ueber-
tragungen unmittelbar auf Goethes und Schillers Anregung
noch diejenigen von »König Lear« und »Heinrich IV.«
zurück.
Aus dem Gesagten ist ersichtlich, in wie mannigfacher
Weise Heinrich unter den Auaen der beiden Männer seine
Kräfte zu üben Gelegenheit fand. Aber seine Natur war
so geartet, dass der Hauptgewinn dieses Verkehrs für ihn
nicht im Aesthetischen, Poetischen oder Wissenschaftlichen
lag, sondern im Sittlichen und rein Menschlichen.
' Vgl. Heinrichs Vorrede zum »Othello« (erschienen 1806) und
Schillers Brief vom 12. April 1805 an Iffland (J. V. Teichmann, Liter.
Nachlass S. 233).
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 93
6.
Heinrich fand im Verkehr mit Goethe und Schiller
einen seiner wichtigsten Glaubensartikel, die »ewige, un-
erschütterlich feste Wahrheit« bestätigt : dass der wahrhaft
grosse Künstler stets zugleich ein grosser und guter Mensch
ist. Seine Begeisterung galt vor allem dem edlen, schlichten
Menschenthum der beiden Dichter, er betrachtete sie in
erster Linie als sittliche Vorbilder, »durch die es ihm leicht
gemacht werde, gut zu sein und immer vollkommener zu
werden,« deren Beispiel und Aufmunterung ihn zu dem
mache, »was er allein nicht hätte werden können.«
In Goethe erblickte Heinrich von Anfang an seinen
Erzieher und Lehrer, seinen geistigen Vater. Ihm verdankte
er nicht nur seine äussere Existenz, die Anstellung in
Weimar, für ihn arbeitete er und genoss in ungezählten
Stunden seine liebevolle Belehrung. Besondern Eindruck
machte auf ihn die Deutlichkeit und Anschaulichkeit von
Goethes Rede, die Tiefe seiner Betrachtungen. »Kein
Mensch dringt so auf Klarheit der Vorstellung, wie Goethe. —
Goethe hat überall die hellsten Blicke. — Was Goethes
Gespräche so lehrreich und interessant macht, welchen
Gegenstand er auch berührt, ist das Allgemeine, was allem,
auch dem Speciellsten seiner Rede zu Grunde liegt. —
Goethe ist das wahre Gegenspiel von aller abstrakten
Weisheit. Ich möchte Goethe den populärsten Philosophen
nennen, der uns auch bei den geringfügigsten Gegenständen
wahre Weisheit in die Seele redet.« Bewunderungswürdig
erschien ihm Goethes Gerechtigkeit und Ruhe in Beur-
theilung der Menschen, er kam ihm darin vor wie der
leidenschaftslos betrachtende Naturforscher. »Nie sind
Goethes Forderungen an die einzelnen Menschen unbillig,
sie richten sich nach der Fähigkeit jedes Subjektes. Jedes
Talent ehrt Goethe, jede mechanische Fertigkeit, jedes
Streben zum Besseren unterstützt er nach Kräften. Wer
nach Selbständigkeit ringt und ausbildet, was in ihm auszu-
bilden ist, den liebt er. — Wie kämen wir schwachen
Kinder des Staubes auch sonst neben ihm zurecht, wenn
er diese schonende und liebreiche Maxime nicht hätte?«
Das Gefühl seiner Inferiorität dem Meister gegenüber
hinderte Heinrich aber nicht, ihm jeden Zweifel, jede Sorge
vertrauensvoll vorzutragen. »Als . . . sich alles vereinigte,
mich von Weimar weg nach Würzburg ziehn zu wollen, da
fand ich nirgends Trost, so lang ich auf meinem Zimmer
war. Jedesmal aber, wenn ich zu Goethe kam und ihm
mein ganzes Herz (selbst alle Schwächen meiner Innerlich-^
keit) wie einem Beichtvater ausschüttete, so ging ich wie
94 Abhandlungen.
mit neuem Muth gekräftigt in meine Einsamkeit zurück
Ich kann wohl sagen, dass mich Goethe in den Tagen wie
neu geschaffen hat. Er hat manche Schwäche von mir bei
der Gelegenheit erfahren, weil ich ihm auch ^ar nichts
verhehlen wollte. Meine Offenheit hat mich hinterdrein
auch nicht eine Minute lang gereut. Ich kann im eigent-
lichsten Sinne sagen, dass mir Goethe alle meine Sünden'
vergeben hat, oder ich mir selber, dadurch dass ich sie ihm
mitgetheilt habe, und ohne dies letztere hätte ich mich
selber verzehrt.« »Es ist Himmelswonne«, ruft er den Freun-
den begeistert zu, »von einem Goethe geleitet zum Besseren
geführt zu werden.« Als Höchstes verehrte Heinrich an
Goethe »das Unnennbare, das durch ihn in die Herzen
dringt und mit Worten nicht ausgesprochen werden kann.«
»Ich denke auch nie über ihn, ich fühle ihn nur; aber mein
Herz sagt mir Alles über ihn.«
Docli dieses Herz war nur allzu gefühlig und ver-
hätschelt, es fühlte sich glücklich in seiner Schwäche. »Ich
freue mich, dass ich manchmal müde werden kann und
mich dann an einen Stab lehnen und ausruhen kann; der
Gedanke thut mir wohl, wenn es auch nicht dazu kommt. —
Es gehört ein gewisser Grad von — wie soll ichs nennen? —
Abhängigkeit, freier Unterordnung einer edlen Leitung zu
meinem Bedürfnisse, wie physisch der Kaffee und eine Pfeife.
— Ich werde vielleicht mein Lebelang in dieser Hinsicht
unmündig bleiben und es wird dann mein Schade nicht
sein.« In der That blieb er es, doch zu seinem grossen
Schaden. Hier ist nichts, aber auch gar nichts von jenem
gesunden, kräftigen Jünglingswillen, der seinen Helden
wählt, »dem er die Wege zum Olymp hinauf sich nach-
arbeitet.«
Wie konnte Heinrich, wenn sein Enthusiasmus für
Goethe mehr war als ein Strohfeuer, wenn der seelen-
stärkende Einfluss Goethes, den er so häufig rühmt, nicht
bloss auf dem Papier seiner Briefe stand, wie konnte er, bei
der Innigkeit des Verhältnisses zu seinen Eltern, dulden,
dass diese in Jena und später Goethe häufig so falsch, ja hart
und bitter beurtheilten ? musste er nicht alles daran setzen,
die Missverständnisse zu beseitigen, die Verstimmungen
zu mildern? war es nicht eine schöne Aufgabe, zwischen
so geliebten Personen der Vermittler zu werden? Aber
Heinrichs an sich geringe Kraft der Selbstbestimmung wurde
durch diese Missverhältnisse gänzlich paralysirt, er hatte nur
Seufzer, wehmüthige Blicke, Händedruck *und Thränen.
* Welche »Sünden«? — Der Widerspruch gegen die Eltern er-
schien dem an innigste Uebereinstimmung gewöhnten Sohne als »Sünde«
und stürzte ihn in verzehrende Gewissensqualen.
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 95
Wie zartfühlend und schonend Goethe seinerseits das
»gute Vosschen« (so liebte er Heinrich zu nennen) be-
handelte, wie er es ihn nie entgelten Hess, wenn der alte
Voss ihm Verdruss bereitete, zeigt ein Umstand besonders
deutlich, der, weil er leicht übersehen werden kann, hier Er-
wähnung verdient. Goethe war über Vossens Absicht, nach
Heidelberg zu gehen, von diesem selbst Ende April 1805
brieflich benachrichtigt worden, ohne dass Heinrich, der
nie vermocht hätte, Goethe den Willen seines Vaters mit-
zutheilen, von diesem Briefe wusste (s. oben S. 58 fF.) Doch
musste Heinrich gewärtig sein, dass Goethe auf irgend einem
Wege von der oache erführe. Bald darauf starb Schiller.
Heinrich konnte lange Zeit nicht die Kraft finden, vor Goethes
Augen zu erscheinen. Selbst auf das Tiefste erschüttert,
dachte er an Goethes Zustand bei Schillers Verlust, zugleich
aber schlug ihm das Herz in peinlicher Furcht, ob Goethe
von des Vaters Plan schon unterrichtet sein, und wie er
diesen aufnehmen möchte. »Drei Tagelang bin ich ihm aus-
gewichen,« schreibt Heinrich, »ich weiss nicht wie, aber
mir graute und bangte vor seinem Anblick! Auch er hat
an die Vulpius gesagt, er wollte, dass er mich erst wieder-
gesehn hätte. Er hat mir herzliche Worte durch seinen
August sagen und mich mehrmals zu sich bitten lassen.«
Es »graute« Heinrich, denn er ahnte dunkel jene leiden-
schaftliche Scene im Park voraus, wo Goethe sich heftig
über den Weggang seines Vaters aussprach; Goethe
andrerseits vermuthete Heinrich mit Recht in der trost-
losesten Gemüthsverfassung, darum sagte er zu Christiane,
er wollte, dass er ihn erst wiedergesehn hätte ; darum Hess
er, den Verzagten zu ermuthigen und seiner fortdauern-
den Liebe zu versichern, durch August ihn wiederholt zu
sich bitten. In dergleichen unscheinbaren Zügen offenbart
sich Goethes Zartgefühl auf das Schönste. —
Heinrich zeigt in seinen Mittheilungen wohl bisweilen
Blick für das Wesentliche in Goethes Gesprächen, aber es
fehlt ihm die Fähigkeit, das Vernommene klar und schlicht
wiederzugeben. Meist schildert er nur die eigenen Gefühle,
selten gibt er in einem ruhigen Bericht Goethes Worte.
Fast jeder seiner Briefe bietet dafür Beispiele. Eines Nach-
mittags war Heinrich viele Stunden mit Goethe allein:
»Da war er so recht behagHch gestimmt. Es war etwas
unendlich Schönes und Edles, was seinen Reden zu Grunde
lag; alles, worüber er sprach, trug das Gepräjge davon. Er
sprach einmal von der Peterskirche, und nie hörte ich über
irgend einen Gegenstand so cindringcrrd- tmd ^chön rctfetr.
Mir wurde recht wohl und weh ums Herz; ich habe meinen
Blick nicht von ihm gewandt; es war mir, als müsste ich
96 Abhandlungen.
mich immer recht fest an ihn schmiegen.«' Ein andermal
erzählt Heinrich, Goethe habe über Gott und Unsterblich-
keit gesprochen; er beschreibt wohl den unbewegHchen,
vom Irdischen weggewandten Blick des Dichters, die Ruhe
seines ganzen Körpers, die innere Erregung, aber das eigent-
hch Interessante und Wesentliche: was öoethe denn über
Gott und Unsterblichkeit gesagt hat, erfahren wir leider
nicht. Und doch rühmt Heinrich sich mit naiver Selbst-
gefälligkeit, Goethes »uTTOcpriTTig« zu sein, ein Verkündiger
und Deuter göttlicher Aussprüche!
Es war Heinrich versagt, Goethes Bild im höheren,
geistigen Sinne, wenn auch nur in diesem oder jenem Zuge,
festzuhalten. Seiner angeborenen Fähigkeit und Neigung,
seiner Gewohnheit folgend, sah er Goethe und dessen Um-
gebung wesentlich unter dem Gesichtspunkt der Vossischen
Idyllen- und Biedermannspoesie. »Morgens beim Aufstehen,
wenn ich zur Tasse Kaffee eine Pfeife rauche, denke ich
fast immer an Goethe oder an meine Eltern« — und im
Behagen dieser Genüsse schilderte Heinrich dann nach seiner
Weise den Meister und sein Leben mit ihm. Goethes
häusliche Existenz nahm er mit liebevollem Blick wahr.
Wie der Dichter in seiner Lesegesellschaft präsidirt, wie
er Heinrich in einer anmuthigscherzhaften Mittagscene
durch August das Doctordiplom überreichen lässt, wie
er mit Christiane verkehrt, mit Schauspielerinnen scherzt,
wie er sich am Abend im Hauskleide mit seinem an-
dächtigen Schüler unterhält; kurz, aus Goethes alltäg-
lichem Leben weiss Heinrich Manches anziehend zu be-
richten, manchen Bericht zu einem freundlichen Idyllion
abzurunden.
Und dies ist in noch viel höherem Masse bei den
Schilderungen der Fall, die Heinrich von dem andern der
»beiden grossen Lieblinge seines Herzens« entwirft. Sein
Verhältniss zu Schiller war von vornherein ein anderes,
mehr freundschaftlichgeselliges. Heinrich sah Schiller wohl
eben so häufig, wie uoethe, aber weniger allein, nicht als
Schüler und Lernender. In Stunden der Erholung, wenn
der Dichter sich den Seinigen widmete, erschien Heinrich
und nahm Theil an der Herzlichkeit dieses glücklichen
Familienkreises; er war Schillers Begleiter bei Festlichkeiten
und Maskeraden ; hier mit fröhlichen Genossen, um Schiller,
als ihren »Trinkkönig« herum zu sitzen, zu zechen und sich
zu begeistern für den »kindlich frohen, grossen Mann,« das
' Die Beweiskraft dieses Beispiels wird dadurch nicht vermindert,
dass Heinrich in einem anderen, gleichzeitigen Briefe einige von Goethe
über die Geschichte der Peterskirche gemachte Angaben erwähnt.
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 97
war seine höchste Lust. Zwar sei auch Goethe ein Freund
von Heiterkeit, Gelächter und Spass, schreibt Heinrich^
»Das ungezwungenste Benehmen ist ihm das liebste. Und
doch ist er dann bei aller Laune und gutherzigen Fröhlichkeit
so, dass man nie vergessen kann, dass man in Goethes
Nähe ist, nie sich geneigt fühlt, auch nur die weiteste
Grenze der Ehrfurcht zu überschreiten. Mir ist, auch wenn
ich am freisten und offensten gegen ihn bin, immer zu
Muthe, wie im Shakespeare irgendwo steht: ,Wenn die
Sonne scheint, so mögen die Mücken in ihren Strahlen
spielen; aber wenn sie sich verbirgt, muss alles zu Loche
kriechen'.' — Mit Schiller geht es mir anders; da kann
ich das Gefühl der frommen Ehrfurcht (missverstehe mich
ja nicht) mitunter aufgeben. Ich kann manchmal Schiller
vergessen, und den fröhlichen Menschen allein sehen. Er
kommt mir eher vor wue unser einer. Goethe ist mir wie
ein Vater, Schiller wie ein älterer Verwandter, gegen den
man sich schon etwas herauswagen darf.« »Anmuth und
Würde gesellt« schien ihm Schillers Charakter, und in keiner
Dichtung drückte sich nach seiner Meinung des Dichters
Wesen vollkommener aus als in — dem Lied »An die Freude.«
»Die menschliche Seite war an diesem Göttlichen die gött-
lichste,« Schiller, der Gatte, der Familienvater erschien ihm
unendlich grösser, bewundernswerther als der Dichter und
Schriftsteller. Für das Edle und Milde, für. den »Gottes-
frieden«, zu dem Schillers Wesen sich in seinen letzten
Zeiten hinaufgeläutert hatte, war Heinrichs Gemüth voll
empfänglich; als die schönsten Stunden seines Lebens pries er
jene einsamen Nächte, die er als treuer Pfleger am Kranken-
lager des innigst geliebten Mannes durchwachte. In den
Scnilderungen dieser Nächte offenbart sich auf rührende
Weise die ganze Liebenswürdigkeit von Heinrichs Natur.
Hier wollen wir dankbar seinen auf das Kleine, Unschein-
bare, Idyllische gerichteten Sinn verehren, mit dem er aus-
führlich berichtet: wie er auf Schillers Wunsch durchaus
seine Pfeife bei ihm rauchen und sich so stellen musste,
dass der Kranke »wenigstens den Dampf davon kostete
und so den Vorschmack zu seiner Gesundneit einathmete.«
Es bleibt ein ergreifendes, in seiner Art einziges Bild:
Schillers bescheidene Stube, im Dämmerschein der nächt-
lichen Lampe, der Dichter auf dem Sopha liegend, schwer
krank, dem Ende nah, erheitert durch die Erzählungen des
guten Heinrich, der, vor dem Ofen knieend, im Topfe
* Das von Heinrich wiederholt, mit Bezug auf sein Gefühl Goethe
gegenüber, citirte Wort findet sich in der (von Heinrich übersetzten)
»Komödie der Irrungen« II, 2, 30 f.: ,When the sun shines let foolish
gnats make sport, But creep in cranhies when he hides his beams*.
Goethe-Jahriuch XVII. 7
98 Abhandlungen.
rührt, sein altes Talent Chokolade zu kochen nochmals
bewährend. — In der Nacht des zwanzigsten Februar
(seines Vaters Geburtstag) 1805 wachte Heinrich bei Schiller.
»Da trank er meines Vaters Gesundheit in einem viertel
Glase Tokayer und ass auch ein Stückchen Kuchen. Wie
schön er aber die Nacht schlief, glaubst du nicht. Ich
wünschte nichts sehnlicher, als dass er sich selbst betrachten
und sich über sich freuen könnte, so ruhig und gesund
athraete er. Da legte ich mich auch hin, und zwar zu
seinen Füssen, indem ich mir zwei Stühle an sein Sopha
rückte und den Kopf auf seine Bettdecke legte.« — Diese
Bilder liebevoller Hingebung und Treue lassen vergessen,
dass Heinrich von der Bedeutung des Dichters und von
den »Riesenschritten«, mit denen dieser »den Kreis des
WoUens, des VoUbringens mass,« in seiner naiven Be-
schränkung so gut wie keine Ahnung hatte.
»Schiller ist mir wie eine in mir festgewurzelte Idee,«
bekannte Heinrich nach Schillers Tode. »Er hat auch für
mich gelebt, denn er hat mich zu einem besseren, freieren
Menschen gemacht ; wäre ich wohl einer unwürdigen That
fähig, während ich seiner gedenke?« Schillers Leiden und
Ende war das erste und blieb das einzige grosse, erschütternde
Ereigniss seines Lebens. In seinem Schmerz richtete er den
Blick auf den Freund des Heimgegangenen, der auch ihm
so nahe stand. »Noch ist er da,« schrieb Heinrich, »und
für mich mit ihm eine schöne Lebensstunde. Goethe lehrt
mich Schillers Verlust zu ertragen.«
7.
Im Allgemeinen erfuhr gewiss weder Goethe noch
Schiller eine nennenswerthe ästhetische oder wissenschaft-
liche Anregung durch Heinrich. Er hatte für sie den Werth
eines bescneidenen, strebsamen, dankbar empfänglichen
Schülers, und seine guten Fähigkeiten in ihrer Ausbildung
zu begünstigen, la^ ihnen, schon um seines Vaters willen,
am Herzen. Sie beuten sich an der reinen Begeisterung,
mit der der andächtige Jünger zu ihnen, wie zu höheren
Wesen, aufblickte, und sie liebten ihn, weil er eine gute,
treue Seele war. Heinrichs Mutter gedachte oft mit Rüh-
rung der herzlichen Worte, die Schiller wiederholt über
den Sohn an sie richtete mit dem Zusatz : »Sie sind eine
glückliche Mutter!« Charlotte Schiller sagte von Heinrich:
»Es ist ein so guter braver Mensch, der einen recht freuen
kann; er geht still und emsig seinen Weg fort und treibt
sein Geschäft mit Liebe und Eifer.« Nach seinem Tode
schrieb sie an die Eltern : »Ihnen Beiden muss ich es aus-
Heinrich Voss d. J. und sein Verhaltniss zu Goethe u. Schiller. 99
sprechen, wie schmerzlich die Trauerbotschaft mich be-
wegte ! wie ich aufs neue lebendig fühlte, wie mich Dank-
barkeit und Freundschaft an den Abgeschiedenen fesselte.
Er hat mit mir in den schmerzlichsten Stunden meines
Lebens geweint, er war der freundliche Tröster meiner
Kinder.« Mit grosser Liebe hingen die Kinder an Heinrich,
dem es nicht weniger Freude machte, als jenen, wenn er
sie zu Kaffee und Kuchen bei sich hatte, ihnen Bratäpfel
bereitete, oder mit ihnen spielte, spazieren ging und Märchen
oder vom Vater erzählte.
Indem. Goethe seine, von Heinrich wiederholt ge-
priesene »liebreiche Maxime« auf diesen selbst anwandte:
den Menschen nur nach dem zu beurtheilen, was er seinem
Wesen nach leisten kann und an Jedem nur die vortheil-
haften Seiten aufzusuchen, sah er m seinem »guten Voss-
chen« vor allem einen liebenswürdigen Hausfreund, der
ihm besonders werth wurde dadurch, dass er sich auch
zu seiner »kleinen Freundin« und deren Angehörigen wohl
zu stellen wusste. Unbefangen, heiter, freundschaftlich
verkehrte Heinrich mit Christiane, nahm gern an den
Ausflügen der Lebenslustigen Theil, schrieb wohl auch an
sie, wie ein munterer Brief nach Lauchstädt beweist, in
<lem er sie »liebe Freundin« anredet und ausführlich über
Christianens Verwandte, über August, Schillers und allerlei
Neuigkeiten berichtet. Und wie er Goethe gegen manches
Gerücht in seinen Briefen an die Freunde vertheidigt, so
tritt er auch wacker und ehrlich für Christiane ein. Bei
Gelegenheit von Goethes kirchlicher Trauung, im October
1806, spricht er sich besonders ausführlich aus: »Mir war es
rührend, wie Goethe am zweiten Abend nach der Schlacht,
als wir um ihn versammelt waren, der Vulpius für ihre Treue
in diesen unruhigen Tagen dankte und mit den Worten
schloss: ,So Gott will, sind wir morgen Mittag Mann und
f rau.* — Goethes Heirath scheint mir die Frucht von seinem
damaligen Gefühl gewesen zu sein, dass auf Erden eine all-
gemeine Gleichheit eingetreten sei. Er dachte wohl zu-
nächst an die möglichen Wechsel der Dinge und wünschte
die versorgt, der er doch so viele Verbindlichkeiten schuldig
ist. Die Vulpius mag sein, was sie will, für Goethe hat
sie von je her mit beispielloser Treue gewacht, und sie
durfte mit Recht Anspruch auf seine Dankbarkeit machen.
Auch ist sie ja immer die Mutter seines geliebten Sohnes.
Irdische Verhältnisse mögen Goethe bisher abgehalten haben,
<lie Vulpius zu heirathen; aber wann konnten solche Rück-
sichten weniger Statt finden, als zu der Zeit, wo Alles sich
-auflösen zu wollen schien. Und welchen Zeitpunkt konnte
'Goethe bequemer wählen, das zu thun, was er schon lange
7*
loo Abhandlungen.
hat thun wollen, als zu einer Zeit, wo die Stadtfama mit
viel wichtigeren Dingen beschäftigt war, als auf eine solche
Kleinigkeit zu merken. Als man sich wieder besinnen
konnte, war Goethes Heirath schon etwas Altes und Ver-
jährtes. — Lieber, die Vulpius ist nicht so schlimm, wie
Du sie denken magst. Sie ist sinnlich, d. h. auf Ver-
gnügungen ausgehend. Aber so lange ich sie kenne, hat
si6 nichts gethan, was auch bei dem strengsten Rigoristen
ihre Renommee verdächtig machen könnte. Man braucht
sie wahrlich nicht zu überschätzen, man lasse ihr nur, was
sie hat. Sie ist so schHmm nicht. — Wir haben immer
ein gut Leben mit einander geführt.«
Diese gesunden, vorurtneilsfreien Worte stehen im
schärfsten Gegensatz zu Ernestinens Aeusserungen, und es
bleibt psychologisch merkwürdig, wie die Mutter, mit einem
bitterbösen Seitenblick auf Christiane, schreiben konnte : *
»Goethe ist nicht bestimmt, das Wohlthätige, was herz-
liche Verbindung geben kann, sich zu eigen zu machen;
ich beneide auch seine einsamen Stunden nicht, denn er
muss doch manchmal eine dunkle Ahnung; davon haben,
dass es nicht gut ist, dass der Mensch allein stehe. Ich
habe auch keine Sehnsucht nach seiner Nähe; mir ist gottlob
die Welt noch nicht wieder so eng gewesen, als in seinen
Zimmern!« — während Heinrich, ihr Lieolingskind, in
diesen Zimmern, in der Gesellschaft dieses Mannes »Himmels-
wonne« fühlte.
8.
Mit Schillers Tod und dem Wegzug der Eltern von
iena nach Heidelberg hatte für Heinrich das Weimarische
,eben seinen Glanz verloren. Zwar blieb ihm der herz-
liche Verkehr mit Schillers Wittwe und Kindern, der Um-
{^ang mit Goethe, die Berufsthätigkeit ; aber die Fäden
ockerten sich, und ihre völlige Lösung wäre, wenn un-
erwartete Ereignisse sie nicht beschleunigt hätten, früher
oder später gewiss erfolgt. Goethe wusste sehr wohl, als
er prophezeite: auch Heinrich werde ihn verlassen,* dass
dieser auf die Dauer nicht von den Eltern getrennt zu
' An Charlotte Schiller 15. August 1805 (Ch. v. Schiller und
ihre Freunde III, 192).
* Am 18. Mai 1805 äusserte Goethe gegen Heinrich seinen Unmutb
über Vossens Weggang nach Heidelberg. »Abends besuchte ich die Vul-
pius«, schreibt Heinricn, »die sagte mir, er sei noch auf seinem Zimmer
eine Zeitlang bewegt gewesen. Unter anderm hatte er gesagt: ,Voss
wird seinem Vater nach Heidelberg folgen, und auch Riemern wird
man über kurz oder lang wegziehn und dann steh' ich ganz allein!*«
(Arch. f. Littgesch. XI, 125, auch Goethes Gespräche II, 10).
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 10 1
leben vermochte. Die Briefe der Jahre 1805 bis 1808 zeigen
Heinrich in beständigem Schwanken, er wusste nicht, wo
seine Heimath war : bei Vater und Mutter in Heidelberg
oder in Weimar bei Goethe, dem er nach Schillers Tode
wiederholt versichert hatte, »er ginge nicht von ihm, er
wollte sein treuer Gefährte bleiben.« Im Spätjahr 1805 war
das alte, gichtische Leiden zurückgekehrt, es hatte sich
diesmal nach dem Gesicht gezogen, und Heinrich ging,
auf Goethes Rath, zur Behandlung seiner kranken Unter-
lippe über ein Vierteljahr nach Jena, ohne dass bei seiner
Rückkehr zu Ostern 1806 eine wesentliche Besserung ein-
fetreten war. Ein Besuch in Heidelberg während der
ommerferien dieses Jahres begeisterte ihn, wie vorauszu-
sehen, über alle Massen. »Meine ganze Sehnsucht,« schreibt
er nun, »ist nach dem Ort gerichtet, wo meine Eltern ihre
irdische Heimat gefunden nahen. — Oft träume ich mir
von der SeUgkeit, in Heidelberg einmal auf eine würdige
Weise zu leben. — So wohl, wie es mir auch in Weimar
ist an der Seite meines herrlichen Goethe, ich tauschte
dennoch; denn von Goethe muss ich mich bald doch
trennen!« Dieses, zum Mindesten unzarte, Wort schrieb
Heinrich am 8. October 1806. Nur sechs Tage später
brach die Katastrophe herein, in Folge deren er schon nach
wenig Wochen den gewünschten »Tausch« vollziehen
konnte. Als die Nachricht von der Schlacht bei Jena und
den Weimarischen Unglückstagen nach Heidelberg kam,
bat Vater Voss in emem bewegten Schreiben 'Goethe
um schleunige Heimsendung des Sohnes.'
Das Gymnasium wurde vorerst geschlossen. Die Direc-
torstelle hätte Heinrich seiner Kränklichkeit wegen auch in
ruhigen Zeiten nicht bekleiden können. Er schied aus dem
Lehrerverbande,' verliess Weimar in der ersten Hälfte
Novembers und kehrte über Frankfurt, wo er die »alte,
herrüche, mitleidige Mama Goethe« durch beruhigende
Nachrichten über das Schicksal ihres Sohnes erfreute, in
das Elternhaus zurück. Empfangen »fast wie der verlorene
Sohn,« nicht nur im leihlichen, auch im geistigen Sinne,
denn der Vater hatte seit jenen Tagen, wo Hemrich sich
den Würzburger Plänen widersetzte, die Hoffnung fahren
* Vgl. den zweiten der oben raitgetheilten Briefe (S. 59).
' Ob Goethe, wie der Vater wünschte, den Abschied vom Gym-
nasium beschleunigt hat, weiss ich nicht. — Ein hierauf bezügliches
Schriftstück von Goethes Hand scheint nicht vorhanden. Heinrich kam
in zwei Schreiben, einem an das Ministerium vom i. November 1806,
und einem an den Herzog vom }. November, wegen seiner sich steigern-
den Kränklichkeit um Entlassung ein. (Gütige Mittheilung des Herrn
Dr. Otto Francke in Weimar.)
102 Abhakdlukgen.
lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt.
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ;
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinijjung mit
den Eltern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen-
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner-
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel
werth; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne-
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal
weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,.
als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich
werde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen
in eifriger Aroeit und in der Pflege neuer Beziehungen.
Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An-
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling i8i;;7 in Jena.
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei-
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein-
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von
keinem Belang, da sich aus ihnen w^esentlich neue Züge für
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 103
zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen
Einfluss der Eltern erlag. Deutlich zeigt sich dieser Einfluss
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die
Vossische Haus- und Familienmeinung formuliren. So
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse-
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers,
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die
Briefe, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus,
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver-
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge-
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch.
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass,
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren.
Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt,
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! —
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach-
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung.
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrlich, selig — Gott! o
Himmel!«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob-
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller
fast täglich verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid,
* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben.
102 Abhandlukgen.
lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt.
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ;
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinigung mit
den Eltern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen-
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner-
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel
werth ; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne-
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit ][ena
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal
weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,.
als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich
w^erde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen
ni eifriger Aroeit und in der Pflege neuer Beziehungen.
Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An-
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling 1817 in Jena.
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei-
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutrauHch, . . . Mich
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein-
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von
keinem Belang, da sich aus ihnen wesentlich neue Züge für
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 105
zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen
Einfluss der Ehern erlag. DeutUch zeigt sich dieser Einfluss
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die
Vossische Haus- und Familienmeinung formuTiren. So
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse-
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers,
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die
Briete, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus,
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver-
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge-
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch.
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass,
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren.
Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt,
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! —
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach-
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung.
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwängHchen
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrHch, selig — Gott! o
Himmel !«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob-
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller
fast tägUch verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid,
* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben.
102 Abhandlungen.
lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt.
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ;
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereini^^ung mit
den Ekern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen-
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner-
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel
werth; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne-
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort
einige Semester zu studieren. »Schon on habe ich mich
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal
weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,.
als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich
werde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen
in eifriger Arbeit und in der Pflege neuer Beziehungen.
Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An-
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling 181^ in Jena,
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei-
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein-
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von
keinem Belang, da sich aus ihnen wesentlich neue Züge für
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 105
zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen
Einfluss der Eltern erlag. Deutlich zeigt sich dieser Einfluss
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die
Vossische Haus- und Familienmeinung formuTiren. So
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse-
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers,
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die
Briefe, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus,
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver-
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge-
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch.
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass,
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren.
9-
Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt,
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! —
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach-
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über
die Kunst; in den wenigen Fällen, w^o es geschieht, vermisst
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung.
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrlich, selig — Gott! o
Himmel !«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob-
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller
fast täghch verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid,
* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben.
102 Abhandlungen.
lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt.
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ;
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinigung mit
den Ehern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen-
seins verkkingen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner-
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel
werth ; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne-
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal
weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,.
als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wen»
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich
w^erde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst
ganz allmähhg linderten und lösten sich diese Schmerzen
in eifriger Arbeit und in der Pflege neuer Beziehungen.
Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An-
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling i8i;j in Jena,
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei-
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein-
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen ^weck von
keinem Belang, da sich aus ihnen w^esentlich neue Züge für
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit
Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller, 105
zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen
Einfluss der Eltern erlag. DeutHch zeigt sich dieser Einfluss
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die
Vossische Haus- und Familienmeinung formuliren. So
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse-
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers,
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die
Briete, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus,
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver-
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge-
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch.
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass,
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren.
Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt,
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! —
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach-
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung.
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herriich, selig— Gott! o
Himmel!«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob-
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller
fast täglich verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid,
Tode, am
14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs
m 15. Juli 1822 geschrieben.
104
Abhandlungen.
essend und trinkend, umgeben von ihren Angehörigen, im
behaglichen Geplauder erschienen Goethe und Schiller dem
Sohne des Idvllendichters am grössten und verehrungs-
würdigsten. In seinen Mittheilungen über sie ist genau
so viel von Speise und Trank die Rede, wie in Vossens
Gedichten. Marzipan und Persico, Rindfleisch und Sellerie,
Goethes ȟber der Schulter ein klein wenig zerrissene
Nachtjacke« und Schillers »perpetuirliches Schnupftabak-
flcckchen unter der Nase« — nichts von alle dem bleibt
unerwähnt, und man sehnt sich aus dieser Stubenluft und
Idyllität oft genug hinaus ins weite Land.
Zweierlei aber müssen wir bedenken. Erstlich schrieb
Heinrich seine Briefe gar nicht für die Oeffentlichkeit, er
betrachtete sie vielmehr als intime Mittheilungen an ver-
trauteste Freunde, selbst vor den Eltern hielt er sie geheim,
bat auch die Empfänger wiederholt um Verschwiegenheit.
Schwerlich würdfe er die Herausgabe gebilligt, jedenfalls
Manches gestrichen haben, was die Herausgeber, allzu pietät-
voll, stehen Hessen. Zum Andern war Heinrich beiden
Dichtern lieb und werth, trotz all seiner Schwächen, die
von ihnen gewiss deutlich erkannt wurden; sie urtheilten
milde und erfreuten sich seines ehrlichen Willens zum
Guten. So soll auch bei uns Heinrichs Andenken immer
in Ehren bleiben. Ich möchte sogar glauben, dass in weiteren
Kreisen seine anspruchslosen Schilderungen, gerade weil
ihr Gegenstand vorwiegend das Haus- und Familienleben
beider Dichter ist, geraae weil sie so stark mit den persön-
lichen Empfindungen des Verfassers durchsetzt sind, manches
auch heute noch verbreitete Vorurtheil zu beseitigen ver-
möchten. Aber auch die, welche längst wissen, wie einfach
und herzlich Goethe und Schiller im Kreise der Ihrigen
waren, wie sie dem Ideal ihrer Dichtung: reiner, schöner
Menschlichkeit, auch im Alltäglichen des Lebens nahe
kamen, werden dem jungen Voss dankbar bleiben für seine
treugemeinten Berichte und Goethes Urtheil über Heinrich
bestätigen: »Das ist ein lieber kindlicher Mensch.«
2.
J. P. Eckermann.
Von
Richard M. Meyer.
|s liegt in der »genialen Normalität« von Goethes
Wesen begründet, dass fast Alles, was ihm be-
gegnete, uns als nothwendig erscheint. Seit er
sich zu voller Klarheit durchgerungen,' seitdem er ein rein
erkanntes Ziel mit unbeugsamer Festigkeit verfolgt, scheint
das Schicksal eher seinen Winken zu gehorchen als ihm
Befehle zu ertheilen. Dass er den Ruf nach Weimar nicht
angenommen hätte, können wir uns noch vorstellen; von
da ab scheint aber alles wie in einem streng motivirten
Drama aus dem Charakter des Haupthelden mit Noth-
wendigkeit zu fliessen. Er niuss sich in die Naturwissen-
schaft vertiefen, er muss nach Italien fliehen, er muss weit
hinein leben in eine neue Zeit. Es müssen ihm, Jeder zur
rechten Zeit, Frau von Stein. Schiller, Eckermann begegnen.
Wir meinen fast, jedes wichtigere Ereigniss seiner zweiten
Lebenshälfte von vornherein bestimmen zu können. Und
beschränken wir uns dabei auf die Hauptzüge, so ist dieser
Eindruck keineswegs unberechtigt: er hatte gelernt, das
Glück zu ergreifen, und das Glück ist immer da. Aber im
Einzelnen bleibt natürlich dem unberechenbaren Wirrniss
menschlicher Schicksale Raum genug, um auch in diese
geordnetste aller Existenzen einzugreifen. Wie sich Ver-
dienst und Glück verketten, das zeigt kaum eine That-
I06 Abhandlungen.
Sache in Goethes Leben so anschauHch wie seine Eroberung
Eckermanns.
Beim ersten HinbHck hat man hier geradezu den Ein-
druck des Wunders. Im Mai 1823 schickt ein dreissig jähriger
Dichter aus dem Hannoverschen, Autodidakt, arm, ohne
Gönner und Beziehungen, seine Gedichte und ein Werk
theoretischen Inhalts an Goethe. Es sind »theoretische Auf-
sätze, von denen er hofTt, dass sie besonders bei jungen
Talenten nicht allein zur Hervorbringung, sondern auch
zur Beurtheilung dichterischer Werke beitragen würden;«
so charakterisirt Eckermann selbst seine »Beiträge zur
Poesie mit besonderer Hinweisung auf Goethe.« Der junge
Autor erlebt darauf die grosse Freude, »nicht allein von
Goethe einige schriftliche Worte zu erhalten, sondern auch
von Reisenden zu hören, dass er von mir eine gute Meinung
habe und in den Heften von »Kunst und Alterthum« meiner
gedenken wolle.« Nun hält nichts den begeisterten Ver-
ehrer Goethes länger zurück. Am 10. Juni 1823 kommt
er zu Goethe. Der Meister empfängt ihn sehr freundlich :
»Ich komme eben von Ihnen her; ich habe den ganzen
Morgen in Ihrer Schrift gelesen ; sie bedarf keiner Empfeh-
lung, sie empfiehlt sich selber.« Er will sofort an (Jotia
schreiben, um ihm das Manuscript zu empfehlen. Am
folgenden Tag >vird Eckermann zu Goethe geladen und
sofort bringt dieser ihm zwei dicke Bücher, die »Frank-
furter Gelehrten Anzeigen«, Jahrgang 1772 und 1773, die
er kaum durch Max Jacobi erhalten, und beauftragt den
Gast, sie auf Goethes Antheil und auf ihre erneute Ver-
wendbarkeit durchzusehen. Am 16. Juni erhält Eckermann
ferner die ersten elf Hefte von »Kunst und Alterthum«,
um darüber ein raisonnirendes Inhaltsverzeichniss anzu-
fertigen. Mit diesen beiden Aufgaben wird er nach Jena
geschickt; Cottas Honorar trägt die Kosten seines Aufent-
halts. — Die Arbeit ist fertig, der Druck der »Beiträge«
fast vollendet; Eckermann will eine Erholungsreise an den
Rhein machen und dann der Ausarbeitung zahlreicher poe-
tischer Pläne leben. Am 15. September 1823 ^^^^^ ^^ ^'^^
den Meister, der aus Marienbad ihn schon schriftUch be-
grüsst hatte. »Ich muss gerade heraussagen,« beginnt Goethe
sofort »nach einem beiderseitigen fröhlichen Begrüssen,«
»ich wünsche, dass Sie diesen Winter bei mir in Weimar
bleiben.« Er motivirt das damit, dass der junge Autor sich
in seiner Nähe am raschesten (wie er 1798 an Voigt über
Schelling geschrieben hatte) »mit dem Detail der Ermhrung
immer menr und mehr bekannt machen« könne (Briefe
13, 189). Eckermann gehorcht und ist nicht wieder los-
gekommen. Er blieb in Weimar; seine poetischen Pläne
J. P. Eckermann. 107
zerflossen, und ein Bändchen »Gedichte«, das 1838 erschien,
zeigt, dass auch seine poetische Kraft zerflossen war. Sein
Leben ging darin auf, Goethe zu hören und sein unver-
gleichliches Gespräch auf die Nachwelt zu bringen.
Gewiss haben wir ihn hierüber nicht zu beklagen.
Seine Gedichte hätten ihn so wenig berühmt gemacht wie
Riemer — immerhin ein grösseres Talent — durch die seinen
bekannt i^eworden ist. Dagegen hat er als Sammler und
Herausgeber der »Gespräche« den unsterblichen Dank der
Nation geerntet. Er hat damit seinen innersten Beruf er-
füllt. Wie Düntzer (Eckermanns Gespräche mit Goethe I,xx)
müssen auch wir die vortrefflichen Worte Weisses citiren:
»Wir haben in Eckermann einen der seltenen Fälle, wo
die vollständige Versenkung eines angeborenen Talents in
einen fremden Geist, die durchgängige Nachbildung der
Art und Weise, des Stiles und der Formen dieses Geistes
als die Naturbestimmung, als der eigentliche Beruf des
Individuums erscheint, und ohne allen fühlbaren Nachtheil
für dessen Geistes- und Gemüthslagen, für die Treue und
Redlichkeit seines Denkens, Thuns und Schaffens erfolgen
kann.« Gewiss gab es Momente, in denen Eckermann sein
Leben als verfehlt ansah und statt der lediglich empfangen-
den Thätigkeit eine selbständige Production vor sich ge-
bracht zu haben wünschte- im Grund war er sich selbst
über seine Lebensaufgabe klar. Aber das hatte er erst nach
jahrelanger Uebung erreicht; w^ie Goethe auf den ersten
Blick Eckermanns Mission erkennt, ihn an sich fesselt, ihn
in seinen Lebensberuf hereinzwingt — das ist das Wunder-
bare. Dass ein grosser Geist andere Geister anzieht, hatte
er oft bewiesen — dass er sie festzuhalten weiss, eigentlich
nur an Schiller. Und hier gelingt es ihm, einen Autodi-
dakten zum willigsten Schüler zu machen, da sonst Niemand
eigenwilliger einer stetigen Lehre widerstrebt, als diese
Leute ; gelingt es ihm, emen Dichter von der Pflege seiner
Pläne abzubringen, während sonst jeder Dichter diese für
das Wichtigste in der Welt hält und bei jeder Störung
jammert, »man habe den grössten Palast zerstört.«
Dabei war die Constellation 1823 keineswegs auch nur
für den Jünger unbedingt günstig. Goethe kam damals den
jüngeren Dichtern von vornherem nicht allzu wohlwollend
entgegen; und gerade erst 1821 hatte Tiecks Ausgabe von
Kleists Nachlass seinen lebhaften »Schauder und Abscheu«
vor allzu selbstwilligen jungen Talenten erneuert. Denn
gerade gegen das »Autochthonisch -Autodidaktische« hegte
er ein entschiedenes Misstrauen ; es regnet in diesen Jahren
Aussprüche gegen die »Originale«, wogegen an Natur-
dichtern wie Fürnstein (182^; Hempel 29, 405 f.) gerade
lo8 Abhandlungen.
die Anpassung an die nächste Umgebung gelobt wird. Und
Eckermann war nicht bloss junger Dichter und Autodidakt,
sondern er stellte überdies in seinen Beiträgen (S. 247)
Christus mit Entschiedenheit in den Mittelpunkt seiner
moralischen Betrachtungen; Goethe aber hatte gerade eben
in jenem berühmten Brief an Auguste Stolberg seine Ent-
fernung von aller Confessionalität milde aber fest bekundet.
Freilich standen all diesen Bedenken in Eckermanns
Werkchen zahlreich empfehlende Punkte gegenüber. Von
Eigenwilligkeit und von religiösem Uebereifer war denn
doch hier keine Spur zu finden. Ausdrücklich polemisirt
Eckermann vielmehr gegen den »höchst thörichten Wahn
übelverstandener Originalität, wenn da jeder wieder auf
eigenem Wege herumsuchen und herumtappen wollte,
um das zu finden, was schon in grosser Vollkommenheit
vorhanden ist« (S. 138). Als schön, vollendet, musterhaft
erkennt er aber, wie uoethe, vor allem die Antike an (S. 31)
und hält sie als sichere Norm den Irrwegen der Zeit gegen-
über. Solche Irrwege sieht er vor allem darin, wenn die
Romantik (denn sie muss gemeint sein) ihr »so höchst
undichterisches Streben ins unbewusste und unerquickliche
Körper- und Namenlose« gegen die »höchsten Muster«
ausspielt, die ihr »ganzes Wesen der sichern fasslichen
Wirklichkeit entgegen wenden« (S. 193). Auch sein Wider-
spruch gegen das Beschreiben von Tönen und Melodien
(S. 215) geht wohl auf Tieck und seine Genossen, denn
an Heinse dachte damals schon Niemand mehr. Daneben
bekämpft er das Schicksalsdrama (S. 260), weil es die mo-
ralische Verantwortung vom Menschen abwälze und stellt
Goethes Auffassung dem gegenüber: in den »Wahlver-
wandtschaften« gerade, die man wiederholt für eine ähn-
liche Anschauung Goethes angeführt hat, »erscheint das
Schicksal nicht als ein von Aussen Einwirkendes, sondern
es erscheint als ein aus dem Innern der Charaktere Her-
vorgehendes, von ihnen erzeugt Werdendes« (S. 188).
Allgemein rügt Eckermann (S. 144 f.) die übermässige
Buntheit der poetischen Formen in der deutschen Literatur.
Man braucht keine Parallelstellen anzuführen, um aus-
sprechen zu dürfen, dass in all diesen Punkten Goethe sich
selbst wiederfand. Wäre nicht bezeugt, dass er das Manu-
script frisch vom Lesen an Cotta sandte, so möchte man
gelegentlich fast an ein Eingreifen Goethes glauben, um
so mehr, als sich Perioden finden, die ganz seinen Alters-
stil zeigen: »Von der Erde reden wir nicht, die Berge
stehen auf guten Füssen und die Ebenen sind wohl ge-
gründet, sie erweiset sich stets als friedliches geduldiges
Element; der Mensch mag sich mit ihrer Fläche oder mit
J. P. Eckermann. 109
ihrer Tiefe befassen, er mag Steine und Erz aus ihrem
Schoosse brechen, immer ist sie willig und duldend, nie
feindlich dem Menschen widerstrebend ; weshalb denn auch
seine Kräfte an ihr zu entwickeln ihm stets nur in geringem
Maasse gelingen wird« (S. -^9). In Wirklichkeit ist natür-
lich dieser Stil, wie die Aneignung Goethischer Lieblings-
wendungen (»Effect machen« §. 130) nur der eifrigen Leetüre
des Schülers zuzuschreiben.
Aber so eifrig hatte dieser sich eben in Goethe ein-
gelesen, dass auch ohne dessen directe Mitwirkung die
»Beiträge zur Poesie« in die Reihe jener officiösen Mani-
feste des Altnieisters eingerückt werden können, die mit
Moritz' »Bildender Nachahmung des Schönen« beginnen und '
dann in Meyers »Neudeutsch-patriotisch-religiöser Kunst«
und Ruckstuhls »Deutscher Sprache« sich fortsetzen. Seine
Propaganda für Goethes Lehren ging weit über das ästhe-
tische" Gebiet heraus. Und gerade damit hat er gewiss
besonderes Interesse bei dem Dichter erregt, der mit den
Jahren immer stärker erzieherische Resultate anstrebte. Es
führt schon über die Kunstfragen heraus, wenn er völlig
im Sinn Goethes und vielfach mit seinen Worten den »Stil«
über die »Manier« erhebt (S. 146): er gibt dem selbst eine
moralisirende Wendung, indem er dem Stil Selbstver-
läugnung, der Manier aber Egoismus zuschreibt (S. 145).
Und zur Selbstverläugnung, zur Selbstbeherrschung, zur
Besiegun^ und Bändigung des Willens (S. 162) ruft er
immer wieder auf: »Vor allen aber, und dies ist es be-
sonders, woran es unserer jetzigen Zeit Noth thut, arbeite
der Dichter gegen Willensscnwäche, gegen moralische Kraft-
losigkeit, gegen Mangel an Ueberwindung und Bekämpfung
unserer selbst, dieser einzigen Quelle von aller Sünde«
(S. 260). Die Lehre stimmt so genau mit Goethes mora-
lischem Grunddogma überein, dass er den unbehilflichen
Ausdruck gewiss leicht verzieh.
Fand der Meister nun hier überall nur einen gelehrigen
Schüler — schon dies etwas, was er aufs Eifrigste suchte !
wie hat er geklagt, dass einzig Pius Alexander Wolff sich
fügsam seinem Unterricht gefügt habe! — so traf er doch
auch einige und gar nicht so wenige Stellen, in denen
Eckermann die Lehren Goethes selbständig fortgeführt hatte.
Und gerade diese höchst merkwürdigen Stellen waren es,
wie wir glauben aussprechen zu dürfen, die ihm den Lebens-
beruf semes Jüngers offenbarten, die ihm das Recht gaben,
Avie die Gesellschaft des Thurms Wilhelm Meister an un-
sichtbaren Fäden leitet, sq dieses Anfängers sich zu be-
mächtigen und statt der Esel seines Vaters ihm ein König-
reich zu schenken.
1 10 Abhandlungen.
Mit wahrer Leidenschaft verkündet Eckermann eine
Lehre, die Goethe, wenn auch oft, doch nach seinen Herder-
Tagen immer nur mit kurzen Zügen ausgesprochen hatte:
die von der Nothwendigkeit, unsere sinnfiche Anschauung
auszubilden (S. i lo f.). Er klagt über die stunipfen Sinne, mit
denen die Meisten in die Natur schauen: »Gesunde Sinne,
gesunde Glieder, gesunde Gedanken und Gefühle sind zu
aller natürlichen Vollendung das Erste« fS. 237). Ausführlich
ertheilt er Anweisung, wie wir unsern blick schulen sollen.
»Wir wollen sehen lernen!« ruft er aus (S, iiq) und verweist
auf Goethes Schulung am Zeichnen, gibt als Beispiel indi-
viduelle Charakteristiken verschiedener Baumarten (S. 115 f.)
•und ermahnt, ein theoretischer Vorläufer der Scnule von
Fomainebleau und gleichzeitig ein Genosse von Goethes
Wolkenbeobachtungen, besonders auch zum sorgfältigsten
Studium der Atmosphäre und der Beleuchtung (S. 120).
»Besonders bietet üie ewig wandelbare und ewig sich
wandelnde Gestalt und Farbe der Atmosphäre und Wolken
der sinnlichen Anschauung ein unendliches Feld; das ist
ein Studium fürs ganze Leoen. Man kann fast sagen, dass
jeder Tag seine eigenen Wolken habe, und zwar am Morgen,
Mittag, Nachmittag, Abend, ja zu jeder Stunde in emer
andern Gestalt. Lind wiederum andere sind die Wolken
des Frühlings, andere des Sommers, andere des Herbstes,
andere des Winters; ferner andere in flachen Gegenden,
andere in Gebirgen, andere in der Nähe des Meeres, andere
tief landeinwärts. Das Charakteristische an diesem Allen
sich scharf zu merken, ist dem Dichter höchst nöthig«
(S. 121). Solche Worte mussten Goethe wahrhaft ent-
zücken, der immer wider betont hatte, wie schwer es sei,
die Dinge wie sie sind zu sehen, der nicht müde ward,
die »Anschauung« zu preisen und zu empfehlen.
Noch wichtiger aoer ist ein Zweites. So wenig wie
man ohne Schulung richtig sehen kann, so wenig vermag
man ohne sie richtig zu lesen. Man braucht nur den Brief-
wechsel zwischen Schiller und Goethe aufzuschlagen, um
verstimmte Anklagen gegen die stumpfe Art des Lesens,
gegen das halbe Hinhören und ungenaue Aufnehmen zu
treffen. Hier stösst nun aber Goethe auf ausführliche
»Bemerkungen über das Verstehen des Dichters« (S. 99 f.).
Er findet einen jüngeren Mann, der von der naiven Selbst-
gefälligkeit, mit der der Durchschnittsleser meint Alles
verstehen zu können, himmelweit entfernt ist. Ein Lehrer,
wenn er ein .grosser Geist ist, begreift wohl die ver-
schiedenen Gesichter seiner Zuhörer, aber das geistreiche
Gesicht des Lehrers begreift von den Zuhörern nur dieser
oder jener, den meisten Uebrigen ist es nicht lesbar, sie
J. P. Eckermann. III
achten auch nicht darauf (S. 107). »Was nun im Vor-
stehenden von dem Lesen und Produciren der seelenvollen
Schrift eines Gesichts gesagt ist, das gilt auch von dem
Lesen eines Buchs. Auch der Leser muss produciren können^
wenn er den Schriftsteller verstehen will; was er von einem
Buche nicht produciren kann, das bleibt tot. Die Geister
eines Buchs ruhen gleichsam alle gebannt; der Leser muss
Kraft haben, sie zu lösen, wenn er ihre Wirkung erfahren
will. Nun haben gewisse lesende Individuen nur für ge-
wisse Geister Kraft, alle Uebrigen bleiben in ihrem Bann.
Je beschränkter das Individuum, desto weniger Geister
eines Buchs werden frei werden, je grösser und vielseitiger,
desto mehr« (S. 108). Noch heut sind diese Sätze aller
Beherzigung werth; noch heut können wir, wieChamisso,
den rechten Leser als »den Seltensten von Allen« anrufen.
Goethe aber dürstete geradezu nach solchen Lesern; seit
Schillers Tod besass er keinen mehr, der die Geister seiner
Schriften aus dem Bann alle zu lösen gewusst hätte. Wört-
lich wie Eckermann hatte er schon dem grossen Gefährten
gegenüber jene Forderung erhoben, dass auch der Leser
produciren müsse. »Uebri^ns habe ich, ausser einer ziem-
lich allgemeinen reinen Zufriedenheit, nichts tröstliches
von einem besondern Urtheil gehört,« meldet er (2. Mai
1798) von Ifflands Gastspiel: »Wie wenige verhalten sich
gegen den Künstler auch wieder productiv !« (Briefe 13, 131.)
So hatte Eckermann sich, ohne es zu wollen, selbst
als der musterhafte Leser, als »reines Gefäss« charakterisirt;
und die rasche »Leseprobe« mit Goethes Recensionen und
Aufsätzen konnte nur bestätigen, was der Falkenblick des
Dichters aus der Handschrift des Büchleins herauslesen
musste.
Dieser Mann verstand es wirklich, nicht blos der Theorie
nach, ein guter Leser zu sein. Goethe verlangte und durfte
verlangen, dass man ihm gegenüberstehe wie er der Natur:
so, dass ein gewaltiger Gesammteindruck sorgfältigste Einzel-
beobachtung nicht ausschliesst, sondern fördert. Als Ganzes,
als Einheit wollte er genommen werden. Schiller hatte
ihn dadurch erobert, dass er in seinem grossen Brief das
zum ersten Mal und in grossartiger Weise that ; Humboldts
Aufsatz über Hermann und Dorothea hatte ihn kühl ge-
lassen, weil ihm dies fehlte. Eckermann nun betonte mit
allem Nachdruck Goethes Gesammtwirkung. Wenige haben
sie vor ihm so entschieden gewürdigt : »Hätte Goethe sein
nach vielen Seiten und Richtungen nin wirkendes Naturell
bezwingen und immer nur sein poetisches Talent auf grosse
imposante Stoffe verwenden wollen, so wäre er sicher im
hohen Grade die Bewunderung der ganzen Nation, wie
112 Abhandlungen.
er es jetzt besonders nur derer ist, die ihn in seiner grossen
Gesammtwirkung zu fassen vermögen. Wüsste aber die
Nation ihr Bestes und könnte die Zeit reden, so würde
sie ihm gerade dafür, dass er sich nicht einer einzigen
grossen Bahn hingab, sondern nach vielen Richtungen hin
sich versuchte und uns die Wege zeigte j nicht genug
danken können. Er ist nun in mancher Hinsicht der Lehrer
seines Volks und seiner Zeit, und das will mehr sagen,
als wenn es hiesse, er ist der deutsche Sophocles, der
deutsche Homer. Solche Namen sind bald ausgesprochen,
sprechen wir aber den Namen Goethe aus, welcn eme Fülle
von Wirkungen drängt sich da heran, die erkannt sein
wollen«! (S. 35.) .
Eine Wendung dieses Abschnitts polemisirt versteckt
gegen Fr. Schlegels falsch-geistreiche Benennung Goethes
als »deutscher Voltaire«, die schon Schubarth (Zur Beur-
theilung Goethes, zweite Auflage I. S. xiv) abgewiesen
hatte. Und zu der kunstphilosophischen Manier solcher
Schlagwörter stellt Eckermann auch sonst sich in Gegen-
satz. »Die Tendenz eines dichterischen Werkes lässt sich
selten mit Einem Wort aussprechen« (S. 177). Deshalb gilt
es, mit liebevoller Eindringlichkeit das Einzelne zu durch-
suchen. Dass Eckermann dies gethan hat, macht die be-
treffenden Abschnitte seines Bucnes noch heut werthvoll.
Verständnissvoll anal3^sirt er die Wahlverwandtschaften
(S. 150 f.) und hütet sich vor dem bequemen Fehler, alles
Weh der Gestalten aus Einem Punkte zu kuriren: »Wir
haben oben gesagt, das Unheil in den Wahlverwandtschaften
gehe hervor aus dem Beispiel des Grafen und der Baronesse;
ferner, es gehe von der heillosen Umarmung jener Nacht,
es gehe vom Kinde aus; endlich, es gehe aus von dem
ungebändigten Charakter Eduards. So könnte man ferner
sagen, es gehe vom Hauptmann und von Charlotten aus. . .
Ferner könnte man sagen, das Unheil gehe hervor aus
der kindlichen Bewusstfosigkeit Ottiliens. Und an Allem
ist etwas daran, am Einen mehr, am Andern weniger. Und
alles Dieses beweiset, dass das Unheil begründet ist in der
Gesammtnatur aller Charaktere und in der Zusammen-
Wirkung aller Umstände auf diese« (S. 178). Er warnt vor
dem nie aussterbenden Fehlgriff", dem Verfasser jeden Aus-
spruch seiner Figuren zur Last zu legen (S. 152). Und wie
er hier ein einzelnes Werk unbefangen durchforscht, so
geht er sonst durch ganze Reihen aer Technik Goethes
nach. Er illustrirt an nübschen Beispielen, wie der Dichter
seine Bilder aus der Sphäre der Erfahrungen seiner Personen
nimmt: »So sagt der Fischerknabe, der täglich mit seinem
Taschenmesser zu thun hat:
J. P. Eckermann. 113
Blicke sinken, Worte stocken,
Wie ein Taschenmesser schnappt
Fasste sie mich in die Locken
Und das Bübchen war ertappt.
So der Knabe im Divan:
Und so schläft nun aller Vogel
In dem gross und kleinen Neste« (S. 274).
Er zeigt in einer Anzahl von Beispielen (S. 284 f.), wie
Goethe es anfängt, den poetischen ueist zur Verkörperung
zu bringen. Und wie er hier Viehoffs empirischer Poetik
vorarbeitet, so findet sich Victor Hehns Ausführung über
die Lebensformen bei Goethe schon kurz vorgedeutet, wenn
er in einer inhaltreichen Umschreibung der poetischen Welt,
durch deren Zeichnung der Dichter erfreut (S. 203 f.) auf
die Individualität der verschiedenen Stände besonders hin-
weist (S. 225). Dieser ganze Theil ist übrigens wohl der
gelungenste des Werkchens; die Aufzählung der dem Leser
angenehmen Dinge in der Poesie ist lehrreich und lebens-
voll. Auch wenn man nicht wie Goethe im Beginn seiner
Epistel, wie Eckermann, wie Scherer in seiner Poetik die
Erhöhung der menschlichen Lebensfreude als Aufgabe der
Poesie ansieht, wird man hier lernen, wie oft sie that-
sächlich deren Gegenstand ist. Viel schwächer ist das
Gegenstück, über die sittliche Veredelung als Zweck der
Poesie (S. 234 f.). Wenn dies aber schon seines Inhalts
wegen auf Goethes lebhaftesten Widerspruch stossen musste,
so -entnahm er daraus wohl nur, dass der Autor zum
Philosophiren weniger als zum Beobachten geeignet sei.
Wie fem weist Eckermann (S. 27 O auf die eigenthüm-
liehe Atmosphäre jeder einzelnen Dichtung Goethes hin:
»Man denke sich nur einen Charakter aus dem Götz
versetzt in den Tasso, oder aus dem Egmont in die Iphi-
genie, oder aus dem Meister in die Wahlverwandtschaften,
und man wird sogleich fühlen, wie nahe und innig jeder
Charakter dem V7erke angeschaffen ist, in welchem wir
ihn nun einmal finden.« Wie sinnig weiss er den eigen-
artigen Toncharakter bestimmter Gedichte wie: »Ueber
allen Gipfeln ist Ruh« zu schildern (S. 276)! Verglich
Goethe diese Beobachtungen mit den ins Unfassbare ver-
flatternden Speculationen der philosophischen Aesthetik
seiner Zeit, so mochte er wohl den guten Eckermann wie
einst Eckhel und Chladni unter die GlückseUgen rechnen,
»welche auch nicht eine Ahndung haben, dass es eine Natur-
philosophie gibt, und die nur mit Aufmerksamkeit suchen
die Phänomene gewahr zu werden, um sie nachher so gut
zu ordnen und zu nutzen als es nur gehen will, und als
Goethe-Jahrbuch XVII. 3
I 14 Abhanolungek.
ihr angebornes, in der Sache und zur Sache geübtes Talent
vermag« (An Schiller 26. Januar 1803).
Bei all diesen Vorzügen, die in der That Eckermanns
»Beiträge« vor gänzlichem Vergessen hätten schützen sollen,
würde Goethe über das allgemeinste Wohlwollen schwer-
lich herausgegangen sein, wäre ihm Eckermann zu einem
andern Zeitpunkt begegnet. Nun aber, und dies ist die
Hauptsache, suchte er seit lange gerade solch eine Natur,
wie sie sich ihm hier darstellte.
Goethe hatte mit seiner Entwickelung abgeschlossen.
Er betrachtete seine Persönlichkeit als ein fertiges Kunst-
werk, an das er die Kosten seines Lebens gesetzt habe,
und es ward sein höchstes Interesse, dieses grösste Kleinod
seiner Schatzsammlung der Nachwelt treulich zu erhalten.
Vor allem dienen dieser Aufgabe die biographischen Auf-
zeichnungen, deren Kette 18 12 mit dem ßegmn von Dichtung
und Wahrheit eröffnet wird, und denen allerlei Hilfsmittel
wie die zu Portraits gern gewährten Sitzungen zur Unter-
stützung dienen. Er schiebt dem »freundlicnen Ansinnen«
naher und ferner Freunde die Verantwortung für die »Lebens-
bekenntnisse im Auszug« zu (Hempel 29, 330); in Wirk-
lichkeit war er selbst der Hauptförderer aller dieser Be-
strebungen. Etwa seit dem Jahre 1819 — das Goethe selbst
an der letzgenannten Stelle zum Grenzstein macht — gibt
es eine Goethe-Philologie, die des Dichters lebhaften Antheil
und entschiedene Gunst geniesst.
Ihre Anfänge waren freilich schon länger da. Jener
grossartige Brief Schillers, jener geistreiche »Versuch«
Wilhelms v. Humboldt gehören schon ganz eigentlich der
wissenschaftlichen, auf volles Verständniss Goethes gerich-
teten Thätigkeit an; wogegen es Spielerei wäre, etwa auf
Mercks berühmte Formel oder gar auf Behrisch's Bemühung
als »Herausgeber« des nun wieder aufgefundenen »Buches
Annette« zurückzugehen. Aber erst die italienische Reise
weckte eine systematische Arbeit auf diesem Gebiet. Nun
kam 18 17 Schubarths erster »Versuch«, 18 18 und 1820 seine
beiden Bände »Zur Beurtheilung Goethes,« 1819 Clemens
»Goethe aus seinen Schriften;« 1820 erläutert Kannegiesser
die »Harzreise im Winter.« Dann folgte 1821 Zauper mit den
»Grundzügen einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik,
aus Goethes Werken entwickelt«, und 1822 mit den »Studien
über Goethe ;« im gleichen Jahr sendet Näke seine »Wall-
fahrt nach Desenheim« und Fouqu^ schreibt »Ein Wort
über Goethes Helden.« Das Jahr 1823 bringt noch wichtigere
Erscheinungen: Varnhagens »Goetne in den Zeugnissen
der Mitlebenden,« Immermanns »Brief an einen Freund über
die falschen Wanderjahre« (dem 1822 das »Trauerspiel von
J. P. Eckermann. II5
Pater Brey« vorangegangen war), und eben Eckermanns
»Beiträgen. 1824 erscheint die erste selbständige Erläute-
rungsschrift zum Faust von Göschel; 1828 schickt Tieck die
Studie über »Goethe und seine Zeit« der Lenz-Ausgabe vor-
aus; im selben Jahr erscheinen Nicolovius »Ueber Goethe« —
und Carlyles Aufsatz in der Foreign Review. 1830 schreiben
Schubartn und Weisse über den Faust. Mit Goethes Tod
beginnt dann eine neue Aera von Goethe-Schriften.
Ich habe hier fmit Benutzung von Max Kochs Biblio-
fraphie bei Goedeke § 2^40 nur die wichtigsten unter
en Vorläufern der Goethe-rhilologic genannt. Man er-
kennt schon aus der kleinen Uebersicht, dass gerade auf
die Jahre von 18 18 — 1823 sich eine erste Hocnfluth von
Goetheschriften vertheilt — gerade auf die Jahre, in denen
Goethe, wie man sagen kann, den zukünftigen, ihm noch
unbekannten Eckermann erwartete.
Wie stellte sich nun der Dichter selbst zu diesen Be-
mühungen?
Charakteristisch genyg. Er ermuntert die Verfasser,
kommt ihnen zu Hilfe, sucht ihre persönliche Bekanntschaft.
Er schreibt in den Annalen von Schubarth, dass ihm seine
persönliche Bekanntschaft höchst angenehm war: »die
Neigung, womit er meine Arbeiten umfasst hatte, musste
mir ihn lieb und werth machen.« (Weim. Ausg. 36, 178.)
Durch Kannegiessers »theilnehmende Anfrage aufgeregt«
{ebd.), schreibt er selbst einen Commentar zu jenem »ab-
strusen Gedicht«, schliesst ihn aber mit herzUchen Dankes-
worten an den »werthen Kommentator,« dessen »kleine
gehaltreiche Arbeit man durchaus billigen und mit Dank
erkennen darf« (Hempel i, 154). Näkes Zuschrift erwidert
er mit einem klemen Aufsatz, in dem des »theilnehmenden
unterrichteten Mannes« mit Dank gedacht wird (Hempel 2^,
356). Vor allem sind aber der Brief an Schubarth und die
Aeusserung über Zauper bezeichnend. An den Ersten schreibt
^r (Zur Beurtheilung Goethes II, 7): »Verharren Sie beim
Studium meines Nachlasses: dies rathe ich, nicht weil er von
mir ist, sondern weil Sie darin einen Complex besitzen von
Schriften, Gedanken, Erfahrungen und Resultaten, die aufein-
ander hinweisen, wie Sie schon selbst so freundlich und ein-
sichtig dargestellt haben.« Und über Zauper heisst es in den
Tag- und Jahresheften 1821 (Weim. Ausg. 36, 195): »Zaupers
•Grundzüge einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik
brachten mich mir selbst entgegen und gaben mir, wie aus
einem Spiegel, zu manchen Betrachtungen Anlass. Ich
sagte mir: da man ja doch zum Unterrichte der Jugend
lind zur Einleitung in eine Sprache Chrestomathien an-
^vendet, so ist es gar nicht übel gethan, sich an einen
8*
1 1 6 Abhandlungen.
Dichter zu halten, der mehr aus Trieb und Schicksal denn
aus Wahl und Vorsatz dahin gelangt, selbst eine Chresto-
mathie zu sein ; denn da findet sich im Ganzen doch immer
ein aus dem Studium vieler Vorgänger gebildeter Sinn und
Geschmack . . . Dem guten Zauper sagte ich Manches,
was ihm förderlich sein konnte, und beantwortete seine
Aphorismen, die er mir im Manuscript zusendete, mit kurzen
Bemerkungen, für ihn und Andere nicht ohne Nutzen.«
Man sieht, er bemüht sich, Schubarth und Zauper beim
Studium seiner Werke festzuhalten. Desshalb macht er
auch Beide besonders darauf aufmerksam, dass dies ihrer
eigenen Ausbildung förderlich sein müsse: »Dieses be-
schränkt keineswegs den jüngeren Mann, der einen solchen
Gang nimmt, sondern nöthigt ihn, wenn er sich lange
genug in einem gewissen ICreise eigensinnig umher ge-
trieben hat, zum Ausflug in die weite Welt und in die
Feme der Zeitalter, wie man an Schubarth sehen kann,«
heisst es in den Annalen, und an Letzteren selbst hatte er
feschrieben: »Eine productive Bildung, die aus der Einheit
ommt, ziemt dem Jüngling, und selbst in höheren Jahren,
wo wir unsere Fortbildung mehr historisch, mehr aus der
Breite nehmen, müssen wir diese Breite wieder zur Enge,
wieder zur Einheit heranziehen.«
Es ist ganz offenbar: Goethe wünscht, dass geeignete
Kräfte sich eine Zeitlang ganz speciell dem Studium seiner
Schriften widmen. Auch nachdem er Eckermann gewonnen
hatte, erlosch dieser Wunsch nicht. Er zeigt in kleinen
Aufsätzen die Bücher von Varnhagen und Nicolovius an
(Hempel 29, 358 Q und wünscht yamhagens Werk durch
ein GegenstücK »Goethe in den misswollenden Zeugnissen
der Mitlebenden« vervollständigt. Aber wir sehen nicht,
dass er seine persönUchen Beziehungen zu Beiden — die
doch besonders bei Nicolovius vertraute waren — benutzt,
um ihnen eine fortgesetzte Durcharbeitung seiner Schriften
zu empfehlen. Denn er hat jetzt eben den Mann, den er
suchte, gefunden. Zauper oder Schubarth hätten dieselbe
Stelle emnehmen können, die Eckermann thatsächlich er-
rang. Goethe bot sie ihnen so gut wie ihm an. Einen vierten
Mann, der sie alle überragte, vermisste Goethe später mit
Wehmuth unter den Candidaten: Solger, der seine Arbeiten
so zart und schön aufgenommen, obwohl er mit ihm nie
in ein näheres Verhältniss getreten (Hempel 29, 218);
es war Goethe leid, dass er ihm nie auf seine Zuschriften
feantwortet (Gespräche 6, 33). Er macht übrigens bei
ieser Gelegenheit eine Bemerkung, die unserer Auffassung
der Briefe an Zauper und Schubarth gut zu Hilfe kommt.
Nie habe er phrasenhafte Dankbriefe verfasst. »Wenn ich
J. P. Eckermann. I17
nicht Jemand etwas Besonderes und Gehöriges sagen konnte,
wie es in der iedesmaligen Sache lag, so schrieb ich lieber
gar nicht.« Wir dürfen also auch jene Aeusserungen nicht
als allgemeine Höflichkeiten auffassen: sie sagten etwas
Besonderes, es waren Werbebriefe.
So lebhaft war Goethe bemüht, einen Eckermann zu
erobern, dass er auf die specielle Veranlagung gar nicht
zu genau sah. Der Umstand eenügte, dass einer liebevoll
sich in seine Schriften versenkt hatte. Greifen wir nur
den Bedeutendsten unter jenen dreien heraus: Schubarth. *
Freilich enthält auch seine Erstlingsschrift Manches, was
Goethe genehm sein musste. Auch er hat die Idee der
Selbstüberwindung an die Spitze gestellt (i, 126. 287) und
zwar gerade in Verbindung mit den »Wahlverwandtschaften«,
deren liebevolle Würdigung Goethe Solgern so hoch an-
rechnet ; er theilt des Meisters Antipathie gegen die fran-
zösische Revolution, die er mit leidenschamichen Worten
»einen Pfuhl des Unvernünftigen und Tollen« nennt (S. 262^
er lehnt die turnerische Wichtigthuerei wie Goethe ao
(i, 281) und man könnte noch Manches anführen. Aber
wie unendlich steht er doch von Goethe ab, wenn er
in obskurantischem Eifer allen prometheischen Schafl^ens-
drang, alle faustische Wissbegier als schlechtweg tadelns-
werth hinstellt, wenn er sich zum Anwalt Mephistos
macht und dem »unendlichen Prozess alles Wissens« nur
einen »durchaus unsittlichen Charakter abgewinnen« kann!
(i, 267! Wie sollte über die mit Leidenschaft hervor-
gesprudelte Ansicht, der Mensch sei nur zum Handeln da,
nur auf Glauben und Vollbringen Ti, 325) angelegt, der
Dichter denken, der so nachdrücklich gepredigt: »Denken
und Thun, Thun und Denken, das ist die Summe aller
Weisheit, von jeher anerkannt, nicht eingesehen von einem
Jeden. Beides muss wie Aus- und Einathmen sich im Leben
ewig fort hin und wieder bewegen; wie Frage und Ant-
wort sollte Eins ohne das Andere nicht stattfinden.«
(Wanderjahre, Hempel 18, 26O? Und wenn Schubarth auf
Piatons »bettlerische Armseligkeit« schilt (i, 255, vgl. 2, 268),
wie musste der Mann das aufnehmen, der in der Geschichte
der Farbenlehre Piaton das herrlichste Denkmal errichtet?
Aber selbst wo er mit dem Jüngeren im Grunde einver-
standen sein mochte, wie bei dessen Kampf gegen Kant
(i, 218) und die Naturphilosophie (i, 214), gegen die
»anmassliche Richtung historischer Studien« (i, 171), gegen
die Romantische Schule (2, 164 f.) — musste ihn da nicht
der Ton abschrecken, mit dem der Zwanzigjährige nur
überall »Unsinn«, »Verkehrtheit«, »Unsittlichkeit« sieht?
Diese ganze Vortragsart, die auf kurze Kanzelvorträge
1 1 8 Abhandlungen.
dogmatische Auseinandersetzungen folgen lässt, diese Un-
fehlbarkeit und dünkelvolle Selostherrlichkeit wäre sonst
wohl so beurtheilt worden, wie des Baccalaureus Auftreten
im »Faust«. Statt dessen finden wir bei Goethe nur auf-
munternde Worte. Auch der direkte Widerspruch, gegen
den Goethe sonst empfindlich war — hier stört er ihn
nicht; und doch hat Schubarth einmal eine Wendung des
greisen Meisters, »die Phrase eines sehr jungen, naseweisen
Geschlechts« gescholten ! (i. 283.) So nnden wir bei
* Schubarth nicht einmal die liebevolle Ergebung, die nur
mit Schmerzen widerspricht: Offenheit ist solch ein Ton
nicht zu nennen, vielmehr ist das die bei uns einheimische
Unart, dass der Jüngere auch dem verehrtesten Lehrer hin
und wieder eine Ungezogenheit entgegenwerfen muss, ura
seine »Unabhängigkeit« zu bekunden. Desshalb fehlte ihm
auch der congeniale Spürsinn, der ihn den Schluss des
Faust hätte errathen lassen müssen, wie D. Jacoby in seiner
^vielleicht etwas allzu freundlichen) Besprechung Schubarths
^A. D. B. ^2, 611) her\'orhebt. Freihch hat Schubarths
Ueberweisheit anianglich sogar herausgefunden, Faust und
Pandora seien nicht etwa, weil sie im ästhetischen Sinn
unvollendet seien, »Erste Theile« überschrieben: »sondern
der höchste Inhalt ist gemeint« (i, 238).
All diese Mängel, all diese abstossenden Unarten des
Buches werden nicht einmal durch den positiven Inhalt
aufgewogen. Gewiss ist Vieles geistreich, so die Nachweise
über die beständige Abhängigkeit der Philosophie vom
Zeitcharakter (2, 127 f.^; gewiss zeigt sich oft eine über-
raschende Tiefe in der AufSssung Goethischer Werke. Aber
an solchen Dingen fehlt es z. B. in Immermanns Schutz-
schrift für den ;; Wilhelm Meister« auch nicht; und doch
hat sie ihrem Verfasser nie Goethes Sympathie erwerben
können. Schubarth konnte sie erwerben, weil er mit dem
»Complex an Gefühlen, Gedanken, Erfahrungen und Resul-
taten, die auf einander hinweisen«, weil er mit Goethes
Gesatnmtwirken sich vertraut zeigte. Und deshalb, wir
wiederholen es, suchte Goethe ihn wie Zauper, wie Ecker-
mann an sich zu fesseln.
Man wende nicht ein, Goethe spreche davon ja gar
nicht; er gebe ihnen nur Winke, die sie für die eigene
Ausbildung nützen sollten. »Unser Meister«, hat Goethe
selbst gesagt, »ist Derjenige, unter dessen Anleitung wir
uns in einer Kunst fortwährend üben und welcher uns,
wie wir nach und nach zur Fertigkeit gelangen, stufen-
weise die Grundsätze mittheilt, nach welchen handelnd wir
das ersehnte Ziel am Sichersten erreichen. In solchem Sinn
war ich Meisler von Niemandi^ (Hempel 29, 230). Von
J. P. Eckermann. II9
Niemand, und also auch nicht von Eckermann, der doch
lange Jahre willig Goethes Anleitung genoss. Und in der
That — fragen wir, ob Eckermann denn diese Erziehung
zum »ersehnten Ziel« geführt habe, so werden wir das nur
verneinen können. Zum Künstler ist er wohl geworden —
zu einem Dichter, wie er es erstrebte, nicht. Haben die
»Beiträge« uns gezeigt, dass man den getreuen Mann für
gewöhnlich doch wohl. unterschätzt, dass es ihm an eigenen
Gedanken, an feiner Beobachtungsgabe, an methodischem
Sinn keineswegs gebrach, so müssen wir uns hüten, seine
Gedichte aufzuschlagen: allzurasch könnte dann das Zerr-
bild, das Heine und die Tradition aus Goethes Schatten
feformt haben, wieder als berechtigt erscheinen. Man
enke, dass es ein Mann war, mit dem Goethe fast ein
Jahrzehnt lang literarische Kritik, poetische Leetüre, Er-
örterungen über Stil und Form getrieben hatte, der z. B.
folgende Strophe schrieb:
An dem Fusse der Vulcane
Wenn ein Volk sich angebaut,
Oder nah dem Oceane
Kühn zu siedlen sich getraut.
Dann durch Feur- una Wasserschwalle
Tausende wenn sie vergehn.
Glaubt der Mensch in solchem Falle
Ihn zu strafen seis geschebn (Gedichte S. 189).
Mit solchen Versen verherrlichte Eckermann 1829 König
Ludwigs Auftrag an Stieler, Goethes Portrait zu malen!
Goethe hat nicht umsonst in dem Aufsatz »Ferneres
zur Weltliteratur« (Hempel 29, 674 f.^ die Nothwendigkeit
des Egoismus betont für den, der sich im Gedränge be-
haupten wolle. Um seine Persönlichkeit, um sein Lebens-
werk zu retten, musste er Opfer fordern. Der alte Faust,
der als freier Mann auf freiem Boden stehen will, braucht
dienende Spaten. Für sich begehrte Goethe die Helfer, für
seine letzte Aufgabe. Und zwar war der Beruf, den er ihnen
zudachte, zunäcnst ganz praktisch gedacht: er wollte sich
Herausgeber für die Gesammtausgabe erziehen. Schubarth
war neben Riemer hierfür bestimmt, Eckermann erbte den
Auftrag. Er musste ihn erben: sein Manuscript sprach es
zu deutlich aus, wie sehr er sich dafür eigne. Gleich stellte
ihn Goethe deshalb auf eine weitere Probe : er übergibt ihm
die Frankfurter Gelehrten Anzeigen. Lockt doch noch heut
die Aufgabe, Goethes Antheil herauszufischen, den philo-
logischen Ehrgeiz! Und wie charakteristisch sind die Be-
gleitworte: »Da Sie meine Art und Denkungsweise kennen,
so werden Sie sie schon aus den übrigen heraus finden.
I20 Abhandlungen.
Ich möchte nun, dass Sie diese Jugendarbeiten etwas näher
betrachten und mir sagten, was Sie davon denken. Ich
möchte wissen, ob sie werth sind, in eine künftige Ausgabe
meiner Werke aufgenommen ^u werden. Mir selber stehen
diese Sachen viel zu weit ab, ich habe darüber kein Urtheil.
Ihr Jüngern aber müsst wissen, ob sie für euch Werth
haben und in wiefern sie bei dem jetzigen Standpunkte
der Literatur noch zu gebrauchen.« Man beachte wohl:
Eckerniann hatte nicht etwa die erste Auswahl zu treffen,
Goethe hatte bereits von den Recensionen, die aufgenommen
werden sollten, Abschrift nehmen lassen. Er sollte nur
seinerseits auswählen, damit Goethe sein Urtheil mit dem
des Jüngern Mannes vergleichen könnte. — Die Arbeit, die
Eckermann zu »Kunst und Alterthum« aufgetragen ward,
ist eine allgemeinere Prüfung, gleichzeitig aber allerdings
eine wirkliche Hilfsleistung. Aber nicht auf diese war es
zuerst abgesehen; Düntzer hebt vor seiner Ausgabe mit
Recht hervor, dass Eckermann nie Goethes »Secretär« war.
Hierzu genügten beliebige Schreiber; für den Herausgeber
der Werke waren ganz andere Bedingungen zu stellen.
Wir bedenken es nicht genug, wie schwer seine Aufgabe
war. Dem universalsten Geist auf allen Wegen zu folgen,
seine Andeutungen richtig aufzufassen, seinen Willen her-
auszuhören, wo er nur versteckt ausgesprochen war, zu
sammeln, auszuscheiden, zu ordnen, als stände er hinter
seinem Testamentsvollstrecker — das war ein Beruf, für
den gewiss Alles verlangt werden musste, was Eckermann
besass.
Unser Dank wäre nicht klein, hätte er nur mit Riemer
gemeinschaftlich dies Vermächtniss erfüllt. Aber sein guter
CJenius gab ihm eine zweite, noch bedeutendere Aufgabe.
Schon in meiner Goethe-Biographie habe ich (S. 466)
darauf hingedeutet, welche Wichtigkeit für den gealterten
Dichter das Gespräch gewann und habe auf die Worte
Angelas in den Wanderjahren (Weim. Ausg. 2/l 187) ver-
wiesen: »Meine Herrin (Makarie') ist von der Wichtiskeit
des augenblicklichen Gesprächs nöchlich überzeugt; aabei
gehe vorüber, sagt sie, was kein Buch enthält, und doch
wieder das Beste, was Bücher jemals enthalten haben.
Desshalb machte sie mirs zur Pflicht, einzelne gute Gedanken
aufzubewahren, die aus einem geistreichen Gespräch, wie
Samenkörner aus einer vielästigen Pflanze hervorspringen.
Ist man treu, sagt sie, das Gegenwärtige festzuhalten, so
wird man erst Freude an der Ueberlieferung haben, indem
wir den besten Gedanken schon ausgesprochen, das liebens-
würdigste Gefühl schon ausgedrückt finden.« So soll »Maka-
riens Archiv« entstanden sein. Goethe selbst zeichnete in
J. P. Eckermann. 121
seine Tagebücher gern abgerissene Worte aus Unterhal-
tungen, auch wohl Anekdoten ein. Aber es bedurfte gewiss
der Winke des Dichters nicht, um Eckermann, wie so viele
vor ihm (Düntzer S. XIII nennt den Kanzler Müller, Riemer,
Holtei) zur Aufzeichnunjg seiner Gespräche mit Goethe zu
veranlassen. Goethe sah »von diesen Conversationen hin
und wieder einige Bogen,« er schenkt dem Unternehmen
Beifall und ermuntert Eckermann, fortzufahren. Er sah die
Bogen auch wohl durch und verbesserte. An eine Ver-
öffentlichung braucht er desshalb noch nicht gedacht zu
haben; es war etwa ein Verhältniss wie 1870 zwischen Bis-
marck und Moritz Busch : der Grosse sah den Bemühungen
des Kleinen mit Wohlwollen, und doch wohl auch mit etwas
Ironie zu. Wie Düntzer (a. a. O.) wohl gewiss richtig ver-
muthet, gab Medwins 1824 erschienenes »Journal of the
Conversations of Lord Byron« der Sache eine andere Wen-
dung. Sie sprachen über dies Buch (24. Februar 1825^,
Goethe schrieb dazu (26. März 1826). Ein Engländer m
Weimar übersetzte einige von Eckermann niedergeschriebene
Gespräche und bot sie Byrons Verleger, Murray, an. Aber
Goethe bestimmte seinen Famulus, dße Gespräche erst einige
Jahre nach seinem Tode erscheinen zu lassen. Jedoch als
Eckermann nun auf der unglücklichen Reise mit August
von Goethe an Alles zurückdenkt, was er daheim gelassen
hat, da fühlt er die Verpflichtung ganz, andern das Glück
der Theilnahme an diesen Unterredungen zu verschaflFen.
Am 12. September 1830 kündigt er Goethe diese Absicht
officiell an. Aber erst 18^6 erschien das Werk, so dass
es inzwischen auch von Coleridges 1835 veröffentlichtem
»Table-Talk« überholt worden war; und erst 1848 kam
der dritte Theil heraus, den nur Sorets uneigennützige
Freundschaft ermöglicht hatte. Wie wenig glänzend der
äussere Erfolg wai\ kann man in Düntzers tinleitung nach-
lesen. Der arme Eckermann ist im Leben ein Opfer seiner
Treue geworden und hat zum Schaden oft noch den Spott
Eeerntet. Auf die Dauer zeigte es sich doch, dass er seine
ebensarbeit gut angewandt natte : sein Werk brachte ihm
Unsterblichkeit und den Dank von Tausenden. Und jedes
Wort, das man zu seinem Ruhm spricht, ist zugleich eine
Anerkennung für Goethes wunderbare Sicherheit des Blicks
und rasche Energie. Eckermann war ganz sein Werk, man
darf sagen, sein lang und sorgsam vorbereitetes Werk.
3-
Der Erdgeist im Faust.
GESPRÄCH ZWEIER GOETHEFREUNDE.
Von
Georg Witkowski.
I ir sind uns darin einie, dass die Auffassung des
Erdgeistes und des Verhältnisses, in dem Faust
und Mephistopheles zu ihm stehen, für das
Verständniss der goethischen Dichtung einer der wichtigsten
Punkte ist. Sie kennen die Stellung, die ich zu dieser Frage
einnehme. Meiner Ansicht nach aient die Erscheinung des
Geistes nach dem Eingangsmonolog nur dazu, die erste
Phase in Fausts Leben, die von dem jugendlichen Streben
nach Lösung des Welträthsels ausgefüllt wird, zu schliessen,
Faust durch Vernichtung aller Hoffnung, dieses Ziel zu
erreichen, noch tiefer als zuvor verzweifeln zu lassen und
ihn dadurch für den Bund mit dem Bösen reif zu machen.
Eine Verbindung zwischen Erdgeist und Mephisto, wie sie
von so vielen Seiten angenommen wird, erscheint mir schon
um deswillen ausgeschlossen, weil der Erdgeist der »Lebens-
und Thatengenius« ist, während Mephisto sich selbst als
den Geist der Zerstörung bezeichnet. Wer sich ihm über-
gibt, muss zu Grunde gehen, der Erdgeist aber ist nach
seiner eigenen Schilderung eine schaffende und erhaltende
Kraft.
Der »erhabene Geist«, den Faust in der Scene Wald
und Höhle anredet, der ihm sein Angesicht im Feuer zu-
Der Erdgeist im Faust. 123
gewendet hat, ist nicht der Erdgeist. Die Anrede passt
nicht zu der Erscheinung der ersten Scene. Sie zeigt sich
nach der scenischen Anweisung im Urfaust »in widerlicher
Gestalt«, sie wird von Faust angeredet »schreckliches
Gesicht« und als geringer dem Geiste des Makrokosmus
feg^nübergestellt. Auch die Wohlthaten, die Faust von
em hier gepriesenen erhabenen Geiste empfangen hat,
können niclit vom Erdgeiste ausgehen, weil sie zum Theil
über seine Machtsphäre hinausgreifen. Vielmehr ist unter
dem erhabenen Geiste Gott zu verstehen, der Faust die
Kraft verliehen hat, die Natur zu fühlen und zu geniessen.
Der Ausdruck, Gott habe ihm sein Angesicht im Feuer
zugewendet, ist bildlich aufzufassen, wie m »Hermann und
Dorothea« V. Ges., v. 235 ff.:
O, wir anderen dürfen uns w^ohl mit jenen vergleichen.
Denen in ernster Stund' erschien im feurijgen Busche
Gott der Herr; auch uns erschien er in Wolken und Feuer.
Der ganze Monolog schliesst sich eng an das Buch
Hiob, ebenso wie der Prolog im Himmel. Und wie im Prolog
von einer Erwähnung des Erdgeistes nicht die Rede ist,
vielmehr Faust unmittelbar vom Herrn dem Mephistopheles
für die Zeit seiner Erdenlaufbahn übergeben wird, so darf
auch hier, soll das im Prolog angeschlagene Thema durch-
geführt werden, keine fremde Gewalt sich einmischen.
Die Beziehung dieser Stelle auf den Erdgeist ist meiner
Meinung nach unmöglich.
B.: Ehe ich das von Ihnen zu Gunsten Ihrer Ansicht
Angeführte erörtere, möchte ich fragen, wie Sie sich zu der
zweiten Stelle, wo Faust eine frühere Erscheinung erwähnt,
verhalten, zu den Worten: »Grosser, herrlicher Geist, der du
mir zu erscheinen würdigtest, der du mein Herz kennst
und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich
schmieden, der sich am Schaden weidet und am Verderben
sich letzt?«
A.: Auch hier ist die Erscheinung bildlich als Aus-
druck für die von Gott an Faust vollzogene Läuterung
aufzufassen, und natürlich sieht Faust, wie alles irdische
Geschehen, auch seine Verbindung mit Mephisto als eine
Schickung Gottes an.
B.: Ich erlaube mir, dieser Auslegung Folgendes ent-
gegenzuhalten. Einmal lässt die dualistische Weltanschauung,
die der Faustsage und dem Faustdraraa in seiner endgiltigen
Gestalt zu Grunde liegt, es nicht zu, dass Mephistopheles
in Fausts Auffassung und in der des Lesers als von Gott
abhängig erscheint; vielmehr müssen Himmel und Hölle
sich als selbständige Mächte gegenüberstehen. Dann aber
124 Abhandlungen.
hat Faust gewiss nirgend so wenig Grund, sich der Er-
scheinung (joues in dem von Ihnen angenommenen bild-
lichen Smne, als Ausdruck für seine Erhebung aus der
früheren moralischen und geistigen Dunkelheit, zu rühmen,
wie in dieser Scene, wo er tiefer als je zuvor oder nachher
Jesunken ist, nachdem er Gretchen verrathen und eben an
en ünfläthereien der Walpurgisnacht theilgenommen hat.
Auch ist die Anrede Gottes als »grosser herrlicher Geist«
mindestens ungewöhnlich.
A.: Aber wie kann der grosse herrliche Geist mit dem
schrecklichen Gesicht identisch sein ? Und warum soll Faust
nicht Gott so anreden können.^ »Gott ist ein Geist«, spricht
schon der Evangelist Johannes Qb 24); Goethe nennt Gott
den »ewigen Geist«, in den Zwo wichtigen biblischen
Fragen, und vor allem : Halten Sie es fiir möglich, dass in
derselben Scene Goethe einen andern Geist als Gott unter
dem, der Mephisto in Hundsgestalt zurückverwandeln soll,
verstanden habe?
B.: Allerdings halte ich das für möglich, freilich unter
der Bedingung, dass man den Wirkungskreis des Erdgeistes
weiter zieht als Sie, und dass man annimmt, Faust habe
nach der Erscheinung einen klareren Einblick in dessen Be-
reich gethan, sich ihm durch den Eintritt in das thätige
Leben, durch die Theilnahme an menschlichem Wohl und
Wehe genähert.
A.: Womit wollen Sie diese Annahme begründen?
B.: Den ersten Punkt, der das Wesen des Erdgeistes
betrifft, durch die Ueberlieferung, auf die Goethe sich bei
dieser Gestaltung stützte und die Graffunder, der übrigens
im Allgemeinen Ihre Ansicht theilt, in den Preussischen
Jahrbücnem 1891 so schön nachgewiesen hat. Den alten
Alchymisten bedeutete der Erdgeist die in allen irdischen
Dingen waltende Lebenskraft, bei Goethe ist er die ewig
schaflfende Kraft der Natur, der leblosen wie der belebten,
auch des menschlichen Handelns, der Geschichte. Durch
diese Kraft wird das Irdische in immer neuen Gestalten her-
aufgeführt: »Geburt und Grab Ein ewiges Meer!« Mephisto
kann sehr wohl von ihm ausgehen als eine von den an-
treibenden, anreizenden Mächten, die im Dienste des Erd-
geistes thätig sind, Zerstörung ist sein Element, aber er
muss, wie er selbst sagt, als Teufel das Gute schaffen und
er kann im Grossen nichts vernichten.
Also ist die Vernichtung, die er herbeiführt, ebenso
wie das Grab, von dem der Erdgeist spricht, nur eine Form
des Werdens und daraus kein wesentlicher Gegensatz beider
zu erschliessen. Und in der Theogonie am Ende des achten
Buches von »Dichtung und Wahrheit« statuirt Goethe
Der Erdgeist im Faust. 125
geradezu einen Creator Lucifer, von dem die ganze Schöpfung
ausging und dem sie folgen musste.
Das ist zugleich auch die Erwiderung auf Ihre Be-
hauptung, dass das Wesen des Erdgeistes mit dem des
Mephistopheles als seines Dieners unvereinbar sei.
A.: Aber der Prolog im Himmel! Da steht doch, wie
Sie gerade vorhin hervorgehoben haben, Mephisto ganz
selbständig Gott gegenüber, während doch, wenn Ihre Dar-
stellung aes Sachverhalts richtig wäre, er vom Erdgeist
abhinge und dieser eine Gott feindlich gesinnte Macht
repräsentiren müsste, was nun und nimmer angenommen
w^erden kann.
B.: Diesen Einwurf muss ich als begründet anerkennen.
Aber ich möchte Ihnen vorschlagen, den Prolog im Himmel
vorläufig aus dem Spiele zu lassen; denn er ist ebenso
wenig för Ihre wie fiir meine Meinung anzuführen! Sollte
unter dem erhabenen Geist, dem grossen herrlichen und
unendlichen Geist, den Faust an den entscheidenden Stellen
anredet, Gott verstanden werden, so hätte der Herr die
Abmachung der Wette im Himmel nicht eingehalten und
direct in Fausts Erdenlaufbahn eingegriffen, deren Führung
er doch ausdrücklich Mephisto üoerlassen hatte. So ge-
rathen wir also, wenn wir den Prolog im Himmel mit
dem Folgenden zusammenhalten, wie wir uns auch wenden
mögen, in die gefährlichsten Widersprüche. Ja, wir müssen
zugestehen, dass der Knoten auf dem Wege, den wir bis
jetzt verfolgt haben, nicht zu lösen ist. Vielleicht bringt
uns ein anderer dem Ziele näher.
A.: Da bin ich begierig, nach welcher Seite Sie sich
wenden werden.
B. : Nach der, die allein auf festen Boden führt, nach
der vielberufenen philologischen.
In drei Schichten liegt der erste Theil des »Faust«
vor uns : Urfaust, Fragment und die vollständige Dichtung
von 1808. Die erste Schicht 1775 abgeschlossen, die zweite
von 1788 bis 1790 daraufgelegt, die dritte sieben Jahre
später unter dem massgeoenden Einflüsse Schillers be-
gonnen. Mochte der Dichter bei der wiederholten Auf-
nahme der Arbeit noch so fest gesonnen sein, das Werk
in dem alten Geiste fortzuführen, der Goethe des Tasso
und der Pflanzenmetamorphose, der Freund Schillers konnte
nicht da wieder anfangen zu dichten, wo der Goethe des
Werther aufgehört hatte. So tiefgreifende Umwandlungen
seiner künstlerischen Grundsätze, seiner Weltanschauung,
wie er sie inzwischen erfahren hatte, Hessen sich in einem
Werke, das die höchsten Fragen wie kein anderes berührte,
^nicht verhüllen.
126 Abhandlungen.
A.: Zubegeben; aber er hat an den Stellen, die sich
auf den Erdgeist beziehen, im Fragment und später nichts
zu ändern gefunden, während er doch sonst mit dem
Bestände des Urfausts keineswegs schonend verfuhr.
B.: Die Erklärung dafür wird sich aus der entwick-
lungsgeschichtlichen Betrachtung der Frage ergeben. Be-
ginnen wir also mit der ältesten Phase, die der Urfaust
repräsentirt. Der Erdgeist ist dort, wie in allen späteren,
ein Symbol der Naturkraft (den Umfang seines Bereichs
wollen wir hier jetzt nicht erörtern). Er erscheint »in wider-
licher Gestall«, überwältigend selbst für den Uebermenschen
Faust. Dass dieses »widerlich« nicTit im üblichen Sinne des
Wortes zu nehmen ist, beweist die grossartige, erhabene
Schilderung seines Wesens und Wirkens, die er selbst
gibt; es ist die ästhetisch unangenehme Wirkung der
ungeheuren Erscheinung damit gemeint, ähnlich wie ein
feinsinniger Dichter der Gegenwart die kolossalen Glieder
der »Nacht« Michelangelos hässlich nennen konnte, den
subjectiv unangenehmen Eindruck nicht dem bedrückenden
Gefühl der eigenen Kleinheit gegenüber der Erscheinung,
sondern dieser selbst, zuschreibend. Dieselbe abstossende
Wirkung der machtvollen Natur auf den winzigen Menschen
finden wir bei Goethe wieder in dem Wertherbriefe vom
18. August, eine Stelle, auf deren Bedeutung für die richtige
Auffassung der scenischen Anweisung meines Wissens
zuerst der Amerikaner Calvin Thomas in seiner trefflichen
Ausgabe des ersten Theils hingewiesen hat: »Und so taumle
ich Deängstigt, Himmel und Erde und ihre webenden Kräfte
um mich her: ich sehe nichts, als ein ewig verschlingen-
des, ewig wiederkäuendes Ungeheuer.« So spricht der im
Dunkeln tastende Mensch, der vergeblich nach dem Schlüssel
zu den Räthseb der Schöpfung sucht, die riesengross und
niederdrückend vor ihm steht.
Das ist der Punkt, von dem sich Faust zum Erkennen
des Erdgeistes erheben soll, welchen Zweck sollte sonst
die mit so starker Betonung eingeführte Erscheinung haben?
Sie sagen, sie soll Faust die Hoffnung, das Welträthsel zu
lösen, rauben und ihn noch tiefer in Verzweiflung stürzen,
um ihn für den Pakt mit Mephistopheles reif zu machen.
Aber hat Faust auf das erste nicht schon verzichtet, als
er vom Zeichen des Makrokosmus sich zu dem des Erd-
geistes wendet, ist das zweite nach der Seelenpein, die
sich in dem vorhergehenden ersten Monolog ausspricht,
noch nöthig und muss nicht jeder von der erhabenen Er-
scheinung, von ihrer gewaltigen Wirkung auf Faust positive
Folgen fSr diesen erwarten?
Worin mögen sie bestehen ? Doch wohl darin, dass
Der Erdgeist im Faust. 127
er den Erdgeist, dessen Wesen er im leidenschaftlichen
Anstürmen nicht erkennen konnte, durch das Leben, unter
schweren Kämpfen begreifen lernt, und so schliesslich zwar
nicht ihm gleicht, aber doch vor der Natur als ein Mann
steht, der ihr fest ins Auge zu blicken wagen darf. Sein
»ideales Streben nach Einwirken und Einfühlen in die ganze
Natur« soll zum Ziele gelangen. Das ist nur möglich,
indem er aus der Studirstube ins Leben hinausgetneben
wird und es in allen Höhen und Tiefen kennen lernt. Zu
diesem Zwecke gibt ihm nach der ursprünglichen Con-
ception, die der Urfaust verkörpert, der Erdgeist den
Mephistopheles bei; er kann Fausts Sehnen nur erfüllen,
wenn er ihn in tiefe Schuld versenkt; denn ohne grosse
Sünde keine grosse Erkenntniss. Faust aber, der Last beinahe
erliegend und das Ende des Weges nicht erblickend, weh-
klagt: »Grosser herrlicher Geist, der Du mir zu erscheinen
würdigtest, warum an den Schandgesellen mich schmieden?«
A.: Sie nehmen hier ohne weiteres an, dass im Ur-
faust Mephistopheles vom Erdgeist gesendet sei. Jedoch
das müssen Sie erst beweisen.
B. : Der Beweis liegt schon in dem Gesagten. Hat
der Erdgeist im Urfaust die Bedeutung, die ich ihm zu-
geschrieben habe, so kann nicht neben ihm eine andere
Macht entscheidend auf Faust einwirken; Mephistopheles
muss ihm untergeordnet sein.
Auf welche Weise Goethe damals dessen Verbindung
mit Faust herbeizuführen gedachte, das bleibt für uns im
Dunkeln. Jedenfalls durch Beschwörung im Anschluss an
die Tradition der Sage, auch in sofern sich ihr nähernd,
als Mephisto keiner von den Grossen sein sollte, ein
Elementargeist, worauf noch in der viel späteren Aus-
führung aer betreffenden Partieen die Bescliwörung des
Pudels hindeutet. Ob Faust durch ihn selbst von seinem
Verhältniss zum Erdgeist erfuhr, ob er es nur vermuthungs-
weise annahm, können wir nicht wissen.
A.: Diese Hypothesen führen uns von der Hauptsache
ab, von der beherrschenden Stellung, die der Erdgeist an-
geblich in der ursprünglichen Conception eingenommen
haben soll und für die mir das bisher von Ihnen Ange-
führte keineswegs entscheidend dünkt. Genügt es nicht,
wenn die Erscheinung, abgesehen davon, dass sie Fausts
freilich bereits vorhandene Verzweiflung steigert, auch
noch den Zustand der. Dunkelheit kennzeichnet, in dem
er sich zu Beginn der Handlung befindet?
B.: Das Urtheil darüber mag ein subjectives sein. Aber
ich bin im Stande, Ihnen für meine Ansicht noch weitere
128 Abhakdlungen.
Gründe anzuführen, die, wie ich glaube, über jeder An-
fechtung erhaben sind.
In erster Linie berufe ich mich auf Beweismittel aus
Goethes philosophischer und religiöser Entwicklung.
A. : Können Sie diese Beweise wirklich als unanfecht-
bar bezeichnen? Sind nicht Goethes Anschauungen so
schwankend und wechselnd, dass aus ihnen das Verschieden-
artigste herausdemonstrirt werden kann?
B.: Freilich hat sich in Goethes Philosophie manche
Wandlung vollzogen; aber doch immer so, dass sich eine
Anschauung consequent aus der andern entwickelt. Und
speciell für die letzten Frankfurter Jahre, auf die es hier
vor allem ankommt, können wir die Einheitlichkeit und
Festigkeit seiner WeltaufFassung auf Grund der vorliegenden
Zeugnisse bestimmt behaupten. Es ist nicht denkbar, dass
das grösste Werk, das diesen Jahren seine Entstehung ver-
dankt, aus einer Anschauung heraus gedichtet wäre, die
der des Dichters widerspräche.
A.: Ich muss diese Art der Erklärung von vornherein
ablehnen. Der jun^e Goethe war zu sehr Dichter, um
etwas von seinen philosophischen Anschauungen ins Drama
aufzunehmen, was sich nicht poetisch gestalten Hess, und
desshalb kann auch nur diejenige Auslegung die richtige
sein, die aus dem Drama selost entnommen ist.
B. : Dieser Satz ist an sich ganz richtig; jedoch ist er nur
auf die vollständige, ausgeführte Dichtung anwendbar, nicht
auf die fehlenden Theile der früheren Stadien, für die wir
zur Reconstruction auf Grund der uns bekannten An-
schauungen des Dichters in ihrer Entstehungszeit unsre
Zuflucht nehmen müssen. Lassen Sie mich desshalb Ihnen
kurz andeuten, wie Goethe damals, als er den Faust zu
schreiben begann, über das herrschende Weltprinzip dachte.
Von früher Jugend an wird bei ihm die überlieferte
Vorstellung eines persönlichen, über der sichtbaren Welt
thronenden Gottes gekreuzt von der andern eines in ihr
lebenden und durch sie sich offenbarenden höchsten Wesens.
Wie vieles auch in dem gnostischen System, das er sich
nach der Rückkehr aus Leipzig geschaffen haben will und
das er am Schlüsse des achten Buches von Dichtung und
Wahrheit darlegt, getrübter Erinnerung entstammen mag,
die Gottheit, die sich von Ewigkeit selbst producirt, ist
sicher ein ursprünglicher Bestancuheil des Systems, das mit
Recht ein antideistisches und pantheistisches genannt worden
ist. Den Beweis, dass Goethe in diesen Jahren zu pan-
theistischen Anschauungen hinüberneigt, geben die Epheme-
riden mit ihrer Vertheidigung der Sätze Giordano Brunos :
»L'uno, rinfinito, lo ente e quello che ^ in tutto, e per tutto
Der Erdgeist im Faust. 129
anzi 6 Tistezzo Ubique« u. s. w. Ebenso wie er identificirt
Goethe Gott und Weltall. »Separatim de Deo et natura
rerum disserere difficile et periculosum est, eodem modo
quam si de corpore et anima sejunctim cogitamus; animam
non nisi mediante corpore, Deum non nisi perspecta natura
cognoscimus.« Die Natur ist der Gottheit lebendiges Kleid,
d. h. ein Kleid, das zugleich einen untrennbaren T heil der
Persönlichkeit bildet, mit ihr wesensgleich ist.
In folgerichtiger Weiterentwicklung gelangt Goethe
von hier aus in der folgenden Zeit zu jenem naturalistischen
Pantheismus, den wir im Werther ausgedrückt finden.
Die Natur erscheint ihm bald überwältigend furchtbar, wie
in der vorhin angeführten Stelle, bald versenkt er sich mit
religiöser Andacht in ihr Leben, das Kleinste mit gleicher
Bewunderung betrachtend wie das Grösste. Dieses Interesse
ist aber nirgend ein materialistisches, sondern beruht immer
auf der Erkenntniss, dass in allen Erscheinungen das Gött-
liche sich offenbart, das er am Ende dieser Entwicklungs-
periode geradezu mit der Natur identificirt. Sie ist un-
persönlicn, ihr Lebensprozess stellt sich im Weltall dar.
Sie schafft diese Weh, indem sie sich selbst in der Stufen-
folge des Lebendigen auseinandersetzt zum Zwecke des
SelDstgenusses in Empfindung, Anschauung und begreifender
Vernunft.
Als Goethe daran ging, die Faustsage in einer grossen
Dichtung neu zu gestalten, sie zum Gefäss seines Innen-
lebens zu machen, da ergab sich für ihn nothwendig eine
wesentliche Umformung des überlieferten Stoffes. Alle
früheren Gestaltungen desselben, die ihm bekannt sein
konnten, hatten dem Helden nur einen Vertreter der Ver-
neinung beigegeben, höchstens in erfolglos ertönenden
Warnungsstimmen waren die positiven ethischen Mächte
ganz vorübergehend zu Worte gekommen. Der eingeborene
Optimismus Goethes erforderte es, dass die Bejahung, das
schaffende und erhaltende Weltprincip die Oberhand benielt.
Ein Mensch, der ehrlich ringt, wie der Faust Goethes, dessen
Verzweiflung daraus entspringt, dass sein geistiges Auge
nicht w^eit genug reicht, um alle Höhen und Tiefen des Welt-
ganzen zu umspannen, — ein solcher Mensch konnte wohl
physisch an seinem masslosen Streben nach Erkenntniss zu
Grunde gehen ; aber er durfte dadurch nicht rettungslos den
Mächten der Verneinung verfallen. Gab es einen Weltwillen
(und wann hätte Goethe jemals dessen Existenz geläugnet.^),
so musste er über Faust seine schirmende Hand breiten.
A.: Damit geben Sie doch zu, dass Gott zu Fausts
Gunsten in dessen Dasein eingreift; also kann er es auch sein,
dem Faust in dem Monolog an den erhabenen Geist dankt.
Göetuii-Jahiibücu XVII. 9
IJO. Abhandlungen.
B.: Ich glaube nicht, dass dies aus meinen letzten Worten
zu folgern ist. Der Gott, von dem Faust als Gestalt der
Dichtung nach der in der eridgiltigen Form des ersten Theils
angenommenen WeltaufFassung allein sprechen kann, ist
der persönliche Gott des christlichen Mittelalters; die höchste
Macht, um die es sich hier handelt, die bei der Conception
des Faust in Goethe lebendig war und die neue Gestalt-
ung des alten Stoffes bestimmte, ist unpersönlich ge-
dacht und ein Eingreifen derselben in die Handlung durch
einen subjectiven Willensakt erscheint völlig ausgeschlossen,
da sie nur den objectiven Naturwillen darstellt. Ihr irdisches
Symbol ist der Erdgeist, er wirkt der Gottheit gewaltiges
Kleid, d. h. er waltet in den Gestaltungen, in denen sie
sich für das Auge der Creatur verkörpert.
A.: Nach Ihrer Annahme soll doch aber der Erdgeist
dem Faust den Mephisto beigeben. Ist das etwa Tcein
»subiectiver WillensaKt?«
B. : Nur im dramatischen Sinne, nicht in dem sytnbo-
lischen, auf den es hier ankommt. Nach dem Verzicnt auf
das Streben, das Welträthsel zu lösen (was sich, wae gesagt,
in der Abwendung vom Zeichen des Makrokosmus aus-
drückt), nach dem Gewinn der Ueberzeugung, dass wahr-
hafte Natur- und Lebenserkenntniss durch die Wissenschaft
nicht zu erlangen ist, muss sich Faust, um seinem rastlosen
Streben Genüge zu verschaffen, zu der bisher noch uner-
forschten Seite, nämlich zur Materie, hinwenden. Alle die
Triebe, die Mephistopheles repräsentirt, werden nun in ihm
lebendig. Das Bestreben, das Wesen des Erdgeistes zu er-
fassen, führt also zum Erwachen des bis dahin schlummern-
den inneren Mephistopheles, wenn ich mich so ausdrücken
darf, und diese mnige Beziehung findet ihren dramatischen
Ausdruck darin, dass Mephistopheles vom Dichter zum Send-
ling des Erdgeistes gemacht wird.
A. : Der Erdgeist stellt Ihrer Meinung nach im Urfaust
die Gottheit oder eine ihrer Emanationen dar. Da muss
ich Sie nur fragen, weshalb Goethe dieses neue Symbol
einführt, da doch z. B. der Gott Spinozas im allgemeinen
seinen Absichten entsprochen hätte.
A. : Abgesehen davon, dass Goethe beim Nieder-
schreiben dieser Scenen Spinoza überhaupt noch nicht ge-
nauer kannte, hätte dessen Gott auch nicht dem Begriff vom
höchsten Wesen, den Goethe damals hegte, entsprochen.
Für diesen in Natur und Menschenleben waltenden
Logos, dessen Macht in dem Drama zur Anschauung
kommen sollte, war die Gestalt Gottes überhaupt nicht die
geeignete Verkörperung, wie ja auch Faust im Religions-
gespräch mit Gretchen den überlieferten abgebrauchten und
Der Erdgeist im Faust. 131
dogmatisch eingeschränkten GjottesbegrifF ausdrücklich ver-
wirft. Schon im Anfang wird durch die Abwendung Fausts
vom Makrokosmus die metaphysische Behandlung des
Problems abgelehnt und dasselbe durchaus in das Gebiet
des Physischen verlegt, entsprechend jenem naturalistischen
Pantheismus, der Goethe in diesen Jahren beherrschte.
Der Dichter suchte und fand dafür, als er seinen Faust
zu schaffen begann, ein Symbol im Erdgeist, einer bis dahin
in der Dichtung unbenutzten, der mittelalterlichen Natur-
wissenschaft entstammenden Gestalt, die sich beliebig um-
formen und erweitem Hess, weil noch keine feste Vor-
stellung mit ihr verbunden wan Der Erdgeist war im Urfaust
berufen, eine beherrschende Stellung in dem Drama ein-
zunehmen. Nicht etwa in dem Sinne, dass er zum Leiter
der Handlung würde, der Faust seinen Weg vorschriebe
und ihn sozusagen zu einem Helden zweiten Ranges herab-
drückte, sondern in ihm verkörpert sich das Ziel einer har-
monischen Weltanschauung, zu dem Faust frei und selb-
ständig hinstrebt, nur dass ihm in der dramatischen Handlung
durch die Verbindung mit Mephistopheles das Einschlagen
und Verfolgen des Weges, der zu diesem Ziele hinführt,
erleichtert wird, da er selbst bis dahin im Dunkeln geirrt hat.
Der Erdgeist ist also im Urfaust, d. h. in den Theileri,
die vor der Uebersiedelung Goethes nach Weimar ent-
standen, der Vertreter der hinter der Handlung stehenden
Idee, und zwar, wie sich aus allem dafür Angeführten
ergibt, ihr ausschliesslicher Vertreter, so dass für ändere
Gestalten, die dieselbe Aufgabe zu erfüllen hätten, kein
Raum bleibt. Die Annahme, dass Goethe schon in diesem
Stadium der Arbeit einen persönlichen Gott als handelnde
Person eingeführt habe, ist aus inneren Gründen unmög-
lich, ebenso wenig kann» Mephistopheles im Urfaust sich
seinem Wesen ,nach mit der landläufigen Teufelsgestalt
fedeckt haben, so oft auch die Züge des volksteufels durch
ie Larve der neuen, selbständigen Ausformung der Figur
hindurchscheinen; denn Goethe erkennt ein absolut Böses
nicht an, wie schon seine Stellung zu der Lehre von der
Erbsünde zeigt.
In der Zeit, die bis zur Herausgabe des Fragments
verging, hat Goethe die dem Urfaust zu Grunde liegenden
Anschauungen weiter ausgebaut. Die Betrachtung und Er-
forschung der Natur wurde seine Lebensaufgabe, deren
Programm in dem Aufsatz »die Natur« von 1782, der ihm
nach Steiners Ausführungen nicht mehr abgesprochen
werden darf, aufgestellt ist. »Sie hüllt den Menschen in
Dumpfheit ein und spornt ihn ewig zum Lichte. Sie macht
ihn abhängig zur Erde, trag und schwer und schüttelt ihn
132 Abhandlungen.
immer wieder auf .... Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr
Verdienst.« Fällt nicht von hier aus helles Licht auf den
Faust, der damals in Goethes Seele lebte, auf die Art,
in der sich ihm das ganze Weltwesen, das Verhältniss von
Göttlichem und Irdischem darstellte?
Bestärkung in dieser Anschauung fand Goethe durch
Spinoza, den er zuerst, im Jahre 1774, »nur wie auf den
Raub« kennen gelernt hatte, und dem er erst in Weimar,
1783— 1786, wirklich nahe trat, nicht in systematischem
Studium und völliger Aneignung seiner Lehre, sondern
indem er die Sätze, die seiner Gefühlsphilosophie homogen
waren, mit seinen früheren Ueberzeugungen zu amalgamieren
suchte. Spinoza zeigte ihm den Gipfel der Erkenntniss in
der scientia intuitiva, das Göttliche in herbis et lapidibus,
er lehrte ihn, dieses enge Dasein hier zur Ewigkeit zu
erweitern und bereitete in ihm die animi acquiescentia vor,
die dann die italienische Reise vollendete. Sie heilte ihn,
wie er an Karl August schrieb, von den physisch-moralischen
Uebeln, die ihn m Deutschland quälten und zuletzt un-
brauchbar machten, und die Dankesworte, die er den inner-
lich genesenen Faust an den erhabenen Geist richten lässt,
sind, wie schon Erich Schmidt angedeutet hat, der Aus-
druck des beglückenden Gefühls eigener Befreiung und
Erleuchtung, das den Dichter erfüllt.'
A.: Aber wen meint er mit dem erhabenen Geist, an
den diese Worte gerichtet sind?
B.: Noch weniger als zuvor kann es der persönliche,
ausserhalb der Welt stehende Gott der christlichen Ueber-
lieferung sein; es ist der Gott Spinozas, es ist speciell
die Emanation des Weltgeistes, für die Goethe sich das
Symbol des Erdgeistes geschaflfen hat, nur nodi grösser,
erhabener, ethischer aufgefasst. * Dieses Symbol ist ihm
jetzt unentbehrlicher als jemals; denn noch entschiedener
hat er sich von der Metaphysik abgewendet, die er bei
dem Freunde Jacobi als eine Strafe Gottes und einen Pfahl
im Fleische ansieht, und dankbar empfindet er es, dass
Gott ihn mit der Physik gesegnet hat, damit es ihm im
Anschauen seiner Werke wohl werde.
Die Abneigung gegen metaphysische Fragen hat Goethe
sein ganzes ferneres Leben hindurch behauptet, in Be-
währung des Spruches: »Der Mensch ist nicht geboren,
die Probleme aer Welt zu lösen, wohl aber zu suchen,
wo das Problem angeht.« Und trotzdem entschied er sich,
als er 1797 die Faustdichtung wieder aufnahm, für eine
metaphysische Ausgestaltung derselben.
A.:' Das ist doch ein offenbarer Widerspruch zu Ihren
früheren Aufstellungen. Vorhin haben Sie gesagt, Goethe
Der Erdgeist im Faust. 13J
habe sein grösstes Werk nicht aus einer Anschauung her-
aus dichten können, die der seinigen nicht entspräche,
und jetzt scheinen Sie das, was Sie für das erste Stadium
der Arbeit bestritten, für das letzte selbst zu behaupten.
B.: Die Anfänge des Faust entstanden ohne jeden
störenden Einfluss von aussen, lediglich aus dem Bestreben
des Dichters, für sein Fühlen und Denken eine adä(}uate
künstlerische Form zu schaffen. Jetzt aber wirkt entscheidend
eine mächtige, fremde Potenz, nämlich Schiller, ein, und
das erklärt den Widerspruch, der in der endgiltigen Gestalt
des Werkes zwischen seinem philosophischen Gehalt, der
zum Theil alt ist, und der Einkleidung, die neu geschaffen
wird, besteht.
Schiller betont immer wieder die Forderung an die
symbolische Bedeutsamkeit des Werkes. Goethe beschliesst
darauf hin, im »Faust« eine typische Verkörperung des
Menschenlebens zu liefern, er erkennt, dass diese Aufgabe
auf dem Boden pantheistischer und spinozistischer An-
schauunjgen nicht m dichterischer Form zu lösen ist, weil
die nötnigen Symbole dafür fehlen, weil das von ihm
selbst geschaffene Symbol des Erdgeistes nicht die nöthige
allgemeine Giltigkeit und Deutlichkeit besitzt.
Desshalb legt er im Prolog im Himmel, der nun an
Stelle der früheren Anfangsscene Richtung und Ziel der
Handlung bezeichnet, die mittelalterliche, vorkopernikanische
Weltanscnauung zu Grunde^ wie Valentin richtig hervor-
gehoben hat: Gott und Teufel persönlich gestaltet, als
feindliche Mächte um die menschhche Seele streitend.
Zwischen ihnen steht nun Faust in der Mitte. Es ist
klar, dass Faust dadurch auch als dramatische Gestalt eine
{gänzlich veränderte Bedeutung erhält. In der ursprüng-
ichen Conception ist er der Titan, der sich aus eigner
Kraft durch aas Leben aus der Dunkelheit zum Lichte nin-
aufringt. Der Erdgeist gibt ihm das Ziel : höchste Erkennt-
niss durch reichste Erfahrung, Mephistopheles ist der Ver-
mittler, der ihm dazu verhilft. In der Fassung des Fragments
gelangt Faust, wie früher nur auf die eigene Kraft gestellt.
verhäTtnissmässig schnell (für den dramatischen Zweck wohl
zu schnell) zu der scientia intuitiva, fast hat er in dem
Monolog in Wald und Höhle schon das Ziel, die animi
acauiescentia, erreicht, nur die Existenz des Bösen, das
sicn ihm zur Seite in Mephistopheles verkörpert, beunruhigt
und peinigt ihn noch.
Dagegen wird er in der endgiltigen Gestalt, die Goethe
seinem Werke gab, zu dem Object, an dem die beiden
grossen streitenden Mächte ihre Kräfte messen, die eine
nur in seinem Innern als dunkler Drang wirksam, die andere
134 Abhandlungen.
von innen und aussen gegen jene ankämpfend, und es
handelt sich nicht mehr in erster Linie um sein Erreichen
eines selbst gesteckten Zieles, sondern um die Austragung
des grossen, ausserhalb alles irdischen Bereichs geführten
Kampfes, die Leitung der Handlung übernehmen uott und
Satan, und die früheren Functionen des Erdgeistes im
Drama gehen auf sie über. Daraus ergaben sich erhebliche
Schwierigkeiten für Goethe, zumal an der Stelle, wo die
grosse Lücke im Fragment begann.
Man ersieht das deutlich aus den Stellen, an denen in
den seit 1797 hinzugedichteten^ neuen Theilen des Erd-
geistes Erwähnung geschiehjt..
In dem neuen zweiten Monolog Fausts nach Wagners
Abgang werden alle Hauptmotive der Ergeistscene fast
wörtlich recapitulirt:
Du hast mich mächtig angezogen f V. 483) =
Hab' ich die Kraft dich anzuziehn oesessen (V. 624)
Die Brust, die eine Welt in sich erschuf.
Und trug und hegte, die mit Freudebeben
Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben
(V. 49iffO =
Ich, mehr als Cherub, dessen freie Kraft
Schon durch die Adern der Natur zu fliessen
Und, schaffend, Gölterleben zu geniessen.
Sich ahnungsvoll vermass (V. 618 ff.)
Ein furchtsam weggekrümmter Wurm (V.- 498) =
I>em Wurme gleich -ich, derc^n Staub durchwühlt (V. 65 3)
und Du erst noch Wurm (V. 707)
Geschäftiger Geist, wie nah fiihr ich mich dir (V. 511) =
Ich fühlte mich so klein, so ^grpss (V. 627)
Du gleichst dem Geist, den. du begreifst,
Nicht mir (V. ^12 f.) =
Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen (V.623) und
Den Göttern gleich ich nicht (V, 652)
endlicli das Zusammenstürzen Fausts beim Verschwinden
der Erscheinung, umschrieben in dem Verse:
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft (V. 622).
Die Zusammenstellung beweist, dass der Dichter in
Bezug auf die Fortführung der' Handlung nach Wagners
Abgang in Verlegenheit war. Er nimmt zur Wiederholung
seine ^flucht, zeigt den Helden in rathloser Verzweiflung
und lässt dann plötzlich den Gedanken des Selbstmordes
in ihm wach werden.
Der Erdgeist im Faust, 135
Welchen Zweck Goethe der Beschwörung jetzt unter-
legt, wird klar aus den Worten:
Du stiessest grausam mich zurücke,
In's ungewisse Menschenloos.
Also wollte Faust durch den Erdgeist zu einem über-
menschlichen, von höherer Gewissheit erfüllten, götter-
ähnlichen Dasein gelangen. Wie stimmt das nun zu den
Gefühlen, die beim Erblicken des Zeichens des Erdgeistes
seine Seele erfüllten:
Ich fühle Muth mich in die Welt zu wagen,
Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,
Mit Stürmen mich herumzuschlagen.
Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen?
bie scheinen doch deutlich genug die Einwirkung des
Erdgeistes so zu kennzeichnen, dass durch ihn eine leiden-
schaftliche Bethätigung im Erdenleben erregt wird. Klafft
da nicht ein völliger Gegensatz zwischen dem Früheren
und dem Späteren?
In dem Entschluss, den Faust in den ersten neun Versen
des Fragments von 1790 ausspricht, bezeichnet er fast mit
denselben Worten dasselbe, was hier im Gefühl der Nähe
des Erdgeistes in ihm lebendig wird, als die Absicht, die
er bei seinem Bunde mit Mephistopheles verfolgt:
Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist.
Will ich in meinem innern Selbst geniessen.
Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen,
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen,
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern.
Und, wie sie seiDst, am End' auch ich zerscheitem.
Ich verzichte darauf, hieraus neue Beweise für die
enge Verbindung von Erdgeist und Mephistopheles in
Unaust und Fragment zu .formen, weil sie vielleicht von
Ihnen als allzukühn zurückgewiesen würden. Die Ver-
suchung dazu liegt freilich nahe.
So viel scheint mir aber aus dem Angeführten mit
Gewissheit hervorzugehen, dass die Absicht rausts bei der
Beschwörung sich in der letzten Fassung beträchtlich ver-
schoben hat.
Wie steht es nun mit ihrer Wirkung? -Im Urfaust
kommt die Wirkung der Erscheinung auf Fausts Seelen-r
zustand nicht zum Ausdruck, weil die Handschrift un-
mittelbar nach dem ablenkenden Gespräch mit Wagner
abbricht. Dieses zeigt den Helden beruhigt, nachdem er
sich von der ersten gewaltigen Erschütterung, die ihn
zusammenbrechen Hess, aufgerafft hat. Erst die endgiltige
.1^6 Abhandlungen.
Fassung von 1808 zeigt ihn, als er wieder allein ist. Da
ruft er sich die ganze Erdgeistscene noch einmal ins Ge-
dächtniss zurück und der erste Zustand der Verzweiflung
wiederholt sich.
Er verzichtet auf alles Naturerkennen, auf jeden weiteren
Versuch, sich dem Geiste, der ihn beim ersten Ansturm
zurückgewiesen hat, auf andern Wegen im Bereiche des
Irdischen zu nähern, die Selbstvernichtung steht als einziges
Mittel vor ihm, sich zu der Götterwonne des Geister-
daseins, die er erstrebt hat, aufzuschwingen:
Hier ist es Zeit, durch Thaten zu beweisen,
Dass Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht.
Aber es ist nicht der Erkenntnisstrieb, der ihm die
Schale mit dem Gifttrank in die hand drückt, sondern nur
die Verzweiflung, das zeigen die Worte:
Und, war' es mit Gefahr, in's Nichts dahin zu fliessen.
Das zeigt auch die Anrede an den Erdgeist in dem
1815 geplanten Monodrama:
Ich sollte wohl im Jammer weilen.
Nachdem ich einmal dich geschaut.
Sieh mich entschlossen, sieh mich eilen.
Das Ende such ich, keine Braut.
Also diese Verzweiflung ist jetzt, in der Fassung von
1808, die einzige Wirkung, die die Erscheinung des Erd-
feistes bei Faust hervorbringt. Sie bleibt dramatisch ohne
olgen ; denn der Selbstmord wird nicht zur That. Auch
für die Abwendung von dem Streben nach unmittelbarer
Naiurerkenntniss fiegt die Ursache nicht darin, dass der
Erdgeist Faust zurückgewiesen hat. Zwar sagt er später
nach dem Abschluss des Vertrages (V. 1746 f.):
Der grosse Geist hat mich verschmäht.
Vor mir verschliesst sich die Natur,
und so scheint der Misserfolg der Beschwörung von Ein-
fluss darauf zu sein, dass er später den Pact mit dem Teufel
eingeht. Jedoch ist dieser schritt durch seinen Zustand
beim Beginn des Dramas vollkommen genügend motivirt
und ein innerer Zusammenhang zwischen dem Pact und
der Erscheinung ist nicht nachweisbar.
Der Erdgeist ist in dem Faustdrama von 1797 für die
Handlung entbehrlich geworden* ihr Fongang wird durch
seine Erscheinung nicht gefördert, sie bleibt, abgesehen
von der momentanen Wirkung, für Faust ohne alle Folgen.
Machen Sie nur die Probe auf aas Exempel! Streichen Sie die
ganzeErdgeistscene mit allen späteren Stellen, die sich auf sie
beziehen, aus dem Drama! Ich behaupte, dass sich dadurch
nicht die geringste Lücke in der Motivirung ergeben wird.
Der Erdgeist im Faust. 137
A.; Angenommen, dass dies richtig ist, warum hat
Goethe den Erdgeist nicht beseitigt?
B. : Ich erkläre mir das einmal dadurch, dass er die
grossartige, seit 1790 veröffentlichte Scene des Erdgeistes
nicht aufgeben wollte, da sie Fausts übermenschliches
Streben gut zur Anschauung brachte und für seine Ver-
zweiflung ein weiteres, freilich entbehrliches Motiv lieferte,
dann aber aus seiner Scheu vor Aenderungen in den bereits
veröffentlichten Theilen, die so gut wie wörtlich überein-
stimmend im Jahre 1808 von neuem erschienen. Deshalb
hat er auch die Stellen in den Scenen »Wald und Höhle«
und »Trüber Tag. Feld«, an denen der Erdgeist erwähnt
wird, nicht verändert, zumal da sich die dadurch bedingten
Widersprüche nur dem sorgsam Nachforschenden ergeben,
während der naive Leser des vollständigen ersten Theiles
ohne weiteres annimmt, dass an beiden (Jrten Gott gemeint
sei. Ich habe die Probe darauf bei zahlreichen gewissenhaften
Faustlesern, die von der Forschung über diese Fragen nicht
berührt waren, gemacht, und stets auf meine Frage, wer mit
dem erhabenen, dem unendlichen und dem grossen herrlichen
Geist gemeint sei, dieselbe Antwon erhalten, nämlich : Gott.
A.: Nun, das scheint doch wohl die Richtigkeit meiner
Ansicht trotz allem, was Sie dagegen vorgebracht haben,
zu bestätigen? i^--
B.: Das kann ich sowohl bejahen wie verneinen, und
in der Antwort, die ich zu geben habe, scheint mir die
Lösung des so viel umstrittenen Problems zu liegen.
In der ursprünglichen Gestalt des Faust wie im
Fragment ist die Einführung eines persönlichen Gottes als
mitnandelnde Person unmöglich, also lassen sich die An-
rufungen, um die es sich handelt, wenn nach ihrer ursprüng-
lichen Bedeutung gefragt wird,* nicht auf ihn beziehen ; sie
gelten vielmehr dem Erdgeist. In der abgeschlossenen
Dichtung aber sind sie nach dem Willen des Dichters als
an Gott gerichtet aufzufassen, trotzdem dabei einzelne
Widersprüche bestehen bleiben. Um diese zu erklären,
genügt es, auf die innere Entstehungsgeschichte des Werkes
und die Scheu des Dichters vor nachträglichen, nicht un-
bedingt nöthigen Aenderungen am Faust zu verweisen.
Dagegen führt jede einseitige Entscheidung für eine der
beiden Auslegungen zu unmöglichen Consequenzen.
A.: Mit diesem Ergebniss unseres Gesprächs erkläre
ich mich einverstanden. Hoffen wir, xiass alle, die gleich
uns an dieser wichtigen Frage der Faustforscbung Antheil
nehmen, unsrer Lösung derselben zustimmen werden.
lüur
Leonardos Abendmahl und
Goethes Deutung.
Von
Josef Strzygowski.
|ni Beginne des Jahrhunderts hatte Gius. Bossi die
ihm Dekannten Copien von Leonardos Abendmahl
in S. Maria delle Grazie in Mailand durchgezeichnet,
um auf dem Wege des Vergleiches zu einer möglichst
getreuen Wiederherstellung des fast zerstörten Originals
zu gelangen. Im Jahre 1810 veröffentlichte er dann seine
Abhandlung »Del cenacolo di Leonardo da Vinci.« Diesen
Arbeiten Bossis trat Goethe im Herbst 1817 näher. Karl
August halte Bossis Copien in Mailand erworben, am 16. No-
vember verzeichnet Goethe in seinem Tagebuche den Besuch
einer Ausstellung dieser Zeichnungen in Weimar, abends
liest er dann auch in Bossis Abhandlung. Vier Monate
steht die Beschäftigung damit in erster Linie, das Tage-
buch gibt Aufschluss über die schrittweise Entwicklung
der Studien Goethes, die Correspondenz mit Cattaneo und
Mylius in Mailand, über die Personen, denen Goethe seinen
eigenen Aufsatz vorlas oder zur Durchsicht übersandte,
endlich auch über andere Anregungen, die ihm von aussen
kamen, wie etwa Maler Müllers Aufsatz in den Heidel-
berger Jahrbüchern.'
' Im Goethe National-Museum findet sich überreiches Material für
Goethes Abendmahlsstudien, ebenso im Goethe- und Schiller-Archiv, auch
im VI. Bd. der Tagebücher passim.
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 139
Es ist nicht unsere Aufgabe, dieses allmäliße Werden
von Goethes Aufsatz »Joseph Bossi. Ueber Leonard da
Vinci Abendmahl zu Mailana« zu verfolgen. Wir greifen
nur die endgiltige Deutung heraus, die darin von Leonardos
Abendmahl gegeben wird. Sie ist uns so vollkommen in
Fleisch und Blut übergegangen, dass man nicht bald eine
Beschreibung des Bildes, wenigstens keine deutsche, finden
wird, in der nicht Goethes gedacht und seine Deutung als
»abschliessend« und »unübertrefflich« bezeichnet würde.
Im Nachfolgenden suche ich die Ueberzeugung zu be-
gründen, dass Goethe nicht richtig gedeutet hat. Der
Nachweis nöthigt mich, einen langen Weg einzuschlagen,
ich darf eine neue, eingehende Beschreibung des Bildes
nicht scheuen. Die Betrachtung wird dabei ausgehen vom
Originale selbst. Dort ist zwar nicht mehr viel zu sehen
und was da ist, sind zumeist Reste der seit dem Anfange
des 18. Jahrhunderts vorgenommenen Restaurationen. Be-
kanntlich war das Bild in einer für die in Betracht kommende
Wand ungeeigneten Technik gemalt und schon Lomazzo
und Vasari sahen es ein halbes Jahrhundert nach der Ent-
stehung als Ruine, von Farben entblösst (quasi afFato
annichüato) und 1674 wurde es einer untergehenden Sonne
verglichen.* Trotzdem ist in wesentlichen Punkten, wie
insbesondere für die Art der Vertheilung von Licht und
Schatten doch nur das Original selbst massgebend. Zur
Vergleichung wird Morghens Stich, von dem ja bekannt-
lich auch Goethe ausgelnt, zur näheren Bestimmung eine
Copie der Brera herangezogen werden, die mit dem
Namen des Cesare Magnus, eiiies Künstlers bezeichnet ist»
von dem aus den Jahren 1530 und 1553 Werke erhalten
sind.* Es wird dem Leser angenehm sem, diese drei Ver-
gleichsobjecte in den diesem Jahrbuchbande beiliegenden
Tafeln zur Hand zu haben.
Beschreibung. Im Vordergrunde eines tiefen Saales,,
der sich in der Schlusswand mit drei Fenstern nach einer
Landschaft öffnet, sehen wir an der Rückseite eines quer
gestellten schmalen Tisches eine Gesellschaft von Männern.
Es tritt deutlich eine Mittelfigur und zwei Gruppen zu je
drei Gestalten auf jeder Seite hervor, also im Ganzen 12
bezw. 13 Personen, die wir in der Beschreibung der Reihe
nach von der Mittelfigur aus nach rechts und links mit
fortlaufenden Zahlen von i — 6 bezeichnen wollen, so dass
' Vgl. die Belegstellen bei Bossi a. a. O. S. 26 flF.
* Vgl. Crowe und Cavalcaselle, Gesch. d. ital. Malerei, deutsche
Ausgabe VI, S. 93 Anm. und Lermolieff, Kunstkrit. Studien, die GaU
zu Berlin S. 123.
140 Abhandlungen.
also R. 6 d. i. Rechts 6 die äusserste Figur rechts, L. i d. i.
Links I diejenige Gestalt links, ist, welche sich zunächst
an die Mittelfigur anreiht.
Die Mittelfigur sitzt in Vorderansicht da und legt,
indem sie den Kopf ganz leicht nach vorn und nach der
Seite neigt' und die Au^en niederschlägt, beide Hände auf
den Tisch. Der Kopf ist der eines etwa 30— 40jährigen
Mannes. Er wird von reich auf die Schultern herab-
wallendem Haar, das in der Mitte gescheitelt ist, umrahmt,
hat eine breite, nicht zu hohe Stirn, fleischige Augen-
partien, lange, etwas überhängende Nase, einen breiten
Mund mit aufgeworfenen Lippen und spärlichen Bart. Der
kräftig modellirte Hals wird von dem halbrunden Aus-
schnitt eines Untergewandes umrahmt, das, inmitten des
Saumes durch eine Agraffe geschlossen, in radial geord-
neten Steilfalten herabfällt. Quer darüber nach der linken
Schulter zieht sich ein Mantel mit hellem Ueberschlag,*
der sich, über den Arm herabfallend, nach der Hand zu
aufbauscht. Die Hand ist kurz und breit; sie liegt mit der
Handfläche nach oben offen auf dem Tische. Die andere
dagegen richtet sich mit der Fläche nach unten, die Finger
sind auseinandergespreitzt und gekrümmt erhoben, während
Ballen und Daumen auf der Tischplatte ruhen. Bei Magnus
sieht man unter dem Tische deutlich die übereinanderge-
schlagenen Füsse.
Von der links anschliessenden Gruppe sitzt 1 in Drei-
viertelansicht nach rechts gewandt da, nat die Hände mit
verschränkten Fingern auf dem Tisch liegen und bildet im
Uebrigen eine Art Seitenstück zur Mittelngur, der sie auch
in Kopftypus und Gewandung sehr ähnlich sieht; nur ist
das Gesicht bartlos und der Kopf stärker geneigt. Neben
ihr sitzt 2 ebenfalls in Dreiviertelansicht nach rechts, aber
mit energischer Bewegung des Oberkörpers nach dem
Beschauer zu, wobei der last über die Mitte des Tisches
vorgeschobene rechte Arm ein Salzfass umwirft.' Während
er in dieser Hand etwas wie einen Beutel hält, ist die linke
vorgestreckt und ruht mit Ballen und Daumen auf der
Tischplatte, die Finger sind wieder erhoben. Es fällt auf,
dass aiese Hand im Gegensatz zu den weissen Händen der
beiden vorherbeschriebenen Gestalten bei Magnus ein dunkles
Incarnat zeigt. Der sehr nervige Hals wächst aus einem
' Morghen hat die Neigung sehr verstärkt.
' Bei Magnus und Morgnen ist es dieses typisch leonardeske Motiv
verschwunden.
J Dasselbe fehlt heute im Original, ist aber nicht nur bei Morghen,
sondern auch bei Ma^us vorhanden. Auch ist es wahrscheinlich, dass
Leonardo dieses unheilverkündende Geschehniss dargestellt hat.
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 14 1
Untergewand und einem Mantel hervor, der auf der rechten
Schulter zurückgeschlagen ist. Der auffallend scharf im
Profil hervortretende dunkle Kopf ist von kurzem krausem
Haar bedeckt, hat niedrige Stirn, stark überhängende, ge-
bogene Nase, tiefliegende Augen, zusammengekniffenen
Mund und kurzen, vorspringenden Bart. Der Mann wendet
den Kopf nach rechts und etwas zurück, wo hinter ihm
L. 3 ein Greis hervorkommt, der seine linke, nach der
Mitte weisende Hand auf die Schulter von L. i legt, indem
er zugleich seinen Kopf dicht demjenigen des andern nähert.
Er hat spärliches Haar, kräftige Nase, kurzen Bart; seine
Augen smd halb gesenkt, der Mund geschlossen.' Er ist
von seinem Sitze aufgestanden und beu^t sich über die
Schulter von L. 2, inoem er die rechte Hand hinter dem
Rücken dieses Vordermannes mit einem Messer in die
Seite stenimt.
Der zweite Dreiverein auf dieser Seite ist um die Tisch-
ecke gruppirt. L. 4 ein langer, hagerer Greis, sitzt in
Vorderansicht da und hält, den Kopf^ erhoben nach rechts
hin wendend,' beide Hände often vor der Brust. Der kahle,
nur mit einem Flaum von Haaren bedeckte Schädel hat
niedrige Stirn und einen überaus langen Unterkiefer, der
durch den Bart noch verlängert wird; die Nase hängt über
den nach oben geschobenen, zahnlosen Mund herab, die
fleischlosen Wangen und der eingefallene Hals vollenden
das Bild eines alten Mannes. Er ist mit einem Untergewand
bekleidet, das um den Hals mit Saum und Sckmuckstück
versehen ist und im Original wie bei Morghen in einer
halbrund schliessenden Falte, bei Magnus in einer reich
bewegten Masse von Steilfalten herabfällt, von denen be-
sonders die mittlere wegen der Analogie in Leonardos
Grottenmadonna Beachtung verdient. Darüber ein beide
Schultern bedeckender Mantel. Die Hände stehen sich mit
den abgespreitzten Daumen gegenüber, die Handflächen
sind nach vorn geöffnet. — An die Schulter dieser Gestalt
lehnt sich, ähnhch wie L. 3 auf die von L. i, L. 5, ein
Mann, dessen Kopf dem der Mittelfigur gleicht, nur ist er
ins Profil gestellt. Auch die Gewandung ist ähnlich. Indem
er mit der rechten, auf die Schulter des Vordermannes ge-
legten Hand einen Halt sucht, greift er mit der linken
hinter dem Rücken des Greises nach dem Arm von L. j,
den er mit den Fingerspitzen berührt. — Die letzte Gestalt
L. 6 ist aufgestanden; die Beine kreuzend, lehnt sie den
* Morghen hat den Ausdruck ganz verzerrt und den Mund geöffnet.
* Bei Magnus und Morghen geschieht dies viel energischer als
heute im Original.
142 ABa^NOLUNGEN.
Schooss an die Tischkante und blickt, sich mit aufgestützten
Armen weit vorneigend, ungemein scharf nach rechts und
abwärts, also nicht auf die Mittelfigur; der fixirte Punkt
muss vielmehr vor und unter deren Kopf liegen. Morghen
hat das besonders auffallend hervorgehoben. Auf kräftigem
Nacken sitzt ein krauser Kopf, dessen gefaltete Stirn
{'Magnus), starrende Augen und zusammengepresster Mund
die gespannteste Aufmerksamkeit verrathen. Sein Unter-
gewand zeigt den unten engen, über dem Ellenbogen aber
abgebundenen und gebauschten Aermel, den Leonardo so
oft verwendet, dazu einen Mantel, dessen Enden auf der
rechten Schulter in einen Knoten geschlungen sind und
der dann, quer über Brust und Schulter herabfallend, vorn
zu einem auf dem Tische liegenden Bausch aufgenommen
ist. Während die rechte Hand fest aufgestützt ist,* berührt
die linke bei Magnus den Tisch nur wie tastend mit den
Fingerspitzen, wodurch der aufmerksam beobachtende Aus-
druck aer Gestalt ungemein erhöht würde. Doch muss
bemerkt werden, dass sowohl im heutigen Original, wie
in den Stichen von Soutmann (nach Rubens) und bei
Morghen auch die linke Hand, der rechten entsprechend,
als Armstütze benutzt ist und breit auf der Tischplatte liegt.
Gehen wir nun auf die rechte Hälfte der Tischgesdl-
schaft über, so sitzt der Mittelfigür zunächst ein Mann in
ähnlicher, nur noch heftigerer trregung wie L. 6. Auch
er hat die Augen starr vor sich hingerichtet. Hier ist jeder
Zweifel ausgeschlossen: er blickt nicht auf die Mittelfigur
selbst,' sondern auf einen Punkt vor derselben, etwa in
der Umgebung ihrer rechten Hand. Starres Entsetzen malt
sich auf seinen Zügen: der Mund ist aufgerissen, die Augen
wie gebannt. Dabei fährt der Oberkörper zurück und die
Arme zucken wie im Anprall auseinander. Der Kopf wird
von reichem Lockenhaar und einem kurzen, getheilten Bart
umrahmt, die Gewandung besteht aus dem Unterkleid
allein, das, um die Hüften gegürtet und am Halse durch
«inen Saum mit AgraflFe verziert, in reichen Falten, ähnlich
wie bei L. 4, über die Brust herabfällt und sich am Ober-
arm aufbauscht. Man beachte nun von den geöflfnet er-
hobenen Händen die linke, welche der Tischplatte nahe
kommt. Dieselbe hatte während des 18. Jahrhunderts
scheinbar 6 Finger und gab damaligen Besuchern des
^ Bei Magnus hält sie dabei eine Art Serviette.
' Wie der Mann dreinschauen müsste, wenn die Mittelfigur sein
optisches Ziel wäre, vergegenwärtigt die geänderte Kopfstellung bei
Luini, der in der Kreuzigung in S. Mauriziq in Mailand von dieser
Figur des Leonardo Gebrauch gemacht hat.
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 143
Cenacolo mehrfach Anlass zu allerhand Bemerkungen.' Die
Sache löst sich, wie man bei Magnus sehen kann, so, dass
unter dieser Hand von R. i eine zweite lag, die, da man
beide Hände von R. 3 sieht, nur zu R. 2 gehören konnte.
Im vorigen Jahrhundert war davon deutlicn ein Finger zu
sehen, den man zur Hand von R. i zog. — R. 2 hatte
also eine Hand auf der Tischkante liefen, genau darunter
kommt bei Magnus unter der Tischplatte auch der linke
Fuss dieser Gestalt hervor, welcher, schief gestellt und
halb erhoben, deutlich erkennen lässt, wie die Gestalt
mit dem Oberkörper nach links hin ausfällt. Also ist auch
hier eine momentane, heftige Bewegung gegeben. Darauf
deuten auch Kopf und Hand, die links neben R. i hervor-
kommen. Der krause, bärtige Kopf ist erhoben und blickt
mit emporgezogenen Brauen auf die Mittelfigur; dabei ist
der Mund geschlossen und die Hand bis auf den nach oben
gestreckten Zeigefinger geballt. — Ueber die andere Schulter
von R. I beugt sich R. 3, ein bartloser Jüneling, der auf-
festanden ist und die Hände so erhoben nält, dass die
ingerspitzen die Mitte der Brust berühren. Auffallend ist,
dass auch er eigentlich nicht nach der Mittelfigur blickt,
sondern dass der Blick des vorgestreckten und leicht vom
Beschauer abgeneigten Kopfes an dieser vorüber und (bei
Magnus) wieder nach jenem Punkt gerichtet scheint, den
L. 6 und R. i fixiren. Auch drückt das Gesicht bei Magnus
und Morghen mehr Entsetzen als Gefühlsweichheit aus.
Die Gestalt ist in einen Mantel gehüllt, der, den Hals-
ansatz freilassend, vorn durch eine Agraffe zusammenge-
halten wird und dann über die Schultern herabfällt. Auf
der linken Seite ist er aufgenommen und in einem Bausch
unter den Arm geschoben.
Die letzte Gruppe des Bildes rechts ist wie drüben um
die Tischecke geordnet. Von den drei Gestalten sind R. 4
und R. 6 in engere Verbindung gesetzt. R. 6, die letzte
Figur an der Schmalseite des Tisches, wie L. 4 ein Greis,
der bei Rubens, Morghen und heute auch im Original bärtig,
bei Magnus aber und auch in einer theilweisen Wieder-
holung dieser Bildseite in dem Kreuzigungsbilde des Luini
in S. Maurizio zu Mailand,* ohne Bart gegeben ist. Letzteren
Typus möchte man lieber angewendet sehen, weil es
sonderbar ist, dass Leonardo emen seiner Lieblingsköpfe
in dem Bilde überhaupt nicht verwerthet hat. Auch oei
dieser Gestalt vereinigen sich alle Merkmale zum Bilde
' Man lese bei Bossi S. 64 ff. nach, was Cochin 1758, La Lande
1765 und Gallarati 1779 sagen, dazu die Aufklärung von Bossi S. 99.
* Phot. von Brogi 7350.
144 Abhandlukgek.
eines hageren Greises : die niedrige, kahle Stirn, die herab-
hängende Nase, der emporgeschobene Mund, das vor-
quellende Kinn und die mageren Wangen. Der sehnige
Hals tritt frei aus einem ähnlich wie bei R. 3 umgeworfenen
Mantel hervor, welcher auf der linken Schulter mit einem
Uebefschlng aufliegt. Die Gestalt sitzt etwas in sich zu-
sammengesunken da, erhebt beide Hände offen, mit der
Handfläcne nach oben vor sich und blickt mit zusammen-
gezogenen Brauen nach R. 4, einem bartlosen Manne, der,
aufgestanden, heftig nach ihm hinfährt und mit beiden
Armen energisch nach der entgegengesetzten Seite, d. i.
nach der Mitte weist.' Morghen hat ihm antikrömische
Züge gegeben, davon findet sich sonst keine Spur; wie
denn überhaupt Leonardo nie der Antike zu Liebe die
eigene Beobachtung zurücksetzt. Vielmehr hat er das derbe
leonardeske Gesicht, w^elches stets erst durch den Ausdruck
verklärt wird. Die Hände weisen energisch nach der Mitte,
ohne dass durch die Finger eine bestimmte Stelle fixirt
würde. Zwischen den beschriebenen beiden Gestalten er-
scheint R. 5 so, dass man nicht erkennt, ob er sitzt oder
steht. Man sieht nur Oberkörper und Kopf, j)eide nach
rechts gewandt, der letztere von reichem Haar und Bart
umrahmt. Die Augen sind bei Magnus und Morghen stark
in die Ecken links, d. h. nach der Mitte zu gerichtet, ob-
wohl die Gestalt nicht im Stande ist, dahin zu blicken.^
In diese Richtung weist auch der Daumen der erhobenen
rechten Hand; die linke dagegen liegt mit der Handfläche
nach oben auf dem Tisch und wird, indem sie ebenfalls
die Richtung nach der Mitte hat, wie vom Oberkörper
nachgeschleift.
Alle diese Personen nun sind bei einem Gastmahle
vereint. Der lange, schmale Tisch steht auf vier Blöcken
und ist mit einem weissen, an den Enden schön gebordeten
Linnen, an dem die Liegefalten deutlich ausgeprägt sind,
bedeckt ; die Enden hängen, in einen Knoten geschlungen,
an den Ecken herab. Auf der Tischfläche herrscht ein
buntes Durcheinander von Schüsseln, Gläsern, Broten und
Früchten. Bei näherem Zusehen lässt sich nach dem Ori-
ginal und Magnus feststellen, dass zu jedem der 13 Theil-
nehmer ein tiefer leerer und ein flacher gefüllter Teller
davor, ein halbgeleertes Glas, ein Brot und ein Apfel ge-
hört, dass ferner auf jeder Tischseite je eine grössere
Schüssel mit Fischen, eine zierliche Flasche und je zwei
* Bei Luini in der Kreuzigung thut er dies, indem er den Mund
mit lebhaftem Z»r»f öffnet.
^ Im heutigen Original und bei Rubens blickt er R. 6 an.
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 145
Salzfässer stehen, vor der Mittelfigur ferner eine leere,
grosse Schüssel. Das Gastmahl war also im schönsten
Gange, die Speisenden sassen dicht gedrängt an drei Seiten
nebeneinander und Hessen die vordere Langseite frei.
Eine wesentliche Rolle in der Linear-, wie Lichtcompo-
sition spielt der Raum, in dem das Mahl stattfindet. Darin
ist das Original ganz einzig, das hat keine der Copien in
§ leicher Wirkung nachahmen können. Es muss auffallen,
ass Leonardo für seine Breitcomposition einen tiefen Längs-
raum nahm, von dessen Lichtmjellen wir nur im Hinter-
grunde zwei Fenster und eine Thür sehen, die sich nach
einer sonnendurchleuchteten Landschaft öffnen. Die Absicht
ist die, dass von dort aus bis zu den Speisenden nur wenig
Licht dringen, sie daher in einem Halbdunkel sitzen und
nur da heller hervortreten sollen, wohin Leonardo Theile
einer Lichtquelle vordringen lässt, die von links oben ein-
fällt und sich in warmer Sättigung auf der rechten Seiten-
wand ausbreitet. Das alles ist bei Morghen ganz entstellt,
bei Magnus unverstanden. Dazu kommt eine ungemein
reich entwickelte Linearperspective, die den schon durch
das Licht geweiteten Raum noch überraschender zurück-
treten lässt. Die das ganze Bild umrahmende Profilleiste
ist so dargestellt, als wenn sie von oben in den Raum ein-
schnitte, eine prächtig wirkende Idee, die auch wieder nur
im Original zur vollen Geltung gelangt. Die Decke ist
fetäfelt, dominirend treten dabei die Längsstreifen hervor,
eren Richtung auch an den Seitenwänden durch den oberen
Rand von vier in Abständen aufgehängten Brokatteppichen
und kleinere oblonge Felder dazwischen festgehalten wird.
Sogar der Boden ist und zwar, wie sich zeigen wird, mit
ganz bestimmter Absicht längsgestreift. Der Augpunkt
aller dieser Linien liegt ungefänr auf der Stirn der Mittel-
figur, deren Kopf sich vom hellen Grund einer geöffneten
Thür abhebt, über der sich ein profilirter Architrav mit
einem auf Consolen ruhenden Rundgiebel erhebt. An der
Landschaft ist im zerstörten Original heute noch die
wunderbare Lichtfülle bemerkenswerth. Man erkennt von
den Einzelheiten nur so viel, dass es sich um eine Hügel-
landschaft handelte, etwa in der Art, wie sie Magnus an-
deutet.
Composition. Die lange Reihe isokephal geordneter
Menschen hat an und für sich durchaus nichts Anziehendes,
obwohl der Künstler bemüht war, sie für sich und im
Zusammenhange mit dem Räume zu gliedern. Die Auf-
lösung in vier Gruppen zu je dreien um die Mittelfigur ist
.bereits von Goethe hervorgehoben, ebenso, dass die beiden
seitlichen untereinander durch das Uebergreifen der Hände
Goethe-Jahrbuch XVII. 10
146 Abhandlungen.
von L. 5 und R. 4 verbunden sind. Zwischen der Mittel-
figur und ihrem Nachbar L. i klafft eine dreieckige Lücke,
dieselbe tritt als Caesur, aber stark verdeckt, auch auf der
andern Seite zwischen der Mittelfigur und R. i, dann
zwischen L. 3 und 4 und R. 3 und 4 hervor. — Viel weniger
auffallend und daher bisnun unbeachtet ist eine andere
Trennung der Gruppen, die in die Linien des Gesammt-
raumes üDergreift. Die Mittelfigur bildet an sich ein Drei-
eck. Dasselbe hat seine Fortsetzung nach unten in den
Bodenstreifen, deren nach Magnus im Ganzen vier auf jeder
Seite sichtbar gewesen sein dürften.* Davon laufen die
beiden mittleren, auf denen die inneren Füsse der mittleren
Tischböcke stehen (Alles im Original durch die später aus-
gebrochene Thür entfernt), genau bis zur Breite der dar-
über hervorkommenden, rückwärtigen Thür zusammen, die
beiden folgenden, auch im Original sichtbaren, bilden schein-
bar die Verlängerung des Dreiecksaufbaues der Mittelfigur.
Die nächsten laufen genau auf den Einschnitt zwischen den
seitlichen beiden Gruppen hin und die letzten schliessen
die ganze Reihe ab. tu diesem Eingriff der unteren Partien
gesellt sich ein solcher von oben. Man hat bemerkt, dass
sich L. 3 und R. 3 vorneigen; sie bilden die Grenzen der
ersten Seitengruppen, ihre Bewegung wird unten durch die
Streifen aufgenommen. Oben aber münden auf ihre Köpfe
die senkrecnten Linien, welche die hinteren Ecken des
Raumes bilden und der Rundbogen über der Thür ver-
bindet sie zu einer etwa halbrunden Mittelpartie. Freilich
sieht man das gut nur im Originale.
Ihren Reiz Ijekommt diese Composition nun aber doch
erst durch die wunderbare Beleuchtung. Es wurde bereits
oben gesagt, dass die auffallende Wahl eines tiefen Raumes
für eine Quercomposition nur mit Rücksicht auf den
Wunsch des Künstlers, ein Helldunkel herzustellen, erklärbar
ist. Dazu kommt eine überaus lebendige Bewegung der
Atmosphäre, die durch die Begegnung des von rückwärts
und unten einfallenden spärlichen Lichtes mit der von links
und oben eindringenden eigentlichen Lichtquelle erzeugt
wird. Die Wirkung des ersteren ist auf der linken, die des
letzteren concentrirt auf der rechten Wand zu beobachten,
wobei noch das Reflexlicht eine hervorragende Rolle spielt.
Deutung. Dargestellt ist das Abendmahl Christi. Wir
sehen den Erlöser selbst in der Mitte, zu seiner Linken
offenbar Johannes, den Simon Petrus L. 3, durch Messer und
' Morghen ist hier ganz abweichend auch darin, dass er sie hell
auf dunklem Grund gibt. Im Original und bei Magnus ist das gerade
umgekehrt.
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. I47
Kopftypus charakterisirt, an der Schulter berührt, zwischen
Beiden unzweifelhaft Judas. Die Bezeichnungen der übrigen
Apostel sind schwankend, wenn man sich nicht, wie das
Bossi (S. 76 ff.) gethan hat, an die Inschriften hält, welche
in einer alten Copie des Bildes in Ponte Capriasca jede
einzelne Figur begleiten. Danach entspricht es unserer
Erwartung, wenn Andreas L. 4 neben seinem Bruder Petrus,
Jacobus major R. i seinem Bruder Johannes gegenüber
gesetzt ist. Schon Bossi hat versucht, die übrigen Apostel
auch ikonographisch zu beglaubigen. Für uns sind ihre
Namen bedeutungslos; wir bedienen uns der eingeführten
Numerirung und werden, wo dies wünschenswerth er-
scheinen dürfte, den gebräuchlichen Namen in Klammern
dahinter setzen.
Was uns an dieser Stelle zunächst ausschliesslich an-
geht, ist die Frage nach dem Moment, welchen Leonardo
dargestellt hat. Nach den evangelischen Berichten verläuft
die Handlung in zwei Phasen, anknüpfend an zwei Aus-
sprüche Christi, davon der erste das »Wahrlich, ich sage
Euch, einer unter Euch wird mich verrathen,« worauf die
Jünger betrübt Christus und einander fragen, wer das wohl
sein könnte: Bin ichs? und der andere: Bin ichs? Das
Johannesevangelium mit dem Zusatz: Simon Petrus habe
einem, der an Jesu Brust lag, gewinkt zu fragen. Darauf
die zweite Aeusserung Christi: »Der mit der Hand mit mir
in die Schüssel taucht, der wird mich verrathen.« Dann
folgt die Einsetzung des Sacramentes.
Welchen Moment nun hat Leonardo gewählt? Es ist
bekannt, wie Goethe deutet: »Das Aufregungsmittel, wo-
durch der Künstler die ruhig heilige Abendtafel erschüttert,
sind die Worte des Meisters: »Einer ist unter Euch, der
mich verräth!« Ausgesprochen sind sie, die jganze Gesell-
schaft kommt darüber in Unruhe ; er aber neigt sein Haupt
gesenkten Blickes; die ganze Stellung, die Bewegung der
Arme, der Hände, Alles wiederholt mit himmlischer Er-
febenheit die unglücklichen Worte, das Schweigen selbst
ekräftigt: Ja, es ist nicht anders! Einer ist unter Euch,
der mich verräth!«
Goethe steht mit dieser Erklärung nicht allein; viel-
mehr hat schon der Freund Leonardos, Luca Pacioli, der
mit dem Künstler gerade in der Zeit, in welcher das
Abendmahl fertig wurde (1496—14^9), regen Verkehr hatte,
diese Deutung ausgesprochen (Divina Proportione cap. III ' :
»non fc possibile con maggiore (attentione) vivi gli apostoli
imaginäre al suono de la voce delP infallibil veriti, quando
' ed. Winterberg S. 41.
10*
148 Abbandluiksm.
disse: Unns vestrnm me traditums est.« In ähnlicher
Weise deuten Vasari, Lomazzo vu A. Heute ist diese Auf-
fassung allgemein. Und doch ist sie meines Erachtens
falsch. Denn welcher Moment dieser ersten Phase der
Verrathankündigung sollte denn dargestellt sein? Offenbar
nicht der unmittelbar darauffolgende, denn die Gesellschaft
muss bereits Zeit gehabt haben, sich der Bedeutung der
Worte bewusst zu werden und Stellune dazu zu nehmen.
Goethe empfindet das auch und lasst Christus durch sein
Schweigen, die Neigung des Hauptes und die Bewegung
der Hände das Ausgesprochene bekräftigen. Was soll aber
in diesem Falle die Bewegung der rechten Hand Christi
und vor Allem das heftige, momentane Entsetzen, das
den ihm unmittelbar benachbarten Apostel R. i erfasst?
Warum starrt der so gebannt nach der rechten Hand
Christi, warum wird auch der Blick von L. 6 so intensiv
von demselben Punkt oder einem in unmittelbarer Nähe
liegenden gefesselt? Goethe hat das zu erklären gesucht,
indem er annimmt, R. i (Jacobus d. Aelt.) starre vor
sich hin wie Einer, der das Ungeheure, das er durchs
Ohr vernimmt, schon mit Augen zu sehen glaubt und
L. 6 (Bartolomäus) lässt er horchen, was Johannes vom
Herrn ausfragen wird. Das ist doch gewiss nicht über-
zeugend.
Und nun, nachdem der Zweifel an der verbreiteten
Deutung geweckt ist, sehen wir eine Stelle des Bildes
genauer an, die nämlich, wo die Hände Christi, Johannis
und des Judas sich in einer Gruppe gegenüberstehen. Es
will mir scheinen, dass hier ein dramatischer Augenblick
gegeben ist, der den Schlüssel zum Verständniss des ganzen
Bimes liefert. Christus, dessen Hand noch mit Ballen und
Daumen aufliegt, erhebt die Handfläche. Dabei muss auf-
fallen, dass die Finger etwas stark vom Daumen abgespreitzt
sind und sich nach links richten. Dort steht eine Schüssel
und auf der andern Seite derselben gewahren wir die Hand
des Judas, die, wie durch magische Gewalt getrieben, in
der Bewegung^ der Hand des Erlösers folgt, bezeichnend
ist, dass im Original die Hand Christi etwas weiter von
der Schüssel entfernt ist, als die des Judas, dessen Finger-
spitzen direct über ihrem Rande stehen. Christus wird,
seinen Gestus beibehahend, die Hand leise der Schüssel
nähern und dabei die des Judas gebannt halten. In dem
Moment aber, wo Christus die Finger in die Schüssel fallen
lässt, werden auch die des Judas sinkend den Rand be-
rühren und der. Verräther wird gefangen sein. Leonardo
hat einen höchst dramatischen Augenblick dieses Vorganges
gewählt, er lässt ihn überdies vor einer, den Eindruck
Leonardos Abendmahl- und Goethes Deutung. 149
tnultiplicirenden Folie vor sich geben: vor den- rührend
schlicht gefalteten Händen des Johannes.^
Ich kann mir nicht denk^,. däss diese Compositipn
<ier Hände eine nebensächliche Rolle spielen sollte, .wie das
bei der Goethischen Deutung der Fall wäre. Goethe hat
den Gestus der rechten Hand Christi nicht ausdrücklich
erklärt, aber man muss . annehmen, dass auch er sie für den
Ausdruck der Bestätigung des angekündigten Verratheg an-
sieht. Wie ist das nur möglich? Das besagt doch die linke
Hand: Ja, es ist nicht anders! Einer ist unter euch, der
mich verräthl Dazu aber gesellt sich wie die Unke zur
rechten Hand sofort das folgende: Der die Hand rnit mir
in die Schüssel taucht, der wird mich verrathen. . Und
Christus erhebt die, Hand, die des Judas folgt ihm. Entset«
fährt R. I (Jacobus d. Aelt.) zurück,, seine Augen starren
wie gebannt nach der Schüssel, auch L. 6 (Bartolbiriäus)
bemerkt die Bewegung der Rechten Christi und auch er
folgt athemlos jeder ihrer Regungen, ebenso scheint auch
R. 3 (Philippus) in dem Moment, wo er nach Goethe sich
zu Christus hinwendend versichert: »Herr ich bins nicht!«
u. s. f., die Bewegung der Hände zu bemerken und sein
Blick bleibt mitten in der gefühlvollen Versicherung, daran
haften. Ich denke R. i allein widerlegt Goethe.
Und. was ist's denn mit allen anderen Jüngern? Warum
fühlt sich jeder einzelne von ihnen persönlich : getroffen ?
Goethe hat, um das lebhafte Spiel der Hände zu erklären,
eine Einleitung über den nationalen Hang der Italiener,
lebhaft mit den Händen zu gesticuliren, gemacht. Ist es
wirklich dieser Zug, dem Leonardo hat Rechnung tragen
wollen? Oder liegt der Grund nicht vielmehr in dem dart
festeilten Augenblick? Es muss doch auffallen, dass alle
'heilnehmer ausnahmslos beide Hände sehen lassen. Für
R. 2 (Thomas), wo dies nach dem heutigen Zustande des
Bildes und dem Stich Morghens hätte verneint werden
können, ist die zweite Hana durch alte Copien und die
Fabeleien des vorigen Jahrhunderts bezeugt. Bei einzlelnen
Gestalten sieht die Art, wie die Hände sichtbar gemacht
sind, ja sehr natürlich aus, so bei L. i, 2 und 6, R. i, 3
und 4. Bei den beiden Greisen L. 4 und R. 6 sind sie
ostentativ vorgewiesen. Und bei L, 3 und 5/R. 2 und 5
hat Leonardo offenbar Schwierigkeiten gefunden, beide
Hände sehen zu lassen; er musste etwas auf die Nachsicht
oder Oberflächlichkeit des Beschauers rechnen, vollkommen
klar und nothwendig sind die Handbewegungen der letzt-,
genannten sicher nicht. Wozu nun alle 24 Hände, im Falle
Goethe techt hat?
Ich denke, das Alles sind Gründe genug zur Entschul-
1 50 Abhandlungen.
digung, wenn ich es nunmehr wage, dem Bilde eine andere
Deutung zu geben als Goethe und so viele vor ihm, unter
ihnen auch Luca Pacioli. Gegenüber diesem letzteren, bei
dem der Irrthum schwer verständlich ist, will ich zur Er-
klärung nur auf die Warnung verweisen, die schon Bossi
(S. 14) an den Leser vor zu grossem Vertrauen in die Mit-
theilungen dieses Autors richtet: Parmi dover qui avvertire
essere necessario di procedere con cautela nel prestar fede
alle propositioni di questo autore. Uebrieens mag Luca
sich nicht viel Gedanken über den eigentlichen Moment
der Handlung gemacht haben. Es genügte ihm eben, dass
ein solcher nach der Verrathankünaigung gegeben war.
Inhalt. Bevor ich darauf näher eingehe, muss vor-
ausgeschickt werden, dass das Ganze als eine Art Panto-
mime gegeben, d. h. dass keine Person sprechend gedacht
ist. Nur R. I öffnet den Mund, offenbar aber nicht um zu
sprechen, sondern vor Entsetzen. Auch Petrus, den Morghen
sprechen lässt, hat den Mund geschlossen. Leonardo, der
die Ausdrucksmittel der Malerei für die bedeutendsten aller
Künste hält, will durch die Geberdensprache allein wirken
und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammen-
fassen.
Das gelingt ihm wahrhaft gross bei Christus. Während
der Kopf den seelischen Zustand des Erlösers: Trauer,
Ergebung spiegelt, gibt die offen daliegende Linke die klare
Bestätigung für den unabwendbaren v errath ; die Rechte
aber geht weiter, sie ciiirt bereits mit furchtbarer Ruhe
den Verräther. Dieser selbst ahnt nicht, was seine Linke
thut. Denn im Innersten getroffen und ängstlich um seine
Entdeckung besorgt wie er ist, bringt ihn Petrus, der sich
schwer au? seinen Rücken lehnt, aus der Fassung. Sich
voll Misstrauen halb nach diesem umblickend, verliert Judas
Christus aus den Augen und es geschieht so das, was er
vermeiden will. Goethe deutet die Bewegung seiner Linken
als unwillkürlich krampfhaft, als ob er sagen wollte: Was
soll das heissen? was soll das werden? Gewiss, zugleich
aber wird sie auch zum Verräther. Das war es ja, was
Leonardo jedenfalls viel Ueberlegung gekostet hatte, wie
Judas dazu gekommen sein kann, sich selbst zu verrathen.
Johannes fühlt sich ganz eins mit Christus, er leidet
mit ihm und es fällt ihm gar nicht ein daran zu denken,
dass ja auch er selbst mit zu den Betroffenen gehören
könnte. Desshalb hat Leonardo den Petrus, welchen er
aus compositionellen Gründen und desshalb nach rechts
überbeugen musste, damit das gezückte Messer direct in
Judas Flanke rücken sollte — ein Motiv, dessen Wirkung
ja schon Goethe glücklich erkannt hat — desshalb hat
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 151
Leonardo den Petrus dargestellt, wie er den in sich ver-
sunkenen Johannes auf das, was in der Mitte vorgeht, auf-
merksam macht. Dazu aber bedarfs keiner Worte, die hin-
weisend ausgestreckte Hand Petri liegt ja knapp vor des
Jüngers Augen.'
L. 4 TAndreas) blickt nach der Mitte, entsetzt vielleicht
wie Goetne will; er weist die Hände vor, als wollte er
sagen: »Na, ich habe sie gewiss nicht im Spiel.« L. 5
(lacobus d. Jung.) ist offenbar ein Lückenbüsser. Das
Uebergreifen der linken Hand ist ebenso aus compositio-
nellen Rücksichten geboten, wie theilweise dasjenige des
Petrus. Die vorgestreckte Hand soll einfach die heiden
Gruppen der linken Seite verbinden, wie rechts die Hände
von R. 4. Im Uebrigen hat Leonardo nicht viel Platz für
ihn- freimachen können, wenn er an seiner Eckfigur L. 6
festhalten wollte. Daher lässt er L. 5 die zweite Hand,
um sie zu zeigen, auf die Schulter seines Vordermannes
legen; ein wirklich lebensvolles Eingreifen war er nicht
im Stande ihm zuzutheilen, auch nicht, wenn man das Bild
in Goethes Sinne deutet.*
L. 6 (Bartolomäus) hatte ruhig mit gekreuzten Beinen
beim Essen gesessen. Der erste Ausspruch Christi macht
ihn aufhorchen, ohne dass er seine sitzende Stellung wesent-
lich ändert. Als aber die Bezeichnung des Verräthers an-
fekündigt wird, da springt er auf. Die Füsse zwar bleiben,
amit er nicht Zeit verliere, in der alten Stellung, genau
entsprechend Leonardos Grundsatz: »Bei der Bewegung
des Menschen, die durch einen äusseren Gegenstand ver-
anlasst wird, tritt der Gegenstand entweder plötzlich und
unvermittelt hervor oder nicht. Im ersteren Falle dreht
der, welcher sich bewegt, dem Gegenstand vor allem Andern
den Sinn zu, der am meisten noththut, das ist das Auge.
Die Füsse lässt er stehen, wo sie standen, und bewegt nur
die Schenkel sammt den Hüften und Knieen nach der Seite,
wohin das Auge sich umwendet.«' Ist diese Stelle nicht
' Das Auftreten Petri könnte sich vielleicht bei genauerer Ver-
gleichung aller Copien auch deuten lassen, wie es mein verehrter
College Schönbach durch die Fragen aussprach: »Will sich nicht Petrus
mit oer linken Hand die Schulter des Johannes wegschieben, um den
Vorgang auf dem Tisch besser zu sehen? und L. $, will er nicht etwa
mit der Linken Petrus zurückhalten, damit nicht er die verhängniss- !
volle Bewegung nach der Schüssel hin mache?« I
* Ich würde unbedenklich die in der vorhergehenden Anmerkung \
citirte, sehr ansprechende Deutung annehmen, wenn die Bewegung von 1
L. 5 nicht so auffallend ruhig wäre.
3 »Das Buch von der Malerei« ed. H. Ludwig I, S. 370, § 372 I
(IIL S. 194). I
i
i
Ij2 Abhandlungen.
wie zur Erklärung des Bartolomäus geschrieben ? Am Ober-»
körper ist jede Faser schärfste Beobachtung : er sieht, dass
Christus die Hand erhebt seine Ankündigung, wahr zu
machen. Man vergleiche, wie wenig befriedigend daneben
Goethes Auffassung ist.
Auf der rechten Seite des Tisches ist R. i, unser
Hauptzeuge. Er sieht aus unmittelbarer Nähe was ge-
schieht und fährt entsetzt zurück. Hier ist Goethes Er-
klärungsversuch direct gesucht. Davon war ja schon oben
die Rede. — R. 2 (Thomas) ist wieder ein Lückenbüsser
von der Sorte von L. 5. Wie Bartolomäus (L. 6) ist auch er
entsetzt aufgesprungen; mit Hand und Fuss seinen Platz
wahrend, fährt er hinter R. i vor und stürmt auf Christus los
mit dem Schwur: »Wart, dem will ich!« dabei verzerrt er
nach Morghen wüthend das Gesicht und droht mit dem
Zeigefinger. Ich glaube nicht, dass er dabei schon Judas
im Auge hat. Goethe weiss oei der Deutung gar nichts
mit der Figur anzufangen, er beschreibt sie emfach.* —
R. 3 (Philippus) spricht eben, wie Goethe so schön deutete :
»Herr, ich bin's nicht ! Du weisst es ! Du kennst mein reines
Herz* Ich bin's nicht!« als er die Bewegung der Hand
Christi sieht und, gebannt daran haften bleibend, in der
Bewegung des Körpers und der Hände wie versteinert
innehält. Es ist das dieselbe, durch eine momentane Entr
deckung bewirkte Zuspitzung der Bewegung, wie sie in der
Fusshaltung des Bartolomäus hervortrat. Uebrigens wird
mit Sicherheit über diese Figur auch nur mit Heranziehung
alles erhaltenen Materials entschieden werden können. — In
der letzten Gruppe rechts streckt zunächst R. 4 (Matthäus)
die Hände aus compositionellen Gründen nach links, wie
Goethe bemerkt hat, um durch das unschätzbarste Kunst-
mittel seine Gruppe mit der vorhergehenden zu verbinden.
Aber er spielt doch dabei eine ganz andere Rolle als die
deniselben Zwecke dienende Figur L. j. Der Greis R. 6
(Simon) gibt ihm Anlass dazu. Auf ihn wirkt die An-
kündigung der Kenntlichmachung des Verräthers ähnlich
ein wie auf den Greis L. 4. Auch er erhebt die Hände
vor der Brust, als wenn er versichern wollte : »Da sind sie;
ich werde sie gewiss nicht hineinstecken.« Die beiden
Greise sind der schärfste Gegensatz zu Johannes. Während
der Jüngling sich überhaupt nicht getroffen fühlt, denken
sie Beide zuerst an sich selbst. »Die Bewegungen der
Menschen,« sagt Leonardo, »sind so verschiedenartig, als
' Als ich noch Goethes Deutung folgte, glaubte ich, die Gestalt
wiese, wie Anna im Londoner Carton nach oben, etwa sagend: »Was,
dich, den Gottessohn, sollte einer verrathen?«
Leonardos Abendmahl UND Goethes Deutung. 153
die Mannigfaltigkeit der Zustände (accidenti), die durch
ihre Seele hin und wiedergehen. Und ein jeder Zustand
für sich bewegt die Menschen mehr oder minder, je nach-
dem diese von grösserer oder geringerer Kraft sind, und je
nach dem Alter. Denn ein Jüngling wird wegen irgend
etwas eine ^anz andere Bewegung machen, als in dem
nämlichen Fall ein Alter.«* Derselbe Gegensatz, etwas
gemildert, obwohl äusserlich heftiger^ herrscht zwischen dem
Greise R. 6 und dem Jüngling R. 4 ihm gegenüber. Auch
R. 4 hatte gar nicht an sich selbst gedacht. Aufspringend
hatte er offenbar den Gestus des Alten (R. 6) bemerkt;
mit einem Blick nach der Mitte Alles erfassend, wendet er
sich heftig demselben zu, als wenn er sagen wollte: »So
sieh doch hin, er hat ihn ja schon«, oder ähnlich. Und auf
diese Bewegung von Arm und Kopf könnte man Leonardos
Worte deuten: »Bei Geberden des Hinweisens auf
Dinge, die an Zeit und Ort nahe sind, hat die Hand des
Hinweisenden nicht allzu weit vom Körper abgestreckt zu
sjein. Sind aber die fraglichen Gegenstände weit weg, so
sei auch die Hand des nach ihnen Hinzeigenden weit ab-
gestreckt und das Gesicht desselben der Person zugewendet,
welcher der Gegenstand gezeigt wird.«*
Es bleibt R. 5 (Thaddäus). Er ist ein Lückenbüsser
wie sein genaues Pendant an der Tischecke gegenüber.
Goethe lässt ihn mit der einen Hand in die andere schlagen,
a]$ wollte er sagen: »Hab ichs nicht gesajgt! Hab ichs
nicht immer vermuthet !« Das könnte sicn ebenso gut bei
meiner Deutung, sogar auch unmittelbar auf Judas oezüg-
lich annehmen lassen. Ich glaube aber, dass diese Gestalt
doch etwas Anderes sagen will. Indem der Mann sich
gegen seinen Nachbar R. 6 wendet, weist er mit dem
Daumen der erhobenen rechten Hand zurück nach der
Mitte und trägt so, scheint es, einfach die Bewegung von
R. 4 weiter. Die linke Hand liegt nur desswegen auf dem
Tische, damit man sie sieht. Man versuche sie sonst wo
sichtbar zu machen. Dazu kommt, dass die Hände in einer
Handzeichnung der Academie in Venedig, von der später
die Rede sein wird, gar nicht übereinander stehen, ein
Ineinanderschlagen also ausgeschlossen ist.
Typus. Es wird erwünscht sein, wenn unter dem
Gesichtspunkte der neuen Deutung auch ein kurzer Blick
geworfen wird auf das Verhältniss von Leonardos ausge-
führtem Gemälde zu den älteren und gleichzeitigen Dar-
stellungen desselben Gegenstandes und zu seinen eigenen
' Das Buch von der Malerei a. a. O. I, S. 370, § 373 (III, S. 193).
» A. a. O. I, S. 364, § 361 (III, S. 194).
1 54 Abhandlungen,
vorbereitenden Skizzen. Aehnliche Untersuchungen sind
wiederholt angestellt worden und ich kann mich daher
kurz fassen. Wäre die Goethische Erklärung richtig, dann
hätte Leonardo mit der gesammten Tradition gebrochen.
Denn bis dahin war, wenn man das Abendmahl überhaupt
historisch fasste. geradezu ausschliesslich die Kenntlicn-
machung des Judas dargestellt, von den Byzantinern ebenso
fut,' wie von den Italienern.* Die Vorgänger des Leonardo
euten das dadurch typisch an, dass juaas allein an der
Vorderseite des Tisches entgegen allen andern sitzt, die
um die übrigen Seiten der Tafel gruppirt sind. Ihm gegen-
über sieht man immer Christus mit segnend erhobener
rechter Hand, die linke durch Johannes verdeckt, der nach
byzantinischer Weise an seiner Brust liegt. Gewöhnlich
wird dann auch noch Petrus hervorgehoben; er hält zu-
meist ein Messer..
Leonardo nun geht, wie das ja auch bei Entstehung
einiger seiner übrigen (Kompositionen nachweisbar ist, zu-
nächst durchaus von dem Conventionellen Typus aus. Eine
Handzeichnung in Windsor zeigt zweimal skizzirt das Abend-
mahl.' Immer sitzt Judas allein an der Vorderseite des
Tisches Christus gegenüber, das einemal, rechts, liegt auch
Johannes an seiner Brüst. Der Moment wird wie bei den
Byzantinern dadurch scharf markirt, dass Judas in die
Schüssel greift, einmal zugleich mit Christus, so dass
sich die Hände beider, wie später im ausgeführten Gemälde
gegen übertreten. In einer der beiden Skizzen ist im Hinter*
f runde auch noch durch Arkaden die Wand angedeutet, vor
er sich die Scene in der Zeit vor Leonardo stets unmittelbar
abspielte. In der Haupt^ruppe schliesst sich der Meister
also noch ganz an die Tradition; nicht so was die Theil-
nahme der übrigen Jünger anbelangt. Dieselben hatten
bisher in gleichen Intervallen von einander jeder für sich
steif aufrecht gesessen. Leonardo belebt schon in diesen
Skizzen jede einzelne Gestalt dramatisch.* In einem zweiten
Entwürfe, einer Rötheistudie in der Academie zu Venedig,^
die tmzweifelhaft Beziehungen zum Meister hat, sind die
Apostel schon in Gruppen zusammengeschlossen. Doch
* Vgl. Dobberts gründliche Arbeit darüber im Repertorium für
Kunstwissenschaft Bd. XIV ff.
* H. Riegel, lieber die Darstellung des Abendmahles bes. in der
tosk. Kunst. Hann. 1869. E. Fräntz, Das hl. Abendmahl d. Leon, da
Vinci S. I— II und sonst gelegentlich fast aller Besprechungen unseres
Bildes. 3 Müller- Walde, Leonardo da Vinci S. 147 ff.
^ Vgl. seine dahin abzielenden Notizen im South Kensingtori
Museum bei Richter, The litterary works of L. d. V. I, S. 346/7.
Nr. 665/6. s Abg. a. a. O. L pl. XLVL
Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 155
bleibt auch in dieser zweiten Zeichnung die Hauptgruppe
noch unverändert: Judas vor dem Tische Christus gegen-
über, beide die Hände ausstreckend, welche so durcn eine
Schüssel getrennt, einander gegenüberstehen, Johannes
ferner an Christi Seite schlafend. — Ich will aus dieser
Zeichnung sonst nur noch die mit Simon bezeichnete Figur
(R. 5) herausheben, weil sie in jeder Beziehung, auch in
aem Platz, der ihr angewiesen ist, dem Thaddäus (R. 5)
genannten Apostel des ausgeführten Gemäldes gleich ist.
Er spricht hier offenbar zu seinem an der Scnmalseite
sitzenden Nachbar, und kann die Hände, von denen der
Daumen der Rechten wieder nach der Mitte weist, un-
möglich in einanderschlagen wollen, weil sie, wie gesagt,
garnicht übereinander stenen.
Und nun das ausgeführte Gemälde. Ich denke, der
Blick, den wir auf die Entstehung des Bildes in der Idee
des Leonardo geworfen haben, bestätigt aufs Neue meine
Deutung. Leonardo gibt auch bei der endgiltigen Ge-
staltung seine erste, der damals giltigen Auffassung des
Abendmahls als einer Kenntlichmachung des Judas ent-
sprechende Idee gar nicht auf. Aber er bildet sie genial
um. Das allein ist sein Verdienst. Und ich denke, es ist
kein geringeres als das, das ihm nach Goethes Auf-
fassung zugefallen wäre. Zunächst gibt er die flache Wand
als Hmtergrund auf und erweitert zum Zwecke der Be-
f[ründung des Helldunkels den Raum. Und wie er dann
udas in die Nähe der Schüssel mitten hinein zwischen die
seit jeher hervorgehobenen Johannes und Petrus setzt, das
entspricht so recht seinen auch literarisch niedergelegten
Grundsätzen: »Ich sage auch noch, dass man in Historien
die directen Gegensätze nahe neben einanderstellen und
zusammenmischen soll, denn sie verleihen einander grosse
Steigerung, und zwar umsomehr, je näher sie beisammen
sind, der Hässliche nämlich beim Schönen, der Grosse beim
Kleinen, der Greis beim Jüngling, Stark bei Schwach, und
so wecnselt man ab, so viel als möglich und so dicht bei
einander als möglich.« ' Andrea del Sartohat ihm 3ic neue
Compositionsart in seinem Abendmahl in S. Salvi in Florenz
fielen nachgemacht und auch er stellt die Kenntlichmachung
es Judas dar.*
Es ist bekannt, wie mächtig Leonardos Schöpfung auf
die Kunst der Folgezeit gewirkt hat. Ich beschränke
mich darauf, die ausserordentlich engen Beziehungen von
Tizians Zinsgroschen hervorzuheben, aie nach meiner Ueber-
' Das Buch von der Malerei ed. Ludwig I, S. 220, § 187 (III, S. 1 37).
* Phot. V. Alinari 4473.
156
Abhandlungen.
Zeugung ' viel zu wenig beachtet werden. Sie geben theil-
weise den Schlüssel zu dem plötzlichen Aufschwünge der
venetianischen Malerei. Was hier hervorgehoben zu werden
verdient, ist, dass auch dort die Handlung auf die Gegen-
überstellung der Hände zugespitzt ist, ein Beweis, dass
Einzelne schon zu Leonardos Zeit wohl erkannten, worauf
es in seinem Abendmahl wesentlich ankommt und welches
der eigentlich dargestellte Moment sei.
5 Vgl. darüber »Die venetianische Kunstcf, Preuss. Jahrb. 1895.
Ueber Goethes Sonette.
EIN VORTRAG,
gehalten im Wiener Goethe -Verein am 19. November 1895
VON
J. Schipper.
Ills gibt kaum eine Dichtungsart, deren Werth so
leohaft bestritten worden ist, und die dennoch
eine so grosse Rolle in der Literatur aller west-
europäischen Völker gespielt hat, als das Sonett. Schon
hieraus kann man schliessen, dass die Vorzüge dieser poe-
tischen Form doch nicht so gering sein dürften, wie dies
öfters behauptet wurde. Es könnte ferner aber auch daraus
fefolgert werden, dass bald nach dem Bekanntwerden des
onetts die Franzosen und die Italiener sich das Verdienst,
es in die Literatur eingeführt zu haben, streitig zu machen
suchten. Seit jedoch Friedrich Diez, der Begründer der
romanischen Philologie. ItaUen als die Heimat des Sonetts^
nachgewiesen hat, wird der itaUenische Ursprung desselben *
wohl ziemlich allgemein als feststehend anerkannt. Aus
Italien gelangte es im 16. Jahrhundert, wie nach den
übrigen romanischen Ländern, so auch nach Frankreich
und gleichfalls nach England, wo es sich am eigenartigsten,
aber ohne auf die anderen Literaturen einen Einfluss aus-
zuüben, entwickelt hat.
Ueberall war Petrarca das Vorbild, von dem man aus-
158 Abhandlungen.
ging oder das Ideal, dem sich die Sonettendichtung, wenn
sie auf Abwege gerathen war, in ihren edleren Bestrebungen
wieder so viel wie möglich zu nähern suchte. Durch ihn
war ja bekanntlich diese Dichtungsform zur grössten Vollen-
dung und Popularität gelangt.
Und in der That ist diese schöne, kunstvolle, aber
auch schwierige poetische Form wegen ihres harmonischen
Baues wie aucn wegen ihres Reichthums an Reimen für die
reflectirende Lyrik ganz besonders geeignet. Ohne auf die
Entstehung, die verschiedenen Formen und Arten des
Sonetts näher einzugehen, möge nur daran erinnert werden,
dass die Hauptform desselben, das streng gebaute, italienische
Sonett, stets aus 14 elfsilbigen oder in deutscher Nach-
bildung fünftaktigen, klingend, öfters aber auch stumpf
endigenden jambischen Versen besteht und in zwei durch
die Reime, wie durch eine stets nothwendige Satzpause
von einander getrennte Theile zerfällt. Diese beiden Haupt-
theile scheiden sich wieder in je zwei gleichfalls durch
eine Satzpause von einander getrennte Strophen von je
vier und je drei Versen, Quartette und Terzette benannt.
Die ersteren haben fast immer die Reimstellung abba abba.
Die letzteren können entweder zwei oder drei Reime in
verschiedener Folge haben, nach dem Belieben des Dichters.
Bei zwei Reimen ist die Anordnung cdc dcd die häufigste,
daneben kommen auch cdd cdc, cdd dcc u. a. manchmal
vor. Bei drei Reimen ist die Stellung cde cde besonders
beliebt, doch auch andere, wie namentlich cde dce sind
manchmal, cdcdee dagegen ist selten anzutreffen. So zer-
fällt also das Sonett m vier selbständige Strophen, denen
auch die innere Gedankenfolge entsprecnen muss, so zwar,
dass mit jeder neuen Strophe eine neue Wendung einzu-
treten hat. Von dem italienischen Theoretiker Quadrio ist
dieser logische Aufbau des Sonetts sogar dahin formulirt
worden, dass das erste Quartett die Aufgabe habe, eine
Behauntung aufzustellen, das zweite, sie zu beweisen, das
erste Terzett, sie zu bestätigen, das zweite, den Schluss
des Ganzen zu ziehen. Diese rigorosen Anforderungen
sind aber weder in der italienischen, noch auch in der
deutschen und sonstigen Sonettendichtung immer strenge
beobachtet worden. Namentlich die Sinn- und Satzpause
nach dem elften Verse, also zwischen den beiden Terzetten,
wird manchmal nicht eingehalten, und dadurch, dass dann
diese zu einem mehr oder weniger enge zusammenhängenden
Strophentheile verbunden werden, macht in solchen Fällen
das ganze Sonett, wegen der gewöhnlich strenge einge-
haltenen Pause zwischen den beiden Quartetten, emen drei-
theiligen Eindruck.
Ueber Goethes Sonette. 159
In dieser strengen italienischen Form wurde aber das
Sonett anfangs nicht in der deutschen Literatur gepflegt.
Vielmehr scheint Fischart, der in den 70er Jahren des
sechszehnten Jahrhunderts die ersten deutschen Sonette
dichtete,' und zwar in viertaktigen jambischen Versen, an
französische Muster sich angelehnt zu haben. Der eigent-
liche Modevers des französischen Sonetts war aber damals
schon der Alexandriner, und in dieser Versart, gewöhnlich
mit der Reihenfolge abba abba ccd eed, wurde das Sonett
im 17. Jahrhundert auch in Deutschland gepflegt, so von
Weckherlin, wenn auch dieser in der Reimstellung die
italienische Form einführte, von Opitz, dem eigentlichen
Förderer des Sonetts, von Simon Dach, Paul Fleming,
Andreas Gryphius und vielen Andern. Die Stoffe, die sie be-
handelten, gehörten den verschiedensten Gebieten an. Geist-
liche Stoffe wurden gern gewählt, auch kurze Charakteri-
stiken geschichtlicher Persönlichkeiten in Sonettenform
waren beUebt, ferner diente es zu Gelegenheitsgedichten
verschiedener Art, vor allen Dingen aber, wie m Frank-
reich, Italien und allerwärts, dem ewig unerschöpflichen
Thema der Liebe.
Im Laufe der Zeit war aber mehr und mehr der ge-
diegene, tiefere Gehalt, der die Sonette eines Weckherlin,
Paul Fleming, Andreas Gryphius charakterisirt hatte, von
der blossen Pflege der äusseren Form verdrängt worden,
die in allerlei Reimspielereien und sonstigen Veränderungen
und Erweiterungen zu Tage trat.
Charakteristisch ist es, dass in allen Sprachen, die das
Sonett pflegten, zu gewisser Zeit Gedichte dieser Art auf-
tauchten, welche die Entstehung eines solchen in der Form
desselben zum Gegenstande hatten, wie z. B. ein Gedicht
-von Menke aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, welches
noch dazu die Reime der Quartette auch mit den Terzetten
beibehält.
Das Gedicht ist blosse Form und hat so gut wie gar
keinen Inhalt, wenigstens keine Gedanken. So ist es begreif-
lich, dass eine Dichtungsart, die in eine kleinliche Spielerei
ausartete, überall in der Literatur, sobald sich in ihr ein
ernsteres Streben nach Vertiefung des Inhalts, ein idealer
Aufschwung zu höheren Zielen bemerkbar machte, von den
Dichtem als der freien Entfaltung ihrer Individualität un-
würdig verschmäht und verfolgt wurde.
So geschah es in Frankreich, wo Molifere und Boileau
das Sonett verspotteten und in Misscredit brachten, so im
* Vgl. Welti, Geschichte des Sonettes in der deutschen Dichtung,
Leipzig, 1884, S. 59 ff.
i6o Abhandlungen.
17. und 18. Jahrhundert in England, wo die einst so
blühende Sonettendichtung der Snakespeare'schen Epoche
um die Zeit ganz und gar der Verachtung preisgegeben
war, so auch in der deutschen Literatur, wo schon Qiristian
Weise und Gottsched sich unter dem Einfluss Boileaus ab*
träglich über, das Sonett geäussert hatten und wo es von
Dichtern wie Bodmer, ßreitinger, Hagedorn, Klopstock,
Lessing, Schiller und anderen vor und während der Sturm-
und Drangperiode verschmäht und zum Theil mit Spott
überschüttet wurde.
Indess gänzlich liess sich diese früher so beliebte
Dichtungsform doch nicht mehr unterdrücken. Westermann
rief das Sonett 1765, wenn auch zu geschmackloser Ver-
wendung, wieder ms Leben; Schiebeier, Klamer Schmidt u. A.
pflegten es, Bürger aber brachte es mit seinen form-
vollendeten erotischen Sonetten, die jedoch grösstentheils
in fünftaktigen Trochäen geschrieben waren, aufs Neue zur
Blüthe und führte dadurch allerdings auch eine wahre
Ueberschwemmung von Sonetten herbei, die nun wiederum
die schärfste Opposition der Gegner hervorrief.
Gleichwohl erreichte zur selben Zeit oder vielmehr ein
Decennium später das Sonett den höchsten Gipfel der Voll-
endung durch August Wilh. von Schlegel, der schon 1788
auf der Universität, gleichzeitig mit dem ihm befreundeten
Bürger, sich der Sonett-Dichtung zuwandte, anfangs Petrar-
ca'sche Sonette, zum Theil recht frei, sowohl hinsichtlich
des Inhalts wie auch der Form, allmählich aber immer
correcter übertrug und 1798 mit seinen »Geistlichen Ge-
mählden«, Sonetten auf die berühmten religiösen Gemälde
der Dresdener Gallerie, ferner in seinen Spottsonetten auf
Merkel und Kotzebue, seinen Trauersonetten auf den Tod
seiner Stieftochter und anderen zur Vollkommenheit hin-
sichtlich der früher schon charakterisirten, streng italienischen
Form, wie auch des mehr und mehr vertieften Inhalts,
durchdrang. Denn auch in dieser Hinsicht hob er das
Sonett aus dem engen Bereich der subjectiven Erotik, in
welchem Bürger es noch festgehalten hatte, zu den idealsten
Aufgaben empor.
So wurde für das Sonett sowohl durch seine leiden-
schaftlichen Gegner, wie auch durch seine eifrigen Ver-
theidiger und erfolgreichen Förderer zu Beginn dieses Jahr-
hunderts das höchste Interesse in der Literatur erregt. •
Es entbrannte aufs Neue ein wahrer Krieg um das
Sonett, und dieser Sonettenkrieg wurde zum Theil dadurch
mit herbeigeführt, dass Goethe, der früher, abgesehen von
zwei im Jahre 1796 geschriebenen Uebersetzungen der
Sonette in der Lebensbeschreibung des Benvenuto Cellini
Ueber Goethes Sonette. l6l
keine Sonette gedichtet hatte, seit dem Beginn des 19. Jahr-
hunderts dieser Dichtungsform nun auch seine Theiinahme
zuwandte. Um die Wende des Jahrhunderts hatte Goethe
mit zwei Spottsonetten, die in der für solche Zwecke da-
mals auch von Schlegel und Tieck gebrauchten italienischen
Nebenform des sonetio codato, d. n. eines um ein drittes
Terzett verlängerten sogenannten Schweifsonetts, abgefasst
waren, für die Brüder Schlegel, gegen Böttiger, Kotzebue
und Merkel energisch Partei o^enommen. Von Schiller
wissen wir, dass das erste derselben »eine böse Sensation
gemacht« und wegen der Derbheit des Ausdrucks bei den
Damen Anstoss erregt hatte. Es ist unthunlich, auf diese
beiden, in der Gesammtausgabe Bd. VI, S. 158, 15^ vor-
kommenden Sonette, mit denen wir zu tief in die literarischen
Fehden jener Zeit hineingerathen würden, hier näher einzu-
gehen.
Von grösserem Interesse ist für uns eines von zwei
anderen Sonetten Goethes, die im Jahre 1802 erschienen
waren und die er beide in zwei dramatische Dichtungen
eingeflochten hatte. Das eine ist das in dem Trauerspiel »Die
natürUche Tochter« (II, 4) enthaltene Sonett Eugeniens,
zu dessen Würdigung es wiederum nöthig sein würde,
näher auf den Inhalt des Stückes Bezug zu nehmen, das
andere, wichtigere ist das in dem zur Eröffnung des Lauch-
städter neuen Schauspielhauses 1802 aufgeführten Vorspiel
vorkommende Sonett, welches unter dem Titel »Natur und
Kunst« sich auch im zweiten Bande der Gedichte befindet,
wo es das zweite ist in dem mit »Epigrammatisch« über-
schriebenen Abschnitt, während das erste dieser Abtheilung
die Ueberschrift »Das Sonett« trägt. Diese beiden Gedichte
sind schon aus dem Grunde von hervorragendem Interesse,
weil sie zu dem Sonettenkrieg in directer Beziehung stehen.
Während das zweite, »Natur und Kunst«, vermuthUch im
Jahre 1802, jedenfalls nicht später, verfasst wurde, sind wir
über die Entstehungszeit des ersten noch weniger genau
orientirt. Gedruckt wurde es erst im Morgenblatt vom
5. Jänner 1807 von Hang, der es ohne Goethes Einwilligung
aus dem 1806 von ihm an Cotta gesandten Manuscript zum
ersten Bande der Gesammtausgabe entnommen hatte. Man
hat daraus den Schluss gestatten wollen, dass es erst im
Jahre 1805 oder 1806 entstanden sei, aber schwerlich* mit
Recht. Im Gegentheil, die beiden Sonette machen durch-
aus den Eindruck, dass sie bald nacheinander geschrieben
wurden; sie verhalten sich wie zwei Pendants, in denen
der Dichter in objectiver Weise zuerst die Schattenseite
und dann die Lichtseite der Sonettendichtung vorführt, wie
aus dem Inhalt sofort ersichtlich ist. Sie stehen wohl beide,
Goethe-Jahrbuch XVII, II
l62 Abhandlungen.
jedenfalls aber das erste, »Das Sonett« überschriebene, zu
dem ebenso betitelten, vielcitirten Sonett von August
Wilhelm von Schlegel, welches 1800 erschienen war, in
enger Beziehung. Schlegel hatte darin das Wesen und die
Bedeutung des Sonetts in mustergiltiger Weise auseinander-
gesetzt. * Gustav von Loeper (Goethes Werke II, 464)
ist der Ansicht, und vielleicht mit Recht, dass Goethe
unmittelbar nach dem Erscheinen der Schlegelschen Ge-
dichte an dieses Sonett mit dem seinen, ebenso betitelten,
angeknüpft habe, in welchem er aber dem unbedingten
Looe, welches Schlegel dem Sonett gespendet hatte, und
welches Goethe ihn in den beiden Quartetten als Ver-
treter der neuen Schule wiederholen lässt, in den Ter-
zetten seine eigenen Bedenken gegenüberstellt. Wie ganz
anders äussert sich Goethe über das Wesen dieser Dich-
tungsart in dem zweiten der epigrammatischen Sonette
»Natur und Kunst« betitelt, welches, wie gesagt, sicherlich
als Pendant zu dem ersten anzusehen ist, sei es, dass es
unmittelbar danach, also vielleicht schon im Jahre 1800,
entstand und erst später in das Vorspiel »Was wir bringen«
aufgenommen wurde, wie man aus den Worten »Im Sinne
schwebt mir eines Dichters alter Spruch«, womit die
Nymphe es einleitet, schliessen könnte, oder dass es gleich-
zeitig mit diesem Vorspiel, also im Jahre 1802, verfasst
wurde und des Dichters im Laufe der IZeit veränderte Auf-
fassung wiedergab.
Dass Goetne, nachdem er mit diesem herrlichen Ge-
dicht der Sonettendichtung die höchste Anerkennung ge-
zollt hatte, nachträglich doch noch zu Ungunsten derselben
sich hätte aussprechen und gleichwohl bald darauf die
Serie der noch näher zu betrachtenden 17 Liebessonette
hätte dichten sollen, wie wir annehmen müssten, wenn
das erste epigrammatische, »Das Sonett« überschriebene
Sonett 1805 oder 1806 entstanden sein soll, ist allerdings
ganz undenkbar. Zudem w^eist aber auch das zweite Gedicht
mit dem Verse »Der Widerwille ist auch mir verschwun-
den« ausdrücklich auf das erste hin, denn unter dem Wider-
willen ist nur die Abneigung gegen das Sonett zu ver-
stehen, die sich in den beiden Terzetten des diese Ueber-
schrift tragendenden Gedichts ausspricht, und auch der
Vers »In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister«
ist nur eine Steigerung des in dem Verse des ersten Sonetts
' Sowohl dieses Sonett als auch die im Folgenden eingehender
besprochenen Goethischen Sonette wurden von dem Vortragenden in
extenso mitgetheilt. Diejenigen Leser dieses Aufsatzes, die sie nicht
genau in der Erinnerung haben sollten, wollen sie zum besseren Ver-
ständniss desselben im Original nachlesen.
Ueber Goethes Sonette. 163
»Denn eben die Beschränkung lässt sich lieben« ausge-
sprochenen Gedankens, der seinerseits wohl wieder durch
das Schlegel'sche Wort »Dem leih' ich Hoheit, Füir in
engen Grenzen« angeregt worden ist.
Aber auch den angeolichen früheren Widerwillen gegen
das Sonett, von dem Goethe, der ja schon früher vier
andere Sonette geschrieben hatte, in dem zweiten dieser
epigrammatischen Sonette redet, und dem er in dem ersten
Ausdruck gegeben hatte, darf man nicht allzu ernst nehmen.
Vielmehr hat er, wie mir scheint, in dem ersten Gedichte die
dem Sonett so gern von den Gegnern desselben entgegen-
fehaltenen Nachtheile dieser Dichtungsart, die oft durch
ie Schwierigkeit der Reimordnung herbeigeführte Künstelei
der Diction, die gezwungenen Wendungen und Ausdrücke,
mit einer liebenswürdigen Selbstironie durch eine bewusste
Vernachlässigung der Ausführung aufs glücklichste und
anschaulichste illustrirt. Schon gleich der erste Vers : »Sich
in erneutem Kunstgebrauch zu üben« klingt etwas ge-
schraubt, namentlich aber der zehnte Vers: »In sprach-
fewandter Masse kühnem Stolze«, und in dem achten
erse: »Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben«
gebraucht er offenbar die durch den Reim erzwungene
Wendung »vollendet blieben« statt des natürlichen Aus-
drucks »vollendet worden.« Dass Goethe mit Absicht diese
gezwungenen Wendungen gewählt oder sie wenigstens,
nachdem sie ihm aus der Feder geflossen waren, mit Be-
wusstsein hat stehen lassen, da sie ihm in vortrefflicher
Weise zur formalen Illustration seines Themas dienten,
ist mir ganz unzweifelhaft. Und dass er dem zweiten
Gedicht »Natur und Kunst«, welches mit einem Preise der
Kunstpoesie in dieser verfeinertsten Form beginnt und sich
im Schluss zu einem begeisterten Hymnus auf alle Bildung
und die nothwendige Unterordnung unter höhere Gesetze
für alles Streben nach der reinen Höhe der Vollendung
— im Gegensatz zu den künstlerischen und sittlichen Aus-
schreitungen der Romantiker — aufschwingt — , dass er
diesem schönen Sonett auch die denkbar vollendetste äussere
Form geben musste, ist nicht minder selbstverständlich.
Diese vollkommene Harmonie aber, die zwischen Inhalt
und Einkleidung in diesem Gedicht herrscht, indem die
•darin niedergelegten, bedeutungsvollen, für alle Zeit gültigen
sittlichen Wahrheiten in der ungezwungensten und doch
kunstvollsten Form und Sprache ausgedrückt sind, hat es
bewirkt, dass die drei letzten Verse dieses Sonetts jeder
für sich zu geflügelten Worten geworden sind.
Nur beiläufig möge noch erwähnt werden, dass be-
greiflicherweise beide Parteien, die Anhänger und auch die
II*
1 64 Abhandlungek.
Gegner des Sonetts, den Dichter auf Grundlage je eines
dieser beiden Sonette als den ihrigen reclamirten. Goethe
selber aber nahm den einzig richtigen Standpunkt in dieser
Streitfrage ein, wie wir aus seinem Briefe an Zelter er-
sehen, dem er am 22. Juni 1808 von Karlsbad aus schrieb :
»Und was soll es nun gar heissen, eine rhythmische Form,
das Sonett z. B., mit Hass und Wuth zu verfolgen, da sie
ja nur ein Gefäss ist, in das Jeder von Gehalt hineinlegen
kann was er vermag. Wie lächerlich ist's, mein Sonett,
in dem ich einigermassen zu Urigunsten der Sonette ge-
sprochen, immer wiederkäuen, aus einer ästhetischen Sache
eme Parteisache zu machen und mich auch als Partei-
gesellen heranzuziehen, ohne zu bedenken, dass man recht
gut über eine Sache spassen und spotten kann, ohne sie
aesswegen zu verachten und zu verwerfen.« Goethe, der
schon im April desselben Jahres in einem Briefe an Cotta,
den Besitzer des Morgenblattes, sich gewundert, dass die
Redacteure desselben »gegen das Sonett eine so komische
Aversion bewiesen« und den Ausruf hinzugefügt hatte: »Als
wenn dem Genie und dem Talent nicht jede Form zu be-
leben freistünde !« sah sich zu diesen Aeusserungen um so
mehr veranlasst, als er nach fünfjähriger Pause in der
Sonettendichtung sich im Spätherbst des Jahres 1807 ^^^'
selben mit einer besonderen Zuneigung hingegeben hatte.
Und zwar war es damals das Liebessonett, welches er mit
solchem Eifer pflegte, dass er in kurzer Zeit die schon er-
wähnte Serie von 17 Sonetten schuf und sich in einem
derselben, dem elften, »Nemesis« betitelt, mit der ihm
eigenen, von Riemer besonders hervorgehobenen liebens-
würdigen Selbstironie über seine »Sonettenwuth und Raserei
der Liebe« lustig macht.
Dass wir es hier mit einer absichtlichen scherzhaften
Uebertreibung zu thun haben, liegt auf der Hand, denn
die Sonettenwuth, von der der Dichter redet, tobte sich
aus in der doch nicht so sehr grossen Anzahl von 17 Ge-
dichten dieser Art, und die Raserei der Liebe, deren sich
der damals bald sechzigjährige Geheinie Rath Excellenz
von Goethe schuldig bekennt, reducirt sich nach den meines
Erachtens unabweisbaren Ergebnissen neuerer Forschung
auf das an Liebe grenzende Wohlgefallen, welches eine
anmuthige Mädchenerscheinung in Jena, wo Goethe sich
damals aufhielt, seinem leicht erregbaren Dichtergemüth
einflösste und, combinirt mit ähnlichen Begegnungen und
Erlebnissen etwas früherer Wochen und Tage, in der damals
ferade durch verschiedene Anlässe ihn lebhaft interessiren-
en Sonettenform seinen Ausdruck fand.
Kurz, die treibenden Motive für diesen, im Jahre 1807
Ueber Goethes Sonette. 165
entstandenen Sonettenkranz Goethes sind ano;edeutet durch
Nennung der Namen Petrarca, Zacharias Werner, Minna
Herzlieb und Bettina Brentano. Die beiden ersteren gaben
den äusseren, die beiden letzteren den inneren Anlass dazu.
1806 war bei dem Buchhändler Froramann in Jena, dem
Freunde des Dichters, eine neue Ausgabe der Rime di
Francesco Petrarca erschienen und da(mrch, sowie wohl
noch mehr durch die Sonette des damals in Jena weilenden
unstäten Dichters Zacharias Werner, die, wie Riemer in
seinen »Mittheilungen über Goethe« (I, 34 — j6) berichtet
hat, ebenso wie diejenigen Schlegels und Anaerer in dem
Frommannschen Kreise gern vorgelesen wurden, wurde
auch Goethe aufs Neue zur Sonettendichtung angeregt,
und zwar war es, wie gesagt, das Liebessonett, dem er,
in ähnlicher Situation, wie Petrarca, der Sänger der pla-
tonischen Liebe, sich befindend, seine Gunst zuwandte.
Denn Goethe fühlte sich damals — ein Jahr, nachdem er
seinem Bunde mit Christiane Vulpius die kirchliche Weihe
hatte geben lassen — von der jugendlich-schönen, unter
seinen Augen herangewachsenen Minna Herzlieb, einer
Pflegetochter des Frommannschen Hauses, lebhaft angezogen
und brachte ihr, ähnHch wie Petrarca der mit dem Ritter
Hugues de Sade vermählten Laura, wenn anders die von
dem italienischen Dichter besungene Schöne mit jener Dame
identisch ist, seine poetischen Huldigungen dar. Doch sind
nicht alle die 17 Sonette als an Minna Herzlieb gerichtet oder
auch nur durch sie angeregt anzusehen, wenn es auch
wohl zu weit gegangen ist, nur drei derselben, das 12.,
16. und 17., wie Düntzer will, auf sie zu beziehen.
Es hat lange gedauert bis überhaupt Goethes Be-
ziehungen zu Mmna Herzlieb, die ja bekannthch auch seiner
Ottilie in den Wahlverwandtschaften die Züge geliehen hat,
bekannt geworden sind.
Seitdem der Engländer Lew^es dies in seiner 1855 er-
schienenen Goethe-Biographie enthüllte, hat sich eine nicht
unbeträchtliche Literatur an diese Frage angesponnen, die
noch verwickelter geworden ist durch die weitere Frage, in
welcher Beziehung Bettina Brentano zu den Sonetten stehe.'
Bettina hatte bekanntlich in ihrem 1835 erschienenen
Buche »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« einen Theil
der Sonette »sich bona fide als an sie gedichtet und gerichtet
angeeignet« und einige derselben in ihren Briefen, wie Riemer
sich ausdrückt, »in Prosa aufgedröselt,« aus der man, wie er
mit Recht hervorhebt, noch das Silbenmass mit der Wort-
' Die neueste Behandlung ist von Kuno Fischer. Goethes Sonetten-
kranz, Goahe-Schriften 4. Heidelberg 1895. Vgl. unten S. 173—74-
1 66 Abhandlungen.
und Satzfolge hindurchhört. »Goethe,« bemerkt er weiter zu
den Sonetten, »hat solche weder an sie, noch auf sie gedichtet,
wenn es auch möglich, sogar gewiss ist, dass er ihr eins oder
das andere gesendet habe.« »Der Stoff.« fährt Riemer fort,
»ist ganz wo anders her und eine Menge in den Sonetten vor-
kommender Umstände kann schon dem Ort und der Zeit
nach, auch gewisser Verhältnisse wegen, gar nicht auf
Bettinen bezogen werden,« und er bekräftigt diese Be-
hauptung durch die Angabe, »dass ein Dutzend dieser Sonette
schon i8o7, vom 29. November adventus domini an bis
16. December, in Jena verfertigt und durch seine Hand ge-
gangen sei.«
Aber Riemer, der hiermit die ersten und wichtigen
Daten und Hinweise zur Beurtheilung der Goethiscnen
Liebessonette geliefert hat, ist, wie neuere Untersuchungen
erwiesen haben, in der Zurückweisung Bettinens doch zu
weit gegangen. Hermann Grimm, ihr Schwiegersohn, dem
ein Theil des Goethischen Briefwechsels mit ihr hand-
schriftlich zu Gebote stand, hat das Verdienst, dies in einem
geistvollen Aufsatz in den »Preussischen Jahrbüchern«
(Bd. 30, S. 591—603) nachgewiesen zu haben.*
Nach den jetzt wohl, so weit wie es überhaupt zu er-
warten ist, aufgedeckten Beziehungen der betheiligten Per-
sonen zu einander dürfen wir hinsichtlich der inneren und
äusseren Anlässe zu Goethes Liebessonetten, wenn auch
manche Einzelheiten und intimeren Beziehungen wohl
immer in Dunkel gehüllt bleiben w^erden, folgende Punkte
als im Wesentlichen den Thatsachen entsprechend ansehen.
Dass Minna Herzlieb, die schöne, damals 18jährige,
von allen Freunden des Frommannschen Hauses gefeierte
Pflegetochter desselben, dem Herzen des Dichters in den
Jahren 1807 und 1808 nahe stand, ist sicher. Er selbst
äusserte sich darüber in einem vom 15. Januar 1813 datirten
■Briefe an Zelter, der ihm den damaligen Verlobten der
Minna Herzlieb empfohlen hatte, so: »Seine Braut fing ich
als Kind von acht Jahren an zu lieben und in ihrem sechs-
zehnten* liebte ich sie mehr wie bilHg.« Sicher ist, dass
er das Wesen der Minna Herzlieb in der OttiÜe seiner
Wahlverwandtschaften verkörpert hat, ebenso wie Bettina
Brentano ihm als Modell diente für Charlottens Tochter
' Vgl. dazu Gädertz Buch, Goethes Minchen. Bremen 1887 ; rec.
von Otto Pniower, Z. f. d. Alterth. 32, Anzeiger, S. 130—140.
* Gädertz meint (S. 109, Anm.), Goethe habe sich geirrt; es
müsse heissen »in ihrem achtzehnten« etc. Weshalb denn? Gerade die
Angabe »in ihrem sechszehnten Jahre« wirft ein eigenthümliches Licht
auf die Wahlverwandtschaften und wird bestätigt durch Sonett 16
(Epoche) V. $—8.
Ueber Goethes Sonette. 167
Luciane in diesem Roman. Keineswegs aber sind die Situa-
tionen und Herzenserlebnisse, die in demselben dargestellt
wurden, als auf ähnlichen Wechselbeziehungen zwischen
Goethe und Minna HerzUeb beruhend anzusehen. Denn
es darf jetzt als erwiesen gelten, dass dies empfindsame
Mädchen, dessen Herz eben damals von einer hoffnungs-
losen Liebe zu einem jungen livländischen Adligen, einem
Herrn von Manteuffel, erfüllt war, zu dem »alten lieben
theueren Herrn«, wie sie Goethe nannte, nie ein anderes
Gefühl als das inniger Verehrung gekannt hat. Aus dem
Inhalt der Sonette auf eine Leidenschaft zu schliessen, von
der der Dichter und das junge Mädchen zu einander er-
grifl'en gewesen sein sollen, heisst das von dem Tone der
retrarcaschen Liebessonette beeinflusste Wesen und die
Entstehungsart dieser Gedicht« völlig verkennen.
Goethe wurde, wie bereits erwähnt, durch die in den
abendUchen Cirkeln des Frommannschen Hauses im Monate
November von Zacharias Werner und Anderen vorgelesenen
Sonette angeregt, ,sich auch in dieser Dichtungsart wieder
zu versuchen, der er aber nun, entgegen den philosophi-
schen und didaktischen Sonetten Schlegels, nach dem Vor-
bilde Petrarcas einen mehr lyrischen, erotischen Inhalt,
zugleich aber auch mehr Leben, Interesse und Handlung
zu geben trachtete. Indess erst gegen Ende November trat
er mit eigenen Sonetten hervor; und da ist es nun be-
zeichnend für Minna Herzliebs Stellung zu denselben, dass
gerade das nachweislich zuerst von Goethe gedichtete,
welches in der ganzen Serie jetzt als das vierte steht und
die Ueberschrift hat »Das Mädchen spricht«, sicherlich
nicht auf ihren Einfluss, sondern auf ein Erlebniss mit
Bettinen, ähnUch wie es dort geschildert wird, zurückzu-
führen ist. Wie wir aus den Mittheilungen Riemers wissen,
war Bettina kurz vor Goethes Abreise nach Jena vom
I. — 10. November in Weimar gewesen und stand überhaupt
zu jener Zeit mit Goethe in lebhaftem Verkehr, so dass
Hermann Grimm wohl recht hat, wenn er bemerkt : »Seine
Sonette können sich jener Zeit zwischen beiden Mädchen
getheilt, ihnen beiden gehört haben wie seine Zuneigung«»
Wir erinnern uns, dass er ja auch beider Wesen und Eigen-
thümlichkeit in den Wahlverwandschaften verkörpert hat»
Das hier in Frage kommende Sonett hat eine Marmor-
büste des Dichters zur Voraussetzung. Es ist mit Recht
von G. V. Loeper bemerkt worden, dass sich schwerlich
damals weder in dem Frommannschen Hause, noch sonst
wo in Jena eine Büste Goethes befand, und dass somit
Bettinas Erzählung (Tagebuch, S. 334), der Dichter habe
in. dem Sonett einen mit ihr in der Weimarer Bibliothek
l68 Abhandlungen.
erlebten Vorfall zur Darstellung gebracht, vermuthlich
richtig ist.
Üeberhaupt bin ich mit Hermann Grimm der Ansicht,
dass einige der neun Sonette, die sich in Bettinens Buch
finden, ihr thatsächlich von Goethe geschickt worden sind,
andere auf von ihr in Gesprächen, Begegnungen, Briefen
oder sonstigen Beziehungen ihm gegebene Anregungen
zurückgehen. Zu der ersteren Gruppe gehört gleich das
erste »Mächtiges Ueberraschen« betitelt, wovon die durch
Bettina mitgetneilte Version die ältere ist, und wovon H.
Grimm selbst das von Goethes Hand geschriebene Blatt
unter ihren Manuscripten gesehen hat. Gleichwohl ist es
ebenso wahrscheinlich oder vielleicht wahrscheinlicher, dass
der Dichter zu diesem schönen Sonett durch Minna Herzlieb
angeregt worden sei als durch Bettina. Es wird darin, wie
Loeper es knapp ausdrückt, »in einem durchgeführten Ver-
gleich das durch die Liebesempfindung überraschte Gemüth
des Dichters geschildert.«
Gleichzeitig mit diesem Sonett will Bettina mit einem
Briefe Goethes, datirt vom 7. August 1807, ^^^ anderes
empfangen haben, welches sich nun als 7. in der Samm-
lung befindet und den Titel »Abschied« führt.
Dies scheint in der That, wenn das Datum auch als
ein zu frühes erscheint, viel eher den Beziehungen des
Dichters zu ihr als denjenigen zu Minna Herzlieb zu ent-
stammen, und mehr aus der überschwänglichen Stimmung
Bettinas selber erwachsen zu sein, als aus derjenigen Goethes.
Ebenso möchte ich das 8. Sonett (die Lieoende schreibt),
das 9. (die Liebende abermals) und das 10. (Sie kann nicht
enden), wie dies jetzt meistens zugestanden wird, aus den
Beziehungen Goethes zu Bettina ableiten, jedoch natürlich
nicht aus ihren nachträglichen »Aufdröselungen« der be-
treffenden Sonette in ihrem halbimaginären Briefwechsel mit
dem Dichter. Von ihr wissen wir aber doch wenigstens,
dass sie thatsächlich Briefe mit Goethe gewechselt und ihn
mit ihrem glühenden, poetischen Liebeswerben verfolgt hat,
ja, einzelne Wendungen aus ihrem ersten, urkundlich vor-
nandenen, am 15. Juni 1807 an Goethe gerichteten Schreiben
klingen in dem 9. und 10. Sonett cieutlich wieder, und
Goethe schrieb ihr nach Bettinens Angabe im Januar 1808:
»Mein artig Kind! schreibe bald, dass ich wieder etwas
zu übersetzen habe,« das heisst doch: dass ich wieder
poetische Anregungen von Dir empfange.
Bei Minna Herzlieb andererseits sprechen alle Nach-
richten dagegen, sowohl, dass sie mit Goethe correspon-
dirt, als auch namentlich, dass sie ihm eine leidenschaft-
liche Neigung gewidmet habe.
Ueber Goethes Sonette. 169
Das schönste dieser drei Sonette ist das erste: »Die
Liebende schreibt,« bei welchem freilich eine Beziehung zu
Bettinen nicht so sicher zu sein scheint als bei den anderen,
wenn sie es auch in »Goethes Briefwechsel mit einem
Kinde« mit einer an Unverfrorenheit grenzenden Naivetät
ganz und gar als ihr geistiges Eigenthum hinzustellen ver-
sucht hat. Aber die Gefühle, die hier geschildert werden,
machen zu sehr den Eindruck des eigenen persönlichen
Mitempfindens, ^ie Töne, die hier erkhngen, kommen zu
tief aus der innersten, schmerzlich bewegten Seele des
Dichters, als dass man annehmen möchte, Goethes Ge-
danken hätten während der Abfassung dieses Sonetts, wenn
es auch vielleicht im ersten Entstehen durch einen Brief
Bettinens angeregt wurde, bei diesem »phantastischen, über-
spannten, halb elfen-, halb koboldartigen Wesen« (Burkhardt,
Grenzboten, 38. Jahrgang, S. 433) geweilt oder seien bei
ihr weilen geblieben.
Wenn wir nicht nahezu mit Sicherheit wüssten, dass
das Sonett im Winter 1807 — 1808 entstanden ist, so möchte
man annehmen, der Dichter habe an seine ersten Erlebnisse
mit Christianen gedacht. Diese Zeit lag damals freilich weit
hinter ihm. Doch wer kann sagen, welche Erinnerungen
bei der Abfassung dieses, aus echter Gretchenstimmung
entstammten Sonetts vor der Seele des Dichters aufsteigen
mochten! Bezeichnend genug für die Schönheit des Ge-
dichts ist es, dass drei grosse Tondichter, Schubert,
Mendelssohn und Brahms, es für Gesang gesetzt haben.
Aus der Wiedergabe echt Bettinascher Stimmung heraus
sind dagegen das 9. und 10. Sonett entstanden. Damit sind
aber auch wohl diejenigen Sonette unter den von Bettina
in »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« mitjgetheilten
erschöpft, welche auf ihre Einwirkung zurückzuführen sind.
Von den sonstigen Goethischen Sonetten, die darin noch
enthalten sind, ist das erste dasjenige, welches sie mittheilt
unter dem Titel : »Sonett, im Briefan Goethes Mutter bei-
gelegt.« Dieser Brief des Dichters ist datirt vom ^. Mai 1808,
aber in dem echten Goethischen Briefe, den wir besitzen,'
wird ein demselben beigeschlossenes Sonett nicht erwähnt.
Das hier in Frage kommende ist das 5. in der Sammlung
und hat dort den Titel »Wachsthum«. Es ist das einzige,
welches sich auch in Minna Herzliebs Nachlass, und zwar in
Goethes eigener Handschrift, mit der Unterschrift »den
13. Dez. 1807, Mitternacht,« obwohl sie noch 1857 Loeper
gegenüber leugnete, Sonette von Goethe erhalten zu haben.
' Vgl. Briefe Goethes an Sophie von La Roche und Bettina
Brentano, herausgegeben von G. von Loeper, Berlin, 1879, ^- 170—71.
lyo Abhandlungen.
vorgefunden hat, und von dem sie selbst dem nämlichen
Goetheforscher gegenüber erklärt hat, es drücke ihr Ver-
hältniss zu Goethe aus, — so sei sie mit ihm als Kind in
Jena spazieren gegangen.
In diesem schönen Sonett werden die Wandlungen der
Gefühle des Dichters im Laufe der Jahre gegenüber dem
Kinde, dem heranwachsenden Mädchen und der in schönster
Jugendblüthe prangenden Jungfrau, zugleich aber auch ihr
eigenartiges Wesen selber in anziehendster Weise ge-
schildert. Gar seltsam berührt es, dass verschiedene Aus-
leger dieses Gedichts aus dem letzten Terzett, beginnend
mit dem Verse:
Doch ach! nun muss ich dich als Fürstin denken,
gefolgert haben , es sei von Goethe an die Prinzessin
Karoline von Weimar gerichtet, die er gleichfalls unter
seinen Augen hatte heranwachsen sehen. Aber diese, die
eine Fürstm war, brauchte er sich ja nicht erst als eine
solche zu denken imd auf sie würden die elf vorangehen-
den Verse des Sonetts doch ganz und gar nicht bezogen
werden können, während der Schluss ja nur figürlich sich
auf die »weibliche Hoheit, jungfräuliche Herbigkeit und
Unnahbarkeit der Minna Herzlieb« bezieht und gerade diese
von verschiedenen Seiten uns verbürgte EigenthümUchkeit
ihres Wesens vortrefflich charakterisirt. Auf Bettina würde
es am allerwenigsten passen; auch hat sie wohl kaum im
Ernste Anspruch darauf erhoben, obwohl sie Goethen in
dem betreflenden Briefe sagen lässt: Gestern schickte ich
meiner Mutter ein kleines Blättchen für Dich; nimms als
ein baares Äauivalent für das, was ich anders auszusprechen
in mir kein Talent fühle; sehe zu wie Du Dirs aneignen
kannst.
Ausserdem findet sich nur noch das letzte der 17 Liebes-
sonette, »Charade« betitelt, von Bettina in dem Briefwechsel
mitgetheilt als ihr von ihm gesandt mit dem angeblichen
Zusatz »an dem magst Du Dich zufrieden rathen«. In dem
letzten Briefe des ersten Bandes ihres Briefwechsels lesen
wir, wie sie sich vergebens abmüht, die Lösung zu finden.
Begreiflich genug! denn- diese war das Wort »Herzlieb«,
welchen Namen übrigens auch Zacharias Werner, Riemer,
Gries, jeder in einem Sonett gefeiert haben.
Ebensowenig wie dieses Sonett ist das 16. der Samm-
lung, »Epoche« Detitelt, zu Bettinen in irgend welche Be-
ziehung zu setzen, obwohl es ihrem Briefwechsel mit Goethe
in der Ausgabe von 1835 als Motto voransteht, während
es in der Ausgabe Hermann Grimms vom Jahre 188 1 fort-
gelassen ist. Das Sonett ist ebenfalls erwiesenermassen an
Minna Herzlieb gerichtet. Anknüpfend an Petrarca, der
. Ueber Goethes Sonette. 17 1
seine Liebe zu Laura von Charfreitae; 1337 an datirte, preist
Goethe den Adventsonntag des Jahres 1807, an welchem
Tage er, wie wir von Knebel wissen. Mittags bei From-
manns und also dem geliebten Mädchen nahe war. Viel-
leicht hatte er sie, obwohl er seit seiner Ankunft in Jena
schon öfters im Frommannschen Hause gewesen war, an
dem Tage zum ersten Male wiedergesehen, oder möglicher-
weise war sie ihm bei der Gelegenheit weniger unnahbar
als früher erschienen.
Von den noch übrigen Gedichten der 17 Goeihischen
Liebessonette ist keines in dem Buche Bettinens enthalten,
und wir dürfen wohl schon daraus schliessen, dass sie nicht
zu ihr in Beziehung stehen, sondern zu ihrer Jenenser Rivalin.
Am wenigsten leicht fällt es uns, mit dem zweiten,
»Freundliches Begegnen« betitelt, deren Persönlichkeit in
Zusammenhang zu bringen.
Die Szenerie, die hier vorgeführt wird, der Felsenweg,
die winterliche Landschaft, passt auf die Umgebung von
Jena und den Monat December, in welchem dieses Sonett
dort entstanden sein wird. Auch das Ankämpfen des
Dichters gegen seine Neigung, der Hinweis auf die nahe
Flucht zurück nach Weimar entspricht der Situation und
seinen Beziehungen zu Minna Herzlieb. Nur das letzte
Terzett macht Schwierigkeiten. Das würde, wenn wört-
Hch genommen, eine wechselseitige, von Beiden vergeb-
lich bekämpfte Neigung voraussetzen, die bei einer zu-
fälligen Begegnung zu der von dem Dichter geschilderten
leidenschaftlichen Umarmung geführt hätte.
Aber wir haben schon bei dem Verse des fünften Sonetts:
»Doch ach! nun muss ich dich als Fürstin denken«
gesehen, zu welchen unhaltbaren Auslegungen es oft führt,
wenn man ein Dichterwort in wörthchem Sinne nimmt.
Goethe selbst hat in Bezug auf die Wahlverwandtschaften
in seinen Gesprächen mit Eckermann gesagt: »Es ist darin
kein Strich enthalten, der nicht erlebt, aber kein Strich so,
wie er erlebt.« Das gilt unzweifelhaft auch für die Sonette.
Und Minna Herzlieb wiederholte oft, wie Hermann Grimm
berichtet, ihrer Freundin Alwine Frommann gegenüber,
wenn man ihr davon sprach, dass Gedichte uoethes an
sie gerichtet gewesen seien: »es mischen sich da wohl viele
Bilder.« Diese beiden Aussprüche geben uns den Schlüssel,
wie zur Erklärung der meisten anderen, so auch dieses
Sonetts. Es wäre z. B. sehr wohl möglich, dass der Dichter
hier eine ähnliche Begegnung mit Minna Herzlieb aus
früheren Jahren, als sie ihm noch als ein harmloses Kind
entgegensprang, in seiner Phantasie auf diese spätere, anders
1 72 Abhandlungen.
geartete Epoche seiner Gefühle und Beziehungen zu ihr
übertrafen habe. Jedenfalls ist es unstatthaft, nach den
Ergebnissen der neueren Untersuchungen, dies Sonett als
einen Beweis für ein wirkliches Liebesverhältniss, welches,
wie man früher meinte, zwischen Goethe und Minna Herzlieb
bestanden haben soll, heranzuziehen.
Ganz auf dem wirklichen Verhältniss des Dichters zu
dem gefeierten Mädchen beruht dagegen das dritte, »Kurz
und gut« betitelte Sonett, eines der anmuthigsten von allen,
welches uns zugleich in ganz anderer Weise als das früher
erwähnte Menkesche Sonett die Entstehung eines solchen
Gedichts vorführt.
Das 6. Sonett »Reisezehrung« schildert die Gefühle des
Dichters bei seiner bevorstehenden Abreise und Trennung
von der Geliebten. Es scheint von dem Petrarcaschen
Reisesonett »lo mi rivolgo indietro« beeinflusst zu sein und
ist wohl das am wenigsten persönliche von allen.
Das 7. (Abschied), 8. (Die Liebende schreibt), Q. (Die
Liebende abermals), und 10. (Sie kann nicht enaen), sind
bereits als auf Bettinasche Anregungen zurückgehend er-
wähnt worden, und auch das 11. TNemesis) betitelt, in
welchem der Dichter seine, jedenfalls auf die Jenaer Zeit
sich beziehende »Sonettenwuth und Raserei aer Liebe«
ironisirt, wurde schon besprochen.
Das 12. (Christgeschenk) wird allgemein als an Minna
Herzlieb gerichtet anerkannt. Es wurde ihr am 24. Dezember
1807 von Weimar aus mit einer Schachtel voll Süssigkeiten
für ^ Frommannschen Kinder übersandt. Es ist also ein
Gelegenheitsgedicht, bei dem man aus der dichterisch freien
Anrede »Mein süsses Liebchen«, womit es beginnt, wiederum
nicht etwa den Schluss ziehen darf, dass sie ihm das Recht
gegeben habe, sie so zu bezeichnen.
Wie wenig dies der Fall war, geht aufs deutlichste
hervor aus dem 13. Sonett, betitelt: »Warnung«.
Wir sehen also, es waren im Wesentlichen nur poetische,
von dem künstlerischen Interesse für die Sonettendichtung
und seinem Wohlgefallen an der schönen Pflegetochter des
Frommannschen Hauses ihm eingegebene Huldigungen, die
in diesen auf sie sich beziehenden Gedichten zum Ausdruck
gelangten. Dass daran nicht zu zweifeln ist, bezeugen noch
weiter das 14. und 15. Sonett, in denen die in jenem Kreise
wohl öfters aufgeworfene Frage, ob sich denn diese künst-
liche Dichtungsart zum Ausdruck wahrer Liebesleidenschaft
eigne, behandelt wird.
Im 14. Sonett sind es die Liebenden, die gegenüber
den an der Eignung des Sonetts zum Ausdruck der Liebe
Zweifelnden dasselbe vertheidigen.
Ueber Goethes Sonette. 173
11 ■ ■ «
In dem 15. Sonett ist das Mädchen die Zweiflerin,
und wir dürfen wohl annehmen, die noch von der Wunde
ihrer unglücklichen Jugendliebe nicht geheilte Minna Herz-
lieb selber, die sich gelegentlich mit emigen Bemerkungen
an jenen Gesprächen betneiligt haben mag, während der
Dichter für das Sonett und damit zugleich für die Wärme
der darin zum Ausdruck gebrachten Empfindungen eintritt.
Die beiden letzten Sonette der Sammlung, das 16. (Epoche)
und das 17. (Charade) sind ebenfalls schon als sicher auf
Minna Herzlieb bezüglich, obwohl in das Bettinasche Buch
von ihr eingeflochten, besprochen w^orden.
Wenn wir die beiden Sonettengruppen, wie wir sie
hier von einander zu sondern versucht haben, die 5 oder 6
von Bettina inspirirten, nämhch das 4. (Das Mädchen spricht),
das 7. (Abschied), das 8. TDie Liebende schreibt), das 9.
TDie Liebende abermals), das 10. (Sie kann nicht enden),
aazu vielleicht noch das i. (Mächtiges Ueberraschen), — und
die übrigen, von Minna Herzlieb angeregten, mit- einander
vergleichen, so spiegelt sich in den ersteren unverkennbar
die leidenschaftliche, irnpulsive Natur der Verfasserin des
Briefwechsels und der Goethischen Luciane der Wahlver-
wandtschaften, in den letzteren, von dem 2. (Freundliches
Begegnen) abgesehen, das ruhige, unaufdringhche, zurück-
haltende Wesen der Frommannschen Pflegetochter und der
Goethischen Ottilie wieder. Auch durch diese allgemeine
Charakteristik der beiden Sonettengruppen werden die Be-
ziehungen, in denen sie zu den beiden jungen Freundinnen
des Dichters stehen, gestützt.
Wenn Goethe sie später zu einem Cyclus vereinigte,
so geschah dies gewiss nur mit Rücksicht auf ihre innere
Verwandtschaft hmsichtlich des Stoff's und ihre gemeinsame
Angehörigkeit an eine für ihn bedeutsame Epoche seines
Lebens und seiner dichterischen Thätiekeit: die Entstehungs-
zeit der Wahlverwandtschaften. Daclurch, dass das Sonett
»Mächtiges Ueberraschen« den Anfang und die »Charade«
den Schluss bildet, sind diese Gedichte noch enger zu einem
zusammengehörigen Ganzen verbunden worden, welches
anscheinend mit Bestimmtheit auf Minna Herzlieb hinweist.
Dass die Sonette aber nicht auf sie allein bezogen werden
können, wie dies noch Kuno Fischer in seinem jüngst er-
schienenen Büchlein »Goethes Sonettenkranz« (Heidelberg,
Carl Winters Universitätsbuchhandlung 1896) thut, und
dass auch die durch sie angeregten nur in dichterischer
Ausführung als auf sie bezüglich angesehen werden können,
ist durch diese Betrachtungen hoffentlich klar geworden.
Suchen wir aus den Sonetten mit Kuno Fischer eine
wenn auch nur von dem Dichter poetisch erlebte Liebes-
174 Abhandlungen.
gescliiclite herauszulesen und die Gruppe i — 5 etwa als
die glücklich vereinten Liebenden, 6—10 als die getrennten
Liebenden, 11 — 15 ^^^ die über ihre Liebe reflectirenden
Liebenden und die beiden letzten Sonette als die Schluss-
gliedcr des Kranzes zu deuten, so gelangen wir zu inneren
und äusseren Widersprüchen. Die Sonette 4 (Das Mädchen
spricht), ferner die erklärlicherweise zusammengestellten
Sonette 7, 8, 9, 10 (Abschied und Briefe) würden hinsicht-
lich der Charakteristik des darin uns entgegentretenden
Mädchens zu den übrigen in einem entschiedenen Gegen*
satz stehen, und das 2. Sonett (Freundliches Begegnen)
würde dem 5. (Wachsthum) und noch mehr clem 13.
(Warnung^ seinem ganzen Inhalte nach widersprechen.
Nur dann lassen sich diese Gedichte als zu einem zu-
sammengehörigen Kranze vereinigt erklären, wenn wir sie
ansehen als inhaltlich verwandte Mimmungsbilder, die dem
Dichter aus seinem Verkehr mit den beiden so eigenartig ver-
schiedenen, ihn lebhaft anziehenden Mädchen, Bettina Brentano
und Minna HerzHeb, erwuchsen und von ihm in der künst-
lerischen Form des Sonetts zur Darstellung gebracht wurden.
Was den dichterischen Werth dieser Sonette betrifft,
so sind sie nicht nur von einer strenge nach Petrarcas und
Schlegels Muster ausgeführten Vollendung der Form, sondern
auch von einem Wohllaut der Sprache, einer Anschaulich-
keit und. Lebendigkeit der darin vorgeführten Situationen
und Vorgänge, wie dies wohl keiner von Goethes Zeit-
genossen und Nachfolgern, die mit ihm im Sonett wett-
eiferten, erreicht hat.
Ausser den bisher besprochenen Sonetten schrieb Goethe
nur noch drei Gelegenheitssonette, nämlich 1810 eines auf
den Becher der Kaiserin von Oesterreich, aus w^elchem sie
in Karlsbad den Brunnen getrunken, 1812 eines an Herrn
Abbate Bondi, 1813 eines an Ihro Kaiserliche Hoheit die
Frau Erbgrossherzoffin von Sachsen-Weimar und Eisenach.
Diese Gelegenheitsgedichte, auf deren eingehendere
Betrachtung wir verzichten können, sind dem anmmhigen,
an Minna Herzlieb gerichteten Sonett »Christgeschenk«
hinsichtlich der äusseren Veranlassung wie auch in Bezug
auf die geistvolle Diction und die feinausgeführte Form
verwandt, kommen aber den meisten Sonetten der zu-
letzt betrachteten Sammlung, wie denjenigen, welche die
Titel führen : »Mächtiges Ueberraschen,« »Freundliches
Begegnen,« »Kurz und gut,« »Wachsthum«, »Das Mädchen
schreibt«, »Warnung«, oder auch dem herrlichen Sonett
»Natur und Kunst,« an dichterischer Bedeutung bei weitem
nicht gleich. Diese sind es, an welche Platen gedacht
haben wird, als er sein schönes Gedicht, »Das Sonett an
Ueber Goethes Sonette. lyS
Goethe« dichtete, welches den Schluss dieses Aufsatzes
bilden möge:
Dich selbst, Gewaltiger, den ich noch vor Jahren
Mein tiefes Wesen witzig sah verneinen,
Dich selbst nun zähl' ich heute zu den Meinen,
Zu denen, welche meine Gunst erfahren.
Denn wer durchdrungen ist vom innig Wahren,
Dem muss die Form sich unbewusst vereinen,
Und was dem Stümper mag gefährlich scheinen,
Das muss den Meister göttlich offenbaren.
Wem Kraft und Fülle tief im Busen keimen.
Das Wort beherrscht er mit gerechtem Stolze,
Bewegt sich leicht, wenn auch in schweren Reimen.
Er schneidet sich des Liedes flücht'ge Bolze
Gewandt und sicher, ohne je zu leimen,
Und was er fertigt, ist aus ganzem Holze.
Goethes Gedichte in der Musik.
Von
Max Friedlaender. '
II oethes Mahnung: »Nur nicht lesen, immer singen«
ist von den Musikern wohl beachtet worden. Kein
Dichter irgend eines Culturvolks hat die Compo-
nisten so stark und tief angeregt, wie Goethe, und durch
Mozart und Beethoven, Reichardt und Zelter, Schubert,
Loewe und Mendelssohn, Rob. Franz und Brahms haben
seine Lieder eine Verbreitung gefunden, die ihnen ohne
die Schwingen dieser Musik sicher nicht in demselben
Masse beschieden gewesen wäre. Zwei der grossen musi-
kahschen Meister fehlen allerdings in der Gomponisten-
Reihe: Joseph Haydns Liedern merkt man es nicht an,
dass ihr Autor sechs Jahrzehnte hindurch das Glück hatte,
Goethes Zeitgenosse zu sein, und eigenthümlicherweise
hat auch der nochgebildete Carl Maria von Weber unsere
classischen Dichter in seinen Gesängen vollständig über
den Müchler, Gubitz, Castelli und Genossen vernachlässigt.
' Zu ausführlicherer Behandlung wird der Gegenstand demnächst
in einem in der Besserschen Buchhandlung (Wilhelm Hertz) in Berlin
erscheinenden Werke des Verfassers »Das deutsche Lied des i8. Jahr-
hunderts« gelangen.
Goethes Gedichte in der Musik. 177
Auch MoT^art war bekanntlich nicht sehr wählerisch in
seinen Liedertexten, aber ein günstiges Geschick hat ihm
wenigstens an Goethisches Gedicht zugeführt: Das Veil-
chen, das in seiner Hand zu einer der schönsten Blüthen
lyrisch- dramatischer Musik geworden ist. Ungleich tiefer
ist Beethoven in die Werke des Dichters eingedrungen.
Ausser der Musik zum Egmont hat er drei Stücke aus Faust,
je eines aus Claudine und dem Jahrmarktsfest zu Plunders-
weilern, und neunzehn Lieder theils skizzirt, theils vollendet,
darunter Meisterwerke wie : Freudvoll und leidvoll, Mignon,
das Mailied, Wonne der Wehmuth. Am Nächsten von allen
Componisten ist aber Schubert Goethe gekommen, »dessen
so herrlichen Dichtungen er wesentlid^ seine Ausbildung
zum deutschen Sänger verdankt«, wie Schuberts intimster
Freund Spaun in einem an Goethe gerichteten Briefe vom
Jahre 1817 schreibt. Von den 80 Schubertschen Compo-
sitionen zu Goethischen Texten sind einige der hervor-
ragendsten in den nachfolgenden Blättern erwähnt, andere
nicht weniger bedeutende — wie Schäfers Klagelied, Ge-
heimes, die Mignon- und Suleika-Lieder — dürfte sich der
musikalisch geoildete Leser leicht ergänzen. Höchst er-
staunlich wird es immer bleiben, wie der junge Meister
auch zu den gewaltigen, für die Coraposition so spröden
Gedichten wie: Grenzen der Menschheit, Prometheus, An
Schwager Kronos, Ganymed, Gesang der Geister über den
Wassern eine congeniale Musik zu schreiben vermocht hat.
Nicht ganz so glücklich war in seinen 26 Goethe-Compo-
sitionen Robert Schumann, dessen Faust-Scenen allerdings die
bei Weitem schönste Musik enthalten, die bisher zum
zweiten Theile des Dramas geschrieben ist. Von Mendels-
sohns 14 Werken ist die erste Walpurgisnacht hervorzu-
heben — eines der vollendetsten oratorischen Werke unseres
Jahrhunderts — , dann die Ouvertüre: Meeresstille und glück-
liche Fahrt, das Sonett: Die Liebende schreibt und die
Quartette : Auf dem See, Frühzeitiger Frühling, Die Nach-
tigall, sie war entfernt. Spohrs 11 Lieder sind leider fast
sämmtlich unbedeutend, und auch Carl Loewe, der 43
Goethe-Compositionen geschaffen hat, steht in den meisten
nicht auf der Höhe seiner besten Schöpfungen; aber es sind
doch auch einige Meisterstücke unter innen, wie: Erlkönig,
Der getreue Eckart, Hochzeitlied. Unter den 14 Werken
unseres zeitgenössischen Meisters Brahms sind der Gesang
der Parzen, aas Wechsellied zum Tanz und die Fragmente aus
Alexis und Dora, Jery und Bätely und der Harzreise im
Winter zu erwähnen. Und da bereits von Compositionen
zum Faust die Rede war, so seien noch die Faust-Musiken
des Fürsten Rad:(itvill, Karl Eberweins, Julius Riet:^, Eduard.
GOSTUC-J AURBUCH XVII. 12
lyS Abhandlukgen.
Lassen^ genannt, ferner Hector Berlio:^' dramatische Legende
Damnation de Faust, Gounods Oper Faust, Liszts JFaust-
Symphonie, Rubinsteins Faust, ein musikalisches Charakter-
bild (fiir Orchester), Arrigo Boitos Oper Mephistofeie, end-
lich von Richard Wagner neben seinen »sieben Comno-
sitionen zu Goethes Faust« (Ms. in Wahnfried) das be-
deutsame Werk: Eine Faust-Ouverture.
Dass die nachfolgenden Notizen nicht in der üblichen
Form der Abhandlungen gehalten sind, sondern in der
chronologischer Verzeichnisse, wird den Lesern hoffentlich
nicht beffemdlich erscheinen. Die Zusammenstellung der
musikalischen Meister, die sich mit Goethe beschäftigten,
und die Zahl der Compositionen sprechen eine beredte
Sprache, die eindringlicher wirken dürfte als eine ästhetische
Betrachtung.
1. Mit einem gemahlten Band (Kleine Blumen, kleine Blätter)
1771 entstanden (Friederikenlied), 1775 zuerst gedruckt
in Jacobis Zeitschrift : Iris, Band 2, Stück r, Düsseldorf.
Componirt von: i. ijoh. Friedr. Reichardt »Goethes
Lyrische Gedichte mit Musik von T. F. R.« Berlin 1793.
2. Ludwig van Beethoven, op. 83, No. 3, entstanden 1010,
Eublicirt'1811. 3. Carl Blum, op. 11, publicirt r8i6 bei
ireitkopf & Härtel. 4. W, J. Toniaschen in Prag, op. 55,
Nr. 4, ausserdem von 11 neueren Musikern^, deren Namen
Ernst Challiers Grosser Lieder-Katalog, Berlin 188^, bringt;
unter ihnen ist Friedr. Gernsheim (op. 29, Nr. 3; hervor-
zuheben.
Beethovens sehr anmuthige Composition ist nicht nach
Verdienst bekannt geworden. Der Beginn der Melodie ist s e h r
ähnlich dem Liede an die Freude in der neunten Symphonie. —
Reichardts und Tomascheks Weisen sind unbedeutend.
Sehr charakteristisch für die Umformung, die ein Kunstlied
bei der Verbreitung im Volke im Laufe der Jahre erfahren kann,
ist die Lesart unseres Gedichts, die Gottfried Keller im »Sinn-
gedicht« (1882) dem jungen Dorfschuhmachermeister in den
Mund legt. Dieser hatte das Gedicht in einem der älteren, auf
Löschpapier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksbursche
gefunden, die neben den trivialsten Gesängen gelegentlich
auch Lieder unserer classischen Dichter bringen, und er »sang
es nach einer gefühlvollen, altvaterischen Melodie mit volks-
mässigen Verzierungen.« Keller gibt bei den einzelnen
Strophen noch weitere Andeutungen über die Weise. Als
im Jahre 1884 der Verfasser dieses Aufsatzes den Dichter in
Zürich besuchte und ihn fragte, ob er nicht die folgende
Melodie gemeint habe:
Goethes Gedichte in der Musik.
179
Behaglich.
M Denagncn. >.>>
Klei - ne Bln-men, klei - ne
Blät
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ter, ja Blät-ter,
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strei - en wir mit leich - ter Hand,
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ja Hand,
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gu - de jun - ge Frih-lings - gäd
der tän-delnd
i
^^^
Inf - tig
Band.
Stimmte Keller lebhaft zu: Ja, das ist genau die Weise, wie
ich sie einmal zu dem Liede gehört habe. Er war sichtlich
erfreut, dass sie ein Musiker aus der blossen Beschreibung
erkannt hatte. — Köstlich ist, wie Kellers Schuster in dem
Verse: »Und ich bin belohnt genung«, das letzte Wort in
genuch verbessert, und wie er die letzte Strophe beginnt:
Fihle, was dies Herz empfindet — ja pfindet.
»Allein die unverwüstliche Seele des Liedes,« schreibt
Keller ». . . . bewirkte das Gegentheil eines lächerlichen Ein-
drucks.«
2. Mailied (Wie herrlich leuchtet mir die Natur), vermuth-
iich 1771 entstanden — nach Düntzer : 1774 — 1775, zu-
erst gedruckt in der Iris, Band 2, Stück i.
Componirt von: i. Job. Friedr. Reichardt, »Oden und
Lieder von Herder, Goethe u. A.« Berlin III, 1781. 2. Christ,
Aug. Gabler in Reichardts »Neuen Liedern geselliger Freude«
I, 179^. 3. Beethoveriy um 17Q6 comp., 1805 als op. 52, Nr. 4
pubiicirt. 4. IV, J, Tomaschek, op. 53. ;. Ludwig Berger.
6. Bernhard Klein, op. 15, Nr. 6. 7. Friedrich Silcher 1826,
schon 1827 in den ßreslauer Schulliedern von Hientzsch
abgedruckt. 8. Heinrich Marschner, 9. Friedrich Curschmann,
op. 2 und 2j neueren Musikern. Nicht ohne Interesse ist
es, zu sehen, wie bei der Composition des Liedes Musiker
aus allen Theilen des deutschen Sprachgebiets sich zu-
sammenfinden: die Berliner Reicharat, Berger, Klein, die-
Oesterreicher Tomaschek (Prag) und Gottfried Preyer
12*
I&) AfiUANDLUKGEN.
(Wien),
Marscbo
die Deutscbrussen Gabler und Jos. RubiDstein,
Marsclioer aus Sacbsen, Hugo Ulricb aus Scblesien, Friedr.
Silcber aus Scbwabeo, der Ostpreusse von Keudell, der
Bayer Otto Scherzer, der Rheinländer Brambach und der
Oldenburger Meinardus, Ad. Reichel in Bern, Markull und
Curschmann in Danzig, Gokennann in Frankfiin a. M. und
Jos. Dürmer in Edinburgh.
Beethovens herriiche Jugend-Composition aberragt alle
übrigen. Er hatte die Melodie ursprünglich zu einer Arie in
Umlaufs Singspiel: »Die schOne Schusterin« geschrieben und
ihr erst nachträglich die Goethischen Verse untergelegt. Die
ursprüngliche Arie beginnt : »O welch ein Leben ! Ein ganzes
Meer von Lust und Wonne fliesst um mich her!«
3. HeidenrdsUin (Sah' ein Knab' ein Röslein stehn), 17^1
entstanden, 1773 in der ersten Fassung gedruckt. in
Herders »Von deutscher An und Kunst« u. d. Ü.;
Fabelliedcben, dann 1779 mit einigen Aenderungen
in Herders »Volksliedern« u. d. C: Röschen auf der
Heide, endlich in der jetzt bekannten Fassung und
mit unserer Ueberschrift in Goethes Schriften VIII, 1789.
Componin von: i. F. von Dalberg, Mainz 1793.
2. Reicbardt, »Goethes Lyrische Gedichte. Mit Musik von
tF. R.« Berlin 1793. 3. Hans Georg Nagelt in seinen
iedem. Zürich 1795 — 99. 4. ff^. /. Tomascbix, op. 53, Nr. i.
5. Andreas Romberg, Ooen und Lieder. Bonn 1793. ^- Fran;^
Schubert, op. 3, Nr. 3, comp. 181^, publicin 1821. 7. //««-
rieb Werner, vor 1829. 8. C ö. Keissiger^ op. 79, Nr. 3.
9. Scbnyder von Wartensee, Acht deutsche Lieder, Bonn o. J.,
Nr. 2 und 3 (die zweite Bearbeitung durchcomponin).
10. Robert Scbumann, op. 67, Nr. 3 (fürChor^, comp, und
publ. 184Q. II. A. E. örell, op. 21. 12. Mont^ HaMtmann
[für ChoM- 15- Wilhelm Taubert, op. 5, Nr. 2. 14. Jobannes
ßrahms, Volks-Kinderlieder, publ. i8j8 und mehr als )0
neueren Musikern.
Reichardts Composition verdient das ihr von Friedr.
Rochlitz gespendete Lob : »Echt volksthümlich und, bei aller
Einfalt, das Rechte meisterhaft ausdrückend.« (Für Freunde
der Tonkunst Ol, S. 422.) Für die Wirkung der Reichardtschen
Melodie bis in unsere Tage spricht, dass Brahms sie — mit
nur geringen Veränderungen — in seine Volks-Kinderlieder
aufgenommen und mit neuer Clavierbegleitung versehen hat.
Im Volke aber ist jetzt fast überall die Melodie Heinrick
Werners verbreitet:
^^ « . j- ^. Jl .-^hH-j J' J3 f I ^^
Goethes Gedichte in der Musik. l8l
Diese ist abhängig von Schuberts genialem Jugendwerk, der
hervorragendsten unter allen Compositionen des Gedichts.
(Der Beginn des Schubertschen Liedes ist identisch mit dem
des Duetts: »Könnte jeder brave Mann« aus Mozarts Zauber-
flöte.) — Die Compositionen von Nägeli, Tomaschek, Romberg
sind unbedeutend, Schumann hat in seinem Chorwerk den
rechten Ton nicht zu finden vermocht, sehr anmuthig hingegeh
ist die Musik zum Heidenröslein von Hauptmann und Taubert.
Beethoven hat sich zu verschiedenen Zeiten mit dem
Liede beschäftigt, und aus seinen SkizzehbUchern würde sich
eine fast vollständige Melodie zur ersten Strophe construiren
lassen. Vergl. Nottebohm, Beethoveniana S. 50 und Zweite
Beethoveniana S. 137, 471, 474, 576.
4. Das y eilchen (Ein Veilchen auf der Wiese stand) 177 j,
spätestens Anfang 1774 entstanden, 1775 zuerst ge-
druckt in der Ins, Band 2, Stück 3.
Componirt von: i. Johann Andri 177J, publ. 1776.
2. Herzogin Anna Amalia 1776. 3. Reicharat dreimal: als
einstimmiges Lied 1780 in Reichardts Oden und Liedern,
als Duett 1783 in Gedikes und Biesters Berlinischer Monats-
schrift I, als Terzett 1790 für die zweite Fassung von
»Erwin und Elmire«. 4. Anton Schwei:(ery im Theater-
Kalender 1777, Beilage. 5. Jos, Anton Steffan, k. k. Hof-
Claviermeister, Sammlung Deutscher Lieder für das Ciavier I,
Wien 1778. 6. Siegmuna Freiherr von Seckendorffy Volks-
und anaere Lieder I, Weimar 1779. 7. Ernst Witnelm Wolf,
Hofkapellmeister in Weimar 1780. 8. Karl Friberth, k. k.
Kapellmeister in Wien, Deutscne Lieder für das Ciavier III,
Wien* 1780. 9. Job. Friedr, Christmann in Räth Bosniers
Musikalischer Blumenlese für Ciavierliebhaber, Speier 1782.
10. Mo:(arty coilip. 1785, publ. 1789 u. d. T.: Zwey deutsche
Arien zum Singen beym Klavier, Wien. 11. rr. Ludw.
Aemilian Kun^^en, in dänischer Sprache, in : Viser og Lyriske
Sänge, Kiöbenhavn 1786. (Uebersetzung von Rahleck).
i2. F. H, Himmel, köaigl. Kapellmeister in Berlin, op. 21,
Nr. s, publ. 1806. 13. W. 7. Tomaschek, op. 57, Nr. i.
14. P. von Lindpaintner, Hofkapellmeister in Stuttgart, im
Orplieon III, Nr. 12. 15. C. G. Reissiger, HofkapeUmeister
in Dresden, op. 48, Nr. 4, und etwa JO neueren Musikern.
— Nr. 6, IG, 13 sind durchcomponirte, i, 3,4, 5,9, 11, 12,
14 und 15 Strophen-Lieder.
Neben Mozarts unvergleichlicher Composition — (kein
eigentliches Lied, sondern mehr dramatische Scene) — sind
Reichardts schönes, schlichtes Duett sowie Kunzens und
Steffans einstimmige Weisen hervorzuheben. Ueber Reichardts
Duett vergl. Mendelssohns gewichtiges Lob in seinen »Briefen
aus den Jahren 1833—47«. S. 477.
l82 Abhandlungen.
5. Der Musensohn (Durch Feld und Wald zu schweifen),
wahrscheinlich 1774 entstanden (ViehofF I, 283—87,
Scherer, G.-J.-B. V, 263, vgl. aber dagegen Düntzer
II, 40), 1800 zuerst gedruckt in Goethes Neuen
Schriften VII.
Coniponirt von: i. Reichardt in Kotzebues Zeitschrift,
»Der Freymüthige«, Juli 1803, abg^edruckt in Reichardts
Neuen Liedern geselliger Freude II, 1804. 2- Carl Friedr.
Zelter, Sämmtl. JLieder, Balladen und Romanzen IV, comp.
1807. ^ Schubert, op. 92, Nr. i, comp. 182:?, publ. 18.28.
4. iernh. Klein, op. 15, Nr. 7 und / neueren Misikern.
Reichardts und Zelters volksthümlich- einfache, aber gar zu
dürftige Melodien werden von Schuberts Lied hoch überragt.
6. Der König in Thule, 1774 entstanden, schon im Urfaust,
1782 in der ersten Fassung gedruckt in Siegmund Frey-
herrn von SeckendorfFs Volks- und anderen Liedern,
3. Sammlung, Dessau, 1790 in der jetzt üblichen Form
d gedruckt in Goethes Schriften VII.
omponirt von: i. Seckendorff (s. o.). »Abentheuerlich«
lautet die Vortragsvorschrift des Componisten. 2. Igna:(
Walter in seiner »Original-Oper« Doctor Faust, Text mit
Benutzung der Tragödien Fr. Müllers und Goethes von
Dr. Schmieder, 1797. 3. Wilhelm Schneider in Fr. Th. Manns
Musikalischem Taschenbuch auf das fahr 1805, später in
den »Deutschen Liedern für Jung und Alt« 1818. 4. Reichardt
in Goethes Liedern, Oden. Balladen und Romanzen, Berlin
1809. 5« Zelter (für Bass): Sämmtliche Lieder, Balladen
und Romanzen III, Berlin 18 12. 6. W. /. Tomaschek, op. 59.
Fran:(^ Schubert, op. 5, Nr. 5, comp. 1816, publ. 1821.
Bernh, Klan. 9. Fr. H. Himmel. 10. Hector Berlioz:
7. Fran:^ Schubert, op. 5, Nr. 5, comp. 1816, publ. 1821.
8. Bernk Klein, q. Fr. H. Himmel. 10. Hector Berlioz:
Huit Seines de Faust 1828, später in die Damnation de
Faust, op. 24, 1846 aufgenommen. 11. Fran:(^ Lis:(t. 12. Rob.
Schumann, op. 67, Nr. i (für Chor), 184^. 13. Heinrich
Marschner, op. 160, Nr. i. 14. Charles Gounoa in seiner
Oper Faust 1859, ferner von 15. Ad. Jensen, op. 23. 16. Wilh.
Taubert, op. 151. 17. Felix Dräsecke. 18. Eduard Lassen.
19. Bernhard öcholT^. 20. Hans von Bülow und 2/ anderen
neueren Musikern.
Zelters schöne Composition -— sein bestes Lied — hat
seit 70 Jahren die weiteste Verbreitung gefunden. Vorher
war Schneiders Melodie sehr beliebt. Unter den ausgeführteren
Liedern ist das Schuhertsche am hervorragendsten. Auch
Gounods Weise trifft vortrefflich die Stimmung.
7. Meine Ruh ist hin, mein Her:(^ ist schwer. 1775 oder früher
entstanden, schon im »Urfaust«, 1790 zuerst gedruckt
in: Faust. Ein Fragment.
Goethes Gedichte in die Musik. 183
Componirt von : i. l£na:(^ Walter in seiner Original-Oper
Doctor Faust 1797. 2. Ludwig Spohr, op. 25, Nr. j, 1809.
3. Zelter: Sämmtliche Lieder etc. 1, Berlin 1810. 4. öchubert,
00. 2, comp. 1814, publ. 1821. 5. Bernh. Klein, 6 Conradin
KreutT^er. 7. Hector Berlio;(^ (s. o. Nr. 6, 10. Die Ueber-
setzung rührt von G^rard de Nerval her). 8. Michail Ituano-
witsch Glinka und über 20 neueren Musikern,
Die geniale Composition des 17jährigen Schubert — eines
seiner allerfrühesten Lieder — ist die bedeutendste. — Von
Beethoven liegt ein kurzer Entwurf aus der Zeit vor 1800
vor, abgedruckt inNottebohras »Zweite Beethoveniana«. S. 575.
8. Jägers Abendlied (Im Felde schleich' ich still und wild),
1775 entstanden, Januar 1776 zuerst gedruckt im
Teutschen Merkur.
Componirt von: i. Ph. Christ, Kayser, 1777. 2. Rei-
chardt, Oden und Lieder, Berlin III, 1781. 3. F, von Dalberg,
Lieder, Mainz 1793. 4. Fr. H, Himmel^ Deutsche Lieder
von Goethe, Berlin 1806. 5. Bernh, Anselm Weber, 181 5.
6. Bernh, Klein, 7. Schubert, op. j, Nr. 4, comp. 18 16,
publ. 1821. 8. ielter zweimal: Neue Liedersammlung,
Zürich 1821. 9. Tomascheky op. 57, Nr. 5 und mehr als
2/ neueren Musikern, unter ihnen Carl Reinthaler, Ludw.
Meinardus, H^ritte-Viardot, Bernh. Scholz.
An erster Stelle dürfte Reichardts in ihrer Schlichtheit tief
ergreifende Composition zu nennen sein. Sie gehört neben
Zelters König in Thule, Schulz' »Der Mond ist aufgegangen,«
Andres »Bekränzt mit Laub« und Nägelis »Freut euch des
Lebens« zu den Mustern der deutschen volksthümlichen Lieder.
Reichardt benutzte sie 1800 nochmals in seinem Liederspiel:
Liebe und Treue. Schuberts op. 3 ist musikalisch viel be-
deutender als die Reichardtsche Composition, erreicht sie in-
dessen in Bezug auf volksthümliche Wirkung nicht.
9. Bundeslied (In allen guten Stunden), 1775 gedichtet auf
die Vermählung des Pfarrers Ewala in Offenbach,
1776 zuerst gedruckt im Teutschen Merkur, Band ij.
Componirt von: i. Reichardt zweimal: Oden und Lie-
der, Berlm 1781 (in Reichardts Sammlungen noch dreimal
abgedruckt) und: »Goethes Lieder, Oden, Balladen etc.«,
Berlin 1809. 2. Zelter (noch ungedruckt), comp. 1799, ge-
sungen im Januar 1800 in der berliner Liedertafel und im
Juni 1895 in Weimar anlässlich der Generalversammlung
der Goethe -Gesellschaft. 3. F, F, Hurka, Auswahl von
Maurer- Gesängen, herausg. von F. M. Böheim II, Berlin
17^9. 4. Schubert, comp. 1815, aus dem Nachlasse publicirt
Leipzig 1895. 5. Beethoven^ op. 112, für 2 Solo- und 3 Chor-
stimmen mit ßläserbegleitung, comp, um 1822, publ. 1825.
184 Abhandlungen.
6. Albert Meihfessd, Commers- und Liederbuch, Altenburg
1823. 7. Gustav Reichardt, op. 5, 1825 und 5 neueren
Musikern.
Mit Reichardts schöner Melodie vom Jahre 1809 noch
jetzt das classische EröfTnungslied unserer Studenten-Comroerse.
Goethe hat aber Zelters im Kreise der Berliner Lieder-
tafel sehr beliebt gewordene Weise im Sinn, wenn er in
»Dichtung und Wahrheita 17. Buch, von dem Liede spricht;
vergl. dort die herrlichen Worte, mit denen er das Gedicht
den Nachkommen empfiehlt. Beethovens und Schuberts Compo-
sitionen des Liedes sind nicht bedeutend.
10. Heue Liebey neues Leben (Herz mein Herz), 1775 ent-
standen (Lili-Lied), in demselben Jahre zuerst ge-
druckt in der Iris, 2. Bd., 3. Stück.
Componirt von: i. F. von Dalberg, »Lieder. Dritte
Sammlung«, Mainz 1793. 2. Reichardt, »Goethes Lyrische
Gedichte mit Musik von J. F. R.«, Berlin 1793. ^. Beethoven,
op. 7j, Nr. 2, publ. 18 10. 4. Zelter, Sämmthche Lieder,
Ballaaen und Romanzen III, Berlin 1812. 5. Ludzu. Spohr
(ungedruckt) 1858. 6. MoritT^ Hauptmann, op. 19, Nr. 6.
7. C G. Reissiger, op. 48, Nr. 3 und 10 neueren Musikern.
Beethovens Composition — ein feurig beseeltes Gegen-
stück zu der zarteren „Adelaide« — ist an erster Stelle zu
nennen. Sie ist durchcomponirt, während die sonst erwähnten
Musiker das Gedicht als Strophenlied behandelt haben. Auf
die Aehnlichkeit des Anfangsverses unseres Gedichts mit zwei
Liedern aus Erwin und Elmire, ferner mit EichendorfFs »Neuer
Liebe« und Heines »Herz, mein Herz, sei nicht beklommen«,
hat bereits G. von Loeper hingewiesen.
11. Wonne der Wehmuth (Trocknet nicht, Thränen der
ewigen Liebe), um 1775 entstanden, 1789 zuerst ge-
druckt in Goethes Schriften.
Componirt von: 1. Reichardt, »Goethes Lyrische Ge-
dichte mit Musik von J. F. R.« II, Berlin 17Q3 (Text nach
Herders Copie). 2. Frans^ Dan:(i, op. 19, München 1805.
3. Beethoven, op. 83, Nr. i, comp. 1810, publicirt 181 1.
4. Schubert, op. 115, Nr. 2, comp. 181 5, publ. 1829. 5. Rob.
FranT^, op. 33, Nr. i und // neueren Musikern.
Mit Beethovens grossartiger Composition hält weder
Reichardts dürftige Weise, noch Schuberts Jugendlied — von
Schubert selbst wohl kaum zur Veröffentlichung bestimmt —
noch Franz' stimmungsvolle, aber etwas weiche Melodie einen
Vergleich aus. Beethovens Autograph des Liedes gehörte zur
Handschriftensammlung Goethes, der es im Jahre 1821 dem
jungen Felix Mendelssohn als Prüfstein für dessen a vista-Spielen
Goethes Gedichte in der Musik. 185
vorlegte. Vergleiche darüber Goethe -Jahrbuch XU, Musiker-
briefe S. iioff.
12. Rastlose Liebe (Dem Schnee, dem Regen). 1776 ent-
standen, 1789 zuerst gedruckt in Goethes Schriften VIIL
Conaponirt von: i. UeiVÄard/,. zweimal in »Goethes
Lieder, Öden, Balladen und Romanzen,« Berlin 1809, das
erste Lied bereits gedruckt in »Goethes Lyrische Gedichte
mit Musik von J. F. R.« II, Berlin 17^3. 2. Fr. K Himmel,
op. 21, Nr. 2, 1006. 3. Bernhard Klein. 4. Zelter: Sämmt-
liche Lieder, Balladen und Romanzen III, Berlin 1812.
5. Schubert, op. 5, Nr. i, comp. 181 5, publ. 1821. 6. Spohr,
op. 44, Nr. 2, comp. 18 17 (für Männerchor). 7. Tomaschek,
op. 58, Nr. I. 8. Conradin KreutTier, Wien 1826 (Duett).
9. Schumann, op. -33, Nr. 5, comp. 1840, publ. 1842 (Männer-
chor). 10. Reissiger, op. 53, Nr. i. 11. Joachim Raff, op. 98,
-Nr. 23, comp. 1855—63. 12. iJo*. Fran^, op. 33, Nr. 6,
und mehr als 40 neueren Musikern. Unter diesen sind hervor-
.zuheben: Otto. Jahn, Wilhelm Taubert, Ludwig Meinardus,
Carl Mikuli, Bernh. Hopffer, E. Rappoldi, Emil Naumann
und Julius SchäfFer.
Schuberts Lied ist von allen das hervorragendste. Das
Gedicht hatte den achtzehnjährigen Componisten beim ersteh
Lesen so aufgeregt, dass er in minutenlanger Ekstase war,
bis er — in echt Goethischer Weise — sich dadurch von
dem Eindruck befreite, dass er ihn in ktlnstlerische Form
brachte. Am nächsten kommen dem Schubertschen Liede die
Reichardtschen Weisen, die beide trefflich sind. Viel trockener
ist die Zeltersche. Von Beethoven liegt ein aus der Zeit von
1800— 1804 stammender, drei Seiten länger Compositionsent-
wurf zu dem Gedichte vor. Am 8. Februar 1823 schrieb
Beethoven an Goethe, seine Composition werde vielleicht bald
erscheinen; das Lied ist aber leider Skizze geblieben.
13. Der Fischer (Das Wasser rauscht). Entstanden ver-
muthlich 1778, zuerst gedruckt in S. v. SeckendorfF's
Volks- und anderen Liedern I, Weimar 1779, dann
in Herders Volksliedern in demselben Jahre.
Componirt von: l. Seckendorff (s. o.). 2. Reichardt:
Oden und Lieder III, 1781. 3. Anareas Romberg: Oden
und Lieder, Bonn 1793. 4. Fr. Latrobe in Wilh. Ehlers'
Gesängen mit Begleitung der Chitarra, Tübingen 1804.
5. Zelter: Sämmtliche Lieder, Balladen und Romanzen II,
Berlin 18 10. 6. Fr. H. Himmel, op. 21, Nr. 4, 1806. 7. Ludwig
Berger, op. 17. 8. Schubert, op. 5, Nr. i, comp. 1815,
publ. 1821. 9. Tomascheh 10. Reissiger, op. 48, Nr. 2.
II. Albert Methfessel, op. 42, Nr. i. 12. Carl Loewe, op. 43,
l86 Abhandlungen.
Nr. I, 1835. 13. Friedr. Curschmann, op. 4, Nr. 3. 14. Morit:(
Hauptmann, op. 31, Nr. 3 und gegen 40 neueren Musikern.
Neben Schuberts schönem Jugendwerk ist besonders Zelters
Weise zu nennen. Seckendorffs, Rombergs und Reichardts
Melodien sind unbedeutend, auch Loewe steht hier hinter
seiner Aufgabe zurück, und Curschmanns früher viel gesungene
Composilion hält sich nicht ganz frei von Trivialität.
14. An den Mond (Füllest wieder Busch und Thal), 1778
entstanden. Die erste Fassung in der Beilage zu
Goethes Brief an Frau von Stein vom 19. Januar 1778
— in der Ausgabe von Ad. Scholl = Fielitz I, S. 124
veröffentlicht — unter der Musik des Freih. Siegm.
von Seckendorff, in der jetzt üblichen Form 1789 zuerst
gedruckt in Goethes Schriften VIII.
Componirt von: i. Seckendorff (s. o. Der Componist
nahm die Melodie nicht in seine Volkslieder auf). 2. Rd-
chardt, Cäcilia. Erstes Stück. 1790, dann noch zweimal in
Reichardts Liedersammlungen abgedruckt. 3. F.vonDalberg,
Lieder. Dritte Sammlung. Mainz 1793. 4. Andreas Romberg,
Oden und Lieder, Bonn 1793. ;. t, H. Himmel^ op. 21,
Nr. I, 1806. 6. Zelter, Sämmtlicne Lieder, Balladen und
Romanzen III, Berlin 18 12. 7. Schubert zweimal, das i. Lied
im Nachlass, Lieferung 47, Wien, um 1848 publ., bereits 181 5
comp., das 2. Lied in den Nachgelassenen 6 Liedern, Berlin
1868 publ., comp. ?. 8. MoritT^ Hauptmann, op. 22, Nr. 5.
9. Ferdinand Hiller\ op. 204, Nr. i, und etwa ?o neueren
Musikern, Von diesen Letzteren sind Beruh. Scholz, Carl
Reinthaler, L. Meinardus, Louis Schlottmann, Friedr. Gerns-
heim und R. von Keudell zu nennen.
Die Verse tragen so viel Musik in sich, dass von einer
congenialen Composition des Gedichts nicht wohl die Rede
sein kann. Annähernd hat ein Einziger unter den Musikern
das unvergleichlich Milde und Sehnsüchtige, Froh-Trübe der
Poesie erreicht: Franz Schubert im zweiten der obenerwähnten
Lieder; leider ist gerade diese Composition wenig bekannt
geworden. ' Unter den übrigen sind Seckendorffs und Zelters
stimmungsvolle Weisen hervorzuheben.
In der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung v. J.
1808, S. 632 erwähnt Friedrich Rochlitz »Goethes vielleicht
von jedem deutschen Liedercomponisten gesetztes Lied an den
Mond,« (Dies ist natürlich übertrieben: fehlen doch Haydn,
Mozart, Beethoven, Weber, Spohr!) Rochlitz spricht dann über
' Abgedruckt ist sie im Schubert-Album VII der Edition Peters
(1887) und in der Gesammt- Ausgabe von Schuberts Werken. Leipzig,
Breitkopf & Härtel, 3. Liederband (1895.)
Goethes Gedichte in der Musik. 187
die Schwierigkeit »eine Musik zu erfinden, die auf die ersten
und letzten Strophen gleich gut passte -^ und verschiedene
Musik zu den verschiedenen Strophen zu schreiben wäre hier
ganz fehlerhaft. Auch Reichardt und Zumsteeg' waren nicht
glücklich mit dem kleinen Liede. Das Beste möchte wohl
sein, zur grössten aber auch edelsten Einfalt in der Melodie,
und zu ebenfalls höchst einfacher, aber ungewöhnlicher, tief
anregender Harmonie aufzusteigen.« Dies klingt ganz gut,
aber ein Künstler hat später gezeigt, wie unrecht der Kunst-
kritiker hatte, die »verschiedene Musik zu den verschiedenen
Strophen« zu perhorresciren : in Schuberts Li^de trägt zu der
ausserordentlichen Wirkung gerade die Verschiedenheit der
einzelnen Strophen bei, die allerdings aufis Glücklichste in eine
einheitliche Gesammtstimmu6g getaucht sind.
15. Wandrers Nachtlied (üeber allen Gipfeln ist Ruh.) 1780
entstanden. Vgl. Literatur in Goedekes Grundriss IV 2,
S. 667, 19a. 18 15 zuerst gedruckt in Goethes Werken.
Componirt von: i. Carl Loewe^ op. .9, Heft r, Nr. 3,
1817, pubi, 1828 (^einstimmig). 2. Zelter, Neue Liedersamm-
lung, 1821 feinstimmig). 3. Bernhard Kleine um 1823 (für
gemischtes Quartett, später von Fr. Silcher für Männerchor
bearbeitet! 4. Tomaschek, op. 58 (einstimmig). 5. Schubert,
op. 96, Nr. 3, comp, um 1824, publ. 1827 (einstimmig).
6. Schnyder von fVartensee, um 1829 (Männerchor). 7. Held,
in der AUgem. Musikal. Zeitung, Leipzig 1830 (gemischtes
Quartett). 8. Friedrich Kuhlau, vor 1832 (Männerchor).
9. Rob. Schumann, op. ^6, Nr. i, comp. 1850, publ. 1851 (ein-
stimmig.) 10. FraniLisT^t, Nr. 6 (einstimmig). 11. Theodor
Kirchner, op. 69 (Männerchor). 12. Ferd. Hiller, op. in
(einstimmig), i^. Anton Rubinstein (DuetO. 14. Morit^^
Hauptmann (gemischter Chor). 15. Robert Kadecke, op. 27
(Terzett). 16. Joachim Raff, op. 122, Nr. 5, publ. 1867
(Männerchor) und mehr als jo neueren Musikern.
Am Hervorragendsten ist Schuberts Lied. Sehr verbreitet
war früher Kleins Composition, jetzt — besonders in den
Kreisen der Männergesangvereine — Kuhlaus stimmungsvolles
Quartett. Dieses ist ursprünglich auf Johannes Falks Umdich-
tung aus d. J. 181 7 componirt: vi Unter allen Gipfeln ist Ruh«,
mit den von Falk zugesetzten abscheulichen Versen: »Unter
allen Monden ist Plag' Und alle Jahr und alle Tag' Jammer-
laut« und: »Unter allen Sternen ist Ruh, In allen Himmeln
hörest Du Harfen laut. Die Englein spielen, das schallte.
Warte nur, balde Spielest Du auch I« (Vgl. Falks Auserlesene
Werke I, Leipzig 181 9.) — Anton Rubinstein hat Lermontaws
' Die Erwähnung Zumsteegs beruht wahrscheinlich auf einem
Irrthum. Eine Composition von ihm hat sich nicht finden lassen.
l88 Abhandlungen.
rassische Uebersetzung des Goethischen Gedichts in Musik
gesetzt ; der veränderte Rhythmus machte für die Wiedergabe
der Composition im Deutschen eine ROcktlbertragang nöthig,
die an Goethes Worte nur von fem anklingt:
»Aller Berge Gipfel
Kuhn in dunkler Nacht« etc.
Bemerkenswerth ist, dass das Nachtlied in den verschie-
densten Formen der Vocalmusik componirt worden ist: als
einstimmiges Lied, als Duett, Terzett, Soloquartett für Sopran,
Alt, Tenor, Bass, als Chorquartett für die gleichen Stimmen,
endlich als Männerchor.
i6. Wandrers Nachüied (Der du von dem Himmel bist).
1776 gedichtet und an Frau von Stein gesandt, 1780
zuerst gedruckt in J. N. Pfennigers Christlichem
Magazin mit Melodie von Phil. Christ. Kayser, dann
1789 in Goethes Schriften VIII.
Componirt von: i. Phil. Christ. Kayser (s. o.). 2. Reichardt
in seiner »Cäcilia«, i. Stück, 1790. 3. F. von Dalberg:
Lieder. Zweyte Sammlung, Mainz 1793. 4. Zelter: Sämmt-
liche Lieder etc. IV, comp. 1807, publ. 1813. 5. Bernh.
Klein, op. 15, Nr. 3 und op. 41, Nr. i. 6. Schubert, op. 4,
Nr. 3, comp. 181 j, publ. 1821. 7. Carl Loewe, op. 9, Heft i,
Nr. 3, comp, und publ. 1828. 8. Franzi Lis^t Nr. 3.
9. Hermann Göt:(, cm. iq, Nr. 6. 10. Ferdinand Hillery
op. 25, Nr. 2. II. Theodor Kirchner , op. 69 (für Männer-
chor)Tind mehr als fo neueren Musikern, unter ihnien Heinrich
Bellermann, Gottfried Preyer, Carl Mikuli, Bernhard Scholz.
17. Erlkönig (Wer reitet so spät durch Nacht und Wind').
1780 oder 1782 entstanden, 1782 zuerst gedruckt als
jEmlage in : »Die Fischerin. Ein Singspiel«, dann 1789
in Goethes Schriften VIII.
Componirt von: i. Corona Schröter 1782, publ. in:
»Fünfundzwanzig Lieder. In Musik gesetzt von Corona
Schröter. Weimar 1786«. Tempovorschrift: Etwas lang-
sam (!) und abentheuerlich. (Die Composition ist in K.J.
Schröers Ausgabe von Goethes Dramen, 2. Bd., Berlin u.
Stuttgart, abgedruckt.) 2. Reichardt, »Goethes Lyrische Ge-
dichte mit Musik von J. F. R.«, Berlin 1793. ^. Andreas
Romberg, Oden und Lieder. Bonn 1793. 4. Zeiter (unge-
druckt, Manuscr. in Berlin) 1797—1807. 5. Methfessel 1806.
6. Ludwig Berger 1808. 7. Tomaschek, op. 59, Nr. a.
8. Bernh. Klein 181 5. 9. Schubert, op. i, comp. 1815, publ.
1821. 10. Carl Loewe, op. i, Nr. 3, comp. 1817,' publ. 1824.
' Das Entstehunj^sjahr entnehme ich dem wichtigen, bisher nicht
beachteten Artikel: »Dr. Loewe« in der Allgemeinen Wiener Musik-
Goethes Gedichte i\ der Musik. 189
11. Max Eberwein, vgl. Gespräche mit Eckerm;mn I, S. 197»
12. C. G. Reissiger. 13. Otto Ludwig (der Dichter), 1839,
noch ungedruckt. 14. Ludwig Spohr, op. 154, Nr. 4, mit
obligater Violine, 1856 und mehr als jo anderen Musikern.
Die musikalisch bedeutendste Composition ist ohne Frage
das Erstlingswerk Schuberts. Nicht zu verschweigen ist aller-
dings, dass der achtzehnjährige Componist den Schauplatz
vom Norden nach Italien verlegt hat und die Begebenheit
statt »unter hohen Erlena unter Pinien vor sich gehen lässt. An
dramatischer Wahrheit übertroffen wird Schuberts Werk von
Loewes op. i, einer der hervorragendsten Balladen des Meisters.
Unter den einfacheren Compositionen steht die Reichardtsche
in allererster Reihe. Für den praktischen Bühnengebrauch
aber hat die nur acht Tacte enthaltende volksmässige Strophen-
weise Corona Schröters noch im Jahre 1894 bei der Wieder-
aufführung der »Fischerin« in Tiefurt (auf dem natürlichen
Theater an der Um) ihre Wirksamkeit erprobt.
Ueber eine Reihe weniger bekannter Compositionen der
Ballade hat Wilhelm Tappert in seinen Erlkönig - Artikeln
im »Musikal. Wochenblatt« 1870, Nr. 40 ff. und in einem
neueren Nachtrag bemerkenswerthe Mittheilungen gemacht.
Von Beethoven befindet sich ein längerer Entwurf zum
Erlkönig aus den Jahren 1800 — 1810 im Archiv der Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien. Die Composition erscheint
nicht bedeutend, nur die Stelle : »Du liebes Kind, komm geh'
mit mir«, enthält den Keim einer sehr eindringlichen Melodie,
und der Instrumental-Schluss — nach den Worten : Das Kind
war todt — ist von grossem Interesse; er ist identisch mit
den Modulationen des Schubertschen Wanderers. Ein Facsimile
der schwer zu entziffernden Skizze bietet Emil Naumann in
seiner »Illustrirten Musikgeschichte«.
18. Wer sich der Einsamkeit ergiebt. Um 1783 entstanden,
1795 zuerst gedruckt in: Wilhelm Meisters Lehrjahre.
Componirt von: i. Zelter 1795, publ. in: 12 Lieder am
Ciavier zu sinjgen, Berlin und Leipzig 1796. 2. Reichardt:
»Goethes Lieder, Oden und Balladen mit Musik von R.«,
Berlin 180Q. 3. Schubert z^tim^X, im Jahre 181s;: publ. aus
dem Nachlasse, Leipzig 1895, im Jahre i8i6: publ. als op. 12,
Zeitung, herausg. von Dr. August Schmidt, 1844, Nr. 96. Loewe selbst
sagt dort, er habe den Erlkönig »als Studiosus im Jahre 18 17 ge-
schrieben, also zu einer Zeit, wo er die Schubertsche Ballade noch gar
nicht gekannt haben konnte«. Aus dieser Erklärung geht hervor, dass
Espagnes Diatirung des Erlkönigs in Bitters Loewe-Biographie unrichtig
ist, und dass auch der enthusiastische Loewe-Freund Dr. Max Kunze
irrte, wenn er in zwei Artikeln der »Musikwelt« 188 1 die Meinung
vertrat, Loewe habe bei der Composition seines Erlkönigs genaue
Kenntniss der Schubertschen gehabt.
190 Abhandlungen.
Nr. 1, Wien 1822. 4. Schumann, op. 98, Nr. 6, comp. 1849,
publ. 185 1. 5. Rubtnstein, op. 91, Nr. 3 und 10 neueren
Musikern.
19. ^(fjr mV j«n Brot mit Thränen ass. Um 1783 entstanden,
179 j zuerst gedruckt wie Nr. 18.
Componirt von: i. Zelter 1795, publ. in Zelters Neuer
Liedersammlung, Zürich 1821. 2. Reichardt 1809 (wie Nr. 18).
3. Schubert dreimal im Jahre 18 16, die allgemem bekannte
Com Position als op. 12, Nr. 2, in Wien 1822 publ., zwei
andere aus dem Nachlasse, Leipzig 1895. 4. Schumann,
op. 98, Nr. 4, comp. 1849, publ. 1851. 5. Heinrich Marschner ^
op. 160, Nr. 4. 6. Rubinstein, op. 91, Nr. 2. 7. Fraw;;;
Zw:;;/ und 10 neueren Musikern.
Die Schubertschen Compositionen von Nr. 18 und 19
sind die bedeutendsten.
20. Der Sänger (Was hör ich draussen vor dem Thor).
Um 1783 entstanden, erster Druck wie Nr. 18.
Componirt von: i. Zelter 1803, publ. in Zelters Sämmt-
lichen Liedern etc. III, 1812. 2. C. Schreiber: AUg. Musikal.
Zeitung, Leipzig 1803, Nr. 32, Beilage. 3. Reichardt:
»Goethes Lieder, Oden, Bafladen mit Musik von R.«,
Berlin 1809; vorher hatte R. die Melodie bereits zu dem
Liede von J. H. Voss : »Willkommen, schöner, froher Tag«
benutzt (im Liederspiel: Lieb' und Treue 1800). 4. Conraain
KreutT^er. 5. Schubert y op. 117, comp. 1815, publ. 1829.
6. Loewey op. 59, comp. 1836, publ. 1839. 7. Schumann,
op. 58, Nr. 2. 8. Rubinstein, op. 91, Nr. i und 10 neueren
Musikern.
Es ist recht auffallend, dass das zur musikalischen Be-
handlung so einladende Gedicht — man denke nur an die
Verse : »Ich singe, wie der Vogel singt« — keine congeniale
Composition gefunden hat. Schubert, Schumann und Loewe
stehen hier nicht auf der Höhe ihres sonstigen Schaffens,
ebensowenig Rubinstein, der bei der Stelle: »Der Sänger
drückt' die Augen ein und schlug in vollen Tönen« den
Gesang durch ein Zwischenspiel des Claviers unterbricht, das
etwa hundert Tacte währt.
Reichardts volksthümliche Weise ist noch jetzt verbreitet.
Bis zum 3. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts war Schreibers
Melodie beliebt.
Ueber Zelters und Reichardts Weisen vergl. den Brief-
wechsel zwischen Goethe und Zelter I, S. 48. Zelters Urtheil
über Reichardts Lied erscheint mir ungerecht, denn die Melodie
Reichardts lässt sich zu allen Strophen des Gedichts singen.
21. Hur wer die Sehnsucht kennt. 1785 entstanden, erster
Druck wie Nr. 18.
Goethes Gedichte in der Musik. 191
Componirt von: i. Reichardi: Lieder der Liebe und der
Einsamkeit, Berlin 1798 (Duett). 2. FranTi Dan^i, op. 14,
München 1803. 3. Beethoven viermal, sämmtlich einstimmige
Lieder, u. d. Ü. : Sehnsucht, 1810 publ. 4. Schubert sechs-
mal, und zwar viermal als einstimmiges Lied: a. v. J. 1815,
aus dem Nachlasse publ., Leipzig 1895. b. v. J. 1816, aus
dem Nachlasse publ, Leipzig 189J. c. v. J. 1016, u. d. Ü,
»40 Lieder«, publ. Wien 1872. d. op. 62, Nr. a (die all-
bekannte Composition), entstanden ?, publ. Wien 1827,
ferner als Duett für Sopran und Tenor, op. 62, Nr. i.
comp. 1826, publ. 1827 und als Quintett für 2 Tenöre una
3 Bässe, 1819 comp., um 1867 publ. 5. Zelter: Neue Lieder-
sammlung, Zürich 1821 und: Sechs deutsche Lieder, Berlin o.J.
6. Carl Loewe, op. 9, 3. Heft Nr. ^, comp. 1819, publ. 1823.
7. Conradin Kreut:(er, op. 75 (im Jahre 1825 erschienen
Ciaviervariationen über ICreutzers Lied von J. Ammon).
8. Bernhard Klein. 9. Tomascheky op. 54, Nr. i. 10. Josephine
Lang, op. 10, Nr. 2. 11. Schumann, op. 98, Nr. 3, comp.
18^9, publ. 185 1. 12. Ferdinand Hiller, op. 129, Nr. 3 und
mehr als 40 neueren Musikern, zum Theil aiw^der allerjüngsten
Zeit. Hervorzuheben ist unter ihnen dal vielverbreitete Lied
des russischen Meisters Peter Tschaikowsky, op. 6, Nr. 6.
Die bedeutendste Composition ist Schuberts einstimmiges
Lied op. 62, Nr. 4. Von Beethovens vier Versuchen ist keiner
ganz glücklich ausgefallen, auch Loewes und Schumanns Lieder
reichen nicht an die Dichtung heran.
22. Mimon (Kennst du das Land, wo die Citronen blühn.^).
Um 1784 entstanden, erster Druck wie Nr. 18.
Componirt von: i. Reichardt im ersten Druck des
Romans 1795 (später mehrfach in Reichardts Sammlungen
abgedruckt, u. d. Ü.: Italien). 2 Zelter sechsmal — nach
seinem Briefwechsel mit Goethe II, S. 460 — , das im Jahre
1795 componirte Lied in Zelters 12 Liedern am Ciavier,
1796 gedruckt. 3. Andreas Romberg 1799. 4. Fraw;^ Dan^i,
op. 14, München 1803. 5. Fr, K Himmel 6. Beethoven,
OD. 75, Nr. I, comp. u. publ. 18 10. 7. Ludwig Spohr, op. 37,
1815. 8. Schubert, comp. 1816, publ. aus dem Nachlasse,
Wien 1835. 9. G. Spontini 1823. 10. Bernh, Klein, op. 15,
Nr. 8 (vgl. Schumanns charakteristische Recension v. J.
1837). II« Morit:(^ Hauptmann, op. 37. 12. Schumann, op. 79,
Nr. 29 u. op. 98, Nr. i, comp, und publ. 1849. ij- Ferd.
Hiller, op. 31. 14. Sie^ism. Neukomm (Wien.) 15. Ign. von
Mosel (Wien). 16. Iran;( Liszt, Nr. i. 17. Adolt>h Jensen,
Nr. 6. 18. Rubinstein, op. 91, Nr. 4. 19. Peter Tschaikowsky,
00. 25, Nr. 3. 20. Ambroise Thomas in seiner Oper: Mignon,
1866, und von mehr als jo neueren Musikern.
192 Abhandlungen.
Nach Beethovens unvergleichlich schöner Composition er-
scheinen alle späteren wie Iliaden nach Homer. Schuberts
Lied — das Schubert selbst wahrscheinlich nie veröffentlicht
hätte — ist verhältnissmässig schwach, und Spohrs, ja selbst
Schumanns Bedeutung wUrde man aus ihrer Mignon -Musik
nicht erkennen. Nicht ohne Interesse ist es, dass Schumann
im Jahre 1837 in der Neuen Zeitschrift für Musik geschrieben
hat: »Ueberhaupt kenne ich, die Beethovensche Composition
ausgenommen, keine einzige dieses Liedes, die nur im mindesten
der Wirkung, die es ohne Musik macht, gleichkäme. Ob man
es durchcoroponireh müsse oder nicht, ist eins ; lasst es euch
von Beethoven sagen, wo er seine Musik herbekommen«.
Zwölf Jahre später aber schuf Schumann selbst seine Com-
position, die übrigens die beste aller seiner Lieder aus
Wilhelm Meister ist. — Von den Ausländern Spontini, Rubin-
stein, Tschaikowsky und Thomas hat das Lied von Thomas
internationale Verbreitung gefunden. Verdient erscheint uns
in Deutschland die Beliebtheit der wohlklingenden und für
Sänger dankbaren, aber ganz ungoethischen und musikalisch
wenig bedeutenden Composition nicht. Ueber den Eindruck,
den Beethovens Lied auf Goethe selbst gemacht hat, vgl. :
Aus dem Nachlasse Friedrichs von Gentz, Wien 1867, ^t S. 52.
Das Gedicht ist sehr oft nachgeahmt und parodirt worden.
23. An die Entfernte (So hab' ich wirklich dich ver-
loren). ? entstanden, 1789 zuerst gedruckt in Goethes
Schriften VIIL
Componirt von: \\ Reichardt, »Goethes Lyrische Ge-
dichte mit Musik von Reichardt, 1793. 2. Zelter, comp. 1807,
publ. in Zelters Neuer Liedersammlung, 1821. 3. Ludwig
Berger, 1810. 4. Anton Andre, Nr. 9. 5. Tomaschek, op. 55,
Nr. I. 6. Schubert, comp. 1822, aus dem Nachlass, publ.
1868 (u. 1887 in^ Schubert-Album VIL) 7. Josephine Lang,
Nr. I und 2j neueren Musikern, u. a. von Robert Radecke,
Joseph Sucher, Phil. Rufer, L. Schlottmann, R. von Keudell
m Berlin, R. Emmerich in Stuttgart, K. Heubner in Coblenz,
Gust. Weber in Zürich und ß." Randhartinger in Wien.
Die bedeutendste von allen ist Schuberts noch nicht
nach Verdienst gewürdigte Melodie.
Es sei hier gestattet, auf die Aehnlichkeit der Anfangs-
strophe des Goethischen mit der eines älteren Gedichts hinzu-
weisen. Dieses steht in (Johann Joachim Schwabes) »Belusti-
gungen des Verstandes und Witzes« (V, S. 401), Leipzig 1744:
Goethe.
So hab' ich wirklich dich verloren?
Bist du, o Schöne, mir entflohn?
Noch klingt in den gewohnten Ohren
Wort, ein jeder Ton.
Goethes Gedichte in der Musik. 193
Schwabe 1744.
So hab' ich dich gewis verloren,
Dich meine Doris, meine Ruh?
Nein, noch glaub' ich's nicht meinen Ohren;
Die Falschheit trau' ich dir nicht zu.
(Im weiteren Fortgang sind die Verse übrigens weitaus
besser. Sie athmen Wertherstimmung : Ein unglücklich Lieben-
der verspricht der vermählten Freundin zu entsagen, immer
neue Gründe findet er für diesen Entschluss, aber das leise
Lockende seiner Worte tritt mehr hervor, als alle Betheue -
rungen.) Unterzeichnet ist das Gedicht mit den Initialen
W. V. M. F. A., es hat 20 Strophen zu je 8 Versen und steht
nochmals abgedruckt in der »Neuen Sammlung verschiedener
und auserlesener Oden« II, Leipzig 1746, mit einer Compo-
sition, die zweifellos von Sperontes herrührt. Dass Goethe
das Gedicht kannte, ist mir sehr wahrscheinlich.'
24. Nähe des Geliebten (Ich denke Dein, wenn mir der
Sonne Schimmer). 1795 entstanden, in demselben
Jahre zuerst gedruckt im Arienbuch der Claudine von
Villabella und wenige Monate später im Schillerschen
Musenalmanach f. d. J. 1796.
»Zelters Melodie des Lieaes; Ich denke Dein, hatte
einen unglaublichen Reiz für mich, und ich konnte nicht
unterlassen, selbst das Lied dazu zu dichten, das in dem
Schillerschen Musenalmanach steht«, schreibt Goethe im
Juni 1796 an Madame Unger in Berlin. Das angeführte Ge-
dicht: Ich denke Dein, ist von Friederike Brun, die ihrer-
seits den Ton von Matthissons ebenso beginnendem Liede
überkam. Da es Zelters Composition war, die den Dichter
entzückt hatte — sie war in Reichardts Musikalischer Blumen-
lese f. d. J. 1795 erschienen — so ist es um so auffallender,
dass im Schillerschen Musenalmanach Goethes Lied mit
einer neuen Melodie von Reichardt gedruckt ist.
Bald nach dem Erscheinen des Musenalmanachs, am
I. Januar 1796, schrieb Körner an Schiller: »Die Nähe des
Geliebfen ist sehr für die Musik berechnet.« Dies wird durch
die nachfolgende Componisten-Reihe bestätigt: i. Reichardt
fs. o., abgedruckt in Reichardts Liedern der Liebe und
der Einsamkeit; eine andere, weniger schöne Melodie in
»Goethes Lieder, Oden, Balladen und Romanzen, mit Musik
von R.«, Berlin 1809). 2. Beethoven, comp. 1799, publ. 1805
als Lied mit Variationen für Ciavier zu 4 Händen. 3. Andreas
Romberg. 4. F. H. Himmel, [op. 21, Nr. 3, 1806. 5. Aug.
* Beiläufig könnte noch erwähnt werden, dass in beiden Gedichten
der Reim Blick: lurück vorkommt.
Gostuk-Jaurbucu XVII. I^
194 Abhandlungen.
Härder, op. 8 (vgl. über 4 und ^ das Morgenblatt v. J. 1808,
>Jr. 144: ȟber zwey sehr verschiedene Compositionen eines
Liedes.« 6. V, Righini, op. 5, Nr. i. 7. Conradin Kreutzer,
op. 75. 8. Tomaschek, op. 53, Nr. 2. 9. J?^rw/7. Ä/e/w,
II. Heft, Nr. 6. 10. Schubert^ op. 5, Nr. 2, comp. 181 5,
publ. 1821. II. Abbi Vogler \n der »Cäcilia« 1832. 12. Josephine
Lang, op. 5. 13. Max Eberweiv, vgl. Briefwechsel Goethe-
Zelter I, S. 305. 14. Ferd. Hiller, op. 12^, Nr. i. 15. N.
Burgmüller, op. 12, Nr. i, dazu mehr als 60 neuere Musiker.
Hervorzuheben sind unter diesen Th. Kirchner, Jos. Des-
sauer, H. Ulrich, Graf Hochberg, Jul. Kniese, C. F. Pohl,
C. Mangold, Eduard Lassen.
Die geniale, nicht mehr als 10 Tacte zählende Compo-
sition des achtzehnjährigen Schubert überragt alle übrigen,
selbst die Beethovens. Ein wichtiger Druck des Beethoven-
schen Werkes ist selbst Thayer und Nottebohm entgangen.
Ich verdanke ein Exemplar davon der Güte des Herrn Dr.
' Carl Leeder in Wien und gebe hier den Titel:
Musikalisches Freundschafts-Opfer dargebracht den hoch-
geborenen Comtessen von Brunswick im Jahre 1799 von
Z. van Beethoven. Andantino canto und Variationen für
das Piano -Forte zu vier Händen. Zum erstenmal ge-
druckt. Herausgegeben von Joh. Stika. Prag, Verlag
von B. Bohmanns Erben.
Auf der zweiten Seite heisst es:
In das Stamm-Buch der beyden Comtessen von Bruns-
wick. Ich wünsche nichts so sehr, als dass Sie sich zu-
weilen beym durchspielen und singen dieses kleinen
musikalischen Opfers, erinnern mögen an ihren sie wahr-
haft verehrenden
Wien 23 May 1799. Ludwig van Beethoven.
Ueber diesen Druck, der das bisher unbekannte Ent-
stehungsdatum des Werks und dessen ursprüngliche Fassung
bringt, wird an anderer Stelle ausführlich berichtet werden.
Die eine der oben erwähnten Comtessen, Therese Bruns-
wick, hat in Beethovens Leben eine grosse Rolle gespielt.
Sie ist höchst wahrscheinlich die »unsterbliche Geliebte«, an
die er seinen tiefergreifenden Brief vom Juni (unbekannt
welchen Jahres) gerichtet hat.
Frankfurter Maler im Goethe-
Hause zu Frankfurt.
Von
Veit Valentin.
m Sommer 1895 ^^"^ zu Frankfurt am Main eine
Goetheausstellung statt: sie sollte Goethe in seinen
Beziehungen zu Frankfurt darstellen. Dazu gehört
in allererster Linie das Frankfurter Goethehaus selbst, und
so konnte das Freie Deutsche Hochstift, das diese Aus-
stellung veranstaltete, keinen geeigneteren Raum für sie
finden, als das in seinem Besitze befindliche und von ihm
sorglich bewahrte Goethehaus selbst. Und so kehrte denn in
diese jährlich von zehn- bis zwölftausend Besuchern in ehr-
furchtsvollem Gedenken durchwanderten Räume gar vieles
zurück, was von dort ausgegangen war, theils im Original,
theils im Abbild, wie alle die bedeutenden Menschen, die
dort verkehrt haben : in welcher Weise dies erreicht worden
ist, davon legt der vom Hochstift hergestellte Catalog ein
bleibendes, werthvolles Zeugniss ab.'
* Goethe in seinen Beziehungen j^u Frankfurt. Ausstellung von Auto-
graphen, Bildern, Schattenrissen, Druckwerken und Erinnerungsgegen-
ständen zur Veranschaulichung von Goethes Beziehungen zu seiner
Vaterstadt. Veranstaltet vom Freien Deutschen Hochstift. Juli-November
1895. Frankfurt a. M., Gebrüder Knauer. — Von den drei Ausgaben
(I. Liebhaberausgabe mit 24 Tafeln, II. Ausgabe mit 21 Tafeln, III. Text-
ausgabe) sind die Ausgaben I u. III vergriffen. Heft I der »Berichte
des Freien Deutschen Hochstifts 1896« bringt die Tafel II: Goethes
Eltern. Schattenrisse nach bisher unbekannten Originalen, zuerst im
Cataloge veröffentlicht.
i3'
196 ABHANDLÜKGEN.
In der Abtheilung I, »Goethe in Frankfurt,« erscheint
als dritte Gruppe der Abschnitt »Die französische Occupa-
tion 1759 — 1763.« Sie umfasst die Nummern 280 — Spja,
und darunter als Hauptbestandtheil »Die für den Herrn Kath
und den Königsleutenant thätigen Künstler und ihre Ge-
mälde « Da hnden sich in Porträten vertreten der Archi-
tectur- und Frescomaler Christian Stoecklin (1741 — 1795),
der Porträt- und Historienmaler Joh. Georg irautmann
(1713 — ^7^9)> Chr. Georg Schüt:;^ der Aeltere (1718 — 1791),
joh, Conr. SeekatT^, der mit dem Herrn Rath näher be-
freundet und durch Gevatterschaft anverwandt war, der
Maler und Tapetenfabrikant /. A, B. Nothnagel, in der statt-«
liehen Uniform eines Bürgercapitäns, der Lehrer Goethes
in der Oelmalerei, während von dem Genre- und Früchte-
maler Jusius Juncker kein Porträt aufzutreiben war. So
kehrten fast alle die Künstler in das ihnen wohl vertraute
Haus zurück, wo sie einst in dem Mansardzinniier so
manches Werk geschaffen, in dem Zimmer, in dem etwa
ein Jahrzehnt später Götz von Berlichingen, Werther, 'der
Urfaust entstanden sind. Und mit ihren Porträten kamen
auch Werke im Originale, die sie dort oder doch im An-
schluss an ihren Verkehr im Goethischen Hause geschaffen
hatten.
Wenn Goethe in »Dichtung und Wahrheit« (I, 3, Bd. 26,
S. 172 W. A.) von der »ganz wundersamen Operation« er-
zählt, durch die der Graf Thoranc die verschiedenartigen
Talente der Künstler auf einem Bilde vereinigen wollte, so
zeigen zwei im Besitze des Hochstifts befindliche, im »Ge-
mäldezimmer« des Herrn Rath im zweiten Stock aufge-
hängte Bilder diese gemeinsame Thätigkeit: die Land-
schaften sind von Schütz, die Menschen von Seekatz, die
Thiere von Hirt gemalt, dem gleichfalls von Goethe er-
wähnten, in der Ausstellung nicht besonders vertretenen
Wilhelm Friedrich [nicht wie bei Gwinner, Kunst und
Künstler in Frankfurt am Main, S. 254 steht: Friedrich
Wilhelm] Hirt (1721— 1772): Gwinner rühmt mit Recht
seine Thierstaffagen : »Seine Hirten und schön gruppirten
Heerden mit Rindvieh, Pferden, Schafen und Ziegen kommen
in der richtigen Zeichnung und vortrefflichen Färbung den
Arbeiten des Heinrich Roos, dem er offenbar nachgestrebt
hat, oft sehr nahe und geben seinen Landschaften einen
eignen Reiz.« Wenn es aber in »Dichtung und Wahrheit«
weiter heisst (S. 173) : »Da die von menreren auf einem
Bilde durcheinander gearbeiteten Theile bei aller Mühe
keinen guten Effect hervorbrachten, so glaubte zuletzt ein
Jeder, dass seine Arbeit durch die Arbeiten der Anderen
verdorben und vernichtet worden,« so kann dies nur von
Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 197
Bildern gelten, bei denen die »wundersame Operation« erst
nachträglich vorgenommen worden ist: daneben gab es aber
auch solche, bei denen von Anfang an von dem entwerfenden
Künstler die die Landschaft staffirenden Menschen- und
Thierfiguren an ihrem rechten Platze angedeutet worden
waren, während nur die Ausführung einem anderen Künstler,
der für das gerade Nothwendige in höherem Masse Specialist
war, überlassen blieb — ein Verfahren, das in der Malerei
sich vielfach in älteren und neuen Zeiten findet, und von
dessen Werth gerade die zwei im Besitze des Hochstiftes
befindlichen Bilder der drei Künsler vollgiltiges Zeugniss
ablegen.
Im Besitze des Herrn Rath selbst soll eine grosse
Landschaft von Schüt:^^ gewesen sein : es ist ein Oelbild von
129 cm H. und 116 cm B. Catalog Nr. 289. Im Vorder-
grunde steht eine Dame im Gespräch mit einem Herrn:
es sollen Frau Rath und der Maler des Bildes sein. Die
Figuren sind indessen nicht deutlich genug ausgeführt, um
eine sichere Entscheidung hierüber zuzulassen. Höchst er-
freulich ist es, dass dies Bild, das schon ehemals wahr-
scheinlich im Goethehaus war, nun wieder dauernd in
seine Räume heimgekehrt ist: der bisherige Besitzer, der
Kunstfreund und Kunstforscher, Herr Dr. M. Schubart in
München, hat das schöne Werk dem Hochstifte zum Ge-
schenk gemacht.
Eine besondere Gruppe bilden die Werke, die im Be-
sitze des Grafen Thoranc waren und von den Erben zu
zeitweiliger Besichtigung nach Deutschland ins Goethe-
haus zu Frankfurt geschickt worden sind: sie tauchen wohl
bald wieder in der Ferne unter und verdienen darum eine
etwas genauere Beschreibung, damit sie in ihrer Erscheinung
und Bedeutung eine bleibende Stelle in der Goetheforschung
erhalten.
Sobald Graf Thoranc bei Herni Rath eingezogen war
und dessen Bildersammlung in Augenschein genommen
hatte, berief er die ihm so bekannt gewordenen Künstler
selbst zu sich (S. 137): »sie zeigten ihre fertigen Gemälde
vor, und der Graf eignete sich das Verkäufliche zu.« Dazu
mag das Genrebild Catalog Nr. 2q6 von Seekati gehört
haben, der hier auch zum Frankfurter Kreise gerechnet
werden darf: es stellt einen Knaben und ein Mädchen dar,
die mit einer Katze spielen TBrustbild H. 69 cm, B. 55 cm).
Das etwa fünfzehnjährige Mädchen, im Mieder, das das
Hemd sehen lässt, und offener Jacke, so dass der Hals und
der linke Arm vom Ellenbogen an unbedeckt sind, sitzt
an einem Tische und hält eine auf diesem stehende grau-
weisse Katze. Zu ihr beugt sich ein junger Bursche herab.
19B Abhandlungen.
der in der linken, über die rechte Schulter des Mädchens
gelegte Hand eine weisse holländische Thonpfeife hält,
deren glühender Inhalt dem Beschauer zugewendet ist;
der Bursche selbst bläst den Rauch auf den Kopf der Katze,
die bei dieser unliebsamen Berührung unruhig die Ohren
spitzt, die eine Vorderpfote hebt, mit dem Schwänze schlägt
und den Kopf nach der Störung wenden will. So ist es
dem Maler geglückt, aus den Figuren durch eine kleine
sie verbindende Handlung ein Bila zu machen, das er sich
nur dadurch etwas stört, dass er das Mädchen aus dem
Bilde herausschauen lässt: es ist, als ob sie von dem Be-
schauer ein Einverständniss mit der Neckerei erlangen
wollte. Die Züge der beiden sind volksthümlich derb und
breit, die Augen, besonders bei dem Mädchen, klein, wäh-
rend die Augendeckel gross und nach den Seiten hin auf-
fallend dick sind. Es sind durchaus porträtartige Ge-
sichter: der Künstler hat sie sicherlich ganz bestimmten
Vorbildern nachgebildet, ohne doch die volle Kunst zu be-
sitzen, unter Bewahrung des realistischen Eindruckes die
Empfindung von den ganz bestimmten Individuen in den
Eindruck von irgend welchen Individuen umzugestalten.
Für die volle Freude an dem Bilde müsste man die Ur-
bilder kennen, was im zweiten Falle nicht nothwendig
wäre und sich auch nicht als Erforderniss vordrängte, wie
es hier thatsächlich der Fall ist.
Derselbe Mangel haftet auch den beiden jedenfalls
zusammengehörigen Bildern Catalog Nr. 297 und 298 an
(je H. 5 j cm, B. 47 cm): ein Mädchen, Brustbild, an
einem Tische stehend, hebt aus einem auf diesem befind-
lichen Zuber einen Fisch heraus, und ein Knabe hält in den
Händen eine Taube. Beide sind jünger als Knabe und
Mädchen mit der Katze. Sie gehören vornehmen Kreisen
an: der roth geschnürte Rock des Knaben, der den Hut
unter dem Arme trägt, das schleifengeschmückte Kleid des
Mädchens, das noch zwei Schleifen im Haare trägt, sind
ebenso wie die feineren Gesichtszüge untrügliche Kenn-
zeichen dafür. Sind es auch Genrebilder? Aber dazu
fehlt jede Handlung; zudem schaut der Knabe aus dem
Bilde heraus und lacht fröhlich den Beschauer an, und das
Mädchen kümmert sich ebensowenig um den Fisch wie
der Knabe um die Taube, ausser dass sie die Thiere fest-
halten: auch das Mädchen schaut aus dem Bilde heraus,
jedoch nicht in das Auge des Beschauers. Es lässt sich
noch eher begreifen, dass der Knabe die Taube hält: man
kann seine Freude darauf beziehen, dass er das flüchtige,
die Luft so rasch durchschneidende Thierchen endlich em-
mal in der Hand hält — aber das Mädchen und der Fisch?
Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 199
Ja, wenn sie irgend etwas mit ihm machte, ihn anschaute!
Aber so hat es keinen rechten Sinn, und das Ganze er-
scheint wie eine Spielerei. Und doch ist es sicher keine
gewesen — der Künstler hat genau gewusst, was er ge-
wollt und gesollt hat. Wir aber können dies erkennen
lernen, wenn wir das glückliche Gedächtniss des Knaben
benutzen, der noch als angehender Greis genau wusste,
dass Seekatz »noch zu guter Letzt das Beste gethan, was
er vermochte, indem er die vier Elemente in Kindern und
Knaben nach dem Leben in Thürstücken dargestellt und
nicht allein auf die Figuren, sondern auch auf das Beiwerk
den grössten Fleiss gewendet hatte« (S. 174). Und hier
sind nun zwei von den vier Elementen: das Mädchen mit
dem Fisch bedeutet das Wasser, der Knabe mit der Taube
die Luft. So ist es verständlich und berechtigt — man
müsste denn jeder symbolischen Kunst die Berechtigung
abstreiten wollen! — dass die Kinder ihre symbolischen
Thiere einfach halten und dass der Künstler sich wohl
gehütet hat, eine Handlung in die Darstellung zu bringen :
m dem Masse, in dem es ihm gelungen wäre, durch Ein-
führung einer Handlung Genrebilder zu schaffen, in eben
dem Masse hätte er sich von seiner Aufgabe entfernt, da
die Thiere als Glieder der Handlung, nicht aber als sym-
bolische Bezeichnung der Elemente, m denen sie leben und
weben, hätten gelten müsseA. So erklärt der Erzähler
den Bildkünstler, und die Werke des Malers werden Er-
läuterungen zu jenen Worten Goethes, von denen es sonst
nicht leicht ist, sich eine klare Vorstellung zu machen.
Wie gerade diese beiden Bildchen zusammengehören, zeigt
die Haltung der Kinder: der Knabe hält die Taube nach
seiner rechten, das Mädchen den Fisch nach seiner linken
Seite hin. Denken wir uns die Bilder über den Thüren
eines quadratischen Raumes angebracht, so lacht der Knabe
den ihm gegenüber Hereintretenden an, das Mädchen sieht
von der Seitenthüre nach dem Knaben hin. Es bleibt
noch der Raum für die beiden anderen Elemente: da die
vier Bilder in ihrem wahren Zusammenhange nicht ver-
standen werden, so sind nur zwei davon geschickt worden
— vorausgesetzt, dass die beiden anderen noch vorhanden
sind. Die Bilder sind gleich den anderen Thorancbildern
ursprünglich in die Wand eingelassen gewesien. Beim
Hausyerkauf haben die Erben die Bilder mitgenommen und
auf einfache Rahmen nageln lassen : es sind keine Spann-
rahmen; ja selbst Zierrahmen sind nicht hinzugefügt
worden. Die zwei anderen Elemente könnte man sich so
vorstellen, dass ein Knabe das Feuer etwa durch einen
Salamander, ein Mädchen die Erde durch eine Schildkröte
200 Abhandlungen.
angedeutet hätte. Für Goethes Ausdruck »Kinder und
Knabe« ist es interessant, wie er den aligemeineren Begriff
»Kinder« durch den Gegensatz eines engeren Begriffes
gleichfalls als einen engeren gleich »Mädchen« verwendet:
so unterscheidet er schon in den Labores juveniles »Thiere
und Vögel«, ein Ausdruck, den er im Reineke Fuchs
wieder braucht (Gesang I).
Goethe erinnert sich bekanntlich noch, dass er als
Knabe die freundlich gesinnten Künstler »vermochte, diesen
oder jenen Gegenstand vorzustellen« (S. 140). Er erzählt:
»Ich erinnere mich noch, dass ich einen umständlichen Auf-
satz verfertigte, worin ich zwölf Bilder beschrieb, welche
die Geschichte Josephs darstellen sollten; einige davon
wurden ausgeführt.« Von diesen Bildern besitzt Herr Dr.
M. Schubart fünf: eines davon ist von ihm der Goethe-
ausstellung überlassen worden (Catalog Nr. 300). Es ist
nicht weniger als 224 cm hoch und 134 cm breit. Es stellt
den AugenbUck dar, da Joseph Regent im Lande war und
allem Volke Getreide verkaufte. Da Herr Dr. Schubart ein
besonderes Werk über den Königsleutenant vorbereitet, in
dem diese Bilder ihre Stelle finden werden, so genügt hier
eine Hinweisung auf diese jedenfalls bald erscheinende Ver-
öffentlichung. Von dem Grafen de Sartoux-Thorenc ist
ein andres Josephsbild zur Ausstellung geschickt worden:
die Befreiung Josephs aus dem Kerker (Catalog Nr. 301 :
69 cm H., 47 cm B.). Der Maler führt uns ins Gefängniss,
das sonst sein Licht nur durch ein über der Thür.. rechts
angebrachtes rundes Fenster erhält: jetzt steht die Thür
offen, und das volle Tageslicht strömt herein. Es fällt auf
ioseph, der auf dem Blocke sitzt, an den er gefesselt war :
inter ihm hängt die jetzt gelöste Kette. Mit leidendem
Ausdruck sieht er zu dem Krieger auf, der nach der Thüre
zu steht und dessen Gestalt sich auf dem hellen Grunde
scharf silhouettirt. Joseph lauscht der Erzählung dieses
Boten der Befreiung, und der Gefängnisswärter hört ihm
nicht minder aufmerksam zu, während er frische Kleidung
für Joseph bereit hält, der schon im Begriff ist, sich umzu-
ziehen, um vor dem Pharao erscheinen zu können. Einen
besonderen Werth hat der Maler auf die Lichtwirkung ge-
legt: wie das helle Licht grell hereinströmt und in die
dunklen Winkel des düsteren Raumes weiter wirkt, hat er
mit grossem Geschick dargestellt: hiergegen tritt der
historische Charakter des Bildes zurück. Der Gefangene
könnte jeder andere ebenso gut als Joseph sein : das un-
gebrochene Gottvertrauen, der prophetiscne Charakter des
Künders der Träume kommt nirgends in dem schw^äch-
lichen und sentimental aufblickenden Jüngling zum Ausdruck.
Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 201
Ein drittes Bild ist im Catalog Nr. 302 aufgeführt als
»Christus im Tempel lehrend« : aber es ist weder Christus,
der lehrt, noch ist der Raum ein Tempel — es ist viel-
mehr Joseph, der als Knabe vor den Eltern seine ersten
Träume deutet. In einem festgeschlossenen Zelte sitzt am
Tische der greise Jakob mit langem weissen Barte, mit
Turban und langem Gewände bekleidet. Neben ihm die
Mutter, die wohlgefällig das deutende Söhnlein betrachtet,
während Jakob mit einem eigenthümlichen Gemisch von
Gutmüthigkeit, Zweifel und Scheu vor der seltsamen Kunde
dem Kleinen zuhört. Vor ihm nach links steht der Knabe,
fast noch als Kind aufgefasst: sein Köpfchen ist mit einem
Federbarett geschmückt, um ihn ist der »bunte« Rock ge-
schlagen. Die linke Hand hebt er lehrend, über dem rechten
Arm ruht der Umschlag des langen Mantels. Hinter Joseph,
nach links das Bild abschliessend, stehen zwei erwachsene
Brüder : der eine hört auf die Worte des Kindes, der andere
redet auf den Bruder ein — es spinnt sich das Verderben
für den weissagenden Knaben an. Und diese Scene wird
von einer Hängelampe mit fünf Flammen beleuchtet:
wiederum ein Beleuchtungskunststück, aber mit künstlichem
Lichte, das sich als letztes Auskunftsmittel einstellte, nach-
dem die Lichtwirkungen des natürlichen Tages- und Nacht-
lichtes im freien wie im geschlossenen Räume verbraucht
waren. Gerade hieran wird sich auch der Meister erkennen
lassen : es kann nur SeekatT^ sein, der gerade solche Effecte
mit Vorliebe malte, während Trautmann, der im Catalog
als Maler angegeben ist, doch wieder ganz andere Wirkungen
anstrebte. 2u Seekatz stimmt auch die Darstellung der
Mutter: sie ist eine »dicke, gute« Person, wie es die Frau
des Malers war, die keine andere Frau als Modell zuliess;
Jakob und der kindliche Joseph sind dagegen frei und zweck-
entsprechend aufgefasst: »Kinder und öreise, unmittelbar
nach der Natur gemalt, glückten dem Maler ganz herrlich.«
(S. 138.)
Von Trautmann erzählt Goethe: er »rembrandisirte
einige Auferweckungswunder und zündete nebenher Dörfer
und Mühlen an.« Von dieser letzteren Art von Bildern
hatte die Goetheausstellung zwei Feuersbrünste aufzuweisen :
Nr. 303 ein brennendes Dorf (68 cm H., 59 cm B.) und Nr. 304
eine brennende Mühle und Kirche (ebenso gross). In beiden
als Gegenstücke gedachten Bildern ist aas künstlerische
Problem dasselbe: im Vordergrunde nach rechts und links
hin noch ungefährdete Gebäude; in der Mitte des Mittel-
grundes öffnet sich nach der Tiefe zu eine Strasse, hier
durch den Thorbogen, dort unter einer darüber wegziehenden
Wasserleitung, die ein Mühlrad rechts treiben soll. iMach vorn
202 Abhandlungen.
zu stürzen sich Leute, die sich und ihre Habe retten» andere,
die Wasser holen wollen; in die Tiefe der Bilder hinein,
nach dem Brandort im Hintergrund, drängen sich Leute zum
Löschen, während einige aut Leitern die Gebäude hinauf-
klettern. Nach rechts hinten glüht der Brand: vor ihm
ein Gebäude, hier eine Kirche, dort eine Burg, die sich
^egen den hellen Hintergrund scharf abzeichnen. Von der
Lichtquelle aus dringt das Licht nach vornen, wie es Aart
van der Neer zu malen liebte : je weiter nach vornen, desto
geringer wird die Kraft, desto mehr werden nur einzelne
Stellen der Menschen, der Geräthe, der Mauer- und Boden-
theile beleuchtet. Auch Wasser, in dem die Flamme wieder-
glänzt, fehlt auf keinem der beiden Bilder. Und über dem
erässlichen Schauspiel auf Erden hängen schwere, düstere
Wolken, nach denen der durchglühte Rauch aufwirbelt.
Mit ihrer wilden Bewegung des Elementes und der Menschen
sind es Darstellungen von starker Wirkung. Man begreift,
dass gerade Trautmann in dem fernen SchToss »ein eigenes
Cabinett zugetheilt« erhielt (S. 139).
Einen merkwürdigen Gegensatz dazu bilden die zwei
Werke Junckers (Catalog Nr. 305 und 305a : 80 cm H.,
65 cm B., bez. Juncker, F. 1760). Juncker verstand es am
wenigsten, sich dem auf kräftigere Wirkung, auf breitere
Behandlung ausgehenden »Tapetenstil« anzugleichen : er war
»an die Nachahmung der ausführlichsten Niederländer ge-
wöhnt« ; »jedoch bequemte er sich für gute Bezahlung mit
Blumen und Früchten manche Abtheilung zu verzieren.«
Und solche Bilder sind die zwei zur Ausstellung gebrachten,
Sie sind deutlich als Gegenstücke geschaffen. Auf beiden
häuft sich der Reichthum der Natur um eine mit kräftigem
Relief sculpirte, mit bacchischen Figuren gezierte Kanne,
aber so, dass sie auf dem einen Bilde mehr nach rechts,
auf dem anderen mehr nach links steht. Pfirsiche, theils
geöffnet, Erdbeeren und Aepfel, Trauben und Feigen, dazu
Kosen und Malven, in herrlichen Exemplaren und mit der
äanzen Ursprünglichkeit des natürUchen Duftes und Hauches
er reizvollen Naturkinder gemalt, sind um sie vertheilt.
Hirschhornkäfer, Bienen kriechen und fliegen heran, todte
Schnepfen auf dem einen, todte Wachteln auf dem andern
Bilde fügen den ernsten Ton zu der heiteren Lebensfülle
des reichen Segens der Natur hinzu. Dass nur die Schön-
heit und der Farbenton der Früchte und der Blumen den
Grund für ihre Zusammenstellung gegeben hat, ist klar:
die Kinder des Frühjahres wie des Sommers und des
Herbstes einigen sich in der Kunst zu der harmonischen
Wirkung, die ihnen die Natur versagt hat. Die feinste
und sorgfältigste Ausführung bewährt Goethes Wort, dass
Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 203
Juncker sich die »ausführlichsten« d. h. die auch das
kleinste Detail wiedergebenden Niederländer zum Vorbild
genommen hat.
Von dem Landschafter 5r/;w/>( berichtet Goethe (S. 138 f.),
er habe sich vielleicht am besten in die Sache gefunden,
also die durch die gestellte Aufgabe nothwendige Be-
handlungsweise am richtigsten angewendet. Er hatte als
Ausdrucksmittel eine bestimmte, ihm geläufig gewordene
Form gefunden: »die Rheingegenden hatte er ganz in
seiner Gewalt, sowie den sonnigen Ton, der sie in der
schönen Jahreszeit belebt.« Dabei bediente er sich am
liebsten kleineren Formates, aber »er w^ar nicht ganz un-
gewohnt, in einem grösseren Massstab zu arbeiten.« Den-
noch aber gab er auch dann seine Eigenthümlichkeit
nicht auf: »auch da Hess er es an Ausführung und Haltung
nicht fehlen.« Der Erfolg dieses Zusammenwirkens der
mancherlei Elemente war denn auch ein recht erfreulicher :
»er lieferte sehr heitere Bilder.« Ein solches heiteres Bild
zeigte auf der Goetheausstellune; die schöne Landschaft
von beträchthcher Grösse (Catalog Nr. 299: 200 cm H.,
112 cm B.), deren Staffage Seekat^ gemalt hat: auch hier
zeigt sich kein störendes, sondern ein durchaus harmonisches
Zusammenarbeiten. Auch Schütz spielt mit dem Lichte,
um eigenartige Wirkungen zu erreichen. So lässt er hier
das Licht von hinten rechts her kommen, so dass der
Vordergrund dunkel erscheint und nur hier und da auf
einzelnen Stellen, besonders dem kleinen Wasserfall und
den bewegten Wellen Lichtflimmer sich zeigen. Neben
dem Wasserfall, rechtshin das Bild abschliessend, erheben
sich zwei schlanke Birken, die dem Beschauer ihre be-
schattete Seite zukehren und sich scharf vom hellen
Hintergrund abheben. Von links vornen nach rechts hinten
führt ein aufsteigender Weg, der hell von der Sonne be-
schienen ist. An ihm liegt links die Ruine eines Schlosses
mit einer das Gebälk tragenden Säule, während eine andere
schon gebrochen ist: aus allen Fugen quillt die ewig
wirkende lebendige Natur im üppig wuchernden Grün des
mauerzerstörenden Buschwerks hervor. Vor der Ruine hebt
sich der Weg am höchsten und steigt dann in die Tiefe
hinab: die so entstehende Schlucht legt quer über das
Bild, den Mittelgrund abschliessend, einen tiefen Schatten,
hinter dem sich die lichte Landschaft in mannichfaltigen
Abstufungen nach der Tiefe zu verliert: in weitester Ferne
schliesst ein Gebirge die Landschaft ab, vor dem im Dufte
der Niederung eine mit hochragendem trotzigem Thurm
geschmückte Stadt sich ausbreitet. Hinter der Ruine
zeigen sich, von der Sonne hell beschienen, eine Pyramide
204 Abhandlungen.
und ein Gebäude, das an das Colosseum erinnert, eine der
beliebten antikisirenden ArchitekturstafFagen, die sich hier
freilich zu der deutschen Landschaft eoenso willkürlich
gesellt wie auf Junckers Stillleben die Erdbeeren zu den
Trauben. Auf der Anhöhe vor der Ruine brennt ein
Feuerchen, an dem eine arme Zigeunerfamilie ihr kärgliches
Mahl bereitet. Inzwischen säugt die Mutter ihr Jüngstes
und schickt ein kleines Bübchen aus, das, den grossen Hut
des Vaters hinhaltend, einen aus der Schlucht herauf-
steigenden Wanderer anbettelt. In der Tiefe nach der
fernen Stadt zu geht ein alter Mann; vornen am Bache neben
dem Wasserfall sitzt ein Hirtenknabe, dessen Schafe neben
ihm stehen und liegen, und w^endet sich zu einem im
Bache stehenden kleinen Bürschchen : es ist wohl der älteste
Sprössling der Wanderfamilie. Er erfrischt seine Füsse
in dem klaren Wasser, wohl mehr aus kindlicher Lust als
aus Reinlichkeitsbedürfniss. Dabei lehnt er sich über ein
halb ins Wasser neigendes Architekturstück, vielleicht eine
Thürumrahmung des zertrümmerten Schlosses: was ihn
zu reizen scheint, sind die ihm unbekannten seltsamen
Charaktere, die oben an dem Stein angebracht sind: wir
helfen ihm bei der Entzifferung und entdecken die Bezeich-
nung C. G. Schütz fec. Im Gestrüppe, das die Felsen
rechts vornen belebt, fallen besonders prächtige blühende
Disteln auf: so erscheint auch hier, wo die grössere Aus-
dehnung und der Zweck des Bildes eine mehr ins Grosse
gehende Ausführung verlangt hätte, die all diesen Künstlern
eigenthümliche, sorgfältig ausstudirte Kleinmalerei.
Und natürlich: in ihr lag die eigenthümliche Kraft
dieser ganzen Richtung: sie ist ein wesentlicher Bestand-
theil des in der Malerei und überhaupt in der Bildkunst
Erlernbaren. Hier kann sich die Vorzüglichkeit der Technik
bewähren. Nun liegt aber dem künstlerischen Schaffen
jener Zeit als charakteristisches Merkmal die Hervorhebung
des Lehr- und des Lernbaren in der Kunstübung zu Grunde.
Diese Grundanschauung führte in der strengen socialen
Ordnung aller Verhältnisse im vorigen Jahrhundert zu der
eigenthümlichen Consequenz, dass die Maler sich in eine
Zunft aufnehmen lassen mussten. Nun war gerade in Frank-
furt das Eigenthümliche eingetreten, dass seine besten Kunst-
maler vom Grafen Thoranc zu einer Unternehmung in
Anspruch genommen worden waren, die die Kunstmalerei
zur Ausschmückung der Wände in dem dafür geeigneten
»Tapetenstil« verwenden wollte: dabei aber waren die
Künstler stets als Künstler behandelt worden und mussten
sich gerade durch diese von der Fremde herkommende
Anerkennung in ihrem Selbstgefühle sehr gehoben fühlen.
Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 205
Es mag daher sehr wohl mit dieser Beschäftigung der
Frankfurter Künstler durch den Grafen Thoranc in enger
Beziehung stehen, wenn bald darauf — die Arbeiten für den
Grafen dauerten bis 1764 — im Jahre 1767 die Missstimmung
der Künstler über die Behandlung, die ihnen in der Heimath zu
Theil wird, zum Ausdruck kommt: am 2. April 1767 machen
neun Künstler, unter denen sich Schütz, Hirt, Juncker,
sowie dessen Sohn Isaak befinden, eine Eingabe an den Rath,
in der sie um Entlassung aus dem Zunftzwang und um »Con-
sens, Confirmation und Protection« für eine zu gründende
Maleracademie bitten. Der kräftig hervorbrechende Ton
der Entrüstung und das stolze SelDstgefühl des Künstlers
dem Handwerker gegenüber, ist sehr bedeutungsvoll: sie, die
künstlerische Tapeten geschaffen hatten, schreiben: »Alle
haben wir unsere Academie ordentlich gemacht, wir sind
auf die berühmtesten Plätze gereist, wur haben unsere Kunst
ordentlich studirt und nie einem Zwang untergelegen,
welcher sich für Tapetenmaler, Vergülder u. d. g. zwar
w^ohl schicken möchte, mit wahren Kunstmalern aber nicht
bestehen kann, ohne dass die Kunst selbst darunter leiden
und an anderen Orten, sonderlich bei Academisten Spott
werden müsste.« In dem Entwurf zu der zu gründenden
Academie tritt aber als der entscheidende Gesichtspunkt
die Festhaltung von strengen Regeln, von Belehrung über
die für bestimmte seeliscne Empfindungen feststehenden
Ausdrucksformen hervor. Die merkw^ürdige Entwickelung
dieser Anregung führte zur Gründung wenigstens eines
Zeicheninstitutes, sodann aber zum Entwurf eines weit
grossartigeren Planes einer Anstalt, die auf Grund der
humanistischen Bestrebungen eine allumfassende Bildung
gewähren und zugleich in die einzelnen Berufsarten ein-
fuhren sollte. Wie sich das praktisch gestaltet hat, habe
ich unter Mittheilung der im Frankfurter Archiv befindlichen
Actenstücke früher eingehend behandelt.' Hier ist es von
Interesse, festzustellen, wie auch solche weitgreifende Unter-
nehmungen, Pläne und Verwirklichungen mit Goethe und
* Frankfurter Academiebestrebungen im achtzehnten Jahrhundert.
Ein Beitrag zur Geschichte der Kunst in Frankfurt. Von Prof Dr.
Veit Valentin : Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. III. Fol^e,
II. Band, S. 290—312 (1889). Hierin S. 292-303: Plan Einer in der
Kayserlichen und Freyen Reichsstadt Frankfurt zu errichtenden Akademie
der freyen, schönen, bildenden Künste und nützlichen Wissenschaften.
— Eine Frankfurter Kunstakademie im achtzehnten Jahrhundert: ein-
gehende Schilderung des aus dem ersten Plane entstandenen Cöntgen-'
sehen Zeicheninstitutes in »Kunst, Künstler und Kunstwerke« von Veit
Valentin. (Frankfurt a. M. Literarische Anstalt Rütten & Loening, 1889.
S. 135 — 146.)
206
Abhandlungen.
dem Frankfurter Goethehaus in Beziehung stehen, und wie
die theils zeitweilige, theils dauernde Rückkehr von Bildern
des Herrn Rath und des Grafen Thoranc an ihren Aus-
gangspunkt, das Goethehaus zu Frankfurt, nicht nur ein
vorübergehendes Ereigniss von grösserem oder kleinerem
Interesse gewesen ist: auch sie bildet ein kleines Glied in
der grossen Kette von Ereignissen, aus denen sich immer
klarer das Bild Goethes und seiner Zeit herausarbeitet.
iii. MiscELLEN, Chronik,
Bibliographie.
MiSCELLEN.
A. Einzelnes zu Goethes Leben und Wirken.
I, Zu Faust,
iur Chronologie des ersten Paralipomenon
zu Goethes Faust.
(Mit Facsimile.)
Nachdem Baumgart das i. Paralipomenon gesehen hatte,
rieb er: »Man möchte vermuthen, dass das Blatt zu den
rältesten Faustpapieren gehört, wenn es nicht geradezu
er mit Pietät bewahrte erste Entwurf selbst ist, von dem
ethe noch im Greisenalter mit so grossem Nachdruck redet.«
imgart, Goethes Faust, S. 403. Im 4. Bande der Vtljschr.
Lit. Gesch. S. 169 ff. nimmt Harnack das Jahr 1788 als Ent-
hungszeit des i. Paralipomenon an. Er sclieint dasselbe
t einem von Goethe im März 1783 gemachten Faust-Plan
intificiren zu wollen. Wenn das i. Paralipomenon gerade
*ser Plan ist, so müssen wir wenigstens erwarten, dass im
agment von 1790 der Versuch gemacht würde, den Gegen-
tz zwischen »Form und Gehalt« »disparater zu machen«,
s er im Göchhausenschen Faust ist. In der Wagner- Scene
)ürt man gar nichts davon, auch in der Erdgeist-Scene nichts.
a Fragment ist die Schüler-Scene kürzer und der Gegensatz
icht verstärkt, obwohl er auch auf das Gebiet der Rechts-
elehrsamkeit und der Theologie übertragen ist. Der Wider-
)ruch von Form und Gehalt hat nie in der Ausführung die
roportion erhalten, die in dieser Skizze angedeutet ist.
Ferner kann das i. Paralipomenon schwerlich als eine
Lecapitulation des Göchhausenschen Faust, oder des Frag-
lents von 1790, oder des jetzigen Faust angesehen werden..
)ie Kritiker, die es für eine Recapitulation ansehen, habeii
Gobthe-Jahrbüch XVII. 14
210 V MiSCELLEN.
sehr verschiedene Meinungen über die Frage, welche Gestalt
der Faust-Ueberlieferung dann vorliege.
Nach der Faust -Sage wäre man berechtigt, Fausts Liebes-
verhältnisse mit »Genuss der Person von aussen gesehen« zu be-
zeichnen. Allein die Gretchen -Tragödie blieb nicht dabei stehen,
sondern ging in eine tiefe, innige und dauernde Liebe über.
Merkwürdig wäre es, wenn Goethe, nachdem er die Gretchen-
Tragödie mit einem so ergreifenden Interesse gedichtet hatte, die-
selbe mit den Worten »Lebens-Genuss« u. s. w. bezeichnet hätte.
Wenn gegen die Annahme, dass das i. Paralipomenon
der Plan von 1788 sei, sich so viel einwenden lässt, und über-
haupt gegen alle Vermuthungen, die es als eine Recapitulation
von einem existirenden Faust bezeichnen, dann müssen wir es
als ernstgemeinten Faust-Plan in eine Zeit zurücksetzen, wo
noch keine der drei Goethischen Faustdichtungen, die auf
uns gekommen sind, vorhanden war. Am i. März 1788 schrieb
Goethe von Rom aus: »Natürlich ist es ein ander Ding, das Stück
jetzt oder vor 15 Jahren auszuschreiben,« wo »ausschreiben«
ohne Zweifel so viel wie »zu Ende schreiben« heisst. Im Jahre
1773 (wahrscheinlich im Juli) schrieb eranKestner: »Ich be-
arbeite meine Situation zum Schauspiel zum Trutz Gottes und
der Menschen«. Am 18. October 1773 schrieb er an Johanna
Fahimer : »Ein schöner neuer Plan hat sich in meiner Seele auf-
gewickelt zu einem grossen Drama. Ich will nur erst zusehen,
ob ich aus dem Lob und Tadel des Publikums was lernen kann.«
Was könnte Goethe ausser dem Faust in dieser Aeusserung ge-
meint haben? Götz war schon erschienen; an Werther wird
man kaum denken können, ausserdem wurde dieser erst im
April 1774 und wie Goethe selbst sagt, »an einem fort«
geschrieben. Düntzer setzt den »Plan nebst den ersten Fetzen«
des ewigen Juden in die Monate August oder September 1774
(Goethes Leben, S. 215). Von Prometheus waren zwei Acte
schon niedergeschrieben, und vor einigen Tagen Schönborn vor-
gelesen (Schönborns Brief an Gerstenberg, den 1 2. October 1773).
Goethe selbst berichtet uns in Dichtung und Wahrheit, dass
der Vorsatz, das Leben Mahomets »dramatisch darzustellen«,
aus einer persönlichen Betrachtung des Lebensgangs von
Basedow und Lavater während einer gemeinschaftlichen Reise
im Juli 1774 entstand. Selbst wenn Goethe in diesem Bericht
nicht vollkommen Recht hat, ist es doch höchst unwahrschein-
lich, dass ein schöner neuer Plan zu Mahomet sich im October
1773 entwickelt hatte. DUntzers Vermuthung, dass Julius
Caesar oder Egmont gemeint sei, scheint vollständig in der
Luft zu schweben. Er selbst deutet auf den Frühling 1775
für den Anfang von Egmont (Goethes Leben, S. 224) und
erwähnt (S. 182) den Plan zu Faust als »unter den Plänen,
die ihm (Goethe) vorschwebten« (und zwar im Juli 1773). Faust
MiSCELLEN. 211
hatte der junge Goethe damals in Gedanken Jahre lang mit
sich herumgetragen. Pläne dazu hatte er wahrscheinlich oft
gemacht (wenigstens in Gedanken). Von seinen Schauspieler-
plänen hatte er an seine Schwester geschrieben, dass er »auf
nichts als auf Plane gedacht«, weil er die Ausfahrung für seine
»noch zu schwachen Schultern unmöglich« fühle. Wenn er im
Jahre 1773, begeistert von dem grossen und kaum erwarteten
Erfolg des Götz, sich an ein anderes grosses Drama machte,
und einen »schönen neuena Plan entwickelte, ist das alles nicht
ganz natürlich ? In dieser begeisterten Stimmung hätte er kaum
zu irgend einem seiner Dramen so natürlich einen »schönen
neuenfi Plan gemacht, wie zu Faust. Boie besuchte Goethe
am 55. October 1774, und schrieb: »Sein Dr. Faust ist fast
fertig.« Ist es wahrscheinlich, dass Goethe seinen Faust so
weit gebracht hatte, ohne einen Plan dazu geschrieben zu
haben; oder, dass der erste ziemlich vollständige Plan ihm
ohne Bedeutung und Werth war? Zweifelsohne ist vieles von
der Gretchen-Tragödie erst 1774 oder später entstanden; und
1773 konnte Goethe »Genuss der Person« u. s. w. schreiben,
ohne die bestimmte und erschütternde Beziehung zu seinen
Erfahrungen, die die Gretchen-Tragödie an den Tag legt.
Einige sehen in der Thatsache, dass der zweite Theil zu Faust
im 1. Paralipomenon erwähnt wird, einen Beweis für seine
späte Entstehung. Die Andeutungen für den zweiten Theil
sind aber so kurz gefasst, dass sie nur zu dem allerersten Plan
passen. Könnte »Epilog im Chaos auf dem Weg zur Hölle«
einer andern als der allerersten Fassung angehören?
Wir wissen nicht, dass Goethe den ersten Theil des Faust
als solchen, über die Gretchen-Tragödie je ausdehnen wollte.
Ist es nicht wahrscheinlich, dass Goethe (wenigstens im Herbst
1773) recht klar gesehen hat, dass Faust über das Mass eines
gewöhnlichen Dramas wachsen würde und daher getheilt werden
müsste? Der erste Theil allein gibt die alte Faustsage ganz
unvollständig wieder. Goethe selbst sagt (im Paralipomenon
Nr. 123, 2. 26 ff.) von dem Helena-Act, dass »dieses Zwischen-
spiel gleich bei der ersten Conception des Ganzen ohne
Weiteres bestimmt war«. Da wir nichts von einem Versuch
wissen, diesen Helena-Act in den ersten Theil einzu-
reihen, so liegt es ganz nahe (da »das schönste Weib, die
griechische Helena«, der Faustsage gehört), dass Goethe sehr
früh (warum also nicht schon im Jahre 1773?) die Ab-
sicht hatte, einen zweiten Theil zu dichten. In Eckermanns
Gesprächen mit Goethe vom 10. August 1824 erfahren wir,
dass Goethe damals ein vor Jahren geschriebenes Heft an
Eckermann übergab, »welches den Plan zu einer Fortsetzung
des Faust u. s. w. enthielt« und »als Episode zu betrachten«
war, »welche sich durch den noch auszuführenden Versuch
14*
212 MiSCELLEN.
der Trennung von Lili den übrigen Büchern (von Dichtung
und Wahrheit) gleichfalls anschliesst.«
In der Weimarer Goethe-Ausgabe (15. Band, 2. Abth.,
S. 1 7 3 ff.)» finden wir entweder eine Bearbeitung von dem er-
wähnten Hefte, oder was wahrscheinlicher ist, einen Abschnitt
des Heftes' selbst mit folgendem Anfang: »Zu Beginn des
Zweiten Theils findet man Faust schlafend« das heisst, Goethe
selbst erwähnt ausdrücklich den zweiten Theil in seinem Be-
richt über einen Faust- Plan, den er vor die Trennung von
Lili, also vor October 1775 setzt.
' Es wäre widersinnig, das erste Paralipomenon zu schreiben,
nachdem die zahlreichen Grundideen schon vorhanden waren,
woraus der Bericht in D. u. W. sich entwickelte. Goethe
setzt diese Grundideen aber schon vor die Trennung von
Lili. Andere Aeusserungen Goethes, wie die zu Eckermann
vom 6. December 1829 und in seinem Brief an Humboldt
vom I. December 1831, über das Alter des zweiten Theils,
sind zu wohl bekannt, als dass ich sie zu citiren brauche.
In merkwürdigem Gegensatz zu den kalten Worten »Genüss
der Person« u. s. w., scheinen die Wagner-Scene und die
Schüler-Scene, zur Zeit, wo das i . Paralipomenon geschrieben
wurde, in lebendigen Bildern in Goethes Seele existirt zu haben.
Seine Worte darüber sind bestimmt und verhältnissmässig
ausführlich und begeistert.
r Es ist schon öfters erwähnt worden, dass der Erdgeist
eine merkwürdig kleine Rolle spielt. Das wäre leicht zu ver-
stehen, wenn er unter die allerältesten Faust-Scenen gehört
hätte und nie .über seine erste Erscheinung hinausgekommen
wäre. In diesem Falle würden wir erwarten, ihn in einem:
frühen Plan zu finden, wie er im i. Paralipomenon vorkommt.
Der Haupteinwand gegen eine frühe Entstehung des
I. Paraliponienon ist, dass die Worte »disparater«, »Form«,.
»Gehalt«, wie sie gebraucht sind, zu abstract für den jungen
Goethe waren, und daher in eine spätere Zeit fallen. Man
muss Goethes damalige philosophische Studien und geschäft-
liche Thätigkeit nicht aus den Augen verlieren. In seinem
Brief an Höpfner vom 7. Mai 17 73. schreibt er: »Ihren Spinoza
hat mir Merck gegeben. Tch darf ihn'doch ein wenig behalten?«
Unter Spinozas Werken war die Ethik Goethes Lieblings-
buch, wie wir aus D. u. W. III, 288 ff. erfahren, und die au&
vielen Lehrsätzen mit dazwischen liegenden Kommentaren u.s. w.
bestehend, gerade geeignet war, Goethe zu beeinflussen der
Skizze im i. Paralipomenon eine so abstracte Form zu geben.
Wenn nicht sehr beschäftigt, war Goethe damals als Sach-
' Da die im Goethe- und Schiller-Archiv bewahrten Blätter vonr
Kräuter geschrieben wurden. .•
MiSCELLEN. 213
.Walter so thätig wie je, und daher vielleicht gewohnt, seihe
Gedanken über wichtige Sachen skizzenweise niederzuschreiben.
Wenn Goethe, dessen Entwicklung von Werther ab in stets
wachsender Achtung vor der Form begriffen war, als reifer Mann
oder Greis den Entschluss gefasst hätte, die »Widersprüche«
zwischen Form und Gehalt »statt sie zu vereinigen disparater
zu machen« als sie von ihm als Jüngling in »Faust« darge-
stellt wurden, und zwar jetzt auch zu Gunsten des Gehalts —
das hiesse seine ganze Entwicklung auf den Kopf stellen.
Dass Goethe als Jüngling an Form u. s. w. gedacht und
darüber mit sehr ähnlichen Worten wie im i. Paralipomenon
geschrieben, lässt sich völlig beweisen. Im August 1774 schrieb
€r an Jacobi : »Was doch alles Schreibens Anfang und Ende
ist die Reproduction der Welt um mich, durch die innere
Welt die . alles packt, verbindet, neuschafft, knetet und in
eigener Form, Manier, wieder hinstellt, das bleibt ewig Ge-
heimniss . Gott sey danck, das ich auch nicht offenbaren will
den Gaffern und Schwäzzern«. Im Anhang zu H. L. Wagners
Uebersetzung von Merciers N. Versuch über die Schauspieler-
kunst lesen wir unter andern ähnlichen Bemerkungen : »Auch
geht unser Verfasser ziemlich stracks auf den Innhalt los, der
sich sonst so von selbst zu geben schien. Deswegen giebts
doch eine Form die sich von jener unterscheidet, wie .der
innere Sinn vom äussern, die gefühlt sein will. .... Freylich
wenn mehrere das Gefühl dieser; innern Form hätten, die
alle Formen in sich begreift, würden wir weniger verschobenen
Geburten des Geists an eklen«. Wer nur die erste Seite vom
»Anhang« liest, der wird kaum erwarten, dass Goethe, nach-
dem er seinen Widerwillen gegen die Formfrage so schärf
ausgedrückt hat, noch einmal die alte Formfrage erörtern
würde, wie er im i. Paralipomenon beabsichtige.
Da Goethe, nachdem er unmittelbar vorher von CötÄ
gesprochen hatte, am 6. Mai 1774 schrieb: »Wenn ich wieder
ein Drama mache, daran ich sehr zweifle« so scheint es, dass
der »neue Plan« vom October 1773 nicht zur Ausführung
kam. Das wäre wohl zu erwarten, wenn der »neue Plan« das
I. Paralipomenon ist.
Der Director des Goethe- und Schiller-Archivs zu Weimar
(Professor Dr. Suphan) hat mir das Blatt worauf das i. Parali-
pomenon geschrieben ist, zu einer genauen Untersuchung
freundlichst vorlegen lassen und dieErlaubnisszur Reproduction
bei der hohen Besitzerin des Archivs gütigst erwirkt. Das Blatt
ist sehr vergilbt und gehört augenscheinlich fast zu den ältesten
Goethe -Papieren. Dr. Wähle, ein Goethe -Schriftkenner im
Archiv glaubt, dass es dem Aussehen und der Schrift nach in die
frühen siebziger Jahre gehört; und Dr. Fresenius (auch vom
Archiv), der mit mir das Blatt mit zahlreichen andern Goethe-
214 MiSCELLEN.
Handschriften verglich, findet wie ich, wenigstens in der äussern
Form, nichts dagegen. Zahlreiche Ungenauigkeiten kommen
in der Schrift vor, die, wenn sie nicht alle der Flüchtigkeit
des Schreibens beizumessen sind, einer frühen Zeit wenigstens
so gut wie einer spätem angehören können. Die Worte
dumpf und Dumpfheit wurden von Goethe als erfahrenem
Schriftsteller vermieden.' Die durchstrichenen Worte »Lebens
Thaten, Wesen« und das nachfolgende durcheinander Ge-
schriebene bestätigt den Eindruck der Gedankenunklarheit,
den die Worte selbst (wie früher erwähnt) auf uns machen.
Meine Ansicht geht dahin, dass Goethe kurz vor dem
18. October 1773 das i. Paralipomenon geschrieben hat, dass
etwas von seinem Faust möglicherweise schon zu Papier ge-
bracht, dass aber die Gretchen-Tragödie damals nicht aus-
gedacht war ; und, dass er schon den Entschluss gefasst hatte,
einen zweiten Theil zu seinem Faust zu dichten.
Eugene W. Manning.
b. Die mittelalterliche Ritterburg im 2. Theil,
Act III.
Bekanntlich spielt die erste Scene der »Helena« im zweiten
Theile des Faust »vor dem Palaste des Menelas zu Sparta«,
der Schluss desselben Actes von Vers 9574 an (nach der
Weim. Ausg.) in Arkadien, als der geträumten Heimstätte
eines phantastischen Schäferlebens mit freier Liebe und
idyllischem Zubehör. Zwischen beiden Scenen steht die erste
Begegnung Fausts mit Helena im »inneren Burghofe, um-
geben von reichen phantastischen Gebäuden des Mittelalters«,
wie das Scenarium zu Vers 9127 lautet. Wo ist diese Burg
zu suchen? Nicht etwa im germanischen Norden; denn der
ganze Auftritt bezeugt unwiderleglich, dass wir im Peloponnes
geblieben sind und auch in der Nähe von Sparta. Das letztere
beweisen deutlich die Worte der Phorkyas V. 507—515:
»So viele Jahre stand verlassen das Thalgebirg,
Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt,
Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach
Herab Eurotas rollt und dann, durch unser Thal
An Rohren breit hinfliessend, eure Schwäne nährt.
Dort hinten im Gebirgsthal hat ein kühn Geschlecht
Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,
Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt.
Von da sie Land und Leute placken, wie's behagt.
* Wer den Gebrauch der Worte Schüler und Student bei dem
jungen Goethe genauer studirt, der wird kaum darin einen Beweis für
eine späte Entstehungszeit des i. Par. finden.
MiSCELLEN. 215
Mit Recht verweist Loeper hier auf den vierten Kreuzzug,
wo nach der Eroberung Konstantinopels durch Deutsche,
Franken und Venetianer im Jahre 1204 der ganze Peloponnes
nach und nach unter die fränkischen Lehensbarone vertheilt
wurde. Wenn derselbe aber dabei auf die Burg »Geraki,
unfern des Eurotas« hindeutet, so ist dieser Ort als Lokal
unseres Auftrittes nicht wohl möglich; denn Geraki mit den
Ruinen einer mittelalterlichen Stadt liegt etwa 5 deutsche
Meilen und zwar stldostwärts von Sparta; vgl, Curtius Pelopon-
nesos Bd. 2, S. 302 f. Bei Goethe aber tritt hier nicht (wie
es hinter V. 1086 geschieht) eine plötzliche Verwandlung der
Scene mit Unterbrechung des ganzen Zusammenhanges von
Zeit und Personen ein, sondern Phorkyas führt auf der Btlhne
selbst Helena und die Chormädchen in die nahegelegene
Ritterburg. Vorgreifend den scenischen Maschinerien der
Wagnerdramen lässt Goethe auf der Bühne sich »Nebel ver-
breiten, sie umhüllen den Hintergrund, auch die Nähe, nach
Belieben«, wie es zu V. 600 heisst; die Mädchen glauben
darin zu schweben, was ja ihrer Geisternatur entspricht, und
sie singen in zwanglosen Rhythmen ein Chorlied von massigem
Umfang. Die Reise kann also nicht lange dauern; der Weg
ist nur eine Stunde weit und wir befinden uns — in der
Burg von Mistrd,
Als ich während eines längeren Aufenthalts in Griechen-
land auf einer Reise durch den Peloponnes im Anfang Mai
1854 auch Sparta besuchte, fand ich in der Eurotasebene
nur ein seit kaum 20 Jahren neu angelegtes dürftiges Städtchen.
Denn Altsparta hatte seit der letzten Zerstörung durch Alarichs
Gothen im Jahre 396 aufgehört ein bewohnter Ort zu sein
und war ziemlich glatt vom Erdboden vertilgt; die Bevölkerung
hatte sich aus der versumpften, ungesunden Tiefebene nord-
westlich an den Fuss des Gebirges gezogen, eine Stunde weit
vom alten Platze. Der neue Ort nannte sich zuerst Lake-
dämonia, in den Chroniken des Mittelalters aber wie noch
jetzt Mistrdy mit slawischem Namen, gegeben von den in
der Nähe angesiedelten slawischen Melingi. (Die neugriechische
Volksetymologie verdreht das Wort in Misithra und deutet
es ganz absurd als »Käseburg.«) Oberhalb dieser Ortschaft
Misträ nun erbaute urkundlich nach der Chronik von Morea
Guillaume de Villehardouin im Jahre 1249 auf steilem Hügel
seine Hochburg, wie eine Akropolis, als Wohnsitz für sich
und seine Ritter. Vergl. C. Hopf in Ersch und Grubers
Encyklop., Sect. I, Bd.- 85, S. 273. Zwar dauerte die Herrlich-
keit nur bis 1261, wo die Barone vertrieben wurden, aber
in den Bauten residirten ihre Nachfolger und zuletzt auch die
Türken, und so besteht das abenteuerliche Wunder noch jetzt;
die fränkische Ritterburg muthet noch jetzt die Besucher wie
21 6 MiSCELLEN.
ein Zauberschloss an. Auf steiler Höhe, hinter festen, ge-
diegenen Mauern betritt man enge, aber gepflasterte Gassen,
wo rechts und links die Häuser aus behauenem röthlichen Stein
mit ihren engen Zimmern und zum Theil gothischeh Erkern,
die Kapellen mit theilweis erhaltenen Wandmalereien byzan-
tinischen Stiles, der gewölbte Rittei'saal, verschiedene Kirchen
im anatolischen Stil mit Säulen jeglicher Art, meist alten
Bauten entnommen, daneben aber auch mit allerlei gothischem
Schnörkel geziert. Alles zwar ganz verödet, aber so malerisch
und erstaunlich wohlerhalten dasteht, dass man meint, der
Ort sei erst seit wenig Jahren verlassen worden. An den
meisten Häusern sind über dem Thüreingang noch die Wappen
der Ritter in Stein gehauen so gut erhalten, dass sich die
Geschlechter darnach haben bestimmen lassen. Von der
gänzlichen Zerstörung hat, wie man mir sagte, nur der Aber-
glaube, die Furcht vor bösen Geistern die Umwohner ab-
gehalten.
Ich gestehe, dass ich beim Besuche dieser Ruinen in
meinen jungen Jahren (1854) nicht an Goethe, Faust und
Helena gedacht habe, wie denn überhaupt dem klassischen
Philologen die fränkischen Ueberreste in Griechenland im
ganzen nur geringes Interesse zu erwecken pflegen. Aber der
überraschende Eindruck dieser verwunschenen Oberstadt von
Misträ war so mächtig, dass er sich beim Lesen dieser Scene
mir immer wieder aufdrängte, und ich bin seit langen Jahren
überzeugt, dass Goethe bei der Abfassung irgend welche nähere
Beschreibung davon vor Augen gehabt haben muss. Aus den
Unterhaltungen mit Kanzler von Müller sehen wir, dass er
im Jahre 1824 die Expedition des Dogen Dandolo gegen
Konstantinopel (1204) eifrig studirte (S. 46), wovon ja die
Verse 975 ff. deutlich Zeugniss ablegen; es heisst dort auch
(S. 109 vom 9. Juni 1826), dass er seit acht Tagen allerlei
Reisebeschreibungen u. dgl. über Griechenland lese. Freilich,
woher er nähere Kunde über Misträ gewonnen hat, das fest-
zustellen ist mir trotz manchen Suchens nicht gelungen. In
älteren Reisen, die Goethe zugänglich sein konnten, findet
sich nichts erwähnt; daher ist mir wahrscheinlich, dass der
Dichter aus der in einem Tageblatt oder einer Wochenschrift
gegebenen Beschreibung irgend eines deutschen oder englischen
Philhellenen geschöpft hat. Denn um rein aus der Phantasie
des Dichters entsprungen zu sein, dazu sind seine Ortsangaben
in den oben citirten Versen zu peinlich genau, die Erörterung
über die Wappen (V. 542 — 554) ohne besonderen Anlass gar
zu auffällig und Alles zu sehr mit den erhaltenen Resten ein-
stimmig. Wie anschaulich schildert Phorkyas V. 530 ff. :
»Und seine Burg! Die solltet ihr mit Augen sehn!
Das ist was anders gegen plumpes Mauerwerk,
MiSCELLEN. 217
Das eure Väter, mir nichts Dir nichts, aufgewälzt,
Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich
Auf rohe Steine sttlrzend; dort hingegen, dort
Ist Alles senk- und wagerecht und regelhaft.
Von aussen schaut siel Himmelan sie strebt empor
So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.
Zu klettern hier — ja, selbst der Gedanke gleitet ab.
Und innen grosser Höfe Raumgelasse, rings
Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck'.
Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,
Altane, Galerien, zu schauen aus und ein.
Und Wappen.
Nattlrlich hat in diesen Versen Goethe den Cyklopenbau
nach dem Kenntnissstande damaliger Zeit beurtheilt, und die
erhaltenen in Stein gehauenen Wappen bieten nicht die
Mannigfaltigkeit seiner Angaben, insbesondere keine Farben.
Und wenn er V. 507 (oben angeführt) wie auf die Karte
blickend sagt: »Das Thalgebirg, das hinter Sparta nordwärts
in die Höhe steigt, Taygetos im Rücken«, so liegt zwar Misträ
mehr westlich als nördlich von Sparta ; aber diese Abweichung
darf nicht so genau genommen werden, theils der damaligen
Karten oder Beschreibungen wegen, theils weil Goethe daran
lag, die Scene allmählich nordwärts zu rücken, da das Beilager
Fausts und der Helena bald darauf in Arkadien, also nordwärts
von Sparta stattfinden soll. Die nördliche Richtung hat hier
zugleich eine symbolische Beziehung, wie auch aus des Lynkeus
Entschuldigungsbitte hervorgeht, V. 735:
»Harrend auf des Morgens Wonne,
Östlich spähend ihren Lauf,
Ging auf einmal mir die Sonne
Wunderbar im Süden auf.«
In dieser poetischen Ankündigung der Helena sollen die
Worte, in platte Prosa übersetzt, doch auch zugleich besagen,
dass den Germanen das Schönheitsideal von den südlichen
Völkern gebracht wurde. Dass Goethe die vorliegenden Be-
richte über den entbrannten Freiheitskampf der Neugriechen
genau studirte, lässt schon das Interesse an Lord Byron ver-
muthen; aber seine Kenntniss des Landes klingt auch für
Jeden, der Ohren hat, aus den begeisterten Schilderungen
Fausts in den Versen 955 — 994 und V. 1019 — 1086 ganz ver-
nehmlich hervor. Er selbst schreibt am 22. October 1825 an
W. von Humboldt : »Ich habe von Zeit zu Zeit daran fort-
gearbeitet, aber geschlossen konnte das Stück nicht werden
als in der Fülle der Zeiten» da es dehn jetzt seine vollen
3000 Jahre spielt, von Trojas Untergang bis zur Einnahme
von Missolunghi. Dies kann man also auch für eine Zeit-
2l8 MiSCELLEN.
einheit rechnen, im höheren Sinne ; die Einheit des Ortes und
der Handlung sind aber auch im gewöhnh'chen Sinne auf das
genaueste beachtet. Es tritt auf unter dem Titel: »Klassisch-
romantische Phantasmagorie, Zwischenspiel zu Faust.«
A. Baumeister.
c. Höchst.
Der eigenthümlich prägnante Gebrauch des Superlativs
höchst, den Goethe dreimal in den letzten Acten des »Faust«
uns vorführt, ist augenscheinlich in voller Absichtlichkeit und
mit Anlehnung an einen jetzt halb verschwundenen Sinn des
Wortes geschehen. (In Grimms Wörterbuch ist nichts darüber
zu finden.) Am nächsten steht uns noch die Fassung in Act IV,
V. 948, wo der Erzbischof dem Kaiser vorwirft:
Noch vergass er nicht, wie Du zur höchsten Zeit,
An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit.
Hier haben wir das mhd. höchgezit, die Hochzeit ganz
im altgermanischen Sinne als den Freudentag und die Feier-
zeit, den Gipfel in der Reihe gewöhnlicher Tage. Eine andere
Wendung nimmt der Wortgebrauch Act V, V. 108, wo Lynkeus,
das Glück des endlichen Einlaufens in einen sichern Hafen
dem Schiffer preisend, sagt:
Dich grüsst das Glück zur höchsten Zeit,
d. h. in letzter und darum bester Zeit, weil es Dir nun nicht
mehr untreu werden kann.
Man denkt dabei an Solon, der den Krösus nicht vor
dem Todestage glücklich nennen wollte ; Gipfel und Ende
fallen hier zusammen. In einer Noth ist die höchste Zeit für den
Retter eben die letzte Zeit, da er helfen kann. Und voll aus-
gebildet ist diese Verschmelzung der letzten und höchsten Stufe
der Zeit in den berühmten Abschiedsworten Fausts, V. 527, 28:
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Geniess' ich jetzt den höchsten Augenblick.
Es ist natürlich der letzte Augenblick des ganzen Lebens
gemeint, im Anklang an den Vers des Virgil: Venit summa
dies et ineluctabile tempus (Aen. 2, 324), aber dieser ist zut
gleich der höchste und befriedigendste Augenblick des Lebens,
insofern als Faust das unausgesetzte Streben und die fort:
dauernde Thätigkeit der Seinen beim friedlichen Werke im
Vorgefühl schauend, selber genug gelebt zu haben erkennt
und damit in höchster Seligkeit hinsinkt. Im Folgenden spielt
dann der Teufel nur noch die Rolle des menschlichen Zweifels
an der Unsterblichkeit, gegen den Goethe selbstverständlich
nur in solchen Bildern ankämpft, die der Zeitperiode Faust§
entsprechen und zugleich auf theatralische Wirkung be-
rechnet sind. A. Baumeister.
MlSCELLEN. 219
d. Der Kampf mit dem Meere in Goethes
zweitem Faust.
Die Ueberwindung und Eindämmung des Meeres stellt
Goethe in Fausts zweitem Theile als das höchste und letzte
dar, was den wirkenden und strebenden Mann anzulocken und
zu begeistern vermag. Ein Grosses zieht Fausten an, nach-
dem er in ungemessenen Weiten die Reiche der Welt und
ihre Herrlichkeiten tibersehen hat. Er empfindet Verdruss,
wenn die Wogen des flachen Ufers Breite bestürmen, er sieht
in dem Vordringen und dem Rückzug der Wellen ein Spiel,
das an den Uebermuth gemahnt. Die zwecklose Kraft un-
bändiger Elemente, die kraftbegeistert gleichwohl nichts zu
leisten vermag, ängstigt ihn bis zur Verzweiflung — hier
wünscht er zu kämpfen und zu siegen. Rasch fasst er Plan
um Plan: er strebt, das herrische Meer vom Ufer auszu-
schliessen, der feuchten Breite Grenzen zu verengen und, weit
hinein, sie in sich selbst zu drängen. Köstliches Geniessen
verspricht er sich vom Gelingen dieses Planes. (Weimarer
Ausgabe V. 10130, 10134, 10200 ff".) Im hohen Alter findet
er denn auch im Geklirr der Spaten, die daran arbeiten, die
Erde mit sich selbst zu versöhnen, der Welle ihre Grenze zu
setzen, das Meer mit strengem Band zu umziehen, den letzten
irdischen Genuss. Erblindet, in der Todesstunde wäre es ihm
das Höchsterrungene, auch noch den verpestenden Gcbirgs-
sumpf urbar zu machen. Er malt die Wonnen einer tüchtigen
Gemeinde aus, die es versteht, die rasende Fluth, die bis zum
Rande des eroberten blühenden Landes leckt, immer wieder
in ihre Dämme zurückzuweisen (11539 ff., 11559 ff-)* Könnte
er noch das Gewimmel dieses freien und freudigen Volkes
miterleben, so wollte er zum Augenblicke sagen:
Verweile doch, du bist so schön I
Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn.
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Geniess' ich jetzt den höchsten Augenblick.
(Faust sinkt zurück.)
Aber Faust ist nicht der erste Greis, der am Schlüsse
seines Lebens die Besiegung des Meeres zu seinen schönsten
Erfolgen rechnet. Er hat einen Vorgänger in Luigi Cornaro
(geb. in Venedig 1467, gest. in Padua 1566), dem vornehm-
lich durch Lichtenberg bekannten Makrobiotiker, Im 83.
Lebensjahre schrieb er seine Discorsi della vita sobria, die
erst nach seinem Tode, 1588, in Padua bei Paolo Miglietti,
im Druck erschienen. Im vierten dieser Discorsi zählt er auf,
was ihm im höchsten Alter ganz besonders zum Trost und
220 MlSCELLHN.
zur Befriedigung, gereiche und rühmt sich, er habe seinen
Landsleuten Mittel und Wege gezeigt, ihren Hafen und ihre
Lagune zu festigen (conservare), was ihn nun unendlich freue,
zumal sein Werk tausende von Jahren überdauern werde
(si che non si possi atterare se non passati migliata di anni) ;
so habe Venedig seine unvergleichliche Stellung behaupten
und den Namen einer Königin des Meeres erwerben können.
Nicht minder beglücke es ihn, dass er seine Landsleute gelehrt,
unfruchtbare trockene Landstriche zu grösserer Fruchtbar-
keit zu bringen und auch Sümpfe mit grossem Gewinn zu ver-
werthen und so die Luft zu verbessern} Wie Faust, legt auch
Cornaro besonderen Werth auf die Austrocknung der Sümpfe
und in einem Briefe an Sperone Speroni, den Verfasser der
Tragödie »Ganace« (1500— 1588), preist er sich glücklich,
weil es ihm gelungen sei, die Sümpfe auszutrocknen, die sein
Landgut rings umgaben (asciugar le paludi, che cingevano
una sua villa, Speroni Werke V, 329). Mit welchen Mass-
regeln er das Meer zu zähmen wusste, ergibt sich aus dem
Trattato delle acque, den er 1560,; also im höchsten Greisen-
alter, in Padua verfasste und der sich mit den Lagunen Venedigs
beschäftigt. Er untersucht in dieser Schrift, wie die Lagunen
am besten zu Vertheidigungszwecken auszunützen und welche
Schutzmittel wider die Unbill der Witterung und den Un-
verstand der Menschen die geeignetsten seien. In der Er-
örterung dieser für Venedig und mutatis mutandis für ganz
Italien so wichtigen Frage schaarte sich, besonders im 17.
Jahrhundert, eine grosse Zahl von Nachahmern um Cornaro.
%% entwickelte sich eine eigene Scienza delle acque, deren
Hauptgegenstand dieUeberschwemmungen und die wirksamsten
Mittel, solchen zu begegnen, bildeten. Der erste nach Cornaro
war wohl Cristofero Sabbadino, der schon 1562 den Zu-
sammenhang von Ebbe und Fluth im Meere mit den Mondes-
phasen untersuchte; Antonio Lupicini schrieb 1586 in P'lorenz
seinen Discorso sopra i ripari del Po e d'altri fiumi, zwischen
' Ich gebe den entsprechenden italienischen Text nach der Aus-
gabe von 1591 : oh che glorioso solazzo k qüesto, del quäle infinitamente
ne godo con dimostrargli il modo che vi k per conservar la sua cosi
impcjrtante laguna e pörto; si che non si possi atterare ise non passati
migliata di anni ; per la quäl cosa Venetia conservara il maraviglioso
e stupendo 'nome di Cittä vergine,, come k. non essendone altra al
mondö : e oltra agrandira il grande e äalto süo pronome di Regina
del mare ; questo 10 godo e non vi manco niente. Un' altro poi ne
gpdo,- dimonstrando ad essa vergine e regina il modo che vi k per
tärJa.abohdantissjma dl vittuarie con il ridurre campi inutili a grande
utilitade, si di paludi,, come di campagne aride, con grande avahzo oltra
la spesa. E quest' altro solazzo godo, che non ha contrario alcuno,
il quäle ^, che io diraostro come Venetia si puo far piü forte, si ben
k fortissima . . . ; e di miglior aere, si ben k di perfetto.
MiSCELLEN. 221
1590 und 15.97 behandelte Giannangelo Bertazzoli die Lagunen
von Venedig in einem nicht gedruckten Aufsatz, 1599 Paolo
Beni in Rom in seinen »Discorsi« die Ueberschwemmungen
der Tiber. Im 17. Jahrhundert wurde dann der wissen-
schaftliche Standpunkt strenger gewahrt und zuerst vonCastelli
und Zendrini betont. Diese Wissenschaft stand im engsten
Zusammenhang mit der im 16. und 17. Jahrhundert stark ge-
pflegten Schriftstellerei über Befestigung im allgemeinen und
Seebefestigung im besonderen. Solche Discorsi dellä fortifi-
cazione schrieb Carlo Teti 1569, Gabriello Busca, Buonaventuro
Lorini 1597, unter den Scrittori di nautica e delP arte militare
maritima sei auf Camillo. Agrippa, Mazucchetti (1595), Mario
Savorgnano (gest. 1597) verwiesen. • «^
Die Frage der Bezwingung des Meeres war also nicht
blos eine viel erörterte, sondern eine durchaus volksthümliche:
denn Cornaro, der als einer der ersten sich mit ihrer Lösung
befasste, wusste als Preis für ein nüchternes und massiges
Leben kaum etwas höheres anzuführen, als das Bewusstseiri
an der Besiegung des drohenden Elementes mitgearbeitet zu
haben. •
Die Frage, ob Goethe Cornaros Discorsi della vita sobria
gekannt hat, lässt sich nicht mit vollster Sicherheit entscheiden.
Die merkwürdige Uebereinstimmung in so wesentlichen Punkten
wie die, dass in beiden Fällen Greise die Krönung ihres
Lebenswerkes in dem siegreichen Kampfe mit dem Meere
erblicken, dass sie froh auf die UnvergängUchkeit ihres Werkes
hinweisen, das Jahrtausende Überdauern werde, dass beide
ihr Augenmerk noch auf die Austrocknung der verderblichen
Sümpfe richten, das alles spricht aus inneren Gründen für
die directe Benutzung Cornaros. Aeusserlich kommt nun noch
die sehr starke Verbreitung des Buches dazu. Gross ist die
Anzahl der italienischen Ausgaben: so wurde es in Pädua
1588, 1591, in Venedig 1599, 1620, in Paris 1646 gedrückt,
in Venedig 1 666* in Verse gebracht, 181 6 durch Gamba in
Venedig neu aufgelegt. Schon 1613 wurden die Discorsi in
lateinischer Sprache von dem Jesuiten Leonard Lessius als
Anhang zu seiner Schrift Hygiasticon unter dem Titel De'
victus rätione zu Antwerpen edirt; ausserdem finden sich die
Discorsi lateinisch in Ramazzinis Annotationes, Padua 1714, und
in Dr. Kästners Bibliotheca medica. Ungemein zahlreich sind
die Uebersetzungen ins Französische: 1646 durch Sebastian
Hardy, 1647 durch Jacques Martin, 1701 durch M. de Premont,
im selben Jahre durch de la Bonaudi^re (alle in Paris), 1703
(Amsterdam) und 1 704 (Paris) anonym unter dem Titel Conseils
pour vivre plus de cent ans, 1724 (Leyden) als Anhang zu
L'art de conserver la Sant^ des Princes, 1772 (Paris) fjCpn^eils^
et moyens faciles pour vivre longtems dans une santd p^rf^iite.
222 MiSCELLEK.
Ausserdem erschien in Paris 1702 L'Anticornaro. Englische
Uebersetzungen erschienen in London 1725, 1765, 1798. Ins
Deutsche wurde Cornaro gleichfalls schon früh übertragen
und zwar 1707 (Leipzig): »L. Cornari Consilia und Mittel über
hundert Jahre in vollkommener Gesundheit zu leben.« Ferner
gab Christian Gotthold Schwenke 1755 ^^ Dresden und Leipzig
eine Uebersetzung unter dem Namen »Von dem Nutzen eines
nüchternen und massigen Lebens« heraus, desgleichen Schlüter,
ßraunschweig 1789 und ein Ungenannter (»Erprobte Mittel
lang und gesund zu leben«), Braunschweig 1796.
Einer Bekanntschaft Goethes mit dem vielgelesenen Werke
steht sonach nichts im Wege, wenngleich weder die Tage-
bücher (vgl. nur I, 286 über die Lagunen in Venedig, auch
II, 8), noch (wie mir Herr A. Leitzmann freundlichst mittheilt)
die Aufzeichnungen in Weimar für eine solche Kenntniss einen
Anhaltspunkt bieten.
Keinesfalls aber wird, meines Erachtens, eine Anregung
Goethes durch die weit verzweigte Scienza delle acque von
der Hand zu weisen sein, zumal Erich Schmidt in der Lage
ist, Fausts Tod an die Wende des Jahrhunderts rückzuver-
setzen, sonach selbst eine Nachwirkung des Aufenthaltes in
Italien nicht ausgeschlossen erscheint.
• Rudolf FtJRSx.
e. Zum historischen Faust.
In den Nuntiaturberichten aus Deutschland 1572 — 1585,
IL Bd., bearbeitet von Joseph Hansen, Berlin 1894 findet sich
pg. 617 (in der Relation Minuccis über den Stand der Kölner
Dinge in Folge des Abfalles des Erzbischofs Gebhard Truchsess,
gerichtet an Herzog Wilhelm von Bayern. Köln 1583) folgende
Stelle: »In questi capricci di magia et di pazzia giudiciaria
ha (Gebhard) imitato, non so per quäl malvagio destino di
questa chiesa, il conte Hermanno di Veda (v. Wied), il quäle
ancora nel tempo della sua apostasia hebbe presso di se il
Fausto et PAgrippa, famosissimi in tal arte, di quali volse anco
essere scolare, si come costui ha havuto in gran pregio il Scoto
et un* altro Italiano, deir uno de quali io sento perö molto
diversamente dagd altri.«
H. Heidenheimer.
2, Zur Entstehungsgeschichte von Goethes Singspiel »Erwin
und ElmircAi
In meiner Abhandlung »Goethes Singspiele im Verhältnis
zu den Weissischen Operetten«. Dresden 1887. S. 22 f. Anm.,
versuchte ich den Nachweis zu erbringen, dass Wilmanns,
MlSCELLEN. 223
Goethe -Jahrbuch Bd* II, S. 151 sich irrt, indem er daselbst
die Entstehung von Erwin und Elmire auch von der Strophe :
»Und wenn er mir in Waldeskluft
Der Liebe Lieder sang,
Lieh er dem Weste süssen Duft,
Musik dem Bergeshang«
welche Goethe aus der Ballade »Der Eremit«, in Goldsmiths
»Landprediger von Wakefield« gekannt haben soll, ausgehen
lässt. Denn das Singspiel »Erwin und Elmire« wurde im März
des Jahres 1775 von Goethe veröffentlicht, und obige Strophe
fehlt in den Original-Ausgaben und Uebersetzungen des »Vicar«
bis zum Jahre 1789, wie ich damals festzustellen vermochte.
Der Zufall fügte es, dass ich im Frühjahre 1895 ^^^
Herrn Max Ziegert in Frankfurt a. M., welcher in den »Be-
richten des Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. M.
N. F., Bd. X (1894) einen belehrenden Aufsatz über »Gold-
smiths Landprediger in Deutschland« publicirt hat, eine sehr
reiche Sammlung von Original -Ausgaben und Uebersetzungen
des »Vicar« vorfand und mit Herrn Ziegert sogleich Nach-
forschungen anstellte, in welcher Ausgabe wohl zuerst jene
Strophe auftreten mag. Da ergab sich bei einer Prüfung von
etwa 20 Exemplaren, deren Erscheinungsjahre sich über die
Jahre 1766— 1843 erstrecken, folgendes Resultat. Jene Strophe
begegnete uns zuerst in der Ausgabe in drei Sprachen mit
Anmerkungen, hrsg. von C. M. Winterling, Nürnberg 1833.
Daselbst bringen der englische und deutsche Text die Strophe,
der französische Text hat sie nicht. Englisch lautet sie dort:
»And when, beside me on the dale
He caroPd lays of love,
His breath lent fragrance to the gale,
And music to the grove«.
In der Anmerkung dazu heisst es: »Diese Strophe, welche
sich in früheren Ausgaben nicht befindet, wurde erst später
von dem Verfasser hinzugefügt.« In der deutschen Ueber-
setzung daselbst findet sich folgender Wortlaut:
»Und wenn er an meiner Seite im Thal
Gesänge der Liebe anstimmte,
Durchbaisamte sein Athem die Luft
Und belebte den Hain durch Musik«.
In der Ausgabe 6. Aufl., Leipzig, Weidmann, 1840, fehlt
die Strophe wieder, ebenso in Goldsmiths Gedichten, deutsch
von Ad. Böttger, Leipzig 1843. Die Uebersetzung von E.
Susemihl, Leipzig 1841, illustrirt von L. Richter (G. Wigands
Verlag), dagegen hat die Strophe wieder in folgendem Wort-
laute :
224 MiSCELLEN.
»Und sang er mir in freier Luft
Ein Liebeslied, verlieh
Sein Hauch dem Winde süssen Duft,
Dem Haine Melodie«.
Herr Professor Wilmanns hat vermuthlich, auf Treu und
Glauben, eine Uebersetzung, welche in den Jahren nach 1833
bez. 1843 erschienen ist, benutzt, ohne zu ahnen, dass die
Ausgaben und Uebersetzungen des »Vicar« bis zu jener Zeit-
grenze die Strophe : »Und wenn er mir . . .« nicht aufweisen.
Goethe konnte also diese Strophe überhaupt nicht kennen
und durch dieselbe auch nicht zur Conception von »Erwin
und Elmire« angeregt werden.
W. Martinsen.
j. Zur letzten Kleidung Egmonts.
In der Geschichtsliteratur, so schon bei Schiller,* finden
sich Andeutungen über Egmonts Kleidung am Pfingstsonn-
abende (5. Juni) 1568. Nichtsdestoweniger dürften meine, frei-
lich immer noch nicht ausreichenden, neuen Mittheilungen hier-
zu, die sich auf die Berichte zweier Augenzeugen über die Hin-
richtungeii Jenes und Hoorries gründen, also Quelle sind, gerade
in den Blättern, die dem Genius gelten, der einen Egmont
bei uns allein populär gemacht hat, den passendsten Platz
haben und hier auch der dramatischen, wie der bildenden
Kunst leicht zugänglich sein.
Schon Kluckhohn hat das eine der betreffenden Schrift-
stücke im K. Preussischen Staatsarchive zu Marburg vor sich
gehabt. Er . druckt es jedoch in seiner Briefsammlung des
Kurfürsten Friedrich des Frommen von der Pfalz* (Egmonts
Schwager), da es nur als Beilage eines Schreibens Dieses an
den Landgrafen Wilhelm von Hessen,' dazu »der Kopf« der-
selben »stark beschnitten« ist,'' beigefügt war, nicht mit ab,
schrieb mir aber auf meine, ihm, noch kürz vor seinem Heim-
gange, gemachte Fundanzeige, dass er sich sehr freuen werde,
bald Näheres - über den Gegenstand zu erfahren. Ein besseres
Exemplar jener Beilage ^ und ein anderer, ähnlicher Bericht,
welcher von Dr. Ulrich Zasius, unterm 22. Juni darnach, von
Wien aus, an den Kurfürsten August von Sachsen abgesandt
worden. ist, haben sich , nämlich im K. . Sächsischen. Haupt-
* In der, dem Trauerspiele gefolgten Geschichte des Abfalls der
vereinigten Niederlande von der spanischen Regierurig (1788), Beilage I.
* Band IL, 1870, 222 f. 5 Aus Heidelberg, den 17. Juni 1568. ■* Nach
Mittheilung von dort, vom 7. Juli 1896. 5 Der Pfalzgraf schrieb, genau
wie an Hessen, auch an Kursachsen.
MiSCELLEN. 225
Staatsarchive* vorgefunden. Nach der ersteren war nun die
Kleidung des etwa Sechsundvierzigjährigen, in welcher er aus
dem Einzelgefängnisse im Brodhause zu Brtlssel, in der elften
Vormittagsstunde,* aufs Blutgertist schritt, die des vorher-
gehenden Tages, nämlich ein rother Damastnachtrock,^ dar-
über ein schwarzer Sammetmantel, nach dem letzteren aber
ein rothkarmoisinf arbiger, langer Damastnachtrock, darüber
ein Mantel; der Hut, darunter [darin?] eine weiss leinene
Schlaf haube,^ hatte einen schwarz-weissen Federbuschschmuck,
Hut und Nachtrock legte er dann ab und empfing, nur mit
Hosen, kollerlosem Wammse^ und über die Augen gezogener
Haube bekleidet, den tödtlichen Hieb.
Der Egmont-Darsteller wird, beim Verlassen der Bühne,
den Kragen vom Wammse entfernen und die Haube in den,
jetzt ebenfalls nicht zu seinen Requisiten gehörenden Hut,
den er, ehe er sich der Wache nähert, aufsetzt, legen können,
da er dem Dichter — in verständiger Weise — zu Hilfe kommen
darf und soll. Die »Meininger« hätten sich diese Kleinigkeiten
gewiss nicht entgehen lassen! Goethe, der überhaupt, zum
Theil ohne Veranlassung, sehr von der Geschichte abweicht
und dadurch »das Interesse des Gegenstandes schwächt«,^ hätte
vor Allem das charakteristische, letzte Schreiben seines Helden
an den König Philipp II. von Spanien ^ mit zur Wirkung
bringen können.* Theodor Distel.
4. Zum Epimenides,
In Bd. XVI, S. 182 des G.-J. kommt H. Morsch noch-
mals unter eingehender Berücksichtigung meiner entgegen-
* Locc. 9302, I, 112 f. (Document A.) und 8522, 111,493 f. (Docu-
ment ß.) Vor Allem sei die Geschichtforschung darauf aufmersam gemacht.
* Erst »8 Uhr« war ihm das Urtel, welches am Tage zuvor
»Mittaffs« gefällt worden war, bekannt gegeben worden, »V26 Uhr«
darnacn hatte der Bischof (Martin Rithov) von Ypern, der die Sentenz
bereits seit »vier Uhr« kannte, — »drei Uhr« waren die beiden Grafen
von Gent eingetroffen — Egraont auf Befehl Albas, noch besucht.
(Nach Document ß., welches vielfach von Schiller und Anderen abweicht.)
3 Schiller : E. trug neinen schwarten spanischen Mantel mit goldenen
Tressen verbrämt«. 4 Schiller : eine seidene Mütie u. s. w. (s. nachher).
5 Schiller: »Von seinem Wamms hatte er (wohl noch im öefängnisse)
den Kragen abgeschnitten, um dem Nachrichter sein Amt zu erleichtern«.
^ So Lessing im »Laokoon«.
7 Von dem Abschiedsschreiben an seine Gemahlin, Sabine, geb.
Herzogin von Bayern, konnte der Dichter, der Egmont unverheirathet
sein lässt, natürlich keinen Gebrauch machen. Der genauere Inhalt des
Briefes an Philipp wird einmal, an anderer Stelle, mitgetheilt werden.
8 Schillers Bühnenbearbeitung des Goethischen Egmont hat in
allen, von mir berührten Punkten nichts geändert, auch seine Kritik über
das Stück rügt andere Dinge.
Goethe-Jahrbuch XVII. 15
226 MiSCELLEN.
gesetzten Ansicht auf die £pimenides-Frage zurück. Ich würde
in der durchaus freundlichen Art, wie sich der gewandtere
Interpret Goethischer Dichtungen gegen mich wendet, gewiss
keinen Grund erblicken können, die freie Ansicht irgend eines
Lesers des Epimenides noch weiters beeinflussen oder behelligen
zu wollen. Von meinem Standpunkt, als Geniesser, ist das,
was ich in meinem kleinen Büchlein zu sagen mir erlaubte,
schon gerade genug. Indessen haben es mir Goethekenner,
wie Koch, in seinem letzten Bericht des Fr. D. H. doch nahe
gelegt, dass ich durchaus nicht genöthigt wäre, so scharfe
Belehrung unwidersprochen hinzunehmen, wo ich doch nicht
im Unrecht zu sein schiene. Ich darf daher wohl einige
Zeilen des G.-J. für meine Rechtfertigung in Anspruch nehmen.
Ich brauche kaum unter Hinweis auf S. 119, Note 4
meiner kleinen Goetheschrift zy wiederholen, dass es mich
lediglich interessirte, zu erkennen, wie sich Goethe zu den
Weltumgestaltenden Ereignissen der ersten zwei Decennien
in seinem politischen Denken verhielt. Es lag mir ganz fern,
in irgend eine eigentliche Interpretation der Dichtung einzu-
treten; aber es leuchtet ein, dass auf die ganze Stellung
Goethes, gegenüber seiner Zeit, ihren Ereignissen und grossen
Persönlichkeiten, ein scharfes Licht fiele, wenn die Vertreter
der Meinung, er habe durch das Festspiel eine persönliche
Confession ablegen wollen, Recht behalten würden. Ich
möchte zwar nicht behaupten, dass der Olympier dadurch in
meiner Bewunderung etwas verlöre; denn sich in politischen
Dingen und Ansichten zu ändern, zu bekehren und belehren
zu lassen, kann ich als Historiker im Gegensatz zu der be-
kannten Gesinnungstüchtigkeit politischer Kinder auch nur für
einen Vorzug halten. Ich bin mithin in der glücklichen Lage,
Goethe gleichraässig für gross, klug und gerechtfertigt zu
halten, habe er nun persönlich seine Ansichten über Napoleon,
die Alliirten, Preussen, Deutschland, Frankreich in diesem oder
jenem Punkte geändert oder nicht. Was mir indessen die Sache
etwas fatal machte, bliebe der Umstand, dass in dem von
H. Morsch sogenannten »Goethe-Epimenides« denn doch ein
Beweis einer ungeheuer tiefstehenden politischen Auffassung
grosser Zeitereignisse gelegen hätte. Ich will diesen Gedanken
nicht weiter ausführen. Es kann hier nur die Empfindung
sprechen. Wenn sich Jemand dächte, er könnte bei der Feier von
Ereignissen des Jahres 1870—1871 eine Tischrede halten, oder
gar ein Stück schreiben, wo er sich selbst als Redner oder Dichter
als den Archimedischen Punkt hinstellte, um den sich die unge-
heueren Thatsachen gleichsam gedreht hätten, und auf dessen per-
sönliche Empfindungen das ganze Drama zugespitzt wäre, — man
würde sich einer ungemeinen Heiterkeit überlassen müssen ! —
Glücklicherweise, und ich wende mich jetzt zu ein paar
MiSCELLEN. 227
rein sachlichen Quellenhin Weisungen, welche mir aufTallender-
weise nicht beachtet worden zu sein scheinen, — glückh'cher-
weise fehlt es nicht an Aeusserungen Goethes selbst über seitiefi
Epimenides. Die wichtigste machte er am 5. April 181 5 gegen
Knebel (Briefe II, 163. Nr. 461): »Epimenides ist am 30. März
endlich in Berlin erwacht, gerade zu rechter Zeit, um das-
«elbige, was sich die Deutschen bisher so oft in dürrer Prosa
vorgesagt, symbolisch zu wiederholen, dass sie nämlich viele
Jahre das Unerträgliche geduldet, sich sodann aber auf eine
herrliche Weise von diesen Leiden befreit. Jedermann wird
hinzufügen, dass neue Thatkraft nöthig ist, um das Errungene
z\x schützen und zu erhalten.«
Ich habe die Worte gesperrt drucken lassen, auf die es
gewiss ankommt. Goethe stellte also symbolisch dar, was sich
im Jahr 181 4 nach dem Einzug in Paris die Deutschen in dürrer
Prosa so oft vorgesagt haben. Nach der gegentheiligen Inter-
pretation müssten sich die Deutschen damals oft vorgesagt
haben, dass »Goethe-Epimenides« lange geschlafen und jetzt er-
'wacht sei. Dies kann Goethe doch nicht gemeint haben, wohl
aber ist es richtig, dass nach erwachtem Kraftbewusstsein kaum
«in Deutscher damals anders dachte, als dass die Stärke der
Nation, nur ungeweckt, geruht habe; und damit über das
Subject des Erwachens im Satz kein Zweifel sei, fügt der
Dichter noch hinzu, man habe das Unerträgliche viele Jahre
geduldet und sich nun auf eine herrliche Weise befreit.
Die neue Ausgabe, mit den dankenswerthen Anmerkungen,
belehrt uns über eine Befürchtung, welche Goethe hatte ehe
-das Stück aufgeführt wurde, und die über den Charakter seiner
Epimenides - Figur jeden leisesten Zweifel beseitigt. (Weim.
Ausg. XVI. 508.) Hier hält es Goethe für möglich, dass das
Publikum hinter dem Epimenides den König von Preussen
^ermuthen könnte und ist besorgt, dass bei »einem gewisser-
masseh mysteriösen Werke« »falsche Deutungen gemacht
werden«. Dass er selbst hinter dem Epimenides vermuthet
werden könnte, würde er heute wohl auch mit Staunen ersehen
haben. Ich glaube aber die Besorgniss, dass man den König
liinter der Epimenides-Figur erblicken könnte, war bei dem
Berliner Publikum schon ganz begründet, denn dass die
preussische Regierung inmitten der so lange schlafenden Nation
•einen besonders guten Schlaf gehabt habe, dies war es ja eben,
was sich alle Deutschen damals in dürrer Prosa vorgesagt haben.
Dennoch konnte Goethe nicht wünschen, dass dieser Ver-
dacht, er habe den König »symbolisiren« wollen, im Publikum
entstehe, weil dadurch die Darstellung des Stückes gewiss
ausgeschlossen worden wäre. Er sprach daher den Wunsch
aus, dass das Publikum über den Epimenides durch die Zei-
tungen rechtzeitig belehrt werden sollte, ja er ist beflissen,
15*
228 MiSCELLEN.
die bekannte Fabel zu dem Zwecke besonders niederzu-
schreiben, damit durch irgend ein Blatt das minder gelehrte
Publikum darüber unterrichtet sei. »Der Titel und der Inhalt
des Stückes«, schreibt er, »kann kein Geheimniss bleiben,
daher wird jedermann fragen, was ist denn der Epimenides?«
Wollte ich mich auf das Gebiet von Vermuthungen be-
geben, mit denen ich jedoch die gelehrten Leser des Goethe-
Jahrbuchs nicht ernstlich behelligen darf, so Hesse sich gar
manches hinzufügen. Hat nicht vielleicht Goethe, mit seiner
eingestandenen Besorgniss, für die Berliner Intendanz den Teufel
erst recht an die Wand geraalt? Hat er nicht die lange Ver-
zögerung der Aufführung, die ihn so sehr ärgerte und die
Benützung seiner Ideen in den im August 1814 aufgeführten
Vorspielen und dem Prolog Kotzebues (a. a. O. S. 5 2 2) durch
seine Besorgniss mitverschuldet ? Unerklärt blieb ja auch die
Stelle im Morgenblatt (ebend. 523), wo von der Kabinetsordre
des Königs die Rede ist, nach der das Stück gar nicht auf-
geführt werden sollte. Ich unterlasse es in die weiteren Unter-
suchungen einzutreten, zu welchen dieses neue höchst merk-
würdige Material den Goetheforschern Anlass geben wird.
Nur einiges Wenige sei mir noch gestattet den fach-
gelehrten Commentatoren zur Erwägung anheim zu geben.
Goethe spricht (S. 508) von einem gewissermassen mysteriösen
Werke, und dies wird es unter allen Umständen ja wohl
bleiben. Wenn man jetzt die Actenstücke zu Epimenides liest
und insbesondere die Anweisungen zur Ausstattung und zu
den Decorationen des Stückes in Betracht zieht, so möchte
ich behaupten, dass die ganze historische Grundlage des
Epimenides deutlicher hervortritt, die poetische Conception
und das, was in jener Briefstelle die Symbolik genannt wird, da-
gegen noch dunkler zu werden scheint; und ich möchte meiner-
seits durchaus nicht vorgeben, dass mir das ganze Kunst-
product viel verständlicher sei, als dem verwunderten Berliner
Publikum bei der Aufführung im Jahre 181 5. Namentlich der
Umstand, dass bei der Auswahl der Repräsentanten des über
die Trümmer hinschreitenden Heeres, der Dichter sich so
besorgt zeigt, den internationalen Charakter der Befreiung
der Völker deutlich zu machen, giebt zwar einen Beweis von
dem Wunsche geschichtlicher Treue, aber es zeigt sich doch
wieder darin die Schwierigkeit die Epimenides-Figur in ihrem
Wesen zu deuten. In den Tagebüchern ist mir aufgefallen,
dass in der Zeit, wo Goethe hauptsächlich an der Arbeit ist,
nachdem er von Iffland aufgefordert war, anfänglich niemals
vom Epimenides die Rede ist, sondern immer nur vom Vor-
spiel. Der Epimenides tritt mit Namen und Person erst ganz
zuletzt auf. Zur Zeit als er den Auftrag übernahm, stand ihm,
wie er es selbst ausdrückt, der Gedanke im Vordergrund, »die
MiSCELLEN.
bedeutenden Weltverhältnisse zusammenzustellen« (a. a. O.
S. 518) wie er dies wiederum »nachher unter dem Titel des
Epimenides Erwachen bearbeitet habe«. Darnach sänke die
Epimenides -Figur zu einem etwas nothdürftigen Auskunfts-
mittel herab, um eben die symbolisch-historische Darstellung,
die dem Dichter erst gar nicht munden wollte, unter Dach
und Fach zu bringen.
Nun glaube ich ja allerdings, dass Goethen das Gleichniss
von Epimenides Erwachen zur Bezeichnung eines überraschen-
den Ereignisses ziemlich geläufig sein mochte, weil er schon
im Jahre 1788, als er aus Italien zurückkehrte, sich an das
Erwachen des Epimenides erinnerte (vergl. an Knebel I, 90,
Nr. 81), aber Niemand würde doch dieses Bild im Sinne einer
speciellen Charakteristik des Zustandes eines bestimmten
Individuums aufgebauscht haben. Es ist eben der Ausdruck
einer Verwunderung, die Jedermann hat oder haben muss,
wenn sich etwas Unerwartetes ereignet. Es ist mit dem Ge-
brauche solcher Bilder bekanntlich etwas sehr eigenthümliches :
wie sich heute überhaupt die Erinnerung an antike, mytho-
logische Vorstellungen im Sprachgebrauch verflüchtigt hat,
so ist es auch schon lange nicht mehr Mode, bei über-
raschenden Ereignissen vom Epimenides zu reden, wie ich
mich meinerseits dessen noch aus meiner Jugendzeit erinnere,
wo die ganze Schule von Epimenides Erwachen zu sprechen
pflegte, um sich classisch auszudrücken, wenn irgend etwas
besonderes passirt war. Heute nimmt die Redewendung gerne
einen etwas individuelleren Charakter an und wir lassen die
Todten selbst erwachen, um sich über dies oder jenes per-
sönlich zu wundern. Dass Goethe also mit seinem Epimenides
sagen wollte, dass er so gut wie der König von Preussen, die
Berliner sowohl wie die Weimarer, allen Grund hätten, . sich
über das Geschehene, als erwachende Epimenidesse zu ver-
wundern, ist mir nicht zweifelhaft gewesen. Dass er aber
für seine Person durchaus keine Gesinnungsänderungen be-
kennen wollte, dies ist es, um was es sich mir, bei der Er-
örterung seiner politischen Anschauungen handelte, und was,
wie mir scheint, einzig und allein der langen Rede werth ist.
Wenn H. Morsch mir die Aufmerksamkeit erweist, die Aus-
führungen meines kleinen Schriftchens besonders als Belege
dieser grossen Sinnesänderungen des Dichters zu benützen,
so möchte ich mich dagegen verwahren. Ich kann nach wie
vor nicht finden, dass sich Goethe vor und nach den Be-
freiungskriegen in seinen Ansichten — und dies ist und bleibt
mir das Wesentliche — irgend wie verändert habe. Er dachte
über die dämonische Gestalt Napoleons, am Ende seines
Lebens, nicht anders, als zur Zeit des Auftretens des grossen
gewaltigen Mannes. Und er .war in seinem Urtheil über die
230 MiSCELLEN.
Bedeutung und das Wesen der sogenannten Freiheitskriege
sich durchaus und immer gleich geblieben. Ohne die grossen
Thaten der Völker zu verkennen oder zu unterschätzen, lag
seiner unvergleichlichen weltmännischen Erfahrung gerade \n
politischen Dingen nichts ferner, als jener Optimismus einer
retrospectiven historischen Betrachtung, die uns heute, gleich*
sam als das allein berechtigte, echte, vielleicht sittliche, er-
scheinen will. Am wenigsten hätte man Grund zu glauben,
dass der politisch erwachte Goethe sich einer besonders scharf
ausgeprägten, national erhobenen Empfindung bewusst ge-
worden wäre, die ihn hätte bereuen lassen mUssen, dass er
vorher besonders sceptisch war. Manche mögen dies be^
dauerlich finden und daher ihre Epimenidesfabel aufrecht
halten. Andere, wie meine Wenigkeit, werden es dagegen
als einen nur weiteren Beweis für die nüchterne, unendlich
gescheidte Denkungsweise Goethes über politische Dinge er-
achten, dass er sich über das Erreichte, namentlich in Bezug
auf die deutseben Verhältnisse nicht einen Augenblick täuschte.
Wie ich schon in meiner kleinen Schrift hervorgehoben habe,
so erlaube ich mir noch einmal, auf jenen, wie mir scheint,
nicht genug beachteten Umstand hinzuweisen, dass Goethe mit
wahrem politischem Scharfblick die ungeheure Thatsache auf
das schärfste erkannt hat, dass die Befreiungskriege historisch
betrachtet, durchaus nichts anderes bedeuteten, als eine Ver-
schiebung der Machtstellung von Frankreich auf Russland.
So konnte er eben zur Zeit, als man in Deutschland .die Feste
der Freiheit feierte, sagen: (Weim. Ausg. V. 121)
»Sie werden so lange votiren und schnacken
Wir sehen endlich wieder Kosacken,
Die haben uns vom Tyrannen befreit,
Sie befrein uns auch wohl von der Freiheit.«
Ottokar Lorenz.
5. Berlin und die Xenien,
(Aus Briefen Sanders an Böttiger.)
Am 15. October 1796 berichtete der Berliner Buchhändler,
dass er von dem Musenalmanach nur einen Bogen gesehen,
»Alexis und Dora« mit Vergnügen gelesen habe, und fuhr
fort: »die hinterher folgenden Epigramme, wenigstens die
zwölf auf Reichhardt konnten mir wahrhaftig kein Vergnügen
machen. Gott behüte, wie sind die grob ! Ein gewisser grosser
Mann, von dem sie ohne Zweifel herrühren, ist in Allem
gross, selbst in der Grobheit. Ich höre von einer guten
Freundin, die den Schillerschen Musenalmanach schon ganz
MiSCELLEN. 2 3 T
kennt (durch Herrn von Humboldt, dem Goethe ihn bogen-
weise geschickt hat), dass man in der Gesellschaft, wo daraus
vorgelesen worden ist, auch Über die andern Epigramme
gegen Nicolai u. s. w. sehr den Kopf geschüttelt hat. Man
fällt hier über Goethe ziemlich allgemein (nur die Clique
seiner Anbeter ausgenommen, die sogar sein Märchen in den
Hören himmlisch ßnden) das Urtheil, der viele Weihrauch
habe ihn schwindlig gemacht und er erlaube sich nun Dinge,
die man auch nicht ungeahndet sollte hingehen lassen.« Am
8. November berichtet Sander aufs Neue : Freilich habe auch
ich nun die Xenien gelesen, doch bei Weitem nicht alle ver-
standen. Nicolai hat darüber gesagt: »Goethe und Schiller
hätten durch ihre Hexameter etwas riskiren und die schöne
Welt an diese Versart gewöhnen können, aber wohlgezogene
Leute, die den Almanach lesen, würden, wenn sie an die
Xenien kämen, geschwind noch einmal nach dem Titel sehen,
ob mcht Für ienalmanach daraufstehe«. Wen ich noch darüber
gesprochen habe, äussert Indignation; höchstens ein paar
Frauenzimmer ausgenommen, die mit der Sprache nicht her-
auswollen, weil sie Goethe persönlich kennen, und nicht gern
an das Geständniss gehen, dass auch er sich einmal vergessen
habe. Nicolai wird, soviel ich merke, schweigen, und am
besten wäre es wohl, man thäte es allgemein; so würde die
hässliche Sache desto eher vergessen«. Am 20. December
dankt er für den schönen Brief Jacobs und fährt fort : »Alles,
was ich von ihm sehe, verräth mir den denkenden Kopf und
den guten Menschen. Kennt Schiller ihn näher und hat ihn
doch angegriffen, so möchte ich nicht er sein, und wenn ich
auch alle seine Talente bekommen sollte. Herr Unger in Berlin
wird sich bei der Horen-Clique schlecht insinuirt haben. Er
hat die Recension des Schillerschen Musenalmanachs aus der
Hamburger Neuen Zeitung auf einem einzelnen Bogen ab-
drucken lassen. Auch Herrn Carl Spener mag der Himmel
gnädig seini Der hat über seine Schmidts Gedichte oder
Kalender der Musen und Grazien in die Trompete gestossen
und dabei von Ultra-Revolutionairs in der Litteratur ge-
sprochen. Er bekommt gewiss im nächsten Jahre auch ein
paar Xenien.« Erst am 7. Februar 1797 kam Sander wieder
auf die Almanache zurück. Er schrieb : »Nicolais Anhang zu
Schillers Musenalmanach haben Sie wohl schon gesehen. Ich
hatte schon vor acht Tagen ein Exemplar, ehe er das Büchelchen
öffentlich ausgab, und war schon Willens es Ihnen zu schicken.
Nicolai ist wieder eine Wortmühle gewesen, aber bei dem
Allen wird die Schrift G. und S. doch wohl nicht gleich-
gültig sein. Den ersteren muss, denke ich, die Anecdote von
Bürger verdriessen, wenn er nicht über alle Scham hinaus
ist, und den letzteren die Kritik seiner Fabel »der Fuchs und
232 MiSCELLEN.
der Kranich.« Freilich hätte Nicolai diese Kritik um die
Hälfte kurzei* machen können, aber wahr bleibt sie trotz dem
Allen. In den hiesigen Zeitungen sehe ich auch Parodieen
der Xenien angekündigt; ich habe sie indess noch nicht ge-
sehen. Sie sollen von einem Halberstädtischen Dichter sein.
Nur um des Himmels willen nicht von GleimI Was hätten
Goethe und Schiller da für Gelegenheit zu lachen. — Von einer
Freundin, die mit der schönen Marianne Meyer, Correspon-
dentin des Herrn von Goethe, in Verbindung steht, weiss ich,
dafes Schiller die starken Sachen, die über die Xenien zum
Vorschein kommen, nicht mit Gleichgültigkeit aufnimmt.
Goethe, Humboldt und was sonst noch viel um ihn ist, haben
genug zu thun, ihn zu beruhigen und zu erheitern. So muss
er denn doch mehr moralisches Gefühl haben als Herr von
Goethe. Ohne Zweifel haben Sie auch Reichhardts Erklärung
im X. Stück seines »Deutschland« gelesen. Wenn Schiller
dazu still schweigt, so kann doch jeder Rechtschaffene nicht
umhin, ihn zu verachten. Aber die Xenie für Reichhardt:
»Gar jämmerlich, Freund, bindest du Wort und Begriff«, ist
bei dem Allen wahr. Das zeigt eben diese Erklärung. Habe
ich doch lange nichts so übel Zusammengeflicktes gesehen.«
Am 28. Februar kommt er auf Nicolais Gegenschrift zurück
und bemerkt, dass sie in Berlin wenig Aufsehen gemacht habe.
»Aber welch ein Publikuin«, so fährt er fort, »unser liebes deut-
sches! Die Xenien erleben in einem halben Jahre 3 Auflagen,
von denen die erste doch gewiss nicht schwach gewesen sein
wird. Welchem andern Buche ist es schon so gut geworden!«
Am Schlüsse desselben Briefes meldete er, dass Jenisch ihm
seine Parodieen auf die Xenien gebracht habe, und versicherte,
dass diese Goethe und Schiller nicht verdriessen werden.
Ausführlicher handelt er von einer andern Schrift. Am
21. März 1797 berichtet er: »Da ist ja schon wieder etwas gegen
die Xenien zum Vorschein gekommen: Mücke n-Almanach für
das Jahr 1797, oder: »Leben, Thaten, Meinungen, Schicksale
und letztes Ende der Xenien im Jahre 1797« bei einem un-
genannten Verleger.* Als ich heute nach Tische ein wenig
darin blätterte, fielen mir gleich ein paar Distichen ins Ge-
sicht, die sich auf Goethes Bekanntschaft mit Berlinischen
Jüdinnen zu beziehen scheinen.« Am 25. März kommt er
auf den Almanach zurück : »Hat man bei Ihnen keine Ver-
muthung, von wem der Mücken- Almanach sein kann? Hier
thut er dem Goethe-Club* sehr weh. Alles zusammengenommen
' Als Druckort ist Pest angegeben.
^ lieber den s. g. Berliner Goethe-Club s. Mücken-Almanach S. 105
bis 114. Zu den dort stehenden Distichen sind durch gehends Verse
aus dem Schillerschen Almanach verwendet, welche die Berliner auf
sich deuten. Der Vers »Eine beinahe« im M. A. 1796, S. 244.
MiSCELLEN. 233
sehe ich nun, dass die Ausfälle einer Gesellschaft gelten, die
Madame Herz, Frau des jüdischen Arztes und Philosophen,
noch vor Jahr und Tag alle Mittwoch regelmässig hielt, die
aber jetzt eingegangen ist. Madame Herz ist ein schöner
Kopf auf einem unförmlichen Rumpfe. Dieser Rumpf war
aber vor 12 Jahren, als Goethe sich einmal in Berlin aufhielt,
nicht unförmlich. Madame Herz bekam daher von Goethe
Besuche und ist seitdem seine geschworene Verehrerin. Sie
werden in dem Mücken- Almanach finden: »Eine beinahe zu
gross, eine beinahe zu klein.« Das sind die Herz und die
kleine Rahel Levi. Die beiden Jüdinnen im Carlsbade kennen
Sie schon ; eben diese Rahel und die schöne Marianne Meyer.
Mein Freund Euchel will mir mehr von dem freilich oft sehr
dunklen Distichen deuten.« Am nächsten Posttage, dem 28. März
kommt er wiederum auf den Almanach zurück. (Nur diese
letztere Stelle ist bereits im »Neuen Reich« 1876, Band II
gedruckt, muss aber der Vollständigkeit wegen hier noch ein-
mal mitgetheilt werden.) »Ueber den Mücken-Almanach hat
man hier eine Vermuthung. Er ist wahrscheinlich in Neu-
Strelitz bei Michaelis, einem Juden, dem Verleger des Schiller-
schen Musen - Almanachs für 1796 herausgekommen, und in
diesem Falle lässt es sich nicht ohne Grund vermuthen, dass
er von einem jetzt in Strelitz wohnenden Herrn Krüger sein
müsse. Dieser Krüger ist, wie ich höre, bei seinem ehemaligen
Aufenthalte in Berlin zwar kein Mitglied des Goethe-Clubs
gewesen, hat aber bei Madame Lemos, Mutter der Madame
Herz, im Hause gewohnt, und ihn dadurch sehr genau kennen
lernen.« Viele Monate schweigt Sander seitdem über diese
Angelegenheit, die allmählich im Sande verlief. Merkwürdig
ist nur noch folgende Notiz im Briefe vom 25. November 1797 :
»Interessant ist Ihnen ja wohl noch die Anecdote, dass man dem
verstorbenen König (Friedrich Wilhelm IL) auf seinem Todten-
bette unter Anderem auch Schillers neuesten Musen-Almanach
vorgelesen hat; auch den vorjährigen muss er gelesen gehabt
haben. Als die Frau von der Recke im vorigen Winter hier
war, fragte Friedrich' Wilhelm IL bei Hofe, wo er sie sprach :
»Wo logiren Sie denn?« »Bei meinem alten Freund Nicolai.«
»Den haben ja Schiller und Goethe übel mitgenommen.«
Es wäre überflüssig, diese leicht hingeworfenen, klatsch-
süchtigen und übelwollenden Berichte mit Erläuterungen zu
beschweren. Einzelnes Wenige ist in den Anmerkungen gesagt
worden. Auch ist es schwerlich nöthig, alle kleinen Irrthümer
zu berichtigen. Der Kundige sagt sich allein, dass Goethe nicht
vor 12 Jahren, sondern vor 18 in Berlin war und dass er
damals nicht Henriette besucht haben kann — - sie war damals
14 Jahre alt und noch gar nicht verheirathet u. a. m. Aber als
Stimmungsbild gewisser Kreise ist die Darstellung nicht übel.
234 MlSC£LLEN.
Sonst ist im Allgemeinen die Sandersche Corrcspondenz
(2 dicke Bände mit 205 vier- bis zehnseitigen Briefen) arm
an Nachrichten über Goethe, wenn man von vielem Klatsche
absieht. Was für den Goethe-Sanderschen Briefwechsel etwa
herauskommt, ist G.-J. XV, S. 285 ff. notirt Im Allgemeinen
muss man bedenken, dass Sander, ohne unbedingter Goetfaianer
zu sein, doch dem wüsten Geschimpfe abhold war. Mit Merkel
entzweite er sich deshalb; und Kotzebue suchte er, wiewohl
vergeblich, zur Mässigung zu bewegen. Uebrigens mag darauf
hingedeutet werden, dass die Hinweisung auf Sanders Schenk-
lust (»Der neue Alcinous« V. 28) ein Zug aus der Wirklich-
keit ist. Ausser Büchern schickte er alljährlich Teltower Rüben
und Fische, an denen ausser Böttiger, Kirms, Ludecus, ge-
legentlich auch Wieland und Frl. von Göchhausen theilnehmen
sollten. Dafür wurde er manchmal von Böttiger mit Fasanen
regalirt; wegen einer solchen Sendung kam es fa^t einmal
zwischen den Freunden zum Krach, weil — A. W. Schlegel
ein solches Thier zu verspeisen geholfen hatte. L. G.
6, Die schwimmenden Inseln im Megaprazon,
So viel ich sehe, ist noch nicht bemerkt, dass Goethe
für sein wunderliches Fragment »Die Reise der Söhne Mega-
prazons« den alten Socialroman von Morelly ,Naufrage des
Isles üotta^ntes, ou Basiliade.du cdlfebre Pilpai, Poeme h^roique
Traduit de Plndien par Mr. M* * * * * * A Messine MDCCLin*
2 Bde., benützt haben kann. Das Werk dieses Socialisten
(vgl. Hettner 2, 519) erregte bei seinem Erscheinen sofort die
Aufmerksamkeit der Züricher ; Bodmer vermuthete Montesquieu
als Verfasser; er oder Wieland kündigten 1753 eine neue
Basiliade an; einige Jahre später erwähnt Wieland das Buch
wiederholt und empfiehlt Zimmermann die Leetüre dringend.
Es stand in Wielands Bibliothek und hat ihm gewiss für seine
Beiträge zur geheimen Geschichte des menSchlichen Verstandes
und Herzens, vielleicht auch für den Goldenen Spiegel, Einiges
gegeben: die Schilderung des Lebens der »Kinder der Natur«
im ersten Gesang musste ihn locken. So scheint es mir nicht
ausgeschlossen zu sein, das Goethe das prosaische Poeme
h^roique kannte und sich seines zweiten Theiles erinnerte,
als er einen Seereiseroman politischen Inhalts zu schreiben
unternahm.
Der Grundriss von Morellys Werk hat zwar mit Goethes
Reise der Söhne Megaprazons nichts gemein. Der Fürst der
Kinder der Natur, des Reiches der Wahrheit, erfahrt durch
zugereiste Seefahrer von den culturellen Verhältnissen der
MiSCELLEN. 2)5
schwimmenden Inseln, die vom Reiche der Wahrheit einmal
abgetrennt wurden und auf denen die Laster, wenn auch nicht
schrankenlos, herrschen; er wird dahin entführt, seine Ent-
führer leiden Schiffbruch, er, mit einem Freunde allein ge-
rettet, besichtigt die Insel, an die der Sturm ihn geworfen.
Die Wahrheit, die der Meeresg^^ttin und den Winden befiehlt,
vernichtet die bösen Inseln. Der Fürst tritt die Heimreise
an. Eine Handlung im poetischen Sinne bietet Morelly nicht ;
der Versuch, seine erzählten Theorien durch ethische Alle-
gorien zu poetisiren, reichte für Wielands und Goethes Zeit
nicht mehr hin. Das Motiv jedoch der schwimmenden Inseln,
die zwar einen gemeinsamen Gott l'Inter^ haben, sonst aber
mannigfach verschieden sind, scheint Goethe hier aufge-
nommen zu haben, und überhaupt vielleicht die Idee, Inseln
als Sitze verschiedener politischen Einrichtungen darzustellen.
Ich würde diese Vermuthung nicht aufstellen, wenn nicht'
einige Einzelheiten sie stützten.
Goethe erzählt von zwei Inseln (Werke i8, 367 ff.); auf
einer wachsen köstliche Früchte und Gemüse, auf der andern
wenig und das wenige wird von bösen Geistern (die ein Rest
der Lasterpersonificationen Morellys sein mögen) zerstört ; auf
der einen ist alles grün und verheisst Wohlleben, die andere
zeigt nur Steinmassen. Aehnlich contrastirt Morelly Tlsle
sterile und Tlsle des Plaisirs. (Bd. 2, S. 129 f.) ,Une de nos
Isles ... est situ^ assez pr^s [auch Goethes Inseln liegen
sich nahe] de celle qui poi;te le nom de Sterile ; on la nomme
risle des Plaisirs; nos Sages Tappellent l'Isle de la FrivoHtd
et de la Licence .... au contraire de celle dont le terrain
cendreux [vgl. Goethe 379, 26] est sec et aride, le sien doit
etre extreraement gras et fertile; aussi produit-il des fruits
fort d^licieux et des plantes agr^bles^ . .
Goethe erzählt ferner von schwimmenden Theilen der
Insel der Monarehomanen (Werke 18, 380); einer hat eine
steile Küste mit Palästen, Mauern und Gärten; einer trägt
die Residenz, in der (nach S. 377 f.) alle Künste vereinigt
waren, felsenartige Mauern, alle Tempel der Götter, wie für
Riesen erbaute Gipfel und Zinnen zu bilden; der dritte war
Ebene und fruchtbarer Boden. Nun sagt Morelly 2, 32 : ,Ce
n'est qu'un miserable ramas d'Isles qui n*ont aucune stabiiit^,
perpötuellement agit^es par les vents et les temp^tes [auch
davon spricht Goethe bei seinen schwimmenden Inseltheilen] . . .
on dit qu'elles furent autrefois s^pardes d'un riche Contincnt
par la col^e du Ciel.' Dann S. 34 f.: Je remarquai d*abord
que partout on avoit ^rig^ des Temples et des Autels, tous
k peu pr^ de m^e forme, ä une Divinit^ monstrueuse.
Figurez-vous . . . un G^nt d'une grandeur enorme . . . .' S.55
,Une de nos principales Isles mobiles ... est un vaste Terrain
236 MiSCELLEN.
circulaire, qui environne un grand lac, au milieu duquel est
une autre petite Isle, environnde elle-m^me de plusieurs
enceintes de terres, s^par^es les unes des autres, par des eaux
larges et profondes . . . Les plus entdrieures de ces enceintes
s*eldvent par degr^s Jes unes au-dessus des autres: le terrain
en est aussi par d^grds plus riche et plus fertile. [vgl. Goethe
378, 13: Terrassen, Fruchtbarkeit] .... Le plus ext^rieur de
tous ces cercles est le plus sterile et le plus bas [davon passt
nur das letztere auf Goethes dritten Theil der Insel] . . . Les
Habitans y sont miserables et le travail le plus penible leur
fournit ä peine chaque jour une trfes-chdtive subsistance*
[Goethes Landvolk].
Auf diesen Inseln ist nach Morellys Gesang 8 der Monarchis-
mus ausgebildet; daher mag Goethe die seine zum Sitze der
Monarchomanen gemacht haben. Und endlich ist noch zu
'beachten, dass der Tempel der Wahrheit bei Morelly 2, 203
besprochen wird, was bei Goethe die Erinnerung an das
Gemälde des Kebes 503, 4 ausgelöst haben mag.
Ich sehe recht wohl, dass diese Aehnlichkeiten nicht
zwingend genug sind, um Goethes Abhängigkeit von Morelly
zu beweisen. Aber so lange nichts genauer Stimmendes als
Anregung für Goethes sonderbare Vorstellungen aufgefunden
ist, mögen sie bei dem Zusammentreffen von Motiv und Idee
und mancher Einzelheit immerhin der Beachtung werth sein.
Bernhard Seuffert.
7. /. M, Tesdorpf^
Unter den Altersgenossen, die mit Goethe während des
öfteren Aufenthaltswechsels der Vorweimarer Zeit zufällige, aber
deshalb keineswegs oberflächliche Beziehungen anknüpften,
befinden sich manche sehr interessante Persönlichkeiten, die dann
wieder unseren Blicken entschwinden, ohne damit ihre Rolle
ausgespielt zu haben. So weit sie nicht in »Dichtung und
Wahrheit« unmittelbar vorkommen, übergeht sie Loepers
gründlicher Commentar dazu ebenso wie Düntzers des uner-
müdlichen Detailnachforschers. Ein solcher Mann ist Johann
Matthäus Tesdorpf, im selben Jahre wie Goethe geboren und
hochbejahrt 1824 gestorben. Er gehörte dem althanseatischen
Geschlechte an, das seit Jahrhunderten Hamburg und Lübeck
eine Reihe Bürgermeister und Senatoren gegeben hat. Die
1887 durch Oscar Tesdorpf herausgegebenen, durch viele
Familienmitglieder mit authentischem Material unterstützten
»Mittheilungen über das Tesdorpfsche Geschlecht« — eine ge-
rade durch die Ungeschminktheit ihrer Form wirksame moderne
MiSCELLEN. 237
Familienchronik — berichten über ihn S. 78— 84 u. S. 122 — 128
ausfuhrlich, nachdem schon der »Neue Nekrolog der Deutschen«
Bd. X, S. 232 — 241 einen Lebensabriss geliefert hatte. Auf
seine nicht alltägliche Persönlichkeit wies neuerdings Cajus
Möllers Aufsatz: »Zu Bürgers hundertjährigem Todestage«,
L, in der »National-Zeitung« 47. Jahrg. Nr. 346 (8. Juni 1894)
hin. Wir heben diese Stelle aus, einmal weil Tesdorpfs Art
und Schicksal darin kurz umschrieben ist, sodann wegen der
Namensform : »Bürger muss übrigens auch in den Zeiten seines
jugendlichen Leichtsinns persönlich sehr gewinnend gewesen
sein; auch seine nicht dichterischen Freunde hingen mit grosser
Ausdauer an ihm; es macht eiflen rührenden Eindruck, wie
ihm sein Lübecker Studienfreund Johann Matthaeus TensdorpfF,
der dann auch Goethe in Frankfurt a. M. besuchte, ein Stück
Rauchfleisch schickt, weil unser lieber Bürger dies immer so
gern gegössen habe ; vielleicht eine anständige Form für eine
Unterstützung. Dieser TensdorpfF stieg im Leben hoch und
starb als regierender Bürgermeister seiner Vaterstadt kurz vor
der französischen Erstürmung derselben im Feldzuge von 1806;
auf seiner Marmorbüste in der Lübecker Marienkirche stehen
die Worte: ,honeste, pie, prudenter'«. Vgl. Allg. dtsch. Biog.
37, 586 f.
Die Schreibung Tensdorpff möge nun hier nicht bloss
deshalb corrigirt sein, weil wir dem Citate des netten Möller-
schen Aufsatzes in etlichen Bibliographien begegnet sind und
sie sich sonach leicht fortpflanzen kann. Wundert man sich
auch, gerade bei Dr. Cajus Möller ein solches Versehen zu
treff"en, der geborener Schleswig - Holsteiner ist und eine
»Geschichte Schleswig-Holsteins« (1864) veröffentlicht hat, so
schwankt die Orthographie des Familiennamens thatsächlich,
wie die Notizen auf S. 175 der genannten »Mitteilungen« be-
legen ; ff findet sich mehrfach, nie aber ein n. Die mir nach
Person bekannten Angehörigen des Hauses in Leipzig, München,
Karlsruhe folgen der von mir gebrauchten Form durchgängig
wie die in den Hansastädten ansässig gebliebenen. Zu J. M.
Tesdorpfs Beziehungen zu Goethe vergleiche man die »Mit-
theilungen« S. 80, ferner ebd. S. 81 — S. 79 wird ein grosses
Brustbild reproducirt — den Brief Goethes an Bürger vom
12. Februar 1774, worin von dem »Freunde Destorp« gesagt
wird : »Mein Herz ist mir über der holden Seele aufgegangen«
Briefe, Weim.-Ausg. II, 146, im übrigen schlage man noch
bei Strodtmann, Bürger-Briefe I, S. VIII, 43, 46, 52 f., 55, 66,
77, 102, 112 (194 jener Briefe) nebst dem Register nach. Von
späterer Verbindung des ein Jahr vor dem Tode in seiner Vater-
stadt seitens der gesammten Bürgerschaft hochgefeierten Mannes
zu Goethe ist nichts bekannt. Ludwig Fränkel.
238 MiSCBLLEM.
8, Zu Goethes Briefen an Schadow,
Die grösseren, bisher ungedruckten Briefe Goethes an
Schadow habe ich in Weslermanns Monatsheften (1894, Öct.)
abdrucken lassen. Der Vollständigkeit halber seien den dort
mitgetheilten vier kleine aus derselben an jener Stelle be-
nutzten Quelle (Schadows Nachlass in der Königl. Berliner
National-Gallerie) geschöpfte Zettel hier angereiht. Sie sind,
ebenso wie die früher abgedruckten Briefe dictirt, nur die
Unterschrift und das davorstehende Respectwört ist eigen-
händig. Die Briefchen lauten:
i) Der kunstreiche Hoftnedailleur Hr. Loos hat bei allen
Gelegenheiten kleine Schaumünzen geprägt, von welchen man
Musterstücke wünscht und zwar von den kleinsten an. Die
Absicht ist, Kinder bey ihren Fortschritten durch ein solches
Geschenk zu erfreuen. Diese Musterstücke können sich auf
einige Thaler Werth belaufen. Weimar 11. Juni i8r6. Goethe.
2) Ew. Wohlgeb. erhalten hiebey ein Kästchen mit aussen-
stehender Signatur. Es ist darin ein kleines Gypse Bild ent-
halten, ich wünsche, dass solches glücklich anlangen möge.
Weimar 16. Juni 181 6. Goethe. (Schadow bemerkte darunter
26. Juni: »kann höchstens drei Thaler Werth haben.«)
3) Ew. Wohlgeb. danke ergebenst für die Sendung und
werde von dem Briefe des Herrn v. Preen sogleich Gebrauch
machen. Wollten Sie mir nur mit Wenigem anzeigen, wie
weit Sie mit der Arbeit selbst vorgerückt sind, damit auch
dieses Punktes Erwähnung geschehe. Für alle Bemühungen,
die sie meinetwegen unternehmen wollen, höchlich dankbar
und verbunden. Nicht mehr für diesmal. Ergebenst Goethe.
Weimar 29. Januar 1817.
4) Ew. Wohlgeb. vermelde nur mit wenigen Worten, dass
die sehr wohlgerathenen Abgüsse angekommen sind und mir
viel Vergnügen machen, die Auslagen deshalb sollen gleich
wieder erstattet werden, ich sende das Geld mit der rück-
kehrenden Zeichnung. Ich und mein Sohn wünschen alles
häusliche Glück der neuen Verbindung ; letzterer ist überzeugt
von dem Antheil, den Sie an der seinigen nehmen. Mehr
nicht für diesmal damit der Brief gleich abgehe. Weimar
28. Febr. 1817. Ergebenst Goethe.
Einige Worte des letzten Zettelchens, die sich auf Augusts
Vermählung und Schadows zweite Heirath beziehen, sind be-
reits Westermann a. a. O. S. 90 fg. mitgetheilt. Mit diesen
Nachträgen ist das mir bekannte Material der Briefe an Schadow
erschöpft. L. G.
MiSCELLEN. 239
p. Ungedrucktes aus Autograpkencatalogen,
Der Albert Cohnsche Catalog (Auction Berlin 20./22. Mai)
verzeichnet 2 französische Briefe Goethes im Auftrag^ des Her-
zogs geschrieben, 29. October 1802, i. Februar 1803; einen
ungedruckten Brief an das Weimarische Industrie-Comptoir,
5. Februar 1810, den Druck der Stanzen »Die romantische
Poesie« betr., ferner einen ungedruckten Brief, vermuthlich
an Voigt, Carlsbad 18. Juli 1807, aus dem ich die im Catalog
gegebenen Auszüge, nebst den dort gebrauchten Zwischen-
bemerkungen hier folgen lasse.
»Nach Herrn Professor Fcrnows Anleitung sende Ew.
Excellenz das an Serenissimus gerichtete Schreiben durch den
Kutscher zurtlck. Serenissimus sind den i4ten in der Nacht
auf eine von H. Verlohren erhaltene Staffette nach Dresden
gereist . . Höchstdieselben waren bey gutem Befinden und guter
Laune . . . Alle Welt ist gespannt auf Nachrichten von Dres-
den« . . Darauf folgen persönliche Nachrichten. Die Cur bekommt
ihm nach der von Dr. Kappe vorgeschriebenen Lebensweise
ganz besonders wohl, er würde niemals wünschen, sich besser
zu befinden als jetzt, doch fühlt er sich vor Rückfällen nicht
sicher. »Es ist mir so lange schlecht gegangen, dass ich gar
nicht den Muth habe ein dauerndes Gute zu hoffen . . . Der
alte Müller begleitet mich wie vormals. Er ist noch eben so
gut zu Fuss wie vor zwanzig Jahren und spricht immer von
der Zukunft für die er zusammenträgt. Sollte nicht ein solches
Beyspiel auf den Geist eben soviel Wirkung ausüben als die
Brunnen auf den Körper?« Es folgen Mittheilungen über seine
geognostische Sammlung. »Titius von Dresden und Sulzer
von Ronneburg nehmen einigen Antheil an diesen Dingen;
doch nicht soviel als ich wünschte. Natürlich hat jeder seine
eigene Ansicht und sein eigenes Interesse«.
Nach einer Stelle in diesem Briefe hat Goethe schon
vorher mehrmals an diesen Correspondenten aus Karlsbad
geschrieben, bei Strehlke ist aber kein Brief aus dieser Zeit
verzeichnet, der an ihn gerichtet sein könnte.
Ferner berichtet der Catalog von einer ungedruckten Ein-
tragung Goethes (Weimar 17. Juni 1782) in das Stammbuch
des G. W. Chüden, in das sich auch viele andere Berühmt-
heiten aus Weimar, Jena, Göttingen eingeschrieben haben.
Das interessanteste Stück ist aber ohne Zweifel das in der
Weira. Ausg. IV, 361 fg. u. d. T. »Mädchens Held« unter die
»Goethe zugeschriebenen Gedichte zweifelhaften Ursprungs«
verwiesene Gedicht. Diese Verweisung erfolgte, weil Goethe
im Briefe an Kanzler Müller (22. Juni 1827, G.-J. XIII, 191)
es als nicht von ihm herrührend bezeichnete. Das Gedicht,
von dem früher nur 6 Strophen bekannt waren, seit 1870: 8
240 MiSCELLEN.
(so auch in der W. A.) liegt hier in Goethes Handschrift vor,
freilich nur mit 7 Strophen. Sie bietet in Str. 2, 4, 5 ab-
weichende Lesarten.
Ueber das Gedicht selbst vgl. G.-J. XIII, 188 ff. und die
dort verzeichnete Literatur. Ueber die Handschrift entnehme
ich dem Catalog Folgendes:
»Die vorliegende Handschrift ist diejenige, welche Goethe
im Jahre 181 6 an Zelter sandte (siehe Zelters Brief an Goethe
vom 16. Dec. 181 6), denn am Fusse der zweiten Seite steht von
Zelter geschrieben »Goethes Hand« und darunter »Aus Zelters
Nachlass zum Geschenk erhalten. Dr. Johann Jacoby. Königs-
berg in Pr. 1845.« — Nun erklärt sich auch, warum Zelter,
der das Gedicht 1827 in seiner Sammlung »Sechs deutsche
Lieder für die Altstimme« mit der Ueberschrift »Mädchens
Held«, jedoch mit starken Abänderungen veröffentlichte, die
letzte gegen Wieland gerichtete polemische Strophe fortliess.
Dies geschah nicht, weil, wie bisher angenommen wurde, der
Musiker damit nichts anfangen konnte, sondern einfach weil
das ihm vorliegende Manuscript Goethes, eben das unsrige,
diese Strophe gar nicht enthielt. Goethe selbst hat sie fort-
gelassen, vielleicht weil er über 50 Jahre nach Abfassung
der Dichtung keinen Anlass haben konnte, gegen Wieland,
der längst nicht mehr am Leben war, polemisch aufzutreten«.
L. G.
10. J, G, Schlosser über Goethe 1772,
Schlosser schreibt an Gleim, Frankfurt, 25. Februar 1772:
»Die hiesige Zeitung muss wohl durch Cassel schon in Ihren
Gegenden seyn. Sie hat wirklich Vorzüge, aber ich fürchte
sie wird bald manchen Anfall leiden müssen. HE. Merk den
ich unter die Zahl meiner Freunde rechnen darf ist ein vor-
treffl. Mann. Er last sich seine Arbeit sauer werden; und
wird viel gutes stiften, wenn er ganz den Mann dem Buch
das er recensirt unterscheiden lernt. — Ich werde zu Ende
dieser Woche nach Darmstadt gehen um ihn zu sehen und
einige Tage bey ihm zu leben. Ein junger Freund von mir
der sehr viel verspricht, und der mir durch seine ernste Be-
mühung seine Seele zu reinigen ohne sie zu entnerven auser-
ordentlich ehrwürdig ist, wird mit mir gehen.«
Dass mit diesen schönen Worten Goethe gemeint ist^
geht aus dem Briefe von Karoline Flachsland an Herder vom
9. März 1772 (Aus Herders Nachlass 3, 196) hervor, in dem
es heisst: »Ich habe vor einigen Tagen Ihren Freund Goethe
und Herrn Schlosser, von dem ich Ihnen schon geschrieben,.
MiSCELLEN. 241
kennen gelernt. Sie haben Merk besucht auf etliche Tage
und wir waren zwei Nachmittage und auch beim Mittagessen
beisammen.« Gleim war in Darmstadt wohl bekannt durch
seinen Besuch vom Juni 1771; dass er auf seiner Reise auch
Goethe bei Johann Daniel von Olenschlager kennen gelernt
habe, wie er an Heinse schreibt (Briefwechsel zwischen Gleim
und Heinse i, 202), ist ein Irrthum seinerseits, denn Goethe
blieb bis Ende August in Strassburg.
Carl Schüddekopf.
II. Karl Matthaei über seinen Besuch bei Goethe iyS2,
Den 9. November 1782 schreibt Goethe an Frau von Stein :
»Mattei wird bei mir essen. Nach Tisch suche ich dich.«
Matthaei war im September des genannten Jahres von
seiner Herrin, der schönen Frau von Branconi, nach ihrem Gut
Langenstein bei Halberstadt entsendet worden, um dort allerlei
Geschäfte in ihrem Auftrage zu erledigen. Auf dem Rück-
wege kehrte er, theil weise auth auf seiner Gebieterin Ver-
anlassung, an den herzoglichen Höfen zu Braunschweig, Dessau
und Weimar ein. Am 18. November traf er nach zehnwöchent-
licher Abwesenheit wieder bei Frau von Branconi in Strass-
burg ein; tags darauf zeigte er Lavater seine Heimkehr an.'
In diesem noch ungedruckten Briefe an Lavater vom
19. November 1782 erzählt Mattei dem Ztiricher Freund von
seiner Reise, und insbesondere berichtet er ihm über seinen
Aufenthalt in Weimar Folgendes:
»In Weymar, einen Mittag von 4 Stunden bey dem kraft-
vollen Menschen, ganz und nichts halb und nichts klein in
allem was ihn umgiebt und von ihm ausgeht — bey Göthe —
der von Geschäften überhäuft, alles was — geschieht —
dirigirt, und der mich indess mit der Freundschaft aufnahm
die nur Männern zukömt. Ich war unendlich wohl bey ihm:
Deinem Pilatus giengs nicht so wohl; dass er mit Dir Berge
versezen will, habe ich nicht nöthig Dir zu sagen, so wahr
schätzt er Dich.
Bey der Herzogin Louise die viel von Deinem Einmahl
Eins* wissen wolte, von allen Deinen häuslichen und littera-
rischen Umständen, und die ich in Deine Seel sah und sprach.
' Die Qjiellen zu diesen Angaben siehe Heinrich Funck, die Wander-
jahre der Frau von Branconi, in westermanns Monatsheften, November
1895, 175.
' Ueber Lavaters Manuscript »Wahrheit und Klarheit«, ein »Einmal-
eins der Menschheit«, vgl. Pfenninger an Röderer, Zürich den 10. Juli 1782
und Pfenningers Circular-Schreiben, Zürich den 29. August 1782, Alsatia,
hrsg. v. Stöber, 1868— 1872, 112, 115. Lavater an Schlosser, Zürich d. 7. Oct.
1786, Heinrich Funck, Briefwechsel zwischen Hamann und Lavater,
Altpreuss. Monatsschrift XXXI, 1894, 272. Goethe-Jahrbuch XVI, 217.
Goethe-Jahrbuch XVII. l6
242 MiSCELLEN.
Um den Herzog bin ich gekommen. Da ich ihn zu
sehen verlangte, könnt er nicht, glaubte ich würde den andern
Tag bleiben ; da er abends das Gegentheil erfuhr, schickte er
zu halben Stunden immer zu mir, ich vermuthete mir dies
nicht, war weg ohne zu sagen wohin, und so solts nicht zu-
sammenkommen, so gerne ich es gewünscht hätte. Von der
ganzen Schaar Schriftsteller alda hab ich keinen gesehen.«
Heinrich Funck.
12, Maria Mnioch und ihre Urtheile über deutscht Dichter y
besonders Goethe,
Die Urtheile auch der geringeren Zeitgenossen über unsere
grossen Dichter sind von Werth, wenn sie das Grosse mit
reinem Gefühl und Sinn auf sich wirken Hessen. Zu diesen
gehörte Maria Mnioch, geb. Schmidt. Ihr Gatte Johann Jakob
Mnioch, der Freund Zacharias Werners, ' der, ohne jede Neigung
zu mystischer Schwärmerei, sich doch den Häuptern der älteren
Romantik geistesverwandt fühlte, machte im ersten Band seiner
1798 erschienenen auserlesenen Schriften einige Gedichte und
Aufsätze seiner im 21. Lebensjahre verstorbenen Gattin be-
kannt. Sie fanden die Theilnahme Herders nicht bloss, weil
er Mnioch und dessen Schriften zugethan war. Denn ihn
fesselte die Art^ wie sich hier eine gute Frau innig und un-
befangen über Gegenstände äusserte, die innerhalb ihrer
Bildung und Thätigkeit lagen. Er lobte die zarte weibliche
Hand in ihrer Zeichnung, die Harmonie ihres Wesens, den
naiven Ausdruck ihrer Gedanken. Von den Proben, die Herder
anführt, stehe hier nur das »Lied, zu singen im Kreise der
allzu kühnen Weltreformatoren«:
Solo: Ihr strebet und ringet zum Ziele der Menschheit,
Doch selten aus Liebe fürs herrliche Ziel.
Ihr strebet und ringet aus Dünkel und Ehrsucht,
Und tretet zu Boden —
Was neben euch in gleicher Würde stand.
Chor: Ach, wozu empfinget ihr Herzen,
Menschen, wenn ihr euch nicht liebt!
Solo: Von diesen Altären der menschlichen Hoheit
Steigt Jammer und Klage der Menschen empor.
* Werner nannte Mnioch einen »grossen Dichter und Religiösen«.
Ueber Mnioch s. Allg. Deut. Biographie XXII, S. 36 f. vom Verfasser
dieser Zeilen; vgl. Felix Poppenberg, Zacharias Werner, Berlin 1893. S. 15.
Herder über Äuiioch 1787; vgl. »Von und an Herder« I, 125 f.
MiSCELLEN. 243
Empor zu den Sternen! — Dort sollen sich freundlich
Und brüderlich grüssen
Der Priester und sein blutig Opferthier.
Chor: Ach, wozu empfinget ihr Herzen,
Menschen, wenn ihr euch nicht liebt!
Die folgenden Strophen fuhren den Inhalt fort. »Ein
Lied für unsere Zeiten!« ruft Herder aus. Im tlbrigen sollte
nach der Idee der Verfasserin nur der Chor ein eigentlicher
Gesang, das Solo hingegen eine Art von melodischem Reci-
tativ sein.
Zur Kennzeichnung ihres Wesens, das die Poesie des
häuslichen Lebens tief empfand, stehe hier noch der Anfang
eines von Herder noch nicht gekannten Gedichtes, das leider
Fragment geblieben ist, in daktylisch -trochäischen Versen: Auf
ein neugebornes Kind.
Haben wir doch ein Bette dir bereitet.
Wo du ruhiger schlafen kannst. Geliebtes,
Ins unruhige Leben, als dein grosser
Himmlischer Freund, den ach! die bange Mutter
Kaum auf Stroh in der Krippe betten konnte ! —
War' auch das nicht, o! hier sind ja Arme,
Vater- und Mutter-Arme, hier ein Busen
Und ein Schoos zur Nahrung und zur Ruhe.
Maria Mnioch hatte bei ihren Aufzeichnungen nie an die
Oeffentlichkeit gedacht. Ich fürchte, sagte sie zu ihrem Gemahl,
wenn ein Fremder diese Versuche sähe, dass man mich viel-
leicht für ein literarisches Frauenzimmer hielte. Sie aber wollte
nichts als eine bescheidene Hausfrau sein und schrieb nur in
einsamen Stunden und nur gelegentlich, wenn ein Gedanke
oder eine Empfindung sie zum Aussprechen nöthigte. Herder
nannte sie in seiner Anzeige' eine jungfräulich - mütterliche
Carita und wünschte am Schluss, dass Mnioch, von den Plage -
göttinnen Krankheit, Sorge und Gram befreit, durch eine Nach-
lese aus den Papieren der Verstorbenen ihr ein rühmliches
Denkmal stifte. Ein Jahr darauf erschienen in Wielands »neuem
teutschen Merkur« von Maria Mnioch die »Skolien oder Tafel -
gespräche und Liedchen.« Dazu machte Wieland die An-
merkung: »Es giebt ganze Provinzen in Deutschland, wo die
uralte Sitte des fröhlichen Tafel- und Rundgesanges zu den
Unschicklichkeiten gezählt wird. Dort würden selbst die Musen,
die beim Gastmahl der Olympier sangen, als freche Bänkel-
sängerinnen zur Thür hinausgewiesen. Für diese dichtete
' Sämmtl. Werke. Zur schönen Lit. und Kunst, 20, 362-370.
Stuttgart 1830. 16°. .
16*
244 MiSCELLEN.
Maria Mnioch nicht.« Herders Wunsch aber erfüllte der Gatte
bald: im Jahre 1800 erschienen in Görlitz »Zerstreute Blätter,
beschrieben von Maria Mnioch geb. Schmidt, gesammelt und
herausgegeben von J. J. Mnioch« (zweite unveränderte Auf-
lage, 182 1).
In dieser Sammlung sind ausser den von Herder und
Wieland gerühmten Gedichten und kleinen Aufsätzen auch
solche hinzugekommen, die ihr Verhältniss zu den grossen
Dichtern der Zeit abspiegeln. Goethe besonders, aber auch
Herder und Schiller sind ihre Lieblinge. In ihrem Urtheil
verleugnet sich nie ihr weibliches Empfinden; Kopf und Herz
lebten in schöner Harmonie. Unbefangen sprach sie sich
aus und gab ihr Eigenstes, ohne je nachzusprechen. Ihr
Gemahl, der des Mädchens Lehrer gewesen war, bezeugt
riachdrücklich ihre Selbständigkeit. Auch wo sie irrt, hören
wir mit Theilnahme zu. Durch ihr Urtheil kennzeichnet sie
oft sich selbst, nicht bloss den Dichter, der ihre Aufmerksam-
keit gefesselt hat. An treffenden Bemerkungen fehlt es nicht.
Werden wir z. B. widersprechen, wenn sie über den glatten
kalten Ramler sagt: »Welch eine Pracht, welch ein Pomp!
Die Musen halten eine feierliche Procession. — « Die leicht
verletzliche Frau spricht aus den Urtheilen über Wieland, die
der vorsichtig entschuldigende Gatte psychologisch, nicht
artistisch merkwürdig nennt. Ich führe nur einiges an:
Lieset man Wieland, so ist man in kluger und feiner
Gesellschaft,
Aber ich bitte dich, Herz, werde mit ihm nicht vertraut.
Wielands Gedichte findet sie mehr unterhaltend als bildend.
»Meine Erfahrung über die Menschen ist nichts; dennoch fühl*
ich es wie die sicherste Wahrheit : Wieland will zwar in seinen
Gedichten nicht verführen, aber er will nun einmal den
Meisten gefallen und er rechnet auf Verführte.« Aufrichtig
lieben könne sie nur das treffliche Gedicht Geron (der Adlige).
Im Oberon, den der Gatte ihr so sehr empfohlen, findet sie
Scenen der Ueppigkeit so künstlich, umständlich und voll
guter Laune ausgemalt, dass man den Muth verliert, zu warten,
bis die Schwäche in Stärke übergeht, oder bis die Tugend
über das Laster triumphirt.
Von Herder las sie viel. Während manche gelehrte Ab-
ha^ndlungen ihr wie das harte Spätobst vorkamen, das erst
in der Verwahrung im Kasten reif und verdaulich wird, warei>
ihr Herders Abhandlungen in den »zerstreuten Blättern«
Sommerfrüchte, die man vom Baume geniessen kann im Freien.
»Als ich Goethes reiches Epigramm auf Sakuntala gelesen
hatte, dacht' ich: es gilt auch von Herders Blättern«. Von
seinen »Briefen zu Beförderung der Humanität« kannte sie
MiSCELLEN. 245
nur die sechs ersten Sammlungen. »Schönes, erquickendes
Obst, gesammelt aus den besten Gärten aller Zonen, zum
Genüsse aufgestellt in silbernen Schalen«. Auch ihre Bilder,
sehen wir, gehören der sie umgebenden Sphäre an. Ueber
Herders 1795 und 96 erschienene »Terpsichore«, eine Samm-
lung lyrischer Werke aus verschiedenen Zeiten- und Völkern,
in der besonders Jakob Baldes Gestalt und Gedichte hervor-
treten, finden sich vier bedeutsame, im elegischen Mass ver-
fasste Gedichte. Das männliche Buch, heisst es im ersten, ist zu
stolz für die Liebe des Weibes. Aber Heil dem kräftigen Manne,
Dem dies männliche Buch bleibt durchs Leben ein Freund.
Im zweiten Gedicht sagt sie aber auf die Vorhaltung:
»Trostlos macht es und tröstet!« O nein, es erbauet und
dann erst
Schlägt es nieder! es lässt offen die Wunde zurtlck.
Ihre Hexameter übrigens sind meist fliessend und rein,
aber in der zweiten Hälfte des Pentameters setzt sie häufig
im ersten Fuss einen Spondeus. Mnioch will den Verstoss
gegen die Regel durch die Bemerkung entschuldigen : »Sollte
nicht zuweilen der Mangel der gewohnten Raschheit . . dem
Ausdruck angemessen sein? Suchen wir nicht oft im Lesen
diese Raschheit zu mildern, wo es die Empfindung zu ver-
langen scheint?«
Viele der von Herder tibersetzten griechischen Epigramme,
auch Sprüche aus seinen »Zerstreuten Blättern« waren ihr
immer gegenwärtig. Der Geist des Griechenthums, den sie,
nach Mniochs Bericht, besonders in Herders und Goethes
Gedichten mit wehmüthiger Liebe umfing, war ihr der Geist
der hoffenden Sehnsucht nach einem helleren und freieren
Zustande. Sie konnte sich trotz aller Vorhaltung nicht vor-
stellen, dass die Griechen so ganz heiter und fröhlich ge-
wesen sein können. Ihr ist daher die kräftige Geduld be-
wunderungswürdig, die die Unruhe des inneren Lebens, diese
beklommene Freude zu einer solchen Ruhe gebracht hat wie
Iphigeniens grosse Seele, dargestellt von Goethe. Die »edle,
grosse und erhabene Einfalt« dieses Werkes hat sie innig
gerührt und erhoben. »Wohl darf ich es mir gestehn, dass
ich Sinn habe für diese männliche Weiblichkeit, die einzige,
die einer weiblichen Seele ziemt, die Standhaftigkeit der Ge-
duld, nicht als Kunst oder Philosophie, sondern als Unschuld
und Religion«. Goethes Wandlungsfähigkeit rühmt sie in dem
Epigramm :
Immer sich gleich sind Herder und Klopstock und Schiller,
auch Wieland;
Proteus -Goethe, wer fasst deines Herzens Gestalt?
246 MiSCELLEN.
Von dem Goethe, der Werther, Götz, Iphigenie, Erwin
und Elmire gedichtet hat, der die gefallene Margarethe sich
quälen lässt, von dem meint sie, er habe wenig Manier, aber
gar wohl einen Charakter, dem er getreu bleibt. Wenn sie
aber in den römischen Elegien, in einigen Schilderungen des
Wilhelm Meister, in Epigrammen des Musenalmanachs von
1796 und »vollends in den Xenien« ihn noch eher an der
Manier, an Lieblingswendungen und Ausdrücken als an einer
festen Spur jenes Charakters erkennt, den man in seinen
früheren Schriften lieb gewinnt und verehrt, so führt ihr Ge-
fühl sie irre, und ich möchte nicht ohne Weiteres der Ansicht
des Gatten beistimmen, diesem Irrthum liege etwas zu Grunde,
was ihm mehr als blosse Verzeihung bewirken kann.
Richtiger sagt sie bei der Gegenüberstellung Goethes und
Jean Pauls : Goethe ist Künstler, und seine Werke sind Kunst,
schöne und erhabene Kunst voll Natur und Unschuld, näm-
lich seine früheren Werke. Jean Pauls Schriften sind wundersam
gestaltete, schöne, grosse, verworrene Naturgewächse, woran
Rosen blühen und Veilchen, und viel dunkle Trauerblumen.
Bei Goethe erscheinen alle Charaktere als für sich bestehende
Personen. Es ist die Menschlichkeit in einzelne Menschen
zerlegt, und so dargestellt, wie sie in einzelnen Menschen
nach gewissen Hauptzügen erscheint. »Bei Goethes Schilderung
vergessen wir über dem Gemälde den Künstler. Bei Jean
Paul nie. Wir lieben mehr den Jean Paul, und bewundern
mehr den Goethe. Jean Paul hat Manier; Goethe hat sie
nicht.« »Goethe« sagt sie ein andermal »verlässt, wenn er
dichtet, seine eigene Individualität ; und ich bin der Meinung,
wenn wir seine Lieder ausnehmen, dass von keinem seiner
poetischen Werke mit einiger Sicherheit ein Schluss auf seinen
eigenen Charakter, sein eigenes Herz gemacht werden kann.
Wenigstens gibt er selbst keine Veranlassung und berechtigt
uns nicht dazu. Wenn aber Jean Paul, wie jeder humoristische
Schriftsteller dieser Art, anders dächte, empßlnde und handelte,
als seine Werke sprechen, so sind wir getäuscht, und ich
müsste es nicht wissen, wenn mich seine Schriften noch ferner
erfreuen sollten«. Ein paar Sätze sind hier, wie Mnioch mit-
theilt, aus seiner Feder, aber die ergänzenden Ausdrücke ent-
sprächen ganz der Meinung, die Maria mündlich gegen ihn
mehrmals geäussert habe.
Den letzten Band von »Wilhelm Meister« hat sie nicht
mehr gelesen: sie starb 1797. Mignons Wesen wirkte tief
auf sie. Aus einem Gedicht »Mignon« wird man diese Verse
gern lesen:
Stiller, tiefer, dunkler Geist voll Flammen,
Heiige, wilde Eremiten -Seele,
MiSCELLEN, 247
Wer versteht dich, ach! und führt dich liebend
Aus der Düsterheit ins helle Leben,
Dass du selbst dich kennest und verstehest;
Dass den Himmel, dem die Flamme brennt,
Du in seiner Freundlichkeit erblickest,
Und dir Sonn' und Sterne liebend sagen:
Deine Opfer sind mit Huld empfangen
Und du bist den guten Göttern werth ....
Dass sie, wie so viele ihrer Zeitgenossen, Goethes »Tasso«
nicht ganz zu würdigen wusste, werden wir begreifen. Ist
doch das Verständniss dieser Dichtung auch heute nicht so
allgemein. Sie las Tasso dreimal und legte ihn immer un-
zufrieden mit sich selbst aus der Hand, weil er auf sie nicht
wie auf andere Frauen wirkte. »Es fehlt mir an genügsamer
Kenntniss des Konventionellen, besonders seines sublimen
Geistes.« Die Frauen, meint sie, seien an Tassos Unglück
schuld, und es solle doch scheinen, als wären sies nicht. »Sie
opfern ihn und bekränzen ihr Opfer mit Blumen. Anders
Lotte in Werthers Leiden, sie wird mitgeopfert.« »Die Gräfin
Leonore« sagt sie ein andermal »sieht den zarten Menschen
im trefflichen Dichter für eine Blume an, die man mit leisem
Finger wohl brechen mag, damit sie unsern Kranz verherr-
liche. Der Gatte nimmt die Prinzessin mit Recht in Schutz :
»die Seele der Prinzessin ist selbst eine gebrochene Blume.
Sie wird mitgeopfert; und wie konnte dies deinem Blick,
deinem Herzen entgehen!«
Mit ihrem Gemahl werden wir bedauern, dass sie nicht
mehr die Freude gehabt, »Hermann und Dorothea« zu er-
leben, das erste Volksgedicht, wie Mnioch sich ausdrückt,
von echt poetischem Charakter, ein hohes und doch durch-
aus populäres Kunstwerk. Ihr selbst wäre dann heller ge-
worden, was sie ahnte und wünschte, wenn sie von Poesie
fürs Leben und über das Leben sprach.
Ueber Goethes und Schillers Xenien haben die meisten
der Mitlebenden, Herder und Wieland nicht ausgenommen,
ihr Verdammungsurtheil gesprochen. Dichter und Undichter
haben den Grossen in Weimar und Jena auch zu antworten
versucht. Das bisher, so viel ich weiss, noch nicht beachtete,
nur widerstrebend tadelnde Urtheil Maria Mniochs ist begreif-
licher und in der Form geschickter als viele schwächliche
Jeremiaden der Lobredner der »guten alten Zeit« wie andrer-
seits der bösartigen Neidharte. Auch ihr sind freilich, wie
ein Blatt mit der Ueberschrift »nach wiederholter Lesung der
Xenien« zeigt, viele dieser kleinen Gedichte anstössig und
ärgerlich und werden es bleiben. »Aber die übrigen lieset man
gern : treffliche poetische Sprüchlein über wichtige Kapitel
des Lebens, der Wissenschaften und Künste. Künftige partei-
250 MlSCELLEN.
hindert wurde. — — — Von Opern ist neu: Ines de Castro,
Adelasio und Aleramo, das Milchmädchen von Berry, das
Waisenhaus, Elisenne, Wladimir von Romischen, der Bruder
von Kadrom, Ehedoctor, Hausgesind, goldener Löwe etc etc ;
von Manuscripten : die Bestürmung von Smolensk von Weissen-
thurm, die Grossmama von Ziegler, der Verdaclit vom Ver-
fasser des Korbes — -^ Ich hoflfe, dass Hochdieselben die
Gnade haben werden, mich baldigst mit einem Gegenschreiben
zu erfreuen und habe die Ehre mit gränzenloser Hochachtung
und Verehrung zu seyn
Euer Exzellenz
ganz ergebenster
Stegmayer.
Der Schreiber dieses Briefes, der selbst darauf hinweist,
dass er nicht zum ersten Male schreibe, hatte in der That,
wie aus der Notiz G.-J. X, 336 hervorgeht, Goethe schon ein-
mal gemahnt (20. Juli 1808). Weitere Spuren einer Corre-
spondenz sind nicht bekannt. Matthäus Stegmayer 1771 — 1820
war (Goedeke alte Ausg. III, 807) Hofschauspieler und Director
der Hofoper in Wien, Verfasser mehrerer Schau-, Lustspiele
und Operntexte ; sein bekanntestes Werk ist auch das 1 8 Mal
in Weimar (incl. Lauchstädt und Halle) 18 10 — 18 14 aufge-
führte (vgl.Burkhardt, Repertoire S. 143, Nr. 553) »musikalische
Quodlibet: Rochus Pumpernickel.« Ein komischer Zug von ihm
wird bei Costenoble, Aus dem Burgtheater I, 6, erwähnt ; sein
Tod berührt das. II, 19. Ein charakteristisches Zeugniss für
die Vergänglichkeit dramatischer Machwerke ist die Thatsache,
dass von den durch St. genannten Werken in Costenobles
angeführtem Buche, das die Jahre 1818— 1837 behandelt, die
Opern freilich nur streift, einzig und allein »Das Waisenhaus«
von Weigl erwähnt wird. Der am Anfang genannte Ehlers ist
der berühmte Tenorist Wilhelm Ehlers (1774 — 1805), der
1796 — 1805 in Weimar gewesen war; einzelne Compositionen
Goethischer Lieder sind von ihm bekannt. (Vgl. A.D. B. V, 700.)
14, Goethe und die Warthurgfeier,
In meiner Geschichte Europas seit den Verträgen von 1815
bis zum Frankfurter Frieden von 18 ji (Berlin, W. Hertz 1894),
Band I, S. 453 hatte ich Gelegenheit, der Sendung des Fürsten
Hardenberg und des Grafen Zichy nach Weimar zu gedenken,
die dem den Regierungen so schreckhaften Wartburgfeste im
December 18 17 nachfolgte. Graf Zichy, der damalige öster-
reichische Gesandte in Berlin, hielt, vom Minister Edling be-
MiSCELLEN. 251
gleitet, auch in Jena Umschau. Ueber seine Erlebnisse und
Beobachtungen berichtete er Metternich in einer Depesche
am 23. December 181 7 (K. und K. Haus-, Hof- und Staats-
archiv Wien), aus der ich a. a. O. nur einen kurzen Auszug
geben konnte. Hier möge wenigstens angeführt werden, was
er aus seinen Unterhaltungen mit Goethe und Kotzebue mit-
theilt. »Goethe auquel j'ai parl^ plus particuli^rement de toute
cette aflfaire, m'a assurd , que les regrets et le repentir des
professeurs qui se sont laissds entralner par les circonstances
^tait gdndral et que chacun tächait actuellement de trouver
un prdtexte pour s'excuser et nier d'avoir participd aux excfes
commis« . . . Kotzebue theilt die Ansicht, »que la jeunesse
a 6t6 entrainde ä la Wartbourg par quelques personnes mal-
veillantes qui ont voulu sonder les esprits et qui se sont
retirdes apr^s avoir mis en avant quelques imprudents qui
sans r^flexion aux suites ont tenu les discours dictds par une
imagination exalt^e«. Alfred Stern.
75. 5. Munk bei Goethe,
Salomo Munk, der bedeutende Orientalist (1803—1867),
der seit 1828 in Paris lebte, während seiner Berliner Zeit
viel im Veitschen Hause verkehrt hatte, schreibt in einem
ungedruckten Briefe an Mor. Veit, Frankfurt a. M., 24. Sept.
1827 Folgendes:
»Ich kann Dir blos in aller Kürze sagen, dass ich vorigen
Mittwoch den 19. hier angekommen und in einigen Tagen
nach Bonn abzureisen gedenke. Deine Empfehlung an Dr.
Eckermann hat dahin gewirkt, dass derselbe, da er nicht jetzt
mit mir zu Goethe gehen wollte, sich von mir bewegen Hess,
mir ein Paar Zeilen in die Hände zu geben, worin er be-
merkte, dass ich ihm von Berlin aus empfohlen sei. Diese
schickte ich mit hinein, als ich mich bei Goethe melden Hess
und wurde sogleich vorgelassen. Goethe war sehr freundlich
und unterhielt sich mit mir — wie sich von selbst versteht —
über die orientalischen Studien. Was ich in der Nähe dieses
grossen Mannes empfand, kann ich mit Worten nicht aus-
drücken, noch viel weniger aber mit meiner schlechten Dinte«.
L. G.
16. Eichstädts Gedächtnissrede auf Goethe,
gehalten bei der academischen Preis vertheilung in Jena i. October 1832.
Die Beziehungen Goethes zu Eichstädt, dem bekannten
Jenaischen Professor der Eloquenz und der antiken Literatur,
beschränken sich nicht auf das geschäftliche Verhältniss, in
252 MiSCELLEN.
das Eichstädt durch Uebernahme der Redaction der 1803 auf
Goethes Betreiben gegründeten Jenaischen Literaturzeitung
zu diesem trat. Der Herausgeber der Briefe Goethes an
Eichstädt sagt in seiner Einleitung (S. XXV f.) »diese Briefe
nähern sich den Goethe-Schillerschen vor allen. Man fühlt
auch aus ihnen lebhaft heraus, dass Goethe sich bewusst ist,
an einen geistig Ebenbürtigen zu schreiben.« Und aus Eich-
städts eigenen Worten in der Gedächtnissrede und in seiner
Widmung derselben an den Kanzler von Müller geht hervor,
dass wenigstens er Goethes Verhältniss zu sich als das einer
väterlichen Freundschaft empfunden hat. Darnach war er von
Müller aufgefordert worden, aus seinen Erinnerungen an Goethe
etwas zu veröffentlichen, da er mit diesem fast 30 Jahre in
so nahem Bunde gestanden habe, dass nicht nur Goethe
durch zahlreiche liebenswürdige Briefe und Gespräche sich
mit ihm in ein nahes Freundschaftsverhältniss eingelassen,
sondern auch er sich in seiner ganzen Lebens- und Berufs-
stellung als Goethes Schützling gefühlt habe. Das dürfte Grund
genug sein, auch jetzt noch der Rede Eichstädts auf Goethe
grössere Beachtung zu schenken, als dies bei ihrer Erscheinungs-
form als academische Gelegenheitsschrift und bei ihrer Ein-
kleidung in die lateinische Sprache der Fall und möglich ist.
Eichstädt kannte Goethes Werke und Wirken wie wenige,
er wusste von ihm aus persönlichem Umgang mehr als viele
andere, er besass eine vorzügliche Gewandtheit der Dar-
stellung und war so vor andern zum Entwurf eines Charakter-
bildes des Abgeschiedenen berufen. Ein kurzer Bericht über
den Hauptinhalt seiner Rede wird daher keiner weitern Recht-
fertigung bedürfen.
Was an Eichstädts Festrede zunächst befremdend und
fast wie ein etwas sonderbarer Einfall anmuthet, ist der fast
durch das Ganze hindurchgeführte Vergleich der Entwicklung
Goethes mit der des griechischen Volks von seinen ersten
Anfängen in Literatur und Kunst bis zu seiner höchsten
Vollendung. Aber Goethe war ein Freund des klassischen
Alterthums, Eichstädt selbst klassischer Philologe, das mag
diese gesuchte, aber nicht ohne Geschick durchgeführte Ein-
kleidung erklären und entschuldigen. Eichstädt wollte damit
gewiss etwas Besonderes, etwas Originelles bieten, das nur
eben dem jetzigen Zeitgeschmack nicht mehr ganz zusagt.
Zugleich hat er seinen Gegenstand geschickt mit der Be-
deutung des Festactes der academischen Preisvertheilung zu
verknüpfen gewusst.
Im ersten Theil befasst sich Eichstädt, wie natürlich,
mit Goethes dichterischer Entwicklung und seinen Dichtungen.
Was er hier beibringt, ist mehr rhetorisch aufgeschmückt, als
neu und originell. Aber nachdem er ausgeführt, wie Goethe
MiSCELLEN. 253
auf allen Gebieten der Dichtkunst sich ruhmvoll mit Griechen,
Römern, Italienern, Franzosen und Engländern gemessen und
ihnen ebenbürtig, ja überlegen gezeigt habe, hebt er mit
besonderm Nachdruck und wohlthuender Wärme das echt
Deutsche der Goethischen Dichtung hervor. »Goethe hat
nicht nur das Beste und Vorzüglichste, was wir an den besten
Schriftstellern der ersten Kulturvölker bewundern, durch seinen
Fleiss erreicht, sondern er hat alle diese Vorzüge durch die
glückliche Fruchtbarkeit seines Genies aus der Tiefe seines
eigenen Ichs hervorgeholt. Man darf sich daher nicht wundern,
dass derselbe Mann, der eine solche Verwandtschaft mit aus-
ländischen Völkern aufweist, doch zugleich in seinen Schriften
nach Anlage und Gesinnung durch und durch deutsch ist.
Das beobachten wir z. B. an seinen Heldencharakteren, die
er im Götz und in andern Dramen geschildert hat, als ob er
in der Geschichte des deutschen Reiches völlig zu Hause
wäre, — an seinen lyrischen Dichtungen, so viel ihrer sind,
und fast in jeder Gattung und auf jeder Seite seiner Piosa-
schriften. Ja das Herz ist es, das aus allen spricht, ein Herz
voll wahrer Menschlichkeit, gleich offen für Freud und Leid,
und so überströmend von Wahrheit der Empfindungen und
Leidenschaften, dass daraus wie aus einem lebendigen Quell,
Frische, Kraft und Geist hervorsprudelt«. Sehr schön ist
sodann, was Eichstädt im Anschluss hieran über Goethes
Arbeitsweise als Schriftsteller, über die Sorgfalt der Vor-
bereitung, über die Deckung von Ausdruck und Gedanken,
über seinen Stil, über seine besondere Kunst sagt, dem Leser
eine Anregung des Geistes zu geben, die diesem immer neue
Blicke, neue Gedanken aufthut.
Der zweite Theil der Rede beschäftigt sich mit Goethes
Verhältniss zu den übrigen Künsten und zu den Wissen-
schaften, mit seiner Stellung in seiner Zeit und zu seinen
Zeitgenossen, besonders zum Hof von Weimar und zur Uni-;
versität Jena. Da ziehen an uns vorüber seine Kunstbe-
strebungen, seine Verdienste ums Theater, seine Liebe zur
Musik, da wird seine Universalität und zugleich seine Gründ-
lichkeit in der Beschäftigung mit allen Wissenschaften ge-
rühmt. Das führt den Redner auf die Frage, wie denn eine
so allumfassende Thätigkeit überhaupt möglich gewesen sei.
Er schildert aus eigener Erfahrung die strenge Sparsamkeit
des Dichters mit seiner Zeit und seine Fähigkeit, sich gleiche-
zeitig mit den verschiedensten Gegenständen zu beschäftigen;
»Ich habe ihn, während er die Natürliche Tochter entwarf
und Wilhelm Meisters neueste Schicksale dictirte, in Nebeii-
stunden ausschliesslich mit der Beobachtung der Pflanzen und
der sorgfältigsten Untersuchung von Blumen beschäftigt ge*
sehen. Ich habe ihn, während er in den Morgenstunden an
254 MiSCELLEN.
der Farbenlehre schrieb und ganz in optische Versuche ver-
tieft war, am Nachmittag in Vossens Garten lustwandelnd mit
seinem Freund über die Gesetze der Metrik und über die Ver-
besserung seiner Gedichte nach diesen Gesetzen, über Knebels
Lukrezübersetzung, von der eben eine neue Ausgabe im Werke
war, reden, und diese Gespräche tagelang fortsetzen hören,
als ob er keine andere Beschäftigung hätte, als die Metrik zu
behandeln, die Rhythmen der Gedichte nach ihren Gesetzen
zu beurtheilen, viele herrliche Gedanken über die Kunst vor-
zubringen und Vossens Buch über jene Gesetze mit dem Ver-
fasser sorgfältig durchzuprüfen. Aus seinem eigenen Munde
habe ich die Aeusserung vernommen, der Gebrauch der
Thermen von Karlsbad sei dann für seine Gesundheit am
wirkungsvollsten gewesen, wenn er seine Aufmerksamkeit auf
die Wunder der Natur in jenen Gegenden, auf das Wesen
und die mannigfaltigen Erscheinungsformen der Fossilien
richtete, von denen er eine reichhaltige und auserlesene Samm-
lung zu Eger im Hause eines Privatmanns gefunden hatte,
und wenn er die staunenswerthen Thaten des grossen Wallen-
stein gerade in dem Hause, wo er ermordet wurde, im Ge-
danken an Schillers Kunstwerk überdacht habe«.
Von dieser beherrschenden Stellung aus, die Goethe in
allen Gebieten des.Wisseps und Könnens einnahm, kommt
der Redner auf die Herrschaft zu sprechen, die er ein halbes
Jahrhundert lang über seine Zeit ausgeübt, »welche er nach
seinem Wink und Willen lenkte, durch sein Machtwort regierte
und von der er eine unbegrenzte Ergebenheit genoss«.
Aber so viel auch Goethe selbst dazu beigetragen hat,
diese Stellung zu erringen — so ist doch auch dem Glück an
diesem Erfolg ein nicht unbedeutender Antheil zuzuweisen.
Dahin rechnet Eichstädt einmal die schon bei Goethes Auf-
treten erreichte Entwicklungsstufe der deutschen Sprache, die
seinen Vorläufern verdankt wurde, ferner die früh erlangte
Selbständigkeit seinen Universitätslehrern gegenüber, ganz be-
sonders aber seine glückliche Verbindung mit dem Weimari-
schen Hofe, von dessen perikleischem Zeitalter unter Karl
August, Eichstädt eine glänzende Schilderung entwirft.
Die wissenschaftlichen Abendzirkel in Weimar bilden den
natürlichen Uebergang zu Goethes Beziehungen zu der Uni-
versität Jena, der er so viele Förderung seiner wissenschaft-
lichen Bestrebungen verdankte, der er aber diese auch durch
seine Fürsorge für die Lehrer und Einrichtungen der Universität
überreichlich vergalt. Eichstädt rühmt an Goethe besonders
den Scharfblick, mit dem er an jungen, noch unberühmten
Gelehrten ihren Werth und ihre künftige Bedeutung lange
vor andern erkannte und sie, wie Hegel und Johann Wilhelm
Ritter, durch seinen persönlichen Verkehr auszeichnete. W^orte
MiSCELLEK. 255
des Dankes im Namen der Universität und in seinem eigenen
Namen, Worte der Ermahnung und des Hinweises auf diesen
Schutzgeist der Hochschule an die Commilitonen beschliessen
den formvollendeten und gedankenreichen Vortrag.
Das Mitgetheilte wird gentigen, um die Ueberzeugung
zu erwecken, dass Eichstädts Rede noch nicht zu den alten
Scharteken gehört, aus denen nichts mehr zu holen ist, sondern
dass sie es zum mindesten verdient, von allen gelesen zu
werden, die gerne auf die Worte eines Mannes hören, der
mit Goethe so lange in so nahem Verkehr gestanden hat.
Paul Weizsäcker.
//. Eduard Mörike über den Briefwechsel zwischen Schiller
und Goethe,
Mörike, der sich ja hauptsächlich an Goethe zum grossen
Lyriker herangebildet hat, war Pfarrverweser in Pflummern
(wtlrtt. O.-A. Riedlingen), als ihm Mai 1829 die ersten Bände des
Briefwechsels durch seinen Freund Johannes Mfthrlen, nach-
maligen Professor am Stuttgarter Polytechnikum, der gerade
in der Cottaschen Druckerei zu Augsburg als Corrector an-
gestellt war, zugesandt wurden. In einem (ungedruckten) Brief
vom 7. Mai 1829, einem der herrlichsten, die Mörike je ge-
schrieben hat, schildert er dem Freund die Situation, in der
ihn das Packet antraf, und die Stimmung, in die ihn die
erste geistige Berührung mit jenem Buch versetzte. Es heisst
darin :
»Deine grosse Bücher- und Briefesendung hab' ich mit
so trunkenen Blicken ankommen sehen, wie ein Kaufmann
eine Ladung lang und bange erwarteter Ostindier Ware ; nur
konnte ich die angenehme Gelassenheit, womit ein solcher
in diesem Falle dennoch zu Werke geht, keineswegs affek-
tieren ; ich riss Schnüre und Makulatur so heftig auseinander,
als galt' es wenigstens. Dich in persona auszupacken. Es traf
sich zufällig, dass mein Bruder Karl aus Scheer bei mir war,
eben als das Paket ankam, wovon ich ihm zwei Minuten
vorher schon gesagt hatte, dass es unter seine Adresse nach
Scheer gelangen werde : denn so lautete Deine Ankündigung.
Desto grösser war jetzt die Freude; wie Du nämlich wissen
musst, mein Amtmann ist weder ein Sauertopf noch ein Verächter
des Geistes und ausserdem beinahe ein hitzigerer Jäger auf
die bessere Litteratur dieser Zeit, als ich selber. Auch hat
-er gar sehr aures arrectas bei allem, was von dem Herrn
Dr. Mährlen ausgeht. Wir hatten zu alledem rote Weinge-
256 MiSCELLEN.
sichter von echtem Eilfer, den er mitgebracht. So hob man
Deine Schätze, so verschlang man gleich das nötigste. Den
enormen Foliobrief schwang ich hoch empor und schrie
triumphierend : »Das ist mehr, denn Castor !« — »C'est vrai,
ma foi !« sagte der Amtmann. Während des Vorlesens klang
aber meine Exklamation wohl noch fünfzigmal im Innern
nach, und Deine Liebe rieselte mir Schlag auf Schlag den
Rücken hinauf. Diese war das Beste am Ganzen, sonst würd'
ich sagen: Dein gescheutes Raisonnement über so manches,
was mich und andere angeht, war es. Ich drückte Dir die
Hand unter'm Tisch, dass Du gefühlt haben musst.
So mannigfaltig ist Deine Materie, dass es unbillig wäre
zu fordern, ich solle sie staute pede in diesem Blatt er-
schöpfen, das heute noch auf die Post gelangen muss. Also
nur das nächste vorderhand!
Den Faustum betrachte ich ohne weiteres als mein aus-
gemachtes Eigentum, obwohl ich nicht weiss, wie es eigent-
lich mit seiner Deponierung gemeint ist. Von dem übrigen
wirst Du mir sagen, wann es zurück soll: auch mein Bruder
wünscht es auf einige Zeit zu haben. Ich muss Dir doch
melden, unter welchem Umständen ich die ersten haustus
darin gethan. Der Amtmann kam Abends 4 Uhr ganz uner-
wartet unter Schneegestöber vor meinem Haus angefahren.
Nach dreistündigem Bruder- und Luderleben (wobei Du in
unserer Mitte sassest) überredete er mich leicht, dass ich ihn
noch dreiviertel Stunden begleite. Wenn die Apostel Philippus
und Jakobus auch nur ein Gran von Heckmanns ' Weinkenner-
schaft haben, so werden sie ermessen, wie ich's über's Herz
bringen konnte, mich in Betreff ihres morgenden Feiertags
ganz und gar auf meine copia verborum zu verlassen. Mein
Bruder hätte vor, nach Marchthal, seinem künftigen Amtssitz,
zu reisen. Es reichte für den Abend noch bis Zwiefalten, wo
wir auf der Post ein lustiges Nachtquartier aufschlugen. Als
der Amtmann gegen ein halb elf Uhr anfing irre zu reden,
dachte ich: Ei, so schlaf und schnarche Du, dass der Schlot
wackelt! Ich will für Dich beten und auf eine Disposition
denken. Da zeigte mir der Satan einen Band des Brief-
wechsels auf dem Tisch. Ich griff so unentschieden darnach,
als wollt' ich nur den Überschlag beiläufig mustern ; es war,
der zweite Band. Das tolle Büchlein klebte aber in meinen
Händen fest, seine Blätter flogen eilig, wie besessen von der
Rechten zur Linken, ich stand bald mitten in heiliger klassi-
scher Atmosphäre, las endlich sachte und sachter, ja ich hielt
den Atem an, die ruhige, tiefe Fläche nicht zu stören, in
* Lammwirth in Tübingen, eine unter der damaligen Studenten-
welt populäre Persönlichkeit.
MiSCELLEN. 257
deren Abgrund ich nun senkrecht meinen Blick hinunter Hess,
als dürfte ich die Seele der Kunst anschauen. Einmal blick'
ich auf und verliere mich in eigenem Nachdenken. Das Licht
war tief herabgebrannt; ich putzte es nicht. Mein Kopf war
aufs äusserste angespannt, meine Gedanken liefen gleichsam
auf den Zehenspitzen, ich lag wie über mich selbst hinaus-
gerückt und fühlte mich neben aller Feierlichkeit doch unaus-
sprechlich vergnügt. Statt mich niederzuschlagen, hatte der
Geist dieser beiden Männer eher die andere Wirkung auf
mich. Gar manche Idee — das darf ich Dir wohl gestehen —
erkannte ich als mein selbst erworbenes Eigentum wieder,
und ich schauderte oft vor Freuden über seiner Begrüssung.
Zuletzt geriet meine Phantasie auf ganz fremde Abwege ; ich
durchlief die benachbarten Zellen des Irrenhauses und wühlte
in der nächtlichen Fratzenwelt ihrer Träume; auf die schöne
Tagesklarheit Deines Büchleins grinsten tausend Narrenge-
sichter, die mit ihren tiefpfiffigen Augen mich fast überredeten,
die Philosophen liegen in einem entsetzlichen Irrtum, und
nur sie, die Narren, wären hinter die Gardine des göttlichen
Verstandes gekommen, wo man sehe und fast platze vor
Lachen, wie Herr Schiller und Herr Goethe sich mit wichtigen
Mienen und Bücklingen über die Vergoldung von Nüssen und
des mundus in nuce unterhalten. Ich hatte viel zu thun, um
den Demonstrationen des herrlichen Zirkels zu entrinnen —
sie riefen und pfiffen mir noch lange aus Sprachröhren nach,
als ich schon wieder in dem Büchlein weiter machte. Aber
endlich war's doch wieder Frieden, und ich pries mich glück-
lich im blauen Tage der Poesie, deren Herz man in diesem
Buche in abgemessenen, langsam vorgezählten Pulsen schlagen
hören kann. Es war zwei Uhr, wie mein Licht herabsank,
drei Uhr, als ich einschlief. Um 8 Uhr morgens trennten sich
die fratres (nachdem ich dem Amtmann noch meine Kirche
gezeigt hatte; denn sagte ich Dir nicht, dass Zwiefalten ein
Filial von Pflummern ist ? Du musst das nicht bildlich nehmen.
— Gehorsamer Diener ! — Es ist so). Er fuhr links, ich rechts
in flotter Postequipage. Der Schwager ersuchte mich gleich,
fein aufmerksam auf den Weg zu sein, er wisse ihn nicht
durch den Wald ; ich versprach's und nahm indessen die Briefe
wieder. Nach einer Viertelstunde hiess es: Wo sind wir? —
In Weimar, dacht' ich. — Aber kurz, man war verirrt; doch
kam man noch zu rechter Zeit hier an, und ich trieb meinen
Reif auf der Kanzel glücklicher, als jemals, über den Steg,
so schmal der zuweilen auch war.«
Auch in den folgenden Briefen an Mährlen thut Mörike
des Briefwechsels öfters Erwähnung, so am 11. Februar 1830:
»Die ersten Bände von Schillers und Goethes Briefwechsel,
die allerdings noch wohl in meinen Händen ruhen, nahm ich
Goethe-Ja iiREucH XVII. I7
258 MlSCElXEN.
neulich wieder mit frisch empfänglichem Geiste vor; sie sind
unerschöpflich an Belehrung und stets neuem Reiz. Ich brenne
vor Begierde, bis Du die folgenden schickst. Mach mir die
Freude recht bald!« Anfangs September 1830: »Mit den
tibersandten Drucksachen hast Du mir einen Hauptschmaus
bereitet, und ich kann Dir nicht genug für die Mitteilung
danken. Die neue Folge von Briefen (Seh. u. G.) schlang ich
gleich in einem haustus hinunter, eben als ich ein dringend
Amtsgeschäft vor mir hatte, das denn mager genug wegkam«.
Am 27. September 1830: »Es hat wohl kaum einen red-
licheren, dankbareren Leser der Seh. u. G. Korrespondenz
gegeben, wie mich, was einigermassen daraus erhellt, dass
ich sie wirklich* zum fünftenmal durchmache.« Am 14. Sep-
tember 1831 schreibt Mörike an einen andern Freund, Pfarrer
Wilhelm Hartlaub: »Ich lese gegenwärtig den 5, Band von
Schillers und Goethes Briefwechsel, den ich zum Teil eigen
habe. Suche Dir's doch zu bekommen! Das sind auch Herrlich-
keiten, ,die zu ertragen man zu zweien sein muss'. Welche
Seligkeit, so etwas einmal wieder mit Dir oder Bauer* zu
lesen.« Rudolf Krauss.
iS. Aus^ Bauernfelds Tagebuch.
Der 5. Band des Jahrbuchs der Grillparzer-Gesellschaft
(Wien 1895) bringt S. i— 217 C. Glossys Mittheilung »Aus
Bauernfelds Tagebüchern«, aus dem hier einige Notizen wieder-
holt werden mögen, weil sie verdienen allgemeiner bekannt
zu werden. Voranstehn mag eine sehr richtige Bemerkung,
die Bauernfeld einmal brauchte, als er der Goethe-Nachahmung
beschuldigt wurde: »Was das Nachahmen betrifft, so fusst
doch einer auf den andern, das geht nicht anders«.
Im April 1830 notirt Bauernfeld:
»Deinhardstein wies mir neulich einen Brief von Goethe
als Antwort auf eine Aufforderung, an den Jahrbüchern der
Literatur theilzunehmen, welche jetzt — Deinhardstein redigirt!
(Freilich mit Beihilfe des Hofrathes Hammer^ Nun hatte
Deinhardstein dem alten Goethe in Weimar aufgewartet, ihm
ohne Zweifel vorschwadronirt. Der grosse Mann scheint nicht
abgeneigt, macht dem Deinhardstein viel Complimente, freut
sich, dass ein so trefflicher und talentvoller Mann (Sic! schreiben
die Recensenten) eine so wichtige Rolle bei uns bekleide
u. s. w. Zum Schluss schreibt er: »Melden Sie dem erhabenen
Manne, dem auch ich theilweise anzugehören das Glück habe,
* Ein in Schwaben sehr geläufiger Provinzialismus für »gegen-
wärtig«.
' Ludwig Bauer, Dichter, zuletzt Gymnasialprofessor in Stuttgart.
MiSCELLEN. 259
meine innigste Aneignung!!« — Ganz Goethe! Er bildet sich
vermuthlich ein, Deinhardstein stehe zu Kaiser Franz wie
Goethe zu seinem Grossherzog. — Wie schön sass Goethe
dem Deinhardstein auf, und wie schön wieder Deinhardstein
dem Goethe, indem er über den Brief entzückt ist«.
Zur Sache vgl., wie schon der Herausgeber der Tage-
bücher bemerkt, G.-J. X, 161. — Bei Goethes Tode schrieb
Bauernfeld (S. 60): »Goethe todt, es lässt sich nicht ausdenken.
Und ich verschob es immer nach Weimar zu gehen! Grill-
parzer hatte das Glück, den Mann kennen zu lernen«. Er
machte darauf, wie er zum April bemerkt, ein Gedicht auf
Goethes Tod in 17 Stanzen, das, wie Glossy erinnert, in der
»Wiener Zeitschrift« 1832, Nr. 44 gedruckt wurde; in derselben
Zeitschrift noch 4 Gedichte Anderer auf Goethes Tod.
Im Mai 1832 schrieb Bauernfeld folgende beherzigens-
werthe Bemerkung:
nGoethes und Schillers Briefwechsel mit höchstem Antheil
gelesen. Börne hält sich auf, dass diese Herren nicht witzig
sind und nicht politisiren. Was haben wir damit gewonnen?
Man kann die Menschen nicht in Masse glücklich machen,
tmd die Masse taugt an sich wenig. Dabei ists wahr, dass
Goethe und Schiller sich wenig liberal aussprechen. Dafür
ist der Liberalismus jetzt Modesache! Alles hat .seine Zeit.
Börne wäre vielleicht, wenn er in Goethes Jugendtagen ge-
lebt hätte, ein obscurer Magister geblieben. Die Zeit trägt
viele Menschen, aber nur die grossen Menschen helfen eine
neue Zeit schaffen. Wir müssen noch immer auf den Wegen
gehen, die uns Goethe vorgezeichnet«.
Zum Schluss seien zwei Goethe-Anecdoten mitgetheilt,
von denen die letztere gewiss auf einem Missverständniss
beruht, aber interessant ist für die Art, mit der man in ge-
wissen Kreisen Goethes Arbeitsweise ansah, die erstere recht
wohl geschehen sein kann, wenigstens passt sie ganz zu der
•selbstbewussten, widerborstigen Art Raupachs. Bauernfeld notirt
i(S. 93, Sept. 1841): »Raupach erzählte. Wollte damals Goethe
besuchen. Er nahm mich zweimal nicht an. Ich dachte mir:
•Goethe ist ein geistreicher Mann, du bist auch ein geistreicher
Mann — sei's«. — Ferner: »Ein Jeder hat seine Art. Goethe
iging mit verschränkten Armen im Zimmer auf und ab, nahm
ein Manuscript aus dem Schrank, wie aus einer Registratur,
»Faust« oder »Egmont«, dictirte, wenn er Lust hatte. Ich
begreifs nicht. Wie kann man Poesie dictiren? Wie das
^Geheimste einem andern zuerst mittheilen als sich selber?«
L. G.
17'
260 MiSCELLEN.
/p. Eckermann an eine Schauspielerin,
Der folgende Brief, zuerst in der Wiener »Montagsrevue«
vom 25. Februar 1895 durch Rudolf Beer veröffentlicht und
von dort aus in viele Zeitungen übergegangen, ist auch an
dieser Stelle der Mittheilung werth, damit er dadurch einem
weitern Kreise bekannt und dauernd vor Vergessenheit ge-
schützt werden möge. Die drei in eckige Klammern einge-
schlossenen Worte sind in Folge einer Lücke nicht vollständig
lesbar. Der inhaltsreiche Brief lautet :
(Weimar) Dienstag Abend, den 3. Febr. 1829.
»Eigentlich sollte ich mit Ihnen schelten, dass Sie an
meinem guten Willen zweifeln Ihnen zu nützen, da ich doch
eigentlich kaum einen andern Gedanken habe.
Da lobe ich mir doch Ihre Mutter, die tiefer in mich
zu blicken vermag. Mein Gespräch mit Ihnen war so kurz,
dass ich es unwillkürlich fortsetze. Der Gedanke, dass einiger
Ernst und einiges Streben nach dem Höheren in Ihnen ist^
macht mich unendlich glücklich, so wie überhaupt jedes Gute
und Edle, das ich an Ihnen bemerke, meiner Seele ein wahres
Labsal ist. Ja und wenn die Welt noch so viel gegen Sie
sagte, ich könnte den Glauben an Ihren Werth nicht ver-
lieren; ich wüsste nicht wie ich ohne diese Ueberzeugung-
leben sollte. Sie glauben nicht wie es mich freut dass Sie
Geschmack und Intereße an Sophocles finden. Wundern Sie-
sich nicht über meine Verwunderung \ es ist dieses etwas sehr
seltenes und ich zweifle, dass es in Weimar eine Zweyte giebt,
die in ihren inneren Anlagen gross genug wäre, Ihr Intereße
zu t heilen.
Nächstens müßen Sie mir nun sagen, welches der Stücke
Sie gelesen haben und welches Ihnen am besten gefällte
Sophocles ist der grösste und edelste aller tragischen Dichter,
die je gelebt haben, und wie gesagt, dass dieser Alte Ihnen-
gefällt macht mir unaussprechliche Freude.
»Sage mir mit wem Du umgehst und ich weiss, was vo»
Dir zu halten ist.«
»Sage mir womit Du Dich beschäftigest und ich weiss,,
was aus Dir werden kann.«
Diese zwey neuen Worte von Goethe mögen Ihnen meine:
Freude erklären.
Der Darstellung des Faust kommt es sehr zu Gute, dass die-
bildende Kunst dem Theater vorgearbeitet hat. Fast alle
Scenen des Faust sind durch geschickte Maler dargestellt
worden; wodurch denn das Körperliche der Hauptcharactere,
so wie ihre Anzüge und der umgebende Ort und Hintergrund,
speziell und deutlich vor die Sinne gebracht ist, so dass vom
Decorationsmaler bis zum Theaterschneider niemand sich in»
MiSCELLEN. 261
Ungewissheit befinden kann was er zu thun habe. Die Umriße
von Retzsch sind weltberühmt; Ramberg hat auch vieles ge-
macht; so wie zuletzt in Paris ein höchst begabtes, aber
etwas wildes Talent, Herr Delacroix zu genialen Zeichnungen
im Faust reiche Nahrung gefunden hat. In allen drey Künstlern
sehen wir nun, wie sie sich den Faust, den Mephistopheles
und das Gretchen gedacht haben. Letztere erscheint überall
als ein junges schlankes [Wesen], das Ihnen nicht unähnlich
ist. Die [Umriße] von Retzsch sind vielleicht das Edelste
und Sicherste, woran man sich zu halten hätte. Ich will
suchen, sie zu bekommen und sie Ihnen zur Ansicht senden.
Was die Redaction des Stückes für die Bühne betrifft,
so habe ich aus Klingemanns Bericht so viel ersehen, dass
alle undarstellbaren, für die Imagination geschriebenen Scenen
weggelassen sind. Diese wären vorzüglich: der Prolog im
Himmel, die Brockenscenen und das Reiten am Hochgericht
vorüber. An Fausts Monologen ist vieles gekürzt, sowie mancher
zu kühne Ausdruck weggelaßen ist. Das wilde Lied zu Anfang
der Kerkerscene, wovon Sie sagten, gründet sich auf ein
altes Volksmärchen, das Ihnen vielleicht nicht unbekannt ist.
Eine böse Stiefmutter schlachtet einen Knaben und setzt ihn
gekocht seinem Vater vor, der, unwißend, ihn verzehrt und die
Knochen liegen lässt. Diese Knochen sammelt das Schwester-
chen und verbirgt sie unter einem Wachholderstrauch, wo
dann ein Vogel daraus wird, der umherfliegt und das [Ver-
brechen] der bösen Stiefmutter singt.
Meine Mutter
Die mich umgebracht hat!
Mein Vater, der Schelm,
Der mich 'geßen hat!
Mein Schwesterlein klein
Hub auf die Bein, (verwahrte die Gebeine)
An einem kühlen Ort ; (unter dem Wachholderstrauch)
Da ward ich ein schönes Waldvögelein;
Fliege fort, fliege fort!
Nicht wahr? jetzt ist Ihnen das Lied vollkommen deut-
lich und Sie sehen daraus, dass Goethe auch im Wahnsinn
seiner Personen einige Realität hat. Es wird mir lieb seyn,
wenn ich Ihnen über diese oder jene Dunkelheit des Faust
ferneren Aufschluss geben kann, • und wenn Sie auch, wider
meinen Wunsch und Hoffen, nicht zur Rolle des Gretchen
kommen sollten, so sollen Sie doch über diese Rolle so wie
über das Stück beßer unterrichtet seyn wie irgend eine andere
in Weimar.
Es freut mich, dass Sie der Frau v. Goethe in der letzten
Zeit so gefallen haben. Besonders rühmte sie Ihr Spiel und
262 Nachträge und Berichtigükgen.
feines Betragen im Wunderschrank. Sie sagte, »sie wäre ganz
erstaunt gewesen.« Seit acht Wochen habe ich Ihren Namen
nicht genannt. Nun ist es mir sehr lieb, dass ich dieses
Schweigen endlich gebrochen habe und dass ich wieder an-
fange, über Sie zu reden und Sie zu loben.
Goethe bat mich gestern um einige Gedichte zu einem
Musenalmanach wozu er auch Beyträge giebt. Anfänglich
dachte ich, ihm etwas von unseren Gedichten zu geben, aber
ich will es nicht, sie sind zu gut, ich will sehen, dass ich
etwas anderes finde.
Mit unserem gemeinsamen Liebling Jenny habe ich vor
einigen Tagen gegeßen. Sie war besonders reizend indem sie
mich um etwas ersuchte, welches mir leid that, ihr abschlagen
zu müssen.
Senden Sie mir gelegentlich den blauen Band von W.
Meister und die rothen Wanderjahre, ich will Ihnen dagegen
das Buch mit dem Gedicht der Euphrosine senden.
Mündlich mehr von yours true friend
Eckermann.
Die in vorstehendem Brief genannten Faust-Illustrationen
sind sehr bekannt: sie erschienen 181 2, 1828. Jenny ist
natürlich Jenny v. Pappenheim (Gustedt). lieber die Klinge-
mannsche Faustbearbeitung vgl. Creizenach, Buhnengeschichte
des Goethischen Faust; der »Wunderschrank« ist ein Lust-
spiel von F. V. Holbein, das im Jahre 1823 erschien; das
Volkslied im Faust, dem Märchen vom »Machandelboom«
entnommen, s. Loeper, Faust I, S. 199 Anm. Der Musen-
almanach, zu dem Goethe Beiträge gab, ist der »Berliner« auf
1830 von Veit, Werder, Stieglitz herausgegebene. Doch ist
die Aufforderung an Eckermann gewiss nicht von Goethe aus-
gegangen, vgl. Geiger »Im deutschen Reich«, Berlin, Juli 1895.
»Unsere Gedichte« mögen diejenigen sein, die dem Verhältniss
Eckermanns mit der Adressatin ihren Ursprung verdanken.
L. G.
B. Nachträge und Berichtigungen zu Band I, IV, V,
X. XV. XVI.
Zu Bd. I— V. I. Die in folgenden Stellen des Goethe-
Jahrbuchs erwähnten Personen beziehen sich alle auf einen
Einzigen, den Maler Gerhardt von Reutern: Bd. I, 283, 284;
Bd. IV, 186, 178, 399; Bd. V, 36, 37, 353.
2. Der in Bd. IV, S. 178 erwähnte, im Gefolge des
Grossfürsten befindliche, »Ihr werther Geleitsmanna genannte
Begleiter Joukovskys kann nicht Gerhardt von Reutern ge-
wesen sein, da derselbe 1821 und 1822 sich in Livland auf-
hielt (cf. S. 43 u. 44 des Lebensb.). B. v. Reutern.
— j
Nachträge und Berichtigungen. 263
■
Zu Bd. XV.' S. 55, Zeile 7 von oben »alten« statt matten«.
Seite 58, Zeile 18 und 85, Zeile 11 unter dem Programm
ist gemeint die 181 1 Berlin bei G. C. Nauck erschienene
Schrift »Zu Piatons Phädon« (vergleiche Kleine Schriften von
F. A. Wolf, herausgegeben von Bernhardy 962. Die Vorrede
ist vom 9. October 181 1 datirt). Nun erst wird die gering-
schätzige Aeusserung tlber Heindorf verständlich.
Seite 59, Zeile 5 von unten »tröstlich« statt »köstlich«.
Seite 66, Zeile 4 von unten. Wolf hat dennoch dem
Vossen und zwar in echt Wolfischer Weise replicirt. »G. Her-
mann über dip bestrittene Cäsur im Trimeter der griechischen
Tragödie: ein Brief an den Herausgeber der Literarischen
Analecten nebst Vorwort. Beilage zum ersten Hefte Analecten,
Berlin bei G. C. Nauck 181 7, 15 Seiten.« Hermanns Brief ist
vom 5. Februar 181 7. Der kurze Artikel in den Analecten
I, 253 über eine bestrittene Cäsur im griechischen Trimeter
unterzeichnet mit x rührt nicht, wie Voss wähnte von Wolf
her, der Verfasser ist AhLwardt. Das entnehme ich aus einer
vor vielen Jahren niedergeschriebenen Anmerkung, in der
ich mich auf einen Brief Wolfs an Körte vom 13. April 1821
beziehe. *
Zu Seite 88. F. von Raumers Briefe aus Paris und Frank-
reich im Jahre 1830, II, 278. »Herr Roulet, der äusserst ge-
fällige Consul erzählt mir, ein furchtbarer Windstoss des Mistral
habe Wolf an seiner Seite fast zu Boden geworfen, dass er
ihn stutzen und nach Hause führen musste. Gleich nachher
legte er sich und stand nicht wieder vom Krankenlager auf.«
S. 92, Z. 14 von unten. ^KKUKXr||Lia(Ji vgl. C. A. Böttigeri
Opuscula ed. Sillig, Dresd. 1837, p. 354.
S. 94, Z. 9 von unten. Vgl. F. A. Wolfs grosse Anmerkung
zu den Bruchstücken seiner Üebersetzung : »Aus Aristophanes'
Acharnern, Griechisch und Deutsch mit einigen Scholien«
(Berlin 1812), p. 66fgg,
S. 94 letzte Zeile. Naiv genug heisst es im Artikel
Thespiades: »Da es denn einige für die 13. von des Herculis
grossen Arbeiten gehalten, dass er alle solche Dinger in einer
Nacht zu Weibern gemachet, obwohl sonst auch sind, welche
ihm dazu auch 50 Nächte zustehen, nicht weniger aber auch,
welche ihm lieber solche Brunnen-Ochsen-Arbeit gar nicht
' Die folgenden werthvoUen Ergänzungen von M. Bernays waren
schon für Bd. XV bestimmt, konnten aber leider wegen Platzmangels
weder dort noch in Bd. XVI angebracht werden.
* Auch das Inhaltsverzeichniss zum ersten Bande der Analecten
nennt als Verfasser C fV. Ahlwardt,
264 Nachtrage und Berichtigungen.
bey messen wollen.« M, Benjamin Hederichs Gründliches
Lexicon Mythologicum (Leipzig 1724), p. i86i.
M. Bernays.
S. 28. Die erste ausführlichere Aeusserung Goethes über
Seine Unterredung mit Napoleon berichtet aus Goethes Munde
Humboldt in einem Briefe an Jacobi vom 21. November
1808 (S. 75 meiner Ausgabe); am 18. hatte Goethe nach
Tagebücher 3, 400 mit Humboldt »über gegenwärtige deutsche
Verhältnisse« gesprochen: hierbei flocht er vielleicht jene
Mittheilung ein. A. Leitzmann.
S. 58. »Sonst würde ich Ihnen gern die wässrige Ueber-
setzung des Plutarch lassen; indess ist das Biich ja oft bei
Ihnen, da der Verfasser in der Nachbarschaft lebt«. Hier
liegt ein Witz mit dem Namen des Plutarchübersetzers Johann
Friedrich Salomon Kaltwasser (1752 — 1813; vgl. die Notizen
in der allgemeinen deutschen Biographie XV, 49) vor, der Colla-
borator am Gymnasium in Gotha war. A. T.eitzmann.
S. 80 ig. Das Original dieses nach dem »Concept von
Schreiberhand« mitgetheilten Briefes ist in meinem Besitze.
In dem an Hirt gelangten Schreiben fehlt »bereits«. Die
Datirung lautet: Weimar, den 12. August 1827. Dieses Datum
sowohl wie die Worte : »Dankbar, treu verbunden J. W. v. Goethe«
sind' von Goethes, der Context von Kräuters Hand. Der Brief
wurde bereits 1893 in meiner Schrift »Sesenheim, wie es ist«,
S. 51 f. abgedruckt. Gustav A. Müller.
S. 217. Carl Matthaei studirte nicht nur in Altdorf und
Leipzig, sondern auch in Halle und zwar wurde »Carl Job.
Conr. Mich. Matthaei Norimbergensis am 18. Oktober 1765
als Theologe« daselbst immatrikulirt. — Seiner Hallenser
Studienzeit gedenkt Matthaei in Briefen an Bodmer, welche
sich in des Letztern brieflichem Nachlass befinden.
S. 236. Carl Matthaei hielt sich weder 1777 noch 1778
längere Zeit in der Schweiz (Zürich, Lausanne) auf; er traf,
aus Braunschweig kommend, den 30. Juli in Strassburg ein
und lebte in dieser Stadt noch das ganze folgende Jahr hin-
durch. Wegen seiner verantwortungsvollen Erzieherstelle
konnte er während der beiden genannten Jahre nicht einmal
auf ein paar Tage in die nahe Schweiz kommen. Diese
Notizen sind der oben erwähnten handschriftlichen Quelle
entnommen. Heinrich Funck.
S. 258, Z. 1—2. Vgl. Vers 925/26: »Ihre Kraft Und
Eigenschaft.« Diese Uebereinstimmung beweist, dass auch die
Beschwörungsverse Fausts dem Pudel gegenüber unter dem
Einfluss des Wechselgesprächs stehen und ihm ihre Form ver-
danken.
S. 258, Z. 29 1. Thierverse statt Vierverse. A. Tille.
NÄCHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN. 265
S. 281, Z. I lies »der vierten« statt »den meisten«. Z. 5 1.,
greifenden statt preisenden.
S. 283. Die richtige Auflösung der Geheim -Adresse ist,
wie ich schon vor Ausgabe des Goethe- Jahrbuches, aber
zu spät für eine Aenderung, bemerkte, im 7. Bande der Briefe
Goethes (W. A.) S. 381 gegeben: nämlich Steinauer. Meine
Auflösung konnte nicht richtig sein, weil ihr die Unterlage
fehlte. Die Adresse lautet nicht, wie man ursprünglich las:
Kpa . . öbio^, sondern ist laut freundlicher Belehrung Dr. Ed.
V. d. Hellens ein Gemisch von neun Zahlen, Zeichen und
Buchstaben, das im 7. Bande wegen technischer Schwierig-
keiten nicht wiedergegeben werden konnte. Aus denselben
Gründen muss es auch hier fehlen.
Albert Bielschowsky.
S. 330, Z. 20 1. Ludwig Aub.
S. 336, Z. 5 V. u. 1. A. E. Schönbach.
S. 338, Z. 29 1. Consentius.
S. 350, 4 V. u. ergänze: von Julius Schapler.
Zu Bd. XVII, S. 13, Z. 18 V. o. lies »ihres« statt »seines«.
S. 84, Z. 14 muss es statt »zogen« heissen: »zog«.
S. 251 (der 16. Bogen war am 14. März gesetzt). Die
A. Z. d. Jud. 27. März 1896 bringt eine Notiz über einen
Brief, »den Munk als junger Gelehrter von Weimar aus an
seine Mutter geschrieben hat und in welchem der junge
Orientalist einen Besuch bei Goethe schilderte. Er war dar-
aus zu ersehen, dass Munk Gunst bei Goethe gefunden hatte,
denn der sonst spröde, alte Meister unterhielt sich mit ihm
lange. Als nun vor einiger Zeit eine Versammlung der Goethe-
Gesellschaft in Weimar stattfand, erbat sich ein Breslauer
Stadtrath und Goethe-Kenner den Brief und nahm ihn nach
Weimar mit, und hier stellte sich heraus, dass Goethe unter
dem. Datum des Briefes in den Tagebüchern gleichfalls eine
längere Notiz über den Besuch des jungen Orientalisten auf-
gezeichnet hatte«. L. G.
2. Chronik.
A. NEKROLOGE.
Das Curatorium des Goethe - National -Museums hat im
verflossenen Jahre die beiden Mitglieder durch den Tod ver-
loren, die nach dem landesherrlichen Stiftungsbrief in seiner
Mitte die Familien vertreten, denen das Museum für Ueber-
weisung kostbarer Gegenstände aus dem Nachlass des Dichters
verpflichtet ist. Das Museum beruht bekanntlich in erster
Linie auf dem Nachlass des am 15. April 1885 verstorbenen
letzten männlichen Nachkommens Goethes, des Kammerherrn
Walter von Goethe. Er hatte die Gebäude nebst Garten des
Stadthauses mit ihrem Inhalt »an Sammlungen von Bildern,
Medaillen u. s. w., sowie alles was in dem von dem Gross-
vater benutzten Vorzimmer, in der Studirstube und dem
Schlafzimmer sich befindet« dem Weimarischen Staate ver-
macht. Eine werthvolle Anzahl von Kleinodien, Gemälden,
Sculpturen, Reliquien aller Art blieb aber durch diese Fassung
der Bestimmung ausserhalb der Stiftung und fiel den Intestat-
erben zu, dem Generaladjutanten des Grossherzogs von Sachsen,
Generallieutenant Grafen Leo von Henckel- Donner smarck, der
mit Ottilien von Goethe, der Mutter des Erblassers, denselben
Grossvater hatte, und dem Sanitätsrath Dr. Felix Vulpius^
einem Bruderssohne der. Christiane, von .Goethe, der Gattin des
Dichters zu. In dankenswerthester Weise vervollständigten beide
Herren auf Anregung des Dr. Vulpius das Goethische Vermächt-
niss durch eine Stiftung, in der sie dem Staate die oben erwähnten
Kunstsachen, Gegenstände, persönliche Erinnerungen u. s. w.,
über die Walter von Goethe nicht oder nicht in zweifelloser
Weise verfügt hatte, dem Museum überwiesen. Unter dem
15. Juni 1885 wurde die Urkunde über diese Stiftung landes-
herrlich bestätigt und am 8. August desselben Jahres der
Stiftungsbrief über die Errichtung und Organisation des Goethe-
Chronik. 267
Museums selbst vollzogen, durch welchen Graf Henckel von
Donnersmarck und Dr. Vulpius in das Curatorium desselben
berufen wurden. Die Goethe-Gesellschaft sprach ihnen den
Dank aller Goethefreunde für ihre hochherzige Stiftung da-
durch aus, dass sie sie zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft
ernannte.
Am 27. December v. J. verschied Graf Leo Henckel im
Alter von 67 Jahren. Er war am 8. Januar 1829 zu Merse-
burg geboren und widmete sich der militärischen Laufbahn.
1847 trat er bei dem Rheinischen Kürassierregiment Nr. 8
ein und ward zu Anfang der fünfziger Jahre als Ordonnanz-
Officier zu dem Grossherzog Carl Alexander von Sachsen,
dem Chef jenes Kürassierregiments, befehligt. Der gebildete
und geistvolle junge Mann, der durch seine Familie zu Weimar
in näherer Beziehung stand, ward bald durch die besondere
Freundschaft des Grossherzogs ausgezeichnet und wiederholt
mit wichtigen Sendungen betraut. Nach seinem Ausscheiden
aus dem preussischen Militärdienst trat er zunächst als Ober»
Schlosshauptmann, später als Generaladjutant und Wirklicher
Geheimer Rath in die Dienste des Grossherzogs. Graf Henckel
war eine der bekanntesten und durch seine vornehme Freund-
lichkeit beliebtesten Persönlichkeiten der gesellschaftlichen
Kreise des heutigen Weimar. Im Feldzug 1870/71, den er als
Adjutant des Generals von Werder mitmachte, zeichnete er
sich zumal in den Kämpfen um Beifort gegen die Armee
Bourbakis hervorragend aus und erwarb sich hier das Eiserne
Kreuz I. Classe.
Sanitätsrath Dr. Felix Vulpius ist am 27. April 1895 in
Weimar gestorben. Er war dort geboren am 17. Juli 1 814 als der
zweite Sohn des Bibliothekars Rath Christ. August Vulpius.
Er wuchs auf in den intimsten Beziehungen zu den Goethi^
sehen Enkeln und wirkte als vierjähriger Knabe u. a. in dem
grossen Goethischen Maskenzug am 18. October i8i8 zur
Feier der Anwesenheit der Kaiserin von Russland mit. Nach
dem Tode des Vaters (1827) bewohnte er mit der Mutter
das Goethe gehörige kleinere Haus am Frauenplan und kam
so in den letzten Lebensjahren des Dichters mit diesem viel-
fach in Berührung. Von 1834 — 1838 studirte er Medicin in
Jena, und nahm dann zu seiner weiteren Ausbildung einen
längeren Aufenthalt in Wien. Er Hess sich später als Arzt
in Weimar nieder. Mit der Goethischen Familie, die er auch
als Arzt berieth, blieben die Beziehungen stets die herzlichsten.
In beiden Männern, dem Sanitätsrath Dr. Vulpius wie dem
Generaladjutanten Grafen Henckel von Donnersmarck betrauern
Goethe-Museum und GoetheOesellschaft zwei hochangesehene
Mitglieder, deren Name stets unvergessen bleiben wird.
P. V. BOJANOWSKI.
268 Chronik.
Robert Keil, geb. 1826, Rechtsanwalt in Weimar, ist da-
selbst am 2. März 1894 gestorben. Er gehörte der Goethe-
Gesellschaft seit ihrem Beginne an, betheiligte sich aber in
Folge seines eigenartigen, leicht verletzbaren Wesens wenig
an ihren Bestrebungen. Er hat eine sehr reiche literarische
Thätigkeit entfaltet, die theilweise mit seinem Berufe, theil-
weise mit den Interessen des Schriftstellerstandes zusammen-
hing, die er eifrig förderte. Hauptsächlich war er Literar-
historiker und publicirte als solcher eine ziemliche Anzahl
Schriften, die sich jedoch nicht unbedingter Anerkennung
seitens der Fachgenossen zu erfreuen hatten. 1858 veröffent-
lichte er eine Geschichte des Jenaischen Studentenlebens und
später in Gemeinschaft mit seinem Bruder Richard Keil »Die
Gründung der deutschen Burschenschaft« und »Die burschen-
schaftlichen Wartburgfeste von 181 7 und 1867«. 187 1 liess
er den Briefwechsel der »Frau Rath« erscheinen, 1875 »Vor
hundert Jahren«, dessen erster Band Goethes Tagebuch, der
zweite Corona Schröter behandelt, 1882 »Goethe, Weimar und
Jena 1806«, dann das »Goethe-Nationalmuseum in Weimar« und
1890 einen „Goethe-Strauss«. Sein Werk Über deutsche Stamm-
bücher ist noch in der vorletzten Bibliographie (G.-J. XV, 340)
erwähnt; vielbenutzt wurden seine in der »Deutschen Revue«
gegebenen Auszüge aus den Tagebüchern Riemers, die er iii
Buchform zu sammeln gedachte. Viele seiner Arbeiten ent-
nahmen ihr Material seinen handschriftlichen Schätzen, denn
er war (das Folgende aus der Nat.-Ztg. 6. März) durch be-
sondere Fügungen zu einem reichen Schatz Goethischer Hand-
schriften in Vers und Prosa gelangt, zu ganzen Actenbündeln und
Convoluten aus der classischen Zeit, die er sorgsam behütete. Als
literarischer Testamentsvollstrecker des Geh. Hofraths Riemer,
des Freundes Goethes, als Rathgeber des alten Kräuter, Privat-
secretärs Goethes, und dessen Sohnes Dr. Edmund Kräuter,
hatte er eine Erbschaft an literarischen Reliquien übernommen,
um deren Besitz er vielfach beneidet wurde. In seinem stillen
Heim in Weimar hatte er ein hübsches Gartenzimmer mit all
diesen Kostbarkeiten gefüllt und zeigte sie namentlich in früheren
Jahren befreundeten Forschern und Gelehrten mit bereitwilliger
Liebenswürdigkeit. In Spinden und Glaskästen lagen dort
dicke Hefte Goethischer Gedichte in dessen eigener klaren,
schönen Handschrift, die fast vollständigen Reihen der Ab-
theilungen, wie wir sie jetzt in den Gesammelten Werken finden
und die mannigfach von Goethe durchgesehen und verändert
erscheinen. Da lagen einige Sonette an Bettina v. Arnim,
ein von Goethe als >;Apell ans Genie« charakterisirter und so
überschriebener alter Kirchengesang »Veni Creator Spiritus«,
der dem Papst Gregor dem Grossen zugeschrieben wird und
an dessen Uebersetzung Goethe mit vielem Eifer gearbeitet
Chronik. 269
hat ; ferner ein Blatt aus dem Theatermanuscript des Götz von
Berlichingen, das aus dem Schlossbrande gerettet und von
Goethe an Riemer geschenkt worden war, . ein Gedicht auf
Thorwaldsens Geliebte, eine ganz eigenhändige Handschrift
des Singspiels »Erwin und Elmire« u. A. Als kostbarstes
Stück des Ganzen pflegte Keil aber den »Epilog zu Schillers
Glocke« zu zeigen, den Goethe eigenhändig auf kleine Quer-
octavblättchen geschrieben und vielfach durchcorrigirt hatte.
Keil beabsichtigte seit Jahren, von diesem herrlichen poeti-
schen Nekrolog Goethes auf seinen grossen Freund eine Fac-
simile-Ausgabe herstellen zu lassen, ist aber leider nicht mehr
dazu gekommen, diesen Vorsatz auszuführen. Dann zeigte er
auch wohl eine entzückende Rötheizeichnung von Goethe,
das prächtige Brustbild der schönen jungen Mailänderin (?)
darstellend, jetzt im »Goethestrauss« abgedruckt. Ein dickes
Fascikel betraf Goethes Nachlass, aufgenommen von Kanzler
von Müller, Eckermann und Kräuter, die Schrank um Schrank
der Goethischen Wohnung öfl*neten und den Inhalt inven-
tarisirten. Da las man auf dicken Brief- und Actenpacketen
die Aufschriften »Rückkehr aus Strassburg«, »Klassisch -roman-
tische Walpurgisnacht, zweites Mundum«, »Paralipomena zu
Faust«, zu »Hanswursts Hochzeit«, da sah man ein kleines
Portefeuille mit drei Haarlocken, eine davon mit »Charlotte«
bezeichnet. Das ganze Zimmer war mit Büsten und Bildern aus
der Goethezeit ausgeschmückt, die Schränke mit alten Tassen
und Gläsern, mit werthvollen Ringen und Medaillen gefüllt.
— Die Papiere aus dem Kräuterschen Nachlasse hat das
Goethe-Schiller- Archiv bald nach seiner Gründung 1886 (vgl.
2. Bericht der Goethe-Gesellschaft G.-J. VIII, Anhang S. 9)
von Robert Keil erworben ; die beiden eigenhändigen Gedicht-
hefte von 1788 wurden schon damals dem Archive einverleibt.
L. G.
Durch den am 2. März 1895 erfolgten Tod John Stuart
BlackieSy früheren Professors des Griechischen an der Univer-
sität Edinburg, verliert auch Deutschland einen warmen Freund
und Verehrer. In Glasgow im Jahre 1809 geboren, machte er
seine Studien vornehmlich in Aberdeen und Edinburg, lag
denselben aber auch zwei Jahre in Deutschland ob, und
zwar auf den Universitäten Göttingen und Berlin. Neben
den streng fach wissenschaftlichen Forschungen, deren Ergeb-
nisse er vornehmlich in dem 1874 veröffentlichten bekannten
Collectiv -Werke »Horae Hellenicae« herausgab, waren es sein
engeres Heimathland, Schottland und Deutschland, zu denen
er sich immer wieder aufs Neue hingezogen fühlte. Schon
im Jahre 1834 veröffentlichte er eine metrische Uebersetzung
270 Chronik.
von Goethes »Faust<( mit werthvollen Anmerkungen. 1869
ecschien seine »Mnsa Burschicosaa, ein Bändchen von Liedern
für Studenten nach deutschen Mustern. Im folgenden Jahre
kamen seine »Kriegsiieder der Deutschen« heraus und im
Jahre 1883 legte er seine gereiften Ansichten über den
Charakter und den Einfluss des grossen deutschen Dichters
in seinem Werke über »Die Weisheit Goethes« nieder, für
den er stets eine besonders warme Verehrung empfunden.
Er gab seine Professur im Jahre 1882 auf, nahm aber immer
noch das regste Interesse an allen Vorgängen an der Edin-
burger Universität. Es ist auch vornehmlich seinen persön-
lichen Bemühungen zu danken, dass ein Lehrstuhl der kelti-
schen Sprache an derselben errichtet wurde, für welchen
Zweck es ihm gelang, in etwa vier Jahren 240,000 Mark zu
sammeln. (Frankf. Ztg. 5. März.)
In Steglitz bei Berlin ist am 29. Mai der bekannte Schrift-
steller Dr. Heinrich Pröhle, ehem. Professor an der Louisen-
städtischen Realschule in Berlin, im Alter von 73 Jahren
gestorben. Er war am 4. Juni 1822 zu Satuelle bei Neu-
haldensleben als Sohn des dortigen Pfarrers geboren, studirte
zu Halle und Berlin Geschichte und Philologie, beschäftigte
sich dann einige Zeit journalistisch und lebte in den ersten
fünfziger Jahren frei schaffend im Harz, meistens mit Sagen-
forschung und Untersuchungen zur Geschichte des Harzes
beschäftigt. 1857 wandte er sich nach Berlin, wo er 1859
seine Lehrth^tigkeit an der Louisenstädtischen Realschule be-
gann, die er bis zum Jahre 1890 ausübte. Seine schrift-
stellerische Thätigkeit galt in erster Linie dem Harz, seinen
Sagen und Märchen. Durch persönliche Beziehungen zu Halber-
stadt, gab er sich mit grosser Liebe der Erforschung von
Gleims Stellung und Wirkungen hin und veröffentlichte, in
seiner Auswahl nicht immer glücklich, zahlreiche Beiträge
aus dem Gleim-Archiv. Einzelnes davon kam auch der Goethe-
Literatur zu Gute, so die Untersuchungen über K. Ph. Moritz
und das Buch: »Abhandlungen über Goethe, Schiller, Bürger
und einige ihrer Freunde. Mit Knesebecks Briefen an Gleim
als Seitenstück zu Goethes Campagne in Frankreich.« Pots-
dam 1889. L. G.
Wilhelm Kieser wurde am 3. Juni 181 1 zu Langewiesen
geboren, besuchte das Gymnasium zu Rudolstadt und wandte
sich, nachdem er 1830 in Arnstadt das Maturitätsexamen be-
standen, nach Jena, um Theologie zu studiren. Indessen
Chronik. 27 1
führten ihn Neigung und Begabung sehr bald den klassischen
Studien zu; ein lebhafter und energischer Wissenstrreb hatte
schon den Knaben ausgezeichnet, lind so imrden Eichstädt
und Göttling sehr bald auf den kenntnissreichen und streb-
samen Studenten aufmerksam. Von Jena aus begab sich Kieser
iS$2 nach Berlin, wo er sich hauptsächlich von Boeckh an-
gezogen fühlte. Entscheidend für die Richtung, die später
seine geistige Arbeit zum Theil nahm, war hier auch das
lebhafte Interesse, das er den Aufführungen des königlichen
Schauspiels entgegenbrachte. Den Rest seiner Studienzeit
(1833—34) verlebte er in Leipzig, wo er auch Herbst 1833
zum Doctor promovirt wurde. Er wurde in Leipzig ein eifriges
Mitglied von Gottfried Hermanns griechischer Gesellschaft,
und Hermann hat in einem noch vorliegenden Zeugnisse sich
auf das Günstigste über Begabung und Leistungen Kiesers
ausgesprochen. Am i. October 1834 wurde Kieser am Gym-
nasium zu Arnstadt angestellt und folgte dann 1836 einem
Rufe an das Gymnasium zu Sondershausen, dem er bis zum
Schlüsse seiner Amtszeit angehört hat, zuerst als Professor,
dann lange Jahre als'Directorr Auch die äussere Anerkennung
für seine Verdienste blieb nicht aus; er wurde zum Geheimen
Schulrath ernannt; das Vertrauen seiner Mitbürger entsandte
ihn seit 1848 regelmässig in den Landtag, wo er auch zeitweilig
das Amt eines Vicepräsidenten bekleidete ; und auch sonst sind
ihm Zeichen der Liebe und Verehrung wiederholt zu Theil ge-
worden. Als Lehrer hat er eine reichgesegnete Thätigkeit ent-
wickelt, und wer wie der Verfasser dieses kurzen Nachrufes das
Glück gehabt hat, sein Schüler zu sein, wird sich mit Dankbar-
keit der reichen Anregungen erinnern, die von dem verehrten
Manne ausgegangen sind. Vor wenigen Jahren trat Kieser in
den Ruhestand; lebhaft und frisch, jedem geistigen Interesse
zugewandt und noch in seinen letzten Lebenstagen damit be-
schäftigt, sein bedeutendes Wissen auszubauen und zu ergänzen,
blieb er bis an seinen am 5. November 1895 erfolgten, von seinen
Kindern, Schülern und Mitbürgern tief betrauerten Heimgang.
Von Kiesers Arbeiten zur Goetheforschung (Psychologische,
ästhetische und grammatische Bemerkungen über Goethes
Iphigenie, 1843. Entwickelung des sittlichen Conflictes in
den zwei letzten Aufzügen der Goethischen Iphigenie, 1848.
Ueber den ersten Act der Goethischen Iphigenie, 1856. Ueber
Goethes Tasso, 1868; sämmtlich Programme des Gymnasiums
in Sondershausen) liegt die älteste um mehr als fünfzig, die
jüngste beinahe dreissig Jahre zurück. Bei ihrem Erscheinen
haben die Abhandlungen fast durchweg warme Anerkennung
gefunden ; Aufforderungen, die werthvollen Untersuchungen
durch einen neuen Abdruck allgemein zugänglich zu machen,
sind wiederholt von Gelehrten, Freunden und Schülern an
272 Chronik.
Kieser gerichtet worden; er aber wollte die Programme nur
in völliger Neubearbeitung wieder in die Welt gehen lassen,
und so ist ein Neudruck überhaupt nicht zu stände gekommen.
Das ist sehr zu beklagen. Denn wie sehr sich inzwischen
auch die Methode des literarhistorischen Betriebes geändert
hat, die Verdienste, die sich Kieser namentlich um die Aus-
legung der Iphigenie erworben hat, dürfen als bleibende be-
zeichnet werden. Die erste Arbeit skizzirt zunächst die Gestalt
Iphigeniens nach den Hauptmomenten ihrer sühnenden und
versöhnenden Thätigkeit ; sie nimmt dann den ersten Auftritt
des 2. Actes gegen das Urtheil Gottfried Hermanns, der dieser
Scene wesentliche Bedeutung absprach, in Schutz und weiss
die Stellung, die der Scene im Plane des Ganzen zukommt,
vortrefflich auseinanderzusetzen; sie verfolgt schliesslich den
Heilungsprozess des Orestes durch seine einzelnen Stadien.
Geradezu musterhaft weiss die zweite Abhandlung die Charakterr
entwicklung der Iphigenie auf Grund der in den beiden letzten
Acten dargestellten Vorgänge bis ins Einzelste zu verfolgen.
Auch der dritten Arbeit, die den ersten Act feinsinnig zu
zergliedern und ihn als glänzende Exposition zu würdigen
weiss, kann man hohes Lob nicht versagen. Das vierte Prot
gramm führt, hauptsächlich auf Grund einer eindringenden
Analyse von Tassos Charakter den Nachweis für die jetzt
wohl so gut wie allgemein angenommene Thatsache*, dass
wir es im Tasso mit einem tragischen Abschlüsse zu thun
haben. Stärker als wir es heute gewöhnt sind, wird die Dar-
stellung Kiesers von philosophischen Constructionen, nament*
lieh Hegels, beherrscht; aber der Kern der Arbeiten wird
dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt ; denn vor jeder Ver-
flüchtigung in Abstractionen schützte den Verfasser seine gründ-
liche Kenntniss des realen Untergrundes seiner Forschungen,
und mehr noch sein Bestreben, nichts Fremdes in den be-
arbeiteten Stoff hineinzutragen, sondern nur den Absichten
des Dichters nachzugehen und diese zu verstehen. Gerade
für diese Seite literarhistorischer Arbeit war Kieser durch
sein fein anempfindendes Gefühl für poetische Schönheit und
künstlerisches Ebenmass ebenso wie durch sein sorgfältig ab-
wägendes, gesundes und gerechtes Urtheil hervorragend be-
fähigt. Trotz des Abstandes der Zeiten würde es daher nur
dringend zu empfehlen sein, die Programme in irgend einer
Weise wieder allgemein zugänglich zu machen; es wäre die
schönste Ehrung, die dem Andenken des vortrefflichen Mannes
zu theil werden könnte. Georg Elunger.
Chronik. 273
B. VERSCHIEDENES.
Am 22. Februar veranstaltete die Direction des Indepen«
dent Theatre in Manchester unter der Regie des Herrn L.
Calvert die erste Aufführung von Goethes Clavigo in England
in englischer Sprache. Die Urtheile der Localkritik über das
ihrem Bewusstsein nagelneue Stück lauteten sehr verschieden ;
die Aufführung erwarb sich ungetheiltes Lob. Die von Mit-
gliedern der Manchester Goethe-Society besonders angefertigte
Uebersetzung wird aller Wahrscheinlichkeit nach binnen kurzem
im Druck erscheinen.
Die von dem am 25. März v. J. verstorbenen Budapester
Rechtsanwalt Herrn Balth. Elischer hinterlassene Goethe -
Sammlung ist von dessen Erben Prof. Julius Elischer nebst
einem zu ihrer Unterhaltung und Vermehrung dienenden Fonds
der Ungarischen Academie überwiesen worden. Sie enthält :
I. Etwa vierzig Handschriften, Autogramme und Notizen,
sämmtlich von Goethes eigener Hand.
II. Eine Handschriften-Autogramm-Sammlung, aus dem
Weimarer Hof- und Dichter-Kreise, mit Bezug auf Goethe
(96 Nummern, aus etwa 123 Stücken bestehend), darunter:
Briefe von Schiller, Wieland, Herder, der Grossherzogin
Amalia, Grossherzog Carl August u. A.
III. Goethe-Portraits (180 Stück) und eine Portrait-Samm-
lung seiner Zeitgenossen, auf etwa 115 Cartons, in einem
Portefeuille.
IV. Eine Sammlung von Goethe-Medaillen (20 Stücke in
Etuis).
V. Bibliothek: darin sämmtliche Gesammt- Ausgaben der
Werke Goethes (der Zahl nach 18 Ausg., etwa 250 Bände);
ungefähr 70 Stück erste Ausgaben (editiones principes); etwa
2000 Nummern auf Goethe bezügliche Werke, Schriften,
Commentare, Abhandlungen; etwa 590 Nummern auf Goethe
bezügliche Zeitschriften- und ausgeschnittene Zeitungs-Artikel ;
etwa 50 illustrirte und Pracht-Ausgaben von Goethes Werken.
VI. Einzelne Kupfer- und Stahlstiche, ein vollständiges
Exemplar der Kaulbachschen Goethe -Gallerie in Grossfolio-
format, Goethe-Portraits in photographischen Copien (20 Stück),
theil weise in Goldrahmen.
VII. Musikalien, mit Goethischen Texten, etwa 742 Num-
mern, in 376 Bänden und Heften.
VIII. Die Carlsbader Mineralien-Sammlung.
IX. Einige Goethe-Statuetten und Medaillons, in Gypsguss.
X. Einige Goethe-Reliquien.
Goetue-Jaurbuch XVII. i8
274 Chronik.
Am i8. Juli feierte G. Stickel, einer der wenigen Ueber-
lebenden aus der Goethe-Zeit, seinen 90. Geburtstag. Ueber
seine Beziehungen zu Goethe hat er selbst an dieser Stelle
berichtet (G.-J. VII, 231—240). Dem würdigen Veteranen,
der in wunderbarer Rüstigkeit die Last der Jahre trug und
unermüdet seine Lehrthätigkeit und wissenschaftliche Arbeit
fortsetzte, sollte an dieser Stelle, wenn auch verspätet, der Glück-
wunsch aller derer dargebracht werden, die sich mit Goethe
beschäftigen. Unter den dem Jubilar dargebrachten Glück-
wünschen befand sich ein Schreiben des Grossherzogs Karl
Alexander. Dieser schickte dem Nestor der Jenaer Universität
sein Bildniss und schrieb : »Ich füge ihm noch eine Denkmünze
bei aus der Zeit, in der Sie zu Jena Ihren Studien sich gewidmet
haben. Die Münze zeigt im Bilde auf der einen Seite den Gross-
herzog Karl August und seine Gemahlin, auf der anderen
Goethe, sie stellt also vereint drei Persönlichkeiten dar, deren
Zeitalter für unsere Hochschule eine so hochbedeutsame Periode
gewesen ist. Gewiss wird es Ihnen, der seine Thätigkeit als
Gelehrter damals begonnen hat, willkommen sein, ein der-
artiges seltenes Erinnerungszeichen an Ihre Jugendzeit zu
besitzen.« Im Januar 1896 starb der hochverdiente Gelehrte,
dessen Andenken auch diese Zeilen geweiht sein mögen.
GOETHE- VORLESUNGEN AN HOCHSCHULEN MIT
DEUTSCHER UNTERRICHTSSPRACHE
(incl. aller Schweizerischen).
Zusammengestellt von Ludwig Fränkel.
I. An den Technischen Hochschulen und einigen im
G.-J. XV, 308 — 311 übersehenen Universitäten 1891 — 1894.
Sommer 1891. Genf: B. Bouvier, Goethe et Schiller;
Vieillesse de Goethe, 1794 — 1832; le Volksbuch de Dr. Faust.
— Lemberg ; R. M. Werner, Geschichte der deutschen Literatur
im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts.
Winter 1891/92. Darmstadt: O. Roquette, Geschichte
der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert; über Goethes
Faust. — Genf: B. Bouvier, Conference pratique: la seconde
partie du Faust de Goethe. — Karlsruhe: A. Böhtlingk, Ueber
Goethe. — München (Techn. Hochschule) : L. Muggenthaler,
Deutsche Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. — Stuttgart:
J. Klaiber, Uebungen zu Goethes Faust. — Wien (Techn. Hoch-
schule): K. J. Schröer, Ueber die Dramen Goethes und Schillers
(ebenso Sommer 1892).
Sommer 1892. Dresden: A. Stern, Goethes Faust.
Winter 1892/93. Darmstadt: O. Roquette, Ueber Goethes
Faust. — Innsbruck : J. E. Wackernell, Uebungen an Goethes
Chronik. 275
lyrischen Gedichten. — München (Techn. Hochsch.) : L. Muggen-
thaler, Deutsche Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. —
Stuttgart: J. Klaiber, Goethes Faust, i. Theil; Uebungen in
Kritik -und Erklärung der philosophischen Gedichte Goethes
und Schillers. — Wien (Techn. Hochsch.): K. J. Schröer,
Ueber Goethes Faust (auch Sommer 1893).
Sommer 1893. Darmstadt: O. Roquette, Geschichte der
deutschen Literatur im 18. Jahrhundert. — Dresden: A. Stern,
Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts: die Wiederbefreiung
der Nationalliteraturen. — Genf: B. Bouvier, Etüde de Wilhelm
Meisters Lehrjahre de Goethe.
Winter 1893/94. Darmstadt: O. Roquette, Ueber Goethes
Faust; Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert:
bis zu Goethes Tod. — Dresden : A. Stern, Literaturgeschichte
des 18. Jahrhunderts: Das goldene Zeitalter der neueren Litera-
tur. — Innsbruck : A. Zingerle, Esercizt pratici di lingua tedesca
per gli Italiani, libro di testo : Goethes Italienische Reise. —
J. E. Wackernell, Goethes Faust (beides auch Sommer 1894).
— Karlsruhe: A. Böhtlingk, Ueber Goethe; Goethes Faust. —
Stuttgart: L. Fränkel, Gestalten der deutschen Poesie des
18. Jahrhunderts.
II. 1894 — 96.
Sommer iSg4, Basel: St. Born, Die literarische Umwälzung
m der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. — A. Socin, Geschichte
der deutschen Literatur von 1794— 1830. — Berlin: E. Schmidt,
Ausgewählte Gedichte von Goethe u. A. (Seminar). — L. Geiger,
Der junge Goethe. — Bern: L. Hirzel, Geschichte der deutschen
I^iteratur vom Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts.
— Darmstadt: O. Roquette, Entwicklung der neueren deut-
schen Literatur. — Dresden: A. Stern, Allgemeine Literatur-
geschichte des 18. Jahrhunderts. — Freiburg i. Br.: A. Schröer,
Marlowes Tragical History of Doctor Faustus (Seminar). — -
R. Weissenfeis, Interpretation von Goethes Urfaust. — Frei-
burg i. d. Schw. : F. Jostes, Goethes Faust. — Genf: B. Bouvier,
Einfluss J. J. Rousseaus auf die deutsche Literatur in der
2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. — Gie^sen: A. Strack, Goethes
Leben und Dichten II, 1776 — 1832. — Göttingen: G. Roethe,
Ueber das klassische Zeitalter Weimars, das Leben und die
Schriften von Goethe, Wieland, Herder und Schiller. —
L. Morsbach, Marlowes Doctor Faustus. — Graz: B. Seuffert,
Die klassische Zeit der deutschen Literatur, II. — Greifswald:
A. Reifferscheid, Goethes und Schillers Xenien (Seminar). —
Halle: R. Haym, Deutsche Literaturgeschichte von Gottsched
bis auf unsere Zeit. — Heidelberg: C. F. Meyer, Ueber Goethes
Faust: Einführung und Interpretation, Geschichte der Faust-
sage und ihrer poetischen Bearbeitungen. — M. Frhr. v. Wald-
herg, Geschichte der deutschen Literatur von Schillers Tode
i8*
276 Chronik.
bis zur Gegenwart; Geschichte des deutschen Theaters. —
Jena: F. KaufTmann, Goethes Götz von Berlichingen (Seminar).
— Innsbruck: F. Demattio, Uebersetzungsübungen aus dem
Deutschen ins Italienische: Goethes Torquato Tasso. — Kiel:
E. Wolff, Geschichte der deutschen Literatur im Zeitalter
Goethes und Schillers. — Königsberg: H. Baumgart, lieber
Goethes symbolische Dichtungen ; Deutsche Literaturgeschichte
des 18. Jahrhunderts; Kritische Uebungen in der Interpretation
von Goethes lyrischen Gedichten und Balladen. — Leipzig:
G. Witkowski, Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahr-
hundert. — Marburg: A. Köster, Ausgewählte Gedichte von
Goethe u. A. — Münster: M. Kappes, Die Welt- und Lebens-
anschauung Schillers und Goethes. -— C. Drescher, Goethes
Dramen. — Prag: A. Sauer, Geschichte der deutschen Literatur
in der Periode des Sturms und Drangs. — Strassburg: R. Hen-
ning, Die deutsche Dichtung von 1806 bis 1832 nebst Er-
klärung ausgewählter Texte. — W. Wetz, Geschichte des Romans
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. — A. Roehrig, Interpre-
tation des Briefwechsels zwischen Schiller und Goethe (fran-
zösisch). — Stuttgart: C. Weitbrecht, Goethes Jugendwerke. —
Tübingen : H. Spitta, Kritische Vorträge über Goethes Faust.
— Wien: a. Universität: J. Minor, Goethe und Schiller von
'775— 'S05. — b. Technische Hochschule: K. J. Schröer,
Ueber Goethes Faust. — Zürich: Th. Vetter, Marlawe (Seminar).
Winter 1894/95. Berlin: E. Schmidt, Geschichte der
deutschen Literatur von Klopstock bis auf Schiller ; Goethes
Faust, mit einer historischen Einleitung. — L. Geiger, Goethes
Leben und Schriften von 1775 — 1805. — M. Herrmann, Er-
klärung ausgewählter Abschnitte aus Dichtung und Wahrheit
— Bonn : B. Litzmann, Neuere deutsche Literaturgeschichte, II.
(Lessing, Goethe, Schiller). — Breslau: M. Koch, Geschichte
des deutschen Dramas und Theaters von seinen Anfangen bis
auf Schiller; Goethes Leben und Werke; Interpretation Goethi-
scher Jugendgedichte (Seminar). — Darmstadt : O. Roquette»
Ueber Goethes Faust; Geschichte der deutschen Literatur im
18. Jahrhundert. — Giessen: H. Siebeck, Ueber Goethes Welt-
und Lebensanschauung. — Göttingen: M. Heyne, Geschichte
des deutschen Romans; G. Roethe, Erklärung von Goethes
Faust und Einleitung in die Faustsage und Faustdichtung. —
Graz: B. Seuffert, Geschichte der deutschen Literatur in der
Zeit des Classicismus und der Romantik. — J. Strzygowski,
Kunsthistorische Uebungen: Goethes Italienische Reise. —
Greifswald: J. W^ Bruinier, Deutsche Uebungen Ober das
Volksbuch vom Faust. — Halle: R. Haym, Ueber Goethes
Leben und Schriften. — K. Burdach, Ueber Goethes Faust. —
Heidelberg : C. F. Meyer, Das Drama der Sturm- und Drang-
zeit und Goethe als Dramatiker. — M. Frhr. v. Waldberg,
Chronik. 277
Goethes Faust mit besonderer Bertlcksichtigung des »Urfaust«
(Seminar). — Jena: F. Kauffmann, Goethe und Schiller. —
Kiel: E. Wolff, Goethes Faust. — Königsberg: H. Baumgart,
Ueber die classische Comödie der Alten und der Neueren;
Deutsche Literaturgeschichte von 1748 — 1805. — Leipzig: E.
Elster, Literarhistorische Gesellschaft : Die Hauptprobleme des
Goethischen Faust. — G. Witkowski, Die politischen und socia-
len Bewegungen des 18. Jahrhunderts im Spiegelbilde der zeit-
genössischen deutschen Dichtung. — Lemberg: R. M. Werner,
Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert. —
München : M. Carribre, Goethes Faust. — F. Muncker, Literar-
geschichtliche Uebungen über die Dichtungen des jungen
Goethe. — Münster: C. Drescher, Geschichte der deutschen
Dichtung des 18. Jahrhunderts. — Neuchatel: W. Domeier,
Die classische Periode der deutschen Literatur von Klopstock
bis zu Goethes Tod. — Prag : A. Sauer, Geschichte der deut-
schen Literatur während der classischen Periode; Erklärung
ausgewählter Gedichte Goethes. — Strassburg: E. Joseph, Faust
in Dichtung und Sage. — A. Roehrig, Interpretation des Brief-
wechsels zwischen Goethe und Schiller (französisch). — Stutt-
gart: C. Weitbrecht, Goethes Faust. — Wien: a. Universität:
J. Minor, Goethes Faust. L historische Einleitung über die
Faustsage und die Faustdichtungen; im Seminar: Uebungen
an Goethes Werken (Weimarische Ausgabe). — O. F. Walzel,
Die deutschen episch - lyrischen Dichtungen seit 1750. —
b. Technische Hochschule: K. J. Schröer, Ueber Goethes
Faust. — Zürich : J. Bächtold, Goethes Leben und Werke. —
J. Stiefel, Lessing, Goethe, Schiller als Dramatiker.
Sommer 1895. Basel: R. Kögel, Die Sturm- und Drang-
periode und der junge Goethe. — Berlin : E. Schmidt, Ueber
Goethes Leben und Schriften bis zum Jahre 1775. — L. Geiger,
Leben und Schriften Goethes 1805 — 1832. — Darmstadt:
O. Roquette, Entwickelung der neueren deutschen Literatur. —
Dresden : Ad. Stern, Goethes Faust. — Freiburg i. Br. : R. Weissen-
fels, Goethe. — Greifswald : J. W. Bruinier, Die Faustsage. —
Halle : R. Haym, Deutsche Literaturgeschichte von Gottsched
bis auf unsere Zeit. — Heidelberg: K. Fischer, Kritische Vor-
träge über Goethes Faust. — Kiel: E. Wolff, Goethes Welt-
anschauung. — Lausanne : Maurer, Das deutsche Theater von
1770— 1830. — Leipzig: R. Wülker, Goethe und Frankfurt
(zur Erklärung von »Dichtung und Wahrheit«). — J. Volkelt,
Aesthetik der Lyrik, im Anschluss an Goethes Gedichte
(Seminar). — E. Elster, Deutsche Literatur - Geschichte der
Sturm- und Drangperiode und des classischen Zeitalters. —
G. Witkowski, Geschichte des deutschen Dramas von der classi-
schen Zeit bis auf die Gegenwart. — München : F. Muncker,
Geschichte der deutschen Literatur im Zeitalter des Sturms und
278 Chronik.
Drangs. — Neuchatel : W. Domeier, Deutsche Sprache und Lite*
xatur in der classischen Periode von Klopstock bis auf Goethes
Tod. — Prag: A. Sauer, Goethe und Schiller von 1794 — 1805. —
Strassburg : A. Brandl, Uebungen an Marlowes Doctor Faustus.
— A. Roehrig, Interpretation des Briefwechsels zwischen
Schiller und Goethe, IL (französisch). — Wien (Techn. Hoch-
schule): K. J. Schröer, Ueber Goethes Faust. — Würzburg:
H. Roetteken, Goethes und Schillers Jugend und ihre Genossen.
Winter 1895/96. Basel: R. Kögel, Goethe 1775 — 1832.
— Berlin: E.Schmidt, Ueber Goethe und Schiller. — L. Geiger,
Goethes Faust. — Bonn: B. Litzraann, Geschichte des deut-
schen Theaters vom Ausgange des 16. Jahrhunderts bis auf
Schillers Tod. — A. E. Berger, Geschichte der neueren deut*
sehen Literatur, IL : von Herders Auftreten bis auf Goethes
Tod (1766 — 1832). — Darmstadt: O. Roquette, Goethes Faust;
Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert, IL —
Erlangen: E. Steinmeyer, Geschichte der deutschen Literatur
von der Reformation bis auf Schillers Tod. — Freiburg i. Br. :
R. Weissenfeis, Literarhistorische Uebungen über Goethes und
Schillers Balladen. — Halle : Ph. Strauch, Geschichte der deut-
schen Literatur von Luther bis zum Ausgange des 18. Jahr-
hunderts. — Heidelberg: K.Fischer, Kritische Vorträge über
Goethes Faust. — Innsbruck : J. E. Wackernell, Goethes Leben
und Lyrik. — Karlsruhe: A.Böhtlingk, Ueber Goethe. — Königs-
berg: H. Baumgart, Goethes Faust mit einer Einleitung über
die Faustsage. — Lausanne : Maurer, Der deutsche Roman seit
Werther. — Leipzig: G.Witkowski, Goethes Faust. — München:
F. Muncker, Geschichte der deutschen Literatur zur Zeit ihrer
höchsten Blüthe (seit 1780): Goethe, Schiller, die Romantik;
Goethes Faust. — Prag: A. Sauer, Goethes Faust und die Faust-
sage, — Strassburg: W. Windelband, Goethe und Schiller in
ihren Beziehungen zur Philosophie. — R. Henning, Die deutsche
Balladendichtung. — A. Roehrig, Interpretation von Goethes
Dichtung und Wahrheit (ed. Spemann, Deutsche National-
literatur ; französisch). — Tübingen : H. Spitta, Kritische Vor-
träge über Goethes Faust. — Wien : J. Minor, Goethes Faust,
II : historisch-kritische Einführung und Interpretation ; Leetüre
und Interpretation des ältesten Faustbuches, nach dem Text
in Braunes Neudrucken. — Zürich : a. Universität : J. Bächtold,
Goethes Faust. — b. Technische Hochschule:. J. Stiefel, Die
Hauptwerke der deutschen Klassiker und die Ideale des 18.
Jahrhunderts.
3
. Bibliographie.
Schriften.
A. WEIMARER GOETHE - AUSGABE.
Goethes Werke. Herausgegeben im Auftrage der Grossherzogin
Sophie von Sachsen. Weimar, H. Böhlaus Nachfolger.
Siehe G.-J. XIII, 259 mit der Anmerkung. Erschienen
sind im Jahre 1895 folgende Bände : i. Abtheilung, Band 18:
Die Aufgeregten; Das Mädchen von Oberkirch; Unterhal-
tungen deutscher Ausgewanderten; Die guten Weiber (mit
einem Bilde in Lichtdruck); Novelle; Der Hausball; Reise
der Söhne Megaprazons. (Redactor B, Seuffert, Herausgeber
R, Kögel, G, Roethe, A. Strack, B, Seuffert, A. Sauer,
L. Geiger undy. Wahle^ Band 25 ^ : Wilhelm Meisters Wander-
jahre 2. Theil. (Redactor C Redlich, Herausgeber E, Joseph,)
3. Abtheilung, Band 7: Tagebuch 1819, 1820. (Redactor B,
Suphan, Herausgeber F. Heitmüller, unter gelegentlicher Mit-
wirkung von J. Wähle,) 4. Abtheilung, Band 1 7 : Briefe von
Anfang 1804 bis zu Schillers Tod, Band 18: Undatirtes und
Nachträge, sowie Register zu Band 9 — 18. (Redactor B,
Suphan, Herausgeber A, Leitzmann,) Eingereiht ist der Bericht
Über 2. Abtheilung, Band 12: Meteorologisches und Nach-
träge, sowie Register über Band 6 — 12 dieser Abtheilung.
(Redactor B, Suphan, Herausgeber R, Steiner ^
B ' II, 12 für die Winterlieferung 1835 bestimmt, gelangte wegen
der Schwierigkeiten, die das Register bereitete, noch nicht zur Ausgabe ;
der vom Herausgeber längst fertiggestellte Bericht wurde in meiner
Abwesenheit mit den übrigen, denen er beigelegt war, an die Redaction
des Jahrbuchs gesandt. B. S.
28o Bibliographie.
BERICHT DER REDACTOREN UND HERAUSGEBER.
ERSTE ABTHEILUNG.
Der Bericht über die 1894 erschienenen Bände 13 ^ und
24» (vgl. J.-B. XVI, 261), sowie der über Band 25' muss
dem nächsten Jahrbuch vorbehalten bleiben, da die Lesarten
zu denselben (Band 13" und Band 25") noch nicht er-
schienen sind. Die weitgreifenden Untersuchungen von August
Fresenius über das Verhältniss der. zu Goethes Lebzeiten
erschienenen Texte seiner Werke (vgl. J.-B. XVI, 261 ff.)
sind noch nicht zum Abschluss gediehen ; und Eugen Joseph
war durch äussere Umstände verhindert, die Lesarten zu 24
und 25' fertig zu stellen.
Band 18 entspricht dem 15. der Ausgabe letzter Hand,
ist aber um drei Stücke erweitert. Er schliesst sich an die
Dramen des 17. Bandes mit den »Aufgeregten« an und fügt
hiezu aus dem ungedruckten Nachlass im Goethe-Archiv das
Bruchstück eines Trauerspieles »Das Mädchen von Oberkirch«,
dessen Bedeutung und Art sein Herausgeber in den Nach-
richten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen,
philologisch-historische Classe 1895, Heft 4, S. 492 ff. vor-
trefflich kennzeichnet.
Rudolf Kögel, der Bearbeiter der »Aufgeregten«, benützte
zwei im Goethe-Archiv erhaltene Handschriften, aus deren
jüngerer das Manuscript für den ältesten Druck B »copirt«
ist, wie B^ deutlicher als B erkennen lässt. Der älteren Hand-
schrift fehlt der 3. Aufzug, nur ein Stück des von der jüngeren
hierein genommenen Gespräches findet sich schon in ihrer
7. Scene des 4. Aufzuges. Die jüngere Handschrift zeigt drei
Textstufen: die Grundlage ist dem Schreiber John »möglicher
Weise« aus H^ dictirt, so dass Goethe während des Dictates
eine Reihe von Stellen umgestaltete; dann hat Goethe selbst
die Niederschrift durchcorrigirt ; endlich traten Stellen von
Kräuters Hand dazu, zumeist solche, welche in H^ noch nicht
enthalten waren. Die für B daraus gefertigte, nicht erhaltene
Druckvorlage scheint wiederholt fehlerhaft von H^ abzu-
weichen; da sie aber gelegentlich absichtlich von WH*
sich unterscheidet, durfte auch da, wo sie fehlerhaft zu sein
scheint, ihre Autorität für die Textgestaltung nur mit grosser
Vorsicht missachtet werden. Die Uebereinstimmung der Hand-
schriften mit BB^ legt manche Verbesserung für die Ausgabe
letzter Hand nahe. — Zur Ausfüllung der unvollendeten Theile
sind keine handschriftlichen Ansätze vorhanden.
Vom »Mädchen von Oberkircha ist nur der i. Auftritt
und ein Stück des 2. des i. Aufzuges erhalten; Gustav Roethe
Bibliographie. 28 1
hat sie nach der einzigen Handschrift herausgegeben, doch in
die Orthographie der Gesammtausgabe umgeschrieben. Ein
dürftiges Schema der ftlnf Acte ist hinter den Lesarten mit-
getheilt.
mDie Unterhaltungen deutscher Ausgew ändert enn sind von
Adolf Strack herausgegeben. Handschriften liegen nicht vor.
Der Druck in den »Hören« ist die älteste Grundlage; sie
erfuhr allein für die Ausgabe A eine bedeutendere Revision;
die späteren Drucke bringen nur wenige Aenderungen, zu-
meist an Orthographie und Interpunction. Einige Verbesse-
rungen des Textes waren auch bei dieser beschränkten Ueber-
Heferung möglich.
Die Erzählung »Die guten Weiber«, ein Miniaturseitenstück
2u den »Ausgewanderten«, ist im ersten Entwürfe handschrift-
lich im Goethe- und Schiller-Archiv vorhanden. Diese Hand-
schrift wurde in einer stark verbesserten Abschrift dem ersten
Drucke im Damenkalender zu Grunde gelegt, und wieder in
einer andern wenig verbesserten Abschrift den Drucken in
Goethes Werken, wobei die erste Verbesserung nicht in Be-
tracht gezogen wurde. So erklären sich die schon von Bernays
beobachteten Widersprüche der Ueberlieferung, die aber nicht,
wie Bernays, Ueber Kritik und Geschichte des Goethischen
Textes S. 77 sagt, erst CC eintreten, sondern schon in B
(an dem Bernays nur »kleine Verbesserungen« fand). Man muss
sich also an die Redaction des Damenkalenders, oder an die
der Werke halten, eine Vermischung beider, wie sie in allen
neueren Ausgaben versucht wurde, ist unstatthaft. Wenn nun
auch die frühere Redaction eingreifender und im ganzen be-
friedigender ist, musste doch die spätere, die dem ältesten
Entwürfe enger folgt, der Weimarer Ausgabe zu Grunde ge-
legt werden, da Goethe diese, allerdings wohl nur weil er
die Redaction für den Damenkalender vergessen hatte, den
Werken einverleibte.
Die Unterschiede der Redactionen habe ich im Goethe-
Jahrbuch XV, 158 ff. »/genügend gekennzeichnet, freilich ohne
Kenntniss der Handschrift, wodurch sich manches Hysteron-
proteron im Urtheil einschleichen musste. Der grösste Theil
meiner dort aufgestellten Vermuthungen ist aber durch die
Handschrift bestätigt worden. Bestätigt ist auch durch die
Veröffentlichung in der Münchener Allgemeinen Zeitung 1894,
Beilage Nr. 14, Cottas Antheil am Wiener Druck. Bestätigt
ist ferner, dass ich für die Erzählungen von Ferrand und von
der Pächterin literarische Quellen voraussetzte; denn die
Handschrift gibt beide, besonders die erstere mit reicherem
Detail, das Goethe während des Dictates und nachträglich
streicht.
Eine ungemein schwierige Aufgabe stellte der gleichfalls
282 Bibliographie.
im Goethe-Archiv vorhandene handschriftliche Nachlass zur
»Noifeile«. Es liegen 13 Handschriften vor, von denen keine
einzige vollständig ist, manche nur kurze Bruchstücke bieten.
Ihre chronologische Folge ergab sich meist ohne Weiteres
aus der Textgestalt: zur genaueren Datirung konnten einige
in den Blättern enthaltene Daten und die aus den Tage-
büchern gesammelten, einleitungsweise abgedruckten Notizen
helfen. Ein besonderes Problem stellte die umfänglichste der
erhaltenen Handschriften W^ dadurch, dass sie zwei später ge-
strichene Partien bringt, die sich aus dem Jüngern Text wie
Bruchstücke einer älteren Fassung herausheben. In einer Tabelle
macht Roethe die verwickelte Kette der Ueberlieferung über-
sichtlich. Für Goethes Stilisirungsbemühen ist der Apparat
von aussergewöhnlichem Interesse; der Text des ältesten
Druckes C* gewann nur wenige Besserungen. Die Schemata
theilt Roethe am Schlüsse des Lesartenverzeichnisses mit und
verweist dabei auf die entsprechenden Stellen des ausgeführten
Textes.
Diesen Erzählungen des alten 15. Bandes sind noch zwei
weitere angeschlossen. »Der Hausballv ist nach dem »Tie-
furter Journal« auf Grund einer neuen genaueren Collation
herausgegeben von dem Entdecker des Originales zu diesem
Stücke, August Sauer. »Rührt auch der Auszug selbst viel-
leicht von Seidel her, so muss das Fragment dennoch eine
Stelle in Goethes Werken beanspruchen durch den Anfang
wie durch den Schluss, die beide sicherlich Goethes Eigen-
thum sind.« Der Text ist der Gesammtausgabe angepasst, in
den Lesarten wird, wo es nöthig schien, auf die Wiener
Vorlage verwiesen.
Die i) Reise der Söhne Megaprazonsa ward aus dem 56.
Bande der Ausgabe letzter Hand in diesen herübergenomraen.
Da Ludwig Geigers Manuscript der Lesarten kurz vor der
Drucklegung verloren ging und zu spät wieder auftauchte,
besorgte Julius Wähle auf Grund einer neuen Vergleichung
der Handschriften und Drucke die Schlussredaction des Textes
und die Abfassung der Lesarten. Die einzige im Goethe-
Archiv erhaltene Handschrift ist aller Wahrscheinlichkeit nach
dieselbe, welche den einstigen Herausgebern des Nachlasses
vorlag ; so mussten ihre Abweichungen davon als willkürliche
Aenderungen beseitigt werden. Das Stück des Planes, das
sie abdruckten, ist nun, genau nach der Handschrift, als
Paralipomenon den Lesarten beigefügt und dabei auf die
entsprechenden Theile des Textes verwiesen. Aus dem Schema
ergibt sich, dass eine andere Ordnung der Fragmente nöthig
ist, als die von den ersten Editoren, doch wohl ohne eine
Urkunde über die Abänderung des Planes, getroffene. Weitere
Fragmente haben sich im Nachlass nicht erhalten.
Bibliographie. 283
Dem ganzen Bande hat August Fresenius viele Dienste
geleistet. Den Lesarten stellte der unterzeichnete Redactor
und Generalcorrector dieses Bandes eine Uebersicht der für
die Mehrzahl der Stücke gemeinsamen Drucke voran und
benützte hierbei für ihre Charakteristik die Beobachtungen
der einzelnen Herausgeber. B. Seüffert.
ZWEITE ABTHEILUNG.
Band 12. Als wichtigster ßestandtheil sind in diesem
Bande Goethes Arbeiten über Meteorologie enthalten. Sein
Inhalt setzt sich aus folgenden Stücken zusammen. Das erste
bildet der Aufsatz »Wolkengestalt« (5 — 13), der mit Anlehnung
an Luke Howards »On the Modifications of Clouds. London
1803« geschrieben ist. Goethe kannte, als er seine Aufzeich-
nungen niederschrieb, nur ein Referat über Howards Arbeit,
das in Gilberts Annaleri 181 5 enthalten ist und auf das er
durch den Grossherzog hingewiesen wurde (vergl. S. 6 des
Textes). Entstanden ist der Aufsatz im Herbst 181 7; zuerst
abgedruckt wurde er im 3. Heft des i. Bandes »Zur Natur-
wissenschaft«. An diese Arbeit schliesst sich in demselben
Hefte der Text unseres Bandes S. 15 — 41. Das folgende von
S. 42 — 45, 3 steht im 4. Heft des ersten; S. 45 — 5S, 10 im
I. Heft des zweiten Bandes »Zur Naturwissenschaft«. Hand-
schriftlich ist von diesem Theile des Textes nur 5—13,15 im
Archiv vorhanden. Den zweiten Theil des Textes nimmt die
Abhandlung »Ueber die Ursache der Barometerschwankungen«,
S. 59 — 73 ein. Sie steht im 2. Hefte des zweiten Bandes
»Zur Naturwissenschaft« und enthält eine vorläufige Mit-
theilung über die für Goethes ganze naturwissenschaftliche
Anschauungsweise besonders wichtige Hypothese, dass die
Ursachen derBarometerschwanküngen nicht kosmische, sondern
tellurische seien, und dass in einer gesetzmässig sich ändern-
den Stärke der Anziehungskraft der Erde diese Ursache zu
suchen sei. Die ausführliche Darlegung dieser Ansicht findet
sich erst in den »Nachgelassenen Werken« unter dem Titel:
»Versuch einer Witterungslehre«. Dieser Aufsatz enthält in
systematischer Folge Goethes Gedanken über meteorologische
Phänomene, deren gegenseitige Beziehungen und Ursachen.
Wir haben ihn zum dritten Theil des Textes gemacht (S. 74
bis 109). Er ist handschriftlich vorhanden, und zwar in einer
Niederschrift, die zum Theil von Eckermann, zum Theil von
Goethes Schreiber John besorgt ist. Goethe selbst hat den
grössten Theil noch sorgfältig durchcorrigirt. Diese Nieder-
schrift und der Druck in den »Nachgelassenen Werken« bilden
die Grundlage für unsern Text. An diese bereits gedruckten
284 Bibliographie.
Theile des Bandes schliessen sfch die ungedruckten Aufsätze
»Karlsbad« (110—114), Zur Winderzeugung (115), Wolken-
züge (116 — 117), Concentrische Wolkensphären (118 — 119),
Witterungskunde (120), Bisherige Beobachtung und Wtlnsche
für die Zukunft (121 — 122), Meteorologische Beobachtungsorte
(123 — 124). Der letzte Aufsatz verhält sich zu den meteoro-
logischen Arbeiten Goethes wie die methodologischen Skizzen
am Schluss des siebenten und zehnten Bandes zu den morpho-
logischen und geologischen Arbeiten. Er ist eine methodo-
logische Rechtfertigung der Goethischen Anschauungsweise.
An die meteorologischen Theile schliessen sich die »Natur-
wissenschaftlichen Einzelheit-en« : Betrachtungen über eine
Sammlung krankhaften Elfenbeins, Ueber die Anforderungen
an natur historische Abbildungen im Allgemeinen und an
osteologische insbesondere, Johann Kunckel, Jenaische Museen
und Sternwarte. Diese Aufsätze lassen sich nicht in eines der
gebräuchlichen naturwissenschaftlichen Fächer einreihen. Sie
sind deshalb auch in den »Nachgelassenen Werken« schon
in dem besondern Kapitel »Naturwissenschaftliche Einzelheiten«
untergebracht. Den Schluss des Textes bilden einige an den
Inhalt früherer Bände sich anreihende, aber erst nach dem
Druck derselben aufgefundene Skizzen. Den Anfang der »Para-
lipomena« bildet die von Goethe bei meteorologischen Be-
obachtungen zu Grunde gelegte »Instruction«. Er hat dieselbe
mit Beihilfe der Jenenser Meteorologen im Jahre 181 7 aus-
gearbeitet und 1820 verbessert. Er wünschte, dass nach dieser
Instruction die Beobachtungen an einzelnen Orten gemacht
würden (vgl. S. 123). Den übrigen Theil der Paralipomena
bilden Einzelheiten, die dem Gebiet der Meteorologie ange-
hören, und die sich dem systematischen Ganzen des Textes
nicht eingliedern Hessen.
Mit dem zwölften Bande schliesst die zweite, grössere
Hälfte der naturwissenschaftlichen Abtheilung, die Sammlung
der Schriften zur Morphologie, Geologie und Meteorologie.
Es wird diesem Bande deshalb, auf Anordnung der Redaction,
ein die Bände 6 — 12 umfassendes Namen- und Sachregister
beigegeben. Rudolf Steiner.
DRITTE ABTHEILUNG.
Den siebenten Band der Tagebücher, der die Jahre 1819
und 1820 umfasst, hat Ferdinand Heitmüller, unter gelegent-
licher Mitwirkung von Julius Wähle, bearbeitet. Bemerkens-
werthe Abweichungen von der bei den vorhergehenden Bän-
den bewährten Praxis in der Behandlung des Textes und der
Lesarten sind nicht zu verzeichnen; nur wurden für die
Bibliographie. 285
letzteren die Oberaufsichtsacten des Grossherzoglichen Staats-
ministeriums, soweit diese durchgearbeitet und excerpirt waren,
und die Quartalhefte in grösserem Umfange als bisher heran-
gezogen und einzelnes durch Abdruck kurzer Stücke aus
unveröffentlichtem Archivmaterial illustrirt. Das Interessanteste
dieser Art ist — neben einem Stück Agenda vom 4. Juli
18 19 — jedenfalls das Schema über Heinrich den Löwen
(S. 304 ff.), welches Goethe bei Gelegenheit der aus der
Pickschen Auction zu Köln erfolgten Erwerbung der altdeut-
schen silbernen Schale niedergeschrieben hat. Dasselbe fand
sich unter den Briefconcepten März/ April 1820, gehört aber
zweifellos in das S. 304 namhaft geroachte Acten fascikel, das
Goethe bei diesem Anlass anlegte. Ein anderes, Bäder und
warme Quellen betreffend, theilweise eigenhändig von Goethe,
bedarf noch näherer Erklärung; jedenfalls ist es nur durch
ein Versehen ins Tagebuch gerathen und mit eingeheftet
worden. Man findet es im Apparat S. 319 und 320. Auch
eine Probe aus einem von August geführten Reisejournal
wird mitgetheilt (S. 288).
Was die Fassung des Tagebuchtextes selbst anlangt, so
wurde schon im vorjährigen Bericht festgestellt, dass trotz
der seit Frühling 1817 äusserlich erweiterten Form (Acten-
format) diese noch »zunächst geschäftsmässig schematischcc
bleibt. Die knappe trockene, rein auf das Gegenständliche
gehende Diction wird auch in den Tagen des Carlsbader
Aufenthalts von 18 19 (S. 86—98) nicht verlassen; ein Ansatz
zu behaglich wärmerer Schilderung dagegen auf der Reise
ins Carlsbad 1820, besonders am 25., 26., 27., 28. u. 29. April
(S. 163 — 168) versucht. Der achte Band, dessen Text bereits
im Druck beendigt ist, wird diese Neigung belebterer Dar-
stellung beim Besuch der Böhmischen Bäder 1821 noch mehr
erkennen lassen.
Schliesslich sei hier noch ein Irrthum verbessert: S. 4, 23
heisst es, wie Prof. Adolf Stern richtig vermuthete : Christierns
statt Christinens. Ferdinand HEiTMiJLLER.
VIERTE ABTHEILUNG.
Anknüpfend an das Schlusswort zum vorigen Bericht
gedenke ich hier noch ein Mal der fruchtbaren grundlegen-
den Arbeit des bisherigen Herausgebers. Eduard von der
Hellen hat, indem er die stattliche Reihe der mit seinem
Namen bezeichneten Bände zu Stande brachte, den Sinn zu-
gleich auf das Ganze, die Gesammtausgabe der Briefe Goethes
gerichtet. So kommen seine wohlgeordneten Sammlungen,
nicht minder aber die Ergebnisse seines Forschens, zahlreiche
286 Bibliographie.
Bemerkungen zur Datirung und zur Behandlung des Textes
und Beiträge zur inhaltlichen Erklärung, dem Fortsetzer seiner
Arbeit zu gut, hauptsächlich bei den nächst anschliessenden
Bänden. Für Band 17 hatte er das Druckmanuscript fast im
vollzähligen Bestände, auch schon collationirt (57 Nummern
von 252), hinterlassen. Die Nachträge und Berichtigungen zu
den von ihm herausgegebenen Bänden (in Band 18 enthalten)
sind, bis auf wenige, von ihm selbst zusammengestellt. Eben-
massig ist er an der Vorbereitung der jetzt bereits ausge-
druckten folgenden Bände (19, 20) betheiligt. Gegen das
Ende der Reihe hin nehmen, wie es sich von selbst ver-
steht, von der Hellens Beiträge an Umfang ab; im ganzen
aber und für das Ganze sind sie derart beträchtlich, dass
wir ihn, auch nachdem er das Amt und Geschäft der Her-
ausgabe niedergelegt hat, als thatkräftigen Förderer von Ab-
theilung IV durchaus anzusprechen haben. B. Suphan.
Band ly enthält Goethes Briefe von Anfang 1804 bis
zu Schillers Tod (9. Mai 1805); nur 50 Nummern sind bis-
her ungedruckt. Goethes wissenschaftliche und gelehrte Be-
strebungen erfahren einige neue Aufschlüsse: die Verstaat-
lichung der mineralogischen Societät in Jena behandelt ein
Schreiben an Karl August; die ersten Schritte der neuge-
gründeten Jenaischen Literaturzeitung begleitet Goethe mit
regem Eifer: die ersten fertigen Nummern bringt er dem
Herzog zum Neujahrstage 1804 dar, der Wortlaut der Vor-
erinnerung zum ersten Bande wird mit Voigt besprochen,
Schmalz in Halle zur Mitarbeiterschaft aufgefordert; die Be-
rathungen mit dem Grafen Potocki, die Berufung deutscher
Gelehrter nach Charkow betreffend, setzen sich fort; wissen-
schaftliche Beziehungen zu Krause in Hannover, Schmidt-
Phiseldeck in Wolfenbüttel, Windischmann in Aschaffenburg
knüpfen sich an. Auf künstlerischem Gebiete sind ausser den
Briefen an Heinrich Meyer folgende zu nennen: ein Schreiben
an Karl August, die Herausgabe eines malerischen Werkes
über das Innere des neuen Weimarischen Schlosses befür-
wortend ; ein Empfehlungsbrief an den Grafen von Thürheim
in Würzburg für den Maler Wagner; ein menschlich schöner
Beileidsbrief an Wilhelm Christoph von Diede über den Tod
seiner Gemahlin erörtert architectonische Grabmonumente,
ein Brief an den Münchener Galleriedirector von Mannlich
die auch heute noch interessirende Frage der Beeinträchtigung
eines wahrhaft künstlerischen Genusses malerischer Werke durch
ihre massenweise Zusammenstellung in grösseren Räumen. Vier
Briefchen an Christiane sind in dem herzlichen Tone gehalten,
den wir aus früheren Jahren kennen ; Goethes Sinn für strenge
Disciplin zeigt das Billet an Vent ; zwei Briefe an den Prinzen
August von Gotha enthalten tiefe Betrachtungen und viel
Bibliographie. 287
Laune. Von geringerer inhaltlicher Bedeutung sind die übrigen
bisher ungedruckten Briefe ; an Lenz, an die Herzogin Luise,
an Rochlitz, an Voss, an die Professoren Fuchs und Acker-
mann in Jena, Theaterschreiben an Genast und Becker,
Lindenzweig und Kirms, an Frege in Leipzig, an Georg Karl
von Richter in Dresden, an die beiden Maler Langer, an
Senator von Welser in Nürnberg, an die Herzöge von Gotha
und Koburg, an Frommann, an Zelter, an Cotta. Zwei äusser-
liche Veränderungen, die vom Redactor gutgeheissen wurden,
werden hoffentlich als zweckmässig auch von den Lesern an-
erkannt werden; im kritischen Apparat sind die eigentlichen
Lesarten von den comraentirenden Anmerkungen unter jeder
Nummer durch einen Scheidestrich getrennt; dem Verzeichniss
der Postsendungen folgt eine Zusammenstellung der Notizen
in Goethes Tagebüchern, die seine Correspondenz betreffen.
Band 18 ist ein Nachtrag- und Registerband. Auf 39
undatirte Billete und Briefe aus der Zeit von 1788 — 1805
(darunter 18 ungedruckte an Batsch in Jena, Kirras, Knebel,
Karl August, die Disciplin der jenaischen Academie betreffend,
Voigt) folgen als Nachzügler zu den Bänden 3 — 17 84 Briefe
Goethes aus den Jahren 1779 — 1804, dann Berichtigungen
zu Band 1 — 17, endlich ein Generalregister zu den Bänden
9-18, das sich an die früheren in Band 7 und 8 anschliesst.
Von den erwähnten 84 Briefen sind nur 15 bisher bekannt
gewesen. Am werth vollsten sind die beiden von Bernhard
Suphan im Goethe-Jahrbuch XVI veröffentlichten Stücke an
Schiller vom October 1794 und an einen unbekannten
Adressaten und ein an Schiller gerichtetes fragmentarisches
Selbstbekenntniss vom April 1798. Zwölf Briefe an Göschen
aus den Jahren 1788 und 1789 erörtern Einzelheiten der
Drucklegung der ersten autorisirten Ausgabe von Goethes
Schriften. Opernpläne Goethes behandelt ein Brief an Reichardt,
den Bürgergeneral einer an Bertuch, Osteologisches ein Con-
cept an Merck, Optisches Briefe an Johann Voigt in Jena
und Soemmerring. Menschlich berühren wohlthuend die Briefe
an den Prinzen August von Gotha und Marianne von Eyben-
berg aus dem Jahre 1796. Von geringerem Werthe sind die
übrigen ungedruckten Stücke: an Stein, Johannes Müller, Voigt,
Bibliothekar Müller in Jena, an die Schlossbaucommission,
an Bentzel-Sternau in Erfurt, an die Baumeister Arens und
Steiner, an Cl^risseau, Einsiedel, Kirms, an das Kammer-
collegium, an Blumenbach, an einen Unbekannten, an Karl
August, Bertuch, Batsch, Lyncker, Vohs und Willms, Koppen-
fds, Griesbach, Schönborn, Escher in Zürich, Gädicke, Steffany,
Tieck, Nahl, Heinrich Meyer, Langer, an die Maler Hummel
und von Rohden, Koch, Primavesi, Riepenhausen, Wagner.
Albert Leitzmann.
288
Bibliographie.
B. UNGEDRUCKTES.'
BRIEFE. LITERATUR. NEUE AUSGABEN. GESPRÄCHE.
K. Th. Gaedertz: Ein un-
bekannter Brief Goethes an
Niebuhr. [27. Apr. i8i6.](Nat.-
Ztg. Sonntagsbeil. 13.)
C. A. H. Burckhardt : Ernst
Ludwig Grosse. [2 Briefe an
Goethe 1 821, 22.] (Euphorion.
n. s. 330 ff.)
Adolf Metz : Die fünf Goethe-
Briefe an Salzmann aus der
Strassburger Zeit. (Euphorion.
II. s. 346—351.)
L. Geiger: Goethes Briefe
1800 — 1803 und anderes Un-
gedruckte. (Allg. Ztg. Beil.26.,
27., 28. Juni.)
Heinr. Düntzer : Neuent-
deckte BriefentwUrfe Goethes
an Schiller. (Allg. Ztg. Beilage
Nr. 178.)
Michael Bernays : Bemer-
kungen zu einigen jüngst be-
kannt gemachten Briefen an
Goethe (G.-J. XTV), (M. B. Zur
neuem Literaturgeschichte. I.
Stuttgart, Göschen. S. 1 — 96.)
Michael Bernays: Der Brief-
wechsel zwischen Schiller und
Goethe in der Ausgabe von
1881. (M. B. Zur neuem Lite-
raturgeschichte!. S. 365—394.)
J. A. Stargardt, Catalog 200.
Culturgeschichte. Literatur.
(Briefe Goethes 1812— 1826.)
HO SS.
Gespräche mit Goethe in den
letzten Jahren seines Lebens.
Von J. P. Eckermann. Mit ein-
leitenden Abhandlungen und
Anmerkungen v. O. Roquette.
(In3 Bdn.) Stuttgart, J. G. Cotte
Nachf. i.Bd. 2 54SS.m.Bildniss.
2. Bd. 224 SS. Lwd. ä M. I.—
C. NEUE AUSGABEN DER WERKE.
Goethes Werke. 19. Theil
Wahrheit u. Dichtung. 3. Thl.
Herausg. von H. Düntzer.
(Kürschners Dtsch.Nationallit.)
Stuttgart, Union. 330 SS. mit
Bildnissen. M. 2.50.
Goethes Werke. 20. Theil.
Wahrheit u. Dichtung. 4. Thl.
Herausg. von H. Düntzer.
(KUrschnersDtsch.Nationallit.)
Stuttgart, Union. 378 SS. Mit
100 Illustrationen. Von S. 205
an »Abriss v. Goethes späterm
Leben«. M. 2.50.
Goethes Werke. 30. Theil.
Aufsätze über bildende Kunst
u. Theater. Hrsg. v. A.G.Meyer
u. G. Witkowski. (Kürschners
Dtsch. Nationallit.) Stuttgart,
Union. LXXV, 828 SS. M.2.50.
Goethes sämmtliche Werke
in 36 Bdn. Mit Einleitungen
V. K. Goedeke. 22., 23., 25.,
29., 31. — 35. Bd. Stuttg., Cotta
Nachf. X, 306, VI, 256, Vm,
304, VI, 444, vm, 354. XIV,
3SO,IV,382,XX,458,IV,448
ä Band M. i.io.
Goethes Werke. Auswahl in
16 Bdn. Mit biogr. Einl. v. S.
M. Prem. 12^ (XV, 208, 232,
279, 244, 308, 242, 166, 198,
152, 172, 151, 216, 164, 167,
183 u. 263 SS. mit Bildniss.)
Leipzig, G. Fock. Geb. M. 6. —
» Im Allg. vgl. die Vorbemerkung Bd. XVI, 274.
Bibliographie.
289
D. EINZELSCHRIFTEN UND ERLÄUTERUNGEN.
I. ALLGEMEINES. BIBLIOGRAPHISCHES. SPRACHLICHES.
METRISCHES.
G. Brandes: Eine Doppel-
anlage in dem Wesen Goethes.
(N. Fr. Presse iio68, 11069.)
Gedanken über Goethe. Von
Victor Hehn. 3. verm. Aufl.
Berlin, Bornträger. III, 408 SS.
mit Bildn. M. 8.—
Laurenz Müllner : Literatur-
und kunstkritische Studien.
Wien, Wilh. Braumüller. 280SS.
M. 4.— (S. 122 fg.)
Mittheilungen aus d. Goethe -
verein in Zwickau. Beibl. zum
Zwickauer Tagebl. Red. Prof.
H. C. Kellner. Nr. 7. i. Mai.
8 SS. in 4°.
Ernst Götzinger: Das Verb
»lassen« bei Luther u. Goethe.
(Z. f. d. dtsch. Unterr. 9. Jahrg.
3. H. S. 169— 181.)
A. Schöne: Zum Goethe-
Text. [a.z.G.-J. XIV, 286, 289.]
(Ztschr. f. d. Phil. Bd. 28. H. i.)
A handy bibliographical
guide to the study of the Ger-
man language and literature
for the use of students and
teachers of German. Compiled
and edited with two Appen-
dices and füll Indexes by Karl
Breul. London, Hachette & Co.
XII, 160 SS. 2S. 6d.
H. Düntzer : Besprechung
der Weimarer Ausgabe I, i6,
17. III, 6. IV, 15, 16. (Ztschr.
für dtsch. Phil. 28, 354-375-)
Rudolf von Gottschall: Zur
neuesten Goethe-Literatur I, II.
(Leipziger Tageblatt 621, 622.
21., 22. Dec.)
Karl Heinemann : Neue
Goethe -Schriften. (Blätter f.
liter. Unterhaltung. Nr. 18.)
Max Koch : Neuere Goethe-
und Schiller-Literatur XI. (Ber.
d. Fr. D. Höchst. N. F. XL
s. 385—427.)
Hermann Sauppes Ausge-
wählte Schriften. Berlin, Weid-
mann. VII, 862 SS. m. Bildn.
M. 26. — . (Recensionen.)
J. Schipper: Die Abhand-
lungen der Goethe-Gesellschaft
zu Manchester 1886 — 1893.
(Chr.d.WienerGoethe-Vereins.
Nr. 3—4, S. 17—18.)
t Carlo Segr^ : Saggi critici
diletteraturestraniere. Firenze,
Lemonnier, i894.(Enthältu.A.:
Tasso nel pensiero del Goethe;
Goethe e le baruffe Chiozzotte.)
t E. Maddalena : Bricciche
Goldoniane : Le baruffe Chi-
ozzotte. (Ueber Goethes Stel-
lung zu den b. Ch.) Alessandria,
Chiarsi, 1894.
Veit Valentin: Ueber die
Leetüre der deutschen Klas-
siker in den oberen Klassen
der höheren Schulen. (Ber. d.
Fr.D.H.N.F. XI.357-365.)
T. de Wyzewa: Les revues
allemandes (Goethe-Literatur).
(Revue d. d. Mondes, i. März.
S. 223 — 226.)
2.
F.Vollmer: Goethes Egmont
erläutert u. gewürd. fUr höhere
Lehranstalten sowie zum Selbst-
Gobtbe-Jahrbuch XVII.
DRAMEN.
Studium. Lpz.,H.Bredt. 114SS.
M. I.—
H. Schreyer: Die Erschei-
19
290
Bibliographie.
nung Klärchens in der Schluss-
scene des GoethischenEgmont.
(Deutsche Dramaturgie, i Jahr-
gang. II. Heft S.387— 396.)
Heinr. Düntzer : Goethes Eg-
mont als Bühnenstück. (Dtsch.
Dramartugie. i. Jahrg. 12. H.
S. 41 8-— 424.)
Rudolf Schlösser: Studien zu
Goethes Elpenor. (Euphorion.
IL S. 588—604.)
Heinr. Düntzer: DerSchluss-
chor des Goethischen Fest-
spiels »Des Epiraenides Er-
wachen«. (Z. f. d. d. Unterr.
9- J. S. 355-364.)
Hans Morsch : Der Schluss-
choraus Goethes Festspiel »Des
Epimenides Erwachen und die
preussische Nationalhymne«.
(Z. f. d. d.Unterr.IX. S. 7 85 -806.)
Goethe, Faust, I. Theil. Elze-
vier-Ausg., illustrirt v. Hugo
Flintzer. Leipzig, H. Seemann.
242 SS. br.M. 2.— Lwd.M.3.—
Faust ein Menschenleben.
Versuch einer harmonischen
Analyse des Goethischen Faust.
Von C. Schmidt. Berlin, Rosen-
baum u. Hart. 168 SS. M. 3.—
Tourgueneff : Assia Faust.
Trad. par M. Delius. Paris,
E. Flammarion. Fr. 1.25.
Ernest Cushing Richardson :
Faust and the Clementine Re-
cognitions. (American Society
of Church History. Vol. VL
S 131—145.)
Kuno Francke : A parallel
to Goethes Euphorion. [Tiecks
»Phantasus« : Scherz.] (Modern
languagenotes. März. Sp. 129—
131-)
W. Gilbert: Kritische Erör-
terungen zu Goethes Faust.
(Neue Jahrbücher für Philo-
sophie und Pädagogik. I.)
Fr. Kluge : Aus dem Sluden-
tenleben des 18. Jahrhunderts.
[Auerbachs Keller.] ( AUg. Ztg.
Beil. 115.)
Karl Knortz: Adams erste
Frau. [Blocksberg.] (Westd.
Post. St. Louis 24. Febr.)
Max Koch : Zur Entstehungs-
zeit zweier Faustmonologe.
(Ztschr. f. vgl. Litgesch. N. F.
Bd. Vm. S. 116-131.)
Ideal u. Leben. Gesammelte
Vorträge von S. Oettli. Gotha,
Schlössmann. M. 3.80. (Darin:
Hiob u. Faust. Eine Parallele.)
fW.Sauer : Sakuntala,Goethe
u. Schiller. [Einfluss auf den
Faustprolog.] (Deutsche Wacht.
Dresden 1894. Nr. 240.)
H. Schrader : Euphorion und
der dritte Akt des zweiten Faust.
(Ztschr. f. d. Sprache. Bd. VIIL
H. 10.)
Eduard Schulte : Die Uhr in
Goethes Faust. (Ztschr. für d.
Spr. Vin. S. 441 — 446.)
R. Sprenger : Zur Erklärung
von Goethes Faust. (Ztschr. f.
d. Phil. 28. S. 349-353.)
Alex. Tille: A Scottish nur-
sery rhyme and Goethes Faust.
(Scots Lore. Glasgow, März.)
Sep.-Dr. 3 SS.
Alexander Tille: Notiz zu
»Fausts Heilkunde«. (Viertel-
jahrschr f. Literaturgesch. V.
139^0
A.Tille: Neue Faust-Splitter
aus dem 16., 17., 18. Jahrb.
(Ztschr. f. vergl. Litgesch. Bd. 9.
H. 1—2.)
J. Herzfelder: Goethes Faust
u. d. Umsturzgesetz. (Münchn.
neueste Nachr. 5. März.)
Goethe, Faust. Tragödie.
Für die Bühne in 3 »Abenden«
eingerichtet v. A. Wilbrandt.
Bibliographie.
291
Wien, Liter. Gesellschaft. XI,
■344 SS. M. 4.20.
Ludwig Geiger ; Wilbrandts
Faustbearbeitung. (Fftr. Ztg.
I. Morgenbl. 18. Juli. Berich-
tigung daselbst Abend bl.)
Erich Schmidt: Wilbrandts
Faust-Bearbeitung. (Deutsche
Dramaturgie. 2. Jahrg. 2. H.
Nov. S. 37—42-)
La Damnation de Faust;
legende dramatique en quatre
parties, paroles et musique
d'Hector Berlioz. Paris, Ri-
chault et Cie. 70 SS. Fr. i.—
La Damnation de Faust;
legende dramatique en cinq
actes et douze tableaux, (musi-
que d'Hector Berlioz), adaptde
ä la sc^ne par Raoul Gunsbourg.
Paris, Richault et Cie. 4°. 41 SS.
Ueber die GesammtaufFüh-
rung des Goethischen Faust an
der MUncheher HofbUhne von
E. Possart. München, A.Bruck-
mann. 38 SS. M. —.30.
Erinnerung in Wort und Bild
an die Gesammtaufführung des
Goethischen Faust auf der
königl. Hof bühne zu München
von P. M. Reber. München,
L. Finsterlin. IV, 32 SS. M. 2.—
Das Volksschauspiel von
Doctor Faust, erneuert durch
Richard Kralik. Wien, Kone-
gen. IV, 115 SS. 12°. M. 2.—
W. Mayer : Nürnberger Faust-
geschichten. (Abhandl. der k.
bayer. Academie.) München,
G. Franz. 4^ 80 SS. M. 2.50.
Ludwig Fränkel : Neue Bei-
träge z. Literatur d. Faustfabel.
(Euphorion. II. 754 — 776.)
K. Kiesewetter: Der ge-
schichtliche Faust. (Daheim.
31. Jahrg. Nr. 18.)
J. Minor : Zur Faustsage 1—3.
(Die Zeit. Nr. 29, 30.)
Alexander v, Weilen: Aus
dem Nachleben d. Peter Squenz
und des Faustspiels. (Eupho-
rion. II. S. 637 — 640.)
Phrontisterium Faustinum.
Das goldene Buch der Faust-
erklärer. Ein aristophanischer
Literaturscherz von Zoilother-
sitomastix. 2. fast unveränd.
Aufl. nebst Vorw. u. Ergänz,
Bistritz, Carl Binder. 3 2 SS. 4^
M. 2.—
Moderne Faustscenen von
E. Hutschenreiter, Dresden,
E. Pierson. 94 SS. M. 1.50.
Lukianstudien. DasTodten-
gespräch in der Literatur von
Johannes Rentsch. Plauen i. V.
Gymnasialprogramm. (»Götter,
Helden u. Wieland«.)
Alfred Schöne: Ueber die
Alkestisd.Euripides. (Goethe,
Wieland u. Euripides.) Kiel.
27 SS. M. 1.20.
Götz von Berlichingen mit
der eisernen Hand. Schauspiel.
Herausgeg. von August Sauer.
Frey tags Schulausgaben. Lpz.,
G. Frey tag. 180 S. M. —.90.
Götz von Berlichingen mit
der eisernen Hand. Ein Schau-
spiel V. J. W. V. Goethe. Schul-
ausgabe besorgt v. V., Uellner,
2. Aufl. Berlin, Reuther u.
Reichard. 122 SS. m. Titelbild.
M. — .50.
S. Koch : Zu Goethes Götz,
Act I, Scene 4. (Gymnasium.
XIII, 7.)
Nestle : Goethes Götz und die
Fremdwörter. (Südd. Blätter
f. höhere Unterrichtsanstalten.
III, 6.)
Veit Valentin : Bruder Martin
in Goethes Götz und Martin
19*
292
Bibliographie.
Luther. (Ben d. Fr. D. Höchst.
N. F. XI. S. 427-430.)
Aufgaben aus »Götz von
Berlichingen« und »Egmonta,
zusammengestellt v. Heinze. V,
SS S. — Aufgaben aus »Iphi-
genie auf Tauris«, zusammen-
gestellt V. Heinze. VII, 81 SS.
Lpz.,VV.Engelmann. ä M. —.80.
Goethe : Iphig^nie en Tau-
ride. Nouv. ed., publ. av. une
notice et des notes en francais
par L. Schmitt. 4* ^d. Paris,
Delagrave. IV, 104 SS.
Goethe : Iphigenie a. Tauris,
erläutert v. Janker. Leipzig,
G. Freytag. 96 SS. M. —.60.
Richard Förster: Iphigenie.
Rede zur Geburtstagsfeier Sr.
Maj. d. Kaisers. S.-A. aus der
Schles. Ztg. 19 SS.
R. Sprenger: Zu Goethes
Iphigenie. (Ztschr. f.d. Phil. 28.
S. 428 fg.) j
Die Iphigeniensage in anti-
kem u. modernem Gewände
von F. ThUmen. 2. Aufl. Berlin,
Mayer U.Müller. 47 SS. M.i.—
H. C. Kellner: Die Laune
des Verliebten. (Mittheil. a. d.
Goethev. in Zwickau. Nr. 7.)
Mich. Bernays: Der franz.
und der deutsche Mahomet,
(M. B. Zur neueren Literatur-
geschichte I. S. 99 — 361.)
Karl Albrecht: Die paro-
distischen Fortsetzungen von
Goethes Stella. (Arch. f. d. St.
n. Spr. 94. S. 257 — 263.)
t Joh. Georg Pfranger. Sein
Leben und seine Werke v. Karl
Albrecht. Leipzig, Fock, 1894.
(Stella.) 28 SS. M. I.-
Goethes Torquato Tasso.
Ein Schauspiel. Für den Zweck
der Schule und das Privat-
studium erläut. u. m. Einl. vers.
von W. Wittich. Paderborn,
Schöningh. M. 1.35.
H. Düntzer: Der Ausgang
von Goethes Tasso. (Ztschr.
f.d. Philol. 28 Bd. S. 56-71.)
Dieckhoff: »Vergeben« in
Goethes Tasso 11,3. V. 1404.
(Modern Language Notes. X,5.)
3. GED
Goethes Gedichte. Mit einer
Einleitg. u. zahlreichen Illustr.
namhafter deutscher Künstler.
Berlin, Minerva. Lex. -8°. 384SS.
Geb. M. 4.20.
Goethe: Gedichte. Auswahl.
Für den Schulgebrauch hgg.
V. F. Bachmann. Leipzig, Frey-
tags Schulausg. 12°. 179 SS.
m. Bildn. cart. M. — .80.
A. Girot: Goethe et Schiller,
Podsies lyriques suivies d'un
choix de ballades allemandes.
Paris, P. Dupont. 202 SS.
Goethe : Po^sies lyriques.
Avec notices et notes par L.
Schmitt. Classe de rh^torique.
I C H T E.
6. Edition. Paris, Delagrave.
VIII, 52 SS.
Die schönsten Gedichte
Goethes und Schillers. Haus-
und Herzbücher. Ziegenrück.
128 SS. M. —.20.
Bernhard Suphan : Das Buch
Annette. Unbekannte Jugend-
gedichte Goethes. (D.Rundsch.
21. Jahrg. lo.H. S. 139—145.)
Goethes Hermann u. Doro-
thea m. 8 Bildern in Lichtdr.
nach den Gemälden von A. v.
Ramberg u. Text-Zeichngn. v.
W. Weimar. (Neue bill. Pracht-
Ausg.) Jubiläums- Ausg. Berlin^
Grote. Fol. 67 SS. geb. M. 12.—
Bibliographie.
293
Goethe : Hermann u. Doro-
thea. Elzevier- Ausgabe. Illustr.
V. H. Flintzer. Leipzig, H. See-
mann. 133 S. M. 2. —
Goethes Sonettenkranz. Von
Kuno Fischer. Heidelberg, C.
Winter. 112 SS. M. 2.—
F. Bauer: Sieben Gedichte
Gpethes nach ihrem Gedanken
erläut. I, II. (Wandrer, Gesang
d. Geister, Prometheus, Gany-
med, Mignon, König in Thule,
An den Mond.) (Ztschr. f.österr.
Gymn. Bd. 45. H.*8/9, 11.)
Daniel Jacoby: Zu Alexis
und Dora von Goethe, i. Die
Schlussverse. 2 . Zur Entstehung
des Gedichts. — Die schöne
Mailänderin in Goethes* Ge-
dichten. (Euphorion. II. 810 —
813.)
Rud. V. Payer: Der West-
östliche Divan im Rahmen der
orientalischen Studien. (Wiener
Zeitung. 8. u. 9. März.)
W. V. Biedermann : Hatem.
(Chronik d. Wiener Goethe-
Vereins. X, S. I.)
R. Klahre: Der Erlkönig.
(Zeitschr. f. deutsche Sprache.
Bd. 8. H. 7, 8.)
Aug. Stöbers Abschrift der
Friderikenlieder. Brief an G.
Schwab 1837. (Jahrb. f. Gesch.,
Sprache u. Lit. Elsass-Loth-
ringens. Bd. 10.)
J. P. Schmitz: Zu Goethes
Fischer. (Zeitschr. f. d. deutsch.
Unterr. IX. S. 453—460.)
Goethes »Geheimnisse« und
seine »Indischen Legenden«
von Herrn. Baumgart. Sttitt-
gart, J. G, Cotta Nachf. iio SS.
M. 2.—
R. Andrä: Goethes Hoch-
zeitslied. (Zeitschr. f. deutsche
Sprache. Bd. 8. H. 10.)
Reinhold Steig: Schäfers
Klagelied v. Goethe. (Eupho-
rion. II. 813 — 817.)
A. Englert: Zu Goethes
Schweizerlied. (Ztschr. d. Ver.
f. Volkskunde. Jahrg. 5. H. 2.
S. 160—167.)
Johannes Niejahr: Goethes
Gedicht »DasTagebuchrr. (Eu-
phorion. II. S. 604 — 616.)
Erich Schmidt: Lesefrtlchte
zum Volksliede. (Ztschr. d.Ver.
f. Volkskunde. S. 355 — 363.)
[2 von Goethe mitgetheilte
Volkslieder.]
Matthias: Deutsche Schuler-
vorträge im Anschluss an
Goethische und Schillersche
Gedichte. (Gymnasium. Nr. 11.)
4. PROSASCHRIFTEN.
Goethe : Aus meinem Leben.
Dichtung u. Wahrheit. (Aus-
wahl.) Für den Schulgebrauch
hrsg. V. K. Hachez. 2 Bde. Frey-
tags Schulausgaben, Leipzig.
170 u. 168 SS. mit 2 Abbild, u.
I Titelb. Gart. M. —.80.
Goethe: Aus meinem Leben.
Dichtung u. Wahrheit. Ausge-
wählt u. hrsg. V. G. Hofmeister.
Leipzig, Teubners Samml. f.
höh. Töchterschulen. 201 SS.
Gart. M. I.—
Goethe: Aus meinem Leben.
Dichtung u. Wahrheit. Schul -
ausg. V. J.Dahmen. Paderborn,
Schöningh. 174 SS. M. i.—
Goethe: Dichtung u. Wahr-
heit (The First Four Books).
London , Clarendon Press.
332 SS. 4 sh. 6 d.
D. Sanders: Aus Goethes
294
Bibliographie.
Wahrheit u. Dichtung. 9. Buch.
(Ztschr. f. deutsche Sprache.
Jahrg. 8. H. 9.)
Richard M.Meyer: Wilhelm
Meisters Lehrjahre und der
Kampf gegen den Dilettantis-
mus. (Euphorien. II. 529-538.)
Alfred Friedmann: Goethe
hat Antwort auf Alles. [Sprüche
in Prosa.] (Prager Tageblatt.
8. Mai.)
Goethe: Die Leiden des
jungen Werther. Elzevier- Aus-
gabe. Illustr. y. H. Flintzer;
Leipzig, H. Seemann. VII,
225 SS. M. 2.—
Ch. Glauser: Benjamin Con-
stants Adolphe (Ueber Wer-
ther). (Ztschr. f. franz. Sprache
u. Literatur. Bd. 16. H. 5.)
W. V. Biedermann : Ein über-
sehener Aufsatz V. Goethe (über
Renovirungdes Schauspielhau-
ses 1800). (Nord U.Süd. Mai.)
E. UEBERSETZUNGEN.
Goethe: Faust, tragddie.
Paris, Pfluger. 192 SS. 25 c.
Faust. From the German.
By J. Auster. With an Introduc-
tion by B. Mason. Illustr. by
F. Gregory. London, Truslove
and Hanson. 240 SS. losh. 6d.
Faust. The first Part, with a
Literal Transl. and Notes for
Students by "Beta." London,
Nutt. 392 SS. 3 sh. 6 d.
Faust, scene del poema di
Goethe. Versione ritmica di V.
Di Marmorito. Musica di R.
Schumann (Societä del quar-
tetto). Bologna, soc. tip. Azzo-
guidi. 16°. 39 SS. 50 c.
Henri Albert: Eine neue
Faust-Uebersetzung [Pradez].
(Fft. Ztg., I . Morgenbl. 29. Jan.)
Faust. Elsö r^sze. Forditotta
6s kiadta Szabö Mihäly. 2 . Aufl.
Debreczin. 224 SS. fl. 1.20.
Iphigenia Taurisban. Drama
öt felvonäsban. Ford. Kis. J.
Budapest , Franklin - Verein.
99 SS. 20 kr.
Goethe : Ifigenia w Tauryd-
zie, dramat, przelözyl J. Kas-
prowicz. Zloczöw, W. Zucker-
kand!.
l'orquato Tasso. Skuespil.
Paa Dansk ved H. C. Roedei
Kjöbenhavn, H. C. Roede.
164 SS. 2 kr.
Goethe: Torkwato Tasso,
dramat., przeklad Jana Kas-
prowicza. Zloczöw, W.Zucker-
kandl. 132 SS. 24 kr.
J. G. Selz : Ma Richesse
Poesie d' AlphonseKarr, d'apr^s
Goethe. Avec accompagne-
ment de piano. Paris, A. Quin-
zard et Cie. Fr. 1.75.
Carmina nonnulla poetarum
recentiorum Germanicorum in
latinum convertit Ernestus
Reinstorff". Hamburg, Herold.
67 SS. M. 2.— (Mignon, König
in Thule.)
Hermann etDorothee.pofeme
en neuf chants. Traduit par
Bitaube. Paris, Berthier. 125 SS.
25 c.
Hermann et Dorothde. Tra-
duction francaise par B. L^vy,
avec le texte allemand et des
notes. Paris, Hachette & Cie.
IV, 187 SS. Fr. 1.50.
William Meisters Apprenti-
ceship and Travels. Transl. by
Th. Carlyle. 3 vols. in 2. Lon-
don, Chapman and Hau. 2 sh.
6 d.
Bibliographie.
295
Coloman Kemenczky hat
eine wohlgelungene magyari-
sche Uebersetzung der »Wahl-
verwandtschaften« veröffent-
licht. Vgl. Die Gesellschaft.
XI. S. 281 f.
Leon Kellner: Goethe in
England. (Chr. d. W. G. V.
Nr. 2. S. 8, 9.)
Goethe: Le Petit Orph^e.
Imit^ de l'allemand par Ch;
Simond. Avec illustrations de
Bross^ - le - Vaigneur. Paris ,
Lecfene, Oudin & Cie. 71 SS.
tHektor Frank: Kulturbil-
der aus Italiens halbvergangner
Zeit. 2. Ausg. Leipzig, O.
Wigand, 1894. (Beschäftigung
der Italiener mit Goethe.)
IL BIOGRAPHISCHES.
A. ALLGEMEINES.
Goethe, Sein Leben und
seine Werke. Von Dr. Albert
Bielschowsky. In zwei Bänden.
Erster Band mit einer Titel-
gravüre (Goethe in Italien von
Tischbein). München, Beck.
528 SS. M. s.—
Diesseits von Weimar. Auch
ein Buch über Goethe. Von
Karl Weitbrecht. Stuttgart, Fr.
Frommann. 320 SS. M. 3.60.
Goethe. Von Karl Heine-
mann. 2 Bde. Mit vielen Abbild,
in u. ausser d. Text; Leipzig, E.
A. Seemann. XII, 480 u. VII,
448 SS. geh. M. 12. — , geb.
M. 15.—
Goethe par A. M^ziferes. Les
Oeuvres expliqu^es par la vie,
(1749—95.) Nouv. ^dit. 2vols.
Paris, Hachette & Co. Fr. 7.—
Edouard Rod: Essai sur
Goethe. I. La jeunesse. II. La
crise romantique. III. La crise
sentimentale. (Revue des deux
mondes. Bd. 130, 499 ff. 628 —
653. Bd. 131, 164—194.)
Goethe u. Schiller in persön-
lichem Verkehre. Nach brief-
lichen Mittheilungen v. Hein-
rich Voss. Mit Einleitung und
Anmerkungen neu herausge-
geben V. G. Berlit. Stuttgart,
Cotta. 250 SS. M. 3. -
B. BIOGRAPHISCHE EINZELHEITEN.
Ferdinand Kurz : Stud. jur.
Johann Wolfgang auf der Uni-
versität Leipzig. (Academische
Monatshefte. Heft 134—36.)
t H. Th. T. : Goethe als Stu-
dent in Leipzig. (Leipz.Tagebl.
I. Beil. 17. Nov. 1894.)
Julius R. Haarhaus : Auf
Goethes Spuren im Süden.
Reiseskizzen. 13. Von Perugia
bis Rom. 14. Das antike Rom.
15. Rom u. römisches Leben.
(Wissenschaftl. Beilage d. Lpz.
Zeitung. Nr. 22, 54, 67.)
M. Warnatz : Das classische
Weimar. Nach alten Familien-
briefen geschildert, (i. Beil. z.
Lpz. Tagebl. Nr. 139, 17. März,
Prager Tagebl. 20. März.)
Aus Weimars grosser Zeit.
Erinnerungen e. Hofmannes.
II. (Allgemeine konservative
296
Bibliographie.
Monatsschrift ftlr das christliche
Deutschland. April-, Mai- Juni-
heft. Verfasser jedenfalls Oberst
V. Lyncker. Vgl. G.-J. XIV,
353 u. XV, 357.)
»Liste /der angekommenen/
Kur- und Badegäste /in der
kOnigl. Stadt/Kaiser-Karlsbad/
im Jahre 1795. (Vignette.)
Karlsbad, / gedruckt und zu
haben, bei F. J. Franieck, priv.
Buchdrucker , / ohnweit dem
Theater beim Rebenstock«.
(Neudruck.) Nr. 408 (5. Juli):
»Herr von Göthe, geheimer
Rath, aus Weimar, / wohn, im
grünen Papagey, auf der Wiese«
(mit einem Druckfehler Wiefe.)
Alfred Friedmann : Die Carls-
bader Beschlüsse. Persiflage.
[Anspielungen auf Goethe in
Carlsbad.] CTgl.Unterhaltungs-
blatt d. Neuesten Nachrichten.
Elberfeld. Nr. 162. 13. Juli.)
Hugo Schroeder : Goethe in
Göttingen. (Westermanns Mo-
natsh. Nr. 466. S. 427 — 438.)
Goethe bei Napoleon in Er-
furt am 2. Oct. 1808. Aus
Goethes eigenen Aufzeich-
nungen. (Zeitschr. f. deutsche
Sprache. Bd. 8. H. 5—6.)
ZX' • Erinnerungen an Dorn-
burg und Tautenburg. Aufent-
halt daselbst. (Leipz. Tagebl.
Nr. 286. I. Beil.)
t M. Urban: Goethe im
Schlosse Hartenberg und in
der Stadt Falkenau. (Freie
Bildungs-Blätter. 1894. Nov.)
Goethe in Nassau. Von Fr.
Otto. Separatdruck a. d. Anna-
len des Vereins für Nassauische
Alterthumskunde U.Geschichts-
forschung. XXVII. S. 53 -188.
Mit zwei Tafeln. Wiesbaden,
R. Bechtold & Comp. Sep.-Dr.
IV, 134 SS.
F. Arn. Mayer : Auf Goethes
Schweizer Wanderpfad im J.
1797. Nebst Glossen über Fuss-
reisen heutzutage und ehedem.
(Allg.Ztg. Beil. 224. 28. Sept.)
C. GOETHES VERWANDTE.
J. Froitzheim: Goethes Vater
in Strassburg. [Januar 1741.]
(Strassburger Post. 23. Juni,
vgl. L. Geiger, Frankftr. Ztg.
2. Morgenbl. 3. Juli.)
Goethes Mutter. Ein Lebens-
bild n. d. Quellen von K. Heine-
mann. 5.Aufl. Mit vielen Abbild,
u. 4 Heliograv. Leipz., E. A.
Seemann. XII, 358 SS. M.6.50.
Deutsche Frauen. Kulturge-
schichtliche Lebensbilder von
Albert Richter. Nr. 20 : Goethes
Mutter (S. 324—356). Leipzig,
Brandstetter.
Für Goethes Schwester Cor-
nelia [gegen Andre Marcel im
Figaro.] (Köln. Ztg. 2. Morgen-
ausgabe. 19. Febr.)
Max Mendheim : Christiane
Vulpius. ( Allg. d. Biogr. Bd. 40.
381-385O
Goethe und die Vulpius.
(Notiz aus G.-J. XVL) (Frankf.
Ztg. 2. Morgenbl. 28. Juni.)
S. Münz: Briefe Ottilie
Goethes und Anderer an Sarah
Austin.(N.Fr.Pr. 1091 5. 1 2.Jan.)
Erinnerungen eines Künst-
lers von Rudolf Lehmann.
Berlin, Ernst Hofmann & Co.
VIII, 320 SS. M. 7.—
Enthält in der 2. Abtheilung
Charakterköpfe : Goethes Nach-
kommen.
Bibliographie.
297
D. GOETHES VERHÄLTNISS ZU SEINEN FREUNDEN
UND NACHFOLGERN.
Erinnerungen B. R. Abekens
aus den beiden letzten Jahr-
zehnten des vorigen und dem
ersten dieses Jahrhunderts. Mit-
getheilt v. A. Heuermann in:
Festschrift zur 3oojähr. Jubel-
feier des Rathsgymnasiums zu
Osnabrück 1895, dargebracht
vom Lehrercollegium.
Noch einmal : Das Aennchen
vom Leipziger Brühl. (Gen.-
Anz. f. Leipzig u. Umgebung.
Nr. 269. 29. Sept.)
Heinrich Funk: Die Wander-
jahre der Frau Branconi. M.
Portr. (.Westermanns Monats-
hefte 470. S. 172 — 184.)
Noch eine Wallfahrt nach
Sesenheira. LiterarischerScherz
und Ernst v. E. W. Schimmel-
busch. Neustadt a/S., Rhöner
Verlagsanstalt. 32 SS.
Wilhelm Arent : Thomas
Buckle über Goethe. (Die
Musen. L S. 65.)
fS.Sinzheimer: Goethe und
Byron. Heidelberger Disser-
tation, 1894 (ausgegeben 1895).
Thomas Carlyle als Vermitt-
ler deutscher Literatur und
deutschen Geistes von Wilhelm
Streuli. Zürich, Fr. Schulthess.
VI, 146 SS. M. 2.40.
Leon Kellner: Goethe und
Carlyle. Ause. Vortr., gehalten
in der 43. Vers, dtsch. Philol.
u. Schulmänner am 27. Sept.
(N. Fr. Pr. Nr. 11 173. 2. Oct.)
Cotta. Von A. SchäfBe.
(Führende Geister. 18. Band.)
Berlin, E. Hofmann & Comp.
VII, 199 SS. M. 2.40.
S.M.Prem: Goethes Freund
Ehrmann. (Bote f. Tyrol u. Vor-
arlberg. 8 1 . Jahrg. Nr. 8 5 - 8 7 .)
Sonderabdr. 2 SS. 4°.
E. Elster: Friederike. Zur
Feier von Goethes Geburtstag.
(Ber. d. Fr. D. H. N. F. XII.
S. I*— 18*.)
G. A. Müller : Neues aus dem
alten Pfarrhaus von Sesenheim.
(Antiquitäten-Zeitschr. Nr. 7.)
auch Sep.-Abdr. 2 SS. 4^
Herm. Grimm: Die Brüder
Grimm. Erinnerungen. (Dtsch.
Rundschau. XXI. Jahrg. 85 ff.
bes. 87 fg.)
Heinrich Heines Familien-
leben nebst einer Heine-Lite-
ratur. Von J. Nassen. Fulda,
Fuldaer Actiendruckerei. IV,
169 SS. (S. 134— 138: Heine
und Goethe.) M. 2.30.
Goethe, Karl August und
Professor Ottokar Lorenz. Ein
Denkmal v. Heinrich Düntzer.
Dresden, Verlagsanstalt V. W.
Esche. 124 SS. M. 2.—
Goethes Schöne Seele, Su-
sanna Katharina von Kletten-
berg. Ein Lebensbild im An-
schlüsse an eine Sonderausgabe
der Bekenntnisse einer schönen
Seele, entworfen von Dr. phil.
Hermann Dechent , Pfarrer.
Gotha, F. A. Perthes, 1896.
VIII, 231 SS. M. 3.—
Sophie V. La Roche, die
Schülerin Richardsons u. Rous-
seaus von K. Ridderhoff. Göt-
tingen, R. Peppmüller. 109 SS.
M. 2.-
t Max Winkler : Goethe and
Lenz. (Modern Language No-
tes. Baltimore 1894. Bd. IX.
S. 65-78.)
298
Bibliographie.
Karl Landry: Neues von
Jakob Michael Reinhold Lenz.
Eine Kennzeichnung der mo-
dernen Goethephilologie. (Die
Musen. I. S. loi — 106.)
A. Sauer : Literatur über Lenz
und Friederike Brion. (Anz. f.
d. A. u. dtsche Litg. Bd. 21.)
Alb. Bielschowsky : Goethes
Lotte. (Frkf.Ztg. 3o./3i.Oct.)
Georg Brandes: Goethe und
Marianne v. Willemer. (N. Fr.
Pr. Morgenbl. 29. Juni.)
(Piedermann) : Goethe und
Napoleon. (Wissenschaftl.Beil.
d. Leipziger Ztg. Nr. 31.)
Graf Reinhard. Eindeutsch-
französisches Lebensbild. 17 61
— 1837. Von Wilhelm Lang.
Mit zwei Bildnissen in Licht-
druck. Bamberg, Buchner, 1 896.
XII, 614 SS. M. IG.
Ueber Goethe, bes. 308-316,
329f., 459%., 475%- (^a^« 600),
500, 509 ff.
Schmerlingu.Goethe. (Chr.d.
W.G.-V. Nr. 2. Januar. S.7— 8.)
P. Holzhausen: Ein Veteran
aus der Goethezeit. [J. G.
Stickel.] (Salon - Feuilleton.
Berlin. Nr. 28. 12. Juli.)
Ferdinand Reinboth: Wie
sich die Weimarer Grossen er-
lustigten. Eine Schiller-Goethe-
Erinnerung. (Bohemia. Nr. 73.
Beibl.) [A. Szluchovinyi schon
früher durch Schröer mitge-
theilt.]
Heinrich Düntzer : Georg
Leopold Weyland , Goethes
Strassburger Genosse. (Z. f. d.
d. Unterr. 9. J. S. 364—367.)
Ludwig Singer: Das junge
Deutschland und Goethe. (Chr.
d. W. Goethe-Ver. Nr. 3 u. 4.
S. 11-17.)
E. STELLUNG ZU WISSENSCHAFT UND KUNST.
Alexander Meyer: Goethe
und die chemische Industrie.
(Die Nation. Nr. 48. S. 691 fg.)
Goethe und die bildende
Kunst V. Thdr. Volbehr. Leip-
zig, E. A. Seemann. VII,
244 SS. M. 3.60.
—h. : Goethe unddie bildende
Kunst. (Belletr. Beil. d. Hamb.
Nachrichten. Nr. 34. 25. Aug.)
K. V. Lützow: Goethes Ver-
hältniss zur Kunst der Renais-
sance. (Vortragsbeficht. N. Fr.
Pr. Nr. II 260. 29. Dec.)
E. Lehmann: Goethe und
die bildende Kunst. (Bl. f. d.
lit. Unterh. Nr. 45.)
Otto Harnack : Deutsches
Kunstleben in Rom vor hundert
Jahren (Goethe). Preuss. Jahrb.
Bd. 80. S. 91—109.)
Alfred Bock : Goethe als Mu-
siker. [Mittheilung Rulands.]
(Frkf. Ztg. Abendbl. 4. Juli.)
Carus Sterne: Der Farben -
reiz bei Menschen undThieren.
Eine Betrachtung zu Goethes
Farbenlehre. (Sonntagsbeilage
Nr. 17 der Vossischen Zeitung.
28 April. S. 3 f.)
(Ungedr.) Gutachten über
Farbenerscheinungen an Glas-
prismen, vermuthlich 1822 aus
V. Hennings Nachlass. (Anti-
quitäten-Zeitung hgg. V. Udo
Beckert. 3. Jahrg. Nr. i o. S. 73fg.)
[A. Höfler]: Goethes Natur-
lehre in der Schule. (Chr. d.
Wiener Goethe- Vereins. Nr. 6.
S. 29-31.)
t E. Friede! : Nochmals
Goethe und die .Markgrafen*
Bibliographie.
299
steine. [Bei Heiligendamm st.
Landgrafenstein, wie in d. Wer-
ken.] (Brandenburgia 1894.
Nr, 4.)
Moritz Brasch : Goethes Be-
ziehungen zur Philosophie. (Die
Gegenwart. Bd. 48. Nr. 36, 37.)
Goethes Religion. Eine
Studie V. Ad. Wilh. Ernst. Ham-
burg, L. Voss. 62 SS. M. I.—
Goethes Religion von Arnim
Seidl. 2. Aufl. Leipzig, Bau-
meister. (4. Heft der Sammlung
»Das Wort«.) 72 SS. M. —.60.
Grabowski: Goethe über die
Bibel. (A. Ztg. d. Judenth. Nr. 2.)
Heinrich Fränkel : Ein neu-
entdecktes Wort Goethes für
religiöse Toleranz. (Allg. Ztg.
d. Judenth. Nr. 28. 12. Juli.
S. 329 ^g')
Emil Granichstädten : Goethe
und die Schauspielerei. (Chr.
d. W. G.-Ver. Nr. 2. S. 10.)
Goethe auf der Probe : Bühne
und Leben. (Illustr. Zeitschrift,
in. Jahrg. Nr. 19. S. 265 f.)
C. Näthke: Der Hund des
Aubry. (Der Artist. Nr. 534.
5. Maiu. 535. 12. Mai.)
Eduard Romanowski: Noch
einmal der Hund des Aubry.
(Der Artist. Nr. 536. 19. Mai.)
Goethe im Conseil. Nach
dem Vortrag des Prof. Ottokar
Lorenz im Wiener Goethe-
Verein. 2. Apr. (N. Fr. Pr.
Morgenbl. 3. April. Chr. d. W.
G.-V. Nr. 6. S. 28/29.)
R.M.Meyer: Die Anfönge^
der deutschen Volkskunde.
(Ztschr. f. d. Culturge'Sch. N. F.
Bd. 2. H. 2, 3.)
L. G.: Goethe als Anreger
eines deutschen Wörterbuchs.
(Frankf. Ztg. 2. Morgenblatt.
17. Deceraber.)
F. NOTIZEN VON ZEITGENOSSEN ÜBER GOETHE.
t W. Keiper: Zwei Genie-
briefe aus der Schweiz v. J. 1 7 7 5.
[Fr. L. u. Christ. Stolberg an
(ierstenberg.] (Nord und Süd.
November 1894.)
Heinrich Funk: Ein Schrei-
ben Tischbeins über Goethe in
Rom. (Nord und Süd. Bd. 73.
H. 217. S. 103 fg.)
K. E. Franzos: Aus dem
Goethekreise. [Briefe F. W.
Riemers über Goethe. 1830.
45.) (DeutscheDichtung.Bd.19.
H. I.)
m. VERSCHIEDENES.
BILDER UND STATUEN; GEDENKPLÄTZE;
SAMMLUNGEN.
Erich Schmidt: Aus dem
Goethe - Archiv. (»Die Zeit«.
Nr. Si, 53-)
Isarius: Goethetage als Na-
tionalfest. (Gegenwart. Bd. 48.
Nr. 27.)
C. V. Lützow: Das Frank-
furter Dachstubchen. Zeich-
nung von Goethe. (Chron. d.
W. Goethe-Ver. Nr. 5. S. 26.)
H. Grimm : Das Goethische
Familienbild. (Nat. -Ztg. 8. Apr.,
vgl. Frankf. Ztg. 10. April.)
Portrait -Catalog zur Ge-
schichte des Theaters und der
Musik. Catalog Nr. XI von
300
Bibliographie.
J. Halle, München. Erster Theil:
A— L. S. 75— '77i Nr. 2450 bis
2501 : Goethe-Portraits.
E. Lehmann : Goethes Bild-
nisse und die Zarnckesche
Sammlung. (Ztschr. f. bildende
Kunst. N.F. Jahrg. 5. H. i i/i 2.)
C. A. H. Burkhardt: Der
Weimarische Park 177 6— 1 83 2.
Mit Illustrationen. (UeberLand
und Meer. 73. Band. Nr. 12.
S. 279—283.)
C. Reineck: Der Park von
Tiefurt. Ein Erinnerungsblatt
an Anna Amalia, Herzogin von
Sachsen- Weimar und Eisenach.
(Wissensch. Beilage d. Leipz.
Zeitung. Nr. 21.)
Alois John: Der Goethestein
im Eger-Lande. (Erzgebirgs-
zeitung. Teplitz. Juli. S. 151 —
154.)
Ausstellung von Autogra-
graphen, Bildern, Schatten-
rissen, Druckwerken und Er-
innerungsgegenständen z. Ver-
anschaulichung von Goethes
Beziehungen zu seiner Vater-
stadt, veranstaltet vom Freien
Deutschen Hochstift, Juli-No-
vember 1895. Frankf. a. M.
XXITaf.,XVI, 144 SS. M. 7.50.
Eine Goethe-Sammlung in
Budapest. [Elischer.] (Allg.
Zeitung. 4. Juni. (Abgedruckt
Frankf. Zeitung. 6. Juni.)
Die Verleihung der Elischer-
schen Goethe-Sammlung an die
Ungar. Akademie. (Ung. Revue
^gg- V. G. Heinrich. 1 5. Jahrg.
s. 327-331.)
Die Goethe-Sammlung in
Sesenheim. (Begründet seit
1894 von Gustav A. Müller.)
Handschriften, Bilder und Er-
innerungsgegenstände.Heraus-
gegeben von dem Begründer
der Sammlung. Strassburg,
J. Zenker. 22 SS.
Gust. A. Müller: Die Sesen-
heimer Goethesammlung. (An-
tiquitäten-Zeitschrift. Strassb.
Nr. 6. 172 — 180.)
B. DICHTUNGEN tJBER GOETHE, COMPOSITIONEN
UND PARODIEEN, ILLUSTRATIONEN, NACHDICH-
TUNGEN GOETHISCHER WERKE.
Die Nachtigall von Sesen-
heim. Goethes Frühlingstraum.
Ein heiter-ernster Sang vom
Rhein. Von Gust. Ad. Müller.
2. Aufl. Leipzig, W. Fiedler.
1 76 SS. u. 7 Ans. Geb. M. 4.50.
Hermann Schilling : Wetter-
leuchten. (Gedichte. S. 37 :
Friederike von Sesenheim.)
Strassburg, G. L. Kattentidt.
84 SS. M. 1.80.
Albert Ritter von Hartmann :
Die vorclassischen Composi-
tionen Goethischer Lieder und
Balladen. (Chr. d. W. Goethe-
Vereins. X. S. 2—4.)
Königin Luise als Prinzessin
u. ih«B Schwester Friederike bei
Goethes Mutter (am Brunnen).
Nach dem Gemälde von W.
Amberg, in Photographie von
Hanistaengl. Berlin, G. Grotes
Verlag.Fol.M. 5.— ;inCabinetf.
M. I. — ; Photograv. aufchines.
Papier M. 15.-—.
Die beiden Alten unterm
Thorweg. Aus dem Cyclus Her-
mann und Dorothea. Nach dem
Bibliographie.
301
Gemälde von A. v. Ramberg
phot. Ebd. Fol. M. 5.— ; in
Cabinetf. M. i. — ; Photograv.
auf chines. Papier M. 15. — .
Zug der Auswanderer. Aus
Hermann und Dorothea, gemalt
V. A. V. Ramberg. Phot. Ebd.
Fol. M.5.— ; Cabinetf. M. i.— ;
Photograv. auf chines. Papier
M. 15.—.
Hermann und Dorothea am
Brunnen. Aus dem Cyclus von
A. V. Ramberg. Phot. Ebd. Fol.
M. 5.— ; Cabinetf. M. i. — ;
Photograv. auf chines. Papier
M. 15.—.
Heimkehr beim Anzug des
Gewitters. Aus Hermann und
Dorothea von A. v. Ramberg.
Phot. Ebd. Fol. M. 5.— ;
Cabinetf. M. i.— .
Hermann und die Töchter
des Nachbars. Aus dem Cyclus
V. A. V. Ramberg. Phot. Ebd.
Fol. M. 5.—; Cabinetf. M. i.~ .
Hermann und die Mutter
unterm Birnbaum. Aus dem
Cyclus V. A. V. Ramberg. Phot.
Ebd. Fol. M. s.— ; Cabinetf.
M. I— .
Dorotheaund die Wöchnerin.
Aus dem Cyclus Hermann und
Dorothea v. A. v. Ramberg.
Phot. Ebd. Fol. M. 5.— ;
Cabinetf. M. i.— .
Die Heimführung. Aus Her-
mann und Dorothea v. A. v.
Ramberg. Phot. Ebd. Fol.
M. 5.— ; Cabinetf. M. i.— .
om : Der Regenschirm.
(Anekdote von Schiller und
Goethe.) Bohemia. 7. Juli.
Register zu Band xvii.
I. Personen-Register.
Die hinter den cursiv gedruckten Namen stehenden Zahlen geben die
Seiten an, auf denen Abhandlungen oder Mittheilun^en des Betreffenden
gedruckt sind. Der Festvortrag ist im Register nicht berücksichtigt.
Abeken, B. R. 75. 81. 90. 297.
Abrahamson 47.
Ackermann, Prof. 287.
Agrippa, Camillo 221.
Agrippa von Nettesheim 222.
Ahlwardt, C. W. 263.
Alba, Herzog 225.
Albert, Henri 294.
Albrecht, Karl 292.
Amberg, W. 300.
Ammon, J. 191.
Andrae, R. 293.
Andr6, Anton 192.
Andr6, Johann 181. 183.
Andrieux 47.
Arens, Baumeister 287.
Arent, Wilhelm 297.
Aristophanes 263.
Arnim, Bettina von, s. Brentano,
Bettina.
Aeschylos 79 fg.
Ast, Friedrich 88.
Aub, Ludwig 265.
Auster, J. 294.
Austin, Sarah 296.
Bachmann, F. 292.
Baechtold, J. 277 (g.
Bälde, Jakob 245.
Basedow 210.
Batsch 287.
Bauer, F. 293.
Bauer, Ludwig 258. .
Baudissin 79.
Baumeister, A. 214-218.
Baumgart, H. 200. 277 fg. 293.
Bayern, Herzog Wilhelm von 222.
Bayern, König Ludwig L von 119.
Becker 287.
Beckert, Udo 298.
Beer, Rudolf 260.
Beethoven, L. van 176 ff. 183 ff.
189. 191 ff.
Behrisch, E. W. 114.
Bellermann, Heinrich 188.
Beni, Paolo 221.
Bentzel-Sternau 287.
Berg, Karoline Friederike von 37.
45. 56.
Berger, A. E. 278.
Berger, Ludwig 179. 185. 188. 192.
Berlioz, Hector 178. 182 fg. 291.
Berlit, Georg 76, 295.
Berlitz 60.
Bernays, Michael 263 fg.
Bernays, Michael 281. 288. 292.
Bernhardi, Theodor 53.
Bernhardy, G. 263.
Bertazzolli, Giannangelo 221.
Bertuch 287.
Beta 294.
Bethmann, Banquier 12.
Biedermann, W. von 293 fg. 298.
ßielschowsky, Albert 265.
Bielschowsky, Albert 295, 298.
Personen-Register.
?03
Biester i8i.
Bismarck, Fürst 121.
Bitaub^ 294.
Bitter 189.
Blackie, John Stuart, Nekrolog
auf, 269 fg.
Blücher 10.
Blum, Carl 178.
Blumenbach 287.
Bock, Alfred 298.
Bodmer 160. 234. 264.
Boeckh 271.
Böheim, F. M. 183.
Böhmer, Auguste 160.
Bojanowski, P, von 266 t'g.
Boie, Friedrich 59. 61.
Boie, Hnr. Chn. 61. 76. 211.
Boileau 159 fg.
Boisser^e, SuTpiz 3. 8fF.
Boito, Arrigo 178.
Bonaudi^re, de la 221.
Bondi, Abbate 174.
Borghese, Prinz 15.
Born, St. 275.
Börne, h» 259.
Bossi, Gius. 138 fg. 143. 147. 150.
Bossler, Rath 181.
Böhtlingk, A. 274 fg. 278.
Böttiger, C. A. 53. 85. 161. 263.
Aus Briefen Sanders an —
230-254.
Böttger, Ad. 223.
Bourbaki 267.
Bouvier 274 fg.
Brahms 169. 176 fg. 180.
Brambach 180.
Branconi, Frau von 241. 297.
Brandes, G. 289. 298.
Brandl, A. 278.
Brandt, Medailleur 46 ff.
Brasch, Moritz 299.
Bratranek 75.
Braune 278.
Breitinger 160.
Brentano, Bettina 12, 165 ff. 269.
Breul, Karl 289.
Brifere 57.
Brinckmann, Briefwechsel zwischen
Br. und Goethe und ein Brief an
Karoline von Wolzogen 30^42.
Erläuterungen dazu 42—45.
Brinckmann, Vater d. vor. 42.
Brion, Friderike 297 fg. 300.
Brockhaus, Rudolf 249.
Bross6-le-Vaigneur 295.
Bruinier J. W. 276 fg.
Brun, Friederike 193.
Bruno, Giordano 128.
Brunswick, Comtessen von 194,
Therese 194.
Buckle, Thomas 297.
Budberg, Otto Christoph, Frei-
herr von 90.
Buff, Charlotte 298.
Bülow, Hans von 182.
Burdach, K. 276.
Bürger 160. 2J1. 237. 270.
Burgmüller, N. 104.
Burkhardt, C. A. H. 169. 250. 288.
300.
Bury 28. 45.
Busca, Gabriello 221.
Busch, Moritz 121.
Byron, Lord 121. 217. 297.
Calveri, L. 275.
Carlyle, Th. 115. 294. 297.
Carri^re, M. 277.
Carstens 27 fg.
Castelli, Dichter 176.
Castelli (17. Jahrh.) 221.
Catel 56.
Cattaneo 138.
Cervantes 78.
Challier 178.
Chladni 113.
Chamisso, A. v. in.
Christierns 285.
Christmann, Joh. Friedr. 181.
Chüden, G. W. 239.
Clemens 114.
Clerisseau 287.
Cochin 143.
Cohn, Albert 239.
Coleridge 121.
Consentius 265.
Constant, Benjamin 2^4.
Cöntgensches Zeichenmstitut 205.
Cornaro, Luigi 219 fg.
Costenoble 250.
Cotta 13. 106. 108. 161. 164. 255.
281. 287. 297.
Creizenach, W. 262.
Creuzer, Prof. 67 fg. 88.
Crowe und Cavalcaselle 139.
Curschmann, Friedrich 179%. 186.
Curtius 215.
Dach, Simon 159.
Daehling, Prof. 52.
304
Personen-Register.
Dahmen, J. 293.
188.
Dalberg, F. von 180. 183 fg. 186.
Dandolo, Doge 216.
Dannecker 10, seine Frau 10.
Danzi, Franz 184. 191.
Dechent, Hermann 297.
Deinhardstein 258 fg.
Delacroix 261.
Delius, M. 290.
Demattio, F. 276.
Dessauer, Jos. 194.
Deutschland, Kaiser Wilhelm IL
von 292.
Diderot 4j fe. 57.
Diderot, Tocnter d.vor., s. Vandeul
Frau von.
DieckhofF 202.
Diede, Wilhelm Christoph von
286, seine Frau 286.
Diede, Luise von, s. Low, Luise.
Diede, Eltern d. vor. 62.
Diez, Friedrich 157.
Distel, Theodor 224 fg.
Dobbert 154.
Domeier, W. 277.
Dörnberg, General von 82.
Dräsecke, Felix 182.
Drescher, C. 276 fg.
Düntzer, Heinrich 84. 107. 120 ff.
165. 179. 181. 210. 236. 288 ff.
292. 297 fg.
Dürer, A. 48, 5 1 ig.
Dürrner, Jos. 180.
Eberwein, Karl 177.
Eberwein, Max 189. 194.
Eckermann, J. P. 60. 171. i8q.
211 fg. 251. 269. 283. 288. Ab-
handlung über 105—121, — an
eine Schauspielerin 260 ff.
Eckhel 113.
Edling, Minister 250.
Eggers, Friedrich und Karl 8. 12. 57.
Egmont, Graf 224 ig.
Egmont, Frau des vor., Sabine,
geb. Herzogin von Bayern 225.
Ehlers, Wilh. 185. 249 fg.
Ehrmann 2^7.
Eichendorft 184.
Eichstädt, Hofrath 39. 45. 87. 89.
27 1 . Gedächtnissrede auf Goethe
251-255.
Einsiedel 287.
Elischer, Balth. 273. 300.
Elischer, Julius 273. 300.
Ellinger, Georg 271 fg.
Elster, E. 277. 297.
Emmerich, K. 192.
Englert, A. 293.
Ernst, Ad. WUh. 299.
Escher (Zürich) 287.
Espagne 189.
Euchel 233.
Euripides 291.
Ewald, Pfarrer 183.
Eybenberg, Marianne von 287.
Fahimer, Johanna 210.
Falk, Johannes 187.
Faust 222.
Fernow 80. 239.
Fielitz 186.
Fischart 159.
Fischer, Kuno 165. 173. 277 fg.
293.
Flachsland, Caroline, s. Herder
Caroline.
Flahault (Flaho) Mme. de 33. 44-
Fleming, Paul 159.
Flintzer, Hugo 290. 293 fg.
Fontenelle 32.
Förster, Richard 292.
Fouqu6 82. 114.
Francke, Kuno 290.
Francke, Otto loi.
Frank, Hektor 295.
Fränkel, Heinrich 299.
Fränkel, Ludwig 236 fg. 274 — 278.
Fränkel, Ludwig 275. 291.
Franklin 24.
Frankreich, Ludwig XVIIL König
von 47.
Fraineck, F. J. 296.
Franz, E. 154.
Franz, Robert 176. 184 fg.
Franzos, K. E. 299.
Frege 287.
Frese 65. 6q.
Fresenius, Ä. 63. 214. 280. 283.
Friberth, Karl 181.
Friderike, s. Brion.
Friedel, E. 2q8.
Friedländer, Max 176—194.
Friedmann, Alfred 294. 296.
Froitzheim, J. 296.
Frommann, Alwina 171.
Frommann 165. 287.
Frommannsches Haus 166 fg. 171 fg.
Fuchs, Prof. 287.
1*SKSD9S: I— 3-Äli5TEi*.
^-^s
Fnnck, Hanno: ^sr. 309.
FömstciD 3 CT'*
Fürst, Muäot' 2ZÜ- 222.
FössH, Heinnct z^
Gabler, QcisL Auf:. 17^ i^
Gidcm, Hl. 3«L 28L
GäxfidK 267.
Gaficzm, Farsöc 6^
Gallarali 14^
Gamin 221.
GcUurd, TrodacB 222.
Gt£kt 181.
Gfiger, LMisi^ 45 — 57- 250—254.
238 fL 24921 2yh^36i^ 268 nl
Ge^,Lodv%S&.273ä. 282. 28&.
291.296.299.
Gast 4$.
Genast 287.
Gcndli 46.
Gentz, Fr. von 32. 192.
Gemsbeim, Friedridi 178. 186.
Gerstenberg 210. 290^
Gilbert (Annaien) 285.
GUbert, W. 290.
Girot, A. 292.
Glauser, Ch. 294.
Glekben, Wilbebn Heinrieb Karl
von 82.
Gleim 232. 240 ff. 27a
Glinka, Micliad Iwanowitsch 183.
Glossy, C. 258%.
Goecnhausen, Luise von 234.
Goedeke 115. 187. 250. 288.
Goldsmith, Oliver 223 fg.
Goltermann 180.
Göschel 115.
Göschen 287.
Gotha, Prinz August von 286 fg.
Gotha, Herzog von 287.
Goethe, August von 75. 85 fg. 95 fg.
99. 102. 121. 238. 285.
Goethe, Christiane v. 61. 75. 95 fg.
99 fg. 165. 169. 266. 286. 296.
Goethe, Cornelia 211. 296.
Goethe, Johann Kaspar 195 ff. 206.
Goethe, Katharina Elisabeth (Frau
Rath) loi. 169 fg. 195. 197.
268. 296. JOD.
Goethe, Ottilie von 63. 65. 71 fg.
261 fg, 266. 296.
Goethe, Walter von 266 fg. 296.
Goethe, Wolfgang von 267. 296.
Gobthk-Jahrbuch XVII.
GntSZUiL R. V3E 2fs4.
GrmvTmr löc r~>. :!77.
Gicz. Tlg' I i iiai ii: i&^
GiCzisfici. Ems 2S9.
■ Gannod. z^h. ihi^
I CrDCL. l^rriaiTimr 4&.
I Grabcnrak: 2pa.
Grä''.HaBsGe'isarc 5S — 62.75 — 104.
GncEanaer 124.
Gre^ar A. Grosse, P^ss: 269.
■ Grcean*. F. 294.
\ Greü, A- E. iSa
i Gries :7a.
. Grie^adi. Kirdienrjcij 85, 2^7,
. GrfI]par:Ecr 259.
Grinmi, Hennan 166 C 170%«
Grimm, TL 297.
Gnmm, ^ . 207.
Grimms Wöricrbadi 218.
Grosse. E. L. 288.
Gmbel 88.
Gryphius, Andreis 159.
Gubitz 176.
Gunsbourg, Raoul 291.
Gwinna 196.
Haarhaus, Julius R. 295.
Hacbez, K. 293.
Hagedom 160.
Hamann 241.
Hammer, Hofrath 258.
Hanfstaengl 300.
Hansen, Joseph 222.
Hardenberg, Fürst 250.
Härder, Aug. 194.
Hardy, Sebastian 221.
Hantack, Otto 13—29.
Hamack, Otto 209. 298.
Hartlaub, Wilhelm 258.
Hartmann, Albert Ritter von ja^.
Hartmann, Johann Georg August
von 82.
Haug 161.
Hauptmann, Moritx 180 fjf?. 184.
186 fg. 191.
Haydn, Joseph 176. 186.
Haym, R. 27^ ff.
Heckmann rwirth) 2^6.
Hederich, M. Benjamin 264.
Hedlinger 47.
Hegel 2}4. 272.
Hehn, Victor 11 }. 289.
Heidenhiimtr, //. 222.
20
3o6
Personen-Register.
Heindorf 263.
Heine, H. 119. 184. 297.
Heinemann, Karl 289. 295 fg.
Heinrich, G. 3CX).
Heinse 108. 241.
Hc'.nze 292.
Heitmüller, Ferdinand 284 fg.
HeitmüUer, Ferdinand 279.
Held 187.
Hellen, E. von der 45. 265. 285 fg.
d*H6raery 57.
Henckel-Donnersmarck, Graf Leo
von, Nekrolog auf — 266 ff.
Henning, R. 276. 278/
Henning von 298.
Herbst 68. 84. 89.
Herder, Caroline 240 fg.
Herder, J. G. von 29. iio. 179 fg.
i84fg. 240. 242fF. 247.273.275.278.
H^riette-Viardot 183.
Hermann, G. 263. 271 fg.
Herrmann, M. 276.
Herz, Henriette 233.
Herz, Marcus 233.
Herzfelder J. 290.
Herzlieb, Minna 165 fg.
Hessen, Landgraf Wilhelm von 227.
Hettner 234.
Heubner, K. 192.
Heuermann, A. 90. 297.
Heyne, M. 276.
Hientsch 17^.
Hiller, Ferdinand 186 ff. 191. 194.
Himmel,F.H.i8iff.i85fg. I9i,i93.
Hirt, A. 28. 43. 53. 264.
Hirt, Wilhelm Friedrich 196. 205.
Hirzel, L. 275.
Hochberg, Graf 194.
Höfler, A. 298;
Hofmeister, G. 293. .
Holbein, F. von 202.
Hölderlin 80.
Holtei 121.
Holzhausen, P. 298.
Homer 15. 38. 192.
Hoorne 224.
Hopf, C.. 215.
Hopffer, Bernhard i?5.
Höpfner 212. .
Horaz 87.
Howard, Luke 283.
Humboldt, Alexander von 52. 54.
Humboldt, Karoline von 43. 45. 49.
Humboldt, Wilhelm von 32 fg.
43%- 53%- 77- ni. 114. 212.
217. 231 fg, 264.
Hummel, Maler 287,
Hurka, F. F. 183.
Hutschenreiter, E. 391.
Jacob yi.
Jacobi Fr. H. 47. 58. 61. 132. 213.
264.
,acobi, J. G. 178.
acobi, Max 106.
] acobv, Daniel 242—249.
JacoDy, Daniel 118. 293.
] acoby, Johann 240.
' agdmann, Medailleur 48.
agemann, Schauspielerin 56.
[ahn, Otto 185.
anker 292.
Iden, Wilhelm 81.
^ean Paul (Richter) 82. 103.246.
] enisch 232.
Jensen, Ad. 182. 191.
! ffland, 49. 51. 92. III. 228.
Imhof, Amalie von ^3. 43. 45.
Immermann 114. 118.
ohn, Alois 300.
* bhn 12. 280. 283.
Joseph, E. 277. 279 fg.
"ostes, F. 275.
oukovsky 262.
'. sarius 299.
uncker, Isaak 205. -
' uncker, Justus 196. 202 ff.
Kaltwasser, J. F. S. 264.
Kannegiesser 114 fg.
Kant 117.
Kappe D. 239.
Kappes, M. 276.
Karr, Alphonse 294.
Kasprowicza Jana 294.
Kästner, Dr. 221.
Kauffmann, F. 275 fg.
Kaulbach 273.
Kayser, Ph. Christ. 183. 188.
Keil, Richard 268.
Keil, Robert, Nekrolog auf 268 fg.
Keiper, W. 299.
Kekul6, R. 88.
Keller, Gottfried 178 fg.
Kellner, H. C. 289. 292.
Kellner, Leon 205. 297.
Kemenczky, Coloman 295.
Kestner 210.
Keudell, R. von 180. i86. 192.
Kieser, Wilhelm, Nekrolog auf
270%-
Personen-Register.
307
Kiese wetter, K- 291.
Kirchner, Theodor 187 fg. 194.
Kirms 234 287.
Kis (?) 294.
Klahre, R. 293.
Klaiber, J. 274 fg.
Klein, Bernhard 179. 182 fg. 185.
187 fg. 191. 194.
Kleist, H. von 107.
Klettenberg, Susanna Katharina
von 297.
Klingemann 261.
Klopstock 160. 245. 276 fg.
Kluckhohn 224.
Kluge, Fr. 290.
Kneoel 80. 171. 227. 229. 254. 287.
Knesebeck 270.
Kniese, Jul. 194.
Knortz, Karl 290.
Koburg, Herzog von 287.
Koch, Maler 287.
Koch, Max 115. 226. 276. 289 fg.
Koch, S. 291.
Kögel, R. 277 fg. 279 fg.
König, Medailleur 48.
Kopernikus 133.
Koppenfels 287.
Körner, Ch. G. 27. 193.
Körte 263.
Köster, A. 276.
Kotzebue 27. 37. 160 fg. 182.228.
234. 251.
Kralik, Richard 291.
Krause 286.
Krauss, Rudolf 255—258.
Kräuter 212. 264. 268 fg. 280.
Kräuter, Edmund 268.
Kreutzer, Conradin 183. 185. 190 fg.
194.
Krüger 233.
Kuhiau, Friedrich 187.
Kunckel, Johann 284.
Kunzen, Fr. Ludwig Aemilian 181.
Kurz, Ferdinand 295.
Lagerbjelke, Baron 34 fg.
La Lande 143.
Landry, Karl 298.
Lang, tosephine 191 fg. 194.
Lang, Wilhelm 298.
Langer, Maler 287.
La Roche, Sophie von 169. 297.
Lassen, Eduard 178. 182. 194.
Latrobe, Fr. 185.
Laura (Petrarcas) 165.
Lavater 210. 241.
I- R- ;.i5..297fg.
(da Vmci) 45 fs. — 1
ahl und Goethes Deutuni
eutung
Leeder, Carl 194.
Lehmann, E. 298. 300.
Lehmann, Rudolf 296.
Leit:(tnann, Albert 30—45. 264.
286 fg.
Leitzmann, Albert 77. 222. 279.
Lemos, Frau 233.
Lenz, J. G. 287.
Lenz, J. M. R.
Leonardo
Abendmahl i
138-156.
Lermolieff 139.
Lermontow 187.
Lessing, G. E. 160» 225. 276 fg.
Lessius, Leonard 221.
Levezow, Prof. 52.
Levin, Rahel 233.
Levy, B. 294.
Lewes 165.
Lichtenberg 219.
Lili s. Schönemann.
Lindenzweig 287.
Lindpaintner, P. von 181.
Lionardo, s Leonardo.
Liszt 178. 182. 187 fg. 190 fg.
Litzmann, B. 276. 278.
Lomazzo 139. 148.
Loos, Daniel 47. 238.
Loos, Sohn 48.
Löper, G. v. 162. 167 ff. 184. 215.
236. 262.
Loren^, Ottokar 225—230.
Lorenz, Ottokar 297. 299.
Lorini, Buonaventuro 221.
Low, Freiherr E. von 63.
Low, Freiherr Georg von 62.
Low, von und zu Steinfurt, Freiherr
Ludwig, Besuch bei Goethe am
3. October 1829. 62—72.
Low, Freifrau Luise von, geb.
Diede 62 i^. Ihre Tochter 63.
Low, von und zu Steinfurt, Freiherr
Philipp von 62,
Low, Freiherr Wilhelm 62.
Löwe, Carl 176 fg. 185 ff.
Lucrez 254.
Ludecus 234.
Ludovici 222.
Ludwig, Otto 189.
Luini 142 ff.
Lukian 291.
Lupicini, Antonio 220.
Luther, Martin 278. 289, 292.
Lützow, K. von 298 ^g.
Lyncker, von 287. 296.
3o8
Personen-Register.
Maddalena E. 289.
Magnus, Cesare 139 ff.
Mänrlen, Johannes 255 ff.
Malesherbes 57.
•Mallet du Pan 32.
Mangold, C. 194.
Mann, Fr. Th. 182.
Manning, Eugen W. 209—214.
Mannlich von 286.
Manteuffel von 167.
Marat 31.
Marcel, Andr6 296.
Markull 180.
Marlowe 275 ig. 278.
Marmorito, V. di 294.
Marschner, Heinrich I79fg. 182.190.
Martin, Jacques 221.
Martinsen, W. 222—224.
Mason, B. 294.
Matthäi, Karl 264. üeber seinen
Besuch bei Goethe 1782 241 fg.
Matthias 293.
Matthisson 103.
Maurer 277 fg.
Mayer, F. Arn. 296.
Mayer, W. 291.
Mazucchetti 221.
Medwin 121.
Meinardus, Ludwig 180. i8j. 185 fg.
Mendelssohn - Bartnoldi, Felix 52.
169. 176 fff. 181. 184.
Mendheim, Max 296.
Menke 159. 172.
Mercier 213.
Merck 114. 212. 240 fg. 287.
Merkel J7. 160 f]^. 234.
M^rigault, Fräulein 57.
Methfessel, Albert 184 fg. 188.
Metternich, Fürst 251.
Metz, Ad. 288.
Meyer, A. G. 288.
Meyer, Alexander 298.
Meyer, C. F. 275 fg.
Meyer, Heinrich 12. 22. 25 fg. 28.
5'6. 109. 286 fg.
Meyer, Marianne 232 fg.
Meyer, Richard M. 105 — 121.
Meyer, Richard M. 2^4. 299.
Meziferes, A. 205.
Michaelis, Verleger 233.
Michelangelo 126.
Miglietti, Paolo 219.
Mikuli, Carl 185. 188.
Minor, J. 276 ff. 291.
Minucci 222.
Mnioch, Johann Jakob 242 ff.
Mnioch, Maria, geb. Schmidt, ihr
Urtheil über deutsche Dichter,
besonders Goethe 242—249.
Molifere 159.
Möller, Cajus 237.
Montesquieu 234.
Morelli 234 ff.
Morghen, R. i3Qff. 149 fg. 152.
Mörike, Eduard, über den Brief-
wechsel zwischen Schiller und
Goethe 255—258.
Mörike, Karl 255 ff.
Moritz, K. Ph. 109. 270.
Morsbach, L. 275.
Morsch, H. 225 fg. 229. 290.
Mosel, Ign. von 191.
Mozart 176 fg. 181. 186.
Müchler 176.
Muggenthaler, L. 274 fg.
Müller, Bibliothekar 287.
Müller (Carlsbad) 239.
Müller, Fr. 182.
Müller, Gustav A. 264. 297. 300.
Müller, Johannes 287.
Müller, Kanzler von 12. 121. 216.
239. 252. 269.
Müller, Maler 27 fg. 138.
Müller- Walde 154.
Müllner, Laurenz 289.
Muncker, F. 277 fg.
Munk, Salomo bei Goethe 251, 265.
Munk, Mutter d. vor. 265.
Münz, S. 296.
Murray 121.
Mylius 138.
Nägeli, Hans Georg 180 fg. 183.
Nahl 287.
Naigeon 57.
Näke 1141g.
Napoleon L 226. 229. 264. 296. 298.
Nassen, J. 297.
Näthke, F. 299.
Nauck, G. C. 263.
Naumann, Emil 185. 189.
Neer, Aart van der 202.
Nerval, G6rard de 183.
Nestle 291.
Neukomm, Siegism. 191.
Nicolai, F. 231 fg.
Nicolovius 1 1 5 fg.
Niebuhr 44. 288.
Niejahr, Johannes 293.
Niemeyer, Christian, Kanzler 51.81.
Nothnagel, J. A. 196.
Nottebonm 181. 183. 194.
Personen-Register.
309
Ohlenschläger, Johann Daniel von
241.
Opitz, M. 159.
Oesterreich, Kaiser Franz von 82 fg.
259.
Oesterreich, Maria Ludovica, Kai-
serin von 174.
Oettli, S. 290.
Otto, Friedr. 62—72.
Otto, Friedrich 296.
Pacioli, Luca 147. 150.
Pagliarini 25.
Pappenheim (Gustedt), Jenny von
262.
Paulus, Prof. 67 fg.
Payer, Rud. v. 293.
Petrarca 157. 160. 165. 167. 170.
172. 174.
Pfalz, Kurfürst Friedrich d. Fromme
von der 224.
Pfenninger, T. N. 188. 241.
Pfranger, Ton. Georg 292.
Picksche Auktion 285.
Pigalle iPigal) $.
Platen, von 174 fg.
Plato 117. 263.
Plutarch 264.
Pniower, Otto 166.
Pohl, C. F. 194.
Poppenberg, Felix 242.
Possart, E. 201.
Potocki, Grat 286.
Preen, von 10. 238.
Prem, S. M. 288. 297.
Premont, M. de 221.
Preussen, Königin Elisabeth von
50 fg.
— König Friedrich Wilhelm II.
von 233.
— König Friedrich Wilhelm III.
von 227 ff.
— Königin Luise von 45 {g, 300.
Ihre Schwester Friederike 300.
Preyer, Gottfried 179. 188.
Primavesi, Maler 287.
Pröhle, Heinrich, Nekrolog auf
270. Sein Vater 270.
Pustkuchen 114.
Quadrio 158.
Radecke, Robert 187. 192.
Radziwill, Fürst 177.
Raff, Joachim 185. 187.
Rahleck 181.
Ramazzini 221.
Ramberg, A. von 292. 301.
Ramberg 261.
Ramler 244.
Randhartinger, B. 192.
Raphael 18.
Rappoldi, E. 185.
Rauch, Chr. D. 6. 8. 10. 12. 49.
52 fg.
Raumer, F. von 263.
Raupach, E. 259.
Reber, P. M. 291.
Recke, Elisa von der 233.
Redlich, C. 279.
Reichardt, Gustav 184.
Reichardt, Joh. Friedrich 176. 178 ff.
230. 232. 287.
Reichel, Ad 180.
Reifferscheid 275.
Reinboth, Ferdinand 298.
Reineck, C. 300.
Reinhard, Graf 12. 66, 72. 298.
Reinstorff, Ernst 294.
Reinthaler, Carl 185. 186.
Reissiger, C. G. 180 fg. 184 fg. 189.
Rentsch, Johannes 291.
Retzsch 261.
Reuss-Köstritz, Graf 84.
Reutern, B. von 262.
Reutern, Gerhardt von 262.
Richardson 297.
Richardsoll, Ernst Cushing 290.
Richter, Albert 206.
Richter, Georg Karl von 287.
Richter s. Jean Paul.
Richter, L. 223.
Richter 154.
Ridderhoff, K. 297.
Riegel, H. 154.
Riemer 60. 85 ig, 88. 100. 107.
119 ff. 164 ff. 170. 268 fg. 299.
Riepenhausen, Maler 287.
Rietz, Julius 177.
Righini, V. 194.
Rithov, Martin, Bischof von Ypern
225.
Ritter, Johann Wilhelm 254.
Robespierre 31.
Rochhtz, Fr. 180. 186 fg. 287.
Rod, Edouard 295.
Röderer 241.
Roede, H. C. 204.
Rohden, von, Nlaler 287.
Röhrig, A. 276 ff.
RoUett 54.
310
Personen-Register.
Roman, Julius (Giulio Romano) i8.
Romanowsky, Eduard 209.
Romberg, Andreas 180 fg. 18$ fg.
188. 191. IQ3.
Roos, Heinricfi 196.
Roquette, Otto 274 ff. 288.
Roethe G. 275 fg. 279 ff.
Roetteken, H. 278.
Roulet 263.
Rousseau J. J. 33. 275. 297.
Rubens 142 ff.
Rubinstein, Anton 178. 187 fg.
190 ff.
Rubinstein, Jos. 180.
Ruckstuhl 109.
Rufer, Ph. 192.
Runze, Max 189.
Russland, Kaiser Nicolaus von 262.
Russland, Kaiserin von 267.
Sabbadino, Cristofero 220.
Sachsen, Kurfürst August von 224.
Sade, Hugues de 165.
Salzmann 288.
Sander, Aus Briefen — s an Böttiger
230—234-
Sanders, D. 293.
Sarto, Andrea del 155.
Sartorius, Prof 34. 39. 45. 54.
Sartoux-Thoranc, Graf 200.
Sauer, A. 276 ff. 279. 282. 291. 298.
Sauer, W. 290.
Sauppe, Hermann 289.
Savorgnano, Mario 221.
Schadow, G. 10. 51. Zu Goethes
Briefen an — 238.
Schäffer, Julius 185.
Schäffle, A. 297.
Schapler, Julius 265.
ScharnhoTst, General von 51.
Schelling 106.
Scherer, W. 113. 182.
Scherzer, Otto 180.
Schiebeier 160.
Schiller, Charlotte von 40. 45. 76 fg.
80. 86. 98 ff. 102 fg.
Schiller, Friedrich von 13. 22. 24.
26 ff. 40 fg. 43. 58. 60. 105. 107.
HO fg. 114. 125. 133. 160 fg.
193. 224 fg. 230 ff. 244 fg. 247 ff.
254. 259. 269 {g. 273. 279. 286 fg.
292 fg. 295. 298. 301. — Hein-
rich Voss der Jüngere und sein
Verhalten zu Goethe und 75—
104. Eduard Mörike über den I
Briefwechsel zwischen Goethe
und — 25 5—258. — Vorlesungen
über 274 ff.
Schiller, Kinder des vor. 86. 99 fg.
Schilling, Hermann 300.
Schinimelmann, E. W. 297.
Schinkel 52.
Schipper, J, 157—175.
Schipper, J. 209.
Schlegel, A. W. von 37. 46. 56.
70. 160 ff 165. 167. 174. 234.
Schiegel, Fr. von 38. 112. 161.
Schleiermachcr 42.
Schlosser, Fritz 63. 65. 69 fg.
Schlosser, Frau d. vor., Sophie,
feb. Dufay 63. 65. 69 fg.
losser, Historiker 62 ff. 67 fg,
Schlosser, J. G. 241, über Goethe
1772 240 fg.
Schlösser, Rudolf 290.
Schlottmann, Louis 186. 192.
Schlüter 222.
Schmalz 286.
Schmerling 298.
Schmidt, August 189.
Schmidt, C. 290.
Schmidt, Erich 132. 222. 275 ff.
291. 293. 2c^9.
Schmidt, Klamer 160.
Schmidt-Phiseldeck 286.
Schmidt (Werneuchen) 231.
Schmieder, Dr. 182.
Schmitt, L. 292.
Schmitz, J. P. 293.
Schneider, Wilhelm 182.
Schnyder von Wartensee 180. 187.
Scholl 186.
Scholz, Bernhard 182 fg. 186. 188.
Schönaich 32.
Schönbach 151. 265.
Schönbom 210. 287.
Schöne, Alfred 289. 291.
Schönemann, Elisabeth (Lili) 212.
Schönkopf, Katharina (Aennchen)
297.
Schrader, H. 290.
Schreiber, C. 190.
Schreyer, H 91. 280.
Schröder, Hugo 296.
Schröer, A. 275.
Schröer, K. J. 188. 274 ff. 208.
Schröter, Corona 188 fg. 268.
Schubart, M. 197. 200.
Schubarth 112. 114 ff.
Schubert, Franz 169. 176 fg. 180 ff.
194.
Personen-Register.
3"
Schüddekopf, Carl 240 fg.
Schulte, Lduard 290.
Schulz 183.
Schumann, Robert 177. 180 ff.
185. 187. 190 ff. 294.
Schütz, Chr. Georg 196 fg. 203 ff.
Schwab, G. 293.
Schwabe, Johann Joachim 192 fg.
Schwanthajer 13.
Schweden, Gustav 111. König v. 35.
Schweden, Gustav IV. Kömg von
U. 40. 42.
Schweizer, Anton 181.
Schwenke, Christian Gotthold 222.
Scotus 222.
Seckendorff, Siegmund, Freiherr
von 181 fg. 185 fg.
Seekatz, Joh. Conr. 196 ff. 201. 203.
Seekatz, Frau d. vor. 201.
Segr6, Carlo 289.
Seidel 282.
Seidl, Arnim 299.
Selz, J. G. 204.
Seuffert, Bernhard 2}4— 2^6. 280 ff.
Seuffert, Bernhard 275 fg. 279.
Shakespeare 78 fg. 82. 92. 97. 160.
Siebeck, H. 276.
Sieyes 31.
Sucher, Friedrich 179 fg. 187.
Simond, Ch. 295.
Singer, Ludwig 298.
Sinzheimer, S. 297.
Socin, A. 275.
Solger, Karl 45. 61. 81. 116 fg.
Sömmering 287.
Sophokles 87 fg. 260.
Soret 121.
Soutmann 142.
Spanien, König Philipp 11. von 225.
Spaun 177.
Spener, Carl 231.
Speroni, Sperone 220.
Sperontes 193.
Spinoza 130. 132 fg. 212.
Spitta, H. 276. 278.
Spontini, G. 191 ig.
Spohr, Ludwig 177. 183 ff. 189.
191 (g,
Sprenger, R. 290. 292.
Stael, Mme. de 33. 36.
Stargardt, I. A. 288.
Steffan, Jos. Anton 181.
Steffany 287.
Stegmayer, Mathias, Brief anGoethe
.249 fg. Erläuterungen dazu 250.
Steig, Reinhold 293.
Stein 28?;
Stein, Cnarlotte von 105. 186. 188.
241. 269.
Steinauer.265.
Steiner, Baumeister 287.
Steiner, Rudolf 283 fg.
Steiner, Rudolf 131. 279.
Steinmeyer, E. 278.
Stern, Adolf 274%. 277. 285.
Stern, Alfred 250^.
Sternberg, Caspar, Graf 70 fg.
Sterne, Carus 298:
Stickel, G. 274. 298.
Stiefel, J. 277 fg.
Stieglitz 262.
Stieler 119.
Stika, Joh. 194.
Stöber, A. 241. 293.
Stöcklin, Christian 196.
Stolberg, Auguste von 69. 108.
Stolberg, Christian, Graf zu 299.
Stolberg, Friedrich Leopold, Graf
. zu 69. 82. 299.
Strack, A. 275. 279. 281.
Strauch, Ph. 278.
Strehlke 230.
Streuli, Wilhelm 297.
Strodtmann, A. 237.
Strodtmann, Frl. 7s.
Str:(yg(KUski, Josef 1 38— 1 56.
Strzygowski, Josef 276.
Sucher, Jos. 192.
Sulzer 239.
Suphan, Bernhard 279 fg. 285 fg.
Suphan, Bernhard 13. 23. 27. 29.
75. 213. 279. 287. 292.
Susemihl, E. 223.
Szabö, Mihäly 294.
Szluchovinyi, A. 298.
Taubert, Wilhelm 180 ff. 185. 189.
Tesdorpf, J. M., Beziehungen zu
Goetne 236 fg.
Tesdorpf, Oscar 236.
Teti, (Zarlo 221.
Thayer 194.
Thibaut, Geheimrath 63. 65. 67.
Thomas, Ambroise 191 fg.
Thomas, Calvin 126.
Thorwaldsen 10. 13. 269.
Thoranc, Graf (Königsleutenant)
196 fg. wfg. 204«.
Thümen, F. 292.
Thürheim, Graf 286.
Tieck, Dorothea 79.
312
Personen-Register.
Tieck, Friedrich 287. Briefe an
Goethe 4$ — 52. Erläuterungen
dazu — 52-57.
Tieck, Ludwig 53. 107 fg. 115. 161.
290.
Tieck, Schwester d. vor. 53. 56.
Tieck, Eltern d. vor. 56.
Tille, A. 264.
Tille, A. 290.
Tischbein 295. 299.
Titus 239.
Tizian 155.
Toelken, Prof. 52.
Tolstoy, Gräfin 46.
Tomaschek, W. J. 178 ff. 185. 187 fg.
191 fg. 194.
Trautraann, Johann Georg 196.
^^^^ ^S-
Trolle- Wachtmeister, A.Kn.von44.
Truchsess, Christian von, auf
Bettenburg 82. 103.
Truchsess, Gebhardt s. Gebhardt.
Tschaikowsky, Peter 191 fg.
T. H. Th. 295.
Turgeniew 290.
Uliner, V. 291.
Uh-ich, Hugo 180. 194.
Umlauf 180.
Unger 2ji.
Unger, Frau 1^3.
Unterberger, Christoph 25.
Unzelmann, Friederike 56.
Urban, M. 296.
Valentin, Veit 195—206.
Valentin, Veit 133. 289. 291.
Vandeul, Frau von 49 fg. 57.
Varnhagen von Ense 42. 114. 116.
Vasari 139. 148.
Veda, H. von s. Wied.
Veit, Moritz 251. 262.
Vent 286.
Verlohren 239.
Vetter Th. 276.
Viehoff 113. 182.
Villehardouin, Guillaume de 215.
Virgil 218.
Vogeler, Abb6 194.
Voigt, J. G. von 106. 286 fg. Brief
an, Auszüge 239.
Voigt, Johann 287.
Voigt, Medailleur 48.
Volkelt, J. 277.
Vollbehr, Thdr. 298.
Vollmer, F. 289.
Voltaire 5. 27. 36.
Voss, Ernestine, geb. Boie 76 ff.
81 fg. 89. 94. 96. 98. 100 ff.
Voss, Gräfin 37.
Voss, Heinrich 40. 45. 58 ff. 295.
— der Jüngere und sein Ver-
hältniss zu Goethe und Schiller
75 — 104.
Voss, loh. Heinrich 45. 68. 75 ff.
83 u, 04 ff. 98. 100 ff. 190. 254.
203. 287. Zwei Briefe an Goethe
von — 58 fg. Erläuterungen
dazu 59—61.
Voss, Wilhelm 83.
Vulpius, Christian August 267
Vulpius, Frau d. vor. 267.
Vulpius, Christiane, s. Goethe,
Christiane.
Vulpius, Felix 266. Nekrolog auf
266 ff
Wachtmeister, Graf 45.
Wackernell, J. E. 274 fg. 278.
Wagner, Ernst 103.
Wagner, H. L. 213.
Wagner, Maler 286 fe.
Wagner, Richard 178.
Wohle, Julius 3 — 13.
Wähle, Julius 213. 279. 282. 284.
Waldberg, M. Frhr. von 275 fg.
Wallenstein 254.
Walter, Ignaz 182 fg.
Walzel, O. F. 277.
Warnatz, M. 295.
Weber, Bernhard Anselm 183.
Weber, Carl Maria von 176, 186.
Weber, Gust. 192.
Weckheriin 159.
Weigl 250.
Weilen, Alexander von 291.
Weimar, Anna Amalia, Herzogin
von 181. 273. 300.
— Carl Alexander, Grossherzog
von 274.
— Carl August, Grossherzog von
56. 58. 86. loi. 132. 138. 239.
242. 254. 259. 266 {g. 273. 283.
286 fg. 297.
— Karoline, Prinzessin von 170.
— Luise, Grossherzogin von 71.
241. 287.
Uoethe-Register.
313
Weimar, Maria Paulowna, Gross-
herzogin von 174.
— Sophie, Grossherzogin von 213.
274. 270,
Weimar, W.
292.
Weisse, Christian 160. 222.
Weisse 107. 115.
Weissenfeis, R. 275. 277 fg.
Weissenthurm 250.
Weitbrecht, C. 276 fg. 295.
WetTsäcker, Paul 251—255.
Welcker 88.
Welser, Senator von 287.
Welti 159.
Werder, Carl 262.
Werder, General von 267.
Werner, Heinrich 180.
Werner, R. M. 274. 277.
Werner, Zacharias 165. 167. 170.
242.
Westermann 160.
Wetz, W. 276.
Weyland, Georg Leopold 298.
WHbrandt, A. 290 fg.
Wichmann 12. 52.
Wied, H. von 222.
Wieland 27. 234 fg. 240. 243 fg.
247. 273. 275. 291.
Willemer, Marianne 69. 298.
WiUms 287.
Willmanns 222 ff.
Windelband, W. 278.
Windischmann 286.
Winkler, Max 297.
Winterling, C. M. 223.
Witkowsh, Georg 122—137.
Witkowski, Georg 276 ff. 288.
Wittich, W. 292.
Wolf, Ernst Wilhelm 181.
Wolf, F. A. 48. 53. 263.
Wolff, E. 276 i^.
Wolff, F. K. 75.
Wolff, P. A. 109.
Wolzogen, Karoline von 43 fg
Briet von Brinckmann an 40 S
Erläuterungen dazu 45.
Wülker, R. 277.
Wurzbach 71.
Wyzewa, T. de 289.
Zachariae 36.
Zarncke, Fr. 12. 54. 300.
Zasius, Ulrich 224.
Zauper 114 ff. 118.
Zelter 164. 166. 176. 182 ff. 240.
287.
Zendrini 221.
Zichy, Graf 250 fg.
Ziegert, Max 223.
Ziegler 250.
Zimmermann 234.
Zingerle, A. 275.
Zoilothersitomastix (pseud.) 291.
Zumsteeg 187.
IL Register über Goethes Werke und Leben.
I. Biographische Schriften.
Annalen (Tag- und Jahreshefte)
54. 56. 84. 90. 115 fg.
Campagne in Frankreich 270.
Dichtung und Wahrheit 114. 124.
128. 184. 106 fg. 199 ff. 210. 212.
236. 276 fg. Neue Ausgaben
(Bibl.) 288. 293 ig, Abhandlung
über (Bibl.) 294.
Ephemeriden 128.
Italienische Reise 62. 70. 1 14. 275 ig,
Lebensbekenntnisse im Auszuge
114.
Tagebücher 12. 22 ff. 43. 57. 63.
66. 88. 121. 138. 222. 228. 264 fg.
268. 279. 282. 287. Weimarer
Ausgabe 284 fe[.
Tag- und Jahresnefte, s. Annalen.
2, Briefe an:
Brinckmann 33 fg. 39. Erläute-
rungen dazu 42—45.
Voigt (?) Auszüge 239,
Schadow. Zu GoethesBriefen an 2 38.
Ungedrucktes und neue Ausgaben
288. Weimarer Ausgabe 279.
285 ff.
3. Briefe an Goethe von:
Brinckmann 30— 33. 34—38. 39 fg.
— Erläuterungen dazu 42—45.
Stegmayer, Matthäus 249%. Er-
läuterungen dazu 250.
Tieck, Fr. 45—52. Erläuterungen
dazu 52—57.
3H
Goethe-Register»
Voss, Johann Heinrich sSig, Er-
läuterungen dazu 59—61.
Ungedrucktes und neue Ausgaben
288.
4. Dramen.
Aufgeregten, die. Weimarer Aus-
gabe 279 fg.
Brey, ein Fastnachtsspiel vom
Pater 115.
Bürgergeneral, der 287.
Caesar, Julius (Plan) 210.
Claudine von Villa Bella 177. 193.
Clavigo. Aufführung in Man-
chester 273.
Egmont 113. 177. 210 fg. 259. Zur
letzten Kleidung Egmonts 224 fg.
Abhandlungen über(Bibl.) 289 fg.
Elpenor, Abhandlung über (Bibl.)
290.
Epimenides, des, Erwachen zum
225—230. Abhandlungen über
(Bibl) 290.
Erwin und Elmire 181. 184. 246.
269. Zur Entstehungsgeschichte
von Goethes Singspiel 222—224.
Faust 9. ri. 36. 64. 70. 115. 118 fg.
182. 196. 246. 256. 264. 270.
Erdgeist, der, im Faust. Ge-
spräche zweier Goethefreunde
121 - I J7. Compositionen 177 fg.
Zur Chronologie des ersten
Paralipomenon (mit Facsimile)
209-214. Die mittelalterliche
Ritterburg im 2. Theil, Akt III,
214-218. Höchst 218. Der
Kampf mit dem Meere in Goethes
zweitem Faust 219—222. Zum
historischen Faust 222. Ecker-
mann über die Klingemannsche
Bearbeitung 260 fg. Verschiedene
Handschritten 269. Vorlesungen
an Hochschulen mit deutscher
Unterrichtssprache 274 ff. Neue
Ausgaben und Abhandlungen
(Bibl.) 290 fg. Uebersetzungen
in fremde Sprachen (Bibl.) 294.
Fischerin, die 188 fg.
Götter, Helden und Wieland 291.
Götz von Berlichingen 11. 27. 113.
196. 210 fg. 213. 246. 253. 260.
275. Neue Ausgaben und Ab-
handlungen über (Bibl.) 291 fg.
Hanswursts Hochzeit 269.
Jahrmarktsfest zu Pluncfersweflern
177.
Jery und Bätely 177.
phigenie auf Tauris 9. 11. j8. ,
113. 245 fg. 271 fg.. Parzenbed
277. Neue Ausgaben und Ab-
handlungen (Bibl.) 292. lieber- ;
Setzungen in fremde Sprachen '
(Bibl.) 294.
Laune aes Verliebten 292.
Mädchen, das, von Oberkirch
(Bruchstück). Weimarer Ausgabe
279 ff.
Mahomet 210. 292.
Maskenzug 18 r8 267.
Maskenzüge 18 10 (Die romantische
Poesie) 239.
Natürliche Tochter, die (Eugenia)
37. 253. Sonett Eugeniens 161.
Pandora ir8.
Stella, Abhandlungen über (Bibl.)
292.
Tasso II. 38. 113. 125. 247. 271 fg.
276. 28Q. Neue Ausgaben und
Abhandlungen über (Bibl.) 292^.
Vorspiel 1802, s. Was wir bringen'.
Was wir bringen. Sonett darin
161 fg.
Uebersetzungen in fr. Spr. (Bibl.)
294.
Vorlesungen an Hochschulen 274 ff»
5. Episches.
Achilleis 75. Heinrich Voss, Ver-
besserungen 91 fg.
Hermann und Dorothea 9. 75. 90 fg.
III. 123. 247. Neue Ausgaben
(Bibl.) 292 fg. Uebersetzungen
in fremde Sprachen (Bibl.) 294.
Gemälde (Bibl.) 300%.
Reineke Fuchs 75. 91. 200.
6. Erzählendes.
Hausball, der. Weimarer Ausgabe
279. 282.
Märchen, das 231.
Novelle, Weimarer Ausgabe 279.
282.
Reise, die, der Söhne Megaprazons.
Die schwimmenden Inseln in
234—236. Weimarer Ausgabe
279. 282.
Unterhaltungen deutscher Ausge-
wanderten. Weimarer Ausgabe
279. 281.
Goethe-Register.
315
Wahlverwandtschaften, die 7. 108.
112 fg. 117. 165 fF. 171. 173.
Uebersetzung (Bibl.) 295.
Weiber, die guten. Weimarer Aus-
gabe 279. 281.
Werthers Leiden 9. 11. 32 fg.
125 fg. 129. 196. 210. 213.
246 fg. 278. Abhandlung über
(Bibl.) 294.
Wilhelm Meister 9. 109. 113. 118.
246 fe 25 3. 262. Lehrjahre, Lieder
i8jff. 275. Abhandlung über
(Bibl.) 294. Uebersetzung (Bibl.)
294. Wander jähre 23 fg. 71. 117.
120. 279.
7. Gedichte.
Alexis und Dora 177. 230. 293.
An Abbate Bondi 174.
An den Mond 293. Compositio-
nen 186 fg.
An die Entfernte. Compositionen
192 fg.
An Ihro Kaiserliche Hoheit, die
Frau Grossherzogin von Sachsen-
Weimar und Eisenach 174.
Annette, Buch 114. 292.
An Schwager Kronos 177.
Auf dem See 177.
Auf Thorwaldsens Geliebte 269.
Bundeslied. Compositionen 183 fg.
Carlsbader Gediente 24. 174.
Die Liebende schreibt 177.
Eckart, der getreue 177.
Elegien, römische 246.
Epigrammatisch 161.
Epigramme, venetianische 246.
Epilog zu Schillers Glocke 269.
Epistd 113.
Erlkönig 177. 293. Compositionen
188 fg.
Euj)hrosyne 262.
Ewige Jude, der 210.
Fischer, der 293. Compositionen
185 ff.
Freudvoll und leidvoll 177.
Friderikenlieder 293.
Frühzeitiger Frühling 177.
Ganymed 177. 293.
Geheimes 177.
Geheimnisse 293.
Gesang der öeister über den
Wassern 177. 293.
Glückliche Fahrt 177.
Grenzen der Menschheit 177.
Harzreise im Winter 114. 177.
Commentar 115.
Heideröslein. Compositionen 180 fg.
Hochzeitlied 177. 293.
Jägers Abendlied. Compositionen
183.
Indische Legende 293.
Katechisation 68.
Kleine Blumen, kleine Blätter s.
Mit einem gemahlten Band.
König, der, m Thule 183. 293.
Compositionen 182.
Mädchens Held, Handschrift 239 fg.
Mailied (Wie herrlich etc.) 177.
Compositionen 179 fg.
Meeresstille 177.
Meine Ruh ist hin etc. Composi-
tionen 182 {g,
Mignon 177. 293. Compositionen
191 fg.
Mignomieder 177.
Mit einem gemahlten Band. Com-
positionen 178 fg.
Musensohn , der. Compositionen
182.
Nachtigall, die, sie war entfernt 177.
Nähe des Geliebten. Composi-
tionen 193 fg,
Natur und Kunst 161 ff. 174.
Neue Liebe, Neues Leben. Com-
positionen 184.
Nur wer die Sehnsucht kennt
Compositionen 190 fg.
ParzenJied, s. Iphigenie.
Prometheus 177. 210. 253.
Rastlose Liebe. Compositionen 185.
Sänger, der. Compositionen 190.
Schäfers Klagelied 177. 293.
Schweizerlied 293 .
Sonett, das 161 ff.
Sonette, über Goethes 157— I7S-
Sonnettenkranz (Bibl.) 293.
Sonette an Bettina von Arnim 269.
Suleikalieder 177.
Tagebuch, das 293.
Veilchen, das. Compositionen 177.
181.
Veni Creator Spiritus (Apell ans
Genie) 268.
Wanderer, der 189. 293.
Wanderers Nachtlied (Der du von
dem etc.). Compositionen 188.
Wanderers Nachtlied. (Ueber allen
Gipfeln etc.) 113. Compositionen
187 fg.
Wechsellied zum Tanze 177.
3i6
Goethe-Register.
Wer nie sein Brot mit Thränen
ass. Compositionen 190.
Wer sich der Einsamkeit ergiebt.
Compositionen 189 fg.
Westöstlicher Divan 113. 293.
Wonne der Wehmuth. Compo-
sitionen 177. 184 fg.
Xenien 24611. 275, Berlin und die
230-234.
Abhandlungen über (Bibl.) 292 fg.
Musik, Goethes Gedichte in der
176- 194.
Neue Ausgaben (Bibl.) 292.
Uebersetzungen in fremde Sprachen
(Bibl) 294 fg.
Vorlesungen an Hochschulen 275 ff.
8. Kunst.
Bossi Joseph, Ueber Leonardo da
Vinci Abendmahl zu Mailand.
Leonardos Abendmahl u Goethes
Deutung 138—156.
Cellini, Benvenuto, Lebensbeschrei-
bung des 160.
Denkmale 8.
Gegenstände der bildenden Kunst,
über die 16—19. Erläuterungen
dazu 25-28.
Heroische Statuen von Tieck 57.
Kunst und Alterthum 49. 57. 106.
120.
Kunst und Handwerk, über 13 — 16.
Erläuterungen dazu 21 — 25.
Propyläen 22. 26. 28. Einleitung 28.
Rameaus Neffe 48. Anmerkungen
zu 27.
Urtheile, über strenge 19—21.
Erläuterungen dazu 28 fg.
Winckelmann und sein Jahrhundert
24.
9. Naturwissenschaftliches,
Abbildungen, naiurhistorische, über
die Anforderungen an — im All-
gemeinen und an osteologische
msbesondere 284.
Barometerschwankungen, Ursache
der 283.
Bisherige Beobachtungen und
Wünsche für die Zukunft 284.
Elfenbeins , Betrachtungen über
eine Sammlung krankhaften 284.
Farbenlehre, Geschichte der 117.
254. Abhandlungen über (Bibl.)
298.
Geologie, zur 284.
Jenaische Museen und Sternwarte
284.
Karlsbad 284.
Kunckel, Johann 284.
Metamorphose der Pflanzen 125.
Meteorologie, zur. Weimarer Aus-
gabe 279. 283 fe.
Meteorologische Beobachtungsorte
284.
Morphologie, zur 284.
Natur, die 131.
Naturwissenschaftliche Einzelheiten
284.
Naturwissenschaft, zur 283.
Winderzeugung, zur 284.
WitterungSKunde 284.
Witterungslehre, Versuch einer 283.
Wolkengestalt 283.
Wolkensphären, concentrische 284.
Wolkenzüge 284.
Weimarer Ausgabe 279. 283 fg.
10. Sonstige prosaische
Schriften.
Denkmal, Betrachtungen über ein
dem Dichter Goetne in seiner
Vaterstadt zu errichtendes Denk-
mal 3-7. Erläuterungen dazu
7-13.
Dilettantismus, über den 28 fg.
Ferneres zur Weltgeschichte 119.
Frankfurter Gelehrten Anzeigen,
Recensionen in 106. 11 1. 119 fg>
Heinrich der Löwe, Schema über
285.
Nicolovius, Alfred über Goethe 1 16.
Noch ein Wort für junge Dichter
118.
Recensenten, Antwort des 88.
Recension über Voss' Gedichte
88 fg.
Renovirung des Schauspielhauses
294-
Solgers nachgelassene Schriften
und Briefwechsel 116.
Sprüche in Prosa 132. 294.
Wiederholte Spiegelungen 115.
Zwo wichtige biblische Fragen 124.
Goethe-Register.
317
II. Biographische Einzel-
heiten, Lebensbeziehungen,
Verhähnisse , Tpersönl, und
litterarische) zu:
Bauernfelds Tagebuch, aus 258 fg.
Brinckmann, Briefwechsel zwischen
Goethe und 30-42. Erläute-
rungen dazu 42—45.
Brion, Friderike (Bibl.) 207 fg.
Buckle über Goethe (Bibf.) 297.
Byron, Goethe und (Bibl.) 297.
Carlyle (Bibl.) 297.
Cotta (Bibl.) 297.
Doppelanlage, eine, in dem Wesen
Öoethes (BibU 289.
Eckermann, J. P. 105 — 121, —an
eine Schauspielerin 260 ff.
Ehrmann, Goethes Freund (Bibl.)
207.
Eichstädts Gedächtnissrede auf
Goethe 251-255.
Friderike s. Brion.
Grimm, die Brüder ^Bibl.) 297.
Heine, Heinrich (Bibl.) 297.
Klettenberfi^ , Susanna Katharina
von (Bibl.) 297.
Laroche, Sophie von (Bibl.) 297.
Lenz (Bibl.) 297 fg.
Lotte, Goethes (Bibl.) 208.
Low, von und zu Steinfurt, Frei-
herr Ludwig, Besuch bei Goethe,
Bericht 64 — 72. Erläuterungen
dazu 62—64.
Maler, Frankfurter im Goethehause
zu Frankfurt 195 — 206.
Matthäi, Carl, über seinen Besuch
bei Goethe 1782. 241 {g,
Mnioch, Maria und ihr Urtheil
über deutsche Dichter, besonders
Goethe 242—249.
Mörike, Eduard, über den Brief-
wechsel zwischen Schiller und
Goethe 255—258.
Munk, Salomo, bei Goethe 25 1 . 262.
Napoleon, Goethe und (Bibl.) 298.
Reinhard, Graf (Bibl.) 298.
Riemer, F. W., Briefe über Goethe
(Bibl.) 299.
Schiller- Goethe, Erinnerung eine
(Bibl.) 208.
Schlosser, J. G., über Goethe 1772.
240 fg.
Schmerling und Goethe (Bibl.) 298.
Schönkopt; Katharina (Aennchen)
297.
Stolberg, Fr. L. und Christian zu,
an Gerstenberg (Bibl.) 299.
Tesdorpf, J. M. 236 fg.
Tischbein, ein Schreiben über
Goethe in Rom (Bibl.) 299.
Voss, Heinrich der Jü tigere und
sein Verhältniss zu Goethe und
Schiller 75 — 104.
Wartburgfeier, Goethe und die
2 50 fg.
Weyland, Georg Leopold (Bibl.)
298.
Willemer, Marianne von, Goethe
und (Bibl.) 298.
12. Verschiedenes. ,
Archiv in Weimar, Mittheilungen
aus dem 3-61.
Aubry, der Hund des (Bibl.) 299.
Aufführung in Manchester 273.
Ausgabe letzter Hand 1 3. 280. 282.
Ausstellung in Frankfurt a, M.
1895, 195.
Autographencataloge, Ungedruck-
tes aus 239 fg.
Bibel, Goethe und die (Bibl.) 299.
Bibliographischer Führer (Bibl.)
289.
Bildnisse (Bibl.) 300.
Biographieen etc. (Bibl.) 295.
Biographische Einzelheiten (Bibl.)
295 ^g-
Blackie, John Stuart, Nekrolog auf
269 fg.
Chemische Industrie, Goethe und
die (Bibl.) 298.
Chiozotte, baruffe, Goethe und
die (Bibl.) 289.
Compositionen (Bibl.) 300.
Conseil, Goethe im (Bibl.) 299.
Denkmal Goethes in seiner Vater-
stadt, über ein 3-13.
England, Goethe und (Bibl.) 295.
Gedanken über — (Hehn — Bibl.)
289.
Gespräche, Neue Ausgabe (Bibl.)
288.
Henckel zu Donnersmark, Grat
Leo von, Nekrolog auf 266 fg.
Italiener, Goethe und die (Bibl.)
205.
Keil, Robert, Nekrolog auf 268 fg.
Kieset, Wilhelm, >fekrolog aut
271 fg.
Kunst, Goethe und die bildende
(Bibl.) 298.
3i8
Goethe-Register.
Kunstleben, Deutsches in Rom vor
IOC Jahren (Bibl.) 298.
Lassen, das Verb bei Goethe (Bibl.)
289.
Lecture in den oberen Klassen,
über die (Bibl.) 289.
Manchester , Abhandlungen der
Goethe -Gesellschaft zu (Bibl.)
289.
Markgrafensteine, nochmals Goethe
und die (Bibl.) 298 fg.
Musiker, Goethe als (Bibl.) 298.
Nachträge und Berichtigungen
262-265.
Naturlehre Goethes in der Schule
(Bibl.) 298.
Neue Ausgaben der Werke (Bibl.)
288.
Neue Schriften über — (Bibl.)
289.
Philosophie, Goethes Beziehungen
zur (Bibl.) 299.
Pröhle, Heinrich, Nekrolog auf 270.
Religion, Goethes (Bibl.) 299.
Renaissance, Goethes Verhältniss
zur Kunst der (Bibl.) 298.
Sammlung Elischer 273. 300.
Sammlungen (Bibl.) 300.
Schauspielerei, Goethe und die
(Bibl.) 299.
Stammbuch, Eintragung in ein 239.
Stickel, 90. Geburtstag und Tod
274.
Text, zum Goethe- (Bibl.) 289.
Toleranz, ein neu entdecktes Wort
Goethes für religiöse (Bibl.) 299.
Verwandte Goethes TBibl.) 296.
Vorlesungen an Hochschulen mit
deutscher Unterrichtssprache 274
—278.
Vulpius, Felix, Nekrolog auf 266 ff.
Weimarer Ausgabe 289. Bericht
279 ff.
Wörterbuch, Goethe als Anreger
eines deutschen (Bibl.) 299.
Zwickau, Mittheilungen aus dem
Goetheverein in 289.
Goethes
West-östlicher Divan
Von
Konrad Burdach.
Festvortrag
GEHALTEN IN DER II. GENERALVERSAMMLUNG DER GoETHE-GeSELLSCHAFT
IN Weimar am 30. Juni 1896.
Goethes West-östlicher Divan.
loethe ist der Dichter des Erlebnisses. Kein modemer
Künstler bedurfte, sollte man meinen, weniger als
_ er fremder Muster, anreizender Beispiele und
leitender Anstösse. Aber gleichwohl: kein Poet ist be-
ständiger, mannigfacher, tiefer von aussen angeregt und
befrucntet worden als er.
Jedermann weiss, wie früh die Sehnsucht nach Italien
in ihm geweckt ward, was dieses Land der Verheissung
ihm, was seiner Dichtung das Studium der antiken und der
Kunst der Renaissance gegeben hat. Dies ist das erste
Reich, welches er in Tribut nahm für seinen poetischen
Haushalt.
In seine Jünglingszeit zurück reicht auch seine hin-
gebende Beschäftigung mit der Natur. Sein naturwissen-
schaftlicher Trieb durchdringt sein ganzes Leben, nicht als
Liebhaberei der Mussestunden die poetische Production be-
gleitend, sondern mit ihr untrennbar verwachsen. Goethes
Dichtung und Goethes Naturforschung streben nach einSm
Ziel. Sem poetisches Lebenswerk, der Faust, zieht ebenso
die Summe seiner menschlich* sittlichen Erkenntniss wie
seiner Gedanken über Wesen und Gesetz der Natur und
über das Verhältniss des Menschen zu ihr. Hier haben wir
die :(weite Sphäre, aus der Goethes Kunst ihre Nahrung holt.
Als dritte bildende Macht in der künstlerischen Ent-
wicklung Goethes darf der Orient gelten.
An der Bibel hatte er lesen gelernt. Neben Luthers
Verdeutschung, deren kernhafte Volksthümlichkeit unver-
lierbar sich ihm eingeprägt hatte und, wie die Kenner der
Goethischen Dichtung im Einzelnen lehrreich dargelegt
Gobtbi-Jahrbuch XVII. 21
Festvortrag von Konrad ßuRDA<:H.
haben, seinen poetischen Ausdruck oft genug bis zu wört-
lichem Anklang bestimmen sollte, hatte er durch halb
spielende, halb ernsthafte hebräische Sprachstudien das Ori-
ginal des alten Testaments sich nahe zu bringen gesucht.
Die rührende Geschichte von Joseph gedachte er m einer
prosaischen epischen Dichtung zu gestalten. Klopstocks,
Miltons, Gessners bibHsche Poesie verstärkten den Eindruck,
den das Leben der Patriarchen in seiner Grösse und Ein-
falt auf ihn machte. Mit der ganzen Frische, der klammern-
den Aufnahmefähigkeit, der zähen Treue erster lugend, die
bei späteren Eindrücken niemals widerkehren, hatte er die
vielgestaltige Fülle dieser altsemitischen Welt in sich ein-
gesaugt.
Nach der Rückkehr von Leipzig steigerte sich im
theosophisch-mystischen Verkehr mit Fräulem von Kletten-
berg die Empfänglichkeit für den Tiefsinn der hebräischen
Propheten. Und in Strassburg, wo ihm Herder, den Klassi-
cismus überwindend, die Augen öffnete über die ursprüng-
liche Poesie aller Zeiten und Völker, wo ihm Homer,
Shakespeare, das Volkslied in neuem Licht erscheinen, be-
gann er auch den poetischen Gehalt des alten Testaments
mit historischem Sinn ganz und neu zu begreifen. Die ost-
preussischen Pfadfinder, Hamann und Herder, entdeckten ihm
an Genesis und Psalmen ewig-menschliche und doch zeit-
lich individuelle Urpoesie.
Die sibyllinisch orakelnde Schrift über die Bundestafeln,
die Uebersetzung des Hohenlieds, das er mit seinem Meister
auffasste als »die herrlichste Sammlung von Liebesliedern,
die Gott erschaffen hat«, fünfzehn Parabeln, die im Geist
Salomonischer Gnomik mit Lessingschem Lakonismus zu
reden trachteten, waren die Frucht dieser neuen An-
schauungen.
Fortan ist orientalische Dichtung und Weisheit niemals
mehr aus Goethes Gesichtskreis entschwunden.
Neben der hebräischen Urzeit öffnete sich ihm die
arabische, zeigte sich ihm das ungeheure Schauspiel, wie
sich aus ihr eine neue welterobernde und weltbildende
Macht losringt: die Religion und Kultur des Islam. Als
Goethe den Prometheus begann, einen Cäsar plante, trug
er sich mit einem Drama Mahomet und las dazu eifrig den
Koran. Antiker und semitischer Titanismus stritt in seiner
Phantasie um die Herrschaft und die auf Adlersfittichen
vor\yärts drängende Allegorie »An Schwager Kronos«
vereinigt in ihrem Ausgang den griechischen Orkus und
Gestalten aus der Unterwelt des Propheten Jesaia (14,9)
2u einem grandiosen Bilde.
Den in Weimar auf höherer Stufe zur Klarheit
Goethes West-östlicher Divan. 5*
Strebenden führte der Wegweiser seiner Sturm- und Drang-
zeit zum zweiten Mal in die riesigen Hallen des Orients:
in die persische, arabische, hebräische Spruch- und Liebes-
dichtung. Die Nachbildungen im Tiefurter Journal zeigen,
wie diese Interessen auch den nächsten Kreis der Mit-
strebenden ergriffen. Damals übersetzte Goethe eines der
ältesten herrlichen vor-islamischen arabischen Gedichte, das
erste sogenannte Muallaqa^
Nacn der Rückkehr aus Italien wies Herder den in
neuem Stil Gefestigten auf die eben entdeckte indische
Kunstdichtung hin, von der Goethe bis dahin nur aus
einigen Märcnen eine Vorstellung besass. Er gewann ihm
Theilnahme ab für das von torster übersetzte Drama
Kalidasas Sakuntala, für seine eigenen Distichenreproduc-
tionen morgenländischer Lehr- und Liebespoesie, für die
Perser Saadi und Hafis. Aus einer indischen Erzählung
erwuchs zu jener Zeit »Der Gott und die Bajadere<f. Da-
mals frischte Goethe die lange unterbrochene Fortführunjg;
seiner poetischen Generalbeichte, des Faust, durch Luft
aus dem Orient an: aus dem erhabenen Eingang des
Buches Hiob nahm er das grossartige Motiv der Wette für
das Vorspiel im Himmel; nach Scenen indischer Dramen
bildete er das Vorspiel auf dem Theater.
Die mit Schiller gepflogenen ewig denkwürdigen Ver-
handlungen über das Wesen des £bö5 lenken dann Goethes
Blicke wiederum auf die fünf Bücher Mose: als echter
Schüler Herders studirt er ihren epischen Charakter und
wagt sich an die Bibelkritik mit einer Untersuchung über
den Zug Israels in der Wüste.
In den Jahren der Vereinsamung und des Schmerzes
nach dem Tod des grossen Freundes, da Deutschland am
Boden lag und Goetne bitter Entsagung predigte, trat zum
ersten Mal die persische Dichtung lebendiger und deutlicher
in seinen Gesichtskreis: Dschamis Liebesroman Medschnun
und Leila schien ihm das Musterbild einer grenzenlosen
Liebe darzustellen. Auch die Geschichte von der Liebe
des Jussuphy des biblischen Joseph, zur jugendlichen Frau
Suleicha, von der Liebe Salomos zur Königin von Saba ent-
zückte ihn: beides waren altvertraute biblische Stoffe, die
ihn nun in persischer Umgestaltung und Durchsonnung
neu ergriff'en. Und am Vorabend der grossen vater-
ländischen Befreiungsstunde, kurz vor dem Entscheidungs-
schlag gegen Napoleon, im Oktober 1813, vertiefte er sich,
innerer Aufregung das Gleichgewicht zu halten, in /las
entlegenste Gebiet ostasiatischer Kultur: er trieb Sinica
' Zuerst erkannt und veröffentlicht Weimar. Ausgabe 6, 460 ff.
21*
Festvortrag von Kokrao Burdach.
und las die Reisebeschreibung des Venetianers Marco Polo,
der im 13. Jahrhundert China und Indien durchzogen und
die erste authentische Kunde vom fernsten Osten dem
staunenden Abendlande vermittelt hatte.
Die bedeutsamste Wendung aber brachte das Jahr 18 14.
Damals rückte an Goethe zufällig ein ihm schon früher
flüchtig aus einzelnen Proben bekannter orientalischer
Dichter ganz nahe heran und riss ihn hin wie einst in den
Tagen der Jugend Shakespeare, Ossian, Homer, Rousseau,
in der Zeit der Mannheit die römischen Elegiker. Es war
der persische Dichter des 14. Jahrhunderts: Mohamed
Schemseddin Hafis aus Schiras.
Des Hafis Dichtungen oder um den technischen Aus-
druck der arabisch-persischen Poeten anzuwenden, der so
viel als »Versammlung« bedeutet: sein Divan (a. h. die
Sammlung seiner Gedichte) wurde Goethe in aer unge-
lenken, vielfach dunkeln und durch Missverständnisse ent-
stellten Uebersetzung des Wiener Orientalisten Joseph von
Hammer zugänglich. Aber es leuchtete ihm doch daraus
der Duft und die Glut des zauberhaften Ostens entgegen,
ein Hauch der Ewigkeit und Grösse persischer Wüsten und
Steppen, über die sich der strahlende Sternenhimmel einer
heissen Zone spannt. Und vor allem: zum ersten Mal
schlug hier die Dichtung eines grossen Lyrikers des Orients
im Zusammenhang an sein Herz. Es waren Töne aus dem
Gemüth einer verwandten, stark ausgeprägten Individualität:
eines lebensfrohen, weit- und menschenkundigen, trink-
und liebeseligen, witzigen, aber auch mystischen, in tief-
sinniger Symholik schwelgenden Dichters. Jetzt zum ersten
Mal hielt ihn der nicht-semitische, der arische, der stamm-
verwandte Theil des Orients länger fest. Denn die indische
Dichtung, mochte sie ihn auf Augenblicke noch so sehr
angezogen haben, stiess ihn immer wieder ab durch die
grenzenlose Formlosigkeit, die groteske Ungeheuerlichkeit
ihrer Phantasie.
Die ganze alte Liebe für die morgenländische Kultur,
die seit frühester Jugend in ihm still geglüht, bisher aber
nur dann und wann aus seiner Dichtung hervorgeleuchtet
hatte, entflammte jetzt der stammverwandte onentalische
Poet zu lange dauerndem Brande. Das Lichtlein Hammer-
scher Uebersetzungsmühsal entzündete die prächtige Fackel
einer neuen Lyrik, die mit Hafis wetteiferte wie die römischen
Elegien mit Ovid und Properz gewetteifert hatten. Es geschah
mit der Plötzlichkeit einer ausbrechenden Naturgewalt, mit
dem Ungestüm einer Explosion, durch die lange gesammelter
Zündstoff reissend emporlodert.
Goethes West-ostlicher Divan. 7*
Der Divan ist das grosse Denkmal in Goethes orienta-
lischer Provinz, wie Prometheus, Iphigenie, Helena die Mark-
steine seiner in drei Staffeb emporsteigenden antiken Er-,
oberungen, wie der Faast das ragende Siegeszeichen seiner
naturwtssenschafilichen Lebensarbeit.
Goethes Divan erfreot sich weder gleich starker noch
gleich dauernder und breiter Wirkung wie jene eben ge-
nannten Schöpfungen. Der Gegenwan ist er im Ganzen
recht fremd geworden. Man pflegt ihn für ein künstliches
Produa des alternden Dichters zu halten, an dem mehr
Spiel und Willkür als natürlicher Drang der Seele Antheil
habe. Man findet in ihm mehr Erfindung und Reflexion
als echtes Erlebniss und wahres Gefühl,, mehr gedanken-
schwere Weisheit als poetische Gestalt und Leidenschaft.
Vielen erscheint er wonl gar wie eine etwas frostige, ver-
schnörkelte Costümdichtung, einer phantastischen Laune
entsprungen, greisenhafter Vorliebe für eine exotische Maske,
die der erlahmenden Phantasie als Stab und Krücke dienen
soll und die dann der Dichter doch nach Belieben und
Bequemlichkeit öfter illusionswidrig fortwirft, um in seiner
wahren Figur frei und unbeengt auszuschreiten. Selbst
Kenner und Verehrer des Werks urtheilen in der Regel nicht
viel günstiger. Und doch beruht diese Ansicht auf einem
Sehfehler.
Gewiss, der Divan ist eine Dichtung, die den Typus
des Alters zur Schau trägt: er wandelt m gedankenvoller
Beleuchtung, in symbolischem verallgemeinerndem Denken.
Und er verleugnet in der Form der Darstellung wie des
rein sprachlichen Ausdrucks nicht die Schwächen des Alters:
er enthält stilistische und grammatische Sonderbarkeiten,
gemachte Wortbildungen, gravitätische Wendungen, selt-
same Wortspiele, selbst Dunkelheiten und schlechthin Un-
verständliches. Goethe hat es nicht immer vermocht, den
verarbeiteten fremdartigen Stoff der orientalischen Quellen
in reine Poesie zu verwandeln : zuweilen bietet er uns
Schlacke statt Gold. Das Werk zeigt manchmal bereits die
Weitsichtigkeit greisenhafter Augen und die umständliche
Manier der Nestorjahre.
Dem Unvorbereiteten, der lediglich naiv geniessen
will, wird sich manch entstellende Wolke vor diese wunder-
bare Schöpfung legen und sie wird immer nur in Frag-
menten auf ihn Emdruck machen. Ja selbst wer gelernt
hat, von Goethes Dichten für sich Höheres zu erwarten
als augenblickliches Lustgefühl, wer darin ein Urbild grosser
und gesunder Menschlichkeit, die glücklichste Ehtfahunjg der
Blüthe modernen Lebens und moderner Kunst aufzufinden
weiss, wird hier vielfach rathlos oder erkältet bleiben.
8* Festvortrag von Konrad Burdach.
Die Frau, deren Herzblut in diesem Werke mit-
pulsirt, hat über Goethes biographische Beschreibung jener
zeit aas schöne Wort gesaet: »sie gleicht einem Liede,
wozu nur einige die Nfelocfie kennen, für die meisten
bleibt es ungesungen«. Auch der Divan öffnet seine ge-
heimsten Wunder nur dem, der die rechte Melodie kennt,
in der er zuerst erklang. Ich will versuchen, sie Ihnen
zu singen.
Goethes Divan wurzelt ganz und gar in der Zeit und
Gegenwart, in der Person seines Dichters. Warum zündete
der Sang des Poeten aus Schiras gerade im Jahre 1814 in
solchem Masse? warum weckte er plötzlich gerade damals
in Goethe lang versiegte lyrische Kraft, die zwei Jahre
hindurch wie ein Springquell hervorsprudelte? Die Antwort
führt auf ganz individuelle, biographische, zugleich aber
auch auf ganz allgemeine, zeitgeschichtliche Gründe.
Ungefähr seit dem Tode Schillers machte Goethes
innere Existenz eine grosse Wendung.' Die Epoche des
einseitigen exclusiven Klassicismus, der das absolute Kunst-
ideal, den einzig erlaubten Stil im Alterthum und zwar
in dem Alterthum, wie es Winckelmann formulirte, suchte
und fand, naht ihrem Ende. Auch Goethe zahlte dem
mächtig emporstrebenden universalen, romantischen, ge-
schichtlichen Geist der Zeit seinen Zoll.
Keiner von allen Impulsen der damals aufsteigenden
Weltbewegung hat vielleicht grössere Folgen gehabt als
der Drang nach einer rurückliegenden höheren Einheit der
menschUchen Natur. Hatten Rousseau und seine Schüler
den ursprünglichen Zustand der Menschheit aus der Idee
heraus sich construirt, so strebte seit dem Ende des
18. Jahrhunderts eine grosse, internationale Gemeinde von
Anregern, Gesinnungsgenossen und Schülern Herders dar-
nach, jenes primitive MenschUche historisch direct nach-
zuweisen oder durch geschichtliche Reconstruction zu er-
schliessen.
Die ursprüngliche Poesie hatte die Generation, welche
1770 jung war, in der sogenannten Natur- oder Volks-
Eoesie entdeckt, deren Wesen an Homer, an akenglischen
lalladen, am Pseudo-Ossian, am deutschen Volksliede, an
den Gesängen der wilden und der unkultivirten Völker
studirt wurde. Ferne, zumal exotische Welten mit niedrer
Kultur, die seit dem Ende des Jahrhunderts besonders
deutlich in den Gesichtskreis Europas traten, schienen die
verlorenen Ideen des Naturzustandes zu verwirklichen.
' Vgl. zum Folgenden meine Ausfuhr ungen im Goethe- Jahrbuch XI,
S. 14 ff.
Goethes West-östlicher Divan. 9*
Genau hundert fahre vor Goethes Divan hatte Daniel
Defoe die Urgeschichte der menschlichen Kultur an den
Schicksalen eines schottischen Matrosen, der auf eine un-
bewohnte Insel im südamerikanischen stillen Ocean ge-
rathen war, zu der unsterblichen moralphilosophischen Er-
zählung vom Robinson gestaltet. Rousseau, dem Bewunderer
dieses Buchs, nachschreitend, h^itiQ Bernardin de St, Pierre
bald auf westindischen oder afrikanischen Inseln, bald in
den Steppen Westasiens die Patriarchenzeit nachgeträumt
und wieder ins Leben rufen wollen. Seine »Etuaes de la
nature« lieferten Reisebeschreibungen voll tief religiösen
Anbetungsgefühls und verkündigten gleich Goethe: Gottes
ist der Orient, Gottes ist der Occident. Zur Zeit, da
Goethe seinen Werther umarbeitete, hatte St. Pierre
Paul et Virginie geschaffen: eine unsterbliche erotische
Robinsonade, geboren aus elegischer Sehnsucht nach den
Kindheitszuständen der Menschheit, aber auch aus lebendiger
Anschauung der Tropenwelt und aller Zauber eines süd-
lichen Eilands. Und an der Schwelle des neuen Jahr-
hunderts durchdrang Chateaubriand die Tendenz des grossen
Jean Jacques, Ossiansche Stimmung und den Charaktertypus
des junj[en Werther mit den politisch-religiösen Elementen
seiner Emigrantenrolle : daraus entstehen die weltberühmten
beiden Lieoesgeschichten Atala und Reni, die in den un-
endlichen Prärien und Urwäldern von Louisiana ihren
Schauplatz haben. Bald nachher localisirt der Exilirte sein
Ideal in dem arabischen Zeitalter Spaniens : nach den Tempeln
Griechenlands schien ihm die Alhambra des Anschauens
werth und der Untergang der maurischen Könige von
Granada gab ihm den Stoff zu seiner Novelle »Der letzte
der Abenceragen«.
So trat an die Stelle eines erträumten Utopien, an die
Stelle der Ossianischen Nebelwelt, an die Stelle der sen-
timentalisch angeschauten Region der Naturvölker Afrikas
und Amerikas für das poetisch-moralische Bedürfniss der
Orient, Und das zu einer Zeit, wo in Frankreich der grosse
Orientalist Silvestre de Sacy die englischen Leistungen eines
Jones, die deutschen eines Eichhorn und Reiske überholend,
den Grund legte für die wissenschaftliche Erkenntniss des
arabischen und persischen Alterthums.
Chateaubriand hatte seine beiden romantisch-exotischen
Idyllen seinem grossen Werk »Genius des Christenthuras«
eingefügt. Religiösen und christlichen Absichten folgt ebenso
der englische Romantiker Southey, der etwa gleichzeitig
arabische Sitte, arabischen Glauben und die Pracht der morgen-
ländischen Natur abbildet. Der Gegensatz des Ideals zu
den Verhältnissen der modernen Kultur treibt auch Lord
10* Festvortrag von Konrad Burdach.
Byron, den genialen modernen Apostel der sittlich-poetischen
Revolution dazu, die bunte, an Schrecken und an Zaubern
reiche Welt des mittelalterlichen und modernen europäischen,
türkisch-griechischen Ostens, auf deren Schauplatz er selbst
mit weltschmerzlichem Titanismus geflüchtet war, zum
romantisch aufgefassten Hintergrund subjectivster, satirisch-
epischer Dichtungen zu nehmen.
Die deutsche Romantik in ihrer Auflehnung gegen den
Klassicismus fand in den alten Ueberlieferungen des Orients
was sie brauchte und suchte. Rousseaus Naturevangelium
und Herders universelle Lehre von der primitiven Poesie
leben und wirken verbunden in einer gewissen Metamor-
phose fort. Aus dem orientalischen Märchen, wie es die
Franzosen, Wieland, wie es noch Klinger in seinen philo-
sophischen Romanen als blosses Costüm benutzten, wächst
nun eine andächtigeVtniQfung in die Wunder des Ostens um
ihrer selbst, um ihres menschlichen und poetischen Werthes
willen. Zwar der junge Tieck umkleiaet in seiner senti-
mentalen Idylle Ahnanstir Rousseauische und Wertherische
Natursehnsucht noch ziemlich äusserlich mit orientalischen
Hüllen, und auch in seiner Faustiade Abdallah haben die
Farben und der magische Apparat, die aus des Olearius
Beschreibung seiner persischen Reise und aus »Tausend und
Eine Nacht« entlehnt sind, noch keine tiefe und selbständige
Bedeutung. Aber schon verkündete Friedrich Schlegel im
Athenäum (1800; 3,103) : »im Orient müssen wir das höchste
Romantische suchen«; schon brachte Tiecks »Poäisches
Journal«, das an der romantischen Neugestaltung der Poesie
und Kunst mitzuarbeiten sich als Ziel setzte, aus der Feder
eines Mitstrebenden einen Aufsatz über die altindischen
mythologischen Dichtungen, die »Morgenträume unsres
Geschlechts«, und die Schlegelsche buropa die Ueber-
setzung eines Bruchstücks aus Firdusis Heldenbuch. Novalis
träumte in seinen den Katholicismus symbolisirenden und
mit mystischer Poesie umspinnenden iJywwe» an die Nacht,
dass des Morgenlands ahndende blüthenreiche Weisheit zu-
erst der neuen, der christlichen Zeit Beginn erkannt, zuerst
dem Königskind in der Krippe mit Glanz und Duft ge-
huldigt habe. Der Deutschiana und Dänemark gemeinsame
Oehlenschläger schuf aus einer der schönsten Scenen vCMi
Tausend und Eine Nacht sein dramatisches Märchen Aladdin,
eine halb ironische Allegorie eigener Lebensverhältnisse.
Und schon lehrte der dichtende Philosoph Schelling, dass
die Philosophie, so wie sie in der Kindheit der Wissen-
schaft von der Poesie geboren sei, nach ihrer Vollendung
durch das MittelgHed emer neuen Mythologie wieder in den
allgemeinen Ocean der Poesie zurückfliessen müsse, dass das
Goethes West-östucher Divan. n*
Christenthum im letzten Grund aus dem orientalisclien
Geist stamme, der die indische Religion geschaffen und den.
ganzen Orient durchdrungen habe. Der Orient ward eine
Art Zauberwort. Er erschien als der alte Ursitz des nun
JTOclamirten magischen Idealismus. Hier glaubten dessen
ünger die echte LcbensfüUe, die wahre und ganze Menschen^
natur, die lautere Religion zu finden.
Nun ward von dem Drange der Epoche nach den
Urquellen europäischer Sprache, Religion und Sitte auch
die eigentliche Wissenschaft erfasst und förderte ihn ihrer-
seits. Das philosophisch-ästhetische Problem verwandelte
sich ihr in ein historisch-poetisches: an Stelle eines aller-
orten zu findenden allgemeinenNaturzustandes der Mensch-
heit bemühte sie sich, einen bestimmten geschichtlich d. h,
national und zeitlich begrenzten Grundzustand zu entdecken,
aus dem die spätere Vielheit, Mannigfaltigkeit und Ver-
feinerung der Cultur hervorgegangen sei. Die Gelehrten
Englands, Frankreichs und Deutschlands verwandelten sich
in jene »Lehrlinge zu Sais«, von denen des Novalis lyrischer
Roman geschwärmt hatte: in Reisende, die den Spuren des
einstigen Urvolks und den Resten der Ursprachen nachgehen.
Seit den achtziger Jahren des i8. Jahrnunderts hatte das
Bekanntwerden der Sanskritsprache die Einsicht geweckt,
dass die grossen Kulturvölker Europas mit den Persern
und Indern von einer Mutter abstammen. Ihre gemeinsame
Urheimat glaubte man im Osten, in Hochasien suchen zu
müssen. Das Arabische und Hebräische war freilich, wie
die wissenschaftliche Forschung immer deutlicher zeigte,
von diesem Familienzusammennang auszuschliesscn. Aber
es dauerte lange, bis diese neue Erkenntniss sich zur Klar-
heit und Sicherheit und zu allgemeiner Anerkennung durch-
rang. Noch 1806 verglich einer der gelehrtesten damaligen
Linguisten, /öÄfl»« Christoph Adelung, in seinem Mithridates
indische und semitische Worte als urverwandt, von dem
genealogischen Zusammenhang der beiden Sprachen über-
zeugt. Erst Friedrich Schlegels Abhandlung »Ueber die
Sprache und Weisheit der Indier« zerstörte zwei Jahre
nachher mit Entschiedenheit den Jahrhunderte alten Irrthum,
das Hebräische für die ältere Schwester oder die Mutter
der europäischen Idiome zu halten, und erst Frän^ Bopps
»Coniugationssystem«, das während der Entstehung des
Goetnischen Divan erschien, legte den sichern Grund, auf
dem die vergleichende wissenschaftliche Erforschung der
arischen oder indogermanischen Sprachen in strenger Ab-
grenzung ihres Reviers gegen die — nicht verwandten —
semitischen Sprachen sich entwickelt hat.
Es schien, als ob im Kreise der jüngeren deutschen
12 Festvortrag von Konrad Burdach.
Romantik jener Wunsch Schellings und Friedrich Schlegels,
aus dem Orient die neue Mythologie zu holen, in anderer
Weise verwirklicht werden sollte. Die Heidelberger Trias
Daub, CreuT^tr, Gbrres, beflügelt von den jugendfröhlichen,
geistesverwandten Genossen Arnim und Brentano vertiefte
sich mit schöpferischer Phantasie, aber von einer kritischen
Sonderung der einzelnen Nationen und Epochen weit ent-
fernt, in die Religion des Morgenlandes. Die »Studien«,
die »Symbolik und Mythologie der alten Völker«, die
»Mythengeschichte der asiatischen Welt« streuten unsterb-
liche Keime: wne Friedrich Schlegel der vergleichenden
Sprachwissenschaft die Richtung wies, so haben sie für
die vergleichende Religionswissenschaft zuerst Stimmung
gemacht.
Sie wollten den Kern der alten Religionen, die reine
monotheistische Urreligion unter den Symbolen des Kultus
und den Erzählungen des Mythos entdecken und fanden
sie im Osten, in den uralten Traditionen Asiens, in den
Gegenden, da das Paradies, die Heimat des Menschen-
geschlechts gelegen haben soll, von denen die Sonne kommt.
Die grossen Religionsstifter sind ihnen Pronheten der
Völker, nach dem Plane Gottes berufen, die Menschheit
stufenweise zu erheben und zu läutern.
Als Goethe den persischen Dichter zum Führer erkor,
tauchte auch er in das weite Gewässer dieser europäischen
Strömung. Und wenn er nun mit der romantischen in-
und ausländischen Jugend Europas nach Osten strebte,
nach dem Zeitalter und dem Schauplatz der Jugend des
Menschengeschlechts, so folgte er Impulsen, die in seiner
Frühzeit inn selbst schon getroffen hatten, die durch ihn
selbst verstärkt und auf die allgemeine Weltbildung
unverlierbar hinübergeleitet waren.
Aus Hamann-Herderischem, aus Goethischem Jugend-
feist ist dieser romantische Kultus des Orients geboren.
Vedev Chateaubriand noch Lord Byron noch Schelling
noch die deutschen Romantiker wären denkbar, ohne dass
sie der Athem Goethischer Geniedichtung angeweht hätte.
Es war eine selbstentfesselte Welle, die nach Jahrzehnten
mit gesteigerter Kraft zurückkehrend, den alten Dichter
fortriss. Luft aus der eigenen weit zurückliegenden Jugend-
zeit, geschöpft von der damaligen Jugend, machte ihn an
seiner eigenen Vergangenheit wieder jung, führte ihn zurück
zu den Tendenzen einer längst üoerwundenen Epoche,
bereitete seine poetische Wiedergeburt.
Am Weihnachtsabend des Jahres 1814 setzte Goethe
dem ältesten Kern seines orientalischen Liedercyclus, dem
im Wesentlichen chronologisch geordneten »Deutschen
Goethes West-östlicher Di van. 13*"
Divan«, dem die Eintheilung in Bücher noch fehlte, den
Prolog »Hegire« d. h. Hedscnra vor: er redet deutlich von
Sinn und Absicht des Ganzen. Im Zeitalter der Revolution^
da Throne und Reiche stürzen und die abendländische
Welt in Stücke fällt, soll die Flucht zum reinen Osten,
soll Paradiesesluft und JugendqueU* Heilung und Erneuerung
bringen: ursprüngliche Tiefe des Menschengeschlechts,
f ottempfangene Himmelslehre in irdischer Sprache, Weite
es Glaubens, Enge des Gedankens, lebendiges gesprochnes
Wort, einfaches Hirten- und Karawanendasein — das sind
die Mächte, die Genesung und Verjüngung bringen, die
den Dichter an sich locken. Ist's aicnt, als gehorchte
Goethe, indem er so spricht, wieder dem Lehrer seiner
Sturmzeit, dem Magus aus Norden, Hamann? Dieser hatte
1762 in seiner kabbalistischen Aesthetica in nuce gerufen:
»Wodurch sollen wir die ausgestorbene Sprache der Natur
von den Todten wieder auferwecken? Durch Wall-
fahrten nach dem glücklichen Arabien, durch Kreuzzüge
nach den Morgenländern, und durch die Wiederherstellung
ihrer Magie« (Schriften 2, 2^3).
Von einer T^weiten Heeire Goethes gibt sein Divan
Kunde. Die erste hatte ihn leiblich nach Italien und geistig
in das Reich der antiken Kunst und Dichtung geführt.
Diese :(weite Hegire brachte ihn körperlich in die Heimat,
an den Rhein, und geistig in den Orient.
Die poetische Einheit des Divancyclus beruht auf der
Vorstellung einer Reise zum Orient und durch den Orient.
Wiederholt hat Goethe selbst zur Erklärung das hervor-
fjehoben. Der Dichter gibt sich die Rolle eines die öst-
ichen Länder ihrer ganzen Ausdehnung nach durchziehenden
Handelsherrn. Nur hierdurch ist der bunte Wechsel des
Schauplatzes, die Fülle der verschiedenen geographischen
Namen von Venedig bis Indostan, die Mischung der Kultur-
begriffe motivirt, die im Divan erscheinen. Goethe stellt
sicn im geistigen Sinn auf den Standpunkt der älteren grossen
abendländischen Entdecker und Reisenden, die seit dem
13. Jahrhundert den geheimnissvollen Osten Europa er-
schlossen. Er betrachtet sich als einen Nachfolger gleichsam
der Marco Polo, Della Valle, Olearius. Chardin. Allerdings
hat er diese poetische Einkleidung nicnt ganz streng durch-
geführt und fällt öfter aus seiner Rolle, wie er clenn seit
seiner Rückkehr aus Italien es leider mit der Wahrung
der poetischen Illusion immer leichter nahm.
Die dichterische Darstellung dieser figürlichen Orient-
reise vollzog sich nun aber auf zwei wirklichen Reisen im
' Dafür später: Patriarchenluft -- Chisers Quell.
14* Festvortrag von Konrad Burdach.
Sommer und Herbst der Jahre 1814 und 1815. Ihr nächster
Zweck hatte der bildenden Kunst ^egoken. Die Reste alt-
deutscher, nationaler Malerei und Baukunst, die sich in dem.
alten Kulturland des Rhein- und Maingebiets erhalten hatten
und die eben damals ein erwachender pietätvoller Sinn
anfing zu schützen, zu restauriren, zu sammeln, wollte
Goethe mit eignen Augen sehen.
In dem Kreise der beiden Kölner Kaufmannssöhne
5tt//>/;( und Melchior Boisserie und ihres Freundes Bertram
hatte sich seit Kurzem ein neues Kraftceutrum der deutschen
Kunststudien entfaltet, ganz verschieden von dem älteren
in Weimar, dessen Seele Goethe war, ja ihm geradezu
entgegengesetzt durch die Abkehr vom Klassicismus, durch
die Hinneigung zur Romantik, zum Mittelalter, zur ger-.
manischen Kunst, zum Historischen. Zwischen dem rheini-
schen und dem Weimarischen Kunstkreis hatte es noth-
gedrungen zu einer Auseinandersetzung kommen müssen,
ler zänen, unermüdlich werbenden Begeisterung Sulpiz
Boisserees war eine freundschaftliche Annäherung an den
kühl und misstrauisch abwehrenden Olympier geglückt.
Sein anfänglicher heftiger Widerstand gegen diesen Send-
boten der neudeutsch-religios-patriotischen Malerei schmolz
vor dessen idealem, künstlerischem Wollen, vor der lauteren
Persönlichkeit, der es immer nur um die Sache zu thun
war. Was seit den Strassburger und Frankfurter Tagen
allmählich eingeschlummert war, wachte in Goethes Seele
wieder auf: der junge Student und Doctor hatte für Erwins
von Steinbach Werk geschwärmt und die ursprünglichen
Risse des Strassburger Münsters nachgezeichnet; jetzt er-
wärmt sich der alte Geheimerath Excellenz für Boisserees
Plan der Vollendung des Kölner Doms und knüpft die
abgerissenen Fäden der Sturm- und Drangzeit wieder an.
Nach dem Pariser Frieden schien Goethe die Zeit reif,
die Sammlungen des Freundes in Heidelberg sowie die
anderer Liebhaber in den Rheinlanden selbst zu prüfen.
Er stand am Abschluss einer Lebensepoche und fühlte das.
Er hatte den Druck des dritten Bands seiner Selbstbiographie
vollendet. Er hatte im Erwachen des Epimenides Deutsch-
lands Befreiung und seine eigene innere Metamorphose
dargestellt. Neues Lebensgefühl drang überfluthend auf
ihn ein.
Aus deii Gedankenkreisen des exclusiven Klassicismus
zogen ihn diese Rheinfahrten hinaus. Er nahm nun Theil
an den weitausschauenden nationalen Bestrebungen, die
Alterthümer des Rheingebiets zu beschreiben, zu erhalten,
zu vereinigen, zu erläutern. Die Rückkehr zu den Stätten
der Kindheit und Jugend, die er nach siebzehn Jahren
♦
Goethes West-östlicher Divan. 15
wiedersah, zu alten Freunden und Genossen stellte ihn
wieder hinein in die längst verlassene helle fröhliche Welt,
in der er herangewachsen, in der er zum Dichter geworden
war. Und über dem Zug nach der geliebten fränkischen
Heimat, über der Wanderung durch ihre nationalen Alter-
thümer, über allen seinen Wegen am Rhein, Main und
Neckar während der beiden glücklichen Jahre leuchtete
das verklärende Licht der Jugenderinnerungen und die
Sonne der Poesie des neugefundenen Freundes, Haus.
Friedrich Schlegel hatte am 13. September 1802 aus
Paris geschrieben: »Ich überzeuge mich immer mehr, dass
der Norden und der Orient die guten Elemente der Erde
sind«. Aus einer verwandten Stimmung ist der Divan ge-
boren. Eines seiner ältesten Gedichte, das erste des zweiten
Buchs, gibt in einem Dialog zwischen dem abendländischen
Dichter und seinem persischen Vorbild die Erklärung des
Beinamens Haßs, unter dem Mohamed Schemseddin all-
gemein bekannt ist. Er bedeutet »Korankenner«. Darauf
gründet der Schluss des Gedichts die Gewissheit der Eben-
bürtigkeit: »Und so gleich ich dir vollkommen Der ich
unsrer heiigen Bücher Herrlich Bild an mich genommen
Wie auf jenes Tuch der Tücher Sich des Herren Bildniss
drückte«. Von dem Schweisstuch der heiligen Veronica mit
dem Christusbild, seinen bildlichen Darstellungen und seinen
Legenden ist zwischen Boisser^e und Goethe im Brief-
wechsel der Jahre 1814 bis 1816 öfter die Rede; Boisserie
schickte nach Weimar eine Durchzeichnung des in seinem
Besitz befindlichen prachtvollen Bildes Meister Wilhelms
von Köln (jetzt in der Münchener Alten Pinakothek), nach
der dann em Abdruck für das erste Heft von Goethes Zeit-
schrift »Ueber Kunst und Alterthum in den Rhein und
Mayn Gegenden« hergestellt wurde. Gewiss hat Boisserie
schon bei seinem ersten Besuch in Weimar 181 1 Goethe
eine Copie dieses Kleinods vorgelegt, oder doch wenigstens
davon gesprochen. Jedenfalls bringt das Divangedicht den
mannigfaltigen Hintergrund, auf dem diese neue orienta-
lische Lyrik sich entfaltete, wahrhaft symbolisch zum Aus-
druck: Theilnahme für die christlich-germanische Kunst^
religiöses Gefühl und liebevolle Versenkung in den fernen
Osten sind hier vereinigt; es scheint wirklich aus dem
Norden und dem Orient alles Heil zu kommen. Aber durch
alles dies klingt das individuelle Seelenleben des Dichters
und die literarische Anregung des persischen Musters ver-
nehmlich durch : christlich - germanische und mystisch-
orientalisirende Stimmung des Zeitalters schlingen sich
wundersam in einander.
l6* Festvortrag von Konrad Burdach.
Bekanntlich hat Goethe, als ihm in späteren Jahren
des junsen Näke unreifes und leichtgläubiges Buch über
«ine refiquienlüsterne Wallfahrt nach Sesenheim zuging,
den entoptischen Kunstausdruck Wiederholte Spiegelungen
zur Bezeichnung gewisser psychologisch-literarischer Pnä-
nomene verwendet. Der Strassburger Student, die Seele
voll von dem Zauber des idyllischen Pfarrhauses im Vicar
of Wakefield Oliver Goldsmiths und schwelgend in dem
Kultus der Natur, erlebte in Sesenheim ein poetisches
Wahnleben: er sah die reizende Wirklichkeit in dem
Lichte, das sein Inneres ausstrahlte. Im Zusammensein mit
der Familie Brion, in der Nähe der geliebten Friederike
fühlte er sich und die Umgebung, als ob er in einen Spiegel
-schaute. Und wenige lahre, bevor der Divan keimte, hatte
äer Sechziger das »liebevoll früh gewonnene, lang erhaltene
Bild« in seiner Selbstbiographie mit '»lebhafter Erinnerung
nach aussen ausgesprochen und abermals abgespiegelt«.
Die Wetzlarer Liebestragödie hat Goethe in Rousseau-
ischer und Ossianischer Beleuchtung aufgefasst, seine Em-
pfindung mit Klopstockschen Tönen gestimmt, und nach-
dem er das Verhältniss zu Lotte und Kestner in seinem
herbem Gegenbild, den Beziehungen zur Maxe Brentano
und ihrem eifersüchtigen Gatten, sich hatte wiederholen
sehen, schliesslich das Verhängniss des jungen Jerusalem
als dritten Reflex erblickt. Aus der Mischung und sich
steigernder Durchdringung dieser literarischen und persön-
lichen Doppel-, Vor- und Nachbilder entsprang der IVerther,
Goethe reflectirte seine eigene Liebesschuld gegen die
Pfarrerstochter von Sesenheim in Beaumarchais' sprühendes
viertes Memoire gegen den spanischen Literaten Clavijo,
den ehescheuen Verlobten seiner Schwester Marie, durch
das der reale Thatbestand mit poetischer Erfindung bereits
in theatralisches Licht gerückt war, und in ein altes
deutsches Volkslied vom tragischen Ende verrathener Liebe
und improvisirte so den Clavigo, Er spiegelte seine Liebes-
wirren, die ihn von Friederike zu Lotte, von Lotte zu Lili
geführt und zwischendurch mit andern leichteren Ketten
umstrickt hatten, wiederholt in den verwandten Herzens-
irrgängen Fritz Jacobis, in dem tragischen Doppelbunde
Swifts, in der naiv-leidenschaftlichen Sage von cier zwie-
fachen Ehe des Grafen von Gleichen und es entstand das
Schauspiel für Liebende: Stella,
In wie vielen und verschiedenen Spiegeln hat er sein
glücklich-unglückliches Zusammenleben mit Frau von Stein
dichtend autgefangen und durch entoptische Fortwirkung
den Eindruck vertieft! Im Herzen noch den Abglanz von
Lilis Gestalt, liest er Boccaccios rührende Novelle von dem
Goethes West-östlicher Divan. 17*
armen Ritter, der, um die Angebetete standesgemäss zu
bewirthen, sein letztes und theuerstes Gut, den geliebten
Falken opfert, und gewahrt in dem Bilde dieses Paars den
Wiederscnein seiner demüthigen Verehrung der strahlenden
Frau, in der stolzen Giovanna neben Lili die neue Göttin
seines Herzens: diese Spiegelungen sollte das Drama der
Falke gestalten. Dann wieder sieht er in ihr die Schwester,
die sich in die Geliebte verwandelt, und schreibt die Ge-
schwister, Er fühlt, wie sie seinem heissen Blut Mässigung
tropft, seine Verwirrung löst, die zerstörte Brust aufricntet,
und erschaut sie als Iphigenie, als die hohe Artemispriesterin,
die den fluchbeladnen Bruder Orestes aus den schlingen
der Erinnyen befreit. In Momenten der Hypochondrie er-
bhckt er das Tragische dieses Verhältnisses : die Unbesieg-
barkeit der trennenden Schranken, die zerreibende Auf-
regung ungestillter Sehnsucht, und im Spiegel treten ihm
der unglückliche Torquato und die Prinzessin Leonore von
Este, in einem andern die Leiden des armen Lenz entgegen :
er wirft diese »wunderlichen Figuren mit ihren Eigenheiten
zusammen« und es entstand ihm das Bild des Tusso, Die
Freundin, Schwester, Geliebte, wird ihm Madonna, zu der
er betend aufschaut, wie zur Quelle des Lichts und der
Reinheit; sie scheint ihm Dichten und Leben zu heiligen
und zu weihen; er betrachtet sie wie ein antiker oder ein
Dichter der Renaissance seine Muse : da concentrirt die
Vision der Zueignung die Erscheinung der Wahrheit mit
dem Schleier der Dichtung (eine poetische Eingebung
Petrarcas) und das innerste Mysterium des eigenen Herzens,
das unaussprechlichste Erlebniss seines Daseins.
Er findet Christiane und erkennt in ihr das Nachbild
Römischer Träume und Erfahrungen sowie antiker Erotik:
aus der sich steigernden Gegeneinanderwirkung von Er-
innerung, von Eindi'ücken der Lyrik des Properz und Ovid,
von phantasievoll genossener Gegenwart entzündet sich ein
höheres poetisches Leben: die römischen Elegien,
Ein merkwürdiges Product solcher wiederholter Spiege-
lung ist auch der Divan, Die wirkliche Reise in das Land
der eigenen Jugend und die poetische Reise ins Land der
Jugend der Menschheit, die Fahrt zu den rheinischen Alter-
thümern, zu den Jugendfreunden, die Wiederaufnahme alter
Jugendneigungen, das Aufathmen und Wiederfrischwerden,
das Eintauchen in eine primitive ideelle Welt — eins durch-
dringt das andere. Osten und Westen, literarisches Vorbild
und persönliches Erlebniss, Gedanke und Leidenschaft, Ver-
gangenheit und Gegenwart, Erinnerung und neueste Ein-
drücke spiegeln sich in einander und erzeugen eine erhöhte,
verklärte Existenz.
i8* Festvortrag von Konrad Bvroach.
Das ist der eine Sinn des bedeutsamen Beiwortes tuest-
bstlich. Dieser Divan ist weder rein morgenländisch noch
rein abendländisch: er soll an beidem Theil haben und
zwischen, über beiden Welten schweben. Er soll wirken wie
ein entoptisches Bild und es ist kein Zufall, dass gerade während
seiner Entstehung, wie das Tagebuch ausweist, Goethe so
eifrig mit physikalischen, chromatischen und entoptischen
Untersuchungen und Experimenten sich beschäftigt hat
(s. 6, 9. 13. December 1814, 4. 26. Februar, i. März 1815).
Die persönlichen Bestandtheile ziehen zunächst und vor
allem die Aufmerksamkeit an sich. Zur grösseren Hälfte
ist das Werk auf der Reise gedichtet, manches wirklich
während der Fahrt selbst, anderes während des vorüber-
gehenden Aufenthaltes in Wiesbaden, in Frankfurt und der
Gerbermühle, in Heidelberg. Die sechs fröhlich-frischen
Reisetage, die Goethe im Juli 1814 und dann wieder im
Mai 1815 von Weimar nach Wiesbaden brachten, begleitet
der Divan wie ein poetisches Tagebuch.
Am 2^. Juli 18 14 bricht Goethe früh von Weimar auf
und gewanrt in den Dünsten des Morgens einen Nebel-
Regenbogen. Das Phänomen nimmt er mit bescheidener
Deutung als Symbol der Zukunft, der er entgegenfährt.
Wie Ott hatte er den Regenbogen im Einklang mit den
bekannten, auch von Herder schön und tief erörterten
Worten des ersten Buch Mose (9, 12) als Sinnbild der Poesie
aufgefasst. Nun erinnert ihn die olasse Nebelspiegelung,
der die farbigen Lichter fehlen, an sein Alter. Aber immer-
hin : »Zwar ist der Bogen weiss. Doch Himmelsbogen ....
Sind gleich die Haare weiss, Doch wirst du lieben«.
Der Fahrende nähert sich Erfurt und erblickt in der
undeutlichen Morgennebelung eine bunte leuchtende Masse,
die den Himmel mit der Anhöhe zu verbinden scheint. Die
Sonne bricht durch und er erkennt das Wesen der räthselhaften
Erscheinung : »Ja es sind die bunten Mohne, Die um Erfurt
sich erstrecKen«. Und sie, die hell beschienenen, gelten ihm
wiederum als gute Vorbedeutung weiterer sonniger Wege.
Erst nachträglich hat er dieses aus dem Augenblick und
der Reisesituation geborene Gedicht zum Spiegel orienta-
lischen Schauplatzes gemacht. Nun fällt Eriurts Name,
es heisst: »Ja es sind die bunten Mohne, die sich nachbar-
lich erstrecken«, und es werden zwei Strophen, die sich
durch abweichende Reimanwendung auch äusserlich als
späteren Nachtrag verrathen, eingeschaltet, die jene bunten
Mohnfelder für Zelte des Vesires^ für persische Teppiche
ansehen und verwundert das Hansische Schiras auf nordi-
schen Gauen wiederfinden.
Goethes West-östlicher Divan. 19*
Der Dichter erreicht nun Erfurt und fährt durch die
Stadt. Da drängen wehmüthige Erinnerungen auf ihn ein:
aus den Buden des Marktes grüssen ihn, den Alten, alte
Frauen — eine Bäckerstochter die eine, eine Schusterin
die andere — , die ihn von früher kennen: frohe Jugiendzeit,
die sie einander sich versüsset haben, steigt vor ihm auf.
Diesem thüringischen Momentbild ist wieder eine orientali-
sirende Strophe angehängt, die durch abweichende Reime
und äusserliche Fortführung des Gedankens herausfällt : sie
predigt Wetteifer mit Hafis, Freude an der Gegenwart und
Mitgeniessen des Vergangenen. Das Gedicht hat Goethe
schliesslich doch nicht in den Divan aufgenommen, da es
ihm nicht glückte, das Erfurter Localcolorit der ersten
Strophen morgenländisch umzufärben. Erst nach seinem
Tode ist es aus dem Nachlass veröffentlicht worden.
Am Morgen des folgenden Tags setzte er die Reise
von Eisenach tort. Wieder sah er sich an einer erinnerungs-
reichen Stätte. Wie oft hatte er einst in den Jahren der
gährenden Kraft hiermit dem fürstlichen Freunde gestürmt
und genossen! In der ersten Frühe des Tags erblickt er
jetzt über dem benachbarten Garten, wo die blühenden
Rosen und Lilien im Morgenthau glänzen, den felsigen
Berg und den hohen Wald und ihn krönend die Wartburg.
Nun ists ihm als schaute er »im Gegenwärtigen Ver-
gangenes« : »Da duftets wie vor Alters, Da wir noch von
Liebe litten. Und die Saiten meines Psalters Mit dem
Morgenstrahl sich stritten; Wo das Jagdlied aus den
Büschen Fülle runden Tons enthauchte«. Die ewig spros-
senden Wälder ermuthigen ihn: »Was ihr sonst rur euch
genossen Lässt in andern sich geniesseti«. In dieser Gestalt
ward das Lied cöncipirt und w^ohl auch vorläufig zu Papier
gebracht unmittelbar vor der Abfahrt von Eisenach, früh
Morgens. Gleich nach dem Eintreffen in Fulda am Abend
um 6 Uhr wurde die saubere Reinschrift hergestellt, die selbst
dieses Datum trägt. Und hier erst ist eine halbe Strophe
hinzugefügt worden, die von der Morgenstimmung des
Anfangs weit entfernt abendlich ausklingt, wieder ziemlich
gewaltsam eine Beziehung auf Hafis nineinträgt und in
symbolischem Doppelsinn »des Tags Vollendung« d. h.
den Abend des Reisetags und den Abend des Lebens mit
diesem Geniesser geniessen will.
Die Weiterfahrt von Eisenach versetzte den Dichter in
die rosigste Stimmung. In seinem bequem fortroUendeit
Wagen fühlte er sich wie in einem artigen kleinen Häuschen
behaglich, gegen die Sonne geschützt, allein so vergnügt
wie mit hübschen Mädchen. Denn ihm entgegen schien
die ganze Natur sich zu drehn: ihm zur Lust regen sich
Goethi-Jahrbuch XVII. 22
20 Festvortrag von Konrad Burdach.
die Wälder, kommen die Felder heran, tanzen die be-
wachsenen Berge des Thüringer Waldes vorbei. Es fehlt
nur das Lustgeschrei aufgeregter Zwerge, um den Zauber
zu vollenden. Goethe hat diese Stimmung der Fahrt in dem
allerliebsten Liedchen ausgedrückt, das Anfangs »Vision«
genannt und in die älteste chronologisch geordnete Divan-
sammlung aufgenommen, später in seinen Gedichten unter
dem Titel »Der neue Kopernikus« erschienen ist, weil ein
orientalisches Anhängsel hier nicht geglückt sein mag.
Wohl konnte Goethe an jenem Tage, wo ihm so
jugendfrische Verse gelangen, vor sich hersummen: »Dichten
ist ein Uebermuth« . . , »Wenn des Dichters Mühle geht,
halte sie nicht ein« (Divan, i. Buch, »Derb und Tüchtig«).
Er fühlte sein »warmes Blut«, er fühlte sich »froh und frei«.
Wie ein Jüngling lebensmuthig, hoffnungsvoll, erfüllt mit
grossen Erwartungen, fuhr er, der 65jährige, bei herrlichstem
Sommer>^^etter weiter: dem Rhein entgegen, dem grossen
Strom, der Heimat, dem Lande neuer Erkenntniss.
Nachdem er hinter Fulda bei Neuhof sich des reifen
Korns erfreut hat, überwältigt ihn alte Erinnerung und neue
HoifnungsfüUe. Sein Tagebuch meldet: »Des alten Phasanen-
traums gedacht«. Den Fasanentraum hatte er im Jahre
1785 gehabt: im Drange aufsteigender Lebenskraft, dasein
Wesen dem Zenith seiner Laufbahn zueilte und sein Inneres
Seschwellt war von unendlichen Ahnungen. Ihm träumte
amals, er lande mit einem Kahn an einer fruchtbaren Insel,
um daselbst Fasanen zu erhandeln. Er gewann sie in reicher
Menge und auch farbige prächtige anaere Vögel. Schock-
weis gehäuft legte man sie ihn:\ ins Schiff, so dass die
bunten Federschweife nach aussen hingen und in der Sonne
erglänzend nachschleppten. So durchschnitt er die ruhige
Fluth und landete schliesslich in einem grossen Hafen
zwischen ungeheuer bemasteten Schiffen. In Italien war
dieser Traum in Erfüllung gegangen: was er auflud,
konnte er — so schrieb er damals der Geliebten — mit
dem köstlichen Geflügel vergleichen, und die Entwicklung
ahnte er auch. Nun, auf seiner zweiten Hegire, war es
ihm, als sollte der Ertrag jener ersten aufs neue ihm in den
Schoss fallen.
Das erste Reiseziel, Wiesbaden, erreichte er am
schwülen Abend des 29. Juli. Auf der nächtlichen Fahrt
von Frankfurt dorthin traf ihn ein Gewitter, von dem das
Tagebuch Bericht gibt. Ein wundervolles Divangedicht
»Allleben« gestaltet die reinigende Erquickung jener Ge-
witternacht zu einem herrlichen Symbol wieder aufblühender,
poetischer Schöpferkraft. Und dies Mal ist wirklich die
Einheit der west-östlichen Stimmung gewahrt: der Reisende
wähnt, sich dem Lande des Hafis zu nähern; schon kündigt
Goethes West-östlicher Di van.
der aufwirbelnde heisse Staub, der Vorbote des Gewitters,
es an. Nun schweifen die Gedanken wieder zu jener ersten
Hegire, nach dem staubreichen Lande Italien, wo einst ihm
liebe Pforten auf ihren Angeln sich öffneten. Da entladen
sich die Wetterwolken: »Heile mich Gewitterregen, Lass
mich dass es grunelt riechen. Wenn jetzt alle Donner
rollen Und der ganze Himmel leuchtet. Wird der wilde
Staub des Windes Nach dem Boden hin gefeuchtet. Und
sogleich entspringt ein Leben, Schwillt ein heilig heimlich
Wirken Und es grunelt und es grünet In den irdischen
Bezirken«. Aus diesen Versen dringt der erfrischende Duft
desErdreichs, das nach langem Lechzen unter dem tränkenden
Regen wieder aufathmet. Und dieses verlangende Gefühl,
diesen Durst nach neuer Befruchtung, diesen Drang nach
neuem Leben, der unaufhörlich fortreisst und emporträgt
zum Licht und schliesslich uns aufzehrt wie die Kerze den
Schmetterling, spricht wenige Tage darauf das tiefsinnigste
Gedicht des Divan (»Selige Sehnsucht«) in mystischen
Worten aus : »Sagt es Niemand, nur den Weisen, Weil die
Menge gleich verhöhnet, Das Lebendige will ich preisen,
Das nach Flammenschein sich sehnet«.
Goethes iweite Rheinreise , im Mai 1815, gab dem
Divan, der inzwischen durch weitgreifende Leetüre orien-
talischer Quellen gespeist und auf hundert grössere Ge-
dichte und einen Kranz von Gnomen angewachsen war,
wiederum einen wirkenden Anstoss.
Nun sollte sich seine west-östliche Phantasiewelt, die
von Lebensweisheit und goldnen Gedanken beschwert war,
durch neue menschliche Gestalten, die darin auftreten, zu
einem bewegten Drama erweitem. Schon im Herbst des
vergangenen Jahres hatte er in Wiesbaden die Figur des
jugendlichen, geliebten Schenkeity der im Divan des Hafis
eine Rolle spielt, seinem Vorbild nachgebildet, indem ihm
ein schöner blonder junger Kellner auf dem Geisberg bei
Wiesbaden und »der kleine Paulus« (der Sohn des Pro-
fessors Paulus) in Heidelberg dazu das Modell gegeben
hatten. Aber er brauchte vor allem dasjenige Element, in
dem seine lyrische Dichtung von jeher am frischesten
fedieh und blühte: er brauchte denAthem der Liebe einer
rau. Eine weibliche Gestalt musste in den Divancyclus
eingeführt werden, und wenn man beobachtet, wie bewusst
feradezu ihr Auftreten vorbereitet wird, gedenkt man des
ekannten Wortes aus dem Faustvorspiel vom Kommandiren
der Poesie.
Schon unter den 50 Gedichten des chronologisch ge-
ordneten Deutschen Divan von 1814 waren einige erotische
gewesen, die später bei der Eintheilung des Ganzen in
22*
Festvortrag von Konrad Burdach.
Bücher dem »Buch der Liebe« zugefallen sind. Sie hielten
sich im Allgemeinen, in Reflexionen, zehrten von Erinne-
rungen, die an des Hafis Gedichten sich spiegeln. Im Januar
1815 entnahm Goethe dann aus Herbelot? Biblioth^ue
Orientale eine Reihe berühmter mor^enländischer Liebes-
Eaare, um sie als »Musterbilder« .poetisch zu feiern (S. 49).*
darunter erscheinen Jussuph und Suleika mit der Formel
»Unbekannte sind sich nah«. Am 7. Februar 181 5 preist
eine Strophe (S. 196) die liebliche Welt der Dichter und
schliesst : »Heut ist mir alles herrlich .... Ich sehe heut
durchs Augenglas der Liebe«. Das Augenglas hatte da-
mals aber nur die Leetüre orientalischer Liebesromane und
vielleicht die Erinnerung geschliffen. Am 24. Mai 1815
unterwegs, in Eisenach, führt er nun eine bestimmte weib-
liche Heldin ein. Er »benamst sein Liebchen«: sie soll
Suleika heissen (S. 144). Für sich selbst wählt er statt
Jussuph den Namen natem. War diese Suleika, die hier
zuerst genannt wird, noch völlig imaginär, lebte sie allein
noch in der Phantasie? Wir wissen es nicht genau. Aber
bald nachher gewann er die Neigung einer Frau, die er
unter diesem Namen und Bilde zu sehen sich gewöhnte,
und diese Frau hatte er bereits im August, September und
October des vorhergehenden Jahres, also vor jener Taufe
des erharrten Liebchens an dem schönen Eisenacher Maitag
des Jahres 1815, allerdings nur in kurzen Begegnungen
kennen gelernt und wie es scheint bezaubert.
Es war die Oesterreicherin Marianne Jung, seit dem
Herbst 18 14 die dritte Gemahlin von Goethes und Boisseries
altem Bekannten und Freunde, dem Frankfurter Bankier
und Popularphilosophen Willemer, einem edlen und durch-
aus ungewöhnlichen Manne. Sie war damals dreissig Jahre
alt: auf der Höhe w^eiblicher Reize. Als junges Mädchen
von ihrer Mutter zur Bühne gebracht, Mitglied einer in
Frankfurt spielenden Ballettruppe, erregte sie durch ihre
unschuldsvolle Jugend und Anmuth und ihre Anlagen die
Aufmerksamkeit Willemers. Nach seiner rasch entschlossenen
Weise entfernte er sie aus der Theaterlaufbahn, nahm sie
in sein Haus, Hess sie mit seinen Töchtern zusammen aus-
bilden und machte sie endlich zu seiner dritten Gattin.
Diese Frau von hohem musikalischem Talent, eine
vielbewunderte Sängerin, eine verständnissvolle Kennerin
Beethovens, ausgestattet mit dem feinsten Gefühl für die
Stimmung und die Farbe der Landschaft, seit früher Jugend
voll literarischer Interessen, eine begeisterte Verehrerin
Goethischer Poesie, eine liebenswürdige Gelegenheits-
' Citate nach dem 6. Band der Weimarischen Ausgabe.
«
Goethes West-östlicher Divan. 23
dichterin und was mehr als alles dies bedeutet : eine ^rund-
gütige, lebensheitere, naive Vollnatur, ein Wesen, in dem
ursprüngliche Weibheit und künstlerische Befähigung sich
bezaubernd vereinten, geliebt und gefeiert von Dichtern,
Gelehrten und Künstlern, von allen Freunden und Mit-
gliedern der Familie, von jedem, den der Hauch ihres
fröhlichen Liebreizes streifte, — sie ward Goethes Partnerin
in dem neuen Dichtungs- und Liebesfrühling, der ihm nun
anbrach, sie ward die Muse dieser west-östlichen Welt,
sie brachte und weckte die noch fehlende Leidenschaft,
den lebendigen Pulsschlag echter Poesie des Herzens.
Das heitere mehrwöcnentliche Zusammenleben auf dem
Landsitz des Willemerschen Paares, der Gerbermühle bei
Frankfurt, seit dem 12. August 1815, das dreitägige Wieder-
finden i:i Heidelberg, woliin Marianne mit ihrem Manne
am 25. September Goethe nachgereist war, endlich der
Abschied und die dauernde Trennung mit ihrem Weh, ihrer
Sehnsucht, ihrer immer erneuten und immer enttäuschten
Hoffnung auf Wiedersehn — das sind die realen Unter-
lagen, die einzelnen Akte des mit poetischem Sinn durch-
lebten »Duodramas«, welches das »Buch Suleika« orien-
talisch abspiegelt.
An den wohlbekannten Schauplätzen seiner Vergangen-
heit leuchteten Goethe so viele verblichene Bilder einstiger
Freuden und Leiden wieder auf. Wie oft war er an der
Gerbermühle, deren Wirthin nun sein Herz gewann, vor-
übergegangen, wenn er von Frankfurt nach Offenbach
wanderte, zur heiss geliebten Lili. Nun fand er sich hier
wieder in dem Augenblick gerade, wo er sich zur Fort-
setzung seiner Autobiographie und damit zur Darstellung
jenes verhängnissvollen Lebensabschnittes rüsten musste,
der ihm Lili gab und entriss. Hier traf er die alten Jugend-
freunde, Schulkameraden und Universitätsgenossen, die alten
Famihenfreunde und Verwandten : den Kastenschreiber
Riese, den alten Forstmeister Kehr, ein steinaltes Männchen
im grünen Rock und grünseidener Weste mit schwarz-
f geschnittenem Sammet, gegen den Goethe unendlich freund-
ich war; den drolligen Meaicinalrath Ehrmann ; »die Tochter
von Crespel« (Tagebuch 20. September 1814); Schlossers
und Brentanos und viele andre. Die Wertherzeit Hess ein
Besuch der beiden Söhne Charlotte Kestners wieder auf-
erstehn. Die Strassburger Zeit rief ausser Ehrmann Boisser^e
zurück, wenn er berichtete was ihm der Müller Lauth,
ein Verwandter der Jungfern Lauth, bei denen Goethe als
Student seinen Mittagstisch gehabt hatte, über das junge
Genie zu erzählen gewusst hatte.
Es war die alte milde rheinische Luft, es war die alte
24* Festvortrag von Konrad Burdach.
rheinische Sonne, es war der Hauch von Frische und reg-
samem Leben, was Goethe nach so vielen Jahren wieder
einsog. In Frankfurt und auf der Gerbermühle stand nun
wochenlang wieder die alte Scenerie seiner Kindheit vor
ihm: der breite belebte Mainfluss, die grosse Stadt mit der
Brücke und dem hohen Dom, im Hmtergrund fern die
dunkeln Berge des Taunus. Es waren die alten Reben-
hügel, die er im Rheingau, die er am Neckar wiedersah.
Es war der ewige deutsche Rhein, in dem er sich nun
wieder vom Nachen aus spiegelte. Der Eindruck über-
wältigte ihn und aus den trockenen Tagebuchnotizen dieser
Monate brachen immer aufs Neue vielsagende Ausrufe
hervor , Laute überströmender Bewegung : »Herrliche
Abendbeleuchtung der Dörfer und Villen des linken Ufers« ;
»Herrliche Nähe des Rheins«; »Bewegter Rhein«; »Herr-
liche Aussicht«; »Reiner Sonnenaufgang«; »Rückfahrt beym
schönsten Abend«; »Im Kahn bey wogigem Strome nach
Bingen«; »Herrliche niemals genug zu schauende Aus-
sicht«. Von der alt vertrauten Scnlossterrasse in Heidelberg
schweiften seine Augen über Wald und Berg, Stadt und
Land wie einstens. Hier hatte er gestanden vor so viel
Jahren, da er von Lili ^ich losriss, schwankend über den
Weg zur Flucht. Und hier galt es nun wieder Abschied
zu nehmen und die früh geübte I^unst der Entsagung als
Alter zu erneuern, da die Dichterin des Liedes an den Ost-
wind still zu seinen Füssen sass. Wie musste in dieser
ganzen Zeit die Vergangenheit aus der Gegenwart heraus-
steigen.
Es war alles, alles so wohlbekannt, gleichsam nur eine
Wiederholung, ein Nachbild früherer Sinneswahrnehmungen.
Aber es war für ihn, den Altgewordenen, der inzwiscnen
lange Jahre in herberer, nordischer Luft ein ernsteres Leben
gerührt hatte, doch auch so ganz anders als einst, so
völlig verwandelt. Das konnte nicht die vertraute rheinische
Welt sein, deren Daseinsfülle und Daseinslust seine Seele
warm und stürmisch überdrang. Es war wohl ein fernes
Traumland, es konnte nur die heisse Luft des Orients sein,
die ihn anwehte. So berauschend dufteten keine deutschen
Rosen, so liebeschluchzend sangen nicht deutsche Nachti-
gallen. ' Es waren die Rosen von Schiras, deren Athem
er einsog, es war Bulbul, dessen Stimme sein altes Herz
in seinen Tiefen erschütterte und entschlafene Leidenschaft
aufweckte. Nun bewährte sich die Wahrheit jener Verse
' Am 7. Juni 181 5 an Christiane: »Die Rosen blühen voll-
kommen, die Nachtigallen singen wie man nur wünscht und so ist es
keine Kunst, sich nach Schiras zu versetzen«.
«
Goethes West-östlicher Divan. 25
vom Februar 1815 über die liebliche Welt der Dichter:
nun erglänzten ihm in Wirklichkeit »auf bunten hellen oder
silbergrauen Gefilden Tag und Nacht Lichter« (S. iq6),
herrlicher als er geahnt hatte. Nun verwandelt sich dem
Dichter der Main in den Euphrat, auf dem Marianne-
Suleika im Traum ihren goldnen Ring verHert. Nun wird
der bescheidene Vorplatz an der Cerbermühle und der
Mühlberg zur prunkenden Terrasse und zum Hain. Nun
erscheinen die rauschenden Pappeln des Willemerschen
Gartens, die Bäume im Heidelberger Schlosspark als Cy-
pressen. Nun mutheten die blauen Farben der Taunus-
berge, die tiefen Schatten und Lichter des Sonnenunter-
gangs, die Goethe so oft gemeinsam mit Marianne be-
obachtete und die diese in einem spätem Brief selbst mit
der Beleuchtung am Lago maggiore vergleicht, wie die
Farbenpracht südlicher Himmelsstriche an.
Alles was an Lebens- und Dichterkraft in Goethe noch
ruhte, wurde nun aufgerüttelt und emporgehoben. »Aus
Trümmern von Dasein und Ueberlieferung erstand eine
zweite Gegenwart« einstiger Jugend, einstiger Leidenschaft,
einstiger uichterischer Schöpfermacht. Wie in unzähligen
gegen einander gestellten Spiegeln steigerten sich alte
wieder auflebende und neue Hindrücke zu einem höheren
poetischen Leben, das in immer wiederholten Reflexen eine
unvergleichliche Erscheinung ausstrahlte. Die Wirklichkeit
verwandelte sich in Dichtung und diese Dichtung warf
ihren Schein zurück über das tägliche Dasein, die häus-
liche Existenz. Das in Goethes Divangedichten Abgebildete
ward zurück übertragen in den geselligen Verkehr, in das
reale Alltagswesen.
Als am 28. August 18 15 Goethes Geburtstag in der
Gerbermühle festlich begangen wurde, befand sich unter
den Geschenken ein mit Lorbeer umkränzter Turban von
feinstem Musselin, eine Abbildung Frankfurts mit Pfarr-
thurm und Brücke von der Mühle aus gesehen, w^ozu
Marianne einen Spruch aus dem Divan und einen Vers
auf Hafisens Geburtsstadt Schiras geschrieben hatte, ausser-
dem ein Blatt mit einem aufgeklebten getrockneten Feld-
blumenkranz. Turban und Musselin bezog sich auf ein
schönes Gedicht Goethes vom Februar des Jahres (S. 155):
»Komm Liebchen, komm! umwinde mir die Mütze! Aus
deiner Hand nur ist der Tulbend schön«. Der Tulbend,
so hatte der Dichter gesungen, ist das Symbol der Hoheit,
das den iranischen Abbas wie den griechischen Alexander
zierte, das als Krone den deutschen Kaiser schmückt, köst-
licher als Juwel und Perle: »Der schönste Schmuck ist
stets der Musselin«. Mariannens Geburtstagsgabe erfüllte
26* Festvortrag von Konrad Burdach.
die Bitte des Gedichts: sie wand ihm, wie er verlangt,
den silberstreifigen Turban um die Stirne, das Diadem
seiner Dichtergrösse.
Unter den Divanparalipomena haben wir aber ein
Fragment, das seinerseits wieder an diese Geburtstagsfeier
anzuknüpfen scheint, einen Dialog der Liebenden. Suleika
fragt: »So sag mir doch wie soll ich ihn [den Turban]
denn winden, Ein jeder Stand trägt ihn nach seiner Art«.
Und Hatem erwidert: »Ich fühle gern am Kopfe deine
Hand, Und sieht man dann, dass ich dir angehöre: Das,
Liebchen, ist mein Stand«.
Kurz danach, im September, kaufte Marianne auf der
Frankfurter Messe für den Freund einen türkischen Sonnen-
ipondorden und wollte ihn nach Haus bringen als Geschenk
eines türkischen Kaufmanns für den grossen Dichter.
Durch das Messgedränge sich hindurchwindend, hörte sie
plötzlich die Stimme Goethes und sah sich ihm und
Willemer unerwartet gegenüber. Noch nach neun Jahren
zitterte die Freude über diesen Augenblick in eineni Briefe
nach: »Das war eine schöne Zeit, gewiss meine glücklichste«.
Und auch Goethe erinnerte sich daran : »Der Sonnemond
schmückt noch heute mein Schatzkästchen«. Dieser harm-
lose Maskenscherz der schalkhaften Frau regle den Dichter
an zu dem Entwurf einer grösseren dramatischen Con-
ception, der unausgeführt blieb (Paralipomena 6), worin
Suleikas Dienerin auftreten, ein Nachklang des Geburtstags-
morgenständchens poetisch festgehalten werden und auch
der Orden mit den doppelten, verschlungenen Gestirnen
eine Rolle spielen sollte. Aber es sprosste daraus auch ein
wundervolles poetisches Motiv für ein vollendetes Divan-
gedicht, ein tiefes Symbol seines Verhältnisses zu ihr, das
aus der Sphäre des Spiels hineinwuchs in die gefährliche
Region der Leidenschaft.
Als er in Heidelberg, von der Geliebten getrennt,
ihrer Ankunft sehnsüchtig harrt, dichtet er an einem
»herrlichen« Septembermorgen auf dem Schloss ein Lied,
d^s auf die Frankfurter Tage zurückblickend noch schönere
Zukunft ausmalt. Suleika, die er als anwesend denkt, ruft:
»Die Sonne kommt! Ein Prachterscheinen! Der Sichelmond
umklammert sie!« Und Hatem antwortet: »Auch sei's ein
Bild von unsrer Wonne! Schon seh ich wieder mich und
dich, du nennst mich, Liebchen, deine Sonne, Komm,
süsser Mond, umklammre mich«.
Ja, sie war der Mond geworden von Goethes neu
aufgehnder Dichtersonne. Was in ihm lebte an Liebes-
fähigkeit, Jugend und Daseinslust, es war strahlend hervor-
gebrochen über der wiedergefundenen rheinischen Welt.
,*
Goethes West-östlicher Divan. 27
Und nun entzündete sich die poetische Begabung Mariannens
an dem Wiederaufflammen seines Genies und spiegelte es
in einem zarteren Abglanz wieder. Goethe hatte ihr, als
er von der Gerbermühle auf eine Woche nach Frankfurt
übergesiedelt war, von dort offen als seiner Muse ge-
huldigt (S. 146): »Nicht Gelegenheit macht Diebe, Sie ist
selbst der gröste Dieb; denn sie stahl den Rest der Liebe,
die mir noch im Herzen blieb«. Suleika ist dieser Rest
übergeben; verarmt erwartet er nur von ihr sein Leben.
Darauf erwiderte Marianne als Suleika mit Versen, die
sich weit über ihre bisherige Gelegenheitsdichtung erhoben
und die Vollendung der echten Kunst erreichten. Hier
fand Goethe, was er weder bei Lili, noch bei Frau von Stein
gefunden hatte: die Weckerin seines Liedes antwortete dem
starken Ton seiner Harfe mit der weicheren Melodie ihrer
gleichgestimmten Leier; die den Dichter aufs Neue be-
flügelte, sie schwang sich als Interpretin seiner Schöpfungen,
als wetteifernde Gefährtin an seine Seite.
In Ernst und im Scherz lebte sie mit seinen Werken.
Gern liess sie sich die kleine Müllerin nennen und litt es,
wenn man neckend anspielte auf Goethes Gedicht vom
Edelknaben und der Müllerin, die den Müllersknecht vor-
zieht, an dem nichts zu verderben ist. Sie trieb allerlei
Spässe und schmückte sich mit ihrem Turban und einem
türkischen Shawl, Geschenken Goethes. Sie bemühte sich,
in des Dichters optische und meteorologische Studien einzu-
dringen: noch am letzten Abend, den uoethe auf der Mühle
verbrachte, belauschte sie am Fenster einen nächtlichen,
auf dem Balkon angestellten Versuch mit den farbigen
Schatten. Später, in den langen Jahren der Trennung,
weiss sie — es ist rührend — immer wieder von seltenen
Regenbogen, wunderbaren Sonnenuntergängen, auffallenden
Schattenphänomen zu berichten. Aus diesen farbigen
Lichtern des Himmels trat ihr wohl immer wieder die
Gestalt des Entbehrten, die entfernte Welt ihrer Phantasie
entgegen. Wenn Goethe auf der Gerbermühle ältere und
neuere Gedichte von sich vorlas, den Todtentanz, Sonette,
Stücke aus dem Divan, Liebeslieder an Suleika, dann sass
die junge Frau — sonst so tapfer und beweglich, dass man
sie den kleinen Blücher nannte — still zu des Meisters
Füssen, versunken in Hingebung und Mitempfinden, so
wie sie sich es selbst in ihrem unsterblichen Lied an den
Ostwind dann wünschte.
Aber dieses Aufgehn in dem grossen Genius, der an
sie herantrat wie ein Ueberirdischer und in ihrer Brust das
göttliche Feuer der Poesie anblies, hatte im letzten Grunde
etwas Tragisches.
28* Festvortrag von Konrad Bürdach.
Nie sang Marianne nachBoisseriesZeugniss ergreifender,
mit mehr Affect und Rührung als wenn sie Goethes Gedicht
»Der Gott und die Bajadere« vortrug. Goethe fühlte sich davon
bis zum Unerträglichen gepackt: es sei fast ihre eigene Ge-
schichte, meinte er wiederholt zu Boisserie. Er wollte eine
Wiederholung dieses Vortrags zuerst nicht zugeben. In der
That hatte sie Willemer gerettet aus den Gefahren des
Theaterlebens und einer problematischen Existenz, Aber es
war nicht Willemer, zu dem sie aufblickte wie die demüthige
Bajadere zu Mahadöh. Es war Goethe, der Herr ihrer Erde,
der Poesie. Zu ihm sang sie, gleich der indischen Tänzerin:
»Meine Ruh, mein reicnes Leben, Geb ich freudig, nimm
es hin«. Vor ihm lag, wie sie in einem erschütternden
Brief nach Empfang des gedruckten Divan schrieb, ihr
Herz offen: »demüthig und stolz, beschämt und entzückt«
fühlte sie sich wie in einem »beseligenden Traum«, in
einem »erhöhten Zustand«, empfand sie »die Mitwirkung
eines mächtigen höheren fVesens, eine Gabe des Himmels«.
Und Goethe begriff sie. Das Bild dieser jungen Frau, die
an ihm hing wie an dem Mensch gewordenen Genius der
Kunst, jenes himmlischen Reichs, m der ihre Seele lebte,
die in ihm die ewige Jugend des Göttlichen mit Leiden-
schaft liebte, es traf ihn mit einem Entzücken, das beseligte,
aber schmerzte. Das lang gehegte Motiv von der jungen
reinen Frau des ernsten Bramanen, die durch ein JüngHngs-
spiegelbild des Gottes im Wasser, aus dem sie schöpft,
in Verwirrung und unschuldige Schuld gestürzt wird, regte
sich wieder in ihm und drängte nun zu poetischer Gestal-
tung. Es war ihm einst als Gegenstück zu der Erzählung
von der indischen Bajadere gleicnzeitig mit dieser und aus
derselben Quelle nahe getreten. Nun hört er die Frau
seine Ballade von der Bajadere singen, deren Leben ihm
wie ein Abbild ihres Inhalts vorkam. Und diese Frau zeigt
ihm in ihrem Verhältniss zu ihm, zu Willemer und zu
ihrem ihr zärtlich ergebenen Stiefsohn zugleich das Abbild
eines Zustands mit den Keimen eines ähnlichen Conflicts
als ihn jenes Gegenstück, die Geschichte von dem Weibe
des Bramanen, ins Grausige gesteigert, enthielt. Damals,
ich zweifle nicht, rückte die Conception der indischen
Legende, die erst mehrere Jahre später als grossartiger
Schlussstein seiner orientalischen Dichtung ausgeführt ward,
in seiner Seele ein bedeutendes vorwärts.
Goethe hat Mariannen seinen Dank so voll abgestattet
wie ihre Demuth nie zu hoffen wagen konnte: er nahm
jenes Gedicht, in dem sie seine Liebe aus freier Wahl
fordert, er nahm die beiden Erwartungs- und Trennungs-
lieder an den Ost- und Westwind in seinen Divan auf,
«
Goethes West-östlicher Divan. 29'
ohne sie von seinen eigenen zu sondern. Er drückte ihnen
dadurch den Stempel der Ebenbürtigkeit, das Siegel der
Vollendung auf. Aber er gab ihnen doch auch einen Zug
seines eigenen Wesens: er Hess sie noch einmal durch
den Spiegel seiner poetischen Phantasie gehn, nicht immer
zu ihrem Vortheil.
Mariannens stille Mitarbeit am Divan ist damit nicht
erschöpft. Und Goethe selbst verräth es dem Verstehenden
fortwährend, dass diese aufsprudelnde Lyrik nicht blos die
vorbildliche Macht des Haiis, der Reichthum orientalischer
Weisheit und Poesie, die wieder hervorbrechenden Quellen
der Heimats- und lugenderinnerungen genährt haben, dass
ihr vielmehr ein lebendes Dichtergemüth warmen Athem
eingehaucht hat. Er empfand das Erweckende, Morgen-
röthliche ihrer Natur und sprach es, die Maske des Hatem
lüftend, in jenen denkwürcligen Versen aus: »Und noch
einmal fühlet Goethe Frühlingshauch und Sommerbrand«.
Die Brandung ihrer Leidenschaft, bekennt er, warf
ihm dichterische Perlen an des Lebens verödeten Strand
aus: zierlich gelesen, mit Juwelen und Gold durchwirkt,
reicht er sie ihr als Halsschmuck zurück (S. 160). Er ge-
steht, als Hatem nur zu leben durch Suleika (S, 162). Auf
die neugierige Frage des Mädchens nach seiner Liebsten
erwidert er: »Nun wer weiss was sie erfüllet! Selbst-
gefühltes Lied entquillet. Selbstgedichtetes dem Mund«.
Die reifen Kastanien des Heidelberger Schlossgartens,
aus denen, von der Septembersonne gelockt, platzend
die braunen Kerne sich losmachen, geben ihm ein Symbol
für seine Lieder, die von Mariannens Sonnenblick berührt
nach langsamem Wachsen gehäuft in ihren Schoss fallen.
Er dichtet, mit unverkennbarem Hinweis auf Mariannens sich
steigernde Dichterkraft ein Zwiegespräch, worin Suleika
Hatems Befremden über der Geliebten plötzlich gewandelte
Kunst zurückweist : »War Hatem lange doch entfernt Das
Mädchen hatte was gelernt . . Wohl dass sie dir nicht
fremd erscheinen; Sie sind Suleikas, sind die deinen«.
Als Sinnbild des geistigen Zusammenlebens, des Zu-
sammenklingens ihrer poetischen Erfindungen schickte er
ihr von Frankfurt aus ein Blatt der indischen Pflanze Gingo
biloba. Die Blätter dieser Pflanze sind gespalten, scheinbar
doppelt und doch eins. Nach dem Heiaelberger Besuch
Mariannens dichtete er, angeregt von einem Gespräch mit
dem Professor Creu:(er über den symbolischen Doppelsinn
der hellenischen Mythologie, das er zur Freude des Ge-
lehrten durch ein im Schlossgarten zufällig entdecktes und
abgepflücktes Blatt jener Pflanze erläutert hatte, das schöne
Divangedicht und sandte es Mariannens Stieftochter Rosette
30 Fest VORTRAG von Konrad Bürdach.
Stadel zur getreulichen Weiterbeförderung an die Geliebte.
Sein geheimer Sinn mochte wohl »den Wissenden« er-
bauen, d. h. Creuzer, der auch die Verse erhielt, mehr aber
die wahrhaft Wissende, Marianne: »Fühlst du nicht an
meinen Liedern, dass ich eins und doppelt bin?«
Aus gegenwärtiger und früherer Leidenschaft, aus
eigenem Pantheismus und orientalischer Mystik webt er
sich prächtige Dithyramben der Liebe. Hiner, das Schluss-
gedicnt des Suleikaouchs, der die Geliebte mit orientalischer
Phantasie als allgegenwärtige Macht der Natur unter tausend
Zauberschleiern entdeckt, in der Cypresse wie in der Welle
des Wassers, in der Wolke wie im Wiesenteppich, im
heitern Morgen am Gebirg wie in der Wöloung des
Himmels, entwehrt der momentanen, der leidenschaftlichen
Veranlassung. Der zweite ist aus dem Augenblick ge-
quollen, da das lange bekämpfte Gefühl Goethe über-
mannte. In der unwiderstehlichen Freude des Wieder-
findens, als mächtige Antwort auf Mariannens Erwartungs-
lied an den Ostwind, wühlt dieser Liebesgesang alle Leiden-
schaft, deren Goethe fähig war, in ihren Tiefen auf und
spiegelt das eigene Geschick mit mystischer Symbolik im
unendlichen All der Welt. Wie er einst Charlotte von
Stein sehnsüchtig und dankbar gepriesen hatte als Stern
der schönsten Höhe, als ein Gestirn des Pols, das nie unter-
fehend über seinem Haupt einen ewig lebendigen Kranz
icht, als eins der ewigen Himmelslichter, das durch Wolken
und durch des Nordlichts bewegliche Strahlen ihm freundlich
und treu leuchtet, so drückt er jetzt Marianne-Suleika als
den Stern der Sterne an das Herz. Wie er einst an Frau
von Stein durch ein urewiges Schicksal gekettet, wie er
mit ihr schon in einem früheren Dasein vereint gewesen
zu sein glaubte, so leitet er seine Liebe zu Suleika her aus
Gottes Schöpferwillen, aus der die Welt durchdringenden
Sehnsucht der Elemente. Gottes Wort »Es werde« hatte das
All, das als Einheit friedlich an seiner Brust lag, in Atome
getrennt, die wirr und wild, ohne Sehnsucht und Klang aus
einander strebten. Da schuf er, der stummen Oede der Ele-
mente sich erbarmend, Morgenröthe. Im Sinne von Goethes
Farbentheorie entwickelte sie aus dem Trüben ein erklingend
Farbenspiel: das ist die Quelle der Liebe, das Ende der
Anarchie und des Chaos. Die Flügel der Morgenröthe rissen
auch Suleika an Hatems Mund. Auch sie treibt zusammen der
alles Organische durchwaltende Liebesdrang. Kein zweites
Schöpfungswort Gottes kann sie trennen, musterhaft, d. h.
typisch sind sie für alle Liebespaare. Sie brauchen Allah
nicht mehr: sie schaffen sich hinfort selbst eine Welt, die
Welt der poetischen Anschauung, der Phantasie, der Liebe.
Goethes West-östlicher Divan. 31*
Das Gedicht zeigt Goethe auf der Höhe der Divandich-
tung. Es ist Gelegemeitsgedicht wie alle echten Blüihen der
Goethischen Kunst. Es ruht auf individuellster Empfindung,
persönlichstem Erlebniss; es wurzelt ganz in der Gegen-
wart. Aber es wächst unter dem Lichte orientalischer
Mystik, deren Gluth hier wie aus tiefen Abgründen empor-
haucht, und eigener, lange gehegter, poetischer Natur-
Philosophie empor zu einem erhabenen Bau, der in den
Himmel ragt und den ewigen Kosmos nachbildet.
Aufkeimende Leidensctiaft, kurze Zurückhaltung und
Entfernung, volles Aufflammen bei der Wiedervereinigung
in Heidelberg — diese drei typischen Stufen hatte Goethes
Verhältniss zu Marianne durchlaufen und sie erscheinen
auch in dem poetischen Spiegelbilde, im Divan. Es kam
im Leben und im Lied noch ein Schlussakt hinzu, in dem
die tragischen Töne dieser Liebe langgezogen, mit dem er-
schütternden Ton der Wahrheit ausklangen: der Abschied
für immer, die ungestillte Sehnsucht nach einem Wieder-
sehen.
Unmittelbar nach ihrer Abreise von Heidelberg hatte
Marianne das köstliche Lied an den Westwind gedichtet,
das durch Schuberts Composition beflügelt, fortleben wird,
so lange Frauen lieben. Sie gab damit den Accord an,
auf den eine Reihe Goethischer Divanpoeme gestimmt sind.
Mit schwerem Entschluss riss sich Goethe von den
rheinischen Eindrücken, von der bunten Lebens- und Er-
innerungsfülle, von der Geliebten los. Der Kampf in ihm
war so gewaltig, dass er den Ausbruch einer gefahr-
bringenden Krankheit fürchtete. Aber er siegte. Er folgte
dem thränenvoUen Rath, den er vor Jahren in seiner Pan-
dora, diesem aufschluchzenden Klagelied der Entsagung
gesungen hatte: »Wer von der Schönen zu scheiden ver-
dammt ist, fliehe mit abegewendetem Blick«. Er floh und
er kehrte nie zurück, wenn er auch im folgenden Jahr
nach dem Tode Christianens wankend wurde und sogar
die Reise antrat, die dann ein Wagenunfall zwei Stunden
hinter Weimar endete.
Zu Hause im ruhigen Geleise gewohnten Daseins
brachte er seine Leier wieder zum Tönen: den tiefen
Sehnsuchtslauten Mariannens, dem unsagbar rührenden Ge-
flüster ihrer Verse an den Westwind erwiderten nun vollere
Klänge wie ein anschwellendes Echo. Das Gedicht »Abglanz«
ist eins von diesen. Er sendete es »der lieben Kleinen«
nach Frankfurt. Ein Räthsel, aber eins, dessen Lösung uns
nicht schwer fällt. Es spricht von einem Spiegel, vor dem
der Wittwer im stillen Hause so gern steht, weil daraus
das Liebchen neben ihm mit herausschaut. Verwittwet
32* Festvortrag von Konrad Burdach.
fühlt und nennt er sich TChristiane lebte damals noch),
weil die Dichtungsehe mit Marianne gelöst ist. Der Spiegel,
das sind die alten und die neuen Lieder des Divan, aus
denen das Bild der Geliebten immer herrlicher heraus sich
gestaltet, in goldnen Rosenranken und Rähmchen von Lasur
(S. 193). Marianne schickte darauf eine Antwort, die mit
Geringer Aenderung in den Divan eingerückt ist. Sie wendet
as Bild anders: ihr Heri ist der Spiegel, worin Hatem-
Goethe sich erschaut (S. iq4).
In einer grandiosen Allegorie spricht Goethe die Noth-
wendigkeit der Resignation aus. Hochbild nennt er sie
selbst mit Recht. Den Sonnengott der Griechen, Helios,
liebt die Wolkentochter, Iris, der Regenbogen» Nach ihm
weint sie vor Sehnsucht und er, seitdem er sie gesehen,
scheint nur ihr zu strahlen; er dringt, für alle heitern und
wolkenlosen Räume des Himmels blind, ein in die Regen-
wand; immer stärker fliessen ihre Thränen; immer zärt-
licher treffen die Küsse seiner Strahlen ihre tropfenden
Perlen. Jede der Perlen nimmt sein Bildniss auf, und alle
wollen sie sich gestalten: endlich leuchtet in farbigem
Bogen ihr Antlitz dem Geliebten entgegen. Und er zieht
auf sie zu, aber ach! erreicht sie nicht. »So nach des
Schicksals hartem Loose, Weichst du mir, Lieblichste davon;
Und war ich Helios der Grosse, Was nützte mir der Wagen-
thron !« Wie die Regentropfen im Regenbogen das Bild
der Sonnenstrahlen wiederspiegeln, so Marianne das Bildniss
des Dichters. Und wie der Regenbogen zerfliesst vor der
herankommenden Sonne, so schwand dem Dichter die
Geliebte im Augenblick der vollen Annäherung. Ist es
nicht erschütternd, wenn hier alte Lieblingsbilder, die in
Goethes Seele seit den Tagen der Kindheit schlummerten,
neue Gestalt gewinnen, um die Schmerzen wohlthätig ein-
zuhüllen, die ihn den Ergrauten bewegen? Den farblosen
Nebelregenbogen hatte er, da er auszog von Weimar zum
Rhein und zur poetischen Welt des Ostens, begrüsst als
Liebesbund zwischen Phoebus und der Wolke, als gutes
Vorzeichen. Jetzt hatte er sich mit Farben geschmückt,
mit der vollen Pracht von Mariannens Liebeskraft. Aber
die Farben zerrannen, die Lichter verblichen und Hessen
den alten Dichter einsam auf seinem hohen Sonnenwagen.
Noch einmal hat er Jahre nachher (1822) ein junges
Himmelskind, eine neue Iris gefunden, Ulrike von Levezow:
auch hier zerfloss der Regenbogen und in dem wunderbar
rührenden Gedicht »Aeolsharfen« klangen die sehnsüchtigen
Klagen der Suleikazeit zum letzten Mal verhallend nach
(Weim. Ausg. 3, 28).
Noch in anderer Weise arbeitet Marianne aus der
Goethes West-östlicher Divan. 33*
Ferne am Divan selber mit. Sie scheint zuerst auf den
Gedanken gekommen zu sein oder ihn ausgeführt zu
haben, die Lieder des verehrten Hafis ganz unmittelbar zum
Instrument des eigenen, momentanen Gefühlsausdrucks zu
machen. Schon als Goethe in Heidelberg weilte, kurz
bevor sie ihm nachreiste, muss sie ihm einen Chiffernbrief
gesendet haben. Solche ChifFernbriefe enthalten nur Zahlen
von Seiten und Versen eines Buchs, das die beiden Corre-
spondirenden besitzen, also in diesem Falle des Hafisischen
Divan. Schlägt man die betreffenden Stellen auf und
schreibt man sie hinter einander, so gewinnt man ein Mosaik-
gedicht, das die Gefühle des Briefstellers wiedergibt. Auf
einen derartigen Brief Mariannens antwortet das am
21. September 1815 in Heidelberg entstandene Gedicht
Geheimschrift (S. 191): »Mir von der Herrin süsse Die
ChifFer ist zur Hand, Woran ich schon geniesse. Weil sie
die Kunst erfand«.
Unmittelbar nach der gewaltsam überstürzten Rückkehr
schrieb Goethe ein solches ChifFerngedicht an Marianne,
das . älteste, das wir kennen. Es ist mit andern durch
Hertnan Grimm aus Mariannens Nachlass bekannt gemacht
worden in jenem trefflichen Aufsatz der Preussischen Jahr-
bücher, der sie der OefFentlichkeit zuerst als Dichterin
vorstellte und ihr Bild aus eigener Freundschaft mit Heben-
dem Herzen und dem Auge des Künstlers für alle Zeit ge-
staltet hat.
Einen schönen Chiffernbrief Mariannens nahm Goethe
in die Noten und Abhandlungen zum Divan auf. In dem
Exemplar des Hammerschen Hafis, das Goethes Bibliothek
enthielt und das mir Herr Geheimrath Ruland zugänglich
machte, finden sich aber auch noch vier kleine Zettel ein-
geklebt mit Chiffernbriefen Mariannens. Voll Rührung sieht
man die vergilbten winzigen Blätter, die etwas ungelenken
Schriftzüge der Briefschreiberin. Mit treuer Dankbarkeit .
hatte Goethe diese Denkmale der edelsten Liebe behütet.
Einer dieser Briefe spricht mit Hafisens Worten das
Verlangen nach brieflicher Liebeskunde aus, das, wie aus den
Briefen des Gatten an Goethe hervorgeht, Mariannen bis
zum Kranksein folterte: »Lange hat mir der Freund schon
keine Botschaft gesendet Lange hat er mir Brief, Worte
und Gruss nicht gesandt«. Goethe musste, um den Sinn
der Chiffern zu ermitteln, natürlich die Stelle des Hafisischen
Divan aufschlagen, da fand er aber unmittelbar auf jene
Worte folgend die Verse: »Hundertmal schrieb ich, allein
es hat mir der Führer der Reiter keine Bothen geschickt,
keine Begrüssung gesandt«. Und daraus formt er nun
seinerseits ein neues Divangedicht, das er fr£ilich in das
34 Festvortrag von Konrad Bürdach.
Werk bei seinen Lebzeiten nicht aufgenommen hat: »Und
warum sendet Der Reiterhauptmann Nicht seine Boten
Von Tag zu Tage? Hat er doch Pferde, Versteht die
Schrift. Die Kranke will nicht, Will nicht genesen Vom
süssen Leiden, Sie, an der Kunde Von ihrem Liebsten Ge-
sundend, krankt«. Es ist als hörten wir des besorgten
Willemer Bitten, der in seinen Briefen so nachdrücklich im
Interesse der körperlich und seelisch leidenden Marianne
Goethe um ein schriftliches Wort der Theilnahme anging.
Ein anderer ChifFembrief Mariannens enthielt den Keim
zu einer der herrlichsten Conceptionen, die Goethe je ge-
lungen, zu der süssesten Blume der Divanerotik. In den
Septembertagen 1815 hatten die Liebenden wundervolle
Vollmondnächte erlebt. Am 18. September, dem Tage der
Abfahrt Goethes von der Gerbermühle verzeichnet das
Tagebuch : »Herrlicher Abend, Vollmonds Aufgang«. In
der Seligkeit undWehmuth dieser Stunden war verabredet
worden, während der nächsten Vollmondnacht einander
in Gedanken nahe zu sein. Einen Monat nachher brachte
Goethe die köstliche Erfüllung des Versprechens: Suleika
fern vom Geliebten, allein mit der Dienerin, auf all ihre
Reden und Fragen stumm, immer nur einen Wunsch, eine
Sehnsucht im Herzen, immer nur ein Flüstern auf ver-
langenden Lippen: »Ich will küssen«. Stimmung und Colorit
des zauberischen Gedichts sind wie in den schwülen Duft
morgenländischer Sommernächte getaucht und orientalische
Liebesleidenschaft scheint darin ekstatisch zu stammeln.
Diese Blüthe der echtesten Liebespoesie hatte Mariannens
Chiffernbrief hervorgetrieben. Sie hatte mit Hafis ge-
schrieben: »All mein Leben will ich nur zum Geschäft
Von seiner Liebe machen. Immer dachte ich dein, und
immer Blutete tief das Herz. Ich habe keine Kraft als die
Im Stillen ihn zu lieben. Wenn ich ihn nicht umarmen
kann, Was wird wohl aus mir werden? Immer sehnt sich
mein Her^ nach deinen Lippem^. Dieser Brief ist datirt vom
18. October 181 5 — genau ein Monat nach Goethes Abreise
von der Gerbermühle — , Goethes »Vollmondnacht«, dessen
Refrain »Ich will küssen! Küssen sag ich« aus dem Schluss
jenes Chiffernbriefes hervorwächst und die Stimmung Marian-
nens mit stärkeren Accenten steigert, vom 26. Octooer 1815.
Goethe hat also unmittelbar nach dem Empfang der Chiffern-
Epistel als Antwort gleichsam diese selbst m herrlicher Meta-
morphose zurückgegeben. Das Wort aber von der wiederholten
Spiegelimg, kann es sich irgendwo besser bewähren als hier?
Es gibt dennoch in der über alle Begriffe merkwürdigen
Entstehungsgeschichte des Divan ein Phänomen, wo dieses
Wort noch wunderbarer seine Bestätigung findet.
*
Goethes West-östlicher Divan. 35
Im Buch Suleika steht ein Gedicht, das von Behramgur
dem Sassaniden und seiner Geliebten Dilaram handelt. Er
hat der Sage nach den Reim erfunden, in dem seinen ent-
zückten Liebesreden die Freundin mit gleichem Wort und
Klang erwiderte. Nicht mehr, ruft Goethe, darf ich den
Sassaniden J^eneiden: mir ward es auch. »Hast mir dies
Buch geweckt, du hasts gegeben; denn was ich froh, aus
vollem Herzen sprach, das klang zurück aus deinem holden
Leben, Wie Blick dem Blick, so Reim dem Reime nach«.
Wir wissen aus dem Tagebuch, dass Goethe die Erzählung
von Behramgur und Dilaram, aie übrigens auch das Motiv
für die bekannte Scene in der Helena des Faust herge-
geben hat, am 3, Mai 1818 durch Hammers eben erschienene
Geschichte der schönen Redekünste in Persien kennen
lernte. Damals war der Druck des Divan bereits bis zum
4. Bogen vorgeschritten. Das Gedicht steht auf dem
10. Bogen. Es ist also während des Drucks entstanden
und eingeschaltet.
Die Thätigkeit der Druckcorrectur, die Herrichtung
des Buchs selbst hat im Verein mit dem persischen Sagen-
motiv, das durch unverkennbare Analogien Goethe aufs
tiefste treffen musste, die alten liebenden Erinnerungen an
die stille Mitarbeiterin zu einem poetischen, ergreifenden
Ausdruck gesteigert. Und jetzt verstehen . wir voll jenes
»Hast mir dies Such gezweckt !« Ja, das Buch, wie es unter
seinen Händen, aus Correcturbögen zusammenwuchs. Das
Buch, das ein schwacher Abglanz war der tönenden Lieder.
Nun erst begreifen wir ganz den Sinn der Schlussstrophe :
»auch aus der Ferne das Wort erreicht, und schwände Ton
und Schall«. Die blühende Welt gegenwärtigen lebendigen
Liebesverkehrs ist dahin, versunken. Aber das Sternen-
firmament, das sich über dem untergegangenen Paradies
wölbte, es ist geblieben : das ewige Getühl der Liebe dauert.
»Beide sind wir auf der Erde musterhaft in Freud und
Qual« . hatte Goethe von sich und Mariannen gesungen.
Damit ist das Wesen und die tiefste Absicht der Divan-
dichtung bezeichnet. Nicht im pädagogisch - moralischen
Sinn, nicht gesetzgebend und normirend will er darin
Muster aufstellen, sondern mit jener in die Tiefen der Welt
eindringenden Auffassung, die er sich seit längerer Zeit er-
rungen hatte. Seine Naturforschung, seine Studien der
antiken Kunst hatten nach der anschauenden Erkenntniss
des Typus gestrebt. Die griechische Plastik hatte ihm die
Grundverhältnisse der menschlichen Gestalt; die Metamor-
phose der Pflanze, die Anordnung der menschlichen und
thierischen Wirbelknochen, die Stabilität des Zwischen-
Gobthe-Jahkbuch XVII. 23
36* Festvortrag von Konrad Burdach.
kieferknochens die Urphänomen des organischen Lebens
enthüllt« Auch seine Optik sollte die Urquelle und die
Grundprozesse des Lichts und der Farbe enträthseln, seine
Geologie die constanten Grundlagen und Gesetze der Erd-
geschichte an den Tag bringen. Diesem grossartigen Trieb
seines Wesens folgte seine Poesie auf ihrem Gebiet. Auch
in der sittlich-geistigen Welt ealt es seit der Rückkehr aus
Italien immer mehr und mehr die Typen, die ewigen Grunde
Verhältnisse, die constanten Elemente aufzufinden. Sie
Eoetisch darzustellen sah er hinfort als die eigentliche
ebensaufgabe seiner Kunst an. Die Epoche des exclusiven
Klassicismus hatte das nur fragmentarisch und einseitig ver-
mocht. Die Zeit der Vertiefung in den Orient brachte die
universelle Ergänzung. Die »Urelemente orientalischer
Poesie« will er ergründen. Er zum ersten Mal stellt einen
Begriff von unabsehbarer Fruchtbarkeit auf: den BeerifF der
Naturformen der Dichtung, und wird dadurch der BahnDrecher,
der Schöpfer einer erst in unseren Tagen ernsthaft in Angriff
genommenen Wissenschaft, der vergleichenden Poetik.
Aber aus der östlichen Wiege des Menschengeschlechts
holt er. sich auch die wahren Ürphänomene des sittlichen
Lebens: der Religion, der Liebe, der Herrschaft. In der
Herrlichkeit der morgenländischen Poesie findet er die
reine Menschheit. Ein politischer und religiöser »Welten-
spiegel« soll dieser Divan werden. Das Zeitalter Napoleons
sollte sich im poetisch dargestellten Zeitalter des mon-
golischen Eroberers Timur reflectiren. Von dem breit ge-
Elanten politischen »Weltenspiegel«, den ein umfassendes
uch Timur in die Mitte des ganzen Werks stellen sollte,
ward freilich nur ein einziges Bruchstück fertig: »Der
Winter und Timur«. Daneben sprach der sterbende Parse
sein Vermächtniss altpersischen, d. h. indogermanischen vor-
islamischen und vor-semitischen Glaubens aus : die Anbetung
der ewigen alldurchdringenden, allgegenwärtigen Natur, des
Lichts, der Sonne, des remen Feldes, des Wassers, alles dtessen,
worin sich der Herr des Lebensquells abspiegelt. Die
emporsteigende Sonne, die auf Morgenflügeln über die
Gipfel des Darnawend sich erhebt, ist ein Abbild Gottes
auf seinem Thron: wie Faust fühlt sich der alte Parse
tausendmal mit ihr getragen, ihr entgegen gezogen, aber
ebenso oft, wenn ihr Feuerkreis hervortritt, steht er ge-
blendet und wirft sich anbetend zur Erde; gleich Faust
verkündet er als höchste Offenbarung: »Schwerer Dienste
tägliche Bewahrung«. Der Dichter erkannte indessen seine
Unfähigkeit, die politisch-religiöse Symbolik im grossen
Stil entsprechend fortzusetzen und rief sich zu: »Lass den
Weltenspiegel Alexandern« (S. 195). Das Buch des Parsen
Goethes West-östucher Divan. 37*
blieb so gut wie das Buch Tiniur ein Torso. Aber dem
Drange Goethes, die Elemente des religiösen und politischen.
Lebens zu erkennen, haben beide em herrlich Denkmal
gesetzt.
Mit einem Wort: der Divan will den Begriff des
Goethischen Typus auf dem Gebiet der Poesie, Moral,
Religion künstlerisch gestalten, indem er die menschliche
Einheit der beiden getrennten Welthälften, des Orients und
des Occidents, vor Ausen stellt. Das ist der :i;weite Sinn
des Ausdrucks weshösiiich. * Und aus ihm heraus wächst
das Bewusstsein und dip Pflicht der Toleranz, des liebe-
vollen Verstehens alles Menschlichen unter allen Zonen,
in allen Individuen.
In seiner Naturbetrachtung war Goethe über dem
Streben nach dem Typus je länger je mehr zu genetischer
Anschauung vorgedrungen, zu der Frage nach dem all-
mählichen Werden. Der Divan zeigt dieselbe Auffassung
im Bereich des Sittlichen und Religiösen. Goethe hat die
Ursprünglichkeit des parsischen monotheistischen Licht-
dienstes Klar erkannt. Der alte Parse vertritt die angestammte,
unterdrückte, verfolgte nationale Religion, die durch den
erstarrenden Kultus Zoroasters, dann durch den arabischen
Islam abgelöst und eingeengt, schliesslich verdrängt wird.
Goethe ist der historische Fundamentalgegensatz zwischen
der alten indogermanischen Kultur Persiens und der semi-
tisch-arabischen Invasion durchaus aufgegangen. Er bemerkt
mit dem Sinn des echten Geschichtsforscners, dass »mag
auch ein Land noch so oft von Feinden erobert, unter-
Scht, ja vernichtet sein, sich doch ein j^ewisser Kern der
ation immer in seinem Charakter erhält« rWeim. Ausg.
J, 18): der indogermanische oder arische Charakter der
'erser. Er sondert ebenso scharf die älteste vor-mohame-
dische arabische Zeit und ihre wilde Volkspoesie, die er in
Proben charakterisirt, von der jüngeren, islamitischen.
Er, der eben an Pestalozzis neuer Erziehungsmethode
heftig zu tadeln pflegte, dass sie nicht auf die Bedeutung
der Ueberlieferung für Sprache, Kunst und Wissenschaft
Rücksicht nehme, betont mit feinem Gefühl die Macht der
Stammestraditionen im persischen Orient. Er skizzirt den
merkwürdigen Process der doppelten nationalpersischen
Reaction gegen die griechische und dann gegen die arabische
Kultur auf aem Gebiete der Sage und Poesie. Er versucht,
^ine völlige Geschichte der Dichtung Persiens von der
iiltesten bis zur neuesten Zeit zu entwerten, auf dem riesigen
Hintergrund der hebräisch -arabischen Urzeit, zugleich mit
* Ueber die erste Bedeutung s. oben S. 18*.
25*
38* Festvortrag von Konrad Burdach.
fortwährenden Blicken auf die Einwirkung indischer und
abendländischer Dichtung, Kunst und Sitte. So wächst
dieses literarhistorische Problem unter seinen Händen auf
zu einem culturgeschichtlichen : die Bemühung und der
Austausch zwischen Orient und Occident seit dem Alter-
thum und von den Kreuzzügen bis zur Gegenwart.
Und dies führt auf die driite Bedeutung des Namens
west' östlich. Der historische wechselseitige Zusammenhang
der beiden polarischen Gebiete menschlicher Kultur soll im
Divan aufgedeckt werden. Indem das geschieht, wird aber zu-
fleich die ßlüthe menschlicher Tugend gekräftigt: dieTugend
es mcfischUchen Gemeingefühls, aus weichem der Entschluss
zu friedlicher, internationaler Kulturarbeit hervorgeht.
Goethes Anstoss hat mächtig gewirkt. Die nächsten
Jahrzehnte zeitigen bei uns und im Ausland eine lange
Reihe orientaliscner Dichtungen. Aber nur wenige nähern
sich der Höhe seines Standpunkts. Bald überwiegt die
formale Kunst treuer Nachbildung der fremden Formen,
wie bei Rücken und Platen; bald die Sucht nach brennendem
Localcolorit und romantischer Freiheitscukus, wie bei Victor
Hugo, bald die politisch-soziale oder ästhetische Tendenz,
wie bei Lord Byron, wie bei den deutschen Griechensängern;
bald die erotische Richtung, wie bei Leopold Schefer ; bald
die epikuräische Skepsis, wie bei Bodenstedt. Man hat
Goethe übertroffen in der Echtheit des historischen Cöstüms,
in der Wirklichkeit der äusseren Scenerie. Die poetische
Wahrheit behält er vor allen.
Diese poetische Wahrheit ist unabhängig von den Flittern
der Gewänder, von pünktlicher Genauigkeit der Chrono-
logie. Sie verträgt Anachronismen, denn sie dringt in den
Kern der menschlichen und kosmischen Natur. Die merk-
würdige Aeusserung, die Goethe in den Tagen der Divan-
dichtung zu Boisser^e that: ȟber viele Dinge kann ich
nur mit Gott reden« (1,252) klärt über dieses Werk am
besten auf. Nicht umsonst stellt er sich Hafis gleich,
dessen Name so viel als Kenner des Koran bedeutet, und
bezeugt, dass sich ihm das göttliche Buch der Bücher wie
das göttliche Angesicht auf das Tuch der Veronica ab-
gedrückt habe. Nicht umsonst eröffnet er am Ende der
Dichtung den Aufstieg in das himmlische Paradies.
Die unzerstörbaren geheimen Grundkräfte alles Menschen«
Wesens, die über Raum und Zeit, über Religionen und
Völker hinaus dauern, die Erdbeben und Revolutionen
überstehen, erstrahlen in seinem Divan gleich ewigen
Sternen des sittlichen Lebens. Dies west-östliche Universum,,
das er, Prophet und Priester einer frohen Botschaft, auf*
Goethes West-östUcher Divan. 39*
baute, im Einklang mit allen guten Genien der Erde und
des Himmels,.. insbesondere auch mit der vorkirchlichen,
echten Lehre Christi nadi dem alten Bericht der Evangelien,
es wird in seinen Fundamenten und Riesensäulen bleiben,
wenn wir alle nicht mehr athmen. Aber so lange uns die
Sonne scheint, deren farbigen Abglanz Goethe mit der
Demuth und Bescheidung der Gotteskindschaft verehrte,
sollen wir in stillem, beharrlichem Widerstand gegen den
Wust und den Aberwitz unserer Zeit, gegen Trägheit,
Stumpfsinn und Habgier, unbekümmert um Zweifel oder
Spott, diesen Plan des grossen Baumeisters immer deut-
licher zu verstehen, immer weiter. zu verbreiten streben.
. Der Geist Herders und Schillers hat daran mitgearbeitet.
Der Geist tiefer und starker Liebe zu der unsterblfthei^
göttlichen Natur reiner Menschlichkeit, einer Liebe, welche
die ganze Welt und alle Epochen umfassend durchdringt.
Den fordernden Elementen des gegenwärtigen Zeit-
alters kommt dieses Werk entgegen, insofern es die. Bruder-
schaft des Menschengeschlechts predigt und der verbündeten
geistigen Arbeit aller Nationen das Wort redet. Sie kann
sich nur im Frieden bethätigen, und insofern lehrt und
•fordert der Divan den allgemeinen Völkerfrieden. Freilich
ruht er auch auf der Ueberzeugung von der Un Vergäng-
lichkeit des elementaren, des aämönisehen Naturleoens,
und zu diesem gehört der Krieg, die Herrschaft. So konnte
Börne dieser Dichtung einen sclavisch-reactionären Charakter
vorwerfen und darin eine Verherrlichung des Despotismus
erblicken. In Wahrheit lebt in ihr die erhabene Tendenz
^tx Versöhnung der- fVeltymch der auch heute so viele
der Edelsten höchsten und niedersten Standes verlangen.
Auf der andern Seite setzt sich der Divan der mächtigen,
heute von oben und unten herandringenden Strömung entf
fjegen, welche die Vergangenheit, die geschichtliche Ueber-
ieferung, die nationalen und die persönlichen Individuali-
täten fortspülen möchte.
Das nächste Jahrhundert wird diese beiden Gewalten, die
weltbürgerliche und die national-individuelle, in verstärktem,
vielleicht in einem Kanipfe auf Tod und Leben sehen. Wir
kennen nicht seinen Ausgang. Aber wie auch die Würfel
fallen, welche socialen und politischdti Geschicke auch über
unser Vaterland kommen, od krieeerische Kämpfe, ob Re-
volutionen oder der Wettstreit friedlicher Arbeit die Zukunft
beherrschen werden, Deutschland kann seine Weltrolle nur
erfüllen, es kann sich selbst im Chore der Völker nur erhalten,
wenn ihm sein Schatz veredelter Bildung bewahrt bleibt und
lebendig fortwirkt, dessen Sammlung, Ordnung und Ver-
waltung wir Lessing und Herder, Schiller und Goethe danken.
40* Festvoitrag V. Konrad Burdach. Goethes West-östlich. Divan'.
Die Bedeutung ihre^ Erbe^ hat sich in diesen Tagen
uns aufs neue unauslöschlich eingeprägt, da seinen kost-
barsten Bestandtheilen hier soeben ein würdiges Asyl er-
richtet worden ist, darin sie trotz allen Stürmen leben,
daraus ihre Kräfte heryorstrahlen können. Unsere dies-
jährige Zusammenkunft erhält hierdurch ihre Weihe und
mit einem besonders feierlichen Glanz vollzieht sich dies
Mal das Schauspiel, das hier in Weimar nun schon so oft
wiedergekehrt ist: ein erlauchtes Fürstenhaus, das seine
idealen Aufgaben im Sttme Kart Augusts, zum Wohle
Deutschlands, zum Segen der Welt, erfüllt, und eme freie
Gemeinde von Männern und Frauen aller Kreide huldigen
gemeinsam und einträchtig dem Grössten der jgrossen zeit
Weimars, dem überragenden Führer und Berather mensch-
licher Bedürftigkeit, dem Genossen und tröstenden Ver-
. klärer irdischer Unvollkommenheit, dem Boten des Ver-
trauens und der Hoffnung auf die guten Mächte des
Lebens. Möge das Bild dieses herrlichen Menschen, das
heute wieder vor uns erstand, immer reiner 4ind klarst
in uns aufleben, frei von jeder Verdunklung, - aber auch
von jeder Apoiheose, mögt es uns immer wirksamer be-
geistern 4and stärken zum Dienst unserer heiligen Sache:
-der Nation die idealen Kräfte zu erhalten und zu vermehren,
.durch die sie ihrem Weltberuf allein genügen kann.
Dem Viiterknd in Liebe und Treue ergeben, das Auge
gerichtet auf das voranschreitende verehrte Farstenpaar,
wollen wir das im west-ösilichen Sinn geprägte wundervolle
Bekenntniss Goethes heute, wir wollen es allezeit wieder*
holen, immer besser bewähren und an jüngere Geschlechter
weitergeben: »Bin Weltbewohner, bm W^imaraner«. D,em
kommenden Jahrhundert, dem unsere Arbeit gilt, ihm
leuchte dieses Wortes Erfüllung.
Elfter Jahresbericht
DER
Goethe-Gesellschaft.
.^^^^9f^
''^^^j^-^ . -^^^g;^^^ ;
|m 7. Juni 189.5 trat der Vorstand der Goethe-
Gesellschaft zu der satzungsgemässen Jahressitzung
zusammen. Die Rechnungsablage über das Jahr 1894
•gab zu eingehenden Verhandlungen ebensowenig Anlass wie
der Voranschlag für 189J, der sich wieder innerhalb der
bewährten Grundzüge bewegte. Eine Mittheilung des Heraus-
gebers der »Schriften« in Betreff der für die nächsten Jahre
in Aussicht genommenen Veröffentlichungen wurde zur
Kenntniss genommen, sowie mehrere anderweitige kleinere
Anträge durch Beschluss erledigt.
Der Abend des 7. vereinigte alle bis dahin eingetroffenen
Festtheilnehmer in den Sälen der »Ambrust- Gesellschaft«
zu einem Goetheschen Lieder-Abend, einer Vorführung einer
Anzahl von Zeitgenossen Goethes componirter Gedichte, von
Breitkopf und Corona Schröter bis zu Mendelssohn und
Berlioz, bei der die Vergleich ung der verschiedenen Ver-
tonungen desselben Textes von besonderem' Interesse war.
Die schon seit längerer Zeit von dem geschäftsführenden
Ausschuss geplante Veranstaltung wurde in befriedigender
Weise ermöglicht durch den Rath und die persönliche
Betheiligung des bekannten Musilcschriftstellers Herrn Dr.
Max Friedländer in Berlin, sowie durch die gütige Mit-
wirkung Herrn Dr. Eduard Lassens , der Mitglieder des
Weimarischen Hoftheaters, Herrn R. non Mildes und des
IVeimarischen Lehrer-Gesangvereins. Dem von Seiner König-
lichen Hoheit dem Grossherzog allen Künstlern in warmen
Worten ausgesprochenen Dank schlössen sich alle Anwesen-
den mit voller Ueberzeugung an.
Am 8. Juni wurde die lo. ordentliche Generalver-
sammlung durch Dr. Ruland in Vertretung des leider durch
Unwohlsein ferngehaltenen Exe. Dr. von Simson eröffnet
und geleitet. Nach Begrüssung der auch diesmal die Ver-
sammlung mit ihrer Gegenwart beehrenden Königlichen
Hoheiten des Grossherzogs und der Frau Grossherzogin
und der sehr zahlreichen Besucher war es die schmerzliche
Pflicht des Vorsitzenden, des am 20. November 1894 zu
Gap Martin erfolgten Hinscheidens weiland Seiner König-
lichen Hoheit des Erbgrossher^ogs zu gedenken, an dem
die Goethe -Gesellschaft einen ihrer treuesten und wohl-
wollendsten Freunde verloren hat. Dankend wurde noch
des in Budapest verstorbenen Mitgliedes, Herrn Balthasar
EtischerSy gedacht, der der Goethe-Gesellschaft durch letzt-
wrllige Verfügung die Summe von 1000 fl. Oe. W. zuge-
wendet hatte.
Die über den Geschäftsgang des Jahres 1894 gegebene
kurze Uebersicht gab zu keinen Debatten Anlass, und der
Vorsitzende konnte alsbald Herrn Friedrich Spielhagen aus
BerKn zu dem gütigst übernommenen Vortrag über »Die
epische Dichtkunst und Goethe« das Wort ertheilen. Dem
Redner wurde durch gesp^ännte Aufmerksamkeit und warmen
Beifall gelohnt, und der Vonräg selbst allen Mitgliedern
wenige Tage danach durch Abdruck im 16. Bande des Jahr-
buches zugänglich gemacht; zahlreiche Referate in der
Presse und eingehende Erörterung des Für und Wieder
bezeugten die nachhaltige* Wirkung der geistvollen Worte.
In dem sich nach der Pause anschliessenden geschäft-
lichen Theile der Generalversammlung berichtete Herr
Hofrath Suphan zuerst über die Auffindung der in der
Leipziger Zeit von Behrisch unter dem Titel »Annette«
zusammengestellten Jugendgedichte Goethes, — dann über
die erfreuliche Weiterentwickelung der Goethe-Bibliothek,
sowie des Goethe- und Schiller- Archivs.
Der Bericht des Schatzmeisters, Herrn CommerTiienraths
Dr. Morit^y über den Rechnungsabschluss des Jahres 1894
erweiterte sich zu einer statistischen Uebersicht über die
gesammte Thätigkeit dfer Goethe-Gesellschaft in den eben
abgelaufenen ersten 10 Jahren ihres Bestehens, Welche sich
— 4f 5 •*—
den lebhaften Dank der Versammlung mit vollem Rechte
erwarb.
Nach einem Berichte über das Goethe-Museum wurde
die Generalversammlung geschlossen; an das am Nach-
mittag die Festtheilnehmer vereinigende Festmahl schloss
sich die Aufführung der »Laune des Verliebten« und des
-»jahrmarktsfestes von Plundersweilern« im Grossherzog-
lichen Höftheater.
Dass die Goethe-Gesellschaft auf das mit dem 31. De-
zember 1895 schliessende Geschäftsjahr mit Befriedigung
zurückblicken kann, erhellt des Einzelnen aus dem unten-
folgenden Berichte des Schatzmeisters. Leider hat der Tod
uns auch dieses Jahr eine Anzahl werther Mitglieder ent-
rissen: in dem Oberhofmeister Ihrer Königlichen Hoheit
der Frau Grossherzogih, Herrn Major Hugo von Donop,
i>etrauert der Geschäftsführende Ausschuss ganz besonders
ein thätiges Mitglied, dessen ungewöhnliche Kenntnisse wife
sein feiner künstlerischer Sinn uns jeder Zeit in liebens-
würdigster Weise zu Gebote gestellt waren und mehr als
einmal unsere Bemühungen in wirksamster Weiise gefördert
■haben. Sein Andenken wird ^bei uns stets in verdiente«
iEhren gehalten werden.
Der XVL Band des Jahrbuches kam zum ersten Male
unmittelbar nach der Generälversammlung zur Versendung;
-als X. Band der Schriften erhielten unsere Mitglieder kurz
Aror Weihnachten ein. Album »Aus dem Goethe-National-
Museum I«. Indem der Vorstand diese Wahl traf, und zu-
gleich im Einvernehmen mit dem Herausgeber der Schriften
eine Fortsetzung in späteren Jahren in's Auge fasste, glaubte
er einem öfter geäusserten Wunsche vieler unserer Mit*
glieder zu entsprechen, es möge neben der Wissens(ihaft
auch die Kunst und Goethes Beschäftigung mit ihr in
unseren »Schriften« mehr zu ihrem Rechte kommen. Da
die Goethe -Geselischaft die Pflege imd Förderung des
Goethe-National-Museums in den Bereich ihrer Tbätigkeit
- -♦ 6 ♦—
aufgenommen hat, so können auch ihre Mitglieder ver-
langen, mit dem Besten der Goetheschen Sammlungen
allmählich bekannt gemacht zu werden. Dieses Ziel zu
erreichen, versuchen wir durch solche von Erläuterungen
begleitete Mittheilungen aus dem Weimarer Goethe-Hause;
die freundliche Aufnahme, welche die 1895 veröffentlichte
^rste Mappe gefunden, und von der uns zahlreiche Zu-
schriften aus dem Kreise der Mitglieder Kunde gebracht
haben, ermuthigt uns seiner Zeit in ähnlicher Weise fort-
zufahren.
Auch im Interesse des Goethe- und Schillerarchivs ist
der Vorstand im verflossenen Jahre thätig gewesen. Um
-Neujahr 1895 erhielt er davon Kunde, dass eine Anzahl
Goethefreunde zusammengetreten waren, um den dauern-
den Besitz der sieben Bände der von Goethe an Charlotte
von Stein gerichteten Briefe für Deutschland, und speciell
für das Goethe- und Schillerarchiv zu sichern. Gelang e3
nicht innerhalb einer bestimmten Frist die endgültig fest-
gesetzte Kaufsumme von M. 70,000.-^ zusammenzubringen,
so lief die in der deutschen Uteratur-Geschi(;bte einzig
dastehende Sammlung- GefÄr,- entweder ganz in das Aus- *
fand zu wandern, oder durch Einzelverkauf für alle Zukunft
zerstreut und zersplittert zu werden. Hier helfend einzu-
greifen erschien dem Vorstand als eine Pflicht der Goethe-
Gesellschaft, und er verwilligte sofort einen Zuschuss zu
dem schon vorhandenen Fonds in der Höhe von M. 10,000. — ,
zu dem gegen Ende des Jahres eine zweite letztn?alige
Verwilligung von M. 5000.-— trat, um den dringend noth*
wendig gewordenen Abschluss des Geschäftes zu sichern.
So haben die durch eine vorsichtig[e Verwaltung ange*-
sammelten Mittel der Goethe-Gesellschaft die Möglichkeit
gewährtj für die berufenste Stelle im deutschen Vaterlande
den dauernden Besitz der für die Kenntniss von Goethes
geistiger Entwickelung so hbchbedeutsamen Stein-Briefe
sichern zu helfen.
Der Herr Schatzmeister berichtet über das abgelaufene
Geschäftsjahr wie folgt:
— ♦ 7 *—
»Während die Goethe -Gesellschaft am 31. Dezember
1894 noch 2837 Mitglieder zählte, war deren Zahl bis zum
31. Dezember 1895 auf 2693 Mitglieder heruntergegangen,
hatte sich also um 144 vermindert. Die Gesellschaft zählte
am 31. Dezember 1895 ^^^ ^4 Mitglieder mehr, wie im
ersten Jahre ihres Bestehens, dagegen 415 weniger als am
I. Mai 1890, an welchem sie mit 3108 ihren Jiöchsten
Bestand an Mitgliedern erreicht hatte*
Unter den 2693 Mitgliedern befanden sich am 31. De-
zember 1895 29 Mitglieder auf Lebenszeit und 103 durch
die Herren A. Nutt in London und H. Preisinger in Man-
chester gemeldete englische Mitglieder.
In Herrn H. Preisinger in Manchester, dem Mitbegründer
und eifrigen Förderer der Manchester-Goethe-Society, von
dessen Ableben wir soeben Kunde erhalten, verliert die
Goethe-Gesellschaft eines ihrer ältesten und thätigsten Mit-
glieder, dem insbesondere auch die geschäftliche Leitung
für seine Mitwirkung dankbar verbunden bleibt.
Die Einnahmen der Goethe-Gesellschaft, sowie die regel-
mässigen Ausgaben für deren Zwecke und die Verwaltungs-
kosten haben sich in demselben Rahmen bewegt , wie in
den Vorjahren. V^enn trotzdem die Rechnung des abge-
laufenen Jahres auf dem Hauptconto, welches den eigent-
lichen Betriebsfonds der Gesellschaft bildet, nicht mit dem
üblichen Ueberschuss abschliesst, durch w^elchen unsere
Mitglieder verwöhnt worden sind, so trägt daran die ausser-
ordentliche Verwilligung von M. 15,000.— die Schuld, durch
welche sich die Goethe-Gesellschaft an der Erwerbung der
Stein -Briefe betheiligt hat und von welcher M. 10,000. —
auf das Berichts- Jahr entfallen. Der Schatzmeister gedenkt
diese ausserordentliche Verwilligung trotz ihrer Höhe aus
den laufenden Betriebsmitteln der Gesellschaft für die
Jahre 1895 und 1896 zu decken, ohne dass die Ausgaben
für die eigentlichen Zwecke der Gesellschaft geschmälert
werden und ohne dass der Reserve-Fonds, dem diese Aus-
gabe eigentlich zur Last zu fallen hätte, angegriffen wird. —
Die Gesammt-Rechnung des Jahres 1895 zeigt hiernach
buchmässig einen Fehlbetrag von M. 2091.55, welchem
M. 60,748.10 in sicheren Werthpapieren, verzinslich ange-
— * 8 ♦-
legt und bei der Grossherzoglichen Hofhauptkasse in Weimar
hinterlegt, gegenüberstehen. Auf den Reserve-Fonds ent-
fallen hiervon M. 54,156.58. — Die Zahlen bedeuten den
Ankaufswerth ohne laufende Zinsen und es ist dabei zu
bemerken, dass sich der gegenwärtige Courswerth zum
grössten Theil nicht unwesentlich höher stellt.
Ausserordentliche Geldspenden wurden der Gesellschaft
zu Theil von Herrn Professor Dr. Ludwig Geiger in Berlin
und durch ein der Goethe-Gesellschaft hinterlassenes Legat
des in Budapest verstorbenen Herrn Balthasar Elischer,
letzteres im Betrage von M. 1680. —
Bei Einziehung der Beiträge und Vertheilung der Jahr-
bücher und Schriften erfreuten wir uns der Unterstützung
der Herren
Hofbuchhändler Th. Ackermann, München.
Verlagsbuchhändler G. Fischer, Jena,
Buchhändlier Lucas Gräfe, Hamburg,
Buchhändler Hübner & Matz, Königsberg i. Pr.,
Buchhändler Paul Kurtz, Stuttgart,
Hofbuchhändler G. Liebermann, Karlsruhe,
Literar. Anstalt Rütten & Loening, Frankfun a. M.,
Rentier Ferdinand Meyer, Berlin,
Buchhändler Max Niemeyer, Halle a. S.,
Buchhändler Alfred Nutt, London,
Heinrich Preisinger, Manchester, (f)
Bankier Bernhard Rosenthal, Wien,
Schlettersche Buchhandlung, Breslau,
Buchhändler v. Zahn & Jaensch, Dresden.
Wir sprechen ihnen für ihre freundliche Mühewaltung
unseren Dank aus.
Die Abwickelung der laufenden Geschäfte und der
geschäftliche Verkehr mit unseren Mitgliedern hat sich
auch im abgelaufenen Jahre in befriedigender Weise voll-
zogen. Störungen sind nur ganz vereinzelt vorgekommen.
Sie sind ohne Ausnahme darauf zurückzuführen gewesen,
dass die betreffenden Mitglieder von unseren Zusendungen
nicht erreicht werden konnten, weil sie uns von der Ver-
änderung ihres Wohnorts nicht rechtzeitige Anzeige ge-
macht hatten.
— 4^ 9 ^—
Im Jahre 1895 waren jes 10 Jahre, seit die Goethe-«
Gesellschaft begründet worden ist. Ein kurzer Rückblick
auf die Aufgaben, . welche innerhalb der Thätigkeit des
Schatzmeisteramtes zu lösen waren, ist vielleicht für Ein^
zelne nicht ohne Interesse.
So hoffnungsfreudig man bei der Begründung der Ge-
sellschaft auch war, so konnte man doch bei Schaffung
ihrer ersten geschäftlichen Organisation nicht entfernt vor-
aussehen, welch' schnelle und geradezu stürmische Ent-
wickelung dieselbe nehmen würde. So kam es, dass die erste
nach dem bewährten Muster der Deutschen Shakespeare-
Gesellschaft geschaffene Ordnung der geschäftlichen Leitung
sich dem gewaltigen Andränge der Mitglieder gegenüber
an allen Ecken und Enden als völlig unzureichend erwies,
und dass man gerade während des ärgsten Ansturms von
Correspondenzen und Anfragen aller Art von einer bereits
in der ersten Geschäftsperiode bis auf über zweitausend
sechshundert Mitglieder angeschwollenen Zahl nach neuen
Formen für die geschäftliche Organisation und nach neuen
Formen für den Verkehr mit den Mitgliedern und für die
Führung der Listen und Bücher suchen musste. Erschwerend
kam hierzu die schwere Erkrankung und der wenige Monate
nach Begründung der Gesellschaft erfolgende Tod des ersten
Schatzmeisters und dass für seinen -Nachfolger die Ueber-
nahme des Amtes zusammenfiel mit der Uebernahme un-
gewohnter schwerer und weitverzweigter Berufspflichten.
Trotzdem ist es in verhältnissmässig kurzer Zeit ge-
lungen, aller Schwierigkeiten Herr zu werden, und es darf
wohl gesagt werden, dass dieselben auch zu der Zeit, in
welcher sie am schwersten zu überwinden waren, nicht so
sehr unseren Mitgliedern als vielmehr den an der Geschäfts-
leitung Betheiligten zum Bewusstsein gekommen sind. Man
wird begreifen, dass der Schatzmeister heute durch einen
besonderen Expedienten unterstützt wird und dass ausser-
dem Buchführung und Rechnungsführung noch durch Be-
amte des Hauses Julius Elkan mitbesorgt werden, wenn
man die nachfolgenden Zahlen kennen lernt:
Im Laufe der nunmehr abgelaufenen 10 Jahre hat der
Schatzmeister mit nicht weniger als mit 30,004 einzelnen
— ♦ 10 ♦—
Personen und zwar mit jeder einzelnen mehrmals zu ver-
kehren gehabt und sie. haben ihm ebensowenig wie dem
Vorsitzenden des Geschäftsführenden Ausschusses diesen
Verkehr immer bequem und einfach gestaltet. Die Ge-
sammt'Einnahme während dieser Zeit betrug M. 378,269.20,
die Gesammt' Ausgabe M. 345,953.25. Der Gesammt'Umsat:(
erreichte hiernach die bei einer zu Uterarischen Zwecken
geschaffenen Vereinigung noch niemals dagewesene Höhe
von M. 724,22245. Der oben genannten Gesammt- Aus-
gabe steht aber unser nachher zu nennender Vermögens-
bestand gegenüber.
Von der Ausgabe entfallen
1. auf die 10 Bände des Jahrbuchs . . M. 131,832.02
2. auf die 10 Schriften » 67,282.38
zusamnieh also auf die Veröffentlich- "
ungen der Gesellschaft M. 199,114.40
3. auf die Bibliothek » 23,062.19
4. Sonstige Erwerbungen » 19,484.99
Es ergibt dies die stattliche Summe von M. 241.661.58
Ich wiederhole: Nach der Rechnung sind innerhalb dieser
10 Jahre ausgegeben worden M. 345,953.25.
DieserGesammtausgabe stehtaber als ^^^/i;«w gegenüber
Der Vermögensbestand am )i, Dezember iS^j:
I. In Baar und Werthpapieren M. 61,416.04
II. Bibliothek (Kaufwerth) . » 23,239.19
III. Werth der in Bestand verbliebenen Schriften » 4450.64
IV, Werth sonstiger Erwerbungen (Kaufwerth)
z. Zt. einschliesslich unseres auf 1895
entfallenden Antheils an den Stein-Briefen » 17,544.60
V. Werth der in Bestand verbliebenen Druck-
sachen u. Materialien (nicht veranschlagt) » — —
Hiernach Gesammt - Vermögens - Bestand am
)i, DeT^ember 189s M. 106,650.47
•f . '
Unsere Mitglieder werden mit uns mit Befriedigung
auf die geschäftlichen Ergebnisse des ersten Jahrzehnts des
Bestehens der Goethe^Gescllschaft blicken dürfen.« —
— ♦ 1 1 -»«• —
Die Bibliothek der Gaetbe-Gesellschaft ist nsch dm bisher
befolgten Grundsätzen von dem Direcior des Goethe- und
Schiller -Arcliivs verwaltet und durch Ankäufe erweitert
worden. Gönner und Freunde der Gesellschaft haben auch
im verflossenen Vereinsjahr, durch Schenkungen zur Ver-
mehrung des Bücherschatzes beigetragen; ihre Namen seien
hier mit aufrichtigem Danke verzeichnet:
Woldemar Freiherr .von Biedermann (Dresden), C. A.
Buchheim (London), Königl. Sachs. Hofbuchbinder Hugo
Fritzsche (Leipzig), Professor Dr. Ludwig Geiger (Berlin),
Stadtrath Dr. Julius Gensei (Leipzig), .Geh. Regierungsrath
Professor Dr. Herman Grimm (Berlin), Karl Groos (Heidel-
berg), Professor Dr. W. Grube (Berlin), Professor Dr. Herrn.
Henkel (Wernigerode), Theodor Heyse (Sl Petersburg),
Professor Dr. Gustav Kettner (Pforta), Professor Dr. Friedrich
Kluge (Freiburg i. B.), Dr. Albert Leitzmanh (Weimar),
Lese- und Redehalle deutscher Studenteti (Prag), Literarische
Anstalt (Frankfurt a. M.), Alexander Meyer Cohn (Berlin),
Dr. Hans Morsch (Berlin), Verlagsbuchhändler Carol Müller
(Bukarest), Dr. G. A. Müller (Strassburg i. E.), R. Payer
von Thurn (Wien), Professor Dr. S. M. Prem (Marburg
a. d. Drau), Professor Dr. Gustav Roethe (Göttingen),
Dr. Anton Schlossar (Graz), C. Schmidt (Berlin), Professor
Dr. Erich Schmidt (Berlin), Dr. Reinhold Steig (Berlin),
Hofrath Professor Dr. Bernhard Suphan (Weimar), Professor
Calvin Thomas (Ann-Arbor, U. S. A.), Dr. Alexander von
Weilen (Wien), Professor Dr. R. M, Werner' (Lemberg).
Die Mittheilungen über das Goethe- und Schiller-Archiv
Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Grossherzogin von
Sachsen schliessen sich in hergebrachter Weise hier an.
Zur Mehrung des Besitzstandes haben auch in diesem Jahre
Gönner und Freunde beigetragen, deren Namen, wie sie im
Buche der Schenkungen verzeichnet stehen, hier mit auf-
ricHtigem Danke genannt werden:
Se. K. H. der Grossher^^og überwies dem Archiv die
Abschrift eines Briefes von Goethe an die Grossfürstin
Maria Paulowna, dessen Original sich im Familienarchiv
des Grossherzoglichen Hauses befindet. — Frl. Bettine
RingseiSy München, schenkte das Stammbuch ihres Vaters,
Goethe-Jahrbuch XVII. 24
— ♦ 12 <♦ —
Johann Nepomuk Ringseis. Der Freundeskreis des berühmten
Arztes und Gelehrten ist mit kleinen literarischen Denk-
mälern darin vertreten; wir finden Blätter von Max* von
Schenkendorf, E. M. Arndt, Achim und Bettina von. Arnim,
Clemens Brentano, C. Buysen, A, F. Eichhorn, Henriette
Herz, Friedrich Garl und Guhda von Savigny u. a. Die
werthvolle Gabe ist diirch Herman Grimms Fürsprache in
das Archiv gekommen. — Herr Dr. \C. A. Martins schenkte
eine genaue Abschrift der gesammten Correspondenz seines
Vaters, 'des berühmten Botanikers Carl Friedrich Philipp,
von Martius mit Goethe. Die Abschrift der Briefe Goethes
ist von den Originalen genommen — das Goethe- und
Schiller- Archiv besitzt die Concepte — die der Briefe von
Martins von Concepten — das Archiv besitzt die Originale.
Die im Archiv befindlichen Originale der Briefe von Martins,
von Bratranek in »Goethes Naturwissenschaftlicher Corre-.
spondenz« abgedruckt, sind sämmtlich kürzer als die mit-
getheilten Concepte ; auch fehlen in den ersteren zwei Ab-
handlungen »Einiges von den Palmen« und »Die Bildung;
der Wolken«, die jetzt aus den Concepten mitgetheilt sind.
Diese Schenkung ist vermittelt durch den preussischen
Gesandten am Weimarischen Hof, Exz. Raschdau. Eine
Zugabe bildeten die bisher vollendeten Hefte i und 3> der
von Dr. C. A. Martins verfassten Geschichte der Familiö
Martins, femer eine Abschrift der Notizen, die Martins
über seinen Verkehr mit Goethe hinterlassen hat; die
letzteren enthalten einen Vejs, den Goethe bei Gelegenheit
eines Mittagessens, zu dem Martins mit seiner jungen Frau
bei seinem Aufenthalt in Weimar im August 1824 einge-
laden war, improvisirt hat, sowie zwei bisher unbekannte
Stammbuchverse, an Martins und seine Frau gerichtet, aus
dem Jahre 1827. — Frau Max von Weissenihurn, Gloggnitz
bei Wien, deponirte acht Briefe von Marianne von Willemer
an Max von Weissenthurn im Archiv, mit der Bestimmung,
dass dieselben nach ihrem Tode in den Besitz des Archivs
übergehen sollen. — Herr Faktor Fräni^ Weimar, schenkte
die Handschrift von Adolf SchöUs Aufsatz »Das Schatten-
spiel Mipervens Geburt«.
Inl Anschluss an die iin vprigen Jahre erfolgte Ueber-
—^ 13 *—
gäbe des literarischen Nachlasses von Fritz Reuter in die
Obhut des Archivs hat der Vorstand der Deutschen Schiller^
Stiftung mehrere nachträglich gefundene Packete dieses
Nachlasses, meist Briefe an Reuter und seine Frau enthaltend,
dem Archiv überwiesen.
Bücher und Drucke schenkten dem Archiv:
5^. K. K der Grossher^og, L K. H. die Frau Grossher:(ogin,
Graf von Bylandt-Rheydt (Weimar), Geh. Regierungsrath
Professor Dr. Herman Grimm (Berlin), Schulinspector Dr.
FritTi Jonas (Berlin), Dr. C. A. Martius (Berlin), Verlags-
buchhändler Carol Müller (Bukarest), Dr. C Schüddekopf
(Rossla a. H.), Dr. Reinhold Steig (Berlin), Professor Dr.
Richard IVeltrich (München), Director Dr. J. Wychgram
(Leipzig).
Die Arbeiten des Archivs sind auch im verflossenen
Jahre durch Beihülfe theilnehmender Gönner wirksam unter-
stützt worden ; denselben sei hier der aufrichtige Dank der
Anstalt ausgesprochen. Mit Zustimmung der Herren Barone
Erwin von Arnim auf Czernikow, Ottmar von Arnim auf
Blankensee und Annois von Arnim, auf Wiepersdorf, hat
Herman Grimm die der Mehrzahl nach in Wiepersdorf
befindlichen Originale der Briefe Goethes an Bettina von
Arnim für das Goethe- und Schiller -Archiv abschreiben
lassen. Die Abschriften kommen den Bänden 20 ff. der
Briefabtheilung zu Gute. Dr. Reinhold Steig hat es freund-
lich übernommen, die von Weimar nach Berlin gesandten
Druckbogen der betreffenden Bände nochmals mit den
Originalen zu vergleichen. Herr Alexander Meyer Cohn
übersandte aus seinem Handschriftenschatze die ganze Samm-
lung der Briefe Goethes an Reinhard, Herr Graf Hans
Thilo von Werthern die Originale der Briefe Goethes an
Silvie von Ziegesar, die sich im Gräflich Werthern'schen
Familienarchiv in Beichlingen befinden.
Die Arbeiten an der im Auftrage der Frau Gross-
herzogin erscheinenden Ausgabe von Goethes Werken
befinden sich in stetem Fortgange. Die zweite Abtheilung
(Naturwissenschaftliche Schriften) ist bis auf den 5. Band
{kleine Schriften zur Farbenlehre) vollendet. Dr. Rudolf
Steiner hat sich um diese Abtheilung, insoweit sie alle
24*
— ♦ 14 *—
Zweige der Naturwissenschaft, mit Ausnahme der Optik,
umfasst, ein grosses Verdienst erworben. Das reiche schon
bekannte Material, das nach Eröffnung von Goethes Nach-
lass eine ungeahnte Erweiterung an noch ungedruckten
Aufsätzen, Entwürfen und Schematen erfahren hat, hat er,
soweit es in die von ihm bearbeiteten Bände gehörte,
methodisch in eine neue Ordnung gebracht, die es jetzt
ermöglicht, die Entwicklung von Goethes naturwissen-^
schaftlichen Anschauungen und Arbeiten in einem sachr.
gemässen Zusammenhange . zu überschauen. Seine niehr-
jährige, dankenswerthe Arbeit am Archiv beschliesst er
durch eine neue Anordnung des gesammten naturwissen-
schaftlichen Nachlasses, wie sie den in den Werken dar-
gelegten inneren Zusammenhang von Goethes Ideen auf
diesem Gebiete entspricht. Die dritte Abtheilung (Tage-
bücher) wird unter Dr. Julius Wohles Theilnahme von
Dr. Ferdinand Heitmüller gefördert und die vierte (Briefe),
deren Herausgabe Dr, Albert LeitT^mann besorgt, rückt in
rascher Folge vorwärts. Dr. August Fresenius hat seine
Arbeiten zur Textkritik von Goethes Werken fortgesetzt.
Im Druck befinden sich zur Zeit von den Werken Band 13"
(Theaterbearbeitung von Kotzebues »Schutzgeist«, Lesarten
. und Paralipomena der im 13 * veröffentlichen Stücke), Band 39
(Geschichte Gottfriedens mit der eisernen Hand, Mahomet,.
Prometheus, Urfaust,. Prosä-Iphigenie) und Band 47 (Kunst-
historische Schriften : Propyläen). Anschliessen werden
sich Band 37 (Aus Goethes Frühzeit) und Band 5" (Les-
arten und Paralii>omena zu den Gedichtbänden 4 und 5').
Der von unsern Mitgliedern an dieser Stelle .erwartete
Bericht des Goethe ^NationaU Museums hat nichts Ueber-
raschendes zu berichten. Im Laufe des Jahres 1895 hatte
sich die Direction zuerst an der von dem Freien Deutschen
Hochstift in Frankfurt unternommenen Goethe- Ausstellung
zu betheiligen und konnte eine Reihe hochiateressanter
fBlätter, Zeichnungen aus den Jahren vor 1775, Bildnisse,.
Silhouetten etc. beitragen ; — alsdann musste das Material
für die im Dezember auszugebende X. Schrift gesichtet
und bereitgestellt werden. Daneben gingen die gewohnten
Verwaltungsarbeiten ihren gewohnten, geräuschlosen Gang,.
— ► 15 *—
sich hauptsächlich mit dem Ordnen der Bibliothek und
der Weiterführung der Kataloge der verschiedenen Theile
der Sammlungen beschäftigend«
In den letzten Tagen ist der Direction eine äusserst
wohlwollende Anregung zugegangen, die den Wunsch
nach baldiger Veröffentlichung eines vollständigen und
illustrirten Catalogue raisonni ausspricht und mit guten
Gründer! unterstützt. Da der freundliche Schreiber seinen
Namen leider verschwiegen hat, so möchte die Direction
ihm auf diesem Wege versichern, dass ein solcher Plan
die massgebenden Persönlichkeiten schon wiederholt be-
schäftigt hat. Aber die Schwierigkeiten der Ausführung
sind nicht gering ; man denke nur an die erstaunliche Viel-
seitigkeit der Goetheschen Sammlungen. Um dieselben
dem heutigen Stande der Wissenschaft gemäss richtig
zu beschreiben, dazu gehörte ein ganzer Stab von Spezia-
listen : bald handelt es sich, den Ursprung von alten
Handzeichnungeii zu bestimmen, unedirte antike Bronzen
oder Gemmen zu verzeichnen, die herrlichen Portrait-
medaillen und Plaketten des 15. und 16. Jahrhunderts
mit den Angaben Armands oder Moliniers zu vergleichen,
bald über römische Thongefässe und italienische Majoliken,
französische Emaillen oder deutsche Steinzeugkrüge zu-
verlässige Auskunft zu geben. Anscheinend einfacher liegt
die Aufgabe bei den ca. 5000 Nummern der Bibliothek,
aber auch hier würde eine knappe Aufzählung der Titel
nicht genügen; man wird nachweisen wollen, welchen
Nutzen Goethe aus den Büchern gezogen, wie er sie be-
sprochen und beurtheilt habe. All dieses reiche Material
war ja für Goethe nicht wie der todte Besitz so manches
Sammlers, der sich eben nur mit dem Besitzen begnügt:
er lebte in und mit seinen Schätzen, sich an ihnen erfreuend
und weiter bildend bis zu den letzten Tagen seines Lebens.
Zuverlässige Aufzeichnungen über die Sammlungen, nament-
lich über ihre Provenienz, haben sich fast gar nicht er-
halten; die werthvoUsten Notizen finden sich nur in den
Tagebüchern und Briefen. Erst wenn diese vollständig
zugänglich sind, wird dem seit Jahren sich ansammelnden
Material die Form gegeben werden können, die man von
-♦ i6 4—
einem Cataloge der Sammlungen Goethes mit Recht er-
warten darf.
Auch in dem verflossenen Jahre sind dem Goethe-
National-Museum eine Anzahl werthvoUer Geschenke zuge-
gangen, für die es der Direction eine Pflicht und eine Freude
isty den gütigen Gebern hier nochmals herzlich zu danken.
S. K. H. der Grossher:(og überwies eine aquarellirte
Ansicht des Grabes der Minna Herzlieb, welche Herr
Dr. Fries in Görlitz verehrt hatte. — Herr Professor Dr.
Julius Elischer in Budapest schenkte die photographischen
Facsimiles der mit der Sammlung seines verstorbenen Onkels
in den Besitz des ungarischen Staates übergegangenen
Goethe-Silhouetten ; — Herr E, Fellner in Frankfurt a. M.
den Gyps-Abguss eines bisher unbekannten Goethe-
Medaillons; — Herr Dr. Hof siede de Groot im Haag eine
grosse Photographie eines Gemäldes von H. van Baien,
von dem die Goethesche Sammlung den Originalentwurf
des Künstlers besitzt; — Herr Director Dr. Julius Lessing
in Berlin einen Abguss des Melchiorschen Portraitmedaillons
des Kanonikus Dumeix, eines Freundes von Goethes Eltern;
— Herr Postverwalter Schult:^e in Lauchstädt Ansichten des
Theaters und anderer Gebäude daselbst; — Herr Verlags-
buchhändler Arthur Seemann ein gleichzeitiges Oelgemälde,
Herzogin Anna Amalia in Profil darstellend.
Für die Bibliothek des Goethe -National - Museums
schenkten Herr Dr. K, Heinemann in Leipzig sein Leben
Goethes; — Herr Hermann Juncker in Frankfurt a. M. seine
Aufsätze über das Seekatzsche Familienbild und verschiedene
Goethebildnisse ; — Herf Professor Dr. C. von Lüt^^ow in Wien
die Wilbrandtsche Faustbearbeitung; — Herr Carol Müller
in Bukarest eine rumänische Uebersetzung von Werthers
Leiden; — die Literarische Anstalt Rütten & Loening in
Frankfurt a. M. den XVI. Band des Goethe-Jahrbuches.
Durch die gütige Vermittlung des Herrn Generalconsuls
A. Schneegans in Genua erhielt das Museum eine getreue
Nachbildung einer im Besitze des Herrn August Brion in
Strassburg befindlichen Silhouette auf Goldgrund, welche
aus gewichtigen Gründen für das Bildniss von Goethes
Friederike gehalten wird.
— * 17 ^—
Aus eigenen Mitteln erwarb das Goethe- National-
Museum im Laufe des Jahres.: eine colorirte Radirung nach
Radis Zeichnung der Gerbemrähle^ welche Goethe mit vier
eigenhändigen Versen Frau Rosette Stadel, der Tochter
Willemers geschenkt hatte, -^ sowie vorzügliche Goethesche
Zeichnungen, darunter zwei hervorragende Aquarelle, welche
Kräuter am 28. August 1825 ^'^^^ dem Dichter erhalten
hatte. Die Goethe-Gesellschaft fügte zu diesen Ankäufen
hinzu: 5 weitere Zeichnungen aus Kräuters Besitz, sowie das
von Xaver von Schönberg 18 12 gezeichnete Bildniss Goethes
aus dem Nachlasse. Herrn Öberhofmeisters von Donop
(Zarncke Nr. 34).
Auch auf das Jahr 1895 ^^^^ die Direction und mit
ihr alle Freunde /des Goethe - National - Museums als auf
ein Jahr stätiger , Arbeit und gedeihlichen Fortschreitens
zurückblicken.
Weimar, Mai 1896.
Im Auftrage des geschäftsführenden Ausschusses:
Dr. C. Ruland.
— ♦ i8
Mitglieder -Verzeichniss
DER
Goethe-Gesellschaft.
(Abgeschlossen Mai 1896.)
Protector:
Same EonigL Hoheit der Grossherzog Carl Alezander
von Sachsen- Weimar-Eisenach.
Vorstand:
Präsident:
Präsident des Reichsgerichts a. D., Wirkl. Geh. Rath Dr.
Eduard von Simsofi, Excellenz, in Berlin.
Vice-Präsidenten :
Geh. Hofrath Dr. C. Ruland, Director des Grossherzog-
lichen Museums und des Goethe-National-Museunis
in Weimar.
Geh. Rath Freiherr Dr. W. von Biedermann in Dresden.
Vorstands-Mitglieder :
Geh. Staatsrath Dr. Eggeling, Curator der Universität in Jena.
Wirkl. Geh. Rath Professor Dr. Kuno Fischer, ExceUenz,
in Heidelberg.
Freiherr Dr. L. von Gleichen- Russwurm, Königl. Bayerischer
Kämmerer, in Weimar.
Dr. Paul Heyse in München.
Professor Dr. Erich Schmidt in Berlin.
Wirkl. Geh. Rath Dr. Carl von Stremayr, Präsident des
K. K. obersten Gerichtshofes, Excellenz, in Wien.
Hofrath Professor Dr. B. Suphan, Director des Goethe-
und Schiller-Archivs in Weimar.
Professor Dr. Veit Valentin in Frankfurt am Main.
— ♦ 19 ^*—
Geschäftsführender Ausschuss
in We i m a r : .
Vorsitzender: Geh. Hofrath Dr. C. Ruland.
Stellvertreter: Geh. Hofrath, Oberbibliothekar
P. von Bojanowsky.
Schriftführer: Staatsrath Dr. ÜT. Kuhn. ~ ^
Schatzmeister: Commerzienfath Dr. jur. R. Morit;^^.
Verlagsbuchhändler H. Böhlau.
Archivdirector Dr. H. Burkhardt.
Hofrath Professor Dr. B, Suphan.
Kammerhefr, Hoftheater-Intendant H. von Fignau.
Oberhofmarschall Wirkl. Geh. Rath Graf ö. v. lVedel,Exc.
— »^ 20
Mitglieder:
Seine K. n. E. Majestät Wilhelm TL, Deutsoher Kaiser
und ESnig von Freussen.
Ihre E. n. E. Majestät AnguBta Victoria, DentsoheEaiBerin
und Königin von Freussen.
Ihre K u. K, Majestät Victoria, Kaiserin und Kenigin
Friedrich.
Seine K. u. K. Apost. M^estät der Kaiser von Oester-
reich, König von Ungarn.
Seine Mc^estät der Konig von Soh:99:eden u. Norwegen.
Ihre Mc^estät die Königin von Italien.
Ihre Majestät die Königin Marie vx)n Neapel.
Ihre Majestät die Königin von Bumänien.
Ihre Kaiserliche Hoheit die Frau Grossf ärstin Elisabeth
Maurikiewna von Bussland.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Baden.
Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin von Baden.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Mecklen-
barg-Schwerin.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Oldenburg.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Sachsen.
Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin von Sachsen.
Ihre Königliche Hoheit die Frau Erbgrossherzogin von
Sachsen.
Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin Oarl Theodor
in Bayern.
Ihre Königliche Hoheit die Fraa Herzogin Amalie von Urach.
Seine Königliche Hoheit Alezander Friedrichi Landgraf
von Hessen.
— -*f 21 <fr—
Ihre ESuigliche StAät üb JESnm öififiii von Flandern.
Seine Hoheit der Herzog von'
Ihre Eaiserlioh Königliche Hoheit die Frau Herzog^nlfaaii
von Saohsen-Goburg und <}otha, Herzogin von Edin-
burgh Grosafurstin von Bussland.
Ihre Hoheit die Frau Herzogin Wittwe von Saohsen-
Goborg und Gotha.
Seine Darohlaucht Fürst Beuss j. L.
Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen.
Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklen-
burg-Schiverin.
Ihre Hoheit die Frau Herzogin Johann Albreoht von
Mecklenburg-Schwerin.
Seine Durchlaucht der Prinz Heinrich YII. Beuss.
Ihre Hoheit Frau Prinzessin Heinrich VII. Beuss. .
Ihre Hoheit Fraa Prinzessin Moritz von Sachsen-Altenburg.
Ihre Hoheit Prinzessin Marie von Sachsen-Meiningen.
Seine Hoheit Prinz Hermann von Sachsen-Weimar.
Seine Hoheit Prinz Ernst von Sachsen-Weimar.
Seine Hoheit Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen.
Seine Hoheit Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen.
Seine Durchlaucht Erbprinz Heinrich XXVII. von Beuss j^L.
Seine Hoheit Prinz Friedrich Oarl von Hessen.
Ihre Hoheit die Frau Erbprinzessin vonSchaumburg-Lippe.
Ihre Hoheit die Frau Erbprinzessin- Wittwe von Anhalt.
Ihre Durchlaucht die Frau Prinzessin Hermann zu
Solms-Braunfeis.
Seine Hoheit der Herzog zu Schleswig-Holstein.
— ♦ 22 *—
Ehren-Mitglieder:
von Gleichen-Russwurm, Freiherr Dr. L., Königl. Bayerischer
Kämmerer in Greifenstein ob Bonnland.
Ulrike von Levet:^aw^ Stiftsdame, auf SchlossTfiblic in Böhmen.
1 m c
Mitglieder auf Lebenszeit:
Seine K. u. K. Abostol, Majestät der Kaiser von Oesterreich,
König von Ungarn.
Ihre K K. Hoheit die Frau Her:;^ogin Marie von Sachsen- Coburg
Seine K.
Berlin:
und Gotha, Her^oginv, Edtnhurß. Grossfürstin v. Russland,
Hoheit Alexander Friednch, Landgraf von Hessen.
Budapest:
Bukarest:
Charlottenburg :
Sorpat:
Dyrotz, Rittergut b.
Wustermark :
Frankfurt a. M.:
Godesberg b. Bonn:
Hamburg:
Hildburghäusen :
München:
Friedlaender, Frau Professor.
Liebermann, Dr. F.
Maas, Heinrich, Fabrikbesitzer und
Handelsrichter.
von Rheinbaben, Geh. Ober-Regie-
rungsrath.
Kornfeld y Sigmund, Direcior der
Ungarischen AUgem.Creditbank.
Sturd^ay Demetrius, Kgl. • rumän.
Staatsministers a. D., Excellenz.
Frau Geh. Reg.-Rath von Siemens.
Dr. Woldemar Masing.
Nassau:
Nieder-Ingelheim :
Nikolajew :
Guts-Administrator Lothar Meyer.
Gg. Albert Ke)l.
Frau Lucy Frentien, geb. Hoesch.
Dr. jur. Adolf Axel von Dehn.
Paia von Petrovics, Redacteur.
Fräulein Marie von Ritter.
Dr. M. Schubart.
Frau Gräfin L. G. von Kielmansegge,
Frau Baronin von Erlanger-Bernus.
Rudolf Wolf gang Reyher.
Siegerslebenb.Eilslb.: Frau Kreisrichter M. Führung.
Weimar: Frau M. von Gbben.
Seine Erlaucht Graf Gbrtz von Schlitii^
Geh. Legationsrath Raschdau.
Wien : Ihre Durchlaucht Frau Fürstin M, 7u
Hohenlohe - Schillingsfürst, geb.
Prinzessin Wittgenstein.
Dumba, Nicolaus, Reichsrath, Herren-
haus-Mitglied.
Frau Rosa von Gerold, geb. Henneberg.
Frau Anna Jägermayer.
7^
— ^ 23 44—-
Die Namen der Mitglieder auf Lebenszeit sind in der nach-
stehenden Liste nochmals cursiv abgedruckt.
DEUTSCHES REICH.
Aachen.
Messow, Franz G.
Stadtbibliothek,.
Achem 1/ Baden.
Wagner, G„ Privatier.
Alienstein i/Ostpr.
Grass, Franz, Rechtsanwalt.
Szostakowski, Amtsger.-Rath.
Altenburg
(Sachsen-Ahenburg).
Landesbibliothek, herzogliche.
V. Scheffler, kgl. preuss. General
der Infanterie z. D., Excellenz.
Altenplatow b/ Genthin.
Schering, Emil, Studirencjer a. d.
Universität.
Altena.
Gallisen, Frau Dr.
Wähler, C., Pastor.
Matthiessen, Dr., Gymnasial-Ober-
lehrer a. D.
-Sieveking, Carl, Rechtsanwalt und
Notar, Justizrath.
.; Amtitz i/Lausitz (Kr. Guben).
Heinrich, Prinz zu Carolath-Schön-
aich, Durchlaucht, Freier Stan-
desherr und Majoratsherr.
Andernach.
Sphiecht, Frau L.
Annaberg (Erzgebirge).
Warmann, Eduard.
Annettenhöh b/Schleswig.
V. Brockdorff, I:rau Baronin.
Apolda.
Deinhardt, Frau Dr. Maria.
Stechbw, Oscar, Oberbürgermstr.
Arnstadt.
Matthaei, Kgl. Reg.-Baumeister.
Ars a/Mosel (Lothringen).
Carlebach, Dr. Ed., Notar.
Aschafifenburg.
Reber, Dr. Joseph, Director.
Augsburg.
Bauer, Ludwig, Rechtsanwalt.
Flesch, Gustav, Bankier. '
Herzfi^lder, J., Rechtsanwalt.
Stadtbibliothek.
Anrieh.
Grisebach, Erich, Landrichter.
Baden-Baden.
Roeder, Emil, Commerzienrath.
Bamberg.
Marschalk v.Ostheim,Freiherr Emil.
Barby a/Elbe,
Thierbach, Otto.
Barmen.
V. Eynern, Ernst, Stadtverordneter,
Mitglied des Abgeordneten-
hauses.
Frankj Max, Amtsgerichtsrath.
Nordhaus, Herniann, Kaufmann.,
Rittershaus, Emil, Schriftsteller.
.Stadtbibliothek.
Bautzen.
Fritzsche, Georg, Gymnasialober-
lehrer.
Kaersten, Dr. jur. Felix, Assessor
bei der Staatsanwältschaft.
— ♦ 24 *-
Bautzen.
Klee^ Dr. Gotthold, Professor,
Gymnasialoberlehrer.
Kunz, Dr. Heinrich, Staatsanwalt.
Bayreuth (Bayern).
Gymnasialbibliothek.
Wagner, Siegfried.
Würzburger, Frau Jenny, Rechts-
anwaßswittwe.
Rellin b/ Bärwalde (Neu-Mark).
V, Kahle, Fräulein Julie.
Berlin.
Abraham-Römer, Dr. jur. A.,
Journalist.
Acgidi, Dr. L., Professor, Ge-
neimer Legationsrath.
Alexander, Felix, Procurist.
Alt,.Stud. phil. Carl.
Andresen, Waldemar.
V. Asten, Fräulein Julie,
Bach, Dr. Th., Director des Falk-
Realgymnasiums.
Baerwald, S.
Bahlsen, Dr. Leopold, Gymnasial-
lehrer.
Bardt, Dr. C., Gymnasialdirector.
Becker, Carl, Beamter der Handels-
gesellschaft.
Becker, Fräulein Hanna.
V. Beckerath, A.
Behrend, Adolf, Buchhändler.
Bellermann, Dr. B., Director des
Königstädtischen Gymnasiums.
Berent, Fräulein, Selma.
Bernhard, Arthur, Bankier.
Bernhard, Stud. [ur. Ludwig.
Bernstein, Frau Professor Dr. C.
Bibliothek^ Königliche.
Bibliothek, Städtische der Goeritz-
Lübeck-Stiftung (O. Goeritz).
Bibliothek des Kgl. Realgymna-
siums.
Bibliothek des Kgl. Wilhelms-
Gymnasiums.
Bielschowsky, Dr., Oberlehrer.
V. Bissin^, Freiherr Stud. phil.
Friedrich Wilhelm.
Blumenthal, Dr. Oskar, Director
des Lessing-Theaters.
Bodländer, Rechtsanwalt.
Booth, Fräulein Esther.
Borchardt, Dr. Oskar.
Borchardt, Frau Comm.-Rath Rud.
Berlin.
Borckenhagen, Frau Corvetten-
Capitän.
Boretius, Fräulein Charlotte.
V. Bothmer, Ernst, Wirkl. Legat.-
Rath.
Brahm, Dr. Otto, Director des
Deutschen Theaters.
Braumüller, Dr., Professor, Ober-
lehrer.
V. Braunschweig, Kaiserl. Ge-
sandter z. D.
BreiderhofF, Frau Dr.
V. Bremen, Geh. Ober-Reg.-Rath.
Breslauer, Bernhard, Rechtsanwalt.
Broicher,Otto,Kammergerichtsrath.
V. Brühl, Gräfin Hedwig, Palast-
dame, Excellenz.
V. Bunsen, Dr. Georg.
V. Bunsen, Fräulein Marie.
Funsen, Fräulein Marianne.
Bürgers, Max, Bankier.
Busch, Richard, Kammergerichts-
rath.
Caro, Dr. Georg.
Cassirer, Ernst.
Cassirer, Cand. phil. Fritz.
V. Chelius, Hauptmann im General-
stab.
Cohn, Albert, Buchhändler.
Cohn, Alexander Meyer, Bankier.
Cohn, Alfred, Procurist.
Cohn, Dr. Heinrich, Rechtsanwalt.
CoUin, D., Verlagsbuchhändler.
Coste, Dr. David, Professor, Lehrer
am Askanischen G3rmnasium.
V. Gramm- Burgdorf, Freiherr, Her-
zogl. Braunschweig. Gesandter.
Daffis, Dr. Anton.
Daffis, Dr. jur. Eduard, Gerichts-
Assessor.
V. Dallwitz, Frau W., geb. v. Gräfe.
Darmstädter, Dr. Ludwig, Fabrik-
besitzer.
Davidson, George, Chef-Redacteur
des Berliner Börsen-Couriers.
Delbrück, Dr., Staatsminister, Ex-
cellenz.
Delbrück, Heinrich, Landrichten
Delbrück, Ludwig, Bankier.
Delbrück, Frau Geh. Commerzien-
rath Luise.
V. Donop, Dr. L., Professor.
Doss, Fräulein Marie.
Dümmler, Dr. E., Professor.
-^ 25 ♦—
Beflin.
Eger, W.
Elias, Dr. phil. Julius.
Elias, Max, Rentier.
EIlinger,Dr. Georg, Realschullehrer.
Eloesser, Dr. phn. Arthur.
Enslin, Cand. med. Fritz.
Epstein, Stud. jur. Max.
V. Erdberg, Dr. R.
Ernst, Eberhard, Verlagsbuchhdlr.
Euchel, F., Justizrath.
Ewe, E., Privatier.
Feig, Dr. M., Sanitätsrath.
Feist, Richard, Referendar.
Fleischhammer, Dr., Geh. Hof-
justizrath.
Flinsch, Alexander, Kaufmann.
Fränkel, Dr. Max, Professor.
Fraenkel, Max, Maurermeister.
V. Frankenberg, Rittmeister im
Garde-Kürassierregiment.
Franzos, Dr. K. E., Schriftsteller.
Frenkel, H., Bankier.
Frenzel, Frau Bertha.
Frenzel, Dr. Karl.
Freund, Ernst.
Frey, Dr. Karl, Professor.
Friedenthal, Frau Margaretha.
Friedländer, Frau Professor.
Friedländer, Max, Amtsgerichtsrath.
Friedländer. Dr. phil. Max, Privat-
docent der Musikwissenschaft.
Friedmann,Dr. Alfred, Schriftsteller.
Fromberg, Frau Martha.
Fuchs, Dr. phil. M.
Geiger, Dr. Ludwig, Professor.
Geiger, Frau Professor Dr. Martha.
Gero, Fräulein Franziska.
Gernsheim, Dr. Fr. W., Professor.
Gesenius, Stadtältester, Director
des Berliner Pfandbrief-Amtes.
Ginsberg, Stud. phil. Edgar. '
Glaser, Dr. Adolf, Redacteur.
Glaue, Arthur, Buchhändler.
Gloeden, Lehrer an der Sophien-
schule.
Goecke, Rudolf, Kaufmann.
Goering, Dr. Robert, Chemiker.
V. Goldbeck, Ober-Reg.-Rath.
Goldbeck, Dr. Ernst, Gymnasial-
Oberlehrer.
Goldberg, Alfred, Kaufmann.
Goldschraidt, Professor, Geheimer
Justizrath.
Goldschmidt, Arthur, Schriftsteller.
Goldschmidt, Rob., Bankier.
Berlin.
Goldschmidt, Frau Tacie.
Gothein, Kgl. Berpneister.
Gottheiner, Fräulem Marie.
Gottheiner, P., Stadt-Bauinspector.
Gotthelf, M.
Gottschalk, Gustav, Kaufmann.
Grimm, Dr. Herman, Professor,
Geheimer Regierungsrath.
Groebenschütz, Oberverwaltungs-
gerichtsrath.
de Gruyier, Dr. Walter, Kauf-
mann.
Güterbocki Stud. phil. Eduard.
V. Guldencrone, Frau Baronin.
Guttmann, Frau Marie.
Hagen, Werner G. A.
Hartleben, Otto Erich, Schriftsteller.
Hartmann, Dr. phil. Huo[0.
V. Heerwart, Dr. Adolf, Wirkl.
. Geheimer Rath, Excellenz..
Heinitz, Frau Anna. .
Heinitz, Franz, Rechtsanwalt.
Henning, Theodor, Architect.
Herrmann, Dr. phil. Max, Privat-
docent an der Universität.
Hertz, Wilh., Verla^sbuchhändler.
Heydemann, Dr. phil. V.
Hiller v.Gaertringen, Freiherr Dr. F.
Hirschfeld, Philipp.
Hoffmann, Dr. Ed., Geh. Reg.-Rath.
Hofmann, Rudalf, Verlagsbuch-
händler.
V. Holst, Mathias, Baumeister.
v. Hopfen, Dr. Hans, Schriftsteller.
Horsfall, Charles.
Hübler, Dr. jur. Bernhard, Pro-
fessor, Gen. Ober-Reg.-Rath.
Jablonski, Berthold,
acobi, Leopold, Kaufmann und
Stadtverordneter.
Jacoby, Dr. Daniel, Gymnasial-
Professor.
Taff6, Frau Dr. Helene.
Jaquet, Dr. med. M., Sanitätsrath,
pract. Arzt.
Imelmann, Dr. J., Professor am
JoachimsthaFschen Gymnasium.
Joachim, Professor Dr. Joseph,
Director der Kgl. Hochschule
für Musik.
Jonas, Dr. Fr., Städtischer Schulir
inspector.
ionas, Frau Clara,
ordan, Dr. Max, Geheimer Ober-
Regi erungsrath.
— ♦ 26 ♦—
Berlin.
Isaac, Tulius, Fabrikbesitzer.
V. Kalckreuth, Frau Gräfin B.^ geb.
Meyer.
Kalischer, Dr. S.
Kallmann, Eugen, Rechtsanwalt.
Kapp, Fräulei.i Ida.
Kaskel, Frau Cari.
Kastan, Dr.
V. Kaufmann, Dr., Professor, Geh-
Regie^ungs-Rath.
Kayser, Dr. Paul, Wirklicher Le-
gationsrath und vortragender
Rath im .auswärtigen Amt.
Kerb, Robert, Fabrikbesiuer und
Handelsrichter.
Kern, Dr. phil. Reinold.
Kesmer, Dr. phil. Ernst.
V. Keudell, Wirkl. Geh. Rath, Exe.
von dem Knesebeck, Kabinetsrath
I. M. der deutschen Kaiserin.
Koegel, Dr. phil. Fritz.
Koenne, Frau Clara.
Koenigs, Fräulein Elise.
Koepp, Dr. Friedr.
Kraft, Bernhard, Rechtsanwalt.
Kraft, Cand. med. Ludwig.
Krause, Dr. jur.
Krause, Dr. jur. Paul, Rechtsanwalt.
Kriegel, Stud. phil. Fr.
Kronecker, Fräulein Elisabeth.
Kronfeld, Dr., Rechttanwah.
Kronheim, Georg.
Kubier, Dr., Professor, Director
des Wilhelm-Gymnasiums.
V. Kühlewein, Regierungsrath.
Lassar, Dr. med. Oscar, Professor.
Leffmann, Gustav, Kaufmann.
Lehmann, Gustav, Geh. Kirchen-
rath.
Lehmann, Paul, Buchhändler.
Leo, Dr. F. A , Professor.
Leske, Dr., Landrichter.
Lesse, Justizrath, Rechtsanwalt und
Notar.
Lesser, Adolf. Reichsgerichtsrath
a. D.
Lesser, Paul Ph.
Lessing, Frau Alma, geb. Marschall
V. Biberstein.
Lessing, C. R., Geh. Justizrath.
Lessing, Dr. phil. Oscar.
Levin, Albert, Rentier.
Levin, Dr. Moritz, Prediger.
Levy, Martin.
Levy, Richard, Bankier.
Betliiü
Levy, Richard, vereideter Wechscl-
makler.
Levyson, Frau Dr. Auguste.
Lewald, Dr. Felix, Geh. rinanzrath.
Lewald,Theodor, Regierungs-Rath.
Lewinsohn, E., Amtsrichter.
Lewinsohn, L., Fabrikbesitzer.
Lewinstein, G., Gymnasiast
v.der Leyen, Dr.,Geh.Ob.-Reg.Rath.
Lichtenthai, Simon, Kaufmann.. .
Liebermann, Dr. F.
Liepmannssohn, Leo, Buchhändler.
V. Lipperheide, Freifrau.
Lisco, Dr. Hermann, Geh. Justizrath.
Lisco, Walter, Rechtsanwalt.
Lobe, Frau, Magda.
Loefflcr, Ldw., VerlM^sbuchhändler.
Loewenstein, Dr., Otto.
Loewy, !>., Amtsrichter.
Maas, Heinrich, FabrikhesitT^er und
Handelsrichter.
Maass, Dr. Felix, Rechtsanwalt.
Magdeburg, Stud. med. K.
Magnus, Frau Geh. Reg. -Rath
Bertha.
Magnus-Levv, Dr. med. A.
Ma nasse - Waldeck , erster Vor-
sitzender des Literar. Vereins
»Schiller«.
Marcus, Dr. Georg, Landgerichts-
rath.
Martius, Frau Margarethe, geb. Veit.
Marx, S.
Maithiae, Dr. Otto, Professor,
Oberlehrer.
Meder, Albert, Kunsthändler.
Meder, Louis, Kunsthändler,
v. Meier, Dr. Jur. Ernst, Geh.
Ober- Reg.- Rath, Universitäts-
Curator a. D.
Meirowsky, Frau Ernestine geb.
Soutonsky.
Mendelssohn-Bartholdy,FrauMaria,
Menzer, Cand. phil. Paul.
Meyer, Dr. jur. Alexander.
Meyer, Dr. phil. Alfred Gotthold,
Priv.-Doc. an der Kgl. techn.
Hochschule und Lehrer an der
Kgl, Kunstschule.
Meyer, Carl, Fabrikant.
Meyer, Ferdinand, Rentier.
Meyer, Fr., Buchhändler.
Meyer, Georg.
Meyer, Frau Dr. Hedwig.
Meyer, Dr. Ludwig.
-4* 27 *^—
Berlin.
Meyer, Ludwig, Kaufmann.
Meyer, Paul, Rechtsanwalt.
Meyer, Dr. Richard M., Privat-
docent.
Meyer-Michaelis, Frau Elise.
Michaelis, Dr. Carl Theodor.
Mirauer, Carl, Maurermeister.
Möbius, Dr. Karl, Professor, Geh.
Reg.-Rath, Director der zool.
Abth. d. Museums für Natur-
kunde.
Möller, Dr. W., Oberlehrer am
Königsstädtischen Gymnasium.
V. Moltke,. F.,. Geh. Reg.-Rath.
V. Moltke, Frau Landrath Julie.
Morris, Dr. M., prakt. Arzt.
Morsch, Dr. Hans, Realgymnasial-
lehrer.
Müller, Conrad, Oberlehrer am
Toachimtharschen Gymnasium.
Müller, Dr. Hans, Professor.
Müller-Grote, Carl, Verlagsbuch-
händler.
Munk, W., Landrichter.
Nathan, Dr. P.
Naumann, Dr., Geh. Ober-Reg.-
Rath.
Nehring, K., Oberlehrer.
Nelke, Frau Emma.
Neubauer, Dr. Richard, Professor
am Gymnasium zum Grauen
Kloster.
Neumann, Dr. H., Rechtsanwalt
Niemann-Seebach, Frau Marie, Kgl.
Hofschauspielerin.
Ohrtmann, Dr. W., Geheimer
Sanitätsrath.
Oldenberg, C. M.
Osborn, Dr. phil. Max.
Paetel, Emil, Verlagsbuchhändler.
Paetsch, Dr. J., Prof., Sanitätsrath.
Parey, Dr., Verlagsbuchhändler.
Pernice, Dr. A., Professor, Geh.
Justizrath.
Peters, Dr. Carl, Afrikaforscher.
Peters, Johann, Oberverwaltungs-
gerichtsrath.
Pfaff, Albert, Commerzienrath.
Philipp, Fräulein Marie.
V. Philippsborn, Ernst, Geh. Ober-
Reg.-Rath.
Pieper, Oberlehrer.
Pietsch, Ludwig, Professor.
Pietsch, Dr. P., Professor.
Gobthi-Jahrbuch XVII.
Berlin.
Pilger, Dr., Geh. Reg. u. Schulrath.
Pindter, Dr. jur. Ludw., Kammer-
geri chts-Referendar .
Plessner, Dr, prakt. Arzt.
Pniower, Dr. phil. Otto.
Poppenberg, Dr. phil. Felix, Schrift-
steller.
Posner, Dr. med. Karl, prakt. Arzt.
Preuss, Dr. R., Assistent an der
Kgl. Bibliothek.
Pringsheim, Frau Paula.
Prinz Heinrich- Gymnasium, Kgl.
Rading, F.
vom Kath, Adolf.
vom Rath, Frau Anna.
Reimann, Rud., Fabrikbesitzer.
Reissert, Dr. Arnold, Privatdocent.
Reschke, Max, Schiffskapitän a. D.
Reschke, Oscar.
V. Rheinhaben, Geh. Ober-Regierungs-
rath.
Richter, Frau Professor.
von Richthofen, Freifrau, geb.
Men delssohn- Barthol dy .
Riesenfeld, Hugo, Kaufmann.
Riesser, Frau Dr.
Ring, Louis, Bankdirector.
Robert-tornow, Frau Edith.
Rodenberg, Dr. Julius.
Rödiger, Dr. Max, Professor.
Rohde, John, Director.
Roenneberg, Frau Melida, Schul-
vorsleherin.
Rössler, Dr. Constantin, Geheimer
Regierun^rath.
Rosenbaum, Dr. phil. Richard.
V. Rotenhan, Freiherr, Unterstaats-
secretär im Auswärtigen Amt.
Rubensohn, Hermann.
Saegert, Fräulein Anna.
Schaper, Fritz, Professor, Bildhauer.
Schaper, Wolfgang.
Schaum, Frau Professor Clara.
V. Schell ing, Dr., Staatsminister,
Excellenz.
Schelske, Dr. R., Privatdocent.
Scherer, Frau Geh. Reg.-Rath
Marie.
Schermann, Leo, vereideter Fonds-
makler.
Schiff, Alfred.
Schiff, Dr. med. Emil, Schriftsteller.
Schiff, Georg, Assessor.
Schiff, Julius, Bankier.
—^ 28 4—
Berlin.
Schleicher, Dr. Iwan.
Schlemm, Frau Sanitätsrath.
Schienther, Dr. phil. Paul, Schrift-
steller.
Schienther, Amtsgerichtsrath.
Schlenther-Conrad, Frau Pauline,
Kgl. Hof-Schauspielerin.
Schlesinger, Frau Alice.
Schlesinger, P., Gymnasiallehrer.
Schlesinger-Trier, Karl, Bankier.
V. Schlippenbach, Frau Gräfin.
Schmidt, Dr. Erich, Professor.
Schmidt, Frau Dr. Julian.
Schmidt, Dr. Max C. P., ord. Lehrer
am Askanischen Gymnasium.
Schmidtlein, Dr. med. C., Arzt.
Schmieden, Kgl. Baurath.
Schmoller, Dr. Gustav, Professor.
Schneider, Dr. E.
Scholl, Robert, Geh. Legationsrath.
Schöne, Dr., Wirkl. Geheimer
Ober-Regierungsrath, General-
director der Kgl. Museen.
Schoenflies, Fräulein Dorothea.
Schönlank, Alexis, Schauspieler.
Schönlank , Frau Generalconsul
William.
Schröder, Dr. Otto, Professor am
Joachimthalschen Gymnasium.
Schroeder, Dr.
Schubert, Geh. Justiz- u. Kammer-
gerichtsrath.
Schulhoff, Fräulein Else.
Schultzen-v. Asten, Frau Professor.
Schulze, Adolf, Professor an der
Kgl. Hochschule für Musik.
Schwabe, Frau Mathilde.
Schweitzer, Eugen, Kaufmann.
Schwieger, Dr. raul, Oberlehrer am
Friedrich- Wilhelm-Gymnasium.
Seckt, Dr. Felix, Oberlehrer am
Friedrich- Wilhelm-Gymnasium.
Sello, Dr. F., Rechtsanwalt.
Seminar, Kgl., für Germanistische
Philologie.
Servaes, Dr. phil. Franz.
Siemenroth, Franz, Verlagsbuch-
händler.
Silberstein, Dr. Max, Rechtsanwalt.
Simon, Frau Adele.
Simon, Dr. Hermann Veit, Rechts-
anwalt.
Simonson, Frau Amtsgerichtsrath
Gertrud.
Simrock, Fritz, Musikverleger.
Berlin.
V. Sirason, Dr. Eduard, Wirkl.
Geh. Rath, Präsid. des Reichs-
gerichts a. D., Excellenz.
V. Simson, August, Justizrath und
Notar.
V. Simson, Fräulein Elisabeth.
V. Simson, Fräulein Margarethe.
V. Simson, Fräulein Marie Sophie.
Sobernheim, Siegfried, Handels-
richter.
Sommerstorff, Otto, Mitglied des
Berliner Theaters.
Soulange-Bodin, Frau Marthe.
Spannagel-Karthaus, Frau Auguste.
Stange, Max, Lehrer an der Kgl.
Hochschule für Musik.
Steig, Dr. Reinhold, Gymnasial-
lehrer.
Stein, Philipp, Redacteur.
V. Steinau-oteinrück, Frau Dr.
Martha.
Stengel, Dr. Paul, Oberlehrer am
Joachimthalschen Gymnasium.
Stern, Dr. med. E.
Stern, Dr. med. Julius.
Sternheim, Siegmund, Bankier.
Stettenheim, Julius, Schriftsteller.
Stettenheim, Dr. phil. Ludwig.
Stettiner, Frau Mathilde.
Strassmann, Dr. med. Paul, Augen-
arzt.
Thost, Dr. Robert, i. Firma Gebr.
Bornträger, Verl.-Buchh.
Tiktin, Paul, Referendar.
Tobler, Dr. A., Professor.
Todt, Carl, Gymnasiallehrer und
Adjunct.
Toeche, Dr. Theodor, Königlicher
Hofbuchhändler.
Toennies,FrauAdelheid,gb.Cremer.
Türk, Rechtsanwalt.
V. Uhden, Dr. jur. Richard.
Ullrich, Dr. phil. Richard.
Universitätsbibliothek, Königliche.
Vahlen, Dr., Professor, Geh. Re-
gierungsrath.
Victoria-Lyceum.
Vierling, G., Professor.
Violet, Dr. Franz, Gymnasiallehrer.
Vogeler, Julius, Schuldirector.
Vogeler, Richard, Director einer
nöheren Mädchenschule.
Voigt, Frl. Margarethe.
Wagner, Dr. A., Professor, Geh.
Regierungsrath.
—h 29 4*—
Berlin.
Wagner, Dr. B. A., Professor.
Wahlländer, Frau Geh. Rath.
Wappenhans, Oberlehrer.
Wattenbach, Dr. W., Professor,
Geh. Regierungsrath.
V. Wedel, Graf E., Kaiserl. Ober-
Stallmeister, Excellenz.
V. Wedel, Frau Margarethe.
Wehrenpfennig, Frau Geheimrath,
geb. Kopp.
Weigert, Fräulein Erna.
Weigert, Dr. Max, Stadtrath.
Weigert, Frau Stadtrath Dr.
Weinhagen, Ernst.
Weinhold, Dr. Karl, Professor,
Geh. Regierungsrath.
Weisstein, Gotthilf, Schriftsteller.
Wellmann, Dr. E., Professor am
Königstädtischen Gymnasium.
Welti, Dr. Heinrich, Schriftsteller.
Werner, Dr. R., Oberlehrer.
Wesendonck, Frau Mathilde.
Wesendonck, Otto.
Wessely, Dr. Hermann.
Wetzel, Johannes, Gymnasiallehrer.
V. Weyrauch, Dr., Unterstaatssecret.
v." Wildenbruch, Dr. Ernst, Lega-
tionsrath.
Wilnianns, Dr. A., Professor, Gene-
raldirector der Kgl. Bibliothek.
Wilmersdörffer, Rechtsanwalt.
Wolflf, Charles.
Wolff, Justizrath.
Wolff, Dr., Oberstabsarzt.
Wollmann, Siegfried, Kaufmann.
Zimmermann, Dr. A., Consul.
Bernburg.
Köhler, Fr., Director der höheren
Töchterschule.
Beuthen o/S.
Wolflf, Fr. Adelheid.
Bielefeld.
Loebell'sche Bibliothek.
Ransohoflf, Dr. phil. Georg.
Blankenburg a/Harz.
Wellmer, A., Schriftsteller.
Blasewitz.
Bondi, Dr. phil. Georg.
Schmid, Dr. jur. Carl.
Bochum i/Westf. ,
Broicher, Frau Elise.
Leseverein.
Bogenhausen b/München.
Weigand, . Wilhelm, Schriftsteller.
Bonn.
Akadem.-germanistischer Verein.
Aufrecht, Dr. Theodor, Professor.
Berger, Dr. phil. Arnold E., Privat-
docent.
Franck, Dr. Joh., Professor.
Gräfe, Dr., Professor.
Harkort, Frau Commerzienrath P.
Hüffer, Dr. Hermann, Professor,
Geh Justizrath.
Kayser, Dr. H., Professor.
Leo, Fräulein Therese.
Litzmann, Dr. B., Professor.
Loeschke, Dr. G., Professor.
Magnus, Gustav, Justizrath.
Prym, Dr. Eugen, Professor.
Rosenmund, Dr. phil. Richard,
Privatgelehrter.
Schnitze, Dr. Fr., Prof., Director
der med. Klinik.
Seminar, Kgl. germanistisches der
Universität.
Universitäts-ßibliothek, Königliche.
Usener, Dr. Hermann, Professor,
Geh. Regierungs-Rath.
Wilmanns, Dr. W., Professor.
Zitelmann, Dr. Ernst, Professor.
Borghorst (Westf.).
Wutte, Johannes.
Schloss Bothmer bei Klütz.
(Mecklenburg-Schwerin.)
V. Bothmer, Frau Gräfin Hertha.
Brake b/ Lemgo.
Roller, Dr., Director.
Brandenburg a/H.
Heine, Dr., Domherr, Director
der Ritter-Academie.
Köpke, Fräulein Suse.
Braunschweig.
Aronheim, Dr. med. Felix.
Bergmann, Ernst, Gymnasial-Ober-
lehrer.
Bibliothek des Gymnasiums
Martius-Katharineum.
Blasius, Dr. Wilhelm, Professor.
Flechsig, Pr. phil. Eduard.
Frühling, Hermann, Hotelbesitzer.
Helle, Carl.
-•*♦ 30 *^""
Braussohweig.
Huch, Dr. jur. Richard, Rechts-
anwalt und Notar.
V. Krosigk, Major a. D.
Magnus, Karl, Bankier.
Westermann, Friedrich, Verlags-
buchhändler.
Bremen.
Bernstorff, Frau Wwe. D.
Deetjen, Gustav.
Frese, Fräulein Anna.
Fritze, Dr. phil. Edmund, Professor.
Graef, Frau Sophie.
Hacki'eld, Frau M., geb. Pflüger.
Hartlaub, Dr. G.
Jacobi, Justus, Pastor an der St.
Stephani-Kirche.
Klevenhusen, Frau Georg, Kauf-
manns-Wwe.
Krug, E., Director der Deutschen
Bank.
Oelse, Wilhelm, Kaufmann.
Pauli, Dr. jur., Senator, Bürger-
meister.
Pflüger, J. C., Kaufmann.
Rassow, Gustav.
Ruperti, Fräulein Amalie,Privatiere.
Sattler, W., Professor.
Stadtbibliothek.
Breslau.
Bienko, Dr., Pohzeipräsident.
Breslauer Dichterschule.
Cohn, Dr. Ferdinand, Professor,
Geh. Regierungs-Rath.
v. Flottwell, Regierungspräsident.
Franck, Fräulein A. H.
Friedenthal, Adolf, Kaufmann.
Friederici, Frau Stadtrath Anna.
Germanistisches Seminar der Uni-
versität.
Gesellschaft der Freunde.
Hamburger, Dr. phil. Paul.
Hensel, Frau Stadtgerichtsrath
Selma.
Heyne, Alfred, Eisen bahnsecretär.
Holz, Albert, Bankier.
Jänicke, Karl, Stadtrath.
Immerwahr, Leopold, Kaufmann.
Koch, Dr. Max, Professor.
Ladenburg, Frau Geheimrath, Pro-
fessor M.
Luc^e, C, Buchhändler.
Milch, Dr. phil. Louis, Privat-
docent an der Universität.
Breslau.
Molinari, Frau Commerzienrath.
Morgenstern, E., Verlagsbuchhdlr.
Neisser, Dr. med., Professor.
Pakscher, Dr. phil. A., Privatdocent.
Partsch, Dr. med. Carl, Professor.
Pinder, Frau Caroline.
Ponfick, Emil, Professor, Medicinal-
rath.
Pringsheim, Max, A., Kaufmann.
Richter, Dr., Professor.
Rösler, Frau Marie.
Sackur, Frau Margaretha.
Schneider, Lothar.
Seidel, Eisenbahnbau- und Be-
triebsinspector.
Silbergleit, Frau Seraphine.
Sitte, Otto, Opticus.
Stadt-Bibliothek.
Stern, Frau Charlotte.
Storch, A., Director.
Trewendt, Ernst, Verlagsbuchhdlr.
Trewendt & Graniers Buchhand-
lung (Alfred Preuss).
Universitäts- Bibliothek, Königl.
Urbach, Fräulein Rosa.
Vogt, Dr. F., Professor.
W^endriner, Dr. phil. R.
Zimpel, Frau Professor Helene.
Bretten.
Kahn, Dr. Franz, Amtsrichter.
Bromberg.
Belling, Frau Oberlehrer Dr. Marie.
Bückeburg.
Lücke, Dr. ü., Gymnasialdirector.
Büdesheim (Oberhessen).
V. Oriola, Frau Gräfin W.
Bülow a/ Crivitz (Mecklenburg).
V. Barner, Fr., Gutsbesitzer.
Burgsteinfurt (Westfalen).
Eschmann, Dr. Gustav.
Calw (Württemberg).
Weizsäcker, Dr. phil. Paul, Director
des Reallyceums.
Cassel.
Förster, Auguste, Lehrerin.
V. Hutten-Czapski, Graf Rittmeister
und Escacironschef.
-4* 31 ^-
Cassel.
Landesbibliothek, Ständische.
Magnus, Dr., Landrichter.
Muff, Dr., Professor, Gymnasial-
Director.
Rinald, Victor.
Schmitt, Dr. phil. H., Gymnasial-
lehrer.
Stölting, G., Consistorialrath.
Charlottenbura.
Beiger, Dr. Chr., Oberlehrer.
Brandis, Dr. phil. K.
Cohn, Frau Stadtrath Dr. Anna.
Cornicelius, Dr. phil. Max.
Grisebach, Hans, Architekt.
Heinemann, Felix, Redacteur.
Hirschfeld, Dr. Otto, Professor.
Kehrbach, Dr. phil. Karl.
Kühlstein, Frau Ernst.
Lehrerbibliothek des Kgl. Gym-
nasiums.
Lepsius, Reinhold, Maler.
Lessmann, Otto, Herausgeber der
Allg. Deutschen Musik-Zeitung.
March, Otto, Kgl. Baurath.
Mommsen, Dr. Theodor, Professor.
Neumann-Hofer, Otto, Redacteur.
Sietnens, Frau Geh. Reg.-Ratb.
V. Simson, Dr. jur., Assessor.
Spielhagen, Frieclrich, Schriftsteller.
Strehlke, Frau Marie.
Thür, Fräulein Anna.
Weber, Dr. jur. M., Stadtrath von
Berlin.
Weingartner, Felix, Kgl. Hofkapell-
meister.
Wolff, Julius.
Zabel, Dr. Eugen, Redacteur.
Zimmermann, Frau Generalmajor
Johanna.
Chemnitz.
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums.
Kirchner, Dr. Carl, Professor,
Oberlehrer.
Kühn, Dr. Bernhard, Landrichter.
Morell, Georg.
Müller, Dr. Theodor, Präsident.
Opitz, Dr. med. W.
Stadtbibliothek.
Ullrich, Dr. phil. H., Oberlehrer.
Wächter, Dr. med. R.
Coblenz.
Deiters, Dr. Hermann, Geh. Reg.-
Rath.
Wahl, G., Realgymnasiallehrer.
Coburg.
Beck, Dr. Heinrich, Professor.
Colmar i/Elsass.
Weber, Dr. Wolf, Landgerichtsrath.
Coln a/Rhein.
Bürgers-Stein, Frau Geh. Justiz-
rath J.
Curtius, Dr. Rud., Reg.-Assessor.
Düntzer, Dr. Heinrich, Professor,
Bibliothekar.
Herbertz, Frau M.
Herstatt, Arthur, Landgerichtsrath
a. D.
Heuser, Frau Eugenie, geb. Nico-
lovius.
Heuser, F. Robert.
Heuser-Nicolovius, Robert.
Leiden, Franz D., Kaufmann.
Lempertz sen., Heinrich, Rentner.
Lewmger, Ernst, Oberregisseur.
Meuser, Paul, Rechtsanwalt.
V. Mevissen, Dr. G., Geh. Commer-
zienrath.
V. Mevissen, Fräulein Mathilde.
V. Mevissen, Frau Therese.
Oelbermann, Emil.
Peill, Wilh., Kaufmann.
Pfeifer-Schnitzler, Frau Paula.
Schneider, Frau Professor Lina.
Schnitzler, Eduard.
Schnitzler,Frau Amtsrichter Robert.
Schnitzler, Robert, Geh. Rath.
Schnitzler, Dr. jur. Victor, Rechts-
anwalt.
Schuch, Paul, Regierungsrath.
Stein, Frau Elise, geb. v. Mevissen.
Stein, Frau Julicka, geb. Leiden.
Vorster, Julius, Fabrikbesitzer,
Commerzienrath.
Wüllner, Dr. Franz, Professor,
Kapellmeister.
Coeslin (Pommern).
Hochdanz, Dr. Professor, Gym-
nasialoberlehrer.
Comptendorf (Kreis Cottbus).
V. Berndt, Alfred, Prem.-Lieutenant.
Cottbua.
Sommerfeld, Otto, Fabrikbesitzer.
Crefeld.
Peltzer, Dr. jur. Rudolf.
— ♦ 32 *—
CulmitMoh b/Berga a/£lster.
Hoffmann, Max, Pfarrer.
Cuatrin.
V. Wurmb, Frau E„ geb. Gräfin
V. Bothmer.
Danzig.
Baum, Dr. med., Oberstabsarzt a. D.,
Chefarzt des Stadtlazareths.
Bern dt, Fräulein Gustel.
Bibliothek des städtischen Gym-
nasiums.
V. Gossler, Dr., Staatsminister,
Oberpräsident, Excellenz.
füncke, Wilhelm,
.öschins Bibliothek des Real-
fi;ymnasiums zu St. Johann.
Stadtbibliothek.
Darmstadt.
Bergsträsser, A., Hofbuchhändler.
Edward, Hugo, Hofschauspieler.
Hepp, C.
V. Heyl, Major ä 1. s.
Hof bibliothek, Grossherzogliche.
Literarischer Verein.
Merck, Dr. ohil. C. E.
Merck, Dr. Louis.
Merck, Wühelm.
Rieger, Dr. Max.
Wulckow, Director, Dr.
Dessau.
Antoinettenschule, Herzogl.
Friedrichs-Gymnasium, Herzogl.
Meinert, Carl, Fabrikbesitzer.
Oechelhäuser, Geh. Commerzien-
rath.
V. Oechelhäuser, W., General-
Director der Deutschen Con-
tinental-Gasgesellschaft.
Detmold.
Gymnasium Leopoldinura.
V. Meysenbug, Freiherr, Major a. D.
u. Kammerherr.
Runnenberg, W., Rechtsanwalt.
Donaueschingen.
Hentig, Präsident.
Hotbibliothek, Fürstlich Fürsten-
bergisclie.
Dortmund.
Gymnasial- Curatorium .
Nagel, Bernhard, Amtsgerichtsrath.
Dresden.
Amen, Frau Dr.
Arndt, Jul. Max, Grosskaufmann.
Aulhorn, Stud. med. Ernst Rud.
Aulhorn, Paul Rud., Fabrikbesitzer.
V. Biedermann, Freiherr B., Major.
V. Biedermann, Dr., Freiherr, W.,
Geh.-Rath.
V. Boxberg-Zschorna, Frau Oswine,
geb. Keil.
Diestel, Dr., Professor,
Ehlermann, Dr. phil. Erich, Ver-
lagsbuchhändler.
V. Einsiedel, Fräulein Helene.
V. Finck-Nöthnitz, Freiherr, Kam-
merherr.
Förster, Dr. med. Fritz.
Förster, Dr. med. Richard, Hofrath.
V. Gerbel-Embach, Dr. N.
Gmeiner-Benndorf, Frau Commer-
zienrath Rosa.
Götze, Dr. Edmund, Professor beim
Kadettencorps.
V. Haber, Baron R., Premier-
lieutenant a. D.
Hasper, Dr. Theodor, Professor.
Hassel, Dr. Paul, Geh. Regierungs-
rath, Director des Hauptstaats-
ar cliivs.
Heyl, Frau Anna geb. Hübler.
Jaensch, Emil, Bucnhändler (i/Fa.
V. Zahn & Jaensch).
Jensen, Paul, Kgl. Hofopernsänger.
[ayser-Langerhanns, Frau Sanitäts-
rath Agnes.
Knoop, Wilhelm, Consul.
V. Könneritz, Fräulein Marie, Staats-
dame a. D.
Körner-Museum der Stadt Dresden.
Krausse, Robert, Professor.
Leopold, Dr., Professor, Geheimer
Medicinalrath.
Lesky, Wilhelm, Rechtsanwalt.
Lücke, Dr. Herm., Professor.
V. Mangoldt, Fräulein Helene.
Mannl, Johannes.
Meinert, Dr. med. E.
V. Overbeck, Fräulein Camilla.
Palm, Frau Baronin, geb. Gräfin
Berlichingen.
Paul, A., Königl. Sächsischer Hof-
schauspieler.
Pechwell, Dr. jur. Alfred, Königl.
Sachs. Ober-Kriegsgerichtsrath.
Posse, Dr. phil., Regierungsrath.
Pusinelli, Dr. med., prakt. Arzt.
— -*^ 33 ^—
Dreaden.
Rachel, Dr. Paul, Oberlehrer.
Richelsen, Christel, Regisseur am
Kgl. Hoftheater.
Ritterstädt, Dr., Geh. Finanzrath.
Sauer, Frau Dr.
Schanze, Dr. jur. Oscar, Kaiserl.
R^.-Rath a. D.
Scheideroantel, K., Kammersänger.
Schmidt, Heinrich, Lehrer.
Schnorr v. Carolsfeld, Dr. Franz,
Professor,KgI.Oberbibliothekar.
Schramm, Frau Dr. Martin.
Schramm, Otto E., Ingenieur.
V. SchultzendorfF, W., Kammerherr.
Schwender, G. E.
Sendig, Rudolf, Hotelbesitzer,
Singer, Dr. phil. Hans W.
Sontag, Carl, Hofschauspicler.
Stern, Dr. A., Professor.
V. Steun, Frau Therese, geb. v.
Dziembowska.
Sturen bürg, Dr. H., Professor,
Rector der Kreuzschule.
Undeutsch, Max, Rechtsanwalt.
Villers, Dr. Alexander.
Vogel, Dr. Theodor, Professor,
Geh. Schulrath.
Vollmöller, Dr. Karl, Professor.
Vorländer, H., Rittergutsbesitzer,
V. Weber, Freiherr, Oberstlieute-
nant z. D.
Woermann, Dr.Karl, Prof, Director
der Kgl. Gemäldegallerie.
Würzburger, Dr. Eugen, Director
des Stadt. Statistischen Amtes.
V. Zahn, Robert, Buchhändler (i/Fa.
V. Zahn & Jaensch).
Zschille, Frau Therese, geb. v. Ein-
siedel.
Zschuppe, Arno, Schriftsteller.
Duisburg a/Rh.
Feller, W., Professor, Gymnasial-
Oberlehrer.
Vijgen, Dr. jur. Max, Gerichts-
Dulzen b/Preuss. Eylau.
Rosenow, Frau Johanna, geb.
Fredenhagen.
Dusseldorf.
Böninger,Ferdinand,Fabrikbesitzer.
Künstler- Verein »Malkasten«.
V. Oettingen, Dr. W., Professor,
Dyrotz b/Wustermark.
Meyer, Lothar, Guts- Administrator.
Eberswalde.
Kl^in, Dr. J., Gymnasialdirector.
Eisenach.
Gangert, Carl, Fabrikbesitzer.
Hossfeld,Dr.Carl,G3;mnasiallehrer.
Kieser, Hugo, Archidiakonus.
Koelner, Dr., Arzt.
Kürschner, Joseph, Prof., Geh.
Hofrath.
Michels-Schnitzler, Frau Kaufmann
Julius.
Schneidewind, Dr. E., Gymnasial-
Professor.
Schwabe, Fräulein Luise, Instituts-
vorsteherin.
Streck, Carl, Apotheker.
Weber, Dr. H., Hofrath, Gymnasial-
director.
Eisenberg (Sachsen-Altenburg).
Frenzel, Carl, Stadtrath.
Gymnasial-ßibliothek.
Elberfeld.
Blank, Frau Alexander.
Martens, Dr. Ludwig, Professor,
Gymnasial-Oberlehrer.
Neuhaus, Frau Otto.
Simons, Walter, Commerzienrath.
Weychardt, Conrad.
Wieruszowski, Alfred, Landrichter.
Zurhellen, Dr. Joh., Justizrath.
Ellwangen.
Frik, G., Rechtsanwalt.
Emden.
Bibliothek des Königl. Wilhelms-
Gymnasiums.
Emmendingen.
Feldbausch, Dr. Otto, Arzt a. d.
Irrenanstalt.
Erdeborn (Rittergut) b/Ober-
Voeslingen a/See.
Marckwald, Fräulein Marie.
Erfurt.
Barth, M., Reg.-Raih.
Burkhardt, Dr. med. Friedrich,
Augenarzt.
-^ 34 ^—
Erfurt.
Gymnasium, Königl.
Kutter, Frau Gustav.
Lochner, K., Eisenbahndirector.
Lucius, Geb. Commerzienratb.
Pick, Dr. Albert, Oberlehrer am K.
Realgymyasium.
Stürcke, Hermann, Geh. Commer-
zienratb.
Erlasgen.
Penzoldt, Dr. F., Professor.
Rosenthal, Dr. T., Professor.
Universitäts- Bi bliothek, Königliche.
Vogel, Frau Professor Dr. W.
Eutin.
V. Beaulieu-Marconnay, Freiherr,
Grossherzogl. Oldenburgischer
Ober-Jägermeister.
Finsterwalde i/Neumark.
Rhode, Fräulein Anna.
Flonheim (Rheinhessen).
Knell, Dr. Karl, prakt. Arzt.
Frankenthal (Rheinpfalz).
Baum, W., L Kgl. Staatsanwalt.
Frankfurt a/M.
Stadt Frankfurt a/M.
Abendroth, Moritz, Buch- und
Kunsthändler.
Albert, Frau Elisabeth.
Auerbach, Fritz.
Baer, Simon Leopold, Buchhändler.
Baerwald, Dr. Hermann, Realschul-
Director.
de Bary, Dr. med. Joh. Jacob.
Beil, Dr. med. W.
Beit, Frau Eduard.
Berghoeffer, Dr., Bibliothekar der
Freiherrl. Carl v. Rothschild-
sehen öffentlichen Bibliothek.
v.Bethmann, Freiherr Simon Moritz.
Bibliothek, Freiherrl. Carl v. Roth-
schildsche öffentliche.
Bibliothek des Freien Deutschen
Hochstifts.
Bibliothek der Polytechnischen Ge-
sellschaft.
Braun, Landgerichis-Präsident.
Braunfels, Otto.
V. Brüning, Frau Dr. Clara.
Bürgerverein.
Frankfurt a/M.
Burghold, Dr. Julius, Rechtsanwalt.
Cahn-Blumenthal, Heinrich, Kauf-
mann.
Carl, Dr. med August.
Cohnstaedr, Ludwig, Redacteur.
Detloff, Adolf, Buchhändler.
Dietz, Dr. Alexander, Rechtsanwalt.
Dondorf, Bernhard, Rentier.
Donner-v. Richter, Otto, Historien-
maler.
Dotter, Fräulein Doris.
Dreyfus, Georges.
Eckhard, Frau Dr., Ober-Landes-
gerichtsraths-Wwe.
Ehlers, Dr. R., Consistorialrath.
Ellissen, August.
Emden, Heinrich.
Flersheim, Robert.
Frankfurter Zeitung (Redaction).
Fries, Jacob, Ingenieur u. Fabrikant.
Geiger, Dr. Berthold, Rechtsanwalt,
Justiz rath.
Goldschmidt, Dr. jur. Hermann,
Gerichtsassessor.
Goldschmidt, Marcus Moritz,
Bankier.
Günther, Ferdinand, Kunsthändler.
Hahn, Louis Alfred, Bankdirector.
Hammeran, Dr. phil. A.
Hanau, Heinrich A.
Herxheimer, Dr. med. S., prak. Arzt.
Hochhut, Joh. D., Kaufmann.
Hoffmann, Frau Dr. Therese, Geh.
Sanitätsraths-Wwe.
Jung, Dr.phil.Rudolf, Stadtarchivar.
Junker, Hermann, Kunstmaler.
Kahn, Bernhard, Bankier.
Kahn, Julius.
Keyl, öeorg Albert.
Koch, Frau Anna Louise, geb.
V. St. George.
Koenitzer, Carl Wolfgang.
Lentz, A., Professor.
Lichtenstein, Leopold, Kaufmann.
Liebmann, Dr., Landrichter.
Lucius, Dr. Eugen.
Maier, Gustav, Bankier.
V. Marx, Ritter Ernst.
V. Marx, Ritter, Heinrich.
V. Marx, Ritter Louis, Rentier.
May, Eduard Gustav.
Maverfeld, Anton, Kaufmann.
Meister, Frau C. F. Wilhelm.
Melber, Walter Wolfgang.
Merton, W., Kaufmann.
-^ 35 ^-
Frankfurt a/M.
V. Mumm, P. H.
Neher, Ludwig, Architect.
Neumann, Dr. jur. Paul, Rechts-
anwalt.
Osterrieih, Eduard.
Osterrieth-Laurin, August.
Oswalt, Frau Wwe. Brandine, Ver-
lafi^sbuchhändlerin.
Oswalt, Dr. jur. H., Rechtsanwalt.
Pfeiffer, C. W.
Philippi, Fräulein Helene.
Quincke, Wolfgang, Schauspiel-
regisseur der vereinigten Stadt-
theater.
Rade, Dr. M., Pfarrer.
Rawitscher, Dr., Landgerichtsrath.
Reinhardt, Dr. phil. Carl, Director
des Stadt. Gymnasiums.
Reitz & Köhler, Buchhandlung.
Rosenraeyer, Dr. med. Ludwig.
Rothschild, August, Bankier.
Rumpf, K., Bildhauer.
Sachs, Dr. Otto, Rechtsanwalt.
Sanct-Goar, Ludolph.
Sauer, Julius, Kaufmann.
Schmidt-Metzler, Dr. Moritz, Sani-
tätsrath.
Scholderer, Dr. Emil; Director.
Schölles, Frau Dr. Henriette, Sani-
tätsraths-Wwe.
Scholz, Dr. Bernhard, Professor.
Schott, Siegmund.
Siebert, Dr. jur. Jacob, Justizrath.
Speyer, Georg, Bankier.
Stern, Theodor, Bankier.
Stiebel, Dr. med. Fritz.
Textor, C. W.
Trommershausen, Dr. E., Ober-
lehrer am Gymnasium.
Valentin, Dr. Veit, Professor.
Varrentrapp, Dr. A., Stadtrath.
Völcker, Georg, Buchhändler.
Vohsen, Dr. med. Carl.
Weigert, Dr. Carl, Professor der
Anatomie an der Scncken-
bergischen Stiftung.
Weiss, Dr. Guido.
Wohl, Jacques.
Frankfurt a/0.
Dittmer,Geh.Ober-Regierungsrath.
Hoffmann, Paul, Lehrer.
Kempner, L., Kaufmann.
Kühn-Schuhmann, Frau Antonie.
Scheller, Fräulein Emilie.
Freiberg i/S.
Heisterbergk, Ulrich, Justizrath.
Knaudt, Dr. phil. Paul, Gyranasial-
Oberlehrer.
Freibarg i/Br.
Hettler, Eugen, Fabrikant u. Kauf-
mann.
Kaerner, W., Buchhändler.
Kluge, Dr. F., Professor.
Lorenz, Frau Major Margarethe.
Manz, Dr. med. Otto.
Meyer, CM. Robert.
Pfaff- Beringer, Otto.
Rümelin, Dr. Professor.
Schmitt, Dr. H., Professor.
V. Simson, Dr. B., Professor.
Universitäts-Bibliothek, Grossher-
zogliche.
Weissenfeis, Dr. phil. Richard,
Professor.
Freiburg i/ Schlesien.
Realprogymnasium.
Freienwalde a/0.
Quedefeld, Dr. G., Professor, Gym-
nasial-Oberlehrer.
Friedberg (Hessen).
Trapp, Carl, Fabrikbesitzer.
Friedenau b/ Berlin.
Paetöw, Dr. phil. Walter, Schrift-
steller.
Raabe, Dr. phil.
Fulda.
Landesbibliothek, Ständische.
Fürth i/ Bayern.
Besels, Heinrich, Kaufmann.
Türkheim, Leo.
Georgengarten b/ Dessau.
V. Ditfarth, Fräulein Else, Hofdame
LK. H. der Landgräfin v. Hessen.
Gera (Reuss j. L.).
Bibliothek des Fürstl. Reuss -PL
Gymnasiums.
Golle, Rügold, Kaufmann.
V. Meysenbug, Freiherr, Ober-
Hoimarschall.
Müller, Rudolf, Tustizrath, Rechts-
anwalt und Notar.
— »♦ $6 4"-
Gera (Reuss j. L.).
Schlotter, Dr. iur. Alfred, Rechts-
anwalt und Notar.
Schrader, Dr. med., Augenarzt.
Germeraheim a/Rh.
Klarniann, J., Major und Ingenieur-
Offizier vom Platz.
Gemsbach i/B.
Funck, Heinrich, Professor.
Gieasen.
Behaghel, Dr. Otto, Professor.
Bock, Alfred, Schriftsteller.
V. Bradke, P., Professor.
CoUin, Dr. J., Privatdocent. •
Gaffky, Dr., Professor.
Höhlbaum, Dr., Professor.
Löhlein, Dr. med. Hermann, Pro-
fessor.
Oncken, Dr. Wilhelm, Professor.
Schmidt, Dr. jur. Arthur, Professor.
Siebeck, Dr. H., Professor.
Strack, Dr. Adolf, Privatdocent.
Universitäts-Bibliothek, Grossh.
Wetz, Dr. Wilhelm, Privatdocent.
Bergisch-Gladbach.
Zanders, Frau Marie.
M.-Gladbach.
Quack, Wni., Cömnicrzienrath.
Gleiwitz.
Freund, Dr., Sanitätsrath.
Winkler, Siegfried.
Zuckerkandl, Victor.
Glogau i/Schl.
Cohn, Frau Justizrath Caroline.
Kempner, Frau Bankier Ida.
Sachs, Leopold (i/Fa. Sachs &
Gellin).
Gluckstadt.
Gymnasium, Königliches.
Godesberg b/Bonn.
Frentzen, Frau Lucy, geh, Hoescb,
Göppingen.
Gutmann, Frau Fabrikant Bernhard.
Görlitz.
Köhn, Dr. phil. Karl.
Rörig, A., Kgl. Eisenb.-Verkehrs-
Inspector a. D.
Gotha.
Bibliothek des Gymnasium Ernesti-
num.
Bibliothek, Herzogliche.
V. Ebart, Freiherr P., Kammerherr.
Ehwald, Dr. R., Professor.
Fleischmann, Julius.
Gilbert, Dr., Professor.
Purgold, Dr. K., Director des
Herzoglichen Museums.
Rohrbach, Dr. phil. Carl E. M.,
Gymnasiallehrer.
Schuhmann, Frau Sophie, geb.
Junghans, Schriftstellerin.
Schwarz, Dr. med., prakt. Arzt.
Göttingen.
Dilthey, Dr. Karl, Professor.
Droysen, Dr. med. Felix, Professor
und prakt. Arzt.
Ehlers, Dr., Professor.
Frensdorff, Dr. F., Professor, Geh.
Justizrath.
Hentze, Dr. Kr., Professor.
Lehmann, Professor Max.
Leo, Dr. F., Professor.
Lexis, Dr., Professor.
Röthe, Dr., Professor.
Seminar, Königliches, für deutsche
Philologie.
Universitäts-Bibliothek, Königliche.
V. Wilamowitz - Möllendorf, Frau
Professor Dr.
WMldhagen, Dr., Rechtsanwalt.
Wohlwill, Stud. jur. Paul.
Greifenstein ob/Bonnland.
V. Gleichen-Russwurm , Freiherr
Alexander, Kgl. bayr. Kammer-
junker.
Greifs wald.
Bibliothek des germanistischen Se-
minars.
Heimann, Oskar.
Maas, Dr. E., Professor.
Pernice, Frau Geheimraih Agnes,
geb. Bennecke.
Reifferscheid, Dr. A., Professor.
Rewoldt,Dr., Rechtsanwalt u.Notar.
Universitäts-Bibliothek, Kgl.
Greiz.
Stier, Paul, Geh. Reg.-Rath.
Grimma b/Leipzig.
Fürstenschule.
Schmidt, Rudolph, Rechtsanwalt
u. Notar.
—^ 37 *—
Grosaalsleben (Anhalt).
Exter, Pastor.
Grosskarben (Hessen).
V. Leonhardi, Freiherr Moritz, Guts-
besitzer.
Gross-Liohterfelde b/ Berlin.
Böckh, Dr. R., Professor, Geh.
Reg.-Rath.
iafft, Rechtsanwalt,
lekule von Stradonitz, Dr. Stephan.
Marcus, Frau Paul.
Minde-Pouet, Dr. phil. Georg.
Müller, Paul, Gymnasialoberlehrer.
Quincke, Walter, Kaufmann.
Rothstein, Dr. Max, Privatdocent.
Rudorff, Ernst, Professor an der
Kgl. Hochschule für Musik.
Schwarz, Director Arthur.
Gross-Medunischken
(Kreis Darkehmen, Üstpreussen).
V. Bujak, geb. v. Fahrenheid, Frau
Rittergutsbesitzer.
Grünstadt (Bayern).
Chally, P., Kgl. Gymnasiallehrer.
Steigenberger, Franz, Kgl. Studien-
lehrer.
Grunewald b/Berlin.
Grandke, Wirkl.Geh.Ober-Finanz-
rath.
Guben.
Driese, Emil, Kaufmann.
Gumbinnen (Ostpr.).
Bibliothek des Gymnasiums.
Hecht, Dr. phil. Max, Gymnasial-
Oberlehrer.
Lewald, Dr. Otto, Regierungsrath.
Gundelsheim b/Gunzenhausen.
Putz, Karl, Pfarrer.
Haggn (Schloss) b/Bogen a/Donau.
V. Schrenk, Freiherr Leopold, Kgl.
bayr. Hauptmann a. D. und
Gutsbesitzer.
Hainholz (vor Hannover).
Seligmann, Sigmund, Fabrikant.
Halberstadt.
Zimmer, Frau Rittmeister.
Haiensee b/Berlin.
Mauthner, Fritz, Schriftsteller.
Halle a/S.
Ackermann, Dr. Th , Professor,
Geh. Medicinalrath.
Bertram, Frau Constanze, Ober-
bürgermeisterswittwe.
Bethke, L., Bankier.
Bibliothek des Stadtgymnasiums.
Burdach, Dr. Konrad, Professor.
Deetjen, Stud. phil. Carl.
Erdmann, Dr. H., Privatdocent.
Flitner, Cand. med. Fritz.
Franke, Fräul. Marie.
Fränkel, Dr. Carl, Professor.
Friedberg, Dr. R., Professor,
v. Fritsch, Dr. K., Professor.
Genzmer, Dr. A., Professor.
Goeschen, Assessor.
Gosche, Fräulein Agnes
Gräfe, Dr. A., Professor, Geh.
Medicinalrath.
Grenacher, Dr. H., Professor.
Gründig, A., Administrator der
Buchdruckerei desWaisenhauses.
Harnack, Dr. Erich, Professor.
Hartwig, Dr. O., Geh. Rath, Ober-
bibliothekar.
Haym, Dr. R., Professor.
Herne, Frau Professor Sophie.
Hessler, Dr. H., Privatdocent.
Hiller, Frau Professor Dr. E.
Kohlschütter, Dr. E., Professor.
Kraus, Dr. Gregor, Professor.
Kühn, Dr. J., Geh. Regierungsrath.
Lehmann, Heinrich, Bankier.
Leser, Dr. Edmund, Privatdocent.
v. Lippmann, Dr. Edmund, Director
cler Zuckerraffinerie.
Lothholz, Dr., Professor, Gym-
nasialdirector a. D.
Meier, Dr. phil. John.
Mekus, Dr., Arzt.
Nickel, M. Philipp, Kaufmann.
Niemeyer, Fräulem Marianne.
Niemeyer, Max, Buchhändler.
Pott, Dr. jur. R., Professor.
Robert, Dr. Karl, Professor.
Ross, Frau Professor Emma, geb,
Schwetschke.
Saran, Dr. phil. Franz.
Schlieckmann, Geh. Justizrath.
Schmeitzer, Geh. Ober-Finanzrath.
Schulze, August, Director der
Zuckerraffinerie.
—'^ 38 ^—
HaUe a/S.
Schwarz, Dr. E., Professor.
Strauch, Dr. Philipp, Professor.
Üniversitäts-Bibliothek, Königliche.
Vaihinger, Dr. H., Universitäts-
Professor.
V. Voss, Fräulein Elisabeth.
Wagner, Dr. Albrecht, Professor.
Welcker, Dr. H., Professor, Geh.
Medicinalrath.
Hamburg.
Arndt, Oskar (i/Fa. Arndt & Cohn).
Behn, Dr. jur. Hermann.
Behrmann, G., Hauptpastor.
v.Berenberg-Gossler,John, Ban kier.
Berkefeld, O.
Bertheau, Dr. theol. Carl, Pastor.
Brackenhoeft, Dr. jur. E., Rechts-
anwalt.
BDlau, Dr. med. Gotthard.
V. Dehn, Dr. für. Adolf Axel.
Elkan, Ed. Ferdinand.
Fertsch, F. (i/F. Fertsch & Laeisz).
Gerstenberg, Dr. phil. Heinr.
Gloede, Dr. phil. Hermann.
Goldschmidt, Dr. phil. Adolf.
Gräfe, Lucas, Buchhändler.
GroothofF, H., Architekt.
Grüner, Dr. Th. W.
Hahn, Emil.
Hartmann,Dr.jur. K., Rechtsanwalt.
Hertz, Dr. G., Senator.
Heylbut, Dr. phil. G.
Hinrichsen, Siegmund, stell v. Vor-
sitzender der Handelskammer.
Hottenroth, Hans, General-Agent.
Hotzel, Dr. med. A.
V. Humbracht, Baron J., Kgl. preuss.
Kammerjunker und Legations-
secretär der Kgl. preuss. Ge-
sandtschaft.
Kiehn, Heinrich.
Koehne, Ernst, Kaufmann.
Köster, Paul, Kaufmann.
Kreusler, Fräulein L.
Lehmann, Frau Dr. Emil.
Lehmann, Dr. jur. Siegfried.
Levy, Dr. H. B.
May, Anton.
Meissner, jun., Otto, Buchhändler.
Merschberger, Dr. G., Professor.
Metz, Adolf, Lic. theol., Professor
am Johanneum.
Mönckeberg, Dr. Rudolf.
Oehrens, Dr. med. Wilhelm.
Hamburg.
Oppenheim, Emil.
Oppenheim, Frau Marie.
Petersen, Rudolf, Director.
Pflüger, Dr. M.
Rebattu, Dr. Alb., Pastor zu St.
Gertrud.
Redlich, Dr. C., Director der
höheren Bürgerschule.
Röpe, G H., Hauptpastor.
Rosenhagen, Dr. phil. Gustav,
Oberlehrer.
Rudolph, G. A., Buchhändler.
Sasse, Wilhelm.
Scharlach, Dr. jur., Advokat.
Schiff, Fräulein Jenny.
Schroeder, Dr., Senator.
Schwabach, Frau Reg.-Rath Hen-
riette.
Sieveking, Dr. med. Wilhelm.
Sohle, Dr. jur. Martin.
Sokolowsky, Dr. phil. Rudolf.
Sporri, Dr. H., ev. Prediger.
Stadtbibliothek.
Stemann, Dr., Landgerichtsdirector.
Suse, Dr. Theodor.
Thöl, Dr., Oberlandesgerichtsrath.
Warburg, Aby S.
Warburg, Siegmund Rudolf.
Weisser, Dr., Kgl. preuss.Stabsarzt.
Wentzel, Dr. Wilh. Joh.
Wohlwill, Dr. Adolf, Professor.
Wolffson, Dr. A.
Hamm i/Westf.
Beneke, Prof. Dr., Director des
Kgl. Gymnasiums.
Gymnasium, Kgl.
Hanow,Oberlandesgerichts-Senats-
Präsident.
Hanau a/M.
Kühne, Frau Major, geb. Freiin
Marschall.
Osius, Rechtsanwalt und Notar,
Justizrath.
v. Wittich, Frau Luise.
Hannoyer.
v. Bennigsen, Rudolph, Ober-
präsident, Excellenz.
Graetzel v. Graetz, Dr. P.
Juncken, Frau Johanna, geb.Maudt.
V. Lüdinghausen- Wolff, Baron,
Oberstlieutenant und Chef des
Generalstabs des zehntenArmee-
corps.
— *^ 39 ^—
Hannover.
Meyer, Erich, Gymnasial - Ober-
lehrer.
Ratjen, Adolf, Landgerichtsdirector.
Schaefer, H., Professor, Gymnasial-
Oberlehrer.
Schläger, Dr. med. Hermann.
Schmorl u. v. Seefeld, Nachf., Buch-
händler.
Spiegelberg, Frau Elsbeth, geb.
Frank.
Wülbern, Senator.
Harzbarg a/Harz.
Grundner, Dr. F., Forstmeister.
Hattenheim.
Wilhelmy, A., Procurator.
Heidelberg.
Bloch, Iwan, prakt. Arzt.
Braune, Dr. w., Professor.
Buhl, Dr. H., Professor.
Erb, Dr. Wilhelm, Professor, Geh.
Rath.
Erdmannsdörffer, Dr. B., Professor.
Fischer, Dr. Kuno, Professor, Wirkl.
Geh. Rath, Excellenz.
Fürst, Dr., Rechtsanwah.
Gegenbauer, Dr. Karl, Professor,
Geh. Rath
Germanisch-Romanisches Seminar
an der Universität.
Groos, Karl, Buchhändler.
Hausrath, Dr. Adolf, Professor,
Kirchenrath.
Hoffmeister, H., Lederfabrikant.
V. Holle, Baron.
Knaps, Fräulein Anna.
Koenler, Dr. Karl, Professor.
Meyer v. Waldeck, Dr. F., Pro-
fessor der Universität, Hofrath,
Kaiserl. russ. Kollegienrath.
Meyer, Dr. jur. G., Professor,
Hofrath.
Meyer, Dr. V,, Professor.
Petters, Otto, Buchhändler.
Rhode,Dr., Professor, Geh. Hofrath.
Scholl, Dr. F., Professor.
Schwinger, Richard, Privatmann.
Universitäts-Bibliothek, Grossher-
zoglich Badische.
V. Waldberg, Freiherr, Dr. Max,
Professor an der Universität.
Wunderlich, Dr., Professor.
Zweig, Dr. Egon.
Heidenheim.
Meebold , Frau Commerzienrath
Natalie.
Heilbronn.
Harmonie- Gesellschaft.
Heinrichau b/ Breslau.
Eberhardt, Julius, Generaldirector.
Gottwald, Superintendent und
Schlossprediger.
Heinrichsdorf b/Wilhelmsfelde
(Reg.-Bez. Stettin).
Lenke, Fräulein Jenny.
Hildburghausen.
V. Petrovics, Paia.
Hildesheim (Hannover),
von Gneist, Regierungs-Assessor.
Schiefler, Gustav, Landgerichtsrath.
Höchst a/Main.
Epting, Max, Chemiker.
Hoerde (Westf.).
Vohwinkel, Dr. med. Karl, prakt.
Arzt.
Hohenfichte (Sachsen).
Hauschild,MaxE.,Commerzienrath.
Hohenheim b/Stuttgart.
Warburg, Georges, Student.
Hohen-Pähl, Schloss b/Wilshofen
(Oberbayem).
Czermak, Ernst, Gutsbesitzer.
Hörn b/Hamburg.
Wichern, Fräulein Caroline.
Husum (Schleswig-Holstein).
Tönnies, Fräulein Elisabeth.
Jena.
V. Bardeleben, Dr. K., Professor.
Delbrück, Dr. B., Professor.
Devrient, Dr. phil. H.
Eggeling, Dr. H., Geh. Staatsrath,
Curator der Universität.
Eichhorn, Dr. med. Gustav, prakt.
Arzt.
Eucken, Dr. R., Professor, Geh.
Hofrath.
Fischer, Dr. G., Verlagsbuchhändler.
Fürbringer, M., Professor, Hofrath.
—^ 40 4--
Jena.
Genthe, Theodor, Lehrer.
Gille, Dr., Geh. Hof- und Justizrath.
Götz, Dr., Professor,
Haeckel, Dr. Ernst, Professor.
Hallgarten, Fräulein.
Kinkel, Walter.
Kniep, Dr., Professor.
Knorr, Dr. L., Professor.
Liebenam, Dr. W., Professor.
Liebmann, Dr. Otto, Professor,
Hofrath.
Lorenz, Dr. O., Professor.
Merian- Genast, Dr. Hans.
Michels, Dr. Victor, Professor.
Richter, Dr. G., Gymnasialdirector,
Hofrath.
Rosenthal, Dr. Eduard, Professor.
Schlösser, Dr. Rudolf, Privatdocent.
Stoy, Dr. Heinrich, Privatdocent.
Stoy, Dr. Stephan, Privatdocent.
Universitäts-Bibliothek.
V. Vogel - Fromannshausen, Frau
Anna.
Walter,Dr.jphil.Johannes,Professor.
Wilhelm, Dr. Eugen, Professor.
Illenau b/ Achern.
Schule, Dr. H., Geh. Hofrath.
Ilmenau.
»Gemeinde Gabelbach« Gesell-
schaft.
Insterburg.
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums.
Isselberg b/ Wesel.
Nering Bögel, G., Kgl. Commer-
zienrath.
Itzehoe.
Claussen, Dr. med., Sanitätsrath.
Kappeln (Schleswig-Holstein]).
Thomsen jun., Dr. med. Julius,
prakt. Arzt.
Karlsruhe i B.
Arnsperger, Dr. phil. Walther.
Bernaus, Dr. Michael, Professor.
Bielefeld, Jos., Verlagsbuchhändler,
K. K. österr.-ungar. Consul.
Blankenhorn, Dr. Adolf, Professor.
Boeckh, Stadtrath.
Bürklin, Frau Dr. A.
v. Chelius, Rieh., Hofjunker und
Legations-Secretär.
v. Edelsheim, Freiherr, Grossh. bad.
Obersthofmeister, Excellenz.
Karlsruhe i/B.
v. Eisendecher, Frau, geb. Freiin
v. Eickstedt, Excellenz.
Eller, Dr. Carl, Oberlandesgerichts -
rath.
Ettlinger, Fräulein Anna.
von und zu Gemmingen, Freiherr,
Oberstkammerherr, Excellenz.
Göller, L., Ministerialrath.
Hauser, Joseph, Grossh. badischer
Kammersänger.
Heinsheimer, Max, Oberlandes-
gerichtsrath.
Liebermann, Gustav (i/Fa. A. Biele-
felds Hofbuchhandlung).
Mainzer, Fräulein Helene.
Ministerium der Justiz, des Kultus
und Unterrichts.
Molitor, Fräulein Fanny.
v, Oechelhäuser, Dr. A., Professor
am Polytechnicum.
Ordenstein, Heinrich, Director des
Conservatoriums für Musik.
Regensburger, Dr. Leopold, Rechts-
anwalt.
Roffhack, Dr.jur., Geh. Reg.-Rath.
Schnorr von Carolsfeld, Frau Mal-
vina, königl. bayr. Kammer-
sängerin.
Seubert, Emil,. Ministerialdirector.
Weill, Dr. Fr., Rechtsanwalt.
Weltzien, Alexander.
Wendt, Dr. Gustav, Geh. Hofrath.
Kehl a/Rh.
Frick, Ludwig, Fabrikant.
Gernandt, Dr. phil. Gas., Lehr-
amtspraktikant.
Kerpen b/Cöln.
Wenzel, Amtsrichter.
Kessenich.
Schlieper, Frau Gustav.
Kiel.
Gering, Dr. H., Professor.
Kauffmann, Dr. Fr., Professor.
Kirchhoff, Frau Capitain zur See.
Krogmann, Ernst, Gerichtsassessor.
Matmaei, Dr., Professor.
Mühlau, Dr. F., Professor.
Niepa, Alexander, Chefredacteur.
Rogge, Frau Clara, geb. Plantier.
Rossbach, Dr. O., Professor.
Scheppig, Dr. phil. Richard, Pro-
fessor, Oberlehrer.
—4* 4^ *—
Kiel.
Schlossmann, Dr., Professor.
Schöne, Dr. Alfred, Professor, Geh.
Rath.
Stange, H., Professor.
Toeche, Paul, Hofbuchhändler.^
Universitäts-BibliothekjKönigliche.
Wolff, Dr. Eugen, Privatdocent.
Kirchheimbolanden (Rheinpfalz).
Bibliothek der Kgl. Lateinschule.
Moschel, R., Königl. bayr. Rent-
amtmann.
Klein-Oels b/Ohlau i/Schlesien.
Yorck V. Wartenburg, Graf Hans.
Yorck V. Wartenburg, Graf Paul.
Klein-Sägewitz b/Kattern
(Reg.-Bez. Breslau).
Lewald, Georg.
Kohlhöhe b/Gutschdorf (Schles.).
V. Richthofen-Darasdorf, Freiherr,
Ober-Reg.'Rath.
Königsberg i/Pr.
Alscher, Dr. Walter, Rechtsanwalt.
Baumgart, Dr. Hermann, Professor.
Bibliothek der städtischen Real-
schule.
Bibliothek des Altstädtischen Gym-
nasiums.
Bibliothek des KneiphöfischenGym-
nasiums.
Bibliothek des Realgymnasiums auf
der Burg.
Bibliothek des städtischen Real-
gymnasiums.
Bibliothek des Königl. Wilhelms-
Gyranasiums.
Brode, Max, Dirigent der Kgl.
Sinfonie-Konzerte.
Frohmann, Dr. med. Julius, prakt.
Arzt.
Goldberg, Julius, Bankier, Consul.
Gruenhagen, Dr., Professor, Ge-
heimrath.
Güterbock, Dr. jur., Professor,
Geheimrath.
Königl. u. Universitäts-Bibliothek.
Lehnert, Dr. phil. Max, Gymnasial-
Oberlehrer.
Rümpler, Alex, Redacteur.
Samuel, Dr., Professor.
Königsberg i/Pr.
Schöndörffer, Dr. Otto, Gymnasial-
lehrer.
Simon, Frau Rittmeister Marie, geb.
Burchardt.
Stern, Frau Dr. Agnes, geb.Wiehler.
Teppich, Frau Emil.
Töchterschule, städtische höhere.
Vogel, Rudolf, Rechtsanwalt.
Königshütte O/S.
Serlo, Walter, Bergassessor.
Schloss Könitz i/Thüringen.
Reiss, Dr. Wilhelm, Geh. Reg.-
Rath.
Konstanz.
Brandes, Wilhelm, Bankdirector.
Fischer, Dr. med. Gg.
Mülberger, Dr. F.
Bad Kosen.
Schütze, Dr. med. Carl.
Krotoschin (Posen).
Jonas, Dr., Professor, Gymnasial-
director.
Kusel (Rhein pfalz).
Heydel, J., Kgl. Bezirksamtmann.
Lahr i/Baden.
Stadtbibliothek.
Landau (Pfalz).
Zahn, August, Landgerichtsrath.
Landeshut i/Schlesien.
Realgymnasium.
Langen bürg (Württemberg),
zu Hohenlohe-Langenburg, Frau
Fürstin Leopoldine, Grossher-
zogliche Hoheit.
Lauban i/Schlesien.
Wissenschaftlicher Verein.
Legefeld b/Weimar.
Reusse, Rudolf, Pfarrer.
Leipzig.
Abraham, Dr. Max, Verlagsbuch-
händler.
V. Bahder, Dr. Karl, Professor.
Baur, Fräulein Marie.
Beer, Fräulein Dora.
— ^ 42 4—
Leipzig.
Beer, Dr. Rudolph, Gymnasial-
Oberlehrer.
Berlit, Georg, Gymnasial - Ober-
lehrer.
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums.
Bibliothek des Nikolaigynmasiums.
V. Biedermann, Freiherr F. W.,
Verlagsbuchhändler.
Binding, Dr. Karl, Professor.
Borchers, Bodo, Hofopemsänger
a. D., Gesangslehrer.
Brockhaus, Dr. Eduard, Verlags-
buchhändler.
Brockhaus, Rudolf, Verlagsbuch-
händler.
Brugmann, Dr. Oskar, Oberlehrer
am Nikolaigymasium.
Gurschmann, Dr. med., Professor.
Degenkolb, Dr., Professor.
Dix, Paul, Rechtsanwalt.
Dodel, Friedrich Wilhelm jun.,
Kaufmann.
DoerinjB^, Dr. B., Professor, Gym-
nasial-Oberlehrer.
Dolega, Dr. med. Max.
Dürr, Alphons, Stadtrath.
Dürr, Dr. Alphons, Buchhändler.
Eelbo, Bruno, Architect.
Elster, Dr. Ernst, Professor an der
Universität.
Fränkel, Dr. Albert, Schriftsteller.
Friedberg, Dr. Emil, Professor,
Geh. Hofrath.
Geibel, Frau Leonore, geb. Weisz.
Geibcl, Frau Marianne.
Gensei, Dr. jur. Julius, Sekretär
an der Handelskammer.
Georgi, Dr., Rechtsanwalt.
Giesecke, Herm. F. (Firma Giesecke
& Devrient).
Goetz, Ernst.
Goetze, FräuleinAuguste, Kammer-
sängerin.
Haessel, H., Verlagsbuchhändler.
V. Hahn, Dr. F., Präsident.
V. Hase, Dr. Oskar, Verlagsbuch-
händler.
Heinemann, Dr. phil. Karl.
Heinichen, B., König). Stations-
Assistent.
Herbst, Günther, Kaufmann.
Hering, Siud. phil. Robert Eugen.
Hildebrand, Dr. phil. Rudolf, Real-
schuloberlehrer.
Hirzel, H., Verlagsbuchhändler.
Leipzig.
V. Holstein, Frau Hedwig.
Institut, bibliographisches.
iunck, Dr. jur., Rechtsanwalt,
ungmann, Dr., Professor, Rector
zu St. Thomae.
Kettembeil, Dr. jur. Johannes^
Landrichter.
Köhler, K. F., Buchhändler.
König, Wilhelm.
Krehl, Dr. Ludolf, Professor, Geh,
Hofrath.
Lange, Dr. Robert.
Lemke, Julius, Director der Leip-
ziger Feuer-Vers.-Anstalt.
Leskien, Dr. Ä., Professor.
Liebisch, Bernhard, Buchhändler.
Limburger, Rechtsanwalt.
Lipsius, Dr. Hermann, Professor,
Geh. Hofrath.
Lorentz, Alfred, Buchhändler.
Loewenstein, Reichsgerichtsrath.
Müller, Dr. jur. Carl Otto, KgL
Sachs. Geh. Rath, Professor.
Nachod, Frau Consul Marie.
Pfalz, Dr. Franz, Professor, Director
der Realschule.
Prüfer, Dr. jur. u. phil. Arthur,
Privatdocent.
Reincke, Frau Reichsgerichtsrath.
Reisland,O.R.,Verlagsbuchhändler,
Ribbeck, Dr. O., Professor, Geh»
Rath.
Romberg, E. L., Geh. Justizrath.
Rost, Adolph, Buchhändler (J. C,
Hinrichs'sche Buchhandlung).
Scheibner, Dr. Wilhelm, Professor,
Geh. Hofrath.
Schmidl, Stud. phil. Josef Wendelin..
Schmidt,Cand. jur. Reinhard Benno.
Schneider, Dr. Arthur, Privatdocent,
Schneider, Carl, Kaufmann.
Schreber, Frau Dr. Pauline.
Schubert, Dr. phil. Joh.
Schulz, Hermann, Buchhändler.
Schunck, Fräulein Cornelia.
Schuster, Dr. phil. Hermann, In-
stituts director.
Schwabe,Frau Susanne,geb.Klemm,
Schwarz, H., Reichsgerichtsrath a. D,
Seelig, Dr. Justizrath, Rechtsanwalt
beim Reichsgericht.
Seemann , Arthur, Verlagsbuch-
händler.
Seminar, Königl. Deutsches.
Sievers, Dr. E., Professor.
-•jf 43 ^—
Leipzig.
Simon, Dr. jur. Gustav Wilhelm,
Rechtsanwalt.
Simon, Frau Stadtrath Hedwig,
geb. Simon.
Staackmann, L., Buchhändler.
Stadtbibliothek.
Staegemann, M. , Director des
Stadttheaters.
Steffen, Dr. Georg, Gymnasial-
Oberlehrer.
Stenglein, Reichsgerichtsrath.
Stumme, Stud. med. Emmrich
Gerhard.
V. Tauchnitz, Bernhard, Freiherr,
Verlagsbuchhändler.
Titze, Adolf, Verlagsbuchhändler.
Tröndlin, Dr., Bürgermeister.
Universitäts-Bibliothek, Kgl.
Voerster, Alfred, Buchhändler.
Voerster, Karl, Buchhändler.
Vogel, Dr. Julius, Direct.-Assistent.
Voigt, Dr. phil. Hans, Gymnasial-
Oberlehrer.
Volkelt, Dr. Johannes, Professor.
Wagner, Franz, Commerzienrath,
Stadtrath.
Wagner, Dr. med. Paul, Privat-
docent.
Walter, Geh. Ober-Postrath.
Weber, Dr. phil. Robert.
Wendtland, Dr. jur., Assessor.
Wiesand, Dr. jur., Kaiserl. Reichs-
gerichtsrath.
Windscheid, Frau Dr. Bernhard,
Professors-, Geheimraths-Wwe.
Witkowski,Dr.Georg,Privatdocent.
Wülker, Dr. Richard, Professor.
Wundt, Dr. Wilh.^ Professor.
Zschiesche Nachf. (Georg Müller),
Buchhändler.
Liegnitz.
Rawitscher, Frau Assessor.
Röhricht, Justizrath.
Limbach.
Erbert, Karl, Referendar.
Lindau i/B.
Brüller, Max,Kgl. Bezirks-Thierarzt.
Linden b/Hannover.
Bibliothek des Königl. Kaiserin
Augusta- Victoria-Gymnasiums.
Grasshof, Dr., Gymnasialdirector.
Haase, Frau Helene.
Laporte, Rechtsanwalt.
Goethi-Jahrbuch XVII.
Löcknitz (Pommern).
v. Eickstedt - Peterswaldt, Frau
Gräfin, geb. v. Eisendecher.
Lübben (Niederlausitz).
Schneider, Florentin, Landesbestall-
ter der Niederlausitzer Stände.
Lübeck.
Achilles, Dr. E.
Benda, Dr. jur. J., Landrichter.
Curtius, Frau Senator Dr.
Fehling, Senator, Dr.
Hoffmann, Dr. Paul, Director der
Emestinenschule.
Pabst, Dr. jur. Gustav.
Schillerstiftung, Lübeckische.
Stooss, Dr. jur. Alfred, Rechts-
anwalt und Notar.
Luckenwalde b/Frankfurt a/0.
Neuhaus, M., Rittmeister a. D.
Ludwigsburg (Württemberg).
Wolff, Franz, See. -Lieutenant im
Dragoner-Reg. »KöniginOlga«.
Ludwigslust.
Schaumkell, Ernst, Lic. Theol.
Lüneburg.
Frederich, Otto, Hofweinhändler.
Gravenhorst, K., Justizrath.
Lyck (Ostpreussen).
Dembowski, Dr. Johannes, Ober-
lehrer.
Gymnasium, Königliches.
Wiebe, Emil, Buchhändler.
Magdeburg.
Aefner, Hermann, Kaufmann.
Aufrecht, Dr.
Berndt, R., Director der Magdeb.
Feuer-Vers.-Gesellschaft.
Grünhut, Dr. Leo, vereid. Gerichts-
Chemiker.
Hindenburg, Frau Carl, geb. Rei-
mann.
Hürse, K., Königl. Musikdirector.
Kawerau, Waldemar, Redacteur
der Magdeb. Zeitung.
Krühne, Richard, Gerichtsassessor.
Lieban, Frau Hermann.
Strätcr, Dr. phil. E., Oberreal-
schullehrer.
Trosien» E., Geh. Reg.- und Pro-
vinzialschulrath.
26
'^ 44
Mains.
Cornelius, Dr. Karl.
Feldheim, C. F.> Geh. Commer-
zienrath.
Heidenheimer, Dr. phil. Heinrich.
Hess, Dr. Carl.
Scholz, Carl rPirma Jos. Scholz).
Schultheis, Albrecht.
Stadtbibliothek.
Mannheim.
Bibliothek, öffentliche.
Darmstaedter, Dr., Rechtsanwalt.
Diffen^, Dr. K.
Hecht, Dr. Felix, Hofrath, Bank-
director,
Hirsch, Emil.
Hirsch, Louis, Kaufmann.
Hoftheater-Comit^, Grossh. Bad.
Kahn, Dr. Richard, Rechtsanwalt.
K^ler, Martin, Kaufmann.
Ladenburg, Frau Commerzienrath
Ida.
Lenel, Alfred, Kaufmann.
Loewe, M. (Firma Loewe & Eschel-
mann).
Mathy, Johann Wolfgang.
Neumann, Dr. Karl.
Reimann, Frau Dr. Clara, geb.
Diffeni.
Reiss, Fräulein Anna.
'Reiss, Karl, Consul.
Staudt, Dr. med. J., prakt. Arzt.
Marburg i/ Hessen.
Cohen, Dr. H., Professor.
Germanistisches Seminar der Uni-
versität.
Gymnasium, Königliches.
Kochendörffer, Dr. Karl, Biblio-
thekar.
Köster, Dr. Albert, Professor.
KQhnemann, Dr. phil., Privatdocent.
Küster, Dr. Ernst, Professor.
V. Lilienthal, Dr. Carl, Professor.
Rathke, Dr., Professor.
Schröder, Dr. Eduard, Professor.
Souchay, C. C, Gutsbesitzer.
Universitäts-Bibliothek, fCgl.
Wenck, Dr. C, Professor.
Marklissa.
Kauffmann,Wilhelm,Fabrikbesitzer.
Markowitz (Prov. Posen).
V. Wilamowitz-Möllendorf, Frei-
herr, Kgl. Kammerherr, Ober-
präsident d. Prov. Posen, Excell.
Maulbronn i/Württemberg.
Palm, Aug., Professor, Ephorus
des theologischen Seminars.
Meerane i/S.
Scheitz, Dr. Emil, Apotheker.
Meesendorf b/ Backschütz
(Schlesien).
Waldersee, Frau Gräfin Helene,
geb. V. Wilamowitz-Möllendorf.
Meinin^en
(Sachsen-Memingen).
Baumbach, Dr. Rudolf, Hofrath.
Kircher, Dr., Geh. Regierungsrath.
Lindau, Dr. Paul.
"Martiny, Fr., Eisenbahn-Maschinen-
ingenieur.
Wüllner, Dr. Ludwig, Herzogl.
"Meining. Hofschauspieler.
Meissen.
"Bibliothek der Kgl. Fürsten- und
Landesschule.
MemeL
Bibliothek der höheren Töchter-
schule.
Friede, Fräulein Lucie.
Gymnasialbibliothek, Kgl.
Halling,' Director der höheren
Töchterschule.
Valentin, Richard.
Merseburg.
•Barth, Frau Generaldirector.
Mülhausen i/Elsass.
Deecke, Dr, W., Gymnas.-Director.
Kestner, Dr. Hermann, Sanit.-Ratli.
Mtthrau b/Striegau i/Schl.
V. Kramsta, Fräulein Marie.
München.
Ackermann, Theodor, Kgl. Hof-
buchhändler.
Bernstein, Max, Schriftsteller.
Bittmann, Friedrich.
V. Bodman, Freiherr J. Ferd.,
Grossh. Bad. Gesandter.
ßronsart v. Schell endorff, Kam-
merherr, Wirkl. Geh. Rath, Exe.
V. Bürkel, Ludwig, Kgl. Bayer.
Ministerial-Director.
Cornelius, Dr. C. A., Professor.
—4^ 45 *—
München.
V. Dursy, Kaiserl. Ministerialrath.
Dyck, Dr. Franz, prakt. Arzt.
Euer, Frau Henriette, Oberhof-
gerichts-Advocatenwittwe.
Faehndrich, H. A., Amtsrichter a. D.
Fiedler, Frau Dr. Conrad.
Fraenkel, Dr. Ludwig, Hochschul-
Docent.
Fulda, Dr. Ludwig, Schriftsteller.
v.Gietl, Ritter Max, Ministerialrath.
Göppinger-Meeböld, FrauAdelheid.
Gottheit; Cand. phil. Fritz.
Grätz, Dr. Leo, Universitäts-Pro-
fessor.
Haaser, Ernst, Journalist.
Hanfstängl, Edgar, Hofrath.
Hauck, Dr. Carl.
Hausmann, Frau Justizrath Dr.
Betty.
Hertz, Dr. Wilhelm, Professor.
Heyse, Dr. Paul.
Hof- und Staatsbibliothek, Kgl. .
Kappelmeier , Georg , Brauerei-
Director.
Lehner, Johann, Director der Bayer.
Notenbank.
Lehrerbibliothek, Städtische.
Levi, Hermann, K. Generalmusik-
Director.
Linz-Godin, Frau Oberst A.
V. Marogna, Graf.
V. Marogna, Gräfin Angela, Hof-
dame L K. Hoheit der Frau
Herzogin Carl Theodor in
Bayern.
V. Mayer, Dr. Carl, Kgl. Staatsrath.
Muncker, Dr. Franz, Professor.
v.Naejjeli, Frau Professor Henriette.
Oelschläger, Dr. phil. Hermann.
Oertel, Cand. phil. Heinrich.
V. Oettingen, Frau M.
Oldenbourg sen., R., Verlagsbuch-
händler.
Pallmann, Dr. H.
Paul, H., Professor.
V. Perfall, Freiherr, General-Inten-
dant der Königl. Hofmusik,
Excellenz.
Quidde, Dr. phil. L.
Rau, Frau Anna.
V. Ritter, Fräulein Marie.
Robertson, John G.
Savits, Jocza, Oberregisseur des
Kgl. Hoftheaiers.
Scherer, Dr. Georg, Professor.
München. ^
Schmidt, Dr. med. Oswald. .
Schubart, Dr, M.
Solbrig, Dr. Veit, K. Ober-Stabsarzt.
Steinitzer, Paul, K. K. österr.
Major a. D.
Sulger-Gebing, Dr. phil. Emil.
Traube, Dr. Ludwig.
Universitätsbibliothek, Königl.
Waldthausen, Justus, Kaufmann.
Wehrich, Richard, Kgl. Professor.
Munchenhemsdorf
(Grossh. Sachsen).
V. der Gabelentz-Linsingen, Lieut.
im Hus.-Reg. v. Ziethen.
Münster i/Westphalen.
Andresen, Dr. Hugo, Professor. •
Drescher, Dr, phil. Carl, Privat-
docent.
Lüdicke, Max, Eisenbahndirections-
Präsident.
Paulinische Bibliothek, Kgl.
Pietsch, Kgl. Baurath.
Schmedding, Frau Reg.-Rath Laura,
geb. Hüffer.
Nassau.
V, Kielmannsegge, Frau Gräfin L. G.
Nastätten (Prov. Nassau).
Cathrein, Joseph.
Naumhurg a/S.
Bennecke, Justizrath.
Bröse, G., Oberlehrer.
Kirchner, Fräulein Elisabeth.
Köster, Dr., Geh. Sanitätsrath.
Lehmann , Ober - Landesgerichts-
rath a. D.
Pilling, Dr. C, Gymnasial-Lehrer.
Remertz, Rechtsanwalt.
Seelmann, Fräulein C. L. Gertrud.
Sturm, Dr. Aug., Rechtsanwalt und
Notar.
Naundorf (Bez. Dresden).
V. Lindenfels, Freiherr, Kgl. Ober-,
förster.
Naunhof
. bei Leipzig.
Francke, Carl, Versicherungsbank-
Director a. D.
Neuhurg (Stift) b/ Heidelberg.
V. Benins, Freiherr.
26*
-4^ 4^ 4—
Neuendorf (Bezirk Köslin).
V. Osterroht, Gotthilf.
Neumünster.
Crespel, A., Rechtsanwalt.
Neusalz a/Oder.
Wenck, W., Prediger.
Neustadt a/Haardt.
Kern, Frau Anna, Rentnerin.
Neustrelitz.
Götz, Dr. G., Obermedicinalrath.
Niederbreisig.
Huyssen, W., Ingenieur.
Nieder-Ingelheim.
V, ErJanger-Bertius, Frau Baronin.
Niederwalluff.
Marcuse, H., Consul.
Niep b/Crefeld.
Boscheidgen, Dr. jur. Hermann,
Gericntsreferendar.
Nordhausen a/H.
Gymnasium, Königl.
Hasse, Dr. med.
Kneiff, Rudolf.
Mylius, C, Landgerichtsrath.
Scnenke, Hermann, Premier -Lieu-
tenant, Stadtrath und Brennerei-
Besitzer.
Nürnberg.
Cohen, Dr. phys. Rudolf.
Enderlein, Oberlandgerichtsrath.
Germanisches Nationalmuseum.
Hopf, Frau Lili.
Lechner, Max, Gymnasialrector.
Merzbacher, Sigm., Rechtsanwall.
Pegnesischer Blumenorden (Literar.
Verein).
Rau, Rudolf, Rechtsanwalt.
Stadt Nürnberg.
Wendriner, Ferd., Kaufmann.
Oberlahnstein (Rheinprovinz).
Lessing, A.
Offenbach a/M.
Grünebaum, Emil.
Weber, Frau Justizrath Dr.
Ohrdruf.
Gymnasium Gleichense, Herzogl.
Oldenburg i/Grossh.
V. Beaulieu-Marconnay, Bugen,
Baron, Oberlandesgerichts-Prä-
sident, Excellenz.
Becker, Landesgerichts - Präsident.
BibliothekjGrossnerzoglicheöffentl.
Kelp, W., Apotheker.
Leesenberg, Dr. phil. F. A.
Mosen, Dr. R., Ober-Bibliothekar.
Schwartz, A., Hofbuchhändler.
Thorade, Bankdirector.
Wolken, E., Kaufmann.
Oppeln (Prov. Schlesien).
Glasewald, Kgl. Oberreg.-Rath.
Maske, Georg, Verlagsbuchhändler.
V. Viebahn, Major.
Ostenwalde b/Melle.
Bibliothek Ostenwalde.
Ottmachau (Prov. Schlesien).
V. Humboldt, Freiin Mathilde.
Pankow b Berlin.
Ehrstaedt, Dr. P., Besitzer der
Adler-Apotheke.
Parchim (Mecklenburg).
Garthe, Frau Bauraih Caroline,
geb. Mencke.
Partenkirchen.
Mayer-Doss, Georg Ludwig.
Penzig i. d. Oberlausitz.
Drevin, Helmuth, Apotheker.
Pforzheim.
Bissinger, C., Gymnasial-Director.
Fischer, Dr. Franz, Director der
Irrenanstalt.
Waag, Alfred, Architect, Director
der Kunstgewerbeschule.
Plagwitz b/Leipzig.
Keil, Dr. phil. Alfred.
Plauen i/Sachsen.
Hofmann - Stirl, Frau Professor
Helene, K^immersängerin.
Pless i/Schlesien.
Fielitz, Dr. W., Professor.
Poppenhüttel b/Hamburg.
Henneberg, Albert, Gutsbesitzer.
-♦ 47 ^'■
Posen.
Gunke, Fritz, Referendar.
Kantorowicz, Frau Lina.
Potsdam.
Bertz, Eduard, Schriftsteller.
König, Dr. Robert, Daheim-Redac-
teur a. D.
Philippi, G.
Räcknitz b/Dresden.
V. Biedermann, General-Major a. D.
Radeburg.
Strack, Frau Hauptmann Fanny,
geb. Hertz.
Rastenburg i/Ostpr.
Kowalski, Carl, Kaufmann.
Rathenow.
Rhein, Frau Clara.
Ratibor.
Suchsland, Adolf, Landrichter.
Ratzeburg (Lauenburg).
Wassner, Dr. Julius, Gymnasial-
director.
Rechtenfleht b/ Bremen.
Allmers, Hermann.
Rehnsdorf b/Elstra (Sachsen).
V. Boxberg, Georg, Ritterguts-
besitzer.
Reichenbach i/ Schlesien.
Preu, Dr. med., Sanitätsrath.
Remagen a/Rh.
Linden, Fräulein Lina, Pensionats-
Vorsteherin.
Retzin b/Priegnitz.
zu Putlitz, Frau Baronin.
Reutlingen.
Kusel, Fräulein Lucie.
Risstissen b/Ulm a/D.
Schenck v. Stauffenberg, Dr. Fr.,
Freiherr.
Rossla a/Harz.
Schüddekopf, Dr. Carl, Gräflicher
Bibliothekar.
Rostock i/Mecklenburg.
Berlin, Dr. Rudolf, Professor.
Eggers, Dr. Carl, Senator.
lüller, Dr. phil. Walter.
Stiller'sche Hof- und Universitäts-
Buchhandlang.
Universitäts-Bibliothek, Grossh.
Wilbrandt, Dr. Adolf.
Rotenburg i/ Hannover.
Boehrs, Dr. D., Kreisphysicus.
Rudolstadt
Bibliothek, Fürstl. öffentliche.
Ruhrort a/Rh.
de Gruyter, Albert.
Satzkorn b/ Potsdam.
Brandhorst-Satzkorn, W., Ritter-
gutsbesitzer.
Schkeuditz.
Schäfer, F. W. E., Buchhändler.
Schleiz.
Paetz, G., Kammerpräsident.
Schleswig.
Bergas, Julius, Buchhändler.
Hoe^sche Bibliothek.
Kammer, Dr., Professor, Provinzial-
schulrath.
Voigt, Dr. Carl, Reg.-Assessor.
Schlettstadt.
Kapff^, Dr., Stabsarzt.
Schlobitten i/Ostpreusen.
zu Dohna, Frau Gräfin Emmy.
Schneidemühl.
Löbner, Dr. Heinrich.
Schnepfenthal b/ Waltershausen.
Ausfeld, Dr. Wilhelm, Schulrath.
Schonebeck b/Magdeburg.
Saalwächter, Otto, Fabrikbesitzer.
Sehonefeld b/Leipzig.
Lazarus, Dr. Moritz, Professor,
Geh. Reg.-Rath.
Schonwerder b Dölitz i/Pommern.
V. Bonin, Frau, geb. v. Zanthier.
Schreitlangken b/Willkischken
i/Ostpwusen.
Dressler, Frau.
—^ 48 ♦
SchuIpfoHa.
Kettner, Dr. Gustav, Professor.
Landesschule, Königliche.
Schreyer, Dr. Hermann, Professor.
Volkmann, Dr. Dietrich, Rector
der Landesschule, Professor.
Zimmermann, Justizrath,ProcuTator
der Landesschule.
Srhweidnitz i/Schl«
Klctschke, Landgerichtsrath.
Schwenda b/Stolberg a/Harz.
Hausmann, J., Pastor.
Schwerin i/M.
V. Ledebur, Freiherr, Kammerherr,
Intendant des Hoftheaters.
V. Pritzbuer, Stud. jur. et cam,
Friedrich.
V. Prollius, Jaspar, Ministerial-
rath im Grossherzogl. Meckl.-
Schwerin. Finanzministerium.
Schröder, Dr., Regierungsrath.
Seesen a/Harz.
Philippson, Dr. phil.Emil, Director
der Realschule.
Seifersdorf b/Radeberg (Sachsen).
V. Brühl, Graf Carl.
Seyda (Bezirk Halle).
Matzdorff, Dr. med. Hans.
Siegersleben b/£ilsleben.
Führling, Frau Kreisrichter M,
Skalmierzyce (Prov. Posen).
Peretz, Moritz.
Sondershausen.
Budde, Regierungsrath.
V. Gerber, Frau Staatsminister Exe.
Laue, Rath Fr., Oberburgermeister.
Warte Sonnenblick (Eisenbahn-
Stelle Sulzbach i/Taunus).
Volger, Dr. G. H. Otto, Natur-
forscher.
Sorau N/L.
Lorentz, Dr. phil. P., Gymnasial-
Oberlehrer.
Springe (Hannover).
Kaufmann, Karl, Fabrikbesitzer.
Stalluponen.
Kalau V. Hofe, Cand. des höhern
Schulamts.
Stassfurt.
Stenffel, Rudolf, Fabrikbesitzer,
Konsul a. D.
Steglitz b/Berlin.
Dahms, Dr. Rudolf, Professor.
Hoffmann, Dr. Otto, Professor,
Gymnasialoberlehrer.
Lehrerbibliothek des Gymnasiums!
Paulsen, Dr. Friedrich, Professor.
Weber, W., Oberburgermeister a. D.
Wendeler, Dr. Camillus.
StendaL
Wendörff, Landgerichts-Präsident.
Stettin.
Gerstäcker, Otto, Amtsgerichtsrath.
iobst, R., Professor,
[eddig, C. A., Director.
Klauwell, Rudolf, Kaufmann.
Kurtz, Frau Kaufmann Reinhold.
May, Rudolf, Kaufmann.
Meister, Ernst, Rechtsanwalt.
Preusser, Fräulein Marie.
Schleich, Dr. med. Karl Ludwig,
Sanitätsrath.
Steffen, Frau Dr. Sanitätsrath P.
Weber, Otto, Landgerichtsrath.
Stockach i/ Baden.
Ottendörfer, Dr. Hermann, Ober-
Amtsrichter.
Stolberg i/Harz.
Albrecht liger, Prinz zu Stolberg-
Stolberg, Durchlaucht.
Bode, Fritz, Fürstl. Stolberg'scher
Kammerdirector.
Stolno, Post Klein-Czyste.
Kreis Kulm i/Westpreussen.
Strübing, Fräulein Frieda.
Stolp (Pommern).
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums.
Pickert, W., Gymnasial- Oberlehrer
und Bibliothekar.
Strassburg W/Pr.
Gymnasium, Königliches.
Strassburg i/E.
Brodrück, Georg, Major.
Budde, Dr. Karl, Professor.
•^^ 49 4•—
Strasflburg i/E.
Friedl aender,Dr . Lu d wig, Professor,
Geh. Rath.
Henning, Dr. R., Professor.
Jacob, Dr. Carl.
Joseph, Dr. Eugen, Privatdocent.
Lenel, Dr. phil. Walter.
Martin, Dr. E., Professor.
Michaelis, Dr. Adolf, Professor.
Seminar, Germanistisches, an der
Universität.
Stilling, Dr. J., Professor.
•Trübner, Karl J., Verlagsbuch-
händler.
Universitäts- u. Landesbibliothek,
Kaiserliche.
Varrentrapp, Dr. C., Professor.
Ziegler, Dr. Theobald, Professor.
Stuttgart.
Abert, Hofcapellmeister.
Bacher, Dr. jur. Albert, Amtsrichter.
Becher, Fräulein Emmy.
Bibliothek, Königliche 'öffentliche.
Bibliothek der Kgl. Technischen
Hochschule.
Clason, Arthur, Kaufmann.
Deahna, Dr., prakt. Arzt.
Donndorf, A., Professor.
Douglas, Theobald, Bergwerks-
"besitzer.
Gerock, Dr. Christof, prakt. Arzt.
Gerschel, Oskar, Antiquar und
Buchhändler.
Hartmann, Dr. Julius, Professor.
Haussmann, Conrad, Rechtsanwalt.
Krabbe, C, Verlagsbuchhändler.
Kröner, Adolf, Verlagsbuchhändler,
Commerzienrath.
Kröner, Alfred, Buchhändler,
Kurtz, P., Buchhändler.
Lang, Dr. Wilhelm.
Mayer, Paul, Ober-Regierungsrath.
Müller, Gustav, Kaufmann.
Müller-Palm, Adolf, Professor.
Museums-Gesellschaft.
Nast, A., Buchhändler (in Firma
Göschen 'sehe Verlagsbuchhdlg).
Obrist, Dr. Aloys, Hofcapellmstr.
Obrist, Frau Dr. Hildegard.
Proelss, Johannes, Redacteur.
V. Riecke, Dr. Karl, Staatsminister,
Excellenz.
Rominger, jun., Nathanael.
Rommel, Dr. Otto.
Schall, Dr. Rieh., Rechtsanwalt.
Stuttgart.
Schqenhardt , Dr. , Oberlandes-
gerichtsrath.
Schott, Frau Amalie.
Schulz, F. G., Commerzienrath.
Siegle, Gustav, Geh. Commerzien-
rath.
Spemann, W., Verlagsbuchhändler.
Steiner, Dr. K., Director, Geh.
Commerzienrath.
Stockmayer, M. E., Rechtsanwalt.
Straub, Dr. L. W., Professor.
Vetter, Leo, Kaufmann.
v. Westenholz, Freiherr, Dr. Friedr.
Wildermuth, Dr. H. A., Arzt.
Zeller, Dr. Eduard, Professor,
Excellenz,
Zweifel-Heer, Frau Jetty.
Tangerhütte b/Magdeburg.
v. Arnim, Frau Marie.
Tempelburg (Pommern).
Berg, Karl, Amtsgerichtsrath.
Thalstein b/ Jena,
v. Tümpling, Kaiser!. Legations-
rath a. D.
Thann i/Elsass.
Curtius, Dr., Kreisdirector.
Tharandt.
Hucho, Dr. Heinrich, Amtsrichter.
Thorn.
BischofF, Landrichter.
Tiefurt b/ Weimar.
Gräness, Kammergutspächter.
Trachenberg (Schlesien).
V. Hatzfeld, Frau Fürstin, Durch-
laucht, geb. Gräfin v. Bencken-
dorff, Oberhofmeisterin L M.
der Kaiserin Augusta Victoria.
Tübingen.
Froriep, Dr. August, Professor.
Geib, Frau Professor L.
Geiger, Dr. Karl, Oberbibliothekar.
Hümer, Dr. G., Professor.
Oesterlen, Dr., Professor.
Siemerling, Dr. E., Professor.
V. Sigwart, Dr., Professor.
Spitta, Dr., Professor.
Universitäts-Bibliothek, Königliche.
Vöchting, Dr. H., Professor.
50 4-
Tatzing b/München.
Ebers, Dr. Georg, Professor.
Rittergut Ulbersdorf i/Sachsen.
V. Gontard, Alexander.
Ulm a'D.
Ulrich, Gustav, Bankier CFirma
Flesch & Ulrich).
üslar (Pro V. Hannover).
Girth, Rechtsanwalt.
Vegesack b/Bremen.
Werry, F., Real-Gymn.-Oberlehrer.
Wilmanns, Dr. med. Georg.
Verifen a/ Aller.
Echte, Landsrichter.
Vieselbach.
Starke, Dr. med., Bezirksarzt.
Vogtohof (Herrnhut) Sachsen.
Bertram, M., Fabrikdirector.
Voltersdorf b/Freienwalde
i/Pommern.
Kieckebusch, Frau Gertrud, geb.
Lüdecke.
Vorra b/Hersbruck (Bayern).
V. Soden, Freiherr, Kais, deutscher
Gouverneur.
Waidenburg i/Schl.
Faist, Frau Director, geb. Kiel-
mann.
Wandsbeok.
Gymnasium.
Wehlau (Ostpreusen).
Moldaenke, Gymnasiallehrer, Pro-
fessor.
Weilburg a/Lahn.
Bibliothek der Landwirthschafts-
Schule.
Weimar.
V. Ahlefeld-Dehn, Baron Louis.
Anding, Karl, Kaufmann.
Apelt, Dr. phil. O., Professor.
Asmus, Wilhelm, Redacteur der
Weimarschen Zeitung.
Aulhorn, Max, Major a. D.
Weimar.
Batsch, C. F., Vice-Admiral ä la
suite des See-Offiziercorps, Ex-
cellenz.
Behrend, Frau Martha.
Bessier, Adolf, Kaufmann.
Böhlau, H., Verlagsbuchhändler.
V. Bojanowski, P., Geh. Hofrath,
Oberbibliothekar.
V. Bothmer, Graf M., Hofreise-
marschall S. K. H. d. Grossh.
von Sachsen.
V. Bothmer, Gräfin E., Staatsdame
L K. H. der Frau Erbgross-
herzogin von Sachsen- Weimar,
Excellenz.
V. Boxberg, Dr., Geh. Staatsrath.
Brock, Paul, Hofschauspieler und
Ober-Regisseur.
Brüger, E., Geh. Justizrath, Staats-
rath.
V. Bülow, Frau Landrath, geb. v.
Carlowitz.
Burckhard, Dr. jur. W., Geh. Rath.
Burkhardt, Dr. H., Archivdirecior.
V. Bylandt-Rheydt, Graf, Premier-
lieutenant, Flügel-Adjutant Sr.
K. H. des Grossherzogs von
Sachsen.
v.Conta, Dr. A., Geh. Medicinalrath.
Demmering, Gerhard, Verlagsbuch-
händler.
Dietrich, Albert, Bankier.
von und zu Egloffstein, Reichs-
Freiherr Dr. phil. Hermann.
Emminghaus, Fräulein Marie.
Ernst, H., Pfarrer.
Felber, Emil, Verlagsbuchhändler.
Francke, Dr. Otto,Gymnasiallehrer.
Fresenius, Dr. phil. A.
V. Freytag - Loringhoven, Freiin
Maria.
V. Freytag - Loringhoven, Freiin
Mathilde.
Froriep, Fräulein Clara.
Geister, Carl, Rentier.
Genast, Frau Ministerial director A.
V. Göben, Frau M.
Görti von Schliti, Graf, Erlaucht.
Gottschalk, G., Rentier.
le Goullon, Fräulein Charlotte.
Graue, Paul, Diaconus.
V. Gross, Dr. R., Freiherr, Wirkl.
Geh. Rath,Staatsminister, Excell.
V. Gross, Freiin Melanie, Stiftsdame.
Haberstolz, Dr. med. A.
-^ 51 4—
Weimar.
V. Hannecken, Fräulein Minnette.
Hardtmuth, Frau Charlotte, geb.
Voelkel.
Härtung, Albert, Verlagsbuch-
händler.
Heitmüller, Dr. phil. Ferdinand.
V. Helldorff, Freiherr, Oberschenk.
Hertel, Friedrich, Hofphotograph.
Hesse, Dr. B., General - Super-
intendent, Geh. Rath.
V. Hollaender, Dr.
V. Holleben, Frau, geb. v. Kunow.
V. Höltzke, Baron C., Wirkl. Geh.
Rath, Kaiserl. Russischer Mi-
nister-Resident, Excellenz.
V. Holzhausen, Baron Alexis,
Karamerherr.
Hummel, Karl, Professor.
Hunnius, Dr. jur. Joh., Geh. Finanz-
rath.
Huschke, A., Hofbuchhändler.
Isles, Miss Alison.
Kohl, Ernst, Eisenbahn - Director,
Ober-Baurath.
Kramsta, Frau Maria.
Krause, O., Kanzleirath.
Krehan, Arno, Kaufmann.
Krieger, Fräulein Karoline.
Kriesche, E., Baurath.
Küchling, Robert, Hofrath, Secretar
I. K. 1^. der Frau Grossherzogin
von Sachsen.
Kuhn, Dr. jur. K., Staatsrath.
Kuhn, O., Geh. Finanzrath.
Lämmerhirt, Dr. phil. Gustav.
Lassen, Dr. Eduard, General-
Musikdirector z. D.
Leitzmann, Dr. Albert, Assistent
am Goethe- u. Schiller-Archiv.
V. Loen, Freifrau Maria, Excellenz.
LorinjB^, Frau S., Rentiere.
Mensmg, Wilhelm, Privatier.
Meurer, Dr. H., Professor.
V. Milde, Fr., Kammersänger.
v. Minckwitz, Wirkl. Geh. Rath,
Kgl. Sachs. Gesandter, Excell.
Mirus, Dr. A., Gerichts-Assessor
a. D., Schriftsteller.
Moritz, Dr. jur.R., Comraerzienrath.
Müller, Theodor, Hofjuwelier.
Müller-Hartung, Karl, Professor,
Hofrath, Director der Grossh.
Musikschule.
Weimar.
V. Müller-Schubart, Frau Baronin,
geb. Gräfin v. Bothmer.
Neuflfer, Dagobert, Hofschauspieler.
Niemeyer, Garten-Director.
V. Palezieux-Falconnet, Oberst u.
Flügel-Adjutant Sr. K. H. des
Grossherzogs von Sachsen.
Panse, A., Oberst z. D.
Pause, Frau Oberst,
V. Pappenheim, Fräulein Julie.
Pfeiffer, Dr. Ludwig, Geh. Hof- u.
Medicinalrath.
Preller, Frau Professor.
Rasch, Hermann, Buchhändler.
Raschdau, Geh. lygaticmsraih.
Raschdau, Frau Geh. Legationsrath.
Rassow, Dr., Geh. Oberschulrath,
Geh. Hofrath.
Reuter, Fräulein Lilly.
Ritter, Dr., Professor, Director des
Sophienstifts.
Rothe, K., Geh. Staatsrath.
V. Rott, Fräulein Amelie.
Rottmann, A., Rentier.
Rudolph, A., Oberst z. D.
Ruickoldt, Dr. med. W., pract. Arzt.
Rulaiid, Dr. C., Geh. Hofrath,
Director des Grossherzoglichen
Museums und des Goethe-
National-Museums.
Sältzer, O., Staatsrath.
Sand VOSS, Dr. Franz.
zu Sayn -Wittgenstein - Berleburg,
Pnnz Otto, Durchlaucht, Oberst
und Flügel-Adjutant Sr. K. H.
des Grossherzogs von Sachsen.
Scharf von Gauerstedt, Ritterguts-
besitzer.
V. Scheffler, Dr. phil. Ludwig,
Privatgelehrter.
Schenk, Dr. E., Staatsrath, Ministe-
rial-Director.
Schmid, Dr.jur. J., Geh. Reg.-Rath.
Schmid, Regierungsrath.
Scholl, Fräulein Louise.
Schomburg, Dr., Geh. Staatsrath.
v. Schorn, Fräulein Adelheid, Stifts-
dame.
Schubert, Dr. phil. O., Professor,
Gymnasiallehrer.
Schütz, Frau Rath W.
Schwabe, Dr. B., Oberstabsarzt.
V. Schwendler, Fräulein E.
Schwier, K., Photograph.
—4^ 52 4—
Weimar.
Slevogt,Dr.K.,Geh.Regieruiigsrath.
Sophienstift.
Stapff, A., Rechtsanwalt.
Stavenhagen, W., Rentier.
Steiner, Dr. Rudolf, Schriftsteller.
Stollberg, J., Geh. Finanzrath.
V. Strachwitz, Frau Gräfin, geb.
Gräfin Henckel von Donners-
marck.
V. Strauch, W., Oberlandjäger-
meistcr, Excel lenz.
Suphan, Dr. Bernhard, Professor,
Hofrath, Direktor des Goethe-
und Schiller-Archivs.
V.Taube von der Issen, Otto, Baron.
Thelemann, Ludwig, Buchhändler.
V. Thüna, Dr. Freiherr, Bezirks-
director a. D.
Trümpier, Frau Anna.
Uschmann, Ernst, Buchdruckerei-
besitzer.
v.Vignau, H., Kammerherr, Grossh.
Hoftheaier-Intendant.
V. Vignau, Frau Margarethe.
Voigt, Heinr., Verlagsouchhändler.
Vulpius, Fräulein Helene.
Wächter, Frau Justizrath Bertha.
Wähle, Dr. Julius.
V. Wasmer, Fräulein L.
V. Watzdorff, Fräulein A., Staats-
dame.
Wedekind,Frau Reg.-Rath-Wwe.G.
V. Wedel,Graf O., Wirkl. Geh. Rath,
Ober- Hofmarschall, Excellenz.
Weniger, Dr. L., Professor, Hof-
rath, Gymnasialdirector.
Weniger, Fräulein Elisabeth;
Weinheim (Baden).
Goebel, Dr. phil., Gymnasialober-
lehrer a. ü.
Weissenhaüs
b/Döhnsdorf (Holstein).
zu Platen-Hallermund, Graf Carl,
Erlaucht.
Wernigerode.
Harnack, Frau Professor H.
Henkel, Dr., Professor, Gymnasial-
director a. D.
zu Stolberg -Wernigerode, Fürst
Otto, Durchlaucht.
Westeod b/Charlöttenburg.
Sydow, Frau Elisabeth, geb. Fuhr-
mann.
Werckmeister, Frau Emmie.
Wiesbaden.
Bickel, Dr. Gustav, pract Arzt.
Clüsener, Ludwig, Rentier.
Conrady,Dr Max, Geh.Sanitätsrath.
V. Crüger, G., Generallieutenant
a. D., Excellenz.
Frank, Dr. Georg, Docent.
Fresenius, Dr. R., Professor, Geh.
Hofrath.
Gecks, Leonhard, Buchhändler.
Giessen, Hans, Kammersänger.
Grünhut, Dr. Leo, Vereid. Gerichts-
chemiker.
Guttmann, Rechtsanwalt.
V. Hülsen, G., Lieutenant, Inten-
dant.
Konopacka, Fräulein Anna.
Lugenbühl, Frl. Helene, Rentnerin.
Meissner, Prof. Dr. Carl.
Pfeiffer, Dr. Emil, Sanitätsrath.
Preyer, Dr.W., Professor, Hofrath.
Schieiden, Fräulein Eleonore.
Wankel, Hauptmann a. D.
Weidenbusch, H.
V. Woehrmann, Baron.
Wittenberg.
Guhrauer, Gymnasialdirector.
Wittstock i/M.
Plessner, Amtsgerichtsrath.
Wohlau i/Schl.
Arlt, Albrecht, Gymnasiallehrer.
Wolfenbüttel.
Graf, Dr. phil. Hans Gerhard. .
Worms.
Heyl zu Herrnsheim, Freiherr.
Reinhart, Frau Nicolaus.
Wundlacken i/Ostpreusen.
zu Dohna, Frau Gräfin Gertrud.
Würzburg.
Prym, Dr. Friedrich, Professor.
Rocttecken, Dr. Hubert, Privat-
docent.
— ► 53 *-
Würzburg.
Schönborn, Dr., Professor, Geh.
Medicinalrath.
Stahel, Oscar, Kgl. Hof- und Ver-
lagsbuchhändler.
Universitäts-Bibliothek, Königliche.
Dominicum Zakrzewo
b/Wytaszyce (Provinz Posen).
Carst, Frau Dr. Martha.
Zittau i/ Sachsen.
Franz, Ose. Wilh., Amtsgerichts-
rath.
Zittau i/ Sachsen.
Neumann, Dr. phil., Realgymnas.-
Oberlehrer.
Stadtbibliothek, öffentliche.
Zschopäu.
Gensei, Richard, Buchhändler.
Zweibrucken (Rheinpfalz).
Henigst, Oscar, Kaufmann.
Zwickau.
Becker, Stud, phil. Err^-in Joh.
Goethe- Verein.
Kellner, Dr. phil. H. C, Professor
und Gymnasial-Oberlehrer.
ÖSTERREICH-UNGARN.
Baden b/Wien.
Landes-, Real- und Ober-Gym-
nasium,Nieder-österreichiscnes.
Rollet, Dr. Hermann, Stadtarchivar
und Museums-Custos.
Balinee, Post Slatina.
Förster, Frau Eugen.
Blaneko (Mähren\
Salm, Fürst Hugo, Durcnlaucht.
Bozen (Süd-Tyroh.
Kinsele, Dr. Anton, Aavocatur-
Concipient.
Brunn.
Franzens-Museum.
Budapest.
V. Benczür, Frau Gyula, Künstler-
gattin.
Heinrich, Dr. Gustav, Professor.
Kornfel.!, .Sigmund, Director der
Ungarischen Allgem. Credithank.
Czernowitz.
Gymnasium, K. K.
Hilberg, Dr. J., Professor.
Paschkis, Dr. Moritz, Advocat und
Rechtsconsulent.
Universiiäts-Bibliothek, K. K.
Walter, Richard, Fabrikant.
Döbling b/Wien.
v.Gioninia,Eugen,Landgerichtsrath,
Gaya (Mähren).
Koch, Dr. Carl, Advocat und
Bürgermeister.
Gleichenberg (Steiermark).
V. Hausen, Frau Bertha.
Graz.
Adamek, Dr. Otto, Professor.
V. Attems, Dr., Graf Ignaz.
V. Attems, Frau Gräfin Rosa.
V. Gnad, Dr. Ernst, Ritter, K. K.
Landesschulinspector, Hofrath
a. D.
Hermann, Frau Maria.
Hofmann, Dr. Karl B., Professor.
LaHdes-Bibliothek,Steiermärkische.
Landes-Oberrealschule.
Mack, Fräulein Marianne.
Neuhold, Franz, Bankier.
Philologen -Verein, Academischer.
Schlossar, Dr. Anton, Kaiserl. Rath,
Gustos der K. K. Universitäts-
Bibliothek.
Schönbach, Dr. Arnold E., Pro-
fessor, Regierungsrath.
Seminar für deutsche Philologie an
der K.K.Karl-Franz-Universität.
Seuffert, Dr. Bernhard, Professor.
Universitäts-Bibliothek, K. K.
Gries b/ Bozen (Tyrol).
Jansen, Dr. phil. A., Professor.
Hermanndtadt.
Baron Samuel v. Brukentharsches
Museum.
Jaworzno (Galizien).
Stein, Ernst Eduard, General-
secretär.
Innsbruck (Tyrol;.
Loewit, Dr. Moritz, Professor.
Staats-Gymmnasium K. K.
Wackerneil, Dr. Jos. E , Professur.
'^ 54 ♦-
Klagenfürt (Kärnthen).
Obermaver, Victor, Ingenieur i. P.
der Ungarischen Staatsbahn.
Krakau.
Creizenach, Dr. Wilhelm, Professor.
V. Gorski, Dr. phil. Konstantin.
Seminar, c^ermanistisches, an der
K. K.Universität.
Krumpendorf b/Klagenfurt.
Rauscher v. Stainberg, Eduard.
Leitmeritz i/ Böhmen.
Lehrerbibliothek des K. K. Staats-
Obergymnasiums.
Lemberg.
Seminar für deutsche Philologie.
Werner, Arnold, Kaufmann.
Werner, Dr. Richard Maria, Pro-
fessor.
Marburg a/Drau.
Prem, Dr. S. M., K. K. Professor
an der Staats-Oberrealschule.
Matzen b/BrixIegg (Tyrol).
V. Lipperheide, Freiherr Franz, Ver-
lagsbuchhändler aus Berlin.
Neusatz (Ungarn).
Savic, Dr. Milan, Schriftsteller.
Nograd Berczel (Ungarn).
V. Marschall, Frau Baronin Ma-
thilde.
Olmütz.
Staats- Gymnasium, Deutsches.
V. Zierotm, Frau Gräfin Ernestine.
Pötzleinsdorf b/Wien.
Mautner, Jenny.
Prag.
Feilchenfeld, Frau Bankdirector
Henriette.
Fürst, Dr. phil. Rudolf.
Hatschek, Dr. Berthold, Professor
der Zoologie an der K. K.
Universität.
Hauffen, Dr. Adolf, Privatdocent
an der deutschen Universität.
Hruschka, Alois, Professor.
Keindl, Ottomar, General-Agent
der Leipziger Feuer- Vers.- Anst.
Prag.
Krauss, Dr.phil.Ernst, Privatdocent.
Lambel, Dr. Hans, Professor.
Lese- und Rede- Halle der deutschen
Studenten in Prag.
Rabl, Dr. C., Professor.
Sauer, Dr. August, Professor.
Seminar für deutsche Philologie.
Toischer, Dr. Wendelin, Professor.
Universitäts-Bibliothek, K. K.
Urban, Dr. Karl.
V. Zdekauer, Frau Anna, geb. Artus.
Ranshofen (Ober-Österreich).
Wertheimer, Frau Franziska.
Ravelsbach (Nieder-Osterreich).
Slaby, Engelbert, Volksschullehrer.
Salzburg.
Jäger, Dr. Anton,Hof- und Gerichts-
advocat.
Werner, Alexander, Civilingenieur.
zu. Wrede, Fürst Friedrich, Durch-
laucht.
Scheibfls (Nieder-Österreich).
Baumeister, Johann, K. K. Bezirks-
richter.
Szczakora (Galizien).
Pick, Frau Dr. Ottilie.
Schloss Tribuswinkel
b/Baden b/Wien.
Qjiirini, Frau Rittmeister Hermine,
geb. Borekenstein.
Weiasenbach a'd. Enns
(Steiermark).
Sauerländer, Walter.
Weisskirchen i/ Mähren.
Staats-Gymnasium, K K.
Wien.
Adler, Frau Emma.
V. Adrian- Werburg, Baron Ferdi-
nand.
V. Arenberg, Prinz Joseph, Durch-
laucht.
Bauer, Moritz, Director des Wiener
Bankvereins.
Beer, Dr. A., Professor, Hofrath,
Benndorf, Dr.O.,Professor,Hofrath.
Berl, Richard.
Bettelheim, Dr. Anton, Schrift-
steller.
-^ 55 4—
Wien.
V. Bezecny, Freiherr, Geh. Rath,
Mitglied des Herrenhauses,
General - Intendant der Hof-
theater, Excellenz.
Bibliothek des K. K. Staats-Gym-
nasiums im VIII. Bezirk.
Blume, Dr. Ludwig, Professor.
Boschan, Wilh., Kaiserl. Rath.
Brandeis, Dr. phil. Arthur.
Bruch, Dr. Hermann, Hof- und
Gerichts- Advocat.
Chrobak, Frau Professor Kelly.
Club, Wissenschaftlicher.
Daubrawa, Dr. Alfred.
Demuth, Theodor (Firma Gerold
& Comp., Buchhandlung).
Dumha, Nicolaus, Reichsraih, Herren-
haus-Mitglied.
V. Egger - Möllwald, Dr. Alois,
Ritter, K. K. Regierungsrath.
Eissler, Arthur.
Faber, Frau Bertha.
Federn, Dr. S.
V. Feifalik, Ritter Hugo, Hofrath,
Secretär Ihrer Majest.d.Kaiserin.
Figdor, Frau Marie.
V. Fleischl, Frau Ida.
Freund, Theophil.
Frick, W., K. K. Hofbuchhandlung.
Gaber, Dr. Karl, Auskultant.
V, Gerold, Frau Rosa,geb, Henneberg,
Gilhofer & Ranschburg, Buchhdlg.
Ginzberger T. , Inspector der
Kaiser Ferdinand-Nordbahn.
Glaser, Frau Geh. Raths-Wwc.
Wilhelmine, Excellenz.
Goethe-Verein, Wiener.
Göttmann, Karl, Scriptor der
Kaiserl. Hofbibliothek.
Gomperz, Dr. Theodor, Professor.
Gugha, Dr. E., Professor.
V. Hartel, Ritter, Dr. W., Professor,
K. K. Horath, DirectorderK.K.
Hofbibliothek.
Hartmann, Ernst, Hofschauspieler
und Regisseur.
V. Heinzel, Ritter, Dr. Richard,
Professor.
Heuberger, Richard, Musiker.
Hofbibliothek, Kaiserl. Königl.
Hofmann, Dr. med. Julius, Hofrath.
:(u Hohenlche -Schillingsfür st , Frau
Fürstin A., geb. Prin:^essin Witt-
genstein, Durchlaucht.
Holzmann, Dr. Michael.
Wien.
Hörn, Joseph.
V. Hoyos, Graf Rudolph.
Jägermayer, Frau Anna,
Kaiser, Frau Hermine.
Kalbeck, Dr. Max, Schriftsteller.
V. Kinsky, Fürst Ferdinand, Durch-
laucht.
V. Kinsky, Frau Fürstin Marie,
Durcmaucht.
Koenig, Rudolf.
Konegen, Karl, Buchhändler.
Krastel, Fritz, Hofschauspieler.
V. Lanckorönsky, Dr., Graf Carl.
Langer, Frau Irma.
Lehrerbibliothek des K. K. Staats-
Gymnasiums im II. Bezirk.
Lewinsky, Joseph, Hofschauspieler
und Regisseur.
V. Lützow, Dr. C, Professor.
V. Mauthner-Markhof, Frau Editha,
geb. Baronin v. Sustenau.
Mayer, Dr. phil. F. Arnold.
Mäyer, Dr. Karl O.
V. Merey, Alexander, Geheimer
Rath, Sectionschef im Reichs-
Finanzministerium, Excellenz.
Minor, Dr. Jacob, Professor.
Neumann, l(arl.
Oppenheim, Joseph, Redacteur.
Payer von Thurn, Rudolf, Beamter
im K. K, Ministerium für Cultus
und Unterricht, Redacteur der
Chronik des Wiener Goethe-
Vereins.
Pinder, Rittmeister.
Plutzar, Dr. Ernst, Hof- und Ge-
richts-Ädvocat.
Poschacher, Frau Louise, geb. Ried.
Reiter, Dr. Siegfried, Prof.
Reitzes, Fräulein Gisela.
Reitzes, Frau Marguerita.
Rieger, Dr. Karl, Professor.
Robert, Emerich, Hofschauspieler.
Rösche, Hermann, Ober-Ingenieur
der K. F. Nordbahn.
Rosenthal, Bernhard, Bankier.
Russ, Dr. Victor, Gutsbesitzer, Mit-
glied des Abgeordnetenhauses.
Russo, Isidor.
Schnabel, Dr. Isidor, Professor.
V. Schneider, Dr. Robert, Ritter,
Custos der Kaiserl. Antiken-
sammlung.
Scholz, J., Erzherzogl. Secretär
uAd ßevollmächtigter.
—* 56 ♦-
Wien.
Schöne, Hermann, Hofschauspieler
Schröer, Dr. K. j., Professor.
Schulz V. Strasznitzki, Dr. Johann,
Sectionsrath im K. K. österr.
Ackerbau-Ministerium.
Schwab, Cand, jur. Albert.
Seefi;en, Dr. Joseph, Professor.
Seidel, Ludwig, Buchhändler.
Seminar für deutsche Philologie
an der K. K. Universität.
V. Sizzo-Noris, Frau Gräfin Marie.
V. Skene, Louis.
V. Sonnenthal, Ritter Adolf, Hof-
schauspieler und Regisseur.
Speidel, Dr. Ludwig, Schriftsteller,
V. Spiegl, ^dgar, Cnefredacteur.
V. Stern, Frau Leopold.
Streicher, Frau Karoline.
V. Stremayr, Dr. Karl, Geh. Rath,
Präsident des K. K. Obersten
Gerichts- und Kassationshofes,
Excellenz,
Thimig, Hugo, Hofschauspieler.
V. Trauschenfels, Dr. Eugen, Ober-
kirchenrath.
Unger,Dr.Josef,Prof.,Ministera.D.,
Präsident des Reichsgerichts,
Geh. Rath, Excellenz.
Wien.
Universitäts-Bibliothek, K. K.
Walzel, Dr. phil O. F.
Wärndorfer, Fritz.
V. Weilen, Ritter Dr. Alexander.
V. Weiss-Starkenfels, Freiherr Al-
fons, K. K. Minist-Secretär im
Ackerbau-Ministerium.
Weiss V. Tessbach, Ritter Dr. Adolf.
Weiss V. Wellenstein. Frau Stefanie.
WickhofF, Dr. Franz, Professor.
Wolter, Frau Charlotte, K. K. Hof-
schauspieierin.
Zweybrück, Dr. Franz.
Zwierzina, Dr. phil. Konrad.
Wiener Neustadt.
V. Hornau, Ritter Karl Gerbert,
K. u. K. Hauptmann, Lehrer
an der Theresianischen Militär-
Academie.
Nieder-Österr. Landes - Oberreal-
und Fachschule für Maschinen-
Sohloss Zalaber.
(Südbahnstation Szt Jöan Ungarn).
V. Gutmann-Gelse, Frau Laczi, geb.
Rosa Klein.
SCHWEIZ.
Aarau.
Cantons- Bibliothek, Aargauische.
Au Züriohsee.
Moser, Fräulein Fanny.
BaseL
Burckhardt, Dr. jur. C., Rathsherr.
Kögel, Dr. Rud., Professor.
Lese-Gesellschaft.
Thommen, Dr. phil. Rudolph.
Volkland, Dr. Alfred, Kapellmeister.
Wackernagel, Dr. R., Stadtarchivar.
Bern.
Hir^el, Dr. Ludwig, Professor.
Marcusen, W., Professor.
Marcusen, Fräulein Lilli.
Stadt-Bibliothek.
Chur.
Hitz, L., Buchhändler.
Frauenfeld.
Linnekogel, Otto, FabrikbesÜzer.
Freiburg.
Streitberg, Dr. W., Professor.
Genf.
Beard, Ernst Alfred, Privatier.
Bouvier, Dr. Bernhard H., Professor
an der Universität.
Soret, J. Louis.
Kilchberg b/ Zürich.
Meyer, Dr. Conrad Ferdinand.
Lausanne.
Gart, Dr. William, Professor.
Solothurn.
Cantons-Bibliothek.
St. Gallen.
Stadt-Bibliothek (Vadiana).
Teufen (Canton Appenzell).
Roth, Dr., prakl. Arzt.
— ^ 57 ^4—
Wintertimr.
Radecke, Dr. phil. Erast, Städti-
scher Musikdirector,
Stadt-BibÜQthek.
Zürich.
Baechtold, Dr. J., Professor.
Bertheau, Dr. F., Spinnereibesitzer.
Blümner, Dr. Hugo, Professor.
Bodmer, Dr. Hans.
Zuriofa.
HirzeJ, Dr. Paul, Schulpräsident.
Museums-Gesellschaft.
Schoeller, Rudolf.
Stadt-Bibliothek.
Treuttler, Ludwig, Director des
Stadttheaters.
Vögeli-Bodmer, A., Oberst.
Widraer, C, Director der Schweiz.
Rentenanstalt.
BELGIEN.
Antwerpen.
Rooses, Max, Conservateur du
Mus^e Plantin.
Brüssel.
Caratheodory>EfFendi, Kaiserl. Tür-
kischer Gesandter, Excellenz,
Brüssel.
V. Geldern, Gräfin Bertha.
Gevaert, Franz Aug., Professor,
Direcieur du Conservatoire
Royal de Musique.
V. Treutier, Lieutenant.
AVieniawski, Frau Joseph.
DÄNEMARK.
Kopenhagen.
3iblipthek, Grosse, Königliche.
Hansen, P. Professor.
Hansen, S., Buchhalter.
Henrigues, L., Wechselmakler.
Hirschsprung, Oskar H., Fabrikant.
•Schmidt, Rudolf, Schriftsteller.
Wimmer, Dr. Ludwig, Professor.
Zeuthen, L., Obergerichts- Anwalt.
FRANKREICH.
Levallois-Perret (Seine).
Saling, Jacques, Professeur de
langue et de litt^rature alle-
mandes.
Nizza.
V. Arnoldi, Frau Gräfin.
Schropp, Ralph, Privatier.
Paris.
Andler, Charles.
Barine, Frau Arvfede.
ficole Normale Sup^rieure.
Goldschmidt,' Leopold, Bankier.
Mendel, Mfne. Henry.
Neumann, Albert, Kaufmann, in Fa.
Charles Levy & Frfere.
Wiesenthal, Alfred, Kaufmann.
Suresnes (Seine).
Bondy, A. E.
' Yalentigny.
Bovet, Alfred.
GRIECHENLAND.
Piräns«Athen.
Lüders, Dr. Otto, Kaiserl. Geh. Regierungsrath und General - Consul.
GROSSBRITANNIEN.
^eokenham b/Londoh. 1 Bowion b/Manchester.
Weiste, D. 1 Güterbock, Alfred.
-*• 5« ♦—
Cambridge.
Breul, Dr. phil. Karl, M. A.
Browning, Oscar, M. A.
Cravenhnrst b/London.
Flügel, Charles, Rentier.
Edinburgh.
Schlapp, Otto.
Glasgow.
Robertson, Mrs. R. A.
Rottenburg, Fritz.
Rotten bürg, Paul.
Tille, Dr. Alexander.
Leed« (Yorkshire).
Schüddekopf, Dr. A. K.
Yorkshire College-Library.
Liverpool.
Meyer, Kuno, Professor am Uni-
versity College.
London.
Armbruster, Carl, Kapellmeister.
Behrens, A.
Broicher, Fritz.
Buchheim, Dr. C. A., Professor
am King's College.
London«
Cyres, Lord St.
Freund, Max.
Holzmann, Dr. Moritz.
Lecky, Mrs.
Lehmann, Rud., Maler.
Robb, Mrs.
Rudolph, H.
Schütz- Wilson, H.
Stern, James, Bankier.
Manoheeter.
Bibliothek des Owens College.
Schiller-Anstalt.
Newcaetle o/Tyne.
Merz, Dr. Theodor.
Owen Seaman, Esq.
Oxford.
Bodleian Library.
Caird, Professor E., L. D.
Parker, James & Co., Buchhändler.
Taylor-Institution.
Swansea.
Glass, James R. W. S., Coal-
Merchant.
Mitglieder der English Goethe-Society, welche, als zugleich
der deutschen Goethe-Gesellschaft angehörig, durch Mr. A.
Nutt bei letzterer angemeldet sind:
Edinburgh.
Bristol.
Cann-Lippincott, R. C.
Cambridge.
Lee, Miss Jane.
Ward, Miss.
Welsh, Miss.
Cheltenham.
Macgowan, W. S., M. A.
Dublin.
Dowden, Prof. E., L. D.
Dowden, Miss.
Lyster, Thomas Wilson.
National Library.
Trinity College Library.
Webb, T. E., Judge.
DnlYerton.
Owen, Rev. J.
East Twickenham (Surrey).
Alford, R. G.
Morris, Rev. A. B.
Eltham (Kent).
V. Orsbach, Rev. E.
Glasgow.
Blackie,Waher,Verlagsbuchhändler.
London.
Althaus, Prof. Dr. ph. F.
Buss, Miss.
Chadwick, Miss M.
Coupland, Dr. W. C, M. A.
Ferguson, Miss Ph^mie.
Hertz, Miss.
Joachim, Mrs.
Jordan, P. L. W., Kaiserl. deutscher
Generalconsul.
Kirby, W. F.
Kroeker-Freiligrath, Mrs. K.
Lawrence, Miss Mary.
Lewes, Prof. V. B.
L ib r a r ia n Rcrfo^
i-prjdon Libman
^, R A.
, H
Mond, Mrs. I_ .
Tanoo, ■- G. H. »
Sal 1^
6o ^.-
ITALIEN.
Florenz.
van der Heim de Diuvendyck, Frau
Baronin, geb. v. Schlieckmann.
V. d. Hellen, Dr. Eduard.
Hildebrand, Adolf, Prof., Bildhauer.
V. Kaufmann, Ludwig, Rentier.
V. Nolde, Baron Wilhelm.
V. Zoubow, Frau Marie.
Neapel.
Dohrn, Dr. Anton, Professor.
Kellner, August, Kgl. dänischer
Vice-Consul.
Rom.
V. Bülow, geb. Prinzess Camporeale,
Frau, Excellenz.
Dausch, Konstant! n,Professor, Bild-
hauer.
Guerrieri - Gonzaga , Frau Mar-
chesa E
Hamack, Dr. Otto.
Tennison, Miss Lucy W.
Mengarini, Frau Dr. Margherita.
V. Meysenbug, Fräulein Malwida.
Telmann, Dr.Konrad, Schriftsteller.
Turin.
Peschel, Frau Professor Dr.
Venedig.
V. Hatzfeld - Trachenberg , Frau
Fürstin Marie, Durchlaucht.
NIEDERLANDE.
Amsterdam.
van Hall, Dr. jur. J. N., Redacteur.
Hartog, Jacques, Docent für Musik-
geschichte am Conservatoriura.
Hertz, Dr., Professor, Director der
med. Universitäts-Klinik.
Nijhoff, P., Buchhändler.
Baam b/Amsterdam.
van Lier, Fräulein Fanny, Lehrerin
d.deutschen Sprache u. Literatur.
Groeningen.
V. Haarst, J. W. G., Universitäts-
Bibliothekar.
Symons, Dr. B., Professor.
Haag.
Bibliothek, Königliche.
Blum, T. H., Gymnasiallehrer a.D.
Clifford, Madame, geb. von der
Onvermeulen.
de Constant-Rebecque, Baronesse
Petronella Sara Maria D.
de Grovestins, Baronin Sirtema.
van Hensbrock, P. A. M., Buch-
händler.
Haag.
Kossmann, Dr. phil. E. F., Gymn.-
Lehrer und Privatdocent.
V. Randwyck, Frau Gräfin J., geb.
Baronesse v. Hogendarp.
Scheurleer, D. F., Bankier.
Haarlem.
Smit-Kleine, Dr. Schriftsteller.
Tidemann, Dr. theol. u. Pfarrer.
Hilversum.
Byvanck, Dr, W. G. C.
Leiden.
Breuning, H. H., Docent am Gym-
nasium.
V. Doesburgh, S. C, Buchhändler.
Utrecht.
de Jonge, Dr. jur. F. W.
Wamsveld b'Zütphen.
V. Westerholt v. d. Boggelaar, Frau
Baronin.
Zutphen.
Henny, Fräulein Agnes.
NORWEGEN UND SCHWEDEN.
Christlania.
Boeck, Dr. Cäsar.
Universitäts-Bibliothek.
Stockholm.
Bibliothek, Königliche.
Gyldte, Frau Professor Therese,
geb.'v. Knebel.
— 4^ 6i <«—
RUMÄNIEN.
Bukarest.
Sturd^a, Demetrius, Kgi Staatsminister a, D,, Excelleni.
RUSSLAND.
Dorpat.
V. Anrep-Ringen, Frau.
V. Bradke, Fräulein M.
Christiani, Stud. phil. Wilhelm.
Curonia (Corporation).
Fraternitas Rigensis (Studentische
Corporation).
V. Hoerschelraann, Frau Prof. A.
V. Liphart-Rathshof. R.
Lundmann, Chr., Oberlehrer.
Masing, Dr. Woldemar,
Meyer, Dr. Leo, Professor, Wirk-
licher Staatsrath.
Muyschel, Fräulein M., Instituts-
vorsteherin.
V. Oettingen, Dr. Alex., Professor.
V. Oettingen, Max.
Schlüter, Dr. Wolfgang, Universi-
täts-Bibliothekar.
Sintenis, F., Oberlehrer, Staatsrath.
Universitäts-Bibliothek, Kaiserliche.
Fellin (Livland).
Felliner Literarische Gesellschaft.
Friedenthal (Livland).
V. Nasackin, Reinhold.
Schloss Gross-Roop (Livland).
V. Rosen, Freiin Ady, Edelfräulein.
SchlossGrünhofb/Mitau(Kurland).
v.Medem,Frau Reichsgräfin Alexan-
drine, geb. Fürstin v. Lieven,
Durchlaucht.
Helsingfors (Finnland).
Donner, Dr. phil. T. O. E.
Universitäts-Bibliothek.
Kersel (Livland).
v. Bock, H., Landrath, Excel lenz.
Loddiger (Livland).
Girgensohn, Dr. Hans, Kirchspiel-
Arzt.
Menzen i/ Livland.
v. Wulf, Dr. phil. Max.
Mitau.
V. Medem, Frau Reichsgräfin Jenny,
geb. Baronin von OfFenberg.
Moskau.
Bachmann, Georg, Staatsrath.
Narva.
Zimmermann, Carl Arthur, Apo-
theker.
Nikolajew.
Reyher, Rudolf Wolfgang,
Odessa.
Meyer, Dr. Heinr.,Wirkl. Staatsrath,
Excellenz.
Schmidt, Dr. Carl.
Riga.
V. Budberg, Baron Gotthard, Ge-
nerallieutenand a. D., Excellenz.
Dannenberg, Hugo, Oberlehrer.
V. Freytag - Lormghoven, Baron
Alexander.
V. Frevtag - Loringhoven, Baron
Cari, Rechtsanwalt.
Hartmann, J.
v.Lieven,Fürstin Constanze, Durch-
laucht.
Lovis, Frau Professor Adeline.
Martersteig, Max, Director des
Stadttheaters.
v.Nolcken, Baron Georg, Majorats-
herr auf Esern.
Nölting, Fräulein Bertha (E. Heldt).
Saratoff (Jljiusche).
David, Cand. minist. Theod.
Semershof (Livland).
V. Wolf, Freiin Eleonore.
Smilten (Livland).
Bergmann, Eugen, Apotheker.
St. Petersburg.
Bibliothek, Kaiserl. öffentliche.
Feldmann, Carl, Schuldirector.
Heyse, Th., Kaufmann.
27'
— >f 62 ^—
St. Petersburg.
Kir^jew, Alexander, Generallieute-
nant, Excellenz.
Koenig, Josef, Schuldirector, Wirkl.
Staatsrat!], Excellenz.
V. Korff, Frau Baronin Louise, Hof-
dame I. Kaiserl. Höh. der Frau
Grossfurstin Elisabeth Mauri-
kiewna von Russland.
Kroug, Frau Dr. Elfriede.
V. MeyendorfF, Baron Mich.
V. Radecki, Dr. med. Staatsrath.
V. Reutern, Basil, Geh. Rath.
V. Strauch, Eugen, Wirkl. Staats-
rath, Excellenz.
St. Petersburg.
V. Struve, Dr. Nicolaus, Professor.
V. TenischefF, Frau Fürstiiij Durch-
laucht.
V. Wolkenstein -Trostburg, Frau
Gräfin, geb. v. Buch, Excellenz.
Schlosfl Tarwaet i/Livland
(via Fellin).
v.Mensenkampff,FrauGabrielle,geb.
Fürsin v. Lieven, Durchlaucht.
Wiborg (Finnland).
Alfthan, Ferd., Vice-Consul.
SPANIEN.
Madrid.
Gayangos de RiaSo, Frau Emilia, I v.Radowitz, Kaiserl. Deutscher Bot-
Excellenz. | schafter, Wirkl. Geh. Rath, Exe.
TÜRKEI.
Conetantinopel.
Bartsch, Dr. jur. Rud., Rechtsanwalt.
Grosser, Dr. Julius, Correspondent der Kölnischen Zeitung und Director
der Agence de Constantinople.
AFRIKA.
Tanger-Marokko.
v. Tattenbach, Frau Ministerresident, Gräfin.
AMERIKA.
Andover.
Ripley, A. L., Professor.
Ann Arbor.
Library of University of Michigan.
Thomas, Calvin, Professor.
Auburndale (Mass.).
Morris, Miss Helen B.
Aurora (N. Y.).
Piutti, Fräulein Elise, Lehrerin.
Baltimore.
Gudemann, Dr. Alfred, Docent an
der John-Hopkins University.
Hilken, Fräulein Marie.
Hofmann, Julius, Pastor.
John-Hopkins University.
Reinhardt, Dr. Ferdinand.
Wood, Dr. Henry, Professor.
Beloit (Wisc).
Beloit College Library.
Berkeley (Californien).
Library of University of California.
Richardson, George M.
Boston (Mass.).
Adams, Miss Sarah Holland.
V. Blomberg, Freiin Eva.
Gardner, Frau J. L.
Higginson, Mrs. Henry L.
Vogel, Franz, Assistent, Prof. of
modern Languages.
-^ 63 ^'
Brooklyn.
Genung, Charles H.
Bryn Mawr (Pa.).
Bryn Mawr College.
Chamberlin, Miss Kosa.
Collitz, Dr. phil. Hermann, Prof.
Buenos-Ayres.
Krauel, R., Kaiserl. Gesandter.
Cambridge (Mass.).
Harvard College.
Chicago.
Frank, Henry L..
Spiering, Theodor B.
Vocke, William, Attorney and
Counselor at Law.
Clinton (N. Y.).
Brandt, H. C. G., Professor.
Grinnell (Jowa).
Nollen, Dr. phil. John S., Prof.
am Jowa College.
Harre de Graee (Md.).
Faust, Albert B.
Ithaka (N. Y.).
Cornell University Library.
Hart, Professor Dr. J. M., Cornell
University.
Hewett, Dr. W. T., Professor.
White, Dr. H oratio Stevens, Prof.
KnoxYille (Tennessee).
Hennemann, Dr. John B.
Leominster (Mass.).
Scott, Dr. G. R. W.
Madison (Wisc).
Rosenstengel, W. H., Professor.
Wilkens, Dr. Friedrich H., Pro-
fessor.
Milwaukee (Wisc).
Grant v. Tetzel, Frau Frances.
Mendel, Henri M.
Weis, C.
New Haven (Conn.).
Gruener, Gustav.
Palmer, A. H., Professor.
Yale-University.
New Orleans (La.),
v. Meysenbug, Freiherr E., K. K.
österr. -Ungar.» Consul.
Tulane-University.
New-York.
Astor Library.
Baumgarten, W.
Bayara-Tavlor, Mrs.
Billgvist, C. E.
Boyesen, H jalniar Hjörth, Professor
am Columbia College.
Columbia College.
Dreier, L.
Goebel, Dr. Julius.
Lemcke, Ernst, Buchhändler.
Loewy, Benno, Counsellor at Law.
Miller, C. R., Redacteur derNew-
York-Times.
Palmer, A. M.
Ringer, S., Professor.
Roe, Fräulein Laura B. C.
Roelker, A.
Sachs, Dr. Julius.
Stechert, Gustav E., Buchhändler.
Stern, S. M., Director of Stern's
School of Languages.
Wakeman, T. B.
Zickel, S., Buchhändler.
Zollikofer, O.
Palo Älto (Calif.).
Flügel, Dr. Ewald, Professor der
Stanford University.
Leland Library Stanford jr. Uni-
versity.
Philadelphia (Penns.).
Ebbinghausen, Ad^le D.
Prinoeton (N. J.).
Library College of New Jersey.
Richmond (Indiana).
Gerber, Dr. A., Professor.
San Francisco.
Allister, Elliott Mc, Attorney and
Counsellor at Law.
St. Louis (Mo.).
Langton, John J. P., B. A.
Meier, Mrs. Eduard D.
Renth, Henry.
— 4f 64 <«—
Swarthmore (Pa.).
Jones, R.
Toronto (Canada).
van der Smissen, W. H., Professor,
Bibliothekar der Universität.
Universitäts-Bibliothek.
Washington.
v. Holleben, Baron, Kaiserl. Deut-
scher Gesandter, Excellenz.
Williamstown (Mass.).
Rice, R. A., Professor.
Williams College.
ASIEN.
Japan.
Tokio.
Christlieb, Max, Pfarrer,
Indien.
Calcutta.
Rathsam, Theodor, Kaiserl. Deut-
scher Consul.
Bombay.
v. Syburg, F., Kaiserl. Consul.
AUSTRALIEN.
Apia (Samoa-Inseln).
Schmidt - Leda , Dr. , Kaiserlich
Deutscher General-Consul.
Melbourne.
Härtung, Ernst.
Sydney.
Trechmann, Ernst, Professor an
der Universität.
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