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Full text of "Goethe-Jahrbuch"

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Goethe-Jahrbuch. 

Herausgegeben 

VON )~ ^^ '''■ '^ y 

Ludwig Geiger. 

Siebzehnter Band. 



Mit dem elften Jahresbericht 



DER 



Goethe-Gesellschaft. 







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Frankfurt a/m. 

iTeRÄRiscHE Anstalt 

RCTTEN dt LOENING. 

1896. 



Goethe-Jahrbuch. 

Herausgegeben 

VON ^~ (^' /' '^ '/ 

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Ludwig Geiger. 

Siebzehnter Band. 
Mit dem elften Jahresbericht 

DER 

Goethe- Gesellschaft. 




Frankfurt a/m. 

Literarische Anstalt 

RüTTEN & LoENING. 
1896. 



Goethe-Jahrbuch. 

Herausgegeben 

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Ludwig Geiger. 

Siebzehnter Band. 



Mit dem elften Jahresbericht 



DER 



Goethe- Gesellschaft. 




Frankfurt a/m. 

Literarische' Anstalt 

RüTTEN & LoENING. 
1896. 



Goethe-Jahrbuch. 

Herausgegeben 

VON j ~ ^ '' '" '■' 

Ludwig Geiger. 

Siebzehnter Band. 



Mit dem elften Jahresbericht 



Goethe- Gesellschaft. 




Frankfurt a/m. 

Literarische Anstalt 

RüTTEN & LoENING. 
1896. 



Mit drei Lichtdrucken 

VON Leonardos Abendmahl 

NACH DEM Original 

UND DEN COPIEN VON MAGNUS UND MORGHEN, 

SOWIE EINEM FaCSIMILE 

DES ERSTEN ParALIPOMENON ZU GoETHES FaUST. 



Druckerei von August Osterriet h in Frankfurt a. M^ 



Vorwort. 




|l|em vorliegenden Band ist kaum etwas Anderes vor- 
anzustellen als der übliche und stets gern geübte 
Dank an Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin 
von Sachsen für die dem Jahrbuch gewahrte Ueberlassung 
wichtiger ungedruckter Stücke aus dem Goethe- und Schiller- 
Archiv und für ertheilte Erlaubniss der Reproduction von 
Goethes Handschrift (vgl. zu S. 209 fg.). 

Die andere aus drei Tafeln bestehende Kunstbeilage 
stammt diesmal nicht aus Weimars Schätzen. Sie bezieht 
sich auf einen einzelnen Aufsatz (S. 138 — 156) und erhält 
durch diesen ihre genügende Erklärung. 

Grade dieser Aufsatz gibt den erwünschten Anlass 
darauf hinzuweisen, dass unter den Mitarbeitern dieses 
Jahrbuches nicht nur die eigentlichen Fachmänner, Ger- 
manisten und Goethephilologen, die, wie billig die erste 
Stelle einnehmen, vertreten sind, sondern dass mit ihnen 
sich Kunst- und Musikhistoriker, Anglicisten, classische 
Philologen und Historiker vereinigen. Wie im vorigen 
Bande ein Italiener eine ausführliche Darlegung brachte, 
so ergreift in diesem ein Engländer das Wort. 



IV V^ORWORT. 

Ein solch friedlicher Wettstreit von Vertretern mannig- 
facher Disciplinen und verschiedener Nationen gibt die 
frohe Gewähr von der immer grössern Beachtung, die 
unsere Studien finden. Möge es dieser Sammlung vergönnt 
sein, die Resultate dieser fröhlichen Arbeit noch lange weit- 
hin zu verkünden. 

Berlin, im Mai 1896. 
W. 50, Schaperstrasse 8. 

LUDWIG GEIGER. 




Inhalt. 



Seite 



I. Neue Mittheilungen: 

I. Mittheilungen aus dem Goethe- und Schiller-Archiv. 

1. Betrachtungen über ein dem Dichter Goethe in seiner 
Vaterstadt zu errichtendes Denkmal. Herausgegeben 

von J. Wähle 3 

2. Ueber Kunst und Handwerk. Herausgegeben von 

O. Harnack 13 

3. Ueber die Gegenstände der bildenden Kunst. Heraus- 
gegeben von O. Harnack 16 

4. Ueber strenge Urtheile. Herausgegeben von O. Harnack 19 

5. Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. Nebst 
einem Briefe Brinckmanns an Karoline von Wolzogen. 
Herausgegeben von Albert Leitzmann 30 

6. Briefe Fr. Tiecks an Goethe. Herausgegeben von Ludwig 
Geiger 45 

7. Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe. 
Herausgegieben von Hans Gerhard Graf 58 

Materialien aus dem Goethe- und Schiller- Archiv sind ferner be- 
nutzt in der Abhandlung von Graf (S. 7J — 105) und in der Miscelle 
von Manning (S. 209 — 214). 

II. Besuch des Freiherrn Ludwig Low von und zu 
Sleinfurt bei Goethe am 3. October des Jahres 
1829. Von Friedr. Otto 62 

IL Abhandlungen. 

1. Hans Gerhard Graf, Heinrich Voss der Jüngere und 
sein Verhältniss zu Goethe und Schiller 75 

2. Richard M. Meyer, J. P. Eckermann 105 

3. Georg Witkowski, Der Erdgeist im Faust, Gespräch 
zweier Goethefreunde 122 

4. Josef Strzygowski, Leonardos Abendmahl und Goethes 
Deutung . . . . . . . . . 138 

5. J. Schipper, Ueber Goethes Sonette 157 



VI Inhalt. ... 

Seite 

6. Max Friedlaender, Goethes Gedichte in der Musik 176 

7. Veit Valentin, Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu 
Frankfurt 195 

III. Miscellen, Chronik, Bibliographie. 
I. Miscellen. 

A. Einzelnes zu Goethes Leben und Wirken. 

1. Zu Faust. 

a. Zur Chronologie des ersten Paralipomenon zu 
Goethes Faust. Von Eugen W. Manning . . 209 

b. Die mittelalterliche Ritterburg im 2. Theil, Act III. 
Von A. Baumeister 214 

c. Höchst. Von A. Baumeister 218 

d. Der Kampf mit dem Meere in Goethes zweitem 
Faust. Von Rudolf Fürst 219 

e. Zum historischen Faust. Von H. Heidenheimer 222 

2. Zur Entstehungsgeschichte von Goethes Singspiel 
»Erwin und Elmire«. Von W. Martinsen . . . 222 

3. Zur letzten Kleidung Egmonts. Von Theodor Distel 224 

4. Zum Epimenides. Von Ottokar Lorenz .... 225 

5. Berlin und die Xenien. Von Ludwig Geiger . . 230 

6. Die schwimmenden Inseln im Megaprazon. Von 
Bernhard Seuffert 234 

7. J. M. Tesdorpf. Von Ludwig Fränkel .... 236 

8. Zu Goethes Briefen an Schadow. Von Ludwig Geiger 238 

9. Ungedrucktes aus Autographencatalogen. Von Ludwig 
Geiger 239 

10. J. G. Schlosser über Goethe 1772. Von Carl 
Schüddekopf 240 

11. Karl Matthaei über seinen Besuch bei Goethe. Von 
Heinrich Funck 241 

12. Maria Mnioch und ihre Urtheile über deutsche 
Dichter, besonders Goethe. Von Daniel Jacoby . 242 

13. Stegmayer an Goethe. Von Ludwig Geiger . . 249 

14. Goethe und die Wartburgfeier. Von Alfred Stern 250 

15. S. Munk bei Goethe. Von Ludwig Geiger. . .251 

16. Eichstädts Gedächtnissrede auf Goethe. Von Paul 
Weizsäcker 251 

1 7. Eduard Mörike über den Briefwechsel zwischen Schiller 

und Goethe, Von Rüd. Krauss 255 

18. Aus Bauernfelds Tagebuch. Von Ludwig Geiger 258 

19. Eckermann an eine Schauspielerin. Von Ludwig 
Geiger 260 

B. Nachträge und Berichtigungen zu BaadI, I\\ V, XV, XVI 262 



__^ Inhalt. VII 

II. Chronik. Seite 

A. Nekrologe 266 

B. Verschiedenes 273 

III. Bibliographie. 

I. Schriften. 

A. Weimarer Goethe-Ausgabe 279 

Bericht der Redactoren 280 

B. Ungedrucktes. 

Briefe, Literatur, Neue Ausgaben, Gespräche. . . 288 

C. Neue Ausgaben der Werke 288 

D. Einzelschriften und Erläuterungen. 

1. Allgemeines. Bibliographisches. Sprachliches. 
Metrisches 289 

2. Dramen 289 

5. Gedichte 292 

4. Prosaschriften 293 

E. Uebersetzungen 294 

IL Biographisches. 

A. Allgemeines 295 

B. Biographische Einzelheiten 295 

C. Goethes Verwandte 296 

D. Goethes Verhältniss zu seinen Freunden und Nach- 
folgern 297 

E. Stellung zur Wissenschaft und Kunst 298 

F. Notizen von Zeitgenossen über Goethe 299 

IIL Verschiedenes. 

A. Bilder und Statuen, Gedenkplätze, Sammlungen . 299 

B. Dichtungen über Goethe, Compositionen, Parodien, 
Illustrationen, Nachdichtungen Goethischer Werke. 300 

Register 302 



Goethes West- östlicher Divan. Von Konrad Bürdach. Fest- 
vortrag, gehalten in der 1 1. Generalversammlung der Goethe- 
Gesellschaft am 30. Juni 1896 i*— 41* 



Elfter Jahresbericht der Goethe-Gesellschaft. 
Mitglieder- Verzeichniss. 




L Neue Mittheilungen. 



Goethe-Jahrbuch XVII. 



I. Mittheilungen aus dem Goethe- 
UND Schiller -Archiv. 



I. BETRACHTUNGEN ÜBER EIN DEM DICHTER 
GOETHE IN SEINER VATERSTADT ZU ERRICH- 
TENDES DENKMAL. 

Es begegnet gar oft, dass ein wichtiges Geschäft, wenn 
gleich vor seinem Angriff wohl überlegt, doch im Verfolg 
einen andern Gang nimmt, der bedenklich werden könnte. 
Es ist daher wohlgethan, von Zeit zu Zeit rückwärts zu 
schauen, um, indem wir sehen woher wir gekommen, 
sicherer zu beurtheilen wohin wir gehen. Es sey erlaubt 
in gegenwärtigem Falle eine solche Vorsicht zu brauchen, 
und in so weit die Entfernung vom Orte es zulässt, ein 
vielleicht nicht durchgängig begründetes doch wohlge- 
meintes Wort auszusprechen. 

Der erste, aus freundschafthchsten Gesinnungen vor- 
züglicher Landsleute, als deren Organ wir Herrn S. Boisser^e 
auftreten sehen, vor einigen Jahren entsprungene, von dem 
Dichter dankbarlichst anzuerkennende höchst ehrenhafte 
Vorschlag, ging auf eine massige, abgeschlossene Zelle, 
errichtet in einer heitern, freyen Gartenanlage. Aus diesem 
Wenigen geht schon hervor, dass etwas beabsichtigt war, 
was, ohne ausserordentlichen Aufwand, in irgend einer Park- 
anlage möchte auszuführen seyn. Der hiezu gewählte Ort 
war die Mühlau, ein zwischen zwey Wassern gelegenes 
Weidig. 



Nkue Mittheilungen. 



Seit jener Zeit des ersten Gedankens und Entwurfes, 
hat sich in der unmittelbarsten Nachbarschaft gar viel ver- 
ändert, denn der Schneidewall ist niedergerissen, man hat 
ein schönes Ufer, mit einer Reihe prächtiger Häuser gegen- 
über erbaut und von dem St. Gallen -Quartiere her bildet 
sich auch bereits eine herrliche Strasse, die gerade nach 
der Insel führt, so dass man, entlang derselben gegen den 
Ma3ni zugehend, das Denkmal immer vor Augen hatte. 

Hiernach lässt sich nun recht gut begreifen, wie die 
umsichtigen Frankfurter Freunde jenes erste, bescheidene 
Denkmal für zu kleinlich halten und grösseren architek- 
tonischen Unternehmungen sich zuw^enden mussten. Eine 
mächtigere Substruction erschien als nothwendig, auf dieser 
ein bedeutender Sockel, und, um das Ansehn des Gebäudes 
zu vervollkommnen, ein Säulengang um die Zelle. Sodann 
allem diesen gemäss, eine Statue statt der Büste. 

Nun sey es vergönnt einiges Bedenken bei einem so 
wichtigen Geschäfte zu äussern. Das Local selbst, wenn 
es sich auch gegenwärtig einer bedeutenden Nachbarschaft 
erfreut und nicht für so abgelegen, als sonst, gehalten 
werden kann, bleibt doch immer ein schmaler Inselstreif 
zwischen zwey Wassern. Nun soll, nach dem mitgetheilten 
Entwurf, die hohe und breite Substruction bis in den Fluss 
reichen, wo sie ohne entstellende Eisbrecher kaum bestehen 
könnte. 

Fügen wir noch eine Bemerkung hinzu! Schon vor 
mehreren Jahren hat man weisHch an diesem Orte eine 
heilsame Schwimm- und Badeanstalt angelegt. Ob diese, 
bey so nahe herangerückten Wohngebäuden, ferner bestehen 
könne, lässt sich ohne Local-Kenntniss nicht beurtheilen, 
dass sie aber dem vorgeschlagenen Gebäude weichen 
müssten, leidet wohl keinen Zweifel: denn sie würden 
einem schätzbaren Theile des Publikums, gerade in der 
schönsten Jahrszeit einige Scheu vor unsern Lusträumen 
einflössen. 

Ein Säulengang in nördlichen Gegenden ist kaum an- 
zurathen. Die Säulen, aus Sandstein zusammengesetzt, 
würden an der Wetterseite gar bald leiden und mit uner- 
freulichen Reparaturen bedrohen. Wie wenig dergleichen 



Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 5 

aufrecht zu erhalten sind, deutet der zum Muster genommene 
Tempel der Vesta selbst, dessen Säulenweiten im Verlauf 
der Zeit zugemauert worden; ein Schicksal das dem be- 
absichtigten Gebäude früh oder spät bevorstehen könnte. 
Denke man sich nun den Schnee der sich in diesem Umgang 
um die Zelle legen würde, den Schnee der die projectirten 
Stufen des Sockels füllen müsste und erinnere sich, dass 
alle noch so gut gefugte, der Witterung offen liegende 
Quadersteine durch den Frost unwiderstehlich auseinander 
getrieben werden, so wird man noch grössere Besorgniss 
empfinden. 

Die Zelle selbst, von oben erleuchtet, ringsum ver- 
schlossen, dürfte zu keiner Jahreszeit einen erfreulichen 
Aufenthalt gewähren; dem jedesmal verlangenden Beschauer 
augenblicklich geöffnet, kann sie nur eine Kellerluft ent- 
gegen schicken und wäre im Sommer vielleicht nur wenige 
Monate durch ein erfreulicher Aufenthalt, im Winter ganz 
unzugänglich. 

Wem der Weltlauf, die Ereignisse alter und neuer Zeit 
gegenwärtig sind, der darf bey einem solchen Werk auch 
wohl an spätere, seltene, unerfreuliche Fälle denken. Ein 
so einzeln stehendes Gebäude möchte in Friedenszeiten viel- 
leicht unangetastet bleiben, aber bey Kriegsunruhen dürfte 
die bronzene Thüre, als angreifische Waare, vor Freund- 
und Feindeshänden schwerlich sicher seyn. 

Wenden wir uns nun zu einem, unsere Meynung vorzüg- 
lich begünstigenden Argumente ! Damals als diese Unterneh- 
mung zuerst zur Sprache kam, war die Bibliothek noch nicht 
gegründet, jetzt ist sie es; warum sollte man nicht, wenig- 
stens vorschlagsweise, seine Gedanken dorthin wenden.^ 

Man hat dem Dichter eine Statue votirt; einem Deut- 
schen ist diese Ehre noch nicht widerfahren; bey Nachbar- 
Nationen kommt es eher vor: Pigal reiste nach Ferney 
um seine Vorarbeiten zu einer nachher ausgeführten Marmor- 
Statue Voltaires zu unternehmen; dergleichen mehrere Bey- 
spiele sich auch wohl anführen Hessen. Bey dem neuen 
Bibliütheksgebäude nun wird Grund und Mauer, Dach und 
Fach vorausgesetzt, Säle aller Art; dorthin bringe man die 
Statue, dorthin, wo alle Literatur, also auch die schöne, zu 



Neue Mittheilungen. 



Hause ist, wo die Wissenschaften zu Hause sind, denen der 
Dichter die Mannichfaltigkeit seiner Productionen schuldig 
geworden. 

Denkt man sich nun jenes am herrlichsten Ort gelegene, 
gewiss durch die Baumeister trefflich angelegte und ausge- 
führte, mit gelehrten Schätzen ausgestattete und bereicherte 
Locale, so wird ihm eine Bildsäule zum Schmuck gereichen 
und sie sich wechselseitig von dem Orte geehrt sehen. 
Kommt nun noch hinzu dass diese Räume schon in Custodie 
und Aufsicht gegeben, von allea Fremden ohnehin besucht 
werden, dass sie regelmässig eröffnet sind, dass dort Zu- 
sammenkünfte der Belesensten, Wissenschaft Liebenden, 
Gebildeten sich von selbst ergeben; so wird man den Gegen- 
satz gar lebhaft empfinden gegen jenen Fall, wo einzelne 
Personen, allenfalls kleine gesellige Panhien, sich ein be- 
schränktes, unbewohntes, ausser einigen, obgleich schätzens- 
werthen Bildwerken nichts darbietendes Locale, nach einer, 
• wenigstens bey gewissen Jahres- und Tageszeiten, müh- 
seligen Wallfahrt aufschliessen lassen. 

Ersparte man nun jenen grossen eigentlich incalcu- 
lablen architektonischen Aufwand, so wäre man sicher mit 
einer allenfalls billig zu erwartenden Beytrags-Summe aus- 
zureichen, und man könnte mehr an das Plastische wenden. 

Noch eine Hauptbetrachtung aber tritt uns hier entgegen, 
dass man nämlich auf diesem Wege Anlass gewinnt, ja 
aufgefordert wird in derselben Localität verdienten Männern 
der Vaterstadt gleichfalls Ehre zu erweisen, welches auf 
gar mannichfaltige Art geschehen kann. 

Nehmen wir also an dass man sich mit der Behörde, 
welcher das Bibliotheksgeschäft obliegt, vereinigen könnte, 
so geht unser Votum dahin: irgend einen Saal plastisch 
auszuschmücken und eine sitzende Statue von Rauch, dem 
allgemein anerkannten talent- und kunstvollen Bildhauer der 
schon eine glückliche Büste des Dichters verfertigte, dort 
aufzustellen. 

Was die Basreliefs betrifft so wären aus den Werken 
des Dichters, ohne Unterschied, solche Momente auszuziehen 
die dem Bildhauer am günstigsten sind. 

Betrachten wir nun auch die Sache von der sittlichen 



Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 7 

Seite, bedenken dass durch die Ausführung unseres Vor- 
schlags das Missgefühl sogleich getilgt würde, das wohl 
aufkeimen könnte, wenn eine solche Auszeichnung aus- 
schliesslich und einzig bleiben sollte. Ja man darf nicht 
ganz läugnen : das projectirte Monument scheine das Maass 
zu überschreiten, die Ehre, die man einem Einzelnen er- 
weisen darf. 

Auch müssten wir uns sehr irren, wenn nicht in einem 
Theile des Publikums schon einiges Missfallen zu bemerken 
wäre. Fromme Seelen sehen etwas Heidnisches, dem 
Götzendienst Ähnliches, in dieser Anstalt, welches ihnen 
kaum zu verargen ist; durch unsern Vorschlag aber wird 
alles geschlichtet und versöhnt; ja Nemesis würde den ein 
so übergrosses Glück Erlebenden nicht zu denaüthigen haben 
und er sich zugleich höchst geehrt und freundlich beruhigt 
fühlen. 

Weimar den 21. May 

1821. 

Im zweiten Theil der »Wahlverwandtschaften« findet man 
ein merkwürdiges Gespräch über die Errichtung von Denk- 
mälern. Charlotte hatte die Grabhügel abtragen und den 
ganzen Kirchhofsplatz ebnen lassen; die Monumente waren 
von ihrer Stelle genommen worden un^ hatten an der Mauer, 
an dem Sockel der Kirche Platz gefunden. Dagegen erhebt 
der Vertreter einer benachbarten Familie, die sich Grabstätten 
auf diesem Friedhof ausbedungen hatte, Einsprache. Charlotte 
vertheidigt ihr Werk und der junge Architect unterstützt sie 
mit künstlerischen Argumenten. 

»Der Baukünstler, der Bildhauer sind höchlich interessirt, 
dass der Mensch von ihnen, von ihrer Kunst, von ihrer Hand, 
eine Dauer seines Daseins erwarte; und desswegen wünschte 
ich gut gedachte, gut ausgeführte Monumente, nicht einzeln 
und zufällig ausgesäet, sondern an einem Orte aufgestellt, 
wo sie sich Dauer versprechen können.« In den Kirchen 
oder in schönen Hallen um die Begräbnissplätze seien Denk- 
zeichen, Denkschriften aufzurichten. Auf Charlottens Vorwurf, 
dass die Künstler zu sehr an der engen Form eines klein- 
lichen Obelisken, einer abgestutzten Säule oder eines Aschen- 
krugs haften blieben, erwidert er die gewichtigen Worte: 
»Was Entwürfe zu Monumenten aller Art betrifft, deren habe 
ich viele gesammelt und zeige sie gelegentlich; doch bleibt 
immer das schönste Denkmal des Menschen eigenes Bildniss. 



8 Neue Mittheilungen. 



Dieses gibt mehr als irgend etwas anders einen Begriff von 
dem was er war ; es ist der beste Text zu vielen oder wenigen 
Noten : nur müsste es aber auch in seiner besten Zeit ge* 
macht sein, welches gewöhnlich versäumt wird. Niemand 
denkt daran, lebende Formen zu erhalten, und wenn es ge- 
schieht, so geschieht es auf unzulängliche Weise. Da wird 
ein Todter geschwind noch abgegossen und eine solche 
Maske auf einen Block gesetzt, und das heisst man eine Büste. 
Wie selten ist der Künstler im Stande sie völlig wieder zu 
beleben!« Und in einem kleinen Aufsätzchen, »Denkmale« 
überschrieben, das zuerst in seinen nachgelassenen Schriften 
gedruckt ist (Hempel 28, 423 f.), beklagte Goethe , dass er 
die Deutschen in ihrer Neigung Freunden und Abgeschiedenen 
Denkmale zu errichten, auf falschem Wege sehe, da sie zu 
diesem Zwecke abgestumpfte Säulen, Vasen, Altäre, Obelisken 
und ähnliche bildlose allgemeine Formen verwendeten, während 
doch das beste Monument des Menschen der Mensch selbst 
sei. »Leider tritt noch ein anderer Fall ein. Man denkt an 
ein Denkmal gewöhnlich erst nach dem Tode einer geliebten 
Person, dann erst, wenn ihre Gestalt vorübergegangen und 
ihr Schatten nicht mehr zu haschen ist.« Alle architectoni- 
schen Monumente erklärt er für bedenklich, weil sie, »vom 
Wetter, vom Muthwillen, vom neuen Besitzer zerstört und, 
«o lange sie stehen, durch das An- und Ein kritzeln der Namen 
geschändet werden.« 

Goethe selbst war der erste deutsche Dichter, den seine 
Freunde und sein Volk durch Errichtung eines Denkmals 
ehren wollten. Bei dem Festmahl, das Frankfurter Verehrer 
des Dichters zu seinem 70. Geburtstage veranstalteten, tauchte 
der Gedanke auf, dem noch Lebenden ein Denkmal in seiner 
Vaterstadt zu weihen. Sulpiz Boisseree war es, der die An- 
regung gab, der einem zur Durchführung derselben gestifteten 
Verein einen Entwurf unterbreitete und der, gleichsam als 
Sprecher dieser Genossenschaft, sich mit Goethe darüber ins 
Einvernehmen setzte. ' Sein Wunsch war, das Denkmal »höchst 
massig und einfach, aber auch höchst gediegen und edel, 
und so einigermassen in dem Sinne zu halten, den der Dichter 
als Kunstfreund stets an den Tag gelegt hat.« (S. Boisseree 2, 266.) 

Der Plan war folgender. * In der Umgebung von Goethes 
Vaterstadt sollte in freier, oflfener Landschaft, auf einem Hügel 
in einem Garten, ein eigenes Haus errichtet werden, einfach, 
rund, von oben beleuchtet, von aussen mit Säulen umgeben; 

' Vgl. S. Boisseree 2, 266 ff., Christian Daniel Rauch von Friedrich 
und Carl Eggers 2, 305 ff. und Rauch und Goethe, Urkundliche Mit- 
theilungen von Carl Eggers. 

'vgl. Das Goethe-Denkmal in Frankfurt am Main. Frankfurt 
a. M. 1844. 



Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. 9 

aus der Thtire sollte man einen Ausblick haben auf den 
Main, die Stadt und die ganze Landschaft. Das Gebäude 
sollte aus Quadern errichtet, die inneren Wände sollten mit 
gelbem Stuckmarmor tiberzogen werden. Eine Bank aus 
weissem Marmor sollte den sinnenden Beschauer zur Ruhe 
einladen, oben sollten Gesims und Fries aus demselben Stoff 
den Abschluss bilden. Die Kuppel sollte ausgemalt, der Boden 
mit weissem und dem übrigen entsprechenden farbigen Marmor 
eingelegt, die Thüre von Erz verfertigt werden. Als Ver- 
zierung des Aeusseren war bestimmt : ein Kranz von Eichen- 
laub, der unter dem Gesimse das Ganze umgäbe, an den 
Thürflügeln einerseits eine brennende Lampe, -anderseits ein 
Oelzweig, in erhabener Arbeit, und über der Thüre eine In- 
schrift mit ehernen Buchstaben : »Dem Andenken von Goethe.« 
Als Verzierung des Innern war in Aussicht genommen ein 
rund umlaufender Fries mit Darstellungen aus Goethes Werken 
in halberhabener Arbeit. Am vortheilhaftesten wäre es, meint 
Boisser^e, der Verfasser des Entwurfs, hier ein Werk für alle 
gelten zu lassen ; das könnte am besten durch die Wahl von 
Hermann und Dorothea erreicht werden. Die durchgehende 
Beziehung auf das Vaterland und die ereignissvolle Zeit, die 
der Dichter erlebt hatte, schienen das Gedicht zu dem ge- 
setzten Zweck am geeignetsten zu machen. Von anderen 
Werken des Dichters, wie Werther, Faust, Iphigenia, brauchten 
nur die Namen in ehernen Buchstaben an den Wänden an- 
gebracht zu werden. Auf einem durch Stufen erhöhten Boden 
sollte das Brustbild aufgestellt werden, auf einem einfachen 
Untersatz, an dem der Harfner und Mignon, in halberhabener 
Arbeit, eine schöne bedeutsame Verzierung bilden würden. 
Als Verzierung der inneren Thürflügel waren ebenfalls Lampe 
und Oelzweig in Aussicht genommen. In der Kuppel sollten 
vier schwebende Genien auf himmelblauem Grunde Kränze 
über dem Haupte des Dichters emporhalten : die Genien der 
Natur, der Liebe, der Poesie und der Unsterblichkeit. »Es 
würden dadurch die grossen Gaben bezeichnet, die den Dichter 
schmücken und der höchste Lohn, der ihm zu Theil wird; 
zugleich würde darauf hingedeutet, dass die wahren Gaben, 
wie der wahre Lohn, nur von oben kommen, und so erhielte 
das Ganze eine Beziehung auf Denjenigen, der über aller 
menschlichen Grösse thront.« 

Dieser Entwurf entspricht vollständig dem künstlerischen 
Charakter jener Zeit. Ein feingebildeter gelehrter Kenner, dem 
die schaffende Phantasie völlig mangelt, setzt aus dem reichen 
Vorrath seiner architectonischen Kenntnisse Steinchen zu- 
sammen, um einen Bau für die Ewigkeit zu errichten. Wie 
lange hätte sich dieses aus dem Verstand zurechtgezimmerte, 
künstlich stilisirte Gebäude vor dem Vorwurfe künstlerischer 



10 Neue Mittheilungen. 



Langweiligkeit wahren können? In diesem Raum wäre nicht 
Platz gewesen für ein lebensvolles, den modernen Geist 
Goethes abspiegelndes Denkmal, sondern nur für eine kunst- 
voll aber unlebendig drapirte und stilisirte Nachahmung der 
Antike. 

Goethe hatte kurz vorher, in den Jahren i8i6— 1818, 
bei Schadows BlUcherstandbild für Rostock, dem Künstler 
mit seinem Rathe zur Seite gestanden. Dass dem Helden 
dieses Denkmal noch zu seinen Lebzeiten aufgerichtet werde, 
fand er »bedeutend und angenehm.« »Der Deutsche ist eigent- 
lich nicht gewohnt bei Lebzeiten Ehre zu geben und zu 
empfangen, es ist eine gewisse löbliche Scheu in ihm, die er 
nicht leicht überwindet, weshalb wir ihn auch nicht tadelns- 
werth finden wollen« (Brief an v. Preen 7. Oct. 1819, Rau- 
mers Histor. Tasch'enbuch 4. Folge, 3. Jahrg. 1862, S. 400). 
Goethe selbst hatte diese Scheu; was man in Frankfurt mit 
ihm vorhatte, erschien ihm mehr, als eine »bescheidene Be- 
trachtung der Resultate seines Lebens« zuliess ; und er rieth, 
damit Nemesis nicht aufgerufen werde, mit bescheidener Sorg- 
falt zu Werke zu gehen. 

In Frankfurt hatte man Dannecker, den Schöpfer der 
grandiosen Schillerbüste, für das Denkmal, Thorwaldsen für 
die Reliefs aus den Dichtungen in Aussicht genommen. 
Dannecker sollte nach Weimar kommen um Goethes Büste 
nach dem Leben zu schaffen. Aber, wendet Goethe ein, 
»sollte es nicht etwas bedenklich sein, einen Bildhauer dahin 
zu senden, wo er keine Formen mehr findet? wo die Natur 
auf ihrem Rückzug sich nun mit dem Nothwendigen be- 
gnügt, was zum Dasein allenfalls unentbehrlich sein möchte; 
wie kann dem Marmor ein Bild günstig sein, aus dem die 
Fülle des Lebens verschwunden ist?« (S. Boisser^e a. a. O. 
S. 270.) Danneckers Reise verzögerte sich in Folge schwerer 
Krankheit seiner Frau, und unterblieb aus diesem Grunde 
vollständig. Goethe lenkt die Aufmerksamkeit auf Rauch und 
erbietet sich, ihn bei sich aufzunehmen. »Ich würde über 
diese Angelegenheit wie bisher geschwiegen haben, träte nicht 
ein Stillstand ein, dem Sie selbst keinen Rath wissen; die 
Schnepfe des Lebens schwirrt vorbei, ein guter Schütze muss 
sie eilig fassen.« (Boisser^e S. 287.) Und schon 4 Wochen 
darnach, im August 1820, ist Rauch bei Goethe, und es 
entstand jene berühmte Büste, von der Goethe selbst ge- 
stand, dass ihre Behandlung wirklich grandios sei. Auf Rauch 
war man übrigens auch in Frankfurt gekommen. 

Es hatte den Anschein, dass sich die Angelegenheit rasch 
entwickeln wollte. Die Pläne zu dem Gebäude wurden fertig- 
gestellt, Thorwaldsen hatte sich zur Lieferung der Basreliefs 
bereit erklärt. Auch der Platz für die Anlage war bereits 



Über ein Denkmal Goethes in seiner Vaterstadt. II 

bestimmt: die am südwestlichen Ende der Stadt gelegene 
Mühlinsel. Boisser^e legt Goethe die Topographie des Platzes 
eingehend dar und schildert ihn als fiXr das Denkmal höchst 
geeignet (a. a. O. S. 289). Er bittet Goethe um ein offenes 
Urtheil, insbesondere über den neu aufgetauchten Plan, den 
Bilderkreis für die Reliefs auch noch auf andere Werke des 
Dichters auszudehnen, wofür er Scenen aus Werther, Götz, 
Faust, Iphigenie und Tasso vorschlägt. Diesem letzten Vor- 
schlag gibt Goethe seine Zustimmung, aus rein künstlerischen 
Gründen, aber eines Urtheils über die ganze Anlage enthält 
er sich noch. Durch die Ungunst der politischen Verhältnisse 
war aber die ganze Sache ins Stocken gerathen ; und ausser- 
dem schwankte der Denkmalsverein, ob er eine colossale 
Büste oder eine Statue bestellen solle. In Weimar hatte man 
sich eingehend mit dem vorgelegten Plane beschäftigt; die 
ganze Anlage war, wie aus den oben mitgetheilten Ansichten 
Goethes über Denkmäler einleuchtet, durchaus nicht nach 
seinem Geschmack. Und er tritt jetzt mit einem neuen Ein- 
wurf hervor, der wohl geeignet war, die Ausführung noch 
fraglicher zu machen; er stellte die Frage, ob man nicht 
besser thue, das Denkmal mit der neugegründeten Bibliothek 
in Verbindung zu bringen. »Die Sache kam bei uns zur 
Sprache, als ein Abdruck des Auf- und Grundrisses eintraf 
und man über die Ungeheuern Vorkosten erschrak die eine 
solche Mo/es erfordern würde. Zurückhalten will ich nicht, 
dass ich von Anfang her dasselbe Bedenken trug und mir 
der abgelegene, feuchte Ort keineswegs gefallen wollte; ich 
schwieg aber^ um in die gute Absicht keine Störung zu 
bringen.« Die Sache sei von grosser einziger Wichtigkeit, 
»und da ich noch erlebe, was nicht leicht jemand erlebt, so 
seh ich mich an als einen Theilnehmer, der seine Stimme gar 
wohl zu einer solchen Angelegenheit geben darf.« (23. April 
182 1, a. a. O. S. 306 f.) Die Frankfurter wollten aber von 
dem einmal gefassten Plane nicht abstehen, da sie glaubten 
durch den Bau eine Verschönerung ihrer Stadt zu gewinnen. 
Auch Boisser^e verblieb dabei, ohne auf Gqethes Auseinander- 
setzungen direct zu antworten. Das mochte wohl Goethe 
reizen in einem etwas schärferen Tone seine Bedenken noch- 
mals zusammenzufassen. Er schreibt am 24. Mai 182 1 (a.a.O. 
S. 310): »Die vorausgesehenen und Ihnen verkündigten Con- 
testationen sind wirklich eingetreten und verschiedene nicht 
ganz erfreuliche Discussionen entstanden. Alles ausser meiner 
Gegenwart. Da sich indessen der Streit wo nicht zu ver- 
bittern, doch zu verwirren schien, so gab ich den Wunsch 
zu erkennen, dass alles Gesprochene eiligst möchte redigirt 
werden, und versagte nicht meine Einwirkung. Was entstanden 
liegt hier bei, und es möchte dem Freunde wahrscheinlich 



12 Neue Mittheilungen. 

nicht unangenehm sein, da er selbst den unmässigen Bauplan 
nicht billigen kann. So viel hab' ich gehört, dass der Vor- 
schlag, wie er hier liegt, mehrere Geister und (remüther schon 
für sich gewonnen. Ich bitte daher, ihn selbst zu prüfen, und 
in so fern sie ihm beistimmen, Ihre Entfernung und sonstige 
Verhältnisse es erlauben, freundlich mitwirken möchten.« Das 
Resultat jener Weimarischen Besprechungen, die mit Heinrich 
Meyer und dem Canzler von Müller in erster Linie statt- 
gefunden haben (vgl. Goethes Tagebücher Mai 182 1), ist 
voranstehender Aufsatz, der sich in einer Niederschrift von 
Johns Hand in Goethes Nachlass gefunden hat. 

Das Denkmal ist bekanntlich zu Goethes Lebzeiten nicht 
zu Stande gekommen. Er scheint das geahnt zu haben, als 
er am 15. September 1820 an Graf Reinhard schrieb: »Von 
dem in Frankfurt mir bestimmten Monumente weiss ich nichts 
zu sagen; ich verhalte mich dagegen ganz stille, contem- 
plirend; denn da es mehr ist als was ein Mensch erleben 
sollte, so muss er sich gar wundersam bescheiden zusammen 
nehmen, um nur die Legung des Grundsteins zu überleben.« 
Rauch verfertigte mehrere Skizzen (vgl. Zarncke, Kurzge- 
fasstes Verzeichniss der Originalaufnahraen von Goethes Bildniss 
S. 83 ff.), aber eine Einigung über die Wahl einer derselben 
kam nicht zu Stande, da sich im Comit^ Einflüsse geltend 
machten zu Gunsten der von Bettina von Arnim erfundenen, 
von dem Bildhauer Wichmann modellirten Goethestatue (vgl. 
Eggers a. a. O. 2, 311 ff,). Endlich im December 1825 wurde 
ein Vertrag zwischen Rauch und dem Banquier Bethmann, 
der die Sache selbst in die Hand genommen hatte, aufgesetzt. 
' Durch den im nächsten Jahr erfolgten Tod Bethmanns kam 
die Angelegenheit wieder ins Stocken und schlief endlich, 
da die Bethmannschen Erben auf der Erfüllung des Vertrages 
nicht bestanden, gänzlich ein. Rauch scheint, so ehrenvoll 
und interessant ihm die Aufgabe war, unter den obwaltenden 
Umständen doch die rechte Lust nicht gehabt zu haben 
zu dem letzten entscheidenden Schritt. Ihn beengten die 
Anforderungen und Vorschriften, die von Frankfurt aus er- 
gingen, und seine freie künstlerische Phantasie konnte sich 
nicht unter das Joch beugen, das ihr der mit einem kleinen 
klassizistischen Zöpfchen behaftete Doctrinarismus des treflf- 
lichen Boisser^e gern auferlegt hätte. In die Einzelheiten 
dieser nicht sehr erquicklichen Verhandlungen einzudringen, 
ist nicht die Aufgabe dieser Zeilen. Aus den Publikationen 
von Eggers kann man sie genau verfolgen. Goethe selbst 
liess die Sache nach und nach fallen. Wichtigere Dinge traten 
in den Kreis seiner Thätigkeit ; vor allem die Vorbereitungen 
zu der letzten, gewichtigen Kundgebung seines Schriftsteller- 
thuras, zu der grossen, sein ganzes Lebenswerk in eine wuchtige 



ÜBER Kunst und Handwerk. I 3 

Einheit zusammenfassenden Ausgabe letzter Hand. Sie sollte 
bei Cotta erscheinen und Boisser^e war betheiligt an den 
Verhandlungen. Am 13. August 1825 schreibt Goethe an 
Boisser^e, dass ihm gerade in diesem Augenblick vollkommen 
gegenwärtig sei, »wie Ihre freundschaftliche Gesinnung vor 
Jahren ein zartes bedeutendes Monument beabsichtigte, welches 
nachher durch architectonische Weitläufigkeiten vereitelt wurde; 
so wie denn auch das projectirte Marmorbild zu stocken 
scheint. Lassen Sie uns das als Versuche betrachten, in wel- 
chen der gute Wille gewogener Landsleute sich auszusprechen 
den Anlass nahm! greifen wir mit Ernst und Einigung zu 
gegenwärtiger Gelegenheit: die schon angeregte Nation dahin 
zu bestimmen, dass sie eine Unternehmung begünstige, die, 
aus meinen eignen Materialien, mir ein bleibendes Denkmal 
wohlmeinend zu errichten die Absicht hegt.« 

1837 wurde in Stuttgart Thorwaldsens Schiller aufge- 
richtet; und erst 1844 erhielt Goethes Vaterstadt das lange 
vorbereitete Denkmal seines grössten Sohnes, von Schwan- 
thaler gefertigt. J. Wähle. 



* 



2. ÜBER KUNST UND HANDWERK. 

Alle Künste fangen von dem Noihwendigen an; allein 
es ist nicht leicht etwas Nothwendiges in unserm Besitz 
oder zu unserm Gebrauch, dem wir nicht zugleich eine an- 
genehme Gestalt geben, es an einen schicklichen Platz 
und mit andern Dingen in ein gewisses Verhältniss setzen 
können. Dieses natürliche Gefühl des Gehörigen und 
Schicklichen, welches die ersten Versuche von Kunst her- 
vorbringt, darf den letzten' Meister nicht verlassen, welcher 
die höchste Stufe der Kunst besteigen will, es ist so nahe 
mit dem Gefühl des Möglichen und Thulichen verknüpft, 
und diese zusammen sind eigentlich die Base von jeder 
Kunst. Allein wir sehen leider, dass von den ältesten 
Zeiten herauf die Menschen so wenig in den Künsten als 
in ihren bürgerlichen, sittlichen und religiösen Einrichtungen 
naiürliche Fortschritte gethan haben, vielmehr haben sich 
gar bald unempfundene Nachahmung, falsche Anwendung 

' vielleicht verhört für besten. Suphan. 



14 Neue Mittheilungen. 



richtiger Erfahrungen, dumpfe Tradition, bequemes Her- 
kommen der Geschlechter bemächtiget, alle Künste haben 
auch von diesem Einfluss mehr oder weniger gelitten, und 
leiden noch darunter, da unser Jahrhundert zwar in dem 
Intellectuellen manches aufgeklärt hat, vielleicht aber am 
wenigsten geschickt ist reine Sinnlichkeit mit Intellectuali- 
tät zu verbinden, wodurch ganz allein das wahre Kunst- 
werk hervorgebracht wird. 



Wir sind überhaupt an allem reicher was sich erben 
lässt, also an allen Handwerksvortheilen , an der ganzen 
Masse des Mechanischen, aber das was angeboren werden 
muss, das un mittheilbare Talent, wodurch der Künstler 
sich auszeichnet, scheint in unsem Zeiten seltner zu sein. 
Und doch möchte ich behaupten, dass es noch so gut wie 
jemals existire, dass es aber als eine sehr zarte Pflanze 
weder Boden noch Witterung noch Wartung finde. 

Wenn man die Denkmale betrachtet, welche uns vom 
Alterthum übrig geblieben sind, oder die Nachrichten über- 
denkt, welche sich davon bis auf uns erhalten haben, kann 
man leicht bemerken, dass alles was die Völker, bei denen 
die Kunst geblühet, auch nur als Geräthe besessen, ein 
Kunstwerk gewesen und als ein solches geziert gewesen sei. 

Eine Materie erhält durch die Arbeit eines ächten 
Künstlers einen innerlichen, ewig bleibenden Werth, anstatt 
dass die Form, welche durch einen mechanischen Arbeiter 
selbst dem kostbarsten Metall gegeben wird, immer in sich 
bei der besten Arbeit etwas Unbedeutendes und Gleich- 
gültiges hat, das nur so lang erfreuen kann als es neu ist, 
und hierinnen scheint mir der eigentliche Unterschied des 
Luxus und des Genusses eines grossen Reichthums zu be- 
stehen. Der Luxus besteht nach meinem Begriff nicht 
darinnen, dass ein Reicher viele kostbare Dinge besitze, 
sondern dass er Dinge von der Art besitze, deren Gestalt 
er oft verändern muss, um sich ein augenblickliches Ver- 
gnügen und vor andern einiges Ansehen zu verschaffen. 
Der wahre Reichthum bestünde also in dem Besitz solcher 
Güter, welche man Zeitlebens behalten, welche man Zeit- 



ÜBER Kunst und Handwerk. 15 

lebens gemessen, und an deren Genuss man sich bei immer 
vermehrten Kenntnissen immer mehr erfreuen könnte. Und 
wie Homer von einem gewissen Gürtel sagt: er sei so 
vortrefflich gewesen, dass der Künstler, der ihn gefertiget, 
zeitlebens habe feiern dürfen, ebenso könnte man von dem 
Besitzer des Gürtels sagen, dass er sich« dessen Zeitlebens 
habe erfreuen dürfen. 

Auf diese Weise ist die Villa Borghese ein reicher, 
herrlicher, würdiger Pallast, mehr als die ungeheure Woh- 
nung eines Königes, in welcher wenig oder nichts sich 
befindet, das nicht durch den Handwerker oder Fabrikanten 
hervorgebracht werden könnte. Der Prinz Borghese besitzt 
was niemand neben ihm besitzen, was niemand für irgend 
einen Preis sich verschaffen kann, er und die Seinigen 
durch alle Generationen, werden dieselben Besitzthümer 
immer mehr schätzen und gemessen, je reiner ihr Sinn, 
je empfänglicher ihr Gefühl, je richtiger ihr Geschmack 
ist, und viele Tausende von guten, unterrichteten und auf- 
geklärten Menschen aller Nationen werden durch Jahr- 
hunderte eben dieselben Gegenstände mit ihnen bewundern 
und gemessen. 

Dagegen hat alles was der bloss mechanische Künstler 
hervorbringt, weder für ihn noch für einen andern jemals 
ein solches Interesse. Denn sein tausendstes Werk ist wie 
das erste und es existirt am Ende auch tausendmal. Nun 
kommt noch dazu, dass man in den neuern Zeiten das 
Maschinen- und Fabrikwesen zu dem höchsten Grad hinauf 
getrieben hat und mit schönen, zierlichen, gefälligen Dingen 
durch den Handel die ganze Welt überschwemmt. 

Man sieht aus diesem, dass das einzige Gegenmittel 
gegen den Luxus, wenn er balancirt werden könnte und 
sollte, die wahre Kunst und das wahr erregte Kunstgefühl 
sei, dass dagegen der hochgetriebene Mechanismus, das 
verfeinerte Handwerk und Fabrikenwesen der Kunst ihren 
völligen Untergang bereite. 

Man hat gesehen, worauf in den letzten zwanzig Jahren 
der neu belebte Antheil des Publicums an bildender Kunst, 
im Reden, Schreiben und Kaufen hinausgegangen ist. 
Kluge Fabrikanten und Entrepreneurs haben die Künstler 



l6 Neue Mittheilungen. 

in ihren Sold genommen und durch geschickte mechanische 
Nachbildungen die eher befriedigten als unterrichteten 
Liebhaber in Contribution gesetzt, man hat die aufkeimende 
Neigung des Publicums durch eine scheinbare Befriedigung 
abgeleitet und zu Grunde gerichtet. 

So tragen die Engländer mit ihrer modern-aniiquen 
Topf- und Pasten-Waare, mit ihrer schwarz, roth und 
bunten Kunst ein ungeheures Geld aus allen Ländern und 
wenn man es recht genau besiehet, hat man meist nicht 
mehr Befriedigung davon, als von einem andern unschul- 
digen Porcellain-Gefässe, einer artigen Papiertapete oder 
ein paar besonderen Schnallen. 

Kommt nun gar noch die grosse Gemählde-Fabrik 
zu Stande, wodurch sie, wie sie behaupten, jedes Gemähide 
durch ganz mechanische Operationen, wobei jedes Kind 
gebraucht werden kann, geschwind und wohlfeil und zur 
Täuschung nachahmen wollen; so werden sie freilich nur 
die Augen der Menge damit täuschen, aber doch immer 
eben dadurch den Künstlern manche Unterstützung und 
manche Gelegenheit sich emporzubringen rauben. 

Ich schliese diese Betrachtung mit dem Wunsche, dass 
sie hier und da einem einzelnen nützlich sein möge, da 
das Ganze mit unaufhaltsamer Gewalt forteilt. 

3. ÜBER DIE GEGENSTÄNDE DER BILDENDEN 
KUNST. 

Von der bildenden Kunst verlangt man deutliche, klare, 
bestimmte Darstellungen. Ob diese nun bis auf den höchsten 
Grad der Ausführung möglich seien, dabei kommt viel 
auf den Gegenstand an und es ist also von der grössten 
Bedeutung, was der Künstler für Gegenstände wählt und 
welche er zu behandeln geneigt ist. 

Die vortheilhaftesten Gegenstände sind die, welche sich 
durch ihr sinnliches Dasein selbst bestimmen. 

Die erste Gattung derselben ist die natürliche. Sie 
stellt die bekannten, gewöhnlichen gemeinen Dinge, wie sie 
sind, obgleich schon zu einem Kunstganzen erhöht, vor. 



ÜBER DIE Gegenstände der bildenden Kunst. 17 

Sie sind meist physiologisch, manchmal gemein pathetisch 
und haben in diesem Sinne nichts ideales, ob sie gleich 
als Kunstwerke in einem andern Sinne an der Idealität 
participiren müssen. 

Die zweite Gattung ist die idealische selbst; man er- 
greift nicht den Gegenstand, wie er in der Natur erscheint, 
sondern man fasst ihn auf der Höhe, wo er von allem ge- 
meinen und individuellen entkleidet, nicht durch die Bear- 
beitung erst ein Kunstwerk wird, sondern der Bearbeitung 
schon als ein vollständig gebildeter Gegenstand entgegen 
geht. Jene erzeugt die Natur, diese der Geist des Menschen 
in der innigsten Verbindung mit der Natur; jene erhebt 
der Künstler durch mechanische Bearbeitung zu einer ge- 
wissen Würde, bei dieser ist alle mechanische Behandlung 
kaum fähig ihre Würde auszudrücken. In Darstellung jener 
haben es die Niederländer, in Darstellung dieser die 
Griechen zur höchsten Vollkommenheit gebracht. Diese 
letzten sind auch entw^eder physiologisch oder hoch pathetisch. 

Das Erforderniss dieser ganzen Classe ist, dass sie sich 
beim ersten Anschauen sowohl im Ganzen als in ihren 
Theilen selbst erklären, von jenem gibt gedachte Schule 
unendliche Beispiele, von diesen sei ein Jupiter, ein Laokoon 
genannt. 

Nun kann es aber einen gewissen Kreis, einen Cyklus 
von Gegenständen geben, die zusammen gleichsam einen 
mystischen Gegenstand ausmachen wie die neun Musen 
mit dem Apoll, Niobe mit ihren Töchtern. Hier erscheinen 
die mancherlei Modificationen einer Eigenschaft oder eines 
AfFects und schliessen sich nach einer glücklichen Ver- 
kettung wieder in sich selbst zusammen. 

Die Gegenstände, von denen wir bisher gesprochen, 
sind wohl von allen die vollkommensten, indem die der 
zweiten Gattung in ihrer Vollendung mit der ersten 
coincidirt. 

Nun gibt es aber Gegenstände, die an und für sich 
nicht verständlich oder nicht interessant sein würden, wenn 
sie nicht durch eine Folge verbunden und erklärt würden; 
es kann aber diess eine Folge von Handlungen sein wie 
z. B. die Thaten des Herkules oder von Theilen einer 

GOETHE-jAURBtCil XVII. 2 



Neue Mittheilungen. 



Handlung wie z. B. eines Beclianals. So hat auch Julius 
Roman einen Truppenmarsch zur Begleitung Kaiser Sieges- 
munds in einem langen Friese ausgeführt. Auf der rechten 
Einsicht dieser Gattung ruht die ganze Kunst des Basreliefs. 

So wie nun eine einzelne Handlung aus einer solchen 
Folge, wenn sie bekannt genug ist, vorgestellt werden kann, 
wie z. B. irgend eine That des Herkules auf einer Gemme, 
so werden auch nicht mit Unrecht solche Gegenstände 
gewählt, die durch Fabel oder Geschichte allgemein bekannt 
sind; zwar erreichen sie nie den Werth der ersten; doch 
kann man den Künstler, der mit gehöriger Vorsicht zu 
Werke geht, hierin nicht einschalten. 

Ob nun gleich bei allen Kunstarbeiten der Gegenstand 
niemals allein, sondern insofern er behandelt ist, betrachtet 
werden kann, so lässt sich doch von denen drei bisher be- 
schriebenen Gattungen sagen, dass sie hauptsächlich be- 
züglich auf das Object betrachtet sind. Bei den Folgenden 
wird mehr die Behandlung und der Geist des behandelnden 
in Betracht gezogen, und so werden die Gegenstände denn 
bestimmt : 

Durch tiefes Gefühl, das, wenn es rein und natürliclt 
ist, mit den besten und höchsten Gegenständen coincidiren 
und sie allenfalls symbolisch machen wird. Die auf diese 
Weise dargestellten Gegenstände scheinen blos für sich zu 
stehen und sind doch wieder im Tiefsten bedeutend, und 
das wegen des Idealen, das immer eine Allgemeinheit mit 
sich führt. Wenn das Symbolische ausser der Darstellung 
noch etwas bezeugt, so wird es immer auf indirecte 
Weise geschehen. 

Das tiefe Gefühl aber kann an Schwärmerei grenzen 
und mystische Gegenstände aufsuchen, von dieser Art sind 
die meisten Vorstellungen der katholischen Religion, die 
auch wieder gewissermasen ihren allgemeinen grossen Cirkel 
haben; es gibt darunter aber auch zufällige Bilder, wenn 
z. B. mehrere Patronen einer Stadt oder Familie zusammen- 
gebracht werden; doch kann man diese Art unter die Ge- 
legenheitswerke rechnen, obgleich auch sie durch Aus- 
führung hoch erhoben werden können, wie die heilige 
Cäcilie von Raphael zeigt. 



ÜBteR STRENGE UrTHEILE. I9 

Aber auch das flache Gefühl macht Ansprüche an 
Kunst, daher entspringen die sentimentalen Bilder, deren 
unsere Zeit so unzählige hervorbringt durch eine falsche 
Verbindung des Sittlich Schönen mit der darstellenden 
Kunst; man möchte sagen, dass die Künstler und Liebhaber 
dieser Art eigentlich recht ökonomisch sind. 

Nun gibt es auch Kunstwerke, die durch Verstand, 
Witz, Galanterie brilliren, dahin wir auch alle allegorischen 
rechnen; von diesen lässt sich am wenigsten Gutes er- 
warten, weil sie gleichfalls das Interesse an der Darstellung 
selbst zerstören und den Geist gleichsam in sich selbst 
zurücktreiben und seinen Augen das, was wirklich darge- 
stellt ist, entziehen. Das Allegorische unterscheidet sich 
vom Symbolischen, dass dieses indirect, jenes direct be- 
zeichnet. 

Nun gibt es auch noch eine fahche Anwendung der\ 
Poesie auf bildende Kunst. Der bildende Künstler soll \ 
dichten, aber nicht poetisiren, das heisst nicht wie der 
Dichter, der bei seinen Arbeiten eigentlich die Einbildungs- 
kraft rege machen muss, bei sinnlicher Darstellung auch 
für die Einbildungskraft arbeiten. Die meisten Arbeiten 
von Heinrich Füszli sündigen an dieser Seite. 

Doch sind die drei vorstehenden Gattungen kaum 
so tadelnswerth als eine letzte, die wir der neusten Zeit 
schuldig sind: es ist nämlich der Versuch die höchsten 
Abstractionen in sinnliche Darstellung wieder zu verkörpern. 

4. ÜBER STRENGE URTHEILE. 

Nichts ist dem Dilettantism mehr entgegen als feste 
Grundsätze und strenge Anwendung derselben. 

Die Geschmackskritik, wodurch wir genöthigt werden 
sollen uns etwas gefallen oder missfallen zu lassen, ist 
selten völlig stringent, weil Gefallen und Missfallen selbst 
mächtiger bleibt als irgend ein Grundsatz. 

Grundsätze aber, aus denen man herleitet, was der 
Künstler zu thun habe, führen schon mehr Gewicht bei 
sich, weil alsbald erprobt werden kann, in wie fern sie 

2* 



20 Neue Mittheilungen. 



praktisch auslangend siiid, obgleich auch bei der Anwendung 
manches Schwanken vorkommen möchte. 

Möchten daher unsere Leser niemals vergessen, dass 
wir mit Künstlern sprechen; dem Freund, dem Liebhaber 
der Künste, besonders dem, der sammelt und bezahlt, wird 
es immer unvorschreiblich frei bleiben zu loben, zu schätzen, 
sich zuzueignen, was ihm persönlich am meisten behagt> 
nur verlange er nicht, dass wir einstimmen sollen, ja er 
zürne nicht, weno wir ihm den Künstler manchmal zu 
rauben und auf andere Wege zu lenken vorhaben sollten. 

Es tritt noch ein Fall, besonders bei der Dichtkunst 
ein: wir haben manchen altern Schriften einen gewissen 
Grad unserer Bildung zu verdanken; wir erinnern uns aus 
der Jugend noch des guten und glücklichen Eindrucks, 
den ein solches Werk auf uns machte; wir halten es noch 
für gut, wenn sich auch schon unser Geschmack gebessert 
hat; ein gewisses frommes Vorurtheil bleibt uns wie für 
alte Lehrer für Gegenstände früher Verehrung. Wahr ist's, 
dass. jeder, der ohne auf einen höhern allgemeinern Stand- 
punct sich erhoben zu haben, wenn er über solche Gegen- 
stände scherzt oder sie wohl gar verachtet, einen innern 
Vorwurf seines Gewissens fühlt; ein zartes Gemüth rechnet 
sich solche Regungen als eine Impietät an; daher ist es 
nicht zu verwundern, wenn man sein Gewissen auch gleich- 
sam zu dem Gewissen anderer machen will. Man kann 
in Deutschland oft bemerken, dass derjenige der einen so- 
genannten Lieblingsschriftsteller der Nation strenge tadelt, 
immer wegen eines bösen Herzens in Argwohn steht, wenn 
auch seine Grundsätze und Argumente die Güte seines 
Kopfs ziemlich in Sicherheit setzen. 

Wir sehen voraus, dass wir auch manchmal in den 
Fall kommen werden, dass ein Liebling der Menge nicht 
gerade auch unser Liebling sei und wollen die desshalb 
unvermeidlichen Vorwürfe gern über uns ergehen lassen; 
nur werden wir manchmal erinnern, dass wir nur mit dem 
Künstler sprechen und diesem Anlass geben möchten das 
Bestmöglichste sich selbst und andern zur Freude hervor- 
zubringen. Indessen mag sich das Publicum ja an unsere 
Urtheile nicht kehren, lieben und verwerfen, wie es der 



Über strekge U«THEiLt. 2i 

Tag mit sich bringt; scheint doch, Wenn man theoretische 
Aussprüche anhö/en soll, die Ueberzeugung ziemlich allge- 
mein zu sein und bei uns ist sie vollkommen, dass kein 
neues Kunstwerk das gegen die Muster der Alten gestellt 
und nach Grundsätzen, die sich aus diesen entwickeln las- 
sen, beurtheilt würde, völlig bestehen könne; eben so all- 
gemein ist angenommen, dass ein Künstler am besten fährt, 
der sich mit Genie, Geist und Kraft an die Alten fest an- 
zuschlj.essen und sich nach ihnen zu bilden weiss, und doch 
ist keine Frage, dass die besten Werke der Alten in glück- 
licher Uebersetzung dem lebenden Publico allgemein nicht 
so Wohlbehagen können als Werke gleichzeitiger Künstler; 
aus diesem Widerspruch entsteht ein Widerstreit des Prac- 
tischen und Theoretischen, in welchem der arbeitende 
Künstler hin und wider geworfen wird; ihm in diesem 
Falle so viel als möglich beizustehen, halten wir für Beruf 
und Pflicht und behaupten vielleicht mit einigem Anschein 
der Paradoxie, dass gerade dem Künstler nicht gefallen 
dürfe, was dem Publico gefällt. So wenig der Pädagog 
sich nach den augenblicklichen Einfällen der Kinder, der 
Arzt nach der Sehnsucht und den Grillen des Patienten, 
der Richter sich um die Leidenschaften der Parteien zu 
kümmern hat, eben so wenig sieht der wahre Künstler das 
Gefallen als den Zweck seiner Arbeit; er meint es wie 
jene genannte Männer so gut er nur kann mit denen, für 
die er arbeitet, aber er meint es noch besser mit sich selbst, 
mit einer Idee, die ihm vorschwebt, mit einem fernen Ziele, 
das er sich steckt und zu dem er andere lieber mit ihrer 
Unzufriedenheit hinreissen mag als dass er sich mit ihnen 
auf halbem Wege lagerte. ^ 



Als Goethe in Italien von der Fülle neuer Erfahrungen 
und Erkenntnisse sich zu einem neuen Leben erweckt fühlte, 
da fasste er sogleich auch den Entschluss, nicht nur durch 
den neuen Geist, der seine Dichtungen erfilllen sollte, sondern 
auch durch systematische Darlegung in bewusstem didaktischem 
Streben, das was er gewonnen, der Heimat mitzutheilen. Aber 
die Aufnahme, welche er bei seiner Rückkehr fand, die Theil- 
nahmlosigkeit des Publikums für das, was ihm als die höchste 
und reichste Gabe, als d6r Gipfel des eigenen Lebens er- 



22 Neue Mittheilungen. 



schien, bewog ihn jahrelang die Verwirklichung des Plans 
hinauszuschieben. Erst Schillers verständnissvolle Mitarbeit 
und sein jugendliches Vertrauen auf die Möglichkeit einer 
erfolgreichen Erziehung und Hebung des Publikums Hess die 
alten Pläne wieder lebendig werden. Sie auszuführen wäre 
der Meister gern nochmals nach Italien gewandert; da dies 
aber nicht auszuführen war, so entsandte er den Kunstfreund 
Heinrich Meyer dorthin, der in zweijährigem Aufenthalt in 
Florenz und Rom aufs genaueste beobachtete und sammelte 
und Goethe in regelmässigen Briefen die eingehendste Rechen- 
schaft ablegte. Und um noch frischer und lebendiger und 
zugleich völlig ungestört die Ergebnisse von Meyers Reise 
auf sich einwirken zu lassen, macht sich Goethe im Herbst 
1797 selbst auf, um dem Freunde, der zurückkehrt, in die 
Schweiz entgegenzugehen. Auf dieser Reise entstehen nun 
bald in einsamem Sinnen, bald im Gedankenaustausch mit 
Meyer eine Reihe von Entwürfen, welche in den nächsten 
Jahren theils in den »Propyläen« ausgeführt worden, theils 
auch im blossen Schema oder in fragmentarischen Nieder- 
schriften stecken geblieben sind. 

Am 15. September, noch auf der Hinreise begriffen, hat 
Goethe in Stuttgart folgende Aufgaben in sein Tagebuch ein- 
getragen : 

»Gelegentlich durchzudenken und aufzusetzen. 

1. Schema von einer vollständigen doch im Personal ein- 
geschränkten Kunstacademie. 

2. Schema von Kunst und Handwerk, bezüglich auf die 
innere Decoration eines Schlosses. 

3. lieber das Darzustellende oder über die Gegenstände, 
welche die verschiedenen Künste bearbeiten können und sollen. 

4. Ueber die Behandlung der verschiedenen Gegenstände 
durch die verschiedenen Künste, je nachdem die Mittel und 
Zwecke dieser letzten verschieden sind. 

5. Von der sinnlichen Stellung oder Zusammenstellung 
der Theile. 

6. Von den verschiedenen Darstellungen bezüglich auf 
ihren tiefern Gehalt und Wirkung.« 

Ein Arbeitsprogramm, das mit grosser Consequenz im 
Auge, behalten worden ist, wenn auch das vorzeitige Eingehen 
der Propyläen nicht alles h^t zur Ausführung gelangen lassen. 
Das an erster Stelle genannte Thema hat eine ausführliche 
Behandlung im 2. und 3. Bande der Propyläen durch Heinrich 
Meyer gefunden, ebenso das dritte im i. Bande; an beiden 
hat sich Goethe, wie die Manuscripte zeigen, helfend und 
eingreifend betheiligt. Der vierte Punkt hat keine besondere 
Ausführung erhalten, sondern ist mit dem dritten gemeinsam 



Über Kunst und Handwerk. 23 

behandelt worden; über den fünften und sechsten besitzen 
wir kurze Schemata Goethes, die seinen Gedankengang er- 
kennen lassen. Eine kurze Ausführung des zweiten glaube ich 
in dem ersten der vorstehenden Aufsätze zu finden, für welchen 
Bernhard Suphan, ohne noch jener Tagebuchnotizen zu ge- 
denken, doch dem Inhalt entsprechend sogleich die Ueberschrift 
»Kunst und Handwerka vorgeschlagen hat. Der sachliche 
Gegensatz, den Goethe im Sinne hat, ist freilich nicht ganz der, 
den wir heute mit diesen Worten verbinden. Uns, die wir in das 
Getriebe des Fabrikwesens eingezwängt sind, erscheint das 
Handwerk schon als eine verhältnissmässig freie, persönliche 
Thätigkeit, die sich im Kunstgewerbe mit der Kunst berührt; 
Goethe aber fasst es als das niedrige^ mechanische, welches 
dem künstlerischen Schaffen entgegengesetzt ist. In seinen 
Ausführungen vermischt er dann auch unbekümmert Hand- 
werks- und Fabrikbetrieb, indem er Beides in gleichem Contrast 
zur Prodnction des Künstlers empfindet. Fraglich könnte 
scheinen, ob unser Aufsatz auch der besondern, im Tagebuch 
gegebenen Bestimmung entspricht: »bezüglich auf die innere 
Decoration eines Schlosses.« Goethes Betrachtung hält sich 
doch sehr im Allgemeinen und lässt keinen bestimmten practi- 
schen Zweck erkennen. Allein ich glaube doch, dass das aus- 
führlich behandelte Beispiel von der Villa Borghese uns auf 
einen solchen Zweck hinweist. Dies Beispiel steht an sich 
ganz unvermittelt, willkürlich da; aber diese Willkür ver- 
schwindet, wenn wir nach jener Tagebuchnotiz annehmen, 
dass bei dem ganzen Aufsatz stillschweigend der Gedanke 
an architectonische Decoration dem Verfasser im Sinne lag, 
aber nur an dieser einen Stelle Anlass hatte sich auszusprechen. 
Wer genau zusieht, wird vielleicht auch an andern Stellen 
die zu Grunde liegende Gedankenschicht erkennen, so z. B. 
wenn gleich anfangs der ästhetische Trieb darin wahrge- 
nommen wird, jedem Ding »einen schicklichen Platz zu geben.« 
Dürfen wir so in diesem Aufsatz die Ausführung jenes 
Tagebuch- Vorsatzes erkennen, so werden wir staunen, mit 
welch tiefliegendem Blick der Dichter dieses scheinbar so 
nüchtern -practische Thema: Kunst und Handwerk bei einer 
Haus-Decoration — beschaut hat. Er sieht in ihm den Charakter 
zweier Zeitalter sich berühren und bekämpfen, eines Zeitalters 
freier individueller Bethätigung und eines gebundener, mechani- 
scher Massen thätigkeit. Und wenn uns das Vorausschauen 
moderner sozialer und Ökonomischer Bewegungen noch in 
den weit späteren »Wanderjahren Wilhelm Meisters« über- 
rascht und imponirt, so möchte es im Jahr 1 797 fast wunder- 
bar scheinen. Das ist es nun doch nicht Wenn Goethe in 
den Wanderjahren den Zustand der neuen Zeit greifbar be- 
zeichnen will, so weist er auf Amerika hin; Amerika mit 



24 Neue Mittheilungen. 



seiner eigenartigen Kulturform war aber auch schon 1797 als 
ein neues, auf eine Zukunfts-Epoche hinweisendes Gebilde in 
den Gesichtskreis der weiter blickenden Beobachter getreten. 
Der Befreiungskrieg der Vereinigten Staaten, die Erscheinung 
des practisch-nUchternen, einfach-selbstbewussten Franklin war 
von empfindsamen Gemtlthern nur als ein neuer Anlass zu 
begeisterter Schwärmerei für Freiheit und Gleichheit aufgefasst 
worden; aber der sicheren Weltkenntniss hatte sich hier etwas 
ganz anderes angekündigt. — Doch von Amerika ist in unsrem 
Aufsatz nicht die Rede, wohl aber von England. Auch dieses 
Land hatte sich schon damals durch seine gewaltige industrielle 
Thätigkeit in Gegensatz zu dem übrigen Europa gestellt. Der 
hartnäckige Kampf Englands gegen das festländische Europa 
in der napoleonischen Zeit ist durch diesen wirthschaftlichen 
Gegensatz bedingt und wurde auch von Goethe so aufgefasst. ' 

Jedenfalls — er empfand schon das Herannahen eines 
»mechanischen« Zeitalters und er fühlte schon die Last, die 
es der Künstlerseele auflegte, die Bande, in die es das freie 
Spiel ihrer Kräfte zwang. Ja er meint schon zu bemerken, 
dass durch diese Einflüsse das »unmittheilbare Talent« des 
Künstlers seltener geworden sei ; das Gefühl wirkt nicht mehr 
in unablenkbarer Sicherheit; denn Intellect und Sinnlichkeit 
haben sich getrennt, und es ist dadurch innerer Zwiespalt und 
Unsicherheit erzeugt. Wir erkennen leicht den Gedankengang 
wieder, in welchem sich Goethe wie Schiller damals einig 
fanden und sich mit Vorliebe bewegten. Von der Abhandlung 
tlber naive und sentimen talische Dichtung (1795) bis zu 
»Winckelmann und sein Jahrhundert« (1805) beherrscht dieses 
Schema die Gedanken Beider, und führt in dem letztgenannten 
Werke zu dem begeisterten Preise des Alterthums, welches 
»jene kaum heilbare Trennung in der gesunden Menschen - 
kraft« noch nicht erfahren hatte. 

Freilich auch in der Gegenwart ist die Gabe der Natur, 
welche den Künstler macht, nicht verschwunden ; aber sie 
scheint es fast, weil die Bedingungen zur Entwicklung »dieser 
zarten Pflanze« fehlen. Und sie fehlen, weil die* Schätzung 
der Kunst sich verringert hat, weil die Kunst den Modernen 
nicht mehr ein nothwendiges Bedürfniss ist. Das wird durch 
den Hinweis auf die Griechen erhärtet, welche Alles, was sie 
umgab, von Künstlerhand gestaltet wünschten, während der 

* Man lese den Preis der »Continentalsperre« in dem Gedicht an 
die Kaiserin von Frankreich (18 12): 

»Das Kleinliche ist alles weggeronnen, 

Nur Meer und Erde haben hier Gewicht. 

Ist jenem erst das Ufer abgewonnen, 

Dass sich daran die stolze Woge bricht, 

So tritt durch weisen Schluss, durch Machtgefechte, 

Das feste Land in alle seine Rechte.« 



Über die Gegenstände der bildenden Kunst. 25 

Neuere sich mit handwerksmässiger Verzierung begnügt. Dem 
wahren Reichthum, der sich in künstlerisch-werthyoUem Besitz 
ausweist, wird der Luxus gegenübergestellt, der handwerks- 
mässige Prunkwaaren aufhäuft. 

Und nun wird als Beispiel einer würdigen fürstlichen 
Anlage die Villa Borghese genannt, welche in den letzten 
Jahrzehnten zu allgemeiner Bewunderung der Mitwelt ent- 
standen war. Goethe hat das Ganze im Sinn: Park und Casino, 
künstlerische Ausschmückung und eingefügte Kunstschätze; 
denn dies Ganze war in der That einheitlich, ein Theil ftlr 
den andern geschaffen. ' Es darf uns nicht irre machen, wenn 
wir heute die Decoration in Stuck und Fresco neben den 
aufgehäuften Kunstschätzen kaum der Beachtung werth finden ; 
damals urtheilte man anders, und wenn man die zeitgenössi- 
schen Künstler wohl auch überschätzte, so hatte man doch 
immerhin mehr Kunstsinn als die meisten Besucher von heute, 
welche die Säle nur durcheilen, um die wenigen von Bädeker 
besternten Kunstwerke zu betrachten. Als Goethe in Rom 
lebte, hatte ein Deutscher, Christoph Unterberger, die Ober- 
leitung über die Anlage der Villa gehabt, und der Dichter 
mochte bei seinen stillen Besuchen des Parks oft mit Neid 
dieses Werk betrachtet haben, das weit über alles hinaus- 
ging, was er in dem bescheidenen Weimar unternehmen konnte ; 
vielleicht hatte er auch mit dem Künstler selbst sich aus- 
gesprochen. Und in Weimar hatte er dann im »Römischen 
Hause« nach dem Maass der vorhandenen Mittel etwas Aehn- 
liches zu schaffen gesucht. Doch schnell wendet er in unserm 
Aufsatz sich wieder von dem Beispiel ab und kehrt zu allge- 
meinen Betrachtungen zurück, über den einzigartigen, dauern- 
den Werth des Kunstwerkes und die öde Leere handwerks- 
mässiger Massenwaare. Und da sind es nun die Engländer, die 
er angreift, weil sie diese mechanischen Erzeugnisse durch neue 
Methoden ins Unendliche vervielfältigen. Die fabrikmässige 
Nachahmung antiker Vasen und die eben damals sich ankün- 
digende Technik des Farbendruckes erregen seinen Widerwillen. 

Das Schlusswort des Aufsatzes ist von typischer Bedeutung. 
Auch heute kann der, welcher im Sinne Goethes arbeiten 
will, sich nichts besseres wünschen, als hie und da Einzelnen 
förderlich zu sein, »da das Ganze mit unaufhaltsamer Gewalt 
vorwärts eilt.« 

Die zweite Abhandlung besticht etnei^ Gegenstand, der 
Goethe ganz besonders am Herzen g^egen hat. Schon ein 
Jahr bevor er in sein Tagebuch die Aufzeichnung machte, 
die wir oben anführten, hatte er an Meyer nach Florenz 



' Eine ausführliche Darstellung der Villa Borghese von Pagliarini 
war 1796 erschienen. 



26 Neue Mittheilungen. 



geschrieben : »Wir (Goethe und Schiller) sind diese Tage über 
(die Wahl des Gegenstandes bei Kunstwerken sehr im Gespräch 
gewesen, sammeln Sie doch auch ja auf diesen Punkt! es ist 
der erste und der letzte, und da man die ganze Materie nicht 
dogmatisch, sondern kritisch behandeln könnte, da man überall 
glückliche und unglückliche Beispiele könnte reden lassen, 
so wäre es eine recht schöne Gelegenheit in und mit dieser 
Frage so viele wieder zur Sprache zu bringen.« Meyer hatte 
darauf geantwortet: »lieber die Wahl des Gegenstandes bei 
Kunstwerken ist es wohl schwer sich so kurz zu fassen als 
es der Raum eines Briefes, der noch nebenbei andere Dinge 
enthält, verstattet, und wir werden dieses Capitel wohl bis 
dahin sparen müssen, wenn wir uns wieder mündlich mit 
einander mittheilen können. Indessen glaube ich, dass man 
als allgemeine Regel annehmen kann: Je vollständiger sich 
eine Handlung durch den Sinn des Gesichts begreifen und 
fassen lässt, je besser passt sie für die bildenden Künste.« 
Dieser letzte Satz bildet auch in der That den Grundgedanken 
der ausführlichen Abhandlung über diese Frage, welche Meyer 
in den. »Propyläen« erscheinen liess. ' Sie entstand, wie die 
Handschriften ausweisen, unter eifriger Mitarbeit Goethes, 
welcher zwar im Einzelnen mit seiner brüderlichen Kritik 
von Meyers Darlegungen nicht zurückhielt, im Ganzen abier 
durchaus übereinstimmte. Denn auch für Goethe war die Frage 
nach den »Gegenständen« eine technische, eine Frage nach 
der practischen Darstellbarkeit und Verständlichkeit, nicht 
etwa eine dogmatische, und man würde sehr irren, wollte man 
meinen, dass er mit der Bestimmung der »Gegenstände« das 
Gebiet der Kunst durch irgend welche von Aussen heran- 
gebrachte Ueberzeugungen oder Vorurtheile hätte einschränken 
wollen. Nicht darum handelt es sich, was die bildende Kunst 
darstellen dürfe, sondern um das, was sie darstellen könne. 
Aber trotz dieser Uebereinstimmung mit Meyer ist den- 
noch Goethes kurzer Aufsatz, der uns hier vorliegt, eine ganz 
eigene Arbeit neben jener ausführlichen Abhandlung; er ist 
nicht etwa der Keim oder auch Kern derselben, sondern ein 
anderer Versuch die Aufgabe zu lösen. Meyer behandelt die 
Frage äusserlich rcglementirend ; die Gegenstände werden in 
Categorieen getheilt, demgemäss gebilligt oder verworfen imd 
alles mit zahlreichen Beispielen belegt. Goethe fasst die Sache 
tiefer: schon in der ersten Hälfte des Aufsatzes, wo er that- 
säcWich von den »Gegenständen« redet, behandelt er sie nicht 
nach ^ äusserlichen Eintheilungsgründen, sondern nach dem 
Stufengang ihrer künstlerischen Bedeutung; in der zweiten 



* Ueber diesen Aufsatz vgl. die ausführliche Würdigung in meiner 
»Klassischen Aesthetik« S. 195—201. 



Über die Gegenstände der bildenden Kunst. 27 

Hälfte fasst er das Thema dann psychologisch, um die Be- 
dingungen festzustellen, welche die Wahl geeigneter oder un- 
geeigneter Gegenstände veranlassen. Eines Commentars be- 
dürfen diese Ausführungen bei ihrer einfachen Klarheit und 
Durchsichtigkeit nicht. Nur darauf sei hingewiesen, wie dem 
Dichter unwillkürlich die Urtheile, welche er gewohnt ist, 
auf die Dichtkunst anzuwenden, hier sich auf die bildende 
Kunst übertragen. Wenn er das »tiefe Gefühl« als die Quelle 
glücklicher Stoffwahl rühmt, so erinnern wir uns, dass schon 
im »Götz« das »von einer Empfindung volle Herz« als das 
gepriesen wird, was »den Dichter mache«, und dass noch 
der Altmeister »lebendiges Gefühl der Zustände« den »Poeten 
machen« Hess. Und wenn wir als bedenkliche Abirrungen 
dieses Gefühls ihn hier die Schwärmerei und die flache Senti- 
mentalität tadeln hören, so erinnern wir uns, zu welchen 
abwehrenden Aeusserungen ihn die erste Eigenschaft gegen- 
über den romantischen Dichtern, die andere gegenüber Kotzebue 
und ähnlichen scheinbar moralisirenden, in Wirklichkeit ent- 
nervenden Schriftstellern veranlasst hat. Dass ferner Kunst- 
werke, welche aus Verstand oder Witz statt aus Gefühl her- 
vorgehen, niedrig angeschlagen werden, erinnert lebhaft an 
jenes abweisende Urtheil, welches Schiller über Wieland und 
Voltaire und zugleich über eine Geschmacksrichtung aus- 
gesprochen hat, welche die Werke des Witzes und des poeti- 
schen Genies für Synonyme halte, * ein Urtheil, welches in Hin- 
sicht Voltaires auch Goethe billigte, wenn er ihm die »Tiefe« 
absprach. ^ 

Trotz der nahen Beziehung, welche wir demnach zwischen 
Goethes Kunstkritik und seinem litterarischen Urtheil er- 
kennen, warnt er doch in unsrem Aufsatze so entschieden 
vor der »Anwendung der Poesie auf bildende Kunst.« Denn 
er war sich bewusst, dass beide, wenn sie auch aus gemein- 
samem Grunde entspringen, doch mit ganz verschiedenen 
Mitteln arbeiten. Schlimm gegen diese Einsicht verstösst, wer 
sich an die am Schluss angeführte, unlösbare Aufgabe wagt: 
an die Verkörperung der »höchsten Abstractionen in sinn- 
licher Darstellung.« Bernhard Suphan hat mich darauf hin- 
gewiesen, dass Goethe hier an Carstens' in der That unglück- 
liche Darstellungen des Raumes und der Zeit gedacht habe. 
Unzweifelhaft ist dies richtig; Goethe war auf diese Dar- 
stellungen durch den gehässigen Bericht des Malers Müller 
in Schillers »Hören« aufmerksam geworden. Aber es ist ein 
eigenes Verhängniss, dass als abschreckendes Beispiel hier 
gerade der Künstler hingestellt ist, dessen Werke am Meisten 



» An Körner i. Mai 1797. 

* Anmerkungen zum »Neffen des Rameau.« 



28 Neue Mittheilungen. 



Goethes Forderungen entsprechen. Goethe hatte jedoch damals 
noch nichts von Carstens gesehen, und er war mehr noch 
als durch Müller jedenfalls durch die einmüthig ungünstigen 
Berichte seiner römischen Freunde Hirt und Eury eingenommen 
worden. Später ist es bekÄfintlich Goethe «elbst -^gewesen, der 
einen grossen Theil von Carstens' Nachlass ftlr das Weimarer 
Museum angekauft hat. 

Es ist lebhaft zu bedauern, dass Goethe die kurze Skizze 
dieses Aufsatzes nicht weiter ausgeführt hat, etwa in der Form 
eines Gesprächs, wie sie in den »Propyläen« mehrmals so 
glücklich angewendet worden ist. Sicherlich wäre das Thema, 
welches dem Dichter so sehr am Herzen lag, so mit weiter 
und tiefer gehender Wirkung behandelt worden als in der 
gewissenhaften und scharfsinnigen, aber trocknen und ein- 
tönigen Weise Meyers. 

Der letzte Aufsatz, welchen wir angereiht haben, steht 
nicht in so engem Bezug zu den beiden ersten, wie diese 
unter sich, gehört aber doch demselben Arbeitsgebiet an. 
Er stammt aus einem Sammelbande, welcher ausdrücklich für 
Vorarbeiten und Entwürfe zu den Propyläen bestimmt ist. Auch 
ergibt die Betrachtung des Inhalts unwidersprechlich, dass es 
sich um die Einführung, die Empfehlung und auch die Entschul- 
digung des neuen Unternehmens und seiner Eigenart handelt. 
Thatsächlich wurden die Propyläen mit jener ausführlichen »Ein- 
leitung« eröffnet, welche ein volles, ideales Kunstprogramm der 
Weimarer Kunstfreunde, Goethe und Heinrich Meyer, gibt, und 
zugleich auch die Wege vorzeichnet, auf welchen die neue Zeit- 
schrift an der Verwirklichung dieses Programms mitarbeiten will. 

In dieser Einleitung wird die kritische Aufgabe der Zeit- 
schrift nur sehr kurz behandelt, während die noch vorhandenen 
Entwürfe zeigen, dass es ursprünglich beabsichtigt war, dies 
mit grösserer Ausführlichkeit zu thun. Vermuthlich war es 
der Wunsch, nicht von vorn herein abzuschrecken und auf 
die Möglichkeit ernsten Kampfes nicht schon bei der Eröff- 
nung hinzuweisen, welcher schliesslich die Zurückhaltung gebot. 
Mir scheint nun, dass der kurze Aufsatz »lieber strenge 
Urtheile« ein Bruchstück ist, das anfänglich für die Einleitung 
bestimmt war und dann weggelassen wurde. Sehr charak- 
teristisch für den damaligen Standpunkt Goethes ist gleich 
der erste Satz über den Dilettantismus. Er lebte damals ganz 
in klaren und festen Gedanken über künstlerisches Schaffen, 
und nichts war ihm mehr zuwider als willkürliches Herein- 
und Herumtappen auf dem Kunstgebiet. Daher sein Ingrimm 
gegen die Dilettanten, der in den Briefen immer und immer 
wieder zu Tage tritt und ihn es nicht für verlorene Zeit 
achten Hess, mit Schiller gemeinschaftlich das ausführliche 
Schema über oder besser wider den Dilettantismus auszu- 



Über strenge Urtheile. 29 

arbeiten. Aus diesem Schema, das Stoff zu einem ganzen 
Buch enthält, erkennt man, wie eifrig sich der Dichter mit 
diesen Gedanken beschäftigt hat, die ihm auch hier in den 
Sinn kommen, ohne dass der Hauptinhalt des Aufsatzes dazu 
nöthigte. Denn es liegt ihm hier ja gerade daran, einem 
grösseren Leserkreis strengere Grundsätze einigermassen plau- 
sibel zu machen, obgleich er selbst anerkennt, dass sie meist 
»nicht völlig stringent« seien, und obgleich er sich zu der 
toleranten Erklärung verpflichtet fühlt, dass er den Freund, 
den Liebhaber der Künste in seiher Urtheilsweise nicht stören 
will. * Desto strenger freilich will er gegen den Künstler sein 
und sich nicht scheuen, dabei wenn es sein muss, auch gegen 
das günstige Urtheil der grossen Menge zu Verstössen. Indem 
er diesen letzten Gedanken ausführt, tritt nun doch die ganze 
Verachtung des »Publikums«, in der er sich immer gleich- 
geblieben ist, trotz der vorhergehenden sanfteren Verhüllung 
wieder schroff hervor, und die Sätze, die hier folgen, mögen 
wohl hauptsächlich veranlasst haben, dass schliesslich die Ver- 
öffentlichung unterblieb; denn es war in der That unmöglich, 
ein neues Unternehmen mit der Lehre zu eröffnen, dass der 
Künstler sich nach den Wünschen des Publikums so wenig 
richten dürfe, als der Arzt nach denen des Patienten. Sach- 
lich aber wird diese Lehre hier vollkommen ausreichend be- 
gründet, sobald man nur Goethes Voraussetzung zugibt. Diese 
lautet: dass nach allgemeinem Urtheil nur auf dem Wege 
der antiken Künstler das höchste Kunstziel erreicht werden 
könne. Wenn nun trotz dieses allgemein anerkannten Grund- 
satzes das Publikum dennoch moderne Werke den antiken 
vorzog, so handelte es thatsächlich widersinnig und verdiente 
keine Berücksichtigung. Der moderne Beurtheiler wird aller- 
dings die Frage aufwerfen, ob jene Ueberzeugung von dem 
einzigartigen Werth der Antike wirklich so allgemein gewesen 
sei, ob sie dem Publikum nicht einigermassen gewaltsam auf- 
gedrungen und von ihm nur ziemlich gedankenlos hingenommen 
worden sei, während es sich in seinem Geschmack instinktiv 
doch dagegen sträubte. Für Goethe selbst unterliegt es indess 
keinem Zweifel, dass es ihm mit der unbedingten Verehrung 
der Antike damals voller und heiliger Ernst war. Aber trotz- 
dem empfahl er nicht etwa die Nachahmung der antiken 
Kunstwerke; sich nach den Alten zu bilden, rieth er dem 
Künstler, nicht aber sie nachzubilden, O. Harnack. 



* Etwas überraschend kommt hier der Absatz über die Schätzung 
älterer Dichterwerke herein. Suphan hat mich darauf aufmerksam ge- 
macht, dass er vielleicht in Gedanken an -Herder geschrieben sein 
könne, der durch seine geflissentliche Lobpreisung älterer, schon über- 
wundener Dichtungen — oesonders in den Humanitätsbriefen — geradezu 
gegen Goethe und Schiller demonstrirt und sie empfindlich gekränkt hatte. 

7^ 



30 Neue Mittheilungen. 



S. BRIEFWECHSEL ZWISCHEN BRINCKMANN UND 

GOETHE. NEBST EINEM BRIEFE BRINCKMANNS 

AN KAROLINE VON WOLZOGEN. 

I. Brinckmann an Goethe. 

Paris den 29 Novbr 99. 

Von Spanien aus werd' ich ermuntert Ihnen zu schreiben, 
und da ich Einmal diesen Mut fasse, so will ich noch die 
Kühnheit hinzuthun, Ihnen beifolgende Elegien zu über- 
senden. Ein Schwedischer Diplomat, der in Paris deutsche 
Verse macht und drucken lässt, ist doch eigentlich eine so 
seltene Erscheinung, dass dieses manches entschuldigt; denn 
wollte ich schlechtweg als Dichter meine Werke an Gbthe 
übersenden, so möchte das Wort Kühnheit noch ein Eufe- 
mismus sein. — 

Aber schon seit meinem ganzen Aufenthalt in Paris 
führ ich recht lebhaft das Bedürfnis, Ihnen noch mit wahrer 
Rührung und Sehnsucht für die herablassende Güte zu 
danken, deren Sie mich in Weimar würdigten. 

Ich habe vielleicht in meinem Leben keine so schöne 
und glückliche Tage genossen wie die wenigen, die ich 
auf meiner Reise hieher bei Ihnen verbrachte, und ich 
wende seitdem mein Angesicht nach Weimar, wie die Juden 
nach Jerusalem, bei jedem andächtigen Gebet, das ich täglich 
zu den Penaten meines Herzens und Geistes richte. — 
Ach! Sie hatten wol recht, da Sie mir riethen ganz ruhig 
noch dort zu bleiben, indem die französischen Direktoren 
ihre Plane ganz ruhig ausführen würden, ohne sich durch 
meine Ankunft stören zu lassen. Wie arbeite ich seitdem ver- 
gebens! und wie herzlich sehn' ich mich zurück! Wenn Sie 
mich sonst ein bischen mit meiner Deutschheit zum Besten 
hatten, so mögen Sie glauben, dass es jetzt zehnmal ärger ge- 
worden ist : Ich bin ein förmlicher enrag^ geworden, und die 
hiesigen Deutschen selbst finden ich sei ein Ultragermane. 

Wenn ich Ihnen aber nur recht deutlich machen könnte, 
was diese grosse Nazion für ein jämmerliches Ding sei! 
Es geht über alle Beschreibung. Die Revoluzion selbst ist 
allerdings ein höchst merkwürdiges Fänomen, aber doch 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 31 

auch nur ein Thatengedicht nach vorgeschriebenen Endreimen. 
Einige sogenannte Filosofen, wozu die Marats und Robes- 
pierre eben so gut gerechnet werden können, wie die 
übrigen, gaben immer den R^im an, und die Revoluzions-^ 
virtuosen zwängten darauf die ganze Nazion in Alexan- 
driner, ohne Rücksicht auf irgend ein höheres poetisches 
Leben — In diesem Kunstprodukt bewunderten die Fran- 
zosen alsdenn Natur und Harmonie gerade wie in ihren 
Trauerspielen. 

Der beste Beweis dieser Erbärmlichkeit ist der Zei- 
tungsenthusiasmus, womit jedes neue Quatrain dieser Re- 
voluzion beklatscht wird, wenn es gleich den vollkommensten 
Widerspruch mit dem vorigen enthält. Unsre Revoluzions- 
stuzer in Deutschland kommen hiebei gerade eben so sehr 
in Verlegenheit wie mit den Moden. Während sie sich 
wahrscheinlich noch über den Prairial höchst freudig ge- 
bährden, wird er hier schon als ein elendes Machwerk der 
Jakobinerrotte auf allen kleinen Theatern gespielt. — Unser 
grosser, unsterblicher Tag ist jezt der 19. Brumaire; dieser 
hat uns die Revolu:(ion vollendet! — wie man freilich einen 
Zirkel vollendet, wenn man die ganze Periferic durchläuft, 
um gerade auf den Fleck zurückzukommen, von welchem 
man ausging. Ist dieser Punkt nun das Ziel, so könnten 
wir übrigens allenfalls bleiben wo wir sind; denn der fran- 
zösische Zirkelgang an sich, scheint mir wenig anziehendes 
zu haben. — Nicht unmerkwürdig ist es, dass unsre hie- 
sigen, nun erst durch diese entsezliche Erfahrung vollendete 
Staatsweisen auch ungefehr nichts weiter entdeckt haben, 
als was der Menschenverstand schon von jeher allen lei- 
denschaftlosen Gegnern der Revoluzion a priori eingab. 
Sieyes demonstrirte vor ein par Tagen mit unendlicher 
Salbung: »Man müsste, um eine voUkommne Staatsver- 
fassung zu begründen, Frankreich erst gewissermassen ent- 
revolu:(ioniren ! Jedes einT^elne Prinzip der Revoluzion sei an 
sich wahr und unwiderlegbar; allein es hätte immer an 
harmonischer Verbindung aller Prin:(ipien gefehlt; isolirt 
aufgestellt und streng befolgt, hätte also auch das vortref- 
lichste schädlich werden müssen.« — 

So etwas war nun in kein Franzosengehirn noch ge- 



32 NtuE Mittheilungen. 



kommen, und man bewunderte diesen Ausspruch, als sei er 
allein schon nicht zu theuer erkauft durch all die blutigen 
Sofismen, die ihm zu Vordersäzen dienten. — Ich Barbar 
bewundere darin nichts, wie die Naivetät; Gentz hingegen 
und Mallet du Pan werden sich über den Plagiat beschwehren. 

Ein andrer Franzos sagte mir Einmal eben so naiv: 
»je congois parfaitement l'enthousiasme des itrangers 
pour toutes nos revolutions. 11s croient que nous avons 
toujours et^ de bonne fois, dans ce qui s'est fait ici, et alors 
9a doit paroitre tres beau, — surtout de bien loin.«"— 

Doch was quäle ich Sie mit unserer elenden Politik. — 
Wäre die Literatur nur mehr werth; Aber auch hiebei 
ärgert mich nichts so sehr, als dass unter die Lumpengötter 
dieses Volks — der Werther gerathen sei. — Jederman 
zitirt seinen grossen Namen, und doch ist es mir uner- 
klärbar, was diese Menschen darin finden. Da mir dieser 
Enthusiasmus eigentlich das ensemble de la plattitude fran- 
^oise verdirbt, so bin ich sehr froh gewesen, während 
meines hiesigen Aufenthalts folgende damit mehr harmo- 
nirende Anzeige einer neuen Ausgabe von Werther zu 
finden : »Parmi les romans, qui nous viennent d'AUemagne, 
on cite avec iloge — o! dass die Bestien an einem solchen 
iloge ersticken möchten ! — les passions du jeune Werther. 
C'est un modde de sensibilit^, et d'une certaine gräce inno- 
cente (als wenn von Fontenelle die Rede sei) et patriar- 
chaleHii Das ist doch wol der erste Patriarch mit der 
Pistole, der mir in meiner Praxi noch vorgekommen ist. — 

Was aber die Sache noch touchanter macht, ist dass 
beinah um die nemliche Zeit eine Uebersezung von des 
seligen Schönaichs Herrman in herrlichen Alexandrinern ganz 
neu angezeigt wurde. »Ce pofeme, qui a toujours et6 regardi 
comme un chef d'oeuvre de la litterature allemande, merite 
l'attention particuliere de tous les peuples libres. On y 
trouve toute renergie allemande, jointe ä cette sobriete 
classique, qui caracterise les ouvrages de l'antiquit^ p« — 
Wie gefällt Ihnen diese euQTgiQ, sobriete, antiquiti?? — 

Alle diese ästhetische Plattitude, diese Schiefheit der 
Urtheile — liegen aber viel tiefer; im Blut und Charakter 
des Volks. Humboldt wird Ihnen dies schwerlich zugeben. 



Briefwechsel zwischen Brinckmakn und Goethe. 33 

denn die Franzosen sind ihm Einmal interessant worden — 
blos durch seine Beschäftigung mit ihnen. So schrieb ich 
ihm neulich er würde auch gewiss an den Spanischen 
Schafen ganz neue Talente entdecken, blos weil er doch 
nicht gern umsonst sich mit ihnen möchte in rapports ge- 
sezt haben. Ich sammle indess, was mir vorkomt, beim 
Lesen, Hören und Sehen, um einst jenseits des Rheins 
wenigstens meine Ansicht der Dinge zu geben. 

Ferne sei es indess von mir nicht zu ehren, wem Ehre 
gebührt. Die Einzige Stael, mit der ich jezt in Einem 
Hause wohne, und also täglich viel sehe, hat mir die freund- 
lichsten und wahrhaft ehrfurchtvollen Empfehlungen an Sie 
aufgetragen. — 

So auch ein liebenswürdiges Weib M? de Flaba, Ver- 
fasserin eines niedlichen Romans Adele de Senange, der 
sich vorzüglich durch seine Simplizität auszeichnet. Sie 
hat mich versichert sie begreife nicht, wie jemand der selbst 
das menschliche Herz zu schildern wünsche, unterlassen 
könne, den Werther wenigstens ein par mal des Jahres zu 
lesen — und vorzüglich wie man sich unterstehen könne 
die Heloise mit jenem Meisterwerk nur zu vergleichen. 
L'hdoise ce beau plaidoyer d'amour qui Vous expose 
toujours le pour et le contre avec la plus grande exactitude, 
pour ne pas faire du tort ni k la passion ni il la vertu. 

Verzeihen Sie mir meinen allzulangen Brief, und würdigen 
Sie mich Ihres gütigen Andenkens. 

von Brinckmann. 

Alex. Humboldt ist in Cumana in Südamerika glücklich 
angekommen, hat sich ein Haus und 2 Negerinnen ge- 
miethet, und scheint glücklich und vergnügt. 

2. Goethe an Brinckmann. 

Hochwohlgebohrner 

Hochgeehrtester Herr, 

Durch Frl. v. Imhof, von welcher ein Brief beyHegt, 
erfahre ich von Zeit zu Zeit, dass Sie noch gern an uns 
denken und Sich der Tage, die Sie in Weimar zubrachten, 
mit Vergnügen erinnern. Sollten Sie einmal wiederkehren; 

Goethe-Jahrbvch XVII. ^ 



34 Neue Mittheilungen. 

so würden Sie finden, dass Sie bisher von uns nicht ganz 
abwesend waren. 

Sie erlauben, dass ich Ihnen, durch gegenwärtiges, 
Herrn Professor Sartorius aus Göttingen empfehle, der 
Ihnen gewiss, durch seine Schriften, als ein Mann bekannt 
ist, der sich um Staatsverfassung und Geschichte verdient 
gemacht hat. 

Mögen Sie Ihn, bey seinem Aufenthalte in Berlin, mit 
würdigen Männern Ihres Kreises bekannt machen, so werden 
Sie Danck verdienen und mich zugleich besonders ver- 
binden. 

Der ich mich freuen werde auch wieder einmal un- 
mittelbare Nachricht von Ihrem Befinden zu erhalten und 
mich mit besonderer Hochachtung unterzeichne 

Weimar Ew. Hochwohlgeb. 

d. I. Juli 1803. 8^°z gehorsamsten 

Diener 
J. W. V. Goethe. 



5. Brinckmann an Goethe. 

Berlin den 4. October 1803. 
Es würde Ihnen mit Recht unverantwortlich scheinen, 
wenn ich Ihren Brief vom iten Juli zur rechten Zeit be- 
kommen hätte, und doch so spät beantwortete. Aber Sie 
wissen vermutlich, dass Professor Sartorius sich lange in 
Wien aufgehalten und erst im September hier ankam. Da 
er nun das Glück hat, über Weimar zurückzukehren, benuz' 
ich mit Freuden diese Gelegenheit, um mein Andenken 
bei Ihnen wieder aufzufrischen, und Ihnen wenigstens durch 
ein par Worte zu sagen, welchen unglaublichen Genuss 
mir die grossmütige Versicherung gewährte, dass Sie den 
kleinen, unbedeutenden Fremdling noch nicht ganz ver- 
gessen haben, den Sie einst mit so herablassender Güte 
unter Ihren heiligen Penaten empfingen. Ich habe neulich 
dem Baron Lagerbjelke, der meinen König auf seiner 
Deutschen Reise begleitet, sehr andächtige Empfehlungen 
an Sie aufgetragen. Ich weiss nicht, ob er Gelegenheit 
gefunden, solche auszurichten ; aber auf alle Fälle beneide 



Briefwechsbl zwischen Brinckmann und Goethe. 35 

ich diesem acht fratiT^sischen Gtmt ein Glück, das ich ganz 
anders würde zu schäzen gewusst haben. 

Seit meinem Aufenthalt in Weimar sehne ich mich in 
der That nach diesem gelobten Lande zurück, wie das 
alte Bundesvolk nach Jerusalem. Ohne Hofnung der Rück- 
kehr, aber nie ohne wehmütige Wünsche. Ich war so 
glücklich bei Ihnen, ich war es hernach in der brennenden 
Sandwüste der französischen Ueberkultur so lange nicht, 
dass ich nicht ruhte, bis ich mich wenigstens wieder auf 
deutschem Boden ansiedeln konnte — zum grossen Skandal 
meiner jungen Freunde in Norden, welche eine armselige 
Uebersezung alles reinmenschlichen Lebensgenusses ins 
FranT^osische für den Gipfel der Kultur ansehen. Durch 
diese falsche Stimmung gehen wir armen Schweden dann 
auch allmählig zu Grunde, so wohl in Rücksicht der sitt- 
lichen, als der litterarischen Ausbildung. Unserer Sprache 
und unsern Charakteranlagen zum Trotz, die alle unver- 
kennbar urdeutsch sind, bemühen wir uns unablässig, jene 
verächtliche Travestirung unsrer bessern Eigenthümlichkeit 
zu vollenden; und es ist nicht zu leugnen, dass ja einige 
unserer vorzüglichsten 5^örrö«x, unter denen Gustav III. 
oben ansteht, hiebei wirklich eine Art von Talent gezeigt 
haben. In meinem Vaterland habe ich mich wohl gehütet, 
den Unwillen hierüber nur im mindesten zu verrathen, 
denn hierüber verstehen unsre guten Kopfe — und deren 
haben wir wirklich recht viele — keinen Scherz. Ausser- 
dem war ich durch meine langwierigen Auswanderungen 
schon verdächtig geworden. Man vermutete, ich würde 
alles Ächtschwedische verachten, und daher sezte ich meinen 
ganzen Stolz darinn, überall in Sprache und Gesinnung so 
korrekt und klassisch zu sein wie möglich. Auch hatte ich 
mich in Paris schon in dieser Uebersezungskunst so sehr 
geübt, dass es mir jenseits der Belte nur um so besser 
gelang, und es wurde mir zu keinem geringen Verdienst 
angerechnet, dass ich mich von allen Germanismen so un- 
angesteckt erhalten hatte! 

Wie wohl es mir aber bald hernach that, mich wieder 
unter Deutschen zu finden, kann ich Ihnen gar nicht be- 
schreiben. So wie ich das politische Europa längst nur in 

3* 



36 Neue Mittheilungen. 



zwei Hälften getheilt habe, — was schon und was nach 
nicht zu Frankreich gehört — so erkenne ich in einem 
hohem Sinn durchaus nur eine deutsche und eine Nicht 
deutsche Geistes- und Sitten Ausbildung. Wie sehr die erstere 
die allein wahre und seligmachende sei, scheint mir schon 
daraus völlig klar, dass jeder vollendete Deutsche den Aus- 
länder, auch in seinen feinsten Nüanzen hegreift; weil er 
überall den Menschen im Original liest; jener hingegen 
auch von dem vorzüglichsten Deutschen selten etwas anders 
zu fassen vermag, als was der Überse:(ung kaum werth ist; 
jede bessere Eigenthümlichkeit, der Geist wodurch Deutsch- 
heit eigentlich zu einem vielumfassenden Begrif wird, geht 
ihm überall verloren. Sie könnten, wenn es darauf ankäme,, 
den Fokär konstruiren, ja ihm selbst die prismatische Stralen- 
brechung seines esprit erst verdeutlichen, statt dass der 
alte Sünder, wenn er auch noch ein halbes Jahrhundert 
citoyen de Potsdam geblieben wäre, nicht Eine Zeile vom 
Faust kapirt haben würde. — Bei den Franzosen ist es 
überhaupt merkwürdig, wie sehr sie den esprit allemand 
gern en masse betrachten; und selbst der geistreichen Stael^ 
die sich doch bis auf einen gewissen Grad aus dem Franzö- 
sischen losgedacht hat, konnte ich schwer genug begreiflich 
machen, dass kein Volk, und keine Literatur so viel 
Individuen hätte, als die Deutschen. Da ich freilich nicht 
den Mut hatte, das ganze Kapitel sur la literature allemande 
in ihrem Manuskript durchzustreichen, so musste ich mich 
wohl begnügen, ihre Musterrolle der so genanten deutschen 
Poeten, etwas abzukürzen; aber so ganz klar ward es ihr 
doch nicht, warum neben Gbthe solche Schacher, wie der 
ehrliche Zachariä^ auch nicht genannt werden dürften. 
Indessen weiss die Stael immer noch mehr von unserer 
Literatur, als die meisten Deutschen aus der vornehmen 
Welt. 

Berlin unter andern ist eigentlich nur interessant durch 
die unendliche Flachheit, wodurch hier alles neben einander 
Platz hat. Ohne UngeT^ogenheiien von einer oder der andern 
Partei, die sich von Zeit zu Zeit studentenmässig über den 
breiten Stein zanken, würde es hier nicht einmal Kollisionen 
geben. Alles latscht rechts und links aus einander, und 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 37 

jedes Interesse ist nur zufällig und augenblicklich. Die 
Eugenia und die Hussiten sind für das Publikum nur -— 2 
neue Stücke; Schlegel und Merkel zwei gleichrüstige Vor- 
steher eines belustigenden Hahnengefechts. — Aber diese 
völlige Unbedeutsamkeit des Publikums hat auch ihr sehr 
Gutes. Das vielköpfige Ungeheuer spricht glücklicher Weise 
nirgends mit, und dem Vortreflichen wird wenigstens^ auf 
keine Weise, wie einst in Frankreich, en masse entgegen- 
gearbeitet. Die bessern Köpfe mögen bisweilen wohl dabei 
zu Jakobinern werden, aber die bessern Naturen bilden sich 
um so selbständiger selbst aus, und wir haben Gottlob! 
keine Normalschulen des Hofgenies oder des Zirkelge- 
schmacks, — 

Der ächte Götheanismus (ich halte hiebei nur die Uni- 
tarier für rechtgläubig) pflanzt sich hier allmählig ^yie eine 
unsichtbare Kirche fort, deren Mitglieder wohl allein als 
das wahre Salz der geschmackloseren Masse betrachtet 
werden müssen. Ich bin wenigstens so glücklich nur mit 
Glanbensverwandlen in vertrautem Verbindungen zu leben, 
und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie irgendwo inniger 
geliebt j und warum nicht? andächtiger angebetet worden, 
als in einigen dieser schönen Zirkeln. Sie kennen, hoff' 
ich, die Frau von Berg, vielleicht auch ihre vortrefliche 
Tochter, die Gräfin Voss. Seit mehreren Jahren hab' ich 
das Glück, in dieser seltenen Familie Kindesrecht zu ge- 
niessen, und ich möchte wohl sagen, dass Ihre Schriften 
der Mittelpunkt unserer ächtreligiösen Verbindung sind. 
Alle schöneren Seelen, die einer hohem Ausibildung werth 
sind, werden hier in jene heiligeii Mysterien eingeweiht, 
und es heisst bei uns, in einem höhern Sinn, niemand ein 
Mensch, als wer durch den Geist Ihrer Schriften getauft 
ist. Freilich mögen wir wohl, wie alle Rechtgläubigen, 
gerade gegen die nächst gränT^enden Sehen bisweilen into- 
leranter sein, als gegen völlig Ungläubige, und auf dem 
Gute der Gräfin wurde wirklich vorigen Winter vor Ihrer 
Büste ein förmliches Autodafi von allerlei Ketzern gehalten, 
die uns den Namen Göthes zu misbrauchen schienen. Allein 
vor dem Volke möchte ich doch nicht einmal den Lakrymas 
fallen lassen, weil sonst die Kozebue und die Merkels 



38 Neue Mittheilungen. 



glauben möchten, dass man doch in etwas ihrer Meinung 
wäre. Einer geistreichen Freundin, die neulich sehr dadurch 
allarmirt worden, dass Sie eine Menge Dinge beschüzen 
sollen, die ihr durchaus nicht als vortreflich zu Sinne wollten, 
und die mich nun fragte : »Ob es Ihnen wohl so eigentlich 
Ernst mit der neuen Schule wäre? und ob Sie denn wirklich 
am Alarkos eben so viel Geschmack finden müssien wie an 
der Ifigenie und dem TassoUi antwortete ich bloss aus 
Ilias XI. 

»Alle tadelten sie den schwarzumwölkten Kronion, 
weil er dem Troischen Volke beschloss zu verleihen den 

Siegsruhm. 
Doch nicht achtete dessen der Donnerer; ferne gesondert 
schied Er hinweg von den andern, und sezte sich, freudiges 

Trozes, 
wo er die Stadt der Troer umsah', und die Schiffe Achaias, 
und hellstralendes Erz, und Würgende rings und Erwürgte.v 

Aber ich erschrecke vor der unbescheidenen Länge 
dieses Sendschreibens. Um Ihre Schonung in Anspruch zu 
nehmen, muss ich Sie daran erinnern, dass Sie mich selbst 
in Ihrem Brief grossmütig auffordern Ihnen mittelbar einige 
Nachricht von mir zu geben, und ich bin nicht impertinent 
genug, um es für möglich zu halten, dass Sie mir ein 
blosses Kompliment machen solten. Verzeihen Sie, grosser, 
edler, und liebenswürdiger Mann ! dass ich mich unterstehe, 
Ihnen, ohne alle Etikette so vertraulich zu schreiben; die 
religiöse Ehrfurcht ist gewiss nicht die geringere, und meine 
zärtliche und dankbare Ergebenheit hat keine Grenzen für 
den Erhabenen, der mein geistiges Leben so unendlich be- 
reichert und verschönert hat, und um dessentwillen ich 
mich seitdem allein freue im i8ten Jahrhundert geboren 
zu sein. Lächeln Sie des Schwärmers, aber zürnen Sie 
ihm nicht, wenn er im Vollgefühl der tiefsten Ehrfurcht 
und Dankbarkeit alle andre Rücksichten vergisst, um Ihnen 
mit der offenmütigsten Vertraulichkeit diese Empfindungen 
wenigstens Einmal auszusprechen 

Ihr ergebenster 

von Brinckmann. 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 39 

4, Goethe an Brinckmann. 

Die Fortdauer Ihrer geneigten Gesinnungen habe mit 
lebhaftem Vergnügen, aus dem durch Herrn Professor 
Sartorius erhaltenen Bericht, ersehen; empfangen Sic meinen 
besten Dank für die gute Aufnahme dieses wackren Mannes 
und lassen Sie eine Bitte stattfinden, die ich im Vertrauen 
auf Ihre Neigung wage. 

Möchten Sie nicht Ihre Kenntniss nordischer Litteratur, 
zu Gunsten des in Jena vom neuen Jahre an heraus- 
kommenden gelehrten Blattes, verwenden? und von Zeit 
zu Zeit über Vergangenes und Gegenwärtiges jener Sphäre 
Ihre Gedanken dem Publikum mittheilen? 

Sie erlauben, dass Herr Hofrath Eichstädt Ihnen dess- 
halb eine förmliche Einladung zuschicke; so wie Sie mir 
vergönnen, von Zeit zu Zeit, durch irgend einen Durch- 
reisenden, mein Andenken erneuern zu dürfen. 

Ein herzliches Lebewohl! 

W. d. 24. Octb. 1803. Goethe. 

/. Brinckmann an Goethe. 

Berlin den I5tcn Mai 1804. 

Wenn ich mich erdreistet habe, dem grössten deutschen 
Dichter eine Samlung von Kleinigkeiten öffentlich zuzu- 
eignen, deren Verfasser höchstens durch Adoption das Recht 
erlangen möchte, sich als einen Mitbürger von Gbtbe anzu- 
sehen — so habe ich vorzüglich nur auf die herablassende 
Güte gerechnet, deren Sie mich bisher persönlich gewürdigt 
haben. 

Empfangen Sie daher dies Büchelchen nur als ein Opfer 
meiner tiefsten Ehrfurcht, und der unerschütterlichen, herz- 
lichen Ergebenheit, die ich Ihnen gewiedmet habe, seit ich 
die schönsten und genussreichsten Stunden meines Lebens 
dem wohlthätigen Zauber Ihrer Muse verdanke. 

Mein Beruf zum Dichter ist freilich. mehr als zweifel- 
haft. Ich habe mich in der Vorerinnerung . darüber auf- 
richtig und ohne Ziererei erklärt. Es giebt aber jezt in 
unserer Literatur so viel Liebhaberkon:(erte, dass es schon 



40 NfiUE Mittheilungen. 

eine verzeihlichere Anmassung scheint, hieran Theil zu 
nehmen, ohne sich für einen Virtuosen zu halten. Das 
einzige kleine Verdienst, das mir vielleicht die Kenner zu- 
gestehen werden, möchte wohl die Sorgfalt sein, die ich 
auf Sprache und Versbau gewendet habe; aber auch diese 
mechanische Fertigkeit verdanke ich einzig und allein den 
Belehrungen unsers Freundes Voss, und dem anhaltenden 
Studium seiner Werke. Bei einem Ausländer scheint mir 
diese Sorgfalt unerlässliche Pflicht; aber ein Dichter, wel- 
cher nur diese erfüllt, muss sich billig noch als einen »un- 
nüzen Knecht« betrachten. 

Ich schmeichle mir indess mit der Hofnung, dass Sie 
wenigstens mit den patriotischen Gesinnungen zufrieden 
sein werden, die meine Zueignung enthält. Sie finden, 
dass ich als Politiker, Filosof und Literator meiner enthusias- 
tischen Vorliebe für Deutschland gleich treu bleibe, und 
wenn dies ein Vorurtheil ist, so muss es wenigstens bei 
jedem Bewunderer Göthens eben so natürlich wie verzeih- 
lich scheinen, 

Sie haben mir vor einiger Zeit die Ehre gethan, mich 
aufzufordern an der Jenaischen Literatur-Zeitung Theil zu 
nehmen. Bloss überhäufte Geschäfte, welche durch den 
Aufenthalt meines Königs verdoppelt worden, haben mich 
verhindert, dieser Aufforderung ein Genüge -zu leisten. Ich 
hoflFe aber in Kurzem Ihnen irgend etwas über die Schwedische 
Literatur zuzusenden. 

Empfangen Sie die Versicherungen meiner tiefsten Ver- 
ehrung und meiner unveränderlichen, herzlichen Ergebenheit. 

von Brinckmann. 



6. Brinckniann an Karoline von WolT^ogen. 

Berlin den i6. Mai 1804. 
In diesem Augenblick befiehlt mir Frau von Schiller, 
Ihnen meine Gedichte zu schicken, gnädige Frau! und mein 
Herz gebietet mir eben ernsthaft, mein Andenken bei Ihnen 
zu erneuem. Über das Büchelchen habe ich nicht viel zu 
sagen, über meine Empfindungen für Sie und Schillers 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 41 

könnte ich sehr lange sprechen — aber leider habe ich 
nur noch einige Augenblicke Zeit. 

Empfangen Sie indessen vor allen Dingen meinen 
herzlichen und gerührten Dank für die freundliche Güte, 
mit der Sie sich noch des unbedeutenden Fremdlings er- 
innern, den Sie einst in Ihrem Hause einer so heimischen 
Vertraulichkeit würdigten. Das Andenken jener seligen 
Tage in Weimar ist noch immer einer der lichtesten 
Punkte an dem Horizont der verdämmerten Vergangenheit. 
Nach diesem gelobten Lande kehr' ich noch immer, wie 
das alte Bundesvolk nach Palästina, meine traurigen Blicke; 
ohne Hofnung, wieder eingesezt zu werden in meine alten 
Rechte, aber nie ohne Sehnsucht. 

T»Da lebten wir, dies Tröpfchen Zeit 

nach seinem innern Werth war eine Ewigkeit!« 

Unterdessen verwittert mein geistiges Leben in der öden 
Sandwüste leerer Beschäftigungen und genussloser Zer- 
streuungen der grossen Welt. Den leztern kann ich mich 
wohl oft entziehen, aber den erstem muss ich um so un- 
bedingter huldigen, weil meine ganze Denk- und Empfin- 
dungsweise mir nun einmal keine Empörung erlaubt gegen 
den kategorischen Imperatif einer erkannten Pflicht, 

Gerade während Schillers Anwesenheit in Berlin bin 
ich weniger, als jemals mein eigener Herr gewesen, und so 
habe ich den Herrlichen viel weniger genossen, als ich ge- 
wünscht hätte. Hinlänglich jedoch, um Ihnen zu versichern, 
dass meine tiefe Ehrfurcht vor seinem Genius, und meine 
herzliche Liebe zu ihm, wo möglich vermehrt worden 
sind. Ich fühle, dass wir Freunde werden, und einander 
bald völlig verstehen würden, wenn ich je das Glück 
hätte, von Politik und Hof-Erbärmlichkeiten entfernt, in 
einem ruhigen Winkel Ihres Landes ein filosofisches Idyllen- 
leben zu führen. 

Meine Gedichte betrachten Sie also, recht eigentlich 
wie Elegien, durch deren Gesang ein Galeerensklafe sich 
beim Rudern zu ermuntern sucht; und lesen Sie diese 
Kleiniglceiten, als theilnehmende Freundin, nicht als strenge 
Kunstrichterin. 



42 Neue Mittheilungen. 



Ich küsse Ihnen mit tiefster Hochachtung, Dankbarkeit 
und Ergebenheit die Hände, und ersuche Sie um Almosen 
eines freundlichen und grossmütigen Andenkens. 

Ihr Br. 

Der Schwede Brinckmann (geboren 1764 in Nacka bei 
Stockholm, gestorben 1847 ^^ Stockholm) hat seine gesammte 
Jugendbildung in Deutschland genossen : als einähriger Knabe 
kam er auf das herrenhutische Pädagogium in Niesky, mit 
achtzehn Jahren an das evangelische Brüderseminar in Barby; 
an beideii Anstalten war er Schulkamerad Schleiermachers, 
mit dem ihn ein inniges Freundschaftsverhältniss verband. 
Gegen 4pp Willen seines Vaters, der ihn zum Theologen be- 
stimmt hatte, verliess er 1787 das Barby er Seminar und bezo^j 
die Universität Halle: seine Neigung zog ihn zum Studium 
der Philosophie, der Diplomatik und des Staatsrechts, das 
ihn befähigen sollte, später im diplomatischen Dienst seines 
Vaterlandes Anstellung zu finden. Genaue Kenntniss des 
klassischen Alterthums und daraus entspringende nie aus- 
setzende Leetüre der antiken Literaturen, ein feiner Sinn für 
Poesie und frühe Fertigkeit in poetischer Gestaltung seiner 
Gedanken und Reflexionen, bei denen vor allem die gediegene 
und tadellose Formvollendung wohlthut, waren die Eigen- 
schaften, aus denen sein lebhaftes Interesse für deutsche 
Literatur und deutsches Geistesleben, seine schwärmerische 
Verehrung für unsere grossen Dichter erwuchs und immerfort 
sich nährte. Nach kurzer Vorbereitung im inländischen Dienst 
gelang es ihm, einem Herzenswunsche an höchster Stelle Er- 
füllung zu erwirken: er wurde 1792 dem schwedischen Ge- 
sandten in Berlin als Legationssecretär beigegeben, in welcher 
Stellung er bis 1797 verblieb. In diesem Jahre wurde er in 
gleicher Eigenschaft nach Paris versetzt, kehrte jedoch 1801 
nach Berlin zurück, wurde 1807 Gesandter, ging 1808 nach 
London in gleicher Eigenschaft und hat seit der Thronent- 
hebung König Gustavs IV. 1809 das Amt eines schwedischen 
Hofkanzlers bekleidet. Seine Beziehungen zu Deutschland 
werden dann schwächer und schwächer, dagegen nimmt er 
in diesen seinen letzten Jahrzehnten eine hervorragende Stelle 
in der Entwicklung der schwedischen Literatur ein. Eine 
hübsche Charakteristik Brinckmanns gibt Varnhagen, Ver- 
mischte Schriften (zweite Auflage) 3, 133. 

Den Grössen Weimars trat Brinckmann auf der Reise 
von Berlin nach Paris, im Februar 1798 persönlich nahe. 
Am 17. Februar bat er Goethe in einem kurzen Billet um 
die Erlaubniss, ihm seine Aufwartung machen zu dürfen: 
»Ich fühle es gewiss selbst, wie unbescheiden es gewöhnlich 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 45 

scheinen muss, wenn jeder unbedeutende Reisende sich zu 
der Bekanntschaft eines grossen Mannes hinzudrängt, und die 
Furcht, mich diesem Vorwurf auszusetzen^ würde auch in 
diesem Fall meinen lebhaftesten Wunsch unterdrückt haben, 
wenn ich nicht ganz eigentlich auf Ihre Güte gegen unsre 
gemeinschaftlichen fteunde, Herrn und Frau von Humboldt 
rechnete« (Ungedruckt). Zugleich überreichte er ein Schreiben 
des Berliner Archäologen Hirt vom 31. Januar, in dem es 
von Brinckmann heisst: »Als Freund der Familie von Hum- 
boldt, und überhaupt als ein Mann von liberalem Geiste, 
der selbst verschiedene glückliche Versuche in den Musen- 
künsten gemacht hat, bedarf derselbe keiner weitern Intro- 
duction. Die schöne Welt bedauert, in ihm einen der aima- 
belsten Gesellschafter zu verlieren« (Ungedruckt). Goethe bat 
Brinckmann, einige Tage länger zu bleiben, und lud ihn auf 
den 20. zu Mittag ein (vgl. Tagebücher II, 199). Dieser sagte 
in einem zweiten Billet zu und beschloss inzwischen nach 
Jena zu gehen, um Schiller kennen zu lernen, wozu er sich 
von Goethe den »Talisman« einiger empfehlender Zeilen aus- 
bat, um nicht abgewiesen zu werden. Diese holte er am 18. 
früh bei Goethe ab (vgl. dessen Tagebuch). Goethe schrieb: 
»Herr von Brinckmann, der um Sie zu sehen nach Jena geht, 
wünscht einige Worte von mir mitzunehmen. Da er Ihnen 
durch die Musen schon empfohlen ist, und seine lebhafte 
Unterhaltung Ihnen gewiss angenehm seyn wird, so brauche 
ich weiter nichts zu sagen« (Briefe XIII, 70); ferner am 21.: 
»Brinckmann war sehr erfreut mit Ihnen einige Stunden ver- 
traulich zugebracht zu haben. Seine lebhafte Theilnahme an 
so vielem verdient wirklich eine gute Aufnahme. Gestern ass 
er mit mir und ich hatte ihn zwischen unsere zwey liebens- 
würdige Schriftstellerinnen [Karoline von Wolzogen und Amalie 
von Imhoff] placirt, wo er sich ausserordentlich gut befand. 
Eigentlich scheint er mir aber eine rechte Katar für ein so 
grosses Element wie Berlin zu seyn« (Briefe XIII, 71). Auch 
Schillers Urtheile über den schwedischen Fremdling sind er- 
halten ; er schreibt an Goethe am 20. Februar : »Da ich eine 
Zeitlang ,von dem Schall der menschlichen Rede' fast ganz 
entfernt kbte, so war mir die lebhafte Gesprächigkeit des 
Freundes, der mir gestern Ihren Brief überbrachte, sehr er- 
frischend und ergötzend. Es ist überhaupt unterhaltend, einen 
Leser zu sehen, und sich die eigenen oder fremden Ideen in 
irgend einer Gestalt wieder geben zu lassen. Diesem sieht 
man übrigens die Filiation stark an, weil er durch Humboldts 
in unsem Kreis gezogen worden. Eigen ist es, wie sich bei 
einem gewissen Zustand der Litteratur ein solches Geschlecht 
von Parasiten oder wie Sies nennen wollen, erzeugt, die sich 
aus dem was von andern geleistet ist, eine gewisse Existenz 



44 Neue Mittheilukgen. 

bilden, und ohne das Reich der Kunst oder Wissenschaft selbst 
zu bereichern oder zu erweitern, doch zum Vertrieb dessen 
dienen, was da ist, Ideen aus Büchern ins Leben bringen, 
und wie der Wind oder gewisse Vögel . den Saamen dahin 
und dorthin streuen. Als Zwischenläufer zwischen dem Schrift- 
steller und dem Publicum muss man sie wirklich sehr in Ehren 
halten, obgleich es gefährlich seyn möchte, sie mit dem Pub- 
likum zu verwechseln. Uebrigens hat dieser gegenwärtige 
Freund einen feinen Sinn und bei seinem raisonnirenden 
Hange scheint er mir eine zarte Empfindung zu besitzen; 
dabei eine besondre Geschmeidigkeit, sich in fremdes zu finden, 
ja es sich anzueignen. Gegen Humboldt gehalten scheint er 
mir zwar ein viel flacheres Urtheil und schwankendere Begriffe 
aber mehr Gefühl zu haben« (Briefe V, 347) und wiederum 
am 23.: »Er ist ein sehr unterhaltender Mensch in Gesell- 
schaft und schlau genug, das Geistreiche und das Triviale an 
beiden Enden zusammenzuknüpfen« (Briefe V, 350). Auf jene 
längere Charakteristik erwidert Goethe am 2 1 . Februar : »Unsern 
Schweden den Sie trefflich geschildert haben habe ich noch 
morgen zu bleiben beredet. Unsere Frauen in Weimar bedürfen 
gar sehr solcher fremden Erscheinungen, und ich mag ihnen, 
da sie sonst so wenig Vergnügen haben, dergleichen gerne 
gönnen. Gewiss sind diese Naturen sehr wünschenswerth weil 
sie zur affirmativen Seite gehören und doch immer Talente 
in der Welt supponiren müssen, wenn ihr Talent gelten soll« 
(Briefe XIII, 76; vgl. auch 75). 

Diese persönliche Berührung, für Brinckmann, wie er oft 
betont hat, einer der schönsten Lichtpunkte seines ganzen 
Lebens, führte zu dem vorstehenden ^Briefwechsel, dem als 
Anhang ein Schreiben Brinckmanns an Karoline von Wolzogen 
beigefügt ist. 

Anmerkungen. 

1. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 30 Z. 5, 
durch Wilhelm von Humboldt, der damals mit seiner Familie 
Spanien bereiste. — Z. 7. »Elegien. „. Abdruck für Freunde. 
Paris 1799.« Will man die Feinheit der Brinckmannschen 
Versification studieren, so vergleiche man diese Elegieen mit 
ihren Umarbeitungen in den Gedichten von 1804. — S. 33 Z. 14. 
Ueber Madame de Flahault (1760— 1836) vgl. Biographie uni- 
verselle XXXIX, 724; Lebensnachrichten über Niebuhr I, 146; 
Tagebuch Wilhelm von Humboldts von seiner Reise nach 
Norddeutschland im Jahre 1796 S. 107. 

2. Original in Brinckmanns Nachlass, jetzt im Besitze 
des Herrn Grafen Axel Knut von Trolle -Wachtmeister auf 
Trolle-Ljungby in Schonen. Eigenhändig. Nach einem Concept 
gedruckt Goethes Briefe XVI, 245, — S. 33 Z. 34. »Brinck- 
mann kam sehr entzückt von Weimar und Jena hier an und 



Briefwechsel zwischen Brinckmann und Goethe. 45 

ganz voll von Amalia — wenn die Partie zu machen ist, 
soll von meiner Seite nichts fehlen sie zu Stande zu bringen ; 
und hätte Brinckmann jetzt schon einen Gesandtschaftsposten, 
so wäre auch keine Frage, dass er nicht ernstlich an Amalie 
dächte ; das merke ich an allem. Auch wären sie in der That 
wie ftlr einander geschaffen und einer würde der Eitelkeit 
des andern Genüge thuna schreibt Karoline von Humboldt 
im Mai 1798 an Schillers Frau (Charlotte von Schiller II, 177; 
vgl. auch 325). Die Biographin Amalie von Imhoffs erwähnt 
von dieser Beziehung „nichts. — S. 34Z. 4. Ueber Georg Sar- 
torius vgl. Allgemeine deutsche Biographie XXX, 390; ferner 
von der Hellen zu Goethes Briefen XVI, 238, 10. 

3. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 37 Z. 23. 
Karoline Friederike von Berg, geborne von Häseler, die be- 
kannte Freundin der Königin Luise. 

4. Original in Brinckmanns Nachlass. Geists Hand, die 
letzten drei Zeilen eigenhändig. Nach einem Concept gedruckt 
Goethes Briefe XVI, 333. — S. 39 Z. 8. Brinckmann scheint 
an der damals neuorganisirten Jenaer Literaturzeitung nicht 
mitgewirkt zu haben. »Hast du nichts vom Schweden Brinck- 
mann gehört? Warum mag der meinem Vater und Eichstädt 
nicht geantwortet haben? Wir hätten ihn so gern an der 
Zeitung zum Rezensenten« schreibt Heinrich Voss an Solger 
(Archiv für Literaturgeschichte XI, 102). 

5. Original im Goethe- und Schiller-Archiv. — S. 39 Z. 22. 
»Gedichte. Erstes Bändchen. Berlin, bei Johann Daniel Sander. 
1804.« Das Widmungsgedicht in Stanzen ist an Goethe ge- 
richtet. 

Ein weiterer Brief Brinckmanns an Goethe vom 7. Juni 
1804 enthält eine Empfehlung des jungen Grafen Wachtmeister, 
der auf einer Reise durch Deutschland auch Weimar berührte 
und Goethe kennen zu lernen wünschte ; vgl. darüber Goethe- 
Jahrbuch XIII, 237. 

6. Original im Goethe- und Schiller- Archiv. — S. 41 Z. 14. 
Das Citat kann ich nicht* nachweisen. — Z. 23. vom 1.— 17. 
Mai des Jahres. Albert Leitzmann. 



6. Fr. Tieck an Goethe, 

Berlin 3 April 1802 

Unter den Künstlern, die idi hier nun habe kennen 

gelernt, ist Buri ohnstreitig der interessanteste. Seine Copie 
nach Lionardo scheint mir soviel ich von diesem Meister 



46 Neue Mittheilungen. 



kenne sehr gut zu sein. Ein Portrait eines Gendarms 
Offiziers welchen er die ganze Figur in Wasserfarben ge- 
malt hat, enthält manches Gute, doch gefällt mir auch 
vieles nicht. Desto besser ist aber das Portrait der Gräfin 
Tolstoy, ich habe nur eine Copie davon gesehen, die er 
selbst gemacht und von welcher er mir gesagt, sie sei bei 
weitem nicht so gut als das Original. Es ist nicht blos in 
ganz vortrefflichem Stil gezeichnet, sondern wirklich ausser- 
ordentlich gut colorirt. Der Goldgrund macht, um har- 
monisch zu bleiben, natürlich ein sehr blühendes Colorit 
nöthig und er hat alles erreicht, was er nur wünschen 
durfte. 

Leider hat er den grössten Theil der Zeit hier mit 
Copieen seiner Bilder nach Lionardo zugebracht. Doch 
wird er wahrscheinlich in 3 Wochen Berlin verlassen, um 
für die Königin von Preussen die grosse Madonna in Dres- 
den zu copiren; von dort aus geht er nach Italien zurück. 

Schlegel lässt sich Ihnen gehorsamst empfehlen, der 
Jon ist hier noch nicht aufgeführt, weil schon so viele andre 
Stücke vorher angenommen. Er wird aber in den ersten 
Tagen oder Hälfte des nächsten Monats gegeben. Der 
Architekt Genelli, den Sie schon aus mehreren! kennen, 
hat Schlegel eine Dekoration dazu gezeichnet, die wirklich 
ausser dem schönen malerischen Effect viel Werth als 
Architekturstück hat. Es lässt sich also hoffen, dass von 
dieser Seite das Stück hier in Berlin mit grosser Voll- 
kommenheit gegeben werden wird. Die Dekoration war 
wirklich für Berlin sehr nöthig, denn die Schlechtigkeit 
und Dummheit des hiesigen Malers beim Theater ist un- 
beschreiblich. . . . 

Berlin 21. Febr. 1824. 
.... Ich füge nichts über den Werth der einzelnen 
Arbeiten (Brandtschen Medaillen) bei, weil solche Euer 
Exzellenz vor Augen liegen, und es unverständig wäre Ihrem 
eigenen Urtheile vorgreifen zu wollen, doch bitte ich diese 
mit den Arbeiten unserer anderen Medailleurs zu vergleichen, 
zum Beispiel denen in der letzten Zeit in München ge- 
schnittenen, welche so sehr gerühmt wurden. Ich bin 



Briefe Fr. Tiecks an Goethe. 47 

wenigstens über die mit dem Bildnisse Fr. Jacobis, welche 
noch dazu nach meiner Büste geschnitten ist, erstaunt. 
Uebrigens war Herr Brandt der erste hier, welcher seine 
Münzen erhoben im Stahl schnitt und dann in die Stempel 
einsenkte, welches allgemein für die bessere, obgleich 
schwierigere Art gehalten wird. Ehemals kannte man hier 
keine andere Art, als dass nach der gegebenen Zeichnung 
die Medailleurs sich ihre Münzen im grössern Format von 
einem Bildhauer im flachen Relief modelliren Hessen, diess 
Relief wurde abgeformt, und diese hohle Form, welche ver- 
grössert den Stempel darstellte, wurde mit Quadraten über- 
zogen und nach diesen der wirkliche stählerne Stempel gleich 
vertieft geschnitten. So sind alle Münzen, welche unter 
dem Namen des Daniel Loos gehen, sowie aller andern 
früheren Berlinischen Münzenschneider gemacht, Abrahamson 
war der einzige unter ihnen, welcher selbst seine Modelle 
machen konnte. 

Auch der grössere Theil der früheren französischen 
grossen Prachtmünzen ist auf diese oder ähnliche Art ge- 
macht. Erst in den letzten Jahren der französischen Repu- 
blik dachte man zu Paris auch daran, den Medailleuren einen 
höhern Grad künstlerischer Ausbildung zu geben, man 
setzte Preise aus wie für Maler und Bildhauer und zwang 
so die jungen Leute modelliren zu lernen und sich nicht 
bloss mit der Technik ihrer Kunst zu beschäftigen. Noch 
der berühmte Andrieux, von >velchem die schönste Denk- 
münze Ludwig des i8ten existirt und welcher erst im vorigen 
Jahre gestorben ist, konnte nur vertieft schneiden, wenn 
gleich dies in sehr hoher Vollkommenheit. Mir ist auch 
nicht bekannt, ob Hedlinger seine Münzen anders als ver- 
tieft geschnitten hat. Die Münzen gleich vertieft zu schnei- 
den hat den grossen Nachtheil, dass, da der Stempel doch 
bei einer der ersten Münzen zerspringen kann und alsdann 
die ganze Arbeit verloren wäre, derselbe zuerst in weichem 
Stahl abgeprägt werden muss, um im Fall des Zerspringens 
wieder ersetzt werden zu können, statt dass bei dem 
Schneiden des erhobenen Stempels dieser dann in den er- 
weichten Stahl eingetrieben wird und so mit grösserer 
Leichtigkeit der zerprungene Stempel ersetzt werden kann. 



48 Neue Mittheilungen. 

Seit Herr Brandt hier ist, haben auch die anderen 
jungen Stempelschneider angefangen in Stahl erhaben zu 
schneiden und mehrere der Münzen, welche Loos der Sohn 
unter seiner Direction (das heisst als Unternehmer) her- 
ausgegeben hat, sind auf diese Art geschnitten . und man 
kann nicht läugnen, dass die Herren König, Goez und 
Voigt junge Männer von vielem Talent sind. König ist 
jetzt nach Dresden gegangen, woselbst er bei der könig- 
lichen Münze angestellt ist; Goez ist in diesem Augen- 
blick auf einer Reise durch Italien hegrifFen, woher er 
zurückerwartet wird und ist seit mehreren Jahren bei der 
hiesigen Münze angestellt. Voigt, der jüngste unter ihnen, 
ist sehr fleissig und denkt auch auf eine Kunstreise nach 
Italien. 

Ausserdem ist noch ein Medailleur Jagdmann hier, 
welcher zwar den Titel als Hofmedailleur führt, aber nicht 
für die königliche Münze beschäftigt ist. Er hat auch wenig 
bekannt gewordene Arbeiten geliefert. Eine grosse Münze, 
mit dem Bildnisse Albert Dürers, welche er vor einigen 
Jahren geschnitten, ist sehr lobenswerth und werde ich 
suchen, Ihnen solche ein andermal zu übersenden, wenn 
Sie solche nicht schon besitzen sollten. Es ist dieselbe, 
d. h. der Kopf, vielleicht mit mehr Heiss und Weichheit 
als irgend einer der Köpfe des Herrn Brandt geschnitten, 
obgleich letzterem wohl niemals so viel Zeit auf eines 
seiner Werke zu verwenden gelassen ist, da leider die Denk- 
münzen grösstentheils übereilt gemacht werden müssen. 

Verzeihen Euer Exzellenz mein langes Geschwätz sowie 
die schlechte Handschrift, doch fügte ich gern noch etwas 
über mich selbst und meine eigne Arbeiten hinzu, wenn ich 
etwas Interessantes von mir zu sagen wüsste. Aber so ist 
die ganze Zeit meines Aufenthalts hier in Berlin mit den 
Modellen zu den Stuck- und Sandstein-Arbeiten des Theaters 
hingegangen, sowie zu den Kupfertreibereien, welches alles 
mehr oder weniger doch nur als Decorationsarbeiten anzu- 
sehen sind. Nach der Vollendung jener Arbeiten habe ich 
einige Marmorbüsten vollendet, worunter eine Wiederholung 
jener des alten Geheimrath Wolf, welche noch in Weimar 
modellirt wurde. Diese zweite Marmorbüste ist unstreitig 



Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 49 

besser als die erste entfernt vom Original ausgeführte. 
Jetzt bin ich unter andern Dingen beschäftigt das Modell 
zu der Statue Ifflands auszuführen, weiche ebenfalls im 
Theatergebäude aufgestellt werden soll 

Sehr schmerzhaft ist es mir gewesen, dass man sich 
nicht von Frankfurt aus an mich gewandt hat Euer Exzellenz 
Statue wegen, sondern an Rauch ; wie sehr ich auch Rauchs 
Freund bin, kann ich mich doch des Neides nicht erwehren, 
dass ihn in sovieler Rücksicht das Glück mehr begünstigt 
und das Glück, Ihr Bildniss in Marmor aufzustellen, kann 
ich mit ruhigem Herzen Niemand gönnen 

Berlin 15. Junius 1824. 

. . Was mich dazu geführt,* Rauch dieß Blatt mitzu- 
geben, ist die Erwähnung Diderots und seiner Tochter, 
der Frau von Vandeul im letzten Hefte für Kunst und 
Alterthum bei Gelegenheit des Manuscriptes zu Rameaus 
Neffen. Dieß brachte mir nemlich eine alte Geschichte 
wieder in Erinnerung, welche ich von eben dieser Frau 
von Vandeul in Paris hörte. 

Ich hatte Gelegenheit gehabt durch Frau von Humboldt 
dieselbe kennen zu lernen und sehr gütig von ihr aufge- 
nommen, war ich regelmässig alle acht bis vierzehen Tage 
Mittags oder Abends bei ihr eingeladen, wo ich die Be- 
kanntschaft mehrerer älterer Künstler machte. 

Von ihr erfuhr ich, dass noch ein Manuscript Diderots 
ungedruckt existirt, welches den Titel führt La promenade 
du Scepticien. Das fertige Werk hatte ihr Vater nemlich 
einigen Freunden mitgetheilt, als er eines Morgens einen 
Besuch einer Magistrats-Person erhielt. Diese, mit ihm im 
Gespräch in seiner Bibliothek auf und abgehend, zieht von 
Zeit zu Zeit einen Band hervor, bis selbige endlich den 
Heft findet, welcher dies Manuscript enthält, wo mit dem 
Ausspruch »das war es was ich suchte«, ihm ein Polizei- 
befehl mitgetheilt wird, diess Werk zu confisciren. 

* Es steht ziemlich deutlich da: gewöhnt; diess dürfte aber bloss 
Schreibfehler sein, das Wort »gewöhnen«, womit der vorhergehende 
Satz schloss, steckte ihm noch in der Feder; aber man erwartet unter 
allen Umständen »geführt«. 

Goethe-Jahrbuch XVII. 4 



50 Neue Mittheilungen. 



Im Jahr 1800, eben als ich noch in Paris war, kam 
dieser Vorfall wieder zur Sprache und ich hörte dieß 
mehrere male von Frau von Vandeul erzählen und viel 
darüber sprechen. Ein Buchhändler nemlich kündigte eine 
Bücherauction an, und um Käufer anzulocken machte er 
bekannt, dass in dieser Sammlung sich jenes noch unge- 
gedruckte Manuscript Diderods vorfände und mit ver- 
steigert werden sollte. Frau von Vandeul, obgleich sie wohl 
das Manuscript ihres Vaters gedruckt wünschte, fürchtete 
doch den Stadtklatsch zu sehr, welcher ihr die Impietät 
gegen das Andenken ihres Vaters nicht verziehen haben 
würde ein Manuscript von ihm versteigern zu lassen. Sie trat 
deshalb mit dem Buchhändler in Unterhandlungen selbiges 
zurückzukaufen. Dieser aber welcher nun glaubte, in der 
Versteigerung es nun um so höher treiben zu können, 
wenn Frau von Vandeul es ihrer Pflicht gemäss hielt es 
zu kaufen, wollte von keinem Vergleich wissen, sondern 
verwies auf die Auction, obgleich ihm vorgestellt wurde, 
dass er auf jeden Fall in ungerechtem Besitz sei, da wenn 
jene Magistratsperson, aus deren Nachlass das Manuscript 
in seine Hände gekommen, auch beauftragt gewesen sei, 
selbiges zu confisciren, so habe solche kein Recht gehabt, 
es als Eigenthum zu behalten, sondern es müsse der Polizei 
oder der Erbin Diderots zurückgegeben werden. Da an 
keinen Vergleich zu denken war, so machte Frau von 
Vandeul dem Polizeipräfecten von Paris Anzeige und dieser 
confiscirte das Manuscript ohne Umstände zum zweiten- 
mal, zum Nachtheil des Buchhändlers. Frau von Vandeul 
fürchtete, durch dieß rasche Verfahren des Polizeipräfecten 
in einen langen und kostspieligen Process mit dem Buch- 
händler verwickelt zu werden, doch scheint dieß nicht 
der Fall gewesen zu sein, wenigstens so lange als ich in 
Paris war, bis August 1801 nicht 

Berlin 12. April 1828. 

.... Ich habe mich bemüht, alle 15 kleinen Statuen 

(für das Gesellschaftszimmer der Kronprinzessin), soviel mir 

möglich war, im Sinne der Antike darzustellen, ohne dass 

ich doch etwas anderes als die Natur zum Vorbilde ge- 



Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 51 

nommen, weshalb ich glaube, dass solche- lebendig sind. 
Zum Achill, Ulyss, Bacchus habe ich antike Köpfe benutzt. 
Seitdem diese Arbeiten vollendet sind, auf welche ich mehr 
Fleiss verwendet habe als meinen ökonomischen Verhält- 
nissen angemessen, weil man mir geschmeichelt, dass solche 
in Marmor sollten ausgeführt werden, habe ich die Statue 
IfBands vollendet und in das Schauspielhaus aufgestellt. 
Auch diese Statue sitzend über Naturgrösse habe ich für 
die geringe Summe von 2500 Thlrn mit Einschluss des 
Marmors ausgeführt, um die Gelegenheit nicht zu ver- 
säumen ein Marmorwerk zu machen. Diese Statue ist sitzend, 
das Bildnissnach dem vonSchadow im Jahr 1804 modellirten, 
welches sehr ähnlich ist. Stellung und Bekleidung so, dass 
solche an die beiden Antiken, den Menander und Posidippus 
erinnern sollen, d. h. also keinem ähnlich. Es freut mich,, 
dass diese Statue Beifall gefunden hat, obgleich der Ort 
der Aufstellung für die Beleuchtung nicht günstig ist. Der 
Winter ist mir damit hingegangen, zum Behuf des Museums 
zwei Pferdebändiger und Pferde zu modelliren, welche in 
Eisen gegossen und vergoldet den obern Aufbau krönen 
sollen. Mangel an Fonds haben nur die Ausführung der 
beiden an der vordem Front möglich gemacht. Die männ- 
lichen Figuren sind eben über 10 Fuss hiesiges Maass 
gross, das springende Pferd noch etwas höher. Die Stel* 
lung ungefähr die der Kolossen auf Monte Cavallo, aber 
bewegter, um gegen die Luft eine reichere Silhouette zu 
bilden. Ein Mann und ein Pferd sind auch bereits recht 
gelungen in Eisen gegossen und vor Ende des Sommers 
werden beide aufgestellt sein. Jetzt bin ich mit der Vollen-, 
düng zweier Marmorbüsten beschäftigt, die der Kronprinzess, 
welche den Brunnen-Saal zu Aachen schmücken soll und 
die des Kanzlers Niemeyer in Halle, von welcher das 
Modell bei seiner Jubelfeier figurirte. Die nächste zu unter- 
nehmende Arbeit ist eine Reihe kleiner Reliefs an einem 
Sarkophage zu einem Grabmonumente des General von 

Scharnhorst 

Unsere Academie wird den Todestag (Dürers), nach 
dem neuen Kalender berechnet, am 18 d. M. feiern. Es 
wird dazu in dem neuerbauten Saal der Singacademie eine 

4* 



52 Neue Mittheilüngbn. 



Decoration aufgerichtet nach Schinkels Angabe. Der untere 
Theil derselben bildet eine Architectur, eine Wand, dere» 
Gesimse durch Pfeiler getragen, diese in 5 Felder theilen. 
Vor den mittleren wird eine Statue Albert Dürers auf- 
gestellt, welche Prof. Ludwig Wichmann aufstellen wird. 
Zu beiden Seiten sind sitzende Statuen, Malerei, Sculptur^ 
Perspective und Militärbaukunst darstellend in den anderen 
vier Feldern angebracht, welche ich zu besorgen übernommen 
habe. Ueber diese Architectur ist in einem grossen bogen- 
förmigen Felde nach einem der schönsten Holzschnitte Albert 
Dürers die Trinität von Engeln umgeben in Malerei colossal 
ausgeführt, welches Professor Daehling malt. Das Ganze von 
goldnen Rahmen und Verzierungen umgeben, durch zelt- 
artige Gehänge von der Architectur des Saales abgeschlossen. 
Professor Toelken, Secretär der Academie der Künste wird 
ein Elogium Albert Dürers lesen, eine Cantate, welche Prof. 
Levezow geschrieben und Felix Mendelssohn componirt hat^ 
aufgeführt werden, zu welcher unsere besten Sänger und 
Sängerinnen die Soloparthien, die Singacademie aber die 
Chöre übernommen hat, die Feier wie gewöhnlich dann 
ein Essen schliessen. Rauch wird dabei den Entwurf des 
Monuments aufstellen und dem kunstliebenden Publikum^ 
welches gegenwärtig, der Wunsch Nürnbergs ans Herz. 
gelegt werden zur Ausführung beizutragen. 

Von anderen künstlerischen Bemühungen ist es Euer 
Exzellenz wol schon auf anderm Wege bekannt geworden^ 
dass ein Theil der Zuhörer Herrn Alexander von Humboldts 
demselben zu Ehren eine Medaille schlagen lassen. Das Bild- 
niss zur Vorderseite habe ich modellirt, die Rückseite hat 
Rauch nach Professor Levezows Angabe entworfen. Unten 
sitzen Gea und Oceanus, über ihnen ein Theil des Thier- 
kreises, welcher die Zeichen der 5 Monate enthält, in welche» 
die Vorlesungen gehalten sind, über demselben Helios im 
Wagen. Die Anordnung ist geschickt, indem durch das. 
Band, welches der Thierkreis bildet, der Untertheil des vor- 
wärts springenden Pferdes verdeckt wird 



Die vorstehenden kurzen BriefauszUge waren Ursprung- 
lieh dazu bestimmt, als ein Theil der Serie : Goethe und Berlin 



^ 



Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 53 

•den Briefen F. A. Wolfs und A. Hirls (Goethe-Jahrbuch XV, 
S. 54 ff.) unmittelbar zu folgen. Der damalige Abdruck wurde 
durch Platzmangel verhindert, doch leitete zu der Ausschlies- 
sung auch die Erwägung, dass die wenigen Briefe eines 
Künstlers mit den zahl- und inhaltsreichen zweier Gelehrten 
kein gutes Ganze ausmachten. Weit besser passen sie in den 
Zusammenhang unseres Bandes. Denn hier werden nicht nur 
neben Goethes Betrachtungen über verschiedene Gegenstände 
der Kunst auch Goethes Beziehungen zu einzelnen Künstlern 
erörtert, sondern speziell ein Kunstwerk — das Goethedenkmal 
zu Frankfurt — besprochen (oben S. 3 ff.), an dem betheiligt zu 
werden Tieck sehnHch gewünscht hätte. 

Friedrich Tieck, der Bildhauer (1776— 185 1) wird den 
Meisten eine ziemlich neue Erscheinung sein. Nur ein grosser 
Brief Tiecks an Goethe aus dem Jahre 1825 ist im Goethe- 
Jahrbuch Band yil, 202 — 205 gedruckt, sonst wird sein Name 
{vergl. das Gesammtregister der ersten 10 Bände s. v.; in 
Band 11 — 14 kommt sein Name überhaupt nicht vor, in 
Bd. 15 an zwei Stellen, die gleich angeführt werden müssen) nur 
gelegentlich in den an Rauch gerichteten Briefen erwähnt, eine 
«einer Goethe-Büsten kurz genannt und ein paar wegwerfende 
Urtheile Böttigers mitgetheilt, der ihn als ein Mitglied der Ber- 
liner Clique hasste. Selbst in einer, über Goethes persönliche 
Verhältnisse so reichhaltig unterrichtenden Quelle, wie die 
Sammlung von Goethes Gesprächen, wird Tieck nur einmal 
und zwar ganz kurz als Goethes Tischgast erwähnt. Im Leben 
und nach seinem Tode schadete ihm der grössere Ruhm seines 
Bruders Ludwig, der ihn nicht recht aufkommen Hess, und 
die bedeutende Umgebung der damaligen berühmten Berliner 
Bildhauer, insbesondere Rauchs, die ihn erdrückte. Dass er 
jedoch denen, 'die ihn näher kannten, eine höchst sympathische 
Erscheinung war, sympathischer selbst als sein vielgepriesener 
Bruder, geht aus der anmuthigen Schilderung hervor, die 
Theodor Bernhardi, der Sohn von Tiecks Schwester, in seinen 
kürzlich erschienenen Jugenderinnerungen von dem Onkel 
entworfen hat., 

Ein persönliches Verhältniss hat, wenn man die Bezie- 
hungen Tiecks mit denen Wolfs, ja selbst Hirts vergleicht, 
zwischen ihm und Goethe kaum geherrscht; daher soll auch 
hier nicht der durch mehrere Jahrzehnte hindurchgehende 
^gelegentliche Verkehr im Einzelnen verfolgt werden. Vielmehr 
soll nur auf zwei kurze Perioden hingewiesen werden, in 
denen die Beziehungen etwas lebhafter waren, und aus denen 
infolgedessen schriftliche Zeugnisse übriggeblieben sind: die 
eine von 1800 bis 1804 die andern 1824 bis 1828. 

Tieck befand sich seit 1798 in Paris (vgl. A. D. B. 38, 
247 fg.). Von dort wurde er durch W. v. Humboldt an Goethe 



54 Neue Mittheilungen. 



derartig empfohlen (vgl. Briefw. Goethes mit den Brüdern 
Humboldt z. B. 162. 170), dass die Erwartungen des Meisters 
ziemlich hochgespannt waren. Schon auf die Empfehlung 
Humboldts hatte Goethe von diesem geschrieben (19. Nov. 

1800, Briefe 15, 148): 

. . . »Vielleicht hätte Herr Tieck die Gefälligkeit mir bey 
dieser Gelegenheit einige nähere Notiz von den französischen 
Künstlern zu geben, auch den Geburtsort, das Alter, und was 
sonst von ihnen merkwürdig ist, anzuzeigen und mit mir, 
wenn Sie Frankreich verlassen, in eine unmittelbare Correspon- 
denz zu treten.« Tieck kam 1801 nach Weimar und wurde ausser 
für eine Goethe-Büste auch für die Arbeiten am Schlossbau in 
Anspruch genommen. Seiner Büste gedenkt Goethe als einer »mit 
grosser Sorgfalt gefertigten« (Annalen 1801). Bei dieser Gelegen- 
heit mag daraufhingewiesen werden, dass Goethe in den Annalen 
1820 eine neue von Tieck modellirte Büste erwähnt. Genaueres 
über die vier verschiedenen von Tieck herrührenden Goethe- 
Büsten: i) die Bearbeitung der Trippeischen Büste 1800, 2) die 
nach dem Leben gemachte 1801, 3) die Colossal -Büste für die 
Walhalla 1806—8, 4) die bereits erwähnte von 1820, findet 
man in den einschlägigen Werken von Rollett und Zarncke,. 
auf die hier kurz verwiesen werden muss, da ein weiteres Ein- 
gehen auf diese Kunstwerke meine Kenntnisse tiberschreiten 
würde, zudem auch grade in diesem Zusammenhange von keiner 
erheblichen Wichtigkeit ist, da unsere Briefe auf die Büsten nur 
ganz gelegentlich eingehen. 

Während die Romantiker sich sehr entzückt über Tiecks 
Persönlichkeit äusserten (A. D. B. a. a. O.), war Goethes Stim- 
mung getheilt. Dem Künstler war er wohlgesinnt und drückte 
diese Ansicht z. B. in seinem Briefe an Sartorius (10. Oct. 

1801, Briefe 15, 260) in den Worten aus: 

»Herr Tieck, Bildhauer, der eben von Paris zurückkehrt,, 
modellirt gegenwärtig an meiner Büste. Ich hatte dabey Ge- 
legenheit mich viel mit ihm über jene wunderliche Hauptstadt 
der Welt zu unterhalten, wo er beynahe 3 Jahre studirt hat. 
Wenn seine Arbeit glückt, wie ich hoffen kann, §0 erlauben 
Sie ja wohl dass ich Ihnen gelegentlich einen gipsenen Freund 
ins Haus schicke.« Deutlicher, eingehend auf das ihm nicht 
ganz genehme Wesen des Menschen, sprach er sich in einem 
Briefe an W. v. Humboldt aus, 29. Nov. 1801, Briefw. S. 176;. 
Goethes Briefe 15, 291 fg.: 

. . . »Tieck, den Sie ja selbst näher kennen, ist eine Zeit 
lang bey uns gewesen, als Künstler und Mensch erregt er 
lebhaftes Interesse. Er besitzt ein schönes Talent, das er 
treulich ausgebildet hat ; nur leidet er gar zu sehr an den aflfec- 
tionibus juventutis, indem er sich ein äusserst heftig absprechen- 
des Urtheil erlaubt, das denn doch oft eine grosse Beschränkt- 



Briefe Friedrich Tiecks an Goethe. 55 

heit andeutet. Dieses schadet ihm nicht allein innerlich, in- 
dem es ihn für guten, fördernden Rath unempfönglich macht, 
wie ich bey verschiedenen Gelegenheiten bemerken können, 
theils äusserlich, in Bezug auf die Gesellschaft, indem er sich, 
ganz ohne Noth und Zweck, Widersacher, Feinde und strenge 
Richter aufregt. 

Können Sie hierin etwas auf ihn wirken, so werden Sie 
ein grosses Verdienst um ihn haben; denn er ist, wie ich 
merke, zugleich sehr empfindlich und mag nicht wohl ver- 
tragen, dass es aus dem Wald schalle, wie er hinein gerufen 
hat. Und freylich ist es eine ganz natürliche Folge, dass 
man denjenigen, der alle Menschen beurtheilt, als wenn sie 
unbedingt wirken könnten, wenn er selbst producirt, die- 
jenigen Bedingungen auch nicht gelten lässt, welche ihn be- 
schränken, sondern gleichfalls, bey Beurtheilung seiner, ein 
Absolutes zum Massstab nimmt.« 

Diese Stelle sollte ursprünglich anders, in mancher Be- 
ziehung schärfer lauten. Diese Variante (Briefe 15, 365) darf 
hier nicht fehlen, zumal sie ausser der Beurtheilung Tiecks auch 
ein Stückchen Selbstcharakteristik Goethes enthält. Sie lautet: 

»Zwar wir waren auch etwas unleidlich da wir jung waren ; 
ob wir aber so selbstsüchtig, so absprechend, so ohnbehos't, 
so grob und so empfindlich waren, weiss ich mich wirklich 
nicht zu erinnern. 

Das schlimmste ist, dass er sich sein Leben von Grund 
aus zerstört, wenn ihm nicht bald ein Licht über seinen 
sittlichen Zustand aufgeht. Denn natürlich, wenn einer so 
selbstisch, rechthaberisch, ohne irgend eine Rücksicht in den 
Wald hineinschreyt, so erwiedert ihm das Echo solche frazen- 
hafte Töne, die ihm fi-eylich zu keinem Ohrenschmaus ge- 
deyen. Nun hat der Wald unrecht! und die Welt! und ein 
kränklich ombrageuses Menschenfeindchen ist fertig, das viele 
Jahre braucht um nur gegen sich selbst und gegen andere 
wieder eine vernünftige Positur zu fassen. Wer der Welt grad 
aus zu Leibe gehen will muss ein derbes Fell auf den Knochen 
haben.« • 

Den Winter 1801/2 verbrachte Tieck in Berlin. Dort 
erreichte ihn der offizielle, 21. Dezember 1801 geschriebene 
Brief (15, 299 fg.), in dem ihm die grossen Basreliefs an der 
Haupttreppe des Schlosses aufgetragen und andere in Aussicht 
gestellt wurden. Gelegentlich werden Grüsse an ihn in den 
an Berliner Freunde gerichteten Briefen bestellt. (Briefe 15, 
297» 16, 75.) 

Während dieses Berliner Aufenthalts ist unser erster Brief 
geschrieben. In den ausgelassenen Stellen des Briefes meldete 
Tieck, dass er erst in 2 bis 3 Wochen nach Weimar kommen 
würde und erzählte ferner, dass seine Büste der Schauspielerin 



56 Neue Mittheilungen. 



Unzelmann, besonders der Kopfputz daran, in Berlin sehr ge- 
fallen habe. Er schrieb ausserdem, dass die Goethe bekannte 
Frau von Berg (es ist die im G.-J. XIV, 59, 109, 126 und oben 
S. 37 u. 45 erwähnte) Goethe den Abdruck einer von Tieck ge- 
machten Büste zukommen lassen wolle, und fuhr fort: »wenn Sie 
sich des Gesichts noch erinnern, so werden Sie eingestehen, dass 
es eine schwere Aufgabe war.« Erwähnt mag endlich bei dieser 
Gelegenheit sein, dass Goethe bei der Schilderung des Schloss- 
baues sich, wie so oft, in kunstgeschichtlichen und technisch- 
künstlerischen Dingen der Hilfe seines Freundes Meyer bediente. 
Auf die Erwähnnng Tiecks in den Annalen bezieht sich fol- 
gende Stelle in einem ungedruckten Briefe an Meyer: (23. Mai 
1828) »Man thut wohl am besten, Tiecks als Bildhauer, Catels 
als Marmor - Mosaicistenglätter zu gedenken und überhaupt 
das Technische abzuschliessen und einige Masse zu gewinnen ; 
denken Sie gefl. darüber nach und helfen mir durch Ihr gutes 
Gedächtniss.« 

Wegen des langen, durch den Tod seiner Eltern und die 
Erkrankung seiner Schwester veranlassten Ausbleibens Tiecks 
wurde Goethe ungehalten. A. W. Schlegel sollte daher in 
seinem Auftrage den Bildhauer daran erinnern, dass Goethe ihn 
älteren Concurrenten vorgezogen habe, nun durch sein Aus- 
bleiben bei dem Herzog, der ein schnelles Fortschreiten der 
Arbeiten wünschte, in eine unangenehme Lage käme. »Ja es 
bleibt«, so schloss Goethe den Brief (13. Mai 1802, Bd. 16, 88) 
»mir nichts übrig als noch eine kurze Zeit abzuwarten und 
als dann Herrn Tieck einen peremtorischen Termin zu setzen, 
welches ich nicht gern thue, doch aber auch die Verant- 
wortung einer solchen Zögerung nicht auf mich nehmen kann.« 
— Wann Tieck nach Weimar kam, ist nicht genau zu be- 
stimmen (vgl. Goethes Briefe 16, 443). Er scheint den grössten 
Theil des Jahres 1803 dort gewesen zu sein. Freilich, am 
18. Jan. 1803 sandte er (doch wohl von Berlin aus) die Büste 
der Schauspielerin Jagemann. Aber schon dem Anfang des 
Jahres werden ein paar künstlerische Anfragen zugerechnet 
fBriefe 16, 161) und Ende 1803 wünschte Tieck von seiner 
Goethe-Büste einen Abguss zu machen, um mehreren Personen 
die Büste zu verschaffen ; Goethe war aber nicht gern bereit 
seine Büste dazu herzugeben (Briefe 16, 374, zwei andere 
nicht Goethe betreffende Arbeiten werden das. 17, 127, 159 
angedeutet). Diese Bitte trug Tieck dem Dichter selbst vor 
(10. Jan. 1804, ein früheres Billet vom 4. Jan. betrifft ein 
anderes Kunstwerk) : er wünschte einige Stunden, um Goethes 
Kopf, den er habe, nach der Natur zu retouchiren und bat, 
falls der Dichter weder Zeit noch Lust dazu habe, sich zu 
diesem Zweck die Gypsbüste aus. Die zahlreichen übrigen 
Arbeiten der Weimarer Zeit, die zumeist in Weimar verblieben 



Briefp Friedrich Tiecks an Goethe. 57 

sind, einige Medaillons, viele Büsten, Basreliefs im Treppen- 
hause und einzelnen Gemächern des Schlosses, Statuen der 
Musen und antiker Götter und Göttinnen sind A. D. B. 38, 
248 fg. verzeichnet und sollen hier nicht alle wiederholt wer- 
den. — In Goethes Tagebuch wird Tieck am 17., 18. Nov., 
22. Dez. 1803 erwähnt. 

Aus der zweiten Periode des Verkehrs zwischen Künstler 
und Dichter mögen wenigstens drei Briefe abgedruckt werden ; 
auch der bereits im Band VII veröffentlichte gehört hierher 
während die übrigen im Goethe-Schiller-Archiv befindlichen, 
da sie meist nur technische Mittheilungen enthalten, hier weg- 
gelassen sind. Der Brief aus dem Jahre 1828 verdient einen 
Abdruck, weil er von einer Arbeit spricht, die Goethe auch 
öffentlich erwähnte. Ueber diese 15 kleinen Statuen nämlich 
sprach er sich in der Notiz »Heroische Statuen von Tieck« 
K. u. A. Band VI Heft 2, abgedruckt Hempel 28. 848, aus. Der 
Artikel schliesst nach einem besonderen Lobe der Kassandra 
»Alle zusammen im Komplex mit architektonischer Klugheit 
dargestellt, können einer schönen und zugleich prächtigen 
Wirkung nicht verfehlen.« Näheres über den Standort der 
Statuen siehe bei Eggers, Rauch und Goethe S. 133 A. 

Die in dem Briefe vom 15. Juni 1824 behandelte litera- 
rische Curisiotät verdient eine kurze Erläuterung. Die Anek- 
dote über das Manuscript Diderots nämlich ist in der Form, 
wie sie hier erzählt wird, unbekannt. Nur der Anfang, der 
Besuch einer Magistratsperson bei Diderot, wird von dessen 
Tochter, Frau von Vandeul, selbst erzählt. Sie nennt in den 
M^moires sur Diderot (grosse Pariser Ausgabe I, S. XL VI) diese 
Person d'Hömery. In der Vorrede zu »La promenade d'un 
Sceptique« a. a. O. I, S. 173 ff. wird auseinander gesetzt, 
dass diese erst 1830 nach einer Abschrift, dieNaigeon gemacht 
oder gekauft hatte, veröffentlicht wurde. Naigeon erwarb eine 
Copie in der Auction der Sachen des Herrn Malesherbes und 
gab daraus in seinen Memoiren einen Auszug. Copie und 
Memoiren gingen etwa 1821 aus dem Besitz eines alten Fräu- 
leins Mdrigault in die Hände von Brifere über, der sie am Ende 
seiner Diderot- Ausgabe 1823 veröffentlichte. Es wäre daher 
möglich, dass es sich bei der Erzählung Tiecks um diesen 
Malesherbes'schen Nachlass handelte. Immerhin ist diese Er- 
innerung an den französischen Schriftsteller, dem Goethe, wie 
bekannt, ein so grosses Interesse widmete, nicht ohne Be- 
deutung. Ludwig Geiger. 



^ 



58 Neue Mittheilungen. 



7. ZWEI BRIEFE VON JOHANN HEINRICH VOSS 
AN GOETHE. 

(Vgl. die Abhandlung ■Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu 
Goethe und Schiller«.) 

I. 

Jena, 27 Apr. 1805. 

Sie sind uns wiedergeschenkt worden, nun zum dritten 
male, und im Ernst, bis zu der fernen Stunde der Natur. 
Ich drücke Sie mit Wehmut und Freude an mein Herz, 
Innigst geliebter; und denke: ein herliches Göttergeschenk 
für Viele, die Göthe kennen und lieben, wie wir! Sobald 
blauer Himmel ist, komme ich hinüber, den Genesenden, 
den Gesünderen wiederzusehn. 

Vorher wollen wir einen der menschlichen Zufälle bei 
Seite schieben. Ich gehe nach Heidelberg : ohne Amtspflichten 
natürlich, mit einer Pension von 1000 Gulden. Mildere 
Luft und Familienbedürfnis nöthigen mich aufzugeben, was 
ich mit schwerem Herzen verlaßen werde, Haus und Hof, 
und ländliche Stille, und die Krone von allem, edle Freunde 
in der Nähe. Diese jährlich einmal, und dann auf längere 
Zeit, als von hieraus, zu besuchen, scheint mir leicht, wenn 
ich die Reise in Absäzen denke. 

Dem Durch]. Herzog, dessen zuvorkommender Gnade 
ich ein lebendiges Vorgefühl des Heimischen und Behag- 
lichen verdanke, werden Sie meine ehrfurchtsvolle Anhäng- 
lichkeit, und, wie ungern ich abgehe, bezeugen.* Was mich 
drückt, laue Thalluft mit schneidenden Bergwinden schnell 
wechselnd, läßt sich nicht abändern. 

Über Jacobis Besuch werden Sie u Schiller entscheiden. 
Wenn Sie um Johannis verreist sind, so nimt er einen 
anderen Weg in das Pfaffenland, und ich begegne ihm 
irgendwo. Ihren Ausspruch erfahre ich durch Heinrich, oder 
aus Ihrem Munde. Unsre herzlichsten Grüsse. 

Voß. 



Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe. 59 

2. 

Heidelberg, 26 Oct. 1806. 

Nach verwirrten Gerüchten von dem, was unser Wei- 
mar und Jena betroffen hat, erhielten wir gestern die erste 
Nachricht durch Heinrich. Welch ein fürchterlicher Eintritt 
des dunklen Verhängnißes ! und wo der Ausgang ! Wir im 
Lichten der vorüberfliegenden Sturmwolke blicken nach Euch 
mit Wehmut, Ihr lieben Landsleute, Ihr Freunde, Ihr Zierden 
und Hofnungen des Vaterlands! Wer hätte das vorigen 
Sommer gedacht, als wir aus dem Schooße des Friedens 
hieher, wo das Wetter zusammenzog, auswandern mußten? 

Edler, theuefster Freund, Sie sind Vater, und lieben 
meinen Heinrich; ein Ausweg für ihn wird Ihnen Freude 
machen. Man hat hier beschießen, ihm die zweite Pro- 
feßur der Philologie, mit welcher ein Seminar verbunden 
sein wird, und eine Stelle an der Bibliothek zu geben. Der 
Ruf wäre, auch ohne diese Verheerung, zum neuen Jahre 
erfolgt. Jezt gilt es, ihn so frühe als möglich, dem Elende, 
wo er nichts helfen kann, zu entreißen. Ich nehme ihn 
zu mir, unserer Ruhe, und seiner Gesundheit wegen. Er 
wird mit dem jungen Boie noch in erträglicher Witterung 
hier ankommen können. Wir bitten Sie dringend, ihm den 
Entschluß durch Zureden zu erleichtern, und ihm seinen 
Abschied vom Gymnasio zu beschleunigen. Mit der nächsten 
Post hoffe ich ihm Reisegeld zu schicken. 

Ihr Herz wird Sie unter den fallenden Trümmern auf- 
recht erhalten; denn Sie sollen noch lange unter uns 
wirken und zum Beßeren hinlenken. Sein Sie herzlich 
gegrüsst mit den Ihrigen, und lieben Sie mich, 

Ihren 
Voß. 

Im Herbst 1802 war Voss von Eutin nach Jena überge- 
siedelt. Goethe hat wiederholt ausgesprochen, wie sehr und 
warum er die Nachbarschaft des »trefflichen« Mannes als eine 
Bereicherung seiner eigenen Existenz, als wesentlichen Gewinn 
für die Universität und die von Weimar- Jena ausgehende Geistes- 
arbeit empfand. Es ist bekannt, mit welcher Wärme und 
Beharrlichkeit er bemüht war, der Familie Voss den neuen 
Aufenthalt in jedem Sinne angenehm zu machen, und wie herz- 



6o Neue Mittheilungen. 



lieh er sich freute, als Voss ira Sommer 1804 den Ruf nach 
Würzburg ablehnte.' Nicht minder bekannt ist die heftige 
Aeusserung seines Zornes und Schmerzes über Vossens Weg- 
gang nach Heidelberg, dessen Sohne Heinrich gegenüber am 
18. Mai 1805. »An dem Tage«, berichtet der jüngere Voss (Mit- 
theilungen über Goethe und Schiller S. 64, in Berlits Neu- 
druck S. 97 f.) hatte er durch Riemer erfahren, dass mein 
Vater nach Heidelberg gehn würde. Seine Krankheitsschwäche, 
Schillers Tod und der Verlust meines Vaters, — alles lag 
schwer auf seinem Gemüth ; er fing mit einer Heftigkeit an zu 
reden, bei der ich vor Entsetzen erstarrte. »Schillers Verlust«, 
sagte er unter andern, und dies mit einer Donnerstimme, y^musste 
ich ertragen, denn das Schicksal hat ihn mir gebracht; aber 
die Versetzung nach Heidelberg, das fällt dem Schicksal nicht 
zur Last, das haben Menschen vollbracht.« Unter den »Men- 
schen« konnte Goethe im Grunde doch nur Einen verstehen, 
nämlich Voss selbst, der über das eigene Bleiben und Gehen 
die Entscheidung in Händen hatte. Diese leidenschaftliche 
Rede wird ergänzt durch das ruhige Wort Goethes zu Ecker- 
mann, als er diesem zweiundzwanzig Jahre später (7 . Oktober 
1827) »den classischen Boden«, Vossens Haus und Garten in 
Jena zeigte : »Er war mir sehr werth und ich hätte ihn gerne 
der Academie und mir erhalten. Allein die Vortheile, die 
man ihm von Heidelberg her anbot, waren zu bedeutend, 
als dass wir bei unsern geringen Mitteln sie hätten aufwiegen 
können. Ich musste ihn mit schmerzlicher Resignation ziehen 
lassen.« Voss, in seinem nüchternen Abwägen der ökonomischen 
Vortheile, ist gewiss von Undankbarkeit gegen Goethe nicht 
freizusprechen. Als besonders rücksichtslos aber und für 
Goethe verletzend musste Vossens vertrauenloses Schweigen 
über sein Vorhaben erscheinen einem Manne gegenüber, der 
ihm so viel Offenheit und freundschaftliche Theilnahme ent- 
gegengebracht hatte. 

Von diesem Vorwurfe wird Voss nunmehr durch den er- 
sten der hier mitgetheilten Briefe befreit. Man fühlt den 
knappen, künstlich gesetzten Worten, trotz ihrer scheinbaren 
Herzlichkeit, die Kühle und Verlegenheit des Schreibers an. 

Die Angabe des j. Voss, Goethe habe am 18. Mai durch 
Riemer erfahren, dass sein Vater nach Heidelberg gehe, be- 
weist, dass er keine Kenntniss von dem Brief an Goethe, 
dieser über den Empfang und Inhalt desselben bis dahin nicht 
mit Heinrich gesprochen hatte. Durch Riemer mag Goethe 
am i8. Mai neuerdings an die Angelegenheit erinnert worden 
sein, worauf dann die heftige Aussprache in Heinrichs Gegen- 
wart erfolgte, so dass dieser zu der Annahme berechtigt war, 
Goethe habe am selben Tage zuerst von der Sache gehört. 
Anfang Juli 1805 verliess Voss Jena. Dass der Sohn den 



Zwei Briefe von Johann Heinrich Voss an Goethe. 6l 

Eltern über kurz oder lang nachfolgen wttrde, war Goethe 
sofort klar, er sprach es noch am Abend jenes i8. Mai gegen 
Christiane aus (Brief Heinrichs an Solger 22. Mai 1805, Archiv 
für Literaturgeschichte Band XI S. 125). Die Uebersiedelung 
Heinrichs nach Heidelberg — der wesentliche Inhalt des zweiten 
der oben mitgetheilten Briefe — wird im Zusammenhang der 
Abhandlung besprochen und desshalb hier nur auf den be- 
treffenden Abschnitt (8) verwiesen. 

Wenige Einzelheiten bedürfen der Erläuterung. 

1. Voss konnte Goethe als einen den Freunden »zum 
dritten Male Wieder geschenkt ena begrüssen, insofern kurz zu- 
vor, im Februar und März 1805, zwei heftige Anfälle und zu 
Anfang des Jahres 1801 eine schwere Krankheit Goethes 
Leben bedroht hatten. — ))Ohne Amt sp flicht enn , diese Be- 
dingung war schon an Vossens Eutiner Pension geknüpft. In 
Heidelberg lebte Voss in freier Müsse seinen Studien. — Fr, 
Hnr, Jacobi, auf dem Wege nach München, hielt sich Ende 
Juni mehrere Tage in Weimar auf und verlebte mit Goethe 
am 27. Juni einen Abend bei Voss. 

2. Der junge Boie ist Friedrich, der älteste Sohn von 
Vossens Schwager Hnr. Chn. Boie (Vgl. Goethe-Jahrbuch 
X, 81 f.). — 

Von beiden Briefen besitzt das Archiv die Originale. 
Für die Erlaubniss der Mittheilung spreche ich auch an dieser 
Stelle meinen verbindlichsten Dank aus. 

Hans Gerhard Graf. 




J^^^i^^^^ 




^tf 



IL Besuch des Freiherrn Ludwig Low 
VON UND zu Steinfurt bei Goethe 

AM 3. OCTOBER DES JAHRES 1829. 
Von Friedr. Otto. 

Der Freiherr Karl Friedrich Ludwig von und zu Steinfurt 
(1803 — 1868) war der Sohn des nassauischen Oberjägermeisters 
Philipp V. Low (1756— 184 1).' Nachdem er zu Heidelberg, 
wo er sich des näheren Umgangs mit dem Historiker Schlosser 
zu erfreuen hatte, und zu Göttingen die Rechte studiert, aber 
auch anderen Zweigen der Wissenschaft und namentlich der 
Kunst seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte, liess er sich im 
Jahre 1826 zu Heidelberg als Privatdocent nieder und schrieb 
hier sein Erstlingswerk , das noch jetzt geschätzte Buch : 
»Ueber die Markgenossenschaften von K. F. L. Freih. v. Low«, 
Heidelberg 1829. 8. Im Jahre 1833 folgte er einem Rufe an 
die Universität zu Zürich als Professor ; später kehrte er in 
die Heimat zurück und wirkte hier als Mitglied der höheren 
Justizbehörden, zuletzt als Präsident des Oberappellalions- 
gerichts zu Wiesbaden. 

Da er ein glühender Verehrer Goethes war, so ist es 
begreiflich, dass er nichts sehnlicher wünschte, als den ver- 
ehrten Dichter selbst einmal zu sehen und zu sprechen. Schon 
sein Vater hatte das Glück gehabt dessen persönliche Be- 
kanntschaft zu machen; als Goethe im Jahre 1814 zu Wies- 
baden in der Kur war, treffen wir ihn wiederholt im Verkehr 
mit demselben, und auch die Gemahlin seines Bruders Georg, 
Luise geb. v. Diede , deren Eltern Goethe seine »werthen 
Gönner und Freunde« nennt,* eilte damals nach Wiesbaden, 



' Vgl. Notizen über die Familie derer Freih. Low von und zu St. 
von Wilhelm Freih. Low, 1868, S. 118. Ueber Ludwig A. D. B. Bd. XIX. 
* Italienische Reise, Bericht vom 22. Februar 1788. 



Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 63 

um ihn zu begrUssen, wie sie ihn auch später (1828) mit 
ihrer Tochter zu Dornburg besuchte. * Es ist auffallend, dass 
in unserm unten folgenden Bericht weder Goethe noch der 
Freih. v. Low dieser Begegnungen gedenkt. 

Wann dieser seinen Vorsatz ausführte, dartlber gibt er 
zwar selbst scheinbar Aufschluss, indem er den September 1831 
namhaft macht. Aber abgesehen davon, dass dieses Jahr mit 
einigen Thatsachen, die der Bericht angibt, nicht vereinbar 
ist, nennt das Tagebuch Goethes, das Herr Dr. Fresenius für 
uns einsehen durfte, den 3. October 1829 als den Tag des 
Besuches, und dieser Angabe müssen wir unbedingt Glauben 
schenken ; nach ihr haben wir einzelne Zahlen des Berichts zu 
verbessern kein Bedenken getragen. Soviel geht augenschein- 
lich aus dem Irrthume v. Löws hervor, dass der Bericht geraume 
Zeit nach dem Besuche, aber nach den sogleich gemachten 
Notizen niedergeschrieben ist, als der Verfasser auch andere 
Erlebnisse, namentlich Reisen schriftlich aufzeichnete. In den 
Cyclus derselben nahm er auch unsern Bericht auf, als er sie 
abschriftlich in einen kleinen Quartband vereinigte, und zwar 
an zweiter Stelle, woher vielleicht der Anfang unserer Er- 
zählung »in dieser Zeit« zu erklären ist. Indessen ist aus 
dieser Reihenfolge eine bestimmte Zeitangabe der Abfassung 
nicht zu entnehmen. 

Uns lag eine doppelte Ausfertigung des Berichts vor, die 
uns in dankenswerthem Entgegenkommen der Sohn des Ver- 
fassers, Herr Oberlieutenant Freih. E. v. Low mittheilte: 

I. Das Original, 16 Seiten in Quart. Hier sind manche 
Stellen, insbesondere mehrfach die Namen von Personen durch- 
strichen. Was den Verfasser zu diesen Tilgungen bewog, lässt 
sich nicht immer erkennen, da fast nirgends in der Sache 
selbst ein Grund vorzuliegen scheint. Vielleicht dachte er an 
eine Veröffentlichung seiner Aufzeichnung* und wollte bei den 
betreffenden Personen, deren Namen er getilgt hatte, wenn 
sie noch am Leben waren, oder bei ihren Angehörigen und 
Nachkommen keinen Anstoss erregen; so bei Thibaut und 
dem Historiker Schlosser, mit denen er zu Heidelberg und 
auch noch später enge befreundet war, und bei Fritz Schlosser, 
von dessen Gemahlin er ein Empfehlungsschreiben an Goethe 
und dessen Schwiegertochter erhalten hatte. Wir haben jetzt 
keinen Grund mehr diese Namen zu unterdrücken und haben 



* Vgl. F. Otto, Goethe in Nassau, in den Annalen des Ver. f. 
nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, XXVII, 85 f. 

* Davon sprach er allerdings manchmal, wie sein Sohn, Herr Erw. 
V. Low, versichert, doch gab er später die Absicht auf, weil er meinte, 
das Ganze sei zu überschwänglich gehalten, und es passe nicht mehr 
für den reiferen Mann die Stimmung des Jünglings, in der er sich 
Goethe genähert habe. 



64 Neue Mittheilungen. 



sie an den betreffenden Stellen in eckigen Klammern ein- 
gefügt. Andere Stellen betreffen Verbesserungen des ursprüng- 
lichen Textes in Wahl der Worte u. s. w. ; hier haben wir 
den ersten Wortlaut ganz unbeachtet gelassen und das neu 
eingesetzte Wort ohne Bemerkung aufgenommen. Wieder andre 
getilgte Stellen sind kürzere oder längere Zusätze, die dem 
Verfasser wohl unwesentlich oder ungeeignet erschienen ; diese 
haben wir in die Anmerkungen verwiesen oder ganz weg- 
gelassen. 

2. Eine Abschrift, in der alle angegebenen Verbesserungen, 
Auslassungen u. s. w. wohlbeachtet sind, hie und da auch 
ein Lesefehler sich eingeschlichen hat. Es schien nicht noth- 
wendig dies jedesmal zu bemerken. Diese Abschrift ist in 
dem Quartband von S. 17 an enthalten. 

Wir lassen nunmehr den Bericht selbst folgen. 



BESUCH BEI GOETHE. 

In dieser Zeit' fühlte ich lebhafter als je den Wunsch, 
Göthe'n einmal zu sehen und zu sprechen. Schon auf drei- 
fache Weise hatte ich die Einwirkung dieses gewaltigen 
Geistes auf meine innere Bildung erfahren. Wenn in jener 
früheren Zeit des Trübsinns* sein Faust vielfach dazu 
beigetragen hatte, mir das verworrene Räthsel meines Da- 
seyns zu lösen, so hatte ich später aus seinen Gedichten 
und Romanen mehr und mehr frische Lebenskraft gesogen 
und mich durch sie in heitrer Auffassung der äusseren 
Dinge und in frischer Verfolgung des vorgesteckten Ziels 
den hemmenden Vorurtheilen gegenüber befestigt, mit wel- 
chen selbst die Besten häufig einem freien allseitigen nicht 
auf einzelne äussere Zwecke gerichteten Streben feindselig 
entgegen treten. Nun war mir auch allmälig die eigent- 
liche Freude an der Kunst aufgegangen und wo fand ich 
hierfür wieder vielfältigere Anregung und Bereicherung des 
Eigenen, als in Göthe's Schriften? — 

Auf solche Weise war meine frühere Verehrung zu 
einer wahren Vergötterung gestiegen. Wohl bin ich mir 

' Ueber diese allgemeine Zeitbestimmung s. d. Einleitung. 
* Von einer solchen Stimmung schreibt er z. B. am 5. Sept. 182} 
an den Prof. Schlosser in Heidelberg von Göttingen aus. 



Besuch des Freih. Ludw. Low v. ü. zu Steinfurt bei Goethe. 65 

dessen stets bewusst gewesen; ich habe mich häufig sogar 
deshalb getadelt und zu grosser Beschämung öfter erzählen 
gehört, wie der grosse Mann selbst jedes Weihrauchstreuen 
abwehre und hasse, erkennend, dass auch der kräftigste 
Geist seine Abhängigkeit von äusseren Verhältnissen häufig 
und bitter, und je vielseitiger sein Streben ist, desto häufiger 
und bittrer erfahren muss. Ja ich habe öfter lebhaft ge- 
wünscht, nie etwas von Göthe'schen Schriften gelesen, nie 
etwas von seinem Wesen und Handeln erfahren zu haben, 
damit sich desto freyer von jedem fremden Einfluss meine 
Individualität entwickeln könne. Allein erkannte ich auf 
solche Weise das Gefährliche blinder Nachbeterei, so ent- 
gieng mir auf der andern Seite doch auch nicht der vielfache 
Nutzen, ja fast die unabweisliche Nothwendigkeit, sich in 
einem Alter des Schwankens, der Unruhe, der Regellosigkeit 
an bestimmte ideale Charaktere, die zur völligen Klarheit 
durchgedrungen sind, fest anzuschliessen. Dass aber grade 
Göthe's Charakter besonders zu einem solchen Ideale ge- 
eignet, getraute ich mir gegen die fast allgemein behauptete 
verneinende Ansicht durchzuführen. 

Die Reise nach Weimar ward also (Ende Sept. 1829) 
angetreten. Ich legte sie bis an Ort und Stelle im Eilwagen 
zurück und wüsste mir kaum irgend etwas von Bedeutung 
aus dem Verlaufe derselben zu erinnern. In Weimar ange- 
langt suchte ich zunächst meine Verwanden auf. Dann 
wurden alsbald die Empfehlungsbriefe, [die mir Geheimerath 
Thibauty an Göthe [und die Räthin Schlosser^ an Göthe 
und seine Schwiegertochter gegeben] abgesendet. Auf 12 
Uhr des folgenden Tages ' ward ich beschieden. Der Zu- 
stand von Spannung und Gepresstheit der Seele, in welchem 
ich mich bis dahin befand, ist schwer zu beschreiben. Ich 

* Der bekannte Professor der Rechte zu Heidelberg von 1805— 1840. 

* Gemeint ist die Gemahlin von Goethes Freund Fritz Schlosser, 
der gewöhnlich von seiner vorübergehenden Stellung als Oberschul- 
und Studienrath zu Frankfurt (18 12) den Titel Rath führte. Frese, 
Goethe-Briefe aus Fritz Schlossers Nachlass S. 7. Seine Gemahlin war 
Sophie geb. Dufay; sie hatte Goethes Schwiegertochter auf einer Reise 
nach Weimar kennen gelernt. 

3 Des 3. Oktobers. S. die Einleitung. 

GOBTHr-JAHRBUCB XVII, 5 



66 Neue Mittheilungen. 



brachte einen grossen Theil der Nacht schlaflos oder un- 
ruhig träumend zu und durchrannte am folgenden Morgen 
in höchster Aufregung Strassen und öfientliche Anlagen. 
Endlich schlug die bezeichnete Stunde. Ich trat in das 
Haus, das ich schon mehrmals im Vorübergehen mit heiliger 
Ehrfurcht betrachtet. Zeigte dessen Aeusseres mit Ausnahme 
grossartiger Dimensionen nichts Bedeutendes, so überraschte 
gleich beim ersten Eintritt das Innere höchlich. Auf in 
der Höhe angebrachten Vorsprüngen standen Büsten, in 
Nischen Statuen, gleich vorn an der Treppe ein Abguss 
des bekannten antiken Hunds. Die Treppe selbst zog sich 
in dreifacher Beugung und rein italiänischer Bauart sachte 
ansteigend hinauf. Sie war mit Guirlanden geziert zu Ehren 
eines Freundes, dessen Geburtstag man feierte.' Vor der 
Thüre, durch welche man mich eintreten hiess, ist das 
Wort Salve in Holz eingelegt. So ehrwürdige festliche 
Umgebung erhöhte die ernste Stimmung, in der ich mich 
befand. — Man führte mich durch ein Zimmer in ein 
zweites. Überall Kunstwerke verschiedener Art, Gemähide, 
Kupferstiche,Büsten, Statuen, auf Repositorien grosse Mappen, 
Zeichnungen enthaltend. Das Ameublement stand hiermit 
in Widerspruch; es war geschmacklos, alt, fast ärmlich zu 
nennen. Ich wartete einige Minuten. Dann sah ich durch 
eine offen stehende Thüre des Zimmers, in welchem ich 
mich befand, Göthe in das anstossende Gemach kommen, 
ziemlich rasch in sehr aufgerichteter Haltung, die Lippen 
bewegend, manchmal selbst leise redend hindurch schreiten 
und zu mir eintreten. Sein Aeusseres entsprach im Ganzen 
meiner Erwartung nicht. Nach den vielfachen glänzenden 
Beschreibungen, die ich gehört und gelesen, hatte ich mir 
ihn noch grösser und weniger gealtert vorgestellt. Nur 
sein lebhaftes, mitunter feuriges Auge und seine aufrechte 
Haltung, die er während unserer ganzen Unterredung bei- 
zubehalten suchte und von Zeit zu Zeit, wenn der Ober- 
körper unwillkührlich vorsank, wieder herstellte, bezeugte 
auch im Aeusseren noch die Herrschaft des gewaltigen 



' Des Grafen Reinhard. S. unten S. 72. Die Feier hatte nach dem 
Tagebuch Goethes am 2., dem Geburtstage Reinhards, stattgefunden. 



Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 67 

Geistes über den Sojährigen Körper. Höchst merkwürdig 
aber, ja wahrhaft erstaunenswürdig war die Art wie er 
sprach. Es war der reinste ununterbrochenste Fluss der 
Rede, die höchste Mannigfaltigkeit und Gewandtheit des 
Ausdrucks, über welchen Gegenstand er auch sprechen 
mochte. Da wo' sich's um tiefere Dinge handelte und 
wo selbst die Gebildeten, selbst die geübten Denker in 
der Regel die Worte suchen müssen, da bewegte er sich 
mit derselben Leichtigkeit, als wenn er über das Wetter 
oder eine Stadtneuigkeit spräche. Man sah überall, wie 
ihm, der sein ganzes Leben der Beschäftigung mit Ideen 
und Idealen gewidmet, diese Dinge, die uns nur Zucker- 
brod sind, zur gewöhnlichen Speise geworden. Es war 
mit einem Worte unsre deutsche Sprache in der Gestalt, 
wie man sie sich von überirdischen Wesen geredet denken 
möchte. 

Nachdem wir uns niedergelassen, fragte er zunächst, 
in welcher Beziehung [Thihaut] der Verfasser meines 
Empfehlungsschreibens mich seinen CoUegen nenne und als 
ich die Bewandniss der Sache erklärt, sprach er einiges 
zum Lob des Standes der Gelehrten, indem er meinte, 
theils sey es angenehm, an einem Orte zu leben, wo man 
stets dem Gang der Wissenschaft genau folgen könne, 
theils erfreulich, das was man erlernt und erforscht, nun 
den Jüngeren durch mündliche Lehre wieder mitzutheilen; 
insbesondere habe das Studium der Geschichte ' viel An- 
ziehendes.* Er erkundigte sich hierauf nach dem neuen 
Universitätsgebäude,' seiner Einrichtung und Bauart und 
erwähnte dann rühmend einiger Professoren, [namentlich 
Thibatits, Creu:(ers, Schlossers und Paulus\^ Von [Schlosser] 



' Verbessert für »des deutschen Rechts«, das v. Low las. 
* Hier folgen die durchstrichenen Worte: »da es auf die ältere 
Zeit zurückführe.« 

3 Gemeint ist das kurz vorher erworbene Bibliotheksgebäude. 

4 Creuzer, Professor der Philologie 1804- 1845, mit einer kurzen 
Unterbrechung im J. 1809, f 1858. Schlosser, Professor der Geschichte 
1817— 1861. Paulus, Prof. der Theologie von 181 1 — 18$ I. Nach »Paulus« 
sind die Worte durchstrichen: »Ueber Thibauts Ciavierspiel schien er 
sich etwas ironisch zu äussern.« 

5* 



68 Neue Mittheilungen. 



pries er das neueste Buch,' hinzufügend, dass es freilich 
noch manches zu wünschen übrig lasse, allein man müsse 
sich bei solchen Werken an die vorzüglicheren Seiten 
halten. Ich sprach von [Paulus] Einfluss auf die Theo- 
logie und meinte, es sey gut, dass ein so kräftiger Ver- 
theidiger der Denkfreiheit noch vorhanden sey; allein er 
scheine mir doch zu weit zu gehen, wenn er, wie mir 
berichtet worden, den jungen Leuten gradezu sage, es gebe 
keine Unsterblichkeit. »Freilich, freilich«, erwiederte er, 
»und es ist ja lächerlich, so etwas zu behaupten ; was weiss 
er denn davon?« Er sprach dann ausführlicher von den 
theologischen Streitigkeiten der jüngsten Zeit* und meinte, 
dass solche Partheiungen wohl stets bestehen würden, da 
sie stets bestanden hätten. »Wie sich's mit der Dreieinigkeit 
verhalte, und ob der Mensch von Natur gut oder böse sey, 
und ob er durch Christum erlöst und von seinen Sünden 
befreit worden, oder ob er durch eigene Kraft oder nur 
durch Gottes Gnade selig und von der Verdammniss befreit 
werden könne, oder, fügte er herzlich lachend hinzu, ob 
er sich gar selig preisen soll, dass er verdammt ist, darüber 
wird wohl, so lange es Menschen gibt, mit Eifer gestritten 
werden.« Am schönsten, meinte er, sey es jetzt in einer 
Stadt Nordamerikas, von der er neulich gelesen, dass in 
ihr an die 60 Kirchen seyen, in deren jeder ein anderes 
Glaubenssystem gepredigt werde; da könne man also an 
jedem Sonntag im Jahr sich in einer andern Confession 
erbauen. Die Menschen verliessen in diesen Dingen viel 
zu sehr den einfachen Weg; die Kinder könnten darin gar 
wohl unsre Lehrmeister seyn. Ich erinnerte an sein 
kleines Gedicht ,Katechisation' ? Er lachte und sagte: 



' Durchstrichen: »die Universalgeschichte.« Gemeint ist offenbar 
die universalhistorische Uebersicht der Geschichte der alten Welt und 
ihrer Cultur, die von 1826 an erschien. Goethes anerkennendes Urtheil 
über Band I s. Werke, Ausgabe von 1850 flf. 26, 289. In Betreff des 
folgenden leichten Tadels vergesse man nicht die Verschiedenheit der 
Betrachtungsweisen und Standpunkte beider Männer. 

* Statt der letzten Worte hiess es ursprünglich: »von dem Streit 
zwischen Voss und Creu:(ern, über den Herbst in seiner Biographie von 
J. H. Voss II, 207 ff. übersichtlich gehandelt hat. 



Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 69 

»Ja, ja, so ist's.« Ueber sein Verhältniss zu Stolberg be- 
fragt, sprach er von ihm, besonders aber von seiner 
Schwester und überhaupt von dem Kreise der Menschen, 
die sich damals um die Fürstin GaUt:(in in Westphalen 
versammelten, mit grossem Lob. Es seyen Menschen von 
ausgezeichneter Bildung gewesen, bei denen er immer 
gerne verweilt und die auch den alten Heiden immer 
recht wohl in ihrer Mitte geduldet hätten.' Über das 
[Schlossersche]^ Ehepaar befragt, berichtete ich, was mir 
bekannt war, rühmte ihre Gastfreiheit, ihren schönen Wohn- 
ort (in der Nähe von Heidelberg)' und fügte hinzu, es 
sey unbegreiflich, dass zwei Menschen von so klarem Ver- 
stand in diesen Bigottismus hätten verfallen können.'* »Wohl 
ist das schwer zu begreifen,« erwiederte er; »ja wenn sie 
noch vielleicht eine grosse Sünde begangen hätten, die sie 
nur im Schoosse der allein selig machenden Kirche abzu- 
büssen hätten hofien können! Aber so sind sie die besten 
unschuldigsten Menschen von der Welt, die niemals etwas 
Böses gethan haben.« Er sprach dann von ihrem letzten 
Aufenthalt bei ihm ^ und als ich sagte, dass er doch in reli- 

' Hierauf folgen die durchstrichenen Worte : »Ihr strenger Catho- 
lizisraus habe ihn niemals gestört, wie ihn überhaupt der Unter- 
schied von Protestanten und Catholiken nie berühre; er frage gar 
nicht darnach und bemerke es nicht einmal und wisse kaum, wer von 
seiner Umgebung zu den einen oder andern gehöre«. 

* Statt Schlosserschen steht am Rande »das W.sche Ehepaar«; 
dass es aber, wie oben beibehalten ist, nach der ursprünglichen Schreibung 
heissen muss, geht aus der folgenden Beschreibung ihres Wohnorts, 
ihrer Gastlichkeit u. s. w. hervor, die ganz zu Frese, a. a. O. S. 1 5 passt. 

3 Fritz Schlosser (1780— 18$ 2) hatte sich im Jahre 1825 auf Stift Neu- 
burg bei Heidelberg einen freundlichen Sommeraufenthalt geschaffen, ihn 
mit Kunst- und literar. Schätzen reichlich ausgestattet und wusste ihn durch 
die ausgedehnteste Gastlichkeit zu erheitern und zu beleben. Frese S. 1 3. 1 5. 

■♦ Schlosser war am 21. Dezember 1814 mit seiner Gemahlin in Wien 
zur katholischen Kirche übergetreten ; übrigens blieb er ein warmer Freund 
Goethes und tolerant genug gegen Andersglaubende, um sogar Marianne 
Willemer häufig zu Stift Neuburg freundlich zu begrüssen. Frese S. 9. 14 f. 
Weder sie scheute sich das Schlossersche Paar zu besuchen noch er sie 
zu empfangen ; zu Heidelberg freilich hiess Neuburg eine Jesuitenburg. 

5 Nach Frese S. 7 war Schlosser im Jahre 1820 bei Goethe in 
Weimar; seine Frau muss, nach unserer Stelle, ihn begleitet haben. 



70 Neue Mittheilungen. 

giösen Punkten sehr schwer mit ihnen werde harmonirt 
haben, entgegnete er, im Allgemeinen mache der Unter- 
schied von Protestanten und Catholiken ihn niemals irre, 
er frage gar nicht darnach, er bemerke es nicht einmal, 
und wisse kaum, wer von seiner Umgebung zu den einen 
oder andern gehöre. Allein freilich habe eine so scharf 
hervortretende Bigotterie immer verhindert, zu einem vollen 
inneren Verständniss zu kommen. 

Ich wandte das Gespräch auf seine literarischen Pro- 
ductionen, insbesondere auf Faust und die italiänische Reise. 
Er äusserte sich darüber mit der liebenswürdigsten Be- 
scheidenheit und Anspruchslosigkeit. Die italiänische Reise 
seyen Briefe, die er an seine Freunde geschrieben und die 
er sich habe zurückgeben und drucken lassen, weil er 
geglaubt, sie möchten wohl für manche interessant seyn. 
In der eben erscheinenden neuen Ausgabe seiner Werke 
wolle er jetzt noch Nachträge liefern.' In seinem Faust 
habe er das unruhige Wogen und Treiben im Menschen 
einmal schildern wollen. Ich sagte, es habe mich sehr 
gelächert, am Schlüsse des zweiten Theils des Faust die 
Worte »ist fortzusetzen« * zu finden, da bekanntlich immer 
soviel darüber gestritten worden, ob das Gedicht überhaupt 
fortgesetzt werden könne oder nicht, ob Faust der Teufel 
geholt habe oder nicht; nun seien die armen Leute doch 
in Zweifel und Ungewissheit geblieben. »Freilich«, er- 
wiederte er mit der lieblichsten Schalkheit, »könnte das 
nun noch lange Zeit so fortgehen. Ja man muss es wohl 
einem alten Mann verzeihen, wenn er sich manchmal so 
einen kleinen Scherz erlaubt.« Ich entledigte mich der 
vom Grafen Sternberg ^ aufgetragenen Empfehlungen. Er 

' Die »eben erscheinende neue Ausgabe«, 1827 begonnen, brachte 
im Jahre 1830 die Bände 21—30, von denen Band 27, 28 u. 29 die 
italienische Reise enthalten. 

* So schliesst der Abdruck des i. Aktes des zweiten Theiles in 
der Ausgabe von 1828, Bd. 12 der Ausgabe letzter Hand, nach V. 6036 
der Weimarer Ausgabe Bd. 15, i. 1888 (Scene im Lustgarten nach den 
Worten des Kaisers: Sei stets bereit, wenn eure Tageswelt, Wie's oft 
geschieht, mir widerlichst missfällt). 

3 Graf Caspar v. Sternberg (i 761— 1838), der von Goethe oft 
gerühmte naturwissenschaftliche Freund. Bei Gelegenheit der Versamm- 



Besuch des Freih. Ludw. Low v. u. zu Steinfurt bei Goethe. 7 1 

sagte einiges zu seinem Lobe und erkundigte sich nach 
der Medaille, die grade jetzt ihm zu seinem Gedächtniss 
geprägt werde, bemerkend, dass, wenn sie von geschickter 
Hand ausgeführt werde, man etwas Schönes zu erwarten 
berechtigt sey, da das Profil des Mannes bedeutende Formen 
zeige.' Meine Frage, ob er noch immer sich hauptsächlich 
mit Naturwissenschaften beschäftige, bejahete er, hinzu- 
fügend: »Die Naturwissenschaften sind die einzigen, die 
uns auf einen sichern festen Grund führen, oder vielmehr, 
die uns nicht täuschen.« Der Sinn dieses mir damals etwas 
dunkeln Ausspruches ist mir später durch die Lektüre von 
Wilhelm Meisters Wanderjahren * klar geworden. Von der 
Naturforscherversammlung, die grade damals wieder zu- 
sammentrat', sprach er mit Achtung; alles der Art sey schon 
gut, weil es überhaupt zu Stande habe kommen können; 
erspriessliche Folgen für Wissenschaft und Gelehrte könnten 
da nicht ausbleiben. 

Es war geraume Zeit während unserer Unterredung 
verstrichen; ich bemerkte, dass er sie beendigt wünsche, 
und stand auf. Er empfahl mir schliesslich den Besuch der 
Grossherzogin-Mutter, ihre hohen Eigenschaften rühmend 
und entliess mich. Ich stieg eine Treppe höher zu seiner 
Schwiegertochter, wo ich in das eben Erlebte versunken 
fast kein Wort sprach und die traurigste Rolle spielen 
mochte. 

Hatte ich mich im höchsten Grade glücklich zu preisen 
über den freundlichen Empfang, den ich erfahren, über die 

lung der Naturforscher zu Heidelberg, die er besuchte, wird H. v. Low 
ihn gesehen und gesprochen haben. Vgl. Wurzbach, Biographisches 
Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 38, 252 fF. 

' Wurzbach S. 266 erwähnt zweier Medaillen in Silber und Bronze 
oder Kupfer, aber ohne Jahresangabe der Anfertigung ; über Sternbergs 
Gestalt und Gesichtszüge s. ebenda S. 263 f. 

* Vielleicht u. a. die Stelle am Ende des dritten Kapitels, wo 
Jarno zu Wilhelm sagt: »Die Natur hat nur Eine Schrift, und ich 
brauche mich nicht mit so vielen Kritzeleien herumzuschleppen. Hier 
darf ich nicht fürchten, wie wohl geschieht, wenn ich mich lange und 
liebevoll mit einem Pergament abgegeben habe, dass ein scharfer 
Criticus kommt und mir versichert, das alles sei nur untergeschoben.« 

3 Die Versammlung zu Heidelberg fand vom 18. September an statt. 



72 Neue Mittheilungen. 



heitre Stimmung, in der ich den edeln Greis gefunden, so 
musste ich noch an demselben Tage die Launen des Glücks 
auf die bitterste Weise erfahren. Ich gieng nämlich von 
Göthe zu meinen Verwandten und brachte dort den ganzen 
Nachmittag und Abend zu. Als ich in's Gasthaus zurück- 
kehrte, kam mir der Kellner sogleich mit der Botschaft 
entgegen, Frau v. Göthe habe mich auf den Abend einladen 
lassen, um ihr in Gesellschaft ihres Schwiegervaters und 
des Grafen Reinhard, des Freundes, dessen Geburtstag man 
feierte, ' zuzubringen ; da er nicht gewusst, wo ich aufzu- 
finden, habe er dieses Auftrags sich nicht früher entledigen 
können. — Verehrer Göthe's, welche wissen, dass grade 
in kleinen Kreisen die Liebenswürdigkeit seines Wesens 
und die Hoheit seines Geistes am meisten hervortrat, solche 
auch, die erfahren haben, dass die Sehnsucht einen grossen 
Mann kennen zu lernen durch das erste Begegnen keines- 
wegs befriedigt, sondern vielmehr gesteigert wird, werden 
sich den Eindruck vorstellen können, den jene Schreckens- 
botschaft auf mich machte. Noch jetzt kann ich nicht ohne 
das schmerzlichste Gefühl daran zurückdenken.« 



' Vgl. S. 66 Anm. H. v. Low hatte nach dem Tagebuch nach 
seinem Besuch Goethes mit dem Grafen eine Spazierfahrt gemacht. 




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IL Abhandlungen. 



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Heinrich Voss der Jüngere 

UND SEIN VERHÄLTNISS ZU GOETHE 

UND Schiller.' 



Von 

Hans Gerhard Graf. 




I. 

en Lesern des Goethe-Jahrbuchs ist Johann Heinrich 
Voss, der älteste Sohn des Philologen und Dichters 
gleichen Namens, kein Unbekannter. Im fünften, 
der »Familie Voss« gewidmeten, Abschnitt der von Bratranek 
herausgegebenen »Nachträge zu Goethe-Correspondenzen«* 

' Für die gegenwärtige Arbeit war es mir vergönnt, aus den 
Schätzen des Goetne- und Schiller-Archivs (ausser den beiden oben 
mitgetheilten Briefen) Folgendes zu benutzen: einen Brief Heinrichs, 
an Goethes Sohn, dat. Heidelberg 13. April 1808, und einen (den 
einzigen erhaltenen) Brief Heinrichs an Christiane, dat. Weimar 23. Juli 
1805, sowie die Manuscripte von Goethes »Herrmann und Dorothea«, 
»Reineke Fuchs« und »Achilleis«. Die Mittheilung einiger Proben aus 
der »Achilleis« geschieht mit ausdrücklicher Genehmigung. Dem hoch- 
verdienten Leiter des Archivs, Herrn Prof. Dr. Suphan spreche ich für 
den, mir in reichem Masse erwiesenen, thätigen Antheil, für so manche 
fördernde Belehrung meinen ergebensten Dank aus. — Ferner wurden 
von ungedruckten Briefen Heinrichs verwerthet: i. die an B. R. Abeken, 
im Besitz der Königl. Oeffentlichen Bibliothek zu Dresden, 2. die an F. K. 
WolfF, deren Benutzung ich der Güte ihrer Besitzerin, Fräulein Strodt- 
mann in Ploen, verdanke. 

* Goethe- Jahrbuch V, 38—112. 



76 Abhandlungen. 



erscheint der Sohn Heinrich als Haupt- iind Familien- 
correspondent. Die dort veröffentlichten fünfzehn Briefe 
an Goethe bezeugen, im Verein mit Heinrichs Briefen an 
Schillers Wittwe, ' das rege Nachleben eines vertrauten, 
während der Jahre 1804 bis 1806 mit Goethe und Schiller 
gepflogenen persönlichen Verkehrs. 

Ueber diesen seinen Verkehr mit beiden Dichtern hat 
Heinrich Voss in zahlreichen Briefen berichtet, die, zum 
grössten Theil gedruckt vorliegend, viel Anerkennung, ja 
enthusiastisches Lob erfahren haben und von den Bio- 
graphen mannigfach benutzt worden sind. Ein jüngst er- 
schienener Neudruck von zweiunddreissig der wichtigsten 
Briefe* gibt Veranlassung, der Persönlichkeit des jungen 
Voss und seinem Verhältnisse zu Goethe und Schiller eine 
eingehende Betrachtung zu widmen. Nur aus der An- 
schauung seiner IndividuaUtät heraus lassen sich die eigen- 
thümlichen Vorzüge und Mängel seiner Mittheilungen über 
beide Dichter erklären und würdigen. 



Der Vater Voss, auf dem Dorfe geboren, war in Leben 
und Dichtung der Einfachheit ländlicher Sitten, dem Häuslich- 
Behaglichen, Idyllischen zugewandt; beharrlich, nüchtern, 
von solidestem Fleisse, verbrachte er seine Tage im Schul- 
zimmer, unter den Bäumen seines Hausgartens, zum grössten 
Theil aber am stillen Arbeitspult seiner btudierstube. Ehrlich 
und gut, schätzte er an den Menschen nächst der Wahr- 
haftigkeit vor allem die Herzensgüte. Auf wissenschaft- 
lichem Gebiete schroff bis zur Härte gegen Andersdenkende, 
fühlte er sich im Grunde wohl und verstanden nur im 
engen Kreise der Seinigen. Am Besten verstand ihn seine 
Frau, Ernestine, die Schwester seines Freundes Heinrich 
Christian Boie, eine liebevolle, still thätige Natur, deren 
schlichte (nicht selten freilich parteiische, daher vorsichtig 
zu benutzende) Familienaufzeichnungen mit Recht schönere 
Idyllen genannt worden sind, als Voss selbst sie schrieb. 

Heinrich war beider Eltern Lieblingskind. Nicht nur 
weil er der körperlich schwächlichste, geistig begabteste 
der vier Söhne war, sondern weil in ihm sich die Art und 
Neigung der Eltern am reinsten darstellte. Man möchte 

' Charlotte v. Schiller und ihre Freunde III, 201^-256. 

* Unter dem Titel: Goethe und Schiller in persönlichem Ver- 
kehre. Nach brieflichen Mitteilungen von Heinricri Voss. Mit Ein- 
leitung und Erläuterungen neu herausgegeben von Georg Berlit. Stutt- 
gart 1895. 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 77 

sagen, Vossens beste Dichtung, das Idyll, habe in seinem 
Sonne Heinrich menschliche Gestalt gewonnen. 

Heinrich wurde zu Otterndorf (unweit Cuxhaven) am 
29. October 1779 geboren und starb, unverheirathet, am 
20. October 1822 in Heidelberg. Von den dreiund vi erzig 
Jahren seines Lebens verbrachte er volle siebenunddreissig 
im Elternhause. Auf welcher Altersstufe wir ihn aufsuchen, 
immer blicken wir in ein stilles, unscheinbares, idyllisches 
Dasein. Die Familie war 1782 nach Eutin übergesiedelt. 
Hier wuchs Heinrich bis zum zwanzigsten Jahre unter der 
Obhut von Vater und Mutter heran. In Haus und Garten, 
umgeben von der lieblichsten Natur, in Gesellschaft biederer 
Menschen, bewegte er sich ganz in der idyllischen Welt 
der »Luise«.' um nach einer Unterbrechung von wenigen 
Jahren wieaer in diese Welt, als in sein Element zurück- 
zukehren. Zwar nicht nach Eutin, denn von da : waren die 
Eltern 1802 nach Jena, i8o> nach Heidelberg übergesiedelt. 
Aber dieser Wechsel des Wohnortes bedeutete für Vossens 
nicht einen Wechsel der Lebensweise. In ihrem Haus- 
garten zu Heidelberg gediehen Erbsen und Kohl, blühten 
Rosen und Nelken unter Mutter Ernestinens Pflege, wie 
in Eutin, Vater Voss pflanzte und veredelte seine Obst- 
bäume wie ehemals, und beide wurden in Garten, Hof und 
Haus bei jeglichem Geschäft treu unterstützt von ihrem 
Heinrich, unter dessen besonderer Obhut die Hühner und 
Puter standen. Ganz im Charakter der Idylle ist auch Hein- 
richs Vorliebe für allerlei Handarbeiten. Schon früh zeigte 
sich seine Lust und Fähigkeit zu dergleichen, und manches, 
was er im Alter von zehn Jahren getrieben, das übte er, 
vierzigjährig, als Heidelberger Universitätsprofessor mit 

f gleichem Behagen und gleicner Hingebung. Zwar unter- 
iess er später wohl, was dem Knaben mehr Freude ge- 
macht hatte, als die Spiele der Altersgenossen : Stricken und 
Häkeln und das Zubereiten der mitgenommenen Chocolade 
auf gemeinsamen Ausflügen. Aber beharrlich baute er die 
Käfige für seine zahlreichen Canarienvögel selbst;* er ver- 
stand zu drechseln und erfreute die Mutter einmal mit 
einem kunstreich gefertigten Spinnrade; auch wusste er 

' Wilhelm von Humboldt, der auf einer Reise nach Norddeutsch- 
land 1796 Eutin besuchte, schreibt über Vossens in seinem Tagebuche 
(Hsg. V. A. Leitzmann, Weimar 1894, S. 78): »Die ganze Familie ist 
im guten Verstände idyllenartig, gut und natürlich.« 

* An Charl. Schiller, 2. August 1807: »Wenn es Michaelis nicht 
mit den gelehrten Arbeiten gehen will, so werde ich Vogelkäfige 
flechten.« — Da H. Einunddasselbe häufig in mehreren Briefen mit 
ganz ähnlichen Worten erzählt, dürfen kleine scheinbare Abweichungen 
in den Citaten bei etwaigem Vergleichen nicht auffallen. 



78 Abhandlungen. 



Bücher regelrecht zu binden, und mancher Einband in des 
Vaters Bibliothek ging aus der Hand des Sohnes hervor. 
Das Meisterstück seiner Geschicklichkeit aber legte er ab, 
als er 1803 in Jena die Zimmer des neuen Heims, unter- 
stützt von den Brüdern, eigenhändig tapezierte. Dies Werk 
gelang so, »dass«, wie die Mutter schreibt, »der kunst- 
fertige Meister nicht vermisst ward.« Bei dieser Arbeit 
wurde Heinrich einmal von Goethe überrascht, der, das 
bereits Geleistete lobend, sagte: er wolle ihn zum Hof- 
tapezier in Weimar creiren. Auch in Heidelberg war der 
stets Bereite als Tischler, Drechsler, Tapezier, Ciavier- 
stimmer unentbehrlich. Bis zu seinem Tode blieb die Pflege 
der Hausuhr seiner Sachkenntniss anvertraut. 

In diesen bescheidenen Thätigkeiten, die unmittelbar 
zur Erhöhung des häuslichen Behagens beitrugen, spricht 
sich neben der entschiedenen Vorliebe für das Idyllische 
zugleich das trauliche Verhältniss Heinrichs zu seinen Eltern 
aus. Mit ihnen war er in allem Thun und Lassen, im Fühlen 
und Denken auf das Engste verwachsen, ihnen zur Freude 
zu leben, blieb allezeit sein Hauptwunsch. Ernestine, die 
selbst ganz und gar sich in die Denkart ihres Gatten hin- 
eingeleot hatte, seine Stimmungen theilte, findet einmal 
für Heinrich den innigen Ausdruck : »der treue, stille Theil- 
nehmer unsrer Gefühle.« Hier ist das Rechte getroffen. 
Die Mutter war für den Sohn der liebste Umgang, sich mit 
ihr zu unterhalten, ihr vorzulesen seine grösste Freude. 
Zum Vater blickte er allezeit verehrungsvoll auf und ordnete 
sich ihm unbedingt in jedem Sinne unter. 

Früh wurde Heinrich mit dem Lebenselement des 
Vaters bekannt und vertraut, mit dem klassischen Alterthum. 
Ein lebhafter Sinn für die alten Sprachen, insbesondere 
Verständniss für deren metrische Eigenschaften, gehörte 
zum väterlichen Erbtheil. Neben dem Griechischen und 
Lateinischen, in das der Vater selbst ihn einführte, eignete er 
sich durch fleissige Leetüre von Shakespeares und Cervantes' 
Dichtungen zeitig die Kenntniss des Englischen und Spani- 
schen an. Die Philologie war jedenfalls dasjenige Gebiet, zu 
dem Heinrich am meisten Fähigkeit und Wissen auf die 
Universität mitbrachte. Landpfarrer zu werden lag seinem 
Gemüth und seiner Neigung zum Stillleben nahe, aoch gab 
er diesen Plan auf und schloss sich in der Folge ganz den 
Studien des Vaters an. Wie Heinrich als Knabe und selbst in 
späteren Jahren besondere Freude daran fand, sich dem Vater 
diirch säuberliches Abschreiben von dessen Manuscript für 
den Druck dienstfertig zu erweisen, so folgte er im eigenen 
Beruf als Gymnasiallehrer in Weimar, als Universitäts- 
professor in Heidelberg, durchaus der vom Vater über- 



Heinrich Voss d. J. und sein VerhAltmiss zu Goethe u. Schiller. 79 

kommenen Methode und blieb in seinen wissenschaftlichen 
Ueberzeugungen und Bestrebungen der treue Famulus, der 
bescheidene Appendix des Vaters. »Wenn ich meines Vaters 
ganzes Wesen und Sein fühle«, schrieb Heinrich sehr be- 
zeichnend, zwei Jahre vor seinem Tode, » — nicht in allen 
Stunden gelingt mir das — so denk' ich bei mir: »Du bist 
doch gar weit vom Stamm gefallen.« Glaube nicht, dass mir 
in diesem Gefühl etwas Drückendes liegt; es zwingt mich 
bloss zur Demut zurück ; der Sohn und Erbe seines Geistes 
zu sein, das liegt nicht in mir, wohl aber seines Herzens 
Sohn zu sein und noch immer mehr zu werden.« 

Gewiss ist Heinrichs kindliche Pietät verehrungswürdig, 
aber bei ihm wird diese schönste Zierde des Kindes beinahe 
zur Karikatur, denn sie artete aus in blinde, bedingungslose 
Unterordnung. Zum Theil hatte freilich dieser Mangel an 
Selbständigkeit seinen Grund in Heinrichs von Geburt an 
leidendem, nie zu voller Gesundheit gelangendem Körper. 
»Ach! dass die Gesundheit nicht kommen will«, klagt er 
wiederholt, »Was habe ich doch in meinem Leben schon 
gelitten! Ich habe die ganze körperliche Schwäche und 
Gebrechlichkeit meiner Mutter zum Erbtheil empfangen!« 
Von der Mutter erbte der Sohn aber zugleich die Liebens- 
würdigkeit und Milde des Charakters, die der Vater häufig 
vermissen lässt. 

. Diese Kränklichkeit, in Folge deren nicht selten Wochen 
und Monate lang an ein gedeihhch fortschreitendes Arbeiten 
nicht zu denken war, steigerte Heinrichs Hang zur Ein- 
samkeit. Von klein auf menschenscheu, ohne menschen- 
feindlich zu sein, liebte er es, in der Abgeschiedenheit 
seines Studierstübchens sich seinen Gefühlen hinzugeben. 
Hier sass er, zumeist schon in aller Frühe, umgeben von 
den geUebten Büchern, im warmen Schlafrock, beständig aus 
der langen Pfeife rauchend, und spann bei einer Tasse AafFee 
oder Thee gemächlich und selbstzufrieden die Fäden seiner 
Lieblingsbeschäftigungen fort. 

Dichterisch productiv zu sein, war ihm versagt. So 
wandte er sich, auch hierin dem Beispiele des Vaters 
folgend, mit Begeisterung der poetischen üebersetzerarbeit 
zu. Aber etwas Ganzes, Bedeutendes zu schaffen, sollte ihm 
trotz allen Bemühens nicht gelingen. Die Verdeutschung des 
Äschylos, sein Lieblingswerk, bneb unvollendet, obgleich er 
ihm mehr als anderthalb Jahrzehnte seines Lebens gewidmet 
hatte; die Shakespeare -Uebertragungen vermochten sich 
gegen Schlegels, Baudissins und Dorothea Tiecks Arbeiten 
nicht zu behaupten, wenn schon sein »Othello« und »König 
Lear« durchaus anerkennenswerthe Leistungen sind. 

Mit seiner Unproductivität hängt auf das Engste die starke 



8o Abhandlungen. 



Neigung zum Recensiren zusammen, über die er mit leiser 
Selbstironie schreibt: »Ich kann mit Jago sprechen: I am 
nothing, if not critical. Wäre die ganze Welt eine Äschylos- 
ausgabe, so würde ich die Welt recensiren, und den lieben Gott 
obendrein.« Seine zahlreichen Recensionen, zumeist philo- 
logischer Werke, zeigen tüchtige Fachkenntniss, bisweilen 
fernes Verständniss. Doch ist Heinrich in seinen Urtheilen 
keineswegs immer gerecht, die Behandlung lässt nicht selten 
Mass und Ruhe vermissen. Er war naiv genug, zu glauben, 
dass er, als der treue Schildknappe seines Vaters, ohne 
Weiteres berechtigt sei, sich gleichfalls des groben Rüst- 
zeugs zu bedienen, das jener m wissenschaftlicher Fehde 
führte. Heinrich gesteht selbst, bei Gelegenheit seiner 
Recension von Hölderlins »Sophokles«, die in ihrem schul- 
meisterlichen Dünkel und vorlaut spatzenmässigen Tone 
dem unglücklichen Dichter wenig gerecht wird: »Ich 
war bange, er [Vater Vossl möchte nicht zufrieden sein, 
weil ich es mit dem Hölderlin etwas derbe gemacht habe ; 
aber mein Vater ist in seinen Recensionen selbst derbe, 
und muss es an seinem Sohne schon dulden.« Er bedachte 
nicht, dass das, was man dem berühmten Vater um dessen 
hoher Verdienste willen allenfalls zu Gute halten konnte, 
ihm als dem Sohne, der erst noch etwas leisten sollte, 
doppelt übel anstand. Nach dieser Seite hin passt auch 
auf Heinrich das Wort Knebels : »Es ist ein eigenes 
Geschlecht um das Vossische. Es ist, als wenn sie vom 
Meister Grobschmied wären gehämmert worden. Alle Züge 
ihres Charakters sind so hart ausgedrückt.«* 

Und doch war Heinrich im Grunde eine weiche, be- 
scheidene, freundliche Natur, von herzgewinnendem Wesen. 
So zeigte er sich als Lehrer seinen Schülern und Zuhörern 
gegenüber, so auch im persönlichen Verkehr mit Freunden 
und in den an sie gerichteten Briefen. 

»Mit meiner Schule geht mirs sehr gut : ich bin durch- 
ängig von allen Schülern geliebt, und wohl der einzige 
,ehrer hier, in dessen Stunden es immer ordentlich zu- 
geht«, meldet Heinrich von Weimar aus, und einer seiner 
ehemaligen Schüler bestätigt, wie günstig »die liebens- 
würdige Persönlichkeit des Lenrers, sein milder Ernst, sein 
wohlwollender Eifer« gewirkt habe. »So warme Anhäng- 
lichkeit, wie sie Voss als Professor in Weimar bei seinen 
Schülern besass, hatte damals wohl noch selten ein Schul- 
mann besessen. Es war der Erfolg der reinsten und 
biedersten Humanität.« * 



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' Ch. V. Schiller und ihre Freunde III, 411. 
* Briefe von Heinrich Voss III, 51 f. 



Heinrich Voss d. J. und sein VerhÄltniss zu Goethe u. Schiller. 8l 

Die liebste Erholung fand Heinrich im Briefwechsel mit 
seinen Freunden, unter denen Wilhelm Iden, von Eutin her 
mit ihm bekannt, und die Studiengenossen Christian Nie- 
meyer, Karl Solger, Rudolf Abeken ihm die vertrautesten 
waren. In der sogenannten »Griechischen Gesellschaft«, 
deren Präsidium Heinrich unter dem Namen »der Alte 
Ehrwürdige« führte,' hatten die Freunde sich auf der 
Universität vereinigt, und so dachte Heinrich sie sich auch 
nach ihrer räumlicnen Trennung als gesellig beisammen, 
als »Ein gemeinsames Herz«, wie er sich ausdrückt, und 
liebte es, einen und denselben Brief an mehrere von ihnen 
gemeinschaftlich zu richten, obschon sie sich nicht am 
gleichen Orte befanden.* In diesen Briefen, in dem un- 
gehemmten, vertraulichen Erguss von Herz zu Herzen fand 
sein sanftes, gefühliges, . hingebendes Wesen den ihm ge- 
mässen Ausdruck. Das gelegentliche Urtheil der Mutter 
über einige dieser Briefe passt auf die meisten : »Es ist so 
durchaus die Schilderung einer reinen Seele, die sich mit 
allen ihren Schwächen, in dem Gefühl hingiebt, verstanden 
zu werden.« Heinrich war der geborene Briefschreiber. 
Eine ungemein schnelle Handschrift kam ihm zu Statten, 
und so füllen seine Berichte nicht selten zehn, sechzehn und 
mehr engbeschriebene Octavseiten. Seiner Natur gemäss 
tragen die Briefe den Charakter behaglicher Ausführhchkeit, 
bequemer, lässiger Breite, durchweg herrscht die Sprache 
des Gefühls; es zeigt sich ein liebenswürdiger Humor, der 
die Anekdote liebt, und ein lebhafter Sinn für das Häusliche, 
AUtägUche, Menschlichfamiliäre. Den Inhalt der Briefe 
bilden Familiennachrichten, Berichte über eigene Arbeiten, 
Urtheile (von denen die meisten sich nur leicht an der 
Oberfläche bewegen) über mancherlei Bücher und — für 
uns das Wesentliche — Mittheilungen über eine Reihe von 
bedeutenden Persönlichkeiten, zu denen Heinrich in mehr 
oder weniger nahe Beziehungen trat. Diese Mittheilungen 
zeigen, deutlicher als den Charakter der geschilderten Per- 
sonen, Heinrichs eigenes Wesen, besonders einen wichtigen 
Zug desselben, der mit seiner Unselbständigkeit und Schwäche 
auf das Engste zusammenhängt. 

Das Sittliche war durchaus die herrschende Kraft in 



' Die Anfangsbuchstaben dieses Beinamens, D.A.E., benutzte H. 
bei vieJen seiner Recensionen als Chiffre. 

* Ein Beispiel dafür bietet Heinrichs, an Iden adressirter, Brief 
vom 31. Juli bis 3. August 1805, dessen erste zwölf Seiten der Adressat 
behielt, während Abeken die übrigen acht Seiten zu sich nahm. Jene 
sind veröffentlicht im Archiv für Litteraturgeschichte IV, 244—251, mit 
der Bemerkung am Ende: »Schluss und Unterschrift fehlen«, beides 
gibt das unter den Briefen an Abeken befindliche Manuscript. 

Goethe-Jahrbuch XVII. 6 



82 Abhandlungen. 



Heinrich, nicht der Verstand, noch weniger die Phantasie. 
Von klein auf zeigte er einen ungewöhnlich starken Trieb 
zur Bewunderung, einen Durst, sich zu begeistern für alles 
Gute, Menschlicnedle. Sich demüthig zu beuo[en vor einem 
bedeutenden Menschen, das wurde seine Wollust, sein 
Gottesdienst. »Nie ist mir das Gefühl der Demuth näher, 
als wenn ich bei Männern stehe, in denen ich die Allmacht 
Gottes verehren kann.« Es lebte in Heinrich eine tiefe 
Sehnsucht nach dem, was ihm mangelte: Männlichkeit, 
Gesundheit, Kraft und Grösse, er trug davon ein Ideal in 
sich und wo er es verwirklicht zu finden glaubte, da gab 
er sich, wie berauscht, in schwärmerischer Entzückung hin. 
Sein weiches Gemüth bedurfte, wie es scheint, einer solchen 
Art von Heldenverehrung, er hing ihr sein Leben lang nach. 

Als die Heroen dieses jugendlich überschwänglichen 
Persönlichkeitskultus erscheinen neben dem Vater, »diesem 
edelsten der Männer«, nach einander: Friedrich Leopold 
Graf zu Stolberg, Goethe und Schiller, Wilhelm Heinrich 
Karl von Gleichen in Rudolstadt, Christian von Truchsess 
auf Bettenburg, General von Dörnberg, Johann Georg 
August von Hartmann in Stuttgart und Jean Paul. So ver- 
schieden diese Männer waren, Heinrich fand und liebte in 
allen das Gleiche: eine innerlich reiche, kräftige, auf sich 
selbst ruhende Persönlichkeit, den Menschen von lauterem 
Herzen. Auch im Aeusseren seiner Helden glaubte er stets 
Aehnlichkeiten zu entdecken. Goethe ermnert ihn an 
Stolberg, Jean Paul an Goethe. Von Hartmann schreibt er: 
»Er sieht Leopold Stolberg gleich — und hat auch etwas 
vom Herrn von Gleichen.« Dörnberg ist ihm der »mili- 
tärische Jean Paul.« Am Anfang und am Ende seines 
Lebens stehen die Gestalten von Stolberg und Jean Paul. 
In der Masslosigkeit der Liebe zu Beiden verhielt sich der 
Vierzigjährige wie der Zehnjährige. Den Grafen Stolberg, 
der ihn zuerst mit Shakespeare bekannt machte, »vergötterte« 
Heinrich als Knabe; in Bezug auf Jean Paul scnrieb er 
(1817): »Ich habe in der That vorübergehende Momente, 
wo meine Liebe zu ihm eine wahre Paulolatrie wird.« 

Der Leichtentzündliche vergriff sich auch wohl ein- 
mal im Gegenstande seiner Verehrung, nahm das Unechte 
für echt, den Schein für das Wesen, wie es bei dem Dichter 
Fouqu6 der Fall war (hier ging Heinrich behende alsbald 
zu Spott und Verachtung üoer; und vor allem bei dem 
»unwiderstehlich anziehenden, demüthigfrommen« Kaiser 
Franz. Dass das treuherzige, schlichtbürgerliche, gemüth- 
liche Gebahren dieses Mannes nur die Maske der Schlau- 
heit war, hinter der sich ein Mensch von sehr wenig Herz 
und Geist verbarg, entging Heinrichs kindlichem Blick. 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 83 

»Hätte ich meinem inneren Triebe folgen dürfen, so wäre 
ich vor ihm niedergekniet, und hätte ihm die Hand ge- 
küsst«, bekannte Heinrich, als er 1815 Kaiser Franz bei 
dessen Besuch in Heidelberg sah. Glücklicher Weise irrte 
er sich so gründlich nur dies eine Mal, meist durfte er 
sich getrost dem Zuge seines Herzens anvertraun. 

Heinrichs Begeisterung wirkt sympathisch, denn sie 
kommt aus dem Innern und ist ihm heiliger Ernst. Aber 
der Gute bleibt doch viel zu tief in der bfossen Verehrung 
stecken, sie fördert ihn wohl, insofern sie ihn, nach seinem 
-eigenen Ausdruck, »im Guten stärkt und über das Gemeine 
erhebt« ; aber sie erhöht seine Energie nicht, sie setzt sich 
nicht um in That. Er empfindet lebhaft das Licht und 
die Wärme seiner Gestirne, und sonnt sich dankbar in ihrem 
Schein, aber sie zeitigen nichts in ihm, die Frucht bleibt 
unreif. 

Eine Ausnahme hiervon, innerhalb gewisser Grenzen, 
bildet Heinrichs Verhältniss zu Goethe und Schiller; jeden- 
falls ist es für uns das interessanteste und lehrreichste von 
allen, wie es für ihn von allen das segensreichste war. An 
ihm wird sich im Einzelnen darthun lassen, was über 
Heinrichs Individualität bisher im Allgemeinen gesagt wor- 
den ist. 

3. 

Heinrich sah Goethe zum ersten Mal, als er, fünfzehn- 
jährig, im Mai 179^1 den Vater auf einer Reise nach Halber- 
stadt und Weimar oegleitete. Schiller lernte er sechs Jahre 
später, Weihnachten 1800, bei Gelegenheit eines Ferien- 
besuches kennen, den er als Student von Halle aus in 
Jena und Weimar machte. Zugleich sah er damals Goethe 
nieder. Die liebevolle Aufnahme, die er in Jena im 
Hause des Kirchenraths Griesbach fand, bewog Heinrich, 
im Herbst 1801 mit seinem, der Medicin sich widmen- 
den Bruder Wilhelm nach Jena überzusiedeln. Von der 
Zeit an sah Goethe die Brüd,er Voss bisweilen. In Briefen 
aus dem Winter 1801 ' nennt er Heinrich »etwas über- 
spannt«, Wilhelm »etwas dunkel«, es scheine ihnen an 
Ernst, sich auszubilden, nicht zu fehlen; sie machten mit 
drei anderen Jünglingen eine der wunderbarsten jungen 
Gesellschaften, die je zu seiner Kenntniss gekommen seien. 
»War es nicht die Neigung und das Verhältniss zu diesen 
jungen Leuten, so würde schon die Neugierde, wie ein 
solches Phänomen sich auflösen kann, mich aufmerksam auf 

' Goethes Briefe XV, 282, 17; 283, 11. 



84 Abhandlungen. 



sie machen.« — »Man sieht sie hier weder in der Comödie, 
noch bei sonstigen Lustbarkeiten, und ich habe sie bisher 
nur in Jena gesprochen, ich werde von Zeit zu Zeit nach 
ihnen sehen und ihre Fortschritte beurtheilen.« 

Bei Heinrichs Schüchternheit wurde ein näherer Ver- 
kehr mit Goethe und Schiller erst möglich, als die Eltern 
Voss im Herbst 1802 Eutin verliessen und, auf der Umschau 
nach einem gesunden, stillbehaglichen Wohnsitz, vorerst, 
um der Söhne willen, gleichfalls nach Jena zogen. Goethe 
hat mehrfach betont, wie werthvoU und erfreulich ihm die 
Nachbarschaft des alten Voss war. »Seine grosse umsichtige 
Gelehrsamkeit,« heisst es in den Tag- und Jahresheften 
1802, »wie seine herrlichen poetischen Darstellungen, die 
Freundlichkeit seiner häuslichen Existenz zogen mich an, 
und mir war nichts angelegener, als mich von seinen 
rhythmischen Grundsätzen zu überzeugen.« Mit warmer 
Freundschaft war Goethe unablässig bemüht, den schwer- 
zubehandelnden, spröden Mann in Jena heimisch und sess- 
haft zu machen. Dem Lande, der Universität, der »Jenaischen 
Literaturzeitung« w^ünschte er die hochgeschätzte Kraft 
dauernd zu verbinden ; für sich selbst hoffte er bedeutenden 
Gewinn von einem persönlichen Verkehr. ' 

Heinrich, der nach Beendigung seiner academischen 
Studien zunächst eine Hofmeisterstelle beim Grafen Reuss- 
Köstritz in Berlin antreten sollte, war im Sommer 1803 
nicht unbedenklich an der Gicht erkrankt, musste in Folge 
dessen jene Stelle aufgeben und verbrachte traurige Wochen 
in der Einsamkeit der Krankenstube. Zeitweilig betrachtete 
er sich als einen Sterbenden, auch die Seinigen sahen ihn 
dafür an. Erst im Laufe des Winters trat eine wesentliche 
Besserung des Befindens ein, und wenn jetzt Goethe oder 
Schiller die Eltern besuchte, so vermochte Heinrich, im 
Gefühl wiederkehrender Lebensfreude, der Gegenwart bei- 
der Männer froh zu werden. »Jetzt ist Goethe wieder 
hier,« schrieb er am 25. November 1803 den Freunden,. 
»Nun kann auch ich ihn geniessen, da ich den Tag über 
schon wieder bei meinen Eltern bin. Auch der liebe 
Schiller war acht Tage bei uns, und oft in unserem Hause.cc 
Voss, der Vater, erhielt zu Anfang 1804 einen Ruf nach 
Würzburg, der ihn lockte. Goethe aber hoffte, ihn durch 
eine feste Anstellung des Sohnes zum Bleiben zu bestimmen 
und schlug Heinrich als Lehrer der alten Sprachen am 
Gymnasium zu Weimar vor. Der Vorschlag wurde ge- 



' Für die Beziehungen Goethes zu J. H. Voss vgl. ausser G.-J. 
V, 38—112 und H er bsts Biographie die Darstellung von Düntzer (Aus 
Goethes Freundeskreise S. 132 — 172). 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 85 

nehmigt und zugleich für später die Aussicht auf das 
Direktorat eröffnet, da der bisherige Leiter der Anstalt, 
Karl August ßöttiger, um diese Zeit sein Amt niederlegte. 
Alsbald lud Goethe den jungen Mann in sein Haus ein, 
damit er sich unter seinen Augen in Weimar bekannt mache 
und auf die neue Thätigkeit vorbereite. 

Zweimal wohnte Heinrich, vor seiner Einführung am 
Gymnasium, mehrere Tage hintereinander' bei Goethe als 
dessen Gast, das zweite Mal zugleich als Hofmeister von 
Goethes Sohn in Vertretung des abwesenden Riemer. »Eine 
himmlische Zeit! Göttertage,« wie der Entzückte den Freun- 
den zuruft, in denen Goethes Milde und Väterlichkeit dem 
Schüchternen die Zunge löste und das Herz ganz und gar 
gewann. »Goethe ist der herzHchste, der innigste Mann 
unter Gottes Sonne,« das war Heinrich, bei semer Rück- 
kehr nach Jena zweifellos, »da denke ich manchmal : wenn 
Der für dich ist, wer mag wider dich sein. — Goethes 
Zutrauen und seine Liebe zu verlieren, wäre das Schreck- 
lichste, was mir in Weimar begegnen könnte; aber so lange 
ich bleibe, was ich bin, und fortfahre zu werden, was ich 
werden kann, so lange werde ich sein ,lieber Sohn^ bleiben, 
wie er mich mehrere Male genannt hat.« In Goethe glaubte 
Heinrich zugleich einen trefflichen Schutz gegen das »Ver- 
spiessbürgern« gefunden zu haben. »Goethe w^ird mich in 
Athem und Thätigkeit halten — ich weiss es und fühle 
es, dass ich Aufmunterung von Aussen bedarf.« 

Nicht weniger begeistert war Heinrich von der Auf- 
nahme im Schillerschen Hause, von der Theilnahme und der 
»geraden, anspruchslosen Offenheit« des Dichters. Freudig 
stimmte er dem Vater bei, als dieser, ihn beim Abschied 
segnend, sagte : »Ich stosse Dich nicht aus dem Paradiese, 
ich schicke Dich vielmehr in das Paradies hinein.« 

Heinrichs Begeisterung sollte alsbald eine schwere 
Prüfung auf ihre Echtheit bestehen. Voss fühlte sich zur 
Annahme des neuerdings dringender wiederholten Antrages 
nach Würzburg um so geneigter, als man nunmehr auch 
für Heinrich günstige Aussichten eröffnete. Er wünschte, 
da der Genuss seiner Eutiner Pension die Annahme eines 
Amtes ausschloss, sich des Sohnes als eines getreuen Ver- 
mittlers zwischen sich und der Universität zu bedienen. 
Heinrichs Neigung aber, nebenbei, das Gefühl, für ein 
academisches Lehramt nicht, wenigstens noch nicht, ge- 
eignet zu sein, entschied für Weimar. Zum ersten und 
letzten Mal in seinem Leben zeigt hier der Sohn den Eltern 
gegenüber eine eigene Meinung, eigenen Willen. »Ich will 



Vom 12. bis 20. Februar und vom 29. März bis 8. April 1804. 



86 Abhandlungen. 



Mensch werden«, so rechtfertigt er vor sich selbst und 
den Freunden gegenüber seinen Entschluss, »und zum 
Menschen werde ich fürs erste nur in Weimar. Ich habe 
mich standhaft erklärt, dass ich hier bleibe. Mit Goethe 
gelebt haben zu dürfen, und dies nicht gethan zu haben, 
das wäre nach meiner Denkweise ein Leichtsinn, der mir 
unendliche Reue für die Zukunft bereiten würde. — Gott 
segne mein geliebtes Weimar. Mir ist es ein heiliger Ort, 
weil ich fühle, wie ich als gereifter Mann einmal bekennen 
werde, dass ich ihm meine Ausbildung verdankt habe. — 
Wahrlich, der Herzog soll es mir nicht umsonst gesagt 
haben, dass er mein Hierbleiben zu schätzen wisse. Ich 
will in seiner herrlichen Stadt, wo ein Goethe, ein Schiller 
ist, auf meinem Posten nicht umsonst gelebt haben. Das 
habe ich dem Herzog und meinem theuren Goethe im 
Herzen gelobt!« 

In unmittelbarer Nähe Goethes, beim Schlossvoigt am 
Frauenplan fand Heinrich Quartier. August Goethe und 
Riemer konnten bequem von Fenster zu Fenster den neuen 
Genossen herbeirufen, der sich mit Schreibpult, Sopha, 
Kaffeemühle, Weingläsern, langen Pfeifen und anderem 
idyllischem Hausratii alsbald seine Junggesellenwohnun^ 
behaglich gemacht hatte. Zu jeder Tageszeit durfte Heinrich 
unangemeldet in Goethes Arbeitszimmer treten, und nicht 
selten war er schon früh um sechs Uhr dort; mehrmals 
in der Woche ass er des Mittags oder Abends bei Goethe, 
leistete ihm in Haus und Garten, oft viele Stunden lang, 
Gesellschaft und ging mit dem Dichter im Park spazieren; 
er wurde Goethes Vorleser, Zuhörer, Schüler, Mitarbeiter. 

In der Familie Schillers war Heinrich herzlich will- 
kommen. Als bescheidener, heiterer Gesellschafter hatte 
er schnell Charlottens Zuneigung und die Liebe der Kinder 
gewonnen; jene, die allzeit Lese- und Lernbegierige, nahm 
Dei ihm Unterricht im Spanischen, die Knaben wurden seine 
Privatschüler in den alten Sprachen. Ueber den Dichter 
schrieb Heinrich an die Freunde : »Wenige Menschen haben 
mich so enthusiastisch eingenommen wie Schiller. Er weiss 
es und ist mir desshalb gut geworden. ,Es sei so selten^ 
hat er sich geäussert, ,dass junge Leute in reiner Absicht 
zu ihm kämen und mehr wollten als einen berühmten Mann 
anstaunen^« 

Vollen Einblick in den von Tag zu Tag sich vertrau- 
licher gestaltenden Umgang mit Goethe und Schiller und 
deren Familien würde nur ein chronologisch, aus sämmt- 
lichen brieflichen Mittheilungen Heinrichs zusammenge- 
stellter Text gewähren, dem sich die gelegentlichen Aeusse- 
rungen beider Dichter über ihren Schützling ergänzend an- 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 87 

schliessen müssten. ' Für den gegenwärtigen Zweck ge- 
nügt es, das Wesentliche hervorzuneben und zusammenzu- 
fassen. 



Aus Heinrichs Briefen lässt sich die lehrreiche An- 
schauung gewinnen von Goethes Art und Kunst, die Ent- 
wickelung eines begabten jungen Mannes im persönlichen 
Umgang zu fördern. Vor allem sucht Goethe das Selbst- 
vertrauen des schüchternen Schülers zu stärken. Er lenkt 
das Gespräch auf Gebiete, wo Heinrich zu Hause ist, geht 
lebhaft auf seine Lieblingsbeschäftigungen ein : alte Mytho- 
logie und Geographie bilden in der ersten Zeit den Maupt- 
gegenstand ihrer Unterhaltungen. Das Vossische Special- 

feniet, antike Metrik und die Kunst des Uebersetzens 
ommen alsbald zur Sprache. Heinrich legt Goethe seine 
Horazübersetzungen vor, liest stundenlang Sophokles mit 
ihm; eine gemeinsame Durchnahme der griechischen Silben- 
masse wird verabredet. In beständigem Staunen war Hein- 
rich während der ersten Wochen, denn Goethe, dieses ehr- 
liche, für seinen Vater nicht eben schmeichelhafte Geständ- 
niss legte er den Freunden ab, »eröffnete« ihm »den wahren 
Sinn für klassische Litteratur.« 

Durch die Richtung auf bestimmte Zwecke und durch 
sofortige Verwerthung des Geleisteten wusste Goethe die 
ThätigKeit seines Schülers zu steigern. Es ist bekannt, wie 
lebhaft Goethe am Zustandekommen und Emporblühen der 
neuen »Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung«, die seit 
Januar i8o/t unter Eichstädts Leitung erschien, betheiligt 
war. Jetzt kam er Heinrichs Neigung zum Kritisiren ent- 
gegen, indem er ihm Recensionen für die Litteraturzeitung 
auftrug. In diesen Arbeiten suchte er ihn überall zu Klar- 
heit der Vorstellung, Bestimmtheit des Ausdrucks, vor allem 
aber zu Mass, Milde und Wohlwollen zu leiten. Ein Bei- 
spiel dafür bietet sogleich die erste Recension Heinrichs, 
über des Vaters »Mythologische Briefe« ; sie machte Goethe 
zwar viel Freude, aber er »rechtete« mit dem Verfasser 
über ein paar Ausdrücke, die er »unfreundlich« und »ver- 
ächtlich« nennt.* Der Hitzköpfigkeit seines Schülers und 
dessen gelegentlich durchbrechender, grob zufahrender 

' Auszüge aus Heinrichs Briefen, in der angedeuteten Weise 
bearbeitet, werden demnächst in Philipp Reclams Universal-Bibliothek 
erscheinen. 

* Goethes Briefe XVII, 96 f. An Eichstädt schrieb Goethe: »Die 
Recension gefallt mir sehr ... Einige wenige Bitterkeiten wären 
wohl wegzulöschen<i (XVII, 100, 25). 



88 Abhandlungen. 



Stammesart, die Goethe einmal kurzweg als »Vossität« 
bezeichnet,' begegnete der Meister stets mit Gelassenheit 
und liebevoller Mahnung. Er that es um so lieber, als 
Heinrich sich bildsam und dankbar zeigte. »Voss erzählte 
mir mit Rührung,« berichtet der Archäologe Welcker,* »wie 
weise und geschickt Goethe ihn, als er über eine böswillige 
Kritik aufgebracht war, besänftigt und auf alle Erwiederung 
zu verzichten bewogen habe, ^ und so immer wohlmeinend 
und edel in seinem Rathe sei.« In späteren Jahren, wo 
Heinrich, beständig unter den Augen des Vaters arbeitend, 
Goethes milden Einfluss entbehrte, verfiel er zwar als 
Recensent bisweilen nur zu sehr in die alte »Vossität«, 
niemals aber kam ihm in den Sinn, seine plumpen Ausfälle, 
offen oder versteckt, gegen Goethe zu richten. Riemers 
Bemerkung,^ Heinrich habe (1809) in seiner Recension 
von »Grübeis Gedichten« (vielmehr von Grübeis »Corre- 
spondenz und Briefen«) Goethe »tückisch einen hämischen 
Streich versetzt,« ist als ungerecht und feindselig zurück- 
zuweisen. Grob freilich und unfreundlich ist jene Besprechung 
und nur tadelnd, im Gegensatz zu Goethes freundlicher An- 
erkennung. Es liegt aber keinerlei Grund zu der Annahme 
vor, dass Heinrich mit ihr Goethe habe verletzen wollen. 
Bei der für Voss, Vater und Sohn, wichtigsten Recension 
der neuen Zeitung, bei der Besprechung der Vossischen 
Gedichte verbanden sich Meister und Geselle zu gemein- 
samer Arbeit. »Einige Stellen habe ich ausgearbeitet,« 
berichtet Heinrich, »nämlich die über die höheren Stände, 
und den letzten Theil über Sprache, Rhythmik und Mytho- 
logie. — Ein recht originelles und schönes Ding, aber keine 
Recension, sondern vielmehr ein Gedicht über die Ge- 
dichte. — Nur den zweiten Theil haben wir gemeinschaft- 

* Goethes Tagebücher 1806, 27. August (III, 165). 

* R. Kekule, Leben F. G. Welckers, Seite 37 (auch Goethes Ge- 
spräche VIII, 203 f.). 

3 Es handelt sich hier um eine heftige Entgegnung Friedrich Asts 
auf Heinrichs Recension von dessen Sophoklesübersetzung. In der ersten 
Hitze wollte Heinrich gleichfalls heftig erwidern, Goethe aber belehrte 
ihn, dass er jenen empfindlicher als durch Leidenschaftlichkeit durch 
Ruhe treffen werde, und dass man mit dieser allein über den erregten 
Gegner eine wahrhafte Superiorität gewinne. »Ueberlassen Sie mir die 
Antwort. . . . Dazu sind wir Alten ja da,« schloss er seinen väterlichen 
Rath, »dass wir die Jugend vor Unbesonnenheiten warnen; als wir 
jung waren, machten wir es selbst nicht besser, aber es hat uns Ver- 
driesslichkeiten zugezogen in zahlloser Menge.« Heinrich folgte dem 
Rath, und Goethe selbst verfasste in wenigen, sachlichen Zeilen die 
»Antwort des Recensenten.« Vgl. Goethes Werke (Hempel) XXIX, 242 f. 
und Euphorion, 1. Ergänzungsh. S. 190: L. Geigers Erläuterung zu 
einem Briefe Arts an Creuzer. 

^ Mittheilungen über Goethe II, 667 Anmerkung. 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 89 

lieh gemacht. Wenn er Dir nicht so scheint wie der erste, 
so denke daran, dass das Ganze nicht in einem Gusse ge- 
macht ist und dass ich im letzten Theil oft die Feder ge- 
führt habe, weil Goethe solche Dinge lieber spricht als 
hinschreibt. Ich machte es denn, so gut ich konnte, und 
Goethe übersah dann das Ganze und corrigirte, wo es Noth 
that.« Das lächerliche Gerede Misswollender, Goethe habe 
das Ganze gar nicht ernst gemeint, es sei vielmehr ironisch 
zu verstehen, fand, wenn auch bei den Eltern Voss viel- 
leicht, bei Heinrich nicht im Geringsten Eingang. Der An- 
blick Goethes an jenem Abend, wo im geselligen Kreise 
aus der »Luise« gelesen wurde, Goethe aber, von Rührung 
übermannt, nicht weiter sprechen konnte, seine herzlichen 
Gespräche unter vier Augen, als sie gemeinschaftlich an 
der Kecension arbeiteten, dies alles gehörte zu Heinrichs 
heiligsten Erinnerungen, jeder Zweifel an der Aufrichtig- 
keit von Goethes öffentlichem Lob hätte ihm als ein Frevel 
erscheinen müssen. Noch zehn Jahre später klagt Heinrich: 
»Was wirkt heutzutage eine Recension, da nicht einmal 
Goethes treffliche und fast durchaus treffende Charakteristik 
meines Vaters' den Leuten die Augen geöffnet hat?« 

Gewiss hoffte Goethe, dass jene hetevoUe Darstellung 
mitwirken würde, Voss in Jena zu halten. Für die neue 
Zeitung arbeitete Voss bereits; gleichfalls auf ihn bezog 
sich ein weit ausschauender Plan Goethes. In einem merk- 
würdigen kleinen Schriftstück* aus dem März 1804 ent- 
wickelt dieser seine Gedanken über die Gründung einer 
»kleinen Societät,« deren Hauptzweck sein sollte: »ein 
wahrhaft allgemeines deutsches Wörterbuch zusammen zu 
bringen.« »Unser Voss müsste präsidiren, die Herren Eich- 
städt, Fernow, Voss, der Sohn, würden sich anschliessen und 
Schiller und ich nach unserer Weise nicht unwirksam bleiben.« 
Heinrich hatte dem Vater schon bei dessen Vorarbeiten zu 
einem ähnlichen Werke geholfen, so war es natürlich, dass 
Goethe auch für dieses, unausgeführt gebliebene, Unter- 
nehmen die Kräfte des jungen Mannes zu nutzen gedachte. 

' Aus dieser Bemerkung geht zugleich hervor, dass Heinrich 
Goethes Recension ganz richtig aufFasste. Goethe hat in ihr auf eine 
eigentlich ästhetische Würdigung, auf die Beurtheilung des künstlerischen 
Werthes der Gedichte verzichtet; aber gewiss nicht, wie man gemeint 
hat (vgl. Herbst, J. H. Voss II, 2, 74—77), aus diplomatischer Klug- 
heit und weil er nun einmal nicht tadeln, sondern anerkennen und 
loben wollte, sondern weil er erkannte: dass für Vossens »Individual- 
poesie« der rein ästhetische Massstab untauglich ist, und dass man 
zur Anschauung seines eigenthümlichen Werthes nur durch liebevolle 
Versenkung in die den Dichter umgebende Natur und durch Darstel- 
lung seines menschlich-sittlichen Charakters gelangen kann. 

» Goethes Briefe XVII, 305 f. 



90 Abhandlungen. 



5. 

Bedeutungsvoller als in diesen wissenschaftlichen Be- 
strebungen und Leistungen wurde Heinrichs Thätigkeit im 
Dienste Goethes auf metrischem Gebiet und im Bereich 
poetischer Uebersetzung. 

Goethe schätzte Heinrichs Kenntniss der antiken Vers- 
masse hoch, sowie dessen spätere Uebersetzerarbeiten, und 
unterliess nicht, wenn er öffentlich oder in Briefen der 
Verdienste des Vaters dankbar gedachte, auch den Sohn 
zu nennen/ Wie sehr musste der junge Mann sich geehrt 
und gehoben fühlen, als Goethe ihm eigene Dichtungen 
zur metrischen Verbesserung übergab. Auch das war ein 
glücklicher Umstand für Hemrich, dass Goethe gerade da- 
mals eine neue Ausgabe seiner Werke vorbereitete. Durch 
ein heiteres Spiel des Zufalls sollte der Sohn mit Feuer- 
eifer an der Ausfeilung und formellen Vollendung jener 
Dichtung Goethes arbeiten, die der Vater stets nur als eine 
schwache Nachahmung seiner »Luise« angesehen hat.' 
»Goethe hat mir die Umarbeitung von ,Hermann und 
Dorothea' aufgetragen, und ich darf ändern, wo und wie 
viel ich will. Dazu hat er mir sein Manuskript gegeben, 
wo die einzelnen Verse so weit von einander abstehen, 
dass ich viel dazwischen schreiben kann. Ich war anfangs 
schüchtern dabei, doch nun habe ich, da er es nicht anders 
haben will, auch toll hineincorrigirt.« Das Letztere wird 
Niemand leugnen, der einen Blick in die Handschrift gethan 
hat. Heinrichs Aenderungen sind aber, wie es scheint, 
bei den späteren Ausgaben gänzlich unberücksichtigt ge- 



' An das von Goethe in den Tag- und Jahresheften 1806 und 
in seinem Briefe an Heinrich vom 22. Juli 182 1 (G.-J. V, 87 f.) Aus- 
gesprochene schliesst sich folgende briefliche Aeusserung Heinrichs 
vom 12. Juli 1822 über einen Besuch des Freiherrn Otto Christoph 
von Budberg: »Er kündigte sich sogleich an als einen Uebersetzer der 
alemannischen Gedichte ins Hochdeutsche und las mir einen Brief von 
Goethe vor, der ihm die gereimten Gedichte corrigirt zurückschickt 
und ihn mit den hexametrischen an mich verweiset als den, nächst 
seinem Vater, vorzüglichsten und geistreichsten Kenner der griechischen 
Silbenmasse.« — Beiläufig sei hier erwähnt, dass Goethes eben citirter 
Brief an Heinrich, in dessen an Abeken gesandter Abschrift folgende 
Abweichungen von dem Druck im Jahrbuch zeigt: S. 87, Zeile 17 
»lieben« statt »Herrn«, Z. 23 nach »wir« folgt »daher«; S. 88, Z. 6 
»Unwollenden« statt des unverständlichen »Umrollenden«, Z. 9 fehlt 
»wenigstens«. 

* Heinrich theilte, wie immer, die Ansicht des Vaters. Vgl. das 
merkwürdige Zeugniss Abekens in dessen »Erinnerungen« S. J2 (her- 
ausgegeben von Ä. Heuermann in der Festschrift zur 300jähr. Jubel- 
feier des Raths-Gymnasiums zu Osnabrück 1895). 



HjEI««ICH Voss D. J. UND SEIN VeRHÄLTNISS ZU GOETHE U. SCHILLER. 9I 

blieben,* auch nicht, wie Goethe beabsichtigte, einer gemein- 
samen Durchprüfung unterworfen worden. Heinrich ver- 
muthete, dass ihm zu gleichem Zweck auch der »Reineke 
Fuchs« würde anvertraut werden; wenn es geschah, so kam 
es doch zu keiner Durchsicht; das Manuskript des Gedichts 
enthält keinerlei Aenderungen von Heinrichs Hand. Dagegen 
weist die Handschrift der »Achilleis« eine grosse Zahl von 
Correcturen auf, die zweifellos von Heinrich herrühren, ob- 
gleich dieser nicht nur nirgends etwas davon erwähnt,' 
sondern geradezu schreibt: »Ausser ,Hermann und Dorothea^ 
habe ich nichts durchgesehen.« Dieser Irrthum ist um so auf- 
fallender, als Heinrich im Allgemeinen über seine Thätig- 
keit mit behaglicher, von Selbstgefälligkeit nicht immer 
freier. Breite berichtet. Und gewiss begrüsste er doch die 
»Achilleis«, als sie 1808 im zehnten Bande der neuen Aus- 
gabe erschien, mit besonderer Freude, denn in dieser Dich- 
tung hat der Meister thatsächlich einige Aenderungen seines 
Schülers angenommen. Sogleich der erste Hexameter ist 
in der Wortfolge zur Hälfte Heinrichs Werk. Goethe 
schrieb ursprünglich: 

»Hoch zu Flammen entbrannte noch einmal die mächtige 

Lohe« 
und änderte nach dem Vorschlage Heinrichs: 

»Hoch zu Flammen entbrannte die mächtige Lohe noch 

einmal.« 

Nicht selten geht aus der ersten Fassung und Heinrichs 
Verbesserung ein Drittes hervor, z. B. in Vers 494, der 
anfängHch lautete: 

(Steuernd gelangt er hieher und zeigt den Hügel von 

ferne) 

»Den Gesellen und fragt, was hier wohl das Zeichen 

bedeute?« 

Heinrich strich das »wohl« und begann: »Seinen Ge- 
nossen«; jenes acceptirte Goethe, von diesem nahm er, 
seiner Vorliebe für aas Wort »Geselle« treu, nur »Seinen« 
auf und schrieb endgültig : 

»Seinen Gesellen und fragt, was hier das Zeichen be- 
deute.« 

' Endgüliig kann hierüber nur von dem Herausgeber in der 
Weimarer Goethe- Ausgabe berichtet werden. Vgl. H. Schreyer, Goethes 
Arbeit an ,H. u. D.' (G.-J. X, 197 f.) und Heinrichs Brief an Goethe 
vom 31. Juli 1805 (G.-J. V, 48). 

* Heinrich schreibt allerdings einmal, Goethe habe ihm noch 
»andere Sachen« (ausser »H. u. D.«) zur metrischen Durchsicht ge- 
geben; zu diesen gehörte also offenbar die »Achilleis«. 



92 Abhandlungen. 



- -rs ^71, — 

Richtige fühlte, aber das kühne »bläulich« nicht wagte. 
Er corrigirte das ursprüngliche: 

»Warlich ! versetzte darauf die Göttin mit blauen Augen« 
in: 

»Warlich! versetzte darauf die blickende Göttin.« 

Es ist hier nicht der Ort, Goethes Verhalten zu Hein- 
richs Aenderungen eingehend zu besprechen und diese 
selbst zu charakterisiren ; nur die Thatsache, dass Goethe 
bei der endgültigen Gestaltung eigener Dichtung seinem 

I'ungen Freunde Rath und Stimme eingeräumt hat, musste 
lervorgehoben und durch einige Beispiele veranschaulicht 
werden. 

Auch für seine poetische Uebersetzerarbeit fand Heinrich 
die fruchtbare Anregung in Weimar. Er hatte Goethe und 
Schiller als Probestück seiner Fähigkeit den ersten Aufzug 
von Shakespeares »Richard III.« vorgelegt. Diese Ueber- 
setzung, insbesondere die wohlgelungene Traumerzählung 
des Herzogs von Clarence veranlasste beide Dichter, ihm 
die Verdeutschung des »Othello« aufzutragen. Heinrich 
löste diese erste, grössere Aufgabe zur Zutriedenheit der 
Meister. Schiller ging das Ganze gemeinschaftlich mit 
Heinrich durch, bearbeitete es für die Bühne und empfahl 
das Stück als »eine verdienstliche Arbeit« an Iffland.* In 
der Freude über das Gelingen hatte Heinrich zu Schiller ge- 
sagt: wenn der »Othello« aufgeführt würde, wollteer sich 
»nicht wie sonst unter den gemeinen Pöbel unten hinsetzen, 
sondern oben erscheinen, wo er wäre«* als am 8. Juni 1805 
die erste Aufführung stattfand, schriet) er den Freunden : 
»Ich habe mich vormals darauf gefreut als ein Kind zum 
heiligen Christ, aber jetzt ist es mir sehr gleichgültig, oder 
vielmehr traurig, denn ich soll ihn ohne Schillern sehn.« 
Ausser »Othello« gehen von Heinrichs Shakespeare-Ueber- 
tragungen unmittelbar auf Goethes und Schillers Anregung 
noch diejenigen von »König Lear« und »Heinrich IV.« 
zurück. 

Aus dem Gesagten ist ersichtlich, in wie mannigfacher 
Weise Heinrich unter den Auaen der beiden Männer seine 
Kräfte zu üben Gelegenheit fand. Aber seine Natur war 
so geartet, dass der Hauptgewinn dieses Verkehrs für ihn 
nicht im Aesthetischen, Poetischen oder Wissenschaftlichen 
lag, sondern im Sittlichen und rein Menschlichen. 



' Vgl. Heinrichs Vorrede zum »Othello« (erschienen 1806) und 
Schillers Brief vom 12. April 1805 an Iffland (J. V. Teichmann, Liter. 
Nachlass S. 233). 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 93 



6. 

Heinrich fand im Verkehr mit Goethe und Schiller 
einen seiner wichtigsten Glaubensartikel, die »ewige, un- 
erschütterlich feste Wahrheit« bestätigt : dass der wahrhaft 
grosse Künstler stets zugleich ein grosser und guter Mensch 
ist. Seine Begeisterung galt vor allem dem edlen, schlichten 
Menschenthum der beiden Dichter, er betrachtete sie in 
erster Linie als sittliche Vorbilder, »durch die es ihm leicht 
gemacht werde, gut zu sein und immer vollkommener zu 
werden,« deren Beispiel und Aufmunterung ihn zu dem 
mache, »was er allein nicht hätte werden können.« 

In Goethe erblickte Heinrich von Anfang an seinen 
Erzieher und Lehrer, seinen geistigen Vater. Ihm verdankte 
er nicht nur seine äussere Existenz, die Anstellung in 
Weimar, für ihn arbeitete er und genoss in ungezählten 
Stunden seine liebevolle Belehrung. Besondern Eindruck 
machte auf ihn die Deutlichkeit und Anschaulichkeit von 
Goethes Rede, die Tiefe seiner Betrachtungen. »Kein 
Mensch dringt so auf Klarheit der Vorstellung, wie Goethe. — 
Goethe hat überall die hellsten Blicke. — Was Goethes 
Gespräche so lehrreich und interessant macht, welchen 
Gegenstand er auch berührt, ist das Allgemeine, was allem, 
auch dem Speciellsten seiner Rede zu Grunde liegt. — 
Goethe ist das wahre Gegenspiel von aller abstrakten 
Weisheit. Ich möchte Goethe den populärsten Philosophen 
nennen, der uns auch bei den geringfügigsten Gegenständen 
wahre Weisheit in die Seele redet.« Bewunderungswürdig 
erschien ihm Goethes Gerechtigkeit und Ruhe in Beur- 
theilung der Menschen, er kam ihm darin vor wie der 
leidenschaftslos betrachtende Naturforscher. »Nie sind 
Goethes Forderungen an die einzelnen Menschen unbillig, 
sie richten sich nach der Fähigkeit jedes Subjektes. Jedes 
Talent ehrt Goethe, jede mechanische Fertigkeit, jedes 
Streben zum Besseren unterstützt er nach Kräften. Wer 
nach Selbständigkeit ringt und ausbildet, was in ihm auszu- 
bilden ist, den liebt er. — Wie kämen wir schwachen 
Kinder des Staubes auch sonst neben ihm zurecht, wenn 
er diese schonende und liebreiche Maxime nicht hätte?« 
Das Gefühl seiner Inferiorität dem Meister gegenüber 
hinderte Heinrich aber nicht, ihm jeden Zweifel, jede Sorge 
vertrauensvoll vorzutragen. »Als . . . sich alles vereinigte, 
mich von Weimar weg nach Würzburg ziehn zu wollen, da 
fand ich nirgends Trost, so lang ich auf meinem Zimmer 
war. Jedesmal aber, wenn ich zu Goethe kam und ihm 
mein ganzes Herz (selbst alle Schwächen meiner Innerlich-^ 
keit) wie einem Beichtvater ausschüttete, so ging ich wie 



94 Abhandlungen. 



mit neuem Muth gekräftigt in meine Einsamkeit zurück 

Ich kann wohl sagen, dass mich Goethe in den Tagen wie 
neu geschaffen hat. Er hat manche Schwäche von mir bei 
der Gelegenheit erfahren, weil ich ihm auch ^ar nichts 
verhehlen wollte. Meine Offenheit hat mich hinterdrein 
auch nicht eine Minute lang gereut. Ich kann im eigent- 
lichsten Sinne sagen, dass mir Goethe alle meine Sünden' 
vergeben hat, oder ich mir selber, dadurch dass ich sie ihm 
mitgetheilt habe, und ohne dies letztere hätte ich mich 
selber verzehrt.« »Es ist Himmelswonne«, ruft er den Freun- 
den begeistert zu, »von einem Goethe geleitet zum Besseren 
geführt zu werden.« Als Höchstes verehrte Heinrich an 
Goethe »das Unnennbare, das durch ihn in die Herzen 
dringt und mit Worten nicht ausgesprochen werden kann.« 
»Ich denke auch nie über ihn, ich fühle ihn nur; aber mein 
Herz sagt mir Alles über ihn.« 

Docli dieses Herz war nur allzu gefühlig und ver- 
hätschelt, es fühlte sich glücklich in seiner Schwäche. »Ich 
freue mich, dass ich manchmal müde werden kann und 
mich dann an einen Stab lehnen und ausruhen kann; der 
Gedanke thut mir wohl, wenn es auch nicht dazu kommt. — 
Es gehört ein gewisser Grad von — wie soll ichs nennen? — 
Abhängigkeit, freier Unterordnung einer edlen Leitung zu 
meinem Bedürfnisse, wie physisch der Kaffee und eine Pfeife. 
— Ich werde vielleicht mein Lebelang in dieser Hinsicht 
unmündig bleiben und es wird dann mein Schade nicht 
sein.« In der That blieb er es, doch zu seinem grossen 
Schaden. Hier ist nichts, aber auch gar nichts von jenem 
gesunden, kräftigen Jünglingswillen, der seinen Helden 
wählt, »dem er die Wege zum Olymp hinauf sich nach- 
arbeitet.« 

Wie konnte Heinrich, wenn sein Enthusiasmus für 
Goethe mehr war als ein Strohfeuer, wenn der seelen- 
stärkende Einfluss Goethes, den er so häufig rühmt, nicht 
bloss auf dem Papier seiner Briefe stand, wie konnte er, bei 
der Innigkeit des Verhältnisses zu seinen Eltern, dulden, 
dass diese in Jena und später Goethe häufig so falsch, ja hart 
und bitter beurtheilten ? musste er nicht alles daran setzen, 
die Missverständnisse zu beseitigen, die Verstimmungen 
zu mildern? war es nicht eine schöne Aufgabe, zwischen 
so geliebten Personen der Vermittler zu werden? Aber 
Heinrichs an sich geringe Kraft der Selbstbestimmung wurde 
durch diese Missverhältnisse gänzlich paralysirt, er hatte nur 
Seufzer, wehmüthige Blicke, Händedruck *und Thränen. 

* Welche »Sünden«? — Der Widerspruch gegen die Eltern er- 
schien dem an innigste Uebereinstimmung gewöhnten Sohne als »Sünde« 
und stürzte ihn in verzehrende Gewissensqualen. 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 95 

Wie zartfühlend und schonend Goethe seinerseits das 
»gute Vosschen« (so liebte er Heinrich zu nennen) be- 
handelte, wie er es ihn nie entgelten Hess, wenn der alte 
Voss ihm Verdruss bereitete, zeigt ein Umstand besonders 
deutlich, der, weil er leicht übersehen werden kann, hier Er- 
wähnung verdient. Goethe war über Vossens Absicht, nach 
Heidelberg zu gehen, von diesem selbst Ende April 1805 
brieflich benachrichtigt worden, ohne dass Heinrich, der 
nie vermocht hätte, Goethe den Willen seines Vaters mit- 
zutheilen, von diesem Briefe wusste (s. oben S. 58 fF.) Doch 
musste Heinrich gewärtig sein, dass Goethe auf irgend einem 
Wege von der oache erführe. Bald darauf starb Schiller. 
Heinrich konnte lange Zeit nicht die Kraft finden, vor Goethes 
Augen zu erscheinen. Selbst auf das Tiefste erschüttert, 
dachte er an Goethes Zustand bei Schillers Verlust, zugleich 
aber schlug ihm das Herz in peinlicher Furcht, ob Goethe 
von des Vaters Plan schon unterrichtet sein, und wie er 
diesen aufnehmen möchte. »Drei Tagelang bin ich ihm aus- 
gewichen,« schreibt Heinrich, »ich weiss nicht wie, aber 
mir graute und bangte vor seinem Anblick! Auch er hat 
an die Vulpius gesagt, er wollte, dass er mich erst wieder- 
gesehn hätte. Er hat mir herzliche Worte durch seinen 
August sagen und mich mehrmals zu sich bitten lassen.« 
Es »graute« Heinrich, denn er ahnte dunkel jene leiden- 
schaftliche Scene im Park voraus, wo Goethe sich heftig 
über den Weggang seines Vaters aussprach; Goethe 
andrerseits vermuthete Heinrich mit Recht in der trost- 
losesten Gemüthsverfassung, darum sagte er zu Christiane, 
er wollte, dass er ihn erst wiedergesehn hätte ; darum Hess 
er, den Verzagten zu ermuthigen und seiner fortdauern- 
den Liebe zu versichern, durch August ihn wiederholt zu 
sich bitten. In dergleichen unscheinbaren Zügen offenbart 
sich Goethes Zartgefühl auf das Schönste. — 

Heinrich zeigt in seinen Mittheilungen wohl bisweilen 
Blick für das Wesentliche in Goethes Gesprächen, aber es 
fehlt ihm die Fähigkeit, das Vernommene klar und schlicht 
wiederzugeben. Meist schildert er nur die eigenen Gefühle, 
selten gibt er in einem ruhigen Bericht Goethes Worte. 
Fast jeder seiner Briefe bietet dafür Beispiele. Eines Nach- 
mittags war Heinrich viele Stunden mit Goethe allein: 
»Da war er so recht behagHch gestimmt. Es war etwas 
unendlich Schönes und Edles, was seinen Reden zu Grunde 
lag; alles, worüber er sprach, trug das Gepräjge davon. Er 
sprach einmal von der Peterskirche, und nie hörte ich über 
irgend einen Gegenstand so cindringcrrd- tmd ^chön rctfetr. 
Mir wurde recht wohl und weh ums Herz; ich habe meinen 
Blick nicht von ihm gewandt; es war mir, als müsste ich 



96 Abhandlungen. 



mich immer recht fest an ihn schmiegen.«' Ein andermal 
erzählt Heinrich, Goethe habe über Gott und Unsterblich- 
keit gesprochen; er beschreibt wohl den unbewegHchen, 
vom Irdischen weggewandten Blick des Dichters, die Ruhe 
seines ganzen Körpers, die innere Erregung, aber das eigent- 
hch Interessante und Wesentliche: was öoethe denn über 
Gott und Unsterblichkeit gesagt hat, erfahren wir leider 
nicht. Und doch rühmt Heinrich sich mit naiver Selbst- 
gefälligkeit, Goethes »uTTOcpriTTig« zu sein, ein Verkündiger 
und Deuter göttlicher Aussprüche! 

Es war Heinrich versagt, Goethes Bild im höheren, 
geistigen Sinne, wenn auch nur in diesem oder jenem Zuge, 
festzuhalten. Seiner angeborenen Fähigkeit und Neigung, 
seiner Gewohnheit folgend, sah er Goethe und dessen Um- 
gebung wesentlich unter dem Gesichtspunkt der Vossischen 
Idyllen- und Biedermannspoesie. »Morgens beim Aufstehen, 
wenn ich zur Tasse Kaffee eine Pfeife rauche, denke ich 
fast immer an Goethe oder an meine Eltern« — und im 
Behagen dieser Genüsse schilderte Heinrich dann nach seiner 
Weise den Meister und sein Leben mit ihm. Goethes 
häusliche Existenz nahm er mit liebevollem Blick wahr. 
Wie der Dichter in seiner Lesegesellschaft präsidirt, wie 
er Heinrich in einer anmuthigscherzhaften Mittagscene 
durch August das Doctordiplom überreichen lässt, wie 
er mit Christiane verkehrt, mit Schauspielerinnen scherzt, 
wie er sich am Abend im Hauskleide mit seinem an- 
dächtigen Schüler unterhält; kurz, aus Goethes alltäg- 
lichem Leben weiss Heinrich Manches anziehend zu be- 
richten, manchen Bericht zu einem freundlichen Idyllion 
abzurunden. 

Und dies ist in noch viel höherem Masse bei den 
Schilderungen der Fall, die Heinrich von dem andern der 
»beiden grossen Lieblinge seines Herzens« entwirft. Sein 
Verhältniss zu Schiller war von vornherein ein anderes, 
mehr freundschaftlichgeselliges. Heinrich sah Schiller wohl 
eben so häufig, wie uoethe, aber weniger allein, nicht als 
Schüler und Lernender. In Stunden der Erholung, wenn 
der Dichter sich den Seinigen widmete, erschien Heinrich 
und nahm Theil an der Herzlichkeit dieses glücklichen 
Familienkreises; er war Schillers Begleiter bei Festlichkeiten 
und Maskeraden ; hier mit fröhlichen Genossen, um Schiller, 
als ihren »Trinkkönig« herum zu sitzen, zu zechen und sich 
zu begeistern für den »kindlich frohen, grossen Mann,« das 



' Die Beweiskraft dieses Beispiels wird dadurch nicht vermindert, 
dass Heinrich in einem anderen, gleichzeitigen Briefe einige von Goethe 
über die Geschichte der Peterskirche gemachte Angaben erwähnt. 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 97 

war seine höchste Lust. Zwar sei auch Goethe ein Freund 
von Heiterkeit, Gelächter und Spass, schreibt Heinrich^ 
»Das ungezwungenste Benehmen ist ihm das liebste. Und 
doch ist er dann bei aller Laune und gutherzigen Fröhlichkeit 
so, dass man nie vergessen kann, dass man in Goethes 
Nähe ist, nie sich geneigt fühlt, auch nur die weiteste 
Grenze der Ehrfurcht zu überschreiten. Mir ist, auch wenn 
ich am freisten und offensten gegen ihn bin, immer zu 
Muthe, wie im Shakespeare irgendwo steht: ,Wenn die 
Sonne scheint, so mögen die Mücken in ihren Strahlen 
spielen; aber wenn sie sich verbirgt, muss alles zu Loche 
kriechen'.' — Mit Schiller geht es mir anders; da kann 
ich das Gefühl der frommen Ehrfurcht (missverstehe mich 
ja nicht) mitunter aufgeben. Ich kann manchmal Schiller 
vergessen, und den fröhlichen Menschen allein sehen. Er 
kommt mir eher vor wue unser einer. Goethe ist mir wie 
ein Vater, Schiller wie ein älterer Verwandter, gegen den 
man sich schon etwas herauswagen darf.« »Anmuth und 
Würde gesellt« schien ihm Schillers Charakter, und in keiner 
Dichtung drückte sich nach seiner Meinung des Dichters 
Wesen vollkommener aus als in — dem Lied »An die Freude.« 
»Die menschliche Seite war an diesem Göttlichen die gött- 
lichste,« Schiller, der Gatte, der Familienvater erschien ihm 
unendlich grösser, bewundernswerther als der Dichter und 
Schriftsteller. Für das Edle und Milde, für. den »Gottes- 
frieden«, zu dem Schillers Wesen sich in seinen letzten 
Zeiten hinaufgeläutert hatte, war Heinrichs Gemüth voll 
empfänglich; als die schönsten Stunden seines Lebens pries er 
jene einsamen Nächte, die er als treuer Pfleger am Kranken- 
lager des innigst geliebten Mannes durchwachte. In den 
Scnilderungen dieser Nächte offenbart sich auf rührende 
Weise die ganze Liebenswürdigkeit von Heinrichs Natur. 
Hier wollen wir dankbar seinen auf das Kleine, Unschein- 
bare, Idyllische gerichteten Sinn verehren, mit dem er aus- 
führlich berichtet: wie er auf Schillers Wunsch durchaus 
seine Pfeife bei ihm rauchen und sich so stellen musste, 
dass der Kranke »wenigstens den Dampf davon kostete 
und so den Vorschmack zu seiner Gesundneit einathmete.« 
Es bleibt ein ergreifendes, in seiner Art einziges Bild: 
Schillers bescheidene Stube, im Dämmerschein der nächt- 
lichen Lampe, der Dichter auf dem Sopha liegend, schwer 
krank, dem Ende nah, erheitert durch die Erzählungen des 
guten Heinrich, der, vor dem Ofen knieend, im Topfe 

* Das von Heinrich wiederholt, mit Bezug auf sein Gefühl Goethe 

gegenüber, citirte Wort findet sich in der (von Heinrich übersetzten) 

»Komödie der Irrungen« II, 2, 30 f.: ,When the sun shines let foolish 

gnats make sport, But creep in cranhies when he hides his beams*. 

Goethe-Jahriuch XVII. 7 



98 Abhandlungen. 



rührt, sein altes Talent Chokolade zu kochen nochmals 
bewährend. — In der Nacht des zwanzigsten Februar 
(seines Vaters Geburtstag) 1805 wachte Heinrich bei Schiller. 
»Da trank er meines Vaters Gesundheit in einem viertel 
Glase Tokayer und ass auch ein Stückchen Kuchen. Wie 
schön er aber die Nacht schlief, glaubst du nicht. Ich 
wünschte nichts sehnlicher, als dass er sich selbst betrachten 
und sich über sich freuen könnte, so ruhig und gesund 
athraete er. Da legte ich mich auch hin, und zwar zu 
seinen Füssen, indem ich mir zwei Stühle an sein Sopha 
rückte und den Kopf auf seine Bettdecke legte.« — Diese 
Bilder liebevoller Hingebung und Treue lassen vergessen, 
dass Heinrich von der Bedeutung des Dichters und von 
den »Riesenschritten«, mit denen dieser »den Kreis des 
WoUens, des VoUbringens mass,« in seiner naiven Be- 
schränkung so gut wie keine Ahnung hatte. 

»Schiller ist mir wie eine in mir festgewurzelte Idee,« 
bekannte Heinrich nach Schillers Tode. »Er hat auch für 
mich gelebt, denn er hat mich zu einem besseren, freieren 
Menschen gemacht ; wäre ich wohl einer unwürdigen That 
fähig, während ich seiner gedenke?« Schillers Leiden und 
Ende war das erste und blieb das einzige grosse, erschütternde 
Ereigniss seines Lebens. In seinem Schmerz richtete er den 
Blick auf den Freund des Heimgegangenen, der auch ihm 
so nahe stand. »Noch ist er da,« schrieb Heinrich, »und 
für mich mit ihm eine schöne Lebensstunde. Goethe lehrt 
mich Schillers Verlust zu ertragen.« 

7. 

Im Allgemeinen erfuhr gewiss weder Goethe noch 
Schiller eine nennenswerthe ästhetische oder wissenschaft- 
liche Anregung durch Heinrich. Er hatte für sie den Werth 
eines bescneidenen, strebsamen, dankbar empfänglichen 
Schülers, und seine guten Fähigkeiten in ihrer Ausbildung 
zu begünstigen, la^ ihnen, schon um seines Vaters willen, 
am Herzen. Sie beuten sich an der reinen Begeisterung, 
mit der der andächtige Jünger zu ihnen, wie zu höheren 
Wesen, aufblickte, und sie liebten ihn, weil er eine gute, 
treue Seele war. Heinrichs Mutter gedachte oft mit Rüh- 
rung der herzlichen Worte, die Schiller wiederholt über 
den Sohn an sie richtete mit dem Zusatz : »Sie sind eine 
glückliche Mutter!« Charlotte Schiller sagte von Heinrich: 
»Es ist ein so guter braver Mensch, der einen recht freuen 
kann; er geht still und emsig seinen Weg fort und treibt 
sein Geschäft mit Liebe und Eifer.« Nach seinem Tode 
schrieb sie an die Eltern : »Ihnen Beiden muss ich es aus- 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhaltniss zu Goethe u. Schiller. 99 

sprechen, wie schmerzlich die Trauerbotschaft mich be- 
wegte ! wie ich aufs neue lebendig fühlte, wie mich Dank- 
barkeit und Freundschaft an den Abgeschiedenen fesselte. 
Er hat mit mir in den schmerzlichsten Stunden meines 
Lebens geweint, er war der freundliche Tröster meiner 
Kinder.« Mit grosser Liebe hingen die Kinder an Heinrich, 
dem es nicht weniger Freude machte, als jenen, wenn er 
sie zu Kaffee und Kuchen bei sich hatte, ihnen Bratäpfel 
bereitete, oder mit ihnen spielte, spazieren ging und Märchen 
oder vom Vater erzählte. 

Indem. Goethe seine, von Heinrich wiederholt ge- 
priesene »liebreiche Maxime« auf diesen selbst anwandte: 
den Menschen nur nach dem zu beurtheilen, was er seinem 
Wesen nach leisten kann und an Jedem nur die vortheil- 
haften Seiten aufzusuchen, sah er m seinem »guten Voss- 
chen« vor allem einen liebenswürdigen Hausfreund, der 
ihm besonders werth wurde dadurch, dass er sich auch 
zu seiner »kleinen Freundin« und deren Angehörigen wohl 
zu stellen wusste. Unbefangen, heiter, freundschaftlich 
verkehrte Heinrich mit Christiane, nahm gern an den 
Ausflügen der Lebenslustigen Theil, schrieb wohl auch an 
sie, wie ein munterer Brief nach Lauchstädt beweist, in 
<lem er sie »liebe Freundin« anredet und ausführlich über 
Christianens Verwandte, über August, Schillers und allerlei 
Neuigkeiten berichtet. Und wie er Goethe gegen manches 
Gerücht in seinen Briefen an die Freunde vertheidigt, so 
tritt er auch wacker und ehrlich für Christiane ein. Bei 
Gelegenheit von Goethes kirchlicher Trauung, im October 
1806, spricht er sich besonders ausführlich aus: »Mir war es 
rührend, wie Goethe am zweiten Abend nach der Schlacht, 
als wir um ihn versammelt waren, der Vulpius für ihre Treue 
in diesen unruhigen Tagen dankte und mit den Worten 
schloss: ,So Gott will, sind wir morgen Mittag Mann und 
f rau.* — Goethes Heirath scheint mir die Frucht von seinem 
damaligen Gefühl gewesen zu sein, dass auf Erden eine all- 
gemeine Gleichheit eingetreten sei. Er dachte wohl zu- 
nächst an die möglichen Wechsel der Dinge und wünschte 
die versorgt, der er doch so viele Verbindlichkeiten schuldig 
ist. Die Vulpius mag sein, was sie will, für Goethe hat 
sie von je her mit beispielloser Treue gewacht, und sie 
durfte mit Recht Anspruch auf seine Dankbarkeit machen. 
Auch ist sie ja immer die Mutter seines geliebten Sohnes. 
Irdische Verhältnisse mögen Goethe bisher abgehalten haben, 
<lie Vulpius zu heirathen; aber wann konnten solche Rück- 
sichten weniger Statt finden, als zu der Zeit, wo Alles sich 
-auflösen zu wollen schien. Und welchen Zeitpunkt konnte 
'Goethe bequemer wählen, das zu thun, was er schon lange 

7* 



loo Abhandlungen. 



hat thun wollen, als zu einer Zeit, wo die Stadtfama mit 
viel wichtigeren Dingen beschäftigt war, als auf eine solche 
Kleinigkeit zu merken. Als man sich wieder besinnen 
konnte, war Goethes Heirath schon etwas Altes und Ver- 
jährtes. — Lieber, die Vulpius ist nicht so schlimm, wie 
Du sie denken magst. Sie ist sinnlich, d. h. auf Ver- 
gnügungen ausgehend. Aber so lange ich sie kenne, hat 
si6 nichts gethan, was auch bei dem strengsten Rigoristen 
ihre Renommee verdächtig machen könnte. Man braucht 
sie wahrlich nicht zu überschätzen, man lasse ihr nur, was 
sie hat. Sie ist so schHmm nicht. — Wir haben immer 
ein gut Leben mit einander geführt.« 

Diese gesunden, vorurtneilsfreien Worte stehen im 
schärfsten Gegensatz zu Ernestinens Aeusserungen, und es 
bleibt psychologisch merkwürdig, wie die Mutter, mit einem 
bitterbösen Seitenblick auf Christiane, schreiben konnte : * 
»Goethe ist nicht bestimmt, das Wohlthätige, was herz- 
liche Verbindung geben kann, sich zu eigen zu machen; 
ich beneide auch seine einsamen Stunden nicht, denn er 
muss doch manchmal eine dunkle Ahnung; davon haben, 
dass es nicht gut ist, dass der Mensch allein stehe. Ich 
habe auch keine Sehnsucht nach seiner Nähe; mir ist gottlob 
die Welt noch nicht wieder so eng gewesen, als in seinen 
Zimmern!« — während Heinrich, ihr Lieolingskind, in 
diesen Zimmern, in der Gesellschaft dieses Mannes »Himmels- 
wonne« fühlte. 

8. 

Mit Schillers Tod und dem Wegzug der Eltern von 

iena nach Heidelberg hatte für Heinrich das Weimarische 
,eben seinen Glanz verloren. Zwar blieb ihm der herz- 
liche Verkehr mit Schillers Wittwe und Kindern, der Um- 
{^ang mit Goethe, die Berufsthätigkeit ; aber die Fäden 
ockerten sich, und ihre völlige Lösung wäre, wenn un- 
erwartete Ereignisse sie nicht beschleunigt hätten, früher 
oder später gewiss erfolgt. Goethe wusste sehr wohl, als 
er prophezeite: auch Heinrich werde ihn verlassen,* dass 
dieser auf die Dauer nicht von den Eltern getrennt zu 

' An Charlotte Schiller 15. August 1805 (Ch. v. Schiller und 
ihre Freunde III, 192). 

* Am 18. Mai 1805 äusserte Goethe gegen Heinrich seinen Unmutb 
über Vossens Weggang nach Heidelberg. »Abends besuchte ich die Vul- 
pius«, schreibt Heinricn, »die sagte mir, er sei noch auf seinem Zimmer 
eine Zeitlang bewegt gewesen. Unter anderm hatte er gesagt: ,Voss 
wird seinem Vater nach Heidelberg folgen, und auch Riemern wird 
man über kurz oder lang wegziehn und dann steh' ich ganz allein!*« 
(Arch. f. Littgesch. XI, 125, auch Goethes Gespräche II, 10). 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 10 1 

leben vermochte. Die Briefe der Jahre 1805 bis 1808 zeigen 
Heinrich in beständigem Schwanken, er wusste nicht, wo 
seine Heimath war : bei Vater und Mutter in Heidelberg 
oder in Weimar bei Goethe, dem er nach Schillers Tode 
wiederholt versichert hatte, »er ginge nicht von ihm, er 
wollte sein treuer Gefährte bleiben.« Im Spätjahr 1805 war 
das alte, gichtische Leiden zurückgekehrt, es hatte sich 
diesmal nach dem Gesicht gezogen, und Heinrich ging, 
auf Goethes Rath, zur Behandlung seiner kranken Unter- 
lippe über ein Vierteljahr nach Jena, ohne dass bei seiner 
Rückkehr zu Ostern 1806 eine wesentliche Besserung ein- 

fetreten war. Ein Besuch in Heidelberg während der 
ommerferien dieses Jahres begeisterte ihn, wie vorauszu- 
sehen, über alle Massen. »Meine ganze Sehnsucht,« schreibt 
er nun, »ist nach dem Ort gerichtet, wo meine Eltern ihre 
irdische Heimat gefunden nahen. — Oft träume ich mir 
von der SeUgkeit, in Heidelberg einmal auf eine würdige 
Weise zu leben. — So wohl, wie es mir auch in Weimar 
ist an der Seite meines herrlichen Goethe, ich tauschte 
dennoch; denn von Goethe muss ich mich bald doch 
trennen!« Dieses, zum Mindesten unzarte, Wort schrieb 
Heinrich am 8. October 1806. Nur sechs Tage später 
brach die Katastrophe herein, in Folge deren er schon nach 
wenig Wochen den gewünschten »Tausch« vollziehen 
konnte. Als die Nachricht von der Schlacht bei Jena und 
den Weimarischen Unglückstagen nach Heidelberg kam, 
bat Vater Voss in emem bewegten Schreiben 'Goethe 
um schleunige Heimsendung des Sohnes.' 

Das Gymnasium wurde vorerst geschlossen. Die Direc- 
torstelle hätte Heinrich seiner Kränklichkeit wegen auch in 
ruhigen Zeiten nicht bekleiden können. Er schied aus dem 
Lehrerverbande,' verliess Weimar in der ersten Hälfte 
Novembers und kehrte über Frankfurt, wo er die »alte, 
herrüche, mitleidige Mama Goethe« durch beruhigende 
Nachrichten über das Schicksal ihres Sohnes erfreute, in 
das Elternhaus zurück. Empfangen »fast wie der verlorene 
Sohn,« nicht nur im leihlichen, auch im geistigen Sinne, 
denn der Vater hatte seit jenen Tagen, wo Hemrich sich 
den Würzburger Plänen widersetzte, die Hoffnung fahren 



* Vgl. den zweiten der oben raitgetheilten Briefe (S. 59). 

' Ob Goethe, wie der Vater wünschte, den Abschied vom Gym- 
nasium beschleunigt hat, weiss ich nicht. — Ein hierauf bezügliches 
Schriftstück von Goethes Hand scheint nicht vorhanden. Heinrich kam 
in zwei Schreiben, einem an das Ministerium vom i. November 1806, 
und einem an den Herzog vom }. November, wegen seiner sich steigern- 
den Kränklichkeit um Entlassung ein. (Gütige Mittheilung des Herrn 
Dr. Otto Francke in Weimar.) 



102 Abhakdlukgen. 



lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um 
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch 
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt. 
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und 
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und 
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir 
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ; 
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm 
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und 
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinijjung mit 
den Eltern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen- 
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die 
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner- 
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807 
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein 
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich 
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel 
werth; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und 
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne- 
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im 
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort 
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich 
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena 
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig 
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal 

weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,. 

als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine 
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht 
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn 
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich 
werde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das 
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst 
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen 
in eifriger Aroeit und in der Pflege neuer Beziehungen. 

Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar 
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An- 
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling i8i;;7 in Jena. 
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen 
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei- 
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so 
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich 
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner 
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein- 
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von 
keinem Belang, da sich aus ihnen w^esentlich neue Züge für 
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist 
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 103 

zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen 
Einfluss der Eltern erlag. Deutlich zeigt sich dieser Einfluss 
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die 
Vossische Haus- und Familienmeinung formuliren. So 
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse- 
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers, 
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die 
Briefe, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus, 
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver- 
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst 
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte 
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal 
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere 
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit 
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre 
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge- 
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der 
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch. 
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an 
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass, 
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren. 



Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen 
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um 
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt, 
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar 
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! — 
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel 
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach- 
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom 
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren 
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über 
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst 
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung. 
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen 
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrlich, selig — Gott! o 
Himmel!«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob- 
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller 
fast täglich verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider 
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und 
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter 
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid, 

* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs 
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben. 



102 Abhandlukgen. 



lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um 
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch 
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt. 
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und 
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und 
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir 
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ; 
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm 
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und 
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinigung mit 
den Eltern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen- 
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die 
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner- 
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807 
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein 
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich 
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel 
werth ; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und 
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne- 
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im 
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort 
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich 
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit ][ena 
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig 
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal 

weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,. 

als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine 
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht 
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn 
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich 
w^erde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das 
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst 
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen 
ni eifriger Aroeit und in der Pflege neuer Beziehungen. 

Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar 
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An- 
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling 1817 in Jena. 
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen 
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei- 
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so 
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutrauHch, . . . Mich 
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner 
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein- 
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von 
keinem Belang, da sich aus ihnen wesentlich neue Züge für 
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist 
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 105 

zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen 
Einfluss der Ehern erlag. DeutUch zeigt sich dieser Einfluss 
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die 
Vossische Haus- und Familienmeinung formuTiren. So 
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse- 
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers, 
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die 
Briete, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus, 
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver- 
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst 
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte 
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal 
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere 
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit 
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre 
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge- 
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der 
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch. 
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an 
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass, 
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren. 



Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen 
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um 
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt, 
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar 
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! — 
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel 
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach- 
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom 
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren 
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über 
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst 
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung. 
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwängHchen 
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrHch, selig — Gott! o 
Himmel !«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob- 
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller 
fast tägUch verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider 
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und 
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter 
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid, 

* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs 
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben. 



102 Abhandlungen. 



lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um 
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch 
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt. 
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und 
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und 
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir 
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ; 
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm 
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und 
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereini^^ung mit 
den Ekern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen- 
seins verklungen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die 
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner- 
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807 
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein 
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich 
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel 
werth; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und 
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne- 
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im 
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort 
einige Semester zu studieren. »Schon on habe ich mich 
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena 
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig 
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal 

weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,. 

als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine 
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht 
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wenn 
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich 
werde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das 
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst 
ganz allmählig linderten und lösten sich diese Schmerzen 
in eifriger Arbeit und in der Pflege neuer Beziehungen. 

Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar 
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An- 
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling 181^ in Jena, 
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen 
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei- 
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so 
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich 
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner 
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein- 
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen Zweck von 
keinem Belang, da sich aus ihnen wesentlich neue Züge für 
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist 
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller. 105 

zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen 
Einfluss der Eltern erlag. Deutlich zeigt sich dieser Einfluss 
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die 
Vossische Haus- und Familienmeinung formuTiren. So 
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse- 
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers, 
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die 
Briefe, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus, 
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver- 
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst 
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte 
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal 
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere 
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit 
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre 
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge- 
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der 
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch. 
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an 
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass, 
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren. 



9- 

Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen 
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um 
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt, 
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar 
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! — 
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel 
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach- 
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom 
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren 
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über 
die Kunst; in den wenigen Fällen, w^o es geschieht, vermisst 
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung. 
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen 
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herrlich, selig — Gott! o 
Himmel !«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob- 
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller 
fast täghch verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider 
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und 
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter 
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid, 

* 14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs 
Tode, am 15. Juli 1822 geschrieben. 



102 Abhandlungen. 



lassen, den treuen Hülfsarbeiter jemals wieder dauernd um 
sich zu haben. Schillers Wittwe' einen Abschiedsbesuch 
zu machen, hatte Heinrich sich nicht stark genug gefühlt. 
»Der Abschied von Goethe ist mir schwer geworden, und 
auch ihm, dem guten Vater, wie sein gerührter Blick und 
der letzte Kuss, den er mir auf die Backe drückte, mir 
versichert haben. Ich weiss, er hat mich ungern verloren ; 
er hat es mir selber gesagt, und die Thränen traten ihm 
in die Augen. Es musste aber geschieden sein.« — Und 
nun, nachdem der erste Jubel der Wiedervereinigung mit 
den Ehern in der freundlichen Gewohnheit des Beisammen- 
seins verkkingen war, tritt ein starker Rückschlag ein, die 
Sehnsucht nach dem Vergangenen, das Gefühl eines uner- 
setzlichen Verlustes wird lebendig. Schon im Februar 1807 
schreibt Heinrich: »Was ich hier Gutes habe, es ist ein 
Gut für sich, und kein Ersatz für das Verlorene.« Ehrlich 
bekennt er: »Der Umgang mit meinen Eltern ist mir viel 
werth ; aber als Ersatz für das was ich in Weimar und 
Jena verloren, sehe ich ihn doch nicht an.« Die Erinne- 
rung an die vergangene Zeit wurde neu belebt, als im 
April 1808 Goethes Sohn nach Heidelberg kam, um dort 
einige Semester zu studieren. »Schon oft habe ich mich 
zurückgewünscht,« klagt Heinrich jetzt, »Weimar mit Jena 
erregen in mir Vaterlandsempfindungen. Nicht freiwillig 
bin ich weggegangen, sondern mich hat das Schicksal 

weggetrieben . Im Jahre 1804, als Schiller noch lebte,. 

als meine Eltern noch in Jena wohnten, hatte ich keine 
Wünsche — ,Des Lebens Mai blüht einmal und nicht 
wieder' — mein Lebensmai blühte im Jahre 1804. Wen» 
ich auch hier noch einmal so recht von Herzen glücklich 
w^erde, so bleibt es doch immer ein hartes Geschick, das 
mich aus meinem mütterlichen Boden entwurzelt hat.« Erst 
ganz allmähhg linderten und lösten sich diese Schmerzen 
in eifriger Arbeit und in der Pflege neuer Beziehungen. 

Noch viermal sah Heinrich Goethe wieder: in Weimar 
im April 1811, im Herbst 1814 und 1815 bei Goethes An- 
wesenheit in Heidelberg, zuletzt im Frühling i8i;j in Jena, 
Auch von diesen Tagen hat er den Freunden in seinen 
Briefen erzählt. Ein langer Bericht über das letzte Bei- 
sammensein schliesst mit den Worten: »Goethe war so 
heiter wie je, so lieb und so weimarisch zutraulich, . . . Mich 
freut das über Alles. Das war der letzte Nachhall meiner 
weimarischen Freuden.« Diese späteren Beziehungen im Ein- 
zelnen zn verfolgen, ist für den gegenwärtigen ^weck von 
keinem Belang, da sich aus ihnen w^esentlich neue Züge für 
die Charakteristik Heinrichs nicht gewinnen lassen. Es ist 
schon erwähnt, dass Heinrich mit den Jahren und mit 



Heinrich Voss d. J. und sein Verhältniss zu Goethe u. Schiller, 105 

zunehmender Kränklichkeit immer mehr dem übermächtigen 
Einfluss der Eltern erlag. DeutHch zeigt sich dieser Einfluss 
in seinen Briefen, deren Urtheile häufig genug nur die 
Vossische Haus- und Familienmeinung formuliren. So 
geben auch die von Heidelberg aus geschriebenen Aeusse- 
rungen über Goethe meist, mit der Treue des Barometers, 
die jeweiligen Stimmungen der Eltern wieder, während die 
Briete, welche Heinrich auf der Reise, von Thüringen aus, 
schrieb, stets in den alten vollen Ton der Liebe und Ver- 
ehrung einstimmen. Die Zahl der Briefe an Goethe selbst 
ist, für Heinrichs Schreibseligkeit, nicht gross;' das hatte 
seinen Grund bisweilen wohl, wie Heinrich sich einmal 
ausdrückt, in dem »leisen Gefühl, dass nur der Heitere 
und Gesunde dem Priester der Natur und der Gottheit 
nahen dürfe«; aber es waren zugleich im Laufe der Jahre 
andere Männer in den Vordergrund der Verehrung ge- 
treten — Truchsess, Ernst Wagner, Jean Paul — und der 
Briefwechsel mit diesen nahm seine freie Zeit in Anspruch. 
Immerhin beweisen die Briefe an Goethe, mit denen an 
Charlotte Schiller, zur Genüge, dass Heinrich nie vergass, 
was jene beiden Grossen ihm gewesen waren. 



Die Mängel der Vossischen Mittheilungen, die Schwächen 
seiner Individualität rückhaltlos auszusprechen, schien um 
so mehr Pflicht, als bis heute von Heinrich ein Wort gilt, 
das dieser nach seinem ersten längeren Besuch in Weimar 
aussprach: »Die Leute hatten — Gott weiss wodurch! — 
eine zu vortheilhafte Meinung von mir.« Der Hauptmangel 
besteht darin, dass Heinrich uns so gut wie gar keine Nach- 
richten von dem inneren Leben beider Männer gibt, vom 
Werden, Zusammenhang und Sinn ihrer Werke, von ihren 
Gedanken über die Welt, über Natur und Menschen, über 
die Kunst; in den wenigen Fällen, wo es geschieht, vermisst 
man Bestimmtheit des Ausdrucks, Tiefe der Auffassung. 
Meist schildert er nur, in allgemeinen, überschwänglichen 
Ausdrücken und Ausrufen (wie »herriich, selig— Gott! o 
Himmel!«) die eigenen Gefühle. So fremd Heinrich, ob- 
schon er zwei Jahre hindurch mit Goethe, eines mit Schiller 
fast täglich verkehrte, in der geistigen Werkstatt Beider 
blieb, so heimisch wurde er in ihrer Familien- und 
Kinderstube. Hier hielt er sich am liebsten auf, als guter 
Geselle in gesunden und kranken Tagen. Im Hauskleid, 



Tode, am 



14 Briefe in 16 Jahren, der letzte wenige Monate vor Heinrichs 
m 15. Juli 1822 geschrieben. 



104 



Abhandlungen. 



essend und trinkend, umgeben von ihren Angehörigen, im 
behaglichen Geplauder erschienen Goethe und Schiller dem 
Sohne des Idvllendichters am grössten und verehrungs- 
würdigsten. In seinen Mittheilungen über sie ist genau 
so viel von Speise und Trank die Rede, wie in Vossens 
Gedichten. Marzipan und Persico, Rindfleisch und Sellerie, 
Goethes ȟber der Schulter ein klein wenig zerrissene 
Nachtjacke« und Schillers »perpetuirliches Schnupftabak- 
flcckchen unter der Nase« — nichts von alle dem bleibt 
unerwähnt, und man sehnt sich aus dieser Stubenluft und 
Idyllität oft genug hinaus ins weite Land. 

Zweierlei aber müssen wir bedenken. Erstlich schrieb 
Heinrich seine Briefe gar nicht für die Oeffentlichkeit, er 
betrachtete sie vielmehr als intime Mittheilungen an ver- 
trauteste Freunde, selbst vor den Eltern hielt er sie geheim, 
bat auch die Empfänger wiederholt um Verschwiegenheit. 
Schwerlich würdfe er die Herausgabe gebilligt, jedenfalls 
Manches gestrichen haben, was die Herausgeber, allzu pietät- 
voll, stehen Hessen. Zum Andern war Heinrich beiden 
Dichtern lieb und werth, trotz all seiner Schwächen, die 
von ihnen gewiss deutlich erkannt wurden; sie urtheilten 
milde und erfreuten sich seines ehrlichen Willens zum 
Guten. So soll auch bei uns Heinrichs Andenken immer 
in Ehren bleiben. Ich möchte sogar glauben, dass in weiteren 
Kreisen seine anspruchslosen Schilderungen, gerade weil 
ihr Gegenstand vorwiegend das Haus- und Familienleben 
beider Dichter ist, geraae weil sie so stark mit den persön- 
lichen Empfindungen des Verfassers durchsetzt sind, manches 
auch heute noch verbreitete Vorurtheil zu beseitigen ver- 
möchten. Aber auch die, welche längst wissen, wie einfach 
und herzlich Goethe und Schiller im Kreise der Ihrigen 
waren, wie sie dem Ideal ihrer Dichtung: reiner, schöner 
Menschlichkeit, auch im Alltäglichen des Lebens nahe 
kamen, werden dem jungen Voss dankbar bleiben für seine 
treugemeinten Berichte und Goethes Urtheil über Heinrich 
bestätigen: »Das ist ein lieber kindlicher Mensch.« 







2. 

J. P. Eckermann. 

Von 

Richard M. Meyer. 




|s liegt in der »genialen Normalität« von Goethes 
Wesen begründet, dass fast Alles, was ihm be- 
gegnete, uns als nothwendig erscheint. Seit er 
sich zu voller Klarheit durchgerungen,' seitdem er ein rein 
erkanntes Ziel mit unbeugsamer Festigkeit verfolgt, scheint 
das Schicksal eher seinen Winken zu gehorchen als ihm 
Befehle zu ertheilen. Dass er den Ruf nach Weimar nicht 
angenommen hätte, können wir uns noch vorstellen; von 
da ab scheint aber alles wie in einem streng motivirten 
Drama aus dem Charakter des Haupthelden mit Noth- 
wendigkeit zu fliessen. Er niuss sich in die Naturwissen- 
schaft vertiefen, er muss nach Italien fliehen, er muss weit 
hinein leben in eine neue Zeit. Es müssen ihm, Jeder zur 
rechten Zeit, Frau von Stein. Schiller, Eckermann begegnen. 
Wir meinen fast, jedes wichtigere Ereigniss seiner zweiten 
Lebenshälfte von vornherein bestimmen zu können. Und 
beschränken wir uns dabei auf die Hauptzüge, so ist dieser 
Eindruck keineswegs unberechtigt: er hatte gelernt, das 
Glück zu ergreifen, und das Glück ist immer da. Aber im 
Einzelnen bleibt natürlich dem unberechenbaren Wirrniss 
menschlicher Schicksale Raum genug, um auch in diese 
geordnetste aller Existenzen einzugreifen. Wie sich Ver- 
dienst und Glück verketten, das zeigt kaum eine That- 



I06 Abhandlungen. 



Sache in Goethes Leben so anschauHch wie seine Eroberung 
Eckermanns. 

Beim ersten HinbHck hat man hier geradezu den Ein- 
druck des Wunders. Im Mai 1823 schickt ein dreissig jähriger 
Dichter aus dem Hannoverschen, Autodidakt, arm, ohne 
Gönner und Beziehungen, seine Gedichte und ein Werk 
theoretischen Inhalts an Goethe. Es sind »theoretische Auf- 
sätze, von denen er hofTt, dass sie besonders bei jungen 
Talenten nicht allein zur Hervorbringung, sondern auch 
zur Beurtheilung dichterischer Werke beitragen würden;« 
so charakterisirt Eckermann selbst seine »Beiträge zur 
Poesie mit besonderer Hinweisung auf Goethe.« Der junge 
Autor erlebt darauf die grosse Freude, »nicht allein von 
Goethe einige schriftliche Worte zu erhalten, sondern auch 
von Reisenden zu hören, dass er von mir eine gute Meinung 
habe und in den Heften von »Kunst und Alterthum« meiner 
gedenken wolle.« Nun hält nichts den begeisterten Ver- 
ehrer Goethes länger zurück. Am 10. Juni 1823 kommt 
er zu Goethe. Der Meister empfängt ihn sehr freundlich : 
»Ich komme eben von Ihnen her; ich habe den ganzen 
Morgen in Ihrer Schrift gelesen ; sie bedarf keiner Empfeh- 
lung, sie empfiehlt sich selber.« Er will sofort an (Jotia 
schreiben, um ihm das Manuscript zu empfehlen. Am 
folgenden Tag >vird Eckermann zu Goethe geladen und 
sofort bringt dieser ihm zwei dicke Bücher, die »Frank- 
furter Gelehrten Anzeigen«, Jahrgang 1772 und 1773, die 
er kaum durch Max Jacobi erhalten, und beauftragt den 
Gast, sie auf Goethes Antheil und auf ihre erneute Ver- 
wendbarkeit durchzusehen. Am 16. Juni erhält Eckermann 
ferner die ersten elf Hefte von »Kunst und Alterthum«, 
um darüber ein raisonnirendes Inhaltsverzeichniss anzu- 
fertigen. Mit diesen beiden Aufgaben wird er nach Jena 
geschickt; Cottas Honorar trägt die Kosten seines Aufent- 
halts. — Die Arbeit ist fertig, der Druck der »Beiträge« 
fast vollendet; Eckermann will eine Erholungsreise an den 
Rhein machen und dann der Ausarbeitung zahlreicher poe- 
tischer Pläne leben. Am 15. September 1823 ^^^^^ ^^ ^'^^ 
den Meister, der aus Marienbad ihn schon schriftUch be- 
grüsst hatte. »Ich muss gerade heraussagen,« beginnt Goethe 
sofort »nach einem beiderseitigen fröhlichen Begrüssen,« 
»ich wünsche, dass Sie diesen Winter bei mir in Weimar 
bleiben.« Er motivirt das damit, dass der junge Autor sich 
in seiner Nähe am raschesten (wie er 1798 an Voigt über 
Schelling geschrieben hatte) »mit dem Detail der Ermhrung 
immer menr und mehr bekannt machen« könne (Briefe 
13, 189). Eckermann gehorcht und ist nicht wieder los- 
gekommen. Er blieb in Weimar; seine poetischen Pläne 



J. P. Eckermann. 107 



zerflossen, und ein Bändchen »Gedichte«, das 1838 erschien, 
zeigt, dass auch seine poetische Kraft zerflossen war. Sein 
Leben ging darin auf, Goethe zu hören und sein unver- 
gleichliches Gespräch auf die Nachwelt zu bringen. 

Gewiss haben wir ihn hierüber nicht zu beklagen. 
Seine Gedichte hätten ihn so wenig berühmt gemacht wie 
Riemer — immerhin ein grösseres Talent — durch die seinen 
bekannt i^eworden ist. Dagegen hat er als Sammler und 
Herausgeber der »Gespräche« den unsterblichen Dank der 
Nation geerntet. Er hat damit seinen innersten Beruf er- 
füllt. Wie Düntzer (Eckermanns Gespräche mit Goethe I,xx) 
müssen auch wir die vortrefflichen Worte Weisses citiren: 
»Wir haben in Eckermann einen der seltenen Fälle, wo 
die vollständige Versenkung eines angeborenen Talents in 
einen fremden Geist, die durchgängige Nachbildung der 
Art und Weise, des Stiles und der Formen dieses Geistes 
als die Naturbestimmung, als der eigentliche Beruf des 
Individuums erscheint, und ohne allen fühlbaren Nachtheil 
für dessen Geistes- und Gemüthslagen, für die Treue und 
Redlichkeit seines Denkens, Thuns und Schaffens erfolgen 
kann.« Gewiss gab es Momente, in denen Eckermann sein 
Leben als verfehlt ansah und statt der lediglich empfangen- 
den Thätigkeit eine selbständige Production vor sich ge- 
bracht zu haben wünschte- im Grund war er sich selbst 
über seine Lebensaufgabe klar. Aber das hatte er erst nach 
jahrelanger Uebung erreicht; w^ie Goethe auf den ersten 
Blick Eckermanns Mission erkennt, ihn an sich fesselt, ihn 
in seinen Lebensberuf hereinzwingt — das ist das Wunder- 
bare. Dass ein grosser Geist andere Geister anzieht, hatte 
er oft bewiesen — dass er sie festzuhalten weiss, eigentlich 
nur an Schiller. Und hier gelingt es ihm, einen Autodi- 
dakten zum willigsten Schüler zu machen, da sonst Niemand 
eigenwilliger einer stetigen Lehre widerstrebt, als diese 
Leute ; gelingt es ihm, emen Dichter von der Pflege seiner 
Pläne abzubringen, während sonst jeder Dichter diese für 
das Wichtigste in der Welt hält und bei jeder Störung 
jammert, »man habe den grössten Palast zerstört.« 

Dabei war die Constellation 1823 keineswegs auch nur 
für den Jünger unbedingt günstig. Goethe kam damals den 
jüngeren Dichtern von vornherem nicht allzu wohlwollend 
entgegen; und gerade erst 1821 hatte Tiecks Ausgabe von 
Kleists Nachlass seinen lebhaften »Schauder und Abscheu« 
vor allzu selbstwilligen jungen Talenten erneuert. Denn 
gerade gegen das »Autochthonisch -Autodidaktische« hegte 
er ein entschiedenes Misstrauen ; es regnet in diesen Jahren 
Aussprüche gegen die »Originale«, wogegen an Natur- 
dichtern wie Fürnstein (182^; Hempel 29, 405 f.) gerade 



lo8 Abhandlungen. 



die Anpassung an die nächste Umgebung gelobt wird. Und 
Eckermann war nicht bloss junger Dichter und Autodidakt, 
sondern er stellte überdies in seinen Beiträgen (S. 247) 
Christus mit Entschiedenheit in den Mittelpunkt seiner 
moralischen Betrachtungen; Goethe aber hatte gerade eben 
in jenem berühmten Brief an Auguste Stolberg seine Ent- 
fernung von aller Confessionalität milde aber fest bekundet. 
Freilich standen all diesen Bedenken in Eckermanns 
Werkchen zahlreich empfehlende Punkte gegenüber. Von 
Eigenwilligkeit und von religiösem Uebereifer war denn 
doch hier keine Spur zu finden. Ausdrücklich polemisirt 
Eckermann vielmehr gegen den »höchst thörichten Wahn 
übelverstandener Originalität, wenn da jeder wieder auf 
eigenem Wege herumsuchen und herumtappen wollte, 
um das zu finden, was schon in grosser Vollkommenheit 
vorhanden ist« (S. 138). Als schön, vollendet, musterhaft 
erkennt er aber, wie uoethe, vor allem die Antike an (S. 31) 
und hält sie als sichere Norm den Irrwegen der Zeit gegen- 
über. Solche Irrwege sieht er vor allem darin, wenn die 
Romantik (denn sie muss gemeint sein) ihr »so höchst 
undichterisches Streben ins unbewusste und unerquickliche 
Körper- und Namenlose« gegen die »höchsten Muster« 
ausspielt, die ihr »ganzes Wesen der sichern fasslichen 
Wirklichkeit entgegen wenden« (S. 193). Auch sein Wider- 
spruch gegen das Beschreiben von Tönen und Melodien 
(S. 215) geht wohl auf Tieck und seine Genossen, denn 
an Heinse dachte damals schon Niemand mehr. Daneben 
bekämpft er das Schicksalsdrama (S. 260), weil es die mo- 
ralische Verantwortung vom Menschen abwälze und stellt 
Goethes Auffassung dem gegenüber: in den »Wahlver- 
wandtschaften« gerade, die man wiederholt für eine ähn- 
liche Anschauung Goethes angeführt hat, »erscheint das 
Schicksal nicht als ein von Aussen Einwirkendes, sondern 
es erscheint als ein aus dem Innern der Charaktere Her- 
vorgehendes, von ihnen erzeugt Werdendes« (S. 188). 
Allgemein rügt Eckermann (S. 144 f.) die übermässige 
Buntheit der poetischen Formen in der deutschen Literatur. 
Man braucht keine Parallelstellen anzuführen, um aus- 
sprechen zu dürfen, dass in all diesen Punkten Goethe sich 
selbst wiederfand. Wäre nicht bezeugt, dass er das Manu- 
script frisch vom Lesen an Cotta sandte, so möchte man 
gelegentlich fast an ein Eingreifen Goethes glauben, um 
so mehr, als sich Perioden finden, die ganz seinen Alters- 
stil zeigen: »Von der Erde reden wir nicht, die Berge 
stehen auf guten Füssen und die Ebenen sind wohl ge- 
gründet, sie erweiset sich stets als friedliches geduldiges 
Element; der Mensch mag sich mit ihrer Fläche oder mit 



J. P. Eckermann. 109 



ihrer Tiefe befassen, er mag Steine und Erz aus ihrem 
Schoosse brechen, immer ist sie willig und duldend, nie 
feindlich dem Menschen widerstrebend ; weshalb denn auch 
seine Kräfte an ihr zu entwickeln ihm stets nur in geringem 
Maasse gelingen wird« (S. -^9). In Wirklichkeit ist natür- 
lich dieser Stil, wie die Aneignung Goethischer Lieblings- 
wendungen (»Effect machen« §. 130) nur der eifrigen Leetüre 
des Schülers zuzuschreiben. 

Aber so eifrig hatte dieser sich eben in Goethe ein- 
gelesen, dass auch ohne dessen directe Mitwirkung die 
»Beiträge zur Poesie« in die Reihe jener officiösen Mani- 
feste des Altnieisters eingerückt werden können, die mit 
Moritz' »Bildender Nachahmung des Schönen« beginnen und ' 
dann in Meyers »Neudeutsch-patriotisch-religiöser Kunst« 
und Ruckstuhls »Deutscher Sprache« sich fortsetzen. Seine 
Propaganda für Goethes Lehren ging weit über das ästhe- 
tische" Gebiet heraus. Und gerade damit hat er gewiss 
besonderes Interesse bei dem Dichter erregt, der mit den 
Jahren immer stärker erzieherische Resultate anstrebte. Es 
führt schon über die Kunstfragen heraus, wenn er völlig 
im Sinn Goethes und vielfach mit seinen Worten den »Stil« 
über die »Manier« erhebt (S. 146): er gibt dem selbst eine 
moralisirende Wendung, indem er dem Stil Selbstver- 
läugnung, der Manier aber Egoismus zuschreibt (S. 145). 
Und zur Selbstverläugnung, zur Selbstbeherrschung, zur 
Besiegun^ und Bändigung des Willens (S. 162) ruft er 
immer wieder auf: »Vor allen aber, und dies ist es be- 
sonders, woran es unserer jetzigen Zeit Noth thut, arbeite 
der Dichter gegen Willensscnwäche, gegen moralische Kraft- 
losigkeit, gegen Mangel an Ueberwindung und Bekämpfung 
unserer selbst, dieser einzigen Quelle von aller Sünde« 
(S. 260). Die Lehre stimmt so genau mit Goethes mora- 
lischem Grunddogma überein, dass er den unbehilflichen 
Ausdruck gewiss leicht verzieh. 

Fand der Meister nun hier überall nur einen gelehrigen 
Schüler — schon dies etwas, was er aufs Eifrigste suchte ! 
wie hat er geklagt, dass einzig Pius Alexander Wolff sich 
fügsam seinem Unterricht gefügt habe! — so traf er doch 
auch einige und gar nicht so wenige Stellen, in denen 
Eckermann die Lehren Goethes selbständig fortgeführt hatte. 
Und gerade diese höchst merkwürdigen Stellen waren es, 
wie wir glauben aussprechen zu dürfen, die ihm den Lebens- 
beruf semes Jüngers offenbarten, die ihm das Recht gaben, 
Avie die Gesellschaft des Thurms Wilhelm Meister an un- 
sichtbaren Fäden leitet, sq dieses Anfängers sich zu be- 
mächtigen und statt der Esel seines Vaters ihm ein König- 
reich zu schenken. 



1 10 Abhandlungen. 



Mit wahrer Leidenschaft verkündet Eckermann eine 
Lehre, die Goethe, wenn auch oft, doch nach seinen Herder- 
Tagen immer nur mit kurzen Zügen ausgesprochen hatte: 
die von der Nothwendigkeit, unsere sinnfiche Anschauung 
auszubilden (S. i lo f.). Er klagt über die stunipfen Sinne, mit 
denen die Meisten in die Natur schauen: »Gesunde Sinne, 
gesunde Glieder, gesunde Gedanken und Gefühle sind zu 
aller natürlichen Vollendung das Erste« fS. 237). Ausführlich 
ertheilt er Anweisung, wie wir unsern blick schulen sollen. 
»Wir wollen sehen lernen!« ruft er aus (S, iiq) und verweist 
auf Goethes Schulung am Zeichnen, gibt als Beispiel indi- 
viduelle Charakteristiken verschiedener Baumarten (S. 115 f.) 
•und ermahnt, ein theoretischer Vorläufer der Scnule von 
Fomainebleau und gleichzeitig ein Genosse von Goethes 
Wolkenbeobachtungen, besonders auch zum sorgfältigsten 
Studium der Atmosphäre und der Beleuchtung (S. 120). 
»Besonders bietet üie ewig wandelbare und ewig sich 
wandelnde Gestalt und Farbe der Atmosphäre und Wolken 
der sinnlichen Anschauung ein unendliches Feld; das ist 
ein Studium fürs ganze Leoen. Man kann fast sagen, dass 
jeder Tag seine eigenen Wolken habe, und zwar am Morgen, 
Mittag, Nachmittag, Abend, ja zu jeder Stunde in emer 
andern Gestalt. Lind wiederum andere sind die Wolken 
des Frühlings, andere des Sommers, andere des Herbstes, 
andere des Winters; ferner andere in flachen Gegenden, 
andere in Gebirgen, andere in der Nähe des Meeres, andere 
tief landeinwärts. Das Charakteristische an diesem Allen 
sich scharf zu merken, ist dem Dichter höchst nöthig« 
(S. 121). Solche Worte mussten Goethe wahrhaft ent- 
zücken, der immer wider betont hatte, wie schwer es sei, 
die Dinge wie sie sind zu sehen, der nicht müde ward, 
die »Anschauung« zu preisen und zu empfehlen. 

Noch wichtiger aoer ist ein Zweites. So wenig wie 
man ohne Schulung richtig sehen kann, so wenig vermag 
man ohne sie richtig zu lesen. Man braucht nur den Brief- 
wechsel zwischen Schiller und Goethe aufzuschlagen, um 
verstimmte Anklagen gegen die stumpfe Art des Lesens, 
gegen das halbe Hinhören und ungenaue Aufnehmen zu 
treffen. Hier stösst nun aber Goethe auf ausführliche 
»Bemerkungen über das Verstehen des Dichters« (S. 99 f.). 
Er findet einen jüngeren Mann, der von der naiven Selbst- 
gefälligkeit, mit der der Durchschnittsleser meint Alles 
verstehen zu können, himmelweit entfernt ist. Ein Lehrer, 
wenn er ein .grosser Geist ist, begreift wohl die ver- 
schiedenen Gesichter seiner Zuhörer, aber das geistreiche 
Gesicht des Lehrers begreift von den Zuhörern nur dieser 
oder jener, den meisten Uebrigen ist es nicht lesbar, sie 



J. P. Eckermann. III 



achten auch nicht darauf (S. 107). »Was nun im Vor- 
stehenden von dem Lesen und Produciren der seelenvollen 
Schrift eines Gesichts gesagt ist, das gilt auch von dem 
Lesen eines Buchs. Auch der Leser muss produciren können^ 
wenn er den Schriftsteller verstehen will; was er von einem 
Buche nicht produciren kann, das bleibt tot. Die Geister 
eines Buchs ruhen gleichsam alle gebannt; der Leser muss 
Kraft haben, sie zu lösen, wenn er ihre Wirkung erfahren 
will. Nun haben gewisse lesende Individuen nur für ge- 
wisse Geister Kraft, alle Uebrigen bleiben in ihrem Bann. 
Je beschränkter das Individuum, desto weniger Geister 
eines Buchs werden frei werden, je grösser und vielseitiger, 
desto mehr« (S. 108). Noch heut sind diese Sätze aller 
Beherzigung werth; noch heut können wir, wieChamisso, 
den rechten Leser als »den Seltensten von Allen« anrufen. 
Goethe aber dürstete geradezu nach solchen Lesern; seit 
Schillers Tod besass er keinen mehr, der die Geister seiner 
Schriften aus dem Bann alle zu lösen gewusst hätte. Wört- 
lich wie Eckermann hatte er schon dem grossen Gefährten 
gegenüber jene Forderung erhoben, dass auch der Leser 
produciren müsse. »Uebri^ns habe ich, ausser einer ziem- 
lich allgemeinen reinen Zufriedenheit, nichts tröstliches 
von einem besondern Urtheil gehört,« meldet er (2. Mai 
1798) von Ifflands Gastspiel: »Wie wenige verhalten sich 
gegen den Künstler auch wieder productiv !« (Briefe 13, 131.) 

So hatte Eckermann sich, ohne es zu wollen, selbst 
als der musterhafte Leser, als »reines Gefäss« charakterisirt; 
und die rasche »Leseprobe« mit Goethes Recensionen und 
Aufsätzen konnte nur bestätigen, was der Falkenblick des 
Dichters aus der Handschrift des Büchleins herauslesen 
musste. 

Dieser Mann verstand es wirklich, nicht blos der Theorie 
nach, ein guter Leser zu sein. Goethe verlangte und durfte 
verlangen, dass man ihm gegenüberstehe wie er der Natur: 
so, dass ein gewaltiger Gesammteindruck sorgfältigste Einzel- 
beobachtung nicht ausschliesst, sondern fördert. Als Ganzes, 
als Einheit wollte er genommen werden. Schiller hatte 
ihn dadurch erobert, dass er in seinem grossen Brief das 
zum ersten Mal und in grossartiger Weise that ; Humboldts 
Aufsatz über Hermann und Dorothea hatte ihn kühl ge- 
lassen, weil ihm dies fehlte. Eckermann nun betonte mit 
allem Nachdruck Goethes Gesammtwirkung. Wenige haben 
sie vor ihm so entschieden gewürdigt : »Hätte Goethe sein 
nach vielen Seiten und Richtungen nin wirkendes Naturell 
bezwingen und immer nur sein poetisches Talent auf grosse 
imposante Stoffe verwenden wollen, so wäre er sicher im 
hohen Grade die Bewunderung der ganzen Nation, wie 



112 Abhandlungen. 



er es jetzt besonders nur derer ist, die ihn in seiner grossen 
Gesammtwirkung zu fassen vermögen. Wüsste aber die 
Nation ihr Bestes und könnte die Zeit reden, so würde 
sie ihm gerade dafür, dass er sich nicht einer einzigen 
grossen Bahn hingab, sondern nach vielen Richtungen hin 
sich versuchte und uns die Wege zeigte j nicht genug 
danken können. Er ist nun in mancher Hinsicht der Lehrer 
seines Volks und seiner Zeit, und das will mehr sagen, 
als wenn es hiesse, er ist der deutsche Sophocles, der 
deutsche Homer. Solche Namen sind bald ausgesprochen, 
sprechen wir aber den Namen Goethe aus, welcn eme Fülle 
von Wirkungen drängt sich da heran, die erkannt sein 
wollen«! (S. 35.) . 

Eine Wendung dieses Abschnitts polemisirt versteckt 
gegen Fr. Schlegels falsch-geistreiche Benennung Goethes 
als »deutscher Voltaire«, die schon Schubarth (Zur Beur- 
theilung Goethes, zweite Auflage I. S. xiv) abgewiesen 
hatte. Und zu der kunstphilosophischen Manier solcher 
Schlagwörter stellt Eckermann auch sonst sich in Gegen- 
satz. »Die Tendenz eines dichterischen Werkes lässt sich 
selten mit Einem Wort aussprechen« (S. 177). Deshalb gilt 
es, mit liebevoller Eindringlichkeit das Einzelne zu durch- 
suchen. Dass Eckermann dies gethan hat, macht die be- 
treffenden Abschnitte seines Bucnes noch heut werthvoll. 
Verständnissvoll anal3^sirt er die Wahlverwandtschaften 
(S. 150 f.) und hütet sich vor dem bequemen Fehler, alles 
Weh der Gestalten aus Einem Punkte zu kuriren: »Wir 
haben oben gesagt, das Unheil in den Wahlverwandtschaften 
gehe hervor aus dem Beispiel des Grafen und der Baronesse; 
ferner, es gehe von der heillosen Umarmung jener Nacht, 
es gehe vom Kinde aus; endlich, es gehe aus von dem 
ungebändigten Charakter Eduards. So könnte man ferner 
sagen, es gehe vom Hauptmann und von Charlotten aus. . . 
Ferner könnte man sagen, das Unheil gehe hervor aus 
der kindlichen Bewusstfosigkeit Ottiliens. Und an Allem 
ist etwas daran, am Einen mehr, am Andern weniger. Und 
alles Dieses beweiset, dass das Unheil begründet ist in der 
Gesammtnatur aller Charaktere und in der Zusammen- 
Wirkung aller Umstände auf diese« (S. 178). Er warnt vor 
dem nie aussterbenden Fehlgriff", dem Verfasser jeden Aus- 
spruch seiner Figuren zur Last zu legen (S. 152). Und wie 
er hier ein einzelnes Werk unbefangen durchforscht, so 
geht er sonst durch ganze Reihen aer Technik Goethes 
nach. Er illustrirt an nübschen Beispielen, wie der Dichter 
seine Bilder aus der Sphäre der Erfahrungen seiner Personen 
nimmt: »So sagt der Fischerknabe, der täglich mit seinem 
Taschenmesser zu thun hat: 



J. P. Eckermann. 113 



Blicke sinken, Worte stocken, 
Wie ein Taschenmesser schnappt 
Fasste sie mich in die Locken 
Und das Bübchen war ertappt. 

So der Knabe im Divan: 

Und so schläft nun aller Vogel 

In dem gross und kleinen Neste« (S. 274). 

Er zeigt in einer Anzahl von Beispielen (S. 284 f.), wie 
Goethe es anfängt, den poetischen ueist zur Verkörperung 
zu bringen. Und wie er hier Viehoffs empirischer Poetik 
vorarbeitet, so findet sich Victor Hehns Ausführung über 
die Lebensformen bei Goethe schon kurz vorgedeutet, wenn 
er in einer inhaltreichen Umschreibung der poetischen Welt, 
durch deren Zeichnung der Dichter erfreut (S. 203 f.) auf 
die Individualität der verschiedenen Stände besonders hin- 
weist (S. 225). Dieser ganze Theil ist übrigens wohl der 
gelungenste des Werkchens; die Aufzählung der dem Leser 
angenehmen Dinge in der Poesie ist lehrreich und lebens- 
voll. Auch wenn man nicht wie Goethe im Beginn seiner 
Epistel, wie Eckermann, wie Scherer in seiner Poetik die 
Erhöhung der menschlichen Lebensfreude als Aufgabe der 
Poesie ansieht, wird man hier lernen, wie oft sie that- 
sächlich deren Gegenstand ist. Viel schwächer ist das 
Gegenstück, über die sittliche Veredelung als Zweck der 
Poesie (S. 234 f.). Wenn dies aber schon seines Inhalts 
wegen auf Goethes lebhaftesten Widerspruch stossen musste, 
so -entnahm er daraus wohl nur, dass der Autor zum 
Philosophiren weniger als zum Beobachten geeignet sei. 
Wie fem weist Eckermann (S. 27 O auf die eigenthüm- 
liehe Atmosphäre jeder einzelnen Dichtung Goethes hin: 
»Man denke sich nur einen Charakter aus dem Götz 
versetzt in den Tasso, oder aus dem Egmont in die Iphi- 
genie, oder aus dem Meister in die Wahlverwandtschaften, 
und man wird sogleich fühlen, wie nahe und innig jeder 
Charakter dem V7erke angeschaffen ist, in welchem wir 
ihn nun einmal finden.« Wie sinnig weiss er den eigen- 
artigen Toncharakter bestimmter Gedichte wie: »Ueber 
allen Gipfeln ist Ruh« zu schildern (S. 276)! Verglich 
Goethe diese Beobachtungen mit den ins Unfassbare ver- 
flatternden Speculationen der philosophischen Aesthetik 
seiner Zeit, so mochte er wohl den guten Eckermann wie 
einst Eckhel und Chladni unter die GlückseUgen rechnen, 
»welche auch nicht eine Ahndung haben, dass es eine Natur- 
philosophie gibt, und die nur mit Aufmerksamkeit suchen 
die Phänomene gewahr zu werden, um sie nachher so gut 
zu ordnen und zu nutzen als es nur gehen will, und als 

Goethe-Jahrbuch XVII. 3 



I 14 Abhanolungek. 



ihr angebornes, in der Sache und zur Sache geübtes Talent 
vermag« (An Schiller 26. Januar 1803). 

Bei all diesen Vorzügen, die in der That Eckermanns 
»Beiträge« vor gänzlichem Vergessen hätten schützen sollen, 
würde Goethe über das allgemeinste Wohlwollen schwer- 
lich herausgegangen sein, wäre ihm Eckermann zu einem 
andern Zeitpunkt begegnet. Nun aber, und dies ist die 
Hauptsache, suchte er seit lange gerade solch eine Natur, 
wie sie sich ihm hier darstellte. 

Goethe hatte mit seiner Entwickelung abgeschlossen. 
Er betrachtete seine Persönlichkeit als ein fertiges Kunst- 
werk, an das er die Kosten seines Lebens gesetzt habe, 
und es ward sein höchstes Interesse, dieses grösste Kleinod 
seiner Schatzsammlung der Nachwelt treulich zu erhalten. 
Vor allem dienen dieser Aufgabe die biographischen Auf- 
zeichnungen, deren Kette 18 12 mit dem ßegmn von Dichtung 
und Wahrheit eröffnet wird, und denen allerlei Hilfsmittel 
wie die zu Portraits gern gewährten Sitzungen zur Unter- 
stützung dienen. Er schiebt dem »freundlicnen Ansinnen« 
naher und ferner Freunde die Verantwortung für die »Lebens- 
bekenntnisse im Auszug« zu (Hempel 29, 330); in Wirk- 
lichkeit war er selbst der Hauptförderer aller dieser Be- 
strebungen. Etwa seit dem Jahre 1819 — das Goethe selbst 
an der letzgenannten Stelle zum Grenzstein macht — gibt 
es eine Goethe-Philologie, die des Dichters lebhaften Antheil 
und entschiedene Gunst geniesst. 

Ihre Anfänge waren freilich schon länger da. Jener 
grossartige Brief Schillers, jener geistreiche »Versuch« 
Wilhelms v. Humboldt gehören schon ganz eigentlich der 
wissenschaftlichen, auf volles Verständniss Goethes gerich- 
teten Thätigkeit an; wogegen es Spielerei wäre, etwa auf 
Mercks berühmte Formel oder gar auf Behrisch's Bemühung 
als »Herausgeber« des nun wieder aufgefundenen »Buches 
Annette« zurückzugehen. Aber erst die italienische Reise 
weckte eine systematische Arbeit auf diesem Gebiet. Nun 
kam 18 17 Schubarths erster »Versuch«, 18 18 und 1820 seine 
beiden Bände »Zur Beurtheilung Goethes,« 1819 Clemens 
»Goethe aus seinen Schriften;« 1820 erläutert Kannegiesser 
die »Harzreise im Winter.« Dann folgte 1821 Zauper mit den 
»Grundzügen einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik, 
aus Goethes Werken entwickelt«, und 1822 mit den »Studien 
über Goethe ;« im gleichen Jahr sendet Näke seine »Wall- 
fahrt nach Desenheim« und Fouqu^ schreibt »Ein Wort 
über Goethes Helden.« Das Jahr 1823 bringt noch wichtigere 
Erscheinungen: Varnhagens »Goetne in den Zeugnissen 
der Mitlebenden,« Immermanns »Brief an einen Freund über 
die falschen Wanderjahre« (dem 1822 das »Trauerspiel von 



J. P. Eckermann. II5 



Pater Brey« vorangegangen war), und eben Eckermanns 
»Beiträgen. 1824 erscheint die erste selbständige Erläute- 
rungsschrift zum Faust von Göschel; 1828 schickt Tieck die 
Studie über »Goethe und seine Zeit« der Lenz-Ausgabe vor- 
aus; im selben Jahr erscheinen Nicolovius »Ueber Goethe« — 
und Carlyles Aufsatz in der Foreign Review. 1830 schreiben 
Schubartn und Weisse über den Faust. Mit Goethes Tod 
beginnt dann eine neue Aera von Goethe-Schriften. 

Ich habe hier fmit Benutzung von Max Kochs Biblio- 

fraphie bei Goedeke § 2^40 nur die wichtigsten unter 
en Vorläufern der Goethe-rhilologic genannt. Man er- 
kennt schon aus der kleinen Uebersicht, dass gerade auf 
die Jahre von 18 18 — 1823 sich eine erste Hocnfluth von 
Goetheschriften vertheilt — gerade auf die Jahre, in denen 
Goethe, wie man sagen kann, den zukünftigen, ihm noch 
unbekannten Eckermann erwartete. 

Wie stellte sich nun der Dichter selbst zu diesen Be- 
mühungen? 

Charakteristisch genyg. Er ermuntert die Verfasser, 
kommt ihnen zu Hilfe, sucht ihre persönliche Bekanntschaft. 
Er schreibt in den Annalen von Schubarth, dass ihm seine 
persönliche Bekanntschaft höchst angenehm war: »die 
Neigung, womit er meine Arbeiten umfasst hatte, musste 
mir ihn lieb und werth machen.« (Weim. Ausg. 36, 178.) 
Durch Kannegiessers »theilnehmende Anfrage aufgeregt« 
{ebd.), schreibt er selbst einen Commentar zu jenem »ab- 
strusen Gedicht«, schliesst ihn aber mit herzUchen Dankes- 
worten an den »werthen Kommentator,« dessen »kleine 
gehaltreiche Arbeit man durchaus billigen und mit Dank 
erkennen darf« (Hempel i, 154). Näkes Zuschrift erwidert 
er mit einem klemen Aufsatz, in dem des »theilnehmenden 
unterrichteten Mannes« mit Dank gedacht wird (Hempel 2^, 
356). Vor allem sind aber der Brief an Schubarth und die 
Aeusserung über Zauper bezeichnend. An den Ersten schreibt 
^r (Zur Beurtheilung Goethes II, 7): »Verharren Sie beim 
Studium meines Nachlasses: dies rathe ich, nicht weil er von 
mir ist, sondern weil Sie darin einen Complex besitzen von 
Schriften, Gedanken, Erfahrungen und Resultaten, die aufein- 
ander hinweisen, wie Sie schon selbst so freundlich und ein- 
sichtig dargestellt haben.« Und über Zauper heisst es in den 
Tag- und Jahresheften 1821 (Weim. Ausg. 36, 195): »Zaupers 
•Grundzüge einer deutschen theoretisch-praktischen Poetik 
brachten mich mir selbst entgegen und gaben mir, wie aus 
einem Spiegel, zu manchen Betrachtungen Anlass. Ich 
sagte mir: da man ja doch zum Unterrichte der Jugend 
lind zur Einleitung in eine Sprache Chrestomathien an- 
^vendet, so ist es gar nicht übel gethan, sich an einen 

8* 



1 1 6 Abhandlungen. 



Dichter zu halten, der mehr aus Trieb und Schicksal denn 
aus Wahl und Vorsatz dahin gelangt, selbst eine Chresto- 
mathie zu sein ; denn da findet sich im Ganzen doch immer 
ein aus dem Studium vieler Vorgänger gebildeter Sinn und 
Geschmack . . . Dem guten Zauper sagte ich Manches, 
was ihm förderlich sein konnte, und beantwortete seine 
Aphorismen, die er mir im Manuscript zusendete, mit kurzen 
Bemerkungen, für ihn und Andere nicht ohne Nutzen.« 
Man sieht, er bemüht sich, Schubarth und Zauper beim 
Studium seiner Werke festzuhalten. Desshalb macht er 
auch Beide besonders darauf aufmerksam, dass dies ihrer 
eigenen Ausbildung förderlich sein müsse: »Dieses be- 
schränkt keineswegs den jüngeren Mann, der einen solchen 
Gang nimmt, sondern nöthigt ihn, wenn er sich lange 
genug in einem gewissen ICreise eigensinnig umher ge- 
trieben hat, zum Ausflug in die weite Welt und in die 
Feme der Zeitalter, wie man an Schubarth sehen kann,« 
heisst es in den Annalen, und an Letzteren selbst hatte er 

feschrieben: »Eine productive Bildung, die aus der Einheit 
ommt, ziemt dem Jüngling, und selbst in höheren Jahren, 
wo wir unsere Fortbildung mehr historisch, mehr aus der 
Breite nehmen, müssen wir diese Breite wieder zur Enge, 
wieder zur Einheit heranziehen.« 

Es ist ganz offenbar: Goethe wünscht, dass geeignete 
Kräfte sich eine Zeitlang ganz speciell dem Studium seiner 
Schriften widmen. Auch nachdem er Eckermann gewonnen 
hatte, erlosch dieser Wunsch nicht. Er zeigt in kleinen 
Aufsätzen die Bücher von Varnhagen und Nicolovius an 
(Hempel 29, 358 Q und wünscht yamhagens Werk durch 
ein GegenstücK »Goethe in den misswollenden Zeugnissen 
der Mitlebenden« vervollständigt. Aber wir sehen nicht, 
dass er seine persönUchen Beziehungen zu Beiden — die 
doch besonders bei Nicolovius vertraute waren — benutzt, 
um ihnen eine fortgesetzte Durcharbeitung seiner Schriften 
zu empfehlen. Denn er hat jetzt eben den Mann, den er 
suchte, gefunden. Zauper oder Schubarth hätten dieselbe 
Stelle emnehmen können, die Eckermann thatsächlich er- 
rang. Goethe bot sie ihnen so gut wie ihm an. Einen vierten 
Mann, der sie alle überragte, vermisste Goethe später mit 
Wehmuth unter den Candidaten: Solger, der seine Arbeiten 
so zart und schön aufgenommen, obwohl er mit ihm nie 
in ein näheres Verhältniss getreten (Hempel 29, 218); 
es war Goethe leid, dass er ihm nie auf seine Zuschriften 

feantwortet (Gespräche 6, 33). Er macht übrigens bei 
ieser Gelegenheit eine Bemerkung, die unserer Auffassung 
der Briefe an Zauper und Schubarth gut zu Hilfe kommt. 
Nie habe er phrasenhafte Dankbriefe verfasst. »Wenn ich 



J. P. Eckermann. I17 



nicht Jemand etwas Besonderes und Gehöriges sagen konnte, 
wie es in der iedesmaligen Sache lag, so schrieb ich lieber 
gar nicht.« Wir dürfen also auch jene Aeusserungen nicht 
als allgemeine Höflichkeiten auffassen: sie sagten etwas 
Besonderes, es waren Werbebriefe. 

So lebhaft war Goethe bemüht, einen Eckermann zu 
erobern, dass er auf die specielle Veranlagung gar nicht 
zu genau sah. Der Umstand eenügte, dass einer liebevoll 
sich in seine Schriften versenkt hatte. Greifen wir nur 
den Bedeutendsten unter jenen dreien heraus: Schubarth. * 
Freilich enthält auch seine Erstlingsschrift Manches, was 
Goethe genehm sein musste. Auch er hat die Idee der 
Selbstüberwindung an die Spitze gestellt (i, 126. 287) und 
zwar gerade in Verbindung mit den »Wahlverwandtschaften«, 
deren liebevolle Würdigung Goethe Solgern so hoch an- 
rechnet ; er theilt des Meisters Antipathie gegen die fran- 
zösische Revolution, die er mit leidenschamichen Worten 
»einen Pfuhl des Unvernünftigen und Tollen« nennt (S. 262^ 
er lehnt die turnerische Wichtigthuerei wie Goethe ao 
(i, 281) und man könnte noch Manches anführen. Aber 
wie unendlich steht er doch von Goethe ab, wenn er 
in obskurantischem Eifer allen prometheischen Schafl^ens- 
drang, alle faustische Wissbegier als schlechtweg tadelns- 
werth hinstellt, wenn er sich zum Anwalt Mephistos 
macht und dem »unendlichen Prozess alles Wissens« nur 
einen »durchaus unsittlichen Charakter abgewinnen« kann! 
(i, 267! Wie sollte über die mit Leidenschaft hervor- 
gesprudelte Ansicht, der Mensch sei nur zum Handeln da, 
nur auf Glauben und Vollbringen Ti, 325) angelegt, der 
Dichter denken, der so nachdrücklich gepredigt: »Denken 
und Thun, Thun und Denken, das ist die Summe aller 
Weisheit, von jeher anerkannt, nicht eingesehen von einem 
Jeden. Beides muss wie Aus- und Einathmen sich im Leben 
ewig fort hin und wieder bewegen; wie Frage und Ant- 
wort sollte Eins ohne das Andere nicht stattfinden.« 
(Wanderjahre, Hempel 18, 26O? Und wenn Schubarth auf 
Piatons »bettlerische Armseligkeit« schilt (i, 255, vgl. 2, 268), 
wie musste der Mann das aufnehmen, der in der Geschichte 
der Farbenlehre Piaton das herrlichste Denkmal errichtet? 
Aber selbst wo er mit dem Jüngeren im Grunde einver- 
standen sein mochte, wie bei dessen Kampf gegen Kant 
(i, 218) und die Naturphilosophie (i, 214), gegen die 
»anmassliche Richtung historischer Studien« (i, 171), gegen 
die Romantische Schule (2, 164 f.) — musste ihn da nicht 
der Ton abschrecken, mit dem der Zwanzigjährige nur 
überall »Unsinn«, »Verkehrtheit«, »Unsittlichkeit« sieht? 
Diese ganze Vortragsart, die auf kurze Kanzelvorträge 



1 1 8 Abhandlungen. 



dogmatische Auseinandersetzungen folgen lässt, diese Un- 
fehlbarkeit und dünkelvolle Selostherrlichkeit wäre sonst 
wohl so beurtheilt worden, wie des Baccalaureus Auftreten 
im »Faust«. Statt dessen finden wir bei Goethe nur auf- 
munternde Worte. Auch der direkte Widerspruch, gegen 
den Goethe sonst empfindlich war — hier stört er ihn 
nicht; und doch hat Schubarth einmal eine Wendung des 
greisen Meisters, »die Phrase eines sehr jungen, naseweisen 
Geschlechts« gescholten ! (i. 283.) So nnden wir bei 
* Schubarth nicht einmal die liebevolle Ergebung, die nur 
mit Schmerzen widerspricht: Offenheit ist solch ein Ton 
nicht zu nennen, vielmehr ist das die bei uns einheimische 
Unart, dass der Jüngere auch dem verehrtesten Lehrer hin 
und wieder eine Ungezogenheit entgegenwerfen muss, ura 
seine »Unabhängigkeit« zu bekunden. Desshalb fehlte ihm 
auch der congeniale Spürsinn, der ihn den Schluss des 
Faust hätte errathen lassen müssen, wie D. Jacoby in seiner 
^vielleicht etwas allzu freundlichen) Besprechung Schubarths 
^A. D. B. ^2, 611) her\'orhebt. Freihch hat Schubarths 
Ueberweisheit anianglich sogar herausgefunden, Faust und 
Pandora seien nicht etwa, weil sie im ästhetischen Sinn 
unvollendet seien, »Erste Theile« überschrieben: »sondern 
der höchste Inhalt ist gemeint« (i, 238). 

All diese Mängel, all diese abstossenden Unarten des 
Buches werden nicht einmal durch den positiven Inhalt 
aufgewogen. Gewiss ist Vieles geistreich, so die Nachweise 
über die beständige Abhängigkeit der Philosophie vom 
Zeitcharakter (2, 127 f.^; gewiss zeigt sich oft eine über- 
raschende Tiefe in der AufSssung Goethischer Werke. Aber 
an solchen Dingen fehlt es z. B. in Immermanns Schutz- 
schrift für den ;; Wilhelm Meister« auch nicht; und doch 
hat sie ihrem Verfasser nie Goethes Sympathie erwerben 
können. Schubarth konnte sie erwerben, weil er mit dem 
»Complex an Gefühlen, Gedanken, Erfahrungen und Resul- 
taten, die auf einander hinweisen«, weil er mit Goethes 
Gesatnmtwirken sich vertraut zeigte. Und deshalb, wir 
wiederholen es, suchte Goethe ihn wie Zauper, wie Ecker- 
mann an sich zu fesseln. 

Man wende nicht ein, Goethe spreche davon ja gar 
nicht; er gebe ihnen nur Winke, die sie für die eigene 
Ausbildung nützen sollten. »Unser Meister«, hat Goethe 
selbst gesagt, »ist Derjenige, unter dessen Anleitung wir 
uns in einer Kunst fortwährend üben und welcher uns, 
wie wir nach und nach zur Fertigkeit gelangen, stufen- 
weise die Grundsätze mittheilt, nach welchen handelnd wir 
das ersehnte Ziel am Sichersten erreichen. In solchem Sinn 
war ich Meisler von Niemandi^ (Hempel 29, 230). Von 



J. P. Eckermann. II9 



Niemand, und also auch nicht von Eckermann, der doch 
lange Jahre willig Goethes Anleitung genoss. Und in der 
That — fragen wir, ob Eckermann denn diese Erziehung 
zum »ersehnten Ziel« geführt habe, so werden wir das nur 
verneinen können. Zum Künstler ist er wohl geworden — 
zu einem Dichter, wie er es erstrebte, nicht. Haben die 
»Beiträge« uns gezeigt, dass man den getreuen Mann für 
gewöhnlich doch wohl. unterschätzt, dass es ihm an eigenen 
Gedanken, an feiner Beobachtungsgabe, an methodischem 
Sinn keineswegs gebrach, so müssen wir uns hüten, seine 
Gedichte aufzuschlagen: allzurasch könnte dann das Zerr- 
bild, das Heine und die Tradition aus Goethes Schatten 
feformt haben, wieder als berechtigt erscheinen. Man 
enke, dass es ein Mann war, mit dem Goethe fast ein 
Jahrzehnt lang literarische Kritik, poetische Leetüre, Er- 
örterungen über Stil und Form getrieben hatte, der z. B. 
folgende Strophe schrieb: 

An dem Fusse der Vulcane 

Wenn ein Volk sich angebaut, 

Oder nah dem Oceane 

Kühn zu siedlen sich getraut. 

Dann durch Feur- una Wasserschwalle 

Tausende wenn sie vergehn. 

Glaubt der Mensch in solchem Falle 

Ihn zu strafen seis geschebn (Gedichte S. 189). 

Mit solchen Versen verherrlichte Eckermann 1829 König 
Ludwigs Auftrag an Stieler, Goethes Portrait zu malen! 

Goethe hat nicht umsonst in dem Aufsatz »Ferneres 
zur Weltliteratur« (Hempel 29, 674 f.^ die Nothwendigkeit 
des Egoismus betont für den, der sich im Gedränge be- 
haupten wolle. Um seine Persönlichkeit, um sein Lebens- 
werk zu retten, musste er Opfer fordern. Der alte Faust, 
der als freier Mann auf freiem Boden stehen will, braucht 
dienende Spaten. Für sich begehrte Goethe die Helfer, für 
seine letzte Aufgabe. Und zwar war der Beruf, den er ihnen 
zudachte, zunäcnst ganz praktisch gedacht: er wollte sich 
Herausgeber für die Gesammtausgabe erziehen. Schubarth 
war neben Riemer hierfür bestimmt, Eckermann erbte den 
Auftrag. Er musste ihn erben: sein Manuscript sprach es 
zu deutlich aus, wie sehr er sich dafür eigne. Gleich stellte 
ihn Goethe deshalb auf eine weitere Probe : er übergibt ihm 
die Frankfurter Gelehrten Anzeigen. Lockt doch noch heut 
die Aufgabe, Goethes Antheil herauszufischen, den philo- 
logischen Ehrgeiz! Und wie charakteristisch sind die Be- 
gleitworte: »Da Sie meine Art und Denkungsweise kennen, 
so werden Sie sie schon aus den übrigen heraus finden. 



I20 Abhandlungen. 



Ich möchte nun, dass Sie diese Jugendarbeiten etwas näher 
betrachten und mir sagten, was Sie davon denken. Ich 
möchte wissen, ob sie werth sind, in eine künftige Ausgabe 
meiner Werke aufgenommen ^u werden. Mir selber stehen 
diese Sachen viel zu weit ab, ich habe darüber kein Urtheil. 
Ihr Jüngern aber müsst wissen, ob sie für euch Werth 
haben und in wiefern sie bei dem jetzigen Standpunkte 
der Literatur noch zu gebrauchen.« Man beachte wohl: 
Eckerniann hatte nicht etwa die erste Auswahl zu treffen, 
Goethe hatte bereits von den Recensionen, die aufgenommen 
werden sollten, Abschrift nehmen lassen. Er sollte nur 
seinerseits auswählen, damit Goethe sein Urtheil mit dem 
des Jüngern Mannes vergleichen könnte. — Die Arbeit, die 
Eckermann zu »Kunst und Alterthum« aufgetragen ward, 
ist eine allgemeinere Prüfung, gleichzeitig aber allerdings 
eine wirkliche Hilfsleistung. Aber nicht auf diese war es 
zuerst abgesehen; Düntzer hebt vor seiner Ausgabe mit 
Recht hervor, dass Eckermann nie Goethes »Secretär« war. 
Hierzu genügten beliebige Schreiber; für den Herausgeber 
der Werke waren ganz andere Bedingungen zu stellen. 
Wir bedenken es nicht genug, wie schwer seine Aufgabe 
war. Dem universalsten Geist auf allen Wegen zu folgen, 
seine Andeutungen richtig aufzufassen, seinen Willen her- 
auszuhören, wo er nur versteckt ausgesprochen war, zu 
sammeln, auszuscheiden, zu ordnen, als stände er hinter 
seinem Testamentsvollstrecker — das war ein Beruf, für 
den gewiss Alles verlangt werden musste, was Eckermann 
besass. 

Unser Dank wäre nicht klein, hätte er nur mit Riemer 
gemeinschaftlich dies Vermächtniss erfüllt. Aber sein guter 
CJenius gab ihm eine zweite, noch bedeutendere Aufgabe. 

Schon in meiner Goethe-Biographie habe ich (S. 466) 
darauf hingedeutet, welche Wichtigkeit für den gealterten 
Dichter das Gespräch gewann und habe auf die Worte 
Angelas in den Wanderjahren (Weim. Ausg. 2/l 187) ver- 
wiesen: »Meine Herrin (Makarie') ist von der Wichtiskeit 
des augenblicklichen Gesprächs nöchlich überzeugt; aabei 
gehe vorüber, sagt sie, was kein Buch enthält, und doch 
wieder das Beste, was Bücher jemals enthalten haben. 
Desshalb machte sie mirs zur Pflicht, einzelne gute Gedanken 
aufzubewahren, die aus einem geistreichen Gespräch, wie 
Samenkörner aus einer vielästigen Pflanze hervorspringen. 
Ist man treu, sagt sie, das Gegenwärtige festzuhalten, so 
wird man erst Freude an der Ueberlieferung haben, indem 
wir den besten Gedanken schon ausgesprochen, das liebens- 
würdigste Gefühl schon ausgedrückt finden.« So soll »Maka- 
riens Archiv« entstanden sein. Goethe selbst zeichnete in 



J. P. Eckermann. 121 



seine Tagebücher gern abgerissene Worte aus Unterhal- 
tungen, auch wohl Anekdoten ein. Aber es bedurfte gewiss 
der Winke des Dichters nicht, um Eckermann, wie so viele 
vor ihm (Düntzer S. XIII nennt den Kanzler Müller, Riemer, 
Holtei) zur Aufzeichnunjg seiner Gespräche mit Goethe zu 
veranlassen. Goethe sah »von diesen Conversationen hin 
und wieder einige Bogen,« er schenkt dem Unternehmen 
Beifall und ermuntert Eckermann, fortzufahren. Er sah die 
Bogen auch wohl durch und verbesserte. An eine Ver- 
öffentlichung braucht er desshalb noch nicht gedacht zu 
haben; es war etwa ein Verhältniss wie 1870 zwischen Bis- 
marck und Moritz Busch : der Grosse sah den Bemühungen 
des Kleinen mit Wohlwollen, und doch wohl auch mit etwas 
Ironie zu. Wie Düntzer (a. a. O.) wohl gewiss richtig ver- 
muthet, gab Medwins 1824 erschienenes »Journal of the 
Conversations of Lord Byron« der Sache eine andere Wen- 
dung. Sie sprachen über dies Buch (24. Februar 1825^, 
Goethe schrieb dazu (26. März 1826). Ein Engländer m 
Weimar übersetzte einige von Eckermann niedergeschriebene 
Gespräche und bot sie Byrons Verleger, Murray, an. Aber 
Goethe bestimmte seinen Famulus, dße Gespräche erst einige 
Jahre nach seinem Tode erscheinen zu lassen. Jedoch als 
Eckermann nun auf der unglücklichen Reise mit August 
von Goethe an Alles zurückdenkt, was er daheim gelassen 
hat, da fühlt er die Verpflichtung ganz, andern das Glück 
der Theilnahme an diesen Unterredungen zu verschaflFen. 
Am 12. September 1830 kündigt er Goethe diese Absicht 
officiell an. Aber erst 18^6 erschien das Werk, so dass 
es inzwischen auch von Coleridges 1835 veröffentlichtem 
»Table-Talk« überholt worden war; und erst 1848 kam 
der dritte Theil heraus, den nur Sorets uneigennützige 
Freundschaft ermöglicht hatte. Wie wenig glänzend der 
äussere Erfolg wai\ kann man in Düntzers tinleitung nach- 
lesen. Der arme Eckermann ist im Leben ein Opfer seiner 
Treue geworden und hat zum Schaden oft noch den Spott 

Eeerntet. Auf die Dauer zeigte es sich doch, dass er seine 
ebensarbeit gut angewandt natte : sein Werk brachte ihm 
Unsterblichkeit und den Dank von Tausenden. Und jedes 
Wort, das man zu seinem Ruhm spricht, ist zugleich eine 
Anerkennung für Goethes wunderbare Sicherheit des Blicks 
und rasche Energie. Eckermann war ganz sein Werk, man 
darf sagen, sein lang und sorgsam vorbereitetes Werk. 




3- 

Der Erdgeist im Faust. 

GESPRÄCH ZWEIER GOETHEFREUNDE. 
Von 

Georg Witkowski. 




I ir sind uns darin einie, dass die Auffassung des 
Erdgeistes und des Verhältnisses, in dem Faust 
und Mephistopheles zu ihm stehen, für das 
Verständniss der goethischen Dichtung einer der wichtigsten 
Punkte ist. Sie kennen die Stellung, die ich zu dieser Frage 
einnehme. Meiner Ansicht nach aient die Erscheinung des 
Geistes nach dem Eingangsmonolog nur dazu, die erste 
Phase in Fausts Leben, die von dem jugendlichen Streben 
nach Lösung des Welträthsels ausgefüllt wird, zu schliessen, 
Faust durch Vernichtung aller Hoffnung, dieses Ziel zu 
erreichen, noch tiefer als zuvor verzweifeln zu lassen und 
ihn dadurch für den Bund mit dem Bösen reif zu machen. 
Eine Verbindung zwischen Erdgeist und Mephisto, wie sie 
von so vielen Seiten angenommen wird, erscheint mir schon 
um deswillen ausgeschlossen, weil der Erdgeist der »Lebens- 
und Thatengenius« ist, während Mephisto sich selbst als 
den Geist der Zerstörung bezeichnet. Wer sich ihm über- 
gibt, muss zu Grunde gehen, der Erdgeist aber ist nach 
seiner eigenen Schilderung eine schaffende und erhaltende 
Kraft. 

Der »erhabene Geist«, den Faust in der Scene Wald 
und Höhle anredet, der ihm sein Angesicht im Feuer zu- 



Der Erdgeist im Faust. 123 

gewendet hat, ist nicht der Erdgeist. Die Anrede passt 
nicht zu der Erscheinung der ersten Scene. Sie zeigt sich 
nach der scenischen Anweisung im Urfaust »in widerlicher 
Gestalt«, sie wird von Faust angeredet »schreckliches 
Gesicht« und als geringer dem Geiste des Makrokosmus 

feg^nübergestellt. Auch die Wohlthaten, die Faust von 
em hier gepriesenen erhabenen Geiste empfangen hat, 
können niclit vom Erdgeiste ausgehen, weil sie zum Theil 
über seine Machtsphäre hinausgreifen. Vielmehr ist unter 
dem erhabenen Geiste Gott zu verstehen, der Faust die 
Kraft verliehen hat, die Natur zu fühlen und zu geniessen. 
Der Ausdruck, Gott habe ihm sein Angesicht im Feuer 
zugewendet, ist bildlich aufzufassen, wie m »Hermann und 
Dorothea« V. Ges., v. 235 ff.: 

O, wir anderen dürfen uns w^ohl mit jenen vergleichen. 
Denen in ernster Stund' erschien im feurijgen Busche 
Gott der Herr; auch uns erschien er in Wolken und Feuer. 

Der ganze Monolog schliesst sich eng an das Buch 
Hiob, ebenso wie der Prolog im Himmel. Und wie im Prolog 
von einer Erwähnung des Erdgeistes nicht die Rede ist, 
vielmehr Faust unmittelbar vom Herrn dem Mephistopheles 
für die Zeit seiner Erdenlaufbahn übergeben wird, so darf 
auch hier, soll das im Prolog angeschlagene Thema durch- 
geführt werden, keine fremde Gewalt sich einmischen. 
Die Beziehung dieser Stelle auf den Erdgeist ist meiner 
Meinung nach unmöglich. 

B.: Ehe ich das von Ihnen zu Gunsten Ihrer Ansicht 
Angeführte erörtere, möchte ich fragen, wie Sie sich zu der 
zweiten Stelle, wo Faust eine frühere Erscheinung erwähnt, 
verhalten, zu den Worten: »Grosser, herrlicher Geist, der du 
mir zu erscheinen würdigtest, der du mein Herz kennst 
und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich 
schmieden, der sich am Schaden weidet und am Verderben 
sich letzt?« 

A.: Auch hier ist die Erscheinung bildlich als Aus- 
druck für die von Gott an Faust vollzogene Läuterung 
aufzufassen, und natürlich sieht Faust, wie alles irdische 
Geschehen, auch seine Verbindung mit Mephisto als eine 
Schickung Gottes an. 

B.: Ich erlaube mir, dieser Auslegung Folgendes ent- 
gegenzuhalten. Einmal lässt die dualistische Weltanschauung, 
die der Faustsage und dem Faustdraraa in seiner endgiltigen 
Gestalt zu Grunde liegt, es nicht zu, dass Mephistopheles 
in Fausts Auffassung und in der des Lesers als von Gott 
abhängig erscheint; vielmehr müssen Himmel und Hölle 
sich als selbständige Mächte gegenüberstehen. Dann aber 



124 Abhandlungen. 



hat Faust gewiss nirgend so wenig Grund, sich der Er- 
scheinung (joues in dem von Ihnen angenommenen bild- 
lichen Smne, als Ausdruck für seine Erhebung aus der 
früheren moralischen und geistigen Dunkelheit, zu rühmen, 
wie in dieser Scene, wo er tiefer als je zuvor oder nachher 

Jesunken ist, nachdem er Gretchen verrathen und eben an 
en ünfläthereien der Walpurgisnacht theilgenommen hat. 
Auch ist die Anrede Gottes als »grosser herrlicher Geist« 
mindestens ungewöhnlich. 

A.: Aber wie kann der grosse herrliche Geist mit dem 
schrecklichen Gesicht identisch sein ? Und warum soll Faust 
nicht Gott so anreden können.^ »Gott ist ein Geist«, spricht 
schon der Evangelist Johannes Qb 24); Goethe nennt Gott 
den »ewigen Geist«, in den Zwo wichtigen biblischen 
Fragen, und vor allem : Halten Sie es fiir möglich, dass in 
derselben Scene Goethe einen andern Geist als Gott unter 
dem, der Mephisto in Hundsgestalt zurückverwandeln soll, 
verstanden habe? 

B.: Allerdings halte ich das für möglich, freilich unter 
der Bedingung, dass man den Wirkungskreis des Erdgeistes 
weiter zieht als Sie, und dass man annimmt, Faust habe 
nach der Erscheinung einen klareren Einblick in dessen Be- 
reich gethan, sich ihm durch den Eintritt in das thätige 
Leben, durch die Theilnahme an menschlichem Wohl und 
Wehe genähert. 

A.: Womit wollen Sie diese Annahme begründen? 

B.: Den ersten Punkt, der das Wesen des Erdgeistes 
betrifft, durch die Ueberlieferung, auf die Goethe sich bei 
dieser Gestaltung stützte und die Graffunder, der übrigens 
im Allgemeinen Ihre Ansicht theilt, in den Preussischen 
Jahrbücnem 1891 so schön nachgewiesen hat. Den alten 
Alchymisten bedeutete der Erdgeist die in allen irdischen 
Dingen waltende Lebenskraft, bei Goethe ist er die ewig 
schaflfende Kraft der Natur, der leblosen wie der belebten, 
auch des menschlichen Handelns, der Geschichte. Durch 
diese Kraft wird das Irdische in immer neuen Gestalten her- 
aufgeführt: »Geburt und Grab Ein ewiges Meer!« Mephisto 
kann sehr wohl von ihm ausgehen als eine von den an- 
treibenden, anreizenden Mächten, die im Dienste des Erd- 
geistes thätig sind, Zerstörung ist sein Element, aber er 
muss, wie er selbst sagt, als Teufel das Gute schaffen und 
er kann im Grossen nichts vernichten. 

Also ist die Vernichtung, die er herbeiführt, ebenso 
wie das Grab, von dem der Erdgeist spricht, nur eine Form 
des Werdens und daraus kein wesentlicher Gegensatz beider 
zu erschliessen. Und in der Theogonie am Ende des achten 
Buches von »Dichtung und Wahrheit« statuirt Goethe 



Der Erdgeist im Faust. 125 

geradezu einen Creator Lucifer, von dem die ganze Schöpfung 
ausging und dem sie folgen musste. 

Das ist zugleich auch die Erwiderung auf Ihre Be- 
hauptung, dass das Wesen des Erdgeistes mit dem des 
Mephistopheles als seines Dieners unvereinbar sei. 

A.: Aber der Prolog im Himmel! Da steht doch, wie 
Sie gerade vorhin hervorgehoben haben, Mephisto ganz 
selbständig Gott gegenüber, während doch, wenn Ihre Dar- 
stellung aes Sachverhalts richtig wäre, er vom Erdgeist 
abhinge und dieser eine Gott feindlich gesinnte Macht 
repräsentiren müsste, was nun und nimmer angenommen 
w^erden kann. 

B.: Diesen Einwurf muss ich als begründet anerkennen. 
Aber ich möchte Ihnen vorschlagen, den Prolog im Himmel 
vorläufig aus dem Spiele zu lassen; denn er ist ebenso 
wenig för Ihre wie fiir meine Meinung anzuführen! Sollte 
unter dem erhabenen Geist, dem grossen herrlichen und 
unendlichen Geist, den Faust an den entscheidenden Stellen 
anredet, Gott verstanden werden, so hätte der Herr die 
Abmachung der Wette im Himmel nicht eingehalten und 
direct in Fausts Erdenlaufbahn eingegriffen, deren Führung 
er doch ausdrücklich Mephisto üoerlassen hatte. So ge- 
rathen wir also, wenn wir den Prolog im Himmel mit 
dem Folgenden zusammenhalten, wie wir uns auch wenden 
mögen, in die gefährlichsten Widersprüche. Ja, wir müssen 
zugestehen, dass der Knoten auf dem Wege, den wir bis 
jetzt verfolgt haben, nicht zu lösen ist. Vielleicht bringt 
uns ein anderer dem Ziele näher. 

A.: Da bin ich begierig, nach welcher Seite Sie sich 
wenden werden. 

B. : Nach der, die allein auf festen Boden führt, nach 
der vielberufenen philologischen. 

In drei Schichten liegt der erste Theil des »Faust« 
vor uns : Urfaust, Fragment und die vollständige Dichtung 
von 1808. Die erste Schicht 1775 abgeschlossen, die zweite 
von 1788 bis 1790 daraufgelegt, die dritte sieben Jahre 
später unter dem massgeoenden Einflüsse Schillers be- 
gonnen. Mochte der Dichter bei der wiederholten Auf- 
nahme der Arbeit noch so fest gesonnen sein, das Werk 
in dem alten Geiste fortzuführen, der Goethe des Tasso 
und der Pflanzenmetamorphose, der Freund Schillers konnte 
nicht da wieder anfangen zu dichten, wo der Goethe des 
Werther aufgehört hatte. So tiefgreifende Umwandlungen 
seiner künstlerischen Grundsätze, seiner Weltanschauung, 
wie er sie inzwischen erfahren hatte, Hessen sich in einem 
Werke, das die höchsten Fragen wie kein anderes berührte, 
^nicht verhüllen. 



126 Abhandlungen. 



A.: Zubegeben; aber er hat an den Stellen, die sich 
auf den Erdgeist beziehen, im Fragment und später nichts 
zu ändern gefunden, während er doch sonst mit dem 
Bestände des Urfausts keineswegs schonend verfuhr. 

B.: Die Erklärung dafür wird sich aus der entwick- 
lungsgeschichtlichen Betrachtung der Frage ergeben. Be- 
ginnen wir also mit der ältesten Phase, die der Urfaust 
repräsentirt. Der Erdgeist ist dort, wie in allen späteren, 
ein Symbol der Naturkraft (den Umfang seines Bereichs 
wollen wir hier jetzt nicht erörtern). Er erscheint »in wider- 
licher Gestall«, überwältigend selbst für den Uebermenschen 
Faust. Dass dieses »widerlich« nicTit im üblichen Sinne des 
Wortes zu nehmen ist, beweist die grossartige, erhabene 
Schilderung seines Wesens und Wirkens, die er selbst 
gibt; es ist die ästhetisch unangenehme Wirkung der 
ungeheuren Erscheinung damit gemeint, ähnlich wie ein 
feinsinniger Dichter der Gegenwart die kolossalen Glieder 
der »Nacht« Michelangelos hässlich nennen konnte, den 
subjectiv unangenehmen Eindruck nicht dem bedrückenden 
Gefühl der eigenen Kleinheit gegenüber der Erscheinung, 
sondern dieser selbst, zuschreibend. Dieselbe abstossende 
Wirkung der machtvollen Natur auf den winzigen Menschen 
finden wir bei Goethe wieder in dem Wertherbriefe vom 
18. August, eine Stelle, auf deren Bedeutung für die richtige 
Auffassung der scenischen Anweisung meines Wissens 
zuerst der Amerikaner Calvin Thomas in seiner trefflichen 
Ausgabe des ersten Theils hingewiesen hat: »Und so taumle 
ich Deängstigt, Himmel und Erde und ihre webenden Kräfte 
um mich her: ich sehe nichts, als ein ewig verschlingen- 
des, ewig wiederkäuendes Ungeheuer.« So spricht der im 
Dunkeln tastende Mensch, der vergeblich nach dem Schlüssel 
zu den Räthseb der Schöpfung sucht, die riesengross und 
niederdrückend vor ihm steht. 

Das ist der Punkt, von dem sich Faust zum Erkennen 
des Erdgeistes erheben soll, welchen Zweck sollte sonst 
die mit so starker Betonung eingeführte Erscheinung haben? 
Sie sagen, sie soll Faust die Hoffnung, das Welträthsel zu 
lösen, rauben und ihn noch tiefer in Verzweiflung stürzen, 
um ihn für den Pakt mit Mephistopheles reif zu machen. 
Aber hat Faust auf das erste nicht schon verzichtet, als 
er vom Zeichen des Makrokosmus sich zu dem des Erd- 
geistes wendet, ist das zweite nach der Seelenpein, die 
sich in dem vorhergehenden ersten Monolog ausspricht, 
noch nöthig und muss nicht jeder von der erhabenen Er- 
scheinung, von ihrer gewaltigen Wirkung auf Faust positive 
Folgen fSr diesen erwarten? 

Worin mögen sie bestehen ? Doch wohl darin, dass 



Der Erdgeist im Faust. 127 

er den Erdgeist, dessen Wesen er im leidenschaftlichen 
Anstürmen nicht erkennen konnte, durch das Leben, unter 
schweren Kämpfen begreifen lernt, und so schliesslich zwar 
nicht ihm gleicht, aber doch vor der Natur als ein Mann 
steht, der ihr fest ins Auge zu blicken wagen darf. Sein 
»ideales Streben nach Einwirken und Einfühlen in die ganze 
Natur« soll zum Ziele gelangen. Das ist nur möglich, 
indem er aus der Studirstube ins Leben hinausgetneben 
wird und es in allen Höhen und Tiefen kennen lernt. Zu 
diesem Zwecke gibt ihm nach der ursprünglichen Con- 
ception, die der Urfaust verkörpert, der Erdgeist den 
Mephistopheles bei; er kann Fausts Sehnen nur erfüllen, 
wenn er ihn in tiefe Schuld versenkt; denn ohne grosse 
Sünde keine grosse Erkenntniss. Faust aber, der Last beinahe 
erliegend und das Ende des Weges nicht erblickend, weh- 
klagt: »Grosser herrlicher Geist, der Du mir zu erscheinen 
würdigtest, warum an den Schandgesellen mich schmieden?« 

A.: Sie nehmen hier ohne weiteres an, dass im Ur- 
faust Mephistopheles vom Erdgeist gesendet sei. Jedoch 
das müssen Sie erst beweisen. 

B. : Der Beweis liegt schon in dem Gesagten. Hat 
der Erdgeist im Urfaust die Bedeutung, die ich ihm zu- 
geschrieben habe, so kann nicht neben ihm eine andere 
Macht entscheidend auf Faust einwirken; Mephistopheles 
muss ihm untergeordnet sein. 

Auf welche Weise Goethe damals dessen Verbindung 
mit Faust herbeizuführen gedachte, das bleibt für uns im 
Dunkeln. Jedenfalls durch Beschwörung im Anschluss an 
die Tradition der Sage, auch in sofern sich ihr nähernd, 
als Mephisto keiner von den Grossen sein sollte, ein 
Elementargeist, worauf noch in der viel späteren Aus- 
führung aer betreffenden Partieen die Bescliwörung des 
Pudels hindeutet. Ob Faust durch ihn selbst von seinem 
Verhältniss zum Erdgeist erfuhr, ob er es nur vermuthungs- 
weise annahm, können wir nicht wissen. 

A.: Diese Hypothesen führen uns von der Hauptsache 
ab, von der beherrschenden Stellung, die der Erdgeist an- 
geblich in der ursprünglichen Conception eingenommen 
haben soll und für die mir das bisher von Ihnen Ange- 
führte keineswegs entscheidend dünkt. Genügt es nicht, 
wenn die Erscheinung, abgesehen davon, dass sie Fausts 
freilich bereits vorhandene Verzweiflung steigert, auch 
noch den Zustand der. Dunkelheit kennzeichnet, in dem 
er sich zu Beginn der Handlung befindet? 

B.: Das Urtheil darüber mag ein subjectives sein. Aber 
ich bin im Stande, Ihnen für meine Ansicht noch weitere 



128 Abhakdlungen. 



Gründe anzuführen, die, wie ich glaube, über jeder An- 
fechtung erhaben sind. 

In erster Linie berufe ich mich auf Beweismittel aus 
Goethes philosophischer und religiöser Entwicklung. 

A. : Können Sie diese Beweise wirklich als unanfecht- 
bar bezeichnen? Sind nicht Goethes Anschauungen so 
schwankend und wechselnd, dass aus ihnen das Verschieden- 
artigste herausdemonstrirt werden kann? 

B.: Freilich hat sich in Goethes Philosophie manche 
Wandlung vollzogen; aber doch immer so, dass sich eine 
Anschauung consequent aus der andern entwickelt. Und 
speciell für die letzten Frankfurter Jahre, auf die es hier 
vor allem ankommt, können wir die Einheitlichkeit und 
Festigkeit seiner WeltaufFassung auf Grund der vorliegenden 
Zeugnisse bestimmt behaupten. Es ist nicht denkbar, dass 
das grösste Werk, das diesen Jahren seine Entstehung ver- 
dankt, aus einer Anschauung heraus gedichtet wäre, die 
der des Dichters widerspräche. 

A.: Ich muss diese Art der Erklärung von vornherein 
ablehnen. Der jun^e Goethe war zu sehr Dichter, um 
etwas von seinen philosophischen Anschauungen ins Drama 
aufzunehmen, was sich nicht poetisch gestalten Hess, und 
desshalb kann auch nur diejenige Auslegung die richtige 
sein, die aus dem Drama selost entnommen ist. 

B. : Dieser Satz ist an sich ganz richtig; jedoch ist er nur 
auf die vollständige, ausgeführte Dichtung anwendbar, nicht 
auf die fehlenden Theile der früheren Stadien, für die wir 
zur Reconstruction auf Grund der uns bekannten An- 
schauungen des Dichters in ihrer Entstehungszeit unsre 
Zuflucht nehmen müssen. Lassen Sie mich desshalb Ihnen 
kurz andeuten, wie Goethe damals, als er den Faust zu 
schreiben begann, über das herrschende Weltprinzip dachte. 

Von früher Jugend an wird bei ihm die überlieferte 
Vorstellung eines persönlichen, über der sichtbaren Welt 
thronenden Gottes gekreuzt von der andern eines in ihr 
lebenden und durch sie sich offenbarenden höchsten Wesens. 
Wie vieles auch in dem gnostischen System, das er sich 
nach der Rückkehr aus Leipzig geschaffen haben will und 
das er am Schlüsse des achten Buches von Dichtung und 
Wahrheit darlegt, getrübter Erinnerung entstammen mag, 
die Gottheit, die sich von Ewigkeit selbst producirt, ist 
sicher ein ursprünglicher Bestancuheil des Systems, das mit 
Recht ein antideistisches und pantheistisches genannt worden 
ist. Den Beweis, dass Goethe in diesen Jahren zu pan- 
theistischen Anschauungen hinüberneigt, geben die Epheme- 
riden mit ihrer Vertheidigung der Sätze Giordano Brunos : 
»L'uno, rinfinito, lo ente e quello che ^ in tutto, e per tutto 



Der Erdgeist im Faust. 129 

anzi 6 Tistezzo Ubique« u. s. w. Ebenso wie er identificirt 
Goethe Gott und Weltall. »Separatim de Deo et natura 
rerum disserere difficile et periculosum est, eodem modo 
quam si de corpore et anima sejunctim cogitamus; animam 
non nisi mediante corpore, Deum non nisi perspecta natura 
cognoscimus.« Die Natur ist der Gottheit lebendiges Kleid, 
d. h. ein Kleid, das zugleich einen untrennbaren T heil der 
Persönlichkeit bildet, mit ihr wesensgleich ist. 

In folgerichtiger Weiterentwicklung gelangt Goethe 
von hier aus in der folgenden Zeit zu jenem naturalistischen 
Pantheismus, den wir im Werther ausgedrückt finden. 
Die Natur erscheint ihm bald überwältigend furchtbar, wie 
in der vorhin angeführten Stelle, bald versenkt er sich mit 
religiöser Andacht in ihr Leben, das Kleinste mit gleicher 
Bewunderung betrachtend wie das Grösste. Dieses Interesse 
ist aber nirgend ein materialistisches, sondern beruht immer 
auf der Erkenntniss, dass in allen Erscheinungen das Gött- 
liche sich offenbart, das er am Ende dieser Entwicklungs- 
periode geradezu mit der Natur identificirt. Sie ist un- 
persönlicn, ihr Lebensprozess stellt sich im Weltall dar. 
Sie schafft diese Weh, indem sie sich selbst in der Stufen- 
folge des Lebendigen auseinandersetzt zum Zwecke des 
SelDstgenusses in Empfindung, Anschauung und begreifender 
Vernunft. 

Als Goethe daran ging, die Faustsage in einer grossen 
Dichtung neu zu gestalten, sie zum Gefäss seines Innen- 
lebens zu machen, da ergab sich für ihn nothwendig eine 
wesentliche Umformung des überlieferten Stoffes. Alle 
früheren Gestaltungen desselben, die ihm bekannt sein 
konnten, hatten dem Helden nur einen Vertreter der Ver- 
neinung beigegeben, höchstens in erfolglos ertönenden 
Warnungsstimmen waren die positiven ethischen Mächte 
ganz vorübergehend zu Worte gekommen. Der eingeborene 
Optimismus Goethes erforderte es, dass die Bejahung, das 
schaffende und erhaltende Weltprincip die Oberhand benielt. 
Ein Mensch, der ehrlich ringt, wie der Faust Goethes, dessen 
Verzweiflung daraus entspringt, dass sein geistiges Auge 
nicht w^eit genug reicht, um alle Höhen und Tiefen des Welt- 
ganzen zu umspannen, — ein solcher Mensch konnte wohl 
physisch an seinem masslosen Streben nach Erkenntniss zu 
Grunde gehen ; aber er durfte dadurch nicht rettungslos den 
Mächten der Verneinung verfallen. Gab es einen Weltwillen 
(und wann hätte Goethe jemals dessen Existenz geläugnet.^), 
so musste er über Faust seine schirmende Hand breiten. 

A.: Damit geben Sie doch zu, dass Gott zu Fausts 
Gunsten in dessen Dasein eingreift; also kann er es auch sein, 
dem Faust in dem Monolog an den erhabenen Geist dankt. 

Göetuii-Jahiibücu XVII. 9 



IJO. Abhandlungen. 



B.: Ich glaube nicht, dass dies aus meinen letzten Worten 
zu folgern ist. Der Gott, von dem Faust als Gestalt der 
Dichtung nach der in der eridgiltigen Form des ersten Theils 
angenommenen WeltaufFassung allein sprechen kann, ist 
der persönliche Gott des christlichen Mittelalters; die höchste 
Macht, um die es sich hier handelt, die bei der Conception 
des Faust in Goethe lebendig war und die neue Gestalt- 
ung des alten Stoffes bestimmte, ist unpersönlich ge- 
dacht und ein Eingreifen derselben in die Handlung durch 
einen subjectiven Willensakt erscheint völlig ausgeschlossen, 
da sie nur den objectiven Naturwillen darstellt. Ihr irdisches 
Symbol ist der Erdgeist, er wirkt der Gottheit gewaltiges 
Kleid, d. h. er waltet in den Gestaltungen, in denen sie 
sich für das Auge der Creatur verkörpert. 

A.: Nach Ihrer Annahme soll doch aber der Erdgeist 
dem Faust den Mephisto beigeben. Ist das etwa Tcein 
»subiectiver WillensaKt?« 

B. : Nur im dramatischen Sinne, nicht in dem sytnbo- 
lischen, auf den es hier ankommt. Nach dem Verzicnt auf 
das Streben, das Welträthsel zu lösen (was sich, wae gesagt, 
in der Abwendung vom Zeichen des Makrokosmus aus- 
drückt), nach dem Gewinn der Ueberzeugung, dass wahr- 
hafte Natur- und Lebenserkenntniss durch die Wissenschaft 
nicht zu erlangen ist, muss sich Faust, um seinem rastlosen 
Streben Genüge zu verschaffen, zu der bisher noch uner- 
forschten Seite, nämlich zur Materie, hinwenden. Alle die 
Triebe, die Mephistopheles repräsentirt, werden nun in ihm 
lebendig. Das Bestreben, das Wesen des Erdgeistes zu er- 
fassen, führt also zum Erwachen des bis dahin schlummern- 
den inneren Mephistopheles, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, und diese mnige Beziehung findet ihren dramatischen 
Ausdruck darin, dass Mephistopheles vom Dichter zum Send- 
ling des Erdgeistes gemacht wird. 

A. : Der Erdgeist stellt Ihrer Meinung nach im Urfaust 
die Gottheit oder eine ihrer Emanationen dar. Da muss 
ich Sie nur fragen, weshalb Goethe dieses neue Symbol 
einführt, da doch z. B. der Gott Spinozas im allgemeinen 
seinen Absichten entsprochen hätte. 

A. : Abgesehen davon, dass Goethe beim Nieder- 
schreiben dieser Scenen Spinoza überhaupt noch nicht ge- 
nauer kannte, hätte dessen Gott auch nicht dem Begriff vom 
höchsten Wesen, den Goethe damals hegte, entsprochen. 

Für diesen in Natur und Menschenleben waltenden 
Logos, dessen Macht in dem Drama zur Anschauung 
kommen sollte, war die Gestalt Gottes überhaupt nicht die 
geeignete Verkörperung, wie ja auch Faust im Religions- 
gespräch mit Gretchen den überlieferten abgebrauchten und 



Der Erdgeist im Faust. 131 

dogmatisch eingeschränkten GjottesbegrifF ausdrücklich ver- 
wirft. Schon im Anfang wird durch die Abwendung Fausts 
vom Makrokosmus die metaphysische Behandlung des 
Problems abgelehnt und dasselbe durchaus in das Gebiet 
des Physischen verlegt, entsprechend jenem naturalistischen 
Pantheismus, der Goethe in diesen Jahren beherrschte. 
Der Dichter suchte und fand dafür, als er seinen Faust 
zu schaffen begann, ein Symbol im Erdgeist, einer bis dahin 
in der Dichtung unbenutzten, der mittelalterlichen Natur- 
wissenschaft entstammenden Gestalt, die sich beliebig um- 
formen und erweitem Hess, weil noch keine feste Vor- 
stellung mit ihr verbunden wan Der Erdgeist war im Urfaust 
berufen, eine beherrschende Stellung in dem Drama ein- 
zunehmen. Nicht etwa in dem Sinne, dass er zum Leiter 
der Handlung würde, der Faust seinen Weg vorschriebe 
und ihn sozusagen zu einem Helden zweiten Ranges herab- 
drückte, sondern in ihm verkörpert sich das Ziel einer har- 
monischen Weltanschauung, zu dem Faust frei und selb- 
ständig hinstrebt, nur dass ihm in der dramatischen Handlung 
durch die Verbindung mit Mephistopheles das Einschlagen 
und Verfolgen des Weges, der zu diesem Ziele hinführt, 
erleichtert wird, da er selbst bis dahin im Dunkeln geirrt hat. 
Der Erdgeist ist also im Urfaust, d. h. in den Theileri, 
die vor der Uebersiedelung Goethes nach Weimar ent- 
standen, der Vertreter der hinter der Handlung stehenden 
Idee, und zwar, wie sich aus allem dafür Angeführten 
ergibt, ihr ausschliesslicher Vertreter, so dass für ändere 
Gestalten, die dieselbe Aufgabe zu erfüllen hätten, kein 
Raum bleibt. Die Annahme, dass Goethe schon in diesem 
Stadium der Arbeit einen persönlichen Gott als handelnde 
Person eingeführt habe, ist aus inneren Gründen unmög- 
lich, ebenso wenig kann» Mephistopheles im Urfaust sich 
seinem Wesen ,nach mit der landläufigen Teufelsgestalt 

fedeckt haben, so oft auch die Züge des volksteufels durch 
ie Larve der neuen, selbständigen Ausformung der Figur 
hindurchscheinen; denn Goethe erkennt ein absolut Böses 
nicht an, wie schon seine Stellung zu der Lehre von der 
Erbsünde zeigt. 

In der Zeit, die bis zur Herausgabe des Fragments 
verging, hat Goethe die dem Urfaust zu Grunde liegenden 
Anschauungen weiter ausgebaut. Die Betrachtung und Er- 
forschung der Natur wurde seine Lebensaufgabe, deren 
Programm in dem Aufsatz »die Natur« von 1782, der ihm 
nach Steiners Ausführungen nicht mehr abgesprochen 
werden darf, aufgestellt ist. »Sie hüllt den Menschen in 
Dumpfheit ein und spornt ihn ewig zum Lichte. Sie macht 
ihn abhängig zur Erde, trag und schwer und schüttelt ihn 



132 Abhandlungen. 



immer wieder auf .... Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr 
Verdienst.« Fällt nicht von hier aus helles Licht auf den 
Faust, der damals in Goethes Seele lebte, auf die Art, 
in der sich ihm das ganze Weltwesen, das Verhältniss von 
Göttlichem und Irdischem darstellte? 

Bestärkung in dieser Anschauung fand Goethe durch 
Spinoza, den er zuerst, im Jahre 1774, »nur wie auf den 
Raub« kennen gelernt hatte, und dem er erst in Weimar, 
1783— 1786, wirklich nahe trat, nicht in systematischem 
Studium und völliger Aneignung seiner Lehre, sondern 
indem er die Sätze, die seiner Gefühlsphilosophie homogen 
waren, mit seinen früheren Ueberzeugungen zu amalgamieren 
suchte. Spinoza zeigte ihm den Gipfel der Erkenntniss in 
der scientia intuitiva, das Göttliche in herbis et lapidibus, 
er lehrte ihn, dieses enge Dasein hier zur Ewigkeit zu 
erweitern und bereitete in ihm die animi acquiescentia vor, 
die dann die italienische Reise vollendete. Sie heilte ihn, 
wie er an Karl August schrieb, von den physisch-moralischen 
Uebeln, die ihn m Deutschland quälten und zuletzt un- 
brauchbar machten, und die Dankesworte, die er den inner- 
lich genesenen Faust an den erhabenen Geist richten lässt, 
sind, wie schon Erich Schmidt angedeutet hat, der Aus- 
druck des beglückenden Gefühls eigener Befreiung und 
Erleuchtung, das den Dichter erfüllt.' 

A.: Aber wen meint er mit dem erhabenen Geist, an 
den diese Worte gerichtet sind? 

B.: Noch weniger als zuvor kann es der persönliche, 
ausserhalb der Welt stehende Gott der christlichen Ueber- 
lieferung sein; es ist der Gott Spinozas, es ist speciell 
die Emanation des Weltgeistes, für die Goethe sich das 
Symbol des Erdgeistes geschaflfen hat, nur nodi grösser, 
erhabener, ethischer aufgefasst. * Dieses Symbol ist ihm 
jetzt unentbehrlicher als jemals; denn noch entschiedener 
hat er sich von der Metaphysik abgewendet, die er bei 
dem Freunde Jacobi als eine Strafe Gottes und einen Pfahl 
im Fleische ansieht, und dankbar empfindet er es, dass 
Gott ihn mit der Physik gesegnet hat, damit es ihm im 
Anschauen seiner Werke wohl werde. 

Die Abneigung gegen metaphysische Fragen hat Goethe 
sein ganzes ferneres Leben hindurch behauptet, in Be- 
währung des Spruches: »Der Mensch ist nicht geboren, 
die Probleme aer Welt zu lösen, wohl aber zu suchen, 
wo das Problem angeht.« Und trotzdem entschied er sich, 
als er 1797 die Faustdichtung wieder aufnahm, für eine 
metaphysische Ausgestaltung derselben. 

A.:' Das ist doch ein offenbarer Widerspruch zu Ihren 
früheren Aufstellungen. Vorhin haben Sie gesagt, Goethe 



Der Erdgeist im Faust. 13J 

habe sein grösstes Werk nicht aus einer Anschauung her- 
aus dichten können, die der seinigen nicht entspräche, 
und jetzt scheinen Sie das, was Sie für das erste Stadium 
der Arbeit bestritten, für das letzte selbst zu behaupten. 

B.: Die Anfänge des Faust entstanden ohne jeden 
störenden Einfluss von aussen, lediglich aus dem Bestreben 
des Dichters, für sein Fühlen und Denken eine adä(}uate 
künstlerische Form zu schaffen. Jetzt aber wirkt entscheidend 
eine mächtige, fremde Potenz, nämlich Schiller, ein, und 
das erklärt den Widerspruch, der in der endgiltigen Gestalt 
des Werkes zwischen seinem philosophischen Gehalt, der 
zum Theil alt ist, und der Einkleidung, die neu geschaffen 
wird, besteht. 

Schiller betont immer wieder die Forderung an die 
symbolische Bedeutsamkeit des Werkes. Goethe beschliesst 
darauf hin, im »Faust« eine typische Verkörperung des 
Menschenlebens zu liefern, er erkennt, dass diese Aufgabe 
auf dem Boden pantheistischer und spinozistischer An- 
schauunjgen nicht m dichterischer Form zu lösen ist, weil 
die nötnigen Symbole dafür fehlen, weil das von ihm 
selbst geschaffene Symbol des Erdgeistes nicht die nöthige 
allgemeine Giltigkeit und Deutlichkeit besitzt. 

Desshalb legt er im Prolog im Himmel, der nun an 
Stelle der früheren Anfangsscene Richtung und Ziel der 
Handlung bezeichnet, die mittelalterliche, vorkopernikanische 
Weltanscnauung zu Grunde^ wie Valentin richtig hervor- 
gehoben hat: Gott und Teufel persönlich gestaltet, als 
feindliche Mächte um die menschhche Seele streitend. 

Zwischen ihnen steht nun Faust in der Mitte. Es ist 
klar, dass Faust dadurch auch als dramatische Gestalt eine 

{gänzlich veränderte Bedeutung erhält. In der ursprüng- 
ichen Conception ist er der Titan, der sich aus eigner 
Kraft durch aas Leben aus der Dunkelheit zum Lichte nin- 
aufringt. Der Erdgeist gibt ihm das Ziel : höchste Erkennt- 
niss durch reichste Erfahrung, Mephistopheles ist der Ver- 
mittler, der ihm dazu verhilft. In der Fassung des Fragments 
gelangt Faust, wie früher nur auf die eigene Kraft gestellt. 
verhäTtnissmässig schnell (für den dramatischen Zweck wohl 
zu schnell) zu der scientia intuitiva, fast hat er in dem 
Monolog in Wald und Höhle schon das Ziel, die animi 
acauiescentia, erreicht, nur die Existenz des Bösen, das 
sicn ihm zur Seite in Mephistopheles verkörpert, beunruhigt 
und peinigt ihn noch. 

Dagegen wird er in der endgiltigen Gestalt, die Goethe 
seinem Werke gab, zu dem Object, an dem die beiden 
grossen streitenden Mächte ihre Kräfte messen, die eine 
nur in seinem Innern als dunkler Drang wirksam, die andere 



134 Abhandlungen. 



von innen und aussen gegen jene ankämpfend, und es 
handelt sich nicht mehr in erster Linie um sein Erreichen 
eines selbst gesteckten Zieles, sondern um die Austragung 
des grossen, ausserhalb alles irdischen Bereichs geführten 
Kampfes, die Leitung der Handlung übernehmen uott und 
Satan, und die früheren Functionen des Erdgeistes im 
Drama gehen auf sie über. Daraus ergaben sich erhebliche 
Schwierigkeiten für Goethe, zumal an der Stelle, wo die 
grosse Lücke im Fragment begann. 

Man ersieht das deutlich aus den Stellen, an denen in 
den seit 1797 hinzugedichteten^ neuen Theilen des Erd- 
geistes Erwähnung geschiehjt.. 

In dem neuen zweiten Monolog Fausts nach Wagners 
Abgang werden alle Hauptmotive der Ergeistscene fast 
wörtlich recapitulirt: 
Du hast mich mächtig angezogen f V. 483) = 
Hab' ich die Kraft dich anzuziehn oesessen (V. 624) 

Die Brust, die eine Welt in sich erschuf. 
Und trug und hegte, die mit Freudebeben 
Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben 

(V. 49iffO = 
Ich, mehr als Cherub, dessen freie Kraft 

Schon durch die Adern der Natur zu fliessen 

Und, schaffend, Gölterleben zu geniessen. 

Sich ahnungsvoll vermass (V. 618 ff.) 

Ein furchtsam weggekrümmter Wurm (V.- 498) = 
I>em Wurme gleich -ich, derc^n Staub durchwühlt (V. 65 3) 
und Du erst noch Wurm (V. 707) 

Geschäftiger Geist, wie nah fiihr ich mich dir (V. 511) = 
Ich fühlte mich so klein, so ^grpss (V. 627) 

Du gleichst dem Geist, den. du begreifst, 

Nicht mir (V. ^12 f.) = 

Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen (V.623) und 

Den Göttern gleich ich nicht (V, 652) 
endlicli das Zusammenstürzen Fausts beim Verschwinden 
der Erscheinung, umschrieben in dem Verse: 

Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft (V. 622). 

Die Zusammenstellung beweist, dass der Dichter in 
Bezug auf die Fortführung der' Handlung nach Wagners 
Abgang in Verlegenheit war. Er nimmt zur Wiederholung 
seine ^flucht, zeigt den Helden in rathloser Verzweiflung 
und lässt dann plötzlich den Gedanken des Selbstmordes 
in ihm wach werden. 



Der Erdgeist im Faust, 135 

Welchen Zweck Goethe der Beschwörung jetzt unter- 
legt, wird klar aus den Worten: 

Du stiessest grausam mich zurücke, 
In's ungewisse Menschenloos. 

Also wollte Faust durch den Erdgeist zu einem über- 
menschlichen, von höherer Gewissheit erfüllten, götter- 
ähnlichen Dasein gelangen. Wie stimmt das nun zu den 
Gefühlen, die beim Erblicken des Zeichens des Erdgeistes 
seine Seele erfüllten: 

Ich fühle Muth mich in die Welt zu wagen, 

Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen, 

Mit Stürmen mich herumzuschlagen. 

Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen? 

bie scheinen doch deutlich genug die Einwirkung des 
Erdgeistes so zu kennzeichnen, dass durch ihn eine leiden- 
schaftliche Bethätigung im Erdenleben erregt wird. Klafft 
da nicht ein völliger Gegensatz zwischen dem Früheren 
und dem Späteren? 

In dem Entschluss, den Faust in den ersten neun Versen 
des Fragments von 1790 ausspricht, bezeichnet er fast mit 
denselben Worten dasselbe, was hier im Gefühl der Nähe 
des Erdgeistes in ihm lebendig wird, als die Absicht, die 
er bei seinem Bunde mit Mephistopheles verfolgt: 
Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist. 
Will ich in meinem innern Selbst geniessen. 
Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen, 
Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen, 
Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern. 
Und, wie sie seiDst, am End' auch ich zerscheitem. 

Ich verzichte darauf, hieraus neue Beweise für die 
enge Verbindung von Erdgeist und Mephistopheles in 
Unaust und Fragment zu .formen, weil sie vielleicht von 
Ihnen als allzukühn zurückgewiesen würden. Die Ver- 
suchung dazu liegt freilich nahe. 

So viel scheint mir aber aus dem Angeführten mit 
Gewissheit hervorzugehen, dass die Absicht rausts bei der 
Beschwörung sich in der letzten Fassung beträchtlich ver- 
schoben hat. 

Wie steht es nun mit ihrer Wirkung? -Im Urfaust 
kommt die Wirkung der Erscheinung auf Fausts Seelen-r 
zustand nicht zum Ausdruck, weil die Handschrift un- 
mittelbar nach dem ablenkenden Gespräch mit Wagner 
abbricht. Dieses zeigt den Helden beruhigt, nachdem er 
sich von der ersten gewaltigen Erschütterung, die ihn 
zusammenbrechen Hess, aufgerafft hat. Erst die endgiltige 



.1^6 Abhandlungen. 



Fassung von 1808 zeigt ihn, als er wieder allein ist. Da 
ruft er sich die ganze Erdgeistscene noch einmal ins Ge- 
dächtniss zurück und der erste Zustand der Verzweiflung 
wiederholt sich. 

Er verzichtet auf alles Naturerkennen, auf jeden weiteren 
Versuch, sich dem Geiste, der ihn beim ersten Ansturm 
zurückgewiesen hat, auf andern Wegen im Bereiche des 
Irdischen zu nähern, die Selbstvernichtung steht als einziges 
Mittel vor ihm, sich zu der Götterwonne des Geister- 
daseins, die er erstrebt hat, aufzuschwingen: 

Hier ist es Zeit, durch Thaten zu beweisen, 
Dass Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht. 
Aber es ist nicht der Erkenntnisstrieb, der ihm die 
Schale mit dem Gifttrank in die hand drückt, sondern nur 
die Verzweiflung, das zeigen die Worte: 
Und, war' es mit Gefahr, in's Nichts dahin zu fliessen. 
Das zeigt auch die Anrede an den Erdgeist in dem 
1815 geplanten Monodrama: 

Ich sollte wohl im Jammer weilen. 
Nachdem ich einmal dich geschaut. 
Sieh mich entschlossen, sieh mich eilen. 
Das Ende such ich, keine Braut. 
Also diese Verzweiflung ist jetzt, in der Fassung von 
1808, die einzige Wirkung, die die Erscheinung des Erd- 

feistes bei Faust hervorbringt. Sie bleibt dramatisch ohne 
olgen ; denn der Selbstmord wird nicht zur That. Auch 
für die Abwendung von dem Streben nach unmittelbarer 
Naiurerkenntniss fiegt die Ursache nicht darin, dass der 
Erdgeist Faust zurückgewiesen hat. Zwar sagt er später 
nach dem Abschluss des Vertrages (V. 1746 f.): 
Der grosse Geist hat mich verschmäht. 
Vor mir verschliesst sich die Natur, 
und so scheint der Misserfolg der Beschwörung von Ein- 
fluss darauf zu sein, dass er später den Pact mit dem Teufel 
eingeht. Jedoch ist dieser schritt durch seinen Zustand 
beim Beginn des Dramas vollkommen genügend motivirt 
und ein innerer Zusammenhang zwischen dem Pact und 
der Erscheinung ist nicht nachweisbar. 

Der Erdgeist ist in dem Faustdrama von 1797 für die 
Handlung entbehrlich geworden* ihr Fongang wird durch 
seine Erscheinung nicht gefördert, sie bleibt, abgesehen 
von der momentanen Wirkung, für Faust ohne alle Folgen. 
Machen Sie nur die Probe auf aas Exempel! Streichen Sie die 
ganzeErdgeistscene mit allen späteren Stellen, die sich auf sie 
beziehen, aus dem Drama! Ich behaupte, dass sich dadurch 
nicht die geringste Lücke in der Motivirung ergeben wird. 



Der Erdgeist im Faust. 137 

A.; Angenommen, dass dies richtig ist, warum hat 
Goethe den Erdgeist nicht beseitigt? 

B. : Ich erkläre mir das einmal dadurch, dass er die 
grossartige, seit 1790 veröffentlichte Scene des Erdgeistes 
nicht aufgeben wollte, da sie Fausts übermenschliches 
Streben gut zur Anschauung brachte und für seine Ver- 
zweiflung ein weiteres, freilich entbehrliches Motiv lieferte, 
dann aber aus seiner Scheu vor Aenderungen in den bereits 
veröffentlichten Theilen, die so gut wie wörtlich überein- 
stimmend im Jahre 1808 von neuem erschienen. Deshalb 
hat er auch die Stellen in den Scenen »Wald und Höhle« 
und »Trüber Tag. Feld«, an denen der Erdgeist erwähnt 
wird, nicht verändert, zumal da sich die dadurch bedingten 
Widersprüche nur dem sorgsam Nachforschenden ergeben, 
während der naive Leser des vollständigen ersten Theiles 
ohne weiteres annimmt, dass an beiden (Jrten Gott gemeint 
sei. Ich habe die Probe darauf bei zahlreichen gewissenhaften 
Faustlesern, die von der Forschung über diese Fragen nicht 
berührt waren, gemacht, und stets auf meine Frage, wer mit 
dem erhabenen, dem unendlichen und dem grossen herrlichen 
Geist gemeint sei, dieselbe Antwon erhalten, nämlich : Gott. 

A.: Nun, das scheint doch wohl die Richtigkeit meiner 
Ansicht trotz allem, was Sie dagegen vorgebracht haben, 
zu bestätigen? i^-- 

B.: Das kann ich sowohl bejahen wie verneinen, und 
in der Antwort, die ich zu geben habe, scheint mir die 
Lösung des so viel umstrittenen Problems zu liegen. 

In der ursprünglichen Gestalt des Faust wie im 
Fragment ist die Einführung eines persönlichen Gottes als 
mitnandelnde Person unmöglich, also lassen sich die An- 
rufungen, um die es sich handelt, wenn nach ihrer ursprüng- 
lichen Bedeutung gefragt wird,* nicht auf ihn beziehen ; sie 
gelten vielmehr dem Erdgeist. In der abgeschlossenen 
Dichtung aber sind sie nach dem Willen des Dichters als 
an Gott gerichtet aufzufassen, trotzdem dabei einzelne 
Widersprüche bestehen bleiben. Um diese zu erklären, 
genügt es, auf die innere Entstehungsgeschichte des Werkes 
und die Scheu des Dichters vor nachträglichen, nicht un- 
bedingt nöthigen Aenderungen am Faust zu verweisen. 
Dagegen führt jede einseitige Entscheidung für eine der 
beiden Auslegungen zu unmöglichen Consequenzen. 

A.: Mit diesem Ergebniss unseres Gesprächs erkläre 
ich mich einverstanden. Hoffen wir, xiass alle, die gleich 
uns an dieser wichtigen Frage der Faustforscbung Antheil 
nehmen, unsrer Lösung derselben zustimmen werden. 



lüur 



Leonardos Abendmahl und 
Goethes Deutung. 



Von 

Josef Strzygowski. 




|ni Beginne des Jahrhunderts hatte Gius. Bossi die 
ihm Dekannten Copien von Leonardos Abendmahl 

in S. Maria delle Grazie in Mailand durchgezeichnet, 

um auf dem Wege des Vergleiches zu einer möglichst 
getreuen Wiederherstellung des fast zerstörten Originals 
zu gelangen. Im Jahre 1810 veröffentlichte er dann seine 
Abhandlung »Del cenacolo di Leonardo da Vinci.« Diesen 
Arbeiten Bossis trat Goethe im Herbst 1817 näher. Karl 
August halte Bossis Copien in Mailand erworben, am 16. No- 
vember verzeichnet Goethe in seinem Tagebuche den Besuch 
einer Ausstellung dieser Zeichnungen in Weimar, abends 
liest er dann auch in Bossis Abhandlung. Vier Monate 
steht die Beschäftigung damit in erster Linie, das Tage- 
buch gibt Aufschluss über die schrittweise Entwicklung 
der Studien Goethes, die Correspondenz mit Cattaneo und 
Mylius in Mailand, über die Personen, denen Goethe seinen 
eigenen Aufsatz vorlas oder zur Durchsicht übersandte, 
endlich auch über andere Anregungen, die ihm von aussen 
kamen, wie etwa Maler Müllers Aufsatz in den Heidel- 
berger Jahrbüchern.' 

' Im Goethe National-Museum findet sich überreiches Material für 
Goethes Abendmahlsstudien, ebenso im Goethe- und Schiller-Archiv, auch 
im VI. Bd. der Tagebücher passim. 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 139 

Es ist nicht unsere Aufgabe, dieses allmäliße Werden 
von Goethes Aufsatz »Joseph Bossi. Ueber Leonard da 
Vinci Abendmahl zu Mailana« zu verfolgen. Wir greifen 
nur die endgiltige Deutung heraus, die darin von Leonardos 
Abendmahl gegeben wird. Sie ist uns so vollkommen in 
Fleisch und Blut übergegangen, dass man nicht bald eine 
Beschreibung des Bildes, wenigstens keine deutsche, finden 
wird, in der nicht Goethes gedacht und seine Deutung als 
»abschliessend« und »unübertrefflich« bezeichnet würde. 

Im Nachfolgenden suche ich die Ueberzeugung zu be- 
gründen, dass Goethe nicht richtig gedeutet hat. Der 
Nachweis nöthigt mich, einen langen Weg einzuschlagen, 
ich darf eine neue, eingehende Beschreibung des Bildes 
nicht scheuen. Die Betrachtung wird dabei ausgehen vom 
Originale selbst. Dort ist zwar nicht mehr viel zu sehen 
und was da ist, sind zumeist Reste der seit dem Anfange 
des 18. Jahrhunderts vorgenommenen Restaurationen. Be- 
kanntlich war das Bild in einer für die in Betracht kommende 
Wand ungeeigneten Technik gemalt und schon Lomazzo 
und Vasari sahen es ein halbes Jahrhundert nach der Ent- 
stehung als Ruine, von Farben entblösst (quasi afFato 
annichüato) und 1674 wurde es einer untergehenden Sonne 
verglichen.* Trotzdem ist in wesentlichen Punkten, wie 
insbesondere für die Art der Vertheilung von Licht und 
Schatten doch nur das Original selbst massgebend. Zur 
Vergleichung wird Morghens Stich, von dem ja bekannt- 
lich auch Goethe ausgelnt, zur näheren Bestimmung eine 
Copie der Brera herangezogen werden, die mit dem 
Namen des Cesare Magnus, eiiies Künstlers bezeichnet ist» 
von dem aus den Jahren 1530 und 1553 Werke erhalten 
sind.* Es wird dem Leser angenehm sem, diese drei Ver- 
gleichsobjecte in den diesem Jahrbuchbande beiliegenden 
Tafeln zur Hand zu haben. 

Beschreibung. Im Vordergrunde eines tiefen Saales,, 
der sich in der Schlusswand mit drei Fenstern nach einer 
Landschaft öffnet, sehen wir an der Rückseite eines quer 
gestellten schmalen Tisches eine Gesellschaft von Männern. 
Es tritt deutlich eine Mittelfigur und zwei Gruppen zu je 
drei Gestalten auf jeder Seite hervor, also im Ganzen 12 
bezw. 13 Personen, die wir in der Beschreibung der Reihe 
nach von der Mittelfigur aus nach rechts und links mit 
fortlaufenden Zahlen von i — 6 bezeichnen wollen, so dass 



' Vgl. die Belegstellen bei Bossi a. a. O. S. 26 flF. 

* Vgl. Crowe und Cavalcaselle, Gesch. d. ital. Malerei, deutsche 
Ausgabe VI, S. 93 Anm. und Lermolieff, Kunstkrit. Studien, die GaU 
zu Berlin S. 123. 



140 Abhandlungen. 



also R. 6 d. i. Rechts 6 die äusserste Figur rechts, L. i d. i. 
Links I diejenige Gestalt links, ist, welche sich zunächst 
an die Mittelfigur anreiht. 

Die Mittelfigur sitzt in Vorderansicht da und legt, 
indem sie den Kopf ganz leicht nach vorn und nach der 
Seite neigt' und die Au^en niederschlägt, beide Hände auf 
den Tisch. Der Kopf ist der eines etwa 30— 40jährigen 
Mannes. Er wird von reich auf die Schultern herab- 
wallendem Haar, das in der Mitte gescheitelt ist, umrahmt, 
hat eine breite, nicht zu hohe Stirn, fleischige Augen- 
partien, lange, etwas überhängende Nase, einen breiten 
Mund mit aufgeworfenen Lippen und spärlichen Bart. Der 
kräftig modellirte Hals wird von dem halbrunden Aus- 
schnitt eines Untergewandes umrahmt, das, inmitten des 
Saumes durch eine Agraffe geschlossen, in radial geord- 
neten Steilfalten herabfällt. Quer darüber nach der linken 
Schulter zieht sich ein Mantel mit hellem Ueberschlag,* 
der sich, über den Arm herabfallend, nach der Hand zu 
aufbauscht. Die Hand ist kurz und breit; sie liegt mit der 
Handfläche nach oben offen auf dem Tische. Die andere 
dagegen richtet sich mit der Fläche nach unten, die Finger 
sind auseinandergespreitzt und gekrümmt erhoben, während 
Ballen und Daumen auf der Tischplatte ruhen. Bei Magnus 
sieht man unter dem Tische deutlich die übereinanderge- 
schlagenen Füsse. 

Von der links anschliessenden Gruppe sitzt 1 in Drei- 
viertelansicht nach rechts gewandt da, nat die Hände mit 
verschränkten Fingern auf dem Tisch liegen und bildet im 
Uebrigen eine Art Seitenstück zur Mittelngur, der sie auch 
in Kopftypus und Gewandung sehr ähnlich sieht; nur ist 
das Gesicht bartlos und der Kopf stärker geneigt. Neben 
ihr sitzt 2 ebenfalls in Dreiviertelansicht nach rechts, aber 
mit energischer Bewegung des Oberkörpers nach dem 
Beschauer zu, wobei der last über die Mitte des Tisches 
vorgeschobene rechte Arm ein Salzfass umwirft.' Während 
er in dieser Hand etwas wie einen Beutel hält, ist die linke 
vorgestreckt und ruht mit Ballen und Daumen auf der 
Tischplatte, die Finger sind wieder erhoben. Es fällt auf, 
dass aiese Hand im Gegensatz zu den weissen Händen der 
beiden vorherbeschriebenen Gestalten bei Magnus ein dunkles 
Incarnat zeigt. Der sehr nervige Hals wächst aus einem 

' Morghen hat die Neigung sehr verstärkt. 

' Bei Magnus und Morgnen ist es dieses typisch leonardeske Motiv 
verschwunden. 

J Dasselbe fehlt heute im Original, ist aber nicht nur bei Morghen, 
sondern auch bei Ma^us vorhanden. Auch ist es wahrscheinlich, dass 
Leonardo dieses unheilverkündende Geschehniss dargestellt hat. 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 14 1 

Untergewand und einem Mantel hervor, der auf der rechten 
Schulter zurückgeschlagen ist. Der auffallend scharf im 
Profil hervortretende dunkle Kopf ist von kurzem krausem 
Haar bedeckt, hat niedrige Stirn, stark überhängende, ge- 
bogene Nase, tiefliegende Augen, zusammengekniffenen 
Mund und kurzen, vorspringenden Bart. Der Mann wendet 
den Kopf nach rechts und etwas zurück, wo hinter ihm 
L. 3 ein Greis hervorkommt, der seine linke, nach der 
Mitte weisende Hand auf die Schulter von L. i legt, indem 
er zugleich seinen Kopf dicht demjenigen des andern nähert. 
Er hat spärliches Haar, kräftige Nase, kurzen Bart; seine 
Augen smd halb gesenkt, der Mund geschlossen.' Er ist 
von seinem Sitze aufgestanden und beu^t sich über die 
Schulter von L. 2, inoem er die rechte Hand hinter dem 
Rücken dieses Vordermannes mit einem Messer in die 
Seite stenimt. 

Der zweite Dreiverein auf dieser Seite ist um die Tisch- 
ecke gruppirt. L. 4 ein langer, hagerer Greis, sitzt in 
Vorderansicht da und hält, den Kopf^ erhoben nach rechts 
hin wendend,' beide Hände often vor der Brust. Der kahle, 
nur mit einem Flaum von Haaren bedeckte Schädel hat 
niedrige Stirn und einen überaus langen Unterkiefer, der 
durch den Bart noch verlängert wird; die Nase hängt über 
den nach oben geschobenen, zahnlosen Mund herab, die 
fleischlosen Wangen und der eingefallene Hals vollenden 
das Bild eines alten Mannes. Er ist mit einem Untergewand 
bekleidet, das um den Hals mit Saum und Sckmuckstück 
versehen ist und im Original wie bei Morghen in einer 
halbrund schliessenden Falte, bei Magnus in einer reich 
bewegten Masse von Steilfalten herabfällt, von denen be- 
sonders die mittlere wegen der Analogie in Leonardos 
Grottenmadonna Beachtung verdient. Darüber ein beide 
Schultern bedeckender Mantel. Die Hände stehen sich mit 
den abgespreitzten Daumen gegenüber, die Handflächen 
sind nach vorn geöffnet. — An die Schulter dieser Gestalt 
lehnt sich, ähnhch wie L. 3 auf die von L. i, L. 5, ein 
Mann, dessen Kopf dem der Mittelfigur gleicht, nur ist er 
ins Profil gestellt. Auch die Gewandung ist ähnlich. Indem 
er mit der rechten, auf die Schulter des Vordermannes ge- 
legten Hand einen Halt sucht, greift er mit der linken 
hinter dem Rücken des Greises nach dem Arm von L. j, 
den er mit den Fingerspitzen berührt. — Die letzte Gestalt 
L. 6 ist aufgestanden; die Beine kreuzend, lehnt sie den 



* Morghen hat den Ausdruck ganz verzerrt und den Mund geöffnet. 

* Bei Magnus und Morghen geschieht dies viel energischer als 
heute im Original. 



142 ABa^NOLUNGEN. 



Schooss an die Tischkante und blickt, sich mit aufgestützten 
Armen weit vorneigend, ungemein scharf nach rechts und 
abwärts, also nicht auf die Mittelfigur; der fixirte Punkt 
muss vielmehr vor und unter deren Kopf liegen. Morghen 
hat das besonders auffallend hervorgehoben. Auf kräftigem 
Nacken sitzt ein krauser Kopf, dessen gefaltete Stirn 
{'Magnus), starrende Augen und zusammengepresster Mund 
die gespannteste Aufmerksamkeit verrathen. Sein Unter- 
gewand zeigt den unten engen, über dem Ellenbogen aber 
abgebundenen und gebauschten Aermel, den Leonardo so 
oft verwendet, dazu einen Mantel, dessen Enden auf der 
rechten Schulter in einen Knoten geschlungen sind und 
der dann, quer über Brust und Schulter herabfallend, vorn 
zu einem auf dem Tische liegenden Bausch aufgenommen 
ist. Während die rechte Hand fest aufgestützt ist,* berührt 
die linke bei Magnus den Tisch nur wie tastend mit den 
Fingerspitzen, wodurch der aufmerksam beobachtende Aus- 
druck aer Gestalt ungemein erhöht würde. Doch muss 
bemerkt werden, dass sowohl im heutigen Original, wie 
in den Stichen von Soutmann (nach Rubens) und bei 
Morghen auch die linke Hand, der rechten entsprechend, 
als Armstütze benutzt ist und breit auf der Tischplatte liegt. 
Gehen wir nun auf die rechte Hälfte der Tischgesdl- 
schaft über, so sitzt der Mittelfigür zunächst ein Mann in 
ähnlicher, nur noch heftigerer trregung wie L. 6. Auch 
er hat die Augen starr vor sich hingerichtet. Hier ist jeder 
Zweifel ausgeschlossen: er blickt nicht auf die Mittelfigur 
selbst,' sondern auf einen Punkt vor derselben, etwa in 
der Umgebung ihrer rechten Hand. Starres Entsetzen malt 
sich auf seinen Zügen: der Mund ist aufgerissen, die Augen 
wie gebannt. Dabei fährt der Oberkörper zurück und die 
Arme zucken wie im Anprall auseinander. Der Kopf wird 
von reichem Lockenhaar und einem kurzen, getheilten Bart 
umrahmt, die Gewandung besteht aus dem Unterkleid 
allein, das, um die Hüften gegürtet und am Halse durch 
«inen Saum mit AgraflFe verziert, in reichen Falten, ähnlich 
wie bei L. 4, über die Brust herabfällt und sich am Ober- 
arm aufbauscht. Man beachte nun von den geöflfnet er- 
hobenen Händen die linke, welche der Tischplatte nahe 
kommt. Dieselbe hatte während des 18. Jahrhunderts 
scheinbar 6 Finger und gab damaligen Besuchern des 



^ Bei Magnus hält sie dabei eine Art Serviette. 

' Wie der Mann dreinschauen müsste, wenn die Mittelfigur sein 
optisches Ziel wäre, vergegenwärtigt die geänderte Kopfstellung bei 
Luini, der in der Kreuzigung in S. Mauriziq in Mailand von dieser 
Figur des Leonardo Gebrauch gemacht hat. 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 143 

Cenacolo mehrfach Anlass zu allerhand Bemerkungen.' Die 
Sache löst sich, wie man bei Magnus sehen kann, so, dass 
unter dieser Hand von R. i eine zweite lag, die, da man 
beide Hände von R. 3 sieht, nur zu R. 2 gehören konnte. 
Im vorigen Jahrhundert war davon deutlicn ein Finger zu 
sehen, den man zur Hand von R. i zog. — R. 2 hatte 
also eine Hand auf der Tischkante liefen, genau darunter 
kommt bei Magnus unter der Tischplatte auch der linke 
Fuss dieser Gestalt hervor, welcher, schief gestellt und 
halb erhoben, deutlich erkennen lässt, wie die Gestalt 
mit dem Oberkörper nach links hin ausfällt. Also ist auch 
hier eine momentane, heftige Bewegung gegeben. Darauf 
deuten auch Kopf und Hand, die links neben R. i hervor- 
kommen. Der krause, bärtige Kopf ist erhoben und blickt 
mit emporgezogenen Brauen auf die Mittelfigur; dabei ist 
der Mund geschlossen und die Hand bis auf den nach oben 
gestreckten Zeigefinger geballt. — Ueber die andere Schulter 
von R. I beugt sich R. 3, ein bartloser Jüneling, der auf- 

festanden ist und die Hände so erhoben nält, dass die 
ingerspitzen die Mitte der Brust berühren. Auffallend ist, 
dass auch er eigentlich nicht nach der Mittelfigur blickt, 
sondern dass der Blick des vorgestreckten und leicht vom 
Beschauer abgeneigten Kopfes an dieser vorüber und (bei 
Magnus) wieder nach jenem Punkt gerichtet scheint, den 
L. 6 und R. i fixiren. Auch drückt das Gesicht bei Magnus 
und Morghen mehr Entsetzen als Gefühlsweichheit aus. 
Die Gestalt ist in einen Mantel gehüllt, der, den Hals- 
ansatz freilassend, vorn durch eine Agraffe zusammenge- 
halten wird und dann über die Schultern herabfällt. Auf 
der linken Seite ist er aufgenommen und in einem Bausch 
unter den Arm geschoben. 

Die letzte Gruppe des Bildes rechts ist wie drüben um 
die Tischecke geordnet. Von den drei Gestalten sind R. 4 
und R. 6 in engere Verbindung gesetzt. R. 6, die letzte 
Figur an der Schmalseite des Tisches, wie L. 4 ein Greis, 
der bei Rubens, Morghen und heute auch im Original bärtig, 
bei Magnus aber und auch in einer theilweisen Wieder- 
holung dieser Bildseite in dem Kreuzigungsbilde des Luini 
in S. Maurizio zu Mailand,* ohne Bart gegeben ist. Letzteren 
Typus möchte man lieber angewendet sehen, weil es 
sonderbar ist, dass Leonardo emen seiner Lieblingsköpfe 
in dem Bilde überhaupt nicht verwerthet hat. Auch oei 
dieser Gestalt vereinigen sich alle Merkmale zum Bilde 



' Man lese bei Bossi S. 64 ff. nach, was Cochin 1758, La Lande 
1765 und Gallarati 1779 sagen, dazu die Aufklärung von Bossi S. 99. 
* Phot. von Brogi 7350. 



144 Abhandlukgek. 



eines hageren Greises : die niedrige, kahle Stirn, die herab- 
hängende Nase, der emporgeschobene Mund, das vor- 
quellende Kinn und die mageren Wangen. Der sehnige 
Hals tritt frei aus einem ähnlich wie bei R. 3 umgeworfenen 
Mantel hervor, welcher auf der linken Schulter mit einem 
Uebefschlng aufliegt. Die Gestalt sitzt etwas in sich zu- 
sammengesunken da, erhebt beide Hände offen, mit der 
Handfläcne nach oben vor sich und blickt mit zusammen- 
gezogenen Brauen nach R. 4, einem bartlosen Manne, der, 
aufgestanden, heftig nach ihm hinfährt und mit beiden 
Armen energisch nach der entgegengesetzten Seite, d. i. 
nach der Mitte weist.' Morghen hat ihm antikrömische 
Züge gegeben, davon findet sich sonst keine Spur; wie 
denn überhaupt Leonardo nie der Antike zu Liebe die 
eigene Beobachtung zurücksetzt. Vielmehr hat er das derbe 
leonardeske Gesicht, w^elches stets erst durch den Ausdruck 
verklärt wird. Die Hände weisen energisch nach der Mitte, 
ohne dass durch die Finger eine bestimmte Stelle fixirt 
würde. Zwischen den beschriebenen beiden Gestalten er- 
scheint R. 5 so, dass man nicht erkennt, ob er sitzt oder 
steht. Man sieht nur Oberkörper und Kopf, j)eide nach 
rechts gewandt, der letztere von reichem Haar und Bart 
umrahmt. Die Augen sind bei Magnus und Morghen stark 
in die Ecken links, d. h. nach der Mitte zu gerichtet, ob- 
wohl die Gestalt nicht im Stande ist, dahin zu blicken.^ 
In diese Richtung weist auch der Daumen der erhobenen 
rechten Hand; die linke dagegen liegt mit der Handfläche 
nach oben auf dem Tisch und wird, indem sie ebenfalls 
die Richtung nach der Mitte hat, wie vom Oberkörper 
nachgeschleift. 

Alle diese Personen nun sind bei einem Gastmahle 
vereint. Der lange, schmale Tisch steht auf vier Blöcken 
und ist mit einem weissen, an den Enden schön gebordeten 
Linnen, an dem die Liegefalten deutlich ausgeprägt sind, 
bedeckt ; die Enden hängen, in einen Knoten geschlungen, 
an den Ecken herab. Auf der Tischfläche herrscht ein 
buntes Durcheinander von Schüsseln, Gläsern, Broten und 
Früchten. Bei näherem Zusehen lässt sich nach dem Ori- 
ginal und Magnus feststellen, dass zu jedem der 13 Theil- 
nehmer ein tiefer leerer und ein flacher gefüllter Teller 
davor, ein halbgeleertes Glas, ein Brot und ein Apfel ge- 
hört, dass ferner auf jeder Tischseite je eine grössere 
Schüssel mit Fischen, eine zierliche Flasche und je zwei 



* Bei Luini in der Kreuzigung thut er dies, indem er den Mund 
mit lebhaftem Z»r»f öffnet. 

^ Im heutigen Original und bei Rubens blickt er R. 6 an. 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 145 

Salzfässer stehen, vor der Mittelfigur ferner eine leere, 
grosse Schüssel. Das Gastmahl war also im schönsten 
Gange, die Speisenden sassen dicht gedrängt an drei Seiten 
nebeneinander und Hessen die vordere Langseite frei. 

Eine wesentliche Rolle in der Linear-, wie Lichtcompo- 
sition spielt der Raum, in dem das Mahl stattfindet. Darin 
ist das Original ganz einzig, das hat keine der Copien in 

§ leicher Wirkung nachahmen können. Es muss auffallen, 
ass Leonardo für seine Breitcomposition einen tiefen Längs- 
raum nahm, von dessen Lichtmjellen wir nur im Hinter- 
grunde zwei Fenster und eine Thür sehen, die sich nach 
einer sonnendurchleuchteten Landschaft öffnen. Die Absicht 
ist die, dass von dort aus bis zu den Speisenden nur wenig 
Licht dringen, sie daher in einem Halbdunkel sitzen und 
nur da heller hervortreten sollen, wohin Leonardo Theile 
einer Lichtquelle vordringen lässt, die von links oben ein- 
fällt und sich in warmer Sättigung auf der rechten Seiten- 
wand ausbreitet. Das alles ist bei Morghen ganz entstellt, 
bei Magnus unverstanden. Dazu kommt eine ungemein 
reich entwickelte Linearperspective, die den schon durch 
das Licht geweiteten Raum noch überraschender zurück- 
treten lässt. Die das ganze Bild umrahmende Profilleiste 
ist so dargestellt, als wenn sie von oben in den Raum ein- 
schnitte, eine prächtig wirkende Idee, die auch wieder nur 
im Original zur vollen Geltung gelangt. Die Decke ist 

fetäfelt, dominirend treten dabei die Längsstreifen hervor, 
eren Richtung auch an den Seitenwänden durch den oberen 
Rand von vier in Abständen aufgehängten Brokatteppichen 
und kleinere oblonge Felder dazwischen festgehalten wird. 
Sogar der Boden ist und zwar, wie sich zeigen wird, mit 
ganz bestimmter Absicht längsgestreift. Der Augpunkt 
aller dieser Linien liegt ungefänr auf der Stirn der Mittel- 
figur, deren Kopf sich vom hellen Grund einer geöffneten 
Thür abhebt, über der sich ein profilirter Architrav mit 
einem auf Consolen ruhenden Rundgiebel erhebt. An der 
Landschaft ist im zerstörten Original heute noch die 
wunderbare Lichtfülle bemerkenswerth. Man erkennt von 
den Einzelheiten nur so viel, dass es sich um eine Hügel- 
landschaft handelte, etwa in der Art, wie sie Magnus an- 
deutet. 

Composition. Die lange Reihe isokephal geordneter 
Menschen hat an und für sich durchaus nichts Anziehendes, 
obwohl der Künstler bemüht war, sie für sich und im 
Zusammenhange mit dem Räume zu gliedern. Die Auf- 
lösung in vier Gruppen zu je dreien um die Mittelfigur ist 
.bereits von Goethe hervorgehoben, ebenso, dass die beiden 
seitlichen untereinander durch das Uebergreifen der Hände 

Goethe-Jahrbuch XVII. 10 



146 Abhandlungen. 



von L. 5 und R. 4 verbunden sind. Zwischen der Mittel- 
figur und ihrem Nachbar L. i klafft eine dreieckige Lücke, 
dieselbe tritt als Caesur, aber stark verdeckt, auch auf der 
andern Seite zwischen der Mittelfigur und R. i, dann 
zwischen L. 3 und 4 und R. 3 und 4 hervor. — Viel weniger 
auffallend und daher bisnun unbeachtet ist eine andere 
Trennung der Gruppen, die in die Linien des Gesammt- 
raumes üDergreift. Die Mittelfigur bildet an sich ein Drei- 
eck. Dasselbe hat seine Fortsetzung nach unten in den 
Bodenstreifen, deren nach Magnus im Ganzen vier auf jeder 
Seite sichtbar gewesen sein dürften.* Davon laufen die 
beiden mittleren, auf denen die inneren Füsse der mittleren 
Tischböcke stehen (Alles im Original durch die später aus- 
gebrochene Thür entfernt), genau bis zur Breite der dar- 
über hervorkommenden, rückwärtigen Thür zusammen, die 
beiden folgenden, auch im Original sichtbaren, bilden schein- 
bar die Verlängerung des Dreiecksaufbaues der Mittelfigur. 
Die nächsten laufen genau auf den Einschnitt zwischen den 
seitlichen beiden Gruppen hin und die letzten schliessen 
die ganze Reihe ab. tu diesem Eingriff der unteren Partien 
gesellt sich ein solcher von oben. Man hat bemerkt, dass 
sich L. 3 und R. 3 vorneigen; sie bilden die Grenzen der 
ersten Seitengruppen, ihre Bewegung wird unten durch die 
Streifen aufgenommen. Oben aber münden auf ihre Köpfe 
die senkrecnten Linien, welche die hinteren Ecken des 
Raumes bilden und der Rundbogen über der Thür ver- 
bindet sie zu einer etwa halbrunden Mittelpartie. Freilich 
sieht man das gut nur im Originale. 

Ihren Reiz Ijekommt diese Composition nun aber doch 
erst durch die wunderbare Beleuchtung. Es wurde bereits 
oben gesagt, dass die auffallende Wahl eines tiefen Raumes 
für eine Quercomposition nur mit Rücksicht auf den 
Wunsch des Künstlers, ein Helldunkel herzustellen, erklärbar 
ist. Dazu kommt eine überaus lebendige Bewegung der 
Atmosphäre, die durch die Begegnung des von rückwärts 
und unten einfallenden spärlichen Lichtes mit der von links 
und oben eindringenden eigentlichen Lichtquelle erzeugt 
wird. Die Wirkung des ersteren ist auf der linken, die des 
letzteren concentrirt auf der rechten Wand zu beobachten, 
wobei noch das Reflexlicht eine hervorragende Rolle spielt. 

Deutung. Dargestellt ist das Abendmahl Christi. Wir 
sehen den Erlöser selbst in der Mitte, zu seiner Linken 
offenbar Johannes, den Simon Petrus L. 3, durch Messer und 



' Morghen ist hier ganz abweichend auch darin, dass er sie hell 
auf dunklem Grund gibt. Im Original und bei Magnus ist das gerade 
umgekehrt. 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. I47 

Kopftypus charakterisirt, an der Schulter berührt, zwischen 
Beiden unzweifelhaft Judas. Die Bezeichnungen der übrigen 
Apostel sind schwankend, wenn man sich nicht, wie das 
Bossi (S. 76 ff.) gethan hat, an die Inschriften hält, welche 
in einer alten Copie des Bildes in Ponte Capriasca jede 
einzelne Figur begleiten. Danach entspricht es unserer 
Erwartung, wenn Andreas L. 4 neben seinem Bruder Petrus, 
Jacobus major R. i seinem Bruder Johannes gegenüber 
gesetzt ist. Schon Bossi hat versucht, die übrigen Apostel 
auch ikonographisch zu beglaubigen. Für uns sind ihre 
Namen bedeutungslos; wir bedienen uns der eingeführten 
Numerirung und werden, wo dies wünschenswerth er- 
scheinen dürfte, den gebräuchlichen Namen in Klammern 
dahinter setzen. 

Was uns an dieser Stelle zunächst ausschliesslich an- 
geht, ist die Frage nach dem Moment, welchen Leonardo 
dargestellt hat. Nach den evangelischen Berichten verläuft 
die Handlung in zwei Phasen, anknüpfend an zwei Aus- 
sprüche Christi, davon der erste das »Wahrlich, ich sage 
Euch, einer unter Euch wird mich verrathen,« worauf die 
Jünger betrübt Christus und einander fragen, wer das wohl 
sein könnte: Bin ichs? und der andere: Bin ichs? Das 
Johannesevangelium mit dem Zusatz: Simon Petrus habe 
einem, der an Jesu Brust lag, gewinkt zu fragen. Darauf 
die zweite Aeusserung Christi: »Der mit der Hand mit mir 
in die Schüssel taucht, der wird mich verrathen.« Dann 
folgt die Einsetzung des Sacramentes. 

Welchen Moment nun hat Leonardo gewählt? Es ist 
bekannt, wie Goethe deutet: »Das Aufregungsmittel, wo- 
durch der Künstler die ruhig heilige Abendtafel erschüttert, 
sind die Worte des Meisters: »Einer ist unter Euch, der 
mich verräth!« Ausgesprochen sind sie, die jganze Gesell- 
schaft kommt darüber in Unruhe ; er aber neigt sein Haupt 
gesenkten Blickes; die ganze Stellung, die Bewegung der 
Arme, der Hände, Alles wiederholt mit himmlischer Er- 

febenheit die unglücklichen Worte, das Schweigen selbst 
ekräftigt: Ja, es ist nicht anders! Einer ist unter Euch, 
der mich verräth!« 

Goethe steht mit dieser Erklärung nicht allein; viel- 
mehr hat schon der Freund Leonardos, Luca Pacioli, der 
mit dem Künstler gerade in der Zeit, in welcher das 
Abendmahl fertig wurde (1496—14^9), regen Verkehr hatte, 
diese Deutung ausgesprochen (Divina Proportione cap. III ' : 
»non fc possibile con maggiore (attentione) vivi gli apostoli 
imaginäre al suono de la voce delP infallibil veriti, quando 



' ed. Winterberg S. 41. 

10* 



148 Abbandluiksm. 



disse: Unns vestrnm me traditums est.« In ähnlicher 
Weise deuten Vasari, Lomazzo vu A. Heute ist diese Auf- 
fassung allgemein. Und doch ist sie meines Erachtens 
falsch. Denn welcher Moment dieser ersten Phase der 
Verrathankündigung sollte denn dargestellt sein? Offenbar 
nicht der unmittelbar darauffolgende, denn die Gesellschaft 
muss bereits Zeit gehabt haben, sich der Bedeutung der 
Worte bewusst zu werden und Stellune dazu zu nehmen. 
Goethe empfindet das auch und lasst Christus durch sein 
Schweigen, die Neigung des Hauptes und die Bewegung 
der Hände das Ausgesprochene bekräftigen. Was soll aber 
in diesem Falle die Bewegung der rechten Hand Christi 
und vor Allem das heftige, momentane Entsetzen, das 
den ihm unmittelbar benachbarten Apostel R. i erfasst? 
Warum starrt der so gebannt nach der rechten Hand 
Christi, warum wird auch der Blick von L. 6 so intensiv 
von demselben Punkt oder einem in unmittelbarer Nähe 
liegenden gefesselt? Goethe hat das zu erklären gesucht, 
indem er annimmt, R. i (Jacobus d. Aelt.) starre vor 
sich hin wie Einer, der das Ungeheure, das er durchs 
Ohr vernimmt, schon mit Augen zu sehen glaubt und 
L. 6 (Bartolomäus) lässt er horchen, was Johannes vom 
Herrn ausfragen wird. Das ist doch gewiss nicht über- 
zeugend. 

Und nun, nachdem der Zweifel an der verbreiteten 
Deutung geweckt ist, sehen wir eine Stelle des Bildes 
genauer an, die nämlich, wo die Hände Christi, Johannis 
und des Judas sich in einer Gruppe gegenüberstehen. Es 
will mir scheinen, dass hier ein dramatischer Augenblick 
gegeben ist, der den Schlüssel zum Verständniss des ganzen 
Bimes liefert. Christus, dessen Hand noch mit Ballen und 
Daumen aufliegt, erhebt die Handfläche. Dabei muss auf- 
fallen, dass die Finger etwas stark vom Daumen abgespreitzt 
sind und sich nach links richten. Dort steht eine Schüssel 
und auf der andern Seite derselben gewahren wir die Hand 
des Judas, die, wie durch magische Gewalt getrieben, in 
der Bewegung^ der Hand des Erlösers folgt, bezeichnend 
ist, dass im Original die Hand Christi etwas weiter von 
der Schüssel entfernt ist, als die des Judas, dessen Finger- 
spitzen direct über ihrem Rande stehen. Christus wird, 
seinen Gestus beibehahend, die Hand leise der Schüssel 
nähern und dabei die des Judas gebannt halten. In dem 
Moment aber, wo Christus die Finger in die Schüssel fallen 
lässt, werden auch die des Judas sinkend den Rand be- 
rühren und der. Verräther wird gefangen sein. Leonardo 
hat einen höchst dramatischen Augenblick dieses Vorganges 
gewählt, er lässt ihn überdies vor einer, den Eindruck 



Leonardos Abendmahl- und Goethes Deutung. 149 

tnultiplicirenden Folie vor sich geben: vor den- rührend 
schlicht gefalteten Händen des Johannes.^ 

Ich kann mir nicht denk^,. däss diese Compositipn 
<ier Hände eine nebensächliche Rolle spielen sollte, .wie das 
bei der Goethischen Deutung der Fall wäre. Goethe hat 
den Gestus der rechten Hand Christi nicht ausdrücklich 
erklärt, aber man muss . annehmen, dass auch er sie für den 
Ausdruck der Bestätigung des angekündigten Verratheg an- 
sieht. Wie ist das nur möglich? Das besagt doch die linke 
Hand: Ja, es ist nicht anders! Einer ist unter euch, der 
mich verräthl Dazu aber gesellt sich wie die Unke zur 
rechten Hand sofort das folgende: Der die Hand rnit mir 
in die Schüssel taucht, der wird mich verrathen. . Und 
Christus erhebt die, Hand, die des Judas folgt ihm. Entset« 
fährt R. I (Jacobus d. Aelt.) zurück,, seine Augen starren 
wie gebannt nach der Schüssel, auch L. 6 (Bartolbiriäus) 
bemerkt die Bewegung der Rechten Christi und auch er 
folgt athemlos jeder ihrer Regungen, ebenso scheint auch 
R. 3 (Philippus) in dem Moment, wo er nach Goethe sich 
zu Christus hinwendend versichert: »Herr ich bins nicht!« 
u. s. f., die Bewegung der Hände zu bemerken und sein 
Blick bleibt mitten in der gefühlvollen Versicherung, daran 
haften. Ich denke R. i allein widerlegt Goethe. 

Und. was ist's denn mit allen anderen Jüngern? Warum 
fühlt sich jeder einzelne von ihnen persönlich : getroffen ? 
Goethe hat, um das lebhafte Spiel der Hände zu erklären, 
eine Einleitung über den nationalen Hang der Italiener, 
lebhaft mit den Händen zu gesticuliren, gemacht. Ist es 
wirklich dieser Zug, dem Leonardo hat Rechnung tragen 
wollen? Oder liegt der Grund nicht vielmehr in dem dart 

festeilten Augenblick? Es muss doch auffallen, dass alle 
'heilnehmer ausnahmslos beide Hände sehen lassen. Für 
R. 2 (Thomas), wo dies nach dem heutigen Zustande des 
Bildes und dem Stich Morghens hätte verneint werden 
können, ist die zweite Hana durch alte Copien und die 
Fabeleien des vorigen Jahrhunderts bezeugt. Bei einzlelnen 
Gestalten sieht die Art, wie die Hände sichtbar gemacht 
sind, ja sehr natürlich aus, so bei L. i, 2 und 6, R. i, 3 
und 4. Bei den beiden Greisen L. 4 und R. 6 sind sie 
ostentativ vorgewiesen. Und bei L, 3 und 5/R. 2 und 5 
hat Leonardo offenbar Schwierigkeiten gefunden, beide 
Hände sehen zu lassen; er musste etwas auf die Nachsicht 
oder Oberflächlichkeit des Beschauers rechnen, vollkommen 
klar und nothwendig sind die Handbewegungen der letzt-, 
genannten sicher nicht. Wozu nun alle 24 Hände, im Falle 
Goethe techt hat? 

Ich denke, das Alles sind Gründe genug zur Entschul- 



1 50 Abhandlungen. 



digung, wenn ich es nunmehr wage, dem Bilde eine andere 
Deutung zu geben als Goethe und so viele vor ihm, unter 
ihnen auch Luca Pacioli. Gegenüber diesem letzteren, bei 
dem der Irrthum schwer verständlich ist, will ich zur Er- 
klärung nur auf die Warnung verweisen, die schon Bossi 
(S. 14) an den Leser vor zu grossem Vertrauen in die Mit- 
theilungen dieses Autors richtet: Parmi dover qui avvertire 
essere necessario di procedere con cautela nel prestar fede 
alle propositioni di questo autore. Uebrieens mag Luca 
sich nicht viel Gedanken über den eigentlichen Moment 
der Handlung gemacht haben. Es genügte ihm eben, dass 
ein solcher nach der Verrathankünaigung gegeben war. 

Inhalt. Bevor ich darauf näher eingehe, muss vor- 
ausgeschickt werden, dass das Ganze als eine Art Panto- 
mime gegeben, d. h. dass keine Person sprechend gedacht 
ist. Nur R. I öffnet den Mund, offenbar aber nicht um zu 
sprechen, sondern vor Entsetzen. Auch Petrus, den Morghen 
sprechen lässt, hat den Mund geschlossen. Leonardo, der 
die Ausdrucksmittel der Malerei für die bedeutendsten aller 
Künste hält, will durch die Geberdensprache allein wirken 
und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammen- 
fassen. 

Das gelingt ihm wahrhaft gross bei Christus. Während 
der Kopf den seelischen Zustand des Erlösers: Trauer, 
Ergebung spiegelt, gibt die offen daliegende Linke die klare 
Bestätigung für den unabwendbaren v errath ; die Rechte 
aber geht weiter, sie ciiirt bereits mit furchtbarer Ruhe 
den Verräther. Dieser selbst ahnt nicht, was seine Linke 
thut. Denn im Innersten getroffen und ängstlich um seine 
Entdeckung besorgt wie er ist, bringt ihn Petrus, der sich 
schwer au? seinen Rücken lehnt, aus der Fassung. Sich 
voll Misstrauen halb nach diesem umblickend, verliert Judas 
Christus aus den Augen und es geschieht so das, was er 
vermeiden will. Goethe deutet die Bewegung seiner Linken 
als unwillkürlich krampfhaft, als ob er sagen wollte: Was 
soll das heissen? was soll das werden? Gewiss, zugleich 
aber wird sie auch zum Verräther. Das war es ja, was 
Leonardo jedenfalls viel Ueberlegung gekostet hatte, wie 
Judas dazu gekommen sein kann, sich selbst zu verrathen. 

Johannes fühlt sich ganz eins mit Christus, er leidet 
mit ihm und es fällt ihm gar nicht ein daran zu denken, 
dass ja auch er selbst mit zu den Betroffenen gehören 
könnte. Desshalb hat Leonardo den Petrus, welchen er 
aus compositionellen Gründen und desshalb nach rechts 
überbeugen musste, damit das gezückte Messer direct in 
Judas Flanke rücken sollte — ein Motiv, dessen Wirkung 
ja schon Goethe glücklich erkannt hat — desshalb hat 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 151 

Leonardo den Petrus dargestellt, wie er den in sich ver- 
sunkenen Johannes auf das, was in der Mitte vorgeht, auf- 
merksam macht. Dazu aber bedarfs keiner Worte, die hin- 
weisend ausgestreckte Hand Petri liegt ja knapp vor des 
Jüngers Augen.' 

L. 4 TAndreas) blickt nach der Mitte, entsetzt vielleicht 
wie Goetne will; er weist die Hände vor, als wollte er 
sagen: »Na, ich habe sie gewiss nicht im Spiel.« L. 5 
(lacobus d. Jung.) ist offenbar ein Lückenbüsser. Das 
Uebergreifen der linken Hand ist ebenso aus compositio- 
nellen Rücksichten geboten, wie theilweise dasjenige des 
Petrus. Die vorgestreckte Hand soll einfach die heiden 
Gruppen der linken Seite verbinden, wie rechts die Hände 
von R. 4. Im Uebrigen hat Leonardo nicht viel Platz für 
ihn- freimachen können, wenn er an seiner Eckfigur L. 6 
festhalten wollte. Daher lässt er L. 5 die zweite Hand, 
um sie zu zeigen, auf die Schulter seines Vordermannes 
legen; ein wirklich lebensvolles Eingreifen war er nicht 
im Stande ihm zuzutheilen, auch nicht, wenn man das Bild 
in Goethes Sinne deutet.* 

L. 6 (Bartolomäus) hatte ruhig mit gekreuzten Beinen 
beim Essen gesessen. Der erste Ausspruch Christi macht 
ihn aufhorchen, ohne dass er seine sitzende Stellung wesent- 
lich ändert. Als aber die Bezeichnung des Verräthers an- 
fekündigt wird, da springt er auf. Die Füsse zwar bleiben, 
amit er nicht Zeit verliere, in der alten Stellung, genau 
entsprechend Leonardos Grundsatz: »Bei der Bewegung 
des Menschen, die durch einen äusseren Gegenstand ver- 
anlasst wird, tritt der Gegenstand entweder plötzlich und 
unvermittelt hervor oder nicht. Im ersteren Falle dreht 
der, welcher sich bewegt, dem Gegenstand vor allem Andern 
den Sinn zu, der am meisten noththut, das ist das Auge. 
Die Füsse lässt er stehen, wo sie standen, und bewegt nur 
die Schenkel sammt den Hüften und Knieen nach der Seite, 
wohin das Auge sich umwendet.«' Ist diese Stelle nicht 



' Das Auftreten Petri könnte sich vielleicht bei genauerer Ver- 
gleichung aller Copien auch deuten lassen, wie es mein verehrter 
College Schönbach durch die Fragen aussprach: »Will sich nicht Petrus 
mit oer linken Hand die Schulter des Johannes wegschieben, um den 
Vorgang auf dem Tisch besser zu sehen? und L. $, will er nicht etwa 
mit der Linken Petrus zurückhalten, damit nicht er die verhängniss- ! 

volle Bewegung nach der Schüssel hin mache?« I 

* Ich würde unbedenklich die in der vorhergehenden Anmerkung \ 

citirte, sehr ansprechende Deutung annehmen, wenn die Bewegung von 1 

L. 5 nicht so auffallend ruhig wäre. 

3 »Das Buch von der Malerei« ed. H. Ludwig I, S. 370, § 372 I 

(IIL S. 194). I 

i 
i 



Ij2 Abhandlungen. 



wie zur Erklärung des Bartolomäus geschrieben ? Am Ober-» 
körper ist jede Faser schärfste Beobachtung : er sieht, dass 
Christus die Hand erhebt seine Ankündigung, wahr zu 
machen. Man vergleiche, wie wenig befriedigend daneben 
Goethes Auffassung ist. 

Auf der rechten Seite des Tisches ist R. i, unser 
Hauptzeuge. Er sieht aus unmittelbarer Nähe was ge- 
schieht und fährt entsetzt zurück. Hier ist Goethes Er- 
klärungsversuch direct gesucht. Davon war ja schon oben 
die Rede. — R. 2 (Thomas) ist wieder ein Lückenbüsser 
von der Sorte von L. 5. Wie Bartolomäus (L. 6) ist auch er 
entsetzt aufgesprungen; mit Hand und Fuss seinen Platz 
wahrend, fährt er hinter R. i vor und stürmt auf Christus los 
mit dem Schwur: »Wart, dem will ich!« dabei verzerrt er 
nach Morghen wüthend das Gesicht und droht mit dem 
Zeigefinger. Ich glaube nicht, dass er dabei schon Judas 
im Auge hat. Goethe weiss oei der Deutung gar nichts 
mit der Figur anzufangen, er beschreibt sie emfach.* — 
R. 3 (Philippus) spricht eben, wie Goethe so schön deutete : 
»Herr, ich bin's nicht ! Du weisst es ! Du kennst mein reines 
Herz* Ich bin's nicht!« als er die Bewegung der Hand 
Christi sieht und, gebannt daran haften bleibend, in der 
Bewegung des Körpers und der Hände wie versteinert 
innehält. Es ist das dieselbe, durch eine momentane Entr 
deckung bewirkte Zuspitzung der Bewegung, wie sie in der 
Fusshaltung des Bartolomäus hervortrat. Uebrigens wird 
mit Sicherheit über diese Figur auch nur mit Heranziehung 
alles erhaltenen Materials entschieden werden können. — In 
der letzten Gruppe rechts streckt zunächst R. 4 (Matthäus) 
die Hände aus compositionellen Gründen nach links, wie 
Goethe bemerkt hat, um durch das unschätzbarste Kunst- 
mittel seine Gruppe mit der vorhergehenden zu verbinden. 
Aber er spielt doch dabei eine ganz andere Rolle als die 
deniselben Zwecke dienende Figur L. j. Der Greis R. 6 
(Simon) gibt ihm Anlass dazu. Auf ihn wirkt die An- 
kündigung der Kenntlichmachung des Verräthers ähnlich 
ein wie auf den Greis L. 4. Auch er erhebt die Hände 
vor der Brust, als wenn er versichern wollte : »Da sind sie; 
ich werde sie gewiss nicht hineinstecken.« Die beiden 
Greise sind der schärfste Gegensatz zu Johannes. Während 
der Jüngling sich überhaupt nicht getroffen fühlt, denken 
sie Beide zuerst an sich selbst. »Die Bewegungen der 
Menschen,« sagt Leonardo, »sind so verschiedenartig, als 



' Als ich noch Goethes Deutung folgte, glaubte ich, die Gestalt 
wiese, wie Anna im Londoner Carton nach oben, etwa sagend: »Was, 
dich, den Gottessohn, sollte einer verrathen?« 



Leonardos Abendmahl UND Goethes Deutung. 153 

die Mannigfaltigkeit der Zustände (accidenti), die durch 
ihre Seele hin und wiedergehen. Und ein jeder Zustand 
für sich bewegt die Menschen mehr oder minder, je nach- 
dem diese von grösserer oder geringerer Kraft sind, und je 
nach dem Alter. Denn ein Jüngling wird wegen irgend 
etwas eine ^anz andere Bewegung machen, als in dem 
nämlichen Fall ein Alter.«* Derselbe Gegensatz, etwas 
gemildert, obwohl äusserlich heftiger^ herrscht zwischen dem 
Greise R. 6 und dem Jüngling R. 4 ihm gegenüber. Auch 
R. 4 hatte gar nicht an sich selbst gedacht. Aufspringend 
hatte er offenbar den Gestus des Alten (R. 6) bemerkt; 
mit einem Blick nach der Mitte Alles erfassend, wendet er 
sich heftig demselben zu, als wenn er sagen wollte: »So 
sieh doch hin, er hat ihn ja schon«, oder ähnlich. Und auf 
diese Bewegung von Arm und Kopf könnte man Leonardos 

Worte deuten: »Bei Geberden des Hinweisens auf 

Dinge, die an Zeit und Ort nahe sind, hat die Hand des 
Hinweisenden nicht allzu weit vom Körper abgestreckt zu 
sjein. Sind aber die fraglichen Gegenstände weit weg, so 
sei auch die Hand des nach ihnen Hinzeigenden weit ab- 
gestreckt und das Gesicht desselben der Person zugewendet, 
welcher der Gegenstand gezeigt wird.«* 

Es bleibt R. 5 (Thaddäus). Er ist ein Lückenbüsser 
wie sein genaues Pendant an der Tischecke gegenüber. 
Goethe lässt ihn mit der einen Hand in die andere schlagen, 
a]$ wollte er sagen: »Hab ichs nicht gesajgt! Hab ichs 
nicht immer vermuthet !« Das könnte sicn ebenso gut bei 
meiner Deutung, sogar auch unmittelbar auf Judas oezüg- 
lich annehmen lassen. Ich glaube aber, dass diese Gestalt 
doch etwas Anderes sagen will. Indem der Mann sich 
gegen seinen Nachbar R. 6 wendet, weist er mit dem 
Daumen der erhobenen rechten Hand zurück nach der 
Mitte und trägt so, scheint es, einfach die Bewegung von 
R. 4 weiter. Die linke Hand liegt nur desswegen auf dem 
Tische, damit man sie sieht. Man versuche sie sonst wo 
sichtbar zu machen. Dazu kommt, dass die Hände in einer 
Handzeichnung der Academie in Venedig, von der später 
die Rede sein wird, gar nicht übereinander stehen, ein 
Ineinanderschlagen also ausgeschlossen ist. 

Typus. Es wird erwünscht sein, wenn unter dem 
Gesichtspunkte der neuen Deutung auch ein kurzer Blick 
geworfen wird auf das Verhältniss von Leonardos ausge- 
führtem Gemälde zu den älteren und gleichzeitigen Dar- 
stellungen desselben Gegenstandes und zu seinen eigenen 



' Das Buch von der Malerei a. a. O. I, S. 370, § 373 (III, S. 193). 
» A. a. O. I, S. 364, § 361 (III, S. 194). 



1 54 Abhandlungen, 



vorbereitenden Skizzen. Aehnliche Untersuchungen sind 
wiederholt angestellt worden und ich kann mich daher 
kurz fassen. Wäre die Goethische Erklärung richtig, dann 
hätte Leonardo mit der gesammten Tradition gebrochen. 
Denn bis dahin war, wenn man das Abendmahl überhaupt 
historisch fasste. geradezu ausschliesslich die Kenntlicn- 
machung des Judas dargestellt, von den Byzantinern ebenso 

fut,' wie von den Italienern.* Die Vorgänger des Leonardo 
euten das dadurch typisch an, dass juaas allein an der 
Vorderseite des Tisches entgegen allen andern sitzt, die 
um die übrigen Seiten der Tafel gruppirt sind. Ihm gegen- 
über sieht man immer Christus mit segnend erhobener 
rechter Hand, die linke durch Johannes verdeckt, der nach 
byzantinischer Weise an seiner Brust liegt. Gewöhnlich 
wird dann auch noch Petrus hervorgehoben; er hält zu- 
meist ein Messer.. 

Leonardo nun geht, wie das ja auch bei Entstehung 
einiger seiner übrigen (Kompositionen nachweisbar ist, zu- 
nächst durchaus von dem Conventionellen Typus aus. Eine 
Handzeichnung in Windsor zeigt zweimal skizzirt das Abend- 
mahl.' Immer sitzt Judas allein an der Vorderseite des 
Tisches Christus gegenüber, das einemal, rechts, liegt auch 
Johannes an seiner Brüst. Der Moment wird wie bei den 
Byzantinern dadurch scharf markirt, dass Judas in die 
Schüssel greift, einmal zugleich mit Christus, so dass 
sich die Hände beider, wie später im ausgeführten Gemälde 
gegen übertreten. In einer der beiden Skizzen ist im Hinter* 

f runde auch noch durch Arkaden die Wand angedeutet, vor 
er sich die Scene in der Zeit vor Leonardo stets unmittelbar 
abspielte. In der Haupt^ruppe schliesst sich der Meister 
also noch ganz an die Tradition; nicht so was die Theil- 
nahme der übrigen Jünger anbelangt. Dieselben hatten 
bisher in gleichen Intervallen von einander jeder für sich 
steif aufrecht gesessen. Leonardo belebt schon in diesen 
Skizzen jede einzelne Gestalt dramatisch.* In einem zweiten 
Entwürfe, einer Rötheistudie in der Academie zu Venedig,^ 
die tmzweifelhaft Beziehungen zum Meister hat, sind die 
Apostel schon in Gruppen zusammengeschlossen. Doch 



* Vgl. Dobberts gründliche Arbeit darüber im Repertorium für 
Kunstwissenschaft Bd. XIV ff. 

* H. Riegel, lieber die Darstellung des Abendmahles bes. in der 
tosk. Kunst. Hann. 1869. E. Fräntz, Das hl. Abendmahl d. Leon, da 
Vinci S. I— II und sonst gelegentlich fast aller Besprechungen unseres 
Bildes. 3 Müller- Walde, Leonardo da Vinci S. 147 ff. 

^ Vgl. seine dahin abzielenden Notizen im South Kensingtori 
Museum bei Richter, The litterary works of L. d. V. I, S. 346/7. 
Nr. 665/6. s Abg. a. a. O. L pl. XLVL 



Leonardos Abendmahl und Goethes Deutung. 155 

bleibt auch in dieser zweiten Zeichnung die Hauptgruppe 
noch unverändert: Judas vor dem Tische Christus gegen- 
über, beide die Hände ausstreckend, welche so durcn eine 
Schüssel getrennt, einander gegenüberstehen, Johannes 
ferner an Christi Seite schlafend. — Ich will aus dieser 
Zeichnung sonst nur noch die mit Simon bezeichnete Figur 
(R. 5) herausheben, weil sie in jeder Beziehung, auch in 
aem Platz, der ihr angewiesen ist, dem Thaddäus (R. 5) 
genannten Apostel des ausgeführten Gemäldes gleich ist. 
Er spricht hier offenbar zu seinem an der Scnmalseite 
sitzenden Nachbar, und kann die Hände, von denen der 
Daumen der Rechten wieder nach der Mitte weist, un- 
möglich in einanderschlagen wollen, weil sie, wie gesagt, 
garnicht übereinander stenen. 

Und nun das ausgeführte Gemälde. Ich denke, der 
Blick, den wir auf die Entstehung des Bildes in der Idee 
des Leonardo geworfen haben, bestätigt aufs Neue meine 
Deutung. Leonardo gibt auch bei der endgiltigen Ge- 
staltung seine erste, der damals giltigen Auffassung des 
Abendmahls als einer Kenntlichmachung des Judas ent- 
sprechende Idee gar nicht auf. Aber er bildet sie genial 
um. Das allein ist sein Verdienst. Und ich denke, es ist 
kein geringeres als das, das ihm nach Goethes Auf- 
fassung zugefallen wäre. Zunächst gibt er die flache Wand 
als Hmtergrund auf und erweitert zum Zwecke der Be- 

f[ründung des Helldunkels den Raum. Und wie er dann 
udas in die Nähe der Schüssel mitten hinein zwischen die 
seit jeher hervorgehobenen Johannes und Petrus setzt, das 
entspricht so recht seinen auch literarisch niedergelegten 
Grundsätzen: »Ich sage auch noch, dass man in Historien 
die directen Gegensätze nahe neben einanderstellen und 
zusammenmischen soll, denn sie verleihen einander grosse 
Steigerung, und zwar umsomehr, je näher sie beisammen 
sind, der Hässliche nämlich beim Schönen, der Grosse beim 
Kleinen, der Greis beim Jüngling, Stark bei Schwach, und 
so wecnselt man ab, so viel als möglich und so dicht bei 
einander als möglich.« ' Andrea del Sartohat ihm 3ic neue 
Compositionsart in seinem Abendmahl in S. Salvi in Florenz 

fielen nachgemacht und auch er stellt die Kenntlichmachung 
es Judas dar.* 

Es ist bekannt, wie mächtig Leonardos Schöpfung auf 
die Kunst der Folgezeit gewirkt hat. Ich beschränke 
mich darauf, die ausserordentlich engen Beziehungen von 
Tizians Zinsgroschen hervorzuheben, aie nach meiner Ueber- 

' Das Buch von der Malerei ed. Ludwig I, S. 220, § 187 (III, S. 1 37). 
* Phot. V. Alinari 4473. 



156 



Abhandlungen. 



Zeugung ' viel zu wenig beachtet werden. Sie geben theil- 
weise den Schlüssel zu dem plötzlichen Aufschwünge der 
venetianischen Malerei. Was hier hervorgehoben zu werden 
verdient, ist, dass auch dort die Handlung auf die Gegen- 
überstellung der Hände zugespitzt ist, ein Beweis, dass 
Einzelne schon zu Leonardos Zeit wohl erkannten, worauf 
es in seinem Abendmahl wesentlich ankommt und welches 
der eigentlich dargestellte Moment sei. 

5 Vgl. darüber »Die venetianische Kunstcf, Preuss. Jahrb. 1895. 




Ueber Goethes Sonette. 

EIN VORTRAG, 

gehalten im Wiener Goethe -Verein am 19. November 1895 

VON 

J. Schipper. 




Ills gibt kaum eine Dichtungsart, deren Werth so 
leohaft bestritten worden ist, und die dennoch 
eine so grosse Rolle in der Literatur aller west- 
europäischen Völker gespielt hat, als das Sonett. Schon 
hieraus kann man schliessen, dass die Vorzüge dieser poe- 
tischen Form doch nicht so gering sein dürften, wie dies 
öfters behauptet wurde. Es könnte ferner aber auch daraus 

fefolgert werden, dass bald nach dem Bekanntwerden des 
onetts die Franzosen und die Italiener sich das Verdienst, 
es in die Literatur eingeführt zu haben, streitig zu machen 
suchten. Seit jedoch Friedrich Diez, der Begründer der 
romanischen Philologie. ItaUen als die Heimat des Sonetts^ 
nachgewiesen hat, wird der itaUenische Ursprung desselben * 
wohl ziemlich allgemein als feststehend anerkannt. Aus 
Italien gelangte es im 16. Jahrhundert, wie nach den 
übrigen romanischen Ländern, so auch nach Frankreich 
und gleichfalls nach England, wo es sich am eigenartigsten, 
aber ohne auf die anderen Literaturen einen Einfluss aus- 
zuüben, entwickelt hat. 

Ueberall war Petrarca das Vorbild, von dem man aus- 



158 Abhandlungen. 



ging oder das Ideal, dem sich die Sonettendichtung, wenn 
sie auf Abwege gerathen war, in ihren edleren Bestrebungen 
wieder so viel wie möglich zu nähern suchte. Durch ihn 
war ja bekanntlich diese Dichtungsform zur grössten Vollen- 
dung und Popularität gelangt. 

Und in der That ist diese schöne, kunstvolle, aber 
auch schwierige poetische Form wegen ihres harmonischen 
Baues wie aucn wegen ihres Reichthums an Reimen für die 
reflectirende Lyrik ganz besonders geeignet. Ohne auf die 
Entstehung, die verschiedenen Formen und Arten des 
Sonetts näher einzugehen, möge nur daran erinnert werden, 
dass die Hauptform desselben, das streng gebaute, italienische 
Sonett, stets aus 14 elfsilbigen oder in deutscher Nach- 
bildung fünftaktigen, klingend, öfters aber auch stumpf 
endigenden jambischen Versen besteht und in zwei durch 
die Reime, wie durch eine stets nothwendige Satzpause 
von einander getrennte Theile zerfällt. Diese beiden Haupt- 
theile scheiden sich wieder in je zwei gleichfalls durch 
eine Satzpause von einander getrennte Strophen von je 
vier und je drei Versen, Quartette und Terzette benannt. 
Die ersteren haben fast immer die Reimstellung abba abba. 
Die letzteren können entweder zwei oder drei Reime in 
verschiedener Folge haben, nach dem Belieben des Dichters. 
Bei zwei Reimen ist die Anordnung cdc dcd die häufigste, 
daneben kommen auch cdd cdc, cdd dcc u. a. manchmal 
vor. Bei drei Reimen ist die Stellung cde cde besonders 
beliebt, doch auch andere, wie namentlich cde dce sind 
manchmal, cdcdee dagegen ist selten anzutreffen. So zer- 
fällt also das Sonett m vier selbständige Strophen, denen 
auch die innere Gedankenfolge entsprecnen muss, so zwar, 
dass mit jeder neuen Strophe eine neue Wendung einzu- 
treten hat. Von dem italienischen Theoretiker Quadrio ist 
dieser logische Aufbau des Sonetts sogar dahin formulirt 
worden, dass das erste Quartett die Aufgabe habe, eine 
Behauntung aufzustellen, das zweite, sie zu beweisen, das 
erste Terzett, sie zu bestätigen, das zweite, den Schluss 
des Ganzen zu ziehen. Diese rigorosen Anforderungen 
sind aber weder in der italienischen, noch auch in der 
deutschen und sonstigen Sonettendichtung immer strenge 
beobachtet worden. Namentlich die Sinn- und Satzpause 
nach dem elften Verse, also zwischen den beiden Terzetten, 
wird manchmal nicht eingehalten, und dadurch, dass dann 
diese zu einem mehr oder weniger enge zusammenhängenden 
Strophentheile verbunden werden, macht in solchen Fällen 
das ganze Sonett, wegen der gewöhnlich strenge einge- 
haltenen Pause zwischen den beiden Quartetten, emen drei- 
theiligen Eindruck. 



Ueber Goethes Sonette. 159 

In dieser strengen italienischen Form wurde aber das 
Sonett anfangs nicht in der deutschen Literatur gepflegt. 
Vielmehr scheint Fischart, der in den 70er Jahren des 
sechszehnten Jahrhunderts die ersten deutschen Sonette 
dichtete,' und zwar in viertaktigen jambischen Versen, an 
französische Muster sich angelehnt zu haben. Der eigent- 
liche Modevers des französischen Sonetts war aber damals 
schon der Alexandriner, und in dieser Versart, gewöhnlich 
mit der Reihenfolge abba abba ccd eed, wurde das Sonett 
im 17. Jahrhundert auch in Deutschland gepflegt, so von 
Weckherlin, wenn auch dieser in der Reimstellung die 
italienische Form einführte, von Opitz, dem eigentlichen 
Förderer des Sonetts, von Simon Dach, Paul Fleming, 
Andreas Gryphius und vielen Andern. Die Stoffe, die sie be- 
handelten, gehörten den verschiedensten Gebieten an. Geist- 
liche Stoffe wurden gern gewählt, auch kurze Charakteri- 
stiken geschichtlicher Persönlichkeiten in Sonettenform 
waren beUebt, ferner diente es zu Gelegenheitsgedichten 
verschiedener Art, vor allen Dingen aber, wie m Frank- 
reich, Italien und allerwärts, dem ewig unerschöpflichen 
Thema der Liebe. 

Im Laufe der Zeit war aber mehr und mehr der ge- 
diegene, tiefere Gehalt, der die Sonette eines Weckherlin, 
Paul Fleming, Andreas Gryphius charakterisirt hatte, von 
der blossen Pflege der äusseren Form verdrängt worden, 
die in allerlei Reimspielereien und sonstigen Veränderungen 
und Erweiterungen zu Tage trat. 

Charakteristisch ist es, dass in allen Sprachen, die das 
Sonett pflegten, zu gewisser Zeit Gedichte dieser Art auf- 
tauchten, welche die Entstehung eines solchen in der Form 
desselben zum Gegenstande hatten, wie z. B. ein Gedicht 
-von Menke aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, welches 
noch dazu die Reime der Quartette auch mit den Terzetten 
beibehält. 

Das Gedicht ist blosse Form und hat so gut wie gar 
keinen Inhalt, wenigstens keine Gedanken. So ist es begreif- 
lich, dass eine Dichtungsart, die in eine kleinliche Spielerei 
ausartete, überall in der Literatur, sobald sich in ihr ein 
ernsteres Streben nach Vertiefung des Inhalts, ein idealer 
Aufschwung zu höheren Zielen bemerkbar machte, von den 
Dichtem als der freien Entfaltung ihrer Individualität un- 
würdig verschmäht und verfolgt wurde. 

So geschah es in Frankreich, wo Molifere und Boileau 
das Sonett verspotteten und in Misscredit brachten, so im 

* Vgl. Welti, Geschichte des Sonettes in der deutschen Dichtung, 
Leipzig, 1884, S. 59 ff. 



i6o Abhandlungen. 



17. und 18. Jahrhundert in England, wo die einst so 
blühende Sonettendichtung der Snakespeare'schen Epoche 
um die Zeit ganz und gar der Verachtung preisgegeben 
war, so auch in der deutschen Literatur, wo schon Qiristian 
Weise und Gottsched sich unter dem Einfluss Boileaus ab* 
träglich über, das Sonett geäussert hatten und wo es von 
Dichtern wie Bodmer, ßreitinger, Hagedorn, Klopstock, 
Lessing, Schiller und anderen vor und während der Sturm- 
und Drangperiode verschmäht und zum Theil mit Spott 
überschüttet wurde. 

Indess gänzlich liess sich diese früher so beliebte 
Dichtungsform doch nicht mehr unterdrücken. Westermann 
rief das Sonett 1765, wenn auch zu geschmackloser Ver- 
wendung, wieder ms Leben; Schiebeier, Klamer Schmidt u. A. 
pflegten es, Bürger aber brachte es mit seinen form- 
vollendeten erotischen Sonetten, die jedoch grösstentheils 
in fünftaktigen Trochäen geschrieben waren, aufs Neue zur 
Blüthe und führte dadurch allerdings auch eine wahre 
Ueberschwemmung von Sonetten herbei, die nun wiederum 
die schärfste Opposition der Gegner hervorrief. 

Gleichwohl erreichte zur selben Zeit oder vielmehr ein 
Decennium später das Sonett den höchsten Gipfel der Voll- 
endung durch August Wilh. von Schlegel, der schon 1788 
auf der Universität, gleichzeitig mit dem ihm befreundeten 
Bürger, sich der Sonett-Dichtung zuwandte, anfangs Petrar- 
ca'sche Sonette, zum Theil recht frei, sowohl hinsichtlich 
des Inhalts wie auch der Form, allmählich aber immer 
correcter übertrug und 1798 mit seinen »Geistlichen Ge- 
mählden«, Sonetten auf die berühmten religiösen Gemälde 
der Dresdener Gallerie, ferner in seinen Spottsonetten auf 
Merkel und Kotzebue, seinen Trauersonetten auf den Tod 
seiner Stieftochter und anderen zur Vollkommenheit hin- 
sichtlich der früher schon charakterisirten, streng italienischen 
Form, wie auch des mehr und mehr vertieften Inhalts, 
durchdrang. Denn auch in dieser Hinsicht hob er das 
Sonett aus dem engen Bereich der subjectiven Erotik, in 
welchem Bürger es noch festgehalten hatte, zu den idealsten 
Aufgaben empor. 

So wurde für das Sonett sowohl durch seine leiden- 
schaftlichen Gegner, wie auch durch seine eifrigen Ver- 
theidiger und erfolgreichen Förderer zu Beginn dieses Jahr- 
hunderts das höchste Interesse in der Literatur erregt. • 

Es entbrannte aufs Neue ein wahrer Krieg um das 
Sonett, und dieser Sonettenkrieg wurde zum Theil dadurch 
mit herbeigeführt, dass Goethe, der früher, abgesehen von 
zwei im Jahre 1796 geschriebenen Uebersetzungen der 
Sonette in der Lebensbeschreibung des Benvenuto Cellini 



Ueber Goethes Sonette. l6l 

keine Sonette gedichtet hatte, seit dem Beginn des 19. Jahr- 
hunderts dieser Dichtungsform nun auch seine Theiinahme 
zuwandte. Um die Wende des Jahrhunderts hatte Goethe 
mit zwei Spottsonetten, die in der für solche Zwecke da- 
mals auch von Schlegel und Tieck gebrauchten italienischen 
Nebenform des sonetio codato, d. n. eines um ein drittes 
Terzett verlängerten sogenannten Schweifsonetts, abgefasst 
waren, für die Brüder Schlegel, gegen Böttiger, Kotzebue 
und Merkel energisch Partei o^enommen. Von Schiller 
wissen wir, dass das erste derselben »eine böse Sensation 
gemacht« und wegen der Derbheit des Ausdrucks bei den 
Damen Anstoss erregt hatte. Es ist unthunlich, auf diese 
beiden, in der Gesammtausgabe Bd. VI, S. 158, 15^ vor- 
kommenden Sonette, mit denen wir zu tief in die literarischen 
Fehden jener Zeit hineingerathen würden, hier näher einzu- 
gehen. 

Von grösserem Interesse ist für uns eines von zwei 
anderen Sonetten Goethes, die im Jahre 1802 erschienen 
waren und die er beide in zwei dramatische Dichtungen 
eingeflochten hatte. Das eine ist das in dem Trauerspiel »Die 
natürUche Tochter« (II, 4) enthaltene Sonett Eugeniens, 
zu dessen Würdigung es wiederum nöthig sein würde, 
näher auf den Inhalt des Stückes Bezug zu nehmen, das 
andere, wichtigere ist das in dem zur Eröffnung des Lauch- 
städter neuen Schauspielhauses 1802 aufgeführten Vorspiel 
vorkommende Sonett, welches unter dem Titel »Natur und 
Kunst« sich auch im zweiten Bande der Gedichte befindet, 
wo es das zweite ist in dem mit »Epigrammatisch« über- 
schriebenen Abschnitt, während das erste dieser Abtheilung 
die Ueberschrift »Das Sonett« trägt. Diese beiden Gedichte 
sind schon aus dem Grunde von hervorragendem Interesse, 
weil sie zu dem Sonettenkrieg in directer Beziehung stehen. 
Während das zweite, »Natur und Kunst«, vermuthUch im 
Jahre 1802, jedenfalls nicht später, verfasst wurde, sind wir 
über die Entstehungszeit des ersten noch weniger genau 
orientirt. Gedruckt wurde es erst im Morgenblatt vom 
5. Jänner 1807 von Hang, der es ohne Goethes Einwilligung 
aus dem 1806 von ihm an Cotta gesandten Manuscript zum 
ersten Bande der Gesammtausgabe entnommen hatte. Man 
hat daraus den Schluss gestatten wollen, dass es erst im 
Jahre 1805 oder 1806 entstanden sei, aber schwerlich* mit 
Recht. Im Gegentheil, die beiden Sonette machen durch- 
aus den Eindruck, dass sie bald nacheinander geschrieben 
wurden; sie verhalten sich wie zwei Pendants, in denen 
der Dichter in objectiver Weise zuerst die Schattenseite 
und dann die Lichtseite der Sonettendichtung vorführt, wie 
aus dem Inhalt sofort ersichtlich ist. Sie stehen wohl beide, 

Goethe-Jahrbuch XVII, II 



l62 Abhandlungen. 



jedenfalls aber das erste, »Das Sonett« überschriebene, zu 
dem ebenso betitelten, vielcitirten Sonett von August 
Wilhelm von Schlegel, welches 1800 erschienen war, in 
enger Beziehung. Schlegel hatte darin das Wesen und die 
Bedeutung des Sonetts in mustergiltiger Weise auseinander- 
gesetzt. * Gustav von Loeper (Goethes Werke II, 464) 
ist der Ansicht, und vielleicht mit Recht, dass Goethe 
unmittelbar nach dem Erscheinen der Schlegelschen Ge- 
dichte an dieses Sonett mit dem seinen, ebenso betitelten, 
angeknüpft habe, in welchem er aber dem unbedingten 
Looe, welches Schlegel dem Sonett gespendet hatte, und 
welches Goethe ihn in den beiden Quartetten als Ver- 
treter der neuen Schule wiederholen lässt, in den Ter- 
zetten seine eigenen Bedenken gegenüberstellt. Wie ganz 
anders äussert sich Goethe über das Wesen dieser Dich- 
tungsart in dem zweiten der epigrammatischen Sonette 
»Natur und Kunst« betitelt, welches, wie gesagt, sicherlich 
als Pendant zu dem ersten anzusehen ist, sei es, dass es 
unmittelbar danach, also vielleicht schon im Jahre 1800, 
entstand und erst später in das Vorspiel »Was wir bringen« 
aufgenommen wurde, wie man aus den Worten »Im Sinne 
schwebt mir eines Dichters alter Spruch«, womit die 
Nymphe es einleitet, schliessen könnte, oder dass es gleich- 
zeitig mit diesem Vorspiel, also im Jahre 1802, verfasst 
wurde und des Dichters im Laufe der IZeit veränderte Auf- 
fassung wiedergab. 

Dass Goetne, nachdem er mit diesem herrlichen Ge- 
dicht der Sonettendichtung die höchste Anerkennung ge- 
zollt hatte, nachträglich doch noch zu Ungunsten derselben 
sich hätte aussprechen und gleichwohl bald darauf die 
Serie der noch näher zu betrachtenden 17 Liebessonette 
hätte dichten sollen, wie wir annehmen müssten, wenn 
das erste epigrammatische, »Das Sonett« überschriebene 
Sonett 1805 oder 1806 entstanden sein soll, ist allerdings 
ganz undenkbar. Zudem w^eist aber auch das zweite Gedicht 
mit dem Verse »Der Widerwille ist auch mir verschwun- 
den« ausdrücklich auf das erste hin, denn unter dem Wider- 
willen ist nur die Abneigung gegen das Sonett zu ver- 
stehen, die sich in den beiden Terzetten des diese Ueber- 
schrift tragendenden Gedichts ausspricht, und auch der 
Vers »In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister« 
ist nur eine Steigerung des in dem Verse des ersten Sonetts 

' Sowohl dieses Sonett als auch die im Folgenden eingehender 
besprochenen Goethischen Sonette wurden von dem Vortragenden in 
extenso mitgetheilt. Diejenigen Leser dieses Aufsatzes, die sie nicht 
genau in der Erinnerung haben sollten, wollen sie zum besseren Ver- 
ständniss desselben im Original nachlesen. 



Ueber Goethes Sonette. 163 

»Denn eben die Beschränkung lässt sich lieben« ausge- 
sprochenen Gedankens, der seinerseits wohl wieder durch 
das Schlegel'sche Wort »Dem leih' ich Hoheit, Füir in 
engen Grenzen« angeregt worden ist. 

Aber auch den angeolichen früheren Widerwillen gegen 
das Sonett, von dem Goethe, der ja schon früher vier 
andere Sonette geschrieben hatte, in dem zweiten dieser 
epigrammatischen Sonette redet, und dem er in dem ersten 
Ausdruck gegeben hatte, darf man nicht allzu ernst nehmen. 
Vielmehr hat er, wie mir scheint, in dem ersten Gedichte die 
dem Sonett so gern von den Gegnern desselben entgegen- 

fehaltenen Nachtheile dieser Dichtungsart, die oft durch 
ie Schwierigkeit der Reimordnung herbeigeführte Künstelei 
der Diction, die gezwungenen Wendungen und Ausdrücke, 
mit einer liebenswürdigen Selbstironie durch eine bewusste 
Vernachlässigung der Ausführung aufs glücklichste und 
anschaulichste illustrirt. Schon gleich der erste Vers : »Sich 
in erneutem Kunstgebrauch zu üben« klingt etwas ge- 
schraubt, namentlich aber der zehnte Vers: »In sprach- 
fewandter Masse kühnem Stolze«, und in dem achten 
erse: »Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben« 
gebraucht er offenbar die durch den Reim erzwungene 
Wendung »vollendet blieben« statt des natürlichen Aus- 
drucks »vollendet worden.« Dass Goethe mit Absicht diese 
gezwungenen Wendungen gewählt oder sie wenigstens, 
nachdem sie ihm aus der Feder geflossen waren, mit Be- 
wusstsein hat stehen lassen, da sie ihm in vortrefflicher 
Weise zur formalen Illustration seines Themas dienten, 
ist mir ganz unzweifelhaft. Und dass er dem zweiten 
Gedicht »Natur und Kunst«, welches mit einem Preise der 
Kunstpoesie in dieser verfeinertsten Form beginnt und sich 
im Schluss zu einem begeisterten Hymnus auf alle Bildung 
und die nothwendige Unterordnung unter höhere Gesetze 
für alles Streben nach der reinen Höhe der Vollendung 
— im Gegensatz zu den künstlerischen und sittlichen Aus- 
schreitungen der Romantiker — aufschwingt — , dass er 
diesem schönen Sonett auch die denkbar vollendetste äussere 
Form geben musste, ist nicht minder selbstverständlich. 
Diese vollkommene Harmonie aber, die zwischen Inhalt 
und Einkleidung in diesem Gedicht herrscht, indem die 
•darin niedergelegten, bedeutungsvollen, für alle Zeit gültigen 
sittlichen Wahrheiten in der ungezwungensten und doch 
kunstvollsten Form und Sprache ausgedrückt sind, hat es 
bewirkt, dass die drei letzten Verse dieses Sonetts jeder 
für sich zu geflügelten Worten geworden sind. 

Nur beiläufig möge noch erwähnt werden, dass be- 
greiflicherweise beide Parteien, die Anhänger und auch die 

II* 



1 64 Abhandlungek. 



Gegner des Sonetts, den Dichter auf Grundlage je eines 
dieser beiden Sonette als den ihrigen reclamirten. Goethe 
selber aber nahm den einzig richtigen Standpunkt in dieser 
Streitfrage ein, wie wir aus seinem Briefe an Zelter er- 
sehen, dem er am 22. Juni 1808 von Karlsbad aus schrieb : 
»Und was soll es nun gar heissen, eine rhythmische Form, 
das Sonett z. B., mit Hass und Wuth zu verfolgen, da sie 
ja nur ein Gefäss ist, in das Jeder von Gehalt hineinlegen 
kann was er vermag. Wie lächerlich ist's, mein Sonett, 
in dem ich einigermassen zu Urigunsten der Sonette ge- 
sprochen, immer wiederkäuen, aus einer ästhetischen Sache 
eme Parteisache zu machen und mich auch als Partei- 
gesellen heranzuziehen, ohne zu bedenken, dass man recht 
gut über eine Sache spassen und spotten kann, ohne sie 
aesswegen zu verachten und zu verwerfen.« Goethe, der 
schon im April desselben Jahres in einem Briefe an Cotta, 
den Besitzer des Morgenblattes, sich gewundert, dass die 
Redacteure desselben »gegen das Sonett eine so komische 
Aversion bewiesen« und den Ausruf hinzugefügt hatte: »Als 
wenn dem Genie und dem Talent nicht jede Form zu be- 
leben freistünde !« sah sich zu diesen Aeusserungen um so 
mehr veranlasst, als er nach fünfjähriger Pause in der 
Sonettendichtung sich im Spätherbst des Jahres 1807 ^^^' 
selben mit einer besonderen Zuneigung hingegeben hatte. 
Und zwar war es damals das Liebessonett, welches er mit 
solchem Eifer pflegte, dass er in kurzer Zeit die schon er- 
wähnte Serie von 17 Sonetten schuf und sich in einem 
derselben, dem elften, »Nemesis« betitelt, mit der ihm 
eigenen, von Riemer besonders hervorgehobenen liebens- 
würdigen Selbstironie über seine »Sonettenwuth und Raserei 
der Liebe« lustig macht. 

Dass wir es hier mit einer absichtlichen scherzhaften 
Uebertreibung zu thun haben, liegt auf der Hand, denn 
die Sonettenwuth, von der der Dichter redet, tobte sich 
aus in der doch nicht so sehr grossen Anzahl von 17 Ge- 
dichten dieser Art, und die Raserei der Liebe, deren sich 
der damals bald sechzigjährige Geheinie Rath Excellenz 
von Goethe schuldig bekennt, reducirt sich nach den meines 
Erachtens unabweisbaren Ergebnissen neuerer Forschung 
auf das an Liebe grenzende Wohlgefallen, welches eine 
anmuthige Mädchenerscheinung in Jena, wo Goethe sich 
damals aufhielt, seinem leicht erregbaren Dichtergemüth 
einflösste und, combinirt mit ähnlichen Begegnungen und 
Erlebnissen etwas früherer Wochen und Tage, in der damals 

ferade durch verschiedene Anlässe ihn lebhaft interessiren- 
en Sonettenform seinen Ausdruck fand. 

Kurz, die treibenden Motive für diesen, im Jahre 1807 



Ueber Goethes Sonette. 165 

entstandenen Sonettenkranz Goethes sind ano;edeutet durch 
Nennung der Namen Petrarca, Zacharias Werner, Minna 
Herzlieb und Bettina Brentano. Die beiden ersteren gaben 
den äusseren, die beiden letzteren den inneren Anlass dazu. 
1806 war bei dem Buchhändler Froramann in Jena, dem 
Freunde des Dichters, eine neue Ausgabe der Rime di 
Francesco Petrarca erschienen und da(mrch, sowie wohl 
noch mehr durch die Sonette des damals in Jena weilenden 
unstäten Dichters Zacharias Werner, die, wie Riemer in 
seinen »Mittheilungen über Goethe« (I, 34 — j6) berichtet 
hat, ebenso wie diejenigen Schlegels und Anaerer in dem 
Frommannschen Kreise gern vorgelesen wurden, wurde 
auch Goethe aufs Neue zur Sonettendichtung angeregt, 
und zwar war es, wie gesagt, das Liebessonett, dem er, 
in ähnlicher Situation, wie Petrarca, der Sänger der pla- 
tonischen Liebe, sich befindend, seine Gunst zuwandte. 
Denn Goethe fühlte sich damals — ein Jahr, nachdem er 
seinem Bunde mit Christiane Vulpius die kirchliche Weihe 
hatte geben lassen — von der jugendlich-schönen, unter 
seinen Augen herangewachsenen Minna Herzlieb, einer 
Pflegetochter des Frommannschen Hauses, lebhaft angezogen 
und brachte ihr, ähnHch wie Petrarca der mit dem Ritter 
Hugues de Sade vermählten Laura, wenn anders die von 
dem italienischen Dichter besungene Schöne mit jener Dame 
identisch ist, seine poetischen Huldigungen dar. Doch sind 
nicht alle die 17 Sonette als an Minna Herzlieb gerichtet oder 
auch nur durch sie angeregt anzusehen, wenn es auch 
wohl zu weit gegangen ist, nur drei derselben, das 12., 
16. und 17., wie Düntzer will, auf sie zu beziehen. 

Es hat lange gedauert bis überhaupt Goethes Be- 
ziehungen zu Mmna Herzlieb, die ja bekannthch auch seiner 
Ottilie in den Wahlverwandtschaften die Züge geliehen hat, 
bekannt geworden sind. 

Seitdem der Engländer Lew^es dies in seiner 1855 er- 
schienenen Goethe-Biographie enthüllte, hat sich eine nicht 
unbeträchtliche Literatur an diese Frage angesponnen, die 
noch verwickelter geworden ist durch die weitere Frage, in 
welcher Beziehung Bettina Brentano zu den Sonetten stehe.' 

Bettina hatte bekanntlich in ihrem 1835 erschienenen 
Buche »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« einen Theil 
der Sonette »sich bona fide als an sie gedichtet und gerichtet 
angeeignet« und einige derselben in ihren Briefen, wie Riemer 
sich ausdrückt, »in Prosa aufgedröselt,« aus der man, wie er 
mit Recht hervorhebt, noch das Silbenmass mit der Wort- 



' Die neueste Behandlung ist von Kuno Fischer. Goethes Sonetten- 
kranz, Goahe-Schriften 4. Heidelberg 1895. Vgl. unten S. 173—74- 



1 66 Abhandlungen. 



und Satzfolge hindurchhört. »Goethe,« bemerkt er weiter zu 
den Sonetten, »hat solche weder an sie, noch auf sie gedichtet, 
wenn es auch möglich, sogar gewiss ist, dass er ihr eins oder 
das andere gesendet habe.« »Der Stoff.« fährt Riemer fort, 
»ist ganz wo anders her und eine Menge in den Sonetten vor- 
kommender Umstände kann schon dem Ort und der Zeit 
nach, auch gewisser Verhältnisse wegen, gar nicht auf 
Bettinen bezogen werden,« und er bekräftigt diese Be- 
hauptung durch die Angabe, »dass ein Dutzend dieser Sonette 
schon i8o7, vom 29. November adventus domini an bis 
16. December, in Jena verfertigt und durch seine Hand ge- 
gangen sei.« 

Aber Riemer, der hiermit die ersten und wichtigen 
Daten und Hinweise zur Beurtheilung der Goethiscnen 
Liebessonette geliefert hat, ist, wie neuere Untersuchungen 
erwiesen haben, in der Zurückweisung Bettinens doch zu 
weit gegangen. Hermann Grimm, ihr Schwiegersohn, dem 
ein Theil des Goethischen Briefwechsels mit ihr hand- 
schriftlich zu Gebote stand, hat das Verdienst, dies in einem 
geistvollen Aufsatz in den »Preussischen Jahrbüchern« 
(Bd. 30, S. 591—603) nachgewiesen zu haben.* 

Nach den jetzt wohl, so weit wie es überhaupt zu er- 
warten ist, aufgedeckten Beziehungen der betheiligten Per- 
sonen zu einander dürfen wir hinsichtlich der inneren und 
äusseren Anlässe zu Goethes Liebessonetten, wenn auch 
manche Einzelheiten und intimeren Beziehungen wohl 
immer in Dunkel gehüllt bleiben w^erden, folgende Punkte 
als im Wesentlichen den Thatsachen entsprechend ansehen. 

Dass Minna Herzlieb, die schöne, damals 18jährige, 
von allen Freunden des Frommannschen Hauses gefeierte 
Pflegetochter desselben, dem Herzen des Dichters in den 
Jahren 1807 und 1808 nahe stand, ist sicher. Er selbst 
äusserte sich darüber in einem vom 15. Januar 1813 datirten 
■Briefe an Zelter, der ihm den damaligen Verlobten der 
Minna Herzlieb empfohlen hatte, so: »Seine Braut fing ich 
als Kind von acht Jahren an zu lieben und in ihrem sechs- 
zehnten* liebte ich sie mehr wie bilHg.« Sicher ist, dass 
er das Wesen der Minna Herzlieb in der OttiÜe seiner 
Wahlverwandtschaften verkörpert hat, ebenso wie Bettina 
Brentano ihm als Modell diente für Charlottens Tochter 



' Vgl. dazu Gädertz Buch, Goethes Minchen. Bremen 1887 ; rec. 
von Otto Pniower, Z. f. d. Alterth. 32, Anzeiger, S. 130—140. 

* Gädertz meint (S. 109, Anm.), Goethe habe sich geirrt; es 
müsse heissen »in ihrem achtzehnten« etc. Weshalb denn? Gerade die 
Angabe »in ihrem sechszehnten Jahre« wirft ein eigenthümliches Licht 
auf die Wahlverwandtschaften und wird bestätigt durch Sonett 16 
(Epoche) V. $—8. 



Ueber Goethes Sonette. 167 

Luciane in diesem Roman. Keineswegs aber sind die Situa- 
tionen und Herzenserlebnisse, die in demselben dargestellt 
wurden, als auf ähnlichen Wechselbeziehungen zwischen 
Goethe und Minna HerzUeb beruhend anzusehen. Denn 
es darf jetzt als erwiesen gelten, dass dies empfindsame 
Mädchen, dessen Herz eben damals von einer hoffnungs- 
losen Liebe zu einem jungen livländischen Adligen, einem 
Herrn von Manteuffel, erfüllt war, zu dem »alten lieben 
theueren Herrn«, wie sie Goethe nannte, nie ein anderes 
Gefühl als das inniger Verehrung gekannt hat. Aus dem 
Inhalt der Sonette auf eine Leidenschaft zu schliessen, von 
der der Dichter und das junge Mädchen zu einander er- 
grifl'en gewesen sein sollen, heisst das von dem Tone der 
retrarcaschen Liebessonette beeinflusste Wesen und die 
Entstehungsart dieser Gedicht« völlig verkennen. 

Goethe wurde, wie bereits erwähnt, durch die in den 
abendUchen Cirkeln des Frommannschen Hauses im Monate 
November von Zacharias Werner und Anderen vorgelesenen 
Sonette angeregt, ,sich auch in dieser Dichtungsart wieder 
zu versuchen, der er aber nun, entgegen den philosophi- 
schen und didaktischen Sonetten Schlegels, nach dem Vor- 
bilde Petrarcas einen mehr lyrischen, erotischen Inhalt, 
zugleich aber auch mehr Leben, Interesse und Handlung 
zu geben trachtete. Indess erst gegen Ende November trat 
er mit eigenen Sonetten hervor; und da ist es nun be- 
zeichnend für Minna Herzliebs Stellung zu denselben, dass 
gerade das nachweislich zuerst von Goethe gedichtete, 
welches in der ganzen Serie jetzt als das vierte steht und 
die Ueberschrift hat »Das Mädchen spricht«, sicherlich 
nicht auf ihren Einfluss, sondern auf ein Erlebniss mit 
Bettinen, ähnUch wie es dort geschildert wird, zurückzu- 
führen ist. Wie wir aus den Mittheilungen Riemers wissen, 
war Bettina kurz vor Goethes Abreise nach Jena vom 
I. — 10. November in Weimar gewesen und stand überhaupt 
zu jener Zeit mit Goethe in lebhaftem Verkehr, so dass 
Hermann Grimm wohl recht hat, wenn er bemerkt : »Seine 
Sonette können sich jener Zeit zwischen beiden Mädchen 
getheilt, ihnen beiden gehört haben wie seine Zuneigung«» 
Wir erinnern uns, dass er ja auch beider Wesen und Eigen- 
thümlichkeit in den Wahlverwandschaften verkörpert hat» 
Das hier in Frage kommende Sonett hat eine Marmor- 
büste des Dichters zur Voraussetzung. Es ist mit Recht 
von G. V. Loeper bemerkt worden, dass sich schwerlich 
damals weder in dem Frommannschen Hause, noch sonst 
wo in Jena eine Büste Goethes befand, und dass somit 
Bettinas Erzählung (Tagebuch, S. 334), der Dichter habe 
in. dem Sonett einen mit ihr in der Weimarer Bibliothek 



l68 Abhandlungen. 



erlebten Vorfall zur Darstellung gebracht, vermuthlich 
richtig ist. 

Üeberhaupt bin ich mit Hermann Grimm der Ansicht, 
dass einige der neun Sonette, die sich in Bettinens Buch 
finden, ihr thatsächlich von Goethe geschickt worden sind, 
andere auf von ihr in Gesprächen, Begegnungen, Briefen 
oder sonstigen Beziehungen ihm gegebene Anregungen 
zurückgehen. Zu der ersteren Gruppe gehört gleich das 
erste »Mächtiges Ueberraschen« betitelt, wovon die durch 
Bettina mitgetneilte Version die ältere ist, und wovon H. 
Grimm selbst das von Goethes Hand geschriebene Blatt 
unter ihren Manuscripten gesehen hat. Gleichwohl ist es 
ebenso wahrscheinlich oder vielleicht wahrscheinlicher, dass 
der Dichter zu diesem schönen Sonett durch Minna Herzlieb 
angeregt worden sei als durch Bettina. Es wird darin, wie 
Loeper es knapp ausdrückt, »in einem durchgeführten Ver- 
gleich das durch die Liebesempfindung überraschte Gemüth 
des Dichters geschildert.« 

Gleichzeitig mit diesem Sonett will Bettina mit einem 
Briefe Goethes, datirt vom 7. August 1807, ^^^ anderes 
empfangen haben, welches sich nun als 7. in der Samm- 
lung befindet und den Titel »Abschied« führt. 

Dies scheint in der That, wenn das Datum auch als 
ein zu frühes erscheint, viel eher den Beziehungen des 
Dichters zu ihr als denjenigen zu Minna Herzlieb zu ent- 
stammen, und mehr aus der überschwänglichen Stimmung 
Bettinas selber erwachsen zu sein, als aus derjenigen Goethes. 
Ebenso möchte ich das 8. Sonett (die Lieoende schreibt), 
das 9. (die Liebende abermals) und das 10. (Sie kann nicht 
enden), wie dies jetzt meistens zugestanden wird, aus den 
Beziehungen Goethes zu Bettina ableiten, jedoch natürlich 
nicht aus ihren nachträglichen »Aufdröselungen« der be- 
treffenden Sonette in ihrem halbimaginären Briefwechsel mit 
dem Dichter. Von ihr wissen wir aber doch wenigstens, 
dass sie thatsächlich Briefe mit Goethe gewechselt und ihn 
mit ihrem glühenden, poetischen Liebeswerben verfolgt hat, 
ja, einzelne Wendungen aus ihrem ersten, urkundlich vor- 
nandenen, am 15. Juni 1807 an Goethe gerichteten Schreiben 
klingen in dem 9. und 10. Sonett cieutlich wieder, und 
Goethe schrieb ihr nach Bettinens Angabe im Januar 1808: 
»Mein artig Kind! schreibe bald, dass ich wieder etwas 
zu übersetzen habe,« das heisst doch: dass ich wieder 
poetische Anregungen von Dir empfange. 

Bei Minna Herzlieb andererseits sprechen alle Nach- 
richten dagegen, sowohl, dass sie mit Goethe correspon- 
dirt, als auch namentlich, dass sie ihm eine leidenschaft- 
liche Neigung gewidmet habe. 



Ueber Goethes Sonette. 169 

Das schönste dieser drei Sonette ist das erste: »Die 
Liebende schreibt,« bei welchem freilich eine Beziehung zu 
Bettinen nicht so sicher zu sein scheint als bei den anderen, 
wenn sie es auch in »Goethes Briefwechsel mit einem 
Kinde« mit einer an Unverfrorenheit grenzenden Naivetät 
ganz und gar als ihr geistiges Eigenthum hinzustellen ver- 
sucht hat. Aber die Gefühle, die hier geschildert werden, 
machen zu sehr den Eindruck des eigenen persönlichen 
Mitempfindens, ^ie Töne, die hier erkhngen, kommen zu 
tief aus der innersten, schmerzlich bewegten Seele des 
Dichters, als dass man annehmen möchte, Goethes Ge- 
danken hätten während der Abfassung dieses Sonetts, wenn 
es auch vielleicht im ersten Entstehen durch einen Brief 
Bettinens angeregt wurde, bei diesem »phantastischen, über- 
spannten, halb elfen-, halb koboldartigen Wesen« (Burkhardt, 
Grenzboten, 38. Jahrgang, S. 433) geweilt oder seien bei 
ihr weilen geblieben. 

Wenn wir nicht nahezu mit Sicherheit wüssten, dass 
das Sonett im Winter 1807 — 1808 entstanden ist, so möchte 
man annehmen, der Dichter habe an seine ersten Erlebnisse 
mit Christianen gedacht. Diese Zeit lag damals freilich weit 
hinter ihm. Doch wer kann sagen, welche Erinnerungen 
bei der Abfassung dieses, aus echter Gretchenstimmung 
entstammten Sonetts vor der Seele des Dichters aufsteigen 
mochten! Bezeichnend genug für die Schönheit des Ge- 
dichts ist es, dass drei grosse Tondichter, Schubert, 
Mendelssohn und Brahms, es für Gesang gesetzt haben. 

Aus der Wiedergabe echt Bettinascher Stimmung heraus 
sind dagegen das 9. und 10. Sonett entstanden. Damit sind 
aber auch wohl diejenigen Sonette unter den von Bettina 
in »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« mitjgetheilten 
erschöpft, welche auf ihre Einwirkung zurückzuführen sind. 
Von den sonstigen Goethischen Sonetten, die darin noch 
enthalten sind, ist das erste dasjenige, welches sie mittheilt 
unter dem Titel : »Sonett, im Briefan Goethes Mutter bei- 
gelegt.« Dieser Brief des Dichters ist datirt vom ^. Mai 1808, 
aber in dem echten Goethischen Briefe, den wir besitzen,' 
wird ein demselben beigeschlossenes Sonett nicht erwähnt. 
Das hier in Frage kommende ist das 5. in der Sammlung 
und hat dort den Titel »Wachsthum«. Es ist das einzige, 
welches sich auch in Minna Herzliebs Nachlass, und zwar in 
Goethes eigener Handschrift, mit der Unterschrift »den 
13. Dez. 1807, Mitternacht,« obwohl sie noch 1857 Loeper 
gegenüber leugnete, Sonette von Goethe erhalten zu haben. 



' Vgl. Briefe Goethes an Sophie von La Roche und Bettina 
Brentano, herausgegeben von G. von Loeper, Berlin, 1879, ^- 170—71. 



lyo Abhandlungen. 



vorgefunden hat, und von dem sie selbst dem nämlichen 
Goetheforscher gegenüber erklärt hat, es drücke ihr Ver- 
hältniss zu Goethe aus, — so sei sie mit ihm als Kind in 
Jena spazieren gegangen. 

In diesem schönen Sonett werden die Wandlungen der 
Gefühle des Dichters im Laufe der Jahre gegenüber dem 
Kinde, dem heranwachsenden Mädchen und der in schönster 
Jugendblüthe prangenden Jungfrau, zugleich aber auch ihr 
eigenartiges Wesen selber in anziehendster Weise ge- 
schildert. Gar seltsam berührt es, dass verschiedene Aus- 
leger dieses Gedichts aus dem letzten Terzett, beginnend 
mit dem Verse: 

Doch ach! nun muss ich dich als Fürstin denken, 
gefolgert haben , es sei von Goethe an die Prinzessin 
Karoline von Weimar gerichtet, die er gleichfalls unter 
seinen Augen hatte heranwachsen sehen. Aber diese, die 
eine Fürstm war, brauchte er sich ja nicht erst als eine 
solche zu denken imd auf sie würden die elf vorangehen- 
den Verse des Sonetts doch ganz und gar nicht bezogen 
werden können, während der Schluss ja nur figürlich sich 
auf die »weibliche Hoheit, jungfräuliche Herbigkeit und 
Unnahbarkeit der Minna Herzlieb« bezieht und gerade diese 
von verschiedenen Seiten uns verbürgte EigenthümUchkeit 
ihres Wesens vortrefflich charakterisirt. Auf Bettina würde 
es am allerwenigsten passen; auch hat sie wohl kaum im 
Ernste Anspruch darauf erhoben, obwohl sie Goethen in 
dem betreflenden Briefe sagen lässt: Gestern schickte ich 
meiner Mutter ein kleines Blättchen für Dich; nimms als 
ein baares Äauivalent für das, was ich anders auszusprechen 
in mir kein Talent fühle; sehe zu wie Du Dirs aneignen 
kannst. 

Ausserdem findet sich nur noch das letzte der 17 Liebes- 
sonette, »Charade« betitelt, von Bettina in dem Briefwechsel 
mitgetheilt als ihr von ihm gesandt mit dem angeblichen 
Zusatz »an dem magst Du Dich zufrieden rathen«. In dem 
letzten Briefe des ersten Bandes ihres Briefwechsels lesen 
wir, wie sie sich vergebens abmüht, die Lösung zu finden. 
Begreiflich genug! denn- diese war das Wort »Herzlieb«, 
welchen Namen übrigens auch Zacharias Werner, Riemer, 
Gries, jeder in einem Sonett gefeiert haben. 

Ebensowenig wie dieses Sonett ist das 16. der Samm- 
lung, »Epoche« Detitelt, zu Bettinen in irgend welche Be- 
ziehung zu setzen, obwohl es ihrem Briefwechsel mit Goethe 
in der Ausgabe von 1835 als Motto voransteht, während 
es in der Ausgabe Hermann Grimms vom Jahre 188 1 fort- 
gelassen ist. Das Sonett ist ebenfalls erwiesenermassen an 
Minna Herzlieb gerichtet. Anknüpfend an Petrarca, der 



. Ueber Goethes Sonette. 17 1 

seine Liebe zu Laura von Charfreitae; 1337 an datirte, preist 
Goethe den Adventsonntag des Jahres 1807, an welchem 
Tage er, wie wir von Knebel wissen. Mittags bei From- 
manns und also dem geliebten Mädchen nahe war. Viel- 
leicht hatte er sie, obwohl er seit seiner Ankunft in Jena 
schon öfters im Frommannschen Hause gewesen war, an 
dem Tage zum ersten Male wiedergesehen, oder möglicher- 
weise war sie ihm bei der Gelegenheit weniger unnahbar 
als früher erschienen. 

Von den noch übrigen Gedichten der 17 Goeihischen 
Liebessonette ist keines in dem Buche Bettinens enthalten, 
und wir dürfen wohl schon daraus schliessen, dass sie nicht 
zu ihr in Beziehung stehen, sondern zu ihrer Jenenser Rivalin. 

Am wenigsten leicht fällt es uns, mit dem zweiten, 
»Freundliches Begegnen« betitelt, deren Persönlichkeit in 
Zusammenhang zu bringen. 

Die Szenerie, die hier vorgeführt wird, der Felsenweg, 
die winterliche Landschaft, passt auf die Umgebung von 
Jena und den Monat December, in welchem dieses Sonett 
dort entstanden sein wird. Auch das Ankämpfen des 
Dichters gegen seine Neigung, der Hinweis auf die nahe 
Flucht zurück nach Weimar entspricht der Situation und 
seinen Beziehungen zu Minna Herzlieb. Nur das letzte 
Terzett macht Schwierigkeiten. Das würde, wenn wört- 
Hch genommen, eine wechselseitige, von Beiden vergeb- 
lich bekämpfte Neigung voraussetzen, die bei einer zu- 
fälligen Begegnung zu der von dem Dichter geschilderten 
leidenschaftlichen Umarmung geführt hätte. 

Aber wir haben schon bei dem Verse des fünften Sonetts: 
»Doch ach! nun muss ich dich als Fürstin denken« 
gesehen, zu welchen unhaltbaren Auslegungen es oft führt, 
wenn man ein Dichterwort in wörthchem Sinne nimmt. 
Goethe selbst hat in Bezug auf die Wahlverwandtschaften 
in seinen Gesprächen mit Eckermann gesagt: »Es ist darin 
kein Strich enthalten, der nicht erlebt, aber kein Strich so, 
wie er erlebt.« Das gilt unzweifelhaft auch für die Sonette. 
Und Minna Herzlieb wiederholte oft, wie Hermann Grimm 
berichtet, ihrer Freundin Alwine Frommann gegenüber, 
wenn man ihr davon sprach, dass Gedichte uoethes an 
sie gerichtet gewesen seien: »es mischen sich da wohl viele 
Bilder.« Diese beiden Aussprüche geben uns den Schlüssel, 
wie zur Erklärung der meisten anderen, so auch dieses 
Sonetts. Es wäre z. B. sehr wohl möglich, dass der Dichter 
hier eine ähnliche Begegnung mit Minna Herzlieb aus 
früheren Jahren, als sie ihm noch als ein harmloses Kind 
entgegensprang, in seiner Phantasie auf diese spätere, anders 



1 72 Abhandlungen. 



geartete Epoche seiner Gefühle und Beziehungen zu ihr 
übertrafen habe. Jedenfalls ist es unstatthaft, nach den 
Ergebnissen der neueren Untersuchungen, dies Sonett als 
einen Beweis für ein wirkliches Liebesverhältniss, welches, 
wie man früher meinte, zwischen Goethe und Minna Herzlieb 
bestanden haben soll, heranzuziehen. 

Ganz auf dem wirklichen Verhältniss des Dichters zu 
dem gefeierten Mädchen beruht dagegen das dritte, »Kurz 
und gut« betitelte Sonett, eines der anmuthigsten von allen, 
welches uns zugleich in ganz anderer Weise als das früher 
erwähnte Menkesche Sonett die Entstehung eines solchen 
Gedichts vorführt. 

Das 6. Sonett »Reisezehrung« schildert die Gefühle des 
Dichters bei seiner bevorstehenden Abreise und Trennung 
von der Geliebten. Es scheint von dem Petrarcaschen 
Reisesonett »lo mi rivolgo indietro« beeinflusst zu sein und 
ist wohl das am wenigsten persönliche von allen. 

Das 7. (Abschied), 8. (Die Liebende schreibt), Q. (Die 
Liebende abermals), und 10. (Sie kann nicht enaen), sind 
bereits als auf Bettinasche Anregungen zurückgehend er- 
wähnt worden, und auch das 11. TNemesis) betitelt, in 
welchem der Dichter seine, jedenfalls auf die Jenaer Zeit 
sich beziehende »Sonettenwuth und Raserei aer Liebe« 
ironisirt, wurde schon besprochen. 

Das 12. (Christgeschenk) wird allgemein als an Minna 
Herzlieb gerichtet anerkannt. Es wurde ihr am 24. Dezember 
1807 von Weimar aus mit einer Schachtel voll Süssigkeiten 
für ^ Frommannschen Kinder übersandt. Es ist also ein 
Gelegenheitsgedicht, bei dem man aus der dichterisch freien 
Anrede »Mein süsses Liebchen«, womit es beginnt, wiederum 
nicht etwa den Schluss ziehen darf, dass sie ihm das Recht 
gegeben habe, sie so zu bezeichnen. 

Wie wenig dies der Fall war, geht aufs deutlichste 
hervor aus dem 13. Sonett, betitelt: »Warnung«. 

Wir sehen also, es waren im Wesentlichen nur poetische, 
von dem künstlerischen Interesse für die Sonettendichtung 
und seinem Wohlgefallen an der schönen Pflegetochter des 
Frommannschen Hauses ihm eingegebene Huldigungen, die 
in diesen auf sie sich beziehenden Gedichten zum Ausdruck 
gelangten. Dass daran nicht zu zweifeln ist, bezeugen noch 
weiter das 14. und 15. Sonett, in denen die in jenem Kreise 
wohl öfters aufgeworfene Frage, ob sich denn diese künst- 
liche Dichtungsart zum Ausdruck wahrer Liebesleidenschaft 
eigne, behandelt wird. 

Im 14. Sonett sind es die Liebenden, die gegenüber 
den an der Eignung des Sonetts zum Ausdruck der Liebe 
Zweifelnden dasselbe vertheidigen. 



Ueber Goethes Sonette. 173 

11 ■ ■ « 

In dem 15. Sonett ist das Mädchen die Zweiflerin, 
und wir dürfen wohl annehmen, die noch von der Wunde 
ihrer unglücklichen Jugendliebe nicht geheilte Minna Herz- 
lieb selber, die sich gelegentlich mit emigen Bemerkungen 
an jenen Gesprächen betneiligt haben mag, während der 
Dichter für das Sonett und damit zugleich für die Wärme 
der darin zum Ausdruck gebrachten Empfindungen eintritt. 
Die beiden letzten Sonette der Sammlung, das 16. (Epoche) 
und das 17. (Charade) sind ebenfalls schon als sicher auf 
Minna Herzlieb bezüglich, obwohl in das Bettinasche Buch 
von ihr eingeflochten, besprochen w^orden. 

Wenn wir die beiden Sonettengruppen, wie wir sie 
hier von einander zu sondern versucht haben, die 5 oder 6 
von Bettina inspirirten, nämhch das 4. (Das Mädchen spricht), 
das 7. (Abschied), das 8. TDie Liebende schreibt), das 9. 
TDie Liebende abermals), das 10. (Sie kann nicht enden), 
aazu vielleicht noch das i. (Mächtiges Ueberraschen), — und 
die übrigen, von Minna Herzlieb angeregten, mit- einander 
vergleichen, so spiegelt sich in den ersteren unverkennbar 
die leidenschaftliche, irnpulsive Natur der Verfasserin des 
Briefwechsels und der Goethischen Luciane der Wahlver- 
wandtschaften, in den letzteren, von dem 2. (Freundliches 
Begegnen) abgesehen, das ruhige, unaufdringhche, zurück- 
haltende Wesen der Frommannschen Pflegetochter und der 
Goethischen Ottilie wieder. Auch durch diese allgemeine 
Charakteristik der beiden Sonettengruppen werden die Be- 
ziehungen, in denen sie zu den beiden jungen Freundinnen 
des Dichters stehen, gestützt. 

Wenn Goethe sie später zu einem Cyclus vereinigte, 
so geschah dies gewiss nur mit Rücksicht auf ihre innere 
Verwandtschaft hmsichtlich des Stoff's und ihre gemeinsame 
Angehörigkeit an eine für ihn bedeutsame Epoche seines 
Lebens und seiner dichterischen Thätiekeit: die Entstehungs- 
zeit der Wahlverwandtschaften. Daclurch, dass das Sonett 
»Mächtiges Ueberraschen« den Anfang und die »Charade« 
den Schluss bildet, sind diese Gedichte noch enger zu einem 
zusammengehörigen Ganzen verbunden worden, welches 
anscheinend mit Bestimmtheit auf Minna Herzlieb hinweist. 
Dass die Sonette aber nicht auf sie allein bezogen werden 
können, wie dies noch Kuno Fischer in seinem jüngst er- 
schienenen Büchlein »Goethes Sonettenkranz« (Heidelberg, 
Carl Winters Universitätsbuchhandlung 1896) thut, und 
dass auch die durch sie angeregten nur in dichterischer 
Ausführung als auf sie bezüglich angesehen werden können, 
ist durch diese Betrachtungen hoffentlich klar geworden. 

Suchen wir aus den Sonetten mit Kuno Fischer eine 
wenn auch nur von dem Dichter poetisch erlebte Liebes- 



174 Abhandlungen. 



gescliiclite herauszulesen und die Gruppe i — 5 etwa als 
die glücklich vereinten Liebenden, 6—10 als die getrennten 
Liebenden, 11 — 15 ^^^ die über ihre Liebe reflectirenden 
Liebenden und die beiden letzten Sonette als die Schluss- 
gliedcr des Kranzes zu deuten, so gelangen wir zu inneren 
und äusseren Widersprüchen. Die Sonette 4 (Das Mädchen 
spricht), ferner die erklärlicherweise zusammengestellten 
Sonette 7, 8, 9, 10 (Abschied und Briefe) würden hinsicht- 
lich der Charakteristik des darin uns entgegentretenden 
Mädchens zu den übrigen in einem entschiedenen Gegen* 
satz stehen, und das 2. Sonett (Freundliches Begegnen) 
würde dem 5. (Wachsthum) und noch mehr clem 13. 
(Warnung^ seinem ganzen Inhalte nach widersprechen. 

Nur dann lassen sich diese Gedichte als zu einem zu- 
sammengehörigen Kranze vereinigt erklären, wenn wir sie 
ansehen als inhaltlich verwandte Mimmungsbilder, die dem 
Dichter aus seinem Verkehr mit den beiden so eigenartig ver- 
schiedenen, ihn lebhaft anziehenden Mädchen, Bettina Brentano 
und Minna HerzHeb, erwuchsen und von ihm in der künst- 
lerischen Form des Sonetts zur Darstellung gebracht wurden. 

Was den dichterischen Werth dieser Sonette betrifft, 
so sind sie nicht nur von einer strenge nach Petrarcas und 
Schlegels Muster ausgeführten Vollendung der Form, sondern 
auch von einem Wohllaut der Sprache, einer Anschaulich- 
keit und. Lebendigkeit der darin vorgeführten Situationen 
und Vorgänge, wie dies wohl keiner von Goethes Zeit- 
genossen und Nachfolgern, die mit ihm im Sonett wett- 
eiferten, erreicht hat. 

Ausser den bisher besprochenen Sonetten schrieb Goethe 
nur noch drei Gelegenheitssonette, nämlich 1810 eines auf 
den Becher der Kaiserin von Oesterreich, aus w^elchem sie 
in Karlsbad den Brunnen getrunken, 1812 eines an Herrn 
Abbate Bondi, 1813 eines an Ihro Kaiserliche Hoheit die 
Frau Erbgrossherzoffin von Sachsen-Weimar und Eisenach. 

Diese Gelegenheitsgedichte, auf deren eingehendere 
Betrachtung wir verzichten können, sind dem anmmhigen, 
an Minna Herzlieb gerichteten Sonett »Christgeschenk« 
hinsichtlich der äusseren Veranlassung wie auch in Bezug 
auf die geistvolle Diction und die feinausgeführte Form 
verwandt, kommen aber den meisten Sonetten der zu- 
letzt betrachteten Sammlung, wie denjenigen, welche die 
Titel führen : »Mächtiges Ueberraschen,« »Freundliches 
Begegnen,« »Kurz und gut,« »Wachsthum«, »Das Mädchen 
schreibt«, »Warnung«, oder auch dem herrlichen Sonett 
»Natur und Kunst,« an dichterischer Bedeutung bei weitem 
nicht gleich. Diese sind es, an welche Platen gedacht 
haben wird, als er sein schönes Gedicht, »Das Sonett an 



Ueber Goethes Sonette. lyS 

Goethe« dichtete, welches den Schluss dieses Aufsatzes 

bilden möge: 

Dich selbst, Gewaltiger, den ich noch vor Jahren 
Mein tiefes Wesen witzig sah verneinen, 
Dich selbst nun zähl' ich heute zu den Meinen, 
Zu denen, welche meine Gunst erfahren. 

Denn wer durchdrungen ist vom innig Wahren, 
Dem muss die Form sich unbewusst vereinen, 
Und was dem Stümper mag gefährlich scheinen, 
Das muss den Meister göttlich offenbaren. 

Wem Kraft und Fülle tief im Busen keimen. 
Das Wort beherrscht er mit gerechtem Stolze, 
Bewegt sich leicht, wenn auch in schweren Reimen. 

Er schneidet sich des Liedes flücht'ge Bolze 
Gewandt und sicher, ohne je zu leimen, 
Und was er fertigt, ist aus ganzem Holze. 




Goethes Gedichte in der Musik. 



Von 

Max Friedlaender. ' 




II oethes Mahnung: »Nur nicht lesen, immer singen« 
ist von den Musikern wohl beachtet worden. Kein 

Dichter irgend eines Culturvolks hat die Compo- 

nisten so stark und tief angeregt, wie Goethe, und durch 
Mozart und Beethoven, Reichardt und Zelter, Schubert, 
Loewe und Mendelssohn, Rob. Franz und Brahms haben 
seine Lieder eine Verbreitung gefunden, die ihnen ohne 
die Schwingen dieser Musik sicher nicht in demselben 
Masse beschieden gewesen wäre. Zwei der grossen musi- 
kahschen Meister fehlen allerdings in der Gomponisten- 
Reihe: Joseph Haydns Liedern merkt man es nicht an, 
dass ihr Autor sechs Jahrzehnte hindurch das Glück hatte, 
Goethes Zeitgenosse zu sein, und eigenthümlicherweise 
hat auch der nochgebildete Carl Maria von Weber unsere 
classischen Dichter in seinen Gesängen vollständig über 
den Müchler, Gubitz, Castelli und Genossen vernachlässigt. 

' Zu ausführlicherer Behandlung wird der Gegenstand demnächst 
in einem in der Besserschen Buchhandlung (Wilhelm Hertz) in Berlin 
erscheinenden Werke des Verfassers »Das deutsche Lied des i8. Jahr- 
hunderts« gelangen. 



Goethes Gedichte in der Musik. 177 

Auch MoT^art war bekanntlich nicht sehr wählerisch in 
seinen Liedertexten, aber ein günstiges Geschick hat ihm 
wenigstens an Goethisches Gedicht zugeführt: Das Veil- 
chen, das in seiner Hand zu einer der schönsten Blüthen 
lyrisch- dramatischer Musik geworden ist. Ungleich tiefer 
ist Beethoven in die Werke des Dichters eingedrungen. 
Ausser der Musik zum Egmont hat er drei Stücke aus Faust, 
je eines aus Claudine und dem Jahrmarktsfest zu Plunders- 
weilern, und neunzehn Lieder theils skizzirt, theils vollendet, 
darunter Meisterwerke wie : Freudvoll und leidvoll, Mignon, 
das Mailied, Wonne der Wehmuth. Am Nächsten von allen 
Componisten ist aber Schubert Goethe gekommen, »dessen 
so herrlichen Dichtungen er wesentlid^ seine Ausbildung 
zum deutschen Sänger verdankt«, wie Schuberts intimster 
Freund Spaun in einem an Goethe gerichteten Briefe vom 
Jahre 1817 schreibt. Von den 80 Schubertschen Compo- 
sitionen zu Goethischen Texten sind einige der hervor- 
ragendsten in den nachfolgenden Blättern erwähnt, andere 
nicht weniger bedeutende — wie Schäfers Klagelied, Ge- 
heimes, die Mignon- und Suleika-Lieder — dürfte sich der 
musikalisch geoildete Leser leicht ergänzen. Höchst er- 
staunlich wird es immer bleiben, wie der junge Meister 
auch zu den gewaltigen, für die Coraposition so spröden 
Gedichten wie: Grenzen der Menschheit, Prometheus, An 
Schwager Kronos, Ganymed, Gesang der Geister über den 
Wassern eine congeniale Musik zu schreiben vermocht hat. 
Nicht ganz so glücklich war in seinen 26 Goethe-Compo- 
sitionen Robert Schumann, dessen Faust-Scenen allerdings die 
bei Weitem schönste Musik enthalten, die bisher zum 
zweiten Theile des Dramas geschrieben ist. Von Mendels- 
sohns 14 Werken ist die erste Walpurgisnacht hervorzu- 
heben — eines der vollendetsten oratorischen Werke unseres 
Jahrhunderts — , dann die Ouvertüre: Meeresstille und glück- 
liche Fahrt, das Sonett: Die Liebende schreibt und die 
Quartette : Auf dem See, Frühzeitiger Frühling, Die Nach- 
tigall, sie war entfernt. Spohrs 11 Lieder sind leider fast 
sämmtlich unbedeutend, und auch Carl Loewe, der 43 
Goethe-Compositionen geschaffen hat, steht in den meisten 
nicht auf der Höhe seiner besten Schöpfungen; aber es sind 
doch auch einige Meisterstücke unter innen, wie: Erlkönig, 
Der getreue Eckart, Hochzeitlied. Unter den 14 Werken 
unseres zeitgenössischen Meisters Brahms sind der Gesang 
der Parzen, aas Wechsellied zum Tanz und die Fragmente aus 
Alexis und Dora, Jery und Bätely und der Harzreise im 
Winter zu erwähnen. Und da bereits von Compositionen 
zum Faust die Rede war, so seien noch die Faust-Musiken 
des Fürsten Rad:(itvill, Karl Eberweins, Julius Riet:^, Eduard. 

GOSTUC-J AURBUCH XVII. 12 



lyS Abhandlukgen. 



Lassen^ genannt, ferner Hector Berlio:^' dramatische Legende 
Damnation de Faust, Gounods Oper Faust, Liszts JFaust- 
Symphonie, Rubinsteins Faust, ein musikalisches Charakter- 
bild (fiir Orchester), Arrigo Boitos Oper Mephistofeie, end- 
lich von Richard Wagner neben seinen »sieben Comno- 
sitionen zu Goethes Faust« (Ms. in Wahnfried) das be- 
deutsame Werk: Eine Faust-Ouverture. 

Dass die nachfolgenden Notizen nicht in der üblichen 
Form der Abhandlungen gehalten sind, sondern in der 
chronologischer Verzeichnisse, wird den Lesern hoffentlich 
nicht beffemdlich erscheinen. Die Zusammenstellung der 
musikalischen Meister, die sich mit Goethe beschäftigten, 
und die Zahl der Compositionen sprechen eine beredte 
Sprache, die eindringlicher wirken dürfte als eine ästhetische 
Betrachtung. 

1. Mit einem gemahlten Band (Kleine Blumen, kleine Blätter) 

1771 entstanden (Friederikenlied), 1775 zuerst gedruckt 
in Jacobis Zeitschrift : Iris, Band 2, Stück r, Düsseldorf. 

Componirt von: i. ijoh. Friedr. Reichardt »Goethes 
Lyrische Gedichte mit Musik von T. F. R.« Berlin 1793. 

2. Ludwig van Beethoven, op. 83, No. 3, entstanden 1010, 

Eublicirt'1811. 3. Carl Blum, op. 11, publicirt r8i6 bei 
ireitkopf & Härtel. 4. W, J. Toniaschen in Prag, op. 55, 
Nr. 4, ausserdem von 11 neueren Musikern^, deren Namen 
Ernst Challiers Grosser Lieder-Katalog, Berlin 188^, bringt; 
unter ihnen ist Friedr. Gernsheim (op. 29, Nr. 3; hervor- 
zuheben. 

Beethovens sehr anmuthige Composition ist nicht nach 
Verdienst bekannt geworden. Der Beginn der Melodie ist s e h r 
ähnlich dem Liede an die Freude in der neunten Symphonie. — 
Reichardts und Tomascheks Weisen sind unbedeutend. 

Sehr charakteristisch für die Umformung, die ein Kunstlied 
bei der Verbreitung im Volke im Laufe der Jahre erfahren kann, 
ist die Lesart unseres Gedichts, die Gottfried Keller im »Sinn- 
gedicht« (1882) dem jungen Dorfschuhmachermeister in den 
Mund legt. Dieser hatte das Gedicht in einem der älteren, auf 
Löschpapier gedruckten Liederbüchlein für Handwerksbursche 
gefunden, die neben den trivialsten Gesängen gelegentlich 
auch Lieder unserer classischen Dichter bringen, und er »sang 
es nach einer gefühlvollen, altvaterischen Melodie mit volks- 
mässigen Verzierungen.« Keller gibt bei den einzelnen 
Strophen noch weitere Andeutungen über die Weise. Als 
im Jahre 1884 der Verfasser dieses Aufsatzes den Dichter in 
Zürich besuchte und ihn fragte, ob er nicht die folgende 
Melodie gemeint habe: 



Goethes Gedichte in der Musik. 



179 



Behaglich. 



M Denagncn. >.>> 



Klei - ne Bln-men, klei - ne 



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ter, ja Blät-ter, 



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gu - de jun - ge Frih-lings - gäd 



der tän-delnd 



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Band. 



Stimmte Keller lebhaft zu: Ja, das ist genau die Weise, wie 
ich sie einmal zu dem Liede gehört habe. Er war sichtlich 
erfreut, dass sie ein Musiker aus der blossen Beschreibung 
erkannt hatte. — Köstlich ist, wie Kellers Schuster in dem 
Verse: »Und ich bin belohnt genung«, das letzte Wort in 
genuch verbessert, und wie er die letzte Strophe beginnt: 

Fihle, was dies Herz empfindet — ja pfindet. 

»Allein die unverwüstliche Seele des Liedes,« schreibt 
Keller ». . . . bewirkte das Gegentheil eines lächerlichen Ein- 
drucks.« 

2. Mailied (Wie herrlich leuchtet mir die Natur), vermuth- 
iich 1771 entstanden — nach Düntzer : 1774 — 1775, zu- 
erst gedruckt in der Iris, Band 2, Stück i. 
Componirt von: i. Job. Friedr. Reichardt, »Oden und 
Lieder von Herder, Goethe u. A.« Berlin III, 1781. 2. Christ, 
Aug. Gabler in Reichardts »Neuen Liedern geselliger Freude« 
I, 179^. 3. Beethoveriy um 17Q6 comp., 1805 als op. 52, Nr. 4 
pubiicirt. 4. IV, J, Tomaschek, op. 53. ;. Ludwig Berger. 
6. Bernhard Klein, op. 15, Nr. 6. 7. Friedrich Silcher 1826, 
schon 1827 in den ßreslauer Schulliedern von Hientzsch 
abgedruckt. 8. Heinrich Marschner, 9. Friedrich Curschmann, 
op. 2 und 2j neueren Musikern. Nicht ohne Interesse ist 
es, zu sehen, wie bei der Composition des Liedes Musiker 
aus allen Theilen des deutschen Sprachgebiets sich zu- 
sammenfinden: die Berliner Reicharat, Berger, Klein, die- 
Oesterreicher Tomaschek (Prag) und Gottfried Preyer 

12* 



I&) AfiUANDLUKGEN. 



(Wien), 
Marscbo 



die Deutscbrussen Gabler und Jos. RubiDstein, 
Marsclioer aus Sacbsen, Hugo Ulricb aus Scblesien, Friedr. 
Silcber aus Scbwabeo, der Ostpreusse von Keudell, der 
Bayer Otto Scherzer, der Rheinländer Brambach und der 
Oldenburger Meinardus, Ad. Reichel in Bern, Markull und 
Curschmann in Danzig, Gokennann in Frankfiin a. M. und 
Jos. Dürmer in Edinburgh. 

Beethovens herriiche Jugend-Composition aberragt alle 
übrigen. Er hatte die Melodie ursprünglich zu einer Arie in 
Umlaufs Singspiel: »Die schOne Schusterin« geschrieben und 
ihr erst nachträglich die Goethischen Verse untergelegt. Die 
ursprüngliche Arie beginnt : »O welch ein Leben ! Ein ganzes 
Meer von Lust und Wonne fliesst um mich her!« 

3. HeidenrdsUin (Sah' ein Knab' ein Röslein stehn), 17^1 
entstanden, 1773 in der ersten Fassung gedruckt. in 
Herders »Von deutscher An und Kunst« u. d. Ü.; 
Fabelliedcben, dann 1779 mit einigen Aenderungen 
in Herders »Volksliedern« u. d. C: Röschen auf der 
Heide, endlich in der jetzt bekannten Fassung und 
mit unserer Ueberschrift in Goethes Schriften VIII, 1789. 
Componin von: i. F. von Dalberg, Mainz 1793. 

2. Reicbardt, »Goethes Lyrische Gedichte. Mit Musik von 

tF. R.« Berlin 1793. 3. Hans Georg Nagelt in seinen 
iedem. Zürich 1795 — 99. 4. ff^. /. Tomascbix, op. 53, Nr. i. 
5. Andreas Romberg, Ooen und Lieder. Bonn 1793. ^- Fran;^ 
Schubert, op. 3, Nr. 3, comp. 181^, publicin 1821. 7. //««- 
rieb Werner, vor 1829. 8. C ö. Keissiger^ op. 79, Nr. 3. 

9. Scbnyder von Wartensee, Acht deutsche Lieder, Bonn o. J., 
Nr. 2 und 3 (die zweite Bearbeitung durchcomponin). 

10. Robert Scbumann, op. 67, Nr. 3 (fürChor^, comp, und 
publ. 184Q. II. A. E. örell, op. 21. 12. Mont^ HaMtmann 
[für ChoM- 15- Wilhelm Taubert, op. 5, Nr. 2. 14. Jobannes 
ßrahms, Volks-Kinderlieder, publ. i8j8 und mehr als )0 
neueren Musikern. 

Reichardts Composition verdient das ihr von Friedr. 
Rochlitz gespendete Lob : »Echt volksthümlich und, bei aller 
Einfalt, das Rechte meisterhaft ausdrückend.« (Für Freunde 
der Tonkunst Ol, S. 422.) Für die Wirkung der Reichardtschen 
Melodie bis in unsere Tage spricht, dass Brahms sie — mit 
nur geringen Veränderungen — in seine Volks-Kinderlieder 
aufgenommen und mit neuer Clavierbegleitung versehen hat. 
Im Volke aber ist jetzt fast überall die Melodie Heinrick 
Werners verbreitet: 



^^ « . j- ^. Jl .-^hH-j J' J3 f I ^^ 



Goethes Gedichte in der Musik. l8l 

Diese ist abhängig von Schuberts genialem Jugendwerk, der 
hervorragendsten unter allen Compositionen des Gedichts. 
(Der Beginn des Schubertschen Liedes ist identisch mit dem 
des Duetts: »Könnte jeder brave Mann« aus Mozarts Zauber- 
flöte.) — Die Compositionen von Nägeli, Tomaschek, Romberg 
sind unbedeutend, Schumann hat in seinem Chorwerk den 
rechten Ton nicht zu finden vermocht, sehr anmuthig hingegeh 
ist die Musik zum Heidenröslein von Hauptmann und Taubert. 
Beethoven hat sich zu verschiedenen Zeiten mit dem 
Liede beschäftigt, und aus seinen SkizzehbUchern würde sich 
eine fast vollständige Melodie zur ersten Strophe construiren 
lassen. Vergl. Nottebohm, Beethoveniana S. 50 und Zweite 
Beethoveniana S. 137, 471, 474, 576. 
4. Das y eilchen (Ein Veilchen auf der Wiese stand) 177 j, 
spätestens Anfang 1774 entstanden, 1775 zuerst ge- 
druckt in der Ins, Band 2, Stück 3. 



Componirt von: i. Johann Andri 177J, publ. 1776. 
2. Herzogin Anna Amalia 1776. 3. Reicharat dreimal: als 
einstimmiges Lied 1780 in Reichardts Oden und Liedern, 
als Duett 1783 in Gedikes und Biesters Berlinischer Monats- 
schrift I, als Terzett 1790 für die zweite Fassung von 
»Erwin und Elmire«. 4. Anton Schwei:(ery im Theater- 
Kalender 1777, Beilage. 5. Jos, Anton Steffan, k. k. Hof- 
Claviermeister, Sammlung Deutscher Lieder für das Ciavier I, 
Wien 1778. 6. Siegmuna Freiherr von Seckendorffy Volks- 
und anaere Lieder I, Weimar 1779. 7. Ernst Witnelm Wolf, 
Hofkapellmeister in Weimar 1780. 8. Karl Friberth, k. k. 
Kapellmeister in Wien, Deutscne Lieder für das Ciavier III, 
Wien* 1780. 9. Job. Friedr, Christmann in Räth Bosniers 
Musikalischer Blumenlese für Ciavierliebhaber, Speier 1782. 
10. Mo:(arty coilip. 1785, publ. 1789 u. d. T.: Zwey deutsche 
Arien zum Singen beym Klavier, Wien. 11. rr. Ludw. 
Aemilian Kun^^en, in dänischer Sprache, in : Viser og Lyriske 
Sänge, Kiöbenhavn 1786. (Uebersetzung von Rahleck). 
i2. F. H, Himmel, köaigl. Kapellmeister in Berlin, op. 21, 
Nr. s, publ. 1806. 13. W. 7. Tomaschek, op. 57, Nr. i. 
14. P. von Lindpaintner, Hofkapellmeister in Stuttgart, im 
Orplieon III, Nr. 12. 15. C. G. Reissiger, HofkapeUmeister 
in Dresden, op. 48, Nr. 4, und etwa JO neueren Musikern. 
— Nr. 6, IG, 13 sind durchcomponirte, i, 3,4, 5,9, 11, 12, 
14 und 15 Strophen-Lieder. 

Neben Mozarts unvergleichlicher Composition — (kein 
eigentliches Lied, sondern mehr dramatische Scene) — sind 
Reichardts schönes, schlichtes Duett sowie Kunzens und 
Steffans einstimmige Weisen hervorzuheben. Ueber Reichardts 
Duett vergl. Mendelssohns gewichtiges Lob in seinen »Briefen 
aus den Jahren 1833—47«. S. 477. 



l82 Abhandlungen. 



5. Der Musensohn (Durch Feld und Wald zu schweifen), 

wahrscheinlich 1774 entstanden (ViehofF I, 283—87, 
Scherer, G.-J.-B. V, 263, vgl. aber dagegen Düntzer 
II, 40), 1800 zuerst gedruckt in Goethes Neuen 
Schriften VII. 
Coniponirt von: i. Reichardt in Kotzebues Zeitschrift, 

»Der Freymüthige«, Juli 1803, abg^edruckt in Reichardts 

Neuen Liedern geselliger Freude II, 1804. 2- Carl Friedr. 

Zelter, Sämmtl. JLieder, Balladen und Romanzen IV, comp. 

1807. ^ Schubert, op. 92, Nr. i, comp. 182:?, publ. 18.28. 

4. iernh. Klein, op. 15, Nr. 7 und / neueren Misikern. 

Reichardts und Zelters volksthümlich- einfache, aber gar zu 

dürftige Melodien werden von Schuberts Lied hoch überragt. 

6. Der König in Thule, 1774 entstanden, schon im Urfaust, 

1782 in der ersten Fassung gedruckt in Siegmund Frey- 
herrn von SeckendorfFs Volks- und anderen Liedern, 
3. Sammlung, Dessau, 1790 in der jetzt üblichen Form 

d gedruckt in Goethes Schriften VII. 
omponirt von: i. Seckendorff (s. o.). »Abentheuerlich« 
lautet die Vortragsvorschrift des Componisten. 2. Igna:( 
Walter in seiner »Original-Oper« Doctor Faust, Text mit 
Benutzung der Tragödien Fr. Müllers und Goethes von 
Dr. Schmieder, 1797. 3. Wilhelm Schneider in Fr. Th. Manns 
Musikalischem Taschenbuch auf das fahr 1805, später in 
den »Deutschen Liedern für Jung und Alt« 1818. 4. Reichardt 
in Goethes Liedern, Oden. Balladen und Romanzen, Berlin 
1809. 5« Zelter (für Bass): Sämmtliche Lieder, Balladen 
und Romanzen III, Berlin 18 12. 6. W. /. Tomaschek, op. 59. 

Fran:(^ Schubert, op. 5, Nr. 5, comp. 1816, publ. 1821. 

Bernh, Klan. 9. Fr. H. Himmel. 10. Hector Berlioz: 



7. Fran:^ Schubert, op. 5, Nr. 5, comp. 1816, publ. 1821. 

8. Bernk Klein, q. Fr. H. Himmel. 10. Hector Berlioz: 
Huit Seines de Faust 1828, später in die Damnation de 
Faust, op. 24, 1846 aufgenommen. 11. Fran:(^ Lis:(t. 12. Rob. 
Schumann, op. 67, Nr. i (für Chor), 184^. 13. Heinrich 
Marschner, op. 160, Nr. i. 14. Charles Gounoa in seiner 
Oper Faust 1859, ferner von 15. Ad. Jensen, op. 23. 16. Wilh. 
Taubert, op. 151. 17. Felix Dräsecke. 18. Eduard Lassen. 
19. Bernhard öcholT^. 20. Hans von Bülow und 2/ anderen 
neueren Musikern. 

Zelters schöne Composition -— sein bestes Lied — hat 
seit 70 Jahren die weiteste Verbreitung gefunden. Vorher 
war Schneiders Melodie sehr beliebt. Unter den ausgeführteren 
Liedern ist das Schuhertsche am hervorragendsten. Auch 
Gounods Weise trifft vortrefflich die Stimmung. 

7. Meine Ruh ist hin, mein Her:(^ ist schwer. 1775 oder früher 
entstanden, schon im »Urfaust«, 1790 zuerst gedruckt 
in: Faust. Ein Fragment. 



Goethes Gedichte in die Musik. 183 

Componirt von : i. l£na:(^ Walter in seiner Original-Oper 
Doctor Faust 1797. 2. Ludwig Spohr, op. 25, Nr. j, 1809. 
3. Zelter: Sämmtliche Lieder etc. 1, Berlin 1810. 4. öchubert, 
00. 2, comp. 1814, publ. 1821. 5. Bernh. Klein, 6 Conradin 
KreutT^er. 7. Hector Berlio;(^ (s. o. Nr. 6, 10. Die Ueber- 
setzung rührt von G^rard de Nerval her). 8. Michail Ituano- 
witsch Glinka und über 20 neueren Musikern, 

Die geniale Composition des 17jährigen Schubert — eines 
seiner allerfrühesten Lieder — ist die bedeutendste. — Von 
Beethoven liegt ein kurzer Entwurf aus der Zeit vor 1800 
vor, abgedruckt inNottebohras »Zweite Beethoveniana«. S. 575. 

8. Jägers Abendlied (Im Felde schleich' ich still und wild), 

1775 entstanden, Januar 1776 zuerst gedruckt im 
Teutschen Merkur. 

Componirt von: i. Ph. Christ, Kayser, 1777. 2. Rei- 
chardt, Oden und Lieder, Berlin III, 1781. 3. F, von Dalberg, 
Lieder, Mainz 1793. 4. Fr. H, Himmel^ Deutsche Lieder 
von Goethe, Berlin 1806. 5. Bernh, Anselm Weber, 181 5. 
6. Bernh, Klein, 7. Schubert, op. j, Nr. 4, comp. 18 16, 
publ. 1821. 8. ielter zweimal: Neue Liedersammlung, 
Zürich 1821. 9. Tomascheky op. 57, Nr. 5 und mehr als 
2/ neueren Musikern, unter ihnen Carl Reinthaler, Ludw. 
Meinardus, H^ritte-Viardot, Bernh. Scholz. 

An erster Stelle dürfte Reichardts in ihrer Schlichtheit tief 
ergreifende Composition zu nennen sein. Sie gehört neben 
Zelters König in Thule, Schulz' »Der Mond ist aufgegangen,« 
Andres »Bekränzt mit Laub« und Nägelis »Freut euch des 
Lebens« zu den Mustern der deutschen volksthümlichen Lieder. 
Reichardt benutzte sie 1800 nochmals in seinem Liederspiel: 
Liebe und Treue. Schuberts op. 3 ist musikalisch viel be- 
deutender als die Reichardtsche Composition, erreicht sie in- 
dessen in Bezug auf volksthümliche Wirkung nicht. 

9. Bundeslied (In allen guten Stunden), 1775 gedichtet auf 

die Vermählung des Pfarrers Ewala in Offenbach, 

1776 zuerst gedruckt im Teutschen Merkur, Band ij. 
Componirt von: i. Reichardt zweimal: Oden und Lie- 
der, Berlm 1781 (in Reichardts Sammlungen noch dreimal 
abgedruckt) und: »Goethes Lieder, Oden, Balladen etc.«, 
Berlin 1809. 2. Zelter (noch ungedruckt), comp. 1799, ge- 
sungen im Januar 1800 in der berliner Liedertafel und im 
Juni 1895 in Weimar anlässlich der Generalversammlung 
der Goethe -Gesellschaft. 3. F, F, Hurka, Auswahl von 
Maurer- Gesängen, herausg. von F. M. Böheim II, Berlin 
17^9. 4. Schubert, comp. 1815, aus dem Nachlasse publicirt 
Leipzig 1895. 5. Beethoven^ op. 112, für 2 Solo- und 3 Chor- 
stimmen mit ßläserbegleitung, comp, um 1822, publ. 1825. 



184 Abhandlungen. 



6. Albert Meihfessd, Commers- und Liederbuch, Altenburg 
1823. 7. Gustav Reichardt, op. 5, 1825 und 5 neueren 
Musikern. 

Mit Reichardts schöner Melodie vom Jahre 1809 noch 
jetzt das classische EröfTnungslied unserer Studenten-Comroerse. 
Goethe hat aber Zelters im Kreise der Berliner Lieder- 
tafel sehr beliebt gewordene Weise im Sinn, wenn er in 
»Dichtung und Wahrheita 17. Buch, von dem Liede spricht; 
vergl. dort die herrlichen Worte, mit denen er das Gedicht 
den Nachkommen empfiehlt. Beethovens und Schuberts Compo- 
sitionen des Liedes sind nicht bedeutend. 

10. Heue Liebey neues Leben (Herz mein Herz), 1775 ent- 

standen (Lili-Lied), in demselben Jahre zuerst ge- 
druckt in der Iris, 2. Bd., 3. Stück. 
Componirt von: i. F. von Dalberg, »Lieder. Dritte 
Sammlung«, Mainz 1793. 2. Reichardt, »Goethes Lyrische 
Gedichte mit Musik von J. F. R.«, Berlin 1793. ^. Beethoven, 
op. 7j, Nr. 2, publ. 18 10. 4. Zelter, Sämmthche Lieder, 
Ballaaen und Romanzen III, Berlin 1812. 5. Ludzu. Spohr 
(ungedruckt) 1858. 6. MoritT^ Hauptmann, op. 19, Nr. 6. 

7. C G. Reissiger, op. 48, Nr. 3 und 10 neueren Musikern. 

Beethovens Composition — ein feurig beseeltes Gegen- 
stück zu der zarteren „Adelaide« — ist an erster Stelle zu 
nennen. Sie ist durchcomponirt, während die sonst erwähnten 
Musiker das Gedicht als Strophenlied behandelt haben. Auf 
die Aehnlichkeit des Anfangsverses unseres Gedichts mit zwei 
Liedern aus Erwin und Elmire, ferner mit EichendorfFs »Neuer 
Liebe« und Heines »Herz, mein Herz, sei nicht beklommen«, 
hat bereits G. von Loeper hingewiesen. 

11. Wonne der Wehmuth (Trocknet nicht, Thränen der 

ewigen Liebe), um 1775 entstanden, 1789 zuerst ge- 
druckt in Goethes Schriften. 

Componirt von: 1. Reichardt, »Goethes Lyrische Ge- 
dichte mit Musik von J. F. R.« II, Berlin 17Q3 (Text nach 
Herders Copie). 2. Frans^ Dan:(i, op. 19, München 1805. 

3. Beethoven, op. 83, Nr. i, comp. 1810, publicirt 181 1. 

4. Schubert, op. 115, Nr. 2, comp. 181 5, publ. 1829. 5. Rob. 
FranT^, op. 33, Nr. i und // neueren Musikern. 

Mit Beethovens grossartiger Composition hält weder 
Reichardts dürftige Weise, noch Schuberts Jugendlied — von 
Schubert selbst wohl kaum zur Veröffentlichung bestimmt — 
noch Franz' stimmungsvolle, aber etwas weiche Melodie einen 
Vergleich aus. Beethovens Autograph des Liedes gehörte zur 
Handschriftensammlung Goethes, der es im Jahre 1821 dem 
jungen Felix Mendelssohn als Prüfstein für dessen a vista-Spielen 



Goethes Gedichte in der Musik. 185 

vorlegte. Vergleiche darüber Goethe -Jahrbuch XU, Musiker- 
briefe S. iioff. 

12. Rastlose Liebe (Dem Schnee, dem Regen). 1776 ent- 

standen, 1789 zuerst gedruckt in Goethes Schriften VIIL 
Conaponirt von: i. UeiVÄard/,. zweimal in »Goethes 
Lieder, Öden, Balladen und Romanzen,« Berlin 1809, das 
erste Lied bereits gedruckt in »Goethes Lyrische Gedichte 
mit Musik von J. F. R.« II, Berlin 17^3. 2. Fr. K Himmel, 
op. 21, Nr. 2, 1006. 3. Bernhard Klein. 4. Zelter: Sämmt- 
liche Lieder, Balladen und Romanzen III, Berlin 1812. 
5. Schubert, op. 5, Nr. i, comp. 181 5, publ. 1821. 6. Spohr, 
op. 44, Nr. 2, comp. 18 17 (für Männerchor). 7. Tomaschek, 
op. 58, Nr. I. 8. Conradin KreutTier, Wien 1826 (Duett). 
9. Schumann, op. -33, Nr. 5, comp. 1840, publ. 1842 (Männer- 
chor). 10. Reissiger, op. 53, Nr. i. 11. Joachim Raff, op. 98, 
-Nr. 23, comp. 1855—63. 12. iJo*. Fran^, op. 33, Nr. 6, 
und mehr als 40 neueren Musikern. Unter diesen sind hervor- 
.zuheben: Otto. Jahn, Wilhelm Taubert, Ludwig Meinardus, 
Carl Mikuli, Bernh. Hopffer, E. Rappoldi, Emil Naumann 
und Julius SchäfFer. 

Schuberts Lied ist von allen das hervorragendste. Das 
Gedicht hatte den achtzehnjährigen Componisten beim ersteh 
Lesen so aufgeregt, dass er in minutenlanger Ekstase war, 
bis er — in echt Goethischer Weise — sich dadurch von 
dem Eindruck befreite, dass er ihn in ktlnstlerische Form 
brachte. Am nächsten kommen dem Schubertschen Liede die 
Reichardtschen Weisen, die beide trefflich sind. Viel trockener 
ist die Zeltersche. Von Beethoven liegt ein aus der Zeit von 
1800— 1804 stammender, drei Seiten länger Compositionsent- 
wurf zu dem Gedichte vor. Am 8. Februar 1823 schrieb 
Beethoven an Goethe, seine Composition werde vielleicht bald 
erscheinen; das Lied ist aber leider Skizze geblieben. 

13. Der Fischer (Das Wasser rauscht). Entstanden ver- 

muthlich 1778, zuerst gedruckt in S. v. SeckendorfF's 

Volks- und anderen Liedern I, Weimar 1779, dann 

in Herders Volksliedern in demselben Jahre. 

Componirt von: l. Seckendorff (s. o.). 2. Reichardt: 

Oden und Lieder III, 1781. 3. Anareas Romberg: Oden 

und Lieder, Bonn 1793. 4. Fr. Latrobe in Wilh. Ehlers' 

Gesängen mit Begleitung der Chitarra, Tübingen 1804. 

5. Zelter: Sämmtliche Lieder, Balladen und Romanzen II, 

Berlin 18 10. 6. Fr. H. Himmel, op. 21, Nr. 4, 1806. 7. Ludwig 

Berger, op. 17. 8. Schubert, op. 5, Nr. i, comp. 1815, 

publ. 1821. 9. Tomascheh 10. Reissiger, op. 48, Nr. 2. 

II. Albert Methfessel, op. 42, Nr. i. 12. Carl Loewe, op. 43, 



l86 Abhandlungen. 



Nr. I, 1835. 13. Friedr. Curschmann, op. 4, Nr. 3. 14. Morit:( 
Hauptmann, op. 31, Nr. 3 und gegen 40 neueren Musikern. 
Neben Schuberts schönem Jugendwerk ist besonders Zelters 
Weise zu nennen. Seckendorffs, Rombergs und Reichardts 
Melodien sind unbedeutend, auch Loewe steht hier hinter 
seiner Aufgabe zurück, und Curschmanns früher viel gesungene 
Composilion hält sich nicht ganz frei von Trivialität. 

14. An den Mond (Füllest wieder Busch und Thal), 1778 

entstanden. Die erste Fassung in der Beilage zu 

Goethes Brief an Frau von Stein vom 19. Januar 1778 

— in der Ausgabe von Ad. Scholl = Fielitz I, S. 124 

veröffentlicht — unter der Musik des Freih. Siegm. 

von Seckendorff, in der jetzt üblichen Form 1789 zuerst 

gedruckt in Goethes Schriften VIII. 

Componirt von: i. Seckendorff (s. o. Der Componist 

nahm die Melodie nicht in seine Volkslieder auf). 2. Rd- 

chardt, Cäcilia. Erstes Stück. 1790, dann noch zweimal in 

Reichardts Liedersammlungen abgedruckt. 3. F.vonDalberg, 

Lieder. Dritte Sammlung. Mainz 1793. 4. Andreas Romberg, 

Oden und Lieder, Bonn 1793. ;. t, H. Himmel^ op. 21, 

Nr. I, 1806. 6. Zelter, Sämmtlicne Lieder, Balladen und 

Romanzen III, Berlin 18 12. 7. Schubert zweimal, das i. Lied 

im Nachlass, Lieferung 47, Wien, um 1848 publ., bereits 181 5 

comp., das 2. Lied in den Nachgelassenen 6 Liedern, Berlin 

1868 publ., comp. ?. 8. MoritT^ Hauptmann, op. 22, Nr. 5. 

9. Ferdinand Hiller\ op. 204, Nr. i, und etwa ?o neueren 

Musikern, Von diesen Letzteren sind Beruh. Scholz, Carl 

Reinthaler, L. Meinardus, Louis Schlottmann, Friedr. Gerns- 

heim und R. von Keudell zu nennen. 

Die Verse tragen so viel Musik in sich, dass von einer 
congenialen Composition des Gedichts nicht wohl die Rede 
sein kann. Annähernd hat ein Einziger unter den Musikern 
das unvergleichlich Milde und Sehnsüchtige, Froh-Trübe der 
Poesie erreicht: Franz Schubert im zweiten der obenerwähnten 
Lieder; leider ist gerade diese Composition wenig bekannt 
geworden. ' Unter den übrigen sind Seckendorffs und Zelters 
stimmungsvolle Weisen hervorzuheben. 

In der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung v. J. 
1808, S. 632 erwähnt Friedrich Rochlitz »Goethes vielleicht 
von jedem deutschen Liedercomponisten gesetztes Lied an den 
Mond,« (Dies ist natürlich übertrieben: fehlen doch Haydn, 
Mozart, Beethoven, Weber, Spohr!) Rochlitz spricht dann über 



' Abgedruckt ist sie im Schubert-Album VII der Edition Peters 
(1887) und in der Gesammt- Ausgabe von Schuberts Werken. Leipzig, 
Breitkopf & Härtel, 3. Liederband (1895.) 



Goethes Gedichte in der Musik. 187 

die Schwierigkeit »eine Musik zu erfinden, die auf die ersten 
und letzten Strophen gleich gut passte -^ und verschiedene 
Musik zu den verschiedenen Strophen zu schreiben wäre hier 
ganz fehlerhaft. Auch Reichardt und Zumsteeg' waren nicht 
glücklich mit dem kleinen Liede. Das Beste möchte wohl 
sein, zur grössten aber auch edelsten Einfalt in der Melodie, 
und zu ebenfalls höchst einfacher, aber ungewöhnlicher, tief 
anregender Harmonie aufzusteigen.« Dies klingt ganz gut, 
aber ein Künstler hat später gezeigt, wie unrecht der Kunst- 
kritiker hatte, die »verschiedene Musik zu den verschiedenen 
Strophen« zu perhorresciren : in Schuberts Li^de trägt zu der 
ausserordentlichen Wirkung gerade die Verschiedenheit der 
einzelnen Strophen bei, die allerdings aufis Glücklichste in eine 
einheitliche Gesammtstimmu6g getaucht sind. 

15. Wandrers Nachtlied (üeber allen Gipfeln ist Ruh.) 1780 
entstanden. Vgl. Literatur in Goedekes Grundriss IV 2, 
S. 667, 19a. 18 15 zuerst gedruckt in Goethes Werken. 

Componirt von: i. Carl Loewe^ op. .9, Heft r, Nr. 3, 
1817, pubi, 1828 (^einstimmig). 2. Zelter, Neue Liedersamm- 
lung, 1821 feinstimmig). 3. Bernhard Kleine um 1823 (für 
gemischtes Quartett, später von Fr. Silcher für Männerchor 
bearbeitet! 4. Tomaschek, op. 58 (einstimmig). 5. Schubert, 
op. 96, Nr. 3, comp, um 1824, publ. 1827 (einstimmig). 
6. Schnyder von fVartensee, um 1829 (Männerchor). 7. Held, 
in der AUgem. Musikal. Zeitung, Leipzig 1830 (gemischtes 
Quartett). 8. Friedrich Kuhlau, vor 1832 (Männerchor). 
9. Rob. Schumann, op. ^6, Nr. i, comp. 1850, publ. 1851 (ein- 
stimmig.) 10. FraniLisT^t, Nr. 6 (einstimmig). 11. Theodor 
Kirchner, op. 69 (Männerchor). 12. Ferd. Hiller, op. in 
(einstimmig), i^. Anton Rubinstein (DuetO. 14. Morit^^ 
Hauptmann (gemischter Chor). 15. Robert Kadecke, op. 27 
(Terzett). 16. Joachim Raff, op. 122, Nr. 5, publ. 1867 
(Männerchor) und mehr als jo neueren Musikern. 

Am Hervorragendsten ist Schuberts Lied. Sehr verbreitet 
war früher Kleins Composition, jetzt — besonders in den 
Kreisen der Männergesangvereine — Kuhlaus stimmungsvolles 
Quartett. Dieses ist ursprünglich auf Johannes Falks Umdich- 
tung aus d. J. 181 7 componirt: vi Unter allen Gipfeln ist Ruh«, 
mit den von Falk zugesetzten abscheulichen Versen: »Unter 
allen Monden ist Plag' Und alle Jahr und alle Tag' Jammer- 
laut« und: »Unter allen Sternen ist Ruh, In allen Himmeln 
hörest Du Harfen laut. Die Englein spielen, das schallte. 
Warte nur, balde Spielest Du auch I« (Vgl. Falks Auserlesene 
Werke I, Leipzig 181 9.) — Anton Rubinstein hat Lermontaws 

' Die Erwähnung Zumsteegs beruht wahrscheinlich auf einem 
Irrthum. Eine Composition von ihm hat sich nicht finden lassen. 



l88 Abhandlungen. 



rassische Uebersetzung des Goethischen Gedichts in Musik 
gesetzt ; der veränderte Rhythmus machte für die Wiedergabe 
der Composition im Deutschen eine ROcktlbertragang nöthig, 
die an Goethes Worte nur von fem anklingt: 

»Aller Berge Gipfel 

Kuhn in dunkler Nacht« etc. 
Bemerkenswerth ist, dass das Nachtlied in den verschie- 
densten Formen der Vocalmusik componirt worden ist: als 
einstimmiges Lied, als Duett, Terzett, Soloquartett für Sopran, 
Alt, Tenor, Bass, als Chorquartett für die gleichen Stimmen, 
endlich als Männerchor. 

i6. Wandrers Nachüied (Der du von dem Himmel bist). 

1776 gedichtet und an Frau von Stein gesandt, 1780 

zuerst gedruckt in J. N. Pfennigers Christlichem 

Magazin mit Melodie von Phil. Christ. Kayser, dann 

1789 in Goethes Schriften VIII. 

Componirt von: i. Phil. Christ. Kayser (s. o.). 2. Reichardt 

in seiner »Cäcilia«, i. Stück, 1790. 3. F. von Dalberg: 

Lieder. Zweyte Sammlung, Mainz 1793. 4. Zelter: Sämmt- 

liche Lieder etc. IV, comp. 1807, publ. 1813. 5. Bernh. 

Klein, op. 15, Nr. 3 und op. 41, Nr. i. 6. Schubert, op. 4, 

Nr. 3, comp. 181 j, publ. 1821. 7. Carl Loewe, op. 9, Heft i, 

Nr. 3, comp, und publ. 1828. 8. Franzi Lis^t Nr. 3. 

9. Hermann Göt:(, cm. iq, Nr. 6. 10. Ferdinand Hillery 

op. 25, Nr. 2. II. Theodor Kirchner , op. 69 (für Männer- 

chor)Tind mehr als fo neueren Musikern, unter ihnien Heinrich 

Bellermann, Gottfried Preyer, Carl Mikuli, Bernhard Scholz. 

17. Erlkönig (Wer reitet so spät durch Nacht und Wind'). 
1780 oder 1782 entstanden, 1782 zuerst gedruckt als 
jEmlage in : »Die Fischerin. Ein Singspiel«, dann 1789 
in Goethes Schriften VIII. 

Componirt von: i. Corona Schröter 1782, publ. in: 
»Fünfundzwanzig Lieder. In Musik gesetzt von Corona 
Schröter. Weimar 1786«. Tempovorschrift: Etwas lang- 
sam (!) und abentheuerlich. (Die Composition ist in K.J. 
Schröers Ausgabe von Goethes Dramen, 2. Bd., Berlin u. 
Stuttgart, abgedruckt.) 2. Reichardt, »Goethes Lyrische Ge- 
dichte mit Musik von J. F. R.«, Berlin 1793. ^. Andreas 
Romberg, Oden und Lieder. Bonn 1793. 4. Zeiter (unge- 
druckt, Manuscr. in Berlin) 1797—1807. 5. Methfessel 1806. 
6. Ludwig Berger 1808. 7. Tomaschek, op. 59, Nr. a. 
8. Bernh. Klein 181 5. 9. Schubert, op. i, comp. 1815, publ. 
1821. 10. Carl Loewe, op. i, Nr. 3, comp. 1817,' publ. 1824. 

' Das Entstehunj^sjahr entnehme ich dem wichtigen, bisher nicht 
beachteten Artikel: »Dr. Loewe« in der Allgemeinen Wiener Musik- 



Goethes Gedichte i\ der Musik. 189 

11. Max Eberwein, vgl. Gespräche mit Eckerm;mn I, S. 197» 

12. C. G. Reissiger. 13. Otto Ludwig (der Dichter), 1839, 
noch ungedruckt. 14. Ludwig Spohr, op. 154, Nr. 4, mit 
obligater Violine, 1856 und mehr als jo anderen Musikern. 

Die musikalisch bedeutendste Composition ist ohne Frage 
das Erstlingswerk Schuberts. Nicht zu verschweigen ist aller- 
dings, dass der achtzehnjährige Componist den Schauplatz 
vom Norden nach Italien verlegt hat und die Begebenheit 
statt »unter hohen Erlena unter Pinien vor sich gehen lässt. An 
dramatischer Wahrheit übertroffen wird Schuberts Werk von 
Loewes op. i, einer der hervorragendsten Balladen des Meisters. 
Unter den einfacheren Compositionen steht die Reichardtsche 
in allererster Reihe. Für den praktischen Bühnengebrauch 
aber hat die nur acht Tacte enthaltende volksmässige Strophen- 
weise Corona Schröters noch im Jahre 1894 bei der Wieder- 
aufführung der »Fischerin« in Tiefurt (auf dem natürlichen 
Theater an der Um) ihre Wirksamkeit erprobt. 

Ueber eine Reihe weniger bekannter Compositionen der 
Ballade hat Wilhelm Tappert in seinen Erlkönig - Artikeln 
im »Musikal. Wochenblatt« 1870, Nr. 40 ff. und in einem 
neueren Nachtrag bemerkenswerthe Mittheilungen gemacht. 

Von Beethoven befindet sich ein längerer Entwurf zum 
Erlkönig aus den Jahren 1800 — 1810 im Archiv der Gesell- 
schaft der Musikfreunde in Wien. Die Composition erscheint 
nicht bedeutend, nur die Stelle : »Du liebes Kind, komm geh' 
mit mir«, enthält den Keim einer sehr eindringlichen Melodie, 
und der Instrumental-Schluss — nach den Worten : Das Kind 
war todt — ist von grossem Interesse; er ist identisch mit 
den Modulationen des Schubertschen Wanderers. Ein Facsimile 
der schwer zu entziffernden Skizze bietet Emil Naumann in 
seiner »Illustrirten Musikgeschichte«. 

18. Wer sich der Einsamkeit ergiebt. Um 1783 entstanden, 
1795 zuerst gedruckt in: Wilhelm Meisters Lehrjahre. 
Componirt von: i. Zelter 1795, publ. in: 12 Lieder am 
Ciavier zu sinjgen, Berlin und Leipzig 1796. 2. Reichardt: 
»Goethes Lieder, Oden und Balladen mit Musik von R.«, 
Berlin 180Q. 3. Schubert z^tim^X, im Jahre 181s;: publ. aus 
dem Nachlasse, Leipzig 1895, im Jahre i8i6: publ. als op. 12, 

Zeitung, herausg. von Dr. August Schmidt, 1844, Nr. 96. Loewe selbst 
sagt dort, er habe den Erlkönig »als Studiosus im Jahre 18 17 ge- 
schrieben, also zu einer Zeit, wo er die Schubertsche Ballade noch gar 
nicht gekannt haben konnte«. Aus dieser Erklärung geht hervor, dass 
Espagnes Diatirung des Erlkönigs in Bitters Loewe-Biographie unrichtig 
ist, und dass auch der enthusiastische Loewe-Freund Dr. Max Kunze 
irrte, wenn er in zwei Artikeln der »Musikwelt« 188 1 die Meinung 
vertrat, Loewe habe bei der Composition seines Erlkönigs genaue 
Kenntniss der Schubertschen gehabt. 



190 Abhandlungen. 



Nr. 1, Wien 1822. 4. Schumann, op. 98, Nr. 6, comp. 1849, 
publ. 185 1. 5. Rubtnstein, op. 91, Nr. 3 und 10 neueren 
Musikern. 

19. ^(fjr mV j«n Brot mit Thränen ass. Um 1783 entstanden, 

179 j zuerst gedruckt wie Nr. 18. 

Componirt von: i. Zelter 1795, publ. in Zelters Neuer 
Liedersammlung, Zürich 1821. 2. Reichardt 1809 (wie Nr. 18). 
3. Schubert dreimal im Jahre 18 16, die allgemem bekannte 
Com Position als op. 12, Nr. 2, in Wien 1822 publ., zwei 
andere aus dem Nachlasse, Leipzig 1895. 4. Schumann, 
op. 98, Nr. 4, comp. 1849, publ. 1851. 5. Heinrich Marschner ^ 
op. 160, Nr. 4. 6. Rubinstein, op. 91, Nr. 2. 7. Fraw;;; 
Zw:;;/ und 10 neueren Musikern. 

Die Schubertschen Compositionen von Nr. 18 und 19 
sind die bedeutendsten. 

20. Der Sänger (Was hör ich draussen vor dem Thor). 

Um 1783 entstanden, erster Druck wie Nr. 18. 

Componirt von: i. Zelter 1803, publ. in Zelters Sämmt- 
lichen Liedern etc. III, 1812. 2. C. Schreiber: AUg. Musikal. 
Zeitung, Leipzig 1803, Nr. 32, Beilage. 3. Reichardt: 
»Goethes Lieder, Oden, Bafladen mit Musik von R.«, 
Berlin 1809; vorher hatte R. die Melodie bereits zu dem 
Liede von J. H. Voss : »Willkommen, schöner, froher Tag« 
benutzt (im Liederspiel: Lieb' und Treue 1800). 4. Conraain 
KreutT^er. 5. Schubert y op. 117, comp. 1815, publ. 1829. 
6. Loewey op. 59, comp. 1836, publ. 1839. 7. Schumann, 
op. 58, Nr. 2. 8. Rubinstein, op. 91, Nr. i und 10 neueren 
Musikern. 

Es ist recht auffallend, dass das zur musikalischen Be- 
handlung so einladende Gedicht — man denke nur an die 
Verse : »Ich singe, wie der Vogel singt« — keine congeniale 
Composition gefunden hat. Schubert, Schumann und Loewe 
stehen hier nicht auf der Höhe ihres sonstigen Schaffens, 
ebensowenig Rubinstein, der bei der Stelle: »Der Sänger 
drückt' die Augen ein und schlug in vollen Tönen« den 
Gesang durch ein Zwischenspiel des Claviers unterbricht, das 
etwa hundert Tacte währt. 

Reichardts volksthümliche Weise ist noch jetzt verbreitet. 
Bis zum 3. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts war Schreibers 
Melodie beliebt. 

Ueber Zelters und Reichardts Weisen vergl. den Brief- 
wechsel zwischen Goethe und Zelter I, S. 48. Zelters Urtheil 
über Reichardts Lied erscheint mir ungerecht, denn die Melodie 
Reichardts lässt sich zu allen Strophen des Gedichts singen. 

21. Hur wer die Sehnsucht kennt. 1785 entstanden, erster 

Druck wie Nr. 18. 



Goethes Gedichte in der Musik. 191 

Componirt von: i. Reichardi: Lieder der Liebe und der 
Einsamkeit, Berlin 1798 (Duett). 2. FranTi Dan^i, op. 14, 
München 1803. 3. Beethoven viermal, sämmtlich einstimmige 
Lieder, u. d. Ü. : Sehnsucht, 1810 publ. 4. Schubert sechs- 
mal, und zwar viermal als einstimmiges Lied: a. v. J. 1815, 
aus dem Nachlasse publ., Leipzig 1895. b. v. J. 1816, aus 
dem Nachlasse publ, Leipzig 189J. c. v. J. 1016, u. d. Ü, 
»40 Lieder«, publ. Wien 1872. d. op. 62, Nr. a (die all- 
bekannte Composition), entstanden ?, publ. Wien 1827, 
ferner als Duett für Sopran und Tenor, op. 62, Nr. i. 
comp. 1826, publ. 1827 und als Quintett für 2 Tenöre una 
3 Bässe, 1819 comp., um 1867 publ. 5. Zelter: Neue Lieder- 
sammlung, Zürich 1821 und: Sechs deutsche Lieder, Berlin o.J. 

6. Carl Loewe, op. 9, 3. Heft Nr. ^, comp. 1819, publ. 1823. 

7. Conradin Kreut:(er, op. 75 (im Jahre 1825 erschienen 
Ciaviervariationen über ICreutzers Lied von J. Ammon). 

8. Bernhard Klein. 9. Tomascheky op. 54, Nr. i. 10. Josephine 
Lang, op. 10, Nr. 2. 11. Schumann, op. 98, Nr. 3, comp. 
18^9, publ. 185 1. 12. Ferdinand Hiller, op. 129, Nr. 3 und 
mehr als 40 neueren Musikern, zum Theil aiw^der allerjüngsten 
Zeit. Hervorzuheben ist unter ihnen dal vielverbreitete Lied 
des russischen Meisters Peter Tschaikowsky, op. 6, Nr. 6. 

Die bedeutendste Composition ist Schuberts einstimmiges 
Lied op. 62, Nr. 4. Von Beethovens vier Versuchen ist keiner 
ganz glücklich ausgefallen, auch Loewes und Schumanns Lieder 
reichen nicht an die Dichtung heran. 

22. Mimon (Kennst du das Land, wo die Citronen blühn.^). 
Um 1784 entstanden, erster Druck wie Nr. 18. 
Componirt von: i. Reichardt im ersten Druck des 
Romans 1795 (später mehrfach in Reichardts Sammlungen 
abgedruckt, u. d. Ü.: Italien). 2 Zelter sechsmal — nach 
seinem Briefwechsel mit Goethe II, S. 460 — , das im Jahre 

1795 componirte Lied in Zelters 12 Liedern am Ciavier, 

1796 gedruckt. 3. Andreas Romberg 1799. 4. Fraw;^ Dan^i, 



op. 14, München 1803. 5. Fr, K Himmel 6. Beethoven, 
OD. 75, Nr. I, comp. u. publ. 18 10. 7. Ludwig Spohr, op. 37, 
1815. 8. Schubert, comp. 1816, publ. aus dem Nachlasse, 
Wien 1835. 9. G. Spontini 1823. 10. Bernh, Klein, op. 15, 
Nr. 8 (vgl. Schumanns charakteristische Recension v. J. 
1837). II« Morit:(^ Hauptmann, op. 37. 12. Schumann, op. 79, 
Nr. 29 u. op. 98, Nr. i, comp, und publ. 1849. ij- Ferd. 
Hiller, op. 31. 14. Sie^ism. Neukomm (Wien.) 15. Ign. von 
Mosel (Wien). 16. Iran;( Liszt, Nr. i. 17. Adolt>h Jensen, 
Nr. 6. 18. Rubinstein, op. 91, Nr. 4. 19. Peter Tschaikowsky, 
00. 25, Nr. 3. 20. Ambroise Thomas in seiner Oper: Mignon, 
1866, und von mehr als jo neueren Musikern. 



192 Abhandlungen. 



Nach Beethovens unvergleichlich schöner Composition er- 
scheinen alle späteren wie Iliaden nach Homer. Schuberts 
Lied — das Schubert selbst wahrscheinlich nie veröffentlicht 
hätte — ist verhältnissmässig schwach, und Spohrs, ja selbst 
Schumanns Bedeutung wUrde man aus ihrer Mignon -Musik 
nicht erkennen. Nicht ohne Interesse ist es, dass Schumann 
im Jahre 1837 in der Neuen Zeitschrift für Musik geschrieben 
hat: »Ueberhaupt kenne ich, die Beethovensche Composition 
ausgenommen, keine einzige dieses Liedes, die nur im mindesten 
der Wirkung, die es ohne Musik macht, gleichkäme. Ob man 
es durchcoroponireh müsse oder nicht, ist eins ; lasst es euch 
von Beethoven sagen, wo er seine Musik herbekommen«. 
Zwölf Jahre später aber schuf Schumann selbst seine Com- 
position, die übrigens die beste aller seiner Lieder aus 
Wilhelm Meister ist. — Von den Ausländern Spontini, Rubin- 
stein, Tschaikowsky und Thomas hat das Lied von Thomas 
internationale Verbreitung gefunden. Verdient erscheint uns 
in Deutschland die Beliebtheit der wohlklingenden und für 
Sänger dankbaren, aber ganz ungoethischen und musikalisch 
wenig bedeutenden Composition nicht. Ueber den Eindruck, 
den Beethovens Lied auf Goethe selbst gemacht hat, vgl. : 
Aus dem Nachlasse Friedrichs von Gentz, Wien 1867, ^t S. 52. 
Das Gedicht ist sehr oft nachgeahmt und parodirt worden. 
23. An die Entfernte (So hab' ich wirklich dich ver- 
loren). ? entstanden, 1789 zuerst gedruckt in Goethes 
Schriften VIIL 

Componirt von: \\ Reichardt, »Goethes Lyrische Ge- 
dichte mit Musik von Reichardt, 1793. 2. Zelter, comp. 1807, 
publ. in Zelters Neuer Liedersammlung, 1821. 3. Ludwig 
Berger, 1810. 4. Anton Andre, Nr. 9. 5. Tomaschek, op. 55, 
Nr. I. 6. Schubert, comp. 1822, aus dem Nachlass, publ. 
1868 (u. 1887 in^ Schubert-Album VIL) 7. Josephine Lang, 
Nr. I und 2j neueren Musikern, u. a. von Robert Radecke, 
Joseph Sucher, Phil. Rufer, L. Schlottmann, R. von Keudell 
m Berlin, R. Emmerich in Stuttgart, K. Heubner in Coblenz, 
Gust. Weber in Zürich und ß." Randhartinger in Wien. 

Die bedeutendste von allen ist Schuberts noch nicht 
nach Verdienst gewürdigte Melodie. 

Es sei hier gestattet, auf die Aehnlichkeit der Anfangs- 
strophe des Goethischen mit der eines älteren Gedichts hinzu- 
weisen. Dieses steht in (Johann Joachim Schwabes) »Belusti- 
gungen des Verstandes und Witzes« (V, S. 401), Leipzig 1744: 

Goethe. 
So hab' ich wirklich dich verloren? 
Bist du, o Schöne, mir entflohn? 
Noch klingt in den gewohnten Ohren 
Wort, ein jeder Ton. 




Goethes Gedichte in der Musik. 193 

Schwabe 1744. 
So hab' ich dich gewis verloren, 
Dich meine Doris, meine Ruh? 
Nein, noch glaub' ich's nicht meinen Ohren; 
Die Falschheit trau' ich dir nicht zu. 

(Im weiteren Fortgang sind die Verse übrigens weitaus 
besser. Sie athmen Wertherstimmung : Ein unglücklich Lieben- 
der verspricht der vermählten Freundin zu entsagen, immer 
neue Gründe findet er für diesen Entschluss, aber das leise 
Lockende seiner Worte tritt mehr hervor, als alle Betheue - 
rungen.) Unterzeichnet ist das Gedicht mit den Initialen 
W. V. M. F. A., es hat 20 Strophen zu je 8 Versen und steht 
nochmals abgedruckt in der »Neuen Sammlung verschiedener 
und auserlesener Oden« II, Leipzig 1746, mit einer Compo- 
sition, die zweifellos von Sperontes herrührt. Dass Goethe 
das Gedicht kannte, ist mir sehr wahrscheinlich.' 

24. Nähe des Geliebten (Ich denke Dein, wenn mir der 
Sonne Schimmer). 1795 entstanden, in demselben 
Jahre zuerst gedruckt im Arienbuch der Claudine von 
Villabella und wenige Monate später im Schillerschen 
Musenalmanach f. d. J. 1796. 

»Zelters Melodie des Lieaes; Ich denke Dein, hatte 
einen unglaublichen Reiz für mich, und ich konnte nicht 
unterlassen, selbst das Lied dazu zu dichten, das in dem 
Schillerschen Musenalmanach steht«, schreibt Goethe im 
Juni 1796 an Madame Unger in Berlin. Das angeführte Ge- 
dicht: Ich denke Dein, ist von Friederike Brun, die ihrer- 
seits den Ton von Matthissons ebenso beginnendem Liede 
überkam. Da es Zelters Composition war, die den Dichter 
entzückt hatte — sie war in Reichardts Musikalischer Blumen- 
lese f. d. J. 1795 erschienen — so ist es um so auffallender, 
dass im Schillerschen Musenalmanach Goethes Lied mit 
einer neuen Melodie von Reichardt gedruckt ist. 

Bald nach dem Erscheinen des Musenalmanachs, am 
I. Januar 1796, schrieb Körner an Schiller: »Die Nähe des 
Geliebfen ist sehr für die Musik berechnet.« Dies wird durch 
die nachfolgende Componisten-Reihe bestätigt: i. Reichardt 
fs. o., abgedruckt in Reichardts Liedern der Liebe und 
der Einsamkeit; eine andere, weniger schöne Melodie in 
»Goethes Lieder, Oden, Balladen und Romanzen, mit Musik 
von R.«, Berlin 1809). 2. Beethoven, comp. 1799, publ. 1805 
als Lied mit Variationen für Ciavier zu 4 Händen. 3. Andreas 
Romberg. 4. F. H. Himmel, [op. 21, Nr. 3, 1806. 5. Aug. 



* Beiläufig könnte noch erwähnt werden, dass in beiden Gedichten 
der Reim Blick: lurück vorkommt. 

Gostuk-Jaurbucu XVII. I^ 



194 Abhandlungen. 



Härder, op. 8 (vgl. über 4 und ^ das Morgenblatt v. J. 1808, 
>Jr. 144: ȟber zwey sehr verschiedene Compositionen eines 
Liedes.« 6. V, Righini, op. 5, Nr. i. 7. Conradin Kreutzer, 
op. 75. 8. Tomaschek, op. 53, Nr. 2. 9. J?^rw/7. Ä/e/w, 
II. Heft, Nr. 6. 10. Schubert^ op. 5, Nr. 2, comp. 181 5, 
publ. 1821. II. Abbi Vogler \n der »Cäcilia« 1832. 12. Josephine 
Lang, op. 5. 13. Max Eberweiv, vgl. Briefwechsel Goethe- 
Zelter I, S. 305. 14. Ferd. Hiller, op. 12^, Nr. i. 15. N. 
Burgmüller, op. 12, Nr. i, dazu mehr als 60 neuere Musiker. 
Hervorzuheben sind unter diesen Th. Kirchner, Jos. Des- 
sauer, H. Ulrich, Graf Hochberg, Jul. Kniese, C. F. Pohl, 
C. Mangold, Eduard Lassen. 

Die geniale, nicht mehr als 10 Tacte zählende Compo- 
sition des achtzehnjährigen Schubert überragt alle übrigen, 
selbst die Beethovens. Ein wichtiger Druck des Beethoven- 
schen Werkes ist selbst Thayer und Nottebohm entgangen. 
Ich verdanke ein Exemplar davon der Güte des Herrn Dr. 
' Carl Leeder in Wien und gebe hier den Titel: 

Musikalisches Freundschafts-Opfer dargebracht den hoch- 
geborenen Comtessen von Brunswick im Jahre 1799 von 
Z. van Beethoven. Andantino canto und Variationen für 
das Piano -Forte zu vier Händen. Zum erstenmal ge- 
druckt. Herausgegeben von Joh. Stika. Prag, Verlag 
von B. Bohmanns Erben. 
Auf der zweiten Seite heisst es: 
In das Stamm-Buch der beyden Comtessen von Bruns- 
wick. Ich wünsche nichts so sehr, als dass Sie sich zu- 
weilen beym durchspielen und singen dieses kleinen 
musikalischen Opfers, erinnern mögen an ihren sie wahr- 
haft verehrenden 

Wien 23 May 1799. Ludwig van Beethoven. 

Ueber diesen Druck, der das bisher unbekannte Ent- 
stehungsdatum des Werks und dessen ursprüngliche Fassung 
bringt, wird an anderer Stelle ausführlich berichtet werden. 

Die eine der oben erwähnten Comtessen, Therese Bruns- 
wick, hat in Beethovens Leben eine grosse Rolle gespielt. 
Sie ist höchst wahrscheinlich die »unsterbliche Geliebte«, an 
die er seinen tiefergreifenden Brief vom Juni (unbekannt 
welchen Jahres) gerichtet hat. 




Frankfurter Maler im Goethe- 
Hause zu Frankfurt. 



Von 

Veit Valentin. 




m Sommer 1895 ^^"^ zu Frankfurt am Main eine 
Goetheausstellung statt: sie sollte Goethe in seinen 
Beziehungen zu Frankfurt darstellen. Dazu gehört 
in allererster Linie das Frankfurter Goethehaus selbst, und 
so konnte das Freie Deutsche Hochstift, das diese Aus- 
stellung veranstaltete, keinen geeigneteren Raum für sie 
finden, als das in seinem Besitze befindliche und von ihm 
sorglich bewahrte Goethehaus selbst. Und so kehrte denn in 
diese jährlich von zehn- bis zwölftausend Besuchern in ehr- 
furchtsvollem Gedenken durchwanderten Räume gar vieles 
zurück, was von dort ausgegangen war, theils im Original, 
theils im Abbild, wie alle die bedeutenden Menschen, die 
dort verkehrt haben : in welcher Weise dies erreicht worden 
ist, davon legt der vom Hochstift hergestellte Catalog ein 
bleibendes, werthvolles Zeugniss ab.' 

* Goethe in seinen Beziehungen j^u Frankfurt. Ausstellung von Auto- 
graphen, Bildern, Schattenrissen, Druckwerken und Erinnerungsgegen- 
ständen zur Veranschaulichung von Goethes Beziehungen zu seiner 
Vaterstadt. Veranstaltet vom Freien Deutschen Hochstift. Juli-November 
1895. Frankfurt a. M., Gebrüder Knauer. — Von den drei Ausgaben 
(I. Liebhaberausgabe mit 24 Tafeln, II. Ausgabe mit 21 Tafeln, III. Text- 
ausgabe) sind die Ausgaben I u. III vergriffen. Heft I der »Berichte 
des Freien Deutschen Hochstifts 1896« bringt die Tafel II: Goethes 
Eltern. Schattenrisse nach bisher unbekannten Originalen, zuerst im 
Cataloge veröffentlicht. 

i3' 



196 ABHANDLÜKGEN. 



In der Abtheilung I, »Goethe in Frankfurt,« erscheint 
als dritte Gruppe der Abschnitt »Die französische Occupa- 
tion 1759 — 1763.« Sie umfasst die Nummern 280 — Spja, 
und darunter als Hauptbestandtheil »Die für den Herrn Kath 
und den Königsleutenant thätigen Künstler und ihre Ge- 
mälde « Da hnden sich in Porträten vertreten der Archi- 
tectur- und Frescomaler Christian Stoecklin (1741 — 1795), 
der Porträt- und Historienmaler Joh. Georg irautmann 
(1713 — ^7^9)> Chr. Georg Schüt:;^ der Aeltere (1718 — 1791), 
joh, Conr. SeekatT^, der mit dem Herrn Rath näher be- 
freundet und durch Gevatterschaft anverwandt war, der 
Maler und Tapetenfabrikant /. A, B. Nothnagel, in der statt-« 
liehen Uniform eines Bürgercapitäns, der Lehrer Goethes 
in der Oelmalerei, während von dem Genre- und Früchte- 
maler Jusius Juncker kein Porträt aufzutreiben war. So 
kehrten fast alle die Künstler in das ihnen wohl vertraute 
Haus zurück, wo sie einst in dem Mansardzinniier so 
manches Werk geschaffen, in dem Zimmer, in dem etwa 
ein Jahrzehnt später Götz von Berlichingen, Werther, 'der 
Urfaust entstanden sind. Und mit ihren Porträten kamen 
auch Werke im Originale, die sie dort oder doch im An- 
schluss an ihren Verkehr im Goethischen Hause geschaffen 
hatten. 

Wenn Goethe in »Dichtung und Wahrheit« (I, 3, Bd. 26, 
S. 172 W. A.) von der »ganz wundersamen Operation« er- 
zählt, durch die der Graf Thoranc die verschiedenartigen 
Talente der Künstler auf einem Bilde vereinigen wollte, so 
zeigen zwei im Besitze des Hochstifts befindliche, im »Ge- 
mäldezimmer« des Herrn Rath im zweiten Stock aufge- 
hängte Bilder diese gemeinsame Thätigkeit: die Land- 
schaften sind von Schütz, die Menschen von Seekatz, die 
Thiere von Hirt gemalt, dem gleichfalls von Goethe er- 
wähnten, in der Ausstellung nicht besonders vertretenen 
Wilhelm Friedrich [nicht wie bei Gwinner, Kunst und 
Künstler in Frankfurt am Main, S. 254 steht: Friedrich 
Wilhelm] Hirt (1721— 1772): Gwinner rühmt mit Recht 
seine Thierstaffagen : »Seine Hirten und schön gruppirten 
Heerden mit Rindvieh, Pferden, Schafen und Ziegen kommen 
in der richtigen Zeichnung und vortrefflichen Färbung den 
Arbeiten des Heinrich Roos, dem er offenbar nachgestrebt 
hat, oft sehr nahe und geben seinen Landschaften einen 
eignen Reiz.« Wenn es aber in »Dichtung und Wahrheit« 
weiter heisst (S. 173) : »Da die von menreren auf einem 
Bilde durcheinander gearbeiteten Theile bei aller Mühe 
keinen guten Effect hervorbrachten, so glaubte zuletzt ein 
Jeder, dass seine Arbeit durch die Arbeiten der Anderen 
verdorben und vernichtet worden,« so kann dies nur von 



Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 197 

Bildern gelten, bei denen die »wundersame Operation« erst 
nachträglich vorgenommen worden ist: daneben gab es aber 
auch solche, bei denen von Anfang an von dem entwerfenden 
Künstler die die Landschaft staffirenden Menschen- und 
Thierfiguren an ihrem rechten Platze angedeutet worden 
waren, während nur die Ausführung einem anderen Künstler, 
der für das gerade Nothwendige in höherem Masse Specialist 
war, überlassen blieb — ein Verfahren, das in der Malerei 
sich vielfach in älteren und neuen Zeiten findet, und von 
dessen Werth gerade die zwei im Besitze des Hochstiftes 
befindlichen Bilder der drei Künsler vollgiltiges Zeugniss 
ablegen. 

Im Besitze des Herrn Rath selbst soll eine grosse 
Landschaft von Schüt:^^ gewesen sein : es ist ein Oelbild von 
129 cm H. und 116 cm B. Catalog Nr. 289. Im Vorder- 
grunde steht eine Dame im Gespräch mit einem Herrn: 
es sollen Frau Rath und der Maler des Bildes sein. Die 
Figuren sind indessen nicht deutlich genug ausgeführt, um 
eine sichere Entscheidung hierüber zuzulassen. Höchst er- 
freulich ist es, dass dies Bild, das schon ehemals wahr- 
scheinlich im Goethehaus war, nun wieder dauernd in 
seine Räume heimgekehrt ist: der bisherige Besitzer, der 
Kunstfreund und Kunstforscher, Herr Dr. M. Schubart in 
München, hat das schöne Werk dem Hochstifte zum Ge- 
schenk gemacht. 

Eine besondere Gruppe bilden die Werke, die im Be- 
sitze des Grafen Thoranc waren und von den Erben zu 
zeitweiliger Besichtigung nach Deutschland ins Goethe- 
haus zu Frankfurt geschickt worden sind: sie tauchen wohl 
bald wieder in der Ferne unter und verdienen darum eine 
etwas genauere Beschreibung, damit sie in ihrer Erscheinung 
und Bedeutung eine bleibende Stelle in der Goetheforschung 
erhalten. 

Sobald Graf Thoranc bei Herni Rath eingezogen war 
und dessen Bildersammlung in Augenschein genommen 
hatte, berief er die ihm so bekannt gewordenen Künstler 
selbst zu sich (S. 137): »sie zeigten ihre fertigen Gemälde 
vor, und der Graf eignete sich das Verkäufliche zu.« Dazu 
mag das Genrebild Catalog Nr. 2q6 von Seekati gehört 
haben, der hier auch zum Frankfurter Kreise gerechnet 
werden darf: es stellt einen Knaben und ein Mädchen dar, 
die mit einer Katze spielen TBrustbild H. 69 cm, B. 55 cm). 
Das etwa fünfzehnjährige Mädchen, im Mieder, das das 
Hemd sehen lässt, und offener Jacke, so dass der Hals und 
der linke Arm vom Ellenbogen an unbedeckt sind, sitzt 
an einem Tische und hält eine auf diesem stehende grau- 
weisse Katze. Zu ihr beugt sich ein junger Bursche herab. 



19B Abhandlungen. 



der in der linken, über die rechte Schulter des Mädchens 
gelegte Hand eine weisse holländische Thonpfeife hält, 
deren glühender Inhalt dem Beschauer zugewendet ist; 
der Bursche selbst bläst den Rauch auf den Kopf der Katze, 
die bei dieser unliebsamen Berührung unruhig die Ohren 
spitzt, die eine Vorderpfote hebt, mit dem Schwänze schlägt 
und den Kopf nach der Störung wenden will. So ist es 
dem Maler geglückt, aus den Figuren durch eine kleine 
sie verbindende Handlung ein Bila zu machen, das er sich 
nur dadurch etwas stört, dass er das Mädchen aus dem 
Bilde herausschauen lässt: es ist, als ob sie von dem Be- 
schauer ein Einverständniss mit der Neckerei erlangen 
wollte. Die Züge der beiden sind volksthümlich derb und 
breit, die Augen, besonders bei dem Mädchen, klein, wäh- 
rend die Augendeckel gross und nach den Seiten hin auf- 
fallend dick sind. Es sind durchaus porträtartige Ge- 
sichter: der Künstler hat sie sicherlich ganz bestimmten 
Vorbildern nachgebildet, ohne doch die volle Kunst zu be- 
sitzen, unter Bewahrung des realistischen Eindruckes die 
Empfindung von den ganz bestimmten Individuen in den 
Eindruck von irgend welchen Individuen umzugestalten. 
Für die volle Freude an dem Bilde müsste man die Ur- 
bilder kennen, was im zweiten Falle nicht nothwendig 
wäre und sich auch nicht als Erforderniss vordrängte, wie 
es hier thatsächlich der Fall ist. 

Derselbe Mangel haftet auch den beiden jedenfalls 
zusammengehörigen Bildern Catalog Nr. 297 und 298 an 
(je H. 5 j cm, B. 47 cm): ein Mädchen, Brustbild, an 
einem Tische stehend, hebt aus einem auf diesem befind- 
lichen Zuber einen Fisch heraus, und ein Knabe hält in den 
Händen eine Taube. Beide sind jünger als Knabe und 
Mädchen mit der Katze. Sie gehören vornehmen Kreisen 
an: der roth geschnürte Rock des Knaben, der den Hut 
unter dem Arme trägt, das schleifengeschmückte Kleid des 
Mädchens, das noch zwei Schleifen im Haare trägt, sind 
ebenso wie die feineren Gesichtszüge untrügliche Kenn- 
zeichen dafür. Sind es auch Genrebilder? Aber dazu 
fehlt jede Handlung; zudem schaut der Knabe aus dem 
Bilde heraus und lacht fröhlich den Beschauer an, und das 
Mädchen kümmert sich ebensowenig um den Fisch wie 
der Knabe um die Taube, ausser dass sie die Thiere fest- 
halten: auch das Mädchen schaut aus dem Bilde heraus, 
jedoch nicht in das Auge des Beschauers. Es lässt sich 
noch eher begreifen, dass der Knabe die Taube hält: man 
kann seine Freude darauf beziehen, dass er das flüchtige, 
die Luft so rasch durchschneidende Thierchen endlich em- 
mal in der Hand hält — aber das Mädchen und der Fisch? 



Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 199 

Ja, wenn sie irgend etwas mit ihm machte, ihn anschaute! 
Aber so hat es keinen rechten Sinn, und das Ganze er- 
scheint wie eine Spielerei. Und doch ist es sicher keine 
gewesen — der Künstler hat genau gewusst, was er ge- 
wollt und gesollt hat. Wir aber können dies erkennen 
lernen, wenn wir das glückliche Gedächtniss des Knaben 
benutzen, der noch als angehender Greis genau wusste, 
dass Seekatz »noch zu guter Letzt das Beste gethan, was 
er vermochte, indem er die vier Elemente in Kindern und 
Knaben nach dem Leben in Thürstücken dargestellt und 
nicht allein auf die Figuren, sondern auch auf das Beiwerk 
den grössten Fleiss gewendet hatte« (S. 174). Und hier 
sind nun zwei von den vier Elementen: das Mädchen mit 
dem Fisch bedeutet das Wasser, der Knabe mit der Taube 
die Luft. So ist es verständlich und berechtigt — man 
müsste denn jeder symbolischen Kunst die Berechtigung 
abstreiten wollen! — dass die Kinder ihre symbolischen 
Thiere einfach halten und dass der Künstler sich wohl 
gehütet hat, eine Handlung in die Darstellung zu bringen : 
m dem Masse, in dem es ihm gelungen wäre, durch Ein- 
führung einer Handlung Genrebilder zu schaffen, in eben 
dem Masse hätte er sich von seiner Aufgabe entfernt, da 
die Thiere als Glieder der Handlung, nicht aber als sym- 
bolische Bezeichnung der Elemente, m denen sie leben und 
weben, hätten gelten müsseA. So erklärt der Erzähler 
den Bildkünstler, und die Werke des Malers werden Er- 
läuterungen zu jenen Worten Goethes, von denen es sonst 
nicht leicht ist, sich eine klare Vorstellung zu machen. 
Wie gerade diese beiden Bildchen zusammengehören, zeigt 
die Haltung der Kinder: der Knabe hält die Taube nach 
seiner rechten, das Mädchen den Fisch nach seiner linken 
Seite hin. Denken wir uns die Bilder über den Thüren 
eines quadratischen Raumes angebracht, so lacht der Knabe 
den ihm gegenüber Hereintretenden an, das Mädchen sieht 
von der Seitenthüre nach dem Knaben hin. Es bleibt 
noch der Raum für die beiden anderen Elemente: da die 
vier Bilder in ihrem wahren Zusammenhange nicht ver- 
standen werden, so sind nur zwei davon geschickt worden 
— vorausgesetzt, dass die beiden anderen noch vorhanden 
sind. Die Bilder sind gleich den anderen Thorancbildern 
ursprünglich in die Wand eingelassen gewesien. Beim 
Hausyerkauf haben die Erben die Bilder mitgenommen und 
auf einfache Rahmen nageln lassen : es sind keine Spann- 
rahmen; ja selbst Zierrahmen sind nicht hinzugefügt 
worden. Die zwei anderen Elemente könnte man sich so 
vorstellen, dass ein Knabe das Feuer etwa durch einen 
Salamander, ein Mädchen die Erde durch eine Schildkröte 



200 Abhandlungen. 



angedeutet hätte. Für Goethes Ausdruck »Kinder und 
Knabe« ist es interessant, wie er den aligemeineren Begriff 
»Kinder« durch den Gegensatz eines engeren Begriffes 
gleichfalls als einen engeren gleich »Mädchen« verwendet: 
so unterscheidet er schon in den Labores juveniles »Thiere 
und Vögel«, ein Ausdruck, den er im Reineke Fuchs 
wieder braucht (Gesang I). 

Goethe erinnert sich bekanntlich noch, dass er als 
Knabe die freundlich gesinnten Künstler »vermochte, diesen 
oder jenen Gegenstand vorzustellen« (S. 140). Er erzählt: 
»Ich erinnere mich noch, dass ich einen umständlichen Auf- 
satz verfertigte, worin ich zwölf Bilder beschrieb, welche 
die Geschichte Josephs darstellen sollten; einige davon 
wurden ausgeführt.« Von diesen Bildern besitzt Herr Dr. 
M. Schubart fünf: eines davon ist von ihm der Goethe- 
ausstellung überlassen worden (Catalog Nr. 300). Es ist 
nicht weniger als 224 cm hoch und 134 cm breit. Es stellt 
den AugenbUck dar, da Joseph Regent im Lande war und 
allem Volke Getreide verkaufte. Da Herr Dr. Schubart ein 
besonderes Werk über den Königsleutenant vorbereitet, in 
dem diese Bilder ihre Stelle finden werden, so genügt hier 
eine Hinweisung auf diese jedenfalls bald erscheinende Ver- 
öffentlichung. Von dem Grafen de Sartoux-Thorenc ist 
ein andres Josephsbild zur Ausstellung geschickt worden: 
die Befreiung Josephs aus dem Kerker (Catalog Nr. 301 : 
69 cm H., 47 cm B.). Der Maler führt uns ins Gefängniss, 
das sonst sein Licht nur durch ein über der Thür.. rechts 
angebrachtes rundes Fenster erhält: jetzt steht die Thür 
offen, und das volle Tageslicht strömt herein. Es fällt auf 

ioseph, der auf dem Blocke sitzt, an den er gefesselt war : 
inter ihm hängt die jetzt gelöste Kette. Mit leidendem 
Ausdruck sieht er zu dem Krieger auf, der nach der Thüre 
zu steht und dessen Gestalt sich auf dem hellen Grunde 
scharf silhouettirt. Joseph lauscht der Erzählung dieses 
Boten der Befreiung, und der Gefängnisswärter hört ihm 
nicht minder aufmerksam zu, während er frische Kleidung 
für Joseph bereit hält, der schon im Begriff ist, sich umzu- 
ziehen, um vor dem Pharao erscheinen zu können. Einen 
besonderen Werth hat der Maler auf die Lichtwirkung ge- 
legt: wie das helle Licht grell hereinströmt und in die 
dunklen Winkel des düsteren Raumes weiter wirkt, hat er 
mit grossem Geschick dargestellt: hiergegen tritt der 
historische Charakter des Bildes zurück. Der Gefangene 
könnte jeder andere ebenso gut als Joseph sein : das un- 
gebrochene Gottvertrauen, der prophetiscne Charakter des 
Künders der Träume kommt nirgends in dem schw^äch- 
lichen und sentimental aufblickenden Jüngling zum Ausdruck. 



Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 201 

Ein drittes Bild ist im Catalog Nr. 302 aufgeführt als 
»Christus im Tempel lehrend« : aber es ist weder Christus, 
der lehrt, noch ist der Raum ein Tempel — es ist viel- 
mehr Joseph, der als Knabe vor den Eltern seine ersten 
Träume deutet. In einem festgeschlossenen Zelte sitzt am 
Tische der greise Jakob mit langem weissen Barte, mit 
Turban und langem Gewände bekleidet. Neben ihm die 
Mutter, die wohlgefällig das deutende Söhnlein betrachtet, 
während Jakob mit einem eigenthümlichen Gemisch von 
Gutmüthigkeit, Zweifel und Scheu vor der seltsamen Kunde 
dem Kleinen zuhört. Vor ihm nach links steht der Knabe, 
fast noch als Kind aufgefasst: sein Köpfchen ist mit einem 
Federbarett geschmückt, um ihn ist der »bunte« Rock ge- 
schlagen. Die linke Hand hebt er lehrend, über dem rechten 
Arm ruht der Umschlag des langen Mantels. Hinter Joseph, 
nach links das Bild abschliessend, stehen zwei erwachsene 
Brüder : der eine hört auf die Worte des Kindes, der andere 
redet auf den Bruder ein — es spinnt sich das Verderben 
für den weissagenden Knaben an. Und diese Scene wird 
von einer Hängelampe mit fünf Flammen beleuchtet: 
wiederum ein Beleuchtungskunststück, aber mit künstlichem 
Lichte, das sich als letztes Auskunftsmittel einstellte, nach- 
dem die Lichtwirkungen des natürlichen Tages- und Nacht- 
lichtes im freien wie im geschlossenen Räume verbraucht 
waren. Gerade hieran wird sich auch der Meister erkennen 
lassen : es kann nur SeekatT^ sein, der gerade solche Effecte 
mit Vorliebe malte, während Trautmann, der im Catalog 
als Maler angegeben ist, doch wieder ganz andere Wirkungen 
anstrebte. 2u Seekatz stimmt auch die Darstellung der 
Mutter: sie ist eine »dicke, gute« Person, wie es die Frau 
des Malers war, die keine andere Frau als Modell zuliess; 
Jakob und der kindliche Joseph sind dagegen frei und zweck- 
entsprechend aufgefasst: »Kinder und öreise, unmittelbar 
nach der Natur gemalt, glückten dem Maler ganz herrlich.« 
(S. 138.) 

Von Trautmann erzählt Goethe: er »rembrandisirte 
einige Auferweckungswunder und zündete nebenher Dörfer 
und Mühlen an.« Von dieser letzteren Art von Bildern 
hatte die Goetheausstellung zwei Feuersbrünste aufzuweisen : 
Nr. 303 ein brennendes Dorf (68 cm H., 59 cm B.) und Nr. 304 
eine brennende Mühle und Kirche (ebenso gross). In beiden 
als Gegenstücke gedachten Bildern ist aas künstlerische 
Problem dasselbe: im Vordergrunde nach rechts und links 
hin noch ungefährdete Gebäude; in der Mitte des Mittel- 
grundes öffnet sich nach der Tiefe zu eine Strasse, hier 
durch den Thorbogen, dort unter einer darüber wegziehenden 
Wasserleitung, die ein Mühlrad rechts treiben soll. iMach vorn 



202 Abhandlungen. 



zu stürzen sich Leute, die sich und ihre Habe retten» andere, 
die Wasser holen wollen; in die Tiefe der Bilder hinein, 
nach dem Brandort im Hintergrund, drängen sich Leute zum 
Löschen, während einige aut Leitern die Gebäude hinauf- 
klettern. Nach rechts hinten glüht der Brand: vor ihm 
ein Gebäude, hier eine Kirche, dort eine Burg, die sich 
^egen den hellen Hintergrund scharf abzeichnen. Von der 
Lichtquelle aus dringt das Licht nach vornen, wie es Aart 
van der Neer zu malen liebte : je weiter nach vornen, desto 
geringer wird die Kraft, desto mehr werden nur einzelne 
Stellen der Menschen, der Geräthe, der Mauer- und Boden- 
theile beleuchtet. Auch Wasser, in dem die Flamme wieder- 
glänzt, fehlt auf keinem der beiden Bilder. Und über dem 
erässlichen Schauspiel auf Erden hängen schwere, düstere 
Wolken, nach denen der durchglühte Rauch aufwirbelt. 
Mit ihrer wilden Bewegung des Elementes und der Menschen 
sind es Darstellungen von starker Wirkung. Man begreift, 
dass gerade Trautmann in dem fernen SchToss »ein eigenes 
Cabinett zugetheilt« erhielt (S. 139). 

Einen merkwürdigen Gegensatz dazu bilden die zwei 
Werke Junckers (Catalog Nr. 305 und 305a : 80 cm H., 
65 cm B., bez. Juncker, F. 1760). Juncker verstand es am 
wenigsten, sich dem auf kräftigere Wirkung, auf breitere 
Behandlung ausgehenden »Tapetenstil« anzugleichen : er war 
»an die Nachahmung der ausführlichsten Niederländer ge- 
wöhnt« ; »jedoch bequemte er sich für gute Bezahlung mit 
Blumen und Früchten manche Abtheilung zu verzieren.« 
Und solche Bilder sind die zwei zur Ausstellung gebrachten, 
Sie sind deutlich als Gegenstücke geschaffen. Auf beiden 
häuft sich der Reichthum der Natur um eine mit kräftigem 
Relief sculpirte, mit bacchischen Figuren gezierte Kanne, 
aber so, dass sie auf dem einen Bilde mehr nach rechts, 
auf dem anderen mehr nach links steht. Pfirsiche, theils 
geöffnet, Erdbeeren und Aepfel, Trauben und Feigen, dazu 
Kosen und Malven, in herrlichen Exemplaren und mit der 

äanzen Ursprünglichkeit des natürUchen Duftes und Hauches 
er reizvollen Naturkinder gemalt, sind um sie vertheilt. 
Hirschhornkäfer, Bienen kriechen und fliegen heran, todte 
Schnepfen auf dem einen, todte Wachteln auf dem andern 
Bilde fügen den ernsten Ton zu der heiteren Lebensfülle 
des reichen Segens der Natur hinzu. Dass nur die Schön- 
heit und der Farbenton der Früchte und der Blumen den 
Grund für ihre Zusammenstellung gegeben hat, ist klar: 
die Kinder des Frühjahres wie des Sommers und des 
Herbstes einigen sich in der Kunst zu der harmonischen 
Wirkung, die ihnen die Natur versagt hat. Die feinste 
und sorgfältigste Ausführung bewährt Goethes Wort, dass 



Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 203 

Juncker sich die »ausführlichsten« d. h. die auch das 
kleinste Detail wiedergebenden Niederländer zum Vorbild 
genommen hat. 

Von dem Landschafter 5r/;w/>( berichtet Goethe (S. 138 f.), 
er habe sich vielleicht am besten in die Sache gefunden, 
also die durch die gestellte Aufgabe nothwendige Be- 
handlungsweise am richtigsten angewendet. Er hatte als 
Ausdrucksmittel eine bestimmte, ihm geläufig gewordene 
Form gefunden: »die Rheingegenden hatte er ganz in 
seiner Gewalt, sowie den sonnigen Ton, der sie in der 
schönen Jahreszeit belebt.« Dabei bediente er sich am 
liebsten kleineren Formates, aber »er w^ar nicht ganz un- 
gewohnt, in einem grösseren Massstab zu arbeiten.« Den- 
noch aber gab er auch dann seine Eigenthümlichkeit 
nicht auf: »auch da Hess er es an Ausführung und Haltung 
nicht fehlen.« Der Erfolg dieses Zusammenwirkens der 
mancherlei Elemente war denn auch ein recht erfreulicher : 
»er lieferte sehr heitere Bilder.« Ein solches heiteres Bild 
zeigte auf der Goetheausstellune; die schöne Landschaft 
von beträchthcher Grösse (Catalog Nr. 299: 200 cm H., 
112 cm B.), deren Staffage Seekat^ gemalt hat: auch hier 
zeigt sich kein störendes, sondern ein durchaus harmonisches 
Zusammenarbeiten. Auch Schütz spielt mit dem Lichte, 
um eigenartige Wirkungen zu erreichen. So lässt er hier 
das Licht von hinten rechts her kommen, so dass der 
Vordergrund dunkel erscheint und nur hier und da auf 
einzelnen Stellen, besonders dem kleinen Wasserfall und 
den bewegten Wellen Lichtflimmer sich zeigen. Neben 
dem Wasserfall, rechtshin das Bild abschliessend, erheben 
sich zwei schlanke Birken, die dem Beschauer ihre be- 
schattete Seite zukehren und sich scharf vom hellen 
Hintergrund abheben. Von links vornen nach rechts hinten 
führt ein aufsteigender Weg, der hell von der Sonne be- 
schienen ist. An ihm liegt links die Ruine eines Schlosses 
mit einer das Gebälk tragenden Säule, während eine andere 
schon gebrochen ist: aus allen Fugen quillt die ewig 
wirkende lebendige Natur im üppig wuchernden Grün des 
mauerzerstörenden Buschwerks hervor. Vor der Ruine hebt 
sich der Weg am höchsten und steigt dann in die Tiefe 
hinab: die so entstehende Schlucht legt quer über das 
Bild, den Mittelgrund abschliessend, einen tiefen Schatten, 
hinter dem sich die lichte Landschaft in mannichfaltigen 
Abstufungen nach der Tiefe zu verliert: in weitester Ferne 
schliesst ein Gebirge die Landschaft ab, vor dem im Dufte 
der Niederung eine mit hochragendem trotzigem Thurm 
geschmückte Stadt sich ausbreitet. Hinter der Ruine 
zeigen sich, von der Sonne hell beschienen, eine Pyramide 



204 Abhandlungen. 



und ein Gebäude, das an das Colosseum erinnert, eine der 
beliebten antikisirenden ArchitekturstafFagen, die sich hier 
freilich zu der deutschen Landschaft eoenso willkürlich 
gesellt wie auf Junckers Stillleben die Erdbeeren zu den 
Trauben. Auf der Anhöhe vor der Ruine brennt ein 
Feuerchen, an dem eine arme Zigeunerfamilie ihr kärgliches 
Mahl bereitet. Inzwischen säugt die Mutter ihr Jüngstes 
und schickt ein kleines Bübchen aus, das, den grossen Hut 
des Vaters hinhaltend, einen aus der Schlucht herauf- 
steigenden Wanderer anbettelt. In der Tiefe nach der 
fernen Stadt zu geht ein alter Mann; vornen am Bache neben 
dem Wasserfall sitzt ein Hirtenknabe, dessen Schafe neben 
ihm stehen und liegen, und w^endet sich zu einem im 
Bache stehenden kleinen Bürschchen : es ist wohl der älteste 
Sprössling der Wanderfamilie. Er erfrischt seine Füsse 
in dem klaren Wasser, wohl mehr aus kindlicher Lust als 
aus Reinlichkeitsbedürfniss. Dabei lehnt er sich über ein 
halb ins Wasser neigendes Architekturstück, vielleicht eine 
Thürumrahmung des zertrümmerten Schlosses: was ihn 
zu reizen scheint, sind die ihm unbekannten seltsamen 
Charaktere, die oben an dem Stein angebracht sind: wir 
helfen ihm bei der Entzifferung und entdecken die Bezeich- 
nung C. G. Schütz fec. Im Gestrüppe, das die Felsen 
rechts vornen belebt, fallen besonders prächtige blühende 
Disteln auf: so erscheint auch hier, wo die grössere Aus- 
dehnung und der Zweck des Bildes eine mehr ins Grosse 
gehende Ausführung verlangt hätte, die all diesen Künstlern 
eigenthümliche, sorgfältig ausstudirte Kleinmalerei. 

Und natürlich: in ihr lag die eigenthümliche Kraft 
dieser ganzen Richtung: sie ist ein wesentlicher Bestand- 
theil des in der Malerei und überhaupt in der Bildkunst 
Erlernbaren. Hier kann sich die Vorzüglichkeit der Technik 
bewähren. Nun liegt aber dem künstlerischen Schaffen 
jener Zeit als charakteristisches Merkmal die Hervorhebung 
des Lehr- und des Lernbaren in der Kunstübung zu Grunde. 
Diese Grundanschauung führte in der strengen socialen 
Ordnung aller Verhältnisse im vorigen Jahrhundert zu der 
eigenthümlichen Consequenz, dass die Maler sich in eine 
Zunft aufnehmen lassen mussten. Nun war gerade in Frank- 
furt das Eigenthümliche eingetreten, dass seine besten Kunst- 
maler vom Grafen Thoranc zu einer Unternehmung in 
Anspruch genommen worden waren, die die Kunstmalerei 
zur Ausschmückung der Wände in dem dafür geeigneten 
»Tapetenstil« verwenden wollte: dabei aber waren die 
Künstler stets als Künstler behandelt worden und mussten 
sich gerade durch diese von der Fremde herkommende 
Anerkennung in ihrem Selbstgefühle sehr gehoben fühlen. 



Frankfurter Maler im Goethe-Hause zu Frankfurt. 205 

Es mag daher sehr wohl mit dieser Beschäftigung der 
Frankfurter Künstler durch den Grafen Thoranc in enger 
Beziehung stehen, wenn bald darauf — die Arbeiten für den 
Grafen dauerten bis 1764 — im Jahre 1767 die Missstimmung 
der Künstler über die Behandlung, die ihnen in der Heimath zu 
Theil wird, zum Ausdruck kommt: am 2. April 1767 machen 
neun Künstler, unter denen sich Schütz, Hirt, Juncker, 
sowie dessen Sohn Isaak befinden, eine Eingabe an den Rath, 
in der sie um Entlassung aus dem Zunftzwang und um »Con- 
sens, Confirmation und Protection« für eine zu gründende 
Maleracademie bitten. Der kräftig hervorbrechende Ton 
der Entrüstung und das stolze SelDstgefühl des Künstlers 
dem Handwerker gegenüber, ist sehr bedeutungsvoll: sie, die 
künstlerische Tapeten geschaffen hatten, schreiben: »Alle 
haben wir unsere Academie ordentlich gemacht, wir sind 
auf die berühmtesten Plätze gereist, wur haben unsere Kunst 
ordentlich studirt und nie einem Zwang untergelegen, 
welcher sich für Tapetenmaler, Vergülder u. d. g. zwar 
w^ohl schicken möchte, mit wahren Kunstmalern aber nicht 
bestehen kann, ohne dass die Kunst selbst darunter leiden 
und an anderen Orten, sonderlich bei Academisten Spott 
werden müsste.« In dem Entwurf zu der zu gründenden 
Academie tritt aber als der entscheidende Gesichtspunkt 
die Festhaltung von strengen Regeln, von Belehrung über 
die für bestimmte seeliscne Empfindungen feststehenden 
Ausdrucksformen hervor. Die merkw^ürdige Entwickelung 
dieser Anregung führte zur Gründung wenigstens eines 
Zeicheninstitutes, sodann aber zum Entwurf eines weit 
grossartigeren Planes einer Anstalt, die auf Grund der 
humanistischen Bestrebungen eine allumfassende Bildung 
gewähren und zugleich in die einzelnen Berufsarten ein- 
fuhren sollte. Wie sich das praktisch gestaltet hat, habe 
ich unter Mittheilung der im Frankfurter Archiv befindlichen 
Actenstücke früher eingehend behandelt.' Hier ist es von 
Interesse, festzustellen, wie auch solche weitgreifende Unter- 
nehmungen, Pläne und Verwirklichungen mit Goethe und 



* Frankfurter Academiebestrebungen im achtzehnten Jahrhundert. 
Ein Beitrag zur Geschichte der Kunst in Frankfurt. Von Prof Dr. 
Veit Valentin : Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. III. Fol^e, 
II. Band, S. 290—312 (1889). Hierin S. 292-303: Plan Einer in der 
Kayserlichen und Freyen Reichsstadt Frankfurt zu errichtenden Akademie 
der freyen, schönen, bildenden Künste und nützlichen Wissenschaften. 
— Eine Frankfurter Kunstakademie im achtzehnten Jahrhundert: ein- 
gehende Schilderung des aus dem ersten Plane entstandenen Cöntgen-' 
sehen Zeicheninstitutes in »Kunst, Künstler und Kunstwerke« von Veit 
Valentin. (Frankfurt a. M. Literarische Anstalt Rütten & Loening, 1889. 
S. 135 — 146.) 



206 



Abhandlungen. 



dem Frankfurter Goethehaus in Beziehung stehen, und wie 
die theils zeitweilige, theils dauernde Rückkehr von Bildern 
des Herrn Rath und des Grafen Thoranc an ihren Aus- 
gangspunkt, das Goethehaus zu Frankfurt, nicht nur ein 
vorübergehendes Ereigniss von grösserem oder kleinerem 
Interesse gewesen ist: auch sie bildet ein kleines Glied in 
der grossen Kette von Ereignissen, aus denen sich immer 
klarer das Bild Goethes und seiner Zeit herausarbeitet. 




iii. MiscELLEN, Chronik, 
Bibliographie. 




MiSCELLEN. 



A. Einzelnes zu Goethes Leben und Wirken. 



I, Zu Faust, 

iur Chronologie des ersten Paralipomenon 
zu Goethes Faust. 
(Mit Facsimile.) 

Nachdem Baumgart das i. Paralipomenon gesehen hatte, 

rieb er: »Man möchte vermuthen, dass das Blatt zu den 

rältesten Faustpapieren gehört, wenn es nicht geradezu 

er mit Pietät bewahrte erste Entwurf selbst ist, von dem 

ethe noch im Greisenalter mit so grossem Nachdruck redet.« 

imgart, Goethes Faust, S. 403. Im 4. Bande der Vtljschr. 

Lit. Gesch. S. 169 ff. nimmt Harnack das Jahr 1788 als Ent- 

hungszeit des i. Paralipomenon an. Er sclieint dasselbe 

t einem von Goethe im März 1783 gemachten Faust-Plan 

intificiren zu wollen. Wenn das i. Paralipomenon gerade 

*ser Plan ist, so müssen wir wenigstens erwarten, dass im 

agment von 1790 der Versuch gemacht würde, den Gegen- 

tz zwischen »Form und Gehalt« »disparater zu machen«, 

s er im Göchhausenschen Faust ist. In der Wagner- Scene 

)ürt man gar nichts davon, auch in der Erdgeist-Scene nichts. 

a Fragment ist die Schüler-Scene kürzer und der Gegensatz 

icht verstärkt, obwohl er auch auf das Gebiet der Rechts- 

elehrsamkeit und der Theologie übertragen ist. Der Wider- 

)ruch von Form und Gehalt hat nie in der Ausführung die 

roportion erhalten, die in dieser Skizze angedeutet ist. 

Ferner kann das i. Paralipomenon schwerlich als eine 
Lecapitulation des Göchhausenschen Faust, oder des Frag- 
lents von 1790, oder des jetzigen Faust angesehen werden.. 
)ie Kritiker, die es für eine Recapitulation ansehen, habeii 

Gobthe-Jahrbüch XVII. 14 



210 V MiSCELLEN. 



sehr verschiedene Meinungen über die Frage, welche Gestalt 
der Faust-Ueberlieferung dann vorliege. 

Nach der Faust -Sage wäre man berechtigt, Fausts Liebes- 
verhältnisse mit »Genuss der Person von aussen gesehen« zu be- 
zeichnen. Allein die Gretchen -Tragödie blieb nicht dabei stehen, 
sondern ging in eine tiefe, innige und dauernde Liebe über. 
Merkwürdig wäre es, wenn Goethe, nachdem er die Gretchen- 
Tragödie mit einem so ergreifenden Interesse gedichtet hatte, die- 
selbe mit den Worten »Lebens-Genuss« u. s. w. bezeichnet hätte. 

Wenn gegen die Annahme, dass das i. Paralipomenon 
der Plan von 1788 sei, sich so viel einwenden lässt, und über- 
haupt gegen alle Vermuthungen, die es als eine Recapitulation 
von einem existirenden Faust bezeichnen, dann müssen wir es 
als ernstgemeinten Faust-Plan in eine Zeit zurücksetzen, wo 
noch keine der drei Goethischen Faustdichtungen, die auf 
uns gekommen sind, vorhanden war. Am i. März 1788 schrieb 
Goethe von Rom aus: »Natürlich ist es ein ander Ding, das Stück 
jetzt oder vor 15 Jahren auszuschreiben,« wo »ausschreiben« 
ohne Zweifel so viel wie »zu Ende schreiben« heisst. Im Jahre 
1773 (wahrscheinlich im Juli) schrieb eranKestner: »Ich be- 
arbeite meine Situation zum Schauspiel zum Trutz Gottes und 
der Menschen«. Am 18. October 1773 schrieb er an Johanna 
Fahimer : »Ein schöner neuer Plan hat sich in meiner Seele auf- 
gewickelt zu einem grossen Drama. Ich will nur erst zusehen, 
ob ich aus dem Lob und Tadel des Publikums was lernen kann.« 
Was könnte Goethe ausser dem Faust in dieser Aeusserung ge- 
meint haben? Götz war schon erschienen; an Werther wird 
man kaum denken können, ausserdem wurde dieser erst im 
April 1774 und wie Goethe selbst sagt, »an einem fort« 
geschrieben. Düntzer setzt den »Plan nebst den ersten Fetzen« 
des ewigen Juden in die Monate August oder September 1774 
(Goethes Leben, S. 215). Von Prometheus waren zwei Acte 
schon niedergeschrieben, und vor einigen Tagen Schönborn vor- 
gelesen (Schönborns Brief an Gerstenberg, den 1 2. October 1773). 
Goethe selbst berichtet uns in Dichtung und Wahrheit, dass 
der Vorsatz, das Leben Mahomets »dramatisch darzustellen«, 
aus einer persönlichen Betrachtung des Lebensgangs von 
Basedow und Lavater während einer gemeinschaftlichen Reise 
im Juli 1774 entstand. Selbst wenn Goethe in diesem Bericht 
nicht vollkommen Recht hat, ist es doch höchst unwahrschein- 
lich, dass ein schöner neuer Plan zu Mahomet sich im October 
1773 entwickelt hatte. DUntzers Vermuthung, dass Julius 
Caesar oder Egmont gemeint sei, scheint vollständig in der 
Luft zu schweben. Er selbst deutet auf den Frühling 1775 
für den Anfang von Egmont (Goethes Leben, S. 224) und 
erwähnt (S. 182) den Plan zu Faust als »unter den Plänen, 
die ihm (Goethe) vorschwebten« (und zwar im Juli 1773). Faust 



MiSCELLEN. 211 



hatte der junge Goethe damals in Gedanken Jahre lang mit 
sich herumgetragen. Pläne dazu hatte er wahrscheinlich oft 
gemacht (wenigstens in Gedanken). Von seinen Schauspieler- 
plänen hatte er an seine Schwester geschrieben, dass er »auf 
nichts als auf Plane gedacht«, weil er die Ausfahrung für seine 
»noch zu schwachen Schultern unmöglich« fühle. Wenn er im 
Jahre 1773, begeistert von dem grossen und kaum erwarteten 
Erfolg des Götz, sich an ein anderes grosses Drama machte, 
und einen »schönen neuena Plan entwickelte, ist das alles nicht 
ganz natürlich ? In dieser begeisterten Stimmung hätte er kaum 
zu irgend einem seiner Dramen so natürlich einen »schönen 
neuenfi Plan gemacht, wie zu Faust. Boie besuchte Goethe 
am 55. October 1774, und schrieb: »Sein Dr. Faust ist fast 
fertig.« Ist es wahrscheinlich, dass Goethe seinen Faust so 
weit gebracht hatte, ohne einen Plan dazu geschrieben zu 
haben; oder, dass der erste ziemlich vollständige Plan ihm 
ohne Bedeutung und Werth war? Zweifelsohne ist vieles von 
der Gretchen-Tragödie erst 1774 oder später entstanden; und 
1773 konnte Goethe »Genuss der Person« u. s. w. schreiben, 
ohne die bestimmte und erschütternde Beziehung zu seinen 
Erfahrungen, die die Gretchen-Tragödie an den Tag legt. 
Einige sehen in der Thatsache, dass der zweite Theil zu Faust 
im 1. Paralipomenon erwähnt wird, einen Beweis für seine 
späte Entstehung. Die Andeutungen für den zweiten Theil 
sind aber so kurz gefasst, dass sie nur zu dem allerersten Plan 
passen. Könnte »Epilog im Chaos auf dem Weg zur Hölle« 
einer andern als der allerersten Fassung angehören? 

Wir wissen nicht, dass Goethe den ersten Theil des Faust 
als solchen, über die Gretchen-Tragödie je ausdehnen wollte. 
Ist es nicht wahrscheinlich, dass Goethe (wenigstens im Herbst 
1773) recht klar gesehen hat, dass Faust über das Mass eines 
gewöhnlichen Dramas wachsen würde und daher getheilt werden 
müsste? Der erste Theil allein gibt die alte Faustsage ganz 
unvollständig wieder. Goethe selbst sagt (im Paralipomenon 
Nr. 123, 2. 26 ff.) von dem Helena-Act, dass »dieses Zwischen- 
spiel gleich bei der ersten Conception des Ganzen ohne 
Weiteres bestimmt war«. Da wir nichts von einem Versuch 
wissen, diesen Helena-Act in den ersten Theil einzu- 
reihen, so liegt es ganz nahe (da »das schönste Weib, die 
griechische Helena«, der Faustsage gehört), dass Goethe sehr 
früh (warum also nicht schon im Jahre 1773?) die Ab- 
sicht hatte, einen zweiten Theil zu dichten. In Eckermanns 
Gesprächen mit Goethe vom 10. August 1824 erfahren wir, 
dass Goethe damals ein vor Jahren geschriebenes Heft an 
Eckermann übergab, »welches den Plan zu einer Fortsetzung 
des Faust u. s. w. enthielt« und »als Episode zu betrachten« 
war, »welche sich durch den noch auszuführenden Versuch 

14* 



212 MiSCELLEN. 



der Trennung von Lili den übrigen Büchern (von Dichtung 
und Wahrheit) gleichfalls anschliesst.« 

In der Weimarer Goethe-Ausgabe (15. Band, 2. Abth., 
S. 1 7 3 ff.)» finden wir entweder eine Bearbeitung von dem er- 
wähnten Hefte, oder was wahrscheinlicher ist, einen Abschnitt 
des Heftes' selbst mit folgendem Anfang: »Zu Beginn des 
Zweiten Theils findet man Faust schlafend« das heisst, Goethe 
selbst erwähnt ausdrücklich den zweiten Theil in seinem Be- 
richt über einen Faust- Plan, den er vor die Trennung von 
Lili, also vor October 1775 setzt. 

' Es wäre widersinnig, das erste Paralipomenon zu schreiben, 
nachdem die zahlreichen Grundideen schon vorhanden waren, 
woraus der Bericht in D. u. W. sich entwickelte. Goethe 
setzt diese Grundideen aber schon vor die Trennung von 
Lili. Andere Aeusserungen Goethes, wie die zu Eckermann 
vom 6. December 1829 und in seinem Brief an Humboldt 
vom I. December 1831, über das Alter des zweiten Theils, 
sind zu wohl bekannt, als dass ich sie zu citiren brauche. 
In merkwürdigem Gegensatz zu den kalten Worten »Genüss 
der Person« u. s. w., scheinen die Wagner-Scene und die 
Schüler-Scene, zur Zeit, wo das i . Paralipomenon geschrieben 
wurde, in lebendigen Bildern in Goethes Seele existirt zu haben. 
Seine Worte darüber sind bestimmt und verhältnissmässig 
ausführlich und begeistert. 

r Es ist schon öfters erwähnt worden, dass der Erdgeist 
eine merkwürdig kleine Rolle spielt. Das wäre leicht zu ver- 
stehen, wenn er unter die allerältesten Faust-Scenen gehört 
hätte und nie .über seine erste Erscheinung hinausgekommen 
wäre. In diesem Falle würden wir erwarten, ihn in einem: 
frühen Plan zu finden, wie er im i. Paralipomenon vorkommt. 

Der Haupteinwand gegen eine frühe Entstehung des 
I. Paraliponienon ist, dass die Worte »disparater«, »Form«,. 
»Gehalt«, wie sie gebraucht sind, zu abstract für den jungen 
Goethe waren, und daher in eine spätere Zeit fallen. Man 
muss Goethes damalige philosophische Studien und geschäft- 
liche Thätigkeit nicht aus den Augen verlieren. In seinem 
Brief an Höpfner vom 7. Mai 17 73. schreibt er: »Ihren Spinoza 
hat mir Merck gegeben. Tch darf ihn'doch ein wenig behalten?« 

Unter Spinozas Werken war die Ethik Goethes Lieblings- 
buch, wie wir aus D. u. W. III, 288 ff. erfahren, und die au& 
vielen Lehrsätzen mit dazwischen liegenden Kommentaren u.s. w. 
bestehend, gerade geeignet war, Goethe zu beeinflussen der 
Skizze im i. Paralipomenon eine so abstracte Form zu geben. 
Wenn nicht sehr beschäftigt, war Goethe damals als Sach- 

' Da die im Goethe- und Schiller-Archiv bewahrten Blätter vonr 
Kräuter geschrieben wurden. .• 



MiSCELLEN. 213 



.Walter so thätig wie je, und daher vielleicht gewohnt, seihe 
Gedanken über wichtige Sachen skizzenweise niederzuschreiben. 

Wenn Goethe, dessen Entwicklung von Werther ab in stets 
wachsender Achtung vor der Form begriffen war, als reifer Mann 
oder Greis den Entschluss gefasst hätte, die »Widersprüche« 
zwischen Form und Gehalt »statt sie zu vereinigen disparater 
zu machen« als sie von ihm als Jüngling in »Faust« darge- 
stellt wurden, und zwar jetzt auch zu Gunsten des Gehalts — 
das hiesse seine ganze Entwicklung auf den Kopf stellen. 

Dass Goethe als Jüngling an Form u. s. w. gedacht und 
darüber mit sehr ähnlichen Worten wie im i. Paralipomenon 
geschrieben, lässt sich völlig beweisen. Im August 1774 schrieb 
€r an Jacobi : »Was doch alles Schreibens Anfang und Ende 
ist die Reproduction der Welt um mich, durch die innere 
Welt die . alles packt, verbindet, neuschafft, knetet und in 
eigener Form, Manier, wieder hinstellt, das bleibt ewig Ge- 
heimniss . Gott sey danck, das ich auch nicht offenbaren will 
den Gaffern und Schwäzzern«. Im Anhang zu H. L. Wagners 
Uebersetzung von Merciers N. Versuch über die Schauspieler- 
kunst lesen wir unter andern ähnlichen Bemerkungen : »Auch 
geht unser Verfasser ziemlich stracks auf den Innhalt los, der 
sich sonst so von selbst zu geben schien. Deswegen giebts 
doch eine Form die sich von jener unterscheidet, wie .der 
innere Sinn vom äussern, die gefühlt sein will. .... Freylich 
wenn mehrere das Gefühl dieser; innern Form hätten, die 
alle Formen in sich begreift, würden wir weniger verschobenen 
Geburten des Geists an eklen«. Wer nur die erste Seite vom 
»Anhang« liest, der wird kaum erwarten, dass Goethe, nach- 
dem er seinen Widerwillen gegen die Formfrage so schärf 
ausgedrückt hat, noch einmal die alte Formfrage erörtern 
würde, wie er im i. Paralipomenon beabsichtige. 

Da Goethe, nachdem er unmittelbar vorher von CötÄ 
gesprochen hatte, am 6. Mai 1774 schrieb: »Wenn ich wieder 
ein Drama mache, daran ich sehr zweifle« so scheint es, dass 
der »neue Plan« vom October 1773 nicht zur Ausführung 
kam. Das wäre wohl zu erwarten, wenn der »neue Plan« das 
I. Paralipomenon ist. 

Der Director des Goethe- und Schiller-Archivs zu Weimar 
(Professor Dr. Suphan) hat mir das Blatt worauf das i. Parali- 
pomenon geschrieben ist, zu einer genauen Untersuchung 
freundlichst vorlegen lassen und dieErlaubnisszur Reproduction 
bei der hohen Besitzerin des Archivs gütigst erwirkt. Das Blatt 
ist sehr vergilbt und gehört augenscheinlich fast zu den ältesten 
Goethe -Papieren. Dr. Wähle, ein Goethe -Schriftkenner im 
Archiv glaubt, dass es dem Aussehen und der Schrift nach in die 
frühen siebziger Jahre gehört; und Dr. Fresenius (auch vom 
Archiv), der mit mir das Blatt mit zahlreichen andern Goethe- 



214 MiSCELLEN. 



Handschriften verglich, findet wie ich, wenigstens in der äussern 
Form, nichts dagegen. Zahlreiche Ungenauigkeiten kommen 
in der Schrift vor, die, wenn sie nicht alle der Flüchtigkeit 
des Schreibens beizumessen sind, einer frühen Zeit wenigstens 
so gut wie einer spätem angehören können. Die Worte 
dumpf und Dumpfheit wurden von Goethe als erfahrenem 
Schriftsteller vermieden.' Die durchstrichenen Worte »Lebens 
Thaten, Wesen« und das nachfolgende durcheinander Ge- 
schriebene bestätigt den Eindruck der Gedankenunklarheit, 
den die Worte selbst (wie früher erwähnt) auf uns machen. 
Meine Ansicht geht dahin, dass Goethe kurz vor dem 
18. October 1773 das i. Paralipomenon geschrieben hat, dass 
etwas von seinem Faust möglicherweise schon zu Papier ge- 
bracht, dass aber die Gretchen-Tragödie damals nicht aus- 
gedacht war ; und, dass er schon den Entschluss gefasst hatte, 
einen zweiten Theil zu seinem Faust zu dichten. 

Eugene W. Manning. 



b. Die mittelalterliche Ritterburg im 2. Theil, 

Act III. 

Bekanntlich spielt die erste Scene der »Helena« im zweiten 
Theile des Faust »vor dem Palaste des Menelas zu Sparta«, 
der Schluss desselben Actes von Vers 9574 an (nach der 
Weim. Ausg.) in Arkadien, als der geträumten Heimstätte 
eines phantastischen Schäferlebens mit freier Liebe und 
idyllischem Zubehör. Zwischen beiden Scenen steht die erste 
Begegnung Fausts mit Helena im »inneren Burghofe, um- 
geben von reichen phantastischen Gebäuden des Mittelalters«, 
wie das Scenarium zu Vers 9127 lautet. Wo ist diese Burg 
zu suchen? Nicht etwa im germanischen Norden; denn der 
ganze Auftritt bezeugt unwiderleglich, dass wir im Peloponnes 
geblieben sind und auch in der Nähe von Sparta. Das letztere 
beweisen deutlich die Worte der Phorkyas V. 507—515: 
»So viele Jahre stand verlassen das Thalgebirg, 
Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt, 
Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach 
Herab Eurotas rollt und dann, durch unser Thal 
An Rohren breit hinfliessend, eure Schwäne nährt. 
Dort hinten im Gebirgsthal hat ein kühn Geschlecht 
Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht, 
Und unersteiglich feste Burg sich aufgethürmt. 
Von da sie Land und Leute placken, wie's behagt. 

* Wer den Gebrauch der Worte Schüler und Student bei dem 
jungen Goethe genauer studirt, der wird kaum darin einen Beweis für 
eine späte Entstehungszeit des i. Par. finden. 



MiSCELLEN. 215 



Mit Recht verweist Loeper hier auf den vierten Kreuzzug, 
wo nach der Eroberung Konstantinopels durch Deutsche, 
Franken und Venetianer im Jahre 1204 der ganze Peloponnes 
nach und nach unter die fränkischen Lehensbarone vertheilt 
wurde. Wenn derselbe aber dabei auf die Burg »Geraki, 
unfern des Eurotas« hindeutet, so ist dieser Ort als Lokal 
unseres Auftrittes nicht wohl möglich; denn Geraki mit den 
Ruinen einer mittelalterlichen Stadt liegt etwa 5 deutsche 
Meilen und zwar stldostwärts von Sparta; vgl, Curtius Pelopon- 
nesos Bd. 2, S. 302 f. Bei Goethe aber tritt hier nicht (wie 
es hinter V. 1086 geschieht) eine plötzliche Verwandlung der 
Scene mit Unterbrechung des ganzen Zusammenhanges von 
Zeit und Personen ein, sondern Phorkyas führt auf der Btlhne 
selbst Helena und die Chormädchen in die nahegelegene 
Ritterburg. Vorgreifend den scenischen Maschinerien der 
Wagnerdramen lässt Goethe auf der Bühne sich »Nebel ver- 
breiten, sie umhüllen den Hintergrund, auch die Nähe, nach 
Belieben«, wie es zu V. 600 heisst; die Mädchen glauben 
darin zu schweben, was ja ihrer Geisternatur entspricht, und 
sie singen in zwanglosen Rhythmen ein Chorlied von massigem 
Umfang. Die Reise kann also nicht lange dauern; der Weg 
ist nur eine Stunde weit und wir befinden uns — in der 
Burg von Mistrd, 

Als ich während eines längeren Aufenthalts in Griechen- 
land auf einer Reise durch den Peloponnes im Anfang Mai 
1854 auch Sparta besuchte, fand ich in der Eurotasebene 
nur ein seit kaum 20 Jahren neu angelegtes dürftiges Städtchen. 
Denn Altsparta hatte seit der letzten Zerstörung durch Alarichs 
Gothen im Jahre 396 aufgehört ein bewohnter Ort zu sein 
und war ziemlich glatt vom Erdboden vertilgt; die Bevölkerung 
hatte sich aus der versumpften, ungesunden Tiefebene nord- 
westlich an den Fuss des Gebirges gezogen, eine Stunde weit 
vom alten Platze. Der neue Ort nannte sich zuerst Lake- 
dämonia, in den Chroniken des Mittelalters aber wie noch 
jetzt Mistrdy mit slawischem Namen, gegeben von den in 
der Nähe angesiedelten slawischen Melingi. (Die neugriechische 
Volksetymologie verdreht das Wort in Misithra und deutet 
es ganz absurd als »Käseburg.«) Oberhalb dieser Ortschaft 
Misträ nun erbaute urkundlich nach der Chronik von Morea 
Guillaume de Villehardouin im Jahre 1249 auf steilem Hügel 
seine Hochburg, wie eine Akropolis, als Wohnsitz für sich 
und seine Ritter. Vergl. C. Hopf in Ersch und Grubers 
Encyklop., Sect. I, Bd.- 85, S. 273. Zwar dauerte die Herrlich- 
keit nur bis 1261, wo die Barone vertrieben wurden, aber 
in den Bauten residirten ihre Nachfolger und zuletzt auch die 
Türken, und so besteht das abenteuerliche Wunder noch jetzt; 
die fränkische Ritterburg muthet noch jetzt die Besucher wie 



21 6 MiSCELLEN. 



ein Zauberschloss an. Auf steiler Höhe, hinter festen, ge- 
diegenen Mauern betritt man enge, aber gepflasterte Gassen, 
wo rechts und links die Häuser aus behauenem röthlichen Stein 
mit ihren engen Zimmern und zum Theil gothischeh Erkern, 
die Kapellen mit theilweis erhaltenen Wandmalereien byzan- 
tinischen Stiles, der gewölbte Rittei'saal, verschiedene Kirchen 
im anatolischen Stil mit Säulen jeglicher Art, meist alten 
Bauten entnommen, daneben aber auch mit allerlei gothischem 
Schnörkel geziert. Alles zwar ganz verödet, aber so malerisch 
und erstaunlich wohlerhalten dasteht, dass man meint, der 
Ort sei erst seit wenig Jahren verlassen worden. An den 
meisten Häusern sind über dem Thüreingang noch die Wappen 
der Ritter in Stein gehauen so gut erhalten, dass sich die 
Geschlechter darnach haben bestimmen lassen. Von der 
gänzlichen Zerstörung hat, wie man mir sagte, nur der Aber- 
glaube, die Furcht vor bösen Geistern die Umwohner ab- 
gehalten. 

Ich gestehe, dass ich beim Besuche dieser Ruinen in 
meinen jungen Jahren (1854) nicht an Goethe, Faust und 
Helena gedacht habe, wie denn überhaupt dem klassischen 
Philologen die fränkischen Ueberreste in Griechenland im 
ganzen nur geringes Interesse zu erwecken pflegen. Aber der 
überraschende Eindruck dieser verwunschenen Oberstadt von 
Misträ war so mächtig, dass er sich beim Lesen dieser Scene 
mir immer wieder aufdrängte, und ich bin seit langen Jahren 
überzeugt, dass Goethe bei der Abfassung irgend welche nähere 
Beschreibung davon vor Augen gehabt haben muss. Aus den 
Unterhaltungen mit Kanzler von Müller sehen wir, dass er 
im Jahre 1824 die Expedition des Dogen Dandolo gegen 
Konstantinopel (1204) eifrig studirte (S. 46), wovon ja die 
Verse 975 ff. deutlich Zeugniss ablegen; es heisst dort auch 
(S. 109 vom 9. Juni 1826), dass er seit acht Tagen allerlei 
Reisebeschreibungen u. dgl. über Griechenland lese. Freilich, 
woher er nähere Kunde über Misträ gewonnen hat, das fest- 
zustellen ist mir trotz manchen Suchens nicht gelungen. In 
älteren Reisen, die Goethe zugänglich sein konnten, findet 
sich nichts erwähnt; daher ist mir wahrscheinlich, dass der 
Dichter aus der in einem Tageblatt oder einer Wochenschrift 
gegebenen Beschreibung irgend eines deutschen oder englischen 
Philhellenen geschöpft hat. Denn um rein aus der Phantasie 
des Dichters entsprungen zu sein, dazu sind seine Ortsangaben 
in den oben citirten Versen zu peinlich genau, die Erörterung 
über die Wappen (V. 542 — 554) ohne besonderen Anlass gar 
zu auffällig und Alles zu sehr mit den erhaltenen Resten ein- 
stimmig. Wie anschaulich schildert Phorkyas V. 530 ff. : 

»Und seine Burg! Die solltet ihr mit Augen sehn! 

Das ist was anders gegen plumpes Mauerwerk, 



MiSCELLEN. 217 



Das eure Väter, mir nichts Dir nichts, aufgewälzt, 
Cyklopisch wie Cyklopen, rohen Stein sogleich 
Auf rohe Steine sttlrzend; dort hingegen, dort 
Ist Alles senk- und wagerecht und regelhaft. 
Von aussen schaut siel Himmelan sie strebt empor 
So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl. 
Zu klettern hier — ja, selbst der Gedanke gleitet ab. 
Und innen grosser Höfe Raumgelasse, rings 
Mit Baulichkeit umgeben aller Art und Zweck'. 
Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen, 
Altane, Galerien, zu schauen aus und ein. 
Und Wappen. 

Nattlrlich hat in diesen Versen Goethe den Cyklopenbau 
nach dem Kenntnissstande damaliger Zeit beurtheilt, und die 
erhaltenen in Stein gehauenen Wappen bieten nicht die 
Mannigfaltigkeit seiner Angaben, insbesondere keine Farben. 
Und wenn er V. 507 (oben angeführt) wie auf die Karte 
blickend sagt: »Das Thalgebirg, das hinter Sparta nordwärts 
in die Höhe steigt, Taygetos im Rücken«, so liegt zwar Misträ 
mehr westlich als nördlich von Sparta ; aber diese Abweichung 
darf nicht so genau genommen werden, theils der damaligen 
Karten oder Beschreibungen wegen, theils weil Goethe daran 
lag, die Scene allmählich nordwärts zu rücken, da das Beilager 
Fausts und der Helena bald darauf in Arkadien, also nordwärts 
von Sparta stattfinden soll. Die nördliche Richtung hat hier 
zugleich eine symbolische Beziehung, wie auch aus des Lynkeus 
Entschuldigungsbitte hervorgeht, V. 735: 

»Harrend auf des Morgens Wonne, 

Östlich spähend ihren Lauf, 

Ging auf einmal mir die Sonne 

Wunderbar im Süden auf.« 

In dieser poetischen Ankündigung der Helena sollen die 
Worte, in platte Prosa übersetzt, doch auch zugleich besagen, 
dass den Germanen das Schönheitsideal von den südlichen 
Völkern gebracht wurde. Dass Goethe die vorliegenden Be- 
richte über den entbrannten Freiheitskampf der Neugriechen 
genau studirte, lässt schon das Interesse an Lord Byron ver- 
muthen; aber seine Kenntniss des Landes klingt auch für 
Jeden, der Ohren hat, aus den begeisterten Schilderungen 
Fausts in den Versen 955 — 994 und V. 1019 — 1086 ganz ver- 
nehmlich hervor. Er selbst schreibt am 22. October 1825 an 
W. von Humboldt : »Ich habe von Zeit zu Zeit daran fort- 
gearbeitet, aber geschlossen konnte das Stück nicht werden 
als in der Fülle der Zeiten» da es dehn jetzt seine vollen 
3000 Jahre spielt, von Trojas Untergang bis zur Einnahme 
von Missolunghi. Dies kann man also auch für eine Zeit- 



2l8 MiSCELLEN. 



einheit rechnen, im höheren Sinne ; die Einheit des Ortes und 
der Handlung sind aber auch im gewöhnh'chen Sinne auf das 
genaueste beachtet. Es tritt auf unter dem Titel: »Klassisch- 
romantische Phantasmagorie, Zwischenspiel zu Faust.« 

A. Baumeister. 

c. Höchst. 

Der eigenthümlich prägnante Gebrauch des Superlativs 
höchst, den Goethe dreimal in den letzten Acten des »Faust« 
uns vorführt, ist augenscheinlich in voller Absichtlichkeit und 
mit Anlehnung an einen jetzt halb verschwundenen Sinn des 
Wortes geschehen. (In Grimms Wörterbuch ist nichts darüber 
zu finden.) Am nächsten steht uns noch die Fassung in Act IV, 
V. 948, wo der Erzbischof dem Kaiser vorwirft: 

Noch vergass er nicht, wie Du zur höchsten Zeit, 
An deinem Krönungstag, den Zauberer befreit. 

Hier haben wir das mhd. höchgezit, die Hochzeit ganz 
im altgermanischen Sinne als den Freudentag und die Feier- 
zeit, den Gipfel in der Reihe gewöhnlicher Tage. Eine andere 
Wendung nimmt der Wortgebrauch Act V, V. 108, wo Lynkeus, 
das Glück des endlichen Einlaufens in einen sichern Hafen 
dem Schiffer preisend, sagt: 

Dich grüsst das Glück zur höchsten Zeit, 
d. h. in letzter und darum bester Zeit, weil es Dir nun nicht 
mehr untreu werden kann. 

Man denkt dabei an Solon, der den Krösus nicht vor 
dem Todestage glücklich nennen wollte ; Gipfel und Ende 
fallen hier zusammen. In einer Noth ist die höchste Zeit für den 
Retter eben die letzte Zeit, da er helfen kann. Und voll aus- 
gebildet ist diese Verschmelzung der letzten und höchsten Stufe 
der Zeit in den berühmten Abschiedsworten Fausts, V. 527, 28: 
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück 
Geniess' ich jetzt den höchsten Augenblick. 

Es ist natürlich der letzte Augenblick des ganzen Lebens 
gemeint, im Anklang an den Vers des Virgil: Venit summa 
dies et ineluctabile tempus (Aen. 2, 324), aber dieser ist zut 
gleich der höchste und befriedigendste Augenblick des Lebens, 
insofern als Faust das unausgesetzte Streben und die fort: 
dauernde Thätigkeit der Seinen beim friedlichen Werke im 
Vorgefühl schauend, selber genug gelebt zu haben erkennt 
und damit in höchster Seligkeit hinsinkt. Im Folgenden spielt 
dann der Teufel nur noch die Rolle des menschlichen Zweifels 
an der Unsterblichkeit, gegen den Goethe selbstverständlich 
nur in solchen Bildern ankämpft, die der Zeitperiode Faust§ 
entsprechen und zugleich auf theatralische Wirkung be- 
rechnet sind. A. Baumeister. 



MlSCELLEN. 219 



d. Der Kampf mit dem Meere in Goethes 
zweitem Faust. 

Die Ueberwindung und Eindämmung des Meeres stellt 
Goethe in Fausts zweitem Theile als das höchste und letzte 
dar, was den wirkenden und strebenden Mann anzulocken und 
zu begeistern vermag. Ein Grosses zieht Fausten an, nach- 
dem er in ungemessenen Weiten die Reiche der Welt und 
ihre Herrlichkeiten tibersehen hat. Er empfindet Verdruss, 
wenn die Wogen des flachen Ufers Breite bestürmen, er sieht 
in dem Vordringen und dem Rückzug der Wellen ein Spiel, 
das an den Uebermuth gemahnt. Die zwecklose Kraft un- 
bändiger Elemente, die kraftbegeistert gleichwohl nichts zu 
leisten vermag, ängstigt ihn bis zur Verzweiflung — hier 
wünscht er zu kämpfen und zu siegen. Rasch fasst er Plan 
um Plan: er strebt, das herrische Meer vom Ufer auszu- 
schliessen, der feuchten Breite Grenzen zu verengen und, weit 
hinein, sie in sich selbst zu drängen. Köstliches Geniessen 
verspricht er sich vom Gelingen dieses Planes. (Weimarer 
Ausgabe V. 10130, 10134, 10200 ff".) Im hohen Alter findet 
er denn auch im Geklirr der Spaten, die daran arbeiten, die 
Erde mit sich selbst zu versöhnen, der Welle ihre Grenze zu 
setzen, das Meer mit strengem Band zu umziehen, den letzten 
irdischen Genuss. Erblindet, in der Todesstunde wäre es ihm 
das Höchsterrungene, auch noch den verpestenden Gcbirgs- 
sumpf urbar zu machen. Er malt die Wonnen einer tüchtigen 
Gemeinde aus, die es versteht, die rasende Fluth, die bis zum 
Rande des eroberten blühenden Landes leckt, immer wieder 
in ihre Dämme zurückzuweisen (11539 ff., 11559 ff-)* Könnte 
er noch das Gewimmel dieses freien und freudigen Volkes 
miterleben, so wollte er zum Augenblicke sagen: 

Verweile doch, du bist so schön I 

Es kann die Spur von meinen Erdentagen 

Nicht in Äonen untergehn. 

Im Vorgefühl von solchem hohen Glück 

Geniess' ich jetzt den höchsten Augenblick. 

(Faust sinkt zurück.) 

Aber Faust ist nicht der erste Greis, der am Schlüsse 
seines Lebens die Besiegung des Meeres zu seinen schönsten 
Erfolgen rechnet. Er hat einen Vorgänger in Luigi Cornaro 
(geb. in Venedig 1467, gest. in Padua 1566), dem vornehm- 
lich durch Lichtenberg bekannten Makrobiotiker, Im 83. 
Lebensjahre schrieb er seine Discorsi della vita sobria, die 
erst nach seinem Tode, 1588, in Padua bei Paolo Miglietti, 
im Druck erschienen. Im vierten dieser Discorsi zählt er auf, 
was ihm im höchsten Alter ganz besonders zum Trost und 



220 MlSCELLHN. 



zur Befriedigung, gereiche und rühmt sich, er habe seinen 
Landsleuten Mittel und Wege gezeigt, ihren Hafen und ihre 
Lagune zu festigen (conservare), was ihn nun unendlich freue, 
zumal sein Werk tausende von Jahren überdauern werde 
(si che non si possi atterare se non passati migliata di anni) ; 
so habe Venedig seine unvergleichliche Stellung behaupten 
und den Namen einer Königin des Meeres erwerben können. 
Nicht minder beglücke es ihn, dass er seine Landsleute gelehrt, 
unfruchtbare trockene Landstriche zu grösserer Fruchtbar- 
keit zu bringen und auch Sümpfe mit grossem Gewinn zu ver- 
werthen und so die Luft zu verbessern} Wie Faust, legt auch 
Cornaro besonderen Werth auf die Austrocknung der Sümpfe 
und in einem Briefe an Sperone Speroni, den Verfasser der 
Tragödie »Ganace« (1500— 1588), preist er sich glücklich, 
weil es ihm gelungen sei, die Sümpfe auszutrocknen, die sein 
Landgut rings umgaben (asciugar le paludi, che cingevano 
una sua villa, Speroni Werke V, 329). Mit welchen Mass- 
regeln er das Meer zu zähmen wusste, ergibt sich aus dem 
Trattato delle acque, den er 1560,; also im höchsten Greisen- 
alter, in Padua verfasste und der sich mit den Lagunen Venedigs 
beschäftigt. Er untersucht in dieser Schrift, wie die Lagunen 
am besten zu Vertheidigungszwecken auszunützen und welche 
Schutzmittel wider die Unbill der Witterung und den Un- 
verstand der Menschen die geeignetsten seien. In der Er- 
örterung dieser für Venedig und mutatis mutandis für ganz 
Italien so wichtigen Frage schaarte sich, besonders im 17. 
Jahrhundert, eine grosse Zahl von Nachahmern um Cornaro. 
%% entwickelte sich eine eigene Scienza delle acque, deren 
Hauptgegenstand dieUeberschwemmungen und die wirksamsten 
Mittel, solchen zu begegnen, bildeten. Der erste nach Cornaro 
war wohl Cristofero Sabbadino, der schon 1562 den Zu- 
sammenhang von Ebbe und Fluth im Meere mit den Mondes- 
phasen untersuchte; Antonio Lupicini schrieb 1586 in P'lorenz 
seinen Discorso sopra i ripari del Po e d'altri fiumi, zwischen 



' Ich gebe den entsprechenden italienischen Text nach der Aus- 
gabe von 1591 : oh che glorioso solazzo k qüesto, del quäle infinitamente 
ne godo con dimostrargli il modo che vi k per conservar la sua cosi 
impcjrtante laguna e pörto; si che non si possi atterare ise non passati 
migliata di anni ; per la quäl cosa Venetia conservara il maraviglioso 
e stupendo 'nome di Cittä vergine,, come k. non essendone altra al 
mondö : e oltra agrandira il grande e äalto süo pronome di Regina 
del mare ; questo 10 godo e non vi manco niente. Un' altro poi ne 
gpdo,- dimonstrando ad essa vergine e regina il modo che vi k per 
tärJa.abohdantissjma dl vittuarie con il ridurre campi inutili a grande 
utilitade, si di paludi,, come di campagne aride, con grande avahzo oltra 
la spesa. E quest' altro solazzo godo, che non ha contrario alcuno, 
il quäle ^, che io diraostro come Venetia si puo far piü forte, si ben 
k fortissima . . . ; e di miglior aere, si ben k di perfetto. 



MiSCELLEN. 221 



1590 und 15.97 behandelte Giannangelo Bertazzoli die Lagunen 
von Venedig in einem nicht gedruckten Aufsatz, 1599 Paolo 
Beni in Rom in seinen »Discorsi« die Ueberschwemmungen 
der Tiber. Im 17. Jahrhundert wurde dann der wissen- 
schaftliche Standpunkt strenger gewahrt und zuerst vonCastelli 
und Zendrini betont. Diese Wissenschaft stand im engsten 
Zusammenhang mit der im 16. und 17. Jahrhundert stark ge- 
pflegten Schriftstellerei über Befestigung im allgemeinen und 
Seebefestigung im besonderen. Solche Discorsi dellä fortifi- 
cazione schrieb Carlo Teti 1569, Gabriello Busca, Buonaventuro 
Lorini 1597, unter den Scrittori di nautica e delP arte militare 
maritima sei auf Camillo. Agrippa, Mazucchetti (1595), Mario 
Savorgnano (gest. 1597) verwiesen. • «^ 

Die Frage der Bezwingung des Meeres war also nicht 
blos eine viel erörterte, sondern eine durchaus volksthümliche: 
denn Cornaro, der als einer der ersten sich mit ihrer Lösung 
befasste, wusste als Preis für ein nüchternes und massiges 
Leben kaum etwas höheres anzuführen, als das Bewusstseiri 
an der Besiegung des drohenden Elementes mitgearbeitet zu 
haben. • 

Die Frage, ob Goethe Cornaros Discorsi della vita sobria 
gekannt hat, lässt sich nicht mit vollster Sicherheit entscheiden. 
Die merkwürdige Uebereinstimmung in so wesentlichen Punkten 
wie die, dass in beiden Fällen Greise die Krönung ihres 
Lebenswerkes in dem siegreichen Kampfe mit dem Meere 
erblicken, dass sie froh auf die UnvergängUchkeit ihres Werkes 
hinweisen, das Jahrtausende Überdauern werde, dass beide 
ihr Augenmerk noch auf die Austrocknung der verderblichen 
Sümpfe richten, das alles spricht aus inneren Gründen für 
die directe Benutzung Cornaros. Aeusserlich kommt nun noch 
die sehr starke Verbreitung des Buches dazu. Gross ist die 
Anzahl der italienischen Ausgaben: so wurde es in Pädua 
1588, 1591, in Venedig 1599, 1620, in Paris 1646 gedrückt, 
in Venedig 1 666* in Verse gebracht, 181 6 durch Gamba in 
Venedig neu aufgelegt. Schon 1613 wurden die Discorsi in 
lateinischer Sprache von dem Jesuiten Leonard Lessius als 
Anhang zu seiner Schrift Hygiasticon unter dem Titel De' 
victus rätione zu Antwerpen edirt; ausserdem finden sich die 
Discorsi lateinisch in Ramazzinis Annotationes, Padua 1714, und 
in Dr. Kästners Bibliotheca medica. Ungemein zahlreich sind 
die Uebersetzungen ins Französische: 1646 durch Sebastian 
Hardy, 1647 durch Jacques Martin, 1701 durch M. de Premont, 
im selben Jahre durch de la Bonaudi^re (alle in Paris), 1703 
(Amsterdam) und 1 704 (Paris) anonym unter dem Titel Conseils 
pour vivre plus de cent ans, 1724 (Leyden) als Anhang zu 
L'art de conserver la Sant^ des Princes, 1772 (Paris) fjCpn^eils^ 
et moyens faciles pour vivre longtems dans une santd p^rf^iite. 



222 MiSCELLEK. 



Ausserdem erschien in Paris 1702 L'Anticornaro. Englische 
Uebersetzungen erschienen in London 1725, 1765, 1798. Ins 
Deutsche wurde Cornaro gleichfalls schon früh übertragen 
und zwar 1707 (Leipzig): »L. Cornari Consilia und Mittel über 
hundert Jahre in vollkommener Gesundheit zu leben.« Ferner 
gab Christian Gotthold Schwenke 1755 ^^ Dresden und Leipzig 
eine Uebersetzung unter dem Namen »Von dem Nutzen eines 
nüchternen und massigen Lebens« heraus, desgleichen Schlüter, 
ßraunschweig 1789 und ein Ungenannter (»Erprobte Mittel 
lang und gesund zu leben«), Braunschweig 1796. 

Einer Bekanntschaft Goethes mit dem vielgelesenen Werke 
steht sonach nichts im Wege, wenngleich weder die Tage- 
bücher (vgl. nur I, 286 über die Lagunen in Venedig, auch 
II, 8), noch (wie mir Herr A. Leitzmann freundlichst mittheilt) 
die Aufzeichnungen in Weimar für eine solche Kenntniss einen 
Anhaltspunkt bieten. 

Keinesfalls aber wird, meines Erachtens, eine Anregung 
Goethes durch die weit verzweigte Scienza delle acque von 
der Hand zu weisen sein, zumal Erich Schmidt in der Lage 
ist, Fausts Tod an die Wende des Jahrhunderts rückzuver- 
setzen, sonach selbst eine Nachwirkung des Aufenthaltes in 
Italien nicht ausgeschlossen erscheint. 

• Rudolf FtJRSx. 

e. Zum historischen Faust. 

In den Nuntiaturberichten aus Deutschland 1572 — 1585, 
IL Bd., bearbeitet von Joseph Hansen, Berlin 1894 findet sich 
pg. 617 (in der Relation Minuccis über den Stand der Kölner 
Dinge in Folge des Abfalles des Erzbischofs Gebhard Truchsess, 
gerichtet an Herzog Wilhelm von Bayern. Köln 1583) folgende 
Stelle: »In questi capricci di magia et di pazzia giudiciaria 
ha (Gebhard) imitato, non so per quäl malvagio destino di 
questa chiesa, il conte Hermanno di Veda (v. Wied), il quäle 
ancora nel tempo della sua apostasia hebbe presso di se il 
Fausto et PAgrippa, famosissimi in tal arte, di quali volse anco 
essere scolare, si come costui ha havuto in gran pregio il Scoto 
et un* altro Italiano, deir uno de quali io sento perö molto 
diversamente dagd altri.« 

H. Heidenheimer. 



2, Zur Entstehungsgeschichte von Goethes Singspiel »Erwin 
und ElmircAi 

In meiner Abhandlung »Goethes Singspiele im Verhältnis 
zu den Weissischen Operetten«. Dresden 1887. S. 22 f. Anm., 
versuchte ich den Nachweis zu erbringen, dass Wilmanns, 



MlSCELLEN. 223 



Goethe -Jahrbuch Bd* II, S. 151 sich irrt, indem er daselbst 
die Entstehung von Erwin und Elmire auch von der Strophe : 

»Und wenn er mir in Waldeskluft 

Der Liebe Lieder sang, 

Lieh er dem Weste süssen Duft, 

Musik dem Bergeshang« 

welche Goethe aus der Ballade »Der Eremit«, in Goldsmiths 
»Landprediger von Wakefield« gekannt haben soll, ausgehen 
lässt. Denn das Singspiel »Erwin und Elmire« wurde im März 
des Jahres 1775 von Goethe veröffentlicht, und obige Strophe 
fehlt in den Original-Ausgaben und Uebersetzungen des »Vicar« 
bis zum Jahre 1789, wie ich damals festzustellen vermochte. 
Der Zufall fügte es, dass ich im Frühjahre 1895 ^^^ 
Herrn Max Ziegert in Frankfurt a. M., welcher in den »Be- 
richten des Freien Deutschen Hochstiftes zu Frankfurt a. M. 
N. F., Bd. X (1894) einen belehrenden Aufsatz über »Gold- 
smiths Landprediger in Deutschland« publicirt hat, eine sehr 
reiche Sammlung von Original -Ausgaben und Uebersetzungen 
des »Vicar« vorfand und mit Herrn Ziegert sogleich Nach- 
forschungen anstellte, in welcher Ausgabe wohl zuerst jene 
Strophe auftreten mag. Da ergab sich bei einer Prüfung von 
etwa 20 Exemplaren, deren Erscheinungsjahre sich über die 
Jahre 1766— 1843 erstrecken, folgendes Resultat. Jene Strophe 
begegnete uns zuerst in der Ausgabe in drei Sprachen mit 
Anmerkungen, hrsg. von C. M. Winterling, Nürnberg 1833. 
Daselbst bringen der englische und deutsche Text die Strophe, 
der französische Text hat sie nicht. Englisch lautet sie dort: 

»And when, beside me on the dale 
He caroPd lays of love, 
His breath lent fragrance to the gale, 
And music to the grove«. 

In der Anmerkung dazu heisst es: »Diese Strophe, welche 
sich in früheren Ausgaben nicht befindet, wurde erst später 
von dem Verfasser hinzugefügt.« In der deutschen Ueber- 
setzung daselbst findet sich folgender Wortlaut: 

»Und wenn er an meiner Seite im Thal 
Gesänge der Liebe anstimmte, 
Durchbaisamte sein Athem die Luft 
Und belebte den Hain durch Musik«. 

In der Ausgabe 6. Aufl., Leipzig, Weidmann, 1840, fehlt 
die Strophe wieder, ebenso in Goldsmiths Gedichten, deutsch 
von Ad. Böttger, Leipzig 1843. Die Uebersetzung von E. 
Susemihl, Leipzig 1841, illustrirt von L. Richter (G. Wigands 
Verlag), dagegen hat die Strophe wieder in folgendem Wort- 
laute : 



224 MiSCELLEN. 



»Und sang er mir in freier Luft 
Ein Liebeslied, verlieh 
Sein Hauch dem Winde süssen Duft, 
Dem Haine Melodie«. 

Herr Professor Wilmanns hat vermuthlich, auf Treu und 
Glauben, eine Uebersetzung, welche in den Jahren nach 1833 
bez. 1843 erschienen ist, benutzt, ohne zu ahnen, dass die 
Ausgaben und Uebersetzungen des »Vicar« bis zu jener Zeit- 
grenze die Strophe : »Und wenn er mir . . .« nicht aufweisen. 
Goethe konnte also diese Strophe überhaupt nicht kennen 
und durch dieselbe auch nicht zur Conception von »Erwin 
und Elmire« angeregt werden. 

W. Martinsen. 



j. Zur letzten Kleidung Egmonts. 

In der Geschichtsliteratur, so schon bei Schiller,* finden 
sich Andeutungen über Egmonts Kleidung am Pfingstsonn- 
abende (5. Juni) 1568. Nichtsdestoweniger dürften meine, frei- 
lich immer noch nicht ausreichenden, neuen Mittheilungen hier- 
zu, die sich auf die Berichte zweier Augenzeugen über die Hin- 
richtungeii Jenes und Hoorries gründen, also Quelle sind, gerade 
in den Blättern, die dem Genius gelten, der einen Egmont 
bei uns allein populär gemacht hat, den passendsten Platz 
haben und hier auch der dramatischen, wie der bildenden 
Kunst leicht zugänglich sein. 

Schon Kluckhohn hat das eine der betreffenden Schrift- 
stücke im K. Preussischen Staatsarchive zu Marburg vor sich 
gehabt. Er . druckt es jedoch in seiner Briefsammlung des 
Kurfürsten Friedrich des Frommen von der Pfalz* (Egmonts 
Schwager), da es nur als Beilage eines Schreibens Dieses an 
den Landgrafen Wilhelm von Hessen,' dazu »der Kopf« der- 
selben »stark beschnitten« ist,'' beigefügt war, nicht mit ab, 
schrieb mir aber auf meine, ihm, noch kürz vor seinem Heim- 
gange, gemachte Fundanzeige, dass er sich sehr freuen werde, 
bald Näheres - über den Gegenstand zu erfahren. Ein besseres 
Exemplar jener Beilage ^ und ein anderer, ähnlicher Bericht, 
welcher von Dr. Ulrich Zasius, unterm 22. Juni darnach, von 
Wien aus, an den Kurfürsten August von Sachsen abgesandt 
worden. ist, haben sich , nämlich im K. . Sächsischen. Haupt- 



* In der, dem Trauerspiele gefolgten Geschichte des Abfalls der 
vereinigten Niederlande von der spanischen Regierurig (1788), Beilage I. 
* Band IL, 1870, 222 f. 5 Aus Heidelberg, den 17. Juni 1568. ■* Nach 
Mittheilung von dort, vom 7. Juli 1896. 5 Der Pfalzgraf schrieb, genau 
wie an Hessen, auch an Kursachsen. 



MiSCELLEN. 225 



Staatsarchive* vorgefunden. Nach der ersteren war nun die 
Kleidung des etwa Sechsundvierzigjährigen, in welcher er aus 
dem Einzelgefängnisse im Brodhause zu Brtlssel, in der elften 
Vormittagsstunde,* aufs Blutgertist schritt, die des vorher- 
gehenden Tages, nämlich ein rother Damastnachtrock,^ dar- 
über ein schwarzer Sammetmantel, nach dem letzteren aber 
ein rothkarmoisinf arbiger, langer Damastnachtrock, darüber 
ein Mantel; der Hut, darunter [darin?] eine weiss leinene 
Schlaf haube,^ hatte einen schwarz-weissen Federbuschschmuck, 
Hut und Nachtrock legte er dann ab und empfing, nur mit 
Hosen, kollerlosem Wammse^ und über die Augen gezogener 
Haube bekleidet, den tödtlichen Hieb. 

Der Egmont-Darsteller wird, beim Verlassen der Bühne, 
den Kragen vom Wammse entfernen und die Haube in den, 
jetzt ebenfalls nicht zu seinen Requisiten gehörenden Hut, 
den er, ehe er sich der Wache nähert, aufsetzt, legen können, 
da er dem Dichter — in verständiger Weise — zu Hilfe kommen 
darf und soll. Die »Meininger« hätten sich diese Kleinigkeiten 
gewiss nicht entgehen lassen! Goethe, der überhaupt, zum 
Theil ohne Veranlassung, sehr von der Geschichte abweicht 
und dadurch »das Interesse des Gegenstandes schwächt«,^ hätte 
vor Allem das charakteristische, letzte Schreiben seines Helden 
an den König Philipp II. von Spanien ^ mit zur Wirkung 
bringen können.* Theodor Distel. 



4. Zum Epimenides, 

In Bd. XVI, S. 182 des G.-J. kommt H. Morsch noch- 
mals unter eingehender Berücksichtigung meiner entgegen- 

* Locc. 9302, I, 112 f. (Document A.) und 8522, 111,493 f. (Docu- 
ment ß.) Vor Allem sei die Geschichtforschung darauf aufmersam gemacht. 

* Erst »8 Uhr« war ihm das Urtel, welches am Tage zuvor 
»Mittaffs« gefällt worden war, bekannt gegeben worden, »V26 Uhr« 
darnacn hatte der Bischof (Martin Rithov) von Ypern, der die Sentenz 
bereits seit »vier Uhr« kannte, — »drei Uhr« waren die beiden Grafen 
von Gent eingetroffen — Egraont auf Befehl Albas, noch besucht. 
(Nach Document ß., welches vielfach von Schiller und Anderen abweicht.) 

3 Schiller : E. trug neinen schwarten spanischen Mantel mit goldenen 
Tressen verbrämt«. 4 Schiller : eine seidene Mütie u. s. w. (s. nachher). 

5 Schiller: »Von seinem Wamms hatte er (wohl noch im öefängnisse) 
den Kragen abgeschnitten, um dem Nachrichter sein Amt zu erleichtern«. 

^ So Lessing im »Laokoon«. 

7 Von dem Abschiedsschreiben an seine Gemahlin, Sabine, geb. 
Herzogin von Bayern, konnte der Dichter, der Egmont unverheirathet 
sein lässt, natürlich keinen Gebrauch machen. Der genauere Inhalt des 
Briefes an Philipp wird einmal, an anderer Stelle, mitgetheilt werden. 

8 Schillers Bühnenbearbeitung des Goethischen Egmont hat in 
allen, von mir berührten Punkten nichts geändert, auch seine Kritik über 
das Stück rügt andere Dinge. 

Goethe-Jahrbuch XVII. 15 



226 MiSCELLEN. 



gesetzten Ansicht auf die £pimenides-Frage zurück. Ich würde 
in der durchaus freundlichen Art, wie sich der gewandtere 
Interpret Goethischer Dichtungen gegen mich wendet, gewiss 
keinen Grund erblicken können, die freie Ansicht irgend eines 
Lesers des Epimenides noch weiters beeinflussen oder behelligen 
zu wollen. Von meinem Standpunkt, als Geniesser, ist das, 
was ich in meinem kleinen Büchlein zu sagen mir erlaubte, 
schon gerade genug. Indessen haben es mir Goethekenner, 
wie Koch, in seinem letzten Bericht des Fr. D. H. doch nahe 
gelegt, dass ich durchaus nicht genöthigt wäre, so scharfe 
Belehrung unwidersprochen hinzunehmen, wo ich doch nicht 
im Unrecht zu sein schiene. Ich darf daher wohl einige 
Zeilen des G.-J. für meine Rechtfertigung in Anspruch nehmen. 

Ich brauche kaum unter Hinweis auf S. 119, Note 4 
meiner kleinen Goetheschrift zy wiederholen, dass es mich 
lediglich interessirte, zu erkennen, wie sich Goethe zu den 
Weltumgestaltenden Ereignissen der ersten zwei Decennien 
in seinem politischen Denken verhielt. Es lag mir ganz fern, 
in irgend eine eigentliche Interpretation der Dichtung einzu- 
treten; aber es leuchtet ein, dass auf die ganze Stellung 
Goethes, gegenüber seiner Zeit, ihren Ereignissen und grossen 
Persönlichkeiten, ein scharfes Licht fiele, wenn die Vertreter 
der Meinung, er habe durch das Festspiel eine persönliche 
Confession ablegen wollen, Recht behalten würden. Ich 
möchte zwar nicht behaupten, dass der Olympier dadurch in 
meiner Bewunderung etwas verlöre; denn sich in politischen 
Dingen und Ansichten zu ändern, zu bekehren und belehren 
zu lassen, kann ich als Historiker im Gegensatz zu der be- 
kannten Gesinnungstüchtigkeit politischer Kinder auch nur für 
einen Vorzug halten. Ich bin mithin in der glücklichen Lage, 
Goethe gleichraässig für gross, klug und gerechtfertigt zu 
halten, habe er nun persönlich seine Ansichten über Napoleon, 
die Alliirten, Preussen, Deutschland, Frankreich in diesem oder 
jenem Punkte geändert oder nicht. Was mir indessen die Sache 
etwas fatal machte, bliebe der Umstand, dass in dem von 
H. Morsch sogenannten »Goethe-Epimenides« denn doch ein 
Beweis einer ungeheuer tiefstehenden politischen Auffassung 
grosser Zeitereignisse gelegen hätte. Ich will diesen Gedanken 
nicht weiter ausführen. Es kann hier nur die Empfindung 
sprechen. Wenn sich Jemand dächte, er könnte bei der Feier von 
Ereignissen des Jahres 1870—1871 eine Tischrede halten, oder 
gar ein Stück schreiben, wo er sich selbst als Redner oder Dichter 
als den Archimedischen Punkt hinstellte, um den sich die unge- 
heueren Thatsachen gleichsam gedreht hätten, und auf dessen per- 
sönliche Empfindungen das ganze Drama zugespitzt wäre, — man 
würde sich einer ungemeinen Heiterkeit überlassen müssen ! — 

Glücklicherweise, und ich wende mich jetzt zu ein paar 



MiSCELLEN. 227 



rein sachlichen Quellenhin Weisungen, welche mir aufTallender- 
weise nicht beachtet worden zu sein scheinen, — glückh'cher- 
weise fehlt es nicht an Aeusserungen Goethes selbst über seitiefi 
Epimenides. Die wichtigste machte er am 5. April 181 5 gegen 
Knebel (Briefe II, 163. Nr. 461): »Epimenides ist am 30. März 
endlich in Berlin erwacht, gerade zu rechter Zeit, um das- 
«elbige, was sich die Deutschen bisher so oft in dürrer Prosa 
vorgesagt, symbolisch zu wiederholen, dass sie nämlich viele 
Jahre das Unerträgliche geduldet, sich sodann aber auf eine 
herrliche Weise von diesen Leiden befreit. Jedermann wird 
hinzufügen, dass neue Thatkraft nöthig ist, um das Errungene 
z\x schützen und zu erhalten.« 

Ich habe die Worte gesperrt drucken lassen, auf die es 
gewiss ankommt. Goethe stellte also symbolisch dar, was sich 
im Jahr 181 4 nach dem Einzug in Paris die Deutschen in dürrer 
Prosa so oft vorgesagt haben. Nach der gegentheiligen Inter- 
pretation müssten sich die Deutschen damals oft vorgesagt 
haben, dass »Goethe-Epimenides« lange geschlafen und jetzt er- 
'wacht sei. Dies kann Goethe doch nicht gemeint haben, wohl 
aber ist es richtig, dass nach erwachtem Kraftbewusstsein kaum 
«in Deutscher damals anders dachte, als dass die Stärke der 
Nation, nur ungeweckt, geruht habe; und damit über das 
Subject des Erwachens im Satz kein Zweifel sei, fügt der 
Dichter noch hinzu, man habe das Unerträgliche viele Jahre 
geduldet und sich nun auf eine herrliche Weise befreit. 

Die neue Ausgabe, mit den dankenswerthen Anmerkungen, 
belehrt uns über eine Befürchtung, welche Goethe hatte ehe 
-das Stück aufgeführt wurde, und die über den Charakter seiner 
Epimenides - Figur jeden leisesten Zweifel beseitigt. (Weim. 
Ausg. XVI. 508.) Hier hält es Goethe für möglich, dass das 
Publikum hinter dem Epimenides den König von Preussen 
^ermuthen könnte und ist besorgt, dass bei »einem gewisser- 
masseh mysteriösen Werke« »falsche Deutungen gemacht 
werden«. Dass er selbst hinter dem Epimenides vermuthet 
werden könnte, würde er heute wohl auch mit Staunen ersehen 
haben. Ich glaube aber die Besorgniss, dass man den König 
liinter der Epimenides-Figur erblicken könnte, war bei dem 
Berliner Publikum schon ganz begründet, denn dass die 
preussische Regierung inmitten der so lange schlafenden Nation 
•einen besonders guten Schlaf gehabt habe, dies war es ja eben, 
was sich alle Deutschen damals in dürrer Prosa vorgesagt haben. 

Dennoch konnte Goethe nicht wünschen, dass dieser Ver- 
dacht, er habe den König »symbolisiren« wollen, im Publikum 
entstehe, weil dadurch die Darstellung des Stückes gewiss 
ausgeschlossen worden wäre. Er sprach daher den Wunsch 
aus, dass das Publikum über den Epimenides durch die Zei- 
tungen rechtzeitig belehrt werden sollte, ja er ist beflissen, 

15* 



228 MiSCELLEN. 



die bekannte Fabel zu dem Zwecke besonders niederzu- 
schreiben, damit durch irgend ein Blatt das minder gelehrte 
Publikum darüber unterrichtet sei. »Der Titel und der Inhalt 
des Stückes«, schreibt er, »kann kein Geheimniss bleiben, 
daher wird jedermann fragen, was ist denn der Epimenides?« 

Wollte ich mich auf das Gebiet von Vermuthungen be- 
geben, mit denen ich jedoch die gelehrten Leser des Goethe- 
Jahrbuchs nicht ernstlich behelligen darf, so Hesse sich gar 
manches hinzufügen. Hat nicht vielleicht Goethe, mit seiner 
eingestandenen Besorgniss, für die Berliner Intendanz den Teufel 
erst recht an die Wand geraalt? Hat er nicht die lange Ver- 
zögerung der Aufführung, die ihn so sehr ärgerte und die 
Benützung seiner Ideen in den im August 1814 aufgeführten 
Vorspielen und dem Prolog Kotzebues (a. a. O. S. 5 2 2) durch 
seine Besorgniss mitverschuldet ? Unerklärt blieb ja auch die 
Stelle im Morgenblatt (ebend. 523), wo von der Kabinetsordre 
des Königs die Rede ist, nach der das Stück gar nicht auf- 
geführt werden sollte. Ich unterlasse es in die weiteren Unter- 
suchungen einzutreten, zu welchen dieses neue höchst merk- 
würdige Material den Goetheforschern Anlass geben wird. 

Nur einiges Wenige sei mir noch gestattet den fach- 
gelehrten Commentatoren zur Erwägung anheim zu geben. 
Goethe spricht (S. 508) von einem gewissermassen mysteriösen 
Werke, und dies wird es unter allen Umständen ja wohl 
bleiben. Wenn man jetzt die Actenstücke zu Epimenides liest 
und insbesondere die Anweisungen zur Ausstattung und zu 
den Decorationen des Stückes in Betracht zieht, so möchte 
ich behaupten, dass die ganze historische Grundlage des 
Epimenides deutlicher hervortritt, die poetische Conception 
und das, was in jener Briefstelle die Symbolik genannt wird, da- 
gegen noch dunkler zu werden scheint; und ich möchte meiner- 
seits durchaus nicht vorgeben, dass mir das ganze Kunst- 
product viel verständlicher sei, als dem verwunderten Berliner 
Publikum bei der Aufführung im Jahre 181 5. Namentlich der 
Umstand, dass bei der Auswahl der Repräsentanten des über 
die Trümmer hinschreitenden Heeres, der Dichter sich so 
besorgt zeigt, den internationalen Charakter der Befreiung 
der Völker deutlich zu machen, giebt zwar einen Beweis von 
dem Wunsche geschichtlicher Treue, aber es zeigt sich doch 
wieder darin die Schwierigkeit die Epimenides-Figur in ihrem 
Wesen zu deuten. In den Tagebüchern ist mir aufgefallen, 
dass in der Zeit, wo Goethe hauptsächlich an der Arbeit ist, 
nachdem er von Iffland aufgefordert war, anfänglich niemals 
vom Epimenides die Rede ist, sondern immer nur vom Vor- 
spiel. Der Epimenides tritt mit Namen und Person erst ganz 
zuletzt auf. Zur Zeit als er den Auftrag übernahm, stand ihm, 
wie er es selbst ausdrückt, der Gedanke im Vordergrund, »die 



MiSCELLEN. 



bedeutenden Weltverhältnisse zusammenzustellen« (a. a. O. 
S. 518) wie er dies wiederum »nachher unter dem Titel des 
Epimenides Erwachen bearbeitet habe«. Darnach sänke die 
Epimenides -Figur zu einem etwas nothdürftigen Auskunfts- 
mittel herab, um eben die symbolisch-historische Darstellung, 
die dem Dichter erst gar nicht munden wollte, unter Dach 
und Fach zu bringen. 

Nun glaube ich ja allerdings, dass Goethen das Gleichniss 
von Epimenides Erwachen zur Bezeichnung eines überraschen- 
den Ereignisses ziemlich geläufig sein mochte, weil er schon 
im Jahre 1788, als er aus Italien zurückkehrte, sich an das 
Erwachen des Epimenides erinnerte (vergl. an Knebel I, 90, 
Nr. 81), aber Niemand würde doch dieses Bild im Sinne einer 
speciellen Charakteristik des Zustandes eines bestimmten 
Individuums aufgebauscht haben. Es ist eben der Ausdruck 
einer Verwunderung, die Jedermann hat oder haben muss, 
wenn sich etwas Unerwartetes ereignet. Es ist mit dem Ge- 
brauche solcher Bilder bekanntlich etwas sehr eigenthümliches : 
wie sich heute überhaupt die Erinnerung an antike, mytho- 
logische Vorstellungen im Sprachgebrauch verflüchtigt hat, 
so ist es auch schon lange nicht mehr Mode, bei über- 
raschenden Ereignissen vom Epimenides zu reden, wie ich 
mich meinerseits dessen noch aus meiner Jugendzeit erinnere, 
wo die ganze Schule von Epimenides Erwachen zu sprechen 
pflegte, um sich classisch auszudrücken, wenn irgend etwas 
besonderes passirt war. Heute nimmt die Redewendung gerne 
einen etwas individuelleren Charakter an und wir lassen die 
Todten selbst erwachen, um sich über dies oder jenes per- 
sönlich zu wundern. Dass Goethe also mit seinem Epimenides 
sagen wollte, dass er so gut wie der König von Preussen, die 
Berliner sowohl wie die Weimarer, allen Grund hätten, . sich 
über das Geschehene, als erwachende Epimenidesse zu ver- 
wundern, ist mir nicht zweifelhaft gewesen. Dass er aber 
für seine Person durchaus keine Gesinnungsänderungen be- 
kennen wollte, dies ist es, um was es sich mir, bei der Er- 
örterung seiner politischen Anschauungen handelte, und was, 
wie mir scheint, einzig und allein der langen Rede werth ist. 
Wenn H. Morsch mir die Aufmerksamkeit erweist, die Aus- 
führungen meines kleinen Schriftchens besonders als Belege 
dieser grossen Sinnesänderungen des Dichters zu benützen, 
so möchte ich mich dagegen verwahren. Ich kann nach wie 
vor nicht finden, dass sich Goethe vor und nach den Be- 
freiungskriegen in seinen Ansichten — und dies ist und bleibt 
mir das Wesentliche — irgend wie verändert habe. Er dachte 
über die dämonische Gestalt Napoleons, am Ende seines 
Lebens, nicht anders, als zur Zeit des Auftretens des grossen 
gewaltigen Mannes. Und er .war in seinem Urtheil über die 



230 MiSCELLEN. 



Bedeutung und das Wesen der sogenannten Freiheitskriege 
sich durchaus und immer gleich geblieben. Ohne die grossen 
Thaten der Völker zu verkennen oder zu unterschätzen, lag 
seiner unvergleichlichen weltmännischen Erfahrung gerade \n 
politischen Dingen nichts ferner, als jener Optimismus einer 
retrospectiven historischen Betrachtung, die uns heute, gleich* 
sam als das allein berechtigte, echte, vielleicht sittliche, er- 
scheinen will. Am wenigsten hätte man Grund zu glauben, 
dass der politisch erwachte Goethe sich einer besonders scharf 
ausgeprägten, national erhobenen Empfindung bewusst ge- 
worden wäre, die ihn hätte bereuen lassen mUssen, dass er 
vorher besonders sceptisch war. Manche mögen dies be^ 
dauerlich finden und daher ihre Epimenidesfabel aufrecht 
halten. Andere, wie meine Wenigkeit, werden es dagegen 
als einen nur weiteren Beweis für die nüchterne, unendlich 
gescheidte Denkungsweise Goethes über politische Dinge er- 
achten, dass er sich über das Erreichte, namentlich in Bezug 
auf die deutseben Verhältnisse nicht einen Augenblick täuschte. 
Wie ich schon in meiner kleinen Schrift hervorgehoben habe, 
so erlaube ich mir noch einmal, auf jenen, wie mir scheint, 
nicht genug beachteten Umstand hinzuweisen, dass Goethe mit 
wahrem politischem Scharfblick die ungeheure Thatsache auf 
das schärfste erkannt hat, dass die Befreiungskriege historisch 
betrachtet, durchaus nichts anderes bedeuteten, als eine Ver- 
schiebung der Machtstellung von Frankreich auf Russland. 
So konnte er eben zur Zeit, als man in Deutschland .die Feste 
der Freiheit feierte, sagen: (Weim. Ausg. V. 121) 

»Sie werden so lange votiren und schnacken 
Wir sehen endlich wieder Kosacken, 
Die haben uns vom Tyrannen befreit, 
Sie befrein uns auch wohl von der Freiheit.« 



Ottokar Lorenz. 



5. Berlin und die Xenien, 
(Aus Briefen Sanders an Böttiger.) 

Am 15. October 1796 berichtete der Berliner Buchhändler, 
dass er von dem Musenalmanach nur einen Bogen gesehen, 
»Alexis und Dora« mit Vergnügen gelesen habe, und fuhr 
fort: »die hinterher folgenden Epigramme, wenigstens die 
zwölf auf Reichhardt konnten mir wahrhaftig kein Vergnügen 
machen. Gott behüte, wie sind die grob ! Ein gewisser grosser 
Mann, von dem sie ohne Zweifel herrühren, ist in Allem 
gross, selbst in der Grobheit. Ich höre von einer guten 
Freundin, die den Schillerschen Musenalmanach schon ganz 



MiSCELLEN. 2 3 T 



kennt (durch Herrn von Humboldt, dem Goethe ihn bogen- 
weise geschickt hat), dass man in der Gesellschaft, wo daraus 
vorgelesen worden ist, auch Über die andern Epigramme 
gegen Nicolai u. s. w. sehr den Kopf geschüttelt hat. Man 
fällt hier über Goethe ziemlich allgemein (nur die Clique 
seiner Anbeter ausgenommen, die sogar sein Märchen in den 
Hören himmlisch ßnden) das Urtheil, der viele Weihrauch 
habe ihn schwindlig gemacht und er erlaube sich nun Dinge, 
die man auch nicht ungeahndet sollte hingehen lassen.« Am 
8. November berichtet Sander aufs Neue : Freilich habe auch 
ich nun die Xenien gelesen, doch bei Weitem nicht alle ver- 
standen. Nicolai hat darüber gesagt: »Goethe und Schiller 
hätten durch ihre Hexameter etwas riskiren und die schöne 
Welt an diese Versart gewöhnen können, aber wohlgezogene 
Leute, die den Almanach lesen, würden, wenn sie an die 
Xenien kämen, geschwind noch einmal nach dem Titel sehen, 
ob mcht Für ienalmanach daraufstehe«. Wen ich noch darüber 
gesprochen habe, äussert Indignation; höchstens ein paar 
Frauenzimmer ausgenommen, die mit der Sprache nicht her- 
auswollen, weil sie Goethe persönlich kennen, und nicht gern 
an das Geständniss gehen, dass auch er sich einmal vergessen 
habe. Nicolai wird, soviel ich merke, schweigen, und am 
besten wäre es wohl, man thäte es allgemein; so würde die 
hässliche Sache desto eher vergessen«. Am 20. December 
dankt er für den schönen Brief Jacobs und fährt fort : »Alles, 
was ich von ihm sehe, verräth mir den denkenden Kopf und 
den guten Menschen. Kennt Schiller ihn näher und hat ihn 
doch angegriffen, so möchte ich nicht er sein, und wenn ich 
auch alle seine Talente bekommen sollte. Herr Unger in Berlin 
wird sich bei der Horen-Clique schlecht insinuirt haben. Er 
hat die Recension des Schillerschen Musenalmanachs aus der 
Hamburger Neuen Zeitung auf einem einzelnen Bogen ab- 
drucken lassen. Auch Herrn Carl Spener mag der Himmel 
gnädig seini Der hat über seine Schmidts Gedichte oder 
Kalender der Musen und Grazien in die Trompete gestossen 
und dabei von Ultra-Revolutionairs in der Litteratur ge- 
sprochen. Er bekommt gewiss im nächsten Jahre auch ein 
paar Xenien.« Erst am 7. Februar 1797 kam Sander wieder 
auf die Almanache zurück. Er schrieb : »Nicolais Anhang zu 
Schillers Musenalmanach haben Sie wohl schon gesehen. Ich 
hatte schon vor acht Tagen ein Exemplar, ehe er das Büchelchen 
öffentlich ausgab, und war schon Willens es Ihnen zu schicken. 
Nicolai ist wieder eine Wortmühle gewesen, aber bei dem 
Allen wird die Schrift G. und S. doch wohl nicht gleich- 
gültig sein. Den ersteren muss, denke ich, die Anecdote von 
Bürger verdriessen, wenn er nicht über alle Scham hinaus 
ist, und den letzteren die Kritik seiner Fabel »der Fuchs und 



232 MiSCELLEN. 



der Kranich.« Freilich hätte Nicolai diese Kritik um die 
Hälfte kurzei* machen können, aber wahr bleibt sie trotz dem 
Allen. In den hiesigen Zeitungen sehe ich auch Parodieen 
der Xenien angekündigt; ich habe sie indess noch nicht ge- 
sehen. Sie sollen von einem Halberstädtischen Dichter sein. 
Nur um des Himmels willen nicht von GleimI Was hätten 
Goethe und Schiller da für Gelegenheit zu lachen. — Von einer 
Freundin, die mit der schönen Marianne Meyer, Correspon- 
dentin des Herrn von Goethe, in Verbindung steht, weiss ich, 
dafes Schiller die starken Sachen, die über die Xenien zum 
Vorschein kommen, nicht mit Gleichgültigkeit aufnimmt. 
Goethe, Humboldt und was sonst noch viel um ihn ist, haben 
genug zu thun, ihn zu beruhigen und zu erheitern. So muss 
er denn doch mehr moralisches Gefühl haben als Herr von 
Goethe. Ohne Zweifel haben Sie auch Reichhardts Erklärung 
im X. Stück seines »Deutschland« gelesen. Wenn Schiller 
dazu still schweigt, so kann doch jeder Rechtschaffene nicht 
umhin, ihn zu verachten. Aber die Xenie für Reichhardt: 
»Gar jämmerlich, Freund, bindest du Wort und Begriff«, ist 
bei dem Allen wahr. Das zeigt eben diese Erklärung. Habe 
ich doch lange nichts so übel Zusammengeflicktes gesehen.« 
Am 28. Februar kommt er auf Nicolais Gegenschrift zurück 
und bemerkt, dass sie in Berlin wenig Aufsehen gemacht habe. 
»Aber welch ein Publikuin«, so fährt er fort, »unser liebes deut- 
sches! Die Xenien erleben in einem halben Jahre 3 Auflagen, 
von denen die erste doch gewiss nicht schwach gewesen sein 
wird. Welchem andern Buche ist es schon so gut geworden!« 
Am Schlüsse desselben Briefes meldete er, dass Jenisch ihm 
seine Parodieen auf die Xenien gebracht habe, und versicherte, 
dass diese Goethe und Schiller nicht verdriessen werden. 

Ausführlicher handelt er von einer andern Schrift. Am 
21. März 1797 berichtet er: »Da ist ja schon wieder etwas gegen 
die Xenien zum Vorschein gekommen: Mücke n-Almanach für 
das Jahr 1797, oder: »Leben, Thaten, Meinungen, Schicksale 
und letztes Ende der Xenien im Jahre 1797« bei einem un- 
genannten Verleger.* Als ich heute nach Tische ein wenig 
darin blätterte, fielen mir gleich ein paar Distichen ins Ge- 
sicht, die sich auf Goethes Bekanntschaft mit Berlinischen 
Jüdinnen zu beziehen scheinen.« Am 25. März kommt er 
auf den Almanach zurück : »Hat man bei Ihnen keine Ver- 
muthung, von wem der Mücken- Almanach sein kann? Hier 
thut er dem Goethe-Club* sehr weh. Alles zusammengenommen 

' Als Druckort ist Pest angegeben. 

^ lieber den s. g. Berliner Goethe-Club s. Mücken-Almanach S. 105 
bis 114. Zu den dort stehenden Distichen sind durch gehends Verse 
aus dem Schillerschen Almanach verwendet, welche die Berliner auf 
sich deuten. Der Vers »Eine beinahe« im M. A. 1796, S. 244. 



MiSCELLEN. 233 



sehe ich nun, dass die Ausfälle einer Gesellschaft gelten, die 
Madame Herz, Frau des jüdischen Arztes und Philosophen, 
noch vor Jahr und Tag alle Mittwoch regelmässig hielt, die 
aber jetzt eingegangen ist. Madame Herz ist ein schöner 
Kopf auf einem unförmlichen Rumpfe. Dieser Rumpf war 
aber vor 12 Jahren, als Goethe sich einmal in Berlin aufhielt, 
nicht unförmlich. Madame Herz bekam daher von Goethe 
Besuche und ist seitdem seine geschworene Verehrerin. Sie 
werden in dem Mücken- Almanach finden: »Eine beinahe zu 
gross, eine beinahe zu klein.« Das sind die Herz und die 
kleine Rahel Levi. Die beiden Jüdinnen im Carlsbade kennen 
Sie schon ; eben diese Rahel und die schöne Marianne Meyer. 
Mein Freund Euchel will mir mehr von dem freilich oft sehr 
dunklen Distichen deuten.« Am nächsten Posttage, dem 28. März 
kommt er wiederum auf den Almanach zurück. (Nur diese 
letztere Stelle ist bereits im »Neuen Reich« 1876, Band II 
gedruckt, muss aber der Vollständigkeit wegen hier noch ein- 
mal mitgetheilt werden.) »Ueber den Mücken-Almanach hat 
man hier eine Vermuthung. Er ist wahrscheinlich in Neu- 
Strelitz bei Michaelis, einem Juden, dem Verleger des Schiller- 
schen Musen - Almanachs für 1796 herausgekommen, und in 
diesem Falle lässt es sich nicht ohne Grund vermuthen, dass 
er von einem jetzt in Strelitz wohnenden Herrn Krüger sein 
müsse. Dieser Krüger ist, wie ich höre, bei seinem ehemaligen 
Aufenthalte in Berlin zwar kein Mitglied des Goethe-Clubs 
gewesen, hat aber bei Madame Lemos, Mutter der Madame 
Herz, im Hause gewohnt, und ihn dadurch sehr genau kennen 
lernen.« Viele Monate schweigt Sander seitdem über diese 
Angelegenheit, die allmählich im Sande verlief. Merkwürdig 
ist nur noch folgende Notiz im Briefe vom 25. November 1797 : 
»Interessant ist Ihnen ja wohl noch die Anecdote, dass man dem 
verstorbenen König (Friedrich Wilhelm IL) auf seinem Todten- 
bette unter Anderem auch Schillers neuesten Musen-Almanach 
vorgelesen hat; auch den vorjährigen muss er gelesen gehabt 
haben. Als die Frau von der Recke im vorigen Winter hier 
war, fragte Friedrich' Wilhelm IL bei Hofe, wo er sie sprach : 
»Wo logiren Sie denn?« »Bei meinem alten Freund Nicolai.« 
»Den haben ja Schiller und Goethe übel mitgenommen.« 

Es wäre überflüssig, diese leicht hingeworfenen, klatsch- 
süchtigen und übelwollenden Berichte mit Erläuterungen zu 
beschweren. Einzelnes Wenige ist in den Anmerkungen gesagt 
worden. Auch ist es schwerlich nöthig, alle kleinen Irrthümer 
zu berichtigen. Der Kundige sagt sich allein, dass Goethe nicht 
vor 12 Jahren, sondern vor 18 in Berlin war und dass er 
damals nicht Henriette besucht haben kann — - sie war damals 
14 Jahre alt und noch gar nicht verheirathet u. a. m. Aber als 
Stimmungsbild gewisser Kreise ist die Darstellung nicht übel. 



234 MlSC£LLEN. 



Sonst ist im Allgemeinen die Sandersche Corrcspondenz 
(2 dicke Bände mit 205 vier- bis zehnseitigen Briefen) arm 
an Nachrichten über Goethe, wenn man von vielem Klatsche 
absieht. Was für den Goethe-Sanderschen Briefwechsel etwa 
herauskommt, ist G.-J. XV, S. 285 ff. notirt Im Allgemeinen 
muss man bedenken, dass Sander, ohne unbedingter Goetfaianer 
zu sein, doch dem wüsten Geschimpfe abhold war. Mit Merkel 
entzweite er sich deshalb; und Kotzebue suchte er, wiewohl 
vergeblich, zur Mässigung zu bewegen. Uebrigens mag darauf 
hingedeutet werden, dass die Hinweisung auf Sanders Schenk- 
lust (»Der neue Alcinous« V. 28) ein Zug aus der Wirklich- 
keit ist. Ausser Büchern schickte er alljährlich Teltower Rüben 
und Fische, an denen ausser Böttiger, Kirms, Ludecus, ge- 
legentlich auch Wieland und Frl. von Göchhausen theilnehmen 
sollten. Dafür wurde er manchmal von Böttiger mit Fasanen 
regalirt; wegen einer solchen Sendung kam es fa^t einmal 
zwischen den Freunden zum Krach, weil — A. W. Schlegel 
ein solches Thier zu verspeisen geholfen hatte. L. G. 



6, Die schwimmenden Inseln im Megaprazon, 

So viel ich sehe, ist noch nicht bemerkt, dass Goethe 
für sein wunderliches Fragment »Die Reise der Söhne Mega- 
prazons« den alten Socialroman von Morelly ,Naufrage des 
Isles üotta^ntes, ou Basiliade.du cdlfebre Pilpai, Poeme h^roique 
Traduit de Plndien par Mr. M* * * * * * A Messine MDCCLin* 
2 Bde., benützt haben kann. Das Werk dieses Socialisten 
(vgl. Hettner 2, 519) erregte bei seinem Erscheinen sofort die 
Aufmerksamkeit der Züricher ; Bodmer vermuthete Montesquieu 
als Verfasser; er oder Wieland kündigten 1753 eine neue 
Basiliade an; einige Jahre später erwähnt Wieland das Buch 
wiederholt und empfiehlt Zimmermann die Leetüre dringend. 
Es stand in Wielands Bibliothek und hat ihm gewiss für seine 
Beiträge zur geheimen Geschichte des menSchlichen Verstandes 
und Herzens, vielleicht auch für den Goldenen Spiegel, Einiges 
gegeben: die Schilderung des Lebens der »Kinder der Natur« 
im ersten Gesang musste ihn locken. So scheint es mir nicht 
ausgeschlossen zu sein, das Goethe das prosaische Poeme 
h^roique kannte und sich seines zweiten Theiles erinnerte, 
als er einen Seereiseroman politischen Inhalts zu schreiben 
unternahm. 

Der Grundriss von Morellys Werk hat zwar mit Goethes 
Reise der Söhne Megaprazons nichts gemein. Der Fürst der 
Kinder der Natur, des Reiches der Wahrheit, erfahrt durch 
zugereiste Seefahrer von den culturellen Verhältnissen der 



MiSCELLEN. 2)5 

schwimmenden Inseln, die vom Reiche der Wahrheit einmal 
abgetrennt wurden und auf denen die Laster, wenn auch nicht 
schrankenlos, herrschen; er wird dahin entführt, seine Ent- 
führer leiden Schiffbruch, er, mit einem Freunde allein ge- 
rettet, besichtigt die Insel, an die der Sturm ihn geworfen. 
Die Wahrheit, die der Meeresg^^ttin und den Winden befiehlt, 
vernichtet die bösen Inseln. Der Fürst tritt die Heimreise 
an. Eine Handlung im poetischen Sinne bietet Morelly nicht ; 
der Versuch, seine erzählten Theorien durch ethische Alle- 
gorien zu poetisiren, reichte für Wielands und Goethes Zeit 
nicht mehr hin. Das Motiv jedoch der schwimmenden Inseln, 
die zwar einen gemeinsamen Gott l'Inter^ haben, sonst aber 
mannigfach verschieden sind, scheint Goethe hier aufge- 
nommen zu haben, und überhaupt vielleicht die Idee, Inseln 
als Sitze verschiedener politischen Einrichtungen darzustellen. 
Ich würde diese Vermuthung nicht aufstellen, wenn nicht' 
einige Einzelheiten sie stützten. 

Goethe erzählt von zwei Inseln (Werke i8, 367 ff.); auf 
einer wachsen köstliche Früchte und Gemüse, auf der andern 
wenig und das wenige wird von bösen Geistern (die ein Rest 
der Lasterpersonificationen Morellys sein mögen) zerstört ; auf 
der einen ist alles grün und verheisst Wohlleben, die andere 
zeigt nur Steinmassen. Aehnlich contrastirt Morelly Tlsle 
sterile und Tlsle des Plaisirs. (Bd. 2, S. 129 f.) ,Une de nos 
Isles ... est situ^ assez pr^s [auch Goethes Inseln liegen 
sich nahe] de celle qui poi;te le nom de Sterile ; on la nomme 
risle des Plaisirs; nos Sages Tappellent l'Isle de la FrivoHtd 
et de la Licence .... au contraire de celle dont le terrain 
cendreux [vgl. Goethe 379, 26] est sec et aride, le sien doit 
etre extreraement gras et fertile; aussi produit-il des fruits 
fort d^licieux et des plantes agr^bles^ . . 

Goethe erzählt ferner von schwimmenden Theilen der 
Insel der Monarehomanen (Werke 18, 380); einer hat eine 
steile Küste mit Palästen, Mauern und Gärten; einer trägt 
die Residenz, in der (nach S. 377 f.) alle Künste vereinigt 
waren, felsenartige Mauern, alle Tempel der Götter, wie für 
Riesen erbaute Gipfel und Zinnen zu bilden; der dritte war 
Ebene und fruchtbarer Boden. Nun sagt Morelly 2, 32 : ,Ce 
n'est qu'un miserable ramas d'Isles qui n*ont aucune stabiiit^, 
perpötuellement agit^es par les vents et les temp^tes [auch 
davon spricht Goethe bei seinen schwimmenden Inseltheilen] . . . 
on dit qu'elles furent autrefois s^pardes d'un riche Contincnt 
par la col^e du Ciel.' Dann S. 34 f.: Je remarquai d*abord 
que partout on avoit ^rig^ des Temples et des Autels, tous 
k peu pr^ de m^e forme, ä une Divinit^ monstrueuse. 
Figurez-vous . . . un G^nt d'une grandeur enorme . . . .' S.55 
,Une de nos principales Isles mobiles ... est un vaste Terrain 



236 MiSCELLEN. 



circulaire, qui environne un grand lac, au milieu duquel est 
une autre petite Isle, environnde elle-m^me de plusieurs 
enceintes de terres, s^par^es les unes des autres, par des eaux 
larges et profondes . . . Les plus entdrieures de ces enceintes 
s*eldvent par degr^s Jes unes au-dessus des autres: le terrain 
en est aussi par d^grds plus riche et plus fertile. [vgl. Goethe 
378, 13: Terrassen, Fruchtbarkeit] .... Le plus ext^rieur de 
tous ces cercles est le plus sterile et le plus bas [davon passt 
nur das letztere auf Goethes dritten Theil der Insel] . . . Les 
Habitans y sont miserables et le travail le plus penible leur 
fournit ä peine chaque jour une trfes-chdtive subsistance* 
[Goethes Landvolk]. 

Auf diesen Inseln ist nach Morellys Gesang 8 der Monarchis- 
mus ausgebildet; daher mag Goethe die seine zum Sitze der 
Monarchomanen gemacht haben. Und endlich ist noch zu 
'beachten, dass der Tempel der Wahrheit bei Morelly 2, 203 
besprochen wird, was bei Goethe die Erinnerung an das 
Gemälde des Kebes 503, 4 ausgelöst haben mag. 

Ich sehe recht wohl, dass diese Aehnlichkeiten nicht 
zwingend genug sind, um Goethes Abhängigkeit von Morelly 
zu beweisen. Aber so lange nichts genauer Stimmendes als 
Anregung für Goethes sonderbare Vorstellungen aufgefunden 
ist, mögen sie bei dem Zusammentreffen von Motiv und Idee 
und mancher Einzelheit immerhin der Beachtung werth sein. 

Bernhard Seuffert. 



7. /. M, Tesdorpf^ 

Unter den Altersgenossen, die mit Goethe während des 
öfteren Aufenthaltswechsels der Vorweimarer Zeit zufällige, aber 
deshalb keineswegs oberflächliche Beziehungen anknüpften, 
befinden sich manche sehr interessante Persönlichkeiten, die dann 
wieder unseren Blicken entschwinden, ohne damit ihre Rolle 
ausgespielt zu haben. So weit sie nicht in »Dichtung und 
Wahrheit« unmittelbar vorkommen, übergeht sie Loepers 
gründlicher Commentar dazu ebenso wie Düntzers des uner- 
müdlichen Detailnachforschers. Ein solcher Mann ist Johann 
Matthäus Tesdorpf, im selben Jahre wie Goethe geboren und 
hochbejahrt 1824 gestorben. Er gehörte dem althanseatischen 
Geschlechte an, das seit Jahrhunderten Hamburg und Lübeck 
eine Reihe Bürgermeister und Senatoren gegeben hat. Die 
1887 durch Oscar Tesdorpf herausgegebenen, durch viele 
Familienmitglieder mit authentischem Material unterstützten 
»Mittheilungen über das Tesdorpfsche Geschlecht« — eine ge- 
rade durch die Ungeschminktheit ihrer Form wirksame moderne 



MiSCELLEN. 237 



Familienchronik — berichten über ihn S. 78— 84 u. S. 122 — 128 
ausfuhrlich, nachdem schon der »Neue Nekrolog der Deutschen« 
Bd. X, S. 232 — 241 einen Lebensabriss geliefert hatte. Auf 
seine nicht alltägliche Persönlichkeit wies neuerdings Cajus 
Möllers Aufsatz: »Zu Bürgers hundertjährigem Todestage«, 
L, in der »National-Zeitung« 47. Jahrg. Nr. 346 (8. Juni 1894) 
hin. Wir heben diese Stelle aus, einmal weil Tesdorpfs Art 
und Schicksal darin kurz umschrieben ist, sodann wegen der 
Namensform : »Bürger muss übrigens auch in den Zeiten seines 
jugendlichen Leichtsinns persönlich sehr gewinnend gewesen 
sein; auch seine nicht dichterischen Freunde hingen mit grosser 
Ausdauer an ihm; es macht eiflen rührenden Eindruck, wie 
ihm sein Lübecker Studienfreund Johann Matthaeus TensdorpfF, 
der dann auch Goethe in Frankfurt a. M. besuchte, ein Stück 
Rauchfleisch schickt, weil unser lieber Bürger dies immer so 
gern gegössen habe ; vielleicht eine anständige Form für eine 
Unterstützung. Dieser TensdorpfF stieg im Leben hoch und 
starb als regierender Bürgermeister seiner Vaterstadt kurz vor 
der französischen Erstürmung derselben im Feldzuge von 1806; 
auf seiner Marmorbüste in der Lübecker Marienkirche stehen 
die Worte: ,honeste, pie, prudenter'«. Vgl. Allg. dtsch. Biog. 

37, 586 f. 

Die Schreibung Tensdorpff möge nun hier nicht bloss 
deshalb corrigirt sein, weil wir dem Citate des netten Möller- 
schen Aufsatzes in etlichen Bibliographien begegnet sind und 
sie sich sonach leicht fortpflanzen kann. Wundert man sich 
auch, gerade bei Dr. Cajus Möller ein solches Versehen zu 
treff"en, der geborener Schleswig - Holsteiner ist und eine 
»Geschichte Schleswig-Holsteins« (1864) veröffentlicht hat, so 
schwankt die Orthographie des Familiennamens thatsächlich, 
wie die Notizen auf S. 175 der genannten »Mitteilungen« be- 
legen ; ff findet sich mehrfach, nie aber ein n. Die mir nach 
Person bekannten Angehörigen des Hauses in Leipzig, München, 
Karlsruhe folgen der von mir gebrauchten Form durchgängig 
wie die in den Hansastädten ansässig gebliebenen. Zu J. M. 
Tesdorpfs Beziehungen zu Goethe vergleiche man die »Mit- 
theilungen« S. 80, ferner ebd. S. 81 — S. 79 wird ein grosses 
Brustbild reproducirt — den Brief Goethes an Bürger vom 
12. Februar 1774, worin von dem »Freunde Destorp« gesagt 
wird : »Mein Herz ist mir über der holden Seele aufgegangen« 
Briefe, Weim.-Ausg. II, 146, im übrigen schlage man noch 
bei Strodtmann, Bürger-Briefe I, S. VIII, 43, 46, 52 f., 55, 66, 
77, 102, 112 (194 jener Briefe) nebst dem Register nach. Von 
späterer Verbindung des ein Jahr vor dem Tode in seiner Vater- 
stadt seitens der gesammten Bürgerschaft hochgefeierten Mannes 
zu Goethe ist nichts bekannt. Ludwig Fränkel. 



238 MiSCBLLEM. 



8, Zu Goethes Briefen an Schadow, 

Die grösseren, bisher ungedruckten Briefe Goethes an 
Schadow habe ich in Weslermanns Monatsheften (1894, Öct.) 
abdrucken lassen. Der Vollständigkeit halber seien den dort 
mitgetheilten vier kleine aus derselben an jener Stelle be- 
nutzten Quelle (Schadows Nachlass in der Königl. Berliner 
National-Gallerie) geschöpfte Zettel hier angereiht. Sie sind, 
ebenso wie die früher abgedruckten Briefe dictirt, nur die 
Unterschrift und das davorstehende Respectwört ist eigen- 
händig. Die Briefchen lauten: 

i) Der kunstreiche Hoftnedailleur Hr. Loos hat bei allen 
Gelegenheiten kleine Schaumünzen geprägt, von welchen man 
Musterstücke wünscht und zwar von den kleinsten an. Die 
Absicht ist, Kinder bey ihren Fortschritten durch ein solches 
Geschenk zu erfreuen. Diese Musterstücke können sich auf 
einige Thaler Werth belaufen. Weimar 11. Juni i8r6. Goethe. 

2) Ew. Wohlgeb. erhalten hiebey ein Kästchen mit aussen- 
stehender Signatur. Es ist darin ein kleines Gypse Bild ent- 
halten, ich wünsche, dass solches glücklich anlangen möge. 
Weimar 16. Juni 181 6. Goethe. (Schadow bemerkte darunter 
26. Juni: »kann höchstens drei Thaler Werth haben.«) 

3) Ew. Wohlgeb. danke ergebenst für die Sendung und 
werde von dem Briefe des Herrn v. Preen sogleich Gebrauch 
machen. Wollten Sie mir nur mit Wenigem anzeigen, wie 
weit Sie mit der Arbeit selbst vorgerückt sind, damit auch 
dieses Punktes Erwähnung geschehe. Für alle Bemühungen, 
die sie meinetwegen unternehmen wollen, höchlich dankbar 
und verbunden. Nicht mehr für diesmal. Ergebenst Goethe. 
Weimar 29. Januar 1817. 

4) Ew. Wohlgeb. vermelde nur mit wenigen Worten, dass 
die sehr wohlgerathenen Abgüsse angekommen sind und mir 
viel Vergnügen machen, die Auslagen deshalb sollen gleich 
wieder erstattet werden, ich sende das Geld mit der rück- 
kehrenden Zeichnung. Ich und mein Sohn wünschen alles 
häusliche Glück der neuen Verbindung ; letzterer ist überzeugt 
von dem Antheil, den Sie an der seinigen nehmen. Mehr 
nicht für diesmal damit der Brief gleich abgehe. Weimar 
28. Febr. 1817. Ergebenst Goethe. 

Einige Worte des letzten Zettelchens, die sich auf Augusts 
Vermählung und Schadows zweite Heirath beziehen, sind be- 
reits Westermann a. a. O. S. 90 fg. mitgetheilt. Mit diesen 
Nachträgen ist das mir bekannte Material der Briefe an Schadow 
erschöpft. L. G. 



MiSCELLEN. 239 



p. Ungedrucktes aus Autograpkencatalogen, 

Der Albert Cohnsche Catalog (Auction Berlin 20./22. Mai) 
verzeichnet 2 französische Briefe Goethes im Auftrag^ des Her- 
zogs geschrieben, 29. October 1802, i. Februar 1803; einen 
ungedruckten Brief an das Weimarische Industrie-Comptoir, 
5. Februar 1810, den Druck der Stanzen »Die romantische 
Poesie« betr., ferner einen ungedruckten Brief, vermuthlich 
an Voigt, Carlsbad 18. Juli 1807, aus dem ich die im Catalog 
gegebenen Auszüge, nebst den dort gebrauchten Zwischen- 
bemerkungen hier folgen lasse. 

»Nach Herrn Professor Fcrnows Anleitung sende Ew. 
Excellenz das an Serenissimus gerichtete Schreiben durch den 
Kutscher zurtlck. Serenissimus sind den i4ten in der Nacht 
auf eine von H. Verlohren erhaltene Staffette nach Dresden 
gereist . . Höchstdieselben waren bey gutem Befinden und guter 
Laune . . . Alle Welt ist gespannt auf Nachrichten von Dres- 
den« . . Darauf folgen persönliche Nachrichten. Die Cur bekommt 
ihm nach der von Dr. Kappe vorgeschriebenen Lebensweise 
ganz besonders wohl, er würde niemals wünschen, sich besser 
zu befinden als jetzt, doch fühlt er sich vor Rückfällen nicht 
sicher. »Es ist mir so lange schlecht gegangen, dass ich gar 
nicht den Muth habe ein dauerndes Gute zu hoffen . . . Der 
alte Müller begleitet mich wie vormals. Er ist noch eben so 
gut zu Fuss wie vor zwanzig Jahren und spricht immer von 
der Zukunft für die er zusammenträgt. Sollte nicht ein solches 
Beyspiel auf den Geist eben soviel Wirkung ausüben als die 
Brunnen auf den Körper?« Es folgen Mittheilungen über seine 
geognostische Sammlung. »Titius von Dresden und Sulzer 
von Ronneburg nehmen einigen Antheil an diesen Dingen; 
doch nicht soviel als ich wünschte. Natürlich hat jeder seine 
eigene Ansicht und sein eigenes Interesse«. 

Nach einer Stelle in diesem Briefe hat Goethe schon 
vorher mehrmals an diesen Correspondenten aus Karlsbad 
geschrieben, bei Strehlke ist aber kein Brief aus dieser Zeit 
verzeichnet, der an ihn gerichtet sein könnte. 

Ferner berichtet der Catalog von einer ungedruckten Ein- 
tragung Goethes (Weimar 17. Juni 1782) in das Stammbuch 
des G. W. Chüden, in das sich auch viele andere Berühmt- 
heiten aus Weimar, Jena, Göttingen eingeschrieben haben. 
Das interessanteste Stück ist aber ohne Zweifel das in der 
Weira. Ausg. IV, 361 fg. u. d. T. »Mädchens Held« unter die 
»Goethe zugeschriebenen Gedichte zweifelhaften Ursprungs« 
verwiesene Gedicht. Diese Verweisung erfolgte, weil Goethe 
im Briefe an Kanzler Müller (22. Juni 1827, G.-J. XIII, 191) 
es als nicht von ihm herrührend bezeichnete. Das Gedicht, 
von dem früher nur 6 Strophen bekannt waren, seit 1870: 8 



240 MiSCELLEN. 



(so auch in der W. A.) liegt hier in Goethes Handschrift vor, 
freilich nur mit 7 Strophen. Sie bietet in Str. 2, 4, 5 ab- 
weichende Lesarten. 

Ueber das Gedicht selbst vgl. G.-J. XIII, 188 ff. und die 
dort verzeichnete Literatur. Ueber die Handschrift entnehme 
ich dem Catalog Folgendes: 

»Die vorliegende Handschrift ist diejenige, welche Goethe 
im Jahre 181 6 an Zelter sandte (siehe Zelters Brief an Goethe 
vom 16. Dec. 181 6), denn am Fusse der zweiten Seite steht von 
Zelter geschrieben »Goethes Hand« und darunter »Aus Zelters 
Nachlass zum Geschenk erhalten. Dr. Johann Jacoby. Königs- 
berg in Pr. 1845.« — Nun erklärt sich auch, warum Zelter, 
der das Gedicht 1827 in seiner Sammlung »Sechs deutsche 
Lieder für die Altstimme« mit der Ueberschrift »Mädchens 
Held«, jedoch mit starken Abänderungen veröffentlichte, die 
letzte gegen Wieland gerichtete polemische Strophe fortliess. 
Dies geschah nicht, weil, wie bisher angenommen wurde, der 
Musiker damit nichts anfangen konnte, sondern einfach weil 
das ihm vorliegende Manuscript Goethes, eben das unsrige, 
diese Strophe gar nicht enthielt. Goethe selbst hat sie fort- 
gelassen, vielleicht weil er über 50 Jahre nach Abfassung 
der Dichtung keinen Anlass haben konnte, gegen Wieland, 
der längst nicht mehr am Leben war, polemisch aufzutreten«. 

L. G. 



10. J, G, Schlosser über Goethe 1772, 

Schlosser schreibt an Gleim, Frankfurt, 25. Februar 1772: 
»Die hiesige Zeitung muss wohl durch Cassel schon in Ihren 
Gegenden seyn. Sie hat wirklich Vorzüge, aber ich fürchte 
sie wird bald manchen Anfall leiden müssen. HE. Merk den 
ich unter die Zahl meiner Freunde rechnen darf ist ein vor- 
treffl. Mann. Er last sich seine Arbeit sauer werden; und 
wird viel gutes stiften, wenn er ganz den Mann dem Buch 
das er recensirt unterscheiden lernt. — Ich werde zu Ende 
dieser Woche nach Darmstadt gehen um ihn zu sehen und 
einige Tage bey ihm zu leben. Ein junger Freund von mir 
der sehr viel verspricht, und der mir durch seine ernste Be- 
mühung seine Seele zu reinigen ohne sie zu entnerven auser- 
ordentlich ehrwürdig ist, wird mit mir gehen.« 

Dass mit diesen schönen Worten Goethe gemeint ist^ 
geht aus dem Briefe von Karoline Flachsland an Herder vom 
9. März 1772 (Aus Herders Nachlass 3, 196) hervor, in dem 
es heisst: »Ich habe vor einigen Tagen Ihren Freund Goethe 
und Herrn Schlosser, von dem ich Ihnen schon geschrieben,. 



MiSCELLEN. 241 



kennen gelernt. Sie haben Merk besucht auf etliche Tage 
und wir waren zwei Nachmittage und auch beim Mittagessen 
beisammen.« Gleim war in Darmstadt wohl bekannt durch 
seinen Besuch vom Juni 1771; dass er auf seiner Reise auch 
Goethe bei Johann Daniel von Olenschlager kennen gelernt 
habe, wie er an Heinse schreibt (Briefwechsel zwischen Gleim 
und Heinse i, 202), ist ein Irrthum seinerseits, denn Goethe 
blieb bis Ende August in Strassburg. 

Carl Schüddekopf. 

II. Karl Matthaei über seinen Besuch bei Goethe iyS2, 

Den 9. November 1782 schreibt Goethe an Frau von Stein : 
»Mattei wird bei mir essen. Nach Tisch suche ich dich.« 

Matthaei war im September des genannten Jahres von 
seiner Herrin, der schönen Frau von Branconi, nach ihrem Gut 
Langenstein bei Halberstadt entsendet worden, um dort allerlei 
Geschäfte in ihrem Auftrage zu erledigen. Auf dem Rück- 
wege kehrte er, theil weise auth auf seiner Gebieterin Ver- 
anlassung, an den herzoglichen Höfen zu Braunschweig, Dessau 
und Weimar ein. Am 18. November traf er nach zehnwöchent- 
licher Abwesenheit wieder bei Frau von Branconi in Strass- 
burg ein; tags darauf zeigte er Lavater seine Heimkehr an.' 

In diesem noch ungedruckten Briefe an Lavater vom 
19. November 1782 erzählt Mattei dem Ztiricher Freund von 
seiner Reise, und insbesondere berichtet er ihm über seinen 
Aufenthalt in Weimar Folgendes: 

»In Weymar, einen Mittag von 4 Stunden bey dem kraft- 
vollen Menschen, ganz und nichts halb und nichts klein in 
allem was ihn umgiebt und von ihm ausgeht — bey Göthe — 
der von Geschäften überhäuft, alles was — geschieht — 
dirigirt, und der mich indess mit der Freundschaft aufnahm 
die nur Männern zukömt. Ich war unendlich wohl bey ihm: 
Deinem Pilatus giengs nicht so wohl; dass er mit Dir Berge 
versezen will, habe ich nicht nöthig Dir zu sagen, so wahr 
schätzt er Dich. 

Bey der Herzogin Louise die viel von Deinem Einmahl 
Eins* wissen wolte, von allen Deinen häuslichen und littera- 
rischen Umständen, und die ich in Deine Seel sah und sprach. 



' Die Qjiellen zu diesen Angaben siehe Heinrich Funck, die Wander- 
jahre der Frau von Branconi, in westermanns Monatsheften, November 
1895, 175. 

' Ueber Lavaters Manuscript »Wahrheit und Klarheit«, ein »Einmal- 
eins der Menschheit«, vgl. Pfenninger an Röderer, Zürich den 10. Juli 1782 
und Pfenningers Circular-Schreiben, Zürich den 29. August 1782, Alsatia, 
hrsg. v. Stöber, 1868— 1872, 112, 115. Lavater an Schlosser, Zürich d. 7. Oct. 
1786, Heinrich Funck, Briefwechsel zwischen Hamann und Lavater, 
Altpreuss. Monatsschrift XXXI, 1894, 272. Goethe-Jahrbuch XVI, 217. 

Goethe-Jahrbuch XVII. l6 



242 MiSCELLEN. 



Um den Herzog bin ich gekommen. Da ich ihn zu 
sehen verlangte, könnt er nicht, glaubte ich würde den andern 
Tag bleiben ; da er abends das Gegentheil erfuhr, schickte er 
zu halben Stunden immer zu mir, ich vermuthete mir dies 
nicht, war weg ohne zu sagen wohin, und so solts nicht zu- 
sammenkommen, so gerne ich es gewünscht hätte. Von der 
ganzen Schaar Schriftsteller alda hab ich keinen gesehen.« 

Heinrich Funck. 



12, Maria Mnioch und ihre Urtheile über deutscht Dichter y 
besonders Goethe, 

Die Urtheile auch der geringeren Zeitgenossen über unsere 
grossen Dichter sind von Werth, wenn sie das Grosse mit 
reinem Gefühl und Sinn auf sich wirken Hessen. Zu diesen 
gehörte Maria Mnioch, geb. Schmidt. Ihr Gatte Johann Jakob 
Mnioch, der Freund Zacharias Werners, ' der, ohne jede Neigung 
zu mystischer Schwärmerei, sich doch den Häuptern der älteren 
Romantik geistesverwandt fühlte, machte im ersten Band seiner 
1798 erschienenen auserlesenen Schriften einige Gedichte und 
Aufsätze seiner im 21. Lebensjahre verstorbenen Gattin be- 
kannt. Sie fanden die Theilnahme Herders nicht bloss, weil 
er Mnioch und dessen Schriften zugethan war. Denn ihn 
fesselte die Art^ wie sich hier eine gute Frau innig und un- 
befangen über Gegenstände äusserte, die innerhalb ihrer 
Bildung und Thätigkeit lagen. Er lobte die zarte weibliche 
Hand in ihrer Zeichnung, die Harmonie ihres Wesens, den 
naiven Ausdruck ihrer Gedanken. Von den Proben, die Herder 
anführt, stehe hier nur das »Lied, zu singen im Kreise der 
allzu kühnen Weltreformatoren«: 

Solo: Ihr strebet und ringet zum Ziele der Menschheit, 
Doch selten aus Liebe fürs herrliche Ziel. 
Ihr strebet und ringet aus Dünkel und Ehrsucht, 
Und tretet zu Boden — 
Was neben euch in gleicher Würde stand. 

Chor: Ach, wozu empfinget ihr Herzen, 

Menschen, wenn ihr euch nicht liebt! 

Solo: Von diesen Altären der menschlichen Hoheit 

Steigt Jammer und Klage der Menschen empor. 

* Werner nannte Mnioch einen »grossen Dichter und Religiösen«. 
Ueber Mnioch s. Allg. Deut. Biographie XXII, S. 36 f. vom Verfasser 
dieser Zeilen; vgl. Felix Poppenberg, Zacharias Werner, Berlin 1893. S. 15. 
Herder über Äuiioch 1787; vgl. »Von und an Herder« I, 125 f. 



MiSCELLEN. 243 



Empor zu den Sternen! — Dort sollen sich freundlich 

Und brüderlich grüssen 

Der Priester und sein blutig Opferthier. 

Chor: Ach, wozu empfinget ihr Herzen, 

Menschen, wenn ihr euch nicht liebt! 

Die folgenden Strophen fuhren den Inhalt fort. »Ein 
Lied für unsere Zeiten!« ruft Herder aus. Im tlbrigen sollte 
nach der Idee der Verfasserin nur der Chor ein eigentlicher 
Gesang, das Solo hingegen eine Art von melodischem Reci- 
tativ sein. 

Zur Kennzeichnung ihres Wesens, das die Poesie des 
häuslichen Lebens tief empfand, stehe hier noch der Anfang 
eines von Herder noch nicht gekannten Gedichtes, das leider 
Fragment geblieben ist, in daktylisch -trochäischen Versen: Auf 
ein neugebornes Kind. 

Haben wir doch ein Bette dir bereitet. 
Wo du ruhiger schlafen kannst. Geliebtes, 
Ins unruhige Leben, als dein grosser 
Himmlischer Freund, den ach! die bange Mutter 
Kaum auf Stroh in der Krippe betten konnte ! — 
War' auch das nicht, o! hier sind ja Arme, 
Vater- und Mutter-Arme, hier ein Busen 
Und ein Schoos zur Nahrung und zur Ruhe. 

Maria Mnioch hatte bei ihren Aufzeichnungen nie an die 
Oeffentlichkeit gedacht. Ich fürchte, sagte sie zu ihrem Gemahl, 
wenn ein Fremder diese Versuche sähe, dass man mich viel- 
leicht für ein literarisches Frauenzimmer hielte. Sie aber wollte 
nichts als eine bescheidene Hausfrau sein und schrieb nur in 
einsamen Stunden und nur gelegentlich, wenn ein Gedanke 
oder eine Empfindung sie zum Aussprechen nöthigte. Herder 
nannte sie in seiner Anzeige' eine jungfräulich - mütterliche 
Carita und wünschte am Schluss, dass Mnioch, von den Plage - 
göttinnen Krankheit, Sorge und Gram befreit, durch eine Nach- 
lese aus den Papieren der Verstorbenen ihr ein rühmliches 
Denkmal stifte. Ein Jahr darauf erschienen in Wielands »neuem 
teutschen Merkur« von Maria Mnioch die »Skolien oder Tafel - 
gespräche und Liedchen.« Dazu machte Wieland die An- 
merkung: »Es giebt ganze Provinzen in Deutschland, wo die 
uralte Sitte des fröhlichen Tafel- und Rundgesanges zu den 
Unschicklichkeiten gezählt wird. Dort würden selbst die Musen, 
die beim Gastmahl der Olympier sangen, als freche Bänkel- 
sängerinnen zur Thür hinausgewiesen. Für diese dichtete 



' Sämmtl. Werke. Zur schönen Lit. und Kunst, 20, 362-370. 
Stuttgart 1830. 16°. . 

16* 



244 MiSCELLEN. 



Maria Mnioch nicht.« Herders Wunsch aber erfüllte der Gatte 
bald: im Jahre 1800 erschienen in Görlitz »Zerstreute Blätter, 
beschrieben von Maria Mnioch geb. Schmidt, gesammelt und 
herausgegeben von J. J. Mnioch« (zweite unveränderte Auf- 
lage, 182 1). 

In dieser Sammlung sind ausser den von Herder und 
Wieland gerühmten Gedichten und kleinen Aufsätzen auch 
solche hinzugekommen, die ihr Verhältniss zu den grossen 
Dichtern der Zeit abspiegeln. Goethe besonders, aber auch 
Herder und Schiller sind ihre Lieblinge. In ihrem Urtheil 
verleugnet sich nie ihr weibliches Empfinden; Kopf und Herz 
lebten in schöner Harmonie. Unbefangen sprach sie sich 
aus und gab ihr Eigenstes, ohne je nachzusprechen. Ihr 
Gemahl, der des Mädchens Lehrer gewesen war, bezeugt 
riachdrücklich ihre Selbständigkeit. Auch wo sie irrt, hören 
wir mit Theilnahme zu. Durch ihr Urtheil kennzeichnet sie 
oft sich selbst, nicht bloss den Dichter, der ihre Aufmerksam- 
keit gefesselt hat. An treffenden Bemerkungen fehlt es nicht. 
Werden wir z. B. widersprechen, wenn sie über den glatten 
kalten Ramler sagt: »Welch eine Pracht, welch ein Pomp! 
Die Musen halten eine feierliche Procession. — « Die leicht 
verletzliche Frau spricht aus den Urtheilen über Wieland, die 
der vorsichtig entschuldigende Gatte psychologisch, nicht 
artistisch merkwürdig nennt. Ich führe nur einiges an: 

Lieset man Wieland, so ist man in kluger und feiner 

Gesellschaft, 
Aber ich bitte dich, Herz, werde mit ihm nicht vertraut. 

Wielands Gedichte findet sie mehr unterhaltend als bildend. 
»Meine Erfahrung über die Menschen ist nichts; dennoch fühl* 
ich es wie die sicherste Wahrheit : Wieland will zwar in seinen 
Gedichten nicht verführen, aber er will nun einmal den 
Meisten gefallen und er rechnet auf Verführte.« Aufrichtig 
lieben könne sie nur das treffliche Gedicht Geron (der Adlige). 
Im Oberon, den der Gatte ihr so sehr empfohlen, findet sie 
Scenen der Ueppigkeit so künstlich, umständlich und voll 
guter Laune ausgemalt, dass man den Muth verliert, zu warten, 
bis die Schwäche in Stärke übergeht, oder bis die Tugend 
über das Laster triumphirt. 

Von Herder las sie viel. Während manche gelehrte Ab- 
ha^ndlungen ihr wie das harte Spätobst vorkamen, das erst 
in der Verwahrung im Kasten reif und verdaulich wird, warei> 
ihr Herders Abhandlungen in den »zerstreuten Blättern« 
Sommerfrüchte, die man vom Baume geniessen kann im Freien. 
»Als ich Goethes reiches Epigramm auf Sakuntala gelesen 
hatte, dacht' ich: es gilt auch von Herders Blättern«. Von 
seinen »Briefen zu Beförderung der Humanität« kannte sie 



MiSCELLEN. 245 



nur die sechs ersten Sammlungen. »Schönes, erquickendes 
Obst, gesammelt aus den besten Gärten aller Zonen, zum 
Genüsse aufgestellt in silbernen Schalen«. Auch ihre Bilder, 
sehen wir, gehören der sie umgebenden Sphäre an. Ueber 
Herders 1795 und 96 erschienene »Terpsichore«, eine Samm- 
lung lyrischer Werke aus verschiedenen Zeiten- und Völkern, 
in der besonders Jakob Baldes Gestalt und Gedichte hervor- 
treten, finden sich vier bedeutsame, im elegischen Mass ver- 
fasste Gedichte. Das männliche Buch, heisst es im ersten, ist zu 
stolz für die Liebe des Weibes. Aber Heil dem kräftigen Manne, 

Dem dies männliche Buch bleibt durchs Leben ein Freund. 

Im zweiten Gedicht sagt sie aber auf die Vorhaltung: 

»Trostlos macht es und tröstet!« O nein, es erbauet und 

dann erst 
Schlägt es nieder! es lässt offen die Wunde zurtlck. 

Ihre Hexameter übrigens sind meist fliessend und rein, 
aber in der zweiten Hälfte des Pentameters setzt sie häufig 
im ersten Fuss einen Spondeus. Mnioch will den Verstoss 
gegen die Regel durch die Bemerkung entschuldigen : »Sollte 
nicht zuweilen der Mangel der gewohnten Raschheit . . dem 
Ausdruck angemessen sein? Suchen wir nicht oft im Lesen 
diese Raschheit zu mildern, wo es die Empfindung zu ver- 
langen scheint?« 

Viele der von Herder tibersetzten griechischen Epigramme, 
auch Sprüche aus seinen »Zerstreuten Blättern« waren ihr 
immer gegenwärtig. Der Geist des Griechenthums, den sie, 
nach Mniochs Bericht, besonders in Herders und Goethes 
Gedichten mit wehmüthiger Liebe umfing, war ihr der Geist 
der hoffenden Sehnsucht nach einem helleren und freieren 
Zustande. Sie konnte sich trotz aller Vorhaltung nicht vor- 
stellen, dass die Griechen so ganz heiter und fröhlich ge- 
wesen sein können. Ihr ist daher die kräftige Geduld be- 
wunderungswürdig, die die Unruhe des inneren Lebens, diese 
beklommene Freude zu einer solchen Ruhe gebracht hat wie 
Iphigeniens grosse Seele, dargestellt von Goethe. Die »edle, 
grosse und erhabene Einfalt« dieses Werkes hat sie innig 
gerührt und erhoben. »Wohl darf ich es mir gestehn, dass 
ich Sinn habe für diese männliche Weiblichkeit, die einzige, 
die einer weiblichen Seele ziemt, die Standhaftigkeit der Ge- 
duld, nicht als Kunst oder Philosophie, sondern als Unschuld 
und Religion«. Goethes Wandlungsfähigkeit rühmt sie in dem 
Epigramm : 

Immer sich gleich sind Herder und Klopstock und Schiller, 

auch Wieland; 

Proteus -Goethe, wer fasst deines Herzens Gestalt? 



246 MiSCELLEN. 



Von dem Goethe, der Werther, Götz, Iphigenie, Erwin 
und Elmire gedichtet hat, der die gefallene Margarethe sich 
quälen lässt, von dem meint sie, er habe wenig Manier, aber 
gar wohl einen Charakter, dem er getreu bleibt. Wenn sie 
aber in den römischen Elegien, in einigen Schilderungen des 
Wilhelm Meister, in Epigrammen des Musenalmanachs von 
1796 und »vollends in den Xenien« ihn noch eher an der 
Manier, an Lieblingswendungen und Ausdrücken als an einer 
festen Spur jenes Charakters erkennt, den man in seinen 
früheren Schriften lieb gewinnt und verehrt, so führt ihr Ge- 
fühl sie irre, und ich möchte nicht ohne Weiteres der Ansicht 
des Gatten beistimmen, diesem Irrthum liege etwas zu Grunde, 
was ihm mehr als blosse Verzeihung bewirken kann. 

Richtiger sagt sie bei der Gegenüberstellung Goethes und 
Jean Pauls : Goethe ist Künstler, und seine Werke sind Kunst, 
schöne und erhabene Kunst voll Natur und Unschuld, näm- 
lich seine früheren Werke. Jean Pauls Schriften sind wundersam 
gestaltete, schöne, grosse, verworrene Naturgewächse, woran 
Rosen blühen und Veilchen, und viel dunkle Trauerblumen. 
Bei Goethe erscheinen alle Charaktere als für sich bestehende 
Personen. Es ist die Menschlichkeit in einzelne Menschen 
zerlegt, und so dargestellt, wie sie in einzelnen Menschen 
nach gewissen Hauptzügen erscheint. »Bei Goethes Schilderung 
vergessen wir über dem Gemälde den Künstler. Bei Jean 
Paul nie. Wir lieben mehr den Jean Paul, und bewundern 
mehr den Goethe. Jean Paul hat Manier; Goethe hat sie 
nicht.« »Goethe« sagt sie ein andermal »verlässt, wenn er 
dichtet, seine eigene Individualität ; und ich bin der Meinung, 
wenn wir seine Lieder ausnehmen, dass von keinem seiner 
poetischen Werke mit einiger Sicherheit ein Schluss auf seinen 
eigenen Charakter, sein eigenes Herz gemacht werden kann. 
Wenigstens gibt er selbst keine Veranlassung und berechtigt 
uns nicht dazu. Wenn aber Jean Paul, wie jeder humoristische 
Schriftsteller dieser Art, anders dächte, empßlnde und handelte, 
als seine Werke sprechen, so sind wir getäuscht, und ich 
müsste es nicht wissen, wenn mich seine Schriften noch ferner 
erfreuen sollten«. Ein paar Sätze sind hier, wie Mnioch mit- 
theilt, aus seiner Feder, aber die ergänzenden Ausdrücke ent- 
sprächen ganz der Meinung, die Maria mündlich gegen ihn 
mehrmals geäussert habe. 

Den letzten Band von »Wilhelm Meister« hat sie nicht 
mehr gelesen: sie starb 1797. Mignons Wesen wirkte tief 
auf sie. Aus einem Gedicht »Mignon« wird man diese Verse 
gern lesen: 

Stiller, tiefer, dunkler Geist voll Flammen, 
Heiige, wilde Eremiten -Seele, 



MiSCELLEN, 247 



Wer versteht dich, ach! und führt dich liebend 
Aus der Düsterheit ins helle Leben, 
Dass du selbst dich kennest und verstehest; 
Dass den Himmel, dem die Flamme brennt, 
Du in seiner Freundlichkeit erblickest, 
Und dir Sonn' und Sterne liebend sagen: 
Deine Opfer sind mit Huld empfangen 
Und du bist den guten Göttern werth .... 
Dass sie, wie so viele ihrer Zeitgenossen, Goethes »Tasso« 
nicht ganz zu würdigen wusste, werden wir begreifen. Ist 
doch das Verständniss dieser Dichtung auch heute nicht so 
allgemein. Sie las Tasso dreimal und legte ihn immer un- 
zufrieden mit sich selbst aus der Hand, weil er auf sie nicht 
wie auf andere Frauen wirkte. »Es fehlt mir an genügsamer 
Kenntniss des Konventionellen, besonders seines sublimen 
Geistes.« Die Frauen, meint sie, seien an Tassos Unglück 
schuld, und es solle doch scheinen, als wären sies nicht. »Sie 
opfern ihn und bekränzen ihr Opfer mit Blumen. Anders 
Lotte in Werthers Leiden, sie wird mitgeopfert.« »Die Gräfin 
Leonore« sagt sie ein andermal »sieht den zarten Menschen 
im trefflichen Dichter für eine Blume an, die man mit leisem 
Finger wohl brechen mag, damit sie unsern Kranz verherr- 
liche. Der Gatte nimmt die Prinzessin mit Recht in Schutz : 
»die Seele der Prinzessin ist selbst eine gebrochene Blume. 
Sie wird mitgeopfert; und wie konnte dies deinem Blick, 
deinem Herzen entgehen!« 

Mit ihrem Gemahl werden wir bedauern, dass sie nicht 
mehr die Freude gehabt, »Hermann und Dorothea« zu er- 
leben, das erste Volksgedicht, wie Mnioch sich ausdrückt, 
von echt poetischem Charakter, ein hohes und doch durch- 
aus populäres Kunstwerk. Ihr selbst wäre dann heller ge- 
worden, was sie ahnte und wünschte, wenn sie von Poesie 
fürs Leben und über das Leben sprach. 

Ueber Goethes und Schillers Xenien haben die meisten 
der Mitlebenden, Herder und Wieland nicht ausgenommen, 
ihr Verdammungsurtheil gesprochen. Dichter und Undichter 
haben den Grossen in Weimar und Jena auch zu antworten 
versucht. Das bisher, so viel ich weiss, noch nicht beachtete, 
nur widerstrebend tadelnde Urtheil Maria Mniochs ist begreif- 
licher und in der Form geschickter als viele schwächliche 
Jeremiaden der Lobredner der »guten alten Zeit« wie andrer- 
seits der bösartigen Neidharte. Auch ihr sind freilich, wie 
ein Blatt mit der Ueberschrift »nach wiederholter Lesung der 
Xenien« zeigt, viele dieser kleinen Gedichte anstössig und 
ärgerlich und werden es bleiben. »Aber die übrigen lieset man 
gern : treffliche poetische Sprüchlein über wichtige Kapitel 
des Lebens, der Wissenschaften und Künste. Künftige partei- 



250 MlSCELLEN. 



hindert wurde. — — — Von Opern ist neu: Ines de Castro, 
Adelasio und Aleramo, das Milchmädchen von Berry, das 
Waisenhaus, Elisenne, Wladimir von Romischen, der Bruder 
von Kadrom, Ehedoctor, Hausgesind, goldener Löwe etc etc ; 
von Manuscripten : die Bestürmung von Smolensk von Weissen- 
thurm, die Grossmama von Ziegler, der Verdaclit vom Ver- 
fasser des Korbes — -^ Ich hoflfe, dass Hochdieselben die 
Gnade haben werden, mich baldigst mit einem Gegenschreiben 
zu erfreuen und habe die Ehre mit gränzenloser Hochachtung 
und Verehrung zu seyn 

Euer Exzellenz 

ganz ergebenster 

Stegmayer. 

Der Schreiber dieses Briefes, der selbst darauf hinweist, 
dass er nicht zum ersten Male schreibe, hatte in der That, 
wie aus der Notiz G.-J. X, 336 hervorgeht, Goethe schon ein- 
mal gemahnt (20. Juli 1808). Weitere Spuren einer Corre- 
spondenz sind nicht bekannt. Matthäus Stegmayer 1771 — 1820 
war (Goedeke alte Ausg. III, 807) Hofschauspieler und Director 
der Hofoper in Wien, Verfasser mehrerer Schau-, Lustspiele 
und Operntexte ; sein bekanntestes Werk ist auch das 1 8 Mal 
in Weimar (incl. Lauchstädt und Halle) 18 10 — 18 14 aufge- 
führte (vgl.Burkhardt, Repertoire S. 143, Nr. 553) »musikalische 
Quodlibet: Rochus Pumpernickel.« Ein komischer Zug von ihm 
wird bei Costenoble, Aus dem Burgtheater I, 6, erwähnt ; sein 
Tod berührt das. II, 19. Ein charakteristisches Zeugniss für 
die Vergänglichkeit dramatischer Machwerke ist die Thatsache, 
dass von den durch St. genannten Werken in Costenobles 
angeführtem Buche, das die Jahre 1818— 1837 behandelt, die 
Opern freilich nur streift, einzig und allein »Das Waisenhaus« 
von Weigl erwähnt wird. Der am Anfang genannte Ehlers ist 
der berühmte Tenorist Wilhelm Ehlers (1774 — 1805), der 
1796 — 1805 in Weimar gewesen war; einzelne Compositionen 
Goethischer Lieder sind von ihm bekannt. (Vgl. A.D. B. V, 700.) 



14, Goethe und die Warthurgfeier, 

In meiner Geschichte Europas seit den Verträgen von 1815 
bis zum Frankfurter Frieden von 18 ji (Berlin, W. Hertz 1894), 
Band I, S. 453 hatte ich Gelegenheit, der Sendung des Fürsten 
Hardenberg und des Grafen Zichy nach Weimar zu gedenken, 
die dem den Regierungen so schreckhaften Wartburgfeste im 
December 18 17 nachfolgte. Graf Zichy, der damalige öster- 
reichische Gesandte in Berlin, hielt, vom Minister Edling be- 



MiSCELLEN. 251 



gleitet, auch in Jena Umschau. Ueber seine Erlebnisse und 
Beobachtungen berichtete er Metternich in einer Depesche 
am 23. December 181 7 (K. und K. Haus-, Hof- und Staats- 
archiv Wien), aus der ich a. a. O. nur einen kurzen Auszug 
geben konnte. Hier möge wenigstens angeführt werden, was 
er aus seinen Unterhaltungen mit Goethe und Kotzebue mit- 
theilt. »Goethe auquel j'ai parl^ plus particuli^rement de toute 
cette aflfaire, m'a assurd , que les regrets et le repentir des 
professeurs qui se sont laissds entralner par les circonstances 
^tait gdndral et que chacun tächait actuellement de trouver 
un prdtexte pour s'excuser et nier d'avoir participd aux excfes 
commis« . . . Kotzebue theilt die Ansicht, »que la jeunesse 
a 6t6 entrainde ä la Wartbourg par quelques personnes mal- 
veillantes qui ont voulu sonder les esprits et qui se sont 
retirdes apr^s avoir mis en avant quelques imprudents qui 
sans r^flexion aux suites ont tenu les discours dictds par une 
imagination exalt^e«. Alfred Stern. 



75. 5. Munk bei Goethe, 

Salomo Munk, der bedeutende Orientalist (1803—1867), 
der seit 1828 in Paris lebte, während seiner Berliner Zeit 
viel im Veitschen Hause verkehrt hatte, schreibt in einem 
ungedruckten Briefe an Mor. Veit, Frankfurt a. M., 24. Sept. 
1827 Folgendes: 

»Ich kann Dir blos in aller Kürze sagen, dass ich vorigen 
Mittwoch den 19. hier angekommen und in einigen Tagen 
nach Bonn abzureisen gedenke. Deine Empfehlung an Dr. 
Eckermann hat dahin gewirkt, dass derselbe, da er nicht jetzt 
mit mir zu Goethe gehen wollte, sich von mir bewegen Hess, 
mir ein Paar Zeilen in die Hände zu geben, worin er be- 
merkte, dass ich ihm von Berlin aus empfohlen sei. Diese 
schickte ich mit hinein, als ich mich bei Goethe melden Hess 
und wurde sogleich vorgelassen. Goethe war sehr freundlich 
und unterhielt sich mit mir — wie sich von selbst versteht — 
über die orientalischen Studien. Was ich in der Nähe dieses 
grossen Mannes empfand, kann ich mit Worten nicht aus- 
drücken, noch viel weniger aber mit meiner schlechten Dinte«. 

L. G. 



16. Eichstädts Gedächtnissrede auf Goethe, 
gehalten bei der academischen Preis vertheilung in Jena i. October 1832. 

Die Beziehungen Goethes zu Eichstädt, dem bekannten 
Jenaischen Professor der Eloquenz und der antiken Literatur, 
beschränken sich nicht auf das geschäftliche Verhältniss, in 



252 MiSCELLEN. 



das Eichstädt durch Uebernahme der Redaction der 1803 auf 
Goethes Betreiben gegründeten Jenaischen Literaturzeitung 
zu diesem trat. Der Herausgeber der Briefe Goethes an 
Eichstädt sagt in seiner Einleitung (S. XXV f.) »diese Briefe 
nähern sich den Goethe-Schillerschen vor allen. Man fühlt 
auch aus ihnen lebhaft heraus, dass Goethe sich bewusst ist, 
an einen geistig Ebenbürtigen zu schreiben.« Und aus Eich- 
städts eigenen Worten in der Gedächtnissrede und in seiner 
Widmung derselben an den Kanzler von Müller geht hervor, 
dass wenigstens er Goethes Verhältniss zu sich als das einer 
väterlichen Freundschaft empfunden hat. Darnach war er von 
Müller aufgefordert worden, aus seinen Erinnerungen an Goethe 
etwas zu veröffentlichen, da er mit diesem fast 30 Jahre in 
so nahem Bunde gestanden habe, dass nicht nur Goethe 
durch zahlreiche liebenswürdige Briefe und Gespräche sich 
mit ihm in ein nahes Freundschaftsverhältniss eingelassen, 
sondern auch er sich in seiner ganzen Lebens- und Berufs- 
stellung als Goethes Schützling gefühlt habe. Das dürfte Grund 
genug sein, auch jetzt noch der Rede Eichstädts auf Goethe 
grössere Beachtung zu schenken, als dies bei ihrer Erscheinungs- 
form als academische Gelegenheitsschrift und bei ihrer Ein- 
kleidung in die lateinische Sprache der Fall und möglich ist. 
Eichstädt kannte Goethes Werke und Wirken wie wenige, 
er wusste von ihm aus persönlichem Umgang mehr als viele 
andere, er besass eine vorzügliche Gewandtheit der Dar- 
stellung und war so vor andern zum Entwurf eines Charakter- 
bildes des Abgeschiedenen berufen. Ein kurzer Bericht über 
den Hauptinhalt seiner Rede wird daher keiner weitern Recht- 
fertigung bedürfen. 

Was an Eichstädts Festrede zunächst befremdend und 
fast wie ein etwas sonderbarer Einfall anmuthet, ist der fast 
durch das Ganze hindurchgeführte Vergleich der Entwicklung 
Goethes mit der des griechischen Volks von seinen ersten 
Anfängen in Literatur und Kunst bis zu seiner höchsten 
Vollendung. Aber Goethe war ein Freund des klassischen 
Alterthums, Eichstädt selbst klassischer Philologe, das mag 
diese gesuchte, aber nicht ohne Geschick durchgeführte Ein- 
kleidung erklären und entschuldigen. Eichstädt wollte damit 
gewiss etwas Besonderes, etwas Originelles bieten, das nur 
eben dem jetzigen Zeitgeschmack nicht mehr ganz zusagt. 
Zugleich hat er seinen Gegenstand geschickt mit der Be- 
deutung des Festactes der academischen Preisvertheilung zu 
verknüpfen gewusst. 

Im ersten Theil befasst sich Eichstädt, wie natürlich, 
mit Goethes dichterischer Entwicklung und seinen Dichtungen. 
Was er hier beibringt, ist mehr rhetorisch aufgeschmückt, als 
neu und originell. Aber nachdem er ausgeführt, wie Goethe 



MiSCELLEN. 253 



auf allen Gebieten der Dichtkunst sich ruhmvoll mit Griechen, 
Römern, Italienern, Franzosen und Engländern gemessen und 
ihnen ebenbürtig, ja überlegen gezeigt habe, hebt er mit 
besonderm Nachdruck und wohlthuender Wärme das echt 
Deutsche der Goethischen Dichtung hervor. »Goethe hat 
nicht nur das Beste und Vorzüglichste, was wir an den besten 
Schriftstellern der ersten Kulturvölker bewundern, durch seinen 
Fleiss erreicht, sondern er hat alle diese Vorzüge durch die 
glückliche Fruchtbarkeit seines Genies aus der Tiefe seines 
eigenen Ichs hervorgeholt. Man darf sich daher nicht wundern, 
dass derselbe Mann, der eine solche Verwandtschaft mit aus- 
ländischen Völkern aufweist, doch zugleich in seinen Schriften 
nach Anlage und Gesinnung durch und durch deutsch ist. 
Das beobachten wir z. B. an seinen Heldencharakteren, die 
er im Götz und in andern Dramen geschildert hat, als ob er 
in der Geschichte des deutschen Reiches völlig zu Hause 
wäre, — an seinen lyrischen Dichtungen, so viel ihrer sind, 
und fast in jeder Gattung und auf jeder Seite seiner Piosa- 
schriften. Ja das Herz ist es, das aus allen spricht, ein Herz 
voll wahrer Menschlichkeit, gleich offen für Freud und Leid, 
und so überströmend von Wahrheit der Empfindungen und 
Leidenschaften, dass daraus wie aus einem lebendigen Quell, 
Frische, Kraft und Geist hervorsprudelt«. Sehr schön ist 
sodann, was Eichstädt im Anschluss hieran über Goethes 
Arbeitsweise als Schriftsteller, über die Sorgfalt der Vor- 
bereitung, über die Deckung von Ausdruck und Gedanken, 
über seinen Stil, über seine besondere Kunst sagt, dem Leser 
eine Anregung des Geistes zu geben, die diesem immer neue 
Blicke, neue Gedanken aufthut. 

Der zweite Theil der Rede beschäftigt sich mit Goethes 
Verhältniss zu den übrigen Künsten und zu den Wissen- 
schaften, mit seiner Stellung in seiner Zeit und zu seinen 
Zeitgenossen, besonders zum Hof von Weimar und zur Uni-; 
versität Jena. Da ziehen an uns vorüber seine Kunstbe- 
strebungen, seine Verdienste ums Theater, seine Liebe zur 
Musik, da wird seine Universalität und zugleich seine Gründ- 
lichkeit in der Beschäftigung mit allen Wissenschaften ge- 
rühmt. Das führt den Redner auf die Frage, wie denn eine 
so allumfassende Thätigkeit überhaupt möglich gewesen sei. 
Er schildert aus eigener Erfahrung die strenge Sparsamkeit 
des Dichters mit seiner Zeit und seine Fähigkeit, sich gleiche- 
zeitig mit den verschiedensten Gegenständen zu beschäftigen; 
»Ich habe ihn, während er die Natürliche Tochter entwarf 
und Wilhelm Meisters neueste Schicksale dictirte, in Nebeii- 
stunden ausschliesslich mit der Beobachtung der Pflanzen und 
der sorgfältigsten Untersuchung von Blumen beschäftigt ge* 
sehen. Ich habe ihn, während er in den Morgenstunden an 



254 MiSCELLEN. 



der Farbenlehre schrieb und ganz in optische Versuche ver- 
tieft war, am Nachmittag in Vossens Garten lustwandelnd mit 
seinem Freund über die Gesetze der Metrik und über die Ver- 
besserung seiner Gedichte nach diesen Gesetzen, über Knebels 
Lukrezübersetzung, von der eben eine neue Ausgabe im Werke 
war, reden, und diese Gespräche tagelang fortsetzen hören, 
als ob er keine andere Beschäftigung hätte, als die Metrik zu 
behandeln, die Rhythmen der Gedichte nach ihren Gesetzen 
zu beurtheilen, viele herrliche Gedanken über die Kunst vor- 
zubringen und Vossens Buch über jene Gesetze mit dem Ver- 
fasser sorgfältig durchzuprüfen. Aus seinem eigenen Munde 
habe ich die Aeusserung vernommen, der Gebrauch der 
Thermen von Karlsbad sei dann für seine Gesundheit am 
wirkungsvollsten gewesen, wenn er seine Aufmerksamkeit auf 
die Wunder der Natur in jenen Gegenden, auf das Wesen 
und die mannigfaltigen Erscheinungsformen der Fossilien 
richtete, von denen er eine reichhaltige und auserlesene Samm- 
lung zu Eger im Hause eines Privatmanns gefunden hatte, 
und wenn er die staunenswerthen Thaten des grossen Wallen- 
stein gerade in dem Hause, wo er ermordet wurde, im Ge- 
danken an Schillers Kunstwerk überdacht habe«. 

Von dieser beherrschenden Stellung aus, die Goethe in 
allen Gebieten des.Wisseps und Könnens einnahm, kommt 
der Redner auf die Herrschaft zu sprechen, die er ein halbes 
Jahrhundert lang über seine Zeit ausgeübt, »welche er nach 
seinem Wink und Willen lenkte, durch sein Machtwort regierte 
und von der er eine unbegrenzte Ergebenheit genoss«. 

Aber so viel auch Goethe selbst dazu beigetragen hat, 
diese Stellung zu erringen — so ist doch auch dem Glück an 
diesem Erfolg ein nicht unbedeutender Antheil zuzuweisen. 
Dahin rechnet Eichstädt einmal die schon bei Goethes Auf- 
treten erreichte Entwicklungsstufe der deutschen Sprache, die 
seinen Vorläufern verdankt wurde, ferner die früh erlangte 
Selbständigkeit seinen Universitätslehrern gegenüber, ganz be- 
sonders aber seine glückliche Verbindung mit dem Weimari- 
schen Hofe, von dessen perikleischem Zeitalter unter Karl 
August, Eichstädt eine glänzende Schilderung entwirft. 

Die wissenschaftlichen Abendzirkel in Weimar bilden den 
natürlichen Uebergang zu Goethes Beziehungen zu der Uni- 
versität Jena, der er so viele Förderung seiner wissenschaft- 
lichen Bestrebungen verdankte, der er aber diese auch durch 
seine Fürsorge für die Lehrer und Einrichtungen der Universität 
überreichlich vergalt. Eichstädt rühmt an Goethe besonders 
den Scharfblick, mit dem er an jungen, noch unberühmten 
Gelehrten ihren Werth und ihre künftige Bedeutung lange 
vor andern erkannte und sie, wie Hegel und Johann Wilhelm 
Ritter, durch seinen persönlichen Verkehr auszeichnete. W^orte 



MiSCELLEK. 255 



des Dankes im Namen der Universität und in seinem eigenen 
Namen, Worte der Ermahnung und des Hinweises auf diesen 
Schutzgeist der Hochschule an die Commilitonen beschliessen 
den formvollendeten und gedankenreichen Vortrag. 

Das Mitgetheilte wird gentigen, um die Ueberzeugung 
zu erwecken, dass Eichstädts Rede noch nicht zu den alten 
Scharteken gehört, aus denen nichts mehr zu holen ist, sondern 
dass sie es zum mindesten verdient, von allen gelesen zu 
werden, die gerne auf die Worte eines Mannes hören, der 
mit Goethe so lange in so nahem Verkehr gestanden hat. 

Paul Weizsäcker. 



//. Eduard Mörike über den Briefwechsel zwischen Schiller 
und Goethe, 

Mörike, der sich ja hauptsächlich an Goethe zum grossen 
Lyriker herangebildet hat, war Pfarrverweser in Pflummern 
(wtlrtt. O.-A. Riedlingen), als ihm Mai 1829 die ersten Bände des 
Briefwechsels durch seinen Freund Johannes Mfthrlen, nach- 
maligen Professor am Stuttgarter Polytechnikum, der gerade 
in der Cottaschen Druckerei zu Augsburg als Corrector an- 
gestellt war, zugesandt wurden. In einem (ungedruckten) Brief 
vom 7. Mai 1829, einem der herrlichsten, die Mörike je ge- 
schrieben hat, schildert er dem Freund die Situation, in der 
ihn das Packet antraf, und die Stimmung, in die ihn die 
erste geistige Berührung mit jenem Buch versetzte. Es heisst 
darin : 

»Deine grosse Bücher- und Briefesendung hab' ich mit 
so trunkenen Blicken ankommen sehen, wie ein Kaufmann 
eine Ladung lang und bange erwarteter Ostindier Ware ; nur 
konnte ich die angenehme Gelassenheit, womit ein solcher 
in diesem Falle dennoch zu Werke geht, keineswegs affek- 
tieren ; ich riss Schnüre und Makulatur so heftig auseinander, 
als galt' es wenigstens. Dich in persona auszupacken. Es traf 
sich zufällig, dass mein Bruder Karl aus Scheer bei mir war, 
eben als das Paket ankam, wovon ich ihm zwei Minuten 
vorher schon gesagt hatte, dass es unter seine Adresse nach 
Scheer gelangen werde : denn so lautete Deine Ankündigung. 
Desto grösser war jetzt die Freude; wie Du nämlich wissen 
musst, mein Amtmann ist weder ein Sauertopf noch ein Verächter 
des Geistes und ausserdem beinahe ein hitzigerer Jäger auf 
die bessere Litteratur dieser Zeit, als ich selber. Auch hat 
-er gar sehr aures arrectas bei allem, was von dem Herrn 
Dr. Mährlen ausgeht. Wir hatten zu alledem rote Weinge- 



256 MiSCELLEN. 



sichter von echtem Eilfer, den er mitgebracht. So hob man 
Deine Schätze, so verschlang man gleich das nötigste. Den 
enormen Foliobrief schwang ich hoch empor und schrie 
triumphierend : »Das ist mehr, denn Castor !« — »C'est vrai, 
ma foi !« sagte der Amtmann. Während des Vorlesens klang 
aber meine Exklamation wohl noch fünfzigmal im Innern 
nach, und Deine Liebe rieselte mir Schlag auf Schlag den 
Rücken hinauf. Diese war das Beste am Ganzen, sonst würd' 
ich sagen: Dein gescheutes Raisonnement über so manches, 
was mich und andere angeht, war es. Ich drückte Dir die 
Hand unter'm Tisch, dass Du gefühlt haben musst. 

So mannigfaltig ist Deine Materie, dass es unbillig wäre 
zu fordern, ich solle sie staute pede in diesem Blatt er- 
schöpfen, das heute noch auf die Post gelangen muss. Also 
nur das nächste vorderhand! 

Den Faustum betrachte ich ohne weiteres als mein aus- 
gemachtes Eigentum, obwohl ich nicht weiss, wie es eigent- 
lich mit seiner Deponierung gemeint ist. Von dem übrigen 
wirst Du mir sagen, wann es zurück soll: auch mein Bruder 
wünscht es auf einige Zeit zu haben. Ich muss Dir doch 
melden, unter welchem Umständen ich die ersten haustus 
darin gethan. Der Amtmann kam Abends 4 Uhr ganz uner- 
wartet unter Schneegestöber vor meinem Haus angefahren. 
Nach dreistündigem Bruder- und Luderleben (wobei Du in 
unserer Mitte sassest) überredete er mich leicht, dass ich ihn 
noch dreiviertel Stunden begleite. Wenn die Apostel Philippus 
und Jakobus auch nur ein Gran von Heckmanns ' Weinkenner- 
schaft haben, so werden sie ermessen, wie ich's über's Herz 
bringen konnte, mich in Betreff ihres morgenden Feiertags 
ganz und gar auf meine copia verborum zu verlassen. Mein 
Bruder hätte vor, nach Marchthal, seinem künftigen Amtssitz, 
zu reisen. Es reichte für den Abend noch bis Zwiefalten, wo 
wir auf der Post ein lustiges Nachtquartier aufschlugen. Als 
der Amtmann gegen ein halb elf Uhr anfing irre zu reden, 
dachte ich: Ei, so schlaf und schnarche Du, dass der Schlot 
wackelt! Ich will für Dich beten und auf eine Disposition 
denken. Da zeigte mir der Satan einen Band des Brief- 
wechsels auf dem Tisch. Ich griff so unentschieden darnach, 
als wollt' ich nur den Überschlag beiläufig mustern ; es war, 
der zweite Band. Das tolle Büchlein klebte aber in meinen 
Händen fest, seine Blätter flogen eilig, wie besessen von der 
Rechten zur Linken, ich stand bald mitten in heiliger klassi- 
scher Atmosphäre, las endlich sachte und sachter, ja ich hielt 
den Atem an, die ruhige, tiefe Fläche nicht zu stören, in 



* Lammwirth in Tübingen, eine unter der damaligen Studenten- 
welt populäre Persönlichkeit. 



MiSCELLEN. 257 



deren Abgrund ich nun senkrecht meinen Blick hinunter Hess, 
als dürfte ich die Seele der Kunst anschauen. Einmal blick' 
ich auf und verliere mich in eigenem Nachdenken. Das Licht 
war tief herabgebrannt; ich putzte es nicht. Mein Kopf war 
aufs äusserste angespannt, meine Gedanken liefen gleichsam 
auf den Zehenspitzen, ich lag wie über mich selbst hinaus- 
gerückt und fühlte mich neben aller Feierlichkeit doch unaus- 
sprechlich vergnügt. Statt mich niederzuschlagen, hatte der 
Geist dieser beiden Männer eher die andere Wirkung auf 
mich. Gar manche Idee — das darf ich Dir wohl gestehen — 
erkannte ich als mein selbst erworbenes Eigentum wieder, 
und ich schauderte oft vor Freuden über seiner Begrüssung. 
Zuletzt geriet meine Phantasie auf ganz fremde Abwege ; ich 
durchlief die benachbarten Zellen des Irrenhauses und wühlte 
in der nächtlichen Fratzenwelt ihrer Träume; auf die schöne 
Tagesklarheit Deines Büchleins grinsten tausend Narrenge- 
sichter, die mit ihren tiefpfiffigen Augen mich fast überredeten, 
die Philosophen liegen in einem entsetzlichen Irrtum, und 
nur sie, die Narren, wären hinter die Gardine des göttlichen 
Verstandes gekommen, wo man sehe und fast platze vor 
Lachen, wie Herr Schiller und Herr Goethe sich mit wichtigen 
Mienen und Bücklingen über die Vergoldung von Nüssen und 
des mundus in nuce unterhalten. Ich hatte viel zu thun, um 
den Demonstrationen des herrlichen Zirkels zu entrinnen — 
sie riefen und pfiffen mir noch lange aus Sprachröhren nach, 
als ich schon wieder in dem Büchlein weiter machte. Aber 
endlich war's doch wieder Frieden, und ich pries mich glück- 
lich im blauen Tage der Poesie, deren Herz man in diesem 
Buche in abgemessenen, langsam vorgezählten Pulsen schlagen 
hören kann. Es war zwei Uhr, wie mein Licht herabsank, 
drei Uhr, als ich einschlief. Um 8 Uhr morgens trennten sich 
die fratres (nachdem ich dem Amtmann noch meine Kirche 
gezeigt hatte; denn sagte ich Dir nicht, dass Zwiefalten ein 
Filial von Pflummern ist ? Du musst das nicht bildlich nehmen. 
— Gehorsamer Diener ! — Es ist so). Er fuhr links, ich rechts 
in flotter Postequipage. Der Schwager ersuchte mich gleich, 
fein aufmerksam auf den Weg zu sein, er wisse ihn nicht 
durch den Wald ; ich versprach's und nahm indessen die Briefe 
wieder. Nach einer Viertelstunde hiess es: Wo sind wir? — 
In Weimar, dacht' ich. — Aber kurz, man war verirrt; doch 
kam man noch zu rechter Zeit hier an, und ich trieb meinen 
Reif auf der Kanzel glücklicher, als jemals, über den Steg, 
so schmal der zuweilen auch war.« 

Auch in den folgenden Briefen an Mährlen thut Mörike 
des Briefwechsels öfters Erwähnung, so am 11. Februar 1830: 
»Die ersten Bände von Schillers und Goethes Briefwechsel, 
die allerdings noch wohl in meinen Händen ruhen, nahm ich 

Goethe-Ja iiREucH XVII. I7 



258 MlSCElXEN. 



neulich wieder mit frisch empfänglichem Geiste vor; sie sind 
unerschöpflich an Belehrung und stets neuem Reiz. Ich brenne 
vor Begierde, bis Du die folgenden schickst. Mach mir die 
Freude recht bald!« Anfangs September 1830: »Mit den 
tibersandten Drucksachen hast Du mir einen Hauptschmaus 
bereitet, und ich kann Dir nicht genug für die Mitteilung 
danken. Die neue Folge von Briefen (Seh. u. G.) schlang ich 
gleich in einem haustus hinunter, eben als ich ein dringend 
Amtsgeschäft vor mir hatte, das denn mager genug wegkam«. 
Am 27. September 1830: »Es hat wohl kaum einen red- 
licheren, dankbareren Leser der Seh. u. G. Korrespondenz 
gegeben, wie mich, was einigermassen daraus erhellt, dass 
ich sie wirklich* zum fünftenmal durchmache.« Am 14. Sep- 
tember 1831 schreibt Mörike an einen andern Freund, Pfarrer 
Wilhelm Hartlaub: »Ich lese gegenwärtig den 5, Band von 
Schillers und Goethes Briefwechsel, den ich zum Teil eigen 
habe. Suche Dir's doch zu bekommen! Das sind auch Herrlich- 
keiten, ,die zu ertragen man zu zweien sein muss'. Welche 
Seligkeit, so etwas einmal wieder mit Dir oder Bauer* zu 
lesen.« Rudolf Krauss. 



iS. Aus^ Bauernfelds Tagebuch. 

Der 5. Band des Jahrbuchs der Grillparzer-Gesellschaft 
(Wien 1895) bringt S. i— 217 C. Glossys Mittheilung »Aus 
Bauernfelds Tagebüchern«, aus dem hier einige Notizen wieder- 
holt werden mögen, weil sie verdienen allgemeiner bekannt 
zu werden. Voranstehn mag eine sehr richtige Bemerkung, 
die Bauernfeld einmal brauchte, als er der Goethe-Nachahmung 
beschuldigt wurde: »Was das Nachahmen betrifft, so fusst 
doch einer auf den andern, das geht nicht anders«. 

Im April 1830 notirt Bauernfeld: 

»Deinhardstein wies mir neulich einen Brief von Goethe 
als Antwort auf eine Aufforderung, an den Jahrbüchern der 
Literatur theilzunehmen, welche jetzt — Deinhardstein redigirt! 
(Freilich mit Beihilfe des Hofrathes Hammer^ Nun hatte 
Deinhardstein dem alten Goethe in Weimar aufgewartet, ihm 
ohne Zweifel vorschwadronirt. Der grosse Mann scheint nicht 
abgeneigt, macht dem Deinhardstein viel Complimente, freut 
sich, dass ein so trefflicher und talentvoller Mann (Sic! schreiben 
die Recensenten) eine so wichtige Rolle bei uns bekleide 
u. s. w. Zum Schluss schreibt er: »Melden Sie dem erhabenen 
Manne, dem auch ich theilweise anzugehören das Glück habe, 

* Ein in Schwaben sehr geläufiger Provinzialismus für »gegen- 
wärtig«. 

' Ludwig Bauer, Dichter, zuletzt Gymnasialprofessor in Stuttgart. 



MiSCELLEN. 259 



meine innigste Aneignung!!« — Ganz Goethe! Er bildet sich 
vermuthlich ein, Deinhardstein stehe zu Kaiser Franz wie 
Goethe zu seinem Grossherzog. — Wie schön sass Goethe 
dem Deinhardstein auf, und wie schön wieder Deinhardstein 
dem Goethe, indem er über den Brief entzückt ist«. 

Zur Sache vgl., wie schon der Herausgeber der Tage- 
bücher bemerkt, G.-J. X, 161. — Bei Goethes Tode schrieb 
Bauernfeld (S. 60): »Goethe todt, es lässt sich nicht ausdenken. 
Und ich verschob es immer nach Weimar zu gehen! Grill- 
parzer hatte das Glück, den Mann kennen zu lernen«. Er 
machte darauf, wie er zum April bemerkt, ein Gedicht auf 
Goethes Tod in 17 Stanzen, das, wie Glossy erinnert, in der 
»Wiener Zeitschrift« 1832, Nr. 44 gedruckt wurde; in derselben 
Zeitschrift noch 4 Gedichte Anderer auf Goethes Tod. 

Im Mai 1832 schrieb Bauernfeld folgende beherzigens- 
werthe Bemerkung: 

nGoethes und Schillers Briefwechsel mit höchstem Antheil 
gelesen. Börne hält sich auf, dass diese Herren nicht witzig 
sind und nicht politisiren. Was haben wir damit gewonnen? 
Man kann die Menschen nicht in Masse glücklich machen, 
tmd die Masse taugt an sich wenig. Dabei ists wahr, dass 
Goethe und Schiller sich wenig liberal aussprechen. Dafür 
ist der Liberalismus jetzt Modesache! Alles hat .seine Zeit. 
Börne wäre vielleicht, wenn er in Goethes Jugendtagen ge- 
lebt hätte, ein obscurer Magister geblieben. Die Zeit trägt 
viele Menschen, aber nur die grossen Menschen helfen eine 
neue Zeit schaffen. Wir müssen noch immer auf den Wegen 
gehen, die uns Goethe vorgezeichnet«. 

Zum Schluss seien zwei Goethe-Anecdoten mitgetheilt, 
von denen die letztere gewiss auf einem Missverständniss 
beruht, aber interessant ist für die Art, mit der man in ge- 
wissen Kreisen Goethes Arbeitsweise ansah, die erstere recht 
wohl geschehen sein kann, wenigstens passt sie ganz zu der 
•selbstbewussten, widerborstigen Art Raupachs. Bauernfeld notirt 
i(S. 93, Sept. 1841): »Raupach erzählte. Wollte damals Goethe 
besuchen. Er nahm mich zweimal nicht an. Ich dachte mir: 
•Goethe ist ein geistreicher Mann, du bist auch ein geistreicher 
Mann — sei's«. — Ferner: »Ein Jeder hat seine Art. Goethe 
iging mit verschränkten Armen im Zimmer auf und ab, nahm 
ein Manuscript aus dem Schrank, wie aus einer Registratur, 
»Faust« oder »Egmont«, dictirte, wenn er Lust hatte. Ich 
begreifs nicht. Wie kann man Poesie dictiren? Wie das 
^Geheimste einem andern zuerst mittheilen als sich selber?« 

L. G. 



17' 



260 MiSCELLEN. 



/p. Eckermann an eine Schauspielerin, 

Der folgende Brief, zuerst in der Wiener »Montagsrevue« 
vom 25. Februar 1895 durch Rudolf Beer veröffentlicht und 
von dort aus in viele Zeitungen übergegangen, ist auch an 
dieser Stelle der Mittheilung werth, damit er dadurch einem 
weitern Kreise bekannt und dauernd vor Vergessenheit ge- 
schützt werden möge. Die drei in eckige Klammern einge- 
schlossenen Worte sind in Folge einer Lücke nicht vollständig 
lesbar. Der inhaltsreiche Brief lautet : 

(Weimar) Dienstag Abend, den 3. Febr. 1829. 

»Eigentlich sollte ich mit Ihnen schelten, dass Sie an 
meinem guten Willen zweifeln Ihnen zu nützen, da ich doch 
eigentlich kaum einen andern Gedanken habe. 

Da lobe ich mir doch Ihre Mutter, die tiefer in mich 
zu blicken vermag. Mein Gespräch mit Ihnen war so kurz, 
dass ich es unwillkürlich fortsetze. Der Gedanke, dass einiger 
Ernst und einiges Streben nach dem Höheren in Ihnen ist^ 
macht mich unendlich glücklich, so wie überhaupt jedes Gute 
und Edle, das ich an Ihnen bemerke, meiner Seele ein wahres 
Labsal ist. Ja und wenn die Welt noch so viel gegen Sie 
sagte, ich könnte den Glauben an Ihren Werth nicht ver- 
lieren; ich wüsste nicht wie ich ohne diese Ueberzeugung- 
leben sollte. Sie glauben nicht wie es mich freut dass Sie 
Geschmack und Intereße an Sophocles finden. Wundern Sie- 
sich nicht über meine Verwunderung \ es ist dieses etwas sehr 
seltenes und ich zweifle, dass es in Weimar eine Zweyte giebt, 
die in ihren inneren Anlagen gross genug wäre, Ihr Intereße 
zu t heilen. 

Nächstens müßen Sie mir nun sagen, welches der Stücke 
Sie gelesen haben und welches Ihnen am besten gefällte 
Sophocles ist der grösste und edelste aller tragischen Dichter, 
die je gelebt haben, und wie gesagt, dass dieser Alte Ihnen- 
gefällt macht mir unaussprechliche Freude. 

»Sage mir mit wem Du umgehst und ich weiss, was vo» 
Dir zu halten ist.« 

»Sage mir womit Du Dich beschäftigest und ich weiss,, 
was aus Dir werden kann.« 

Diese zwey neuen Worte von Goethe mögen Ihnen meine: 
Freude erklären. 

Der Darstellung des Faust kommt es sehr zu Gute, dass die- 
bildende Kunst dem Theater vorgearbeitet hat. Fast alle 
Scenen des Faust sind durch geschickte Maler dargestellt 
worden; wodurch denn das Körperliche der Hauptcharactere, 
so wie ihre Anzüge und der umgebende Ort und Hintergrund, 
speziell und deutlich vor die Sinne gebracht ist, so dass vom 
Decorationsmaler bis zum Theaterschneider niemand sich in» 



MiSCELLEN. 261 



Ungewissheit befinden kann was er zu thun habe. Die Umriße 
von Retzsch sind weltberühmt; Ramberg hat auch vieles ge- 
macht; so wie zuletzt in Paris ein höchst begabtes, aber 
etwas wildes Talent, Herr Delacroix zu genialen Zeichnungen 
im Faust reiche Nahrung gefunden hat. In allen drey Künstlern 
sehen wir nun, wie sie sich den Faust, den Mephistopheles 
und das Gretchen gedacht haben. Letztere erscheint überall 
als ein junges schlankes [Wesen], das Ihnen nicht unähnlich 
ist. Die [Umriße] von Retzsch sind vielleicht das Edelste 
und Sicherste, woran man sich zu halten hätte. Ich will 
suchen, sie zu bekommen und sie Ihnen zur Ansicht senden. 
Was die Redaction des Stückes für die Bühne betrifft, 
so habe ich aus Klingemanns Bericht so viel ersehen, dass 
alle undarstellbaren, für die Imagination geschriebenen Scenen 
weggelassen sind. Diese wären vorzüglich: der Prolog im 
Himmel, die Brockenscenen und das Reiten am Hochgericht 
vorüber. An Fausts Monologen ist vieles gekürzt, sowie mancher 
zu kühne Ausdruck weggelaßen ist. Das wilde Lied zu Anfang 
der Kerkerscene, wovon Sie sagten, gründet sich auf ein 
altes Volksmärchen, das Ihnen vielleicht nicht unbekannt ist. 
Eine böse Stiefmutter schlachtet einen Knaben und setzt ihn 
gekocht seinem Vater vor, der, unwißend, ihn verzehrt und die 
Knochen liegen lässt. Diese Knochen sammelt das Schwester- 
chen und verbirgt sie unter einem Wachholderstrauch, wo 
dann ein Vogel daraus wird, der umherfliegt und das [Ver- 
brechen] der bösen Stiefmutter singt. 

Meine Mutter 

Die mich umgebracht hat! 

Mein Vater, der Schelm, 

Der mich 'geßen hat! 

Mein Schwesterlein klein 

Hub auf die Bein, (verwahrte die Gebeine) 

An einem kühlen Ort ; (unter dem Wachholderstrauch) 

Da ward ich ein schönes Waldvögelein; 

Fliege fort, fliege fort! 

Nicht wahr? jetzt ist Ihnen das Lied vollkommen deut- 
lich und Sie sehen daraus, dass Goethe auch im Wahnsinn 
seiner Personen einige Realität hat. Es wird mir lieb seyn, 
wenn ich Ihnen über diese oder jene Dunkelheit des Faust 
ferneren Aufschluss geben kann, • und wenn Sie auch, wider 
meinen Wunsch und Hoffen, nicht zur Rolle des Gretchen 
kommen sollten, so sollen Sie doch über diese Rolle so wie 
über das Stück beßer unterrichtet seyn wie irgend eine andere 
in Weimar. 

Es freut mich, dass Sie der Frau v. Goethe in der letzten 
Zeit so gefallen haben. Besonders rühmte sie Ihr Spiel und 



262 Nachträge und Berichtigükgen. 

feines Betragen im Wunderschrank. Sie sagte, »sie wäre ganz 
erstaunt gewesen.« Seit acht Wochen habe ich Ihren Namen 
nicht genannt. Nun ist es mir sehr lieb, dass ich dieses 
Schweigen endlich gebrochen habe und dass ich wieder an- 
fange, über Sie zu reden und Sie zu loben. 

Goethe bat mich gestern um einige Gedichte zu einem 
Musenalmanach wozu er auch Beyträge giebt. Anfänglich 
dachte ich, ihm etwas von unseren Gedichten zu geben, aber 
ich will es nicht, sie sind zu gut, ich will sehen, dass ich 
etwas anderes finde. 

Mit unserem gemeinsamen Liebling Jenny habe ich vor 
einigen Tagen gegeßen. Sie war besonders reizend indem sie 
mich um etwas ersuchte, welches mir leid that, ihr abschlagen 
zu müssen. 

Senden Sie mir gelegentlich den blauen Band von W. 
Meister und die rothen Wanderjahre, ich will Ihnen dagegen 
das Buch mit dem Gedicht der Euphrosine senden. 

Mündlich mehr von yours true friend 

Eckermann. 

Die in vorstehendem Brief genannten Faust-Illustrationen 
sind sehr bekannt: sie erschienen 181 2, 1828. Jenny ist 
natürlich Jenny v. Pappenheim (Gustedt). lieber die Klinge- 
mannsche Faustbearbeitung vgl. Creizenach, Buhnengeschichte 
des Goethischen Faust; der »Wunderschrank« ist ein Lust- 
spiel von F. V. Holbein, das im Jahre 1823 erschien; das 
Volkslied im Faust, dem Märchen vom »Machandelboom« 
entnommen, s. Loeper, Faust I, S. 199 Anm. Der Musen- 
almanach, zu dem Goethe Beiträge gab, ist der »Berliner« auf 
1830 von Veit, Werder, Stieglitz herausgegebene. Doch ist 
die Aufforderung an Eckermann gewiss nicht von Goethe aus- 
gegangen, vgl. Geiger »Im deutschen Reich«, Berlin, Juli 1895. 
»Unsere Gedichte« mögen diejenigen sein, die dem Verhältniss 
Eckermanns mit der Adressatin ihren Ursprung verdanken. 
L. G. 

B. Nachträge und Berichtigungen zu Band I, IV, V, 
X. XV. XVI. 

Zu Bd. I— V. I. Die in folgenden Stellen des Goethe- 
Jahrbuchs erwähnten Personen beziehen sich alle auf einen 
Einzigen, den Maler Gerhardt von Reutern: Bd. I, 283, 284; 
Bd. IV, 186, 178, 399; Bd. V, 36, 37, 353. 

2. Der in Bd. IV, S. 178 erwähnte, im Gefolge des 
Grossfürsten befindliche, »Ihr werther Geleitsmanna genannte 
Begleiter Joukovskys kann nicht Gerhardt von Reutern ge- 
wesen sein, da derselbe 1821 und 1822 sich in Livland auf- 
hielt (cf. S. 43 u. 44 des Lebensb.). B. v. Reutern. 



— j 



Nachträge und Berichtigungen. 263 

■ 

Zu Bd. XV.' S. 55, Zeile 7 von oben »alten« statt matten«. 

Seite 58, Zeile 18 und 85, Zeile 11 unter dem Programm 
ist gemeint die 181 1 Berlin bei G. C. Nauck erschienene 
Schrift »Zu Piatons Phädon« (vergleiche Kleine Schriften von 
F. A. Wolf, herausgegeben von Bernhardy 962. Die Vorrede 
ist vom 9. October 181 1 datirt). Nun erst wird die gering- 
schätzige Aeusserung tlber Heindorf verständlich. 

Seite 59, Zeile 5 von unten »tröstlich« statt »köstlich«. 

Seite 66, Zeile 4 von unten. Wolf hat dennoch dem 
Vossen und zwar in echt Wolfischer Weise replicirt. »G. Her- 
mann über dip bestrittene Cäsur im Trimeter der griechischen 
Tragödie: ein Brief an den Herausgeber der Literarischen 
Analecten nebst Vorwort. Beilage zum ersten Hefte Analecten, 
Berlin bei G. C. Nauck 181 7, 15 Seiten.« Hermanns Brief ist 
vom 5. Februar 181 7. Der kurze Artikel in den Analecten 
I, 253 über eine bestrittene Cäsur im griechischen Trimeter 
unterzeichnet mit x rührt nicht, wie Voss wähnte von Wolf 
her, der Verfasser ist AhLwardt. Das entnehme ich aus einer 
vor vielen Jahren niedergeschriebenen Anmerkung, in der 
ich mich auf einen Brief Wolfs an Körte vom 13. April 1821 
beziehe. * 

Zu Seite 88. F. von Raumers Briefe aus Paris und Frank- 
reich im Jahre 1830, II, 278. »Herr Roulet, der äusserst ge- 
fällige Consul erzählt mir, ein furchtbarer Windstoss des Mistral 
habe Wolf an seiner Seite fast zu Boden geworfen, dass er 
ihn stutzen und nach Hause führen musste. Gleich nachher 
legte er sich und stand nicht wieder vom Krankenlager auf.« 

S. 92, Z. 14 von unten. ^KKUKXr||Lia(Ji vgl. C. A. Böttigeri 
Opuscula ed. Sillig, Dresd. 1837, p. 354. 

S. 94, Z. 9 von unten. Vgl. F. A. Wolfs grosse Anmerkung 
zu den Bruchstücken seiner Üebersetzung : »Aus Aristophanes' 
Acharnern, Griechisch und Deutsch mit einigen Scholien« 
(Berlin 1812), p. 66fgg, 

S. 94 letzte Zeile. Naiv genug heisst es im Artikel 
Thespiades: »Da es denn einige für die 13. von des Herculis 
grossen Arbeiten gehalten, dass er alle solche Dinger in einer 
Nacht zu Weibern gemachet, obwohl sonst auch sind, welche 
ihm dazu auch 50 Nächte zustehen, nicht weniger aber auch, 
welche ihm lieber solche Brunnen-Ochsen-Arbeit gar nicht 



' Die folgenden werthvoUen Ergänzungen von M. Bernays waren 
schon für Bd. XV bestimmt, konnten aber leider wegen Platzmangels 
weder dort noch in Bd. XVI angebracht werden. 

* Auch das Inhaltsverzeichniss zum ersten Bande der Analecten 
nennt als Verfasser C fV. Ahlwardt, 



264 Nachtrage und Berichtigungen. 

bey messen wollen.« M, Benjamin Hederichs Gründliches 
Lexicon Mythologicum (Leipzig 1724), p. i86i. 

M. Bernays. 

S. 28. Die erste ausführlichere Aeusserung Goethes über 
Seine Unterredung mit Napoleon berichtet aus Goethes Munde 
Humboldt in einem Briefe an Jacobi vom 21. November 
1808 (S. 75 meiner Ausgabe); am 18. hatte Goethe nach 
Tagebücher 3, 400 mit Humboldt »über gegenwärtige deutsche 
Verhältnisse« gesprochen: hierbei flocht er vielleicht jene 
Mittheilung ein. A. Leitzmann. 

S. 58. »Sonst würde ich Ihnen gern die wässrige Ueber- 
setzung des Plutarch lassen; indess ist das Biich ja oft bei 
Ihnen, da der Verfasser in der Nachbarschaft lebt«. Hier 
liegt ein Witz mit dem Namen des Plutarchübersetzers Johann 
Friedrich Salomon Kaltwasser (1752 — 1813; vgl. die Notizen 
in der allgemeinen deutschen Biographie XV, 49) vor, der Colla- 
borator am Gymnasium in Gotha war. A. T.eitzmann. 

S. 80 ig. Das Original dieses nach dem »Concept von 
Schreiberhand« mitgetheilten Briefes ist in meinem Besitze. 
In dem an Hirt gelangten Schreiben fehlt »bereits«. Die 
Datirung lautet: Weimar, den 12. August 1827. Dieses Datum 
sowohl wie die Worte : »Dankbar, treu verbunden J. W. v. Goethe« 
sind' von Goethes, der Context von Kräuters Hand. Der Brief 
wurde bereits 1893 in meiner Schrift »Sesenheim, wie es ist«, 
S. 51 f. abgedruckt. Gustav A. Müller. 

S. 217. Carl Matthaei studirte nicht nur in Altdorf und 
Leipzig, sondern auch in Halle und zwar wurde »Carl Job. 
Conr. Mich. Matthaei Norimbergensis am 18. Oktober 1765 
als Theologe« daselbst immatrikulirt. — Seiner Hallenser 
Studienzeit gedenkt Matthaei in Briefen an Bodmer, welche 
sich in des Letztern brieflichem Nachlass befinden. 

S. 236. Carl Matthaei hielt sich weder 1777 noch 1778 
längere Zeit in der Schweiz (Zürich, Lausanne) auf; er traf, 
aus Braunschweig kommend, den 30. Juli in Strassburg ein 
und lebte in dieser Stadt noch das ganze folgende Jahr hin- 
durch. Wegen seiner verantwortungsvollen Erzieherstelle 
konnte er während der beiden genannten Jahre nicht einmal 
auf ein paar Tage in die nahe Schweiz kommen. Diese 
Notizen sind der oben erwähnten handschriftlichen Quelle 
entnommen. Heinrich Funck. 

S. 258, Z. 1—2. Vgl. Vers 925/26: »Ihre Kraft Und 
Eigenschaft.« Diese Uebereinstimmung beweist, dass auch die 
Beschwörungsverse Fausts dem Pudel gegenüber unter dem 
Einfluss des Wechselgesprächs stehen und ihm ihre Form ver- 
danken. 

S. 258, Z. 29 1. Thierverse statt Vierverse. A. Tille. 



NÄCHTRÄGE UND BERICHTIGUNGEN. 265 

S. 281, Z. I lies »der vierten« statt »den meisten«. Z. 5 1., 
greifenden statt preisenden. 

S. 283. Die richtige Auflösung der Geheim -Adresse ist, 
wie ich schon vor Ausgabe des Goethe- Jahrbuches, aber 
zu spät für eine Aenderung, bemerkte, im 7. Bande der Briefe 
Goethes (W. A.) S. 381 gegeben: nämlich Steinauer. Meine 
Auflösung konnte nicht richtig sein, weil ihr die Unterlage 
fehlte. Die Adresse lautet nicht, wie man ursprünglich las: 
Kpa . . öbio^, sondern ist laut freundlicher Belehrung Dr. Ed. 
V. d. Hellens ein Gemisch von neun Zahlen, Zeichen und 
Buchstaben, das im 7. Bande wegen technischer Schwierig- 
keiten nicht wiedergegeben werden konnte. Aus denselben 
Gründen muss es auch hier fehlen. 

Albert Bielschowsky. 

S. 330, Z. 20 1. Ludwig Aub. 

S. 336, Z. 5 V. u. 1. A. E. Schönbach. 

S. 338, Z. 29 1. Consentius. 

S. 350, 4 V. u. ergänze: von Julius Schapler. 

Zu Bd. XVII, S. 13, Z. 18 V. o. lies »ihres« statt »seines«. 

S. 84, Z. 14 muss es statt »zogen« heissen: »zog«. 

S. 251 (der 16. Bogen war am 14. März gesetzt). Die 
A. Z. d. Jud. 27. März 1896 bringt eine Notiz über einen 
Brief, »den Munk als junger Gelehrter von Weimar aus an 
seine Mutter geschrieben hat und in welchem der junge 
Orientalist einen Besuch bei Goethe schilderte. Er war dar- 
aus zu ersehen, dass Munk Gunst bei Goethe gefunden hatte, 
denn der sonst spröde, alte Meister unterhielt sich mit ihm 
lange. Als nun vor einiger Zeit eine Versammlung der Goethe- 
Gesellschaft in Weimar stattfand, erbat sich ein Breslauer 
Stadtrath und Goethe-Kenner den Brief und nahm ihn nach 
Weimar mit, und hier stellte sich heraus, dass Goethe unter 
dem. Datum des Briefes in den Tagebüchern gleichfalls eine 
längere Notiz über den Besuch des jungen Orientalisten auf- 
gezeichnet hatte«. L. G. 




2. Chronik. 



A. NEKROLOGE. 

Das Curatorium des Goethe - National -Museums hat im 
verflossenen Jahre die beiden Mitglieder durch den Tod ver- 
loren, die nach dem landesherrlichen Stiftungsbrief in seiner 
Mitte die Familien vertreten, denen das Museum für Ueber- 
weisung kostbarer Gegenstände aus dem Nachlass des Dichters 
verpflichtet ist. Das Museum beruht bekanntlich in erster 
Linie auf dem Nachlass des am 15. April 1885 verstorbenen 
letzten männlichen Nachkommens Goethes, des Kammerherrn 
Walter von Goethe. Er hatte die Gebäude nebst Garten des 
Stadthauses mit ihrem Inhalt »an Sammlungen von Bildern, 
Medaillen u. s. w., sowie alles was in dem von dem Gross- 
vater benutzten Vorzimmer, in der Studirstube und dem 
Schlafzimmer sich befindet« dem Weimarischen Staate ver- 
macht. Eine werthvolle Anzahl von Kleinodien, Gemälden, 
Sculpturen, Reliquien aller Art blieb aber durch diese Fassung 
der Bestimmung ausserhalb der Stiftung und fiel den Intestat- 
erben zu, dem Generaladjutanten des Grossherzogs von Sachsen, 
Generallieutenant Grafen Leo von Henckel- Donner smarck, der 
mit Ottilien von Goethe, der Mutter des Erblassers, denselben 
Grossvater hatte, und dem Sanitätsrath Dr. Felix Vulpius^ 
einem Bruderssohne der. Christiane, von .Goethe, der Gattin des 
Dichters zu. In dankenswerthester Weise vervollständigten beide 
Herren auf Anregung des Dr. Vulpius das Goethische Vermächt- 
niss durch eine Stiftung, in der sie dem Staate die oben erwähnten 
Kunstsachen, Gegenstände, persönliche Erinnerungen u. s. w., 
über die Walter von Goethe nicht oder nicht in zweifelloser 
Weise verfügt hatte, dem Museum überwiesen. Unter dem 
15. Juni 1885 wurde die Urkunde über diese Stiftung landes- 
herrlich bestätigt und am 8. August desselben Jahres der 
Stiftungsbrief über die Errichtung und Organisation des Goethe- 



Chronik. 267 

Museums selbst vollzogen, durch welchen Graf Henckel von 
Donnersmarck und Dr. Vulpius in das Curatorium desselben 
berufen wurden. Die Goethe-Gesellschaft sprach ihnen den 
Dank aller Goethefreunde für ihre hochherzige Stiftung da- 
durch aus, dass sie sie zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft 
ernannte. 

Am 27. December v. J. verschied Graf Leo Henckel im 
Alter von 67 Jahren. Er war am 8. Januar 1829 zu Merse- 
burg geboren und widmete sich der militärischen Laufbahn. 
1847 trat er bei dem Rheinischen Kürassierregiment Nr. 8 
ein und ward zu Anfang der fünfziger Jahre als Ordonnanz- 
Officier zu dem Grossherzog Carl Alexander von Sachsen, 
dem Chef jenes Kürassierregiments, befehligt. Der gebildete 
und geistvolle junge Mann, der durch seine Familie zu Weimar 
in näherer Beziehung stand, ward bald durch die besondere 
Freundschaft des Grossherzogs ausgezeichnet und wiederholt 
mit wichtigen Sendungen betraut. Nach seinem Ausscheiden 
aus dem preussischen Militärdienst trat er zunächst als Ober» 
Schlosshauptmann, später als Generaladjutant und Wirklicher 
Geheimer Rath in die Dienste des Grossherzogs. Graf Henckel 
war eine der bekanntesten und durch seine vornehme Freund- 
lichkeit beliebtesten Persönlichkeiten der gesellschaftlichen 
Kreise des heutigen Weimar. Im Feldzug 1870/71, den er als 
Adjutant des Generals von Werder mitmachte, zeichnete er 
sich zumal in den Kämpfen um Beifort gegen die Armee 
Bourbakis hervorragend aus und erwarb sich hier das Eiserne 
Kreuz I. Classe. 

Sanitätsrath Dr. Felix Vulpius ist am 27. April 1895 in 
Weimar gestorben. Er war dort geboren am 17. Juli 1 814 als der 
zweite Sohn des Bibliothekars Rath Christ. August Vulpius. 
Er wuchs auf in den intimsten Beziehungen zu den Goethi^ 
sehen Enkeln und wirkte als vierjähriger Knabe u. a. in dem 
grossen Goethischen Maskenzug am 18. October i8i8 zur 
Feier der Anwesenheit der Kaiserin von Russland mit. Nach 
dem Tode des Vaters (1827) bewohnte er mit der Mutter 
das Goethe gehörige kleinere Haus am Frauenplan und kam 
so in den letzten Lebensjahren des Dichters mit diesem viel- 
fach in Berührung. Von 1834 — 1838 studirte er Medicin in 
Jena, und nahm dann zu seiner weiteren Ausbildung einen 
längeren Aufenthalt in Wien. Er Hess sich später als Arzt 
in Weimar nieder. Mit der Goethischen Familie, die er auch 
als Arzt berieth, blieben die Beziehungen stets die herzlichsten. 

In beiden Männern, dem Sanitätsrath Dr. Vulpius wie dem 
Generaladjutanten Grafen Henckel von Donnersmarck betrauern 
Goethe-Museum und GoetheOesellschaft zwei hochangesehene 
Mitglieder, deren Name stets unvergessen bleiben wird. 

P. V. BOJANOWSKI. 



268 Chronik. 



Robert Keil, geb. 1826, Rechtsanwalt in Weimar, ist da- 
selbst am 2. März 1894 gestorben. Er gehörte der Goethe- 
Gesellschaft seit ihrem Beginne an, betheiligte sich aber in 
Folge seines eigenartigen, leicht verletzbaren Wesens wenig 
an ihren Bestrebungen. Er hat eine sehr reiche literarische 
Thätigkeit entfaltet, die theilweise mit seinem Berufe, theil- 
weise mit den Interessen des Schriftstellerstandes zusammen- 
hing, die er eifrig förderte. Hauptsächlich war er Literar- 
historiker und publicirte als solcher eine ziemliche Anzahl 
Schriften, die sich jedoch nicht unbedingter Anerkennung 
seitens der Fachgenossen zu erfreuen hatten. 1858 veröffent- 
lichte er eine Geschichte des Jenaischen Studentenlebens und 
später in Gemeinschaft mit seinem Bruder Richard Keil »Die 
Gründung der deutschen Burschenschaft« und »Die burschen- 
schaftlichen Wartburgfeste von 181 7 und 1867«. 187 1 liess 
er den Briefwechsel der »Frau Rath« erscheinen, 1875 »Vor 
hundert Jahren«, dessen erster Band Goethes Tagebuch, der 
zweite Corona Schröter behandelt, 1882 »Goethe, Weimar und 
Jena 1806«, dann das »Goethe-Nationalmuseum in Weimar« und 
1890 einen „Goethe-Strauss«. Sein Werk Über deutsche Stamm- 
bücher ist noch in der vorletzten Bibliographie (G.-J. XV, 340) 
erwähnt; vielbenutzt wurden seine in der »Deutschen Revue« 
gegebenen Auszüge aus den Tagebüchern Riemers, die er iii 
Buchform zu sammeln gedachte. Viele seiner Arbeiten ent- 
nahmen ihr Material seinen handschriftlichen Schätzen, denn 
er war (das Folgende aus der Nat.-Ztg. 6. März) durch be- 
sondere Fügungen zu einem reichen Schatz Goethischer Hand- 
schriften in Vers und Prosa gelangt, zu ganzen Actenbündeln und 
Convoluten aus der classischen Zeit, die er sorgsam behütete. Als 
literarischer Testamentsvollstrecker des Geh. Hofraths Riemer, 
des Freundes Goethes, als Rathgeber des alten Kräuter, Privat- 
secretärs Goethes, und dessen Sohnes Dr. Edmund Kräuter, 
hatte er eine Erbschaft an literarischen Reliquien übernommen, 
um deren Besitz er vielfach beneidet wurde. In seinem stillen 
Heim in Weimar hatte er ein hübsches Gartenzimmer mit all 
diesen Kostbarkeiten gefüllt und zeigte sie namentlich in früheren 
Jahren befreundeten Forschern und Gelehrten mit bereitwilliger 
Liebenswürdigkeit. In Spinden und Glaskästen lagen dort 
dicke Hefte Goethischer Gedichte in dessen eigener klaren, 
schönen Handschrift, die fast vollständigen Reihen der Ab- 
theilungen, wie wir sie jetzt in den Gesammelten Werken finden 
und die mannigfach von Goethe durchgesehen und verändert 
erscheinen. Da lagen einige Sonette an Bettina v. Arnim, 
ein von Goethe als >;Apell ans Genie« charakterisirter und so 
überschriebener alter Kirchengesang »Veni Creator Spiritus«, 
der dem Papst Gregor dem Grossen zugeschrieben wird und 
an dessen Uebersetzung Goethe mit vielem Eifer gearbeitet 



Chronik. 269 



hat ; ferner ein Blatt aus dem Theatermanuscript des Götz von 
Berlichingen, das aus dem Schlossbrande gerettet und von 
Goethe an Riemer geschenkt worden war, . ein Gedicht auf 
Thorwaldsens Geliebte, eine ganz eigenhändige Handschrift 
des Singspiels »Erwin und Elmire« u. A. Als kostbarstes 
Stück des Ganzen pflegte Keil aber den »Epilog zu Schillers 
Glocke« zu zeigen, den Goethe eigenhändig auf kleine Quer- 
octavblättchen geschrieben und vielfach durchcorrigirt hatte. 
Keil beabsichtigte seit Jahren, von diesem herrlichen poeti- 
schen Nekrolog Goethes auf seinen grossen Freund eine Fac- 
simile-Ausgabe herstellen zu lassen, ist aber leider nicht mehr 
dazu gekommen, diesen Vorsatz auszuführen. Dann zeigte er 
auch wohl eine entzückende Rötheizeichnung von Goethe, 
das prächtige Brustbild der schönen jungen Mailänderin (?) 
darstellend, jetzt im »Goethestrauss« abgedruckt. Ein dickes 
Fascikel betraf Goethes Nachlass, aufgenommen von Kanzler 
von Müller, Eckermann und Kräuter, die Schrank um Schrank 
der Goethischen Wohnung öfl*neten und den Inhalt inven- 
tarisirten. Da las man auf dicken Brief- und Actenpacketen 
die Aufschriften »Rückkehr aus Strassburg«, »Klassisch -roman- 
tische Walpurgisnacht, zweites Mundum«, »Paralipomena zu 
Faust«, zu »Hanswursts Hochzeit«, da sah man ein kleines 
Portefeuille mit drei Haarlocken, eine davon mit »Charlotte« 
bezeichnet. Das ganze Zimmer war mit Büsten und Bildern aus 
der Goethezeit ausgeschmückt, die Schränke mit alten Tassen 
und Gläsern, mit werthvollen Ringen und Medaillen gefüllt. 
— Die Papiere aus dem Kräuterschen Nachlasse hat das 
Goethe-Schiller- Archiv bald nach seiner Gründung 1886 (vgl. 
2. Bericht der Goethe-Gesellschaft G.-J. VIII, Anhang S. 9) 
von Robert Keil erworben ; die beiden eigenhändigen Gedicht- 
hefte von 1788 wurden schon damals dem Archive einverleibt. 

L. G. 



Durch den am 2. März 1895 erfolgten Tod John Stuart 
BlackieSy früheren Professors des Griechischen an der Univer- 
sität Edinburg, verliert auch Deutschland einen warmen Freund 
und Verehrer. In Glasgow im Jahre 1809 geboren, machte er 
seine Studien vornehmlich in Aberdeen und Edinburg, lag 
denselben aber auch zwei Jahre in Deutschland ob, und 
zwar auf den Universitäten Göttingen und Berlin. Neben 
den streng fach wissenschaftlichen Forschungen, deren Ergeb- 
nisse er vornehmlich in dem 1874 veröffentlichten bekannten 
Collectiv -Werke »Horae Hellenicae« herausgab, waren es sein 
engeres Heimathland, Schottland und Deutschland, zu denen 
er sich immer wieder aufs Neue hingezogen fühlte. Schon 
im Jahre 1834 veröffentlichte er eine metrische Uebersetzung 



270 Chronik. 

von Goethes »Faust<( mit werthvollen Anmerkungen. 1869 
ecschien seine »Mnsa Burschicosaa, ein Bändchen von Liedern 
für Studenten nach deutschen Mustern. Im folgenden Jahre 
kamen seine »Kriegsiieder der Deutschen« heraus und im 
Jahre 1883 legte er seine gereiften Ansichten über den 
Charakter und den Einfluss des grossen deutschen Dichters 
in seinem Werke über »Die Weisheit Goethes« nieder, für 
den er stets eine besonders warme Verehrung empfunden. 
Er gab seine Professur im Jahre 1882 auf, nahm aber immer 
noch das regste Interesse an allen Vorgängen an der Edin- 
burger Universität. Es ist auch vornehmlich seinen persön- 
lichen Bemühungen zu danken, dass ein Lehrstuhl der kelti- 
schen Sprache an derselben errichtet wurde, für welchen 
Zweck es ihm gelang, in etwa vier Jahren 240,000 Mark zu 
sammeln. (Frankf. Ztg. 5. März.) 



In Steglitz bei Berlin ist am 29. Mai der bekannte Schrift- 
steller Dr. Heinrich Pröhle, ehem. Professor an der Louisen- 
städtischen Realschule in Berlin, im Alter von 73 Jahren 
gestorben. Er war am 4. Juni 1822 zu Satuelle bei Neu- 
haldensleben als Sohn des dortigen Pfarrers geboren, studirte 
zu Halle und Berlin Geschichte und Philologie, beschäftigte 
sich dann einige Zeit journalistisch und lebte in den ersten 
fünfziger Jahren frei schaffend im Harz, meistens mit Sagen- 
forschung und Untersuchungen zur Geschichte des Harzes 
beschäftigt. 1857 wandte er sich nach Berlin, wo er 1859 
seine Lehrth^tigkeit an der Louisenstädtischen Realschule be- 
gann, die er bis zum Jahre 1890 ausübte. Seine schrift- 
stellerische Thätigkeit galt in erster Linie dem Harz, seinen 
Sagen und Märchen. Durch persönliche Beziehungen zu Halber- 
stadt, gab er sich mit grosser Liebe der Erforschung von 
Gleims Stellung und Wirkungen hin und veröffentlichte, in 
seiner Auswahl nicht immer glücklich, zahlreiche Beiträge 
aus dem Gleim-Archiv. Einzelnes davon kam auch der Goethe- 
Literatur zu Gute, so die Untersuchungen über K. Ph. Moritz 
und das Buch: »Abhandlungen über Goethe, Schiller, Bürger 
und einige ihrer Freunde. Mit Knesebecks Briefen an Gleim 
als Seitenstück zu Goethes Campagne in Frankreich.« Pots- 
dam 1889. L. G. 



Wilhelm Kieser wurde am 3. Juni 181 1 zu Langewiesen 
geboren, besuchte das Gymnasium zu Rudolstadt und wandte 
sich, nachdem er 1830 in Arnstadt das Maturitätsexamen be- 
standen, nach Jena, um Theologie zu studiren. Indessen 



Chronik. 27 1 

führten ihn Neigung und Begabung sehr bald den klassischen 
Studien zu; ein lebhafter und energischer Wissenstrreb hatte 
schon den Knaben ausgezeichnet, lind so imrden Eichstädt 
und Göttling sehr bald auf den kenntnissreichen und streb- 
samen Studenten aufmerksam. Von Jena aus begab sich Kieser 
iS$2 nach Berlin, wo er sich hauptsächlich von Boeckh an- 
gezogen fühlte. Entscheidend für die Richtung, die später 
seine geistige Arbeit zum Theil nahm, war hier auch das 
lebhafte Interesse, das er den Aufführungen des königlichen 
Schauspiels entgegenbrachte. Den Rest seiner Studienzeit 
(1833—34) verlebte er in Leipzig, wo er auch Herbst 1833 
zum Doctor promovirt wurde. Er wurde in Leipzig ein eifriges 
Mitglied von Gottfried Hermanns griechischer Gesellschaft, 
und Hermann hat in einem noch vorliegenden Zeugnisse sich 
auf das Günstigste über Begabung und Leistungen Kiesers 
ausgesprochen. Am i. October 1834 wurde Kieser am Gym- 
nasium zu Arnstadt angestellt und folgte dann 1836 einem 
Rufe an das Gymnasium zu Sondershausen, dem er bis zum 
Schlüsse seiner Amtszeit angehört hat, zuerst als Professor, 
dann lange Jahre als'Directorr Auch die äussere Anerkennung 
für seine Verdienste blieb nicht aus; er wurde zum Geheimen 
Schulrath ernannt; das Vertrauen seiner Mitbürger entsandte 
ihn seit 1848 regelmässig in den Landtag, wo er auch zeitweilig 
das Amt eines Vicepräsidenten bekleidete ; und auch sonst sind 
ihm Zeichen der Liebe und Verehrung wiederholt zu Theil ge- 
worden. Als Lehrer hat er eine reichgesegnete Thätigkeit ent- 
wickelt, und wer wie der Verfasser dieses kurzen Nachrufes das 
Glück gehabt hat, sein Schüler zu sein, wird sich mit Dankbar- 
keit der reichen Anregungen erinnern, die von dem verehrten 
Manne ausgegangen sind. Vor wenigen Jahren trat Kieser in 
den Ruhestand; lebhaft und frisch, jedem geistigen Interesse 
zugewandt und noch in seinen letzten Lebenstagen damit be- 
schäftigt, sein bedeutendes Wissen auszubauen und zu ergänzen, 
blieb er bis an seinen am 5. November 1895 erfolgten, von seinen 
Kindern, Schülern und Mitbürgern tief betrauerten Heimgang. 
Von Kiesers Arbeiten zur Goetheforschung (Psychologische, 
ästhetische und grammatische Bemerkungen über Goethes 
Iphigenie, 1843. Entwickelung des sittlichen Conflictes in 
den zwei letzten Aufzügen der Goethischen Iphigenie, 1848. 
Ueber den ersten Act der Goethischen Iphigenie, 1856. Ueber 
Goethes Tasso, 1868; sämmtlich Programme des Gymnasiums 
in Sondershausen) liegt die älteste um mehr als fünfzig, die 
jüngste beinahe dreissig Jahre zurück. Bei ihrem Erscheinen 
haben die Abhandlungen fast durchweg warme Anerkennung 
gefunden ; Aufforderungen, die werthvollen Untersuchungen 
durch einen neuen Abdruck allgemein zugänglich zu machen, 
sind wiederholt von Gelehrten, Freunden und Schülern an 



272 Chronik. 



Kieser gerichtet worden; er aber wollte die Programme nur 
in völliger Neubearbeitung wieder in die Welt gehen lassen, 
und so ist ein Neudruck überhaupt nicht zu stände gekommen. 
Das ist sehr zu beklagen. Denn wie sehr sich inzwischen 
auch die Methode des literarhistorischen Betriebes geändert 
hat, die Verdienste, die sich Kieser namentlich um die Aus- 
legung der Iphigenie erworben hat, dürfen als bleibende be- 
zeichnet werden. Die erste Arbeit skizzirt zunächst die Gestalt 
Iphigeniens nach den Hauptmomenten ihrer sühnenden und 
versöhnenden Thätigkeit ; sie nimmt dann den ersten Auftritt 
des 2. Actes gegen das Urtheil Gottfried Hermanns, der dieser 
Scene wesentliche Bedeutung absprach, in Schutz und weiss 
die Stellung, die der Scene im Plane des Ganzen zukommt, 
vortrefflich auseinanderzusetzen; sie verfolgt schliesslich den 
Heilungsprozess des Orestes durch seine einzelnen Stadien. 
Geradezu musterhaft weiss die zweite Abhandlung die Charakterr 
entwicklung der Iphigenie auf Grund der in den beiden letzten 
Acten dargestellten Vorgänge bis ins Einzelste zu verfolgen. 
Auch der dritten Arbeit, die den ersten Act feinsinnig zu 
zergliedern und ihn als glänzende Exposition zu würdigen 
weiss, kann man hohes Lob nicht versagen. Das vierte Prot 
gramm führt, hauptsächlich auf Grund einer eindringenden 
Analyse von Tassos Charakter den Nachweis für die jetzt 
wohl so gut wie allgemein angenommene Thatsache*, dass 
wir es im Tasso mit einem tragischen Abschlüsse zu thun 
haben. Stärker als wir es heute gewöhnt sind, wird die Dar- 
stellung Kiesers von philosophischen Constructionen, nament* 
lieh Hegels, beherrscht; aber der Kern der Arbeiten wird 
dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt ; denn vor jeder Ver- 
flüchtigung in Abstractionen schützte den Verfasser seine gründ- 
liche Kenntniss des realen Untergrundes seiner Forschungen, 
und mehr noch sein Bestreben, nichts Fremdes in den be- 
arbeiteten Stoff hineinzutragen, sondern nur den Absichten 
des Dichters nachzugehen und diese zu verstehen. Gerade 
für diese Seite literarhistorischer Arbeit war Kieser durch 
sein fein anempfindendes Gefühl für poetische Schönheit und 
künstlerisches Ebenmass ebenso wie durch sein sorgfältig ab- 
wägendes, gesundes und gerechtes Urtheil hervorragend be- 
fähigt. Trotz des Abstandes der Zeiten würde es daher nur 
dringend zu empfehlen sein, die Programme in irgend einer 
Weise wieder allgemein zugänglich zu machen; es wäre die 
schönste Ehrung, die dem Andenken des vortrefflichen Mannes 
zu theil werden könnte. Georg Elunger. 



Chronik. 273 



B. VERSCHIEDENES. 

Am 22. Februar veranstaltete die Direction des Indepen« 
dent Theatre in Manchester unter der Regie des Herrn L. 
Calvert die erste Aufführung von Goethes Clavigo in England 
in englischer Sprache. Die Urtheile der Localkritik über das 
ihrem Bewusstsein nagelneue Stück lauteten sehr verschieden ; 
die Aufführung erwarb sich ungetheiltes Lob. Die von Mit- 
gliedern der Manchester Goethe-Society besonders angefertigte 
Uebersetzung wird aller Wahrscheinlichkeit nach binnen kurzem 
im Druck erscheinen. 



Die von dem am 25. März v. J. verstorbenen Budapester 
Rechtsanwalt Herrn Balth. Elischer hinterlassene Goethe - 
Sammlung ist von dessen Erben Prof. Julius Elischer nebst 
einem zu ihrer Unterhaltung und Vermehrung dienenden Fonds 
der Ungarischen Academie überwiesen worden. Sie enthält : 

I. Etwa vierzig Handschriften, Autogramme und Notizen, 
sämmtlich von Goethes eigener Hand. 

II. Eine Handschriften-Autogramm-Sammlung, aus dem 
Weimarer Hof- und Dichter-Kreise, mit Bezug auf Goethe 
(96 Nummern, aus etwa 123 Stücken bestehend), darunter: 
Briefe von Schiller, Wieland, Herder, der Grossherzogin 
Amalia, Grossherzog Carl August u. A. 

III. Goethe-Portraits (180 Stück) und eine Portrait-Samm- 
lung seiner Zeitgenossen, auf etwa 115 Cartons, in einem 
Portefeuille. 

IV. Eine Sammlung von Goethe-Medaillen (20 Stücke in 
Etuis). 

V. Bibliothek: darin sämmtliche Gesammt- Ausgaben der 
Werke Goethes (der Zahl nach 18 Ausg., etwa 250 Bände); 
ungefähr 70 Stück erste Ausgaben (editiones principes); etwa 
2000 Nummern auf Goethe bezügliche Werke, Schriften, 
Commentare, Abhandlungen; etwa 590 Nummern auf Goethe 
bezügliche Zeitschriften- und ausgeschnittene Zeitungs-Artikel ; 
etwa 50 illustrirte und Pracht-Ausgaben von Goethes Werken. 

VI. Einzelne Kupfer- und Stahlstiche, ein vollständiges 
Exemplar der Kaulbachschen Goethe -Gallerie in Grossfolio- 
format, Goethe-Portraits in photographischen Copien (20 Stück), 
theil weise in Goldrahmen. 

VII. Musikalien, mit Goethischen Texten, etwa 742 Num- 
mern, in 376 Bänden und Heften. 

VIII. Die Carlsbader Mineralien-Sammlung. 

IX. Einige Goethe-Statuetten und Medaillons, in Gypsguss. 

X. Einige Goethe-Reliquien. 



Goetue-Jaurbuch XVII. i8 



274 Chronik. 



Am i8. Juli feierte G. Stickel, einer der wenigen Ueber- 
lebenden aus der Goethe-Zeit, seinen 90. Geburtstag. Ueber 
seine Beziehungen zu Goethe hat er selbst an dieser Stelle 
berichtet (G.-J. VII, 231—240). Dem würdigen Veteranen, 
der in wunderbarer Rüstigkeit die Last der Jahre trug und 
unermüdet seine Lehrthätigkeit und wissenschaftliche Arbeit 
fortsetzte, sollte an dieser Stelle, wenn auch verspätet, der Glück- 
wunsch aller derer dargebracht werden, die sich mit Goethe 
beschäftigen. Unter den dem Jubilar dargebrachten Glück- 
wünschen befand sich ein Schreiben des Grossherzogs Karl 
Alexander. Dieser schickte dem Nestor der Jenaer Universität 
sein Bildniss und schrieb : »Ich füge ihm noch eine Denkmünze 
bei aus der Zeit, in der Sie zu Jena Ihren Studien sich gewidmet 
haben. Die Münze zeigt im Bilde auf der einen Seite den Gross- 
herzog Karl August und seine Gemahlin, auf der anderen 
Goethe, sie stellt also vereint drei Persönlichkeiten dar, deren 
Zeitalter für unsere Hochschule eine so hochbedeutsame Periode 
gewesen ist. Gewiss wird es Ihnen, der seine Thätigkeit als 
Gelehrter damals begonnen hat, willkommen sein, ein der- 
artiges seltenes Erinnerungszeichen an Ihre Jugendzeit zu 
besitzen.« Im Januar 1896 starb der hochverdiente Gelehrte, 
dessen Andenken auch diese Zeilen geweiht sein mögen. 



GOETHE- VORLESUNGEN AN HOCHSCHULEN MIT 
DEUTSCHER UNTERRICHTSSPRACHE 

(incl. aller Schweizerischen). 
Zusammengestellt von Ludwig Fränkel. 

I. An den Technischen Hochschulen und einigen im 
G.-J. XV, 308 — 311 übersehenen Universitäten 1891 — 1894. 

Sommer 1891. Genf: B. Bouvier, Goethe et Schiller; 
Vieillesse de Goethe, 1794 — 1832; le Volksbuch de Dr. Faust. 
— Lemberg ; R. M. Werner, Geschichte der deutschen Literatur 
im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. 

Winter 1891/92. Darmstadt: O. Roquette, Geschichte 
der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert; über Goethes 
Faust. — Genf: B. Bouvier, Conference pratique: la seconde 
partie du Faust de Goethe. — Karlsruhe: A. Böhtlingk, Ueber 
Goethe. — München (Techn. Hochschule) : L. Muggenthaler, 
Deutsche Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. — Stuttgart: 
J. Klaiber, Uebungen zu Goethes Faust. — Wien (Techn. Hoch- 
schule): K. J. Schröer, Ueber die Dramen Goethes und Schillers 
(ebenso Sommer 1892). 

Sommer 1892. Dresden: A. Stern, Goethes Faust. 
Winter 1892/93. Darmstadt: O. Roquette, Ueber Goethes 
Faust. — Innsbruck : J. E. Wackernell, Uebungen an Goethes 



Chronik. 275 



lyrischen Gedichten. — München (Techn. Hochsch.) : L. Muggen- 
thaler, Deutsche Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts. — 
Stuttgart: J. Klaiber, Goethes Faust, i. Theil; Uebungen in 
Kritik -und Erklärung der philosophischen Gedichte Goethes 
und Schillers. — Wien (Techn. Hochsch.): K. J. Schröer, 
Ueber Goethes Faust (auch Sommer 1893). 

Sommer 1893. Darmstadt: O. Roquette, Geschichte der 
deutschen Literatur im 18. Jahrhundert. — Dresden: A. Stern, 
Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts: die Wiederbefreiung 
der Nationalliteraturen. — Genf: B. Bouvier, Etüde de Wilhelm 
Meisters Lehrjahre de Goethe. 

Winter 1893/94. Darmstadt: O. Roquette, Ueber Goethes 
Faust; Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert: 
bis zu Goethes Tod. — Dresden : A. Stern, Literaturgeschichte 
des 18. Jahrhunderts: Das goldene Zeitalter der neueren Litera- 
tur. — Innsbruck : A. Zingerle, Esercizt pratici di lingua tedesca 
per gli Italiani, libro di testo : Goethes Italienische Reise. — 
J. E. Wackernell, Goethes Faust (beides auch Sommer 1894). 

— Karlsruhe: A. Böhtlingk, Ueber Goethe; Goethes Faust. — 
Stuttgart: L. Fränkel, Gestalten der deutschen Poesie des 
18. Jahrhunderts. 

II. 1894 — 96. 

Sommer iSg4, Basel: St. Born, Die literarische Umwälzung 
m der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. — A. Socin, Geschichte 
der deutschen Literatur von 1794— 1830. — Berlin: E. Schmidt, 
Ausgewählte Gedichte von Goethe u. A. (Seminar). — L. Geiger, 
Der junge Goethe. — Bern: L. Hirzel, Geschichte der deutschen 
I^iteratur vom Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts. 

— Darmstadt: O. Roquette, Entwicklung der neueren deut- 
schen Literatur. — Dresden: A. Stern, Allgemeine Literatur- 
geschichte des 18. Jahrhunderts. — Freiburg i. Br.: A. Schröer, 
Marlowes Tragical History of Doctor Faustus (Seminar). — - 
R. Weissenfeis, Interpretation von Goethes Urfaust. — Frei- 
burg i. d. Schw. : F. Jostes, Goethes Faust. — Genf: B. Bouvier, 
Einfluss J. J. Rousseaus auf die deutsche Literatur in der 
2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. — Gie^sen: A. Strack, Goethes 
Leben und Dichten II, 1776 — 1832. — Göttingen: G. Roethe, 
Ueber das klassische Zeitalter Weimars, das Leben und die 
Schriften von Goethe, Wieland, Herder und Schiller. — 
L. Morsbach, Marlowes Doctor Faustus. — Graz: B. Seuffert, 
Die klassische Zeit der deutschen Literatur, II. — Greifswald: 
A. Reifferscheid, Goethes und Schillers Xenien (Seminar). — 
Halle: R. Haym, Deutsche Literaturgeschichte von Gottsched 
bis auf unsere Zeit. — Heidelberg: C. F. Meyer, Ueber Goethes 
Faust: Einführung und Interpretation, Geschichte der Faust- 
sage und ihrer poetischen Bearbeitungen. — M. Frhr. v. Wald- 
herg, Geschichte der deutschen Literatur von Schillers Tode 

i8* 



276 Chronik. 



bis zur Gegenwart; Geschichte des deutschen Theaters. — 
Jena: F. KaufTmann, Goethes Götz von Berlichingen (Seminar). 

— Innsbruck: F. Demattio, Uebersetzungsübungen aus dem 
Deutschen ins Italienische: Goethes Torquato Tasso. — Kiel: 
E. Wolff, Geschichte der deutschen Literatur im Zeitalter 
Goethes und Schillers. — Königsberg: H. Baumgart, lieber 
Goethes symbolische Dichtungen ; Deutsche Literaturgeschichte 
des 18. Jahrhunderts; Kritische Uebungen in der Interpretation 
von Goethes lyrischen Gedichten und Balladen. — Leipzig: 
G. Witkowski, Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahr- 
hundert. — Marburg: A. Köster, Ausgewählte Gedichte von 
Goethe u. A. — Münster: M. Kappes, Die Welt- und Lebens- 
anschauung Schillers und Goethes. -— C. Drescher, Goethes 
Dramen. — Prag: A. Sauer, Geschichte der deutschen Literatur 
in der Periode des Sturms und Drangs. — Strassburg: R. Hen- 
ning, Die deutsche Dichtung von 1806 bis 1832 nebst Er- 
klärung ausgewählter Texte. — W. Wetz, Geschichte des Romans 
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. — A. Roehrig, Interpre- 
tation des Briefwechsels zwischen Schiller und Goethe (fran- 
zösisch). — Stuttgart: C. Weitbrecht, Goethes Jugendwerke. — 
Tübingen : H. Spitta, Kritische Vorträge über Goethes Faust. 

— Wien: a. Universität: J. Minor, Goethe und Schiller von 
'775— 'S05. — b. Technische Hochschule: K. J. Schröer, 
Ueber Goethes Faust. — Zürich: Th. Vetter, Marlawe (Seminar). 

Winter 1894/95. Berlin: E. Schmidt, Geschichte der 
deutschen Literatur von Klopstock bis auf Schiller ; Goethes 
Faust, mit einer historischen Einleitung. — L. Geiger, Goethes 
Leben und Schriften von 1775 — 1805. — M. Herrmann, Er- 
klärung ausgewählter Abschnitte aus Dichtung und Wahrheit 

— Bonn : B. Litzmann, Neuere deutsche Literaturgeschichte, II. 
(Lessing, Goethe, Schiller). — Breslau: M. Koch, Geschichte 
des deutschen Dramas und Theaters von seinen Anfangen bis 
auf Schiller; Goethes Leben und Werke; Interpretation Goethi- 
scher Jugendgedichte (Seminar). — Darmstadt : O. Roquette» 
Ueber Goethes Faust; Geschichte der deutschen Literatur im 
18. Jahrhundert. — Giessen: H. Siebeck, Ueber Goethes Welt- 
und Lebensanschauung. — Göttingen: M. Heyne, Geschichte 
des deutschen Romans; G. Roethe, Erklärung von Goethes 
Faust und Einleitung in die Faustsage und Faustdichtung. — 
Graz: B. Seuffert, Geschichte der deutschen Literatur in der 
Zeit des Classicismus und der Romantik. — J. Strzygowski, 
Kunsthistorische Uebungen: Goethes Italienische Reise. — 
Greifswald: J. W^ Bruinier, Deutsche Uebungen Ober das 
Volksbuch vom Faust. — Halle: R. Haym, Ueber Goethes 
Leben und Schriften. — K. Burdach, Ueber Goethes Faust. — 
Heidelberg : C. F. Meyer, Das Drama der Sturm- und Drang- 
zeit und Goethe als Dramatiker. — M. Frhr. v. Waldberg, 



Chronik. 277 



Goethes Faust mit besonderer Bertlcksichtigung des »Urfaust« 
(Seminar). — Jena: F. Kauffmann, Goethe und Schiller. — 
Kiel: E. Wolff, Goethes Faust. — Königsberg: H. Baumgart, 
Ueber die classische Comödie der Alten und der Neueren; 
Deutsche Literaturgeschichte von 1748 — 1805. — Leipzig: E. 
Elster, Literarhistorische Gesellschaft : Die Hauptprobleme des 
Goethischen Faust. — G. Witkowski, Die politischen und socia- 
len Bewegungen des 18. Jahrhunderts im Spiegelbilde der zeit- 
genössischen deutschen Dichtung. — Lemberg: R. M. Werner, 
Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert. — 
München : M. Carribre, Goethes Faust. — F. Muncker, Literar- 
geschichtliche Uebungen über die Dichtungen des jungen 
Goethe. — Münster: C. Drescher, Geschichte der deutschen 
Dichtung des 18. Jahrhunderts. — Neuchatel: W. Domeier, 
Die classische Periode der deutschen Literatur von Klopstock 
bis zu Goethes Tod. — Prag : A. Sauer, Geschichte der deut- 
schen Literatur während der classischen Periode; Erklärung 
ausgewählter Gedichte Goethes. — Strassburg: E. Joseph, Faust 
in Dichtung und Sage. — A. Roehrig, Interpretation des Brief- 
wechsels zwischen Goethe und Schiller (französisch). — Stutt- 
gart: C. Weitbrecht, Goethes Faust. — Wien: a. Universität: 
J. Minor, Goethes Faust. L historische Einleitung über die 
Faustsage und die Faustdichtungen; im Seminar: Uebungen 
an Goethes Werken (Weimarische Ausgabe). — O. F. Walzel, 
Die deutschen episch - lyrischen Dichtungen seit 1750. — 
b. Technische Hochschule: K. J. Schröer, Ueber Goethes 
Faust. — Zürich : J. Bächtold, Goethes Leben und Werke. — 
J. Stiefel, Lessing, Goethe, Schiller als Dramatiker. 

Sommer 1895. Basel: R. Kögel, Die Sturm- und Drang- 
periode und der junge Goethe. — Berlin : E. Schmidt, Ueber 
Goethes Leben und Schriften bis zum Jahre 1775. — L. Geiger, 
Leben und Schriften Goethes 1805 — 1832. — Darmstadt: 
O. Roquette, Entwickelung der neueren deutschen Literatur. — 
Dresden : Ad. Stern, Goethes Faust. — Freiburg i. Br. : R. Weissen- 
fels, Goethe. — Greifswald : J. W. Bruinier, Die Faustsage. — 
Halle : R. Haym, Deutsche Literaturgeschichte von Gottsched 
bis auf unsere Zeit. — Heidelberg: K. Fischer, Kritische Vor- 
träge über Goethes Faust. — Kiel: E. Wolff, Goethes Welt- 
anschauung. — Lausanne : Maurer, Das deutsche Theater von 
1770— 1830. — Leipzig: R. Wülker, Goethe und Frankfurt 
(zur Erklärung von »Dichtung und Wahrheit«). — J. Volkelt, 
Aesthetik der Lyrik, im Anschluss an Goethes Gedichte 
(Seminar). — E. Elster, Deutsche Literatur - Geschichte der 
Sturm- und Drangperiode und des classischen Zeitalters. — 
G. Witkowski, Geschichte des deutschen Dramas von der classi- 
schen Zeit bis auf die Gegenwart. — München : F. Muncker, 
Geschichte der deutschen Literatur im Zeitalter des Sturms und 



278 Chronik. 



Drangs. — Neuchatel : W. Domeier, Deutsche Sprache und Lite* 
xatur in der classischen Periode von Klopstock bis auf Goethes 
Tod. — Prag: A. Sauer, Goethe und Schiller von 1794 — 1805. — 
Strassburg : A. Brandl, Uebungen an Marlowes Doctor Faustus. 

— A. Roehrig, Interpretation des Briefwechsels zwischen 
Schiller und Goethe, IL (französisch). — Wien (Techn. Hoch- 
schule): K. J. Schröer, Ueber Goethes Faust. — Würzburg: 
H. Roetteken, Goethes und Schillers Jugend und ihre Genossen. 

Winter 1895/96. Basel: R. Kögel, Goethe 1775 — 1832. 

— Berlin: E.Schmidt, Ueber Goethe und Schiller. — L. Geiger, 
Goethes Faust. — Bonn: B. Litzraann, Geschichte des deut- 
schen Theaters vom Ausgange des 16. Jahrhunderts bis auf 
Schillers Tod. — A. E. Berger, Geschichte der neueren deut* 
sehen Literatur, IL : von Herders Auftreten bis auf Goethes 
Tod (1766 — 1832). — Darmstadt: O. Roquette, Goethes Faust; 
Geschichte der deutschen Literatur im 18. Jahrhundert, IL — 
Erlangen: E. Steinmeyer, Geschichte der deutschen Literatur 
von der Reformation bis auf Schillers Tod. — Freiburg i. Br. : 
R. Weissenfeis, Literarhistorische Uebungen über Goethes und 
Schillers Balladen. — Halle : Ph. Strauch, Geschichte der deut- 
schen Literatur von Luther bis zum Ausgange des 18. Jahr- 
hunderts. — Heidelberg: K.Fischer, Kritische Vorträge über 
Goethes Faust. — Innsbruck : J. E. Wackernell, Goethes Leben 
und Lyrik. — Karlsruhe: A.Böhtlingk, Ueber Goethe. — Königs- 
berg: H. Baumgart, Goethes Faust mit einer Einleitung über 
die Faustsage. — Lausanne : Maurer, Der deutsche Roman seit 
Werther. — Leipzig: G.Witkowski, Goethes Faust. — München: 
F. Muncker, Geschichte der deutschen Literatur zur Zeit ihrer 
höchsten Blüthe (seit 1780): Goethe, Schiller, die Romantik; 
Goethes Faust. — Prag: A. Sauer, Goethes Faust und die Faust- 
sage, — Strassburg: W. Windelband, Goethe und Schiller in 
ihren Beziehungen zur Philosophie. — R. Henning, Die deutsche 
Balladendichtung. — A. Roehrig, Interpretation von Goethes 
Dichtung und Wahrheit (ed. Spemann, Deutsche National- 
literatur ; französisch). — Tübingen : H. Spitta, Kritische Vor- 
träge über Goethes Faust. — Wien : J. Minor, Goethes Faust, 
II : historisch-kritische Einführung und Interpretation ; Leetüre 
und Interpretation des ältesten Faustbuches, nach dem Text 
in Braunes Neudrucken. — Zürich : a. Universität : J. Bächtold, 
Goethes Faust. — b. Technische Hochschule:. J. Stiefel, Die 
Hauptwerke der deutschen Klassiker und die Ideale des 18. 
Jahrhunderts. 



3 



. Bibliographie. 



Schriften. 

A. WEIMARER GOETHE - AUSGABE. 

Goethes Werke. Herausgegeben im Auftrage der Grossherzogin 
Sophie von Sachsen. Weimar, H. Böhlaus Nachfolger. 

Siehe G.-J. XIII, 259 mit der Anmerkung. Erschienen 
sind im Jahre 1895 folgende Bände : i. Abtheilung, Band 18: 
Die Aufgeregten; Das Mädchen von Oberkirch; Unterhal- 
tungen deutscher Ausgewanderten; Die guten Weiber (mit 
einem Bilde in Lichtdruck); Novelle; Der Hausball; Reise 
der Söhne Megaprazons. (Redactor B, Seuffert, Herausgeber 
R, Kögel, G, Roethe, A. Strack, B, Seuffert, A. Sauer, 
L. Geiger undy. Wahle^ Band 25 ^ : Wilhelm Meisters Wander- 
jahre 2. Theil. (Redactor C Redlich, Herausgeber E, Joseph,) 
3. Abtheilung, Band 7: Tagebuch 1819, 1820. (Redactor B, 
Suphan, Herausgeber F. Heitmüller, unter gelegentlicher Mit- 
wirkung von J. Wähle,) 4. Abtheilung, Band 1 7 : Briefe von 
Anfang 1804 bis zu Schillers Tod, Band 18: Undatirtes und 
Nachträge, sowie Register zu Band 9 — 18. (Redactor B, 
Suphan, Herausgeber A, Leitzmann,) Eingereiht ist der Bericht 
Über 2. Abtheilung, Band 12: Meteorologisches und Nach- 
träge, sowie Register über Band 6 — 12 dieser Abtheilung. 
(Redactor B, Suphan, Herausgeber R, Steiner ^ 

B ' II, 12 für die Winterlieferung 1835 bestimmt, gelangte wegen 
der Schwierigkeiten, die das Register bereitete, noch nicht zur Ausgabe ; 
der vom Herausgeber längst fertiggestellte Bericht wurde in meiner 
Abwesenheit mit den übrigen, denen er beigelegt war, an die Redaction 
des Jahrbuchs gesandt. B. S. 



28o Bibliographie. 



BERICHT DER REDACTOREN UND HERAUSGEBER. 

ERSTE ABTHEILUNG. 

Der Bericht über die 1894 erschienenen Bände 13 ^ und 
24» (vgl. J.-B. XVI, 261), sowie der über Band 25' muss 
dem nächsten Jahrbuch vorbehalten bleiben, da die Lesarten 
zu denselben (Band 13" und Band 25") noch nicht er- 
schienen sind. Die weitgreifenden Untersuchungen von August 
Fresenius über das Verhältniss der. zu Goethes Lebzeiten 
erschienenen Texte seiner Werke (vgl. J.-B. XVI, 261 ff.) 
sind noch nicht zum Abschluss gediehen ; und Eugen Joseph 
war durch äussere Umstände verhindert, die Lesarten zu 24 
und 25' fertig zu stellen. 



Band 18 entspricht dem 15. der Ausgabe letzter Hand, 
ist aber um drei Stücke erweitert. Er schliesst sich an die 
Dramen des 17. Bandes mit den »Aufgeregten« an und fügt 
hiezu aus dem ungedruckten Nachlass im Goethe-Archiv das 
Bruchstück eines Trauerspieles »Das Mädchen von Oberkirch«, 
dessen Bedeutung und Art sein Herausgeber in den Nach- 
richten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, 
philologisch-historische Classe 1895, Heft 4, S. 492 ff. vor- 
trefflich kennzeichnet. 

Rudolf Kögel, der Bearbeiter der »Aufgeregten«, benützte 
zwei im Goethe-Archiv erhaltene Handschriften, aus deren 
jüngerer das Manuscript für den ältesten Druck B »copirt« 
ist, wie B^ deutlicher als B erkennen lässt. Der älteren Hand- 
schrift fehlt der 3. Aufzug, nur ein Stück des von der jüngeren 
hierein genommenen Gespräches findet sich schon in ihrer 
7. Scene des 4. Aufzuges. Die jüngere Handschrift zeigt drei 
Textstufen: die Grundlage ist dem Schreiber John »möglicher 
Weise« aus H^ dictirt, so dass Goethe während des Dictates 
eine Reihe von Stellen umgestaltete; dann hat Goethe selbst 
die Niederschrift durchcorrigirt ; endlich traten Stellen von 
Kräuters Hand dazu, zumeist solche, welche in H^ noch nicht 
enthalten waren. Die für B daraus gefertigte, nicht erhaltene 
Druckvorlage scheint wiederholt fehlerhaft von H^ abzu- 
weichen; da sie aber gelegentlich absichtlich von WH* 
sich unterscheidet, durfte auch da, wo sie fehlerhaft zu sein 
scheint, ihre Autorität für die Textgestaltung nur mit grosser 
Vorsicht missachtet werden. Die Uebereinstimmung der Hand- 
schriften mit BB^ legt manche Verbesserung für die Ausgabe 
letzter Hand nahe. — Zur Ausfüllung der unvollendeten Theile 
sind keine handschriftlichen Ansätze vorhanden. 

Vom »Mädchen von Oberkircha ist nur der i. Auftritt 
und ein Stück des 2. des i. Aufzuges erhalten; Gustav Roethe 



Bibliographie. 28 1 



hat sie nach der einzigen Handschrift herausgegeben, doch in 
die Orthographie der Gesammtausgabe umgeschrieben. Ein 
dürftiges Schema der ftlnf Acte ist hinter den Lesarten mit- 
getheilt. 

mDie Unterhaltungen deutscher Ausgew ändert enn sind von 
Adolf Strack herausgegeben. Handschriften liegen nicht vor. 
Der Druck in den »Hören« ist die älteste Grundlage; sie 
erfuhr allein für die Ausgabe A eine bedeutendere Revision; 
die späteren Drucke bringen nur wenige Aenderungen, zu- 
meist an Orthographie und Interpunction. Einige Verbesse- 
rungen des Textes waren auch bei dieser beschränkten Ueber- 
Heferung möglich. 

Die Erzählung »Die guten Weiber«, ein Miniaturseitenstück 
2u den »Ausgewanderten«, ist im ersten Entwürfe handschrift- 
lich im Goethe- und Schiller-Archiv vorhanden. Diese Hand- 
schrift wurde in einer stark verbesserten Abschrift dem ersten 
Drucke im Damenkalender zu Grunde gelegt, und wieder in 
einer andern wenig verbesserten Abschrift den Drucken in 
Goethes Werken, wobei die erste Verbesserung nicht in Be- 
tracht gezogen wurde. So erklären sich die schon von Bernays 
beobachteten Widersprüche der Ueberlieferung, die aber nicht, 
wie Bernays, Ueber Kritik und Geschichte des Goethischen 
Textes S. 77 sagt, erst CC eintreten, sondern schon in B 
(an dem Bernays nur »kleine Verbesserungen« fand). Man muss 
sich also an die Redaction des Damenkalenders, oder an die 
der Werke halten, eine Vermischung beider, wie sie in allen 
neueren Ausgaben versucht wurde, ist unstatthaft. Wenn nun 
auch die frühere Redaction eingreifender und im ganzen be- 
friedigender ist, musste doch die spätere, die dem ältesten 
Entwürfe enger folgt, der Weimarer Ausgabe zu Grunde ge- 
legt werden, da Goethe diese, allerdings wohl nur weil er 
die Redaction für den Damenkalender vergessen hatte, den 
Werken einverleibte. 

Die Unterschiede der Redactionen habe ich im Goethe- 
Jahrbuch XV, 158 ff. »/genügend gekennzeichnet, freilich ohne 
Kenntniss der Handschrift, wodurch sich manches Hysteron- 
proteron im Urtheil einschleichen musste. Der grösste Theil 
meiner dort aufgestellten Vermuthungen ist aber durch die 
Handschrift bestätigt worden. Bestätigt ist auch durch die 
Veröffentlichung in der Münchener Allgemeinen Zeitung 1894, 
Beilage Nr. 14, Cottas Antheil am Wiener Druck. Bestätigt 
ist ferner, dass ich für die Erzählungen von Ferrand und von 
der Pächterin literarische Quellen voraussetzte; denn die 
Handschrift gibt beide, besonders die erstere mit reicherem 
Detail, das Goethe während des Dictates und nachträglich 
streicht. 

Eine ungemein schwierige Aufgabe stellte der gleichfalls 



282 Bibliographie. 



im Goethe-Archiv vorhandene handschriftliche Nachlass zur 
»Noifeile«. Es liegen 13 Handschriften vor, von denen keine 
einzige vollständig ist, manche nur kurze Bruchstücke bieten. 
Ihre chronologische Folge ergab sich meist ohne Weiteres 
aus der Textgestalt: zur genaueren Datirung konnten einige 
in den Blättern enthaltene Daten und die aus den Tage- 
büchern gesammelten, einleitungsweise abgedruckten Notizen 
helfen. Ein besonderes Problem stellte die umfänglichste der 
erhaltenen Handschriften W^ dadurch, dass sie zwei später ge- 
strichene Partien bringt, die sich aus dem Jüngern Text wie 
Bruchstücke einer älteren Fassung herausheben. In einer Tabelle 
macht Roethe die verwickelte Kette der Ueberlieferung über- 
sichtlich. Für Goethes Stilisirungsbemühen ist der Apparat 
von aussergewöhnlichem Interesse; der Text des ältesten 
Druckes C* gewann nur wenige Besserungen. Die Schemata 
theilt Roethe am Schlüsse des Lesartenverzeichnisses mit und 
verweist dabei auf die entsprechenden Stellen des ausgeführten 
Textes. 

Diesen Erzählungen des alten 15. Bandes sind noch zwei 
weitere angeschlossen. »Der Hausballv ist nach dem »Tie- 
furter Journal« auf Grund einer neuen genaueren Collation 
herausgegeben von dem Entdecker des Originales zu diesem 
Stücke, August Sauer. »Rührt auch der Auszug selbst viel- 
leicht von Seidel her, so muss das Fragment dennoch eine 
Stelle in Goethes Werken beanspruchen durch den Anfang 
wie durch den Schluss, die beide sicherlich Goethes Eigen- 
thum sind.« Der Text ist der Gesammtausgabe angepasst, in 
den Lesarten wird, wo es nöthig schien, auf die Wiener 
Vorlage verwiesen. 

Die i) Reise der Söhne Megaprazonsa ward aus dem 56. 
Bande der Ausgabe letzter Hand in diesen herübergenomraen. 
Da Ludwig Geigers Manuscript der Lesarten kurz vor der 
Drucklegung verloren ging und zu spät wieder auftauchte, 
besorgte Julius Wähle auf Grund einer neuen Vergleichung 
der Handschriften und Drucke die Schlussredaction des Textes 
und die Abfassung der Lesarten. Die einzige im Goethe- 
Archiv erhaltene Handschrift ist aller Wahrscheinlichkeit nach 
dieselbe, welche den einstigen Herausgebern des Nachlasses 
vorlag ; so mussten ihre Abweichungen davon als willkürliche 
Aenderungen beseitigt werden. Das Stück des Planes, das 
sie abdruckten, ist nun, genau nach der Handschrift, als 
Paralipomenon den Lesarten beigefügt und dabei auf die 
entsprechenden Theile des Textes verwiesen. Aus dem Schema 
ergibt sich, dass eine andere Ordnung der Fragmente nöthig 
ist, als die von den ersten Editoren, doch wohl ohne eine 
Urkunde über die Abänderung des Planes, getroffene. Weitere 
Fragmente haben sich im Nachlass nicht erhalten. 



Bibliographie. 283 



Dem ganzen Bande hat August Fresenius viele Dienste 
geleistet. Den Lesarten stellte der unterzeichnete Redactor 
und Generalcorrector dieses Bandes eine Uebersicht der für 
die Mehrzahl der Stücke gemeinsamen Drucke voran und 
benützte hierbei für ihre Charakteristik die Beobachtungen 
der einzelnen Herausgeber. B. Seüffert. 



ZWEITE ABTHEILUNG. 

Band 12. Als wichtigster ßestandtheil sind in diesem 
Bande Goethes Arbeiten über Meteorologie enthalten. Sein 
Inhalt setzt sich aus folgenden Stücken zusammen. Das erste 
bildet der Aufsatz »Wolkengestalt« (5 — 13), der mit Anlehnung 
an Luke Howards »On the Modifications of Clouds. London 
1803« geschrieben ist. Goethe kannte, als er seine Aufzeich- 
nungen niederschrieb, nur ein Referat über Howards Arbeit, 
das in Gilberts Annaleri 181 5 enthalten ist und auf das er 
durch den Grossherzog hingewiesen wurde (vergl. S. 6 des 
Textes). Entstanden ist der Aufsatz im Herbst 181 7; zuerst 
abgedruckt wurde er im 3. Heft des i. Bandes »Zur Natur- 
wissenschaft«. An diese Arbeit schliesst sich in demselben 
Hefte der Text unseres Bandes S. 15 — 41. Das folgende von 
S. 42 — 45, 3 steht im 4. Heft des ersten; S. 45 — 5S, 10 im 
I. Heft des zweiten Bandes »Zur Naturwissenschaft«. Hand- 
schriftlich ist von diesem Theile des Textes nur 5—13,15 im 
Archiv vorhanden. Den zweiten Theil des Textes nimmt die 
Abhandlung »Ueber die Ursache der Barometerschwankungen«, 
S. 59 — 73 ein. Sie steht im 2. Hefte des zweiten Bandes 
»Zur Naturwissenschaft« und enthält eine vorläufige Mit- 
theilung über die für Goethes ganze naturwissenschaftliche 
Anschauungsweise besonders wichtige Hypothese, dass die 
Ursachen derBarometerschwanküngen nicht kosmische, sondern 
tellurische seien, und dass in einer gesetzmässig sich ändern- 
den Stärke der Anziehungskraft der Erde diese Ursache zu 
suchen sei. Die ausführliche Darlegung dieser Ansicht findet 
sich erst in den »Nachgelassenen Werken« unter dem Titel: 
»Versuch einer Witterungslehre«. Dieser Aufsatz enthält in 
systematischer Folge Goethes Gedanken über meteorologische 
Phänomene, deren gegenseitige Beziehungen und Ursachen. 
Wir haben ihn zum dritten Theil des Textes gemacht (S. 74 
bis 109). Er ist handschriftlich vorhanden, und zwar in einer 
Niederschrift, die zum Theil von Eckermann, zum Theil von 
Goethes Schreiber John besorgt ist. Goethe selbst hat den 
grössten Theil noch sorgfältig durchcorrigirt. Diese Nieder- 
schrift und der Druck in den »Nachgelassenen Werken« bilden 
die Grundlage für unsern Text. An diese bereits gedruckten 



284 Bibliographie. 



Theile des Bandes schliessen sfch die ungedruckten Aufsätze 
»Karlsbad« (110—114), Zur Winderzeugung (115), Wolken- 
züge (116 — 117), Concentrische Wolkensphären (118 — 119), 
Witterungskunde (120), Bisherige Beobachtung und Wtlnsche 
für die Zukunft (121 — 122), Meteorologische Beobachtungsorte 
(123 — 124). Der letzte Aufsatz verhält sich zu den meteoro- 
logischen Arbeiten Goethes wie die methodologischen Skizzen 
am Schluss des siebenten und zehnten Bandes zu den morpho- 
logischen und geologischen Arbeiten. Er ist eine methodo- 
logische Rechtfertigung der Goethischen Anschauungsweise. 
An die meteorologischen Theile schliessen sich die »Natur- 
wissenschaftlichen Einzelheit-en« : Betrachtungen über eine 
Sammlung krankhaften Elfenbeins, Ueber die Anforderungen 
an natur historische Abbildungen im Allgemeinen und an 
osteologische insbesondere, Johann Kunckel, Jenaische Museen 
und Sternwarte. Diese Aufsätze lassen sich nicht in eines der 
gebräuchlichen naturwissenschaftlichen Fächer einreihen. Sie 
sind deshalb auch in den »Nachgelassenen Werken« schon 
in dem besondern Kapitel »Naturwissenschaftliche Einzelheiten« 
untergebracht. Den Schluss des Textes bilden einige an den 
Inhalt früherer Bände sich anreihende, aber erst nach dem 
Druck derselben aufgefundene Skizzen. Den Anfang der »Para- 
lipomena« bildet die von Goethe bei meteorologischen Be- 
obachtungen zu Grunde gelegte »Instruction«. Er hat dieselbe 
mit Beihilfe der Jenenser Meteorologen im Jahre 181 7 aus- 
gearbeitet und 1820 verbessert. Er wünschte, dass nach dieser 
Instruction die Beobachtungen an einzelnen Orten gemacht 
würden (vgl. S. 123). Den übrigen Theil der Paralipomena 
bilden Einzelheiten, die dem Gebiet der Meteorologie ange- 
hören, und die sich dem systematischen Ganzen des Textes 
nicht eingliedern Hessen. 

Mit dem zwölften Bande schliesst die zweite, grössere 
Hälfte der naturwissenschaftlichen Abtheilung, die Sammlung 
der Schriften zur Morphologie, Geologie und Meteorologie. 
Es wird diesem Bande deshalb, auf Anordnung der Redaction, 
ein die Bände 6 — 12 umfassendes Namen- und Sachregister 
beigegeben. Rudolf Steiner. 



DRITTE ABTHEILUNG. 

Den siebenten Band der Tagebücher, der die Jahre 1819 
und 1820 umfasst, hat Ferdinand Heitmüller, unter gelegent- 
licher Mitwirkung von Julius Wähle, bearbeitet. Bemerkens- 
werthe Abweichungen von der bei den vorhergehenden Bän- 
den bewährten Praxis in der Behandlung des Textes und der 
Lesarten sind nicht zu verzeichnen; nur wurden für die 



Bibliographie. 285 



letzteren die Oberaufsichtsacten des Grossherzoglichen Staats- 
ministeriums, soweit diese durchgearbeitet und excerpirt waren, 
und die Quartalhefte in grösserem Umfange als bisher heran- 
gezogen und einzelnes durch Abdruck kurzer Stücke aus 
unveröffentlichtem Archivmaterial illustrirt. Das Interessanteste 
dieser Art ist — neben einem Stück Agenda vom 4. Juli 
18 19 — jedenfalls das Schema über Heinrich den Löwen 
(S. 304 ff.), welches Goethe bei Gelegenheit der aus der 
Pickschen Auction zu Köln erfolgten Erwerbung der altdeut- 
schen silbernen Schale niedergeschrieben hat. Dasselbe fand 
sich unter den Briefconcepten März/ April 1820, gehört aber 
zweifellos in das S. 304 namhaft geroachte Acten fascikel, das 
Goethe bei diesem Anlass anlegte. Ein anderes, Bäder und 
warme Quellen betreffend, theilweise eigenhändig von Goethe, 
bedarf noch näherer Erklärung; jedenfalls ist es nur durch 
ein Versehen ins Tagebuch gerathen und mit eingeheftet 
worden. Man findet es im Apparat S. 319 und 320. Auch 
eine Probe aus einem von August geführten Reisejournal 
wird mitgetheilt (S. 288). 

Was die Fassung des Tagebuchtextes selbst anlangt, so 
wurde schon im vorjährigen Bericht festgestellt, dass trotz 
der seit Frühling 1817 äusserlich erweiterten Form (Acten- 
format) diese noch »zunächst geschäftsmässig schematischcc 
bleibt. Die knappe trockene, rein auf das Gegenständliche 
gehende Diction wird auch in den Tagen des Carlsbader 
Aufenthalts von 18 19 (S. 86—98) nicht verlassen; ein Ansatz 
zu behaglich wärmerer Schilderung dagegen auf der Reise 
ins Carlsbad 1820, besonders am 25., 26., 27., 28. u. 29. April 
(S. 163 — 168) versucht. Der achte Band, dessen Text bereits 
im Druck beendigt ist, wird diese Neigung belebterer Dar- 
stellung beim Besuch der Böhmischen Bäder 1821 noch mehr 
erkennen lassen. 

Schliesslich sei hier noch ein Irrthum verbessert: S. 4, 23 
heisst es, wie Prof. Adolf Stern richtig vermuthete : Christierns 
statt Christinens. Ferdinand HEiTMiJLLER. 



VIERTE ABTHEILUNG. 

Anknüpfend an das Schlusswort zum vorigen Bericht 
gedenke ich hier noch ein Mal der fruchtbaren grundlegen- 
den Arbeit des bisherigen Herausgebers. Eduard von der 
Hellen hat, indem er die stattliche Reihe der mit seinem 
Namen bezeichneten Bände zu Stande brachte, den Sinn zu- 
gleich auf das Ganze, die Gesammtausgabe der Briefe Goethes 
gerichtet. So kommen seine wohlgeordneten Sammlungen, 
nicht minder aber die Ergebnisse seines Forschens, zahlreiche 



286 Bibliographie. 



Bemerkungen zur Datirung und zur Behandlung des Textes 
und Beiträge zur inhaltlichen Erklärung, dem Fortsetzer seiner 
Arbeit zu gut, hauptsächlich bei den nächst anschliessenden 
Bänden. Für Band 17 hatte er das Druckmanuscript fast im 
vollzähligen Bestände, auch schon collationirt (57 Nummern 
von 252), hinterlassen. Die Nachträge und Berichtigungen zu 
den von ihm herausgegebenen Bänden (in Band 18 enthalten) 
sind, bis auf wenige, von ihm selbst zusammengestellt. Eben- 
massig ist er an der Vorbereitung der jetzt bereits ausge- 
druckten folgenden Bände (19, 20) betheiligt. Gegen das 
Ende der Reihe hin nehmen, wie es sich von selbst ver- 
steht, von der Hellens Beiträge an Umfang ab; im ganzen 
aber und für das Ganze sind sie derart beträchtlich, dass 
wir ihn, auch nachdem er das Amt und Geschäft der Her- 
ausgabe niedergelegt hat, als thatkräftigen Förderer von Ab- 
theilung IV durchaus anzusprechen haben. B. Suphan. 

Band ly enthält Goethes Briefe von Anfang 1804 bis 
zu Schillers Tod (9. Mai 1805); nur 50 Nummern sind bis- 
her ungedruckt. Goethes wissenschaftliche und gelehrte Be- 
strebungen erfahren einige neue Aufschlüsse: die Verstaat- 
lichung der mineralogischen Societät in Jena behandelt ein 
Schreiben an Karl August; die ersten Schritte der neuge- 
gründeten Jenaischen Literaturzeitung begleitet Goethe mit 
regem Eifer: die ersten fertigen Nummern bringt er dem 
Herzog zum Neujahrstage 1804 dar, der Wortlaut der Vor- 
erinnerung zum ersten Bande wird mit Voigt besprochen, 
Schmalz in Halle zur Mitarbeiterschaft aufgefordert; die Be- 
rathungen mit dem Grafen Potocki, die Berufung deutscher 
Gelehrter nach Charkow betreffend, setzen sich fort; wissen- 
schaftliche Beziehungen zu Krause in Hannover, Schmidt- 
Phiseldeck in Wolfenbüttel, Windischmann in Aschaffenburg 
knüpfen sich an. Auf künstlerischem Gebiete sind ausser den 
Briefen an Heinrich Meyer folgende zu nennen: ein Schreiben 
an Karl August, die Herausgabe eines malerischen Werkes 
über das Innere des neuen Weimarischen Schlosses befür- 
wortend ; ein Empfehlungsbrief an den Grafen von Thürheim 
in Würzburg für den Maler Wagner; ein menschlich schöner 
Beileidsbrief an Wilhelm Christoph von Diede über den Tod 
seiner Gemahlin erörtert architectonische Grabmonumente, 
ein Brief an den Münchener Galleriedirector von Mannlich 
die auch heute noch interessirende Frage der Beeinträchtigung 
eines wahrhaft künstlerischen Genusses malerischer Werke durch 
ihre massenweise Zusammenstellung in grösseren Räumen. Vier 
Briefchen an Christiane sind in dem herzlichen Tone gehalten, 
den wir aus früheren Jahren kennen ; Goethes Sinn für strenge 
Disciplin zeigt das Billet an Vent ; zwei Briefe an den Prinzen 
August von Gotha enthalten tiefe Betrachtungen und viel 



Bibliographie. 287 



Laune. Von geringerer inhaltlicher Bedeutung sind die übrigen 
bisher ungedruckten Briefe ; an Lenz, an die Herzogin Luise, 
an Rochlitz, an Voss, an die Professoren Fuchs und Acker- 
mann in Jena, Theaterschreiben an Genast und Becker, 
Lindenzweig und Kirms, an Frege in Leipzig, an Georg Karl 
von Richter in Dresden, an die beiden Maler Langer, an 
Senator von Welser in Nürnberg, an die Herzöge von Gotha 
und Koburg, an Frommann, an Zelter, an Cotta. Zwei äusser- 
liche Veränderungen, die vom Redactor gutgeheissen wurden, 
werden hoffentlich als zweckmässig auch von den Lesern an- 
erkannt werden; im kritischen Apparat sind die eigentlichen 
Lesarten von den comraentirenden Anmerkungen unter jeder 
Nummer durch einen Scheidestrich getrennt; dem Verzeichniss 
der Postsendungen folgt eine Zusammenstellung der Notizen 
in Goethes Tagebüchern, die seine Correspondenz betreffen. 
Band 18 ist ein Nachtrag- und Registerband. Auf 39 
undatirte Billete und Briefe aus der Zeit von 1788 — 1805 
(darunter 18 ungedruckte an Batsch in Jena, Kirras, Knebel, 
Karl August, die Disciplin der jenaischen Academie betreffend, 
Voigt) folgen als Nachzügler zu den Bänden 3 — 17 84 Briefe 
Goethes aus den Jahren 1779 — 1804, dann Berichtigungen 
zu Band 1 — 17, endlich ein Generalregister zu den Bänden 
9-18, das sich an die früheren in Band 7 und 8 anschliesst. 
Von den erwähnten 84 Briefen sind nur 15 bisher bekannt 
gewesen. Am werth vollsten sind die beiden von Bernhard 
Suphan im Goethe-Jahrbuch XVI veröffentlichten Stücke an 
Schiller vom October 1794 und an einen unbekannten 
Adressaten und ein an Schiller gerichtetes fragmentarisches 
Selbstbekenntniss vom April 1798. Zwölf Briefe an Göschen 
aus den Jahren 1788 und 1789 erörtern Einzelheiten der 
Drucklegung der ersten autorisirten Ausgabe von Goethes 
Schriften. Opernpläne Goethes behandelt ein Brief an Reichardt, 
den Bürgergeneral einer an Bertuch, Osteologisches ein Con- 
cept an Merck, Optisches Briefe an Johann Voigt in Jena 
und Soemmerring. Menschlich berühren wohlthuend die Briefe 
an den Prinzen August von Gotha und Marianne von Eyben- 
berg aus dem Jahre 1796. Von geringerem Werthe sind die 
übrigen ungedruckten Stücke: an Stein, Johannes Müller, Voigt, 
Bibliothekar Müller in Jena, an die Schlossbaucommission, 
an Bentzel-Sternau in Erfurt, an die Baumeister Arens und 
Steiner, an Cl^risseau, Einsiedel, Kirms, an das Kammer- 
collegium, an Blumenbach, an einen Unbekannten, an Karl 
August, Bertuch, Batsch, Lyncker, Vohs und Willms, Koppen- 
fds, Griesbach, Schönborn, Escher in Zürich, Gädicke, Steffany, 
Tieck, Nahl, Heinrich Meyer, Langer, an die Maler Hummel 
und von Rohden, Koch, Primavesi, Riepenhausen, Wagner. 

Albert Leitzmann. 



288 



Bibliographie. 



B. UNGEDRUCKTES.' 
BRIEFE. LITERATUR. NEUE AUSGABEN. GESPRÄCHE. 



K. Th. Gaedertz: Ein un- 
bekannter Brief Goethes an 
Niebuhr. [27. Apr. i8i6.](Nat.- 
Ztg. Sonntagsbeil. 13.) 

C. A. H. Burckhardt : Ernst 
Ludwig Grosse. [2 Briefe an 
Goethe 1 821, 22.] (Euphorion. 

n. s. 330 ff.) 

Adolf Metz : Die fünf Goethe- 
Briefe an Salzmann aus der 
Strassburger Zeit. (Euphorion. 

II. s. 346—351.) 

L. Geiger: Goethes Briefe 
1800 — 1803 und anderes Un- 
gedruckte. (Allg. Ztg. Beil.26., 
27., 28. Juni.) 

Heinr. Düntzer : Neuent- 
deckte BriefentwUrfe Goethes 
an Schiller. (Allg. Ztg. Beilage 
Nr. 178.) 

Michael Bernays : Bemer- 
kungen zu einigen jüngst be- 



kannt gemachten Briefen an 
Goethe (G.-J. XTV), (M. B. Zur 
neuem Literaturgeschichte. I. 
Stuttgart, Göschen. S. 1 — 96.) 

Michael Bernays: Der Brief- 
wechsel zwischen Schiller und 
Goethe in der Ausgabe von 
1881. (M. B. Zur neuem Lite- 
raturgeschichte!. S. 365—394.) 

J. A. Stargardt, Catalog 200. 
Culturgeschichte. Literatur. 
(Briefe Goethes 1812— 1826.) 
HO SS. 

Gespräche mit Goethe in den 
letzten Jahren seines Lebens. 
Von J. P. Eckermann. Mit ein- 
leitenden Abhandlungen und 
Anmerkungen v. O. Roquette. 
(In3 Bdn.) Stuttgart, J. G. Cotte 
Nachf. i.Bd. 2 54SS.m.Bildniss. 
2. Bd. 224 SS. Lwd. ä M. I.— 



C. NEUE AUSGABEN DER WERKE. 



Goethes Werke. 19. Theil 
Wahrheit u. Dichtung. 3. Thl. 
Herausg. von H. Düntzer. 
(Kürschners Dtsch.Nationallit.) 
Stuttgart, Union. 330 SS. mit 
Bildnissen. M. 2.50. 

Goethes Werke. 20. Theil. 
Wahrheit u. Dichtung. 4. Thl. 
Herausg. von H. Düntzer. 
(KUrschnersDtsch.Nationallit.) 
Stuttgart, Union. 378 SS. Mit 
100 Illustrationen. Von S. 205 
an »Abriss v. Goethes späterm 
Leben«. M. 2.50. 

Goethes Werke. 30. Theil. 
Aufsätze über bildende Kunst 
u. Theater. Hrsg. v. A.G.Meyer 
u. G. Witkowski. (Kürschners 



Dtsch. Nationallit.) Stuttgart, 
Union. LXXV, 828 SS. M.2.50. 
Goethes sämmtliche Werke 
in 36 Bdn. Mit Einleitungen 
V. K. Goedeke. 22., 23., 25., 
29., 31. — 35. Bd. Stuttg., Cotta 
Nachf. X, 306, VI, 256, Vm, 
304, VI, 444, vm, 354. XIV, 

3SO,IV,382,XX,458,IV,448 
ä Band M. i.io. 

Goethes Werke. Auswahl in 
16 Bdn. Mit biogr. Einl. v. S. 
M. Prem. 12^ (XV, 208, 232, 
279, 244, 308, 242, 166, 198, 
152, 172, 151, 216, 164, 167, 
183 u. 263 SS. mit Bildniss.) 
Leipzig, G. Fock. Geb. M. 6. — 



» Im Allg. vgl. die Vorbemerkung Bd. XVI, 274. 



Bibliographie. 



289 



D. EINZELSCHRIFTEN UND ERLÄUTERUNGEN. 

I. ALLGEMEINES. BIBLIOGRAPHISCHES. SPRACHLICHES. 
METRISCHES. 



G. Brandes: Eine Doppel- 
anlage in dem Wesen Goethes. 
(N. Fr. Presse iio68, 11069.) 
Gedanken über Goethe. Von 
Victor Hehn. 3. verm. Aufl. 
Berlin, Bornträger. III, 408 SS. 
mit Bildn. M. 8.— 

Laurenz Müllner : Literatur- 
und kunstkritische Studien. 
Wien, Wilh. Braumüller. 280SS. 
M. 4.— (S. 122 fg.) 

Mittheilungen aus d. Goethe - 
verein in Zwickau. Beibl. zum 
Zwickauer Tagebl. Red. Prof. 
H. C. Kellner. Nr. 7. i. Mai. 
8 SS. in 4°. 

Ernst Götzinger: Das Verb 
»lassen« bei Luther u. Goethe. 
(Z. f. d. dtsch. Unterr. 9. Jahrg. 
3. H. S. 169— 181.) 

A. Schöne: Zum Goethe- 
Text. [a.z.G.-J. XIV, 286, 289.] 
(Ztschr. f. d. Phil. Bd. 28. H. i.) 
A handy bibliographical 
guide to the study of the Ger- 
man language and literature 
for the use of students and 
teachers of German. Compiled 
and edited with two Appen- 
dices and füll Indexes by Karl 
Breul. London, Hachette & Co. 
XII, 160 SS. 2S. 6d. 

H. Düntzer : Besprechung 
der Weimarer Ausgabe I, i6, 
17. III, 6. IV, 15, 16. (Ztschr. 
für dtsch. Phil. 28, 354-375-) 
Rudolf von Gottschall: Zur 
neuesten Goethe-Literatur I, II. 



(Leipziger Tageblatt 621, 622. 
21., 22. Dec.) 

Karl Heinemann : Neue 
Goethe -Schriften. (Blätter f. 
liter. Unterhaltung. Nr. 18.) 

Max Koch : Neuere Goethe- 
und Schiller-Literatur XI. (Ber. 
d. Fr. D. Höchst. N. F. XL 

s. 385—427.) 

Hermann Sauppes Ausge- 
wählte Schriften. Berlin, Weid- 
mann. VII, 862 SS. m. Bildn. 
M. 26. — . (Recensionen.) 

J. Schipper: Die Abhand- 
lungen der Goethe-Gesellschaft 
zu Manchester 1886 — 1893. 
(Chr.d.WienerGoethe-Vereins. 
Nr. 3—4, S. 17—18.) 

t Carlo Segr^ : Saggi critici 
diletteraturestraniere. Firenze, 
Lemonnier, i894.(Enthältu.A.: 
Tasso nel pensiero del Goethe; 
Goethe e le baruffe Chiozzotte.) 

t E. Maddalena : Bricciche 
Goldoniane : Le baruffe Chi- 
ozzotte. (Ueber Goethes Stel- 
lung zu den b. Ch.) Alessandria, 
Chiarsi, 1894. 

Veit Valentin: Ueber die 
Leetüre der deutschen Klas- 
siker in den oberen Klassen 
der höheren Schulen. (Ber. d. 
Fr.D.H.N.F. XI.357-365.) 

T. de Wyzewa: Les revues 
allemandes (Goethe-Literatur). 
(Revue d. d. Mondes, i. März. 
S. 223 — 226.) 



2. 



F.Vollmer: Goethes Egmont 
erläutert u. gewürd. fUr höhere 
Lehranstalten sowie zum Selbst- 

Gobtbe-Jahrbuch XVII. 



DRAMEN. 

Studium. Lpz.,H.Bredt. 114SS. 
M. I.— 

H. Schreyer: Die Erschei- 
19 



290 



Bibliographie. 



nung Klärchens in der Schluss- 
scene des GoethischenEgmont. 
(Deutsche Dramaturgie, i Jahr- 
gang. II. Heft S.387— 396.) 

Heinr. Düntzer : Goethes Eg- 
mont als Bühnenstück. (Dtsch. 
Dramartugie. i. Jahrg. 12. H. 
S. 41 8-— 424.) 

Rudolf Schlösser: Studien zu 
Goethes Elpenor. (Euphorion. 
IL S. 588—604.) 

Heinr. Düntzer: DerSchluss- 
chor des Goethischen Fest- 
spiels »Des Epiraenides Er- 
wachen«. (Z. f. d. d. Unterr. 

9- J. S. 355-364.) 

Hans Morsch : Der Schluss- 
choraus Goethes Festspiel »Des 
Epimenides Erwachen und die 
preussische Nationalhymne«. 
(Z. f. d. d.Unterr.IX. S. 7 85 -806.) 

Goethe, Faust, I. Theil. Elze- 
vier-Ausg., illustrirt v. Hugo 
Flintzer. Leipzig, H. Seemann. 
242 SS. br.M. 2.— Lwd.M.3.— 

Faust ein Menschenleben. 
Versuch einer harmonischen 
Analyse des Goethischen Faust. 
Von C. Schmidt. Berlin, Rosen- 
baum u. Hart. 168 SS. M. 3.— 

Tourgueneff : Assia Faust. 
Trad. par M. Delius. Paris, 
E. Flammarion. Fr. 1.25. 

Ernest Cushing Richardson : 
Faust and the Clementine Re- 
cognitions. (American Society 
of Church History. Vol. VL 
S 131—145.) 

Kuno Francke : A parallel 
to Goethes Euphorion. [Tiecks 
»Phantasus« : Scherz.] (Modern 
languagenotes. März. Sp. 129— 

131-) 

W. Gilbert: Kritische Erör- 
terungen zu Goethes Faust. 
(Neue Jahrbücher für Philo- 
sophie und Pädagogik. I.) 



Fr. Kluge : Aus dem Sluden- 
tenleben des 18. Jahrhunderts. 
[Auerbachs Keller.] ( AUg. Ztg. 
Beil. 115.) 

Karl Knortz: Adams erste 
Frau. [Blocksberg.] (Westd. 
Post. St. Louis 24. Febr.) 

Max Koch : Zur Entstehungs- 
zeit zweier Faustmonologe. 
(Ztschr. f. vgl. Litgesch. N. F. 
Bd. Vm. S. 116-131.) 

Ideal u. Leben. Gesammelte 
Vorträge von S. Oettli. Gotha, 
Schlössmann. M. 3.80. (Darin: 
Hiob u. Faust. Eine Parallele.) 

fW.Sauer : Sakuntala,Goethe 
u. Schiller. [Einfluss auf den 
Faustprolog.] (Deutsche Wacht. 
Dresden 1894. Nr. 240.) 

H. Schrader : Euphorion und 
der dritte Akt des zweiten Faust. 
(Ztschr. f. d. Sprache. Bd. VIIL 
H. 10.) 

Eduard Schulte : Die Uhr in 
Goethes Faust. (Ztschr. für d. 
Spr. Vin. S. 441 — 446.) 

R. Sprenger : Zur Erklärung 
von Goethes Faust. (Ztschr. f. 
d. Phil. 28. S. 349-353.) 

Alex. Tille: A Scottish nur- 
sery rhyme and Goethes Faust. 
(Scots Lore. Glasgow, März.) 
Sep.-Dr. 3 SS. 

Alexander Tille: Notiz zu 
»Fausts Heilkunde«. (Viertel- 
jahrschr f. Literaturgesch. V. 

139^0 
A.Tille: Neue Faust-Splitter 

aus dem 16., 17., 18. Jahrb. 

(Ztschr. f. vergl. Litgesch. Bd. 9. 

H. 1—2.) 

J. Herzfelder: Goethes Faust 
u. d. Umsturzgesetz. (Münchn. 
neueste Nachr. 5. März.) 

Goethe, Faust. Tragödie. 
Für die Bühne in 3 »Abenden« 
eingerichtet v. A. Wilbrandt. 



Bibliographie. 



291 



Wien, Liter. Gesellschaft. XI, 
■344 SS. M. 4.20. 

Ludwig Geiger ; Wilbrandts 
Faustbearbeitung. (Fftr. Ztg. 
I. Morgenbl. 18. Juli. Berich- 
tigung daselbst Abend bl.) 

Erich Schmidt: Wilbrandts 
Faust-Bearbeitung. (Deutsche 
Dramaturgie. 2. Jahrg. 2. H. 
Nov. S. 37—42-) 

La Damnation de Faust; 
legende dramatique en quatre 
parties, paroles et musique 
d'Hector Berlioz. Paris, Ri- 
chault et Cie. 70 SS. Fr. i.— 

La Damnation de Faust; 
legende dramatique en cinq 
actes et douze tableaux, (musi- 
que d'Hector Berlioz), adaptde 
ä la sc^ne par Raoul Gunsbourg. 
Paris, Richault et Cie. 4°. 41 SS. 

Ueber die GesammtaufFüh- 
rung des Goethischen Faust an 
der MUncheher HofbUhne von 
E. Possart. München, A.Bruck- 
mann. 38 SS. M. —.30. 

Erinnerung in Wort und Bild 
an die Gesammtaufführung des 
Goethischen Faust auf der 
königl. Hof bühne zu München 
von P. M. Reber. München, 
L. Finsterlin. IV, 32 SS. M. 2.— 

Das Volksschauspiel von 
Doctor Faust, erneuert durch 
Richard Kralik. Wien, Kone- 
gen. IV, 115 SS. 12°. M. 2.— 

W. Mayer : Nürnberger Faust- 
geschichten. (Abhandl. der k. 
bayer. Academie.) München, 
G. Franz. 4^ 80 SS. M. 2.50. 

Ludwig Fränkel : Neue Bei- 
träge z. Literatur d. Faustfabel. 
(Euphorion. II. 754 — 776.) 

K. Kiesewetter: Der ge- 
schichtliche Faust. (Daheim. 
31. Jahrg. Nr. 18.) 



J. Minor : Zur Faustsage 1—3. 
(Die Zeit. Nr. 29, 30.) 

Alexander v, Weilen: Aus 
dem Nachleben d. Peter Squenz 
und des Faustspiels. (Eupho- 
rion. II. S. 637 — 640.) 

Phrontisterium Faustinum. 
Das goldene Buch der Faust- 
erklärer. Ein aristophanischer 
Literaturscherz von Zoilother- 
sitomastix. 2. fast unveränd. 
Aufl. nebst Vorw. u. Ergänz, 
Bistritz, Carl Binder. 3 2 SS. 4^ 
M. 2.— 

Moderne Faustscenen von 
E. Hutschenreiter, Dresden, 
E. Pierson. 94 SS. M. 1.50. 

Lukianstudien. DasTodten- 
gespräch in der Literatur von 
Johannes Rentsch. Plauen i. V. 
Gymnasialprogramm. (»Götter, 
Helden u. Wieland«.) 

Alfred Schöne: Ueber die 
Alkestisd.Euripides. (Goethe, 
Wieland u. Euripides.) Kiel. 
27 SS. M. 1.20. 

Götz von Berlichingen mit 
der eisernen Hand. Schauspiel. 
Herausgeg. von August Sauer. 
Frey tags Schulausgaben. Lpz., 
G. Frey tag. 180 S. M. —.90. 

Götz von Berlichingen mit 
der eisernen Hand. Ein Schau- 
spiel V. J. W. V. Goethe. Schul- 
ausgabe besorgt v. V., Uellner, 
2. Aufl. Berlin, Reuther u. 
Reichard. 122 SS. m. Titelbild. 
M. — .50. 

S. Koch : Zu Goethes Götz, 
Act I, Scene 4. (Gymnasium. 
XIII, 7.) 

Nestle : Goethes Götz und die 
Fremdwörter. (Südd. Blätter 
f. höhere Unterrichtsanstalten. 
III, 6.) 

Veit Valentin : Bruder Martin 
in Goethes Götz und Martin 
19* 



292 



Bibliographie. 



Luther. (Ben d. Fr. D. Höchst. 
N. F. XI. S. 427-430.) 

Aufgaben aus »Götz von 
Berlichingen« und »Egmonta, 
zusammengestellt v. Heinze. V, 
SS S. — Aufgaben aus »Iphi- 
genie auf Tauris«, zusammen- 
gestellt V. Heinze. VII, 81 SS. 
Lpz.,VV.Engelmann. ä M. —.80. 

Goethe : Iphig^nie en Tau- 
ride. Nouv. ed., publ. av. une 
notice et des notes en francais 
par L. Schmitt. 4* ^d. Paris, 
Delagrave. IV, 104 SS. 

Goethe : Iphigenie a. Tauris, 
erläutert v. Janker. Leipzig, 
G. Freytag. 96 SS. M. —.60. 

Richard Förster: Iphigenie. 
Rede zur Geburtstagsfeier Sr. 
Maj. d. Kaisers. S.-A. aus der 
Schles. Ztg. 19 SS. 

R. Sprenger: Zu Goethes 
Iphigenie. (Ztschr. f.d. Phil. 28. 
S. 428 fg.) j 

Die Iphigeniensage in anti- 
kem u. modernem Gewände 
von F. ThUmen. 2. Aufl. Berlin, 
Mayer U.Müller. 47 SS. M.i.— 



H. C. Kellner: Die Laune 
des Verliebten. (Mittheil. a. d. 
Goethev. in Zwickau. Nr. 7.) 

Mich. Bernays: Der franz. 
und der deutsche Mahomet, 
(M. B. Zur neueren Literatur- 
geschichte I. S. 99 — 361.) 

Karl Albrecht: Die paro- 
distischen Fortsetzungen von 
Goethes Stella. (Arch. f. d. St. 
n. Spr. 94. S. 257 — 263.) 

t Joh. Georg Pfranger. Sein 
Leben und seine Werke v. Karl 
Albrecht. Leipzig, Fock, 1894. 
(Stella.) 28 SS. M. I.- 
Goethes Torquato Tasso. 
Ein Schauspiel. Für den Zweck 
der Schule und das Privat- 
studium erläut. u. m. Einl. vers. 
von W. Wittich. Paderborn, 
Schöningh. M. 1.35. 

H. Düntzer: Der Ausgang 
von Goethes Tasso. (Ztschr. 
f.d. Philol. 28 Bd. S. 56-71.) 

Dieckhoff: »Vergeben« in 
Goethes Tasso 11,3. V. 1404. 
(Modern Language Notes. X,5.) 



3. GED 

Goethes Gedichte. Mit einer 
Einleitg. u. zahlreichen Illustr. 
namhafter deutscher Künstler. 
Berlin, Minerva. Lex. -8°. 384SS. 
Geb. M. 4.20. 

Goethe: Gedichte. Auswahl. 
Für den Schulgebrauch hgg. 
V. F. Bachmann. Leipzig, Frey- 
tags Schulausg. 12°. 179 SS. 
m. Bildn. cart. M. — .80. 

A. Girot: Goethe et Schiller, 
Podsies lyriques suivies d'un 
choix de ballades allemandes. 
Paris, P. Dupont. 202 SS. 

Goethe : Po^sies lyriques. 
Avec notices et notes par L. 
Schmitt. Classe de rh^torique. 



I C H T E. 

6. Edition. Paris, Delagrave. 
VIII, 52 SS. 

Die schönsten Gedichte 
Goethes und Schillers. Haus- 
und Herzbücher. Ziegenrück. 
128 SS. M. —.20. 

Bernhard Suphan : Das Buch 
Annette. Unbekannte Jugend- 
gedichte Goethes. (D.Rundsch. 
21. Jahrg. lo.H. S. 139—145.) 

Goethes Hermann u. Doro- 
thea m. 8 Bildern in Lichtdr. 
nach den Gemälden von A. v. 
Ramberg u. Text-Zeichngn. v. 
W. Weimar. (Neue bill. Pracht- 
Ausg.) Jubiläums- Ausg. Berlin^ 
Grote. Fol. 67 SS. geb. M. 12.— 



Bibliographie. 



293 



Goethe : Hermann u. Doro- 
thea. Elzevier- Ausgabe. Illustr. 
V. H. Flintzer. Leipzig, H. See- 
mann. 133 S. M. 2. — 

Goethes Sonettenkranz. Von 
Kuno Fischer. Heidelberg, C. 
Winter. 112 SS. M. 2.— 

F. Bauer: Sieben Gedichte 
Gpethes nach ihrem Gedanken 
erläut. I, II. (Wandrer, Gesang 
d. Geister, Prometheus, Gany- 
med, Mignon, König in Thule, 
An den Mond.) (Ztschr. f.österr. 
Gymn. Bd. 45. H.*8/9, 11.) 

Daniel Jacoby: Zu Alexis 
und Dora von Goethe, i. Die 
Schlussverse. 2 . Zur Entstehung 
des Gedichts. — Die schöne 
Mailänderin in Goethes* Ge- 
dichten. (Euphorion. II. 810 — 
813.) 

Rud. V. Payer: Der West- 
östliche Divan im Rahmen der 
orientalischen Studien. (Wiener 
Zeitung. 8. u. 9. März.) 

W. V. Biedermann : Hatem. 
(Chronik d. Wiener Goethe- 
Vereins. X, S. I.) 

R. Klahre: Der Erlkönig. 
(Zeitschr. f. deutsche Sprache. 
Bd. 8. H. 7, 8.) 

Aug. Stöbers Abschrift der 
Friderikenlieder. Brief an G. 



Schwab 1837. (Jahrb. f. Gesch., 
Sprache u. Lit. Elsass-Loth- 
ringens. Bd. 10.) 

J. P. Schmitz: Zu Goethes 
Fischer. (Zeitschr. f. d. deutsch. 
Unterr. IX. S. 453—460.) 

Goethes »Geheimnisse« und 
seine »Indischen Legenden« 
von Herrn. Baumgart. Sttitt- 
gart, J. G, Cotta Nachf. iio SS. 
M. 2.— 

R. Andrä: Goethes Hoch- 
zeitslied. (Zeitschr. f. deutsche 
Sprache. Bd. 8. H. 10.) 

Reinhold Steig: Schäfers 
Klagelied v. Goethe. (Eupho- 
rion. II. 813 — 817.) 

A. Englert: Zu Goethes 
Schweizerlied. (Ztschr. d. Ver. 
f. Volkskunde. Jahrg. 5. H. 2. 
S. 160—167.) 

Johannes Niejahr: Goethes 
Gedicht »DasTagebuchrr. (Eu- 
phorion. II. S. 604 — 616.) 

Erich Schmidt: Lesefrtlchte 
zum Volksliede. (Ztschr. d.Ver. 
f. Volkskunde. S. 355 — 363.) 
[2 von Goethe mitgetheilte 
Volkslieder.] 

Matthias: Deutsche Schuler- 
vorträge im Anschluss an 
Goethische und Schillersche 
Gedichte. (Gymnasium. Nr. 11.) 



4. PROSASCHRIFTEN. 



Goethe : Aus meinem Leben. 
Dichtung u. Wahrheit. (Aus- 
wahl.) Für den Schulgebrauch 
hrsg. V. K. Hachez. 2 Bde. Frey- 
tags Schulausgaben, Leipzig. 
170 u. 168 SS. mit 2 Abbild, u. 
I Titelb. Gart. M. —.80. 

Goethe: Aus meinem Leben. 
Dichtung u. Wahrheit. Ausge- 
wählt u. hrsg. V. G. Hofmeister. 
Leipzig, Teubners Samml. f. 



höh. Töchterschulen. 201 SS. 
Gart. M. I.— 

Goethe: Aus meinem Leben. 
Dichtung u. Wahrheit. Schul - 
ausg. V. J.Dahmen. Paderborn, 
Schöningh. 174 SS. M. i.— 

Goethe: Dichtung u. Wahr- 
heit (The First Four Books). 
London , Clarendon Press. 
332 SS. 4 sh. 6 d. 

D. Sanders: Aus Goethes 



294 



Bibliographie. 



Wahrheit u. Dichtung. 9. Buch. 
(Ztschr. f. deutsche Sprache. 
Jahrg. 8. H. 9.) 

Richard M.Meyer: Wilhelm 
Meisters Lehrjahre und der 
Kampf gegen den Dilettantis- 
mus. (Euphorien. II. 529-538.) 

Alfred Friedmann: Goethe 
hat Antwort auf Alles. [Sprüche 
in Prosa.] (Prager Tageblatt. 
8. Mai.) 

Goethe: Die Leiden des 



jungen Werther. Elzevier- Aus- 
gabe. Illustr. y. H. Flintzer; 
Leipzig, H. Seemann. VII, 
225 SS. M. 2.— 

Ch. Glauser: Benjamin Con- 
stants Adolphe (Ueber Wer- 
ther). (Ztschr. f. franz. Sprache 
u. Literatur. Bd. 16. H. 5.) 

W. V. Biedermann : Ein über- 
sehener Aufsatz V. Goethe (über 
Renovirungdes Schauspielhau- 
ses 1800). (Nord U.Süd. Mai.) 



E. UEBERSETZUNGEN. 



Goethe: Faust, tragddie. 
Paris, Pfluger. 192 SS. 25 c. 

Faust. From the German. 
By J. Auster. With an Introduc- 
tion by B. Mason. Illustr. by 
F. Gregory. London, Truslove 
and Hanson. 240 SS. losh. 6d. 

Faust. The first Part, with a 
Literal Transl. and Notes for 
Students by "Beta." London, 
Nutt. 392 SS. 3 sh. 6 d. 

Faust, scene del poema di 
Goethe. Versione ritmica di V. 
Di Marmorito. Musica di R. 
Schumann (Societä del quar- 
tetto). Bologna, soc. tip. Azzo- 
guidi. 16°. 39 SS. 50 c. 

Henri Albert: Eine neue 
Faust-Uebersetzung [Pradez]. 
(Fft. Ztg., I . Morgenbl. 29. Jan.) 

Faust. Elsö r^sze. Forditotta 
6s kiadta Szabö Mihäly. 2 . Aufl. 
Debreczin. 224 SS. fl. 1.20. 

Iphigenia Taurisban. Drama 
öt felvonäsban. Ford. Kis. J. 
Budapest , Franklin - Verein. 
99 SS. 20 kr. 

Goethe : Ifigenia w Tauryd- 
zie, dramat, przelözyl J. Kas- 
prowicz. Zloczöw, W. Zucker- 
kand!. 

l'orquato Tasso. Skuespil. 



Paa Dansk ved H. C. Roedei 
Kjöbenhavn, H. C. Roede. 
164 SS. 2 kr. 

Goethe: Torkwato Tasso, 
dramat., przeklad Jana Kas- 
prowicza. Zloczöw, W.Zucker- 
kandl. 132 SS. 24 kr. 

J. G. Selz : Ma Richesse 

Poesie d' AlphonseKarr, d'apr^s 
Goethe. Avec accompagne- 
ment de piano. Paris, A. Quin- 
zard et Cie. Fr. 1.75. 

Carmina nonnulla poetarum 
recentiorum Germanicorum in 
latinum convertit Ernestus 
Reinstorff". Hamburg, Herold. 
67 SS. M. 2.— (Mignon, König 
in Thule.) 

Hermann etDorothee.pofeme 
en neuf chants. Traduit par 
Bitaube. Paris, Berthier. 125 SS. 
25 c. 

Hermann et Dorothde. Tra- 
duction francaise par B. L^vy, 
avec le texte allemand et des 
notes. Paris, Hachette & Cie. 
IV, 187 SS. Fr. 1.50. 

William Meisters Apprenti- 
ceship and Travels. Transl. by 
Th. Carlyle. 3 vols. in 2. Lon- 
don, Chapman and Hau. 2 sh. 
6 d. 



Bibliographie. 



295 



Coloman Kemenczky hat 
eine wohlgelungene magyari- 
sche Uebersetzung der »Wahl- 
verwandtschaften« veröffent- 
licht. Vgl. Die Gesellschaft. 
XI. S. 281 f. 

Leon Kellner: Goethe in 
England. (Chr. d. W. G. V. 
Nr. 2. S. 8, 9.) 

Goethe: Le Petit Orph^e. 



Imit^ de l'allemand par Ch; 
Simond. Avec illustrations de 
Bross^ - le - Vaigneur. Paris , 
Lecfene, Oudin & Cie. 71 SS. 

tHektor Frank: Kulturbil- 
der aus Italiens halbvergangner 
Zeit. 2. Ausg. Leipzig, O. 
Wigand, 1894. (Beschäftigung 
der Italiener mit Goethe.) 



IL BIOGRAPHISCHES. 
A. ALLGEMEINES. 



Goethe, Sein Leben und 
seine Werke. Von Dr. Albert 
Bielschowsky. In zwei Bänden. 
Erster Band mit einer Titel- 
gravüre (Goethe in Italien von 
Tischbein). München, Beck. 
528 SS. M. s.— 

Diesseits von Weimar. Auch 
ein Buch über Goethe. Von 
Karl Weitbrecht. Stuttgart, Fr. 
Frommann. 320 SS. M. 3.60. 

Goethe. Von Karl Heine- 
mann. 2 Bde. Mit vielen Abbild, 
in u. ausser d. Text; Leipzig, E. 
A. Seemann. XII, 480 u. VII, 
448 SS. geh. M. 12. — , geb. 
M. 15.— 



Goethe par A. M^ziferes. Les 
Oeuvres expliqu^es par la vie, 
(1749—95.) Nouv. ^dit. 2vols. 
Paris, Hachette & Co. Fr. 7.— 

Edouard Rod: Essai sur 
Goethe. I. La jeunesse. II. La 
crise romantique. III. La crise 
sentimentale. (Revue des deux 
mondes. Bd. 130, 499 ff. 628 — 
653. Bd. 131, 164—194.) 

Goethe u. Schiller in persön- 
lichem Verkehre. Nach brief- 
lichen Mittheilungen v. Hein- 
rich Voss. Mit Einleitung und 
Anmerkungen neu herausge- 
geben V. G. Berlit. Stuttgart, 
Cotta. 250 SS. M. 3. - 



B. BIOGRAPHISCHE EINZELHEITEN. 



Ferdinand Kurz : Stud. jur. 
Johann Wolfgang auf der Uni- 
versität Leipzig. (Academische 
Monatshefte. Heft 134—36.) 

t H. Th. T. : Goethe als Stu- 
dent in Leipzig. (Leipz.Tagebl. 
I. Beil. 17. Nov. 1894.) 

Julius R. Haarhaus : Auf 
Goethes Spuren im Süden. 
Reiseskizzen. 13. Von Perugia 
bis Rom. 14. Das antike Rom. 



15. Rom u. römisches Leben. 
(Wissenschaftl. Beilage d. Lpz. 
Zeitung. Nr. 22, 54, 67.) 

M. Warnatz : Das classische 
Weimar. Nach alten Familien- 
briefen geschildert, (i. Beil. z. 
Lpz. Tagebl. Nr. 139, 17. März, 
Prager Tagebl. 20. März.) 

Aus Weimars grosser Zeit. 
Erinnerungen e. Hofmannes. 
II. (Allgemeine konservative 



296 



Bibliographie. 



Monatsschrift ftlr das christliche 
Deutschland. April-, Mai- Juni- 
heft. Verfasser jedenfalls Oberst 
V. Lyncker. Vgl. G.-J. XIV, 
353 u. XV, 357.) 

»Liste /der angekommenen/ 
Kur- und Badegäste /in der 
kOnigl. Stadt/Kaiser-Karlsbad/ 
im Jahre 1795. (Vignette.) 
Karlsbad, / gedruckt und zu 
haben, bei F. J. Franieck, priv. 
Buchdrucker , / ohnweit dem 
Theater beim Rebenstock«. 
(Neudruck.) Nr. 408 (5. Juli): 
»Herr von Göthe, geheimer 
Rath, aus Weimar, / wohn, im 
grünen Papagey, auf der Wiese« 
(mit einem Druckfehler Wiefe.) 

Alfred Friedmann : Die Carls- 
bader Beschlüsse. Persiflage. 
[Anspielungen auf Goethe in 
Carlsbad.] CTgl.Unterhaltungs- 
blatt d. Neuesten Nachrichten. 
Elberfeld. Nr. 162. 13. Juli.) 

Hugo Schroeder : Goethe in 
Göttingen. (Westermanns Mo- 
natsh. Nr. 466. S. 427 — 438.) 



Goethe bei Napoleon in Er- 
furt am 2. Oct. 1808. Aus 
Goethes eigenen Aufzeich- 
nungen. (Zeitschr. f. deutsche 
Sprache. Bd. 8. H. 5—6.) 

ZX' • Erinnerungen an Dorn- 
burg und Tautenburg. Aufent- 
halt daselbst. (Leipz. Tagebl. 
Nr. 286. I. Beil.) 

t M. Urban: Goethe im 
Schlosse Hartenberg und in 
der Stadt Falkenau. (Freie 
Bildungs-Blätter. 1894. Nov.) 

Goethe in Nassau. Von Fr. 
Otto. Separatdruck a. d. Anna- 
len des Vereins für Nassauische 
Alterthumskunde U.Geschichts- 
forschung. XXVII. S. 53 -188. 
Mit zwei Tafeln. Wiesbaden, 
R. Bechtold & Comp. Sep.-Dr. 
IV, 134 SS. 

F. Arn. Mayer : Auf Goethes 
Schweizer Wanderpfad im J. 
1797. Nebst Glossen über Fuss- 
reisen heutzutage und ehedem. 
(Allg.Ztg. Beil. 224. 28. Sept.) 



C. GOETHES VERWANDTE. 



J. Froitzheim: Goethes Vater 
in Strassburg. [Januar 1741.] 
(Strassburger Post. 23. Juni, 
vgl. L. Geiger, Frankftr. Ztg. 
2. Morgenbl. 3. Juli.) 

Goethes Mutter. Ein Lebens- 
bild n. d. Quellen von K. Heine- 
mann. 5.Aufl. Mit vielen Abbild, 
u. 4 Heliograv. Leipz., E. A. 
Seemann. XII, 358 SS. M.6.50. 

Deutsche Frauen. Kulturge- 
schichtliche Lebensbilder von 
Albert Richter. Nr. 20 : Goethes 
Mutter (S. 324—356). Leipzig, 
Brandstetter. 

Für Goethes Schwester Cor- 
nelia [gegen Andre Marcel im 



Figaro.] (Köln. Ztg. 2. Morgen- 
ausgabe. 19. Febr.) 

Max Mendheim : Christiane 
Vulpius. ( Allg. d. Biogr. Bd. 40. 

381-385O 

Goethe und die Vulpius. 
(Notiz aus G.-J. XVL) (Frankf. 
Ztg. 2. Morgenbl. 28. Juni.) 

S. Münz: Briefe Ottilie 
Goethes und Anderer an Sarah 
Austin.(N.Fr.Pr. 1091 5. 1 2.Jan.) 

Erinnerungen eines Künst- 
lers von Rudolf Lehmann. 
Berlin, Ernst Hofmann & Co. 
VIII, 320 SS. M. 7.— 

Enthält in der 2. Abtheilung 
Charakterköpfe : Goethes Nach- 
kommen. 



Bibliographie. 



297 



D. GOETHES VERHÄLTNISS ZU SEINEN FREUNDEN 
UND NACHFOLGERN. 



Erinnerungen B. R. Abekens 
aus den beiden letzten Jahr- 
zehnten des vorigen und dem 
ersten dieses Jahrhunderts. Mit- 
getheilt v. A. Heuermann in: 
Festschrift zur 3oojähr. Jubel- 
feier des Rathsgymnasiums zu 
Osnabrück 1895, dargebracht 
vom Lehrercollegium. 

Noch einmal : Das Aennchen 
vom Leipziger Brühl. (Gen.- 
Anz. f. Leipzig u. Umgebung. 
Nr. 269. 29. Sept.) 

Heinrich Funk: Die Wander- 
jahre der Frau Branconi. M. 
Portr. (.Westermanns Monats- 
hefte 470. S. 172 — 184.) 

Noch eine Wallfahrt nach 
Sesenheira. LiterarischerScherz 
und Ernst v. E. W. Schimmel- 
busch. Neustadt a/S., Rhöner 
Verlagsanstalt. 32 SS. 

Wilhelm Arent : Thomas 
Buckle über Goethe. (Die 
Musen. L S. 65.) 

fS.Sinzheimer: Goethe und 
Byron. Heidelberger Disser- 
tation, 1894 (ausgegeben 1895). 

Thomas Carlyle als Vermitt- 
ler deutscher Literatur und 
deutschen Geistes von Wilhelm 
Streuli. Zürich, Fr. Schulthess. 

VI, 146 SS. M. 2.40. 

Leon Kellner: Goethe und 
Carlyle. Ause. Vortr., gehalten 
in der 43. Vers, dtsch. Philol. 
u. Schulmänner am 27. Sept. 
(N. Fr. Pr. Nr. 11 173. 2. Oct.) 

Cotta. Von A. SchäfBe. 
(Führende Geister. 18. Band.) 
Berlin, E. Hofmann & Comp. 

VII, 199 SS. M. 2.40. 
S.M.Prem: Goethes Freund 

Ehrmann. (Bote f. Tyrol u. Vor- 



arlberg. 8 1 . Jahrg. Nr. 8 5 - 8 7 .) 
Sonderabdr. 2 SS. 4°. 

E. Elster: Friederike. Zur 
Feier von Goethes Geburtstag. 
(Ber. d. Fr. D. H. N. F. XII. 
S. I*— 18*.) 

G. A. Müller : Neues aus dem 
alten Pfarrhaus von Sesenheim. 
(Antiquitäten-Zeitschr. Nr. 7.) 
auch Sep.-Abdr. 2 SS. 4^ 

Herm. Grimm: Die Brüder 
Grimm. Erinnerungen. (Dtsch. 
Rundschau. XXI. Jahrg. 85 ff. 
bes. 87 fg.) 

Heinrich Heines Familien- 
leben nebst einer Heine-Lite- 
ratur. Von J. Nassen. Fulda, 
Fuldaer Actiendruckerei. IV, 
169 SS. (S. 134— 138: Heine 
und Goethe.) M. 2.30. 

Goethe, Karl August und 
Professor Ottokar Lorenz. Ein 
Denkmal v. Heinrich Düntzer. 
Dresden, Verlagsanstalt V. W. 
Esche. 124 SS. M. 2.— 

Goethes Schöne Seele, Su- 
sanna Katharina von Kletten- 
berg. Ein Lebensbild im An- 
schlüsse an eine Sonderausgabe 
der Bekenntnisse einer schönen 
Seele, entworfen von Dr. phil. 
Hermann Dechent , Pfarrer. 
Gotha, F. A. Perthes, 1896. 
VIII, 231 SS. M. 3.— 

Sophie V. La Roche, die 
Schülerin Richardsons u. Rous- 
seaus von K. Ridderhoff. Göt- 
tingen, R. Peppmüller. 109 SS. 
M. 2.- 

t Max Winkler : Goethe and 
Lenz. (Modern Language No- 
tes. Baltimore 1894. Bd. IX. 
S. 65-78.) 



298 



Bibliographie. 



Karl Landry: Neues von 
Jakob Michael Reinhold Lenz. 
Eine Kennzeichnung der mo- 
dernen Goethephilologie. (Die 
Musen. I. S. loi — 106.) 

A. Sauer : Literatur über Lenz 
und Friederike Brion. (Anz. f. 
d. A. u. dtsche Litg. Bd. 21.) 

Alb. Bielschowsky : Goethes 
Lotte. (Frkf.Ztg. 3o./3i.Oct.) 

Georg Brandes: Goethe und 
Marianne v. Willemer. (N. Fr. 
Pr. Morgenbl. 29. Juni.) 

(Piedermann) : Goethe und 
Napoleon. (Wissenschaftl.Beil. 
d. Leipziger Ztg. Nr. 31.) 

Graf Reinhard. Eindeutsch- 
französisches Lebensbild. 17 61 
— 1837. Von Wilhelm Lang. 
Mit zwei Bildnissen in Licht- 
druck. Bamberg, Buchner, 1 896. 
XII, 614 SS. M. IG. 

Ueber Goethe, bes. 308-316, 



329f., 459%., 475%- (^a^« 600), 
500, 509 ff. 

Schmerlingu.Goethe. (Chr.d. 
W.G.-V. Nr. 2. Januar. S.7— 8.) 

P. Holzhausen: Ein Veteran 
aus der Goethezeit. [J. G. 
Stickel.] (Salon - Feuilleton. 
Berlin. Nr. 28. 12. Juli.) 

Ferdinand Reinboth: Wie 
sich die Weimarer Grossen er- 
lustigten. Eine Schiller-Goethe- 
Erinnerung. (Bohemia. Nr. 73. 
Beibl.) [A. Szluchovinyi schon 
früher durch Schröer mitge- 
theilt.] 

Heinrich Düntzer : Georg 
Leopold Weyland , Goethes 
Strassburger Genosse. (Z. f. d. 
d. Unterr. 9. J. S. 364—367.) 

Ludwig Singer: Das junge 
Deutschland und Goethe. (Chr. 
d. W. Goethe-Ver. Nr. 3 u. 4. 
S. 11-17.) 



E. STELLUNG ZU WISSENSCHAFT UND KUNST. 



Alexander Meyer: Goethe 
und die chemische Industrie. 
(Die Nation. Nr. 48. S. 691 fg.) 

Goethe und die bildende 
Kunst V. Thdr. Volbehr. Leip- 
zig, E. A. Seemann. VII, 
244 SS. M. 3.60. 

—h. : Goethe unddie bildende 
Kunst. (Belletr. Beil. d. Hamb. 
Nachrichten. Nr. 34. 25. Aug.) 

K. V. Lützow: Goethes Ver- 
hältniss zur Kunst der Renais- 
sance. (Vortragsbeficht. N. Fr. 
Pr. Nr. II 260. 29. Dec.) 

E. Lehmann: Goethe und 
die bildende Kunst. (Bl. f. d. 
lit. Unterh. Nr. 45.) 

Otto Harnack : Deutsches 
Kunstleben in Rom vor hundert 
Jahren (Goethe). Preuss. Jahrb. 
Bd. 80. S. 91—109.) 



Alfred Bock : Goethe als Mu- 
siker. [Mittheilung Rulands.] 
(Frkf. Ztg. Abendbl. 4. Juli.) 

Carus Sterne: Der Farben - 
reiz bei Menschen undThieren. 
Eine Betrachtung zu Goethes 
Farbenlehre. (Sonntagsbeilage 
Nr. 17 der Vossischen Zeitung. 
28 April. S. 3 f.) 

(Ungedr.) Gutachten über 
Farbenerscheinungen an Glas- 
prismen, vermuthlich 1822 aus 
V. Hennings Nachlass. (Anti- 
quitäten-Zeitung hgg. V. Udo 
Beckert. 3. Jahrg. Nr. i o. S. 73fg.) 

[A. Höfler]: Goethes Natur- 
lehre in der Schule. (Chr. d. 
Wiener Goethe- Vereins. Nr. 6. 
S. 29-31.) 

t E. Friede! : Nochmals 
Goethe und die .Markgrafen* 



Bibliographie. 



299 



steine. [Bei Heiligendamm st. 
Landgrafenstein, wie in d. Wer- 
ken.] (Brandenburgia 1894. 

Nr, 4.) 

Moritz Brasch : Goethes Be- 
ziehungen zur Philosophie. (Die 
Gegenwart. Bd. 48. Nr. 36, 37.) 

Goethes Religion. Eine 
Studie V. Ad. Wilh. Ernst. Ham- 
burg, L. Voss. 62 SS. M. I.— 

Goethes Religion von Arnim 
Seidl. 2. Aufl. Leipzig, Bau- 
meister. (4. Heft der Sammlung 
»Das Wort«.) 72 SS. M. —.60. 

Grabowski: Goethe über die 
Bibel. (A. Ztg. d. Judenth. Nr. 2.) 

Heinrich Fränkel : Ein neu- 
entdecktes Wort Goethes für 
religiöse Toleranz. (Allg. Ztg. 
d. Judenth. Nr. 28. 12. Juli. 

S. 329 ^g') 

Emil Granichstädten : Goethe 
und die Schauspielerei. (Chr. 
d. W. G.-Ver. Nr. 2. S. 10.) 



Goethe auf der Probe : Bühne 
und Leben. (Illustr. Zeitschrift, 
in. Jahrg. Nr. 19. S. 265 f.) 

C. Näthke: Der Hund des 
Aubry. (Der Artist. Nr. 534. 
5. Maiu. 535. 12. Mai.) 

Eduard Romanowski: Noch 
einmal der Hund des Aubry. 
(Der Artist. Nr. 536. 19. Mai.) 

Goethe im Conseil. Nach 
dem Vortrag des Prof. Ottokar 
Lorenz im Wiener Goethe- 
Verein. 2. Apr. (N. Fr. Pr. 
Morgenbl. 3. April. Chr. d. W. 
G.-V. Nr. 6. S. 28/29.) 

R.M.Meyer: Die Anfönge^ 
der deutschen Volkskunde. 
(Ztschr. f. d. Culturge'Sch. N. F. 
Bd. 2. H. 2, 3.) 

L. G.: Goethe als Anreger 
eines deutschen Wörterbuchs. 
(Frankf. Ztg. 2. Morgenblatt. 
17. Deceraber.) 



F. NOTIZEN VON ZEITGENOSSEN ÜBER GOETHE. 



t W. Keiper: Zwei Genie- 
briefe aus der Schweiz v. J. 1 7 7 5. 
[Fr. L. u. Christ. Stolberg an 
(ierstenberg.] (Nord und Süd. 
November 1894.) 

Heinrich Funk: Ein Schrei- 
ben Tischbeins über Goethe in 



Rom. (Nord und Süd. Bd. 73. 
H. 217. S. 103 fg.) 

K. E. Franzos: Aus dem 
Goethekreise. [Briefe F. W. 
Riemers über Goethe. 1830. 
45.) (DeutscheDichtung.Bd.19. 
H. I.) 



m. VERSCHIEDENES. 

BILDER UND STATUEN; GEDENKPLÄTZE; 
SAMMLUNGEN. 



Erich Schmidt: Aus dem 
Goethe - Archiv. (»Die Zeit«. 

Nr. Si, 53-) 

Isarius: Goethetage als Na- 
tionalfest. (Gegenwart. Bd. 48. 
Nr. 27.) 

C. V. Lützow: Das Frank- 
furter Dachstubchen. Zeich- 



nung von Goethe. (Chron. d. 
W. Goethe-Ver. Nr. 5. S. 26.) 

H. Grimm : Das Goethische 
Familienbild. (Nat. -Ztg. 8. Apr., 
vgl. Frankf. Ztg. 10. April.) 

Portrait -Catalog zur Ge- 
schichte des Theaters und der 
Musik. Catalog Nr. XI von 



300 



Bibliographie. 



J. Halle, München. Erster Theil: 
A— L. S. 75— '77i Nr. 2450 bis 
2501 : Goethe-Portraits. 

E. Lehmann : Goethes Bild- 
nisse und die Zarnckesche 
Sammlung. (Ztschr. f. bildende 
Kunst. N.F. Jahrg. 5. H. i i/i 2.) 

C. A. H. Burkhardt: Der 
Weimarische Park 177 6— 1 83 2. 
Mit Illustrationen. (UeberLand 
und Meer. 73. Band. Nr. 12. 
S. 279—283.) 

C. Reineck: Der Park von 
Tiefurt. Ein Erinnerungsblatt 
an Anna Amalia, Herzogin von 
Sachsen- Weimar und Eisenach. 
(Wissensch. Beilage d. Leipz. 
Zeitung. Nr. 21.) 

Alois John: Der Goethestein 
im Eger-Lande. (Erzgebirgs- 
zeitung. Teplitz. Juli. S. 151 — 

154.) 

Ausstellung von Autogra- 
graphen, Bildern, Schatten- 
rissen, Druckwerken und Er- 
innerungsgegenständen z. Ver- 
anschaulichung von Goethes 



Beziehungen zu seiner Vater- 
stadt, veranstaltet vom Freien 
Deutschen Hochstift, Juli-No- 
vember 1895. Frankf. a. M. 
XXITaf.,XVI, 144 SS. M. 7.50. 

Eine Goethe-Sammlung in 
Budapest. [Elischer.] (Allg. 
Zeitung. 4. Juni. (Abgedruckt 
Frankf. Zeitung. 6. Juni.) 

Die Verleihung der Elischer- 
schen Goethe-Sammlung an die 
Ungar. Akademie. (Ung. Revue 
^gg- V. G. Heinrich. 1 5. Jahrg. 

s. 327-331.) 

Die Goethe-Sammlung in 
Sesenheim. (Begründet seit 
1894 von Gustav A. Müller.) 
Handschriften, Bilder und Er- 
innerungsgegenstände.Heraus- 
gegeben von dem Begründer 
der Sammlung. Strassburg, 
J. Zenker. 22 SS. 

Gust. A. Müller: Die Sesen- 
heimer Goethesammlung. (An- 
tiquitäten-Zeitschrift. Strassb. 
Nr. 6. 172 — 180.) 



B. DICHTUNGEN tJBER GOETHE, COMPOSITIONEN 
UND PARODIEEN, ILLUSTRATIONEN, NACHDICH- 
TUNGEN GOETHISCHER WERKE. 



Die Nachtigall von Sesen- 
heim. Goethes Frühlingstraum. 
Ein heiter-ernster Sang vom 
Rhein. Von Gust. Ad. Müller. 
2. Aufl. Leipzig, W. Fiedler. 
1 76 SS. u. 7 Ans. Geb. M. 4.50. 

Hermann Schilling : Wetter- 
leuchten. (Gedichte. S. 37 : 
Friederike von Sesenheim.) 
Strassburg, G. L. Kattentidt. 
84 SS. M. 1.80. 

Albert Ritter von Hartmann : 
Die vorclassischen Composi- 
tionen Goethischer Lieder und 



Balladen. (Chr. d. W. Goethe- 
Vereins. X. S. 2—4.) 

Königin Luise als Prinzessin 
u. ih«B Schwester Friederike bei 
Goethes Mutter (am Brunnen). 
Nach dem Gemälde von W. 
Amberg, in Photographie von 
Hanistaengl. Berlin, G. Grotes 
Verlag.Fol.M. 5.— ;inCabinetf. 
M. I. — ; Photograv. aufchines. 
Papier M. 15.-—. 

Die beiden Alten unterm 
Thorweg. Aus dem Cyclus Her- 
mann und Dorothea. Nach dem 



Bibliographie. 



301 



Gemälde von A. v. Ramberg 
phot. Ebd. Fol. M. 5.— ; in 
Cabinetf. M. i. — ; Photograv. 
auf chines. Papier M. 15. — . 

Zug der Auswanderer. Aus 
Hermann und Dorothea, gemalt 
V. A. V. Ramberg. Phot. Ebd. 
Fol. M.5.— ; Cabinetf. M. i.— ; 
Photograv. auf chines. Papier 
M. 15.—. 

Hermann und Dorothea am 
Brunnen. Aus dem Cyclus von 
A. V. Ramberg. Phot. Ebd. Fol. 
M. 5.— ; Cabinetf. M. i. — ; 
Photograv. auf chines. Papier 
M. 15.—. 

Heimkehr beim Anzug des 
Gewitters. Aus Hermann und 
Dorothea von A. v. Ramberg. 
Phot. Ebd. Fol. M. 5.— ; 
Cabinetf. M. i.— . 



Hermann und die Töchter 
des Nachbars. Aus dem Cyclus 
V. A. V. Ramberg. Phot. Ebd. 
Fol. M. 5.—; Cabinetf. M. i.~ . 

Hermann und die Mutter 
unterm Birnbaum. Aus dem 
Cyclus V. A. V. Ramberg. Phot. 
Ebd. Fol. M. s.— ; Cabinetf. 
M. I— . 

Dorotheaund die Wöchnerin. 
Aus dem Cyclus Hermann und 
Dorothea v. A. v. Ramberg. 
Phot. Ebd. Fol. M. 5.— ; 
Cabinetf. M. i.— . 

Die Heimführung. Aus Her- 
mann und Dorothea v. A. v. 
Ramberg. Phot. Ebd. Fol. 
M. 5.— ; Cabinetf. M. i.— . 

om : Der Regenschirm. 
(Anekdote von Schiller und 
Goethe.) Bohemia. 7. Juli. 




Register zu Band xvii. 



I. Personen-Register. 

Die hinter den cursiv gedruckten Namen stehenden Zahlen geben die 

Seiten an, auf denen Abhandlungen oder Mittheilun^en des Betreffenden 

gedruckt sind. Der Festvortrag ist im Register nicht berücksichtigt. 



Abeken, B. R. 75. 81. 90. 297. 

Abrahamson 47. 

Ackermann, Prof. 287. 

Agrippa, Camillo 221. 

Agrippa von Nettesheim 222. 

Ahlwardt, C. W. 263. 

Alba, Herzog 225. 

Albert, Henri 294. 

Albrecht, Karl 292. 

Amberg, W. 300. 

Ammon, J. 191. 

Andrae, R. 293. 

Andr6, Anton 192. 

Andr6, Johann 181. 183. 

Andrieux 47. 

Arens, Baumeister 287. 

Arent, Wilhelm 297. 

Aristophanes 263. 

Arnim, Bettina von, s. Brentano, 

Bettina. 
Aeschylos 79 fg. 
Ast, Friedrich 88. 
Aub, Ludwig 265. 
Auster, J. 294. 
Austin, Sarah 296. 



Bachmann, F. 292. 
Baechtold, J. 277 (g. 
Bälde, Jakob 245. 
Basedow 210. 
Batsch 287. 
Bauer, F. 293. 



Bauer, Ludwig 258. . 

Baudissin 79. 

Baumeister, A. 214-218. 

Baumgart, H. 200. 277 fg. 293. 

Bayern, Herzog Wilhelm von 222. 

Bayern, König Ludwig L von 119. 

Becker 287. 

Beckert, Udo 298. 

Beer, Rudolf 260. 

Beethoven, L. van 176 ff. 183 ff. 

189. 191 ff. 
Behrisch, E. W. 114. 
Bellermann, Heinrich 188. 
Beni, Paolo 221. 
Bentzel-Sternau 287. 
Berg, Karoline Friederike von 37. 

45. 56. 
Berger, A. E. 278. 
Berger, Ludwig 179. 185. 188. 192. 
Berlioz, Hector 178. 182 fg. 291. 
Berlit, Georg 76, 295. 
Berlitz 60. 

Bernays, Michael 263 fg. 
Bernays, Michael 281. 288. 292. 
Bernhardi, Theodor 53. 
Bernhardy, G. 263. 
Bertazzolli, Giannangelo 221. 
Bertuch 287. 
Beta 294. 

Bethmann, Banquier 12. 
Biedermann, W. von 293 fg. 298. 
ßielschowsky, Albert 265. 
Bielschowsky, Albert 295, 298. 



Personen-Register. 



?03 



Biester i8i. 

Bismarck, Fürst 121. 

Bitaub^ 294. 

Bitter 189. 

Blackie, John Stuart, Nekrolog 

auf, 269 fg. 
Blücher 10. 
Blum, Carl 178. 
Blumenbach 287. 
Bock, Alfred 298. 
Bodmer 160. 234. 264. 
Boeckh 271. 
Böheim, F. M. 183. 
Böhmer, Auguste 160. 
Bojanowski, P, von 266 t'g. 
Boie, Friedrich 59. 61. 
Boie, Hnr. Chn. 61. 76. 211. 
Boileau 159 fg. 
Boisser^e, SuTpiz 3. 8fF. 
Boito, Arrigo 178. 
Bonaudi^re, de la 221. 
Bondi, Abbate 174. 
Borghese, Prinz 15. 
Born, St. 275. 
Börne, h» 259. 

Bossi, Gius. 138 fg. 143. 147. 150. 
Bossler, Rath 181. 
Böhtlingk, A. 274 fg. 278. 
Böttiger, C. A. 53. 85. 161. 263. 

Aus Briefen Sanders an — 

230-254. 
Böttger, Ad. 223. 
Bourbaki 267. 
Bouvier 274 fg. 
Brahms 169. 176 fg. 180. 
Brambach 180. 

Branconi, Frau von 241. 297. 
Brandes, G. 289. 298. 
Brandl, A. 278. 
Brandt, Medailleur 46 ff. 
Brasch, Moritz 299. 
Bratranek 75. 
Braune 278. 
Breitinger 160. 

Brentano, Bettina 12, 165 ff. 269. 
Breul, Karl 289. 
Brifere 57. 
Brinckmann, Briefwechsel zwischen 

Br. und Goethe und ein Brief an 

Karoline von Wolzogen 30^42. 

Erläuterungen dazu 42—45. 
Brinckmann, Vater d. vor. 42. 
Brion, Friderike 297 fg. 300. 
Brockhaus, Rudolf 249. 
Bross6-le-Vaigneur 295. 
Bruinier J. W. 276 fg. 



Brun, Friederike 193. 

Bruno, Giordano 128. 

Brunswick, Comtessen von 194, 
Therese 194. 

Buckle, Thomas 297. 

Budberg, Otto Christoph, Frei- 
herr von 90. 

Buff, Charlotte 298. 

Bülow, Hans von 182. 

Burdach, K. 276. 

Bürger 160. 2J1. 237. 270. 

Burgmüller, N. 104. 

Burkhardt, C. A. H. 169. 250. 288. 
300. 

Bury 28. 45. 

Busca, Gabriello 221. 

Busch, Moritz 121. 

Byron, Lord 121. 217. 297. 



Calveri, L. 275. 

Carlyle, Th. 115. 294. 297. 

Carri^re, M. 277. 

Carstens 27 fg. 

Castelli, Dichter 176. 

Castelli (17. Jahrh.) 221. 

Catel 56. 

Cattaneo 138. 

Cervantes 78. 

Challier 178. 

Chladni 113. 

Chamisso, A. v. in. 

Christierns 285. 

Christmann, Joh. Friedr. 181. 

Chüden, G. W. 239. 

Clemens 114. 

Clerisseau 287. 

Cochin 143. 

Cohn, Albert 239. 

Coleridge 121. 

Consentius 265. 

Constant, Benjamin 2^4. 

Cöntgensches Zeichenmstitut 205. 

Cornaro, Luigi 219 fg. 

Costenoble 250. 

Cotta 13. 106. 108. 161. 164. 255. 

281. 287. 297. 
Creizenach, W. 262. 
Creuzer, Prof. 67 fg. 88. 
Crowe und Cavalcaselle 139. 
Curschmann, Friedrich 179%. 186. 
Curtius 215. 



Dach, Simon 159. 
Daehling, Prof. 52. 



304 



Personen-Register. 



Dahmen, J. 293. 
188. 



Dalberg, F. von 180. 183 fg. 186. 



Dandolo, Doge 216. 
Dannecker 10, seine Frau 10. 
Danzi, Franz 184. 191. 
Dechent, Hermann 297. 
Deinhardstein 258 fg. 
Delacroix 261. 
Delius, M. 290. 
Demattio, F. 276. 
Dessauer, Jos. 194. 
Deutschland, Kaiser Wilhelm IL 

von 292. 
Diderot 4j fe. 57. 
Diderot, Tocnter d.vor., s. Vandeul 

Frau von. 
DieckhofF 202. 
Diede, Wilhelm Christoph von 

286, seine Frau 286. 
Diede, Luise von, s. Low, Luise. 
Diede, Eltern d. vor. 62. 
Diez, Friedrich 157. 
Distel, Theodor 224 fg. 
Dobbert 154. 
Domeier, W. 277. 
Dörnberg, General von 82. 
Dräsecke, Felix 182. 
Drescher, C. 276 fg. 
Düntzer, Heinrich 84. 107. 120 ff. 

165. 179. 181. 210. 236. 288 ff. 

292. 297 fg. 
Dürer, A. 48, 5 1 ig. 
Dürrner, Jos. 180. 



Eberwein, Karl 177. 

Eberwein, Max 189. 194. 

Eckermann, J. P. 60. 171. i8q. 
211 fg. 251. 269. 283. 288. Ab- 
handlung über 105—121, — an 
eine Schauspielerin 260 ff. 

Eckhel 113. 

Edling, Minister 250. 

Eggers, Friedrich und Karl 8. 12. 57. 

Egmont, Graf 224 ig. 

Egmont, Frau des vor., Sabine, 
geb. Herzogin von Bayern 225. 

Ehlers, Wilh. 185. 249 fg. 

Ehrmann 2^7. 

Eichendorft 184. 

Eichstädt, Hofrath 39. 45. 87. 89. 
27 1 . Gedächtnissrede auf Goethe 
251-255. 

Einsiedel 287. 

Elischer, Balth. 273. 300. 



Elischer, Julius 273. 300. 
Ellinger, Georg 271 fg. 
Elster, E. 277. 297. 
Emmerich, K. 192. 
Englert, A. 293. 
Ernst, Ad. WUh. 299. 
Escher (Zürich) 287. 
Espagne 189. 
Euchel 233. 
Euripides 291. 
Ewald, Pfarrer 183. 
Eybenberg, Marianne von 287. 



Fahimer, Johanna 210. 

Falk, Johannes 187. 

Faust 222. 

Fernow 80. 239. 

Fielitz 186. 

Fischart 159. 

Fischer, Kuno 165. 173. 277 fg. 

293. 
Flachsland, Caroline, s. Herder 

Caroline. 
Flahault (Flaho) Mme. de 33. 44- 
Fleming, Paul 159. 
Flintzer, Hugo 290. 293 fg. 
Fontenelle 32. 
Förster, Richard 292. 
Fouqu6 82. 114. 
Francke, Kuno 290. 
Francke, Otto loi. 
Frank, Hektor 295. 
Fränkel, Heinrich 299. 
Fränkel, Ludwig 236 fg. 274 — 278. 
Fränkel, Ludwig 275. 291. 
Franklin 24. 
Frankreich, Ludwig XVIIL König 

von 47. 
Fraineck, F. J. 296. 
Franz, E. 154. 
Franz, Robert 176. 184 fg. 
Franzos, K. E. 299. 
Frege 287. 
Frese 65. 6q. 

Fresenius, Ä. 63. 214. 280. 283. 
Friberth, Karl 181. 
Friderike, s. Brion. 
Friedel, E. 2q8. 
Friedländer, Max 176—194. 
Friedmann, Alfred 294. 296. 
Froitzheim, J. 296. 
Frommann, Alwina 171. 
Frommann 165. 287. 
Frommannsches Haus 166 fg. 171 fg. 
Fuchs, Prof. 287. 



1*SKSD9S: I— 3-Äli5TEi*. 



^-^s 



Fnnck, Hanno: ^sr. 309. 
FömstciD 3 CT'* 
Fürst, Muäot' 2ZÜ- 222. 
FössH, Heinnct z^ 



Gabler, QcisL Auf:. 17^ i^ 
Gidcm, Hl. 3«L 28L 
GäxfidK 267. 
Gaficzm, Farsöc 6^ 
Gallarali 14^ 
Gamin 221. 

GcUurd, TrodacB 222. 
Gt£kt 181. 

Gfiger, LMisi^ 45 — 57- 250—254. 
238 fL 24921 2yh^36i^ 268 nl 

Ge^,Lodv%S&.273ä. 282. 28&. 

291.296.299. 
Gast 4$. 
Genast 287. 
Gcndli 46. 

Gentz, Fr. von 32. 192. 
Gemsbeim, Friedridi 178. 186. 
Gerstenberg 210. 290^ 
Gilbert (Annaien) 285. 
GUbert, W. 290. 
Girot, A. 292. 
Glauser, Ch. 294. 
Glekben, Wilbebn Heinrieb Karl 

von 82. 
Gleim 232. 240 ff. 27a 
Glinka, Micliad Iwanowitsch 183. 
Glossy, C. 258%. 
Goecnhausen, Luise von 234. 
Goedeke 115. 187. 250. 288. 
Goldsmith, Oliver 223 fg. 
Goltermann 180. 
Göschel 115. 
Göschen 287. 

Gotha, Prinz August von 286 fg. 
Gotha, Herzog von 287. 
Goethe, August von 75. 85 fg. 95 fg. 

99. 102. 121. 238. 285. 
Goethe, Christiane v. 61. 75. 95 fg. 

99 fg. 165. 169. 266. 286. 296. 
Goethe, Cornelia 211. 296. 
Goethe, Johann Kaspar 195 ff. 206. 
Goethe, Katharina Elisabeth (Frau 

Rath) loi. 169 fg. 195. 197. 

268. 296. JOD. 
Goethe, Ottilie von 63. 65. 71 fg. 

261 fg, 266. 296. 
Goethe, Walter von 266 fg. 296. 
Goethe, Wolfgang von 267. 296. 

Gobthk-Jahrbuch XVII. 



GntSZUiL R. V3E 2fs4. 

GrmvTmr löc r~>. :!77. 
Gicz. Tlg' I i iiai ii: i&^ 
GiCzisfici. Ems 2S9. 

■ Gannod. z^h. ihi^ 

I CrDCL. l^rriaiTimr 4&. 
I Grabcnrak: 2pa. 

Grä''.HaBsGe'isarc 5S — 62.75 — 104. 

GncEanaer 124. 

Gre^ar A. Grosse, P^ss: 269. 

■ Grcean*. F. 294. 
\ Greü, A- E. iSa 
i Gries :7a. 

. Grie^adi. Kirdienrjcij 85, 2^7, 
. GrfI]par:Ecr 259. 
Grinmi, Hennan 166 C 170%« 

Grimm, TL 297. 
Gnmm, ^ . 207. 
Grimms Wöricrbadi 218. 
Grosse. E. L. 288. 
Gmbel 88. 

Gryphius, Andreis 159. 
Gubitz 176. 

Gunsbourg, Raoul 291. 
Gwinna 196. 

Haarhaus, Julius R. 295. 
Hacbez, K. 293. 
Hagedom 160. 
Hamann 241. 
Hammer, Hofrath 258. 
Hanfstaengl 300. 
Hansen, Joseph 222. 
Hardenberg, Fürst 250. 
Härder, Aug. 194. 
Hardy, Sebastian 221. 
Hantack, Otto 13—29. 
Hamack, Otto 209. 298. 
Hartlaub, Wilhelm 258. 
Hartmann, Albert Ritter von ja^. 
Hartmann, Johann Georg August 

von 82. 
Haug 161. 
Hauptmann, Moritx 180 fjf?. 184. 

186 fg. 191. 
Haydn, Joseph 176. 186. 
Haym, R. 27^ ff. 
Heckmann rwirth) 2^6. 
Hederich, M. Benjamin 264. 
Hedlinger 47. 
Hegel 2}4. 272. 
Hehn, Victor 11 }. 289. 
Heidenhiimtr, //. 222. 

20 



3o6 



Personen-Register. 



Heindorf 263. 

Heine, H. 119. 184. 297. 

Heinemann, Karl 289. 295 fg. 

Heinrich, G. 3CX). 

Heinse 108. 241. 

Hc'.nze 292. 

Heitmüller, Ferdinand 284 fg. 

HeitmüUer, Ferdinand 279. 

Held 187. 

Hellen, E. von der 45. 265. 285 fg. 

d*H6raery 57. 

Henckel-Donnersmarck, Graf Leo 

von, Nekrolog auf — 266 ff. 
Henning, R. 276. 278/ 
Henning von 298. 
Herbst 68. 84. 89. 
Herder, Caroline 240 fg. 
Herder, J. G. von 29. iio. 179 fg. 

i84fg. 240. 242fF. 247.273.275.278. 
H^riette-Viardot 183. 
Hermann, G. 263. 271 fg. 
Herrmann, M. 276. 
Herz, Henriette 233. 
Herz, Marcus 233. 
Herzfelder J. 290. 
Herzlieb, Minna 165 fg. 
Hessen, Landgraf Wilhelm von 227. 
Hettner 234. 
Heubner, K. 192. 
Heuermann, A. 90. 297. 
Heyne, M. 276. 
Hientsch 17^. 

Hiller, Ferdinand 186 ff. 191. 194. 
Himmel,F.H.i8iff.i85fg. I9i,i93. 
Hirt, A. 28. 43. 53. 264. 
Hirt, Wilhelm Friedrich 196. 205. 
Hirzel, L. 275. 
Hochberg, Graf 194. 
Höfler, A. 298; 
Hofmeister, G. 293. . 
Holbein, F. von 202. 
Hölderlin 80. 
Holtei 121. 
Holzhausen, P. 298. 
Homer 15. 38. 192. 
Hoorne 224. 
Hopf, C.. 215. 
Hopffer, Bernhard i?5. 
Höpfner 212. . 
Horaz 87. 

Howard, Luke 283. 
Humboldt, Alexander von 52. 54. 
Humboldt, Karoline von 43. 45. 49. 
Humboldt, Wilhelm von 32 fg. 

43%- 53%- 77- ni. 114. 212. 

217. 231 fg, 264. 



Hummel, Maler 287, 
Hurka, F. F. 183. 
Hutschenreiter, E. 391. 

Jacob yi. 

Jacobi Fr. H. 47. 58. 61. 132. 213. 

264. 
,acobi, J. G. 178. 

acobi, Max 106. 
] acobv, Daniel 242—249. 
JacoDy, Daniel 118. 293. 
] acoby, Johann 240. 
' agdmann, Medailleur 48. 

agemann, Schauspielerin 56. 
[ahn, Otto 185. 

anker 292. 
Iden, Wilhelm 81. 
^ean Paul (Richter) 82. 103.246. 
] enisch 232. 
Jensen, Ad. 182. 191. 
! ffland, 49. 51. 92. III. 228. 
Imhof, Amalie von ^3. 43. 45. 
Immermann 114. 118. 

ohn, Alois 300. 
* bhn 12. 280. 283. 
Joseph, E. 277. 279 fg. 
"ostes, F. 275. 

oukovsky 262. 
'. sarius 299. 

uncker, Isaak 205. - 
' uncker, Justus 196. 202 ff. 

Kaltwasser, J. F. S. 264. 
Kannegiesser 114 fg. 
Kant 117. 
Kappe D. 239. 
Kappes, M. 276. 
Karr, Alphonse 294. 
Kasprowicza Jana 294. 
Kästner, Dr. 221. 
Kauffmann, F. 275 fg. 
Kaulbach 273. 

Kayser, Ph. Christ. 183. 188. 
Keil, Richard 268. 
Keil, Robert, Nekrolog auf 268 fg. 
Keiper, W. 299. 
Kekul6, R. 88. 
Keller, Gottfried 178 fg. 
Kellner, H. C. 289. 292. 
Kellner, Leon 205. 297. 
Kemenczky, Coloman 295. 
Kestner 210. 

Keudell, R. von 180. i86. 192. 
Kieser, Wilhelm, Nekrolog auf 
270%- 



Personen-Register. 



307 



Kiese wetter, K- 291. 

Kirchner, Theodor 187 fg. 194. 

Kirms 234 287. 

Kis (?) 294. 

Klahre, R. 293. 

Klaiber, J. 274 fg. 

Klein, Bernhard 179. 182 fg. 185. 

187 fg. 191. 194. 
Kleist, H. von 107. 
Klettenberg, Susanna Katharina 

von 297. 
Klingemann 261. 
Klopstock 160. 245. 276 fg. 
Kluckhohn 224. 
Kluge, Fr. 290. 

Kneoel 80. 171. 227. 229. 254. 287. 
Knesebeck 270. 
Kniese, Jul. 194. 
Knortz, Karl 290. 
Koburg, Herzog von 287. 
Koch, Maler 287. 
Koch, Max 115. 226. 276. 289 fg. 
Koch, S. 291. 
Kögel, R. 277 fg. 279 fg. 
König, Medailleur 48. 
Kopernikus 133. 
Koppenfels 287. 
Körner, Ch. G. 27. 193. 
Körte 263. 
Köster, A. 276. 
Kotzebue 27. 37. 160 fg. 182.228. 

234. 251. 
Kralik, Richard 291. 
Krause 286. 

Krauss, Rudolf 255—258. 
Kräuter 212. 264. 268 fg. 280. 
Kräuter, Edmund 268. 
Kreutzer, Conradin 183. 185. 190 fg. 

194. 
Krüger 233. 
Kuhiau, Friedrich 187. 
Kunckel, Johann 284. 
Kunzen, Fr. Ludwig Aemilian 181. 
Kurz, Ferdinand 295. 

Lagerbjelke, Baron 34 fg. 

La Lande 143. 

Landry, Karl 298. 

Lang, tosephine 191 fg. 194. 

Lang, Wilhelm 298. 

Langer, Maler 287. 

La Roche, Sophie von 169. 297. 

Lassen, Eduard 178. 182. 194. 

Latrobe, Fr. 185. 

Laura (Petrarcas) 165. 

Lavater 210. 241. 



I- R- ;.i5..297fg. 

(da Vmci) 45 fs. — 1 

ahl und Goethes Deutuni 



eutung 



Leeder, Carl 194. 
Lehmann, E. 298. 300. 
Lehmann, Rudolf 296. 
Leit:(tnann, Albert 30—45. 264. 

286 fg. 
Leitzmann, Albert 77. 222. 279. 
Lemos, Frau 233. 
Lenz, J. G. 287. 
Lenz, J. M. R. 
Leonardo 

Abendmahl i 

138-156. 
Lermolieff 139. 
Lermontow 187. 
Lessing, G. E. 160» 225. 276 fg. 
Lessius, Leonard 221. 
Levezow, Prof. 52. 
Levin, Rahel 233. 
Levy, B. 294. 
Lewes 165. 
Lichtenberg 219. 
Lili s. Schönemann. 
Lindenzweig 287. 
Lindpaintner, P. von 181. 
Lionardo, s Leonardo. 
Liszt 178. 182. 187 fg. 190 fg. 
Litzmann, B. 276. 278. 
Lomazzo 139. 148. 
Loos, Daniel 47. 238. 
Loos, Sohn 48. 
Löper, G. v. 162. 167 ff. 184. 215. 

236. 262. 
Loren^, Ottokar 225—230. 
Lorenz, Ottokar 297. 299. 
Lorini, Buonaventuro 221. 
Low, Freiherr E. von 63. 
Low, Freiherr Georg von 62. 
Low, von und zu Steinfurt, Freiherr 

Ludwig, Besuch bei Goethe am 

3. October 1829. 62—72. 
Low, Freifrau Luise von, geb. 

Diede 62 i^. Ihre Tochter 63. 
Low, von und zu Steinfurt, Freiherr 

Philipp von 62, 
Low, Freiherr Wilhelm 62. 
Löwe, Carl 176 fg. 185 ff. 
Lucrez 254. 
Ludecus 234. 
Ludovici 222. 
Ludwig, Otto 189. 
Luini 142 ff. 
Lukian 291. 
Lupicini, Antonio 220. 
Luther, Martin 278. 289, 292. 
Lützow, K. von 298 ^g. 
Lyncker, von 287. 296. 



3o8 



Personen-Register. 



Maddalena E. 289. 
Magnus, Cesare 139 ff. 
Mänrlen, Johannes 255 ff. 
Malesherbes 57. 
•Mallet du Pan 32. 
Mangold, C. 194. 
Mann, Fr. Th. 182. 
Manning, Eugen W. 209—214. 
Mannlich von 286. 
Manteuffel von 167. 
Marat 31. 

Marcel, Andr6 296. 
Markull 180. 
Marlowe 275 ig. 278. 
Marmorito, V. di 294. 
Marschner, Heinrich I79fg. 182.190. 
Martin, Jacques 221. 
Martinsen, W. 222—224. 
Mason, B. 294. 
Matthäi, Karl 264. üeber seinen 

Besuch bei Goethe 1782 241 fg. 
Matthias 293. 
Matthisson 103. 
Maurer 277 fg. 
Mayer, F. Arn. 296. 
Mayer, W. 291. 
Mazucchetti 221. 
Medwin 121. 

Meinardus, Ludwig 180. i8j. 185 fg. 
Mendelssohn - Bartnoldi, Felix 52. 

169. 176 fff. 181. 184. 
Mendheim, Max 296. 
Menke 159. 172. 
Mercier 213. 

Merck 114. 212. 240 fg. 287. 
Merkel J7. 160 f]^. 234. 
M^rigault, Fräulein 57. 
Methfessel, Albert 184 fg. 188. 
Metternich, Fürst 251. 
Metz, Ad. 288. 
Meyer, A. G. 288. 
Meyer, Alexander 298. 
Meyer, C. F. 275 fg. 
Meyer, Heinrich 12. 22. 25 fg. 28. 

5'6. 109. 286 fg. 
Meyer, Marianne 232 fg. 
Meyer, Richard M. 105 — 121. 
Meyer, Richard M. 2^4. 299. 
Meziferes, A. 205. 
Michaelis, Verleger 233. 
Michelangelo 126. 
Miglietti, Paolo 219. 
Mikuli, Carl 185. 188. 
Minor, J. 276 ff. 291. 
Minucci 222. 
Mnioch, Johann Jakob 242 ff. 



Mnioch, Maria, geb. Schmidt, ihr 
Urtheil über deutsche Dichter, 
besonders Goethe 242—249. 

Molifere 159. 

Möller, Cajus 237. 

Montesquieu 234. 

Morelli 234 ff. 

Morghen, R. i3Qff. 149 fg. 152. 

Mörike, Eduard, über den Brief- 
wechsel zwischen Schiller und 
Goethe 255—258. 

Mörike, Karl 255 ff. 

Moritz, K. Ph. 109. 270. 

Morsbach, L. 275. 

Morsch, H. 225 fg. 229. 290. 

Mosel, Ign. von 191. 

Mozart 176 fg. 181. 186. 

Müchler 176. 

Muggenthaler, L. 274 fg. 

Müller, Bibliothekar 287. 

Müller (Carlsbad) 239. 

Müller, Fr. 182. 

Müller, Gustav A. 264. 297. 300. 

Müller, Johannes 287. 

Müller, Kanzler von 12. 121. 216. 
239. 252. 269. 

Müller, Maler 27 fg. 138. 

Müller- Walde 154. 

Müllner, Laurenz 289. 

Muncker, F. 277 fg. 

Munk, Salomo bei Goethe 251, 265. 

Munk, Mutter d. vor. 265. 

Münz, S. 296. 

Murray 121. 

Mylius 138. 

Nägeli, Hans Georg 180 fg. 183. 

Nahl 287. 

Naigeon 57. 

Näke 1141g. 

Napoleon L 226. 229. 264. 296. 298. 

Nassen, J. 297. 

Näthke, F. 299. 

Nauck, G. C. 263. 

Naumann, Emil 185. 189. 

Neer, Aart van der 202. 

Nerval, G6rard de 183. 

Nestle 291. 

Neukomm, Siegism. 191. 

Nicolai, F. 231 fg. 

Nicolovius 1 1 5 fg. 

Niebuhr 44. 288. 

Niejahr, Johannes 293. 

Niemeyer, Christian, Kanzler 51.81. 

Nothnagel, J. A. 196. 

Nottebonm 181. 183. 194. 



Personen-Register. 



309 



Ohlenschläger, Johann Daniel von 
241. 

Opitz, M. 159. 

Oesterreich, Kaiser Franz von 82 fg. 
259. 

Oesterreich, Maria Ludovica, Kai- 
serin von 174. 

Oettli, S. 290. 

Otto, Friedr. 62—72. 

Otto, Friedrich 296. 

Pacioli, Luca 147. 150. 

Pagliarini 25. 

Pappenheim (Gustedt), Jenny von 

262. 
Paulus, Prof. 67 fg. 
Payer, Rud. v. 293. 
Petrarca 157. 160. 165. 167. 170. 

172. 174. 
Pfalz, Kurfürst Friedrich d. Fromme 

von der 224. 
Pfenninger, T. N. 188. 241. 
Pfranger, Ton. Georg 292. 
Picksche Auktion 285. 
Pigalle iPigal) $. 
Platen, von 174 fg. 
Plato 117. 263. 
Plutarch 264. 
Pniower, Otto 166. 
Pohl, C. F. 194. 
Poppenberg, Felix 242. 
Possart, E. 201. 
Potocki, Grat 286. 
Preen, von 10. 238. 
Prem, S. M. 288. 297. 
Premont, M. de 221. 
Preussen, Königin Elisabeth von 

50 fg. 

— König Friedrich Wilhelm II. 
von 233. 

— König Friedrich Wilhelm III. 
von 227 ff. 

— Königin Luise von 45 {g, 300. 
Ihre Schwester Friederike 300. 

Preyer, Gottfried 179. 188. 

Primavesi, Maler 287. 

Pröhle, Heinrich, Nekrolog auf 

270. Sein Vater 270. 
Pustkuchen 114. 

Quadrio 158. 

Radecke, Robert 187. 192. 
Radziwill, Fürst 177. 
Raff, Joachim 185. 187. 



Rahleck 181. 

Ramazzini 221. 

Ramberg, A. von 292. 301. 

Ramberg 261. 

Ramler 244. 

Randhartinger, B. 192. 

Raphael 18. 

Rappoldi, E. 185. 

Rauch, Chr. D. 6. 8. 10. 12. 49. 

52 fg. 
Raumer, F. von 263. 
Raupach, E. 259. 
Reber, P. M. 291. 
Recke, Elisa von der 233. 
Redlich, C. 279. 
Reichardt, Gustav 184. 
Reichardt, Joh. Friedrich 176. 178 ff. 

230. 232. 287. 
Reichel, Ad 180. 
Reifferscheid 275. 
Reinboth, Ferdinand 298. 
Reineck, C. 300. 
Reinhard, Graf 12. 66, 72. 298. 
Reinstorff, Ernst 294. 
Reinthaler, Carl 185. 186. 
Reissiger, C. G. 180 fg. 184 fg. 189. 
Rentsch, Johannes 291. 
Retzsch 261. 
Reuss-Köstritz, Graf 84. 
Reutern, B. von 262. 
Reutern, Gerhardt von 262. 
Richardson 297. 

Richardsoll, Ernst Cushing 290. 
Richter, Albert 206. 
Richter, Georg Karl von 287. 
Richter s. Jean Paul. 
Richter, L. 223. 
Richter 154. 
Ridderhoff, K. 297. 
Riegel, H. 154. 
Riemer 60. 85 ig, 88. 100. 107. 

119 ff. 164 ff. 170. 268 fg. 299. 
Riepenhausen, Maler 287. 
Rietz, Julius 177. 
Righini, V. 194. 
Rithov, Martin, Bischof von Ypern 

225. 
Ritter, Johann Wilhelm 254. 
Robespierre 31. 
Rochhtz, Fr. 180. 186 fg. 287. 
Rod, Edouard 295. 
Röderer 241. 
Roede, H. C. 204. 
Rohden, von, Nlaler 287. 
Röhrig, A. 276 ff. 
RoUett 54. 



310 



Personen-Register. 



Roman, Julius (Giulio Romano) i8. 
Romanowsky, Eduard 209. 
Romberg, Andreas 180 fg. 18$ fg. 

188. 191. IQ3. 
Roos, Heinricfi 196. 
Roquette, Otto 274 ff. 288. 
Roethe G. 275 fg. 279 ff. 
Roetteken, H. 278. 
Roulet 263. 

Rousseau J. J. 33. 275. 297. 
Rubens 142 ff. 
Rubinstein, Anton 178. 187 fg. 

190 ff. 
Rubinstein, Jos. 180. 
Ruckstuhl 109. 
Rufer, Ph. 192. 
Runze, Max 189. 

Russland, Kaiser Nicolaus von 262. 
Russland, Kaiserin von 267. 



Sabbadino, Cristofero 220. 
Sachsen, Kurfürst August von 224. 
Sade, Hugues de 165. 
Salzmann 288. 
Sander, Aus Briefen — s an Böttiger 

230—234- 

Sanders, D. 293. 

Sarto, Andrea del 155. 

Sartorius, Prof 34. 39. 45. 54. 

Sartoux-Thoranc, Graf 200. 

Sauer, A. 276 ff. 279. 282. 291. 298. 

Sauer, W. 290. 

Sauppe, Hermann 289. 

Savorgnano, Mario 221. 

Schadow, G. 10. 51. Zu Goethes 
Briefen an — 238. 

Schäffer, Julius 185. 

Schäffle, A. 297. 

Schapler, Julius 265. 

ScharnhoTst, General von 51. 

Schelling 106. 

Scherer, W. 113. 182. 

Scherzer, Otto 180. 

Schiebeier 160. 

Schiller, Charlotte von 40. 45. 76 fg. 
80. 86. 98 ff. 102 fg. 

Schiller, Friedrich von 13. 22. 24. 
26 ff. 40 fg. 43. 58. 60. 105. 107. 
HO fg. 114. 125. 133. 160 fg. 
193. 224 fg. 230 ff. 244 fg. 247 ff. 
254. 259. 269 {g. 273. 279. 286 fg. 
292 fg. 295. 298. 301. — Hein- 
rich Voss der Jüngere und sein 
Verhalten zu Goethe und 75— 
104. Eduard Mörike über den I 



Briefwechsel zwischen Goethe 

und — 25 5—258. — Vorlesungen 

über 274 ff. 
Schiller, Kinder des vor. 86. 99 fg. 
Schilling, Hermann 300. 
Schinimelmann, E. W. 297. 
Schinkel 52. 
Schipper, J, 157—175. 
Schipper, J. 209. 
Schlegel, A. W. von 37. 46. 56. 

70. 160 ff 165. 167. 174. 234. 
Schiegel, Fr. von 38. 112. 161. 
Schleiermachcr 42. 
Schlosser, Fritz 63. 65. 69 fg. 
Schlosser, Frau d. vor., Sophie, 

feb. Dufay 63. 65. 69 fg. 
losser, Historiker 62 ff. 67 fg, 
Schlosser, J. G. 241, über Goethe 

1772 240 fg. 
Schlösser, Rudolf 290. 
Schlottmann, Louis 186. 192. 
Schlüter 222. 
Schmalz 286. 
Schmerling 298. 
Schmidt, August 189. 
Schmidt, C. 290. 
Schmidt, Erich 132. 222. 275 ff. 

291. 293. 2c^9. 
Schmidt, Klamer 160. 
Schmidt-Phiseldeck 286. 
Schmidt (Werneuchen) 231. 
Schmieder, Dr. 182. 
Schmitt, L. 292. 
Schmitz, J. P. 293. 
Schneider, Wilhelm 182. 
Schnyder von Wartensee 180. 187. 
Scholl 186. 

Scholz, Bernhard 182 fg. 186. 188. 
Schönaich 32. 
Schönbach 151. 265. 
Schönbom 210. 287. 
Schöne, Alfred 289. 291. 
Schönemann, Elisabeth (Lili) 212. 
Schönkopf, Katharina (Aennchen) 

297. 
Schrader, H. 290. 
Schreiber, C. 190. 
Schreyer, H 91. 280. 
Schröder, Hugo 296. 
Schröer, A. 275. 
Schröer, K. J. 188. 274 ff. 208. 
Schröter, Corona 188 fg. 268. 
Schubart, M. 197. 200. 
Schubarth 112. 114 ff. 
Schubert, Franz 169. 176 fg. 180 ff. 

194. 



Personen-Register. 



3" 



Schüddekopf, Carl 240 fg. 

Schulte, Lduard 290. 

Schulz 183. 

Schumann, Robert 177. 180 ff. 

185. 187. 190 ff. 294. 
Schütz, Chr. Georg 196 fg. 203 ff. 
Schwab, G. 293. 

Schwabe, Johann Joachim 192 fg. 
Schwanthajer 13. 

Schweden, Gustav 111. König v. 35. 
Schweden, Gustav IV. Kömg von 

U. 40. 42. 
Schweizer, Anton 181. 
Schwenke, Christian Gotthold 222. 
Scotus 222. 
Seckendorff, Siegmund, Freiherr 

von 181 fg. 185 fg. 
Seekatz, Joh. Conr. 196 ff. 201. 203. 
Seekatz, Frau d. vor. 201. 
Segr6, Carlo 289. 
Seidel 282. 
Seidl, Arnim 299. 
Selz, J. G. 204. 

Seuffert, Bernhard 2}4— 2^6. 280 ff. 
Seuffert, Bernhard 275 fg. 279. 
Shakespeare 78 fg. 82. 92. 97. 160. 
Siebeck, H. 276. 
Sieyes 31. 

Sucher, Friedrich 179 fg. 187. 
Simond, Ch. 295. 
Singer, Ludwig 298. 
Sinzheimer, S. 297. 
Socin, A. 275. 

Solger, Karl 45. 61. 81. 116 fg. 
Sömmering 287. 
Sophokles 87 fg. 260. 
Soret 121. 
Soutmann 142. 

Spanien, König Philipp 11. von 225. 
Spaun 177. 
Spener, Carl 231. 
Speroni, Sperone 220. 
Sperontes 193. 
Spinoza 130. 132 fg. 212. 
Spitta, H. 276. 278. 
Spontini, G. 191 ig. 
Spohr, Ludwig 177. 183 ff. 189. 

191 (g, 
Sprenger, R. 290. 292. 
Stael, Mme. de 33. 36. 
Stargardt, I. A. 288. 
Steffan, Jos. Anton 181. 
Steffany 287. 

Stegmayer, Mathias, Brief anGoethe 
.249 fg. Erläuterungen dazu 250. 
Steig, Reinhold 293. 



Stein 28?; 

Stein, Cnarlotte von 105. 186. 188. 

241. 269. 
Steinauer.265. 
Steiner, Baumeister 287. 
Steiner, Rudolf 283 fg. 
Steiner, Rudolf 131. 279. 
Steinmeyer, E. 278. 
Stern, Adolf 274%. 277. 285. 
Stern, Alfred 250^. 
Sternberg, Caspar, Graf 70 fg. 
Sterne, Carus 298: 
Stickel, G. 274. 298. 
Stiefel, J. 277 fg. 
Stieglitz 262. 
Stieler 119. 
Stika, Joh. 194. 
Stöber, A. 241. 293. 
Stöcklin, Christian 196. 
Stolberg, Auguste von 69. 108. 
Stolberg, Christian, Graf zu 299. 
Stolberg, Friedrich Leopold, Graf 
. zu 69. 82. 299. 
Strack, A. 275. 279. 281. 
Strauch, Ph. 278. 
Strehlke 230. 
Streuli, Wilhelm 297. 
Strodtmann, A. 237. 
Strodtmann, Frl. 7s. 
Str:(yg(KUski, Josef 1 38— 1 56. 
Strzygowski, Josef 276. 
Sucher, Jos. 192. 
Sulzer 239. 

Suphan, Bernhard 279 fg. 285 fg. 
Suphan, Bernhard 13. 23. 27. 29. 

75. 213. 279. 287. 292. 
Susemihl, E. 223. 
Szabö, Mihäly 294. 
Szluchovinyi, A. 298. 



Taubert, Wilhelm 180 ff. 185. 189. 
Tesdorpf, J. M., Beziehungen zu 

Goetne 236 fg. 
Tesdorpf, Oscar 236. 
Teti, (Zarlo 221. 
Thayer 194. 

Thibaut, Geheimrath 63. 65. 67. 
Thomas, Ambroise 191 fg. 
Thomas, Calvin 126. 
Thorwaldsen 10. 13. 269. 
Thoranc, Graf (Königsleutenant) 

196 fg. wfg. 204«. 
Thümen, F. 292. 
Thürheim, Graf 286. 
Tieck, Dorothea 79. 



312 



Personen-Register. 



Tieck, Friedrich 287. Briefe an 

Goethe 4$ — 52. Erläuterungen 

dazu — 52-57. 
Tieck, Ludwig 53. 107 fg. 115. 161. 

290. 
Tieck, Schwester d. vor. 53. 56. 
Tieck, Eltern d. vor. 56. 
Tille, A. 264. 
Tille, A. 290. 
Tischbein 295. 299. 
Titus 239. 
Tizian 155. 
Toelken, Prof. 52. 
Tolstoy, Gräfin 46. 
Tomaschek, W. J. 178 ff. 185. 187 fg. 

191 fg. 194. 
Trautraann, Johann Georg 196. 
^^^^ ^S- 

Trolle- Wachtmeister, A.Kn.von44. 
Truchsess, Christian von, auf 

Bettenburg 82. 103. 
Truchsess, Gebhardt s. Gebhardt. 
Tschaikowsky, Peter 191 fg. 
T. H. Th. 295. 
Turgeniew 290. 



Uliner, V. 291. 
Uh-ich, Hugo 180. 194. 
Umlauf 180. 
Unger 2ji. 
Unger, Frau 1^3. 
Unterberger, Christoph 25. 
Unzelmann, Friederike 56. 
Urban, M. 296. 



Valentin, Veit 195—206. 

Valentin, Veit 133. 289. 291. 

Vandeul, Frau von 49 fg. 57. 

Varnhagen von Ense 42. 114. 116. 

Vasari 139. 148. 

Veda, H. von s. Wied. 

Veit, Moritz 251. 262. 

Vent 286. 

Verlohren 239. 

Vetter Th. 276. 

Viehoff 113. 182. 

Villehardouin, Guillaume de 215. 

Virgil 218. 

Vogeler, Abb6 194. 

Voigt, J. G. von 106. 286 fg. Brief 

an, Auszüge 239. 
Voigt, Johann 287. 



Voigt, Medailleur 48. 

Volkelt, J. 277. 

Vollbehr, Thdr. 298. 

Vollmer, F. 289. 

Voltaire 5. 27. 36. 

Voss, Ernestine, geb. Boie 76 ff. 

81 fg. 89. 94. 96. 98. 100 ff. 
Voss, Gräfin 37. 
Voss, Heinrich 40. 45. 58 ff. 295. 

— der Jüngere und sein Ver- 

hältniss zu Goethe und Schiller 

75 — 104. 
Voss, loh. Heinrich 45. 68. 75 ff. 

83 u, 04 ff. 98. 100 ff. 190. 254. 

203. 287. Zwei Briefe an Goethe 

von — 58 fg. Erläuterungen 

dazu 59—61. 
Voss, Wilhelm 83. 
Vulpius, Christian August 267 
Vulpius, Frau d. vor. 267. 
Vulpius, Christiane, s. Goethe, 

Christiane. 
Vulpius, Felix 266. Nekrolog auf 

266 ff 



Wachtmeister, Graf 45. 
Wackernell, J. E. 274 fg. 278. 
Wagner, Ernst 103. 
Wagner, H. L. 213. 
Wagner, Maler 286 fe. 
Wagner, Richard 178. 
Wohle, Julius 3 — 13. 
Wähle, Julius 213. 279. 282. 284. 
Waldberg, M. Frhr. von 275 fg. 
Wallenstein 254. 
Walter, Ignaz 182 fg. 
Walzel, O. F. 277. 
Warnatz, M. 295. 
Weber, Bernhard Anselm 183. 
Weber, Carl Maria von 176, 186. 
Weber, Gust. 192. 
Weckheriin 159. 
Weigl 250. 

Weilen, Alexander von 291. 
Weimar, Anna Amalia, Herzogin 
von 181. 273. 300. 

— Carl Alexander, Grossherzog 
von 274. 

— Carl August, Grossherzog von 
56. 58. 86. loi. 132. 138. 239. 
242. 254. 259. 266 {g. 273. 283. 
286 fg. 297. 

— Karoline, Prinzessin von 170. 

— Luise, Grossherzogin von 71. 
241. 287. 



Uoethe-Register. 



313 



Weimar, Maria Paulowna, Gross- 
herzogin von 174. 
— Sophie, Grossherzogin von 213. 



274. 270, 
Weimar, W. 



292. 



Weisse, Christian 160. 222. 
Weisse 107. 115. 
Weissenfeis, R. 275. 277 fg. 
Weissenthurm 250. 
Weitbrecht, C. 276 fg. 295. 
WetTsäcker, Paul 251—255. 
Welcker 88. 

Welser, Senator von 287. 
Welti 159. 
Werder, Carl 262. 
Werder, General von 267. 
Werner, Heinrich 180. 
Werner, R. M. 274. 277. 
Werner, Zacharias 165. 167. 170. 

242. 
Westermann 160. 
Wetz, W. 276. 

Weyland, Georg Leopold 298. 
WHbrandt, A. 290 fg. 
Wichmann 12. 52. 
Wied, H. von 222. 
Wieland 27. 234 fg. 240. 243 fg. 

247. 273. 275. 291. 
Willemer, Marianne 69. 298. 
WiUms 287. 
Willmanns 222 ff. 
Windelband, W. 278. 
Windischmann 286. 



Winkler, Max 297. 

Winterling, C. M. 223. 

Witkowsh, Georg 122—137. 

Witkowski, Georg 276 ff. 288. 

Wittich, W. 292. 

Wolf, Ernst Wilhelm 181. 

Wolf, F. A. 48. 53. 263. 

Wolff, E. 276 i^. 

Wolff, F. K. 75. 

Wolff, P. A. 109. 

Wolzogen, Karoline von 43 fg 
Briet von Brinckmann an 40 S 
Erläuterungen dazu 45. 

Wülker, R. 277. 

Wurzbach 71. 

Wyzewa, T. de 289. 



Zachariae 36. 

Zarncke, Fr. 12. 54. 300. 

Zasius, Ulrich 224. 

Zauper 114 ff. 118. 

Zelter 164. 166. 176. 182 ff. 240. 

287. 
Zendrini 221. 
Zichy, Graf 250 fg. 
Ziegert, Max 223. 
Ziegler 250. 
Zimmermann 234. 
Zingerle, A. 275. 
Zoilothersitomastix (pseud.) 291. 
Zumsteeg 187. 



IL Register über Goethes Werke und Leben. 



I. Biographische Schriften. 
Annalen (Tag- und Jahreshefte) 

54. 56. 84. 90. 115 fg. 
Campagne in Frankreich 270. 
Dichtung und Wahrheit 114. 124. 

128. 184. 106 fg. 199 ff. 210. 212. 

236. 276 fg. Neue Ausgaben 

(Bibl.) 288. 293 ig, Abhandlung 

über (Bibl.) 294. 
Ephemeriden 128. 
Italienische Reise 62. 70. 1 14. 275 ig, 
Lebensbekenntnisse im Auszuge 

114. 
Tagebücher 12. 22 ff. 43. 57. 63. 

66. 88. 121. 138. 222. 228. 264 fg. 

268. 279. 282. 287. Weimarer 

Ausgabe 284 fe[. 
Tag- und Jahresnefte, s. Annalen. 



2, Briefe an: 

Brinckmann 33 fg. 39. Erläute- 
rungen dazu 42—45. 
Voigt (?) Auszüge 239, 
Schadow. Zu GoethesBriefen an 2 38. 

Ungedrucktes und neue Ausgaben 
288. Weimarer Ausgabe 279. 
285 ff. 

3. Briefe an Goethe von: 

Brinckmann 30— 33. 34—38. 39 fg. 
— Erläuterungen dazu 42—45. 

Stegmayer, Matthäus 249%. Er- 
läuterungen dazu 250. 

Tieck, Fr. 45—52. Erläuterungen 
dazu 52—57. 



3H 



Goethe-Register» 



Voss, Johann Heinrich sSig, Er- 
läuterungen dazu 59—61. 

Ungedrucktes und neue Ausgaben 
288. 

4. Dramen. 

Aufgeregten, die. Weimarer Aus- 
gabe 279 fg. 

Brey, ein Fastnachtsspiel vom 
Pater 115. 

Bürgergeneral, der 287. 

Caesar, Julius (Plan) 210. 

Claudine von Villa Bella 177. 193. 

Clavigo. Aufführung in Man- 
chester 273. 

Egmont 113. 177. 210 fg. 259. Zur 
letzten Kleidung Egmonts 224 fg. 
Abhandlungen über(Bibl.) 289 fg. 

Elpenor, Abhandlung über (Bibl.) 
290. 

Epimenides, des, Erwachen zum 
225—230. Abhandlungen über 
(Bibl) 290. 

Erwin und Elmire 181. 184. 246. 
269. Zur Entstehungsgeschichte 
von Goethes Singspiel 222—224. 

Faust 9. ri. 36. 64. 70. 115. 118 fg. 
182. 196. 246. 256. 264. 270. 
Erdgeist, der, im Faust. Ge- 
spräche zweier Goethefreunde 
121 - I J7. Compositionen 177 fg. 
Zur Chronologie des ersten 
Paralipomenon (mit Facsimile) 
209-214. Die mittelalterliche 
Ritterburg im 2. Theil, Akt III, 
214-218. Höchst 218. Der 
Kampf mit dem Meere in Goethes 
zweitem Faust 219—222. Zum 
historischen Faust 222. Ecker- 
mann über die Klingemannsche 
Bearbeitung 260 fg. Verschiedene 
Handschritten 269. Vorlesungen 
an Hochschulen mit deutscher 
Unterrichtssprache 274 ff. Neue 
Ausgaben und Abhandlungen 
(Bibl.) 290 fg. Uebersetzungen 
in fremde Sprachen (Bibl.) 294. 

Fischerin, die 188 fg. 

Götter, Helden und Wieland 291. 

Götz von Berlichingen 11. 27. 113. 
196. 210 fg. 213. 246. 253. 260. 
275. Neue Ausgaben und Ab- 
handlungen über (Bibl.) 291 fg. 

Hanswursts Hochzeit 269. 



Jahrmarktsfest zu Pluncfersweflern 
177. 

Jery und Bätely 177. 
phigenie auf Tauris 9. 11. j8. , 
113. 245 fg. 271 fg.. Parzenbed 
277. Neue Ausgaben und Ab- 
handlungen (Bibl.) 292. lieber- ; 
Setzungen in fremde Sprachen ' 
(Bibl.) 294. 

Laune aes Verliebten 292. 

Mädchen, das, von Oberkirch 
(Bruchstück). Weimarer Ausgabe 
279 ff. 

Mahomet 210. 292. 

Maskenzug 18 r8 267. 

Maskenzüge 18 10 (Die romantische 
Poesie) 239. 

Natürliche Tochter, die (Eugenia) 
37. 253. Sonett Eugeniens 161. 

Pandora ir8. 

Stella, Abhandlungen über (Bibl.) 
292. 

Tasso II. 38. 113. 125. 247. 271 fg. 
276. 28Q. Neue Ausgaben und 
Abhandlungen über (Bibl.) 292^. 

Vorspiel 1802, s. Was wir bringen'. 

Was wir bringen. Sonett darin 
161 fg. 

Uebersetzungen in fr. Spr. (Bibl.) 

294. 
Vorlesungen an Hochschulen 274 ff» 

5. Episches. 

Achilleis 75. Heinrich Voss, Ver- 
besserungen 91 fg. 

Hermann und Dorothea 9. 75. 90 fg. 
III. 123. 247. Neue Ausgaben 
(Bibl.) 292 fg. Uebersetzungen 
in fremde Sprachen (Bibl.) 294. 
Gemälde (Bibl.) 300%. 

Reineke Fuchs 75. 91. 200. 

6. Erzählendes. 

Hausball, der. Weimarer Ausgabe 
279. 282. 

Märchen, das 231. 

Novelle, Weimarer Ausgabe 279. 
282. 

Reise, die, der Söhne Megaprazons. 
Die schwimmenden Inseln in 
234—236. Weimarer Ausgabe 
279. 282. 

Unterhaltungen deutscher Ausge- 
wanderten. Weimarer Ausgabe 
279. 281. 



Goethe-Register. 



315 



Wahlverwandtschaften, die 7. 108. 
112 fg. 117. 165 fF. 171. 173. 
Uebersetzung (Bibl.) 295. 

Weiber, die guten. Weimarer Aus- 
gabe 279. 281. 

Werthers Leiden 9. 11. 32 fg. 
125 fg. 129. 196. 210. 213. 
246 fg. 278. Abhandlung über 
(Bibl.) 294. 

Wilhelm Meister 9. 109. 113. 118. 
246 fe 25 3. 262. Lehrjahre, Lieder 
i8jff. 275. Abhandlung über 
(Bibl.) 294. Uebersetzung (Bibl.) 
294. Wander jähre 23 fg. 71. 117. 
120. 279. 



7. Gedichte. 

Alexis und Dora 177. 230. 293. 

An Abbate Bondi 174. 

An den Mond 293. Compositio- 
nen 186 fg. 

An die Entfernte. Compositionen 
192 fg. 

An Ihro Kaiserliche Hoheit, die 
Frau Grossherzogin von Sachsen- 
Weimar und Eisenach 174. 

Annette, Buch 114. 292. 

An Schwager Kronos 177. 

Auf dem See 177. 

Auf Thorwaldsens Geliebte 269. 

Bundeslied. Compositionen 183 fg. 

Carlsbader Gediente 24. 174. 

Die Liebende schreibt 177. 

Eckart, der getreue 177. 

Elegien, römische 246. 

Epigrammatisch 161. 

Epigramme, venetianische 246. 

Epilog zu Schillers Glocke 269. 

Epistd 113. 

Erlkönig 177. 293. Compositionen 
188 fg. 

Euj)hrosyne 262. 

Ewige Jude, der 210. 

Fischer, der 293. Compositionen 
185 ff. 

Freudvoll und leidvoll 177. 

Friderikenlieder 293. 

Frühzeitiger Frühling 177. 

Ganymed 177. 293. 

Geheimes 177. 

Geheimnisse 293. 

Gesang der öeister über den 
Wassern 177. 293. 

Glückliche Fahrt 177. 

Grenzen der Menschheit 177. 



Harzreise im Winter 114. 177. 
Commentar 115. 

Heideröslein. Compositionen 180 fg. 

Hochzeitlied 177. 293. 

Jägers Abendlied. Compositionen 
183. 

Indische Legende 293. 

Katechisation 68. 

Kleine Blumen, kleine Blätter s. 
Mit einem gemahlten Band. 

König, der, m Thule 183. 293. 
Compositionen 182. 

Mädchens Held, Handschrift 239 fg. 

Mailied (Wie herrlich etc.) 177. 
Compositionen 179 fg. 

Meeresstille 177. 

Meine Ruh ist hin etc. Composi- 
tionen 182 {g, 

Mignon 177. 293. Compositionen 
191 fg. 

Mignomieder 177. 

Mit einem gemahlten Band. Com- 
positionen 178 fg. 

Musensohn , der. Compositionen 
182. 

Nachtigall, die, sie war entfernt 177. 

Nähe des Geliebten. Composi- 
tionen 193 fg, 

Natur und Kunst 161 ff. 174. 

Neue Liebe, Neues Leben. Com- 
positionen 184. 

Nur wer die Sehnsucht kennt 
Compositionen 190 fg. 

ParzenJied, s. Iphigenie. 

Prometheus 177. 210. 253. 

Rastlose Liebe. Compositionen 185. 

Sänger, der. Compositionen 190. 

Schäfers Klagelied 177. 293. 

Schweizerlied 293 . 

Sonett, das 161 ff. 

Sonette, über Goethes 157— I7S- 
Sonnettenkranz (Bibl.) 293. 

Sonette an Bettina von Arnim 269. 

Suleikalieder 177. 

Tagebuch, das 293. 

Veilchen, das. Compositionen 177. 
181. 

Veni Creator Spiritus (Apell ans 
Genie) 268. 

Wanderer, der 189. 293. 

Wanderers Nachtlied (Der du von 
dem etc.). Compositionen 188. 

Wanderers Nachtlied. (Ueber allen 
Gipfeln etc.) 113. Compositionen 
187 fg. 

Wechsellied zum Tanze 177. 



3i6 



Goethe-Register. 



Wer nie sein Brot mit Thränen 
ass. Compositionen 190. 

Wer sich der Einsamkeit ergiebt. 
Compositionen 189 fg. 

Westöstlicher Divan 113. 293. 

Wonne der Wehmuth. Compo- 
sitionen 177. 184 fg. 

Xenien 24611. 275, Berlin und die 
230-234. 



Abhandlungen über (Bibl.) 292 fg. 
Musik, Goethes Gedichte in der 

176- 194. 
Neue Ausgaben (Bibl.) 292. 
Uebersetzungen in fremde Sprachen 

(Bibl) 294 fg. 
Vorlesungen an Hochschulen 275 ff. 



8. Kunst. 

Bossi Joseph, Ueber Leonardo da 

Vinci Abendmahl zu Mailand. 

Leonardos Abendmahl u Goethes 

Deutung 138—156. 
Cellini, Benvenuto, Lebensbeschrei- 
bung des 160. 
Denkmale 8. 
Gegenstände der bildenden Kunst, 

über die 16—19. Erläuterungen 

dazu 25-28. 
Heroische Statuen von Tieck 57. 
Kunst und Alterthum 49. 57. 106. 

120. 
Kunst und Handwerk, über 13 — 16. 

Erläuterungen dazu 21 — 25. 
Propyläen 22. 26. 28. Einleitung 28. 
Rameaus Neffe 48. Anmerkungen 

zu 27. 
Urtheile, über strenge 19—21. 

Erläuterungen dazu 28 fg. 
Winckelmann und sein Jahrhundert 

24. 



9. Naturwissenschaftliches, 

Abbildungen, naiurhistorische, über 
die Anforderungen an — im All- 
gemeinen und an osteologische 
msbesondere 284. 

Barometerschwankungen, Ursache 
der 283. 

Bisherige Beobachtungen und 
Wünsche für die Zukunft 284. 

Elfenbeins , Betrachtungen über 
eine Sammlung krankhaften 284. 



Farbenlehre, Geschichte der 117. 
254. Abhandlungen über (Bibl.) 
298. 

Geologie, zur 284. 

Jenaische Museen und Sternwarte 
284. 

Karlsbad 284. 

Kunckel, Johann 284. 

Metamorphose der Pflanzen 125. 

Meteorologie, zur. Weimarer Aus- 
gabe 279. 283 fe. 

Meteorologische Beobachtungsorte 
284. 

Morphologie, zur 284. 

Natur, die 131. 

Naturwissenschaftliche Einzelheiten 
284. 

Naturwissenschaft, zur 283. 

Winderzeugung, zur 284. 

WitterungSKunde 284. 

Witterungslehre, Versuch einer 283. 

Wolkengestalt 283. 

Wolkensphären, concentrische 284. 

Wolkenzüge 284. 



Weimarer Ausgabe 279. 283 fg. 

10. Sonstige prosaische 
Schriften. 

Denkmal, Betrachtungen über ein 
dem Dichter Goetne in seiner 
Vaterstadt zu errichtendes Denk- 
mal 3-7. Erläuterungen dazu 
7-13. 

Dilettantismus, über den 28 fg. 

Ferneres zur Weltgeschichte 119. 

Frankfurter Gelehrten Anzeigen, 
Recensionen in 106. 11 1. 119 fg> 

Heinrich der Löwe, Schema über 
285. 

Nicolovius, Alfred über Goethe 1 16. 

Noch ein Wort für junge Dichter 
118. 

Recensenten, Antwort des 88. 

Recension über Voss' Gedichte 
88 fg. 

Renovirung des Schauspielhauses 
294- 

Solgers nachgelassene Schriften 
und Briefwechsel 116. 

Sprüche in Prosa 132. 294. 

Wiederholte Spiegelungen 115. 

Zwo wichtige biblische Fragen 124. 



Goethe-Register. 



317 



II. Biographische Einzel- 
heiten, Lebensbeziehungen, 
Verhähnisse , Tpersönl, und 
litterarische) zu: 

Bauernfelds Tagebuch, aus 258 fg. 

Brinckmann, Briefwechsel zwischen 
Goethe und 30-42. Erläute- 
rungen dazu 42—45. 

Brion, Friderike (Bibl.) 207 fg. 

Buckle über Goethe (Bibf.) 297. 

Byron, Goethe und (Bibl.) 297. 

Carlyle (Bibl.) 297. 

Cotta (Bibl.) 297. 

Doppelanlage, eine, in dem Wesen 
Öoethes (BibU 289. 

Eckermann, J. P. 105 — 121, —an 
eine Schauspielerin 260 ff. 

Ehrmann, Goethes Freund (Bibl.) 
207. 

Eichstädts Gedächtnissrede auf 
Goethe 251-255. 

Friderike s. Brion. 

Grimm, die Brüder ^Bibl.) 297. 

Heine, Heinrich (Bibl.) 297. 

Klettenberfi^ , Susanna Katharina 
von (Bibl.) 297. 

Laroche, Sophie von (Bibl.) 297. 

Lenz (Bibl.) 297 fg. 

Lotte, Goethes (Bibl.) 208. 

Low, von und zu Steinfurt, Frei- 
herr Ludwig, Besuch bei Goethe, 
Bericht 64 — 72. Erläuterungen 
dazu 62—64. 

Maler, Frankfurter im Goethehause 
zu Frankfurt 195 — 206. 

Matthäi, Carl, über seinen Besuch 
bei Goethe 1782. 241 {g, 

Mnioch, Maria und ihr Urtheil 
über deutsche Dichter, besonders 
Goethe 242—249. 

Mörike, Eduard, über den Brief- 
wechsel zwischen Schiller und 
Goethe 255—258. 

Munk, Salomo, bei Goethe 25 1 . 262. 

Napoleon, Goethe und (Bibl.) 298. 

Reinhard, Graf (Bibl.) 298. 

Riemer, F. W., Briefe über Goethe 
(Bibl.) 299. 

Schiller- Goethe, Erinnerung eine 
(Bibl.) 208. 

Schlosser, J. G., über Goethe 1772. 
240 fg. 

Schmerling und Goethe (Bibl.) 298. 

Schönkopt; Katharina (Aennchen) 
297. 



Stolberg, Fr. L. und Christian zu, 

an Gerstenberg (Bibl.) 299. 
Tesdorpf, J. M. 236 fg. 
Tischbein, ein Schreiben über 

Goethe in Rom (Bibl.) 299. 
Voss, Heinrich der Jü tigere und 

sein Verhältniss zu Goethe und 

Schiller 75 — 104. 
Wartburgfeier, Goethe und die 

2 50 fg. 
Weyland, Georg Leopold (Bibl.) 

298. 
Willemer, Marianne von, Goethe 

und (Bibl.) 298. 

12. Verschiedenes. , 

Archiv in Weimar, Mittheilungen 
aus dem 3-61. 

Aubry, der Hund des (Bibl.) 299. 

Aufführung in Manchester 273. 

Ausgabe letzter Hand 1 3. 280. 282. 

Ausstellung in Frankfurt a, M. 
1895, 195. 

Autographencataloge, Ungedruck- 
tes aus 239 fg. 

Bibel, Goethe und die (Bibl.) 299. 

Bibliographischer Führer (Bibl.) 
289. 

Bildnisse (Bibl.) 300. 

Biographieen etc. (Bibl.) 295. 

Biographische Einzelheiten (Bibl.) 

295 ^g- 
Blackie, John Stuart, Nekrolog auf 

269 fg. 
Chemische Industrie, Goethe und 

die (Bibl.) 298. 
Chiozotte, baruffe, Goethe und 

die (Bibl.) 289. 



Compositionen (Bibl.) 300. 
Conseil, Goethe im (Bibl.) 299. 
Denkmal Goethes in seiner Vater- 



stadt, über ein 3-13. 
England, Goethe und (Bibl.) 295. 
Gedanken über — (Hehn — Bibl.) 

289. 
Gespräche, Neue Ausgabe (Bibl.) 

288. 
Henckel zu Donnersmark, Grat 

Leo von, Nekrolog auf 266 fg. 
Italiener, Goethe und die (Bibl.) 

205. 
Keil, Robert, Nekrolog auf 268 fg. 
Kieset, Wilhelm, >fekrolog aut 

271 fg. 
Kunst, Goethe und die bildende 

(Bibl.) 298. 



3i8 



Goethe-Register. 



Kunstleben, Deutsches in Rom vor 

IOC Jahren (Bibl.) 298. 
Lassen, das Verb bei Goethe (Bibl.) 

289. 
Lecture in den oberen Klassen, 

über die (Bibl.) 289. 
Manchester , Abhandlungen der 

Goethe -Gesellschaft zu (Bibl.) 

289. 
Markgrafensteine, nochmals Goethe 

und die (Bibl.) 298 fg. 
Musiker, Goethe als (Bibl.) 298. 
Nachträge und Berichtigungen 

262-265. 
Naturlehre Goethes in der Schule 

(Bibl.) 298. 
Neue Ausgaben der Werke (Bibl.) 

288. 
Neue Schriften über — (Bibl.) 

289. 
Philosophie, Goethes Beziehungen 

zur (Bibl.) 299. 
Pröhle, Heinrich, Nekrolog auf 270. 
Religion, Goethes (Bibl.) 299. 



Renaissance, Goethes Verhältniss 

zur Kunst der (Bibl.) 298. 
Sammlung Elischer 273. 300. 
Sammlungen (Bibl.) 300. 
Schauspielerei, Goethe und die 

(Bibl.) 299. 
Stammbuch, Eintragung in ein 239. 
Stickel, 90. Geburtstag und Tod 

274. 
Text, zum Goethe- (Bibl.) 289. 
Toleranz, ein neu entdecktes Wort 

Goethes für religiöse (Bibl.) 299. 
Verwandte Goethes TBibl.) 296. 
Vorlesungen an Hochschulen mit 

deutscher Unterrichtssprache 274 

—278. 
Vulpius, Felix, Nekrolog auf 266 ff. 
Weimarer Ausgabe 289. Bericht 

279 ff. 
Wörterbuch, Goethe als Anreger 

eines deutschen (Bibl.) 299. 
Zwickau, Mittheilungen aus dem 

Goetheverein in 289. 




Goethes 
West-östlicher Divan 



Von 



Konrad Burdach. 



Festvortrag 

GEHALTEN IN DER II. GENERALVERSAMMLUNG DER GoETHE-GeSELLSCHAFT 

IN Weimar am 30. Juni 1896. 




Goethes West-östlicher Divan. 




loethe ist der Dichter des Erlebnisses. Kein modemer 
Künstler bedurfte, sollte man meinen, weniger als 
_ er fremder Muster, anreizender Beispiele und 
leitender Anstösse. Aber gleichwohl: kein Poet ist be- 
ständiger, mannigfacher, tiefer von aussen angeregt und 
befrucntet worden als er. 

Jedermann weiss, wie früh die Sehnsucht nach Italien 
in ihm geweckt ward, was dieses Land der Verheissung 
ihm, was seiner Dichtung das Studium der antiken und der 
Kunst der Renaissance gegeben hat. Dies ist das erste 
Reich, welches er in Tribut nahm für seinen poetischen 
Haushalt. 

In seine Jünglingszeit zurück reicht auch seine hin- 
gebende Beschäftigung mit der Natur. Sein naturwissen- 
schaftlicher Trieb durchdringt sein ganzes Leben, nicht als 
Liebhaberei der Mussestunden die poetische Production be- 
gleitend, sondern mit ihr untrennbar verwachsen. Goethes 
Dichtung und Goethes Naturforschung streben nach einSm 
Ziel. Sem poetisches Lebenswerk, der Faust, zieht ebenso 
die Summe seiner menschlich* sittlichen Erkenntniss wie 
seiner Gedanken über Wesen und Gesetz der Natur und 
über das Verhältniss des Menschen zu ihr. Hier haben wir 
die :(weite Sphäre, aus der Goethes Kunst ihre Nahrung holt. 

Als dritte bildende Macht in der künstlerischen Ent- 
wicklung Goethes darf der Orient gelten. 

An der Bibel hatte er lesen gelernt. Neben Luthers 
Verdeutschung, deren kernhafte Volksthümlichkeit unver- 
lierbar sich ihm eingeprägt hatte und, wie die Kenner der 
Goethischen Dichtung im Einzelnen lehrreich dargelegt 

Gobtbi-Jahrbuch XVII. 21 



Festvortrag von Konrad ßuRDA<:H. 



haben, seinen poetischen Ausdruck oft genug bis zu wört- 
lichem Anklang bestimmen sollte, hatte er durch halb 
spielende, halb ernsthafte hebräische Sprachstudien das Ori- 
ginal des alten Testaments sich nahe zu bringen gesucht. 
Die rührende Geschichte von Joseph gedachte er m einer 
prosaischen epischen Dichtung zu gestalten. Klopstocks, 
Miltons, Gessners bibHsche Poesie verstärkten den Eindruck, 
den das Leben der Patriarchen in seiner Grösse und Ein- 
falt auf ihn machte. Mit der ganzen Frische, der klammern- 
den Aufnahmefähigkeit, der zähen Treue erster lugend, die 
bei späteren Eindrücken niemals widerkehren, hatte er die 
vielgestaltige Fülle dieser altsemitischen Welt in sich ein- 
gesaugt. 

Nach der Rückkehr von Leipzig steigerte sich im 
theosophisch-mystischen Verkehr mit Fräulem von Kletten- 
berg die Empfänglichkeit für den Tiefsinn der hebräischen 
Propheten. Und in Strassburg, wo ihm Herder, den Klassi- 
cismus überwindend, die Augen öffnete über die ursprüng- 
liche Poesie aller Zeiten und Völker, wo ihm Homer, 
Shakespeare, das Volkslied in neuem Licht erscheinen, be- 
gann er auch den poetischen Gehalt des alten Testaments 
mit historischem Sinn ganz und neu zu begreifen. Die ost- 
preussischen Pfadfinder, Hamann und Herder, entdeckten ihm 
an Genesis und Psalmen ewig-menschliche und doch zeit- 
lich individuelle Urpoesie. 

Die sibyllinisch orakelnde Schrift über die Bundestafeln, 
die Uebersetzung des Hohenlieds, das er mit seinem Meister 
auffasste als »die herrlichste Sammlung von Liebesliedern, 
die Gott erschaffen hat«, fünfzehn Parabeln, die im Geist 
Salomonischer Gnomik mit Lessingschem Lakonismus zu 
reden trachteten, waren die Frucht dieser neuen An- 
schauungen. 

Fortan ist orientalische Dichtung und Weisheit niemals 
mehr aus Goethes Gesichtskreis entschwunden. 

Neben der hebräischen Urzeit öffnete sich ihm die 
arabische, zeigte sich ihm das ungeheure Schauspiel, wie 
sich aus ihr eine neue welterobernde und weltbildende 
Macht losringt: die Religion und Kultur des Islam. Als 
Goethe den Prometheus begann, einen Cäsar plante, trug 
er sich mit einem Drama Mahomet und las dazu eifrig den 
Koran. Antiker und semitischer Titanismus stritt in seiner 
Phantasie um die Herrschaft und die auf Adlersfittichen 
vor\yärts drängende Allegorie »An Schwager Kronos« 
vereinigt in ihrem Ausgang den griechischen Orkus und 
Gestalten aus der Unterwelt des Propheten Jesaia (14,9) 
2u einem grandiosen Bilde. 

Den in Weimar auf höherer Stufe zur Klarheit 



Goethes West-östlicher Divan. 5* 

Strebenden führte der Wegweiser seiner Sturm- und Drang- 
zeit zum zweiten Mal in die riesigen Hallen des Orients: 
in die persische, arabische, hebräische Spruch- und Liebes- 
dichtung. Die Nachbildungen im Tiefurter Journal zeigen, 
wie diese Interessen auch den nächsten Kreis der Mit- 
strebenden ergriffen. Damals übersetzte Goethe eines der 
ältesten herrlichen vor-islamischen arabischen Gedichte, das 
erste sogenannte Muallaqa^ 

Nacn der Rückkehr aus Italien wies Herder den in 
neuem Stil Gefestigten auf die eben entdeckte indische 
Kunstdichtung hin, von der Goethe bis dahin nur aus 
einigen Märcnen eine Vorstellung besass. Er gewann ihm 
Theilnahme ab für das von torster übersetzte Drama 
Kalidasas Sakuntala, für seine eigenen Distichenreproduc- 
tionen morgenländischer Lehr- und Liebespoesie, für die 
Perser Saadi und Hafis. Aus einer indischen Erzählung 
erwuchs zu jener Zeit »Der Gott und die Bajadere<f. Da- 
mals frischte Goethe die lange unterbrochene Fortführunjg; 
seiner poetischen Generalbeichte, des Faust, durch Luft 
aus dem Orient an: aus dem erhabenen Eingang des 
Buches Hiob nahm er das grossartige Motiv der Wette für 
das Vorspiel im Himmel; nach Scenen indischer Dramen 
bildete er das Vorspiel auf dem Theater. 

Die mit Schiller gepflogenen ewig denkwürdigen Ver- 
handlungen über das Wesen des £bö5 lenken dann Goethes 
Blicke wiederum auf die fünf Bücher Mose: als echter 
Schüler Herders studirt er ihren epischen Charakter und 
wagt sich an die Bibelkritik mit einer Untersuchung über 
den Zug Israels in der Wüste. 

In den Jahren der Vereinsamung und des Schmerzes 
nach dem Tod des grossen Freundes, da Deutschland am 
Boden lag und Goetne bitter Entsagung predigte, trat zum 
ersten Mal die persische Dichtung lebendiger und deutlicher 
in seinen Gesichtskreis: Dschamis Liebesroman Medschnun 
und Leila schien ihm das Musterbild einer grenzenlosen 
Liebe darzustellen. Auch die Geschichte von der Liebe 
des Jussuphy des biblischen Joseph, zur jugendlichen Frau 
Suleicha, von der Liebe Salomos zur Königin von Saba ent- 
zückte ihn: beides waren altvertraute biblische Stoffe, die 
ihn nun in persischer Umgestaltung und Durchsonnung 
neu ergriff'en. Und am Vorabend der grossen vater- 
ländischen Befreiungsstunde, kurz vor dem Entscheidungs- 
schlag gegen Napoleon, im Oktober 1813, vertiefte er sich, 
innerer Aufregung das Gleichgewicht zu halten, in /las 
entlegenste Gebiet ostasiatischer Kultur: er trieb Sinica 

' Zuerst erkannt und veröffentlicht Weimar. Ausgabe 6, 460 ff. 

21* 



Festvortrag von Kokrao Burdach. 



und las die Reisebeschreibung des Venetianers Marco Polo, 
der im 13. Jahrhundert China und Indien durchzogen und 
die erste authentische Kunde vom fernsten Osten dem 
staunenden Abendlande vermittelt hatte. 

Die bedeutsamste Wendung aber brachte das Jahr 18 14. 
Damals rückte an Goethe zufällig ein ihm schon früher 
flüchtig aus einzelnen Proben bekannter orientalischer 
Dichter ganz nahe heran und riss ihn hin wie einst in den 
Tagen der Jugend Shakespeare, Ossian, Homer, Rousseau, 
in der Zeit der Mannheit die römischen Elegiker. Es war 
der persische Dichter des 14. Jahrhunderts: Mohamed 
Schemseddin Hafis aus Schiras. 

Des Hafis Dichtungen oder um den technischen Aus- 
druck der arabisch-persischen Poeten anzuwenden, der so 
viel als »Versammlung« bedeutet: sein Divan (a. h. die 
Sammlung seiner Gedichte) wurde Goethe in aer unge- 
lenken, vielfach dunkeln und durch Missverständnisse ent- 
stellten Uebersetzung des Wiener Orientalisten Joseph von 
Hammer zugänglich. Aber es leuchtete ihm doch daraus 
der Duft und die Glut des zauberhaften Ostens entgegen, 
ein Hauch der Ewigkeit und Grösse persischer Wüsten und 
Steppen, über die sich der strahlende Sternenhimmel einer 
heissen Zone spannt. Und vor allem: zum ersten Mal 
schlug hier die Dichtung eines grossen Lyrikers des Orients 
im Zusammenhang an sein Herz. Es waren Töne aus dem 
Gemüth einer verwandten, stark ausgeprägten Individualität: 
eines lebensfrohen, weit- und menschenkundigen, trink- 
und liebeseligen, witzigen, aber auch mystischen, in tief- 
sinniger Symholik schwelgenden Dichters. Jetzt zum ersten 
Mal hielt ihn der nicht-semitische, der arische, der stamm- 
verwandte Theil des Orients länger fest. Denn die indische 
Dichtung, mochte sie ihn auf Augenblicke noch so sehr 
angezogen haben, stiess ihn immer wieder ab durch die 
grenzenlose Formlosigkeit, die groteske Ungeheuerlichkeit 
ihrer Phantasie. 

Die ganze alte Liebe für die morgenländische Kultur, 
die seit frühester Jugend in ihm still geglüht, bisher aber 
nur dann und wann aus seiner Dichtung hervorgeleuchtet 
hatte, entflammte jetzt der stammverwandte onentalische 
Poet zu lange dauerndem Brande. Das Lichtlein Hammer- 
scher Uebersetzungsmühsal entzündete die prächtige Fackel 
einer neuen Lyrik, die mit Hafis wetteiferte wie die römischen 
Elegien mit Ovid und Properz gewetteifert hatten. Es geschah 
mit der Plötzlichkeit einer ausbrechenden Naturgewalt, mit 
dem Ungestüm einer Explosion, durch die lange gesammelter 
Zündstoff reissend emporlodert. 



Goethes West-ostlicher Divan. 7* 

Der Divan ist das grosse Denkmal in Goethes orienta- 
lischer Provinz, wie Prometheus, Iphigenie, Helena die Mark- 
steine seiner in drei Staffeb emporsteigenden antiken Er-, 
oberungen, wie der Faast das ragende Siegeszeichen seiner 
naturwtssenschafilichen Lebensarbeit. 

Goethes Divan erfreot sich weder gleich starker noch 
gleich dauernder und breiter Wirkung wie jene eben ge- 
nannten Schöpfungen. Der Gegenwan ist er im Ganzen 
recht fremd geworden. Man pflegt ihn für ein künstliches 
Produa des alternden Dichters zu halten, an dem mehr 
Spiel und Willkür als natürlicher Drang der Seele Antheil 
habe. Man findet in ihm mehr Erfindung und Reflexion 
als echtes Erlebniss und wahres Gefühl,, mehr gedanken- 
schwere Weisheit als poetische Gestalt und Leidenschaft. 
Vielen erscheint er wonl gar wie eine etwas frostige, ver- 
schnörkelte Costümdichtung, einer phantastischen Laune 
entsprungen, greisenhafter Vorliebe für eine exotische Maske, 
die der erlahmenden Phantasie als Stab und Krücke dienen 
soll und die dann der Dichter doch nach Belieben und 
Bequemlichkeit öfter illusionswidrig fortwirft, um in seiner 
wahren Figur frei und unbeengt auszuschreiten. Selbst 
Kenner und Verehrer des Werks urtheilen in der Regel nicht 
viel günstiger. Und doch beruht diese Ansicht auf einem 
Sehfehler. 

Gewiss, der Divan ist eine Dichtung, die den Typus 
des Alters zur Schau trägt: er wandelt m gedankenvoller 
Beleuchtung, in symbolischem verallgemeinerndem Denken. 
Und er verleugnet in der Form der Darstellung wie des 
rein sprachlichen Ausdrucks nicht die Schwächen des Alters: 
er enthält stilistische und grammatische Sonderbarkeiten, 
gemachte Wortbildungen, gravitätische Wendungen, selt- 
same Wortspiele, selbst Dunkelheiten und schlechthin Un- 
verständliches. Goethe hat es nicht immer vermocht, den 
verarbeiteten fremdartigen Stoff der orientalischen Quellen 
in reine Poesie zu verwandeln : zuweilen bietet er uns 
Schlacke statt Gold. Das Werk zeigt manchmal bereits die 
Weitsichtigkeit greisenhafter Augen und die umständliche 
Manier der Nestorjahre. 

Dem Unvorbereiteten, der lediglich naiv geniessen 
will, wird sich manch entstellende Wolke vor diese wunder- 
bare Schöpfung legen und sie wird immer nur in Frag- 
menten auf ihn Emdruck machen. Ja selbst wer gelernt 
hat, von Goethes Dichten für sich Höheres zu erwarten 
als augenblickliches Lustgefühl, wer darin ein Urbild grosser 
und gesunder Menschlichkeit, die glücklichste Ehtfahunjg der 
Blüthe modernen Lebens und moderner Kunst aufzufinden 
weiss, wird hier vielfach rathlos oder erkältet bleiben. 



8* Festvortrag von Konrad Burdach. 

Die Frau, deren Herzblut in diesem Werke mit- 
pulsirt, hat über Goethes biographische Beschreibung jener 
zeit aas schöne Wort gesaet: »sie gleicht einem Liede, 
wozu nur einige die Nfelocfie kennen, für die meisten 
bleibt es ungesungen«. Auch der Divan öffnet seine ge- 
heimsten Wunder nur dem, der die rechte Melodie kennt, 
in der er zuerst erklang. Ich will versuchen, sie Ihnen 
zu singen. 

Goethes Divan wurzelt ganz und gar in der Zeit und 
Gegenwart, in der Person seines Dichters. Warum zündete 
der Sang des Poeten aus Schiras gerade im Jahre 1814 in 
solchem Masse? warum weckte er plötzlich gerade damals 
in Goethe lang versiegte lyrische Kraft, die zwei Jahre 
hindurch wie ein Springquell hervorsprudelte? Die Antwort 
führt auf ganz individuelle, biographische, zugleich aber 
auch auf ganz allgemeine, zeitgeschichtliche Gründe. 

Ungefähr seit dem Tode Schillers machte Goethes 
innere Existenz eine grosse Wendung.' Die Epoche des 
einseitigen exclusiven Klassicismus, der das absolute Kunst- 
ideal, den einzig erlaubten Stil im Alterthum und zwar 
in dem Alterthum, wie es Winckelmann formulirte, suchte 
und fand, naht ihrem Ende. Auch Goethe zahlte dem 
mächtig emporstrebenden universalen, romantischen, ge- 
schichtlichen Geist der Zeit seinen Zoll. 

Keiner von allen Impulsen der damals aufsteigenden 
Weltbewegung hat vielleicht grössere Folgen gehabt als 
der Drang nach einer rurückliegenden höheren Einheit der 
menschUchen Natur. Hatten Rousseau und seine Schüler 
den ursprünglichen Zustand der Menschheit aus der Idee 
heraus sich construirt, so strebte seit dem Ende des 
18. Jahrhunderts eine grosse, internationale Gemeinde von 
Anregern, Gesinnungsgenossen und Schülern Herders dar- 
nach, jenes primitive MenschUche historisch direct nach- 
zuweisen oder durch geschichtliche Reconstruction zu er- 
schliessen. 

Die ursprüngliche Poesie hatte die Generation, welche 
1770 jung war, in der sogenannten Natur- oder Volks- 

Eoesie entdeckt, deren Wesen an Homer, an akenglischen 
lalladen, am Pseudo-Ossian, am deutschen Volksliede, an 
den Gesängen der wilden und der unkultivirten Völker 
studirt wurde. Ferne, zumal exotische Welten mit niedrer 
Kultur, die seit dem Ende des Jahrhunderts besonders 
deutlich in den Gesichtskreis Europas traten, schienen die 
verlorenen Ideen des Naturzustandes zu verwirklichen. 

' Vgl. zum Folgenden meine Ausfuhr ungen im Goethe- Jahrbuch XI, 
S. 14 ff. 



Goethes West-östlicher Divan. 9* 

Genau hundert fahre vor Goethes Divan hatte Daniel 
Defoe die Urgeschichte der menschlichen Kultur an den 
Schicksalen eines schottischen Matrosen, der auf eine un- 
bewohnte Insel im südamerikanischen stillen Ocean ge- 
rathen war, zu der unsterblichen moralphilosophischen Er- 
zählung vom Robinson gestaltet. Rousseau, dem Bewunderer 
dieses Buchs, nachschreitend, h^itiQ Bernardin de St, Pierre 
bald auf westindischen oder afrikanischen Inseln, bald in 
den Steppen Westasiens die Patriarchenzeit nachgeträumt 
und wieder ins Leben rufen wollen. Seine »Etuaes de la 
nature« lieferten Reisebeschreibungen voll tief religiösen 
Anbetungsgefühls und verkündigten gleich Goethe: Gottes 
ist der Orient, Gottes ist der Occident. Zur Zeit, da 
Goethe seinen Werther umarbeitete, hatte St. Pierre 
Paul et Virginie geschaffen: eine unsterbliche erotische 
Robinsonade, geboren aus elegischer Sehnsucht nach den 
Kindheitszuständen der Menschheit, aber auch aus lebendiger 
Anschauung der Tropenwelt und aller Zauber eines süd- 
lichen Eilands. Und an der Schwelle des neuen Jahr- 
hunderts durchdrang Chateaubriand die Tendenz des grossen 
Jean Jacques, Ossiansche Stimmung und den Charaktertypus 
des junj[en Werther mit den politisch-religiösen Elementen 
seiner Emigrantenrolle : daraus entstehen die weltberühmten 
beiden Lieoesgeschichten Atala und Reni, die in den un- 
endlichen Prärien und Urwäldern von Louisiana ihren 
Schauplatz haben. Bald nachher localisirt der Exilirte sein 
Ideal in dem arabischen Zeitalter Spaniens : nach den Tempeln 
Griechenlands schien ihm die Alhambra des Anschauens 
werth und der Untergang der maurischen Könige von 
Granada gab ihm den Stoff zu seiner Novelle »Der letzte 
der Abenceragen«. 

So trat an die Stelle eines erträumten Utopien, an die 
Stelle der Ossianischen Nebelwelt, an die Stelle der sen- 
timentalisch angeschauten Region der Naturvölker Afrikas 
und Amerikas für das poetisch-moralische Bedürfniss der 
Orient, Und das zu einer Zeit, wo in Frankreich der grosse 
Orientalist Silvestre de Sacy die englischen Leistungen eines 
Jones, die deutschen eines Eichhorn und Reiske überholend, 
den Grund legte für die wissenschaftliche Erkenntniss des 
arabischen und persischen Alterthums. 

Chateaubriand hatte seine beiden romantisch-exotischen 
Idyllen seinem grossen Werk »Genius des Christenthuras« 
eingefügt. Religiösen und christlichen Absichten folgt ebenso 
der englische Romantiker Southey, der etwa gleichzeitig 
arabische Sitte, arabischen Glauben und die Pracht der morgen- 
ländischen Natur abbildet. Der Gegensatz des Ideals zu 
den Verhältnissen der modernen Kultur treibt auch Lord 



10* Festvortrag von Konrad Burdach. 

Byron, den genialen modernen Apostel der sittlich-poetischen 
Revolution dazu, die bunte, an Schrecken und an Zaubern 
reiche Welt des mittelalterlichen und modernen europäischen, 
türkisch-griechischen Ostens, auf deren Schauplatz er selbst 
mit weltschmerzlichem Titanismus geflüchtet war, zum 
romantisch aufgefassten Hintergrund subjectivster, satirisch- 
epischer Dichtungen zu nehmen. 

Die deutsche Romantik in ihrer Auflehnung gegen den 
Klassicismus fand in den alten Ueberlieferungen des Orients 
was sie brauchte und suchte. Rousseaus Naturevangelium 
und Herders universelle Lehre von der primitiven Poesie 
leben und wirken verbunden in einer gewissen Metamor- 
phose fort. Aus dem orientalischen Märchen, wie es die 
Franzosen, Wieland, wie es noch Klinger in seinen philo- 
sophischen Romanen als blosses Costüm benutzten, wächst 
nun eine andächtigeVtniQfung in die Wunder des Ostens um 
ihrer selbst, um ihres menschlichen und poetischen Werthes 
willen. Zwar der junge Tieck umkleiaet in seiner senti- 
mentalen Idylle Ahnanstir Rousseauische und Wertherische 
Natursehnsucht noch ziemlich äusserlich mit orientalischen 
Hüllen, und auch in seiner Faustiade Abdallah haben die 
Farben und der magische Apparat, die aus des Olearius 
Beschreibung seiner persischen Reise und aus »Tausend und 
Eine Nacht« entlehnt sind, noch keine tiefe und selbständige 
Bedeutung. Aber schon verkündete Friedrich Schlegel im 
Athenäum (1800; 3,103) : »im Orient müssen wir das höchste 
Romantische suchen«; schon brachte Tiecks »Poäisches 
Journal«, das an der romantischen Neugestaltung der Poesie 
und Kunst mitzuarbeiten sich als Ziel setzte, aus der Feder 
eines Mitstrebenden einen Aufsatz über die altindischen 
mythologischen Dichtungen, die »Morgenträume unsres 
Geschlechts«, und die Schlegelsche buropa die Ueber- 
setzung eines Bruchstücks aus Firdusis Heldenbuch. Novalis 
träumte in seinen den Katholicismus symbolisirenden und 
mit mystischer Poesie umspinnenden iJywwe» an die Nacht, 
dass des Morgenlands ahndende blüthenreiche Weisheit zu- 
erst der neuen, der christlichen Zeit Beginn erkannt, zuerst 
dem Königskind in der Krippe mit Glanz und Duft ge- 
huldigt habe. Der Deutschiana und Dänemark gemeinsame 
Oehlenschläger schuf aus einer der schönsten Scenen vCMi 
Tausend und Eine Nacht sein dramatisches Märchen Aladdin, 
eine halb ironische Allegorie eigener Lebensverhältnisse. 
Und schon lehrte der dichtende Philosoph Schelling, dass 
die Philosophie, so wie sie in der Kindheit der Wissen- 
schaft von der Poesie geboren sei, nach ihrer Vollendung 
durch das MittelgHed emer neuen Mythologie wieder in den 
allgemeinen Ocean der Poesie zurückfliessen müsse, dass das 



Goethes West-östucher Divan. n* 

Christenthum im letzten Grund aus dem orientalisclien 
Geist stamme, der die indische Religion geschaffen und den. 
ganzen Orient durchdrungen habe. Der Orient ward eine 
Art Zauberwort. Er erschien als der alte Ursitz des nun 

JTOclamirten magischen Idealismus. Hier glaubten dessen 
ünger die echte LcbensfüUe, die wahre und ganze Menschen^ 
natur, die lautere Religion zu finden. 

Nun ward von dem Drange der Epoche nach den 
Urquellen europäischer Sprache, Religion und Sitte auch 
die eigentliche Wissenschaft erfasst und förderte ihn ihrer- 
seits. Das philosophisch-ästhetische Problem verwandelte 
sich ihr in ein historisch-poetisches: an Stelle eines aller- 
orten zu findenden allgemeinenNaturzustandes der Mensch- 
heit bemühte sie sich, einen bestimmten geschichtlich d. h, 
national und zeitlich begrenzten Grundzustand zu entdecken, 
aus dem die spätere Vielheit, Mannigfaltigkeit und Ver- 
feinerung der Cultur hervorgegangen sei. Die Gelehrten 
Englands, Frankreichs und Deutschlands verwandelten sich 
in jene »Lehrlinge zu Sais«, von denen des Novalis lyrischer 
Roman geschwärmt hatte: in Reisende, die den Spuren des 
einstigen Urvolks und den Resten der Ursprachen nachgehen. 
Seit den achtziger Jahren des i8. Jahrnunderts hatte das 
Bekanntwerden der Sanskritsprache die Einsicht geweckt, 
dass die grossen Kulturvölker Europas mit den Persern 
und Indern von einer Mutter abstammen. Ihre gemeinsame 
Urheimat glaubte man im Osten, in Hochasien suchen zu 
müssen. Das Arabische und Hebräische war freilich, wie 
die wissenschaftliche Forschung immer deutlicher zeigte, 
von diesem Familienzusammennang auszuschliesscn. Aber 
es dauerte lange, bis diese neue Erkenntniss sich zur Klar- 
heit und Sicherheit und zu allgemeiner Anerkennung durch- 
rang. Noch 1806 verglich einer der gelehrtesten damaligen 
Linguisten, /öÄfl»« Christoph Adelung, in seinem Mithridates 
indische und semitische Worte als urverwandt, von dem 
genealogischen Zusammenhang der beiden Sprachen über- 
zeugt. Erst Friedrich Schlegels Abhandlung »Ueber die 
Sprache und Weisheit der Indier« zerstörte zwei Jahre 
nachher mit Entschiedenheit den Jahrhunderte alten Irrthum, 
das Hebräische für die ältere Schwester oder die Mutter 
der europäischen Idiome zu halten, und erst Frän^ Bopps 
»Coniugationssystem«, das während der Entstehung des 
Goetnischen Divan erschien, legte den sichern Grund, auf 
dem die vergleichende wissenschaftliche Erforschung der 
arischen oder indogermanischen Sprachen in strenger Ab- 
grenzung ihres Reviers gegen die — nicht verwandten — 
semitischen Sprachen sich entwickelt hat. 

Es schien, als ob im Kreise der jüngeren deutschen 



12 Festvortrag von Konrad Burdach. 

Romantik jener Wunsch Schellings und Friedrich Schlegels, 
aus dem Orient die neue Mythologie zu holen, in anderer 
Weise verwirklicht werden sollte. Die Heidelberger Trias 
Daub, CreuT^tr, Gbrres, beflügelt von den jugendfröhlichen, 
geistesverwandten Genossen Arnim und Brentano vertiefte 
sich mit schöpferischer Phantasie, aber von einer kritischen 
Sonderung der einzelnen Nationen und Epochen weit ent- 
fernt, in die Religion des Morgenlandes. Die »Studien«, 
die »Symbolik und Mythologie der alten Völker«, die 
»Mythengeschichte der asiatischen Welt« streuten unsterb- 
liche Keime: wne Friedrich Schlegel der vergleichenden 
Sprachwissenschaft die Richtung wies, so haben sie für 
die vergleichende Religionswissenschaft zuerst Stimmung 
gemacht. 

Sie wollten den Kern der alten Religionen, die reine 
monotheistische Urreligion unter den Symbolen des Kultus 
und den Erzählungen des Mythos entdecken und fanden 
sie im Osten, in den uralten Traditionen Asiens, in den 
Gegenden, da das Paradies, die Heimat des Menschen- 
geschlechts gelegen haben soll, von denen die Sonne kommt. 
Die grossen Religionsstifter sind ihnen Pronheten der 
Völker, nach dem Plane Gottes berufen, die Menschheit 
stufenweise zu erheben und zu läutern. 

Als Goethe den persischen Dichter zum Führer erkor, 
tauchte auch er in das weite Gewässer dieser europäischen 
Strömung. Und wenn er nun mit der romantischen in- 
und ausländischen Jugend Europas nach Osten strebte, 
nach dem Zeitalter und dem Schauplatz der Jugend des 
Menschengeschlechts, so folgte er Impulsen, die in seiner 
Frühzeit inn selbst schon getroffen hatten, die durch ihn 
selbst verstärkt und auf die allgemeine Weltbildung 
unverlierbar hinübergeleitet waren. 

Aus Hamann-Herderischem, aus Goethischem Jugend- 

feist ist dieser romantische Kultus des Orients geboren. 
Vedev Chateaubriand noch Lord Byron noch Schelling 
noch die deutschen Romantiker wären denkbar, ohne dass 
sie der Athem Goethischer Geniedichtung angeweht hätte. 
Es war eine selbstentfesselte Welle, die nach Jahrzehnten 
mit gesteigerter Kraft zurückkehrend, den alten Dichter 
fortriss. Luft aus der eigenen weit zurückliegenden Jugend- 
zeit, geschöpft von der damaligen Jugend, machte ihn an 
seiner eigenen Vergangenheit wieder jung, führte ihn zurück 
zu den Tendenzen einer längst üoerwundenen Epoche, 
bereitete seine poetische Wiedergeburt. 

Am Weihnachtsabend des Jahres 1814 setzte Goethe 
dem ältesten Kern seines orientalischen Liedercyclus, dem 
im Wesentlichen chronologisch geordneten »Deutschen 



Goethes West-östlicher Di van. 13*" 

Divan«, dem die Eintheilung in Bücher noch fehlte, den 
Prolog »Hegire« d. h. Hedscnra vor: er redet deutlich von 
Sinn und Absicht des Ganzen. Im Zeitalter der Revolution^ 
da Throne und Reiche stürzen und die abendländische 
Welt in Stücke fällt, soll die Flucht zum reinen Osten, 
soll Paradiesesluft und JugendqueU* Heilung und Erneuerung 
bringen: ursprüngliche Tiefe des Menschengeschlechts, 

f ottempfangene Himmelslehre in irdischer Sprache, Weite 
es Glaubens, Enge des Gedankens, lebendiges gesprochnes 
Wort, einfaches Hirten- und Karawanendasein — das sind 
die Mächte, die Genesung und Verjüngung bringen, die 
den Dichter an sich locken. Ist's aicnt, als gehorchte 
Goethe, indem er so spricht, wieder dem Lehrer seiner 
Sturmzeit, dem Magus aus Norden, Hamann? Dieser hatte 
1762 in seiner kabbalistischen Aesthetica in nuce gerufen: 
»Wodurch sollen wir die ausgestorbene Sprache der Natur 
von den Todten wieder auferwecken? Durch Wall- 
fahrten nach dem glücklichen Arabien, durch Kreuzzüge 
nach den Morgenländern, und durch die Wiederherstellung 
ihrer Magie« (Schriften 2, 2^3). 

Von einer T^weiten Heeire Goethes gibt sein Divan 
Kunde. Die erste hatte ihn leiblich nach Italien und geistig 
in das Reich der antiken Kunst und Dichtung geführt. 
Diese :(weite Hegire brachte ihn körperlich in die Heimat, 
an den Rhein, und geistig in den Orient. 

Die poetische Einheit des Divancyclus beruht auf der 
Vorstellung einer Reise zum Orient und durch den Orient. 
Wiederholt hat Goethe selbst zur Erklärung das hervor- 

fjehoben. Der Dichter gibt sich die Rolle eines die öst- 
ichen Länder ihrer ganzen Ausdehnung nach durchziehenden 
Handelsherrn. Nur hierdurch ist der bunte Wechsel des 
Schauplatzes, die Fülle der verschiedenen geographischen 
Namen von Venedig bis Indostan, die Mischung der Kultur- 
begriffe motivirt, die im Divan erscheinen. Goethe stellt 
sicn im geistigen Sinn auf den Standpunkt der älteren grossen 
abendländischen Entdecker und Reisenden, die seit dem 
13. Jahrhundert den geheimnissvollen Osten Europa er- 
schlossen. Er betrachtet sich als einen Nachfolger gleichsam 
der Marco Polo, Della Valle, Olearius. Chardin. Allerdings 
hat er diese poetische Einkleidung nicnt ganz streng durch- 
geführt und fällt öfter aus seiner Rolle, wie er clenn seit 
seiner Rückkehr aus Italien es leider mit der Wahrung 
der poetischen Illusion immer leichter nahm. 

Die dichterische Darstellung dieser figürlichen Orient- 
reise vollzog sich nun aber auf zwei wirklichen Reisen im 

' Dafür später: Patriarchenluft -- Chisers Quell. 



14* Festvortrag von Konrad Burdach. 

Sommer und Herbst der Jahre 1814 und 1815. Ihr nächster 
Zweck hatte der bildenden Kunst ^egoken. Die Reste alt- 
deutscher, nationaler Malerei und Baukunst, die sich in dem. 
alten Kulturland des Rhein- und Maingebiets erhalten hatten 
und die eben damals ein erwachender pietätvoller Sinn 
anfing zu schützen, zu restauriren, zu sammeln, wollte 
Goethe mit eignen Augen sehen. 

In dem Kreise der beiden Kölner Kaufmannssöhne 
5tt//>/;( und Melchior Boisserie und ihres Freundes Bertram 
hatte sich seit Kurzem ein neues Kraftceutrum der deutschen 
Kunststudien entfaltet, ganz verschieden von dem älteren 
in Weimar, dessen Seele Goethe war, ja ihm geradezu 
entgegengesetzt durch die Abkehr vom Klassicismus, durch 
die Hinneigung zur Romantik, zum Mittelalter, zur ger-. 
manischen Kunst, zum Historischen. Zwischen dem rheini- 
schen und dem Weimarischen Kunstkreis hatte es noth- 
gedrungen zu einer Auseinandersetzung kommen müssen, 
ler zänen, unermüdlich werbenden Begeisterung Sulpiz 
Boisserees war eine freundschaftliche Annäherung an den 
kühl und misstrauisch abwehrenden Olympier geglückt. 
Sein anfänglicher heftiger Widerstand gegen diesen Send- 
boten der neudeutsch-religios-patriotischen Malerei schmolz 
vor dessen idealem, künstlerischem Wollen, vor der lauteren 
Persönlichkeit, der es immer nur um die Sache zu thun 
war. Was seit den Strassburger und Frankfurter Tagen 
allmählich eingeschlummert war, wachte in Goethes Seele 
wieder auf: der junge Student und Doctor hatte für Erwins 
von Steinbach Werk geschwärmt und die ursprünglichen 
Risse des Strassburger Münsters nachgezeichnet; jetzt er- 
wärmt sich der alte Geheimerath Excellenz für Boisserees 
Plan der Vollendung des Kölner Doms und knüpft die 
abgerissenen Fäden der Sturm- und Drangzeit wieder an. 
Nach dem Pariser Frieden schien Goethe die Zeit reif, 
die Sammlungen des Freundes in Heidelberg sowie die 
anderer Liebhaber in den Rheinlanden selbst zu prüfen. 
Er stand am Abschluss einer Lebensepoche und fühlte das. 
Er hatte den Druck des dritten Bands seiner Selbstbiographie 
vollendet. Er hatte im Erwachen des Epimenides Deutsch- 
lands Befreiung und seine eigene innere Metamorphose 
dargestellt. Neues Lebensgefühl drang überfluthend auf 
ihn ein. 

Aus deii Gedankenkreisen des exclusiven Klassicismus 
zogen ihn diese Rheinfahrten hinaus. Er nahm nun Theil 
an den weitausschauenden nationalen Bestrebungen, die 
Alterthümer des Rheingebiets zu beschreiben, zu erhalten, 
zu vereinigen, zu erläutern. Die Rückkehr zu den Stätten 
der Kindheit und Jugend, die er nach siebzehn Jahren 



♦ 



Goethes West-östlicher Divan. 15 

wiedersah, zu alten Freunden und Genossen stellte ihn 
wieder hinein in die längst verlassene helle fröhliche Welt, 
in der er herangewachsen, in der er zum Dichter geworden 
war. Und über dem Zug nach der geliebten fränkischen 
Heimat, über der Wanderung durch ihre nationalen Alter- 
thümer, über allen seinen Wegen am Rhein, Main und 
Neckar während der beiden glücklichen Jahre leuchtete 
das verklärende Licht der Jugenderinnerungen und die 
Sonne der Poesie des neugefundenen Freundes, Haus. 

Friedrich Schlegel hatte am 13. September 1802 aus 
Paris geschrieben: »Ich überzeuge mich immer mehr, dass 
der Norden und der Orient die guten Elemente der Erde 
sind«. Aus einer verwandten Stimmung ist der Divan ge- 
boren. Eines seiner ältesten Gedichte, das erste des zweiten 
Buchs, gibt in einem Dialog zwischen dem abendländischen 
Dichter und seinem persischen Vorbild die Erklärung des 
Beinamens Haßs, unter dem Mohamed Schemseddin all- 
gemein bekannt ist. Er bedeutet »Korankenner«. Darauf 
gründet der Schluss des Gedichts die Gewissheit der Eben- 
bürtigkeit: »Und so gleich ich dir vollkommen Der ich 
unsrer heiigen Bücher Herrlich Bild an mich genommen 
Wie auf jenes Tuch der Tücher Sich des Herren Bildniss 
drückte«. Von dem Schweisstuch der heiligen Veronica mit 
dem Christusbild, seinen bildlichen Darstellungen und seinen 
Legenden ist zwischen Boisser^e und Goethe im Brief- 
wechsel der Jahre 1814 bis 1816 öfter die Rede; Boisserie 
schickte nach Weimar eine Durchzeichnung des in seinem 
Besitz befindlichen prachtvollen Bildes Meister Wilhelms 
von Köln (jetzt in der Münchener Alten Pinakothek), nach 
der dann em Abdruck für das erste Heft von Goethes Zeit- 
schrift »Ueber Kunst und Alterthum in den Rhein und 
Mayn Gegenden« hergestellt wurde. Gewiss hat Boisserie 
schon bei seinem ersten Besuch in Weimar 181 1 Goethe 
eine Copie dieses Kleinods vorgelegt, oder doch wenigstens 
davon gesprochen. Jedenfalls bringt das Divangedicht den 
mannigfaltigen Hintergrund, auf dem diese neue orienta- 
lische Lyrik sich entfaltete, wahrhaft symbolisch zum Aus- 
druck: Theilnahme für die christlich-germanische Kunst^ 
religiöses Gefühl und liebevolle Versenkung in den fernen 
Osten sind hier vereinigt; es scheint wirklich aus dem 
Norden und dem Orient alles Heil zu kommen. Aber durch 
alles dies klingt das individuelle Seelenleben des Dichters 
und die literarische Anregung des persischen Musters ver- 
nehmlich durch : christlich - germanische und mystisch- 
orientalisirende Stimmung des Zeitalters schlingen sich 
wundersam in einander. 



l6* Festvortrag von Konrad Burdach. 

Bekanntlich hat Goethe, als ihm in späteren Jahren 
des junsen Näke unreifes und leichtgläubiges Buch über 
«ine refiquienlüsterne Wallfahrt nach Sesenheim zuging, 
den entoptischen Kunstausdruck Wiederholte Spiegelungen 
zur Bezeichnung gewisser psychologisch-literarischer Pnä- 
nomene verwendet. Der Strassburger Student, die Seele 
voll von dem Zauber des idyllischen Pfarrhauses im Vicar 
of Wakefield Oliver Goldsmiths und schwelgend in dem 
Kultus der Natur, erlebte in Sesenheim ein poetisches 
Wahnleben: er sah die reizende Wirklichkeit in dem 
Lichte, das sein Inneres ausstrahlte. Im Zusammensein mit 
der Familie Brion, in der Nähe der geliebten Friederike 
fühlte er sich und die Umgebung, als ob er in einen Spiegel 
-schaute. Und wenige lahre, bevor der Divan keimte, hatte 
äer Sechziger das »liebevoll früh gewonnene, lang erhaltene 
Bild« in seiner Selbstbiographie mit '»lebhafter Erinnerung 
nach aussen ausgesprochen und abermals abgespiegelt«. 

Die Wetzlarer Liebestragödie hat Goethe in Rousseau- 
ischer und Ossianischer Beleuchtung aufgefasst, seine Em- 
pfindung mit Klopstockschen Tönen gestimmt, und nach- 
dem er das Verhältniss zu Lotte und Kestner in seinem 
herbem Gegenbild, den Beziehungen zur Maxe Brentano 
und ihrem eifersüchtigen Gatten, sich hatte wiederholen 
sehen, schliesslich das Verhängniss des jungen Jerusalem 
als dritten Reflex erblickt. Aus der Mischung und sich 
steigernder Durchdringung dieser literarischen und persön- 
lichen Doppel-, Vor- und Nachbilder entsprang der IVerther, 
Goethe reflectirte seine eigene Liebesschuld gegen die 
Pfarrerstochter von Sesenheim in Beaumarchais' sprühendes 
viertes Memoire gegen den spanischen Literaten Clavijo, 
den ehescheuen Verlobten seiner Schwester Marie, durch 
das der reale Thatbestand mit poetischer Erfindung bereits 
in theatralisches Licht gerückt war, und in ein altes 
deutsches Volkslied vom tragischen Ende verrathener Liebe 
und improvisirte so den Clavigo, Er spiegelte seine Liebes- 
wirren, die ihn von Friederike zu Lotte, von Lotte zu Lili 
geführt und zwischendurch mit andern leichteren Ketten 
umstrickt hatten, wiederholt in den verwandten Herzens- 
irrgängen Fritz Jacobis, in dem tragischen Doppelbunde 
Swifts, in der naiv-leidenschaftlichen Sage von cier zwie- 
fachen Ehe des Grafen von Gleichen und es entstand das 
Schauspiel für Liebende: Stella, 

In wie vielen und verschiedenen Spiegeln hat er sein 
glücklich-unglückliches Zusammenleben mit Frau von Stein 
dichtend autgefangen und durch entoptische Fortwirkung 
den Eindruck vertieft! Im Herzen noch den Abglanz von 
Lilis Gestalt, liest er Boccaccios rührende Novelle von dem 



Goethes West-östlicher Divan. 17* 

armen Ritter, der, um die Angebetete standesgemäss zu 
bewirthen, sein letztes und theuerstes Gut, den geliebten 
Falken opfert, und gewahrt in dem Bilde dieses Paars den 
Wiederscnein seiner demüthigen Verehrung der strahlenden 
Frau, in der stolzen Giovanna neben Lili die neue Göttin 
seines Herzens: diese Spiegelungen sollte das Drama der 
Falke gestalten. Dann wieder sieht er in ihr die Schwester, 
die sich in die Geliebte verwandelt, und schreibt die Ge- 
schwister, Er fühlt, wie sie seinem heissen Blut Mässigung 
tropft, seine Verwirrung löst, die zerstörte Brust aufricntet, 
und erschaut sie als Iphigenie, als die hohe Artemispriesterin, 
die den fluchbeladnen Bruder Orestes aus den schlingen 
der Erinnyen befreit. In Momenten der Hypochondrie er- 
bhckt er das Tragische dieses Verhältnisses : die Unbesieg- 
barkeit der trennenden Schranken, die zerreibende Auf- 
regung ungestillter Sehnsucht, und im Spiegel treten ihm 
der unglückliche Torquato und die Prinzessin Leonore von 
Este, in einem andern die Leiden des armen Lenz entgegen : 
er wirft diese »wunderlichen Figuren mit ihren Eigenheiten 
zusammen« und es entstand ihm das Bild des Tusso, Die 
Freundin, Schwester, Geliebte, wird ihm Madonna, zu der 
er betend aufschaut, wie zur Quelle des Lichts und der 
Reinheit; sie scheint ihm Dichten und Leben zu heiligen 
und zu weihen; er betrachtet sie wie ein antiker oder ein 
Dichter der Renaissance seine Muse : da concentrirt die 
Vision der Zueignung die Erscheinung der Wahrheit mit 
dem Schleier der Dichtung (eine poetische Eingebung 
Petrarcas) und das innerste Mysterium des eigenen Herzens, 
das unaussprechlichste Erlebniss seines Daseins. 

Er findet Christiane und erkennt in ihr das Nachbild 
Römischer Träume und Erfahrungen sowie antiker Erotik: 
aus der sich steigernden Gegeneinanderwirkung von Er- 
innerung, von Eindi'ücken der Lyrik des Properz und Ovid, 
von phantasievoll genossener Gegenwart entzündet sich ein 
höheres poetisches Leben: die römischen Elegien, 

Ein merkwürdiges Product solcher wiederholter Spiege- 
lung ist auch der Divan, Die wirkliche Reise in das Land 
der eigenen Jugend und die poetische Reise ins Land der 
Jugend der Menschheit, die Fahrt zu den rheinischen Alter- 
thümern, zu den Jugendfreunden, die Wiederaufnahme alter 
Jugendneigungen, das Aufathmen und Wiederfrischwerden, 
das Eintauchen in eine primitive ideelle Welt — eins durch- 
dringt das andere. Osten und Westen, literarisches Vorbild 
und persönliches Erlebniss, Gedanke und Leidenschaft, Ver- 
gangenheit und Gegenwart, Erinnerung und neueste Ein- 
drücke spiegeln sich in einander und erzeugen eine erhöhte, 
verklärte Existenz. 



i8* Festvortrag von Konrad Bvroach. 

Das ist der eine Sinn des bedeutsamen Beiwortes tuest- 
bstlich. Dieser Divan ist weder rein morgenländisch noch 
rein abendländisch: er soll an beidem Theil haben und 
zwischen, über beiden Welten schweben. Er soll wirken wie 
ein entoptisches Bild und es ist kein Zufall, dass gerade während 
seiner Entstehung, wie das Tagebuch ausweist, Goethe so 
eifrig mit physikalischen, chromatischen und entoptischen 
Untersuchungen und Experimenten sich beschäftigt hat 
(s. 6, 9. 13. December 1814, 4. 26. Februar, i. März 1815). 

Die persönlichen Bestandtheile ziehen zunächst und vor 
allem die Aufmerksamkeit an sich. Zur grösseren Hälfte 
ist das Werk auf der Reise gedichtet, manches wirklich 
während der Fahrt selbst, anderes während des vorüber- 
gehenden Aufenthaltes in Wiesbaden, in Frankfurt und der 
Gerbermühle, in Heidelberg. Die sechs fröhlich-frischen 
Reisetage, die Goethe im Juli 1814 und dann wieder im 
Mai 1815 von Weimar nach Wiesbaden brachten, begleitet 
der Divan wie ein poetisches Tagebuch. 

Am 2^. Juli 18 14 bricht Goethe früh von Weimar auf 
und gewanrt in den Dünsten des Morgens einen Nebel- 
Regenbogen. Das Phänomen nimmt er mit bescheidener 
Deutung als Symbol der Zukunft, der er entgegenfährt. 
Wie Ott hatte er den Regenbogen im Einklang mit den 
bekannten, auch von Herder schön und tief erörterten 
Worten des ersten Buch Mose (9, 12) als Sinnbild der Poesie 
aufgefasst. Nun erinnert ihn die olasse Nebelspiegelung, 
der die farbigen Lichter fehlen, an sein Alter. Aber immer- 
hin : »Zwar ist der Bogen weiss. Doch Himmelsbogen .... 
Sind gleich die Haare weiss, Doch wirst du lieben«. 

Der Fahrende nähert sich Erfurt und erblickt in der 
undeutlichen Morgennebelung eine bunte leuchtende Masse, 
die den Himmel mit der Anhöhe zu verbinden scheint. Die 
Sonne bricht durch und er erkennt das Wesen der räthselhaften 
Erscheinung : »Ja es sind die bunten Mohne, Die um Erfurt 
sich erstrecKen«. Und sie, die hell beschienenen, gelten ihm 
wiederum als gute Vorbedeutung weiterer sonniger Wege. 
Erst nachträglich hat er dieses aus dem Augenblick und 
der Reisesituation geborene Gedicht zum Spiegel orienta- 
lischen Schauplatzes gemacht. Nun fällt Eriurts Name, 
es heisst: »Ja es sind die bunten Mohne, die sich nachbar- 
lich erstrecken«, und es werden zwei Strophen, die sich 
durch abweichende Reimanwendung auch äusserlich als 
späteren Nachtrag verrathen, eingeschaltet, die jene bunten 
Mohnfelder für Zelte des Vesires^ für persische Teppiche 
ansehen und verwundert das Hansische Schiras auf nordi- 
schen Gauen wiederfinden. 



Goethes West-östlicher Divan. 19* 

Der Dichter erreicht nun Erfurt und fährt durch die 
Stadt. Da drängen wehmüthige Erinnerungen auf ihn ein: 
aus den Buden des Marktes grüssen ihn, den Alten, alte 
Frauen — eine Bäckerstochter die eine, eine Schusterin 
die andere — , die ihn von früher kennen: frohe Jugiendzeit, 
die sie einander sich versüsset haben, steigt vor ihm auf. 
Diesem thüringischen Momentbild ist wieder eine orientali- 
sirende Strophe angehängt, die durch abweichende Reime 
und äusserliche Fortführung des Gedankens herausfällt : sie 
predigt Wetteifer mit Hafis, Freude an der Gegenwart und 
Mitgeniessen des Vergangenen. Das Gedicht hat Goethe 
schliesslich doch nicht in den Divan aufgenommen, da es 
ihm nicht glückte, das Erfurter Localcolorit der ersten 
Strophen morgenländisch umzufärben. Erst nach seinem 
Tode ist es aus dem Nachlass veröffentlicht worden. 

Am Morgen des folgenden Tags setzte er die Reise 
von Eisenach tort. Wieder sah er sich an einer erinnerungs- 
reichen Stätte. Wie oft hatte er einst in den Jahren der 
gährenden Kraft hiermit dem fürstlichen Freunde gestürmt 
und genossen! In der ersten Frühe des Tags erblickt er 
jetzt über dem benachbarten Garten, wo die blühenden 
Rosen und Lilien im Morgenthau glänzen, den felsigen 
Berg und den hohen Wald und ihn krönend die Wartburg. 
Nun ists ihm als schaute er »im Gegenwärtigen Ver- 
gangenes« : »Da duftets wie vor Alters, Da wir noch von 
Liebe litten. Und die Saiten meines Psalters Mit dem 
Morgenstrahl sich stritten; Wo das Jagdlied aus den 
Büschen Fülle runden Tons enthauchte«. Die ewig spros- 
senden Wälder ermuthigen ihn: »Was ihr sonst rur euch 
genossen Lässt in andern sich geniesseti«. In dieser Gestalt 
ward das Lied cöncipirt und w^ohl auch vorläufig zu Papier 
gebracht unmittelbar vor der Abfahrt von Eisenach, früh 
Morgens. Gleich nach dem Eintreffen in Fulda am Abend 
um 6 Uhr wurde die saubere Reinschrift hergestellt, die selbst 
dieses Datum trägt. Und hier erst ist eine halbe Strophe 
hinzugefügt worden, die von der Morgenstimmung des 
Anfangs weit entfernt abendlich ausklingt, wieder ziemlich 
gewaltsam eine Beziehung auf Hafis nineinträgt und in 
symbolischem Doppelsinn »des Tags Vollendung« d. h. 
den Abend des Reisetags und den Abend des Lebens mit 
diesem Geniesser geniessen will. 

Die Weiterfahrt von Eisenach versetzte den Dichter in 
die rosigste Stimmung. In seinem bequem fortroUendeit 
Wagen fühlte er sich wie in einem artigen kleinen Häuschen 
behaglich, gegen die Sonne geschützt, allein so vergnügt 
wie mit hübschen Mädchen. Denn ihm entgegen schien 
die ganze Natur sich zu drehn: ihm zur Lust regen sich 

Goethi-Jahrbuch XVII. 22 



20 Festvortrag von Konrad Burdach. 

die Wälder, kommen die Felder heran, tanzen die be- 
wachsenen Berge des Thüringer Waldes vorbei. Es fehlt 
nur das Lustgeschrei aufgeregter Zwerge, um den Zauber 
zu vollenden. Goethe hat diese Stimmung der Fahrt in dem 
allerliebsten Liedchen ausgedrückt, das Anfangs »Vision« 
genannt und in die älteste chronologisch geordnete Divan- 
sammlung aufgenommen, später in seinen Gedichten unter 
dem Titel »Der neue Kopernikus« erschienen ist, weil ein 
orientalisches Anhängsel hier nicht geglückt sein mag. 

Wohl konnte Goethe an jenem Tage, wo ihm so 
jugendfrische Verse gelangen, vor sich hersummen: »Dichten 
ist ein Uebermuth« . . , »Wenn des Dichters Mühle geht, 
halte sie nicht ein« (Divan, i. Buch, »Derb und Tüchtig«). 
Er fühlte sein »warmes Blut«, er fühlte sich »froh und frei«. 
Wie ein Jüngling lebensmuthig, hoffnungsvoll, erfüllt mit 
grossen Erwartungen, fuhr er, der 65jährige, bei herrlichstem 
Sommer>^^etter weiter: dem Rhein entgegen, dem grossen 
Strom, der Heimat, dem Lande neuer Erkenntniss. 

Nachdem er hinter Fulda bei Neuhof sich des reifen 
Korns erfreut hat, überwältigt ihn alte Erinnerung und neue 
HoifnungsfüUe. Sein Tagebuch meldet: »Des alten Phasanen- 
traums gedacht«. Den Fasanentraum hatte er im Jahre 
1785 gehabt: im Drange aufsteigender Lebenskraft, dasein 
Wesen dem Zenith seiner Laufbahn zueilte und sein Inneres 

Seschwellt war von unendlichen Ahnungen. Ihm träumte 
amals, er lande mit einem Kahn an einer fruchtbaren Insel, 
um daselbst Fasanen zu erhandeln. Er gewann sie in reicher 
Menge und auch farbige prächtige anaere Vögel. Schock- 
weis gehäuft legte man sie ihn:\ ins Schiff, so dass die 
bunten Federschweife nach aussen hingen und in der Sonne 
erglänzend nachschleppten. So durchschnitt er die ruhige 
Fluth und landete schliesslich in einem grossen Hafen 
zwischen ungeheuer bemasteten Schiffen. In Italien war 
dieser Traum in Erfüllung gegangen: was er auflud, 
konnte er — so schrieb er damals der Geliebten — mit 
dem köstlichen Geflügel vergleichen, und die Entwicklung 
ahnte er auch. Nun, auf seiner zweiten Hegire, war es 
ihm, als sollte der Ertrag jener ersten aufs neue ihm in den 
Schoss fallen. 

Das erste Reiseziel, Wiesbaden, erreichte er am 
schwülen Abend des 29. Juli. Auf der nächtlichen Fahrt 
von Frankfurt dorthin traf ihn ein Gewitter, von dem das 
Tagebuch Bericht gibt. Ein wundervolles Divangedicht 
»Allleben« gestaltet die reinigende Erquickung jener Ge- 
witternacht zu einem herrlichen Symbol wieder aufblühender, 
poetischer Schöpferkraft. Und dies Mal ist wirklich die 
Einheit der west-östlichen Stimmung gewahrt: der Reisende 
wähnt, sich dem Lande des Hafis zu nähern; schon kündigt 



Goethes West-östlicher Di van. 



der aufwirbelnde heisse Staub, der Vorbote des Gewitters, 
es an. Nun schweifen die Gedanken wieder zu jener ersten 
Hegire, nach dem staubreichen Lande Italien, wo einst ihm 
liebe Pforten auf ihren Angeln sich öffneten. Da entladen 
sich die Wetterwolken: »Heile mich Gewitterregen, Lass 
mich dass es grunelt riechen. Wenn jetzt alle Donner 
rollen Und der ganze Himmel leuchtet. Wird der wilde 
Staub des Windes Nach dem Boden hin gefeuchtet. Und 
sogleich entspringt ein Leben, Schwillt ein heilig heimlich 
Wirken Und es grunelt und es grünet In den irdischen 
Bezirken«. Aus diesen Versen dringt der erfrischende Duft 
desErdreichs, das nach langem Lechzen unter dem tränkenden 
Regen wieder aufathmet. Und dieses verlangende Gefühl, 
diesen Durst nach neuer Befruchtung, diesen Drang nach 
neuem Leben, der unaufhörlich fortreisst und emporträgt 
zum Licht und schliesslich uns aufzehrt wie die Kerze den 
Schmetterling, spricht wenige Tage darauf das tiefsinnigste 
Gedicht des Divan (»Selige Sehnsucht«) in mystischen 
Worten aus : »Sagt es Niemand, nur den Weisen, Weil die 
Menge gleich verhöhnet, Das Lebendige will ich preisen, 
Das nach Flammenschein sich sehnet«. 

Goethes iweite Rheinreise , im Mai 1815, gab dem 
Divan, der inzwischen durch weitgreifende Leetüre orien- 
talischer Quellen gespeist und auf hundert grössere Ge- 
dichte und einen Kranz von Gnomen angewachsen war, 
wiederum einen wirkenden Anstoss. 

Nun sollte sich seine west-östliche Phantasiewelt, die 
von Lebensweisheit und goldnen Gedanken beschwert war, 
durch neue menschliche Gestalten, die darin auftreten, zu 
einem bewegten Drama erweitem. Schon im Herbst des 
vergangenen Jahres hatte er in Wiesbaden die Figur des 
jugendlichen, geliebten Schenkeity der im Divan des Hafis 
eine Rolle spielt, seinem Vorbild nachgebildet, indem ihm 
ein schöner blonder junger Kellner auf dem Geisberg bei 
Wiesbaden und »der kleine Paulus« (der Sohn des Pro- 
fessors Paulus) in Heidelberg dazu das Modell gegeben 
hatten. Aber er brauchte vor allem dasjenige Element, in 
dem seine lyrische Dichtung von jeher am frischesten 

fedieh und blühte: er brauchte denAthem der Liebe einer 
rau. Eine weibliche Gestalt musste in den Divancyclus 
eingeführt werden, und wenn man beobachtet, wie bewusst 

feradezu ihr Auftreten vorbereitet wird, gedenkt man des 
ekannten Wortes aus dem Faustvorspiel vom Kommandiren 
der Poesie. 

Schon unter den 50 Gedichten des chronologisch ge- 
ordneten Deutschen Divan von 1814 waren einige erotische 
gewesen, die später bei der Eintheilung des Ganzen in 

22* 



Festvortrag von Konrad Burdach. 



Bücher dem »Buch der Liebe« zugefallen sind. Sie hielten 
sich im Allgemeinen, in Reflexionen, zehrten von Erinne- 
rungen, die an des Hafis Gedichten sich spiegeln. Im Januar 
1815 entnahm Goethe dann aus Herbelot? Biblioth^ue 
Orientale eine Reihe berühmter mor^enländischer Liebes- 

Eaare, um sie als »Musterbilder« .poetisch zu feiern (S. 49).* 
darunter erscheinen Jussuph und Suleika mit der Formel 
»Unbekannte sind sich nah«. Am 7. Februar 181 5 preist 
eine Strophe (S. 196) die liebliche Welt der Dichter und 
schliesst : »Heut ist mir alles herrlich .... Ich sehe heut 
durchs Augenglas der Liebe«. Das Augenglas hatte da- 
mals aber nur die Leetüre orientalischer Liebesromane und 
vielleicht die Erinnerung geschliffen. Am 24. Mai 1815 
unterwegs, in Eisenach, führt er nun eine bestimmte weib- 
liche Heldin ein. Er »benamst sein Liebchen«: sie soll 
Suleika heissen (S. 144). Für sich selbst wählt er statt 
Jussuph den Namen natem. War diese Suleika, die hier 
zuerst genannt wird, noch völlig imaginär, lebte sie allein 
noch in der Phantasie? Wir wissen es nicht genau. Aber 
bald nachher gewann er die Neigung einer Frau, die er 
unter diesem Namen und Bilde zu sehen sich gewöhnte, 
und diese Frau hatte er bereits im August, September und 
October des vorhergehenden Jahres, also vor jener Taufe 
des erharrten Liebchens an dem schönen Eisenacher Maitag 
des Jahres 1815, allerdings nur in kurzen Begegnungen 
kennen gelernt und wie es scheint bezaubert. 

Es war die Oesterreicherin Marianne Jung, seit dem 
Herbst 18 14 die dritte Gemahlin von Goethes und Boisseries 
altem Bekannten und Freunde, dem Frankfurter Bankier 
und Popularphilosophen Willemer, einem edlen und durch- 
aus ungewöhnlichen Manne. Sie war damals dreissig Jahre 
alt: auf der Höhe w^eiblicher Reize. Als junges Mädchen 
von ihrer Mutter zur Bühne gebracht, Mitglied einer in 
Frankfurt spielenden Ballettruppe, erregte sie durch ihre 
unschuldsvolle Jugend und Anmuth und ihre Anlagen die 
Aufmerksamkeit Willemers. Nach seiner rasch entschlossenen 
Weise entfernte er sie aus der Theaterlaufbahn, nahm sie 
in sein Haus, Hess sie mit seinen Töchtern zusammen aus- 
bilden und machte sie endlich zu seiner dritten Gattin. 

Diese Frau von hohem musikalischem Talent, eine 
vielbewunderte Sängerin, eine verständnissvolle Kennerin 
Beethovens, ausgestattet mit dem feinsten Gefühl für die 
Stimmung und die Farbe der Landschaft, seit früher Jugend 
voll literarischer Interessen, eine begeisterte Verehrerin 
Goethischer Poesie, eine liebenswürdige Gelegenheits- 

' Citate nach dem 6. Band der Weimarischen Ausgabe. 



« 



Goethes West-östlicher Divan. 23 

dichterin und was mehr als alles dies bedeutet : eine ^rund- 
gütige, lebensheitere, naive Vollnatur, ein Wesen, in dem 
ursprüngliche Weibheit und künstlerische Befähigung sich 
bezaubernd vereinten, geliebt und gefeiert von Dichtern, 
Gelehrten und Künstlern, von allen Freunden und Mit- 
gliedern der Familie, von jedem, den der Hauch ihres 
fröhlichen Liebreizes streifte, — sie ward Goethes Partnerin 
in dem neuen Dichtungs- und Liebesfrühling, der ihm nun 
anbrach, sie ward die Muse dieser west-östlichen Welt, 
sie brachte und weckte die noch fehlende Leidenschaft, 
den lebendigen Pulsschlag echter Poesie des Herzens. 

Das heitere mehrwöcnentliche Zusammenleben auf dem 
Landsitz des Willemerschen Paares, der Gerbermühle bei 
Frankfurt, seit dem 12. August 1815, das dreitägige Wieder- 
finden i:i Heidelberg, woliin Marianne mit ihrem Manne 
am 25. September Goethe nachgereist war, endlich der 
Abschied und die dauernde Trennung mit ihrem Weh, ihrer 
Sehnsucht, ihrer immer erneuten und immer enttäuschten 
Hoffnung auf Wiedersehn — das sind die realen Unter- 
lagen, die einzelnen Akte des mit poetischem Sinn durch- 
lebten »Duodramas«, welches das »Buch Suleika« orien- 
talisch abspiegelt. 

An den wohlbekannten Schauplätzen seiner Vergangen- 
heit leuchteten Goethe so viele verblichene Bilder einstiger 
Freuden und Leiden wieder auf. Wie oft war er an der 
Gerbermühle, deren Wirthin nun sein Herz gewann, vor- 
übergegangen, wenn er von Frankfurt nach Offenbach 
wanderte, zur heiss geliebten Lili. Nun fand er sich hier 
wieder in dem Augenblick gerade, wo er sich zur Fort- 
setzung seiner Autobiographie und damit zur Darstellung 
jenes verhängnissvollen Lebensabschnittes rüsten musste, 
der ihm Lili gab und entriss. Hier traf er die alten Jugend- 
freunde, Schulkameraden und Universitätsgenossen, die alten 
Famihenfreunde und Verwandten : den Kastenschreiber 
Riese, den alten Forstmeister Kehr, ein steinaltes Männchen 
im grünen Rock und grünseidener Weste mit schwarz- 

f geschnittenem Sammet, gegen den Goethe unendlich freund- 
ich war; den drolligen Meaicinalrath Ehrmann ; »die Tochter 
von Crespel« (Tagebuch 20. September 1814); Schlossers 
und Brentanos und viele andre. Die Wertherzeit Hess ein 
Besuch der beiden Söhne Charlotte Kestners wieder auf- 
erstehn. Die Strassburger Zeit rief ausser Ehrmann Boisser^e 
zurück, wenn er berichtete was ihm der Müller Lauth, 
ein Verwandter der Jungfern Lauth, bei denen Goethe als 
Student seinen Mittagstisch gehabt hatte, über das junge 
Genie zu erzählen gewusst hatte. 

Es war die alte milde rheinische Luft, es war die alte 



24* Festvortrag von Konrad Burdach. 

rheinische Sonne, es war der Hauch von Frische und reg- 
samem Leben, was Goethe nach so vielen Jahren wieder 
einsog. In Frankfurt und auf der Gerbermühle stand nun 
wochenlang wieder die alte Scenerie seiner Kindheit vor 
ihm: der breite belebte Mainfluss, die grosse Stadt mit der 
Brücke und dem hohen Dom, im Hmtergrund fern die 
dunkeln Berge des Taunus. Es waren die alten Reben- 
hügel, die er im Rheingau, die er am Neckar wiedersah. 
Es war der ewige deutsche Rhein, in dem er sich nun 
wieder vom Nachen aus spiegelte. Der Eindruck über- 
wältigte ihn und aus den trockenen Tagebuchnotizen dieser 
Monate brachen immer aufs Neue vielsagende Ausrufe 
hervor , Laute überströmender Bewegung : »Herrliche 
Abendbeleuchtung der Dörfer und Villen des linken Ufers« ; 
»Herrliche Nähe des Rheins«; »Bewegter Rhein«; »Herr- 
liche Aussicht«; »Reiner Sonnenaufgang«; »Rückfahrt beym 
schönsten Abend«; »Im Kahn bey wogigem Strome nach 
Bingen«; »Herrliche niemals genug zu schauende Aus- 
sicht«. Von der alt vertrauten Scnlossterrasse in Heidelberg 
schweiften seine Augen über Wald und Berg, Stadt und 
Land wie einstens. Hier hatte er gestanden vor so viel 
Jahren, da er von Lili ^ich losriss, schwankend über den 
Weg zur Flucht. Und hier galt es nun wieder Abschied 
zu nehmen und die früh geübte I^unst der Entsagung als 
Alter zu erneuern, da die Dichterin des Liedes an den Ost- 
wind still zu seinen Füssen sass. Wie musste in dieser 
ganzen Zeit die Vergangenheit aus der Gegenwart heraus- 
steigen. 

Es war alles, alles so wohlbekannt, gleichsam nur eine 
Wiederholung, ein Nachbild früherer Sinneswahrnehmungen. 
Aber es war für ihn, den Altgewordenen, der inzwiscnen 
lange Jahre in herberer, nordischer Luft ein ernsteres Leben 
gerührt hatte, doch auch so ganz anders als einst, so 
völlig verwandelt. Das konnte nicht die vertraute rheinische 
Welt sein, deren Daseinsfülle und Daseinslust seine Seele 
warm und stürmisch überdrang. Es war wohl ein fernes 
Traumland, es konnte nur die heisse Luft des Orients sein, 
die ihn anwehte. So berauschend dufteten keine deutschen 
Rosen, so liebeschluchzend sangen nicht deutsche Nachti- 
gallen. ' Es waren die Rosen von Schiras, deren Athem 
er einsog, es war Bulbul, dessen Stimme sein altes Herz 
in seinen Tiefen erschütterte und entschlafene Leidenschaft 
aufweckte. Nun bewährte sich die Wahrheit jener Verse 



' Am 7. Juni 181 5 an Christiane: »Die Rosen blühen voll- 
kommen, die Nachtigallen singen wie man nur wünscht und so ist es 
keine Kunst, sich nach Schiras zu versetzen«. 



« 



Goethes West-östlicher Divan. 25 

vom Februar 1815 über die liebliche Welt der Dichter: 
nun erglänzten ihm in Wirklichkeit »auf bunten hellen oder 
silbergrauen Gefilden Tag und Nacht Lichter« (S. iq6), 
herrlicher als er geahnt hatte. Nun verwandelt sich dem 
Dichter der Main in den Euphrat, auf dem Marianne- 
Suleika im Traum ihren goldnen Ring verHert. Nun wird 
der bescheidene Vorplatz an der Cerbermühle und der 
Mühlberg zur prunkenden Terrasse und zum Hain. Nun 
erscheinen die rauschenden Pappeln des Willemerschen 
Gartens, die Bäume im Heidelberger Schlosspark als Cy- 
pressen. Nun mutheten die blauen Farben der Taunus- 
berge, die tiefen Schatten und Lichter des Sonnenunter- 
gangs, die Goethe so oft gemeinsam mit Marianne be- 
obachtete und die diese in einem spätem Brief selbst mit 
der Beleuchtung am Lago maggiore vergleicht, wie die 
Farbenpracht südlicher Himmelsstriche an. 

Alles was an Lebens- und Dichterkraft in Goethe noch 
ruhte, wurde nun aufgerüttelt und emporgehoben. »Aus 
Trümmern von Dasein und Ueberlieferung erstand eine 
zweite Gegenwart« einstiger Jugend, einstiger Leidenschaft, 
einstiger uichterischer Schöpfermacht. Wie in unzähligen 
gegen einander gestellten Spiegeln steigerten sich alte 
wieder auflebende und neue Hindrücke zu einem höheren 
poetischen Leben, das in immer wiederholten Reflexen eine 
unvergleichliche Erscheinung ausstrahlte. Die Wirklichkeit 
verwandelte sich in Dichtung und diese Dichtung warf 
ihren Schein zurück über das tägliche Dasein, die häus- 
liche Existenz. Das in Goethes Divangedichten Abgebildete 
ward zurück übertragen in den geselligen Verkehr, in das 
reale Alltagswesen. 

Als am 28. August 18 15 Goethes Geburtstag in der 
Gerbermühle festlich begangen wurde, befand sich unter 
den Geschenken ein mit Lorbeer umkränzter Turban von 
feinstem Musselin, eine Abbildung Frankfurts mit Pfarr- 
thurm und Brücke von der Mühle aus gesehen, w^ozu 
Marianne einen Spruch aus dem Divan und einen Vers 
auf Hafisens Geburtsstadt Schiras geschrieben hatte, ausser- 
dem ein Blatt mit einem aufgeklebten getrockneten Feld- 
blumenkranz. Turban und Musselin bezog sich auf ein 
schönes Gedicht Goethes vom Februar des Jahres (S. 155): 
»Komm Liebchen, komm! umwinde mir die Mütze! Aus 
deiner Hand nur ist der Tulbend schön«. Der Tulbend, 
so hatte der Dichter gesungen, ist das Symbol der Hoheit, 
das den iranischen Abbas wie den griechischen Alexander 
zierte, das als Krone den deutschen Kaiser schmückt, köst- 
licher als Juwel und Perle: »Der schönste Schmuck ist 
stets der Musselin«. Mariannens Geburtstagsgabe erfüllte 



26* Festvortrag von Konrad Burdach. 

die Bitte des Gedichts: sie wand ihm, wie er verlangt, 
den silberstreifigen Turban um die Stirne, das Diadem 
seiner Dichtergrösse. 

Unter den Divanparalipomena haben wir aber ein 
Fragment, das seinerseits wieder an diese Geburtstagsfeier 
anzuknüpfen scheint, einen Dialog der Liebenden. Suleika 
fragt: »So sag mir doch wie soll ich ihn [den Turban] 
denn winden, Ein jeder Stand trägt ihn nach seiner Art«. 
Und Hatem erwidert: »Ich fühle gern am Kopfe deine 
Hand, Und sieht man dann, dass ich dir angehöre: Das, 
Liebchen, ist mein Stand«. 

Kurz danach, im September, kaufte Marianne auf der 
Frankfurter Messe für den Freund einen türkischen Sonnen- 
ipondorden und wollte ihn nach Haus bringen als Geschenk 
eines türkischen Kaufmanns für den grossen Dichter. 
Durch das Messgedränge sich hindurchwindend, hörte sie 
plötzlich die Stimme Goethes und sah sich ihm und 
Willemer unerwartet gegenüber. Noch nach neun Jahren 
zitterte die Freude über diesen Augenblick in eineni Briefe 
nach: »Das war eine schöne Zeit, gewiss meine glücklichste«. 
Und auch Goethe erinnerte sich daran : »Der Sonnemond 
schmückt noch heute mein Schatzkästchen«. Dieser harm- 
lose Maskenscherz der schalkhaften Frau regle den Dichter 
an zu dem Entwurf einer grösseren dramatischen Con- 
ception, der unausgeführt blieb (Paralipomena 6), worin 
Suleikas Dienerin auftreten, ein Nachklang des Geburtstags- 
morgenständchens poetisch festgehalten werden und auch 
der Orden mit den doppelten, verschlungenen Gestirnen 
eine Rolle spielen sollte. Aber es sprosste daraus auch ein 
wundervolles poetisches Motiv für ein vollendetes Divan- 
gedicht, ein tiefes Symbol seines Verhältnisses zu ihr, das 
aus der Sphäre des Spiels hineinwuchs in die gefährliche 
Region der Leidenschaft. 

Als er in Heidelberg, von der Geliebten getrennt, 
ihrer Ankunft sehnsüchtig harrt, dichtet er an einem 
»herrlichen« Septembermorgen auf dem Schloss ein Lied, 
d^s auf die Frankfurter Tage zurückblickend noch schönere 
Zukunft ausmalt. Suleika, die er als anwesend denkt, ruft: 
»Die Sonne kommt! Ein Prachterscheinen! Der Sichelmond 
umklammert sie!« Und Hatem antwortet: »Auch sei's ein 
Bild von unsrer Wonne! Schon seh ich wieder mich und 
dich, du nennst mich, Liebchen, deine Sonne, Komm, 
süsser Mond, umklammre mich«. 

Ja, sie war der Mond geworden von Goethes neu 
aufgehnder Dichtersonne. Was in ihm lebte an Liebes- 
fähigkeit, Jugend und Daseinslust, es war strahlend hervor- 
gebrochen über der wiedergefundenen rheinischen Welt. 



,* 



Goethes West-östlicher Divan. 27 

Und nun entzündete sich die poetische Begabung Mariannens 
an dem Wiederaufflammen seines Genies und spiegelte es 
in einem zarteren Abglanz wieder. Goethe hatte ihr, als 
er von der Gerbermühle auf eine Woche nach Frankfurt 
übergesiedelt war, von dort offen als seiner Muse ge- 
huldigt (S. 146): »Nicht Gelegenheit macht Diebe, Sie ist 
selbst der gröste Dieb; denn sie stahl den Rest der Liebe, 
die mir noch im Herzen blieb«. Suleika ist dieser Rest 
übergeben; verarmt erwartet er nur von ihr sein Leben. 
Darauf erwiderte Marianne als Suleika mit Versen, die 
sich weit über ihre bisherige Gelegenheitsdichtung erhoben 
und die Vollendung der echten Kunst erreichten. Hier 
fand Goethe, was er weder bei Lili, noch bei Frau von Stein 
gefunden hatte: die Weckerin seines Liedes antwortete dem 
starken Ton seiner Harfe mit der weicheren Melodie ihrer 
gleichgestimmten Leier; die den Dichter aufs Neue be- 
flügelte, sie schwang sich als Interpretin seiner Schöpfungen, 
als wetteifernde Gefährtin an seine Seite. 

In Ernst und im Scherz lebte sie mit seinen Werken. 
Gern liess sie sich die kleine Müllerin nennen und litt es, 
wenn man neckend anspielte auf Goethes Gedicht vom 
Edelknaben und der Müllerin, die den Müllersknecht vor- 
zieht, an dem nichts zu verderben ist. Sie trieb allerlei 
Spässe und schmückte sich mit ihrem Turban und einem 
türkischen Shawl, Geschenken Goethes. Sie bemühte sich, 
in des Dichters optische und meteorologische Studien einzu- 
dringen: noch am letzten Abend, den uoethe auf der Mühle 
verbrachte, belauschte sie am Fenster einen nächtlichen, 
auf dem Balkon angestellten Versuch mit den farbigen 
Schatten. Später, in den langen Jahren der Trennung, 
weiss sie — es ist rührend — immer wieder von seltenen 
Regenbogen, wunderbaren Sonnenuntergängen, auffallenden 
Schattenphänomen zu berichten. Aus diesen farbigen 
Lichtern des Himmels trat ihr wohl immer wieder die 
Gestalt des Entbehrten, die entfernte Welt ihrer Phantasie 
entgegen. Wenn Goethe auf der Gerbermühle ältere und 
neuere Gedichte von sich vorlas, den Todtentanz, Sonette, 
Stücke aus dem Divan, Liebeslieder an Suleika, dann sass 
die junge Frau — sonst so tapfer und beweglich, dass man 
sie den kleinen Blücher nannte — still zu des Meisters 
Füssen, versunken in Hingebung und Mitempfinden, so 
wie sie sich es selbst in ihrem unsterblichen Lied an den 
Ostwind dann wünschte. 

Aber dieses Aufgehn in dem grossen Genius, der an 
sie herantrat wie ein Ueberirdischer und in ihrer Brust das 
göttliche Feuer der Poesie anblies, hatte im letzten Grunde 
etwas Tragisches. 



28* Festvortrag von Konrad Bürdach. 

Nie sang Marianne nachBoisseriesZeugniss ergreifender, 
mit mehr Affect und Rührung als wenn sie Goethes Gedicht 
»Der Gott und die Bajadere« vortrug. Goethe fühlte sich davon 
bis zum Unerträglichen gepackt: es sei fast ihre eigene Ge- 
schichte, meinte er wiederholt zu Boisserie. Er wollte eine 
Wiederholung dieses Vortrags zuerst nicht zugeben. In der 
That hatte sie Willemer gerettet aus den Gefahren des 
Theaterlebens und einer problematischen Existenz, Aber es 
war nicht Willemer, zu dem sie aufblickte wie die demüthige 
Bajadere zu Mahadöh. Es war Goethe, der Herr ihrer Erde, 
der Poesie. Zu ihm sang sie, gleich der indischen Tänzerin: 
»Meine Ruh, mein reicnes Leben, Geb ich freudig, nimm 
es hin«. Vor ihm lag, wie sie in einem erschütternden 
Brief nach Empfang des gedruckten Divan schrieb, ihr 
Herz offen: »demüthig und stolz, beschämt und entzückt« 
fühlte sie sich wie in einem »beseligenden Traum«, in 
einem »erhöhten Zustand«, empfand sie »die Mitwirkung 
eines mächtigen höheren fVesens, eine Gabe des Himmels«. 
Und Goethe begriff sie. Das Bild dieser jungen Frau, die 
an ihm hing wie an dem Mensch gewordenen Genius der 
Kunst, jenes himmlischen Reichs, m der ihre Seele lebte, 
die in ihm die ewige Jugend des Göttlichen mit Leiden- 
schaft liebte, es traf ihn mit einem Entzücken, das beseligte, 
aber schmerzte. Das lang gehegte Motiv von der jungen 
reinen Frau des ernsten Bramanen, die durch ein JüngHngs- 
spiegelbild des Gottes im Wasser, aus dem sie schöpft, 
in Verwirrung und unschuldige Schuld gestürzt wird, regte 
sich wieder in ihm und drängte nun zu poetischer Gestal- 
tung. Es war ihm einst als Gegenstück zu der Erzählung 
von der indischen Bajadere gleicnzeitig mit dieser und aus 
derselben Quelle nahe getreten. Nun hört er die Frau 
seine Ballade von der Bajadere singen, deren Leben ihm 
wie ein Abbild ihres Inhalts vorkam. Und diese Frau zeigt 
ihm in ihrem Verhältniss zu ihm, zu Willemer und zu 
ihrem ihr zärtlich ergebenen Stiefsohn zugleich das Abbild 
eines Zustands mit den Keimen eines ähnlichen Conflicts 
als ihn jenes Gegenstück, die Geschichte von dem Weibe 
des Bramanen, ins Grausige gesteigert, enthielt. Damals, 
ich zweifle nicht, rückte die Conception der indischen 
Legende, die erst mehrere Jahre später als grossartiger 
Schlussstein seiner orientalischen Dichtung ausgeführt ward, 
in seiner Seele ein bedeutendes vorwärts. 

Goethe hat Mariannen seinen Dank so voll abgestattet 
wie ihre Demuth nie zu hoffen wagen konnte: er nahm 
jenes Gedicht, in dem sie seine Liebe aus freier Wahl 
fordert, er nahm die beiden Erwartungs- und Trennungs- 
lieder an den Ost- und Westwind in seinen Divan auf, 



« 



Goethes West-östlicher Divan. 29' 

ohne sie von seinen eigenen zu sondern. Er drückte ihnen 
dadurch den Stempel der Ebenbürtigkeit, das Siegel der 
Vollendung auf. Aber er gab ihnen doch auch einen Zug 
seines eigenen Wesens: er Hess sie noch einmal durch 
den Spiegel seiner poetischen Phantasie gehn, nicht immer 
zu ihrem Vortheil. 

Mariannens stille Mitarbeit am Divan ist damit nicht 
erschöpft. Und Goethe selbst verräth es dem Verstehenden 
fortwährend, dass diese aufsprudelnde Lyrik nicht blos die 
vorbildliche Macht des Haiis, der Reichthum orientalischer 
Weisheit und Poesie, die wieder hervorbrechenden Quellen 
der Heimats- und lugenderinnerungen genährt haben, dass 
ihr vielmehr ein lebendes Dichtergemüth warmen Athem 
eingehaucht hat. Er empfand das Erweckende, Morgen- 
röthliche ihrer Natur und sprach es, die Maske des Hatem 
lüftend, in jenen denkwürcligen Versen aus: »Und noch 
einmal fühlet Goethe Frühlingshauch und Sommerbrand«. 

Die Brandung ihrer Leidenschaft, bekennt er, warf 
ihm dichterische Perlen an des Lebens verödeten Strand 
aus: zierlich gelesen, mit Juwelen und Gold durchwirkt, 
reicht er sie ihr als Halsschmuck zurück (S. 160). Er ge- 
steht, als Hatem nur zu leben durch Suleika (S, 162). Auf 
die neugierige Frage des Mädchens nach seiner Liebsten 
erwidert er: »Nun wer weiss was sie erfüllet! Selbst- 
gefühltes Lied entquillet. Selbstgedichtetes dem Mund«. 

Die reifen Kastanien des Heidelberger Schlossgartens, 
aus denen, von der Septembersonne gelockt, platzend 
die braunen Kerne sich losmachen, geben ihm ein Symbol 
für seine Lieder, die von Mariannens Sonnenblick berührt 
nach langsamem Wachsen gehäuft in ihren Schoss fallen. 
Er dichtet, mit unverkennbarem Hinweis auf Mariannens sich 
steigernde Dichterkraft ein Zwiegespräch, worin Suleika 
Hatems Befremden über der Geliebten plötzlich gewandelte 
Kunst zurückweist : »War Hatem lange doch entfernt Das 
Mädchen hatte was gelernt . . Wohl dass sie dir nicht 
fremd erscheinen; Sie sind Suleikas, sind die deinen«. 

Als Sinnbild des geistigen Zusammenlebens, des Zu- 
sammenklingens ihrer poetischen Erfindungen schickte er 
ihr von Frankfurt aus ein Blatt der indischen Pflanze Gingo 
biloba. Die Blätter dieser Pflanze sind gespalten, scheinbar 
doppelt und doch eins. Nach dem Heiaelberger Besuch 
Mariannens dichtete er, angeregt von einem Gespräch mit 
dem Professor Creu:(er über den symbolischen Doppelsinn 
der hellenischen Mythologie, das er zur Freude des Ge- 
lehrten durch ein im Schlossgarten zufällig entdecktes und 
abgepflücktes Blatt jener Pflanze erläutert hatte, das schöne 
Divangedicht und sandte es Mariannens Stieftochter Rosette 



30 Fest VORTRAG von Konrad Bürdach. 

Stadel zur getreulichen Weiterbeförderung an die Geliebte. 
Sein geheimer Sinn mochte wohl »den Wissenden« er- 
bauen, d. h. Creuzer, der auch die Verse erhielt, mehr aber 
die wahrhaft Wissende, Marianne: »Fühlst du nicht an 
meinen Liedern, dass ich eins und doppelt bin?« 

Aus gegenwärtiger und früherer Leidenschaft, aus 
eigenem Pantheismus und orientalischer Mystik webt er 
sich prächtige Dithyramben der Liebe. Hiner, das Schluss- 
gedicnt des Suleikaouchs, der die Geliebte mit orientalischer 
Phantasie als allgegenwärtige Macht der Natur unter tausend 
Zauberschleiern entdeckt, in der Cypresse wie in der Welle 
des Wassers, in der Wolke wie im Wiesenteppich, im 
heitern Morgen am Gebirg wie in der Wöloung des 
Himmels, entwehrt der momentanen, der leidenschaftlichen 
Veranlassung. Der zweite ist aus dem Augenblick ge- 
quollen, da das lange bekämpfte Gefühl Goethe über- 
mannte. In der unwiderstehlichen Freude des Wieder- 
findens, als mächtige Antwort auf Mariannens Erwartungs- 
lied an den Ostwind, wühlt dieser Liebesgesang alle Leiden- 
schaft, deren Goethe fähig war, in ihren Tiefen auf und 
spiegelt das eigene Geschick mit mystischer Symbolik im 
unendlichen All der Welt. Wie er einst Charlotte von 
Stein sehnsüchtig und dankbar gepriesen hatte als Stern 
der schönsten Höhe, als ein Gestirn des Pols, das nie unter- 

fehend über seinem Haupt einen ewig lebendigen Kranz 
icht, als eins der ewigen Himmelslichter, das durch Wolken 
und durch des Nordlichts bewegliche Strahlen ihm freundlich 
und treu leuchtet, so drückt er jetzt Marianne-Suleika als 
den Stern der Sterne an das Herz. Wie er einst an Frau 
von Stein durch ein urewiges Schicksal gekettet, wie er 
mit ihr schon in einem früheren Dasein vereint gewesen 
zu sein glaubte, so leitet er seine Liebe zu Suleika her aus 
Gottes Schöpferwillen, aus der die Welt durchdringenden 
Sehnsucht der Elemente. Gottes Wort »Es werde« hatte das 
All, das als Einheit friedlich an seiner Brust lag, in Atome 
getrennt, die wirr und wild, ohne Sehnsucht und Klang aus 
einander strebten. Da schuf er, der stummen Oede der Ele- 
mente sich erbarmend, Morgenröthe. Im Sinne von Goethes 
Farbentheorie entwickelte sie aus dem Trüben ein erklingend 
Farbenspiel: das ist die Quelle der Liebe, das Ende der 
Anarchie und des Chaos. Die Flügel der Morgenröthe rissen 
auch Suleika an Hatems Mund. Auch sie treibt zusammen der 
alles Organische durchwaltende Liebesdrang. Kein zweites 
Schöpfungswort Gottes kann sie trennen, musterhaft, d. h. 
typisch sind sie für alle Liebespaare. Sie brauchen Allah 
nicht mehr: sie schaffen sich hinfort selbst eine Welt, die 
Welt der poetischen Anschauung, der Phantasie, der Liebe. 



Goethes West-östlicher Divan. 31* 

Das Gedicht zeigt Goethe auf der Höhe der Divandich- 
tung. Es ist Gelegemeitsgedicht wie alle echten Blüihen der 
Goethischen Kunst. Es ruht auf individuellster Empfindung, 
persönlichstem Erlebniss; es wurzelt ganz in der Gegen- 
wart. Aber es wächst unter dem Lichte orientalischer 
Mystik, deren Gluth hier wie aus tiefen Abgründen empor- 
haucht, und eigener, lange gehegter, poetischer Natur- 
Philosophie empor zu einem erhabenen Bau, der in den 
Himmel ragt und den ewigen Kosmos nachbildet. 

Aufkeimende Leidensctiaft, kurze Zurückhaltung und 
Entfernung, volles Aufflammen bei der Wiedervereinigung 
in Heidelberg — diese drei typischen Stufen hatte Goethes 
Verhältniss zu Marianne durchlaufen und sie erscheinen 
auch in dem poetischen Spiegelbilde, im Divan. Es kam 
im Leben und im Lied noch ein Schlussakt hinzu, in dem 
die tragischen Töne dieser Liebe langgezogen, mit dem er- 
schütternden Ton der Wahrheit ausklangen: der Abschied 
für immer, die ungestillte Sehnsucht nach einem Wieder- 
sehen. 

Unmittelbar nach ihrer Abreise von Heidelberg hatte 
Marianne das köstliche Lied an den Westwind gedichtet, 
das durch Schuberts Composition beflügelt, fortleben wird, 
so lange Frauen lieben. Sie gab damit den Accord an, 
auf den eine Reihe Goethischer Divanpoeme gestimmt sind. 

Mit schwerem Entschluss riss sich Goethe von den 
rheinischen Eindrücken, von der bunten Lebens- und Er- 
innerungsfülle, von der Geliebten los. Der Kampf in ihm 
war so gewaltig, dass er den Ausbruch einer gefahr- 
bringenden Krankheit fürchtete. Aber er siegte. Er folgte 
dem thränenvoUen Rath, den er vor Jahren in seiner Pan- 
dora, diesem aufschluchzenden Klagelied der Entsagung 
gesungen hatte: »Wer von der Schönen zu scheiden ver- 
dammt ist, fliehe mit abegewendetem Blick«. Er floh und 
er kehrte nie zurück, wenn er auch im folgenden Jahr 
nach dem Tode Christianens wankend wurde und sogar 
die Reise antrat, die dann ein Wagenunfall zwei Stunden 
hinter Weimar endete. 

Zu Hause im ruhigen Geleise gewohnten Daseins 
brachte er seine Leier wieder zum Tönen: den tiefen 
Sehnsuchtslauten Mariannens, dem unsagbar rührenden Ge- 
flüster ihrer Verse an den Westwind erwiderten nun vollere 
Klänge wie ein anschwellendes Echo. Das Gedicht »Abglanz« 
ist eins von diesen. Er sendete es »der lieben Kleinen« 
nach Frankfurt. Ein Räthsel, aber eins, dessen Lösung uns 
nicht schwer fällt. Es spricht von einem Spiegel, vor dem 
der Wittwer im stillen Hause so gern steht, weil daraus 
das Liebchen neben ihm mit herausschaut. Verwittwet 



32* Festvortrag von Konrad Burdach. 

fühlt und nennt er sich TChristiane lebte damals noch), 
weil die Dichtungsehe mit Marianne gelöst ist. Der Spiegel, 
das sind die alten und die neuen Lieder des Divan, aus 
denen das Bild der Geliebten immer herrlicher heraus sich 
gestaltet, in goldnen Rosenranken und Rähmchen von Lasur 
(S. 193). Marianne schickte darauf eine Antwort, die mit 

Geringer Aenderung in den Divan eingerückt ist. Sie wendet 
as Bild anders: ihr Heri ist der Spiegel, worin Hatem- 
Goethe sich erschaut (S. iq4). 

In einer grandiosen Allegorie spricht Goethe die Noth- 
wendigkeit der Resignation aus. Hochbild nennt er sie 
selbst mit Recht. Den Sonnengott der Griechen, Helios, 
liebt die Wolkentochter, Iris, der Regenbogen» Nach ihm 
weint sie vor Sehnsucht und er, seitdem er sie gesehen, 
scheint nur ihr zu strahlen; er dringt, für alle heitern und 
wolkenlosen Räume des Himmels blind, ein in die Regen- 
wand; immer stärker fliessen ihre Thränen; immer zärt- 
licher treffen die Küsse seiner Strahlen ihre tropfenden 
Perlen. Jede der Perlen nimmt sein Bildniss auf, und alle 
wollen sie sich gestalten: endlich leuchtet in farbigem 
Bogen ihr Antlitz dem Geliebten entgegen. Und er zieht 
auf sie zu, aber ach! erreicht sie nicht. »So nach des 
Schicksals hartem Loose, Weichst du mir, Lieblichste davon; 
Und war ich Helios der Grosse, Was nützte mir der Wagen- 
thron !« Wie die Regentropfen im Regenbogen das Bild 
der Sonnenstrahlen wiederspiegeln, so Marianne das Bildniss 
des Dichters. Und wie der Regenbogen zerfliesst vor der 
herankommenden Sonne, so schwand dem Dichter die 
Geliebte im Augenblick der vollen Annäherung. Ist es 
nicht erschütternd, wenn hier alte Lieblingsbilder, die in 
Goethes Seele seit den Tagen der Kindheit schlummerten, 
neue Gestalt gewinnen, um die Schmerzen wohlthätig ein- 
zuhüllen, die ihn den Ergrauten bewegen? Den farblosen 
Nebelregenbogen hatte er, da er auszog von Weimar zum 
Rhein und zur poetischen Welt des Ostens, begrüsst als 
Liebesbund zwischen Phoebus und der Wolke, als gutes 
Vorzeichen. Jetzt hatte er sich mit Farben geschmückt, 
mit der vollen Pracht von Mariannens Liebeskraft. Aber 
die Farben zerrannen, die Lichter verblichen und Hessen 
den alten Dichter einsam auf seinem hohen Sonnenwagen. 
Noch einmal hat er Jahre nachher (1822) ein junges 
Himmelskind, eine neue Iris gefunden, Ulrike von Levezow: 
auch hier zerfloss der Regenbogen und in dem wunderbar 
rührenden Gedicht »Aeolsharfen« klangen die sehnsüchtigen 
Klagen der Suleikazeit zum letzten Mal verhallend nach 
(Weim. Ausg. 3, 28). 

Noch in anderer Weise arbeitet Marianne aus der 



Goethes West-östlicher Divan. 33* 

Ferne am Divan selber mit. Sie scheint zuerst auf den 
Gedanken gekommen zu sein oder ihn ausgeführt zu 
haben, die Lieder des verehrten Hafis ganz unmittelbar zum 
Instrument des eigenen, momentanen Gefühlsausdrucks zu 
machen. Schon als Goethe in Heidelberg weilte, kurz 
bevor sie ihm nachreiste, muss sie ihm einen Chiffernbrief 
gesendet haben. Solche ChifFernbriefe enthalten nur Zahlen 
von Seiten und Versen eines Buchs, das die beiden Corre- 
spondirenden besitzen, also in diesem Falle des Hafisischen 
Divan. Schlägt man die betreffenden Stellen auf und 
schreibt man sie hinter einander, so gewinnt man ein Mosaik- 
gedicht, das die Gefühle des Briefstellers wiedergibt. Auf 
einen derartigen Brief Mariannens antwortet das am 
21. September 1815 in Heidelberg entstandene Gedicht 
Geheimschrift (S. 191): »Mir von der Herrin süsse Die 
ChifFer ist zur Hand, Woran ich schon geniesse. Weil sie 
die Kunst erfand«. 

Unmittelbar nach der gewaltsam überstürzten Rückkehr 
schrieb Goethe ein solches ChifFerngedicht an Marianne, 
das . älteste, das wir kennen. Es ist mit andern durch 
Hertnan Grimm aus Mariannens Nachlass bekannt gemacht 
worden in jenem trefflichen Aufsatz der Preussischen Jahr- 
bücher, der sie der OefFentlichkeit zuerst als Dichterin 
vorstellte und ihr Bild aus eigener Freundschaft mit Heben- 
dem Herzen und dem Auge des Künstlers für alle Zeit ge- 
staltet hat. 

Einen schönen Chiffernbrief Mariannens nahm Goethe 
in die Noten und Abhandlungen zum Divan auf. In dem 
Exemplar des Hammerschen Hafis, das Goethes Bibliothek 
enthielt und das mir Herr Geheimrath Ruland zugänglich 
machte, finden sich aber auch noch vier kleine Zettel ein- 
geklebt mit Chiffernbriefen Mariannens. Voll Rührung sieht 
man die vergilbten winzigen Blätter, die etwas ungelenken 
Schriftzüge der Briefschreiberin. Mit treuer Dankbarkeit . 
hatte Goethe diese Denkmale der edelsten Liebe behütet. 
Einer dieser Briefe spricht mit Hafisens Worten das 
Verlangen nach brieflicher Liebeskunde aus, das, wie aus den 
Briefen des Gatten an Goethe hervorgeht, Mariannen bis 
zum Kranksein folterte: »Lange hat mir der Freund schon 
keine Botschaft gesendet Lange hat er mir Brief, Worte 
und Gruss nicht gesandt«. Goethe musste, um den Sinn 
der Chiffern zu ermitteln, natürlich die Stelle des Hafisischen 
Divan aufschlagen, da fand er aber unmittelbar auf jene 
Worte folgend die Verse: »Hundertmal schrieb ich, allein 
es hat mir der Führer der Reiter keine Bothen geschickt, 
keine Begrüssung gesandt«. Und daraus formt er nun 
seinerseits ein neues Divangedicht, das er fr£ilich in das 



34 Festvortrag von Konrad Bürdach. 

Werk bei seinen Lebzeiten nicht aufgenommen hat: »Und 
warum sendet Der Reiterhauptmann Nicht seine Boten 
Von Tag zu Tage? Hat er doch Pferde, Versteht die 
Schrift. Die Kranke will nicht, Will nicht genesen Vom 
süssen Leiden, Sie, an der Kunde Von ihrem Liebsten Ge- 
sundend, krankt«. Es ist als hörten wir des besorgten 
Willemer Bitten, der in seinen Briefen so nachdrücklich im 
Interesse der körperlich und seelisch leidenden Marianne 
Goethe um ein schriftliches Wort der Theilnahme anging. 

Ein anderer ChifFembrief Mariannens enthielt den Keim 
zu einer der herrlichsten Conceptionen, die Goethe je ge- 
lungen, zu der süssesten Blume der Divanerotik. In den 
Septembertagen 1815 hatten die Liebenden wundervolle 
Vollmondnächte erlebt. Am 18. September, dem Tage der 
Abfahrt Goethes von der Gerbermühle verzeichnet das 
Tagebuch : »Herrlicher Abend, Vollmonds Aufgang«. In 
der Seligkeit undWehmuth dieser Stunden war verabredet 
worden, während der nächsten Vollmondnacht einander 
in Gedanken nahe zu sein. Einen Monat nachher brachte 
Goethe die köstliche Erfüllung des Versprechens: Suleika 
fern vom Geliebten, allein mit der Dienerin, auf all ihre 
Reden und Fragen stumm, immer nur einen Wunsch, eine 
Sehnsucht im Herzen, immer nur ein Flüstern auf ver- 
langenden Lippen: »Ich will küssen«. Stimmung und Colorit 
des zauberischen Gedichts sind wie in den schwülen Duft 
morgenländischer Sommernächte getaucht und orientalische 
Liebesleidenschaft scheint darin ekstatisch zu stammeln. 
Diese Blüthe der echtesten Liebespoesie hatte Mariannens 
Chiffernbrief hervorgetrieben. Sie hatte mit Hafis ge- 
schrieben: »All mein Leben will ich nur zum Geschäft 
Von seiner Liebe machen. Immer dachte ich dein, und 
immer Blutete tief das Herz. Ich habe keine Kraft als die 
Im Stillen ihn zu lieben. Wenn ich ihn nicht umarmen 
kann, Was wird wohl aus mir werden? Immer sehnt sich 
mein Her^ nach deinen Lippem^. Dieser Brief ist datirt vom 
18. October 181 5 — genau ein Monat nach Goethes Abreise 
von der Gerbermühle — , Goethes »Vollmondnacht«, dessen 
Refrain »Ich will küssen! Küssen sag ich« aus dem Schluss 
jenes Chiffernbriefes hervorwächst und die Stimmung Marian- 
nens mit stärkeren Accenten steigert, vom 26. Octooer 1815. 
Goethe hat also unmittelbar nach dem Empfang der Chiffern- 
Epistel als Antwort gleichsam diese selbst m herrlicher Meta- 
morphose zurückgegeben. Das Wort aber von der wiederholten 
Spiegelimg, kann es sich irgendwo besser bewähren als hier? 

Es gibt dennoch in der über alle Begriffe merkwürdigen 
Entstehungsgeschichte des Divan ein Phänomen, wo dieses 
Wort noch wunderbarer seine Bestätigung findet. 



* 



Goethes West-östlicher Divan. 35 

Im Buch Suleika steht ein Gedicht, das von Behramgur 
dem Sassaniden und seiner Geliebten Dilaram handelt. Er 
hat der Sage nach den Reim erfunden, in dem seinen ent- 
zückten Liebesreden die Freundin mit gleichem Wort und 
Klang erwiderte. Nicht mehr, ruft Goethe, darf ich den 
Sassaniden J^eneiden: mir ward es auch. »Hast mir dies 
Buch geweckt, du hasts gegeben; denn was ich froh, aus 
vollem Herzen sprach, das klang zurück aus deinem holden 
Leben, Wie Blick dem Blick, so Reim dem Reime nach«. 
Wir wissen aus dem Tagebuch, dass Goethe die Erzählung 
von Behramgur und Dilaram, aie übrigens auch das Motiv 
für die bekannte Scene in der Helena des Faust herge- 
geben hat, am 3, Mai 1818 durch Hammers eben erschienene 
Geschichte der schönen Redekünste in Persien kennen 
lernte. Damals war der Druck des Divan bereits bis zum 
4. Bogen vorgeschritten. Das Gedicht steht auf dem 
10. Bogen. Es ist also während des Drucks entstanden 
und eingeschaltet. 

Die Thätigkeit der Druckcorrectur, die Herrichtung 
des Buchs selbst hat im Verein mit dem persischen Sagen- 
motiv, das durch unverkennbare Analogien Goethe aufs 
tiefste treffen musste, die alten liebenden Erinnerungen an 
die stille Mitarbeiterin zu einem poetischen, ergreifenden 
Ausdruck gesteigert. Und jetzt verstehen . wir voll jenes 
»Hast mir dies Such gezweckt !« Ja, das Buch, wie es unter 
seinen Händen, aus Correcturbögen zusammenwuchs. Das 
Buch, das ein schwacher Abglanz war der tönenden Lieder. 
Nun erst begreifen wir ganz den Sinn der Schlussstrophe : 
»auch aus der Ferne das Wort erreicht, und schwände Ton 
und Schall«. Die blühende Welt gegenwärtigen lebendigen 
Liebesverkehrs ist dahin, versunken. Aber das Sternen- 
firmament, das sich über dem untergegangenen Paradies 
wölbte, es ist geblieben : das ewige Getühl der Liebe dauert. 

»Beide sind wir auf der Erde musterhaft in Freud und 
Qual« . hatte Goethe von sich und Mariannen gesungen. 
Damit ist das Wesen und die tiefste Absicht der Divan- 
dichtung bezeichnet. Nicht im pädagogisch - moralischen 
Sinn, nicht gesetzgebend und normirend will er darin 
Muster aufstellen, sondern mit jener in die Tiefen der Welt 
eindringenden Auffassung, die er sich seit längerer Zeit er- 
rungen hatte. Seine Naturforschung, seine Studien der 
antiken Kunst hatten nach der anschauenden Erkenntniss 
des Typus gestrebt. Die griechische Plastik hatte ihm die 
Grundverhältnisse der menschlichen Gestalt; die Metamor- 
phose der Pflanze, die Anordnung der menschlichen und 
thierischen Wirbelknochen, die Stabilität des Zwischen- 

Gobthe-Jahkbuch XVII. 23 



36* Festvortrag von Konrad Burdach. 

kieferknochens die Urphänomen des organischen Lebens 
enthüllt« Auch seine Optik sollte die Urquelle und die 
Grundprozesse des Lichts und der Farbe enträthseln, seine 
Geologie die constanten Grundlagen und Gesetze der Erd- 
geschichte an den Tag bringen. Diesem grossartigen Trieb 
seines Wesens folgte seine Poesie auf ihrem Gebiet. Auch 
in der sittlich-geistigen Welt ealt es seit der Rückkehr aus 
Italien immer mehr und mehr die Typen, die ewigen Grunde 
Verhältnisse, die constanten Elemente aufzufinden. Sie 

Eoetisch darzustellen sah er hinfort als die eigentliche 
ebensaufgabe seiner Kunst an. Die Epoche des exclusiven 
Klassicismus hatte das nur fragmentarisch und einseitig ver- 
mocht. Die Zeit der Vertiefung in den Orient brachte die 
universelle Ergänzung. Die »Urelemente orientalischer 
Poesie« will er ergründen. Er zum ersten Mal stellt einen 
Begriff von unabsehbarer Fruchtbarkeit auf: den BeerifF der 
Naturformen der Dichtung, und wird dadurch der BahnDrecher, 
der Schöpfer einer erst in unseren Tagen ernsthaft in Angriff 
genommenen Wissenschaft, der vergleichenden Poetik. 

Aber aus der östlichen Wiege des Menschengeschlechts 
holt er. sich auch die wahren Ürphänomene des sittlichen 
Lebens: der Religion, der Liebe, der Herrschaft. In der 
Herrlichkeit der morgenländischen Poesie findet er die 
reine Menschheit. Ein politischer und religiöser »Welten- 
spiegel« soll dieser Divan werden. Das Zeitalter Napoleons 
sollte sich im poetisch dargestellten Zeitalter des mon- 
golischen Eroberers Timur reflectiren. Von dem breit ge- 
Elanten politischen »Weltenspiegel«, den ein umfassendes 
uch Timur in die Mitte des ganzen Werks stellen sollte, 
ward freilich nur ein einziges Bruchstück fertig: »Der 
Winter und Timur«. Daneben sprach der sterbende Parse 
sein Vermächtniss altpersischen, d. h. indogermanischen vor- 
islamischen und vor-semitischen Glaubens aus : die Anbetung 
der ewigen alldurchdringenden, allgegenwärtigen Natur, des 
Lichts, der Sonne, des remen Feldes, des Wassers, alles dtessen, 
worin sich der Herr des Lebensquells abspiegelt. Die 
emporsteigende Sonne, die auf Morgenflügeln über die 
Gipfel des Darnawend sich erhebt, ist ein Abbild Gottes 
auf seinem Thron: wie Faust fühlt sich der alte Parse 
tausendmal mit ihr getragen, ihr entgegen gezogen, aber 
ebenso oft, wenn ihr Feuerkreis hervortritt, steht er ge- 
blendet und wirft sich anbetend zur Erde; gleich Faust 
verkündet er als höchste Offenbarung: »Schwerer Dienste 
tägliche Bewahrung«. Der Dichter erkannte indessen seine 
Unfähigkeit, die politisch-religiöse Symbolik im grossen 
Stil entsprechend fortzusetzen und rief sich zu: »Lass den 
Weltenspiegel Alexandern« (S. 195). Das Buch des Parsen 



Goethes West-östucher Divan. 37* 

blieb so gut wie das Buch Tiniur ein Torso. Aber dem 
Drange Goethes, die Elemente des religiösen und politischen. 
Lebens zu erkennen, haben beide em herrlich Denkmal 
gesetzt. 

Mit einem Wort: der Divan will den Begriff des 
Goethischen Typus auf dem Gebiet der Poesie, Moral, 
Religion künstlerisch gestalten, indem er die menschliche 
Einheit der beiden getrennten Welthälften, des Orients und 
des Occidents, vor Ausen stellt. Das ist der :i;weite Sinn 
des Ausdrucks weshösiiich. * Und aus ihm heraus wächst 
das Bewusstsein und dip Pflicht der Toleranz, des liebe- 
vollen Verstehens alles Menschlichen unter allen Zonen, 
in allen Individuen. 

In seiner Naturbetrachtung war Goethe über dem 
Streben nach dem Typus je länger je mehr zu genetischer 
Anschauung vorgedrungen, zu der Frage nach dem all- 
mählichen Werden. Der Divan zeigt dieselbe Auffassung 
im Bereich des Sittlichen und Religiösen. Goethe hat die 
Ursprünglichkeit des parsischen monotheistischen Licht- 
dienstes Klar erkannt. Der alte Parse vertritt die angestammte, 
unterdrückte, verfolgte nationale Religion, die durch den 
erstarrenden Kultus Zoroasters, dann durch den arabischen 
Islam abgelöst und eingeengt, schliesslich verdrängt wird. 
Goethe ist der historische Fundamentalgegensatz zwischen 
der alten indogermanischen Kultur Persiens und der semi- 
tisch-arabischen Invasion durchaus aufgegangen. Er bemerkt 
mit dem Sinn des echten Geschichtsforscners, dass »mag 
auch ein Land noch so oft von Feinden erobert, unter- 

Scht, ja vernichtet sein, sich doch ein j^ewisser Kern der 
ation immer in seinem Charakter erhält« rWeim. Ausg. 
J, 18): der indogermanische oder arische Charakter der 
'erser. Er sondert ebenso scharf die älteste vor-mohame- 
dische arabische Zeit und ihre wilde Volkspoesie, die er in 
Proben charakterisirt, von der jüngeren, islamitischen. 

Er, der eben an Pestalozzis neuer Erziehungsmethode 
heftig zu tadeln pflegte, dass sie nicht auf die Bedeutung 
der Ueberlieferung für Sprache, Kunst und Wissenschaft 
Rücksicht nehme, betont mit feinem Gefühl die Macht der 
Stammestraditionen im persischen Orient. Er skizzirt den 
merkwürdigen Process der doppelten nationalpersischen 
Reaction gegen die griechische und dann gegen die arabische 
Kultur auf aem Gebiete der Sage und Poesie. Er versucht, 
^ine völlige Geschichte der Dichtung Persiens von der 
iiltesten bis zur neuesten Zeit zu entwerten, auf dem riesigen 
Hintergrund der hebräisch -arabischen Urzeit, zugleich mit 



* Ueber die erste Bedeutung s. oben S. 18*. 

25* 



38* Festvortrag von Konrad Burdach. 

fortwährenden Blicken auf die Einwirkung indischer und 
abendländischer Dichtung, Kunst und Sitte. So wächst 
dieses literarhistorische Problem unter seinen Händen auf 
zu einem culturgeschichtlichen : die Bemühung und der 
Austausch zwischen Orient und Occident seit dem Alter- 
thum und von den Kreuzzügen bis zur Gegenwart. 

Und dies führt auf die driite Bedeutung des Namens 
west' östlich. Der historische wechselseitige Zusammenhang 
der beiden polarischen Gebiete menschlicher Kultur soll im 
Divan aufgedeckt werden. Indem das geschieht, wird aber zu- 

fleich die ßlüthe menschlicher Tugend gekräftigt: dieTugend 
es mcfischUchen Gemeingefühls, aus weichem der Entschluss 
zu friedlicher, internationaler Kulturarbeit hervorgeht. 

Goethes Anstoss hat mächtig gewirkt. Die nächsten 
Jahrzehnte zeitigen bei uns und im Ausland eine lange 
Reihe orientaliscner Dichtungen. Aber nur wenige nähern 
sich der Höhe seines Standpunkts. Bald überwiegt die 
formale Kunst treuer Nachbildung der fremden Formen, 
wie bei Rücken und Platen; bald die Sucht nach brennendem 
Localcolorit und romantischer Freiheitscukus, wie bei Victor 
Hugo, bald die politisch-soziale oder ästhetische Tendenz, 
wie bei Lord Byron, wie bei den deutschen Griechensängern; 
bald die erotische Richtung, wie bei Leopold Schefer ; bald 
die epikuräische Skepsis, wie bei Bodenstedt. Man hat 
Goethe übertroffen in der Echtheit des historischen Cöstüms, 
in der Wirklichkeit der äusseren Scenerie. Die poetische 
Wahrheit behält er vor allen. 

Diese poetische Wahrheit ist unabhängig von den Flittern 
der Gewänder, von pünktlicher Genauigkeit der Chrono- 
logie. Sie verträgt Anachronismen, denn sie dringt in den 
Kern der menschlichen und kosmischen Natur. Die merk- 
würdige Aeusserung, die Goethe in den Tagen der Divan- 
dichtung zu Boisser^e that: ȟber viele Dinge kann ich 
nur mit Gott reden« (1,252) klärt über dieses Werk am 
besten auf. Nicht umsonst stellt er sich Hafis gleich, 
dessen Name so viel als Kenner des Koran bedeutet, und 
bezeugt, dass sich ihm das göttliche Buch der Bücher wie 
das göttliche Angesicht auf das Tuch der Veronica ab- 
gedrückt habe. Nicht umsonst eröffnet er am Ende der 
Dichtung den Aufstieg in das himmlische Paradies. 

Die unzerstörbaren geheimen Grundkräfte alles Menschen« 
Wesens, die über Raum und Zeit, über Religionen und 
Völker hinaus dauern, die Erdbeben und Revolutionen 
überstehen, erstrahlen in seinem Divan gleich ewigen 
Sternen des sittlichen Lebens. Dies west-östliche Universum,, 
das er, Prophet und Priester einer frohen Botschaft, auf* 



Goethes West-östUcher Divan. 39* 

baute, im Einklang mit allen guten Genien der Erde und 
des Himmels,.. insbesondere auch mit der vorkirchlichen, 
echten Lehre Christi nadi dem alten Bericht der Evangelien, 
es wird in seinen Fundamenten und Riesensäulen bleiben, 
wenn wir alle nicht mehr athmen. Aber so lange uns die 
Sonne scheint, deren farbigen Abglanz Goethe mit der 
Demuth und Bescheidung der Gotteskindschaft verehrte, 
sollen wir in stillem, beharrlichem Widerstand gegen den 
Wust und den Aberwitz unserer Zeit, gegen Trägheit, 
Stumpfsinn und Habgier, unbekümmert um Zweifel oder 
Spott, diesen Plan des grossen Baumeisters immer deut- 
licher zu verstehen, immer weiter. zu verbreiten streben. 

. Der Geist Herders und Schillers hat daran mitgearbeitet. 
Der Geist tiefer und starker Liebe zu der unsterblfthei^ 
göttlichen Natur reiner Menschlichkeit, einer Liebe, welche 
die ganze Welt und alle Epochen umfassend durchdringt. 

Den fordernden Elementen des gegenwärtigen Zeit- 
alters kommt dieses Werk entgegen, insofern es die. Bruder- 
schaft des Menschengeschlechts predigt und der verbündeten 
geistigen Arbeit aller Nationen das Wort redet. Sie kann 
sich nur im Frieden bethätigen, und insofern lehrt und 
•fordert der Divan den allgemeinen Völkerfrieden. Freilich 
ruht er auch auf der Ueberzeugung von der Un Vergäng- 
lichkeit des elementaren, des aämönisehen Naturleoens, 
und zu diesem gehört der Krieg, die Herrschaft. So konnte 
Börne dieser Dichtung einen sclavisch-reactionären Charakter 
vorwerfen und darin eine Verherrlichung des Despotismus 
erblicken. In Wahrheit lebt in ihr die erhabene Tendenz 
^tx Versöhnung der- fVeltymch der auch heute so viele 
der Edelsten höchsten und niedersten Standes verlangen. 

Auf der andern Seite setzt sich der Divan der mächtigen, 
heute von oben und unten herandringenden Strömung entf 

fjegen, welche die Vergangenheit, die geschichtliche Ueber- 
ieferung, die nationalen und die persönlichen Individuali- 
täten fortspülen möchte. 

Das nächste Jahrhundert wird diese beiden Gewalten, die 
weltbürgerliche und die national-individuelle, in verstärktem, 
vielleicht in einem Kanipfe auf Tod und Leben sehen. Wir 
kennen nicht seinen Ausgang. Aber wie auch die Würfel 
fallen, welche socialen und politischdti Geschicke auch über 
unser Vaterland kommen, od krieeerische Kämpfe, ob Re- 
volutionen oder der Wettstreit friedlicher Arbeit die Zukunft 
beherrschen werden, Deutschland kann seine Weltrolle nur 
erfüllen, es kann sich selbst im Chore der Völker nur erhalten, 
wenn ihm sein Schatz veredelter Bildung bewahrt bleibt und 
lebendig fortwirkt, dessen Sammlung, Ordnung und Ver- 
waltung wir Lessing und Herder, Schiller und Goethe danken. 



40* Festvoitrag V. Konrad Burdach. Goethes West-östlich. Divan'. 

Die Bedeutung ihre^ Erbe^ hat sich in diesen Tagen 
uns aufs neue unauslöschlich eingeprägt, da seinen kost- 
barsten Bestandtheilen hier soeben ein würdiges Asyl er- 
richtet worden ist, darin sie trotz allen Stürmen leben, 
daraus ihre Kräfte heryorstrahlen können. Unsere dies- 
jährige Zusammenkunft erhält hierdurch ihre Weihe und 
mit einem besonders feierlichen Glanz vollzieht sich dies 
Mal das Schauspiel, das hier in Weimar nun schon so oft 
wiedergekehrt ist: ein erlauchtes Fürstenhaus, das seine 
idealen Aufgaben im Sttme Kart Augusts, zum Wohle 
Deutschlands, zum Segen der Welt, erfüllt, und eme freie 
Gemeinde von Männern und Frauen aller Kreide huldigen 
gemeinsam und einträchtig dem Grössten der jgrossen zeit 
Weimars, dem überragenden Führer und Berather mensch- 
licher Bedürftigkeit, dem Genossen und tröstenden Ver- 
. klärer irdischer Unvollkommenheit, dem Boten des Ver- 
trauens und der Hoffnung auf die guten Mächte des 
Lebens. Möge das Bild dieses herrlichen Menschen, das 
heute wieder vor uns erstand, immer reiner 4ind klarst 
in uns aufleben, frei von jeder Verdunklung, - aber auch 
von jeder Apoiheose, mögt es uns immer wirksamer be- 
geistern 4and stärken zum Dienst unserer heiligen Sache: 
-der Nation die idealen Kräfte zu erhalten und zu vermehren, 
.durch die sie ihrem Weltberuf allein genügen kann. 

Dem Viiterknd in Liebe und Treue ergeben, das Auge 
gerichtet auf das voranschreitende verehrte Farstenpaar, 
wollen wir das im west-ösilichen Sinn geprägte wundervolle 
Bekenntniss Goethes heute, wir wollen es allezeit wieder* 
holen, immer besser bewähren und an jüngere Geschlechter 
weitergeben: »Bin Weltbewohner, bm W^imaraner«. D,em 
kommenden Jahrhundert, dem unsere Arbeit gilt, ihm 
leuchte dieses Wortes Erfüllung. 




Elfter Jahresbericht 



DER 



Goethe-Gesellschaft. 



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''^^^j^-^ . -^^^g;^^^ ; 





|m 7. Juni 189.5 trat der Vorstand der Goethe- 
Gesellschaft zu der satzungsgemässen Jahressitzung 
zusammen. Die Rechnungsablage über das Jahr 1894 
•gab zu eingehenden Verhandlungen ebensowenig Anlass wie 
der Voranschlag für 189J, der sich wieder innerhalb der 
bewährten Grundzüge bewegte. Eine Mittheilung des Heraus- 
gebers der »Schriften« in Betreff der für die nächsten Jahre 
in Aussicht genommenen Veröffentlichungen wurde zur 
Kenntniss genommen, sowie mehrere anderweitige kleinere 
Anträge durch Beschluss erledigt. 

Der Abend des 7. vereinigte alle bis dahin eingetroffenen 
Festtheilnehmer in den Sälen der »Ambrust- Gesellschaft« 
zu einem Goetheschen Lieder-Abend, einer Vorführung einer 
Anzahl von Zeitgenossen Goethes componirter Gedichte, von 
Breitkopf und Corona Schröter bis zu Mendelssohn und 
Berlioz, bei der die Vergleich ung der verschiedenen Ver- 
tonungen desselben Textes von besonderem' Interesse war. 
Die schon seit längerer Zeit von dem geschäftsführenden 
Ausschuss geplante Veranstaltung wurde in befriedigender 
Weise ermöglicht durch den Rath und die persönliche 
Betheiligung des bekannten Musilcschriftstellers Herrn Dr. 
Max Friedländer in Berlin, sowie durch die gütige Mit- 
wirkung Herrn Dr. Eduard Lassens , der Mitglieder des 
Weimarischen Hoftheaters, Herrn R. non Mildes und des 
IVeimarischen Lehrer-Gesangvereins. Dem von Seiner König- 
lichen Hoheit dem Grossherzog allen Künstlern in warmen 
Worten ausgesprochenen Dank schlössen sich alle Anwesen- 
den mit voller Ueberzeugung an. 



Am 8. Juni wurde die lo. ordentliche Generalver- 
sammlung durch Dr. Ruland in Vertretung des leider durch 
Unwohlsein ferngehaltenen Exe. Dr. von Simson eröffnet 
und geleitet. Nach Begrüssung der auch diesmal die Ver- 
sammlung mit ihrer Gegenwart beehrenden Königlichen 
Hoheiten des Grossherzogs und der Frau Grossherzogin 
und der sehr zahlreichen Besucher war es die schmerzliche 
Pflicht des Vorsitzenden, des am 20. November 1894 zu 
Gap Martin erfolgten Hinscheidens weiland Seiner König- 
lichen Hoheit des Erbgrossher^ogs zu gedenken, an dem 
die Goethe -Gesellschaft einen ihrer treuesten und wohl- 
wollendsten Freunde verloren hat. Dankend wurde noch 
des in Budapest verstorbenen Mitgliedes, Herrn Balthasar 
EtischerSy gedacht, der der Goethe-Gesellschaft durch letzt- 
wrllige Verfügung die Summe von 1000 fl. Oe. W. zuge- 
wendet hatte. 

Die über den Geschäftsgang des Jahres 1894 gegebene 
kurze Uebersicht gab zu keinen Debatten Anlass, und der 
Vorsitzende konnte alsbald Herrn Friedrich Spielhagen aus 
BerKn zu dem gütigst übernommenen Vortrag über »Die 
epische Dichtkunst und Goethe« das Wort ertheilen. Dem 
Redner wurde durch gesp^ännte Aufmerksamkeit und warmen 
Beifall gelohnt, und der Vonräg selbst allen Mitgliedern 
wenige Tage danach durch Abdruck im 16. Bande des Jahr- 
buches zugänglich gemacht; zahlreiche Referate in der 
Presse und eingehende Erörterung des Für und Wieder 
bezeugten die nachhaltige* Wirkung der geistvollen Worte. 

In dem sich nach der Pause anschliessenden geschäft- 
lichen Theile der Generalversammlung berichtete Herr 
Hofrath Suphan zuerst über die Auffindung der in der 
Leipziger Zeit von Behrisch unter dem Titel »Annette« 
zusammengestellten Jugendgedichte Goethes, — dann über 
die erfreuliche Weiterentwickelung der Goethe-Bibliothek, 
sowie des Goethe- und Schiller- Archivs. 

Der Bericht des Schatzmeisters, Herrn CommerTiienraths 
Dr. Morit^y über den Rechnungsabschluss des Jahres 1894 
erweiterte sich zu einer statistischen Uebersicht über die 
gesammte Thätigkeit dfer Goethe-Gesellschaft in den eben 
abgelaufenen ersten 10 Jahren ihres Bestehens, Welche sich 



— 4f 5 •*— 

den lebhaften Dank der Versammlung mit vollem Rechte 
erwarb. 

Nach einem Berichte über das Goethe-Museum wurde 
die Generalversammlung geschlossen; an das am Nach- 
mittag die Festtheilnehmer vereinigende Festmahl schloss 
sich die Aufführung der »Laune des Verliebten« und des 
-»jahrmarktsfestes von Plundersweilern« im Grossherzog- 
lichen Höftheater. 



Dass die Goethe-Gesellschaft auf das mit dem 31. De- 
zember 1895 schliessende Geschäftsjahr mit Befriedigung 
zurückblicken kann, erhellt des Einzelnen aus dem unten- 
folgenden Berichte des Schatzmeisters. Leider hat der Tod 
uns auch dieses Jahr eine Anzahl werther Mitglieder ent- 
rissen: in dem Oberhofmeister Ihrer Königlichen Hoheit 
der Frau Grossherzogih, Herrn Major Hugo von Donop, 
i>etrauert der Geschäftsführende Ausschuss ganz besonders 
ein thätiges Mitglied, dessen ungewöhnliche Kenntnisse wife 
sein feiner künstlerischer Sinn uns jeder Zeit in liebens- 
würdigster Weise zu Gebote gestellt waren und mehr als 
einmal unsere Bemühungen in wirksamster Weiise gefördert 
■haben. Sein Andenken wird ^bei uns stets in verdiente« 
iEhren gehalten werden. 



Der XVL Band des Jahrbuches kam zum ersten Male 
unmittelbar nach der Generälversammlung zur Versendung; 
-als X. Band der Schriften erhielten unsere Mitglieder kurz 
Aror Weihnachten ein. Album »Aus dem Goethe-National- 
Museum I«. Indem der Vorstand diese Wahl traf, und zu- 
gleich im Einvernehmen mit dem Herausgeber der Schriften 
eine Fortsetzung in späteren Jahren in's Auge fasste, glaubte 
er einem öfter geäusserten Wunsche vieler unserer Mit* 
glieder zu entsprechen, es möge neben der Wissens(ihaft 
auch die Kunst und Goethes Beschäftigung mit ihr in 
unseren »Schriften« mehr zu ihrem Rechte kommen. Da 
die Goethe -Geselischaft die Pflege imd Förderung des 
Goethe-National-Museums in den Bereich ihrer Tbätigkeit 



- -♦ 6 ♦— 

aufgenommen hat, so können auch ihre Mitglieder ver- 
langen, mit dem Besten der Goetheschen Sammlungen 
allmählich bekannt gemacht zu werden. Dieses Ziel zu 
erreichen, versuchen wir durch solche von Erläuterungen 
begleitete Mittheilungen aus dem Weimarer Goethe-Hause; 
die freundliche Aufnahme, welche die 1895 veröffentlichte 
^rste Mappe gefunden, und von der uns zahlreiche Zu- 
schriften aus dem Kreise der Mitglieder Kunde gebracht 
haben, ermuthigt uns seiner Zeit in ähnlicher Weise fort- 
zufahren. 

Auch im Interesse des Goethe- und Schillerarchivs ist 
der Vorstand im verflossenen Jahre thätig gewesen. Um 
-Neujahr 1895 erhielt er davon Kunde, dass eine Anzahl 
Goethefreunde zusammengetreten waren, um den dauern- 
den Besitz der sieben Bände der von Goethe an Charlotte 
von Stein gerichteten Briefe für Deutschland, und speciell 
für das Goethe- und Schillerarchiv zu sichern. Gelang e3 
nicht innerhalb einer bestimmten Frist die endgültig fest- 
gesetzte Kaufsumme von M. 70,000.-^ zusammenzubringen, 
so lief die in der deutschen Uteratur-Geschi(;bte einzig 
dastehende Sammlung- GefÄr,- entweder ganz in das Aus- * 
fand zu wandern, oder durch Einzelverkauf für alle Zukunft 
zerstreut und zersplittert zu werden. Hier helfend einzu- 
greifen erschien dem Vorstand als eine Pflicht der Goethe- 
Gesellschaft, und er verwilligte sofort einen Zuschuss zu 
dem schon vorhandenen Fonds in der Höhe von M. 10,000. — , 
zu dem gegen Ende des Jahres eine zweite letztn?alige 
Verwilligung von M. 5000.-— trat, um den dringend noth* 
wendig gewordenen Abschluss des Geschäftes zu sichern. 
So haben die durch eine vorsichtig[e Verwaltung ange*- 
sammelten Mittel der Goethe-Gesellschaft die Möglichkeit 
gewährtj für die berufenste Stelle im deutschen Vaterlande 
den dauernden Besitz der für die Kenntniss von Goethes 
geistiger Entwickelung so hbchbedeutsamen Stein-Briefe 
sichern zu helfen. 



Der Herr Schatzmeister berichtet über das abgelaufene 
Geschäftsjahr wie folgt: 



— ♦ 7 *— 

»Während die Goethe -Gesellschaft am 31. Dezember 
1894 noch 2837 Mitglieder zählte, war deren Zahl bis zum 
31. Dezember 1895 auf 2693 Mitglieder heruntergegangen, 
hatte sich also um 144 vermindert. Die Gesellschaft zählte 
am 31. Dezember 1895 ^^^ ^4 Mitglieder mehr, wie im 
ersten Jahre ihres Bestehens, dagegen 415 weniger als am 
I. Mai 1890, an welchem sie mit 3108 ihren Jiöchsten 
Bestand an Mitgliedern erreicht hatte* 

Unter den 2693 Mitgliedern befanden sich am 31. De- 
zember 1895 29 Mitglieder auf Lebenszeit und 103 durch 
die Herren A. Nutt in London und H. Preisinger in Man- 
chester gemeldete englische Mitglieder. 

In Herrn H. Preisinger in Manchester, dem Mitbegründer 
und eifrigen Förderer der Manchester-Goethe-Society, von 
dessen Ableben wir soeben Kunde erhalten, verliert die 
Goethe-Gesellschaft eines ihrer ältesten und thätigsten Mit- 
glieder, dem insbesondere auch die geschäftliche Leitung 
für seine Mitwirkung dankbar verbunden bleibt. 

Die Einnahmen der Goethe-Gesellschaft, sowie die regel- 
mässigen Ausgaben für deren Zwecke und die Verwaltungs- 
kosten haben sich in demselben Rahmen bewegt , wie in 
den Vorjahren. V^enn trotzdem die Rechnung des abge- 
laufenen Jahres auf dem Hauptconto, welches den eigent- 
lichen Betriebsfonds der Gesellschaft bildet, nicht mit dem 
üblichen Ueberschuss abschliesst, durch w^elchen unsere 
Mitglieder verwöhnt worden sind, so trägt daran die ausser- 
ordentliche Verwilligung von M. 15,000.— die Schuld, durch 
welche sich die Goethe-Gesellschaft an der Erwerbung der 
Stein -Briefe betheiligt hat und von welcher M. 10,000. — 
auf das Berichts- Jahr entfallen. Der Schatzmeister gedenkt 
diese ausserordentliche Verwilligung trotz ihrer Höhe aus 
den laufenden Betriebsmitteln der Gesellschaft für die 
Jahre 1895 und 1896 zu decken, ohne dass die Ausgaben 
für die eigentlichen Zwecke der Gesellschaft geschmälert 
werden und ohne dass der Reserve-Fonds, dem diese Aus- 
gabe eigentlich zur Last zu fallen hätte, angegriffen wird. — 

Die Gesammt-Rechnung des Jahres 1895 zeigt hiernach 
buchmässig einen Fehlbetrag von M. 2091.55, welchem 
M. 60,748.10 in sicheren Werthpapieren, verzinslich ange- 



— * 8 ♦- 

legt und bei der Grossherzoglichen Hofhauptkasse in Weimar 
hinterlegt, gegenüberstehen. Auf den Reserve-Fonds ent- 
fallen hiervon M. 54,156.58. — Die Zahlen bedeuten den 
Ankaufswerth ohne laufende Zinsen und es ist dabei zu 
bemerken, dass sich der gegenwärtige Courswerth zum 
grössten Theil nicht unwesentlich höher stellt. 

Ausserordentliche Geldspenden wurden der Gesellschaft 
zu Theil von Herrn Professor Dr. Ludwig Geiger in Berlin 
und durch ein der Goethe-Gesellschaft hinterlassenes Legat 
des in Budapest verstorbenen Herrn Balthasar Elischer, 
letzteres im Betrage von M. 1680. — 

Bei Einziehung der Beiträge und Vertheilung der Jahr- 
bücher und Schriften erfreuten wir uns der Unterstützung 
der Herren 

Hofbuchhändler Th. Ackermann, München. 
Verlagsbuchhändler G. Fischer, Jena, 
Buchhändlier Lucas Gräfe, Hamburg, 
Buchhändler Hübner & Matz, Königsberg i. Pr., 
Buchhändler Paul Kurtz, Stuttgart, 
Hofbuchhändler G. Liebermann, Karlsruhe, 
Literar. Anstalt Rütten & Loening, Frankfun a. M., 
Rentier Ferdinand Meyer, Berlin, 
Buchhändler Max Niemeyer, Halle a. S., 
Buchhändler Alfred Nutt, London, 
Heinrich Preisinger, Manchester, (f) 
Bankier Bernhard Rosenthal, Wien, 
Schlettersche Buchhandlung, Breslau, 
Buchhändler v. Zahn & Jaensch, Dresden. 
Wir sprechen ihnen für ihre freundliche Mühewaltung 
unseren Dank aus. 

Die Abwickelung der laufenden Geschäfte und der 
geschäftliche Verkehr mit unseren Mitgliedern hat sich 
auch im abgelaufenen Jahre in befriedigender Weise voll- 
zogen. Störungen sind nur ganz vereinzelt vorgekommen. 
Sie sind ohne Ausnahme darauf zurückzuführen gewesen, 
dass die betreffenden Mitglieder von unseren Zusendungen 
nicht erreicht werden konnten, weil sie uns von der Ver- 
änderung ihres Wohnorts nicht rechtzeitige Anzeige ge- 
macht hatten. 



— 4^ 9 ^— 

Im Jahre 1895 waren jes 10 Jahre, seit die Goethe-« 
Gesellschaft begründet worden ist. Ein kurzer Rückblick 
auf die Aufgaben, . welche innerhalb der Thätigkeit des 
Schatzmeisteramtes zu lösen waren, ist vielleicht für Ein^ 
zelne nicht ohne Interesse. 

So hoffnungsfreudig man bei der Begründung der Ge- 
sellschaft auch war, so konnte man doch bei Schaffung 
ihrer ersten geschäftlichen Organisation nicht entfernt vor- 
aussehen, welch' schnelle und geradezu stürmische Ent- 
wickelung dieselbe nehmen würde. So kam es, dass die erste 
nach dem bewährten Muster der Deutschen Shakespeare- 
Gesellschaft geschaffene Ordnung der geschäftlichen Leitung 
sich dem gewaltigen Andränge der Mitglieder gegenüber 
an allen Ecken und Enden als völlig unzureichend erwies, 
und dass man gerade während des ärgsten Ansturms von 
Correspondenzen und Anfragen aller Art von einer bereits 
in der ersten Geschäftsperiode bis auf über zweitausend 
sechshundert Mitglieder angeschwollenen Zahl nach neuen 
Formen für die geschäftliche Organisation und nach neuen 
Formen für den Verkehr mit den Mitgliedern und für die 
Führung der Listen und Bücher suchen musste. Erschwerend 
kam hierzu die schwere Erkrankung und der wenige Monate 
nach Begründung der Gesellschaft erfolgende Tod des ersten 
Schatzmeisters und dass für seinen -Nachfolger die Ueber- 
nahme des Amtes zusammenfiel mit der Uebernahme un- 
gewohnter schwerer und weitverzweigter Berufspflichten. 

Trotzdem ist es in verhältnissmässig kurzer Zeit ge- 
lungen, aller Schwierigkeiten Herr zu werden, und es darf 
wohl gesagt werden, dass dieselben auch zu der Zeit, in 
welcher sie am schwersten zu überwinden waren, nicht so 
sehr unseren Mitgliedern als vielmehr den an der Geschäfts- 
leitung Betheiligten zum Bewusstsein gekommen sind. Man 
wird begreifen, dass der Schatzmeister heute durch einen 
besonderen Expedienten unterstützt wird und dass ausser- 
dem Buchführung und Rechnungsführung noch durch Be- 
amte des Hauses Julius Elkan mitbesorgt werden, wenn 
man die nachfolgenden Zahlen kennen lernt: 

Im Laufe der nunmehr abgelaufenen 10 Jahre hat der 
Schatzmeister mit nicht weniger als mit 30,004 einzelnen 



— ♦ 10 ♦— 

Personen und zwar mit jeder einzelnen mehrmals zu ver- 
kehren gehabt und sie. haben ihm ebensowenig wie dem 
Vorsitzenden des Geschäftsführenden Ausschusses diesen 
Verkehr immer bequem und einfach gestaltet. Die Ge- 
sammt'Einnahme während dieser Zeit betrug M. 378,269.20, 
die Gesammt' Ausgabe M. 345,953.25. Der Gesammt'Umsat:( 
erreichte hiernach die bei einer zu Uterarischen Zwecken 
geschaffenen Vereinigung noch niemals dagewesene Höhe 
von M. 724,22245. Der oben genannten Gesammt- Aus- 
gabe steht aber unser nachher zu nennender Vermögens- 
bestand gegenüber. 

Von der Ausgabe entfallen 

1. auf die 10 Bände des Jahrbuchs . . M. 131,832.02 

2. auf die 10 Schriften » 67,282.38 

zusamnieh also auf die Veröffentlich- " 

ungen der Gesellschaft M. 199,114.40 

3. auf die Bibliothek » 23,062.19 

4. Sonstige Erwerbungen » 19,484.99 

Es ergibt dies die stattliche Summe von M. 241.661.58 
Ich wiederhole: Nach der Rechnung sind innerhalb dieser 

10 Jahre ausgegeben worden M. 345,953.25. 

DieserGesammtausgabe stehtaber als ^^^/i;«w gegenüber 
Der Vermögensbestand am )i, Dezember iS^j: 
I. In Baar und Werthpapieren M. 61,416.04 

II. Bibliothek (Kaufwerth) . » 23,239.19 

III. Werth der in Bestand verbliebenen Schriften » 4450.64 

IV, Werth sonstiger Erwerbungen (Kaufwerth) 
z. Zt. einschliesslich unseres auf 1895 
entfallenden Antheils an den Stein-Briefen » 17,544.60 

V. Werth der in Bestand verbliebenen Druck- 
sachen u. Materialien (nicht veranschlagt) » — — 

Hiernach Gesammt - Vermögens - Bestand am 

)i, DeT^ember 189s M. 106,650.47 

•f . ' 

Unsere Mitglieder werden mit uns mit Befriedigung 

auf die geschäftlichen Ergebnisse des ersten Jahrzehnts des 
Bestehens der Goethe^Gescllschaft blicken dürfen.« — 



— ♦ 1 1 -»«• — 

Die Bibliothek der Gaetbe-Gesellschaft ist nsch dm bisher 
befolgten Grundsätzen von dem Direcior des Goethe- und 
Schiller -Arcliivs verwaltet und durch Ankäufe erweitert 
worden. Gönner und Freunde der Gesellschaft haben auch 
im verflossenen Vereinsjahr, durch Schenkungen zur Ver- 
mehrung des Bücherschatzes beigetragen; ihre Namen seien 
hier mit aufrichtigem Danke verzeichnet: 

Woldemar Freiherr .von Biedermann (Dresden), C. A. 
Buchheim (London), Königl. Sachs. Hofbuchbinder Hugo 
Fritzsche (Leipzig), Professor Dr. Ludwig Geiger (Berlin), 
Stadtrath Dr. Julius Gensei (Leipzig), .Geh. Regierungsrath 
Professor Dr. Herman Grimm (Berlin), Karl Groos (Heidel- 
berg), Professor Dr. W. Grube (Berlin), Professor Dr. Herrn. 
Henkel (Wernigerode), Theodor Heyse (Sl Petersburg), 
Professor Dr. Gustav Kettner (Pforta), Professor Dr. Friedrich 
Kluge (Freiburg i. B.), Dr. Albert Leitzmanh (Weimar), 
Lese- und Redehalle deutscher Studenteti (Prag), Literarische 
Anstalt (Frankfurt a. M.), Alexander Meyer Cohn (Berlin), 
Dr. Hans Morsch (Berlin), Verlagsbuchhändler Carol Müller 
(Bukarest), Dr. G. A. Müller (Strassburg i. E.), R. Payer 
von Thurn (Wien), Professor Dr. S. M. Prem (Marburg 
a. d. Drau), Professor Dr. Gustav Roethe (Göttingen), 
Dr. Anton Schlossar (Graz), C. Schmidt (Berlin), Professor 
Dr. Erich Schmidt (Berlin), Dr. Reinhold Steig (Berlin), 
Hofrath Professor Dr. Bernhard Suphan (Weimar), Professor 
Calvin Thomas (Ann-Arbor, U. S. A.), Dr. Alexander von 
Weilen (Wien), Professor Dr. R. M, Werner' (Lemberg). 
Die Mittheilungen über das Goethe- und Schiller-Archiv 
Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Grossherzogin von 
Sachsen schliessen sich in hergebrachter Weise hier an. 
Zur Mehrung des Besitzstandes haben auch in diesem Jahre 
Gönner und Freunde beigetragen, deren Namen, wie sie im 
Buche der Schenkungen verzeichnet stehen, hier mit auf- 
ricHtigem Danke genannt werden: 

Se. K. H. der Grossher^^og überwies dem Archiv die 
Abschrift eines Briefes von Goethe an die Grossfürstin 
Maria Paulowna, dessen Original sich im Familienarchiv 
des Grossherzoglichen Hauses befindet. — Frl. Bettine 
RingseiSy München, schenkte das Stammbuch ihres Vaters, 

Goethe-Jahrbuch XVII. 24 



— ♦ 12 <♦ — 

Johann Nepomuk Ringseis. Der Freundeskreis des berühmten 
Arztes und Gelehrten ist mit kleinen literarischen Denk- 
mälern darin vertreten; wir finden Blätter von Max* von 
Schenkendorf, E. M. Arndt, Achim und Bettina von. Arnim, 
Clemens Brentano, C. Buysen, A, F. Eichhorn, Henriette 
Herz, Friedrich Garl und Guhda von Savigny u. a. Die 
werthvolle Gabe ist diirch Herman Grimms Fürsprache in 
das Archiv gekommen. — Herr Dr. \C. A. Martins schenkte 
eine genaue Abschrift der gesammten Correspondenz seines 
Vaters, 'des berühmten Botanikers Carl Friedrich Philipp, 
von Martius mit Goethe. Die Abschrift der Briefe Goethes 
ist von den Originalen genommen — das Goethe- und 
Schiller- Archiv besitzt die Concepte — die der Briefe von 
Martins von Concepten — das Archiv besitzt die Originale. 
Die im Archiv befindlichen Originale der Briefe von Martins, 
von Bratranek in »Goethes Naturwissenschaftlicher Corre-. 
spondenz« abgedruckt, sind sämmtlich kürzer als die mit- 
getheilten Concepte ; auch fehlen in den ersteren zwei Ab- 
handlungen »Einiges von den Palmen« und »Die Bildung; 
der Wolken«, die jetzt aus den Concepten mitgetheilt sind. 
Diese Schenkung ist vermittelt durch den preussischen 
Gesandten am Weimarischen Hof, Exz. Raschdau. Eine 
Zugabe bildeten die bisher vollendeten Hefte i und 3> der 
von Dr. C. A. Martins verfassten Geschichte der Familiö 
Martins, femer eine Abschrift der Notizen, die Martins 
über seinen Verkehr mit Goethe hinterlassen hat; die 
letzteren enthalten einen Vejs, den Goethe bei Gelegenheit 
eines Mittagessens, zu dem Martins mit seiner jungen Frau 
bei seinem Aufenthalt in Weimar im August 1824 einge- 
laden war, improvisirt hat, sowie zwei bisher unbekannte 
Stammbuchverse, an Martins und seine Frau gerichtet, aus 
dem Jahre 1827. — Frau Max von Weissenihurn, Gloggnitz 
bei Wien, deponirte acht Briefe von Marianne von Willemer 
an Max von Weissenthurn im Archiv, mit der Bestimmung, 
dass dieselben nach ihrem Tode in den Besitz des Archivs 
übergehen sollen. — Herr Faktor Fräni^ Weimar, schenkte 
die Handschrift von Adolf SchöUs Aufsatz »Das Schatten- 
spiel Mipervens Geburt«. 

Inl Anschluss an die iin vprigen Jahre erfolgte Ueber- 



—^ 13 *— 

gäbe des literarischen Nachlasses von Fritz Reuter in die 
Obhut des Archivs hat der Vorstand der Deutschen Schiller^ 
Stiftung mehrere nachträglich gefundene Packete dieses 
Nachlasses, meist Briefe an Reuter und seine Frau enthaltend, 
dem Archiv überwiesen. 

Bücher und Drucke schenkten dem Archiv: 
5^. K. K der Grossher^og, L K. H. die Frau Grossher:(ogin, 
Graf von Bylandt-Rheydt (Weimar), Geh. Regierungsrath 
Professor Dr. Herman Grimm (Berlin), Schulinspector Dr. 
FritTi Jonas (Berlin), Dr. C. A. Martius (Berlin), Verlags- 
buchhändler Carol Müller (Bukarest), Dr. C Schüddekopf 
(Rossla a. H.), Dr. Reinhold Steig (Berlin), Professor Dr. 
Richard IVeltrich (München), Director Dr. J. Wychgram 
(Leipzig). 

Die Arbeiten des Archivs sind auch im verflossenen 
Jahre durch Beihülfe theilnehmender Gönner wirksam unter- 
stützt worden ; denselben sei hier der aufrichtige Dank der 
Anstalt ausgesprochen. Mit Zustimmung der Herren Barone 
Erwin von Arnim auf Czernikow, Ottmar von Arnim auf 
Blankensee und Annois von Arnim, auf Wiepersdorf, hat 
Herman Grimm die der Mehrzahl nach in Wiepersdorf 
befindlichen Originale der Briefe Goethes an Bettina von 
Arnim für das Goethe- und Schiller -Archiv abschreiben 
lassen. Die Abschriften kommen den Bänden 20 ff. der 
Briefabtheilung zu Gute. Dr. Reinhold Steig hat es freund- 
lich übernommen, die von Weimar nach Berlin gesandten 
Druckbogen der betreffenden Bände nochmals mit den 
Originalen zu vergleichen. Herr Alexander Meyer Cohn 
übersandte aus seinem Handschriftenschatze die ganze Samm- 
lung der Briefe Goethes an Reinhard, Herr Graf Hans 
Thilo von Werthern die Originale der Briefe Goethes an 
Silvie von Ziegesar, die sich im Gräflich Werthern'schen 
Familienarchiv in Beichlingen befinden. 

Die Arbeiten an der im Auftrage der Frau Gross- 
herzogin erscheinenden Ausgabe von Goethes Werken 
befinden sich in stetem Fortgange. Die zweite Abtheilung 
(Naturwissenschaftliche Schriften) ist bis auf den 5. Band 
{kleine Schriften zur Farbenlehre) vollendet. Dr. Rudolf 
Steiner hat sich um diese Abtheilung, insoweit sie alle 

24* 



— ♦ 14 *— 

Zweige der Naturwissenschaft, mit Ausnahme der Optik, 
umfasst, ein grosses Verdienst erworben. Das reiche schon 
bekannte Material, das nach Eröffnung von Goethes Nach- 
lass eine ungeahnte Erweiterung an noch ungedruckten 
Aufsätzen, Entwürfen und Schematen erfahren hat, hat er, 
soweit es in die von ihm bearbeiteten Bände gehörte, 
methodisch in eine neue Ordnung gebracht, die es jetzt 
ermöglicht, die Entwicklung von Goethes naturwissen-^ 
schaftlichen Anschauungen und Arbeiten in einem sachr. 
gemässen Zusammenhange . zu überschauen. Seine niehr- 
jährige, dankenswerthe Arbeit am Archiv beschliesst er 
durch eine neue Anordnung des gesammten naturwissen- 
schaftlichen Nachlasses, wie sie den in den Werken dar- 
gelegten inneren Zusammenhang von Goethes Ideen auf 
diesem Gebiete entspricht. Die dritte Abtheilung (Tage- 
bücher) wird unter Dr. Julius Wohles Theilnahme von 
Dr. Ferdinand Heitmüller gefördert und die vierte (Briefe), 
deren Herausgabe Dr, Albert LeitT^mann besorgt, rückt in 
rascher Folge vorwärts. Dr. August Fresenius hat seine 
Arbeiten zur Textkritik von Goethes Werken fortgesetzt. 
Im Druck befinden sich zur Zeit von den Werken Band 13" 
(Theaterbearbeitung von Kotzebues »Schutzgeist«, Lesarten 
. und Paralipomena der im 13 * veröffentlichen Stücke), Band 39 
(Geschichte Gottfriedens mit der eisernen Hand, Mahomet,. 
Prometheus, Urfaust,. Prosä-Iphigenie) und Band 47 (Kunst- 
historische Schriften : Propyläen). Anschliessen werden 
sich Band 37 (Aus Goethes Frühzeit) und Band 5" (Les- 
arten und Paralii>omena zu den Gedichtbänden 4 und 5'). 
Der von unsern Mitgliedern an dieser Stelle .erwartete 
Bericht des Goethe ^NationaU Museums hat nichts Ueber- 
raschendes zu berichten. Im Laufe des Jahres 1895 hatte 
sich die Direction zuerst an der von dem Freien Deutschen 
Hochstift in Frankfurt unternommenen Goethe- Ausstellung 
zu betheiligen und konnte eine Reihe hochiateressanter 
fBlätter, Zeichnungen aus den Jahren vor 1775, Bildnisse,. 
Silhouetten etc. beitragen ; — alsdann musste das Material 
für die im Dezember auszugebende X. Schrift gesichtet 
und bereitgestellt werden. Daneben gingen die gewohnten 
Verwaltungsarbeiten ihren gewohnten, geräuschlosen Gang,. 



— ► 15 *— 

sich hauptsächlich mit dem Ordnen der Bibliothek und 
der Weiterführung der Kataloge der verschiedenen Theile 
der Sammlungen beschäftigend« 

In den letzten Tagen ist der Direction eine äusserst 
wohlwollende Anregung zugegangen, die den Wunsch 
nach baldiger Veröffentlichung eines vollständigen und 
illustrirten Catalogue raisonni ausspricht und mit guten 
Gründer! unterstützt. Da der freundliche Schreiber seinen 
Namen leider verschwiegen hat, so möchte die Direction 
ihm auf diesem Wege versichern, dass ein solcher Plan 
die massgebenden Persönlichkeiten schon wiederholt be- 
schäftigt hat. Aber die Schwierigkeiten der Ausführung 
sind nicht gering ; man denke nur an die erstaunliche Viel- 
seitigkeit der Goetheschen Sammlungen. Um dieselben 
dem heutigen Stande der Wissenschaft gemäss richtig 
zu beschreiben, dazu gehörte ein ganzer Stab von Spezia- 
listen : bald handelt es sich, den Ursprung von alten 
Handzeichnungeii zu bestimmen, unedirte antike Bronzen 
oder Gemmen zu verzeichnen, die herrlichen Portrait- 
medaillen und Plaketten des 15. und 16. Jahrhunderts 
mit den Angaben Armands oder Moliniers zu vergleichen, 
bald über römische Thongefässe und italienische Majoliken, 
französische Emaillen oder deutsche Steinzeugkrüge zu- 
verlässige Auskunft zu geben. Anscheinend einfacher liegt 
die Aufgabe bei den ca. 5000 Nummern der Bibliothek, 
aber auch hier würde eine knappe Aufzählung der Titel 
nicht genügen; man wird nachweisen wollen, welchen 
Nutzen Goethe aus den Büchern gezogen, wie er sie be- 
sprochen und beurtheilt habe. All dieses reiche Material 
war ja für Goethe nicht wie der todte Besitz so manches 
Sammlers, der sich eben nur mit dem Besitzen begnügt: 
er lebte in und mit seinen Schätzen, sich an ihnen erfreuend 
und weiter bildend bis zu den letzten Tagen seines Lebens. 
Zuverlässige Aufzeichnungen über die Sammlungen, nament- 
lich über ihre Provenienz, haben sich fast gar nicht er- 
halten; die werthvoUsten Notizen finden sich nur in den 
Tagebüchern und Briefen. Erst wenn diese vollständig 
zugänglich sind, wird dem seit Jahren sich ansammelnden 
Material die Form gegeben werden können, die man von 



-♦ i6 4— 

einem Cataloge der Sammlungen Goethes mit Recht er- 
warten darf. 

Auch in dem verflossenen Jahre sind dem Goethe- 
National-Museum eine Anzahl werthvoUer Geschenke zuge- 
gangen, für die es der Direction eine Pflicht und eine Freude 
isty den gütigen Gebern hier nochmals herzlich zu danken. 
S. K. H. der Grossher:(og überwies eine aquarellirte 
Ansicht des Grabes der Minna Herzlieb, welche Herr 
Dr. Fries in Görlitz verehrt hatte. — Herr Professor Dr. 
Julius Elischer in Budapest schenkte die photographischen 
Facsimiles der mit der Sammlung seines verstorbenen Onkels 
in den Besitz des ungarischen Staates übergegangenen 
Goethe-Silhouetten ; — Herr E, Fellner in Frankfurt a. M. 
den Gyps-Abguss eines bisher unbekannten Goethe- 
Medaillons; — Herr Dr. Hof siede de Groot im Haag eine 
grosse Photographie eines Gemäldes von H. van Baien, 
von dem die Goethesche Sammlung den Originalentwurf 
des Künstlers besitzt; — Herr Director Dr. Julius Lessing 
in Berlin einen Abguss des Melchiorschen Portraitmedaillons 
des Kanonikus Dumeix, eines Freundes von Goethes Eltern; 
— Herr Postverwalter Schult:^e in Lauchstädt Ansichten des 
Theaters und anderer Gebäude daselbst; — Herr Verlags- 
buchhändler Arthur Seemann ein gleichzeitiges Oelgemälde, 
Herzogin Anna Amalia in Profil darstellend. 

Für die Bibliothek des Goethe -National - Museums 
schenkten Herr Dr. K, Heinemann in Leipzig sein Leben 
Goethes; — Herr Hermann Juncker in Frankfurt a. M. seine 
Aufsätze über das Seekatzsche Familienbild und verschiedene 
Goethebildnisse ; — Herf Professor Dr. C. von Lüt^^ow in Wien 
die Wilbrandtsche Faustbearbeitung; — Herr Carol Müller 
in Bukarest eine rumänische Uebersetzung von Werthers 
Leiden; — die Literarische Anstalt Rütten & Loening in 
Frankfurt a. M. den XVI. Band des Goethe-Jahrbuches. 

Durch die gütige Vermittlung des Herrn Generalconsuls 
A. Schneegans in Genua erhielt das Museum eine getreue 
Nachbildung einer im Besitze des Herrn August Brion in 
Strassburg befindlichen Silhouette auf Goldgrund, welche 
aus gewichtigen Gründen für das Bildniss von Goethes 
Friederike gehalten wird. 



— * 17 ^— 

Aus eigenen Mitteln erwarb das Goethe- National- 
Museum im Laufe des Jahres.: eine colorirte Radirung nach 
Radis Zeichnung der Gerbemrähle^ welche Goethe mit vier 
eigenhändigen Versen Frau Rosette Stadel, der Tochter 
Willemers geschenkt hatte, -^ sowie vorzügliche Goethesche 
Zeichnungen, darunter zwei hervorragende Aquarelle, welche 
Kräuter am 28. August 1825 ^'^^^ dem Dichter erhalten 
hatte. Die Goethe-Gesellschaft fügte zu diesen Ankäufen 
hinzu: 5 weitere Zeichnungen aus Kräuters Besitz, sowie das 
von Xaver von Schönberg 18 12 gezeichnete Bildniss Goethes 
aus dem Nachlasse. Herrn Öberhofmeisters von Donop 
(Zarncke Nr. 34). 

Auch auf das Jahr 1895 ^^^^ die Direction und mit 
ihr alle Freunde /des Goethe - National - Museums als auf 
ein Jahr stätiger , Arbeit und gedeihlichen Fortschreitens 
zurückblicken. 

Weimar, Mai 1896. 

Im Auftrage des geschäftsführenden Ausschusses: 
Dr. C. Ruland. 



— ♦ i8 



Mitglieder -Verzeichniss 



DER 



Goethe-Gesellschaft. 

(Abgeschlossen Mai 1896.) 



Protector: 

Same EonigL Hoheit der Grossherzog Carl Alezander 
von Sachsen- Weimar-Eisenach. 



Vorstand: 

Präsident: 

Präsident des Reichsgerichts a. D., Wirkl. Geh. Rath Dr. 
Eduard von Simsofi, Excellenz, in Berlin. 



Vice-Präsidenten : 

Geh. Hofrath Dr. C. Ruland, Director des Grossherzog- 
lichen Museums und des Goethe-National-Museunis 
in Weimar. 

Geh. Rath Freiherr Dr. W. von Biedermann in Dresden. 



Vorstands-Mitglieder : 

Geh. Staatsrath Dr. Eggeling, Curator der Universität in Jena. 
Wirkl. Geh. Rath Professor Dr. Kuno Fischer, ExceUenz, 

in Heidelberg. 
Freiherr Dr. L. von Gleichen- Russwurm, Königl. Bayerischer 

Kämmerer, in Weimar. 
Dr. Paul Heyse in München. 
Professor Dr. Erich Schmidt in Berlin. 
Wirkl. Geh. Rath Dr. Carl von Stremayr, Präsident des 

K. K. obersten Gerichtshofes, Excellenz, in Wien. 
Hofrath Professor Dr. B. Suphan, Director des Goethe- 

und Schiller-Archivs in Weimar. 
Professor Dr. Veit Valentin in Frankfurt am Main. 



— ♦ 19 ^*— 



Geschäftsführender Ausschuss 
in We i m a r : . 



Vorsitzender: Geh. Hofrath Dr. C. Ruland. 
Stellvertreter: Geh. Hofrath, Oberbibliothekar 

P. von Bojanowsky. 
Schriftführer: Staatsrath Dr. ÜT. Kuhn. ~ ^ 
Schatzmeister: Commerzienfath Dr. jur. R. Morit;^^. 



Verlagsbuchhändler H. Böhlau. 

Archivdirector Dr. H. Burkhardt. 

Hofrath Professor Dr. B, Suphan. 

Kammerhefr, Hoftheater-Intendant H. von Fignau. 

Oberhofmarschall Wirkl. Geh. Rath Graf ö. v. lVedel,Exc. 




— »^ 20 



Mitglieder: 

Seine K. n. E. Majestät Wilhelm TL, Deutsoher Kaiser 

und ESnig von Freussen. 
Ihre E. n. E. Majestät AnguBta Victoria, DentsoheEaiBerin 

und Königin von Freussen. 
Ihre K u. K, Majestät Victoria, Kaiserin und Kenigin 

Friedrich. 
Seine K. u. K. Apost. M^estät der Kaiser von Oester- 

reich, König von Ungarn. 
Seine Mc^estät der Konig von Soh:99:eden u. Norwegen. 
Ihre Mc^estät die Königin von Italien. 
Ihre Majestät die Königin Marie vx)n Neapel. 
Ihre Majestät die Königin von Bumänien. 
Ihre Kaiserliche Hoheit die Frau Grossf ärstin Elisabeth 

Maurikiewna von Bussland. 
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Baden. 
Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin von Baden. 
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Mecklen- 

barg-Schwerin. 
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Oldenburg. 
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Sachsen. 
Ihre Königliche Hoheit die Frau Grossherzogin von Sachsen. 
Ihre Königliche Hoheit die Frau Erbgrossherzogin von 

Sachsen. 
Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin Oarl Theodor 

in Bayern. 
Ihre Königliche Hoheit die Fraa Herzogin Amalie von Urach. 
Seine Königliche Hoheit Alezander Friedrichi Landgraf 

von Hessen. 



— -*f 21 <fr— 



Ihre ESuigliche StAät üb JESnm öififiii von Flandern. 
Seine Hoheit der Herzog von' 



Ihre Eaiserlioh Königliche Hoheit die Frau Herzog^nlfaaii 
von Saohsen-Goburg und <}otha, Herzogin von Edin- 
burgh Grosafurstin von Bussland. 

Ihre Hoheit die Frau Herzogin Wittwe von Saohsen- 
Goborg und Gotha. 

Seine Darohlaucht Fürst Beuss j. L. 

Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen-Meiningen. 

Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklen- 
burg-Schiverin. 

Ihre Hoheit die Frau Herzogin Johann Albreoht von 
Mecklenburg-Schwerin. 

Seine Durchlaucht der Prinz Heinrich YII. Beuss. 

Ihre Hoheit Frau Prinzessin Heinrich VII. Beuss. . 

Ihre Hoheit Fraa Prinzessin Moritz von Sachsen-Altenburg. 

Ihre Hoheit Prinzessin Marie von Sachsen-Meiningen. 

Seine Hoheit Prinz Hermann von Sachsen-Weimar. 

Seine Hoheit Prinz Ernst von Sachsen-Weimar. 

Seine Hoheit Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen. 

Seine Hoheit Prinz Friedrich von Sachsen-Meiningen. 

Seine Durchlaucht Erbprinz Heinrich XXVII. von Beuss j^L. 

Seine Hoheit Prinz Friedrich Oarl von Hessen. 

Ihre Hoheit die Frau Erbprinzessin vonSchaumburg-Lippe. 

Ihre Hoheit die Frau Erbprinzessin- Wittwe von Anhalt. 

Ihre Durchlaucht die Frau Prinzessin Hermann zu 
Solms-Braunfeis. 

Seine Hoheit der Herzog zu Schleswig-Holstein. 



— ♦ 22 *— 



Ehren-Mitglieder: 
von Gleichen-Russwurm, Freiherr Dr. L., Königl. Bayerischer 

Kämmerer in Greifenstein ob Bonnland. 
Ulrike von Levet:^aw^ Stiftsdame, auf SchlossTfiblic in Böhmen. 
1 m c 

Mitglieder auf Lebenszeit: 
Seine K. u. K. Abostol, Majestät der Kaiser von Oesterreich, 

König von Ungarn. 
Ihre K K. Hoheit die Frau Her:;^ogin Marie von Sachsen- Coburg 



Seine K. 
Berlin: 



und Gotha, Her^oginv, Edtnhurß. Grossfürstin v. Russland, 
Hoheit Alexander Friednch, Landgraf von Hessen. 



Budapest: 

Bukarest: 

Charlottenburg : 

Sorpat: 

Dyrotz, Rittergut b. 

Wustermark : 
Frankfurt a. M.: 
Godesberg b. Bonn: 
Hamburg: 
Hildburghäusen : 
München: 



Friedlaender, Frau Professor. 

Liebermann, Dr. F. 

Maas, Heinrich, Fabrikbesitzer und 

Handelsrichter. 
von Rheinbaben, Geh. Ober-Regie- 

rungsrath. 
Kornfeld y Sigmund, Direcior der 

Ungarischen AUgem.Creditbank. 
Sturd^ay Demetrius, Kgl. • rumän. 

Staatsministers a. D., Excellenz. 
Frau Geh. Reg.-Rath von Siemens. 
Dr. Woldemar Masing. 



Nassau: 

Nieder-Ingelheim : 
Nikolajew : 



Guts-Administrator Lothar Meyer. 

Gg. Albert Ke)l. 

Frau Lucy Frentien, geb. Hoesch. 

Dr. jur. Adolf Axel von Dehn. 

Paia von Petrovics, Redacteur. 

Fräulein Marie von Ritter. 

Dr. M. Schubart. 

Frau Gräfin L. G. von Kielmansegge, 

Frau Baronin von Erlanger-Bernus. 

Rudolf Wolf gang Reyher. 
Siegerslebenb.Eilslb.: Frau Kreisrichter M. Führung. 
Weimar: Frau M. von Gbben. 

Seine Erlaucht Graf Gbrtz von Schlitii^ 

Geh. Legationsrath Raschdau. 
Wien : Ihre Durchlaucht Frau Fürstin M, 7u 

Hohenlohe - Schillingsfürst, geb. 
Prinzessin Wittgenstein. 

Dumba, Nicolaus, Reichsrath, Herren- 
haus-Mitglied. 

Frau Rosa von Gerold, geb. Henneberg. 

Frau Anna Jägermayer. 



7^ 



— ^ 23 44—- 



Die Namen der Mitglieder auf Lebenszeit sind in der nach- 
stehenden Liste nochmals cursiv abgedruckt. 



DEUTSCHES REICH. 



Aachen. 

Messow, Franz G. 
Stadtbibliothek,. 

Achem 1/ Baden. 
Wagner, G„ Privatier. 

Alienstein i/Ostpr. 
Grass, Franz, Rechtsanwalt. 
Szostakowski, Amtsger.-Rath. 

Altenburg 

(Sachsen-Ahenburg). 

Landesbibliothek, herzogliche. 
V. Scheffler, kgl. preuss. General 
der Infanterie z. D., Excellenz. 

Altenplatow b/ Genthin. 
Schering, Emil, Studirencjer a. d. 
Universität. 

Altena. 

Gallisen, Frau Dr. 
Wähler, C., Pastor. 
Matthiessen, Dr., Gymnasial-Ober- 

lehrer a. D. 
-Sieveking, Carl, Rechtsanwalt und 

Notar, Justizrath. 

.; Amtitz i/Lausitz (Kr. Guben). 

Heinrich, Prinz zu Carolath-Schön- 
aich, Durchlaucht, Freier Stan- 
desherr und Majoratsherr. 

Andernach. 

Sphiecht, Frau L. 

Annaberg (Erzgebirge). 
Warmann, Eduard. 

Annettenhöh b/Schleswig. 
V. Brockdorff, I:rau Baronin. 



Apolda. 

Deinhardt, Frau Dr. Maria. 
Stechbw, Oscar, Oberbürgermstr. 

Arnstadt. 

Matthaei, Kgl. Reg.-Baumeister. 

Ars a/Mosel (Lothringen). 
Carlebach, Dr. Ed., Notar. 

Aschafifenburg. 

Reber, Dr. Joseph, Director. 

Augsburg. 
Bauer, Ludwig, Rechtsanwalt. 
Flesch, Gustav, Bankier. ' 
Herzfi^lder, J., Rechtsanwalt. 
Stadtbibliothek. 

Anrieh. 

Grisebach, Erich, Landrichter. 

Baden-Baden. 

Roeder, Emil, Commerzienrath. 

Bamberg. 

Marschalk v.Ostheim,Freiherr Emil. 

Barby a/Elbe, 
Thierbach, Otto. 

Barmen. 

V. Eynern, Ernst, Stadtverordneter, 
Mitglied des Abgeordneten- 
hauses. 

Frankj Max, Amtsgerichtsrath. 

Nordhaus, Herniann, Kaufmann., 

Rittershaus, Emil, Schriftsteller. 

.Stadtbibliothek. 

Bautzen. 

Fritzsche, Georg, Gymnasialober- 
lehrer. 

Kaersten, Dr. jur. Felix, Assessor 
bei der Staatsanwältschaft. 



— ♦ 24 *- 



Bautzen. 

Klee^ Dr. Gotthold, Professor, 

Gymnasialoberlehrer. 
Kunz, Dr. Heinrich, Staatsanwalt. 

Bayreuth (Bayern). 
Gymnasialbibliothek. 
Wagner, Siegfried. 
Würzburger, Frau Jenny, Rechts- 
anwaßswittwe. 

Rellin b/ Bärwalde (Neu-Mark). 
V, Kahle, Fräulein Julie. 

Berlin. 

Abraham-Römer, Dr. jur. A., 

Journalist. 
Acgidi, Dr. L., Professor, Ge- 
neimer Legationsrath. 
Alexander, Felix, Procurist. 
Alt,.Stud. phil. Carl. 
Andresen, Waldemar. 
V. Asten, Fräulein Julie, 
Bach, Dr. Th., Director des Falk- 

Realgymnasiums. 
Baerwald, S. 

Bahlsen, Dr. Leopold, Gymnasial- 
lehrer. 
Bardt, Dr. C., Gymnasialdirector. 
Becker, Carl, Beamter der Handels- 
gesellschaft. 
Becker, Fräulein Hanna. 
V. Beckerath, A. 
Behrend, Adolf, Buchhändler. 
Bellermann, Dr. B., Director des 
Königstädtischen Gymnasiums. 
Berent, Fräulein, Selma. 
Bernhard, Arthur, Bankier. 
Bernhard, Stud. [ur. Ludwig. 
Bernstein, Frau Professor Dr. C. 
Bibliothek^ Königliche. 
Bibliothek, Städtische der Goeritz- 
Lübeck-Stiftung (O. Goeritz). 
Bibliothek des Kgl. Realgymna- 
siums. 
Bibliothek des Kgl. Wilhelms- 
Gymnasiums. 
Bielschowsky, Dr., Oberlehrer. 
V. Bissin^, Freiherr Stud. phil. 

Friedrich Wilhelm. 
Blumenthal, Dr. Oskar, Director 

des Lessing-Theaters. 
Bodländer, Rechtsanwalt. 
Booth, Fräulein Esther. 
Borchardt, Dr. Oskar. 
Borchardt, Frau Comm.-Rath Rud. 



Berlin. 

Borckenhagen, Frau Corvetten- 

Capitän. 
Boretius, Fräulein Charlotte. 
V. Bothmer, Ernst, Wirkl. Legat.- 

Rath. 
Brahm, Dr. Otto, Director des 

Deutschen Theaters. 
Braumüller, Dr., Professor, Ober- 
lehrer. 
V. Braunschweig, Kaiserl. Ge- 
sandter z. D. 
BreiderhofF, Frau Dr. 
V. Bremen, Geh. Ober-Reg.-Rath. 
Breslauer, Bernhard, Rechtsanwalt. 
Broicher,Otto,Kammergerichtsrath. 
V. Brühl, Gräfin Hedwig, Palast- 
dame, Excellenz. 
V. Bunsen, Dr. Georg. 
V. Bunsen, Fräulein Marie. 
Funsen, Fräulein Marianne. 
Bürgers, Max, Bankier. 
Busch, Richard, Kammergerichts- 

rath. 
Caro, Dr. Georg. 
Cassirer, Ernst. 
Cassirer, Cand. phil. Fritz. 
V. Chelius, Hauptmann im General- 
stab. 
Cohn, Albert, Buchhändler. 
Cohn, Alexander Meyer, Bankier. 
Cohn, Alfred, Procurist. 
Cohn, Dr. Heinrich, Rechtsanwalt. 
CoUin, D., Verlagsbuchhändler. 
Coste, Dr. David, Professor, Lehrer 

am Askanischen G3rmnasium. 
V. Gramm- Burgdorf, Freiherr, Her- 
zogl. Braunschweig. Gesandter. 
Daffis, Dr. Anton. 
Daffis, Dr. jur. Eduard, Gerichts- 
Assessor. 
V. Dallwitz, Frau W., geb. v. Gräfe. 
Darmstädter, Dr. Ludwig, Fabrik- 
besitzer. 
Davidson, George, Chef-Redacteur 

des Berliner Börsen-Couriers. 
Delbrück, Dr., Staatsminister, Ex- 
cellenz. 
Delbrück, Heinrich, Landrichten 
Delbrück, Ludwig, Bankier. 
Delbrück, Frau Geh. Commerzien- 

rath Luise. 
V. Donop, Dr. L., Professor. 
Doss, Fräulein Marie. 
Dümmler, Dr. E., Professor. 



-^ 25 ♦— 



Beflin. 

Eger, W. 

Elias, Dr. phil. Julius. 

Elias, Max, Rentier. 

EIlinger,Dr. Georg, Realschullehrer. 

Eloesser, Dr. phn. Arthur. 

Enslin, Cand. med. Fritz. 

Epstein, Stud. jur. Max. 

V. Erdberg, Dr. R. 

Ernst, Eberhard, Verlagsbuchhdlr. 

Euchel, F., Justizrath. 

Ewe, E., Privatier. 

Feig, Dr. M., Sanitätsrath. 

Feist, Richard, Referendar. 

Fleischhammer, Dr., Geh. Hof- 

justizrath. 
Flinsch, Alexander, Kaufmann. 
Fränkel, Dr. Max, Professor. 
Fraenkel, Max, Maurermeister. 
V. Frankenberg, Rittmeister im 

Garde-Kürassierregiment. 
Franzos, Dr. K. E., Schriftsteller. 
Frenkel, H., Bankier. 
Frenzel, Frau Bertha. 
Frenzel, Dr. Karl. 
Freund, Ernst. 
Frey, Dr. Karl, Professor. 
Friedenthal, Frau Margaretha. 
Friedländer, Frau Professor. 
Friedländer, Max, Amtsgerichtsrath. 
Friedländer. Dr. phil. Max, Privat- 

docent der Musikwissenschaft. 
Friedmann,Dr. Alfred, Schriftsteller. 
Fromberg, Frau Martha. 
Fuchs, Dr. phil. M. 
Geiger, Dr. Ludwig, Professor. 
Geiger, Frau Professor Dr. Martha. 
Gero, Fräulein Franziska. 
Gernsheim, Dr. Fr. W., Professor. 
Gesenius, Stadtältester, Director 

des Berliner Pfandbrief-Amtes. 
Ginsberg, Stud. phil. Edgar. ' 
Glaser, Dr. Adolf, Redacteur. 
Glaue, Arthur, Buchhändler. 
Gloeden, Lehrer an der Sophien- 
schule. 
Goecke, Rudolf, Kaufmann. 
Goering, Dr. Robert, Chemiker. 
V. Goldbeck, Ober-Reg.-Rath. 
Goldbeck, Dr. Ernst, Gymnasial- 

Oberlehrer. 
Goldberg, Alfred, Kaufmann. 
Goldschraidt, Professor, Geheimer 

Justizrath. 
Goldschmidt, Arthur, Schriftsteller. 
Goldschmidt, Rob., Bankier. 



Berlin. 

Goldschmidt, Frau Tacie. 

Gothein, Kgl. Berpneister. 

Gottheiner, Fräulem Marie. 

Gottheiner, P., Stadt-Bauinspector. 

Gotthelf, M. 

Gottschalk, Gustav, Kaufmann. 

Grimm, Dr. Herman, Professor, 
Geheimer Regierungsrath. 

Groebenschütz, Oberverwaltungs- 
gerichtsrath. 

de Gruyier, Dr. Walter, Kauf- 
mann. 

Güterbocki Stud. phil. Eduard. 

V. Guldencrone, Frau Baronin. 

Guttmann, Frau Marie. 

Hagen, Werner G. A. 

Hartleben, Otto Erich, Schriftsteller. 

Hartmann, Dr. phil. Huo[0. 

V. Heerwart, Dr. Adolf, Wirkl. 
. Geheimer Rath, Excellenz.. 

Heinitz, Frau Anna. . 

Heinitz, Franz, Rechtsanwalt. 

Henning, Theodor, Architect. 

Herrmann, Dr. phil. Max, Privat- 
docent an der Universität. 

Hertz, Wilh., Verla^sbuchhändler. 

Heydemann, Dr. phil. V. 

Hiller v.Gaertringen, Freiherr Dr. F. 

Hirschfeld, Philipp. 

Hoffmann, Dr. Ed., Geh. Reg.-Rath. 

Hofmann, Rudalf, Verlagsbuch- 
händler. 

V. Holst, Mathias, Baumeister. 

v. Hopfen, Dr. Hans, Schriftsteller. 

Horsfall, Charles. 

Hübler, Dr. jur. Bernhard, Pro- 
fessor, Gen. Ober-Reg.-Rath. 
Jablonski, Berthold, 
acobi, Leopold, Kaufmann und 
Stadtverordneter. 

Jacoby, Dr. Daniel, Gymnasial- 
Professor. 

Taff6, Frau Dr. Helene. 

Jaquet, Dr. med. M., Sanitätsrath, 
pract. Arzt. 

Imelmann, Dr. J., Professor am 
JoachimsthaFschen Gymnasium. 

Joachim, Professor Dr. Joseph, 
Director der Kgl. Hochschule 
für Musik. 

Jonas, Dr. Fr., Städtischer Schulir 
inspector. 

ionas, Frau Clara, 
ordan, Dr. Max, Geheimer Ober- 
Regi erungsrath. 



— ♦ 26 ♦— 



Berlin. 

Isaac, Tulius, Fabrikbesitzer. 

V. Kalckreuth, Frau Gräfin B.^ geb. 

Meyer. 
Kalischer, Dr. S. 
Kallmann, Eugen, Rechtsanwalt. 
Kapp, Fräulei.i Ida. 
Kaskel, Frau Cari. 
Kastan, Dr. 
V. Kaufmann, Dr., Professor, Geh- 

Regie^ungs-Rath. 
Kayser, Dr. Paul, Wirklicher Le- 

gationsrath und vortragender 

Rath im .auswärtigen Amt. 
Kerb, Robert, Fabrikbesiuer und 

Handelsrichter. 
Kern, Dr. phil. Reinold. 
Kesmer, Dr. phil. Ernst. 
V. Keudell, Wirkl. Geh. Rath, Exe. 
von dem Knesebeck, Kabinetsrath 

I. M. der deutschen Kaiserin. 
Koegel, Dr. phil. Fritz. 
Koenne, Frau Clara. 
Koenigs, Fräulein Elise. 
Koepp, Dr. Friedr. 
Kraft, Bernhard, Rechtsanwalt. 
Kraft, Cand. med. Ludwig. 
Krause, Dr. jur. 

Krause, Dr. jur. Paul, Rechtsanwalt. 
Kriegel, Stud. phil. Fr. 
Kronecker, Fräulein Elisabeth. 
Kronfeld, Dr., Rechttanwah. 
Kronheim, Georg. 
Kubier, Dr., Professor, Director 

des Wilhelm-Gymnasiums. 
V. Kühlewein, Regierungsrath. 
Lassar, Dr. med. Oscar, Professor. 
Leffmann, Gustav, Kaufmann. 
Lehmann, Gustav, Geh. Kirchen- 

rath. 
Lehmann, Paul, Buchhändler. 
Leo, Dr. F. A , Professor. 
Leske, Dr., Landrichter. 
Lesse, Justizrath, Rechtsanwalt und 

Notar. 
Lesser, Adolf. Reichsgerichtsrath 

a. D. 
Lesser, Paul Ph. 
Lessing, Frau Alma, geb. Marschall 

V. Biberstein. 
Lessing, C. R., Geh. Justizrath. 
Lessing, Dr. phil. Oscar. 
Levin, Albert, Rentier. 
Levin, Dr. Moritz, Prediger. 
Levy, Martin. 
Levy, Richard, Bankier. 



Betliiü 

Levy, Richard, vereideter Wechscl- 

makler. 
Levyson, Frau Dr. Auguste. 
Lewald, Dr. Felix, Geh. rinanzrath. 
Lewald,Theodor, Regierungs-Rath. 
Lewinsohn, E., Amtsrichter. 
Lewinsohn, L., Fabrikbesitzer. 
Lewinstein, G., Gymnasiast 
v.der Leyen, Dr.,Geh.Ob.-Reg.Rath. 
Lichtenthai, Simon, Kaufmann.. . 
Liebermann, Dr. F. 
Liepmannssohn, Leo, Buchhändler. 
V. Lipperheide, Freifrau. 
Lisco, Dr. Hermann, Geh. Justizrath. 
Lisco, Walter, Rechtsanwalt. 
Lobe, Frau, Magda. 
Loefflcr, Ldw., VerlM^sbuchhändler. 
Loewenstein, Dr., Otto. 
Loewy, !>., Amtsrichter. 
Maas, Heinrich, FabrikhesitT^er und 

Handelsrichter. 
Maass, Dr. Felix, Rechtsanwalt. 
Magdeburg, Stud. med. K. 
Magnus, Frau Geh. Reg. -Rath 

Bertha. 
Magnus-Levv, Dr. med. A. 
Ma nasse - Waldeck , erster Vor- 
sitzender des Literar. Vereins 

»Schiller«. 
Marcus, Dr. Georg, Landgerichts- 

rath. 
Martius, Frau Margarethe, geb. Veit. 
Marx, S. 
Maithiae, Dr. Otto, Professor, 

Oberlehrer. 
Meder, Albert, Kunsthändler. 
Meder, Louis, Kunsthändler, 
v. Meier, Dr. Jur. Ernst, Geh. 

Ober- Reg.- Rath, Universitäts- 

Curator a. D. 
Meirowsky, Frau Ernestine geb. 

Soutonsky. 
Mendelssohn-Bartholdy,FrauMaria, 
Menzer, Cand. phil. Paul. 
Meyer, Dr. jur. Alexander. 
Meyer, Dr. phil. Alfred Gotthold, 

Priv.-Doc. an der Kgl. techn. 

Hochschule und Lehrer an der 

Kgl, Kunstschule. 
Meyer, Carl, Fabrikant. 
Meyer, Ferdinand, Rentier. 
Meyer, Fr., Buchhändler. 
Meyer, Georg. 
Meyer, Frau Dr. Hedwig. 
Meyer, Dr. Ludwig. 



-4* 27 *^— 



Berlin. 

Meyer, Ludwig, Kaufmann. 

Meyer, Paul, Rechtsanwalt. 

Meyer, Dr. Richard M., Privat- 
docent. 

Meyer-Michaelis, Frau Elise. 

Michaelis, Dr. Carl Theodor. 

Mirauer, Carl, Maurermeister. 

Möbius, Dr. Karl, Professor, Geh. 
Reg.-Rath, Director der zool. 
Abth. d. Museums für Natur- 
kunde. 

Möller, Dr. W., Oberlehrer am 
Königsstädtischen Gymnasium. 

V. Moltke,. F.,. Geh. Reg.-Rath. 

V. Moltke, Frau Landrath Julie. 

Morris, Dr. M., prakt. Arzt. 

Morsch, Dr. Hans, Realgymnasial- 
lehrer. 

Müller, Conrad, Oberlehrer am 
Toachimtharschen Gymnasium. 

Müller, Dr. Hans, Professor. 

Müller-Grote, Carl, Verlagsbuch- 
händler. 

Munk, W., Landrichter. 

Nathan, Dr. P. 

Naumann, Dr., Geh. Ober-Reg.- 

Rath. 
Nehring, K., Oberlehrer. 
Nelke, Frau Emma. 
Neubauer, Dr. Richard, Professor 

am Gymnasium zum Grauen 

Kloster. 
Neumann, Dr. H., Rechtsanwalt 
Niemann-Seebach, Frau Marie, Kgl. 

Hofschauspielerin. 
Ohrtmann, Dr. W., Geheimer 

Sanitätsrath. 
Oldenberg, C. M. 
Osborn, Dr. phil. Max. 
Paetel, Emil, Verlagsbuchhändler. 
Paetsch, Dr. J., Prof., Sanitätsrath. 
Parey, Dr., Verlagsbuchhändler. 
Pernice, Dr. A., Professor, Geh. 

Justizrath. 
Peters, Dr. Carl, Afrikaforscher. 
Peters, Johann, Oberverwaltungs- 

gerichtsrath. 
Pfaff, Albert, Commerzienrath. 
Philipp, Fräulein Marie. 
V. Philippsborn, Ernst, Geh. Ober- 

Reg.-Rath. 
Pieper, Oberlehrer. 
Pietsch, Ludwig, Professor. 
Pietsch, Dr. P., Professor. 

Gobthi-Jahrbuch XVII. 



Berlin. 

Pilger, Dr., Geh. Reg. u. Schulrath. 

Pindter, Dr. jur. Ludw., Kammer- 
geri chts-Referendar . 

Plessner, Dr, prakt. Arzt. 

Pniower, Dr. phil. Otto. 

Poppenberg, Dr. phil. Felix, Schrift- 
steller. 

Posner, Dr. med. Karl, prakt. Arzt. 

Preuss, Dr. R., Assistent an der 
Kgl. Bibliothek. 

Pringsheim, Frau Paula. 

Prinz Heinrich- Gymnasium, Kgl. 

Rading, F. 

vom Kath, Adolf. 

vom Rath, Frau Anna. 

Reimann, Rud., Fabrikbesitzer. 

Reissert, Dr. Arnold, Privatdocent. 

Reschke, Max, Schiffskapitän a. D. 

Reschke, Oscar. 

V. Rheinhaben, Geh. Ober-Regierungs- 
rath. 

Richter, Frau Professor. 

von Richthofen, Freifrau, geb. 
Men delssohn- Barthol dy . 

Riesenfeld, Hugo, Kaufmann. 

Riesser, Frau Dr. 

Ring, Louis, Bankdirector. 

Robert-tornow, Frau Edith. 

Rodenberg, Dr. Julius. 

Rödiger, Dr. Max, Professor. 

Rohde, John, Director. 

Roenneberg, Frau Melida, Schul- 
vorsleherin. 

Rössler, Dr. Constantin, Geheimer 
Regierun^rath. 

Rosenbaum, Dr. phil. Richard. 

V. Rotenhan, Freiherr, Unterstaats- 
secretär im Auswärtigen Amt. 

Rubensohn, Hermann. 

Saegert, Fräulein Anna. 

Schaper, Fritz, Professor, Bildhauer. 

Schaper, Wolfgang. 

Schaum, Frau Professor Clara. 

V. Schell ing, Dr., Staatsminister, 
Excellenz. 

Schelske, Dr. R., Privatdocent. 

Scherer, Frau Geh. Reg.-Rath 
Marie. 

Schermann, Leo, vereideter Fonds- 
makler. 

Schiff, Alfred. 

Schiff, Dr. med. Emil, Schriftsteller. 

Schiff, Georg, Assessor. 

Schiff, Julius, Bankier. 



—^ 28 4— 



Berlin. 

Schleicher, Dr. Iwan. 

Schlemm, Frau Sanitätsrath. 

Schienther, Dr. phil. Paul, Schrift- 
steller. 

Schienther, Amtsgerichtsrath. 

Schlenther-Conrad, Frau Pauline, 
Kgl. Hof-Schauspielerin. 

Schlesinger, Frau Alice. 

Schlesinger, P., Gymnasiallehrer. 

Schlesinger-Trier, Karl, Bankier. 

V. Schlippenbach, Frau Gräfin. 

Schmidt, Dr. Erich, Professor. 

Schmidt, Frau Dr. Julian. 

Schmidt, Dr. Max C. P., ord. Lehrer 
am Askanischen Gymnasium. 

Schmidtlein, Dr. med. C., Arzt. 

Schmieden, Kgl. Baurath. 

Schmoller, Dr. Gustav, Professor. 

Schneider, Dr. E. 

Scholl, Robert, Geh. Legationsrath. 

Schöne, Dr., Wirkl. Geheimer 
Ober-Regierungsrath, General- 
director der Kgl. Museen. 

Schoenflies, Fräulein Dorothea. 

Schönlank, Alexis, Schauspieler. 

Schönlank , Frau Generalconsul 
William. 

Schröder, Dr. Otto, Professor am 
Joachimthalschen Gymnasium. 

Schroeder, Dr. 

Schubert, Geh. Justiz- u. Kammer- 
gerichtsrath. 

Schulhoff, Fräulein Else. 

Schultzen-v. Asten, Frau Professor. 

Schulze, Adolf, Professor an der 
Kgl. Hochschule für Musik. 

Schwabe, Frau Mathilde. 

Schweitzer, Eugen, Kaufmann. 

Schwieger, Dr. raul, Oberlehrer am 
Friedrich- Wilhelm-Gymnasium. 

Seckt, Dr. Felix, Oberlehrer am 
Friedrich- Wilhelm-Gymnasium. 

Sello, Dr. F., Rechtsanwalt. 

Seminar, Kgl., für Germanistische 
Philologie. 

Servaes, Dr. phil. Franz. 

Siemenroth, Franz, Verlagsbuch- 
händler. 

Silberstein, Dr. Max, Rechtsanwalt. 

Simon, Frau Adele. 

Simon, Dr. Hermann Veit, Rechts- 
anwalt. 

Simonson, Frau Amtsgerichtsrath 
Gertrud. 

Simrock, Fritz, Musikverleger. 



Berlin. 

V. Sirason, Dr. Eduard, Wirkl. 
Geh. Rath, Präsid. des Reichs- 
gerichts a. D., Excellenz. 

V. Simson, August, Justizrath und 
Notar. 

V. Simson, Fräulein Elisabeth. 

V. Simson, Fräulein Margarethe. 

V. Simson, Fräulein Marie Sophie. 

Sobernheim, Siegfried, Handels- 
richter. 

Sommerstorff, Otto, Mitglied des 
Berliner Theaters. 

Soulange-Bodin, Frau Marthe. 

Spannagel-Karthaus, Frau Auguste. 

Stange, Max, Lehrer an der Kgl. 
Hochschule für Musik. 

Steig, Dr. Reinhold, Gymnasial- 
lehrer. 

Stein, Philipp, Redacteur. 

V. Steinau-oteinrück, Frau Dr. 
Martha. 

Stengel, Dr. Paul, Oberlehrer am 
Joachimthalschen Gymnasium. 

Stern, Dr. med. E. 

Stern, Dr. med. Julius. 

Sternheim, Siegmund, Bankier. 

Stettenheim, Julius, Schriftsteller. 

Stettenheim, Dr. phil. Ludwig. 

Stettiner, Frau Mathilde. 

Strassmann, Dr. med. Paul, Augen- 
arzt. 

Thost, Dr. Robert, i. Firma Gebr. 
Bornträger, Verl.-Buchh. 

Tiktin, Paul, Referendar. 

Tobler, Dr. A., Professor. 

Todt, Carl, Gymnasiallehrer und 
Adjunct. 

Toeche, Dr. Theodor, Königlicher 
Hofbuchhändler. 

Toennies,FrauAdelheid,gb.Cremer. 

Türk, Rechtsanwalt. 

V. Uhden, Dr. jur. Richard. 

Ullrich, Dr. phil. Richard. 

Universitätsbibliothek, Königliche. 

Vahlen, Dr., Professor, Geh. Re- 
gierungsrath. 

Victoria-Lyceum. 

Vierling, G., Professor. 

Violet, Dr. Franz, Gymnasiallehrer. 

Vogeler, Julius, Schuldirector. 

Vogeler, Richard, Director einer 
nöheren Mädchenschule. 

Voigt, Frl. Margarethe. 

Wagner, Dr. A., Professor, Geh. 
Regierungsrath. 



—h 29 4*— 



Berlin. 

Wagner, Dr. B. A., Professor. 
Wahlländer, Frau Geh. Rath. 
Wappenhans, Oberlehrer. 
Wattenbach, Dr. W., Professor, 

Geh. Regierungsrath. 
V. Wedel, Graf E., Kaiserl. Ober- 
Stallmeister, Excellenz. 
V. Wedel, Frau Margarethe. 
Wehrenpfennig, Frau Geheimrath, 

geb. Kopp. 
Weigert, Fräulein Erna. 
Weigert, Dr. Max, Stadtrath. 
Weigert, Frau Stadtrath Dr. 
Weinhagen, Ernst. 
Weinhold, Dr. Karl, Professor, 

Geh. Regierungsrath. 
Weisstein, Gotthilf, Schriftsteller. 
Wellmann, Dr. E., Professor am 

Königstädtischen Gymnasium. 
Welti, Dr. Heinrich, Schriftsteller. 
Werner, Dr. R., Oberlehrer. 
Wesendonck, Frau Mathilde. 
Wesendonck, Otto. 
Wessely, Dr. Hermann. 
Wetzel, Johannes, Gymnasiallehrer. 
V. Weyrauch, Dr., Unterstaatssecret. 
v." Wildenbruch, Dr. Ernst, Lega- 

tionsrath. 
Wilnianns, Dr. A., Professor, Gene- 

raldirector der Kgl. Bibliothek. 
Wilmersdörffer, Rechtsanwalt. 
Wolflf, Charles. 
Wolff, Justizrath. 
Wolff, Dr., Oberstabsarzt. 
Wollmann, Siegfried, Kaufmann. 
Zimmermann, Dr. A., Consul. 

Bernburg. 

Köhler, Fr., Director der höheren 
Töchterschule. 

Beuthen o/S. 
Wolflf, Fr. Adelheid. 

Bielefeld. 

Loebell'sche Bibliothek. 
Ransohoflf, Dr. phil. Georg. 

Blankenburg a/Harz. 
Wellmer, A., Schriftsteller. 

Blasewitz. 

Bondi, Dr. phil. Georg. 
Schmid, Dr. jur. Carl. 

Bochum i/Westf. , 
Broicher, Frau Elise. 
Leseverein. 



Bogenhausen b/München. 
Weigand, . Wilhelm, Schriftsteller. 

Bonn. 

Akadem.-germanistischer Verein. 
Aufrecht, Dr. Theodor, Professor. 
Berger, Dr. phil. Arnold E., Privat- 

docent. 
Franck, Dr. Joh., Professor. 
Gräfe, Dr., Professor. 
Harkort, Frau Commerzienrath P. 
Hüffer, Dr. Hermann, Professor, 

Geh Justizrath. 
Kayser, Dr. H., Professor. 
Leo, Fräulein Therese. 
Litzmann, Dr. B., Professor. 
Loeschke, Dr. G., Professor. 
Magnus, Gustav, Justizrath. 
Prym, Dr. Eugen, Professor. 
Rosenmund, Dr. phil. Richard, 

Privatgelehrter. 
Schnitze, Dr. Fr., Prof., Director 

der med. Klinik. 
Seminar, Kgl. germanistisches der 

Universität. 
Universitäts-ßibliothek, Königliche. 
Usener, Dr. Hermann, Professor, 

Geh. Regierungs-Rath. 
Wilmanns, Dr. W., Professor. 
Zitelmann, Dr. Ernst, Professor. 

Borghorst (Westf.). 
Wutte, Johannes. 

Schloss Bothmer bei Klütz. 
(Mecklenburg-Schwerin.) 

V. Bothmer, Frau Gräfin Hertha. 

Brake b/ Lemgo. 
Roller, Dr., Director. 

Brandenburg a/H. 
Heine, Dr., Domherr, Director 

der Ritter-Academie. 
Köpke, Fräulein Suse. 

Braunschweig. 

Aronheim, Dr. med. Felix. 
Bergmann, Ernst, Gymnasial-Ober- 

lehrer. 
Bibliothek des Gymnasiums 

Martius-Katharineum. 
Blasius, Dr. Wilhelm, Professor. 
Flechsig, Pr. phil. Eduard. 
Frühling, Hermann, Hotelbesitzer. 
Helle, Carl. 



-•*♦ 30 *^"" 



Braussohweig. 

Huch, Dr. jur. Richard, Rechts- 
anwalt und Notar. 

V. Krosigk, Major a. D. 

Magnus, Karl, Bankier. 

Westermann, Friedrich, Verlags- 
buchhändler. 

Bremen. 

Bernstorff, Frau Wwe. D. 

Deetjen, Gustav. 

Frese, Fräulein Anna. 

Fritze, Dr. phil. Edmund, Professor. 

Graef, Frau Sophie. 

Hacki'eld, Frau M., geb. Pflüger. 

Hartlaub, Dr. G. 

Jacobi, Justus, Pastor an der St. 
Stephani-Kirche. 

Klevenhusen, Frau Georg, Kauf- 
manns-Wwe. 

Krug, E., Director der Deutschen 
Bank. 

Oelse, Wilhelm, Kaufmann. 

Pauli, Dr. jur., Senator, Bürger- 
meister. 

Pflüger, J. C., Kaufmann. 

Rassow, Gustav. 

Ruperti, Fräulein Amalie,Privatiere. 

Sattler, W., Professor. 

Stadtbibliothek. 

Breslau. 

Bienko, Dr., Pohzeipräsident. 

Breslauer Dichterschule. 

Cohn, Dr. Ferdinand, Professor, 
Geh. Regierungs-Rath. 

v. Flottwell, Regierungspräsident. 

Franck, Fräulein A. H. 

Friedenthal, Adolf, Kaufmann. 

Friederici, Frau Stadtrath Anna. 

Germanistisches Seminar der Uni- 
versität. 

Gesellschaft der Freunde. 

Hamburger, Dr. phil. Paul. 

Hensel, Frau Stadtgerichtsrath 
Selma. 

Heyne, Alfred, Eisen bahnsecretär. 

Holz, Albert, Bankier. 

Jänicke, Karl, Stadtrath. 

Immerwahr, Leopold, Kaufmann. 

Koch, Dr. Max, Professor. 

Ladenburg, Frau Geheimrath, Pro- 
fessor M. 

Luc^e, C, Buchhändler. 

Milch, Dr. phil. Louis, Privat- 
docent an der Universität. 



Breslau. 

Molinari, Frau Commerzienrath. 

Morgenstern, E., Verlagsbuchhdlr. 

Neisser, Dr. med., Professor. 

Pakscher, Dr. phil. A., Privatdocent. 

Partsch, Dr. med. Carl, Professor. 

Pinder, Frau Caroline. 

Ponfick, Emil, Professor, Medicinal- 
rath. 

Pringsheim, Max, A., Kaufmann. 

Richter, Dr., Professor. 

Rösler, Frau Marie. 

Sackur, Frau Margaretha. 

Schneider, Lothar. 

Seidel, Eisenbahnbau- und Be- 
triebsinspector. 

Silbergleit, Frau Seraphine. 

Sitte, Otto, Opticus. 

Stadt-Bibliothek. 

Stern, Frau Charlotte. 

Storch, A., Director. 

Trewendt, Ernst, Verlagsbuchhdlr. 

Trewendt & Graniers Buchhand- 
lung (Alfred Preuss). 

Universitäts- Bibliothek, Königl. 

Urbach, Fräulein Rosa. 

Vogt, Dr. F., Professor. 

W^endriner, Dr. phil. R. 

Zimpel, Frau Professor Helene. 

Bretten. 

Kahn, Dr. Franz, Amtsrichter. 

Bromberg. 

Belling, Frau Oberlehrer Dr. Marie. 

Bückeburg. 

Lücke, Dr. ü., Gymnasialdirector. 

Büdesheim (Oberhessen). 
V. Oriola, Frau Gräfin W. 

Bülow a/ Crivitz (Mecklenburg). 
V. Barner, Fr., Gutsbesitzer. 

Burgsteinfurt (Westfalen). 
Eschmann, Dr. Gustav. 

Calw (Württemberg). 
Weizsäcker, Dr. phil. Paul, Director 
des Reallyceums. 

Cassel. 

Förster, Auguste, Lehrerin. 
V. Hutten-Czapski, Graf Rittmeister 
und Escacironschef. 



-4* 31 ^- 



Cassel. 

Landesbibliothek, Ständische. 

Magnus, Dr., Landrichter. 

Muff, Dr., Professor, Gymnasial- 
Director. 

Rinald, Victor. 

Schmitt, Dr. phil. H., Gymnasial- 
lehrer. 

Stölting, G., Consistorialrath. 

Charlottenbura. 

Beiger, Dr. Chr., Oberlehrer. 

Brandis, Dr. phil. K. 

Cohn, Frau Stadtrath Dr. Anna. 

Cornicelius, Dr. phil. Max. 

Grisebach, Hans, Architekt. 

Heinemann, Felix, Redacteur. 

Hirschfeld, Dr. Otto, Professor. 

Kehrbach, Dr. phil. Karl. 

Kühlstein, Frau Ernst. 

Lehrerbibliothek des Kgl. Gym- 
nasiums. 

Lepsius, Reinhold, Maler. 

Lessmann, Otto, Herausgeber der 
Allg. Deutschen Musik-Zeitung. 

March, Otto, Kgl. Baurath. 

Mommsen, Dr. Theodor, Professor. 

Neumann-Hofer, Otto, Redacteur. 

Sietnens, Frau Geh. Reg.-Ratb. 

V. Simson, Dr. jur., Assessor. 

Spielhagen, Frieclrich, Schriftsteller. 

Strehlke, Frau Marie. 

Thür, Fräulein Anna. 

Weber, Dr. jur. M., Stadtrath von 
Berlin. 

Weingartner, Felix, Kgl. Hofkapell- 
meister. 

Wolff, Julius. 

Zabel, Dr. Eugen, Redacteur. 

Zimmermann, Frau Generalmajor 
Johanna. 

Chemnitz. 

Bibliothek des Kgl. Gymnasiums. 
Kirchner, Dr. Carl, Professor, 

Oberlehrer. 
Kühn, Dr. Bernhard, Landrichter. 
Morell, Georg. 

Müller, Dr. Theodor, Präsident. 
Opitz, Dr. med. W. 
Stadtbibliothek. 

Ullrich, Dr. phil. H., Oberlehrer. 
Wächter, Dr. med. R. 

Coblenz. 
Deiters, Dr. Hermann, Geh. Reg.- 

Rath. 
Wahl, G., Realgymnasiallehrer. 



Coburg. 
Beck, Dr. Heinrich, Professor. 

Colmar i/Elsass. 
Weber, Dr. Wolf, Landgerichtsrath. 

Coln a/Rhein. 
Bürgers-Stein, Frau Geh. Justiz- 

rath J. 
Curtius, Dr. Rud., Reg.-Assessor. 
Düntzer, Dr. Heinrich, Professor, 

Bibliothekar. 
Herbertz, Frau M. 
Herstatt, Arthur, Landgerichtsrath 

a. D. 
Heuser, Frau Eugenie, geb. Nico- 

lovius. 
Heuser, F. Robert. 
Heuser-Nicolovius, Robert. 
Leiden, Franz D., Kaufmann. 
Lempertz sen., Heinrich, Rentner. 
Lewmger, Ernst, Oberregisseur. 
Meuser, Paul, Rechtsanwalt. 
V. Mevissen, Dr. G., Geh. Commer- 

zienrath. 
V. Mevissen, Fräulein Mathilde. 
V. Mevissen, Frau Therese. 
Oelbermann, Emil. 
Peill, Wilh., Kaufmann. 
Pfeifer-Schnitzler, Frau Paula. 
Schneider, Frau Professor Lina. 
Schnitzler, Eduard. 
Schnitzler,Frau Amtsrichter Robert. 
Schnitzler, Robert, Geh. Rath. 
Schnitzler, Dr. jur. Victor, Rechts- 
anwalt. 
Schuch, Paul, Regierungsrath. 
Stein, Frau Elise, geb. v. Mevissen. 
Stein, Frau Julicka, geb. Leiden. 
Vorster, Julius, Fabrikbesitzer, 

Commerzienrath. 
Wüllner, Dr. Franz, Professor, 

Kapellmeister. 

Coeslin (Pommern). 
Hochdanz, Dr. Professor, Gym- 
nasialoberlehrer. 

Comptendorf (Kreis Cottbus). 
V. Berndt, Alfred, Prem.-Lieutenant. 

Cottbua. 

Sommerfeld, Otto, Fabrikbesitzer. 

Crefeld. 

Peltzer, Dr. jur. Rudolf. 



— ♦ 32 *— 



CulmitMoh b/Berga a/£lster. 
Hoffmann, Max, Pfarrer. 

Cuatrin. 

V. Wurmb, Frau E„ geb. Gräfin 
V. Bothmer. 

Danzig. 

Baum, Dr. med., Oberstabsarzt a. D., 
Chefarzt des Stadtlazareths. 

Bern dt, Fräulein Gustel. 

Bibliothek des städtischen Gym- 
nasiums. 

V. Gossler, Dr., Staatsminister, 
Oberpräsident, Excellenz. 

füncke, Wilhelm, 
.öschins Bibliothek des Real- 

fi;ymnasiums zu St. Johann. 
Stadtbibliothek. 

Darmstadt. 

Bergsträsser, A., Hofbuchhändler. 

Edward, Hugo, Hofschauspieler. 

Hepp, C. 

V. Heyl, Major ä 1. s. 

Hof bibliothek, Grossherzogliche. 

Literarischer Verein. 

Merck, Dr. ohil. C. E. 

Merck, Dr. Louis. 

Merck, Wühelm. 

Rieger, Dr. Max. 

Wulckow, Director, Dr. 

Dessau. 

Antoinettenschule, Herzogl. 

Friedrichs-Gymnasium, Herzogl. 

Meinert, Carl, Fabrikbesitzer. 

Oechelhäuser, Geh. Commerzien- 
rath. 

V. Oechelhäuser, W., General- 
Director der Deutschen Con- 
tinental-Gasgesellschaft. 

Detmold. 

Gymnasium Leopoldinura. 

V. Meysenbug, Freiherr, Major a. D. 

u. Kammerherr. 
Runnenberg, W., Rechtsanwalt. 

Donaueschingen. 

Hentig, Präsident. 
Hotbibliothek, Fürstlich Fürsten- 
bergisclie. 

Dortmund. 

Gymnasial- Curatorium . 

Nagel, Bernhard, Amtsgerichtsrath. 



Dresden. 

Amen, Frau Dr. 

Arndt, Jul. Max, Grosskaufmann. 

Aulhorn, Stud. med. Ernst Rud. 

Aulhorn, Paul Rud., Fabrikbesitzer. 

V. Biedermann, Freiherr B., Major. 

V. Biedermann, Dr., Freiherr, W., 
Geh.-Rath. 

V. Boxberg-Zschorna, Frau Oswine, 
geb. Keil. 

Diestel, Dr., Professor, 

Ehlermann, Dr. phil. Erich, Ver- 
lagsbuchhändler. 

V. Einsiedel, Fräulein Helene. 

V. Finck-Nöthnitz, Freiherr, Kam- 
merherr. 

Förster, Dr. med. Fritz. 

Förster, Dr. med. Richard, Hofrath. 

V. Gerbel-Embach, Dr. N. 

Gmeiner-Benndorf, Frau Commer- 
zienrath Rosa. 

Götze, Dr. Edmund, Professor beim 
Kadettencorps. 

V. Haber, Baron R., Premier- 
lieutenant a. D. 

Hasper, Dr. Theodor, Professor. 

Hassel, Dr. Paul, Geh. Regierungs- 
rath, Director des Hauptstaats- 
ar cliivs. 

Heyl, Frau Anna geb. Hübler. 

Jaensch, Emil, Bucnhändler (i/Fa. 
V. Zahn & Jaensch). 

Jensen, Paul, Kgl. Hofopernsänger. 
[ayser-Langerhanns, Frau Sanitäts- 
rath Agnes. 

Knoop, Wilhelm, Consul. 

V. Könneritz, Fräulein Marie, Staats- 
dame a. D. 

Körner-Museum der Stadt Dresden. 

Krausse, Robert, Professor. 

Leopold, Dr., Professor, Geheimer 
Medicinalrath. 

Lesky, Wilhelm, Rechtsanwalt. 

Lücke, Dr. Herm., Professor. 

V. Mangoldt, Fräulein Helene. 

Mannl, Johannes. 

Meinert, Dr. med. E. 

V. Overbeck, Fräulein Camilla. 

Palm, Frau Baronin, geb. Gräfin 
Berlichingen. 

Paul, A., Königl. Sächsischer Hof- 
schauspieler. 

Pechwell, Dr. jur. Alfred, Königl. 
Sachs. Ober-Kriegsgerichtsrath. 

Posse, Dr. phil., Regierungsrath. 

Pusinelli, Dr. med., prakt. Arzt. 



— -*^ 33 ^— 



Dreaden. 

Rachel, Dr. Paul, Oberlehrer. 
Richelsen, Christel, Regisseur am 

Kgl. Hoftheater. 
Ritterstädt, Dr., Geh. Finanzrath. 
Sauer, Frau Dr. 
Schanze, Dr. jur. Oscar, Kaiserl. 

R^.-Rath a. D. 
Scheideroantel, K., Kammersänger. 
Schmidt, Heinrich, Lehrer. 
Schnorr v. Carolsfeld, Dr. Franz, 

Professor,KgI.Oberbibliothekar. 
Schramm, Frau Dr. Martin. 
Schramm, Otto E., Ingenieur. 
V. SchultzendorfF, W., Kammerherr. 
Schwender, G. E. 
Sendig, Rudolf, Hotelbesitzer, 
Singer, Dr. phil. Hans W. 
Sontag, Carl, Hofschauspicler. 
Stern, Dr. A., Professor. 
V. Steun, Frau Therese, geb. v. 

Dziembowska. 
Sturen bürg, Dr. H., Professor, 

Rector der Kreuzschule. 
Undeutsch, Max, Rechtsanwalt. 
Villers, Dr. Alexander. 
Vogel, Dr. Theodor, Professor, 

Geh. Schulrath. 
Vollmöller, Dr. Karl, Professor. 
Vorländer, H., Rittergutsbesitzer, 
V. Weber, Freiherr, Oberstlieute- 
nant z. D. 
Woermann, Dr.Karl, Prof, Director 

der Kgl. Gemäldegallerie. 
Würzburger, Dr. Eugen, Director 

des Stadt. Statistischen Amtes. 
V. Zahn, Robert, Buchhändler (i/Fa. 

V. Zahn & Jaensch). 
Zschille, Frau Therese, geb. v. Ein- 

siedel. 
Zschuppe, Arno, Schriftsteller. 

Duisburg a/Rh. 
Feller, W., Professor, Gymnasial- 

Oberlehrer. 
Vijgen, Dr. jur. Max, Gerichts- 



Dulzen b/Preuss. Eylau. 
Rosenow, Frau Johanna, geb. 
Fredenhagen. 

Dusseldorf. 

Böninger,Ferdinand,Fabrikbesitzer. 
Künstler- Verein »Malkasten«. 
V. Oettingen, Dr. W., Professor, 



Dyrotz b/Wustermark. 
Meyer, Lothar, Guts- Administrator. 

Eberswalde. 
Kl^in, Dr. J., Gymnasialdirector. 

Eisenach. 

Gangert, Carl, Fabrikbesitzer. 

Hossfeld,Dr.Carl,G3;mnasiallehrer. 

Kieser, Hugo, Archidiakonus. 

Koelner, Dr., Arzt. 

Kürschner, Joseph, Prof., Geh. 
Hofrath. 

Michels-Schnitzler, Frau Kaufmann 
Julius. 

Schneidewind, Dr. E., Gymnasial- 
Professor. 

Schwabe, Fräulein Luise, Instituts- 
vorsteherin. 

Streck, Carl, Apotheker. 

Weber, Dr. H., Hofrath, Gymnasial- 
director. 

Eisenberg (Sachsen-Altenburg). 
Frenzel, Carl, Stadtrath. 
Gymnasial-ßibliothek. 

Elberfeld. 

Blank, Frau Alexander. 

Martens, Dr. Ludwig, Professor, 

Gymnasial-Oberlehrer. 
Neuhaus, Frau Otto. 
Simons, Walter, Commerzienrath. 
Weychardt, Conrad. 
Wieruszowski, Alfred, Landrichter. 
Zurhellen, Dr. Joh., Justizrath. 

Ellwangen. 

Frik, G., Rechtsanwalt. 

Emden. 

Bibliothek des Königl. Wilhelms- 
Gymnasiums. 

Emmendingen. 

Feldbausch, Dr. Otto, Arzt a. d. 
Irrenanstalt. 

Erdeborn (Rittergut) b/Ober- 
Voeslingen a/See. 
Marckwald, Fräulein Marie. 

Erfurt. 

Barth, M., Reg.-Raih. 
Burkhardt, Dr. med. Friedrich, 
Augenarzt. 



-^ 34 ^— 



Erfurt. 

Gymnasium, Königl. 

Kutter, Frau Gustav. 

Lochner, K., Eisenbahndirector. 

Lucius, Geb. Commerzienratb. 

Pick, Dr. Albert, Oberlehrer am K. 
Realgymyasium. 

Stürcke, Hermann, Geh. Commer- 
zienratb. 

Erlasgen. 

Penzoldt, Dr. F., Professor. 
Rosenthal, Dr. T., Professor. 
Universitäts- Bi bliothek, Königliche. 
Vogel, Frau Professor Dr. W. 

Eutin. 

V. Beaulieu-Marconnay, Freiherr, 
Grossherzogl. Oldenburgischer 
Ober-Jägermeister. 

Finsterwalde i/Neumark. 
Rhode, Fräulein Anna. 

Flonheim (Rheinhessen). 
Knell, Dr. Karl, prakt. Arzt. 

Frankenthal (Rheinpfalz). 
Baum, W., L Kgl. Staatsanwalt. 

Frankfurt a/M. 

Stadt Frankfurt a/M. 

Abendroth, Moritz, Buch- und 
Kunsthändler. 

Albert, Frau Elisabeth. 

Auerbach, Fritz. 

Baer, Simon Leopold, Buchhändler. 

Baerwald, Dr. Hermann, Realschul- 
Director. 

de Bary, Dr. med. Joh. Jacob. 

Beil, Dr. med. W. 

Beit, Frau Eduard. 

Berghoeffer, Dr., Bibliothekar der 
Freiherrl. Carl v. Rothschild- 
sehen öffentlichen Bibliothek. 

v.Bethmann, Freiherr Simon Moritz. 

Bibliothek, Freiherrl. Carl v. Roth- 
schildsche öffentliche. 

Bibliothek des Freien Deutschen 
Hochstifts. 

Bibliothek der Polytechnischen Ge- 
sellschaft. 

Braun, Landgerichis-Präsident. 

Braunfels, Otto. 

V. Brüning, Frau Dr. Clara. 

Bürgerverein. 



Frankfurt a/M. 

Burghold, Dr. Julius, Rechtsanwalt. 

Cahn-Blumenthal, Heinrich, Kauf- 
mann. 

Carl, Dr. med August. 

Cohnstaedr, Ludwig, Redacteur. 

Detloff, Adolf, Buchhändler. 

Dietz, Dr. Alexander, Rechtsanwalt. 

Dondorf, Bernhard, Rentier. 

Donner-v. Richter, Otto, Historien- 
maler. 

Dotter, Fräulein Doris. 

Dreyfus, Georges. 

Eckhard, Frau Dr., Ober-Landes- 
gerichtsraths-Wwe. 

Ehlers, Dr. R., Consistorialrath. 

Ellissen, August. 

Emden, Heinrich. 

Flersheim, Robert. 

Frankfurter Zeitung (Redaction). 

Fries, Jacob, Ingenieur u. Fabrikant. 

Geiger, Dr. Berthold, Rechtsanwalt, 
Justiz rath. 

Goldschmidt, Dr. jur. Hermann, 
Gerichtsassessor. 

Goldschmidt, Marcus Moritz, 
Bankier. 

Günther, Ferdinand, Kunsthändler. 

Hahn, Louis Alfred, Bankdirector. 

Hammeran, Dr. phil. A. 

Hanau, Heinrich A. 

Herxheimer, Dr. med. S., prak. Arzt. 

Hochhut, Joh. D., Kaufmann. 

Hoffmann, Frau Dr. Therese, Geh. 
Sanitätsraths-Wwe. 

Jung, Dr.phil.Rudolf, Stadtarchivar. 

Junker, Hermann, Kunstmaler. 

Kahn, Bernhard, Bankier. 

Kahn, Julius. 

Keyl, öeorg Albert. 

Koch, Frau Anna Louise, geb. 
V. St. George. 

Koenitzer, Carl Wolfgang. 

Lentz, A., Professor. 

Lichtenstein, Leopold, Kaufmann. 

Liebmann, Dr., Landrichter. 

Lucius, Dr. Eugen. 

Maier, Gustav, Bankier. 

V. Marx, Ritter Ernst. 

V. Marx, Ritter, Heinrich. 

V. Marx, Ritter Louis, Rentier. 

May, Eduard Gustav. 

Maverfeld, Anton, Kaufmann. 

Meister, Frau C. F. Wilhelm. 

Melber, Walter Wolfgang. 

Merton, W., Kaufmann. 



-^ 35 ^- 



Frankfurt a/M. 

V. Mumm, P. H. 

Neher, Ludwig, Architect. 

Neumann, Dr. jur. Paul, Rechts- 
anwalt. 

Osterrieih, Eduard. 

Osterrieth-Laurin, August. 

Oswalt, Frau Wwe. Brandine, Ver- 
lafi^sbuchhändlerin. 

Oswalt, Dr. jur. H., Rechtsanwalt. 

Pfeiffer, C. W. 

Philippi, Fräulein Helene. 

Quincke, Wolfgang, Schauspiel- 
regisseur der vereinigten Stadt- 
theater. 

Rade, Dr. M., Pfarrer. 

Rawitscher, Dr., Landgerichtsrath. 

Reinhardt, Dr. phil. Carl, Director 
des Stadt. Gymnasiums. 

Reitz & Köhler, Buchhandlung. 

Rosenraeyer, Dr. med. Ludwig. 

Rothschild, August, Bankier. 

Rumpf, K., Bildhauer. 

Sachs, Dr. Otto, Rechtsanwalt. 

Sanct-Goar, Ludolph. 

Sauer, Julius, Kaufmann. 

Schmidt-Metzler, Dr. Moritz, Sani- 
tätsrath. 

Scholderer, Dr. Emil; Director. 

Schölles, Frau Dr. Henriette, Sani- 
tätsraths-Wwe. 

Scholz, Dr. Bernhard, Professor. 

Schott, Siegmund. 

Siebert, Dr. jur. Jacob, Justizrath. 

Speyer, Georg, Bankier. 

Stern, Theodor, Bankier. 

Stiebel, Dr. med. Fritz. 

Textor, C. W. 

Trommershausen, Dr. E., Ober- 
lehrer am Gymnasium. 

Valentin, Dr. Veit, Professor. 

Varrentrapp, Dr. A., Stadtrath. 

Völcker, Georg, Buchhändler. 

Vohsen, Dr. med. Carl. 

Weigert, Dr. Carl, Professor der 
Anatomie an der Scncken- 
bergischen Stiftung. 

Weiss, Dr. Guido. 

Wohl, Jacques. 

Frankfurt a/0. 
Dittmer,Geh.Ober-Regierungsrath. 
Hoffmann, Paul, Lehrer. 
Kempner, L., Kaufmann. 
Kühn-Schuhmann, Frau Antonie. 
Scheller, Fräulein Emilie. 



Freiberg i/S. 
Heisterbergk, Ulrich, Justizrath. 
Knaudt, Dr. phil. Paul, Gyranasial- 
Oberlehrer. 

Freibarg i/Br. 

Hettler, Eugen, Fabrikant u. Kauf- 
mann. 

Kaerner, W., Buchhändler. 

Kluge, Dr. F., Professor. 

Lorenz, Frau Major Margarethe. 

Manz, Dr. med. Otto. 

Meyer, CM. Robert. 

Pfaff- Beringer, Otto. 

Rümelin, Dr. Professor. 

Schmitt, Dr. H., Professor. 

V. Simson, Dr. B., Professor. 

Universitäts-Bibliothek, Grossher- 
zogliche. 

Weissenfeis, Dr. phil. Richard, 
Professor. 

Freiburg i/ Schlesien. 
Realprogymnasium. 

Freienwalde a/0. 
Quedefeld, Dr. G., Professor, Gym- 
nasial-Oberlehrer. 

Friedberg (Hessen). 
Trapp, Carl, Fabrikbesitzer. 

Friedenau b/ Berlin. 
Paetöw, Dr. phil. Walter, Schrift- 
steller. 
Raabe, Dr. phil. 

Fulda. 

Landesbibliothek, Ständische. 

Fürth i/ Bayern. 
Besels, Heinrich, Kaufmann. 
Türkheim, Leo. 

Georgengarten b/ Dessau. 
V. Ditfarth, Fräulein Else, Hofdame 
LK. H. der Landgräfin v. Hessen. 

Gera (Reuss j. L.). 

Bibliothek des Fürstl. Reuss -PL 
Gymnasiums. 

Golle, Rügold, Kaufmann. 

V. Meysenbug, Freiherr, Ober- 
Hoimarschall. 

Müller, Rudolf, Tustizrath, Rechts- 
anwalt und Notar. 



— »♦ $6 4"- 



Gera (Reuss j. L.). 
Schlotter, Dr. iur. Alfred, Rechts- 
anwalt und Notar. 
Schrader, Dr. med., Augenarzt. 

Germeraheim a/Rh. 
Klarniann, J., Major und Ingenieur- 
Offizier vom Platz. 

Gemsbach i/B. 
Funck, Heinrich, Professor. 

Gieasen. 
Behaghel, Dr. Otto, Professor. 
Bock, Alfred, Schriftsteller. 
V. Bradke, P., Professor. 
CoUin, Dr. J., Privatdocent. • 
Gaffky, Dr., Professor. 
Höhlbaum, Dr., Professor. 
Löhlein, Dr. med. Hermann, Pro- 
fessor. 
Oncken, Dr. Wilhelm, Professor. 
Schmidt, Dr. jur. Arthur, Professor. 
Siebeck, Dr. H., Professor. 
Strack, Dr. Adolf, Privatdocent. 
Universitäts-Bibliothek, Grossh. 
Wetz, Dr. Wilhelm, Privatdocent. 

Bergisch-Gladbach. 

Zanders, Frau Marie. 

M.-Gladbach. 
Quack, Wni., Cömnicrzienrath. 
Gleiwitz. 

Freund, Dr., Sanitätsrath. 
Winkler, Siegfried. 
Zuckerkandl, Victor. 

Glogau i/Schl. 
Cohn, Frau Justizrath Caroline. 
Kempner, Frau Bankier Ida. 
Sachs, Leopold (i/Fa. Sachs & 
Gellin). 

Gluckstadt. 

Gymnasium, Königliches. 

Godesberg b/Bonn. 
Frentzen, Frau Lucy, geh, Hoescb, 

Göppingen. 

Gutmann, Frau Fabrikant Bernhard. 

Görlitz. 

Köhn, Dr. phil. Karl. 
Rörig, A., Kgl. Eisenb.-Verkehrs- 
Inspector a. D. 



Gotha. 

Bibliothek des Gymnasium Ernesti- 

num. 
Bibliothek, Herzogliche. 
V. Ebart, Freiherr P., Kammerherr. 
Ehwald, Dr. R., Professor. 
Fleischmann, Julius. 
Gilbert, Dr., Professor. 
Purgold, Dr. K., Director des 

Herzoglichen Museums. 
Rohrbach, Dr. phil. Carl E. M., 

Gymnasiallehrer. 
Schuhmann, Frau Sophie, geb. 

Junghans, Schriftstellerin. 
Schwarz, Dr. med., prakt. Arzt. 

Göttingen. 

Dilthey, Dr. Karl, Professor. 
Droysen, Dr. med. Felix, Professor 

und prakt. Arzt. 
Ehlers, Dr., Professor. 
Frensdorff, Dr. F., Professor, Geh. 

Justizrath. 
Hentze, Dr. Kr., Professor. 
Lehmann, Professor Max. 
Leo, Dr. F., Professor. 
Lexis, Dr., Professor. 
Röthe, Dr., Professor. 
Seminar, Königliches, für deutsche 

Philologie. 
Universitäts-Bibliothek, Königliche. 
V. Wilamowitz - Möllendorf, Frau 

Professor Dr. 
WMldhagen, Dr., Rechtsanwalt. 
Wohlwill, Stud. jur. Paul. 

Greifenstein ob/Bonnland. 
V. Gleichen-Russwurm , Freiherr 
Alexander, Kgl. bayr. Kammer- 
junker. 

Greifs wald. 

Bibliothek des germanistischen Se- 
minars. 

Heimann, Oskar. 

Maas, Dr. E., Professor. 

Pernice, Frau Geheimraih Agnes, 
geb. Bennecke. 

Reifferscheid, Dr. A., Professor. 

Rewoldt,Dr., Rechtsanwalt u.Notar. 

Universitäts-Bibliothek, Kgl. 

Greiz. 

Stier, Paul, Geh. Reg.-Rath. 

Grimma b/Leipzig. 

Fürstenschule. 

Schmidt, Rudolph, Rechtsanwalt 
u. Notar. 



—^ 37 *— 



Grosaalsleben (Anhalt). 
Exter, Pastor. 

Grosskarben (Hessen). 
V. Leonhardi, Freiherr Moritz, Guts- 
besitzer. 

Gross-Liohterfelde b/ Berlin. 
Böckh, Dr. R., Professor, Geh. 
Reg.-Rath. 

iafft, Rechtsanwalt, 
lekule von Stradonitz, Dr. Stephan. 
Marcus, Frau Paul. 
Minde-Pouet, Dr. phil. Georg. 
Müller, Paul, Gymnasialoberlehrer. 
Quincke, Walter, Kaufmann. 
Rothstein, Dr. Max, Privatdocent. 
Rudorff, Ernst, Professor an der 

Kgl. Hochschule für Musik. 
Schwarz, Director Arthur. 

Gross-Medunischken 

(Kreis Darkehmen, Üstpreussen). 
V. Bujak, geb. v. Fahrenheid, Frau 
Rittergutsbesitzer. 

Grünstadt (Bayern). 
Chally, P., Kgl. Gymnasiallehrer. 
Steigenberger, Franz, Kgl. Studien- 
lehrer. 

Grunewald b/Berlin. 
Grandke, Wirkl.Geh.Ober-Finanz- 
rath. 

Guben. 

Driese, Emil, Kaufmann. 

Gumbinnen (Ostpr.). 
Bibliothek des Gymnasiums. 
Hecht, Dr. phil. Max, Gymnasial- 

Oberlehrer. 
Lewald, Dr. Otto, Regierungsrath. 

Gundelsheim b/Gunzenhausen. 
Putz, Karl, Pfarrer. 

Haggn (Schloss) b/Bogen a/Donau. 
V. Schrenk, Freiherr Leopold, Kgl. 

bayr. Hauptmann a. D. und 

Gutsbesitzer. 

Hainholz (vor Hannover). 
Seligmann, Sigmund, Fabrikant. 

Halberstadt. 

Zimmer, Frau Rittmeister. 



Haiensee b/Berlin. 
Mauthner, Fritz, Schriftsteller. 

Halle a/S. 
Ackermann, Dr. Th , Professor, 

Geh. Medicinalrath. 
Bertram, Frau Constanze, Ober- 

bürgermeisterswittwe. 
Bethke, L., Bankier. 
Bibliothek des Stadtgymnasiums. 
Burdach, Dr. Konrad, Professor. 
Deetjen, Stud. phil. Carl. 
Erdmann, Dr. H., Privatdocent. 
Flitner, Cand. med. Fritz. 
Franke, Fräul. Marie. 
Fränkel, Dr. Carl, Professor. 
Friedberg, Dr. R., Professor, 
v. Fritsch, Dr. K., Professor. 
Genzmer, Dr. A., Professor. 
Goeschen, Assessor. 
Gosche, Fräulein Agnes 
Gräfe, Dr. A., Professor, Geh. 

Medicinalrath. 
Grenacher, Dr. H., Professor. 
Gründig, A., Administrator der 

Buchdruckerei desWaisenhauses. 
Harnack, Dr. Erich, Professor. 
Hartwig, Dr. O., Geh. Rath, Ober- 
bibliothekar. 
Haym, Dr. R., Professor. 
Herne, Frau Professor Sophie. 
Hessler, Dr. H., Privatdocent. 
Hiller, Frau Professor Dr. E. 
Kohlschütter, Dr. E., Professor. 
Kraus, Dr. Gregor, Professor. 
Kühn, Dr. J., Geh. Regierungsrath. 
Lehmann, Heinrich, Bankier. 
Leser, Dr. Edmund, Privatdocent. 
v. Lippmann, Dr. Edmund, Director 

cler Zuckerraffinerie. 
Lothholz, Dr., Professor, Gym- 

nasialdirector a. D. 
Meier, Dr. phil. John. 
Mekus, Dr., Arzt. 
Nickel, M. Philipp, Kaufmann. 
Niemeyer, Fräulem Marianne. 
Niemeyer, Max, Buchhändler. 
Pott, Dr. jur. R., Professor. 
Robert, Dr. Karl, Professor. 
Ross, Frau Professor Emma, geb, 

Schwetschke. 
Saran, Dr. phil. Franz. 
Schlieckmann, Geh. Justizrath. 
Schmeitzer, Geh. Ober-Finanzrath. 
Schulze, August, Director der 

Zuckerraffinerie. 



—'^ 38 ^— 



HaUe a/S. 

Schwarz, Dr. E., Professor. 

Strauch, Dr. Philipp, Professor. 

Üniversitäts-Bibliothek, Königliche. 

Vaihinger, Dr. H., Universitäts- 
Professor. 

V. Voss, Fräulein Elisabeth. 

Wagner, Dr. Albrecht, Professor. 

Welcker, Dr. H., Professor, Geh. 
Medicinalrath. 

Hamburg. 

Arndt, Oskar (i/Fa. Arndt & Cohn). 

Behn, Dr. jur. Hermann. 

Behrmann, G., Hauptpastor. 

v.Berenberg-Gossler,John, Ban kier. 

Berkefeld, O. 

Bertheau, Dr. theol. Carl, Pastor. 

Brackenhoeft, Dr. jur. E., Rechts- 
anwalt. 

BDlau, Dr. med. Gotthard. 

V. Dehn, Dr. für. Adolf Axel. 

Elkan, Ed. Ferdinand. 

Fertsch, F. (i/F. Fertsch & Laeisz). 

Gerstenberg, Dr. phil. Heinr. 

Gloede, Dr. phil. Hermann. 

Goldschmidt, Dr. phil. Adolf. 

Gräfe, Lucas, Buchhändler. 

GroothofF, H., Architekt. 

Grüner, Dr. Th. W. 

Hahn, Emil. 

Hartmann,Dr.jur. K., Rechtsanwalt. 

Hertz, Dr. G., Senator. 

Heylbut, Dr. phil. G. 

Hinrichsen, Siegmund, stell v. Vor- 
sitzender der Handelskammer. 

Hottenroth, Hans, General-Agent. 

Hotzel, Dr. med. A. 

V. Humbracht, Baron J., Kgl. preuss. 
Kammerjunker und Legations- 
secretär der Kgl. preuss. Ge- 
sandtschaft. 

Kiehn, Heinrich. 

Koehne, Ernst, Kaufmann. 

Köster, Paul, Kaufmann. 

Kreusler, Fräulein L. 

Lehmann, Frau Dr. Emil. 

Lehmann, Dr. jur. Siegfried. 

Levy, Dr. H. B. 

May, Anton. 

Meissner, jun., Otto, Buchhändler. 

Merschberger, Dr. G., Professor. 

Metz, Adolf, Lic. theol., Professor 
am Johanneum. 

Mönckeberg, Dr. Rudolf. 

Oehrens, Dr. med. Wilhelm. 



Hamburg. 

Oppenheim, Emil. 

Oppenheim, Frau Marie. 

Petersen, Rudolf, Director. 

Pflüger, Dr. M. 

Rebattu, Dr. Alb., Pastor zu St. 
Gertrud. 

Redlich, Dr. C., Director der 
höheren Bürgerschule. 

Röpe, G H., Hauptpastor. 

Rosenhagen, Dr. phil. Gustav, 
Oberlehrer. 

Rudolph, G. A., Buchhändler. 

Sasse, Wilhelm. 

Scharlach, Dr. jur., Advokat. 

Schiff, Fräulein Jenny. 

Schroeder, Dr., Senator. 

Schwabach, Frau Reg.-Rath Hen- 
riette. 

Sieveking, Dr. med. Wilhelm. 

Sohle, Dr. jur. Martin. 

Sokolowsky, Dr. phil. Rudolf. 

Sporri, Dr. H., ev. Prediger. 

Stadtbibliothek. 

Stemann, Dr., Landgerichtsdirector. 

Suse, Dr. Theodor. 

Thöl, Dr., Oberlandesgerichtsrath. 

Warburg, Aby S. 

Warburg, Siegmund Rudolf. 

Weisser, Dr., Kgl. preuss.Stabsarzt. 

Wentzel, Dr. Wilh. Joh. 

Wohlwill, Dr. Adolf, Professor. 

Wolffson, Dr. A. 

Hamm i/Westf. 
Beneke, Prof. Dr., Director des 

Kgl. Gymnasiums. 
Gymnasium, Kgl. 
Hanow,Oberlandesgerichts-Senats- 

Präsident. 

Hanau a/M. 
Kühne, Frau Major, geb. Freiin 

Marschall. 
Osius, Rechtsanwalt und Notar, 

Justizrath. 
v. Wittich, Frau Luise. 

Hannoyer. 

v. Bennigsen, Rudolph, Ober- 
präsident, Excellenz. 

Graetzel v. Graetz, Dr. P. 

Juncken, Frau Johanna, geb.Maudt. 

V. Lüdinghausen- Wolff, Baron, 
Oberstlieutenant und Chef des 
Generalstabs des zehntenArmee- 
corps. 



— *^ 39 ^— 



Hannover. 

Meyer, Erich, Gymnasial - Ober- 
lehrer. 

Ratjen, Adolf, Landgerichtsdirector. 

Schaefer, H., Professor, Gymnasial- 
Oberlehrer. 

Schläger, Dr. med. Hermann. 

Schmorl u. v. Seefeld, Nachf., Buch- 
händler. 

Spiegelberg, Frau Elsbeth, geb. 
Frank. 

Wülbern, Senator. 

Harzbarg a/Harz. 
Grundner, Dr. F., Forstmeister. 

Hattenheim. 

Wilhelmy, A., Procurator. 

Heidelberg. 

Bloch, Iwan, prakt. Arzt. 

Braune, Dr. w., Professor. 

Buhl, Dr. H., Professor. 

Erb, Dr. Wilhelm, Professor, Geh. 
Rath. 

Erdmannsdörffer, Dr. B., Professor. 

Fischer, Dr. Kuno, Professor, Wirkl. 
Geh. Rath, Excellenz. 

Fürst, Dr., Rechtsanwah. 

Gegenbauer, Dr. Karl, Professor, 
Geh. Rath 

Germanisch-Romanisches Seminar 
an der Universität. 

Groos, Karl, Buchhändler. 

Hausrath, Dr. Adolf, Professor, 
Kirchenrath. 

Hoffmeister, H., Lederfabrikant. 

V. Holle, Baron. 

Knaps, Fräulein Anna. 

Koenler, Dr. Karl, Professor. 

Meyer v. Waldeck, Dr. F., Pro- 
fessor der Universität, Hofrath, 
Kaiserl. russ. Kollegienrath. 

Meyer, Dr. jur. G., Professor, 
Hofrath. 

Meyer, Dr. V,, Professor. 

Petters, Otto, Buchhändler. 

Rhode,Dr., Professor, Geh. Hofrath. 

Scholl, Dr. F., Professor. 

Schwinger, Richard, Privatmann. 

Universitäts-Bibliothek, Grossher- 
zoglich Badische. 

V. Waldberg, Freiherr, Dr. Max, 
Professor an der Universität. 

Wunderlich, Dr., Professor. 

Zweig, Dr. Egon. 



Heidenheim. 

Meebold , Frau Commerzienrath 
Natalie. 

Heilbronn. 

Harmonie- Gesellschaft. 

Heinrichau b/ Breslau. 
Eberhardt, Julius, Generaldirector. 
Gottwald, Superintendent und 
Schlossprediger. 

Heinrichsdorf b/Wilhelmsfelde 
(Reg.-Bez. Stettin). 
Lenke, Fräulein Jenny. 

Hildburghausen. 

V. Petrovics, Paia. 

Hildesheim (Hannover), 
von Gneist, Regierungs-Assessor. 
Schiefler, Gustav, Landgerichtsrath. 

Höchst a/Main. 
Epting, Max, Chemiker. 

Hoerde (Westf.). 
Vohwinkel, Dr. med. Karl, prakt. 
Arzt. 

Hohenfichte (Sachsen). 
Hauschild,MaxE.,Commerzienrath. 

Hohenheim b/Stuttgart. 
Warburg, Georges, Student. 

Hohen-Pähl, Schloss b/Wilshofen 
(Oberbayem). 

Czermak, Ernst, Gutsbesitzer. 

Hörn b/Hamburg. 
Wichern, Fräulein Caroline. 

Husum (Schleswig-Holstein). 
Tönnies, Fräulein Elisabeth. 

Jena. 

V. Bardeleben, Dr. K., Professor. 
Delbrück, Dr. B., Professor. 
Devrient, Dr. phil. H. 
Eggeling, Dr. H., Geh. Staatsrath, 

Curator der Universität. 
Eichhorn, Dr. med. Gustav, prakt. 

Arzt. 
Eucken, Dr. R., Professor, Geh. 

Hofrath. 
Fischer, Dr. G., Verlagsbuchhändler. 
Fürbringer, M., Professor, Hofrath. 



—^ 40 4-- 



Jena. 

Genthe, Theodor, Lehrer. 

Gille, Dr., Geh. Hof- und Justizrath. 

Götz, Dr., Professor, 

Haeckel, Dr. Ernst, Professor. 

Hallgarten, Fräulein. 

Kinkel, Walter. 

Kniep, Dr., Professor. 

Knorr, Dr. L., Professor. 

Liebenam, Dr. W., Professor. 

Liebmann, Dr. Otto, Professor, 

Hofrath. 
Lorenz, Dr. O., Professor. 
Merian- Genast, Dr. Hans. 
Michels, Dr. Victor, Professor. 
Richter, Dr. G., Gymnasialdirector, 

Hofrath. 
Rosenthal, Dr. Eduard, Professor. 
Schlösser, Dr. Rudolf, Privatdocent. 
Stoy, Dr. Heinrich, Privatdocent. 
Stoy, Dr. Stephan, Privatdocent. 
Universitäts-Bibliothek. 
V. Vogel - Fromannshausen, Frau 

Anna. 
Walter,Dr.jphil.Johannes,Professor. 
Wilhelm, Dr. Eugen, Professor. 

Illenau b/ Achern. 
Schule, Dr. H., Geh. Hofrath. 

Ilmenau. 

»Gemeinde Gabelbach« Gesell- 
schaft. 

Insterburg. 
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums. 

Isselberg b/ Wesel. 
Nering Bögel, G., Kgl. Commer- 
zienrath. 

Itzehoe. 
Claussen, Dr. med., Sanitätsrath. 

Kappeln (Schleswig-Holstein]). 
Thomsen jun., Dr. med. Julius, 
prakt. Arzt. 

Karlsruhe i B. 

Arnsperger, Dr. phil. Walther. 
Bernaus, Dr. Michael, Professor. 
Bielefeld, Jos., Verlagsbuchhändler, 

K. K. österr.-ungar. Consul. 
Blankenhorn, Dr. Adolf, Professor. 
Boeckh, Stadtrath. 
Bürklin, Frau Dr. A. 
v. Chelius, Rieh., Hofjunker und 

Legations-Secretär. 
v. Edelsheim, Freiherr, Grossh. bad. 

Obersthofmeister, Excellenz. 



Karlsruhe i/B. 

v. Eisendecher, Frau, geb. Freiin 
v. Eickstedt, Excellenz. 

Eller, Dr. Carl, Oberlandesgerichts - 
rath. 

Ettlinger, Fräulein Anna. 

von und zu Gemmingen, Freiherr, 
Oberstkammerherr, Excellenz. 

Göller, L., Ministerialrath. 

Hauser, Joseph, Grossh. badischer 
Kammersänger. 

Heinsheimer, Max, Oberlandes- 
gerichtsrath. 

Liebermann, Gustav (i/Fa. A. Biele- 
felds Hofbuchhandlung). 

Mainzer, Fräulein Helene. 

Ministerium der Justiz, des Kultus 
und Unterrichts. 

Molitor, Fräulein Fanny. 

v, Oechelhäuser, Dr. A., Professor 
am Polytechnicum. 

Ordenstein, Heinrich, Director des 
Conservatoriums für Musik. 

Regensburger, Dr. Leopold, Rechts- 
anwalt. 

Roffhack, Dr.jur., Geh. Reg.-Rath. 

Schnorr von Carolsfeld, Frau Mal- 
vina, königl. bayr. Kammer- 
sängerin. 

Seubert, Emil,. Ministerialdirector. 

Weill, Dr. Fr., Rechtsanwalt. 

Weltzien, Alexander. 

Wendt, Dr. Gustav, Geh. Hofrath. 

Kehl a/Rh. 
Frick, Ludwig, Fabrikant. 
Gernandt, Dr. phil. Gas., Lehr- 
amtspraktikant. 

Kerpen b/Cöln. 
Wenzel, Amtsrichter. 

Kessenich. 

Schlieper, Frau Gustav. 

Kiel. 

Gering, Dr. H., Professor. 
Kauffmann, Dr. Fr., Professor. 
Kirchhoff, Frau Capitain zur See. 
Krogmann, Ernst, Gerichtsassessor. 
Matmaei, Dr., Professor. 
Mühlau, Dr. F., Professor. 
Niepa, Alexander, Chefredacteur. 
Rogge, Frau Clara, geb. Plantier. 
Rossbach, Dr. O., Professor. 
Scheppig, Dr. phil. Richard, Pro- 
fessor, Oberlehrer. 



—4* 4^ *— 



Kiel. 

Schlossmann, Dr., Professor. 
Schöne, Dr. Alfred, Professor, Geh. 

Rath. 
Stange, H., Professor. 
Toeche, Paul, Hofbuchhändler.^ 
Universitäts-BibliothekjKönigliche. 
Wolff, Dr. Eugen, Privatdocent. 

Kirchheimbolanden (Rheinpfalz). 

Bibliothek der Kgl. Lateinschule. 
Moschel, R., Königl. bayr. Rent- 
amtmann. 

Klein-Oels b/Ohlau i/Schlesien. 

Yorck V. Wartenburg, Graf Hans. 
Yorck V. Wartenburg, Graf Paul. 

Klein-Sägewitz b/Kattern 
(Reg.-Bez. Breslau). 
Lewald, Georg. 

Kohlhöhe b/Gutschdorf (Schles.). 

V. Richthofen-Darasdorf, Freiherr, 
Ober-Reg.'Rath. 

Königsberg i/Pr. 

Alscher, Dr. Walter, Rechtsanwalt. 

Baumgart, Dr. Hermann, Professor. 

Bibliothek der städtischen Real- 
schule. 

Bibliothek des Altstädtischen Gym- 
nasiums. 

Bibliothek des KneiphöfischenGym- 
nasiums. 

Bibliothek des Realgymnasiums auf 
der Burg. 

Bibliothek des städtischen Real- 
gymnasiums. 

Bibliothek des Königl. Wilhelms- 
Gyranasiums. 

Brode, Max, Dirigent der Kgl. 
Sinfonie-Konzerte. 

Frohmann, Dr. med. Julius, prakt. 
Arzt. 

Goldberg, Julius, Bankier, Consul. 

Gruenhagen, Dr., Professor, Ge- 
heimrath. 

Güterbock, Dr. jur., Professor, 
Geheimrath. 

Königl. u. Universitäts-Bibliothek. 

Lehnert, Dr. phil. Max, Gymnasial- 
Oberlehrer. 

Rümpler, Alex, Redacteur. 

Samuel, Dr., Professor. 



Königsberg i/Pr. 

Schöndörffer, Dr. Otto, Gymnasial- 
lehrer. 

Simon, Frau Rittmeister Marie, geb. 
Burchardt. 

Stern, Frau Dr. Agnes, geb.Wiehler. 

Teppich, Frau Emil. 

Töchterschule, städtische höhere. 

Vogel, Rudolf, Rechtsanwalt. 

Königshütte O/S. 
Serlo, Walter, Bergassessor. 

Schloss Könitz i/Thüringen. 
Reiss, Dr. Wilhelm, Geh. Reg.- 
Rath. 

Konstanz. 
Brandes, Wilhelm, Bankdirector. 
Fischer, Dr. med. Gg. 
Mülberger, Dr. F. 

Bad Kosen. 

Schütze, Dr. med. Carl. 

Krotoschin (Posen). 
Jonas, Dr., Professor, Gymnasial- 
director. 

Kusel (Rhein pfalz). 
Heydel, J., Kgl. Bezirksamtmann. 

Lahr i/Baden. 
Stadtbibliothek. 

Landau (Pfalz). 
Zahn, August, Landgerichtsrath. 

Landeshut i/Schlesien. 
Realgymnasium. 

Langen bürg (Württemberg), 
zu Hohenlohe-Langenburg, Frau 
Fürstin Leopoldine, Grossher- 
zogliche Hoheit. 

Lauban i/Schlesien. 
Wissenschaftlicher Verein. 

Legefeld b/Weimar. 
Reusse, Rudolf, Pfarrer. 

Leipzig. 

Abraham, Dr. Max, Verlagsbuch- 
händler. 
V. Bahder, Dr. Karl, Professor. 
Baur, Fräulein Marie. 
Beer, Fräulein Dora. 



— ^ 42 4— 



Leipzig. 

Beer, Dr. Rudolph, Gymnasial- 
Oberlehrer. 

Berlit, Georg, Gymnasial - Ober- 
lehrer. 

Bibliothek des Kgl. Gymnasiums. 

Bibliothek des Nikolaigynmasiums. 

V. Biedermann, Freiherr F. W., 
Verlagsbuchhändler. 

Binding, Dr. Karl, Professor. 

Borchers, Bodo, Hofopemsänger 
a. D., Gesangslehrer. 

Brockhaus, Dr. Eduard, Verlags- 
buchhändler. 

Brockhaus, Rudolf, Verlagsbuch- 
händler. 

Brugmann, Dr. Oskar, Oberlehrer 
am Nikolaigymasium. 

Gurschmann, Dr. med., Professor. 

Degenkolb, Dr., Professor. 

Dix, Paul, Rechtsanwalt. 

Dodel, Friedrich Wilhelm jun., 
Kaufmann. 

DoerinjB^, Dr. B., Professor, Gym- 
nasial-Oberlehrer. 

Dolega, Dr. med. Max. 

Dürr, Alphons, Stadtrath. 

Dürr, Dr. Alphons, Buchhändler. 

Eelbo, Bruno, Architect. 

Elster, Dr. Ernst, Professor an der 
Universität. 

Fränkel, Dr. Albert, Schriftsteller. 

Friedberg, Dr. Emil, Professor, 
Geh. Hofrath. 

Geibel, Frau Leonore, geb. Weisz. 

Geibcl, Frau Marianne. 

Gensei, Dr. jur. Julius, Sekretär 
an der Handelskammer. 

Georgi, Dr., Rechtsanwalt. 

Giesecke, Herm. F. (Firma Giesecke 
& Devrient). 

Goetz, Ernst. 

Goetze, FräuleinAuguste, Kammer- 
sängerin. 

Haessel, H., Verlagsbuchhändler. 

V. Hahn, Dr. F., Präsident. 

V. Hase, Dr. Oskar, Verlagsbuch- 
händler. 

Heinemann, Dr. phil. Karl. 

Heinichen, B., König). Stations- 
Assistent. 

Herbst, Günther, Kaufmann. 

Hering, Siud. phil. Robert Eugen. 

Hildebrand, Dr. phil. Rudolf, Real- 
schuloberlehrer. 

Hirzel, H., Verlagsbuchhändler. 



Leipzig. 

V. Holstein, Frau Hedwig. 
Institut, bibliographisches. 

iunck, Dr. jur., Rechtsanwalt, 
ungmann, Dr., Professor, Rector 
zu St. Thomae. 

Kettembeil, Dr. jur. Johannes^ 
Landrichter. 

Köhler, K. F., Buchhändler. 

König, Wilhelm. 

Krehl, Dr. Ludolf, Professor, Geh, 
Hofrath. 

Lange, Dr. Robert. 

Lemke, Julius, Director der Leip- 
ziger Feuer-Vers.-Anstalt. 

Leskien, Dr. Ä., Professor. 

Liebisch, Bernhard, Buchhändler. 

Limburger, Rechtsanwalt. 

Lipsius, Dr. Hermann, Professor, 
Geh. Hofrath. 

Lorentz, Alfred, Buchhändler. 

Loewenstein, Reichsgerichtsrath. 

Müller, Dr. jur. Carl Otto, KgL 
Sachs. Geh. Rath, Professor. 

Nachod, Frau Consul Marie. 

Pfalz, Dr. Franz, Professor, Director 
der Realschule. 

Prüfer, Dr. jur. u. phil. Arthur, 
Privatdocent. 

Reincke, Frau Reichsgerichtsrath. 

Reisland,O.R.,Verlagsbuchhändler, 

Ribbeck, Dr. O., Professor, Geh» 
Rath. 

Romberg, E. L., Geh. Justizrath. 

Rost, Adolph, Buchhändler (J. C, 
Hinrichs'sche Buchhandlung). 

Scheibner, Dr. Wilhelm, Professor, 
Geh. Hofrath. 

Schmidl, Stud. phil. Josef Wendelin.. 

Schmidt,Cand. jur. Reinhard Benno. 

Schneider, Dr. Arthur, Privatdocent, 

Schneider, Carl, Kaufmann. 

Schreber, Frau Dr. Pauline. 

Schubert, Dr. phil. Joh. 

Schulz, Hermann, Buchhändler. 

Schunck, Fräulein Cornelia. 

Schuster, Dr. phil. Hermann, In- 
stituts director. 

Schwabe,Frau Susanne,geb.Klemm, 

Schwarz, H., Reichsgerichtsrath a. D, 

Seelig, Dr. Justizrath, Rechtsanwalt 
beim Reichsgericht. 

Seemann , Arthur, Verlagsbuch- 
händler. 

Seminar, Königl. Deutsches. 

Sievers, Dr. E., Professor. 



-•jf 43 ^— 



Leipzig. 

Simon, Dr. jur. Gustav Wilhelm, 

Rechtsanwalt. 
Simon, Frau Stadtrath Hedwig, 

geb. Simon. 
Staackmann, L., Buchhändler. 
Stadtbibliothek. 
Staegemann, M. , Director des 

Stadttheaters. 
Steffen, Dr. Georg, Gymnasial- 

Oberlehrer. 
Stenglein, Reichsgerichtsrath. 
Stumme, Stud. med. Emmrich 

Gerhard. 
V. Tauchnitz, Bernhard, Freiherr, 

Verlagsbuchhändler. 
Titze, Adolf, Verlagsbuchhändler. 
Tröndlin, Dr., Bürgermeister. 
Universitäts-Bibliothek, Kgl. 
Voerster, Alfred, Buchhändler. 
Voerster, Karl, Buchhändler. 
Vogel, Dr. Julius, Direct.-Assistent. 
Voigt, Dr. phil. Hans, Gymnasial- 

Oberlehrer. 
Volkelt, Dr. Johannes, Professor. 
Wagner, Franz, Commerzienrath, 

Stadtrath. 
Wagner, Dr. med. Paul, Privat- 

docent. 
Walter, Geh. Ober-Postrath. 
Weber, Dr. phil. Robert. 
Wendtland, Dr. jur., Assessor. 
Wiesand, Dr. jur., Kaiserl. Reichs- 
gerichtsrath. 
Windscheid, Frau Dr. Bernhard, 

Professors-, Geheimraths-Wwe. 
Witkowski,Dr.Georg,Privatdocent. 
Wülker, Dr. Richard, Professor. 
Wundt, Dr. Wilh.^ Professor. 
Zschiesche Nachf. (Georg Müller), 

Buchhändler. 

Liegnitz. 

Rawitscher, Frau Assessor. 
Röhricht, Justizrath. 

Limbach. 

Erbert, Karl, Referendar. 

Lindau i/B. 
Brüller, Max,Kgl. Bezirks-Thierarzt. 

Linden b/Hannover. 
Bibliothek des Königl. Kaiserin 
Augusta- Victoria-Gymnasiums. 
Grasshof, Dr., Gymnasialdirector. 
Haase, Frau Helene. 
Laporte, Rechtsanwalt. 

Goethi-Jahrbuch XVII. 



Löcknitz (Pommern). 

v. Eickstedt - Peterswaldt, Frau 

Gräfin, geb. v. Eisendecher. 

Lübben (Niederlausitz). 
Schneider, Florentin, Landesbestall- 
ter der Niederlausitzer Stände. 

Lübeck. 

Achilles, Dr. E. 

Benda, Dr. jur. J., Landrichter. 

Curtius, Frau Senator Dr. 

Fehling, Senator, Dr. 

Hoffmann, Dr. Paul, Director der 
Emestinenschule. 

Pabst, Dr. jur. Gustav. 

Schillerstiftung, Lübeckische. 

Stooss, Dr. jur. Alfred, Rechts- 
anwalt und Notar. 

Luckenwalde b/Frankfurt a/0. 
Neuhaus, M., Rittmeister a. D. 

Ludwigsburg (Württemberg). 
Wolff, Franz, See. -Lieutenant im 
Dragoner-Reg. »KöniginOlga«. 

Ludwigslust. 

Schaumkell, Ernst, Lic. Theol. 

Lüneburg. 

Frederich, Otto, Hofweinhändler. 
Gravenhorst, K., Justizrath. 

Lyck (Ostpreussen). 
Dembowski, Dr. Johannes, Ober- 
lehrer. 
Gymnasium, Königliches. 
Wiebe, Emil, Buchhändler. 

Magdeburg. 

Aefner, Hermann, Kaufmann. 

Aufrecht, Dr. 

Berndt, R., Director der Magdeb. 
Feuer-Vers.-Gesellschaft. 

Grünhut, Dr. Leo, vereid. Gerichts- 
Chemiker. 

Hindenburg, Frau Carl, geb. Rei- 
mann. 

Hürse, K., Königl. Musikdirector. 

Kawerau, Waldemar, Redacteur 
der Magdeb. Zeitung. 

Krühne, Richard, Gerichtsassessor. 

Lieban, Frau Hermann. 

Strätcr, Dr. phil. E., Oberreal- 
schullehrer. 

Trosien» E., Geh. Reg.- und Pro- 
vinzialschulrath. 

26 



'^ 44 



Mains. 

Cornelius, Dr. Karl. 

Feldheim, C. F.> Geh. Commer- 

zienrath. 
Heidenheimer, Dr. phil. Heinrich. 
Hess, Dr. Carl. 

Scholz, Carl rPirma Jos. Scholz). 
Schultheis, Albrecht. 
Stadtbibliothek. 

Mannheim. 

Bibliothek, öffentliche. 
Darmstaedter, Dr., Rechtsanwalt. 
Diffen^, Dr. K. 
Hecht, Dr. Felix, Hofrath, Bank- 

director, 
Hirsch, Emil. 
Hirsch, Louis, Kaufmann. 
Hoftheater-Comit^, Grossh. Bad. 
Kahn, Dr. Richard, Rechtsanwalt. 
K^ler, Martin, Kaufmann. 
Ladenburg, Frau Commerzienrath 

Ida. 
Lenel, Alfred, Kaufmann. 
Loewe, M. (Firma Loewe & Eschel- 

mann). 
Mathy, Johann Wolfgang. 
Neumann, Dr. Karl. 
Reimann, Frau Dr. Clara, geb. 

Diffeni. 
Reiss, Fräulein Anna. 
'Reiss, Karl, Consul. 
Staudt, Dr. med. J., prakt. Arzt. 

Marburg i/ Hessen. 

Cohen, Dr. H., Professor. 

Germanistisches Seminar der Uni- 
versität. 

Gymnasium, Königliches. 

Kochendörffer, Dr. Karl, Biblio- 
thekar. 

Köster, Dr. Albert, Professor. 

KQhnemann, Dr. phil., Privatdocent. 

Küster, Dr. Ernst, Professor. 

V. Lilienthal, Dr. Carl, Professor. 

Rathke, Dr., Professor. 

Schröder, Dr. Eduard, Professor. 

Souchay, C. C, Gutsbesitzer. 

Universitäts-Bibliothek, fCgl. 

Wenck, Dr. C, Professor. 

Marklissa. 

Kauffmann,Wilhelm,Fabrikbesitzer. 

Markowitz (Prov. Posen). 
V. Wilamowitz-Möllendorf, Frei- 
herr, Kgl. Kammerherr, Ober- 
präsident d. Prov. Posen, Excell. 



Maulbronn i/Württemberg. 

Palm, Aug., Professor, Ephorus 

des theologischen Seminars. 

Meerane i/S. 
Scheitz, Dr. Emil, Apotheker. 

Meesendorf b/ Backschütz 
(Schlesien). 
Waldersee, Frau Gräfin Helene, 
geb. V. Wilamowitz-Möllendorf. 

Meinin^en 

(Sachsen-Memingen). 

Baumbach, Dr. Rudolf, Hofrath. 

Kircher, Dr., Geh. Regierungsrath. 

Lindau, Dr. Paul. 

"Martiny, Fr., Eisenbahn-Maschinen- 
ingenieur. 

Wüllner, Dr. Ludwig, Herzogl. 
"Meining. Hofschauspieler. 

Meissen. 

"Bibliothek der Kgl. Fürsten- und 
Landesschule. 

MemeL 

Bibliothek der höheren Töchter- 
schule. 

Friede, Fräulein Lucie. 

Gymnasialbibliothek, Kgl. 

Halling,' Director der höheren 
Töchterschule. 

Valentin, Richard. 

Merseburg. 

•Barth, Frau Generaldirector. 

Mülhausen i/Elsass. 
Deecke, Dr, W., Gymnas.-Director. 
Kestner, Dr. Hermann, Sanit.-Ratli. 

Mtthrau b/Striegau i/Schl. 
V. Kramsta, Fräulein Marie. 

München. 

Ackermann, Theodor, Kgl. Hof- 
buchhändler. 

Bernstein, Max, Schriftsteller. 

Bittmann, Friedrich. 

V. Bodman, Freiherr J. Ferd., 
Grossh. Bad. Gesandter. 

ßronsart v. Schell endorff, Kam- 
merherr, Wirkl. Geh. Rath, Exe. 

V. Bürkel, Ludwig, Kgl. Bayer. 
Ministerial-Director. 

Cornelius, Dr. C. A., Professor. 



—4^ 45 *— 



München. 

V. Dursy, Kaiserl. Ministerialrath. 
Dyck, Dr. Franz, prakt. Arzt. 
Euer, Frau Henriette, Oberhof- 

gerichts-Advocatenwittwe. 
Faehndrich, H. A., Amtsrichter a. D. 
Fiedler, Frau Dr. Conrad. 
Fraenkel, Dr. Ludwig, Hochschul- 

Docent. 
Fulda, Dr. Ludwig, Schriftsteller. 
v.Gietl, Ritter Max, Ministerialrath. 
Göppinger-Meeböld, FrauAdelheid. 
Gottheit; Cand. phil. Fritz. 
Grätz, Dr. Leo, Universitäts-Pro- 
fessor. 
Haaser, Ernst, Journalist. 
Hanfstängl, Edgar, Hofrath. 
Hauck, Dr. Carl. 
Hausmann, Frau Justizrath Dr. 

Betty. 
Hertz, Dr. Wilhelm, Professor. 
Heyse, Dr. Paul. 
Hof- und Staatsbibliothek, Kgl. . 
Kappelmeier , Georg , Brauerei- 

Director. 
Lehner, Johann, Director der Bayer. 

Notenbank. 
Lehrerbibliothek, Städtische. 
Levi, Hermann, K. Generalmusik- 

Director. 
Linz-Godin, Frau Oberst A. 
V. Marogna, Graf. 
V. Marogna, Gräfin Angela, Hof- 
dame L K. Hoheit der Frau 
Herzogin Carl Theodor in 
Bayern. 
V. Mayer, Dr. Carl, Kgl. Staatsrath. 
Muncker, Dr. Franz, Professor. 
v.Naejjeli, Frau Professor Henriette. 
Oelschläger, Dr. phil. Hermann. 
Oertel, Cand. phil. Heinrich. 
V. Oettingen, Frau M. 
Oldenbourg sen., R., Verlagsbuch- 
händler. 
Pallmann, Dr. H. 
Paul, H., Professor. 
V. Perfall, Freiherr, General-Inten- 
dant der Königl. Hofmusik, 
Excellenz. 
Quidde, Dr. phil. L. 
Rau, Frau Anna. 
V. Ritter, Fräulein Marie. 
Robertson, John G. 
Savits, Jocza, Oberregisseur des 

Kgl. Hoftheaiers. 
Scherer, Dr. Georg, Professor. 



München. ^ 

Schmidt, Dr. med. Oswald. . 
Schubart, Dr, M. 

Solbrig, Dr. Veit, K. Ober-Stabsarzt. 
Steinitzer, Paul, K. K. österr. 

Major a. D. 
Sulger-Gebing, Dr. phil. Emil. 
Traube, Dr. Ludwig. 
Universitätsbibliothek, Königl. 
Waldthausen, Justus, Kaufmann. 
Wehrich, Richard, Kgl. Professor. 

Munchenhemsdorf 

(Grossh. Sachsen). 
V. der Gabelentz-Linsingen, Lieut. 
im Hus.-Reg. v. Ziethen. 

Münster i/Westphalen. 
Andresen, Dr. Hugo, Professor. • 
Drescher, Dr, phil. Carl, Privat- 

docent. 
Lüdicke, Max, Eisenbahndirections- 

Präsident. 
Paulinische Bibliothek, Kgl. 
Pietsch, Kgl. Baurath. 
Schmedding, Frau Reg.-Rath Laura, 

geb. Hüffer. 

Nassau. 

V, Kielmannsegge, Frau Gräfin L. G. 

Nastätten (Prov. Nassau). 
Cathrein, Joseph. 

Naumhurg a/S. 
Bennecke, Justizrath. 
Bröse, G., Oberlehrer. 
Kirchner, Fräulein Elisabeth. 
Köster, Dr., Geh. Sanitätsrath. 
Lehmann , Ober - Landesgerichts- 

rath a. D. 
Pilling, Dr. C, Gymnasial-Lehrer. 
Remertz, Rechtsanwalt. 
Seelmann, Fräulein C. L. Gertrud. 
Sturm, Dr. Aug., Rechtsanwalt und 

Notar. 

Naundorf (Bez. Dresden). 
V. Lindenfels, Freiherr, Kgl. Ober-, 
förster. 

Naunhof 

. bei Leipzig. 
Francke, Carl, Versicherungsbank- 
Director a. D. 

Neuhurg (Stift) b/ Heidelberg. 
V. Benins, Freiherr. 

26* 



-4^ 4^ 4— 



Neuendorf (Bezirk Köslin). 
V. Osterroht, Gotthilf. 

Neumünster. 

Crespel, A., Rechtsanwalt. 
Neusalz a/Oder. 
Wenck, W., Prediger. 

Neustadt a/Haardt. 
Kern, Frau Anna, Rentnerin. 

Neustrelitz. 
Götz, Dr. G., Obermedicinalrath. 

Niederbreisig. 

Huyssen, W., Ingenieur. 

Nieder-Ingelheim. 

V, ErJanger-Bertius, Frau Baronin. 

Niederwalluff. 
Marcuse, H., Consul. 

Niep b/Crefeld. 
Boscheidgen, Dr. jur. Hermann, 
Gericntsreferendar. 

Nordhausen a/H. 

Gymnasium, Königl. 

Hasse, Dr. med. 

Kneiff, Rudolf. 

Mylius, C, Landgerichtsrath. 

Scnenke, Hermann, Premier -Lieu- 
tenant, Stadtrath und Brennerei- 
Besitzer. 

Nürnberg. 

Cohen, Dr. phys. Rudolf. 
Enderlein, Oberlandgerichtsrath. 
Germanisches Nationalmuseum. 
Hopf, Frau Lili. 

Lechner, Max, Gymnasialrector. 
Merzbacher, Sigm., Rechtsanwall. 
Pegnesischer Blumenorden (Literar. 

Verein). 
Rau, Rudolf, Rechtsanwalt. 
Stadt Nürnberg. 
Wendriner, Ferd., Kaufmann. 

Oberlahnstein (Rheinprovinz). 
Lessing, A. 

Offenbach a/M. 
Grünebaum, Emil. 
Weber, Frau Justizrath Dr. 

Ohrdruf. 

Gymnasium Gleichense, Herzogl. 



Oldenburg i/Grossh. 
V. Beaulieu-Marconnay, Bugen, 

Baron, Oberlandesgerichts-Prä- 

sident, Excellenz. 
Becker, Landesgerichts - Präsident. 
BibliothekjGrossnerzoglicheöffentl. 
Kelp, W., Apotheker. 
Leesenberg, Dr. phil. F. A. 
Mosen, Dr. R., Ober-Bibliothekar. 
Schwartz, A., Hofbuchhändler. 
Thorade, Bankdirector. 
Wolken, E., Kaufmann. 

Oppeln (Prov. Schlesien). 
Glasewald, Kgl. Oberreg.-Rath. 
Maske, Georg, Verlagsbuchhändler. 
V. Viebahn, Major. 

Ostenwalde b/Melle. 
Bibliothek Ostenwalde. 

Ottmachau (Prov. Schlesien). 
V. Humboldt, Freiin Mathilde. 

Pankow b Berlin. 
Ehrstaedt, Dr. P., Besitzer der 
Adler-Apotheke. 

Parchim (Mecklenburg). 
Garthe, Frau Bauraih Caroline, 
geb. Mencke. 

Partenkirchen. 

Mayer-Doss, Georg Ludwig. 

Penzig i. d. Oberlausitz. 
Drevin, Helmuth, Apotheker. 

Pforzheim. 
Bissinger, C., Gymnasial-Director. 
Fischer, Dr. Franz, Director der 

Irrenanstalt. 
Waag, Alfred, Architect, Director 

der Kunstgewerbeschule. 

Plagwitz b/Leipzig. 
Keil, Dr. phil. Alfred. 

Plauen i/Sachsen. 
Hofmann - Stirl, Frau Professor 
Helene, K^immersängerin. 

Pless i/Schlesien. 
Fielitz, Dr. W., Professor. 

Poppenhüttel b/Hamburg. 
Henneberg, Albert, Gutsbesitzer. 



-♦ 47 ^'■ 



Posen. 

Gunke, Fritz, Referendar. 
Kantorowicz, Frau Lina. 

Potsdam. 

Bertz, Eduard, Schriftsteller. 
König, Dr. Robert, Daheim-Redac- 

teur a. D. 
Philippi, G. 

Räcknitz b/Dresden. 
V. Biedermann, General-Major a. D. 

Radeburg. 

Strack, Frau Hauptmann Fanny, 
geb. Hertz. 

Rastenburg i/Ostpr. 
Kowalski, Carl, Kaufmann. 

Rathenow. 

Rhein, Frau Clara. 

Ratibor. 

Suchsland, Adolf, Landrichter. 

Ratzeburg (Lauenburg). 
Wassner, Dr. Julius, Gymnasial- 
director. 

Rechtenfleht b/ Bremen. 
Allmers, Hermann. 

Rehnsdorf b/Elstra (Sachsen). 
V. Boxberg, Georg, Ritterguts- 
besitzer. 

Reichenbach i/ Schlesien. 
Preu, Dr. med., Sanitätsrath. 

Remagen a/Rh. 
Linden, Fräulein Lina, Pensionats- 
Vorsteherin. 

Retzin b/Priegnitz. 
zu Putlitz, Frau Baronin. 

Reutlingen. 

Kusel, Fräulein Lucie. 

Risstissen b/Ulm a/D. 
Schenck v. Stauffenberg, Dr. Fr., 
Freiherr. 

Rossla a/Harz. 
Schüddekopf, Dr. Carl, Gräflicher 
Bibliothekar. 



Rostock i/Mecklenburg. 
Berlin, Dr. Rudolf, Professor. 
Eggers, Dr. Carl, Senator. 



lüller, Dr. phil. Walter. 
Stiller'sche Hof- und Universitäts- 

Buchhandlang. 
Universitäts-Bibliothek, Grossh. 
Wilbrandt, Dr. Adolf. 

Rotenburg i/ Hannover. 
Boehrs, Dr. D., Kreisphysicus. 

Rudolstadt 

Bibliothek, Fürstl. öffentliche. 

Ruhrort a/Rh. 
de Gruyter, Albert. 

Satzkorn b/ Potsdam. 
Brandhorst-Satzkorn, W., Ritter- 
gutsbesitzer. 

Schkeuditz. 
Schäfer, F. W. E., Buchhändler. 

Schleiz. 
Paetz, G., Kammerpräsident. 

Schleswig. 

Bergas, Julius, Buchhändler. 

Hoe^sche Bibliothek. 

Kammer, Dr., Professor, Provinzial- 

schulrath. 
Voigt, Dr. Carl, Reg.-Assessor. 

Schlettstadt. 
Kapff^, Dr., Stabsarzt. 

Schlobitten i/Ostpreusen. 
zu Dohna, Frau Gräfin Emmy. 

Schneidemühl. 

Löbner, Dr. Heinrich. 

Schnepfenthal b/ Waltershausen. 
Ausfeld, Dr. Wilhelm, Schulrath. 

Schonebeck b/Magdeburg. 
Saalwächter, Otto, Fabrikbesitzer. 

Sehonefeld b/Leipzig. 
Lazarus, Dr. Moritz, Professor, 
Geh. Reg.-Rath. 

Schonwerder b Dölitz i/Pommern. 
V. Bonin, Frau, geb. v. Zanthier. 

Schreitlangken b/Willkischken 

i/Ostpwusen. 
Dressler, Frau. 



—^ 48 ♦ 



SchuIpfoHa. 

Kettner, Dr. Gustav, Professor. 
Landesschule, Königliche. 
Schreyer, Dr. Hermann, Professor. 
Volkmann, Dr. Dietrich, Rector 

der Landesschule, Professor. 
Zimmermann, Justizrath,ProcuTator 

der Landesschule. 

Srhweidnitz i/Schl« 
Klctschke, Landgerichtsrath. 

Schwenda b/Stolberg a/Harz. 
Hausmann, J., Pastor. 

Schwerin i/M. 
V. Ledebur, Freiherr, Kammerherr, 

Intendant des Hoftheaters. 
V. Pritzbuer, Stud. jur. et cam, 

Friedrich. 
V. Prollius, Jaspar, Ministerial- 

rath im Grossherzogl. Meckl.- 

Schwerin. Finanzministerium. 
Schröder, Dr., Regierungsrath. 

Seesen a/Harz. 
Philippson, Dr. phil.Emil, Director 
der Realschule. 

Seifersdorf b/Radeberg (Sachsen). 
V. Brühl, Graf Carl. 

Seyda (Bezirk Halle). 
Matzdorff, Dr. med. Hans. 

Siegersleben b/£ilsleben. 
Führling, Frau Kreisrichter M, 

Skalmierzyce (Prov. Posen). 
Peretz, Moritz. 

Sondershausen. 

Budde, Regierungsrath. 

V. Gerber, Frau Staatsminister Exe. 

Laue, Rath Fr., Oberburgermeister. 

Warte Sonnenblick (Eisenbahn- 
Stelle Sulzbach i/Taunus). 

Volger, Dr. G. H. Otto, Natur- 
forscher. 

Sorau N/L. 
Lorentz, Dr. phil. P., Gymnasial- 
Oberlehrer. 

Springe (Hannover). 
Kaufmann, Karl, Fabrikbesitzer. 



Stalluponen. 

Kalau V. Hofe, Cand. des höhern 
Schulamts. 

Stassfurt. 

Stenffel, Rudolf, Fabrikbesitzer, 
Konsul a. D. 

Steglitz b/Berlin. 
Dahms, Dr. Rudolf, Professor. 
Hoffmann, Dr. Otto, Professor, 

Gymnasialoberlehrer. 
Lehrerbibliothek des Gymnasiums! 
Paulsen, Dr. Friedrich, Professor. 
Weber, W., Oberburgermeister a. D. 
Wendeler, Dr. Camillus. 

StendaL 

Wendörff, Landgerichts-Präsident. 

Stettin. 

Gerstäcker, Otto, Amtsgerichtsrath. 

iobst, R., Professor, 
[eddig, C. A., Director. 
Klauwell, Rudolf, Kaufmann. 
Kurtz, Frau Kaufmann Reinhold. 
May, Rudolf, Kaufmann. 
Meister, Ernst, Rechtsanwalt. 
Preusser, Fräulein Marie. 
Schleich, Dr. med. Karl Ludwig, 

Sanitätsrath. 
Steffen, Frau Dr. Sanitätsrath P. 
Weber, Otto, Landgerichtsrath. 

Stockach i/ Baden. 
Ottendörfer, Dr. Hermann, Ober- 
Amtsrichter. 

Stolberg i/Harz. 

Albrecht liger, Prinz zu Stolberg- 
Stolberg, Durchlaucht. 

Bode, Fritz, Fürstl. Stolberg'scher 
Kammerdirector. 

Stolno, Post Klein-Czyste. 
Kreis Kulm i/Westpreussen. 
Strübing, Fräulein Frieda. 

Stolp (Pommern). 
Bibliothek des Kgl. Gymnasiums. 
Pickert, W., Gymnasial- Oberlehrer 
und Bibliothekar. 

Strassburg W/Pr. 
Gymnasium, Königliches. 

Strassburg i/E. 
Brodrück, Georg, Major. 
Budde, Dr. Karl, Professor. 



•^^ 49 4•— 



Strasflburg i/E. 

Friedl aender,Dr . Lu d wig, Professor, 
Geh. Rath. 

Henning, Dr. R., Professor. 

Jacob, Dr. Carl. 

Joseph, Dr. Eugen, Privatdocent. 

Lenel, Dr. phil. Walter. 

Martin, Dr. E., Professor. 

Michaelis, Dr. Adolf, Professor. 

Seminar, Germanistisches, an der 
Universität. 

Stilling, Dr. J., Professor. 
•Trübner, Karl J., Verlagsbuch- 
händler. 

Universitäts- u. Landesbibliothek, 
Kaiserliche. 

Varrentrapp, Dr. C., Professor. 

Ziegler, Dr. Theobald, Professor. 

Stuttgart. 

Abert, Hofcapellmeister. 
Bacher, Dr. jur. Albert, Amtsrichter. 
Becher, Fräulein Emmy. 
Bibliothek, Königliche 'öffentliche. 
Bibliothek der Kgl. Technischen 

Hochschule. 
Clason, Arthur, Kaufmann. 
Deahna, Dr., prakt. Arzt. 
Donndorf, A., Professor. 
Douglas, Theobald, Bergwerks- 

"besitzer. 
Gerock, Dr. Christof, prakt. Arzt. 
Gerschel, Oskar, Antiquar und 

Buchhändler. 
Hartmann, Dr. Julius, Professor. 
Haussmann, Conrad, Rechtsanwalt. 
Krabbe, C, Verlagsbuchhändler. 
Kröner, Adolf, Verlagsbuchhändler, 

Commerzienrath. 
Kröner, Alfred, Buchhändler, 
Kurtz, P., Buchhändler. 
Lang, Dr. Wilhelm. 
Mayer, Paul, Ober-Regierungsrath. 
Müller, Gustav, Kaufmann. 
Müller-Palm, Adolf, Professor. 
Museums-Gesellschaft. 
Nast, A., Buchhändler (in Firma 

Göschen 'sehe Verlagsbuchhdlg). 
Obrist, Dr. Aloys, Hofcapellmstr. 
Obrist, Frau Dr. Hildegard. 
Proelss, Johannes, Redacteur. 
V. Riecke, Dr. Karl, Staatsminister, 

Excellenz. 
Rominger, jun., Nathanael. 
Rommel, Dr. Otto. 
Schall, Dr. Rieh., Rechtsanwalt. 



Stuttgart. 

Schqenhardt , Dr. , Oberlandes- 
gerichtsrath. 

Schott, Frau Amalie. 

Schulz, F. G., Commerzienrath. 

Siegle, Gustav, Geh. Commerzien- 
rath. 

Spemann, W., Verlagsbuchhändler. 

Steiner, Dr. K., Director, Geh. 
Commerzienrath. 

Stockmayer, M. E., Rechtsanwalt. 

Straub, Dr. L. W., Professor. 

Vetter, Leo, Kaufmann. 

v. Westenholz, Freiherr, Dr. Friedr. 

Wildermuth, Dr. H. A., Arzt. 

Zeller, Dr. Eduard, Professor, 
Excellenz, 

Zweifel-Heer, Frau Jetty. 

Tangerhütte b/Magdeburg. 
v. Arnim, Frau Marie. 

Tempelburg (Pommern). 
Berg, Karl, Amtsgerichtsrath. 

Thalstein b/ Jena, 
v. Tümpling, Kaiser!. Legations- 
rath a. D. 

Thann i/Elsass. 
Curtius, Dr., Kreisdirector. 

Tharandt. 

Hucho, Dr. Heinrich, Amtsrichter. 

Thorn. 

BischofF, Landrichter. 

Tiefurt b/ Weimar. 
Gräness, Kammergutspächter. 

Trachenberg (Schlesien). 
V. Hatzfeld, Frau Fürstin, Durch- 
laucht, geb. Gräfin v. Bencken- 
dorff, Oberhofmeisterin L M. 
der Kaiserin Augusta Victoria. 

Tübingen. 

Froriep, Dr. August, Professor. 
Geib, Frau Professor L. 
Geiger, Dr. Karl, Oberbibliothekar. 
Hümer, Dr. G., Professor. 
Oesterlen, Dr., Professor. 
Siemerling, Dr. E., Professor. 
V. Sigwart, Dr., Professor. 
Spitta, Dr., Professor. 
Universitäts-Bibliothek, Königliche. 
Vöchting, Dr. H., Professor. 



50 4- 



Tatzing b/München. 
Ebers, Dr. Georg, Professor. 

Rittergut Ulbersdorf i/Sachsen. 
V. Gontard, Alexander. 

Ulm a'D. 
Ulrich, Gustav, Bankier CFirma 
Flesch & Ulrich). 

üslar (Pro V. Hannover). 
Girth, Rechtsanwalt. 

Vegesack b/Bremen. 
Werry, F., Real-Gymn.-Oberlehrer. 
Wilmanns, Dr. med. Georg. 

Verifen a/ Aller. 
Echte, Landsrichter. 

Vieselbach. 

Starke, Dr. med., Bezirksarzt. 

Vogtohof (Herrnhut) Sachsen. 
Bertram, M., Fabrikdirector. 

Voltersdorf b/Freienwalde 
i/Pommern. 
Kieckebusch, Frau Gertrud, geb. 
Lüdecke. 

Vorra b/Hersbruck (Bayern). 
V. Soden, Freiherr, Kais, deutscher 
Gouverneur. 

Waidenburg i/Schl. 
Faist, Frau Director, geb. Kiel- 
mann. 

Wandsbeok. 

Gymnasium. 

Wehlau (Ostpreusen). 

Moldaenke, Gymnasiallehrer, Pro- 
fessor. 

Weilburg a/Lahn. 

Bibliothek der Landwirthschafts- 
Schule. 

Weimar. 

V. Ahlefeld-Dehn, Baron Louis. 
Anding, Karl, Kaufmann. 
Apelt, Dr. phil. O., Professor. 
Asmus, Wilhelm, Redacteur der 

Weimarschen Zeitung. 
Aulhorn, Max, Major a. D. 



Weimar. 

Batsch, C. F., Vice-Admiral ä la 
suite des See-Offiziercorps, Ex- 
cellenz. 
Behrend, Frau Martha. 
Bessier, Adolf, Kaufmann. 
Böhlau, H., Verlagsbuchhändler. 
V. Bojanowski, P., Geh. Hofrath, 

Oberbibliothekar. 
V. Bothmer, Graf M., Hofreise- 
marschall S. K. H. d. Grossh. 
von Sachsen. 
V. Bothmer, Gräfin E., Staatsdame 
L K. H. der Frau Erbgross- 
herzogin von Sachsen- Weimar, 
Excellenz. 
V. Boxberg, Dr., Geh. Staatsrath. 
Brock, Paul, Hofschauspieler und 

Ober-Regisseur. 
Brüger, E., Geh. Justizrath, Staats- 
rath. 

V. Bülow, Frau Landrath, geb. v. 
Carlowitz. 

Burckhard, Dr. jur. W., Geh. Rath. 

Burkhardt, Dr. H., Archivdirecior. 

V. Bylandt-Rheydt, Graf, Premier- 
lieutenant, Flügel-Adjutant Sr. 
K. H. des Grossherzogs von 
Sachsen. 

v.Conta, Dr. A., Geh. Medicinalrath. 

Demmering, Gerhard, Verlagsbuch- 
händler. 

Dietrich, Albert, Bankier. 

von und zu Egloffstein, Reichs- 
Freiherr Dr. phil. Hermann. 

Emminghaus, Fräulein Marie. 

Ernst, H., Pfarrer. 

Felber, Emil, Verlagsbuchhändler. 

Francke, Dr. Otto,Gymnasiallehrer. 

Fresenius, Dr. phil. A. 

V. Freytag - Loringhoven, Freiin 
Maria. 

V. Freytag - Loringhoven, Freiin 
Mathilde. 

Froriep, Fräulein Clara. 

Geister, Carl, Rentier. 

Genast, Frau Ministerial director A. 

V. Göben, Frau M. 

Görti von Schliti, Graf, Erlaucht. 

Gottschalk, G., Rentier. 

le Goullon, Fräulein Charlotte. 

Graue, Paul, Diaconus. 

V. Gross, Dr. R., Freiherr, Wirkl. 
Geh. Rath,Staatsminister, Excell. 

V. Gross, Freiin Melanie, Stiftsdame. 

Haberstolz, Dr. med. A. 



-^ 51 4— 



Weimar. 

V. Hannecken, Fräulein Minnette. 

Hardtmuth, Frau Charlotte, geb. 
Voelkel. 

Härtung, Albert, Verlagsbuch- 
händler. 

Heitmüller, Dr. phil. Ferdinand. 

V. Helldorff, Freiherr, Oberschenk. 

Hertel, Friedrich, Hofphotograph. 

Hesse, Dr. B., General - Super- 
intendent, Geh. Rath. 

V. Hollaender, Dr. 

V. Holleben, Frau, geb. v. Kunow. 

V. Höltzke, Baron C., Wirkl. Geh. 
Rath, Kaiserl. Russischer Mi- 
nister-Resident, Excellenz. 

V. Holzhausen, Baron Alexis, 
Karamerherr. 

Hummel, Karl, Professor. 

Hunnius, Dr. jur. Joh., Geh. Finanz- 
rath. 

Huschke, A., Hofbuchhändler. 

Isles, Miss Alison. 

Kohl, Ernst, Eisenbahn - Director, 
Ober-Baurath. 

Kramsta, Frau Maria. 

Krause, O., Kanzleirath. 

Krehan, Arno, Kaufmann. 

Krieger, Fräulein Karoline. 

Kriesche, E., Baurath. 

Küchling, Robert, Hofrath, Secretar 
I. K. 1^. der Frau Grossherzogin 
von Sachsen. 

Kuhn, Dr. jur. K., Staatsrath. 

Kuhn, O., Geh. Finanzrath. 

Lämmerhirt, Dr. phil. Gustav. 

Lassen, Dr. Eduard, General- 
Musikdirector z. D. 

Leitzmann, Dr. Albert, Assistent 
am Goethe- u. Schiller-Archiv. 

V. Loen, Freifrau Maria, Excellenz. 

LorinjB^, Frau S., Rentiere. 

Mensmg, Wilhelm, Privatier. 

Meurer, Dr. H., Professor. 

V. Milde, Fr., Kammersänger. 

v. Minckwitz, Wirkl. Geh. Rath, 
Kgl. Sachs. Gesandter, Excell. 

Mirus, Dr. A., Gerichts-Assessor 
a. D., Schriftsteller. 

Moritz, Dr. jur.R., Comraerzienrath. 

Müller, Theodor, Hofjuwelier. 

Müller-Hartung, Karl, Professor, 
Hofrath, Director der Grossh. 
Musikschule. 



Weimar. 

V. Müller-Schubart, Frau Baronin, 
geb. Gräfin v. Bothmer. 

Neuflfer, Dagobert, Hofschauspieler. 

Niemeyer, Garten-Director. 

V. Palezieux-Falconnet, Oberst u. 
Flügel-Adjutant Sr. K. H. des 
Grossherzogs von Sachsen. 

Panse, A., Oberst z. D. 

Pause, Frau Oberst, 

V. Pappenheim, Fräulein Julie. 

Pfeiffer, Dr. Ludwig, Geh. Hof- u. 
Medicinalrath. 

Preller, Frau Professor. 

Rasch, Hermann, Buchhändler. 

Raschdau, Geh. lygaticmsraih. 

Raschdau, Frau Geh. Legationsrath. 

Rassow, Dr., Geh. Oberschulrath, 
Geh. Hofrath. 

Reuter, Fräulein Lilly. 

Ritter, Dr., Professor, Director des 
Sophienstifts. 

Rothe, K., Geh. Staatsrath. 

V. Rott, Fräulein Amelie. 

Rottmann, A., Rentier. 

Rudolph, A., Oberst z. D. 

Ruickoldt, Dr. med. W., pract. Arzt. 

Rulaiid, Dr. C., Geh. Hofrath, 
Director des Grossherzoglichen 
Museums und des Goethe- 
National-Museums. 

Sältzer, O., Staatsrath. 

Sand VOSS, Dr. Franz. 

zu Sayn -Wittgenstein - Berleburg, 
Pnnz Otto, Durchlaucht, Oberst 
und Flügel-Adjutant Sr. K. H. 
des Grossherzogs von Sachsen. 

Scharf von Gauerstedt, Ritterguts- 
besitzer. 

V. Scheffler, Dr. phil. Ludwig, 
Privatgelehrter. 

Schenk, Dr. E., Staatsrath, Ministe- 
rial-Director. 

Schmid, Dr.jur. J., Geh. Reg.-Rath. 

Schmid, Regierungsrath. 

Scholl, Fräulein Louise. 

Schomburg, Dr., Geh. Staatsrath. 

v. Schorn, Fräulein Adelheid, Stifts- 
dame. 

Schubert, Dr. phil. O., Professor, 
Gymnasiallehrer. 

Schütz, Frau Rath W. 

Schwabe, Dr. B., Oberstabsarzt. 

V. Schwendler, Fräulein E. 

Schwier, K., Photograph. 



—4^ 52 4— 



Weimar. 

Slevogt,Dr.K.,Geh.Regieruiigsrath. 

Sophienstift. 

Stapff, A., Rechtsanwalt. 

Stavenhagen, W., Rentier. 

Steiner, Dr. Rudolf, Schriftsteller. 

Stollberg, J., Geh. Finanzrath. 

V. Strachwitz, Frau Gräfin, geb. 
Gräfin Henckel von Donners- 
marck. 

V. Strauch, W., Oberlandjäger- 
meistcr, Excel lenz. 

Suphan, Dr. Bernhard, Professor, 
Hofrath, Direktor des Goethe- 
und Schiller-Archivs. 

V.Taube von der Issen, Otto, Baron. 

Thelemann, Ludwig, Buchhändler. 

V. Thüna, Dr. Freiherr, Bezirks- 
director a. D. 

Trümpier, Frau Anna. 

Uschmann, Ernst, Buchdruckerei- 
besitzer. 

v.Vignau, H., Kammerherr, Grossh. 
Hoftheaier-Intendant. 

V. Vignau, Frau Margarethe. 

Voigt, Heinr., Verlagsouchhändler. 

Vulpius, Fräulein Helene. 

Wächter, Frau Justizrath Bertha. 

Wähle, Dr. Julius. 

V. Wasmer, Fräulein L. 

V. Watzdorff, Fräulein A., Staats- 
dame. 

Wedekind,Frau Reg.-Rath-Wwe.G. 

V. Wedel,Graf O., Wirkl. Geh. Rath, 
Ober- Hofmarschall, Excellenz. 

Weniger, Dr. L., Professor, Hof- 
rath, Gymnasialdirector. 

Weniger, Fräulein Elisabeth; 

Weinheim (Baden). 

Goebel, Dr. phil., Gymnasialober- 
lehrer a. ü. 

Weissenhaüs 

b/Döhnsdorf (Holstein). 

zu Platen-Hallermund, Graf Carl, 
Erlaucht. 

Wernigerode. 

Harnack, Frau Professor H. 

Henkel, Dr., Professor, Gymnasial- 
director a. D. 

zu Stolberg -Wernigerode, Fürst 
Otto, Durchlaucht. 



Westeod b/Charlöttenburg. 

Sydow, Frau Elisabeth, geb. Fuhr- 
mann. 

Werckmeister, Frau Emmie. 

Wiesbaden. 

Bickel, Dr. Gustav, pract Arzt. 

Clüsener, Ludwig, Rentier. 

Conrady,Dr Max, Geh.Sanitätsrath. 

V. Crüger, G., Generallieutenant 
a. D., Excellenz. 

Frank, Dr. Georg, Docent. 

Fresenius, Dr. R., Professor, Geh. 
Hofrath. 

Gecks, Leonhard, Buchhändler. 

Giessen, Hans, Kammersänger. 

Grünhut, Dr. Leo, Vereid. Gerichts- 
chemiker. 

Guttmann, Rechtsanwalt. 

V. Hülsen, G., Lieutenant, Inten- 
dant. 

Konopacka, Fräulein Anna. 

Lugenbühl, Frl. Helene, Rentnerin. 

Meissner, Prof. Dr. Carl. 

Pfeiffer, Dr. Emil, Sanitätsrath. 

Preyer, Dr.W., Professor, Hofrath. 

Schieiden, Fräulein Eleonore. 

Wankel, Hauptmann a. D. 

Weidenbusch, H. 

V. Woehrmann, Baron. 

Wittenberg. 

Guhrauer, Gymnasialdirector. 

Wittstock i/M. 
Plessner, Amtsgerichtsrath. 

Wohlau i/Schl. 
Arlt, Albrecht, Gymnasiallehrer. 

Wolfenbüttel. 

Graf, Dr. phil. Hans Gerhard. . 

Worms. 

Heyl zu Herrnsheim, Freiherr. 
Reinhart, Frau Nicolaus. 

Wundlacken i/Ostpreusen. 
zu Dohna, Frau Gräfin Gertrud. 

Würzburg. 

Prym, Dr. Friedrich, Professor. 
Rocttecken, Dr. Hubert, Privat- 
docent. 



— ► 53 *- 



Würzburg. 

Schönborn, Dr., Professor, Geh. 
Medicinalrath. 

Stahel, Oscar, Kgl. Hof- und Ver- 
lagsbuchhändler. 

Universitäts-Bibliothek, Königliche. 

Dominicum Zakrzewo 
b/Wytaszyce (Provinz Posen). 
Carst, Frau Dr. Martha. 

Zittau i/ Sachsen. 
Franz, Ose. Wilh., Amtsgerichts- 
rath. 



Zittau i/ Sachsen. 
Neumann, Dr. phil., Realgymnas.- 

Oberlehrer. 
Stadtbibliothek, öffentliche. 

Zschopäu. 

Gensei, Richard, Buchhändler. 

Zweibrucken (Rheinpfalz). 
Henigst, Oscar, Kaufmann. 

Zwickau. 

Becker, Stud, phil. Err^-in Joh. 
Goethe- Verein. 

Kellner, Dr. phil. H. C, Professor 
und Gymnasial-Oberlehrer. 



ÖSTERREICH-UNGARN. 



Baden b/Wien. 
Landes-, Real- und Ober-Gym- 

nasium,Nieder-österreichiscnes. 
Rollet, Dr. Hermann, Stadtarchivar 

und Museums-Custos. 

Balinee, Post Slatina. 
Förster, Frau Eugen. 

Blaneko (Mähren\ 
Salm, Fürst Hugo, Durcnlaucht. 

Bozen (Süd-Tyroh. 
Kinsele, Dr. Anton, Aavocatur- 
Concipient. 

Brunn. 

Franzens-Museum. 

Budapest. 

V. Benczür, Frau Gyula, Künstler- 

gattin. 
Heinrich, Dr. Gustav, Professor. 
Kornfel.!, .Sigmund, Director der 

Ungarischen Allgem. Credithank. 

Czernowitz. 

Gymnasium, K. K. 
Hilberg, Dr. J., Professor. 
Paschkis, Dr. Moritz, Advocat und 

Rechtsconsulent. 
Universiiäts-Bibliothek, K. K. 
Walter, Richard, Fabrikant. 

Döbling b/Wien. 
v.Gioninia,Eugen,Landgerichtsrath, 

Gaya (Mähren). 
Koch, Dr. Carl, Advocat und 
Bürgermeister. 

Gleichenberg (Steiermark). 
V. Hausen, Frau Bertha. 



Graz. 

Adamek, Dr. Otto, Professor. 

V. Attems, Dr., Graf Ignaz. 

V. Attems, Frau Gräfin Rosa. 

V. Gnad, Dr. Ernst, Ritter, K. K. 
Landesschulinspector, Hofrath 
a. D. 

Hermann, Frau Maria. 

Hofmann, Dr. Karl B., Professor. 

LaHdes-Bibliothek,Steiermärkische. 

Landes-Oberrealschule. 

Mack, Fräulein Marianne. 

Neuhold, Franz, Bankier. 

Philologen -Verein, Academischer. 

Schlossar, Dr. Anton, Kaiserl. Rath, 
Gustos der K. K. Universitäts- 
Bibliothek. 

Schönbach, Dr. Arnold E., Pro- 
fessor, Regierungsrath. 

Seminar für deutsche Philologie an 
der K.K.Karl-Franz-Universität. 

Seuffert, Dr. Bernhard, Professor. 

Universitäts-Bibliothek, K. K. 

Gries b/ Bozen (Tyrol). 
Jansen, Dr. phil. A., Professor. 

Hermanndtadt. 

Baron Samuel v. Brukentharsches 
Museum. 

Jaworzno (Galizien). 
Stein, Ernst Eduard, General- 
secretär. 

Innsbruck (Tyrol;. 
Loewit, Dr. Moritz, Professor. 
Staats-Gymmnasium K. K. 
Wackerneil, Dr. Jos. E , Professur. 



'^ 54 ♦- 



Klagenfürt (Kärnthen). 

Obermaver, Victor, Ingenieur i. P. 

der Ungarischen Staatsbahn. 

Krakau. 

Creizenach, Dr. Wilhelm, Professor. 
V. Gorski, Dr. phil. Konstantin. 
Seminar, c^ermanistisches, an der 
K. K.Universität. 

Krumpendorf b/Klagenfurt. 
Rauscher v. Stainberg, Eduard. 

Leitmeritz i/ Böhmen. 
Lehrerbibliothek des K. K. Staats- 
Obergymnasiums. 

Lemberg. 

Seminar für deutsche Philologie. 
Werner, Arnold, Kaufmann. 
Werner, Dr. Richard Maria, Pro- 
fessor. 

Marburg a/Drau. 
Prem, Dr. S. M., K. K. Professor 
an der Staats-Oberrealschule. 

Matzen b/BrixIegg (Tyrol). 
V. Lipperheide, Freiherr Franz, Ver- 
lagsbuchhändler aus Berlin. 

Neusatz (Ungarn). 
Savic, Dr. Milan, Schriftsteller. 

Nograd Berczel (Ungarn). 
V. Marschall, Frau Baronin Ma- 
thilde. 

Olmütz. 

Staats- Gymnasium, Deutsches. 
V. Zierotm, Frau Gräfin Ernestine. 

Pötzleinsdorf b/Wien. 
Mautner, Jenny. 

Prag. 

Feilchenfeld, Frau Bankdirector 

Henriette. 
Fürst, Dr. phil. Rudolf. 
Hatschek, Dr. Berthold, Professor 

der Zoologie an der K. K. 

Universität. 
Hauffen, Dr. Adolf, Privatdocent 

an der deutschen Universität. 
Hruschka, Alois, Professor. 
Keindl, Ottomar, General-Agent 

der Leipziger Feuer- Vers.- Anst. 



Prag. 

Krauss, Dr.phil.Ernst, Privatdocent. 
Lambel, Dr. Hans, Professor. 
Lese- und Rede- Halle der deutschen 

Studenten in Prag. 
Rabl, Dr. C., Professor. 
Sauer, Dr. August, Professor. 
Seminar für deutsche Philologie. 
Toischer, Dr. Wendelin, Professor. 
Universitäts-Bibliothek, K. K. 
Urban, Dr. Karl. 
V. Zdekauer, Frau Anna, geb. Artus. 

Ranshofen (Ober-Österreich). 
Wertheimer, Frau Franziska. 

Ravelsbach (Nieder-Osterreich). 
Slaby, Engelbert, Volksschullehrer. 

Salzburg. 

Jäger, Dr. Anton,Hof- und Gerichts- 
advocat. 

Werner, Alexander, Civilingenieur. 

zu. Wrede, Fürst Friedrich, Durch- 
laucht. 

Scheibfls (Nieder-Österreich). 
Baumeister, Johann, K. K. Bezirks- 
richter. 

Szczakora (Galizien). 
Pick, Frau Dr. Ottilie. 

Schloss Tribuswinkel 

b/Baden b/Wien. 
Qjiirini, Frau Rittmeister Hermine, 
geb. Borekenstein. 

Weiasenbach a'd. Enns 
(Steiermark). 
Sauerländer, Walter. 

Weisskirchen i/ Mähren. 
Staats-Gymnasium, K K. 

Wien. 

Adler, Frau Emma. 

V. Adrian- Werburg, Baron Ferdi- 
nand. 

V. Arenberg, Prinz Joseph, Durch- 
laucht. 

Bauer, Moritz, Director des Wiener 
Bankvereins. 

Beer, Dr. A., Professor, Hofrath, 

Benndorf, Dr.O.,Professor,Hofrath. 

Berl, Richard. 

Bettelheim, Dr. Anton, Schrift- 
steller. 



-^ 55 4— 



Wien. 

V. Bezecny, Freiherr, Geh. Rath, 
Mitglied des Herrenhauses, 
General - Intendant der Hof- 
theater, Excellenz. 

Bibliothek des K. K. Staats-Gym- 
nasiums im VIII. Bezirk. 

Blume, Dr. Ludwig, Professor. 

Boschan, Wilh., Kaiserl. Rath. 

Brandeis, Dr. phil. Arthur. 

Bruch, Dr. Hermann, Hof- und 
Gerichts- Advocat. 

Chrobak, Frau Professor Kelly. 

Club, Wissenschaftlicher. 

Daubrawa, Dr. Alfred. 

Demuth, Theodor (Firma Gerold 
& Comp., Buchhandlung). 

Dumha, Nicolaus, Reichsraih, Herren- 
haus-Mitglied. 

V. Egger - Möllwald, Dr. Alois, 
Ritter, K. K. Regierungsrath. 

Eissler, Arthur. 

Faber, Frau Bertha. 

Federn, Dr. S. 

V. Feifalik, Ritter Hugo, Hofrath, 
Secretär Ihrer Majest.d.Kaiserin. 

Figdor, Frau Marie. 

V. Fleischl, Frau Ida. 

Freund, Theophil. 

Frick, W., K. K. Hofbuchhandlung. 

Gaber, Dr. Karl, Auskultant. 

V, Gerold, Frau Rosa,geb, Henneberg, 

Gilhofer & Ranschburg, Buchhdlg. 

Ginzberger T. , Inspector der 
Kaiser Ferdinand-Nordbahn. 

Glaser, Frau Geh. Raths-Wwc. 
Wilhelmine, Excellenz. 

Goethe-Verein, Wiener. 

Göttmann, Karl, Scriptor der 
Kaiserl. Hofbibliothek. 

Gomperz, Dr. Theodor, Professor. 

Gugha, Dr. E., Professor. 

V. Hartel, Ritter, Dr. W., Professor, 
K. K. Horath, DirectorderK.K. 
Hofbibliothek. 

Hartmann, Ernst, Hofschauspieler 
und Regisseur. 

V. Heinzel, Ritter, Dr. Richard, 
Professor. 

Heuberger, Richard, Musiker. 

Hofbibliothek, Kaiserl. Königl. 

Hofmann, Dr. med. Julius, Hofrath. 

:(u Hohenlche -Schillingsfür st , Frau 
Fürstin A., geb. Prin:^essin Witt- 
genstein, Durchlaucht. 

Holzmann, Dr. Michael. 



Wien. 

Hörn, Joseph. 

V. Hoyos, Graf Rudolph. 

Jägermayer, Frau Anna, 

Kaiser, Frau Hermine. 

Kalbeck, Dr. Max, Schriftsteller. 

V. Kinsky, Fürst Ferdinand, Durch- 
laucht. 

V. Kinsky, Frau Fürstin Marie, 
Durcmaucht. 

Koenig, Rudolf. 

Konegen, Karl, Buchhändler. 

Krastel, Fritz, Hofschauspieler. 

V. Lanckorönsky, Dr., Graf Carl. 

Langer, Frau Irma. 

Lehrerbibliothek des K. K. Staats- 
Gymnasiums im II. Bezirk. 

Lewinsky, Joseph, Hofschauspieler 
und Regisseur. 

V. Lützow, Dr. C, Professor. 

V. Mauthner-Markhof, Frau Editha, 
geb. Baronin v. Sustenau. 

Mayer, Dr. phil. F. Arnold. 

Mäyer, Dr. Karl O. 

V. Merey, Alexander, Geheimer 
Rath, Sectionschef im Reichs- 
Finanzministerium, Excellenz. 

Minor, Dr. Jacob, Professor. 

Neumann, l(arl. 

Oppenheim, Joseph, Redacteur. 

Payer von Thurn, Rudolf, Beamter 
im K. K, Ministerium für Cultus 
und Unterricht, Redacteur der 
Chronik des Wiener Goethe- 
Vereins. 

Pinder, Rittmeister. 

Plutzar, Dr. Ernst, Hof- und Ge- 
richts-Ädvocat. 

Poschacher, Frau Louise, geb. Ried. 

Reiter, Dr. Siegfried, Prof. 

Reitzes, Fräulein Gisela. 

Reitzes, Frau Marguerita. 

Rieger, Dr. Karl, Professor. 

Robert, Emerich, Hofschauspieler. 

Rösche, Hermann, Ober-Ingenieur 
der K. F. Nordbahn. 

Rosenthal, Bernhard, Bankier. 

Russ, Dr. Victor, Gutsbesitzer, Mit- 
glied des Abgeordnetenhauses. 

Russo, Isidor. 

Schnabel, Dr. Isidor, Professor. 

V. Schneider, Dr. Robert, Ritter, 
Custos der Kaiserl. Antiken- 
sammlung. 

Scholz, J., Erzherzogl. Secretär 
uAd ßevollmächtigter. 



—* 56 ♦- 



Wien. 

Schöne, Hermann, Hofschauspieler 
Schröer, Dr. K. j., Professor. 
Schulz V. Strasznitzki, Dr. Johann, 

Sectionsrath im K. K. österr. 

Ackerbau-Ministerium. 
Schwab, Cand, jur. Albert. 
Seefi;en, Dr. Joseph, Professor. 
Seidel, Ludwig, Buchhändler. 
Seminar für deutsche Philologie 

an der K. K. Universität. 
V. Sizzo-Noris, Frau Gräfin Marie. 
V. Skene, Louis. 

V. Sonnenthal, Ritter Adolf, Hof- 
schauspieler und Regisseur. 
Speidel, Dr. Ludwig, Schriftsteller, 
V. Spiegl, ^dgar, Cnefredacteur. 
V. Stern, Frau Leopold. 
Streicher, Frau Karoline. 
V. Stremayr, Dr. Karl, Geh. Rath, 

Präsident des K. K. Obersten 

Gerichts- und Kassationshofes, 

Excellenz, 
Thimig, Hugo, Hofschauspieler. 
V. Trauschenfels, Dr. Eugen, Ober- 

kirchenrath. 
Unger,Dr.Josef,Prof.,Ministera.D., 

Präsident des Reichsgerichts, 

Geh. Rath, Excellenz. 



Wien. 

Universitäts-Bibliothek, K. K. 
Walzel, Dr. phil O. F. 
Wärndorfer, Fritz. 
V. Weilen, Ritter Dr. Alexander. 
V. Weiss-Starkenfels, Freiherr Al- 

fons, K. K. Minist-Secretär im 

Ackerbau-Ministerium. 
Weiss V. Tessbach, Ritter Dr. Adolf. 
Weiss V. Wellenstein. Frau Stefanie. 
WickhofF, Dr. Franz, Professor. 
Wolter, Frau Charlotte, K. K. Hof- 

schauspieierin. 
Zweybrück, Dr. Franz. 
Zwierzina, Dr. phil. Konrad. 

Wiener Neustadt. 

V. Hornau, Ritter Karl Gerbert, 
K. u. K. Hauptmann, Lehrer 
an der Theresianischen Militär- 
Academie. 

Nieder-Österr. Landes - Oberreal- 
und Fachschule für Maschinen- 



Sohloss Zalaber. 

(Südbahnstation Szt Jöan Ungarn). 
V. Gutmann-Gelse, Frau Laczi, geb. 
Rosa Klein. 



SCHWEIZ. 



Aarau. 

Cantons- Bibliothek, Aargauische. 

Au Züriohsee. 

Moser, Fräulein Fanny. 

BaseL 

Burckhardt, Dr. jur. C., Rathsherr. 
Kögel, Dr. Rud., Professor. 
Lese-Gesellschaft. 
Thommen, Dr. phil. Rudolph. 
Volkland, Dr. Alfred, Kapellmeister. 
Wackernagel, Dr. R., Stadtarchivar. 

Bern. 

Hir^el, Dr. Ludwig, Professor. 
Marcusen, W., Professor. 
Marcusen, Fräulein Lilli. 
Stadt-Bibliothek. 

Chur. 

Hitz, L., Buchhändler. 

Frauenfeld. 

Linnekogel, Otto, FabrikbesÜzer. 



Freiburg. 

Streitberg, Dr. W., Professor. 

Genf. 

Beard, Ernst Alfred, Privatier. 
Bouvier, Dr. Bernhard H., Professor 

an der Universität. 
Soret, J. Louis. 

Kilchberg b/ Zürich. 
Meyer, Dr. Conrad Ferdinand. 

Lausanne. 
Gart, Dr. William, Professor. 

Solothurn. 

Cantons-Bibliothek. 

St. Gallen. 

Stadt-Bibliothek (Vadiana). 

Teufen (Canton Appenzell). 
Roth, Dr., prakl. Arzt. 



— ^ 57 ^4— 



Wintertimr. 

Radecke, Dr. phil. Erast, Städti- 
scher Musikdirector, 
Stadt-BibÜQthek. 

Zürich. 

Baechtold, Dr. J., Professor. 
Bertheau, Dr. F., Spinnereibesitzer. 
Blümner, Dr. Hugo, Professor. 
Bodmer, Dr. Hans. 



Zuriofa. 

HirzeJ, Dr. Paul, Schulpräsident. 

Museums-Gesellschaft. 

Schoeller, Rudolf. 

Stadt-Bibliothek. 

Treuttler, Ludwig, Director des 

Stadttheaters. 
Vögeli-Bodmer, A., Oberst. 
Widraer, C, Director der Schweiz. 

Rentenanstalt. 



BELGIEN. 



Antwerpen. 

Rooses, Max, Conservateur du 
Mus^e Plantin. 

Brüssel. 

Caratheodory>EfFendi, Kaiserl. Tür- 
kischer Gesandter, Excellenz, 



Brüssel. 

V. Geldern, Gräfin Bertha. 
Gevaert, Franz Aug., Professor, 

Direcieur du Conservatoire 

Royal de Musique. 
V. Treutier, Lieutenant. 
AVieniawski, Frau Joseph. 



DÄNEMARK. 



Kopenhagen. 

3iblipthek, Grosse, Königliche. 
Hansen, P. Professor. 
Hansen, S., Buchhalter. 
Henrigues, L., Wechselmakler. 



Hirschsprung, Oskar H., Fabrikant. 
•Schmidt, Rudolf, Schriftsteller. 
Wimmer, Dr. Ludwig, Professor. 
Zeuthen, L., Obergerichts- Anwalt. 



FRANKREICH. 



Levallois-Perret (Seine). 
Saling, Jacques, Professeur de 
langue et de litt^rature alle- 
mandes. 

Nizza. 

V. Arnoldi, Frau Gräfin. 
Schropp, Ralph, Privatier. 

Paris. 

Andler, Charles. 
Barine, Frau Arvfede. 



ficole Normale Sup^rieure. 
Goldschmidt,' Leopold, Bankier. 
Mendel, Mfne. Henry. 
Neumann, Albert, Kaufmann, in Fa. 

Charles Levy & Frfere. 
Wiesenthal, Alfred, Kaufmann. 

Suresnes (Seine). 
Bondy, A. E. 

' Yalentigny. 

Bovet, Alfred. 



GRIECHENLAND. 

Piräns«Athen. 

Lüders, Dr. Otto, Kaiserl. Geh. Regierungsrath und General - Consul. 



GROSSBRITANNIEN. 

^eokenham b/Londoh. 1 Bowion b/Manchester. 

Weiste, D. 1 Güterbock, Alfred. 



-*• 5« ♦— 



Cambridge. 

Breul, Dr. phil. Karl, M. A. 
Browning, Oscar, M. A. 

Cravenhnrst b/London. 
Flügel, Charles, Rentier. 

Edinburgh. 

Schlapp, Otto. 

Glasgow. 

Robertson, Mrs. R. A. 
Rottenburg, Fritz. 
Rotten bürg, Paul. 
Tille, Dr. Alexander. 

Leed« (Yorkshire). 
Schüddekopf, Dr. A. K. 
Yorkshire College-Library. 

Liverpool. 

Meyer, Kuno, Professor am Uni- 
versity College. 

London. 

Armbruster, Carl, Kapellmeister. 
Behrens, A. 
Broicher, Fritz. 

Buchheim, Dr. C. A., Professor 
am King's College. 



London« 

Cyres, Lord St. 
Freund, Max. 
Holzmann, Dr. Moritz. 
Lecky, Mrs. 
Lehmann, Rud., Maler. 
Robb, Mrs. 
Rudolph, H. 
Schütz- Wilson, H. 
Stern, James, Bankier. 

Manoheeter. 

Bibliothek des Owens College. 
Schiller-Anstalt. 

Newcaetle o/Tyne. 
Merz, Dr. Theodor. 
Owen Seaman, Esq. 

Oxford. 

Bodleian Library. 

Caird, Professor E., L. D. 

Parker, James & Co., Buchhändler. 

Taylor-Institution. 

Swansea. 

Glass, James R. W. S., Coal- 
Merchant. 



Mitglieder der English Goethe-Society, welche, als zugleich 

der deutschen Goethe-Gesellschaft angehörig, durch Mr. A. 

Nutt bei letzterer angemeldet sind: 

Edinburgh. 



Bristol. 

Cann-Lippincott, R. C. 

Cambridge. 

Lee, Miss Jane. 
Ward, Miss. 
Welsh, Miss. 

Cheltenham. 
Macgowan, W. S., M. A. 

Dublin. 

Dowden, Prof. E., L. D. 
Dowden, Miss. 
Lyster, Thomas Wilson. 
National Library. 
Trinity College Library. 
Webb, T. E., Judge. 

DnlYerton. 

Owen, Rev. J. 

East Twickenham (Surrey). 
Alford, R. G. 



Morris, Rev. A. B. 

Eltham (Kent). 
V. Orsbach, Rev. E. 

Glasgow. 

Blackie,Waher,Verlagsbuchhändler. 

London. 

Althaus, Prof. Dr. ph. F. 

Buss, Miss. 

Chadwick, Miss M. 

Coupland, Dr. W. C, M. A. 

Ferguson, Miss Ph^mie. 

Hertz, Miss. 

Joachim, Mrs. 

Jordan, P. L. W., Kaiserl. deutscher 

Generalconsul. 
Kirby, W. F. 

Kroeker-Freiligrath, Mrs. K. 
Lawrence, Miss Mary. 
Lewes, Prof. V. B. 



L ib r a r ia n Rcrfo^ 
i-prjdon Libman 

^, R A. 
, H 

Mond, Mrs. I_ . 
Tanoo, ■- G. H. » 





Sal 1^ 




6o ^.- 



ITALIEN. 



Florenz. 

van der Heim de Diuvendyck, Frau 
Baronin, geb. v. Schlieckmann. 
V. d. Hellen, Dr. Eduard. 
Hildebrand, Adolf, Prof., Bildhauer. 
V. Kaufmann, Ludwig, Rentier. 
V. Nolde, Baron Wilhelm. 
V. Zoubow, Frau Marie. 

Neapel. 

Dohrn, Dr. Anton, Professor. 
Kellner, August, Kgl. dänischer 
Vice-Consul. 

Rom. 

V. Bülow, geb. Prinzess Camporeale, 
Frau, Excellenz. 



Dausch, Konstant! n,Professor, Bild- 
hauer. 

Guerrieri - Gonzaga , Frau Mar- 
chesa E 

Hamack, Dr. Otto. 

Tennison, Miss Lucy W. 

Mengarini, Frau Dr. Margherita. 

V. Meysenbug, Fräulein Malwida. 

Telmann, Dr.Konrad, Schriftsteller. 

Turin. 

Peschel, Frau Professor Dr. 

Venedig. 

V. Hatzfeld - Trachenberg , Frau 
Fürstin Marie, Durchlaucht. 



NIEDERLANDE. 



Amsterdam. 

van Hall, Dr. jur. J. N., Redacteur. 

Hartog, Jacques, Docent für Musik- 
geschichte am Conservatoriura. 

Hertz, Dr., Professor, Director der 
med. Universitäts-Klinik. 

Nijhoff, P., Buchhändler. 

Baam b/Amsterdam. 
van Lier, Fräulein Fanny, Lehrerin 
d.deutschen Sprache u. Literatur. 

Groeningen. 

V. Haarst, J. W. G., Universitäts- 
Bibliothekar. 
Symons, Dr. B., Professor. 

Haag. 

Bibliothek, Königliche. 

Blum, T. H., Gymnasiallehrer a.D. 

Clifford, Madame, geb. von der 
Onvermeulen. 

de Constant-Rebecque, Baronesse 
Petronella Sara Maria D. 

de Grovestins, Baronin Sirtema. 

van Hensbrock, P. A. M., Buch- 
händler. 



Haag. 

Kossmann, Dr. phil. E. F., Gymn.- 
Lehrer und Privatdocent. 

V. Randwyck, Frau Gräfin J., geb. 
Baronesse v. Hogendarp. 

Scheurleer, D. F., Bankier. 

Haarlem. 

Smit-Kleine, Dr. Schriftsteller. 
Tidemann, Dr. theol. u. Pfarrer. 

Hilversum. 
Byvanck, Dr, W. G. C. 

Leiden. 

Breuning, H. H., Docent am Gym- 
nasium. 
V. Doesburgh, S. C, Buchhändler. 

Utrecht. 

de Jonge, Dr. jur. F. W. 

Wamsveld b'Zütphen. 
V. Westerholt v. d. Boggelaar, Frau 
Baronin. 

Zutphen. 
Henny, Fräulein Agnes. 



NORWEGEN UND SCHWEDEN. 



Christlania. 

Boeck, Dr. Cäsar. 
Universitäts-Bibliothek. 



Stockholm. 

Bibliothek, Königliche. 
Gyldte, Frau Professor Therese, 
geb.'v. Knebel. 



— 4^ 6i <«— 

RUMÄNIEN. 

Bukarest. 

Sturd^a, Demetrius, Kgi Staatsminister a, D,, Excelleni. 



RUSSLAND. 



Dorpat. 

V. Anrep-Ringen, Frau. 

V. Bradke, Fräulein M. 

Christiani, Stud. phil. Wilhelm. 

Curonia (Corporation). 

Fraternitas Rigensis (Studentische 
Corporation). 

V. Hoerschelraann, Frau Prof. A. 

V. Liphart-Rathshof. R. 

Lundmann, Chr., Oberlehrer. 

Masing, Dr. Woldemar, 

Meyer, Dr. Leo, Professor, Wirk- 
licher Staatsrath. 

Muyschel, Fräulein M., Instituts- 
vorsteherin. 

V. Oettingen, Dr. Alex., Professor. 

V. Oettingen, Max. 

Schlüter, Dr. Wolfgang, Universi- 
täts-Bibliothekar. 

Sintenis, F., Oberlehrer, Staatsrath. 

Universitäts-Bibliothek, Kaiserliche. 

Fellin (Livland). 
Felliner Literarische Gesellschaft. 

Friedenthal (Livland). 
V. Nasackin, Reinhold. 

Schloss Gross-Roop (Livland). 
V. Rosen, Freiin Ady, Edelfräulein. 

SchlossGrünhofb/Mitau(Kurland). 
v.Medem,Frau Reichsgräfin Alexan- 

drine, geb. Fürstin v. Lieven, 

Durchlaucht. 

Helsingfors (Finnland). 
Donner, Dr. phil. T. O. E. 
Universitäts-Bibliothek. 

Kersel (Livland). 
v. Bock, H., Landrath, Excel lenz. 

Loddiger (Livland). 
Girgensohn, Dr. Hans, Kirchspiel- 
Arzt. 

Menzen i/ Livland. 
v. Wulf, Dr. phil. Max. 



Mitau. 

V. Medem, Frau Reichsgräfin Jenny, 
geb. Baronin von OfFenberg. 

Moskau. 

Bachmann, Georg, Staatsrath. 

Narva. 

Zimmermann, Carl Arthur, Apo- 
theker. 

Nikolajew. 

Reyher, Rudolf Wolfgang, 

Odessa. 

Meyer, Dr. Heinr.,Wirkl. Staatsrath, 

Excellenz. 
Schmidt, Dr. Carl. 

Riga. 

V. Budberg, Baron Gotthard, Ge- 
nerallieutenand a. D., Excellenz. 

Dannenberg, Hugo, Oberlehrer. 

V. Freytag - Lormghoven, Baron 
Alexander. 

V. Frevtag - Loringhoven, Baron 
Cari, Rechtsanwalt. 

Hartmann, J. 

v.Lieven,Fürstin Constanze, Durch- 
laucht. 

Lovis, Frau Professor Adeline. 

Martersteig, Max, Director des 
Stadttheaters. 

v.Nolcken, Baron Georg, Majorats- 
herr auf Esern. 

Nölting, Fräulein Bertha (E. Heldt). 

Saratoff (Jljiusche). 
David, Cand. minist. Theod. 

Semershof (Livland). 
V. Wolf, Freiin Eleonore. 

Smilten (Livland). 
Bergmann, Eugen, Apotheker. 

St. Petersburg. 

Bibliothek, Kaiserl. öffentliche. 
Feldmann, Carl, Schuldirector. 
Heyse, Th., Kaufmann. 

27' 



— >f 62 ^— 



St. Petersburg. 

Kir^jew, Alexander, Generallieute- 
nant, Excellenz. 

Koenig, Josef, Schuldirector, Wirkl. 
Staatsrat!], Excellenz. 

V. Korff, Frau Baronin Louise, Hof- 
dame I. Kaiserl. Höh. der Frau 
Grossfurstin Elisabeth Mauri- 
kiewna von Russland. 

Kroug, Frau Dr. Elfriede. 

V. MeyendorfF, Baron Mich. 

V. Radecki, Dr. med. Staatsrath. 

V. Reutern, Basil, Geh. Rath. 

V. Strauch, Eugen, Wirkl. Staats- 
rath, Excellenz. 



St. Petersburg. 

V. Struve, Dr. Nicolaus, Professor. 

V. TenischefF, Frau Fürstiiij Durch- 
laucht. 

V. Wolkenstein -Trostburg, Frau 
Gräfin, geb. v. Buch, Excellenz. 

Schlosfl Tarwaet i/Livland 
(via Fellin). 

v.Mensenkampff,FrauGabrielle,geb. 
Fürsin v. Lieven, Durchlaucht. 

Wiborg (Finnland). 
Alfthan, Ferd., Vice-Consul. 



SPANIEN. 

Madrid. 

Gayangos de RiaSo, Frau Emilia, I v.Radowitz, Kaiserl. Deutscher Bot- 
Excellenz. | schafter, Wirkl. Geh. Rath, Exe. 

TÜRKEI. 

Conetantinopel. 

Bartsch, Dr. jur. Rud., Rechtsanwalt. 

Grosser, Dr. Julius, Correspondent der Kölnischen Zeitung und Director 
der Agence de Constantinople. 

AFRIKA. 

Tanger-Marokko. 

v. Tattenbach, Frau Ministerresident, Gräfin. 

AMERIKA. 



Andover. 
Ripley, A. L., Professor. 

Ann Arbor. 

Library of University of Michigan. 
Thomas, Calvin, Professor. 

Auburndale (Mass.). 
Morris, Miss Helen B. 

Aurora (N. Y.). 
Piutti, Fräulein Elise, Lehrerin. 

Baltimore. 

Gudemann, Dr. Alfred, Docent an 

der John-Hopkins University. 
Hilken, Fräulein Marie. 
Hofmann, Julius, Pastor. 



John-Hopkins University. 
Reinhardt, Dr. Ferdinand. 
Wood, Dr. Henry, Professor. 

Beloit (Wisc). 
Beloit College Library. 

Berkeley (Californien). 
Library of University of California. 
Richardson, George M. 

Boston (Mass.). 
Adams, Miss Sarah Holland. 
V. Blomberg, Freiin Eva. 
Gardner, Frau J. L. 
Higginson, Mrs. Henry L. 
Vogel, Franz, Assistent, Prof. of 
modern Languages. 



-^ 63 ^' 



Brooklyn. 

Genung, Charles H. 

Bryn Mawr (Pa.). 
Bryn Mawr College. 
Chamberlin, Miss Kosa. 
Collitz, Dr. phil. Hermann, Prof. 

Buenos-Ayres. 

Krauel, R., Kaiserl. Gesandter. 

Cambridge (Mass.). 
Harvard College. 

Chicago. 

Frank, Henry L.. 
Spiering, Theodor B. 
Vocke, William, Attorney and 
Counselor at Law. 

Clinton (N. Y.). 
Brandt, H. C. G., Professor. 

Grinnell (Jowa). 
Nollen, Dr. phil. John S., Prof. 
am Jowa College. 

Harre de Graee (Md.). 
Faust, Albert B. 

Ithaka (N. Y.). 
Cornell University Library. 
Hart, Professor Dr. J. M., Cornell 

University. 
Hewett, Dr. W. T., Professor. 
White, Dr. H oratio Stevens, Prof. 

KnoxYille (Tennessee). 
Hennemann, Dr. John B. 

Leominster (Mass.). 
Scott, Dr. G. R. W. 

Madison (Wisc). 
Rosenstengel, W. H., Professor. 
Wilkens, Dr. Friedrich H., Pro- 
fessor. 

Milwaukee (Wisc). 
Grant v. Tetzel, Frau Frances. 
Mendel, Henri M. 
Weis, C. 

New Haven (Conn.). 
Gruener, Gustav. 
Palmer, A. H., Professor. 
Yale-University. 



New Orleans (La.), 
v. Meysenbug, Freiherr E., K. K. 

österr. -Ungar.» Consul. 
Tulane-University. 

New-York. 

Astor Library. 

Baumgarten, W. 

Bayara-Tavlor, Mrs. 

Billgvist, C. E. 

Boyesen, H jalniar Hjörth, Professor 

am Columbia College. 
Columbia College. 
Dreier, L. 
Goebel, Dr. Julius. 
Lemcke, Ernst, Buchhändler. 
Loewy, Benno, Counsellor at Law. 
Miller, C. R., Redacteur derNew- 

York-Times. 
Palmer, A. M. 
Ringer, S., Professor. 
Roe, Fräulein Laura B. C. 
Roelker, A. 
Sachs, Dr. Julius. 
Stechert, Gustav E., Buchhändler. 
Stern, S. M., Director of Stern's 

School of Languages. 
Wakeman, T. B. 
Zickel, S., Buchhändler. 
Zollikofer, O. 

Palo Älto (Calif.). 

Flügel, Dr. Ewald, Professor der 
Stanford University. 

Leland Library Stanford jr. Uni- 
versity. 

Philadelphia (Penns.). 
Ebbinghausen, Ad^le D. 

Prinoeton (N. J.). 
Library College of New Jersey. 

Richmond (Indiana). 
Gerber, Dr. A., Professor. 

San Francisco. 

Allister, Elliott Mc, Attorney and 
Counsellor at Law. 

St. Louis (Mo.). 

Langton, John J. P., B. A. 
Meier, Mrs. Eduard D. 
Renth, Henry. 



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Swarthmore (Pa.). 
Jones, R. 

Toronto (Canada). 
van der Smissen, W. H., Professor, 

Bibliothekar der Universität. 
Universitäts-Bibliothek. 



Washington. 

v. Holleben, Baron, Kaiserl. Deut- 
scher Gesandter, Excellenz. 

Williamstown (Mass.). 
Rice, R. A., Professor. 
Williams College. 



ASIEN. 
Japan. 

Tokio. 

Christlieb, Max, Pfarrer, 

Indien. 



Calcutta. 

Rathsam, Theodor, Kaiserl. Deut- 
scher Consul. 



Bombay. 

v. Syburg, F., Kaiserl. Consul. 



AUSTRALIEN. 



Apia (Samoa-Inseln). 

Schmidt - Leda , Dr. , Kaiserlich 

Deutscher General-Consul. 

Melbourne. 

Härtung, Ernst. 



Sydney. 

Trechmann, Ernst, Professor an 
der Universität. 




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