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A
1
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Kehrein's Grammatik
der
nenhochdeutſchen Sprache.
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Panne, Jan el ⸗ rt
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Srammatif
Der neuhochdeutſchen Sprade
nad)
Jacob Grimms
| deutſcher Grammatik
bearbeitet
von
Sofepb Kebrein,
ofeffor am herzoglich naſſauiſchen Gymnaſium zu Hadamar, des Bereins zur Erforſchun
* en 5 ide a Altethümer ' Ma N oo refponbirendem und Der Geſellſcha
für deutſche Sprache zu Berlin aüswärtigem Mitgliede.
Erfier Theil
Grammatif.
Zeipzig, 1852.
Berlag von Otto Wigand.
[2
*
Erſte Abtheilung:
Laut: uud Flerionslehre.
Winkl
}-27-39] “
vum I
Vorrede.
7-/74-37 MER
— — — —
Nach langem Zögern lafſe ich vorliegendes Baͤndchen
meiner Grammatik, das die Laut- und Flexionslehre um-
faßt, erſcheinen. Am 16. Sept. 1843 hatte ich die Vorrede
zur 2. Abtheilung des 1. Theiles mit den Worten gefchloffen:
„Indem ich vorliegend: Baͤndchen der. Nachſicht Der Leſer
‚empfehle, bemerke ich noch, daß ich, ſobald die 2. Abtheilung
bed 1. Theile von Grimm erfchienen ift, die 1. Abtheilung
be 1. Theiles meiner Arbeit möglichft fchnell werde nach-
folgen lafien, was um fo eher wird gefchehen Fünnen, als ich
bereitö die Bocallehre bearbeitet habe.“
Die betreffende Abtheilung von Grimmd Grammatif
ift zwar noch nicht erjchienen; aber der bewährte Altmeifter
hat in feiner „Geſchichte der deutfchen Sprache” (Xeipz. 1848.
2 Bde. 8.) über die Lehre von den Conſonanten, Declina=
tionen und Conjugationen jo viele Winke und Aufichlüffe ge-
geben, daß ich es wagen zu dürfen: glaubte, vorliegendes
Bändchen darnach audzuarbeiten und den Freunden unferer
Sprache mit der Bitte um Nachficht zu übergeben.
Auch bei diefem Theil meiner Grammatik habe ich, wie
früher bei den andern, einerjeitö beftändig den Bli auf bie
- *
WV
N
geichichtliche Entwidelung unferer Sprache gerichtet, anderer
feit3 ſowol unſere neuhochdeutſchen Schriftfteller (wobei ich
dankend der reichen Nachweiſungen von Teipel in Jahns
Jahrh. Suppl. 6, 188 f. 7,285 f. 385 f. 610f. 8, 207 f.
503 f. und Gortiga im Programm des Gymnafiumd zu
Lyck 1843 erwähne) ald auch die Volksſprache berückfichtigt.
Die Sprache des Lebens und die Sprache ver Bücher ergänzen
einander.
Der neue Auffchwung des flaatlichen Lebens in unferem
Baterlande laͤßt die Hoffnung wol als begründet erjcheinen,
daß dem Studium ber reichen Schäße, welche die deutſche
Sprache und Literatur in’ einem faft zweitaufenbjährigen Ent-
wickelungsgang gejammelt hat, immer mehr Freunde werben
getvonnen werden. Und die Zahl derjelben durch meine Büch-
lein auch nur um einige zu vermehren, wünfche ich aufrichtig.
Hadamar, ben 31. October 1849.
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Sweites Capitel: umiaute art
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Vieries Capitel: Diphthonge .
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Erfter Abfchnitt.
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Erſtes Capitel: Einfache Bocale
Dergleichung aller Bocale .
Der Apoſtroph, Stellvertreter ber Wocale
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Zweiter Abſchnitt.
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Capitel: Flüſſi ige —
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“Deittes Capitel: Seht oder Saumenbushtaben
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Verboppelung ber flüffigen Eonfonanten .
Verbindung derfelben mit andern .
Zweites Capitel: kippenbuchſtaben
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Verbindung | der Kehl: oder Saumenbuchftaben mit andern
Viertes Gapitel: Bahn: oder Zungenbuchftaben
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Verbindung der Zahn: oder Zungenbuchfiaben 5 mit ander
Einzelne Bemerkungen über die ®onfonanten:
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a) Wegmwerfung von Sonfonanten
b) Zautabftufung .
c) Lautverfhiebung .
Dritter Abfehnitt.
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Sylben, Wörter, Wortarten .
Erftes Capitels Syiben, Wörter .
Stamm:,
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Sylbentheilung
Wurzelmörter .
Abgeleitete Wörter.
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Lebende, abgeftorbene- Wurzeln
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Zweites Capitel: Wwortarten oder Hedetheile
| Vierter Abſchnitt.
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rſtes Capitel: Declination . ..
Declination der Subſtantiva.
A. Starke Deelination.
a) Starke Mafeulina (männliche).
Erfte Declination . .
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1 —
gweite Declination ..
- Aufzählung der darnach gegenben —R
Dritte Declination . ..
Pp) Starke Feminina (weibliche).
Erſte Deelination.. . .
-Aufzählung der darnach gehenden Subftantiva .
Zweite Declination . .
Aufzählung der darnach gehenden Subftantiva .
Dritte Declination . . . . .
c) Starke Reutra (fachliche).
Erfte-Deeclination . . .
Aufzählung der barnach gehenden Subſtantiva
Zweite Declinatign . .
Aufzählung der darnach gepenben Subtantiva .
Dritte Deelination . .
B. Schwache Declination.. .
a) Schwache Mafculina (männliche) .
Aufzählung der ſchwachen Mafeulina .
b) Schwache Feminina (weibliche) . .
Aufzählung der ſchwachen Seminina (Opien) |
c) Schwache Neutra (Jächliche). . .
Anomala (unregelmäßige) . rn
Declination ber fremden Subftantiva .
a) Starke Declination . oo.
b) Schwadye Declination
c) Gemifchte Formen .
E. Declination ber Eigennamen .
4, Eigennamen männlicher perfonen.
a) Starke Declination . . . na
‚ b) Schwadhe Declinatiin - » 2 2 2 2.
2. Eigennamen weiblicher Perfonen,
a) Starke Declination . » . 2 2 2 2 0.
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b) Schwadhe Declination . . on
3. Plural der perfönlichen Gigennamen .
4, Ortsnamen . . .
8. Einzelne Bemerkungen . .
1. Declination der Abjectiva
A. Starke Declination .
B. Schwache Declination . .
II. Declination ber Zahlwörter .
IV. Declination ber Juͤrwoͤrter.
a) Perfönliche (personalia). .
b) Befiganzeigende (possessiva)
c) Hinweiſende (demonstrativa)
d) Fragende (interrogativa)
e) Rücbezügliche (relativa)
f) Unbeftimmtes (jemand, niemand)
Zweites Capitel: Gonjugation
Starte Gonjugationen .
Derfonenendungen der flarfen Gonjugationen .
Die einzelnen ſtarken Gonjugationen Bocbemerkungen
1. CSonjugation . . .» ..
2. Conjugation ..
3. Conjugation
4. Conjugation
5. Sonjugation 8. 178
6. Soniugatin org ER,
7. Gonjugation j j " [2 1} ‘ 0 ‘ ‘ 4 [2 y “ 99 4179
8. Gonjugation . . . » +
9. Sonjugation . . » rererer orig
10, Gonjugation j L . 2 ‘ ®. ‘ « ‘ ‘ [ ‘ 97 182
B. Samace Goniugationen . . Ihnen rn
nenendungen ber ſchwachen Conju Den
Paradigmen der ſchwachen — nn
C. Anomala (unregelmäßige) . . 33:331
a) Hilfsverbum (ſein)... en 108
b) Verba zweiter Anomalie . irren
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A;
—
— — — — — — — ——
Einleitung.,
5. 1.
Verſchiedene Volksſtaͤmme bewohnten theils mit, theils nach
einander in unſerm Welttheil den Raum zwiſchen Kelten, Roͤmern,
Slaven, Letten und Finnen, d. h. Deutſchland, das jedoch zu ver:
ſchiedenen Zeiten verſchiedene Grenzen hatte. Die Sprache dieſes
Bolkes koͤnnte man die germaniſche, beffer aber und genauer wird
‚man fie die’deutfche nennen, welcher Ausdrud althergebracht iſt
und dabei den lauterſten Sinn und die bequemften Eintheilungen
‚gewährt.
Anm. Zehn Bölker find es, von denen alle Hauptſprachen unfers Welt-
theils abſtammen: Iberer, Kelten, Römer, Griechen, Thraker, Germanen,
eitthauer, Slaven, Finnen, Stythen, bie legten als bloß hinuͤberweichend
nad) Europa und eigentlich in Aſien eingefeffen. S. weiter 3. Grimms
Geſchichte der deutſchen Sprache, Leipzig 1848. S. f.
8. 2.
- Die öftlichen Stämme, die ſich jugendlich und nicht ohne Glanz
ausgebreitet hatten, find erlofchen. Mit vollem Recht wird ihre Sprache
‚nach den. Gothen benannt, aus deren Zeit und Mitte uns noch ge⸗
nuͤgende Reſte einer unfterblichen Arbeit erhalten find, wenn wir auch
den ebeln Reichthum des gothifchen Wortvorrathes vielleidyt nicht zur _
‚Hälfte überfhauen. Der gothifhen Mundart verfchwiftert war ohne
Zweifel die der Gepiden, Bandalen, Herulen, vielleiht der Bas
ftarnen, obfhon BVerfchiedenheiten eingetreten fein muͤſſen, wie fie
felbft nocd) an wenigen Eigennamen zu erkennen find. Alte Helden:
lieder der Gothen gehen ung ab, und daß ihre Dichter, nach der Be⸗
Fehrung, chriftliche Stoffe behanbelt hätten, wird nirgend verfichert. -
$. 3.
- "Auf ber entgegengefegten Weftfeite haben andere Auswanderer,
die Angelſachſen, fehr bedeutende, freilich um vier und mehr Jahr⸗
hunderte jüngere Denkmäler ihrer Sprache, in Poefie wie in Profa,
hinterlafſen. Die Gedichte, wenn audy in chriftlicher Zeit aufgefchries
ben oder abgefaßt, enthalten doch noch Anklänge an feühere heidnifche
Schrein Grammatik. I. 1.
— 9 —
Darftellung, vorzüglih Beovulf, Cädmon und Andreas und
Elene. Später, durch den Zutritt eines eomanifchen Elements, gieng
die angelfähfifche Sprache, die man im 9. Jahrh. die anglifche
geheißen zu haben fcheint, in die englifche über.
§. A.
Im Norden dauert der eingeborne Volksſtamm bis heute fort,
der Sprachquell hat fih da mächtig und in ungetrübter Lauterkeit ers
halten. Sind die Aufzeichnungen noch fpäter als die angelfächfifchen
erfolgt, fo geht die Faſſung der meiſten eddiſchen Lieder der Grund:
lage nach doch ungezweifelt in das Heidenthum felbft zuruͤck, und zeigt
Dichtung und Rede faft ungeflört. Dies ift die altnordiſche
Sprache, beren Kraft aus Norwegen nad Island flüchtete. Die
ſchwediſche und daͤniſche Sprade kann man unter ber Benennung
der neunordiſchen zufammenbegreifen.
8.5.
Suͤdlich ift die Mundart der Langobarden und Burgunben
bis auf geringe Spuren verſchwunden, jene grenzend an bie bairifche,
diefe an die alemannifche und fraͤnkiſche. Die Sprache des
eigentlichen, inneren Deutfchlands ift nach den einzelnen Stänsmen
vielfach verſchieden. Im Norden begegnen uns bier die Sprachen ber
Frieſen und Niederländer. Was nad Ausfheldung dieſer zwi⸗
fchen Rhein und Wefer, Wefer und Elbe an Gebiet übrig blelbt, fällt
der fähftfhen Sprache zu, ohne daß es thunlich wäre Weſtfalen
und Sachſen rein zu fheiden. Alle Quellen altſaͤchſiſcher Sprache
aus dem heibnifchen Zeitraum find verfiegt; in den erften Sahrh. nach
bar Bekehrung entiprangen unter ben Sachſen wol nad) größere Dich⸗
gungen, von melden fi nur noch eine einzige (Evangelienharmonie)
bewahrt dat. Dies Altſaͤchſiſche mag etwa zwifchen Muͤnſter, Eſſen
und Cleve zu Haus geweſen fein; es hat Anklaͤnge an das Miedess
laͤndiſche und eatferat ſich, bei manchen Aehnlichkeiten, doch dedeutend
von Argelſaͤchſiſchen. Fuͤr die jüngere Zeit ſcheint bie Benennung
giederdeutfcd angemeſſen.
6. 6.
Seltdem umter den Karolingen Einheit und Zuſammenhang ber
Innern drutfchen Bolksſtaͤmme fich feftigten, konnte eine Wirkung diefer
lebhafter als vorher gefählten Gemeinfhaft auch für unfere Sprache
nicht außsbleiben. Im 6. und 7. Jahrh. mußten die Sprachen ber
Franken, YZurgunden, Alemannen, Baiern und Thüringer merkbar
don einander abflehen; auch im 8. und 9. Jahch. Laffen fid) einzelne
Unterfchiede grammatiſch erfaſſen, ohne daß ſich die auf ung gefams
menen einzelnen Denkmäler bucchgreifend nad ihnen fondern laflen.
Man gewahrt bloß, daß die alemannifhe Mundart zu übermiegen
beginnt, die bairifche ihr fehr wahe tritt, wie fchon die gefchriebenen
—— Staͤmme in vielen Beſtimmungen zuſammentreffen.
ie fortſchreitend entfaltete Bildung unſerer Poeſie und Literatur hob
% von nun an auf dem Grunde der drei ungertrennlich gewordenen
Rundarten, ber alemanniſchen (am Oberrhein bis zum Main,
in einem heile der Schweiz, im Elſaß und in einem Theile von
Lothringen), der bairifchen und fraͤnkiſchen (am Rhein und Neckar
bis gegen Thüringen) empor, melde für das 12. und 13, Jahrh.
paffender die ſchwaͤbiſche, bairiſchoͤſterreichiſche und fraͤnkiſche
ne und rheinfränkifche) genannt werden. Ohne völlig bag
rovinziefle aufzugeben, theilen fig ſich in lebendigſter Anregung dag
Allgemeine mit, und prägen die Kennzeichen der über dem landſchaft⸗
fichen Gebrauch in ber Höhe ſchwebenden deutſchen Schriftfprache noch
veiner aus.
$. 7.
Zur Unterfcheldung der fähftfhen Mundart, die im Norden
bes Reiche, wiewol auf engerem Boden, jenen füdlichen gegenuͤder
fand, fcheint die hergebrachte Ausdrucksweiſe nieberdeutfh und
hochdeutſch die gefügſte, nit bio im oͤrtlichen Sinn, der das
höhere Gebirgsland den flachen Nirberungen entgesenfegt, ſondern
auch geiftig genommen, weil Die hochdeutſche Sprache und. Dichtkunſt
aufflieg, bie niederbautfihe ſank. Dean felbft im Glanze ber ſaͤchfiſchen
Könige (918-4024) hatte Die niederdautſche Mundart nicht wieder
sur Blüte gelangen Finnen; unter dem fränkifchen (1024-1125)
und ſchwaͤbiſchen (137 1254) ſammelte ſich die hochdeutſche mit
aneuter Stärke, und begann ſchon ihren Einfluß über dan Mittelchein,
Heffen uns Thüringen auszudehnen. Im 16. Zahrh. wurde der ein
getresene Verfall ber Poeſſe durch Rräftigung der Preſa erfagt, und
der hochdentfche Diedert in Kirchen und Schulen eingeführt, ſo baf er
von da an in der Poefie des 17. und noch herrlicher im ber bes 18.
Jahrh. veredelt als deutſche Schriftfprache herrſchte. Sie kann aus
ben lebendigen Volksmundarten durch die Läuterung der Dichter und
Schriftſteller erfriſcht, nicht aber abgeändert werden.
4.8.
Somit ergeben ſich die der Grammatik nothwendigen und ig bez
hiftorifchen Unterfuhung gerechtfertigten Benennungen einer alts
hochdeutſchen, mittelbochdeutfhen und neuhochdeutſchen
Sprahe. Das Gothiſche finden wir gegen das Ende bes 4. Jahrh.,
das Althochdeutfche vom 8. bis zum 11. Jahrh., das Mittelhoch⸗
heutiche non. ber Miste des 12. bis zur Mitte des 14. Jaheh., das
Meuhochdeutſche nom 16. Jahrh. bis jene, Dawwiſchen liegen jeden⸗
mol bie Ushrrgangsjeiten. .
— 4 —
8. 9.
Allgemein betrachtet laͤßt ſich aufſtellen, was auch durch raͤum⸗
liche Beziehungen beſtaͤtigt wird, und wobei die zeitliche Verſchiedenheit
nicht außer Acht zu laſſen iſt: die gothiſche Sprache ſteht in inniger
Verwandtſchaft zur hochdeutſchen, doch verbleibt jener zugleich noch
ein gewiſſer Anſchluß an die nordiſche. Hochdeutſch, Niederdeutſch,
Niederlaͤndiſch, Angelſaͤchſiſch liegen gegenſeitig in engem Band, allein
wiederum ſo, daß das Saͤchſiſche, Angelſaͤchſiſche und Engliſche außer⸗
dem eine merkliche Berührung mit dem Nordifchen haben. Hochdeutfch
und Niederdeutfch vermittelten fich ehemals in dem Fräntifchen; einige
ſchwache Spuren diefer Vermittlung laͤßt noch heute das Niederlän-
difche gewahren. Das Friefifche fchlägt die Brüde aus dem Dänifchen
in das Sächfifche; von dern hochdeutfchen Ufer auf das gothifche Gebiet
tft fie uns abgebrochen. Wie von den Baiern aus zu den Langos
barden, hätte man von ihnen wahrſcheinlich zu den Herulen, Rügen,
unmittelbar von da zu den Gothen und ihrem Anhang gelangen
fönnen.
$. 10,
‚Die Geſchichte macht uns mit den Eigenthuͤmlichkeiten der alten
wie der neuen Sprache bekannt. Je weiter wir zuruͤckgehen, deſto
groͤßer iſt noch ihre finnliche Gewalt. Die alte Sprache iſt rein, voll
und wohltoͤnend in ihren Lauten; ohne das Rauhe und Harte irgend
zu. ſcheuen, hat fie Milde und Weichheit; ihre Biegungen und Ge:
lenke find manigfatt, frifh und ſchwungkraͤftig; in der Syntax zeigt fie
freie, leichte Bewegungen, deren Anmuth und Kühnheit überrafchen ;
ein außerordentlicher Wortvorrath bietet unabgenugte Wurzeln dar tn
faft vollftändiger Entfaltung. Mau kann diefe innere, leibliche Stärke
der alten Sprache vergleichen dem fcharfen Geſicht, Gehör, Geruch der
Wilden, die einfach in der Natur leben und fich gefunder, behenber
Btiedmaßen erfreuen.
. | $. 11.
In der neuen Sprache rinnt das Blut ſchon ſchwerer; ber Wohl⸗
laut iſt nicht mehr ſo ungeſucht da, ſondern wird durch ſorgſame Ver⸗
meidung der Haͤrten gewahrt; die Flexionen erſcheinen abgeſchliffen
und muͤſſen durch allerhand Kuͤnſte erſetzt werden; die Bewegung er⸗
folgt ſteifer und genau gemeſſen; betraͤchtlich hat ſich die Zahl der
Wurzeln gemindert, weshalb haͤufigere Umgeſtaltungen und Zuſam⸗
menfegungen unvermeidlich werben.
8. 12.
‚Allein jene Borzüge wie diefe Mängel find auch von eignen
Nachtheilen und Bortheilen begleitet: der geiflige Kortfchritt der
Sprache fcheint Abnahme ihres finnlichen Lebens nach ſich gezogen,
(GERERSEEEREEERE ß — —
wo nicht gefordert zu haben. Mitten in aller Formenfuͤlle des Alter⸗
thums herrſcht oft Unbeholfenheit oder Verſchwendung; ſparſames
Haushalten mit geringeren, aber deſto gewiſſeren Mitteln gab auf die
Länge größere Befriedigung. Dort gebricht es dem Anmuthigen nicht
felten an Würde, dem Kühnen an Gefchid, zumal dem Gdnzen an
Einſtimmung. Weit fi Licht und Schatten gegenfeitig nicht ers
mäßigen, pielen lebhafte Farben allzu greli nebeneinander. Die neue
Speache verſteht e8 gelinder aufzutragen, Eindruͤcke zu berechnen und
von dem Zufälligen das Nothwendige zu ſcheiden. Sie iſt jegt in ihr
männliches Alter eingerückt, welches weiß, was es will und vermag.
Die Vollkommenheiten des ehemaligen Zuftandes find beneidenswertb,
aber unwiederbringlich ; den Gewinn, den die heutige Sprache, indem fie
jenen allmaͤlich entfagte, errungen hat, dürfen wir nicht für zu thener
gekauft halten. Ein Dauptvortheil, die durch Nieberfchlagung der
Diglecte gegründete Herefchaft größerer vaterländifcher Spracheinhett,
Fonnte eben nur in der Dämpfung finnlicher Beftandtheile errungen
werden. nn
g. 13.
| Da unfere Vorfahren fhon, bevor noch die Sothen Hand an
Ueberfegung der heiligen Bücher legten, der Schreibkunſt pflagen, ift
aus der Belchaffenheit des gothifchen Alphabets wahrfcheintih, in
welchem griehifche und Lateinifche Buchftaben unter runifche genom;
men werden. Truͤgt nicht vieles, fo war der Gebraud der Runen
wenigſtens einzelnen deutfchen und auch flavifchen Stämmen vor ihrer.
Belehrung aus dem Heidentbum kund. Den übertriebenen Vorwurf
der Rohheit und Barbarei der Deutfchen in den erflen Jahrhunderten,
wie ihn ſchon die Befchaffenheit der alten Sprache abwendet, tilgt auch
das frühe Vorhandenfein der Runen. Die Runen, denen etwas Heid⸗
nifches anklebte, verichwanden unter den Chriften.
$. 14.
Das ganze Mittelalter hindurch bis auf den heutigen Tag währt
die fateinifhe Schrift unter allen Bölkern deutfcher und romanis
[her Zunge, auch bei den meiften Staven, bei den Letten, Binnen und
Ungern; nur daß fich im Laufe der Tahrhunderte verfchiedentlich die
ſchoͤnen runden Züge der Iateinifchen Minuskel (Kleinfcheift) in Eden
gefchärft, die der Majuskel (Großſchrift) in Schnörkel verunſtaltet
haben. Es gefchieht ohne vernünftigen Grund, daß man dieje ver:
dorbene Schrift, wie fie zur Zeit der Erfindung der Buchdruderkunft
ſich gerade gebildet Hatte, eine gothiſche oder deutſche nennt —
Doch hat dieje Schrift fih einmal feflgelegt, fie iſt gewiſſermaßen
deutfchznational geworden, und wird nicht jo leicht aus ihrem Beſitze
weichen.
8 —
— — — — —
8. 18.
Die Majuskel (dev große Anfangsbuchſtabe) dient zunaͤchſt dazu,
den Veginn der Säge und Reihen, dann aber Eigennamen hervotzu⸗
heben. So wird fie allenthalben in griechifchen oder lateiniſchen Bis
thern, aamentlich auch in deutfehen Handfchriften des 15., zum Theil
des 16. Jahrh. gebraucht. Der Majuskel andere Ausdehnung eine
räumen heiße im Grunde die Würbe der Sprache verletzen, welche ber
Schrift keinen Borrang geftatten, fondern völlige Neutralität von ihr
fordern darf. Wozu follen Subftantiva, die in ber Rede nicht ſtaͤtker
betont find als Adjectiva und Verba, vor diefen ausgezeichnet werden?
Spuren des Mißbrauchs zeigen ſich bis ins 14. und 13. Jahrh. hin⸗
auf bei Urkundenfehreibern, denen geringere Sprachlunde beimohnte
als den Abfchreibern der Bücher Sm Laufe des 16. Jahth. dringt
In unfere Deude diefe ſchwankende Erweiterung des Rechts der großen
Buhkaden: aufer den Eigennamen verlich man fie erfi den Appella⸗
tiven, allmaͤlich ſaͤchlichen und abfirarten, endlich allen und jeden Sub⸗
ſtantiven. Seitdem hat man öfter, fo no im 18.— 19. Jahrh. (WB. -
Brodes 1740, Damm 1764, Wieland 1785, Voß 1802, Baggefen
1808 u. A.) diefen Gebrauch wieder beſchraͤnken und In feine früheren
Grenzen verweifen wollen. Sn neuefter Zeit trat 3. Grimm auf und
fagte, „wer geoße Buchftaben für den Antaut der Subftantive braucht,
fchreibt pedantifh.” — Ob es nicht zu fpät und leicht genug ift,
biefe Schreibweife zu verbannen, möchte eher gefagt als allgemein aus:
geführt fein. Auch ber große Anfangsbuchftabe ift, wie die deutſche
Schrift, gemiffermaßen deutfchnationat geworden. Go viel bärfte
jedoch leichter zu erreichen fein, dag man .diefen Gebrauch, manche
Kanzlelformen abgerechnet, auf die eigentlihen Subftantive ein:
fhränkte, und biefe nur da groß fchriebe, wo fie ſubſtantiviſch
fiehen, fonft nicht, 5. B. nicht in adverbialen Ausdrüden: aufs befte,
abends, dagegen: meines Weges, diefer Tage, weit hier die Erinnerung
mehr bewahrt ift.
8. 16.
Aemberungen der grammatifchen Terminologie, wo es ge:
naue in ganz Europa verfländfihe Ausdrüde gibt, liche fih au
. einiges gegen Ihren urfprünglichen Sinn einwenden, find zu vermeiden.
Beſonders muß man eine Art der Bezeichnungen vwerwerfen, jene
nämlich, die bloß zählen will, flatt zu benennen. Nichts iſt unficherer,
als wenn Einige 3. B. vierter Fall für Accufativ fagen, weil Andere
bie Stellung der Eafus verändern, und einzelne Sprachen mehr oder
weniger Caſus barbieten. Sobald es eigenthuͤmlichen Verhaͤltniſſen
der deutſchen Sprache gilt, ſolchen, die ihr beſonders gelaͤufig blei⸗
ben (tie z. B. Ablaut, Umlaut, Brechung, kautverſchiebung), ſcheint
os rathſam auch einheimiſche Benennungen gu verſuchen.
-
Zautlebre.
$. 17.
Die einfachen Schriftzeichen, die einer jeden Sprache zum
Grunde liegen, im die fi jedes Wort zeriegen läßt, nennt man, in fo
fern man auf bie Ausſprache merkt, Sprachlaute, bagegen Buch:
flaben, wenn man bloß die Schreibung derfelben berüdfichtigt.
Anm. Gtab beißt ber Schriftzug aus der Runenſchrift, deren Züge ſtab⸗
artiq waren. Buchſtab ift and. puchstap, mhd. buochstap und buoch-
stabe. Man benfe bei dem Ramen nicht, was einige gethan, an bie
Buchenſtaͤbchen Gutenbergs. — Duck die Buchflaben unterjcheiben wir
zunächſt Laute und deren Verhäftniß.
6. 18.
Alle Laute ber Sprache, die als folche articulierte d. h. Laute
von einer beftimmten Gliederung find, zerfallen in VBocale (Stimms
laute, Selbſtlaute) und Conſonanten (Mitlaute); jene find flüffiger,
biefe feftee. 3. B. Vater, Väter; Berg, Gebirg; laufe, liefj
ward, werbe, wird, geworden, wurde, würde, — verlieren,
Verluſt; erkiefen, erkoren; Schenkel, Schinken; Knabe,
Knappe; Thmeide, ſchaitt; ſchlagen, Schlacht.
Anm. 1. Man Bann die GSonfonanten Knochen und Muskeln der Sprache
nennen; die Vocale find mas bie feften Theile durchſtroͤmt und belebt,
Blut und Athem. Conſonanten fcheinen gleihfam den Leib, KBocale
die Seele herzugeben; auf den Sonfonanten beruht die Geſtalt, auf
ben Boralen bie Färbung. Ohne Bocale würbe bie Sprache bes
Lichts und Schattens, ohne Komfonanten des Stoffes ermangeln, an ben
Licht und Schatten fich fegt. Im den Vocalen hauptfächlich iſt die Weich⸗
heit, in den Gonfonäanten die Kraft der Sprache gelegen; aus ber unend⸗
lich manigfalten Berbindung beider geht der Wohltaut hervor.
Anm. 2. Be nachdem Bocale oder Sonfonanten ein Wort beginnen, in
der Mitte erfüllen, ober fchließen, beißen fie Anlaut, Iylaut, Aus:
laut. In der Dichelunft ftügt fich das Gefeg des Reimes auf ben
Auslaut, 3.8. heben: abgegeben; aus: Vaterhaus; das ber
Altiteration aufden Anlaut, 3. B. Wo Liebe labt und Iebt, tft Lieb
das Leben; Quantität und Accent beherrſchen ben Inlaut.
Erfter Abſchnitt.
Bon den Vocalen überhaupt.
$. 19.
Die Vocale können einzeln, ohne Beihilfe eines Confonanten,
Hae und deutlich ausgefprochen werden, bie Conſonanten dagegen nicht
ohne Beihilfe eines Bocals. |
U nn] 8 ERS
Anm. 1. Wenn man bie Sonfonanten nad ber Leſemethode Oliviers
ausfpricht, fo wird einestheils ber Conſonant nicht Elar und deutlich aus⸗
gefprochen, anberestheils ift Hinter b’, d’, f’, g’ wie vor 'l,'m, 'n, 'r nod
ein abgeriffener Zon hörbar.
Anm. 2. Der Ton, den wir Vocal nennen, entfteht burch eine ſchwingende
Bewegung ber Stimmbänder, welche die Stimmrige bilden, und wird beim
Durchzuge durch die oberen Stimmorgane, befonders im Munde, nur noch
je nach der Verfchiedenheit der ihm vergönnten Deffnung eigenthümlid)
geftaltet. Das Geräufch, welches wir Conſonant nennen, entfleht Dagegen
durch eine öffnende Bewegung des vorher gefchloffenen Mundes. Die
unteren Stimmorgane geben ber Luft freien Durchzug, oder tragen höch⸗
ftens (bei intonierten Sonfonanten) zu einer eigenen Geitaltung der im
Munde gebildeten Laute bei. Doch find die Gefchäfte der Organe bei ben
‚beiden Arten von Buchftaben trog aller Verfchiedenheit jo, daß fie noth⸗
wendig in einander übergehen, Vocal und Eonfonant fich alfo wechfelfeitig
hervorrufen undeng an einander fchließen. Vgl. weiter Dr. Th. Jacobi:
Beiträge zur dbeutfchen Grammatik. Berlin. 1843. 8. ©. 35 f.
$. 20.
Die Vocale find entweder kurz (gefchärft) oder Lang (gebehnt),
ein Unterfchted, der ſich auf die Zeit bezieht, binnen welcher fie ausge:
fprochen werden. Der lange Vocal hat im Allgemeinen das doppelte
Maß des kurzen, 3. B. Knabe, Knappe; lefen, effen; wir, wirt;
fhone, Sonne; Krume, krumm. Den Eurzen Voralen, als den
einfacheren, älteren, gebührt der Rang vor den langen.
Anm. 1. Soll jedoch der kurze Vocal wirkfam fein, fo muß ihm ein eins
faher Sonfonant folgen; doppelter Gonfonant, wie langer Vocal, zeugt
lange Sylbe. Im goth. hana (Hahn), halja (Hölle), im lat. cano (ich
finge), caleo (ich bin warm), galea (Helm) hat die Wurzel kurzen Vocal
und kurze Sylbe; im goth. manna (Mann), hallus (Feld), lat. canna
(Rohr), callus (Schwiele), gallus (Hahn) kurzen Vocal in langer Spibe.
Profobifch gilt manna gleichviel mit mena (Mond), canna mit cAnus (alt,
grau). .
Anm. 2, Die Eintheilung in kurze und lange Vocale gilt in ihrer
Strenge nur für die ältere Zeit; in ber Folge wurbe fie durch Mifchung
des Accents (Zone) mit dem Grundfag der Quantität (Länge, Kürze)
geftärt und bis auf einzelne Nachwirkungen getilgt. Der kurze Vocal ift
das einfache, urfprüngliche Element, und ber Begriff jedes langen Vocals
fegt zwei Eurge voraus, bie ihn hervorbringen. In der älteren deutfchen
Sprache find die Kürzen, in der neueren die Längen zahlreicher, —
M. Wocher, ber fich auf den „„Bequemlaut im Kontert, d.h. auf Sym⸗
phonismus“ viel zu gut thut, fucht in einer Abhandlung: „Die Entwids
lung ber deutſchen Sprache vom vierten Zahrh. her bis auf unfere Zeit,”
Ulm. 1843, 8, im Widerſpruch mit allen Ergebnifjen der Hiftorifchen
: Grammatik zu erweiſen, daß deu Vocalismus im Gothifchen breit, gedehnt
gewefen und durch das Althd. und Mittelhd. zu der neueren Kürze,
Gefhmeidigkeit und Beweglichfeit, zu einem raſcheren Tempo
fortgefchritten fei._ Darin erkennt er, wie in vielem andern, eine orga=
nifhe, phonologifhe Kortbildung ber Sprade.
$. 21,
Es gibt urfprünglih nur drei kurze Vocale, aus denen fi
durch Brechung ($. 36.) bie übrigen Furzen, duch Verbindung!)
— 9 —
die langen hervorthun. Die drei kurzen Vocale (auch Urlaute, Haupt:
laute genannt) find A, J, U, oder um fie richtiger aufzufaſſen, fo daß
aus dem A ſals der Quelle und Mitte aller Vocallaute einerfeits der
Tiefpunct U, andrerfeits der hoͤchſte Gipfel J entſpringt
s ı u
_ was noch) finnlicher dargeſtellt ifl
. 4
N
J u
Anm. 1. Früher nahm Grimm neben Berbindung auch Verdoppelung
kurzer Vocale zur Hervorbringung von langen an. Run fagt er (Be:
Thichte der deutfchen Sprache ©. 845): „Irre ich nicht, fo wird nunmehr
die Annahme geminierter Vocale von der urfprünglichen Einrichtung
unfrer Sprache auögefchloffen. Wie goth. e und 6 erft durch Verdich⸗
tung aus Diphthongen (ia, ua) erwachfen, ſind auch die dem Gothen ab⸗
/ gehenden ahd. und altn. &, 1, a nur auf biefe Weife begreiflih. Abd. a ift
goth. &, ahb. 1 goth. ei, ahd. a entweder goth. iu oder unorganifch. Both.
e und 6 erfcheinen im ahd. ia, ua noch diphthongifch (3.3. goth. för lautet
ahd. bei Otfried fuar, goth. bloma ahd. biuama, goth. m&s ahd. mias, goth.
her ahd. hiar, -goth. kreks ahd. chriah); wie könnten fie gefaßt werben ale
ee und 00, da es Fein kurzes e und o gibt? Ahd. e und o führen ſich auf
goth.ai und au zurüd, welche umgebrehtes ia und ua find und diefelbe Ver:
dichtung erfahren haben.’
Anm. 2. a ergibt fich als die Mitte aller Vocale fhon aus feiner Lage im
Munde bei der Ausfprache; i liegt mehr nach der Kehle, u mehr nad
den Lippen zu. Zwiſchen a unb i Ticgt e, zwifchen a und u liegt o im
Munde; a erfordert die größte, aber ungezwungenfte, u die Heinfte Deff⸗
nung bes Mundes, i liegt in der Mitte. Die Stellungen für v und €
als mittlere zwifchen denen von a und u, a und i ergeben fich im Allges
meinen von felbfl. Wal. weiter Jacobi a. a. O. S. 39 f., ber fih auf
Cempelens Beobachtungen bezieht.
N
g. 22, ’
Aus der Brechung zwifchen A und J wird E, zwifchen X und
U wird O, und das Verhältniß erfüllt fich
A
€ O
J u
E und J ſind die hohen, hellen, O und U die tiefen, dunkeln Vocale,
zwiſchen welchen X die Mitte hält, unrein geſprochen aber dort in A,
bier in A ausweicht. Auf feinen beiden Enden, dem Gipfel 3 und
dem Abgrund U, grenzt der Vocalismus an den Gonfonantismus:
die Halbvocale j und v entwideln fi, bei der Mitte A ift Eein folcher
Halbvocal denkbar.
Anm. 1. In Farben ausgedrüdt ift a weiß, i roth, u ſchwarz, e gelb,
o blau; orange und violet fcheinen prächtige Diphthonge (ei, in), ai
wäre cofa, an himmelblau. — Flörke ftellt die Vocale mit den muſica⸗
lifchen Noten, zufammen und gibt folgende Zonleiter: u = bem Heinen c,
g==bem einmal geflrichenen g, a = dem einmal geftrichenen c, D == bem
— {0
zweimal gefteichenen ea, & und iĩ ⸗ dem zweimal geftrichenen g, a u Dem
zweimal geftrichenen a, i — dem zweimal geftrichenen c.
Anm. 2. Setgt man bie drei Urlaute in Verbindung untereinauber, fo daß
jedem berfelben bie beiden andern vorangeftellt, d. h. neben dem kinfachen
Satze jedes Lauts noch zwei diphthongiſche Säge moͤglich werben; fo ers
geben fi) für das Gefammtgebiet ber Bocale folgende neun Laute:
a 1a ua
i wa
u id au
welche Kormel alle möglichen beutfchen Vocallaute erfhöpft, aber bloß
nad) der Theorie entworfen ift, von ber alle einzelnen Sprachen, und ſchon
bie gotbhifche, mehr ober minder abweidhen. Die gothiſchen Vocale ent⸗
ſprechen folgendergeftalt:
a 28 6
ie ai
u um au
Die ahd., mhd., ahd. ergeben fich aus ben nachfolgenden Paragraphen.
Anm. 3. Aus ber Munböffnung ergibt fich die Urfache ber Verwandtſchaft
von u mit bem Lippenbuchflaben v, und die von i mit bem Gaumbuch⸗
ftaben j, und warum nicht bem a, wie jenen beiden, ein entipeechenber
Sonfonant zur Seite fleht: weil nämlich die ihm eigne Stellung des
Mundes auf Zeinerlei Weife dur eine geringe Weränderung zu einem
Verfchluffe des Mundes führen kann, wie bie des 1 in der Gaumen⸗ unb
die bes in der Lippengegenb. .
8. 23.
Mir haben zur Bezeihnung der kurzen und langen Vocale
keine befondern Schriftzeihen. Die urfprünglihen Kürzen, fobald
ihnen einfacher Confonant folgt, find bis auf wenige Spuren ver;
fhwunden. Kurz ift 3. B. der Boral noch in: bin, man, mit, gibt).
Bor zwei Confonanten, gleihen wie ungleichen, bat fid meiften-
theils, der kurze Vocal erhalten: Natter, Elle, Wille, Sonne,
Summe; Gewalt, Berg, Wird, Wort, Bruftd). Einige For:
men auf vd, rt, rth haben die alte Kürze eingebüßt: Erde, Herb,
Herde (Deerd, Heerde), Pferd, Schwert, werth, Art, Bart,
Fahrt, zart?)
Anm. 1. Man hört keinen Unterfchieb des Vocals mehr in Wörtern wie:
Strahl, Zahl (ahd. sträla, zala); Jahr, Haar, Aar, war (ahb.
jar, här, aro, war); nahm, fam, Same, Name (ahd. nam, quam,
samo, namo); Heer, mehr (ahd. heri, mer); Ichren, [deren
(ahd. leran, sceran); vor, Ohr (ahd. fora, Ora); Sohn, Kohn (ahb.
sunu, lon): Lob, Tod (abd. lop, töd); Moor, los (ahd. mos, lös).
Diefe Wörter erfahren gleiche Behandlung in ber Ausſprache, fo ſchwan⸗
tend auch bie Schreibung abweicht. — Außer den angeführten: bin,
man, mit, gib behalten die urfprüngliche Kürze noch: an, ab, in,
bin, ob, von, um, un, boch werben an, hin, von (zumeilen auch
ab, un) ſchon oft dieſes Vorzugs beraubt; andern, wie Lob, gat,
wol, Glas, Eras verleiht ihn nur landſchaftliche Ausſprache. In
eingelnen wenigen Iufammenfegungen, beren erſter Theil ein kurzſylbiges
Wort enthält, ſchuͤhte fich die alte Kürze, namentlich in: Bortheil, Ur⸗
theil, Herberge, Herzog, barfuß, Wol luſt, da außerdem lange ſchon
vor, Saat, bar, wol mit kangem Boeal gefprochen wırede. Man vgl.
damit Vorzag, Vorbild, Heer bann. Ya Eigemamen, bie noch cher
geneigt waren, fi) bem Strom ber übrigen Worte zu entziehen, wirb
man nocd andere Beifpiele entbedten fünnen. Die erfte Sylbe von Herz
mann, Hanftein, Dal wig behauptet ihren alten kurzen Bocal. Auch
in Wermut, wenn ed eine Zufammenfegung ift (ab. werimeota), klingt
die erfte Sylbe karz.
Anm. 2. Hier kommt Gemination (Berboppdung) gleicher und Werbins
dung ungleicher Gonfonanten in Betracht. Die Semination ift entweder
fcbon in der alten Sprache begründet, wie in: fallen, Wille, Sonne
(ahb. fallan, willo, sunna), ober fie fcheint gerabe zur Auftechthaltung ber
organifchen Märze beliebt worden, wis in: fatt, Hammer, Kell,
Wetter, Sinn, Himmel, voll, genommen, Ruß (abb. sat,
hamar, fel, wötar, sin, himil, fol, kinomsa, chus). — Wörter mit ungleis
cher Conſonanz hegen gleichfalls bie vorausgehende Bocalkürze: Halm,
bald, Hals, Arm, Helm, Stern, Ring, Linde, Ort, Sumpf.
— Das zutretenbe € ber Flexion vermag in Werbts, beren von sinfachhen
Gonfonanten begleiteter Vocal die Kürze verloren bat, fie nicht herzu⸗
fielen: bewahrt, ſpart, zehrt, fährt, Lähmt, ahnt, bahnt.
In gibt (fehlerhaft giebt) iR das i kurz.
Anm. 3. Die oben angegebenen Wörter hatten ohne Zweifel früher gleiche
Ausſprache mit den übrigen, waram follte Art, zart anders als hart,
Sarten, ober Herde anders ald Hirte gelautet haben? Ahd. lauten
fie: örda, bört, hörta, pherit, swört, werd, art, part, fart, zart, hart, karte,
bırti. Vielleicht find diefe fcheinbaren Wocalverlängerungen aus einer
nachempfundenen Brechung zu erklären? — Manche Grammatiker, nas
mentlih K. F. Becker, rechnen noch: Arzt, Harz, Warze, Magd, Mont,
Obſt, Vogt hierher, bei denen die Ausſptache jedoch ſchwankend iſt.
8. 24.
Eine große Zahl von Vocalen hat ihre organifche (d. h. anf bes
flimmten Gefegen der Lautentwidelung beruhende) Kürze verforen und
dafür einen ſchweren, gebehnten, verlängerten Laut angenommen,
deſſen Bezeichnung in der Schrift fehr ſchwankend iſt. Häufig bleibt
bie Länge, Dehnung (unorganifche Verlängerung, frühere Kürze) ganz
unbezeichnet, 3.8. in: aber, haben, Bater, malen {auf der
Mühle), Schwan, kam, war, geben, heben, legen, Segen,
mir, dir, wir, Bogen, Vote; oft wird der Vocal verdoppelt, 3.8.
in: Saal, baar, Meer, Heer, Beere, Beet, Moorz ober ein
dehnendes h eingefchoben, 3. 3. in: Wahl, fahl, befahl, fahre,
nahm, lahm, Bahn, Hahn, Fahne, mahne, Zahn, Wehr,
befehlen, nehmen, dehnen, ihre, ihm, ihn, wohl, bohren,
Sogn, gewohnt Endlich galt für das Eurze i eine befondere Be⸗
zeichnung des verlängerten Lauts durch te, 3. B. in: Ziel, viel, ge:
biert, ſchmiert, langwierig, ziemt, Sieb, geblieben, liegen,
geihwiegen, Sieg, nieder, wieder, gemieden, ſchmieden,
Wied, fieht.
Anm. 1. Keine diefer Schreibimgen konnte durchgreifen, fonbern wurbe
und wird in einzelnen Faͤllen fchwantend gehandhabt. Man findet z. B.
wer neben wahr (jenes iſt ahd. zi wära d. h. zu wahr, biefes wär),
malen und mahlen (auf ber Mühle), geboren und gebohren,
-
13 —
” Segen und Seegen (gebobren, Seegen, Schaar werben immer ſeltner),
ja nach ausgeſonnenen Unterſchieden der Bedeutung wider und wie—
ber, Bett und Beet (ahd. nur widar, petti) geſchrieben. — Nur vor
ben flüffigen Gonfonanten (l, m, n, r) wird h eingefchaftet, vor ben flum:
men entweder der einfache Vocal gelaffen, oder, wenn er i war, in ie ver:
wandelt. — Der Volksdialect bewahrt noch oft bie alte Kürze und fpricht
z. B. Bater, Spiel,Bote, als wären fie Batter, Spill, Bott
geſchrieben. In ber Schriftfprache haben wir Better und Gevatter
(ahd. fataro, kefatero, mhb. vetere, gevatere) neben Vater (ahd. fatar,
mh, vater). .
Anm. 2. Es fcheint nicht rathſam, diefen nhd. Entftelungen des kurze
Bocals das Zeichen der alten organifchen Länge, ben.Gircumfler, zu ver:
leihen. Bequemer ſchiene, bie laͤſtige Verdoppelung und dag fehleppende
h zu tilgen, und ben Bocal überall mit dem einfachen Buchftaben auszu⸗
drüden. Die gebehnte Ausfprache verftände fich von felbft da, wo doppelte
Gonfonaenz ein Verharren der wahren Kürze nicht anzeigt. Weber das ie
‘ [2 ‘
§. 25.
Die organifche Lange des Vocals wird oft ganz unbezeichnet ge=
laſſen, z. B. in: Elar, waren, Span, Schlaf, gaben, baten,
Gnade, fragen, lagen, nah, Sprache, faßen, aßen, lafen,
(der) Thor, Krone, ſchon, Roſe, groß, bloß, hoch; oder durch
Verdoppelung des Vocals, 3. B. in: Aal, Maal, Haar, Paar,
Saame, Schaaf, Saat, See, Schnee, Seele, leer, ſchweer,
(008; oder durch Einfchaltung eines h bezeichnet, 5. B. in: Strahl,
Sahr, wahr, Bahre, nahmen, Wahn, eh, weh, fehle, mehr,
hehr, Ehre, lehre, ſehr, gehn, flehn, Lohn, Bohne, Ohr,
Rohr.
Anm. 1. Das Gehör maht keinen Unterfchieb zwiſchen biefen (organi⸗
A
«
ſchen) Längen und jenen (unorganifhen) Dehnungen. — Aber auch hier
herrſcht großes Schwanten in Bezug auf die Verdoppelung bed Vocals ;
biefe unterbleibt nun meift in: Mal, Same, Schaf, ſchwer, los.
— Statt bes organifch langen Vocals tritt. fchon ahd. nicht felten Ver⸗
boppelung ein, 3. B. root, eera, neben röt, era.
nm. 2. In einigen Sällen erleidet umgekehrt die organifche Länge jest
eine Kürzung, 3. B. in: immer, Sammer, Mutter, Rahe, muß,
müffen, laß, laffen (mhd. iemer, jämer, muoter, räche, muos,
müejen, 183, lägen). Es gefchieht unter den Einflüffen jener Conſo⸗
nantverdoppelung und Afpiration. Die Quantität der mhd. vater und
muster wird im nhd. Vater (= Vaater) und Mutter faft um:
gedreht.
nm. 3. Auch ben zufammengegogenen Formen haft, hat bereitete der
häufige Gebrauch kurzes a, während das in Habe gebehnt wird (mhb.
han, häst, hät). Die erfte Perfon Habe durchläuft, das mhd. n beibes
haltend, den Vocal aber fehärfend, im Volksdialect die Vocalreihe a, e,
eo, u (hann, henn, bonn, hunn). — Andrer Art fiheint die dem
erften Theil einiger Compoſita widerfahrende Entziehung der Länge,
4 B. Hochzeit, Nachbar, Lorbeer, Gehor ſam (mhd. höchgezit,
nächgehüre, lörber , gehörsam); das gemahnt an Herberge, barfuß
($. 23. Anm. 1.), wo jedoch die alte Kürze gefchügt blieb, während hier
bie alte Länge verloren gebt,
Erftes Sapitel.
Einfache Bocale.
$. 26. Ä
U bat einen reinen, weder in E nod In O ausmeichenden Klang,
ſowol da wo die Kürze fortdauert, wie in: ab, man, Hand, Wald,
als wo fie Dehnung erfährt, wie in: laben, Bater, Dafe, Sage,
“und wo organifche Länge ftattfindet, wie In: Gnade, Straße,
Schlaf, far, That, Rath, gethan.
Anm. 1. Die Nähe des o=Lautes bezeugen einzelne wirklich eingetretene
Hebergänge: ohne, Mond, Monat, Woge, Koth, mhd. Ane,
mäne, mänet, wäc, quät und chot, bei Fiſchart im 3. 1582 fat; ja wir
Iprechen und fchreiben Argwohn neben Wahn (mhd. wän, arcwan,
- bei Fifhart won, argmwonen), Athem neben Othem (Odem ahd.
atum, mhd. Atem). Ein Hinneigen bed a zum e muß erkannt werben in:
Emeße (Ameiße, Ameife) und Erbfe (ahd. ameija, araweiz). Die
Syibe. bar lautet im Volksdialect ber. In Schriften bes 15-— 16.
Jahrh. finden fih häufig: erber, dankper, Faufber, unfidhber,
fihperlih, erberlich.
Aum. 2. Einige Ableitungen und Zufammenfegungen haben in zweiter
Sylbe ein helles, faft kurzes a flatt des früheren a, o, u, uo, A, &:
Eidam, Heimat, Monat, Nachbar, ahd. eidum, prütigomo,
heimuot, mänd, nähkipüro, mhd. eidem, briutegam (für briutegom), hei-
muot, mänet, nächgebüre. Volksausſprache ift gleichfalls Eidem, He i⸗
met (und Hamet), Monet, Nachber (und Nochber). In Büchern
bes 16. Jahrh. findet man Eiden, Heimt, Mont, Nakhpauer.
Anm. 3.. Es ift ein Vorzug der nho. Sprache, daß fie das a, mit gang
wenigen Ausnahmen, rein erhält. Im Ahd. und Mhd. werben a und o,
a und e öfter mit einander verwechfelt, z. V. wal, wol; erhalen, erholen;
bar, her; karte, kerte. |
Anm, 4. Bloß landfchaftlihe Ausfprache neigt fich bei der organifchen
Länge bes a zu o hin und verleiht dem Vocal in Elar, wahr einen
Mittelton zwifchen a und o. Wörter, welche mhd. ein kurzes a hatten,
nun aber (nach $. 24.) meift langes a haben, verwandeln baffelbe im
mittelchein. Volksdialect (in der Nähe von Mainz) hoͤchſt felten in o,
während das organifch lange a meift in o verwandelt wird, fomol im
Auslaut als vor-faft allen Conſonanten. Die weftfäl.sniederb. Mundart
‚hat in biefem Fall den Mittellaut I, dagegen a flatt des mhd. Fürzen a.
$. 27.
E hat in unferer Ausfprache einen zweifahen Laut, den des
eigentlichen (dem J näher liegenden) E und einen dem # nahe kom⸗
menden: gefchlofjenes und offenen E (ahd. und mhd. 8 und e), jene
z. B. in: Regen (goth. rigns, ahd. rögan, mhd. rögen), geben,
lefen, nehmen, fterben; bdiefes in: Ende (goth. andi, ahd. anti,
mhd. ende), Menge, Engel, regen, Erbe, preifen. Den Unter:
ſchied organifcher Kürze und Fänge nimmt die Ausſprache nicht wahr:
Ehre, Lehre, hehe, mehr (ahd. Ara, lera, hera, mer) lauten ung
wie: Deere, Heer, Meer (ahd. ber; heri, mer)... - -
Anm. 1. Genaue mhb. Dichter bes 13. Jahrh. geftatten regelmäßig keinen
Reim zwifchen Wörtgen, in deren Wurgel e und & vorkommt, alſo z. B.
nicht rögen unb legen (goth. lagjan). Seit dem 14. Jahrh. warb bad Ge⸗
hör flumpfer und die Sprache größer; die heutigen Dichter find harthoͤrig
ı ober nadıgibig genug, um beide Vocale (z. B. Regen und legen) im Reim
zu verbinden, — Etwas zu eng iſt die Baflung, wenn Beder (Schulgr.
4, Ausg. & 31.) fagt: „Dieſe Unterſcheidung (in gefchloffene und offene e)
wirb jegt in ber Ausfprache wenig mehr geachtet: fie finder ſich noch unter
andern ins lefen, nehmen, geben, gerecht, Geſell, bequem, in denen bie
exſte Sylbe das geſchloſſene, und die laute das offene e bat.’
Anm. 2. Die goth. Giprache hat Fein kurzes e, ſondern gebraucht bafür
ben gebrochenen (aber Eurgen) Laut ai. Dies gefchieht vor r und. h, z. B.
stairnd (&tern), tafhun (zehn). Im Ahd. haben wir e (Umlaut bes a)
und 2, das ays ı hervorgegangen ift und ber goth. Brechung ai entfpricht,
als deren Verdichtung es betrachtet werben darf. Dasfelde gilt im Allge⸗
meinen für das Myd. Wei bem mittelch. Volksbialect gemmahren wir hier
eine eigenthämliche Erfchelnung, bie an $. 37. Anm. 2. erinnert. Das
kurze (gefchärfte) & (nicht bas e) wirb, mit wenigen Ausnahmen, vor r in
a verwandelt (in Weflfalen in ea), z. B. in: Zwerg, Perle, Ernft,
Stern,fterben, Wert, Erde, Schwert, Herz, Gerfte, Herr.
Bor andern Sonfonanten tritt a nicht für & ein, doch Hört man zumeilen
quad für qued und quid (mbb. quec). Kür e ift a hoͤchſt felten,
doch Hört man garben, Arn (für gerben, Ernte, ahd. karawan, arnöt,
mbb. gerwen, erne). Das (add. und mhd.) organifdy Lange & wird vor
x nit in a verwandelt verwandelt, 5. 8. in: ed ehr.
Die organiſch Eurzen, mun gebehnten Wörter: Beere, Heer, Meer
behalten gleichfalls gebehntes e.
Anm. 3. Beiden Ybleitungen mit m und g (am, um, ag, ac) iſt ber nhd.
(wie auch mhd.) Schriftfprache der Ableitumgsvocal meift geſchwunden,
befonbers bei vorgusgehendem I, x, z. B. arm, arg, karg (ahb. aram,
arac, karg, wol aus charac). Der mittelrhein. Volksdialect Hat bort ein
ſchwachlautendes e, bier i: arem, arig, karig. — In Zuſammen⸗
fegungen wirb oft dem zweiten Worte der Zon entzogen, ber Vocal in ein
ſchwachtoͤnendes e verwandelt und fo der Schein einer Ableitung herpors
gebracht, 2.8. WBingert (Weingarten), Kirmes (Kirchmeffe), Henfche
(Handſchuh), wolfer (wolfeit), erber (ehrbar $. 26. Anm, 1.), Ge⸗
wohnet, Wohret (Gewohnheit, Wahrheit), Lebte (Lebtag).
5. 28.
J hat eine reine, nicht in ü abweichende Ausſprache. Die ur:
ſpruͤngliche Kürze erhält fih nur noch vor doppelten Gonfonanten,
gleichen, wie in: ftill, nimm, Sinn, Sitte, ober ungleihen, wie
in: wild, find, wird. Bor einfachen wird e8 gedehnt, wie in:
mir, dir, ihm, ihn, ihr, Igel, oder in ie nerwanbelt, wie in:
Spiel, viel, Sieg ($. 37.).
Anm. 1. Beachtenswerth ift das heile, Eurze Kin den Bufammenfegungen
Bräutigam (8. 36. Anm. 2.) und Nachtigall (ahd. nahtikala, mhb,
‚nahtegale), bad nom Kon gehoben und gehegt wurde.
Anm. 3. Die organiiche Länge 1 ift übergegangen in ei, 2.8, Beil,
Leim,f. 642, Ausgenommen find etwa Friedhof, eigentlih Freit⸗
hof (ahb. vrithof, umfchloffener Raum, Hof) und die Eigennamen Wie⸗
sand und Weigand, Wieland und Weiland (mhd. wigant, wilant).
Anm. 3. Der mhd. FSechſel zwiſcher E unb i baum. fort: werben,
— 1 —
wairdz goben, gett acbären, gehterk; ſehon, ſiohtz wäßr
—ãA erg, Gebirge, Erde, irden, Shwehsg
efhwifter.
Anm. 4 ZFehlerhaft if i in widhfen für wehfen, wädhfen, d, $.
mit Wachs ühenziehen, ahd. wahren, mhd. wahsen, kei Fiſchart (1582
und Stieler (1691) noch wächſen und wächßen.
Anm. 5. Der mittelrhein, Volksdialeet verwandelt das organisch Euuge i
vor 2 (nit vor andern Gonfonanten) in e, auch bei den ungorganifchhen
Debhnungen mir, bir, ihr; ber weflfäl. in gebrochenes ie, mit ſchwach
nahtönendem e.
8. 29.
O, obwol Brechung zwifhen A unb U, bat Dennech eine aigene
Ausfprache, die weder im A noch in U ausweicht, alfe verſchleden von
bem zweifach lautenden E. Es bewahrt vor doppelten Sonfonanten
die unverfehrte organifche Kürze, 3. B. in: voll, Stolle, Knorre,
fromm, genommen, Sonne, gewonnen, Gott, Gold, Wort;
vor einfachen iſt es gedehnt, 3. B. in: hohl, Sohn, bohren,
Lob, oben, Bogen, Vogel, Bote; ober urfprünglich lang, 3. B.
in: Ohr, Rohr, Bahne, Lohn, los, 309, bat, Ted, roth.
Anm, 1. Ihrem Urſprung nad gibt es auch zweierlei @, je nachbum
darin eine Schwächung des a ober bes u ($. 22.) enthalten ift; die Zahl
der erftern iſt jedoch ſchon ahd. und mhd. gering. Während e und 2 im.
Mhd. an Umfang fi beinahe gleich ftehen und ihre Ausfprache wahren
Eonnten, verlieren fich bie wenigen o aus a unter ber Menge der o aus
u, und 06 {ft wicht wahrſcheinlich, daß fie ihren eigenthämlichen Laut,
dee fchon in der ahd. Zeit gelitten haben wird, behanpteten. Auch heuts
zutage unterfcheiben wir den Vocal in Holen (ahd. halon, mhd. holn
für haln), mochte (ahb. mahta, mbd. mohte für ınahte) nit von bem
in hohl (ahd. mhb. hol), Toch ter (ahd. tobtar, mh. tohter). Hierzu
kommt, daß e mus a fühlbar durch Umlaut entfprang, bei dem o aus a
keine folche Urfache nachzuweiſen, vielmehr ü ber parallele Umlaut bes
ua
Anm.2. Dee mittelch, wie wertfät. Volkedialect Hat in eintgen Wörtern bas
früßere kurze u bewahrt, ats in: fromm, famme, gelommen, ges
fdwommen, Sommer, Ronne, Donner, gulonnen, gewonnen,
alfo nur vor em, un, wie im Mho., wo gletchfalld vor mm, nn nicht
o, fonbern = ſteht. — Gier und ba Hört man, jedoch weniger im Munde
der jüngeren Generation und nach einzelnen Drten verfchieben,, gebehntes
u flatt des früheren 0, z. B. m: Boch, froh, Bohne, bloß, groß,
Schoß, Schloße, Stoß, felten für o, 3.8. in: Hohl, hobeln, —
An andern Orten wird ſelbſt in der gebitbeten Umgangsfpradhe das kurze
vo, z. B. Rotte, Spott, oft mehr nach a, das lange, 4. B. in:
Rom, Bohne, fo mehr nah us Hin gefprochen.
Anm, 3. Das mhb. tor (porta) und töre (stultus) klingen uns beide gang
gleich (das, der) Shar. — Ausnahmsweiſe ſteht o für a in Argwohn,
ohne, Mond, f. 8.26. Anm, 1. — Bei Fifchart ſteht o für u in:
Ankonfft, Pompe, Kommeır, Mommerei.
$. 30.
U. Ain reine; Tiefton, behält feine alte Klızze vor doppelten Con⸗
fasten, glaichan wie unglsichen, 4. B. m: WButle, Icumm,
»
. — 15 —
Beunnen, [hnurren, Muff, Shuppe, Mund, Huld, Burg,
Luft, Kunft; vor einfachen tritt entweder Dehnung ein, 3. B. in:
Flug, Bug, Zugend, oder Schwächung des alten Diphthonges uo,
& B. in: Buhle, fuhr, Ruhm, Huhn, Grube, fhuf, klug,
fuhe, Blut, Fuß.
Anm. 1. Spur iſt das mhd. spor (noch im Volksdialect erhalten), Zuber
das ahd. zuipar, was an zwei Ohren getragen wirb, wie das entftellte.
Eimer, ahb. einpar, eimpar, Gefäß mit einem Griff.
Anm. 2. Oben ($. 29. Anm. 2.) haben wir gefehen, wie ber mittelchein.
Volksdialect in gewiffen Källen ftatt bes o der nhd. Schriftſprache das
frühere u beibehalten hat. Als Gegenfag dazu verwandelt er das orga⸗
. nmniiſch kurze u der früheren Sprache, das die nhd. Schriftfprache beibehalten,
in gefhärftes 0, 3.8. in: Sturm, Wurm, Furcht, kurz, Wur—⸗
. gel, Durſt, Wurf, [hnurren, Enurren, Butter, Mutter,
Schulden. Kenpvorng, nt, nd, ut, ns, nz; auch mhd. bleibt
“vor biefen Buchftaben kurzes u. ,
, ’ " §. 31. "
- . Yift.in deutſchen Woͤrtern unnüg und barbarifch, wird ſelbſt in
fremden, wo man die Schreibung beibehalten mag, wie J, nicht
affeetiert und gezwungen wie Ü ausgefprochen: Syntar, Syftem
(auten uns Sintar, Siftem, nicht Süntar, Süftem.
Anm. 1. Hartnaͤckiger haftet y in ben Diphthongen ay, ey, wo es doch
-auch beffer mit ai, ei vertaufcht wird, wie man längft dem ye für ie
entfagt hat. Was ift damit für das Ohr, oder für das Verftänhniß des
Satzes gewonnen, wenn man fein (suus) von feyn (esse) zu unter:
ſcheiden ſucht? ine Zeit lang fchrieb man auch meinen (meis) und
meynen (putare). Die noch zuweilen erfcheinenden Kormen Zuny
und July find entflanden aus Junij und Juli) für Junii und Juli.
Anm. 2. ecker fcheint dem y, je nachdem es in beutfchen ober fremden
Mörtern fteht, eine doppelte Ausſprache zu geben, wenn er (Schulgr.
4. Ausg. $. 301.) fagt: „Da ber Buchftabe y in deutſchen Wörtern
benfelben Laut bezeichnet, den wir auch durch i bezeichnen,‘ (daf. $. 302.
Anm. 2.): „Die deutfhe Sprache hat um diefer Unterfiheidbung willen
(d. h. die fremden Wörter duch Ton und Schrift ale fremde zu unter-
cheiden) y aufgenommen, obgleich fie das griechifche y durch deutfches üi
ezeichnen könnte.’ — Letztere Bezeichnung ift neuerdings wieder verfucht
worden: Süftem. Alle Europäer, die Reugriechen ausgenommen, haben
das griech. v (y) mitivertaufcht: Italiener und Spanier fchreiben sistema,
“ sintassi, sintaxe.
Anm. 3. In verfchiebenen, namentlich fübdeutfchen und fchmeizerifchen
Duden bes 15 — 16. Jahrh. vertritt 9 das lange i, z. Batryben,
blyben.
Zweites Capitel.
Umlaute.
8. 32.
Die Vocale A, O, U können in der Wurzel getruͤbt, ihres reinen
Toms ‚beraubt werben durch ein J (E) der nachfolgenden Flexons⸗
— 11 —
oder Ableitungsſylbe. Dies nennen wir Umlaut. Bei der Aus:
fprache des Umlautes werden die zwei Vocale zu einem Laut verbun-
den und aud als ein Laut ausgefproden, z.B. Väter, Söhne,
Stühle zweiſylbig, nicht Va⸗eter, Sozehne, Stu⸗ehle drei:
ſplbig.
Anm. 1. Der Umlaut wird eigentlich bewirkt durch ein nachfolgendes i
(im Altnord. auch durch u), iſt der älteften deutſchen (goth.) Sprache
fremd, zeigt ſich zuerſt (7. Jahrh.) an den kurzen Vocalen und hier zuerſt
bei a, ſpäter (etwa in der erſten Hälfte des 12. Jahrh.) auch un den
langen. Myhd. und Nhd. vervielfachen fich die Umlaute, indem, von den
Längen abgefehen, neben a auch u und das gebrochene o in A und ö um:
lautbar geworben find. An den Wortſtamm trat urfprünglich ein i ber
Bildung oder Biegung, das hernach wegfallen fonnte, ohne daß der an⸗
geregte Umlaut aufhört: aus ast wird esti, aus sat wird seil (Sättigung).
An die Stelle des i trat allmälich das umlautende e, was felbft eine
Schwächung von iifl. Nur bei m fagen wir noch häufig: Mache ein ui,
d.h. ü. Dan denke hier an das aı flatt ae in der 1. Dect. der älteren lat.
Sprache und an das «s ber griechiichen. — Das Streben, die auf einander
folgenden Syiben eines Wortes, von der flarfbetonten Stammiylbe aus⸗
gehend, mit gleichen Vocalen ‚auszuftatten, bewirkt, nah 'Reimnig
($. 36. Anm.) den Umlaut und hat auch Einfluß auf die Brechung.
Anm. 2. A. Holtzmann (Ueber den Umlaut. Zwei Abhandlungen.
Carlsruhe. 1843. 8.) fucht gegen Grimm zu erweijen, daß vor allen
und am allermeiften a den Umlaut (in der älteren Sprade) wirkte, und
dag alle Vocale, alio auch das i den Umlaut erleiden. (Er gibt dabei dem
Umlaut einen weiteren Begriff und dehnt ihn audy auf die Brechung aus.
Anm. 3. Der Umlaut wird auch Auflaut genannt, weil der Laut
höher ſteigt. Schottel nennt ihn (Bon der teutſchen Haubt = Sprache
1663. ©. 202.) Kleinlaut, ‚weil &, ö, ü etwas zufammen graogen,
und alfo Heinlicher, fubtiler und mit einem gefchöbrltem Wunde (wie
Ikkelſamer fpricht) ausgefprochen werden.” — Verſchieden davon ift der
Ablaut (zumeilen auch Umlaut genannt), der vorhanden ift, wenn der
Vocal in einen ganz andern abipringt, ohne daß ſich dafür beftimmte
äußere Gründe angeben laffen, wie in: band, binoe, gebunden.
$. 33.
A, in der Ausfprache bald gedehnt, bald gefchärft und dem offes
nen E fehr nahe kommend ($. 27.), ift größtentheils Umlaut von X,
ſowol in der Zlerion, 3. B. Väter, fande, als in der Ableitung,
z. B. mächtig, fällen. Das frühere kurze A lauter bald in A, bald
in & um, je nachdem der Umlaut nicht mehr, oder noch gefühlt wird.
So ift z. B. in: Heer, Erbe, Elle, fremd, Hemd, Erde,
Engel, Tenne, legen, fegen die Erinnerung an das frühere A
erloſchen; in: wählen, zählen, zaͤhmen, Ställe, Laͤmmer,
färben, Hände, Schläge, Väter, Blätter, Äfte, Haͤrte ſteht
das U lebendig daneben. ,
Anm. 1. Das and. A lautet mhd. in æ, nhd. in ä um, daher die Gonjunctive
were, gabe, name, wäre, gäbe, nähme In leer, Scheere
fcheint die Semination den Umlaut des ahd. A auszudrüden, mhd. lere,
schere, ahd. lari, scari. Diefes Schwanfen bei der organifchen Ränge
bat ſich ebenfo aus dem erftorbenen oder noch wachen Bewußtſein des
Kehrein Brammanıl. 1. 1. 2
18
Umlauts zu verftändigen., Man fehte Teer, weil das alte A Tängft be-
feitigt war, behielt aber wäre, gäbe, jährig, Schäfer, denn
war, gab, Jahr, Schaf galten unmittelbar daneben fort. Unfer
ſchwer, ahd. suari, mhd. swæere ift im 16. Jahrh. noch oft ſchwär. —
Fiſchart fagt am Ende des 16. Jahrh. Stäler, Häler, entbären,
außgelärt, Zähe. In bequem, ſelig ſteht e für ä.
Anm. 2. Viele aus intranſitiven gebildete tranſitive Verba lauten um,
bald in & bald in e, ohne daß die frühere Quantität des Vocals entſchei⸗
det, 4. B. fällen, tränten, wärmen, dämpfen, zählen,
wägen; [hellen, ſchwenken, ſenken; braten, f[hlagenu.a.
behalten in beiden Bedeutungen einerlei Schreibmweife. |
Anm. 3. Die Somparative befommen in ber Regel auch A, 3. B. älter,
fälter, härter, ärmer, wärmer. Bei Eltern (bo) auch Ältern)
und dem aus Vater gebildeten Better ($. 24. Anm. 1.) war man ber
Abkunft vergefjen. — Gottfcheb (F 1766) fchreibt noch Vaͤtter und
verwägen für unfer Vetter und verwegen (mhd. verwögen).
Anm. 4 Weil der Umlaut nicht überall mehr gefühlt wird, zeigt fich
(16.—17. Jahrh. noch mehr als jegt) in mehreren Wörtern ein
Schwanten zwiihen & und e. Bu meiden fcheint & in: echt (von
ahd. diu Eht d. H. das Eigenwefen), Elfter, emfig (eigentlich emßig),
Bengel, Brezel, einhellig, gellen, medern, mergeln
(mhd. Agelster, emjic, bengel, pricella, mecke = Bod, Schimpfwort,
mergel). Für e bat der neuere Sprachgebrauch, fich fo ziemlich ent:
fhieden in: Ente, Erfer, Efpe (ahd. anut, anit, archare, aspa).
Beffer ſchiene & ald e in: Ärmel (ahd. armilo), Ärnte (ahd. ara,
arnöt, mhd. ern, ernet), ätzen (ahd. azjan, mhd. etzen), Gebärbe
(ahd. kipärida, mhd. gehserde und geberde), Gränze (vielleiht aus dem
flav. graniza, im 16. Jahrg. Greng und Gränige), Häring (ahd. harinc
und berinc), näntlich (mhd. namlich, namelichen, ſchon im 18. Sahrh.
nemlih), Schämel (ahd. scamal, mhd. schamel), ftäts (mhd. stäte
und stete, in der 1. Hälfte des 18, Jahrh. Häufig ſtetig neben fterts),
widerfpänftig (mhd. widerspenig und widerspänec): doch kommt bie
Schreibung mit e immer mehr in Aufnahme, etwa Armel, äßen,
Häring ausgenommen. Für Lerm ift Lärm (franz. alarıne, ital,
alarme aus all’ arıne, lat. ad arma) zu fchreiben, .
Anm. 5. Einigemal fchreiben wir A für mhd. €, namentlih in: Bär,
gebären, gähren, Gewähr, wärts, Käfer, [hämen, bäm-
pfen, dämmern, rächen (früher vechen) neben fprechen (ahd.
r£hhan, sprehhan). Hier ift kein Gefühl vom Umlaut, aber Berührung
aut ber Ausſprache bes Vocals in wäre, gäbe, läfe Unſer Bir
ift im Anfang des 16. Jahrh. z. B. bei Eyb (1511) und im Theuerdank
(1517) noch pere, Bere, Ber.
$. 34.
5, bei deffen Ausfprache man ſich vor einem Abweichen in E
hüten muß, ift bald gefchärft, bald gedehnt und meift Umlaut des
„z. B. im: völlig, froͤmmer, Götter, Wörter, Söhne,
löslich, Vögel, Röhre, Löfen, tödtlich, Röthe; manchmal aber
auch des U, wo es in der Ausſprache von E abgewiefen ift, wie z. B.
in: Hölle, ſchwoͤren, [höpfen, Schöpfer, Geſchoͤpf, Schöffe,
Löffel, ergoͤtzen, zwölf, börcen, Löwe, woͤlben.
Aum. 1. Im 15, mehr noch im 16. Jahrh. findet man auch verſchiedent⸗
ug Moͤnſch, Mör, Opfel, frömd, Wörd, Weinbdre, Hölen
— 11 —
für Menſch, Meer, Epfel (Apfel), fremd, Werd (Werber), Weinbeere,
gellen; andere Spuren desſelben Lauts enthalten heutige Eigennamen,
wie Mörsburg, Gdttling. Letzteres Wort wäre genau des ahd.
gatulinc, altf. gaduling, mhd. geteline. — Hölle ift guth. halja, ahd. hellia,
mhd. helle, bei Opitz (T 1639) und Lohenftein (+ 4683) meift noch
Helle, von helan d, fi. verbergen, verhehlen. Schwören iſt goth.
‘ sraran, ahd. suerjan (aus suarıan), bei Eyb (1511) und Stieler (der
teutfhen Sprade Stammbaum und Fortwachs 1691) no fhweren
und ſchweeren, doch aub fhwören. Schöpfer, Gefhöpf
kommt ber von Thaffen (goth. skapan, ahd. scuffön, mhd. schepfen,
scheffen. Stieler fchreibt Schöpfer, leitet das Wort aber vom
fühl. ſche ppen ad. Schöffe ift mittellat. scabinus, ahd. scephin,
mhd. scheffe u. schepfe, zu fhöpfen (fchöpfen, fehaffen, Rechtsurtheil -
finden), ahd. scephjan, scepphan, mhd. schepfen, gehörig. Löffel ift
ahd. lephil, leffil, mhd. lefel, bei Stteler Leffel, und hängt mit
Laffe vom ahd. laffan, mhd. laffen d. h. lecken, und Lefze (für Keffe
vom ahd. lefse) zufammen. Ergöken iſt ahd. ergezan [eigentlich ir-,
ergazjan), mhd. ergetzen,, weldye richfigere Schreibweife wieder in Auf⸗
nahme zu kommen fcheint, namentlich fchreibt Goethe faft durchgängig
ergegen. Das ahd. u. mhd. verfchollene Wurzelwort ift kezan, gäzan,
angelf. gẽtan d, i. erlangen, irgazjan, erlangen madyen, wofür entſchaͤdi⸗
gen, wogegen aufwiegen. Der Grundbegriff ift eines Dinges vergeſſen
machen. Daher auch vergeflen, ahd. vergegan. Zwölf ift goth. twalif,
ahd. zuuelif; dörren goth. thafrsan (troden fein), ahd. derran (trod:
nen); Löwe lat. leo, ahd. leo und lewo; wolben iſt abd. walbon,
mhd. welben.
Anm. 2, Köder fleht für Kerder, ahd. quätdar, mid. kerder.
Anm. 3, In Pöbel foheint ö gar Fein Umlaut, fondern der Klang bes
franz. peuple (mhd. pofel, noch im 417. Jahth. Pöfel) zu fein. Mönd
ſteht für Münch (ahd. munih, mhd. münech, bei Kohenftein noch
Münch); München lat. Monachium. König fleht füt Kühig (ahd.
chuninc, mhd. künic, künec). In Trödel fcdreint ö für ik zu flehen,
Zrudel d. h. alte, gebrauchte Sachen. Stieler führt Trödel und
Treudel und bie Verba trödelen, ereudelen, treibeln an. —
Sm 16— 17. Zahrh. jegen Fiſchart u. A. öfters DH für d: NRörnberg,
Mönfter, bedörffen, .
$. 35,
Ü, bald lang bald Eurz, in der Ausfprache von JE zu fcheiden,
ift Umlaut des U aller drei Arten, z. B. in: frümmen, Bütger,
Getüfte, kuͤnſtlich, Flüge, führe, rühmen, Hühner, EG
fhüfe, Elüger, Füße. — In einigen Wörtern ſchwankt der Sprach⸗
gebrauch zwifhen Ü und J, namentlich in: Gebürge, Gebirge;
Hülfe, Hilfe; würken, wirfen; gältig, giltig; Spruͤchwort,
Sprichwortz doch möchte die Schreibweiſe mit i vorzuziehen ſein.
Fuͤr Kiſſen und ſpitzfindig ſteht beſſer Kuͤſſen und ſpitfündig.
Anm. 1. Gebirge (ahd. kipirki) und Hilfe (ahd. hilfa und helfa vom
gdth hilpan, ahd. hälpan) find der älteren Sprache gemäß. Die wol dus
dem Rheinifchen und Riederbeutfchen eingedrungene Form Hülfe ift auf
....055. hulfumes (wir halfen) zurückzuführen, aber darum nicht beizube:
- Jalten. Würken fcheint dem goth. vaurkjan näher, dach wechſeln [don
ahd. wurchan und wirkan. Giltig (mhd. geltic von gelten, göth. gildan)
verdient den Vorzug vor gültig, ba ſchwerlich das Kußflantiv gülte
oo. 2*
— 30
zum Grunde liegt.. Sprihwort (mhd. sprichwort, aus dem vom
ahd. praes. sprihhu, fpreche, abgeleiteten mhd. sprich = Wort und aus
wort) fteht für Sprechwort. Stieler fchreibt Gebirge, gültig,
wirken, Sprüchwort, Hülfe Wenn er aber behauptet, Hülfe
habe auch ehemals Olf geheißen und nun weiter Adolf und Rudolf
ale Adelhülfe und Ruhehütfe erklärt; fo ift er im Irrthum, da
bier eine Zufammenfegung mit Wolf im Spiel ift. — Den Ortsnamen
Wirzburg und Würzburg gewährt fehon die ahd. Schreibung mit
beiden Vocalen. Küffen ift ahd. kussi, kussin, mhd. küssin, küssen.
Spisfündig erklärt fi) aus älternhd. spitzfund = liflig ausgedachter
Kunftgriff und aus mhd. vündec = erfindungsreih. Kür betrügen
ftände beffer betriegen, wie noch vielfach im 18. Jahrh., nament⸗
lich bei Goethe (ahd. pitriugan: und pitröogan, mhd. betriegen), analog
dem Worte fliegen .(ahd. fliugan, mhd. vliegen); auch lügen ift,
um es von liegen (jacere, ahd. ligan, mhd. ligen) zu unterjcheiden,
irrthümlich für Liegen (ahd. liugan, mhd. liegen) eingetreten. Für
bezüdhtigen, Eügeln, Küttel, verdrüßlid iſt bezichtigen
(von ahd. zihan, zeihen), Tigeln (ahd. kizilön), Kittel (mhd. kıttel),
verdrießlich (mhd. verdriegen) ; für Knittel dagegen Knüttel (ahd.
ehnutil, kinuttil) zu fchreiben.
Anm. 2. Der mhd. Wechfel zwifchen o und ü hört nunmehr faſt ganz
auf, wir bilden von Bogel, Dorn, Holz, Gold, Wolle nun
Gevdögel, dörnen (und dörnern), hölzern, golden, wollen
(mhd. gevügel, dürotn, hülzin, guldin, wällin). Nyd. Dichter, befonders
um die Mitte des 18. Jahrh. (auch mitunter Goethe und Schiller) haben
noch die Form gülden. Günther (F 1723) und Haller (F 1777) haben
golden, gölden und gülden. — Etwas von dem atten Wechfel
findet fih noh in: vor und für, Thor und Thüre, Kohlen und
Füllen, Loch und Lüde Höfiſch und hübfch (mhd. hövesch,
hofsch , hübesch) fcheiden ſich nun in der Bedeutung.
Anm. 3, Im mittelchein. Volksdialect gebt ü vor r in e über, als:
her, berr, ſtermen, Werfel, Kerft.
Drittes Eapitel.
Brechung.
$. 36.
Zwar erwaͤchſt langer Vocal aus zwei kurzen ($. 20. 21.), aber
nicht immer wirkt Zufammenfluß zweier Kürzen eine Länge. Binden
ſich nemlich zwei Eurze Vocale dergeflult, daß ihre Zeitmaß nicht ver:
doppelt wird, fondern einfach bleibt; fo geben fie vielmehr einen
Theil ihrer vollen, natürlichen Kürze auf, und haben vereint nur dag
Maß der einfachen Kürze. Diefes nennt man Brehung Sie
‚finder ſich zuerft im Gothifchen ($. 27. Anm. 2.), wo vor r und h die
Vocale i und u, ihrer Reinheit verluftig gehend, in einen gemifchten
Laut überteeten, der durch ein ihnen vorgefchobenes a kenntlich gemacht
wird: af, ad, 3. B. bafrga, vafriha, saihva, raibts, daur, kaürno,
daühtar, athsus (berge, werde, fehe, recht, Thor, Korn, Tochter,
Ochſe). An die Stelle von af und at traten fpäter & und o, d. h.
kurzes E und D, die der gothifchen Sprache abgehen.
— 21 —
Anm. Die Brechung beruht auf dem Einfluß der Conſonanten und geht
nur bie Vocale an, wo ſich zwei Vocale zu einer Kürze verbinden, und
tft fo aufs deutlichfte von dem Umlauf gefchieden, welcher ganz auf vocas
liſchem Einfluß beruht. Zur Verbeutlihung der Ausfpradhe von ai und
au (verfchieden von den Diphthongen äi und Au) mag man an das franz.
ai und au denken, nur darf man dieſe Laute nicht dehnen. — Viel Beach
tenswerthes über die Brechung der Vocale i, u, iu im (Alt-) Hochdeut-
ſchen findet fih im Ofterprogramm 1843 von Reimnig, Director des
Gymnaſiums zu Guben. Dafelbft find auch die vier andern Arten des
Vocalwechſels in der hochdeutfchen Svrache: Ablaut, Umlaut, Afjimilas
tion und Schwädung kurz, aber lichtvoll erörtert.
$. 37. .
Im Ahd. nimmt der Umfang der gebrochenen Vocale &, o zu;
fie weichen nicht felten vom Gothiſchen ab und können im Allgemei⸗
nen vor allen und jeden Confonanten erfcheinen, während die goth.
Laute ai, ati durch r und h bedingt find. Dies dauert im Mhd. fort,
wo fih noch die Spur einer andern Brechung zeigt, nemlidy des i
inie. Miele nhd. E und D find aus früheren i und u entfprungen
($. 27. 29.) An das mhd. ie (ahd. ia) fchließt fih das nhd. ZE
ſtatt des organifh kurzen J ($. 28.) vor einfachen Gonfonanten,
z. B. in: Spiel, Stiel, viel, Biel; ſchmiere, lang wierig,
gebier; ziemen; Biene, ſchiene; Bieber, bliebe, riebe,
teiebe, Sieb, fieben; Stiefel, Schiefer, Ungeziefer; liege,
triege, Biege, Wiege, fhwiege, Sieg, Siegel, Riegel,
Stiege, Striegel, Ziegel, Schwieger; ſieh, Vieh, liche;
Glied, Schmied, Friede, wieder, Öefieder; lies, Kies, Kie:
fel, Wiefe, Riefe. — Bor doppelten Gonfonanten erfheint JE
nur, wenn ber zweite durch die Flexion hinzutritt, 3. B. fliehtt,
zielt, ſchmiert, ziemt, fiebt, fiegt, fieht.
Anm. 1. Man hat bisher darin bloße Dehnung gefehn, mogegen fchon
einzuwenden wäre, daß fie fonft vor den flummen @onfonanten (mutis)
unbezeichnet bleibt, gleih aber, Rabe, haben, fage, Wagen,
Lade, Faden, Glaſe; eben, leben, heben, Segel, Segen,
ledig, lefen, Wefen; oben, loben, Bogen, zogen, Boden,
Hofen konnte Biber, fiben, blibe u. f. w. gelaffen werden, wie
auch allgemein Igel (nicht Zegel) und von Einigen Biber geichrieben
wird. Es fcheint alfo noch etwas Eignes in dem te enthalten. Hierzu
tritt die einleuchtende Analogie des angelfächf. eo faft in den nemlichen
Wörtern: beofor, seofon, feuh, freodho (Bieber, fie en, Vieh, Friede).
Diefe nhd. ie erwerben ſich hierdurch Anfprüce auf Duldung und Des
gung, obichon fie der mhd.. und ahd. Mundart viel fremder waren und
niederb.- Einfluß und geben. In der Aussprache feheinen fie von dem
organifchen Diphthong ie ($. 44.) nicht abzumeichen. — Dan erinnere
fih dabei an das roman, ie in niego, piedra, pierre;, daß franz. bievre
(fpan. bevaro) flimmt fogar zu Bieber, nicht zum lat. fiber.
Anm. 2. Einige Volksmundarten (namentlich die ſchwäb., öfterreich.,
weſtfäl.) pflegen den Urlaut des kurzen i in zwei Vocale zu fpalten. Man-
fagt in Schwaben 5. B. eaba, neaba, geaba, leaba, Deaga,
ſeahn, reacht, Weafa, leafa, Weatter,ear,gearn, Stearn,
22
wearba füreben, neben, geben, leben, Degen, fehn, weht,
Befen, Iefen, Wetter, er, gern, Stern, werden; In Öfters
reich: gearn, Schtearn, Bearg, Hearz, Schmearz, Järbag,
wiärd, Wirt, Hiärfh für gern, Stern, Berg, Herz,
Schmerz, Erhtag (Dienstag), wird, Wirt, Hirfh; in wei
fätifchen Gegenden: täven, iäten, Miälkfür eben, effen, Mil.
Wie nahe liegen die goth. Formen gairns, stairnd,, hairtö, rafhts, vafrthan
(gern, Stern, Herz, rechts, werben), oder die angelf. geofa, leofian,
heprot, geurn, beprg, veordhan, heorte (Geber, leben, Hirfch, gern, Berg,
werben, Herz), ober bie altnorb. iafa, giarn, stiarna, hiarta, hiörtr, miolk
(eben, gern, Stern, Herz, Hicfh, Milh).
Viertes Gapitel.
Dipbthonge.
s. 38.
Mmlays und Diphthong (Monpellaut) unterfcheiden ſich ($. 32.)
in der Ausſprache weſentlich darin, dab hei dem Umlaut die zwei Vo—
sale au einem Laut verbunden und auch als ein Laut ausgeſprochen
werden, waͤhrend bei dom Dipkthang bie zwei Laute zwar mit einer
Deffnung bes Mundeg, alſo einfyLbig, aber fo ausgeſprochen wer:
dep, daß man dig zwei Paute wirklich hoͤrt. .
Anm. In ber Ausſprache haben beide Laute nicht gleiche Stärke, ſonſt
müßte ber Diphthong zweifylbig lauten. Kaifer tft nothwendig Käis
fer, nicht Kälfer. Streng genommen ift in ber Ausfprache weder a
noch e, fondern nun ber Uebergang von a zu i. Die Bewegung bed
Bundes {ft dahej nicht eine Dffnendg, fordern eine fchliegende, jeboch wich
diefer Schlus nicht fo weit fortgeführt, um ſtumm zu werden und ein
örbares Öffnen folgen zu Laffen, wie dies bei ben Gonfonanten der Bag
S. Jacobi a.a.D. S. 49.
8. 30.
Ai hat ſich bloß in der Schreibung einiger Woͤrttr erhalten,
namentlich in: Bal, Br Mai, Laie, Baier, Maier, Laib,
Kai, Maid, Waid, Haide, Getraide, Saite, Hain, Krain,
Rein, Rain, Main, Mainz, Mais, Seife, Waiſe, Kaifer,
Waize. Mean fchreibt aber auch Getreide, Weize, was aud) in
ben andern gefihehen £önnte, da wir Ei — Ai ausfprehen.
x 2" g Hat fich der Grundfag der Berftände
er unterſcheidet nan ° —
eide; La ei
u ——
rin, rein. Das X
n einerfeits ergibt fi
anbererfeits reiht n
aid (Bärbepflanze)
de nun noch zwei Bebeutungen hat. Wei
mehreren ber oben genannten gibt es keine ähnlich) lautenden Wörter mit
ai und ei. — Maier, als häufiger Eigenname auh Majer, Mayer,
Meier, Meyer, geſchrieben, hat immer biefelbe Ausſprache.
nm 2, Hain tft aus dem alten hagin, hervorgegangen, wie Rein-
bard, Meinfried aus Raginhart, Maginfrit, und Maid aus maget
(fchon frühe meit). Ahnlich verhält es fi) mit dem Namen Mainz,
ahd. Magenza, Maginza, Magenz, mhd. Megenze, ſchon im 12. Zahrh.
Menze, im 14. Jahrh. Mäntz, Mentz, Mencz, Meintz, fpäter Meyns,
Meynz, Mainz Laie und Mai find aus dem lat. laicus, majus
entlehnt. ,
Anm. 3, Im Goth. findet fich der Diphthong &i häufig, geht aber in der
fpäteren Sprache vielfach in andere Laute über, z. B. säia, väla, säivs,
säivala, säil, hräins, stäins, bäit, snäith, bäitrs (fäe, wehe, See, Seele,
Seil, rein, Stein, big, fchnitt, bitter). Im Ahd. iſt diefer Diphthong
minder zahlreich und da meift dem goth. gleich, gemeinmhd. erfcheint ai
nur in einigen fremden Wörtern, z. 3. faile, foilieren. — Es ift ein
verfehrtes Streben, wenn mande neuere Grammatiker (wie 8. Wid⸗
mann, 3. Eifelein u. A.) das goth. ai wieder einführen wollen,
und rain, Verain, zwai, aigen, Gotthait, Kraißlauf
ſchreiben.
$. 40.
Au ſteht jetzt für die organiſch verſchiedenen mhd. Laute ü, ou,
zum Theil auch Aw, wodurch die frühere Reinheit geteubt iſt. Jenem
a entfpriht Au in: Bau, Sau; faul, Saul, Maul; faum,
Raum, Schaum, Daume, Saum, Pflaume; braun, Zaun,
Laune, raunen; Bauer, Lauer (Nahwein), Mauer, fauer,
Schauer, Trauer, f[haurig, traurig; Staub, Haube, Trau—⸗
be, klaube; auf, Haufe, faufe; fauge; Bauch, Braud,
Hauch, Straub, Schlau, tauche; rauh; Braut, traut
(lieb), Laut, Laute; aus (für auf), Strauß; Braus, Haus,
Laus, Maus, Saus, Klaufe!). — Dem ou entfpriht Au in:
Hau, Verhau, Thau, Frau, Aue, trauen, hauen, verbauen,
(hauen; Baum, Saum, Traum, Baum; Laub, taub, Raub,
Schaub, Glaube, Zauber; Kauf, raufen; Auge, Lauge,
taugt (für taug); auh, Gauch, Lauch, Rauh2). — Dem mhb.
a, das Inlautend Aw wird, aus welchem Aw ſich der Uebergang in Au
begreift, entfpricht Au in: blau, grau, lau, flau, Pfau, Klaue,
Augbraue?).
Anm. 1. Die mhd. Auslaute da und nü bleiben gedehntes du und nun;
fo wirft noch die organifhe Kürze nach (goth. thu, nu), nur härtere
Bolksdialecte haben nau, dau, bauzen. Im Volksdialect hat a fich
noch erhalten in uf (auf, mhd. af) und in Iuern, d. h. lauern (ahd.
wol hlären), woher auch eine Burg an ber Lahn die Lurenburg hieß.
Anm. 2. Das mhd. ou ift größtentheild aus einem Älteren au heryorge⸗
gangen. Kür ou hat die norbifche Sprade 6, 3. B. dröm, ge, ber
mitfelchein. VBolksbialect a, 3.8. Fra, Bam, Lab. Das voltämd-
ige Stab (für Staub) weilt auf ein früheres ou hin, ahd. und mhd.
der stoup, neben ahd. daz stuppi, stubbi, bairiſch Stupp, Stubb,
von ftieben, ahd. stiopan, abgeleitet. — Das nhd. Strom für
Straum, Scheint fi aus mhd. stram neben stroum zu verftändigen.
3m 16—17. Jahrh. findet man noch oft firam, z. B. bei Fiſchart
und Franck.
— Hu —
Anm. 3. Dieſe Formen haben im mittelrhein. Volksbdialect gebehntes 9
ſtatt an, was aus den älteren Formen ſich leicht erklärt, ahd. pläo, kraöo,
ao, pſfao (lat. pavo), ehlawa (und chloa,, prawa. Alberus führt in
feinem Wörterbuch (1841) Klo, gro neben Klaw, graw, blaw,
Pfaw an. Lau (bei Alberus gelaw) ift mhd. la (gen. lawes), læwe
und Ieawerlich (daraus laulih). lau fcheint niederl. Korm für lau,
doch verwandt dem mhd. viewen (lat. lavare, wafchen), wie felbft [au ben
Begriff des warmen Wafchens enthält, alio zu luo, levo gehört. —
Anm. 4 Bor Gonjonanten entfpriht au feinem mhd. A, man müßte
denn beraumen, anberaumen für das mhd. hberamen (fo aud im
mittelrhein. Volksdialect), aus der Gewohnheit A in au zu verwandeln,
‘erklären.
Anm. 3. Vielleicht kommt auch noch mhd. iu in Betracht für brauen,
bauen, trauen, injefern die umgelautete Korm breuen, keuen
(bei Fiſchart käwen), treuen auf au zurüdgeführt worden wäre;
aber ber mbd. Übergang iuw, Aw, ouw (briuwen, kiuwen, küwen, kouwen,
kräwen, krunwen) läßt fih auch unter 1 oder 2 bringen. — Es iſt eine
der orthogr. Unregelmäßigfeiten des 16.—17. Zahrh., wenn Opig u. A.
ftatt des mhd. vu ein eu fegen und teufft, leufft, überheufft,
gleuben, erleuben fagen. Fiichart fagt am Ende des 16. Jahrh.
gerauen, f[hlaudern, frau und glauben. Unfer Adj. genau (im
mittelrh. Volkadialect gena, bei Alberus genaw) ift das mittelniedert.
nauwe und ſcheint mit nahe (goth. nchw, nehwa) eher ald mit ahd. niuwan,
mhd. niuwen (flogen) verwandt, j
8. Al.
Hu ift Umtaut des Au aller drei Arten, 5. B. Säue, Räume,
Däumling, Gemäuer, bäuerlih, fauern, Stäublein, hau:
fen, Schlaude, Haute, Haͤuſer, Mäufe; (jungs) fraͤulich,
Baͤume, Träume, zäumen, Käufer, Äuglein, räudeen;
Blaue, graͤulich.
Anm. 1. Glauben (abd. galauljan, mhd. gerlonhen) lautet nicht um,
doch gläubig (mhd. gelvuber) und Gläubiger.
Anm. 2. Bu eu verhält fih än faft wie zu e das ä; wo ber Umlaut
unfühlbar ift, wird em, fonft äu gefchrieben, 3.8. Bräute, Leute
(mhd. briute, liute). — Für verläumbden (in böjen Leumund bringen)
ſteht beſſer verleum den (ahd. kaunbliumunteön, fpäter mhd. verliumen,
vor hliumunt, liumunt, mhd. liument, liumde, liumet, älternhd. leumut,
leumet); für bläuen (fchlagen), bleuen (goth. bliggvan, ahd. bliuwan,
mhb. bliuwen).
[4
8. 42.
Ei mengt mh. t und ei, gerade wie Au mhb. A und ou, um fo
nachtheiliger, da es uns ganz wie Ai ($. 39.) fautet. Für das mhb.
wſteht e8 z. B. in: fei, Brei, frei, Schrei; Beil, Eile, Meite,
Weite; Feier, Keier; Leim, Reim; mein, bein, fein, Lein,
Schein, Schwein, Wein; Leib, Weib, Eibe, fchreibe, treibe;
reif, Meif, keife, ſchweife, Pfeife; neige, ſchweigez reich,
ftreihe, Leiche; Leibe, weihe, zeihe; Neid, Seide; weit,
Scheit, gleite, Seite, flreite; Fleiß, reiße, ſchmeiße; Eis,
Pu
Eiſen, Reis, weife, Weife, Breiſach; ſeiſt, Leiſte (Streif,
Einfaſſung), Leiſte (Flachskaute, Kiachsbäfchel) ; feind!). — Für
mhd. ei ſteht es z. B. in: Ei, eiz feil, heil, Seil, Theil;
Meier, heim, Leim (Lehm), Seim; ein, Bein, rein, Stein,
- Elein, gemein, meinen; Reif (am Faß), Seife; eigen, Feige,
Teig; bleih, Eiche, weich, Zeichen; beide, Eid, Eidam,
Leid, Kleid, Weide (Futterplag); Arbeit, breit, bereit; Geiß,
heiß, Schweiß, weiß; Gleis, Reiſe, Meile; feift, Geiſt,
Leifte, Leiften (der Schuhmacher), meifte, Heiſter (Buchenftab) ?).
— Einigemal f[hwanten Ei und Eu (mhd. 1 und iu): Heirat,
Heurat; Reiter, Reuter; heint, heunt, dech verdient Ei den
Vorzug ?). -
Anm. 4. Unſer ei gibt dem mbb. I eine breitere Ausfprache, als das goth.
ei bat. Ohne Zweifel unterfchied der Mund des Gothen genau zwifchen
gamäins und meins (mhd. gemeine und min), bie noch heute in oberd. und
mittelrh. Volksſprache richtig gefondert werben, im nhb. gemein und
mein der Schriftfprade zuſammenfallen.
Anm. 2. Dad Norbifche kann bier wieder zum Probſtein dienen, wo
gemen und ınin, lein (Lehm) und lim (Reim), rep (Neif am Kak) und
rip (veif) von einander abfteben. Der mittelrbh. Bolksdialect gibt den
unter 2 angeführten Beifpielen, fo weit fie vorfommen, ftatt des mhd. ei
(abd. ei, goth. At) Jen Vocal a (in Mainz und Franken ä) und läßt nur
bei den vocalauslautigen, und wenn g oder eh folgt, ein ſchwaches i (j)
nachtönen. Das Wort Meife hört man häufig in dem entftellten
Mafelar (mit balbhörbarem n nah a), aus gath. kar, ahd. char,
mbd. kar, d. b. Gefäß, Behälter. Das Wort findet ſich noch in dem
beim Bol: gebräudlihen Leichkar (ahd. Iihchar) für Sarg.
Anm. 3. Den ſchwankenden Laut in Heirat und Heurat zeigt fhon
das mhd. hirät, hiurät. Heint ift mhd. bint, abgekürzt aus hinaht,
d. h. diefe Rabt. Die Korm Reuter (ahd. ritari, mid. riter), fchon im
16. Jahrh. Häufig, ift entfchieden falfch, wie auch Niemand reuten
(ahb. ritan, mhd. riten) für reiten fchreibt.
Anm. 4. Neben eilf (goth. ainlif, ahd. einlif, mhd. einlef, altn. ellifn,
dän. elleve) ift eif gebräuchlich.
Anm. 5. Entſchieden fehlerhaft ift ereignen und Ereigniß für er⸗
äugnen (mie noch don vielen am Ende des vorigen Sahrh. gefihrieben
ward) ober eigentlih eräugen (goth. äugjan, ahd. augjan, araugjın,
mbb. ougen, erougen, d. h. zeigen, vor Augen ftellen) und Eräugniß,
welche Mörter nichts gemein haben mit eigen und aneignen. Das
feblerhafte n in ereignen iſt wahrfcheinlich durch das Subſt. Ereig>
niß (ahd. araucnissi, arougonessi, bei manchen der neueften GSchriftfteller
- mitunter wieber richtig Eräugniß) hineingebracht. Opitz (T 1639)
fagt noch richtig: In denen alle Ziehr und Ausbund fih eräugt. Sim.
Dach (F 1689) fagt: Zur Rechten um die Wink erauget (zeigt) fich
die Stadt. In Weichmanns Poeſie der Niederſachſen (1732) Thl. 2,
79. 183. 4, 202. ftebt: Was in den Augen fih eräugt, iſt mehr, als
tönigliches Wefen. Bei dir eräugte fich die Sanftmuth. Wie herrlich
pflegte fib ihr Wefen zu eräugen. $ifchart hat im 3. 1382: Da ſich
feine würdung nimmer meher ereyget. — Stieler fhhreibt ereigenen
und leitet das Wort von eigen (singulare), fügt aber hinzu, Andere
fheieben ereugen und lciteten ed von Augen ab.
— HM —
2 5.4.
Eu, in der Ausfprache kaum von Ku, wol aber von Ei zu uns
terfcheiden, erfegt uns die zwei mıhd. Laute in und öu, fleht jedoch am
meiften für ia, 3. B. in: neu, treu; Treue, Reue, heuer,
Steuer; Teufel; euh, meudlings; Zeug; heute, Leute;
keuſch; zumal in der (befonders bei Dichtern gebräuchlichen) Flexion
fleugt, kreucht, gebeut, geußt, fleußt!). — Fuͤr du fteht Eu
in: Deu, Streu; Leue, freuen; erfreulih; Freude, ver:
geuden, in welchen. allen mhd. duw und ew wechſelten 2).
nm. 1. Rur da wo der Umlaut von am fühlbar ift, mieb dm vorges
zogen: Braut, Bräute; Laut, läuten; Haut, häuten; Kraut,
Kräuter. $.41. Anm. 2, Für den aus iu gebildeten Diphthong eu
findet man in verjchiedenen Druden bes 16. Zahrh., z. B. in ©. Strand
et, doch ſchwankend. — Biegen und beugen (ah. nur biugan, mhd.
biegen) haben nun verfchledene Bedeutungen. Statt vorbeugen fagt
man oberd. auch vorbiegen.
Anm. 2. Die hier genannten Wörter haben, fo weit fie vorkommen, im
mittelrh. Volksdialect a; bei Heu und freuen (nicht bei flreuen, ſträe)
“ wird nach dem a ein ſchwaches i (j) gehört. $. 42. Anm. 2. In ber
älteren Sprache fteht bier av, z. B. Heu, goth. havi, ahd. houwi, mhd.
höuwe; ſtreuen, goth. stravjan, ahd. strawian, mhb. ströuwen ; freuen,
ahd. vrawjan, vrewan, vrowjan, mhd. vreuen, vröuwen, wöun. — Läug⸗
nen (auc,leugnen) tft mhd. lougen ftatt lougenen. Rimmt man an,
da im mihd. lougen ou bleibt und nicht in öu umlautet, fo wird man fich
für läugnen (oberd. und mittelrh. laugnen) entfcheiben. — Frau
bildet (jung=) fräulich, nicht freulich (mhd. vröulich u, vrouwelich).
Stieler bat jungfreulich; Rückert (Gef. Ged. A, 282, 310.) fagt:
Fräulchen und Ammenfrälein.
8. 4A.
Se, das und in der Ausfprache deutfcher Wörter wie ein ge=
dehntes J lautet, hat jegt mehrfache frühere Laute zu vertreten. Es
iſt hauptſaͤchlich·
1) der organiſche Diphthong (iu, io), z. B..in: dienen,
Dienft; Bier, Bier, frieren, verlieren; Lieb, Dieb; ficd,
rieche; ziehe; Lied; biete; gieße, fliege).
2) Diphthong-der Reduplication beim Präteritum flarfer Verba,
z. B. in: fiel; gieng, hieng, fieng; hiebz lief, vief, ſchliefz
hieß, tie, ſtieß; bliesz briet, hielt, rieth®).
3) Steht es für kurzes J in: viel, Spiel, Bieber u. a.
$. 28. 37.9).
4) Steht es für mb. i (nhd. ei) in Paradies und in romani⸗
ſchen weiblichen Subſtantiven, wie Koketterie, Pedanterie, Ca—
vallerie, wo mhd. -ie geſprochen wurde. Daran ſchließen ſich die
fremden und deutſchen Verba auf -ieren und die Subſtantiva Fal⸗—
fenier, Suwelier, Banier, Revier, Turnier‘).
Anm. 1. Ebenſo in einigen andern Wällen, denen fchen mhd. ie gebüßrte:
wie, nie, bien. — Unfes je iſt mhd. ie, ahd. ja, do, to, goth.’äir.
-
— 27
Das j iſt unorganiſch ſtatt i. Fiſchart (1582) reimt je auf fie;
Zeſen (7 1689) ordnet im Reim noch ie unter die, fie. Lohen—
ftein (+ 1683) feaveibt je, jeder und reimt Gtieder: jeder (Cleo⸗
patra 1, 171). Zahariä (+ 1777) reimt jeder; wie der (Menomift
1, 186.). Wieland (* 1813) reimt je, fie, Knie, Harmanie
(Oberon. 3, 57.). Bei Zachariä ift es vielleicht nur ein ‚gewagter Keim;
Wieland fuchte manches Beraltete des Reimes wegen wieder einzuführen
und nahm auch ie (je) nur als dichterifche Kreiheit in Anſpruch. Für
und if ie und jeder dem je und jeder gewichen. In nie, niemand
hat ie wegen des anlautenden n Dh rein alten. Zur jemayd fagt
der mittelrh. Volksdialect iemand, imand.
Anm. 2. Wenn Beder (Schulgr. 4. Ausg. ©. 420) fagt: „Da in
gibt, ging, fing der Vocal kurz ift, fo * das Dehnungszeichen un⸗
pafſend;“ fo muß dagegen bemerkt werben, daß in gieng, hieng, fieng
has e kein Dehnungsgeicen ift, Kür giebt if gibt, zu ſchreibeng.
Anm. 3. Eins her aͤlteſten Beiſpiele des Hehnmpungs- ie bietet eine Ur⸗
kunde von 1323 (urk. d. Stadt Obermoſchei, —* v. K. Roth,
München 1848): diesen brief.
Anm. 4. Die Ableitungsform -ier findet fi erſt felt dem 13. Jahrh.
und zwar bipfi in fremden Wörtern, Subftantiven und Verben, 4.83.
bapier, resjer; barrieren, parlieren, formieren, turnierey. Spaͤter verfah
an auch deutishe Stämme mit der fremden Ableitungsform: buch:
— ſchattieren, halbieren, hauſieren, ſtolzieren;
iſdete auch, offenbar nach dem frarg. -iser (tyran, tyranniser) ein
-jfiexen, „BB. tgrannifieren, geillifieren (Goethe 27, 256.),
jungfrauifieren (Stieler), pindarifigren (Opitz). — Mandıe
wollen die fremden Wörter mit -fren, bie beutffben mit -teren fchreis
ben, wofür fich ein Grund denen lͤßt, da die ganze Form eine fremde
iſt, auch die fremden Wörter in ihrer Sprache meiſt a ober e, nicht i
haben. Wollen win die fremben Verba mit -iven ſchreiben, ſo koͤnnen
wir auch den Subttantiven koin -ier geben.
Anm. 8. Jenem ie für i (3) entgegengefent iſt die Kürzung deu alten ie
in i, wenn mehrere Confonanten felgen: Dirne (ahh. dieroa, mhd.
dierne), mährend Dienft (ahd. dionust, mhd. dienest) bleibt; Licht,
nicht (ahd. licht, niowiht, mh». lieht, nieht, aber auch ſchon niht).
Hierher gehört auch int für jest, jeht.
Anm. 6. Für mhd. uo, üe ftehbt ie in Mieder (mhd, inuoder), lieder—
lich et lüederltch) ; doch die der Ableitung von Luder (mhd. luoder,
Löckfpeife) eingeden® find, ſchreiben Lüderlih. Sn der Redensart
niet und nagelfeft‘” ift niet bas mhd. nuot (compages , Zufammen:
ügung).
Aum. 7. Roc iſt ie auf andere Weiſe durch Zufammenziehung ent
Iprungen: Briefter, franz. prötre, prestre, lat. presbyter; ober bloß
aus vom. e: Brief, Spiegel, Sieber, Biegel, franz. brief, spiegle,
fievre, tuile, lat, breve, speculum, fehris, tegula.
Anm. 8. Manche neuere Grammatifer (wie Reimnig, Widmann, Eiſe⸗
lein) wollen für das ie in Nr. 3 das frühere i wieder einführen. "Reim:
nie verfährt bei feinen vielfachen Änderungsverfuchen wiffenfchaftlih und
behutfam, Widmann und ‚Eifelein meift eigenmächtig und übereilt.
Anm. 9. Wie das ghd. j vor » im mittelxh. Wolfshialect Känfg zu e
wird ($. 28. Anm. B.): fp verwandelt fih de nor r im rin gehe —*
aber nicht durchgängig, am feltenften bei organ. ‚Diphthong, wenn herz
felbe in der lebten ulbe ſteht. Zritt hinter -ier noch eine Sylbe, fo
wird ier in er verwandelt, -ier mag organ, Diphthong oder aus der
Fremde entlehnt ſein.
— 28 —
8. 48.
ui iſt unorganiſch und findet ſich etwa nur in but und pfui
für mbd. hoi, hei, hi, pft, pfei.
Anm. Grasmus Alberus (F 1883) fagt noch: Pfey dich, du groffer
Böfewiht. 3.8. Michaelis (F 1772) fagt in d. Ged. „Die Laune“:
Shriftina pfuit in Schweden Weltgetümnnel. |
. 46.
Am Schluß dieſer ganzen Eroͤrterung mag es nicht unzweck⸗
mäßig fein, der vergleichenden überſichtlichkeit wegen die Vocalreihen
aus den vier Dauptepochen unferer Sprache zufammenzuftellen, wobei -
natürlich nicht auf jede einzelne. Abweihung NRüdflicht genommen
werden kann. Die ſechs (goth.) Rängen bilden folgende Tabelle:
Bor. & 8 äi du ei iu
Ah. A vo Sei d,ou ft iu,ie
Mb. 4 vo Sei 6,ou 1 imie
N. a u vd o, au ei en, ie
Anm. 1. Die nhd. Umlaute ä, ö, ü, Au, ferner bie Baute at, ui, y können
mit der goth. Sprache nicht verglichen werden, wo fie entweder fehlen,
wie ut, y ($. 31. AB.) und bie Umlaute ($. 32.), ober ſich ganz anders
herauefteilen, wie ai ($. 39.). Unſere Eurzen Vocale flimmen nicht mehr
zu den früheren Kürzen ($.24.). Im Allgemeinen läßt ſich noch aufſtellen:
Soth. a i(@f) uc(as)
Ar, a i, ẽ u, 0
hp. a i, € u,0
Nhd. a,&ä i,i,e,e u, uͤ, o, d
Der ahd. und mhd. Umlaut e iſt nd. e, &; ber mbb. umlaut ü iſt uͤ,
ö iſt b. — Gine Zuſammenſtellung bes mittelrh. Volksdialects mit der
nhd. Schriftſprache wire folgende Rebe bilden:
Schriftfpr. a - i u & ü
Bolksfpr. a,0,8,e na i, e, (ei) u 1,0 e(a) HR u) i,e(o,u)
Schriftſpr. at au du ei un go wi
Bolksſpr. a (aj, ei,e) au,a,o eila) ei, a (aj)) ei,a(aj) i,e wi
Anm. 2. Rüdfichtlic des Reuhochd. und des Weſtfäliſch-Riederd. ſtellt
Doncamp im „Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen u. Literaturen“
IV, 2. folgende Bergleihung auf: a=a,&, 8; e () — e, ä, &, ea,
ie, ei; i (ie) —i, fe, e, ei; 9 — o, de, O, au, iu; 83,60,
aü, u; N == u, uͤe, 9 au, in; di, de, ö, aü, dü; au =ih, d,
su, äu; en, än — ü,di,d, aü,au; ei — e, öi,t, ef.
Der Apoftroph, Stellvertreter der Vocale.
$. 47.
In der nbd. Sprache hat ſich der Grundfag der Verſtaͤndlich⸗
keit geltend gemadıt ($. 39. Anm. 1.), und man unterfcheidet für
bas Auge manches Wort durch äufere Zeichen, das dem Ohre ohne
ſolche überlafien wird. Diefem Streben nah Deutlichkeit verdankt
auch der Apoſtroph Ginterſtrich, Oberſtrich) feine Einführung.
8. 48.
Bei älteren Grammatikern (3.38. Schottel im $. 1663, Stieler
im 3. 1691) vertritt der Apoftroph bloß die Stelle eines auslautens
den e vor einem mit einem Vocal oder h anlautenden Worte; bei
neueren Schriftftelleen wird auch das anlautende e (zumeilen auch
ei), fo wie (doc felten) das inlautende i weggelaffen und dafür der
Apoftcoph gefegt, und zwar vor den meiſten (befonder® den weicheren)
Gonfonanten, 3. B. Ich lieb’ die Stil’ im oͤden Saale nicht, wenn's
draußen ſtuͤrmt. Muͤllner. — 's ift (da8 Vieh) meines gnaͤd'gen
Heren ... Die (Genmſen) flellen Hug, wo fie zue Weide gehn, 'ne
Borhut aus. Schiller (Zell).
8. 49,
Im Mpd. wird, metrifcher Gründe wegen, oft das anlautende d
des Artikels weggeworfen und der Vocal zugleich geſchwaͤcht oder
(obwol felten) ausgeftoßen, 3. B. vonme Rine, vome hove, umben
stein, inz münster,. wie &r3 harnasch gewan, sktinges, zes küneges
hulden, e3 swert Er gein d&m hörzen böt. Daraus entftanden unfere
Formen: am, ans, ins, vom, unterm, 's Bad (mit der Art hab
ih ihm 's Bad gefegnet. Schiller, Tel) u. a., wobei jedoch die
Schriftfprache gegen den früheren Gebrauch befchränkter ift, indem fie
viele Formen, z. B. aufm, zun, übern u. a. nicht mehr gelten
laſſen will, obgleich fie in aller Munde find.
$. 50.
Vor dem 17. Zahrh. war der Apoftreph im Deutfchen wenig
oder gar nicht im Gebrauch. Won da an begegnet er zuerft am Ende
der. Haupts, Bei: und Zeitwörter, um ben Ausfall des e vor einem
vocalifc oder mit h anlautenden Wort anzudeuten, 3. B. hab’ ich,
Kich’ ein, das heilig’ Dfterlamb, der ftreitbar” Held bei Dig
(7 1639). Etwas fpäter (nad) ber Mitte des 17. Jahrh.) wird der
Apoftroph auch gebraudt, um den Ausfall eines inlautenden e (der
Slerion) anzuzeigen, 3. B. Reich's, Fußfall's, hoͤr'n bei Lohenflein
(t 1683). Sn diefer Zeit findet fi) auch zuerft der Apoſtroph für
den Ausfall des inlautenden i, 3. B. Eneche’fch bei Kohenftein. Der
Ausfall des anlautenden e (und et) wird erft im 18. Jahrh. durch den
Apoftroph bezeichnet, 3.8. 's ift, ’8 kommt, 'ne Vorhut bei Schiller.
Anm. Bei keiner diefer Formen verfuhr man folgereht. Wie Lohenftein
Fußfall's neben Königs, hör'n neben führen hat, fo finden fich
ähnliche Abweichungen bis in die neuefte Zeit.
6.3.
Mehr noch als in den genannten Sälfen zeigt ſich ein unficheres
Schwanken im Segen oder Auslaffen bes Apoſtrophs bei der Decli⸗
nation der Eigennamen, vorzüglich fm Genitiv, weniger im Dativ
und Xecufativ, wo er meiſt wegbleibt. Am auffallendſten und durch
Überfeger eingeführt iſt der Apoſtroph bei griechifchen und roͤmiſchen
Eigennamen, die im Genitiv die unveranderte Form des Nominativs
beibehalten, wie Aeſchylos' Zragödien, Plautus’ Komödien, we
der Apoftroph das Fehlen der ganzen Genlitivendung andeuten foll. —
Um beften wird man mit Grimm ber früheren Weife folgen und den
Apofteoph Überall weglaſſen, dabei fi) aber vor Sprachverſtuͤmme⸗
kungen hüten, wie deren fich bei manchen neueren Dichteen finden, die
durch den Apoftoph erft recht in die Augen fallen, z. B. Kön’g’, bill'g',
wechſ'l', mäß’g’, müff’n, bring’n, woll’n, bräng'n, geklomm'n, Will'n,
Staͤll'n, Vett'r, Klamm’r, Stuͤck'n, Waff'n Rel’g’on, alle bei W.
v. Schuͤtz (Karl d. Kühne, Graf von Schwarzenberg. Leipzig 1821).
"Anm. Crtfehuldigt mag ber Apoſtroph werben in Formen wie da's,
wie's zum Unterfchied von das, wies,
Zweiter Abſchnitt.
Bon den Gonfonanten überhaupt.
6. 82,
Die Eonfonanten (Mitlaute) unterfcheiden fih von den Vo⸗
ealen in zweifacher Hinſicht ($. 18. 19.): fie Eönnien erftens nicht
ohne Beihilfe eines Vocals Elar ausgefprochen werden, find alfo, an
fich betrachtet, weniger articuliert (gegliedert) al$ die Becale, Dagegen
vollkommener articuliert, wenn ihnen in der Ausſprache ein Vocal zur
Seite ſteht; fie find zweitens fefter, nicht fo Leicht veränderlich als die
Vocale.
$. 58.
Die Confonanten zerfallen zunaͤchſt in einfache und Doppelte.
Die einfachen zerfallen fodann in flüffige Cliquidae) und ſtumme
oder ſtarre (mutae). Jener find vier I, m, n, vr. Die ftummen
theilen ſich nach den Werkzeugen ihrer Hervorbringung, Lippe, Zahn
(Zunge), Kehle (Gaumen) in drei Reihen: -
1) Lippenbuchftaben (labiales): b, p, v;
2) Zahn⸗ ober Zungenbudftaben (dentales, liaguales):
d, t, ſz
3) Kehl: - oder Gaumenbuchſtaben (gutturales, palatinae) :
k, h.
Anm. — ber Ausführung des Einzelnen werben wir jabe biefer drei
Reihen noch um mehrere Gonfonanten vermehrt fehen; hier find bloß die
wichtigſten aufgeſtellt.
—1 —
v
$. 54,
Den Iegten Gonfonanten jeder der drei Reiben, das wehende
» (w), das faufende f und das hauchende & kayn man [hidlich Spi⸗
ranten Sauſelaute) ‚heißen. Dem v aber ſteht noch ein eigener
Gonfgnant, das j, zur Seite; beide vermitteln den übertritt der Vo⸗
cale u und i in die Confonantenreihe ($. 22.) und verdienen deshalb
den Namen Halbvocale.
Anm. Grimm nennt bh, ſ, j, v hauchende, faufende, iehenbe, wehende;
jehende von ahd. jehan, mhd. jähen, was ein fanftes,"gelindes Sagen
(lat. ajo, goth. aika) ansdruct. f iR der ſtärkſte, an ihn reiht ih 6;
gelinder find j, v (mw). Ahr ben Saufelsut haben daher alle Sprachen
einen Buchftaben ; die drei andern begeichpen einige Sprachen gar nicht,
oder nur durch halbe Buchftaben, vor= oder nachgejehte und überfihries
bene Zeichen und Yunete.
'6. 565.
Nach der Eigenfhaft der Ausſprache und der Verſchieden⸗
heit des bei ihrer Hervorbringung thätigen Sprachwerkzeuges bilden
Wie ſtummen oder ſtarren Confonanten folgende Reihen:
1) Harte (tenues); p, £, tt;
2) Weiche (media): b,g, Bd;
3) Gehauchte (aspiratae): w, fl (#, 3).
Anm. 1. Die ienues enthalten den fefteften und Zlieich dünnſten, die
mediae den weicheren, die aspiratae den mit einer Spirans verſetzten Laut.
Die Grundlage der Conſonanten bilden die (im griech. und goth. Alpha⸗
det unmittelbar auf a, den edelſten aller Laute, folgenden) mediae, wes⸗
hats eigentlich aufgeſtellt werben ſollte b, d, 9; p, t, kz Pb, — ch.
Doch obige Namen und Reihenfolge ſind final hergebracht.
Anm. 2., Die gehauchten Conſonanten find urſprünglich durch wirklichen
Zuſatz eines h nad dem einfachen Conſonanten gebildet, beide Conſo⸗
nanten find aber ſchon in der älteften bekannten Zeit der deutfchen Sprache
zu Einem Laut verſchmolzen.
Anm. 3. Die griech. Sprache befigt die genannten drei Reihen am voll⸗
kommenſten; im Niederländ. und Latein. mangeln th und ch; dem Lit⸗
thauifchen entgeht die aspirata ganz; bem Slaviſchen if nur ch eigen;
das Kinnifche hat weder media noch aspirata.
Anm. 4 Der Aipttation if ein weiterer Spielraum zu geftatten, als ihn-
bie qufgeftellte Lautordnung (ph, th, ch) angewiefen hat. Warum foll:
ten dee Spiritus bloß die temues fähig erfcheinen? Auch die mediae
> fügen fich ihm in ber altjächfifchen, theilweife noch ber niederländiſchen
Sprade, im Keltifhen nicht allein mediae, fonbern auch die liquidae,
was beachtenswerthe Analogie zwifchen Kelten und Weftdeutichen gründet,
Anm 8. Über die @igenheiten ber nhd. aspirata n und & (3) f. $. 74: 93.
4
s. 56.
Die doppelten Confonanten find, gleich den Vocalen, entweber
doppelt durch ſich felbft (geminiert, geminatae), z. B. Stille, Gott,
Stimme, oder durch Verbindung verjchiedenartiger ‚(somposilae).
— 32 —
In beiden Fällen verwaͤchſt auch wieder ber Laut in derſelben Sylbe,
und wenn Gonfonanten aus verfchiedenen Sylben zufammenftoßen,
fo ift keine Doppelung vorhanden. Unfer Ohr unterfcheidet z. B.
annehmen, zerrinnen, ausfenden von Mannes, zerren,
miffen: bort ift bloße Affimilation (Anaͤhnlichung), bier eigentficher
Doppellaut. Dasfelbe gilt von der Compofition, vgl. Stand mit
Haustenne. Ä
8. 57.
Seminationen, in der älteren Sprache felten, werben in ber
neueren häufig (vgl. 6. 23.)1). Übrigens geminieren nur einfache
Confonanten, nicht zufammengefegte, daher das hochdeutfche ff (d. i.
pbpb) gewiffermaßen unorganifch ift, da f ein Doppelconfonant ift
($. 71.)9).
Anm. 1. Es erſcheint in ben Geminationen alfo zwar etwas Gebilbetes,
zugleich aber eine Entftellung des früheren proſodiſchen Wohllauts.
Anm. 2. Früher gehörte hierher auch noch das unorganiſche z3, z. B.
ahd. wazzar ſtatt wazur, goth. vald == Waſſer.
$. 58.
Unter den componierten Gonfonanten find im Allgemeinen bie
mit den Spiranten ($. 54.) die woichtigften; bei ihnen gefchieht die
Vermiſchung beider Laute am innigften. Entweder fteht der Spirant
vor oder nach, jenes 5. B. in den Doppellauten der frühern Sprache:
hi, hn, hr, hy; sl, sın, sn, sk, sp, sv; vr, diefeg in: Ih, w, x, z. Es
mifchen fidy auch drei, wovon skr (goth. skreitan, ahd. scerötan, mhd.
schröten, nhd. fchroten) das Altefte und wichtigfte Beifpiel iſt. Spaͤ⸗
terhin nehmen biefe dreifachen zu, und zweifache verwandeln ſich in
fie, wie unfer fh, ſchl, Ihm, ſchn, fchr; einige finden ſich bleß
in der Ausſprache, nicht in der Schrift, wie ſchp, ſcht, tich u. a.
Anm. 1. Beifpiele find: goth. hlaupan, hneivan, hräinis, hveila, siepan,
smeitan, sneithan, skeidan, spinnun, svailra, vrikan, theihan, tveifls ;
ahd. hloufan, hnigan, hreini, hutla (auch ſchon loufan, nigan, reini,
wila), släfan, smijen, snidan, sceidan, spinnan, swehur, wrehhan (und
rehlan), dihan, zvival; mhd. loufen, nigen, reine, wile, släfen, smizen,
soliden, sceiden, spinnen, swäher, rächen, dihen, zwivel; nüb. laufen,
neigen, rein, Weile, fchlafen, ſchmeißen, fchneiden, ſcheiden, ſpinnen,
Schwäher, rächen, gedeihen, Zweifel. — Das Gewicht ber Ausſprache
ruhte auf der Liquida, das h fiel darum weg; fo auch das v (w) in vrikan,
wröhban.
Anm. 2. Der häufige Gebrauch einiger zweifachen, namentlich bes f und
I bewirkte, daß man fie allmälich für einfache gelten ließ, daher fie zum
heil geminiert werden ($. 87.). Das Unorganifche ergibt fi) am deut⸗
lichften aus der abweichenden Sitte verfchiedener Sprachen in biefem
Punct. Dem Griechen z. B. galt fein y fo gut einfach als fein p, dem
Hochdeutſchen ift F einfad), eh aber nicht.
Anm. 3. In allen coman. Sprachen wird der Kehls und Zungenlaut vers
fehrt, wenn die feinen oder dünnen Wocale nachfolgen ($. 78.). Am
— 3
weiteſten dorgeſchritten ift darin bie franz. Sprache, indem fie c in ch
mit ber Ausfprade sch wandelt. Solches zifchenden, fchmelzenden
Drangs haben fich auch die deutſchen Sprachzweige nicht ganz erwehren
innen. Das organliche s gieng in sc, fpäter in sch, bie Aſpiration th
in zum ts über, Die Anlaute tfch, Bf und vollends ſchtſch wider⸗
ſtehen uns, inlautend dulden wir Elatfhen, plätfhern, glits
ſchen, rutſchen.
8. 89.
In der fruͤheren Sprache hatte die Stellung des Conſonanten
im Anz, In⸗ oder Auslaut Einfluß auf deſſen Gebrauch ($. 96.);
Inhd. hoͤrt alles Schwanken zwifhen an=, ins und ausfautender Te:
nuis, Media und Afpirata auf, der einmal im Wort angenommene
Laut bleibt darin feſt, z. B. gab, gaben; Zag, Tages; Wolf,
Wolfes (mhd. gap, gäben; tac, tages; wolf, wolves). Bloß in
empfangen, empfehlen, empfinden bat fih pf flatt-f erhal⸗
ten!), Im Zungenlaut dauert die ſtrengalthochdeutſche Tenuis fort,
z. DB. tragen, bat, baten (niederdeutſch dragen, bad, bäden); nicht
im Lippen: und Kehllaut, z. B. Bein, gab, geben, Geift, liegen,
‚lag (ahd. pein, kap, k&pan, keist, Hikan, lak)2), — Die Gentinas
tion, die im Ganzen gegen bie frühere Sprache zugenommen ($. 23.
57.), gilt in der Regel auch auslautend ($..23.), früher nur in:
lautend. |
Anm. 1. Empfangen, empfehlen, empfinden lauten mhd. enpf-
hen, enpfelen, enpfnden; ahd. antfaban (auch intphähan, intfähan), ant-
findan (auch intfindan, -inphindan); empfehlen ift ahd. nicht aufzu⸗
weifen (goth. anaßlhan).
Anm. 2. Durch die Ungleichheit diefes Grundfages gerathen bie Laut⸗
reihen oft in Mißverhältniß.
Erſtes Eapitel.
Slüffige Confonanten.
({,m, a, re.)
8. 60.
Die flüffigen Eonfonanten find im Ganzen weniger articuliert
(gegliedert) als die ftummen oder flarcen; daher wechfeln fie öfters
mit einander ab. Lund R haben wie J und B halbvocalifche Na:
tur!), während M und N wie S und:H unvocalifh erfcheinen.
MM fcheint feiner und fefter zu fein als N, R ifl am veränderlichften.
Anm. Im Sanfkrit heißen fie fogar Halbvocale und werben ben Spiranten
j und v an bie Seite geſetzt.
$. 61.
£, ein Zungenbuchſtabe, wird mit Anſtoß der Zunge an den
Gaumen und die obere Reihe Zähne ausgeſprochen. 2, milder und
Kehrein Grammatil. J. 1. 3
weicher als N, ift bisweilen aus R entflanden, mechfelt nach ben
Mundarten und in der Volksſprache einigemal mit RN ab, z.B.
Kiche und Kilche (fhon ahd. bei Notker chilicha für chiribha),
Zunder und Zundeli); aud in entlehnten Wörtern, 5. B. Kly⸗
ftier und Kryſtier, Pflaume (mundartlih Praume aus lat.
pruna), Pilgrim, Pilger (ſchon ahd. pilikrim und pilikrin au$ lat.
. peregrinus). — Wo in Einer Mundart L und Ran denfelben Wur⸗
zein vorkommen, wird ein Unterſchied der Bedeutung fühlbar fein,
z. B. wandeln, fafeln, lächeln, ſchuͤtteln unterfchieden von
wandern, fafern, laͤchern, ſchuͤttern; ſtammeln iſt einerlei mit
ſtammern, doch ſind beide nicht gleich gebraͤuchlich.
Anm. 1. Bol. noch Tändelei, Tölpelei, mhd. tenterte, dörperle;
ſchweizeriſch Bilacha für Birke. Auch ahd. murmuron und murmulon;
mhd. marterære und martelære.
Anm. 2. Welt iſt entſtanden aus ahd. weralt, mhd. wöärlt, altſ. werold,
angelſ. veorold; Elend ſteht für Ellend (ahd. alilanti, mhd. ellende,
altſ. elilendi) eigentlich anderes, fremdes Land.
Anm. 5. In der ſüuddeutſchen Volksſprache wird I oft (in= und auslau⸗
tend) wie i, j geſprochen, z. B. wolfi, Hajs (mwolfeil, Hals).
Anm. 4 Dem italienifchen Organ fchmilzt 1 in i vor a, o, u: bianco,
fiato für blanco, flat. Die franzöſiſche Sprache fegt gern, wenn auf I
ein Confonant folgt, u für l: chaume, paume aus calamus, palma. Die
niederländifche Mundart bildet au aus al, ou aus al und ol, wobei Ein⸗
fluß franzöſiſcher Nachbarfchaft angefchlagen werden muß, 3. B. yraut
(altfr. heraut, herold),, miroude (franz. esmeraud, ital. smeraldo), outare
(lat. altare). — Bon ben flavifchen Sprachen ift es die füblichfte und
mweichfte, die ferbiiche, welche das 1 der übrigen vocalifiert: im Auslaut
macht fie o, im Inlaut vor anrührendem Conſonanten u daraus: mo,
pun (mein, voll).
$. 62.
M, ein Lippenbudftabe, wird durch eine leichte Ausftoßung bes
Hauches, wobei man die Lippen fchließt, hervorgebraht. In ben
Flerionen EN für M fhon mhd. durchgedrungen !), aber aud oft
in Wurzeln, 5. B. öhein für öheim und oeheim (ſchweizeriſch Ehni).
Inlautend wird diefes unorganifhe N wieder in DM verwandelt: lein,
Gen. leimes. Das hat nhd. aufgehört, d.h. wir fagen Leim, Leimes.
Anm. 1. Xus den Formen der Declination und Gonjugation erfieht man,
dag in den Flerionen n oft auf urfprüngliches m zurüdgeführt wer:
den muß.
Anm. 2. Die Volksfprache fagt noch nach alter Form Fadem, Befem,
Bufem, Bodem, Schwadem (ahd. fadum, p&ösamo, puosum, podum;
mhd. vadem und vaden, beseme und besme, buosem und buosen, bodem
und boden, swadem) ; die Schriftfpradhe hat Brodem und Broben
(ahd. pradam, mhd. bradem und brodem) und einfädmen neben dem
anders abgeleiteten einfäbeln (ahd. fadamdn, mhd. vedemen). Umge⸗
kehrt heißt es in ber Volksſprache Thurn (fo auch in Goethes Goͤtz v.
Berl. 4. Ausg.) für Thurm (ahd. turri, mhd. turn, angelf. torr, engl.
tower, lat. turris). — Wafem (in der Schriftfprache Wafen) ift nhd.
Bildung (ahd. waso, mhd. wase).
⸗
35
Anm. 3. Statt Himbeere (ahb. hintperi, mhd. hintber) fagt man in
DOftpreugen noch altertyümlid Hindbeere; im „Kreutterbuch“ des
3. Camerarius, Frankf. 1600, Hindtbeer, Hindbeer und Him:
beer. In feltfam fteht m fürn, ahd. seltsäni, mhd. selisene.
Anm. 4 In BZufammenfegungen und, verfehrumpften Eigennamen fteht
oft m fürn, z. B. Amboß, Imbiß, ahd. anapoz, inbiz und imbiz;
Bamberg, Lampert, Gumpert, Limburg aus Babenberc, Lant-
perht, Guntperbt, Lintpurc.
Anm. 5. Statt wm fest die Volksfprache me in mir (mer) ftatt wir,
und in ben abgekürzten Kormen tragemer, lefemer, habemer
(tragen, lefen, haben wir) u. a.
$. 63.
N, ein Nafenlaut, wird mit Anftoßung ber Zunge an den Gau:
men und bie obere Zahnreihe und Ausftoßung der Luft durch den
Mund und die Nafe ausgefprochen. Bor G und 8 wird N mit einem
ftärkeren durch die Nafe gelaffenen Hauche ausgefprochen, was jedoch
in noch fühlbaren Zufammenfegungen nicht der Fall ift, val. bange,
finken, angeben, hinkegeln, Wingert flatt Weingarten (goth.
veinagarts, ahd. wingarto, mhd. wingarte). Bor Eh, J wird N
mit einem gelindern Hauche durch die Naſe ausgefprochen, 3. B.
maniger, mancher. Auslautend ſteht N für R in fern); ange:
hängt ift es in albern, einzeln, fondern und vielen ſchwachen
Subftantiven. N geht in M über in empor, empfangen, empfeh—
len, empfinden?). Statt des früheren MD fleht N in Kunft (Ab:
kunft ıc.), Vernunft, Zunft, Ranft, fanft, fünf?). Ausgefallen
iſt Nin Pfennig, vertheidigen, Waffe, Wolke und fchon frühe
in König). In Knobelauch gieng N aus L hervor),
Anm, 1. Goth, fairra, ahd. ferro, mhd. verre, alwere, einzel, sunder.
Anm. 2. Ahd. inpor, mhd. enbor; die andern f. $. 59. Ann. 1.
Anm. 3. Bon kommen, nehmen, ziemen (ahd. chumft, vernumlft,
zumft); ahd. ramft, samft, fimf.
Anm. & Ahd. phantince und phenninc, mhd. phenninc, in der Volksſprache
Penning; mhd. verteidingen (aus tagadinc), das wäfen, wolken; ahd.
chunince und ſchon chunic, angelf,. eyning und cynig, altn. konungr und
köngr., mhd. künic und künec, von chuni, kuni = Geſchlecht, Adel.
Anm. 5. Knobelauch (ahd. chlobilouch, mh. klobelouch und knobe-
louch) ift gefpaltener (getlobener) Lauch.
Anm. 6. Scheune und Scheuer find verfchiedene, fehon fehr frühe
vorkommende Bildungen, ahd. sciura, scuginna, 'mhbd. schiure, schiune.
Anm. 7. In dem volksthümlichen Naft, Naffel ift das m von bem
Artikel genommen,
8. 64.
N, ein Zungenbuchftabe, wird mit einer zitternden Bewegung
ber Zungenfpige gegen den Gaumen ausgefprochen, jedoch nicht in
ganz Deutfchland auf ganz gleiche Weife. — In der mhd. Sprache
werfen viele Partikeln das auslautende R weg, das nhd. bei einigen
wieder hergeftellt ift, 3. B. hier und hie!). An die Stelle des frühe:
ven S ift oft R getreten, vgl. erkiefen und erkoren, Frieſel und
- . 3*
— 36
frieren, Verluft und veriteren, war und gemwefen (9. 473.72).
— Megen der ſchwierigen Ausfprache wechfelt N zumelten feine
Stelle, vgl. Born und Brunnen, Bernftein und brennen?).
Ausgefallen ift R in Köder ($. 34. Anm. 2.) und Ekel 9; an die
Stelle vor N getreten in dem mer für man der Volksſprache. —
Auf die Doppelvocale an, eu, ei (mhd. u, iu, kann nhd. nicht
unmittelbar ein R folgen (es fei denn, daß nach dem R nod) ein
Bocal folge, wo es denn in der Ausfprache zur folgenden Spyibe ge:
zogen wird); hier wird vor dem R ein E eingefhoben, 5. B. Bauer,
Feuer, Geier (mhd. büre, viur, gir). — Rh fchreiben wir nur in
fremden Wörtern: Rhodos, Rhodope, laſſen aber das h gegen:
wärtig oft weg’).
Anm. 1. Starke Kürzungen mit hier find Hunten, hoben, hüben
der Volksſprache (huͤben auch öfters bei Goethe). Wir fagen nhd. dba
und dar, jedoch ohne feſte Regel, im Allgemeinen bar vor Bocalen:
daran, darauf, daraus, darin, darob, barüber, barum,
darunter; da vor Konfonanten: dabei, dadurch, damit, da=
neben, davon, dazwiſchen; einige Schriftfteller verfuchten dar⸗
bei, dardurch zc. zu fehreiben, wie noch im 416. Jahrh. häufig iſt.
Anm. 2. Einige (namentlich fübdeutjche Schriftfteller) fchreiden Ber⸗
lurft, aber, nicht folgerichtig, Froſt. — Kiefen iſt goth. kiusan,
ahd. chiusan (und abgeleitet chorön), mhd. kiesen (und Abgeleitet kürn) ;
frieren fehlt goth. (aber frius = Froft), ahd. friusan, mhd. vriesen; ver⸗
lieren ift goth. fraliusan, ahd. farliusan, mhd. verliesen und verlieren.
Auch im Sanffrit entfaltet fich r vor v aus s. Im Goth. hat die Wand⸗
lung des s in r noch gar nicht Statt, fie bereitet fi) aber dadurch vor,
daß s inlautend bei zutretenben Flerionen ober Anhängen Schwächung in
z erfährt ($.90.), das nicht gleich dem ahd. z, fondern als biöderes,
dickeres ſchwirrendes s auszufprechen if. In der ahd. Sprache fohreitet
biefes r fort: goth. basi, kasi, nazjan, dius, Auso, raus find ahd. zu
peri, char, nerjan, tior, Ord, rör (Beere, Kar — Behälter, nähren, Thier,
Ohr, Rohr) geworben. Die nordifche Sprache hat dem r noch mehr nach⸗
gegeben. — Im Auslaut kann fein s in r verwandelt werden. — In der
Wandlung des s zu r hat die griech. Sprache geringe (lakoniſch & im Aus⸗
laut für s), bie latein. große Neigung: foedus, genus, latus, munus,
onus, opus, Pondus, scelus, sidus, ulcus, vellus, viscus, vulnus, vetus,
Venus verwandeln im Gen. das us in eris; corpus, decus, dedecus, faci-
nus, fenus, frigus, littus, nemus, pectus, pecus, penus, pignus, stercus,
tempus, tergus, lepus in oris; os, flos, glos, mos, ros, honos, labos,
lepos (mit den Rebenformen honor, labor, leper) das 8 in oris. Noch
andere Kormen bieten Eigennamen und mehrere alte Eomparativ= und
Guperlatiobildungen:: majoses, plusima.
Anm. 3. Val, ahd. prunno, mhd. brunne, angelf. burne, altfrtef. burna ;
ahd. prinnan, mhd. brinnen und burnen, bernen, niederl. brennen und
bernen, holländ. harnen, altfrief. berna, angelf. byrnan, engl. burn.
Anm. 4. Mhd. und älternhd. Erkel von Erken — widrige, unwillig Em:
pfindung über etwas mit Reiz zum Erbrechen haben.
Anm. 5. Dahin gehören Rhabarber, Rhetorik, Rheims, Rhi—
noceroß, Rhodope, Rhodos, Rhön, Rhone. — Rhede
(niederd.) follte eigentlich Reede gefchrieben werden. Bei dem wahr:
ſcheinlich altgallifhen (Eeltifchen) Rhein haben wir die alte Korm Rein
(Rin) verlaffen und bie roͤm. Schreibung angenommen,
— 37 —
Aum. 6. Sn einigen Gegenden Südbdeutſchlands wird r im Anlaut mit
Ele ſtarken Ajpiration gefprochen, was ſich an das frühere hr ($. 58.)
anlehnt.
Anm. 7. Die mittelchein. Volksſprache fegt oft r, vr für d, t, tt:
wirre (und werte) für wider und wieder; fpere für fpäter,
Werre für Wetter, Far'm für Faden. Bol. 6.-87. Anm. 6.
$. 65.
Gothiſch tritt die (inlautende) Verdoppelung (Gemination)
mm, nn, ll nur nad) den Furzen Vocalen a, i, wein, 1 ift überhaupt
felten, rr ift wol nicht wurzelhaft, fondern durch Affimilation aus rn
entfprungen: swamm, brinnan, vullö, fairra (Schwamm, brennen,
Wolle, fen). — Ahd. find inlantend Il, mm, nn, rr häufiger, obwol
auch nicht immer wurzelhaft, was auch mhd. gilt ($. 23. Anm. 2.).
— Rhd. findet ſich die Verdoppelung der flüffigen Gonfonanten in:
und auslautend, befonders dann, wenn der Eurze Vocal dadurch ge-
hegt werden foll ($. 24.). Auch nhd. ift wie früher der zweite Con:
fonant oft aus einem andern entftanden, z. B. in Stimme, nen:
nen, itr, dire (neben Durft), Hölle, Wille, Lamm, Zimmer,
Pfennig {$. 63. Anm. 1.) Fremd find Amme, Flamme,
Summe, Pfarre, Karren.
Anm. Bol. die älteren Formen: goth. stibna, namnjan, airzjs, thaörsus,
halja, vilja, lamb; ahd. stimna und stimma, namnjan und nannjan, irri,
durri, hella, willo, lamp, zimpar; mhd. stimne und stimme, nemnen und
nennen, irre, durr, helle, wille, lamp, zimber. Die Volksſprache fagt
hier und da noch Lamb, Kamb, -
$. 66. .
In der Verbindung (Compofition) der flüffigen Confonanten -
mit andern find goth. die wichtigflen Faͤlle Ib, Id, Ikh, It, Iz; mb, mf,
mp, mth, ms; nt, nd, nth, ng, nk, np, ns; rn, rs, rz, rd, rt, von
denen fpäterhin viele affimilieren ($. 65.) Ahd. finden ſich in= und
auslautend die Verbindungen Im, Ib, If, Ip, Id, It, Is, Ist, Iz, Ig; Ik;
mb, mf, mft, mp3 ng, nk, nd, nt, ns, nst, nz; rm, rn, rb, rf, rp,
rd, rt, rs, rst, rz, rg, rk. Mhd. finden ſich auslautend Ip, It, Ic,
rp, rt, re, inlautend Ib, rb, mb, ig, rg, ng, Ik, rk, nk. Im Zungen:
laut zeige fih Schwanken zwifchen Id und It, rd un® rt, nd und nt;
fonft finden fi) noch Is, ns, iz, M, iv, nf, nv, az, rz; rch, leh, nft,
Ist, nst, rest. — Nhd. herrſcht hier große Unbeſtimmtheit, befonders
bet ID, dt, nd, nt. Diefe Unbeftimmtheit, ſchon mıhb. vorhanden,
bat befonders im 16.— 17. Jahrh. um fich gegriffen, weil man das
Verhättniß des mhd. In⸗ und Auslautes nicht kannte und überhaupt bie
Confonanten über Gebühr häufte. So finden fih 5.8. im 16. Sahrh.
bet Fiſchare: fürder und fürter, ftand und flant, Geld und
Gelt; im 17. Jahrh. bei Opig: Ward und Waldt, Geld und
— 38 —
Geldt, Bild und Bildt, Gold und Goldt, Schuld und
Schuldt, Hand und Handt, End und Endt, Kind und Kindt,
Mund und Mundt. — Wir ſchreiben Geld neben gelten, hinter
neben hindern, Schuld neben Schultheiß.
3Z3weites Capitel.
Lippenbuchſtaben.
(b, p, f, pf, ph, v, w.)
$. 67. |
Die Eippenbuchftaben find theils weich (B), theild hart (P).
Dem B ſteht das gehauchte B (= Bh) und dem P das gehauchte
$ (= Ph) zur Seite. Am Anfang einer Spibe oder eines Wortes,
befonders vor Vocalen, unterfcheiden fih B und P in der Ausſprache
genau, vgl. baden und paden, Bein und Pein, Bille und
Pille, Bohlen und Pohlen, Bulle und Puls. Im Auslaut
und vor einem Confonanten im Anlaut tritt der Unterfchied nicht fo
fcharf hervor, vgl. Lob, Abt, Blatt, platt. — Ph, F und V find
anlautend in der Ausfprache kaum, V inlautend etwas zu unters
fheiden, vgl. Philofoph, fiel, viel; Hafer, Stave, helfen,
Pulver,
$. 68.
B fteht goth. im An und Inlaut haufig, im Auslaut regel:
mäßig nur nach flüffigen Confonanten; geht dem auslautenden b ein
‚ Vocal voran, fo geht b in f über, das inlautend wieder zu b wird,
3. B. hläibs, Acc. hläif (Raid), tvalif, Gen. tvalibe (zwölf). — Dem
goth. b entfpricht bei (dem feinhärigen) Notker im In⸗ und Auslaut
das ahd. b, fo wie dem umlautenden (abgeftuften) ſ das ahd. p. Der
Anlaut richtet fi nad) dem Auslaut des vorhergehenden Wortes: ift
diefer ein Vocal oder eine Kiquida, fo hat das naͤchſte Wort im An⸗
laut b; iſt derfelbe eine Spirans oder Muta, oder beginnt ein neuer
Sag, fo Steht p. gl. diu bluoma, dü bist, dero boumo, jungen
boumes, min bruoder, er begrifet mit ih pin, des poumes, sines
pruoder, üf poume, sundig pluot I). — In andern ahd. Denkmälern
fteht inlautend b, an- ynd auslautend p; Dtfried und Zatian haben
überall b, andern überall p. — Myhd. p ift im Ans und Inlaut durch
b verdrängt, findet fi hier nur noch ausnahmsweiſe, dagegen ſteht
e8 regelmäßig im Auslaut, 3. B. gap, gäben. — Üiternhd (15.—16,
Jahrh.) herefcht großes Schwanken, z. B. pald, pluome, prott,
auch bald, Blume, Brot. Nhd. fteht B im An, In: und Aus:
laut, ohne daß die Stellung darauf Einfluß hat. Steht B nach
einem kurzen Vocal im Inlaut vor X (in der Ableitung), fo geht +6
— 39 —
%
oft in da8 abgeftufte F über, z. B. fchreiben, Schrift; treiben, -
Trift; geben, Gift; graben, Gruft; Elieben, Kluft?) Sn
Haber und Hube ſchwankt B und (das mehr niederdeutfche) F:
Hafer, Hufed). In Pabſt, bagig und Bausbaden ſchwankt
B und P (Papft, pagig, Pausbaden), doch ſcheint B den Vorzug zu
verdienen, — B geht in P über: erflens, fobald ein S der Bildung
vor dasfelbe tritt, 3.8. breiten, fpreiten (aber ausbreiten) und
zweitens bei Verdoppelung, obwol nicht durchgehende, z. B. Knabe,
Knappe; Rabe, Rappe; Schnabel, fhnappen‘) Bür das
alte I fteht B in gerben, Milde, Narbe, Farbe, Schwalbe).
— Gemination bes B ift goth. nicht vorhanden, mhd. und nhb.
feltner: sibba, libba (neben sippa, lippa); abbet, ubbic; Ebbe,
Krabbe, Robbe),
Anm. 1. Daß Notkers Gefes nicht aus der Luft gegriffen war, ſondern
auf feiner Beobachtung der wirklihen Sprache beruhte, ergibt fich daher,
daß es noch zwei Jahrhunderte fpäter bei Wolfram, dem fprachgemwaltig-
ften aller mhd. Dichter, alfo nicht einmal in Schwaben, fondern in
Baiern unverkennbar ift.
Anm. 2. Goth. wandeln fich vor bem t der zweiten Perfon Präter. p unb
binf, 3.8. graba, gröft; hlaupa, blaihlauft. Analog mit biefen Formen
laufen die Subftantive auf -A: gifts von giba; gaskafts von skapja. In
ben fpätern Mundarten (ahd. mhd. nhd.) herrſcht im Ganzen biefelbe
Regel,
Anm. 3, Ahd. hap(b)aro, huop(b)a; mhd. habere, huobe; altf. havoro,
höva. Nhd. gehören Haber und Hube mehr der Sprache des gemeinen
Lebens an.
Anm. 4 Neben traben und z3abeln finden ſich auch (jebody mehr ber
Sprache des gemeinen Lebens angehörend) trappen und zappeln. —
Rippen kommt von reiben; klappen, Rebenform von Elaffen,
wol von klieben.
‚Anm. 5. Die angeführten Wörter lauten ahd. karawan, miliwa, närwa,
farawa, swalawa, mhd. gerwen, milwe, narwe, varwe, swalewe. “Der
baier. und öfterr. Mundart ift b für w und ww für b geläufig, beides im
Anz und Inlaut. Albrecht von Eyb (15. Jahrh.) ſchreibt fhwantend
beinen, bebaren, verbefen, erbeihen für weinen, bewah—
ren, vermwefen, erweiden; dagegen wereiten, weſcheyden—
heit, wegeben für bereiten, Befcheidenheit, begeben. Es
ift dies eigentlich eine Hemmung der Lautverfchiebung ($. 101.). — Lat.
wird zu ferveo das Präter. ferbui gebildet, aus lat. rapa, ripa, faba,
faber, habere, debere wird franz. rave, rive, feve, fevre, avoir, devoir.
Anm. 6. Mehr der Volksiprache gehören an: Flabbe (Schlag), Knubbe
(Klot), ſchlabbern, ſchrubben, ſchwabbern, ſchwabbeln u. a.
8. 69.
P ſteht goth. an⸗, ins nnd auslautend, anlautend nur in weni⸗
gen Woͤrtern, die meiſtens fremd ſind. Das Verhaͤltniß im Ahd. und
Mhd. ergibt ſich aus J. 68. — Nhd. ſteht P an-, in- und (doch
ſeltner) auslautend, z. B. packen, paffen, plagen; Stapel, ka⸗
pern, Kiepe; Julep, Salep. — Verdoppelung iſt goth. nicht
Ze ö— TTTT
— 40 —
vorhanden, ahd. ſchwankend (9. 68.), mhb. inlautend, nhd. ins und
auslautend ziemlich zahlreich, 3. B. Kappe, Lappen, plappern;
Schleppe, Eppih, Klepper; Rippe, Krippe, trippein;
Schoppen, foppen, Koppel; Puppe, Kuppe, firuppis;
Grapp, Bärlapp, trapp! Krepp, Geflepp, hepp! Tipp,
Schnipp, knipp! Galopp, Zopp, hopp! Schupp, Krupp,
ſchupp!
8. 70.
PH kommt goth. nicht vor; ahd. fleht e8 felten im Anlaut, und
da meiftens in fremden Wörtern, in denen aber ſchon fehr frühe dafür
bärteres pf eintrat, 3. ®. phorta und pforta; in manden wird das
lat. p beibehalten, z. B. pina, purpara; im In- und Auslaut wird
ahd. am Liebfien f gefchrieben und ph gefprochen, oft auch gefchrieben,
3. B. phifa und pfifa. — Mhd. ſteht ph im Anlaut, wechfelt aber mit
pf, 3. B. phlanze, pflanze; in- und auslautend ift, wenn ein langer
Vocal vorhergeht, f Regel, 3. 3. släfen (zuweilen släphen), tief. —
Nhd, ſteht Ph nur noch in fremden Wörtern und Eigennamen.
Anm. 1. Auch nhd. ift das fremde p oft anlautendb geblieben, 3. 2.
Hein, Purpur, Palaſt, Patron ua,
Anm. 2, Aus den fremden (griech.) Wörtern hat man ph zu verbrängen
und f dafür zu fegen gefucht, 3. B. Geografie, Kilofofte. Dies ift
weder den Gefegen ber Lautnerfchiebung ($. 101.), noch der griechifchen
Sprache gemäß. — Die beutichen Namen Abolf, Rudolf (zufammen:
gefegt mit Wolf, ahd. Adalolf, Hruodolf) und Weſtfalen (ahd. West-
falun) ſchreibt man richtiger mit f als mit ph.
Anm. 3, Epheu (lat. apiam, angelf. eilig) lautet ahd. ebowe, ehihewe,
ephowi, älternhd. Ephew, Ebhew, als wenn dad Wort Bufammenfehung
wäre aud Heu (bew) und einem unbelannten ep, eb.
$. 71.
5 iſt goth. als Anlaut häufig, als Inlaut ſeltner. Ahd. find
swei f anzunehmen: das eine entfpricht der goth. Tenuis (p), oder es
ift mit andern Worten das afpiriert gewordene goth. p, folglich
Doppelbuchſtabe und jederzeit feharf wie ph auszufpeechen und häufig
auch fo gefchrieben ($. 70.); über das zweite ahd. f fiehe 9. 73. —
Myd. ſteht f nad) langen Vocalen in: und auslautend (8. 70.), ans
lautend fteht v, 3. B. vinden, varwe. — Xiternhd. (15.—16. Jahrh.)
großes Schwanken, bis ins 17. Jahrh. hinein. Später fleht F bald
für das ditere f, bald für das ältere v, anlautend vorm, Gi (fie mögen
kurz oder lang fein), ei, en, I, r: Furcht, Fuͤrſt, Fuß, führen,
Feile, feucht, Fleiß, Freund Bora, e, i, o ſchwanken F und
V, mitunter in denfelben Wörtern, z. B. fangen, befehlen, fel:
ken, füllen, folgen; Bater, viel, voll, Vogel!) — Die um
organifche Gemination ($. 57.) finder fick ſchon ahd. und mhh., und
tritt nhd. ina und auslautend nach kurzem Vocal ein, z. M. Affe,
4 —
treffen, fohiffen, offen, ſchnuffeln; Haff, Kaff, Schiff,
Stoff, Puff.
Anm. 1. Beffer ftände wol überall f, befonbers da auch das inlautende v
' verftoßen ift, 3. 8. Grafen, Zweifel, Wölfe, mit Ausnahme etwa
von Frevel und dee fremden Sclave, Yulver u.a. — Veilchen,
Veit, Vrints, Vließ Zönnen, ald fremd ober Eigennamen, bie
Hegel nicht umfloßen. |
Anm. 2. Einige vereinfachen das ff inlautenb bei nachfolgendem Con⸗
fonanten, als: treffen, trift; Hoffen, Hofnung; ziemlich allges
mein it Geſchäft von Thaffen. — Im 16.—17. Jahrh. ſchrieb man
ins und auslautend faft überall ff, 3. 8. auff, Lauff, ſchlaffen,
Skhaffen (d. h. fhlafen, Schafen), Eigenjhafft, lauffen, _
ergreiffen. \
Anm. 3. Munbertifh wird in Dfen, Schwefel, Teufel, Unges
ziefer, in Oſtpreußen auch in Briefe, eife, zwölfe, fünfe,
Strafen, Hofe, fteife, Wölfe des f wie v (10) gefprohen. Man
Fönnte barin eine unbewußte Nachwirkung der früheren Sprache erkennen,
val, $. 73,
8. 78,
Pf, ein verflärkter Blafelaut, bei deffen Ausfprache beide Buch:
ftaben gehört werden follen (aber nicht immer gehört werden), hat fich
anlautend im Add. fehr frühe aus ph ($. 70.) entwidelt, was auch
“mb. gilt. Im In: und Auslaut fteht mhd. nad) kurzem Vocal bald
ff, bald pf, nady Liquida, befonders m, fteht in der Regel pf, nad.
andern Gonfonanten f, 3 3. kapfen, kaflen; schupfen, schufen;
krempfen, kampf; helfen, wärfen, hanfes; (abweichend) schimf,
scharpf. — Nyd. ſteht Pf anlautend nur in fremden Worten: Pfau,
Dfaffe, Pfingften, Pfund, Pflanze 1. In⸗ und auslau:
tend flieht Pf nah kurzem Vocal und nah M umd (felten) R,
z. B. Apfel, Schnepfe, Gipfel, Zropfen, Kupfer; Napf,
Kopf, Schlupf; ffampfen, fhimpfen, trumpfen; Kampf,
Schimpf, Trumpf; Karpfen. _
Anm. 1. Eine Ausnahme fcheinen zu machen pflegen unb Pflug,
beren Wurgeln übrigens nicht Bar find. Pflug fcheint entlehnt aus
flav. ploug”, ruſſ. plug”, böhm. pluh, poln. plug, litt. plugag. al.
Srimm: „Geſchichte der deutfchen Sprache” ©, 55 f. x
Anm.2. Inder Bolköfprache hört man kein pf, meift p ober f allein. —
Hier und da findet man auch in uhd. Schriftftellern f flatt pf, fo z. B.
. bei Rüdert (im Reim): Rumfe, bumfe, Sumfe, Triumfe, ver⸗
fhrumfe, erftumfe, gef. Ged. A, 180.
8. 73.
V, urfpeünglich die Afpication des weichern Lippenlautes (kh),
darum ohne Zweifel weicher gefprochen als f (wie noch heute in nieder:
deutſchen Mundarten, $. 71. Anm. 3.), ift nhd. in der Ausſprache
dem F faſt ganz gleich ($. 67.) und hat fi) als Schriftzeichen nur im,
gewiſſen Woͤrtern erhalten (8. 74,), — Both. ſteht van⸗, in= und
*
— 4e —
auslautend; ahd. und mhd. anlautend vor Conſonanten und Vocalen
(ahd. öfter fals v) 1), inlautend vor Vocalen, auslautend ſteht (wei⸗
cheres) ſ, das inlautend zu v (w) wird (9. 71.), z. B. ahd. fatar und
vatar; fridu und vridu; wolf Gen. wolves; mhd. vater, vridu, wolf,
wolves.
Anm. 1. Ahd. kann flatt bes anlautenden v in allen Wö:’crn f gefeßt wer:
den, nicht aber umgekehrt v für f. In Wegzug auf den Anlaut gilt das
F. 68. über b und p entwidelte Gefe&, vgl. den vater, aber nie des vater,
fondern dös fater. — Kero, Dtfried, Zatian enthalten fi) ganz dee an⸗
lautenden v und fchreiben beftänbig f.
Anm. 2. In fremden Wörtern: brav, Indicativ, Lavendel,
Nerve, Pulver, Sclave, Malve, Salve, Schoverfegel,
Klüper u. a. fprechen wir im Auslaut härteres, im Inlaut weicheres f,
beinahe w. Vgl. $. 71. Anm. 3.
$. 7A.
W, im Norden näher dem F (DB), im Süden näher bem U ge:
fpeochen, iſt der weichſte Lippenbuchftabe. Gothiſch fteht w (v ges
fchrieben, wie hw zu ſprechen) an⸗, in: und auslautend. Ahd. fleht
w (früher uu, dann vv, fpäter vu, uv, w gefchtieben) an: und inlau=
tend; der Auslaut w verwandelte fih in den Vocal u, fpäter o und
ward allmälich ganz weggeworfen ($. 40.). Mhd. ſteht w an= und
infautend, felten auslautend,. z. B. gerouw, hiew von geriuwen,
houwen, was man bier und da noch im 15.— 16. Jahrh. findet. —
Nhd. fteht W im Anlaut, ift dagegen im Auslaut ganz, im Inlaut
geößtentheild aufgegeben; erhalten in Löwe, Möwe, ewig; nad 8
und R hat ſich B eingedrängt ($. 68.); Wittib gilt neben Wittwe.
Anm. 1. W ift nhd. in= und auslautend theils in m übergegangen
($. 40.), theils ganz weggefallen, 3. B. Sehne, fihneien, ahd.
senawa, sniwan; in Seele (goth. söivala) ift v fchon fehr Frühe ausgefallen,
angelf. savel, ahd. seola, sela, mhbd, sale, engl. soul, ſchwed. säl, dän. stäl.
Anm. 3 Wittwe, auh Witwe ift goth. viduvd und vidovö, ahd.
witawa, mbd. witewe und witwe.
Anm. 3. B in der Anrede Emwer, abgekürzt Em. ſtatt Euer iſt durch
die Formel erhaltene alte Schreibweiſe iwar, iuwer 6, 189,
$. 75.
Bon ber Verdoppelung (Gemination) ber Lippenbuchftaben ift
das Möthige bereits ($, 68. 69. 71.) gefagt. — Die wichtigften Ver:
bindungen der Lippenbuchflaben mit andern Confonanten find goth.
anlautend: bl, bn, br; fl, fr; vi; inlautend bl, br, bn; fi; ahd. an:
lautend bl, br; pl, pr; fl, fr; vl, vr; inlautend [s ; auslautend ft;
mhd. anlautend pl, pr (nur in fremden Woͤrtern); bl, br (häufig);
pfl, pfr, pfo (felten); in= und auslautend fs, ft; nhd. anlautend bi,
br; pfl, pfu (Volksſprache), pfr; pl, pr; fl, fr; in: und aus⸗
lautend ft.
Anm. Das frühere fs ift und f3 geworden In Lefze, mhd. löise. — Der
3 ——
Jagerausdruck Schwefzen (bei Stieler ſchwefzen und ſchwaäfzen)
diejenigen Seile (bei Stieler Steine), vermittelſt welcher das Vogelgarn
zum Zuſammenſchlagen in Schwung gebracht wird, ſcheint ein nieder⸗
deutſches ſchwefezen (von ſchweben) vorauszuſetzen.
Drittes Tapitel.
Kehl- und Gaumenbuchſtaben.
(g, k,c, chtck, j, h, q, x.)
§. 76.
Die Buchſtaben G, K, Ch ſind Gaumen: und Kehlbuchſtaben
zugleich: daher das Schwankende in der Ausſprache derſelben, indem
nad) der rtlichkeit bald der Kehl- bald der Gaumenlaut vorwiegt.
Nicht überall find darum weg: keck; Dank: Gefang unreine Reime.
$. 77.
& wird an: und inlautend am richtigften etwas härter als J
und etwas gelinder als K ausgeſprochen; auslautend kommt e6 dem
K näher. Man wird alfo in: Der gute Hönig der Juden die drei
Buchftaben in der Ausſprache unterfcheiden. — Goth. fteht g ans,
in= und auslautend, wechfelt zumeilen mit h. Abd. fteht g an:, in:
und auslautend, entfprechend der alten Media g, einigemal aber
(namentlich bei Kero, Dtfried und Zatian vor & und i), dem goth. j,
3. B. göhan (9. 54.), gähen ($. 160.) Im Anlaut gilt bei Notker
in Bezug auf g und k (c) das oben ($. 68.) über b und p Gefagte.
Vgl. diu geba, dü gibest, demo golde, din guot, Er gehaltet; hin=-
gegen il kesiho, d&s coldes, ward kebote, da3 cold, üf kuldinemo. —
Mhd. fleht g der Regel nach nur im Ans und Inlaut, während der
Auslaut c hat, 3. B. tac, tages; (ich) birge, (idy) barc, (wir) burgen.
Aud mh. ſteht wie ahd. g nicht felten für j, 3. B. gihe, gihst, giht
von jehan; biüegende für blüejende. — Nhd. fieht & an, in⸗ und
auslautend, vertritt dabei mitunter ein früheres h. Dal. fchlagen,
ziehen (ahd. slahan, ziohan); ja wir haben gediegen, gezogen
neben gebichen, ziehen. Abftufung bes G.in H vor X ift gleich
der des Bin ($.68.), vgl. mögen, Macht; [hlagen, Schladt;
tragen, Tracht. — Gemination ift goth. häufig, aber gg wird
fpäter ng (und fo auch goth. gefprochen), 3. B. gaggs, briggan (Gang,
bringen); ahd., mhd. und nhd. ift die Gemination felten und da mit:
unter ſchwankend, 3.8. Egge, Flagge (neben fladern), Dogge,
Roggen, flügge (neben Dode, Rocken, flüde).
nm. 1. © wechfelt landfchaftlich feine Ausfprache, wie faft Fein anderer
Busftabe Als Inlaut tönt es nach dunkeln Vocalen, auh nad r
weniger nach I, in vielen Gegenden ganz weich vom Hintergaumen ver
($. 82. Anm. 7.), nad hellen Vocalen dagegen wie j; im Auslaut in
⸗
— 44
beiden $ähen gang dem ch gleih. So tm mittleren Deutſchland; im
noͤrdlichen wechſeln landſchaftlich ſelbſt im Anlaut mindeftens vier Laute:
der reine Laut, ber tiefe Kehllaut des dh, der genannte tiefe Gaumen⸗
laut, ber Laut bes j.
Anm. 2. Einen Wechſel des alten g und j fehen wir noch in gabe, ijähe;
gäten, jäten. In Ferge und Scherge iff j ganz geihmunden,
ahd. fergo, scarjo,, miht. verge, scherge.
Anm. 3. Der Lautabftufung widerftreitet mogte für mochte. Fehler⸗
haft ift die Werkleinerungsform gen fir hen, die noch @oethe in feinen
fruͤheſten Erzeugniffen, 3. B. „Liederbuch“ (Berlin 1844) braucht.
8. 78,
K, ſtreng von allen übrigen Kehllanten unterfchieden, wird
durch das Andrüden bes hintern Theiles der Zunge an den Gaumen
hervorgebracht. — Both. ſteht k anlautend in deutſchen und ent:
lehnten Wörtern, ferner in= und auslautend, in griechiſchen Wörtern
ſowol x als x ausdrüdend. — In ahd. Handſchriften wechſeln anz,
und, ausfautend k und c; im Änlaut tritt auch noch g mit in dem
Wechſel ein (9. 77.) — Mhd. fleht k in der Regel im An und
Inlaut, c im Auslaut. — Nyd. ſteht in deutfchen Wörtern K im
Anz, In: und Auslaut, z. B. können, Elimmen, lenken, krank;
in fremden ſchwankt der Gebrauch zwifhen K und E, z.B. Punet,
Punkt; in einigen andern zwiſchen K und Ch, 5. B. Kurfürft,
Karwoche, Karfreitag und (minder gut) Churfürft, Char:
woche, Charfreitag. |
Anm. 1. In Junker ift k aus gh (Iung= Herr) entitanden, Für g
fteht Fin Kots Blig, d. i. Gottes Blitz.
Anm. 2. Gothen und Griechen hatten kein c, Roͤmer kein k, fie alle
fprachen aber c und k auf gleiche (harte) Weife vor allen VBocalen und
Bonfonanten. Später ſprachen die Lateiner c vor e, i weicher (mie unfer
ze, zi), und biefe Neigung aller romanifchen Sprachen etwa feit dem
7. Jahrh. brachte auh Schwanken in die deutfhe Sprache. Entbehren
Laßt fi im Deutfchen das c nicht, weil es zur Bildung der Afpiration ch
und der Gemination ck dient.
Anm. 3. Nhd. haben mande Schriftfteller (4. B. 3. Paul) ſtatt des lat.
©, wo es wie z lautet, tin z geſetzt, 3.8. Bäfar, fonft überall k,
z. B. Kurtius, Kafus. Dies führt jedoch zu manchen Unzutraͤglich⸗
teiten in Eigennamen, welche am beften in der fremden Schreibweife.
herübergenommen werben, ald: Cäfar, Cicero, Sophofles, Thu—
kydides. — In andern fremden Wörtern fchreibt man bei eingebürger⸗
ten je nach ber Ausſprache k oder c, z. B. Kalender, Ceremonie,
bei andern lat. mit der harten Ausfprache c, bei griech. k, z. B. Punct,
Declination, Conjugation. Am Auslaut fteht immer k, z. B.
Phyſik, Republik. — Da die frühere Regel einmal verjcherzt ift, fo
ſchriebe man wol am einfachiten bei harter Ausfprache überall [die Eigen⸗
namen ausgenommen) $, bei weicher c.
$. 79.
CH, eigentlich eine Afpiration des Kehllauts, ſteht anlautend in
fisengastgochdeutichen, beſonders frankifchen Denkmaͤlern, wich dann
. ‘ ,
— —— “ U 2
[3
in der Farolingifchen Zeit dem h; inlautend entfpricht ahd. ch (ofte
auch hh gefchrieben) dem goth. Inlaut k; in Auslaut wird immer h
efchrieben. — Myhd. fteht an:, in= und auslautend ch, fällt aber im
uslaut, wenn es für h fleht, oft weg. — Im 15.— 16. Jahrh.
ſteht Ch häufig für Gund 9, 3. B. traͤchet, ziecht, ficht (trägt,
zieht, fieht); auch für ck, z. B. gebachen. Nhd. ſteht Ch anlautend
nur in fremden, in= und auslautend auch in beutfchen Wörtern, z. B.
Charakter, wachen, doch. Nach kurzen Vocalen vor X geht H
in Eh über (vgl. $. 68. 77.), 2 DB. fliehen, Fluchtz ziehen,
Zudt; feben, Gefiht; gefhehen,- Gefhichte. Für das frühere
ht und hs ſteht nun Cht, Chs, z.B. Naht, Wachs (ahd. naht, wahs).
Anm. 1. Die Schreibweife Karakter ıc. wirft griech. z und x durch
einander.
Anm. 2. Die mhd. Formen sach, geschach haben ſich wieder in fah,
geſchah verwandelt; body) ift nicht bei allen Rüdwanddung eingetreten;
wir fchreiben hoch, höher, höchſt; ſchmähen, Schmach; nad,
nahe, nädfl.
—8 3. Fi 5 chlucht und Richte ſtehtſch nach niederdeutſcher Welfe
für f; in Hoffahrt (neben hochfahrend) iſt ch dem f aſſimiliert; in
Hochzeit (ahd. höhgertt) hat o ſeine frühere Länge verloren.
$. 80.
GE ift Semination für FE und ſteht nhd. in- und auslautend
nach Eurzem Vocal, im 16.— 17. Jahrh. faft durchgängig für in:
‚und auslautendes k, ck nad) Vocalen und Eonfonaaten. — Altnorbifch
und goth. fleht kk, ahd. nach den verfchiedenen Dentmälern fchwan-
kend cch, ck, ce, kk, mhd. cch und ck, felten kk.
Anm. In fremden Wörtern ift nach kurzem Vocal EP zu meiden: Php:
fit, Katholik, nicht Phyſick, Katholid,
8. 81.
J (j0d), der weichſte Kehllaut, vermittelt hier ben Übergang aus
"dee Meihe ber Vocale in die Reihe der Conſonanten. Goth. fteht j
nur anlantend vor einem Vocal, nie auslautend; inlautend in der
Flexion vor Bocalen. Abb. fteht j anlautend nur in wenigen Woͤt⸗
tern; flatt feiner vor € und i bei Kero, Otfried und Zatian g ($. 77.);
inlautend gebührt j den Altern an das Both. ftreifenden Flexions⸗
endungen, die es bald nachher ausſtoßen, z. B. gröjjiu, nennjan,
hörjan. Mhd. fleht j an: und inlautend, nie auslautend; nhd. nur
anlautend, 3. B. jagen, Sahr, jener, Joch, jung. |
Anm. 1. Das mhd. mlautende j wirb ndd. oft h, oder fällt gang aus,
z. B. nähen, krähen, drehen, wehen, glüähen, blühen,
brühen, fäen, mhd. nejen, krejen, drajen, wæejen, glüejen, blüejen,
brüejen, sejen.
Anm. 2. Unorganiſch ift j in je und jest (9.44) Immer fleht für
iemer (ahd. iomer, mbd. iemer) d. h. jesmehr.
Anm. 3. Die Freiheit Lilje für Lilie ift ein Mißbrauch, erinnert jeboch
an das mbb. lilge. Bgl. $. 77, Ann. 2,
— 46 —
$. 82.
H, ein weicher Haudjlaut, ſteht goth. an⸗, inz und auslautend.
Ahd. ift im Anlaut ein doppelte h zu unterfcheiden: eine echte, in
die Lautverfehlebung gar nicht fallende Spirans, die keine Veraͤnde⸗
rung in ch oder g erleidet, aber zumeilen wegfällt, 3. B. Hermanfrid,
Hercanbert und Irminfrid, Ercanbert, und ein aus fraͤnkiſchem ch ent:
flandenes h ($. 79.); in: und auslautend iſt ebenfalls Mifchung
zweier h (goth. h, k) eingetreten, weshalb inlautend nach Eurzem
Vocal zumeilen hh oder ch (79.) dafür fleht. — Mhd. fleht h anz,
in- und auslautend, fo auch nhd. Statt des mhd. ch ($. 79.) ift 9
wieder hergeftellt in den Auslauten fah, gefhah; für j in nähen,
‚ blühen u. a. ($.81.); auch für w in roh, froh, ruhen, drohen!),
wogegen e8 mit Unrecht in ſcheuen (mhd. schiuwen. und schiuhen)
verbannt iſt, da doch ſcheuchen beibehalten wurde. In den früher
ſchwankenden Wörtern früh, Kuh fleht nun H feft?). In den Aus:
lauten feh (buntfarbig), loh, Vieh, Schup, weih (in Weihnad):
ten) ſtand fhon goth. h?), ebenfo in den Inlauten fehen, fahen,
ziehen u. In Muhme und Weihert) ift H wol durch Zuſam⸗
menklemmung der früheren Formen hereingebradht. — Als Deb:
nungszeichen, feit dem 16. Sahrh., vielleicht ſchon etwas früher
bier und da, auch in der erflen Hälfte des 16. Jahrh. nicht von allen
Schriftſtellern angewandt, ift H in unzähligen Wörtern nach allen
Vocalen eingetreten ($. 24.), von denen auch fchon mehrere wieder
ohne H gefchrieben werden. Nicht als Dehnungszeichen, fondern ur:
fprünglic darin erfcheinend und darum nicht auszuftoßen fleht H in:
Fehde, Mahl (Gerichtsmahl), Gemahl, Stahl, Befehl, Buͤhl,
nachahmen, Böhmen, Ahne, Lahn, lehnen, erwähnen, Ähre,
Mähre, Zähre, Foͤhre, Möhre>). Der Ableitungsvocal ift aus:
gefallen, bei einigen find noch andere Kürzungen eingetreten, bei eini⸗
gen ift das H aus feiner urfprünglihen Stelle gerüdt. — Hoheit
läßt immer, Roheit, Rauheit zumeilen das H weg, das ihnen ge:
bührte. Abftufung des H in Ch (gleich der des Bin F, © in Ch
$. 68. 77.) fehen wir in Geſicht, Geſchichte von fehen, ge=
fhehen ($. 79.).
“Anm. 1. Ahd. raw (rou), fraw (fr6), raäwen (ruowjan), drawjan; mhd. ra
(Gen. räwes) , vrö (®en. vrouwes) , ruowen,, dröuwen (dröun, drön).
Anm. 2. Ahd. fruoh u. fruh, chua (Pl. chuawi, choi); mhd. vruo, vruowe
(u. vrüeje),, kuo (Pl. wüeje u, küege).
Anm. 3, Goth. fäihus, läuhs, faihu, sköh, veihs; ahd. feh, 16h? (vgl.
löhjan = Flammen, löhazan = blißen), fihu, scuoh, wih; mhd. vech
(Sen. vehes) , 16h? (vgl. löhe = Lohe, Flamme, löhen — lohen, glühen,
leuchten), vihe, schuoch (®en. schuohes), wich (Gen. wihes).
Anm. 4. Ahd. muoma, wiwäri (u. wiarſ); mhd. muome, wiwsre (wiher),
lat. vivarium.
Anm. 5. Abd. fehida, mahal, kimahal, stahal, puhil (goth. ahma — &eift),
Behema, akana (goth, ahana), Loganaha, lehanon, kiwahanen, ahar (abir),
— 41 —
meriha (u. marah), 2abar (zabir), foraha, moraha (morha); mihb. vebede,
mal, gemahel, stahel, bevälch (Gen. bevelhes, von bivelehen, ahd. pife-
lahan), bühel, agene, lehnen, wahenen (u. wahen), aher (eher), merhe,
zaher, vorhe, morhe.
Anm. 6. Nicht mehr allgemein üblih ift Mahlfchloß (mhd. malhen
slög — Kaftenfchloß). Der erfte Theil bes Wortes ift erhalten in bem
entftellten Mallepoft.
Anm. 7. In manchen Gegenden Süddeutfchlands und Weftfalens wird
hinter dem g, E, ck noch ein vernehmbarer Hauch gefprochen ($. 77.), in
früherer Zeit auch gefchrieben, z. 3. fehr oft in den Translationen
des Nikolaus von Wile (wol 1478) und im Theuerdank, 5.3. Bergh,
Rockh, verſteckhen. Vgl. noch die niebercheinifch = weftfälifchen Lieder
in Uhlands Sammlung ber beutfchen Volkslieder, und die Bemers
tungen Schmellers in den Dundarten Bayerns Nr. 515 — 517.
$. 83.
Q, ftets in Verbindung mit U und zufammen wie Pin gefpro-
hen, im 17. Jahrh. bei Lohenſtein auch kw gefchrieben, finder ſich
goth., ahd., mhd. und nhd.. aber überall nicht zahlreich und nur im
Anlaut: Quirl, Quelle, quid.
Anm. 1. Wir haben übrigens nhd. in manchen Wörtern qu, in bemen
früher diefer Buchftabe nicht fand, dagegen fegen wir zuweilen E flatt
bes frühern qu, vgl. Qualm (ahd. mhd. walm), Quitte (ahd. chut-
tina, mhd. quette). Man beachte noh: Quelle und Welle; ahd.
quödan (fagen) und kodern; ahd. quäman und Fommen, dagegen
bequem (ahd. piquami). — Die fremden Quader, Qualität,
Quinte ꝛc. kommen bier nicht in Betracht. Nähere Beachtung verdient
der Übergang in 3 in Zwetſche, 3wetſchke, Quetſche (vielleicht
aus Quitfche von Quitte) und quer neben Zwerch (ahd. twer,
dwerch, mhd. twer, twerch, dwörch, quert, quärch).
Anm. 1. Grimm und Bopp erklären qu = kw für einen Doppellaut,
Sraff erklärt q, qu für eine mehr den Gaumen s als Kehliauten anges’
hörige einfache Zenuis mit labialer wehender Afpiration.
$. 84. ’
XR, ein Doppelbuchftabe, hat mit gs, chs, ks, As gleichen
Laut, wird jedoch nur Im In: und Auslaut fremder Wörter gebraucht,
felten und ſchwankend in eigentlich deutfchen: Zare, Text, Borar,
Storar, lar, Art, Here.
Anm. Einige wollen x gang verbannen, darum fhwanten Buchs baum
und Burbaum, Fachſen und Karen, Achſe und Are, Eidechſe
und Eidere u.a. Hexe ift ahd. hazus, hazusa, verfürgt aus hagazus,
hagazusa , angelf. hägtesse, mhd. hegæse, hexse, hecse.
$. 85.
Als Verbindungen ber Gaumenbuchſtaben mit andern Gonfos
nanten Eennt die goth. Sprache im Anlaut: gl, gr; kl, kn, kr; hl,
hr, hy; qv; im Inlaut: gl, gn, gr, gv; kl, kn, kr; qv; ggv, ggkz
gqv; hm, hn, hs, ht, hv. Die ahd. Sprache hat im Anlaut: gl, gr;
— 49 —
‚ki, ka, kr; chl; bl, ha, hr, hv; qv; im Is und Auslaut: he, ht.
Die mhd. Sprache hat im Anlaut: gl, gn, gr; kl, kn, kr; qv; im
In- und Auslaut: hs, ht (chs, cht). — Die nhd. Sprache hat im
Anlaut: gl, en, gr, qu; 8, En, Er; Stud, Gnade, Grab,
Quelle; Klage, Knabe, Kraft; im In: und Auslaut gd, chs,
At: Magd, Mägde; Flachs, flaͤchſen; Wide, Fuchs; Acht,
Hecht, Licht, Docht, Zucht; achten, flechten, Fichten, moch⸗
ten, fruchten. \
Anm. Durch Ausfloßung bes Bilbungs= und Compofitionsvocals treten
noch andere Gonfonanten an einander, z. B,rvehnen, lechzen.
Miertes ECapitel.
Zahn- oder Zungenbudftaben.
(d, t, th, ſ,s, ß, 3, 8.)
8. 86.
Bon der Ausſprache des weicheren D und des haͤrteren X gilt
das uͤber B und P ($. 67.) Geſagte. Eine genaue Ausſprache wird
. Dattel und Tadel, Deich und Zeich, Dieb und tirf, Dorfund
Torf, Durft und Turſt (der wilde Jäger) unterfcheiden; weniger
fharf Drang und Trank, drüden und troden, Rad und Rath,
Stied und Gebiet.
$. 87,
D fteht goth. an⸗, in: und auslautend; ahd. zeigt fih nach den
einzelnen Denktmälern großes Schwanken zwifchen d und t. Die
Anatogie der Rippen» und Gaumbuchſtaben b und g ($. 68. 77.) ift
bier nicht ducchgedrungen!). Mhd. gilt d in der Regel nur im An:
und Inlaut, und wird im Auslaut durch t vertreten?). Nhd. ſteht
D oan:, in- und auslautend, 3. B. Dieb, beide, Schaden, Bad,
Lied. Nah kurzem gefchärftem Vocal tritt flatt D öfter TE ein,
z. B. fhneiden, leiden, fieden, fohnitt, litt, fott?). Gemi-
nation (DD) findet fi goth., ahd. und nhd. felten (md. gar nicht),
3. B. Widder, Kladde, Troddel. Die Verbindung Dt wird regel:
mäßig nur dann gebraucht, wenn fie aus Det zufammengezogen ift,
z. B. gefande!) Ein Schwanten zwifhen D und % zeigt fi in
einigen Wörtern, 3. B. Brod, Brot; Dinte, Tinte; deutſch,
teutfdh). |
Anm. 1. Im Ganzen entfpricht inlautend dem goth. d Otfrieds d, Ta⸗
tions und Keros t, Notkers t, d; dem goth. ih Otfrieds und Tatians th,
x Kerod d, Notkers t, d; in= und auslautenb dem goth. d ahd. t, bem
goth. th ahd. d. Iſidor fegt t nie im Anlaut, felten im Inlaut, häufiger
im Auslaut, d an= und inlautend, feltner auslautend; fein d ift überall
das alte d, nur daß er im Auslauf t dafür fest, z. B. wort, wordes,
nicht aben wenn t für Das alte ih ficht, 3. IB. got, gotes.
— % |
J 133 Red a Apr nimmt nicht felten bie Stelle von iein, nament⸗
acher Verba nad) Kiquida, z. B. mande. Im Anlaut
BR Ai vor w öfters d ſtatt des ſpaͤter Häufigeren t erhalten, 3. 8. dwanc,
——
"Anm, 3. Dieſe Anomalie zeigt fſich ſchon ahd. und mhd.
Anm. 4. Über geſandt, gewandt ꝛc. f. F. 190. Fühlbar 1) Mrie
find uns beredt und berebet. — Geſcheid (mhd. geschtde) iſt rich⸗
tiger als geſcheidt, geſcheut (dgl. gelenk). — Erndte; Schwerdt,
Fſchreibt man richtiger Ernte, Schwert (Emhd. ernet, swert). n
Stadt wollte man ben Unterfhieb von Statt durch die Schreibung
hervorheben, fo auch in tobt und Tod. Todt (goth. däuhts, ahd.
mb. töt) iſt eigentlich bas Partic. Präter. von goth. divan, ah, !öuuan
u, tOuujan, mhd. töuwen = ableben, wirb aber nur adjectivifch RAR
"Fat: 5. Brot wol richtiger als Brod, ahd. pröt, mhb. brot, altf,
„ bitid, angelf, breod, engl. bread, altn. braad, achört wahrſcheimich zu
oh bhausn. — Deutfd ift richtiger ale teutfc.. . bie Berrede.
... 1 Gramm, I, 2. — Dinte und Tinte (fchon Ai dincta ‚gab tinctz,
jedoch ohne unterſchied der Bedeutung) ſind nun, wenn auch nicht allge⸗
mein, nach ber Bedeutung unterſchieden: Dinte sum Schreiben, Tinte
2. dm Farbengebung.
Anm. 6.. Singelne Mundarten begümfligen. bie Eyncope bes inlontenben
„A, namentlich bie franzöfiiche und nieberländifche, 3, B. (nieberländifrh)
pian (der Blätter), befin (beladen), var (Vater), schauw (Schatten),
& (edel), be (Bitten), bö (Bote), lien (Laute) für bladen, beladen,
vader,, schaduw, edel, hede, bede, lieden. — Eine Menge lat. terweich⸗
.: ten, Rh in roman, d und ſchwanden bann im Franzbſ. gaͤnzlich; man wird
* ſichrer dazu bie ital. oder ſpan. Form, als die lat. halten, & B. pere,
sı..zmöre, frère, roir, eroire, rire, proie, soie, seif, louer, muer ; ital. padro,
. maälre ‚.fratre ‚ vedere, credere,, ridere ,.preta x seta , sehe, lodare, matare.
Vedere, credere, ridere, lodare lauten auf fpan, ver, creer,-reir, loar, u. seta,
.. , .sete bereit seda, sed, woraus ſich die. franz. Tilgun begreift: Zuwellen
: fäut bie Lingualis: nit weg, fondern affimiliert eh. dem folgenden r,
©; 8,.parrein fpaw. padrino, marraine fpan. madrina, pierre fpan. piedra.
a2 Hieraus laͤßt fich: vieleicht der Übergang des d, t, tt ine, re im
„ .„meittelehein." und. untermainifchen Volksdialect erklären ($. 64. Anm. 7.),
5 so nicht immer ein im Wort. Bgl. auch Schmeller: bie Mund⸗
vn arten Bayerns Nr, 442, 673,
8. 88.
.. & fteht goth. ans, in: und auslautend. Das Verhaͤltniß von t
aim Ahd. und Mh. ergibt fich aus $. 87. Nhid. ſteht & im
An⸗/ In: und Auslaut. Für D ſteht es in den nicht mehr gefühlten.
Participien eigentlich, flehentlich, hoffentlich, vermeffent-
ich, wefentlich, wiſſentlich); in gefliffentlich, gelegent=.
lich, verſchiedentlich, oͤffentlich, namentlich, ordentlich,
wöchentlich iſt Taus Nachgiebigkeit gegen die gefuͤge Verbindung
des Ymte N eingetreten. Eingeſchoben iſt T ferner in: meinet⸗
deinet⸗, ſeinetwegen (zhalb, =haben, ⸗halber); allenthalben,
and ershalb, entzwei, entgegen .u..9.; angeſchoben in; Obſt,
Drebigt. 2. a..; Bemination (RR) findet ſich im In⸗ und Arciaut:
Bon, {pesten®), “
Schrein Grammatik. I. 1, 4
nn
— 40 —
Anm. gr das — Kö) gas WO zu fallen: ee vermöganlich,
piꝑganſich. e whb, Form begegnet uns noch in HB tbeubihen Giften
Be 18.17, Ya 8 — offenlich, orbenlich, vers
gebenlich, hoffenlich, vermeſſenlich.
Anm. 2. Die Lusſprache und ſomit auch bie Schreibung iſt ſchwankend
in Bret und Brett (ahb. pri, kiprätta, mhd. brẽt m, brẽue
Kaum. 3. Sn latein, Wörtern Sprechen wie ti por sinem Vocal wie zi:
Soratiys; daher vie Khngung Horaz Yriflofratie, Demos
Tratie, Diplomafie, die nach griech, Form gebildet find, ſchwankt
bie Ausſprache zwiſchen li und zi.
8. 3. '
V fleht goth. anz, in⸗ und auslautend. Idm entſpricht hoch⸗
deutſch d, das aher ahd. und mhd. hier und da, fraͤnkiſch an⸗ und
inlautent mit ih ausgedruͤckt wird, z. DB. gech. tiuda, fruͤnk. theuda,
ahd. diota, mhd. diet = Wort, Rhd. iſt Th wieder zum Vorſchein
ind im Ühermaf zur Anwendung gelommen, und zwar ans, Inz und
auslautend. Es ift nhd. weder in Ausfprache nach Abkunft ber ges
hauchte Kaut zu X, fondeen gilt als bleßes TI). Die wahrſcheinllche
Urſache dieſes tadelhaften Th HE wol, daß ein behnendes D feine Stelle
gewechſelt hat und zu # getreten if), In neueſter Zeit zeigt fich
tin Straben, das einfache T wieder zurüdzuführen 9).
AInm. 4. Zus Unterſcheidung ſol ch dienen in Shan uud Tom, Thau
und Zaun. Inden Ableitungen Armut, Heimat, unb in dem frem⸗
ben Partei jhreibt man ebenfalls heſſer einfaches 4. Das Schwan⸗
kendo geigt recht in gut, Muth, goth. gate, mods, abb, kuot,
mauot, mhzd. gut, must, + j
Sam 2. Alſo iuhn, Tahs, worms than, Thalz fa Bluͤthe (u.
Blüte) von Hlähen, Drebt und Rah (aud mei Drath und
ath) ae drehen und nähen. Go finden fih in Mädern bes
1], FSahrh. Ehen, whe, jhener, Ipün, MI, Mhu, Rhum,
Aufrhur, frbu, fhur, gewhönlich, Jhar, ghen, khlein u. a.
Anm. 3. GG mich freilich wech einige Itat Koften, bie ſich unſer Auge an
Rat, Zat, Zier, Träne, At, Reihbtum, int, Wut,
Miete, Not, rot u. a. gewöhnt hat.
$. 90.
SL, im Auslaut 6 geſchrieben), ein einfacher heller Saufelaut,
der mit einem Anfloßen der Zunge vorn an die Zähne und mit einem-
zifhenden Laut ausgefprochen wird, ſteht goth. an=, In: und auslau⸗
tend. Im Ins, noch mehr im Auslaut geht allmälih s in anhers
Buchladen, namentlih r und z über ($. 64.) — Ahd., mhb. und
hd. fleht S im Anz, In: und Auslaut. Die Gemination wich
inlautend ſſ, auslautend ſs (ß) gefchrieben, 3. B. Kreffe, Eſſe,
Roß (Rofs), |
Anm. 1, Die Schrefbweife lösſt, Liest, erldst für Löft, Liekt,
erloͤſt hat aechte für fi; denn man wird 1bſt eben fo wenig mit
Sg a, ala Tchabt mit Zurgem a prechen. Wal $. 23. Anm. 3, -
Anm. 2. Erbfe, emfig, Ameife, Gemfe, Samstag, Bisig
=
— Ho —
Luis, Bere, Brink, Gornaie, Kürbis, Arebe, Kretis, ans,
Sie, Jeih, Et, weisfagen, yarwelfen MWätbch mas ber
hen Sprache richtiger mit @ geſchrirben. Ganz verwerflich ift $ in
Mans (fast Map), Sthobe (far Sag), —* (fat bloß).
Ahd. lauten dieſe Woͤrter araweiz, emajic, ameija, ‚gamz, #ämtlajdag,
pinuz, hlöz, geiz, kriog, hornuz, churpiz, chrepiz, kreiz, 03, biz, feizit,
&jich, wizagon, farwizan, mäzd, scöd (mhb. bloy). Die unterſcheidung
u Beimworts bloß unb des Abverbiums blos wil nichts heißen. —
. i# in biefem nhb. in= und auslautenden f (3) für dad abe
* mung ber Sautverfhiebung, per gleich bar jener 8 m fich ſtatt der
| Itata Ph umb ch —* fund h entfaltet eten. Bst. 6.7
3. Wie unterfcheidung bon der Geißel ind sie Bi el, bdet
Ve en Geiſel und die Seißel iſt zu vetwerfen und in beiden Wöorr
teen | gu ſchaeiben (ahd, bie geisila, ber gisal, wihb- bis gäisel, ber Nisel).
Anm. 4 Das fremde Preis (gunächk aus ver franz. pris, vom latein.
pretium) wird minder gut Preiß gefchriebe
Zum. 5: Die Bübungen mit -nib kann Mmah dad) -nte ſchreiben nach
Analogie bir Bildungen auf -Ini Königin, Königinnen; Hins
dernie, Hinderniſſe.
8. 91.
Der Ziſchlaut hat zwei Stufen, z (2) und 8 (2). Beide find
Afpication von T, jenes Älter und härter gefprochen ts, dieſes jünger
und weicher gefprochen as, z in dera Sinn bes griech. &, goth. 2, nicht
in dem das hochd. z, weil dann za bie falfche Ausſprache us gäbe,
während die richtige das verlangte.
Anni. Im Grunde muß z als ein Zriphthong (Dreilaut) und etwas härter
als dus goth. 2 ober griech. £ (ds, ds) dettachtet werden.
$. 9.
3 (27 che ahd. anlautend; im In: und Aucaut dankt, wenſt
AAne viquida vorängeht, z. B. Barz, hörza, alſo eigentlich nur in den
Sehen Iz, im, ra, ober wenn es einem fruͤheren gemiinlerten t (IE)
mtſpricht, 4. B . acanes (goth. shatis), do dann ſtets einfachet
Mocal vorausgehen muß Z und 3 koͤnnen in denſelben Wörtern na
Umſtaͤndan der Flexton wechſeln, z. B. dizan, 3, säzun1). — Mhd
Geht 2 ana, is und auslautend durchgaͤngig und haͤnfig in der Ver⸗
hisbentg. iz, wu, vz. Mach kurzen Wocaten ſteht z in der Regel mitt
augslauteid, gebt inlautend in tw (ſtate 22) Über; nach langen Vocalen
iſt tz unmöglich (wie ans gletchen Grund Pr und), am u if
höchft felten. Statt der Gemination (ahd. zz) tritt mhd. inlautend,
zuweilen auch auslautend tz ein, z. B. schaz, schatz, Gen. schatzes 2).
— Nyhd. fleht 3 an-, in: und auslautend; nad Furzen Vocalen fteht
in: und auslautend 8. Das tz naͤch I, m, r, wie ed im 15.— 17.
Zube). faft bucchgängig in Gebrauch mar, ift wieder aufgegeben.
atlon (39 wird —* burch tz ausgedruͤckt. Die Verbindung
z vertritt Ya bee bret frühere Formen 9).
—* 2. ßeſtge, ſaß. Unorganife (öreibeh wie beizen,
: Neiglen, Velen, en mihd. keiten, breitet‘, ehe:
el —
Anm. 3. In fünfzig, zwanzig (mhb. fünfsie, zweinzic) ift z kein
wahrer Sulaut. In breißig (mh. drigec) ift ſchon frühe ß eingetreten.
Anm 3 3.8. zwei, zwingen, Zwerch, ahd. zutne, dwingan,
(twingan), dwörch; mhb. zwene, zwingen (nod) ſchweiz. Twing), twärch,
dwörch.
8. 93.
Ahd. ſteht 3 (6) ins und auslautend, wenn ber Bifchlaut bei
vorausgehendem einfachen oder doppeltem Vocal einem früheren eins
fachen t entfpricht, 3. B. ſuoz, fuozes, wazar, goth. fötus, vato. Mhd.
ſteht 3 in und auslautend, nach Confonanten feltner und zwar un=
arganifc durch Ausftoßung eines Vocals, nad) Vocalen häufig; nad
langem Vocal fteht in: und auslautend 3, nie 33, nach- kurzem aus:
lautend 3, inlautend 33, 3. B. hirz (flatt hire3); a3, ä3en; beiz, bizzen;
gruoz, grüegen, — Nhd. herrfcht feit lange großes Schwanten, indem
man $ und ſs (d. i. den mweicheren Zifchlaut und den verboppelten
heilen Saufelaut) im Auslaut duch Ein Zeichen ($), im Inlaut
bald durch ſz bald duch ff ausdrüdte. Die Gemination des $ (Bf)
ift und nicht gebrauhlih. Man betrachtete allmaͤlich ſz als Verdop⸗
pelung und legte ihm tie anderen Verboppelungen Vocalverkürzung
bei, und wandelte lägen, müezen in Laffen, müffen, doch nicht in allen
Mörtern, 5. B. Fuß, grüßen. Es gilt nhd. die (falfche) Regel: aus:
lautend fteht B, inlautend zwifchen zwei Vocalen, deren erfter Eurz ift,
ſſ, fonft B, z. B. Roß, Stoß, Roffes, Fluſſes, Grußes, läßt.
— Da wir der wirklichen ff (f8) verhältnigmäßig nur wenige haben,
die theils deutfch, theils fremd find, etwa: Affel, Bafs, Bläffe,
braffen, beffen, Effe, gewifs, Heffen, aufhiſſen, Yurifs,
Kiffen (beſſer Küffen), Kufs, Kafferotle, Kreffe, Maſſe,
Meſſe, Meffing, mils (Mifferhat), miffen, -nifs, paffen,
piffen, Poffe, praffen, preffen, Rofe, weffen und die gerabezu
entiehnten Adreffe, Caſſe, Chauffee, Claſſe, Compreſs, Con:
grefs, Stoffe, Intereffe, Kareffe, Karoffe, Koloſs, Mätreffe,
Paſſion, Procefs, Profeffor, Zaffe; fo [hriebe man am: beften
diefe mit ff (f8), die Übrigen aber, denen früher 3 ober 33 zukommt,
mit $, und überliefie der Betonung bie richtige Ausfprace, die j ja auch
Fuß und Fluß, goß und groß unterſcheidet.
8. 94.
Die wichtigſten Lingualverbindungen find anlautend goth. tr, tv;
dr, dv; ihl, thr, ihv; sk, sl, sm, sn, sp, spr, str, sv; ahd. tr, tv (tu);
dr, dv, (du); zv (zu); sl, sm, sn, sc (sch), scr, sp, spr, st, str,
sv (u); mhd. tw; dr, dw; zw; sl, sm, sn, sp, spr, st, str, sw (felten),
sch, schr; nhb. tr; dr; zo; ſch/ (el, fh, ſchu, ſchr, ip, fpr, °
ft, ftr; in: und auslantend goth. il, trz thl, tkm, ihr; sl,:sk, sn,
— 1z3 —
sqv, st; zd, zg, zu, zv; ahb. sk, sp, st; mbb. sch, tisch (ſelten), sp,
sw, st; nhd. DE, tſch, ft, %
Einzelne -Bemerfungen über die Gonfonanten.
a) Wegmwerfung von Eonfonanten.
$. 9.
Die Sprache ändert, außer dem bei dem Vocalismus Gefagten.
unb dem bei der Declination und Conjugation zu Erwähnenden, auch.
vielfach durch Wegwerfung .einzelner Confonanten in Wurzel und.
Endung. Hauptfähle. find:
4) Wegwerfung des anlautenden h (Aphaͤreſe) $. 58.
2) Wegwerfung des Inlautes (Zuſammenziehung). Dieſe iſt haͤufig
und manigfaltig; beſonders zu beachten:
a) Ausſtoß eines Conſonanten, und zwar ſowol eines bei einem
Vocal ſtehenden: sol für scal; ſollen neben ſchuldig,
als zwifchen zwei Vocalen: Reinhard aus Reginhart;;
b) Ausfloß eines Voeals und Gonfonanten, vielleicht nicht
gleichzeitig, fondeen Übergangsmeife: goth. säivala, ahd.
seula, mbd. sele, Seele.
3) Wegwerfung des. Auslauts (Apokope). Bier ift das wegge⸗
worfene t von der 3. Perſon PL. zu beachten: ſagen aus
sagent, und das der Volksſprache (früher in manchen Kormen
auch der Schriftfprache) angehörige Wegwerfen bes m im In⸗
finitiv und Plural: babe für haben.
4) Wegwerfung zwifchen zufammengefegten Wörtern: Steg:
mund, Abdelbert, Albert aus Sigismunt, Adalböraht.
b) Zautabftufung.
8. 96.
Der Wechſel der Conſonanten iſt vielfach durch ihre Stellung
bedingt ($. 59.). Anlaut hält die Stufen jedes Organs am reinſten
und treueſten, Inlaut ift geneigt es zu erweichen, Auslaut zu erhär«
ten.. Gonfonantwechfel wird in der Regel durch anftoßende Conſo⸗
nanten, zumellen auch durch Vocale bewirkt. Bei der beutfchen Con:
ſonantverſtufung müffen Inlaut und Auslaut gefondert werben von
dem Anlaut. Der Inlaut huͤtet, wenn nicht andere Confonanzen
anrühren, die echte Korm, der Auslaut pflegt fie aber häufig aufzu⸗
geben. Diefer Wechfel betrifft bloß die Media (b, d, 9). Über den
Übergang. des B in & vgl.'$. 68.5 des G in CH $. 77.5 des Hin Ch
$. 82.5 des Din $. 87.
__- — — —
— — 5% —
e) Lautverſchiebung.
$. 97.
Bei der Gefchichte der Bildung aller Sprachen darf die ber
Völker ſelbſt nienrald außer Acht gelafien werden: beide üben unbe⸗
ftreitbaren Einfluß auf einander. Seit dem Schluß dee erften Jahrh.
hatte fich die Ohnmacht bes römifchen Reiches, wenn auch feine
Flamme einigemal noch aufleuchtete, entfchieden, und in den unbe
fiegbaren Germanen war das Gefühl ihres unaufhaltfamen Bor:
ruͤckens in alle Theile wen Europa immer wacher geworden; jest
euhob fich ſtatt des langfawmen umb verweilenden Zuge, den fir von
Afien ber unvordenkliche Jahrhunderte hindurch eingehaften battem,
ein vafcherer Sturm, den die Gefchichte vorzugsweiſe Voͤlkerwande⸗
rung nennt. Nur die wenisflen Stämme blieben In Ihrem Sie
haften. Win’ follte es anders. fein, als daß ein fo heftige Aufbruch
bed Volkes nicht auch feine Sprache orregt hätte, ſie zugloich aus her:
gebaochte Fuge rieckend und —
988.
Es iſt anzunehmen, daß Lautftufen in den urverwandten
Woͤrtern unſerer Schwefterfpzachen (F. 1. Anm) ſich gleichmaͤßig er:
halten; die deutſche Sprache tritt in der Zeit von den andern ab und
geht fuͤr ſich, ja fie gruͤndet unter ihren eignen Stämmen weſentliche
Unterſchiede, die mir Lautverſchiebung nennen. Das Geſeht lautet:
Die Media jedes. deu dret Organe gebt über in Tennis, die Tenuis in
Aſnirata und die Afpirata wioder in Media.
4. 90.
Diefe dreifache Verſchiebung erfolgte aber nicht zu gleicher Zeit.
Unter-den ofldeutfhen Stämmen begann die (goth.) Lautverfchiebung
ungefähr im der zweiten Hälfte des arſten Jahrhunderts einzureißen,
und fegte fich im zweiten und britten feſt. Weftlich Vorgedrungnen
"könnte fie aber fchon früher eingetretem fein, und darum reifte fie dort
zu einer neun (bay althochd.) Stufa hesan, deren Beginw ſchwerer zu
baſtimmen fällt, kaum nor dem fünften Sinhrhunbert angunchmen If
Im fiebenten Jahrhundert ſchaint auch dieſe entfaltetz doch haͤngen im
achten, neunten Jahrhundert fortwährend ginzelne Woͤrger ber: erſten
Verfchlehnnug an. Neue Zeityamcte hildet das Eintreten dee whb, wuabı
nhd. Sprachforman ($. 6 f.); doch zerfällt die Ragalmaßſgkeit immer
mahr, je näher wir ber Gegenwart ruͤcen.
5. 1.
Nur die ſtumman Gonfsaanten, unterliegen bem —2
Lautverſchiebung. Dieſe waltet am ſtaͤrkſten im Arnanc, di h. dem.
— 88 —
empfindlichſten Theil der Wurzel, der Ihre Eigenheit vorzuͤglich bes
gruͤndet; am auffallendſten wirkt fie, werrn fie außer dem Anlaut auch
in⸗ und auslautend wahrgenommen wird. Das Lautverſchiebungs⸗
gefeg Hilft wilbe Erpmologie bändigen, und iſt für fie zum Pruͤfſtein
geworden,
Anm. Steht z.B. die Muta eines urvetwandten Worte zu dem deutfchen
auf unrechter Stufe, To entſpringt Verdacht gegen ihre Verleihung;
flimmen .beibe völlig, fo iſt ihre Verwandtſchaft fogar abzuichken,, ober
wirklihe Entlehnung anzunehmen, 4. B. lat. calidus und goth. kalds
(kalt) find einander allzu gleih, um verwandt zu feinen, ober griech.
Bowtds deutfh Brot; katdı gehört zu lat. gelldus, Brot tft deutich
($. 87, An. 8).
$. 101.
Bei nachfolgender Tabelle iſt die griechiſche und Die ihr meift
entſprechende lateiniſche Sprache (beide als urverwandt) mit berüd:
ſichtigt. An Abweichungen fehlt es nicht, body wird die Richtigkeit
ins Allgemeinen buch die nachfolgenben zahlreichen Beifpiele dar:
Geh. of u ı“ Tr 2 $ o s
Eatein. 6 b p h(g) 8 c(g) d(f) d t
Gr te rk dr th
Strengahd. p ph fi k ch h N s d
Aber: aul. b ph $ g ch. h d x dh
inl. $ v e kb h d zs (3) dh
up eh bb dt zs (3) dh
Otfried: anl. b ph f ge ı h d 2 th
inl. ff e bb 5 t z,3 0
Mi hr E nı 4
Zatian: au. b hf E k bh od x th
in. b ph v g hi b t 2,3 d
aus. h ph S & h h t 3, d
Mhd.: anl. ff) g K h t 2 d
is. b f v(b) 8 ch(ch) k t 2(tz)3 d
aus. p Sf f c ch ch t- 23 t
Nhd.: an. b ifo) g h t(th) 3 d
vv—
in. ff f(G) gcch HE) bl) t(cth) FE d,t
(7. Ru ff gcchch h(ceh) t(th) 77 077 Bu 72
3) Belfptete füc den Anlaut, nad; ben Linpen:, Gaumen⸗,
Bungenlauten. Ä | .
1. b, p, ph. Diefe Gleichung mangelt tm Anlaut, und iſt nur
füe den Inlaut nachzuweiſen. Alle goth. Anlaute p, alle ah.
Anteute ph oder pf verrathen aufgenommene fremde Wörter,
welche ſich in dieſe Lucke bes deutſchen Lancihfterrs geworfen °
haben ($. 89. 70.).
— — 2—— —
— — 588 —
p,f, f, gr. zarte, lat. pater, goth. ‚fadar, ahb. fatar, mhb,
vater, nhd. Vater; gr. wodg (Trodos), lat. pes (pedis), goth.
fötus, ahd. fuoz, mhd. vuoz, nhd. Zuß; gr. mar, lat, pecu,
goth. faihu, ahd. fihu, mhd. vihe, nhd. Vieh; gr. m@los, lat.
pullus, goth. fula, ahd. folo, mhd. vole, nhd. Fohlen; gr. nAE-
xsıv, Lat. plectere (und plicare), goth. flaihtan, ahd. Nöhlan,
mhd. vlöchten, nhd. flechten.
. ph, b, p, gt. Pyyoç, lat. fagus, goth. böka, ahd. puocha,
mhd. buoche, nhd. Buche; gr. yvw, lat. fio (fuo), goth. baua,
ahd. pim, mhd. bin, nhd. bin; gr. Yeow, lat. fero, goth. balra,
ahd. piru, mhd. gebir, nhd. gebäre; gr. Yeurne, lat. frater,
goth. bröthar, ahd. pruodar, mhd. bruoder, nhd. Bruder.
. 8, k, ch, gr. yavoums (yeVoouas), lat. gusto, goth. kiusa,
ahd. chiusu, mıhd. kiuse, nhd. kiefe; gr. yo’vv, lat. genu, goth.
kniu, ahd. chniu, mhd. knie, nhd. Knie; gr. yevos, lat. genus,
goth. kuni, ahd. chunni, mhd. künne, abb. Kuni-gunde; lat:
gelidus, goth. kalds, ahd. chalt, mhd. kalt, nhd. kalt; lat. glu⸗
bere, goth. kliuban, ahd. chliopan, mhd. klieben, nhd. klieben.
. K, h, h, gr. zatawos, lat. calamus (culmus), ahd. halam, mhd.
halm, nhd. Halm) ‘gr. x0sA0'c, lat. coelum (das Gewölbe des
Himmels), goth. huls, ahd. hol, mhd. hol, nhd. hohl; gr.
xuodie, lat. cor (cordis), goth. hairto, ahd. hörza, mhb. hörze,
nhd. Herz; gr. zum», lat. canis, goth, hunds; ahd. hunt, mhd.
haat, nhd. Hund; gr. xdwvußıs, lat. cannabis, .ahd. hanaf,
mhde hanef, nhd. Hanf; ge. xeyadn, lat. caput, goch. haubith,
ahd. houpit, mhd. houbet, nhd. Haupt.
. chi; g; k, ge. z0gr0G, lat. hortus, goth. gards,. ahd. karto,
mbb. garte, nhd. Garten; lat. homo, goth. guma, ahd. komo,
mhd. briute-gome, uhd. Bräutigam ; lat. hoedus, goth. gaitei,
ahd. .kei3, mhd. geiz, nhd. Geis (flatt Geiß); gr. 29&, lat.
heri (für hesi, hesternus), goth. gistra, ahd. köstre, mhd.
gösten, nhd. geftern.
. d, t, z, gt. deix-vuus, lat. dico (indico), goth. teiha, ahd.
zeigiu, mhd. zeige, nhd. zeige; gr. dexu, lat. decem, goth.
taihun, ahd. zehan, mhd. zehen, nhd. zehn; gr. dauaw, lat.
: domo; goth. tamja, ahd. zemiu, mhd. zeme, nhd. zähme; gr.
daxpv, lat. lacryma (ftatt dacryma), goth. tagr, ahd. zahar,
mbd. zaher, nhd. Zaͤhre; gr. dvo, lat. duo, goth. tva, ahd. zuei,
mhd. zwei, nhd. zwei.
. t, th, d, gr. zo, lat. tu, goth. thu, ahd. da, mhd. da, nhd. du;
gr. Ayvos (Erü)- oa), lat. tuli (für tetuli), tol-ero, goth.
thulan, ahd. dultan, mhd. dulden, nhd. dulden; gr. zeivem,
lat. tendere, goth. thanjan, ahd. .denan, mhd. denen, nhb.
behnen; gr. zoeis, lat. tres, goth. threis, ahd. dri, mhd. dri,
BT —
nah. brei; lat. triturare, goth. thriskan, ahd. drtseam, mhb.
dröschen, nhd. drefchen.
ih, d, t, gt. Suiutoc, goth. dauthus, ahd. tod, mhd. tot, nbb.
Tod; gr. Ro (dol. Yo), lat. fora, goth. dius (diuzis), ahd. tior,
mhd. tier, nhd, Thier; gr. Ivom, lat, fores, goth. dauro, ahd.
turt, mhd. tür, nhd. Thür; gr. MRyccyo, goth. daubfar, ahd.
tohtar, mhd. tohter, nhd. Tochter.
b) Beifpiele für den In: und Autlaut, nach ben Lippen⸗,
Saumen:, Zungenlauten, wobei von der feengen Regel eher abges
wichen wird,
1.
2.
b, P, ph, gr. zawvaßıs, lat. gannabis, ahd. hanaf, mhd, hanef,
nhd. Hanf; lat. labium, ahd. leſs, mhd. läfse, uhd. Lefze (für
Leffe); ahd. lepfil. (u. leffil), mhd. lefel, nhd. Loͤffel (ſtatt Leffel) ;
lat. stabulum, ahd. staphol (u. staphil), mhò. stafel.(u. staffel),
nhd. Staffel (dazu auch Stapfe); goth. diups, ahd. tiof, mhd.
tief, nhd. tief; lat. turba (Menge), goth. thaurp, ahd. dorf,
mhd. dorf, nhd. Dorf.
p, f, f. Hier zeigt fi) großes Schwanken. Aus bem das
organifche ph vertretenden ſſchwankt die goth. Mundart in b,
die ahd., welcher hier eigentlich b angemefjen wäre, hat baflır
entweder p (nach goth..b) oder v3 geht Liquida voraus, fo fteht
immer £, wie im Anlaut. Mhd. u. nhd. ſchwanken b und f. —
Gr. Asino, goth. leiba (laif), ahd. pi-Iipu, mhd. blibe, nhd.
bliebe; fat. capio, goth. hafja, ahd. heffu, mhd. hebe, nhd.
hebe; lat. aper, ahd. Epar, mhd. eber, ahd. Eber; gr. umeg,
(at. super, goth. ufar, ahd. upar, mhd. über, nhd. Über; gr.
inte, lat. septem, goth. sibun, ahd. sipun, mhbd. siben, nbb.
fieben ; lat. nepos. ahd. n&vo, mhd. növe, nhd. Neffe; gr. .xizmwos,
ahd. mhd. hof (hoves), nhd. Hof; goth. diups, ahd. tiof,
mhd. tief, nhd. tief; an vulpes (Suche), goth. vulfs, ahd. mbb.
wolf (wolves), nhd. Wolf.
3. ph, b, p. Hier ſtehn nur gr. Woͤrter in Vergleich, da inlau⸗
tendes lat. ph oder f faft nicht vorkommt, body entſpricht einige:
mal lat. b; ahd. fleht meift p, mhd. und nhd. b. — Gr. AAeypus,
lat. elephas, goth. ulbandus, ahd. olpenta, mhb. olbente (in
ber deutfchen Sprache bedeutet das Wort mehr Kamel); gr. -
xeyparr, lat. caput, goth. haubith, ahd. houpit, mıhd. houbet,
nbd. Haupt; ge. vepsAn, lat. nebula,.goth. nibls? ahd. näpal,
mhd. nebel, nhd. Nebel; gr. ygaysır, goth. graban, ahd. kra-
pan, mhd. graben, nbd. graben. (der Anlaut ſtimmt ‚nicht) ;
Bon. silubr, ahd. silupar (silapar), mhd. silber, uhb. Silber.
4. g,k, ch, „gr. &yo, .lat. ego, goth. ik, ahd. ih, mhd. ich, nhd.
ih; gr. ereds, lat. ager, goth. akrs, ahd. achar, mhd. acker,
7
8
£ 8
— rae'r — 8 — — —
—
ab. Acker; gr. Toro'v, lat. jugum, goth. juk, ahd. joh, mhp.
joch, nhd. Joch; gr. aueAyeıv, lat. mulgere, goth. milkan,
- abd. milchen, mbb. mälchen (melken), ntb. melden meben
- Milch, goth. wilcis, ahb. mikuh, mıhd. milich (milch).
5, b, 5. Goch. h flieht für ch, ahd. h für g, welches nicht
fetten, auch ſchon im Gothiſchen erfchefne, Regel aber iſt h. —
Gr. röv, lat. pecu, goth. faihu, add. ſihu, mhb. vihe, nhd.
Vieh; lat. precari, goth. fraihnan, ahd. fragen, mhd. vragen,
nhb. fragen; lat. securis, ahd. sch, mhd. sech, nhd. Sech;
gr. dexa, lat. decem, goth. taihun, ahd. zöhan, mhd. zehen,
Inhd. zehn; lat. ducere, goth. tiuhan, ahd. ziohan, mhd. ziehen,
td. ziehen (Jucht); Eat. lux (lucis), goth. liuhath, ahd. licht,
mb. Hieht, nhd. Licht; ar. devode, fat. socer, goth. svaihra,
ahb. sußhor, mhd. sweher, uhd. Schwäher (ſtatt Schtweher) ;
gr. oxrtob, ‚bat. octo, goth. ahtau, ahd. ahtd, inhd. ahte, nhd.
acht; gr. &rus, bat. acas, goth. ahana, ahd. agana, mh. agene,
nhd. Ahne; ge. oxog, lat. oculus, goth. augb, ahb. ouga, mhd.
se. nhd. Auge; gr. ujxor, ahd. mägo, mhd. mäge, nhd.
. ch, 8 k. Das Lateinifche erfegt die mangelnde Aſpircta durch h,
%
%
ober wirft audy dies weg. — Gr. Eyes, goth. aigan, ahd. eikan,
mb. eigen, hd. eignen; ge. Askyeıv, goth. laigon, ab. lecchön,
mhb. lecken, nhd. lecken; gr. Adyos, fat. lectas, goth. ligr,
add. lekar, mbb. leger, nhb. Augerz; Iat. trahere, goth. dragan,
ahd. trakan, mihd. tragen, uhb. fragenz gr. ezen (von &reos),
geth. ögr? ahb. ogar, md. ocker, uhd. Ocker
d,t,2(3), gr. 2dew, fat. edere, gorh. item, ahb. esan, mhd.
xzzzen, nÄb. eſſen ſtart eßen); 3 ge. Feoſoa, lat. sedere, goth.
siten, ahd. siran, mhb. sitzen, nhd. ſitzen; gr. Fowo, goth.
veto, ahb. wazar, mhd. wozzer, nhd. Waffer; lat. hoedus,
goth gantei, ahd. keiʒ, mhd. geiz, nhd. Geis (ſtatt Gef); gr.
roũc (mod), lat. pes (pedis), goth. ſotus, ahd. faoʒz, mho.
vuoʒ, nhb. Fuß; ge. xorsdec, Fat. lendes, ahd. hnizi, mhb. mie,
nd. Niſſe; gr. werde, ahb. sn&lzau, mhd. smälzen, nhd.
ſchmelzen; gr. xapdie, kat. cor (cerdis), goth. hafrtö, ahd.
hörza, mhd. hörze, nhd. Herz.
t, th, de. Manche gorb. th find [don zu d, folglich ahd. d zu
1 geworden. — Pat. caput, goth. haubish, add. houpit, mhd.
hoabet, nhd. Haupt; Tat. ratio, goth. ratkjo, ahd. redia, mhd.
rede, nhd. Rede; gr. gosıne, fat. frater, geth. brötkar, ahd.
preodar, mhb. bruoder, nhd. Bruder; gr. werd, goth. milh,
ahb. miti, md. mit, nhd. mit; lat. iterum, goth. vithra, ahd.
wider, mh. wider, nhbd. wider; lat. ‚satur, geth. salhs (sadis),
adb. sat, mihb. wat, old. fatt.
%
9. th, d,t. Solcher Inlausg find nur wenige, ba ſich Feine lat.,
nur einzelne griech. Wörter darbieten. — Gr. uedv, ahb. mötu,
mhd. mite, uhd. Mech; ar. Kos, goth sidus, ahd. situ, mhd.
site, uhd. Sitte; gr. medupdc, ahd. heitar, wehb. heiter, nhbd,
heiter; gr. wsoHos, goth. mirdo, ahb. miels, miyb: miete, ahd.
Miethe.
Dritter Abſchnitt.
Sylben, Wörter, Wortarten.
Erſtes Capitel.
Sybben, Wörter,
§. 102.
Salbat), auch Sypelle), Wortglied, iſt ein articulierter (ges
gliederter) Laut, der wit Einer Hffaung des Mundes ausgeſprechm
wish, und mutweher aus einem (einfachen oder doppelten) Voeot, ader
aus einen Verbindung won Vocalen und Canſenanten beſteht, z. B.
arber, ei⸗-büg, lie-ben, ſter ben?).
Anm. 4. Das Wart euch 34. auch Silbe geſchrieben) if griechi ſh
—— und bedeutet das Zuſammenfaſſen, wie das Aufammengefaßte,
aelhnder s im Eyprechen, Leſen, Schreiben zufammengenommene Buch⸗
Anm. i Due weht alone engeuowasene Wort ift des soth. spiB,
angel,. epqt, altnorb, apiell, a ah mbh. apẽl u Srrählumg, Ne,
erhalten in Beifntet, mhd. bisp
nm. 3. Wefentuͤcher —BB einer Sylbe iſt ein Vocal. Da nım
Bocale gedehnt je gefhärft fein können (523 f.), fo find auch bie
Bylben gebehnt oder geſchaͤrft.
8. 103.
Stammſylbe nennen wir den Haupt: und Grupdbeſtandtheil
eines Wertes; Bor: ua Nadefuibens aber diejenigan Theite, die
fig vor ober hinter der Stammſylbe anhängen, z. B. be-mer-ten.
Anm. Hier find die Sonfonanten der Wargel mit bem dazu gehärigen
Vocal aufemmengefaßt, unter ben. Nachſykden find Ableitungen und
Flexion mitbegriffen,
8. 204,
Mehrere mit einander verbundene Laute machen ein Wort aus,
fobalb ſich damit eine klare Vorſtellung verbindet, z. B. Mann,
groß, effen, trinken.
Anm. In der ger beutfden Sprache haben mir Fein Wort, welches nicht aus
mehreren Lauten Beflände. Die Interfectton ot dritte Feine Hart Vor⸗
flelung aus; anders ift es mit bem lat. A (gehe).
— 60 —
8, 108. ,
Die Wörter fi nd ihrer Form nach entweder einfylbig oben mehr:
ſolbig, ‚dabei einfach, :abgeleitet. ober zufammengefest, z. B. Gott,
Haus, Kunft, Bater, Himmelreich.
Anm. 1. Das einfylbige Dort unterfcheibet fich von ber. bloßen Sylbe
duch den Sinn ($. 102. 104.).
Anm. 2. Einfylbige Pabrter find nicht immer einfache, fondern oft
abgeleitete, was aber oft nur an den Altern Kormen erfichtlich iſt, z. 8.
Stahl, Arm, Hirfch (ftatt Hirk), Bild, Held, Haupt, Fels,
Kelch, arg, Herbft, ahd. stahal, aram, hirug , piladi , helid, houpit,
fälis, chelich, arac, herpist. Deutlicher tritt bie Ablleitung in Kunſt
und Sunft (tönnen, gönnen) hervor.
§. 106.
Mehrſylbige Woͤrter muͤſſen zuweilen, wenn der Raum der
Zeile dazu noͤthigt, getrennt werden 1). Allgemeine Regel iſt: Theile
wie du ſprichſt)y. — Am Beſondern gelten, dem angenommenen
Gebrauche gemäß, folgende Regeln. Iſt das Wort zufammengefegt
und die Zuſammenſetzung noch fühlbar, fo wird getheilt, wie zuſam⸗
mengeſetzt ift, 3.8. Be-fhluß, Tiſch- tuch, trag-bar; Steht:
ſonſt ein Confonant zwifchen zwei Vocalen, fo gehört er in ber Tren⸗
‚nung zur nachfolgenden Sylbe, 3. B. lie-ben, gü-tig, Ba-ter.
Stehen zwei Eonfonanten, fo vertheilen fie ſich an die beiden Sylben,
z. B. Mef-fer, Städ-te, Ar-mut. Die Doppelconfonanten ck
und 8 werden aufgelöft in FR und 33 und darnach getrennt, z. B.
drük-ken, fez-zen?). Die Lautgruppenſch, ſch (nit Sch), Pb,
pf, 8; ft, fp, Ch fallen der zweiten Sylbe zu, z. B. Bü-Ger,
täu-[hen (aber Haͤus-chen), E-pheu, em- -pfehlen, ſchie-ßen,
We-fte, We-fpe*), ra-then.
Anm. 1. In Büchern bes 15.— 16. Jahrh. findet man au tinfglbige
Wörter getrennt, z. B. Men-fh, un-b.
Anm. 2. Nichtiger wäre die Regel: Theile nah Sprachſylben,
d. h. nach den urfprünglich verfchiedenen Beſtandtheilen eines Wortes,
alfo: Ver-mand-el-ung-en. Dem aber wiberfpricht häufig nicht
nur. Mangel oder überfluß des Raumes, fondern auch die Verwiſchung
: ber urfprünglihen Worttheile in Beroußtfein und Ausfprache bes Reben:
den unb Schreibenden, z. B. Dünf-te, Kün-fle, wie nad ber frühern
Sprade verlangt wwürke.
Anm. 3. Andere (3. B. Heyſe) theilen drü-den, fe-gen, d. i.
brü-Efen, fe-zzen, was nicht nahanahmen ift (ogl. 6. 78. 92),
Anm. A. Man Kader auch tap-fer, Ap-fel, Knof-pe, lif-peln,
Wef-te; in reif-ten (reifeten) ift ber Ausfall de e fihtbar.
.$. 107.
In Hinfiht auf frühere oder fpätere Entftehung find bie
Woͤrter Wurzelwoͤrter, z. 8. ‚binden, liegen, ſchneiden, oder
abgeleitete.
— *51 —
8. 108.
Die abgeleiteten Wörter find zweffacher Art, entwederiStaͤmme,
welche ducch eine innere Lautveränderung von Wurzelwoͤrtern gebildet
find (abgelautete), z. B. Band, Bund, Lage, Schnitt, oder
Sproßformen, welche durch Endungen insgemein von Stämmen
gebildet find (abgeleitete im engern Sinne), z. B. bündig, Buͤnd⸗
wiß, Luger, Schneider. Ze
8 109, ‘ = “ u . j
Die einheimischen (beutfchen) Wörter find doppelter Azt, je nach⸗
dem fich ihre Wurzel in Kraft und Fuͤlle frifch erhalten hat, was am
Permoͤgen abzulauten erkannt wisd, z. B. Bund, Schuß, Lauf,
von binden, fchießen, laufen, oder ‚abgeflorben iſt und nur nod) in
einzelnen Sormen fortdanert,. z. B. Beichte, entſtellt aus bijihta von
ahd. jehan, mihd. jehen = fagen, geſtehen ($. 54. Anm). _
Anm. Bol. befonders: „Die abgeftoebenen Wortformen der deutſchen
Sprache.“ . Bon 5. Zinnow. Berlin 1843.. 8. '
sg. 11.
iNicht alle Wörter der deutſchen Sprache find urfprängliche
und ehtdeutfhe. "Das Beduͤrfniß, die Verbindung mit fremden
Voͤlkern und ein verkehrter Geſchmack haben viele Ausdrüde aus ans
dern Sprachen, namentlich aus der Lateinifchen (Latinismen), grierhi-
fhen (Graͤcismen) und franzöftihen (Gallicismen) entlehnt.
Anm. 1. Es ift weder. Schande, noch verlegt ed das vaterländijche Bes
fühl, Wörter aus fremden Sprachen zu gebrauchen, wenn dad Bes
bürfwtiß dazu: drängt; aber ſalche Ausbrüde find zu ‚melben, deren
‚ » Sinn wir eben fo gut durch .echtdeutfche wiedergeben. fönnen, z. B. Bis
"fite, Bratulation. Die Zahl der durch VBornehmthuerei und Ges
ſchmackloſigkeit in die deutfche Sprache, befonbers in bie f. g. vornehme
Umgangsſprache und in die Sprache. ber Zeitungen und Tagesblätter,
eingeführten Fremdwoͤrter ift ins Maßloſe gewachſen, wir jedes Fremde
vwoͤrterbuch“ zeigt. — In den Fremdwoͤrterbuͤchern wird übrigens. auch
manches Wort als fremd angeführt, das in feiner Wurzel deutſch iſt.
Mehrere folcher: vermeintlichen Fremdlinge find aus Deutſchland in- bie
Fremde, beſonders nach Frankreich gewandert. und dann in- veranderter
.Ausſprache und Schreibung zu uns .zurüdgelommen, z. B. Breſche
“don breben), Chemiſe (von Hemd), Sergeant (flatt Scherge),
":Diefe und einige andere habe ich befprochen im „Archiv für das Stubium
» der neueren Sprachen und Literaturen,‘ Yerdusg. von 8 Hevrig und
. BeBichoft. 2.4. ©1847 f. BEE n.
Anm. Zur, Se genannte fremde Kunſtausdrücke, 5 B. hie Benen⸗
nungen in der Grammatik, zu verdraͤngen und dafür deutſche einzuführen,
iſt nicht tathſam (F. 16.). Die bis jegt vorgeſchlagenen haben ſich weder
durch · Deutlichkeit, noch durch Kürze: vor den fremden empfohlen und
darum auch wenig Eingang gefunden.
4
— ——
a)g&borchie des Ortes:: da, dort; -
b)3 Abverbia ber Zeit: bald, heute;
‚ 6). Abveobla der Weile: ſchnell, fhon; _
4) Adverbia der Ausfageweife: Freilich, gewiß;
.0): Adverbia ber Stärke: fehr, faſt;
f) Abverbia der Wiederholung: einmal, oft.
HN Präpofition (Vorwort, Verhältnißwort) bezeichnet in
einem Sage das Verhältniß dei Perfonen und Dinge zu einander und
zu der Thaͤtigkeit. Hauptarten find:
a) Praͤpoſitionen des Ortes: an, auf, in;
HMugßgraͤpoſitionen der Beit: binnen, während, in;
.c) Präpofitionen der Weiſe: mit, zu
d) Präpofitionen des Grundes, —*8 Mittels, Stoſſeeh at:
don, vermoͤge, für, duch, aus.
9) Conjunction (Bindewort) dient bald zur Verbindung der
Worte. zu. einem Sage, bald der Säge zu einem Sapgeflge: Die
Sonne leuchtet und erwärmt. Bedenke daß Ende, che du etwas
unternimmfl..
10) Interjection (Empfindungswort) delt ei eine Smpfindiis
aus, des Mufes, der Freude, des Schmerzes ıc.:-hedar heifa! ach!
Anm.! Es if feit- einigen Jahren wieder mehrfach über Kaffung und Ans
..orhuung. ber Medetheile, dev fo genannten grammatifchen Katego⸗
rien, gefchrieben und geftritten, die Sache aber; bis jetzt nicht zu einer
. alfeitig befriedigenden Löfung gebracht worben.
ur
“7 5 Mierter Abfehnitt. °,
| Flexion.
Erſtes Capitel.
Declination.
8§. 112.
Die Declination geſchieht in allen deutſchen Sprachen weſentlich
durch dem. Worte hinten eingefugte Endungen. Das Wort kann
fowot in feiner nadten Wurzel, als in einer abgeleiteten, d. h. fhon
durch eine Bildungsendung vermehrten Geſtalt deelinieren. Unweſent⸗
lich zur Declination ſind: 1) der Umlaut und 2) der vorgeſetzte Arti⸗
kel, d. h. ein ſyſtematiſch angewandtes Mittel, der Unvollkommenheit
de Cafus zu Hilfe zu kommen oder feinen Abgang völlig zu eifegen.
Anm. Aus dem Umlaut läßt fich die fpätere abgefchliffene Endung ſchlie⸗
fen; für die nhd. Declination ift der Umlauf vom Bedeutung.
—6 —
$. 113, "
Die Flerionen der Caſus beftehen aus Vocalen (nhd. €) und aus
Confonanten: 8, m, n, 21). Alle deutfhen Sprachen unterfcheiden
zwei Zahlen: Singularis und Pluralis (Einzahl, Einheit, Mehrzahl,
Mehrheit) 2) und vier Cafus (Fälle): Nominativ, Genitiv, Dativ,
Accuſativ2). Mit den Kormen des Nominativs fallen die des Voca⸗
tivs®), mit denen bed Dativs bie des Ablativsd) zufammen.
Anm. 1. Hiftorifch ergibt fi, daß r in der Declination allmälich aus &,
und a in den meiften Zällen aus früherem m entfprungen fei, was bie
Vergleichung ber Flexion lehrt.
Anm. 2. Das Sanffrit, Griechifche, Litthauifche und Altflavifche find
auch des Duals (der Zweizahl) im Nomen und Verbum allenthalben
maͤchtig, während berfelbe im Altdeutfchen erfticbt, im Lateinifchen bei-
nahe, im Keltifchen völlig erlofchen iſt. Bei ung fleht unter den Schriftz
Sprachen der Verbaldualismus bloß der gothifchen zu Gebote; ben nomi=
nalen befigt fie, gleich allen übrigen, weder im Subftantiv noch Abjectiv,
bloß im perfönlihen Pronomen; einzelne Volksmundarten bewahren
merkwürdige Spuren von beiden.
Anm. 3. Diefe Benennungen, für melde man verfchiedene, mitunter
etwas wunderliche beutfche Namen vorgefchlagen, auch angewendet hat,
bedeuten: 1) Nennfall; 2) Zeugefall; 3) Gebefall; 4) Klagefall. Die
Namen drüden, wie auch bie beliebten beutfchen, nur einzelne Bes
ziehungen ber Gafus aus,
Anm, 4 Dies ift im gothiſchen ſtarken Mafeutinum nicht ber Kal: Rom,
fisl<s , dags, harjis, hairdeis, sunus, oc, fisk, dag, hari, hafrdi, sunau.
Anm. 5. Die Spuren bes alten Inftrumentalis (Ablativs) find fehr bes
fhräntt, und nur im Sing., ja faft nur in einer einzigen (ahd.) Declis
nation wahrnehmbar, dem Plur., wie dem Femininum ganz entzogen.
Auch der latein. Unterfchied zwifchen Dativ und Ablativ ſchwindet im
Plur. und haftet bloß im Sing., und da nicht einmal duch alle Declina⸗
tionen. Ahd. Beifpiele find: sperü, gheista = mit dem Speer, in (oder
mit) Geiſt.
Anm. 6. NHd. zuckt der Inflrumentalis nur noch in befto — ahd. des
diu, mhd. däste.
$. 114,
Der Unterfchied der drei Gefchlechter ift bei der Declination
zu beobadhten. Das männliche Geſchlecht befigt deutlichere und dauers
haftere Form, das weibliche milbere, weichere, das neutrale (fächliche)
eine der männlichen meift ähnliche, nur ſtumpfere. j
$. 115.
Durch die gefammte beutfche Zunge waltet eine Unterfcheidung
zwifchen ſtarker und ſchwacher Flexion. Erftere iſt die ältere!) und
(innerlich) einfachere; die ſchwache ift durch Einfhaltung eines zur
Kehrein Grammatik. 1. 1. 5
66
Declination anfangs unmefentlichen Bildungs: N entflanden, zeigt
fi) demzufolge niemals an reinen Wurzeln. Diefes Bildungs: N
fühste ſchnellere Abſchleifung der wahren Caſus herbei und aſchien
dann als eigene, der Declination weſentliche Form.
Anm. 1. Darum gebrauchen Andere (z. B. K. F. Becker) bie Ramen
alte und neue Form.
§. 116.
Alle Subſtantiva gehen entweder nach der ſtarken oder ſchwachen
Declination, bie Abdjectiva haben beide Formen ). Im Lauf ber
Zeit find jedoch einzelne Wörter ausgeftorben, andere haben ihr Ge⸗
ſchlecht und ihre Declination veraͤndert, woraus mancherlei in der
hiſtoriſchen Grammatik wichtige Abweichungen entſtanden ſind.
Anm 1. Subftantiva, ihrem Begriff. zufolge, „beftimmten Gegenftänden
/ zugetheilt, müſſen ein feſteres Weſen haben als Adjectiva, die eine allge⸗
meinere, mehreren Gegenſtaͤnden gebührende Eigenſchaft ausdrücken.
8. 117.
Die Eintheilung der Declinationen tft, abgefehen von
ftarker und ſchwacher Form, verfchiedentlicd verfucht worden. Ein
Blick auf die Älteften Formen lehrt, daß die Trilogie (Dreiheit) der
Bocale A, 3, U, auf deren Grundlage alle Ablaute ruhen, auch die
Slerion meiftere: e8 entfpringen nach ihr jedesmal drei Declinationen
des Nomens, ſowol bed ſubſtantiviſchen als adjectiviſchen, die jedoch
ſchon im Gothiſchen nicht mehr ganz rein erfcheinen 1).
Anm. 1. Sie laſſen ſich aber theoretifch, nach der Analogie ber Ablaute,
in ihrer urfpränglichen Flexion herſtellen. Die Bocale ber (urfprüng-
- lichen) Flexion unfrer Declinationen treffen mit den Ablauten der (flarfen)
Ä Conjugationen zufammen, die 2, und 3, Deck. beider Gefchlechter mit
bem Ablaut der A, und 5. Gonj.; in die 2, und 3, theilen fih Maſcul.
= und Femin. der 1. Declination,
Anm. 2, Geht man von unferem abgefchwächten Klerionsvocalee rück⸗
wärts zu den volleren Formen des Ahd. und Goth., und bedenkt, daß
das Goth., wie es uns vorliegt, aus dem 4. Jahrh. ſtammt; fo täßt ſich
daraus wol ein Schluß auf noch aͤltere Formen ziehen. — Darnach ſtellt
Grimm (Geſchichte der deutſchen Sprache ©. 914 f.) mit großem
Scharfſinn, den gothiſchen Formen, wie ſie uns erhalten ſind, die volle
und urſprüngliche Flexion zur Seite, nämlich $. 118, dagas, dagis, dagi,
dagan, dages, dage, dagam, dagans; $. 120, gastis, gastais, gastai,
gastin; gasteis, gastije, gastim , gastins; 6, 122, sunus, sunaus, sunau, '
SURUB; sumius, sunivèé, sunum, sununs; $, 123, giba, gibös, gibd, giba;
gibös, gibö, giböm, gibös, $, 125, mahtis, mahtais, mahtai, mahtin;
mahteis, mahtijö, mahtim, mahtins; $. 127. handus, handaus, handau,
handun; handius, handive, handum, handuns.
1. Declinstion der Subſtantiva.
A. Starke Deelination,
%) Starte Maſeculina.
Erſte Deelinntion.
8. 118,
| Bothifg, | Althochdeutfſch.
Sing. N. dag 73 hafrd - eis tac hirt-i
G. dag-is haird - eig takes hirtr es
D. dagra haird- ja tak=a birt-a
4. dag hafrd - i te hirt-i
Dur, N. dag- os haird - jös tak -4 hirt-4
©. dag-& haird -je- t3k»4 hirt-4
D. dag-am haird -jam tak-um hirt-um
A. dag-ans haird - jans tak-4 hirt-4
Mittelhochdeutſch. Neuhochdeutſch.
Bing. X. tac kil hirt-e Tag Kaͤſ⸗
G. tag-es kil-s hirtres Tag -es RU-W
D. tag-e Kl hirt-e - Rag-e Ri -ı
%. tac kil hirt-e Tag Kil-e
Yan. M. ugre kil hirt»e Zuge Bäfl-e
'@. tagre kil hirt-e Zogre SKöfme
D. ttg-en kim hirt-en Rog-ın Kaͤf- en
A. tag-e kil hirt · Tagre Käf-e
Anm. 1. Die goth. Ableitungen mit i verwandeln nah dem Lautgefeg
biefes i vor dem Flexionsvocal in j, alfo EN (Heer). Geht bei diefen
eine lange, sder mehrere Sylben voraus, fo haben fie im Nom. und
Gen. Sing, eis, alſo hafrdeis.
Auen 2. Nach Verſchiedenheit dee Denkmäler bilden einige ahd. Wörter
der 1, Decl. ihren Plur. nad der 2. z. B. wintä, wind; fuoza, fuagl.
Difried und Zatian haben Im Inftrumentalis ($. 113. Anm. 8.) u, im
Dat. e, im Plur. a ſtatt d. Im Dat. Blur. tritt feit dem 9. Jahrh. n
ſtatt a ein (on ftett um, om). Robker feht im Dat. Sing. und im In⸗
Krum, e, im Dot. Plur. en, behält aber & im Rom. und Acc. Plur.,
d im Gen. Plur. bei. Otfried und Tatian geben ben Ableitungen auf -i
fm Dat. Blur, -in: hirtin.
Anm. 3, M6d. ſchwanken viele Wörter zwifchen ber 4. und 2, Deel., ber
Amlaut ift bei umlautsfähigen ein Senngeichen der 2. Dos flummer
füllt nach einfacher Liquida auf kurzen Vocal nothwendig aus, auch bei
ben Bildungen mit -el, -em, -en, -es, deren Bildungspacal Jange
Wurzelſylbe voranfteht, z. B. kils, nicht kiles; Plur. kil, nicht kile;
sugel, dem, meiden (Henaft), aoker, im Gen. engels, Atems, meidens,
schera, im Pur. engel, Atem, meiden, acker. Die mit wurgelhaftem A
5
u — — — — — — —
— 68
behalten im Dat. Plur. das ſtumme e, z. B. manen ſtatt man, die mit
abgeleitetem en werfen es ſammt dem e fort, z. B. meiden ſtatt meidenen.
Die Bildungen mit -el, -em, -en, -er mit kurzer Wurzelſylbe behalten
das tonlofe Gafus=e, da ihr Bildungsvocal ſtumm ift, z. 3. nagel,
kradem (Lärm, Gefchrei), segen, über, im Gen, nageles, krademes,
segenes, äberes, im Plur. nagele, krademe, segene, äbere.
Anm. 4 Nhd. fällt das ſtumme e nach Liquiden weg, das Wort mag
ein= oder mehrſylbig fein, organifch Tange Wurzel haben, wie Engel,
Reigen, Kinger, oder organifch kurze (unorganifch verlängerte $.24.),
wie Efel, Regen, Eber. Im 16.—17. Jahrh. findet man noch die
Pluralformen Adere, Dienere, Rihtere, Jungere, Urteil:
fprehere, Engele u. a. — Das tönlofe e bleibt im ganzen Plur.:
Zage, Tagen, Tann aber im Gen. und Dat. Sing. wegfallen: Tags,
ag; bei den Bildungen -ig, -Ting, -at gilt ber Wegfall: Königs,
Zünglings, Monats. — Aus einer nicht zu entichuldigenden Nach⸗
Läffigkeit fehlt in manchen Sägen das genitivifche Flexions? es männlicher
und fächlicher Wörter, z. B. des Cherub, Leffing; im Antlig Jehova.
Klopftod, des Bräutigam Vater, Leutner; des öſtlichen Ende,
Bechftein. Weitere Beifpiele hat gefammelt Borgisa im Progr. des
Gymnafiums zu Lyck 1843,
$. 119,
Nach der erften Declination gehen nhd. nur unumlautende Wör-
ter, und zwar 1) einfache, auch folche, deren Ableitung wir nicht
mehr fühlen: Arm, Berg, Herbſt; 2) Bildungen mit -el, -em,
-en, er: Engel, Athem, Regen, Eber; 3) Bildungen mit -ig,
-ich, ing, ling: König, Bottich, Hering, Süngling; A) Blldungen
mit -at: Monat; 5) Bildungen mit -e: Käfe (iſt das einzige noch
vorhandene Wort); 6) vocalauslautige: Thau, Klee, Schrei; 7) mit
der Vorſylbe ge: Gewinn, Glimpf. — Folgende (morunter auch
fremde) dürften die gebräuchlichften fein: War, Abend, Abfcheu, Ab⸗
fchied, Accent, Abel, Adler, After, Ahorn, Alabafter, Alant, Alaun,
Almanach, Altaun, Amber, Amboß, Ampfer, Ananas, Angel, Anger,
Anis, Anker, Anwachs, Anwalt, Apoftel, April, ÄArger, Argwohn,
Arm, Ärmel, Arfenit, Artikel, Afant (barziger Saft), Athem, Atlaß,
Attich, Aufruhr, Auguft, Ballaſt, Baffam, Bann, Bantert, Bard)
(auch Boch, Borg), Barchent, Barfh, Befland, Becher, Bedacht,
Beding, Befehl, Beginn, Behuf, Belang, Beleg, Bengel, Berg,
Bericht, Befcheid, Beſen, Befig, Beſuch, Betracht, Betreff, Beutel,
Beweis, Bewerb, Bezirk, Biber, Billing (Zifh), Bifam, Big,
Blaffert, Blick, Blig, Bofiſt (Schwamm), Bolz, Boch, Bord,
Borg, Born, Bottih, Bräutigam, Brei, Brief, Büding, Büffel,
Bügel, Bumpf (Pelzwert), Bunzel (ftählernes Werkzeug), Bürger,
Bürzel, Bufen, Büttel, Charakter, Compaf, Comthur, Chryfam,
Gzaar, Dank, December, Dedel, Degen, Dei, Demant (u. Dia⸗
mant), Delphin, Deut, Dialect, Dieb, Diebftahl, Dienft, Dingel
(Pflanze), Döbel (Fifh), Docht, Dolch, Dom, Donner, Dorf
(Fiſch), Doſt (Pflanze), Drall (auch die Dralle bei Buͤchſenmachern),
DEE — — — —
— — 69 —
Dreck, Drempel (Schwellengeruͤſt im Waſſerbau), Drift (Reif bei
den Faͤrbern), Drilling, Druck, Durſt, Dutzend, Eber, Egel (Blut⸗
egeh), Eid, Eidam, Eifer, Eimer, Eiter, Ekel, Emberitz, Engel, Enkel,
Epheu, Eppich, Ernſt, Erwerb, Eſel, Eſſel (Klotz in Buchdruckertien),
Eſſig, Fächer, Balz, Sant (Juͤngling), Farn (-Eraut), Faſer (ſelten
Phafer), Faſch (Stuͤck Sohlleder), Februar, Fehl, Fehler, Feind,
Felbel, Fench (Hirſe), Fenchel, Fetiſch, Filz, Fimmel, Finger, Firniß,
Fiſch, Fittich, Flachs, Flanell, Flaum, Flaus, Fleck, Flegel, Fleiß,
Flins (Stein, woher Flinte), Flitter (auch die), Fluͤgel, Flur, Forſt,
Froſt, Freund, Frevel, Fries, Fund, Gaden, Galmei (Zinkerz), Ga⸗
lopp, Gaͤſcht, Gaukel, Gaumer, Geck (Naht ber Hirnſchale, Eidechſen⸗
art), Gehalt, Gehorſam, Geier, Geifer, Geiſel, Geiſt, Geiz, Ge⸗
mahl, Genieß (gebraͤuchlicher iſt Genuß), Gerſch (Gewaͤchs), Geſpann,
Gevatter, Gewinn, Gewinnſt, Giebel, Gimpel, Gipfel, Gips, Giſcht,
Gletſcher, Glimmer, Glimpf, Grad, Gram, Grapp (auch die Grappe,
Mark der Faͤrberroͤthe, auch die Pflanze ſelbſt), Grat (Felſengrat),
Graͤuel, Graus, Greis, Grendel (auch Gruͤndel am Pfluge, in der
Volksſprache auch das Gr.), Grengel (Ringel), Grenſel (Pflanze),
Grieß, Griff, Griffel, Grimm, Grind, Groben, Groll, Gurt, Guͤrtel,
Habicht, Hack, Hafer, Haft, Hag, Hagel, Hai, Hain, Hall, Halm,
Halt, Hamſter, Hanf, Hanswurſt, Harlekin, Harm, Harn, Harniſch,
Harz, Haſpel, Haß, Hauch, Hebel, Hecht, Hederich, Heiland, Heller,
Helm, Hengft; Henkel, Herbſt, Herb, Hering, Herold, Hieb, Himmel,
Hirſch, Hobel, Höder, Hohn, Holm, Holunder, Honig, Hornung,
Horft, Hort, Hügel, Hummer, Hund, Hunger, Igel, Steig, Imbiß,
Smpuls, Indig, Ingwer, Sammer, Januar (aud) Sinner u. Jenner),
Jasmin, Jaspiß, Jaſt (Eite), Jubel, Jude, Juli, Juni, Junker,
Kabeljau, Käfer, Kaffee, Kaͤfich, Kag (Schiff), Kaifer, Kalender,
Kalt, Kalmank, Kamin, Kampfer, Kapaun, Kaper, Karfunkel, Kas
(Tafel in Papiermühlen), Käfe, Kater, Kattun, Kaviar, Kegel, Keil,
Keim, Kelch, Keller, Kerbel, Kerker, Kerl, Kern, Keffel, Keger, Kibig,
Kiefer, Kiel, Kien, Kies, Kiefel, Kink (Kalte im hartgebrehten Zaue),
Kitt, Kigel, Klappe, Kleid, Klee, Kleifter, Klepper, Klitſch, Ktöppel,
Klunker, Klüver (Segel), Knall, Knafter, Knebel, Knecht, Kneif,
Knick, Knicks, Kniff, Knipps, Knirps, Knorpel, Knüppel, Kuüttel,
Kobalt, Kober (Behaͤltniß), Kobold, Köder, Köder, Koffer, Kohl,
Koller, König, Kork, Körper, Koth, Köther, Kraak (kleines Schiff),
Krach, Krahn, Kranich, Kräuel (Gabel), Krebs, Kreis, Kreifel, Krepp,
Krieg, Krokodil (auch das Kr.), Krumms (Werkzeug im Bergbau),
Kruͤppel, Kryſtall, Kübel, Kuͤfer, Kukuk, Kümmel, Kummer, Kums
par, Küraf, Kuͤrbiß, Küfter, Kutfcher, Kutter (Schiff), Kur (Theil
im Bergbau), Lachs, Lad, Laken, Lattih, Lauch, Lauer, Laut, Las
vondel, Leck, Lehm, Leib, Leih, Leichnam, Leim, Lein, Lemming
(Thier), Lenz, Leumund, Lifpel, Löffel, Log (Schiffewerkzeug), Lolch,
— 7170 —
/
Eiche, Luͤmmel, Mader (Erdart im Bergbau), Mager (Fiſch, Kraus
beit der Bäume), Magiſtrat, Magnet, Mahr, Mai, Makel, Makns
(auch Melm = Staub), Mammon, Mangold, Marder, Marmor,
März, Mafer, Mag, Meier, Meifch, Meißel, Meifter, Mergel,
Mech, Metzger, Mezler, Miſchmaſch, Miſt, Moder, Mohn, Moich,
Moll, Moment, Monat, Minh, Mond; Mops, Mord, Morgen,
Mörfer, Mörtel, Moft, Muͤndel, Muth, Mebel, Neger, Neid, Nord,
November, Dbelist, Deckdent, Deean, Detober, Odem, Oheim,
Oberſter, Onkel, Orden, Orkan, Drient, Oſt, Pacht, Palatin, Pan⸗
ther, Panzer, Pardel, Part, Paſch (im Würfelfpiel), Pelz, Pfab,
Pfarrer, Pfeffer, Pfeil, Pfeiler, Pfennig, Pferch, Pfiff, Pfriem,
Propf (auch Pfeopfen), Philifter, Phoͤnix, Bil, Pilger, Pilgelm,
Pilz, Pinfel, Pipe, Pifang, Plimm (Stein), Plog, Plunder, Pluͤſch,
Poͤbel, Pocal, Poͤkel (Salzwaſſer), Pol, Pomp, Popanz, Porſch
(Danze), Port, Prahm (plattes Fahrzeug), Prall, Praß, Preis,
Prieſter, Profoß, Prudel, Pruͤgel, Prunk, Pſalm, Pudel, Puder,
Puls, Punet, Punſch, Purpur, Quark, Quarz, Quaſt (auch bie
Duafte), Quell (auch die Duelle), Quendel, Querl (Staͤbchen),
Rader, Räder (auch Reuter — Sieb), Radieß, Raff (ſchmaler
Körper), Rain, Rat (Rabe), Rapps (bei den Muͤllern), Raſch
(Wollenzeug), Raub, Rauch, Raufbold, Regen, Reif, Reigen,
Meinen, Neiher, Reim, Reiß, Reitel (Stod), Reiz, Ne, Kettich,
Riegel, Riffel, Ring, Riß, Ritt, Ritz (auch die Ritze), Rogen,
Roman, Rosmarin, Roß, Roft, Röthel, Rog, Ruck, Ruf, Ruhm,
Ruin, Rummel, Ruß, Rüffel, Rüfter (am Schuh), Sabbat, Säbel,
Sand, Sarraß, Satan, Saus, Schächer, Schädel, Schaffner, Schals
tee, Schämel, Schatlah, Schauder, Schauer, Scheffel, Schein,
Scheitel (auch die Scheitel), Schenkel, Scherz, Schi, Schiefer,
Schierling, Schild, Schilling, Schimmel, Schimmer, Schimpf,
Schirm, Schläge, Schleter, Schleim, Schlender, Schlendrian,
Schlich, Schlick, Schlief (am Boot), Schliff, Schliffel, Schlinge,
Schlitz, Schlot, Schlud, Schlummer, Schlüffel, Schmant, Schmauch,
Schmelz, Schmergel, Schmerl (auch bie Schmerle — Lerchenfalbe),
Schmetterling, Schmied, Schmiß, Schmis, Schmud, Schmutz,
Schnee, Schnitt, Schnig, Schnörkel, Schober, Schoner (Schiff),
Schoͤps, Schorf, Schdel (Steinart im Bergbau), Schoß (Schoͤß⸗
ling), Schreck (en), Schrei, Schrein, Schritt, Schrull (Werkzeug
der Tuchſcherer), Schuft, Schub, Schüler, Schund, Schupp,
Schurz, Schuſter, Schwaben, Schwach, Schwall, Schwefel,
Schweif, Schweiß, Schwengei, Schwindel, Schwingel, Scorpion,
Serupel, Sedel, See, Segen, Seifer (Geifer), Seiger (Beiger),
Sem, Seneſchall, Senf, Senkel, Senner, September, Setaph,
Seſſel, Seufzer, Sieg, Sims, Sinn, Sinter (Stein), Sittich
(Papagei), Sig, Smaragd, Sodel, Sob (au die Soda), Seff,.
— 71
Sog (das Saugen, Spur eines Schiffes), Sold, Soͤller, Sommer,
Spalt (auch die Spalte), Spargel, Spark (Viehfutter), Spatef
( Werkzeug der Wundaͤrzte), Spath, Specht, Sped, Speichel, Speis
Ger, Specter (fpiges Holz), Speit und Spelz, Sperber, Sperling,
Spiegel, Spieß, Spint, Spion, Splint (Span), Splitter, Spott,
Sprengel, Sprenkel, Springel, Spring (Drt einer Quelle), Sprinz
(Bergfalke), Sprudel, Spuk, Stapel, Staub, Steg, Steig, Stein,
Steiß, Stempel, Stendel (Pflanze), Stengel, Stenzel (Werkzeug
der Tuchſcherer), Stein, Sterz (auch die Sterze am Pflug), Stich,
Stiefel, Stieglig, Stiel, Stier, Stift, Stine (Eidechfe), Stint
Giſch), Stoff, Stolz, Stöpfel (auch Stöpfel und Stopfen), Stör,
Stößel, Strahl, Strähn (und bie Strähne, Garn), Strand, Strauß
(Vogel), Streih, Streif (und Streifen), Streit, Strich, Strid,
Striegel, Strobel, Stromer, Stropp (Tau), Ströter (Straßen:
räuber), Steud (Woltenzeug), Strudel, Stüber, Stud (Arbeit in
Mörtel), Stuͤmmel (und Stümpel), Stug, Stuger, Sud, Süb,
Sultan, Sund, Tabak, Tact, Tadel, Taffet, Tag, Talg, Tand,
Tang (Meergras), Taß (Haufen Stroh, Raum in der Tenne), Tau⸗
mel, Tauſch, Teich, Teig, Teim (ſtumpfer Nagel), Teller, Tempel,
Teppich, Termin, Terpentin, Teufel, Text, Thaler, Thau, Thee,
Theer, Theil, Thon, Thran, Thron, Tiegel, Tiger, Till, Tingel
(Latte im Schiff), Tipp (Spitze, Punct), Tiſch, Tiß (Bruſt der
ſaͤugenden Mutter), Titel, Tod, Tof (und Tuf — Tufſtein), Toͤlpel,
Toͤpfer, Jorp (bat Oberſte eines Dinges), Torf, Toſt (Buͤſchel,
Quaſt), Trab, Trapp (Gebirgsart), Traß, Tribun, Tribut, Trichter,
Trieb, Triebel (Werkzeug), Triller, Trippel (auch Tripel, Erdart),
Tritt, Triumph, Troͤdel, Troß, Trott, Trotz, Trunkenbold, Tuf
(was Tof), Tummel, Tuͤmpel, Tumpf (Einbug in eine Fläche),
Tunnel, Twiel (Hanfwiſch auf Schiffen), Uhu, Unhold, Ur, Urian,
Urin, Urlaub, Vampir, Verdacht, Verhau, Verluſt, Verweis, Ver⸗
zicht, Vetter, Vieifraß, Vitriol, Wachholder, Wahn, Waid (Pflanze),
Wallach, Walm, Wandel, Wardein, Warf (Eintrag beim Gewebe),
Wart, Wechſel, Weck, Weg, Wegeruh, Weiher, Wein, Weiſel,
Werder, Werth, Wermut, Weſt, Wibel, Wicht GBoͤſewicht), Widder,
Wiedehopf, Wimpel, Wind, Wink, Winkel, Winter, Wipfel, Wir⸗
bel, Wirrwarr, Wirt, Wiſch, Wismut, Wiſpel, Wittwer, Witz,
Witzbold, Wucher, Wuͤrfel, Wuſt, Zain (Metallſtab), Zauber, Zeiſig,
Zelter, Zettel, Zeug, Zickzack, Ziegel, Zierat (auch Zierath, Zierrath),
Zimmet, Zink, Zins, Zipfel, Zirkel, Ziſch, Big, Zobel, Zoll (Laͤngen⸗
maß), Zorn, Zuber, Zuck, Zucker, Zuͤgel, Zunder, Zupf, Zwang,
Zweck, Zweifel, Zweig, Zwerg, Zwick (Beruͤhrung, Nagel), Zwidel
Zwieback, Zwilling, Zwirn, Zwiſt, Zwitter. — Die Verbalſubſtantiva
auf -er: Leſer, Hörer ꝛc. und bie Bildungen auf — liug: Juͤngling,
Buͤckling, Daumling, Drilling, Engerling, Findling, Fiuſterling,
— 13) —
Fremdling, Friſchling, Fruͤhling, Froͤmmling, Gruͤndling, Haͤcker⸗
ling, Guͤnſtling, Haͤuptling, Hoͤfling, Lehrling, Liebling u. a.
Anm. 1. In dem Verzeichniß ſind auch jene Woͤrter angeführt, welche
den Umlaut ſchon im Sing. haben. Dieſe, wie jene, deren Plur. nicht
gebräuchlich iſt, können zur 1. wie zur 2. Declin. gerechnet werden. — |
Die umgelauteten Plur. Fläuſche (W. Aleris, Schag d. Temp. 132),
Pächte (W, Aleris, Roland 2, 297; Immermann, Münchh. 1, 126; |
auch bei Campe), Arme (König, Brautf. 1, 265), Ausrüfe (Goethe, |
W. 22, 61), Zwiebäde (Eichel., Über], v. Axel 1,226), Rolbfpäthe
(Goethe, W.43, 110), Berlüfte (Heine, Reifeb.2,68), Seburtstäge
(Immermann, Mündh. 4, 243), Körke (Laube, N. Reifen. 3, 101;
J. Paul, Leben Fibeld 2. Nachcap.), Schlüde (Nehfues, Sc. Cic. 2,224),
Quäfte (Schüge, Unf. Pr. 2, 103), Krähne (Stefjens, V. Norw. 1,
417), Dörfche (Daf. 1, 218) weichen von dem gewöhnlichen Sprachges
braudy) ab. — Der Plur. Züber (Fr. Mrüller 1, 367) gehört mehr der
Volksſprache an. — Mord hat nhd. im Plur. Morde, bei Zincgref im
17. Jahrh., ja ſchon in einem Freiburg. Rundfchreiben aus dem 14. Jahrh.
(Wadernagel II. 944,4) Mörde. — Seltene Pluralformen find Munde
. (md. munde nad) 1. und münde nad} 2. Decl.), Hafſe. Ic zeig’ Euch
des geliebten Gäfars Wunden, die armen ftummen Munde, heiße bie
flatt meiner reden, Shaffpeare, Zul. Cäfar 3,2. Geiler von Keiferöberg
fagt im 16. Zahrh.: Vns flinden die münde. Künftig follen vereint
ſtehn alle die Haffe als Gränghut gegen den Feind, daß er davor erblaffe,
Rückert, gef. Ged. 3, 236. Der Plur. Knalle findet fich bei X. Grün,
Ged. ©. 90; Strande daf. 153, (Schmitthenner verlangt den Plur.
Strände); Zorne bei &h. Huber, EU. Perc. 2, 30 (Ausg. v. 1822);
Flure bei W. Aleris, Wold. 2,258; Rufe bei Klopftod, Meſſ. 19,457;
Mohne bei Goethe (Vened. Epigr. 84). Bon Schlot hat X. Grün
(ed. 240) den PL. Schlötte, W. Aleris, Wold. 2,2 u.0., Schlotte,
Luchs hat nah Campe im Plur. Luchfe, Hoffmann v. Fallersl. hat
(Sed, 1, 41, Ausg. 1834) Tüchfe.
Anm. 2. Einige Subft. haben im Plur. das neutrale -er: Geift, Leib, |
— Ort (mhd. gemöhnlicd) das, zuweilen der DO.) hat einen doppelten
Plur. Drte und Oerter. E38 hat fi) allmälich ein Unterfchieb der
Bedeutung feftgefegt, der aber nicht immer beobachtet wird; Orte ift
alterthümlicher und edler: Auf den Hügeln liegen Orte, Schlöffer,
Häufer, Goethe, ital. Reife. — Wicht (Böfewicht) hat Wichter und
(edler) Wichte: In drei Häufern kamen biefe Böfewichter zufammen.
Goethe, Leben 5.8. Bon Ealten Böfewihten .„.. den Böfe-
wichtern. Rüdert, — Die Volksſprache hat noch mehrere foldher -er
bei Wörtern männlichen und fächlidyen Gefchlechtes, und vermehrt ihre
Zahl fortwährend. Der Ausdrucksweiſe des Volkes fcheinen auch anzuge⸗
hören, oder doch daran zu gränzen: Münder bei KI. Schmidt und
W. Aleris (öfters z. B. Schlacht bei Torgau 70), Radiefer bei. |
W. Aleris (Roland 3, 166), Refter bei Laube (N. Reifenov. 1, 14). |
Anm. 3. Das Wort Greis follte, ald urfprüngliches Adjectiv, ſchwach
biegen, und fo findet es fich zumeilen auch: Eh’ mich Greifen ergreift
im Moore Nebelduft. Goethe, an Schwager Kronos. Es flarrt, von
taufendjähr'gem Eis umfangen bes Greifen fchauervoller Bart, Shi: |
ler, Aeneis &, 47, |
/ Anm, 3, Manche Wörter ſchwanken zwifchen ftarker und fchwacher Form,
. was theils in veränderter Flexion (früher ſchwach nun flark, oder umges
kehrt), £heils in verändertem Gefchlecht, theils in falfcher Analogie feinen
Grund hat. Ahn (mhd. an fhw.), Dorn (mhd. dorn f,), Flitter,
— 73
Borft (mbb. forst fl.), Sau (der u. das, mbd. das göu, göuwe fl.),
Gevatter (mhd. gevatere ſchw.), Lorbeer (mhd. das lörber ft.), Maft
(mhd. mast fl.), Nach bar (mhd. nächgebüre ſchw.), Pfau (mhd. pfäwe
ſchw.), See (mhd. der se, Gen. sewes ſt., fpäter auch sewe, Gen, sewen
fhw.), Stachel (mhd. die stachel), Strahl! (mhd. ber sträl, Plur.
strele und bie sträle, Plur, strälen), Strauß (mhd. strüz ſt., strüje
Ihw.), Better (mhd. vetere fhw.), Untertban und Zierat follen
nah Beder im Sing. ſtark, im Plur. ſchwach biegen. Die Schrift:
ftellee weichen mehrfach ab, wie nachfolgende Beifpiele zeigen. Wie
König Saul nah Eurem Ahn (wirft) den Spieß. Uhland, das Stänb-
hen. Des Ahnen Aberwis wird auch bes Entels fein. Haller. Des
falfhen Kranzes Dornen rigen Deine Hand. Goethe, Eugenie 1, 6.
Richt Rofen bloß, auch Dornen hat ber Himmel. Schiller, Piccolo:
mini 3,4 Sch will ber Erde Dorne Dir aus dem Wege thun.
NRüdert, gef. Geb. 4, 184. Den wader im Adler zerflochen die Dörner.
3. Klay. Wie leicht vergißt, wer ftill beim nahen 3iele fit, die Dör⸗
ner, bie vielleicht ihn auf dem Weg gewitzt. Cronegk. Die Flittern
der Stadt. Kofegarten. Und fol ich beichauen ... bie grünenden
‚Bauen. Goethe, Idylle. Zwei wunderlihe Gevattern. Rückert,
gef. Geb. 4, 233. Blühende Lorbeer’ ummindet des Sängers Stirne.
Klopftod, Meſſias A, 610. (In der Quartausg. v. 1755 fteht richtiger
Lorbern.) Die ſtarken Maften ftehn bereit. Goethe, Kauft2. Immer
lockt der Hoffnung Wind unverfudte Maften. Rüdert, gef. Ged. 4,211.
(Steffens und Pyrker gebrauhen den Plur. Mafte.) Einen freien
Rahbar... Freundfhaft ber Nachbarn. Goethe, Bög v. Berl. 3.
Des Nachbars Ungewinn. Rückert, gef. Geb. 4, 61. Der eine flich .
an feines Nachbarn Perüde. Daf. 4, 229. Uns befchäftigt nicht der
Pfauen, nur der Gänfe Lebenslauf. Goethe, Mufen und Grazien in
der Mark, Die Herzen alle diejes biedern Volkes erregt ich mit dem
Stachel meiner Worte. Schiller, Zel 2,2. Kannft Du ihm mit einer
Stachel die Backen durchbohren? Luther, Bibelüberf. Hiob AO, 21.
Früh am Morgenftrahl, Schiller, Zell 3,1. Alſo fprah er und
wandte fein Strahlen werfendes Antlid. Sonnenberg. Sch bin ein
Gefelle der Straußen. Luther, Bibelüberf. Hiob 30, 29. Im Solde
meines Vettern. Rüdert, gef. Ged. 1, 171. Nach meines Vettern
- Haufe. Goethe, Samont 5. Den Better zu weden. Goethe, R. Fuchs
11,407. Die Bettern waren anfangs auch bei der Gefellichaft. Goethe,
Leben 5.38. Daß in Wäldern, noch fo groß, ich mein Haupt Tann kühn⸗
lich legen jedem Unterthan in Scheß. 3. Kerner, der reichfte Kürft.
Ich bin nicht vorbereitet, was ich ald Bürger diefer Welt gedacht, in
Worte Ihres Unterthans zu kleiden. Schiller, Don Karlos 3, 10.
(Der Katfer) wird um fo viel Unterthanen ärmer! Schiller, Piccol. 1,2.
Anm. 5. Außer den in Anm. 4. genannten ſchwanken: Aar, Bär,
- Bauer, Burfche, Fels, Halm, Mond, Papagei, Keif,
Schalter, Shelm, Schiefer, Schild, Sinn, Staat, Stie—
fel, Shmerz, Angel, Ziegel, Muskel, Nerv. — Aar (mbb.
ar fhw.) gebrauchen Ramler (der Karen Beute), M. Beer (Geb. 1835.
879) und Gutzkow (Blaf. 1, 330) ſchwach. — Bär (mhd bör ſchw.):
Der Löwe winkt dem Bär. Pfeffel. Die Bäre wollen nur burd
Strenge heilig machen. Leſſing. Wer Dir wol ben Bären angebunden
haben mag. Wieland. — In Bauer haben fich zwei Kormen gemifcht:
Der Bauende (überall flard) und der Wohnende (ſchwach, erhalten in
KRahbar): Dem Bauer eine Laft. Goethe, Kriegsglüd. Sie mochten
ale Bauern erfcheinen. Goethe, Meiſters Lehrj. 7,6. Es fteden noch
piele. Häufer drin, die nur beg Bauers warten. Rüdert. Der Landflurm
[4
— 71741 —
rief ben Bauer. Derſ., gef. Ged. 3, 208. — Das Wort Burſche (ahd.
mhb. nicht vorhanden) findet ſich bei Goethe ſtark und Schwach, im Plur.
vorherrſchend ſtark. Wenn man einen treuen Burjchen findet. Goethe,
Jery u. Bätely. Wie fich die platten Burfche freuen! Goethe, Fauſt 1.
— Fels (ahd. der fälis und bie feltsa, mhd. ber vels fl.) lautet nhd. ber
(in der Volksſprache auch die) Fels, Ben. Kelfes und Kelfen, und
bee Felſen, Gm. Felſens. — Halm (mhd. halm ft.) foll nach Beder
und Schmitthenner im Plur. nur Halme haben. Nüdert (gef. Geb.
1, 373) reimt die Halmen auf Palmen. Auch Schiller (8. Räthfel)
fagt im Heim: Sie bricht wie dünne Halmen ben ftärkflen Baum ent=
zwei. — Mond (mhd. mäne ſchw. f. $. 26.) und Thron, im Ging.
ftart, ſchwanken im Plur.: Da gingen andre Sonnen und andre Mon⸗
den auf, Goethe, die glüdlihen Gatten. Ehre das Geſetz ber Zeiten
und der Monde heiligen Gang. Schiller, das eleuſ. Feſt. An bem Fuß
der feften Thronen. Goethe, Eugenie 2, 4 Wie man Thronen
vorzuftellen pflegt. Goethe, Meifters Lehrj. 1, 15. Gerne läßt er feine
Throne, niedert fich zum Erbenfohne. Schiller. Die in ber Bibel
vorfommenden höheren Wefen (Xihronen) biegen nur ſchwach. — Paz
pagei (mhd. popegan ft., im 17. Zahrh. 3. 3. im Efellönig Bappegey
ſchwach) gebraucht Goethe im Sing. ſchwach, Rüdert im Ging. ftark,
im Plur. ſchwach, Gaudy u. A. überall ſtark: Sie fragt den daͤmoniſch⸗
weifen Haus: Papageien. Goethe, nachgel. W. 6, 289. Es wohnt’
ein Franzmann nah dabei; ber hatt’ auch einen Papagei, Rückert,
gef. Geb. 3, 448. Dort find nicht grau bie Papageien. Daf. 4, 301.
Reif (mhd. reif ft.) in Oberdeutfchland Reifen. Aber als der geiftliche
Herr den goldenen Reif nun ſteckt' an die Hand bes Mädchens. Goethe,
Herm. u. Dor. 9, 2850. Noch einmal fei der goldenen Reifen Beſtim⸗
mung, feft ein Band zu knüpfen. Daf. 9, 243. — Schalter (mhd. der
und die schalte = flaches dünnes Holzfcheit, Schiebeftange der Schiffer)
gebraucht Goethe (dev Goldfchmiedsgefelle) im Plur. ſchwach: Und thut
fie erft die Schaltern auf. — Schelm (mhd. schelme ſchw.) wird
ſtark und ſchwach (meift ftark) gebraucht: Dein Vater ift zum Schelm
an mir geworden, Schiller, W. Tod 3, 18. Es gibt Schelme neben:
bei. Goethe, zahme Kenien V. Wo jeber fich für einen Schelmen gibt,
und feines Gleichen auch für Schelmen nimmt. Goethe, Zaflo 8,5. — .
Schiefer (mhd. schivere fchw.) wird von Abdelung der ſtarken Form zu⸗
gewiefen; MRüdert (gef. Ged. 3, 194) fagt mit ſchwacher: Die Schie⸗
fern Enattern am Kirchenthurm. — Schild (mhd. schilt ft.) ſoll im
Sinne von Schußwaffe im Plur. Schilde haben; bei Goethe findet fich
auch Schilder: Schilde, fogar Harnifche wurben gemacht. Goethe,
Meifters Lehrj. 1, 7. Sonſt waren Schwerte, undurchdringliche Schil⸗
der und bal. ihre berühmteften Arbeiten. Goethe, Meiftere Wander].
3, 6. — Sinn findet ſich ſchon mhd. ſtark (meift) und ſchwach; fo aud)
bei Opitz, Fr. Spee und 9. Gerhardt im 17. Jahrh. Stieler in feinem
Wörterbud (vom 3. 1691) gibt im Plur. nur die ſchw. Form (Sinnen)
an; Goethe, Wieland, Bürger, Ubland gebrauchen neben der (gewoͤhn⸗
Vicheren) flarken auch die ſchwache Hluralform. — Staat (mhd. stat ſt.,
vom lat. status) hat ſtarken Sing. und fhwahen Plur, — Stiefel
(mhd. der stival ft. aus mittellat. aestivale, Sommerfußbekleidbung) bat im
Sing. ftarke, im Pur. flarke und ſchwache Form: In fpanifhe Stie⸗
fein eingefchnärt. Goethe, Kauft 1. — Schmerz (mäb. smörze ſchw.
männl. u. ft. weibl.) bat im Gen, Shmerges und Schmerzens,
im Plur, ſchw. Schmergen: Wo ich meinen Schmerzen enden will.
Saller. Des Schmerzens. Ruckert, gef. Geb. 85, 280. Was, zum
Beh au, mir zum Schmerzen, Daſ. $, 805, Ich denke für den
>
1 —
Schmerzen.” Daſ. 4, 148. Doch war ihm bas verfagt zu feinem
Schmerze Daf. 4, 145. Zagebed... EB hmerzens folgten darauf.
Goethe, Meiſters Lehrj. 2, 4. Alsdann ſollt ihr in das Heiligthum des
Schmerzes eingeweiht werben. Goethe, Meifters Wander. 2, 2. —
Bei Angel (mhd. der angel fl.), Ziegel (mhd. die zigel fl.) unb ben
fremden Muskel und Nerv (und Rerve) erklären fih bie abweichen:
den Formen aus bem verfchiedenen Gejchlecht, da fie männlich und weibs
lid vordommen. — Er (der Fifcher) ſah nach dem Angel. Goethe, der
iſcher. Daß des Erdballe Angeln ſchwanken. Campe Daß kein
tegel durch Feuchtigkeit angegriffen fei. Goethe, ital, Reife. Solche
Biegeln kenne ich gar nicht. Daf. — Hierzu bient auch wohl ein küm⸗
merliber Mus kel. Goethe, ital. Reife. Indem des Tobes Gefühl ihm
jede Rerve befihleicht. Klopitod.
Anm. 6. Die Beitbenennungen März, April, Mai, Auguft, Lenz
(mhd. mörze, aberölle, meie und meige, ougeste, lenze) giengen früher‘
nach ſchwacher, nun nach ftarker Form; boch bat fi die Ihwache Form
von einigen noch mehrfach erhalten, namentlich bei Rüdert: Im frühen
Märzen. Wieland, Idris 3, 114. Im Merzen. Rückert, gef. Geb.
2,251. Dem Maien. Bürger, NRacdıtfeier der Venus. Des Mai’s.
Rüdert, gef. Ged. 6, 229. Unter bed Maien Zhau. Daf. 6, 139.
Im fhönen Maien. Daf. 3, 23. So kommt ein Mai im andern Mai.
Daf. 6, 265. Es kommen zufammen der Maie zwei. Da. 6, 265.
Aller Schmud bed Lenzen. Daf. 6, 392.
Anm. 7. Donig (mhd. der und das honec, honic) gebraucht Goethe in
doppeltem Gefchlecht: Verfhmähet ihr fo den Honig, ben mancher be=
gehret? R. Fuchs 2, 61. Sparet das Honig für Andre, Daf. 3, Ai.
Anm. 8. Dadurch, daß bie Bezeichnungen ber Weltgegenden mit denen
ber Winde vermengt wurden und werben, finden wir jene ganz willfürs
lich declintert, Die ahd. Formen west, Ost, sund, nort find aus den
urfprünglich adjectiven gleichbedeutenden bas wästan, Östan, sundan,
nordan gekürzt. — Aus dem Weſt und Dfte. Kückert, gef. Ged. 2, 19.
Nah Süden, Weft und Norden. Daf. 3, 332. Nah Dft und
Weſten, nah Süd und Norden. Daf. 2, 148. Gegen Nord und
Oft. Daf. 8,401. Schau zum Oft. Daf. 8, 337. Bei bes erglühten
Dften Stralenbrand. Daf. 2, 3231. Gegen Norden ... in Nordweſt
... gegen Weften.... gegen Südoft. Goethe, ital. Reife,
Anm. 9. Bei Subftantiven aller Gefchlechter und allee Declinationen
findet fich bei vielen Schriftftellern die fremde Pluralform -8, die eigents
lich nur folhen Wörtern zukommt, die mit unveränderter Pluralform in
die deutfche Sprache aufgenommen find, ſich dann aber auch auf andere
fremdes und endlich (gang verwerflih) auf rein deutfche Wörter ausges
dehnt hat, jedoch meiſt nur in der Redeweiſe des gemeinen Lebens, oder
einer falfchen Vornehmthuerei. Bei mehreren fcheint die Korm darum
gewaͤhlt, meit die deutfche mißlautend, oder Sing. und Plur. gleichlautend
wäre. Man vgl. 3.8. den Mamfells. Goethe, 25,352. (Den) raus
teins. Goethe 12, 156. Die Meubels. Goethe 3,853. Doktors.
Shiller 3, 43. Meine Generals. Schiller 6, 129. Die Hatſchiers
.. dreißig bandfefte Kerle. Daf. 6, 409. Mit den Uhus. Goethe
8, 129. Da gibt's „guten Tags‘ und „guten Abends’, daß kein
Ende if. Goethe 44, 98. " Den Mädels. Schiller 3, 15. uern
Bräutigamd. Goethe8,37. — Zahlreiche Beiſpiele (meift aus neueren
Schriftfielern) bat gefammelt Gortzitza im Progr. des Gymnafiums
zu Lyck 1843. — Schon im 17. Jahrh. heißt es im 4. Geſicht Philanders
von Sittewald: „etlidre mürrifhe unmillige Kerle.” Im Cimpli-
tiſſimus (Nurnb. 1688, 1, 9) kommt auch der Sing. Keris vor.
— 1 —
Zweite Deelination.
$. 120.
—Gothiſch. Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
Sing N. gast-s kast gast a
G. gast-is kast-es gast- es Saft - e8
D. gast-a. kast-a gast-e Saft-e
A. gast kast gast Saft
Pur. N. gast-eis kest-i gest-e Säft-e
— G. gast- kest- jo gest-e BSäft-e
D. gast-im kest- im gest- en Säft- en
A. gast- ins kest-i gest-e BSäft-e
Anm. 1. Wörter mit unbelegtem Plur. können goth. auch zur 1. Deck.
gehören; auch im Plur.' findet fi neben dem Acc. äivins (nach der
2. Decl.) der Dat. äivam (nad) der 1. Decl.).
Anm. 2. Im Plur. hat Notker ſchon e für 1. Das jo (eo) des Sen.
Plur. wird allmälich zu 6, wie im goth. & (geste) für je fleht. Einige
Wörter ſchwanken in bie 1. "Declination, f. $. 119. Anm. 2.
Anm. 3. Die Weglaffung des Safus=e ift mh». wie beit ber 4. Decl.
Anm. 4 Die Weglaffung bes Gafus:e ift nhd. wie bei der 1. Deck.
$. 121.
Nach der zweiten Declination gehen nhd. nur umlautsfähige
Mörter (die mhd. zum Theil nicht umlauteten und darum nad) der
1. Dec. giengen), und zwar 1) einfache: Aft, Bach; 2) Bildungen
mit -el, -en, -er: Apfel, Hafen, Ader; 3) Bildungen auf
-thum: Irrthum, Reihthum; ; 4) Blldungen mit der Vorſylbe ge:
Sefang, Geruch. — Folgende (morunter auch fremde) dürften die
gebräudjlichften fein: Aal, Abt, Ab⸗, Anz, Aus:, Bei:, Ein:, Ver:
trag, Acer, Ader-, Anlaß, Altar, Anfang, Apfel, Arzt, Aft, Bach,
Balg, Ball, Band, Bart, Baft, Bag, Bau, Bau, Baum, Baufd,
Bifhof, Block, Bol, Boden, Brand, Brauch, Bruch, Bruder,
Budel, Bug, Bund, Buſch, Chor, Choral, Dachs, Damm, Dampf,
Darm, Draht, Drang, Drud (Ab⸗, Ausdrud), Duft, Dung, Dunft,
Einwand, Faden, Fall, Fang, Floh, Flor, Fluch, Stug, Fluß, Froſch,
Froſt, Fuchs, Zug, Gang (Ab-, Ausgang), Gaft, Gauch, Gaul,
Genuß, Geruch, Sefang, Geſchmack, Seftant, Glanz, Gott, Grund,
Gruß, Guß, Hader, Hafen, Hahn, Hals, Hammel, Hammer, Han
del, Hang, Hans (Prahlhans), Herzog, Hof, Huf, Hut, Kamm,
Kamp (umzäuntes Feld), Kampf, Kahn, Kanal, Kauf, Kauz, Klang,
Kloß, Klog, Knauf, Knopf, Koh, Kopf, Korb, Koth, Krach), Kram,
Krampf, Kranz, Kropf, Krug, Kuß, Laden, Lab, Lauch, Lauf, Lauft
(Zeitläufte), Lahn, Lug, Mangel, Mantel, Markt, Marfh, Mar:
(hal, Moraft, Muff, Nabel, Nagel, Napf, Dfen, Ort, Pabft,
— 1 —
—
Palaſt (minder gut Pallaſt), Paß, Pfahl, Pflug, Pfuhl, Plan,
Platz, Probſt, Puff, Qualm, Rahm (mhd. Pl. ræme), Rand, Ranft,
Rang, Rank, Rath, Raum, Rauſch, Rock, Roſt, Ruch, Rumpf,
Ruſch (in Nordd. Binſe, in Suͤdd. die Ruͤſter), Saat, Sad, Saft,
Sang, Sarg, Sattel, Sag, Saum, Schacht, Schaft, Schalt, Schall,
Schag, Schaum, Schlaf, Schlag, Schlauch, Schlund, Schlunk,
Schlupf, Schluß, Shmad, Schmag, Schmaus, Schnabel, Schopf,
Schoß (Schon), Schub, Schuß, Schutt, Schutz, Schwager, Shwamm,
Schwan, Schwank, Schwanz, Schwarm, Schwulft (auch die Schw.),
Schwung, Schwur, Sohn, Span, Spaß, Sprud, Sprung, Spund,
Stab, Stahl, Stall, Stamm, Stand, Stank, Stod, Storch, Stoß,
Strang, Strauch, Strauß (Blumenftr.), Strom, Strumpf, Strunk,
Stuhl, Stumpf, Sturm, Sturz, Sumpf, Tanz, Thurm, Ton,
Topf, Trank, Traum, Trog, Tropf, Trug, Zrumm, Trumpf, Teupp,
Vater, Verdruß, Vogel, Vogt, Vormund, Vorwand, Magen, Ward,
Wal, Wanft, Was, Wolf, Wurf, Wunfh, Wurf, Wurm, Zagel,
Bahn, Bank, Zaum, Zaun, Zoll (Abgabe), Zopf, Zug.
Anm. 1. Über die ſchwankenden Formen f. $. 119. Anm. 1.
Anm. 2, Auch bei der 2. Declin. finden ſich Pluralbildungen auf -er
($. 1419. Anm. 2.): Gott, Mann, Hundsfott, Rand, Wald,
Straub, Wurm und die Bildungen auf -thnm: Jrrthum,
Reichthum; neben Sträucher, Brüder (Sümpfe) und Würmer
finden fih auh noh Sträuche, Brühe und Würme (mhd. strüch,
Plur. strüche nah 4. und wurm, Plur, würme nach 2. Declin.): Du
ruheſt zwifchen Rohre und Sträudhen. Hagedorn. Blumen und
Sträude.- Goethe, W. 28, 10. Auf Sträudern und Bäumen,
Schiller, Wallenſteins Lager 7. An ben Gebirgen flechten ſich Eleine
Sträucher durcheinander. Goethe, Briefw. mit Schiller. Brüder,
Laube, NR. Reifenov. 1, 337. Pückler, Briefe 1, 217. Brüche. Daf.
4, 218. Beichräntt von dieſem Bücherhauf, den Würmer nagen,
Goethe, Fauſt 1. (Ich ziehe) den Burfchen leicht bie Würmer aus der
Naſe. Daf. — Strauß Hat im Plur. Sträuße; Rüdert (gef. Geb,
4, 312) fagt: Mit der Leinah Blütenfiräugern. Trumm (mhd.
das drum = Ende) ift nhd. im Sing. nicht fehr gebräuchlich (Voß fagt
ber Kelstrumm), bafür ſteht meift die aus dem Plur, genommene
Form die (auch) der) Trümmer, woher der Plur. Trümmer und
Trümmern. Auf biefem Trümmer. Zachariä. Eine große Trüm⸗
met. Klopftod.
Anm. 3, Einige Woͤrter find ſchwankend in Bezug auf den Umlauf, ober
werben von Grammatitern beftimmt ber 1. oder 2. Declination zuge⸗
wiefen, aber von den Schriftftellern nicht immer darnach angewendet;
Alp, Ball, Bau, Boden, Fund, Bund, Gau, Gaul, Hahn,
Hammer, Herzog, Huf, Karft, Laden, Lohn, Pfad, Plan,
Qualm, Ruß, Schaht, Sturz, Vormund, Wagen. — Alp
(mhd. alp, Plur. elbe) lautete früher im Plur. Elbe und Elben, fpäter
(nad) dem Englifhen) Elfen. — Bon Baft (mhd. hast, Pl. beste nach
2. Deck.) ift der Plur, nicht gebräuchlih. — Bau (mhd. bu, Plur. bue
nach 1. Decl.) hat in ber Volksſprache die Bäue, und auch Kieiſt fagt:
Laßt ihr nur darum ew'ge Bäue gleipen, um ſchnell biefelben wieder
einzureigen? Sonſt ift der Plur. Bauten in Gebrauh. — Boben
‚(abd. podum 3 mhd. bodem u, boden) und. Baden (ahd. fadum, mhd.
er a Pe a
% a .” N .
1 — |
vadem u, vaden) früher ahne, jept meift mit Umlaut; Gig Faß it papier⸗
nen Böden. Goethe, Meiſters Lehri. 2,4. Die Scheunen und Bö⸗
den. Daf. 7,6. Die Fußboden waren getäfelt. Goethe, Kampagne
: m Frankr., Zrier 29. Det. Die vielen verfchränkten Faäden. Goethe,
Meiſters Wanberj. 2, 5. Mit ber Linken faßte er bie Inden zuſammen.
Dof. 3,4, — Bund (mhd. vont, Plur, vände), nad Sampe im Plur,
ünde, bat bei Rehfues (Se. Cic. 1.8. Einl, 39. 4, 6, 109) im Plur,
unde, — Bon Bund (mhd. bunt, Plur. bunde) gebraucht Schiller
(Tel 1, 4.) den Pur. Bünde, 8. Alexis (Wold. 2, 358) Bunde —
Gauch (mbb. gouch, Plus. gouche nad 4. Decl.) ſchwankt, doch ſteht
meift Gäuche, zuweilen (ſchwach) Gauchen: Wie würden Dorf und
Staͤdte voll loſer Gauchen ſein. Opiz. — Gaul (mdh. gol, Plur,
güle, in urgat = Eber nach 1. Decl.) Hat gewoͤhnlich Gaͤule, zuweilen
Saule: Die Gäule ſtuürzen und noch vor dieſer Schlacht! Klopftock,
Hermann und bie Fürſten 1. Sie ſteigen von den Gaulen. Uhland,
bie Döffinger Schlacht. H. v. Kleiſt (Gef. Schriften 1826. Thl. 3. ©. 9
u. 19 u. o.) hat Gaule und Gäule. — Hahn (mhd. han ſchwach)
ſchwankt zwiſchen ſtarker und ſchwacher Form, doch iſt Hähne die ge⸗
bräuchlichere x Als wie von des Hahnen Frau Henneberg und Henne⸗
gau; und die meift fih Höhne nannten, unfre Nachbarn, die galons
ten, die auf Münzen und auf Fahnen eine Zeitlang führten Hahnen.
. Rüdert, gef. Geb. 5, 363. — Hammer (mhd. hamer nach 1. Deck.) hat
im Plur, meift den Umlaut, Mahlmann (6, 48) fagt Hammer, Pyrker
(Makkabäer 1) Hämmer. — Herzog (mhd. herzoge ſchm., fo noch
im 16. Jahrh.) hat im Plur, Herzoge und (öfter) Herzöge: Von
unfern alten Herzogen und Helden. Uhland, norm. Brauch. — Huf
(mbd. huof, Plur. hüeve nach 2. Deck.) follte im Plur. Hüfe haben,
doch ift Hufe gebräulicher: Als wie von Roſſes hufen. Bürger, Lenore,
— Karft (mhd. karst, Plur.?) Scheint nach der Volksſprache im Plur.
den Umlauf zu verlangen (fo hat auch Muſäus, Volksm. 2, 79); Stieler
gibt im Plur. Kärſte, Campe und Schmittbenner Karfte an. —
Laden (mhd. nicht vorhanden) hat im Blur. Laden und Läden, ohne
daß dabei die Bedeutung immer gefchieden wird, Die Senflerladen.
Dpis. Geh, ſchließ die Thür zu und die Laden. Rückert. Wir be:
fuchten fogleich die namentlich gerühmten Läden. Goethe, Sampagne in
Frankreich. — Kohn (mhd. lön, Blur, Joene nach 2. Deck.) ift im Plur.
nicht gebräuchlich. — Plan hat bei Goethe und Schiller im Plur. meift
Plane, felten Pläng, bei andern Schriftjtelleen öfter Pläne als
Plane — Qualm, nah Schmitthenner im Plur. Qualme, nad
Sampe Duälme, fo auch bei Goethe: Der feuchten Duälme Nacht. —
Ruß (mhd. ruog, Plur. rüeze nach 2. Deck.) ift nhd. im Plur, nicht ges
braͤuchlich — Schacht (mhd. schaht, Plur. schabte?) hat im Plur,
Schachte und Schächte. Haller fagt mit ſchwacher Form: Du haft der
Schachten Erz aus Salz gefchmelzt. — Sturz hat nach Gampe im
Plur. Stürze; Gorthe fagt (Kauft 2, 7): Bon Sturz zu Sturzen. — ——
Bormund (ahd. foramundo, mhd. vormunt, von diu munt = Schug)
hat bei Lufher Bormünde, fpäter Vormünder: Zu den Aslteften
und Vormünden Ahabs. Luther, Bibelüberſ. 2. Kön. 10, 1.5. —
Wagen (mhd. wagen, Plur, wagen nach 1. Decl., im 15. Jahrh., 3.2.
bei D. Schilling im Plur. Wagen und Mägen, bei Geiler von Keiferss
berg im 16, Jahrh. im Plur. Wegen) gebraucht Goethe im Plur, ohne,
andere Schriftfteller mit Umlaut. — Sattel (mhd. satel, Plur. setele)
gebraudt Mügge (Chev. 2, 10) abweichend im Plur. ohne Umlaut.
Anm. 4 Seltene Pluralformen find: Ein Genuß auf zwei Berdrüffe,
g 2 5. Fu ext, 39 ed. &, 202. Wie fih ihrem dunkeln Schatten lichte
dan N 2 rw ; f 1 ,
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lan n. Dah, 6, 198, Haͤder und Bänd thatft
Du —ãâ— Sachs, d. rn Laß fie fih winden wier.
Aele in er Renfje. Goethe, Sög v. Berl, 4. (mhd. al, Plur. aeie, nhb.
nach vielen im Plur. Aale). Gefhmäde Schillers und Goethes
Zenien: Neuefte Schule. Stähle. Goethe, Leben 15.8. (26, 336.). Vf
Andränge. Derf., ital, Reife (27, 27). Abdrücke. Derf., daf. 29, Wurm.
96). Hoſenlaͤtze. Gutzkow, Blaf. 1,446. Ränge Hoffmann 323
Fallersl. Unpolit. Lieder 2, 13, Schwän ge. Klopftod, Meſſ. 13, IT Gel 0
837, Stürze Laube, Siebesbr. Einl. 27.
Dritte Declination. \
6. 122,
Gothiſch. Althochdeutſch.
Sing. NR. sun-us sun -u
G. sun-ans sun-es
D. sun-au sun -ju
A. sun-u sun-u
Plur. N. sun-jus ı sun-t
G. sun-ive sun-e6 .
D. sun-um sun - im '
A. sun-ung sun-t
Anm. Diefe-Declination ift im Laufe der Zeit allmälich ausgeftorben.
Gothiſch finden fich etwa vierzig, althochd. etwa zehn Wörter, bie nad
diefer Declination gehen; mittelhochd. find noch mäte, schate, sige, site,
vride vorhanden, die ganz wie hirte nach ber 1. Del, gehen, aber auch
Thon mitunter bag e verlieren. — Neuhochd. haben bie hierhin gehörigen
Wörter ihr e ganz abgeworfen (Meth, Sieg) und gehen nah Zag,
theils gehen nach fie ber 2. Deck. und erhalten ben Umlaut, der aber un⸗
organiſch tft, ba das mittelhochd. e Hier Fein altes i ‚ fondern u war, alfo
keinen Umlaut wirken kann: Sohn, Buß, Sad, Bahn; theils gehen
fie nach der Schwachen Declination, wie Friede, Schatte. — Luft
und Sitte find nur weiblich.
b) Starte Feminina
Erfte Declination.
6, 123,
\ Gothiſch. Althochdeutſch.
—— — ——
Sing N. gib-a kunth-i köp-a chund -i
©. gib- ös kunth - jös köp-6 chund-t
D. gib-ai kunth -jai kep-6 chund -t
A. gib-a kunth-i ° köp-a chund -t
Pur. N. gib - os kunth - jös köp -6 ehund-i
G. gib-6 kunth - jö köp-0nö chund-ono
D. gib - öm kunth -jöm köp - öm chund- im
4. gib - ös kunth -jös köp - 6 chund -1
. Nam.
88 N
Mittelhochdeutſch. Neuhochdeutſch.
N en "
Sing. N. geb-e zal Sab-e
G. geb-e zal Gab-e
D. geb-e zal Sab-e
4. geb-e zal . Sab-e
Pur N. geb-e zal Gab-en
G. geb- en zal-n ®ab-en
D. geb-en - zal-n Sab-en
U. göb-e zal Gab-en
Anm. 1. Das zweite Paradigma kunthi (das im Acc. Sing. ausnahms⸗
weife kunthi flatt kunthja hat, alfo das a abwirft), verhält ſich zu dieſer
Declination, wie bei ber 1. männl, Decl. das Paradigma hairdeis, harjis.
Anm. 2. Kero gibt dem Gen, Sing, A, dem Dat. Ging. u, dem Nom.
und Acc, Plur. 6: kepa, köpa, köpu, köpa; köpd, köpönd, kepom, kepd.
Die weichere Mundart bei Iſidor, Otfried, Zatian bildet den Gen.
wie Kero, führt aber auch im Nom., Acc. Plur. & flatt ö ein: gäba,
gebä, gebu, geba; gebA, gäbönd, gäböm- (gEbön), geb. Notker decli⸗
niert: keba, kebö, kebo, köba; keba, käbon (ftatt kebono), kebon
(flatt köböm), köba. — Das Paradigma chundi, das nicht redht zum
goth. kunthi paßt, bietet weniger eine Declination dar, als vielmehr Auf⸗
löfung früherer Caſus, für den Sing. Erflarrung in einem einzigen.
Anm. 3. Myhd. fällt das flumme e nach Liquiden weg; einige vocalifch
auslautende find im Sing. ohne alle Gafusendung: bra, kla (ftatt bräe,
kläc), der Plur. ſchwankt: bra, klA und bran, klän, zumeilen noch in
vollerer Form brawen, kläwen. — Die goth. und ahd. Bildungen auf -t
fehlen mhd. und nhb., d. h. fie fallen mit gebe, Gabe zufammen, z. B.
herte, kelte, milte, roete, bürde, decke, ribte; Härte, Kälte, Milde,
Röthe, Bürde, Dede, Richte,
Anm. 4 Aus dem frühern Schwanken zwifchen ſtarker und ſchwacher
Borm hat fich nhd. eine gemifchte in der Weife feftgefest, daß alle orga=
nifch ftarfen Wörter der 1. Deck. den Plur. nun ſchwach, alle organifch
ſchwachen den Ging. ſtark bilden: folglich gehen mhd. gäbe und zunge
nhd. einftimmig. — Die Bildungen auf -el, er werfen das ftumme e
weg: Gabeln, Federn; das tonlofe e bleibt: Zahlen, Shladhten.
$. 124,
Nach der erften Declination gehen nur unumlautende Wörter,
und folche, die den Umlaut ſchon im Sing. haben und zwar: 1) einfache:
Amme, Bitte; 2) Bildungen mit -el, -er: Mufchel, Natter;
3) Bildungen mit -de: Freude, Zierde; 4) Bildungen mit -in, -ung:
Königin, Hoffnung; 5) Bildungen mit - ei, -beit, - Eeit, - fchaft:
Druderei, Schönheit, Herrlichkeit, Leidenfhaft; 6) Bildungen mit -be:
Farbe, Schwalbe; 7) Bildungen mit -e: Krippe; 8) Bildungen mit
-e von Adjeetiven und Verben: Güte, Größe, Dede; 9) Bildungen
mit ge-: Geſchichte, Gnade. — Folgende (darunter auch fremde)
bürften die gebräuchlichften fein: Abtei, Achfe, Achfel, Acht, Ader,
Adreffe, Ahle, Ahm (auch Ohm), Ahne, Ähre, Aloe, Alpe, Ameife,
— 81 —
Amme, Amnier, Ampel, Amſel, Andacht, Angel (auch ber Angel),
Anke, Anleihe, Anftalt, Antwort, Aprikofe, Arbeit, Acche, Arie,
Armut, Art, Arznei, Alche, Afpe, Aſſel, Atzel, Au, Aufter, Bache,
Bachftelze, Bade (auch der Baden), Bahn, Bahre, Vai, Bale
(Zeichen der Seefahrer), Balche (Kifh), Ballade, Balz (Begattung
und Begattuingögeit größerer Vögel), Bande, Bank (Spielb.), Barke,
Bafe, Baufe (Entwurf bei Malern und Bildhauern), Beere, Begier,
Begierde, Behörde, Beichte, Beſchwerde, Beuche (Waͤſche, Handlung
des Beuchens), Beuge, Beule, Beute, Bibel, Biege, Biene, Bihne
(in Hüttenwerden), Bille, Bitfe, Binde, Birke, Birne, Bitte, Blanke
und Blaͤnke, Blafe, Blatter, Bleiche, Blende, Blindfchleiche, Blume,
Blüte, Bohle, Bohne, Bombe, Borke, Börfe, Borfte, Brache,
Braffe (Seit auf Schiffen), Breche, Bremfe, Brille, Brofame,
Brüde, Brühe, Brunft, Brut, Büchfe, Bucht, Budel, Bude,
Bühne, Bühre (Bettüberzug), Bulle, Bürde, Burg, Buͤrſte, Buße,
Bütte, Butter, Geder, Gitrone, Cypreſſe, Dame, Darre, Dattel,
Daube, Dauer, Dede, Deichfel, Diele, Diefe (Rohe in Hüttenwer⸗
een), Dille (Pflanze, Röhre), Dinte, Dirne, Diftel, Dode, Dohle,
Dohne, Dolde, Dofe, Drachme, Drefhe, Drohne, Drommete, Droffe
(Takelwerk, Haufe gleichartiger Dinge), Droffel, Drufe (Geftein,
vermwittertes Erz), Drüfe, Dune, Düne, Dufel (Weibchen einer
Vögel), Düte (auch Tüte), Ede, Eder, Egge, Ehe, Ehre, Eiche,
Eichel, Eidechſe, Eile, Elegie, Elle, Eirige, Eifter, Ente, Epoche,
Erbfe, Erde, Erle, Ernte, Erve (Pflanze), Efche, Efpe, Efie, Eule,
- Kabel, Fackel, Faͤhe, Sahne, Fahre (Furche), Fähre, Fahrt, Fährte
(Spur), Falbel (Beſatz an Kleidern ꝛc.), Falle, Falte, Familie, Färbe,
Faſe, Faſer, Faſte, Feder, Fee, Fege (Werkzeug), Fehde, Fehe (Fell
bei Kuͤrſchnern), Fehm, Feifel (bei Pferden), Feige, Feile, Felbe
(Weidenart), Felge, Ferſe, Feſſel, Fiber, Fichte, Fiedel, Finanz,
Finne, Firſte, Fiſche (Theil eines Fiſchbandes bei Schloſſern, auf
Schiffen Hoͤlzer zur Befeſtigung des Maſtes), Fiſtel, Fitze (Band,
Faden), Flabbe (Maul), Flagge, Flamme, Flanke, Flaſche, Flatſche
Fladen) Flauſe (leere Ausflucht), Flechſe, Flechte, Fliege, Flieſe
(dünne Platte), Flinte, Flitſche, Flitter, Flocke, Floͤße, Floͤte, Flucht,
Fluhe (in der Schweiz eine Steinmaſſe), Flur, Flut, Focke (Segel,
Reiher), Fohre (Fiſch), Foͤhre und Fohre (Kiefer), Folge, Folter,
Form, Fracht, Frage, Franſe, Fratze, Frau, Fregatte, Freſſe, Freude,
Friſt, Fritte (Menge, Gemenge, beſonders in Glashuͤtten), Frohne,
Fuge, Fuhre, Furche, Furcht, Gabe, Gabel, Gaͤhre, Galle, Gallerte,
Gant, Garbe, Garde, Gaſſe, Gebaͤrde, Gebuͤhr, Geburt, Geduld,
Gefahr, Gefaͤhrde, Gegend, Gehre (ſchraͤge Richtung), Geige, Geile
(Hode), Geiß, Geiſel, Gemeinde, Gemſe, Gerechtſame, Gerſte, Gerte,
Geſchichte, Geſtalt, Gewaͤhr, Gewahrſam, Gewalt, Gicht, Giebe
(Winde bei den Nadlern), Gier, Gierde, Gilde, Glatze, reihe (Gifts
Kehrein Grammatik. 1. 1.
— #8 —
ꝓflanac), Stade, Stofle, Glut, Gnade, Goſſe, Sranate, Granne,
Srappe (quch der Grapp), Graͤte, Graupe, Grenze, Griebe, Grille,
Grotte, Grube, Gruͤtze, Guͤlte, Guyſt, Gurgel, Gurke, Habe, Hacke,
Haft, Halde, Hälfte, Halfter, Halle, Hanſe, Harfe, Harke (Werke
zeug), Haſel, Haſpe und Haſpe (Daten), Haſt, Has, Daube, Haue,
‚Debe, Hechel, Dede, Hefe, Heide, Heimat, Heirat, Heiſter (junger
Baum), Hellebarde, Henne, Derberge, Herde, Hetze, Deufchrede,
Der, Hilfe, Himbeere, Hippe, Hitze, Hode, Hoͤlle, Horde, Dur
Hufe, Hüfte, Huld, Hülle, Hülje, Hummel, Hürde, Hure, Huf,
Hütte, Hugel, Dpacinthe, Hymne, Imme, Inſel, Inzicht, Jude,
Jagd, Sugend, Jungfer, Kabel (Strid, Theil), Kachel, Kamille,
Kammer, Kanne, Kanone, Kante, Kanzel, Kapelle, Kappe, Kapſel,
Karauſche (Fiſch), Kurdärfhe (Werkzeug zum Reinigen), Karde
Dife), Kardufe (Papierrolle, Patrone), Kartaͤtſche (Kugel), Karte,
Karthauſe, Kartoffel, Kaſtanie, Katze, Kehle, Kehre, Kelle, Kelter,
Kerbe, Kerze, Kette, Keule, Kiefer, Kieme, Kippe, Kirche, Kirſche,
RKuͤſte, Kige (Kahe, junge Ziege), Kladde (Schmug, Schmubbuch),
‚Klappe, Klapper, Klatſche, Klaue, Klauſel, Kleie, Klemme, Kette,
Klinge, Klingel, Klinke, Klippe, Klopfe, Ktunfe, Kluppe, Kluͤſe
(Löcher an Schiffen), Kneipe, Anopper (Gallapfel), Knoſpe, Anute,
Kogel (Kopfputz), Kohle, Kolbe, Koppe (Gipfel), Koppel, Koralle,
Koſt, Köche (Höhlung), Krabbe (Seekrebs, Eleines Kind), Kräbe,
Kralle, Kraͤmpe, Krämpel, Krappe (Krapfen bei Büchfenmacsen),
Krate, Krauſe, Kreide, Kreſſe, Krieche (Kriechente, Pflaumenart),
Krinne (Rinne), Krippe, Krone, Kroͤte, Kruͤcke, Krume, Kuppe
iſen bei Windenmachern), Kıufle, Kruͤtze (Werkzeug im Bergbau),
"gübe (Hafpel der Tuchmacher), Küche, Kufe, Kugel, Runde, Kunfel,
‚Küpe (Rufe), Kuppel, Sur, Kür, Kurbel, Küfe, Kutſche, Kutte,
‚Kae, Lade, Lage, Lampe, Lanze, Larve, Sof, Laterne, Latte, Laube,
Lauer, Laufel (Laufdohne, Spur der Hühner und des Vicheg), Lange,
Laune, Lawine, Leber, Lee, Leene (Ahorn), Lefze, Fehde (ungebautes
Sand), Lehne, Lehre, Leiche, Leier, Leifte, Leiter, Lende, Lerche, Leſe,
Lege, (Erquidung, Wehre), Leuchte, Liebde (bloß in Titulaturen),
‚Liebe, Litie, Linde, Linie, Linſe, Lippe, Lift, Lifte, Lige (Schnur),
Lok, Lode (herabhangendes Ding, Schößling), Lohe, Lohme (Kous
"herart), Lorche (Pilz), Löfche (Kübel, Kohlenftaub, Hammerſchlag),
Lotte (Röhre im Bergbau), Lüde, Lüge, Luke (Öffnung), Lunge,
Luͤnſe Achſennagel), Lunte, Lurde (getheerter Strick auf Schiffen),
"Burke (Knoten im Garn), Luth (Werkzeug auf Schiffen), Luste
(Schlammherd in Goldbergwerken), Made, Mahd (das Gemaͤhete),
Maͤhne, Mähre, Mabrele, Matve, Mämme (Bruft), Mandel, Man:
tel, Mark, Marke, Marſch, Marter, Maſche, Mafer, Maske, Maße,
Mafie, Map, Matte, Mauer, Mauke (Nferdekrankheit, Ungeziefer,
- geheimer Aufbemahrungsort), Mauth, Meile, Meife, Meide, Mes
— 3
lone, Menge, Meffe, Meteo, Metze, Mewe (Moͤwe), Mieke (gabei:
foͤrmiges Werkzeug beim Schiffbau), Miene, Miethe, Milbe, Milch,
Minion, Milz, Mine, Minne, Minute, Minze, Miſpel, Mifket,
Mitgift, Mode, Moͤhre, Molke, Morchel, Moſchee, Motte, Muckr
(Laune), Muͤcke, Mühe, Muͤhle, Mulde, Mumme, Münze, Muſchel,
Muskel (auch der Musket), Muſe, Muskete, Muße, Muͤtze, Muth
-in Ans, De⸗, Groß-, Lang⸗, Sanft-, Schwer⸗, Wehmuth, Mytthe,
Mythe, Nabe, Machtigall, Radel, Nahme in Ab⸗, Anz, Aus⸗, Ein⸗,
Zunahme, Narbe, Narciſſe, Narde, Nafe, Natter, Natur, Neer
(Bewegung des Waſfers), Reige, Netke, Nerve (auch der Nerv),
Meſſel, Niere, Niete, Nixe, Note, Nothdurft, Müde (auch Mucke),
Nudel, Null, Nummer, Nuͤſter, Rymphe, Obacht, Oblate, Ode,
Orgel, Oſtern, Otter, Pacht, Palme, Pappe, Pappel, Partel, Partie,
Bartifane, Paftete, Patſche, Pauke, Paufe, Pein, Peitfche, Perte,
Perſon, Peruͤcke, Peſt, Peterfilie, Pfatz, Pfanne, Pfarre, Pfebe
(Kuͤrbiß), Pfeife, Phngften, Pflanze, Pflaume, Pflege, Pflicht,
Pforte, Pfoſte, Pfote, Pfruͤnde, Pfüge, Pide (fpiges Werkzeug),
Pieke, Pille, Pinge (Bersiefung im Bergbau), Pinte, Pinke (Schiff,
Lachs), Pinne (fpiger Nagel, Hammer), Piftazie (Pflanze), Piſtole,
Page, Plampe (kurzer Degen), Plane (Dedtuh), Planke, Piärre,
Placte, Plinte (glatter Unterfag in der Baukunſt), Plöge (Weißſiſch),
Pole, Pomeranze, Pofaune, Polfe, Pop, Pracht, Prämie, Predigt,
Peeile, Preſſe, Pritſche, Probe, Pucht (Boden in Salzwerken, Block
ins Forſtweſen), Pumpe, Puppe, Putze, Quat, Quappe (Eich,
Froſch), Quecke, Quelle, Quitte, Raa u. Rahe (Segelſtange), Rache,
Kaffel, Rakoete, Ralle (Vogel), Ramme (Werkzeug), Range, Hanke,
Rappe (Kraͤtze, Pferdekrankheit), Raſpe (Flughafer), Rafpel, Raſſet,
Waft, Ratte, Rage, Raude, Raufe, Rauke (Schotengemaͤchs), Raupe,
Raute, Rebe, Recke, Rede, Rege (Handlung, Werkzeug), Regel,
Neibe, Reihe, Reife, Religion, Rente, Neue, Reuſe, Richte, Klefo
Rinne), Riefel, Riffe und Riffel (Werkzeug), Rinde, Rinne, Rippe,
Mifpe, Rise, Röhre, Rote, Romanze, Roͤſche (Waſſergraben), Rofe,
Roſine, Roffe, Rüde, Rüge, Ruhe, Ruhr, Ruine, Rune, Runge
(kurzer dicker Körper), Runkel (Runkelruͤbe), Runfe, Runzel, Rüfe,
Rüſter, Ruthe, Rutſche, Saat, Sache, Sage, Säge, Sahne, Saite,
Salbe, Salve, Sänfte, Saripe (Strauß, Buͤſchel Fruͤchte), Sarbelle,
Saͤule, Schabe, Schachtel, Schale, Schäle, Schalte, Scham,
Schande, Schanze, Schar, Schärpe, Schare, Schaste, Schau,
Schaube, Schaufel, Schaukel, Schede, Scheibe, Scheide, Schelfe,
Schelle, Schelte, Schenke, Scherbe, Schere, Scheu, Scheuer, Scheune,
Schicht, Schiebe, Schiene, Schindel, Schacht, Schlacke, Schläfe,
Schlange, Schlappe, Schlauder (auch Schtaͤuder u. Schlender), Schlehe,
Schleife, Schleihe, Schleiße (geſchlißnes Ding), Schleppe, Schleuße,
Schlichte, Schließe, Schlinge, Schlippe, Schloße, Schlote (Pflanze),
6 %
— 3
Schlucht, Schluft, Schluͤpfe, Schmach, Shmade Schiff), Schmarre,
Schmelze, Schmerle, Schmiede, Schmiege, Schmiele (Grasart),
Schmiere, Schmiete (Seit auf Schiffen), Schmilbe (mas Schmicele),
Schminke, Schnake, Schnalle, Schnappe (Maul, bei Jaͤgern ein
Zub), Schnarre, Schnauze, Schnede, Schneide, Schnepfe, Schnigge
(Kahrzeug auf der Nordfee), Schnitte, Schnuppe, Schnurre, Scholle,
Schoͤpfe, Shore (Stüge im Schiffbau), Schote, Schramme,
Schranke, Schraube, Schrift, Schuld, Schule, Schulter, Schuppe,
Schur, Schürze, Schüffel, Schütt, Schwalbe, Schwalpe (Stüde
am Maft), Schwarte, Schwebe, Schwefze (Seit bei den Jaͤgern),
Schwelche u. Schwelte (Pflanze), Schwelle, Schwemme, Schwefter,
Schwiele, Schwinge, Schwippe (langes biegfames Ding), See,
Seele, Sehe, Sehne, Seide, Seife, Seige u. Seihe, Seite, Se:
Eunde, Semmel, Senke, Senne, Senfe, Sente (Latte im Schiffbau),
Sege, Seuche, Sichel, Sicht (Ab=, An-, Ausſicht ıc.), Siede, Siele
(Theil des Pferdegefhires), Sitte, Sode, Sode, Sohle, Sonne,
Sorge, Spache (Pfahlſtuͤck), Spake Chölzerner Hebebaum auf Schif⸗
fen), Spange, Spanne, Specerei, Speiche, Speife, Epelle, Spelze
(ipiges Ding), Spende, Sperre, Spiere (Stange auf Schiffen),
Spille (langes, Tpiges Ding), Spindel, Spinne, Spleiße, Sponde
GBettgeſtell), Sportel, Sprache, Sprehe (Vogel), Spreu, Eprenge;
Sprige, Sproffe, Sprüde (Grasſtuͤck), Spule, Spur, Staffel,
Stampfe, Standarte, Stange, Stapfe, Stätte, Staude, Steige,
Stelle, Stelze, Stenge (Üverfag des Maſtes im Schiffvau), Steppe;
Sterze, Steuer, Stimme, Stirne, Stolle, Stoppel, Storze (Wolle);
Strafe, Straße, Straube (ftraubiges Haar, Backwerk, abgeſchlagene
Stuͤckchen von eifernen Werkzeugen), Strecke, Streihe, Streu,
Striegel, Strieme, Strippe (an Stiefeln), Stropp (Schlinge am
Stropptau), Streoffe (Stufe im Bergbau), Strupfe und Struppe
(rauhe Rinde an den Füßen der Pferde), Struppe (an Eätteln und
Burten), Stube, Studel (Säule bei Handwerkern), Stufe, Stülpe
und Stulpe, Stunde, Stürze (Dre im Bergbau, Dedel), Stute,
Stüge, Sucht, Sühne, Sülze, Summe, Sünde, Suppe, Tafel,
Zalje, Zamarinde, Zange (Nadel der Fichte ıc.), Tenne, Zante,
Tapete, Zarantel, Zuppe, Tartane (Fahrzeug), Tartſche, Taſche,
Zaffe, Taſte, Zage, Zaube, Taufe, Zare, That, Thrane, Thüre,
Ziene (Gefäß), Tilke (enges That), Tille (Nöhre), Zinte, Zonne,
Torte, Tracht, Zrage, Trampe (Stange), Zranke, Zrappe (Spur der
Tritte), Zeappel (bei den Papiermachern Bret mit Löchern), Traube,
Trauer, Zraufe, Treber, Zrenfe, Treppe, Zrefpe (Grasare), Zreffe,
Trefter, Treue, Trift, Troddel, Trommel, Trude (Here), Trüffel,
Truhe, Truppe, Tüde, Tugend, Zulpe, Zünde, Tunke, Zufche,
Tüte, Twaͤſe (Querlatte am Webftuhl der Leindumaftweber), Uhr,
Ulme, Urne, Beiper, Biole, Viper, Waare, Wube, Wache, Wacht,
%
j 85
— — — —
Wachtel, Wacke, Wade, Waffe, Waffel, Wage, Wahl, Walke,
Walze, Wamme, Wampe, Wange, Wanke, Wanze, Warte, Warze,
Waͤſche, Watte, Webe, Wehr, Weiche, Weide, Weiſe, Weihe (auch
der Weih), Weile, Weiſe, Welle, Welt, Wende, Weſpe, Wette,
Wicke, Wieche, Wiede, Wiege, Wieſe, Wieſel (auch das Wieſel),
Winde, Windel, Wippe, Witſche, Witwe, Woche, Woge, Wolke,
Wolle, Wonne, Wucht, Wunde, Wuͤrde, Wurzel, Wuͤſte, Wuth,
Zahl, Zaͤhre, Zange, Zarge (Zaun), Zaſer, Zaſpel (Maß), Zaucke u.
Zaunke u. Zaupe (Hündin), Zeche, Zecke, Zehe, Zeile. Zeit, Zelle,
Zenge (Kohlenmag in Hüttenwerken), Zieche u. Züge (Bettüberzug),
Ziege, Bier, Bierde, Ziffer, Zinne, Zone, Bote, Zotte, Zunge,
Zwetſchke, Zwiebel, Zwinge. — Die zahlreichen Bildungen von 4,
5, 8 anzuführen fcheint ganz überflüffig.
Anm. 1. Wörter, deren Blur. nicht gebräuchlich ift, können auch nach ber
2. Decl gehen. — Seltne Pluralformen find: Den fchärferen Peinen
folgten nun größere Hulden. Görres, Myſtik 1, 484. Ihr ſollt nicht
bereuen eures Lebens Kür zen. Rückert, gef. Ged.2, 55. Ale Schma⸗
hen. Dai. 2, 11.
Anm. 2. Die Bildungen auf -niß bilden ihren Plur. noch nad älterer
Form auf e, alio nach der 2. Decl., jedoch ohne Umlaut: Finfterniffe,
Kenhtniffe. — Das Wort Niß (Lausei, angelj. hnitu, altn. nit, ahd.
mhd. ni3) iſt im Sing. nicht gebräuchlich (die Voiksſprache ſagt im
Sing. Nuß).
Anm. 3. Früher hatten den Umlaut und giengen nach der 2. Deelin.:
Brut, Bucht, Burg, Fahrt, Flut, Geburt, Glut, Saat, Suddt,
Schlucht, That, Jugend, Tugend, Geduld, Armut, Sunft, Haft ıc.
Daraus erklären fih die Blur. Waldfhlüchte bei Mügge (Zouff. 3
195) und Schlüfte bei Eichendorff (ed. 35 u. 0.).
Anm. 4 Zehe (ahd. zeha, angelſ. altn. tä, engl. tae, überall wefblich,
mhd. die, zumeilen der zehe) ift nhd. weiblich, wird jedoch auch männtlid)
gefunden. Weihe (abd. wiwo. wie, mhd. wie, überall männlich) ift
nhd. weiblih und (Weih) männlich. Wiefel (ahd. wisela, mbb.
wisele, überall weiblich) ift nd. weiblich und fählih. Pracht (frühre
männlich, fräter weiblich) wird noch von Opitz (F 1639) und Gotticheb
(+ 1769) mitunter männlich aebrauct, 3. B. mit dunklem Wörters
pracht. Gottſched, auf 3. 3. Rohdens Hochzeitfift. — Bis zum Nagel
des Kleinen Zehs. Goethe, Götz dv. Berl. 1. Mit meinem großen
Zehen (alio fhw. Form). Shakeipcare, K. Heinrich IV. 2. Thl. 1, 2.
König ift der Weih. Schiller, Tell 3,1. Vor dem Weib. Nüdert,
gef. Ged. 5, 330. eine Freunde waren nun auch der Marder, die
Wieſel. Gocthe, R. Fuchs 12, 212,
Anm. 8. Fahne (ahd. ſano, mhd. van) war früher männlich. Haller
gebraucht das Wort ſächlich: Der das erhaltene Kahn mit feinem Blute
hass mahtze. + —2 4, A In; Bhsfh, W
-
—
— s60 —
Zweite Declination.
$. 125.
Gothiſch. Althochd. Mittelhd. Neuhochd.
Sing. N. mant-s maht maht Macht
G. maht-ais melıt -1- meht-e Macht
D. maht-ai medt -t meht-e Madıt
%. maht maht mahıt Macht
Plur. N. maht- eis meht-i meht-e Maͤcht- e
G. maht-& meht-jo (eo) meht-e Maͤcht -e
D. maht- im meht - im meht - en Maͤcht - en
%. maht- ins meht-t meht- e Mädht-e
nm. 1. Einige goth. Wörter fcheinen den Plur. nach der 1., den Ging.
nach der 2, Deck. zu machen. &o findet fih Luc. 15,12. dail (portionem),
Suc. 19, 13, dsilös (portiones), fo auch haim (vicum), häimai (vico),
häimös (vicos), häimö (vicorum). =
Anm. 2 Der ahd. Gen. Plur. nimmt bei den fpäteren Schriftſtellern
Thon -6 ftatt eo, jo an; im Dat. Plur. zuweilen -um, -un, -on ftatt
-im, -in; der Umlaut ift noch nidyt überall dDurchgebrungen.
Anm. 3 Alle Wörter diefer Deck. koͤnnen mhd. im Ben. und Dat. Sing,
das e ablegen, alfo beide Gafus dem Nom. und Acc, gänzlich gleich
machen; feltner geſchieht es im Gen., häufiger im Dat,
8. 126,
Diefe Declination umfaßt nbd. nur umlautsfählge Wörter; die
ebehuattften find: Angft, Ausfluht, Art, Bank, Braut, Brunſt,
ruft, Fauſt, Feucht, Gans, Geſchwulſt, Gruft, Hand, Haut,
Kluft, Kraft, Kuh, Kunft, Kunft (Einkünfte, Zukünfte, Laube,
M. Ch. 1, 182), Laus, Luft, Luft, Macht, Magd, Maus, Mutter,
Naht, Naht, Noth, Nuß, Nuch (Buge, Zapfen bei Handwerkern),
Sau, Schnur, Stadt, Tochter, Vernunft, Wand, Wucht, Wurſt,
Zucht, Zunft.
Anm. 1. Bei Sau und Schnur (mhd. sü, siuwe; snuor, snüere)
ſchwankt der Gebrauch, doch find die Kormen mit bem Umlaut richtiger.
— 53. G. Förfter (im Briefwechfel) nennt Leute ſolche Sauen, daß man
davor erſchrecken werde. Daß ich nicht eine der grünen Schnuren er:
greife. „gosse, Leben 2. B. Geiler von Keifersberg im 16. Jahrh. fagt
hnüre,
Anm. 2. In Weihnachten (mhd. ze wihen nahten) hat fich bie alte
Form erhalten. — Nacht ift ſchon mhd. vielfach unregelmäßig.
Anm. 38. Geltne (gam Theil fehlerhafte) Pluralformen find: In Bahr
und Röthen. Ruͤckert, gef. Geb. 4, 351. Durch ber Bretter Kinften
. und Risen drang ein Summen. Daf. 5, 427. Ic, feh es an ben Na:
then „die find nicht von deutſchen Faden. Daf. 3, 240..: Auf -leichten
Handen trägt er ihn zu ebnen Landen. Daf. 3, 55. Mit foldhen
Machten. Daf. 3, 432, Wie die vereinten Machten in ftätem Gleichs
gewicht fich felbft zu halten trachten, Galler, verborbene Sitten. Gibt
es verfchiedene Bernünfte oder nur eine? W. Jordan, Ihr träumt!
— 87 —
Weckeruf an das Rongeberauſchte Deutſchland. — Der Ontiv Handen
{ab, bei, mit, gu) findet ſich öfters, 4. B. Goethe, W. 25, 83. 28, 120,
Schiller, W. 6, 322. Der %cc. fteht bei Goethe, W. 25, 346: Ging der
Mutter in allem an Handen. Die angeführten Wörter lauten mhd.
nöt, noete; Kluft, klüfte (ahd. chlaft, Plur. chlufti); nat, nete; hant,
bende; maht, mehte; vernunft, vernünfte (nad) sigenunft, sigenünfte).
Dritte Declination.
8. 127,
| Gothiſch.
Sing. N. hand-us Pur. N. hand-jus
G. hand- aus G. hand- ive
D. hand- au D. hand-um
%. hand-u A. hand-uns
Anm. 1. Goth. find nur vorhanden: handus (and), asilus (Efelin),
kinnus (Kinn), vaddjus (Wall), vritus (Herde).
Anm. 2. Ahd., mhd. und nhd. mangelt biefe Declination ganz, indem
die wenigen goth. Wörter in andere Detlinationen üßergegangen oder
ganz ausgeftorben find.
co)» Starte Neutra.
Erfte Declination.
8. 128,
Gothiſch. Althochdeutſch.
Sing. N. vaurd arb-i wort arp-i
G. vaürd- is arb - jis wort- es arp - es
D. vaürd-a arb - ja wort-a arp-e
A. vaürd arb-i wort arp-i
Dur. N. valrd-a arb-ja wort arp-i
G. vaurd-2 arb - je wort=6 arp-jö (ed)
D. vaurd-am ° arb-jam wort - um arp- um
A. vaurd-a arb -ja wort arp-i
Mittelhochdeutſch. Neuhochdeutſch.
Sing. N. wort zil erb- e Wort Erb-e
G. wort-es zil-s erb-es MWort-ed Erbe es
D. wort-e zil erb-e Wort-e Erb-e
A. wort zil erb-« Wort Erb-e
Plur. N. wort zil erb-e MWort-e Etb-e
G. wart-e zil erb-e Wort-e Erb-t
D. wort-en zil-n erb-en Worteen Erb—en
A. wort il erb-e Wert-e Erbe
— — 88, —
Anm. 1. Zu goth. taurd und arbi vgl. $. 148. Anm. 1.
. Anm. 2. Abd. wirft der Dat. Sing. zumeilen feine Endung ab, z. B.
hüs ftatt hasa (hüse).
Anm. 3. Rom mhd. flummen e gilt das bei dem Mafculinum $. 118.
Anm. 2. Sefagte. Das tonlofe e wird ausnahmsweiſe in einigen Woͤr⸗
tern gekürzt, z. B. vel. ros, pferd, har, wip, lant für välle, rosse,
pferde, häre, wibe, lande.
Anm. 4 Dieſe Decl. ift nhd. völlig der erfien männlichen gleich; Wegfall
des Caſus⸗e wie beim männlichen Geſchlecht, folglich a) des ſtummen in
ben zwei⸗ und mehrſylbigen Bildungen auf -el, -en, -er: Siegel,
Zeichen, Laſter. Die mit -en laffen im Dat. Plur. das n weg: Zeichen
(ftatt Zeichenn) ; die einfylbigen: Zhal, Mahl, Spiel, Ziel, Heer, Meer
haben durch die Bertängerung wieder ein unflummes e befommen: Spiele.
b) Das unftumme e haftet in der Regel überall im Pl.: Beile, Bande;
im Gen. und Dat. Sing. kann es wegfallen: Heiles, Heils; bie mit
-Iein laffen e8 aus: Kindleins, Plur. Kindlein,
g. 129.
Nach diefer Declination gehen nur unumlautende Mörter, und
zwar 1) einfahe: Beil, Brot; 2) Bildungen mit -el, -en, -er:
Siegel, Eifen, Lafter; 3) Lingualbildungen: Pferd, Obſt; A) Bil:
dungen mit -niß: Hinderniß; 5) vocalauslautige: Knie, Blei;
6) Bildungen mit -e: Gemälde, Semüfe, Gefinde, Gewölbe (andere
haben ihr e verloren: Gemaͤuer, Getäfel, Gluͤck, Stuͤck, Reich ıc.);
7) Bildungen mit -de (te): Gebäude, Gebraͤude, Gehöfte; 8) Bil:
dungen mit (dem verkleinernden) -fein: Kindlein; 9) Bildungen
mit ge: Gefühl, Gewerk. — Folgende dürften die gebraͤuchlichſten
fein: Abenteuer, Almofen, Alter, Antlig, Ab, Auge, Band, Banier
u. Banner, Barometer, Bauer, Beden, Beet, Begehr, Beil, Bein, Bei⸗
fpiet, Beſchlaͤg, Beſteck, Bett, Bier, Biet, Blech, Blei, Blut, Boot,
Bord, Brot, Bund, Bündel (aud) der Bündel), Chor, Ded (Berded),
Didiht, Ding, Dornicht, Driet (Meſſerklinge bei Sammetwebern),
Ed, Eis, Eifen, Ende, Erbe, Erz, Eftrih, Euter, Fardel (Tuch⸗
maß), Sell, Senfter, Ferkel, Feſt, Fett, Feuer, Fieber, Fteifh, Floß
und (gebräuchlicher) Floͤtz (Rage der Erd: und Steinmaffen), Fluder
(Serinne), Fohlen und Züllen, Fuder, Futter, Garn, Gat (Loc,
Hintertheil des Schiffes), Gatter, Gebaͤu, Gebäude, Gebet, Gebirg,
Gebinde, Gebiß, Gebtäfe, Geblüt, Gebot, Gebräude, Gebraufe, Ge:
bruͤll, Gebrüte, Gebüfch, Gedicht, Gedärme, Geding, Gedoͤrn, Ge
drang, Gefäll, Gefäß, Gefecht, Gefieder, Gefilde, Geflecht, Geflimmer,
Geflügel, Geflüfter, Gefolge, Gefüge, Gefühl, Gehalt, Gehämmer,
Behänge, Gehäus, Gehege, Geheiß, Geheul, Gehirn, Gehoͤfte, Ge:
hoͤlz, Gehör, Gehören, Gekling, Geklippe, Gektüft, Gekräg, Ges
kraͤuſel, Gekroͤſe, Gelächter, Gelände, Geländer, Geläut, Geleit,
Selen, Geliſpel, Gelock, Gelübde, Geluft, Gemach, Gemaͤchte
(Ehegemaͤchte), Gemaͤlde, Gemaͤß, Gemaͤuer, Gemenge, Gemuͤll,
- — s89 ——
Gemuͤſe, Genebel, Genie (auch der Genie), Geniſt, Geplaͤrr, Ge⸗
praͤnge, Geraͤth, Geraͤuſch, Gerede, Gericht, Geriem, Gerieſel, Ge⸗
ringel, Gerinne, Gerippe, Geroll, Geruͤcht, Geruͤſt, Gefäß. Geſaͤuſel,
Geſchaͤft, Geſchick, Geſchiebe, Geſchirr, Geſchmeide, Geſchmeiß, Ge⸗
ſchnatter, Geſchoͤpf, Geſchoß, Geſchrei, Geſchuͤtz, Geſchwaͤrme, Ge⸗
ſchwaͤtz, Geſchwirr, Geſchwiſter, Geſchwuͤr, Geſenk, Geſetz, Geſeufze,
Geſicht, Geſims, Geſinde, Geſindel, Geſpann, Geſpinnſt, Geſpoͤtt,
Geſpraͤch, Geſtade, Geſtaͤude, Geſtein, Geſtell, Geſtirn, Geſtoͤber,
Geſtraͤuch, Geſtuͤck, Geſtuͤhl, Geſtuͤte, Getaͤfel, Getaͤndel, Getaͤuſche,
Getoͤn, Getoͤſe, Getrappel, Getraͤufel, Getreide, Getriebe, Getuͤmmel,
Gevoͤgel, Gewaͤchs, Gewand, Gewaͤſch, Gewebe, Gewehr, Geweih,
Gewende, Gewerbe, Gewerk, Gewicht, Gewimmel, Gewinde, Ge:
winſel, Gewirbel, Gewirk, Gewirr, Gewitter, Gewitzel, Gewoͤlbe,
Gewoͤlk, Gewuͤrm, Gewuͤrz, Gezaͤnke, Gezaͤun, Geziefer, Gezimmer,
Gezuͤcht, Gezuͤngel, Gezweig, Gift, Gitter, Gleis, Gluͤck, Gold,
Grummet, Haar, Haff, Haft, Herz, Heer, Haft, Hehl, Heil, Heu,
Hirn, Holz, Horn, Jahr, Joch, Kameel, Karat, Kardeel (Tau),
Karnieß (Theil des Geſimſes), Kehricht, Kinn, Kiſſen, Klafter (auch
die Klafter), Kleinod, Knick (Zaun, Gehoͤlz), Knie, Koller, Korn, Koth
(ſchlechtes Haus), Kreuz, Kupfer, Kuppel, Lab, Labſal, Lager, Laken,
Land, Laſter, Laub, Leder, Lee (vom Wind abgewendete Seite des
Schiffes), Leg’(Gemifd von Kupfer, Eifen und Arfenik), Leid, Lineal,
Lob, Lohn, Loß (Loos), Loth, Luder, Mahl, Malter, Malz, Mandel,
Mark, Map, Meer, Mehl, Merk (Augenmerk), Meſſer, Meffing,
Metall, Mieder, Mittel, Moor, Moos, Münfter (auch der M.),
Muß, Mufter, Netz, Noß (zahmes Vieh), Nößel (Mag), Obſt, Ohr,
SL, Opfer, Paar, Pal, Panier (Banier), Panfter (Wafferrad),
Papier, Paradies, Pech, Pergament, Pferd, Pflafter, Pfund, Peifter,
Poreellan, Pult, Pulver, Rat (Strede in einem Fluß, Werkzeug),
Raͤthſel, Recht, Neff, Regifter, Reh, Reich, Reifig, Revier, Rick (Latte,
Zaun), Rind, Riff, Rimm (Holz im Wafferbau), Rohr, Roß, Rudel,
Ruder, Salz, Schaf, Scheit, Schiff, Schild, Schilf, Schleep (Werkzeug
auf Schiffen), Schmalz, Schmeer, Schmier (die Schmiere), Schod,
Schoff (Vordertheil eines Elbkahnes), Schrot, Schwein, Echmert,
Sch, Segel, Seidel, Seil, Sieb, Siegel, Siel (Schleuße in Marfch:
laͤndern), Silber, Simmer, Spiel, ‚Spilt (Samenftengel mancher
Kuͤchengewaͤchſe), Spriet, Stadet, Steuer; Stift, Stroh, Stüd,
Takel, Talent, Tau, Teff (Grasart), Thermometer, Teftamente,
Thal, Thier, Thor, Tockel (Debezeug auf Schiffen), Troß (Tau),
Tuch, Zurnier, Ufer, Ungeziefer, Urtheil, Verde, Verdienft, Ber:
lies, Vieh, Wahs, Wappen, Waffer, Wehr, Werft, Werg, Werk,
MWefen, Wetter, Wied, MWiefel (auch die W.), Wild, Wort, Wrad,
Wunder, Zeichen, Zelt, Zeug (auch der 3.), Ziel, Zimmer, Zinf,
Zinn. — Die Bildungen von A und 8 anzuführen fcheint überflüffig.
*
— s0 —
Anm. 1. Auge, Ohr, Hemd, Bett, Leib bilden ben Plur. ſchwach:
Augen, Ohren, Hemden (auh Hemder, befondere in der Volkes
fprahe, auch bei Gutzkow, Blafed. 3, 157; Hembde in Arndts Abent.
bes Zungen Deutfchland), Betten (in der Volksſprache Better),
Leiden.
Anm. 2. Mehrere unumlautende haben im Blur. -er: Bild, Bret
(Brett), Et, Feld, Geld, Gemüth, Geſchlecht, Geſpenſt,
Glied, Kind, Kleid, Licht, Lied, Neft, Regiment, Reis,
Rind, Weib. — Das Menſch, im Plur. Menſcher, hat noch
nicht überall den böfen Nebenbegriff. Die Menfcher, die noch jest
faſt Römiſch Muſter tragen. Opitz. Im ganzen Dorf ift Eein Geficht
ber flinfen Hanne gleih. Das Menfch gefällt auch ungepugt, id) jag
ed ohne Scheu, trotz mancher, die in Flittern ſtuzt. Hagedorn, ber ver:
liebte Bauer.
Anm. 3, Die Pluralbildungen auf -er nehmen immer mehr zu; die
Bolksſprache geht hierin voran, bie Schriftfprache folgt nah. — Auch
bei Schriftftelleen finden fich einzelne folcher Kormen, 3. B. Ungethüs
mer (W. Aleris, Zw. Ncht. 3, 296), Feſtungswerker (Drollinger,
Ged. 68), Gewichter (Eichendorff, Ged. 347), Gebilder (Klopftod,
Od. 1,206), Beiner (Leutner, T. Brefp. 1, 66), Gewoͤlber (Mus
fäus, Volksm. 3, 255).
Anm. 4 Mehrere Wörter haben neben dem Plur. nach der 1. Deck. aud
einen nach der 2. Decl., ohne fefte WVerfchiedenheit der Bedeutung, die
man bi Wort, Ding, Gefiht, Liht, Band, Tuch jedoch meift
beobachtet findet. — Wir haben über unfere Anbeter gezankt, ich will die
Dinger noch immer fo nennen. Leſſing. Er verzerrte feine Gebärbe
und machte bie häßlichften Gefichter feines Gefichts. Goethe, Benv.
Gellini 4,5. So ummallten uns manche Sefichte ber grauenden Vor:
zeit. Stollberg. Sanfter, rührender Schmerz deckt ihre Geſichte.
Klopftod, Meif. 3, 107. Sch habe feit einigen Nächten fchredliche Ges
fihter gehabt. Klinger 3, 93. — Holze, Horne, Korne, Kraute,
Tuche unterfcheiden fich alö Arten von Hölzer, Hörner, Körner,
Kräuter, Tücher, welche mehrere Stüde bezeichnen. — Wo beide
Pluralformeln gebräuchlich find, ift die auf -e alterthümlicher und edler:
Gemwande, Lande, Male, Thale, Stüde, Seile, Sceite,
Siebe, Stifte Die feltnere Pluralform Schwerte gebraucht
Goethe, Meifterse Wanderj. 3,6. Geſchlechte findet ſich fehr oft in
Klopſtocks Meifias, z. B. 1, 110; 2, A62. 848; A, 1112; 5, 383, auch
bei Goethe (3, 3. Hegira), NRüdert (gef. Bed. 2, 10. 3, 236. 6, 327)
u. A. Nüdert fagt auch: Zu des Himmeld Felden (gef. Geb. 2, 163);
den müben Augenlieden (gef. Geb. 8, 378). — Der Plur. Röhre
(%. Grün, Spazierg. 48) ift minder gut ald Rohre (Schiller 3, 383;
Goethe 1, 291. 292 u. 6.); Chöre erklärt fich aus dem männl. Chor;
ebenfo Flöße, das auch männlid vorfommt, z. B. Voß, Odyſſee 8,
248; Läger kommt oft vor, hat aber etwas Unregelmäßiges; noch aufs
fallender find Spitäle (Duller, Loyol. 2, 184), Wämfe (Rebfues,
Sc. Sic. 1, 107), Butterbröde (Spindler, Kön. v. Zion 3, 367),
Häupte (zu Häupten, Bechftein, Fahrt. 2, 310, Zobrent. 93; zu
Deinen Häupten, Wesel, Ged. 89; über unfern Häupten, Leutner,
3. Brefp. 2, 136). Neben bem regelmäßigen Plur, Waffer finder ſich
auch oft Wäffer, befonders bei neueren Schriftftellern.
Anm. 5. Einige Wörter haben ein doppeltes Geſchlecht, doch herrſcht das
neutrale vor: (Sr hat) ihm den Bündel abgepadt ... Sie raubten
nun das Kieidberbündel, Goethe, der Müllerin Verrath. Geh, hole
Dir einen der Raken, Goethe, Todtentanz. Man gibt mis einen Pad
— 91
Briefe. Goethe, Meiſters Wanderj. 1,6. Wie man ein Pad Zeitungen
lief. Goethe, Meifters Lehrj. 6. Ich habe felbft den Gift an Zaufende
gegeben, Goethe, Kauft 1. Den ftärkften Gift Eochen. 3. Paul, Titan
4,262. Sie dradıte mir in das weißefte Zeug gewidelt den fchönften
Knaben, Goethe, Meilters Wanberj. 1, 1._ Die nad und nach das
Mark des fihern Landes fäulen. Haller, verdorbene Sitten. Wie
eitler Fürften Pracht den Mark der Länder frißt. Haller, die Alpen.
Anm. 6. Die fremden Barometer, Thermometer, Genie, Kro:
todil, find gewöhnlich neutral, doch finden fid) auch Abmeichungen.
Barometer und Thermometer gebrauden Lichtenberg und GI.
Brentano männlihd; Genie Schiller (in. d. Künftl.) und Wieland (im
Merkur) männlih; Krokodil Opitz männlich; Katheder gebraucht
Herder neutral, Rüdert männlid, Rabener weiblich.
Anm. 7. Leute kommt nhd. nur im Plur, vor, mhd. auch im Sing.:
‘
Zweite Declination.
$. 130.
Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
Sing. N. lamp lamp Lamm
G. lamp-es lamb - es Lımm - 08
D. lamp-a lamb - e Lamm-e
%. lamp lamp Lamm _
Pur. N. lemp-ir lemb - er Lämm-er
6. lamp-6 lemb- er Lämn- er
D. lamp- um lemb - ern Lamm - ern
%. lemp-ir lemb - er Limm-er
Anm. 1. „Das goth. Reutrum zeigt nur zwei Declinationen, bie erfle
und britte, d. h. Wörter mit der A und U-Flexion; nichts aber mas der
zweiten männlichen und weiblichen entfpräde, aljo Feine J⸗Flexton.
Wahrſcheinlich war diefe früher dennoch vorhanden und nur ausgeftors
ben, wie auch bie neutrale U-Flexion im Ausfterben begriffen, auf wenige
Wörter eingefhräntt und für den Pluralis nicht mehr gang erkennbar
iſt.“ Grimm, Gefchichte der deutfchen Sprade ©. 917.
Anm. 2. Das ahd. lamp geht eigentlid nach der erften Deel., wie wort.
„Die Syibe -ir (niemals -ar, fpäterhin -er) ift eigentlich ein Bildungs
mittel, und der Detl. mwefentlidy fremd, baher auch diefem erweiterten
Plur, die gewöhnlichen Genitive und Dativendungen zutreten: küsir,
hosiro, hasirum, hösir. Practifch läßt fich indeffen von dem Sing. hüs
ein Plur. häsir, hasirö, hasirum, hüsir annehmen. Grimm, Gramm.
1, 622. — Graff (IV, 1051.) führt aus dem Plur. an: Nom. hiuser,
Gen. hüso, büsero, hüsiro, hiusero, huisero; Dat, hüsom, hüson,
hüsun, hüseren, hiuseren, hiusern; Acc. hüs, hüsir, hüser.
Anm. 3. Myhyd. gehört lamp im Sing. wie ahd. zur erften Decl., im Pl.
bat es mit vielen andern bas ben Umlaut wirkende er.
Anm. 4 Zum Behufe des Red. Habe ich eben ein eigenes Paradigma der
zweiten Declination aufgeftellt, wohl wiffend, daß es ber ältern
Sprache nicht gemäß ift. Diefe Declination mit dem pluralifchem -er
laͤßt fih in mander Hinfiht mit dem Bildungs sm der Schwachen Decli⸗
natlon ($, 118, 133.) vergleichen,
| 8. 131.
Nach diefer Declination gehen nhd. nur umlautbare Wörter mit
dem Pur. auf -er. Die gebräudlichften find: Aas, Amt, Bad,
Band, Blatt, Buh, Dad, Daus, Dorf, Fach, Faß, Gemach, Glas,
Grab, Gras, Gut, Haupt, Haus, Holz, Horn, Huhn, Kalb, Korn,
Kraut, Lamm, Koh, Maul, Pfand, Rad, Schloß, Volt, Wamms;
ferner Bildungen auf - mal und -thum: Denkmal, Fürftenthum.
"Anm. 1: Auch hier nehmen die Plur. auf -er zu, 3. B. Läuber (Im:
mermann, Epig. 2, 368), Eiländer (Dehlenfchläger, Infelr. 1, 23),
Röſſer (Spindler, Bogely. 3, 212), Jöcher (Daf. 4, 35). — Zu diefer
Pluralform gehören auch die der Volksſprache angehörenden Gen. Plur.
Stüder, Maler, unb die männl. und weibl. Zager und Tagner,
Wagner vor einem Zahlwort, die ſich auch bei einzelnen Schriftftellern
finden, 3. B. Ein Stüder fieben bis acht Keris. Deblenfchläger, Infelr,
2, 367. Ein Maler dreigig. Elsholg, Schip. 2, 124. 'n Wagner
fechfe Holz. Fr. Müller 1,242, In Zagner drei bis acht. 9. v. Kleift
2
‚9.
Anm. 2. Die Bildungen mit -mal ziehen oft die Ältere Pluralform
-male vor: Merkmale, Denkmale (bei Goethe), Wundenmale
(bei Uhland). — Die auf thum haben gewöhnlich den Plur. -er; dod
fagt Rüdert Heiligthume, gef. Ged. 1, 7. 2, 184. 6, 162. 223. 262,
Dritte Declination
8. 132.
Hierhin gehoͤrt, nah Grimm, goth. bloß ſaihn (Vermögen),
Sen. faihaus, Dat. faihau, Acc. faihu ; der Plur. kommt nicht vor. —
Die ahd. britte Declination enthält bloß fihu (Vieh) und witn (Hals),
welche wie sunu (Sohn) declinieren (nach 3. ft. m. Decl.), außer daß
der Nom. und Acc. Plur. (wenn ein Plur. vorkommt) dem Nom.,
Acc. Sing. gleich fein würde. — Mhd. zeigen fih noh Spuren in
vihe und wite, welches legtere Wort meiftens maͤnnlich erfcheint, auch
in wit apokopiert wird. — Nhd. ift jede Spur diefer Declination
verfhwunden. Die etwa hierher zu rechnenden Bildungen auf -e
mit vorgefegtem Ge- find oben $. 129. Nr. 6 genannt.
Anm. Graff führt (I, 746) die ahd. Plur. Nom. und Acc. witn, Gen.
Plur. wito und (III, 430) von fihu die Plur. Nom. f(v)öho, feo, Gen.
fieho, Dat. fiehen, Acc. fihiu, feho; fieo, vähe an,
B. Schwache Declination.
8. 133.
Die ſtarke Declination läßt Subſtantiven und Adjectiven eine
zwar ähnliche, abet mwefentlic abweichende Form angedeihen, Die
ſchwache vereinigt beide unter einer und derſelben Korm. Sin der
Flexion der erſten ſchwachen Declination waltet der Vocal A vor, in
der zweiten (mweiblih) 3. Althochd. ift der reine Vocal A ganz aus
der ſchwachen Declination gefchwunden, und durch O erfegt worden.
93
Mittelhochd. find (tie nhbd.) alle Flexionsvocale in E verbünnt, doch
befteht (mie nhd.) die Gleichheit der fubftantivifchen und adjectivifchen.
Neuhochd. iſt vielfache Verderbniß eingeriffen, namentlich in Bezug
auf den Sterionseonfonanten, der eigentlich N ift.
2) Shwahe Mafculina.
8. 134.
- Sothifcd. Althochdeutſch.
— — — —
Sing: N. han-a vil- ja han -o will -jo
G. han-ins vil-jins han-in will-jen
D. han-in vil- jın han-in will-jen
%. han-an vil-jan han-on(un) will-jun
Pur. N. han- ans vil - jans han-on(un) will-jua
G. han-ane vil- jane han - 8n6 will- jond
D. han-am . vil- jam han - öm will-jom .
%. Iran - ans vil - jans han-on(un) will-jun
Mittelhochdeutſch. Neuhochd.
— — —
Sing. N. has-e hör nam Haf-e
G. has-en bör-n nam-en Daf-en
D. has-en ber-n nam-en Haf-en
%. has- en bör-n nam- en Haf-en
Pur. N. has-en bör-n nam-en Haf-en
G. has-en ber-n nam-en -Haf-en
D. has-en ber-n nam-en Haf-ın
X. has-en bör-n nam-en Haf-en
Anm. 1. Bon dem goth. hana und vilja gilt das $. 118. Anm. 1. Sefagte.
Anm. 2. Ahd. ift im Ace. Sing. hanon, im Ylur. hanon, handnd, banom,
hanon ältere und beffere Korm; in andern Denkmälern fteht die fpätere
Sorm hanun. Rotfer hat im Gen. und Dat. Plur. hanön, fonft überall
banen. — Das Puradigma willjo läßt ſich nur nach den älteften Denk⸗
mätern aufftıllen ; fpäter fiel das i (j) aus, und die Wörter gehen gang
nad) bano, als: willo, willin etc.
Anm. 3. Myhd. fällt bas ftumme e nad 1, r gänzlich weg (ber); nach m
und n fällt es nur im Nom, Sing. weg (nam); das tonloje e bleibt:
buole, buulen (Buhle).
Anm. 4. Die zu diefer Deck, gehörigen nhd. Wörter haben theils das e
im Rom. Sing. beibehalten: Affe, Bürge; theild weggeworfen: Bär,
Held; theils (durch Verwechjelung der ſchwachen Flexion -en mit ber
Bildung -en) dem Nom. Sing. ein nm angefchoben (doch-nur bei einigen
Schriftftellern, während andere richtiger Yriede, Boge, Daume gebraus
chen); dieſe legteren haben im Gen. Sing, -ens, fonft überall -en: bes
Bogend, dem Bogen,
— HH —
8. 138.
Die gebraͤuchlichſten nhd. Wörter dieſer Declination ſind: Affe,
Backen, Balken, Ballen, Baͤr, Barbar, Barde, Batzen, Bauer, Be⸗
diente, Biſſen, Boge, Bolz und Bolzen, Bote, Brack, Braten,
Brocken, Brunnen, Bube, Buhle, Bulle, Buͤrge, Burſch, Chriſt,
Daume, Dolmetſch (neben Dolmetſcher), Drache, Dronte (Vogel),
Droſt, Drude, Druide, Elephant, Elfe, Enke (junger Knecht), Erbe,
Falke, Farre, Faſen (auch die Faſe), Ferge (auch — Fetzen,
Fink, Fladen, Flecken, Friede, Funken, Fuͤrſt, Galgen, Garten, Gatte,
Gaumen, Bed, Gedanke, Gefaͤhrte, Gehilfe, Genoſſe, Geſell, Ge
ſpiele, Glauben, Goͤtze, Graben, Graf, Greif, Groſchen, Gulden,
Hageſtolz, Haken, Damen, Haſe, Haufen, Haufe (Fiſch), Heide,
Held, Herr, Hirſe, Hirte, Hopfen, Huſar, Huſten, Jude, Junge,
Kaͤmpe (Kaͤmpfe, Kaͤmpfer), Karpfen, Karren, Kaſten, Kloben,
Klumpen, Knabe, Knappe, Knochen, Knollen, Knoten, Knorren,
Knubben, Kober, Kolben, Kragen, Krapfen, Kuchen, Kunde, Laie,
Lappen, Leopard, Letten, Leu, Loͤwe, Lump, Magen, Matroſe, Menſch,
Mohr, Motzen, Nacken, Name, Narr, Neffe, Nutzen, Ochſe, Pathe,
Pfaffe, Pfau, Poſten, Prinz, Rabe, Raden, Rantfe, Ranze, Rappe,
Raſen, Rechen, Rede, Reigen und Reihen, Roineke, Riemen, Rieſe,
Robbe, Roche, Roden, Rüden, Rüde, Runke (Stud), Same, Saffe,
Schaden, Schatten, Schelm, Schenke, Scherge, Schlaraffe, Schlit:
ten, Schöffe, Schöppe, Schote, Schragen, Schranz, Schultheiß,
Schulze, Schüge, Schurke, Schwaͤr, Sctave, Senne, Sippe, Skalde,
Soldat, Sparten, Spaten, Sproffe, Staar, Stähr, Steden, Stine
mes, Stoffen, Thor, Zrappe, Tropfen, Truchſeß, Vagabund, Vor:
fahr, Waife, Wafen, Weizen, Wille, Woden, Zaden, Bapfen, Zeuge,
inken.
s Anm. 1. Schon bei der ſtarken Deck. (F. 119. Anm. A— 5.) wurden bie
Wörter angeführt, die zwifchen flarker und ſchwacher Ferm. ſchwanken.
Anm. 2. Hat der Plur. den Umlaut, fo gehören die Bildungen mit -en
zur ftarken Declination; gber es herrfcht auch hier Schwanfen: Gäͤr⸗
ten, Gräben, Mägen, mihd. garte, grabe, mage; Kragen hat
ſchon mbb. doppelte Form krage ſchwach und kragen ſtark. — Der Plur.
Kaſten (von mhd. kaste ſchw.) iſt richtiger als Käſten; in Bogen
(mhd. boge = Schießbogen, ſchw.) haben ſich zwar die Bedeutungen ge⸗
ſchieden, werden aber nicht immer beobachtet. — Ich beſah Käſten,
Säcke, Schachteln. Goethe, Meiſters Lehrj. 1,5, Später ſtuͤrzten die
Kaften. Goethe, Hermann u. Dorothea ft, 1M. — Georg Fam mit ben
gewöhnlichen Bogen herobr, deren fich die koͤnigliche Druckerei bediente.
Goethe, Hadert,. In die Wände waren verhältnigmäßige Bogen vers
tieft, in denen größere Sarkophagen flanden. Goethe, Meifters Lehrj.
8,5. Die zehn Bogen, welche über das Thal reichen. Goethe, ital,
Reife. Triumphbögen und Säuten. Daf.
Anm. 3. Schwache Forn ftatt der alten ſtarken haben angenommen:
Held, Gedanke, Hirte, Hirfe, Friede, Rüden, Schatten,
Weizen; daher erklären fich die noch zuweilen vorkommenden flarken
9
ormen. Nicht errettet den göttlihen Held die unſterbliche Mutter.
chiller, Ränie. Daß mich als blanken Hirt bie Morgenröthe jähe.
Rückert, gef. Ged. 2, 102. Ihr Tollt Ruhe und Friede wieder her⸗
ſtellen. Goethe, Egmont 1. Er bleibt im Friede figen. Lappe 1, 20. —
Fürſt, Prinz und Kalte waren mhd. nur ſchwach (vurste, prinze,
valke), finden jich nhd. zuweilen ftarl. Won Navarras Fürſt gefandt.
Stolberg, die Büßende. Dem Prinz von Wales. Shakſpeare, Kön.
Heinrich IV. 1. Thl. 4,1. Den Falk erkenn’ ich in den höchften Lüften.
Schiller, Jungfrau v. D. 5, 11.
Anm. 4 Gaumen (mhd. goume), Haufen (mhd. houfe ſchw. und
houf fl.), erfcheinen zuweilen in flarker Borm. Nur für deinen zarten
Gaum. Bürger, Huldigungslied. Die den Saum mir lezte. NRüdert,
gef. Ged. 4, 173. Daß den Gaumen lez' ein Dritter. Daf. 4, 201.
Beſchränkt von diefem Büherhauf. Goethe, Kauft 1. Da folgt der
ganze Herenhau f. Daf.
Anm. 5. Bon einigen Wörtern find doppelte Kormen mehr ober weniger
im Gebrauh: Brunn, Brunnen (mhd. brunne); Nutz, Nugen
(mhd. fhon nutz ft. und nutze ſchw.); Schreck, Schreden (mhd.
schric); Fleck, Flecken (mhd. vlöc) in derfchiedenen Bedeutungen.
Als wie ein Brunn. Rückert, gef. Ged. 1, 176. Indem fie trank vom
Brunn. Daf. 1,161. Wo Dein Bronn der Liebe quillt. Daf. 1,
423. Aus meinem Bronne Daf. 1, 141. Zu gemeinem Nup.
Daf. 4, 278. Im Schred. Daf. 3, 125. Ein Zub des Schreds
durchfuhr fie. Daf. 1, 207. Einen Schreden werd’ es euch ermweden.
Daf. 4, 298. Welch ein Fled im Fall ich traf. Daf. 3, 108. Kamen
die Pferde an ein eben Fleck, fo ging ed defto langſamer. Goethe, ital,
Reife.
Anm. 6. Staar (mh. star ſchw. masc. u. ft. fem.) und Spaß (älter:
nhd. spacz, spatz, goth. sparva, ahd. sparo, mhd. spar u. sparwe, woher
Sperling) folten nur ſchwach biegen, ſchwanken aber auch in bie ftarke
Deckitatign. Einen Staar. Rüdert, gef. Geb. 3.404. Und Staas
ren plappern weit und breit. Daf. 3, 01. Gleih dem Spage. Daſ.
2,9. Zwei Spagen und ein Schneider die fielen von dem Schuß.
Goethe, Schneider = Courage.
Anm. 7. Aus dem mhd. spor, Gen. sporn follte folgereht Spore,
Sporen ober (nad) Bogen) Spüren, Spörens, auh wol ®porn,
Sporns geworden fein; es hat fi & aber die anomale Mifchform
A Spornes, Plur. Spornen (doch auch Sporen) ent
wickelt.
b) Schwache Feminina.
8. 136.
Gothiſch.
Sing N. tugg-6 rath -jö manag- ei
G. rugg-Ons rath - jöns manag- eins
D. tugg- on rath - jön manag- ein
U. tugg- on rath- jön manag-ein
Plur. N. tugg- ons rath- jons manag - eins
G. tugg- önd rath - jönd manag - eind
D. tugg-06m rath -j6m manag-eim
A. tugg- Ons rath -jöns manag - eins
AN TR AR a BI LER.
Althochdeutſch. Mittelhochd. Neuhochd.
— — —
Sing. N. zunk-A(a) red-ja zung-e Zung-e
G. zunk-ün rel-jün zung- en Bung-en
D. zunk-ün red -jün zung-cn Zung-en
%. zunk - ün red -jün zung-en Zung-en
Pur. N. zunk-ün ro -jün zung-en Zung-en
G. zunk-önd red-jönd zung- en ‚ ung -en
D. zunk-öm red-jöm zung-en Zung-en.
U. zunk-ün red - jün zung-en Zung-en
6 —
Anm. 1. -3u Goth. tuggd und rathjd, wie ahd. zunk& und redja, vgl,
6. 134. Anm. 1. 2.
Anm. 2, Den goth. weiblichen Wörtern ber 2. Decl. auf -ei (managei)
entfprechen ahd. auf -1, die zahlreich vorhanden find, aber einen doppels
ten Ausweg nehmen: entweder führen fie das ſchwache n auch in dem
Nom. Sing. und laſſen alle Gafus gleich lauten (manaktn), oder ftreifen
umgedreht überall das n ab und bilden ein fcheinbar ſtarkes manakt (wie
chundi $. 123. Anm. 2.). j
Anm. 3. Myd. regelmäßiger Wegfall des ſtummen e nach Liquiden, wie
beim Maic. z. B. kel, köln ete. — Bon 2, Deck. finden fish nody Spuren,
3. 3. mengin (multitudo) Flore 49c. menigin (multitudine) MS. 1, 38b.
bürden (unus) Frib. 21b. bürden (oneris) Flore Sb.
-
8. 137.
Neuhochdeutſch ift der ſchwache Plural mit dem der ftarken De:
clination vermifht ($. 123. Anm. A). Vom ſchwachen Singular
haben fich viele (meift mit Prapofitionen verbundene, mhd. nicht alfe
nach der ſchw. Deck. gehende) Formen erhalten; ihre Zahl fleigt, je
weiter man zurüdgeht. — Opitz (} 1639) ſagt: Mit Afhen; auf
Erden; mit einer Flaſchen; der Sramen; mit fhwarger Galten;
eine Gaßen; gegen der Grotten; auf grüner Heiden; der Hölten;
eine Hütten; in der Kirchen; einer Ketten; deine Krippen; einer
Kröten; in der Küchen; zu der Lauten; feine Keichen; bei einer
Linden; in der Mitten; bei der Naſen; mit feiner Bodpfeiffen;
aus der Pforten; zu einer Pfügenz eine Rippen; mit eine Ru:
ten; von der Sachen; in einer Schalen; der Schanden; mit der
Schlangen; der Seelen; an der Seiten; auf einer Seulen;
der Sonnen; in meiner Sprachen; an der Spigen; der Stirnen;
von der Stellen; zu der Stunden; zu der Sünden; in einer
Summen; zu einer Tannen; der Tinten; auf ber Weiden; von
erfler Wiegen; in der Wüften; meiner Zungen. — Beiſpiele aus
neuerer und neuefter Zeit find, aus Bürger: deiner Seelen!); nus
Mieland: mit gefhwungner Klingen?); an ihrer Seiten); an
der Eugen Nafend); auf der Haubens); aus Goethe: auf der
Heiden); zur Erden?); aus der Nafend); bis zur Nafen?);
977° —
in dee Wüften10); mit der Frauen!; auf der Saffen12); in
eine Eden!3); auf der Straßen!2); aus Schiller: in ber Son:
nen 15); auf ber Meffen 1%); aus Rüdert: mit Staub und
Alhen!”); an der Srauen1P); in der Geigen 19; der Spielmann
feiner Geigen?0); in einer Schmieden®!); in der dunkeln Stu:
ben 22); aus feiner Wiegen 23); auf deiner Zungen 24); zu nah der
Nafen?); an feiner Seiten 26); von der Scheitel bis zur Soh⸗
len 2); ‘auf einer Eichen?®); in ihrer Mitten29); in der See-
fen 3%; verurtheilt aud fie zu der Summen ); an naͤchſter
Eden 2).
Anm. 1) Lenore. — 2) Idris u. Benide 1, 87. — 3) Daf. 1, 76. — -
4) Daf. 4, 16. — 5) Oberon 2, 15. — 6) Heidenröslein. — 5 Will⸗
kommen u. Abſchied. — 8) Lilis Park, — 9) Fauft 2. — 10) Legende. —
11) Eugenie 1, 1. — 12) Fauft 1. — 13) Daf. — 14) Legende. —
45) Wallenft. Lager 3. — 16) Daſ. 5. — 17) Geſ. Ged. 2, 113. —
418) Daf. 2, 85. — 19) Daf. A, 214. — 20) Daf. 1, 491. — 21) Daſ.
3, 313. — 22) Daf. 4, 288. — 23) Daf. 3, 382. — 24) Daf. 6, 148. —
25) Daf. 6, 16. — 26) Daf. 3, 355. — 27) Daf. 2, 103. — 28) Daf,
3, 322, — 29) Daf. 3, 425. — 9) Daf. 3, 50% — 31) Daf. 3, 467, —
32) Daf. 2, 308,
co) Shwahe Neutra.
$. 138,
\ Gothiſch. Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
Sing. N. hairt- o herz-A(a) hörz-e Herz
G. hairt- ins hörz - in hörz- en Herz- end
D. hafrt-in hörz - in hörz- en Herz-en
A. halrt-6 herz-A(a) hörz-e Herz
Plur. N. hafrt- Ona hörz - ün herz- en Herz-en
.&. hafrt - an herz-ondo. herz-en Herz-en
D. hafrt-am hörz - öm herz- en Herz - en
4. hafrt- Ona hörz - ün hörz- en Herz-en
Anm. 1. Goth. findet fich der abweichende Plur. namna für namöna (bie
Namen) und der Dat. Plur. vatnam für vatönam (den Waffern).
Anm. 2. Ahd. hörza und hörzond find älter als herza und hörzönd. Es
gehören hierher herza, ouga, Ora, wanka.
Anm. 3. Myd. gehören hierher hörze, ouge, Öre, wange.
Anm. 4 Nhd. gehört hierher nur Herz; dann bie Plur. von Auge,
Ohr, Bett, Leid ($. 129. Anm. 1.) — Statt Herzens fagt
Rückert oft Herzen: diefes Herzen Einfamkeit, gef. Geb. 1, 474;
biefes Herzen Innigkeit, daf. 1, 473; bes Herzen Wunden, daf.
4, 117; foU reines Herzen fein, daſ. 4, BA; des Herzen Haus.
des Herzen Bitte, daf. A, 105; aus meines Herzen Grund, daf.
4, 387, — In des Herzens wahrem Dort, daf. A, 416. In des
Herzens Hut, daſ. 4, 382.
Kehrein Grammatik. I. 1. 7
C. Anomala.
6, 139,
Arnomalien der Declination überhaupt gründen fi theils auf
Abfchleifung und Zufammenziehung der gewöhnlichen Formen, theilg
auf Vermifhung zweier Declinationen ($. 119. Anm. 1. 126. Anm. 1.
129. Anm. 3. 135. Anm. 3. 6.), theils auf Vermiſchung ftarker und
ſchwacher Formen ($. 119. Anm. 3— 6. 123. Anm. 4. 129. Anm. 1.). _
Hier find befonders einige Wörter zu erwähnen, die auf die naͤchſten
Famitienverhältnijje fi) beziehen und fo durch den öftern Gebraud)
unregelmäßige Zlerionen angenommen haben: ihre Zahl fleigt, je
weiter man in der Zeit zurüdgeht, indem die jüngere Sprache bierin
nach größerer Regelmaͤßigkeit ftrebt.
. 4.
3.
4.
Gothiſch. Ging. bröthar, bröthrs, bröthr, bröthar; Pur.
bröihrjus, bröthrive, bröthrum, bröthruns.. So aud) die weib:
lichen dauthar und svistar. — Das männliche mendihs (Mo:
nat) und die weiblichen alhs (Zempel), baürgs (Burg), brusts
(Beuft), nahts (Nacht), mitaths (Maß) werfen im Gen. und
. Dat. Sing. die Cafusvocale aus: baurgs, baurgs, baurg, baürg;
Pur. baurgs, batırge, baurgim, baüurgs. nahts hat im Dat.
Pur. nahtam. In mann find manderlei Formen gemifdht;
Sing. manna, mans, mann, mannan; Plur. mans (u. mannans),
wanne, mannam, mans.
Althochdeutſch. fatar, pruodar, muotar, suöstar, tekter
pflegen im Sing. unverändert zu bleiben; im Plur. lauten
Nom. und Ace. ebenfalls denen des Sing. gleich, der Gen. und
Dat. Plur. lauten faterö, faterum etc. — Man hat im Gen.
Sing. mannes und man, im. Dat. manne, Ace. mangan ab
man, Nom. und Tec. Plur. man, Gen. wannd, Det. man-
num. — nabt und puruc haben im Gen. und Dat, Sing.
nahit, puruki, aber auch unverändert naht, puruc.
Mittelbochdeutfch. vater, bruoder, muoter, swäster, tohter
bleiben im Sing. unveränbert;.den Plur. lauten einzelne Hand⸗
' fchriften um: veter, briüeder, müeler, töhter, doc) fcheint das
fpätere VBerderbnig. — man iſt ſowol yanz unveränderlich für
alle Caſus des Sing. und Plur., als nach ber 1. fi. Deet.
Sing. Gen. mannes, Dat. manne, Plur. Nom. u. Acc. immer
man, Gen. manne, Dat. mannen. — naht hat im Gen. u.
Dat. Sing. nehte, nahte und (zumeilen) naht.
Neuhochdeutſch. Vater, Bruder, Schwager gehen regel:
mäßig nach der 2, ftarken Declination;, Mutter und Zochter,
im Sing. unverändert, lauten im Plur. um: Mütter, Töchter;
Schwefter und Schwieger, im Sing. unverändert, im Pl.
— MW —
wach: Schweſtern, Schwiegern. — Mann hat im Sing.
Gen. Mannes, Dat. Manne uns Mann, Ic. Mann;
Mur. Nom. Gen. und Acc. Männer und Mannen (dies im
Sinn von Vaſallen), Dat. Männern und Mannen. — Sft
yon Heerestheilen bie Rede, fo ſteht nach mhd. Weiſe im Plur.
unveraͤndertes Mann; Zwanzig Mann ſind gefallen. —
H. Sachs bat öfters den Plur. Männder, die tirol. Volks:
mundart Mannder. .
D. Declination der fremden Subftantiva.
8. 140.
Die fremden Subflantino, die als foldye noch erfennbar find,
gehen alle nach der ſtarken oder ſchhwachen Deciinstion, ſchwanken
jedoch auch mitunter aus der einen in die andere. Der Umlaut
kowmt ihnen eigentlich nicht zu.
a) Starke Deelination.
g 141.
Nach der ſtarken Declination gehen:
1) die meiſten maͤnnlichen und neutralen Sachnamen: Tempel,
Inſtinct, Meteor, Problem, Diadem, Majorat, Do—
cument, Theater;
2) Diejenigen maͤnnlichen Perſonennamen, welche die aus den
lateinifhen Endungen alis, arius, anus, inus hervorgegangenen
Endungen gl, ar, är, au, de, auer, iner haben; ferner
ſolche, die fih auf fer, enr, on, or endigen, fämmtlich (mit
Ausnahme der auf aner, imer) mit betonter Iegter Spyibe:
Kardinal, Admiral, Bicar, Notar), Kaftellan,
Kaplan, Dominicaner, Benedictiner, Dfficter,
Acteur, Spion, Major.
3) Den Plur. auf -er haben Hofpital, Spital, Kamifot,
Klofter, Regiment, Parlament, die drei erften haben auch
den Umlaut. — Schiller dat auch die mehr der Volksſprache
angehörigen PL. Billeter (Kabale u. Liebe 1, 1), Prafenter
(daf.), Kolleter (MWallenft. Lager 11). Bon Capitäl hat
Goethe (W. 29, 94. 99) den Plur. Capitäler.
4) Den Umlaut haben im Plur. Abt, Altar?), Bifhof, Chor,
Choral, Kanal, Kaplan, General, Kardinal?), Klo:
fer, Marſch, Moraft, Palaft, Pabſt, Probft.
Anm. 1. Man findet auch die Ptur. Bicarien, Rotarien.
Anm. 2. Dpis hat noch den Altaren; Aoentinus fagt ſchwankend: die
AYltäre, dan Altaren; die Klofter, die Klöfter; bie Biſchoffe,
die Bifchoͤffez ben Bäpſten; die Abten; die Spitau die Paläſt;
bie Saplahen; den Gardinälen; H. Sachs fagt bie Altar; ber
Biichöfen. B. Alexis (Woldemar 1, 253) fagt die Caplane.
Anm. 3. Bei General, Admiral und Kardinal (wol aud bei
Zribunal) ſchwankt der Gebrauh. — Um den König verfammelten
fi) viele Seneräle. Goethe, Sampagne in Sranfreih. Adıt Gene:
rale. Sciller,-Piccol, A. (Scene), Admiräle Bechſtein, Fahrt 2,
123. In Gegenwart dreier Cardinäle. Goethe, ital. Reife.
Anm. ug, Ganz ungewöhnlich ift der Plur. Poltröne bei Immermann,
Verkl.8
b) Schwache Declination.
8. 142.
Darnach gehen:
1) alle weiblichen Subſtantiva: Tinctur, Facultaͤt, Zonen;
2) die meiſten maͤnnlichen Perſonennamen, naͤmlich:
a) die mit den Endungen at, ant, ent, iP (aus lat. atus,
‚ars, ens, icus), aft, ift, oft, et, it, ot, e: Advocat,
Prälat, Adjutant, Proteftant, Student, Katho⸗
lik, Phantaſt, Pietiſt, Evangeliſt, Juriſt, Statoſt
(polniſcher AÄlteſter, Statthalter), Poet, Prophet, Se:
ſuit, Idiot, Eleve, Alumne, Antipodez
b) die mit log, ſoph, nom und aͤhnlichen griechiſchen
Woͤrtern zuſammengeſetzten: Theolog, Philoſoph,
Aſtronom, Geograph, Patriarch;
c) die maͤnnlichen Subſtantiva Tyrann, Elephant, Con:
fonant, Quotient, Ducat, Planet, Komet, Koloß.
Anm. 1. Mande behalten die fremde Form des Nom. Sing. für den
ganzen Sing., des Nom. Plur, für den ganzen Plur.: Caſus, Mobus,
0
Anm. 2. Bon Kolo$ jagt Rüdert (gef. Geb.2, 164) in fchwacher Form:
Gleich dem rhodifhen Koloffen; Wieland (Oberon 2, 15): Zween
hochgemwaltige metallene Koloffen; Goethe (Fauſt 2): Den lebendigen
ia nun, fen führ’ ich; und (ital. Reife): Die beiden Koloffen erblickt'
nun
c) Semifhte Formen.
$. 143.
Den Sing. ſtark, den Pur. ſchwach bilden:
1) die männlichen Perfonennamen auf ein tonlofes or (lat. or):
Doctor, Profeffor;
2) folgende männlihen: Diamant, Faſan, Kapaun, Smpoft,
Conful, Pantoffel, Muskel ($. 119. Anm. 5.), Praͤ⸗
fect, Pfalm, Rubin, Staat, Thron ($. 119. Anm. 5.),
Tractat, Zribun, Zins;
3) die fähhlichen auf um, al, il (lat. ium, uum, ale, ile); fie
haben im Plur. -ien (nen): Studium, Evangelium,
-|ö-—-—ö;-__
!
— 101 —
Adverbium, Participium, Sndividuum, Gapital,
Regal, Bahanal, Foſſil; aud die nur im Plur. Jebraͤuch⸗
lihen: Kurialien, Formalien, Naturalien, Mobi:
lien u. a.
Die ſaͤchlichen auf tiv (lat. ivum): Adjectiv, Subſtantiv,
Motiv u. a. ſchwanken im Plur. zwiſchen ſtarker und ſchwacher
Form: doch wiegt nach dem Sprachgebrauch die ſtarke Form vor:
Adjective, Motive.
Anm.1. Gzaar, Palatin und Magnet ſchwanken. — Des Czaars
...des Szaaren. Schiller, Demetrius 1. Im Haus des Palatins
... Ruhmreihe Palatin' und Kaſtellane ... Mächtige Bijchöfe und
Halatinen. Schiller, Demetrius. Dieſes Magneten Mufäus.
Der Magnete Haffen und Lieben. Schiller, Spaztergang.
‚Anm. 2. Einige aus neueren Sprachen dufgenommene männl. und fächl,
Subft. behalten oft mit der ausländifchen Form und Betonung zugleich
die ausländifhe Pluralform auf -$: die Genies, Fonds, Metal:
liks, Lords, Puddings, Solos, Kafinos. _
E. Delination der Eigennamen.
g. 141.
In der früheren beutfchen Sprache verfuhr man mit der Decli⸗
nation der inländifchen wie ausländifchen Eigennamen etwas freier
als jest; man behandelte fie im Allgemeinen wie andere Subftantive
nach der ſtarken oder ſchwachen Declination, wobei jedody einzelne
Abweichungen vorkommen. — Die neuhochdeutfche Declination der
Eigennamen ift fehr verworren. Die beiten Schriftfteler weichen oft
von einander ab, ja ein und derfelbe Schriftfteller deckiniert mitunter
einen und benfelben Eigennamen auf verfchiedene Weife. in auf:
fallender Unterfchied zeigt fi dabei noch zwiſchen den Schriftftellern
des nördlichen und füdlichen Deutfchlande. Während jene die einzelnen
Caſus der Declination durch beftimmte Flerionen bezeichnen, Laffen
diefe die Flexion meiſt aus, den Genitiv ausgenommen. Jene haben
für ihr Verfahren, außer den Vorbildern der Griechen und Roͤmer,
auch einen geichichtlichen Grund in der deutfhen Spradhe. — Man
muß zwifchen deutfhen und fremden Eigennamen unterfcheiden;
legtere können in ihrer fremden Form, oder in einer ſolchen erfchei:
nen, welche der deutichen Declination nicht miderfirebt: in diefem
Salle declinieren fie wie die deutfhen. — Die Ioteinifche Declination
ift nicht mehr gebräuchlich, außer etge in; Cheifti Geburt, Mariaͤ
Lichtmeß. fe er Ws For . — ——
Anm. In nachfolgender Darſtellung beſchränke ich mich, um eine Grund⸗
lage und Auctorität zu haben, auf den Gebrauch bei Goethe und
Schiller. Ich gebe hier nur einen Auszug aus einer groͤßeren Abhand⸗
lung über dieſen Theil der Grammatik, welche ich 1843 im „Archiv für
ben Unterricht im Deutſchen,“ herausg. v. 9. Biehoff, 1. Jahrg. 3.9.
©, 86—100.habe abbruden Taffen. . \
— 18 —
1. Eigennamen männliher Werfonen ohne Weitere
Beſtimmungswoͤrter.
a) Starke Declination.
8. 145.
Sing. Pur.
N. (gegeben -e, oder wie d. Mom. Sing.
8-6 - -e, oder wie d. Nom. Sing.
D. -en (n) -en (n)
%. -en (n) -e,. oder wie d. Nom. Sing.
Die auf I,.m, n, r und auf einen flarflautigen Vocal aus:
gehenden Eigennamen werfen das Biegungs:e, bie auf -u mit uns
betonter Sylbe ausgehenden das -en ab. Bei diefen iſt Nom. Gen.,
Ace. Pur. gleih dem Nom. Sing.; die auf - om nehmen jedoch in
biefem Caſus ein -e an: Newtone. — Nach diefer Declination
gehen die auf Vocale, auf flüffige und Starrlaute ausgehenden
Eigennamen: Melina, Abraham, Hermann, Hanntbal, Fried:
land, Gellert, Schiller, Sternberg ꝛc.
Anm, 1. Mehrere declinieren ftark und ſchwach zugleich, befonders bie in
beutfcher Form erfcheinenden fremden, deren legte Sylbe Ben Bon hat,
wenn auch nicht überall: Arioſts, Arioftens.
Anm. 2. Die Völkernamen find mhd. meift ſtark: swäp, Pl. swäbe,
doch treten Thon fhmahe Formen ein. Neuhochd. find ber ſchwachen
noch mehr: Deutfche, Däne, Heffe, Preuße, Safe, Schwabe;
Baier und Pommer haben den Plur. ſchwach, ſchwanken aber Sen.
Sing.: Baiers, Baiern. Bildungen mit -er behaupten bie ſtarke
Korm: Öfterreicher, Würtemberger. Für Bade hört man meift
bie fonderbare Form Babenf er.
b) Shwahe Declination.
§. 146.
Sing. Pur.
N. (gegeben)
®. -ens _
D. -ın en
A. -en
Nach diefem Paradigma gehen alle Eigennamen, bie fi Auf
einen Sauſe- oder Zifchlaut endigen, fo wie die meiften fremden, bie
auf einen Starrlaut ausgehen, und den Ton auf der lepten Sylbe
haben, mobei die Endungen a8, es, u8 häufig in verwandelt
werden: Hanſens, Goͤtzens, Horazens, Aeneens, Ulpffens,
Lyaͤens. Bleiben die fremden Endungen a8, es, is, 08, u8,
ans, fo bleibt der Eigenname ganz unverändert,
Anm. Die Namen auf -e ſchwanken zwiſchen ftarker und ſchwacher dorm:
Goethes und Goethens, doch wiegt bis ſtarke vor.
— 103 —
2. Eigennamen weiblicher Derfonen ohne weitere
Beflimmungswörter.
a) Starte Declination.
$. 147,
Sing. Pur.
N. (gegeben)
— Sr 5
a -n
Darnach gehen alle Eigennamen, die fi nicht auf ein unbe
tontes e endigenz aber es find deren im Ganzen wenige, unb ihre
Zahl ſchmilzt durch die Abſchwaͤchung des a in e täglich mehr zu:
fammen: Leda, Porcia, Thekla, Mignon u. a.
Anm. 1. Im Plur. fallen wie bei ben weiblichen Subftantiven ($. 124.
Anm. 4.) ftarke und fhwace Declination zufammen,
Anm. 2. Dat. und Acc. Sing. bleiben meift unverändert ;, Gries (Calde⸗
ron 6, 44. 96) hat den Dat. und Acc. Blancan. Lautet ber Name
fhon im Rom. auf-& aus, fo bleiben alle Safus unverändert: Pallas,
Gered, Thetis.
p) Schwache Declination.
8. 148,
Sing. Pur.
N. (gegeben)
G. —ens (-n$) en
D. -en (-n)
4. -en (-n)
Darnach gehen die meiften meiblichen Eigennamen, befonders
die auf ein unbetontes -e auslautenden: Mariane, Dttilie,
Minerva; Marianens, Dttiliens, Minervens; Marianen,
Ottilien, Minerven.
3. Plural der perfönlichen Eigennamen.
$. 149.
Die Eigennamen können vermöge. ihrer Natur nur felten im
Dur. gebraucht werden. Hauptregel ift bei ihrer Pluralbildung, dag
der Umlaut nicht eintreten darf, alfo: Wolfe, niht Wölfe.
Anm. Boethe und Schiller gebrauchen oft die nach neueren fremben
Sprachen gebildeten Pluralformen auf- -S: bie Bourbong, Terzkys,
Sleifhers. Vgl. $. 143, Anm, 2
— 44 —
$. 135.
Die gebraͤuchlichſten nhd. Wörter diefer Declination fink: Affe,
Baden, Balken, Ballen, Bär, Barbar, Barde, Batzen, Bauer, Bes
diente, - Biffen, Boge, Bolz und Bolzen, Bote, Brad, Braten,
Broken, Brunnen, Bube, Buhle, Bulle, Bürge, Burſch, Chriſt,
Daume, Dolmetfch (neben Dolmetfher), Drache, Dronte (Vogel),
Droft, Drude, Druide, Elephant, Elfe, Enke (junger Knecht), Erbe,
Falke, Farre, Faſen (au die Safe), Ferge (auch Ferger), Fetzen,
Fink, Fladen, Steden, Friede, Funken, Fuͤrſt, Galgen, Garten, Gatte,
Gaumen, Bed, Gedanke, Gefährte, Gehilfe, Genoſſe, Gefell, Ger
fpiele, Glauben, Göge, Graben, Graf, Greif, Groſchen, Gulden,
Hageflolz, Haken, Damen, Hafe, Haufen, Haufe (Fiſch), Heide,
Held, Herr, Dirfe, Hirte, Hopfen, Hufar, Huften, Jude, Junge,
Kampe (Kämpfe, Kämpfer), Karpfen, Karren, Kaften, Kloben,
Klumpen, Knabe, Knappe, Knochen, Knollen, Knoten, Knorren,
Knubben, Kober, Kolben, Kragen, Krapfen, Kuchen, Kunde, Laie,
Lappen, Leopard, Ketten, Leu, Löwe, Lump, Magen, Matrofe, Menfh,
Mohr, Mogen, Naden, Name, Narr, Neffe, Nugen, Ochſe, Pathe,
Pfaffe, Pfau, Poften, Prinz, Rabe, Raden, Rantke, Nanze, Rappe,
Raſen, Rechen, Rede, Reigen und Reihen, Reineke, Riemen, Rieſe,
Robbe, Roche, Roden, Rüden, Rüde, Runke (Stüd), Same, Saffe,
Schaden, Schatten, Schelm, Schenke, Scherge, Schlaraffe, Schlit⸗
ten, Schöffe, Schöppe, Schote, Schragen, Schranz, Schuitheiß,
Schulze, Schüge, Schurke, Schwär, Schave, Senme, Sippe, Skalde,
Soldat, Sparten, Spaten, Sproffe, Staar, Stähr, Steden, Stein⸗
mes, Stoffen, Thor, Zrappe, Tropfen, Truchſeß, Bagabund, Vor:
fahr, Waife, Wafen, Weizen, Wille, Woden, Zaden, Zapfen, Zeuge,
Zinfen.
Anm. 1. Schon bei der ftarfen Deck. (6. 119. Anm. A— 5.) wurben bie
Wörter angeführt, die zwifchen ftarker und ſchwacher Ferm. ſchwanken.
Anm. 2. Hat der Plur. den Umlaut, fo gehören die Bildungen mit -en
zur ftarken Declination; gber es herrſcht auch hier Schwanken: Gär⸗
ten, Gräben, Mägen, mhd. garte, grabe, mage; Kragen hat
ſchon mhd. boppelte Form krage ſchwach und kragen ftarf. — Der Plur.
Kaften (von mhd. kaste ſchw.) ift richtiger als Käften; in Bogen
(mhd. hoge = Schiegbogen, ſchw.) haben fich zwar die Bedeutungen ges -
fchieden, werben aber nicht immer beobachtet. — Ich beſah Käften,
Säcke, Schachteln. Goethe, Meifters Lehrj. 1,5. Später ſtürzten bie
Kaften. Goethe, Hermann u. Dorothea 1, 141. — Georg kam mit den
gewöhnlichen Bogen hervdr, deren fich die Fönigliche Druckerei bediente.
Goethe, Hadert. In die Wände waren verhältnigmäßige Bogen ver:
tieft, in denen größere Sarkophagen ſtanden. Goethe, Meifters Lehr.
8,5. Die zehn Bogen, welche über das Thal reichen, Goethe, ital,
Reife. Triumphbögen und Säulen. Daf.
Anm. 3. Schwache Forn flatt der alten ſtarken haben angenommen:
Held, Gedanke, Hirte, Hirfe, Friede, Rüden, Schatten,
Weizen; daher erklären fich die noch zumeiten vorkommenden flarken
9
ormen. Nicht errettet den göttlichen Held bie unſterbliche Mutter.
chiller, Ränie. Daß mich als blanken Hirt die Morgenröthe fähe.
Rückert, gef. Ged. 2, 102. Ihr follt Ruhe und Friede wieder ber:
ſtellen. Goethe, Egmont 1. Er bleibt im Friede figen. Lappe 1, 20.—
Sürft, Prinz und Kalle waren mhd. nur ſchwach (vurste, prinze,
valke), finden jich nhd. zuweilen ftarl, Bon Navarras Fürſt gefandt.
Stolberg, die Büßende. Dem Prinz von Wales. Shakſpeare, Kön.
Heinrich IV. 1. Thl. 4,1. Den Falk erkenn' ich in den höchften Lüften.
Schiller, Jungfrau v. O. 5, 11.
Anm. 4 Gaumen (mhd. goume), Haufen (mhd. houfe ſchw. und
houf fl.), erfcheinen zuweilen in flarfer Form, Nur für deinen zarten
Saum. Bürger, Huldigungslied. Die den Gaum mir legte. NRüdert,
gef. Geb. &, 173. Daß den Gaumen lez' ein Dritter. Daf. 4, 201.
Beihränkt von biefem Bücher hauf. Goethe, Kauft 1. Da folgt ber
ganze Herenhauf. Daf.
Anm. 5. Bon einigen Wörtern find doppelte Kormen mehr ober weniger
im Gebrauh: Brunn, Brunnen (mhd. brunne); Nutz, Nugen
(mhd. ſchon nutz ft. und nutze [hw.); Schred, Schreden (mb.
schric); $led, Flecken (mhd. vlec) in verfciedenen Bedeutungen.
Als wie ein Brunn. NRüdert, gef. Geb. 1, 176. Indem fie trank vom
Brunn. Daf. 1,161. Wo Dein Bronn ber Liebe quillt. Daf. 1,
423. Aus meinem Bronne Daf. 1, 141. Zu gemeinem Nuß.
Daf. 4, 278. Im Schred. Daf. 3, 125. Ein Zub des Schreds
durchfuhr fie. Daf. 1, 207. Einen Schreden werd’ es euch ermweden.
Dat. 4, 298. Welch ein Fled im Fall ich traf. Daf. 3, 108. Kamen
die Pferde an ein eben Fleck, fo ging es defto langſamer. Goethe, ital,
Reife.
Anm. 6. Staar (mhb. star ſchw. masc. u. ft. fem.) und Spas (älter:
nhd. spacz, spatz, goth. sparva, ahd. sparo,, mhd. spar u. sparwe, woher
Sperling) follten nur ſchwach biegen, ſchwanken aber auch in bie ſtarke
Dechination, Einen Staar. Rüdert, gef. Geb. 3. 404. Und Staas
ren plappern weit und breit. Daf. 3, 01. Gleich dem Spape. Daf.
2,99. Zwei Spagen und ein Schneider die fielen von dem Schuß.
Goethe, Schneider = Courage.
Anm. 7. Aus dem mhd. sper, Gen, spora follte folgereht Spore,
Sporen ober (nad) Bogen) Spören, Spörens, aud wol Sporn,
Sporns geworden fein; ed bat fih aber die anomale Mifchform
Sarn, Spornes, Plur. Spornen (doch auch Sporen) ent:
wickelt.
b) Schwache Feminina.
8. 136.
Gothiſch.
— ⸗
Sing N. tugg-0 rath -j6 manag- ei
©. rugg-Öns rath -jöns manag - eins
D. tugg-ön rath - jon manag - ein
U. tugg- on rath- jon manag-ein
Pur. N. tugg- ôns rath - jons manag- eins
G. tugg- önd rath - jono manag- eind
D. tugg- om rath- jom manag- eim
A. tugg- Ons rath -jöns manag - eins
AN SE EL.
— dh —
Althochdeutſch. Mittelhochd. Neuhochd.
— — —
Sing. N. zunk-A(a) red-ja zung - € Zung-e
G. zunk-ün rei-jün zung- cu Zung - en
D. zunk-ün red -jün zung-cn Zung-en
%. zunk- ün rel -jün zung-en Zung-en
Pur. N. zunk-ün ro -jün zung-en Zung-en
G. zunk-önd red-jönö zung-en ‚ Zung-en
D. zunk -öm red-jöm zung-en Zung-en.
A. zunk -ün red-jün . zung-en Zung-en
Anm. 1. - 3u Goth. tuggd und rathjdö, wie ahd. zunk& und redja, vgl,
$. 134. Anm. 1.2.
Anm. 2. Den goth. weiblichen Wörtern ber 2. Decl. auf -ei (managei)
entfprechen ahd. auf -1, die zahlreich vorhanden find, aber einen doppels
ten Ausweg nehmen: entweder führen fie das jchwache n auch in dem
Nom. Sing. und laffen alle Gafus gleich lauten (manaktn), oder ftreifen
umgedreht überall dad n ab und bilden ein fcheinbar ftarkes manakt (mie
chundi $. 123. Anm. 2.). j
Anm. 3. Myd. regelmäßiger Wegfall des flummen e nad) Liquiden, wie
beim Maſc. 3.8. kel, köln etc. — Bon 2, Deck. finden ſich nody Spuren,
3. B. mengin (multitudo) Flore 49c. menigin (multitudine) MS. 1, 38b.
bürden (onus) Frib. 21b. bürden (oneris) Flore 5b.
-
$. 137,
Neuhochdeutſch ift der ſchwache Plural mit dem der ftarken De:
clination vermifht ($. 123. Anm. A). Vom ſchwachen Singular
haben fich viele (meift mit Präapofitionen verbundene, mhd. nicht alle
nach der ſchw. Deck. gehende) Formen echalten; ihre Zahl fleigt, je
weiter man zurüdgeht. — Opitz (+ 1639) fagt: Mit Afchen; auf
Erden; mit einer Flaſchen; der Frawen; mit ſchwartzer Gallen;
eine Gaßen; gegen der Grotten; auf grüner Heiden; der Hoͤllen;
eine Hütten; in der Kirchen; einer Ketten; deine Krippen; einer
Kröten; in der Küchen; zu der Lauten; feine Leichen; bei einer
Linden; in der Mitten; bei der Nafen; mit feiner Bodpfeiffen;
aus der Pforten; zu einer Pfügen;z eine Rippen; mit eine Ru:
ten; von dee Sachen; in einer Schalen; der Schanden; mit der
Schlangen; der Seelen; an der Seiten; auf einer Seulen;
dee Sonnen; in meiner Sprachen; an der Spigen; ber Stirnenz
von der Stellen; zu der Stunden; zu der Sünden; in einer
Summen; zu einer Zannen;z der Zinten; auf der Weiden; von
erfier Wiegen; in der Wüften; meiner Zungen. — Beiſpiele au
neuerer und neuefter Zeit find, aus Bürger: deiner Seelen!); nu$
Wieland: mit gefhmwungner Klingen?); an ihrer Seiten’); an
der Elugen Nafen?); auf der Haubens); aus Goethe: auf der
Heiden); zur Erden’); aus der Nafen®); bis zur Nafen?);
97° —
in dee Wuͤſten 10); mit der Frauen 19); auf der Gaffen12); in
eine Eden!2); auf der Straßen); aus Schiller: in der Son:
nen 15); auf der Meffen 1%); aus Rüdert: mit Staub und
Albhen?!”); an der Frauen); in der Geigen1?); der Spielmann
feiner Geigen 2%); in einer Schmieden?!); in der dunkeln Stu:
ben 22); aus feiner Wiegen?2?); auf beiner Zungen 24); zu nah der
Nafen?); an feiner Seiten 26); von der Scheitel bis zur Soh⸗
len Mz auf einer Eichen); in ihrer Mitten29); in der See⸗
fen 3%); verurtheilt auch fie zu der Summen 1); an naͤchſter
Eden 2).
Anm. 1) Eenore. — 2) Idris u. Zenide 1, 87. — 3) Daf. 1,76. — -
4) Daſ. &, 16. — 5) Oberon 2, 18. — 6) Heidenröslein. — 7) Wille
kommen u. Abſchied. — 8) Lilis Park, — 9) Fauft 2, — 10) Legende. —
14) Eugenie 1, 1. — 12) Fauft 1. — 13) Daf. — 14) Legende, —
45) Wallenft. Lager 3. — 16) Daf. 5. — 17) Gef. Geb. 2, 113. —
418) Daf. 2, 85. —-19) Daf. 4, 214. — 20) Daf. 1,491. — 21) Daf.
3, 313. — 22) Daf. &, 288. — 23) Daf. 3, 382. — 24) Daf. 6, 148, —
25) Daf. 6, 16. — 26) Daf. 3, 355. — 27) Daf. 2, 103. — 28) Daf,
3, 322, — 29) Daf. 3, 428. — - #0) Daf. 3, 50% — 31) Daf. 3, 467. —
32) Daf. 2, 308.
ce) Shwahe Neutra.
$. 138,
Gothiſch. Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
Sing. N. hafrt-0 hörz-A(a) härz-e Herz
©. hairt- ins hörz - in hörz- en Herz - ens
D. hafrt-in hörz - in hörz- en Herz-en
A. hafrt-6 hörz-A(a) hörz-e Herz
Pur. N. hairt- Ona herz - io herz- en Herz- en
G. hairt- and herz-ondO. häörz-en Herz-en
D. hafrt-am herz - Om hörz- en Herz - en
A. hafrt - Ona hörz - ün herz- en Herz-en
Anm. 1. Goth. findet fi) der abweichende Plur. namna für namöna (bie
Namen) und der Dat. Plur. vatnam für vatönam (den Waflern).
Anm. 2. Ahd. herza und hörzond find älter als hörza und herzönd. Es
gehören hierher herza, ouga, Ora, wanka.
Anm. 3. Mhd. gehören hierher herze, ouge, Öre, wange.
Anm. 4 Nhd. gehört hierher nur Herz; bann bie Plur, von Auge,
Ohr, Bett, Leid ($. 129. Anm. 1.). — Statt Herzens fagt
Rückert oft Herzen: biefes Herzen Einfamfeit, gef. Ged. 1, 474;
biefeg Herzen Innigkeit, daſ. 1, 473; des Herzen Wunden, baſ
4, 117; ſoll reines Herzen ſein, daſ. i, 94; des Herzen Haus.
des Herzen Bitte, baf. 4, 105, aus meines Herzen Grund, daf.
4, 387. — In dee Herzens wahrem Dort, baf. A, 416. In des
Berzens Hut, daf. A, 352,
Kehrein Srammatit. I. 1. 7
— 98 —
c. Anomala.
8. 139.
Anomalien der Declination uͤberhaupt gruͤnden ſich theils auf
Abſchleifung und Zuſammenziehung der gewoͤhnlichen Formen, theils
auf Vermiſchung zweier Declinationen ($. 119. Anm. 1. 126. Anm. 1.
129. Anm. 3. 135. Anm. 3. 6.), theils auf Vermiſchung ſtarker und
ſchwacher Formen ($. 119. Anm. 3— 6. 123. Anm. 4. 129. Anm. 1.).
Hier find befonders einige Wörter zu erwähnen, die auf die naͤchſten
Famitienverhältniffe ficy beziehen und fo durch den öftern Gebraud)
unregelmäßige Zlerionen angenommen haben: ihre Zahl fleigt, je
weiter man in der Zeit zurüdgeht, indem die jüngere Syrache hierin
nad) größerer Negelmäßigkeit ftrebt.
. 1.
2.
3.
4.
Gothiſch. Sing. bröthar, bröthrs, bröthr, bröthar; Pur.
bröthrjus, bröthrive, bröthrum, bröthruns. &o aud) die weib:
lichen dauthar und svistar. — Das männliche mendths (Mo
nat) und die weiblichen alhs (Tempel), baurgs (Burg), brusts
(Bruft), nahts (Naht), mitaths (Mag) werfen im Gen. und
- Dat. Sing. die Cafusvocale aus: baurgs, baurgs, baurg, baürg;
Pur. baurgs, batrge, baurgim, baurgs. nahls hat im Dat.
Pur. nahtam. In mann find mancdherlei Formen gemiſcht;
Sing. manna, mans, mann, mannan; Plur. mans (u. mannans),
wanne, mannam, mans.
Althochdeutſch. fatar, pruodar, muotar, suästar, tahter
pflegen im Sing. unverändert zu bleiben; im Plur. lauten
Nom. und Ace. ebenfalls denen des Sing. gleich, der Gen. und
Dat. Plur. lauten faterö, faterum etc. — Man hat im Gen.
Sing. mannes und man, im Dat. manne, Xcc. manpan ab
man, Nom. und ce. Pur. man, Gen. mannd, Dat. man-
num. — nabt und puruc haben im Gen. und Dat. Sing.
naht, puruki, aber auch unverändert naht, puruc.
Mittelhochdeutſch. vater, bruoder, muoler, swäster, tohter
bleiben im Sing. unverändert; den Plur. lauten einzelne Hand:
ſchriften um: veter, brüeder, müeler, töhter, doch fcheint das
fpätere Verderbnif. — man iſt ſowol ganz unveränderlich für
alte Caſus des Sing. und Plur., als nad ber 1. fl. Deet.
Sing. Gen. mannes, Dat. manne, Plur. Nom. u, Acc. immer
man, Gen. manne, Dat. mannen. — naht hat im Gen. u.
Dat. Sing. nehte, nahte und (zuweilen) naht.
Neuhochdeutſch. Vater, Bruder, Schwager gehen regel:
mäßig nach der 2. ſtarken Declination; Mutter und Tochter,
im Sing. unverändert, lauten im Plur, um: Mütter, Töchter;
Schwefter und Schwieger, im Sing. unverändert, im PL.
— 60 —
war: Schweſtern, Schwiegern. — Mann bat im Sing.
Gen. Mannes, Dat. Manne und Mann, Jec. Mann;
Plur. Nom. Gen. und Acc. Männer und Mannen (dies im
Sinn von Vaſallen), Dat. Männern und Mannen. — Sft
von Heerestheilen Die Mede, fo ſteht nad) mhd. Weife im Pur.
unveränderted Mann; Zwanzig Wann find gefallen. —
H. Sachs hat öfters den Pur. Maͤnn der, die tirol. Volks⸗
mundart Mannder.
D. Declination der fremden Subſtantiva.
8. 140.
Die fremden Subſtantiva, die als foldye noch erkennbar find,
gehen alte nach ber ſtarken oder ſchwachen Declination, ſchwanken
jedoch auch mitunter aus der einen in die andere. Der Umlaut
Boramt ihnen eigentlidy nicht zu.
a) Starte Destination.
8. 141.
Nach ber ftarken Declination gehen:
1) die meiften männlichen und neutralen Sachnamm: Tempel,
Inftinet, Meteor, Problem, Diadem, Mojorat, Do:
cument, Xheater;
2) Diejenigen männlichen Perfonennamen, welche die aus ben
lateiniſchen Endungen alis, arius, anus, inus hervorgegangenen
Eudungen el, ar, är, au, ds, aner, iner haben; ferner
ſolche, die fih auf ier, eur, on, or endigen, fämmtlidy (mit
Ausnahme der aufaner, iner) mit betonter legter Sylbe:
Kardinaf, Admiral, PBicar, Notar‘), Kaftellan,
Koplan, Dominicaner, Benedictiner, Dfficier,
Acteur, Spion, Major.
3) Den Plur. auf -er haben Hofpital, Spital, Kamifot,
Klofter, Regiment, Parlament, die drei erften haben auch
den Umlaut. — Schiller hat audy die mehr der Volksſprache
angehörigen Pl. Billeter (Rabale u. Liebe 1, 1), Prafenter
(daf.), Kolleter (Wallenft. Lager 11). Bon Capitäl hat
Goethe (MW. 29, 94. 99) den Plur. Capitäler.
4) Den Umlaut haben im Plur. Abt, Altar?), Bifhof, Chor,
Choral, Kanal, Kaplan, General, Kardinal?), Klo:
fter, Marſch, Moraft, Palaſt, Pabſt, Probft.
Anm. 1. Man findet auch bie Plur, Bicarien, Notarien.
Anm. 2. Dpis hat noch den Altaren; Apentinus fagt ſchwankend: bie
Altäre, ham Altaren; bie Klofter, die Kloͤſter; bie Bifchoffe,
hie Birhöffe; ben Bäpften; bie Abten; bie Britäl; die Paläft;
— 100 —
bie Caplanen; ben Cardinälen; H. Sachs ſagt bie Altar; ber
Biſchoͤfen. B. Aleris (Woldemar 1, 253) fagt bie Caplane.
Anm. 3. Bei General, Admiral "und Kardinal (wol aud bei
Tribunal) ſchwankt der Gebrauh. — Um ben König verfammelten
fih viele Generäle. Goethe, Campagne in Frankreich. Acht Gene⸗
tale, Sciller,-Piccol. 4. (Scene). Admiräle. Vechſtein, Fahrt 2,
1233. In Gegenwart dreier Sarbinäle. Goethe, ital. Reife.
Anm. 4 ans ungewöhnlich ift der Plur. Poltröne bei Immermann,
Verkl. 6
b) Schwache Declination.
8. 142.
Darnach gehen:
1) alle weiblichen Subſtantiva: Tinctur, Facultaͤt, Zonen;
2) die meiften männlichen Perfonennamen, nämlich: |
a) die mit, den Endungen at, ant, ent, ik (aus lat. atus,
ars, ens, icus), aft, ift, oft, et, it, ot, e: Advocat,
Prälat, Adjutant, Proteftant, Student, Katho⸗
Lit, Phantaſt, Pietiſt, Evangeliſt, Juriſt, Staroft
(polnifcher Älteſter, Statthalter), Poet, Prophet, Se:
fuit, Idiot, Eleve, Alumne, Antipodez
b) die mit log, ſoph, nom und aͤhnlichen griechiſchen
Woͤrtern zuſammengeſetzten: Theolog, Philoſoph,
Aſtronom, Geograph, Patriarch;
c) die maͤnnlichen Subftantiva Tyrann, Elephant, Con⸗
fonant, Quotient, Ducat, Planet, Komet, Koloß.
Anm. 1. Manche behalten die fremde Form bes Nom. Sing. für ben
gungen Sing., bed Nom. Plur, für den ganzen Plur.: Caſus, Modus,
odi
Anm. 2. Bon Koloß ſagt Rückert (gef. Geb.2, 164) in ſchwacher Form:
Gleich dem rhodiſchen Koloſſen; Wieland (Oberon 2, 15): Zmween
hochgemwaltige metallene Koloffen; Goethe (Kauft 2): Den lebendigen
I ufien führ’ ih; und (ital. Reife): Die beiden Koloffen erblickt
ih nun
c) Semifhte Formen.
$. 143,
Den Sing. flark, den Plur. ſchwach bilden:
1) die männlichen Perfonennamen auf ein tonlofes or (lat. or):
Doctor, Profeffor;z |
2) folgende männlihen: Diamant, Faſan, Kapaun, Impoft,
Gonful, Pantoffel, Muster ($. 119. Anm. 5.), Praͤ⸗
fect, Pſalm, Rubin, Staat, Thron ($. 119. Anm. 5.),
Tractat, Zribun, Zins;
3) die fähhlihen auf um, al, il (lat. ium, uum, ale, ile); fie
haben im Plur. -ien (sen): Studium, Evangelium,
— — 10t —
Adverbium, Participium, Individuum, Gapital,
Regal, Bachanal, Foſſil; auch die nur im Plur. Jebraͤuch⸗
lichen: Kurialien, Formalien, Naturalien, Mobi:
lien u. a.
Die fachlichen auf tiv (lat. tivum): Adjectiv, Subſtantiv,
Motiv u. a. ſchwanken im Plur. zwiſchen ſtarker und ſchwacher
Form: doc wiegt nach dem Sprachgebrauch die ſtarke Form vor:
Adjective, Motive.
Anm.1. Czaar, Palatin und Magnet fhwanten. — Des Czaars
...des Czaaren. Schiller, Demetrius 1. Im Haus bed Palatins
... Ruhmreihe Palatin' und Kaftellane... Mächtige Bifchöfe und
Palatinen. Schiller, Demetrius. Dieſes Magneten. Mufäus.
Der Magnete Haffen und Lieben. Schiller, Spaziergang.
‚Anm. 2. Einige aus neueren Sprachen aufgenommene männl. und fädhl.
Subft. behalten oft mit der ausländifchen Form und Betonung zugleich
die ausländifche Pluralform auf -8: die Genies, Fonds, Metal:
lite, Lords, Puddings, Solos, Kafinoe.
E. Delination der Eigennamen.
g. 144.
In der früheren bdeutfchen Sprache verfuhr man mit der Decli⸗
nation der inländifchen wie ausländifchen Eigennamen etwas freier
als jest; man behandelte fie im Allgemeinen wie andere Subftantive
nad) der flurfen oder ſchwachen Declinstion, wobei jedoch einzelne
Abweihungen vorfommen. — Die neuhochdeurfche Declination der
Eigennamen ift fehr verworren. Die beften Schriftfteler weichen oft
von einander ab, ja ein und derfelbe Schriftfteller decliniert mitunter
einen und denfelben Eigennamen auf verfchiedene Weiſe. in auf:
fallender Unterfchied zeigt fih dabei noch zwiichen den Schriftſtellern
des nördlichen und füdlichen Deutfchlande. Während jene die einzelnen
Caſus der Declination durch beftimmte Flexionen bezeichnen, laffen
diefe die Slerion meift aus, den Genitiv ausgenommen. Jene haben
für ihr Verfahren, außer den Vorbildern der Griechen und Römer,
auch einen geichichtlichen Grund in ber deutfchen Sprahe. — Man
muß zwifchen deutfchen und fremden Eigennamen unterfcheiden;
legtere Eönnen in ihrer fremden Form, oder in einer folchen erfchei:
nen, welche der deutichen Declination nicht widerfirebt: in diefem
Salle declinieren fie wie die deurfhen. — Die Lateinifche Declination
ift nicht mehr gehraͤuchlich, außer etwa in; Chrifti Geburt, Marid
— PAR Ba % ri ehe Yu Fbei ſu pr mkuin,
Anm. Sn 8— — beſchraͤnke ich mich, um eine Grund⸗
lage und Auctorität zu haben, auf den Gebrauch bei Goethe und
Schiller. Ich gebe hier nur einen Auszug aus einer groͤßeren Abhand⸗
lung über dieſen Theil der Grammatik, welche ich 1843 im „Archiv für
den Unterricht im Deutſchen,“ herausg. v. H. Vieboff ‚1. Jahrg. 3.9.
S. 86—100 habe abdrucken laffen.
— 102 —
1. Eigennamen maͤnnlicher Perſonen ohne weitere
Bellimmungswörter.
a) Starke Declination.
8. 145.
Sing. Plur.
N. (gegeben) -e, oder wie d. Mom. Sing.
G. -8 -e, oder wie d. Nom. Sing.
D. -en (n) -en (n)
A. -en (n) -e,. oder wie d. Nom. Sing. °
Die auf I,.m, n, 2 und auf einen flarflautigen Vocal aus:
gehenden Eigennamen werfen das Biegungs:e, die auf -u mit uns
betonter Sylbe ausgehenden das -en ab. Bei diefen iſt Nom., Gen.,
Ace. Plur. gleih dem Nom. Sing.; die auf -om nehmen jedoch in
biefem Caſus ein -e an: Newtone. — Nach diefer Derlination
gehen die auf Vocale, auf flüffige und Starrlaute ausgehenden
Eigennamen: Melina, Abraham, Hermann, Hannibal, Sried=
land, Sellert, Schiller, Sternberg ꝛc.
Anm. 1.. Mehrere declinieren ſtark und ſchwach zugleich, beſonders bie in
deutſcher Form erſcheinenden fremden, deren letzte Sylbe den Bon bat,
wenn auch nicht überall: Ariofls, Arioſtens.
Anm. 2. Die Böllternamen find mhd. meift ſtark: swäp, Pl. swäbe,
doch treten ſchon ES Sormen ein. Neuhochd. find ber fchwachen
noch mehr: Deutfche, Düne, Heffe, Preuße, Safe, Schwabe;
Bater und Pommer haben den Plur. ſchwach, ſchwanken aber Sen.
Sing.: Baiers, Baiern. Bildungen mit -er behaupten die ſtarke
Korm: Öfterreicher, Würtemberger. Kür Bade hört man meiſt
die fonderbare Form Babenf er.
b) Schwache Declinatton.
$. 146.
Sing. Pur.
N. (gegeben)
G. -ens J
D. -en en
A. - en
Nach dieſem Paradigma gehen alle Eigennamen, die ſich auf
einen Sauſe⸗- oder Ziſchlaut endigen, fo wie die meiſten fremden, bie
auf einen Starrlaut ausgehen, und den Ton auf der legten Sylbe
haben, wobei die Endungen a8, es, us häufig in Eeits verwandelt
werden: Hanſens, Goͤtzens, Horazens, Aeneens, Ulpffens,
Lypaͤens. Bleiben die fremden Enbungen as, es, is, 08, us,
ans, fo bleibt der Eigenname ganz unverändert,
Anm. Die Namen auf -e ſchwanken zwifchen flarker und ſchwacher Borm:
Goethes und Goethens, doc wiegt bie ſtarke vor. ’
— — — —
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2. Eigennamen weiblicher Perſonen ohne weitere
Beflimmungswörter.
3) Starke Declination.
$. 147.
Sing. Pur.
N. (gegeben)
— 34 5
A. -n
Darnach gehen alle Eigennamen, die ſich nicht auf ein unbe
tontes e endigenz aber es find deren im Ganzen wenige, und ihre
Zahl fhmilze durch die Abſchwaͤchung des a in e täglich mehr zus
fammen: Leda, Porcia, Thekla, Mignon u. a.
Anm. 1. Im Blur. fallen wie bei ben weiblichen Subſtantiven ($. 124.
Anm. 4.) ftarke und fhwace Declination zufammen,
Anm. 2. Dat. und Acc. Sing. bleiben meift unverändert ; Gries (Calde⸗
ron 6, 44. 96) hat den Dat. und Acc. Blancan, Lautet der Name
fhon im Rom. auf-& aus, fo bleiben alle Caſus unverändert: Pallas,
Ceres, Thetis.
b) Schwache Deelination.
$. 148,
Sing. Pur.
N. (gegeben)
G. -ens (-n#) _ en
D. -en (-n)
%. -en (-n)
Darnach gehen die meiften weiblichen Eigennamen, befonders
. bie auf ein unbetonted -e audlautenden: Mariane, Dttilie,
Minerva; Marianens, Ottiliens, Minervens; Marianen,
Ottilien, Minerven.
3. Plural der perfäönlichen Eigennamen.
g. 149.
Die Eigennamen können vermöge. ihrer Natur nur felten im
Pur. gebrauht werden. Hauptregel ift bei ihrer Piuralbildung, daß
der Umlaut nicht eintreten darf, alfo: Wolfe, nicht Wölfe.
Anm. Goethe und Schiller gebrauchen oft die nach neueren fremben
Sprachen gebildeten Pluralformen auf- -S: die Bourbong, Terzkys,
Fleiſchers. Vgl. $. 143, Anm, 2,
— 104 —
4. Detsnamen.
6. 150.
Neuhochdeutſch gehören alle Ortsnamen dem Neutrum an, ohne
Ruͤckſicht auf das männliche oder weibliche Gefchlecht eines Beifages,
wie Berg, Burg, Stadt, Zurt, 3. B. Königsberg, Freiburg,
Neuftadt, Frankfurt. Die Dichter, befonders die Überfeger griechi-
fher und römifher Dichtungen, fagen wol bie gewaltige Roma,
die heilige Slios. — Auch die Landernamen find meift neutral,
nur einige weibliche haben ſich erhalten, die aber mit dem beftimmten
Artikel decliniert werden: Lombardei, Türkei, Bulgarei, Mon:
golei, Barbarei, Wallachei, Schweiz, Krimm und einige
feanzöfifche Provinzen: Picardie, Bretagne, Champagne. Als
männlich findet fi der Elſaͤß, von Einigen das Elſaß genannt.
Alle Eigennamen der Orte und Länder, mit Ausnahme der auf
einen Saufe: und Zifchlaut auslautenden, die gar Feiner Declination
fähig find, gehen nach ber ftarfen Declination ber neutralen Sub:
ftantive, wobei jedody das Dativ⸗e fehlt, d. h. fie bleiben unverändert
mit Ausnahme des Senitivs, der ein 8 annimmt.
Anm. Die bei Schiller vorkommenden feltenen Dative Mycenen (Aeneis
2,4) und Europen (Hero u. Leander) find wol daher zu erflären, daß
im MHd. viele Ortsnamen im Dativ Plur. vorkommen, fid) alfo auf -en
enbdigen, welche Endung man unorganifch dann auch foldhen gab, denen
nur ber Sing. gebührte. Dean Eönnte vielleicht auch eine bloße Schwä:
hung bes a ine ($. 147. 148.) annehmen.
5. Einzelne Bemerkungen.
$. 151.
1) Stehen mehrere Perfonennamen hinter einander, fo gilt
das Ganze ald ein einziger Name, und nur der legte wird becliniert
nad) den oben gegebenen Regeln: Johann Georges, Friedrich
Schillers. — Bei weiblihen Perfonennamen kann diefe Ver:
fahrungsart nicht eintreten, fobald nach dem Vornamen der Ge:
ſchlechtsname folgt; hier wird der Vorname beeliniert: Marien
Stuart. Gewöhnlich hilft man ſich durch Vorfegung des Artikels
oder irgend eines andern Beifages.
2) Bei den adeligen Eigennamen, die fruͤher durch den Ort
der Herkunft oder des Beſitzes und die Praͤpoſition von beſtimmt
wurden, haben ſich allmaͤlich durch den perſoͤnlichen Adel Formen
entwickelt, die allen Sprachſinn verletzen, aber ſich ſchwerlich mehr
verdraͤngen laſſen. Man decliniert am beſten den vor der Praͤpoſition
von ſtehenden Namen, wenn das den Caſus beſtimmende Wort vor⸗
angeht, dagegen den nach von ſtehenden, ſobald jene Beſtimmung
nachfolgt: Die Werke Wolfgangs von Goethe; Wolfgang
von Goethes Werke.
— A —
3) Gehen vor den Eigennamen noch andere Beſtimmungswoͤrter
ohne Artikel voran, z. B. Amtsbenennungen, fo berrachtet man am
beften Alles zufammen als ein Banzes und decliniert nur den zulegt
ftehenden Namen: Kaifer Karls; Herzog Hanfen. — Steht das
Beflimmungswort mit dem Artifel nad, fo werden beide decliniert:
Karls des Großen; Kaifer Karls des Großen.
4) Gehen dem Eigennamen noch andere Beflimmungen mit dem
Artikel voraus, fo läßt man den Eigennamen am beften unverändert:
des Herzogs Alerander von Parma; dem Meifter Ludwig;
den Srafen Dlivaz der Kaiferin Maria Therefia. — Steht
das Wort Herr ohne Artikel vor dem Eigennamen, fo merden beide
decliniert: Deren Schröbers; fteht der Artikel dabei, fo.bleibt der
Eigenname- am beften unverändert: des Herrn Schröder.
5) Als Benennungen felbftftändiger Einzelweien bedürfen Eigen:
namen feines Artikels. Werden aber folhe Eigennamen als Sat:
tungsnamen gebraucht, ober bei einer befondern Vertraulichkeit oder
Verachtkichkeit angewendet, oder wird der Name eines Schriftftellers
ftatt feiner Werke gefegt, oder tritt endlich ein Eigenfchaftswort vor
den Eigennamen; fo erfardert legterer den Artikel. Dasfelbe tritt ein,
wenn man eine harte Biegungsfplbe vermeiden will. Da durch den
Artikel jeder Cafus erkannt werden kann, fo bleibt der Eigenname am
beiten yanz unverändert.
6) Stehen Präpofitionen vor dem Eigennamen, fo kann er der
Flerion entbehren. Goethe und Schiller ſchwanken hier bei männ:
lihen Eigennamen: Goethe folgt mehr dem norddeutfchen, Schiller
mehr dem füddeutfchen Sprachgebrauch ($. 144.). Bei weiblichen
Eigennamen fehlt hier bie Flexion felten.
I. Declination der Adjectiva.
$. 152.
Alte Adjectiva find der ſtarken und der ſchwachen Flexion fähig
($. 116.). . Die Vocale A, 3, U bildeten auch hier wie bei der
- Declinationen der Subftantiva die Grundlage, doch find die Declina⸗
tionen aus Mangel an Belegen nicht mehr alle aufzuftellen. |
Anm. 1. Goth. blinds, blinda, blindata; midis, midja, midjata giengen
nach der 1. Decl. mit dem Vocal a wie dags, hairdeis, giba; hardus,
“ hardus, hardu nach der 3. mit dem Vocal u wie sunus, handus; aber von
diefer 3. laffen fich die übrigen Gafus nicht aufftellen. Die 2. Det. mit
bem Vocal i nad) gastis, mahts mifchte fich mit den Ableitungen auf -i
ber 1. Declination.
Anm. 2. Diefe manigfalten, der Syntar und dem Wollaut förderlichen
Adjectivgeftalten bilden ein unterfcheidendes Merkmal deutfcher Sprache
gegenüber ben meiften urverwanbdten,
106 °——
A. Starte Declinatiom
8. 153,
Gothiſch.
Masc. Fem. Neutr.
Sing. N. blind-s blind-a blind-ata
G. blind-is blind-aizös blind-is _
D. blind-amma blind-ai blind- amma
%. blind-ana blind-a blind-ata
Pur. N. blind-ai blind - ös blind-&
G. blind-aize blind-aizö blind-aize
D. blind-aim blind-aiım blind-aim
4. blind-ans blind - os blind-a
Sing. N. mid-is mid-ja mid-jata
G. mid-jis mid-jaizös mid-jis
D. mid-jamma mid-jai mid-jamma |
%. mid-jana mid-ja mid-jata
Pur. N. mid-jai mid-jös mid-ja
G. mid-jaize mid-jaiz6 mid-jaize
D. mid-jaim mid-jaim mid-jaim
%. mid-jans mid-jös mid-ja
Althochdeutſch.
Masc. Fem. Neutr.
Sing. N. plint-er plint-u plint-a3
&. plint-es plint-erä 'pliat-es
D. plint-emu plint- ru plint-emu
%. plint-an plint-a plint- a3
Pur. N. plint-2 plint-ö plint-u
G. plint- rd plint- &r6 plint- erö
D. plint-&m plint- &m plint-&m
%. plint-&(?-a) plint-6 plint-u
Sing N. mit-jer mit-ju mit-ja3
G. mit-jes mit-jerä mit-jes
D. mit-jemu mit-jeru mit-jemu
A. mit-jan mit-ja mit-ja3
Pur. N. mit-je mil-j0 mit-ju
| G. mit-jerd mit-jerd “ mit-jerd
D. mil-jem mit-jöm mit-jem
A. mit-ja mit-j6 mit-ju
— tn —
Mittelhochdeutſch.
Masc. Fem. Neutr.
Bing. N. blind-er blind-iu blind-e3
G. blind-es blind-er blind-es
D. blind-em blind-er blind-em
%. blind-en blind-e blind-e3
Pur N. blind-e blind-e blind-iu
G. blind-er blind-er blind-er
D. blind-en »lind-en blind-en
%. blind-e blind-e blind-iu
Sing N. hol-r hol- iu hol-3)
G. hol-s hol-re hol-s
D. hol-me hol -re hol-me
%. hol-n hol hol-3
Pur. N. hol hol hol-iu
&. hol-re hol»re hol-re
D. hoel-n hol-n hol-n
%. hol hol hol-iu
Sing. N. grob-er grob-iu grob-e3
G. grob-es grob-ere grob-es
D. grob-eme grob-ere grob-eme
4. grob-en grob -e grob - e3
Pur. N. grob-e grob-e grob-iu
G. grob-ere grob-ere grob-ere
D. grob-en grob-en grob-en
A. grob-e grob-e grob-iu
Neuhochdeutſch.
Maͤnnl. Weibl. Saͤchl.
Sing. N. blind- er blind-e blind- es
G. blind-es blind-er blind- es
D. blind-em blind-er blind · em
A. blind- en biind-e blind-e6
Dur. N. blind-e blind-e blind-e
G. blind-er blind-er blind-er
D. blind-en blind-en blind- en
4. blind-e blind e blind-e
Anm. 1. Die neutrale Endung des goth. Nom, und Acc. Sina. Tann
fliehen oder wegbleiben: blindata, blind; midjata, midi.
Anm. 2. Der ahd. Anfteumentalis Eing. {m masc. und neutr. heißt
pintt (a), midja (u); Rom. Sing. und Blur. mase. und fem. und Rom. _
und Act, Bing. und Plur. neutr. Binnen auch pliht, mitt lauten; Dat,
1 —
Sing. masc. und neutr. haben plintemo neben plintemu; Rom. Sing. fem.
und Nom. und Acc. Plur. neutr. haben plintju neben plintu.
Anm. 3. Ablegung aller Flexion Tann mhð. in jedem Caſus Sing. und
Plur. und in jedem Geflecht vorkommen. Der Gen. und Dat. Sing.
fem. und der Gen. Plur. aller Gefchlechter bat neben blinder zuweilen
blindere ; ber Dat. Sing. masc. hat neben blindem zumeilen blindeme.
Einfylbig lange Wurzeln gehen nach blinder; fie alle behalten den vorde⸗
ren Flexionsvocal, ſtoßen aber den hinteren ab. Die einſylbig kurzen
werfen ben vorderen nach 1 und r beſtändig aus (ho!, bar), nad m und n
fhwantt der Gebrauch (lam, zam, wan = leer, gewon): nach andern
Gonfonanten bleiben die Bocale (grober). Mehrſylbige Bildungen mit
-el, -en, -er gehen, wenn bie Wurzelfylbe kurz ift, ganz nach blinder
(gogeler = geil, äbener, magerer), wenn lang, nach holr (michelr,
eigenr,, heiter ſtatt heiter'r). Adjective auf -in (Isenin) gehen nach blin-
der; fobald aber ein unbetontes in entfpringt (glesin) beclinieren fie gleich
denen mit der Bildung -en. — Adjective mit dem Bildungs -e find nur
im flerionslofen Zuftand zu erkennen; fie haben bei feiner fühigen Wurzel
in allen Caſus den Umlauf,
$. 154.
Neuhochdeutſch erhätt fi das Bildungsze nur im unbeftimmten.
Zuftand weniger Wörter: blöde, böfe, enge, irre, jähe, firre,
müde, öde, ſchnoͤde, träge, weiſe, zähe, die es jedoch auch ſchon
zumeilen wegwerfen; in dünn, dürr, früh, grün, kuͤhl, kuͤhn,
füß, wüſt, nüchtern ift es ganz geſchwunden, fein früheres Dafein
aber am Umlaut erkennbar. Da die Comparative und Participien
nhd. ſtark und ſchwach (goth. nur ſchwach) declinieren; fo fallen nhd.
alle ſtarken Adjective und Participien dem Paradigma blind zu,
mögen fie nun 1) einfach fein: arg, blau; 2) gebildet mit der Vor:
ſylbe ge: gleich, gemein, gelehrt; 3) VBildungen mit -el, -em,
-er: eitel, eigen, heiter; A) Bildungen mit -ig: ewig, finnig;
5) Bildungen mit - iſch: hoͤfiſch, irdiſch; 6) Bildungen mit icht:
ſteinichtz 7) Bildungen mit -t: nackt.
Anm. 1. Im Acc. Sing. männl. und im Dat. Plur. aller Gefchlechter
bei mehrſylbigen Bildungen auf -el, -er kann das Gafus=e vor dem n
herausfallen: dunkeln, magern: die übrigen Gafus werfen Lieber
das Bildungs=e weg: dunkler, dunkles, dunklem, doch aud
dunkelm. Beiden Bildungen auf -en Tann das Bildungs = e bleiben
oder wegfallen: ebenen, ebnen.
Anm. 2. Die Flerion des Comparativs ift ahd. gänzlich mit der bes
ſchwachen Pofitivs einftimmend (plintöro, plintöra, plintöra; pittaröro,
pittaröra,, pittaröra declinieren wie hano, zunka, herza). — Mhd. kommt
neben ber fchwachen bie ſtarke Flexion auf (blinder, schoener, bezjer ftatt
blindere, schoenere, beyjere; fo die mehriglbigen magerer, ebener ftatt
magerere , henere). — Nhd. ift der Comparativ, gleich dem Pofitiv und
Superlativ, ftarker und fchwacher Form fähig. Bei mehrfulbigen Bil:
dungen auf -er pflegt man Mißlaut flarker Form durch Syncope zu
mildern: bittrerer, bittreres flatt bittererer, bittereres.
A _ — N EEE
— 10 —
B. Schwache Declination,
8. 155.
Gothiſch.
Masc. Fem. Neutr.
Sing N. blind-a blind-ö blind-6
G. blind- ins blind-öns blind-ins
D. blind-in blind-6n blind-in
%. blind-an blind-6n blind-ö
Pur. N. blind-ans blind- öns blind-öna
G. blind-ane blind-6n6 blind-ane
D. blind-am blind- om blind-am
A. blind-ans blind-öns blind-öna
Sing. N. mid-ja mid-;ö mid-j6
©. mid-jins mid-jöns mid-jins
D. mid-jin mid-jön mid-jin
%. mwid-jan mid-jön mid-jö
Pur, N. mid-jans mid-jöns mid-jöna
G. mid-jand mid-jönd mid-jane
D. mid-jam mid-jöom mid-jam
A. mid-jans "mid-jöns mid-jöna
Althochdeutſch.
Masc. Fem, Neutr.
Sing. N. plint-o pliat-a plint-a
G. plint-in plint-ün plint-in
D. plint-in plini- un plint-in
%. plint- un plint-ün plint-a
Pur N. plint-un plint-ün plint-ün
G. plint-ön6 plint-ön6 plint-önd
D. plint-öm plint- om plint-öm
%. plint-un plint-ün plint-üa
Mittelhochdeutſch. |
Masc. Fem. Neuir.
Sing. N. blind-e blind-e blind-e
G. blind-en blind-en blind-en
D. blind-en blind-en blind-en
%. blind-en blind-en blind-e
Plur. N. blind-en blind-en blind-en
G. blind-en blind-en blind-en
D. blind-en blind-en blind-en
A. blind-en blind-en blind-en
— 4 —
Neuhochdeutſch.
Maͤnnl. Weibl. Saͤchl.
Sing N. blind-e btind-e blind-e
G. blind-en blind-en biind-en
D. blind-en blind-en blind-en
%. blind-en blind-e blind-e
Pur. N. blind-en blind-en blind-en
G. blind-en blind-en blind-en
D. blind-en blind-en blind-en
%. blind-en blind-en blind-en ,
Anm. 1. Die Syntar lehrt, daß wir die ſchwache Form bed Abjectivs
befonders dann gebrauchen, wenn ber Artißel vor demſelben ſteht. Vom
unbeftimmten den beffimmten Begriff des Adjectivs zu unterfcheiden,
fagte dem fortfchreitenden Sprachgeift zu, gleichviel ob er es durch eigne
fhwache Form oder, wie iu den romanifchen Sprachen, durch vorange⸗
flellten Artikel erreichte. . Unfere Sprache häufte ſogar beide Mittel.
Anm. 2. Abd. ftimmen alle Klerionen mit denen ber fchwachen fubftanti:
vifhen Declination. Go erklären fidy die Formen plinten für plintin,
plinton und plinten für plintun, plintöno und plintön für plintönö, plintön
für plintom. — Die Adjeetive mit dem Bildungs si (e) gehen wie plinto:
mitto, mitta ftatt mittjo, mittja.
Anm. 3. Bei der mhd. ſchwachen Declination gilt über das ſtumme e das
bei den Subſtantiven ($. 134. Anm. 3.) Geſagte: Die ſchwache Form hol;
bar, lam (oder lame) ſtimmt zu ber, nam; grobe geht wie blinde. Ebenfo
bei den mehriyibigen, es heißt: gogele, Ebene, magere; Gen. gogelen,
öbenen , mageren etc. allein: michel, eigen, heiter; ®en. micheln, eigen,
heitern. -
8. 156.
Neuhochdeutſch ift im Verhättniß zum Mhd. die einzige wichtige
Abmweihung eingetreten, daß der Acc. Sing. weibl. dem Nom. gleich
kautet. Das flimmt zwar zum Acc. Sing. Zunge (flatt Zungen),
allein der fubftantivifhe Gen. hat ebenfalld Zunge, mährend bier
das Adjectiv die ſchwache Form läßt: blinden.
Anm. Der Nom. Eing. aller Gefchlehter fammt dem Ace. Sing. weibl,
und neutr. kuͤrzen bei mehrſylbigen Büldungen auf -el, -en, -er ent⸗
weder gar nichts: dunkele, ebene, magere, oder den Bildungs⸗
vocal: dunkle, ehne, magre, Die übrigen Caſus, folglich alle mit
ber Flexion -n, dürfen den Klerionsoocal fyncopieren: Dunkeln, ma=
gern, oder auch ftehen laffen: dunfelen, mageren. Die auf -en
Kun entweder lesteres: ebenen, ober werfen das e her Flexion aus:
ebnen,
IU. Declination der Zahlwörter.
g. 187.
Als Gardinalzahlen (Grundzahlen) derlinieren entweder gar
nicht, oder ſtark (bald adjectiviſch, bald ſubſtantiviſch), niemals
— tt —
ſchwach. Die Einzahl decliniert in allen Mundarten regelmaͤßig als
Adiectiv der ſtarken Declination: goth. äins, Sina, äinata; ahd. einer,
einu, eina3; mhd. einer, einiu, eines; nhd. einer, eine, eines i).
Die goth. Zweizahl bildet Nom., Dat., Ace. tväi, tvös, va;
tväim, tväim, tväim; tvans, tvos, tva ganz adjeetivifh nach blindai;
Sen. kommt nur vom männl. vor und lautet tvaddje. Ahd. lautet
der Nom. und Acc. zu&ne, zud, zuei, en. fubftantivifch zueijo
(fpäter zueiö), daneben auch adjectivifch zueierö; ber Dat. adjectivifdy
zuöm. Mhd. lautet der Nom. und. Acc. zwene (fpäter zwen), zwö,
zwei; Gen. zweier, zuweilen zweiger; Dat. zwein. Nhd. lautet der
Nom. und Acc. aller Gefchlechter zwei; Gen. zweier; Dat. zweien
(zwein)?).
Don der goth. Dreizahl ift nur der Acc. männl. und weibl.
thrins; Dat. thrim; Sen. thrija zu belegen; der Nom. lautete wol
threis, thrijös, thrija. Ahd. lautet der Nom. und Acc. drie (dri),
drid, driu; Gen. drio; Dat. drim. Mhd. lautet der Nom. und Ace.
dri, dri, driu; Gen. drier; Dat. bald drin, bald drin. Nhd. lautet
der Rom. und Acc. ‚allee Geſchlechter drei; Gen. dreier; Dat.
dreien (dreihn).
Don den übrinen Zahlen bis zehn werden in der früheren
Sprache noch verſchiedene flectiert gefunden; nhd. flectieren fie nur
dann, wenn fie ohne Subftantiv, dabei mit oder ohne Präpofition
ftehen: Alte viere von fich ftreden; mit ſechſen fahren.
Die Drdinatzahlen (Drdnungszahlen) beckinieren früher
ſchwach, neuhochd. ſchwach und ſtark wie gewoͤhnliche Adjective: der
zweite, ein zweiter?).
Bon den Diftributivzahlen (Einthellungszahlen) iſt neuhb.
nur beide zu erwähnen, das ftarfe und ſchwache Form geftattet.
Anm. 1. Die nhd. Schriftfprade verzichtet auf den Plur. von ein (goth.,
ahd. fommt er vor im Sinn von allein), duldet aber außer bem Mom,
männl, und Nom. und Acc. fühl keine Kürzung (mbb. kann im Rom,
und Acc. aller Geſchlechter die Klerion wegfallen). Die Bollemundarten
kürzen und lehnen an mit großer Freiheit und wanbeln ei in e und q:
eim, am flatt einem; mitem, miter flatt mit einem, mit
einer ꝛc.
Anm. 2. Unfere Dichter haben noch mehrfach bie alten Kormen zween,
zwo, namentlich Klopftod und Uhland. Doc, fehlt es auch nicht an
fehlerhafter Verwechſelung der drei Formen, 3. B.: Für eine dunkle
Stunde, oder zween. Gchiller, Macbeth 3,2. 3wo Mädchen. 3. ©.
Jatobi (3, 180. Ausg. von 1778.). Bm Paters. Urfinus, Balladen
8.39. Mit zween guten Gerichten. I. Möfer. — Schon im Lieders
buch der Clara Häplerin aus ber 2. Hälfte des 18. Jahrh. (herausgeg.
von Haltaus. Leipzig 1840. ©. 163) fteht: Ain vitter hatt zween jung
doͤchter fchön.
Anm. 3. Die goth. Sprache hat für zweiter das ftarkbiegende anthar,
anthara , antbar; ahd. andar (u. andarer), andaru, andar (u. andaraz);
mhd. ander, anderiu, ander (u, anderz), was man auch nhd. noch zus
weilen findet,
— 112 —
IV. Declination der Fürwörter.
a) Berfönliche (personalia).
6. 158,
Gothiſch. Althochdeutſch.
J. Sing k meina mis mik ih mn mir mih
Dual. vit ugkara ugkis ugkis wiz? unchar unch unch
Pur. veis unsara unsis unsis wir unsar uns unsih
I. Sing. ihu theina thus ihuk dü din dir dih
Dual. jut? igqvara igqvis igqvis jiz,iz? inchar inch inch
Ä Mur. jus izvara izvis izvis ir iwar iu iwih
III. M.Sing. is 15 imma ina ir (&) imu inan
Pur. eis izE m ins sie irä im sie
MW. Sing. si Izös zei Ha siu ir iru sia
Pur. jös zö im jös sid irod im siö
N. Sing. ita is imma ia 3 es imu i3
Pur. ja ze im ha sin ird im siu
Mittelhochdeutſch. Neuhochdeutſch.
— — — — — — ——
J. Sing. ch mn mir mich ih mein mir mid
Pur. wir unser uns . unsich wir unſer und ung
1. Sing da du dir dich du dein bie Did
Plur ir iuwer iu. iuch ihr euer euch eud
III. M. Sing. — m in er — ihm ihn
| Pur, sie ir in : se. fie. ihrer ihnen - fie
W. Sing. sie ir ir sie fie ihrer ihr fie
Pur. sie ir in sie fie ihrer ihnen fie
N, Sin. &s im 8 es — ihm es
Plur. sie ir in sie fie ihrer ihnen fie
Anm. 1. Vom Reflerivum (rüdbezügl.) Eommen vor: goth. Sing. und
Plur. Gen. seina, Dat. sis, Acc. sik; ahd. Gen. Sing. sin, Acc. Sing.
und Plur. sih; mhd. Gen. Sing, sin, Acc. Sing. und Plur, sich; nhd.
Gen. Sing. fein (feiner), Dat. und Acc. Ging. und Plur. fich.
- Anm. 2. Neben mein, bein,.fein gilt auch eine erweiterte (unedlere)
Form meiner, deiner, feiner. — Im Plur. I. hat bie Dativform
den Acc., in I. die Accufafivform den Dativ eingenommen. Die adjectis ‘
vifche Flerion ihrer ift ebenfo unorganifch, als der Dativ Pur. ihnen,
deſſen Form an den ahd. Acc. Sing. inan erinnert.
b) Befiganzeigende (possessiva).
$. 159.
Sie haben fid) aus ben Genitiven der perfönlichen entwickelt,
gehen goth. und ahd. nach der flarken, nhd. und theitweife ſchon mhd.
. .
- — — — —
— 113 —
nach der ſtarken und, fſchmachen Detlinetiem der Adjective und find:
goth. meins, ugkar, upgar; theins, jgqvar, Izvar; seins; ahd. miner,
uncharör, unsarer (unser); diner, incharer, iwarer; stadr; mhd.
min’-(miger), unser; din (diner), iuwer; sin (siner); nhd, mein,
unſerz dein, euer; fein, ihr.
Anm. 1. Dan merke, daß goth. ugkar, unsar, igqvar, izyar im Rom,
masc. u. neutr. ftetd das -s und -ata weglaffen; im Rum. fem. bleibf -a.
- Anm. 8, Otfried hat ahd. unserer, unseru, unserar; iwezer, iweru, iwera}
und unser, unsu, unsaz; iwer, iu, iwaz.
Anm. 3. Myd. gehen unser und iuwer regelmäßig nach heiter: unser (für
unser’r), unseriu (oder unser), unserz (oder unser); Gen. unsers, unserre,
unsers etc.
Anm. 4 Nhd. mird in unfer, euer bas -ey beibehalten; bei mein
dein, fein tritt dag -er in feltnen Fällen an, z. B.: De ift bein wu
wo iſt meiner? — Das ihr ift feit dem 13. Zahrh. aus dem Kieder⸗
deutfchen allmälich ins Hochbeutfche übergegangen,
c) Hinweifende (demonstratiya).
$. 160,
Es find hier drei Begriffe zu unterfcheiden: der, diefer, jener.
Neuhochdeutſch ift ein unorganiſcher Unterſchied zwifchen Artikel und
alleinſtehendem Demonſtrativ eingetreten: erſterer iſt unbetont, legte:
res betont und hat erweiterte Flexion.
1. Gothiſch.
Maͤnnl. Sing. sa this ihamma thana
Nur. Uri thize thäim thans
Belt. Sing. so tlizös thizäi mo
Plur. ihos thizö thäim 4hös
Meute. Sing. thata dis mManvpa Yıata
- Blur. Ihe thize {him thö
2. Althochdeutſceh.
Maͤnnl. Sing. der des demu(0) dem
Plur. die därd dam die
Weibl. Sing. diu därd (a) deru dia
Pur. dis der6 dem die
Meute. Sing. day des dömu(o) day
Pur. diu derd dam diu
Minnl. Sing. deser deses dösemu(o) desan
Dur. dest deserd däsdm däse
Weibl. Sing. däsiu döserä deseru dösa
| Pur. dEsd deserd des em deso
Meute. Sing. di- (dizi) deses desemu(o) diz
Plur. desiu döserd desom ‚dis
Kehrein Srammatik. 1. 1. . 8
— da —
3. Mittelhochdeutſch.
Maͤnnl. Sing. der des dem den
Pur. die der den die
Weibl. Sing. diu der der die
Pur. die der den die
- Meute. Sing. das des dm day
Plur. diu der den diu
Männl. Sing. dirre dises diseme disen
Pur. dise dirre disen dise
Weibl. Sing. disiu dirre dirre dise
Pur. dise dirre disen dise
Neutr. Sing. diz(ditze) dises diseme diz
Pur. disiu dirre disen disiu
4. Neuhochdeutſch.
Maͤnnl. Sing. ber des (deffen) bem den
Pur. die ber (derer) den (denen) die
Weibl. Sing. die ber (deren) der bie
Pur. die der (derer) den (denen) die
Neutr. Sing. das bes (defien) dem das
Pur. die der (derer) den (denen) die
Maͤnnl. Sing. diefer diefes biefem biefen
Plur. dieſe dieſer dieſen dieſe
Weibl. Sing. dieſe dieſer - dieſer biefe-
Dur. diefe diefer diefen biefe
Neutr. Sing. diefes (die) dieſes diefem dieſes (dies)
Plur. dieſe dieſer dieſen dieſe
Anm. 1. Das goth. Pron. sa, sd, tbata vertritt zugleich den Begriff von
biefer. Reſte eines alten Pronomens his find erhalten in den Abverbien
himmadago = heute, hinadag = bis heut.
Anm. 2. Im ahd. däser gibt es bei Otfried und Notker mancherlei Abs
weichungen von obigem Paradigma, bie fi auf die Setzung von i flatt
ẽ und die Affimilation des s zu r, wenn bie Klerion ein r hat, befchränten.
Anm. 3. Die eingellammerten Kormen find die des Demonſtrativs. Unſer
deffen und weffen find unorganifch verlängert, Wenn fie nun in ber
Zufammenfegung wieber verkürzt werden; fo fällt der Grund, weshalb ff
ftatt f eintrat, weg, und man ſchreibt darum am natürlichften: deshalb,
deswegen, besfalls, desgleichen, weshalb, weswegen.
Vgl. etwa Hindernis, -niß; Königin, -inn.
Anm. 4 Iener, jene, jenes; goth. jöins, jäina, iinata ; ahd. gener,
genu, génaz; mhd. jener, jeniu, jenes; ſolcher, folche, foldhes;
jeber, jedweder, jeglicher beclinieren ganz wie blinds, plinter,
blinder, blinder. Aventinus fagt im Dat. einem jeden u. jebern;
Tſchudi hat jedwederer; im Simpliciffimus kommt oft einem jeds
wedern und jebwederen' vor, — Derjenige decliniert ſchwach:
desjenigen, demjenigen zc, (wie ber jenige), fo auch berfelbe
und derſelbise—
— ib —
d) Fragende (interrogativa).
$, 161.
"Deren gibt e8 eigentlich vier: wer überhaupt; mer von meh:
reren; wer von zweien; wie befchaffen (weicher).
1.
2.
3.
4,
Gothiſch. 1) Männt. Sing. hvas, hvis, hvamma, hvana;
Plur. hväi, hvize, hvaäim, hvans; Weibl. Sing. hvö, hvizös,
hvizäi, hvö; Pur. hvös, hvizö, hyäim, hvos; Neutr. Sing.
hva, hvis, hvamma, hva; Plur. hvö, hvize, hväim, hvö. -—
2) hvarjis, hvarja, hvarjata (wer von mehreren) folgt ganz der
abdjectiv. Declination midis. — 3) hvatbar (wer von zweien)
becliniert wie anthar ($. 157. Anm. 3.) — 4) hveleiks (wel: .
her) decliniert wie blinds.
Althochdeutſch. 1) Sf nur belesbar im Nom. und Acc.
huer, hu&n (huönan), huaz; im Anlaut gift meift w für hu. —
2) Fehlt. — 3) huedar (wedar) wie andar ($. 157. Anm. 3.). —
4) huelihher (bei Notker weler) wie plinter.
Mittelbohdeutfh. 1) Männt. Sing. wer, wes, wem
(wöme), wen; Neutr. Sing. wa3, wös, wem (wöme), wa3. —
2) Fehlt. — 3) weder ift felten und decliniert nach mager. —
4) w£lcher wie blinder.
Neuhochdeutſch. 1) Männl. Sing. wer, weffen (mes,
weg), wem, wen; Neutr. Sing. was, weſſen (wes, weß),
wem. — 2) Fehlt. — 3) Fehlt, nur in einigen Volksdialecten,
3. B. in der Schweiz, noch vorhanden). — 4) weicher nad
blinder.
Anm. 1. In Werken fchweizerifher Schriftfleller findet fi biefes Pros
nomen auch ziemlich lang, z. B. in Zwinglis „Zuſchrift der Antwurt
über Dr. M. Luthers Buch, Belenntnuß genannt” fteht: ‚Sehe man
bemnad zu wedre (d. i. Luthers oder Zwinglis) leer zum erflen von
allen vechtverftändigen angenommen werd.” Tſchudi hat wäderer
(mer von beiden) u. bwäberer (feiner von beiden).
e) Rüdbezüglicdye (relativa).
8. 162.
Der Begriff der Rüdbezüglichkeit wird auf verfchiedene Weiſe
ausgebrüdt: theils duch das Demonftrativpronomen ber, die, das,
theils durch das erfle und vierte Snterrogativpronomen wer, was;
welcher, welche, welches, theils durch die Partikeln fo und wo.
Anm 1. Rah Beder (Schulgrammatil A. Ausg. $. 277.) fol der Ges
brauch des fo jegt veraltet fein; dem ift aber nicht fo, wie folgende
Beifpiele beweifen: Da kommt die Estorte, fo uns der Kaifer entgegens
ſchickt. Schiller, Denkwürbigkeiten a, d. Leben des Marfchalls Vieilleville.
Der Verfaſſer und ber, fo bie Depefchen überbringen follte, wurden
8
—
|
- fogleich fortgefchafft. Daf, Wie ihm Vieilleville ben Brief zeigte, fo er
von feinem Spion tn Suremdurg erhalten. Daſ. An einer Stunde kam
Schon ihr Vortrab, fo aus ungefähr jehzig Dann beftand. Daf. Das
Haupt, fo er ihm abgehauen. Uhland, Roland Schildträger. — Klop⸗
d biefgs t, 3. B. Meffias 2, 474, 3, 24. 89,
a abe ieſes fo ſehr oft, z. B. Meſſias 2, 474. 9,
Anm. 2. Das telativiſche wo iſt ſehr im Gebrauch, aber nicht (wie
manche Srammatiker Iehren) auf Drt, Zeit und Weife eingefchräntt.
Bol. folgende WBeifpiele aus Schiller und Gerthe: Straße, worauf.
Schiller, Piseol 4,4. Formel, worin. Daſ. 3, 1. Biyrige, worauf.
Def. 3, 4. Act Benerale, worunter. Dat. 4. (Scene). Augenblide,
wo. Wallenft. Tod 2,5. — An jedem Orte, wo. Goethe, Slavigo 2,
Nach Aranjuez, wo. Daſ. 2. Ein Katarıh, woraus eine Bruſtkrank⸗
heit wird. Goethe, Meifkens Lchrj. 6. Die Doutlickeit, womit. Daf.
Anm. 3, Was für etwas und wer für irgend jemand findet fi
öfter, 3. B. Bilde mir nicht ein was vechte zu willen ... Milde mir
wicht ein, ih Wannte was lehren. Goethe, Fauſt 1. — Bo Hat bie Sonne
nicht Verftand, weiß nicht, was fich gebührt, drum mug wer fein, ber
an ber Haud gleich wie "ein Lamm fie führt. Claudius, Sonnengufgang.
Es fchien ihn fo zu plagen, als hätt er wen erfdylagen. Bürger, bie
Entführung.
f) Unbeftimmted Pronomen.
_ 8. 163.
Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
Sing. N. aoman ieman jemand
G. somannes iemannes (iemans) jemandes (6)
D. eomanne iemanne (ieman) jemandem (n)
A. eomannan ieman jemanden
Anm. 1. Wie eoman (wofür auch ioman feht) geht auch meoman
"7 Kaahomatır).
- Hnm. 2. Mhb. findet fich auch iemen, jemens, iemen, iemen. Mile ieman
(iemen) geht auch nieman (niemen). — Im 14. — 18. Jahrh. findet ſich
bier und da der Rom. iemant, yemans; memant, niemants (Wackernagels
Lefeb. 1015, 13; 1062, 23; 937, 47; 981, 13); feit bem 16. Jahrh.
macht fi die Form iemand(t), niemanb(t) immer mehr geltend,
doch findet fih noch oft ieman, nieman; iemang, niemand,
Anm. 1. Die nhd. Form iemand (und niemand) ift verberbt, bie
Declination im Dat. und Acc. ſchwankend, wie aus folgenden Beifpielen
- erdelt. Weil ich nicht gern mich, Jemandem in den Weg flellen mag.
Reffing, Ernſt und Kalt, Wenn ich mich einmal nad) jemandem ie:
ten fol. Goethe, Stella 1. Weil wir feft entfchloffen find zu ſterben eh’,
ale jemanden die Luft zu verdanken, außer Gott. Goethe. Will
man datum Jemanden ungefund machen. Gellert, Zroftgründe. Go
tft e8 Niemand zu verbenfen, am allerwenigfien aber Jemandem,
der ... Lichtenberg. In der Unterrebung niemand zu wiberfprecen.
Goethe, Meifters Lehrj. 6, Ihr Hörtet niemand? Gosthe, Claudine
von Billa Bella 2,
Au hu fe KA Wine,
2. Zweites &apitel,
| Conjugation.
8. 164,
In der Conjugation erfährt ein Wort vielfältigere und bedeu:
tendere Beltimmungen, als in der Declination. Außer dem Vers
bättniß der Perfon und des Nümerus (der Zahl) maß and) das
des Modus (der Art) und des Genus (des Geſchlechts) ausgedruͤckt
werben. Die Sterionsfähigkeit des deutfchen Verbums ift im Laufe
ber Zeit geſunken; alle Sterionsvgcate find nhd. in unbetontes e ge:
ſchwaͤcht. |
| 8. 165.
Das Wichtigfte in dar deutfchen Conjugation und wodurch ſich
nicht nur die Scheidung zweier Hauptformen, ber ſtarken und ſchwa⸗
hen, hauptfächlich, fondern aud) die Abtheilung der einzelnen ſtarken
Conjugationen ergibt, ift die Bildung des Praͤteritums.
| 8. 166.
Bei den ftarken Verben wird das Präterlium' in der früheren
Beit auf eine doppelte Weife gebildet: entwebei wird ber Vocal ber
Wurzel (fei er anz oder inlautend) in einen andern verwandelt (Ab⸗
laut) 1—6. Conjugation, oder der Anlaut der Wutzel wird vor
berfelben twiederholt (Rebuplication) 7— 10. Conjugatign. Die
gothifche Sprache Eennt noch beide Mittel; in den übrigen Mund:
arten iſt die eigentliche Neduplication untergegangen, b. h. flatt ihrer
hat ſich ein unorganifcher Diphthong gebildet, und auf bie Doppelung
des Confonanten wird kein Bedadt mehr genommen. — Dis Con:
fonanten erleiden bei den ſtarken Conjugationen im Präteritum Eeine
Veränderung, hoͤchſtens tritt Schärfung ein: [hneiden, ſchnitt;
reiten, ritt. — Bei der [wachen Gonjugation bleibt die Wurzel
im Präteritum unverändert, und hinter diefelbe tritt -te (ete).
8. 167.
Auch im Participfum Präteriti zeigt fich ein Unterfchied zwiſchen
ſtarken und ſchwachen Verben; jene endigen fih auf -ew und er
leiden dabei noch häufig eine meltere Veränderung des Wurzelvocals,
diefe Laffen den Wurzelvocal unverändert und lauten auf —t (et) aus. -
A. Starke Conjugationen.
§. 168.
Die ſtarke Conjugation iſt die urſpruͤngliche, ihre Bemegungen
n freier, volftä 18 die der ſchwochen Tuch Da bewaͤhrt
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ihr hoͤheres Alterthum, daß die ſtarke Flerion ſtufenweiſe verfinkt und ” ’
ausftirht, die ſchwache, die ja eigentlich nur abgeleitete Verba umfaßt,
um ſich greift; daß fremdher eingeführte Verba beftändig der ſchwachen
unterworfen werden, wovon einige [pätere eine Ausnahme machen.
Perfonenendungen der ſtarken Sonjugationen.
8, 169,
Gothiſch.
1 I. In.
Indic. Praͤſ. Sing. -a -is -ith
Dual. -ös -ats —
Plur. -am -ith -and
Conj. Präf. Sing. — au -äis -äi
Dual. -äiva? -äits —
Plur. -äima -äith -äina
Indic. Praͤt. Sing ... -t
Dual. -u? -uts —
Plur. -um -uth -un
Conj. Prät. Sing. -jäu -eis -i
Dual. -eiva -eils —
Plur. -eima '=eith -eina
Impet. Sing. — ... —
Dual. — - ats —
Pur. -am -ith —
Part. Prſ. Prt. Inf. -ands -ans -an
Althochdeutſch.
J. II. III.
Indic. Praͤſ. Sing. -u(o) -is (est) -it (et)
Pur. -ames(en) -at(ent) -ant (ent)
Conj. Präf. Sing. -e -&s(öt) -e
Plur. -&mes (en) -et(önt) -En
Indie. Prät. Sing. ... _ -i(e) ...
Plur. -umös(en) -ut(et) -un (en)
Conj. Prät. Sing. -i(e) -15 (ist) -i(e)
Plur. -imes(tn) -it(ist) -in
Imper. Sing — ... —
Plur. — -at —
DR. Prſ. rt, Se -antör -aner -an
— 119 —
Mittelhochdeutſch. Neuhochdeutſch.
— — —
— ——
J. II. ul. 1. II. II.
Indic. Praͤſ. Sing. -e —est -ed —-e (ft —et
Pur. -en -et -nt -m -e · en
Conj. Praͤſ. Sing -e -est -e -t -ft —e
Pur. -en -et -en Jen -e -en
Indic. Prät. Sing ... -e ... | Ge
Mur. -en -et -en -n -e -en
Gonj. Prät. Sing. -e -est -0 -t -ft -e
Pur. -en - et -en -n -e -en
Imper. Sinn. — . ... — — ... —
Plur. — -et — — - et —
Part. Prſ. Prt. Inf. -ende -en -en end -n —en
Die einzelnen ſtarken Conjugationen.
Vorbemerkungen.
$. 170.
Gothiſch wandelt fi) vor dem r und h der Wurzel (1., 2., 5.
6. Conj.) iin ai, uin alu, 5. B. teiha ich verfünde, täih ich verfün-
dete, taihum wir verfündeten; tiuha ich ziehe, täuh ich zog, taubum
wir zogen. — Für i zeigt u im Präf. und Prät. ber 3. Conj. trudan,
gatrudans (treten). — Das & ſchmankt in ei nicht bloß im Präf. der
12. Conj. leitan, greitan für lötan, gretan (klagen), fondern auch im
Plur. Prät. der 3. Conj.; veisun, veisjäu für vesun, vesjäu (bleiben,
weſen). . iu befleht nur in- oder auslautend vor Confonanten, vor
Vocalen wird es inlautend zu iv: sniva, snivis, snivith; Praͤt. snau,
snäut, snäu, snivun flatt snuun; Imper. sniu nad) 6. Conj. (fchneien).
— Lingualiſch auslautende Wurzeln wandeln ihre t, d, th vor dem -t
der I. Prät. Sing. Indic. in s: mäimäist (du fehnitteft ab), fäifalet
(du falteteft) für die übelflingenden mäimäitt, fäifallht. — standan
(4. Gonj.) behält im Präf. nd, wirft aber im Prät. n aus und afpi-
tiert die Media: stöth, stöthun für stönd, stöndun. — Folgende
Verba bilden das Präf. durch alle Modos ſchwach, d. h. fie fchalten i
ein, während das Prät. flark bleibt: aus der A. Conj. hafjan (heben),
frathjan (ſchmecken), skathjan (ſchaden), vahsjan Wechen); aus der
3. * Son) bidjan (bitten).
g. 171.
Althochdeutſch weihen von den obigen, ben diteffen Quellen
gemaͤßen, Paradigma Otfried und Notker mehrfach ab und nähern
fi) dem Mittelhochdeutſchen. Die eingeflammerten Formen find die
5
— 120 —
von Natker, hier moͤgen die von Defriad ſtehen: Ind. Praͤſ. u, is, it,
omös {oder en), et, ent; Conj. Praͤf. &, &s, €, &m&s (oder En), &t, An;
Ind. Prät. ..., i, ..., umes (oder un), ut, un; Gonj. Prät. i, is,
ij, mes (oder in), ft, in. — Aus der nun erlofchenen gothifchen Me
duplication entwickelte ſich ber unorganifche Ablaut ta, hieraus [pÄter
ia, dann ie. — Das kurze i geht nicht bloß vor r und h (mie goth. i
in af), fondern au vor allen andern Confonanten ber 1., 2., 3. Conj.
(außer vor m und n der 1.) im & über; nur im Praͤf. Sing. Inb. und
Imper. bleibt i (während ed im Goth. vor r und h auch da in al vermans
beit wird), z. B. Präf. Ind. kipu, kipis, kipit, köpames, kepat, köpant;
Peäf. Conj. kepe, kepes, köpe, köpemes, köpet, köpen. — Das kurze
i im Prät. der 5. Conj. unterliegt keiner Schwächung in &, z. B.
serirum&s, eben fo wenig das i der 12. vor m und n, z. B. prinnan,
prianu, prinnam&s. — In der 1. Conj. hat das Part. Prät. vor 1
und r den Ablaut o, vor m und n den Ablaut u. Im Prät. Plur.
der 1. und 6. Conj. ſteht u, felbft vor r. Vgl. holfaner, kozaner,
. worfaner mit goth. hulpans, gutans, vaurpans und die Plur. Prät.
ahd. wurfun, goth. vaurpan. — Des Sting. Ind. und Smper. der
6. Conj. hat iu, der Plur. Ind. und Imper., ſowie der Sing. und
Pur. Conj. haben io (mundartifch &o, ia), 3. B. Ind. kiuzu, kiuzis,
kiuzit, kiogames, kiozat, kiogant; Conj. kioje, kio3es, kioge, kioʒemèês,
kio3et, kiogen; Imper. kius, kiozat. — Verba, deren Wurzel auf on
und in endigt, pflegen bei vocalifch anftoßender Sterion des ou in bw
ober ouw, das iu in im der iuw zu wandeln, alfo aus der 10. Conj.
houwan, howan, Praͤt. Sing. hd, Plur. hiöwun, Imper. hou. —
Bon Umlaute kann bloß in I. und II. Sing. Präf. Ind. der 4. und
1. Conj. die Rede fein, doch haben ihn bie dlteften Denkmaͤler noch
nicht, 3. B. haltis, faris, fpäter heltis, feris. — Geminierte Liquida
wird auslautend einfach, 3. B. spinna, span. Geminata vereinfacht
ieh, fobatd dee ihr vorftchende kurze Vocal durch Ablaut Lang wird,
nicht bloß aus⸗, fonbern auch inlautend, z. B. fallu,"fial. — Der
Spirans s geht im Pur. Prät. der 6. Conj., wo der vorausgehende
Vocal kurz wird, inr über, z. B. risan, reis, rirun. — Im Pur,
und Part. Prät. ber 4., 5., 6. Conj. geht hin g fiber, 3. B. stahan,
sinch, sluogun, slaganer. Die dem goth. th parallele ahd. Media
wird im Plur. Prät. und Part. zur Tenuis, z. B. snfdan, snitan,
sultaner. — Das Dräf. ſchwach bei ſtarkem Praͤt. bilden: aus bee
4. Con. suerran (ſchwoͤren), heffan, seffan (einfehen); aus der 3. Conj.
piltan, sizan. — Stoͤßt in II. und IN. Sing. das i der Flexion ar,
‘
/
fo wird die Conſonanz vereinfacht, 3. B. sueris, suerit; Plur. suer-.
ramös. — Meben staniu, stentis, stentit, stantamös, stanlat, stan-
tant gift atam, stäs, siät, glamäs, alät, atänt und atem, steis, steit.
Analog neben kanku, kankis, kenkit ein gam, gAs, gät und Hi:
goeis, geh.
— 11 —
8. 172.
Mittelhoch deutſch find alle Flexionen in einfsrmiges unbe
tontes e verwandeit. Das tonlofe e wird ſtumm, ſobald Furzer Vocal
und einfacher Conſonant vorſteht; ſtummes e wird ganz unterdruckt
4) nothwendig nad | amd r in 3. Sing. Praͤſ. Ind. und I. und IL
Sing. Präf. Conj. der 2. und A. Conjugation, 5. B. stil, var; ferner
in 1. Sing. Prät. Ind. und I. und IH. Sing. Prät. Conj. der 5. und
6. Gomiugütion, z. B. rir (ich fiete, er ſiele, bu biſt gefallen), kur (id)
wählte, er wähle, bu haſt gewählt). — ‚Die Syncope tritt ein. wer
dem st, t, n, ni alker Tempora, welche apocopieren, ſodaun im af.
und Part. Praͤt. beider Formen, z. B. meist (du mahlfl), melt (er
mahlt), hela (wir hehlen); 2) weniger durchgreeifend nach m und m
in benfelben Faͤllen, z. B. nim (nehme), zem (zaͤhme), schw (id
fhiene, du Haft geichienen); 3) nad s und Iı faͤllt ſtummes e weg vor
den Flexionen st, t, nicht aber austautend, auch nicht vor n, nt, z. B.
het (du ließ, er lieſt), lest (ihr leſet), sihst (du ſiehſt), seht (ige
fehet), hingegen lisa (idy fefe), lösen (leſen); 4) nah b, d, g keine
Apocope, alſo ich gibe, lade, pfliges auch Feine Syncope nach d, alfo
ladet, laden; nad b und g gleichfalls nicht por n, nt, alſo laben,
aagen; zuweilen aber vor st, L ber H. IH. Peäf. Ind. Sing, nament⸗
lich nad o umd i der Wurzel, 3. B. grebt, tregt. — Das toniofe e
darf nicht wegfallen. — Die thuͤringiſche Mundart ſchneidet haͤufig
dem Inf. fein n ab: bevil, meine. Die ſchweizeriſche Mundart ge
braucht ent für et in II. Pur. Praͤſ. Praͤt. Ind., Conj. und Imper.,
3 B. tuont, ritent. Bei Anlehnung des Pronomens wir fällt das n
der I. Plur. oft weg, z. DB. heisewir. Die Il. Sing. Praͤſ. und Prät.
Conj. behält zuweilen das ältere s flatt'st, 5. B. rites, ‚velles (du
reiteſt, faͤllſt). — Die Vocale i und &, u und o verhalten fich wie im
Ahd. In der 6. Conjug. heißt es, dem ahd. ia, io parallel, giuze,
glujest, ginzet, giegen, giejet, giejent; Conj. gieje; Imper. giny;
“ Inf. giezen. Das auslautende u in biu, brou ete. wird inlautend
jaw, 3. B. hiuwen, briuwen. Sin der 5. Conjug. verhält fich & zu ei,
6 gu ou wie ahd, — Umlaut gilt 4) in 11. IN. Sing. Präf. Ind. des
aine tn der 4. und 7. Conjug., 3. B. var, verst, vert; valle, vellest,
vellet; 2) des 4 in ae In der 8. Conjug., 3. B. släfe, slaefet; 3) die
Diphthonge on, uo lauten in Il. IN. Sing. der 10. Conjug. nicht um:
houwe, heuwet; ruefe, ruofet; dagegen in 1. Sing, Präter. Ind,
und im ganzen Präter. Conj. gilt Umlaut des uo in üe, u in u, Lie
ae, J. B. vuoren, vüere; kurn, kürn; lasen, laese. — Geminterter
Gonfenant wird auslaufend einfady, 3. B. span, spin. Geminata
vereinfacht ſich inlautend nach langem Vocal, z. B. valle, viel, vielen.
Nach allgemeiner Regel wird Media auslautend zu Jenuis, z. B.
tnibe, Jreip; ha ol, z. WB, se, sach. — Die Entwicelung des r
— m —
aus s begreift jest aus der 3. Conjug. wären; aus der 5. rirn; aus
der 6, kurn, verlurn, vrurn. — g hat fih im Verhältniß zu hermeis.
tert: Ithe, l&ch; vliuhe, vloch; sihe, sach; aber slahe, sluoc. —
Schwache Formen haben fih nody mehr eingedrängt, als im Abb. ;
gan und stän erfcheinen im einer Neihe von Formen: gän, gäst, gät,
gan, gäl, gänt; gen, göst, get, gen, get, gent; gienc, giengen ete.
$. 173.
Neuhochdeutſch iſt im Präter. die bedeutende Abweichung
vom Mhd., daß I. Sing. nicht mehr auf e mit Umlaut, fondern auf
eft ohne Umlaut ausgeht, z. B. mhb. sang, senge, jest fang, fangeft.
Sm Verhältniß des e zu i im Präf. Sud. Sing. die wichtige Ver:
änderung, daß I. e, Bein i befommt, folglich mit 1. des Präf. Conj.
sufammenfällt, z. B. gebe, nehme; Il. und III. behalten i, z. B.
gibft, nimmt. Im 16. Jahrh. findet man noc oft ih gib,
ſprich, iß u.a. — Bitten, liegen, figen bewahren das i (ie)
überall, ebenfo Plur. Prät. der 5. Conjug. und Praͤſ. Ind. und Con.
der 1. Gonjug. vor m und u, 3. B. griffen, f[hwimmen, fpin:
nen. — Das iſt vorgeruͤckt und gilt nicht bloß im Part. Präter.,
fondern auch im Pur. Präter. dee 6. Sonjug., 3:8. flohen, ge:
flohen; ferner im Part. Präter. der 1. Conjug. vor umm, 1m,
3.8. gefhwommen, geronnen. Das u bleibt nur vor nd, ng,
mE, z. B. gebunden, gefungen, gefunfen. — Das en für ie
in der 6. Conjug. ift nun befchräntter als früher, f. $. 179. — ‚Um:
laut gilt 1) in IL und III. Präf. Sing. Ind. der 4., 7., 8. Conjug. des
a in ä, z. B. fahre, fährft, fährt; falle, faͤllſt, faͤllt; ſchlafe,
ſchlaͤfſt, ſchlaͤft (doch nicht bei allen); 2) au und u der 10. Conjug.
meiden den Umlaut, z. B. baue, baut; rufe, rufſt; o hingegen
hat ihn, 3. B. ftoße, ftößt; 3) das Präter. Conj. lautet das a, 9,
u des Indic. um in ä, ö, ü, 3. B. baͤnde, böte, würde. —
Aumaͤlich ift Gteichheit der Ablaute im Sing. und Plur. Prät. Indie.
eingetreten, 3. B. fang, fangen; bot. boten; fuhr, fuhren.
Ward, wurden ift die einzige, von Manchem nicht verflandene,
Auswahme 1). — Feüher wurde das Präter. Conj. vom Plur. Präter.
Ind. gebildet, daher die Formen gölte, ſchoͤlte, huͤlfe, tränke u.a,
die fich bei manchen Schrifsftellern finden. Beſſer fliehen die aller:
dings Manchem auffallenden Formen gälte, [hälte, haͤlfe,
teänfe, da uns Sing. und Plur. Präter. Indic. gleichen Ablaut
haben. — Der Imper. hat die Bocale ber entfprechenden Perfonen
des Praͤſ. Indic., 3. B. hilf, Helfer). — In gilt, ſchilt, fit,
flicht, brät, väth, hält, tritt, birft ifE das wurzelhafte t und
das Fleriöns:t.(et) in Einem Laut verfehmolzen. — In einigen
Fallen Hat inlautende Gemination bie alte Vocalkuͤrze gerettet:
nimmt, gefotten. — Das r flatt f dringt aus den Plur. waren,
—1B —
froren, toren, verloren in die Ging. war, fror, tor, verlor
. et, von da in die Präf. friere, verliere, aber nach kieſe.
Anm. 1. Hier und ba finden fich noch andere Beifpiele Sie fturben.
Leſſing. Als ihm die Ohren fungen. Wieland, Dberon 3, 48. In
Schriftftelleen bes 17. — 18. Sahrh. findet man: fie ſchwunden,
derungen, lungen, rungen. Unfer Volk fagt noch immer: Wie
die Alten fungen, fo zwitſchern die Jungen.
Anm. 2, Fehlerhaft fagt Boethe (Euphrofgne): Aber bu, vergeife
mich niht! (Und Kauft 2, 181) Betrete das Fürftenhaus,
1. Conjugation.
‘ 8. 174.
Die nhd. Verba der 1. Conjugation haben zwei Confonanten
nach dem Wurzelvocal, entweder doppelte Liquida, oder Liquida mit
Muta, und zerfallen in verfchiedene Elaffen; fie haben 1) im Präf.
2, i, im Präter. a, im Part. Präter. o, u: helfe, half, gehol—
fen; ſchwimme, ſchwamm, gefhmwommen; finge, fang, ge:
ſungen; 2) im Präf. e, i, im Präter. und im Part. Präter. e:
ſchwelle, ſchwoll, geſchwollen; 3) im Praͤſ. i, im Präter. und
Part. Präter. u: dinge, dung, gedbungen.
1.Praͤſ. Sg. 1. Praͤt. Sg. 1. Praͤt. Pl. Part. Praͤt.
Goth | Ablaut i(aſ) a u(aü) u (au)
Form hilpa halp hulpum hulpans
Ahd Ablaut i a u u, o
Form hilfu half hulfumes holfaner
Myd Ablaut i a u u,0
Form hilfe half hulfen geholfen
Nhd | Ablaut e,i a, o, u a, o, u o, u
Form helfe half halfen geholfen
Die einzelnen Verba dieſer Conjugation.
(Wegen des gleichen Ablauts im Sing. und Plur. des Praͤteritums iſt nur die
Form des Sing. angeführt.)
1. Praͤſ. Sg. 1. Praͤt. Sg. Part. Prät. Beſondere Bemerkungen.
helfe half geholfen
gelte galt gegolten
ſchelte ſchalt geſcholten
verderbe verdarb verdorben Im Sinn von ſchlechter ma⸗
ſterbe ſtarb geſtorben chen biegt es ſchwach.
werbe warb geworben
werfe warf geworfen
werde wacuh)rd(e) geworden In der 2. Perſ. wirſt ſtatt
berge barg geborgen wirdſt; Imper. werde ſtatt
ſchwinme ſchwamm geſchwemmen wird.
N
1
1. Praͤſ. Sg.
glimme
ktimme
beginne
rinne
ſpinne
ſinne
gewinne
binde
finde
ſchwinde
winde
ſchinde
ſchrinde
inke
ſtinke
trinke
hinke
winke
dringe
klinge
gelinge
ringe
ſinge
ſpringe
ſchlinge
ſchwinge
zwinge
dinge
witre
quelle
belle
ſchwelle
— — —*
124
1. Praͤt. Sg. Part. Praͤt.
glomm
klomm
begann
rann
4
ſchalle (ſtatt
ſchelle)
ſchmelze
melke
Anm. 1.
ſchandt. Gchmeller, bayer. Wörterb. 3,
tinus, Chronik 1580, BI. 286, wi bat fie gefunden Bock,
ſpann
ſann
gewann
band
fand
ſchwand
wand
ſchand
ſchrand
ſank
ſtank
trank
hinkte
winkte
drang
klang
gelang
rang
ſang
ſprang
ſchlang
ſchwang
zwang
dung
wirrte
quoll
bellte
ſchwoll
ſcholl
ſchmolz
molk
geglommen
| geflommen
begonnen
geronnen
gefponnen
gefonnen
gewonnen
gebunden
gefunden
geſchwunden
gewunden
geſchunden
geſchrunden
geſunken
geſtunken
getrunken
gehinkt
gewinkt
gedrungen
geklungen
gelungen
gerungen
geſungen
geſprungen
geſchlungen
geſchwungen
gezwungen
gedungen
gewirrt
gequollen
gebellt
geſchwollen
geſchollen
gefchmolgen
gemolten
x
Belondere Bemerkungen,
Auch ſchwach: glimmte, ge
glimmt.
Auch ſchwach: klimmte, ge—
klimmt.
Auch ſchwach: begunnte, be⸗
gonnte; beginnt, begunnt.
Die Verba ſchwimmen — ge⸗
winnen haben in d. Volks⸗
ſprache noch das alte Part.
mit dem Ablaut u: ge⸗
ſchwumme(n)
Die Praͤt. von beiden Verben
find ſelten.
Beide Verba haben noch im
17. Jahrh., in der Volks⸗
ſprache noch heute (win:
ken auch bei Uhland: auf
Gangolfs Tod) im Partie.
Die ſtarke Form: gehunken,
gewunken.
Auch ſchw.: dingte, gedingt.
Jetzt ſchwach; nur verwirren
hat noch ein ſtarkes Part.
verworren.
Meiſt ſchwach; bei Goethe m.
Stimm auch ſtark.
Im activ. Sinn biegt es ſchu
Auch ſchw.: ſchallte, geſchallt.
Im activ. Sinn biegt es ſchw
Auch ſchw.: melkte, gemellt
Einige ſeltene Beiſpiele: Trajanus ſeim Richter die Haut abs
371. Ste ſchunden. Avens
-
IB —
—* — Die Haut beginnt mich ſchrinden. Boners Fab. 51.
* entſchrunt. Aventinus BE. 20, In ber Finſterniß zu⸗
ummengt Funden. wird dein Auge vom Licht entbunden. Goethe,
vtt, Gemäth und — Der Röigyand... Ber König hat ge:
bunden. — ‚56, DU — Don ummer Bft es hinterher
und bELIt aus allen Kräften. Goethe, Kläffer. Der Jagdhund boll.
Goethe, Leben 1141. B. Die Hunden bollen. Grimm, d. Mythologie
2. Ausg. ©. 877. Der hunt het gebollen. Geiler von Kaiſersberg.
Er bel. Del.
Anm. 2. Brennen ift nun gamg in die ſchwache Form übergetretsn,
findet ſich im 16. Jahrh., z. 2. bei H. Sachs, noch ſtark: Sechs Tag
und ſieben Racht fie brann. In Liebe fie ghen jen entbrun. —
Hallen u, Enallen finden ſich noch im 16. Zahrh. flark: Die fchleg
begumbten Hilfen. Heldenbuch v. 1800. 81.113. Das Berg und Thal
erpall Def. Bi. 114. Das jw in dem Leibe bad Berge fein erknall.
Daf, BL dit. — Gelfen ift in her Schriftfprache ausgeftorben. Zu
bie ih gilf. Zwingli. Ich ſchrey, o Kunft, zu dir ich gilff. H. Sachs.
Thu bein Weib und Kindes angelffen. H. Sachs. — Auch ſchlin⸗
ben tft aus geſtorben. Sie verfhlandt prinnende Eolen. A. v. Eyb.
Wie die Fiſch im Meer, da jmmer einer den andern verſchlind.
8. Sachs. So heit wich diefer Krach verfhlunden H. Sache, —
Bon dinſen if nur noch das flarke Partic. gedunfen übrig.
2. Eonjugation.
$. 175.
Die Verda der 2. Conjug. hatten fruͤher kurzſylbige Wurzeln,
deren Vocal von einfacher Conſonanz geleitet wird. Im Goth. muß
man ihr, wie es ſcheint, zwei Arten einraͤumen, je nachdem das Praͤſ.
i oder u zeigt. Die ahd. Sprache hat das goth. u in i oder & ges
ſchwaͤcht und folgerichtig dem Prät. a, Plur. A verliehen, fie dadurch
‚aber zum Theil (wie treten, goth. wahrſcheinlich iruda, trad, trödum)
"der forgenden Konjugation zugemwiefen. — Die nhd. Verba biefer
Conjug. gerfalfen. in zwei Claſſen: 1) ſolche, die im Praf. &e (9),
im Prät. A, a, im Part. Prät. 6, o haben: fehle, ſtahl, geſtohlen;
berfte, barft, geborften; 2) folche, die, aus 3. und 4. Gonjug. In Be
2. eingedrungen, im Präf. &, e, te, &, 8, im Prät. 6, o (u), im
Dart. Prät. 6, © haben: fechte, focht, gefochten; wiege, wog, ge=
wogen; gähre, gohr, gegohren; loͤſche, loſch, ge(er)10ſchen.
1. Praͤſ.Sg. 1. Praͤt. Sg. 1 mo Pl. Part. Prät.
Goth. IE i (u) a & (6) u (i)
' Form stila stal stelum stulans
Ahd Ablaut &,i a a o
Foem sulu stal stälumes stolaner
77 (dom sl stal stälen gestoln
Nhd rg 8,0,d,8,ie &,0,6,0 8,0,06,0 0,0
Adeem ſtahble ſtahl ſtahlen geſtohlen
— 125 —
Die einzeinen Verba dieſer Conjugation.
1.Prdf.Sg. 1.Prät.Sg. Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
hehle
be(emp)fehle beCermp)faht be(emp)fohlen
hehlt
gehehlt
Fruͤher ſtark: hahl, gehohlen;
verhehlen hat mitunter
ftehle ſtahl geſtohlen noch verhohlen, z. B. bei
nehme nahm genommen Goethe
komme kam gekommen In der 2. u. 3. Perſ. oberd.
kommſt, kommt, niederd.
gebaͤre gebar geboren koͤmmſt, koͤmmt.
berſte barſt geborſten Fuͤr barſt hat Bürger (Lieb
treffe traf getroffen v. Br. M.) borſt.
droſch Geht fruͤher nach 1. Conjug.
dreſche draſch) gedroſchen J. Paul (Titan 16.) hat
. noch das richtige drafch.
brechen brach gebrochen Radbrechen, als abgeleitet, ift
ſpreche ſprach geſprochen ſchwach.
ſteche ſtach geſtochen
ſtecke ſteckte geſteckt Ahd. u. mhd. ſchwach: nhd. in
der Volksſprache, auch bei
manchen Schriftſt., z. B.
Goethe u. Rabener, ſtark.
raͤche rach (raͤchte) gerochen Die Form rach findet ſich noch
im 16. Jahrh., z. B. bei
Fiſchart; Goethe hat ge⸗
rochen (Herm. u. Dor. 4,
164), u. geraͤcht (Clav. 2).
ſchrecke ſchrack(ſchrak) geſchrocken Das active V. biegt ſchwach.
gaͤhre gohr gegohren
ſchere ſchor geſchoren
ſchwaͤre ſchwor geſchworen
webe wob gewoben Auch ſchwach: weben, gewebt.
wiege wog gewogen Weben und wiegen gehen
erwaͤge erwog erwogen ahd. u. mhd. nach 3. Conj.
verwaͤge verwog verwogen
bewege bewog bewogen Im Sinne „Jemanden zu
fechte faocht gefochten ein. Entſchluß beſtimmen“
flechte flocht geflochten biegt es ſtark, ſonſt ſchw.
pflege pflog gepflogen Gieng ahd. nach 3., mhd.
ſchwankend nach 2. u. 3.
Conjug.; nhd. finden ſich
pflag, pflog, pflegte; ge⸗
pflogen, gepflegt.
127 —
1.Praͤſ. Sg. 1.Praͤt. Sg. Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
loͤſche loſch geloſchen Im 17. Jahrh., z. B. bei
Lohenſtein (Cleop. 1,514)
noch laſch. Schiller (Hero
u. Leander) hat fehlerhaft
es loͤſcht (f. liſcht) das Licht.
Im activen Sinne biegt es
ſchwach.
hebe hob (hub) gehoben Beide giengen ahd. u. mbb,
ſchwor nach 4. Conj., in die ſie
ſchwoͤre (ſchwur) geſchworen auch nhd. ſchwanken.
Anm. 1. Einige ſeltene Beiſpiele: Wer die Schaͤtze Berborgen, es bleibt
fein Mörder verhohlen. Goethe, R. Fuchs 10, 260. Bey der Nacht
. fie berzu flalen Und das in dem Leihhauß verbalen. H. Sad. —
Wenn ich in dem jungen Menfchen ftäde, Goethe, Benv. Gellini 1, 4.
Unter der Bank ftad ein großes Packet fchlechter Tücher. Rabener, Kleis
der machen Leute,
Anm 2 Sihverwägen (verwegen) = etwas fahren laſſen, auf etwas
verzichten, ift nun nicht mehr im Gebrauch. H. Sachs fagt noch: Der
ſich glei Ehr und Guts verwag. — Im Sinne von ſich einer Sadıe
unterziehen findet fi das Wort noch: Der jedes Frevels fih verwäget.
Wieland, Oberon 12, 6, Der fi) verwog der Chriften Gott zu läftern,
Daf. 9 36, Hat fi ich der Landmann ſolcher That verwogen?! Schiller,
Zell 4, 2.
3. Conjugation.
8. 176.
ı Praͤſ. Sg. .Praͤt. Sg. 1. Dei DI. Part. Praͤt.
Goth | Ablaut i (u)
Form giba gab —* gibans
Ahd Ablaut é, i a ä &
Form kipu kap käpumös kepaner
MH m i a a €
Form gibe gap gäben gegeben
| Ph Fo e,e,d,i,ie A, a a, a e, e
Form gebe gab gaben gegeben
Die einzelnen Verba dieſer Conjugation.
1.Praͤſ.Sg. 1. Prat Sg. Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
gebe - gab gegeben
gefchehe geſchah geſchehen
ſehe ſah geſehen
leſe las geleſen
geneſe genas geneſen
(weſe) war geweſen ©. unten $. 195,
eife aß gegefjen
.
1. Praͤſ. Og. 1.Praͤt. Sg. Part. Prät.
weſſe ¶froßſgefreſſen
vergeſſe vergaß vergeſſen
meile maß gemeſſen
twete trat getreten
gMaͤte g6aͤtete geg(aͤtet
knete knetete geknetet
liege lag gelegen
bitte bat gebeten
fige faf gefeffen
Anm. 1.
au —
Beſondaro Bemepksugen, :
(4
Hat noch in der Volksſprache
ein flarkes Part. Prät.
Sm 16. Jahrh. nod Enat;
in der Bolkeiprache noch
heute gekneten (gefnern),
Einige feltene Beifpiele find: Durchyetten vnd durchreutent
fein Herze was (war). Suchenwirt 6. — Sie knat und machet Küchlach.
P. Aemil Ingolft. in feinen Heimen von 1962. Er knidt. S. Franck.
- Anm. 2. Geben
(mbd
. gihe, jach, jahen, gejehen, jehen, $, $4. Anm.)
iſt nhd. auögeftorben, findet ſich noch oft bei H. Sachs: (Sie) wunderten
fih des, zufammen jahen.
Das ich die Warheit Hab gejehen. —
Das nun ſchwache verwefen (verwalten) gieng ahd. mhd. flark; fo
findet es fih no im 16. Jahrh., z. B. bei Aventinus: Er hat alle
Empter verwefen; bei ©,
Franck: Abrianus verwaß das keyſer⸗
tyumb ... Das fie das Kaiſerthumb verweſen haben.
%
au |
on ji
Mhb. (Som
—
4. Conjugation.
8. 177.
1. Praͤſ.Sg. 1. Praͤt. Sg.
a 6
fara för
q %o
f(v)aru f(vJuor
a yo
var vuor
4,0 ü, u
fahre fuhr
1.Praͤt. Pl. Part. Prät. |
1 a
forum farans
uo a
f(vJuorumes f(v)aranedr
un a
vuoren gevarın
u, u a,
fuhren gefahren
Die einzelnen Berba diefer Konjugation.
1.Praͤſ. Sg. 1. Praͤt. Sg. Part. Prät. -
grabe grub
ſchabe ſchabte
backe
laden lud
gegraben
geſchabt
buck (backte) gebacken
geladen
Beſondere Bemerkungen.
Sm 17. Jahrh, in der Valké⸗⸗
ſprache noch hier mad de
gefchaben,
In der Bedeut. berufen follte
das V. ſchwmach gehen, wie
goth., ahd. au. mhd.; aber
fhon mhd. ſchwankt es,
— 439 —
1.Präf.Sp,. A, Praͤt. Sg. ‚Part Praͤt. Befanbere. Bemerkungen.
wate watete gewatet In der Volksſprache noch hier
EP . und da gemwaten.
ſchaffe ſchuf geſchaffen Im Sinne von arbeiten, her⸗
Shlage:: ſchlug geſchlagen -- : beibringen biegt es ſchw.
trage trug getragen
mahle . . mahlte "gemahlen Stieler führe noch in feinem
fahre. ... .: fuhr gefahren Woͤrterb. von 1691 das
wahl ... wuchs gewachſen Praͤt. ich mul an.
waſche wuſch gewaſchen
Hehe ſtand geſtanden Richtiger iſt das immer mehr
veraltende ſtund.
. Anm. 4. Einige feten Beifpiele: Ein abgefhaben tafel, Schmeller,
bayer. Wörterb. 9 — Was unfere Lenette anlangt, fo bud fie
pon jeher. fo. J. Saul —— 3 Ohne Zweifel buden bie Heiden
zu ihren Gelagen und Opfern nicht anders als bie Shriften, Grimm,
d. Mythologie 2. Ausg. ©. 1002. Note 1, Man bäckt im Lande das
Brot mit Butter und Eiern. Goethe, R. Fuchs 6, 226. — Er wäth
in feiner trundenheit daher. H. Sachs. Er wu th mit einem Baumen
ber. 9. Sachs. Sie ober die Pegnig wuten. H. Sachs. Er wolt
durch den Bach gewaten fin. A. Tſchudi.
Anm.2. Nagen geht nun flark; twagen (zwagen == wafchen) ift aus:
geftorben. H. Sache hat noch: Dann fein gewiſſen jn hart nug. Der
Hunger jn vmb ben Magen nug. DaB er wirbt genagen vnd gebiffen,
— Am Sambftag hab id ja gezwagen.
5. Conjugation
' $. 178,
Die Derba diefer Conjugation zerfallen in zwei Glaffen: 1) vor
Zenuis und Afpicata haben Prät. und Part. Praͤt. i und geminierte
Confonanz: greife, geiff, gegeiffen; 2) bei vocaliſch fchließender Wurzel,
fodann vor Liquida, Media und Spirans (d. h. ie): fchreie, fchrie,
geſchrien (gefchrieen); fcheine, ſchien, gefchienen; bleibe, blieb, gebtie:
ben; weiſe, wies, gewiefen; leihe, lieh, geliehen. — Es dauerte lange,
bis die heutigen Ablautsformen ſich feftfegten. Im 16.—17. Jahrh.
findet man: er fehrei, treib, trib u. a.
1 Deif. Se. 1 pPrut Ss. Praͤt. Pl. Part. Praͤt.
Goth Fo ei
" (&oım greipa rip gripum gripans
| Ahd Ablaut 1 ei i i
| (form krtfu kreif krifumes krifaner:
Myd m ı. ei i i
\. SForm greife . greif . .grffen - gegriffen.
Rh ng ei i, te i, ie i, ie
Form greife griff griffen gegriffen
XF
Kehrein Graͤmmatik. I. 1.
⸗
— iu —
Die etnzelnen Verba biefee Eonfug atkon.
1. Praͤſ. Sg. 1. Praͤt. Sg. Part. Prät.
geeife .
keife
Aneife .
pfeife
ſchleiße
gleite
reite
fchreite
ſtreite
leide
ſchneide
beiße
beſleiße
reiße
ſcheiße
gleiße
ſchleiße
ſpleiße
ſchmeiße
bleiche
gkeiche
fchleiche
ſtreiche
weiche
kreiſche
ef... Kegriffem.... .
MN... gefiffem.
. Ani, .. gekniffen
pfiff gepfiffen
- u... geſchliffen
glitt geglitten
cite - geritten
ſchritt geſchritten
ſtritt geſtritten
KB. gelitten
ſchnitt geſchnitden
biß genen
befliß efliſſen
riß geriſſen
ſchiß geſchifſen
gliß gegliſſen
ſchliß geſchliſſen
ſpliß gefpliffen
ſchmiß geſchmiſſen
btich geblichen
glich geglichen
ſchlich geſchlichen
ſtrich geſtrichen
wich gewichen
kreiſchte gekreiſcht
ſchrie geſchriee m
ſpie geſpie(e)n
freiete -gefreiet
es ſchtwiete get
| »
[2
Beſondere Bemerkungen.
JZetzt mei. ſchwach: zeifie,
gekeift.
. Nuͤbuhr u. Keffi ing haben nem
dieſem, ahd u. mhd.. noch
nicht verkommenden Ver⸗
bum gekmiffen.
Im Sinne: etwas fortzichen
u. niederreißen biegt das
Verbum ſchwach.
Bei Goethe u. Sciuer meiſt
ſchwach: gieitete, gegleitet.
Alle vier ſelten. @-
Im Sinne von weiß machen
biegt es ſchwach.
Im Sinne von weich wer
den, weich machen, biegt
es ſchwach.
In der Volksſprache ſtark:
ll, gekriſchen.
Fiſchart (16. Jahrh.) hat: er
fpei; Opig (17. Saheh.)
fie ſpeyten
In deu Voltsſprache ſtark:
frie, geftiefe)n..
In ber Volksſprache ſtark:
ſchnie, geſchulen und ge⸗
ſchnauen.
.
— 3181
—R 1: ‚Peitbg: Partei Beſondere Vemerkungen.
fein: chun geſchlenen Inder Volkoſpr. oft ſchwach:
Dieie . blieb geblieben geſcheint.
Hehe. tich geklieben Veraltet; bekleiben (= be
peibe. rieb gerieben . . fees) ſindet ſich oft.
ſchreibe ſchriel geſchrieben Sollte als Fremden Wort
weite trieb getrieben ſchwach biegen.
seite: mied gemieden
ſchein⸗ ſchiet suihieten Gieng früher aach 9. Eonj.;
WU on daher noch im 7. Jahrh.,
jo nech bei Nuckert (gef,
Ge. 1, 215) im Yartı
preife pries geprifen : Gollte aba frentheh Meſchw.
biegen; daher die nicht
feltnen Formen: preifte,
j gepveift.
weiße. wies: gewieſen Add: u. mhd. ſchw.; nihd. mit
dem folgenden vermiſcht.
verweiſe verwiee verwieſen· Statt verweißen, ahd. larwi-
zan, mhd. verwißen, aber
| | ſchon 1428 werwisen.
ſchweige ſchwieg geſchwmiegen Das active ſchurigen machen
ſteige ſtieg geſtiegen biegt ſchwuch
gedeihe gedieh gediehen Die Volksſpr. hat noch das
leihe lieh geliehen einfache deihen.
ſeihe ſieh geſiehen In der Volksſpr. oft ſchwach:
zeihe zieh geziehen gefeiht.
Anm, 1. Einige feltene Beifpiele: Aber Thon zu viel eine Seite ge:
iniffen, die ich gar
nicht woltte,
Leſſing. Das Inſtrument wird mit
dem Bingen getniffen. Niebuhr. — un war auch dieſe Frift dahin
gefhliffen. Michaeler.
Sobakk der. Mantel gang unb gar ners
ſchliſſen. Leſſing, NR. d. Weiſe 2,8. — Daß durch ſtolzen Wahn im
Wiſſen das arme Ehriſtenthum in Stüde iſt gefpliffen. Opis. Das
en zerriß und zerfpliß fih mit Sinnen, Bürger, der Abt von
allen.
Anm. 2” Greinen (mhd. grine, grein, grinen, gegrinen) biegf nun
ſchwach und gehört der Volksſprache an, Rückert (gef. Ged. 2, 48) ſagt:
Sie hätten geflennt und gegrinnen. H. Sachs: Diemweil das Kindt
da lag ond grein.
6. Conjugatten.
$. 179.
.Die Berbe diefer Gomugation gefallen in zwei Glaſſen: 1) wor
Afpiranıi haben Praͤt und Part. Pruaͤt. a und gemintutte Conſonanz
- 9*
14
— 182 —
triefe, troff, getroffen; 2) vor Mebla und Spirans 3: ſchicbe ſchob,
geſchoben; fliehe, floh, geflohen. — Einige haben im Praͤſ. ü, au:
truͤge, ſaufe. — Nach $. 43. erſetzt em uns den mhd. Laut iu, daher
kommt es, daß in der Conjug. die Laute ie und eu mitunter wechſeln.
Sm 17. Jahrh. indet.man (bei Opig) beut, leuget, betreuget, fleugs,
‚fleug, reucht, kreucht, zeucht, geußt, geuffeſt, fleucht, ſchleußt, ſchleuß,
geneußt, geneuß, ſcheubet, ſcheubeſt, verleuret. In neuerer Zeit iſt
dieſe Vertauſchung eingeſchraͤnkter: bei bieten, fließen, gießen, ges
nießen, ſchliaßen, verdrießen, kriechen, fliegen, fliehen geſtatten ſich
unſere Dichten im Impetativ und in der 2. und 3. Perf. Praͤſ. Indic.
Die Vertauſchung, wobei bieten die Flexion et verliert: beut, fleuß,
fleuft u — In’ Scheiften des 16. Jahrh. findet man mit alter
Pluralform fie verluren, butten, fluhen; aber auch die fatſchen
Singularſoem er auf, verluru a.
1.Praͤſ.Sg. 1. Praͤt. Sg. Praͤt. Pl. * Praͤt.
aͤu
Both (un iu
7 7; tom. giuta gäut . zutun. gutans Fr
Ahd Ablaut iu (io) ö u u
Form . kiuzu. boz kuzumes koʒantr
Myd Hi iu(ü) ö, ou u 0
Korn ginge 803 guʒʒen gegoʒʒen
"N — ie, u,au o, o o,o 0,6 .
Form siehe 908 gofien gegoffen
Die einzelnen Verba dieſer Conjugation.
1. 1.Deif, Sp. 1 Praͤt. Sg. Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
ſiede ſott geſotten
ſchliefe ſchloff geſchloffen Gebraͤuchlicher iſt jetzt das
triefe troff getroffen verſtaͤrkte ſchluͤpfen.
ſaufe ſoff geſoffen
fließe floß gefloſſen
gieße goß gegoſſen |
genieße genoß genoſſen
ſchieße ſchoß geſchoſſen
ſchließe ſchloß geſchloſſen
ſprieße ſproß geſproſſen -
verdrieße verdroß veedroſſen
rieche roch gerochen
krieche kroch gekrochen
biete bot geboten
Ötiebe Mob :. gekloben Meraltet; Mringer (Doolin
fhiebe. . hob . gefihoben. ... . 8, 53) ſagt kliebt.
1.Prdf.Sg.
fliebe
ſchniebe
ſchraube
tiefe
friere
verliere
biege
fliege
luͤge
trie(A)ge
| fauge |
fliede
ziehe
Anm. 1.
fen. ©.
(fpaltet) bis an den Nabel. Alxinger, Doolin von Mainz 8, Bi,
1.Prät.Sg. Part. Prät.
ftob geſtoben
ſchnob gfänben
ſchrob beſceoben
fer gekoren
fror gefroren
verler verloren
bog gebogen
flog geflogen
log gelogen
trog getrogen
ſog geſogen
floh geflohen
zog gezogen
Beſondere Bemerkungen.
Zum. ſchwach: Wie Nebel zer:
ftiebte teubfinniger Wahn.
Goethe, Pandora.
Gebraͤuchl. ift nun, befonders
im Präf., fchnauben.
Gebraͤuchlicher find nun bie
ſchw. Formen: fchraubte,
geſchraubt.
Die einfachen Formen tieſen
und kor find ſelten.
Sollte eig. liegen heißen, wie
noch im 17. Jahrh. Eine
falſche Ruͤckſicht auf das
Subft. Lüge. u. die unrich⸗
tige Unterfcheidbung von
liegen (flatt ligen) haben
die Schreibw. lügen her:
vorgebracht, — Nach luͤ⸗
gen bildete man, aber viel
fpäter, trügen, wozu man
um fo weniger genöthigt
ift, da bier Eeine ſolche Un:
terfheidung wie bei lügen
eintritt. Goethes Werke
bieten faft durchgängig be:
triegen, Betrleger ıc.
Hier u. da ſchwach: faugte,
gefaugt.
Einige eeitene Beipiele: Sch wil mid in die Heck verſchlief⸗
Sad. — Nun Roboafters Schwert entzwey ihn kliebt
Das
ihn (ihnen) die Beuche (Bäuche) wolten auffklieben. 9. Sachs. —
Wollten wir indgefammt bie Bürger Ilions Tiefen. Bürger, Ilias 2,
128, Da Bott) zu ber Stätte via ber r Verrlichkeit kor. —
Meſſias 1, 266
Anm. 2. Sämiegen Caht. smiuge, amouc, smugen, gesmugen, smie-
gen) geht nun ſchwach; H. Sachs ſagt noeh: Er ſchmug fich zu den
Küfen fein. — Diesen (mhd. diuge, do}, digen, gedo
run en Im Heldenbuch (1868) heißt es noch:
erdoß.
en, diezen) iſt
ad er gar laut
—*
— m —
T. Sonjugation.
$. 180,
1. 1 Peif Ss. 1 rit Ss. 1.Praͤt. Pl. Part. Praͤt.
R oth ——8 ai
For halda Ma haihaldum haldans
Ahd an 2 la ta a
"Abe. haktu . ht — ° htaltumes haltan&r
Mh (et 8 ie. ie a
Form halte hielten hieltem gehalte
Nhd | Ablaut a te ie a
Form halte hielt hielten gehalten
Die einzelnen Verba dieſer Conjugation.
—* Sg. 4. Peine Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
fiel
. gefallen
9*— hielt gehalten
falte faltete gefalten(t) ) Dieſe 3 Verba giengen früher
—* fpaltete gefpalten(t) nad) ſtarker Conjug.; nhd.
alze ſalzte geſalzen(t) bat ſich nur noch das Karls
Part. neben dem ſchwachen
erhalten; geſalzet iſt ſehr
ſelten.
fange fieng : gefangen Die falfche Anfiht, ie wäre
— hieng gehangen Dehnung, ſtatt i ($. Por
gehe (ſtatt hat die fprahwidrigen For⸗
gange) ieng | gegangen men fing. Bing, ging ers
"zeugt. Goth. fahan, hahan
werden ahd. ſahan, hahan,
nhd. wieder gekürzt fan:
gen, bangen.
Anm. 1, Ginige fetten Beiſpiele: De priet Tobias ein kud des —
das andere tall das Tielgen ſy. Schmeller, bayern. Woͤrterb.
a an fie (bie Kalbskoaͤpfe) denn Maden gewonnen, fiel4 er en ein.
‚a
Anm. 1. Walten, fpannen und bannen giengen Früher flard, nun
ſchwach. Aller Kurzmeil+z wicht, H. Sachs. Hat er wicht: ewers
Vatters handel ein Zeit orbenlih verwalten? Derſ. Die zeiten
fpien er uff den plan, RB. Weber, An den Gionntagen und anndern
gebanngn und gebotten Jeirtagen. Schweller 1, 116.
— 1
8, Konjugation.
$. 181.
Diefe Gonjugation unterkhelbit ſich nhd. von ber vorhergehen:
den nur durch die Länge bed Vocals, ber aber bei Laffen unorganifch
verkürzt ift: ahd. lazan, mhd. lägen (län).
Priſ Sg. 1. Peät. Sg. 1.Prit.M. ya Prät.
Ablaꝛtt
Ahd *
Mi. Fe
Ablaut
Nhd. Sm
din
F säiz$ep
4 1
al Aſu sliaf
| ie
släfe slief-
2,4 e
ſchuͤfen ſchlief
ai
säislepum eltpans
ba 4
sliafumes 'släfaner
ie a
sliefen gesläfen
te 4,0
ſchliefen geſchlafen
Die ecuzelnen Verba dieſer Conjugation
1.Praͤſ. Sg. 1. Praͤt. Sg. Part. Prät.
ſchlafe ſchlief
brate briet
rath rieth
blaſe blies
laffe ließ
geſchlafen
gebraten
gerathen
geblaſen
gelaſſen
—
us
Befondere Bemerkungen.
Zumellen ſtark: du brateft,
er bratete.
Jin Praͤſ. 2. u.
u. kaͤßſt, laͤß
9. Conjugation.
5. 182,
8. Perftäffft
Le
Da ſcheiden nach irriger Analogie in die 5. Kohjkh: uberge⸗
gangen iſt, ſo bleibt fuͤr die 9. Conjug. nur noch das einzige Verbum
heißen.
Ablaut
Goth. (dem
blaut
Ahd om
a. [ji
Rp. —
heiße
äi-ä
haihäit
ü-ä
häihäitum
ia
hiazumöds
ie
hiezen
ie
biegen
1.Praͤſ. Ss. 1Drie.Sg. 1. Praͤt. Pl. Part Praͤt.
heizauer
ei
aeheijen
gebeten
"Anm, Hab Verbum heifſichen Enhbd. heischen ſtutk m. ſHwach) geht ie
ad: dorh
üben a0; Fehr
un auch heute nech
erdeutſch ſtart
— 136 —
Formen, 3. B. Darnach hieſch im der fuͤrſprech die vier gulden.
G. aidcam (17. Zahrh.). Haft zu brav geheiſchen? Goethe, Götz
v. Berl. 8.
>
J
10, Conjugation.
8. 183.
1.Praͤſ.Sg. 1. Praͤt. Sg. 1. Praͤt. Pl. Part. Praͤt.
Goth Pong au ai- an .di-äu au
Form hläupa hläihläup bläihläupum hläupans
Ahd Ablaut O, ou a ta 6, ou
Form (h)loufa (h)iaf (h)itafumes . (h)loufaner
Mhd Pi ou,ü,6,uo ie, iu je, iu ou, ü, 6, uo
" ($orm loufe lief liefen geloufen
Nyd m au,d,0 de te au,ü,6
" tom Taufe tief liefen ' gelaufen .
Die einzelnen Verba biefer Conjugation.
1.Praͤſ.Sg. 1.Prät.Sg. Part. Praͤt. Beſondere Bemerkungen.
baue hieb gehauen -
laufe lief - gelaufen
rufe rief gerufen
ſchrote ſchriet geſchroten Das Praͤt.ſchriet finder ſich in
ſtoße ſtieß geſtoßen Schriften des 16. Jahrh.
Anm. Goth, gibt es noch einige ſtarke Conjugationen, welche aber ſchon
ahd. u. mbb. mangeln; goth. waren fie rebuplicierend, fpäter find bie
dahin gehörigen Verba theild ausgeftorben, theils in andere Conjuga⸗
tionen übergegangen. gl. väia, väivö, väivöum, väians (wehen); flcka,
fäiflök, fäiflökum, flekans (Mehen); bäua, bäibd, bäibdum, bäuans (bauen).
Im 16. Jahrh. 3. 8. bei H. Sache, Aventinus, Tſchudi u. a. findet man
noch bie flarken PYartic, gebuwen, gerumen, aber aud) bie ſchwachen
gebumet, gerumwet,
B. Schwade Goniugationen.
8. 11.
Die ſchwachen Verba find fämmtlich abgeleitet ($. 168.) und
unablautend, und werden nicht nur aus ſtarken Verben gebildet, fondern
auch aus Nominalftämmen. Verba der 1. ſchwachen Gonjugation
werden von Abdjectiven, Subflantiven und ſtarken Verben gebildet;
doc) find der Zahl nach die Bildungen aus Abjectiven Überwiegend; die
Verba find meift Zranfitiva. Bei ber 2. Conjugation hat die Ab:
leitung aus Subftantiven bei weitem das Übergewicht; Ableitungen
aus flarken Verben find felten, die aus Abdjectiven noch feltener. Die
Berba der 3. Conjugation, mit denen der 2. meift von intranfitiver
und neutraler Bedeutung, find, je weiter hinauf, deſto weniger zahlreich,
m
— 137 —
8. 185.
Der Flexion nach ſind gothiſch und althochdeutſch drei Conjuga⸗
tionen genau geſchieden; mittelhochdeutſch fallen die 2. und 3., neu⸗
hochdeutſch alle drei zuſammen. Nhd. erkennt man viele Verba der
urſpuͤnglichen 1. Conjugation noch am Umlaut: fällen, naͤſſen,
zaͤhmen, naͤhren; erhoͤhen, hoͤren, toͤdten; fuͤllen, huͤllen,
fuͤrchten, dürften; in andern iſt der Umlaut nicht mehr erkennbar
(vgl. J. 33.): dehnen, ſetzen, wecken, brennen; wieder in andern
iſt er uͤberhaupt nicht moͤglich: theilen, neigen.
Perſonenendungen der ſchwachen Conjugationen.
§. 186.
Wie vom Ablaut des Sing. Praͤt. gewoͤhnlich zu einem andern
des (alten Dual und) Plural uͤbergegangen wird, welcher ſich hernach
im ganzen Conjunctiv behauptet: ſo muß die geſammte ſchwache
Conjugation, weil ihr ein ſtarkes Verbum Hilfe leiſtet, dasſelbe
Gepraͤge an ſich tragen, es werden beſtimmte Endungen angehaͤngt.
Dieſe angehaͤngten Endungen enthalten offenbar unſer Verbum thun
($. 198.), wie es ehemals noch vor Eintritt der Lautverſchiebung bes
Ihaffen war, und buchſtaͤblich dem ‚lat. dare entfpriht. Es lautete
goth. fiher: dada, dast, dada; dedum, deduth, dedum. Angelf. lautet
es: dide, didest, dide; didon, didon. Unfere Endungen haben große
Abftumpfungen erlitten. Man vgl. lat. do (abgeftumpt aus dedo)
dedi, in Zuſetzungen -didi: addidi.
Seit ch.
II. III.
Ind. Praͤſ. Sing. Woeah -8. -th
Dual. -68 -18 —
Plur. -ma -ih -nd
Goni. praſ Sing. (Vocal) -8 . (Vocal)
Dual. — -18 —
Plur. -ma -th -na
Ind. Prät. Sing. -da -des -da
Dual. (-dedu) -deduts —
Plur. -dedum- - d£duth - dedun
Conj. Prät. Sing. -dedjäu - dedeis - dedi
Dual. (-dedeina) -dedeis —
Plur. -dedeima -dödeith -dedeina
Imper. Sing. — (VBocal) —
Dual. — e1tis — *
Plur. -m -th —
Infinit.
.:1*
Part. Praͤſ. Part. Praͤt.
* ads -ths
m —
Althochdeutſch.
1. 1. In.
Ind. Praͤſ. Sing -ul-m) - -s t
Dur. -mös -t m
Son. Prif: Sing. (Boca) ET Gocal)
Pkur. - mis . -t -n
Ind. Praͤt. Sing. -ta "tds ta
Dur -tumds -tut -tun
Eonj. Praͤt. Sing. -ti ts tu
Nur. -times -1tt · tin
Imper. Sing — (Bocal) —
Pur — -t
Infinit. rn Part. Präf. Dart Praͤt
“ner ., ter
Mittelhochdeutſch.
| 1. U. IH.
Ind. Praͤſ. Sing. -e -est -et
Ä Plur. -en re -ent
Conj. Praͤſ. Sing -e -est 8
Pur. -en -et un
Ind. Prät. Sing. -te -test te
Dur. -ten -tet -ten
Conj. Prät. Sing. -te test „te
Pur. -ten -tet - -ten
Imper. Sing. — -e —
Plur. ⸗ ed
Infinit. -en Part. Praͤf. Part. Se
-eirde ee -
Meuhochdeutſch.
l. II. : 1.
Sad. Praͤſ. Sing. -e - et -et
- Nun “en et sen
Conj. Präf. Sing -e ef. -t
Nur. -en- et -en
Ind. Pruͤt. Sing. Aun teſt -te
- Dur een tet -ten:
\
L. L . .m.
Conj. Prät. Sing. — te -teſt -te
Dur. -ten tet -ten
Imper. Sing. — r —
Plur. —
Infinit. en Hart Praͤf. Part. Praͤt.
end u
Die aidzelnen Conjugattonen ſcheiden ſich nach dem zwiſchen
Wurzel und Flexion tretenden Ableitungsvocal: Pa und ahd. in der
erften i, in der zweiten 0, in der dritten goth. Ai, ahd. 21). Später
falten alte biefe Vocale in zufamnien, datum ift eine Unterſcheidung
der einzelnen Conjugationen nicht miete möglich,
Paradigmen der ſchwachen Conjugartlunen.
$. 187.
1. Gothiſqhe beriugation
I. N. IM.
Ind. Praͤſß Sing. nas-ja nas-jis nas-jith
- Dual, nas-jüs nas-jalg —
Plur. nas · jam n38-jülh nas-jand.
Conj. Bräf. Sing. nas-jäu Das» jis nas-jäi
Mu — nase i 07058 —
Pur. nas-jäma ns-äülh was-jäina
Ind. Praͤt. Bing. naa-ida naa-idee _ - nas-ida
Dual, (s- idadu) naa-idoduus —
Plur. aas-idiedem mms-idäduih -mas-idedun
Can Praͤt. Sing, aag-jdedigu mag-idedeis mas-idedi
. Dual, (meidedeina) nas-idädeits —
Plur. neuridädeima nas- idâêdeitn mas-idedeina
Dmyer. Sing m nas- ei —
Dual. — nas-jats —
Plur. nas-jam ° nas-jith —
Infinit. nas-jan Part, Praͤſ. Dart. Prät.
nasmjand | —zas-iths
4) Man vgl. damit af. ivi, avi, en? ver, vesfivi; dicto, dictavi ;
deleo , Jelevi (habut fieht für haberf); — &; de: vuden, Teriunge
(für zeriuexe) ; ; yılla, neplännas. Den — *2
— 102 —
2. Gothifche Conjuigatton.
L j 1, . I.
Ind. Präf. Sing. salb-5 salb-ös ⸗alh⸗· d
Dual. salb-082 salb- ois? —
Plur. salb- Om salb-· oin · , salb-önd
Conj. Praͤſ. Sing. salb-6? salb· os salb-6
Dual. — salb-öts _
Pur, salb-Oma? salb-öth ° salb-öna?
Ind, Prät. Sing. s salb- oda
Dual. ( 8 [3 —
Pur s 8 h salb-ödedun.
Conj. Prät. Sing. s 8 s salb-ödedi
Dual, ( 8 Is _
Pur. salb-Odedeima salb-ödedeith salb-ddedeina
Imper. Sing. — salb-6 _
Dual, — salb-öt8? _
Plur. salb-Om salb-öth
Snfinit. salb-ön Part. Präf. Part. prat.
salh-Onds salb-öths
3. Gothiſche Conjugation.
15 1. m.
Ind. Präf. Sing. hab-a hab-&is hab-äith
Dual. hab- os? hab-ats? _
Pur. hab-am hab-äith hab-and ,
Gonj. Präf. Sing. hab-4u - hab-äis hab-äi
Dual — hab-sits —
Plur. hab-aima hab-äith hab-&ina
Ind. Prät: Sing. hab-Aida * habe äides hab-äida
Dual. (habaidedu) hab-äideduts - —
Plur. hab-Aidedum hab-äideduth hab-äidedun
Gonj. Praͤt. Sing, 'hab-äidedjäu -hab-äidedeis hab-äidedi
‘Dual. (habaidedeina) hab-äidedeits —
Pur. hab-didedeima hab-äidedeith - hab-Aidedeina
Imper. Sing. — hab-äi j _
Du. — habtats? —
Plur. hab-am ° hab-äith —
Infinit. hab+an Part. Praͤſ. Part. Praͤt.
hab- -ands hab-äiths
In Bezug auf die. 1. Conjug. AM zu bemerken, daß die Verba
mit langer Wurzelſylbe die Flexion eis, eilh Pati sr an va lt,
sökeis, sökeith (von a0kjanı zer fügen)... - Be ,
— GE —
747 .. t
..: : $. 188.
l
.. 1. Althochdeutſche Conjugation.
ho. L. uul.
Ind. Praͤſ. Sing. ‚ner-ju ‘ ner-is ner-it
Plur. ner-james : ner-jat ner-jant
Coni. Praͤſ. Sing. ner-je aor- jes ner-je-
(ur, ner-jemßs , „ . ner-jit ner-jen _
Ind. "Prät, Sing, ner-ita ° ner-itös ° ner-ila
Pur. ner- ilumes ner-itut - ner-ilun
„.Conj. Prät, Sing. ner-ii , mer-ilis naor⸗ iti
Plur. ner- itimè ner-itit ner⸗⸗ itin
Imper. Sing. —— ner-i —
| Pur. — . ner-jadl —
Infinit. ner-jan Part. Praf. Part. Praͤt.
ner-jantör Der-iter
2. . Athogdeutfgr Gonjugation
1. IL III.
Ind. Peäf. Sing. salp- m salp--ös - salp-öt
Mlur. salp-ömis salp-öt salp- ont
Conj. Präf. Sing. salp-dee salp-öds salp-öe
Pur. salp-ödmes salp - oet salp-Öen
Ind. Prät. Sing. salp-öta salp- ölös salp-öta
Pur. salp-ötumds salp-ötut salp- Stun
-Conj. Prät. Sing. salp- du ‘ salp-ötis salp - Öti
Pur. salp-6limes salp - Ötit salp-Ölin
Imper. Sinn. — salp-ö —
Plur. — salp- ot
Sufinit. salp-on Part. Präf. Part. Praͤt.
salp- Önter ki-salp- oler
3. Althochdeutſche Conjugation.
1. N. -: MM
Sm. Praͤſ. Sing. hap-em - hap-&s hap-et
Plur. hap-&mes hap-& - hap-ent
Conj. Präf, Sing. hap-£e hap-&&s hap-de
Pur. hap-eemes- hap-eet hap-een
Inde Prit. Sing. hap-sta hap- dios hiap.- ta
Pur. hap-ötumes hape etut hap-£tun
I II. IM.
Gonj. Prät. Sing. hap-eti- -- hap-Etis hap-eti j
Plur. hap-ettmes , hap-aıtı hap-eifn
Imper. in. — ⸗ hap-& — —
Plur. — hap-&t
. Infinit. hap-n “ Part. Maͤſ. Part. Prät.
hap-&ntir " hap-&ter
Die Verba mit langer Wurzeifplbe haben das j fi ber Ablettung)
in ber Flexion nicht, dagegen haben fie ts, it, wo die mit kurzer Wur⸗
zelſylbe is, it haben, aufs prennu, prennfs, prennit; im mp. premat.
Sn der 1. Conjug. findet fich ftatt nerjan, herjamts, nerjat aud)
nerjen, herjem&s, nerjet. Das j (i) geht nady r zumelfen in g, zu:
weilen In ig Über: nergän, nerige; häuflg fällt e6 ganz aus, und ber
vorſtehende Confonant geminiert: quellan für queljan (quälen, töbten),
alfo quellu, quelis, quelit, quellames etc, Da bag i der Ableitung
bei den langſytdigen (ih dee Regel) ausfällt, fo teitt Am Präteritum
Rüdumlaut des e in a ein: pranta, kipranter; geminierte Sonfonanz
wird vor ta, tös etc. einfach: pranta; fchließt die Wurzel mit Id, It,
nd, nt, rd, rt, fi, st, ia, ſo füllt vor 1a, ton sic das wurzelhafte d
und t weg: dultan, im Präter. dulta (duldete). Auch bier findet fi
prennen, prennet, prennemös flatt (neben) prennan, prennat, pren-
nam&s. — In ber 2, Eonjug. tritt ſeit dem 9. Jahrh. allmaͤlich im
Präf. on ſtatt om und sms ein, fo auch in dee 3. En flatt em, mes;
hapen ſchwankt zwifchen 8. und 1. Conjugation: haper, hebit.::
‘
8. 189,
1. Mittethochdeutſche Conjugation.
J. Il. 1l:
Ind. Praͤſ. Sing. ner, leg-e ner-st, Jeg-st aer-t, leg-t
| Pur. ner-n, legen ner-t, leg-et ner-nt, leg-ent
Conj. Präf. Sing. ner, leg-e ner-st, leg-est ner, leg-e
Plur. ner-n, leg-en ner-t, leg-et ner-n, leg-en
Ind. Prät. Sing. ner-te, leg-te ner-test, leg-test ner-te, leg-te
Pur. ner-ten,keg-ten ner-tet, leg-tet ner-ten, leg-ten
Goni. Praͤt. Sing. ner-ie, leg-te ner-test, leg-tesk ner-ie, leg-te
Pur. ner-ten,lagrten ner-tet, leg-tet ner-ten, leg-ten
Smper. Sing. — ner, dag-e u
Mur. — næer-t, leg-et —
Jafinit. nern, lagen Part. Pi . Part. Praͤt.
| ner-nde, lag-enda gener-t, geleg-t
— 11 —
2. Mittelhochdeutſche Conjugation.
J. I. II.
Ind. Praͤß, Sing. salb-e salb- est salb- et,
Pur. salb-en salb-et _ salb-ent
Conj. Praſ Sing. salb-e . salb-est salb-&
Pur. salb-en salb-et salb-en
Ind. Praͤt. Sing. selb-ete salb- etest salb- eie
Pur. salb-eten galb-eiet .. salb-eten
Conj. Prät. Sing. salb-ete salb-etest .. salb-ete
Plur. salb-eten salb-ete. salb-eten
Super. Sin. — salb-e —
Plur. — salb-et —
Snfinit. selb-en Dart. Praͤſ. Part. Prät.
| salb- ende gesalb- et
Die kurzſolbigen der 4. Gonjugation Ämcopieren bas e ber Ab⸗
leitung ohne Ausnahme, das ber Flexion nothmendig nach 1, Tr, ge
woͤhnlich aach.m, m, t, b, 85 Ihr Wurzellaut iſt e oder a, welcher im
Präteritum nicht ruͤckumlautet: lege, legst, legen, legte. Langſylbige
bulden Bein Ableitunge-i im Praͤteritum, baher 1) Ruͤckumlaut fhr
ade Umlaute im Präteritum Indic., felbft in wird zu a, 2) Verein⸗
fadsung. bes Semination vor anfleßenden te, test, ten, tet; iz, ok
werben gu z, c; lite, ndte, atte, Me, site, site, hie werfen ein t
heraus; tte wird meiſt zu te: luite, ahd. leitta; 3) vor dem te want
bein fh meiſtens g, Ig, ng im c, Ic, no. — Bei den langſylbigen
mangelt ber Umlaut benem auf uld, ung, allen auf ou, einigen auf ua,
Ruͤckumlaut mangelt denen auf elt, ert, urt; die auf end, erb, ett,
ust fihwanden nach ben Mundarten. Spwcope des Ableitungsvoeals
vor te des Präterhtums iſt Weges: brante, hörte, neigie. Bei ben
kurzſylbigen der 2. Gonjugation fällt das flumme e nad) I, r weth:
wenbig.au6: ich zal, spar; zälte, sparte, d. h. fie gehen wie bie kurz⸗
ſolbigen des 1, Conjugation; nadı m, m bleibt e vor n, nt; wenen,
wunent, nicht vor t: wonte; ſchwankend im Auslaut: won, wene;
wach b, u, d darf es uͤberall bleiben: lobe, lobete, nicht ‚nad te:
gestätte, nicht gestatete; im ausfantenben Bartidpium vereinfacht
Sicht: gestat. — Das tonuloſe e bei tangſylbigen bleibt: mälg, malest,
mälet; im Praͤteritum mälste mit ſtummen e vor t, Daher auch make,
erte (flat werte). Nach t, It, re iſt die Syncope des e (und mir Im
bes eisen. t) nothwendig: arten ins Praͤteritum arte fhatt artete. Vom
ben Bildangen auf l, n, x gehen. bie Aurzfuibigen wie Iangfhlbige ein
fache, die langſylbigen we kurzſocbege einfache: rigele, wigeket, rigeltes
klingel, klingelt, Klingelle; en
— il —
u re) s. IR. nr. ty
Neupogbeutice Goniugation.
oo. l. “ I. . I.
Ind, Sei, Sing. niet naͤhr- et naͤhr⸗et —
Rlur. nähr-en naͤhr ttmnaͤhren.
Conj. Praͤſ. Sing. naͤhr⸗e nähr-eft ° ° nähr-e *
Pur. nähtzen nähr- ze naͤhr-en
Ind. Praͤt. Sing. naͤhr⸗te naͤhr-teſt naͤhr-te
Pur. nähr-ten naͤhr- Atet naͤhr- ten
Conj. Praͤt. Sing. nähr-ete naͤhr-eteſt naͤhr-ete
Plur. nähr-eten naͤhr etet nmaͤhr-eten
Imper. Sing. — Nnnaͤhre-e —
Plur. — nähr-et " —
Infinit. nähre-en -» Bart. Prüf. ° Part. Brät.
| | nähr-end genähr-et
- Die Endungen -eft und -et im Präfens Indicativ, im Impe⸗
rativ und im Partieipium Präteriti werden haufig. in ft, -E gekürzt:
nährfi, naͤhrt, genaͤhrt; bies gefchieht aber nicht,. wenn vor. -eft
irgend ein auslautender Zungenlaut, und wenn vor -et ein auslau⸗
tendes D oder £ fleht: weideſt, fpeifeft, fiſcheſt, tanzeſt; Keiter,
beneibet, gekleidet, geblutet. — Im Präteritum Indicativ und
im Participium Präteriti ſollte Ruͤckumlaut des e in a eintreten, was
jebocy nur bei wenigen dee Fall iſt: kannte, nannte, brannte,
fandte, wandte; aber ſchon gelten (nicht Eennte, aber) nennte,
. brennte, fendete, wendete daneben, und die analogen trannte,
pfandte, ſchwandte, ſchandte find unzuläffig 1). — Das. Bräter
ritum Indicativ wird im bee Regel ſyncopiert: nährte, legt,
ſalbte; Die volle Form: mährete, Legete, falbete klingt gezwungen
feierlih. Eine gahlreiche Ausnahme machen aber die Berba, deren
Wurzel mit £, d, tt, lt, nt, xt, ft, ft, bt, Dt,.1d, nd, rd
ſchließt; fie flellen den Ableitungsvocal wieder ber, gleichviel ob fie
früher der erflen oder zweiten Gonjugation angehörten, als: waten,
swatete; hüten, huͤtete; leiten, leitete; reden redete); rette,
rettete; fchütten, ſchuͤttete; ſchalten, ſchaltete; renten, reu—
tete; haͤrten, haͤrtete; heften, heftete; leiſten, leiſtete; lichten,
lichtetez toͤdten, tödtete; melden, meldete; verwunden, ver⸗
wundete; morden, mordete. — Bildungen mit -el, -er, -ig
ſtoßen e vor dem -te regelmaͤßig aus: ſchmeicheln, ſchmeichelte;
wundern, wunderte; ſchaͤdigen, ſchaͤdigte; die mit -em, en
lieber das Bildungs-e und behalten jenes: athmen, athmetez
regnen, regnete. — Das Präteritum. Conjunctivi ſchwe cher Serm
lautet niemals um, außer in den Anomalien. .
—
145
Anm..i1ı Bon rennen fagt Goethe rannte, gerannt und ges
rennt; im Prät. findet füch Öfter rannte ale renutke, was 3. WB,
Gleim hat. Voß (Luife 2, 260) Inst: Da er über bie Bra anrens
nete. — Bon trennen hat Haller (bie Kalfchheit menſchlicher Tugen⸗
ben) : vom beffern Theil getrannt (gereimt auf Vaterland). — Im der
Voilefprache Hört man auch gefaut, gelagt u.a.
Anm. 2. Die Form redte ift noch nicht fo lange außer Gehrauch;
Gellert gebraucht fie öfters, auch Goethe z. B. im R. Fuchs 4, 42.
C. Unregelmäßige Berba (Anomalien),
- $. 191. j
Die unregelmäßigen Verba arlınden fi theils auf Mifchung
verfchiedener Wortfiämme und Ableitungen, theil® auf Anwendung
ſtarker und ſchwacher Flexion nebeneinander. Hilfsverba, welche fehr
häufig gebraucht werden, tnd flatt ihrer lebendigen Bedeutung all⸗
mälich abfkracte Begriffe annehmen, tragen faft in alfen Spraden
folche Untegelmäßigkeiten an fich.
ir
a) Bilfsverbum.
6. 192,
1. Gothiſch.
l. N. HL
Ind. Praͤſ. Sing Ya is tt
Dual. siju sijuts? —
Plur. sijum sijuth sind
Conj. Präf. Sing. sijäu sijäis sijäi
Dual. sijäiva sijäits —
Plur. sijaima sijäith sijäina.
And. Praͤt. Sing. vas vast vas
Dual. vesu vesuts —
Plur. vesum vesuth: vesun
Conj. Praͤt. Sing. vwasjäu veseis vesi
Dual. veseiva vöseits —
Plur. veseima veseith vasoiga
Infinit. vis Part. Praͤſ. visamds
6. 193.
2. “endete
II. 1.
* Praſ. Simg. by. p(b)in peb)ist ist
p(b)irume&s | . °
Pur. pCb)irun ptivut unt
Sal prol Sing is af:
Plur. stmts, sin: stt sin
Kehrein Orammatik. 1. 1. 10
Sud. Praͤt. Sing.
Pur.
Conj. Prat. Sing.
Pur.
Imper. Sing.
Infinit.
=
Ind. Praf. Sing.
Plur.
Conj. Praͤſ. Sing.
Plur.
Ind. Praͤt. Sing.
Plur.
Conj. Praͤt. Sing.
Plur.
Imper. Sing.
Infinit.
Ind. Praͤſ. Sing.
Plur.
Conj. Praͤſ. Sing.
Plur.
Ind. Praͤt. Sing.
Plur.
Conj. Praͤt. Sing.
Plur.
Imper. Sing.
Plur.
Infinit.
146
J. H. m. —
was wäri was
wärumds, wärun wärut _ wärun
wärl wäris wäri
wärimes wärit wäria
— wis —
sin, wösan Part. Praͤſ. wesanter
$. 194. .
3. Mittelhochdeutſch.
l. Il. III.
bin bist (bis) ist
sin (birn). ' sit (birt) sint
st sist (sis) st
sin sit sin
was waere was
wären . wäret wären
waere “ waerest ' waere
waeren waeret waere
— wis —
sin, wesen Part. Praͤſ. gesin, gewesen
$. 195.
4. Neuhochdeutſch.
I. u II. III.
bin biſt iſt
ſind ſeid ſind
ſei ſeieſt (feift)- ſei
ſeien ſeiet ſeien F
war wareſt (warſt) war
waren waret (wart) waren
waͤre waͤreſt waͤre
waͤren waͤret waͤren
— ſei —
— ſeid —
fein Part. Praͤſ. ſeiend Part. Praͤt. geweſen
Anm. Die alte Imperativform bis findet ſich zuweilen noch, z. B. bei
Görres (Myſtik 1, 218): Bis willlommen, Zochter!; bei Bürger (bie
Entführung, des Schäfers Liebeswerb.): Bis wohlgemuth und tummle
bih! Komm, bis mein Liebchen, bis. mein Weib! .
>
\V
14770 —
b) Verba zweiter Anomalie.
6, 196.
Die hierher gehönigen Verba, deren Zahl im Kaufe der Zeit
immer abgenommen hat, da einige ausgeflorben, andere in Die regel:
mäßige ſchwache Conjugation übergetreten find, haben keine Präfen:.
tialflerion; fie nehmen, um aus dem Infin. ins Prafens zu Fommen,
einen Ablaut an (der eigentlich nur dem Präteritum zukommt), ver:
leihen diefer ablautenden Form des Präteritums die Bedeutung des
Präfens und bilden dann für die Bedeutung des Präteritums eins
nad) ſchwacher Form, einige zugleich mit neuem Ablaut. — Solche
Präteritopräfentia entfpringen hauptfächlich für die Alteften, einfach:
ſten Abflractionen und erlangen In der Sprache fehr bald hilfszeit-
woͤrtliche Verwendung, fo daß fie allenthalben wiederfehren und ber
Rede durch ihren unter Prafen®formen gemengten Ablaut Klang und
Manigfaltigkeit bereiten. — Die hierher gehörigen Verba erftreden
"fi durch alle fünf Reihen des Ablauts, begegnen aber nicht in den
Reduplicationsreihen, d. h. nie zeigt eine unfter Reduplicationen fi)
ins Präfens zuruͤckgeſchoben. — Aus der älteren find nur die wichtig:
ſten angeführt, doch nicht mit allen Nebenformen.
$. 197.
1. Gothiſch.
Indic. Präf. Indic. Drät.
— — — — —— — — ——
I.Sg. Pl. II.Sg.Pl. III.Sg.Pl. I. Sg. Pl. II.Sg. Pl. IN. Sg. Pl.
I. kann kant kann kuntha kunthös kuntha
kunnum kunnuth kunnun kunthädum kuntheduth kunthödun _
tharf tharft tharf thaurfta thaurfies thaürfta
thaürbum thaürbuth thairbun thaurfiädum'thaürfteduth thatrfl&dun
dars darst dars daürsta daürstös daürsta
daürsum daürsuth daursun daürstöädum daurst@äduth daurstedun
Il. skal skalt skal skulda skuldes skulda
skulum skuluth skulun skuld&dum skuld&duth skuld&dun
man mant man munda * mundes munda
munum munuth munun mundödum mund£duth munde£dun
.. mag maht mag mahta mahtes mahta
magum maguth magun mahtedum mahteduth malıt&dun
nah naht nah naühta nauhtös naühta
naühum naühuth nadhun naühtliedum naühtöduth nadlilddun
II. og öht ög öhta öhtes ohta
&gum guihn ogun Ghteêèdum onhtéduth Hhtedun
möt möst ° 'möt ' mösta möstes mösta
niötum mötuth mötun möstedum mösiödutli “möstedun
10*
— 48 —
Indic. Praͤſ. Indic. Praͤt.
I.Sg. Pl. II.Sg.Pl.III.Sg.Yi. ĩ.Sg.Pl. II.Sg. Pl. III. Sg. Pi.
IV. aih äiht aih aihta aihtes afhte
aihutn aihuth aihun aibtöedum aihteduth aihtedum
vat * väist vait vissa visses vissa
vitum vituin vitun vissedum vissedulh vissedun
läis Jäist läis Jista listes lista
lisum lisuth lisun listedum listeduth listedun
V. däug - däuht däug daühta dauhtes daühta
dugum duguth dugun dauhtedum dauhtöduth dauhtedun
Die Dualformen ergeben fich leicht aus ben Plur., zè. B. kunnn,
kunputs; skulu, skuluts; ögu, öguls. — Der Gonjunctiv jeder Zeit
wird aus dem Pur. Indic. derſelben Zeit gebildet, alſo: kunnjda,
kunneis, kupni, kunneima, kunneith, kunneina; kunthödjäu, kunthe-
deis,. kunthödi; kunthödeima, kunthedeith, kunthödeina. Darnach:
thaurbjäu, thaurftödjäu; daursjäu, daurstädjau; skuljäu, skuldädjän;
munjäu, mundödjäu; magjäu, mahtödjäu; nauhjäu, wauhtädjäu; Ogjdu,
öhtedjäu; möljäu, möstedjäu; aihjäu, aihtèêdjau; viljäu, visaddjäu ;
lisjäu, listödjäu; dugjäu, dadihtedjau. — Die inf. lauten: kunnan
(tennen), .thatrban (bedürfen), daursan (wagen), skulan (follen),
munan (fich erinnern), magan (vermögen), nauhan (genügen), ogan
(fürchten), mötan (fafjen, müffen), afhan (zu eigen haben), vitan (ges
fehen haben, reifen), Yisan (gleihfam mit den Shen abgetreten haben,
willen), dugan (urfprünglid) wol zeugen, dann taugen, nügen).
Viljan (wollen) hat im Praͤſ. für Indic. und Gonj.: viljäu,
vileis, vili; vileima, vileith, vileina; im Gonf. Prät.: vildödjäu,
vildödeis, vildedi etc. Das Praͤt. Indic. lautet: vilda, vildds, vilda,
vild&dum, vildeduth, vildodun.
$. 198.
| 2. Althochdeutſch.
Indic. Praͤf. Indie. Praͤt.
l.ẽc .G vi. ILS. 1.89. Pr, 1. Ssg. Pl. I. Sg. Pi.
I. an angst an onda ondös onda
unnumqs unnut URBUR ondumes ondut ondun
darf darft darf durfta durftös durfta
durfumts durfut durfun durftumds durſtut durftun
tar tarst tar torsta „torstös torsia
terrwnds input turrun torsinmöa toratut tarsiun
I —
Indic. Präf. Indic. Prät.
— — —— — — — — — — —
1.89.91. Il.Sg. Pl. III.Sg.Pl. ĩ Sg. Pl. 1. Sg. Pi. I. Sg. Pi.
II. scal scalt scal scolta scoltös scolta -
sculum&s sculut seulun scoltumds scoltut scoltun
mac . maht mac mahla mahtös mahta
makumeês makut "makım mahtum&s mahlut mahlun
"IH. muo3 muost wmuo3 muosa muosös muosa
muo3um&s muojut muo3jun muosumdäs muosös muosun
IV. weiʒ weist weiz wissa wissös wissa
wi3zumes wizut wizun wissumès wissut wissun
V. touc töht touc tohta tohtös tohta
tukumds tukut tukun tohtumes tohtut tohtun
Die Endungen für den Conj. Praͤſ. und Prät. find bie der
ſchwachen Conjugation ($. 155.) und werden (mie goth.) aus dem
Pur. gebildet, darnach: unni, ondi; durf, durfüi; turri, torsti; sculi,
scolti; mani, mahti; muo3ji, muosi; wiji (wi3ji), wissi; tuki,
tohti etc. — Die Inf. lauten unnan, durfan, turran, scolan (sculan),
makan, muojan, wizan (wijan), tukan. — Wie unnan gehen aud)
arpunnan (beneiden), chunnan (fennen), inchunnan (befhuldigen). —
Den goth. man, ög, läis entfpricht Eeirt ahd. man, uok, leis mehr,
und zwet andere nah und Eh fiheinen im Husfterben begriffen, da von
jenem nichts übrig tft, als pinah (es ift nöthig und ginah (es gentigt),
von &h bloß der Pur. eigum, eigut, eigun im Gebrauch.
Tuon, tuan, tön, duon, duan lautet im Praͤſ. Indic.: tuom
(tuon), tuos, tuot, tuomês (tuom), tuot, tuont; Praͤſ. Indit.: tuoe,
tuods, tuoe, tuo&mds (luodm), not, tuoen; Prät. Indic.: teta, täti,
teta, tätumds (tätum), tätut, fätun; Praͤt. Conj.: tätt (tati), tätfs,
täti, tatimês (tatim), tätit, tätin. — Imperat. tuo, tuot. — Paxtic.
tuonter, kitändr.
‘ Wellan (wollan).
Praͤſ. Ind. - I. Sing. Pl. II. Sing. Po. III Sing. Bi.
Kero: willu wili wili (wölle)
welldmös - wellet ° wellant
Notker: wile (wéölle) wile (wellèst) wile (wélle)
wellen wällent wellen
Otfried: willu (wolle) wili (woll&s) ‚wilit (wolle)
wollem&s wollet wollent
Zatian: willu (wolle) wilis (wolle) wili (wolle)
wollemö&s wollet wollen (wollent)
Der Gonj, lautet weile eie.; das Prät. ‚Ink. wolta ete.; Gonf.
wolti ete.
— 14150 —
$. 199.
3. Mittelbohdeutfd.
Präf. Indie. Prtaͤt. Indic.
— nn — — — u — —
I.Sg. Pl. II.Sg.Pl. III.Sg.Pl. J. Sg. Pl. II. Sg. Pl. Ill.Sg. Pl.
‚I kan kanst kan’ ku(o)nde ku(o)ndest ku(o)nde
ku(ü)nnen ku(ü)nnet ku(ü)nnen(t) ku(o)nden ku(o)ndet ku(o)nden
darf darf(s)t darf dorfte dorftest dorfte
du(ü)rfen du(ü)rfet du(ü)rfen dorften dorftete dorften
tar tarst tar torsie torstest torste
tu(ü)rren tu(ü)rret tu(ü)rren torsten torstet torsten
Il. sol sot © sol solte soltest solte
süln sült zülo(t) solten soltet solten
mohte j
mac maht mac mohtest mohte
(mahte)
mu(ü)gen mu(ü)get mu(ü)gent mohten mohtet mohten
Il. muoʒ muost muo3 muoste muoslest inuaste
müejen miüejet müe3en muosten muostel muosien
IV. wei3 ‚weist weiz wiste wistest wiste
wij3jen wizzet wizzen wisten wistet wiste
V. touc töht touc tohte tohtest tohte
tu(ü)gen tu(ü)get tu(ü)gen tohten tohtet tohten
" Die Endungen für den Conj. Präf. und Prät. find die ber
ſchwachen Gonjugation ($. 186.) und werden aus dem Plur. gebildet,
darnach: künne, kü(lö)nde; dürfe, dörfte etc. — Die Snfin. lauten:
ku(ü)nnen, du(ü)rfen, tu(ü)rren, su(ü)In, mu(ü)gen, müezen, wi3jen,
tu(ü)gen. — Bon wizzen lautet das Prät. neben wiste aud) wäste,
weste, wisse, wösse, wesse. — Wie ku(u)nnen gehen gunnen (goͤn⸗
nen) und erbunnen.
Wellen hat im Praͤſ. Indic.: wil (welle), wil (wilt, wellest),
wil, wellen (weln), wället (welt), wellent (wällen); Conj.: welle
(wolle), wellest etc.; Praͤt. Indie. und Conj. wolte; Imper. welle,
wellet.
Tuon hat im Präf. Indic.: tuon (tuo), tuost, tuot, tuon,
tuot, tuont; Conj.: tuo, tuost, tuo, tuon, tuot, tuon; Prät. Indic.:
töte (tät), taete, t&te (t&l), täten, tätet, läten; Prät. Coni. taele eis; .;
Part. getan.
Hän bat im Präf. Indie: han, häst, hät, han (haben), hät
(habet), hänt (habent); Gonj.: habe, habest eic.; Prät. Indic.: häte
(häte), hätest etc.; Conj. haete etc.
— 161 —
— Bringen und denken haben im Mraͤſ. Indic. und Conj.:
bringe, denke etc.; Prät. Indic.: brähte, dähte (2. Perf. brachte,
daehte) etc.; Conj.: braehte, daehte etc. ; Part.: bräht, gedäht.
Dunken hat im Praf. Indic. und Conj.: dunke ete; Präter.
Indic.: dühte etc.; Gonj.: diuhte und dühte etc.; Part. gedüht.
Würken und vürhten haben im Präf. Indie. und Gonj.:
würke, vürhte ete.; Prät. Indic.: worhte, vorhte etc.; Gonj.: wörhte,
vörhte etc.; Part: geworht (gewürket), gevorht (gevorhten, ge-
vürhtet).
\
8. 200, °
4 Neuhochdeutſch.
Praͤſens. Praͤteritum.
— — — — B — — — — ——
J. Sg. Ind. J. Pl. Ind. J. Sg. Conj. I. Sg. Ind. J. Sg. Conj.
l. kann koͤnnen koͤnne konnte koͤnnte
darf duͤrfen duͤrfe durfte bürfte
1. mag mögen möge mochte möchte
IH. muß muͤſſen muͤſſe mußte muͤßte
IV. weiß wiſſen wiſſe wußte wuͤßte
will wollen wolle wollte wollte
Goͤnnen, ſollen und taugen find nun ganz in die ſchwache
Conjugation übergetreten; wollen hat fi mehr feſtgeſtellt, ohne
jedoch einer beflimmten Ablautsform ganz zuzufallen.
Thun bat im Prät. Indie. that, Eonj. thäte, im Part, ge:
than, geht fonft nad) der fchmachen Conjugation.
Haben hat im Präf. Indic.: babe, haft, hat, haben, habet
(habt), haben; Coni. habe 2.5 Praͤt. Indie. hatte ꝛc.; Conj.
hätte ıc.
Bringen und denken haben im Prät.: brachte, braͤchte;
dachte, dDächte, gehen dann nach der ſchwachen Conjugation.
Dünten hat im Prät. duͤnkte und daͤuchte; fehlerhaft fegen
Einige (3. B. Schiller, befonders im Briefwechfel-mit Goethe) im
Praͤſ. daͤucht flatt bünkt.
Nachtrag.
Bu $. 150. Anm. Für die Annahme, daß in Mycenen und Europen
das a in e geſchwaͤcht fei, Tpricht auch die Korm Europens bei Goethe
(Bauft * 224): Mit leichter Hügelkette Guropens letztem Bergaſt an⸗
geknüpft.
Zu $. 188. Anm. 2. Die volleren nhd. Formen des 3. Mon. haben ſich all:
mälich gebildet. Im 16. Jahrh., felbſt noch im 17. wich h ſchwankend
geſetzt und ausgetaſſen: jm, ihm; jn, ihn (für Ace. Sing. u. Dat. M.);
inen, jhnen (Dat. PL); Aventinus, Tſchudi u. A. brauden au den
Dat. Sing. jme, jhme; Tſchudi hat auch fehr oft den Ace. Sing. jne
(zuweilen auch inne), neben in; er gebraucht auch oft die an das Ahd.
erinnernden Formen jro, jra (vgl. uufer Dero bes Ganzleiſtyls); für dem
Gen. Sing. mein und fein fagt er (I, 131. 188): Si woltend fi finen
nicht beladen ... Daß Siall miner gelachet.
Borrede.
Vorliegendes Bändchen meiner Grammatik, ein Auszug aus
dem dritten Buche des Geſammtwerkes von J. Grimm,
umfaßt die Wortbildungslehre, Etymologie, der neu=
bochdeutſchen Sprache. Weber diefen Theil der Grammatik
hat Grimm durch feine Forſchungen ein vorher nicht
geahntes Licht verbreitet. Wer verfteht e8 aber auch wie
er die dunkeln Gefete des Sprachgeiſtes aufzufpüren, bie
oft nur in einzelnen, fparfamen Erfcheinungen vorbliden?
Ich fuchte die wichtigften Ergebniffe der Forfchungen dieſes
Gelehrten über die Wortbildungslehre (vie bei ihm in
zwei Bänden abgehandelt ift und mehr als 1800 Geiten
umfaßt) überfichtlicher und einfacher zufammenzuftellen und
befolgte dabei im Allgemeinen ven Weg, den ich in dem
frühern Bändchen über die „Syntax des einfachen Satzes“
eingefchlagen, “
Es ift geradezu unmöglih, in der neuhochdeutſchen
Sprahe Ableitung und Zufammenfegung, über
haupt die ganze Wortbildungslehre in ihrer Wefenheit zu
verftehen, wenn man nicht mehrfach, ja faſt beftändig auf
den frühern Stand der Sprache Nüdficht nimmt. Darum
wird es Niemanden befremden, daß ich in diefem Bänden
meit mehr gothiſche, alt= und mittelhochdeutſche Formen
anführte als in dem früher erſchienenen. Die Natur der
Sache nöthigte dazu; doch hoffe ich das richtige Maß nicht
⸗
— IV _—
allzu fehr überfehritten zu haben. Wenn bei dem frühern
Bändchen. die zahlreichen Belege aus unfern beffern neus
hochveutfchen Dichtern von nachfichtigen Beurtheilern als
etwas befonders Empfehlenswerthes hervorgehoben wurden;
fo ſah ih bei der Wortbildungslehre die Nothwendigkeit
folder, von mir gefammelten Belege nicht ein, und zwar
- aus dem einfachen Grunde, weil Grimm felbft faft durch⸗
gängig fo zahlreiche Beifpiele aus der neuhochdeutſchen
Sprache gibt, daß ich des Raumes wegen fie oft nicht
. alle anführen konnte. Webrigens habe ih, wie ein Blick
in mein Bud) zeigt, .auch bei dieſem Abfchnitt der Grams
matif eignes Lefen unfrer Schriftfteller nicht verabfäumt
und dabei abfihtlih auch ſolche Werfe in den Kreis ber
Betrachtung gezogen, welche bis jegt fchwerlich von Andern
zum grammatifchen Behufe gelefen wurden. Auch aus
Abhandlungen und Bemerkungen in Zeitfchriften, befonders
aus dem „Archiv für den Unterricht im Deutſchen“, heraus⸗
- gegeben von H. Viehoff, wurde Einzelnes gefhöpft.
‘ Desgleihen ward aud auf Volksdialekte, befonderd den
mittelcheinifchen, fo weit ed in meiner Kraft lag, Rückſicht
genommen. Gerade bei ver Etymologie bieten. die Volks⸗
dialefte dem Forfcher oft überrafchende Refultate. Das
bier Fehlende wird fid) dann vollſtändiger ergänzen Taffen,
wenn das von J. M. Firmenich heramsgegebene Werk,
„Sermaniens Völferftimmen”, beendigt fein wird.
Daß ih die weitern Erörterungen vielfad in die An⸗
merkungen verwies und im Text nur die Regeln und
Hauptergebniffe aufftellte, möge nicht als Mißgriff gedeutet
werden. Sch hatte neben überfichtlicher Cinfachheit auch
die Schule der Gymnafien und höhern Biltungsanftalten
im Auge; und daß -gerade an manchen Öymnafien dem
deutſchen Unterricht der Umfang noch nicht gegönnt ift,
den er in Anfpruch zu nehmen verdient, kann nur" dem
— Y _—
unbefannt fein, der mit offnen Augen nicht ſehen will. Ich
bin übrigens Feineswegs der Anficht, daß ver Schüler das
vorliegende Bändchen wörtlich auswendig lernen
fol (was fo Mancher deutſchen Unterricht nennt!),
am 'wenigften die SS. 173, 174, 189, 190, 225, 226, .
232, 233. — Dod es ift hier der Ort nicht, die Frage
über die Methode des deutſchen Unterrichts zu erörtern,
befonders da Diefelbe feit einigen Jahren, vorzüglich aber
in der Gegenwart nad) vielen Seiten hin beiprochen wird,
wobei man jedoch, wie es fiheint, Theorie und Praris
nicht immer harmonifch zu verbinden verfteht. So viel ifl
big jegt gewiß, daß der alte Schlendrian allmälich ausfticht,
und ein mehr wiffenfchaftlicher Geift emportaudt.
Es möge, da gegenwärtige Bändchen ber Etymologie
gewidmet ift, hier ein Furzer Auszug aus Grimme Ab»
handlung über das Wort deutſch flehen, das wider den
Sprachgeiſt immer noch von Bielen teutfch gefchrieben
wird, wie fie, fo fiheint es, die Ableitung von Teut
und Zeutonen einmal nicht aufgeben können. Nachdem
das goth. thiudisk6 (EIvıxWs) Galat. 2, 14 aufgefunden
ift, darf an der Ableitung von thiudisks (EIvı205) aus
thiuda (E9vos) nicht -gezmweifelt werden, folglih ſtammt
auch das althochd. diutisc aus diot (mittelhochd. diet),
das angel. theodise aus theöd. Der Sinn .ves Wortes
iſt gentilis, gentilitius, popularis, vulgaris, was dem
gefammten Volk im Gegenfaß zu den einzelnen Stämmen
gilt, heimathlih, eingeboren, allgemein ver-
ſtändlich. Aber‘ auch den Nebenfinn von heidniſch,
barbariſch, den thiudisks wie &9vıxos, ebenfo E9vos,
thiuda, vulgus (Volk), im Munde der geiftlihen Schrift⸗
fieller an fich tragen, darf man nicht abweiſen. Hierin
flimmt es zu germanicus: beide Ausdrücke auf die Sprache
bezogen beveuten bie gemeine, robe Bulgarfprade
\
—NWN —
gegenüber der gebilveten, verfeinerten der Gelehrten, was
wir noch jebt Volksſprache nennen.
Ob die Gothen ihr thiudisk bereits von der Sprache,
und ihrer eignen Sprache in jener umfafjenden Bedeutung
gebrauchten, wilfen wir nicht; Doch fteht zu erwarten,
wenn fie das Gemeinfame zwifchen ihrer und 3.38. der
fränfifchen Zunge hätten ausprüden wollen, daß ihnen
"gerecht gewefen wäre zu fagen: wir Gothen und die Franken
reden thiudisk6. Nannten fie ſich felbft Doch gutthiuda.
Das Wort war bei den Gothen des 4, oder 5. Jahrh.,
und gewiß aud früher überall vorhanden, warum hätte -
es nicht für den Begriff gelten follen, ven die Latein
Schreibenden durch ein vulgo, rustice, sermone barbaro,
barbarico illius gentis sermone, juxta rustieitatem vor»
nehm bezeichneten ?
Theotiscus galt von den Gothen, Franken, Sachſen
und Alamannen; bloß das kann man zugeftehen, daß nach
dem fefteren Abſchluß des hauptveutfchen Reihe, des
fränfifhen, die außer ihm ſtehenden Stämme fich des
allgemeineren Ausdrucks mehr enthalten haben, eben weil
er eine gewiſſe Einfchränfung und Beftimmtheit empfangen
mußte, wobei auch der früher obwaltende Bezug auf den
Niederrhein vielleicht nachhielt, Notker denkt fih bei feinem
in diutischn fein Alamanniſch, fondern Allgemeindeutfch,
Gemeindeutſch. Durch die Poefie des 12, und 13. Jahrh.
wurde die Benennung gehoben und veredelt. Als nach ver
Trennung Frankreichs der Begriff der Deutfchheit wieder
auf den Kern des inneren Landes wies, mußten Die über-
rheinifchen Franken aufhören Deutfche zu heißen, |
Wir verbinden heute mit deutſch Die Vorftellung ver
angeftammten Sprache in voller Reinheit und Allgemeinheit
des Ausdrucks, die Grammatif hat ihn noch über vie
Grenzen des Landes, Das gegenwärtig Deutfches heißt, aus⸗
—— VI —
zudehnen, und jenes frühere Verhältnis, wonach deutſch
minder edel erfcheinen Fonnte als fränkiſch oder ſächſiſch,
dreht fih um, Da uns deutſch die allgemeine Ausbil
bung unferer Sprache, die vom einzelnen Stämmen her⸗
genommme „Benennung nur den fortdauernden örtlichen
Zuftand. bezeichnet.
Lateiniſche Quellen des 9. Jahrh. haben theodiscus,
theotiscus, bie des 10, und ver folgenden Jahrh. faft
durchgehends teutonious ganz in gleihem Sinne. Aber -
teutonicus- Hang gelehrter als theodisous, denn dies war
Doch aus unferer Sprache gefchöpft, jenes aus der elaffifchen,
und im Wahn, unfer Bolfsname rühre von den Teutonen
‚ ber. Das Adjectiv teutonicus hatten Die Römer felbft ſchon
nach den ZTeutonen, und im’ frühen Verkehr mit ihnen,
gebildet: teutonico ritu Virg. Aen. 7, 741; teutonicus
furor Lucan. 1, 256; teutonicos triumphos Lucan. 2, 69;
und das iſt ung wichtig, daß, wenn auch Cäſar und
Tacitus teutonicus nie in ber allgemeinen Bedeutung
von germanicus oder germanus verwenden, Andere es
ohne Zweifel thun: teutonici capilli Martial. 14, 26, und
zumal ſpäterhin teutonicus vomer Claudian. in Eutrop.
1, 406; teutonicum hostem Merobaudes (ed. Nieb. p. 19)
geben nicht mehr auf die Teutonen, fondern drüden das
allgemein Deutfche aus.
Das Wort thiuda Teitet, unabhängig von der Ableitung
-isk, auf den Begriff der Sprache. Wir haben ein altz
hochdeutſches Adverbium githiuti, mittelhochd. ze diute, be
diute, welche zwar gewöhnlich ven Begriff der einheimifchen
Sprache enthielten, doch nicht nothwendig; fie wurden auch
angewandt, wenn z. B. ein bebräifches Wort durch ein
Iateinifches ausgelegt werden follte. Daraus ergibt fich,
Daß auch das althochd. diutan, mittelhochd. diuten, neu-
hochd. deuten mit dem Begriff verdeutfchen zufammen-
— VI —
falle. Die deutſche Sprache heißt nicht fo, meil fie
deutet und Deutlich iſt, ſondern deuten und Deutlich if}
uns das durch die Sprache, in der Sprache, Verſtändliche.
Deutſch reven gebrauchen wir noch heute für verſtändlich,
frei, unummunden reden. Es Tiegt wenig ab von dem
mittelhochd. ze diute, be diute sagen, dem mittelniederländ.
in dietsco spreken. Das Unverftänpliche iſt dem Volt
welfch over Tatein (oder fpanifh).
Indem ih vorliegendes Bändchen der Nachſicht ver
Lefer empfehle, bemerke ich noch, daß ich, ſobald Die 2. Abs
tbeilung des 1. Theiles von Grimm erfchlenen ift, vie
1. Abtheilung des 1. Theiles meiner Arbeit möglichft fehnell
werde nachfolgen laſſen, was um fo eher wird gefchehen
Können, als ich bereits Die Vocallehre bearbeitet habe.
Mainz 16. September 1843.
Der Vorf. |
Inhalt
Einleitung................. 6. 1
Burzel, Soon. „2
Erftes Capitel. Silvung durch daut und Ablaut, ... „ 7
Starte Verba... .......... » 9
Bedeutung der Form in Beziehung auf den Ablaut. . » .... „ 0
Zweites Capitel. Ableitung - - 2 222200 nee „15
I. Reinvocalifche Ableitungen. - ©» 2 2 2222er. „ 19
⸗ ⸗ mite......... 519
⸗ ⸗ mit ei. -.- 22220000. „20
II. Confonantifche Ableitungen. - ». 2. 22200 „23
Ableitungen mit L (al). - > 2 2 2er „25
a) Subflantive. - - - 2 2200. „26
b) Abjective. . .... . res ey2l
c) Berba. - » 2... ee „ 28
⸗ Mal re „29
a) Subſtantive........ .„30
b) Adfective (felig). - - - - - +. „ 31
. 0) Baba. .. 2220. „ 32
ud 3 il oe. ee. 0 2 0.0 0° EL 8 2 2 RR 0100 „
a) Subflntioe. . - - » 2.20. „ 3
b) Apfective. -. - » - 22. . .... „35
c) Verba.......... „36
⸗ ul. ... .....
a) Subflantive. -» » - 2.000. „ 38
b) Berba, .. 2: 2 20 een „39
Anmerkungen. „2
⸗ Rcar)... ..... ....... „41
a) Subſtantive... „ 43
b) Adjective. .. „44
co) Berba. ». 2. 2 2 2 0er. „8
s s {ir Tr Tr LT nn „
⸗ —Ur.. .547
⸗ ⸗ier...8* „
Nachtrag.
Zu $. 150. Anm. Für die Annahme, daß in Mycenen und Europen
das a in e geſchwaͤcht fei, fpricht auch die Form Europens bei Goethe
fe 224): Mit leichter Hügelkette GEuropens letztem Bergaft ans
geknüpft.
Zu $. 158. Anm. 2, Die volleren nhd. Formen bes 3, Yron. haben ſich all=
mälich gebilket, Im 16. Jahrh., ſelbſt noch im 17. wich h ſchwankend
geſetzt und ausgelaffen: jm, ibm; in, ihn (für Acc. Sing. u. Dat, M.);
inen, jhnen (Dat. PL); Aventinus, Tſchudi u. A. brauchen auch ben
Dat. Sing. jme, jhme; Tſchudi hat auch fehr oft den Ace. Sing. ine
(zuweiten ne inne), neben jn; er gebraucht auch oft die an das Ahd.
erinnernden Formen jro, jra (vgl. uufer Dero bes Ganzleiſtyls); für dem
Gen. Sing. mein und fein fagt er (I, 131. 188): Si woltend fick finen
nicht beladen ... Daß Siall miner gelacdet.
—
Zweite Abtheilung:
Wortbildungslehre.
— — — — — —
Borrede.
Vorliegendes Bändchen meiner Grammatik, ein Auszug aus
dem britten Buche des Geſammtwerkes von J. Grimm,
umfaßt die Wortbildungslehre, Etymologie, der neu⸗
hochdeutſchen Sprache, Ueber viefen Theil ver Grammatif
bat Grimm durch feine Forfohungen ein vorher nicht
geahntes Licht verbreitet. Wer verfteht es aber auch wie
er bie Dunkeln Gefete des Sprachgeiftes aufzufpüren, die
oft nur in einzelnen, fparfamen Erfeheinungen vorbliden?
Ich fuchte die wichtigften Ergebniffe der Forfchungen dieſes
Gelehrten über die Wortbildungslehre (tie bei ihm in
zwei Bänden abgehandelt ift und mehr als 1800 Geiten
umfaßt) überfichtlicher und einfacher zufammenzuftellen und
befolgte dabei im Allgemeinen ven Weg, den ich in dem
frühern Bändchen über die „Syntax des einfachen Satzes “
eingeſchlagen.“
Es iſt geradezu unmöglich, in der neuhochdeutſchen
Sprache Ableitung und Zuſammenſetzung, über
haupt die ganze Wortbilvungslehre in ihrer Wefenheit zu
verfteben, wenn man nicht mehrfach, ja faſt beftändig auf
den frühern Stand der Sprache Nücficht nimmt. Darum
wird e8 Niemanden befremden, daß ich in diefem Bänden
weit mehr gothiſche, alt= und mittelhochveutfche Formen
anführte als in dem früher erfchienenen. Die Natur ber
Sache nöthigte dazu; doch hoffe ich Das richtige Maß nicht
— 1“9“ —
allzu ſehr überſchritten zu haben. Wenn bei dem frühern
Bändchen die zahlreichen Belege aus unſern beſſern neu—
hochdeutſchen Dichtern von nachſichtigen Beurtheilern als
etwas beſonders Empfehlenswerthes hervorgehoben wurden;
ſo ſah ich bei der Wortbildungslehre die Nothwendigkeit
ſolcher, von mir geſammelten Belege nicht ein, und zwar
aus dem einfachen Grunde, weil Grimm felbft faſt durd»
gängig fo zahlreiche Beifpiele aus der neuhochdeutfchen
Sprache gibt, daß ich des Raumes wegen fie oft nicht
. alle anführen konnte. Webrigens habe ih, wie ein Blid
in mein Buch zeigt, .auch bei dieſem Abſchnitt der Gram⸗
matif eignes Lefen unfrer Schriftfteller nicht verabfäumt
und dabei abfihtlih auch ſolche Werfe in den Kreis der
Betrachtung gezogen, welche bis jet fchwerlich von Andern
zum grammatifchen Behufe gelefen wurden. Auch aus
Abhandlungen und Bemerkungen in Zeitfchriften, beſonders
aus dem „Archiv für den Unterricht im Deutſchen“, heraus-
- gegeben von H. Viehoff, wurde Einzelnes gefhöpft.
‘ Desgleihen ward auch auf Volksdialekte, befonders den
mittelcheinifchen, jo weit ed in meiner Kraft lag, Nüdfiht -
genommen. Gerade bei der Etymologie bieten. Die Volks⸗
dinlefte dem Forſcher oft überrafchende Reſultate. Das
bier Fehlende wird fi) dann vollftändiger ergänzen laſſen,
wenn das von J. M. Firmenich herausgegebene Werk,
„Germaniens Völkerſtimmen“, beendigt fein wird.
Daß ich die mweitern Crörterungen vielfach in die Ans
merkungen verwies und im Text nur die Regeln und
Hauptergebniſſe aufftellte, möge nicht als Mißgriff gedeutet
werden. Ich hatte neben überfichtlicher Einfachheit auch
die Schule der Gymnaſien und höhern Biltungsanftalten
im Auge, und daß -gerade an manden Gymnafien dem
deutſchen Unterricht der Umfang noch nicht gegönnt ift,
den er in Anfpruch zu nehmen verdient, kann nur" dem
— v —
unbekannt ſein, der mit offnen Augen nicht ſehen will. Ich
bin übrigens keineswegs der Anſicht, daß der Schüler das
vorliegende Bändchen wörtlich auswendig lernen
ſoll (was ſo Mancher deutſchen Unterricht nennt!),
am wenigſten die SS. 173, 174, 189, 190, 225, 226,
232, 233. | ie Frage
über bie Methode des deutſchen Unterrichts zu erörtern,
beſonders da dieſelbe feit einigen Jahren, vorzüglich aber
in der Gegenwart nach vielen Seiten hin befprochen wird,
wobei man jedoch, mie es fcheint, Theorie und Praris
nicht immer harmonifch zu verbinden verſteht. So viel ift
bis jeßt gewiß, daß der alte Schlendrian allmälich ausfticht,
und ein mehr wiffenfchaftlicher Geift emportaucht.
Es möge, da gegenwärtige Bändchen der Etymologie
gewidmet if, hier ein Furzer Auszug aus Grimme Ab»
handlung über das Wort deutfch ftehen, das wider ben
Sprachgeift immer noch von Bielen teutſch gefchrieben
wird, mie fie, fo ſcheint es, Die Ableitung von Teut
und Teutonen einmal nicht aufgeben Fünnen. Nachdem
das goth. thiudisk6 (EIvızWös) Salat. 2, 14 aufgefunden
iſt, darf an der Ableitung von thiudisks (EIVı205) aus
thiuda (E9vos) nicht -gezweifelt werden, folglih ſtammt
auch das althochd. diutisc aus diot (mittelhochd. diet),
das angelſ. theodisc aus theödd. Der Sinn des Wortes
iſt gentilis, gentilitius, popularis, vulgaris, wad dem
gefammten Volk im Gegenfaß zu den einzelnen Stämmen
gilt, heimathlich, eingeboren, allgemein ver-
ſtändlich. Aber‘ auh ven Nebenfinn von heidniſch,
barbariſch, den thiudisks wie &Ivıxos, ebenfo E9vos,
thiuda, vulgus (Volk), im Munde der geiftlichen Schrift⸗
fteller an ſich tragen, darf man nicht abweifen. Hierin
flimmt es zu germanicus: beive Ausdrücke auf die Sprache
bezogen beveuten die gemeine, vobe Vulgarſprache
\
— N
gegenüber der gebildeten, verfeinerten der Gelehrten, was
wir noch jeßt Volksſprache nennen.
Ob die Gothen ihr thiudisk bereits von der Sprache,
und ihrer eignen Sprache in jener umfaffenden Bedeutung
gebrauchten, wiſſen wir nicht; Doch ſteht zu erwarten,
wenn fie das Gemeinfame zwifchen ihrer und 3.3. Der
fränfifchen Zunge hätten ausvrüden wollen, daß ihnen
gerecht gewefen wäre zu jagen: wir Gothen und die Franken
reden thiudisk6. Nannten fie fich felbft Doch gutthiuda.
Das Wort war bei ven Gothen des 4, oder 5. Jahrh.,
und gewiß auch früher überall vorhanden, warum hätte -
ed nicht für den Begriff gelten follen, ven die Latein
Schreibenvden durch ein vulgo, rustice, sermone barbaro,
barbarico illius gentis sermone, juxta rustieitatern vor⸗
nehm bezeichneten?
Theotiscus galt von den Gothen, Franken, Sachſen
und Alamannen; bloß das kann man zugeſtehen, daß nach
dem feſteren Abſchluß des hauptdeutſchen Reichs, des
fränkiſchen, die außer ihm ſtehenden Stämme ſich des
allgemeineren Ausdrucks mehr enthalten haben, eben weil
er eine gewiſſe Einſchränkung und Beſtimmtheit empfangen
mußte, wobei auch der früher obwaltende Bezug auf den
Niederrhein vielleicht nachhielt. Notker denkt ſich bei ſeinem
in diutischn fein Alamanniſch, ſondern Allgemeindeutſch,
Gemeindeutſch. Durch die Poeſie des 12. und 13. Jahrh.
wurde die Benennung gehoben und veredelt. Als nach der
Trennung Frankreichs der Begriff der Deutſchheit wieder
auf den Kern des inneren Landes wies, mußten bie über⸗
rheinifchen Franken aufhören Deutfche zu heißen. J
Wir verbinden heute mit deutſch die Vorſtellung der
angeſtammten Sprache in voller Reinheit und Allgemeinheit
des Ausdrucks, die Grammatik hat ihn noch über die
Grenzen des Landes, Das gegenwärtig deutſches heißt, aus⸗
—— VI —
zubehnen, und jenes frühere Verhältnis, wonach deutſch
minder edel erfcheinen Fonnte als fränkiſch oder ſächſiſch,
dreht fih um, da uns deutſch Die allgemeine Ausbil:
dung unferer Sprache, Die vor einzelnen Stämmen her»
genommne Benennung nur den fortdauernden örtlichen
Zuftand bezeichnet.
Lateinifche Quellen des 9. Jahrh. haben theodiscus,
theotiscus, bie bes 10, und der folgenden Jahrh. faft
durchgehend teutonious ganz in gleichem Sinne. Aber -
teutonicus- Hang gelehrter als theodisous, denn Died war
doch aus unferer Sprache gefchöpft, jenes aus Der elaffifchen,
und im Wahn, unfer Volksname rühre von den Teutonen
‚ bee. Das Adjectiv teutonicus hatten die Römer felbft fchon
nach den ZTeutonen, und im‘ frühen Verkehr mit ihnen,
gebilpet: teutonico ritu Virg. Aen. 7, 741; teutonicus
furor Lucan. 1, 256; teutonicos triumphos Lucan. 2, 69;
und das ift ung wichtig, daß, wenn auch Cäſar und
Tacitus teutonicus nie in der allgemeinen Bedeutung
von germanicus oder germanus verwenden, Andere es
ohne Zweifel thun: teutonici capilli Martial. 14, 26, und
zumal ſpäterhin teutonicus vomer Claudian. in Eutrop.
1, 406; teutonicum hostem Merobaudes (ed. Nieb. p. 19)
gehen nicht mehr auf die Teutonen, fondern drücken das
allgemein Deutfche aus. .
Das Wort thiuda leitet, unabhängig von der Ableitung
-isk, auf den Begriff der Sprade. Wir haben ein alt-
hochdeutſches Adverbium githiuti, mittelhochd. ze diute, be
diute, welche zwar gewöhnlich den Begriff ver einheimifchen
Sprache enthielten, doch nicht nothwendig; fie wurden auch
angewandt, wenn 3. DB. ein hebräifches Wort durch ein
Iateinifches ausgelegt werden follte. Daraus ergibt fich,
Daß auch das althochd. diutan, mittelhochd. diuten, neu-
hochd. deuten mit dem Begriff verdeutfhen zufammen-
— m —
falle. Die deutſche Sprache heißt nicht fo, meil fie
deutet und Deutlich ift, fonvern Deuten und Deutlich if}
ung das durch die Sprache, in der Sprache, Verſtändliche.
Deutfeh reden gebrauchen wir noch heute für verſtändlich,
frei, unummunden reden. Es liegt wenig ab von dem
mittelhochd. ze diute, be diute sagen, dem mittelniederländ.
in dietsce spreken. Das Unverftänpliche iſt dem Volk
welfch over Tatein (over ſpaniſch).
Indem ich vorliegendes Bändchen der Nachſicht der
Lefer empfehle, bemerke ich noch, daß ich, ſobald die 2. Abs
theilung des 1. Theiles von Grimm erfchlenen ift, die
1. Abtheilung des 1. Theiles meiner Arbeit möglichft fehnell
werde nachfolgen laſſen, was um fo eher wird gefchehen
Können, als ich bereits die Bocallehre bearbeitet habe.
Mainz 16. September 1843.
Der Verf, | |
.e er 8 [Tr Tr Tr Tr TE 1 1 8 8 EL L EL EL ı . —.
Erftes Eapitl Bildung durch daut und Ablaut.
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Zweites Capitel, Ableitung © - 2 2222er
I. Reinoocalifche Ableitungen. - - - > 2 222 nennen
s mit ei. ren un
H. Confonantifhe Ableitungen. - 2 2 222er ne
Ableitungen mit EL (aD. - > 22 2er.
a) Subflantive. - - - > 2220.
b) Adjective. ...... ren.
c) Berba. . » . 2... En
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a) Subſtantive. .......
b) Adfeetive (ſeli)..........
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a) Sublntive - - - 2-2 2220.
b) Adfective. -. - » 2.2... En Fa
c) Berba. - > 2 2 2 2 2 0 ne
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a) Subflntiee. - - - 2: 2000.
b) Berba. . . 22 2 ren.
Anmerkungen.
Klar). -- 22222. nee ne
a) Subflantive.. . . - 20. 0.
b) Adjective..
6) Verba....
— x —
Ableitungen mit M(a m))J............ g.
a) Subſtantive......... »
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b) Abfective. > 22 onen. „
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b) Berba. 2. 2 2 2020er. »
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a) Subflantive. . 2 2 2 2 2 20. „
b) Andjective. . 2 2 2 200 ne. »
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IL. » =» TO. rennen „
⸗ = at la) Sen »
a) Subflntive. . . 2 2. 22200. „
b) Adjective., 22 220000. „
0) Berbd, 2 2 002er nen »
. s tt Giß, ij)..... ern. »
’ ut (uß)................
⸗ æD (D, ). ....... F
a) Subſtantive...
b) Adiective...........,;
c) Verba. a .
— KM —
Ableitungen mit TH (D, T, Ü) - : 2 2 2 2 era. $. 9
Ath.. ....... “eo... 9
a) Subflantive. .. . -. 2 22... »„ 95
b) Adjective. ...... „ 96
0) Baba 2220. „ 9
s -ith........ ren „ 8
a) Subflantive, . . - 222... „ 9
b) Berba. . 2... 2222200. „ 100
⸗ rn „ 101
⸗ ⸗v0ooth. .. .... „ 102
⸗ u = Fe „ 103
⸗ as............... „ 104
a) Subftantive. - » » > > 22 2.2. „ 105
b) Berba. 2 2 20 m 2 2 22a. „ 106
. u 1: Ve „ 107
a) Subflantive. - - - - 2 22.2.0. „ 107
b) Beba. 2» 2 2 2 2 ee nn „ 108
. SD. ren „ 109
I. = =» KH). 22er „110
a) Subflantive. . - » - 2 2 2 20% „ 111
b) Adjective... .. ... „112
0) Verba........ „113
I. = . & (8, Ch). er ren „ 114
⸗ akk.. „ 115
\ a) Subflantive. - - - - 2 222.0. „ 116
b) Adjective........ „ 117
0) Berba. -» 2 2 2 2020er. „ 118
⸗ ⸗ik............ „119
⸗ Fe | 1 Pe .... „ 1%
. » SE laO)l nen „ 121
a) Subflntive. - - 2 2 2 220% „ 122
b) Anfective (I). - - 222220 „ 1233
0) Brba. 222 0er nen 124
Pi ” ig. er 0 0 2 „ 125
s s eig. . 00 Re er 2% „ 126
a) Üdiective., 2 200er „ 126
b) Berba . 2 2 2 2 2020. 127
. Pe» VE ‚; 138
⸗ ⸗NN (in) .... „ 129
s ⸗ SS (nis). Fa EEE y ‚130
- Pie |: VE „ 132
. > LD. or rer eren „ 133
. u NN ...... „134
- NT. ER „ 135
- > MD .............. „ 136
. = NO... : 2: Were .. „ 137
Ableitungen it RO. .» - - rer...
ING (ling) - -» 2...
UNG........... .
Sz (af, ik, uf). - - - - -
SKÜb. -: . ....
a) Subfantive und Berba, .
b) Adiective (if). - - - -
s s HT (it). ee. 2 82, 0. .
Drittes Capitel. Zufammenfegung ....
1. Subflantivifche Eompofition. » » 0...
A. Eigenilihe Compofltion. - ©... 2... .
a) Subftantiv mit Subflantiv. . .» .....
1) Sräpofitionenverhältniffe. - - - ....
a) Auhiges in. - - - 220000.
b) Bewegendes in. - - 220000.
c) Bewegendes auf (von). -. » .. -.»
d) Rubiges an. - - 222000. .
e) Bewegendes an. 200... .
f) Bewegenvdes von, ab. -.....
g) Ruhiges auf. - - 2 222000.
h) Bewegenves auf... - 2... 0 0.
i) Bewegendes und ruhiges zu. - - - -
k)bei. 2.2.2222 ..
I) über, unten... . ......
n) durch, um, neben......
0) mit....
2) Appofitionelle Berbältniffe. - » ...
3) Safusverhältniffe. - - 2 00...
«) Berzeihnis nach dem erften Wort. .
ß) ⸗ =» ‚weiten Wort. .
Anmerkungen. - » 2.2... Deren.
b) Subflantin mit Adjediv. - ©» 2.0. .
eo) Verzeichnis nach dem erften Wort, .
⸗ „= zweiten Wort. ......
6)
c) Subſtantiv mit Verbum........
1) des wirklichen Verbums mit Subſtantiven.
2) mit dem Partie. Präfentis. -. . ....
3) mit vem Partic. Präterit. -. 2... .
4) mit dem Infinitiv. - 2 020000.
B. Uneigentliche Compofltion. - 2 2 2 222020
a) Subflantiv mit Subflantv. - . .....
1) Genitioifche, © » 2 0000000.
Bemerkungen. - - 2» 22220000.
‚ 2) Accuſativifche. ..... .
. 00. 08 8
. ee... 0°
- ’
— {7 KH — —
b) Subſtantiv mit Adjectiv. er. ....
c) Subſtantiv mit Verbum.. 2.....
II. Adijectiviſche Compofitioon. ne
A. Eigentliche Compoſitionn. rn ee
a) Adjectiv mit Subſtantiv..
«) Verzeichnis nach dem erfien Bert. ren.
P) ⸗ =» zweiten Wort...
Bemerkungeen. .
b) Adijeetiv mit Adjectirss..
a) Verzeichnis nah dem erſten Wort.. .
ß) ⸗ «zweiten Wort..
Anmerkungen.. *
c) Adjectiv mit Berbum. . - - -. » rer nee
B. Uneigentlihe Compofition. - ».- » re .. ...
II. Berbale Compoſition. . ..
a) Berbum mit Subflantiv. - - - «oo ce .. ..
DD) = s Adjectid, 000 n 0. FE
0) = ⸗Verbum.2
1) Participialzuſammenſetzung.. *
2) Infinitisgufammenfegung. - » een. .
IV. Partitelcompofition. - » - . en. ‚
A. Partitel mit Rome. . -....- Fe
Trennbare und untrennbare Partikeln mit Nomen..
à (a, o).....- ......
af (abh. **
. alar (aber) »- 2. 00000. oe.
aftıra (after) -. 2... nen
ana (AN) » 2er ne
and (anf) » » 0200. |.‘
ano (ohne) . .. 2... oo...
bi (bei, be) 220er n nn
du (Ü) 2.200000.
dis ger) - 20000. |...
fair (ver...
faura (vor. ..
fauri (für)..... nenn
faurth (fort) . . .- » Pe
faurthr. (vordet) - oe.
filu (Viel). 0000. ...
galt) »-- ren n ee .o..
kakan (gegen) - - «2... on.
häim (heim) .- een 0. ..
hera (der) - - -.... ine.
hiva (fin) «rec. ne
bindar (hinter) - - - 0... ...
In (in, en) ».: 000.0. |.
— xv —
mith (mit).......
nehva (nad) : >» >»: 20er
neben (neben) -.. » » 2.2.2200.
nidar (nieder) - - - 220000.
samana (zufammen) - - - «2... .
thar (bat) . ». 2 2200. li...
thairh mh) . ... 2.000.
oba (06) -. - -.» 2200er.
ufar (Über) - - - > 000000.
umpi (UM) -. -. 2.2 2000.
un (iM) .. 2222er
undar (unter) -. » » 22220000
iup (af) - - 2 > 2er
us (uU) . .... 2.2. 20200000
u (lau) . 2220000 eh
utana (aufen) - - 2 220m
vaila (wohl)... 2 2200. 0.0.
vithra (wider, wieder), . x. 0.0.0.»
B. Partikel mit Berbum. - 200er er een ne
a) Untrennbare Partikeln mit Verbis. ...... ...
zer......... ... .....
b) Trennbare Partikeln mit Verbis..
V. Detompoſita.
durch, hinter, über, um, unter, wider..
A. Compoſition von drei Wörtern. ne.
a) Decompofita, beivemal eigentlih. . -
b) Gemiſchte Decompofita. - > rennen.
c) Decompofita, beivemal uneigentlih. - - « - 0... « .
B. Eompofitton von mehr als drei Wörtern. - » .
VI. Unflerivifches Eompofltionds-S. . . een 0.
VII. Eompofita mit Zahlwörten. - . 2 2000er.
A. Eompofition der Zahlwörter ſelbſt.. 0 re.
a) Cardinalzahlen verbunden. . » «see ee .c .
b) Ordinalgahlen verbunden. -. » - + .
B. Eompofition der Zahlen mit andern Wörtern. nn
a) Cardinalzahlen. . oo. 22000. ren.
b) Orbinalgaplen. . 0000er. ...
Viertes Capitel. Pronominalbildungen. ern .
A. Anlaut. ern ne
B. Einfahe Stämme, - - 2: 86 rn
— — x —
C. Abgeleitete Pronomina...... ern. 6. 346
D. Zufammengefegte Pronomina. - -» » : 2: 220 ne... „ 47
I. Suffüre. 2 2 0 nr ren er ın. „» 8
U. Prüfe 2000 rn „ 353
III. Umfchreibungen. . » 2 2» 2 2 2 02 nenn. ‚„ 358
Fünftes Eapitel. Adverbia -....:- 200er une „ 362
A. Adjectiviſche Adverbia. .... .„363
a) Genitiviſche Adverbia............ „ 364
b) Aceufativifhe Anverbla. - . 2... een . u 365
c) Präpofitionale Adverbia. - - - 2.2.0. ee... „» 366
d) Abgeleitete Abvverbia............ ... „367
e) Suffigierte Adverbia. - - 2 m 00 nennen. „» 369
B. Subflantivifche Adorrbia. - - 2 2 20er nen „ 370
a) Genitivifche Adverbia. - » «222 nenne „ 371
b) Dativifche Adverbia. -. . 2.22.20. ...... „372
c) Accuſativiſche Adverbia........ „ 373
d) Präpofitionale Adverbia. -» - 2: 2222000 ;, 374
e) Suffigierte Adverbia. - : 2 0 0 er ren „ 376
C. Pronominale Apverbia -. . 2-20. EEE 7 «|
D. Befonvere Ableitungeen.. . „ 379
a) Localadverbia.. „ 380
b) Localſuffirer. . „ 382
c) Befondere Bildungn. . » 22 0.. ren „ 383
E. Zahladverbiaa.. . ‚„ 384
FE. Bildungen auf inG. > > > Ce nenn ‚385
G. Berbale Anverbia. . . 2... . EEE „ 386
Präpoſitionennn.. ne „ 389
a) Einfache Präpofitionen. - © - > > 2 22er. „ 3
‚b) Abgeleitete Bräpofitionen - - 22200 nen „ 392
ce) Zufammengefegte Präpofitionen. - - 22-2200. „ 393
d) Rominalpräpofitionen. © = 2 22 2m 0 ren „ 394
1) Subflantiopräpofitionen. 2. . „ 395
2) Anfeetivpräpofitionen. - - - = > 2 2 20 een „» 396
Conjunctionen „200er „ 397
Snteriectionen. 2 oo een „» 398
a) Interfectionen der Empfinbung ren „ 399
b) ⸗ ⸗Nachahmung eines Raturlautes..„A400
c) „ als Lock⸗ und Scheuchworte für Thiere. . , 401
Sechſtes Capitel. Genus der Wörter. ...... .. „402
A. Natürliches Geſchlecht.. ne „» 206
I. Gefchlecht durch Berfpiedendeit der Wurzel... ..... „ 407
1) Benennungen des Menfhen. . 22.022000. „ 407
2) ⸗ der Thiere. ..... „A408
II. Geſchlecht durch Motion........... „409
1) Einfache Motion. - - > 2 2 ver nn „410
2) Abgeleitete Motion. - - - 2: .
3) Motion buch Zufammenfebng - . - -. +. « ..
B. Grammatiſches Geſchlecht.. nen
| I. Geſchlecht finnlider Segenflände. -» . . 2... rn
a) Thiere. een. .
b) Bäume und Pflanzen.
c) Erve, Steine, Metalle, ». » . 0... .....
a) Fließendes Element.... ..2.
e) Wehendes Element. . . . - Seren nne
) Leuchtendes Element. - - ver... RER
g) Welt, Erde, Land.. ee errenn
by Leib und feine Theile: - - - 2000. ....
II. Geſchlecht abſtracter Gegenflände. - . - - - ren
A. Unabgeleitete Subflantive. . ». 2... —
B. Abgeleitete Subſtantive.... Fe
1) Ableitende einfache Bocale. » » 2 oe ee nen.
2) Sonfonantifche Ableitungen. . » - 200. *
C. Geſchlecht zuſammengeſetzter abſtracter Subſtantive. ..
- D. Abſtracteſte Neutra. ....
III. Geſchlecht fremder Subftantive. - - ... re
A. Beibehaltenes Geſchlecht.. eir en.
B. Abweichendes Geſchlecht. ne.
Anhang.... 6 .
Siebentes Capitel. Eomparation. - .- vun 0. "
I. Adjectiveomparation. 20000. rel erne.
1. Steigerung der Adverbien.. 8 Pe
III. Anomale Comparation.. 20... rennen
IV. Gemination der Steigerung. © - - +. 0 nn.
V. Steigerung der Zablwörte. - - 22 een.
Achtes Capitel. Diminution. - - .. 2220. . eo.
1. Subftantivifhe Diminution. - ... >22: 020er 0 ne
a) Diminution mit &, .... 2000. rend
b) ⸗ —KK....
c) ⸗ a und K.......... ...
II. Adjectiviſche Diminution. ...... ren
UL Berbaloiminution. 2. 200er ern. . ...
IV. Diminntion zufammengefebter Eigennamen. ern ne
Neuntes Capitel. Negation.
I. Einfache Negatioen.. ren ne
II. Berftärkende Negation. . . - . . ern ne ...
| IM. Propibitionegätion. - © oo 0 on een ne.
Zehntes Capitel. Frage und Autwort. ...
1) Frage........ ...... rl...
2) Antwort, © 22 22000 er nne nen
LEARN IT wind W. ee er ee
Bon der Wortbildung.
Einleitung.
| .$.1 M
Woribildungslehre (Etymologie) will die Manigfaltigfeit ber ge⸗
reiften Sprache auf anfängliche Einfachheit der Formen und Begriffe
zurüdführen. Wortbildung gefchieht entweder durch innere Aenderung
oder durch äußere Mehrung der Wurzel. Die Wurzel ſelbſt iſt der
einfachfte beveutfame Beftandtheil der Sprache, ber einer ganzen
Wortfamilie zum Grunde liegt. Innere Wortbildung hebt die Ein-
fachheit des Wortes nicht auf, 3.8. binde, band, Band, Bundz
ſpreche, fprad, Sprud, Sprade; ein Wort, dem außen et-
was binzumächft, ift Fein einfaches mehr, 3. B. Bund, bünd-ig.
§. 2,
Diefer Zuwachs, nachdem er aus einer anderen beutlichen Wur⸗
zel befteht, oder aus bloßen dunkelen Buchſtaben, beißt Zufam-
menfegung 3. B. Haus-vater, ober Ableitung 3.3. gut,
güt-ig. Zufammenfeung kann vornen ober hinten an der Wur⸗
zel eintreten, 3.3. Hausvater, Vaterhaus; Ableitung nur
hinten. Bon der Ableitung unterfcheivet fih die Flexion, d. 5.
das einfachen fowol, als abgeleiteten Wörtern zufländige Allgemeine,
3. B. des Tand-es, des Vaterland-es; bind-e, bind-efl. |
$. 3
Jede Wurzel gründet fih auf Vereinigung von Eonfonanten und
Vocalen; die Conſonanz geftaltet, der Vocal beſtimmt und belench⸗
tet das Wort. Durch weſentliche Aenderung ihrer Conſonanz würde
die Wurzel zerſtört werden, z. B. die Wurzel brik gehört zum goth.
brika, ahd. prihhu, mhd. briche, uhd. breche; die Wurzel vrik
zum goth. vrika, ahd. rihhu, mhd. riche, nhd. räche. Alle innere
Wortbildung Tann demnach nur in dem Bocalismus gefucht werben,
wobei: aber Umlaute und andere unwefentliche Vocalwechfel in kei⸗
nen Betracht kommen. Die ganze innere Wortbildung beruht auf
dem Berhältniffe des Lauts und Ablauts.
$. 4,
Auf bloßem Bocal berubt Feine beutfche Wurzel; wo etwa Ian-
"ger Vocal das ganze Wort zu machen fcheint, iſt er ans aufgelöften
Kehrein Grammatik, 1. 2. | 1
— 2 —
oder abgefallenen Conſonanten zu erflären!). Der Vocal darf bie
Wurzel anheben ?), befchließen nur in unablautbaren Partikeln, Pro⸗
nominal= und Zahlwortsformen?), nicht im eigentlichen Berbum und
Nomen, db. h. höchſtens fcheinbar, bei abgefallenen Konfonanten *).
Anm. 1) Man vgl. z. B. ahd. ei (Ei) mit altnord. egg; altn. A’ (Fluß)
mit ahd. ähaz nyd. Aue mit ahd, owe und awe, — 2) Goth. ab-a
(Mann), and-i (Ende). — 3) Goth. bi (bei), ni (Berneinungspartifel),
thu (bu), tra (zwei, duo neutr.). — 4) gl. mhd. se (See) mit gotp.
säivs.
| $. 5.
Die Confonanz der Wurzel Tann einfach fein, oder Verbindung
mehrerer. Der eine Conſonant, den fie im geringften Kalle hat, ſteht
im Nomen und Derbum nothwendig hinten ?!), weit häuflger wird der
Bocal von zwei Eonfonanten eingefchloffen?). Es dürfen aber aud
zwei anheben und zwei fhliegen?); zwei anheben und einer fhlie-
Ben*); einer anheben und zwei fchließen®). Drei heben an), ſchlie⸗
Ben aber niemals, d. 5. jeder auf den Vocal folgende dritte Confo-
nant gehört der Ableitung”). Mithin ˖ find fünf Confonanten das
Höchfte, was einer beutfchen Wurzel gebührt); gewöhnlich zählt fie
deren zwei, brei, vier, felten fünf umd einen.
"Anm. 1) Bol. goth. aus-d6 (Or, Ohr). — 2) Goth. gib-an (geben),
— 3) Goth. blind (blind). — 4) Goth. trud-an (treten). — 5) Goth.
bind-an (binden). — 6) Goth. sprautö (plötzlich); ahd. strit (Streit).
— 7 Kunſt if nothwendig Kunf-t — 8) Ahd. streng-i (fireng).
*
$. 6.
Die Reihen ſtarker Conjugation ordnen ſich nach dem einfachen
oder doppelten Confonanten, welcher die Wurzel ſchließt; anf die an-
Iautende Conſonanz kommt dabei nichts an. Auch die Wortbildungs-
Iehre fcheint der Eonfonantenlant wenig anzugehen, weil die Ablei-
tung hinten, nicht vornen, zugefügt wird und Anlaute insgemein dauer⸗
hafter, als Auslaute find.
Anm. 1. Der neuefte Stand umferer Sprache entblößt eine Menge von
Wurzeln, d. 8 er ftellt fie uns dar ohne Flexions⸗- und Ableitungszei-
chen, 3. B. Dan, dug Fluß u. a. Je höher wir aufſteigen, deſto
häufiger erfcheinen die Wurzeln bevedt. Deshalb müſſen wir befutfam
fein, wenn bavon bie Rede ift, die Bedeutung der Wurzeln einer
fpäteren Sprache auszumitteln, da ver jeßige Sprachgebraudy die ur⸗
Mrüngtise Bedeutung nicht überall feftgehalten hat. So bezeichnet & B.
die Wurzel Hand ſchwerlich das, was wir jeßt unter dieſem Worte
verftehen, weil Hand für hand-u, hand-us ſteht und die verlorene Ab«
leitung -u und Flexion -s den Begriff fenes Subſt. aus der Wurzel
beſtimmen. Unſer Berbum fcheeren (ahd. sceran) beveutete-urfprüng«-
lid ganz allgemein fo viel als fihneiden, trennen.
Anm. 2, Die wurzelreiche ältefte Sprache erfreut fich Iebendiger Namen
und Wörter, für deren nothwendige und geheime Draiehungen ihr eine
Fülle von Ablauten und Flerionen zu Gebote fliehen. ie fpätere, in⸗
dem fle Wurzeln aufgibt, Ablaute fahren läßt, firebt durch Förderun
der Ableitungen und Sujammenfegun en Beweglichkeit und Deutlichkeit
des Danzen zu vervollkommnen. Man kann fagen, daß die frühere
Leichtigkeil der Form oft ven Gedanken erſchwert und neben glücklicher
— 3 —
Manigfaltigteit ber Benennungen Sinfetigeit Tau hermeibet. Um die⸗
fer auszumweichen, um den Gedanken überall u Iöfen, pflegt die jun ·
gere Sprache fogar lieber zu umfchreiben, als Ableitungen und Bilvun⸗
gen beizubehalten, mit denen fie nicht mehr ausreicht.
Erftes Eapitel.
"Bon ber Bildung durch Laut und Ablaut,
$. 7.
Verba fheinen Grundlage aller Wörter, In ber deutſchen Sprache
tritt dieſer Urfprung oft noch handgreiflich vor Augen, und daß der
Ablaut bis auf ihren Grund und Boden reiht, fließt ſchon aus
einer einfachen Beobachtung: Ableitungen, Zufammenjegungen neh⸗
men zu, ja laſſen fih nach nüchterner Analogie fortfeßen, d. h. Wr
diefem Wege neu gefchaffene Formen würden, wenn mitunter auı
mißfungen und Täftig, doch an fi felbft verflänblich fein‘). Die
.eihten Ablaute hingegen nehmen ab?), neu erfundene würben fehl-
ſchlagen 3), weil fie geradezu Niemand verfiehen könnte. Weil alfo
bie fpätere Sprache feine Macht mehr über die Ablante Hat, weil
fie diefelben nur verlieren, nicht erweitern kann, eben deshalb müffen
fie als ihr aͤlteſtes Princip betrachtet werben.
a
- $. 8.
Da bie anlautende Sonfonan, unberücffichtigt bleibt, dem Vocal
der Wurzel aber Höchftens zwei Confonanten folgen ($. 4.), fo zer⸗
Tegen ſich ale deutſchen Wurzeln in zwei Claſſen: 1) folge, wo
ein Eonjonant und 2) folde, wo zwei Eonfonanten auslauten. Die
erſte, zahlreichſte und mächtigfte Claffe umfaßt zugleich die ſcheinbar
auf Iangen Bocal ausgehenden Wurzeln mit abgeworfener Eonfonanz.
$. 9.
Um das Verhältnis des Ablants zur Wurzel, als ein Princip
"innerer Wortbilbung, keunen zu lernen, mag. eine Reihe ſtarker Verba
1*
— 4 — -
angeführt werben, die gegenwärtig noch fortbefiehen. Hierbei iſt je-
doch nur auf die vier Hauptformen ber bochbeutfchen Sprache Rück⸗
fiht genommen, bie Aufzählung der einzelnen Bildungen burch den
Ablaut, z. B. binde, band, baͤnde, gebunden, Band, Bund,
Binde; fahren, Fahrt, führen, Fuhr, (Zufuhr); graben,
Grab, ©
rube u. f. w.
Anm Dean erwarte hier nicht alle nhd. arten Verba; die vollſtändig
Aufzählung verfelben gehört in die Lehre von den flarten Conjugationen.
Das Weitere über die Le
mologie anheim.
Kormeln
der ablautenden
Alt⸗
Gothiſch. hochdeutſch.
—— Neuhochdeutſch.
hre von den Wurzeln fällt der höheren Ety⸗
Conjugationen.
ar, oͤr fara varu var fahre
svara suerju swer ſchwoͤre
ap, oͤp skapa scafu schaffe (cer⸗)ſchaffe
ab; öb graba krapu grabe grabe
hafja heffu hebe hebe (erhaben)
ad, öd hlatu lade lade
ag, ög Ä traku trage trage
ah, öh slaha slahu slahe ſchlage
‚ ahs, öohs vahsja wahsu wahse wachſe
ein, din, In skeina scinu schine ſcheine
eip, äip, Ip greipa krifu - |grife reife
slifu slife chleife
eib, äib, ib dreiba dripu tribe treibe
leiba pilipu blibe bleibe
scripu schribe ſſchreibe
ripu ribe reibe
eit, dit, It beita pizu bize beiße
smeita |smizu smi3e fchmeiße
Ä (beſchmutze)
viizu vlize (be)fleiße
rizu rize reiße
slizu slize fchleiße
eid, äid, Yd ritu rite reite
stritu strite ftreite
soritu schrite ſchreite
eith, äith, th jleitha lidu ltde leide
sneitha |snidu sntde ſchneide
eik, dik, Yk slihhu sliche ſchleiche
eig, aig, ig steiga stiku stige fleige
eih, äih, ah lleihva |lihu lihe ieihe
teiha zihu zihe zeihe
Formeln
. der ablautenden
Eonjugationen,
Alt⸗
Mittel
Gotbiſch. gochdeutſch. beeanb. Reuhochdeutſch.
iup, äup, up
iub, dub,
Yut, aut, ut
Yud, dud, ud
juth, äuth, uth
“Yus, dus, us
iuk, äuk, uk
jug, äug, ug
“ Yuh, Auh, auh
ib, ab, eb
it, at, &t
id, ad, &d
is, as, es
M, ak, &k (u. uk)
Yg, ag, eg
- alh, ah, &h
yl, al, el, ul
im, am, &m, um
theiha
giuta
niuta
thriuta
biuda
kiusa
liusa
biuga
tiuha
thliuha
giba
ita
frita
mita
sita
bidja
truda
lisa
ganisa
brika
vrika
liga
viga
saihva
stila
nima
quima
air, ar, er, aur |baira
Al, all, ull
X
dihu
süfu
sciupu
kiuzu
niuzu '
driuzu
sliuzu
vliuze
piutu.
siudu
chiusu
liusu
vriusu
riuhhu
piuku
süku
triuku
ziuhu
vliuhu
kipu
wipu
izu
vriʒu
mizu
sizu
pittu
tritu
lisu
kanisu
prihhu
rihhu
sprihhu
stihhu
liku
wiku
sihu
stilu
nimu
quimu
piru
sciru
scillu
dihe
süfe
schiube
giu3e
niuze
driuze
sliuʒe
vliuze
biete
siude
kiuse
liuse
vriese
riuche
biuge
süge
triuge
ziuhe
vliuhe
gibe
wibe
i33e
vri33e
mi33e
sitze
bite
trite
lise
genise
briche
riche
spriche
stiche
lige
wige
sihe
stil
nim
kom
bir -
schir
schille
(ge)beihe
faufe
fchiebe
ide
(neiniefe
(ver)drieße
Schließe
fließe
biete
fiede
(er)kieſe
| Formeln
ver ablautenden Alt
Gothiſch.
Mittel⸗
hochdeniſch. hochdeutſch.
Neuhochdeutſch.
Conjugationen.
suillu swille ſchwelle
ilp, alp, ulp hilpa hilfu hilfe helfe
jlt, alt, ult smilzu smilze Schmelze
ild, ald, uld gilda kiltu gilte gelte
ilh, alh, ulh filha vilhu bevilhe befehle
imm, amm, umm summu |swimme |fchwimme
inn, ann, unn |duginna |pikinnu |beginne |beginne
rinna rinnu rinne rinne _
spinna spinnu |spinne |fpinne
|vinna winnu winne (ge)winne
ind, and, und |binda pintu binde binde
vinda wintu winde winde
| slintu slinde ſchlinge
inth, anth, unth |fintha vindu vinde finde
ink, ank, unk drigka trinhu trinke trinfe
sigqva |sinhu sinke finfe
ing, ang, ung |siggqva sinku singe ‘finge
duinku |twinge zwinge
airth, arth, aurth|vairtha |wirdu wirde werde
airg, arg, aürg |bairga pirku birge berge
ist, ast, ust pristu briste berfte
isk, ask, usk drisku drische, |drefche
| lisku lische (er) löſche
aiht, aht, auht vihtu vihte fehte
| vlihtu vlihte flechte
Bedeutung der Form in Bezug auf den Ablaut,
$. 10,
Der Laut, d. h. das Präſens iſt wefentlich Alter als der Ab-
laut, d. 5. das Präteritum, Das lehrt fihon die Form des
Ablauts. Der kurze Vocal lautet erft in kurzen, dann auch in lan⸗
gen ab, 4. B. niman, nam, n&mun (nehmen, ich nahm, wir nahmen) 5
oder gleich in Tangen, 3. DB. Taran, för (fahren, ich fuhr). Nur
wenn das Präfens bereits langen Vocal hat, muß auch das Präte-
ritum lang ablauten, 3. B. friusan, fräus (frieren, ih fror). Das
Präfens ift überall erfte, Präteritum Singular zweite und Prätert-
tum Plural dritte Stufe, Das Präfens ift die feſteſte, urfprüng-
lichſte Geftalt der Wurzel, gleichfam ihr Kern und ergibt fich der
Zerflörung und Verderbnis zuletzt. \
Anm. 1. Ahd. vriosan, vrös, vrurun; ziohan, zöh, zugun; nhd. frie=
ven, (ih) fror, (wir) frorenz ziehen, Cich) zog, (mir) zogen. Npd. iſt
|
G 7 \
vom Sing. Präter, feine Stufe mehr zum Pier. Prkter,, beide haben
denselben Vocal. Etwas bat fi noch erhalten in: ih werde, iS
"ward, wir wurden; aber wir fagen auch: ich wurde.
Anm. 2. Für die Anficht einiger Sprachforfcher, nicht das Präf., ſon⸗
dern das Präter. fet als ver Figentliche —805 aufzuftellen,, lafſen fi
wenigſtens aus der deutſchen Sprache feine haltbaren Grünbe gewin⸗
nen. In der Form iſt das Präf. einfach, das Präter. manigfalt und
abgemiden; dad Manipfalte und Zufammengefehte ift aber immer das
pätere.
§. 11.
Im Präteritum Tann eine Abänderung der Urbedeutung zu ſu⸗
chen fein. Am fichtbarften erfolgt fie dann, wann ber Satz des Prä-
fens im Präteritum verneint wird. Mehrere aus dem Präteritum
gebildete Nomina find ungezwungen durch folche Negation zu beu-
ten. 3.8. altnordiſch kala (frieren), goth. kalds, ahd. chalt (kalt),
davon chuoli (fühl) das, was kalt war, alfo etwas neue Wärme
erhalten hat, nicht mehr Falt iſt y. Zumeilen, jedoch felten,
ftellt das Präteritum nicht eigentlich das Gegentheil, fondern nur
die Abnahme und Verkleinerung der Wurzelbebeutung auf,
Ko an (fingen), davon ahd. hano (der Hahn), huon (der junge
abn).
Anm. 1) Bol. noch angelf. blican (bfinten, glänzen), bläc (bfeich), add.
pleih, was gefchienen, die Farbe verloren hat; goth.spairan (fuchen),
ahd. spor, nd, Spur, das, wo man gefuhht hat; leisan (folgen), ahd.
leisa, mp. leise, nhd. Ge-Leife, das vom Gehen Hinterbliebene.
§. 12.
Sn der Regel gibt der Ablaut Nichts als das Geſchehene,
d. h. den erfolgten und bleibenden Eintritt des unveränderten Wur⸗
zelbegriffs. 3. B. aus goth. bairan (gebären, vffenbaren) bildet
fich der ahd. Ablaut par (offenbar) das fihtbar Geworbene !), Es
kann daher in Fällen, wo es nicht daran Tag, das Geſchehende
von dem Gefhehenen merklich zu unterfcheiden, biefelbe Sache
gleichgiltig mit dem Laut oder Ablaut bezeichnet werben, 3. B. mhd.
'singer, uhd. Sänger ?).
Anm. 1. Bol. noch: goth. graban (graben), gröba (Grube) dad Ge»
grabene, _
Anm. 2. Sind Laut und Ablaut beive nebeneinander zu einer Wortart
gebraucht, fo beruhen darauf meiſtens feine Unterfcheivungen ; vgl. 3. B.
angelf. r&öd (rubicundus, röthlich) mit angelf. reäd (ruber, roth)z die=
fes bezeichnet ſtehende, rothe Farbe, jenes auffteigenve, blühende Röthe.
u $. 13,
Aus dem Wefen der Bedeutung ſelbſt folgt der Grundfag: In
ber Wurzel erfcheint die finnliche Bedeutung früher, die geiftige
fpäter, obgleich beide Durch einen geheimen Zug verbunden waren,
Ohne ihre Wechſelwirkung wäre nicht wol urlprüngliche Bedeut⸗
famfeit der Wurzeln denkbar, Namen ſchafft der Sprachgeiſt in
— 8 —
glücklichem Wurf durch kühne und kurze Beſchreibung ber Sachen.
iernach wird man leicht beobachten, daß in allen Sprachen z. B.
“jeder einfachere Thier-, Stein- und Pflanzennamen aus einem Ber-
bum flammt und eine Iebendige Eigenfchaft des Thieres oder der
Pflanze ausprüdt, 3. B. Kliege vom ahd. vliokan (fliegen); Hahn
vom ahd. hanan (fingen); Gold, gelb von gilan (gelb fein, glänzen).
Anm. Die meiften folder Ramen laſſen fich im Deutſchen, ihres Hohen
Alters halben, aus verlornen und verbuntelten Wurzeln nicht mehr deu⸗
ten. Bgl. übrigens noch Froſſch von friskan (Hüpfen, auch grün fein);
Eifter (ahd. agalastra) von galan (fingen, woher noch gellen) und
der Endung astra, welche eiwas Schlechtes bezeichnet. Glas gewiß
von gleisan, gleitan (gleißen, glänzen).
N
$. 14, ”
Man pflegt ſämmtliche Berba, nach ihrer entweder bloß inner-
lichen oder außenhin gerichteten Thätigkeit, einzutheilen in intran-
fitive und tranfitive: eine Unterfcheidung, bie in fo allgemei-
ner Faffung für die deutſche Wortbilpungslehre ohne alle Bedeutung
tt. Wie die Urbedeutung der Wurzel fchon Keime intranfitiver und
teanfitiver Bedeutungen in fich trägt, ebenfo Liegen in ihr beide, die
active und paffive Bedeutung. eingefhloffen. |
Zweites Capitel.
Bon der Ableitung.
\ 6. 15.
Ableitung heißt die zwifchen Wurzel und Flexion eingefchal-
tete, an fich felbft punfele Diehrung des Wortes, kraft welcher ber
Degriff der Wurzel weiter geleitet und beflimmt wird. Sprachver-
derbnis pflegt aber häufig bald die Ableitung, bald die Flexion, zu-
weilen beide mit einander zu zerflören. Ohne fie in folchen Fällen
Hiftorifch herzuftellen, laͤßt fih die ſpaͤtere Wortform nicht gehörig
verfiehen. 3. B. das ahd. sunu (Sohn) muß ergänzt werben sun-u-s,
- wie e8 goth. heißt. Praktifch findet fich die Ableitung, bei vernich-
-teter Flexion, freilich oft zu Ende des Wortes, 3. B. ahd. mah-t
(Macht), goth. mah-t-s. Auf die Ableitung folgt aber thenretifch
immer noch die Flexion, auf die Flexion folgt Nichts mehr.
$. 16.
Dean Tann die Flexion, d. h. die bem Verbum anwachſende
Pronominalform, die dem Nomen anwachſenden Gefchlechtsjeichen
und Partifeln, flreng genommen, nicht vom Begriffe der Wortbil-
— 9d —
bung ausſchließen ). Auch durch fie wird bie Wurzel gebildet umb
beſtimmt; ſtarke Berba 3. B., in fofern fie fchon das Princin ber
Flexion erfahren, find Feine einfachen Wurzeln mehr. Einfache Wur⸗
zelbildungen over Wörter Fönnen alle folhe heißen, in denen
feine Ableitung waltet, 3. B. Band, Binde, Bund von ber
Wurzelform Binde, _ ,
Anm, 1. Die Flexion des Nomens oder die Deckinationsform enthält
im Nom. das bloße Geſchlechtskennzeichen, das fich in den obliquen
Caſus mit Partikeln mengt.
$. 17.
Die Ableitung unterfcheidet fih vonder Zufammenfegung
in mehreren Punkten:
.. a) Zufammenfeßung verbindet zwei lebendige ober doch deutliche
Wurzeln miteinander, 3. B. Wein-flod, pfeil-[ohnell; bie
ableitende Bermehrung iſt zwar nicht bedeutungslos, aber für
fi betrachtet unfelbftändig, unbeutlih, 3. B. Warn-ung,
Er-de, ihwar-z, Thmel-zen.
b) Ableitung tritt unmittelbar an die Wurzel ober an eine vor⸗
ausgehende Ableitung, z. B. Hirt-e, Gauf-el-ei, niemals
hinter eine Flexion; Zufammenfegung kann zuweilen die Flexion
ber erfien Wurzel ganz ober theilweiſe flehen Yaffen und daran
eine zweite Wurzel fügen, d. 5. die Flexion Tann in ber Mitte
bleiben, 3. B. Land-S-mann.
c) Die zweite componierte Wurzel macht immer eine Sylbe; bie
Ableitung häufig nicht, z. B. Kunf-t.
$. 18,
Die Ableitung iſt reinvocaliſch, wenn bloß Vocale, rein-
eonfonantifh, wenn bloß Conſonanzen, oder endlih gemifcht,
wenn beiberlei Binzutreten, 3. B. eng-e, Natt-er. Die rein.
eonfonantifche erfcheint urfprünglih, d. h. ſyncopierte Vocale
vorausſetzend; ſie bildet keine Sylbe, ſondern fügt ſich zur Wurzel⸗
ſylbe, nicht zur folgenden Flexionsſylbe, z. B. goth. as-t-s, Gen.
as-t-is, d. i. ast-is, Af-t, Gen. Af-t-es, d. i. Aſt es. Die
‚ reinpocalifche und gemiſchte, fo lange ihr Vocal nicht ans
allgemeinen Gründen wegfällt oder ſich mit der Flexion miſcht, ge⸗
währen eine neue Sylbe. Die Ableitung Tann, vorausgeſetzt, daß
vor dem Conſonanten ber reinconfonantifchen ein früherer Bocal aus-
gefallen fei, weſentlich nur vocaliſch beginnen, nie confonantifc, d.
h. Sar-be, Schwal-be iſt ahd. var-a-wa, swal-a-wa; fie darf aber
mit einem ober zwei Confonanten fchließen, z. B. Ar-m, Men-ih,
Tug-end. Die Ableitung bildet höchſtens eine Sylbe; ſcheinbar
mehrſylbige beruhen auf Häufung mehrerer, z. B. Prüg-el-ei,
L
— 10 —
L Reinvocaliſche Ableitungen.
$. 19.
Die reinvocaliſche Ableitung iſt neuhochb. vielfach anders und
enger als in der früheren Sprache, wo wir i, u, 6, ai, weder a
noch & (A), fehwerlich ei finden, während neuhochd. gerade biefes
‘et (flatt eie) übermäßig fih gemehrt hat. Die Ableitung durch
kurzes i (fpäter e) iſt in ber früheren Sprache ziemlich zahlreich.
Die Unterdrüfung dieſes -i erfolgt ftufenweife, im Goth. Tchwindet
88 beinahe nie?), im Neuhochd. faft überall ?),. kaum daß es aus⸗
Jautend in einzelnen Wörtern der ſchwachen Declination, 3. 3.
Hirt-e (ahd. hirt-i) und in einigen Adjectiven, 3. B. müd-e,
bIöd-e, öd-e, [hnöd-e, bdf-e, eng-e, irr-e, träge,
weif-e, zäh-e gelitten ift, wo es mitunter auch ſchon ausgelaflen
wird, während es in: füß, fühl, Fühn u. a.,. die es früher hatten,
ganz geſchwunden ıfl°).
Anm, 1. Im Goth, ift es geſchwunden z. B. in mahta (Mag, Maid)
für mag-i-da,
Anm. 2. Bgl. z.B. nhd. fuh-en (goth. sök-j-an); nähren (goth.
ner-j-an), nährte (got. ner-i-ta); Tehren (goth. läis-j-an);
Lehrer (ahd. ler-Ar-i); reden (ahd. red-i-ön); Wille (goth.
vil-j-a P}
Anm. 3. Obige Adi. heißen ahd.: muödi, plödi, Ödi, snödi, pösi,
angi, irri, traki, wisi, zähi; suozi, chuoli, chuoni.— Sr. Schlegel
(Carl u. Roland) hat au frohe, alleine Uhland u. Goethe
haben noch mande, fonft minder gebräuchliche Form, 3. 8. fefte,
ſpröde, trübe, belle u. a.
$. 20,
Die Sylbe ei (goth. ei, ahd. 1) iſt Feine organiiche einfache Ab⸗
Yeitung. Die mhd. weibliche Endung -i-e, nhd. -ei (mit abgelegtem
-e der Flexion flatt -eie), iſt aus romanifchem -ia, -ie entfprungen,
folglich undeutſch (daher feinen Umlaut wirkend, aber fogar tiefbetont),
auch den älteren Mundarten fremd. Anfangs findet fie nur flatt bei
ausländischen Namen, als: prophezie t), astronomie u. a. Als
aber diefe Formen im 13: Jahrh. gangbar geworden waren, fügte
fih -ie auch zu einigen deutſchen, meift folchen Wörtern, bie ein
Bildungs -en oder -er hatten, als: arzen-ie (Arznei), tenter-ie
Tändelet). "
Anm. 1. Görres (Myſtik 1, 240) fagt noch: Die Gabe ver Heiluns
gen und ber Prophetie,
$. 21.
Das Neuhochveutfche Hat diefe Bildungen auf -ei übermäßig
und wider die Natur der Sprache gemehrt, indem nicht nur: Umt-et,
Bogt-ei, Wüften-ei, Zauber-ei u. a, gelten, fondern auch
Bildungen mit -el das -ei zugefügt wird: Gaufel-ei, Tän-
bel-ei, Tölpel-ei, Andächtel-ei u a,, ferien nun Berba
’
— 11
oder Subflantive Stamm!). Der häufige Ausgang n-ei, r-ei
veranlaßte - aber den Mißbrauch, Daß man von den bloßen Plural«
formen Länder, Bücher, Kinder nun Tänder-ei, Büdher-er,
Rinder-ei bildete?); ja endlich -rei für den Bildungstrieb neh⸗
mend, es an einfache Wörter, wo gar Fein -r-ei denkbar ifl, fügte:
ee Rafe-rei, Bübe-rei, Säme-rei, Sclave-
rei’).
Anm. 1. Belonders werben Subſt. auf -ei von vertleinernden
und nahahmenden Berben auf -elm gebildet, die alsdann den dem
Verbum anhängenven Nebenbegriff behalten: Tändelei, Dichtelet,
a elei u.a. — Gdethe (1, S. 156) gebrauht au Kümme⸗
Te en. ‘ ⸗
Anm 2 Dur die meiften diefer Formen fucht man Sammelnamen
zu bilden, | \
Anm. 3. Beſonders Häufig ift diefe Bildung auf-et bei perfönlichen
Berbalfubfl., um daburd die Thätigkeit vesfelben als für fich beſtehend
zu bezeihnen: Bäder-ei, Driuder-et, Bildner-ei. Viele
davon bezeichnen angleich den Ort, wo das im Stammworte benannte
Subject ſich befindet over thätig it; Bäder-ei, Abt-ei, Pfarr-ei.
$. 22,
In fremden Wörtern wurde bald tieftoniges -ei gelaffen:
Part-ei, Shalm-ei, Barbar-ei, Türl-ei; bald bie
franzöfifche Ausſprache hergeflellt: Aftronom-ie, Theor-ie,
Poef-ie; einigen Ländernamen hingegen — i en gegeben: Jtal-ien,
Span-ien, Seltner find Berba auf -ien gebildet worden: mhd.
bened-ien, verketzer-ien; nhd. -eien: bened-eien, pro—
phez-eien; ein uhd. -reien iſt unftatthaft, alſo nicht ver-
feßereien, dafür fleht verketzern.
Anm. Die Dichter, namentlich Wieland, wechfeln öfters zwiſchen
gi und te nach Erfordernis des Reimes, doch nicht in allen Wörtern,
am. meiften in Phantafei und Phantafie, Kitanei und Lita—
nie. — Einige machen noch einen Unterfchied zwifchen Partei (pars)
und Partie (im Spiel), befonvers in der Comp, Luflpartie.
1. Eonfonantifhe Ableitungen.
$. 23,
Alle einzelnen Eonfonanten jedes Organs befigen ableitende Kraft,
doch vor-allen thätig find die liquiden (flüffigen) I, m,n, r. Jedem
Ahbleitungseonfonanten geht ein Vocal voraus, oder frheint ihm ur-
fprünglich vorausgegangen zu fein. Die Ableitung felbft bewegt fich
vorzüglih in den Urlauten a,i,u. Allmälich aber trat Abſchwaͤchung
und Berbünnung jener Urlaute ein, befonders in e. Fragt man nad)
der charafteriftiichen Bedeutung, fo deutet im Allgemeinen a vorzugs⸗
weife auf das Ruhige, i und u auf das Bewegte hin; I bezeichnet
mehr das Liebliche, Weiche; r mehr das Harte; für das Widrige
werben nicht felten zwei Confonanten angewendet.
$. 24.
Es iſt eine unverfennbare Richtung der fpäteren Sprache, die
Ableitungen aufzugeben und durch Compofition zu erfegen. Die
Zufammenfegung fagt ber ſchaͤrferen Beflimmung der Begriffe zu,
bie Ableitung war ein poetifcheres Prineip. — Da die neuhochbentiche
Sprache die Declinations- und Conjugationsformen gegen die frühere
Sprache fo vielfach geändert hat, daß die Ableitungsformen oft nur
mit Mühe zu erfennen find; fo muß in den nachfolgenden Paragraphen
die Anordnung im Allgemeinen nach dem früheren Stande der Sprache
getroffen und darauf mehrfache Nüdficht genommen werben.
Anm. Biele Declinations- und Eonjugationsformen fehlen uns jetzt ganz
over fallen mit andern fo zufammen, daß eine Scheidung unmöglich ift,
wie aus ver Flexionslehre fih eraibt. Nicht wenige Wörter find aus
einer Dechination in die andere übergetreten. Zum Icipteren Verſtaͤnd⸗
nis der nachfolgenden Darſtellung der conſonantiſchen Ableitungen möge
hier bemerkt werden; Bei den Subſt. iſt uns (mit ganz wenigen Aus⸗
nahen) bie 2. und 3. der männlichen, die 2. der fächlichen, die 3. der
weiblichen flarten Declinat. geſchwunden; die 2. ſtarke weibliche hat fich
mit def 1. vermifht. Die ſchwache weibliche fällt pleispfalie mit der
1. flarten vielfach zufammen. — Zur 2. flarten Declinat. der Adf. ges
hören nur noch etwa die 6.19. angeführten auf -e. — Was die Endun⸗
en der ſchwachen Conjugat. betrifft, fo ftellen fich viefelben nach dem
nfinitio folgendermaßen :
Goth. Althochd. Mittelhochd. Neuhochd.
1) nas-jan ner-jan ner-n näfr-en
2) salb-Ön salp-ön salb-en falb-en
3) hab-an hap-en hab-en bab-en.
d. h. mhd. fallen 2. u. 3., nhd. fallen 1., 2. u. 3. zuſammen.
Ableitungen mit L, (al, il, W).'
Ar,
$. 29,
Bei al iſt das a im Gothiſchen faft überall, im Althochd. faft
nie gewichen; im Mittelhochd. verdünnt ſich in e, was im Neu»
hochd. fortdauert. Hier begegnen uns nun, wie bei faft allen folgen-
‚ben Formeln, Subflantive, Adjective und Verba.
a) Subftantive,
$. 26.
1) Starke masc.: Vog-el (goth. fug-Is, ahd. vo-kal, mhd.
vog-el), ®eif-el, Hag-el, Hatp-el, Neb-el, Stah-I (ahd. stah-al), -
Seg-el, Nag-el, Wanp-el u. a.
. 2) Starle fem.: Nad-el (gotf.näth-Ia, ahd. näd-ala, mhd.
näd-el), Haf-el, Fadt-el, Gab-el, Per-Ie (add, pör-ala), See-Ie (goth.
säivala, ahd. söola, s&ula, sela, mhb. sele), Wacht-el, Wiel-el.
3) Starfe neutra: Sind ſchon mhd. nicht zahlreich, nhd. fehlen
fie ganz, wenn man nicht etwa noch Mahl (ahd. mah-al, befonders
— 13 —
in der Vedentung Gerichtsverſammlung) hierher rechnen will.
Tempel, Adel, Seffel (ahd. temp-al, ad-al, sed-al) find jetzt
masc., da fie früber neutra waren.
4) Starte fem. auf -ali Tönnen ahd. von jedem Adjectiv auf
„al geleitet werben, 3. B. tunh-al-i d. i. die Dunkelheit, wofür
wir wol, aber doch felten fagen: die Dunt-Ie,
5) Starte neut. auf -ali, Collectiva, die theoretifch jedem
Subftantiv auf -al entfprechen, gerne aber in -ili affimilieren, wor⸗
ans mhd. der Umlaut erwuchs, ber uhd. fortbauert, oft jedoch
ſchwankend erfcheint, wobei das frühere i in e, das u in o ſich ver
bännt: Gevög-el (ahd. kivuk-ali, mhd. gevüg-ele), Geneb-el
(ahd. kinib-ali, mhb. ‘genib-ele), Gefind-el, Gezüng-el.
6) Schwache masc. find ansgeftorben, da das Wort Nab-eIl
(ahd. nap-alo, mhb. nab-ele) jet, fehlerhaft, ſtark derliniert.
7 Shwadhe fem. Dahin gehören: Semm-el (ahd. sömm-
ala, mhd. semm-el), Papp-el, Bud-el, Schanf-el, Wurz-el, die aber
im Singul. ſtark declinieren.
b) Adjective,
§. 27. '
1) Erſte Declination. Die ahd. Sprache iſt hier ziemlich
reichz die mho. Adi. -el find ſchon in geringer Zahl; nho. nur noch
Dunf-el und eit-el (ahd. tunh-al, it-al, mhd. tunk-el, it-el).
2) Zweite Deel. Hier weifet die goth. Sprache Feine, bie ahd.
drei, bie nbd. nur ed-el und frev-el auf (ahb. ad-al-i, vrav-al-i,
mbd. ed-ele, vrev-ele, aber auch fchon ed-el, frev-el).
co) Verba.
628.
1) Erfte ſchwache Konjugation. Dahin gehören nhb.
näg-el-n (ahd. nak-al-jan, mhd. neg-el-en), fläh-I-en, feg-el-n,
fhwef-el-n, vermäh-I-en. Der Umlaut ift dur das i ver Ab-
leitung erregt, wird aber in nägelIn (nageln) oft ausgelaffen.
2) Zweite fhw. Conj. Hier bieten die drei hochd. Mund⸗
arten ziemlich zahlreiche Beitpiele. Das -al-ön der ahd. Mundart
eht mhd. in -el-en und -el-n, nhd. in -el-n über: famm-el-n
Cor. stam-al-ön, mhd. stamm-el-n), zapp-el-n (mhd. zab-el-en),
faf-el-n, gab-el-n, hand-el-n, mang-el-n, praff-el-n, fatt-el-n,
fhaufsel-n, tromm-el-n, wand-el-n, zweif-el-n, und andere unum⸗
lautende.
3) Dritte ſchw. Conj. Da bier auch Fein Umlant ſtattfindet,
fo find diefe Verba in allen Sprachen, denen der Unterfchieb zwi⸗
fhen bem ö und & zweiter und dritter Conjugation erlofchen iſt, wenn
nicht die frühere volle Flexion dabei Yeitet, nicht mehr auszumitteln.
Nah dem ahd. ar-it-al-En, tunh-al-En muß freilich ein mhb. und
uhd. ver-eit-el⸗n, bund-el-n hierher gezaͤhlt werben,
— 14 —
JISAL.
g. 20.
Im Gothiſchen erſcheint nur -s-1, im Ahd. -is-al; im Mbhd.
wird a bald beibehalten, bald in e verdünnt, das i vor s jedoch
ausgeftoßen; das Nho. fiimmt mit dem ‘Dihd. vielfach überein.
a) Subſtantive.
$. 30,
1) Starfe masc. find in allen Munbarten felten: Wed -f-el
(ahd. weh-s-al, mhd. weh-s-el).
2) Starfe fem. find ebenfalls felten: Am-f-el (ah. am-
is-ala, mbd. am-s-el), Ad-f-el.
3) Starfe neutra. Im Myd. haben faft alle hierher gehörigen
Wortbildungen, zum Vortheil des Wollauts, aber gegen ben Dr-
ganismus der Sprache, das a behalten, nicht in e verbünntz ja fie
laſſen ihm vollen Tiefton, weil man -s-al vielleicht fchon im
10. Jahrh. farfchlih für die Wurzel -sal nahm. Merkwürdig be-
ſtehen im Nhd. beiverlei Formen neben einander; viele -fal dauern
in der Schriftfprache fort, viele -f-el haben ſich, vielleicht Durch
die Bolfsfprache, wieder geltend gemacht. Man vgl. Irr-fal(mpb.
irre-sal, ir-sal), Drang-fal, —* Müh—- ſal, Schi-fal, Schen-fal,
Trüb-falu.a.mit Räath-f-el (mhd. ret-sal), Ueberbleib-ſ-el, Füll⸗
f-el, Anhaͤng-ſ-el, Gemeng-ſ-el, Heck-ſ-el, Schnit-ſ-el (d. i. Schnitzel),
Gewin⸗ſa-el, Geſchreib-ſ-el; dieſe ſcheinen gemeiner, jene durch ihren
Wollaut edler, Doch ſchließen ſich beide ab, und weder Drang-f-el
ift zuläffig noch Ueberbleib-f-al.'
b) Adjective,
$. 31.
Adjective dieſer Form frheinen infeinem Dialeft vorhanden. Dagegen
find bereits im Abd. aus der vermeinten Compofition -sal Abjective
auf -selig entiprungen, nicht -salig (mhd. sælic, beatus, dives),
obgleich ım Nhd. feind-felig, arm-felig (mhd. vient-selic, arm-
selic) mit arbeit-felig (mbb. arbeit-selic), glück-ſelig, gott-felig
untereinander rinnen. (Bgl. unten $. 190 unter der Form selis.)
Anm. In Büchern des 16. Jahrh. findet fih armutfälig, TZrüb-
fäligteit.
0) Verba.
$. 32, |
. Die hierher gehörigen Berba find nicht zahlreich; es find dem
Begriffe nach wiederholende (frequentativa) und zwar verkleinernde
(diminutiva) berer auf -is-ön. Nhd. wech-f-el-n (ahd. weh-
s-al-Ön, mh. wöh-s-el-n), win-[-el-n (ahd. win-is-al-Ön, abge⸗
— 13 —
feitet: von wrinison), breii-f-el-n, enträth-[-el-n, fhnid-ed-n, -
meb-el-n. . Je
- 93.
Der Vocal fchwindet weder im Gothiſchen, noch im Althochd.;
in den übrigen Dialekten allgemeine Verdünnung bes i in 6, um⸗
lautbare Wurzelvocale jedoch ſtets umgelautet.
a) Subſtantive.
§. 34.
1) Starke masc. find im Abd, zahlreich, nehmen im Mhd.
ab, desgleichen auch im Nhd., obwol ihre Anzahl noch ziemlich be-
deutend tft: Eng-el (goth. agg-il-us, alfo doppelt abgeleitet, ahd.
enk-il, mbd. eng-el), Beut-el, Bütt-el, Dint-el, Ej-el, Flüg-el,
Gürt-el, Heb-el, Himm-el, Ig-el, Reg-el, Rneb-el, Rüb-el, Rrüpp-el,
Löff-el, Mind-el, Prüg-el, Rüff-el, Shäd-el, Winf-el, Züg-el u. a. m.
2) Starke fem. und neutra find nuhd. nicht vorhanden, fehlen
größtentheils auch in den andern Dialelten,
3) Starfe neutra auf -ili und -ili mangeln im Goth., im
Althochd. find beide von einander zu ſcheiden. Zu jenen auf -ili,
bie fpäter in -ele, -el fich verbünnen und ben Begriff der Verklei⸗
nerung nicht haben, gehört nhd. Infteg-el (ahd. insig-ili, mhd. insig-
ele). Die auf -ili find ahd. zahlreicher, drücken eine Verkleinerung aus
und fcheinen von jedem Subftantiv moͤglich. Diefe Diminutiva ha⸗
ben mhd. zuweilen -el, 3. B. schiff-el (Schifflein), nhd. -Tein,
wo fie außerordentlich zahlreich find: Vogel, Dögelein, Voͤglein
(abd. vokal, vogal, vugal-ili, vugilili und vugili) ?).
4) Schwache fem. find felten verfleinernd, ſchwanken ſchon
mhd. zwilchen flarfer und ſchwacher Form: Er-Ie (ah. er-ila,
mhd. er-le), Geif-el, Neff-el, Schüff-el, Sich-el, Wind-el?).
Anm. 1. Die nhd. Form auf -el finvet fich zumellen noch, 3. B. Sag
bein © prüg el. Schiller (MWallenft. Lag. 1.). Das Kränzel reißen
die Buben ihr. Goethe (Fauf 1, S. 188.). Ganz gebräuchlich find
Ränzel und Bündel. Lepteres ſteht bei Goethe (Zauft 1, 102 und
Werte 18, 177) männlich, dagegen an a.D. (3. B. 21, 79. 80. 18,13)
neutral. Auch andere Schriftfieller (3. B. Stolberg, Leben bes HI.
inc, v. Paula, Wien 1819, S. 132, El. Brentano u. Schiller)
genau hen bad Wort männlich. — Weiteres über dieſe Diminutiva
Anm. 2. Scheitel (ahd. sceitila, mbd. scheitel), früher weiblich, {fl
jegt männlich. Das Wort findet fih jedoch auch nor weiblih, 3. B.
bet Thümmel (ſämmtl. W. Lpzg. 1839. Bd. 2, ©. 46), Schlegel
(Pygmal, Str. 25), Knebel (Hymn. an d. Erde), Rückert (4, 177).
b) Adjective,
$. 35,
Sinb in feinem Dialekt: zahlreich und. ſelbſt ba zuweilen noch
n
— 16 —
unſicher. Nho. gehört hierher: üͤb-el (goth. ub-is, ahd. wp-i,
mhd. üb-el), und wol auch einz-el, einz-eln (F. 86).
co) Verba.
$. 36.
Da die Berbabder erfien ſchwachen Conjugation aus Ad⸗
jectiven auf -il gebildet werben, fo Di aus $.35., daß wir hier.
etwa nur ver-üb-eln haben, das felbft in den früheren Dialeften
fehlt; vielleicht gehört hierher auch ver-einz-eln.
Die Berba der zweiten ſchwachen Conjugation entiprin-
en aus Subftantiven auf -il, und es gibt deren in ben früheren
ialeften mehrere. Nhd. Kat fich ihre Zahl fehr gemehrt, zumal
erfcheinen viele wiederholende (frequentativa), die fih im Ahd.
und Mhd. noch nicht aufgefunden haben und auch im Nhd. nicht
immer von Adjectiven berfommen: Grüb-eln (ahd. kruop-ilön),
fcheit-eln (ahd. zi-sceit-ilön, mhd. scheit-eln), kitz-eln, Aug-eln,
frömm-eln, fröft-ein, gäng-eln, beuh-eln, kränk-eln, Träuf-eln,
füg-eln, Yifp-eln, Täch-eln, meuch-eln, näf-eln, rief-eln, rütt-eln,
ſchuͤtt⸗eln, fohnis-eln, träuf-eln, züng-en u. a. m. j
Anm. So ausprudsvol für die Begriffe ver Aehnlichkeit, Wiederholung
und Wenigkeit viefe Berba unleugbar find; feheint doch ihr -I, wo es
fih auf kein fubftantivifches -el zurüdführt, unorganifcpes, der älteren
Sprache wenigſtens unbefanntes Bildungsimittel.
ug, |
6. 37.
Diefe Bilbungsform iſt im Ganzen von geringem Umfang. Go⸗
thifches -ul iſt fehr ſelten; ahd. ſchwanken -ul und -ol, auch gehen
beide in -al und -il über, zumal um fich dem folgenden Flexions⸗
vocal zu affimilierenz; mhd. und nhb. fleht bloß -el und hier bes
gegnen und nur Subftantive und einige Verba.
a) Subftantive,
.$. 38, .
Starfe masc. Apf-el (ahd. aph-ul und apf-ol, mhd.
apf-el), Gieb-el, Mang-el, Satt-el, Schnab-el, Teuf-el (goth.
diabaulus, ahd. tiuv-al, mhd. tiuv-el).
Schwache fem. etwa Fid-el (ahd. vid-ula, mhd. vid-ele).
Anm. Ang-el (ahd. ank-ul, mhd. ang-el) ift jet weiblich.
bp) Berba.
$. 39. .
Die Berba find fchon im Ahd. Tchwer zu beflimmen, da burch
bie Affimilation die Formeln -al und -ul vermengt werben. Zur
erſten ſchwachen Conjugation gehören bie aus Subſtantiven
—1 —
gebilpeten: neb-e In (ah. nib-ulen für nib-uljan) md fhnäb-eln.
Zur zweiten Conj. gehören die gleichfalls aus Subflantiven ge⸗
bildeten: mang-elIn (ahd. mang-olön), ang-eln, fid-eln.
Anmerfungen zu den L-Ableitungen.
$. 40. ’
1) Das ableitende I verleugnet fich felten; da es in wurzel-
hafter, ablautsfähiger Conſonanzverbindung nie auslantet, kann es
nur einfach, Hinter langem Vocal ftehend, bisweilen Schein der Wur⸗
zel gewinnen. Alsdann iſt eine Spirand vor ihm unterbrüdt, z. B.
Bläul, Bläuel (ahd. plüil für pläw-il).
2) Zuweilen wechfelt I mit r nach den Mundarten, z. B. mart-
ern (ahd. mart-elön, mhd. mart-eln), aber ſchon mhd. gebrauchten
Einige mart-elere, Andere mart-erere; QTändelei, Tölpelei
(mb. tenterie, dörperie). Die Bedeutung in den fremden Wör-
tern bfeibt die nämliche und die Abweichung iſt bloßes Kennzeichen
der Mundart. Wo aber in einer Mundart I und r an benfelben
Wurzeln vorkommen, wird ein Unterfchied der Bedeutung fühlbar
fein: Wandeln, fafeln, Täheln, ſchütteln iſt etwas Ande⸗
res als: wandern, fafern, lächern, ſchüttern; flammeln
iſt jedoch einerlei mit fammern.
3) Den Umlaut in den fpäteren Mundarten muß man vorſichtig
beurtheilen, er fann oft einen Doppelten Grund haben; 3. B. nhd.. ver⸗
übeln kann umlanten wegen bes i in ubil oder in -jan (ubiljan).
Ein umlautendes Verbum erfler Conjugation gehört darum doch ber
A-Form an, 3. B. vermählen. .
4) Es ift Schwer und gewagt, über die Bedeutung ber drei For⸗
men zu entfcheiven. Im Ganzen genommen mag al, ul etwas Ru⸗
igeres, il etwas Negeres ausprüden, daher befchreibende Thier⸗ und
anzennamen in -al, thätige Menfchen und Werkzeuge in -il:
artal, wahtal (der ſtille Wächter) ſtehen dem unruhigen pitil,
putil (Büttel) gegenüber. Dan muß es nur nicht zu genau bamit
nehmen. Nyd. koͤnnen wir, da uns faft alle Formen in „el abge-
ſchwächt find, den Unterfchted noch weniger wahrnehmen. Vgl. übrir
gens mehrere Beifpiele in ben $$. 26 und 34. _ .
Ableitungen mit R (ar, ir, ur, ier). -
| 6. 41.
Auch Hier findet fich die Eintheilung nad den Urvocalen a, i, u,
die jedoch mit den Ableitungen al, il, ul nicht gleichen Schritt halten,
indem gerade die Bildungen. auf ir, wenn fie ſich überhaupt. nur
finden, von ganz geringem Umfang find. Noch gefellt fir) die Form
ier bazu und geftattet befonders viele neuhochdeutſche Ableitungen
von fremden Wörtern. -
Kehrein Grammatik. .. 2
-
— 18 —
UN.
$. 42,
Im Gothifchen tritt der Vocal meiftens zuräd, außer in Woͤr⸗
tern, deren Nom. Singul. das -s. entbehrt, 3. B. broth-ar (Bru-
der); im Althochd. verhält ſich -ar gerade wie -al; mittelhochd. und
nenhochd. tritt die Berbünnung in -er ein. Auch hier begegnen un
wieder Subflantive, Adjective und Verba.
a) Subflantive.
68,
1) Starfe maso.: Ad-er (gotb. ak-rs, ahd. ahh-ar, mhd.
‚ack-er), Aug-er, Bech⸗er, Brat-er, Donn-ar, Eif-er, Eit-er, Eb-er,
bi-er, Fing-er, Geif-er, Hab-er, Hamm-er, Jamm-er, Kaif-er,
at-er, Maw-er, Köd-er, Rumm-er, Maf-er, Schlumm-er, Somm-er,
Splitter, Bat-er, Widd-er, Wud-er, Zaub-er.
2) Starte fem. find in feinem Dialekt zahlreih: Ad-er
(ab. Ad-ara, mho. Ad-er), Leit-er, Keb-er, KRamm-er, Schult-er,
Schweft-er, Torht-er, Mutt-er, — die nun ſtark declinieren und
tHeilweife auch umlanten. .
3) Starfe neutra find zahlreicher: Silb-er (goth. silub-r,
ahd. silup-ar, mhd. silb-er), Alt-er, Eut-er, Fen-er, Fud-er, Futt-er,
Bupf-er, Yag-er, Lafl-er, Led-er, Tud-er, Malt-er, Mied-er, Poifl-er,
And-er, Wafl-er, Wund-er, Zimm-er’).
4) Starfe mase. auf -art. Im Both. find 2 Fälle: 1) wo
dem ſchon vorhandnen -r (=ar) die vocalifche Ableitımg -ei zu⸗
tritt, 3.3. blöst-r-eis (einer, der bebaut); 2) wo das -ar (nicht -r)
mit dem -ei nen Binzutritt, 3. B. bök-areis (Buchführer). Ahd.
findet die 1. goth. Art nicht mehr flatt. Hier wird dem ſchon vor⸗
bannen -ar noch ein vollfländiges -ari oder -Art angefügt; mhb.
eht diefes -ari (mas bald in ari ſich verlürzte) in -ere über.
bb. find alle - are aufgegeben, und, gleichviel was vorausgehe,
in -er gekürzt. Lehr-er (goth. Ikis-areis, ahd. IEr-ari, md,
ier-ere), Böll-er, Fifch-er, Geb-er, Yäg-er, Werk-er, Mörb-er,
üll-er, Pfänd-er, Säng-er, Schöpf-er, Wähl-er u. a. m.?).
5) Starfe fem. auf -ari lönnen aus jedem Adjectiv auf -ar
entfliehen, dem nur das 1 zugefügt wird. Mhd. nimmt ihre Zahl
ab; uhd. find fie noch feltner, und nım bei Dichtern finden fich:
" Zinf-re (ahd. vinst-ari und finst-ri, mhd. vinst-er), Heit-re,
Bitt-re, nicht aber die Säub-re (ahd. süp-ari), Mäg-re, Täpf-re,
Läut-re. (Bol. $. 26. 4.)
6) Starte neutra auf -ari, Collectiva, von Subflantiven
auf -ar flammend, find uhd. ziemlich zahlreih: Gefied-er (ah.
kivid-ari, mhd. gevid-ere), Gewitt-er, Gehämm-er, Gelaͤcht-er
u. a.
7) Schwache masc. Nhd. declinieren: Mörd-er (gothiſch
maurth-rja, ahd. murd-arjo, mhd. mord-&re), Vett-er, Gevatt-er,
Hab-er, Hamft-er ſtark, ahd. mıd mhd. ſchwach.
8) Schwache fem.: Natt-er (ahd. nat-ara, mhd. nat-ere),
Amm-er, Auft-er, Eift-er, Blatt-er; Oft-en iſt nur im Plural
gebraͤuchlich *). S
. Anm. 1. Zimmer wit Tempel auf eine Wurzel zuriüdzafähren,
wird nie gelin en. Zimmer (ahd. zimpar, mhd. zimber, agf. timber,
altn. timbr) beveutet zunäipR materia (Stoff) im weiteßen Sinnez
Tempet (lat. templum, ahd. tempal, mpd. iempel) beveutet ein abges
fehnittenes Stüd Land. Bol, weiter Weigand: Woͤrterb. d. deutſchen
Spnonymen..
Anm. 2. Die meiſten Ableitungen auf -ari drücken handelnde masc.
aus, doch nicht nothwendig alle, — Die Zahl der hierher gehörigen
Wörter iſt nhd. größer und Heiner als früherpin. Größer, weil man
ben Grunvfaß aufftellt, daß ſich aus jedem inf. ein ſolches masc.
gen Taffe, wiewol das Gefühl Ableitungen ie: N ließer, Lieber,
renner (nicht Morbdrenner) von fließen, lieben, brennen
verwirft. Goethe fagt auch (1, Lo Bo vom kühnſten Wager die
Bahn dir nicht vorgegraben bu ſiehſt. Nach vem inf. regelt man auch
den ſchwankenden Umlaut, es heißt: Stammler, Zauberer,
Suder uf. w. Läſterer, Münzer m. f. f. Allein es pinter-
bleiben Ausnahmen, welche jenes Princips Unhaltbarkeit zeigen: Er⸗
halter, Handlanger, Behälter, Empfänger. — Die häufige
Ableitung -en- re pflegt ſchon mhd. eine unorganifche Einfchiebung
bes on zu verurfachen. Diefer unorganifhen -ner find nhd. mehr
geworben, neben Lügner (mdd. lüg-en-zre), Bärtner, Wagner
gelten: Bildner, Gleifner, Yarfner, Glödner, Kürfd-
ner, Söldner u.a., in Eigennamen fogar: Müllner, Käſtner.
Noch unrichtiger iR Schil derer nad dem inf, fhildern (mhd.
sciltiere)., — Nicht allgemein angenommen ift das von Einigen ge⸗
braudte Wort Schriftner für Schriftfteller.
Anm. 3. Unrtichtig fehlt der Umlaut in: Gedonner, Geſchnatter.
Anm. 4. Mande find der Anfiht, Dftern ſei von der alten ſächſiſchen
und engliſchen Göttin Ostara, Eostra, welche man mit ver Benus ver⸗
feicht, entlehnt. Weigand fagt rishtiger: „Oft (anflatt SR, ahd.
st, agf. eäst) =Bimmelsgegend, wo die Sonne über unfern Gefihte-
kreis kommt (daher agf. Eästre, ahd. Ostarä, die Göttin des neuen
uͤhlingslichtes, — der Nominativ d. Mehrz. davon IR ahd. Östarün
flern).”
b) Adjective.
$, 44, N
Die hierher gehörigen Adjective erfier Declination find
ziemlich zahlreich: And-er (goth. anth-ar, ahd. and-ar, mhd. and-er),
* hag-er, heiſ-er, heit-er, laut-er, Iecl-ex, mag-er, munt-er,.
aub-er, fih-er, Ishwang-er, tapf-er, war-er.
Anm. Das ahd. bäßer ifi nicht hochdeutſchz das Wort heißt -angelf.
Ihyst-re, altf. thiust-ri,. mittelnieverl, demsi-er, ahd. diustar (au
himstar), mittelh. dimsi-er. — Das ahb, thimstar und diustar deuten
Pi zwei verſchiedne Wurzeln; dim = trübe, vunlel, und du =nieber,
2%
— 1 —
co) Berba.
§. 49,
1) Erfie ſchwache Eonjugation, Die hierher gehörigen
Berba find ziemlich zahlreich und haben den Umlauf: Hung-er-n
(f. hüngern, goth. hugg-r-jan, ahd. hunk-ar-jan, mhd. hung-er-n
für hüng-er-n), änd-er-n, fütt-er-n, hBämm-er-n, hind-er-n, kümm-
er-n, läut-er-n, .plünd-er-n, erfhütt-er-n, räufp-er-n, fäub-er-n,
wäfl-er-n, zög-er-n u. a.
2) Zweite fhw. Conj. iſt nicht minder zahlreich. Dahin ge-
hören: Zimm-er-n (ahd. zimp-ar-Ön, mhd. zimb-er-n), ad-er-n,
anf-er-n, verbitt-er-n, dämm-er-n (für demmern, d. 1. deͤmmern,
das ä alſo fein Umlaut), donn-er-n, eif-er-n, fer-er-n, fing-er-n,
ford-er-n, geif-er-n, had-er-n, jamm-er-n, erinn-er-n, Flett-er-n,
. erob-er-n, plaud-er-n, rud-er-n, fplitt-er-n, wand-er-n, zud-er-n.
Anm. Es gibt auch einige, deren -er nicht in dem zu Grunde liegen⸗
den Wort, fei dies nun Subft., Adj., over Partikel, enthalten if, 3.3.
folg-er-n, das die frühere Sprache nicht Tennt. Sodann ſcheint
das eingefchobne -r bidweilen den Hang nah etwas auszudrücken,
3. 3. in den faſt nur unperfönlich gebrauchten: mich durſtert,
trinkert, fohläfert, lächert, läüſtert u. a. Die Bildung iſt
—X alt, ſchon mhd. durstert, ahd. durslit. Man vgl. damit die
at. Formen esurio, dormiturio u, a.
J N.
$. 46.
Dieſes Bildungsprincip, wenn es überhaupt ſtatt findet, iſt von
ganz geringem Umfang. Dahin gehören vielleicht: Käf-er (ahd.
chev-iro, mho. kev-ere), Reih-er (ahd. hreig-iro, mhd. reig-er);
das Zeitwort fürb-er-n (ahd. vurd-r-jan von vurd-ir fürder,
mhd. vürd-or⸗·n), verſchieden von ford-er-n (ahd. vord-ar-ön, mhd.
vord-er-n).
Anm. Bel fördern Tann auch vurdi, vurdiri dur Affimilation aus
vurdari zum Grunde liegen, wodurch dann viefes Wort ber ar- Form
anheimfällt.
UN.
"64. Ä
- Bilbungen diefer Form. find wirklich vorhanden, obgleich Ihre Zahl
nicht groß ifl, und in einigen Dialeften ein Schwanfen in -ar fi
findet. (Vergl. $. 43.) Bon flarfen masc. merke man etiva:
Kaif-er (ahd. cheis-ur, auch keis-ar), Cb-er (ahd. Eb-ur ſtatt
eb-ar), Mei-er (ahd. möj-ur), Shwäh-er, Schwiegervater (ahb.
su&h-ur); von Adjectiven etwa: ſich-er (ahd. sihh-ur); —
fhlüpf-er-fg (ahd. slöf-ur) hat jebt eine doppelte Ableitung.
— 21 —
SEN.
$. 48.
Diefe Form findet fi bloß in fremden Wörtern nnd bier erft
feit dem 13. Jahrh., die ältere Sprache Fennt ſolche Bildungen
nicht. NED. gilt diefes -ier flatt des deutſchen -er in: Falken—
tier (mb. valkenere, d. 1. Falfner), Juwelier. Starfe
neutra find: Ban-ier (auh Banner), Rev-ier, Turn-ier.
Schwache Berba auf -ieren eine Menge fremder, ja man verfah
deutfhe Stämme mit der fremden Form: bucftab-ieren,.
fhatt-ieren, halb-ieren, hauf-ieren, folz-ieren nm a.
Anm. Die Endung folder Berba wird häufig mit — ir en gefchrieben,
wofür fich kein rechter Grund denken Täßt. Die Ableitungsformel ift
-ter, niht -irz der Ältere Gebrauch in ber deutſchen Form ſtimmt
- für -ier, wie auch die wirklich veutfchen 3. B. frieren, ſchmie—
ren, fieren, verlieren, zieren und das ſchon längfi eingebür⸗
ger regieren gefchrieben werden, wenn auch aus andern Grimben.
ie fremden Verba haben in ihrer Sprache meift a oder e, nicht i,
alfo ik auch von biefer Seite das i für ie ungegründet.
Ableitungen mit M (am, um).
AmM.
$. 49.
Der Bocal ift im Goth. gewichen, im Althochd. nur noch nad
r- geduldet, bald auch unterdrücdt; im Mittelhochd. und Neuhochd.
fehlt er. In den meiften Ableitungen diefer Form, zumal bei vor⸗
ausgebendem 1, r und langem Vocal, fügt fi das m fo nahe an
die Wurzel, daß es felbft neue Ablautsformen zeugt.
a) Subftantive.
$. 50.
1) Starfe masc. Dahin gehören: Ar-m (goth. ar-ms, ahd.
ar-am, mhd. ar-m), Bau-m, Dar-m, Hal-m, Har-m, Hel-m, Dual-m,
Schir-m, Schwar-m, Stro-m, Stir-m, Trau-m, Wur-m, Zau-m.
2) Starfe neutra. Dahin gehören: Gedär-me, Gefhwär-
me, Gewür-me, _
3) Schwache masc. (mit Uebergängen in flarfe Form, auch
in das fem.): Bef-en für Bei-em (ahd. pös-amo, mhd. bäs-eme);
Rie-men, Blu-me (goth. blö-am, ahd. pluo-mo, mhd. bluo-me,
fhon ahd. mitunter weiblih). Die Beibehaltung des tieftonigen a
in Brof-am (ahb. pros-amo, mhd. bros-eme, bros-me) vergleicht
fi dem nhb. —B Irrſal ($. 30.). Fremden Urſprungs
find-Balf-am, Bif-am (beide ſchon md.) und Chrif-am.
—.M —
b) Abjective,
. §. 51,
Sind in feinem Dialekt zahlreich: Ar-m (ab. ar-am) und
war-m (afd. war-am),
0) Berba.
$. 22.
4) Erfte fhwade Konjugation. Hierhin gehören uhd.
RBär-m-en (goth. var-m-jan, ahd. war-am-jan, mhd. wer-m-en),
bäu-m-en, bebli-m-en, här-m-en, fäu-m-en (suere), fwär-m-em,
träu.m-en, zäu-m-en.
2) Zweite ſchw. Conj. Hierhin gehört das der früheren Sprache
unbefannte nah-ah-m-en?). Für (mhd Jbalf-em- en fagen wir
jest balfamieren.
3) Dritte ſchw. Conj. Er-bar-m-en (goth. ar-m-an,
ahd. ar-par-m-En); wol auch das nicht fehr gebräugliche intranfi-
tive erwar-m-en (ahd. ar-war-m-ön).
Anm. 1. Das Wort bängt mit goth. ah-ma (Geif), ahd. wol ab-amo,
mhd. ach-me zufammen,
um.
§. 53.
Der Vocal bleibt im YA wie im Althochd., doch ſchwankt
in letzterem das u in a; bie ſpateren Dialekte verbännen meiftens
u in e.
a) Subſtantive.
$. 54,
Starte masc. find goth. nicht arhanben; die andern Dialelte
bieten deren, nur nicht in großer Zahl: Ath-em (ahd. At-um,
mhd. ät-em) mit ber Nebenform Od-em (ahd. Ad-um), Brob-em,
und mit Verwandlung des m in n: Sad-en (ahd. vad-um, mhd.
vad-em), Schwad-en, Bod-en, Buf-en; mit Tiefton noch
Eid-am (ahd. eid-um, mhb. eid-em).
Anm. Hierin gehört noch das ſcheinbare Compoſ. Wit-thum
Bin ap. — en. m ' (8
bh) Berba,
$. 99.
1) Erfie ſchwache Conjugetion: Fad-m-en (ahd. vad-
um-jan, mho. ved-em-en), einfäd-m-en, wid-m-en.
2) Zweite ſchw. Eonj.: Ath-m-en (ahd. Ad-um-Ön, med.
ät-em-en), btd-m-en {exbeßen), eine fekten gebrauchte Form.
Anm. Wechfel des m mit andern Confonanten iſt felten; mit I 8.
in einfäbmen und einfädeln. Die Verdünnung in n ik kei
Ä
“ -
— 28 —
Wechfel, fonvern Serberbuis: Faden, Befen, Bufen für Jadem,
Befem, Buſem, wie der Volksdialekt noch richtig fagt.
Ableitungen mit WE Can, in, ein).
AR.
§. 5%.
- . Die allgemeine Regel über Wegwerfung des a iſt für die älteren
: Dialekte höchſt ſchwierig. Das althochd. -an haftet weniger als
-am, nämlih nad r fällt es weg, es gilt Fein r-an, ſondern
r-n; bies ift auch im Neuhochd. ber Fall. |
a) Subflantive.
6. 57,
1) Starte masc.: Deg-en, d. i. Held (ahd. dök-an und
. dög-an, mfd. deg-en), Dor-n, Haf-en, Har-n, Merg-en, Ofen,
Reg-en, Seg-en, Wag-en, Zor-n, Zwir-n. Biele andere find un-
organifch, d. h. ihnen kommt das n eigentlich nicht zu: Balfe-n,
Bade-n, Boge-n, Brate-n u. a. m,
2) Starte fem. find nicht zahlreich und dabei fchwer zu erfen-
nen: Ab-ne (ahd. ak-ana), Stim-me (ahd. stim-ana, stim-na,
stim-ma), Stir-ne; für Ferf-en (ahb. vörs-ana, mhd. vörs-en)
ſteht jetzt Kerf-e.
3) Starke neutra. Ihre Zahl Hat nhd. abgenommen: Ror-n
(goth. kaur-n, ahd. chor-n, mhd. kor-n), Eif-en, Ger-n, Hor-n,
Lal-en!), Leh-en, Wapp-en (moneben weiblich Me Waff-e, fo wie
bie Wolf-e ahd. neutra wäf-an, wolh-an),. Zeich-en.
4) Shwadefem. auf-ant werben eigentlich nur von Adjectiven
Geleitet, find aber nhd. nicht zahlreich: Eb-ne (ahd. Ep-ani, mhd.
öb-ene) 2).
5) Starfe neutra auf -ani, wobei Jedod das a oft ſchwin⸗
det: Hiren (ahd. hir-ni, mhd. hir-ne), Gehör-n, Gebör-z,
Geftr-n?).
Anm. 1. 2aten (ahd. lahban, nibd. lachen) ſteht bei Goethe (Tod⸗
—E anrga : Geh, Hole dir einen der Laken, was wol nur Pro⸗
i
Anm. 2. Das aus ver Partikel gag-en, gog-on im 14. w. 15. Jahrh.
gersgene Subſtantiv geg-ene lautet jegt Geg-end, $. 136:
nm 3. Stern war ahd, ster-no, ein ſchw. masc.; das sub, ster-ne
{ bei Einigen ſchon flarkformig ster-n.
db) Adjeetive.
$. 58.
Die neuhochd. Adjective dieſer Ableitungsform find nicht zahlreich:
Eb-en (got. ib-ns, ahd. Ep-an, mhb. Eb-en), eig-en, off-en,
trocken. Zur zweiten Declination gehört das Adjectiv
fir-n (got. fair-nis, ahd. vir-ni).
— 4 —
Anm Truuf-en (ahd. trunk-an, mho. trunk-en) ift kein eigentliches
Adjeetiv, fondern ein Partic. Präter., wird aber als Adj. gebraumt.
“ c) Berba.
$. 99.
1) Erſte ſchwache Konjugation. Hierhin gehören: Rech-
nen (goth. rah-njan, ahd. rahh-anjan, mhd. rech-en), begeg-nen,
- Ter-nen, Teug-nen, erwäh-nen, zür-nen, zwir-nen,
2) Zweite ſchw. Conj. Berba diefer Eon. werben oft aus.
Adjectiven diefer Form ($. 58) gebildet, wo dann das -en in der
Ableitung bleibt: Eb-nen (goth. ib-njan, ahd. öp-anön, mhd. Eb-
enen), Öff-nen, reg-nen, waff-nen, war-nen, trod-nen, aneig-nen,
zeich-nen. |
3) Dritte fhw. Eon. bietet nur Ler-nen (afd. lir-nEn,
mbd. lör-nen).
‚Anm. Die 3 Conj. giengen im Laufe der Zeit mehrfach in einander über.
Im Goth. gehen ib-njan, laug-njan, rah-njan, rig-njan (eben, leug⸗
nen, rechnen, regnen) nach der 1. Conj.; im Abd. und Mpd. nur noch
louk-anjan, rahh-anjan; loug-en, rech-en, während Ep-anön umd
rek-anön, &b-enen und rög-enen in die 2. Eonf. übergegangen find.
HR.
$. 60.
Im Goth. und frühern Althochd. fleht -in; das fpätere Alt-
hochd. wie das Mittelhochd. haben die Verbännung in -en; uhd.
gilt -en ober tieftoniges -im. nn
a) Subflantive. ZZ
0 6. 61.
1) Starfe fem. find uhd. ſehr zahlreich, da fie durch Motion
(Geſchlechtsabwandlung) von vielen masc., befonders denen auf -er
($. 129) gebildet werden fünnen, wobei immer tieftoniges -in gift,
das die gemeine Volfsausfprache zuweilen in tonlofes -en verän-
dert: Bär-in (ahd. pir-in), Wirth-in, Rönig-in 20.) Die mit-
telhochd. fem. 1. Deck. haben das -en ganz mweggeworfen: Rüge
(ahd. lug-ina, mhd. lüg-ene), Kett-e, Küch-e, Mett-e, Schell-e u. a.
2) Starfe neutra find in feinem Dialelt zahlreich: Bed-en
(ahd. pecch-in, m$d. beck-en), Mäd-chen (ahd. makad-in).
Anm. 1. Einige fchreiben -inn für -in ($. 129). Schon mhd. ſchwan⸗
ten fem. der 4. Deck. zwifchen -in und -in, ja gehen häufig in die
Form -inne über.
n
b) Berba.
$. 62,
Zweite ſchwache Conjugation: Die-nen (ahd. dio-nön, -
wol verfürzt aus diow-inön, mhd. die-nen), ordnen,
s
233 "
—— — — —
+
nm N ören hierher, die nm Das n vor en ausgefioßen haben:
a pip-inön, mhd. bib-enen), bürp-en * purd-
inön, mh. bürd-en), feft-en, befeftigen (ahd. vest-inon, mhd. vest-
en), weid-en (ah. weid-inön).
Ein.
$. 63,
Gotbiſch ſteht -ein, althochd. -In, fpäter -en, mittelhochd. -In,
-en, neuhochd. -en; eine bauptfächlich im Adjectiv fruchtbare Ab»
leitung, früber fehr wenigen Subflantiven und gar feinen Berbis
eigen. Im Neuhochd. fehlen auch die Subflantive, da uns das go⸗
thiſche all-eina jeßt Elle lautet und fi felbft ein althochd. ell-ina
nicht beweiſen läßt. |
4
Adijeetive.
§. 64.
Sie werden in der Regel von einem Subſtantivum geleitet und
bezeichnen etwas daraus Beſtehendes oder Gemachtes; zuweilen tre⸗
ten jedoch auch andere Bedeutungen ein. Neuhochd. iſt dieſe Ablei-
tung beſchränkt, auch formell geſunken; dem mittelhochd. -in ent⸗
ſpricht kein -ein, ſondern -en, bei vorausgehendem Bildungs - x
bioßes -n. Derlimlaut Hört auf, Beifpiele find: Silber-n (goth.
silubr-eins, ahd. silipar-in, mhd. silber-In), ei-en, tann-en, gold-
en, eijer-n, eber-n, fupfer-n, metall-en, ird-en, woll-en, feid-en;
Yein-en, lederen, banf-en u. a. — Mit paragogifchem (ablei enbem)
Plural -er und davon abhängigem Umlaut find geleitet: Hölzer-n
(ah. hulz-in, mhd. hülz-in), dörner-n, hörner-n, bretter-n gläfer-n.
— Diefe -er-n fowol als die in filb-er-n, Eupf-er-n u. a. für
„ern nehmend, bat man mißgegriffen und ein morganiſches: Stein-
ern (ahd., mhd. stein-in), bein-ern, thön-ern, wächſ-ern, flädhf-
ern, flähl-ern, für bein-en, flein-en ıc. eingefüßrt.
. Anm. 1. Biele find abgeflorben, z. B. es läßt fih wicht mehr fagen:
blumen (mhd. blIuem-in), rofen, linden, difteln, feuern 2€,,
eben fo wenig von Thierfleifh und Pelzwerk ein ſolches Adi. brauchen,
Nur oberveutiche Volksdialekte haben in dieſem Sinne: Iämmern,
tälbern (mhd. kelber-in), ſchäfen (ahd. scäf-in, mhd. schz[-in)
ſchweinern ıc. behalten.
Anm. 2. Diefe materiellen Adj. find fo zu fagen fubftantinifcher, als an⸗
dere Adj., leiden deshalb feine eigentliche Steigerung und geftatten
auch keine Apverbien. Wenn wir im Leben mitunter hören: ver Gol⸗
denfte, oder: fih Hölzernbenehmen, fo fönnen wir diefe Ausdruckswei⸗
fen nicht als gut veutfche anerkennen. Die fpätere Sprache läßt fie da⸗
ber als etwas zu Rohes nern fahren und bevient fih ſtatt ihrer einer
Zufammenfetung; das mbr. vronwine hende, vrovwiniu schar brüden
wir nhd. aus : Brauen- Hände, Frauen⸗Schaar.
Ableitungen mit V, ahd. IR, nhd. B.
§. 65.
Ableitungen dieſer Form find in ber älteren Sprache gangbar
und erfenntluh, in ber neueren verwilcht und abgeflorben; ſchon im
Althochd. macht die vocafifche Aufldfung des w Schwierigkeiten. Das
ablettende v falkt in der neueren Sprache haͤufig weg oder verfärtet
fih in b.
AR.
$. 66.
Im Goth. iſt der Bocal überall gewichen, ahd. oft erhalten,
wenn auf Das w Flexionsvocale folgen, fonft mit dem w in o ver⸗
ſchmolzen. Neuhochd. verwandeln fih, wie bereits bemerkt, Pie ge⸗
bliebenen w im: b, (worüber die Lehre von den Buchſtaben weitere
Auskunft gibt).
a) Subftantive.
$. 67.
1) Starte fem. Hierhin gehören: Far-be (ahd. var-awa,
mhd. var-we), Nar-be, Schwal-be ?).
2) Starfe neutra find in feinem Dialekt zahlreich. Das
der Ableitung nach hierher gehörende Mehl hat im Gen. Mehls,
nicht a es (ahd. mel-o, mel-awes, mhd. mel, möl-ewes und
möl-wes).
3) Shwade fem. Dahin gehört nuhd. das Faum fo fehei-
nende Sehn-e (ahb. sän-awa und sän-ewa, mhd. sön-ewe).
Anm. 1. Früher gehörten auh Matt-e und Schatt-e Hierher (af.
mat-0, gen. mat-awes, Scat-a, gen. scat-awes); ſchon mho. iſt die
Ableitung verloren. '
b) Adjective
| 6. 68.
Bon der erften Declination gehören hierher: Jar-b (ahd.
var-0, var-awer, mhd. var, var-wer), gel-b, fal-b (neben fahl),
aber kahl (nicht Fal-b). oo
c) Verba.
6. 69.
t) Erfie ſchwache Conjugation. Dahin kann man rech⸗
nen: Ger-ben (ahd. kar-awan, mhd. ger-wen), fär-ben, wöl-ben;
aber fhatt-en, nicht ſchatt-ben (goth. skad-vjan, ahd. scat-awan,
mhd. be-schat-wen). Ä -
2) Zweite ſchw. Coni. Dahin gehört ver-nar-ben (ahd.
nar-awön?) und vergel-ben (mbb. ver-göl-wen).
“ AB und UV.
$. 70.
Dieſe Ableitungsformen find in allen Dialeften von ganz be-
fepränftem Umfang. Zur erflen Form gehört das nhd. Mil-be
(ahd. mil-iwa, md. mil-we); zur zweiten Bit-we, nicht Bit-
1
Ge, wol aber veraltenb Wittid (got. ſchwankend vid-uvö und vid- °
övö, ahd. wit-awa ober wit-owa? mhd. wit-ewe und wit-we).
Anm. Die Form ev erfiheint wur im goth. al-Ev (Deh, dem aber
her a beit entſpricht, da es ol-i, Gen. ol-jes, ol-es, mho. und
nhd. Del Heißt.
Ableitungen mit ©.
, $. 71.
Hier tritt der eigene Fall ein, daß ſich in gewiſſen Conſonanz⸗
verbindungen viele abfeitende t erhalten haben, die ber gewöhnlichen
Fautverfchiebung widerftreben, d. h. dem lat. t entfprechen, nicht dem
lat. d. Sie bleiben auch im allen beutfchen Dialeften unverrüdt,
d. h. folche goth. t werden Feine hochdeutſchen z, 3. Bon ihnen find
bie andern t, welche der Lautverfchiebung folgen, forgfältig zu trennen.
. Goth. = ahd. T nhb. T.
"872
Die Ableitungen finden biex flatt in den Berbindungen fi, st, ht
(uhd. ht), deren erſter Eonfonant offenbar zur Wurzel oder zu einer
Pa Ableitung gehört. Das t bewirft aber eine Ablei-
tung, jei e8 bie exfte oder bie zweite, und darf nie zur Wurzel ge-
rechnet werben.
—-%.
a) Subflantise.
6. 73.
-4) Starte masc. Hierher gehören: Schaf-t (ab. scaf-t, mhb.
schaf-t), Duf-t, Haf-t, Lauf-t (nurnoch im Plur. Zeitläufte und im
Adjectiv weitläuftig), Manf-t (nur noch von ber Brotrinde), Sof-t,
Syuf-t').
2) Starte fem. Hierher gehörn: Rotb-burf-t (gothiſch
thaurf-ts, ahd. duruf-t, durf-t, m$d. durf-t), Brunf-t (neben dem
‚üblicheren Brunf-t), Gif-t nur in den Zuſam. Abgif-t, Bitgif-t,
Daf-t, Araf-t, Huf-t und endlich Hüf-te (flatt des ahd. und mhb.
uf), Runf-t, Ab», An, Zu-tunf-t, Oruf-t, Klufet, Luf-t, Nunf-t
(nur in Vernunft); Zufammenfegungen mit -fhaf-t5 Schrif-t, Ab⸗
JZu · ſchriſet, Trifet, Zunf-t.
3) Starke neutra fehlen ahd. Aus dem Neuhochd. merke
man: Gif-t (mhd. gif-t), Stif-t, Werf⸗t.
4) Starke fem. auf -fti. Hierher gehört wol bie Sänf-te,
(ahd. senf-ti, m$d. senf-te); das Wort ift in der Bedeutung Sanft-
heit veraltet und bezeichnet jeßt nam noch einen verfchloffenen Stuhl,
worin mas fanft getragen wird.
5) Starfe neutra auf -fti: Def-t(mbb. koi-te), Geftüf-t.
28
Anm. 1. Schuftzfheint nit oentſs, fehlt im Ahd. und Myd.,
gehört vielleicht zu ſchuppen, ſtoßen.
Anm. 2. Bei den Ableitungen dieſer Form fehlt nhd. oft das t, z. B.
Sumpf, Ruf, Lauf (ahd. sumf-t, hruol-t, hloul-t), . iz
b) Adjective,
6.7 _
Deren find in allen Dialelten fehr wenige. Hierhin ‚gehören
uhd. das in vielen Zufammenfeßungen vorlommende Haf-t (goth.
haf-ts, ahd., mhd. haf-t), ferner fanf-t (ahd. samf-ti, mbd. senf-te).
c) Berba.
6. 795.
1) Erfte ſchwache Eonjugation: Hef-ten (got. haf-tjan»
ahd.uhef-tan), vergif-ten, Tüf-ten, fchäf-ten, flif-ten.
2) Dritte ſchwache Conj. Hierhin gehören: Haf-ten (ad.
haf-ten, mhd. haf-ten) und duf-ten.
S-T.
$. 76.
Das s gehört zur Wurzel, ſei es nun ſchon rein in Ihr enthal⸗
ten, oder entwidele es ſich aus einer andern wirzelhaften Lingualis.
Hiervon iſt -st zw unterfcheiden, wenn es burch einen Bocal von
der Wurzel getrennt ifl, 3. DB. ern-ust (Ernſt), wovon weiter unten
($. 139) die Rede fein wird. |
a) Subflantive.
$. 77.
1) Starte masc. find ziemlich zahlreich: Af-t (goth. as-t-s,
ahd., mhd. as-t), Baf-t, Dunf-t, Durf-t, Forf-t, Frof-t, Gaf-t,
Geif-t, Horf-t, Berluf-t, Maf-t, Mif-t, Rof-t, Trof-t, Gewinf-t,
(neben Gewinn), Banf-t, Wuf-t, Zwif-t.
2) Starfe fem. Hierhin gehören: Bruf-t (goth. brus-t-s,
ahd. prus-t, mhd. brus-t), Brunf-t, Fauf-t, Frif-t, Gunf-t, Haf-t,
Koi-t, Uf-t, Luf-t, Raf-t, Schwulf-t, Wirf-tz Wüf-te (ahd. was-ti,
mhd. was-te, wuos-te).
3) Starfe neutra: Nef-t (ahb., mhd. näs-t), Fef-t.
A) Starfe neutra auf -i: Gerüf-t (ah. kirus-ti), Geniſ-t
(mhd. genis-te), Gefpenf-t, Gefpinf-t.
5) Shwade masc.: Huf-te-n (ahd. huos-to, mhd. huos-te).
6) Schwache fem.; Gerf-te (ahd. körs-ta).
_ b) Adjective, |
Diefe find in keinem Dialekt zahlreich. Nhd. gehört Hierher das
Ani. fei-t (goth. fas-tis, ahd. vos-ti).
⸗
⁊
x
x
0) Berba.
Ä 6. 78.
1) Erſte ſchwache Konjugation. Dazu gehören: Dürf-
ten (ah. durs-tan), leij-ten, mäf-ten, ver-wüf-ten.
2) Zweite ſchw. Eonj. Hierher. gehören: Nif-ten (abe.
nis-tön, mhd. nis-ten), frij-ten, faf-ten, raf-ten, Iaf-ten, kof-ten.
— — T.
$. 79.
Das h hat Grund in der Wurzel und geht uhd. in dh über.
Von dem h-t iſt das ableitende, in ben früheren Mundarten noch
durch einen Vocal getrennte ht zu unterfcheiven,
a) Subflantive.
§. 80,
1) Starte maso. Kneh-t (ahd. chnäh-t, mhbd. kneh-t),
Dod-t und Dad-t, Berih-t, Schad-t, Speh-t, Verdach⸗t, Wich .
2) Starfe fem. (4. Dec) Machet (goth. mah-is, ahd.,
mhd. mah-t), Andach⸗t, Buh-t, Fluch⸗t, Frachet, Fruch-t, Gich-t,
Rach-t, Pach-t, Pflih-t, Prad-t, Schlach⸗t, Schluh-t, Suh-t,
Wuh-t, Inzih-t, Zuh-t. _
3) Starfe fem. (1. und 2. Deck.) mit notbwendiger Unter⸗
brüdung des e nah acht: Ach-t (ahd. ah-ta, mhd. ah-te), Ob»
— Kanal Seuh-te, Leuh-te, Rih-te, Schlich-te, Trad-t,
ah-t.
4) Starke neutra find faſt nicht nachzuweifen, außer Reb-t
(ahd., mhd. reh-t). -
5) Starte neutra (2. Deck.) finden ſich in allen Diafekten,
obwol nicht gerabe zahlreich: Gefeh-t (ahd. kiveh-ti, uud cafeh-t,
mhd. geväh-te), Gedich⸗t, Gefleh-t, Gerih-t, Gerüh-t, Gefchleh-t,
Gefih-t, Sewih-t, Gezüch⸗t.
" Anm. In dem Worte Am-t (veraltet Amp-t erkennt man bie. alte
Ableitung nicht mehr; das Wort Iautet ahd. am-pah-ti, mhb. am-Bah-t,
am-beh-te, aber auch fon am-be-t.
b) Adfective,
$. 81. " ,
Zur erften Declination gehören: Rech-t (goth. ralh-ts, ahd.,
mhd. reh-t), geredh-t, eh-t1), geihlach-t, fchleh-t, fhlih-t.
Zur zweiten gehören: Leich-it (ahd. Iih-ti, myd. Ih-te), dih-t, _
feuch⸗t, ſeich-t.
Anm. 1. Echt (oft Acht: geſchrieben) gehört zu Ehe (ahd. Ewa, cha)
und bebeutet gef — 5 | g, Ober Tus 3 ahd. Ar = Gubftanz,
genwe en.
— 3090 —
c) Verba.
§. 82. |
1) Starke Coningation. Hierher gehören nur: Fech-ten
(ad. veh-tan) und flech-ten (ahb. vish-tan).
2) Erfie ſchwache Eon. Dahin gehören: Rich-ten (goth.
ga-raih-Ljan, ahd. rih-tan, iihd. rih-ten), äch-ten, vernich-ten, fürd-
ten, fchlih-ten. "
3) Zweite ſchw. Conj. Ach-ten (ahd. ah-tön, mhd. ah-
ten), dich-ten, befrach-ten, rech-ten, fih-ten, ſchlach⸗-ten, trach-ten.
Anm. Dur Vertauſchung ver Confonanten haben wir ſachte neben
fanft und Nichte (für Nifte) neben Neffe,
U. Goth. &, = ahd. 8. = nhb, 3.
$. 83.
Hier müſſen die drei vorſtehenden Vocale unterſchieden werden;
das Althochd. zeigt in der Regel, wenn der Ableitungsvocal ausge⸗
worfen ft, härteres z, wenn er vorſteht, weicheres 3; uhd. ſchwau⸗
Ien z, tz, ſ, ß, ſch.
AT.
§. 84.
Der Vocal hat ſich im Goth. und Althochd. und in uhd. Volks⸗
mundarten hier und da erhalten.
a) Subſtantive.
$. 8. |
1) Starte masc. find in allen Dialelten vorhanden, Hierher
gehören: Glan-z (abe. klan-z, mhd. glan-z), Bol-z, Pil-z, Fil-z,
von-z, Schmel-;, Schmer-39), Schwan-z, Stol-3, Stur-z, Tan-;.
2) Starfe fem. etwa nur Wur-z (gotp. aur-ts, abd., mhd,
wur-z) unterfchieven von Wur-zel (gofh. vaur-is, ahd. wur-za) ?).
3) Starfe neutra: Sal-; (geth. sal-t, abd,, mhb. sal-z),
Har-3, Hol-3, Mal⸗z, Schmalz; aber DIR ſtatt Db-8, Ob-F und
Sam-s-tag flatt Sam-B-tag (ahd. op-a3, samb-az, mp. ob-e3,
samb-e3-tac). .
4) Starfe neutra auf -ati: Er-; (abd. Er-ezi, md. är-ze
ed Gehöl⸗3. — Mil-z (afd. mil-zi, mho. mil-ze) ift jett
weiblich.
5) Shwade Tem. fnb: Min-ze (ahb. min-za, mfb. min-ze)
Sen-je ‚ Lef-ze (unorganiſch für Lef-fe), Pflan-ze, Stel-ze, Sül-ze,
an-ze, War-ze. M kur
6) Schwane neutra. Slerher gehört bad einzige Wort Her,
goth. hair-tö, ahd. hör-za, mhb. hör-ze).
— 31° —
® s & { 4 ẽr | “ y s
Anm ds E merꝛ (imhd. emör-ze) geht tm Par ſchwach fruͤher
Anm. 2. Vielleicht gehört hierher auch das num in Geſchlecht und Form
abweidende Worm-8 für Worm-P, ahd. worm-as, mhd. worm-.
03, wo dann fogar der ableitende Bocal ſich fände.
b) Adjective.
$, 86,
Sind in feinem Dialekt zahlreich: Schwar-z (goth. svar-ts,
ahd. suar-z, mbd. swar-z), gan-z, fur-3, flol-35 wol auch das dop⸗
pelte Ableitung bietende ein-z3-eln (mbb. ein-zel), oben $. 35.
c) Berba.
$. 87,
1) Erſte ſchwache Konjugation: Schmel-zen (ahd. smel-
zan, mhb. sm&l-zen), ergän-zen, glän-zen, für-zen, fchür-zen, ſchwän⸗
zen, ſchwaͤr⸗zen, wäl-zen, wür-jen,
2) Intenfiva auf -atjan. Der organifche Ableitungsvocal
ift a, geht aber althochd. oft fehlerhaft in i über; mittelhochd. neh⸗
men biefe Bildungen ab und find auch ohne ableitenden Vocal; neu-
hoch. tritt oft unorganifcher Umlaut ein: Kräch-zen (ahd. krocc-
azan), äcd-zen, bli-tzen (für blil-zen), du-gen, duf-fen (für bul-
un en verhun-zen, jauch zen, lech zen, mal-fen (für mul-
zen), Ichluch-gen )). ' Ä
53) Zweite ſchwache Conjug.: Fal-zen, fal-zen, fihmal-
zen, fchnal-zen, tan-zen.
Anm. 1. Die Bollsmundart befigt weit mehrere, 3. B. gan-zen, ſpei—
zen (fpuden, fpeien), namentlich pie bairifche, und zwar ohne Umlaut
and mit erhaltenem Bocal: ach ezen, du-ezen, glud-ezen,
himmel-ezeu u.a. Die öſterreichiſche braucht no -azen: ah -as
en u. a.
IT.
§. 88.
Dieſe Ableitungsform iſt von geringem Umfang. Dahin gehs⸗
ren wol die Subflantive: Kürb-iß (ahd. churp-iz3), ſtreb⸗ für
Krebeß (ahd. chrep-iz), Bim-s für Büm-P (eutflellt aus dem
Iatein. pumex, ahd. pum-i3), Pfip-s und Pip-s (afd. phiph-i3),
Pel⸗z (latein. Urfprungs, mhb. pell-e3).
Anm. Undeutfch iſt aup Mün-ye (add. mun-iza); Grenze (Gränze)
{ft mhd. noch unerhört und flammt vielleicht aus dem ſlaviſchen gra-
niza. Im 16. Jahrhundert findet man häufig die Form Gränitze.
BR. -
6. 89,
Auch diefe Ableitungsform bietet aur einige Subflantive: Hir-Tch
ſtatt Hir-B (goth. wol hair-uts, ahd. hir-uz, mhd. hir-3, fpäter
— 32 —
hir-z), Horn-if (ahd., mho. horn-uz), Bin-fe fir Bin-ße
(ahd. pin-uʒ, mho. bin-3), Trib-ut (ahd. trib-u3 nach dem latein.
tributum). —
Anm. 1. Für Hirfch findet ſich noch in Büchern des 16. Jahrh. das
richtige Hirß; fo findet ſich in denſelben auch wir ß (wirſch).
an m 2. m Beif J ß rang, F arteimisia) re eine
u enfetung mit Fuß, was nad dem . pip-v3 falſch iſt; das
a heine. übeigene undeutſch zu fein. ade. PIP-D3 1 da
- Anm. 3. Wabrſcheinlich gehört Hierher auch der Fifchname Elr- itze,
yon einer alten (angeli.) Form äler-uta.
Anm. 4. Die Ableitungsform ait ift noch problematifch, da nur drei
Wörter als Stüße dienen, wovon zwei nhd. find: Am-eitfe für
Am-eiße (ahd. am-eiza, mhd. am-eize), im Volksdialekt zumellen
Em-e$e, und Erb-fe (ahv. araw-eis), im Volksdialekt Arb-eis
(fo ui Zůchern des 16. Jahrh.) Erb-eis, Arb-es, Erb-es
und r =
Ableitungen mit goth. D, ahd. T, nhd. D, X.
| $. 90. U
Die voransftehenden Voeale find a, i, u. Für die uhd. Sprache
ft jedoch nur bie erſte Form (ad) von Bedeutung und hier fällt
überall, ſelbſt im Althochd. der Vocal heraus. Im Neuhochd. haben
ſich die mittelhochd. inlautenden nd, Id auch der Auslaute bemäch-
tigt, doch dauern noch einige -It und die meiflen -rt.
a) Subftantive.
U u 6. 91, _
1) Starfe masc. find: Hun-b (goth. han-ds, ahd., mhd.
hun-t), Bar-t, Bran-d, Grm-d, Her-d, Hir-t, Hor-t, Or-t, Ran-d,
San-d, Schil-d, Spal-t, Stran-d, Tan-d, Wal-d, Win-d, Wir-t.
2) Starte fem. find: Ger-te (ahd. ker-ta, mhd. ger-te),
Her-ve, Schan-de, Schar-te, Stun-de, Sün-de, War-te, Wun-de,
Han-d, Ar-t, Schul-d, Gewal-t.
3) Starfe neutra find: Wor-t (goth. vadr-d, ahd., mhr.
wor-t), Ban-d, Gel-d, Kin-d, Lan-d, Schwer-t, Zel-t.
4) Shwahe masc. nur: Gar-ten flatt Gar-te (got.
gar-da, ahd. kar-tu, mhd. gar-te). |
5) Shwade fem. find: Bin-de (ahd. pin-ta, mhd. bin-de),
Lin-de, Rin-de, Win-de,
b) Abjectiye.
$. 92.
Sind in keinem Dialekt zahlreich: Blin-b (goth. blin-ds,
ehr. plin-t, mhd. 'blin-t), al-t, bun⸗t, bar-t, kal⸗t, wun-b, zar-t.
S. 83.
1) Starke Conjugation. Hier beſitzt die frühere Sprache
mehrere, die nhd. verloren find. Wir haben noch: Hal-ten (goth.
hal-dan, ahd. hal-tan, mhd. hal-ten), gel-ten, bin-ben, fin-ben,
ſchwin⸗den !).
2) Erfie ſchwache Konjugation. Dahin gehören: blen-
ben (gotb. ga-blin-djan, ahd. plen-tan, mhd. blen-den), gür-ten,
här-ten, jchän-den, verfihwen-den, wen-ben, zün-ben.
3) Zweite und dritte fhw. Conj. Ber-wun-den (goth.
vun-dön, ahd. wun-tön, mhd. verwun-den), al-ten, ahn-den, en-den,
erbar-ten, fün-den, war-ten. "
Anm. 1. Hierhin gehört auch unfer im Präf. ganz veränvertes fliehen
(goth. stan-dan, ahd. stan-tan, mhd. stän).
Anm. 2. Zur Ableitungsform id gehört wol. das Wort Hech—t (ahd.
hehh-it, hech-it, mhv. hech-et). — Zur Form ud gehört wahrſchein⸗
lich das Adj. nad-t (ahd. nahh-ut, mhd. nack-et flatt nach-et); im
Goth. gehört das mit dem Ableitungspocal verfehene naqv-aths zur fol«
genden Form ath.
Ableitungen mit goth. Th, ahd. D, nhd. D, T (Th).
ATS.
$. 94.
Das a ift im Both. noch erhalten nad Lingualen und Gultn-
ralen, im Althochd. nach Outturalen und zuweilen nad) 1, n; mhd.
ſteht mitunter e, oft fehlt aber auch dieſes; nhd. iſt der Vocal ganz
geſchwunden.
a) Subſtantive.
$. 9.
1) Starte masc. Dahin gehören: Mun-d (goth. mun-Ihs,
ahd. mun-d, mhd. mun-t), Dra-t (Draht), Marl-t, Diu-th, Schlo-t
(und Shlo-t), To-d, Vog-t1). Zahn (ohne Lingualableitung, ahd.
zan-d, mhd. zan-t und zan).
2) Starke fem. find: Er-de (goth. air-tha, ahd. Er-da,
mbd. ör-de), Ona-de; Mag-b (goth. mag-aths, ahd. mak-ad, fpäter
mag-at, mbd. mag-et, mei-de, mei-t), Brau-t, Bru-t, Gebur-t,
Flu-t, Glu-t, Na-th, No-th,. Sa-t (Saa-t), Tha-t, Zei-t.
3) Starfe neutra find: BIu-t (goth. blö-th für bloh-ath ?
ahd. pluo-t, mhd. bluo-t), Gol-d, NRin-d, Lich-t (goth. liuh-ath).
4) Starke fem. auf -athi: Hei-de (goth. häi-thi, ahd.
hei-di, mhd. hei-de), Bür-be, Yul-b.
5) Starfe neutra auf -athi: Bil-d (ad. pil-adi und
affım. pil-idi, mhd. bil-de).
Kebrein Srammatit, I. 2. 3
—s 34 ——' ⸗
b) Adjective.
$. 96.
1) Erſte Deelination: Kungd (goth. kun-ths, ahd. chun-t
für chun-d, mhd. kun-t), fal-t (in manigfalt), Tau-t, geſchwin-d,
to-dt, wer-th. on :
2) Zweite Deck: Frem-d er: fram-athis, ahd. vrem-idi .
affım. für vram-adi, mbd. vrem-ede), Iin-b, wil-b, mü-be,
co) Verba.
$. 97.
Dabin gehören etwa: Kun-ben und Fün-ben in Zuſammen⸗
fegungen (goth. ga-sv&-kun-thjan, ahd. chun-dan, mhd. kun-den),
brü-ten, nö-then (jet mehr nö-thigen), ſen-den.
. ITS.
$. 98.
Der Vocal haftet im Both. und Althochd.; uhd. if er geſchwun⸗
ben. Der Umlaut tritt in Wurzeln ein, die feiner fähig find.
a) Subftantive. .
689.
1) Starfe masc. Dahin gehört nur Hel-d (ahd. hal-id,
hei-id, mhd. hel-et).
2) Starte fem. find goth. zahlreich; ahd. fleigt ihre Zahl
noch, mhd. nimmt fie ab, nhd. noch mehr: Gebär-de (althochd.
kipär-ida, mhd. geber-de), Sreu-be, Gier-be, Begier-be, Bemein-de,
Behör-de, Lieb-de (bloß in Titulaturen), Befchwer-be, Zier-be ).
3) Starfe neutra. Dahin gehört nur Haup-t (gothiſch
häub-ith, ahd. hovp-it für hovb-id, mhd. hovb-et) ?).
4) Starfe neutra auf -ithi fehlen im Goth. Hierher ge⸗
hören: Hem-d (ahd.hem-idi, mhd. hem-ede), Gebäu-de, Gebräu-de,
Geböf-te (für Geböf-be), Gelüb-de, Gemäch-te (für Gemäch-de), Eh⸗
gemäcdh-te nur provinziell (aber das ahd. Wort ki-mahh-idi), Ge-
mäl-be, Gefchäf-t (Gefchäf-te für Gefchäf-be), Getrei-be,
Anm. 1. Bücher des 16., 17. Jahrh. gewähren no andere: Erbärm-
de, Wärmbaede, Krümb-de u. a. Heutige Bollsmundarten ente
alten ihr gehen, Die niederheſſ. z. B. Breiti-ede, Höch-be,
Anm. 2. Haupt fieht für aub-ed, im 16., 17. Jahrh. zumeilen
unit —X — — des Umlauts. Sr
b) Verba.
| F. 10.
Verba diefer Form find fehr ſpaͤrlich: Be⸗, enthbaupten vom
ahd. hovp-itön (für houp-idön), d. h. ein Haupt Haben.
— 48 —
AITS.
810.
Diefe Ableitungsform iſt fchon in der älteren Sprache von ganz
geringem Umfang. Nhd. gehört Hierher nur Arb-eit (goth. wol
arb-äiths, ahd. arap-eit für arap-eid, mhd. areb-eit). In Bolle-
dialekten heißt es mit richtigem Gefühl des Wurzel- und Ableitungs- .
vocales Arb-et und Erb-et.: Vgl. Ameife und Emeße oben
$. 89. Aum. 4.
OOTG.
Subſtantive.
$. 102.
1) Starfe maso.: Mon-at (goth. men-öths, ahd. män-öd,
mhd. män-öt), Zter-at!).. .
2) Starfe fem.: Arm-ut (nicht mit Muth aufammengefegt)
ift aufdem Fuß von De-muth, Groß-muth geblieben ?); Heim-
uth iſt wieder aufgegeben und dafür Heim-at?) eingeführt, wie
“ Zier-at. Zur zweiten Dec. gehört Einö-de (ahd. ein-Ööti
(neutr.) für ein-ödi, mhd. ein-oete).
3) Starte neutra. Dahin gehört Klein-od (ahd. chlein-
ödi? mhd. klein-oede).
Anm. 1. Ein abo. zior-öd ift nicht nachzuweiſen. Bielleicht dachte
man R9 Zier-rath wie SHaus-ratp? Mhd. führt Ziemann
zier j
Anm. 2. Das Wort Armut (wofür man in ver Volksſprache oft das
richtigere Arm-et, Erm-et, Arm-ebei, Erm-edei hört) Yautet althochv.
aram-Ödi (neutr.), mhb. arm-uot, gen. arn-uetes (masc.), gen. arm-
nete (fem.). Schon ahd. zeigt fich zumeilen die fehlerhafte Form ara-
mödi, ara-möti, als ein Compof. mit muot, da ſich doch kein Ani.
ara findet. Im Mhd. dachte man ebenfalls an eine Compoſ. mit muot,
was Manche auch im Nyhd. thun. Man fieht den Unterſchied deutlich,
wenn man Armut und Demuth, ahd. aram-Ödi und dio-muoti, mit
einander vergleicht, — Leffing (NR... 3, 3.) fagt: das Armut =
e Armen. .
Anm, 3. Die Bolksiprache fagt Heim-et und Ham-et. Goth. lautet
das Wort wol häim-öthi (neutr.), ahd. heim-ödi, mhd. heim-öde,
—5 heim-uete, woraus ſich das fem. heim-uot, hein-muot ent⸗
wickelte.
Ableitungen mit S.
$. 103.
Das goth. s geht inlautend über in z, bleibt jedoch mitunter
auch. In den übrigen Dialeften hat fich s häufig in r gefchwächt,
welches r von der organifchen Liquida ($. 41 f.) forgfam zu trennen
if. Neuhochd. wird ſ nach x in mehreren Wörtern zu ſch. Hier
finden ſich mehrfache Berührungen mit der Ableitungsform %, 3 _
2
3*
$. 104.
Nur im Both. und Althochd., doch felten, taucht der Vocal -vor;
in den übrigen Mundarten ift er ganz verwifcht.
a) Subflantive.
$. 109. |
. R\ Starfe masc. Hierbin gehören: Hal-8 (goth.,. ahd.
"hal-s), Fuh-8 (ahd., mhb. vuh-s), Bar-ſch, Bim-s8 ($.88), Buch-$,
Br-Ih, Flah-s, Flin-8, Gip-8, Lach⸗s, Luch⸗s, Stn-s, Zin-$ 5
Schöp-s (undeutfch, aus dem böhm. skopec).
2) Starfe fem. find: Ach-ſe (ahd. ah-sa, mhd. ah-se),
Drem-fe, Civeh-je (ahd. egidäh-sa), Far-fe, Fleh-je, Gem-fe,
Han-fe, Kir-Iche (undeutfh, vom latein. cerasum), Lef-ze ($. 85),
an-6. .
2 Starte neutra. Nhd. nur noch Wah-s (ahd., mhd.
wah-s).
4) Starfe masc. zweiter Deel. Hir-jen (ahd. hir-si);
Volksausſprache ift öir-Iüe und Her-Iche.
5) Starfe fem. zweiter Deel. Lin-fe (ahd. lin-si).
6) Starfe neutra zweiter Deck, Öefim-fe, Gewäd-fe.
7) Schwache masc. nur Och-ſe (goth. auh-sa, ahd. oh-so,
mhd. oh-se).
b) Berba
$. 106,
1) Erfie ſchwache Eoningation. Nhd. dör-ren für
derren (abd. der-rjan für der-sjan, mhd. derren), ir-ren,
2) Zweite ſchw. Conj. R ap-fen (Bolfsausfprache rap-
fen), fum-fen. In gemeinen Dialeften noh: Bam-fcden,
ram-fhenu. a.
Anm. Adfective finden ſich nhd. kaum;: mor-fch (früher murfch
und fo noch in manchen Bolfspialekten) ift undeutſch, Tat. marcidus,
ital, marcio, hol. mors. Doc find Hierher zu nehmen, mit Uebergang
des 8 in r, die Adj. ir-re (goth. air-zis, ahd. ir-ri für ir-si) und
dür-re (goth. thaür-sus, ahd. dur-ri für dur-si).
IS,
a) Subftantive
$. 107,
Fehlen faft durchgängig: Fel-s (ahd. völ-is, mhd. v&l-s),
SIt-is (ahd. ulitiso) „Pip-s ($. 88) iſt latein. Urfprungs
(pituita);5 KReb-8 nur noch in der Zufammenfegung Reb-8-weirb
(ahd. chep-isa, mhd. keb-ese). — Apjective fehlen ganz.
Anm. Hierher gehören auch, die Flußnamen: Em-$ (ahb. em-isa),
En-$ (add. en-isa), Et-fch (ahv. et-isa); vielleicht auch einzelne
Pflanzennamen, wie Bil-fen (ahd, pil-isa), Hül-fe :
— 37 —
b) Verba.
$. 108,
Sind ahd. zahlreich, vermindern ſich mhd.; uhd. find etwa noch
vorhanden: Herr-ſchen (ahd. hörr-isön), glei-fen (für gleid-
fen, ahd. ka-lihh-isön, mhd. ge-lich-esen, glich-sen, d. h. gleich
tfun, ganz verſchieden von gleiß-en, glänzen, mbb. glizen),
grin-fen (für grim-fen oder grin-zen), win? en übrig im weiter
abgeleiteten win-feln, feil-Ihen; benam-fen iſt fein Schrift
deutſch. —
Anm. Unabhängig von dieſen Verbis auf -isön, -esen, deren s nie in r
übertritt, Teitet zumal die mhd. und nhd. Mundart theild von Compara⸗
tiven, .theild von dem Plur. neutr. (mit der Einfchiebung) Verba ab,
deren -irön, -ern dem -isön, begegnen würbe, wenn in ver älteren
Sprade ſolche Ableitungen ftattbaft wären. Nhv. aus Comparativen
und_fletS umlautend: Beff-ern (ahd. pe3-irön, mp. be33-ern),
ärg-ern, verfein-ern, Iind-ern, näh-ern u. a. Doch nicht aus fedem
Eomparativ Iaffen fie fich ziehen, 3. B. kein: fänft-ern, quagẽ
ern, verfüß-ern, zähm-ern. Aus Plur. neutr. (die ahd. und mhd. ſich
nicht finden) find gebildet: Bild-ern, bebänd-ern, blätt-ern, be=
geift-ern, räd-ern, beyöll-ern.
Ableitungen mit ®.
$. 109,
Nach der Tautverfihiebung eniſpricht dem goth. k ein latein. g,
dem latein. c aber ein goth.h oder g; in gewilfen Wörtern flimmen
jedoch goth. k, ahd. c und lat. c überein.
. Goth. K= ah. C = nhd. ES.
$. 110.
- Diefe Ableitungsform findet fich bloß in der Verbindung sk, wo
s ber Wurzel gehört, k die Ableitung macht. Ableitender Vocal
wifchen s und k findet fi) niemals. Im Neuhochd. gilt in ver
* Wörtern unorganiſches -fch für -s ($. 105.), of für -3
($. 89.), welchem durchaus Fein ahd. s-c eutfpricht.
a) Subflantive.
$. 111.
1) Starte masec. find: Fiſ-ch (goth. fisk-s, ahd. vis-c, mhd.
vis-ch), Bauſech, Buſech, Froj-h, Miſ-ch⸗maſ-ch, Tiſ-ch, Wild.
2) Starke neutra, nhd. nur Fleiſach (ahd. vleis-c, mhd.
vleis-ch).
3) Shwadhe fem. find: Af-che (goth. az-gö flatt as-ko,
ahd. as-ca, mhb. as-che, es-che), Flaſ-che, Taf-che.
— 38 —
b) Adjective.
§. II2.
— gehören: Frif-ch (ahd. vris-c, mhd. vris-ch), falf-ch,
enf-b, ral-
Anm. Die Ay. morſch ($. 106.), barſch, Harfch gehörm wol zu
fd, alfo mor ſch, bar-ſch, har-ſch.
c) Verba.
§. 113.
1) Starke Conjugation. Hierher gehören: Waſachen
Goth vas-kan), dreſ-chen (goth. thris-kan).
2) Erſte ſchwache Conjugation. Ihr fallen anheim: Löf-
chen (ahd. les-can, mon. les-chen), mif-chen, wif-chen, wünf-cden.
3) Zweite ſchw. Conj. Zu ihr gehören: Fif-den (ahd.
vis-cön), baf-chen, lauſ-chen, naf-hen, rauf-chen, tauf-Ken, auf
tif-chen, vertuf-den.
I. Goth. K= ahd. CH = uhd. PB md CH.
$. 114.
Statt der naturgemäßen ahd. Afpirata ch wird auslautend
überall, inlautend, fobald die Ableitungsoocale ausgeftoßen find, -h
gefchrieben, das nicht zu verwechleln ift mit dem organifchen h.
Mittelhochd. und neuhochd. häufiger Mebertritt biefes ch in k, nad
n immer, nach I und r meifl.
Aus.
$. 115,
Der Vocal haftet mitunter im Goth., im Althochd. mehren-
theils, außer nach Iumd nz nhd. findet ſich einigemal -ich für —ech.
a) Subſtantive.
§. 116.
| 1) Starfe masec. find: Bott-ich (ahd. pot-ah, bb, bot-
ech), Dan-f, Epp-ih 1), Fitt-ih, Schal-f, Schran-f, Schwan-H,
Geftan-f, Stor-d, © Strun-!, Tran-f, Trun-f, Win⸗k.
2) Starfe fem. find: Ar-fe und Arche (undeutfh, aus
latein. arca, goth. ar-ka, ahd. ar-ha, mhd. ar-ke), Bar-ke, Mar-Fe,
Trän-fe, Ban-f (ahd. pan-h, mhd. ban-c).
3) Starfe neutra nur; Bol-f (ahd. vol-h) und Wer-f?
(ahd. wer-ah, mhd. wer-c).
4) Schwade masc. find: Bal- Fe (app. pal-ho, mhp. bal-ke)ı
dal-le, Fin-ke. Fun⸗ke.
x
— 39 —
5) Schwache fem. nur: Ler-che (ahd. lèr-ahha, fpäter ler-
ıhha, mihd. lör-che).
Anm. 1. Daß — ich für -ech fiehe, zeigt der Unumlaut in Bott-ich,
denn Epp- ich entfpringt nicht aus app-ich, fondern Epp-ech, Die
Schriftſprache zieht das Compoſ. Epheu, d. i. Ep-beu, früher
ep-hovwe, vor. .
b) Adjective,
$. 117. ,
Hierher gehören: Blan-F (ah. plan-h, mhd. blan-c), flin-t,
fran-f, Fran-f, Iin-F, Schlan-E, ſchwanek, flar-F,. wel⸗k.
co) Berba.
$. 118,
1) Starfe Eonjugation, Hierher fallen: Trin-Len (got.
‚ drig-kan, ahd. trin-han), fin-fen, ſtin-ken.
2) Erſte ſchwache Coniugation. Zu ihr gehören: Tran-
fen (goth. drag-kjan, ahd. tren-han, mhd. tren-ken), den-ken,
dün-fen, Frän-Een, Ien-fen, mer-Fen, verren-Een, fchen-fen, fen-Een,
ftär-fen, wir-fen, Ä
3) Zweite ſchw. Conj. hr fallen anheim: Dan-fen
(abd.dan-hön, mhd. dan-ken), hor-chen, tun-fen, wan-fen, win-fen,
bin-fen, blin-fen, zan-Een. "
IR.
= Subftantive.
-$. 119.
1) Starfe masc. find: Kel-d (ahd. chel-ih), Eſſ-ich
een Effig, ahd. ez-ih, mhd. e33-ich), Mön-d, Rett-ic,
epp-Ich.
‚2) Starte neutra. Die Hierher fallenden Diminutiva auf -
-ihen, -hen fiehe $. 423.
3) Shwade fem. etwa: Kir-che (ahd. chir-ihha, mhd.
kir-che) ?), Bir-fe, Tün-che.
Anm. 1. Ueber die Bildung dieſes Wortes hat man gar verſchiedene
Ableitungen geltend zu machen gefuht. Grimm hält vie Ableitung
des chirihha aus chirc (fatein. circus) für vorzüglicher als die von
xrgraxn. Ausführlich fpricht über dieſes Wort eigand in feinem
Wörterbuch d. deutſch. Synonymen, der fir bie Ableitung aus xugıaxn
flimmt. .
Anm. 2. Apdfective fehlen ganz; von Berben bemerfe man etwa tün-
hen (ahd. tun-ihhön).
ur.
$. 120. “
Diefe Ableitungsform, die ahd. in -uh, fpäter in -ich und
— 40 —
-ech ſchwankt, iſt von geringem Umfang. Zu ihr gehören uhd. |
wol: Rran-ich (ahd. chran-uh, chran-oh, mhd. kran-ech, kran-ch),
Hab-icht (ahd. hap-uh) für Hab-ich; Mil-h (ahd. mil-uh)
und das Adjeetio mel-E (abd. möl-h) m frifhmel-E. Don
Berben gehört hierher: mel-Fen (goth. mil-kan).
Ableitungen mit & (ahd. x).
AS.
$. 121. |
Der Vocal haftet da, wo fich die Ableitung verbunfelt hat, felten,
und nur bisweilen im Althochd. nach r; im Adfectio aber, wo bie
Ableitung fühlbar iſt, meiftentheils; mhd. erfcheint in folchen Ad⸗
jectiven die Schwädhung -oc, die nhd. -ig geworben.
a) Subftantive.
$. 122,
1) Starte masc. find: Bal-g (goth. bal-gs, ahd. pal-c,
mhd. bal-c), Ber-g, Dran-g, Anfan-g, Gan-g, Han-g, Klan-g,
—— San-g, Sprun-g, —5 Stran-g, Schwun-g, Zwan-g,
Fwer-g.
2) Starfe fem. find: Sor-ge (goth.saur-ga, ahd. sor-aka,
mhd. sor-ge), Bur-g, Fol-ge ').
3) Starfes neutrum nur Din-g (ahd., mhd. din-c).
4) Shwadhe masc. find: Bür-ge (ahd. pur-igo, mhd.
bür-ge), Öal-gen. - | Ä
5) Schwache fom. find: Zun-ge (goth. tug-gö, ahd. zun-ka,
mbd. zun-ge), Lun-ge, Schlan-ge, Stan-ge, Wan-ge, Zan-ge.
Anm. 1. Das Subfl. Boyr-g (ahd. por-aka) iſt nur noch in einzel-
nen Redensarten gebräuchlich, 3. B. auf Borg geben.
b) Adjective.
$. 123.
Dunfler Ableitung find: Ar-g (ahd. ar-ac, mhd. ar-c),
. ban-g, en-g, jun-g, far-g, lan-g, firen-g.
Adjective der fühlbaren Ableitung -ag, die den Ableitungs-
voeal nicht fo Teicht wegwerfen, gibt e8 eine Dienge. Im Neuhochd.
bat fi, da fonft organifches i in vielen Ableitungen zu e verdünnt
if, diefer Vocal in den Ableitungen -ig (wie in Sich, -icht,
- in des Subſt.) erhalten, und ſelbſt in die -og, welche urfprüng-
lih -ao waren, eingebrängt, ohne jedoch bier den Umlaut nach ſich
zu ziehen. Kennzeichen find der Unumlaut und die Analogie des
Abd. und Mhd., wiewol diefe oft abgeht, der Umlaut aber von
ben Neuern willfürlih oder gar nach eingebildeten Gründen 1): gefeßt
und nicht gefett zu werden pflegt. Blut-ig (ahd. pluot-ac, mhd.
— 4 —
.
biuot-ec), art-ig, born-ig, buft-ig, burfi-ig, eifer-ig, falt-ig, farb-ig,
froft-ig, geiz-ig, grauf-ig, gehalt-ig, Heil-ig, Hunger-ig, klotz-ig,
laub-ig, Iufi-ig, mafl-ig, mann-ig (und manig, verkürzt man),
mutb-1g, ren-ig, fchatt-ig, traur-ig, wald-ig, zoru-ig u, a. m.?).
- Anm. 1. Es kann 3. B. nichts verfchlagen, ob das Subfl., von Wels
chem das Adj. hergeleitet wird, im Pl. umlaute oder nicht, und doch
Kr deshalb, fehlerhaft, Tangarmig, neben langhänpig
aufgeftellt.
Anm 2. Goethe fagt au Herzig, wohlig, unholdig (1. ©.
180. 185. 226.). Den offenbar neuen Bildungen aus Partikeln, wie
dort-ig, ob-ig, vor-ig, albt man feinen Umlautz; doc können
weder fie, noch alle ähnlichen unumlautbaren, z. B. bief-ig, auch
nicht die von den Pofleffiven geleiteten mein-ig, dein-ig ıc. a
organifhe ec» oder ic-Korm Anſpruch machen. — Ganz zu ver⸗
werfen iſt das Adj. ſchlechthinig, das fih bier und da, 3. B. bei
eh Framer:; „zur klafſſ. Walpurgisnacht“ (Zürih 1843) S. 13
ndet..
Anm. 3. 2. Tieck (Shakeſpeare's K. Richard 1, 2) fagt: Dein Aug’
erpreßte meinen (Augen) ſalze Thränen, was nicht nachzuahmen iſt.
co) Verba.
$. 124.
1) Starfe Eonjugation. Ihr fallen zu: Sin-gen (goth.
sig-gvan, ahd. sin-kan), drin-gen, zwin-gen, — —8W
— bin-gen, Fin-gen, ge-lin-gen, rin⸗-gen, ber-gen, fan-gen,
an-gen.
.2) Erfte ſchwache Conjugation bietet nur [hür-gen
(abd. scur-akan und scur-kan) d. i. floßen, herumftoßen.
3) Zweite fhw. Conf. zeigt die von Adi. flammenden:
Heil-igen (ahd. heil-akön), ein-igen, befleiß-igen, beleib-igen,
erlufi-igen, ermuth-igen, berub-igen, vergewalt-igen.
AG.
$. 12%.
Diefe Ableitungeform ıft nicht organifch. Falſches -ig entfpringt
aus organiſchem -ac, -ic, fo das nhd. Eff-ig (8.119); aus
organifhem -ang, -ing durch Auswerfung des n, fo Rön-ig
. (ahd. chun-inc, mhd. kün-ec), Hon-ig, Pfenn-ig neben dem
vichtigeren Pfenning.
EIG.
a) Adjective.
$. 126.
Ahd. -tc, mhd. ſchwanken -ic und -ec, uhd. -ig. Die Zahl
ber hierher gehörigen Adj. iſt fehr groß; verſchiedene kommen mhd.
noch nicht vor, z. B. bärt-ig, freud-ig, fäh-ig, güt-ig, präcdt-ig,
ſchmaͤcht⸗ig. fihmier-ig, fohwier-ig, wäfler-ig u. a. Umgedreht find
— 42 —
aber auch manche mhd. erloſchen: Bier-ig (mhd. bier-eo, latein.
ferax), frucht- ig, grüß-ig, rein-ig, züund-ig. — Umlaut fehlt no
in glaub-ig (doch au gläub-ig), geduld-ig, fehuld-ig, durchlaucht-⸗
ig, Eund-ig, falt-ig (auch fält-ig); mit dem Partic. Präſ. gebildet
it nur Iebend-ig, aber feiner echten Betonung beraubt. — Un⸗
prganifch, d. h. aus der Compofition -Lich entfprungen find: Adel-
-ig, bill-ig, allmäl⸗ig (beffer allmälih), völ-ig, unzähl-ig. —
Organiſch find: Macht-i 8 ( goth. maht-eigs, ahd. maht-ſe, mhd.
meht-ec), kraft-ig, dürft-ig, jähr-ig, eil-ig, witz-ig, zeit-ig u. a.
b) Berba.
§. 127.
Sind uhd. fehr zahlreich: Kreuz-igen (ahd. chriuz-igön), er=
led-igen, fchäd-igen, fhuld-igen u. a, — Für: Beeid-igen,
beend-igen, beerb-igen, befäh-igen, befehl-igen, beglaub-igen, ftein-
igen, wiß-igen, würb-igen, zeit-igen u. a. fagte die frühere Sprache:
beenden, vereinen, hulden, künden, reinen, beſchönen, fleinen, fün-
den u. a. wie wir noch heute fagen: Beeiden, befaiten, vernichten,
vereinen u. a.
Anm, 1. Mander Schriftfteller, 3.8. Görres, in feiner Myſtik Tiebt
pie älteren Formen, wie: Ste reint und befreit (1, 220); fie fieht fi
ereint (1, 294). Einen, vereinen findet ſich ſehr oft bei ihn;
7 auch feften ftatt befeftigen..
Anm. % Die Wichtigkeit ver Ableitungsvocale zeigt fich einleuchtend bet
den Anj. auf -ag ($. 123) und -eig. Zu denjelben Wurzeln fügen
fich einigemal beide Ableitungen mit verfepledener Bedeutung; wir übe
* en ven ünterſchied zwifchen blutig und vollblütig (pluotac, -pluo-
tic), muthig und demüthig (muotag, - muotic), luflig und wol⸗
füftig (lustac, - lustig), weil ihn ver Umlaut in ſolchen Zällen ſicherte.
Nebrigens fügt die alte Sprache ven Adj. zumeilen ein ableitenves -i
hinzu, d. h. fie bildet lanc-muoti aus lanc-muot, Aug foldem -i
fönnte vie Ableitung -ig in vollblütig, warmblütig, weiß—
händig, De eh Tangmüthig, Heinmüthig, wahnwigig
entftanven fein, in welchem Falle dann der Umlauf auf eine andere Weife
erflärt werden müßte.
Ableitungen mit H.
. G. 128,
| Ihrer find nicht viel. Starkes masc. iſt Befehl (ahd. pi-
vel-ah), im 16. und 17. Jahrh. noch Befelch; flarfes fem.
Furche (ahd. vur-aha?). Starte neutra auf -ahi hat die
ah. Schriftfprahe — ich und -icht gebilpet: Dorn-ich, Dorn-icht
(ahd. dorn-ahi, mhd. dorn-ach), Reiſ-icht, Weib-iht, Röhr-icht )
1. a. Der Begriff iſt nicht auf Gewächſe einzufchränfen, fondern
drüct auch Fülle und Anhäufung von andern Dingen aus, 3. B.
Rehr-icht. — Bon Adi. gehört hierher: ſcheel (mhd. schöl-ch),
zwer-ch (ahd. daör-ah, mbd. dwörch, twerch?); von Berbis
x
— 43 —
fhtel-en (mhd. sehtl-hen), wofür das Volk richtiger ſchil⸗-chen
ſagt, [hwel-gen (mhd. swel-hen), befehl-en.
Anm. 1. Oberdeutſche Volksidiome in Baiern, Salzburg ꝛe. behalten
das volle —ach, z. B. Erl-ach, Birk-ach, Weid-ach u. a.
Anm. 2. Vielleicht gehört hierher auch welt (wel-ch), wenn nicht zur
Ableitung mit K. Gar nicht hierher fallen wa und Zwilch, de»
ne eida it, aus der Eompof. Dri-lich, Zwi⸗ lich ent
Ableitungen mit MN.
§. 129.
Bildungen diefer Art fcheinen unorganifch, find goth. unerhört,
haben fich ahd., mhd. ziemlich verbreitet. Es find Tauter fem., theils
- auf -unna, theils auf -inna. Die ahd. -inna find wol alle aus
einfachem -in entfprungen. Neuhochd. haben fich beide Formen fo
getheilt und verfchmolzen, daß -inne aus dem Sing., -in aus dem
Plur. verbannt ift ($. 61), der Plur. aber ſchwach decliniert. Ihre
Menge ift faft unüberfehbar. Wenn fie ans masc. auf -erer ges
leitet werben, fällt ein -er weg, z. B. Zauberin, nicht Zau-
ererim,
Anm U Grün (D. Deferteur) Teitet von Senne das fem. Sennin
und Sennertn.
Ableitungen mit &&,
§. 130.
Im Althochd. herrſcht bei diefer Ableitungsform viel Verfchieden-
beit; die mittelhochd. Dichter bedienen fi) der Ableitungen mit -nis,
-nisse äußerft felten, und, da man fie. in der Profa der Urkunden
des 13. und 14. Sahrh. häufiger antrifft, firhtbar ungern. Die
Form mag ihnen metrifch unbequem, der abftracte Begriff zu unle-
bendig geweſen fein. Der neuhochd. Sprache find die Ableitungen
-nis zwar geläufiger, als ber mittelhochd., doch läßt fie ihnen weit
geringern Umfang, als 3. B. die englifche.
Anm. Wie bei ver Form -in ($. 61, 129), fo fchreiben Viele auch die
Form - nis mit poppeltem Confonanten, alfo -niß, wogegen nur ein-
zuwenden fein möchte, daß man unfere ohnehin fehr ungeregelte Ortho⸗
graphie möglichft zu vereinfachen fuchen fol. — In — nis darf feine
Wurzel gefucht werden, fonft wären unfere Ableitungen wahre Compoſita.
$. 131.
Die hierher gehörigen Wörter zerfallen in fem. und neutra; allein
jetzt überwiegen Ießtere, während früher die fem. überwogen.
1) Fem. auf -nis, im Sing. infleribel, im Pur. -niffe, find:
Finfter-nis (ah. finstarnisse neut?., mhd. finsternisse neufr.,
und vinsternisse fem.), VBerdamm-nis, Bedräng-nis, Fäul-nis,
Befug-nis, Rennt-nis, Erfennt-nis, Erlaud-nis, Empfäng-nis,
Beforg-nis, Beträb-nis, Bewandt-nie, Wild-nis,
l
— 44 —
2) Neutra auf is, Gen. -niffes, Pur. -niffe, ſind: Ver⸗
fländ-nie (ahd. firstant-nissi und furstant-nesse neutr.), Aer-
ger-nis, Bild-nis, Bind-nis, . Gedächt-nis, Verberb-nid, Bes
dürf-nis, Ereig-nis (für Eräugnis) 1), Gefäng-nis, Erforder- .
nis, Leichenbegäng-nis, Ergeb-nis, Begeg-uis, Gleich-nis, Bes
gräb-nis, DVerhält-nis, Berhäng-nis, Geheim-nis, Hinder-
nis?), Berlöb-nis, Vermächt-nis, VBerfäum-nis, Gefländ-nis,
Einverfländ-nis, Verzeich-nis, Zeug-nie.
. 3) Beiderlei Gefchlecht Ieiven wol: Empfäng-nis, Verfäum-
nis, Berderb-nis, Erfpar-nis, Erfennt-nie, doch mit einigem
Unterfchied der Bedeutung, indem bei den weiblichen mehr ber .
Begriff der Thätigfeit vorwaltet.
Anm. 1. Das goth. Zeitwort heißt araugjan, ahd. araugian, d. h. vor
Augen ftellen. I unferm Zeitw. ereignen {fl auch das erfie n falſch
und wol durch das ahd. arauc-nissi hineingebradt. Opitz (+ 1639)
hat noch eräugt.
Anm. 2. Goethe (Hermann und Dorothea 4, 149) braucht Hinder⸗
als fem. Und die Hindernis treibt die Heftigen leicht von dem
ege.
Anm. 3. Unerträglich find einige von ſchlechten Schriftftellern neu er-
fundene: Berfenntnis, Labnis, Steilnis, Trodnis. Görres (Myſtik)
hat noch die ſonſt minder gebräuchlichen: Schiednis (1, 32), Vorkomm⸗
nis (1, 415), Geftaltnis (2, 38), Betaflnis (2, 84). Schmitthen-
ner (Saßzeihnung S. 14) nennt das Prädicat das Sagnis. Cramer
a . Walpurgisnacht, Zürich 1843, ©. 17) fagt Entflänpnis für
ntftehung.
Ableitungen mit LE.
§. 132,
Ahd. eine Menge Eigennamen, die mhd. oſich verringern; nuhd.
noch etwa: Ad-olf und Rud-olf. Hier waltet eigentlich Zuſam⸗
menfebung mit dem goth. vulfs, ahd. wolf. In nhd. Zufammen-
ſetzungen taucht das IB wieder hervor: Schöne-wolf, Heide-wolf,
"Bienen-wolf. Schon ahd. ging das w verloren und Niemand dachte
mehr an den Begriff Wolf. |
Anm. Damit vergleichen fich einige nhd. Ableitungen auf rd, die gleichfalls
Compoftta find, als: Bant-hart, Neid-hart. In der Gauner-
ſprache hört man: Spitz-ert (Thurm), Rauſch-ert (Strob) u.a,
Ableitungen mit LD.
$. 133,
Dahin weifen: Maßholder (ahd. mazoltera), Wacholder
und die mit dem organischen -wald und unorganifchen -bHoLd und
—Sold gebildeten nhd. Eigennamen: Rein-wald, Rein-hold, zu-
weilen Rein-old wie Arn-old. Beider Namen Quelle iſt das-
ſelbe regin-oald. |
Ableitungen mit AR.
$. 134.
Die hierher gehörigen Wörter find nicht zahlreih. Bon Sub-
- flantiven merfe man: Ah-orn, Die-rne (ahd. dio-rna), Eck-
ern (wie ein Plural don Eder gebraudht) ); nücht-ern (ahd.
nuoht-urn), alb-ern, lüſt-ern, ſchücht-ern?).
Anm, 1. Genau genommen, gehört auch das nhd. entſtellte Wort Eifen
cahd. eis-arn) bierher. .
Anm. 2. Albern, lüſtern, ſchüchtern find in ver ältern Sprache
‚ nicht zu finden. Albern iſt entſtellt aus myd. al-ware. Gar nicht
bierher gehören die unorganifhen bein-ern ıc. 6. 64; zweidentig if
eif-ern, entweder von Eifer, eifer-n, over für eifern-en (goth.
eisarn-eins),
Ableitungen mit ME.
7815,
Die Ableitungen find nicht zahlreich. Zu bemerken find: Mai-n;z
(mag-anza, meg-inze), Cobl-enz, Breg-enz u. a. Stäbtena-
men, die auf fremden Urfprung hinweifen. In nhd. Dialeften find
Berba auf -enzen üblich, um bie Aehnlichkeit des Gefchmads und
Geruchs auszubrüden: bod-enzen, Fupfer-enzen, rauch-en⸗
zen, wild-enzen. Die Schriftfprache hat bloß faul-enzen und-
Davon Faul-enzer.
Anm. Mainz lautet in Tatein. Schriften des 11. Jahrh. gewöhnlich
Maguntia. Die Sylbe Gonz und Günz (Gons, Sins) bewahren noch
mande Orte in der Umgegend: Gonſenheim, Sinsheim, Geinsheim.
Weber die Entfiehung des Namens Mainz wurden mande Bermuthuns
en laut. Nicht weit von ver Stadt entfpringt ein Heiner Bach, Zet,
y, Cia, Sia, Teia genannt. Darauf fußend fagt 8.4. Schaab in
feiner „Geſchichte ver Stadt Mainz’ I., S. 432: „Wahrſcheinlich gab
der Iatein. Namen Cia, vereint mit dem des Maind Mogon, der Stabt
Mainz ihren Namen Mogoncia, Moguncia, Magunciacum.’ Diefe Hy»
potheſe ruht auf ſchwachen Füßen.
Ableitungen mit ND.
6. 136.
‚Hierher gehören bie fuhftantivifch gebrauchten Participia Präf.
. als: Freu-nd (goth. frij-önds, ahd. vri-unt), Fei-nd, Heil
and), ferner die zu -und gehörigen fem. Jug-end und Tug-
end (ahd. jag-und, tug-und, mhd. jug-ent, tug-ent) und das mit
alter, tieftoniger Ableitung verfehene Leum-und?).
Anm. 1. Andere dauern nur in Eigennamen, als: Weigand, Bie
and.
Anm. 2. Gegend, was hierher zu paſſen feheint, iſt eigentlich Ge⸗
gened —8 gan te, — De. RL N 7. °
— 46 —
Ableitungen mit NS.
§. 137.
Hierher gehört das zuſammengezogene Wort Senſe (ahd. sög-
ansa, mhd. seg-ense, bet Geiler v. K. segesse), Dem nhd. Wort
N
Ahle fieht man diefe Ableitungsform nicht mehr an; es lautet ahd.
al-ansa.
Ableitungen mit NG.
‘ $. 138,
Eine in allen deutſchen Sprachen, die goth. abgerechnet, frucht-
bare Form, wobei die vorftehenden Vocale a, i, u gefondert werben
müffen, nhd. aber nur die Formen -ing und -ung in Betracht fom-
men. Es liegt in diefen Bildungen ein Begriff der Abflammung,
oder Fieber der Verwandtſchaft; Tpäter geſellt fich zu vielen der Begriff
des Verächtlichen, z. B. der Witzling, und des Verfleinernven, z. B.
ver Neftling.
ING.
Subſtantive.
§. 139.
Grundſatz iſt -ing; weil aber dieſes -ing häufig zu abgeleite⸗
ten Wörtern mit —al, —il, -ul gefügt wurde, erzeugte ſich ſehr
frühe ein fehlerhaftes -Ling flatt -ing.
1) Echte -ing haben gegen die frühere Sprache abgenommen.
Außer vielen Kamiliennamen wie Dör-ing, Jlemm-ing
u. a. nur noch: Der-ing (ahd. her-inc, mhd. her-inc), Pfenn-
ing ($. 125), Büd-ing, Schill-ing, Zwill-ing (affimiliert ans
Zwinling, ahd. zuinel-inc).
2) Die -Ting haben nhd. zugenommen; die meiſten davon find
in der älteren Sprache unerhört: Jüng-ling (ahd. junki-
linc, mhd. junge-linc), Büd-Ing, Däum-ling, Dichter-ling,
Dril-ling, Enger-ling, Find-ling, Sinfter-Ing, Fremd-ling,
Friſch⸗ling, Fruͤh ling, Frömm-ling, Gründ-ling, Häcker-ling,
Hanf-ling, Haͤupt-ling, Höf-ling, LTehr-Ting, Lieb-ling, Säug-
ling, Schmetter-Ting, Täuf-Iing u. a.
Anm. Bei Bürger (Borrede zu f. Ged. 1778) findet fih das Wort
Dünkling, ver fih etwas dünkt zu fein.
UNG.
Subftantive.
$. 140,
Bon masc. ift uns nur erhalten das feiner Bedeutung nach noch
nicht ganz aufgehellte Wort Horn-ung (ahd. horn-unc), Fem.
— 17 —
find zahlreicher und zwar fowol von flarfen einfachen Verbis ge-
bildet, wie: Lad-ung (ahd. lad-unga), Halt-ung, Reib-ung,
Scheid-ung, Werf-ung, Schreib-ung, Bieg-ung, Zieh-ung, Sit-ung,
Lef-ung, Heb-ung, Gelt-ung, Schwing-ung, Werb-ung, als auch
von ſchwachen einfahen, wie: Warn-ung (ahd. warn-unga),
Lähm-ung, Leg-ung, Reg-ung, Stell-ung u. a. Diefe Bildungen ha-
ben abftraete, unfinnliche Bedeutung; fie brüden eine Handlung,
einen Zuftand, nie etwas Perfönliches aus.
Ableitungen mit ST.
$. 141. ’
Hier kommen die drei Ableitungsformen -ast, -ist, -ust in
Betracht, aber feine iſt reich an Beitpiefen. Bei einzelnen Wörtern
iſt die Örenze zwifchen -st und -s-t ($. 76) fehwer zu beſtimmen.
Zur Form -ast”gehört das verfürzte EI-fter (ahd. A-gal-astra,
mhd. ä-gel-ster, $. 13); zur Form -ist gehören Herb-ft (ah.
herp-ist), das ſchon oben ($. 43, 7) erwähnte Ham-fter (ahd.
ham-ist-aro) und Heng-ft (ahd. heng-ist). Zur Form -ust ge
hören Ang-ft (ahd. ang-ust), Dien-ſt und Ern-ft.
Ableitungen mit SR.
a) Subftantive und Berba.
6. 142,
‚Sind in keinem Dialekt zahlreich. Nyd. gehört hierher das ſchwache
masc. Men-fch (ahd. menn-isco, mbd. menn-esche und men-sche),
u. die Berba entmen-fchen, verbeut-fchen, fauderwel-f[chen.
b) Adjective.
$. 143.
Adjective diefer Ableitung gibt es fchon ahd. ziemlich viele; mhd.
feheint fih ihre Zahl zu vermindern, nhd. hat fie fich dagegen wie⸗
der fehe vermehrt. Außer den ſchon mhd. vorhandenen: Bäur-ifc
(mbb. ge-biur-sch), häm-ifch, heidn-iſch (mhd. heiden-sch), heim-
ich, himml-iſch, Höf-fch, ird-iſch, kind iſch, närr-Ich, und den aus
Volls- und Ortsnamen gebildeten: Arab-ifch, deut-Ich, engl-ifch,
fränt-ich, jün-ifch, götting-ifch 2c. gibt es eine Menge anderer: -
a) Büb-ifch, dieb-ifch, abergläub-ifch, abgött-iſch, herr-iſch, höll-
iſch, höhn-iſch, neht-ifch, Täpp-ifch, ausländ-Ich, Faufmänn-ifch,
muͤrr-iſch, thier⸗-iſch, zänkiſch u. a., von welchen höchftens
Einige noch in der älteren Sprache aufgefunden werden bürf-
ten, am wenigften bie mit böfer Bedeutung.
b) Zumal gern gebildet werben fie aus Subſt. mit -er: Ver⸗
brecher- iſch, dichter-iſch, erfinder-ich, heuchler-ich, Trieger-
ich u. a., wiewol fie nicht, von allen ſolchen Subft. bildbar
— 4 —
ſind, z. B. nicht: Verächter- iſch, büßer⸗-iſch, jaäger-iſch, rit⸗
ter⸗iſch u. dal.
c) Die Beliebtheit diefer -er-ifch hat einige unorganifche Bild»
ungen erzeugt, wie: Regner-ifch, frei«, fchöngeifter-ifch, wie»
ner-iſch, ſchweizer⸗iſch.
d) Man leitet auch aus Mannsnamen, was bie ältere Sprache
nie Fr Ad. auf -iſch: Schmidt- iſch, Wieland-iſch, Schil⸗
ler-iſch. |
e) Fremde lat. oder roman. Adj. auf -anus, -aticus etc. neh⸗
men das deutfhe -ifch an: African-ifch, aſiat-iſch, hanfeat-
ifch, romant-ifch.
Anm. Die nhd. Sprache Tegt in viele Adj. diefer Ableitungsform etwas
Verächtliches. Diefes liegt aber nicht in dem -ifch, fondern in dem
Wurzelbegriff an fich, over in einer Wendung desſelben; ahd. chind-isc-
3 B. dat tie Nebenbeveutung des nhd. Eind-ifch nicht,
Ableitungen mit HT.
$. 144.
Neuhochd. Subftantive diefer Form find aus organifchem -ich
erwacfen, wie Hab-icht, Dorn-icht, Kehr-iht u. a. Vgl. $. 120
und 128. — Die Ableitingsform für die Adjective ift abd. -oht,
mhd. -oht, zuweilen -aht, allmälih -Eht, woraus nuhd. — icht,
wol als Nebenform der Endung -ig mit angehängten t, alſo im
Ganzen auch mit berfelben Bedeutung; nur hat der Sprachgebraud
den Bildungen auf -icht allmälich die Bedeutung einer gewiffen
Aehnlichkeit mit dem im Stammwort ausgedrückten Ding bei-
gelegt. Die Adj. diefer Form find in der Regel ohne Umlaut:
. Bein-iht, berg-iht, fett-icht, felf-iht, graf-iht, Haar-icht,
höder-icht, Holz-icht, Hofper-icht, Fahn-icht, Fropf-icht, mehl-icht,
nero-icht, fchwefel-icht, fein-icht, thör-icht u. a. m.
Anm. 1. Die Schriftfprache ſchwankt mitunter zwiſchen biefem -icht
und -ig (ahd;-ac): bein-ig (hochbein-ig, dreibein-ig wie vierfüß-ig),
berg-ig, graf-ig, ftein-ig u. a., feltner -ig (ahd. -ic): bärt-ig, här-
ig, (kaum tbör-ig).
Anm. 2. Die Volksſprache kürzt zuweilen das — icht in -et: norr-et,
Happer-et, ftinf-et, fagt mitunter auh noch -echt, 3. B. thor-edht.
Anm. 3. Anderemal fügt fie ven Zufamf. mit -lidh der Schriftfprache,
welche Geftalt, Farbe oder Gefchmad anzeigen, ein ſcheinbar ungehöri-
ges -t hinzu: Läng⸗-licht, grün-Lct, gelb-licht, ſüß-licht flattläng-
li ꝛc. Allein hier feheint der Irrthum faft auf Seiten der Schrifte
fprache, nemlih grünlicht nicht zu nehmen für grün -Tlidh-t, fon
dern für grünl-icht von einem Berbum grüneln, weißeln,
füßeln, welde, wenn auch unorganifch ($. 36), ven Begriff ver Farb»
ähnlichkeit, des Beigeſchmacks enthalten.
— — — — —
cd rasge 9, Zupayer uf 20
| — 7 —
Drittes Capitel.
Von der Zuſammenſetzung.
$. 145.
Zuſammenſetzung (compositio) iſt das Aneinanderfügen zweier
Wörter. Werben mehr als zwei verbunden, fo heißen fie Decom-
pofita. Es Fönnen einfache mit einfachen, einfache mit abgeleite-
ten unb abgeleitete mit abgeleiteten componiert werben, 3.3. Land-
mann, land-flüht-ig, jüng-Ings-jähr-ig. Auch laſſen fih Nomen
mit Nomen, Nomen mit Verbum, Partikel mit beiden, Partifel mit
Partifel, nicht aber Verbum mit Berbum in ECompofition ein, 3. B.
Haus⸗Thüre, rathefchlagen, Ab-grund, begraben, hin⸗weg.
S. 146.
In der Regel feben fi nur verſchiedne Wörter zufammen.
Verſchiedenheit des Begriffs ift nicht gerade erforderlich, vielmehr
bürfen nahverwandte oder gleiche mit einander verbunden werben,
3.8. Dieb-fiahl, Brunn-quell, Raud-bampf?).
Anm. 1. Die beiden ledtern finden fi bei Görres, Myſtik 1, 241:
Ein köſtlicher Salbengeruch verſcheuchte den üblen Rauch dampf des
Feuers. Brunnquell gebraucht er öfters.
$. 147,
Dem Begriffe nach iſt jedes Compofitum mindeflens zweiſylbig,
ober beſtimmter ausgebrüdt, da, wo die Anfügung gefcheben iſt,
Spalten fich auch zwei Sylben. Einfylbige und ſolche Eompofita,
wo die zufammengefügten Sylben in eine verwachſen find, feben
Aphärefe und Synkope voraus, z. B. W-elt aus ahd. wer-alt,
®-Lürf aus mhd. ge-lücke.
$. 148,
Die Deutlichleit der beiven Wörter leidet aber nicht bloß
durch diefe Verminderung der Sylbenzahl, d. 5. Auslaffung von Vo⸗
calen, fonvern auch durch die damit zugleich oder allein für fich er= .
gehende Unterdrüdung und Entftelung der Conſonanten. Borzüg-
Sich trifft dies die Spiranten ſ, 5, v. Man Löfe 3. B. Leid
nam, Schulz, Arolſen auf in die volleren Formen lichhame,
. schultheie, aröldesheim, um ſolche Entflellung zu begreifen,
$. 149,
Zufammenfegung und Ableitung unterfiheiden fich da-
rin, daß bei der Ableitung ber erfte Theil das Hauptfächlichere
und Deutlichere ift, worauf auch der flärfere Ton fällt, bei der Zu-
Kehrein Grammatik, I. 2, 4
— x0 —
ſammenſetzung iſt das zweite Wort Hauptſache (Grundwort); beide
ſind deutlich und betont. Löſ't man die Ableitung ab, ſo hinter⸗
bleibt oft eine dunfle Wurzel; das aufgeloͤſ'te Compoſitum gewährt
zwei beutlihe Wurzeln. — Zwifchen Wurzel und Ableitung darf -
fich feine Flexion drängen ($. 17); eine ganze Elaffe von Zuſam⸗
menfeßungen aber beruht auf der Flerion des Wortes,
Anm. Diefer Berfchievenheit ungeachtet berühren fi) dennoch Ablei⸗
tung und Compofition, wenn in einzelnen Wörtern dem Testen Theile
der Ton entzogen wird. Drittel, Biertel, Fünftel x. ift nicht
Dritt-el, fondern Drit-teil, Mehr vergleichen erlauben fich vie
Boltspialette, 3. B. wolfel (f. wol-feil), Rachber (f. Nach-bar),
enſche —8 Wingert (f. Wein-garten), Kirmes (f.
irch⸗—meſſe). — Andere geläufige Compofitionsformeln geben ihre le⸗
bendige Bedeutung auf, z. B. die -fhaft, -beit, -Li® ($. 180).
$. 150.
Hauptangenmer? in der Lehre von der Compofition ift-es, die
eigentliche von der uneigentlihen zu unterſcheiden. Zweck
der Zufammenfegung fcheint zu fein, daß dadurch Begriffe Teichter
und fchöner, ale es fonft gefchehen fan, ausgebrücdt werben. Die
eigentlihe Compoſition nun findet dann ihre Stelle, wenn das,
wofür e8 der Sprahe an einem Wort, an einer "Ableitung. fehlt,
oder was durch Anjective, Präpofitionen und andere Partikeln um-
fohrieben werben müßte, zu bezeichnen iſt, z. B. Wein-flod,
gras-grün. Allmälich erzeugt und verbreitet fich die uneigent«-
liche, die nemlich, welche unmittelbar anftoßende Caſus und Parti-
keln, wie fie der alten freien Conftruction gemäß waren, gleichlam
aus biefer zieht umb mit dem zweiten Worte verbindet, 3. B. Ta-
ges-licht. |
$. 151.
Der im Goth. und Althochd. bei ver eigentlichen Zufammen-
feßung vorhandene Compoſitionsvocal verfchwindet fpäter faft
ganz, und man erfennt die Compofition nur noch daran, daß das
erfte Wort derfelben für fich ſelbſt unconftruierbar iſt; kann es aber
gefondert conſtruiert werben, fo ift keine Eompofition vorhauden.
l. Subftantivifhe Compoſition.
A. Eigentlige,
6. 152,
Das Mittel, deſſen fig unfere Sprache bebient, um eine Bezie-
Bung des Subftantivs auf ein zweites Wort auszubrüden, gewährt
ihr der Vocal a. Diefer wird an das von feiner Flexion entblößte
Wort gefügt und dann verbindet es fih mit dem zweiten, 3. B.
. vein-a-gards (Weingarten). Diefes a verdünnt fih fpäter in e,
3. B. spinn-e-wöppi. Im Mittelhochd. bat ſich dieſes verbünnte
— 51 —
o hinter einigen kurzſylbigen Wörtern erhalten, 3. B. got-e-heit,
bot-e-schaft. Neuhochd. hören feit Verlängerung jener Sylben,
welche den Compoſitionsvocal noch zulängft bewahrten, bie meiften
Fälle besfelben auf, d. h. wir fagen: Gott-heit, Hof-mann.
Gleichwol hat fih in einzelnen Zufammenfegungen und gerne nach
db, 9, ſ das e erhalten: Bad-e-gaft, Hund-e-Ich, Hag-e-flolz,
Reif-e-Feid u. a.
Anm. Ableitende -i find ſchon früher nicht zahlreich. Ableitendes -—e und
terbft verhärtetes -I dauert nod in: Mäuf-e-falle, Nacht-i-gall, Bräut-
= -gam,
a. Subftantiv mit Subfantiv.
$. 153.
„Der Sinn dieſer Zufammenfegungen laͤßt fih auf drei Berhält-
niffe Des erften zu dem zweiten Worte zurücführen: 1) auf ein prä-
pofitionelles, 2) auf ein appofitionelles und 3) auf ein
eafuelles, abgefehen von folchen, die ganz verbunfelt worden find.
1) Bräppfitionenverhältniffe.
$. 154.
Sehr viele Subftantiozufammenfetungen werben erflärt, went
man fich eine Präpofition zu dem erften Worte und diefes in dem
davon abhängigen Caſus venft!),, Da num urfprünglich die Präpo-
fitionen räumliche Begriffe enthalten, fann man auch fagen, daß
das erſte Wort den Raum beftimmt, der dem zweiten zufleht, z. B.
DBerg-Ihlof iſt ein auf dem Berge erbautes Schloß. Das Ver-
bum mag, wie bei Bergſchloß, hinzugedacht werben, oder in der
verbalen Natur des zweiten Wortes begründet fein, 4. B. Berg-
fprung iſt ein Sprung vom Berge. Es Tönnen aber auch, wie
die Präpofition felbft auf andere Zuftände, Cauſal⸗ und Zeitverhält-
niffe angewendet wird, Compoſita im Sinne biefer Anwendungen flatt-
finden, 3. B. Geld-noth iſt Noth an Geld, Handb-arbeit. bie
mit der Hand gemachte Arbeit.
Anm. 1. Mebrigens find ſolche Zufammenfegungen nicht aus Präpof.
entflanden, oder ihnen in der Bedeutung vollig gleich Haushund
{ft keineswegs einerlet mit Hund im Haufe, da lepterer ja auch ein
Jagdhund fein, erfierer auch Hinauslaufen kann, ohne daß er
deshalb aufhört, ein Haushund zu fein.
$. 155.
Im Allgemeinen bemerfe man noch. Die Hauptpräpofitionen
zerfallen in zwei einander entgegengefegte Reihen, pofitive und
negative. Jene brüdt für das Verhältnis, das bezeichnet werben ,
fol, Nähe oder Näherung, biefe Yerne oder Entfernung aus, Weil
nun ‚die Sompofition eine Verbindung und nicht Trennung ziveier
Begriffe enthält, fo Teuchtet ein, daß fie vorzüglich durch die pofiti«
ven Prapofitionen der Nähe, felten durch bie ber Nayerung, noch
— 82 —
ſeltner durch die ber Entfernung, nie durch die ber wirklichen Ferne
erflärt werden könne. Aus diefem Grunde greifen die Präpofit. aus,
ab, von (infofern fie die bereits vollendete Trennung anzeigen) und
ohne (welches nur gänzliche Entäußerung bedeutet) hier nicht ein.
Anm. Uebrigens verfieht es fich, daß durch vie Auflöfung in Präpo⸗
fittonenverhältniffe nur der Begriff einer Reihe von Zufammenfeßun-
„gen erörtert werben foll, nicht daß fie gerade dieſer Auflöfung völlig ent⸗
prechen und überall damit verwechfelt werben dürfen,
a) Ruhiges im.
$. 156.
1) Raumverhältnis. Dahin gehören nhd. Haus-genof
(ad. hüs-kinö3, mhd. hüs-genö3), Aug-apfel, Berg-höhle, Blut-
ad, Burg-graf, Ei-dotter, Erd-beben, Feld-maus, Fluß-gott, Herze-
leid, Himmel-reih, Rammer-frau, Rorn-blume, Land-recht, Leib-
. weh, Luft-ſchloß, Deer-gras, Nuß-tern, Schul-banl, Wald-taube,
Wafler-mann, Zahn-fchmerz u. a. m.
2) Zeitverhältnis. Da fih die Sprache Hierzu der beiden
Präpof. in und an bedient, fo tft es gleichgiltig, ob man die Com⸗
pofita mit Jahr, Sommer, Tag ꝛc. durch die eine oder bie andere
erflärt: Abend-ftern’(ahb. Abint-störro, mhd. äbent-störne), Herbfi-
blume, Zahr-marft, Zohannis-wurm, DMlorgen-Tied, Nacht-herberge,
Spommer-forn, Sommer-vogel, Tag-Ichn, Winter-rod u. a. m.
3) Dur ein in für Umflände, Zuflände und Cauſalverhältniſſe
auflösbare Compoſita fcheint die alte Sprache noch nicht zu kennen.
Nhd. Beifpiele find: Angfi-fhhrei!), Blut-zeuge, Gleichnis-rebe,
Gewalt-that, Noth-ruf, Räthfel-fprache.
Anm. 1. Goethe fagt mit uneigentlicher Compoſ. im Fauſt 1, S. 106:
Sie thät gar manchen Aengſteſprung.
b) Bewegendes im,
$. 157,
Nur wenige Beifpiele, darunter aber ſchon altes bei allen iſt
im zweiten Wort der Verbalbegriff deutlich rege, auch beziehen fich
ale auf das reine NRaumverhältnis: Hand-geld (mhd. kommt
dor hant-gift), Feld-zug, Feld-ruf, Schladht-ruf, Grab-Tegung, Him⸗
„mel-fahrt, Kirch⸗gang, Thier-verwandlung; Höllen-fahrt (fehlerhaft
für Höfe-fahrt, mhd. helle-vart).
0) Bewegendes and (von).
6. 158
1) Raumverbältnis. Hier find viele Compoſita denkbar,
deren zweites Wort den Begriff von fallen, fpringen, gießen,
fließen, ſchöpfen u. a. enthält, ober wo ein folches Berbum hin⸗
zugebacht werben muß. Einerlei iſt es, ihnen bie Präpof, aus ober
— 33 —
von unterzuſchieben. Hierher gehören: Donner-keil (mhd. findet
fi donre-sträle, d. ti. Strahl, der aus dem Donner fährt), Bauch
fiimme, Berg-fprung, Senfter-fprung, Himmel-regen, Mond-fein,
Stern-[hhnupfe u. a.
2) Berhältnis des Stoffe, aus dem etwas gemacht if,
wobet wieder die Präpof. aus und von abwechſeln: Feder-bett
(ahd. feder-bette), Eifen-flange (ſchon goth. eisarna-bandi d. i.
Eifen-band), Eifen-bahn, Gold-netz, Gold-ſchnalle, Stahl-degen,
Stein-haus und viele ähnliche, die erft fpäter häufiger geworden find.
d) Ruhiges am.
$. 159.
1) Raumverhältnis. Beifpiele find zahlreich: Müpl-flein
(ahd. muole-stein, mhd. mül-stein), Alp-rofe, Arm-band, Berg-
Fräuter, Blatt-laus, Erd-nähe, Fuß-eifen (fchon goth. fötu-bandi
d. i. Fuß-band), Hand-fchuh, Hals-band, Hirn-fchaale, Obr-ring,
Rthein-wein, Schwert-Fnopf, Thür-angel, Zahn-fleifh u. a.
2) Zeitverhältnis. Beifpiele ſiehe $. 156, 2.-
3) Bei Umftänden, Zuſtänden sc. ($. 156, 3) kennt bie ältere
Sprache noch feine Compoſita. Nhd. Beifpiele find: Geld-noth
©elo-Flemme, Geld-mangel, Mord-luſt, Land-verluft, Wafler-noth
(verfchieden von dem uneigentl. Compof. Waffers-noth, d. h. Gefahr,
die übertretendes Waffer bringt),
!
e) Bewegendes am.
$. 160,
Hierhin gehören: Ohr-ſchlag (Ofr-feige, ahd. ör-slac), Heim-
gang"), Heim-fahrt, Heim-kunft, Diaul-Ichlag, Maul-Ichelle, Stubl-
gang (Gang auf den Stuhl, hernach mit Euphemismus Ererement).
— In allen Beifpielen ift der Verbalbegriff des zweiten Wortes un⸗
verfennbar oder ein ausgelaffenes Verbum naheliegend, 3. B. Maul-
fchelle ein ans Maul fchallender Schlag.
Anm. 1. Uns if Heim kein Subfl. mehr, es war es aber früher. Das
Wort heißt goth. haims und beveutet Haus, Dorf, kurz das, was .
wir jegt duch Heimat austrüden ($. 284).
f) Bewegendes von, ab.
$. 161.
Auch hier berühren fich die Beiſpiele mit den beim ans gege-
enen.
1) Raumverhältnig. Dach-traufe, Erb-ferne, Alp-Iufl,
Berg-Iuft, See-Iuft, die vom Berge, von ber See her weht,
kann aber auch die auf dem Berge oder ber See wehende
MM —
bedenten. Zuweilen iſt das zweite Wort mit ber Präpof. ſelbſt
compontert, 3. B. Kreuz-ab-nahme.
2) Stoffverhältnis, fiehe $. 158, 2.
ge) Ruhiges auf.
§. 162,
Die heutige Präpoſ. auf iſt urſprünglich eine Conjunction, die
mit den Präpof. in und am; verbunden den Begriff der Ober
flaͤche hervorhebt: Diftel-finf (ahd. distila-vincho und distil-
vinko, mhd. distel-vinke), Buch-finf, Berg-predigt, Dach-fahne,
Dach- ſtroh, Eis-bär, Grab-Ihrift, Grab-flein, Heu-ſchrecke, Seil-
tänzer, Schoß-find, Thurme waͤchter.
Anm. Thiernamen kommen befonvers in den Bollsmundarten vor, 3.8.
un üen heißt das Huhn Miſt-kratzerl; die Zaube Dab-
eißerl.
h) Bewegendes anf.
$. 163.
Dahin gehören nhd. wol nur: Fuß-fall (mhd. vuoz-val), Knie-
al, Rüd-fall; in letzterem ift Rück fchon partifelhaft,
i) Bewegendes und ruhiges zum.
$. 164,
Diefe Präpof. kann im reinen Raumverhältniffe bei verſchiednen
Zufammenfegungen an die Stelle des bewegenden in, an, auf ge
dacht werden, 3. B. Rirh-gang auh ein Gang zur Kirche fein.
Ebenfo vertritt fie ruhiges in, bei, 3.8. Daus-andaht, Haus-got-
tesdienſt. Ungleich häufiger erläutert aber ihr caufaler Gebrauch das
Verhältnis der Beftimmung und des Nutzens, worin das erfle Wort
zu dem zweiten ſteht. Das zweite pflegt dann ein Geräth, einen
Behälter, ein Kleidungsſtück, Nahrungsmittel u. a, m. auszudrüden.
Dean fann auch caufales für dabei annehmen,
1) Geräthſchaft: Bier-faß (ahd. pöor-faz), Rauch-faß, MWein-
faß,; Teig-trog, Feuer-eimer, Feuer-Ieiter, Geld-beutel, Del-
flaſche, Tauf-napf, Effig-frug, Mift-gabel, Mebl-fad, Wün⸗
fchel-ruthe, Hand-feile u. v. a.
2) Behälter: Gaft-Haus, Vogel-haus, Vogel-bauer u. a.
3) Kleid und Tuch: Schweiß-tuch (ahd. sueiz-lahhan), Hand-
tuch, Haupt-binde, Achfel-binde. — Hierher Tönnen auch ein-
zelne von ben unter $. 159, 1 angeführten gerechnet werben,
h B. Arm-band iſt fowol Band an dem Arm, als für ben
rm.
4) Speife, Getränfe, Arznei: Leib-fpeife (ahd. ſchon
lip-nara), Schlaf-trunk, Brufl-thee, Magen-tropfen.
— BE —
) Bei
$. 165.
Diefe Präpof. berüßrt fih mit den räumlichen Begriffen an,
um, neben und fann gleich ihnen für einzelne Zufammenfegungen
gedacht werben, 3. B. Kirh-hof, Haus-garten; Shilb-
wache (mhd. schilt-wahte) ift die Wache bei dem aufgehangnen
Schild, ver Grab-wächter wacht bei dem Grabe. Im Zeitver-
pätnis wechjelt bei mit in, an, 3. B. Nadht-arbeit, Tage-
werk.
h Weber, nuter.
§. 166.
Hiervon kommen wenige Beifpiele vor. Bett-bede kann ſowol
durch auf und Bettvorhang durch vor erklärt werden, als durch
über. — Erd-feuer und Dach- kammer erläutern ſich durch
unter wie durch im.
m) Bor, nach.
6. 167.
Räumliches vor drücken aus: Her-z0g (ahd. heri-zoho, der
vor dem Heer zieht), Dfen-Ihirm, Regen-ſchirm, RT —
Räumliches nach (Hinter) fehen wir in Wagen-leiſe (ahd. wa-
gan-leisa), die hinter dem Wagen zurückbleibt. on
n) Dur, um, neben.
6. 168.
Einige bei in und an aufgezählte Compoſita fallen auch hier-
ber, 3. B. Land-fahrt, Tand-reife (durch das Land), Arm-band,
Arm-gürtel, Leib-gürtel, Feld-zaun, Haus-mauer (um ben Arm,
Leib, das Feld und Haus), Luft-flug, Wafler-gang, hal
(durch die Luft, das Waffer, die Wolfe), Kegel-ſchnitt. Caujales
burch fünnte in den-Eompofitionen angenommen werben, welde
cauſales mit erflärt, z. B. Feuer-probe, Waffer-taufe.
0) Mit.
$. 169.
Die finnlihe Bedeutung von mit (zufammen) herrſcht wol in
wenigen Eompofitis, 3. B. Raub-mord ift ein zugleich mit Raub
vollführter Mord, Dienfl-ehre die mit dem Dienft verbundene,
ihn begleitende Ehre. Deſto häufiger gilt das caufale mit, von
Mittel und Zuftand.
H Im zweiten Wort iſt die Handlung, im erflen das, womit fie
verrichtet wird, enthalten: Hand-fchlag (ahd. hant-slac),
Beil-hieb, Fauft-Tampf, Finger-zeig, Flügel-ſchlag, Zuß-tritt,
>
. — 56 —
Hand⸗ſchrift, Hand-werf, Meffer-[chnitt, Nadel-ſtich, Pfeil-
ſchuß, Stein-wurf u. a.
2) Das zweite Wort drüdt eine Sache aus, die das erfle näher
beftimmt; bier muß das DVerbum meift hinzugevacht werben,
während bei den unter 1) erwähnten der Verbalbegriff des zwei⸗
ten Wortes. unverkennbar iſt. Hierher gehören: Feder-hut
(geſchmückt mit F.), Pelz-rock (gefüttert mit P.), Oras-
Hügel (bewachfen mit G.), Leim-ruthe (beftrichen mit L.),
Schild-kröte (gevedt mit S.), Strob-far (gefüllt mit ©.),
Tinger-Handfchuh (verfehen mit F.).
2) Appofitionelle Verhältniffe,
S. 170,
Viele Compoſita fügen fich theils gar nicht, theils nur gezwun⸗
gen in die Erklärung durch Präpofitionen; die Begriffe ihrer beiden
Wörter fcheinen bloß neben einander geftellt und etwa durch ausge-
laſſene Conjunetionen in Verbindung gebracht. Hierbei find mehrere
einzelne Fälle zu fondern:
a) Vergleichung. Diefe Deutung ift vorzüglich auf adjeeti⸗
viſche Zufammenfetung anwendbar und findet fich feltner bei
fubftantivifcher. Das erſte Wort enthält die Sache, der das
zweite gleicht: Raub-frofch (grün wie Laub), Bifam-Fä-
fer (wie Bifam riehend), Krebs-gang (wie eines Krebfes),
Staub-regen (fein wie Staub), Mann-weib (wie ein
Mann), Feuer-Eopf (roth, hitzig wie Feuer). |
b) Art und Gefhleht, Species und Eeuus. In Thier-,
Pflanzen» und Steinnamen erfcheinen oft zwei verwandte Wör⸗
ter neben einander, das erfte gibt die Art zu dem Gefchlecht
an: Neh-Falb, Reh—-kuh, Hirfch-Euh, Gems-thier, Maul-thier,
Schaf-bock, Rind-vieh, Wah-fih u. a. Eine Menge Zufam-
menfegungen mit -baum, -beere, -gras, -fraut, -laud,
-kohl, -wurz: Apfel-baum, DMaul-beere, Ried-gras, Kobl-
fraut, KRnob-Taud, Sommer-kohl, Haus-wurz u. a.
c) Befonderes und Allgemeines bei abfiracten Begrif-
fen. Noch mehr zeigt fich eine folhe Berührung mit Abkei-
tungen, wenn das zweite Wort ber Compofition die an fich leere
Idee von status, classis, indoles u. dgl. enthält, welche durch
das erfte Wort ausgefüllt werben muß. Hierhin gehören. alle
Zufammenfegungen mit -art, -beit, -[haft, -thum x.
Auch bier flehen beide Wörter appofitionell aneinander: Fifch-
art, Menfh-heit, Freund-fchaft, Herzog-thum u. v. a.
d) Es ftehen aber auch Begriffe in Appofitionsbeziehung, auf bie
das Verhältnis des Befonderen zum Allgemeinen nicht anwend⸗
bar ift: Fifh-waffer, Milch-ſtraße, Sturm-wind, Yeuer-
— »ꝛ? —
regen, Wetter-bahn, Speck maus, Chriſt-kind, Gott-menfch,
Fuͤrſt⸗biſchof u. v. a., wo Sache zu Sache, Sache zu Perſon,
Perſon zu Sache, auch wol Perſon zu Perſon geſetzt wird.
Anm. Beſonders kühn in Bildung ſolcher Zuſammenſetzungen iſt die
Volksſprache und nutzt alle Merkmale zur Unterſcheidung: Zopf-meier
(weil er einen Zopf trägt), Löffel-meier (weil er einen Löffel geſtohlen
—— Ber (weil er mit Bieh handelt); Eier-jule, Butter-han⸗
ned u. a. dgl.
3) Safusverhältniffe.
$. 171,
Die eigentliche Zufammenfehung enthält freilich) etwas anderes,
als den Begriff des bloßen Caſus. Allein zwifchen beiven findet
fih doch eine gewiffe Aehnlichkeit oder Annäherung. Die bier in
Erwägung kommenden Eafus find Genitiv und Accuſativ.
a) Genitivifch nehmen fi aus verſchiedne Zufammenfeßungen,
beren zweites Wort die Begriffe Laut, Stimme, Gefang
enthält; das erſte beftimmt, von wo fie ausgehen: Natur-
laut, Thier-flimme, VBogel-fimme, Bogel-fang!). — All
gemeinere Zeitbeftimmungen lieben eigentliche Zufammenfegung,
obgleich fie fich auch durch den beftimmteren Genitiv ausdrüden
laſſen: Regen-zeit, Winter-zeit, Ernte-zeit, beinahe gleich“
bedeutig mit: Zeit des Regens ıc.
b) Acenfativifhen Begriff hat das erfie Wort einer Menge
von Zufammenfetungen, in deren zweitem Wort ein den Accu⸗
fativ regierendes Verbum Iebt. Es find meiftens handelnde Per-
fonen, bisweilen die Handlung felbfi: Land-bauer, Minne-
fänger, Wein-trinfer, Gott-gebärerin, Gott-verföhner, Welt-
richter, Gefchicht-fchreiber, Gefchicht-fchreibung u. v. a.
Anm. 1. Hier ift präpofitionelle oder appofitionelle Deutung unpaflend,
Uneigentliche Compofttion Tiegt ganz nahe, aber die eigentliche wird
angewandt, um bei häufig vorfommenver Verbindung folcher Wörter
dem Ausdruck alle Beftimmtheit zu benehmen.
S. 172,
Nach diefen Orundzügen ($.145—171) wird ſich die Bedeutung
aller eigentlihen Zufammenfegungen beurtheilen laffen, infofern
jedes der beiven Wörter an fich verſtändlich iſt. Es gibt aber nicht
wenige Compofita, vorzüglich der frühern Sprache, deren erftes ober
zweites Wort entftellt oder im Sinn verbunfelt worben ift, z. B.
Dräuti-gam, wo ung gam heutzutage unverfländlich if. - Der
Gang folder Zufammenfegungen fann erft, und ba nicht immer,
durch Vergleichung der älteren Formen ausgemittelt werden. Auf
ſolche dunkele Wörter find die nachfolgenden Verzeichniſſe von Sub-
ftantiozufammenfegungen bauptfächlich gerichtet; doch konnten dabei
die Grenzen nicht allzu weit geſteckt werben.
-
n
— 38 —
ao. Verzeichnis nach dem erſten Wort,
§. 173.
ampaht für antpaht, goth. andbahts, Diener: Amt-mann,
Amt-Leute. '
andi, ahd. enti, Ende: End-zwed, der letzte Zweck.
adal (goth. athal?), Geſchlecht, davon die Eigennamen: Adel-
beid, Adel-inde, Adel-bert (verfürzt in Al-bert), Al-fons (ahd.
adal-[uns).
brunjä, ahd. pruni, Bruſtharniſch, davon: Brun-hilde.
vridu (ahd.), Friede, davon: Fried-rich, Fried-berg.
gäis, abd, ker, Wurfgefhoß, davon: Ger-trud, Ger-harb.
kisal (ahd.) Geifel, davon: Gtfel-bert, Geifel-bredt.
gunths? ahd. kund, Schlacht, davon: Gund-helm, Öum-pert
(für Gund-bert), Günde-robe. '
hag? ahd. haga, wol Bedingung, das Latein. conditio, auch
FAR mit dem bazu gehörigen But, davon: Hage-dborn,
age-flolz.
heiv, ahd. ht, Familie, davon: Hei-rath (ahd. hi-rät).-
hröths? ahd. hruod, mhd. ruede, Lob, davon: Rüdi-ger,
Rup-pert, Rub-oif (ahd. hruodi-kEr, hruod-perht, hruod-olf):
- Ibrs? ahd. öpar, &pur, Eber, davon: Eber-hard, Eber-wein.
kuni, ahd. chunni, Geſchlecht, Adel, davon: Runi-gunde.
land, ahd. lant, and, davon, außer den zahlreichen Zufammen- _
fesungen: Land-friede, Land-recht u. dgl. der entflellte Eigen⸗
name Lam-bert (ahd. lant-päraht).
leib, ahd. lip, Leben, Körper, davon: Leib-arzt, Leib-pferb,
Leib-Ipeife, Leib-wacht, alfo immer in der Bedeutung von Kör-
per, nicht in der älteren von Leben.
leik, ahd. Ith, Fleifch, Leib, davon: Keih-dorn, Leich-huhn,
Leih-nam, Leich-beftattung und das beim Volk gehörte Leich-kar
(ahd. lih-char), wofür die Schriftſprache Sarg hat. |
liut (ahd.), das lat. gens, davon: Leut-priefter, Leut-gericht,
Leut-betrüger und der aus dem ahd. liut-pald entftellte Eigen⸗
name Leo-pold.
magan? ahd. makan, mekin, Gewalt, davon die Eigennamen:
Mein-hart, Mein-fried (ahd.megin-hart, megin-frit), Mein-werk.
mäin, abd. mein, Mangel, Falſchheit, Schaden, davon:
Mein-eid.
miss? miss6? VBerfhiedenheit, Mangel, davın: Mis-
geburt (Miß-geburt), Mis-griff, Mis-gunft, Mis-jahr u. a.
misse nur noch in Miffe-that.
näuths, ahd. nöt, Band, davon: Noth-durft, Notb-fall,
Notb-heifer, Noth-taufe, Noth-wehr.
ragin, ahd. rakin, An ſehen, Rathſchluß, davon vie entflellten
Eigennamen: Reim-bot (ahd.regin-poto), Reim-bold, Rei-mer,
Rein-hard,
u {
—3 —
sib (angf.), Friede, Blutsfreundp haft, davon: Sipp-Ihaft.
siku, sigu (ahd.) Sieg, davon: Sigis-mund, Sigi-mer,
Sig-bert, Sig-fried (Siegfried).
skatts, ahd. scaz, Münze, Geld, davon: Schas-meifter.
thigns? ah. dekan, dögan, Diener, Soldat, davon: Degen-
hard, Den-hard, Dein-hard,
thiuda, ahd. diot, Geſchlecht, davon: Diet-helm, Diet-ricd,
Theude-Iinde. _
vals? ahd. wala, Kampf, Niederlage, davon: Wal-plaß,
Wal-flatt, Wal-ram. |
walah (ahd.) fremd, davon: Wall-nuß.
vair, ahd. wer, Mann, davon: Währ-wolf, Wehr-gelv.
wöralt (ahd.) Welt, davon: Welt-bau, Welt-bürger, Welt-
geift, Welt-find, Welt-Lörper, Welt-Tauf, Welt-mann, Velt-menfch,
Welt-theil, Welt-weife. — Die Bedeutung ift bald die des blo⸗
Ben Genitios, bald die von weltlich, irdiſch, bald eine verflärfende,
wie Welt-[hande; unter Weltweisheit wird urſprünglich
die Weisheit biefer Melt verſtanden.
veig? ahd. wic, Kampf, Mord, davon: Wil-ram (aus
wiki-hraban).
vilja, abd. wili, Wille, davon: Will-kür, Wil-belm, Wilfi-balp,
vinjis? ahd. wini, Freund, davon: Win-fried.
vulfs, ahd. wolf, Wolf, davon: Wolf-gang, Wolf-ram.
8. Verzeichnis nach dem zweiten Wort.
| §. 174.
basi, ahd. peri, Beere, davon: Erd-beere, Him-beere u. a.
ahd. börgä, pergä, Bededung, Zufluchtsort, davon:
er-berge,
baurgs, ahd. purc, Stadt; damit werben viele Ortsnamen com⸗
poniert: Straß-burg, Wirz-burg u. a. "
buda? ahd. poto, Bote, davon: Wal-bot, Rat-bot, Braut.
bote (Freiersmann).
dags, ahd. tao, auf breierlei Weife: 1) Licht, Glanz; 2) Tag;
3) in abftracter Bedeutung, auf Zuflände oder Handlungen anger
wandt. Die erfte, frühe ſchon verflüchtigte Bedeutung findet fich
in mehreren alten Eigennamen, 3. B. hölm-tac u. a. Die zweite
ift uns noch in vielen Zufammenfeßungen erhalten; die dritte findet
fih noch in: Leb-tag (für Leben) und Webh-tag (fürSchmerz),
aber nur in der Bollsfprade.
deds, ahd. tät, That, davon: Miffe-that, Wunder-that; un«
‚eigentlich ceomponiert ift Delden-that.
.do ms? ahd. tuom, wird 1) an perfönliche masc. gefügt und be-
deutet dann Stand, Würde, davon: Bis-thum, Burggraf-
tum, Herzog-thum, König-thum, Kaiſer-thum, Pabft-thum,
Priefter-tHum, Chriſten⸗thum, Heiden-tHum; man hat auch im
— 60 —
16., 17. Jahrh. Euther-tHum, Mönh-thum und, wol fehlerhaft,
Alter-thum gebildet; neuerdings erft und unorganifch: Bolfs-thum,
Fürften-thum, gilt aber allgemein für Fürſtethum. 2) Seltner
an perfönliche fem. und neutra, wie Witwen-thbum, Mäbchen-
thum (8. Ziel). 3) Erweitern fih die Bedentungen zum Theil
in denfelben Wörtern: Ehriften-thbum, Heiden-thum nicht
nur der Stand eines Ehriften, Heiden, fondern auch bie chriſt⸗
liche, heibnifche Lehre.
et ahd. viät, Reinlichkeit, Glanz, noch übrig in:
Un-flat.
vluot (ahd.), Flut, davon das fehlerhafte: Sünd-flut (ahd.,
mhd. sin-vluot, d. 8. große Flut).
gäis, ahd. kör, Wurfgeſchoß, davon: Rübi-ger, Not-Ier.
guma, ahd. gomo, Menfh, Mann, davon: Bräuti-gam.
hama, ahd. hamo, Haut, Anzug, davon das entflellte Leich-
nam (ahd. lih-hamo).
häims, Haus, Dorf, davon eine Menge ahd. und uhd. Orts⸗
namen, .
haids? ahd. heit, Ordnung, Befhaffenheit. Es binden fi
‚damit a) in der Regel perfönlihe Wörter: Kindheit, Chri—
fien-beit u. a. b) Seltner beveutet das erfle Wort einen
Zuftand: Gefund-heit, Gewohn-heit. — Vielleicht hängt
das heid in Adel-heid mit diefem heit zufammen?
häitja, ahd. heizo, Befehler, davon: Schult-heif, Schult-
heß, Schulze.
hilds, ahd. hilt, Kampf, davon im Ahd. eine Menge weiblicher
Eigennamen, den Begriff von bellona vorausfeßend; nhd. noch:
Mat-bilde (ahd. maht-hilt), Brun-hilde, Grim-hilde, Clot-
bilde, Mecht-hilbe,
läifs, ahd. ip, mhd. leip, überlebend, davon die entflelften
Eigennamen: Diet-Tieb, Gott-lieb, Ort-Tieb (auch der Eigen
name Ort-Iepp?)
liuds? ahd. liut, Volk, davon: Amt-Teute, Berg-Ieute u. a.
marka, ahd. marcha, Grenze, Bezeichnung (limes), davon:
Feld-marf, Grenz-marf, Land-marf,
paths? ahd. pfad, Weg, davon: Fuß-pfab.
säip, ahd. reif, Strid, davon ın etwas weiterer Bedeutung:
Faß-reif, Steg-reif (Reif, Ring zum Steigen).
reiks, ahd. rih, Fürft, der Erfie, davon Kigennamen, wie:
Diet-rich, Fried-rih, Hein-rih (f. Heim-r.), Helf-rih, Ul-rich
(uodil-r.). Außerdem gibt es andere Wörter, Perfonen, Thiere,
Sachen bezeichnend, welche mit -rich zufammengefeht werben.
Hauptfächlich wird das Männden von einigen Thieren dadurch
ausgevrüdt: Ente-rih, Täube-rih, Gänfe-rih. Noch gehören
hierher: Wüthe-rih, Hebe-rih, Eſt-rich.
BG ahd. suht, Krankheit, davon: Schlaf-fuht, Wafler-
ucht.
— 61 —
setja? abe. sä30, fowol ein Angefeffener, als einer, ber etwas
hinfest, davon: Tand- faffe, aber Truch-ſeß.
gasinthja, ahd. kasindo, Begleiter, Gefährte, - davon:
Haus-gefinde, Hof-gefinde,
skafts? skap? ahd. scaf, Anlage, Befchaffenheit (indoles,
ratio), davon: Bot-f ch aft, Brüder-ſch., Bürger-[ch., Diener-ſch.,
Dorf ſch. u. v. a.
skallks, ahd. scalh, Diener, davon: Mar-fchall (von mar,
Pferd, wie Mar-Rall, Mar-burg), und bie. Eigennamen Engel-
Shall, Gott-ſchalk.
slahs, abd, släc, Schlag, davon fehr viele eigentliche Comp.,
wie: Donner- ſchlag, Fauft-hlag u. a. Uneigentlih: Ru-
then- ſch. Nerven-Ich.
slahta, add. slahta, Öefhleht, davon: Baum-Ihlag (ein
jöine Schlag Bäume); uneigentlich componiert iſt Menſchen-
Yla
spil(ab. ), Scherz, Freude, davon viele Comp., wie: Brett-
fpiel, Regel-fp. u. a. (Sonderbar ift Kirch-Ipiel für Pfarrei.)
iR: 1 2. spel, Rede, Erzählung, davon das entftellte Bei-
stars? ahd. stap, Stab, wird auch von allen Handlungen ge»
braucht, hei denen der Stab vorkommt, und geht in abflracte
Begriffe über. Nhd. Buh-flab, Bettel-flab, General-flab.
a ahd. zoho, Führer, davon: Her-30g und der Eigenname
abn-z0g
triu, aa dauert verhärtet fort in: Holun-ber, Mafhol-
der, Wachhol-ber (ahd. holan-tar, mazal-tera, wöhhal-tar,
wechul-der).
vahtvö, ahd. wahta, uhd. Feld-wacht, Schilv-w,, aber Nadıt-
wade; Wade hebeutet das Wahen, Wacht das Bewachen.
valda? ahd. walto, Lenker, davon: Sach-walter.
vaggs? ahd. wanc, Feld, davon Ortsnamen mit - -mangen, z.B.
Ell⸗wangen.
vards, ahd. wart, Wächter, Hüter, davon: Thür-wärter,
aber die Eigennamen Sieg-wart, Marg-uart,
väitha? ahd. weida, Stätte, wo man raftet und weibet: Kugen-
weide, Vieh-weide, Strich-weide.
veds? ahd. wät, Kleid, davon: Lein-wat und gein- wand,
vinjis? ahd. wini, Freunm d, davon ber Kigenname: DOrt-wein.
vökr, ahd. wuochar, Frucht, davon: Geld-wuher, Korm-
wucher.
— a —
Anmerkungen zu den eigentlichen Zuſammenſetzungen
ber Subſtantive mit Subſtantiven. '
$. 175, Ä
Das erfte Wort Hat in der Conftruction des Sages nichts zu
thun und durch die Verbindung mit dem zweiten feine Gelbfländig-
feit verloren. Es hat deshalb auch Feine Deelinatiouszeichen, und
es ift alſo feinem. erften Worte in einer Zufammenfegung anzufehen,
welcherlei Flexion ihm gebühre, ob flarfe oder ſchwache.
$. 176.
Es findet Feine eigentliche Compofition flatt, deren erftes
Wort ein Pluralis wäre, denn die Kennzeichen des Plurals ge-
borr zur Flexion, wie die des Singulars. In Beziehung auf die
ahl verhaͤlt ſich daher jede eigentliche Compoſition ganz neutral,
fie hebt weder den Sing., noch ben Plur. hervor. ir fagen
Feder-bett, nicht Federn-bett, das doch aus einer Menge
von Federn gemaht if. Die nuhd. Sprache befigt freilich viele
Compofita, deren erfies Wort umlautend, oder auf -en, -er endis
gend pluralifches Kennzeichen an fih trägt: Roften-verzeichnig,
Sachen-recht, Götzen-dienſt, Hörner-fhall m. a.,_die
aber lauter uneigentlihe Compofita find, aus wirklichen Gen.
Pur. erwachſen.
$. 177.
Seine Ableitungszelchen gibt das erfle Wort nicht anf, es
fel dann, daß fie, wie bie reinvocalifchen, noch außerhalb der Com⸗
pofition verfchwinden, z. B. Sieg-fried flatt sig-u-frid. —
Die Diminntiva auf -Tein und —chen flräuben fi gegen die Zu-
fammenfehung, ausgenommen Mädchen, weil es uns faum als
Diminutio von Maid gilt.
$. 178,
Neben der eigentlichen Compofition hat fih sft eine un-
eigentliche entwidelt, Der Hauptfalf ſolcher unorganifchen Bils
bungen ift, wenn bas erfle Wort ein emaafizzioiiges Sen an⸗
nimmt, ohne daß ihm ein ſchwacher Gen. Sing. oder Plur. zu
Grunde liegt, wie in: Blumen-korb, Dinten-faß (mhd. tint-
horn), Dornen-frone, Fürſten-thum (ahd. vurist-tuom), Gerten-
fhlag, Linden-baum, Dienfchen-opfer, Ruthen-ſtreich, Tannen-baum,
Trauben-fern n. a, m.
$. 179,
Das zweite Wort jeder Zufammenfegung gehört in die Con⸗
firuction des Satzes und kann fi) der Flexionszeichen fo wenig als
irgend ein einfaches Subflantiv begeben.
. 180,
Wie das erfle Wort, fo geht auch das zweite in einigen Fällen
ans feiner finnlihen Bedeutung in eine allgemeine, abftracte
über. Dahin gehören -beit, —ſchaft, — hum. Thum bezeichnet
mehr die Würde, das Gut, heit den biofen Namen, fchaft den
bioßen Zuftand. Es läßt fih Ehriftenheit und Chriſtenthum
fagen, nicht Chriftenfhaft, dagegen Heidenthum und Hei«
denfchaft, nicht Heidenheit. Mit allen drei zufammenfehbar
iſt Eigen: Eigenthum (dominium), Eigenheit (proprietas),
Eigenfhaft (qualitas), beftimmt gefonderte Bedeutungen.
Anm. Zeichen diefer drei Wörter if, daß Fe höchſt felten, zumal in
ber alten Sprache, uneigentliche Compofition eingeben; begreiflid, va ein
ſelbſt leblos gewordenes Wort keinen Genitiv au regieren vermag. Ver⸗
werfih find daher: Brüpderfhaft, Bd terihaft, Kürften
tpum, Volksthum. Schmitthenner (Lehre von ver Sapzeich-
nung ©. 8.) gebraucht vie eigentlihe Compofition Bolfthüm-
lichkeit,
8. 181.
Wenn in einem Sab zwei Compoſita hinter einander flchen,
deren zweites Wort dasjelbe ift, fo pflegt es die uhd. Sprache, zus
mal der Canzleiſtyl, das erfle.Mal wegzulaffen: Fifh- und
Krebs-fang, Freund- und Verwandtſchaft. Im Mhd.
und Abd. zeigt fih dieſe Freiheit noch nicht. Das erfle Wort
einer eigentlichen Compoſition Täßt fih nicht auf diefe Weife fpa-
ren, alfo nicht: Land-recht und -fitte, wol aber uneigentlich :
Landes-reht und -fitte, indem dann Landes nichts als der
vorſtehende Genitiv if.
b) Subflantiv mit Adjeectiv.
$. 182,
Auch hier darf, wie bei den Subflantiven mit Subflantiven,
das erfie Wort Feine flerivifchen Beſtandtheile haben, wenn
eigentliche Compoſita vorhanden fein follen. In vielen nhd. Bei⸗
fpielen mit -er darf uneigentliche Compoſition angenommen,
folglich das -er aus dem Genitiv Plur. gedeutet werben, 3. B.
blätter-Ios, Tinder-Ios, büher-Ieer. Ein foldes -er
bindet fich nicht mit den abftracten -Tich, -fam, -bar, wol aber
mit -baft, -Ins, -mäßig, -feft.
$. 183.
Die uleinmg componieren ſich in der Regel wie die einfachen
Subftantive, 3. B. ſugend-lich, tugend-fam. bien-bar,
Nur verfagen -Iih, -fam, -bar den Subflantiven auf -ung,
-n18 und ben Diminutiven; mädchen-haft iſt uhd. erlaubt
(ögl. $. 177.)5 fein ung-haft, dagegen find viele ungs-Los
eingeführt worben. |
-
— 64 —
6. 184.
Uml aut tritt nur bei der Formel -Tich ein, aber nicht überall. —
- 2eblos werdende zweite Wörter -Tih, -jam, -bar, -Baft,
-felig, -mäßig bieten immer noch feine Unterſchiede. So find
bie Begriffe von -Ith und -fam einander nahe liegend, ba fie
beide eine Aebhnlichfeit ausbrüden; genauer genommen geht -fam
mehr auf Siun und Charakter, -Iich mehr auf die äußere Natur
der Sache. Ein Menſch kann friedfam, ein Thal aber nur
friedlich heißen. |
Anm Klopſtock (Mefflas 2, 27 in ber Quartausg. von 1755) hat
friepfame Laube. |
$. 185.
Die Zufammenfebung von Subftantiven mit Adjectiven erläu-
tert fich wiederum 1) durch ein Präpofitionenverhältnis;z
2) durch ein appofitionelles; 3) durch ein cafuelles. Diefe
Deutungen der Eompofition bezeichnen übrigens durchaus nicht ben
wirflichen Urfprung derjelben aus ſolchen Verhältniffen, fondern follen
gerade die Bielfeitigfeit und Gewalt des überall zu Grund liegenden
Tompoſitionsvocals zu erfennen geben, was auch fchon oben
bei den Subftantiven ($. 154) bemerkt wurde,
$. 156,
Bei dem Präpofitionenverhältnts kommen hauptfächlich
die Präpof. in ober an, aus ober von in Betracht, jene bei allen
Compoſitis, deren zweites Wort den Begriff von Haft und Feftige
feit enthält, 3. DB. grund-fefl. Umgefehrt werden Ablöfung
und Trennung durch die negativen Präpof. aus oder von beut-
lich, z. B. freund-los; andere durch andere Präpof., je nachdem
fie ſchon bei den einfachen Adjectiven zu flehen pflegen, 3.3, fugel-
feft (wider), geld-gierig (nad), reife-mübe (von) !), bienft-
willig (u). Maulfaul fagt Goethe (Bd. 1, ©. 140).
Anm. 1. Fehlerhaft if die unechte Compoſ.todes müde bei A. Grün
(d. Unbelannte): Müde, todes müde finkt er unter einen Blüthen⸗
baum. So fagt auch gleich fehlerhaft Zedlitz (d. flerbende Krieger) :
In diefem Wäldchen warb ih todeswund.
$. 187,
Ein appofitionelles Verhältnis findet fih vorzüglich beider
Bergleihung und Beſchreibung. Diefe Erklärung iſt hier
weit anwenbbarer, als bei den Subftantiven ($. 170.), und findet.
fih in zahlreichen Beifpielen, namentlich in Abjectiven für bie. Farbe,
j. B. gras-grün, himmel-blau (wie das Gras, wie der Him⸗
mel), licht-hell, filber-blanf, eis-Falt u. a.
R)
x
. .
65 ’
. *
*
8
-
$. 188.
Ein cafnelles Verhaltnis findet ſich wol minder oft als ein
appofitionelles. Verſchiedne Adjective haben den Genitiv
bei fih; werben fie nun mit einem Subftantiv eigentlich zufammen-
geſetzt, ſo kann diefes-auch genitivifch gedeutet werden, z. B. leid-
voll; andere regieren den Dativ, z. B. gleich, ähnlich, z. B.
ahd. gota-lih, gottgleich, gottaͤhnlich. Den Accuſativ vermag
kein Adjectiv an ſich zu regieren; ein zuſammengeſetztes aber, in dem
noch die verbale Abkunft fortlebt, läßt accuſativiſche Deutung des
vorſtehenden Subſtantivs zu, z. B. die mit -bar zuſammengeſetzten
Subſtantive, wie fruchtbar u. a.
vo. Verzeichnis nach dem erſten Wort.
$. 189.
atpauns, ahd. arapeit, Arbeit, davon: arbeit-fam, arbeit-
voll.
äiza? ahd. Era, Ehre, davon: ehr-bar, ehr-ſam; uneigentlich
ehren-feft, ehren-voll.
äugö, ahd. auka, Ange, nhb. nur uneigentlih: augen-Flar,
augen-fcheinlich.
Daur? ahd. bora, Gipfel, Höhe, iſt uhd. ansgeftorben und findet
fih nur noh in: Bor-bühne, Bor-Firdhe für den obern
Theil ver Bühne, Kirche, worin übrigens das zweite Wort ein
Subftantiv if. Abd. und mhd. kommt es mit Adj. ver und
entfpricht dann bem lat, nimis, d. 1. allzu, 3. B. bore-nütze,
‚bor-senfte. u
blöth, ahd. pluot, Blut. Nhd. flieht Blut bei verfchiebnen
Adi. bloß verftärfend (intenfiv), d. h. an die eigentliche Beben-
tung wird nicht mehr gedacht: blut-arm, biut-jung, blut-wenig.
dags, ahd. taka, Tag, davon: täg-Tich.
- däuthus, mhd. töt, Tod, davon: tod-krank, tob-reif.
handus, Abd. hant, Hand, davon: hHand-feft, hand-greiflich,
band-gemein.
himing, abd.himil, Himmel, davon: Himmel-Blau, himmel-
och.
liut (abb.), Volk, davon: leut-kund.
lithus, ahd. lida, Glieb, davbn: glied-lähm, glied Jaug,
glied weich (Iychnis silvestris, Lichtnelke).
man, ahd. mana, Menſch, Mann, davon: mann-bar, mann-
haft, männ-Lich, mann⸗toll.
maurthr, ahd. mört, Mord, davon: mord-böſe, mord-ſihwer.
ragin, Maiht, Anfeben, davon: rein-taub, rein-tol, tein-
en ſrũher noch regen-blind, d. h. ganz blind, auch Yegeh-
rei) "
Kehrein Grammatik. I. 2. 5.
— 66 —
stäins, ahd. stain, stein, Stein, davon: ſtein-alt, flein-reich
(bei dem Gold wie Steine Tiegt?), flein-hart. In der Bolks-
prache auch flein-müb (öftr.), flein-weh (fchweiz.) und
flein-bein-treu, mutter-flein-allein.
stock ift nhd. ſtock blind, flod-bürr, fiod-fremd, ftod-fleif,
ock-ſtill, fioc-finfter (wie ein Stocd, Gefängnis). " Das Bolt
I noch verftärkter fod-mauer-finfter. Ber einigen diefer
Zufammenfeßungen muß auch an Stud, Stab gedacht werben.
vundr? ahd. wuntar, Wunder, davon: wuander-groß,
-berrlih, Hein u. a.
6) Verzeichnis nach dem zweiten Wort.
$. 190.
dina, allein, aus der ältern Sprache feine eigentliche Compoſition
mit diefem Adj. Nhd. mutter-allein und verflärft mutter-
menfhen-allein, mutter-feelen-allein, mutter-felig-
allein, mutter-flein-allein (ja öſtr. flein - bein-mutter-
feliger-allein). Selig ift verberbt aus Seelen und die Redensart
drüdt aus: Don Yedermann verlaffen, von jeder Seele, jedem
Menſchen, den die Mutter geboren hat, folglich uneigentlihe Com-
pofition mit dem Gen. Pur. Seelen.
. arms, abd. arm, elend, davon: bettel-arm, biut-arm, kreuz-
arm.
bäitrs, bitter, davon: gall-bitter (uneigentlich gaflen-bitter),
eiter-beifig.
"beris? ahb. päri C-fer), meift abflracter Bedeutung, hervorbrin⸗
gend, davon: acht-bar, dank-bar, ehr-bar u. a., bezeichnet
alfo die Möglichkeit einer Handlung.
pläo (ahb.), blau, davon: blis-blau, himmel-blau.
pleih-(ahb.), bleich, davon: afh-bleich, tod-bleich (fehlerhaft
tobten-bleih), warhs-bleich.
blinds, ahd. plint, blind, davon: ffaar-bIind, fiod-biind und
verftärft ſtaar-ſtock-blind.
bruns? braun, davon: nuß-braun (öſtr. Feflen-braun), |
däuths, todt, davon: maus-todt, rader-todt, verflärft maus-
rader-todt (und umgefeßt rader-maus-todt).
farvs? ahd. varo, farb, davon: blut-farb, gras-farb u. a., doch
in befchränfterem Gebrauch als mhd.
fäst (angelf.), fefl, davon: baum-feft, bein-f., boden-f., ehren-f.
(für ebr-f.), eifen-f., fauft-f., felfen-f. (für fels-f.), - grund-f.,
band-f., Fern-f., mauer-f., pickel-f., flein-f., wurzel-f. |
feitr (altnord.), fett, davon; fped-fett, fihnede-f., fchlotter-f.
mis, fremd, davon: land-fremd, Teut-fr., flod-fr.,
we — v
— 67 —
fris? frei, davon: vogel-frei (wie ein Vogel in ber Luft, den
jeder ſchießen darf). |
fulls, ahd. fol, voll, davon: gram-voll, jammer-v., pein-v.,
finn-v., verhängnis-v. Zur finnlichen Verftärfung dienen im
Bolfspialeft: blind -voll, hagel-v., ſack⸗v., fpund-v., flern-v.,
ftern-hagel-v., bliß-flern-hagel-v. u. a. m.
gilvs? ahd. kölo, gelb, davon: butter-gelb, ei-g., gallen-g.
(für gall-g.), gold-g., honig-g., fafran-g., wachs-g.
göds, gut, davon: grund-g., herz-g., fern-g., Freug-g., feelen-g.
(für Be), wunder-g. -
grä(ahd.), gran, davon: alter-gram, afch-gr., apfel-gr., efel-gr.,
eis-gr., Taß-gr. (Der Volksdialekt bietet noch kritzegrau und
britzegrau.)
.kruoni (ahd.), grün, davon: gras-grün, finn-gr., fban-gr.
hafts, ahd. haft, Haft, angeheftet, davon: fehler-haft, frevel-h,,
herz.eh., Tafter-h., glaub-b. u. a. In einigen nimmt-baft noch
-ein ableitendes -ig an: Teib-haftig, theil-haftig. — Diefes
-baft bezeichnet die Art und Weife eines Dinges als die Eigen-
Kat ee andern: fohäler-haftz dann fo viel als befitend:
erz3-baft.
. hardus, ahd. hart, hart, davon: boden-hart, Fiefel-h., pickel-h.,
ftein-. — Aus dem Adi. entfprangen die ahd. und nhd. Eigen-
namen: Engel-bard, Eber-barb, Geb-harb, Bern-hard (engil-h.,
“epur-h., köpa-h., pörn-h.), in denen fich das t in d erweicht hat.
(Einige Gelehrte glauben, die Sylbe hard fei aus er entiprungen, .
woran man ein t gefügt und endlich hard daraus gebildet habe,
alfo Geber, Gebert, Gebhard.)
häits? heiß, davon: glut-heiß, ofen-heiß.
häuhs, hoch, davon: baumhoch, berg-b., himmel-h., thurm-b,,
baus-b.; — zur Berflärfung, Abmeffung aber: baums-b. (mhd.
diu sunne stät wol bovmes höh).
hills? hell, leuchtend, davon: licht-hell, mond-b., flern-b;,
fpiegel-b., tag-b., wafler-H. 5 tadelhaft: ferzen-h., ſonnen-h.
hveits,ahd. huiz, weiß, davon: kreide-weiß, mebl-w., mild-w.,
ſchloſſenw., ſchnee⸗w., filber-w.; verſtärkt: fdhnee-milch-w.,
ſchnee⸗hagel⸗w. u. a.
kalds, falt, davon: eis-Falt, fihnee-k., ſchweiz. gletih-H.,
befiiich eis-zapfen-E.
kunths, fund, bekannt, davon: gau-Fund, Iand-E., ftabt-F., welt-F. _
läus, ahd. lös, los, befreit, davon: boden-los, ehr-L., end-L.,
grundel., herz-I., bilf-L. u. a. Unorganifh find: freuden-L,
berrn-I., obren-L., fitten-I., und neben nam-los, forg-T.
fogar. namen-I., forgen-IL. — Wieland (Ober. 1, 68) fagt
auch noth-los (für unndthig). Ä
‚leiks, ahd. lih, gleich, ähnlich, davon: ängſt-lich, bilp-L.,
brüber-I,, eid-L., eb-L., ehr-I.u.v.a. Der urfprüngliche Begriff
ber Achnlichkeit Hat fih ſchon in der alten Sprache verloren
’ | 5%
U .68 — — —
in bie mehrbeutige Allgemeinheit faſt einer bloßen Ableitungsſylbe;
daher in einzelnen Fällen dialektiſches Schwanken zwiſchen Com-
pofition mit -Tich und Ableitung mit -iſch. Nyd. feheiden ſich
beive in der Bedentung; -ifch iſt dabei noch gehaltiofer als -Tich.
- amb wol jenes, nicht diefes dient zu genitiviſchem Begriff. —
Des nuhd. -ig für -Tih iſt $. 126 gedacht worden. — Das
nbd. -Iich weckt in dem erxften einfylbigen Wort den Umlaut
(augen, gaft-I., bei Fr. Schlegel, Karl und Roland, auch
mannlich ftatt mannhaft); in zweiſylbigen zumellen: müt«
ter-L., väter-I., jämmer-L., nicht überall: wunber-T., jugend-I.,
abend-I. — Goethe (1, 195) fagt auch: bie mondliche Helle
ftatt die Helle des Mondſcheines.
lihti (ahd.), Leicht, davon: feder-Teicht, vogel—-leicht.
gamäinis, gemein, davon: hand-gemein.
mötis? ahd. mäzi, angemeffen, mäßig, davon: funft-mäßig,
pfliht-m., vedht-m., regel-m., gelet-m., fchrift-m., zunft-m.; in
tabelhafter uneigentlicher Compofition: beiden-m., riefen-m,,
volksem. m. a.
möthis? ahd. muodi, mübe, davon: fampf-mübe, flret-
müde.
naqvaths, nadt, bavon: finger-nadt, mutter-n., pubel-n.,
puttel-n., fplitter-n.; früher noch: faben-n., fafel-n., fplinter-n.,
—— und verſtaͤrkt: fplitter-fafel-n., pudel-ſtabe⸗n. mutter-
eele-n:
nivis, neu, bavon: nagel-neu, niet-n., fpan-n.; verflärft:
funfel-nagel-n., feuer-nagel-n., fplitter-nagel-n. (entflellt in
fplitter-hagel-n.). — Der Dialekt zwifhen Mainz und Worms
bat auch funkelreßneu. ’
garaihts, gerecht, paffend, davon: hand-gerecht, fchul-ge-
recht, fchuß-gerecht.
räuds, roth, davon: biut-roth, feuer-r., fuchs-r., glut-r.,
Hatich-r., platzer., fham-r., ziegel-r. Uneigentlich componiert find:
firfhen-r,, rofen-r., feiden-r.; gefteigert: fuchs-feuer,r.,
plaß-feuer-r., blas-feuer-r, (von blas, Feuerbrand).
sads, fatt, bavou: Haut-fatt (bis an die Haut).
sams?ahd.sam, ähnlich, davon: acht-ſam, ehr-ſ., arbeit-f., fried-ſ.,
beil-f., lobe⸗ſ. (in lobe-ſan entſtellt), müb-f. u. a. — Ueber bie
Bedeutung fiehe $. 184.
sölis, mhb. swlec, gut, glücklich. Nhd. fcheinen alle Zufammen-
feßungen mit ſelig gerecht, denen Fein Subftantivo auf -fal ent-
fpricht, folglih: feinp-felig, fried-f., gott-f., glüd-f., Tent-f.,
red-|.; desgl. die adjectiviihen arm-f., bold-f.; tadelhaft aber
bie aus fubftant. -fal entfpringenden: müh-f., ſaum-ſ., trüb-f.
l. $. 31
skarps? fcharf, davon: Haar-fharf, mefler-ih., morb-Tch.
Kr (altf.), Ihön, davon: bild-fhön, engel-fd., wunder-
n.
⸗
—6 —
snill Wr ſchn ell, davon: pferl-Fohnert, ſporn-ſch, vogel-ſch.,
wind-
starh(ahd.), ſtark, kräftig, davon: baum- ſtark, glied-ſt., ftein-fl. 5
uneigentlich find: bären-fl., riefen-fl.
stille, ſtill, davon: feder-ſtill, grab-fl., mutter-R., mans-fl.,
nk ftod-fl.,wind-fl. Steigerungen find : mutter-maus-fl., bickel-
aum-ft.
stum (mhd.), ſtumm, davon: fiſch-ſtumm, ftod-flumm.
gesunt (mhd.), gefund, davon: fifh-gefund, fern-gefund.
sür (mhd.), fauer, davon: blut-fauer, eflig-f., mord-ſ., fren-f.
(öfterr.).
8varts, mhd. swarz, ſchwarz, davon: brand-ſchwarz, Feflel-
ſchw., kohl-ſchw., peh-[hw., raben-ſchw.; gefteigert: Tohl-raben-
ſchw., fobl-beer-raben-[hw., Eohl-pech-raben-[hw.
suäri (abd.), [hwer, davon: berg-fchwer, blei-fchw., blut-fchw.,
centner-[hw., frucht-[hw., Frenz-[hw., gemwitter-[hw.
suuosi, suozi (ahd.), füß, davon: Bonig-füß, meth-f., ſchlaf-ſ.,
zuder-f.
triggvs, treu, zuderläffig, davon: felfen-treu, grund-fr.,
fern-tr., ſtein⸗tr.; gefleigert: flein-bein-treu,
thaursus, ahd. durri, Dürr, froden, davon: bem-bürr, hund-b.,
fand-v., flein-d., zaun-d.
dicchi (ahd.), did, davon: arm-dick, brett-b., faufl-b., knüp⸗
per; uneigentlih: arms-b., fpanne-d., wenn gemefjen werden
of.
varms, warm, davon: bad-warm, brüb-w., fub-w. (lan,
wie gemolfene Milch), milch-w.
väiks? ahd. weih, weich, davon: brei-weich, butter-w., feder-w.,
glied-w., Teder-w., fammet-w., windel-w.
veisis? weife, erfahren, davon: nafe- weis (feines Geruches).
veids? ahd. wit, weit, breit, davon: angel-weit, ellen-w.,
himmel-w. ; uneigentlich.: meilen-w., flunden-w.; verftärkt: fperr-
angel-w.
wilthis, wild, davon: feder-wild, fuchs-w., teufel-w.; ge-
ſteigert: fuchs-teufel-w.
—
c) Subſtantiv mit Verbum.
$. 19],
Hier ift eine vierfache Zuſammenſetzung möglih: 1) Zufam-
menſetzung des wirklichen Verbums mit einem Subſtantiv; 2) Zu
fummenfegung mit dem Barticipium Präf.; 3) Zufammenfesung mit
dem Partie. Präter.; 4) Zufammenfegung mit dem Snfinitiv. Hier⸗
bei: find zuvörderſt die. freieren Zufammenfeßungen des Nomens mit
— Participien und dem bloßen Infinitiv von der Hauptfrage zu
ondern.
.
— —— 70 — — —
%
1) In wie fern Tann das wirkliche Verbum mit
einem Subftantio componiert werben?
’ | $. 192.
Die Regel muß dahin feftgeftellt werben, daß eigentliche Com⸗
pofita, deren erftes Wort Nomen, das zweite Verbum wäre, uner-
Iaubt find. Wahrhafte Compofition läßt fih hier prüfen: a) an
ihrem Haften durch Tempora und Modos; b) daran, daß bie Par-
tifel ge- vor dem Worte flehen. muß, womit fie ſich verbindet, fei
es einfach oder zufammengefeßt. ‚Beides läßt fih 3.2. bei wein-
teinfen, nacht⸗ſchwärmen u. a. nicht anwenden.
§. 193,
Es gibt zwar eine Anzahl zufammengefehter Verba, welde die.
- aufgeftellten beiden Kennzeichen aushalten, 3. DB. rathſchlagen,
davon unbedenklich flattfindet: rath-ſchlaget, vath-Ichlagte,
ge-ratb-Tchlaget. Allein alle folche Fälle ſetzen ein bereits eigent-
ih componiertes Nomen als früher vorhanden voraus und find le⸗
diglich daher abgeleitet. Nicht das Verbum ſchlagen hat fih mit
Rath verbunden, fondern das Subftantiv Schlag, und aus Rath.
ſchlag ift weiter ein Verbum gebildet worden.
$. 194.
Die wichtigfien auf dem bezeichneten Wege entfprungenen uhd.
Verba find:
a) Shwadhe Berba von componierten Subflantiven ab-
geleitet: Sries-gramen (ahd. gris-cramön, mhd. gris-
gramen), her-bergen, rad-brechen (aber nicht eh-brechen), ver»
thei-bigen, wett-eifern, hand-haben, hohn-lachen, wetter-Teuch-
ten (für -Ieichen von läiks d. i. Spiel), muth-maßen, hof-mei-
ftern, fchul-meiftern, hei-ratben, rath-fchlagen, brand-ſchatzen,
buch-ftabieren, finn-bilden, fuchs-[chwänzen ß
b) Schwache von componierten Adjeetiven geleitete
Verba: Ableitungen von Adjectiven auf -Tich: Verherr-li⸗
Ken, verfinn-Lichen, verwirk-lichen.
Anm. 1. Görres (Myſtik 1, 16. 168. 227) Hat die fonft nicht ge⸗
bräuchlichen Formen: Sie grundfeftet in der Gottheit; fie wirb Ns
Kg rundveRet und gerichtet finden; fie grundveftete im
Unm. 2. Die Sprache frheint zur Ableitung ſolcher Berba wenig geneigt.
Die Urſache muß 2 Ai —* des —X geſucht Werben 5
anzes Wefen ift Thätigkeit, entgegengefeht der Ruhe des Nomens.
ei dem Nomen foll eben die Sompofttion bleibende Zufände im Aus⸗
drug feffeln. Das Verbum, nad Zeit und Modus regfam und bewegt
übt einen viel zu manigfaltigen Einfluß auf das Nomen aus, als va
er nicht durch afanmenfegungen follte gehemmt werben, Es wi be-
| ſtimmie Cafus regieren. Die vage Allgemeinheit fubflantivifcher Com⸗
| pofition fagt ihm wicht zu. se Aus beit ſubſ ſch
71 —
2) Zufammenſetzung mit dem Partic. Präſentis.
§. 195.
In feiner adjectiviſchen Eigenſchaft kann dieſes Partic., gleich
jedem andern Adjectiv, eigentlich componiert werden; ſeiner verbalen
Natur wegen hat es aber auch mehr Befugnis, wirkliche Caſus zu
regieren, als irgend ein bloßes Nomen, dem noch verbaler Urſprung
eingeprägt iſt. Es verſteht ſich aber von ſelbſt, daß Feine Zu-
fammenfegung mit dem Partic, Präfent. auf andere Modos und
Tempora zu fchließen berechtigt. NHd. Formeln find -bringend,
-nährend, -Rillend, -tragend: Friede-br., frucht-br., heil-
br., Iicht-br., qual-br., fegenbr., geifl-n., fhmerz-n., blut-ft., vurfi-ft.,
hungerft., frudht-tr., Teid-tr. u. a. Außerdem noch: Tiebe-ath-
mend, hals-brechend, fleifch-freffend, nahrung-fproffend, Teben-buf-
tend, rache⸗-glühend, rache-chnaubend, feuer-fangend, feuer-fpeiend,
bfut-triefend, freude-tödtenn, herz-zerreißend; die Dichter wagen
noch andere,
Anm. Bürger (Borrede f. Ged. 1778) fagt: die verstünftelnden
Zeitgenoſſen; A, Grün (Frühlingsgedanken) fagt heimatglühend.
3) Zufammenfehung mit dem Partie. Präteriti.
$. 19,
Die hochd. Dialekte älterer Zeit (goth., abb., mhd.) kennen ber-
gleichen Zufammenfetungen nicht oder doch nur in fehr geringer Zahl.
Sm Neuhochd. haben wir daran einen großen Lieberfluß, den wir
aber erft den Dichtern feit etwa 1750 verdanken; bie fchlefifchen
wagten nach nicht fo zu componieren. (Bergebens fträubt ſich noch
Adelung, Lehrgebäude 2, ©. 25 dagegen, obwol er einige aner-
fennt.) Was der hochdeutfchen Mundart fremd geworden, nicht völ⸗
fig unbekaunt war, was fich in der Poefie der verfchwifterten Stämme
(angelf., altnord.) deutlich entfaltet hatte, durfte auch unfrer neuge-
Löten Zunge angemuthet werben, und heutzutage Flingen Zufam-
menfeßungen wie folgende durchaus nicht undeutti: Staub-ge-
boren, jchiff-befahren, born-geflochten, meer-umfloffen, gott-erge-
ben, fluch-beladen, qual-entladen, gold-beichlagen, gold-verbramt,
wonne-trunfen, gras-bewachfen, Iand-verwiefen, mons-bededt, ruhm-
bedeckt, biut-befledt u. a.
Anm. Gewöhnlich werben fie ſich durch die Präpof. von, mit, aus
ertlären; felten vurh ein bewegendes an, in, wiewol an fih nichts
dawider ftritte. — Es dürfen übrigens feine neue nüchtern erfunven
werben, und ihre Anwendung muß überhaupt Maß halten. So werven
fpurverlornes Wittern und stelbei@mingter Pfeil aus der
„Maria von Medici“ von 3, 2. Klein (Berlin 1841. 42) in N. 30
der ‚‚Zahrbücher für wiffenichaftliche Kritit’ Februar 1843 mit Redt
gerügt. — Goethe (1, 52) fagt auch taaverfchloffen, Wieland
(Ober. 1.) luſtvermengt. Zablreich find Beifpiele bei neuern Dich
tern. In einigen Gevichten Freiligraths fleben: fhlafbefangen,
fiywertbewaffnet, mondbeſitrahlt, fehlammgefüllt, fanpgeformt, ſchlacht⸗
-
m —
erüftet, goloumreift. — A. Grün fagt: Lampfaerbrochnes Schwert
a und pfeilbefhwingter Lauf (Nartinsrwand). Tadels
baft if es, das Partic. mit der Pluralform des Subflant. zu compo⸗
nieren, wie von Sprachunkundigen geſchieht, z. B. zuhne betwafinet,
blumen⸗ bekränzt, wogen-umflutet. Höchſtens gienge das plurale -er
in die Zuſammenſetzung ein ($. 182). Man bemerke, wie (mit Aus⸗
‚nahme von liebe-trunfen, wonne-trunten) alle dieſe Compoſita die Par⸗
titel ge -, oder eine andere, die das ganze Verbum zufammenfebt,
vor dem zweiten Worte haben und wie fie fi dadurch von den aus
zufammengefesten Subftantiven erwachfnen Berbis ($. 193) unterfchei-
den, deren ge- feine Stelle vor dem erfien Worte nimmt,
4) Zufammenfetung mit dem Jufinitiv.
' S. 197.
Wie der Infinitiv ſubſtantiviſch gefeht werbe, hat die Syntax.
auszuführen, hier ift bloß von feiner, alsdann thunlichen Compoſi⸗
tion mit Subftantiven die Rede, Was von ıhm gilt (fe er nun
Nominativ oder Aceufatio) muß auch von feiner Genitiv» und Da-
tioform behauptet werden, d. h. dieſe Cafus nehmen eine Flexion
an, die freilich nur am Genitiv Kar hervortritt.
, $. 198,
Dem wirflihen und ganzen Berbum wurde oben ($. 192) die
eigentliche Compofitionsfähigfeit abgeſprochen. Dem Infinitiv feiner
fubftantisifchen, wie den Participien ihrer adfectivifhen Natur bal-
ben ($. 195), muß fie zuerfannt werben. Nur darf nicht (wie
6. 195 bereits bemerft worden) aus jedem gangbaren Compofitum
mit Participien auf analoge mit dem Infinitiv gefchloffen werden.
Nhd. fagen wir: Eh-brechen, Blut-vergiefen, DBlei-giefen, Haus-
halten, Athem-holen, Keder-Iefen, Feld-meffen, Theil-nehmen, Dank-
fagen, Luft-[chöpfen, Waffer-tragen u. a., in welchen allen wirkliche
Accufative ſich uneigentlih mit dem Infinitiv mögen verbunden ha⸗
ben, früher gar Feine Compofition ftattfand und noch jest öftere
Auflöfung eintritt, 3. B. wenn ein Adjectiv vorgefebt wirb: Un⸗
ſchuldiges Blut vergießen, oder das Subftantiv Hinter das Verbum
rückt: Ich vergieße Blut.
Anm. Nur fleht nicht mit Beftimmißeit zu behaupten, daß hier Überall
“teine eigentlihe Compofttion zu Grunde liege. Da wo veutlicke Acc.
Plur. an das Berbum ftoßen, 3. B. Kränze-winden iſt höchſtens un“.
eigentliche, nie eigentliche Compofition annehmbar. Präpofitionelle Com⸗
poftta laſſen fich wenige beibringen, 3.3. das Blatt-pfeifen (auf d. Bl.),
des Blatt-pfeifens. '
B. Subſtantiviſche uneigentlide Compofition,
$.. 199,
Die uneigentlihe Zufammenfegung iſt nie urſpruͤnglich, viel
mehr überall erfi aus einem dem zweiten Wort unmittelbar voran.
v
De Cu Ind
N 73 m
ſtehenden Caſus allmälich hervorgegangen (6. 150). Die uneigent-
Iihen Compofita find ein völliger Gegenfab zu den eigeptlichen.
Diefe zeigen Feine Flexign im erſten Wort, die umeigentlichen zeigen
fie immer und nothwendig. Die eigentlichen gründen fich anf dem
Compoſitionsvocal, der freilich in der fpätern Zeit verfrhwindet; bie
umeigentlichen können ihn nie, ſelbſt in der älteften Zeit nicht haben.
$. 200.
Die eigentlihen Compoſita bringen eine allgemeine, vielfeitige,
neue Bedeutung hervor, die uneigentlishen. beruhen auf dem engen
und beflimmten Sinn, den die Conftruction enthält, aus welcher fie
erwachſen find. Inſofern jedoch das erſte Wort nach und nad) der
Conftruction entzogen wird und die Compofition zu Stande fommt,
kann ſich auch fein Begriff einigermaßen ändern und die uneigentliche
Compoſition nahe an die eigentliche treten.
Anm. Im Goth. braucht noch böchſt felten uneigentliche Zufammenfebung
angenommen zu werben; im Rhd. iſt fie weit gangbarer ale im Myd.
und Ahd. Unter allen uneigentlihen Compofltionen fine vie genitivi⸗
ſchen die wichtigften und zahlreichſten. Manchmal ſteht die Wahl zwi⸗
fhen. Compofition und loſem Eafus frei. 3. DB. Görres (Myſtik
1, 432, 434). fagt: Aus Waldes Dunkel Inmen dann. die. Vögch;
— bald drangen. aus Waldesnunfel Tpiere auf fie ein,
a) Subflantin mit Subflantiv.
$. 201.
Hier kommen zwei Caſus in Betracht, die ein Verhältnis des
erſten Wortes zum zmeiten begründen, der Genitiv und der Arcufa-
tiv. Der Nominativ kann überhaupt nicht von einem andern Sub-
flantiv abhängen, der Dativ nur in wenigen Fällen, wo dem Sub⸗
Rantiv noch die Kraft eines Adjectivs oder Partieipiums beiwohut.
1) Genitivifhe Zufammenfegung.
$. 202, .
Im Goth. ſteht der Genitiv faſt immer nad dem Subflantiv,
das ihn regiert. Im Ahd. ift die Vorſetzung des Genitivs jo an
ber Ordnung, baß beffere Ueberſetzer (namentlih Iſidor und Ta⸗
tian) die Stellung: des- Iateinifchen Textes umkehren Im MH, wird
ber vorſtehende Genitiv zwar häufiger als im Ahd. vom Artifel be»
gleitet, behanptet aber aush ohne diefen feine freiere Stellung und
braucht nicht zum folgenden Subftantio gefchlagen zu merden, Im
"Npd. darf der Genitiv in der Negel nur dann varausgehen, wenn
er von. einem Adjectiv oder Pronomen (Artifel) begleitet iſt: Aller
Menfchen Leben; des Geiftes Kraft; eines Engels Stimme.
-_
— 74 —
$. 203.
8
Ohne das eben bemerkte Geleit ſteht der Genitiv ausnahms⸗
weiſe voran:
a) bei Eigennamen: Schillers Werke;
b) bei einigen andern Subftantiven, welche gleich den Eigennamen
feinen beflimmten Artikel vor ſich leiden, namentlih Gott:
Gottes Sohn, Gottes Ehre.
c) Bei den Subftantiven auf -er, welche aus Ortsnamen gebil-
bet. werden, tritt der Genitiv Pur. (nicht Sing.) unzufammen-
gefett vor das ihn regierende Wort: Frankfurter Geld, Nürn-
berger Waaren.
d) Für einzelne Redensarten: Frühlings Anfang.
Anm. Zumellen ſteht auch ver Gen. vor dem durch eine Präpoſ. regier⸗
ten Worte, } B. Ob mir, durch Geiſtese Kraft und Mund, nidt
manch Geheimniß würde fund, Goethe Kauft 1.
$. 204.
In allen andern Fällen ift der vorausgehende Genitiv an bas
Subſtantiv gewachlen !), von welchem er abhängt, d. h. wirkliche
(uneigentliche) Compofition eingetreten. Die Haupturfache der Com⸗
pofition liegt in dem Nomenwerden. Zwei Subflantive in ber
bier abgehandelten Stellung, zur Benennung von Land, Leuten, Thie⸗
ren 2c. dienend, Tehren fo häufig wieder, daß ihre urfprünglich le⸗
bendige Bedeutung erbleicht, ihre urfprünglich freie Eonftruction in
nneigentliche Zufammenfegung verwächft, d. h. der vorſtehende Geni-
tiv Feine Stelle nicht mehr verlaffen kann.
Beiſpiele, wo fie fhon im Ahd. und Mhd. möglich war:
a) Länder u. Derter: Sranfen-Iand —S
Däne-mark (mhd. tene-marke), Königs-berg (mhd. küniges-berc),
Sranken-berg, Manns-feld, Thüringer-wald, Reinharts-wald.
b) Perfonen: Winds-braut (ahb. windis-prüt, mhb. win-
des-brüt), Kriegs⸗mann, Rönigs-john, Wirts-frau, Kriegs-gott, _
Stüds-Eind, Teufels-ferl, Himmels-bote,
c) Benennungen ber Volksſprache, für manche Infecten,
3. B. die Libelle heißt Drachen-hure, Pfaffen-köchin.
d) Pflanzennamen, wiederum meift unter dem gemeinen Volk:
Bären-Flau, Hahnen-fuß, Katzen-ſchwanz, Löwen-zahn, Pfaf-
fen-but, Teufels-Mau, Wolfs-mild. -
e).- Theile von Thieren: Wolfs-zahn (mhd. wolves-zan),
Hahnmen-feder, Hahnen-kamm, Ralbs-fell, Hunds-nafe, Löwen-
herz, Ochien-fel, Schwanen-feder, Schweins-Ieber, Gänfe-Ie-
ber, Kalbs-füße, Enten-füße, Kalbs-braten u. a.
f) Theile von Pflanzen: Kinden-blatt (mhd. linden-blat),
Ta Samen-forn, Trauben-Lern, Trauben-faft, Schier-
Iings-faft. '
— — —-
— 7 —
g) Bei Kleidungsſtücken waren uhd. bei fremden Stoffen
ſolche Genitive zuläffig, 3. B. scharlaches-hosen, samttes-men-
telin. Nhd. fagen wir: Sammet-rod, Scharlach-Meid, ver-
muthlich weil diefe Wörter laͤngſt eingewohnt und wie andere
deutſche zu behandeln find.
h) Geräthe: Hoſen-ſchnalle (mb. hosen-nöstel), Pfannen-
fiel (mhd. fagte man der pfannen stil). |
i) Zeitverhältnis: Sommers-zeit (mittelhb. sumeres-ztt),
Sahrs-tag, Gerihts-tag, Abſchieds-tag, Jahre-zeit, Tags-zeit.
k) Vermifchte Fälle, in denen die Hänfigleit des Gebrauchs
Eompofition fann gewirkt Haben: GTüds-rad (mhd. gelückes- .
rat), Müpl-rad, Todten-kopf (Todten iſt Gen. Sing. von: ber
Tobte), von Kinds-beinen, Harfen-Ihlag, Brüden-Ichlag, Bluts
tropfe, Menfchen-heil, Helfers-helter, Henfers-hand, Rävels-
führer, Narren-feil, Galgen-gefindel, Handwerks-knecht, Schiffs-
a Geleits-mann, Teufels-Iärm, Dieeres-wogen, Lebens-
pflicht u. a.
Anm. gen davon ift, daß die alleinſtehend veraltete ſchwache Geni⸗
tioflerion fortdauert, fet es nun für einzelne Zälle des Genit. Singul.
masc., ober für den Gen, Sing. fem. und neutr. insgemein, 3. B.,
Hahnen⸗ kamm, Sonnen-wärme, Augen-blid, da wir jet veclinieren:
des Hahns, der Sonne, des Yuges.
$. 208.
Beifpiele nhd. Compofita, wo früher der Iofe Genitiv ſtattfand:
Hungers-noth, (mhd. hungers nöt), Feuers-noth, Waflers-noth,
Kriegs-noth, Todes-noth, Helvden-tHat, Weibs-bild, LBeibs-name,
Manns-Fraft, Manns-perfon, Manns-bild, Manus-name, Engels-
flimme, Wirts-haus, Rathe-here, Raths-Feller, Landes-fürft, Todes-
firafe u. a. m. — Nur kann man auge nicht jedes mhd. Subflan-
tiv mit feinem Genitiv voran in ein uhd. uneigentliches Compofi⸗
tum verwandeln.
Bemerkungen
zu der genitivifhen Compofition überhaupt.
$. 206.
Jede, ſtarke oder ſchwache, Genitioform Sing. ober Plur. kann
dabei vorfommen. Aus der Unbeflimmtheit der Endung -en erflärt
fih, warum fie gerade in manchen Wörtern an die Stelle eigentli-
der Compoſition getreten ift ($. 178. 208, b). Uneigentlihe Com⸗
pofita mit dem Genitiv Sing. fem. lehrt der Umlaut nur dann er-
Tonnen, wenn zugleich die Bedeutung Feine eigentliche geftattet, 3.2.
Bänfe-fuß, Sante Sant, Mäufe-zahn, wogegen Bräuti-gam, Nachti-
gall eigentlich zufammengefeht find. Compoſita mit pluralifhem -er
ind meift für wmeigentliche zu halten, 3. B. Bilder-bienfl, Kier-
ſchale, Geifter-befchwörung, da in ber Regel dieſes -er nicht im
die Zufammenfetung mit eingeht ($. 176. 182).
. — 1 —
$.. 207.
Der Unterſchied zwiſchen eigentlicher und nneigentlicher Zufam-
- menfeßung berußt nicht allein in der Form, fonvern auch in der
Beveutung beider, Die eigentliche foll- einen unbeftimmten, fonft
‚nicht (mit zwei Worten allein) faßbaren Begriff ausprüden; die un-
eigentliche, aus wörtlicher Genitivrection erwachfen, beſchränkt fich
auf ihren beſtimmten Sinn ($. 200). Beide Arten flehen einander
im denfelben Wörtern oft entgegen und dürfen nicht willfürlich ver⸗
taufcht werden. Bol. nhd.: Wind-mühle, Winds-braut; Lfel-
tretber, Eſels⸗ohr; Donner-frahl, Donners-tag; Land-adel, Lan-
des-herr; Rand-mann, Lands⸗mann; Tag-flern, Tags-licht; Feuer-
taufe, Feuers⸗noth; Waffer-noth, Waflers-noth ($. 159, 3); Amt-
mann, Amts-biener; König-reich, Königs-berg; Brunn-quell, Brun-
Den rand; Thor-heit, Thoren-Heid; Kirch-hof, Rirchen-verfamm-
ung: \
"Anm. Alle eigentlihen Zufammenfeßungen Taffen fih nur felten geni«
tiviſch umfchreiben, faſt alle uneigentlichen geradezu in das Subftantiv
mit- nachfiebenbem Gen. umfeben, 3. B. Zags-Tiht if gleichuiel
mit Licht des Tages. — Durch den Eintritt wirklicher Compofltion -
verliert ver. Begriff allerpings Einiges von feiner Beſtimmtheit und je
mehr er die Natur eines Eigennamens anzieht, deſto weiter entfernt er
fih aus dem genitiv. Verhältnis, z. B. für Königs-berg läßt fi
nicht fagen Berg des Königs. — Daß vie uneigentlihe Zufams
menfeßung bisweilen etwas Anderes austrüdt, als der loſe Gents
tin, it leicht wahrzunehmen, 3. B. Herrn-tifeh beveutet den für
Evelleute, der Zifh des Herrn aber den Altar, Die Pfarren, fagt.
Lichtenberg, bauen den Ader Gottes, die Aerzte den Gottes-ader. Der
freie Genit. ſcheint etwas Edleres an ſich zu haben (Bol. $. 333, 2).
$. 208,
Berührung und Mifchung beider Compofitionsarten, ber eigent-.
lichen und uneigentlichen, erfolgt entweder auf natürliche Weife, da,
wo ihre Grenzen aneinander floßen, oder unorganifch durch Ver⸗
wirrung ber Formen:
a) In ber älteren Sprache wird zumeilen zwilchen beiben, d. h.
eigentliher Compofition und freier Genitivſetzung (uneigentlicher
Eompofition) die Wahl gelaffen ohne einen merflichen Unter
fchteb der Form, 3. B. ahd. himil-rihhi und himilö rihli, mhd.
stein-want- und steines want. Die geringere Freiheit des Ge⸗
. » nitios hindert nhd. feine Züge der Bedeutung und bie wirklich
eingetretene uneigentliche Compofition bleibt auf die Fälle be⸗
fchräntt, für welche fie eingeführt wurde; nicht Leicht finden:
ſich eigentliche und uneigentliche Compofition in den nämlicdren
Wörtern neben einander, alfo nit Himmel-reih und Him⸗
. mels-reich; letzteres muß umgefegt werben in: das Reich
des Himmels,
"p) Unorganiſche Berwechflung beider Arten. Eigentliche
flatt uneigentlicher ift felten,. weil gegen ben beflimmten
‘
— 7 —
Begriff der unbeflimmte kaum auffommt: Regen-tropfen, Waf-
fer-tropfen für Regens-tr., Waffers-tr., wie ſchon das analoge
Bluts-tropfen und das ahd. rögenes tropfo lehrt ). Un—⸗
eigentliche flatt eigentliher ift mbo. und uhd. ziemlich
häufig, und es fcheint dabei ein formeller Grund gewirkt zu ha-
ben. Seitdem die Flexion - en nicht bloß die Genitive -in, -ün,
-nd, fondern auch die übrigen obliquen Caſus Schwacher Declina⸗
tion vertrat, verlor ſich immer mehr bie alte Beflimmtheit, und
ba nur noch der Nominativ Sing. ohne — n vorkam, fo gewöhnte.
man fi in dem -en weniger eine Flexion, ale einen Dekan»
theil des ganzen Wortes zu erbliden?). Diefes -en hielt man
nun aud in der Eompofition feR: Blumen-Forb, Sternen-
himmel (Goethe 1, 60) neben Stern-himmel, Gnaden-pforte,
Sreuden-fefl, Schneden-Lreis, Flammen-bildung, Gloden-ton,
Dinten-faß, Fliegen-neb, Fürften-tum u. a. m. Cinige Fälle
fönnen aber mit Recht uneigentlih componiert fen: Rofen-
blatt, Linden-blatt ($. 204, f.), was durch Wein-blatt
. wicht widerlegt wird, indem Roſe und Linde das Gewaͤchs anzei-
gen, nicht Wein, daher Weinfods-blatt gefagt werden müßte’),
Anm. 1. Andere Beifpiele eigentl. Comp. flatt uneigentL ſind
noch: Feuer-flamme, Feuer-funlen (f. Feuers-fl.,.mhb. viu-
res flamme, viures. vunke); Senf-korn (f, Senfs-t., abd. senefes-
chorn). Tadelhafter find: Mond-fhein (neben Sonnen-fihein),
Mond-tag, Sonn-tag (ahd. mänin tac, sunndn tac, mhd. ſchon
män-tac), und gar Frant-furt, Frant-reih (f. Franten-f.) ne⸗
den’ der richtigen Form Sranten-berg, Franten-thatz gleich
als dürfte man Heff-Iand, Sahes-Tand fagen.
Anm. 2. Befätigt wird dies namentlich durch den nhd. theilweifen Ein-
teitt des -en in den Rom. Sing. masc., wie bei: Bog-en, Bull-
en, Funk-en u. a.
Anm. 3. Sehlerhafte uneigentl. Comp. mit erftem flartem Subfl. find
ebenfalls verfchiedentlich gangbar geworden, 3. B. die mit Bolts-
flatt Bolt-: Bolts-thum, Bolts-lien; der Begriff iR wol weniger ein
ed des Volkes, ald ein unter dem Volke umgehendes. |
$. 209.
Einzelner Verderbniffe ungeachtet dauert im Ganzen die richtige
und notbwendige Unterfcheidung zwiſchen eigentlicher nnd uneigentli⸗
cher Zufammenfeßung bis auf den heutigen Tag fort. Mit Ben
kennung jeder derfelben wurden umbefugte, hoffentlich erfolgloſe Ans
griffe gegen das genitiviſche -8 gerichtet, eingebildeten Wollaut zu
gefallen, befonders von Jean Paul, ber ung ein: Reich-forft,
Zeufel-glieder, Zeitung-träger, einfhaltung-weife
n. a. m. aufbringen wollte. (Bgl. 330 f.)
2) Zufammenfegung mit bem Accufativ.
$. 210,
Bei oberflächlichen Betrachtung iſt man leicht darauf gerathen,
bas erfle Wort vieler Compoſita, deren zweites aus activen, ben
.
— — — 70 — ———
%
1) Zn wie fern Tann das wirkliche Verbum mit
einem Subflantiv componiert werben?
| $. 192,
Die Regel muß dahin fefigeftellt werden, daß eigentliche Com⸗
poſita, deren erfles Wort Nomen, das zweite Verbum wäre, uner-
Yaubt find. Wahrhafte Compofition läßt fih hier prüfen: a) an
ihrem Haften durch Tempora und Modos; b) daran, daß die Par-
tifel ge- vor dem Worte flehen. muß, womit fie fich verbinvet, fei
es einfach over zuſammengeſetzt. Beides läßt fih 3.2. bei wein-
trinfen, nacht-ſchwärmen u. a. nicht anwenden,
§. 193,
Es gibt zwar eine Anzahl zufammengefeßter Verba, welche die.
aufgeſtellten beiden Kennzeichen aushalten, 3. B. rathſchlagen,
davon unbedenklich flattfindet: rath-ſchlaget, rathaſchlagte,
ge-ratb-[chlaget. Allein alle folche Fälle ſetzen ein bereits eigent-
lich componiertes Nomen als früher vorhanden voraus und find le⸗
biglich daher abgeleitet. Nicht: das Verbum Schlagen hat fi mit
Rath verbunden, fondern das Subftantiv Schlag, und aus Rath—
flag ift weiter ein Verbum gebildet worden,
$. 194.
Die wichtigfien auf dem bezeichneten Wege entfprungenen uhd.
Berba find:
a) Shwahe Berba von componierten Subflantiven ab-
geleitet: Ories-gramen (ahd. gris-cramön, mhd. gris-
gramen), ber-bergen, rab-brechen (aber nicht eh-brechen), ver-
thei-digen, wett-eifern, hand-haben, hohn-lachen, wetter-Teuch-
ten (für -Teichen von läiks d. i. Spiel), muth-maßen, hof-mei-
ftern, fchul-meiftern, hei-rathen, rath-Ichlagen, brand-chaten,
buch-ftabieren, finn-bilven, ——
b) Schwache von componierten Adjectiven geleitete
Berba: Ableitungen von Adjectiven auf -Tich: Verherr-li⸗
Ken, verfinn-Lichen, verwirk-lichen.
Unm. 1. Görres (Mpyfit 1, 16. 168. 227) Hat die fonft nicht ges
bräuchlichen Formen: Sie grundfeftet in der Gottheit; fie wird ds
won gegrundoeſter und gerichtet finden; fie grundveftete im
Anm. 2. Die Sprache feheint zur Ableitung folder Berba wenig geneigt.
Die Urſache muß in der Natur des. Berbums gefucht werben. Sein
ganaee Weſen iſt Thätigkeit, entgegengefegt ver Ruhe des Nomens,
ei dem Nomen ſoll eben die Compoſinion bleibende Zuſtände im Aus⸗
drud feſſeln. Das Berbum, nad Zeit und Modus regfam und bewegt
übt einen viel zu manigfaltigen Einfluß auf das Nomen aus, als da
er nicht durch fammenfeßungen folte gehemmt werden. Es will be=
flimmte Cafus regieren. Die vage Allgemeinheit fubflantivifcher Com⸗
pofition fagt ihm nicht zu.
‘
— — de —
— 71 —
2) Zuſammenſetzung mit dem Partic. Präſentis.
§. 195.
In ſeiner adjectiviſchen Eigenſchaft kann dieſes Partie., gleich
jedem andern Adjectiv, eigentlich componiert werden; feiner verbalen
Natur wegen hat es aber auch mehr Befugnis, wirkliche Caſus zu
regieren, als irgend ein bloßes Nomen, dem noch verbaler Urſprung
eingeprägt iſt. Es verſteht ſich aber von ſelbſt, daß keine Zu-
ſammenſetzung mit dem Partic. Präfent. auf andere Modos und
Tempora zu fchließen berechtigt. Nhd. Formeln find -bringenbd,
-nährendp, -flilfend, -tragenb: Friede-br., frudht-br., heil-
br., Ticht-br., qual-br., fegenbr., geif-n., fchmerz-n., blut-fl., vurft-fl.,
hungerfl., frucht-tr., leidetr. u. a. Außerdem noch: Tiebe-ath-
mend, bals-bredend, fleifch-freffennd, nahrung-fproffend, Teben-buf-
tend, vache-glüßend, rache-ſchnaubend, fener-fangend, feuer-fpeiend,
bfut-triefend, freude-töbtend, herz-zerreißend; die Dichter wagen
noch andere. Ä
Anm, Bürger (Borreve f. Ged. 1778) fagt: die verstünftelnden
Zeitgeioffen; A. Grün (Frühlingsgedanken) fagt heimatglühend.
3) Zufammenfebung mit dem Partic, Präteriti,
$. 196,
Die hochd. Dialekte älterer Zeit (goth., ahd. mhd.) kennen der⸗
eichen Zufammenfegungen nicht oder doch nur in fehr geringer Zahl.
Im Neuhochd. haben wir daran einen großen Ueberfluß, den wir
aber erſt den Dichtern feit etwa 1750 verdanken; die fchlefiichen
wagten noch nicht fo zu componieren, (Bergebens firäubt fich noch
Adelung, Lehrgebäude 2, ©. 25 dagegen, obwol er einige aner-
fennt.) Was der hochdeutfhen Mundart fremd geworden, nicht völ-
fig unbefanut war, was fich in der Poefie der verjchwifterten Stämme
(angelf., altnorb.) deutlich entfaltet hatte, durfte auch unfrer neuge-
löften Zunge augemuthet werben, und bentzutage Elingen Zuſam⸗
menfeßungen wie folgende durchaus nicht undeutti: Staub-ge-
boren, fhiff-befahren, dorn-geflochten, meer-umflofien, gott-erge-
ben, fluch-beladen, qual-entladen, gold-beichlagen, gold-verbrämt,
wonne-trunfen, gras-bewachfen, Iand-verwiefen, moos-bededt, ruhm-
bedeckt, blut⸗befleckt u. a.
Anm. Gemwöhnlih werben fie fih durch die Präpof. von, mit, aus
erflären; felten vurh ein bewegendes an, in, wiewol an fi nichts
- damwiver ftritte. — Es dürfen übrigens feine neue nüchtern erfunden
werben, und ihre Anwendung muß überhaupt Maß halten. So werden
fpurverlornes Wittern und zielbefhwingter Pfeil aus der
„Maria von Medici’ von 3. %. Klein (Berlin 1841. 42) in R. 30
der „Jahrbücher für wiffenfchaftlihe Kritik“ Februar 1843 mit Recht
gerügt. — Goethe (1, 52) fagt au tagv erſchloſſen, Wieland
(Ober. 1.) Juftvermengt. Zahlreich find Beifpiele bei neuern Dich
tern. In einigen Gevihten Freiligraths fleben: fchlafbefangen,
fihwertbewaffnet, monpbeftrahlt, fchlammgefüllt, ſandgeformt, ſchlacht⸗
-
> —
— 72 —
x
erü goldumreift. — A. Grün fagt: kampfzerbrochnes Schwert
und pfeilbefhwingter Lauf Martinswand). Tadels
haft ift es, das Partie. mit der Pluralform des Subftant. zu compo⸗
nieren, wie von Sprachunkundigen geſchieht, z. B. aäpne bewaffnet,
blumen-befränzt, wogen-umflutet. Höchſtens gienge das plurale - er
in die Zufammenfeßung ein ($. 182). Man bemerle, wie (mit Aus»
nahme von liebe-trunfen, wonne-trunten) alle dieſe Compofita Die Par⸗
titel ge, oder eine andere, die das ganze Verbum zufammenfeßt,
vor dem zweiten Worte haben und wie fie ſich dadurch von ben aus
zufammengefegten Subftantiven erwachfnen Berbis ($. 193) unterfchei-
den, deren ge- feine Stelle vor dem erfien Worte nimmt.
4) Zufammenfetung mit dem Jufinitiv.
' §. 197.
Wie der Infinitiv ſubſtantiviſch gefeut werbe, bat die Syntax
auszuführen, bier ift bloß von feiner, alsdann thunlichen Compofi-
tion mit Subflantiven die Rede, Was von ihm gilt (fei er nun
Nominativ oder Aceufatio) muß auch von feiner Genitiv- und Da⸗
tioform behauptet werden, d. h. dieſe Eafus nehmen eine Flexion
an, die freilich nur am Genitiv Har hervortritt.
$. 198,
Dem wirklichen und ganzen Berbum wurbe oben ($. 192) bie
eigentliche Eompofitionsfähigfeit abgefprochen. Dem Infinitiv feiner
fubftantisifchen, wie den Participien ihrer adjectivifchen Natur hal
ben ($.. 195), muß fie zuerfannt werden. Nur darf nicht (wie
$. 195 bereits bemerkt worden) aus jedem gangbaren Compofitum
mit Participien auf analoge mit dem Infinitiv gefchloffen werden.
Nhd. fagen wir: Eh-brechen, Blut-vergießen, Blei-gießen, Haus-
halten, Athem-bolen, Feder-Iefen, Keld-meffen, Theil-nehmen, Dank-
fagen, Luft-fchöpfen, Waffer-tragen u. a., in welchen allen wirkliche
Accufative fich uneigentlih mit dem Infinitiv mögen verbunden har |
ben, früher gar Feine Compofition ftattfand und noch jetzt öftere
Auflöfung eintritt, z. B. wenn ein Adjectiv vorgefegt wird: Un⸗
ſchuldiges Blut vergießen, oder das Subftantio Hinter das Berbum
rückt: Ich vergieße Blut.
Anm. Nur fteht nicht mit Beftimmißeit zu behaupten, daß hier Überall
“feine eigentlihde Compofition zu Grunde liege. Da wo beutliche Acc.
Plur. an das Berbum ftoßen, 3. B. Kränze-winden iſt höchſtens un⸗
eigentliche, nie eigentliche Compofition annehmbar. Präpofitionelle Com⸗
poftta laſſen fich wenige beibringen, 3.8. das Blatt-pfeifen (auf d. Bl.),
des Blatt-pfeifens.
B. Subſtantiviſche uneigentlide Eompofition.
$.. 199,
Die uneigentliche Zufammenfegung if nie urſpruͤnglich, viel
mehr überall erſt aus einem dem zweiten Wort unmittelbar voran«
— AR —
ſtehenden Caſus allmaͤlich hervorgegangen (F. 150). Die uneigent⸗
lichen Compoſita find ein völliger Gegenſatz zu ben eigeptlichen.
Diefe zeigen Feine Flexign im erflen Wort, Die umeigentlichen zeigen
fie immer und nothwendig. Die eigentlichen gründen fi anf dem
Compoſitionsvocal, der freilich in der fpätern Zeit verfihwindet; bie
uneigentlichen können ihn nie, felbft in der Alteften Zeit nicht haben.
$. 200.
Die eigentlihen Compofitg bringen eine allgemeine, vielfeitige,
neue Bedeutung beroor, die uneigentlichen. beruhen auf dem engen
und beflimmten Sinn, den die Conſtruction enthält, aus welcher fie
erwachſen find. Inſofern jedoch das erſte Wort nad und nach ber
Conftruction entzogen wird und die Compofition zu Stande kommt,
kann fih auch fein Begriff einigermaßen ändern und die uneigentliche
Compofition nahe an die eigentlishe treten.
Anm. Im Goth. braucht noch böchſt felten uneigentliche Zufammenfegung
angenommen zu werden; im NRHd. iſt fie weit gangbarer als im Myd.
und Ahd. Unter allen uneigentlichen Sompofitionen find bie genitivi⸗
fen die wichtigften und zahlreichiten. Manchmal lebt die Wahl zwi⸗
fhen. Compoſition und Iofem Eafus frei. 3. B. Görres (Myſtik
1, 432, 434). fagt: Aus Waldes Dunkel Inmen dann, die. Vögel;
— bald drangen aus. Waldes dunkel Tpiere auf fie ein,
a) Subflantiv mit Subflantiv.
$. 81.
Hier fommen zwei Caſus in Betracht, die ein Verhältnis des
erſten Wortes zum zweiten begründen, der Genitiv und der Accufa-
tiv. Der Nominativ kann überhaupt nicht von einem andern Sub-
flantio abhängen, der Dativ nur in wenigen Fällen, wo dem Sub»
ſtantiv noch die Kraft eines Adjectivs oder Partieipiums beimohnt.
1) Genitivifhe Zufammenfegung,
$. 202. .
Im Goth. flieht der. Genitiv faſt immer nach dem Subftantiv,
das ihn regiert. Im Ahd. iſt die Vorſetzung des Genitios fo an
der Ordnung, daß beffere Ueberfeger (namentlih Iſidor und Ta⸗
tian) bie Stellung: des lateiniſchen Textes umfehrem Im MHd, wird
ber vorſtehende Genitiv zmar häufiger als: im Ahd. vom Artifel be-
gleitet, behanptet aber- auch ohne diefen feine freiere Stellung und
braucht nicht zum folgenden Subftantio gefchlagen zu merden, Im
Nhd. darf der Genitiv in der Regel nur dann varausgehen, wenn
er von. einem Adjectiv nder Pronomen (Artikel) begleitet iſt: Aller
Menfchen Leben; des Geifles Kraft; eines Engels Stimme.
— 74 —
$. 203.
Ohne das eben bemerkte Geleit ſteht der Genitiv ausnahms⸗
weiſe voran:
a) bei Eigennamen: Schillers Werkes _
b) bei einigen andern Subftantiven, welche gleich den Eigennamen
feinen beftimmten Artifel vor fich leiden, namentlich Gott:
Gottes Sohn, Gottes Ehre.
c) Bei den Subftantiven auf -er, weldhe aus Ortsnamen gebil-
bet. werben, tritt der Genitio Pur. (nicht Sing.) unzufammen-
gefett vor das ihn regierende Wort: Frankfurter Geld, Nürn-
berger Waaren.
d) Für einzelne Redensarten: Frühlings Anfang.
Anm. Zuweilen flieht auch der Gen. vor dem durch eine Präpoſ. regier⸗
ten Worte, } B. Ob mir, durch Geiſtes Kraft und Mund, nicht
manch Geheimniß würde fund. Goethe Kauft 1.
$. 204.
In allen andern Fällen ift der vorausgehende Genitiv an das
Subſtantiv gewachen!), von welchem er abhängt, d. h. wirkliche
(uneigentliche) Compofition eingetreten. Die Haupturfache der Com⸗
pofition Liegt in dem Nomenwerben. Zwei Subflantive in ber
hier abgehandelten Stellung, zur Benennung von Land, Leuten, Thie⸗
ren ꝛe. dienend, ehren fo häufig wieder, daß ihre urfprünglich le⸗
bendige Bedeutung erbleicht, ihre urfprünglich freie Eonftruction in
nneigentliche Zufammenfeßung verwächſt, d. h. der vorſtehende Geni-
tiv Feine Stelle nicht mehr verlaffen kann.
Deifpiele, wo fie fhon im Ahd. und Mhd. möglih war:
a) Länder u. Derter: Franfen-Iand —S
Däne-mark (mhd. tene-marke), Königs-berg (mhd. küniges-börc),
Sranfen-berg, Manns-feld, Thüringer-wald, Reinharts-wald.
b) Perfonen: Winds-braut (ahd. windis-prüt, mhd. win-
des-brüt), Kriegs-mann, Königs-fohn, Wirts-frau, Kriegs-gott,
Stürs-Eind, Teufels-Ferl, Himmels-bote.
c) Benennungen der Volksſprache, für manche Inſecten,
3. B. die Libelle Heißt Drachen-hure, Pfaffen-köchin.
d) Pflanzennamen, wieberum meift unter dem gemeinen Volk:
Bären-Elau, Hahnen-fuß, Katzen-ſchwanz, Löwen-zahn, Pfafe
fen-hut, Zeufels-Mau, Wolfs-mild.
e).-Theile von Thieren: Wolfs-zahn (mhd. wolves-zan),
Hahnen-feder, Hahnen-kamm, Ralbs-fell, Hunds-nafe, Löwen-
herz, Ochfen-fell, Schwanen-fever, Schweins-Ieber, Gänfe-Ie-
ber, Kalbs-füße, Enten-füße, Ralbs-braten u. a.
f) Theile von Pflanzen: Linden-blatt (mhd. linden-blat),
—— Samen⸗korn, Trauben⸗kern, Trauben-faft, Schier⸗
ings-faft.
—— 7 —
g) Dei Kleidungsſtücken waren mhd. bei fremden Stoffen
ſolche Genitive zuläffig, 3. B. scharlaches-hosen, samittes-men-
telin. Nhd. fagen wir: Sammet-rod, Scharlach-kleid, ver⸗
muthlich weil diefe Wörter längſt eingewohnt und wie andere
deutſche zu behandeln find.
h) Geräthe: Hofen-[chnalle (mhd. hosen-nöstel), Pfannen-
ftiel (mbb. fagte man der pfannen stil).
i) Zeitverhältnis: Sommers-zeit (mittelhb. sumeres-zit),
Yahrs-tag, Gerichts-tag, Abfchieds-tag, Jahrs zeit, Tags-zeit.
k) Ver miſchte Zälle, ın denen bie Säufigteit bes Gebrauchs
Eompofition kann gewirkt haben: Glücks-rad (mhd. gelückes- .
rat), Mühl-rad, Todten-Fopf (Todten ift Gen. Sing. von: der
Tobte), von Kinds-beinen, Harfen-fchlag, Brüden-Ichlag, Bluts-
tropfe, Menfchen-heil, Helfers-helfer, Henfers-hand, Räbels-
führer, Narren-feil, Galgen-gefindel, Handwerks-knecht, Schiffs.
ae Oeleits-mann, Teufels-Tärm, Dieeres-wogen, Lebens-
pflicht u. a.
Anm. — davon iſt, daß die alleinſtehend veraltete ſchwache Geni⸗
tioflerion fortvauert, ſel es nun für einzeine Fälle des Genit. Gingul.
masc., ober für den Gen. Sing, fem. und neutr. insgemein, 3. 3 ,
Hahnen⸗ kamm, Sonnen-wärme, Augen-blid, da wir jetzt declinieren
des Hahns, der Sonne, des Auges.
$. 205.
Beifpiele nhd. Compofita, wo früher der Iofe Genitiv flattfand:
Hungers-noth. (mhd. hungers nöt),' Feuers-noth, Waflers-noth,
Kriege-noth, Todes-noth, Helvden-that, Weibs-bild, YWeibs-name,
Manns-kraft, Manns-perfon, Manns-bild, Manns-name, Engels-
fliimme, Wirtshaus, Raths-herr, Rathe-Feller, Landes-fürft, Todes-
flrafe u. a. m. — Nur kann man Iange nicht jedes mhb. Subflan-
tio mit feinem Genitiv voran in ein uhd. uneigentliches Eompofi«
tum verwandeln.
Bemerkungen
zu der genitivifhen Compofition überhaupt.
$. 206.
Jede, ſtarke oder ſchwache, Genitioform Sing. ober Pur. kann
dabei vorfommen. Aus der Unbeflimmtheit der Endung -en erflärt
fih, warum fie gerade in manchen Wörtern an die Stelle eigentli-
cher Eompofition getreten iſt ($. 178. 208, b). Uneigentlihe Com⸗
pofita mit dem Genitiv Sing. fem. lehrt der Umlaut nur dann er-
Tonnen, wenn zugleich die Bedeutung Feine eigentliche geftattet, 3.8.
GBänfe-fuß, Sonte-Saut, Mäufe-zahn, wogegen Bräauti-gam, Nachti-
Hall eigentlich zufammengefebt find. Compoſita mit pinraliihem -er
And meift für wneigentliche zn halten, 3. B. Bilder-bienft, Eier-
ſchale, Geifter-befchwörung, da in der Regel dieles -er nicht in
bie Zufammenfegung mit eingeht ($. 176. 182).
ir
| — 6 —
$.. 297.
Der Unterſchied zwiſchen eigentlicher und uneigentlicher Zufam-
menſetzung beruht nicht allein. in der Form, fonvern auch in der
Bedeutung beider, Die eigentliche ſoll einen unbeftimmten, fonft
‚nicht (mit zwei Worten allein) faßbaren Begriff ausprüden; die un-
eigentliche, aus wörtlicher Genitivrection erwachfen, beſchränkt fich
auf ihren beftfinmten Sinn ($. 200). Beide Arten ftehen einander
in benfelben Wörtern oft entgegen und dürfen nicht willfürlich ver-
taufcht werden. Bol. nhd.: Wind-mühle, Winds-braut; Lfel-
treiber, Efels-ohr; Donner-flrahl, Donners-tag; Land-adel, Lan⸗
des-berr; Land-manı, Yands-mann; Tag-flern, Tags-licht; Feuer-
taufe, Feuers⸗noth; Waffer-noth, Waffers-noth‘ ($. 159, 3); Amt-
mann, Amts-diener; Kömig-reich, Königs-berg; Brunn-quell, Brun-
nen vanb; Thor-beit, Thoren-Heid; Kirch-hof, Kirchen-verfamm-
ung: | .
"Anm. Alle eigentlichen Zufammenfegungen Taffen fich nur felten geni-
tiviſch umfchreiben, faſt alle uneigentlichen geradezu in das Subftantiv
mit nachflebennem Gen. umfegen, 3. 8. age-lict it gleichviel
mit Licht des Tages. — Dur den Eintritt wirklicher Compofition -
verliert ver Begriff allervings Einiges von feiner Beſtimmtheit und je
mehr er die Natur eines Eigennamens anzieht, deſto weiter entfernt er
fih aus dem genitiv. Verhältnis, z. B. für Königs-berg läßt fi
nicht fagen Berg des Königs — Daß die uneigentlihe Zufam-
en etwas Anderes ausprüdt, als ver loſe Gent«
‚it, leicht wahrzunehmen, 3. B. Herrn-tifch bedeutet den für
Edelleute, ver Tiſch des Herrn aber den Altar. Die Pfarrer, fagt.
eithtenberg, bauen ven Acer Gottes, die Aerzte den Gottes-ader. Der
freie Genit. foheint etwas Edleres an ſich zu haben (Bagl. 8. 333, 2).
$. 208,
Berührung und Mifchung beider Compofitionsarten, ber eigent-.
Yichen und uneigentlichen, erfolgt entweder auf natürliche Weife, da,
wo ihre Grenzen aneinander floßen, oder unorganifch durch Ver—
wirrung ber Formen:
a) In der älteren Sprache wirb zumeilen zwilchen beiten, d. h.
eigentliher Compofition und freier Genitivſetzung (uneigemtlicher
Compofition) die Wahl gelaffen ohne einen merflichen Unter-
ſchied der Form, 3. B. ahd. himil-rihhi und himilö rihlti, mhd.
stein-want und steines want. Die geringere Freiheit des Ge⸗
nitivs hindert nhd. feine Züge der Bedeutung und bie: wirklich
eingetretene uneigentlihe Compofition bleibt auf die Fälle be⸗
fchräntt, für welche fie eingeführt wurde; nicht Teicht finden‘
ſich eigentliche und uneigentliche Compofition in den nämlicheü
Wörtern neben einander, alfo nicht Himmel-reih und Him⸗
mels-reichz letzteres muß umgefebt werden in: bad. Reich
des Himmels.
'b) Unorganiſche Verwechſlung beider Arten. Eigentliche
ſtatt uneigentlicher iſt ſelten, weil gegen ven beſtimmten
‘
— 7 —
Begriff ver ımbeftimmte kaum aufkommt: Regen-tropfen, Waf-
fer-tropfen für Regens-tr., Waffers-ir., wie ſchon das analoge
Dluts-tropfen und das ahd. rögenes tropfo lehrt !), Un⸗
eigentlide flatt eigentlicher iſt mhd. und uhd. ziemlich
häufig, und es fcheint dabei ein formeller Grund gewirkt zu ha⸗
ben. Seitdem die Flexion - en nicht bloß die Genitive -in, -An,
-Önd, fondern auch die übrigen obliquen Caſus ſchwacher Deelina⸗
tion vertrat, verlor fich immer mehr bie alte Beflimmtheit, und
ba nur noch der Nominativ Sing. ohne -n vorfam, fo gewöhnte
man fich in bem -en weniger eine Flexion, ale einen BeRanb-
theil des ganzen Wortes zu erbliden?). Diefes -en hielt man
nun auch in der Eompofition feR: Blumen-korb, Sternen-
himmel (Goethe 1, 60) neben Stern-himmel, Gnaden-pforte,
Hreuden-fefl, Schnecken⸗ kreis, Flammen-bildung, Gloden-ton,
Dinten-faß, Fliegen-neg, Fürften-tpum u. a. m. Einige Fälle
können aber mit Recht uneigentlich componiert fein: Rofen-
blatt, Linden-blatt ($. 204, f.), was durch Wein-blatt
. wicht widerlegt wird, indem Rofe und Linde das Gewaͤchs anzei-
gen, nicht Wein, daher Weinftods-blatt gefagt werben müßte).
Anm. 1. Andere Beifpiele eigentl. Comp. ſtatt uneigentl. fin»
noch: Zeuer-flamme, Keuer-funten (f. Feuers-fl.,.mhd. viu-
res flamme, viures vunke); Senf-korn (f. Senfs-t., abd. sänefes-
chorn). Tadelhafter find: Mond-fhein (neben Sonnen-fhein),
Mond-tag, Sonn-tag (ahd. mänin tac, Sunnän tac, mhd. ſchon
män-tac), und gar Srant-furt, Frant-reich (f. Framten-f.) ne»
ben’ der richtigen Form Sranten-berg, Franten-thal; gleich
als dürfte man Heff-Iand, Sachs-land fagen.
Anm, 2. Beftätigt wird dies namentlich durch den nhd. theilwelfen Ein-
tritt des -en in den Rom. Sing. masc., wie bei: Bog-en, Ball-
en, $unl-enu a.
Anm. 3. Fehlerhafte uneigentl. Eomp. mit erftem flartem Subfl. find
ebenfalls verfchiedentlih gangbar geworben, z. B. die mit Boltls-
flatt Bolt-: Boltd-thum, Bolks-lied; der Begriff iR wol weniger ein
Lied des Volkes, als ein unter dem Bolfe umgehendes.
$. 209.
Einzelner Verderbniſſe ungeachtet dauert im Ganzen bie richtige
und notbwendige Unterfcheidung zwifchen eigentlicher und uneigentli-
her Zuſammenſetzung bis auf den heutigen Tag fort. Mit Ber
kennung jeder derfelben wurden unbefugte, hoffentlich erfolgiofe Ans
Hriffe gegen das genitiviſche -8 gerichtet, eingebildetem Wollaut zu
gefallen, befonders von Jean Paul, der uns ein: Reih-forft,
Teufel-glieder, Zeitung-träger, einfhaltung-weife
n. a. m. aufbringen wollte. (Vgl. 330 f.)
2) Zufammenfegung mit dem Accufativ.
$. 210.
Bei oberflächliher Betrachtung iſt man leicht baranf gerathen,
bas erfle Wort vieler Eompofita, deren zweites aus activen, den
F
\ -
t —7 —
Aceuſativ regierenden Verbis herſtammt, wirklich für dieſen Caſus
zu halten. Namentlich kommen vie ſchwachen masc. und fem. in
Betracht, denen, ohne Zwiſchentritt einer Ableitung, Verba zu Grunde
liegen, bie aber fpäterhin ein ableitendes -ari, -er anzunehmen
pflegen, wie: Traum-beuter, Bogel-fänger, Gefeg-ge-
ber, Geſchicht-ſchreiber und alle ähnlichen; besgleichen die
von einigen weiter gebildeten Abſtracta: Geſchicht-ſchreibung,
Traum-beutung. Hier wäre dann bie verbale Kraft ver Cafus-
rection gleihfam in dem Subſtantiv noch nicht erlofchen und Vogel⸗
fänger fo viel wie: den Vogel (die Vögel) fangend.
| $. 211.
. Alle dem Scheine nach accuſativiſchen Compofita find aber in
der That eigentliche, nicht uneigentlihe (S. 171, b). Das
zeigt ſowol ihre allgemeinere Bedeutung, als auch der Compofitions-
vocal in der älteflen Sprache, ber freilich in ber fpäteren verloren
gieng. — Die Täufhung entiprang dadurch, daß nach dem Verfchwin-
den. des Compoſitionsvocals das erſte Wort dem meiftentheils fles
zionslofen Accufativ Sing. ähnlih wurde. Wäre wirflich accufa
tiviſche Compoſition eingetreten, fo müßten auch folche Accnfative,
die Flexion an fih tragen, namentlich fchwachformige, in der Zu-
fammenfegung erfiheinen, was aber nicht der Fall ift.
Anm. Hier läßt fih aus dem Abd. und Myhd. fchwerlih ein Beifpiel
beibringen. Goth. wäre Bogel-fänger wol fugla-faha (nicht fugl-
faha, ober fuglans-faha), wie dulga-häitja (foenerator). Rho. Com
pofita wie: Chriſten-bekehrer, Sahnen-träger, Lauten-
Ichläger wird man noch weniger einwenden bürfen, Teßtere find ent“
weder genitivifch oder aus Fahn-tr., Laut-ſchl. verderbt; das -en in
Chriſten ſcheint ver Ableitung gehörig.
$. 212,
In verfchiennen, ſaͤmmtlich neueren, Wortbifdungen laßt fich
feine eigentliche Compoſition behaupten, in folchen nemlich, bie
aus uneigentlich zufammengefehten Verbis abgeleitet find. An
ben Inf. und das Partie. Praf. waͤchſt (6. 218) der Accuſativ
wirklich an, und gilt einmal die Verbindung, fo hindert nichts, da
man daraus auch masc. auf -er ober abflracte fem. auf -ung wei⸗
tee bilde. Sp darf aus blut-vergießen, haus-halten, theil-
nehmen m. a. geleitet werden Blut-vergießer, Haus-hal-
tung u. a.
Anm. Hier wird übrigens fein Subſt. mit Subfl. zufammengefebt, ſon⸗
dern das bereitd vorhandne Snfinitiocompofitum ur Erzeugung von
Subſt. genußt. Bgl. 5. 193. Zwiſchen folhen Wörtern und ben vor-
pin ($. 210) genannten, welche für eigentliche Compoſita ji balten find,
aßt fich keine fefte Grenze ziehen; Außerlih fallen fie in der heutigem
Geftalt ganz zufammen, und es Tann nur davon die Rede fein, beide
—* auf hiſtoriſchem Wege, ſo viel möglich iſt, von einander zu
ondern.
— 4 — —
— 9 —
b) Subftantiv mit Adjeetiv.
$. 213.
Auch Hier iſt in der frühern Sprache hauptfächlich von dem Ge⸗
. aitio, daneben auch von dem Dativ, kaum von dem Accufativ bie
Rede, Neuhochd. fallen aber au Dating und Aceufativ weg, die fi
in andern Dialelten, 3. B. im angelf., finden, wo fie in loſer
Sebung dem Adjectiv zuweilen vortreten.
$. 214. \
Gewiffe Adfeetive regieren den Genitiv. . Es find hauptfächlich
die Adjective, welche Fülle und Leere, Haft und Losheit,
Neigung und Fähigkeit oderein Maß anzeigen. Diefe relativen
Adjertive gehen nun auch häufig eigentliche Compofition ein, wie das
Berzeichnis $. 190 lehrt; allein durd die Anwendung bes wirklichen
Genitios wird ber Begriff verflärft und finnlicher hervorgehoben,
während eigentliche Zufammenfegung erſt an der Stelle iſt, wenn
"das Adjectiv ſchon halb abſtract und den Iebendigen Caſus zu regie-
ren unfähig geworben if. Sp iſt 3.8. voll des Ruhmes mehr
als ruhm-voll; zumeilen darf beides gefagt werben.
5.215.
Eompofition wirb wieder durch den unmittelbaren Vortritt bes
Genitios, der allmälich an das Adjectig wächft, bedingt. Im App,
ift dieſe Compofition noch nicht, mhd. findet fie fi, doch iſt der
Iofe Genitiv richtiger. Die uhd. Sprache ſetzt den Genitiv dem
Adjectiv, wovon er abhängt, nicht ohne Begleitung eines Artikels
oder andern Adjectivs voraus: des Todes fchuldig, alles
Dankes werth, heiliges Geiſtes voll.
§. 216.
Uneigentlicher Compoſita, die aus dem freien (vom Pronomen
unbegleiteten) Genitiv erwachſen wären, beſitzen wir wenige, z. B.
fein tags-alt, wol aber geiftes-arm, Mit den meſſenden
Apjeetiven breit, did, lang, hoch, weit binden ſich einige Ge⸗
nitive, namentlich: Daumens, fingers, fpannen, meilen,
3.3. daumens-bidl, fingers-Iang, fpannen-breit, meilen-weit. Außer
dem ſcheinen einige andere, namentlih: auspruds-voll, freu
den-voll, forgen-frei, inhalts-Ieer, ſtaats-klug m-
tabelbaft, infofern ihrem zweiten Wort Iebendige Bedeutung verblie-
en iſt. " "
Anm Der Genitiv vor -mäßt ß iſt zu tadeln (6. 190. unter moͤtis);
gottes-fürchtig iſt bloße Ableitung von Gottes-furcht, das
gegen gott "fardtig, das no Luther hat, eigentlich componiert
goih. guda-faurhts.
”
N
-
— so —
e) Subſtantiv mit Verbum. |
§. 217.
Das wirflihe Berbum Ieidet nicht, daß fich ber vorflehende
Caſus eimes Subſtantivs fefter mit ihm verändes uneigentliche
Compoſttivn findet hier fo wenig flatt als eigentliche ($. 192).
Seldft aus uueigentlih zufammengefetten Subftantiven abgeleitete
Berba kommen nicht vor, oder fünnen vieluwär nicht vorkommen,
wenn man den beftimmten Begriff folder Subſtantive, die halbe
Eigennamen find, erwägt.
8. 218,
Bei dem Partie. Präf. wäre uneigentlihe Compofition, zu
mal mit vorfiehendem Accuſativ, denkbar, und ältere Quellen muͤß⸗
ten entfcheiden, od z. B. ein nhd. find-gebährend Aus einem
ahd. chinta-peranti oder aus Yofem chint peranti entiprungen if.
Es mag auch einzelnen ber oben ($. 195) angeführten Wortbildun«
gen währer Yecufatio zu Grunde liegen, fo gut wie folgenden:
‚ Bott-Tiebend, wahrheit-liebend, aderbau-treibend, handel-tr.,
gewerb-tr. .
$. 219.
Bei dem Partie. Präter. fann fih uneigentliche Jufammen-
febung aus dem vorſtehenden Genitiv entwiceln, die ältere Sprache
zieht aber eigentliche vor oder den Iofen Caſus, 3. DB. ahd. wines
trunchen. Im Nhd. gelten die genitioifchen Compofita: Friegs-
gefangen, gottes-vergeffen, gottes-delehrt, bluts-verwandt, Tandes-
verwieſen.
8. 220,
Mit dem Infinitiv verbindet fih in der neueren Sprache
erne ber vorausgehende, von ihm regierte Aecuſativ, zumal für ben.
ubflantivifchen Gebrauch. Wir fagen: das Athem-bolen, Luft-
ſchöpfen, Wein-trinfen, Theil-nehmen, Flachs-[pinnen u. a., wobei
aber auch oft eigentliche Compofition walten Tann ($. 198).
M. Adſectiviſche Compoſition.
§. 221.
Sie zerfaͤllt wiederum in eigentliche and uneigentlichez
allein leßztere iſt von ganz beſchraͤnktem Umfang und tritt nur im
einzelnen ſpateren und wicht regeltechten Fällen ein. In der Regel
iſt alle adjectiviſche Zuſammenfehung eigentlich.
A. Adjeectiviſche eigentliche Compoſition.
| 6. 222.
Bildungsmittel if, wie bei ber fubftantivifchen, der Compofi-
tionsoocal ($.152), und zwar Iautet ex in den Alteften Eigennamen
— 81 —
0, z. B. lang-o-bardi. Im Goth. herrſcht a, nach kurz⸗ und lang⸗
ſylbiger Wurzel, z. B. arm-a-hairtei (Barmherzigkeit). Ahd. lautet
der Compoſitionsvocal gleichfalls a, fpäter e, z. B. zag-a-heit (Zag⸗
heit). Myd. iſt dieſes e nur noch ſelten, z. B. zag-e-heit; nhv.
mangelt der Compoſitionsvocal durchgehends, d. h. wir ſagen Zagheit.
§. 223,
Der Compoſitionsvocal hat mit der adjectiviſchen Flexion nichts
zu fchaffen, diefe fällt vielmehr in allen Fällen weg, wo eigentliche
Zufammenfehung eintritt. Nach erlofrhnem Vocal der Compofition
unb Ableitung ftößt die bloße Wurzel an das zweite Wort, 3 B.
janc-frovwa, Gen. junc-frovwün. Der flerionsiofe uhd. Nominativ
Sing. hat nur zufällige Aehnlichkeit.
$. 224,
Zur Erklärung der Bedeutung adjectivifcher eigentlicher Com:
pofita Fönnen weber Berhältniffe der Caſus noch der Praͤpoſitionen
genommen werben. Wo das Apjectiv fubflantivifch fleht, d. h. wo
e8 nicht zu einem andern Subflantiv gehört, hat es feine wahre
Natur aufgegeben. Das gewöhnliche Aofectiv befindet fih alfo nur
in einem appofitionsähnlihen Berhältniffe zu dem zweiten
Worte der Zufammenfegung, fei diefes nun Subſtantiv, Adjectiv
oder Participium. Allein die Zufammenfegung erzeugt freiere, viel-
feitigere Begriffe, als das wirkliche Adjectiv, flünde es neben dem
zweiten Wort, haben würde, 3.3. das nhd. FJung-fram bedeutet
weber junge Frau noch die junge Fran: die Eompofition hat
einen eigenthümlichen Sinn hervorgebracht.
a) Adiertiv mit Subſtantiv.
a. Berzeihnis nach dem erflen Wort.
$. 225.
alls, all, ganz. Die goth. Sprache unterfcheivet -in. der Compo⸗
fition ala- von all-, die ahd. ala- von al- (fürall-, alla-).
Ala- gibt den Sinn des griech. navro-, Tat. omni- (all); all-
ben des gr. 0Ao- (ganz). —*— iſt der Unterſchied verwiſcht, denn
wir ſchreiben All⸗macht ſtatt Al-macht; bloß in dem unver-
ſtandnen Volksnamen Ale-mannen dauert die echte Form, ſo⸗
gar mit dem Compoſitionsvocal.
alis? anders, fremd. Davon das dem Sinn und der Schreibung
nad undeutlich gewordne E-Iend für el-Iend (ahd. ali-lendi
und el-lende d. i. fremdes Land, auch die Gefangenſchaft).
alds? ahd. alt, alt, davon: Alt-vater (ahd. alt-fater), Alt-
knecht, Alt-mutter, Alt-geſell; auch fagen wir noch: Alt-baier,
Alt-heffe, Alt-fachfe im Gegenſatz zu Neu-baier ıc.
Kehrein Grammatik, I. 2. 6
— 82 0 —
args? ahd. arc, böfe, faul, davon: Arg-wohn (mhd. arc-wän).
airzis, ahd. irri, irr, davon: Irr-fahrt (mhd. irre-vart),
Ser-Tehre, Irr-licht, Ier-thum, Irr-wiſch. |
balths, ahd. pald, kühn, davon der Eigenname: Bald-nin (ahd.
pald-win).
bäitrs, ahd. bitter, bitter, davon: Bitter-holz, Bitter-klee,
Bitter-Fraut, Bitter-falz, Bitter-waffer, Bitter-wur;.
blinds, ahd. plint, blind, davon: Blind-heit, Blind-fchleiche.
preit (ahd.), breit, davon: Breit-haupt, Breit-Fopf.
diups, Kiel, davon: Tief-denker, Tief-finn, Tief-trunf (Eigen
name). .
drüds?ahd. trüt, traut, Iieb, davon bie Eigennamen: Traut-
vetter, Traut-wein.
duls? ahd. tola, toll, davon: Toll-heit (ahd. tola-heit), Toll-
beere, Toll-wurm, Toll-wurz, Toll-fraut.
fris, ahd. fri, frei, Davon: Frei-heit (mhd. vri-heit), Frei-
denfer, Frei-frau, Frei-herr u. a.
fulls, ahd. folla und fol, voll, davon: VBoll-mond (mhd. vol-
mene), Boll-macht, Boll-genuß, Voll-glück, Vollblut.
göds, ahd. kuot, gut, davon die Eigennanten: Gut-mann,
Gut-gefell, Out-jahr.
gravs?ahd. krä, grau, davon: Orau-bart, Grau-rod, Grau-
ſchimmel.
cro z (ahd.), groß, did, davon: Groß-fürft, Groß-herr, Orn$-
mauls Groß-ſprecher; verfchiedne Eigennamen: Groß-mann, Groß-
. Linden ꝛc.
grönis? ahd. kruoni, davon: Grün-ſpecht (ahd. gruon-späht),
Grün-jpan, Grün-fchnabel; Eigennanen: Grün-baum, Grüne-
wald, Grün-berg.
halbs, ahd. halp, halb, davon: Halb-gott (ahb. halp-cot),
Halb-bruder, Halb-fcheid, Halb-fliefel u. a. (In der Compofition
ift nicht gerade immer das Halbe, die Hälfte, fondern auch das
Unganze, Gemifchte gemeint.)
hardus, ahd. hart, hart, davon: Hart-riegel; die Eigen-
namen: Hart-mann, Hart-mund.
häilags, ahd. heilac, heilio, heilig, davon: Heilig-thum
(ahd. heilic-tuom).
häuhs, ahd. höh, hoch, davon mit ungleicher Betonung bes erften
Worts: Hoch-muth (mhd. höch-muot), Hof-fahrt (f. Hoch-f.),
Ho⸗heit (f. Hoch⸗h.), Hoch-Tand, Hoch-Tommer, Hoch-zeit; Eigen:
namen wie: Hoch-apfel, Hoch-hut, Hoch-haus, Hoch-ſtadt u. a.
hveits, ahd. wiz, weiß, davon: Weiß-dorn, Weiß-rod;
"Eigennamen wie: Weiß-haupt, Weiß-Eopf, Weiß-hahn, Weiß-
mann u. a. |
ibns, ahd. öben, eben, gleich, davon: Eben-bild, Eben-maß;
unorganifch mit der Partifel neben (= in eben): Neben-menſch
(m$d. öben-mensche), Neben-buhler, Neben-mann.
— 83 —
juggs, abb. junc, jung, jung, davon: Sung-frau, verfürzt
Sung-fer (ahd. janc-frouwa); nit Jung-herr (mhd. junc-
herre), fondern bloß verkürztes Junker; Jung—-geſell; Eigen⸗
name: Jung—-kind.
kalds, kalt, davon: KRalt-finn, Kalt-lager; Cigenname:
Kalt-waffer.
kläins, abb. chleini, Flein, fein, tavon: Rlein-bauer,
Klein-heit, Klein-Fnecht, Klein-kraͤmer, Klein-ſchmid.
laggs, ahd. lanc, Tang (nach Raum und Zeit), davon: Lang-
hals, Lang-ohr, Lang-Ichläfer, Lang-wagen (provinciefl noch
ng-wi „ ahd. lanc-wid); Eigennamen: Lang-bein, Lang-
er.
liubs, ahd. liob, lieb, theuer, davon: Lieb-frau; Eigemame:
Lieb-mann.
midis, ahd. mitti, mitten, davon: Mit-tag; auch ber Eigen-
name: Mitt-Radt. '
nehvs? ahd. näh, nah, benachbart, davonr Nach-bar (ahd.
näh-gipür, mhd. näch-gebür).
nivis, ahd. niuwi, neu, davon: Neu-bruch, Neu-jahr, Neu-
licht, Neu-mond, Neu-ftadt; Eigennamen: Neu-bauer (platto.
Nie-buhr), Neu-gebauer, Neu-mann u. a.
qvius, ahd. queh, qued, Iebhaft, davon; Dued-filber (ahd.
queh-silipar); Cigenname: Dued-born,
räuds, ahd. röt, roth, davon: Noth-ftein (ahd. röt-stein),
Rotb-bart, Roth-brüftchen, Roth-Febfchen, Roth- ſtift u. a. 5 Eigen⸗
namen: Roth-mäller, Roth-weiler.
reikis, ahd. rihhi, reich, mädtig, davon: Reih-thum (ahd.
rih-tuom); Eigennamen: Reich mann, Reih-huber, Reich-
winn,
sihhur (ahd.), fiber, davon: Siher-heit (ahd. sihhur-heit).
silba, ahd. selb, felbft, davon: Selbſtdünkel, Selbfi-herr-
ſcher, Selbft-Tauter, Selbfl-mord, Selbſt-ſucht; gleich bedeutend
damit ift eigen: Eigen-Iiebe, Eigen-finn, Eigen-wille.
siuks, ahd. siuh, fiech, krank, davon: Sieh-heit, Siech-thum
(ahd. siuh-tuom).
scöni (ahd.), ſchoͤn, davon: Shön-färber, Schön-geifl, Schön-
fchreiber; Eigennamen: Schön-feld, Schön-tag, Schöne-mann
u. a.
smal (ahd.), ſchmal, Hein, davon: Schmal-fleiſch (Bolfs-
ausdruck Schmal-hans); Ortsnamen, wie Shmal-falben;
Derfonennamen, wie Schmal-holz, Schmal-calder.
svarts, fhwarz, davon: Schwarz-brot; Eigennamen:
Shwarz-Ffopf, Schwarz-mann, Schwarz.ſchild; Schwarz-
wald, yet male (kleiner Fluß).
suozi(abd.), füß, davon: Süfß-heit, Süß-holz; Eigennamen:
Süß-mild, Süß-mann.
zeiz (ahd.), froh, freudig, davon der Eigenname: Zeif-berg.
. 6*
— 4 —.
ubils, ahd. upil, übel, davon: Lebel-that.
wär (abb.), wahr, davon: Wahr-heit (ahd. wär-heit), Wahr-
zeichen (ahd. wort-zeichan, mhd. wort-zeichen, fpäter entſtellt
in wär-zeichen). .
veihs, heilig, davon: Weih-rauch (ahd. wih-rouh, mhd. wi-
rouh), Weih-bifchof, Weih-nacht.
vilthis, ahb. wild, wild, davon: Wilb-fang, Wild-graf; bei
Thieren und Pflanzen ſteht Tieber Iofes Adjectiv, z. B. wildes
Schwein (doch auch Wild-[hwein, ahd. wild-über), wilder
Kümmel. Ä
Anm. Ueber das zu grönis gehörige Wort Gründonnerstag be-
merkt Weigand in f. Lex. d. deut. Synonymen: ,‚Im Mittelalter
fam der Name dies viridium (Tag der Grünen) auf; viridis wird in
mittellat. Bocab. erflärt durch ein grünender, der da öôn sunde ist,
run. Sonſt flebt dafür antlägtac — Tag des Sündenerlaſſes.“ —
ntlaßtag findet fih noch durchgängig flatt Gründonnerdtag in ber
1573 erfchienenen Meberfeßung des Lebens d. Heiligen von L. Surius,
B. Berzeihnid nah dem zweiten Wort.
$. 226. |
part (ahd.), Bart, davon: Roth-bart, Blau-bart, Grau-bart,
- Schwarz-bart. |
deds, ahd. tät, That, davon: Qut-that, Nebel-that.
döms, ahd. tuom, Urt heil, davon: Heilig-thum (ahb.heilac-
tuom), Srr-thum, Reih-thum, Sieh-thum.
fötus, mhd. vuoz, Fuß, davon: Bar-fuß (mhd. bar-vuos),
- Krumm-fuß, Platt-fuß.
hals, ahd. hals, Hals, davon: Dick-hal s, Karg-hals, Starr-
hals; Eigenname: Schön-hals,
häubith, Haupt, davon: Breit-haupt, Schwarz-haupt.
häids, ahd. heit, Ordnung, Befchaffenheit. Nhd. hat fi
die Zahl der Hierher gehörigen Zufammenfegungen außerordentlich
gemehrt; fie nehmen die Stelle veralteter Ableitung auf -i, mhd.
-e ein, gelten daher nicht, wenn biefe Ableitung felbft fortvauert,
3. B. nicht: Lieb heit, Schwarz-heit ꝛc., weil ung nod
Liebe, Schwärze zu Gebote ſteht; hingegen: Kleinheit,
Lieblich-Feit zc., ba wir fein abb. chleini, liuplihhi übrig ha⸗
ben. Wo beide Formen neben einander fortdauern, bezeichnen bie
auf -e mehr das Sinnliche, die auf -heit mehr das Gei-
ftige, 3. B. Höhe, Hoheit; Fläche, Flachheit; Leere,
Leerheit; Shwäde, Schwachheit). — Die Form an-
gehend, fo behalten
1) heit folgende unabgeleitete oder reinvocaliſch abgeleitete:
All-heit, Blind-h., Bos-h., Derb-b., Dumm-b., Fauleh.,
u BB —
Fein⸗b., Beig-b., Zrei-h., Sanz-h., Grob-h., Grad-h., Halbeh.,
-Do-b. (für Hoch-h.), Klein-b., Klug-h., Keuſcheh., Krant-b.,
Küpn-b., Neu-b., Rein-b., Rob-d., Schlaff-H., Schön-b.,
Schwach-h., Starr-h., Geſund-h., Toll-h., Träg-h., Gewiß-h.,
Weis-h., Gewohn-b., Zag-b. (Kein Rüdumlaut in Kühnh.,
Trägh., Schönh., da diefe Adi. jetzt erfler Deelin. folgen, wol
aber in Bosh. von böfe.)
2) Die mit- ern abgeleiteten haben gleichfalls -heit: Albern-h.,
Lüftern-b., Nüchtern-h., Schüchtern-h.
3) Zwifchen -heit und -Feit ſchwanken die Ableitungen -eI und
-er: Dunkel-h., Finfter-b., Sicher-h.; Eitel-k., Bitter-k.,
Heifer-f. Theoretiſch gibt es keinen Grund für dieſen Unter⸗
ſchied, er läßt ſich bloß hiſtoriſch begreifen.
4) keit bekommen alle mit den Adj. auf -bar, -Tih, -fam
eomponierten: Braudh-bar-E., Freund⸗-lich⸗k., Bieg-fam-f.
u. a. (Nah — lich iſt das E für he entfchieden falfch, hat fich
aber einmal feftgefeßt.)
5) keit alle auf -ig, welches aber daneben fliehen bleibt, fo
daß das Ableitungsmittel unnöthigerweife Doppelt gebraucht wird,
* einmal in Feit (= ig-heit), dann in dem Adj. felbft: Flüfſig-k.,
Freigebig-F. u. a.
6) Unorganifches -ig-Eeit alle, die an fih zu 1. gehörten und
dar nicht mit -ig abgeleitet find: Blödig-F., Bangig-F,
Dreiſtig-k., Süßig-F. u. a., obgleich man einzelne Unterfchiede
der Bedeutung davon abhängig macht, 3.8. Klein-h. (parvitas),
Kleinig-F. (minutiae) ; Leicht-h. (levitas), Leichtig-F. (facilitas). —
Die mit —los zufammengefesten nehmen gleichfalls -Feit an:
Gott-Iof-ig-Feit, Treu-Iof-ig-F. Umlaut Tann das falfche
-ig nicht zeugen: Bangig-k., Mattig-P.; bei Blödig-f., Sprö-
big-F., Süfig-P. iſt er bereits im Adjectiv zu fuchen.
mans, ahd. man, Mann, Menfh, davon Eigennamen: Gut-
mann, Werth-mann,
sinn. Na davon: Sroh-finn, Leiht-f., Scharf-f., Tief-f.,
rüb-f.
skafts? ahd. scaf, Anlage, Befhaffenheit (indoles, ratio),
davon: Gemein-ſchaft (ahd. kimein-scaf), Baar-ſch., Kund-ſch.,
Bereit-ſch.
Anm. 1. Manche Schriftſteller haben eine gewiſſe Vorliebe für die Form
auf -e; fo hat } 8. Goͤrres in feiner ‚‚hrifllihen Myſtik“ folgende,
fonft weniger gebräuchliche Formen : -Die Schöne, Grüne Müpde,
Reine, Süße, Trübe, Zärte, Weiße, Sanfte, dagegen fagt
er auch vie Blosheit (2, 54). Statt Güte fagt Goethe (vie Ge- -
ſchwiſter): Sch mißbrauche feine Gutheit nicht weiter; in Taffo (2, 1) _
fagt dertelbe: Sophroniens Großheit.
Anm. 2. Eigen find dem mittelrheinifchen Volksdialekt die Formen:
Kleinerpeit, Größerheit, Jüngerheit, Schönerheit.
— 856 —
Bemerkungen zu ber eigentlihen Eompofition des
Adjertivs mit dem Sabſtantiv.
$. 227, | "
Das erfie Wort, d.h. das Adjectiv läßt fich zwar häufig,
ber Bedeutung nach, in ein freies Adjectiv auflöfen und für einzelne
Fälle mögen Zeit und Mundart das Eine oder das Andere vorzie⸗
ben. Sp Hagen wir z. B. Rurz-weile (niht-Burze Weile), Tange
Weile (nicht gern Lang-weile, obwol Iang-weilig). Unfer Mit-tag
war mhd. noch mitter tac!); flatt Hoch-zeit würde ung hohe
Zeit (ahd. thiö hohün giziti) ganz unverftländfih fein. Aus ver
Compofition entfpringt ein eigenthümlicher, fefterer, unfinnlicherer
Begriff und die Zurüdführung in das loſe Adjectiv iſt meiftens
unthunlich. Man vgl, Leicht-finn (mas beinahe Teichter Sinn
if), Tief-finn (von tiefer Sinn ſehr verfchieden), oder verfuche
eine abjectivifche Auflöfung von: Grof-vater, Alt-mutteru.a.
Verſchiedne Inffen fich nicht einmal durch ein Adjertiv zum zweiten
Worte deuten: Kranken-haus (ifl ein Haus für Kranfe, Fein
Iranfes Haus), Grobeſchmied (der grobes Geräthe fchmiedet).
‚ Anm. 1. -Die Eompof. erfolgt er, wenn ein häufiger Gebrauch gewiſſe
Adjective mit gewiffen Subftantiven in Verhältnis geſetzt hat,
$. 228,
Formell betrachtet Tiegt alfo im erftien Wort weder Sing. noh
Plural (wie dies auch von der Subflantivenmpofition $. 176 bereits
bemerft wurbe), noch irgend ein Caſus, weder ſtarke noch Schwache
Flexion, Nach dem Erlöfchen des Compoſitionsvocals fällt es äufer-
Lich mit dem Nommativ Sing. (ohne Kennzeichen) zufammen und
in einzelnen Fällen mag ungewiß fein, ob Compofition ober unge-
bundnes Adjectiv flattfindet. 229
Sein Ableitungselement behält das componierte Adjectiv bei:
Dunf-el-beit, FSinft-er-beit, Eb-en-bil, — Gemwiffe
Adjeetive verbinden fich feltner, 3. B. -iso (-Hh): Deutfd-
Iand, Welſch-land; auh kommt in Eigennamen -mann mit
biefen Adjectiven vor, 3.8. Deutfh-mann, Windifh-mann,
die Abfunft zu bezeichnen. — Die materiellen Adjective ($.64)
gehen heutzutage durchaus Feine Zuſammenſetzung ein; vor Alters
ohne Zweifel, wie die noch übrigen Eigennamen: Bülden-apfel,
Eichen-thal, Holzen-thal, Birken-feld, "Birkfen-flod
u. a. darthun. \
Anm. Die ältere Sprache gewährt, wie ſchon öfter bemerkt, hierbei eine
beffere Einficht. Aus der ahd. Sprache ift erhalten maszaltrina-berg,
wo das loſe Adj. -ino hätte; pirchina-fäld. — So verbreitet fich Licht
über die Form der befannten Eigennamen: Boine-burg, früher
bömene-burg, bömine-b. = ahd. poumina-puruc (arx arboribus
consita) und Eſch wege, früher eschene-wec = ahd, escina-wöc
(via fraxinea).
u Ze
$. 230.
Verſchiedne zweite Wörter, ber Form nad flarfe Subflantive,
befommen, ohne zutretende Ableitung, adjectivifhe Bedeu—
tung. Dahin gehören vorzüglich Benennungen, welche a) von Be⸗
fohreibung der aͤußerlichen Leibesgeftalt genommen find: Rang-bart,
- Örau-bart, Lang-bein, Krumm-fuß, Schön-hals, Weif-
band, Kraus-haar, Breit-Topf, Groß-maul u.a. b) von
Kleidung und Waffen: Grün-rod, Rang-manteln. a. Der
Sinn tft offenbar: Tang-bärtig.:cz ſolche Befchreibungen aber
gehen in fubftantivifche Natur über.
b) Adjeetiv mit Adjectiv.
$. 231.
Die Bedeutung diefer Zuſammenſetzung Täßt fich faffen theils a p⸗
pofitionelt, fo daß das erſte Wort eine nähere Befchreibung und
Beflimmung des zweiten enthält, z. B. gelb-grün, ein Grün, das
ins Gelbe fpielt; oder adverbialiſch, .B.all-mädtig, d.h.
gänzlich mächtig (omni-potens $, 225), zumal wenn im zweiten
Wort noch Verbalkraft rege ift, 3. B. weit-länftig (late ex-
currens); oder endfih präpoſitionell, infofern fubftantivifche
Bedentung bes zweiten Worts: vorwaltet, die Bildung des Adjectivs
- faft nur der Compofition wegen geſchieht, 3. B. ahd. clein-stimme
d. i. Klein von Stimme.
o. Verzeichnis nad dem erfien Wort,
| $. 232,
alls, ahd. ala- und al-. Nyhd. fügt fih all- nit wi zu finn-
lichen Begriffen wie Karben (3. B. mhd. al-gruene), nur zu
einigen abftraeten: All-mächtig (ahd. ale-mahltig), al-mälid,
all-gemein, all-täglih, all-gewaltig, all-gegenwärtig; all-ein wird .
nicht flectiert.
alis? ahd. eli, fremd, davon: e-Iend (f. el-Iend, fiehe $. 225
unter alis).
fruma, ahd. frami, früh, zuerft, davon: früh-reif (ahd. frumi-
rifi).
fulls, ahd. folla, voll, davon: voll-ährig, vol-blütig, voll-
bürtig, voll⸗gliederig, voll-jährig, voll-fländig, voll-wichtig, voll-
zählig. | |
ibns, ahd. epan, eben, gleich, nhd. faft untergegangen: eben-
bürtig, eben-drähtig; man fest mit gleich zufammen: gleih-
alt (ahd. Epan-alt) u. a.
kläinis? ahd. chlein, Fein, davon: klein-laut, Hein-müthig.
laggs, ahd. lane, lang, davon: Tang-beinig (ahd. lanc-peinni),
lang-füßig, Iang-händig, Tang-fam (nur tardus, nicht wie früher .
auch diuturnus), lang-wierig.
— s88 —
silba, ahd. selb, ſelbſt, davon: felbfi-gefällig, fels-fländig.
'silds? ahd. sölt, nhd. dag entſtellte ſelt-ſam f. felt-fan (ahd.
selt-sani, felten, prächtig, ungewohnt, fremd, mhd. selt-sene).
vans? ahd. wana, eitel, leer. Die nhd. wahn-finnig und
wahbn-wißig find von den Subſt. Wahnſinn und Wahnwitz
abgeleitet.
veids? ahd. wit, weit, davon: weit-ſchweifig (ahd. wit-
. sueifte, mhd. wit-sweife), weit-läuftig.
B. Verzeichnis nad) dem zweiten Wort,
$. 233.
augis? ahd. ovgi, mit Augen verfehen, davon: roth-äugig,
fcheel-Augig, Hlau-äugig,
beris? mhb.bere, hervorbringend (fat. -fer), bavon: Fund -
bar; laut-bar kann hierher, aber auch zu dem Subflantio
Laut gehören $. 190.
falths (-plex), ahd. -falt, davon: manig-falt (goth. manag-
falths, ahd. manac-falt, mhd. manec-valt), manig-faltig.
farvs, ahd. varo, mhd. gevar, farb, davon: bunt-farb (imhd.
| bunt-gevar), grau-farb u.a. ; lieber jedoch mit -farbig, -fär-
big, -gefärbt.
"gairns, ahd. gem, gierig, davon: nen-gierig (ahd. niu-
gern).
hafts, ahd. haft, haft, angeheftet, davon: wahr-haft (mhd.
wär-haft), wahr-haftig.
hairts, ahd. herz, herzig, davon: barm-berzig (goth. arma-
har, ahd. arm-härz), eng-h., gut-b., groß-b., hart-b., hoch-h.,
wei yo
leiks, ahd. Iih, glei, ähnlich, davon: lieb-lich (ahd. liup-Iih,
myd. liep-Jich) ält-lich, ärm-lich, bläu-lich, fröh-lich, güt-lich
u. a. m. —
1) Der ganz geringe Umfang, dieſer Wortbildungen im Goth.
zeigt, daß erft die nachherige Sprade ihrer bevurfte. Abd.
fcheint bie ſchon häufige Compofition mit -lih der Bedeutung
des erfien Worts kaum etwas hinzuzuthun, chleinlih ift gleich-
beveutend mit chleini. Dasfelbe gilt im Mio. Im Nyd. tritt
‚eine Berminderung bes Begriffs ein: Tlein-Tich iſt we-
niger als klein; was bläu-Tich if, fängt an blau zu wer-
den, ift aber noch nicht blau. Kinzelne ſcheinen den unver-
minderten, alten Begriff behalten zu haben: fröh-lich, reich—
lich, treu-Tich, gewöhn-lich. -
2) Aber auch in der frühern Sprache bewirft -lih mitunter eine
Aenderung der Bedeutung, iuſoſern dieſelbe abfiraet wird.
— so —
| Da ſich nun jedes finnliche Wort abfiract gebrauchen läßt,
nicht aber das abfiracte finnlich, fo folgt, daß man in vielen
Fällen das einfache Adjectiv flatt des componierten mit
lich verwenden könne, nicht umgekehrt: reichliche Gaben
— amd reihe G., treuliche Hilfe und treue H. find gleich⸗
viel; allein für: reicher Mann, wildes Thier darf nicht
fießen: reichlicher M., wildliches Th.
3) Damit fcheint zufammenzuhängen, daß die verhandelten Compo⸗
fita gern in ber adverbialen Bedeutung, oder als abflracte
daraus geleitete Sem. vorzufommen pflegen. Alle Adverbien
find ihrer Natur nach abfracter als die Adjective. Bei vielen
-ift nur noch das Aoverbium vorhanden, das formell doch das
Adjectiv vorausſetzt, 3. B. frei-Tich, gemein-Kich, ledig-lich,
ſchwer⸗lich, wahr-lich, weis-Kh u. a.
4) Die Compofition mit -Tich Hat ihre Grenze und darf nicht
an jevem Adjectiv verfucht werben; es gibt 3. B. Fein: Tind-
lich, rafh-L., fchön-T., ftarf-1. Theoretiſch vertragen fich alle
unabgeleiteten oder abgeleiteten Adjective damit. — Ueber die Ab-
leitungen mit -g (ig-Lch) ift noch Folgendes zu bemerken. Die
Formen -ac, -ic find ahd. organiſch; allein es hebt fchon ein tadel⸗
baftes -erlih an, welchem fein abgeleitetes -ec zu Grunde liegt.
Myhd. wählt die Zahl der unorganifchen -ec-lich, ja fubftan«
tiviſche Zufammenfegungen werden durch Kinfügung des -ec
ſcheinbar zu adjectiviſchen. Nhd. find wenige -ig-Lich ge-
blieben, die faſt nur ale Adverbien vorfommen: brünft-ig-
y - Ti‘, ewig-T., einfältig-T., feftig-I., inn-ig-I., Tedig-I., wonnig-I.
n.a. In der Regel feben wir fubftantisifche Compofition ohne
-ig, alfo: pein-Tich, Köfl-T., künfl-L., oder Taffen von jenen
Adjectiven das -Tich weg, alfp: Fünftig, ewig.
5) Umlaut begleitet zwar das nhd. -Tih: ärm⸗lich, Ak-L.,
röb-T., güt-I. (vgl. 9.190 unter leiks), doch fcheint er ur-
rüngiiä von ableitendem -i: füß-Tich (von suozi), vder
affimiliertem Compofitionsvocal abzuhängen: ärm-Iich (ah.
armi-lih für arma-l.), oder zufeßt durch überwiegende Analogie
allgemein geworden zu ‚fein. — Das ableitende -i wird im
Add. Häufig unterbrüdt, woraus mh. Rückumlaut entfieht,
der aber nhd. aufhört, 3. B. ahd. kafuoc-lih für kafuoki-l.,
mhd. gevuoc-lich, nhd. füg-Iid.
möds? mödis? abd. -muot, felten -muoti (-animis); nhd. alle
mit -müthig: Hoch- mäthig (ahd. höh-muotig, mhd. höch-
gemuot), de-müthig (ahd. deo-muot), gleih-m., groß-m., Flein-m.,
lang-m., Teid-m., fanft-m., fohwer-m. (vgl. $. 127.)
sams, ahd. sam, ähnlich, davon: gemein-fam (ahd. kimein-
sam), furcht-ſam, lang-f., felt-f. (fehlerhaft für felt-jan $. 232
unter silds), fpar-f., wad-f.
— 90 —
Anmerkungen zu beiden Berzeichniffen.
834.
Eine Menge flattfindender Zuſammenſetzungen des Adjeetivs mit
Adjeetiven find nicht angeführt worden. So componieren fich nament-
lich die Far bverhältniſſe auf das manigfaltigfte, 3.8. mit den
erften Wörtern bell-, dunkel-, matt-, bod-, tief-, rein-,
fhmusig-: Hell-roth, dunfel-blau, matt-grün, hoch-roth, tief-
gelb, rein-blau, fhmubig-weif ze. ; dann mit einander feldft: Roth-
blau, grün-gelb, blaß-gelb zc., in welchem Fall immer das con-
firuierende zweite Wort die Hauptfarbe ausdrückt ($. 231). Im ge-
nauen Ausdruck dürfen daher beide Wörter die Stelle nicht wechfeln.
$. 239,
Zufammengefeßte Adjective verwandeln fih mitunter in Sub⸗
ftantive. Dahin gehört z. B. der Eigenname Wachs muth (ahd.
wahs-muot), wo das aus dem Subftantiv muot entfprungene Ad⸗
jectio -muot felbft wieder Subftantiv geworben, da es fein allein
ftehendes Adjectio muot gibt. Dann gehören hierhin bie unorgani-
Shen Subftantive: Einfalt, Kleinmuth u. ähnl., welche für
Einfälte, Kleinmüthe ſtehen.
Anm. Das Ahd. kennt das Adj. ein-valt (simplex), woraus das ahd. Subſt.
einvalti ſich erzeugte, wofür im Mhd. diu einvalte ſteht, ohne Umlaut,
weil ihn die Formel alt vermeidet, Aus dieſem mhd. Subft, hätte
nun ein nd. Einfälte werben können (mach Analogie von Kälte,
Güte und nach dem Umlaut in einfältig, forgfältig), allein ver alte
Unumlaut feste fih durch (mie in manigfaltig, ahd. manicvalt), und.
man ſchnitt noch dazu den Abfeitungsvocal hinten weg. -
c) Adjectiv mit Verbum.
$. 256.
Das wirflihe Berbum fann in der Regel nicht adjectivifch
eomponiert werben, denn für den Ausbrud des näheren Verhält-⸗
niſſes, in dem fich das Adjectiv zum Verbum befinden könnte, iſt
eine eigne Form vorhanden, das Adverbium. Das Adverbium
aber flieht gewöhnlich 108 und ungebunden. .
g§. 237.
‚Scheinbar adjectiviſch zufammengefegte Verba find nichts ale
Ableitungen von einem bereits componierten Subflantiv oder Ad-
jectio, alfo nothwendig ſchwacher Confugation. Ze
a) Schwache Verba aus componierten Subflantiven
gebildet. Dahin gehören: frob-Inden, früh-flüden, furz-
weilen, Iang-weilen, arg-wöhnen, lieb-koſen (bei Goethe 1, 181
auch Tieb-berzen).
b) Shwahe Verba aus componierten Adjectiven.
Dahin gehört z. B. offen-baren (mhd. offen-beren). —
N
— 9A ——
Das früher gebräuchliche abb. manec-faltön, mhb. manec-
falten ift uns verloren, wir haben nur noch das Adjectiv.
$. 238,
Da, wo flarfe und fchwache Verba adjectivifcher Compofition
‚unterworfen find, iſt fie ausnahbmsweife an den Berbis ſelbſt
eingetreten. Hierher gehört das Adjectio voll (fulls) als: voll- -
bringen, voll-enden, voll-führen, voll-ziehen; von voll-Fommen
ift das Participium Bräter. übrig.
Anm. In den frühern Dialekten noch andere Adjective: ahd. ẽ pan
(ibns), 3.8. gi-öpan-mözön (temperare), sölp (silba), 3. B. selp-
lazan (acquiescere), wana (vans), 3. B. wau-wesan (deesse), bie
für die Gefchichte der Partikeln wichtig find. Sie maden offenbar
nur darum eine Ausnahme von der Regel, daß fich fein Nomen mit
dem Berbum componiert, weil fie, ihrer lebendigen Bedeutung verlufti
geiborden, ſich dem Weſen der Partifeln nähern. Man fieht das dur
Nebertragung dieſer Compoſita ins Lateiniſche: fulla- entfpricht dem per-,
Epan- dem con-, co-, wana- dem de-, ab-.
$. 239.
Wo in dem Participium Präafentis adjectivifche Bedeutung
vorberrfcht, fcheint es Feiner Zufammenfekung unfähig, die zwifchen
Adjectiv und Adjectiv eintritt. So gut man füß-duftig, Hein-
gläubig u. a. fagt, fagt man auch all-belehrend, all-erheiternd,
al-wiffend, füß-duftend, roth-blühend u. a. “
Anm. Bürger (Borreve ſ. Ged. 1778) ſagt: in dünnethuender
Demut. — Bei Klopſtock (Meſſ. 1. Geſang der Quartausg. von
1755) fteben: ſanftthränend, füßbetäubend, ſanftwandelnd, fanftleuchtend,
Veichtfehimmernd, langfamftarrend, ruhigſchweigend, furchtbarbraufend.
$. 240,
As Verbum betrachtet könnte das Participium entweder den _
Acenſ. neutr. eines Adfectios oder ein Adverbium vor fi haben und
damit uneigentlich componiert fein. Der Accuſ. ift einzuräumen in
Gallen, wo auch der Infinitiv gleiche Compofition zeigt, z. B. funb-
machen, kund-machend (im Praͤſ. aber ich mache fund). Uneigent-
liche Compoſition mit dem Adverbium faun nur für das Nyhd. zur
Sprache kommen, feit die Korm des Adverbiums mit der des flexiong-
Iofen Adjectivs zufammen fällt, z. B. füß-duftend, Iaut-fin-
gend, tief-athmend läßt fi) aus dem Adverbium deuten, weil
wir fagen: ich finge Taut, athme tief, die Blume buftet füß.
$. 241.
Adjectivifche Zufammenfegung mit bem Participium
. $räter. findet fih in allen Hochbeutfchen Dialekten, nur nicht im-
mer in denfelben Wörtern. Nyhd. gehören hierher: Nen-geboren
(ahd. niwi-boran, mbb. niuwe-born), alt-baden, alt-hergebracht,
bimd-geboren, frei-gelaffen, frifch-gefallen, hoch-gepriefen, los⸗gelaſſen,
— — 92 — on
N N -
Ä
fhwarz-gefärbt, grün-umgeben (Goethe, Fauſt 1.), finfterverwachfen
(Klopfiod, Meſſ. 2, 102) u. a. m.
Anm. Deutliches Zeichen, daß die Compofition nicht das ganze Berbum,
bige bar „zart angeht, ift vie Stellung der Partikel ge- in ver Mitte
eider er.
$. 242,
Die uhd. Compoſita wie: frei-fpredhen, boch-achten, hoch—
ſchätzen, irr-führen, Ios-gehen, gleih-flelen, gering-achten, felig-
machen u. a. m, betreffen bloß den Infinitiv, allenfalls noch die
Participien. Im Präfens Indie. löſ't fih die Verbindung auf: Ich
fpreche frei ꝛc, im Participium Bräter: tritt das ge- nicht voran:
frei-ge-Iprochen, nicht gefreifprochen.
B. Adjectivifhe uneigentlihe Compofition.
$. 243.
Die uneigentliche Eompofition tritt ein, wenn das erfte Wort
abjectivifche Flexion zeigt, die mit in die Zufammenfehung aufgenom-
men worden ift.
1) Gefchieht dies organifcher Weife, d. h. ohne daß die Eon-
firuetion widerftrebt, fo vertritt das Adjectiv die Stelle eines
Subſtantivs. Dahin gehört befonders die häufige, vor
dem Superlativ ſtehende Formel aller-, 3. B. aller-Liebft,
alfer-[hönft. Das Subftantiv, von dem bie Rede ıft, wird
hinzugedacht, ber aller-fleifigfte Schüler heißt: ber
fleißigfte unter allen Schülern, oder der fleißigfte aller Schüler. -
2) Die unorganifchen Fälle diefer Compofition gründen fih auf
Berhärtung einer Flexion, die urfprünglich nur einen beflimmten
Caſus bezeichnet und nun auch für andere mitgilt. Der uhd.
Nominativ Mitter-nacht 9 entfpringt aus dem häufigen
Gebrauch des Gen, und Dat, mitter Nacht (mhd. noch
richtig umbe mitte naht, näch mitter naht). Das nd. Mit-
tag, Gen. Mit-tages iſt untadelhaft, nemlich eigentliche
Eompofition ($. 225 unter midis), In nhd. Eigennamen,
wie: Lieber-mann, Liebes-find, begegnet diefefbe Ano⸗
malie ); desgleichen in örtlichen Namen, wie: Warm-
brunn, Hohen-Iinden, Rangen-winfel?).
Anm. 1. In Büchern des 16. Jahrh. findet ih Mitnacht, und noch
mitten Zage.
Anm. 2. Allgemein üblich ift das uneigentlihe Compofitum Feins-
liebchen, Dat. dem Feins-Tebchen, Pur. die Feins-liebchen.
Anm. 3. Die alte Syntax ftellt Ortsnamen meift in den Dativ mit
ven Präpof. a3, zi, in; noch mhd. diu stat ze wormeze, nhd. bie
Stadt Worms. Da nun gleichnamige Derter durch beigefügte Adjective
unterfchieden werden mußten; fo entitand eine Menge von Benennun«
gen, wie: gem heiligen Kreuz, hohen Berg, falten Born, langen Stein;
zur alten Burg, heiligen Stavt, rothen Kirchen; zu reichen Sarhfen,
\
|
— 93 —
hohen Linden n, a. Namen fligen ſich aber leicht in ein Ganzes zuſam⸗
men ($. 204) und das componierte Hohen-Iinden, Langen-winfel ıc,
herrfcht nun auch für die übrigen Caſus. Bewohner der egend ſelbſt,
die den Grund des Namens verſtanden, declinierten das Adjectiv ſicher
am längſten: ver Fr Berg, des hohen Berges, dem hoben Berg;
Entferntere hielten fi an die dativifche Form, in welcher der Name zu
ihnen gelangt war. — Aus den örtlichen Namen entwidelten fih all«
mälich perfönliche, wie: Alten-flein, Shwargen-berg u. dgl.
It, Berbale Eompofition.
$. 244,
Das wirkliche Verbum componiert fi nicht anders als
eigentlich ($. 192. 217). Die eigentlihe Verbalcompofition er-
fordert den reinen (einfachen oder abgeleiteten) von aller Flexion
entbundnen Stamm des Berbums. Weder ein Zeichen der Perfon,
noch des Modus, noch des Xempus findet Eingang in die Zufam-
menfegung. Hieraus folgt, daß jede verbale Jufammenfegung den
Laut des Präſens Haben müſſe. Wir fagen: Grab-[eit,
Schreib-feder, nie Orub-fcheit, Schrieb-feder.
Anm Da übrigeng der Laut des Präf. in einigen ſtarken Conjugationen
Veränderung erleidet, fo ift zu wiffen, baß in der Zufammenfeßung ver
Laut des Präf. Indie. Plur. oder des Inf. gilt, z. B. EB-Iuft, eß-bar,
Gieß-kanne, vergieß-bar. Ausnahme machen Sprichwort flatt
Sprechwort (Sprühwort feheint ganz tapelhaft), und behilflich
ftatt behel fläich (tadelhaft behülflich).
§. 285.
Der Verbalcompoſition liegt, gleich jeder andern eigentlichen,
en Compoſitionsvocal zu Grunde ($. 152. 222). — Die
Zahl der verbalen Compoſita tft weit geringer, als die der nomina⸗
fen!). Der Orund Tiegt in der Natur der Sache’ ſelbſt. Durch
die nominale Compofition werben ganz geläufige Berhältniffe der
Nomina untereinander feftgefest, das fchon Stätige gelangt in noch
faßlichere Stätigfeit. Alle Beziehungen des Verbums find aber
vegfam, wandelbar und zu finnlih, als daß fie fich feffeln ließen ?).
Anm. 1. Selbſt im Nhd., das die meiften befißt, fommt etwa nur eine
auf fünfzig nominale, im Mhd. und Ahd. erſcheinen noch wenigere,
Anm. 2. Erf der geiftiger werdenden Spracde, fei es aus Mangel an.
donnen oder aus Bedürfnis feinerer Abfkraction, fangen verbale Zu.
ammenfeßungen an zuzufagen. Aus verwandten Grunde ift die Come
pofition des Subſt. und Abi. mit Berbis felten, uneigentliche verbale
ganz unmöglich.
$. 246,
Berbale Zufammenfetung drüdt auch in der Bedeutung we⸗
ber Genus, Modus, Tempus, Numerus, Perfon noch irgend was
von der Conjugation aus !). — Dft bleibt ungewiß, ob dem erften
Wort ein Verbum ober Subftantiv zu Grunde liege: Bet-haus,
— 94 —
Raub-vogel, Tanz-luſt, Schlummer-ftätte können zwar
von beten, rauben, tanzen, ſchlummern, aber auch vom
Subſtantiv Bet (Gebet), Raub, Tanz, Schlummer her—⸗
rühren?).
Anm. 1. Schreib—feder z. B. iſt ſowol die welche ſchreibt, als wo⸗
mit geſchrieben wird, welche geſchrieben hat, womit ich ſchreibe oder er
ſchreibt ꝛc. Ihre Erklärung kann demnach auf das freiſte und viel⸗
deutigſte gefaßt werben, meiſtens wird fie ſich in den ſubſtantiviſch ge-
nommienen Inf. mit der Präpof. zu überfeßen laſſen: Schreib-fever,
Drenn-glas, Löfch-papier = Feder, Glas, Papier zum Schreiben,
Brennen, Löſchen. Bisweilen aber fehlt diefe Richtung auf den Zwed,
z. B. Waſch-bär, Stint-flein find bloß befrhreibend.
Anm. 2. Selbft ver fpätere Mangel eines folhen Subſt. beweiſt nicht
gegen urfprünglich nominale Zufammenfeßung. Indeſſen darf man nicht
zu weit gehen und alle verbale Ieugnen, d. h. jeder ein veraltetes Ro⸗
men unterfchieben, am wenigften den np.
a) Berbum mit Subftantiv,
$. 247,
Gewöhnlich wird burch das erfte Wort bie Handlung ausgedrüdt,
u welcher das zweite gereicht; dieſe Compoſita bebeuten daher vor⸗
zugsweife Geräth und Werkzeug, einigemal Aufenthaltsörter. oder
dienende Perfonen. |
$. 249,
Die Formen foheinen fih am füglichften nach Verſchiedenheit ber
ftarfen und ſchwachen Confugation zu ordnen. Formeln für das
zweite Wort ergeben fich bloß beim Adjectiv.
1) Bon ftarfen Verben: Stoß-eifen(ahd. stöz-isen), Stof-
vogel, Fal-hut, Lauf-bahn, Schlaf-gemadh, Blas-balg, Brat-.
yfanne, Grab-[cheit, Heb-amme, Lad-ſtock, Bad-ftube, Schlag-
hammer, Wahs-thum, Schrei-hals, Spei-kaften, Reib-eifen,
Schreib-feder, Schleif-flein, Runeip-zange, Scheide-Funft, Schnei-
de-mühle, Beiß-zange, Reit-bahn, Streit-begier, Streich-holz,
Leib-haus, Fließ-papier, Gieß-kanne, Schließ-korb, Zieb-brun-
nen, Eh-luft, Freß-begier, Meß—-tiſch, Leje-buh, Seh-rohr,
Drefch-tenne, Brech-eifen, Web-flube, Fecht-meifter u. a. m.
2) Bon [hwahen Berben erfter Eonjugation: Kehr-
befen (ahd. cheri-pesamo), Brenn-glas, Denk-fraft, Dreb--
orgel, Zege-feuer, Lehr-meifter, Löfch-papier, Nähr-fland, Nenn-
wort, Duäl-geift, Nenn-bahn, Renn-zeihen, Schmelz-hütte,
Schöpf-brumnen, Schnür-rieme, Schröpf-kopf, Send-bote,
Streu-fand, Hemm-fette, Wehr-fland u. a.
3) Bon ſchwachen Verben zweiter Conjugation: Rebe-
mann, Lock-ſpeiſe, Mach⸗werk, Merk-zeihen, Flatter-finn,
Bängel-band, Plage-geift, Wander-ftab (mhd. walle-stap), Zanf-
apfel, Raub-vogel, Ruhe⸗bank, Schlummer-flätte, Schnupf-tuch,
Tanz-bär, Wage-bals, Wohn-haus, Zeige-finger u. a.
> Din
— 95 —
b) Verbum mit Adjectiv.
§. 249,
Dieſe Zuſammenſetzung iſt beinahe nur mit einigen abſtracten
zweiten Wörtern ($. 182.) im Gebrauch. Was außerdem anzu⸗
führen wäre, beichränft fih auf das nhd. bIend-weiß (zum bien-
den weiß) und freßlieb (zum freffen Tieb). on
S. 250.
Die hierher bezüglichen Formeln ſind:
1) -bere, nhd. bar: Trag-bar (mhd. trage-bære), brauch-
bar, eß-b:, ausführ-b., fühl-b., halt-b.,.hör-b., erflär-b., les-b.,
nenn-b., erreich-b., genieß-b., reiz-b. u. a. m., namentlich bei
fremden Berbis: componier-b., declinter-b. 2c.; es dürfen auch
. neue gebildet werden. Zumal paffend iſt diefe Compofition bei
vorfiehendem un-, man fagt lieber unabfehb-b., als ab»
eb-b,, ja von unleug-b. ift die pofitive Form leug-b.
gar nicht erlaubt. Umlaut tritt bIoß ein, wenn er im Berbum
begrünbet ıft?). .
2) ahd. haft, nuhd. haft: Leb-haft (mhd. leb-haft), ſchwatz-
haft, ſchmeichel-haft; unſicher find dauer-haft und zweifel-
haft, die auch von den Subflantiven herrühren können.
3) ahd. los, nhd. los: Leb-Ins (mhd. läbe-los).
4) abd. lih, nho. Ti: Ziem-Lich (ahd. zimi-lih, mhd. zime-
lich), erbitt-Tich, zerbrech-T., verbrenn-I., vervamm-I., verbau-T.,
bedenf-I. u. a. m. Berfchiedne find aber nicht ohne un- im
Gebrauh: fäg-T., austöfh-L., entgelt-I.n. a.) Be-
fondere Erwähnung erfordern hier noch die mit Verbis auf
-ern zufammengeleßten, als: veränder-I., ärger-I., ver-
beffer-T., hinder-I. u. a., nach denen fi andere Bildungen
unorganifch gerichtet zu haben fcheinen. Deun wenn gleich
lächer-T., weiner-I. auf mebitative Tächern, weinern
($.-45. Anm.) zurückgeführt werden können; fo lehrt fchon die
unmeditative Bedeutung, daß dem nhd. Lefer-L., fürdter-T.
fein Tefern, fürchtern zur Grundlage gereichen. Sie flehen
alfo für les-L., fürdt-L. Was den Umlaut betrifft, fo
haben ihn die meiften®).
5) sam, nhd. fam, ift in der frühern Sprache ſehr felten.
Nyd. gehören hierher: Gehor-ſam (ahd. hör-sam), bieg-ſ.,
duld-f., erfind-f., folg-f., behut-ſ., reg-ſ., ſtreb-ſ., ſchweig-ſ.,
wah-f. u. a. m.?)
Anm. 1. Obgleich verſchiedne fubftantivifch geveutet werben können, wie
braud-b., halt-b., theil-b. ꝛc., ſo ſcheint Doch das Uebergewicht
der verbalen Zufammenfegungen in ver heutigen Sprache, neben ihrer
Seltenheit in der früheren, ven Ausfchlag zu geben. — Das bei Klop⸗
od » 2, 749 der Duartausg. von 1755) ſtehende weinbare
Thränen ift mir fonft noch nicht vorgekommen. "
—
-
—W
— 96 —
Anm. 2. Der Ukcberfluß dieſer nhd. Bildungen, verglichen mit ihrer
frühern Seltenheit, iſt theils aus der vorſchreitenden Abſtraction der
Sprache überhaupt, theils daher zu erklären, daß urſprüngliche Com=
A mit dem Inf. und Partic. allmälih in bloß verbale übergegan-
gen find,
Anm. 3. Einigen gebriht er: verdamm-I,, verdau-[., uner-
forfh-1., glaub-I., bedauer-I. ıc., vermuthlich aus Rückſicht
auf die unumlautigen Berba, va doch erträg-I., Kräf-I. ebenfalls
in ertragen, firafen ohne Umlaut find. Einzelne laſſen fih fubs
ftantivifch deuten: wunder-L, jämmer-I.
Anm. 4 RNhd. iſt diefe Compoſ. ziemlih im Gang; doch feheinen
—A arbeit-f., heil-f., forg-f., ſpar-ſ. von Subſt. zu
ommen.
’
$. 231.
Die Berührung dieſer Compofitionsmittel iſt faft nah dem
6. 184 Erörterten zu beurtheilen: -bar und -Iich drüden mehr
das Paſſivum, -haft und -fam mehr das Activum aus, oder jene
find fächlicher, diefe perſönlicher. Jene dürfen häufig miteinander
wecfeln: erflärbar und erflärlich, unvermeidhar nd un-
vermeidlich, bezwingbar und bezwinglich. Zuweilen thun
ſich aber feinere Unterfihiede fund, 3. B. Ieferlich gilt bloß von
den Schriftzägen, lesbar von dem Buche felbft. Es fcheint, -Tich
fei noch um einen Grab abflracter als -bar.
c) Berbum mit Berbum.
$. 232. |
Berbum fest fich nie mit Verbum zufammen ($.145), wol aber ,
fönnen aus verbal componierten Nominibus Verba abgeleitet
werben, 3. B. aus Kenn-zeihen, WVall-fahrt ein fenn-
zeichnen, wall-fahrten ($. 193). .
1) Participialzufammenfegungen.
$. 2583.
Als Adjective betrachtet follten ſich Partieipia vielfältig wie
andere Adjective componieren können, thun es aber nur in weit engern
Schranfen. Offenbar tritt ihre zugleich verbale Natur und dag
Element ihrer Flexion als ein Hindernis dazwifchen.
§. 254,
Das Participium Präf. bindet fih nur mit abflracten zwei-
ten Wörtern!) und zwar:
a) mit Subftantiven äußerft felten, wie: Allwiffen-heit,
Unwiffen-heit (abd. finden fi wizent-heit, unwizent-heit,
bie fi) mhd. nicht nachweifen laſſen). Auf gleiche Weife muß
Wiffen-fhaft auf ein ahd. wizant-scaf, mhd. wizzen-
- "schaft zurücgeführt werden.
— 97 —
b) Bon Adjectiven kommen —haft und -Iih in Betracht. Er⸗
ſteres laäͤßt ſich in der ältern Sprache nicht nachweiſen, letzteres
iſt uralt und ausgebreitet. Nhyd. werden bie meiſten dieſer
Participialzuſammenſetzungen durch bloß verbale vertreten, d. h.
wir ſagen: unerbitt-Iih ſtatt unerbittent-lich (ahd. unar-
pittent-lin). Nur folgende behalten die ahd. nt-form: Eigent-
Tich, uneigent-I., flehent-I., boffent-I., Iciveut-I. (gewöhnlich
feid-I.), vermeffent-L., weent-I., wiffent-I.2). Umgefehrt hat
die Schriftfprache einigen -nt ertheilt, denen es als Partic,.
- Präter. oder gar als Adj. und Subſt. nicht gebührt: Ge⸗
fliffent-L., gelegent-L., verfchiedent-T., Öffent-T., nament-I., -
prbent-I. (ſchon mhd.), wöchent-I. aus Nachgiebigkeit gegen bie
gefügige Verbindung des t mit n. Das Partie. Praͤſ. wird
auch in jenen nicht gefühlt, die das -nt mit Recht haben,
fonft würde man -nd ſchreiben 9).
Anm. 1. Eine Ausnahme bilden die ver nhd. Volksſprache angebörigen :
ſtickkende-wickende-voll, ffroßend-v., brüdend-p,
Anm. 2. In gemeiner Volksſprache hin und wieder: vermuthent-T.,
untröfent-L u a.
Anm..3. Myd. pflegt das t (d) wegzufallen: eigen-l., gruezen-l.,
verm&33en-|., wizzen-i. Diefe mhd. Zorm begegnet in oberbeutfchen
Säriften des 15—17. Jahrh. z. B. vergeben-L., hoffen-I., vermeffen-I.,
wofür die heutige Schriftfprache andere Formen hat.
$. 259.
Das Participium Präter. bindet fih in der älteften dichte
riſchen (angelfächfifchen) Sprache noch mit Tebendigen Wörtern, 5.2.
vunden-loc, db. i. gewundene Locken habend (cirratus), welcher-
Gebrauch fpäter aufhört. Länger im Gebrauh geblieben ift das.
Partie. Präter. mit abfiracten Wörtern und zwar:
a) Subftantiven; hier gelten bloß die Formeln — heit und
-[haft: Trunfen-heit (ahb.trunchan-heit), Gebunden-h.,
WVerdroſſen-h., Begeben-b., Gelegen-b., Bolltommen-h., Be-
ſchaffen-h., Beiheiden-h., Berfihwiegen-h., Gelehrt-⸗h., Be-
liebt⸗ h., Gewandt-d. u. a. Berlaffen-[haft, Errungen-ſch.,
Bekannt-fch., Berwandt-[ch.
b) Adfectiven, mit den Formeln -bar und -Tich. Erſteres iſt
fihon früher felten, nhd. ganz verloren. Mit der zweiten Kor-
mel bietet bie ahd. Sprache zahlreiche Beifpiele, die mhd. ab⸗
nehmen; uhd. find nur noch erkennt-lich und. unerfennt-
lich (mhd. erkant-l., unerkant-l.) vorhanden.
2) Infinitiviſche Compoſition.
$. 256,
Eigentlich Fann, wie es Scheint, im Ahd. mit dem ſubſtantiviſch
- genommenen Infinitiv ohne Schwierigleit componiert werden, ob⸗
Kehrein Grammatik. I, 2, 7
— 98 —
ſchon die Beiſpiele ſelten ſind und nur mit dem Adjectiv -Iih vor⸗
kommen, z. B. prinkan-lih (d. i. fruchtbar). Aus dem Nhyhd. ſpricht
dafür das Adjectiv thun-Tich (angelſ. dön-lic) und anſehn-lich.
Uneigentliche Compoſition findet nhd. mit einzelnen Adjectiven,
3. B. ſterbens⸗krank, hauptſächlich aber mit ben Adjectiven werth
und würdig ſtatt: Danfens-wertb, erbarmens-w., fluchens-w.,
baffens-w. u. a., bebauerns-würdig, Tiebens-w., fehens-w.,
verabfcheuens-w. neben rein verbalem fluch würdig, Iob-mwürdig,
merl-winbig, denf-würdig. !) Es gibt auh.nhd. Subftantive diefer
uneigentlichen Zufammenfeßung: Redens-art, Lebens-zeichen, Le⸗
bens-bahn, Sterbens-wörtchen, Leivens-gefährte, Lebens-gefährte. 2)
Anm. 1, Auch fagt man uncomponiert mit vorgeſetztem Artikel: des
Nennens werth 2. In ver älteren Sprache überall ohne Zuſammen⸗
.feßung, 3.8. denchennes muodiu, und felbft in fpäteren Volksliedern:
Es ift nun reitens werth (werth, daß darum geritten wird); das Lied
ift fingens (lörens) werih.
Anm. 2. Im Ahd. überall ungebunden, 3.9. Anagangönnes cot (Janus).
— Uneigentlich gebunden auf andere Weife iſt das nhd. Hören-fagen,
wo gewiffermaßen zwei Verba zuſammenwachfen; es entfpringt aus ber
Redensart: Sch habe. fagen hören,
m
IV. Bartifeleompofition,
§. 257.
Alle Partifeleompofition ift uneigentlich, gefchieht
folglich immer ohne ben Compofitionsvocal, Dieſer ſollte bei flectier-
baren Wörtern vielfeitige, der Flexion unerreichliche Verhältniſſe faffen,
zugleich das Band fein, wodurch Nomina und Verba, ihrer Flexion
-entblößt, an andere Wörter geheftet würden. Die von Natur ein-
feitige, unveränberliche Partifel bebarf, um fih näher an andere
Wörter zu fügen, da fie nichts von fich abzulegen hat, Feines äußern,
on die Stelle der abgelegten Form tretenden Mittels. _
Anm. Jedes Nomen, VBerbum befrhließt feine Wurzel ınit einem Con⸗
fonanten ($. 4), den aushaltenden hebt die Flerion hervor oder birgt
eine zugefügte Ableitung. Unter den Partien, die ſich zumeift compo=
nieren, gibt e8 viele einfylbige, vocalifch auslautenne, an welchen gar
fein Bocal der Zufammenfeßung haften Tönnte,
$. 258. -
Iſt nun jedwede Eompofition mit Partifeln uneigentlih, fo muß
fie auh unurfpränglich fein ($. 150), Die Partikeln find ent-
weder trennbare, bie auch ungebunden, ober untrennbare, bie
bloß gebunden vorfommen. Alle untrennbaren weifen auf einen frühe-
ren Spracftand bin, in welchem fie gleichfalls als Iofe und freie
Wörter erfchienen find, Partifelcompofita müffen aber unter allen
uneigentlichen für die älteflen genommen werben, weil fie ſich ſchon
in den älteften Denfmälern jeder Sprache finden. |
— — — — — —— — —
— s8s9 —
$. 359.
‚Hierbei muß Adverbium in weitem, Prapoſition in engerm
Begriffe gefaßt werben, als dies gewöhnlich geſchieht. Inſofern jede
meigentliche Zufammenfebung aus ber Gewohuhelt des Mebenein-
anberfteffens zweier Wörter hervorgeht, haben die Partifeln anfäng-
lich nicht allein vor dem Berbum, fondern auch vor dem Nomen
ungebunden geflanden. Zur Präpofition gehört ein Yon ihr abhäugiger
Caſus. Sie ift nichts als die Befähigung einer Partikel zur Caſus⸗
rection, d. h. biefer Präpofitionseigenfchaft iſt eine verbale voraus⸗
gegangen. In der Compoſition gilt die Aldverbialferm.
Anm. Es gibt allervings Präpofitionen, deren adverbialer Gebrauch
ausgekorben, Adverbia, deren Präpofitionsanwenbung wieder verfofchen
it; häufig beheben beide zuſammen. Fällen, wo die Geſtalt des
zu
Adv. und der Prap. wicht — tann, find Die compo⸗
“ nierten Partikeln für Adv., nicht für Si erachten,
$. 260,
Zeichen eigentlicher Eompofition if, daß eine —
Menge von Wörtern, uneigentlicher, daß nur eine beſchr
Zahl dafür taugt. Die Partikelzuſammenſetzung begreift wur lebloſe,
räumliche Abverbia, befonders ſolche, die zugleich auch Pra⸗
pofitiosnen werben. Die componierten Partilkeln, die keine wirklichen
Praͤpoſitionen find, verdienen übrigens meiſtens präpoſitionale
Abverbia zu beißen.
$. 261.
Durd die Compofition find untrennbare Partikeln vielfacher Ext
flellung und Berbunflung unterworfen, wovon fi Hier im
Allgemeinen Folgendes bemerken läßt:
a) Der Eonfonant wandelt fih nah dem Anlaut bes zweiten
Worts: Im-biß für In-bif, emp-fangen für ent-fangen, emp-
finden für in-finden.
p) Auch der Bocal ändert fih; nuhd. ein- für in-.
c) Tonverluft tritt nach verfihiednen Stufen ein.
d) Manche diefer Veränderungen treffen au die getrennten Par«
tikeln, 3. 3. nhd. am für umbe, umpi.
$. 262,
Nicht felten gewöhnt fi die Wurzel fo an bie Partikel, mit
welcher fie Compofition eingegangen ift, daß fie, wenigſtens bia-
lektiſch, gar nicht mehr ungufammengelegt vorkommt. Iſt nan bie
Partikel nach dazu verkürzt, jo tritt oft Compofition mit einem
einzigen Eonfonanten ein. Hierdurch aber wirb eine Ber
bunflung der Wurzel möglich, deren Dauptfälle folgende find:
a) Bon dem ge- fällt vor I, u, x in gewifien uhd. Wörtern ber
Boral weg: G-Iaube (ahd. ki-loupa), g-leich (ahd. ki-Iih),
7%
— 190 — |
&-nade (ahd. gi-näda), g-rob (engl. gruff, aus ge-ruff),
und gl, gu, gr gewinnen winzelhaften Schein. |
. b) Bon dem be- feltner und.nur vor I: B-Iod (ahd. pi-loh, J
mhd. b-loch), b-leiben (ahd. pi-lipan, mhd. — *8 |
6) Bon dem ze- nur vor w in: 3-war (mhd. ze wäre ohne
Compoſition).
d) Der Vocal unterbleibt auch vor. vocaliſch anlautender Wurzel,
3. B. g-Önnen (ahd. gi-onnan), b-armherzig (aus be-
\ ormberzig), B-eicht (ahb. bi-giht, pi-giht, jehän d. i. be⸗
fennen, noch übrig in unferm bejahen).
- .e) Die nbd. Partifel n-eben entfpringt aus mhd. En-Eben, ahd.
in-Epau, |
A. Partikel mit Nomen.
$. 263.
Diefe Eompofition ſcheint älter und ausgebreiteter als die mit
dem Verbum, verledt die Form ber Partikeln in der Negel weniger
und findet auch leichter ftatt mit unpräpofitionalen Adverbien. Da
unſere Syntar feine freie, unverbundne Stellung der Partikel vor
das Subflantiv, worauf fie fich bezieht, erlaubt, vor das Adjectiv
nur bei belebten (3. B. unendlich lieb, ausgezeichnet fchön), nicht
bei abfleacten Partikeln; fo muß nicht bloß für untrennbare, fondern
auch für trennbare, überall wo fie fih an das Nomen fchließen,
wirkliche Zufammenfegung angenommen werben.
Anm. Wer die Partikel vor dem Nomen für ein Adv. des engern Sinnes
halten, d. h. An-blid, Bor-fohritt aus an-bliden, vor-
ſchreiten verfändigen wollte, ven widertegen unyäblige Eompofita, |
beren zweites Wort aller Berbaltraft ermangelt, 3. B. Vor-hof.
$. 264.
Zur Beſtimmung der Grenze zwifchen wirfliger Compoſi—
tion mit dem Nomen und bloßer Ableitung von Verbis
dienen im Allgemeinen folgende Puncte:
1) Wo gar fein Verbum dem Nomen entfpricht, hat fih natür- -
lich die Partikel mit dem Nomen zufammengefeßt, 3. B. ahd.
ap-krunti, Ab-grund. |
2) Wenn das einfache Subſtantiv ohne die Partikel nicht beftehen |
kann, fo ſcheint die Compofition mit dem Verbum eingegangen,
3z.B. goth. af-löts, nhd. Ab-Taf, von af-lötan, ab-Iaffen,
da es Fein Subfltantiv ldts, Laß gibt.
3) Dffenbar verbale Ableitungen bezeugen Compofition mit bem
Verbum, 3. B. Ein-rihtung, Ab-Haltung flanmen von
ein-riäten, ab-halten, nicht hat fich die Partikel zu den
Subftantiven Haltung, Richtung gefügt.
4) Iſt gar feine Ableitung fichtbar, oder eine dunkle, oder eine
bald nominale, bald verbale vorhanden, übrigens Verbum und
Sn
— 11 —
Nomen gleich geläufig; fo laͤßt ſich nicht angeben, ob die Zu⸗
ſammenſetzung zuerſt mit dem einen oder dem andern vorge⸗
. nommen fei, dba beides möglich if. In An-blif, Unter-
kunft kann die Partifel mit den Subflantiven Blid, Kunft
componiert, oder aus an-bliden, unter-Fommen hernach
das Subflantio geleitet fein. |
$. 269.
Die Partikeln find theils trennbar, theils untrennbar. Sene
kommen außer der Zufammenfeßung auch noch, ungebunden vor, biefe
nicht, da ihre echte Geſtalt durch Schwächung des Vocals oder Ent-
ziehung des Tons gelitten hat. Alle untrennbaren Partifeln find -
entweder fichtbar entſtellt oder der Entſtellung verdächtig. Mit dem
Nomen componieren ſich nicht bloß untrennbare Partifeln, fondern
auch trennbare, d. h. unentftelltere und lebendigere. Der untrenn-
baren find weit wenigere. Als die vorzüglichflen merfe man: &-,
aftra, and, fair, faurth, ga, oba, un, us (after, ant, ver, vorber,
ge, ob, un, ur).
Trennbare und untrennbare Partikeln mit dem Nomen,
$. 266. |
“äd-, aus, von. Diefe überall untrennbare Partikel iſt einerlei
mit der ahd. Präpof, ar, or, goth. us u Im Ahd. finden
fich zahlreiche Compofita, mhd. nehmen fie ab, nd. iſt nur das
entftellte Elfter (ahd. A-kalastra und A-galastra, mhb. A-gelster,
von galan fingen, noch übrig in gellen) vorhanden, |
Anm. Die Bollsmundarten Tennen noch A-madht, D-madht, A
name, D-name (Schimpfuame) u. a. Für Elfter fagt Opitz
(+ 1639) noch Agelafter,
$. 287.
af-, ahd. ap, ab, ab ift in allen Dundarten trennbar. Die
Bedeutung im Allgemeinen ft Entfernung, Befreiung, Schwäche,
Widriges; fie fteht dem an- entgegen, .
a) Subft. Ab-Iaf (goth. af-leis, ahd. ab-laz), Ab-bild, Ab-
bitte, Ab-fall, Abefluß, Nd-gott, Ab-grund, Ab-rif, Ab-
fohnitt, Ab-weg u. a.
b) Adj. Ab-trüännig (ahd. ab-trunnic), ab-hängig, ab-holb,
ab-wendig. .
$. 268,
afar, ahd. avar, aber iſt goth. noch Präpof. (mach), ahd. nur
Ado., jedoch trennbar (wiederum). Aus dem Begriff nach
entwickelte fih der des Böſen, Schlechten.
023°
U 00) Un cz
1 ‘
J » J
) Su. Aber glaube, Aber-witz Haben den Sin des
Böfen, Mebermäßigen. Aber-Flane bedentet Hinter-klaue,
wbvfuͤr and After-Iane geſagt wird.
v) Abj. Aber-gläubig, aber-wigig, aber-weis 9).
Anm. ſ. Goethe (33, S. 275): Das verdiente innige ahndungsvolle
Ehrfurcht, der zwar euer ganzes aberweiſes Jahrhundert von Lit⸗
teratoren nicht faͤhig iſt.
Anm. 2, Stalder (1, 86 f.) hat: aber-finnig (mahnfinnig) aber-
fünig (launiſch), Aber-wahl (Wiederwahl), Aber-wille (Unw
le).
§. 269,
afira, ab. aftar, after, bedeutet meiſtens das Nachfolgende, zu-
weilen das Schlechtere, im Werth Nachflebende, Aftra ift goth.
artifel, ahd. Praͤp., nhd. untrennbare Partikel,
Subfl. After-geburt, After-heu (Grummet), After-kind,
After-Ichn, After-rede, After-zins, After-fönig, After-Forn,
After-Tiebe. = |
$. 270,
ana-, ahd. ana-, mb. ane-, an-, an, Diefe überall trennbare
Bartifel iſt pas Gegentheil von af (ab); fie drückt das ſich Nähernde,
Beginnende, Unternebmende, Natürliche, Gelingende, Gefällige aus.
a) Subfl. An-dacht (ahd. ana-däht, mhb. ane-däht), An-bau,
(fo bieß früher der Reif), An-höhe, An-Funft, An-laß, An-
‚rede, An-Ihein, An-walt, An-zahl u. a.
b) Adi: An-bächtig, an-beifchig, an-muthig, an-geblich.
Anm Am-boB flebt für An-boß (ahd. ana-po3), Ahn-Lich für an-
lich (ahd. ana-lih), zu
$. 271. |
and, ahd. ant, ant, Im Goth. Iautet bie trennbare Präpof.
and, in der Eompofition and- und anda-. Ahd. ift diefe Par-
tifel untrennbar und JYautet vor dem Nomen ant-, vor dem
Verbuin gewöhnlith inf-; mhd. ant-, zuweilen ſchon unbetontes
ent-. Dieſe Partikel bedeutet ſowol mildes Entgegenkommen, als
ne Widerſtreben; fie druͤckt eine größere Nähe aus als
ana (an).
Subſt. Goth. und ahd. zahlreich, mho. weniger, uhd. nur noch:
Ant-litz und Ant-wort (goth. anda-vleizn, anda-vaurdi,
ahd. ant-Iuzi, Ant-warti).
Anm. Kaum ertenntlich it Amt (gott. and-bahts Diener, ahd. am-
baht, mhd. am-bet dv. Amt). In Em-pfang fehen wir das mhv,
ent-pfanc.
$. 272.
ano, ohne. Diefe ahd. Partikel geht Feine Compofftion ein. Das
nhd. Ohn-macht (add. A-maht), obn-mächtig, ſteht entweder .
—— „ An⸗-blick, An-drang, An-fall, An-gabe, An-hang |
|
— 100 —
für Un- macht oder A-marht ober wurde aus ber Redendart:
Ohne Macht akmälih zum Subflantiv.
Anm. Ohne if gleicher Beveutung mit un, baher obngefahr und
ungefähr u. a. Vgl. un (un).
$. 278.
bi-, , ahd. pi, pi, be-, bei-. Im Goth. iſt noch Feine Spur, weder
vaͤß dieſe Partikel im Fall der Compoſition ihren Bocal ſchwaͤche,
noch im Fall der Präpofition verlängere. Im Ahd. gilt dreierlei: pi,
betontes pi, unbetontes pi; pi ift trennbar und hat bie räum-
liche Bedeutung bei (prope); vor dem Verbum und Allen, was
daher abgeleitet wird, ſteht unbetontes pi; betontes pi fteht, wenn
fih die Partikel mit dem Nomen componiert. Mhd. eniſprich bi-
dem ahd. pi; be- (betuntes umd unbetontes abd. pi) iſt überall
unbetont. Ryo. ſteht betontes bei- und unbetontes be-.
1) Betontes bei-:
a) Subſt. Bei-name (ahd. pi-namo), Bei-fall, Dei-lager, Bei-
leid, Bei-fland, Bei-fpiel (mhd. bi-spel, $. 174) u, a
b) Adi. Dei-fällig, bei-läufig.
2) Unbetontes be-:
a) Subſt. Be-dadht (ahd. pi-däht), Be-fehl, Be-ginn, Be-
leg, Be-riht, Be-fib, Be-tug, Be-zug.u. a.
b) Adi. Be⸗denklich, be-findlich‘, .be-greiflich, be-herzt, be-
fchaffen u. a.
Anm. 1. Unkenntlich geworben ift die Partikel in bieder (ahd. b, bi harpi,
mhd. be-derbe, d. — nützlich, tüchtig); und Beichte ($. 26 2
Anm. 2. Aus der anfänglihen Identität von bi- und be- en ben fi
faft zu jeder Zeit Derügrungen beider, das lebendige Nabe ein (bi-)
geht über in den abftracten Begriff von Einwirkung. Bgl. Bei-Tiß,
Be-fih. Oft ſtehen auch beide Bildungen einander entgegen: Bei-
ſchluß, Be-ſchluß; Bei-fland, Be-fland; Bei-trag, Be—
rag.
Anm. 3, Verwandie Partikeln find: miti-, pi: Bei-ſchlaf, ahd. mili-
släf; und ana-, pi: Be-ginn, ahd. ana-gin. Doc find fie verſchieden:
an- bezeichnet einfeitige,, de mehrfeitige Wirkung auf ben Gegenſtand.
- $. 274.
- du, ahd. zö, zuo, mhd. zuo, zu. Dieſe überall trennbare
Partie erleibet eine dem bi- a analoge Veränderung dadurch, daß
e theils den Vocal verlängert, theils ſchwächt. Im Abd. geben
Nomen und Verbum Comppfition mit dem langen zö, zuo, nie-
mals mit dem furzen zi, za ein. Mhd. und nbd. gilt gleichfalls
nur langes zuo, zu.
a) Subft. Zu- fludt (ahd. zuo-fluht), Zu-drang, Zu-fall, Zu-
gang, Zu-kunft, Zu-lauf, Zu-ruf, Zu-ſatz, Zu-verfigt, Zu-
tritt u. a.
- b) Adi. Zu-bringlich, zu-fällig.
— 104 —
Anm. 1. Der Sinn von zuo beriſhrt ſich mit pi: zuo-namo, pi-namo
Zu-name, Bri-name und mit ana: An-ruf, Zu-ruf; doc hat zuo nicht
den Begriff von um, neben und Berringerung, der in pi lirgt, und
drückt mehr das Volbringen aus, als ana, das fih auf vie Wirkung
nach der Oberfläche und dem Aeußeren befrhränft.
Anm, 2. Für keine Zufammenfeßung darf man halten weder das vor
Adi. ſtehende Adv. zi, za (nimis), 3. B. zu bald, zu breit, noch die
räpof. mit ihrem Gafus in ver Redensart: za leipu, zi leibe, zu
Leibe u. a. In folchen Fällen ift zu tonlos, und veshalb find: zu—⸗
frieden, zuerfi u. a, feine wirklichen Zufammenfeßungen,
§. 275.
dis-, ahd. za, zi, z&, zar, zir, mhd. ze, zer, jer-. Diefe Par-
tifel ıft überall untrennbar; aber aus zwei Partikeln zufammen-
gefloffen, aus du, di und us, is, zi-ar, ze-ir. Mit dis-, zer
eomponiert fich Fein Nomen. Wörter wie Zer-fall, Zer-rüt«
tung, Jer-flörung und bie von Subſt. gebildeten Adj. zer-
brechlich, zer-Enirfcht find immer von Verbis abgeleitet.
u Zer ift mit dem folgenden fair (ver) verwandt, nur etwas
ärker.
$. 276.
fair-, ahd. far-, fir-, fer-, mhd. ver-, ver-. Diefe Partikel iſt
überall untrennbar und fleht nhd. in vielen Wörtern, die großen-
ve aus Berbis abgeleitet werden fünnen.
a
dacht, Ver-hau, Ber-Fauf, Ver-Iuft, Ver-rath, Ver-ſchlag, Ver-
weis u. a. -
b) Adi. Ber-binblich, ver-bächtig, ver-dienftlich,, ver-brießlich,
ver-rudt u. a.
Anm 1. Niht Ber-wiß (ahd. fir-wizi, mhd. vir-wilze), fondern
Bor-wiß, Sür-wiß.
Anm. 2. Der Sinn diefer Partikel ift doppelt: a) bloß intenſiv, d.h.
was fchon im einfachen Nomen Iiegt, hervorhebend, fo in Ver-luſt,
Ber-band, Ber-dienft; mandes Simpler kommt gar nicht ohne
bie Partikel vor, was eben ein Zeichen ihrer gelinden Bedeutung iſt;
N privativ, Teugnend, Uebel und Verderbnis ausprüdend, fo in
er-dart, Ber-ruf. Grunpberentung, worin fich beive Sinne be⸗
gegnen, ſcheint: vor, fort, vorüber, vorbei. Ber-braud
iſt anhaltenner Brauch, Ver-kauf Weggeben ver Waare.
$. 277.
faura-, ahd. fora, mhd. uhd. vor-, eine trennbare Partikel,
bie meiftens bie Bedeutung vor (prae, ante), felten für (pro)
bat, ohne den privativen Nebenfinn des ahd. far-, fir-, und nie
des Tons verluflig wird.
a) Subfl. Bor-gang (ahd. fora-kanc), Vor-eltern, Vor-bild,
Bor-fall, VBor-hang (goth. faura-hah), Vor-hand, Vor-mund,
\
Subſt. Ber-nunft (ahd. far-nunft), Ber-band, Ber-bot, Ber-
ee Can —
—— 105 —
Bor-name, Bor-rede, Bor-faß, Bor-hab, Bor-wand, Bor-
zug u. a. \
b) Ad. Vor-bildlich, vor-geblih, vor-jährig, vor-Täufig, vor-
ſätzlich u. a. 1
Anm In Vor—theil Hat ſich die echte Vocalkürze bewährt; während
die übrigen Compoſita, gleich der Präp., langvocäaliſch vör lauten, iſt
jenes wie foheindare Wurzel BortH-eil (unter dem Bolte wirklich
Bort-el) analog den Wörtern morden, Orden auszuſprechen.
$. 278,
fauri-, ahd. furi-, mhd. nhd. für, trennbare Partikel, die im
Goth. mangelt, auch im Abd. und Myd. Feine zahlreichen Com-
pofita bildet. Nhd. etwa: Für-bitte, Für-Iprade, Für-fprecher,
| Für—-tuch, Für-wis, Für-wort. Der neuere Gebrauch neigt ſich
, aber zu Bor-bitte, Vor-ſprache, Bor-wis; Vor-haus (ahd.
— furi-hüs), Vor-holz (mhd. für-holz).
Anm. "Schon in der frühern Sprache werben fora- und furi- (vor, für).
vexrmengt. Das ahd. füri- hat weitern Umfang, als das nhp. für-,
wie auch bie heutige Präp. befehränfter iſt. Ihrer räumlichen Bezichung
allmälich entbunden, dient dieſe Partikel allein zu dem Caufalbegriff des
Rutzens und der Stellvertretung. Das eomponierte ahd. fora- bezeich-
nete mehr das zeitlihe, Turi- mehr das räumliche prae (vor), daher
furi-hüs,, furi-zimpar ſtatt der nhd. Bor-haus, Bor-zimmer.
$. 279,
faurth, fort, ift weder goth. noch ahd. aufzuweiſen, obwol nicht
"unmöglih. Das nuhd. fort (fatt ford) ift vielfach im Gebrauch,
Ä dem Nomen verbunden- in: Fort-dauer, Fort-gang, Fort-
ſchritt, Fort-zug, Fort-fall, Fort-reife.
Zahlreich find die componierten Verba und verbalen Subſtantive.
| S. 20,
_ faürthr, ahd. fordar, furdir, mhd. vorder, vürder, vorder. Mit
diefer untrennbaren Partikel finden ſich erſt mhd. und nhd.
eomponierte Nomina: Vorder-achſel, Border-arm, Border-
J bein u. a. und die Adf. vorder-ſam, förder-lich, wo nicht
diefes von dem Verbum fördern gebildet. ift.
$. 281.
filu-, ahd. Ailu-, inhd. vil-, viel-. Mit dieſer trennbaren
Dartifel componiert ſchon das Goth. 3.3. filu-vairdei d. 1. Viel-
rednerei. | |
a) Subft. VBiel-fraß (ahd. Nlo-vrezo), Viel-eck, Biel-göt-
terei u. a.
b) Adi. Biel-artig, viel-beutig, viel-fach, viel-jährig, viel-
ſeitig u. a. J |
— 106 —
Anm. Bor dem Adj. kann in ber älteren Sprache ein freies Alu ange»
nommen werben, z. DB. filu E33al d. i. viel eſſend; vor dem Subſt.
geht dies nicht an. Seit das nhd. Adj. viel gilt, Tönnen auch einzelne
nhd. Eompofita anders genommen werben, namentlich viel-falt,
“wofür früher mit manag zufammtengefegt wurbe, 3. B. got. manag-
falths, ahd. manac-falt, nhd. manig-faltig. i
$. 282,
ga-, ahd. ka, ki, ga, gi, ge. -Diefe untrennbare Partifel iſt
in allen Dialeften vom größten Umfang. Sie gilt: _ .
1), wenn aus ſächlichen Subftantiven perfönlihe Geſell—
fhaftsbegriffe gebildet werden, wobei gewöhnlich ſchwache
Form, oft auch ableitendes i miteintritt. Die Zahl diefer Wort»
bildungen nimmt mhd. ſchon ab, nhd. noch mehr. Wir haben
noch Ge-bauer (Eigenname) und entftellt in Nachbar (für
Nach-ge-bauer, ahd. nah-ga-pür, mhd. nach-ge-bür), ®e-
fährte, Ge-mahl, Ge-felle, Ge-Spiele, welche alle aufs masc.
befchränft werben; die fem. befommen -in: Nachbarin, Ge⸗
fährtin, Gemahlin, Geſellin, Geſpielin. — Einigermaßen hier⸗
mit verwandt find die Berwandtfhaftswörter: Ge-vpat-
ter (ahd. ka-vatero), Ge-brüder. ü
2) Steht die Partifel, wenn aus perfönlichen oder färhlichen Sub-
ftantiven Collectiva mit der Ableitung i gemacht werben; es
find Tauter Neutra. Die zahlreichen nhd. Compofita haben den
Ableitungsvocal meiftens abgelegt und dulden ihn nur nach d
und g. Ge-birge (ahd. ki-pirki, mhd. ge-birge), Ge-äder,
Ge-därm, Ge-fäß, Ge-häus, Ge-tächter, Ge-müth, Ge-nift,
Ge-päd, Ge-räth, Ge-finde, Ge-tänt, Ge-wäfler, G®e-
würm u. a. m. |
3) ©eringe, faft unmerflihe Bedeutung fheint die Partikel zu
befigen, wenn fie zu Subflantiven tritt, die one Ableitungs«
mittel aus Berbis hervorgehen, d. h. reine (ablautsfähige)
Wurzel an ſich tragen. |
a) Masc. und neutra mit Lauten bes Präfens: Ge-bet (add.
ka-pöt), Ge-back, Ge-biet, Ge-fecht, Ge-halt, Ge⸗heiß,
Ge-laf, Ge-fpann, Ge-fhmeif, Ge-web, Gewinn u. a.
b) Masc. und neutra mit Ablanten: Ge-bot (ahb. ki-pot),
Ge-bi, Ge-bund, Ge-nof, ©-Iied (mhd. ge-lit), Ge-nuß,
Ge-ruh, Ge-fang, Ge-Ihmad, Ge-Ihoß, Ge-fant, ©r-
wand,
c) Schwache masc. G-laube (ahd. ka-laupo, mhd. ge-loube).
4) Steht die Partifel vor Subft. mit Tingualableitung, d.h.
alter, von keinem Vocal begleiteter. Es find abftracte fem:,
fpäter einige neutra: Ge-burt (goth. ga-baurths, ahd. ka-
purt, gi-burt), Ge-duld, Ge-fhiigte, Ge-fiht. — Diefe haben
zwar fichtbaren Zufammenhang mit Verbis, können aber bie
— 10 —
Vartikol erſt angenommen haben, nachdem bie Subſtantivbildung
vollbracht war. -
5) Noch verbafer find neutra mit der Partikel und der Ableitung
-i, denen fi kein Subflantiv als Unterlage nachweifen Täßt,
und die unmittelbar aus ſchwachen Berbis erwachſen. Diefe
Compoſita zeigen fih in ber alten Sprache fparfam, in ber
neuen häufig: ®e-rüfte (ahd. ki-rusti, mhd. ge-rüste), Ge-
brüll, Ge⸗dicht, Ge-fühl, Ge-heul, Ge-Täute, Ge-räufh, Ge-
fchent, Ge-fiell, Se-zifh u. a. — Ale ſollten umlauten, und
es iſt zu große Nüdficht auf das Verbum, dag man bei der
zweiten Conjugation ben umgefchwächten Bocal oft beftehen läßt,
z. B. Ge-brumm, Ge-prahle, Ge-fumfe. — Borzäglid
gern gebildet werben: folche Neutra von frequentativen Verbis
auf-eln, -ern: Ge-bettel, Ge-Hingel, Ge-flatter, Ge-flim-
mer u. a., aus welchen der Begriff anhaltender Hanblung auch
auf andere übertragen worben fein mag.
Anm. Zumeift unorganifh und neu feinen die, wol nar in gemeiner
Sprache vorkommenden Eompofita von ſtarken Verbis: © e-fhreibe,
Ge-finge, Ge-fiße.
6) Gewiffe Adjective entfpringen aus Subflantiven jebed
Gefchlechts und jeder Derlination durch Wegwerfung der fubs
ftantivifchen Flexion, Anfügung der adjectivifchen und Borfeßung
der Partifel. Das Adjectiv drückt dann aus, daß ihm bie
Sache zu eigen, es damit verfehen ift, welche das Subſtantiv
enthält. Nhd. find diefe Bildungen, mit Ausnahme von: ge-
lenk, ge-mut (in wolgemut), ge-Ihlaht, ge-wahr ab»
gekommen, man braucht dafür die Partic. Präter. ge-börnt
(mhd. ge-horn), ge-zähmt, ge-[chnäbelt, be-haart (mb. ge-
här) oder andere Bildungen.
- 7,) Andere Adjective flammen ohne zutretende Ableitung aus
dem Laut oder Ablaut flarler Verba, Fönnen aber, ba
fie zum Theil einfach gelten, Compofition an ſich ſelbſt erfahren
haben und brauchen nicht von componierten Verbis geleitet zu
werben. Ge-nug (ahd. ka-nuoc, mhd. ge-nuoc), ge-mach,
g-rob, ge-fund, ge-fchwind.
8) Adjeetive der Ableitung -i fcheinen nicht nur aus ſchwa⸗
hen Berbis, fondern auch aus flarfen herzufließen. Ge-mein
(ahd. ka-meini, mhd. ge-meine), ge-heuer, ge-Iind, ge-nehm,
ge-ring, ge-fireng, ge-treu, ge-füg. |
Was die Bedeutung biefer Partikel betrifft, fo ift biefelbe
am ftärkften in den perfönlichen Gefelfchafts- und Berwanbtfchafte-
wörtern, den Sollectioneutris und den Beſitzadjectiven (1. 2. 6.).
Dffendbar drückt fie Bereinigung aus und begegnet andern Par-
tifeln, namentlih dem miti-, pi- und saman-. In ben übrigen
Fällen fchwächerer Bedeutung wechſelt ge- mit be-, 3.8. go-
sceid, Be-fcheid; es ifl, wie be- und ver- zuweilen inhaltoleer
— 108 —.
geworben, wrfpränglich nicht geweien., Manche Wörter, zum Zei-
chen feiner gelinden Bedeutung, pflegen es dann gar nicht von ſich
zu laffen: g-rob, g-leih, ge-mein, ©-Iied, Ge-madh, ge-fund,
ge-wis. Wo es Tebendiger ıfl, feheint e8 immer trennbarer, Auf
der andern Seite erhellt feine geheime Kraft immer noch daraus,
daß es nicht gleichgiltig allen Wörtern vorgefchoben werben barf.
Sinnliche Wörter namentlich vertragen Fein gelindes, fondern nur ein
ftärferes, die Bedeutung modificierendes, daher Fein ge-ſchwarz,
ge-weiß. — Wo der ſchwächere Sinn gilt (3. 4. 5. 7. 8.)
und fo Iange nicht Verhärtung eingetreten iſt, kann die Partifel
nach Zeit und Ort wegbleiben, 4 B. nhd. G-lied, ahd. lid, nhd.
Iind neben ge-Iind. Ä |
$. 283.
kakan, gagan, gegen, bald mit freundlicher, bald mit feindlicher
Bedeutung.
a) Subft. Gegen-wart (ahd. gagen-wärti, gagan-wurt), Ges
gen-bild, Gegen-dienft, Gegen-befehl, Gegen-füfler, Gegen-
wehr, Gegen-wind u. a,
b) Adi. Gegen-wärtig (ahd. gagen-wertig), gegen-feitig.
6. 284,
häim, ahd. heim, urfprünglich Acc, des Subflantios haims (Haus),
der zum Adverbium geworben uneigentlicher Compofition fähig wird.
Nhd. Heim-gang, Heim-fahrt, Heim-fehr, Heim-weh.
Anm. Die Adj. heim-lich und Heim-tüdifch gehören nicht zu
diefer Partikel, fondern zu einem verlornen himan, d, i. bedecken, ver⸗
beblen, wozu auch Hemd (ahd. hemidi, mhd. hemede) gehört.
$. 285,
höra, mhd. hör, ber, davon:
a) Fo Her-fahrt (ahd. hera-fart), Her-gang, Her-Funft,
er⸗weg.
b) Adj. Her-kömmlich.
$. 286.
hina, hin, Gegenſatz zu höra, davon:
a) Subſt. Hin-fahrt (ahd. hina-fart), Hin-gang, Hinereife,
- Bin-weg, Hin-ficht. |
b) Abi. Hin-fällig, bin-Länglih, bin-Iäffig (bei Luther für
nach-läſſig).
§. 337. |
hindar, ahd. hintar, hinter. Die Verwendung für das finn-
liche Hinter iſt der älteren Sprache fremd,
| — 11 — |
a) Subſt. Hinter-Tift (afb. hintar-list), Hinter-achſe, Hinter-
bein, Hinter-fuß, Hinter-grund u. a.
b). Adj. Hinter-Liftig (ahd. hintar-listic).
$. 258,
Yin, inn. Auch hier treten wie bei bi- und du- Schwächungen
und Berflärfungen bes Vocals ein, ober auf ganz andere Weife.
1). Die Partifel wird, als folche, nie des Tons beraubt, folglich
auch nie im Bocal geſchwächt. Tonloſes ahd. in, mhd. En,
findet nur für den Kal der wirklichen Präpofition flatt, wo
diefe mit dem von ihr vegierten Nomen zufammenwachfend ein
lebloſes Adv. bildet, 3. 3. ahd. in-bore (Dat. Sing. von
bor die Spitze), mbb. En-bor, nhd. em-por; ahd. in-kakan,
mbd, ön-gegen, uhd. ent-gegen, was aber feine wahre
Compoſition iſt.
2) Dre Partikel in wird für ben Präpoſitionsgebrauch nie ver-
Tängert, unähnlich dem pi, bei. Als Partikel Teivet fie aller-
dings Verlängerung, beren erfler Beginn unficher auszumitteln
if. Das nhd. ein unterliegt feinem Zweifel, ahd. in Taßt
fich nicht beweifen. — Nhd. haben nur wenige Nomina im,
viele ein.
In, a) Subſt. In-fiegel (ahd. in-sigili), Sn-brunft, In-
begriff, In-halt, In-Iand, In-laut, In-[hrift, In-zicht,
Sn-gefinde (bei Görres, Myſtik 1, 406).
b) Adf. In-brünftig, in-Tändifch, in-fländig, in-wendig.
Ein, a) Subfl. Ein-gang (ahd. in-kanc), Ein-band, Ein-
fahrt, Ein-fall, Ein-halt, Ein-Fehr, Ein-lauf, Ein-nahme,
- Ein-[hluß, Ein-hitt, Ein-geweide, Ein-zug.
-b) Ay. Ein-gedent, ein-heimifch, ein-träglich.
Anm. 1. Ein berührt fih nachipeilig mit vem Zahlwort: Ein-falt,
Ein-Heit, ein-äugig
Anm. 2. Man kann zivar fagen, daß überall, wo die Bedeutung hinein
waltet, nho. ein fiche, aber beide erfireden fich weiter und gelten auch
für das ruhige darin: ein heimiſch, Ein-wohner, ein-ge=
dent, Zumweilen ſtehen fih ein und in entgegen: Einhalt, Anpalt,
$. 289,
mith, ahd. miti, mit, brüdt die Idee von Beifein, Gunft und
Geſellſchaft aus.
a) Subft. Mit-arbeiter, Mit-bürger, Mit-hrifi, Mit-erbe,
Mit-glied, Mit-Teid u. a. ’
b) Ad. Mit-fohuldig, mit-Teibig.
Anm. Erſetzt viele früher mit ge- und Eben- componierte; mande mit- .
- find aber auch in ge übergegangen, 3.8. Ge-wiffen, goth. mith-
vissei. Bol, no bi-, Anm. 3. | s
— 10 —
$. 290.
nehva, ahd. näh, nad. Diefe trennbare Partikel bebeutete
urfpränglic bei, nahe (prope), woraus ſich dann bie Bedeutung
ach (secundum, post) entwidelte. Abd. damit gebildete Com⸗
boff ta find Selten, mhd. nehmen fie zu, uhd. noch mehr.
a) Subfl. Nach-klang (mhd. näch-klanc), Nach-bild, Nah- -
‚geburt, Nach-drud, Nach-folge, Nach-hall, Nach-herbſt, Nach-
laß, Nach- mittag, Nach-rede u. a.
b) Adj. Nach-druͤcklich, nach-läſſig, nah-fihtig, nach-theilig.
Anm. Nach kam mehr in Gebrauch, als afıra (after) ſeltner wurde,
$. 291.
neben, biefe nhd. untrennbare Partikel entfpringt aus ahd. in-
epan, mhd. en-üben, erfeßt die älteren eigentlichen Compofita
mit &ben- ($. 225 anter ibns) und bildet neue wie: Neben-
ftunde, Neben-weg, Reben-wort u. a.
Anm. Die abo. und mhd. Sprache componiert nie mit ber Dart,
§. 292,
nidar, nieder. In den ‚add. Compofitis gift bloß ein bewegen-
des nieder (herunter), in mbb. und nhb. zugleich ein ruhiges
ra unter), namentlich wo es die Begriffe Gegend und Kleid
immt.
a) Subſt. Nieder-gang (mhd. nider-ganc), Nieder-fall, Nie⸗
der⸗kunft, Nieder-Iand, Nieder-ſchlag.
b) Adj. Nieder-deutſch, nieder-laͤndiſch.
Anm. ‚Kuther fagt no Rieder-kleid (mfd. nider-kleit), dafür fagen
wir jetzt Unter-Eleid. Auch Herder ſagt im Cid: Schwarz’ und
weiße Niederkleider. Auch Görres (Myflit 1, 405) hat nie
derkleid.
$. 293.
samana, zugleich, verbunnen. Abd. und mhd. werben bamit
feine Nomina componiert; nhd. gelten die fihleppenden Wörter:
Zufammen-fluß, -hang, -Funft, -Tauf, -Foß, die freilich erfl .
nach der Analogie von zufammen-fliefjen re. gebildet ſcheinen.
$. 294,
thar-, ahd. dar-, barz mit biefer trennbaren Partikel Finden fig:
Sub ſ. Dar- [ehe n, und viele Verba und verbale Subftantive,
als: Dar-bieten, dar-bringen, dar-legen, bar - Bellen; Dar-
bringung, Dar-flellung u. a.
$. 295.
thairh-, ahd. durah-, durch. Davon
a) Subfl. Durdh-f abrt (mhd. durch vart), Dunch⸗ beuch, Durqh-
gang, Durch-⸗reiſe, Durch⸗-ſchuitt, Durd-zug u. a.
%
— 111 —
b) Adj. Durch-ſichtig (mhd. dar-sihtic), durch⸗gaͤngig, durch
lauchtig.
Anm. Das verſtärkende durch vor Adj., welches grade in der frühern
Sprache am häufigſten erſcheint, iſt meiſtens abgekommen, wiewol man
noch durch ⸗naß, durch warm ſagen hört, wo die Bolksſprache
mitunter noch verſtärkt durch und durch naß.
$. 296.
oba-, mhd. obe-, ob⸗-. Dieſe untrennbare, Partikel iſt aus
dem folgenden ufar, obar, ubar durch unorganiſche Apokope des
T hervorgegangen. Hierhin gehören: Ob-dach (ahd. ob-dach,
mhd. obe-dach), Ob-hut, Obemacht, Ob⸗mann, Ob-fieg, Ob-
acht, Ob-fland (Leſſing).
$. 297.
ufar-, ahd. ubar-, mhd. über-, über. Eine Nebenform von über
ift ober, bas fchon mhd. vorkommt, aber niemals das lat. ni-
mis ausdrückt, fondern bloß das Obere, Höhere, daher auch mit
dem Adjectiv eomponiert ſcheint.
Neber. a) Subft, Heber-mut (mhd. über-muot), Heber-bau,
Veber-bruß, Veber-fahrt, Ueber-gabe, Ueber-hang, Ueber-Eunft,
Veber-Taft, Ueber-reft, Lieber-fchlag, Meber-tritt, Veber-zahl u. a.
b) Adi. Ueber-mütig (ahd. ubar-muodic), über-brüffig, über-
flüffig, über-theuer, über-voll, über-zählig. ,
Ober. a) Subfl. Ober-hand (mhd. ober-hant), Ober-amt,
Dber-befepl, Dber-baupt, Ober-Feid, Ober⸗knecht u. a.
b) Adi. Ober-deutſch, ober-flaͤchlich, ober-Tändilch.
Anm. In einzelnen ſchwankt der Gebrauch; Ueber-rockund Ober-rod.
$. 298,
umpi-, mhd. umbe-, um. Diefe trennbare Partifel mangelt
im Goth., wo fie durch bi- vertreten wird,
a) Subſt. Um-Iauf (ahd. umbi-hlauft, mhd. umbe-louf), Un.
fall, Um-fang, Um-gang, Um-fehr, Um-rif, Um-fchlag, Um-
weg, Um-zug u. a.
b) Ad. Um-gänglih, um-fihtig, um-fländlich.
Anm Die Partikel begält vor dem Nomen jederzeit den Ton, verliert
ihn aber oft vor dem Berbum.
1
$. 299,
. un-, un-. Formell ſcheint dieſe überall untrennbare, field bes
tonte Partifel ſowol dem in als dem ana verwandt, ihrer priva⸗
tiven Bedeutung unbefchabet. Un- componiert ſich bloß mit dem
Nomen, nie mit dem Berbum (abgefehen vom Participium), d. h.
alle Fälle, wo es vor dem Verbum erfcheint, fegen Compofition
mit dem Nomen, von welchem fie abgeleitet find, voraus. Die
— 112! —
Bedentung ıft privatio, ſchwaͤchend, keineswegs nein negativ. Zu-
fammenfegung des un- mit Subflantiven erfolgt feltner als mit
Adjeetiven.
1) Subſtantive.
a) Vor leibliche Subſt. (Perſonen, Thiere, Pflanzen) geſetzt,
gibt es den Begriff des Unnatürlichen, Verkehrten, Böfen,
aber meift für beflimmte Anwendungen, nur bisweilen als
allgemeiner Gegenfab zu dem, was das Subſt. enthält: In-
Hold, Un-fraut (mhd. un-fruht), Un-menfh, Un-thier, Un-
gethüm.
ib) Bor abflracten Begriffen drückt un- zwar oft das Gegentheil
aus, oft aber mifcht fich eine eigenthümliche gelindere oder
härtere, nah Mundart und Zeit ſchwankende Beflimmung
bei: Un-dank (ahd. un-danch, mhd. un-danc), Yn-art,
Un-gebühr, Un-ding, Un-gebuld, Un-ehre, Un-fall, Un-
fleiß, Un-form, Un-frieve, Un-fug, Un-gunft, Un-heil, Un-
foften, Un-glaube, Un-glimpf, Un-Iuft, Un-müt, Un-gnade,
Un-redht, Un-finn, Un-treue, Un-wille, Un-zahl u. a.
2) Adjective,
Der mit un- componierten Adjechive gibt es eine große Menge,
da (nach unferm heutigen Gefühl) theoretifch jedes Adj. durch
ein vorgefegtes un- feiner Bedeutung beraubt werben kann. Aug
diefem Grunde hat die Partifel Hier mehr den Sinn abftracter
Berneinung. Un-rein (goth. un-hräinis), un-bändig, un-edht,
un-[ohön, un-wahr u. v. a.
3) Die Participia fcheinen als Adf. des un- vollkommen fühig,
dies ift auch beim Partie. Präter. der Fall, weniger beim
Partie. Praͤſ. Selbſt nhd. Haben dergleichen Zufammenfeßungen
ihr Ungewohntes, man fagt eben nicht: Un-glaubende Heiden,
un-tragender Ader 2c., eher fchon: Un-Tiebende Eltern, un-ver-
mögende, un-wiffende Leute ?).
4) Es gibt Feine flarfen Verba mit un- und alle damit zu—
fammengefetst fiheinenden [wachen feßen Nomina voraus,
in welchen bie Compofition bereits vorgegangen iſt. Nhd. find
folhe Wörter ohne Vorſetzung einer weitern Vartifel- unge-
bräuchlih, man fagt: Ver-un-ehren (ahd. un-Eran), be-un-
ruhigen u. a.
Anm. 1. Goethe fagt einmal (d. Wanderer 2, ©. 181): Frei baut
die Schwalb’ an das Gefims, unfühlend, melden Zierrath fie verklebt.
Anm. 2. Die Partitel ift zumeift gerecht für Adj., wo fie fih auch nicht
{immer durch die gerade Negation übertragen läßt; fie enthält oft einen
Euphemismus. Un-fhön, un-Lieb, un-Elug umgehen bie Härte
des Ausdrucks von häßlich, verhaßt, thör icht. — Die ſchwan⸗
ende, flärfere Bedeutung vor Subft. kann ſich eben auf eine urfprüng=
Yiche, gelindere gründen. Statt gewiffe Laſter baat zu nennen, wurden
pie verhüllenden Ausprüde Un-that, Um-fitte u. dgl. angewandt,
bis nach und nach felbft dieſe eine Schärfe annahmen, die nicht in ber
eigentlichen Wortbedeutung liegt.
— 113 —
$. 300,
undar-, unter. Sein goth. Beifpiel von Compofition, uhd. zahl⸗
reiche. "Wo räumliche Lage ausgebrüdt wird, Tönnte auch bas
Adi. im Spiele fein.
a) Subft. Unter-Ta$ (ahd. untar-lä3, mhd. under-läz), Unter-
amt, Unter-bett, Unter-futter, Unter-gang, Unter-halt, Unter-
leib, Unter-welt u. m. a.
b) Adi. Unter-ſchiedlich, unter-thänig.
$. 301.
-Yup-, abd. üf, auf, trennbar und fpäterhin Präpofition.
a) Subſt. Auf-gang (ahd. Gf-canc), Auf-bruch, Auf-fahrt,
Auf-gufß, Auf-fauf, Auf-Tage, Auf-nahme, Auf-ruf, Auf-
ſchrift, Auf-tritt, Auf-wand, Auf-zug.
b) Adj. Auf-dringlih, auf-merffam, auf-reht, auf-richtig,
auf-fäbig.
Ann. Die frühere Sprade commponiert mehr mit der ruhigen Bedeutung
der Partitel, als mit der bewegenten, umgekehrt findet fi im Npv.
nur noch aufrecht (mhd. üf-räht), nicht mehr Auf-bimmel (adv.
üf-himil der obere Himmel). Verſchiedne nhd. Compoftta mit bewegen-
dem auf entfprechen älteren mit der Partikel ur, 3. B. ur-stende,
Auf-fland,, in denen das her flatt des him berüdjichtigt wurde.
$. 302,
us-, abb. ur-, ur, früher trennbar und Präpofition, fpäter un-
trennbare Partikel.
a) Subft. Ur-Funde (ahd. ur-chundi, mhd. ur-kunde), Ur-abn,
, Ne-eltern, Ur-bilb, Ur-heber, Ur-Ianb, Ur-fache, Ur-fprung u. a.
b) Adi. Ur-alt (ahd. ur-alt), ur-bar, ur-kundlich, ur-fächlich.
Anm. Die Partikel verliert niemals ven Ton. Der Sinn der Partikel
ift fehr verſchieden: a) ſtärkend und erhöhend vor Adj., d B. uralt,
urplötzlich; b) ſtärkend vor Subft. mit tem Begriff des Anfänglichen,
Keinen, Erften, 3.8. Uran, Urbilo, Urquell, Uranfang. — Die na⸗
türliche Bedeutung (Bewegung aus dem Innern) herrfcht inlirfprung,
eine gewiffe Abftraction derfelben in Urlaub.
$. 303,
ut-, ahd. üs-, aus, überall trennbare Partikel, fpäter auch
Präpofition.
a) Subſt. Aus-fahrt (ahd. üz-fart, mhd. üg-vart), Aus-beute,
Aus-bruch, Aus-drud, Aus-fucht, Aus-gabe, Aus-hauch, Aus-
funft, Aus-Tand, Aus-nahme, Aus-rede, Aus-[huß, Aus-taufch,
Aus-wurf, Aus-zug u. a.
b) Adj. Aus-bündig, aus-brüdiih, aus-findig, aus-führlich,
aus-Tändifch, aus-wärtig, aus-wüchfig.
Anm. Obgleich 43, uns allmälich präpofitional geworben, das ältere
us, ur vertritt, bezeichnet e8 in der Zufammenfegung doch nur felten
und erft viel fpäter ven Begriff her, meift den adoerbialen hinaus,
Kehrein Grammatik. I. 2.
— 114 —
d. h. nicht den Anfang, ſondern das Ende. Der Begriff des her wird
lieber mit auf oder auf-er gegeben: Auf-gang, Auf-erſtehung; nur
einige, ſchwerlich alle Eompofita haben aus-: Aus-fluß (von innen her
oder nach außen).
§. 304.
utana-, Jahd. uzan-, außen, davon: Außen-ſeite, Außen-
werk, Außen-Iinie, Außen-wand.
§. 305.
väila-, ahd. wola-, wohl (wol), urſprünglich kurz, nbb. meiſt
gebehnt.
a) Subſt. Wohl-that (ad. wole-tät), Wohl-fahrt, MWohl-
klang, Wohl-Iaut, Wohl-geruh u. a.
b) Adi. WoHt-feil, wohl-thätig, wohl-anftändig, wohl-gemut.
Anm. Die alte Kürze hat fih noch in Wol-Iuft bewahrt. Für wohl-
feil fagt die Vollsſprache wol -fel,
$. 306,
viihra-, ahd. widar-, wider, wieder. Die Unterſcheidung ziwi-
fchen wider und wieder, obgleich erft von den Grammatikern im
verfloffenen Jahrh. eingeführt, iſt nicht rein erfunden, ſondern eben
auf die Beobachtung gegründet, daß in der Zufammenfeßung das
unbetonte wider von dem befonten wieder abfteht. Ganz redht-
fertigt ſich übrigens dadurch die doppelte Schreibung doch nicht,
and die Bedeutungen flreifen anemander: Wibder-Ichein (Abprall
und Gegenwirkung), Wieder-fchein (Wiederholung des Lichts), fo
Widerhall, Wiederhall,
Wieder, Subftl. Wieder-fehr (ahd. wider-cher), Wieder-
geburt, Wieder-hall, Wieder-Funft, Wieder-Ichein u. a.
Wider, Subfl. Wider-rede (mhd. wider-rede), Wiber-facher,
Wider-ſpiel, Wider-fpruh, Wiver-fland, Wider-wille u, a.
Adj. nur mit wider: Wider-finnig, wider-wärftig, wiber-
. „rechtlich,
B. Partikel mit Berbum.
$. 307,
Dir jede Partifeleompofition eine unergentliche iſt ($. 257),
d. h. weniger aus dem Bedürfnis, zwei Wörter mit einander zu ver-
binden, hervorgeht, als aus einer Verhärtung der Wortftellung; fo
muß, weil die Partikel (das Adverbium) neben Verbis ihre freie
Stellung Yänger behauptet, als neben Nominibus, Zufammenfesung
mit jenen fpäter und feltner eingetreten fein. |
$. 308,
Zuſammenſetzung tritt ein hauptfächlich und in der Negel nur bei
folhen Partikeln, deren erbte Geflalt durd Schwächung des Vocals
— 15 ——
ober Entziefung des Tons gelitten Hat. — Diefslbe Partikel kaun
als untrennbar und trennbar gedacht werden, in jenem Falle
wird, wo nicht ihre Form entſtellt, wenigftens ihr Ton gefchwächt
erſcheinen: wider-[prechen, wieder-fehen;, unter-brüden, unter-gehen ;
be-feben, bei-fiehen; ver-fiehen, vor-fehen.
a) Untrennbare Partikeln mit Verbis.
$. 309.
Es gibt ihrer nur ſechſe, nemlih die nhd. be-, ent-, er-,
ge-, ver- und zer-, die aber fäntlih vor weitem Umfang find
und nah Zeit und Mundart jn verfchievuen Gellalten umgeben. _
Zeichen wirklicher Zufammenfeßung find:
1) Daß dieſe Partifeln vor flarfen oder ſchwachen Berbis in allen
—* und ohne Rückſicht auf die Wortfügung des Satzes
aften.
2) Im Partie. Präter. niemals ge- hinter der Partikel aunehmen.
3) Daß mit ihnen zuweilen und erft durch den Act der Compo⸗
fition aus Nominibus Verba gezeugt werben, welde als ein-
fahe Berba nicht vorhanden find: be-mannen, ent-mannen,
ver-nichten, zer-flüden.
Anm. Die übrigen vorhin beim Nomen abgehandelten untrennbaren Par⸗
titeln gehen Teine Verbindung mit dem Berbum ein, fonvern feßen, wo
fie davor erſcheinen, componierte Romina voraus, von welchen fie ab«
geleitet find, wie z. B. un-.
$. 310,
* 5 hat meiſt verſtärkende Kraft, oft unmerkliche, ſelten be⸗
raubende.
1) Gewöhnlich drückt es die Anwendung bes Begriffs bes
Berbums auf einen Gegenflaud aus, ber dann im Accuſativ
ſteht. Es Liegt in dem be- die viel- oder allfeitige Einwir-
fung, die ganze und volle Bewältigung. Sch be-[hueide
ben Baum noch nicht, wenn ich etwas davon abfchneide, ſon⸗
dern erft wenn ich es vingsherum thue. Alle folde Berba mit
be- find tranfitiva, gleichviel ob das einfache Berbum in-
tranfitio oder felbft ſchon tranfitio gewefen, uud bei allen muß
das Inflrument, wodurd bie Handlung verrichtet wird, autge⸗
drückt fein. oder verſtanden werden dürfen, Nhd. Beifpiele find
ſehr zahlreich: Be-graben (goth., ahd. bi-graban, mhb. be-
graben), be-bauen, be-bauern, be-erben, be-fahren, be-Hauen,
be-fritteln, be-Ieben, be-malen, be-neßen, be-rühren, be-Ichließen,
be-treiben, be-wegen, be-zwingen u. v. a.
2) Die neuere Sprache zeigt nicht wenige folder Tranſitiva,
denen gar fein einfaches Berbum unterliegt, fondern bie un⸗
mittelbar aus Nominibus abgeleitet find: Be-raufden,
be-mannen, be-faiten, be-fledfen, be-grenzen, be-iselen u. a.
8*
\
— 116 —
—
Selbſt das plurale -er aus Neutris wird beibehalten: be—
bändern, be-geiflern, be-vöffern. Bei manchen ift es zwei-
felhaft, ob fie aus Subflantiven oder Verben entfpringen: be-
Schiffen, be-enven, be-Tagern, be-zäunen u.a. Bon Adjectiven
ſtammen: be-feuchten, be-trüben, be-reichern, be-luſtigen n. a.
Unorganifh ($, 127) find: be-herzigen, be-friedigen, be-
fhönigen, be-fchätigen u.a. flatt be-frieden, be-fchönen u. ſ. w.,
da es nie ein Adi. herzig, friedig, ſchönig 2c. gegeben.
3) Den Gegenfas zur vorfchreitenden Vermehrung der Tranfitive
- anter 4. und 2. macht das allmäliche Ausfterben früherer In—
tranfitive, die mit der Partifel bi-, ohne merkliche Ver⸗
änderung des Sinnes, bloß intenfivifch, zufammengefeht
wurden. Diefe haben natürlich keinen Aceuſativ bei ſich, fon-
dern meift Präpofitionen. NH. gibt es fehr wenige, etwa:
B-Ieiber (ahd. pi-Iipan, mhd. be-liben), be-gegnen, be-
— be-fommen (wol oder übel), be-ginnen, be-ruben, be—
en.
A) Biele Compofita haben den Begriff des Beithuns, Bergens
und Bewahrens; deshalb wird zuweilen nhd. die trennbare Par-
tifet bei- ſtatt be- geſetzt: Be-graben (ahd. pi-crapan,
bi-graban), be-flatten, be-fchließen,, verftärft bei-fchließen, wie
bei-Tegen, bei-thun. |
5) Hieran grenzt die privative Bedeutung der Partikel, was
beigethan wird, wird auch weggethan, folglich entzogen: Be-
nehmen (ahd. pi-niman, mhd. be-nämen).
6) Smperfonalia mit be- find nhd. felten: Mich er-b-armt,
be-bünft, neben bünft, aber mid ver-drießt (ahd. pe-
driuzet), ver-Jlangt (ahd. pe-langet), ge-reuet (mhd. be-
riuwet).
7) Einzelne nhd. be- gelten bIoß fürs Partic. Präter., wentgfiens
in ihrer eignen Bedeutung: be-mittelt, be-fchaffen, be-Iefen
en vom Inf. be-Iefen), be-redt (verfchieden von be-
redet).
$. 311.
Ent- dat fchwanfende Formen ($. 271). Nhd. hat fih ent-
allenthalben hergeftellt, nur bauern einige emp-f für ent-f. fort.
Urbedeutung ift gegen (contra) und zurück (re) nach verfchiehnen
Gefichtspuncten.
1) Mit dem Begriff des Widerſtehenden, Widrigen, Bö—⸗
fen iſt uhd. nur noch ent-gelten (ahd. in-keltan, mhd. en-
gelten).
2) Ungleich haͤufiger drüdt ent- ein gelindes gegen aus:
Ent-zünden (ahd. in-zundan, mhd. en-zünden), ent-bieten,
ent-blöbden, ent-blößen, ent-blühen, ent-brennen, ent-falten, em-
pfangen, empfinden, enı-pfeblen, ent-fermen, ent-beben u. m. a.
—— 117 —
— Es ift Far, daß diefe Compoſita ſämtlich inchoativa find;
ir ent- (and, gegenwärtig) brüdt das Werden, Hervor⸗
- fommen eines neuen Zuftandes oder bei tranfitivem Begriff das
Verſetzen, Hineinbringen in einen foldhen aus. Go bie in-
tranfitiven: ent-brennen, ent-blühen, ent-[hlummere, wie
bie tranfitiven: ent-zünden, ent-flammen').
3) Die privative Bedeutung bes ent- iſt der vorigen ver-
N
wandt, fie legt nur auf das Austreten aus dem alten Zu⸗
ftand den Nachruf, nicht auf das Beginnen des neuen:
Ent-binden (goth. and-bindan, ahd. ant-bindan, mhd, en-
binden), ent-arten, ent-decken, ent-ehren, ent-fallen, ent-gehben,
ent-haupten, ent-Fleiden, ent-Iaften, ent-maften, ent-reißen,
ent-jeelen, ent-weichen, ent-ziehen u. a.
Mit dem privativen ent- find, wie bie unter 3. gegebnen
Beifpiele zum Theil zeigen, mande Tranfitiva aus No—
minibus gebildet worden, und können ihrer täglich neue wer-
den, während die ent- unten 1. und 2. fich der Fortbildung
verfagen. Die heutige Sprache verführt dabei, wie mit dem
be-: ent-blättern, ent-geiftern, ent-Tedigen, ent-muthigen,
ent-Ichädigen.
Anm. t. Als theilweife hierher gehörig, aber nicht ganz zu entſchuldigen
ift es, wenn Rüdert (Leben und Tod) fagt: Da fah am Grund er
einen Drachen aufgähnen mit entfperrtem Rachen. Einige Berfe
fpäter heißt es richliger: Es ift der Drach' im Brunnengrund des Todes
aufgefperrter Schlund.
—
$. 312,
Er- Tautet goth. us- und nur vor anlautendem r affimiliert fie
fih in ur; ahd. ſchwanken ur-, ar-, ir-, er- (er) ohne Unterfchied
der Bedeutung; mhd. und nhd. einfaches er-. Die Bedeutungen
find manigfaltig. "
1)
2)
Zum Grund Tiegt die, welche das Belangen von innen nad
außen, das her, ausdrückt, die Richtung des hin aber an-
dern Partifeln oder dem Verbum felbft zu bezeichnen überläßt.
Beifpiele find Hier felten: goth. us-gaggan lautet nhd. aus-
gehen, nicht er-gehen.
Bereits in ber älteflen Zeit fcheint in der componierten Par-
tifel mehr zu Tiegen als in der bloßen Präpofition us, ar,
nemlich die Bewegung von unten in die Höhe, das heranf.
Daher auch gleichbeveutige neuere Compofita nicht mit aus-,
fondern mit auf- gebildet werden, Der Begriff kann ſowol
intranfitio fein als tranfitiv. Er-füllen (goth. us-fulljan,
ahd. ar-fullan), er-bauen, er-blühen, er-hängen, er-heben, er-
fingen, er-Ichallen, er-wachfen, er-[chwellen (Goethe, Fauſt 1.)
u. a., obwol ihrer weniger find als im Ahd. Bei einigen ſteht
auf: auf-fpringen (ahd. ar-springan), auf-geben, auf-
fteigen u. a. zu
— 18 ——
3) Ans dem Begriff her und herauf erläutert fich ber des Be⸗
ginnens und Werdens, welder einer Menge von Compofita
mit er- eigen if. Er-bleichen (afb. ir-pleihhen), er-blin-
den, er-granen, er-gränen, er-Falten, er-Iahmen, er-müben,
er-röthen, er-[hlaffen, er-warmen u. a. Einige haben ver-:
Ber-alten (abd. ar-altön), ver-armen n. a, mit dem Neben-
fiun des Berberbniffes, der in ver⸗ liegt. "
4) Wie dem Begriff her die Idee des zurück und wieder
nahe Liegt, fo entfpricht auch er- verſchiedentlich dem Tat. re-
. (gurädl, wieder), felbft da, wo es eine kaum merkliche Be-
deutung hat. Sich er-geben (gotb. us-giban, ahd. ar-ge-
an), er-bolen, er-innern, er-laffen, er-Iöfen, er-quiden, er-
Feen. Berwandt damit ift der Begriff des Erlangens,
Zurückbringens, 3. B. er-Ioben, er-reiten, er-hoffen, er-pflegen.
5) In fehr vielen Wörtern fcheint die Partifel bloß den fran-
fitiven Begriff hervorzuheben, gleichfam ven Beginn der
über einen Öegenftand ergebenden Handlung zu bezeichnen, Meiſten⸗
theils Tann das Verbum fihon ohne er- tranfitiv gebraucht wer-
ten. Er-fehen (goth. us-säihvan), er-fiefen (ahd. ar-
chiosan), er-achten, er-bieten, er-venfen, er-eilen, er-fahren,
er-greifen, er-heitern, er-fälten, er-langen, er-morben, er-
nennen, er-obern, er-retten, er-fohauen, er-träumen, er-wär-
men, er-zielen u. a. :
6) Intranfitiva, deren Partikel unmerfliche Bedeutung hat und
den Beginn der Handlung leife anzeigt. Er-Töjhen (ahd. ir-
löscan), er-beben, er-glühen, er-Flingen, er-feufzen, er-zittern
n. a. Manche nehmen ver- an: Ver-drießen (ahd. ir-
driazan), ver-fterben (ahb. ir-stärpan).
7) Privative Bedeutungen des er- euntwickeln ſich auf mehr
als einem Wege:
a) Nach einer Identität der Begriffe Anfang und Ende brüdt
die Partifel zuweilen nicht den Beginn, fondern den Schluß
und Ausgang der Handlung aus, hauptſächlich bei den
Wörtern gehen und ſchreiten, 3.3. ahd. ar-gangen, d. i.
beenden. Nhd. fagt man: ver-gehen, ver-bluten, bod
Könnte er-tragen (für aushalten), er-[höpfen (f. aus-
ſchöpfen) dahin gerechnet werden.
b) Die Bartikel drüdt Berderben oder Mißgriff aus, 5.2.
ahd. er-Auohhan, d. i. er-fluchen, ver-fluchen. Mhd. und
nhd. ver-: ver-bitten, ver-werfen.
c) Die Partifel bedeutet ab, fort, weg, 3. 3. goth. us-
niman, d. i. er-nehmen, weg-nehmen, ahd. ar-zivhan, d. i. -
er-zieben, weg-ziehen, ur-wurzön, d. i. er-wurzeln, ent-
wurzeln. Nyhd. fleht dafür ver-, aus-, ent-: ver-geffen,
aus-fernen, ent-erben.
—— 19 —
Anm. 1. Berwandte Partiteln find be-: be-feben, exr-fehen; be-Rür-
nen, er-flürmen: ent -: er-blühen, ent-blüben; oft ſtehen fie einander
entgegen: ent-mannen, er-mannen; er-fliegen, ent-fliegen. Zwifchen
er- und ver- iſt bisweilen der Gebrauch gleichgiltig: er-Töfchen, ver-
löſchen; gewöhnlich findet fih ein Abſtand: er-taufen, ver-faufen; er-
geben, vergeben.
Anm. 2. Bei Gorres (Myſtik1, 314) ſteht er für ge, wenn er fagt:
Wir haben das Werk gefaßt, und nachdem wir ihm irdiſchen Leib ge-
. geben, es an ben Zag erboren. Die Form ift fonft nicht gebräuch⸗
lich, ſcheint aber zu Nro. 2. zu gehören.
$. 313.
Ge- iſt in der Form früher, beſonders im Abb. ſchwankend
($. 282), die Bedeutungen find mehrfach,
1) ®e- entfpricht dem Tat. com-, con-, co- und beftimmt gleich
biefem den Sinn des einfachen Wortes. Nhd. ftehen ſich nur
einige ‘gegenüber, indem hald das einfache, bald das zufammen-
gefegte auegeftorben if. Bieten, ge-bieten (ahd. piolan,
ka-piotan); brechen, ge-brechen; fallen, ge-falfen; frieren, pe-
[rieren; rinnen, ge-rinnen; rathen, ge-rathen. Einigemal liegt
Be der Begriff des Gedeihens? ge-Tingen, ge-rathen, ge-
allen. '
2) Bor ſchwachen Verbis hat die Partikel weit feltner die her-
oorgehobne Bedeutung von con-, ohne Zweifel, weil abgeleitete
Berba an fich befchränftes, enges Sinnes find. Nhd. kaum
einige: Ge-bahbren (mhd. gebären) zuweilen noch für; fi
gebärben 5; ge-baben (ſich wol, übel), ge-langen, ge-ziemen;
ge-währen (ahd. gi-würan), ge-bühren, ge-hören, g-Tauben.
— Häufig fleht er- und ver-: er-Iernen, ver-fchulden (ahd.
ki-lirnen, gi-sculdön).
3) Einigemal fcheint der Sınn des Paffivums durch ge-
zwar nicht hervorgerufen, doch gehoben zu werden: Öe-ras-
then, ge-brechen (ahd. rätan, ka-rätan), aber heißen (vocari),
heilen (sanari), wo ahd. heizan (vocare) und ka-heizan
(vocari) ſteht. -
4) Privative Bedeutung entwidelt ſich theils aus dem Be-
griff cum (mit): ge-rinnen, d. 1. zufammenfließen, folglich
aufhören au fließen, theils aus dem Begriff des Verbums, den
die Partikel hervorbebt: ge-brechen.
Anm. 1. Berwandt it ge- dem er-: er-freiten, gi-stritan.
Anm. 2. Es gibt viele Berba, welche das ge- nie annehmen und an«
dere, die es nie entbehren Fönnen: falten, finden, graben, greifen;
g-lauben, ge-nefen, g-Önnen, ge-fchehen.
Anm, 3. Urſprünglich gebührt vem einfachen Berbum au im Partic,
Präter. einfache —* und die Partikel ge- kann nur dann in letzterm
erfcheinen, wenn das ganze Verbum mit ihr componiert if. Allmäljich
gewöhnte fi die Sprache, um ven Begriff des Vergangnen deutlicher
vorwalten zu Taffen, auch einfache Berba mit diefem ge- zu verfehen,
— 119 —
fo daß von der Form des Partie. Präter. nicht met auf die übrigen
Modos und Tempora gefchloffen werden darf: gefallen fann von
fallen und gefallen kommen.
6, 314,
Ber- fcheint als Grundbedeutung die von fort, weg zu haben.
1) Ber- drüdt das dem einfachen Verbum Entgegenſtehende,
Derluft, Verderben aus, ſowol bei intranfitiven als tran-
fitiven: Kommen, ver-fommen (goth. qviman, fra-yviman),
leiten, ver-Ieiten (ahb. leitan, far-leitan), ver-achten, ver-
bieten, ver-bilden, ver-bitten, ver-benfen, ver-bruden, ver-
führen, ver-geben, ver-gehen (fich), ver-Faufen, ver-rüden,
ver-thun, ver-wünfchen, ver-zieben u. a.
2) Bisweilen gibt die Partikel den Sinn von zuviel ober zu—
lange: Ber-alten (ahd. fir-altn), ver-bauern (fi), ver-
beißen (fich zu feft b.), ver-heben (fih), ver-Taufen (fich), ver-
folgen, ver-jauern u. a.
3) Häufig wird Ende, Ausgang, Vollbringung, volle
Verwendung dadurch bezeichnet; der Begriff liegt ſchon im
, einfachen Verbum, die Bartifel hebt ihn bloß hervor: Ber-
‚zehren (ahd. far-zeran, mhd. ver-zern), ver-baden (das Mehl),
ver-bleiben, ver-blühen, ver-bluten, ver-brauden (ganz br.),
ver-brechen, ver-bringen (durchbr.), ver-füttern, ver-glühen,
ver-rauchen, ver-[chießen (alfes Pulver), ver-fohütten u. a.
4) Damit hängt die Bedeutung von ab, weg, fort, dahin
zufammen: Ver-Iaufen (ahd. far-loufan), ver-drängen, ver-
fliegen, ver-fließen, ver-geben (wegg.), ver-raufchen, ver-reifen,
ver-[chwindenn. a. Bei Goethe (Jſ. S. 228) fleht au): Ver⸗
plaudern ift ſchaͤdlich, verſchweigen iſt gut.
5) Oft fheint die Partifel bedeutungslos, das_zufammenge-
feste Verbum hat den Sinn bes einfachen: Ver-leugnen
(abd. far-Inugnan), ver-ändern, ver-bergen, ver-fluchen, ver-
hehlen, ver-mehren, ver-taufchen, ver-wechfeln u. a. Unent⸗
behrlich iſt die Bartifel in: ver-beeren, ver-Öben, ver-mwüften
u, a., weniger in: ver-ändern, ver-hehlen, ver-fünden u. a,
6) Vorzügliche Aufmerkſamkeit verdient tie Bedeutung von Zu⸗
tbun, Bedecken, in den Weg flellen, die zwar in dem
Berbum ruht, aber durch die Partikel fchärfer beftimmt wird:
Ber-fiegeln (goth. faur-sigljan), ver-bauen, ver-binden, ver-
halten (zurückh.), ver-harfihen, ver-Fleben, ver-mauern, ver-
ſchließen u. a.
7) Zumweilen erleidet der Begriff durch die Partıfel eine gelinde
Intenſion; befonders gehören hierher mehrere Partie. Präter.:
Ver—- haßt, ver-Tiebt, ver-picht (erp.), ver-[hämt, ver-Jchmißt,
ver-feffen (auf etwas).
8) Durch die Partikel find auch mehrere Verba aus Nominibus
gezeugt und zwar:
— — — —— — — —
— 121 —
a) aus Subſt., um eine wirkliche Verwandlung in den Stoff
des Subſtantivs oder bloße Ueberziehung ‚ver Oberfläche damit
(fcheinbare Verwandlung) auszubrücden: Ber-glafen, ver-
falfen, ver-fleinern, ver-wäflern, ver-golden (bei Goethe 1.
©. 100 vergulden) ; ver-göttern, ver-Feßern.
b) aus Adi. Ber-beffern, ver-beutfchen, ver-bunnen, ver-
größern u. a.
Anm. 1. Oft flieht ver- vor demfelben Berbum mit ganz abweichen
dem Sinn: ver-treten (die Stelle eines andern verfehen), etwas
zertreten, fih den Fuß vertreten, ver-fehen (forgen), fih ver-fehen
(einer Sache, nicht verht fehen) ; ver-fchießen, ver-wefen.
Anm. 2. Biele ver- find an die Stelle von er- getreten: ver-alten
(abd. ar-alten), ver-borren —8 ar-dorren). Häufig ſtehen fie einander
entgegen; er-zichen, ver-ziehen; er-blühen, verblühen.
Anm. 3. Manche Schriftfieller, beſonders Görres, laffen das ver
ganz weg, wo es andere gebrauden; fo fagt verfelbe 3. B. meift
wunden, wüften flatt verwunden, verwüften. — Klopflod
(Meſſ. 1) fagt meift verneuen und verneuern flatt erneuern.
$. 315.
3er- fhwanft ahd. in za-, zö-, zi-. Nhd. hat fih durch⸗
gängig das vollſtändige zer- hergeſtellt. Diefe Partifel hat unter
allen untrennbaren den geringften Umfang. Ste bezeichnet Son:
derung, Trennung, Boneinanderreißen bes Vereinigten, iſt
alfo von Natur privativ.
1) Häufig bat ſchon das Verbum den Begriff der Schetbung, ben
die Partifel dann noch mehr hervorhebt: Zer-theilen (goth.
-dis-däiljan, ahd. za-teilan, mhd. zer-teilen), zer-berften, zer-
brechen, zer-malmen, zer-reiben, zer-reißen u. a.
2) Die Bartifel gibt den Trennungsbegriff: Zer-rinnen (ah.
zi-rinnan), zer-falfen, zer-fließen, zer-glievern, zer-Fraßen, zsr-
freuen u. a.
Anm. Mit der Urbeveutung der Partikel vertvandt, doch nicht fehr ge: -
bräuhlih find gergrämen und zerpreffen, deren Bürger (aud
ein. Lied an den lieben Mond) fich bedient: Ich würde bis zum Kranken
mich gergrämen; was für ein Web mein franfes Herz zerpreßt.
— Klopſtock (Meif. 2, 656) hat zermartern,
b) Trennbare Partikeln mit Verbis.
$. 316.
Trennbare Partikeln find folche, die auch getrennt erſcheinen, feien
fie zugleich Präppfitionen oder nicht. Ihre Form iſt in der Regel
unentftellt; ihre Bedeutung ift einfacher und ficherer geblieben.
$. 317.
Im Nhyd. gibt es nur ſechs trennbare Partikeln, die der wahren
Eompofition theifhaft und alsdann untrennbar werden: über, unter,
— 1232| '
hinter, wider, um, durchz; alle zugleich Präpofitionen, alle zu-
gleih loſe Adverbia, mit Ausnahme von hinter, das nur als
Präpofition und componiertes Adverbium vorkommt.
$. 318,
Die Kennzeichen der eingetretenen Compofition find:
1) Die Partifel büßt den Ton ein.
2 Sie haftet am Verbum durch alle feine Aeußerungen: ich über-
treffe, über-triff, zu über-treffen, über-troffen. :
3) Die (gewöhnlich tranfitive) Bedeutung hat eine gewiffe Schwä-
hung und Abftraction erhalten: Er über-geht, unter-hält, iſt
etwas anderes als: er geht über, Hält unter.
$. 319.
Beifpiele nhd. Zufammenfegungen mit jenen fechs Partifeln:
Durd (mbd. durch, ahd. durah, goth. thairh): Durh-gehen
(goth. thairh-gaggan, ahd. dhuruh-kankan, mhd. durch-gen),
durch-beißen, -blättern, -bohren, -brecdhen, -benfen, -tringen,
-fahren, fliegen, fließen, -irren, -Friechen, -Taufen, -nifchen,
-näffen, -reifen, -waten, ziehen u. a.))
Hinter (mhd. hinder, ahd. hintar, goth. hindar): Hinter-gehen
(mhb. hinder-gen), Hinter-bleiben, bringen, halten, -Iaffen,
-fegen, -treiben.
Weber (mhd. über, ahd. upar, goth. ufar): Meber-geben (goth.
ufar-gaggan, ahd. upar-kankan, mhd. über-gen), über-adern,
-antworten, -bauen, -bieten, -derfen, -eilen, -fallen, -geben,
-häufen, Heiden, -Taufen, -machen, -nachten, -rafıhen, -Ichatten,
treffen, -wintern, -ziehen u. a. ?).
Um (mhd. umbe, ahd. umpi): Um-gürten (ahb. umbi-gurlan,
mbd. umbe-gürten), um-armen, -duften, -fangen, -fahren, -gehen,
-bängen, -FHammern, -Iagern, -mauern, -nebeln, -raufıhen,
-Ichreiben, -winden, -zingeln u. a.
Unter (mhd. under, abd. untar, goth. undar): Unter-nebmen
(ahd. untar-nöman, mhd. under-nömen), unter-binden, -bleiben,
-drüden, -fangen, -geben, handeln, -jochen, -Iaffen, -reden,
-flüen, werfen, -zeichnen u. a.
Wider (mhd. wider, ahd. widar, goth. vithra): Wider-ſtehen
_ (mh. wider-stän), wiber-fahren, -Iegen, -ratben, rufen, -jegen,
.jprecben u. a.
Anm. 1. Bei Goethe (1. S. 246) fleht: Bon der Liebe Jugendkraft
durhmannt.
Anm. 2, Goethe liebt Zuf. mit über Wie er im Kauft Ueber-
menſch, überluftig, übermäctig, Bd. 1, S. 142 überbunt,
1o fast er Bd. 1, ©. 66 auch: Nun überfrheinft vu des Mondes
anz.
— 13 —
§. 320,
Behalten die eben beſprochenen Partikeln den Ton, ſo iſt ihre
Compoſition noch nicht feſt, und ihre Bedeutung iſt oft nachdrück⸗
licher, oft verändert. Durch kann beinahe allen vorhin genannten
auch betont vorgeſetzt werden, ich habe das Buch durchgeleſen
ſagt mehr als: ich habe es durchleſen. Die betonten über ſind
ſeltner als die unbetonten, weichen auch mehr ab in der Bedeutung,
man kann ſie zumeiſt in ein hinüber, herüber, darüber er—
weitern: über-gehen (die Stadt geht über). Die betonten um
find gleichfalls feltner als die unbetonten und weichen im Sinn be:
. deutend ab: um-fahren (ein Kind mit dem Rädern). Betontes
unter vor wenigen Wörtern, hinunter, darunter ausprüdend:
unter-adfern. Wider im Sinne von contra: wider-fahren
(wider den Baum).
$. 321,
Alle übrigen nhd. Partifeln, fo wie für gewilfe Fälle die an-
geführten durch, über, unter, um, wider (nicht hinter) leiden
feine ſolche Compoſition.
1) Sie bleiben jederzeit betont.
2) Sie fügen fih nicht immer and Berbum: laß ab, ich.Taffe ab,
ab-zu-Iaffen, ab-ge-Taffen (vgl. $. 318, 2). '
3) Ste nähern fih dagegen dem Verbum in einzelnen Fällen:
ab-Iaffen, daß er ab-Iaffe, ob er ab-Täft, ab-Taffend.
$. 322,
Hiernach find (außer den fünf betonten durch, über, um, un-
ter, wider) namentlich folgende nhd. Partikeln zu beurtheilen :
Ab, an, auf, aus, bei, dar, ein, fort, heim, her, hin,
mit,.nach, nieder, ob, vor, wohl, zu, fo wie bie zufamnten-
gefebten: Entgegen, entzwei, zurück, zufammen, hinweg,
weg. — Offenbar iſt in allen diefen Fällen Feine echte Compoſition
vorhanden, fondern eine bloß fyntaftifche Beſtimmung der Wortfolge.
- Anm Manche Schriftfieller gebrauchen RL LTE die
’
von andern nicht gewagt werben. |
Richard A, 4): Sie angeloben ihnen Heil und Sieg.
v. Decompoſita.
$. 323.
Mehrfache Zufammenſetzung ift vorhanden, wenn über zwei Wörter
mit einander verbunden find. Der gewöhnliche Fall iſt die Compo-
fition von dreien; die”von vieren iſt nicht zahlreich, die von fünfen
gehört zu den Seltenheiten,
Tieck (Shakeſpeare's König -
4
— 124 ——
A. Compoſition von drei Wörtern.
$. 324,
Die beypelte Compoſition geſchieht kaum zu gleicher Zeit, ſondern
es ſind ſchon zwei Woͤrter früher mit einander verbunden, denen ſich
hernach das dritte beigeſellt. Bloß von einigen beſchreibenden Farben-.
zufanmenftellungen, 3. B. bie rotb-bIau-weiße Epcarde, Tiefe
fih fagen, daß fie auf einmal gebildet ſeien; es iſt aber auch mehr
Appofition als Compofition,
$. 329.
In der Negel tritt ein einfaches Wort zu einem zuſammengeſetz⸗
ten, z. B. Gpld-bergwerf, Zell-gewebe, oder ein zuſammengeſetztes
zum einfachen, z. B. Erpbeer-flrauh, Gewinn-ſucht. Mit Hinſicht
auf die Zuſammenſetzungsweiſe ſelbſt ſind entweder beide Compoſitionen
eigentlich, z. B. Seber-mefler-fliel, oder beide uneigentlih, 3. B.
Bundes-tags-fi isung, oder die eine eigentlich, die andere uneigent-
lich, z. B. Kub-porfen-impfung.
’ a) Decompofita, beibemal eigentlid.
. §. 326,
Hier Liegt ber Bindungsvocal zweimal zu Grunde und müßte in
der älteren Sprache zweimal erſcheinen, allein es laſſen ſich im Goth.
keine Decompoſita nachweiſen.
a) Einfaches und zuſammengeſetztes: Gold-berg—
werk, Hofrmar⸗-ſchall, Hnf-Ffüchen-meifter, Stadt - bau-meifter,
Rhein -jchif-fahrt; hierher auch die adjectiviſchen Verftärfungen,
. wie: funfel- nagel-neu, fplitter-fafel-nadt u. a.
b) Zufammengefegtes und einfaches: Heibel-beer-ftaude,
Holz-apfel- baum, Butter-milh=»faß u. a.
Anm. Zwiſchen beiden Arten findet im Nhd. ein Unterfchied in der Be⸗
tonung flatt, die unter a. accentuieren das mittlere Wort ſtärker, bie
unter _b. geringer. Man vergl. Stadt⸗vieh⸗ hirt (Viehhirt im Dienſte
der Stadt) mit Feder-vieh-hirt; Goͤld-finger-ring mit Geld-finger⸗ring.
b) Gemiſchte Decompoſita.
$. 327,
a) Nomina, das erfte eigentlich, das zweite undigentlich componiert,
und wiederum.
a. Einfaches und snfammengefebtes, ein feltner Fall:
Grenz⸗wirts⸗haus (W. an der Grenze), Land-brunnen-meifter
(Br. für das Land).
ß. Zufammengefettes und einfadhes: Abend-fonnen-ftrahl,
Buh-finfen-neft, Nachti-gallen⸗ſchlag, Hand-werks⸗mann u. a
— 128 —
Anm. Auch hier der vorhin gezeigte Unterſchied der Beionung: wirts
in Grenzwirtshaus iſt ſtärker betont, als werks in Handwerksmann.
b) Nomina, das erſte uneigentlich componiert, das zweite eigentlich.
—a. Einfaches und zuſammengeſetztes: Cfels-finn-baden,
Reichs-hof-rath, Landes⸗herr-ſchaft, Kriegs-fchau-plag, Stimmen-
mehr-heit u.a.
ß. Zuſammengeſetztes und einfaches: Gänſe—-leber-paſtete,
Namens-vetter⸗ſchaft, Wirts-baussgarten u. a.
Anm Der Accent des zweiten Worts wie 6. 326. 327. Anm. gezeigt.
c) ne genitüge Sartifeleompofition neben eigentlicher Nominalcon-
pofition.
a. Die Partifel in der Mitte, d. h. das eigentlich componiert
werbende Nomen an’ ber Spibe: Haus-ge-nof (ahd. hüs-ki-
nö3), Schlaf-ge-fell, Zell-ge-webe, Anaft-ge-fchrer , bant-ge-
mein u. v. a. — Erb-ver-brüderung, Dfliht-ver-Tebung, Kreuz-
ab-nahme, Dienfi-ent-Taffung u. a.
ß. Die Partikel voran, und zwar wiederum entweber einfaches
und zufammtengefeßtes (d. h. fo, daß die Partifel zu einem be=
reits vorhandnen eigentlichen Compoſitum tritt), vorzüglich mit
un-: unfterb-Tich, unsglaub-haft, un-wandel-bar u. a., be-
rathaſchlagen, Besrath-fchlagung, oder zufammengefettes und
einfaches (d. h. ein mit ber Partifel bereits verbundnes No—
men bindet ſich aufs neue und eigentlich mit einem andern) :
Ge-winnsfucht, Ge-waltshaber, Be-reit-fchaft, Ber-nunft-fchluß,
unter-ſchied⸗lich u. a.
c) Decompoſita, beidenal uneigentlich.
$. 328,
a) Nomen mit Nomen: Bundes-tags-fipung, Neihe-fahnen-
träger, Reihs-tags-[hluß, Manns-hemds-ärmel u. a.
b) Nomen mit Partifel: Lebens-be-fchreibung, Sonnen-unter-
gang, Frühlings-an-fang, Reihs-ab-[chied, Landes-ver-orbnung,
Kriegs-er-Härung; Ab-Ichieds-tag, Ge-rihts-herr, Bor-raths-
fammer u. a.
c) Zwei Partikeln hintereinander:
eo. Bor Nominibus, nhd. vor unbetonten ge-, be-, ver-, ent-:
- Ab-g-unft, Aber-g-Iaube, Vor-be-riht, Zu-ver-fiht, Auf-
ent-halt u. a.
B. Bor Verbis; hier iſt zweierlei zu unterfcheiden:
1). Die vier untrennbaren be-, er-, ge-, ver- (nicht ent-,
zer-) Fönnen die Vorberftelle einnehmen, wenn Verba aus
componierten Nominibus gebildet werden: Be-mit-Leiden,
be-vor-munden, ver-ab-reden, ver-an-flalten u. a. Die mit
ne- find veraltet, früher (mbd.) ge-ant-wurten '), -
— 16 ——
2) Iſt die vordere Partikel trennbar, oder find es beide, fo
möffen zur Beurtheilung der Wortbifpdungen die $. 316 f. er-
örterten Rüdfichten genommen werden. Im Nhd. wird daher
bald der einen, bald beiten Partifeln Nachfeßung gebühren:
- Ab-ver-Tangen, vor-be-halten, auf-er-fleben, ein-ver-Ieiben,
mit-ent-behren: ich ver-Tange-ab, be-halte-vor, er-flehe-auf,
ver-Ieibe-ein, ent-befre-mit; mit-an-ftehen, mit-ein-fiehen,
vor-bei-gehen, bin-aus-jagen: ich ftehe-mit-an, flehe-mit-ein,
gehe-vor-bei, jage-hin-aus.
Anm. 1. Die mit er- find ſchon früher fehr felten; dahin gehören z. B.
ahd. ir-un-ganzen (emarcescere), mhd, er-ite-niuwen (add, it-niu-
wön) renovare. \
=
B. Eompofition von mehr als drei Wörtern.
$. 329, |
Solche Eompofita Taffen fih aus unferer alten Sprade, ohne
daß Partikeln im Spiele wären, nicht nachweiſen. Erſt im Nyd.
finden ſich zuweilen folde Decompofita: Erd-beer-kalt-ſchale,
Rirfch-Tor-beer-wafler, Ober-berg-haupt-mann, Rhein-[chif-fahrts-
eentral-commiffion, General-feld-zeug-meifter, Ober-hof-mar-[hall-
amt, gefhmadlofe Unformen, deren die Poefie und reine Profa ent-
räth. Bei Adiectiven, welche Titel enthalten, geht die Eanzleifprache
noch weiter: groß-hber-zog-Tih-mellen-burgifh ꝛc. Erträglich wird
die Wortbildung, wenn eine uneigentlihe Compofition darunter tft:
Geruh-finns-werf-zeng, Stein-Fohlen-berg-werf, fie zerfällt dann dem
Gehör und der Ausfprache in zwei Theile, wie fie in der früheren
Sprache gefchieden waren. Leichter find Compofitionen, wenn Par⸗
tifeln dabei find: Oüter-ge-mein-fchaft, Un-ver-ant-wort-Iih-Feit.
Anm. Da jedes Deeompofitum nicht in einem Act gebilvet wird, fo
fann und muß es feinem Ichten Act gemäß ale ein einfach zufammen-
gefehtes Wort betrachtet werden, deſſen zweiter Theil die Sauptfache,
veſſen erfier Theil die Beftimmung enthält ($. 149): Berg-hauptmann,
Bor-gefühl; Hauptmann-ſchaft, Heraus-tritt; Gewitter-ableiter, kaiſer⸗
lich⸗-koͤniglich; un-wiederherfiellbar, un-abſehlich; Schwefeldampfbave-
anftalt. — Andere Beiſpiele $. 7. Anm.
VI. Unflexiviſches Compoſitions-S.
Die nhd. Sprache gebraucht zur Verbindung gewiſſer weiblicher
Nomina den Buchſtaben -8 in folgenden Fällen:
1) Bei den einfachen Wörtern: Acht, Hilfe und Liebe: Achts-
erffärung, Hilfe-truppen, Liebes-gott u. a. ?)
2) Bei den zufammengejehten, auf t auslautenden: Andacht,
Nothdurft, Einfalt, -Fahrt, Geburt, Geſchichte
(für Gefhiht), Heirath, —Nacht, —Sicht, —Schrift,
-Welt, -Zeit: Andachtsübung, Nothdurfts-fall, Kinfalts-
— 1,7 ——
pinfel, Himmelfabrts-tag, Geburts-tag, Gefchichts-freund, Hei-
ratbs-gut, Weihnachte-abenn, Borfichts-maßregel, vorichrifts-
mäßig, Allerwelts-wifler, Hochzeits-tag u. a. ?)
3) Bei fämtlichen Ableitungen auf -ung und Zuſammenſetzungen
mit -beit, -Schaft: Nahrungs-forge, Gewohnheits-menſch,
Freundfchafts-dienft u. a.
4) Bei fremden fem. auf -ion und -tät: Auctions-catalog,
Majeftäts-verbrechen u. a.
Anm. 1. Im gemeinen Leben hört man noch: Mieths-ſeute, Kinbtaufs-
kuchen, Frauens-perſon u. a.
Anm. 2. Auch die fheinbaren Compofita Arbeit und Armut gehören
hierher: Arbeits-Iuft, Armuts-plage. — Gewöhnlich geht dem t noch
ein anderer Confonant voraus, namentlich ch (früher d) und f; nur
nad der Berbindung fi unterbleibt der Gompofitionsconfonant : Mip-
put hen ‚Die einfachen haben ihn au nit: Nacht-zeit, Welt-
find, Tehrift-mäßig.
$. 331.
Sm Mhd. findet fich Feine Spur folder Zufammenfegungen.
a) Compofita auf täts-, heits-, Ihafts- finden fi vor dem
18. Jahrh. nicht; man fagt: Majeftät-brief, Geſellſchaft-leiſtung.
b) Die auf. ions- und ungs- find älter und bereits im 17,
und 16. Jahrh. anzutreffen, doch weniger in ber fließenten Profa,
als im Canzlei- und Geſchäftsſtyl: Wandlungs-korb (Fiſchart
im Bienenkorb, alſo nach 1579), Einigungs-verwandten (in
einer Urkunde von 1541 bei Hortl. p. 1601).
c) Die unter 1. und 2. ($. 330) genannten Eompofita mit‘-8
fiheinen über das 18. Jahrh. hinaufzureichen.
$. 332,
1) Diefes fpätere -8 iſt unflexiviſch, denn fein ahd. und mhd. fem.
flectiert feinen Genitiv mehr auf -©.
a. Im Goth. hat zwar der Gen. die Endung -8; allein damit
fann das nhd. Compofitions-8 durchaus nicht verwandt fein,
weit fich fonft im Mhd. und Abd. gerade diefelben Compofita
zeigen müßten, welche die Flexion erhalten hätten. Solche Eom-
poſita wären aber nothwendig uneigentliche (genitiviſche), die
im Ahd. und Mhd. nur ausnahmsweiſe vorkommen.
B. Das uhd. -8 in weiblichen Eigennamen z. B. Marien-6, Eli-
fabeth-8 gleicht zwar. dem compofitionellen in Frauen-S-Ieute,
fcheint aber ſelbſt Neuerung und ift in ber älteren Sprache nicht
nachzuweiſen. In der Zufammenfekung fallt auch diefed -6
wieder weg: Luifen-fift, Marien-Eind. Ä
2) Wenn alfo feine weibliche Flexion, könnte es vielleicht mit ber
männlichen oder neutralen des Genitivs zufammenhängen?
a. Einige fem. ftehen adverbial, indem fie den Gen. auf -e6
nach der männlichen oder neutralen Form annehmen: Nadıt-g
— 128 —
(ahd. mbb. naht-es); ein Rom. der Nacht, em Dat. dem
Nacht ift unerhört. Daß aber in jenem Adv. das Subflantiv
die Natur des fem. auszieht, folgt aus dem beigefügten Artikel:
bes, eines Nachts. So Mittwochs, Seits. Diefe Adv.
fönnten Einfluß gehabt haben auf mehrere der $. 330, 2. ge-
nannten.
ß. Manche Hier in Betracht kommende fem. waren früher männ-
lich oder neutral, und die alte Genitivform konnte fich erhalten
haben; fo waren 3. DB. nöt, rät, heit meift männlich.
y. Endlich fünnte die im Nhd. entjchiepne Neigung, urfprünglich
» weibliher Städte Namen ind Neutrum zu ſetzen, angefchlagen
werden, wiewol feine Sompofita damit vorkommen.
3) Durch die unter 2. verfuchte Deutung werden jedoch nur einzelne
Fälle erledigt, das Ganze bleibt unanfgelöf’tz außerdem fleht ihr
entgegen:
a. Es würden dadurch Tauter uneigentliche (genitivifche) Come
pofita entftehen; gewöhnlich aber ftehen ſolche Zufammenfegungen
offenbar andern eigentlichen zur Seite: Hoffnungs-Ios,
geld-Ios 5; vorfahrifts-mäßig, recht- mäßig; Nahrungs-forge,
Geld-ſorge; Regierungs-rath, Hof-rath; Wahrheits-burft, Blut-.
durft; Freiheits-taumel, Fieber-taumel,
6. Barum kommt das -8 (nah $. 330, Anm. 2.) gern Hinter
zufammengefegten Subft. zum Borfhein und unterbleibt Hinter
einfahen? Ja ein gleiches Verhältnis blickt durch bei zufam- ”
mengefegten masc. und neutris: Werf-zeug, Handwerfs-zeug ;
Nod-Inopf, Ueberrocks-knopf.
4) Es vertritt, wie es feheint, in mehrfylbigen Wörtern ben frühern
Compofitionsoocal, obgleich man diefes Hilfsmittel nicht volfftän-
dig auf alle Fälle anwendete. Zwei Geſichtspuncte Iciteten dabei,
- einmal die Vielfylbigfeit und ſchwere Bewegung des erften Worte,
dann fein Auslaut auf Lingualtenuig, zumal wenn ihr noch ein
anderer Conſonant vorausgeht.
§. 333.
1) Das unflexiviſche -8 entſpricht in beſtimmten, Feiner Aus-
dehnung fähigen Fällen dem alten Tängft vergangnen Compoſitionsvocal.
Bei der Vermiſchung eigentlicher mit uneigentlicher Zufammenfegung '
($ 208) ift aber zu erwarten, daß es auch zumeilen uneigentliche
ompofition erfeßt, folglih dem genitiviſchen -8 ber masc. und
neutr. zur Seite ſteht. Ein Beiſpiel iſt Srauens-Teute verglichen
mit Manns-leute.
2) Diefes -8 hat allerdings etwas Barbarifches. Dei unfern
heutigen Dicptern wird man nur felten auf bie $. 330, 2—4. ge-
nannten unflerivifchen -8 fiofen. Sogar in feierlicher Profa darf
der Redner für: die Stunde der Erbauung, der Troſt der Religion
— 19 —
kaum fagen: Erbanungsſtunde, Religionsteoft; noch weniger Liebes-
geift für Geiſt der Liebe. Ri mod
3) Gleichwol follen diefe -8 in Zufammenfeßungen, worin fie -
einmal walten, nicht vertilgt werben. Sie gründen fich immer auf
ein nicht verwerfliches Gefühl, die unternommene Compofition ſchwer⸗
faͤlliger und häufig fremder, fonft kaum zufammenfehlicher Wörter
merkbar zu machen, oder berühren ſich hin und wieder mit einer
‚ unorganijchen Slerionsweife. Ohnehin iſt das reine -8, wie es bier
erfcheint, fein Mißlaut.
VII. Compoſita mit Zahlwörtern.
A. Compofition der Zahlwörter ferbf.
$. 334.
Es gibt in_ allen beutfchen Dialekten nur ich einfache Zahlen,
alle weitern werben durch Zufammenfegung dieſer theils mit fich,
theils mit andern Nominibus hervorgebracht. Die oft ganz vers
wachfene und unfenntliche Zufammenfegung ift überall eine uneigent-
liche und zwar aus wirklicher Appofition entfprungen. Aus der
anfänglichen Freiheit beider Wörter fließt das Geſetz: dag ſich Car⸗
dinalzahlen nur mit Carbinalzahlen, Ordinalzahlen nur mit Ordinal⸗
zahlen zufammenfügen. Weil fich aber bald mehrere Carbinalcompofita
verhärteten, wurde hernach bloß aus dem zweiten Wort die Ordinal-
form entwidelt, das erfte in der Sarbinalform beibehalten, z. B. der
drei-zehnte flatt britt-zehnte,
a) Cardinalzahlen verbunden.
$. 335.
1) Bon 1—10 find fie durchgängig einfach, alle folgenden aber
zufammengefeßt.
2) Es iſt unfree Sprache eigenthämlich, die Zehner ungleich zu
behandeln, nemlich 11 und 12 anders als bie übrigen, da doch im
Lateinifchen, Griechifchen sc. alle auf einer Linie fliehen. Wir fagen nie
ein-zehn, zwei-zehn, wie brei-zehn u. f. w., ſondern feßen mit -Lif
oc leiban, übrig fein) zufammen und fagen e-If, ei-If, zwö-If
goth. äin-lif, tva-lif, ahd. ein-lif, zue-lif, mhd. ein-lef, zwe-lef).
3) Die übrigen Zehner von 13—19 ſetzen nhd. die unflectierte
Einzahl voraus und zehn nad: drei-z., vier-z. u. f. w., richten
ſich alfo nicht wie in der frühern Sprache nach dem Genus des fol
geuden Subftantios.
4) Bon 20—100 feßen wir mit -zig (goth. tigus, ahd. zuc)
zufommen. Zwan-zig iſt vergröbert aus zwen-zig; im 16. Jahrh.
findet man oft die Form zwaingig. Schon mhd. geht vach Boralen
z gern in 3 über, daher drizec, dreißig.
5) hund.ift ein Neutrum, ahd. hunt, mhd., uhd. Hundert.
Kehrein Grammatik, I. 2. 9
6) Des goth. thusundi iſt ein weibliches Subfl., fpäterhin wirb
es neutral, ahd. düsunt, mhd. tüsent ein plur. Renirum, uhb,
taufen».
Anm. Der Umſlaut in zwölf gleicht dem in Hölle ( De
hellia, . helle). — Das .
re
b) Orbinelzaplen verbunden.
6. 336.
1) Goth. und ad. wird von 13—19 auch die erfle Zahl in
der Orbinalform genommen, jeboch nicht mitbecliniert, mhd. und
ahd. hört Dies auf (6. 334). u
2) Die Ordinalzahlen 20 — 90 mit fuperlatisifcher Endung aus
ben Carbinalzahlen abgeleitet, drũcken in der alten Sprache die ge-
ringere Zahl gleichfalls mit Ordinalzahl aus, 3. DB. ahd. finfto-
drizugösto (35.); ud. fagen wir: ber ‚ein-und-zwanzigfle und nicht
mehr: ber zwanzigfte und erſte, außer in poetifcher Umfchreibung.
B. Eompofition der Zahlen mit anders Wörtern.
a) Cardinalzahlen.
$. 337.
Ein- bezeichnet:
1) finnlihe Einheit an Dingen, welche die Sache fonfl zwei- oder
mehrmal haben, fo daß das Eompofitum Mangel oder Beran-
bung ausprüdt: Ein-horn, Ein-ohr, vergleichen die alte
Sprache noch nicht bildete. Früberhin entiprangen aus ein-
und dem Subſtantis zuerft zufanımengefehte Adjective: ein-
faoze, ein-füßig; uhd. viele Adi. auf -ig: ein-Angig, Ein-
bändig u. a.
2) Hänfiger find andere Adj. ver Einheit, ofme dieſen Begriff bes
Behlens „ finulide oder abflzacte und nicht immer abgeleitete;
in-fältig (goth. äin-falths, ahd. ein-falt), ein-brähtig,
-förınig, -jährig, -müthig, -rächtig u. a,
3) Zuweilen ficht auch ein- auf folde Weile vor Partie,
Präter.: ein-geboren (ahd. ein-boran, mbb. ein-bom).
4) Zuweilen gibt ein- nicht fowol den Begriff der Finheit alg
des Einfamen, Vereinzelien an: ein-fam (ons ahd. und mıhb,
fehlt).
6) EubRantive nit ein- find: Ein-Torn, eine Art Dinkel (ahd.
eina-chorno), Ein-falt, Ein-heit, Ein-Hang, Ein-muth u. g.
- Eimer ift entſtellt (ahd. ein-par, Gefäß mit einem Griff),
Zwei- und zwie-, drei, vier ꝛe. gewähren zaßlreiche Zu⸗
fammenfegungen, deren Sinn aus dem Zahlwort ſchon Mar iſt.
— 131 —
b) Ordinalzahlen.
§. 338.
Ordinalzahlen binden ſich mit den Adjertiven halb und ſelb,
jenem voran», dieſem nachſtehend.
1) Die einem Cardinalzahlbegriff hinzutretende Hälfte, z. B. ein
und ein halb, zwei und ein halb u. f. f. pflegt durch die fol-
gende Ordinalzahl und das nachgefehte Halb ausgebrüdt zu
werben: Ander-balb (wofür wir unrichtig anbert-halb fagen,
— F Analogie der übrigen verführt), dritt-halb, viert-
alb u. ſ. w.
2) Zu bezeichnen, in Geſellſchaft oder Begleitung von wie vielen
fi) einer befinde, wird flatt ber Cardinalzahl für biefe Zahl
Die folgende Ordinalzahl genommen und felb- vorausge-
hit, 3.2. felb-ander, felb-britter u. f. f. bedeutet einer mit
- dem andern, mit zweien u. f. f.
VII. Compoſition ganzer Redensarten.
$. 339,
Die uneigentlihe Zufammenfebung überhaupt beruht darauf, daß
zwei nebeneinander conftruierte Wörter verwachfen. Der gewöhn⸗
Tichfte Fall war die Verbindung des vorausgeſchickten Genitivs mit
dem ihn regierenden Subſtantiv. Zuweilen aber gefchieht es, daß
Präpofitionen und Verba mit den von ihnen abhängenden Nominibus
in die Eompofition verwickelt werden.
6. 340.
Hier treten mancherlei Anomalien ein, von benen folgende am
meiften zu billigen iſt: Lebendige Eigennamen für Sachen und
Perſonen (Spitznamen) entipringen durch Ausrufungen; das Berbum
und was daneben fteht, verhärtet fich in uneigentlihe Compofition,
die aber freilich eine verbale heißen darf_($. 244). j
1) Meiftentheils ıfl es der Ymperativ und zwar wieberum:
a) Entweder mit einer bloßen Partikel: Kehr-aus, Hüpf-
auf Namen von Tänzen), Reiß-aus (Flucht). Kerner
die Mannsnamen: Rebe-vrecht, Halt-ans u.a. Hierher
gehören auch die Hundenamen: Pad-an, Faß-an.
b)- Over mit einem Subflantio (im Accuf.) daneben: Zeit-
vertreib und die Mannsnamen: Trau-gott, Fürchte—
gott, Schlichtegroll, Gieß-wein u.a. Die fpätere
Sprache ſchiebt gern den Artikel den oder das, meifl ver-
kürzt, vazwiſchen; vgl. die Eigennamen: Hebenftreit (Heb-
bereit), Haſſenpflug (Haffe-den-pfing). Späterhin tritt
auch ein dazwiſchen: Beit-ein-weil, Wart-ein-weil,
erdichtete Ortsnamen.
9%
— 133 —
c) Neben dem Imperativ ſteht eine Praͤpoſ. mit ihrem Sub⸗
flantio, meiftens Perfonennamen, zuweilen örtlide: Hüpf-
ins-holz, Spring-ins-feld, Lug-ins-Iaud m. a.
d) Oder es folgen andere Caſus und Partikeln: Bergiß-
mein-nicht, Habe-bald, Halte-fef (Namen von Ge-
waltigen bei Goethe, Fauſt 2, ©. 264), Hoffe-gut
(Derfon in Goethes Bögel).
2) Bisweilen fleht das Verbum im Eoniunctivo ober fehlt ganz
und bloße Partikeln bilden den Ausruf und den Ramen: Der
Gott-fei-bei-uns (für Teufel), Nimmer-fatt (für
Geizhals), JZa-fo-mir-Gott (Zuname eines öftere. Herzogs).
3) Auch mit dem Präfens Indie. werden Eigennamen gebildet:
Tange-nichts für Taug-nichts (von dem organiſchen taug
ſtatt des uhd. taugt). Die fanle Hausmagd heißt: Spät-
es-tagt; ein fabelhafter König: Wie-bu-wilt. — Im
weftöfllichen Divan von Goethe (5, S. 79) fommt ein Herr
Kannicht⸗Willnicht vor.
Anm. C. $. Adler gab (Leipzig 1843, 8.) Ovids ars amandi unter
dem Titel Liebetunft heraus, Die Bildung dieſes Wortes läßt ſich
nicht rechtfertigen.
Viertes Eapitel.
Sronominalbildungen
$. 341.
Die ältere Sprache, vorab die gothifche, iſt weit reicher als die
heutige an Ausprüden und Zormen für bie Berhältuiffe und Be-
ziehungen bes Pronomens.
A. Anlaut.
$. 342,
In den urverwandten Sprachen (fanferit., griech., Tatein. ꝛc.)
beginnt das Fragewort (Interrogativum) mit der Tennis bes Kehl⸗
lauts K, und das eigentliche Demonftrativ mit der des Zungenlauts
T, was fehr naturgemäß iſt. Unter allen Lauten der Dienfchen-
ſtimmen ift Feiner fo fähig, das Weſen der Frage, die gleich im
Beginn des Wortes gefühlt fein will, auszubrüden, wie das K
der vollfie Eonfonant, den die Kehle auszufprechen vermag. Das £
fann zwar mit gleicher Kraft hervorgebracht werben wie das K, allein
e8 wird weniger ausgefloßen, als ausgefprochen und hat etwas Feſteres;
es eignet fih daher zum Ausdruck der ruhigen, "flänbigen und vor
fih Hinweifenden Antwort.
—— 133 —
Anm 8 forſcht, erkundigt, ruft; T geiet bedeutet, erwiedert. “An
Ausnahmen fehlt es freilich bei dieſer Regel nicht, die übrigens durch
folgende Beiſpiele klar wird. Frage, Tanferit: kas (wer), kataras
(mer von zweien) ; altſlav., ruſſ. poln.: Kto (wer); griech. (jon. Dial.) :
xöreoos (wer von beiden), xws (wie), xoios (was für einer, wie be⸗
fhaften) ; Tatein.: quis (er), quot (mie viele), quantus (ie groß).
Antwort, fanfertt: tat (vie), tataras (einer von zweien); griech. :
totog (fo beſchaffen), zws (fo); latein.: tot (fo viele), tantus (fo groß) ıc.
6. 343.
Nach der Regel der Lautverſchiebung follte in der Frage
nun im Deutfchen ein H, in der Antwort ein goth. Th, in den
andern deutſchen Dialeften ein D flehen. Hier aber erfcheint diefe
Lautverfchiebung offenbar im Nachtheil, da fie flatt der Tenuis K
ein afpirierted H eingeführt hat, das von geringerer Wirkung ifl.
Im Goth. flieht hv, ahd. hu, was aber allmälich in das weichere
w übertrat, das nhd. noch fortdauert.
Anm. Die eigentliche Lehre von der Lautverfhiebung gehört nicht
hierher; zur allgemeinen Ueberficht, wobei —X vie einzelnen Ab⸗
weichungen nicht bemerkt werben können, ftebe hier folgende Tabelle,
woraus auch das Uebergreifen der einzelnen Clafien ſich ergibt.
Aspiratae. Tenues
Griech. ch
th
7 9
Goth. g d
Althd. k t
Mittelpv. | g t
Neuhd. g t, th
Man vgl. z. B. zöoros (fat. hortus), gards, karto, garte, Garten;
Ypodron, Poerola (lat, frater), bröthar, pruoder, bruoder, Bruver;
Yio« (lat. lores), daur, tor, tor, Thor; xavraß-ıs (lat. cannab-is),
6. fehlt, hanaf, hanef, Hanf; yo (lat. ego), ik, ih, ich, id; deizes»
(lat. dicere), teihan, zeigön, zeigen, zeigen; ıwü (fat. pecus), faihu,
vihu, vihe , Vieh; xdvvapıs u. f. w. reiveır (lat, tendere), thanjan,
denen, denen, dehnen.
B. Einfade Stämme.
§. 344.
Die einfachen perfönlichen und bemonftrativen Pronomina finden
‚ihre Erörterung bei der Wortbiegungslehre (Declination). Hier
"bleiben noch einige andere Wörter, theils Adjective, theils Sub-
flantive, zu erwähnen, die entweder felbft als Pronomina gebraucht
werden, oder fie in Zufammenfegungen bilden helfen.
$. 343.
Hierhin gehören:
1) Die Cardinalzahl ein (goth. ains), die im Goth. ſtets ihre
lebendige Bebentung behält und erft fpäter in den unbeſtimm⸗
ten Artifel ausartet,
— m —
2) Das Wort felbſt iſt goth. ner ſchwachformig: silba, silbo,
silbö, ahd. ſtark⸗ und wachformig: sölper, sölpiu, selpa
und selpo, sölpa, selpa; mhd. gelten beide Formen: selber
und selbe. Die Einfade Geftalt des Wortes dauert uhd. in:
derſelbe, biefelbe, bagfelbe. Sonft ſteht feldft and ſel⸗
ber, 3.8. Der Knecht wär’ feiber ein Ritter gern. Uhland.
Selber geb’ ih und wilf mein Schidfal felber erfahren.
Goethe. — verläßt ſie zur ſelben Stunde. Schiller N,
3) Der Gothe wendet fein Subflantio man oder manna, im po:
fitiven Saͤtzen, durchaus noch nicht abflract auf die heutige
Weife au, es bebeutet ihm jederzeit das conerete Mann,
Menſch. Im Ahd. kennen ſchon die frühften Denkmaͤler jenes
unperfönliche man, mhd. und uhd. derſelbe Gebrauch.
Anm. 1. Bon felbR find feine Beifpiele nöthig. Ueber die fuperfe«
tivifche Form diefes nhd. felbfi fiefe S. 457. Das Wort it noch
aufammengezogen aus siliba, si- d.h. von fih und liba d. 9. bleibend,
ren das in ſich Bleibente.
Anm, 2. Gewiß felten (und überhaupt anwendbar?) iſt die Som biefer
felbe. So ftebt bei Tied (Shakeſpeares K. Richard 3, 2): Daß
eure Teinde dieſen isiben Tag flerben. So bei Görres (Myſtik
Aus diefer ſelben Mitte, dieſer felbe;
diefem felben Manne,
c. Abgeleitete Pronomina.
$. 346.
An Ableitungen iſt hier die Sprache arm; folgende Fälle find
zu merken: 1FP
1) Ableitendes eig ($. 126) iſt im Goth. ohne Beiſpiel. Ahd.
begegnet einic, nhd. einig, das aber nicht allein bie Bedeu⸗
tung ir N jemand hat, fondern au Uebereinflimmung
ausdrückt, was in ber frühern Sprache nicht ber Fall iſt. Späteres
Urfprungs und ſelbſt noch ber mhd. Sprade fremd find bie
nhd. Bildungen: jenig, meinig, beinig u. a. ($. 123.
nm. 2.), die nur in ſchwacher Form mit vorſtehendem Artikel
gebraucht werden und wol im 17. Jahrh. entſtanden ſind. Gleiches
gilt von dem nicht ſehr gebräuchlichen ſelbig .
2) Zu der Ableitung ag ($. 121) könnte das goth. manags, ahd.
manaker,: mhd. manec, uhd. manch gerechnet werden).
3) Ableitendes at $. 84) findet ſich im ahd. abverbial ſtehenden
Dativ Pur. ainazdm (einzel, einſam „ singulatim), woraus auf
ein nicht nachweisbares einazer gefehloffen werden kann. Später
häufen fi die Ableitungen: einzel, einzeln ($. 35. 86),
ernste:
1. 3. 3. Philo hatte ſich indeſſen öfters in der Bibliothek auf⸗
Behalten, und führte mich nun auch in felbiger ein. Goethe (19, 344).
Anm. 2. Goethe fagt neben manch auch noch mannig (1, S. 195).
— 133 —
D. Zuſammengeſetzte Pronomina.
$. 347.
Ihrer gibt es ſehr viele; überall aber iſt hier nur von sigent-
licher Compofition die Rebe. Gewöhnlich heftet ſich eine Partikel
an das Pronomen oder ein Pronomen an das andere. Hier kommen
Suffixe (Nachfeßungen), Präfire (Vorſetzungen) nd Umſchrei⸗
bungen in Betracht.
1. Suffise.
$. 348.
Dem wichtigeren, belebteren Wort hängt fi ein , un⸗
belebteres an; bie Flexion gefchieht m der Dritte der Zufammen-
fesung und kann durch den Anhang entſtellt und beeinträchtigt
werden. Je mehr Entitellung, deſto enger die Compoſition. Alle
Suffire find Partifeln, die meiften ſcheinen urfprünglich felbft pro-
nominaler Natur. Außer einigen Beftimmungen perföulicher Pro-
nomina, werben dur das Suffix bauptfählih drei Begriffe
gewirkt, der des Relativums (welcher), der von quisque (ein jeder)
und ber von aliquis (irgend einer).
$. 349,
Das lateiniſche Suffte met drüden alle deutfchen Dialekte durch
Das nachgefegte zurüdweifende Pronomen silba, sölpo, felber,
ſelbſt aus, welches aber nicht wie das Tateinifche met dem per-
fönlihen Pronomen fett anwächſt, da es in der Konftruction ihm
zuweilen vorgefegt werden darf, z.B. Du felber follft uns fagen,
was du vorhaſt. (Schiller) Selb du haft ihm nicht getraut.
Anm. Bei dem engl. verderbien myself, thyself‘, Rimsefl eine
Dhtlige Curprien Damm, ech, a. |
6. 350.
. Die älteften ahd. Denkmäler verwenden fen das Dempnfiratie
der, diu, daz ohne weiters Zufab relativ, was auch mhd. und
. iſt Die ahd. Sprade wendet aber organifcher
eife jenes der, diu, daz nur in Bezug auf die äritte Perfon
anz es heißt nicht der ih, der dü, die wir, die ir, ſondern bloß
ih, dä, wir, ir. Im nhd. Schriftgebrauch ſcheint Nachwirkung jenes
relativen ih, dü, wir, ir, daß diefe perfönlichen Pronomina un-
mittelbar nach dem relativ gefeßten der wiederholt zu werben pflegen:
Ich, der ich immer geneigt war, mit Altern Berfonen umzugehen,
attachierte mich bald an ihn. (Goethe.) Er wird uns Alle, die
wir an fein Glück befeſtigt find, in feinen Fall hinabziehn (Schiffer);
während dies bei der dritten Perfon natürlich unterbleibt, alfo wicht:
Er, der er glaudt. Allmälich durfte audy das zweite ich anb On
— 136 —
unterbleiben und geſagt werden: Ich ‚ der glaube; du, der glaubſt,
befonders wenn noch ein anderes Wort dazwifchen gefchaltet wird.
$. 391.
Auf mhd. Art das Verbum in dritter Perfon auf ein ich und
du folgen zu Taffen, ift unthunlich, wo nicht das Pronomen es, ein
folder, ober das Subftantiv Mann vorher eingefihaltet wird:
Sch bin’s, der das thut; du bift ein Mann, der das thut!).
Uebrigens hat die nhd. Sprache für einige Cafus des. relativen der
formelle Unterfcheidungen eingeführt, namentlich deſſen (def), de-
ren, denen, flatt des bemonftrativen bes, der, den?).
Anm. 1. Manche Schriftſteller Halten ſich jedoch nicht fireng daran, '
3. B. O du, der die Himmel ſchuf und der Thräne gebot, zu dir
um Erbarmung u fleben! (Rlopfiod.) Du, der auf ven Wollen
thront in ver Nacht. (Arndt.)
Anm. 2. Z. B. Wo bift vu, Faufl, deß Stimme mir erflang? (Goethe,
Sind's nicht diefelben, deren Namen man nur zu nennen braucht
(Schiller.) Zungenprefher, denen Recht und Wahrheit feil iſt. GSchiller.)
$ 0 352.
Im Ahd. wird durch dar (mitunter dA) und dir (mitunter der)
relative Bedentung hervorgebracht, welche Wörtchen jedoch nicht mit
dem Pronomen zufammen gefchrieben, fondern demfelben getrennt
nachgefegt werden. Mhd. fcheint dä faft ausgeflorben, während dir
und der in ihrer relativen Anwendung fich noch finden, wenn auch felten.
Das nuhd. ziemlich gangbare Der da, die da, das da fchräntt
fih auf den bloßen Nominativ ein: Es gibt Leute, die da glauben,
II. Prafixe.
$. 358,
Sp wie die Suffire dem declinierbaren Pronomen hinten ange-
hängt werben, bergeflalt, daß feine Flexion in Die Mitte tritt, hängen
- fih ibm die Präfixe vornen an, ohne alfo feine Flexion zu beein-
traͤchtigen. Entweder find es wieder Pronomina oder Partifeln und
auf diefe meift pronominalen Urſprungs.
Anm. Dan kann annehmen, daß in der Pronominalbilpung die Suffixe
älter, die Präfire jünger find. Sp zeigt die Wortbildung überhaupt
früher mehr Neigung zu hinten anwachfenden Ableitungen, Tpäter mehr
zu Compofition mit vornen eingefügten Wörtern.
$. 354.
Um die Befhaffenheit auszudrüden, dienen dem Gothen bie
artikeln hve und sva. Jenes ift urfprünglich ein Caſus von hvas
(um) und dient, mit den Präpofitionen du (zu) und bi (bei) ver-
bunden, für die Fragepartifeln wozu, weshalb auszubrüden.
Diefes hv& verbindet fich zugleich mit leiks (gleich $. 233), alfo
hveleiks, hvileiks, d. 5. wie befchaffen. Diejes hv& lautet ahd.
-
%
— 137 —
huit und auch das Adjectiv I1h beſteht daneben: huzlih, huiolin;
mhd. wird daraus welh, nhd. welch. — Dieſem wie beſchaffen
ſteht ein fo beſchaffen gegenüber. Der Gothe -componiert bier
mit sva, alfo svaleiks, was ahd. sölih (solih, sulih), mhd. solh
- (zuweilen solich,. öfter s&öIh), nhd. folch wird.
Anm. Die Partikeln hve und sva geben häu articipien Präter. vor»
aus, —* Art und — has MA wirk⸗
liche Compofition entſteht: fo beſchaffen, eingerichtet, bewandt; beſonders
gebräuchlich iſt gethan. Bir geiban ft nhd. abgekommen, foge-
than, ſothan meift in der Schriftfprade veraltet. Es findet ſich
3. DB. bei Görres (Myfit 1, 331. 337): Wie ih ifn fo gethan-
anfrhaute ; fie gelangte zu einer Wiefe, einem Parapdiefesgarten gleich
gethan.
§. 355.
Die gothiſche Partikel div (je, unquam) findet ſich nur in ver⸗
neinenden Sätzen, gehe ihr nun ein ni unmittelbar voraus oder nicht.
Einigemal trifft es ſich ſchon, daß dieſes div vor Pronomina oder
Pronominalpartifeln zu flehen fommt. Im Verlauf der Zeit fcheint
die Partifel eine feflere Stellung vor dem Pronomen genommen,
ben Begriff ver Unbeftimmtheit hervorgehoben zu haben und aud
im pofitiven Sat gebraucht worden zu fein. Ahd. lautet fie &o, io,
mhd. ie, nbd. jet). Folgende einzelne Fälle find hier zu merken:
1) Abd. &oman, mhd. iemen, nhd. jemand.
2) Abd. &owäht, &owiht — mhd. hat ſich ieht noch weiter
in iht, verneinend niht, abgeſchliffen, nhd. das bloß negative
nicht erhalten und zwar auf die Bedeutung der reinen Negation
beſchraͤnkt, während der Begriff von nihil (nicht etwas) durch
den urfprünglichen Genitiv nichts ausgebrüdt wird 2). Das
pofitive doweht, iht ift uhd. ansgeftorben.
3 &ohuädar, mhd. iewäder, nhd. jebweder (jeber von
en).
4) Treten beide Partifeln &o und gi verbunden vor, fo wird ber
Begriff verflärft: dogalihher, mhd. iegelih, uhd. jeglicher.
5) Verbindung mit hvathar (weder) findet fih im ahd. &ogahut-
dar (jeder von beiden), mhd. iegewäder, verfürzt iewöäder,
was nuhd. noch mehr verfürzt warb in jeder.
Anm. 1. Die Bocallehre hat weiter auselnanderzufehen, wie das
j hier unorganiſch if flatt des ritigern i. Der Febhler if noch nit
alt, Zefen (+ 1689) in feinem Reimanzeiger ordnet noch ie (je)
richtig unter die und fie; Wieland (Oberon 3, 57) reimt te (je),
Harmonie, Knie, fie. Zachariä (Renommifl. 1.) reimt Jeder
und wieder. i
Anm. 2. Nichts if entfprungen aus nihtes niht (nihili nihil), mo
dann das zweite niht ausgelaflen wurde und ver bloße Genitiv mit der
Beveutung des ganzen fiehen ‚blieb. Andere Cafusformen des nicht
find Nichte, Richten in ven Revensarten: Etwas zu Nichte maden;
ich thue e8 mit Richten. — Die ältere Form ſteht noch bei TZauler
arhfoigung Chriſti 2, 23): „Wer zumal barmhderzig iſt, der behält
nichtes nicht.” Dafelbft (1, 156) ſteht auch das Gegentheil: „Wenn
— 13 —
gäbe Gott einem pelltenmenen willen nicht alle Dinge, daß ihm ichte®
sch bliebe. — Bei Görres (Myſtik 2, 139) Reht: Die Seele wird,
wie mehr in Gott geichtigt, fo färfer In fih genichtigt.
6. 356.
Die Form öta, Et (ali-) ſcheint erſt feit dem 9. Jahrh. zu ent»
fpringen ftatt der Altern Etes. Dazu gehören: .
1) Die ahd. Wörter ötawer, ötewör (eiwer, jemand) und be-
fonders ötewaz, wovon uns nhd. noch etwas und bie Partileln
etwa, etwann erhalten find.
2) Die Eompofitionen mit lih, als Etalth, Ztilih, ätelih, mhd.
ötelich, nhd. etlich.
Anm. Zu der Form ta gehört aud noch das nho, etwelche, was
aber zu veralten anfängt.
6. 357,
Die goth. Partikel ni, welche den reinen Begriff der Negation
enthält, begleitet manche Pronomina, ohne fich fo daran zu ſchließen,
daß fie als deren Fe betrachtet werden könnte. Das ahd. ni
(nio) wächft fchon fefter an, nhd. haben wir nie. — Aus der goth.
Partifel ni div ($. 355)- bildet ſich ahd. n&oman, nioman; ndo-
wiht, niowiht; mhd. nieman, niemen; nieht, niht; nhd. niemand,
nicht. — Dem goth. nih (latein. nec) hatte wahrfcheinlich in älterer
Zeit ein ahd. nih genau entfprochen. Diefes nih geht nun Com⸗
pofition ein mit ein, alſo nihein, fpäter nehein, zuweilen nechein.
Eine weitere Verkürzung ift mhd. chein, uhd. fein.
MI. Umſchreibungen.
$. 358.
Zuweilen werben Subſtantive zur nähern Bezeichnung einiger Pro-
nomina, meift ber unbeflimmten, gebraucht; aus der Gewohnheit ber
Verbindung fann wiederum uneigentliche Compofition entfpringen, und
zwar um fo eher, je mehr die ganze Nedensart ſich verfürzt und
entftellt. >
$. 339.
Die Iatein. pronominale Revensart ejusmodi, ejus generis (biefer
Art) drüft die mhd. Sprache neben dem (fihon ahd. beftehenven)
slahta, slahte (Schlag) !) durch das faſt gleichbebeutige hande (Be-
fchaffenheit) aus, was uhd. noch fortbefleht in allerhand, fonfl
aber durch Lei verbrängt ift, 3. B. vielerlei, wofür noch Opitz
(+ 1639) vielerband fagt ?). — Ein anderes mhd. Synonym
ift leige, nhd. lei: allerlei, mancherlei 20.3), was aus dem roma⸗
nifchen ley, loi herzurühren fcheint und Art um Weife bezeichnet.
Solcherlei, allerlei fünnen wir auch durch ſolcher Art, aller
Art, folder Weife ausbraäden, nur daß wir biefen Subflantiven
— 139 —
nicht keicht Zahlworter im Genitiv Plur. vorfeßen, ſonbern pleo-
naſtifch ſagen zweierlei Art, dreierlei Weiſe.
Anm. 1. Got hät drier slahte kint, daz kristen, juden, heiden
sint. Die hänt ouch drier hante lebn. Vridankes bescheidenheit.
Das Wort slahta iſt und noch übrig in geſchlacht und ungeſchlacht,
was freilich Feine pronom. Bildungen FR Sp ſteht auch bei Görres
(Myſtik 1, 51): Zweiſchlächteg in feiner Art. j
Anm 2 % Schlegel (Earl und Roland) fogt noch: 3a auch in dem
Wagenrade fiehf vu dreierhande Stud: Rabe, Felge, Speiche.
Anm. 3. Früher fagte man auch meinerlei, deinerlet, diefere
lei, waferlei. Leffing (in ver Borreve zum Nathan 11, ©. 535
bei Lachmann) fagt: Jenerlei Leute.
.$. 360,
Bir pflegen uhd. noch durch ein unveränberliches desgleichen,
dergleichen ſowol ejusmodi als auch das relative cujusmodi aus-
zeoräden: Desgleihen Mann fah ich nie, desgleichen ich mie
ſah; dergleichen Dinge find unerbört, dergleichen oft geſehen
werben. Analog wird gleichen nach dem Genit. Sing. der Poſ⸗
ſeſſiva geſetzt: Meinesgleihen, Deinesgleichen ꝛc. für Leute
meiner Art, deiner Art.
- Anm. In biefen Phrafen fledt etwas Ineorzectes, wie man fie nehme.
Sind die Poffeffiva richtig, fo muß gleiben die oblique Form eines
Subft. fein, wobei man an ahd. gilihho, mhd. geliche (par, aequalis)
dent. Aber dann follte es im Nom. heißen: Seine Gleiche Icht
nicht mehr; im Ace:: Seinen Gleichen findet er nit, wie mhd.
sin geliche, sinen gelichen. Schon mhd. findet fih übrigens min
geliche, sin geliche, wo geliche ein ſchwaches Subſt. iſt, von dem
der Gen. min, sin abhängt. Hält man gleichen für ein Mi. (und
meines, deines wc. für abmeichende Genitive), wozu die beigefügten
Subft. Dann, Dinge, rathen; fo regiert gleich fonft den Datio und
es müfite heißen: dem ich gelichez nie gesach. Ein dritter Erklärungs⸗
verſuch wäre, hinter vesgleichen einen ausgelaffenen Genit. Shlage
und hinter vergleichen den ausgelaffenen Genit. Art zu vermuthen,
f9 daß die volle Phrafe aelautet hätte: Desgleihen Schlags Mann,
bergleihen Art Dinge. — In der Volksſprache hört man für gleichen
das Wort gelichters, glichters, vorzüglich auf ven Stand fih
beziehend: Seinsglichters, Unſersglichters. — Goethe
(1, 155) fagt: Und ich kannte das Gelichterr.
$. 361.
Eine völlig anomale Zufammenfeßung if einander, bas auf
zulöfen iſt in: einer dem andern, einer dem andem, einer die an=
dern ꝛe., eine. das andere, eine die andern ꝛc. Es ifl der Nominativ
mit einem obliquen Caſus verbunden. Das Verbum wird in ben
Plural geſetzt, wobei die zu andern, anderm gehörige Präpofition
vor ein zu fteben kommt.
Anm. 1. Schon mh. findet ich das unveränderte einander, abe, gelten
mehrfache Eonftruetionen.
Anm. 2, Was die Schreibung des einander in Verbindung mit Präpof.,
betrifft, fo werven beive bald zufammen, bald getrennt gefihrieben,
‚ jenes, wenn eine wirkliche Zufammenzichumg, bie ald ein Wort
” .
6) Das goth. thusundi «fl ein weibliches Subſt., ſpaͤlerhin wird
es neutral, ahd. düsunt, mhd. tüsent ein plur. Neutrum, uhd,
taufen®. |
Anm. Der Umlaut in zwölf gleicht vem in Hölle (goth. halja, ahd.
hellia, mhd. helle). — Das goth. tigus if} ei männliches Subfl., bes
beutet zehn als Geſamtzahl, bie Zehn. '
b) Ordinalzahlen verbunden.
$. 336,
1) Goth. umd ahd. wirb von 13 — 19 auch bie erfle Zahl in
der Ordinalform genommen, jedoch nicht mitbechiniert, mhd. und
ab. hört Dies auf (6. 334).
2) Die Ordinalzahlen 20— 90 mit fuperlativifcher Endung ans
ben Cardinalzahlen abgeleitet, drücken in der alten Sprache die ge-
zingere "Zahl gleichfalls mit Ordinalzahl aus, z. B. ahd. finfto-
drizugösto (35.); nuhd. fagen wir: ber ein-und-zwanzigfte und nicht
mehr: ber zwanzigfte und erfle, außer in poetifcher Umfchreibung.
B. Eomppfition der Zahlen mit andern Wörtern.
a) Cardinalzahlen.
| $. 337.
Ein- bezeichnet:
1) ſinnliche Einheit an Dingen, welche die Sache fonft zwei⸗ ober
mehrmal haben, fo daß das Compofitum Mangel oder Berau⸗
bung ausbrüdt: Ein-horn, Ein-ohr, bergleichen die alte
Sprache noch nicht bildete. Früherhin entfprangen aus ein-
und dem Subſtantis zuerft zufammengefebte Adjeetive: ein-
fuoze, ein-füßig; nhd. viele Adj. auf -ig: ein-Augig, Ein-.
haͤndig u. a.
2) Häufiger find andere Adj. ver Einheit, ohne dieſen Begriff des
Fhlens ſinnliche ober abſtracte una nicht immer abgeleitete;
in-fältig (got. äin„faiths, ahd. ein-falt), ein-brähtig,
-förmig, -jährig, -müthig, „hächtig u. 9,
3) Zuweilen flieht auh ein- auf ſolche Weife vor Partie,
Präter.: ein-geboren (ahd. ein-boran, mhd. ein-bomm).
4) Zuweilen gibt ein- nicht fowol den Begriff der Einheit alg
ben Einfamen, Bereinzelten an: eiu-fam (das ahd. und mhd.
fehlt).
5) Subftantive mit ein- find: Ein-Iorn, eine Art Dinkel (ah.
eina-chorno), Ein-falt, Ein-beit, Ein-Hang, Ein⸗muth u. q,
. Eimer iſt entſtellt (ahd. ein-par, Gefäß mit einem Griff),
Zwei- und zwie-, drei, vier ꝛe. gewähren zahlreiche Zu⸗
fammenfeßungen, deren Sinn aus dem Zahlwort ſchon Mar iſt.
— 131 —
b) Ordinalzahlen.
6. 338,
Drbinalzahlen binden fi mit ben Apjertiven Halb unb felb,
jenem voran», dieſem nachſtehend.
1) Die einem Cardinalzahlbegriff hienutretende Haͤlfte, z. B. ein
und ein halb, zwei und ein halb u. f. f. pflegt durch die fol⸗
gende Ordinalzahl und das nachgefeßte halb ausgebrüdt zu
werden: Ander-halb (wofür wir unrichtig anbert-halb fagen,
von der Analogie ber übrigen verführt), dritt-halb, viert-
. halb u. ſ. w.
2) Zu bezeichnen, in Geſellſchaft oder Begleitung von wie vielen
fih einer befinde, wird ſtatt der Cardinalzahl für dieſe Zahl
die folgende Ordinalzahl genommen nnd felb- vorausge-
ſchickt, 3.2. felb-ander, felb-dritter n. f. f. bedeutet einer mit
- dem andern, mit zweien u. f. f.
vu. Compoſition ganzer Redensarten.
$. 339.
Die mmeigentliche Zufammenfebung überhaupt beruht darauf, daß
zwei nebeneinander confiruierte Wörter verwachſen. Der gewöhn-
lichfte Hall war die Verbindung des vorausgeſchickten Genitivs mit
dem ihn regierenden Subſtantiv. Zuweilen aber geſchieht es, daß
räpofitionen und Verba mit den von ihnen abhängenden Nominibus
in die Compoſition verwickelt werben.
6. 340.
Hier treten mancherlei Anomalien ein, von benen folgende am
meiften zu billigen ift: Lebendige Eigennamen für Sahen und
Perfonen (Spitnamen) entipringen dur Ausrufungen; das Berbum
und was daneben ſteht, verhärtet fich im uneigentliche Compoſition,
bie aber freilich eine verbale heißen darf_($. 244). j
1) Meiftentheils ifl es ver Imperativ und zwar wiederum:
a) Entweder mit einer bloßen Partikel: Kebr-aus, Hüpf-
auf Namen von Zänzen), Reiß-ans (Flucht). Kerner
die Manntnamen: Lebe-reht, Halt-aus u.a. Hierher
gehören auch die Hundenamen: Pad-an, Faß-an.
b)- Dver mit einem Subflantio (im Accuf.) daneben: Zeit-
vertreib und die Mannsnamen: Tran-gott, Fürdte-
gott, Schlichtegroll, Gieß-wein u.a. Die fpätere
Sprade fihiebt gern den Artilel den oder das, meiſt ver-
kürzt, dazwiſchen; vgl. die Eigennamen: Hebenftreit (Heb-
—— Haſſenpflug (Haffe-den-pfing). Spaͤterhin tritt
auch ein dazwiſchen: Beit-ein-weil, BWart-ein-weil,
erbichtete Ortsnamen. i
9*
— 133 —
c) Neben dem Imperativ ſteht eine Praͤpoſ. mit ihrem Sub⸗
ftantio, meiftens Perfonennamen, zuweilen örtliche: Hüpf-
ins-hol;, Spring-ins-feld, Tug-ins-Iand m. a.
d) Oder es folgen andere Cafus und Partileln: Vergiß—
mein-niht, HDabe-bald, Halte-feft (Namen von Ge-
waltigen bei Goethe, Fauſt 2, ©. 264), Doffe-gut
(Berfon in Gvethes Vögel).
2) Bisweilen ſteht das Berbum im Conjunctiv oder fehlt ganz
und bloße Partileln bilden den Ausruf und den Namen: Der
Gott-fei-bei-uns (für Teufel), Nimmer-fatt (für
Geizhals), Ja-ſo —mir-Gott (Zuname eines öſterr. Herzogs).
3) Auch mit dem Präfens Indie. werden Eigennamen gebildet:
Tange-nichts für Taug-nichts (von dem organifchen taug
flatt des nhd. taugt). Die faule Hausmagd beißt: Spät-
es-tagt; ein fabelhafter König: Wie-dn-wilt. — m
weftöftlichen Divan von Goethe (5, S. 79) kommt ein Herr
Kannicht-Willnicht vor.
Anm. €, %. Adler gab (Leipzig 1843, 8.) Ovids ars amandi unter
dem Titel Liebekunſt heraus, Die Bildung dieſes Wortes läßt ſich
nicht rechtfertigen.
Viertes Capitel.
Pronominalbildungen.
$. 341.
Die aͤltere Sprache, vorab die gothiſche, iſt weit reicher als die
heutige an Ausdrücken und Formen für bie Verhältniſſe und Be-
ziehungen bes Pronomens.
A. Anlaut,
$. 342,
In den urverwandten Sprachen (fanferit., griech., Yatein. ꝛc.)
beginnt das Fragewort (Interrogativum) mit der Tenuid des Kehle
lauts K, und das eigentliche Demonftrativ mit der des Zungenlauts
T, was ſehr naturgemäß if. Unter allen Lauten der Dienfchen-
ſtimmen ift feiner fo faͤhig, das Weſen der Frage, die gleich im
Beginn des Wortes gefühlt fein will, auszubrüden, wie das K
der vollfie Eonfonant, den die Kehle auszufprechen vermag. Das €
kann zwar mit gleicher Kraft hervorgebracht werden wie das K, allein
es wird weniger ausgeftoßen, als ausgefprochen und hat etwas Feſteres;
es eignet fi) daher zum Ausdruck der ruhigen, "fländigen und vor
fih Hinweifenden Antwort,
—— 133 —
Anm 8 forſcht, ertunbigt, vuftz T geist. beveutet, eriwiebert. “An
Ausnahmen fehlt es freilich bei dieſer Regel nicht, die übrigens durch
folgende Beifpiele Har wird. Frage, fanferit: kas (wer), kataras
(mer von zweien); altflav., ruſſ. poln.: kto (wer); gried. (jon. Dial.) :
xörspos (mer von beiden), xws (mie), xoios (was für einer, wie bes
(haften); Iatein.: quis (er), quot (ie viele), quantus (mie groß).
Antwort, fanferit: tat (dies), tataras (einer von zweien); gried.:
vosog (fo befrhaffen), zws (fo); Iatein. : tot (fo viele), tantus (fo groß) ıc.
6. 343.
Nach der Regel der Lautverſchiebung follte in der Frage
nun im Deutfchen ein H, in der Antwort ein goth. Th, in dem
andern deutfchen Dialeften ein D flehen. Hier aber erfcheint diefe
Lautverfchiebung offenbar im Nachtheil, da fie flatt der Tenuis K
ein Ce H eingeführt hat, das von geringerer Wirkung fl.
Sm Goth. flieht hv, ahd. hu, was aber allmälich in das weichere
w übertrat, das nhd. noch fortdauert.
Anm. Die eigentlihe Lehre von der Lautverſchiebung gehört nicht
bierher; zur allgemeinen Ueberfiht, wobei 10 die einzelnen Ab»
weichungen nicht bemerkt werben können, ftebe hier folgende Tabelle,
woraus auch das lebergreifen der einzelnen Claſſen ſich ergibt.
Aspiratae. Mediae Tenues
Griech. ch th
7 9
Goth. g d
Althd. k t
Mittelhd.g t
Neuhd. g t, th
B. Einfache Stämme.
§. 344,
Die einfachen perfönlichen und demonſtrativen Pronomina finden
‚ihre Erörterung bei der Wortbiegungslehre (Declination). Hier
bleiben noch einige andere Wörter, theils Adjective, theils Sub»
flantive, zu erwähnen, die entweder felbft als Pronomina gebraucht
werben, oder fie in Zufammenfegungen bilden helfen.
6. 349.
Hierhin gehören:
1) Die Cardinalzahl ein (goth. Ains), die im Goth. ſtets ihre
lebendige Bedeutung behält und erft ſpäter in ben unbeſtimm⸗
ten Artikel ausartet.
— 134 —
2) Das Wort ſelbſt iſt goth. nr ſchwachformig: silba, silbs,
silbö, ahd. ſtark⸗ und ſchwachformig: selpêr, selpiu, selpäz
und selpo, selpa, sélpa; mhd. gelten beide Formen: selber
und selbe. Die einfache Geftalt des Wortes dauert nhb. in:
kerfelbe, biefelbe, dasſelbe. Sonft flieht felbfi und fel-
ber, 3.2. Der Knecht wär’ felber ein Ritter gern. Uhland.
Selber geh’ ih und will mein Schidfal felber erfahren.
Goethe. (Er) verläßt fie zur felben Stunde. Schiller‘).
3) Der Gothe wendet fein Subflantio man oder manna, im po:
fitiven Säßen, durchaus noch nicht abftraet auf die heutige
Weiſe au, es bedeutet ihm jederzeit das conerete Mann,
Menſch. Im Ahd. kennen fchon die feühften Denkmäler jenes
unperfönliche man, mhd. und nhd. derfelbe Gebrauch.
Anm. 1. Bon ſelbſt find eine Beifpiele nöthig. Weber vie ſuperka⸗
tioifhe Form diefes nhd. felbft fiehe $. 457. Das Wort iR noch
aufammengege en aus siliba, si- d.h. von fich und liba d. h. bleibeup,
alfo das in ſich Bleibente.
Anm. 2. Gewiß felten (und überhaupt anwendbar?) iſt die Form piefer
felbe. So flebt bei TZied (Shakeſpeares 8. Richard 3, 2): Daß
eure Feinde een felben Tag fterben. So bei Görres (Myſtik
1, 379. 416. 430): Aus diefer felben Mitte; dieſer felbe;
diefem felben Manne,
€. Abgeleitete Sronomine,
$. 346.
An Ableitungen iſt hier die Sprade arm; folgende Fälle find
zu werfen: F
1) Ableitendes eig (F. 126) iſt im Goth. ohne Beiſpiel. Ahd.
begegnet einic, uhd. einig, das aber nicht allein bie Bedeu⸗
tung irgend jemand bat, fondern auch Uebereinſtimmung
ausdrüct, was in der frühern Sprache nicht der Fall iſt. Späteres
Urfprungs und felbft noch der mhd. Sprache fremd find bie
nhd. Bildungen: jenig, meinig, beinig u. a. ($. 123.
Anm. 2.), die nur in fchwacher Form mit verfichendem Artifel
‚gebraucht werben und wol im 17. Jahrh. entflanden find. Gleiches
gilt von dem nicht fehr gebräuchlichen felbigt).
2) Zu der Ableitung ag ($. 121) fönnte das goth. manags, ahd.
manakör, mhd. manec, nhd. manch gerechnet werben ?).
3) Ableitendes at ($. 84) findet fih im ahd. abverbial ſtehenden
Dativ Pur. ainazem (einzel, einfam, singulatim), woraus auf
ein nicht nachweisbares einazer gefchloffen werden kann. Später
häufen fi) die Ableitungen: einzel, einzeln ($. 35. 86),
einzig.
Anm. 1. 3. B. Philo hatte fi indeſſen öfters in der Bibliothet auf-
gehalten, und führte mich nun au in felbiger ein. Goethe (19, 344).
Anm. 2. Goethe fagt neben manch au nah mannig (1, S. 195).
— 13 ——
D. Zuſammeugeſetzte Pronomina.
§. 347.
Ihrer gibt es ſehr viele; überall aber iſt hier nur von sigent-
licher Eompofition die Rebe. Gewöhnlich heftet ſich eine Partikel
an das Pronomen ober ein Pronomen an das andere. Hier kommen
Suffixe (Nachfeßungen), Präfire (Borfeßungen) und Umſchrei⸗
bungen in Betracht.
I. Suffise,
6. 348.
Dem wictigeren, belebteren Wort hängt ſich ein gert , un⸗
belebteres an; die Flexion geſchieht m der Mitte ver Zufammen-
fesung und kann durch dem Anhang entſtellt und beeinträchtigt
werden. Je mehr Entiteflung, deſto enger die Compofition. Alle
Suffire find Partifeln, die meiften ſcheinen urfprünglich ſelbſt pro⸗
nominaler Natur. Außer einigen Beflimmungen perfönlidher Pro-
nomina, werben durch das Suffir bauptfächlih drei Begriffe
gewirft, der des Relativums (welcher), ber von quisque (ein jeder)
und der von aliquis (irgend einer).
$. 349.
Das Iateinifche Suffie met drücken alfe deutfchen Dialekte durch
das nachgefegte zurüdweifende Pronomen silba, sölpo, felber,
ſelbſt aus, welches aber nicht wie das Yateinifche met dem per-
ſönlichen Pronomen feft anwächſt, da es in der Eonftruction ihm
zuweilen vorgefeßt werden darf, z.B. Du felber folft ung fagen,
was du vorhaſt. (Schiller) Selb dn Haft ihm nicht getraut. -
Anm. Bei denk engl. verderbten myself, thyseff, Kimse ; eine
Iwirtlihe Sufkzion Defampten. ey a. |
6. 350,
. Die älteflen ahd. Denkmäler verwenden fon vas Demonſtrates
der, diu, daz ohne weitern Zuſatz relativ, was auch mhd. und
d. der Fall ik. Die ahd. Sprade wendet aber organifcher
Weiſe fenes der, diu, daz nur in Bezug auf die Britte Perſon
anz es heißt nicht der ih, der dü, did wir, die ir, fondern bloß
ih, dü, wir, ir. Im nhd. Schriftgebrauch Scheint Nachwirkung jenes
relativen ih, dü, wir, ir, daß diefe perfönlidhen Pronomina un⸗
mittelbar nach dem relativ gefeßten der wiederholt zu werden pflegen:
Ich, der ich immer geneigt war, mit Altern Berfonen umzugehen,
attachierte mich bald an ihn. (Gvethe) Er wird uns Alle, die
wir an ſein Olüd befeftigt find, in feinen Fall hinabziehn (Schiller);
wäßrend bies bei der dritten Perſon natürlich umterbleibt, alfo wicht:
&r, der er glaudt. Allmätich durfte audy das zweite ich and du
— 136 —
unterbleiben und geſagt werden: Ich, der glaube; du, der glaubſt,
beſonders wenn noch ein anderes Wort dazwiſchen geſchaltet wird.
§. 351.
Auf mhd. Art das Verbum in dritter Perſon auf ein ich und
du folgen zu laſſen, iſt unthunlich, wo nicht das Pronomen es, ein
folder, oder das Subflantiv Mann vorher eingefihaltet wird:
Ich bin’s, der das thut; du bifl ein Mann, der das thut?!).
Uebrigens hat die nhd. Sprache für einige Caſus des_relativen der
formelle Unterfcheidungen eingeführt, namentlich deſſen (def), de-
ren, denen, ftatt des demonflrativen des, der, den?).
Anm. 1. Manche Schriftſteller halten ſich jedoch nicht fireng daran,
. B. O du, der die Himmel ſchuf und der Thräne gebat, zu pi
3
um GErbarmung In fleben! (Klopfiod.) Du, der den
thront in pus oeſ ne) Pod.) auf
Anm. 2. Z. B. Wo biſt vu, Fauſt, deß Stimme mir erklang? (Goethe.
Sind's nicht dieſelben, deren Namen man nur zu nennen braucht
Schiller.) Zungendreſcher, de nen Recht und Wahrheit feil iſt. (Schiller.)
$. 352.
Im Ahd. wird durch dar (mitunter dA) und dir (mitunter der)
relative Bedentung hervorgebracht, welche Wörtchen jedoch nicht mit
dem Pronomen zufammen gefchrieben, fondern demfelben getrennt
nachgefegt werden. Myd. fcheint dä faft ausgeftorben, während dir
und der in ihrer relativen Anwendung fich noch finden, wenn auch felten.
Das uhd. ziemlich gangbare der da, die da, das da fchränft
fih auf den bloßen Nominativ ein: Es gibt Lente, die da glauben.
I. Prafixe.
$. 358.
Sp wie die Suffire dem declinierbaren Pronomen hinten ange-
hängt werben, bergeftalt, daß feine Flexion in die Mitte tritt, hängen
ſich ihm die Präfiee vornen an, ohne alfo feine Flexion zu beein-
trächtigen. Entweder find es wieder Pronomina ober Partifeln und
auch diefe meift pronominalen Urfprungs.
Anm. Dan kann annehmen, daß in der Pronominalbildung die Suffir
älter, die Präfire fünger find. So zeigt die Wortbildung überhaupt
früher mehr Neigung zu hinten anwachfenden Ableitungen, fpäter mehr
zu Compofition mit vornen eingefügten Wörtern.
$. 334,
Um die Befchaffenheit auszudrüden, dienen dem Gothen die
artifeln hv& und sva. Jenes ift urfpränglih ein Eafus von hvas
(ve) und dient, mit den Präpofitionen du (zu) und bi (bei) ver-
bunden, für die Sragepartifein wozu, weshalb auszubrüden,
Diefes hv& verbindet fich zugleich mit leiks (gleih $. 233), alfo
hveleiks, hvileiks, d. 5. wie befchaffen. Dieſes hv& lautet ahd.
-
Sn
— 137 —
huit und auch das Adjectiv Ith beſteht daneben: huzlih, huiolin;
mhd. wirb daraus wälh, nfd. welch. — Dieſem wie beſchaffen
ſteht ein fo beſchaffen gegenüber. Der Gothe -componiert hier
mit sva, alfo svaleiks, was ab. sölih (solth, sulih), mhd. solh
- (zuweilen solich,. öfter söIh), nd. ſolch wird,
Anm. Die Partikeln hve un wticipien Präter. vor ·
aus, welche Art und Beft me daß dadurd wirk ·
liche Eompofition entfteht: | t, bewandt; befonders
» gebräuglih if getban.
abgelommen, ſo ge⸗
than, ſotban meiſt in raltet. Es findet 7
3 B. bei Görres (Myf . eich ihn fo gethan-
anfchaute ; fie gelangte zu einer Wiefe, einem Paradiefesgarten gleich
gethan.
$. 35.
Die gothiſche Partifel div (je, unquam) findet fih nur in ver-
neinenden Sägen, gehe ihr nun ein ni unmittelbar voraus ober nicht.
Einigemal trifft es ſich ſchon, daß diefes div vor Pronomina oder
Pronominalpartifeln zu ftehen Fommt. Im Berlauf der Zeit ſcheiut
die Partifel eine There Stellung vor dem Pronomen genommen,
den Begriff der Unbeftimmtpeit hervorgehoben zu Haben und auch
im pofitiven Sag gebraucht worden zu fein. Abb. Tautet fie &o, io,
mbhd. ie, nhd. je‘). Folgende einzelne Fälle find hier zu merken:
4) Abd. &oman, mhd. iemen, uhd. jemand.
2) Abd. &oweht, dowiht — mhd. hat fi icht noch weiter
in iht, verneinend niht, abgefchliffen, uhd. das bloß negative
nicht erhalten und zwar auf bie Bedeutung der reinen Negation
befpränft, während der Begriff von nihil (nit etwas) durch
den urfprünglichen Genitiv nichts ausgebrüdt wird). Das
pofitive &owäht, iht tft uhd. ansgeflorben.
aA &ohuedar, mhd. ieweder, nhb. jedweber (jeder von
en).
4) Treten beide Partifeln &o und gi verbunden vor, fo wirb ber
„Begriff verflärkt: &ogalihher, mhb. iegelth, nfb. jeglicher.
5) Verbindung mit hvathar (weder) findet fi) im ahd. &ogahue-
dar (jeder von beiden), mhd. iegewöder, verkürzt iewöder,
was uhd. noch mehr verfürzt warb in jeder.
Anm. 1. Die Bocallepre hat weiter auseinanderzufehen, wie das
3 hier unorganifch if fait des richtigern i. Der Zehler If noch nicht
alt. Zefen (+ 1689) in feinem Reimanzeiger oronet no te (je)
richtig unter die und fie; Wieland (Oberon 3, 57) reimt ie (je),
Harmonie, Knie, fie. Zacharia (Renommift, 1.) reimt Jeder
und wieber.
Anm. 2. Nichts if entfprungen aus nihtes niht (nihili nihil), wo
dann das zweite niht ausgelailen wurde und der bloße Genitiv mit der
Bedeutung des ganzen ftehen blieb. Andere Cafusformen des nicht
find Nichte, Richten in den Revensarten: Etwas zu Nichte maden;
ich thue e8 mit Nihten. — Die ältere Form ſteht noch bei Tauler
asfelgung Cprifi 2, 23): „Wer zumal barmperzig ift, ber behält
michtes nicht.” Dafetoh (1,150) Acht auch das @egenifeil: „Wenn
— 138 —
gäbe Gott einem vollkommenen willen nicht alle Dinge, daß ihm ichte®
ht bliebe. — Bei Görres (Myſtik 2, 139) ſteht: Die Seele wird,
wie mehr in Gott geichtigt, fo ftärfer In fih genigtigt.
§. 356,
Die Form öta, Et (ali-) ſcheint erſt feit dem 9. Jahrh. zu ent⸗
fpringen flatt der Altern &tes. Dazu gehören: .
1) Die ahd. Wörter ötawer, ötewör (etwer, jemand) und be
fonders ötewaz, wovon und nhd. noch etwas und bie Partikeln
etwa, etwann erhalten find. | |
2) Die Eompofitionen mit lih, als Etalth, Ztilih, ätelih, mhb.
ötelich, nhd. etlich.
Anm. Zu der Form dla gehört au noch das nhd. etwelche, was
aber zu veralten anfängt.
§. 357,
Die goth. Partikel ni, welche den reinen Begriff der Negation
enthaͤlt, begleitet manche Pronomina, ohne ſich ſo daran zu ſchließen,
daß fie als deren Praͤfir betrachtet werden könnte. Das ahd. ni
(nio) wächft fchon fefter an, nhd. haben wir nie. — Aus der goth.
Partifel ni äiv ($. 355) bildet ſich ahd. nöoman, nioman ; n&o-
wiht, niowiht; mhd. nieman, niemen; nieht, niht; nhd. niemand,
nicht. — Dem goth. nih (Tatein. nec) hatte wahrfcheinlich in älterer
Zeit ein ahd. nih genau entſprochen. Diefes nih geht nun Com⸗
pofition ein mit ein, alfo nihein, fpäter nehein, zuweilen nechein.
Eine weitere Verkürzung tft mhd. chein, uhd. kein.
If. umſchreibungen.
$. 358.
Zuweilen werden Subſtantive zur nähern Bezeichnung einiger Pro⸗
nomina, meiſt der unbeſtimmten, gebraucht; aus der Gewohnheit der
Verbindung kann wiederum uneigentliche Compoſition entſpringen, und
Fa m fo eher, je mehr die ganze Redensart fich verfürzt und
entſtellt.
$. 359.
Die latein. pronominale Redensart ejusmodi, ejus generis (dieſer
Art) drückt die mhd. Sprache neben dem (ſchon ahd. beſtehenden)
slahta, slahte (Schlag)) durch das faſt gleichbedeutige hande (Be⸗
fchaffenheit) aus, was nhd, noch fortbeſteht in allerhand, ſonſt
aber durch Lei verdrängt iſt, 3. B. vielerlei, woflr noch Opitz
(+ 1639) vielerband fagt ?). — Ein anderes mhd. Synonym
ift leige, nhd. lei: allerlei, mandherlei 20.3), was aus dem roma⸗
nifchen ley, loi berzurühren fcheint und Art und Weiſe bezeichnet,
Solcherlei, allerlei Tönnen wir auch duch ſolcher Art, aller
Art, folder Weife ausdrücken, nur daß wir biefen Subflantiven
u —— — — — — — — — 3
.
— 19 —
wicht Leicht Zahlwörter im Genitiv Blur. vorfeßen, fonbern pleo-
naftifch fagen zweierlei Art, dreierlei Weife.
Anm. 1. Got hät drier slahte kint, daz kristen, juden, heiden
sint. Die hänt ouch drier hante lebn. Vridankes bescheidenheit.
Das Wort slahta iſt ung noch übrig in geſchlacht und ungeſchlacht,
was freilich feine pronom. Bildungen Frag So fteht auch bei Görres
—Myſtik 1, 51): Zweiſchlächtißg in feiner Art. j
Anm. 2. F. Schlegel (Carl und Roland) ſagt noch: Ja auch in dem
Wagenrade fiehft du dreierbande Stack: Nabe, Felge, Speiche.
Anm. 3. Früher fagte man auh meinerlei, deinerlei, dieſer⸗
lei, waferlei. Leffing (in ver Vorrede zum Nathan 11, ©. 535
bei Lachmann) fagt: Jenerlei Leute.
.$. 360,
Bir pflegen nhd. noch durch ein unveraͤnderliches desgleichen,
bergleidhen ſowol ejusmodi als auch das relative cwjusmodi aus-
zevrüden: Desgleiden Mann fah ich nie, desgleichen ich nie
Jah; dergleichen Dinge find unerbört, dergleichen oft geſehen
werden. Analog wird gleihen nah Dem Genit. Sing. der Poſ⸗
ſeſfiva gefegt: Meinesgleichen, Deinesgleichen ꝛc. für Leute
meiner Art, deiner Art.
- Anm. In diefen Phrafen ſtecht etwas neorzectes, wie man fie nehme.
Sind die Poffeffiva richtig, fo muß gieinen die oblique Form eines
Subft. fein, wobei man an ahd. gilihho, mhd. geliche (par, aequalis)
dent. Aber bann follte es im Nom. beißen: Seine Gleiche Icht
nicht mehr; im Acc.: Seinen Gleichen findet er nicht, wie mho.
sin geliche, sinen gelichen. Schon mhd. findet fi übrigens min
geliche, sin geliche, wo geliche ein ſchwaches Subſt. iſt, von dem
der Gen. min, sin abhängt. Hält man gleichen für ein Adj. (und
meines, deines 2c. für abweichende Genitive), wozu bie beigefügten
Subft. Dann, Dinge, rathen; fo regiert gleich fenft den Dativ und
es müfite heißen: dem ich gelichez nie gesach. Ein dritter Erklärungs⸗
verſuch wäre, hinter vesgleichen einen ausgelaffenen Genit. Schlag s
und hinter vergleichen ven ausgelaffenen Gentt. Art zu vermuthen,
fo daß die volle Phrafe gelautet hätte: Desgleihen Schlags Mann,
vergleichen Art Dinge. — In der Volksſprache hört man für gleichen
das Wort gelihters, glichters, vorzüglid auf ven Stanv fi
beziebend : Seinsglichters, Unſersglichters. — Goethe
(1, 155) fagt: Und ich kannte das Gelidhter.
$. 361.
Eine völlig anomale Zufammenfesung iſt einander, bas auf
zuldfen if in: einer dem andern, einer dem andern, einer die an-
dern ꝛc., eine. das andere, eine die andern ꝛc. Es ifl der Nominativ
mit einem obliquen Caſus verbunden. Das Verbum wird in den
Plural gefegt, wobei die zu andern, anderm gehörige Präpvfition
vor ein zu ſtehen kommt.
Anm. 1. Schon mo. findet ſich das unveränderte einander, abe, gelten
mehrfache Eonfiruetionen.
Anm. 2. Was die Schreibung des einander in Verbindung mit Präpoſ.
betrifft, fo werben beive bald zufammen, bald getrennt gefihrieben,
jenes, wenn eine wirflide Zufammenzicehung, vie ald ein Wort
— 140 0 —
zu ſprechen if, flattfindet, viefes, wo dies nit ver Ball, vie Präpoſ.
alfo mehr betont ift: Sie flreiten untereinander, dreimal nad
einander; betet für einander, fie verlaffen fih auf einander.
*
Fünftes Capitel.
Adverbia.
§. 362,
Die meiſten Adverbien ſtammen aus Adjeetiven und Subſtantiven
ab, theils indem oblique Caſus, für ſich oder mit Zuziehung von
Prapoſitionen, adverbial gebraucht werden, theils durch Ableitung
und Zufammenſetzung. Einige find pronominalen Urſprungs, ſehr
wenige aus Verbis gebildet. Außerdem kommen noch beſondere Ab⸗
leitungen in Erwaͤgung.
A. Adjeetiviſche Adverbia.
§. 363.
Gewöhnlich zeigen fie das wie, das wie beſchaffen an, zu-
weilen Ort» und Zeitverhältniffe. Was ein ihnen entiprechenves
Adjectio neben dem Subſtantiv präbiciert, fagen fie neben dem Ver⸗
bum, Participium oder Adjectiv aus. In der Regel Fönnen fie
gleich dem Adjectiv felbft gefteigert werben. oo.
a) Senitivifhe Adverbia.
$. 364,
Neuhochdeutſch mangeln die meiften ahd. und mhd. Adverbien
biefer Art, Wir fagen noch: anders (ahd. anderes, mhd. anders),.
firads, fchnurftrads und wärts (ahd. wertes, wartes) in: ab-,
auf-, bin-, ber-, nieder-, unter-, vor-, heim-, thal-, feit-, rüd-
wärts!). Neu entfprumgen find: rechts, Links, ftets (fläts), be=
reits, befonders, übrigens, unverſehens, vergebens (ahd. fargäbeno,
mbd. vergebene); dann die Participialapverbien: eilends, fchwei-
gends, zufehends, durchgehends, nachgehends ; zulegt Ordinaladverbien:
erftens, zweitens u. f. f., denen viele andere Superlativabverbien:
höchſtens, nächftens, ſchönſtens u. a. entfprechen 2).
Anm. 1. Goethe (1, 93) ſagt auch: wälderwärts. Biele Ältere find
uns ausgeftorben, 3. B. twörhes (zwerg), niuwes (neulich), langes
(lange) , tageliches (täglich), anawartes (morgen). |
Anm. 2. Das n öiſt ſchwache Form und das zugetretene s iſt zu erflären
wie 3. B. in Bogens, Namens u, a. W.
-
— U —
b) Aeeuſativiſche Adverbia.
§. 365.
Hier iſt es beſonders ber Accuf. Sing. Neutr., der zum Ad⸗
verbium dient, und zwar ohne Kennzeichen des Cafus: viel
(goth. filu, add. Alu, md. vil), wenig, genug, meift, allermeifl,
früß 1). Uebrigens haben diefe uhd. Accufativadverbien einen andern
Urfprung als die Maſſe der heutigen Adverbien, wie: recht (mhd. röhte),
hart, lang, breit, füß u. f. w., deren e weggefallen ift ($. 367) 2).
Anm. 1. Ehe (ahd. Er) und feit (goth. seithu, ahd. sid mit ver
Bereutung postea, nachher) dienen jeßt nur noch zu Eonjunctionen,
leßteres zur Präpofition.
Anm. 2. Ein accufativ. Adverbium mit Kennzeichen if 3. B. das
ahd. allaz, mh. allez (befländig, immer), das nhb. noch in dem al s⸗
fort ver Boltsfprache lebt. .
Anm. 3. Kein aceuf. Adverb. auf wärt if uns übrig, wir haben
überall ein genit. wärts (6.364); ahd. auch arcufat.: anawert (neben
anawartes), uzwert, hinwert,
0) Präpofitionale Adverbia.
$. 366.
Sp mögen folche Aoverbien genannt werden, die fich nicht mit
dem bloßen Cqſus des Adjectivs begnügen, fondern noch eine Prä-
pofition dazu nehmen. In allen Fällen ift eine wirkliche Präpofition
vorhanden und ber darauf folgende Caſus als von ihr abhängig
anzufehen.
4) Dativ und zwar in ſchwacher Form: zum erflen, lebten;
am längften, feltenften u. a‘)
2) Accufatio und zwar:
a. in flarfer Form: zu erſt, zuletzt, zuvorderſt, zumeiſt; Aberall,
über fur; ober lang, überlaut, überein; fürwahr, fürbaß 2).
ß. Schwache Form haben: insgemein, insgefammt 3); rid-
tiger, wenigftens nach der Grammatik, find: insbefondere,
inskünftige, infoferne. — Häufig wird vom Superlativ ein
Adverbium mit auf gebildet: Auf das höchfte, aufs befte,
aufs ſchönſte ꝛe., ein Gebrauch, den die ältere Sprache noch
nicht Fennt?).
Anm. 1. In der frühern Sprache fiehen zuweilen andere Präpofitionen ;
ältere Beifp. find: az ristin, iz Eristin, zem örstem, an dem aller
jungisten. .
Anm. 2. Aeltere Beiſp. find: az Erist, zi furist (zuvorderſt), ze meist,
ze lezest, ze vorderest, ubar al, ubar lanc, ubar lüt, fürbaz. —
Das ahv. in Epan, in öben, mhd. inöben, neben iſt ſchon früher
meift zur Präpoſ. geworben, wie auch noch uhd.
Anm. 3. Es follte grammatifch heißen: insgefammte, insgemeine,
oder ingeſammt, ingemein. .
m
— —
Anm. 4. Dieſe dorm gebrandt man meiſt nur für vie Weiſe perſön—
lich er Handlungen: Man ſpielt aufs ſchändlichſte mit dir. (Schiller.)
Man ſagt nicht gut: Die Roſe blüht aufs ſchönſte.
d) Abgeleitete Adverbia.
$. 367.
Im Ahd. werben aus Adjectiven Abverbia auf -o.gebilbet, 3.2.
arg-o, foll-o; mhd. hat ſich dieſes -o in -e verwandelt, das aber
in gewiffen Fällen wegfallen Ffann. Im Nyhd. nun bat fich dieſes
adverbiale -e ganz verloren und das Adverbium ift dem Adjectivum
(ohne Kennzeichen) formell gleih: bald (ahb. paldo, mhd. balde),
gern, hoch, kurz, faum, lang, gleich, laut, recht, fchier, fehnell,
jehr, gefhwind, tief, fern, eben, offen, bitter, ficher zc. find Ad⸗
verbia, wie fie, der Korm nach, Adjective fein können. Nur bei
gern, fern, lang läßt fi das e zuweilen noch hören: gerne,
ferne, lange. — Bei Adjeetiven zweiter Deelination fchwindet ver
mhd. Vortheil des Rückumlauts und fie zeichnen ſich in nichts vor
ben Adjectiven aus: eng (mhd. Adv. ange, Adj. enge), hart, feft,
trüb, füß, kühn, ſchön. Das e haftet nur da, wo es auch noch.
bie Adjectiven behalten haben, z. B. müde, träge ($. 19). .
Anm. 8. Schlegel (Carl und Roland) Hat noch die Adverbien als⸗
-balde, ſchnöde, geheime, ſachte, milde. Auch Goethe hat
deren noch mehrere, 3. B. balde, fefle, milde, dichte, be
hende u. a. $. 368.
Die Gleichſtellung des Adverbiums mit dem Adfectio erflärt,
daß nun auch wieder die mhd. ungewöhnlichen Adverbien auf -ig
im Gang find: ewig (ahd. Ewigo), gnädig, infländig, liſtig,
ruhig u. a., und fo darf jedes Adjectiv auf ig abdverbial flehen.
Ferner Teuchtet ein, warum die mhd. befondere Adverbialform -lich
- als folche aufhört und nhd. Adverbien auf Tich faſt nur von fort-
giftigen Adjectiven auf Tich gebraucht werben. Seitdem es durch⸗
geführt war, Aoverbium und Adjectivum auf einen und benfelben
Fuß zu feßen, erfihien das abverbiale lich überflüffig und fchleppend;
man fagt daher: kühn, ſchnell, tief, trüb, weife, und nicht: fühn-
lich, ſchnellich, tieflich, trüblih, weistih. Als Ausnahmen find
noch erhalten: freilich, wahrlich ($. 233), deren Adjertive aus-
geftorben find.
Anm. Die Dichter ſetzen mitunter noch das adverbiale ich, 3. B.
3, Kerner (d. reihe Furt): Daß ich mein Haupt fann kühnliſch Iegen
jedem Untertban in Schoß. — Sp finden fi auch die adverbialen:
ewiglich, weistich ($. 233).
e) Suffigierte Adverbia.
6. 369,
Durch den Anhang einiger Präpofitionen und vocaliſch anlanten-
den Partifeln an Adjective werden uhd. ainzelne Adperbia gezeugt,
— 143 —
denen bie ältere Sprache nichts Aehnliches zum Seite ſtellen kann:
vollauf, gradaus, ſtumpfab, kurzab, kurzum, rundum. Sie ſcheinen
aus bloßer Anlehnung der anfänglich getrennten Partikel hervorge⸗
gangen.
B. Subftantivifhe Adverbia.
$. 370.
Der Caſus des Subſtantios, als abſolut geſetzter Caſus, reicht
ſchon hin, um als Adverbium aufzutreten; Häufig find noch Pro⸗
nomina und Adjective damit verknüpft.
a) Genitiviſche Adverbia.
6. 371.
Hierher gehört:
1) Genitiv Sing, männlich oder neutral und zwar
in ſtarker Form. DBeifpiele find: tags (ahd. mhd. tages),
(eines Tags, heutiges Tags), morgens, abends (des M.,
des A., eines M., eines A.), ſommers, winters, des Jahre,
erades Weges, meines W., deines W., keineswegs, fporn-
eichs, augenblids, theils, falls, großentheils, allenfalls,
rings, anfangs, angefihts u. a.1). — Bollends ſcheint aus
bem acewfativifchen mh. vollen verderbt,; vormittags, nach⸗
mittags find Compofita. — Der mho. Anomalie, d. h. der
Berbindung eines Genitivs mit Präpof., die fonft feinen Ge-
nitio regieren, entſprechen: unterwegs, ehmals, vormals,
nachmals ?).
2) Adverbia aus dem Genitiv Sing. weiblicher Wir
ter find nicht ganz zu Teugnen, haben aber etwas Anomales.
Hierhin pepirt nachts (ahd. mhd. nahtes), bes Nachts ?).
3) Adverbia aus dem Genitiv Blur. find: Diefer Tage,
füngfter Tage, letzter Tage, aller Dinge. Zür Iebteres hat
die neuere Sprache, dem überwiegenden abverbiafen -8 des
Benitios Sing. nachgebend, ohne auch das Adjectiv der Plural-
form zu entbinden, die hoͤchſt anomalen Formen; allerdings,
ſchlechterdings, platterdings, neuerdings eingeführt *).
Anm, 1. Obgleih mande Adverb. Hier neu entflanden, fo find dod
auch viele mh. verſchwunden, 3. 3. alters, dankes, heiles, unheiles
stapfes, unmuotes. — Görres (Myfiif 1, 30) bat noch das fonft
nicht gebräudplihe anbeginns, wofür wir lieber anfangs fagen,
Anm. 2. Die Vollsſprache hat noch andere, 3. 3. oftmals, vidmals,
überreds, überlands u. a.
Anm. 3. Mhd. gieng man noch weiter und fagte auch eines nahtes,
des selben nahtes. Auch Görres fagt (Myfit 1, 322): Eines
Nachts Hatte er fein Geld verfpielt.
Anm, 4 Leſſing (Nathan 3, 7) fagt auch freier Dinge: 39
will nicht unterſuchen, ob vich nicht fonft ein Argwohn treibt, mir dies
Erbieten freier Dinge zu thun.
— 144 —
b) Dativiſche Adverbia.
$. 372,
Hier kommen der Dativ Sing. und der Dativ Plur. in Betracht.
Ein Dativ Sing. ift das ahd. heime (zu Haus), unterjchieven
oon heim (nah Haus); mhd. fteht heime, gewöhnlich mit vorge⸗
fettem dä; nhd. fagen wir nicht mehr heime, bloß heim (nad
Hans) und gebrauchen daneben daheim (zu Haus).
Ein Dativ Plur. dauert vieleicht noch fort in traun?). Die
Formen: maßen, malen, enden, halben, erhielten ſich in den uNn«
organiſchen Verbindungen: dermaßen, ſolchermaßen, bermalen,
allerenden, allenthalben, meinethalben ꝛc., als ſeien es Genitive.
Weilen beſteht noch in: bisweilen, unterweilen, zuweilen; in
mittlerweile zieht man den Genitiv Sing. vor.
Anm Traun iſt ahd. triwo, mhd. triuwen. Man könnite verſucht ſein,
das Wort aus der 1. Perf. des Verb. trauen zu deuten, da ver Ab»
leitung von Treue der mangelnde Umlaut zu wiverſprechen ſcheint.
Doch das ahd. Adv. triwo ſteht von ketrüen over trüen ih ab, ie
md. Pluralform triuwen hat das nhd. traum hervorgebracht und irgend
ein Zufall ven Umlaut bintertrieben.
0) Acenfativifhe Adverbia. .
$. 873,
Hier Fommen in Betracht.
1) Aceuf. Sing. männlider Wörter: Jeden Tag, ben
ganzen Tag, feinen Tag, weg (mhd. den wöc), hinweg, den
Augenbli, beim.
2) Acceuf. Sing. neutraler Wörter: einmal, diesmal,
manchmal.
3) Aceuſ. Sing weiblicher Wörter: Dieſe Naht ,
alfeweit?2), allzeit, alle Zeit, lange Zeit, Zeitlebens, wechſels⸗
weile, beifpielsweife. | Ä
Anm. 1. Diefe Nacht Iautet abo. hinaht, daraus unfer mehr ber
Bollsfprache angehöriges Aoverbium heint.
Anm. 2. Alleweil veraltet allmälih, dieweil und allvieweil
(mb. alle die wile) find veraltet.
Anm. 3. In unferm fe nimmt man ben Accuf. vom goth. äiv nicht
mehr. wahr, Der Begriff it Lebenszeit (griech. «io», Tat. aevum),
d) Präpnfitionale Adverbia.
$. 374,
Deren gibt es in allen deutfchen Diundarten eine große Menge.
Denfbar Fann aus der Verbindung vieler finnlichen oder eines jed-
weden abfiraeten Subflantivs mit Präpofitionen ein folches Adverbium
entipringen, man wird es aber erſt dann annehmen, wenn es Durch
— — — ——
— i48 —
wiederholten Gebrauch eingeführt worben if, und. am ſicherſten, wenn
fih eine abftractere Bedeutung, als der Gehalt der Worte mitbringt,
daneben einfindet. 3.2. bei zu Berg, zu Thal, zurüd brauden
wir uns nit an die Begriffe Berg, Thal, Rüde zu erimern.
$. 375. l
Folgende Fälle kommen hier befonders in Betracht:
1) Genitiv Sing. mit unter: unterwegs (mbd. Dativ
Plur. underwägen). —
2) Dativ Sing. mit in, zu, bei, aus, von, nach, hinter:
Im Augenblick, in der That, in allem Ernſt, in Eile,
empor (für entbor, mhd. in-bore $. 189), entgegen (mhb..
en-gegene) ?) u. a.; zu Berg, zurüd, zu Grund, zufammen,
zugleich, zwar (ahd. zi wäre) u. a.; bei Licht (ad. pi löchte),
beizeit, bei der Hand, bei Leibe nicht, befage u. a.; aus Liebe
(mhd. ü3 liebe), aus Freundfhaft, aus der Maßen; „von
Kind auf (ahd. fone chinde, mhd. von kinde), von Herzen;
nach der Hand, nach Inhalt ?).
3) Dativ Pur, mit zu, von, unter: Zu Zeiten, zuweilen;
von freien Stürfen; unterwegen.
4) Aceuſativ Sing. mit in, über, durch, für, ohne,
fonder: In die Wette (mhd. enwette), in Zeit, in feine
Weiſe, in die Länge; über Macht (ahd. ubar maht), über Ber-
mögen, über Nacht, über’s Jahr, übermorgen, überhaupt u. a.;
durch die Bank (mhd. durch die banc); fürwaßr (mfb. für
wäre); ohne Zweifel (ahd. Ana zutval), ohne Streit, ohne
Noth; fonder Streit (mhd. sunder strit), fonder Zweifel.
Anm. 1. Entgegen if anch accufat. mfb. engegen.
Anm. 2. Hinterräds ift uns gentt., ahd. dativ. hinder rukke.
e) Suffigierte Adverbia.
$. 376,
Analog den $. 369 behandelten find wiederum einige nhd. Ad⸗
verbia, die aus nicht ungünftiger Anlehnung präpofitionaler und
vocalanlautiger Partifeln an das Subſtantiv hervorgehen; nachgeſetzte
. Präpofitionen darf man nicht dabei annehmen, denn der Cafus hängt
nicht davon ab, ja zuweilen ſteht eine andere wirkliche Prapofition
voraus: himmelan, bergan, bergauf, bergab, bergunter, ſtromauf,
firomab, waldein, feldein, von Stund an, von Kind auf, jahrein,
jahraus u.a. — Die vollere Phrafe: den Berg hinan ꝛc. zeigt, wie
diefe Adverbien entiprungen find. In der älteren Sprache findet im
ähnlichen Fall noch Feine Anlehnung ftatt, z. B. mhd. lief allez.den
- walt in. Die Weglaffung des Artifels fcheint für dieſe nhd. Ad⸗
verbien entſcheidendes Kennzeichen.
Kehrein Grammatik, I. 2. 10
— 1460 —
C. Pronominale Adverbia.
$. 877.
Hier müflen des Zufammenhangs wegen fun einzelne Präpo⸗
fitionen und Conjunctionen miterwähnt werden. Folgende Fälle find
befonders zu bemerfen:
1) Der goth. Accuſ. than lautet ah. bald denne, bald danne,
mhd. danne, feltner denne. Nhd. hat ſich ein (unhiftorifcher)
Unterfchied zwifchen dann (tum), das befonvers in der Zu-
fammenfetung alsdann, fodann vorfommt, und dem ab»
firacteren denn (nam) entwickelt.
2) Das ahd. dd ift wol urfprünglich ein Accuf. (illam); mhd. dö,
gefchieden von dä (ibi). Nhd. ift das mhd. dö, wahrfcheinlich
durch nieberdeutfchen Einfluß, zu da geworden und mifcht fich
mit der Ortspartifel da (ib)). Für die Bedeutung der Tatein.
Zeitpartifel cum, quando concurriert mit ihm die Partifel als,
die fich auch für das comparativifche quam neben Denn geltend
gemacht Hat’).
3) Das goth. thar (da, daſelbſt), ahd. där (dhär, thär), mhd. dä
iſt nhd. da. Das ältere bar dauert nur in beftimmten Redens⸗
arten, 3. B. darbringen, darbieten, und wird als bloße Partikel
erfegt durch daher, dahin. Dannen (mhr. dan) gilt nicht
feicht ohne die Präpof. von, wird aber auch ausgebrüdt Durch
von da, daher, von daher.
4) Neben dem ahd. där (und dara) findet ſich darot, mhd. dort,
uhd. dort. Die Richtung nach dem dort (latein. illuc) wird
umfehrieben burch dorthin — dahin, unorganiſch aber ein
dorten, von bortem gefchaffen. |
5) Nyd. find alle inftrumentalen Abverbien der Art ausgeflorben
und werden durch den präpofitionalen Dativ erfeßt: nachdem,
indem, vordem, ehdem, feitdem, zudem, außerdem, näcfldem.
6) Die Örtliche Beftimmung (der Localis) lautet goth. her, ahd.
hiar, mhd. hie, uhd. hier; hieher, binnen, von binnen.
7) Das goth. hvan (erflärt fi aus hvana, quem) ift ahd. hvenne,.
wenne, huanne, wanne, mhd. faft burchgängig wenne. Nhd.
ift ein Unterfchted zwifhen wann (quando) ımb wenn (si),
analog dem zwifchen Dann und denn aufgefommen ?).
8) Das goth. hvar (wo) entſpricht dem thar (da), ahd. huuär,
mhd. wä, nhd. wo; wohin, von Wannen, von wo, woher.
Die Form war beſteht noh in warum, neben worin,
woraus, womit,
Anm. 1. Mande Schriftfieller, 3.8. Görres in feiner hrift. Myſtik,
ſetzen nach dem Comparativ nur denn. In Säben, welche fonft dop⸗
peltes als erforverten, braucht man überhaupt denn, 3. B. Als Mann
war er erfabrner, denn ald Jüngling. '
Anm. 2. Luther Tennt noch Fein wann, er fagt wenn für beine Be⸗
beutungen, wie er oben (6) auch nur hie flatt hier hat, was
. auch bei neuern Schriftfiellern findet. ’ j ſic
— 147 —
$. 378.
Aus der Verbindung von Pronominaffornen mit Präpofitionen
entfpringen folgende Partikeln:
1) Mit dem Genitiv: ehdeffen (ahd. &des), indeffen, unter-
deſſen, währenddeſſen. Sie gleichen den fubftantivifchen ($. 374);
durch gewöhnliche Rection fcheint der Genitiv nicht von den
Gräppfitionen abzuhängen.
2) Mit dem Accufativ flieht überdies (ahd. upar daz, mhd.
über da3).
D. Befondere Ableitungen.
$. 379.
Alle Hier zu Befprechenden Adverbia, die fih auf Subftantiv,
Adjectiv und Pronomen zugleich beziehen, auch theils Fortbildungen
anderer Partifein find, denen man feinen pronominalen Urfprung
- beifegen kann, drüden Verhältniffe des Raums und ber Jeit aus,
a) Localadverbia.
$. 30.
Die Eorrelativpartifeln, welde in drei Reiben ben Begriff
der Rufe und ber Bewegung nad und von einem Ort enthalten,
find bereits einzeln genannt; fie fielen fich folgendermaßen einander
gegenüber: |
da . bar Dannen
wo. wohin wannen
bier ber binnen.
Andere find: innen, außen, oben, unten, nieden, hinten.
Obenan und untenan fcheinen eher aus dem mhd. obenän, ahd.
opanano zu erffären, als aus einem Suffir der Partifel an, fo daß
die Nedendart neben an entweder ganz etwas anders, oder falſch
gebildet wäre. on
In und ein unterfheiden fich, doch fleht Iebteres nur in Zu-
fammenfegungen: hinein, herein. Fern (ahd. ferrana, mb».
verren), vorn, fort haben fih erhalten, dagegen unterfcheiden wir
nicht mehr often (ahd. Östana, mhd. üsten, d. i. von Oſten) und
ofter (ahd. Östar, mhd. Öster, d. i. nach Oſten), fondern um⸗
ſchreiben: von Dften, nad Oſten, oflwärts,
$. 381.
Im NH. pflegen die Partifeln ber und Hin fehr Häufig als
Praͤfixe anderer Partifeln Näherung und Entfernung zu be-
flimmen: herein, heraus, herauf, herab, hernieder, herunter,
berüber; hinein, hinaus, hinauf, hinab, hinunter, hinüber !). (Her-
nach und hinwieder haben feine ‚Koealbebeutung,) Analog, find
10
— 148 —
die Verbindungen mit bar, war (wor) und hier: Darin, daraus,
worin, woraus, hierüber, hierunter u. a.2) — Bemerfenswerth iſt
bie Umftellung einiger Compofita mit her, die ſchon im 15.16. Jahrh.
wahrzunehmen if: abher für herab. Nachher und hernad
find ung gleich gerecht und beinahe iventifh; umher und herum
find fchon ein wenig mehr verfchieden. |
Anm. 1. In der Volksſprache die Aphärefen: rein, raus, rauf, rab,
runter; nein, naus, nauf, nab, nunter, nüber.
Anm. 2, Die Verkürzungen: drin, draus, drüben, drunten, hüben,
hunten geflattet zum Theil unfere ſpröde Schriftfprache,
b) Localſuffixe.
$. 382,
Alle betreffen nur bie zweite Reihe, d. h. die Richtung wohin.
1) Dem ahd. höra, hina wird der Adverbialcomparativ paz fuf-
figiert, alſo harabaz3, hinabaz, was auch mhd. der Fall iſt.
Nyd. wird Fein folches beffer angehängt, wol aber voraus-
geſchickt: beffer fort, beffer Hierher, dagegen die Partikel
. an angehängt: heran, hinan, fortan, .
2) Analog find die nhd. Suffire fort, hin, ber felbft zu Her-
vorhebung der zweiten Reihe: hinfort, weiterfort, dahin, wohin,
hierhin, dorthin, weiterhin, forthin, obenhin, hierher, näher
ber ꝛe., wiewol biefes Hex auch unorganifch bei Adverbien dritter
Reihe gilt: woher, baher, dorther, untenher.
Anm. 1. Dergleichen Häufungen und Mifchungen zeugen fänmtlich von
dem Untergang ber älteren, einfacheren, almälich verdunkelten Formen.
Anm. 2. Bol. die Zeitapverbien: Immerfort, fernerhin, fpäterhin,
früherhin, ahhin immerhin.
c) Beſondere Bildungen.
§. 383.
1) Die nhd. Mundart hängt häufig io bald an Subſtantive, bald
an Imperative, um fo eine Snterfecton zu bilden: Feindio,
Mordio, Feufiv, Diebio, Hilfio, Stilfio u. a.
2) In gewiffen Partifeln, namentlich für die Begriffe irgendwo
und immer, erfcheint das goth. div (ahd. &o, io) als Präftr
fowol vor pronvminalen als auch vor antern Abverbien. Nhd.
fann zwar zur Stärfung ber Begriffe je, nie emphatifch beigefügt
werden in meinem Leben oder Nehnliches, doch erwächft daraus
feine adverbiale Form. Dagegen iſt jemals, niemals im Ge-
brauch; immer drückt nur semper (allzeit), nicht unquam (irgend)
ans, nimmer aber nunquam (nirgend); nimmermehr iſt ein
verftärktes nimmer. Je und nie gelten beibes für Vergangen-
heit und Zufunft, und namentlih je mußte biefe Ausdehnung
erhalten, feit immer auf bie Bedeutung von semper (allzeit,
beftändig) befchränft wurde.
*
— 19 —
3) Der Begriff immerbod wird ahd. durch iodah, iedoh, mhd.
iedoch, abo. jedoch ausgedrückt. |
E. Zahladverbia.
§. 384,
Wenn auf die Frage wie oft, wie vielmal geantwortet
werben foll, zeigt fi) ein organifcher Unterfchied zwifchen den zwei
(früher drei) eriten Zahlen und den übrign. Einmal ift ahd.
eines, mbb. eines und einest; nhd. iſt eins Y veraltet und einft
hat nur den abftracten Sinn von olim, aliquando. Zweimal iſt
ahd. zuiro, mhd. zwis; uhd. Hört man zuweilen noch zwier?).
Bon der Dreizahl an fegen wir mal nach den Grundzahlwörtern:
dreimal, viermal, tauſendmal ıc, °)
Anm. 1. In der Volksſprache Hört man noch zuweilen das alte eins,
befonders wenn ein fo darauf folgt. So fagt auch noch Roft (+ 1765):
Ich konnte gegen dich noch eins fo zärtlich fein.
Anm. 2. Bet Opitz (+ 1639) findet fi: Und ölora beißet es hier zwei⸗
mal Frühling fein, beblümet zwier die Flur. So auf bei C. Simrod
(der Rekrut vor Ppilippsburg): Bor der Mauer kauzte fchon wieder,
den er zwier verjagt, der leiv’ge Schwarzgefchnaugte. Bei Fr. Kind
(der große Chriſtoph): Offero flieht zwier gepulvig auf.
Anm. 3. rüber wurde stunt, stunta im Dativ over Accufatio der Car⸗
dinalzahl beigefügt: ahd. thrin stuntön (preimal), mhd. täsent stunden,
tüsent stunt (tauſendmal). '
F. Bildungen auf 3NG.
$. 335.
Die hierher gehörigen Adverbia, die den Uebergang zu den fol-
genden verbalen Adverbien bilden, könnte man Abverbia der
Handlung nennen, indem fie zwar eine Befchaffenheit, allein
weniger wie etwas iſt, ald wie es gefchieht, anzeigen. Die
uhd. Apverbien auf ing theilen mit den männlichen Subfltantiven
biefer Ableitung ($. 137) die Eigenfchaft, aus urfprünglihem ing
in ling verwandelt zu werben. Beifpiele find: blindlings, rüd:
lings, haͤnptlings, Föpflings, meuchlings, gählings, rittlings, ſchrittlings.
Anm. Die Bollsfprache Hat noch eilings, überwindlings u. a.
In oberdeuifchen Schriften des 15. 16. Jahrh. findet man noch das
richtigere ingen, 3.8. verflolingen, Bumpfelingen, sahlingen;
für letzteres fagt der mittelrhein. Dialekt noch oft gäplinge.
G. Verbale Adverbia.
$. 386.
Gegen die fremden urverwandten Sprachen (z. B. die griechiſche)
ſteht die Bildungsfähigkeit der deutſchen darin bedeutend zurück, daß
ſie aus ihren Verbis unmittelbar faſt keine Adverbien ziehen
— 150. —
kaun. Das Adverbium entwickelt ſich vielmehr erſt mittelbar ans
dem Verbalſtamm, 'd. h. durch das von dieſem hergeleitete Nomen,
wie aus dem Vorausgehenden erhellt.
Anm. Davon handelt es ſich hier nicht, daß Participia, vermöge ihrer
adjectivifchen Natur, Adverbia zu zeugen gefchidt find, bie ganz ber
Weife aller übrigen Apverbien folgen,
$. 337.
Adverbia, welche aus wirflihen Berbalflexionen erwachſen,
bat ein häufiger Gebrauch, für fi) pder mit andern Wörtern ver-
bunden, abftract gemacht, und fie vertreten das Amt bloßer Partikeln.
Ale müffen auf urfpränglich Lebendige Phrafen zurücgeführt werben.
Hierher gehören befonders folgende Fälle:
1) Die erfte Perfon verfchiedener Verba, welche die Begriffe
fagen, meinen ausbrüden, wird von dem Redenden zur
Erhöhung oder Schwähung des Sinnes eingefhoben und geht
in Partifelbeveutung über. Hierhin gehört nhd. ich meine
und meine ich mit der Bedeutung nemlih: Do, mein’
ich, gibt’s noch Mittel, zu Töfen folhes Erz. Ebert. (Schwer-
ting.) Abd. fagte man auch noch ih halte, was die Bolfe-
jprache noch hier und da bewahrt hat !).
- 2) Unfer nhd. partifelhaftes gefchweige entipringt aus der erften
Perfon des Verbums ?). |
3) Mit der dritten Perfon von magan und einem hinzugefügten
Infinitiv wird der Begriff vielleicht (forte) ausgedrückt, z. B.
ahd. mag keskähen; mhd. fteht dafür vil lihte oder bloß lihte,
nhd. Leicht, vielleicht, wobei ein fein, geſchehen fehlt 2).
4) Für den Begriff fürwahr fleht mhd. gpt weiz und weis got,
nhd. Gott weiß und weiß Gott.
5) Eine bittende, anmahnende Form ift ahd. mhb. .wärd got (von
weren, gewähren, Yeiften); nhd. jagen wir wollte Gott?),
Gott behüte, oder au bloß behüte.! bewahrel .
6) Abd. wäre (wäre) verbindet ſich mit einer Negation und brürkt
dann es fei denn, aufer, aber (nisi, praeter, sed) aug,
3. DB. newär, newäre; fpäter verfürzt und entſtellt niwer, nbb.
nur, deſſen Anlaut n urfprünglich Negation war und neben
welchem das eigentlich gleichbedentige, die verneinende Partikel
ausftoßende, fubjunctive es wäre denn fortbefteht.
7) Es gibt viele Imperative, die man fi) an die Stelle von
Partikeln denken kann; mehrere werden unten bei den inter
jectionen angeführt werben. Hier möge nur eine erwähnt werden,
die von hohem Alter iſt, nemlih ſieh. Der Gothe fagt für
den conereten Begriff saihv (vide), für den abftracteren säi
(ecce); ahd. heißt jenes sih, gesih, dieſes se; mhd. ſteht sich,
se. Die nhd. Schriftſprache Hat dieſen guten.Unterfchied fahren
laffen und gebraucht ſieh für beide Bedentungen (für vide und
— Bl —
, ecce), allenfalls wirb ber Ießte Begriff durch ein angehängtes
da, ſteh da, hervorgehoben.
Anm. 1. Hierhin gehören auh dächt' ih, merkt’ ih, 3.8. die
Gegenwart von einem ſchönen Knaben if, dächt' ich, immer auch
| on was. Goethe. Fauſt, Borfpiel. Der faubern Dereen Dfufcheret
‚ merkt’ ich, fchon bei euch Maxime. Goethe. Daſelbſt. — Sollte
unfere heutige halb fragende, halb verwundernde Partilel mein! daher
entfprungen fein?
Anm. 2. Abo. mdd. iſt die Phraſe vollſtändiger; ahd. ih wile des
suigen, mb. ich geswige danne.
Anm. 3. Das maleicht, mogleicht ver Bollsfprache erinnert noch
an die frühere Form.
Anm. 4. In der Volksſprache hört man noch walte Gott, Gott
walts.
$. 388,
Noch Hibt es zwei nhd. Adverbia, welde Zeitbegriffe aus-
brüden, aber fo dunkles Urfprungs find, daß fie nicht wol unter
einen der vorigen Abfchnitte gebracht werben. können.
1) Goth. nu, ahd. nü (modo), mhd. nü (nunc), nhd. num (im
gemeinen Leben nu), war wol urfpränglich ein Nomen oder
Pronomen, wofür das nhd. im Nu zu —** ſcheint.
2) Goth. nauh, ahd. noh, mhd. noch, nhd. noch. Schon ahd.
entwickelte fih ein noh für nöh (= goth. nih, latein. nec)
_ amd vermengte fih mit. noh (=> goth. nauh, latein. adhuc), _
was mhd. und nhd. fortdauert, indem uns noch ein Correlativ
zu weder und zugleich eine Zeitpartifel ıfl. Das ahd. nohdanne
und thanna noh mit der Bedeutung noch (adhuc) iſt mhd. noh
dannoh und nochdan mit ber Bedeutung tamen, wie bas uhbd.
dennod.
Präpoeſitionen.“
§. 39.
Präpoſitionen find Partikeln, die ſich auf ein Raums
verhältnis beziehen, und von denen ein obliquer Caſus abhängt,
dergeſtalt, daß dadurch eine unmittelbare Beziehung des Nomens,
deſſen Caſus geſetzt iſt, ausgedrückt wird. Der in der Präpofition
ruhende Begriff ſteht ſo nahe zu dem Nomen, daß er denkbarer
Weiſe durch einen eignen Caſus des Nomens gefaßt werden koͤnnte,
und dies heftätigt Pie ganze Sprachgefchichte auf das einleuchtendfte.
Wo die Nominalflerion erloſchen ift, müffen faft alle Caſus durch
Präpofitionen erfeßt, mo fie ſich reicher entfaltet hat, können ges
wöhnliche Präpofitionsverhältniffe fchon in bloßen Caſus wieders
gegeben werden.
$. 390,
In Abfiht auf die Form, welche bier vorzüglich ins Auge
efaßt werden muß, kann man einfache, abgeleitete und zu-
Tammengef edte Präpofitisnen unterfcheivden.
— 152 —
<a) Einfahe Präpofitionen.
$. 391.
Manche, die früher Präpofitionen waren, find jet Partikeln.
Als einfache Präpofitionen dauern noch fort: Ab, an, auf, aus,
bei, für, in, mit, nad), ob, feit, vor, um, zu.
Anm. Als Partitein ſtehen: er, ehe, ent, ver ($. 311.312. 314. 365.).
b) Abgeleitete Bräpofitionen.
$. 392,
Das gewöhnliche Mittel der Ableitung iſt R. Hierher gehören
außer einigen Partikeln folgende Präpofitionen: durch, außer (oft
Partifel), hinter (die Partifel Tautet Hinten), ohne, fonder
(in meift adverbialen Redensarten $. 375, und unterfchievden von der
Eonjunction fondern), über, unter.
Anm. Partikeln find: aber (goth. afar Präpof. und Adv., ahd. avur,
‘avar, mpd. aber, abur), after (goth. aftra, ahd. aftar), ober (goth.
ufar, ahd. upar), hinten (goth. hindana, ahd. hintana). -
c) Zufammengefegte Präpofitionen.
$. 393.
Sie werben gebildet durch Häufung zweier Präpofitiong
partikeln. Aphärefis und Contraction können den Schein ein-
facher Partileln hervorbringen. Hierher gehören: von (ahd. fona,
wol aus afana), binnen; bie Subftantiopräpofitionen oberhalb,
unterhalb, außerhalb, innerhalb ($. 395); während bevor,
zuvor; vorab, voran, vorans, vorbei, vorüber; darum,
herum, ringsum, rundum; durch und durch, nad und
nah, um und um, über und über, für und für nun als
Partikeln und Adverbien dienen.
d Nominalpräpoſitionen.
$. 394.»
Sie find aus einem beftimmten Cafus einzelner Subftantive oder
Adjective hervorgegangen und zerfallen demnach in Subſtantiv⸗
präpoſitionen und Adjectivpräpoſitionen.
1) Subſtantivpräpoſitionen.
§. 395.
Hierher gehören: gegen, gen, (entgegen, zugegen), mit dem
Sinn einer Berührung, Begegnung, muß noch ein Nomen ſein, da
!
⸗⸗
— 13 —
ihm andere Präpoſitionen vorangehen können; wegen Jönnte durch
den Dativ Plur. erläutert werden (der Canzleiſtyl hat von Wegen
wie von Seiten); rings, willen (um-willen), kraft, laut,
ftatt (anftatt), halben, halb (moneben die fchlechte Form halber
eingeriffen if); oberhalb, unterhalb, innerhalb, außer
balb; diesfeits, jenfeits (von Seiten), trotz, längs, zu—
folge; vermöge fiheint eine, fihlechte, aus dem fubflantivifch ge⸗
brauchten Infinitiv Vermögen verberbte Form.
2) Adjectivpräpofitionen.
$. 396. .
Nhd. if inzwifhen nur Adverbium, die Präpofition laut
zwiſchen (ahd. zuiscen, Dativ Plur. von zuisc, d. i. zwiefach,
doppelt) und kann bald den Dativ bald den Accuſativ regieren, ohne
Rückſicht, vb von zweien oder mehrern Öegenfländen die Rede iſt. —
Inmitten fann auch umgeftellt werden: mitten in, mitten unter;
‘neben (ahd. Adv. in Epan, mhd. in Eben), nebſt; während (als
Präpof. erft fpäter aufgefommen); ausgenommen, unweit, un-
fern, ungeachtet.
Conjunrtionen.
$. 397,
Die Confunctionen verbinden Gedanken mit einander, nehmen
daher meift eine fefle Stelle des Sabes ein. Hierhin gehören:
und, auch, ober; die Aoverfatiopartifen aber, hingegen,
allein, fondern (deſſen n unorganiſch iſt); denn ($. 377), weit !),
alſo ?), A ba ($. 377), als ($. 377), nachdem, feitdem,
feit, wie (nach Eomparativen fehlerhaft für denn), fo, fowie,
gleihfam, gleihwie; ob, wenn ($. 377), wo, wofern,
falls, wenn nicht, wo nicht, doc, jedoch ($. 383), wie
wol, obſchon, wennfhon, obgleich, wenngleich, gleid-
wol, unerachtet. — Endlich gibt es noch eine Reihe enklitiſcher
Partikeln, urfprünglicher Adverbien, die zugleich Conjunctionen werden,
Ieife, oft kaum überfeßbare Verbindungen ausdrüdend, wie: wol,
eben, gerade, freilid u. a.
Anm. 1. Weil entfpringt aus dem ahd. wile, d. i. Weile, geht alfo
auf eine Zeit; fo fommt e8 auch vor, & 8. Und weil (während) ich
fern bin, führe vu mit Hugem Sinn das Regiment des Haufes. Schiller,
(Tel 1, 2.) Weil dies der Knappe fpricht, fteht mit gefenkter Stirne
der Ritter da. Wieland. (Oberon 4, 11.)
Anm. 2. Die Bedeutung von itaque hat alfo erfi in fpäterer Zeit an-
genommen, bezeichnet no bei Luther bloßes ita.
— 1A —
Snrerkeettonen
$. 398,
Die Interjection kann abgeriffen und los überall in der Rebe vor-
fommen, ohne eine beftimmte Stelle im Sab einnehmen zu müffen.
Entweder ift fie leidenſchaftlicher Ausbruch der Empfindung,
oder Nachahmung eines Naturlautes oder endlich Lock- und
Scheuchwort für Hausthiere. Vielen Interjectionen liegen
offenbar Nomina und Verba zu Grund, mit mehreren verbinden ſich
Nomina, nicht ſelten erfolgt zur Verflarkung des Ausdrucks Gemi-
nation entweder der Interjection felbft, oder des Hauptwortes, welches
fie begleitet. Einzelne Interjectionen laufen ineinander über, indem
ihnen bald ein allgemeiner, bald ein beſonderer Sinn verliehen wird.
J
a) Interjeetionen der Empfindung. |
$. 399,
Die hierher gehörigen Interjectionen zerfallen in:
1) Interj. des Rufes. Der bloße Anruf oder Ausruf, Fein
beftimmtes Gefühl bezeichnend, daher oft erft durch Hinzutretende
andere S$nterjeetionen belebt; namentlich iſt es die Partitel,
welche den Vocativ zu begleiten pflegt: D! hela! be! heda!
(mag aus dem franzöfiihen he! ho! eingeführt fein), holla!
(ift das franzöf. ho läl), bft, pft ift der leiſeſte Anruf.
2) Interj. des Leidens. Hier gibt es einfache und zuſammen⸗
gefegte: weh (goth. väi, ahd. mhd, we), o wehl ach! au!
autſch! — Hervorgehoben werden muß, wie ſich an viele,
hauptſächlich klagende Interjectionen der Name des höchſten
Weſens Enüpft, welches gleichſam zum Zeugen, Helfer und
Näcer des erduldeten Wehes angerufen wird, ohne daß eine
birecte Anruſung darin Tiegt: O Gott! ach Gott! o Jefusl
(verfürgt oje, aber unfer jemine iſt das ſlaviſche jojmene,
d. h. ah mein!) o Himmel! o Heiland! Gott im
Himmel! u. a.
3) Juterj. des Hitze und Kälte Leidenden. Leibliches
Weh ausdrückende Partikeln ſind die genaunten au! autſch!
Es gibt nun noch eine andere für das Gefühl des Froſtes oder.
der Hitze, und zwar für beide faft viefelbe, ihr Charakteriſtiſches
liegt bloß in den Vocalen U und O. Bei der Kälte heißt fie:
Thu fhul hu hu! ſchuck ſchuck! (daher das der Volfs-
ſprache angehörige ſchuckern), bei ber Hige ſchoch!
A) Interj. der Freude. Hier walten die hellen Voeale, wie
bei dem Ausruf des Schmerzes die dunfeln: Hi! (mh. hei! |
hi!) ahi! heiſa! um! iuchhei! juchhe! juchheiſa! |
fafa! Heifafa! hurral
5) Interj. des Lachens. Haha! für lautes Lachen, hihi!
— — — — — 2.202
4
— 13 —
für feines Kichern, find Feine wahren Juterjectionen, fonbern
nur Behelfe der Schrift zur Bezeichnung des in Buchftaben
ausdrückbaren Naturlautes, Ebenſo wenig gibt es eine wahre
Interjection für das Weinen.
6) Interf. des Bewunderns, Billigens, Mahnens,
Schmeichelns. Berfchiedene Begriffe, die aber mehrfach in⸗
“einander laufen, und in einzelnen Partikeln faum zu trennen
find. Interjectionen, welche Freude und Schmerz ausdrüden,
pflegen au Berwunderung und Berlangen zu bezeichnen,
namentlich o! ach! Berwundernd find: ei (mhd. eil eiäf),
ei der tanfend! potztauſend! Ermunternd, oft auch glück-
wünſchend: wolan! wolauf! (mhd. wuläf!) heil! glüd-
auf! nu! (ahd. nul) no! frifh! munter!
7) Interj. des Wunſches. Hierher gehören: o daß! ad
daß! o hätte ich! ach wäre ih! wollte Gott! ge
fiele es Gott! u.a. u
8) Interj. des Zweifels: ei eil Han hm! hum hbum!
9) Interj. des Berbietens. Hierher gehören: halt! balts
ein! laß! laß ab! Gott behätel Bott bewahre!
behütel bewahre!
10) Interj. des Wegtreibens. Sie find: fort! weg! aud
dem Weg! geb Ins! zieh ab! verlier vihl u.a.
11) Snterj. des Verwünſchens: geh zum Teufel! u. a.
Redensarten, die über die Grenze der Interiection hinaus flreifen.
12) Interj. des Unwillens, der Verachtung: pfur! pfui
dich an! (mhd. phiu! pfi, pfi dich!)
12 Interj. des Auslachens. Hierhin gehört unfer ätſch!
14) Interj. des Stille Gebietenden. Sie find: pfil fh!
ſtill! ruhig! ſachte!
15) Imperativinterjectionen. Eine Menge Imperative, zu-
mal von Verbis, die einen ſinnlichen Begriff enthalten, können
zu Interjectionen gebraucht werden, z. B. hol über! made
fort! fpute dich! topp! fahr wol! fahr hin! Hilf!
fhonet! u. a. Redensarten, die Feine Interjectionen find, ihnen
aber gleichen. |
16) Nominalinterjectionen find z. B. Dank! Gnade!
alle Welt! potz Welt! Gott im Himmel! Teufel!
Blitz! Donnerwetter! Element! u.a., denen der eigent-
liche Ausruf fehlt.
b) Interjectionen zur Nahahmung eines Naturlautes,
| | $. 400.
Einzelne Interfectionen ahmen den Schall nah, ber 'beim
Fallen, Schwingen, Wegraffen, Zerbreden, Tönen gewiffer Gegen-
fände entfteht, B. plump! platfep! patfch! Eatfch! witfch! huſch!
bus! klappo! rips raps! ſchwupps! ſchwapps! ſchnapps! klingling!
. barbeil
—— 156 —
klinke Mantel winke wanle! pinfe panke! bim bam bum! zink! fick!
fitſche! fatſche! ſtrip, ſtrap, ſtroll! zik, zak! klipp, klapp! piff, paff,
puff! pardauzl u. a. m. — Verſchieden davon find längere und oft
Zeilen füllende Ausrufungen, die zuweilen in den Geſang eingeſchaltet
werden. Sie ſollen nicht etwas Beſtimmtes ausdrücken, vielmehr den
lyriſchen Schwung ſteigern, oder wollautend abſchließen, oder auch
was der Sänger nicht mit Worten ſagen mag, in undeutlichere Töne
faſſen. Solche Ausrufe find z. B. tandaradei! deilidurei! falediran⸗
nurei! faladariturei! valerei! valara! ſolala, leralla! coucoul wille—
waunwauwau! Juchhe! Juchheiſal Heiſa! He! Vallateritte vallala
hopſaſa fa! und ein trallera fifallerallera! erſchallt heute wie vor
Jahrhunderten.
c) Interjectionen als Lock- und Scheuchworte für Thiere.
§. 401.
Endlich hat die Sprache Interjectionen für Thiere eingeführt,
d. h. die jeder Mundart eigenthümlichen Ausdrücke, womit Thiere
gelockt und geſcheucht werden. Es ſcheint oft eine Annäherung an
den Naturlaut des Thieres felbft zum Grund zu liegen, doch mit fo
verfchiepner Auffaffung und fo bedeutender Hinzufügung wiltfürlicher
Laute, daß ſich in allen Ländern die Thiere an andere Wörter zu
gewöhnen haben. Lockrufe find z. B. dada! wuzi wuzil minz
minz! gis gis! wulle wullel wa. Scheuchrufe find 3. 2.
huß dal Hufh Hufh! — Dem verfländigen Hunde, Pferde,
Rinde werben rufende und antreibende Eigennamen beigelegt.
Erwähnung verdienen noch die Fuhrmannswörter, welche
eingefpanntem Vieh rechts und Links bezeichnen. Für rechts gilt
am allgemeinften hott! hoit! für links har! her! harwiſt!
’
Sechſtes Eapitel.
Genus (Gefhledht) der Wörter.
$. 402,
Die deutfche Sprache zeigt, gleich der griechifchen und Iateinifchen,
für alle und jeve Nomina ein dreifaches Geſchlecht, das männ-
liche, weibliche und neutrale (fächliche, dingliche, ungewiſſe).
Anm. Diefer Unterſchied der Gefchlechter greift fo tief in das Wefen des
Nomens und feiner Formen wie der zwilchen Activum, Paflivum umd
Medium in die des Berbums. Beide Eintheilungen laſſen fi in mehr
als einer Hinficht vergleichen; das Activum erfcheint wie das männliche
Geſchlecht als die wichtigfte und urfprünglichfie Form, das Paflivum
wie das weibliche Sefchlecht als eine aus jenem abgeleitete, das Medium
—— — ——
— a — ee
— 157 —
wie das nentrafe Geſchlecht als eine Miſchung oder Verbindung activer
und pofliver, männlicher und weiblicher Formen.
S. 403,
Das Gefchlechtsverhältnis haftet nirgends bauernder als am Pro⸗
nomen der dritten Perſon; nächſtdem hat ſich das Geſchlecht am
Adjectiv weit Iebendiger ausgeprägt als am GSubflantiv. Jedes
‚einzelne Subſtantiv ift nur einem Gefchlecht zugethan, dagegen alle
Adjective drei Gefchlechter an ſich entwickeln.
Anm. Wo männliche und weibliche Flerionen völlig einander gleich find,
wie 4 B. 06, n ärtownos, dux, fortis, {ff von einem genus commune
die Rede, was ahd., mhd. und nhd. nicht der Kal iſt. Eine Ausnahme
foheinen zu machen: der (zuweilen die) Gau, die (zumeilen das)
Klafter, der (zumeilen die) Wulf, der und das Zeugs; ver
Duell, die Quelle; der Baden, vie Bade; der Diel, die
Diele. Die Ausnahme ift jedoch nur fheinbar, da der gute Gebrauch
der Sau, die Klafter, der Wulſt erfordert; die andern 4 Bei«
ſpiele fallen an fich ſchon weg. .
$. 404.
Obgleich die drei Gefchlechter. ſchon in den älteſten Denkmälern
deutſcher Sprache als etwas Tiefeingewurzeltes fich finden, fo ſtellt
fih doch das männliche am lebendigften, Fräftigften und nrfprüng-
lichſten unter allen dar !). Das Neutrum iſt eine Bereinigung beider
Gecſchlechter, infofern es die Unentwidelung des Geſchlechts,
nicht gerade Geſchlechtsloſigkeit bezeichnet 2).
Anm. 1. Strenger Confonantismug, raſcher Boralgang und größere Bil.
dungsthätigkeit beftimmen hiernach den Rang des masc. vor dem fem.,
das jenen Confonanten Bocale, jenen Turzen Vocalen lange entgegen-
ſetzt und mehr leivenver Natur iſt.
Anm. 2. Daher wird das Junge, deffen Geſchlecht ſowol männlich
als weiblich fein kann, fih aber no unwirkſam darſtellt, oder dag
Allgemeine, Collective dur das Reutrum ausgedrüdt.
$. 405.
Das Geſchlecht iſt nun entweder natürlich ober bloß gram-
matifh N). Das natürliche Gefchlecht der Subftantive gründet
ſich auf Beobachtung der Gefchlehtsverfchiedenheit an lebenden Wefen,
d.h. dem Menfchen und den Thieren ?), Kennzeichen des natürlichen
Geſchlechts ift, daß es die verſchiednen Verhältniffe entweder durch.
eigne Wörter, 3.8. Bater, Mütter, Kind ausdrüdt, oder Motion
des männlichen Namens in einen weiblichen zuläßt, 3. B. König,
Königin. Das grammatifche Geflecht iſt eine, aber im frühften
Zuftande der Sprache ſchon vorgegangne Anwendung oder Ueber—⸗
tragung des natürlichen auf alle und jede Nomina.
Anm. 1. Bei dem unfelbfländigen, fich immer auf ein Subflantiv be-
ziebenden Adjectiv und Pronomen Tann überall nur von dem grame
matifchen Geſchlecht die Rede fein.
n
— 18 —
Anm. 2. Gleichwol unterfcheldet wie Sprache Tange nit das Geſchlecht
aller Thiere, fonvern wählt, wenn es fi finnlider Wahrnehmung ver⸗
pült, oder für fie feine Bedeutung bat, das bloß grammatifche, welches
dann epicoenum wird, d. h. eben beide in fih flieht. Für Hausviep
und große Säugethiere findet ſich meift pas natürliche Gefchlecht bezeichnet,
für Bögel, Fiſche, Gewürm und Inſecten faft nur ein grammatifches.
A. Natürliche Geſchlecht. "
$. 406.
Die vollkommenſte Art des Ausdrnucks if}, wenn für jedes Ge-
ſchlecht Wörter ganz verfchiebner Wurzel gebraucht werden, 3. B.
Mann, Frau, Kind. Kigentlihe Motion ift in der uhd. Sprache
auf die Berwandlung des männlihen in das weibliche Gefchlecht
beichränft und behält für diefes mwefentlich den Namen jenes bei,
3.8. Gatte, Gattin; König, Königin.
I. Geſchlecht durch Verfhiedenheit der Wurzel.
1) Benennungen des Menſchen.
$. 407.
Männlih: Mann, Bater, Sohn, Bruder, Vetter, Jüngling, Herr,
Knecht, und eine Reihe von Wörtern, die ven Mann nah Ber«
richtungen zu Haus, im Feld, im Krieg u. |. w. bezeichnen.
MWeiblih: Frau, Mutter, Tochter, Schwefter, Bafe, Jungfrau,
Magd u.a. |
Neutral: Kind.
Anm. Schwerer zu erflären ift, warum Weib, das doch entfchlenen
nur von weiblichen Perfonen gilt, im Ahd. Mhd. (wip) und Nhd. ein
Neutrum if. Man müßte die Wurzel des im Goth. fehlenden Wortes
enauer fennen, um zu beurtheilen, was dieſes Neutrum eigentlich
eoeutet, habe. — Srauenzimmer gehört wicht dahin, veffen Genus
in dem Wort Zimmer begründet und rein grammatifch iſt.
2) Benennungen der Thiere.
$. 408.
Männlich: Hengft, Saul, Stier, Bulle, Ochs, Widder, Bod,
Eher, Bord, Hirſch, Hund, Hahn u. a.
Weiblich: Stutte, Mähre, Kuh, Geiß, Ziege, Sau, Mude, Hindin,
Zaupe, Henne u. a.
Neutral: Roß, Pferd, Füllen, Kalb, Rind, Lamm, Zidel, Ferkel,
Huhn u.a.
Anm. Diefe Art der Gefchlechtsbezeichnung feheint die ältefte und volle
tommenfte, weil fle ver finnlichen Individualität das Meifte einräumt.
Wir fehen dieſe wurzelhafte Auszeichnung der Gefchlechter daher auch
bauptfächlich auf die verſchiednen Abſtufungen des Menfchen felbft oder
auf die der befannteften, zumeiſt bernortretenden Hausthiere gerichtet.
— 19 —
II. Nakürliches Geſchlecht durch Motion.
$. 409.
Aus einem in beſtimmtem Geſchlecht beſtehenden Wort geht das
andere Geſchlecht durch irgend eine Veränderung und Erweiterung
hervor. Im Nhd. kommen hier drei Arten in Betracht: einfache
Motion, abgeleitete Motion und Motion durch Zu—
ſammenſetzung.
1) Einfache Motion.
$. 410.
Hier tritt das bloße Deelinationszeichen zum männlichen Namen,
3.9. goth. nithjis (der Verwandte), nithjö (die Verwandte); ahd.
wini (der Freund), winia (die Freundin). Aus dem Nhd. gehören
hierher die ung fehr gangbaren Motionen Auguft, Augufte; Emil, -
Emilie; Ulrich, Ulrike; Friederich, Friederife u. a., die
aber fämmtlich undeutfch find. Die weiblichen Formen find aus dem
Franzöfifchen erborgt, wie in den letzten fchon das rife (rique) flatt
riche lehrt.
2) Abgeleitete Motion.
$. 411.
- Ein Genus wird aus dem andern duch Ableitangsbuchftaben
gebildet; in der Regel werden nur weibliche Namen aus männ-
Lichen abgeleitet, doc können auf biefem Wege zuweilen männ-
liche aus weiblichen erwachfen. Folgende Formeln find befonders
zu bemerfen:
a) Ableitendes in (vgl. $. 61, 129) bildet weibliche aus männ-
lichen und iſt ah. in und inn, mhd. in und in, nhd. nur im
(inn): Gott, Goͤttin; König, Königin; Herr, Herrin, Wolf,
Wölfin; Hafe, Häfin u.a. Namentlich werden alle männlichen
Wörter auf er fo verwandelt: Gärtner, Gärtnern; Sieger,
Siegerin; auch Volksnamen: Heffe, Heſſin; Sachſe, Sächſin;
nicht aber andere Eigennamen, z. B. nicht Carlin, Wilhelmin,
Friederichin von Carl, Wilhelm, Friederich 1), außer etwa, wenn
fie fo viel wie Frau des Earl u, f. w. bebenten follen, wobei
dann jedesmal ber Umlaut fehlt.
b) Die feltnen Fälle, in denen männliche Namen aus weib-
fihen abgeleitet werden, feben voraus, daß der weibliche
Begriff überwiegt. Hierher gehören etwa: Wittwer aus
Wittwe (goth. viduvairns, viduvairna aus viduvö), weil bie
binterlaffene Ehefrau weit verlaffener und bedürftiger erfcheint
. al8 der hinterlaffene Ehemann. Das mhd. und nhd. Kater
und Kate mögen fi ohngefähr wie Wittwer und Wittwe
verhalten. Die weiblihe Gans ft häufiger und nothwendiger,
2
— 10 —
als die männliche, darum fcheint aus dem ahd. gans die männ-
Iihe Form ganazzo hervorgegangen. Die uhd. Volksſprache
bat für das männliche Gefchlecht die Formen Ganfer, Gans
ferer, Ganfart, Sanfert, Gänſerich. Aehnlich ift es
mit Ente (ahd. anit) und Enterich (ahd. anetröhho, an-
tröhho), und Taube und Taubert, Täuberich?).
Anm. 1. Weiblihe Namen, wie: Caroline, Wilhelmine, Bern
hardine, Philippine, Louife, Charlotte, Henriette u.a.
verratben ihre franzöfifche Motion; vollends undeutfh find die fonft
wollautenven Kürzungen: Line, Mine, Dine, Pine, Lotte, Jette,
in welden von der Wurzel nur der auslautende Confonant oder gar
nichts übrig if. j
Anm. 2. Die Formen Gänſerich, Enterih, Täuberich fcheinen
jedoch mehr zufammengefegt ($. 174 unter reiks) ale bloß abgeleitet. —
Spatz ift männlih; in der Volksſprache meift weiblich; der männliche
Spatz heißt hier oft Spasgert.
3) Motion durh Zufammenfesung.
42.
Sobald in der fpäteren Sprache das Vermögen gefhmwädt tft,
wiewol es nie ganz erlifcht, die Bezeichnung des natürlichen Ge—
fchlechts einfach oder durch bloße Ableitungsfylben zu bewirken; muß
fie fich für den Fall, wo der Ausprud diefes Verhältniffes unerläß-
lich iſt, umfchreibender Adjective oder Zufammenfegungen bedienen.
Anm. Unſere Naturforfcher reden fogar Tieber von dem männlichen -
und weiblichen Eleppanten, von dem Männchen und Weibchen
des Adlers, als von dem Elephanten und der Elephantin, dem Adler
und der Adlerin.
6. 413.
Nicht felten verwenden wir die Namen befannter, im Gefchlecht
beflimmter Thiere, um dadurch das Gefchlecht anderer hervorzuheben,
3. B. Rehbock, Rehkuh, Rehgeiß, Rehkalb; Hirſchkuh,
Hirſchkalb; Auerhahn, Auerhuhn; Pfauhahn, Pfau—
henne u. a. — Hierher können auch Compoſita mit Mann und
Frau gerechnet werden, z. B. Bettelmann und Bettelfrau
für Bettler und Bettlerin. — Zuweilen wird das beſtimmende
Wort nicht angehängt, ſondern vorgeſetzt, z. B. Mutterpferd,
Mutterſchwein, Hengſtpferd.
B. Grammatiſches Geſchlecht.
$. 414.
Das natürliche Geſchlecht umfaßt eine, im Vergleich zu den
übrigbleibenden, ſehr geringe Anzahl von Wörtern. Bei den meiſten
und ben ihnen zum Grund Tiegenden Begriffen konnte die Sprache
4
.
Mr
gar Teime wirklichen Gefchiechtsverhättniffe wahrnehmen, 3. B. ber
Ahorn, die Buche, oder es mußte ihr felbft da, vo fie noch wahr-
nehmbar waren, wenig daran gelegen fein, fie phyſiſch hervorzuheben.
Anm Indem Ahorn, inder Buche if an fih werer ein mänk-
liches no ein weiblihes Priueip zu früren, uno wenn vem Wurm
männliches, der Fliege weibliches Geſchlecht beigelegt wird, fo- kann
ſich das nicht auf Beobachtung des natürlichen gründen.
$. 415.
Ohnue Rüdfiht auf naturhiftorifche Schärfe hat die Sprache dem -
Wurm, ber Fliege ein beflimmtes Gefchleht gegeben, wie fie
es dem Ahorn, der Buche zugetheilt hat. Sie dat dasfelbe nicht
bloß bei allen lebenden, werbenben und wachfenden Wefen gethan,
fondern auch bei tobten, unfinnlihen Gegenfländen,. bei ben, ab-
ftracteften, überfinnlicäften Begriffen: der Arm, die Junge, das
Ders; der Sinn, die Seele, das Wort; der Wind, bie
Erde, das Waffer.
. Anm. Der Grund hiervon if in dem Einbildungsvermögen der Sprache
zu ſuchen. In ven Spraden herrſchen zwei Richtungen vor, die ver-
tändige, auf reine Schärfe der Ideen gehende, und die ſinnliche,
zu einer anſchaulichen Berbinvung des Gedankens mit der Wirklichteit
geneigte,
..$. 416.
Das grammatifche Geflecht iſt eine in der Phantafle der
menfchlichen Sprache entfprungene Ausdehnung und llebertragung bes
natürlihen auf alle und jede Gegenflände ). Eine eigentliche
Motion findet hier nicht flatt, d. h. jedes grammatifch männliche
oder weibliche Wort ſteht für fich ſelbſt da, ohne Beziehung auf ein
grammatifch weibliches oder männlihes Wort, weil auch da, wo in
ei nebeneinander ftehenden Wörtern grammatiſches Geſchlechts die
elbe Wurzel eintritt, das bei dem natürlichen Geſchlecht zu Grand
liegende natürliche Verhältnis von Dann und Frau nothwendig
mangelt ?). |
Anm. 1. Das feiner ganzen Anlage nah naive Element des gram⸗
matifhen Geſchlechts bewährt ſich in unferer Boflöporfie und im ver
beutfehen Sprache des Mittelalters am einem eigentpümlichen Zug. Den
Dichtern genügt es nicht, lebloſen Gegenfländen ein Geſchlecht zu er-
tpeilen, fie FR en es durch die förmliche Anrede Herr und Prau A
weilen noch heraus. Wie die Nachtigall, Frau 9 aatigal (8
Fauf), ver Wind, Herr Wind (Willamon) heißt, fo
her stoc, her anger, frö (Frau) böne u. a.
Anm. 2. Doc zeigt fich zuweilen ein jener Motion analoges Berfahren,
er Bedeutung 34 z. B. Laub, Laube; Rohr, Röhre; Quell,
elle.
$. 417.
Gleichſam in der Mitte zwifchen natürlichem und grammatifihem
Geſchlecht ſteht die Berfonification. Die Sonne iſt uns weib-
Kehrein Grammatik. I. 2. 11
— 14 —
lich, der Mond männlich, weil ſich unſer Belt urſprünglich beide
als ein weibliches und männliches Weſen vorſtellte. Hierher gehören
nun die Ausbrüde für das höchſte Welen, die Götter und güttlih
verehrten und gefürchteten Elemente und Naturerfcheinungen:. Gott,
Teufel, Sonne, Mond, Tag, Naht, Erde, Donner,
Anm. Diefe Beifpiele, deren grammatifches Geſchlecht bloß durch die
Annahme einer vorgegangenen Perfonificierung begreiflich wird, mögen
enügen. Sie ließen ſich nad durch andere Benennungen ber Thiere,
ewächfe, Elemente und Naturerfcheinungen leicht vermehren; pas Ges
chlecht von Schwan, Eihe, Sommer, Winter, Schnee,
egen, Binpshbraut u. a. könnte gleichfalls in jeder Sprache auf
myothiſchen Borfiellungen ver Bölter berufen. — Unsere heutigen Dichter
ofen alle Sapigteen der menfchlichen Seele, alle Tugenden und Lafer,
alle Künfte und Wiffenfchaften weiblich vorzufiellen, und von Maleru
oder Bildhauern werden folche Abftractionen Immer als Frauen ent
warfen: Bernunft, Phantafie, Tugend, Liebe, Treue,
Zwietradt, duge Poelie, Theologie; ja Verſtand, Glau-
ben, Zorn, Reid, GLüd ericheinen in weiblidem Gewand, obfchon
ihr grammatifches Gefchlecht nicht weiblich if. Die Urſache davon iſt
wol in der Iateinifchen Sprache zu fuchen, die den Gebrauch des fem.
für vergleichen allegorifche Begrife eingeführt hatte. '
$. 418,
Dei der Unterfuhung und Darfiellung des grammatifchen Ge-
fihlechts darf auf die Form der Subftantive, auf ihre Flexion
und Ableitung weniger Rüdficht genommen werben ale auf bie
Bedentung?). An die Spitze kann folgender Grundſatz geſtellt
werden, der aber ſeiner Allgemeinheit wegen zur Entſcheidung einzelner
Fälle nur behutſam gebraucht werben darf: Das masc. ſcheint das
Brübere, Größere, Feſtere, Sprödere, Rafchere, das
Thätige, Bewegliche, JZeugende zu bezeichnen; das fem. das
Spätere, Kleinere, Weichere, Stillere, das Leidende,
Empfangende; basneutr. das Erzeugte, Gewirfte, Stoff
artige, Generelle, Unentwidelte, Coflective.
Anm. In nachfolgenden 65. follen nicht ale Subfl. nach ihrem Ge⸗
ſchlecht erörtert, fondern nur einzelne Regeln negeben werden, nad
welchen ſich das Gefchlecht ganzer Reihen von Wörtern richtet,
I. Grammatifhes Geſchlecht finnliher Gegenflände.
| a) Thiere.
$. 419.
Die allgemeine Benennung Thier (goth. diuz, ahd. tior) um
Vieh (goth. faihu, ahd. vihu) iſt mit Het neutral.
1) An den Säugetieren wirb meifl das natärlide Ge-
ſchlecht ausgebrädt, und da, wo es nit der Fa iſt, gilt ein
— 1643 —
ẽ
⸗
enicduifihes masc., 3. B. ber Hafe, Das, Hamfler, Igel,
. Marder, Zltis, Zobel y. — Das Junge iſt neutral.
2) Für die zweite Orbnung ber Thiere gilt der Gattungsname
Vogel (goth. fugis, ahd. vokal). Unter ben Epicoenis der
Bögel finden fih ſchon weit: mehr weibliche, als ber den Säuge-
tieren, offenbar, ihrer Kleinheit und Zierkicgfeit wegen. Die -
großen, bie Praflenden, Frimmenden find beinah affe mämnnlich:
Strang, Stord, Reiger, Kranich, Schwan, Adler,
Geier, Falle, Sperber, Habicht, Rabe, Würger,
Specht, Kauz, KRufufna.”) Die Singvögel find in
ber Regel weiblich: Lerche, Droffel, Amfel, Meife,
Schwalbe, Nachtigall, Bachſtelze ). — Wie'ber den
ſäugenden Thieren das erzeugte Junge, ſo iſt auch das von
dem Vogel gelegte Ei neutral.
3) Der Gattungsname Fiſch (goth. Asks, ahd. visc) iſt maͤnnlich.
Unter den einzelnen Arten find die großen meißens männlich:
Aal, Hecht, Labs, Haufe, Stör, Hering, Barſch;
weiblich find: Rarpfe, Schleihe, Schmerle u.a.
4) Dan kann Wurm für den Oattungsnamen aller Reptilien
halten; ‘es ift gerecht auf den großen Lindwurm wie auf den
Heinen Regenwurm und überall männlich. Schlange,
Schnede, Blindſchleiche, Made, die ung jetzi weiblich
find, waren früher mämticd *).
5) Für eigentliche Inferten gilt die Regel, daß fie ihrer Kleinheit
- amd Schwäche wegen weiblich find, doch fehlt es nit an
Ausnahmen °). ⸗
Anm. 1. Ausgenommen find die ſem. Maus, Ratte, Otter und
Wieſel. Bei Rüdert (2, 34) lebt dem Wirfel, wo es neutral_zu
”" fein feheint, wie auh Beder (Schuler. 83) angibt. Befremdend find
die neutra Einhorn, Eihhorn, Rashorn, wo das Geſchlecht
nach dem letzten Wort der Bompofition ſich richtet.
Anm. 2. Scheinbare Ausnahme maht die Weihe, das aber früher
männlich war (abd. wiwo, wio, mhd. wie) und zuweilen noch fo vor⸗
tommt, 3.8. König tft ver Weih. Schiller. (Ben 3, 1.) Bon dem
rößern iſt noch mweiblih die Eule, von den mittlern Die Dohle,
rähe, Elſter, Wachtel.
Anm. 3. Ausgenommen find: der Staar, Sperling, Spaß, Fink,
Zeifig, Zaunkföni g (der bIoß der königl. Würde das männliche
Gefchlecht verdankt). chnepfe war früher masc. (ahd. snepho);
das Geſchlecht von Rothkehlchen, Rothſchwänzchen ergibt fi
aus der Diminutivform.
Anm. 4. Was die heutigen Naturforſcher in Amphibien, Inſecien und
Gewürm unterſcheiden, vermengte das Alterihum vielfach, auch in den
Benennungen, oder vielmehr dieſe giengen von dem finnlichen Eindruck
"der Tpiergeftalt aus, nicht von einem gelehrten Syftem. Die Fleder⸗
mans wurde daher zu den Bögeln gezäpft und ein fliegenves Inſect
durfſte Bogel, ein kriechendes Wurm genannt werden, das ahd. \
Wort für eruca (Raupe) iſt z. B. grasawurm.
Anm. 5. Ausgenommen find 3.8. der Käfer, Wibel, Schmet⸗
terling, Floh; Biene und Imme find ahd. neutra; Horniß,
Henfhrede, Deime (Brille, Beimchen) find abe. marc.
— a —
, u | b) Bäume und Pflanzen.
$. 420.
. Der generilche Name für alle großen Gewächfe iſt bas neutrale
Holz; ſpecieller ft Baum (goth. bagms, ahd. poum), Dei den
einzelnen Bäumen läßt fih der im XThierreih deutliche Grundſatz
nicht gelteud machen, daß Größe und Stärke für männliches, Fleinere
Geſtalt für weibliches Gefchlecht entfcheide; gerade bie höchften und
mädhtigften Bäume find weibliches Geſchlechts). Männlich iſt z. B.
Ahorn; Eiche war früher (ahd. asc, mhd. asch) männlich. —
Dbftbäume haben in unfrer Sprache feine einfahe Namen,
fondern zuſammengeſetzte, deren Gefchlecht ſich folglich nach dem
zweiten Wort der Compofition, Baum, richtet, alfo männlich iſt.
Unter den Gefträucden iſt Dorn (goth. thaurnus, ahd. dorn)
männlih, Rohr (goth. raus, abd. rör) neutral, wie auch Ried
und Schilf. "
: Die Oetreide find meift männlich; weiblich find z. 2.
Gerſte, Bohne, Linſe u.a. .
Bon den kleinern Pflanzen find männlich: Dopfe,
Mohn, Till, Schwamm, Beifuf (ahd. pipöz, mhd. bibö3),
Klee, Schierling, Rettih, Wegerich, Hederich; Kreffe
und Diftel, früher auch männlich, find nun weiblich. — Weiblich
Ib: Rübe, Möhre, Morkel, Neffel, Klette, Bilfe u. a.) —
euten find: Moos, Gras, Ried, Rohr, Wied, Kraut,
Holz, weil diefe Gewächfe immer in Menge nebeneinander fleben,
folglich ein Collectivbegriff eintritt. |
Eine Menge Pflangennamen find umfchreibend, 3. B. Nacht⸗
hatten, Storchſchnabel; es find Feld- und Wielenblumen.
Die edeln Gartenblumen, wie Rofe, Lilie, Biole, Tulpe,
Hyaeinthe, Aurifeln.a. find uns mit ihren Namen ans ber
Fremde zugeführt.
Die Frucht des Baumes iſt Obſt, fächliches- Geſchlechts, was
ſchon hei Junge und Ei wahrgenommen wurde. Die einzelnen
Obſtarten find theils männlich theils weiblich, befonders find
mehrere Aepfelarten und efbare Schwämme männlich, md
Endigen fih durchgängig auf ling, z.B. Grünling, Streifling,
Spätling u. a, Brätling, Süßling, Herbflling n.a.
Anm. 1. Auch dem Griehen und Römer waren bie meiften .Bäune
weiblig. Der Grund davon liegt entweder in der befchräntteren Lebens⸗
tpätigleit der unbeweglichen Bäume im Gegenfab zu den Thieren, oder
wieder in Volksmythen, die Zuſammenhang der Bäume mit geifterhaften
. weiblichen Wefen annahmen. Dan erinnere ſich ver Dryaden, ber
deutfchen Holzweibchen und der heil, Frauenbilder aus Baumflämmen.
Anm. 2. Es fheint, daß vorzugsweiſe die hoch und ſpitz auffihießen-
den —A —— Hk Reiner (Som. Sir, —2 Sam —
Hanf, Flachs, Hopfe, Till, Diſtel) männlich, die ind Breite ran-
tenden (Bohne, Erbfe, Reffel,. Rübe) weiblich ſind.
X
x
— U —
c) Erbe, Steine, Metalle.
8, 421,
Hier wird man zur Bezeichnung ber todten, rufigen Stoffe haupt-
fachlich Neutra erwarten dürfen. Wirklich find auch in allen beutfchen
— Pundarten bie eigentlichen Metalle neutral: Gold, Silber, Eiſen,
Kupfer, Blei u. a.
Der Stein iſt männlich wie auch der Fels; die einzelnen
Steinarten ſind großentheils männlih: Kieſel, Quarj, Spath,
Schiefer, Marmor; die Wacke iſt weiblich. — Die Edel-
feine haben meift ausländifche oder zufammengefeßte Namen, bie
nicht hierher gehören.
Erde iſt als Perfonifieation weiblich; die einzelnen Ervarten
dagegen find meift männlih: Sand, Gries, tehm, tete; bie
Kohle ift weiblih, das Glas neutral.
Anm. Ueberſchlägt man die Wörter für Metalle, Steine und Erdarten,
fo find die meiſten Reutra, viele männliche, wenige weibliche, und was
die Idee des weiblichen anregt, feheint in ihnen faum enthalten.
d) Fließendes Element.
.$. 422.
Oberſter Name ift das neutrale al ſer. ößte An⸗
häufung des Waſſers begreifen wir unter ben —88 eer und -
See. Die allgemeinen Begriffe Waffer, Meer, Sund, Than,
Regen, Wolfe, Eis find neutral, doch mit einzelnen Uebergängen
in bie lebendigere männliche ober weibliche Reihe. Dagegen tpeilen
fih die männlichen und weiblichen in die Individualität der Begriffe
See, Fluß, Welle, Ebbe, Bach, Duelle, Schnee und
‚Hagel in unſerer Sptashe dergeftalt, daß für Fluß⸗ und Wellen⸗
namen das weibliche Geſchlecht merklich überwiegt.
e) Wehendes Element.
. 423.
Der allgemeine Name Luft, früher männlich, iſt nun weiblich.
Der belebende Athem und Geiſt wird in allen bentfchen Zungen
. faft nur durch männliche Subflantive bezeichnet. Seele ſcheint eine
mildere Entfaltung des Geiftes. — Die Begriffe Wind und Better
‚berühren fih, Sturm ift nur maͤnnlich.
f) Leuchtendes Element.
§. 424.
Hier laufen bie Geſchlechter ſchon ineinander über, man n vergleche
nur: Fener, Licht, Schein, Glanz, Blitz; übrigens ſcheinen
— 166 —
eigentliche Feminina zu ſehlen, wenn man von der Perſonification
bei Sonne abfießt. Himmel ift männlich, wie auch Stern;
"die Benennungen einzelner Sternbilder find uneigentliche Zufammen-
- fegungen, deren Angabe nicht hierher gehört.
5) Welt, Erbe, Laub.
$. 425,
Die Begriffe Welt und Erde fließen dem Altertum mehrfach .
in einander. Die anf den beflimmten Begriff der Grundfläche be-
zogen Wörter, als: Grund, Boden find männlich, Dagegen. das
umfaffende Land neutral, vesgleichen auch Feld; das unbebantes
Held bezeichnende Wort Heide iſt weiblich, männlich dagegen iſt
Ader, wodurch beftelltes Feld bezeichnet wird. Berg iſt männ-
lich, Thal, früher männlich, nur neutral.
h) Leib und feine Theile.
$. 426.
In ber frübern Sprache bat Leib noch die Bedeutung von
Leben, bie es fpäter verloren. — Drei, den Sie ber edelften
Sinne ausdrückende Wörter find neutral: Herz, Auge, Ohr
Das Neutrum fcheint die allgemeine Thätigfeit dieſer imern Organe
am füglichften auszubrüden. Die übrigen Körpertheile find theils
männlich, wie: Kopf, Scheitel, Mund, Zahn, Baden, Hals,
Nade,Rahen, Schlund, Saumen, Arm, Finger, Daume,
Nagel, Rüden, Bauch, Wanſt, Nabel, Schenfel, Fuß u. a.,
theils weiblih, wie: Wange, Lunge, Niere, Nafe, Zunge,
Lippe, Stirne, Schulter, Achſel, Hand, Kauft, Kerle
Wade, Rippe, Hüfte, Lende, Bruft u. a., theils neutral,
wie: Haupt, Hirn, Antlis, Kinn n.a.
Anm. Es würde zu weit führen, follte bier noch Nüdficht genommen
werden auf die Theile des tHierifchen Leibes, vie Theile ver Bäume und
Pflanzen, die Geräthe beim Aderbau, die einzelnen Theile des Haufes,
des Landes, der Stadt, des Schiffes, der Bewaffnung; ferner auf
Kleidung, Kleinode, Seräthe, Gefäße, Speife und Trank, Mufttinftru-
mente u. a. Wörter, deren Gefchtechl fih nur ſchwer unter allgemeine
Regeln faffen läßt. F
li. Grammatiſches Geſchlecht abſtracter Gegenſtände.
$. 427.
Hierher gehören fowol unleibfiche, wiewol ſinnlich wahrnehmbare
Gegenflände, wie Schall, Schrei u. a., als auch ganz über-
ſtunliche Begriffe ausdrückende Subſtantive. Der Unterſchied folder
Abfractionen von ben leiblichen Dingen, ben eigentlichen Sachen,
+
x
— (ea ron — —
ringt in Die A iM das ihaen Gefchlecht
I Sagen Gabe Ya et * Altar a Ve —*
ſtalt eine gewiſſe Analogie mit den Weſen, deren isige Ge⸗
ſchlecht die Sprache ausdruckt. Die Abſtracta find Ferner Belebuug
aäͤhig, als etwa einer allegoriſchen.
§. 428.
Während bei den ſinnlichen Subſtantiven die Form der Wörter
nicht besädfichtigt warb; während dort das Geſchlecht viel unſicherer
iſt, weil die Phantaſie der Sprache fat bloß mit den Sachen Tpielte,
muß bei den abftracten bie Form befonders berädfigtigt werben:
‚ bie Phantaſie wird hier durch Formen und Ableitungen gezügelt und
gehalten. Doc berühren‘ fi die Grenzen ſinnlicher und abfleacter
- Wörter mehrfach und Taufen ineinander über.
A. Unabgeleitete Subflantive.
§. 429.
- Darunter werben bier ſolche verfiauden, bie ohne Zwiſchenlunfi
berivativer Buchſtaben aus Berbis gebildet werben, und zwar aus
ſtarken, vorhandnen oder verlomen, aber mit Weheſcheinlichteit
nachweisbaren Verbis.
a) Starke masc.: Dank (goth. Ihagks, ahd. danh, mhd. dane),
Diebftahl, Stih, Fraß, Geſchmack, Bruch, Spruch, Tritt,
Beſitz, Deleg, ehe) Schein, Trieb (für Euch), Berweis (für
Verweiß), ieiß Streit, Neid, Preis, Strei
Biß, Riß Ritt, Schritt, Stich Genuß, Schluß, Shah, Bug,
Flug, Trug, Stand, Schlag, Anwachs, Dee m, "Sinn, Befehl,
Schimpf, Binf, Erwerb, Schall, Kampf, Glanz, Trant, Klang,
Fund, Fang, —* liner ſhieb (für Unterfgeid), Lauf, Fluch, \
: Era, Schlaf u
) Sterfe fem.: "Babe (goth. giba, ahd. köpa, he. gebe),
Wahl, Zahl, Scham, Annahme, Dual, Gewahr (Gewahfam),
Bitte, Sehe (Sehkraft), Gnade, Rache, Sprache, Lage, Frage, -
—* Traufe, Reue, Sache, Wache, Buße, Muße, Hilfe,
erberge.
.c) Starke neutra: Ziel (ahd., mhd. zil), Gebet, Leid, Schloß,
Geſchoß, Gebot, Ding, Geld, Gefecht, Band, Mand, Hehl
(kein Hehl haben).
d) Schwache masc.: Namen (ahd. namo, mhd. nam), Biſſen,
Glauben, Schaden (im Nom. auch Name, Glaube, Schade
‚ gefgrieben). .
$. 430,
Unabgeleitete, nicht mehr, oder noch nicht ausgemagt,
auf ſtarke Verba zu bezichende Subſtautive gibt es nicht ſehr
= q
[2
— — —n—n— ——
vieles 6 moͤgen ihnen auch ſchwache Vecia oder gar keine zur Seite
Sehen. Hierher gehören: .
a) Starte mase.: Eid (go Abe, ahb. eid, mh. eit),- Som,
Gruß, Haß, Hohn Raul, Ras, Krieg, Lohn, Mord, Muth,
Raub, Raum, Rauſch, Ruf, Run, Saus, Schatz, Schaum,
Schluf, Tanz, Traum, Bahn, Zupf.
b) Starke fem.: Weile (gofh. hveila, ahd. huila, mhd. wile),
Ehe, Ehe, Feier, Furcht, Habe, Hut, Lehre, Mietke, Minne,
Muhe, Sage, Sorge, Speife, Treue, Zeile, Roth, Zeit, Art.
0) Starke neutra: Jahr (goth. jer, ahd., mhd. jär), Buch,
Led, Lob, Gemach, Spiel, Beifpiel.
d) Schwache fem.: Sage (goth. Saga, ahd. saka, ap. sage),
Salbe, Woche.
6. 431.
- Das folchergeftalt unmittelbar, ohne eintretende Asteitungs-
elemente, aus dem Verbum erwachfende Subſtantiv ift deffen reines -
Abbild und drückt vollfommen den darin enthaltenen Begriff aus:
fhlagen, Schlag; ehren, Ehre. — Hinzugefügte Ableitungen
fleigern und verändern die Abſtraetion; man fühlt den Unterſchied
zwilchen Beruf und Bernfung, und zwiſchen jenem Subftantiv
und dem ſubſtantiviſch gebrauchten Infinitiv: der Ruf und das
Rufen. Leßterer Täßt fih von jedem Verbum ſetzen.
$. 432,
In den mit dem Ablaut gebildeten Subftantiven fcheint ſich unfere
Sprade. einen Erſatz bereitet zu haben für ihre abgehenden Activ-
partieipien und Tempora der Vergangenheit. Man betrachte nur die
maso. Geruch, Geſchmack, Sinn, Lauf, Schritt, Gang,
Fluß, Flug u. a., und die fem. Rache, Gnade, Klage, Sage,
Trage u. a. und vergleiche fie mit den entſprechenden Lateinifchen: -
olfactus, gustus, sensus, cursus, passus, inoessus, fluxus, volatus;
ultio, propensio, actio, relatio, yquaestio. Im Ganzen ſcheinen vie
masc. mehr den äußern Vorgang, bie fem. mer bie innere Empfin-
bung zu bezeichnen.
B. Abgeleitete Subftantive.
1) Ableitende einfache Votale.
§. 433.
Dies Tonnen nur J und U fein, da A nicht ableitet, E und O
unurſprünglich find. Aber auch die Ableitungen mit J und U find
nbd. nicht zahlreich.
a) Ableitendes J und zwar:
0. Starte neutra: Reich (ahd. rihhi, mhb. nahe), Sei,
Heer, Ende, Urtheil, Gerede, Geſpräche, Geſetz.
ms
ß. Starke fem.: Hitze (afb. hizka, mie. hitze), Minue
Sünde, Wonne.
y. Alle aus Adiectiven gebildete, Abſtraete find ſchwache
fem.: Güte, Liebe, Länge, Breite, Höhe u.a. Uebrigens
ift hier von Feiner leituns im ſtrengen Sinne des Wortes
die Rede, vgl. $. 15.
b) Ableitendes U. Die Zahl der hierher gehörigen Wörter
muß vor Alters weit größer gewefen fein, läßt aber an
den fpätern Subflantiven, da nur der goth. und zum Theil
ver ahd. Dialelt das U bewahren, nicht ermitteln. Dffen-
bar gehören hierher: Tod, Luſt, Hunger (goth. dänthus,
lustus, huhrus).
2) Confonantifge Ableitungen.
$. 434.
Hierbei ift das zweite Capitel 6. 23 f. ſtets zu vergleichen. Ab⸗
feitende Formeln find bier:
Al, bietet masc. und fem., früher auch neutra: ber Wandel,
. Tadel, Adel, Zweifel, Taumel; die Seele. ($. 26.)
Sat, faft lauter neutra: das Drangfal, Irrſal, Labſal u. a.
Wechſel iſt mannlich. ($. 30.)
An verhält fidy wie Al, nur daß es jetzt auch neutra ibt: ber
Wucher, Jammer, Zauber, Summer; das Wunder,
Alter, Laſter. ($. 43.)
Am, bietet faft nur masc.: Harm, Traum, ($. 50.)
At, bietet alle Gefchlechter, doch am meiften weibliche: die Roth
Zu — Mitgift, Haft, Kraft, Ankunft, Berunnft,
Schrift, Zunft, viele mit —ſchaft; neutral ud: Stift
und Gift !). Männlich iſt nur Lauft in Zeitläufte. (H. 7%)
&t, bietet masc. md fem.: der Durft, Froſt, Geiſt, Ber
luſt, Troſt, Gewinnſt, Wuſt, Zwiſt; die Drau,
Friſt, Gunſt, Laſt, Lift, Luſt, Schwulſt. ($. 77.)
Ht, bietet alle Geſchlechter: der Verdacht; das Recht; die
Andacht, Flucht, Fracht, Gicht, Wat, Frrigt,
Pracht, Sudt, Wucht, Zudt. ($. 80.)
Th, infofem davor ein auslantendes 9 ober © der War f ge-
wichen ift, fo dag th eng an den langen Vocal ber Wurzel
tritt. Hierher gehören etwa: Muth (ahd. muot), Tod (ahd.
töt), Flut (add. vluot), Naht (ahd. nät), Glut (ahd. kluot),
Brut (ab. pruot), Zeit (ahd. zit).
Ath, bietet nur das neutrale Bild (ahd. piladi). ($. 95.)
Ith, bietet die fem.: Freude, Gterbe, Begierde. (5 99.)
Ooth, bietet die fem. : Armut, Demuth, Großmuth. (5. 102.3.
—19 —
Ang, uhd. Aberall mit abfiracter Bedeutung, ſind ziemlich zahlreich,
wie aus $. 140 zu erfehen. ,
BR, dazu gehören: die Angſt, der Eruft, ver Dienfl. ($.139.)
Anm. 1. Als masc. fieht Gift bei Goethe (Fauf 1, 58): Sch Habe
ſelbſt den Gift an Kaufente gegeben; und I Jean
4, 262): Den ſtärkſten Gift kochen.
Anm. 2. Die Sprache bedient ſich des einfachſten Mittels, Subflantive
au ſchaffen; ihre äfteften Abftracta find varım männlich, wodurch
er Borrang sis Geſchlechts ($. 404) befätigt Wir. Das Ableitungs⸗
vermbðgen 4 erſt ein zweiter Behelf, deſſen Wirkſamkeit ſteigt, ſobald
ſich die frühere Production geſchwächt hat. Unter den abgeleiteten Sub⸗
ſtantiven ragen bie le. hervor. Jene unabgeleiteten masc. er-
frheinen auch um ein fühlbares weniger abftract als viefe abgelei-
teten fem., fie halten noch gleichfam in ver Mitte zwiſchen dem finn-
lihen und dem abftracten Begriff.
Anm. 3. Der wichtige Grundſatz, daß dem Abftracten hauptfächlich
weibl. Geſchlecht zuflehe, muß tief wurzeln, da er auch durch Ber:
gleichung aller urverwandten Sprachen beftätigt wird, 3.3. vie latein.
Endungen -ia, -io, -itas, itudo. '
Anm. 4 Bei abfiracten Subftantiven iſt es in der Negel die Form,
welche das Geſchlecht beftimmt und nach fich zieht; bei finnlichen fiegt _
das Gefchlecht über die Form, und bei Subftantiven natürliches Ge⸗
ſchlechts hat es fie ganz überwältigt.
C. Geſchlecht aufammengefepter abftracter Subflantive.
$. 435.
a der Compofition ift das zweite Wort Hauptfache, nach feinem
Geflecht ſoll fih alfo das der Zufammenfegung richten. Dies muß
als Regel anerkannt werden, wobei es jedoch nicht an einzelnen
Ausnahmen fehlt. Das einfache scaf war wol maͤnnlich, die Zu⸗
ſammenſetzungen find ahd., mhd. und uhd. weiblih. Die Zufammen-
feßungen mit thum fhwanfen: Reichthum, Irrthum, Chriften-
thbam, Fürſtenthum ($. 174. 226 unter döms). Theil ıfl männ-
lich (zuweilen neutral), Gegentheil neutral; Reich neutral, Be⸗
rei meiß maͤnnlich. Das ahd. heit ifl männlich, die Zuſammen⸗
fegemgen find weiblich ($. 174. 226. unter häids).
Anm. Befonders ſchwankend iſt das Wort Muth, wenn ed mit andern
Wöürkern, befonders Adjectiven, zufammengefekt wird. Man vgl. 3.2.
die masc.' Heldenmuth, Frevelmuth, Hohmuth, Stark
muth, mu Mißmuth, Nebermuth, Unmuth, und
die fem. Großmuth, Demuth, Wehmuth, Sanftmuth, Yang-
muatb, Shwermuth, Anmuth,. Wenn vielleicht nicht bei allen,
. ſo Jäßt ſich doch bei mehrern ver Grund dieſes Wechfels auffinden; man
vgl. nur den folgenden $.
D. Abſtracteſte Neutra.
8. 486.
Im weiblichen. Geſchlecht liegt eine größere Abſtraction als im
männlichen, ihr @ipfel ift aber im Neutrum zu fuchen. Das Neutrum
af (Zitan
%
. — 11 —
if, vermöge feiner Mater, das Unbeftimmte, Aligemeine (6. 448);
feine Form weiſt es in die Mitte zwiſchen masc. und fem., fo daß
es bald die lebendigere Flexion des masc. theilt, bald in der unvoll-
fommneren weiblichen noch mehr erſtarrt, als felbft das fem.
$, 437.
Die Abſtraction, son welcher bier die Rede iſt, beſteht in einer
Ausdehnung bes Geſchlechts auf Wörter, die gar Feine Nomina
find. Es kann durch ſolche Gefchlechtsertheilung ſelbſt Flexious⸗
ſähigkeit des Wortes, das kein Nomen iſt, entſpringen. Aber ame
das neutrale Geſchlecht kann bier eintreten. Folgende Fülle fiat
befonders zu merfen: \
1) Sronomina find an fich gefehlechtefähig. Einzelne vom ihnen
kuönnen auch fubftantivifch genommen werben, 3.9. das Ich,
das vertraulihe Du, das vornehme Bir,
2) Auf dieſelbe Weife Tönnen einzelne Verbalflerionen fub-
Rantivifch gefebt werben, 3.8. das Muß, das Iſt, das War;
das Wache anf, das Vergig mein nicht, das Lebe wohl. Männ-
lich iſt der Zeitvertreib,
3) Weit hervorſpringender und entſchiedner iſt die neutrale An»
wendung des Infinitivs. Die Abfiraction vermindert fich
in dem Grad, als dem Infinitiv Feine andere, ihrem Begriff
unäcf fömmende Subſtantivbildung an der Seite fließt. Ver⸗
Lungen, Leben find weniger abflract als etwa das Gehen,
titten. "
4) Endlich kommen “auch fubflantivifch gebrauchte Partifeln in
Srwägung: das AG, das Ga. Der Dann, der das Wenn
‘und das Aber erdacht. Bürger. (Abt von St. Gallen.)
im. Gefhleht fremder Subflantive
$. 438.
Die Aufnahme fremder Wörter iſt natürlich und unvermeidlich;
fie verletzt kein Nationalgefühl, weit zwilchen allen Völkern em
gegenfeitiger Austauſch der Sachen und Wörter finttfindet.
$. 439.
In der Art und Weife, wie wir noch heute fremde Worter in
unfere Sprache einlaffen, zeigt ſich jedoch ein bemerklicher Unterſchied.
Das Altertum verfuhr dabei viel nälver und ungezwungener. Unſer
Streben geht jetzt dahin, ine fremden Ausbrüde gerade fo. beizu-
behalten und auszufprechen, wie fie bei dem Volk, von welchem wir
fie übernehmen, im Gange find; wir meinen bie Irene gegen bas
fremde Wort zu verlegen, wenn wir ihm etwas an feiner Betonung
enigieben, einen Buchſtaben darin unterbräden ober fein: Geſchlecht
”
— m — .
_ veränberk, uub. gaben Lieben bie uns ſelbſt. ſchulvige Treue auf, indem
wie unferm angebornen Sprachorgan alle mögliche Gewalt anthun.
$. 449,
Die altventfihe Sprache bediente ſich hier des einer jeden zu-
‚ Rändigen Rechts, das fremde Wort ihren Werkzeugen und Gewohn-
heiten zu bequemen: carbunculus wird zu Karfunfel, weil man an
Funlen dachte; arcubalista zu Armbruft u. a DaB hierbei bes
urſprunglichen Gefchlechts der Wörter am wenigften gefchont wurde,
bat fi erwarten. Bei Wörtern, die natürliches Geflecht aus-
drückten, Konnte freilich Leine Abweichung flatifinden.
Anm. Nicht ungegründet ift, was in „Archiv für den Unterricht im
i entſchen“, herausg. von H. Biehoff, 1. Jahm. 3. 9. S. 105 bes
mertt wird: „Wenn den aufgenommenen Fremdwörtern ein beutfcher
‚ Anftrich gegeben wird, fo feheinen fie mir die Reinheit und Urfprüng«
Nlichkeit unfrer Sprache nur um fo grimolicher zu trüben ... die Phans
tale müht ſich jetzt vergebens ab, eine natürliche Beziehung zwiſchen
Sage und Bezeichnung Coon Armbraft aus arcubalista) Zu n; bei
einem Worte, an dem man feinen fremden Urfprung fogleih erſieht,
verzichtet man von vorne herein auf diefes Bemühen.” — Wi
Geſchlecht, it es auch mit der Orthographie ver Fremdwörter, und die
Lauilehre hat bie ger und da auftauchenden Formen Geografie, Filofofie,
Kitero (Cieero), Korefch (Cyrus) näher zu erörtern.
A. Beibehaltnes Geſchlecht.
$. 441.
Männlich: Zins, Sack, Pſalm, Kohl, Sittich, Karfunkel, Orden.
2) Weiblich: Natur, Tafel, Elle, Oblate, Kammer, Küche, Krone,
Pforte, Kette, Sportel, Roſe, Viole, Pappel.
3) Neutral: Pfund, Oel, Kupfer, Capitel.
B. Abweichendes Geſchlecht.
§. 42.
1) Uebertritt des männl. ins weibliche: Mauer, Pfütze,
drugt, Rofine, Muskel, Nerve, Mythe, Hymne, Hyacinthe,
ocke
2) Uebertritt des weibl. ins neutrale: Fenſter, Almoſen,
Katheder, Kreuz. Ä .
3) Nebertritt- des nentr;: ins männliche: Balſam, Alabafter,
- Mein, Söller, Tribut, Tempel, Lolch, Effig, Lein, Pfeil,
Breis, Fenchel, Kerbel, Weiber, Senf, Kopf, Pfeffer, Körper,
u Alter, Kerker.
9 ughegtritt bes männl. ind neutrale: Paradies, Krokodil,
e.
5) Uebertritt des weibl. ins männliche: Anker, Kürbiß,
e mit dem
=
— 13 —
84 Kampher, Nabel, Purpur, Rh, Saum, Dom, Stoff,
ialekt.
6) Uebertritt des neutr. ins weibliche: Orgel, Lille, Marter,
Pacht, Pfalz, Prämie, Peterfilie, Kirſche, Pflaume, Birne.
Anm. Hier gibt e8 manche Ausnahmen, von denen rinige —
werden mögen. Barometer und Thermometer ſind > ch
neutral, als männlich finden fie fih bei Lichtenberg und EL Bren-
tano. Das neutrale Genie gebrauht Schiller (in d. Künfl.)
männlih. Muskel gebrauhen För ſter und Goethe (27, 264)
männlih. Für die Nerve findet fih auch der Nerv. Katheder
Beat ädert (3, 457) männlih; das Wort Hört man zuweilen
auch als lem.
Anhang.
$. 443.
Noch gibt es mehrere Wörter, die bei gleichem Laut und bei
gleicher Schreibung, aber bei Verfchiedenheit ihrer Bedeutung auch
ein verſchiednes Gefchlecht annehmen, z. B.
Der Band (Cinband), das Band (zum Binden);
— Bauer (Landmann), Bauer (Käfig);
— Bndel (Höder), ' Budel (metall. Verzierung);
— Bund (Bündnif), Bund (Gebund); |
— Chor (Berfammlung), Chor (obere Theil d. Kirche);
. — Erbe (Erhenve), Erbe (Erbſchaft);
— Gehalt (Werth), Gehalt nen
— Harz (Gebirg), Harz (an Bdumen) ;
— Koller (Krankh. der Pferde), Koller (Wams);
— Lohn (Belohnung), * Lohn (Zagelohn) ;
— Meffer (Meffende), Meffer (zum Schneiden) ;
— Drt (Pak), Ort (Dorf);
— Schild (Waffe), Schild (an einem Hanfe);
— Stift (son Metall), Stift (Kloſter);
— Theil (eines Ganzen), Theil (Antheil) ;
— Thor (Narr), Thor (Eingang);
— Berdienft (Kohn), Verdienſt (gute Handlung);
BESEEEEEEEEEEnE
— Zeug. (Gewirktes), — Zeng (Werkzeug);
— Alp (Elfe), die Alp (Berg);
. — Nur (des Haufes), — Flur (Feld);
— Geiſel (Bürge), — Geiſel (Peitſche);
— Haft (an einem Dinge), — Haft (Gefangenſchaft);
— Heide (Nichtchriſt), — Heide (Wüfle) ;
— Hat (Kopfbedeckung), — Hut (dee Heerbe);
— Riefer (Rinnbaden), — Kiefer (Baumart);
— Runde (Käufer), — Runde Machricht);
— £eiter (Führer), — Leiter (Treppe);
— Mafer (Holz), — Mafer (Pode);
. £) 2° .f« j je .
“
— 1 —
De Mef (ces Schiffen), die Maft (Mößung);
— Schwulſt (in der Rede), — Schwulft, Geſchwulſt (Rranfp.);
— Ser (Laudſee), — See (Meer);
y
— Eproſſe (Abtimmling), — Sproffe (einer Reiter) ;
— Borwand (Vorgeben), — Borwand (Vorberwand) ;
die Erkenntniß (Einſicht), das Erkenntniß (Urtheilsſpruch);
— Gift (Mitgift), — Gift (zum Töten);
— Kuppel (Dad), - — Kuppel (am Degen);
— Mandel (Krudt), — Mandel (eine Zahl);
— Mark (Land, Grenze), — Mark (im Knochen);
— Wehr (Waffe), — Wehr (Damm). |
Anm Görres (Myſtik 1, 174) fagt: Seine Erbe war im Rechte '
der Kindſchaft auf fie übertragen,
Siebeutes Eapitel,
Compyaration.
$. 444.
Dex Begriff gefleigerter Wörter wird gleichfam erhöht. Darin
zeigt fich von der Verkleinerung (Diminution) ein Unterſchied, daß
die Berfleinerung es eigentlich mit Subflantiven, die Comparation
(Steigerung) eigenitig nur mit Adjectiven zu thun bat. Adjective
beftimmen die Beſchaffenheit der Subſtantive; diefe Befchaffenheit
kann nah Stufen eintreten. Der natürliche Begriff des Adjectivs
ruht in feinem Pofitiv, von ba wird aufgefliegen bie zum Su-
perlativ. Jener drückt ben erften, dieſer den letzten Punct ber
Linie aus,
Anm. Es if alfo weder eine Minderung des Poſitivs, noch eine Stei-
gerung des Superlativg denkbar. Was z. B. ſchön oder grün heißt,
wäre gar nicht fo zu nennen, wenn ihm etwas an biefer Eigenſchaft
mangaiie es fünnte dann höchſtens hübſch oder grünlich heißen.
De teigerung tiber den Superlatto hinaus, 3. B. dur aller- ifl
eine unlogifhe Sprachgewohnheit. Auf der hoöchſten Stufe ſteht dieſe
Steigerung, weun Görres (Myſtik 1, 55) fagt: Recht im Centrum
der Perfönlichleit flieht der erfle Grund, alle andere tragend, und weil -
nun der Bater eben fo in ver Gottheit flebt, darum wird viefer aller-
centraffte auch unter fein Zeichen geftellt erfcheinen. Die Ausdrücke
weniger fhön, wenigſt ſchön feine Berriugerung son ſchön,
fondern Steigerung des verneinenden Poſitivs nicht ſchön.
$. 445. .
Zwiſchen dem Pofitio und Superlativ Tiegt eine unbeſtimmbare
Dienge er —— —— ur ven Mbiparabis ——
werden; ner u oß der_ein wenig über
er kan buy Monk mc leader —
— u
fi Mora He hehe Mater —* U Wim,
+.
175 —
ruͤckt, ſondern au der weit. davon entfernt uud beinahe der
on fie if. Einzelne Grade würden ſich genau une mit Orbistele
zahlen bezeichnen laſſen.
I. Adjectiveomparation.
6. 446.
Charaller des Comparativs iſt urſprünglich S, woraus dann
das St des Superlativs hervorgieng; fpäter trat a flatt S ein,
während das St des Superlative fi rein erhalten Hat!). Für die
Flexion aller Eomparative gilt das organifche Geſetz, daß fie nur
ber ſchwachen — fähig find; erft im Myd. hebt die ſtarke
Form am daneben zuläffig zu werben, und ndd. kann von jedem
Comparativ beiderlei Declination Rattfinden, Den Euperlativ ge-
bührt beiderlei Flexion.
Anm. 1. Den Uebergang des S in R, der fih auch font findet, z. ®.
ertiefen, erkor, hat die Lehre von den Buchſtaben zur erörtern.
§. 447.
Der vor dem R und St fehende Vocal ift goth. kurzes i ober
langes 5, ahd. ö, zuweilen A, das i wird Moon oft in & verdünnt,
mhd. iſt faft durchgängig e, uhd. immer. 3. B. goth. batiza, batist,
ahd. pezziro, pe3zist, mhd. be3zer, best, nd. beffer, be.
Diefes e fätft im Superlativ aber aus bei ben abgeleiteten Wörtern
auf 6, ch, g und ein einfaches I, m, n, r und bei den Sproß-
wörtern, mit Musnahme derer auf et, t, haft, icht, 3.3. grob, -
gröbfl; kahl, kahlſt; freudig, freubigft; tugendhaft, tugendhafteſt.
6. 448.
Comparativ und Superlativ erfordern in ber Regel den Umlaut
des Wurzelonrals. Hier find zwei Fälle zu unterfcheiben:
1) Sole, bie ſchon im Pofitio umlauten, 3.8. grün, fchön,
bepalten biefen Umlaut auch im Comparativ und Superlativ.
2) Solide, deren Bofitiv Feinen Umlaut bat, befommen ihn im
Comparativ und Superlativ, b B. Kalt, alt, lang, ſcharf,
fromm, groß, geſund, jung u. a
Keinen Umlaut bekommen folgende: baar, bang, blauk, bloß,
bunt, dumpf, fahl, falſch, flach, od gemach, gemuth (wolgemutg),
gerade, glatt, gram, Hohl, Hold, kahl, Farg, Har, knapp, lahm, Ins,
matt, morſch, nackt, platt, plump, raſch, roh, rund, farht, fanft,
- fatt, Schlaf, ſchlank, fchroff, ſtolz, ſtarr, flraff, Rum, ftumpf, toll,
“ voll, wahr, wund, zahm, zart; — alle Compoſita mit -fam, -bar,
-baft, z. B. mühlam, fruchtbar, zaghaft; — alle biphtongiitgen,
3 B. blau, braun, taub, laut; — alle mit el, et, en abge-
Isıteten, 3.8. bunfel, A pr, — an ie) -ig , —— Poſttio
——
— Aa
— 1720 —
wit umlautet, z. B. artig, muthig; — die Localadjective, von
weichen aber nur der Superlativ gebräuchlich, der Comparativ er⸗
loſchen iſt, . 8. oberft, unterft.
Anm. Die Boltsfprache lautet mande der angeführten um, 3.3. bang,
Har, zart; in der gebildeten Schriftfprade nehmen die unumlautenden
zu, z. B. zarter, flacher, gefunder. .
. 8.449, .
Es iſt einlenchtend, daB aus dem Pofitiv der Comparativ und
aus biefem der Superlativ fih bildet. Der Superlativ bat alfo
zwei Kennzeichen, das des Comparativs und das des Süuperlativs,
d. h. das urfprüngliche S des. Comparatios und das T des Super-
lativs ). Ein jeder Superlativ feßt einen Comparativ, ein jeder
Comparativ einen Pofitiv voraus. Der Pofitiv iſt aber oft aus⸗
geftorben und dann pflegt die gefleigerten Grade ein Poſitiv anderer
Wurzel zu ‚begleiten ($. 455). Manche Poſitive Taffen fih gar
nicht fleigern, 3.98. all, genug, tobt; ebenfo die materiellen Ad-
jective, 3. B. eifern, golden ($. 64. Anm. 2) ?). u
Anm. 1. Die prattiihe Regel, ver Comparativ werde durch -er, der
Superlativ durch -fi aus dem Pofltiv erzeugt, "taugt theoretiich gar
nicht, weil fe weber das r noch den genauen Zufammenhang des 5
. in fi mit dem r begreift. on
Anm. 2, Jean Paul (Kitan 73) fagt fogar bie deinigfte:
$. 450.
Unfer heutiger Schriftgebrauch geftattet auch eine Steigerung bes
Participiums Präter., in welchem mehr adjectiviſcher Sinn vorberrfcht,
3.8. gelungen, verworfen, geliebt; feltner bei dem Partie. Präf.,
das uns weit verbaler if. Doch fleigern wir 3. B. bebeutend,
einnehmend, rührend, entzücend, ermunternd. Daß folche abgeleitete
Formen feinen Umlaut haben, ergibt fih aus $. 448.
Anm. Die mhd. Sprache geftattet eine ſolche Comparation nicht, fie
umfchreibt den Comparativ mit baz, 3.8. ba3 gerilen, baz gewahsen.
I. Steigerung der Abverbien.
$. 451. Ä
Bloß adjectivifche Adverbia find der Steigerung fähig, und zwar
nur nentralacenfativifche (6. 365) und abgeleitete ($. 367), die
übrigen nicht, d. h. die Aoverbialcomparation befchränft fih auf
Woverbia der Befchaffenheit. Genau genommen wird auch hier
das Adverbium nicht gefteigert, fondern aus gefteigertem Grab des
Adjeetivs gebildet. Ä
S. 492.
Der kurze Bocal i (8) iſt der Synkope ausgefegt und dadurch
wird ſelbſt der weſentliche Conſonant des Comparativs beeinträchtigt.
_—1NM —
Nhd. find faſt alle abgelürzten Eomparativabverbien ausgeflorben
und die Sprache firebt, jede Korm des Adverbiums ber des Adjectivs
gleich zu machen; daher wird flatt des min nun minder, flatt des
baz nun beffer gefagt. Doc gelten noch mehr und eher. Der
Umlaut haftet, wo ihn auch das Adjectiv hat.
II. Anomale Eomparation.
$. 48.
Die geläufigften Adjectiobegriffe zeigen faft in allen Sprachen
eine uralte und gleihfam vorganifche Unregelmäfigkeit, welche ale
ein formeller Vorzug betrachtet werben muß, den bie fpätere Sprach-
ausbildung wieder zu verwiſchen bemüht if. Alle folche Anomala
‚ betreffen Wörter des häufigftien Gebrauchs.
Anm. Der Genius der Sprade feheint hier das innere Geheinmis ver
Borm mit ihrer äußern Schönheit imd Brauchbarkeit glüdlih zu verein.
aren, Die regelmäßige Bilvung ver Comparation hätte eine, bei
unabläffiger Wiederholung berfelben Wörter fehe empfindliche, Ein⸗
förmigfeit nach fih gezogen.
. 6. 454.
Unfere Anomalie besiegt fi auf zwei Stüde: einmal auf bie
Stammverfchiedenpeit der beiden gefleigerten Grade von dem Pofitiv,
dann auf die des Mbverbiums von dem Adjeectis. Im erften Fall
befennen fich jedoch Comparativ und Superlativ faſt immer zu ber
nemlichen Wurzel und fleben beide dem Pofitin gegenüber. Der
zweite Fall bat es Lebiglig mit den beiden Pofitiven zu thun, d. h.
die gefleigerten Grabe des Adverbiums flimmen befländig mit benen
des Adjectivs, weil alle Aoverbien aus Adjectiven gezogen werden.
$. 459.
Die einzelnen Wörter find folgende:
Gut, beffer, beft. ')
Viel, mehr, meift. 2)
Nahe, näher, nächft. 3)
Hoch, höher, Höchfl.
Bald, eher, eheft.*
Gerz, Tieber, Tiebfl.
Anm. 1. Nicht zu billigen ift es, wenn Rahel (Barnhagen von Enfe)
fagt: Luftig fen und immer güter.
nm. 2. Mehr if fa nur Eomparativ von viel, nicht mehr von
groß, was früher der Fall war. Nur ver Dativ ſindet ſich noch,
3. B. mit mebrerem Rechte — mit größerem Rechte.
Anm. 3. Die Unregelmäßigteit befleht hier nur im lebertritt des h in ch,
wie auch bei hoc, wovon die Lehre von den Eonfonanten Rechenfchaft
au geben del.
Anm. A. örres fagt einmal (Myſtik 1, 196): Schaffe ifn balder
als bald wieder fort. .
Anm. 5. Früher waren noch mehrere unregelmäßig, 3.3. die Begriffe
tlein, wenig, übel, alt, jung.
Kehrein Grammatik. I. 2. | 12
®
178 —
IV. Gemination der Steigerung.
$. 456.
Bisweilen wiederholt fih das gewöhnliche Comparationsmittel,
um befto größern Nachdruck hervorzubringen. Dahin gehört das
nbd. mehrere !). — Bisweilen beruht die boppelte Steigerung
auf Verbindung der üblichen Comparationsweife mit einer älteren
erloſchnen. Nhd. hat man hier die Comparatioform fahren laſſen
und bloß Poſitiv und Superlativ behalten: Innere, innerfte;
äußere, äußerfle; obere, oberfle; niedere, niederfte;
vordere, vorderfte; hintere, hinterſte; untere, unterfte;
mittlere, mittelfte?). Ä
Anm. 1. Die gemeine Boltsfprache bildet daraus den Euperl, mehrfl,
ver fich fedoch auch bei Schiller findet (Kabale u. Liebe 2,2): Die
mehdreften biefer Unglüdlihen. Poſſelt in feiner Rede auf bie
300 Pforzheimer fagt: Die mehrften ver andern Fürften. Bürger
(Borrevde f. Ged. 1778): Wenn meine Lieblingstinvder ven Mehrſten
aus allen Klaffen anfchaulich und behaglich find.
Anm. 2. Diefe Adjective prüden Folge und Ordnung in Zeit over Raum
aus, und find fireng genommen, ihrem Begriff nach, Feiner Steigerung
fähig: der mittele, mittlere, mittelfte Singer iſt immer
derfefbe. Allein der Sprachgebrauch hält fehon die Annäherung nad
oben, unten ac. für ein pofitiveg oben, unten ac., fo daß ein
Dberes und Oberſtes gedacht und ausgevrüdt werden kann.
Anm. 3. Die genannten Adfective haben dem Aeußern nach mehr den
Schein von Compar. und Superl., als von Pofitiven. Der Poftiio
ergibt fich aber genan aus der ältern Sprache. Mehrere Apjective, welche
die örtliche Fihtung ausdrüden, zeigen im Ahd. ein ſolches r ſchon im
Pofitiv, das fie im Comparativ dann vervoppeln, 3.3. innaro, Comp.
innaröro, Superl, innaröst; üzaro, üsaröro, Üüzaröst.
V. Steigerung der Zahlwörter.
§. 457.
Carbinalzahlen Fönnen nicht gefleigert werden; die Orbinalzahlen
brüden eine beſtimmte Stelle in der Drbuung aus und fheinen
infofern unfleigerbar. Wer der erfte ift, kann es nicht in höherem
Grade fein. Das t in den Ordinalzahlen: zweite, dritte ıc. hat
fuperlativen Sinn; der andere (zweite) iſt Comparativform, Bon
zwanzig an tritt die gewöhnliche Superlatioform fte ein.
Anm. 1. Das Wort hetzt Hat ung Superlativbeveutung, doch haben
wir au ein letz terer, freilich nur für befonvere Fälle gebräuchlich.
Bon diefem bildet Goethe (Kauft 2, ©. 122): „Die lestefen hat
Hercules erfihlagen.
Anm. 2. Das Pronomen felbe ($. 345) tft außer der Verbindung
derfelbe jegt ertofipen und durch die Superlativform felbft verprängt.
Bielleiht find felber und felbft keine Comparationgformen. Das
feldft erklärt fih aus dem frühern Genitiv selbes..
nn]
q
— 119 —
Achtes Capitel.
Diminution.
$. 458.
Diminution oder Verkleinerung findet ſtatt, wenn durch
eine in dem Wort ſelbſt vorgehende Veranderung dem Begriff von
feiner vollen Kraft etwas benommen wird. Hauptſaächlich bezieht
fih dieſe Verminderung auf Hubftantive, wie Die Steigerung auf
Adjective; doch fönnen zuweilen Adjective, Adverbia und felbft Verba
verkleinert werden,
$. 459,
Das Diminutio hat nicht nur den Ausdruck des Kleineren, Ge
ringeren, fondern auch des Tieblihen, Koſenden. Daher finden fi
biminutive Formen mitunter bei großen, erhabnen, heiligen, erwünſchten,
ſelbſt gefürchteten Oegenfländen angewandt, denen man ſich vertraulich
nähern und etwas Freundliches abgewinnen will.
$. 460.
Daß Beides, das Kleine und das Liebe, in ber Idee ber
" Diminution liege, beftätigt bie häufig erfolgende auswendige Hinzu⸗
fügung diefer Adjective flatt oder neben der inwendigen Diminutiv«
form, z. B. ein feines Stückchen Brot; ein Fleineg Mei
ferdenz feine liebe Noth; das Liebe Brot; die lieben
Sternlein; ber Siebe Gott. In nho. Voltoliedern ſteht oft
mein Pferdchen nicht für kleines, ſondern liebes Pferdchen.
Väterchen, Mütterchen, Brüderchen, Schweſterchen drücken
uns häufig nicht den Begriff des Jungen, fondern des Traulichen,
Geliebten aus.
l
J. Subſtantiviſche Diminution.
$. 461.
Weſentliche Kennzeichen der Verkleinerung ſind, nach Verſchieden⸗
heit der Mundarten, die Eonſonanten L und K, denen ſich gewöhnlich
noch ein N zugefelit, Bor der Confonanz gebt ein J ber, und bie
Natur biefee unter allen des heiterften, Teichteften Vocals iſt auch
für ben Begriff der Diminution am gefchidteflen.
a) Diminution mit 8.
$. 462.
Die ältere Form ift hier ild, ilo, ili, Die dann mhd. in ele und
elin übergeht; nhd. wird das e ansgeftoßen und lin in lein ver
12”
— 180 —— |
wandelt, wobei ber Umlaut in umlautbaren. Wörtern unerläßlich iſt,
. B. Haus, Häuslein (ah. hüs, hüsili, mhd. hüs, hiuselin),
amm, Tämmlein, Auge, Aeuglein u.a Die von -el
gebildeten ftnfen beide e und ein I aus: Vogel, Böglein (flatt
Vögelelein, Vögellein). |
Anm. 1. Seutzufage if dieſe Dimtnutioform faſt nur bei finnfichen
Gegenſtänden gebräuchlich, man fagt nicht: Löblein, Freudlein,
Thätlein; nur in einigen NRevensarten kommen Abftracta vor, 3.3.
fein Müthlein kühlen. — Alle dieſe Diminutiva auf -Tein —*
jetzt etwas Feierliches, Poetiſches, und ſind in der gewöhnlichen Proſa
denen auf —chen gewichen, ausgenoggmen Fräulein.
Anm. 2. Der Negel nah fällt das e heraus. Manche Schriftfieller,
- und namentlihd Goethe, behalten es oft bei. So fagt Goethe 4.8.
Bögelein, Aeugelein, Röffelein, Schlöffelein, Bröfelein, Hempelein,
Kindelein, fa auch Kinverlein. Diefe Formen ſtehen alle im 1. Bande
feiner Gedichte,
b) Diminution mit K.
$. 463.
Aus einer, im Mittelniederlänpifchen vielfach gebräuchlichen, Form
kin, bie auch mhd. wenngleich fparfam vorkommt, bildete ſich das
uhd. hen, das noch im 16. 17. Jahrh. häufig ein volles ichen
war, z. B. Sönichen (bei Luther), Wäaldihin md Häusigen
(bei Opis). Das uhd. hen ſteht faſt nach allen Eonfonanten:
Theilchen, Lämmchen, Steinhen, Thierchen, Pfeifhen,
Bübchen, Bräutchen, Rädchen, Herzchen, Häuschen,
Stückchen, nur nicht nach g und dh, weil ih Jüngchen, Bäch⸗
chen nicht wol ausſprechen laͤßt.
Anm. 1. Alle —chen find, gleich ven ein, neutral. Einigen Eigen⸗
namen wird der Umlaut entzogen, 3. B. Carlchen, Malchen.
Anm. 2. Eigen find folgende Kormen bei Goethe: Fand mein Hol d⸗
hen nicht Daheim; muß das Goldchen draußen fein. Mailied 1, S. 89.
Anm. 3. Die (heffifche und rheinifche) Volksſprache gibt einigen Plural«
formen -er vor dem Achen: Mädchen, Mäpderhen; Rädchen,
Räderchen; Kindchen, Kinderchen u. a., eine kühne Fortführung
des epenthetifchen Plural -er der Neutra, die in Kinderchen zus
läffiger feheint als in Mäderchen. Ja man verwandelt an einigen
Orten fogarpen Sg. -hen in Pl. her: Kinderher, Mädercher.
0) Diminution mit L und K.
$. 464.
Zuweilen flehen die beiden Hauptmerkmale der Verfleinerung in
einem Wort zufammen, welches man eine geminierte Diminution
heißen fönnte, nach Art der geminierten Steigerung ($. 456). Diefe
Art findet ſich vorzüglich nach Gutturalen: Säckelchen, Jüngel-
hen, Bädhelhen Aus der beſſern Schriftſprache find bie
-eleinden, z. B. Söhneleinchen, verbannt.
— ——öö
PR \
—— 181 —
Anm, 1. Die Foren -ing und „tina enthalten nit ſowol eine
Berminderung ald eine Abflammung; vgl. $. 137.
Anm. 2. Diminutiva anf bloßes i finden fih im Schweizer Dialekt,
. z. B. Aehni (Epni) bei Schiller, Zell 3, 1.
Il. Adjectiviſche Diminution.
$. 465.
Hier find zwei verſchiedne Fälle denkbar, je nachdem das ver⸗
Heinerte Adjectiv ein folches bleibt oder zum Subflantio wird, Zu
letzterer Claſſe gehören: Trauthen, Lieben, Jüngling,
Liebling, Frühling u.a. Genau betrasptet gibt es in unferer
Schriftſprache keine verfleinerten Adjective. Vie Formen: ſüßlich,
rünlich u. a. haben wol etwas Diminutives, das aber haupt⸗
—7**— in dem mittleren I, nicht in dem folgenden hen begründet
ift, und ſich auf unterliegende Verba, füßeln, grüneln, zurüd-
führen mag. Es wird dadurch der Begriff von Annäherung an
Geſchmack und Farbe ausgebrüdt ($. 144).
IH. Berbaldpiminution.
$. 466.
Hält man zu lachen, fpotten, ſchnitzen, flreihen n. a.
die Kormen lädheln, fpötteln, ſchnitzeln, fireiheln; fo
enthalten letztere unverkennbar diminutive Bebentung, welche in I
begründet ift ($. 36). Einigen fcheint fein diminutiver Sinn, ſondern
bloß frequentativer zuzuſtehen. Indeſſen ift oft bie Wiederholung
einer Handlung gewiffermaßen eine Zerflüdelung und Verkleinerung
ihres Begriffs.
IV. Diminution zufammengefegter Eigennamen.
$. 467. \
Die Formen chen und Tein find felten, doch hört man z. B.
Conrädchen. Hier tritt nun befonders bei männlichen Namen ein
eignes Verfahren ein. Aus Friedrich, Heinrih, Conrad,
Gottfried wird ein vertrauliches Fris, Heinz, Cunz, Götz.
Andere analoge dauern nur als verbunfelte Gefchlechtsnamen, wie
Atz, Dies (aus Ulrich, Dietrich). Die ihnen gum Grund Tiegende
Verkleinerung entfpringt dadurch, daß der zweite Theil der Zuſammen⸗
fegung wegfällt und unberüdficytigt bleibt, der erfle aber durch ein
binzutretendes 3, gewöhnlich auch mit Verluſt der zweiten Muta,
eigenthümlich modificiert wird,
$. 468.
Wie in gewiſſen Zuſammenſetzungen das zweite Wort, ſonſt der
Haupttheil lebendiger Compoſition, tonlos werden kann, z. B. in
-
Nachbar; To muß in Eigennamen, deren zweites Wort leicht einer
gewiffen Verallgemeinerung ausgefegt ifl, eben weil eine große Menge .
ähnlicher Bildungen damit erfolgt, das erfle Wort in der Betonung
überwiegen. — In fremden Eigennamen pflegt. umgekehrt vornen
abgefchnitten zu werden: Tips, Hannes, Sepp; Clas aus
Philipp, Sohannes, Joſeph, Nicolaus. — Ueber unfere verkürzten _
Srauennamen Mine, Jette, Line u. a. vgl. oben $. 411.
Neuutes Capitel.
Negatio'n.
$. 469.
Allgemein betrachtet, iſt in jedem Gegenſatz eine Negation ent⸗
halten: gut, übel; Berg, Thal; Tag, Nacht. Zuweilen kann daher
eine negative Form dieſen Gegenſatz ausdrücken, z. B. nicht gut
für übel.
$. 470,
Im Grund fagt jedoch der Gegenfab etwas Schärferes aus als
ber bloß verneinende Satz. Jeder Gegenfah enthält wol eine Ne-
gation, aber nicht jede Negation einen Gegenſatz. Das Wefen ber
. eigentlichen Negation befteht alfo in der logiſchen Leugnung eines
Satzes. Durch nicht gut wird das pofitive gut zwar aufgehoben,
aber es wird unbeſtimmt gelaffen, ob übel oder mittelmäßig
eintreten fol.
$. 471.
Bei Sat und Gegenſatz Tann man auch umkehren, den Gegen⸗
fat zum Sag und diefen zum Gegenſatz machen; bei der Negation
st Pofition die überwiegende Regel, Negation die Ausnahme. Alte
Negation if aus dem Grunde ber Pofition aufgefliegen und feht
fie voraus.
$. 472,
. Die Negation ift nichts Neues, fondern eine bloße Modification
der Pofition, die dur eine Einſchaltung in den pofitiven Sag
erfolgt. Urfprünglich befteht dieſe Einfchaltung in einer möglichft
einfachen Partifel von eben fo fchneller als ficherer Wirkung.
Allmälich aber pflegt diefe verneinende Partikel fi auf das engfte "
mit andern Wörtern zu verbinden. Oft auch erfcheinen in ihrem
Geleit finnliche verftärfende Subftantive, welde fogar die negierende
Kraft von ihr ab und auf fich felbft ziehen können.
— IS ——
J. Einfache Negation.
§. 473.
Die conſonantiſche Negation gründet ſich weſentlich auf N, dem
noch ein kurzer Vocal beigegeben wird, ihre urſprüngliche Formel in
deutſcher Sprache lautet ni. Regel iſt, daß die Negation überall
unmittelbar vor dem Verbum des Satzes ſteht, was im Goth. und
Ahd. auch der Fall iſt. Im Mhd. findet ſich ne und en, beide vor
dem Verbum. Mancherlei Gründe wirkten, um allmaͤlich (ſeit dem
13. Jahrh.) die einfache Negation vor dem Verbum zu untergraben.
d. ift fie vollfommen erlofhen und muß überall durch das
nachfolgende, anfänglich bloß verftärfende, nicht erfebt werden. -
Anm. Ein ver Sprache nachtheiliges Ereignis: wir haben bie einfache,
gefünige Form einer fo oft nöthigen Partikel mit einer fchwerfälligen
vertauſcht; wir haben ihr den natürlihen Plag vor dem Berbum ent-
zogen und find darum mancher feinen Wendungen verluftig worden, die
in der älteren Sprache möglich waren.
Il. Berftärfende Negation.
$. 474,
Die Verftärfung der Verneinung ift doppelter Art: entweder wird
durch Anwendung zweier negierenden Partikeln ein größerer Nachdruck
hervorgebracht, oder der negierende Sinn durch Zufügung eines
pofitiven Wortes gehoben, das die Negation begleitet, Hierbei
ereignet ſich denn nicht felten, daß die eigentliche Negatiopartifel
untergebt und ihre verneinende Kraft ganz von dem pofitiven Wort
angezogen wird.
$. 475.
Der erfte Fall, daß fih zwei Negationen in einem Satze
häufen, ohne dadurch deffen Sinn in einen pofitiven umzukehren,
fommt oft in unfrer alten Sprache vor; auch in der neuen, wenn
gleich nicht fo oft, z. B. Reine Beſſere wiffen fie nicht. (LXeffing.)
ur fein Berluft nicht droht. (Reffing.) Reine Luft von feiner
Seite, (Goethe.) Dan fieht, daß er an nichts feinen Antheil
nimmt. (Goethe) Iſt fie (die Sonne) niemals nicht auf und
niemals untergegangen, (Klopſtock.) Alles ift Partei und nirgend
fein Richter. (Schiller) Das visputirt ihm Niemand nit.
(Schiller) Nie feine Mutter büßte fo viel ein. (Tieck.) Diefe
burften aber auch bei feiner KRatechismusprüfung in der Nachmittagse
kirche nicht fehlen. (Arndt) Das iſt Fein Spielzeug nicht. (Cha-
miſſo.) Zu dem zweiten Fall, in welchem fi die Negation durch
einen pofitiven Ausdruck flärkt, gehören die Redensarten: Ich
. frage den Teufel darnach; das taugt den Henker; oder: ich frage
nicht den Teufel darnach; das taugt nicht den Henfer,
Anm. Diefe Conftructton begegnet am meiften bei ven Dichtern des
13. Jahrh., die den verneinenden Ausdruck des Satzes überall vurch
— 184 —
ein hinzugefügtes Bild zu heben ſuchten, 3. B. daz hulfe niht ein
lat; ern gzbe drumbe niht ein strö; nü wil ich achten niht
ein spriu; ich were niht einer böne wört, er ahte niht
ein wicke; g&ben niht ein nu3schaln; din rede hilfet niht
ein ei u.a. — Unfre Bollsfprache gebrauspt noch mehr ſolche Redens⸗
arten als unfre Schriftiprache, 3. B. das if feine Bohne, keine
Dfeife Tabak, Teinen Schuß Pulver werth ua.
I. Prohibitivnegation.
, | $. 476.
Im verbietenden Sinne werben früber theils die negierenden
Partikeln, theils einige befondere gebraucht. Nhd. iſt die einfache
Berneinung unmöglih und das nicht kann dem Imperativ nur
nachgefebt werden: ſorge nicht. Indirecte Negativpartifeln find
daß nicht, auf daß nicht.
Zehutes Eapitel.
Frag,e und Antwort.
$. 477,
Hierher gehören Frage und Antwort nur, infofern fie auf bie
Form der dazu dienenden Wörter Einfluß haben. Das Weitere
darüber, wie auch über die Negation, fällt der Syntar auheim.
1) Frage.
$. 478.
An fich betrachtet gibt es zweierlei Arten der Frage. Die Eine
will durch die Antwort Auskunft und Beſcheid über irgend etwas
erhalten, ohne daß damit bejaht oder verneint zu werben braucht;
die Andere hingegen verlangt den bejahenden oder verneinenden Ent-
ſchluß des Antwortenden zu vernehmen. Dort fommt es auf den
erfragten Gegenftand, hier auf das Wollen over Wiffen bed Be⸗
fragten an: Wen Tiebfl du? Liebft du ihn? Die erfle, oder ob-
jective Frage wird in ber Regel durch den Anlaut, bie zweite,
oder fubjective, durch ein Suffir ausgebrüft. Auf die objective
Frage iſt eine vielfache Antwort möglich, die fubjective erwartet Ja
oder Nein. — Endlich find alle Fragen direct oder indirect.
6. 479, |
Das Hrincip objectiver Frage erſcheint bei der Bildung des
Interrogativpronomens und der daraus abgeleiteten Par⸗
rm
— — — — —
‘
— iss —
tikeln. Dieſen Wörtern klebt die Frage weſentlich an. In unferer
Sprache begründen die Eonfonanten hv den Fraganlaut, was
fih allmaͤlich ſchwächte und in w übergieng ($. 342). — Unter den
Suffiren, die bei der fubjertiven Frage in Betracht kommen,
fiebt das goth. -u oben an, woraus fih nu, aus ni-u (Ilatein.
non-ne) bildete. Diefes nu hat Feine beftimmte fragende Keaft,
bängt fih an fragende und ausrufende Partikeln, um deren Eindrad
zu erhöhen, und zieht den Begriff einer zweiten Unbeflimmtheit, die
halb Frage, Halb Interjection iſt, nach ſich. Auf ſolche Weife
pflegen wir unfer nun hinter andern Partifeln einzufchalten: wolan
nun! was nun? ja es an und für fih bald ahmahnend, Bald
fragend zu verwenden: nun! nun?
Anm. Die Bollsfprache fagt nu? na? no?
2) Antwort.
$.AR.
Hier handelt es fih nit um die Antwort auf objective
Fragen, wofür es feine befondern Partifeln gibt, fondern bloß um
die Antwort, welche auf fubjective Fragen folgt. Diefe kann
entiveber bejahen oder verneinen. Die Bejahung ergeht. auf dreierlei
Weife, entweder durch bloße Wiederholung des in der Frage aus⸗
gebrüdten Hauptworts, d. h. des Worte, worauf das Gewicht der
Trage Liegt, oder durch eine bloße zufichernde Partikel, oder Are
durch Verbindung der erften und zweiten Weife, 3. B. Willſt du.
Sch will; willſt du? Ja; willft du? Sa ich will. — Gtatt ber
einfachen zufichernden Partikel ſteht in feinerer Redeweiſe eine ver
ftärkte: ja wol! freifich! ja freilich! freilich wol! — Die Berneinung
wird ausgebrüdt durch nein! was goth. n& iſt, eine Formel, die
fi) weder in ber hochdeutſchen Sprache des Volks, noch in der des
vertraulichen Umgangs völlig hat ausrotten lafſen.
-
[4
Berbefferungen.
© 2. 3.8.9.0. iva f. tra.
.— .29 » = Confonantanlaut f. Eonfonantenlaut. Ä
4.6. = ſetze nach u. ſ. w. hinzu: aber unterblieben; der Lefer -
wird dieſelbe leicht ergänzen.
- 74. = 20. = » Namenwerden f. Nomenwerben.
« 92. » 10. v. u. nad f. noch.
» 98. =» 13. -» « ausfallenvden f. aushaltenden.
=
Drud von C. P. Melzer in Leipzig.
Kehrein's Grammatik
der
neuhochdeutſchen Sprache.
Srammatif
Der neuhochdeutſchen Sprache
nach
Jacob Grimms
deutſcher Grammatif
bearbeitet
von
Joſeph Kehrein,
Profeffor am herzoglich naſſauiſchen Sumyaflum au Hadamar, des Vereins zur Erforfhun
der rheinifchen Geſchichte und Alterthümer Pr Ma u correfpondirendem und der Geſellſcha
für deutfche Sprache zu Berlin außwärtigem Mitglieve,
Zweiter Theil
Syntar.
Leipzig, 1852.
Berlag von Otto Wigand.
— 2 — ——
Vorrede.
Ueber die Wichtigkeit einer tüchtigen Kenntniß feiner deut⸗
ſchen Mutterfprache für Seven, der auf Bildung Anſpruch
macht, hier reden zu wollen, hieße einen fchwachen Nachflang
von bem geben,. was tüchtige Gelehrte Gehaltuolles bereits
barüber geiprochen haben.
NRücfichtlich der Art und Weife, ber Methode, des
grammatifchen Syflemß, die deutſche Sprache zu flubieren,
haben fich, meines Wiſſens, drei Hauptrichtungen geltend
gemacht: die empirifche, die philofophifche, die hifto-
rifche. Jener, als deren Repräfentant Adelung gelten Tann,
trat eigentlich die philofophifche, als deren Repräfentant
K. F. Beder dafteht, entgegen, und fuchte die Sprache mehr
zu eonftruieren, indem fie von ben Formen bed Denkens
ausging, um bie richtigen Formen der Sprache zu finden.
Man ging und geht darin aber vielfach zu weit, indem nur
das gelten fol, was mit dem aufgeftellten Syftem überein«
ftimmt, wobei eine Sortentwirfelung der Sprache kaum
möglich ift. Zwiſchen beiden Methoden fteht die hifkorifche,
— vv —
als deren Schöpfer 3. Grimm anzufehen. Diefe Methobe
hat, wie die empirifche, hohe Achtung vor der Sprache, er-
fennt aber auch, wie die philofophifche, die Logifche Einheit
im Bau der Sprache an. Weitere belehrende Bemerkungen
hierüber finden fich in der Deutfchen Vierteljahr- Schrift,
1840. 4. 9. mitgetheilt von A. Schott.
Sch halte den von Grimm eingefchlagenen Weg für den,
der und bie meifte Belehrung gewährt, ver uns in der Werf-
ftätte des ewig fchaffenden Sprachgeiftes einzuführen am beften
geeignet if, und zwar vorzüglich deshalb, weil dieſer hochver-
diente Gelehrte dem Sprachgenius nicht engumzäunte Gren⸗
zen fteckt, über die er nicht hinausdarf, ſondern weil er mit
finniger Beobachtung und feharfem Bli das poetifche Ver⸗
mögen, bie finnliche Lebendigkeit, den noch immer fortfchrei-
tenden Entwickelungsgang ber Sprache verfolgt und nur
vor Abwegen zu warnen fucht.
Noch Niemand, dem es wirklich um Belehrung zu thun
war, wird bad nun bereit aus 4 Bänden, nahe an 4000
Seiten beitehbende Werf Grimms unbeftiedigt aus der Hand
gelegt haben. Gelängnet mag jedoch nicht werden, daß nicht
Jedermann Zeit und Muße hat, das inhaltreiche Werf Grimms
ganz zu fludieren: der Eine wählt diefen, ber Andere jenen
ber behandelten Dialekte zum befondern Studium; einer nicht
geringen Anzahl Leſer ift e8 vorzüglich um das Neuhoch—
beutfche zu thun. Einem mir von mehrern Seiten geäußer-
ten Wunfche zu genügen, bejonder8 aber die gehaltvollen
Lehren des großen Sprachforjchers nach meinen Kräften wei-
ter verbreiten und mehr in die Schule einführen zu hel-
fen, unternahm id) ed, mit des Vf. gütigfter Erlaubniß, fein
Werk für dad Neuhochbeutfche in einer felbfändigen Form
zu bearbeiten. — ch befolgte dabei ganz den Weg, welchen
— —
der gelehrte Vf. in ſeinem großen Werk eingeſchlagen, ſuchte
die Regeln mit ſeinen Worten oder doch wenigſtens in
feinem Sinne wiederzugeben und bie Regeln jelbft durch
zahlreiche Beiſpicle aus unfern beſſern Schriftftellern zu er-
läutern und anfchaulich zu machen.
Ich glaubte es hierbei der Sache felbft ſchuldig zu fein,
aush auf die andern beſſern Grammatiken NRüdficht zu nehmen
und in Anmerfungen einen und denandern Punct etwas naͤher zu
beleuchten, ver fich bei dem Leſen der zahlreichen Quellen als
beachtenöwerth barbot. — Namentlich wurde bei dem Ab-
Schnitt über die Bedeutung der Präpofitionen $. 245 f.
außer Adelung u. a. vorzüglich Beder benugt; wie mir
denn biefer verdiente Gelehrte außer andern trefflichen Winfen
auch manches nöthige Beifpiel an die Hand gab, das ich
dann freilich erft in dem Echriftfteller felbft aufjuchen mußte,
weil ich nach meinem Plan nicht allein ven Vf., fondern auch
bie Stelle in feinen Werfen angeben wollte, wo das ange-
führte Beifpiel zu finden ift. Diefe nähere Angabe fchien mir
befonders aus zwei Gründen rathfam: einmal um dem Leſer
ein etwaiges Nachfchlagen zu erleichtern, dann aber und haupt-
fachlich deshalb, weil mancher Schriftfteller, und hier nament-
lich Goethe, in feinen frühern Werfen vielfach anders ſchrieb
als in feinen fpätern.
Ueber die benugten Quellen giebt nachfolgendes Ver⸗
zeichniß Auskunft. Sch glaubte bis auf Leſſing zurückgehen
zu müfjen, ber gegen bie frühern fo wie gegen jeine Mitzeit
bis zur Gegenwart herab in origineller Kraft und Reinheit
daſteht. Von Herder, Wieland, Voß und J. Paul habe
ich jedesmal nur ein, glaube aber das wichtigfte Werf benutzt.
Bon neuern und neueften Dichtern wurde Uhland bejonders
berüdfichtigt: und zwar vorzüglich deshalb, weil er manche
— — — N ———
*
fonft veraltete Form wieder ins Leben einführte. — Die
übrigen neuern und neueſten Schriftſteller — wer kann fie alle
leſen? Wer mag manches von dieſem und jenem Gewagte
ſchon als Stoff der Syntax benutzen? — Bei der zweiten
Abtheilung, der Lehre von dem mehrfachen Satze, wer⸗
den theilweiſe andere Schriftfleller, beſonders Proſaiker
(Redner und: Hiſtoriker) als Quellen zu berüdfichtigen fein.
Der Berfaifer.
©uetten
u $. G. ‚Alois ara 1803):
K. M. = Kiki Meſflade, Sun 8; 1746. 1778.
8. €. Seting (1139-1781), °.'- rn
2. Aj. = Leſſings Alte Iungfer, Luſtſp. I 0-00 0. 170.
| R3 = Emilie Galotti, Tr. 5... - * een, I.
5% Ze nenn. 217.
3. Juden, L. 1. : ren 1
Ig. = der junge Gelehrte, & 3. . - nn UT,
8 z=alon .. 0000. ee ee, RE
IM me Mama von Barnheln, L. 8. 2 37 1708,
u Ka RR BELETIINT
R. = Nathan, wand. On. = ne. 17
Yh. — Philotas, Tr. 1......... nn st WÄRSOE
SH. = Schatz, L. en eh TOD
.
r®
« m. ielaud 4138-1913): - u ai
= Wielands Oberon, rom, am in 2 Sr ie , 1720,
6. +. ae (1748-1808).
1 Pe=Hmbers Speen —*Rꝛèè& Ice —2RR —*
9. =. v. Soethe (1749--1832).. trend
G. €. = Goethes Egmoht, Trab. arg ten ern .KTOR.
1... Fauſt 1. 2 Ehe meer ns 17904831.
in Delhi. Un nen nn TE
5: Ob; za. Hermann und-Dovoiban. “ni. Cine. nn ie RIO
J. ne dr IR,
Sehen zn Wapıpeit man Dichtnug Cu end
% = Big, Meifers Lehrjahre, Roman. . . - 1794-17%.
Nt. == Eugenie, od. d. natürliche Tochter, Tr. 5. - - - 1808
St. = Stella, SHE 2. 2. 000000 . ST
2%. — Toranato Taflo, Tr.. 1B7.
Bi. = W. Neiſters Wanderjahre, Roman. . - . 18211829.
Bl. . == Werthers Leiden, Roman. oo... 0000. 0. IT
Dr, = Wahlverwandtiſchaften, Roman - - » « . . . - 1800. '
L
— WM ——
S. Bom. = Schillers Braut von Deffina, Zr. . 2 . ' +» s 1803.
DE = Don Karlos, Tr. 3... 0000. 00. 187.
F. = Fiesko's Verſchwörung, Tr. 85. .... .. 1783,
Ivo. = Sungfrgu von Orleang, 25... 0. + 1801. _
8. = Rabale und Tiebe, Tr. 5. 1784.
- R = Wallenfleins Lager. » 2200er. 1800.-
P. = Piccolomini, Schi Sir dh + midi nee . BBOR
ia. "= Mäuber, xx. R: Por BF TG hen Ale, d 1781.
St. = Maria Stuart, Tr. ann 4800.
er... ‚> Ballenfleins Top, ar. EI nr BON
AUT U. *Wilhelm Tel, Sch. 5. * 53 1804.
Aus bem Abfall ver Niederlande Buch 2 u, 4 Branche; "Tomonte
Hinrichtung; Alba's "Zug; Belagerung son Antwerpen· — Aus
vem 30jäfr." Kriege Hin und. wiedrr. La
4 « ; ut
5%. ‚Voß (1751-1926), n u : |
io: &..== Boßens, Luile, Jandl. Ayp«. 3, Bopl,, im. Mei. za 1795,
Sük Panl Fr. Richter‘ Wiss)
lan Jean Pads“ Sit ; Roman.” nf Pre: 2. 1800-1803.
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. 0.8 0 + bb 8 9! MP — ff » n.# —
9. ubland AST). rn ui im. or
Hẽ? Uhl. ⸗ Uhland. . tn
Anmerkung Bei Klopſtock kapfenfe ie;. mi rg 4 Keipzig
1839, 12. — BeiFeffing. der Ausg. Carlsruhe 1828. 8. ur. alten
Zungfer, vie bier fehlt, einer frühern Ausgabe.) — Bei Wieland ver
Ausg. Carlsruhe 1815. 8. — Bei HerverierYlusgi Citlenferte20. S.
Bei’ But he. der. Ausg. Stutig. is Tüb. 1827, 42, Si iller
der Ausg, Stüttg. u. Tüb. 1823. 12. — Bei Voß. der ch eipzig
1837, 12. — Bei 3. Yanl der Busg, Bier t6oT. Be Beranh
bet. Ausg: Stuttg. 1840. 125 7 mine = =“ *
Bel den dramatiſchen Berten iſt nach Aſubn ifo Ruftritten· (Acten
rer Beenen), ‚bei Goethes Jauft jesoch nach Theil und Sekte, bei-den Ro⸗
were ‚nach. Büchern und Capiteln citirt. —Eintzeinen Gebichte vvn Klop⸗
ſtoch Leſſing, Goethe, Schiller, Upland, Bürger; Salis / Matthiſon, Hölty,
Elaudins, Stolberg, Rückert find pach hen · Uebirſchrcun angefühert,
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a) Zufnitlo 3 23325
1) Reiner Juſinitiv.. 3
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. Ellipfen. des Auxiliaraæ.. ovo .. oe — — — ——
. 6) Futirum.. at dee „ 100
Biertes. Gapitel. Numerus, ... ebene
Fünftes. Sapitel.. Perfon. u urn. mn 109 -
a). Derfönlide Pronomina. .- sure. see ner 111
3) Unperfönliche Provomina.... .. er . —. 114
Imperſonalia...... —R —B— „ 121
N . Zweiter: Abſchnitt. Romen im eian den u DE '
Erſtes Eapttel: Begriff des Romens.. TE, 130
Nominalellipſen. 0... Vo, „en, sl, „137
a om Capitel. Genus und Rheru, . a
a. 0 [Te BB 37 LE 2. ? it
Mrittes, avi. Pronomeann.. EP HA SEE DEE IE DE Ze SU Zr Ze DE U
db). Perfönlihes Prongmen, . 0... 0 era. "rn pr
I .a) Reflerive Form. co... eure. f: Eu tn ‚.„, 457
‚coc, .D) Geſchlechtige Form. =. ee asp ngt sun 3109
642) Poſſeſſives Rronomen. ..r A Weiten EU ID, 40
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ae | Ss. 25 1x
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Biertes Capitel. Die Übrigen Pronomina. -
| 1) Artilel.. 0 000 0... 616
a) Form bes Artileld, . | vo) —X m .. oo... .. 164
b) Gebrauch des Arlilele.. © oo 00 oe Senne en ey 166,
‚r Dr Eigeutlihe Demonfrativa,. - - 2 00 00 ee .3, 18
3) Interrogettvpronsmen. wii. Asissint a 9 BYE oo „4181.
7 4) Unbeftimute Pronomina .. 0.0.0 ve) ee IR
Fünftes Capitel. Flexion. . vr —8————— 47 184
1). Weggeworfene ſtarke Flexion.. einen 186
2) Subfantiocafus ohne Slerion.. 0. 0.0 nenne ern BT
b) Adiectivcaſus ohne wen en 0. 00.» . . „ 1%
2). Starte und fhwache Form. . - .- -. ... ...... |: GB:
a) Schwache Form...» > uo 0er. .... |: ->
d) Starke Börm.. one. 5 53236
Sehfes Capitel. kaſus. . . .... ...... er.» MR
‚.A) Berbaltedion. .. » > 0 ve nern. ne, 208
4) Romimnatd. . ee. . ernennen 204
5 Acxuſativ......... nen O6
3 Den nn nn nn
. DA. ee ee rer en. 27
By Rominaliechin. .. 2... TE en 231
.. P) Genitiv. u. oo '
. a) Venitiv abhängig von Subſtantiven. ... “si, 2832
"DM. et. a 4Adjectiven.. .. „233
c) — Pronominen. „234
— en Buhkwärkem ee, 285
. 9) Dativ. FE Ze .“ a
) Dativ, espängig von Sußftantiven, rien 236
: b)- - Üdlesliven. vente 5.297
3) Ascufativ.. Deere 238
J Y 2 Accufatio abhängig son Adjectiven. 4 5 239
‘© Partilelrechion, -. -. .- - Pe ... ne. BO
A eG eo... RD
2) Conjunctionen und. Snierjeetionen. 41
or 3) Präpofitionen.. - 22 u lo. .. ey 2
8) Rection ber Sräpofitionen. . rn 244
b) Bedeutung ber Irkpefltionen.. 3:= =.% © ery.en ne 245
ei. 0) Gebrauch Ger Präpofitionen. » > + to ec ne u 2a
ui 2 Pripofikionen neben Berbiö.....-... +. Pen ng
1. ) beim Subftantiv. Kowen ... : .. .: 81
7) beim’ Adjectiv. : 324 „1290
2-0) bet Sronpm. „ Zahfiwörten und Siperitiorn. sit, 300
Whebintee Eapitel: Abſolute Caſus. Ten Bas
Mpfointe Romina; 2 ©. 5 © —B enededee ec 5802
Abſolutes Subſt. und Anfecho: or een ann in, 30
Abſolute Parkicipias =...
Ka BE SE SE EEE EU
tee Earpitel,- Mooreb- und Mdfkchduen wei sw una”
—.
[3
en m ED pin a ee HH a = u
Erfie Abtheilung:
Syntar des einfachen Sates.
er
Syntar.
Einleitung.
| 6 I. -
Laut, Wurzel, Wort, Bildung und Flerion bes Wortes enthal-
ten Sinn und Bedeutung, bie aber erft durch das Gefchäft des Den-
fens Iebendig werben. Reden heißt Gedachtes ausfprechen. Jeder
Gedanke verbindet ejnen Gegenftand mit einer Borftellung ; jeber
Satz ber Rede fordert daher ein Subject und ein Prädicat.
” . $. 2.
Weſentlich gibt es nur zwei Wortarten, Nomina und Berba, -
Nomen iſt das Subject, welches ausfagt ‚oder von dem ausgefagt
wird; Berbum iſt die Ausſage. Das Berbum fchließt Die Ausfage
num entweder vollſtändig in fih, 3. B. Ser Menſch Tebt, ober es
Hefert eine bloße Copnla, durch welche dem Subjert ein anderes
Nomen prädicirt wird, 3.8. Gott ift ein Geiſt; der Menſch iſt
unſterblich. Dies beigelegte Nomen nennen wir Prädicat.
Anm. Partikeln find nichts als Nomina, zuweilen Verba, mehr ober
weniger bervumfelt. |
$. 3.
Das Subject wird unterfchieden in Cafus rectus (Nom., Bor.)
und obliquns (Gen., Dat., Aec.); beim Actioum ifl, dem Begriffe-
nach, der obliquus abhängig vom rectus, beim Paffivum der rectus yu rc".
som obliquus. Des Eaf. rect. entbehrt auch nicht ber einfae
Sad, der obliquus kann Häufig mangeln. Der Caſ. rect. iſt im .r.
Werbum euthalken, oder gehört dazu; bloß Participia ober Infini
ive beziehen ſich auf oblique Caſus. ,
3 - $. 4.
Einfach heißt der Sag, wenn er nur einen Caſ. rect. als
Subjeet und eine Ausfage in fich fchließt, z. B. Sch lebe; ich Tiebe
dich; wir Tieben euch. Wir Iaffen aber auch den mehrere Subjecte
und Prädieate unmittelbar durch Conjunction verfnüpfenden Sag
einfad fein, 3. B. Menfchen und Thiere atbmen; ber Baum blüht
und trägt. Sind auf andere als bie eben bezeichnete Werfe Caſus
recti und Berba gehäuft, fo iſt ber Satz mehrfach, 3. DB. der Menſch
- geht, der Vogel fliegt; ich Iehe, wenn Gott will; bitte in, daß er
omme.
Kehrein Grammatitk. II. 1. | 1
‚
x
— 2 —
u $. 9. |
Die Wärme der Rede beruht auf der Ausſage. Wir würden
fhweigen, wenn wir nichts von den Gegenfländen auszufagen, wir
würden fie nicht benennen, wenn wir ihre Cigesfchaften nicht zu
melden hätten. — Der Caf. vect. (mie der obliq.) Mann oft zugleich
in der Berbalform enthalten fein; bloße Imperative, wie lauf! geh!
(ja der einzige Buchſtabe i im Latein.) bilden vollfländige Säge.
Nie vermag umgefehrt im Nomen die Ausfuge zu fleden; etwas
anders find Ellipſen. Die Syntar bat alfo die Verbalverhäktniffe
vor den nominalen abzuhandeln.
Erfter Abichnitt.
Verbum im einfahen Satz.
| 5. 6
Hier find in fünf Capiteln Genus, Modus, Tempus, Numerus
Perfon zu betrachten. Die bebeutenderen Berbalwirlungen
entfalten fih erſt im mehrfachen Sap, während die nominalen
faft ſchon im einfachen zu erſchöpfen find. |
Anm. In Sprachen mit volllommner Flerion würden dieſe Berhältnifie
wenig oder Teine Erwägung fordern, Mit. der reichen Fülle ihrer For-
men richten die urverwandten älteren Sprachen einfach aus, was Wir
bus — *2— äußere Mittel, beſonbers wurd imfchreibungen, gu
n haben.
Erftes Enpitel.
—Gen u 6.
6, 7.
Jedes Verbum drüdt eine innere Thätigfeit aus; bleibt biefe
bei dem thätigen Wefen felbft flehen, fo heißt das Verbum intram-
ſitiv, wendet fie fih aber auf einen andern Gegenſtand, tranfi-
tiv. Das Tranfitiv kann dur Erhebung des von ihm abhängi
Caſ. oblig. zum reet., wobei denn ber vorige reet. ein obliq. wird,
in ein Paffivum umgegoffen werben. Der Sat: Ich liebe dich, iſt,
obenhin genommen, gleichbebeutend mit: Du wirft von mir geliebt.
hr feinerer Unterfehied läuft dahin aus, daß jener den Begriff des
rkens, diefer den der Wirkung hervorhebt. -
nm. F bentfihen Se i —* ein ebene, Da fsumt
ei en ir rt eine on He e em Au er
* ler FR bei Kira 5 einige Sapıy. foäter war
e en, |
’ 6.8, '
Das intranfitive Verbum bezeichnet eine fliffe, innere Thatig⸗
keit⸗ das tranſitive ein ſich außerndes Wirken, Handeln. fe
— — —
3.
fern nitt jene Thatigkeit ſich in ſich felber rührt, ober Gegenftand
dieſer Einwirkung wieder dee Wirkende ſelbſt ifi, ber Thuende gleich⸗
fam zwei Eindruͤcke, des Thuns und Leidens, an ſich zu empfin-
den bat, entipringt ein gemiſchter Mittelzuſtand, das Medium.
Anm, Einige Sprachen haben für den wichen Activ and Paſſiv ſchwe⸗
benden Begriff eine eigene Form, das Medium, entwickelt. Auf
welche Weife die beutihe Sprache ſich dem Wefen des Mediums zu
nähern furht, wird Die folgende Unterſuchung Tehren.
$. 9.- u Ä
Activ und Paffiv find entweder beſtimmt oder unbeſtimmt.
iſt das Aetiv, wenn das Dbjert, auf welches feine Thaͤ⸗
tigfeit geht, im Say ansgebrüct wird, z. B. 3 Tiebe dich; unbe-
Fimmt ift es, fo oft dies nicht gefchieht, 3.3. Ich liebe. Beſtimmt
dad Baffiv in dem Saß, welchem der aufs Verbum bezügliche
Caſ. oblig. nicht fehlt, 3. B. Ich werde von bir geliebt; unbes
ſtimmt ift es, wenn ex fehlt, 3. B. Ich werbe geliebt.
‘Anm. Oft fießt beim beftimmten Paffiv Feine Präpoſttion, ſondern nach
" Jatein, Diehterweife ver bloße Datid: Aber, unhörbar den Engeln, nur
ſJich und dem Sohne vernommen, ſprach der ewige Bater. EM.
4 140. Diefe Couſtruction findet ſich bei Klopfod fehr oft,
in 9) Artivum.
u S. 10.
7 Das Actioum hat die vollfte, reichfte Form, deren Darſtellung
die eigentliche Grammatik Tiefert. Hier. fann nur noch, außer der
Bedeutung, von ihrer Umfchreibung die Rebe fein, infofern fie
durch das gefammte Activum reicht. — Wie bereits angedentet, fo
ftent die active Form das thätige Sein des Subfectes dar.
'S ift ein Alzeller Mann, er bat fein’ Ehr vertheidigt und den
Wolfenſchieß erſchlagen. S. U. 1, 1. Drum fieht er jebes
Bievermannes Glück mit ſcheelen Augen an. ©. TI. 1,2. Ich
ſoll dich heut nicht fallen, nicht verfiehn. S. P. 5,1. Du
haft den Oueftenberg bei mir gefehn; noch kennſt Du nur fein
. Dffentlich Gefchäft; auch ein geheimes hat er mitgebradt. ©. P.
- 5,1. Du haft mich bier als einen Wüthenden getroffen. ©,
T. 2, 4. Die Meinigen ſeh' ich in dringender Gefahr. G. 3. 4,5.
S. II.
Wenn dar Begriff bes Verbums in das Participium Praͤſens und
das Verbum ſubſſantivum (fein) aufgelöft wird, fo entſpringt ein
regerer Ausdruck der Eontinnität, des Nicht⸗Aufhörens der Handlung.
Wer eſſend iſt, ner. ißt in einem fort, wer effend war, ber aß
nicht bioß einen Biffen, fondern war noch im Eſſen begriffen. Un⸗
fexer nenhochdeutfchen Sprache iſt dieſe Umſchreibung fremd geworden.
Sagen wir: das. ift einleuchtend, das war überzeugend,
fo fteben ums dieſe Participia adjectiviſh. ..
10
— 4 —.
Aum. Ich war mir Sie in dem Borginenier nicht vermuthend.
L. Eg. 2,7. Und fo will ich denn eioig ich Lieben, wie ſchweigend
du mir au, wie verſtummend du biſt. K. M. 4, 818. Diele Bei-
fpiele find, obgleich darin Verbalkraft gefpürt wird, doch mehr ad⸗
jeettoif , ai z. 3. das mittelhochd. minnende wären; bitende bin;
arbende sin.
$. 12,
Andere, der frühern Sprache angehörende Umfchreibungen find
werben mit dem Part. Präf. 3. 3. er wirt weinende; werben
mit dem Infinitiv: er wart weinen, (Der Herr zu Petro fagen
was. H. Sachs (+ 1576): Sanct Peter mit d. Geiß.) und bie
ber Auriliarbedeutung von werben nahe Tiegende von kommen,
die auch im Neuhochdeutſchen noch gebrauhlih fl. Kommen ges
ſellt fih vorzüglich zum Part. Präter, der eine Bewegung ausdrü⸗
enden Berba.
Egmont fam mit einigen auf ven Markt geritten. G. E. 4.
Ein Reiter kommt berangetrabt. ©. F. 2, 127. Das Frauen-
. zimmer fam ihnen entgegen getreten. G. Lj. 2, 4. Ein junger
Mann fam durch den Wald gefhlihen. G. %. 2, 4. Eilig
kamen Bebienten gefprungen. ©. %. 3, 3. Als wenn bie
Säfte angefahren fämen. ©. %. 3, 12. Schwäne fommen
aus den Buchten hergeſchwommen. G. F. 2, 126. Da kommſt
du ſchon berborgebänft. G. F. 1, 77. Zu Taufenden fommen '
wir getanzt. ©. F. 2, 93. Heulend kommt ber Sturm ge-
flogen, S. Glocke. Er fah mich daher gefhritten fommen.
©. T. 3, 1. Die Wetterbähe kommen geraufht und ge-
fhoffen. © Bom
Anm. So gebraucht Uhl auch gehen: Dann geht’s durch Tannenwäl⸗
der in’s grüne Thal gefprengt. Der Neberfall im Wildbad.
b) Paſſivum.
63. Ä
Die paffive Form brüct nicht die Thätigfeit des Subjectes,
fondern die des Objectes aus, wobei jedoch auf den Unterfchled des
beflimmten und unbeflimmten Paſſivums ($. 9.) Rückſicht zu
nehmen iſt.
Ferrara ward mit Rom und mit Florenz von meinem Bater
diel gepriefen. ©. T. 1, 1. Er (ver Becher) könnte kredenzt
fein von der Liebe meiner Schwefter. S. St. 1,6. Verord⸗
net ift, daß jeder Angeffagte durch Geſchworne von Seines⸗
gleichen ſoll gerichtet werben. ©. St. 1,7. Durd Eine
bintre Pforte führe” ich Euch, die nur durch Einen Daun ver-
theibigt wird. S. T. 5, 2. — Raum wird in meinen Armen
mir ein Bruder wundervoll und fchnell geheilt. G. J. 4,5. Ein
Effen wird gegeben auf dem Schloß. S. T. 5, 2.
+
— 5 —
S. MM.
Sirnd bie Umſchreibungen des Activums nicht nothwendig, ſon⸗
dern find fie hervorgerufen aus abweichender auxiliariſcher Bedeu⸗
tung, bie fih im häufigen Gebrauch verallgemeinerte ; fo ift Die Um⸗
ſchreibung im Paffioum durchaus nöthig, da felbft die älteſte
Sprache, die gothifche, nur einzelne unumfchriebene - Paffioformen
zeigt. Die althochdeutſche Sprache umfchreibt das Palfivum mit _
wesan und werdan, in der mittelhuchbeutichen bat werden entfchie-
den den Sieg davon getragen; bie neuhochdeutſche Umfchreibung
verleiht dem Prajens wird, dem Imperfect ward und wurbe,
dem Perfect ift worden, dem Plusquamperfect war worden.
Anm. Diefes worden neben dem Partic. 3.8. if geliebt worden,
bat Luther in der Bibelüberfeßung noch nicht, wol neben Adiectiven
und Subflantiven, 3. B. Er iſt reich worden, if dein Knecht
worden. — Die Lehre mancher Grammatitr: Geworden flehe
tn Verbindung mit Subft. und Abf., worden in Berbinpung mit dem
artic.“ wird von den Schriftfiellern nicht gewahrt. ©. 3. 2, 1 fagt:
enn was ich worden wär, Z. 4,2: Später wär’ es nur um deſto
ſchlimmer worden; und in dem Gedicht „Die Mufageten’’ (2,
100): Endlich iſt es Sommer worden. BeiH. 1, 6. heißt es: Das
einzige mittellänpifche Meet, wie fehr if es die Beflimmerin ves
ganzen Europa worden. % N. 1, 3, fast: Schatz meiſter big ich.
et ihm worden.
J
u $. 15. . |
Da, wo wir bloß iſt oder war dem Partic. Präter. zufügen,
ſteht das Partie. mehr adjectiviſch, z. B. Alles iſt verloren; alle
Brunnen waren erſchöpft. Doc unterbleibt worden, auch im
‚wirklich paffiven Sal, überall, wenn durch das Präteritum nicht.
Bas Borübergehen, fonbern das Fortdauern eines bewirkten
Zuftandes dargeſtellt wird, z. B. der Feind iſt gefchlagen, der Kö⸗
nig zieht als Sieger heim; die Ruhe war hergeftellt, alle Gefchäfte
nahmen ihren gewohnten Gang. Sobal⸗ aber der Zufland aufge»
hört Bat, iſt worden unentbebrtic, z. B. Sch bin oft verleumdet
worden, und habe gefchwiegen. Dem Infinitiv Präter. Paſſivi iſt
worden auf gleiche Weiſe bald erläßlich bald nöthig, z. B. die Ruhe
ſoll Hergefteflt fein, und foll bergeflellt worden Fin Der Im⸗
perativ meivet werben, 3. B. Sei gelobt! nicht werde gelobt!
Der Zufinitiv nimmt nur werben an, alſo gegrüßt werben, nicht
gegrüßt fein.
Iſt mein Prozeß entfchieden? S. St. 1, 2. Die Königin iſt
ermorbet auf dee Londner Straße. S. St. 3, 7. Du bift ganz
beranbt. ©. St. 1, 2. Seid mir gegrüßt, befreund’te Schaa-
ren! Sch. Kr. d. Ibycus. Gegrüßet r id mir, eble Herrn, ge-
grüßt ihr, ſchöne Damen! G. Sänger.
Anm. Steht bei dem Inf. fein, fo ſteht das Partic, mehr adjectiviſch,
3. B. Ich mag von Dir miht bedient fein. L. Mfg. 1, 1.
— 6 —
>) Medium. 9
8. 16. zu u
-
Das beftimmte Paffioum war eme Umſetzung des tranfitf-
ven Activums, es forderte jederzeit zwei Gegenſtaͤnde, ben thuen=
den und den leidenden. Wenn aber nur ein Subjeet iſt, das
feine Richtung gegen ſich felbft nimmt, fo entfpringt das Medium
(Reflerioum), das fowol aus dem tranfitisen als intranfitiven Bere
bum erwachfen kann, im der deutſchen Sprache übrigens jedesmal .
amſchrieben werden muß.
nm. Das Medium kann bloß in das unbeſtimmte, mie in das bes
ftimmte Paffio übertragen werben. Man hüte ſich, bie Begriffe us
tranfitiv und Medium zu mengen. Das \ntranf. ift bie auf kei⸗
nen andern Gegenſtand, au nicht auf fich ſelbſt bezogene Thätigkeit.
Nicht alle Sprachen befitzen für den Medialbegriff eine eigene Form;
eine fofche wird fich zwiſchen ver activen und paffiven im ber Mitte
haltend von beiden einzelne Itzlonen entnehmen, wie wir Died z. B.
an der griechiſchen Sprache ſehen. 83*
. I7.
In allen Sprachen kann ein Verbum durch Beifügung des per⸗
ſönlichen Pronomens auf ſich ſelbſt zurückgewieſen werben, nem⸗
lich des Pronomens, welches der Perſon des Verbums im Satz
entſpricht. Das Subject des Verbums wird dadurch zügleich fein
nächftes Object. Aus dieſer Zurückführung erwächſt jedoch kein
formelles Medium, ſondern nur ein materieller Erſatz dafür.
Die Zmüdführung fest ein noch unbeſtimmtes Aetivum voraus, Das -
eben erſt durch fie beftimmt werden fol. Der Mebiafbegriff: Ich
nenne mich, ſteht gleich dem unbeflimmten palfiven: ch werde
genannt.
Anm. Ein fhon fir em anderes Object beſtimmtes Verbum läßt Pr .
in fein Med. wandeln, fo wie fein Meb. in ein beftimmtea Patlo
übertyagbar if. Der Begriff des beftimmten Activs: Ich nenne
dich, muß ſich in ven befimmten paffiven umfeben; Du wirft von
mir genamt, dad von mir iſt dabei unerläßlich.
6. 18. wre
Die dem Medium natürliche Unbeftinmthert oder Objechiofiäfet
bringt mit fih, daß anf der die Stelle des Mebiums_ vertretenden
Beziehung bes perfünlichen Pronomens zu feinem Subject Fein
Nachdruck Tiege, denn fonft bleibt die Bedentung activ. Der Sab:
Er tödtet fich (interficit se ipsum) iſt fein medialer und darf nicht
mit dem paffiven: Er wird getöbtet, taufchen, weil hier daran gele⸗
gen ift, die Handlung fühlbar auf das Subjert zu bezishen: Man
pflegt im medialen Ausdruck das bezügliche Pronsmen unbetont
zu laffen, im aetivon zu betonen, z. B. Sch nenne mich (nbmi-
nor), ich nenne mich (nomind- me); er fürdtet ſich, d. h. er am-
pfinbet Furcht, ey fürchtet ſich, d. h. er fühlt Furcht vor fich- ſelpft.
Anm. Wir lernen bierans, dad Med. if
ei
Hervorhebung der Innerlichkeit des Berbalbegriffs, und vefto leichter bes
ne gelinbe, milde, poetiſche
— 7 —
rachver wiſecruvg aniſche Ferm für
ersten ER, e + 281 geſtellt und — werden, konnte.
Einzelne Sätze können medial ober activ zu nehmen fein, ven imfän-
ven nach, und auch hieraus ergibt ſich das vielfache Neberftreifen des
Med. in achven ober pafſtven Sinn.
g. 19.
Das die organiſche Form des Mediums erſetzen helfende pre⸗
nomen läßt ſich ſowol tranfltiven als intranſitiven Verbis hinzu⸗
fügen. Bei tranſitiven geſchieht es am gewöhnlichſten und nur auf
fie ra fich der vorhin angegebene Unterfchieb zwifchen Betonung
und Nicht Tritt das Pronomen zu intranfitinen, Ans
es faft ee und Fönnte Entbehrt werden, ohne — ich d
Sinn bedeutend änderte: es iſt eine Zugabe von leiſer Wirkung,
wie fle dem Weſen des Medinms grade entſpricht, 3.2. Exr eilt
Kb... Durch das teaufitive Verbum Tann dabei ein tranfitiner
Begriff dargeſtellt, oder der tenufitive Begriff als ein paffiner ges
nommen werben, woher aber fein thaͤtiges Sein binzugebacht wird.
Was fich der Tell getraut, das Fonntet Ihr wicht wagen?
©. &I. 1, 1. Da Öffnet ſich behend ein zweites Thor. ©.
Handſchuh. Nun erfältt ſich mir ein altes Wort ver Weiſſa⸗
gung. ©.3op. 4, 4. Die Pflanze kehrt freudig ſich zum Lichte,
S. X. 1, 4. Der Trefflihe ließ ſelber 19 berab, bie hoben
GBloupensichren: wir gu deuten, ©, St. 1, 6. : Ihr habt End
dem Gericht bee Zweinndyierzig unterworfen S. St. 4, FR
Hier zündete ſich froh das ſchoͤne Licht der Wiſſenſchaft, des
freien Denkens an. G. T. 1,1. Es trägt en ‚und Ben
ter Sinn mit wenig Kunſt ſich felber vor. ®. 7.
der Sommer ſig pexfünbet, Roſenknoſpe * —
G. F. 2, 26. Ans Stiefeln machen ſich leicht Vanto —* G.
G. 4. Ein Yafteruolies Leben büßt ſich in Mangel und Ernie⸗
drigung. ©. St. 1, 1. Pforten bauen ſich aus grünen Zwei⸗
gen, und fm bie Säule windet fi ber Kranz. ©. oo, 4, 1.
Wie wird bie Veſte denn ſich nennen, bie wir ba bau'n? ©.
U. 1,3. Du rühmſt did deines fihern Blicks. S. Zt. 3,3.
Schwer lenken ſich die heftigen Gemüther. ©. T. N 6. Das .
gegenwärt’ge Unglüd trägt fi leicht. S. T. 4, 9
$. 20.
Sollen einige Hauptoorfiellungen angegeben werben, denen das
Medium zufagt, To find es die Berba: Gehen, kommen, werden,
ruhen, fleben, ſitzen, Ipregen, freuen, trauern, reuen, zür⸗
nen, [hämen, fürchten, kleiden, wachen, baben uns en
Ir ihnen allen liegt der Begriff wiederholentlicher, täglicher, ein
acher Handlung, die fih auf das Subject zurädhezieht, wenn
wicht ausbrüdlih ein vefleriveg Vronomen dabeiſteht. — Die ı 47
ſche, mie die alt⸗ und mittelhochdentſche Sprache ‚bat nach: einen ve-
flaxiv geſetzten Dativ und Aceuſativ, ja die althochd. bet einen: falr
*
— 8 —
hen’ Genitiv. Im Neuhochdeutſchen hat ver Gebrauch des Reflexi⸗
vums ſehr abgenommen; Gen. und Dat. kommen gar nicht mehr
vor, bei fürten ſteht jetzt auch der Acc. flatt des frühern Da-
tivs. Nothwendig iſt das Pronomen noch bei: Schämen, freuen,
erinnern, befinnen, wundern, wenden, fputen, rühmen,
fleiden, wafchen, nennen (gemein B fohreiben) u. a.; nicht
mehr zufäffig bei: Meiden, zürnen (bo ſich erzürnen), büßen,
wähnen. Beide Werfen treten ein bei: Eilen, ruhen (fich aus“
ruhen), nahen, getrauen, J
d) Medialintranfitive, medialpaffive Bedeutung.
| $, 21. u
Das Medium vermag in unferer Sprache durch das bloße ii
kranfitive Activum ausgebrüdt zu werden, denn bie Begriffe beiber
find fih verwandt: — Es gibt nun Verba, die bloß intranfitio ver⸗
wandt werden: Sein, werden, fommen, wadfen,. hunger,
dürften, blühen, erwarmen u..a. ine große Anzahl iſt Hof
. tanfitio: Effen, trinfen, greifen, Tieben, wärmen, grämen
R. a., bei welchen allen nach dem Gegenſtand ihrer Thätigfeit ge⸗
fragt "wird, Will fich der Medialbegriff an tranfitiven entwickeln,
ſo bedarf er dazu des refleriven Pronomens; biefes Tann auch mit
intranfitiven verbunden werben, häufig entiprecden fchon die baaren
intenfitiven Verba ungefähr der medialen Bedeutung.
$, 22, | oo
Gewiſſe Berba, und voraus ftarfformige, ftehn den. Umſtänden
nach bald intranfitio bald tranfitiv, 3. B. ſchlagen ift- intraufitiv
in der Redensart: Er Sch aus ber Art; braten in: Der Apfel
brätz kochen in: Das Waller kocht. Brechen bedeutet tranfitio _
etwas zerbrechen, intranlitio entzweigehn, ebenſo reifen in:
ber Faden riß; Schießen in: Thränen fehoffen ihm aus den Augen;
[Heiden foviel als. weggehn. Doch haben auch ſchwachformige
diefe Doppelnatur, 3. B. bleichen, glühen, rollen, heilen.
$. 23, |
Es gibt nun auch Activa, welche neben dem tranfitiven Sinn
einen paffiven entwickeln (und in tiefer Beziehung einen Vergleich
mit den latein. vapulo und veneo verflatten, wiewol dieſe nur paſ⸗
ſiv und nicht daneben auch actio gebraucht werden). Zuvoͤrderſt ge⸗
hört hierher heißen, bei dem die paſſive Bedeutung jedoch über⸗
wiegt. Wo ſich die Rede auf ein beſtimmtes Object richtet, muß
das reine Aetiv gebraucht werben, : z.B. Sch heiße dich meinen
Freund; das Thier wird von den Leuten Sonnenkalb geheifen. Die
Begriffe beginnen-und endigen find medialpaſſiviſch: Das Spiel
begimnt; das Lied hebt any die Zwietracht endet; die Erzählung
— 9 —
ſchließt. Se en imd laſſen haben in beſondern Redensarien
gleichfalls paſſive Bedeutung.
Ih heiße ber reichſte Daun in ber getauften aoen. ©. Dt.
1, 6. Ich möchte nicht heute Vater heißen. G. Hd. 2, 87.
Was ihr den Geiſt Zeiten heißt, das iſt im Srund ber
Herren eigner Geiſt. ©. 8. 1, 38. Ihr ſebt blaß, gnaͤdi
Frau. G. G. 2. Es fieht in meinem Bufen nächtig. 8
1, 192. Da ih in dem Wahne fland, es Tiefe gelehrt. L. Ig.
3, 7. Er fann nah, ob es ſehr laſſe, fo in den Garten zu
—— 35. Der alles vergeſſende Künſtlereifer ließ ihr ſo
old 62.
e) Genus des Infinitins,
6. 24.
Der Infisitio ift eine Art Subſtantivierung des Verbums, veffen
regereß Neben dabei aufhört; ber perfönliche Ausdruck und der Nu⸗
meräs ‚gehn verlosen, eine Uebertragung ber Tempusunterſchiede iſt
dabei noch denkbar. Hier fragt es ſich nun, wie und in welcher
Weile das Genus am Inf. erſcheine. Die beutfhe Sprache ift nur
einer einzigen Form bes Inf. fähig; fie muß Das Genus am. Inf.
. entweder umfchreiben, oder ganz unausgebrüdt Yaffen. .
§. 25. "
Umföreibungen des Inf, Paff. laufen ven für dem Indirativ
angewandten analog: Geliebt Werben, ich werde geliebt. Weit
wichtiger ſcheint die Erforſchung der Fälle, in melden bie paffive
Bedeutung bes Inf. gar nicht bezeichnet, d. 5. bie active Form un
für die palfive verwendet wird. Wir haben bereits (6. 23.)
ben, daß einzelne Verba überall neben dem activen einen *
Sinn an ſich tragen.
S. 26.
. Range begründet iſt in unferer Sprache, nach den Verbis hö«
ren und fehen den activen Juf. zugleich paſſiviſch zu gebrauchen;
Sch höre erzählen (narrari); ih ſah ihn mit Füßen treten. (cal-
sari).. Daß bier nicht etwa ein Subſtantiv ausgelaffen fei,. von
we Them der actide Inf. abhänge, ergibt ſich aus der Statthaftig«
keitdes obliquen beflimmenden Cafus: Sc höre von Dir erzäh⸗
len; ich fa den Mann von Räubern.würgen.
i : Bir ſehen alles Elend über den Unglücklichen zuf ammenfäle-
gen. L. % 3 Hört ihr Kinderlieder fingen. ©. F. 2
Es ſchmergte mich Phaft⸗ dieſe ſchönen Sachen —— *
ſehen. G. Lj. 1, 17. Ich hörte gern von Gott reden.
Lj. 6. Leute fahen verfgiehnee an äthe nach dem Klofter tra-
gen. ©. DE."E/ 9. : Auch Meiten hört man u Heren
2 nicht beſonders heeifen. e. H 6. .
.
—
— 10 —
Anm. re bie e er |
werden —RT telle A und IE Ih BEE N
ein anveres, gleichbebeuk es Vert ſetzen, Fr dre ls
gen, ih fah den sung aben kann nid getee t werben: 30 Yers
ien, fo kann der Dat. der Welt jene Verbindung beneiben
ei. entſchuldigen, da dieſes Verbum im artiven Sinn den Acc. bei
bh ba
$. 27.
- Teich. giweldentig iſt die Bedeutung bes Juf. hinter den Vabis
taffen und heißen; erfi der Zufammenhang gibt zu erfennen, ob
bie active oder paffive gemeint werde. Durch Iaffen in Verbin
dung mit einem Nefleriopeonomen wird das Leiden als ein vom
Subject gewolltes oder doch zugelaffenes dargeſtellt.
omer läßt feine Helden von den Männern, wie fie Neflor in
einer Ingend gekannt hatte, noch an Stärke weit übertreffen.
2.2. 12. Der Dichter laͤßt ihn von der ſchützenden ‚Gottheit
: in einen dicken Nebel oder in Nacht Hüllen und fa davon füh⸗
ren. L. L. 12. Der iſt fein Ehreumann, der ben Gebieter läßt
verachten. S. Bom. Bald darauf machte ihn biefer zum Un-
terfömige von Neapel, wo er ben Verführungen des —2** er⸗
lag, und einen Geiſt, den fein Schickſal gebengt hatte, von ber
Wolluſt übermannen Tief. S " Sranvella. Eine Durchlauchtig⸗
feit läßt er fich nennen ©. 21
Anum. Aush in den un ae ab * aet aſ⸗
fiver Sm. Die Duelle gl * ie Kern, a je
niedriger Mauer gefaßt, böpfen bequemlich vd. 5, 158,
Sauer war das Bulk, gefund zu trinten den —* G.
f) Genus der Partieipien.
6. 28.
Das Partieipium, noch mehr als der Inf., ſchwebt zwiſchen dem
Begriff des Nomens und Verbums, es muß darum geneigt ſein, den
—** beſtimmten Sinn der Verbalform aufzugeben. Dazu kommt
bie Armut unſerer Sprache an Participien: fie hat mr ein einziges
für das Jetiv ‚ und aus ihrer ganzen altern Palfofesien iſt er
gerade nichts als das Yartic. verblieben. Wie nahe Iag es,
untereinander in der Bedeutung ſich aushelfen zu laſſen! Dabei iR
nicht zu überfeben, daß fich beide Partie. au nach dem Tempus
unterfheiden, folglich das Partie. Praͤter. im Actio und das Partie:
Präf. im Pafſiv nur umfihrieben, nicht bezeichnet werben Tönnten,
wären nicht Hebertragungen der Bedeutung ausnahmoweiſe gefat-
tet worden.
$. 29.
Unſer Sartie, Präſ. wird unmittelbar aus dem. Inf. gebifbet,
in der ſtarken Conjugation hat es ganz deſſen Laut, in der ſchwa⸗
— 1 —
den:ganz zellen. haraliexiſteſcher Bocal; mau dauf ibm alſo, gleich
dem 87 ſelhſe da mo das Verhum entſchieden trauſitis iR, ng
weilen intranfitisifch paffive Bedeutung zutrauen. Kin zweiter
davon verfihiedener Fall ift der, daß Vartieipia Präf. ferbft in»
kranfitiven Berba eines geiwiffen paſſiviſchen Siunes fähig wer-
hen (F. 31,), den man am deutlichſten relativ umſchreibt.
n mi Bon. diefer vorbabenden Herbſtreiſe ja nichts. geben.
24 v. 1,
Anm. In ber Bortafpraße, im Eanzfeifigt und in Büchern ver lebten -
Jahrh. finden fih Häufig: Die unterhabenpe Mannfeft; 3 mein
tragendes Amt; eine melkende Kuh; effende und trinkende
Waare; anziehende Kleider; beſorgende Geſahr; ſtillendes
Kind ug,
g. 30,
Jeht ſehen wir etwas ſchleppend das Wort zu vor das Partie.
. und ſagen eine zu beſorgende Gefahr. Es iſt aber nur
ſcheinbar daffelbe Partie., weil dieſe Form ans einer Art Gerun⸗
dium mit zu entſprungen und höchſt unorganiſch wieber zu einem
Partie., d. 5. zum Adjectiv geworben iſt. Dem Sinne nach uuter-
iheiven fig die mit zu gebifbeten Redensarten von dem eben
29.) ‚berüheten Fall darin, daß fie ‚einen flärtern Begriff des
Sellens und Müffens, mit den rein paffivifhen ausdrücken.
Die zu tragende Sorge muf getragen werben, bie tragende
wird getragen. Da u Sana au nit überall beide Weiten fich
pertteten; es Tapt ſich z. B. flatt ausnehmend gefallen‘ nicht fa-
ger guszunehmend gefafen.
Die Nachahmung ıfl angeboren, der Nachzuahmende wird nicht
Tee erfannt. G. Lj. 7, 9. Wenn bort das Gränzenlofe als
nmüberwinidliches Sinbernig erſcheint, fo ſetzt hier 8* Einfach⸗
begraͤnzte beinahe no fchwerer zu überwindende Hinderniſſe
. entgegen. ©. Wi. 3, 12.
ae Die gerundivifche Form hat ven Mißgri beigeführt, die fal⸗
Anale des — rt fut. pass. ———— ve aus d en
“ gerınd, ae diefeg ang dem. part. praes. act. gebildet wird) hat ihn
efeftigt. Unfer Partic. Präſ. Tiebend entſpricht dem latein. amans,
— we em amandus.
$. 31.
. Bei dem Vartie. Präſ. intranſitiver Berba. iſt das Berfohren
fühner. Man Bann den Sim am nächſten durch die Praͤpoſition
‚worin. over wobei umſchreiben, und darf das Partic. dem Sinne
nach nie gerade auf das Subftantio beziehen, mit welchem es con⸗
ſiruiert iſt. Dahin gehören die Redensarten: wolſchlafende, wol⸗
eruhende Nacht wünſchen; keine bleibende Stätte haben; eine
winbeinde Höhe, eine erſtaunende Menge; ein ſirende⸗
Leben; eine ſtillſchweigende Bedingung; die fallende Sucht
ein meitausfehender Dandel u. a. Mittels und. neubschbenifi ie
fält die Form des partieipialen Aoverbiumg mil. de. des Partio.
—— 13 —
Praͤſ. zuſammen, und einzelne Stellen können dauach einer doppel⸗
ten Auslegung unterliegen. In der Redensart: die Waare geht
reißend ab, d. h. daß ſich darum gerifſen wird, iſt dag Adver-
bium entſchieden.
Geſtern mußte ich mich wundern, wie Sie ſich nach einer ſchlecht
ſchlafenden Naht und unter Wolfen von Tabakrauch noch fo
'ganz gut bei Humor erhielten. ©. u. ©. Briefe. 551. Aber die
he Draut Tieß im flatternden Scheine des Feuers ihre ſchöne
Geftalt son Haupt zu Fuße bewundern mit haudſchlagendem
, Lob. V. 3, 1, 617. !
$. 32.
Das deutſche Partic. Präter. hat zwar in ber Regel paffiven
Sinn, in einem häufigen Fall aber auch entweder zugleich oder aus-
ſaoͤließlich netiven: ausfehlieklich bei alfen intranfitiven, 3.3. Ge-
Iommen, geftorben, gefroren, gewellt. Alle tranfitiven hingegen
febeinen bei Umfchreibung ihres Präteritums im Activ mit haben
dem Partie. Präter. activen Sinn beizulegen, 3.8. Ich babe ge«.
fungen, gefangen, geliebt. Dies ift jedoch Hofer Schein, wo das
Aetiv beſtimmt geſetzt, d. h. der Gegenftand, auf den die Handlung
füch richtet, ausgedrückt wird: denn alsdann kommt das Partic.
richt: in den Caf. rect. des Subjects, fondern in den obliq. des
Objeets, ift alfo nothwendig ein paſſives. |
"Aum.. Dies fieht man genan im Franzöſiſchen: Je l’ai pris, je Vai
‚prise, je les ai prises. So im Althochd. Er haböt in (ihn) _
ginomanan | enommen), sia (fie) ginomana, iz (e8) ginomanaz; si
giminn öt& (fie, eos, geliebt), siö (fie, eas) giminn6td, siu (fie, ea)
giminn ötiu. Almälid, und fhon im Althochd. erlifcht die Flexion
der mit dem Hüfswort haben verbumbenen Part, mittel⸗ und neu⸗
bhochd. Hört fie.ganz auf. Wir fagen: Ich habe ihn, fie, es, fie (plur.)
genommen, geliebt, S. unten $. 89, Anm.
, $.33. . |
Hiernach kann nun nicht befremben, daß allein ſtehende, an Fein
Hilfswort geheftete Partie. Präter. die active Vergangenheit aus-
drüden. Ber intranfitiven fiheint dies ganz natürlich, z. B.
Geworden, gelegen, gewachfen. Indeſſen iſt nicht jedes Partie.
Präter. diefer Verba, das mit fein oder haben verbunden noch
Berbalfraft äußert, gefondert üblich; man bevient ſich in folchen
Fallen Fieber der mit Partikeln zuſammengeſetzten als der einfachen
Participien. Es heißt z. B. nicht Teiht: Die geblühte, geduf—
tete, gewelfte Blume, wol aber die verblühte, ausgeduftete,
verwelfte. Indeſſen fagt man: Das gefunfene Land, die ein—
gefunfene Wange, das verfunfene Schiff. Der Sprachgebrauch
muß bier entfcheiden. Andere Verba find noch: Angefeffen, ver-
dangen, verwichen, verfloffen, eingetreten, angelommen,
verfroren, verhalten, abgelebt, abgelaufen, geronnen,
verzonnen, abgeftanden n. a. m. '
— — 18 —
$. 34.
Allein auch tranfitive Berba können im Partie. Präter. wie-
der activen Sim annehmen, 3. B. Erfahren, beritten, ge⸗
wandert, gereift, geruht (ausgerubt), gefchworen (die Ge⸗
fhwosuen), verſchworen, verſchwiegen, Serichlafen (ein ver-
ſchlafnes Rind), vergeifen, verlogen, verfeffen (auf etwas),
serweint (Augen, bie zu lange geweint haben), gedient, ver«
dient (fogar Bedienter, d. ı. ein Dienender), eingebilbet, bes
forgt u.a. m. Dabei if bemerfenswerth, daß viele mit ver ge-
bifpete, durch das Neflerivum medial gewordene Berba in dem activ
gebrauchten Partic. Prater. das Pronomen jeberzeit wegwerfen.
Ueberall erlangt das fo gebrauchte Partic. faft adjertivifche Bedeu⸗
fung und Tann nicht weiter mit dem Caſus confirniert werben, ben
das active Verbum regiert, alfo niht: Der das Effen verfchla-
fene Knabe. Nur in Zufammenfeßungen finden ſich etwa .ehr-,
pflichtvergeſſen n. a. ,
Der König Tann nicht alle verdiente Männer fennen. 2. M.
2, 2. Dabei war ex ein ausgelernter Roßarzt. L. M. 3, 2.
Ein vielverfuhter Menſch Hat viel gelernt; ein träger und
müßiger weiß nicht, was in ihm Tiegt. 9. 5, 6, 2. Sie blieb
angezogen und fchlief zulegt, bewegt und ansgeweint wie fie
war, in ihren Kleidern.ein. ©. Lj. 7, 8. Du bift auf eine voll-
fommene Bildung fo verfeffen. G. Wi. 1, 4 Willſt vu
Bielgereifter bier bich Taben. ©. Wandrer und Pächterin.
Das iſt die Eigenfchaft der guten Handlung, daß fie viele Vor⸗
theile auch über den Unverdienten ansbreitet. ©. %. 4, 15.
Berordnet ift im englifchen Gefeb, daß jeder Angeklagte durch
Geſchworne von Seinesgleihen Toll gerichtet werben. ©. St.
1,7. Den heimgekehrten Bollenver (eines Gefchäftes) führt
fein Weib in den Garten. B. 3, 2, 496. Eher wollt’ ich meine
Hand dem Geßler fchenfen, als dem naturvergeßnen Sohn
er Schweiz, der fih zu feinem Werkzeug machen kann. S.
I. 3, 2.
[2
Bweites Capitel.
Modus.
6. 35.
Die deutfche Sprache vermag gleich der lateiniſchen viererlei
Modus zu bilden; den (griechifchen) Optativ entbehrt fie ebenfalls.
Allein ihre Flexivnen bes Conjunctivs, Imperativs und Infinitivs
find weit unvollſtändiger ausgeprägt und zumal im Conjunctiv oft
der älteren Eigenthümlichfeit verluftig gegangen. Der Indicativ
Berti dann ben Eonjımetivo beinahe wie bas Activ bie andern
enera.
I ‘ _
— 14 —
$., 36.
Während der lateiniſche Conjunetis formell dem gribchiſchen Mo⸗
dus entſpricht, ſtimmt Die Form bes bdeutſchen Conjunctiss gu ber
bes griechiſchen Optatios. Die Benennung der Form, welche für
beide Begriffe, des Optativs nnd Conjunctivs, zuſammen dient, iſt
gleichgiltig: man muß fich aber bes urſprünglichen Verhältniffes ori
innen, um zu verftehen, daß der griechiſche Optatio faft mar durch
ben dentſchen Conjunetis amsgebrüdt wirb, der griechiſche Cou⸗
— jancho befto häufiger durch den deutſchen Indicativ.
Anm. In umferer Sprache ſcheint überhaupt sie optatide Form, To welt
Wwicr hinauf reichen, zugleich für die Modalität des Eonjunetine. 30 sr
ten. Die beutiehe —* ſollte daher nur von einem Inde
J mper. und Inf. willen, Doc iſt es nicht rathſam, den hencuin deũ
prachgebrauch abzuändern. 9
$. 37.
Auf das Wirkliche, Sichere gehen Ind. und ine y af di das
Mögkice, Unſichere Opt. und Conj. Zwifchen Dpt. und Conj.
lie Lion! ber le daß jener fubfertive, biefer — 58 — Moͤglich⸗
in ſich ſchließt. 3. B. Wuͤrfeſt bu! iſt optativiſch: ich wollte
du würfeſt, conjunctiviſch: geſchähe, daß da ——— Weil aber
das Subjeetivmögliche oft wünſchend ausgedrückt wird, führt der
ganze Modus ben Namen Optatio, obgleich er ſich auch auf an⸗
bere Faͤlle erſtreckt
0) Indieativ.
$. 38.
Alles, wad geradezu, ohne Zweiſel und Unficherheit gemelbet
und als ein Wirkliches bezerchuet werben fol, fällt dem Indie. an-
heim, namentlich auch der Ausruf und die Dirseke Frage.
Frei athmen macht das Leben nicht allen. G. J. 1, 2. Es
bil det ein len ſich in der Stille, ſich ein Charakter in dem
Strom der Zeit. ©. T. 1, 2. Es trägt Verſtand und rechter
Sinn mit wenig Kunft fich ſelber vor. G. F. 1, 37. Dies Eine
fühl' ich und erkenn' es klar: das Leben iſt der Güter höch⸗
ſtes nicht; der Mebef größtes aber iſt die Schuld. ©. Bom. Die
Treue if jedem Menfchen, wie der nächfle Blutsfreund; als ih—
ven Rächer fühlt er fih geboren. S. T. 1, 6. Die Mutter
bat mir beine Fertigkeit gepriefen; es ſoll eine zarte Stimme,
bes Wohllauts in dir wohnen. ©. T. 3, 4. — O Anblid der
. . Glanznacht, Sternheere, wie erhebt ihr! Wie entzüdft du,
Anſchaunmg der herrlichen Welt! Gott Schöpfer! Wie erbaben
biſt Du! K. D. Tod Chriſt ift erſtanden! G. F. 1, 44. O
daß Fein Flügel mich vom Boden hebt! G. F. 1, 59. Wie
kleine Schritte geht. ein fo großer Lord am dieſem Hof! ©. St.
2,8. D des Glücklichen, dem ed vergönnt iſt, Eine Luft mit
Euch zu athmen! ©. St. 1, 6. — Ihr laſ't gewiß ein grie⸗
— 15 —
Gl) Woretſpteld G. F. 1, 36. Iſt dieſes Land bie Wert) -
Geht hiet allein die Sonne anf? Wo *— wiät hinkommen ?
Welche Dienfte wirb man mir perpeigen? M.5,5. Kommt
Ihr mit ganzer Vollmacht? S. T. u man ze zu
Rand dern Feine Heimat, Teinen Herb —8 Kirche? S. ‚5.
Soll's losgehn, will der Fürfl was unternehmen? ©. z. 35.
b) Conjunetiv (Optativ).
6. 39,
Der optative Confunctio Ai für das Althochdeutſche und die fpä-
teen Dialeete im einfachen Sag ein vier facher: 1) der eigent-
fiche Fat i B. Wollte Gott! (walti Got)! 2) der Iuf-
fip, 3.2. Ihr ſollt wiffen (wizit) 3, der Eonceffiv, der oft
wit dem Auf ufamntenfäfl 8 Zeß er gewinne (gewunne
gerne); 4) ber —— z. B. Kommeſt dit zu mir?
(quemês zi mir?), je nachdem darin Wunſch, Geheiß, Antaffung
uber Frage ausgedrückt liegen. Die Bebeutungen Taufen aber nahe
aneinander, weil eigentfie bei lien vier Fällen eın Wunſch im
Hintergrund Tiegt.
Anm. Aus der mittelhochd. Oma ſtehn gm Beifpiele gu Dienft
als aus der althochd. Dahin ge oͤren z. er bote!
Na gebe Get uns rät! Got hüste a1 Dir niche doch Got er-
getze I Woldest du mir helfen! 2, 3. Daz si getän! Sist wille-
komen! Wizzest! Erloesen wir das grap! Nu läze wir si ri-
ten! 4. Ob sin wirt niht mit im var? Ob ieman spreche? Wer
nu der dritte waere? Waz der helt do taete? Ob er zuo den
ſouwen *1t 07
6. 40.
Hettzut e hat fih bie Anficht vielfach feftgefegt, als müffe ber
optative mm in unferee Sprache auf das Präteritum Eonfum-
etivi Eingefihränkt werben, als: Ich wollte; 4 wünſchte; kaͤ—
me er doch; entſchlöfſeſt vu dich dazu; Hätten wir unfere
Eitern wieber } [&Glüget ihr euch das ans dem Sinn! Wo das
Präfens Conjunetivi afftg iſt, z. B. in Redensarten wie: Das
ſei; ich ſei das Opfer; komme er doch; daß ihr's euch aus dem
Sinn —— wird ein bloßer Juſſiv angenommen.
§S. 414.
In der Natur ver Sache und hiſtvriſch gegründet ſcheint das
nit In ven Form: Das gebe Gott; das verhäte Gott!
ft ein Wunſch und fein Scheiß ausgebräct, tan bewahre
alfo dem Optativ feinen freieren, weiteren Begriff, und bringe in
act ke vaß unfer Präfens Conj. überhaupt —2— eworden iſt,
feine Form mit der indicativen beinahe — 8
Gott sräß euch, geſtrenger Her! G. ©. 1. Stärfen ihn
- alle Heifigen, daß ex fein Befies that! G. E. A. Zwiſchen uns
4
. fei Wahrheit! ©. 3. 3, 1. Det Föniglihen Gäten fegne
Dich Die Göttin! Sie gewähre Sieg und Ruhm und Reich⸗
thum und das Wohl der Deinigen und jedes frommen Wunfches
Fülle dir! G. 3. 1,3. Gott verzeih's meinem lieben Mame!
G. F. 1, 148. Der Menfh verſuche die Götter nicht und
begehre nimmer und nimmer zu fchauen, was fie gnädig be-
beden mit Nacht und Grauen! S. Tauder. Lang Iebe der
König! Es freue fih, wer da athmet im roſigen Licht! ©.
Zauber. Schenke mir die ew’ge Gnade Sieg im letzten
Kampf! S. St. 5, 7.
6. 42,
Den Optatiobegriff pflegt einmal bie beginnende, fragende Wort-
folge auszuzeichnen, von welcher der fünfte Abſchnitt näher ban-
beit. Ich hätte, ich thäte ift bloß conjunctivifch, Hätte ich,
thäte sch iſt mehr optativiſch. Sodann dienen beigefügte Parti-
fein den Optativ hervorzuheben. Vorgeſetzt werben: DO! ad!
weh! o weh! daß! o Daß! wenn! nachgeſetzt: Doc, nur,
gerne, vielleicht, Leit, wol, letztere für die Conceffiobe:
deutung.
Daßß ih ihren Namen nie gehört hätte! daß er aus dem
- Buche der Lebendigen vertilgt würde! 2. Mf. 1,9... D daß
- ‚er. fein Gemüth wie feine Kunſt an deinen Lehren bildel ©,
„T. 1,2. Hätt' id nur einen Tobtenfhein! ©. F. 1, 148.
Hätt' ih Doch immer gefihwiegen ımb die reine Stimmung in
‚ meiner Seele zu erhalten gefuht! ©. %.6. Wenn nur bie
Ohrring' meine wären! ©. 5. 1,143. Ich fränfe gern
ein Glas, die Freiheit Hoch zu ehren, wenn eure Weine nur ein
bißchen beffer wären. &. 5. 1, 112. Daß jest ein Engel mir
vom Himmel niederfliege! ©. T. 3, 21. Ad, daß Ihr da=-
mals mir Gehör geſchenkt! S. St. 3, A O wär’ ih nimmer
über Meer hierher gefchifft! S. Ivo. 2, 6. Frommer Stab!
D hätt’ ich nimmer mit dem Schwerte dich vertaufht |! Hätt’
es nie in deinen Zweigen, heil’ge Eiche, mir geraufht! Wärft
du nimmer mir erfchienen, hohe Himmelsfönigin! ©. Ivo. A, 1.
$. 43.
Endlich wird der Optativ hervorgehoben durch Verba, welche
den Begriff der Möglichkeit und des Wunfches haben. Mö-
gen wird babei auf Doppelte Weile gefebt, im Sinn von wollen
mehr conceffio, dann aber im Präfens und Präteritum und in ge⸗
wöhnlicher Wortfolge: Ich möchte kommen; er möge fommen,
oder im Sinn von können bloß fürs Präteritum in fragender
Wortfolge: Möchten wir dafein! und indireet fragend: Er möchte
mich hindern? Auf die letzte Weife ſteht auch können. Umgekehrt
bat müffen conceffiooptative Bedeutung: Er müffe glädlic fein!
Er müßte heute noch eintreffen! Wollen ſteht bald conceffio bald
%
— 11 — —
optativ. Andere Berba fmb noch: Wünſchen, gefallen, be-
lieben. — Die indirecte zweifelhafte fo wie bie höfliche
Frage erfordern gleichfalls den Eon. und zwar in der kaum⸗ umb
Tängftvergangnen Zeit.
Wenn ich euch nur begleiten fönnte! L. Ph. 2. Möge doc
Hermann fie treffen und fie erquicken und Heiden. G. Hd. 1, 153.
Ich möchte gern ein Zeugnif Gaben. G. F. 1, 156. Ich
wünſchte recht gelehrt zu werden. ©. 5. 1, 94. Wie ſehnlich
wünſcht' ich jene Welt einmal recht nah zu ſehn! G. T.1,4.
Möge nie ber Tag erfiheinen, wo des rauhen Krieges Horden
biefes ftille Thal durchtoben! S. Glocke. Ad, aus diefes Tha-
les Gründen, die der falte Nebel drückt, könnt' ich doch den
Ausgang finden, ach, wie fühlt’ ih mich beglückt! S. Sehnſucht.
Es gefalle meiner Königin, fih zu erinneen. S. St. 4, 11.
Belieb' es euch, mich anzufhauen. G. F. 1, 50. Und mein
Gefangner wärft denn bu? ©. 5. 1, 73. Dürft’ ih wohl
dießmal mich entfernen? G. F. 1, 72.
" Anm. Die Bevemtung diefer den Optativ umfchreibenden Berba reicht
aber oft ſchon an fih hin, ohne daß es nöthig wäre, fie gt over das
von ihnen abhängige Berbum, in ven Conj. zu feben, 5.8. Ih wün⸗
ſche, daß erfommt. .
$. 44.
Drurch dieſe den Optativ umfchreibenden Zeitwörter verwandelt
fih oft der einfadhe Sat in einen mehrfachen. Der conceffive
Fall erträgt hier auch das Präfens.
Das wolle Gott nicht, daß du das vollbringfil ©. T. 2, 3.
. Da fei Gott für, daß es bis dahin kommen fol! S. $P. 2, 7.
Berhüte Gott, daß wir den Ruhm befleden! S. St. 2, 3.
co)» Imperativ
“ $. 8. .
Das eigentliche Weſen des Imperativs gründet ſich auf bie
zweite Perfon: einer oder mehrere werden angerevet und empfan- .
gen Befehl, Eine dritte, d.h. nicht gegenwärtige Perfon kann
weder angefehen noch angerebet werden, unmittelbarer Befehl mag
nicht an fie ergehen. Wenn ihn aber Boten vermitteln, fo bedie-
nen fich diefe wiederum ber zweiten Perfon, und allen deutſchen Spra-
hen bat eine Form für die dritte Perfon überflüffig geichienen. An
fich felbft richtet man feinen Befehl, daher gebricht dem Imperativ
auch die erfte Perfon.
: D tönet fort, ihr füßen Himmelslieder! ©, 5. 1, 46. Hört
Doch, bleibt! Geh’ nad, bedeute fie, bring’ fie zurüd,
28 koſte, was es wolle. ©. T. 3, 16. Bürg’ du für dich und
. beinen eignen Leib. ©. TI. 3, 3. Edler Lord von Schrews-
bury, fagt Ihr uns Eure Meinung! ©. St. 2, 3. Bleibt
Eurem neuen Herrn getreuer als dem alten! Kommt! Ber-
Kehrein Grammatik, II. 1. 2
\
_ 18 —
fprecht mir, die Hand gebt mir barauf, daß Ihe fein Leben
befhügen, unverlelich wollt bewahren! ©. T. 3, 23. Fliehe
biefen Baum! Bleib nicht allein, und grabe Feine Wurzeln
um Mitternacht, bereite Feine Tränke, und ſchreibe keine
Zeichen in den Sand! ©. Joo. Prol. 2.
$. 46,
Der griechifehe und TYateinifhe Imperativ dritter Perfon iſt
gleichfam ein laut gefprochener Befehl, der ſich um ihre Abweſenheit
nicht kümmert, fondern ihr doch hinterbracht zu werden erwartet.
Solche Imperative dritter Perfon müffen überall durch den beut-
fchen optativifchen Conjunctiv erfegt werden. — Wenn man in ber
Anrede bie dritte Perfon flatt der zweiten gebraudt, fo be-
dient man fich ebenfalls des Conjunctivs.
Ein Tag, den alle Menfchen feiern, ex fer für mich ein Ernte
‘tag. G. F. 1, 50. Sp ſei's und dabei bleib’ eg. S. St. 4,6.
Man bind’ ihn an die Linde dort! S. TI. 3, 3. Deß rühme
der blut'ge Tyrann fich nicht, daß der Freund dem Freunde ge-
brochen die Pflicht, ev ſchlachte der Opfer zweie, und glaube
an Liebe und Treue. S. Bürgſch. — Such' Er den redlichem
Gewinn! Sei Er fein fihellenlauter Thor! ©. F. 1, 37. Seh
Er mal mih an! S. L.7. Trete Sie näher, mein Rind! ©.
8.4, 7. Bater, bring’ Er die Tochter weg. ©. K. 2, 6.
Sehen Sie das Kind als ein fremdes an. ©. gi. 7,8.
Anm. Nicht vor allen Zeitwörtern kommen Imperative vor. Der neu⸗
yodb. Imp. fei! feed! fehlt im Althochd. ganz, ſtigt ſich dagegen
m rittetg. guimeilen. Bon müffen, mögen, fönnen, follen,
dürfen gibt es Teine Imperative. Daher gebraucht man bei biefen
au, was jedoch felten vorlommt, den Eonjunctiv, 3. B. Mögeft
du glüdlich fein! Zumeilen fleht auch ver Inbicativ, z. B. Du magft
fragen, Streng genommen iſt die Bedeutung Feine imperativifche.
$. 47.
Richtet man den Befehl oder die Aufmunterung an fich ſelbſt,
fo ſteht die erfle Perfon, over es tritt die noch nicht fehr alte, jetzt
aber allgemein verbreitete Umfchreibung mit laſſen ein. Statt
gehen wir fagt man laßt uns gehen! Taf ung gehen, wenn
nur von zweien bie Rebe fl. Das Ganze ift fihtbar eine Höflich-
keitsformel, welche die Entſcheidung aus der Hand bes Auffordern-
den in die des Aufgeforderten zu fpielen fcheint.
Entfernen wir uns nır gefhwind! ©. F. 1, 125. Stüärzen
wir uns in das Raufchen der Zeit, in’s Rollen der Begebenheit !
. , 88. — Laß uns denken, Egmont! G. € 2 R de
ung geben, jeber in feine Provinz. G. €. 2. Laßt uns fiher
gehen, Freunde fuchen! Der Schwede ſagt uns Hülfe zu; laßt
uns zum Schein fie nutzen! S. T. 8, 15.
— 19 —
$. 49. -
Wenn ein Befehl auf nachdrückliche Weiſe ausgebrücdt werben
‚ fol, fo braucht man oft den Indicativ flatt des Imperativs
- wo dann der Imperatiov durch die flärfere Betonung kenutli
wird.
. Du nennft mic Herr Baron, fo iſt die Sache gut. ©. F. 1,
128. Da übernimmt die fpanifchen Regimenter, macht im⸗
mer Anftalt und iß niemals fertig, und treiben ſie dich, gegen
aid zu ziehn, fo ſagſt du Ja und bleibſt gefeffelt ftehn.
. T. 2, 1.
Anm. Nachdrücklich ſteht auch zuweilen ſtatt des Imperativs der Con⸗
junetiv mit daß, 3. DB. Ich ſeh' es gern, das ſteht dir frei; nur daß
die Kunft gefällig fe. ©. F. 1, 1h
$. 49,
Weil der Imperativ, wenigftens in unferer Sprache, als Form
die Vergangenheit ausfchließt, und auf etwas Künftiges gerichtet
wird, fo ergibt fich daraus feine Berührung mit dem Conjunctiv,
der dann auf die mannigfaltigfte Weife mit dem Futurum im Indi—⸗
catio in Gemeinfchaft ſteht. Umfehreibungen des Futur. durch ſol⸗
len, ſeltner aber doch zuweilen durch müſſen, können alfo zu-
gleich für imperativifche Ausdrüde gelten, die dann wie der Indi-
catio ($. 48.) dem Befehl mehr Nachdruck geben. Auch findey ſich
unumfchriebene Futura flatt des Imperativs.
Du ſollſt wiffen, daß ich nicht im Geringſten babei auf dich
geſehen babe. %. Mia. 1, 6. Du ſollſt hören und nicht er-
flaunen. 2. Ph. 5. Du felber fol1ft ung fagen, was du vor-
haſt. S. T. 3, 15. Man ſoll die Ketten vorziehn, das Ge-
ſchütz aufpflanzen. S. T. 3, 19. Sie ſollen ſich zurüdziehn
augenblicke, iſt mein Befehl. S. T. 3, 19. Geh Hin! Du
foItft auf Erden für mi zeugen! ©. Ivo. Prol. 4. — Du
mußt es dreimal jagen. ©. 5. 1, 79. — Du wirft den Apfel
fchießen von dem Kopf des Knaben. (So fagt der gebietende
Geßler.) ©. X. 3, 8.
$. M.
Eine bewegte, heftige Aufforderung ſtellen wir zuweilen infini«
tisifch, 3. B. DO nicht weggehn, Lieber Bater! Junge, dich nicht
rühren! Dies geht aber nım im Findlichen Ton oder im Ausbruch
bes höchſten Afferts an. Dergleichen Formen kommen ſchon im Go⸗
thiſchen vor, wo fie jedoch wol durch ben griechiichen Tert veran-
baßt find.
' Drum nit sanften, Mann! V. 2, 587.
$. 51.
- Wir pflegen heutzutage ben Imperativ nicht felten durch bas
Partie. Präter. anszubrüden: aufgeſchaut, niedergeſchrie—
-_
/
— 20 —
ben! den Hut abgenommen! Dergleichen Redensarten find un-
ter dem Volk, wie in der höhern Poeſie, und zumal in der Voßi⸗
ſchen, fehr hervorgeſucht. Es find umfchriebene Imperative
. $räter., die ihren guten Grund haben. Schaut auf! heißt: öff-
net jeßt die Augen; aufgeſchaut! aber: habet fie bereits geöff-
net, gleich als ſei der Befehl fchon früher ergangen oder befolgt.
Es ſoll alfo eigentlich Fein neuer, fondern ein fortbauerndber .
Zuftand dadurch angezeigt werben,
Ganz gefhwiegen, ober ganz mit der Sprache heraus! L. M.
2, 9. Die Trommel gerührt! Das Pfeifchen gefpielt! ©.
E. 1. Nicht Iange gefeiert, frifh! Die Mauerfteine herbei!
Den Ralf, den Mörtel zugefahren! S. TI. 1, 3. Wohl auf,
Kameraden, aufs Pferd! In's Feld, in die Freiheit gezogen!
S. L. 11. Ihr dort außen in ber Welt die Nafen einge-
fpannt! ©. Graf Eberh. d. Greiner. Roſen auf den Weg
geftreut und des Harms vergeffen! Hölty, Lebenspflich-
ten. Die Hand mir nicht ſo gedrüdt! ®. 1, 165. Hurtig
hinab und ein Körbchen befhleuniget! V. 1, 185. euer
gezündet und Kaffe gekocht! V. 1, 196.
Anm. Der Ice. et welches Hilfswort, von dem das Partic. abs
bängig ift, ausgelaffen fein könne, offenbar kein anveres als habe,
babetl ober bei intranfitiven, ſei, ſeid! Bat. 6. 99.
d) Infinitiv.
6. 52. | |
Der Infinitiv ift das aus aller Perfönlichfeit tretende, in feiner
Unbeflimmtheit für jedwede Perfon zugleich gerechte VBerbum: die .
perfönlichen Kennzeichen der Flexion hören bei ihm auf. — Bon
dem fubftantivifch gebrauchten, feiner Verbalkraft verluftigen
‘nf. ift hier Feine Rebe. Diefer fubftantisifhe Inf, nimmt nicht
den unbeflimmten Artifel zu ſich und auch feinen Plural, 3.3. das
Laufen erhitzt; ich bin des Sehens müde. Nur wenn er einen
beftimmten Begriff ausdrückt, mag er den unbeflimmten Artikel, zu-
weilen auch einen Plural annehmen, 3. B. ein Verlangen, bie
Vergeben.
6.93.
Man kann fih einen ganz unabhängig gefeßten Inf. denken.
Die oben ($. 50.) aufgeführten gehören hierher, wenn die ſchlep⸗
pende Erklärung durch eine Ellipſe nichts gilt. Auch als Ausruf,
mit oder ohne Frage, findet fih ein unabhängiger Inf. . Abgefehen
von biefen Ausnahmen hängt fyntaktifch betrachtet der reine Infini⸗
tio überall ab von dem im Sab berrfchenden Verbo, und erſt ber
beclinierte, folglich fubflantivierte Inf. mag auf andere Nomina bes
zogen werden.
Ich meines Bruders Kinder niht erfennen?! UN. 5, 8. Ein
Tempelberr ein Judenmäbchen Lieben! L. N. 3, 10. Er -Ra«
en
— 21 —
the folgen! L. N. 2, 9. Du? Schülerin des Plato! Richt
begreifen, was bir ein Neuling vorzufhwaßen wagt? ©. T.
4,1. & Eu‘ retten und befigen! S. T. 3, 6. Ich eines
Mannes Bild in meinem reinen Bufen tragen? ©. Zoo. 4, 1.
Anm. Jenes herrſchende Berbum dürfte man das ſtehende nennen,
den Inf. das liegende, und die ganze Natur ber infinitiven Gon-
ftruction Tieße ſich fo auffaffen: Jeder einen Inf, enthaltenne Sa ift
aus pri Sägen zufanmnengefloffen, dergeſtalt daß das Berbum des ab-
hän gen Sapes zum Liegen gebracht wird. Der einfache a >.
will ſchlafen, gebt hervor aus dem voppelten: Mein Wille ift,. da
ich fchlafe. ,
1) Reiner Infinitiv,
§. 54.
Der Gebrauch des reinen Inf. mindert ſich allmälich in ber
Sprache; die ältere kann mit ihm ungleich freier fchalten. Da wo
das dem nf. verfnüpfte Verbum in Auriliarbeveutung ausfchlägt,
ober fich ihr nähert, pflegt er am Tängften zu haften. -
$. 9.
Weder im Alt= noch Mittelgochdeutfchen findet fih das Verbum
werden zur Umfchreibung des Futurums; neuhochbeutfch dient es
ganz gewöhnlich zu diefer Umfchreibung ($. 102.).
Wie ihn die Welt verehrt, fo wird die Nachwelt ihn verehrend
nennen. ©. T. 3, 3, Wir werden mit den Schweden uns
verbinden. ©, T. 2, 2. Zwei Reihe werben blutig un-
tergehn. S. T. 4, 3. Ihr werbet nicht verlangen, baf
ich meinen Eid brechen fol. &. ©. 2. In jevem Kleide werd’
ih wohl die Pein des engen Erbenlebens fühlen. ©. 5. 1, 80.
Du wirft mit mir verfahren, wie du Dlacht bafl. ©. T. 3,18.
$. 56.
Ale Berba zweiter Anomalie haben urſprünglich ben bioßen
uf. neben fih. Die Berba wollen und können ſchließen fich
ihnen in dieſer Beziehung vollkommen an. Für mögen, follen,
müffen, Dürfen, wollen leidet der aufgeftellte Sab bis auf
heute in allen deutſchen Sprachen nicht die geringſte Ausnahme.
Mögen und fönnen Sie mir erflären® ® Wi. 2, 1.
Wir wollen halten und dauern, feft uns halten und feft
der ſchönen Güter Befistfum. ©. Hd. 9, 300. Ih will re-
den wie ein Buch, wenn ich mich vorbereitet habe, und wie ein
Thor, wenn ich bei guter Laune bin. G. %. 5, 6. Ich mag's
und will's nit glauben, daß mih der Mar verlafien
fann. S. T. 3, 18. Was er au bringen mag, er darf
den Deutern nicht in die Hände fallen. ©. T. 3, 10. Du
darfft dich deiner Wahl nicht ſchämen. ©. T. 3, A. Edle
Sänger dürfen nicht ungeehrt von unferm Hofe ziehn. ©. Ivo.
1,2. ort muß ich halten. S. T. 5, 6. In feiner Nähe
-
— 22 —
darf nichts müßig fein! Was gelten ſoll, muß wirken
und muß dienen. ©. X. 1, 4. Wer durch's Leben ſich friſch
Dil ſchlagen, muß zu Schub und Trug gerüflet fein. ©.
9, 1.
6. 97.
.. Den genannten fchließen fih an: Laſſen, heißen, helfen,
lehren und Ternen, bei denen ber Infinitiv als Object fteht.
Daffelbe ift der Fall nach fein, haben und thun, jedoch nur in
befondern Ausdrucksformen.
Laß mih Inieen, laß mih fhauen, Taß mich fterben,
laß mid leben. ©. F. 2, 212. Laß mih weinen, an bei-
nem Herzen heiße Thränen weinen, bu einz’ger Freund, ©.
DE 1, 2. Heiß mich nicht reden, heiß mih ſchweigen.
G. Mignon. Noch einmal ein Wunder hoffen, hieße Gott
verfuhhen. ©. St, 4, 9. Zu fohiffen in dem wüth’gen See!
Das heißt nicht Gott vertrauen! Das heit Gott verſu—
hen! S. X. 3, 1. est, Anton, Hilf mir Julianen bei bei-
nem Herrn recht ſchwarz machen. L. Ig. 2, 11. Gerne will
ih für ihn forgen helfen. ©. T. 3, 3. Phöbus Hilft fie
ung verjagen. ©. Parnaf. Nur der innere Trieb, die Luft,
die Liebe Helfen ung Hinderniffe überwinden. G. %. 1, 14.
Helft mir die ſtolzen Gemüther zufrieden ſprechen. S. oo.
2, 2. Das Reben Iehrt uns, weniger mit ung und Andern
firenge fein. ©. 3. 4, 4 Ruhm und Tadel muß der Menfch
ertragen lernen ©. T. 1, 2. Don Jugend auf hab’. ich
gelernt gehorchen. ©. %. 5, 3. Der ift gut'föpfen. ©.
E. 2. Wie felig, denkt er, wär’s in diefen Hütten wohnen!
W. 2, 9. Hier ift nicht gut fein. S.U. 1, 3. Es iſt nit
gut mehr operiren. ©. T. 1,1. Neben fih Hatte fie einen
Korb ſtehen. G. Wj. 1, 2. Er hatte fhönes langes Haar um
feinen Naden wehen. Claudius Phidile. Wie fol man fiegen,
‚nenn man nichts thut, als in den Weinhäufern Tiegen?
. L. 8.
Anm. 1. Heißen, lernen und lehren werben von unſern Dich—
tern, beſonders von Göthe, auch mit zu conſtruiert. Ein Treffen mit
Waffen, die ich nicht gelernt zu führen. 8. N. 3, 4 Es wäre
zu münſchen, daß fie von ER gelernt hätten ihrer Pflicht zu ge—
orchen. G. ©. 3. Ich habe nipt gelernt zu hintergehn. ©.
.4,1. 3b lehrte dich auch dieſer Fordrung auszuweichen. ©.
J. 4, 4. Ich habe ohne dich zu leben noch nicht gelernt. S. T.
3, 23. Mein Herz hat mich geheißen zuthun, fo wie ich genau
nım erzähle. G. Hp. 2. 12,
- Anm. 2. Aus Bollslievern ift thäte in den Romanzenton übergegan-
gen, Zu fhau'n mein Myrtenreis, das ich gum grängben pflanzen
hät und pflegen thät mit Fleiß. rger: d. a. Suschens
Traum. Abgeftorben allen Freuden th ät fle jedes Labfal meiden,
"tHät an ihrem Gram fi weiden. Stolberg: d. Büßende. — Die
Berbindung von thun mit dem Inf. ſtatt des einfachen Zeitwortes, vie
man in der Volksſprache ſtündlich Hören Tann, findet fich auch nom in
— 23 —
der Schriftſprache und zwar oft gebildeten Perſonen in den Mund ge⸗
legt. en Auffallend find bie Beifpiele: Der Geifl, ver im ganzen
Corps thut leben. S. L. T. Seht, ihr Herrn, das ift alles recht
- gut, daß jeder das Nähe bedenken thut. ©. 2%. 11. Procefs
iren tbu’ ich meine Tag nicht mehr. G. ©. 2. Mehr auffallend
find: Daß ich ſchau' alle Wirkenskraft und Samen, und th u nicht
mehr in Worten framen. ©. F. 1, 0. Loben thu’ ich ohne Be⸗
Denen, , denn warum ſoll ich verſchweigen, wenn mir etwas zuſagt?
. Bi. 1, 10.
$. 58.
Statt bes Partie, Präfens ($. 72.) ſteht der Inf. nach den
Berbis: Hören, fehen, fühlen, finden, machen, fo wie au
nach bleiben, geben, (fommen), reiten, fahren, bier je-
doch nur in befondern Ausdrucksformen. °
Ich hörte den Fuchs zum Hirfche fagen. 2. d. Hirſch. Wir
hatten oft fagen hören. © %. 1,8 Wie gern möcht’ ich
einmal Humboldten erzählen hören. G. Wo. 2,7. Hört
ihr jene Brandung flürmen? S. Hero u. Leander, Schnell
wirft du die Nothwendigkeit verfhwinden, und Recht in Un-
recht fih verwandeln ſehen. S. St. 2, 3. Ich fühle jun-
ges heil'ges Lebensglüc neuglühend mir durch Nero’ und Adern
rinnen. ©. F. 1, 32, Ich drück' an meine Seele dich, ich
fühle die beinige allmächtig an mir fhlagen. ©. DE. 1, 2.
Wir fanden die Rranfen und Alten bier auf dem Boden äch⸗
zen und jammern. ©. Hd. 1, 149. Wir finden ihn gewiß
bei jenen Pappeln ftehen. ©. F. 1, 49. Wir wollen fie fie-
gen madhen. © ©. 3. Ihr Habt mich weiblich. ſchwitzen
. maden. ©. F. 1, 69. Sie machen uns den dürren Scepter
bfüben. ©. Ivo. 1, 2. Er bleibt flehn, den Zauber anzu-
fhauen. W. 1, 18. Wußt' ich nicht, daß ich mit einem Werbe
handeln ging? ©. 3. 1, 3, eh’ Tieber jagen. ©. T.
3, T. Indeſſen ihre Pferde frei im Graſe weiden gingen.
W. 3, 1. Indem ih wandeln geh! W. 4, 14. Lest hin
mich A wo Fein Liebender fommt weinen. Herber, St. d. V.
3, 28.
Anm. 1. Statt der obigen Berba finden fi zuweilen auch einige gleich-
. bedeutige mit verfelben Conſtruction. Ich ſchau' in dieſen reinen Zü-
en die wirkende Natur vor meiner Seele Tiegen. ©. F. 1, 32. Wenn
e den Lorbeer sufeigen, den Sranatapfel fih röthen, Orangen .
nd Citronen fi entfalten und Früchte in leid aus dem dunkeln
aub hervorglühend erblidten © Wl. 2, 7.
Anm. 2. Es kommt hier, befonders bei gehen: auf den Sprachge⸗
brauch an, venn viefelben oder ähnliche Eonftructionen finden ſich auch
mit zu, wobei jeboch der Zwed des Gehens mehr bernorgeho en zu
werben ſcheint ($. 61.): Und der Kmmbe a8 u jagen. S. Alpen
jäger. Was gehft vu zu beginnen? W. 4, 33. Der kühn Gebirg’
und Wälder durchzuſtreifen ging. ©. 3.5, 3
— 24 —
$. 59.
Zuweilen finden fi zwei abhängige Infinitive, wobei bann
drei Sätze in einen zufammen gefloffen find, z. B. Er wird un-
tergehen müſſen; er foll es bleiben Yaffen. Ä —
Der Künſtler muß fie mit einem Stabe auf die Himmelskugel
weifen laffen. &. 8%. 10. Sollt' ich von beiden Kälte Tei-
den müffen? ©. Sonette 4. Er muß mich nidt prellen
wollen. ©. 8. 1, 5. Site (die Wilden) ſchweigen entweder,
oder reden im Moment des Intereſſe mit einer unvorbedachten
Seftigfeit, Sicherheit und Schönheit, die alle wohlftubierte Euro⸗
päer allezeit Haben bewundern müffen, und — müffen
bleiben Laffen. Herber: Ueber Oſſian 8.
2) Präpofitionaler Infinitv.
§. 60.
In unſerer Sprache wird dem Inf. nur die Präpoſition eines
einzigen Begriffs vorgefeßt, die Präp. zu. Weſentliche Eigenfchaft
der Präp. iſt Cafusrection: erjcheint alfo eine Präp. vor einem
Berbum, fo ift eine declinierbare Mittelform erforderlich, wie fie
das Tateinifche Gerundium, Supinum oder Participium gewähren.
Anm. Der präpofitionale Inf. wird deshalb auch von-manden Gram⸗
matifern, namentlih von K. 5. Beder, unter vem Namen Supi-
num abgehandelt.
$. 6l.
Es gibt nun aber Feine eigentlihe Flerion des Infinitivs; un-
fer Inf. mit zu iſt zu faffen wie das lateiniſche Gerundium. Die
Fälle, wo der Inf. mit zu fleht, find beſonders:
4) Nah den Berben fein und werden, befonders wenn er
Subjeet des Satzes iſt und nach den Prädicate fleht, z. B. Es
ift Feine Kunft berühmt zu werden —= berühmt werden ift
ferne Kunſt.
2) Nach vielen Zeitwörtern, wo er meift in das Verhältniß ei-
nes cc. tritt oder eine Abficht ausdrückt. Dahin gehören vor
andern: Ablaffen, anfangen, anheben, anflagen,
auffordern, aufhören, ausziehen, befehlen, be-
fürdten, begehren, beginnen, behaupten, belie-
ben, berechtigen, bereuen, beſchließen, befhuldi-
gen, befteben, beftürmen, bewahren, bitten, brau—
hen, brennen (vor Verlangen), denfen, dienen, drin—
gen, eilen, empfangen, erlauben, erröthen, erſtau—
nen, erfudhen, erwarten, fordern, fortfahren, frob-
Ioden, fürdten, gebieten, gebühren, gefallen,
geloben, gelüften, genügen, geruben, geftatten,
geziemen, glauben, glüben (vor Verlangen), haben,
binreihen, hoffen, jaudzen, kommen, mahnen,
meinen, nehmen (auf fih), nöthigen, pflegen, ra-
— 3 —
then, ſcheinen, fhwören, fenden, ſuchen, taugen,
thun (zu willen), übernehmen, umgeben, unterlaf-
fen, verdienen, verdrießen, vergeffen, vergönnen,
verheißen, verlangen, verleihen, vermeiden, ver-
mögen, verfäumen, verfpredhen, verftehben, ver-
fuhen, vorgeben, wähnen, wagen, warnen, wif-
fen, wünfhen, zögern, zwingen; — fich bedanken,
bedenfen, begnügen, bereiten, dünken, einbilden,
entfchließen, gewöhnen, unterfangen, unterfuden,
vermeffen, weigern; — e8 fällt zu, gilt, kommt
zu, liegt auf, liegt daran.
Wenn ich einmal zu fürdten angefangen, hab' ich zu fürd-
ten aufgehört. S. DE. 1, 6. Heut noch werb’ ih ihn auf-
fordern, feinen Leumund vor der Welt zu retten. 6.9.5, 3.
Nicht mächt’ger war ich, als ich vor neun Jahren auszog, dem
Raifer Deutfchland zu erobern. S. T. 3, 13. In meiner Rö-
nigin felbfteigne Hand befahl fie mir den Brief zu überge-
ben. ©, St. 2, 4. Vielleicht befürchtet Ihr, die Sphäre zu
verfehlen, die Eures Geiftes würdig fl. S. DE. 3, 10. Be—
ginnft du num zu ſchwanken und zu zweifeln? ©. J. 4, 3.
Belieb' es Euch mih an zu ſchauen. ©. F. 1, 50. Sucht Eu
den Poften aus in meinem Königreih, der Euch berechtigt,
diefem edlen Trieb genug zu thun. ©. Dk. 3, 10. Ich ſchaͤme
mich einer feigen Klugheit, die mir da zu ſchweigen rieth, wo
meines Königs Ehre, Gerechtigkeit und Wahrheit laut genug zu
‚reden mich beftürmten. ©. Dk. 3, 3. Mein guter Stern be-
wahrte mich davor, die Natter an den Buſen mir zu legen.
S. St. 3,4. Ich bitte fehr, für Feine fchlecht’re Chriftn mich
zu halten. S. DE. 1, 3. Englands Harfcher brauchen nichts
zn ſcheuen als ihr Gewiffen und ihr Parlament. S. St. 1, 2.
Nicht merken fol ih, wie voll Eifer Dort der Herzog brennt,
der Gunft zuvorzueilen, die meinem Sohn befchieden war. ©.
DE. 3, 4. Nicht eher denk' ich dieſes Blatt zu brauden. ©.
P. 5, 1. Ich erlaube Euch, den Prinzen zu verföhnen. ©.
DE A, 3. Wer zu bereuen nicht erröthet, wird fi Reue
. nie erfparen. S. DE. 2, 2. Wie frob erflaun’ ih, Eure Ma-
jeftät fo ruhig, fo gefaßt zu fehn. S. DE. 3, 4. Der Monarch
läßt Ihre Majeſtät erfuhen, dem Ambaffaveur von Frankreich
fein Gehör für heute zu bewilligen. S. DE. 4, 3. Ein wildes
Dferd erwarte man zu finden. ©. 9. 1, 2. Fährt fie (die
Stadt) noch fort mit dem gewohnten Muth bem Feind zu wi-
derſtehn? S. Ivo. 1, 3. Der Prinz froblodt, hintangeſetzt
zu fein. ©. Df. 2, 10. Wenn ich nicht fuͤrchten müßte, Ihre
Majeftät durch die Erzählung zu ermüden. S. DE. 1, 4. Sorg’
nur, daß du ihm den Kopf recht warm mahft, was zu denken
gibſt. S. 9. 3, 2. Ihr Auge gebot verfländig zu reden. ©.
Hd. 7, 5% Doch es gefiel der Vorſehung, mi vor ber Zeit
ch ———
— —
von meiner ſchönen Pflanzung abzurufen. S. DE, 4, 21. Weil
man und glaubt zu haben, zu locken meint durch glänzende
Berfprechen. S. P. 5, 1. Mein Herz glüht, an dem *
gen zu ſchlagen. S. IJvo. 3, 2. Was Hab’ ich zu erwarten?
®. Ivo. 1, 5. Er hofft, fie zu,befiten. ©. T. 3, 4. Du
jauchzeft, der Beleivigte zu fein. S. DE. 2,15. Du kommſt,
mich der Verzweiflung zu entreißen. S. Jo. 1, 4. Mer
nimmt's anf ſich, den König zu belehren! S. Df. 2, 10. Ha-
ben Sie bemerft, wo fie den Schlüffel zur Schatulle gewöhnlich
zu bemaßren pflegt?..S. Dk. 2, 12. Ein Glanz vom Him-
mel ſchien die Hohe zu umleuchten. ©. Ivo. 1, 9. ‚Schade,
daß das Opfer wenig dazu taugt, dem Geift des Opferers ein
Loblied an zu ſtimmen. S. Dk. 3, 10. Gefest, ih ginge ba-
. mit um, den meinen (Glauben) auf einen Thron zu Then? ©.
DE. 4,2, Berdienen Sie, der Welt voranzugehn. ©. DE
1, 5. Wenn fein erhabnes Herz vergeffen hat für Menfch-
Lichfeit zu fohlagen. ©. DE. 1, 2. Mir vergönne Ihre Ma-
jeftät mich fo Yang zu entfernen. S. DE. 1, 3. Zehn Kuraſſiere
von Pappenheim verlangen dich zu ſprechen. S. T. 3, 14.
"Bermeiden Sie's, in diefen ernflen Stunden fich öffentlich zu
zeigen. S. P. 2, 7. Vermöcht' er Hug zu handeln. ©. P
41, 2. Wie gut verftund’s die Fuge Schreiberin, der Liebe
einen Boten auszulefen. S. Dk. 2, 4. Darf ich die Bitte aus⸗
zufprechen wagen? ©. DE. 2, 2. Er warnte mid, mit Wor-
- ten und mit Winfen gar fehr auf meiner Hut zu fein. ©. DI.
2, 7. Sie wußte das Cabinet recht gut auszulegen. ©. %.
‚41, 17. Wo wir verflummen müffen, zwingen Pflichten. Sie
zu reden. ©. Df. 2, 12. — Die Tyrannei begnügt fich nicht,
ihr Werk nur halb zu thun. ©. St. 1, 6. Das allein macht
ſchon den Werfen, dee fich jever dünkt zu fen. U N. 3, 5.
Das will ich zu entfcheiden mich nicht unterfangen. ©. DE.
4, 9. Ich werd’ mich unterfiehn, Euch das zu wehren. ©.
TI. 1, 2. Wer ift der Menfch, der fih vermeffen will, des
Zufalls ſchweres Steuer zu regieren und doch nicht der Allwiffende
zu fein? ©. DE A, 21. — Damalen galt es, Böhmen aus.
Keindes Hand zu reißen. S. P. 1, 2.
$. 62,
Beſonders Häufig fleht der Inf. mit zu mach Adjectiven, vor⸗
züglich wenn bdiefelben zu oder genug bei fich haben, und bei ver⸗
balen Subftantiven, befonders dann, wenn der uf. fich durch das
Paſſiv auflöfen läßt. Wo flatt des Adjectivs ein Adverbium ſteht,
hängt der Inf. nicht von diefem ab, fondern von bem verbalen
Subſtantiv. Daz ist lanc ze sagene ift das latein. dicere lon-
gum est, aber daz ist lange ze sagene ift longe dicendum est.
Neuhochdeutſch, wegen ber meift vericherzten Anverbialform, miſchen
fi beide Faͤlle: Das iſt Yeicht, ſchwer zu fagen, zu thun.
.
— 2 —
Diele grade Hand iſt zu ſtarr, um beine neuen Thaten zu
verſiegeln. ©. St. 5, 15. Schwer zu unterſcheiden, noch
ſchwerer zu ergründen find bie Menfchen. S. DE. 2, 10. Wie
groß und ſüß (if es) in feines Kindes Tugend unfterblich fort-
zu dauern! ©, Dk. 2, 2. Karlos ift geſonnen, der Unglüd-
lichfle in dieſer Welt zu bleiben. S. DE. 1,5. War's un⸗
. recht, an_ dem Gaukelbilde mich der Föniglichen Hoffnung zu er-
u: S. T. 1, 4. Biſt du gemwillt, dies Blatt zu un-
terfchreiben? S. P. 4, 1. Sie ıft ſchön zugleich und fhred-
Lich anzufehn. ©. Zoo. 1, 9. (Sch bin) nicht jung genug,
‚vor Götzen mich zu neigen, und Trotz mit Trotz zu baͤnd'gen,
alt genug. ©, T. 2, 3.
Anm. Nah 6. 61. 1. fteht der Inf. mit zn, wenn er Gubj. des Sapes
ift und nad dem Prädicat ſteht. Daß dieſe Seßung nit fo firen
‚ von den Schriftfiellern gewahrt wird, mögen u. a. folgende Beifpiels
beweifen: Es ift vortheilhaft, ven Genius bewirthen. ©. 2. 1, 1.
Es iſt fo ſchwer, im See ih verdammen. ©. 2, 3, 2. Fin
5.100 Beyelaunge (13) RR ons: 3 be
. ruhig bleiben? Shoes beffer fih zu treiben? '
$. 63.
Nah Verben und Subftantiven ſteht endlich der Inf. mit zu,
wenn er in eins ber Berhältniffe tritt, welche an‘ bem Hauptwort
durch die abhängigen Cafus vargeftellt werden, alſo flatt des Ge
nitivs. Dies tritt vornehmlich ein nah dem ausfchließenden Vor-
wort ohne und dem eine Abficht ftärfer hervorhebenden um zn.
Hierbin gehören auch die reflexiven Verba, die einen Genitiv regieren.
zu gefallen war mein höchſter Wunſch, Euch zu ergeben
. war mein Iebter Zweck. G. T. 1, 3. Es ıft eine Wolluft, eis
nen großen Mann zu fehn. ©. ©. 1. Wo das Berlangen
vor zu dringen, zu befiegen, zu erhafchen, feine Fauſt zu brau⸗
hen, zu befisen, zu erobern, durch die Seele des jungen Jägers
glüht. G. E. 5. Nur zu befchäftigt find’ ich ihn, ale daß er
Zeit und Muße könnte haben, an unfer Gläd zu deufen. ©.
P. 3, 5. Ihr habt Euch gewaltfam zugeeignet, was ich Euch
beut noch zu übergeben Willens war. ©. St. 1.2. Das
Zettelchen fiel, ohne von ihm bemerft zu werben, auf den Bo-
ben. G. Wo. 1, 14. Er lebt, um beme Jugend zu begraben.
S. St. 5, 6. Ich erfühne mid, mein Blut für ihre Treue
zu verbürgen. ©. Df. 2, 2. Bon dem (Brief) ich nie gehört
zu haben mich entfinne. ©. Dk. 4, 12.
3) Subject des Infinitivs.
a) Accufativ mit dem Infinitiv,
S. 64,
Hierbei ift das von dem herrſchenden Verbo regierte Subject
und das mit dem Inf. verbundene nicht zu miſchen. In einzelnen
— 3 0 —
galiem. kann es zweifelhaft ober gleichgiltig fein, wohin man ben
10 e. 3. B. die Säbe: Ich febe dich the ih höre
* ogel fingen, können aufgeloͤſt werden in: Ich ſehe, wie bu
brennſt; ich höre den Vogel, wie er ſingt, over in: Ich ſehe, daß
du brennſt; ich höre, daß ber Vogel fingt. Für unfere —
deutſche Sprache ſcheint jenes das richtige Verſtaͤndniß.
Anm. Ich ſehe, wie du brennſt; ic höre den Vogel, wie er fingt, er⸗
fordern das latein. Partic., alfo: Gonspicio le flagrantem; audio avem
-» canentem; bie zweite Art erforvert den acc. c. inf. alfo: Video le
flagrare, audio avem canere. Daß vie erfe ai unferer Sprache an⸗
gemefjener ift, ergibt fi daraus, daß wir z. B. ben Sep: Audio te
omum exstruere wicht überſetzen önnens 3 höre dich ein Haus
bauen. Diefe an fih untavelhaft gebilvete Phraſe oe nur in den
u, befien gelegt werben können, ber das Geräuſch des Bauens .
yernähme.
$. 69.
- Meberall nun, wo ein im Sat ausgebrüdter Acc. nicht
zum herrſchenden DBerbo, fondern zu dem abhängigen Juf. dergeftalt
gehört, daß er bei Auflöfung des Ganzen in zwei Sätze den No-
minatio des zweiten, unabhängigen Satzes gebildet haben würde, iſt
bie Eonftruction bes Acc. mit dem Inf. vorhanden. Siche⸗
ves Kennzeichen dieſer Conſtruction ift, daß fie nie die Präpof. zu
‚verträgt ($. 68.). Dur diefe Eonftruction werben einfache Sätze
"aus mehrfachen gebildet.
$. 66,
Der reine Inf. enthält erfiens eine vom Gubjert des Satzes
(dem Caſ. vertud) ausgehende Handlung, z. B. nach den anomalen
und auxiliaren Wörtern: Ich mag das thun, er geht ſchlafen, u. a.
Hier wird ſowol intranfitiver Zuftand bezeichnet, als auch tranfitive
Einwirkung, > B. Er will did lehren.
Ich mag's und will’s nicht glauben, baß mich ber Mar ver-
laſſen kann. ©. X. 3, 18. Wußt' ich nicht, daß ich mit einem
Weibe handeln ging? ©. 3. 1, 3. Suchſt du das Höchſte,
das Größte? Die Pfarne kann es dich lehren. S. d. Höchſte.
Andere Beiſpiele $. 56. 57. .
S. 67.
Es Liegt zweitens in dem Inf. die Handlung eines andern, auf
welche eben erſt durch das im Sat herrſchende Subject eingewirft
werden fol. Sp nah dem nicht auxiliaren thun, nah geben,
Taffen, bitten, fehen u. m. a. Nur reflerio kann bie Hand-
Iung fi auf das Subject ſelbſt zurückbeziehen.
Laß ‚mid weinen, an beinem Herzen heiße Tpränen weinen, _
bu einz'ger Freund. ©. DE. 1, 2. Heiß mich nicht reden,
heiß mih fhweigen. ©. Diignon. Ich fühle junges
beil’ges Lebensglück englähend. mir durch Nero’ und Adern
— 239 —
rinnen. ©. F. 1, 32. Sie mahen uns den dürren Scey-
ter blühen. ©. Ivo. 1, 2. — Weitere Beilpiele $. 57. 58.
S. 68.
Erſteren (den reinen, H. 66.) Inf. könnte man den ſubjecti⸗
ven nennen, letzteren, weil das abhängige. Subject objectiv wird,
den objectiven. Vor beiven, hauptlächlich jedoch vor dem ob-
jectiven bat fih im Neuhochbeutfchen vielfach die Präpof. zu einge
drängt, und fo die Eonftruction des Ace. mit dem Inf. verwifcht.
Das Berbum, von welchem ein Acc. mit dem Inf. abhängt, Hat
mehr Gewicht und Nachdruck, als das den bloßen oder präpofitio-
nalen Inf. regierende: Diefes kann auxiliar werden, jenes nicht.
Wo ein Halbfenner ben Rünftler unter der Natur geblieben
zu fein, das wahre Pathetifche nicht erreicht zu haben, um
theilen dürfte. L. L. 1. Andere Beilpiele Tiefert $. 61.
Anm. In dem lat. Sat: Volo solvere, scio solvere iſt volo und scio
unbebeutenver, als in volo ut solvas, scio te solvere. Die beiden er-
fien solvere erfcheinen fubjertiv, vie beiden letzten objectio.
PB) Nominativ mit dem Infinitiv,
| $. 69.
Der Inf. Bat den Nom, neben ſich in mehreren Källen, und zwar:
1) Wenn auf die Verba erfler und zweiter Anomalie der Begriff
fein, bleiben oder werden folgt.
2) Ebenſo wenn nach andern Verbis, die den fubjectiven Juf.
regieren, fein, bleiben oder werben folgt.
3) Wenn auf bünfen und fheinen fein, bleiben oder wer-
den folgt.
Ich hätte der elfenbeinerne König fein mögen. ©. ©. 1. Je
der will der Fürft des Haufes fein. L. N. 3, 7. — Ih hoffe
keines Menſchen Schuldnerin aus dieſer Welt zu ſchei⸗
den. S. St. 5, 7. Der ſich vermaß der Schöpfer eines neuen
goldnen Alters in Spanien zu werden. S. DE. 1,2. — Das
allein macht ſchon den Werfen, ber fich jeder dünkt zu fein.
UN. 3, 5. — Siehe weiter $. 205.
Anm. Fehlerhaft geflatten wir neben obiectiven, d. h. nicht auf ven Eaf.
ectus beatihen I den Nom., 3. 3. Ich Bari ” — rei
der letzte anf dem Plate zu fein, flatt den erſten, den letzten.
e»Partieipia.
$. 70.
In Bezug auf die Modalität des Verbums iſt noch zu erwä⸗
gen, wie Participia einen andern Modus vertreten fönnen. Ihre
adjectivifche Natur bringt fie dem fubflantisifchen Juf. am nächften.
Dan muß unterfcheiven, ob Partic. felbändig für fi, ober in
Berbindung mit Auxiliaren auftreten. In jenem Falle dürfen fie
—
— 30 —
an die Stelle jedes Modus geſetzt werden und beſonders find die
abſoluten Partieipia ($. 305.) von großer Wirkung.
. §. 71.
Unſer Partic. Präter. dient zur Umſchreibung der Vergangenheit
(3. Cap.). Bon feiner Zuziehung zur Paſſivumſchreibung tft bereits
oben ($. 13.) gehandelt worden. Hier ift zu erwägen, in wie fern
—2 den abhängigen Inf. erſetzen, mit dem ſie ſich vielfach
erühren.
$.72,
Hier find für die neuhochdeutſche Sprache etwa folgende Fälle
zu bemerfen, bie an Reichhaftigfeit ven mittelhochdeutſchen fehr nach⸗
nm: — '
1) Partie. Präſens nah finden und fehen. ©. $. 58, wo
der Inf. ſteht.
Pehter. nah kommen, wo baffelbe artiven Sinn
at, 12, .
3) Partie. Präter. nach Iaffen, wenn durch ein vorgefeßtes un -
das Partie. negativ geworben, 3. B. unerwogen Taffen.
4) Partic. Präter, nah bringen und befommen, 3. B. einen
getragen bringen, etwas geſchenkt befommen. M
5) Partie. Präter. nah Hören, 3. DB. erzählt hören.
6) Partic. Präter. nah finden und fehen, bei diefen wie bei
hören mit paffivem Sinn. Das Partie. Präter. drückt Ber-
gangenheit, der Inf. Gegenwart aus,
7) Nah heißen und nennen fleht Partic. Präter, und Inf.,
3. DB. das heißt lügen, gelogen.
8) Partie. Präter, nach mehrern Aojectiven wie gut, Leicht,
ſchwer, lieb u. a., 3. B. beffer ift gefchwiegen als gerebet.
Sie fand den wilden Gottesmann dem hölzernen Kreuze knieend
nahe. 8. d. Eremit. Sie fanden ihn fragend den bunten
Henfeltopf. 3. 1, 237. An dem Rande des Hegegrabens fand
ih „eine weiblihe Geflalt fißend, over vielmehr Yiegend.
8.8. 1,2. Dann folft du mich Inieend fehen. ©. T. 2,3.
Das Rind kommt in den Saal getappt. ©. WC 1, 2. —
Daß er fih brachte zunächft die Braut. zum Haufe geführt,
®. Hd. 9, 167. Er bringt dem Grafen fein Roß_zurüd,
befcheiven am Zügel sefäher: ©. Gr. v. Habsb. 56. Sie_be-
kam täglich etwas geſchenkt. G. %. 3, 7. — Ih höre
Orleans bedroht. S. Yon. 1, 1. Ich will es nicht geftorben
fehen! fterben will ich es fehen! L. Mf. 2, 3. Sie fan-
ben ben Süngling gelehnt an den Wagen. ©. Hd. 6, 220.
Fern von den Zelten unter einem Baum fand ich ihn eingelchla-
fen. ©. P. 1, 3, Mit Schreden ſeh' ich fie in tiefes Elend
Kg hr 7 Za Wohl seinen: Den König den® ig!
nm. Dahin ließe au wohl rechnen; Den König pen?’ ich krie⸗
geriſch gerüftet. ©. 300, 1, 1. s
— 3 —
Berbalellipfen.
6. 73.
Bei allen Auslaffungen ift fowol die Befchaffenpeit des weg-
fallenden Wortes als desjenigen, nach dem es wegfällt, zu berädfid-
tigen. Ausgelaffen werden kann nur, durch deſſen Verſchweigung
feine Undeutlichkeit erwächſt. Friſche, lebendige Wörter erliegen ber
Ellipſe nicht, fordern die, deren Sinn burch öftere Wiederkehr er-
blaßt iſt; an beftimmter Stelle, neben gewiffen andern, ihnen ge-
wöhnlich verbunpnen Ausbrüden verftehn fie fich gleichfam von ſelbſt.
$. 74.
Ellipſen finden ſich zuerſt in Sprihwort, bei der Betheuer⸗
ung und in Formeln gedrängter Fragen oder Ausrufungen
ein; desgleichen in Formeln des Grußes und Glückwunſches.
Sie helfen der durch Hilfswörter und Wiederholungen erfchöpften
und gefchwächten Kraft der Rede auf, und gewähren, zur rechten
Zeit angewandt, nachdruckſame Kürze. Kein Verbum unterliegt hier⸗
bei leichter dem Ausfall, als das Hilfswort fein.
Je Hüger ein Volk (if), je thätiger (if). Fleiß und Gehorſam.
V. 2, 540. Sie haben gegen fie eine Aufmerkjamfeit, die fie, -
bei Gott, nicht verdient! ©. %. 5, 10, Zur Sade, wem's
beliebt! ©. 9. 2, 7. Lichter! Lichter! ©. P. 4, 6. Halt,
Egmont! deinen Degen! © €. 4. Um Gottes Willen,
Fährmann, Euern Kahn! S. U. 1, 1. Wer Hopf? Her
ein! ©. F. 1, 79. Ehrwürdiger Vater, guten Abend! wo-
ber fo fpät? ©. ©. 1. Das wollt’ ih niht — beim gro-
Ben Gott des Himmels! S. St. 1, 7. Willkommen, edler
Herr, auf Libanon willfommen! ®. 1, 21. Glück auf den
Weg! ©. DE. 2,5 Glüch zum Gefchäft! V. 1, 240.
$. 75.
Häufig teitt die Ellipfe des Inf. ein, und zwar hauptfählich in
folgenden Fällen : oo. "
9 Nach ſollen und mögen, dem Dat. der Perſon und einem
ſubſtantiviſchen Pronomen laſſen ſich die Verba helfen, from-
men, nützen, dienen als ausgefallen denken; doch kommt
auch ſollen ohne Dativ’ vor, wobei man ſich ein anderes
Zeitwort denken kann; ja es kann fogar ſoll und dienen
fehlen.
2) Sehr gemöhnlich iſt der Ausfall eines Verbums der Bewe⸗
gung. Hierher gehört befonders die Formel zum Teufel,
zum Henfer, die auch als Ausruf, ja fogar bei Fragen ein-
gefshaltet wird,
3) Am hänfigften mangelt dee Inf. befonders nach anomalen.
4) Das Berbum ſprechen fehlt häufig, wohin man auch mande
Formen des Grußes rechnen kann.
— 32 —
Was ſollte Ihnen dieſer Menſch? S. Dk. 5, 10. Wozu
ſoll das alles? ©. ©. 1. Was ſoll's mit ſolchen Eitelfei-
ten? ©. Spnette 12. Ich muß zu Felde (ziehen), mein Töch—
terfein. Uhl. d. Nothhemd. Schüler, wozu biefe undanfbare
Mühe? X. d. Erſcheinung. Zum Teufel erft das Inſtrument!
zum Teufel binter drein den Sänger! ©. F. 1, 194. Wil
einer zu buben Ehren und Würden (fommen), büd’ er fich unter
die goldnen Bürden. S. L. 11. Vorwärts mußt du (gehen),
denn rüdwärts kannſt du jebt nicht mehr. .S. T. 1, 3. Was,
. zum Henker! follen wir dort? ©. L. 11. Was zum Hen-
fer treibft du für Mummerei? G. ©. 1. Zum Henker! Alle
Deutfchen fpreden fo. S. T. 2, 5. Alſo (fprah) der Greis N.
. „öfters. Denn unter uns (fei ed gefagt), er hört fich gern Toben.
G. %. 4, 16. Meinen beften Dank (fage ich) für biefe Gnade.
S. Di. 2, 2. 6.76
Sehr häufig fehlt auch das Partie. ſowol das Präf. als Präter,
in den verfchtebenartigften Conſtructionen. — Noch können zuleht
verfchiedene Formen des Verbums fehlen, wie fih aus nachfolgenden
Beifpielen erfeben läßt, von denen fich jedoch auch manche als ab⸗
folute Participia ($. 308.) faffen laſſen.
Da kommt fie felbft, den Chriftus in der Hand, die Hoffart und
die Wolluſt in den Herzen (babend). S. St. 1, 1. Sp muf
ih fallen ın des Feindes Hand, das nahe NRettungsufer im Ge-
fihte (abend). S. TI. 1, 2. In einem Halbfreis flanden um
ihn ber fechs ober fieben große Königsbilder, den Zepter in ber
Hand (Baltend). S. P. 3, 4. Stille Hoffnung im Gefichte (ha⸗
bend), faß er da allein. S. Toggenb. Diefes gefagt (habend),
entblößte der redliche Bater die Scheitel B. 1, 47. Cr fand
ihn allen, den Kopf in die rechte Hand gelehnt, den Arm auf
den Tifch geſtemmt (habend). G. Wo. 2, 16. So ift auch mein
Sohn Dar zurüd (gefommen). S. $. 1, 2. - Schon vom Tur⸗
nierplaß zurüd (gefommen)? S. St. 2,1. Was zagt ihr, Sr
Franken! Auf den Feind (eingehauen)! S. Ivo. 1, 9. Auf! Ihm
entgegen ‘(geeitt)! S. Ivo. 3, 2. Saturnus- Reich iſt aus (ge-
gangen, beendet). S. T. 1, 1. Den Ring (gewinnen) und einen
Hieb (verfett), fo iſt's getan. W. 3, 30. — Wie Iang’ ge
dacht! Wie wohl bereitet! Wie groB ‚ wie ſchön der Plan! Wie
. nah’ die Hoffnung ihrem Ziele! G. E. 4. Hinaus in’s weite
Land! ©. F. 1, 31. Warum von taufend Vätern’ juft eben die⸗
: fen Bater mir? ©. Dk. 1, 2. Bei Tafel ein eben fo edles
- Beiragen und ben Tiebenswürbigften Ton ber Unterhaltung. ©.
Wi. 1,5. Es iſt beſſer einäugig zum Himmel, ale mit zwei
Augen in bie Hölle. S. R. 1, 1. Alle Doctores Juris (follen
leben)! G. ©. 1. Wir haben es mit einem Feden Feinde (zu
thun). S. 300. 2, 1. Den einen Sieg noch (brauchen wir)
und der Feind Liegt nieder! S. Ivo. 5, 11.
— 33 —
Drittes Capitel.
Tempus.
$. 77.
Wenig Sprachen find für den Ausdruck der Zeitverhältniffe beim
Berbum fparfamer ausgeftattet als die deutſche: fie befißt nur For⸗
men des Präfens und eines einzigen Präteritums. Weder das Fu-
turum noch die in andern Spracen vielfach gegliederten Stufen der
. Bergangenheit vermag fie unumfchrieben zu bezeichnen,
al Präfens.
$. 78.
Das Präfens erfcheint, auch feiner Form nad, als Grundlage
aller übrigen Tempora; es läuft am vollfländigften durch jeben
- Modus, während andere Tempora nur im Indic. und Eonf. ent-
halten find, dem Imper. und Inf. ganz abgehn. — Es brüdt bie
Gegenwart aus, zumeilen aber die ald Gegenwart gedachte Ver⸗
amgenpeit ober Zufunft, wovon nachher ($. 79. 101.) die Rede
ein wird, |
Weh dem, der fern von Eltern und Gefchwiftern ein einfam Les
ben führt! Ihm zehrt der Gram das naächſte Glück vor ſei⸗
nen Tippen weg. Ihm ſchwärmen abwärts immer bie Ge
danken nach feines Vaters Hallen. ©. 3. 1, 1. Kine folde
Stimme brauch’ ich jest, den böfen Damon zu vertreiben, ber
um mein Haupt die fohwarzen Flügel ſchlägt. S. T. 3, 4.
Sie Tieben Di und find dem Eide treu. S. T. 2, 7. Leiht-
bei einander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume ſto⸗
Ben fih die Sachen. ©. T. 2, 2. Wer durch's Leben gehet
ohne Wunfch, fich jeden Zweck verfagen fann, der wohnt im
Teichten Feuer mit dem Salamander, und hält fi rein im: rei-
ven Element. S. T. 2, 2. Es gibt nichts Reineres und Wär«
meres, als unfere erfte Freundſchaft, unfere erſte Liebe, unſer er⸗
ſtes Streben nach Wahrheiten, unfer erftes Gefühl für die Na-
‘ fur. J. 20.
6. 79.
. Sehr haͤufig wird das Präſens gebraucht, um vergangene
Dinge darzuſtellen; man nennt es das erzählende ober Hiflo-
.rifde Präſens. In der Wärme einer rafchen Erzählung wird
zwiſchen andere Präterita ein Präfens geftellt, um dem Zuhörer
das Borgegangene lebendig unter die Augen zu rüden. Auch kann
das plöglih und unerwartet Eingetretene ſchicklich durch das bloße
Präfens vorgetragen werben. .
Anm. Was aber dem leichteren Vortrag, der Profa und dem Drama
. . Heftattet iſt, veffen wird bie gemeflene epifche Dichtung fich zu ent⸗
alten haben : ihr taugt das Präfens nur Eingang Ontufang ber
Kehrein Grammatik, IL. 1. 3
+
— 34 — —
Muſen), für Gleichniß und Rede der handelnden Perſonen, nicht für die
aus des Dichters Munde gehende — % Goethes Herm.
und Dor. ift fein einziges hiftor. Präfens, in Bo Bens,Luife wird
bloß zu Anfang des 3. Gef. aus ver Erzählung gemwichen, eine Befchrei-
bung vorauggefendet und darauf ing Präter. eingelentt. Wieland im
Dberon, nad welſcher Weife, Hat ihrer im Uebermaß; ſo auch die Ro-
mane. — Eine wirkungsreiche Abwechſelung zwiſchen Präſ. und Präter. -
“findet fih in des Sängers Fluch von Uhland.
$. 80.
Für den bewegteren Ton ber neueren Bolfslieder eignet fih
das hiftorifche Prafens fehr, beim Beginn wie in der Mitte, und
ohne daß es dabei auf Betrachtung abgefehen wäre, wie z. B.
im Althochdeutfchen bei Otfried: Alles iſt fogleih Handlung.
Der Dichter geht vom Präfens aus und geräth dann ins Präteritum.
Es liegt ein Schloß in Defterreich, das iſt ganz wohl erbauet ;
darinnen liegt ein junger Knab, fein Vater Fam vom Rofen-
“berg. — Die Königin ſteht im hohen Saal, da brennen ber
. Kerzen fo viele. Und neben der Königin ſchlürft zur Stund
Sorbet die fohönfte der Frauen. Da brach ihr die Taffe fo
‚ bärt an dem. Mund, e8 war ein Graͤuel zu ſchauen. G. Wirk.
"ind. Ferne Das Waffer raufht’, das Waſſer ſchwoll,
ein Fifcher ſaß daran, fah nah dem Angel ruhevoll, fühl bis
ans Herz hinan. Und wie er fitt und wie er laufcht, theitt
fih die STuth empor; aus dem bewegten Waffer rauſcht ein
feuchtes Weib hervor, G. d. Fiſcher.
. Anm. Dog ift die Betrachtung nicht ausgefchloffen. Am Ruheplatz
der Todten, da pflegt es fill zu fein, man hört nur Jeifes Beten
bei Kreuz und Leichenſtein; & Döffingen war's anders, vort [ho IT .
den gansen Zag der fefte Kirchhof wieder von Kampfruf, Stoß und |
“ Schlag. Uhl, d. Döf. Schlacht.
$. 81.
In dem heutigen Stand aller beutfchen Sprachzweige bat viel⸗
fache Einwirkung ber claffifchen fo wie ber. neueren fremden Litera-
tur dieſe Tempusanwenbung freier und manntgfalter begründet. Ue⸗
berall, wo der Erzähler feinen Gegenitand näher bringen - oder- das
Meberrafchende darftellen will, mag er gleih mit dem Präſens be-
ginnen, oder aus dem Präteritum unmittelbar ins Präfens über-
geben (wie im Ießten Beifp. $. 80.).
" Schön den Hals entblößt, kniet' ich auf meinem Mantel, ven |
Streich erwartend: als mich fchärfer Saladin ins Auge fat,
mir näher fpringt und winft Man hebt mih auf; Ich
bin enifeffelt; will ihm danken; ſeh fein ug in Thränen;
flumm ift er, bin ich; er gebt, ih bleibe. UN. 1, 5. Sm:
dDiefen Tagen kehrte ein Reifender bei ung em, wir bringen
nicht weiter in ibn, da er fogleich durch fein Wefen ung Ber-
trauen einflößt. ©. Wj. 3, 13. Das Haar verwildert Tag
ber Schotte Kurl auf feinem Lager, Raum erkennt mich. der
Ä
;
— 3 —
Unglückliche, ſo ſtürzt er zu meinen Füßen. S. St. 5, 13.
Im Aufruhr Tief die ganze Stadt zufammen, und als ich Bahn
mir mache durch's Gewühl, da tritt ein bram Bohemerweib
mich an mit diefem Helm, faßt mich ins Auge fcharf und fpricht.
©. oo, Prol. 3. Ein neuer Geift verfündigte fogleich den
neuen Feldherrn. Bergebens lockt man ihn zur Schlacht; er
gräbt fich tief und tiefer nur im Lager ein, als gält’ es, hier
ein ewig Haus zu gründen. Verzweifelnd endlih will ver
König ftürmen; zur Schlachtbanf reißt er feine Völker Hin.
Durch den Verhack des Lagers, hinter welchen der Tod aus tan-
ſend Röhren Iauert, will der Niegehemmte flürmend Bahn
fih bredden. Da ward ein Angriff und ein Widerſtand, wie
ihn Fein glücklich Auge noch gefehn. Zerriffen endlich führt fein
Volk der König vom Kampfplatz heim, und nicht ein Fußbreit
Erde gewann es ihm, das graufe Menfchenopfer. S. P. 2,7.
bh) Präteritum.
6. 82.
Einige Vergütung für die in unferer Sprache gleihfam unaus-
gearbeitet gelafjene Form ber Vergangenheit wird ihr Durch das rei-
ner als fonft entfaltete Syſtem der Ablaute, und die damit verlie-
bene größere Durchfichtigfeit urfprünglicher und abgeleiteter, intran-.
fitiver und tranfitiver Bedeutungen gewährt. Hier haben wir es
weſentlich mit der indicativiſchen Vergangenheit zu thun.
$. 83.
Im Gothiſchen und Withochdeutfchen wurden Die drei lateini⸗
ſchen Präterita einförmig durch das Präteritum (Imperfectum, kaum⸗
vergangene Zeit) verbeutfcht, niemals umfchrieben. Im 9. Jahrh.
zeigen fich bereits Spuren von Umſchreibungen mit haben und dem
Bartic, Präteritiz gegen Ende des 9. Jahrh. nehmen fie überhand und
im 10. baben fie ed völlig feſtgeſetzt. Näher lag bie Umſchreibung
mit ſein, als ſie ſich mit der Paſſivumſchreibung berührt. Sie mag
gleichzeitig fein mit der Umſchreibung durch haben. Weil man
den anfitis en Berbis ein Präteritum mit haben bildete, forber-
ten die intranfitiven ein auf gleicher Stufe ſtehendes mit fein.
$. 84. -
Im Neuhochdenifchen laſſen bie mit fern umfchriebenen Präte-
rita Paſſivi tranfitivee und Präter. Aetioi intranfitiver Verba fich
daran leicht unterfcheiven, daß jenen noch worden, dieſen aber
nicht Hinzugefügt werben kann: Ich bin verloren, gefunden war-
den, hingegen: ch bin gefommen, genefen. Doch barf biefes
worden, das bie ältere Sprache nicht Fennt, oft unterbleiben und
im Einzelnen mag dann zweifelhaft fein, welcher von beiden Fällen
gemeint ſei. ge
. „tigatus sum.)
®
N .
.
L
36.
8,
Da unfer beißen medialpaffiver Bedeutung fahig ifl, ſo dürfte
ich bin geheißen für beide, das Präter. Activi und Paſſivi gel-
ten können; uns bezeichnet es jedoch mehr das lateiniſche vocor (ich
nenne mich), als vocatus sum, was durch ich bin geheißen
worden auszubrüden wäre. Ach bin geworben iſt Umfchrei-
bung des Präter. Aet., nicht Pal. Wenn wir fagen: Er iſt vor-
beigegangen und er ift vorbeigegangen worden, fo rührt erfleres
von dem Intranſitiv, Tedteres von dem Tranfitiv her. Ich bin
ermübdet ift das neben ich ermüdete flehende periphraftifche Prü- _
teritum (langui), aber ih bin ermübet worden ift paffio (defa-
§. 86. 0
Was nun die Bedeutung betrifft, fo bemerfe man folgenden Un-
terfchied. Unfer einfahes Präteritum (imperfectum, kaum⸗
vergangene Zeit) bezeichnet das Prädicat als ein in ber Gegenwart
des Sprechenden vergangenes; es brüsft aber zugleich das Zeit-
verhältniß des Prädicates zu einer andern Thätigkeit aus und
ftelit die ausgefagte Thätigfeit als eine in dem relativen ZJeitver-
bältniffe nicht vollendete dar. Es dient ferner zugleich für
das Tatein. Imperf., um nicht fowol etwas zu erzählen, als
vielmehr zu [hildern, zu befhreiben. Daher gebraucht man
es auch endlich von wiederholten Handlungen der Bergangen-
beit, um damit einen Zuftand ober eine Gewohnheit dar—
auftellen. |
Du Fannteft mich wieber, gleich als ich in den Garten Fam?
G. F. 1, 165. Einige Monate verfirihen, ehe aus Madrid
eine Antwort Fam. S. Oranvella. Indem dies unter dem Volke
geſchah, fing der Minifter an, am Hofe der Regentim zu wan⸗
fen. ©. daf, Mein Vater war ein bunfler Ehrenmann, ber
über die Natur und ihre beil’gen Kreiſe in Redlichkeit, jedoch auf
feine Weiſe, mit grilienbafter Mühe fann. ©. 3. 1,53. — _
’ +
Hier ſaß ich oft gedankenvoll allein und quälte mich mit Be—
ten und mit Faſten. ©. F. 1, 57. Bor diefer Linde ſaß ic
jüngft wie heut, das ſchön Vollbrachte freudig überdenkend, da
kam daher von Küßnacht, feiner Burg, der Vogt mit feinen Rei-
figen geritten. Doch ich erhub mich ſchnell, und unterwürfig,
wie fich’8 gebührt, trat ich dem Herrn entgegen. ©. TI. 1, 2.
Meſſina theilte fih, die Bruderfehde Löfte alle heil'ge Bande
der Natur, dem allgemeinen Streit die Lofung gebend; Schwert -
traf auf Schwert, zum Schlachtfeld ward die Stadt, ja diefe.
Hallen felbft es Blut. S. Bom. — Wart Ihr doc:
fonft fo froh, She pflegtet mich zu tröſten; und eher mußt’
ih Euren Flatterfinn, als Eure Schwermuth fehelten. S. St..:
1, 4. Nun fomm’ ich heut in dieſen Tempel, den ich oft betrat,
um Sieg zu bitten. ©. J. 1, 3. 0:
«
%
L
— 37 —
S. 87.
: Das mit babe und bin gebildete Perfect (völlig vergangene
Zeit) tritt neben dem einfachen Präteritum für das Iatein. Perfect
ein, dbergeftalt, daß das erzählende Perfect (griech. Aoriſt) mit dem
einfachen Präteritum, das (dem griech. Perf. gleiche) eine in der
Gegenwart des Sprechenden vollendete Thätigfeit ausdrückende
latein. Perſeet aber mit der deutfchen Umfchreibung ausgebrüdt wird.
Berlaffen Hab’ ih Feld und Auen. ©. F. 1, 64. Sie feiern
die Auferftefung des Herrn, denn fie find felber auferftan-
ben. ©. F. 1, 53. Seid mir willlommen, Sir, in England.
Ihr habt den großen Weg gemaht, habt Franfreih be-
reift und Rom und Euch zu Rheims verweilt. S. ©t. 2, 4.
. Man bat von meinen treuen Rammerfrauen mi getrennt.
©. St. 1, 2. Biſt du denn nicht mehr Miniſter? Ich bin’s
gewefen, wie bu fiebfl. S. DE. 5, 3. Gene bat gelebt,
wenn ich dies Blatt aus meinen Händen gebe. ©. St. 4, 11.
Geſchloſſen ift das Bündniß mit den Schweden vor wen’gen
Stunden. ©. T. 2, 6.
$. 58,
Das mit hatte und war umfchriebene Plusquamperfect
(längftvergangne Zeit) entfpricht dem Iatein. Plusq., drückt alfo et
was Vergangenes und in Bezug auf eine andere gleichfalls ver-
gangene Thätigfeit Vollendetes aus.
Mit Spezereien hatten’wir ihn gepflegt, wir feine Treuen
“Hatten ihn hingelegt. ©. F. 1, 45. Ich zug es auf, und
. berzlich Tiebt? es mid. Es war nach meines Vaters Tod ge-
boren. ©. 5.1, 163. Er hatte Feine Ruhe im Schloß ge-
habt, war fpornflreihs durch's Dorf bis an das Kirchhofthor
geritten, wo er ftill hielt. ©. Wo. 1, 2. Raum war ih zu
Haufe angefommen, und hatte meine Eltern mit einer be-
friedigenden Erzählung erfreut, fo überfiel mich ein Blutſturz.
G. %. 6. Zur Schmiede ging ein junger Held; er hatte eın
gutes Schwert befteltt. Uhl. d. Schwert. Eiferſucht, Privat-
vortheil und Verfihiedenheit der Religion hatte viele von ben
Großen Tange Zeit getrennt; das gemeinfhaftlihe Schickſal
ihrer Aurüdfesung und ber Haß gegen den Minifter hatte fie
wieder verbunden. ©. Granvella. Was ber Abfcheu der gan-
zen nieberländifchen Nation nicht vermocht hatte, war dem
geringfhägigen Betragen bes Adels gelungen. S. Granvella,
Anm. In dem mit bin und Habe zufammengefegten Präter., wie in
- dem Begriff vollenveter Bergangenpheit, liegt etwas Präfensartiges; das
Plusq. nähert fir) wieder dem Imperf. Daher begehrt vie Erzählung
entweder das einfache deutſche Präter. (Imperf.), oder das mit hatte
und war umfepriebene (Plusa.). Das mit Habe und bin erträgt fie
nur in demfelben Yale, wo fie auch das einfache Präfens verwendet,
d. h. wenn fie vergegenwärtigen will,
— 38 —
§. 80.
Die dem auxiliaren Haben und fein hinzutretenden, ven wah⸗
‚ren Begriff des Verbums, deffen Tempus umfchrieben werben fo,
einfchließenden Participia find jederzeit Partic. Präter. ſtarker oder
Schwacher Form; allein fie befinden fi) in ganz verfchiedener Lage,
In der Umfchreibung mit haben ift das Partic. Präter. nothwen⸗
dig ein obliquer Acenfatio, in der mit fein ein Nommativ; das '
“ tranfitive haben fordert jenen, das intranfitive fein biefen Caſus.
Anm Die mittel- und neuhochdeuiſche Sprache Iaffen freilich die Be-
fehaffenpeit ver Partie. nicht vecht fichtbar werben, weil fle ihnen_bie
g Slerion entzogen haben (6. 32. Anm.). War im Althochd. kein af,
oblig. im Sag enthalten, galt es den bloßen Begriff er nimit (er
nimmt), unbezogen auf ein anderes Subject, ins Präter. zu umſchrei⸗
ben, fo wurde das Partie, in die unflectierte Reutralform ges
feßt: er habet ginoman. Diefer Fall trat natürlich fehr häufig ein,
und da ohnehin auch fonft die Sprache oft ven Adjert. und Partic. ihre
Flexion wegnahm, fo begreift fih, wie allmälich die Unveränderlichkeit
der zum Verbum haben conftruierten Partic. Präter. allgemeine Res
gel werden konnte. Für die mit fein umfchriebenen Tempora des Act.
und Paſſ. ift die Natur des Nom. Har, und auch bier Tieß die ältere
Sprache dem Partic. feine gebührende Flerion. Wir find davon frühe
fhon abgewichen und bald zu einem unfleetierten Partie. gelangt.
6. 9, \
Wie ift die Concurrenz und der Wettflreit der beiden Nurilia-
ven zu erledigen? Der leitende Grundſatz, daß tranfitive Verba
‚ mit haben, intranfitive mit fein zu umfchreiben, reicht nicht.
aus, weil gewiffe Verba bald tranfitio bald intranfitio angefehen werben
und ſich darnach beflimmte Richtungen für die Bildung des Bräter.
in einem Dialekt fo, in dem andern anders ergeben können. — Die
Conftruction, mit fein wird erfordert:
1) Bei den intranfitiven fein und werden; bei ben Verben
des Entſtehens und Vergehens, deren Begriff als eine
Beränderung des Zuftandes gedacht wird: entflehen,
entfpringen, entfpriefen, wachfen, gedeihen, ge-
rathen, erfheinen; vergehen, verderben, fhwin-
ben, ſterben; berſten, brechen, faulen, frieren, ge-
lingen, genefen, gerathen, gerinnen, gefhehen;
heilen, reifen, reiben, ſcheitern, ſchmelzen, ſchwä—
ren, ſchwellen, trocknen, erblühen, verblühen,
welfen u. a. m.
2) Sp verhalten ſich die Verba des Lichts und Schalls:
wo ber bloße Urfprung hervorgehoben werben foll, fleht
fein, wo bie leuchtende, fihallende Thätigfeit, flieht ha—
ben: die Sonne ift erſchienen, bat gefchienen; die Kohle ift
verglüht, ihre Wange hat geglüht.
3) Bei privativer Bebeutung, weil fie leidend iſt, wirb öfter
fein angewandt, wo bie entiprechende pofitiothätige haben
— 39 —
vorzieht: Die Stimme iſt ertönt, das Horn Bat getönt; das
Waſſer ift verraufeht, hat geraufcht. '
4) Wie fi die Borfielungen werden und fommen vielfach
berühren, fo fteht auch das Werben und Verwerden (ent-
ftehn und vergehn) dem Kommen und Weggehn in unſerer
- Beziehung gleih. Drüden fie den Erfolg, die Bewegung .
"nad oder von einem Drt aus, fo erforbern fie Peine
bezeichnen fie die bewegende, anhaltende Thätigkeit, fo
eonfiruieren fie mit haben: Ah bin nah Mainz geritten,
babe den Fuchs geritten. Doch ertragen nicht alle Berba der
Bewegung diefe doppelte Conftruction. Bor andern geftatten
fie: dringen, eilen, fahren, fallen, fliegen, flie-
ben, fließen, gehn, gelangen, gleiten, hinten,
jagen, Flimmen, fommen, kriechen, landen, lau-
fen, quellen, reifen, reiten, rennen, rinnen, rü—
den, ſcheiden, fhießen, fchleihen, ſchlüpfen, ſchrei—
ten, fhwimmen, fegeln, finten, fpringen, ab=,
. auf=, erfieben, fteigen, fioßen, flreihen, treiben,
. treten, umherirren, waten, ziehen.
Dein Bater ift zum Schelm an mir geworden. ©. T. 3, 18.
Sp. verlegen bin ich nie geweſen. ©. F. Vorſp. — Ih bin
[e 1ehr nicht aus der Art gefhlagen. S. Ion. 1, 2. Waärft
nimmer mir erſchienen, hohe Himmelsfünigin! S. vo.
4,1. Was iſt gefhehen? ©. St. 3, 7. — Leer gebrannt
‚ift die Stätte. ©. Glocke. Hättefl du den Drean burd-
. fhwommen. ©. 5. 2,74. Biſt du mir entflohn? ©. a. d.
Entfernte. _
$. 91.
Die Conftruction mit haben tritt ein:
x Ber allen tranfitiven Berbis,
2) Bei den tranfitiven und intranfitiven Verbis, die mit dem Re⸗
fleriopronomen gebildet find; die intranfitiven empfangen durch
das im Ace. ftehende Reflertoum eine Zuthat von Aeußerlich-
keit oder Thätigkeit ($. 8.), die fih für das auriliare fein ‘
nicht mehr eignet.
3) Ber den Verbis des Entflebens und Vergehens, wenn
. nicht ſowol die Veränderung bes Zuflandes ($. 90, 1.)
als vielmehr die wirfende Kraft bezeichnet werben foll; die
abftrarten Begriffe des Anfangens und Aufhörens, als
keinen finnlihen Zuſtand des Seins bezeichnend, nehmen
auch nur haben zu fi. .
4) Bei allen Verbis zweiter Anomalie, weldhe als Begriffe
innerer Thätigfeit nur haben zu fih nehmen: Sch habe
gekonnt, gemocht, gegönnt, geburft, geſollt, gemußt, gewußt,
gewollt.
5) Die Imperfonalia erfordern haben (f. $. 127.). Hab’ ich den
Markt und die Straßen doch nie fo einfam geſehen! G. Hp.
‘
.'
x
ni 40 [U 0]
1, 1. Ihr Habt ben großen Weg gemacht, habt Frankreich
bereift, und Euch in Rheims verweilt. ©. St. 2, 4, —
Ihr Habt Euch dem Gericht der Zwejundvierzig unterwor⸗
fen. ©. St. 1, 7. — Sie mag wohl vor der Zeit gealtert
haben. ©, St..2, 9. Dein Bater hat nicht gealtert. ©.,
P. 2, 3. (Dagegen: die Städte, die mit der Monarchie ge-
altert find. ©. Foo. 1, 1.) hr Körper kann noch nicht
ausgewachſen haben. 8. Ig. 3, 7.
Anm. 1. Im Lauf der Zeit hat ſich die Anwendung der Auriliaren viel⸗
fach verändert. So gebrauchte man früher fein bei: ſchweben, wo
wir jest Haben anwenden; die Berba: ſchweigen, zurü dfeh-
ren, fteben, Mr tlegen,. entwerfen conftruierten früher
mit fein und mit haben, meift in etwas verfehievdener Bedeutung,
wir gebrauchen nur haben over fein. Stehen conftruiert jegt all»
gemein mit haben, Luther hat noch fein; auh Schiller wendet
es noch an: Sch bin vor hohen Karen nie geftanden. 300. 2, 10.
Sie wären morgen fo vor mir geſtanden. DE. 5, 10, Sigen con⸗
firuiert gewöhnlich mit haben, bei 3. Paul fehr oft mit fein, z. B.
Gern fet er vor dem Spiegel gefeffen. Tit. 121. Folgen con
- firuieren wir jest mit fein, Luther bat noch haben.
Anm. 2 Das Berbum begegnen conftruiert mit fein und dem Das
‘
tio der Perfonz; zu dem Acc, der Perfon möchte haben 'erforverlich
fein. Doc findet fih bei Leſſing 3g. 3, 8 Hat man femald ei-
nem grauenzimmer fo begegnet? und bei Sch. Ivo. 3, 4. Nur
Einem Traurigen Hab’ ih begegnet, ımd DE. 3, 3. Ein Gärt⸗
ner hatte dem Prinzen vort begegnet.
$. 92.
Snfofern die vorhin genannten Anomala ein Präter, Indie.
flarfer und ſchwacher Conjugation befiten, ſcheint ihnen auch
ein boppeltes Partie, zu gebühren. Das iſt gothifch, alt= und mit-
telhochdeutſch auch bei einigen der Fall. Wenn nun neuhochdeutfch
nicht das allein flehende, fondern das ‚mit dem Inf. verbun-
dene ($. 56.). Partie. ſcheinbar ſelbſt in den nf. verwandelt
wird, fo begreift fich eine fo feltfame Structur bloß aus der zu-
fälligen Aehnlichkeit ſtarker Participialformen mit dem Infinitiv; der
wirkliche Inf, wäre widerſinnig. Wir fagen: Sch habe es thun
können, ſollen, wollen, mögen, dürfen, müffen, flatt gekonnt, geſollt
n. f. w. Den Schein jener Inf. müſſen Partieipialformen ohne ge
vermittelt haben. |
Verachtung hab’ ich nie ertragen können. ©. T. 2,6. De
Gärtner bat beftochen werben follen. S. St, 1, 1. Ihr wißt,
daß Ihr mich habt ermorden Taffen wollen. ©. St. 3,4. Wer
bat fich zu feinem hoben Rath gefellen dürfen? Wer Gefeb und
Regel, wornach es orbnend fpricht, erfennen mögen? G. Nt. 2, 1.
Anm. So können fich drei Inf. häufen: Ich habe ihn fingen hören
follen, — Bei wiffen, taugen, vermögen unterbleibt die Frei⸗
beit, vielleicht weil wir nunmehr’den von ihnen abhängenden Inf. durch
su befiimmen: Ich habe es nicht zu fagen gewußt; es hat nicht an⸗
zuführen getaugt. Doch hört man ımter dem Boll; Er hat es
nicht auszurichten wiffen.
— 41 —
§. 93.
Die Anſicht, daß Participialformen ohne ge ($. 92.) den Schein
jener Inf. vermittelt haben, wird glaublich, weil noch einige andere
oft gebrauchte flarfe Verba, heißen, laſſen, fehen, zum auti-
liaren haben confirniert, ihr ge wegwerfen, und dann wieberum
Gleichheit des Yartic. mit dem Inf. entipringt. Ich habe ihn kom⸗
men beißen, es bleiben laſſen, ihn fiichen ſehen flatt geheißen,
gelaflen, gefehen.
Der Graf hat mich ſitzen ſehen. ©. %. 3, 10. Ich habe
- mir von biefen Faiferlichen Forderungen auch erzählen laſſen.
©. 9. 4, 1. Ich danke dir, Bott, daß du mich ihn haft fehen -
Iaffen. ©. ©. 1.
Anm. 1. Doc finden fi Hiervon auch Ausnahmen: Man hatte Alles
wegaeng en, nur das Köfferchen, unſchlüſſig wo man es hinſtellen ſollte,
in der Mitte des Zimmers ſtehen gelaſſen. ©. Wo. 2, 17. Run
reiften alle Früchte, die man damals blühen gefehen. ©. Wv. 2,7.
Anm. 2. Unter dem Volke hört man öfters auch brauchen und pfle-
8° 2 at hätte sch nicht zu thun brauchen; er hat es zu thun
$. 94.
. Endlich wurde der mißverfiandene Inf. noch auf andere Falle
erftrecft, die fich Feineswegs (fo wenig als wollen für gewollt) aus
einer Gfeichheit mit dem Partic. rechtfertigen, auf die Verba hel⸗
fen, hören, fühlen, lehren, lernen.
Ich hab’ es öfters rühmen hören. ©. 5. 1, 36. Ih hab’
in England mich an viel gewöhnen lernen. ©. St. 1, 2. Ich
babe jest Dich Fennen Iernen. ©. F. 1,72. Er habe Schop-
pen deutlich einen Vers aus einem Hauptlieb fingen und orgeln
hören. % 121.
Anm. 1. Die erften Spuren der ganzen Unregelmäfigteit reichen fchon
ing 13. Jahrh. zurüd,
Anm. 2. Bei lehren, lernen, fühlen wirb heute das wirttiche
Partie, vorge ogen, befonders wenn das Auriliar fehlt. Auch bei hö⸗
ren findet 7 a8 Partie. Worüber man von ältern Perfonen Hagen
ehört. G. Wv. 2, 8 Sie hatte in ihrem Leben genugfam einfe-
en gelernt ©. Wo. 1, 3. Seitdem fle ihn näher kennen gelernt.
8: 7 h . Ich Habe Langes und Breites ſchwatzen gehört.
Anm. 3. Im Gebrauch diefer Participialformen find Heutige Schrift-
fteller oft ungeſchickkt und verwideln fie mit andern fo, daß aller Sinn
vergeht: „Wir rechnen es dem Vf. zum Verdienſt an, nicht mehr ha⸗
ben befiimmen zu wollen,’ ftatt befimmen gewollt zu
haben. Gött. Gel. Anz. 1822. 896. „Jedes Verb. comp. ſcheint bie
Reduplication Haben wegwerfen zu können“ flatt wegwer-
fen gelonnt zu Haben. Struve: Ueb. Deel.u. Con. 161. In
folhen Fällen forvert die Dentlichkeit, fih ver gewohnten Participials
formen zu bedienen, das zu läßt fih von haben, dem es angehört,
nieht trennen, .
_— 42 —.
6. 9.
Unfer Inf. zeugt Fein förmliches Präteritum, ſelbſt fein go-
thiſches und althochdeutſches findet fi, und doch find die mit Be—
deutung bes Präfens verfehenen anomalen Präter. fam, mag,
foll. m. a., infinitiviſch gefebt, nichts anders als urfprüngliche Prä-
teritafformen. Das Iehren ſchon ihre ablautenden Vocale, die fei-
nem Präfens geziemen. Wir bedienen uns der Umfchreibung, mei-
chen jedoch vom Mittelhochdeutſchen vielfah ab. Wo mittelhochd.
das Präter. Conjunetivi ſteht, pflegen wir jetzt den Sag umzuftellen,
d. 5. das auriliare haben zum herrfihenden Verbum, das Partie, -
Präter. zum Inf. und das anomale Berbum zu jenem ſcheinbaren
Inf. flatt Des Partie. zu machen. Aus ich möhte gesehen hän
wird: Ich hätte fehen mögen; aus ich kunde- baz gelobet hän wird
„Ich hätte beffer loben Fünnen; aus ich dürfte hän gegert wird:
Ich hätte begehren dürfen. Iſt das mittelh. anomale Präter.- der
Indic., ‘fo können wir entweder das Präfens Inf, gebrauchen,
oder auf ähnliche Weife umftellen: die er muose hän verlorn wird:
Die er verlieren mußte oder bat verlieren müffen.
Jetzt hätte fie fih mehr Augen wünſchen mögen. W. 3, 40.
Anm. Diefe mittelh. Anwendung des umfchriebenen Präter. Inf. berupt
in dem Gefühl, daß das anomale Präter, vie Bergangenheit nicht be⸗
fimmt genug ausdrücke.
$. 96,
Bir verfahren übrigens auch noch neuhochdeutſch nach mittel-
hochdeutſcher Weife, wiewol feltner: Das wollte ich hiermit ausge-
jprochen haben = das habe ich ausfprechen wollen; das will ich
dir gefchentt haben — das habe ich dir frhenfen wollen; das mag
ich nicht gefagt haben — das habe ich nicht fagen mögen. In je=
nem Fall bat man es gefagt und will es nicht Wort haben, in die=
fem bat man es nicht gejagt.
Ich wollt' Euch nicht gerathen haben. S. P. 4, 4.
Anm. Den Unterfchlen drückt das franzöfifhe je ne veux pas l’avoir
dit und je n’ai pas voulu lo dire aus, .
Eflipfen des Auriliars,
§. 97,
Des Auriliars entbehrt kaum die ältere Sprache, auch nicht im
relativen Sat. Nur wo zwei gleichartige ‚Verba, durch Partikeln
verfaüpft, unmittelbar auf einander folgen, braucht das Hilfswort
nur einmal ausgebrüct zu werden: Er hete sich gelenket und ge-
schepfet;; hast empfüeret und gerücket; er bat gegeffen und ge-
trunfen; er iſt gehüpft und gefprungen. Sollen aber Verba ver-
bunden werben, denen verſchiednes Auriliare gebührt, fo iſt fie un-
ftatthaft, 3. B. wenn man fagen wollte: Er iſt gefommen und (hat)
gefiegt; er bat gefchlafen und (ifl) erwacht.
— —
— 43 —
\ $. 8. ee
Außer dem angegebnen Fall erlaubt die ältere Sprache nie ben
Wegfall. Reuhochdeutich aber ift, feit den fchlefifchen Dichtern (alfo etwa
feit dem erften Viertel des 17. Jahrh.) hergebracht, das dem Partic.
unmittelbar folgende (nie das vorausgehende) habe ober bin
manchmal zu unterbrüden, vorzüglich in indirecter, relativer Rebe:
Der Ring, den du mir gegeben (haft); er wird es thun, fobalb wir
uns erklärt (haben); fobald ihr ihm willfährig geiworben (feld).
Gleichwol Hat dieſe Ellipſe nicht durchdringen können.
Es ſchien, daß die Kunſt, die ſich nicht an ihnen (hat) zeigen
fönnen, es an den Bildſäulen ihrer Sriefterinnen (hat) einbrin-
wollen. 2. L. 9. Ad, daß Ihr damals mir Gehör geſchenkt
hättet)! S. St. 3, 4. Mein Bruder ıfl gefällig, daß er uns
in diefen Tagen ſchon aufs Land gebracht (hat). ©. X. 1, 1.
O fähft du, voller Mondenſchein, zum letztenmal auf meine Pein,
Ben ich fo manche Mitternacht an diefem Pult herangewacht (habe).
. F. 1, 30.
Anm. Der fihleppenden Auriliarhäufung entriethe man gern, aber bie
Sprache firäubt ſich wider Duntelpeiten und Zweideutigkeiten, die dabes
enifpringen können. Häufig fällt uns die 3. Perf. Sing., bie 2. und
3. * mit der Participialform zuſammen, z. B. erblickt, vertraut,
und dann dient das Hilfswort, den Zweifel Em löfen. Auch wegen des
Wechſels beider Auxiliare ſcheint die Auslaſſung bedenklich, z. B. Der
Wagen, in dem wir gefahren (ſind, oder haben). — Hierhin gehört,
obwol ſelten, auch die Gleichheit des activen und paſſiven Präter. Vor
dem Dorf, wo ich geboren, ſteht ein uralt Muttergottes⸗Bild. S.
u * X id, bier aus dem ganzen Zufammenhang ber paffive
6. 9.
Bei dem imperatioifchen Ausdruck ſcheint häufig das Auriliar
ausgelaffen, wie bereitd ($. 51.) bemerkt worden. Ob übrigens
dabei wirklich ein Hiffswort fehle, Täßt fich allerdings noch fra=
gen. In der älteren Sprache müßte erft die unelliptiihe Redens⸗
art nachgewiefen werden.
co) Futurum.
6. 100,
Das Zeitverhältnig der Zukunft wird durch das Futurum
ausgedrückt, d. h. fprechen wir von einer Handlung, bie erft Fünftig
gefhehen wird, fo bebienen wir uns des Futurums. Da unfere
Sprache aber Feiner eignen Form für das Futurum fähig iſt, fo läßt
fie e8 alfo entweder ganz unausgedrückt, d. h. bedient N an feiner
Stelle anderer Tempora, oder fie umfchreibt es.
$. 101.
In der älteften Zeit gereicht das Präſens Indie. zugleig
für den Begriff des Suturums, Selbſt bei ben mittelhochd. Dich⸗
— 44
tern und neuhochdeutſch wird noch häufig das Präfens für das
Futur. gebraucht, wenn entweder das Zeitverhältuiß nicht foll her⸗
porgehoben werden, oder auf eine andere Weile fchon ausgedrückt iſt.
Er wird auf mich fluchen, wo ich ihm das Buch nicht bald
bringe. 8. Io. 3, 1. Wenn ih dann vor Scham flerbe
und unbebauert hinab zu den Schatten ſchleiche, wie finfter
und ſtolz werden die Helden bei mir oprüberziehen! L. Ph. 2.
Aber ich gehe herum, fie aufzufuchen, und fomme wieder, fobald
ich fie finde. ©. Hp. 5, 242. Jetzt laß mich Ins! ich komme
bald zurüd. ©. F. 1, 74. Gleih morgen verlang’ ich Au«-
dienz bei meinem Bater. ©. DE. 1,7. Das Schloß erflei-
- gen wir in dieſer Nacht, der Schlüffel bin ih mächtig. Wir
enpren die Hüter, reißen dich aus demer Kammer. ©,
\ t. 3, 6.
s. 102. |
Die neuhochdeutſche Sprache, und fie allein unter allen, pflegt
das Futur, burh werden zu umfchreiben ($. 55.), Me rem
mittelbochdeutfche Sprache kennt es nicht, d. h. fie confleuiert wer-
den nie mit dem Inf., fie hat dafür follen. Der Zeitpunct, wo
dies neuhochd. futurifhe werben auffam, muß für ben gelten,
wo bie organiſche und beffere Umfchreibung durch follen in Ab-
nahme geriet. Gewonnen ift baber gerade nichts, fondern eher
verloren, weil die Paſſivumſchreibung ſchon überflüffig viele
werden in unfere Rede bringt, und Abwechfelung zwifchen wer-
den für das Präfens Paſſivi und follen für das Futur, Activi
früherhin günftiger war. |
§. 103,
In der Bedeutung findet allerdings ein Unterſchied flatt zwi⸗
ſchen den drei neuhochdeutſchen Weifen, das Futur, mit follen,
wollen und werben auszubrüden. Wollen bezeichnet mehr
den freien Entichluß, ſollen das imperativifche Futur, werden
mehr die reine, abftracte Zukunft; wollen fagt vorzüglich der er-
ften, follen ver zweiten, werden ber dritten Perfon zu, und
infofern hat die neuhochdeutſche Sprache den Begriff der Zufunft
genauer erfchöpft als eine der übrigen. In vielen Fällen fteht freie
Wahl zu unter allen, vollen ift jedoch am meiften befchränft.
‘hr werdet nicht verlangen, daß ich meinen Eid brechen fol.
&. ©. 2. Heiliger Gott, was will aus dem allem werben?
G. &1. Was wollen fie denn herausoerhören, wenn
Einer unfhuldig iſt? G. E. 4. Wir wollen bald eine Urfadhe
wiber ihn haben. G. ©. 4. Wir Hoffen, daß er (der Samen)
erblühben ſoll zu fohönerm Loos. S. Glocke. Nicht ohne Fol-
gen ſoll das Beithiel bleiben, denk' ich, Das ich gebe. S. P. 4, A.
N
— u —
$. 104.
Das fo genannte Futur. eraetum (vergangene Zufunft) un⸗
terfcheidet fih von dem gewöhnlichen indicativen Futur. dadurch,
daß es mit dem Präter. des Inf. umfchrieben wird. Das Prädi-
cat wird hierbei als eine Thaͤtigkeit dargeftellt, die zwar in ber Ge—
genwart des Sprechenden zufünftig, aber zugleich einer andern
ebenfalls zufünftigen Thätigkeit vorangegangen und in dies
ſem relativen Zeitverhältniffe ooITendet if. Dan macht von die
fem Futur. insgemein nur dann Gebraudh, ‚wenn die Vollendung
der Thaͤtigkeit fol hervorgehoben werben, fonft ſteht meiftens bafür
bas Derfert. Setzt man flatt: Ich werbe gewefen fein, geliebt
haben die Hilfsverba in den Conj., fo erwächſt ein Conditionale:
Sch würbe gewefen fein, geliebt haben, das mit der Umſchreibung
des Plusq. Ich wäre geweien, hätte geliebt eoncurriert, wie ich
wäre mit ich würde fein. |
Ach freilih werden fie ihn wohl haben umbringen wollen.
8, J. 1, 2. Ich bin gewiß, daß der erfahrne Kenner beim er-
fien Blide wird getefen haben, was ich ihm taugen Fann,
was nicht. S. DE. 3, 10. — Nicht eher denk' ich dieſes Blatt
zu brauchen, bis eine That gethan ift, die unwiderfprechlich den
. Hochverrath bezeugt. ©. 9. 5, 1. Ihr / Schreiben ſoll zugleich
mein Creditiv fein, mit dem ich mich einftelle, ſobald ich e8 er--
halten habe. ©. Wi. 1, 6. ü
"Anm Die noch Täfigeren Paffioumfchreibungen: Ich werde gelicht
worben fein u. a. finden fih mehr bei ven Grammatikern, als In der,
— A Schriftſteller und des Volles. — Ein Weiteres beim mehr-
viertes Capitel.
Numerus.
§. 105.
Der Rumerus iſt bei der Conjugation wie bei der Derlination
ein zweifacher, Singularis (Einzahl, Einheit) und Pluralis
(Mebrzahl, Mehrheit). Des Dualis (Zweizahl) iſt nur noch bie
gothiſche Sprache einigermaßen mächtig. Wo in den übrigen Spra-
hen ber Ort wäre zum Dual des Verbums, ſetzen fie entweder
den Plur., ober conflruieren das Berbum zu einer ber beiben Per-
fonen des Sing., 3. B. Nun fende (oder fendet) uns, Bater
und Sohn, den rechten Geift herab! Für die beiden andern Zah-
Ien ift die Negel, daß mit einem Subject im Sing. das Verbum
im Sing., mit einem im Pur. das Berbum im Par. verbun-
den wird.
Ich vergeffe feinen, mit dem ich einmalWorte hab' gewech⸗
felt. ©. T. 3, 15. Es muß auch ſolche Käuze geben. ©. F.
1, 182. Der König fendet mich hierher und beut der Prie⸗
V.
— 4 —
ſerin Dianens Gruß und Heil. ©. J. 1, 2. Den eblen Stolz,
daß bu dir ſelbſt nicht g — derzeih’ ich dir, fo fehr
ich dich bedaure. ©. J. 1, 2. — Rudenz und ih, wir tru—
gen fie felbander aus ben Slanımen. S. TI. 5, 1. Ein braver
Reiter und ein rechter Regen fommen überall durd. ©. ©. 3.
Auch Eſterhazy, damit Deodat erklären jetzt, man müſſ'
dem vof gehorchen. S. T. 2, 5.
$. 106.
Wenn in dem Subject die erſte Perſon mit der zweiten
ober dritten verbunden ift, jo ſteht das Verbum regelmäßig in
ber erfien; ift bie zweite mif ber dritten verbunden, in ber
weiten Perfon Blur. Gewöhnlich werben jedoch die zwei Per-
onen ſchon durch den Plur. des Perfonalpronomens zufammengefaßt.
Der dba und ih wir find aus Eger. S. L. 11. Prinz
Karls und id begegnen biefen Mittag und im Vorgema
der. Königin. ©. nr 2, 10. Ich und mein Ramerad niftel-
‚ten uns an ihn. ©. ©. 1. Was bu und ich dereinſt im Him⸗
mel hoffen. ©. DE. 1, 2. Auch wir, ich und der Bater,
faben ſchöne Tage. ©. T. 3, 3. Mit was für Einmuth wir
damals, du, mein Bater, und ich und ber Geift die Erlöfung
befchloffen. K. M. 1, 9.
Anm. An Ausnahmen fehlt ed übrigens hier nicht. Was kann es mir
jest helfen, daß du und mein Vater einſt Freunde waren! L. Ph. 3.
Ich weiß Welke nichts, als daß du und mein Bater in Krieg ver-
widelt find. 2.95. 7. Du und die Welt eben im Tu J N 8.
Wo er und Ich zufammen kam. Herver St. d. V. 0,
$. 107. ,
, +
Zu einem Subject im Sing., welches aber an fich. felbft ober
wegen eines ihm verbundenen Adjectivs ben Begriff ber Mehrheit
enthält, Fann das Berbum im Plur. conflruiert werben; nothwen⸗
dig gefchieht es nicht, fondern häufig bleibt auch das Berbum im
Sing. ſtehen. Bei den Eollectiven: Menge, Haufen, und ben
unbeftimmten Zahlwörtern Paar md Dutzend dürfen wir, zumal
bei ‚binzugefügtem Genitiv Pur. den Plur. des Verbums gebrauchen.
Bei Shmwarm ift der Sing, gebräuchlicher. Auch dürfte noch
Reihe hierher zu ziehen fein.
Ein balt Hundert ſolcher Anmerkungen machen einen Philo⸗
logen. %. 3g. 1, 2. Dergleichen (Bücher) aus der ‚Pomannj-
ſchen Offiein eine ganze Reihe daſtanden. G. Bl. 1, 8.
. Paar Rippen find entzwei. G. ©. 3.
§. 108,
Sieht ei ein Subſtantiv im Plural, fo verftattet bie ältere Sprache
das Verbum im Singular; jetzt ſetzen wie ben Plural: Kinder find
der Mutter Freude, — Sieden zwei ober mehrere Subftantive im
— 41 —
Ging.;, fo erfaubt bie ältere Sprache den Sing. Neuhochdeutſch if
es. völlig einerlei, zu fagen: Wind und Meer gehorcht oder ge-
borchen ihm. Ob das Verbum dem Subſt. vorausgehe oder
folge, darauf kommt nichts an; wol aber Fommt es darauf an,
ob das Berbum in der Mitte flehe, denn alsdann ſcheint nur
der Sing. zuläffig. — Ein Subft. im Sing., das andere im Plur.
ertragen in der älteren Sprache gleichfalls den Sing. des Verbums,
ohne daß es dabei auf defjen Stellung ſelbſt ankommt. Hier un⸗
terfcheidet fih der neuere Sprachgebrauch von bem früheren, daß er
zu zwei Pluralen Subft. gar fein Berbum im Sing. geflattet (mas
- im Mittel. mitunter eintritt), zu einem fingularen und. pIuralen
“amd alle feine Freunde. ©. E. 5. Die größten Rau
\
nur dann, wenn das Verbum dem fingularen Subſt. nahe fleht.
Das plurale Verbum leidet verfchiedene Stellung.
Die Künſte find das Salz der Erde. G. Wi. 2,8. — Es
ſollte Meer und Land nicht Einem dienen. ©. T. 1,5. Der
Sekten Feindfhaft, der Partheien Wuth, der alte Neid, die Ei-
ferfuht macht Friede. ©, T. 1, 6. In feinem Antlıb war
Hoheit, Seelenruh’ und Ernft und Erbarmen. 8. M. 1, 138.
Graf Altringer und Gallas erhalten in ber Pflicht ihr Meines
Heer. ©. 9. 1, 3. Glück und Unglück breiteten fi nicht fo
unaufhaltfam weiter. 9. 1, 6. — Wie e8 die Weife verlangt
und Artigfeit. V. 1, 93. — Und fo Tag zerbrocdhen der Wagen,
und hilflos die Menſchen. &. Hd. 1, 144. Oranien mer
eute find
'angefteckt, der Adel, das Volf, die Soldaten. ©. E. 1. Omöch—
ten gie Hand und diefe hellen Locken bir fichtbar fein! K. Koͤ⸗
nig. Luiſe.
an m. Ni Regel mancher Grammatiker, „daß das Berbum int Sing.
ſtehe, wenn zwei over mehrere Subj. fo gedacht würden, daß bie
Mehrheit als eine Geſammtheit gewiffermaßen unter einem Begriffe
gufanmengetapt würde, ’’ wird von den Schriftſtellern nicht beachtet.
iefe gebrauchen in dem fo beftimmten Fall auch ven Plur., ja fie
wenden meh den Sing. an, wenn die Subjecte ald geſchieden ge-
dacht werden. An ihrer Spitze ſteht ver fromme Frinas von Can
ie ury, der weife Talbot und Howard, der des Reiches Flotten führt.
+ * ’ °
Sünften Eapitel.
Perſon.
$. 109,
Wenn die vollere Geflaltung der Verbalflerion in unverkennba⸗
rer Derührung fleht zu dem perfönlichen Pronomen, fo ergibt ſich,
baß in ben Perfonen des Verbums zugleich fchon der Caſus rertus
des perfönlichen Pronominalbegriffs enthalten fein werde, — So
lange das Gefühl ober Nachgefühl diefes Verhältniffes in der Ber-
balflerion lebt, ſcheint das Subject des Sates, zumal für die dem
Dörenden und Rebenden fleis gegenwärtige erſte und zweite
— 48 —
Perſon immer auch in dem bloßen Verbum hinlanglich ausgebrückt,
ohne daß es eines geſonderten Pronomens bedürfte. Der erſten
Perſon wird an ſich Fein Nomen beigefügt, außer bei ſtarkem Nach⸗
druck, und dann nie ohne Pronomen darneben, 3. B. Ich der Herr
will das, Die zweite Perfon hat zwar häufig das Nomen in ber
Anrede bei fih, 3. B. Brich, mein Herz! Rind, höre des Vaters
Stimme! und auch ein bu mag hinzugefügt werben; es geht
aber wiederum nicht zum Verſtändniß der Verbalform. |
wefende dritte Perfon muß zuerft durch ein Nomen in die Rede
eingeführt fein, dann aber kann fie gleichfalls in ber Verbalform
ſelbſt haften. |
$. 110.
In ihrem entrücteren Altertfum genügte der veutfchen Sprache
wie der griech. und. Yatein.) für alle Perfonen die reine Verbal⸗
orm. Bloß da, wo ein befonderes Gewicht auf die Perfon fallen
plfte, wurde ein Pronomen ausgebrüdt, feine Wirkung war dann
vefto flärker. Uns Heutzutage, Die wir das Pronomen faft überall
hinzugeben, bleibt, von andern äußerlichen Mitteln abgefehen, nichts
übrig als Dur erhöhte Betonung ober gar Wiederholung
jenen Nachdruck zu erzeugen. .
Anm. Zwiſchen ver fpäteren Inentbeprlichfeit und dem frügeren über⸗
flüſſigen Auftreten des Pronomens liegt eine Menge von Beſtimmun⸗
‚gen. Daher haben ſich bis jetzt noch einige Formen erhalten, die das
ronomen entrathen.
a) Perſönliche Pronomina.
$. III.
Der Imperativ ($. 45.), weil Geheiß und Befehl ſich an
Gegenwärtige richten, auch durch den Ton hervorgehoben werben,
entbehrt am allerleichteften das Pronomen. Es widerfirebt nicht
feinem Begriff, fondern es kann, und zwar ſchon in der älteflen Zeit,
ihm nachdrücklich zugefellt werben, 3. B. Gebt voran, geht ihr
«voran! Wo wir das höfliche Er und Sie der dritten Perfon flatt
der zweiten gebrauchen, fann der Imp. nur durch den Conj. aus⸗
gedrüct werben, und dann iſt uns das Pronomen Rena 2.
Thue Er das! Hierin Liegt übrigens fein wahrer Imperativ ($. 46.).
Du bringe fröhlich jest der Glücklichen das theure Pfand zu-
rüf! S. Bom. Tritt du dennoch hervor. ©. 5. 2, 189
Ich babe dir bei meinem Vater gefchworen; ſchwöre du mir
bei deinem Sohn! L. WM. 5. Stirb du nur! % Ph. 8. Aber
du ordne den Tiſch und fpute dich, Tiebe Sufannal 2. 3, 1,
666. — Andere Beifp, bietet $. 45. u. 46.
$. 112,
Dem Imp. zunächft fleht der optative Conj., und auch bei
ihm Kat fich Lange Zeit die Entbehrlichkeit des Pronomens behauptet,
e ab
‘
_ 49 —
vorzugsweiſe in: dan Perſonen, welche mangelnde imperat. For⸗
men erſetzen.
1) Unter allen Perſonen tt Feine optativiſcher als die auffordernde,
wimſchende erfte Perfon Plur., fie enträth daher gleich
dem Imper. des perſönlichen Pronomens. Im Neuhschbeut-
ſchen hat ſich jedoch der Sprachgebrauch dahin feſtgeſtellt, daß
das Pronomen unerläßlich iſt, es ſei denn, daß zwei Fälle un⸗
mittelbar auf einander folgen, dann reicht es hin, wenn wir
das erſtemal ſteht, z. B. Nun geben wir und fäumen nicht!
Häufig wird die Umfchreibung mit laßt uns ($. 47.) vor-
gezogen. .
2) Ferner kann bie dritte Perfon. Sing. und Plur. in der äl-
teren Sprache. das Pronomen fparen. Neuhochdeutſch kann es
nicht entbehrt werben, außer etwa, wenn unmittelbar auf das
Berbum ein beflimmendes Nelativum folgt, 3. B. Das thue,
wer da will! Doc fehlt Hier nicht ſowol ein perfönliches er,
als ein demonfträtives mit in das wer aufgenommene ber.
Den Teufel Halte, wer ihn hält. &. 5. 1, 74. Träume,
wer träumen mag. ©. F. 2, 239. Es Tebe, wer fi tapfer
hält. G. F. 1, 176, Es leugne, wer es will. L. Lobſpr. d.
th. Geſchl. Singe, wem Geſang gegeben, in dem deutſchen
Dichterwald! Uhl. freie Kunſt. Liege, wer will, mitten in ber.
Bahn. S. 8. 11. Reif dann, was mag. ©. P. 1, 2. In
:fein: friebländifch Lager komme, wer von dem Kriege Böſes
. denfen will: ©. P. 1, 2.
.$. 113,
Der Indie. entbehrte in ber früheren Sprache oft das Prono-
men, wo uns baffelbe jest unerläßlih if. Für bie neuhochdeutſche
Sprache dauert eigentlich nım der mittelhochd. Fall fort, daß, wenn
zwei Berka durch ‚eine Eonjunchon, am gewöhnlichften und, ver-
inupft find, bloß. das eine des Nomens oder Pronomens bevarf,
3. B. Der König fam und fiegte; alle jubelten, tanzten und ſpran⸗
gen; das Hoffe:amd. wünfche ih, — Die erfte Perfon darf in ei-
nigen Formeln ohne Pronomen flehn, 3. B. Bitte, banfe; auch im
Iaufmännifchen Styl, 3. B. Anbei überfende. (Goethes fpätere
Proſa neigt fih nicht felten. zu folder Auslaffung des ich, fie fin-
bet ſich aber auch vielfach in feinen Gebichten.) Auch bei der zwei⸗
ten. Berfon pflegt vertrauliche Rede oder Balladenton das Du zu
unterdrüden. —. Weit ungewöhnlicher ift die Auslaflung für bie
Dritte Perſon; doch hat die neuere Poeſie, befonders bie Voßiſche,
in eblem, feierlihem Ton eingeführt: Sprach's, wobei aber das
sbtique es nicht wegbleiben barf.
Sie. fengen, brennen und morden. ©. G. 4, — Hab’ oft einen
dumpfen, duſtern Sinn. G. Ehriflel. Habe nun, ah! Philoſo⸗
: :pBie durch ausflubirt.. G. F. 1, 29. Dank' euch, edler Her!
© Und: bin vor der Hanb nur bemütbiger Bruder, ©. ©. 1.
Kehrein Grammatik. 11. 1. | 4
- Mach. diefer Entwicelung des allmälich Zum beinahe nothwendi-
— 50 —
SB alte, Gott Hatte mich, zum Gärtiner gemacht G. O. ‚Em
Duplicat diefes Briefes fende un Herfilienz an diefen Fraund
*ſichreibe noch einiges, : welches. ex mittheilen wird. "©. Wii B; 6.
Muß heute: Garſau noch erreichen, ©. U. 1, 2: Bin au
dabei. Su L. 8. — Die Thür' iſt offen, Haft freien Lauf. G. F.
4, 6b Maßt dich mur recht erbärmlich ſtellen; ſind dir gar
:todere, leichte Geſellen. ©. L. 1. — Wollen ſehen, was es
gibt. Wolken. dns Beſte hoffen. ©. G. 1. - Was fir Grün⸗
rock' mögen das fein? Treten. ganz ſchmuck und ſttattlich ein.
S. VCH 5. Zee BE Zee A E
00) ‚Anperfönlige Pronomina
et 8. 114. EEE
Fk Begleiter. ver Verbalflerion. gewordenen perfünlichen Pronomens-
nd noch einige Puncte näher auszuführen, welche bloß die hritte
Perſen beiveffen. N ”
en $. 115. nn
. D
4. Mat. Sobald ohne. Bezug auf ein beſtimmtes Subj. im
Allgemeinen auägejagt werden: fol, was zugleich: von mehreren gel⸗
ten kann, iſt in deutfcher „Zunge: fchon feit ange bie Ausdrucksweiſe
durch man bergebracht. Urfprünglich ift dabei ein Begriff der Mehr⸗
heit. gedacht, z. B. Man sagt, d. b. nicht bloß ein Einzelner, Un⸗
genannter fagt es, fondern mehrere. Daher drücken wir andy: visfelbe
- Bedeutung durch den Plur. aus: Die Leute fagen, auch durch den
Sing. der Collectiven: Das Bor, die Menge fagt. Sehr häufig
wird auch Dig. gehe. Perſon Plur. darunfer verſtanden.
da älen een §. 116. on.
|) BA . .
jetzt syur Amfchreibung folcher Baffive, deren Caſ. obliq. unansge⸗
drückt; iſt;. ber Verſchweigung eines handalnden Surf. Iommt die
NMennungeines ganz unbeftünmt gelaſſenen in ver. Wirkmg faſt
giaich. Sind im Paſſiv beide, das leidende und das thätige
7, Diefeh man gereicht von. der althochdeutſchen geriode an bie .
Subz.'angeneben, ſo fann fein abſtrartes man eintreten. Eben ſo
wenig. Tlaftnfindet ed, wenn der ansgelaffne Caf. ohlig. fih gar
nicht. auf, handelnde Menſchen bezieht, Der ben Säben: Deine
Sunde würbe ‚bir (von Gott) vergeben; er mmrde (von ber Glut)
arcjengt, ft: Feine Umfchreibung durch man: möglich.
Dem’ Nähften müß man helfen. ©. Zt. 1,.1. . Erteagen: muß
»man, Mas: der Simmel fenbet. S. TI. 1,2 Was kann es
(Reicefter) thun, und was bedarf man fein? S. St. 3, 6.: Au
mill eman ihn ſchon öfters, im biefer Geſtalt geſehen haben, S.
DE: 8,.0. Wenn ich bebenle, wie man wenig iſt, und mas
man iſt, das blieb: man Aubern ſchuldig. © T. 1,1. Man
mag nöd fo. siegezagen leben, ſo wird man, che man ſich's
1...)
— x —
verſitht, ein Sihulduer ader ein Glaͤubiger. G. Wo. 4,4. If
nen iſt nicht zu helfen, und fie hindern uns, daf mon ng felbft
Hi. G. Wr. 1, 3. — Für todt bob man mich auf. ©, Rt.
KL As ich no ein Knabe war, fperrie man mich ein. ©.
.d 9, Amadis. Still und eng und ruhig auferzpgen wirft man
‚uns Auf Ziamal in die zeit, G. a. Lottchen. — — ſtört
"an mich. L. Ig. 3, 3. Die Bibel ließ man ihr, das Herz
‘ya. befleen. 5. &. 1, 1. Das Pferd iſt Ey Walde —*8
den, man hat's nicht wieder gefunden. Ubl. J. Rechberger. Man
- börk, der Männer Jauchzen, der Heexden wild Geſchrei. Man
führt dahin die Knechte mit fü gerem Geleit. Uhl. Schlacht b.
Rertlingen.
F. 117.
. 2) Es. Unſere Sprache verwendet. bie Neutralform des Ab⸗
jectivs, vorzüglich aber des Pronomens da, wo entweder ein Be zug
auf das männliche und weibliche Geſchlecht zugleich nothwendig wird,
oder Unentſchiedenheit der Perfon flatt findet. Jenes iſt frei ich in
ber neuhochdeutſchen Sprache nicht mehr wahrzunehmen, weil bie ei⸗
genthümliche Flexion des neutralen Blur. im Adjectiv und Prono-
men völlig erlofchen ıft.
‚Anm. Der Grundfatz ſſt Ubrigens ridiga und ergibt ſich in ſeiner Wahr⸗
peit ang dem Gothifchen, dem Alt- und Mittelhochd. Folgende mittelh.
Up. mögen genkigen.. Ir zwei (Gerwan und Bene); für masc.
heißk. die Form zw£ene, für. dem. zwö, für neutr. zwei; Kappe,
swert und sporn wurden diu u ur. v. der, die, daz) verlorn.
TE No am a des 18. Sahıh- man zwee (und zween) für
masc., zwo für fem., zwei f r — uaden ſich u. a.
noch. bet Voß mb Kiopfot Häufi
e .. . * $. *
Das Pronomen es (zuweilen auch das, dies) kann allen drei
Serfonen bes Sing. wie Plur. buch das Berbum fein als Praͤdi⸗
cat verknüpft werben, wenn in dem Sat bie frühere Unficherheit ber
Perſon aufgehoben wir. 3. B. Der Thäter war vorher unbefannt
oder nicht genannt, und num folgt: Ich bin es, bu bift es; ihr
feid es, die ihr den Zorn des Himmels auf euch gerufen habt.
Pie bezeichnet. es das vorher unbeftimmt Geweſene.
‚& [deint ein verflänbiger Jüngling ; und fo werden die Eltern
28 fein. ©, Hd. 7, 163. Iſt's jener Tanfalıs, ben Jupiter zu
Nath und Tafel zog? Er ift es. ©. 3. 1, 3. Was damals
"Wunder geweſen, iſt es jetzt nicht mehr? ©. Df. 3, 4. Sie
iſt wirklich wohl verbrannt? Wenn fie es wäre, —* Ihr von
mie es hören! 2, N. 1, 1. Kennſt du den Elenden? Ich bin
8. 3. 55.
S. 119,
Dalfetse neutrale Pronomen es Tann num and als feheinbares
und unbejtimmtes Sub. in den Beginn bes Satzes gefent und Bor-
lduſer des eigentlichen Subz. werden, bas dadurch in das Berhält-
niß eines Pradicats zu jenem Pronomen tritt; z. B. Es flarb der
König; fett der König ſtarb. - Die anhebende Rede läßt noch -un-
fiher, welche Beſchaffenheit es um das wirkliche. Subj. habe, und
ſtellt ein unbeflimmtes Weſen vornen hin, das fich gleich barauf in
ein beſtimmtes auflöſt. Diefer umbeftimmte Beginn ift nicht we⸗
fentiicher als der anbeflimmte Ausgang ($. 118.) Er wird bloß
dann gewählt, wenn mit einer gewilfen Emphafe, vie freilich durch
den häufigen Gebrauch an Stärke verlor, gefprochen werben fol.
Mußt' e8 fo raſch gehorcht fein? S. T. 5, 11. Es reden und
"tränmen bie Menſchen viel von beffern Fünftigen Tagen. S. Hoff-
nung. Es ift heut Simons und Judä. ©. TI. 1,1. Es.war
ein gutes Jahr. S. P. 1, 2. Es wanfen ganze Regimenter.
S. P. 58, 1. Run fauft es und brauft es das wüthige Heer.
. ©. d. get. Eckart. Es zogen drei Burfche wohl über den Rhein.
Uhl. d. Wirthin Töchterlein. Es ging an einem Morgen ein -
“ Ritter über die Au. Uhl. d. Ring. Es pflückte Blümlein man-
nigfalt ein Mägdlein auf der Tichten Au, Uhl. d. Kranz.
| $. 120.
. Das Neutrafpronnmen es hat wahrfcheinlih feine erfle Anwen⸗
"dung da gefunden, wo fonft gar fein Subj. ausgebrüdt gewefen
wäre, d. h. in Säben, wo ein umbeftinmtes Reutrum zu verftehen
und zu ergänzen wäre, namentlich bei den fo genannten unperfün-
Iihen Verbis; Es regnet, donnert u. a. Der zweite Schritt war,
viefes es auf Fälle zu erfireden, wo fein Neutrum, fondern ein
Maseulinum oder Femininum ausgedrücktes Subi. iſt: Es ſpricht
ber Herr; es rauſcht die Welle. Drittens endlich bediente man ſich
feiner, wenn Subj. und Berbum im Plur. flehen: Es fagen die
Lente. Ueberall jedoch nur vor ber dritten Perfon ann ein fol-
ches es zu fliehen kommen. |
Imperfonalia
$. 12l. .
Gewiſſe Berba werben nicht anders als unperſönlich, d. h.
lepiglich entweder im Inf., der Feine Perfon bezeichnen fann, oder
in ber dritken Perfon des Sing. gebraudht. Diefe ift aber nur
in dem unbeflimmten Neutrum denkbar, weshalb das unbeftimmte
Neutralpronomen es damm auch vertreten darf. Die unperfönfichen
Berba beruhen alſo in dem Begriff, nicht etwa in befectiven
ormen; mande Verba Fünnen perfünlih und unperfönlich ge-
raucht werben, viele aber gelten nur unperfönlih. - Zu
Anm. Grammatiſch betrachtet if bie dritte Perfon Sing. auch eine
Perſon, und infofern fchiene ver Namen untreffend; logiſch erwogen
ſoll das unbeftimmte Neutrum hier alle wirkliche Perfönlichkeit aus⸗
.. .ſchließen, und das rerpifertiget ihn, s
”, vo
’
+‘
— s53 —
. 122.
Entweder ſtehn nun bie nuperſönlichen oegba voöllig abfolut,
uber es tritt eine non ihrem Begriff abhängige Beziehung, an oblt
quem Cafus, hinzu. Jene Art find vorzüglich Die Imperfonalia,
welde Naturereigniffe audorüren, unb zwar: .
1) Anbruch oder Schluß des Tages umſchreiben: Es wird Re
gen, es wird dunkel, Doch wohl auch es taget.
2). Iabreszeiten: Es wird Sommer. "Der Boltebiit fiat aus:
es femmert, ‘wie mitteldeutſch eꝛ sumeret. - :
3) Lufterfcheinungen: Es donnert, thauf, pe ”
4) Winde: Es ſtürmt, ebbet, friert, iſt kalt.
5) Ohne abhängiges Pronomen ſtehn auch gewöhnlich De Im⸗
—— — welche das bloße Ereigniß ausdrücken: Es
geſchieht, kommt vor.
Abend ward's und wurde Morgen. S. d. Pilgrim. Log
wird es auf die dickſte Nacht. ©. 309. 3, 2. Wenn es in ber
Seele tagt, ©. 5. 2, 233. . Hei in deines Nacht fol es bir
. kagen. © U.1,4 — &s- hagelt fhwer. ©. Tl. 4, 1.
Es donnert, fauft und Fracht rings um fie ber. W. 2, 30.
Plöglih Donnerte es einmal durch den blauen Himmel über
Das Meer ber. 3. 109. Wo es bräutlich gläns und hallet,
wo es in der Seele maiet. Uhl. An d. Tod. Uns es fauft
und dröhnt von ferne. S. Hero u. Leander, — Bon eier
Fahrt Fehrt ſich' s nicht immer wieder. S. a 1, 1. kebhaft
träumt ſich's unter dieſem Baum. ©. Jon. 4, 9,
.. Anm. Einige der hier genamten Imperf. können auch ein perſönl. Pro⸗
nomen bei fih haben, namenttig einen: ‚fegenamnten € dat. commodi ; Es
tagt mir zu frühe; es geſchieht mir.
$. 123.
Bier iſt auch das feltfame neuhochdeutſche es gibt anzuführen,
dem man weder ih der älteren Sprache begegnen wird, noch in den
andern heutigen Dialeften ganz auf unfere Weiſe. Es Hat den
Acc. der Sache neben fi, was man jedoch nur im Ace, Ging. ber
männlichen Subft. gewahren fann: Es gibt einen Wald Namens
Solling. Die halbfuturiſche Bebentung ſcheint die urfprimgliche.
Es gibt heuer einen guten Wein, iſt nicht viel anders als: Die
Trauben geben einen guten Wein. Das erflärt den Acc. hinreichend.
-Man wandte aber hernach die Redensart auf Fälle des bloßen
Borhbandenfeins, nicht des Erſtehns und Hervorge—
brachtwerdens an.
Es gibt böſe Geiſter, die in des Menſchen smoertwaßrter
Bruft fih augenblidiih ihren Wohnflg nehmen. ©. St. 1, 4.
Es gibt ein andres Glüd und andre Freuden. S. P.
1,4. Es gibt im Menfchenfeben Augenblide, wo Dem
Meltgeift näber tft als fonft. S. T. 2,3... Es gibt no
. fen, doch keine Ritter gibt es mehr. S. DE 1, 4.
— 5 —
§. 124.
Zu ben Imperſonalien, bei welchen nothwendig das abhängige
Pronomen, meiſt im Aor., zuweilen aber auch im Dat., ausgedrückt
wird, gehören vor allem bie innerlihen Empfinpungen bed
Hungers und Durfles, des Schläferns, der Ohnmacht, des Ekels,
Verdruſſes, der Reue, des Mitleids, aber auch der Luft, des Be⸗
bagens und Verlangens. DEE: oo.
Sobald mich hungert vder burflet, werke uch. bei Ihnen
fein. 2%. 3. 16. Ich weiß, es reut dich nacht, : wenn du dich
öffneft. ©. T. 2, 3. Mich Tüflete nad. einem Menſchen ©.
DE. 5. 10. Mich Hat Herzlich verlangt, mit Euch bieß
Mahl noch zu Halten. K. M. A, 1074. Mich verlangte
eine’ heitre Stunde im Tieben Kreis ber Meinen zu verleben. ©.
T. 3, 4. Der ift eben fo übel dran, Dem es immer nad ber
Waare gelüftet, als ber, dem ber Kauf reut, wenn ex bie
Waaren in Händen hat. ©. %. 6. Da treibt’s ibn, ben
föftlihen Preis zu erwerben. S. Taucher. - Darob erbarmt’s
ben Hirten bes alten, Hohen Herrn. Uhl. db. Ueberf. im Wildbad.
6.38%.
Die Vorftellungen von Aerger, Ueberbruß, Unmwillen ꝛc. haben
flets den Acc. bei dem Imperſonale und den Gen. der Sade, —
Nirgends aber findet fich größere Unſicherheik fir ‚ben. cc, , oder
Dat. des Pronomens als bei den Imperſ. ber innern, geifti-
gen Empfindungen bed Scheineng, Dünfens, Ahnens Jwei-
felns, Erinnerns, Träumens, Wunderns; doch herrſcht der Dat. bei
den meiſten vor. . .. 17 Ze
Mein edler Feldherr, den des Blutes jammert. ©. Ivo. 1,
11. Tief dauert mich euer. V. 3, 2, 136. — Mir ah—
net ein unglücksvoller Augenblick. S. DI. 1, Mir Bat: von
biefen Königen und Schlachten und Kriegesthaten nur geträumt,
©. Ivo. 4, 9. Ich muß befennen, daß mir däucht, daß ſie
bem guten Oretchen gleicht. ©, F. 1, 218; Das Gräfe, 6
blicket hinüber, es dünkt ihn, als läg' er im eber. G. Hoch⸗
zeitlied. Mix dünkte bald, zwei Kinder ſäh' ich ſpielen. Uhl.
e. Abend, Ich will wählen, was das Beffere wich dünkt. ©.
t. 2, 3. | '
.
$.. 126. |
In den bisher angeführten Fällen waren bie Imperſ. immer ein⸗
zelne Verba; es gibt aber nun auch ſolche, die aus Subftanfiven
oder Adfectiven und dem fubftantiven fein fo wie mit einigem an-
bern Berbis erzeugt werden, und dieſelbe Conſtruction darbieten :
Mir iſt Mangel daran; mir iſt noth; mir iſt Ernft damit u. a. .'Ei-
nigemal vertritt Baben, nehmen uber fangen, zuiellet'.g e-
ben ober thun die Stelle des mit einem Nomen amd. Dem cc,
U
der: Perſon verbandenen ſein: Mich“ nimmt's under; wid: ommi
Rene. e any mich flicht der Fürwitz.
Ich habe nie gezweifelt, daß mm fein. Fortfonımen ir ber "Melt
finden könne, wenn eBeinem Ernft ıfl. ©, * 1, 16: Cs
iſt mir Eruſt mit meiner Seligkeit. ©. Lj. 6, Es h auan mir
--Teib-um Meine ‚Dbeften. So. P. 2 7. Ee iß sm nit ium
des Kaiſers Dienſt. S. U 6. ; ni
$. 127.
Nah Aufzählung der Imperſonalien ift noch zu bemerfen:
1) Das auf BP site Präter. wird mit haben gebilbet: Es
bat getag t, Feregnet: mir hand zeekelt, gegrauet.
2) Sn biefen len ſteht uns die Wahl frei zwifchen perfönli-
chem und unperfänlickem Anodruck: Ich frikre'— mid friert;
Ich beliebe = mir beliebt. Genau genommen befteht aber
eine Berfchiedenheit des Sinns: das perfönlihe Wort iſt inni⸗
ger als das unperſönliche, welches gleichfam erſt een unbefeimm-
. tes Drittes fest, wodurch auf das Subj. eingewirkt wird.
3) Wenig ober Feine Verbaͤ werben nur unperfünltä
„braucht. Wir ſagen: Mich reut, verdrießt, erbarmt t,
" dber auch: Di reueſt mich, diefe Schritte ——* *
dieſe Dinge ſcheinen mir abgethan, Ber Bert Feftete —*
Herder Sdeen 8, 4;
4) Die Unperfönkichfeft iſt defto entſchichner, ſobals ein Son, der
Sache oder ein Präpofi tionalverhältuig binzutritt: Es reuet
mich biefer Handlung es vlargt wich nach dir.
5) Streng genömmen 1* Es wird Nacht, es nimmt mich
Wunder u. a. feine: änperf., fie umschreiben, erfehen bloß ei-
gentliche Imperſ.
6) Dur Berfchiebung des gefntigen Pronsmens wird das
unbeſtimmte es unnöthig : rauet vor ber Götter Neide.
G. Ring d. Polykrates. Imperſ., Die Fein: yerſantige⸗ Pie
| ‚homen begleiten, müſſen e 8 Haben: es regnet.
rx m 8. i2. —
En mag ame Schluß der Grörterung aller einefnen Petſonen
vemen werden, daß ſie gegenſeitig einander zuweilen vertreten kön⸗
nen. Die erſte Perſon kann nie ar die Stelle der zweiten oder
dritten gefeßt werben. — Das unbeflimmte man der dritten
Perſon kann mitunter im vornehmen und verſteckten Ton die erfte
und zweite Perfon bezeichnen: Man wird das gerne thun; man
geht wohl mit? Wirhtiger iſt der Gebrauch. der "zweiten: Derfon
fatt der erſten: Laß, laßt uns gehn! ($. 47.) für gehn mir) u
Im Epos wird bie britte Perfon nicht felten, durch förmiiches
Aureden, in bie zweite verwandelt, ohne daß bieß ben erzähleuden
Ton ſtört. Bei Voß tritt fogar eine bloße Ansebe und ein Pror
anmen zweiter: Perſon ohne Verbum ein.
0}
— 56.
Denn er im gramenden Haare Die glich, mildreden der
Spener! V. 3, 1, 78. Wo dich, redlicher Greis, am⸗
ſchwebeten Träume ber Ahndung. V. 2, 24. Alſo redeteſt
Du, ehrwürdiger Pfarrer von Grünau. V. öfters. Aber du
ſagteſt indeß, ehrwürdiger Richter, zu Hermann. &. :Hb.. 7,
174. Aber du zauderteſt noch, vorſichtiger Rachbar, und
ſagteſt. ©. Hd. 6, 298. oo. ee
Zweiter Ubfchnitt
Romen im einfaden Satz. |
$. 129,
Was von. vem Verbum, in Bezug auf den einfachen Satz, zu
erörtern war, ließ fich Alles unter die Grunderfcheinungen ber Ver⸗
balform bringen, überall wurde das DVerbum .babei als uyab-
hängig gedacht, und die Betrachtung feiner Abhängigkeit bleibt
dem dritten Abjchnitt vorbehalten. Der einfache Sat gewährt Feine
Lage, in welcher das Verbum regiert erfchiene, den Inf. abgerech⸗
net. Anders iſt es beim Nomen, deſſen Abhängigfeitsverhältniffe
ſich meiſt ſchon im einfachen Sat entfalten.
Erfies Eapitel
Begriff bes Nomens.
8.10,
Das Subftantiv gibt den Namen, das Adjectiv die Bes
fhaffenheit eines Gegenflandes an, Sicher war auch jenes bei
feinem Urfprung von einer Cigenfchaft des benannten Dinges aus-
gegangen, beren Bebeutung ſich allmälich verbunfelte und in einen
oielfeitigeren Begriff auflöfte, während der einfeitige Sinn des Ad-
jectios fefter beharrt,. Aus diefer Urfache fünnen einer Sprache eher
fremde Subftantiva zugeführt werben als Adjectiva, welche größere
Berftändlichfeit fordern. Eben darum veralten auch Adi, leichter,
weil, fobald ihre Bedeutung erbleicht, ihre Anwendung lot, . .
Ss: 131.
Obwohl beide, Subftantio und Adjertiv, aus dem Verbum ent-
fprießen, ſo ſteht feiner burchfichtigeren Bedeutung wegen das ein-
fache Adf. dem Stamm noch näher als das einfache. Subft., und
auch ſyntaktiſch ift Diefes engere Band zwifchen Verbum und Abf.
zu erfennen. Die frühere Sprache bedarf weniger Adj., je mehr
Berba ihr noch eigen find; das Verbum felbft prädiciert was nach⸗
ber dad Mor. mit fein uuefchreibt,. 3.3. maket, latein. viget, d. R
it ſtark. Die Sonderung bes adjectiviſchen Begriffs wurde aber zeif-
wendig, weil er mehr das ruhige Berhältniß zu bezeichnen - bat,
das Verbum mehr das thätige. In dieſem Stan find bie Säge:
Der Baum jiſt grün, das Feuer ift heiß, fühlbar verſchieden von:
Der Baum grünt, das Zeuer brennt, vobichen fe oft em und
daſſelbe ausfagen. 3r „oo.
$. 132.
Den Berbis iſt das eigne Vermögen eines unmittelbaren lieber-
ganges in das Nomen durch bie Partic. verliehen, aber fo Tange
sm Bartic. ber Verbalbegriff waltet, drückt er das Verhältuiß ber
Handlung immer Tebhafter aus ale das Nomen: in grünend liegt
mehr als in grün. Deraltete, im Nomen haftende Partie. haben
fih dem fefteren Nommalbegriff genähert. So find unfere Subfleut.
Freund, Feind aus alten Partic. Präf. hervorgegangen, in Deir.
. Sand ift ſelbſt die vollere Endung bewahrt, während andere nur in
Eigennamen verhärtet fortvauern: Wigand, Wieland, Voland,
Derend. Urfprüngliche Partic. Präter. find unfere Abi. eigen,
fund, gewiß, unfere Subftant. Macht, Schuld, Kunf, Lift.
Anm. Wie fih das Sub. Macht, Schuld mit dem älteren Adj.
maht, sculd berührt, fo find noch viele andere Uebergänge des Subft.
In das Adj. und umgelehrt, nach Form und Bedeutung, wahrzunehmen.
6. 133.
Subftantiva, die den Charakter ober die Lebensart eines Men⸗
. [gen von übeler Seite ausdrücken, nähern fih oft dem Adj., 3. 2.
er Dann iſt ein Lügner, Spötter, Räuber, Dieb, Effer, Trin-
fer, — Schwache Abjectiva nehmen fubftantivifche Bedeutung an:
Der Reiche, bie Blinde, das Junge drückt uns aus: Der reide
Mann, die blinde Frau, das junge Thier. — Auch im Freund - nnd
‚Berwanbdtichaftsverhältnig ſteht einigen Adjectiven Subſtantivbedeu⸗
fung zu: Der und die Geliebte, Liebſte.
§. 134.
Einzelne Masculina und Neutra, ſeltner Feminina, ſtarker Form
pflegen, voraus in mittelhochdeutſcher Sprache, umgekehrt adjecti⸗
piſch verwendet zu werben. Dahin gehört z. B. Richt: Der Lichte
Tag, an dem Iichten Galgen, und Ernft, das bald ſubſtantiviſch
bald. adjectiviſch ſteht.
$. 135.
In gewiſſen allen Tiebt die ältere Sprache das Subftantiv als
Praͤdicat zu feßen, wo wir uns hente eines Adjechos bedienen, z. B.
:daz sint unsinne, das iſt unfinmig, unklug. Nenhochveutich fa-
gen wir übrigens auch no: Es ift ein. Ruhm, eine Ehre für
rühmlich, ehrenvoll; fo auh en Wunder, en Jammer,
x
+
ne Freud e, eine Laſt. — Hier Find auch zu erwaͤhnen die Sub-
fansioh ‚bie mit ganz und all verbunden adjertiviſch gebraucht
den * R
War ich nicht ganz. Ohr, fo oft es dir gefiel, von deinem Glau⸗
Venbhelden mi: zu unterhalten? 2%. N; 3. 1. Es iſt billig, daß
pie duch Fleiß und Anſtrengung zugleich die. Diittel: etwerben,
unſre Bedürfniſſe zu befriedigen, da wir doch. einmal nicht ganz
Gef ſind. G. 9.41. : —-
ln er 286ß6ß6.
. Anſet in den Partic. berühren ſich Verhum and Nomen auch in
ven Inf, Der ſubſtantivifch geſetzte Inf. (F. 52.) nimmt die Nas
rur eines Neutrums an: das Haffen, Lieben. Werben bie Juf.
refterivet Verba ſubſtantiviſch, ſo pflegt das Pronomen wegzufallen:
Frenen und Trauern bat feine Zeit; Erinnern iſt füß, richtiger als
ich freuen, ſich erinnern. — Das Purtic, Bräter... ſteht zuweilen
freie abſtractes Nomen : das heißt gefchmäht, gelogen == ıft Schmach,
ge. re
ie Nsominaleflipfen. |
— Alle gehen bloß das Subſtantiv oder Pronomen an; ber
Ausfall des prädicierenden, nicht die Sache, bloß die Eigenfchaft
angebenden Adjectivs würde niemand erratben; doch findet fich
Die Auslaſſung von alt. Hauptfällfe der Nominalellipfen find:
1) Es fcheint,. daß in gewiffen Nebensarten,. gleichſam um ihn
bar allzuhäufigen Gebrauch nicht zu entheiligen, der Name
. Gottes ausgelaffen wurde und wird, 3. B, behüte! bewahre!
2) Im Gegenſatz dazu fehlt oft der Name des Böſen, des Teu—⸗
fels, der. aus Beratung nicht ausgefprochen wird.
. 3): Das Subftantio feät neden dem Gen., den es regiert. Die
Begriffe Haus, Geſchlecht, Familie Laffen fich nach folchen
Gen, am leichteften ergänzen. | a
4) Das Subftantiv fehlt neben dem Adjectiv, zu welchem es ge-
hört, fobald durch den adjectiviſchen Begriff der fubftantivrfche
"> gmgedeutet wird: die Rechte (Hand), alle: Biere (Hände und
U Züße) ſtiecke. u a
5) In der Nedensakt: den Kuͤrzern "ziehen fehlt Halm ober
"Stab nach der alten Sitte das Lobſen mit Halmen oder Staͤ⸗
ben. — In der Revensart: den Zehnten geben fehlt Theil.
6) Können einzelne Pronomina und Subftantiva fehlen, wenn es
der Zufammenhang erlaubt.
: Daß dich dieſer und jener! 2, Fg. 1, 5. (Hier er das Subft.
und. Berbum.) Auch Palamedes, Ajax Telamons (Sohn), fie fahn
des Baterlanves Tag.nicht. wieder. ©. J. 2, 2. Er wägt in
"ber: ſchreckenden Rechte dann den Mond und die Sonne, in ber
Wünten die Mourgenfterke. 8. M. 2, 492. - Da lag’ er,. fireft’
— — — — — — — -
. — ss —
“alle Bier über ſeine Gefellen. ©. ©, 3. Ich war zehn Jahce
(at), "als ber Grofivater farb. ©. ej. 4, 17.: Wir
> som. achtzehn (Jahren) find unverwäftbar heutigen —— 2,
: 400, Ich liebe (dem) ‚wer mir Ontes thut. S
Bweites Capitel.
Genus und Numerus.
1) Genus. J . | “
$, 138.
Das grammatiſche Geſchlecht iſt in anferer Wi⸗ iu ber griech.
und latein.) Sprade em breifahes, Den unberechenbaren Vor⸗
theil diefer aatürlichen, die geſammte Flexion durchdringenden Un⸗
terſcheidung deckt aber die — vollftändiger auf. Ohae den
Wechſel der drei Formen wuͤrde nicht nur der Wohllaut ver Worte,
fordern much die Sicherheit aller Conſtructionen der aͤlteren Sprache
Soßertheile verloren gehen.
$. 139.
"Dem Pronomen ber erften und zweiten Perfon, fo wie bem
Reflenioum, ſteht gar kein Geſchlecht zu, eben weil: fie für alle die⸗
nen. Das feldfländige Subſtantiv bedarf immer nur eines ber ‚drei
Geſchlechter, ‚die aber für einzelne Begriffe ſchwanken Tönnen. Je⸗
des der übrigen Pronomina und ſämmilich e Adſectiva ſind des drei⸗
fachen Geſchlechts theilhaftig, weil ſie ſi ch na dem Genus der
Subſtantiva zu richten ‚haben,
$. 140.
& 8 gift d bie befannte Regel, daß alle Anjectiva und alle
geſchlechtigen Pronpmina zu dem Genus bes Subflantivs
“ Aimmen müffen, auf weldes fie fich beziehen. Diefe Be-
iehung kann eintreten im Berhältufß des Prädicats, ober im mehr-
—** und namentlich im relativen Satz. Ein prädieirtes Sub-
ftantiv braucht fih durchaus nicht nach dem Genus feines Subj.
zu richten: Der König ift Die Hoffnung bes Reiches; bie Fran iſt
ein Engel; dieſer Berg iſt ein unüberfleigliches Hiübernif. Wo
übrigens, ohne dem Sinn zu ſchaden, die Uebereinſtimmung eintre⸗
ten kann, tritt fie auch ein: ber Adler ii der rönig der Bügel
(aquila est rogina avium). -
Anm... Alle Ausnahmen, bie von —*
. Partic. und Pron. einfreten ,. —E hier der —— ei
dabei genöthigt, inzelne Vclest aus dem mehrfachen vr — X Anſp x
‚2 nehmen.
3
su. Pr
felten darf son dem graͤmmatiſchen Gaſchlecht des
un abgewichen werben, wenn die Bedeatung auf ein
h 2
n
s
\— 60 —
mie nafürleche s führd: Der Sinn ‚überwiegt die Form.
Hauptfall ft, wenn aus. der Unbeftimmtheit bes‘ Meutrams. fih ein
maͤnnliches oder weibliches Gefchlecht entwichelt.: Hierher. gehöre
die Beinen "weiblichen Beariff enthaltenden neutralen Wörter :
Weib, Weiblein, Fräulein, Frauenzimmer, Mädchen,
Mädel, Mägdlein, Tößterlein,: Sängferden, Lieb—
hen und das beide Gefthlechter andeutende Kind, zu denen wir
—* nur den neutralen Axtikel ſetzen, datm aber ein weibliches
ronomen folgen laſſen, fie überhaupt als Feminina hetrachten.
Penelopeia redet zu mir, bie treuſte der Weiber. ©. Euphro⸗
fyna. Ein Weiblein, grau von Haaren, dort an dem Ro—
den Spann, ſie hatte wohl nichts erfahren vom ſtrengen Spin-
: ‚delbann. Uhl. Mährchen. Wenn das Fräulein jebt fchon weiß,
was fie gu Mittag ſpeiſen foll, fo iſt es um ihren Appetit ge-
ſchehen. % M. 2, 8. Das Fräulein Schnell die Kette um i h⸗
zen Naden band. Uhl. drei Fräulein. Das Frauenziumer,
die.es mit betrifft, iſt nicht ungeneigt, eine Art von Berglei-
chung einzugehen. L. Mſ. 1, 7. Jenes Mädchen iſt's, das
vertriebene, Die du gewählt haft. ©. Hd. 4, 210. Ich ſeh',
fo iſt's ein liebes Maͤdchen; ich fragte fie. &. Rettung. Das
braune Mädel das. erfuhr, vergingen ihr Die Sinnen. ©. der
untreue Knabe. Ein Mägdlein fiset an Ufers Grün, und fie
. ſeufzt hinaus in die finftere Macht. ©. d. Mädchens Klage,
Bott Lohn’ es dem Juͤngferchen, daß fie fo gut if. V. 3,
: 4, 655. Mein Töchterleim Tiegt anf ver Todtenbahr. Und
als: ſie traten zur Kammer hinein, da lag fie in einem ſchwar⸗
en Schrein. Uhl. d. Wirthin Töchterlein. Mein Lieben, fie
* was ich ihr dichtete, mir. G. Sommer 20. (1, 395.)
Mit Inbrunſt herzte ver Greis fein freundliches Kind (2uife),
auf dem Schoofle fie wiegend. DO. 1, 59. .
: Anm. Zuweilen iſt es :erfaubt, "vem fem. ein masc. zu verbinden, bo
- tritt dieſer Fall felten ein. Ich bin Euer König (fagt Maria). ©
St, 3, 4. Du warſt die Königin, fie (nifabetg) het Berbreger.,
S. St. 3, 6. Diefe Eonftruction frheint dem Femin. mehr Kraft zu
.verleihen.
Dr S. 142, 4a
Nicht anders dürfte nah Dimtinutiven des männlichen
Begriffs ein maännliches Pronomen flehn; doch wüßte ich es
nicht aufzumerfen nah Männlein, Herrlein, Söhnlein; wol
nah Gräflein und dem bereits oben angeführten Kind. — Bel
unfern heutigen verffeinerten Eigennamen neutraler Form und weib⸗
lichen Begriffs ſchwankt der Artifel: das und die Mariechen, doch
fcheint der Gebrauch ſich immer mehr für die weibliche Form zu
entfcheiden; Diminutiva männlicher Bebeufung leiden nur das
Neutrum: Das Fritchen.
„Das Gräflein, es blicket hinüber, 28 dünkt ihn, als‘ Täg’
⸗
— 6 —
als ein fremdes an, und geben. Sie deflo „genauer auf ihn Acht.
"G.%.T. 8. Wir Yatten beide eine Zeit Tang geſchwiegen, als
Lieshen, die ih nicht hatte heranlommen fehen, überraſchend
vor ung trat. G. Wi. 3, 13. .
u $. 143.
Wenn Zahlwörter mit einer Präpofition den Begriff ver
Theilung ausdrücken, fo fest fie unfere Sprache (wie bie griech.)
ind Neutrum. Deutlich ergibt ſich dies aus den mittelbochbeutfchen
Formen: en zwei ($. 117. Anm.), en driu, en vierin, was lan-
ter Neutra find. Neuhochbeutfch iſt mit der pluralen Neutralform
biefe Ausprucsweife verloren, und nur das verhärtete ent zwei
geblieben. Jenen Plur. entfpricht der Sing, en ein. Dan zählte
ſchon althochbeutfch einez, zvei u. f. f. im Neutrum, wie wir heute
fagen: Es ſchlägt eins, zwei m. |. w. (Die Glocke fie donnert
ein mädtiges Eins. ©. Todtentanz.) — An diefe Verwendungen
des neutralen Adjectivs im bloßen Nationalverhältniß reipt fih nun .
eine bes neutralen Pronomens, weldes im fürmliden Satz
als Subj. vder als Prädicat die Stelle eines andern Gefchlechts
einnehmen Tann. n nt
Anm. Bon dem perfönlichen Pronomen e 8 neben dem Berbum der vrit-
ten Perfon, auch wenn ein männliches oder weibliches oder gar ein
plurales Subjeet. im Sab erfcheint, war 6. 117 f., und von feinem
Gebrauch bei Imperſ. $. 121 f. bereits die Rede. —
i $. 144. .
Dirie Nominativqualität des es erhellt unverleunkar aus Saͤtzen,
in welchen fein auftritt: Es ift ein Mann; es ıft wahr, nnd de
gebührt ihm flärfere Bedeutung. Man Tönnte umfchreiben: Das,
son bem ih reden will, ift ein Dann; etwad, das ich -fagen
werbe, ift wahr. Hier braucht es aus dem umgeftellten Sabe nuht
zw verſchwinden (wie $. 127, 6): Ich bin es, von den Die Rede
geht. Auf gleiche Weiſe kann es in abhängigen. Sägen na Con⸗
jauctionen haften: Wenn ich es bin. Auch das es der wirklichen
Imperſ., die Fein perfönliches Pronomen begleitet, ($. 127, 6)
weicht bei der Satzwendung nicht: Es fiheint, daß es. fhmeie.
$. 145
Man achte das begleitende nominative es nicht zu vermengen,
1) weder mit dem ſich auf ein wirkliches Neutrum beziehenden;
ein ſolches es kann nicht verfchwinden, ſondern mu auch bei
‚ ber Umftellung haften: Ein Ding, es heißet Tugend, Tu⸗
gend heißet es; "
2) noch mit dem accuſativiſchen, im Sat bebeutfameren, welches
auch wol vorausftehn und mit dem begleitenden 'e8 zufammen
vorkommen kann, z.B. wenn wir auf bie Frage: Negnet es?
bejahend erwiebern: Es thut's. Hier ſteht t han qurilia⸗
—
U
— 62 —
riſch (G. 57.) and das zweite es geruſativiſch „für ben Inf.
regnen. So auch: Man ſollt' Euch alle haffen, und ih
thu'es. auch. J. Paul. 133. an
$. 146. - .
Gleich dem Neutrum des perfönlien Pronomens ſteht nur, in
ähnlich, objectiner Beziefung, mit entſchiednerem Nachdruck, aber
nur bei dem fuhftantiven Verbum fein und Subftantiven des Mens
trum bemouüftranfiver Pronomina: Das ift der Mann,
das ift die Frau, von denen gerebet wurde. Das hier find meine Kit-
der; diefes find bie Leute; jenes find bie Häuſer; iſt die ſes nicht
der Berg, auf ben wir fleigen? Wir dürfen jedoch auch ſagen: ver
— "te Mann; biete dort ift die Frau. Aber die gewöhn⸗
geht gern in ben unbeftimmten Nentralauehrut über. ,
iater, das war ein rechter Held. L. d. Frieger. Wolf.
er den Augenblick ergreift, das iſt der rechte Mann,
, 99. Sieh, das ift Egmont, ver größte da! G. E. 5.
3 des Kaiſers Hand und Siegel. ©. T. 2, 5. Das
ie Richter, S. St. 1,7. Siehft du, da war ein Schnei-
Stuttgart, der war ein trefflicher Bogenfhüg. ©: G. 1.
Anm. Do finden fih auch andere Zeitwörter in Verbindung mit einem
BEE, De Tan nie, Ser heine ne
- (bie Mehebnflere) DEHEL, wie eln Gefenfieber. ©. 8, Hi.
$. 147.
Am deutlichſten hat ſich endlich bei dem Interrogativpro—
nomen die ⸗bjertive Beziehung entfaltet; wir bebienen .umd bes
was-eingefägränfter als des das. Dem. das iſt ber König ſteha
ein was ift ber König? ner in fo fern parallel, als barin. etwas
Dbjectives, gewiſſermaßen Sachliches (quid est rex?) liegt. Wirk
ar fo let wer und zwar, teil es defectis iſt
für jedes @efchlecht und jede Zahl: Wer if ver König? Wer tft
die Königin? Wer if. das Rind? Mer find bie Männer? Die
Frage: Was: iR das Kind? würde eine Dofinition des. Kindes: ber
& —— ſachlichen Fragen gilt was für alle Geſchlechter im
ing. ur. . .
Der Chevalier de Ta Marliniere? Wer ift das? L. M. A, 6.
Ber ift fie denn, biefe Braut? 8. €. 4,5. Sie wiffen doch
„wohl, wer bie.Herren waren? 8. Ig. 1, 4. Wer if der
Man? ©. ©. 1. Wer feid ihr? (zum Chor der Frauen ge⸗
‚ jagt). ©. 5. 2, 190. Wer find bie Eltern, bie dich zeugten?
©. oo. 1, 10. Wer ich bin? Ich hab's nie Fönnen erfahren,
S. W. 11. Was ift er, biefer Bruder? Ein Soldat ? Ein
Geiſtlicher ? L. N. 5, 5. ‚ i
i ü eutrum allgemein bi 1, au o ein
Fee Dun 5 Kon — i— Ge dem ee
ectiviſteren ent don frithe an ein Grundzug imferer Sprache, in
+ Welhent-vielleiht die veale Geffanumg des Boltes ſich ſpiegelt.
— 63 —
Dune dRUmMeraR
, . 148:- a
‚Einige Subflantisg find nur im Sing., andere nur um, "fur.
aebraͤuchlich. Nur des Sing. fähig erſchenen . -
>» Eigennamen, die einem beſtimmten — be elegt
Fu, ‚einzeluen Menſchen, a (in der F F
Wäidern, Bergen, Ländern, Oertern eher elbe
., Cigenname: auf mehrere. übertragen wird, dann er — im
Plur. ſtehn: die Otione Deutſchlands.
2) Subftantiva, beren Vorftellung für das Individuum zwar von
der Einheit ausgeht, wie Mund, Naſe, Herz, kömen,
von mehrern Individuen gebraucht, den Plural —
.3) Subftautisa des Begriffe ber Maffı e: Fleiſch, Blut, Milch,
Sand, Garn, Gold u. a: haben als ſolche keinen Plural;
werben fie im Blur. gebraucht, fo nehmen fie die Bedeutung
eines Gattungshegriffs an: die Golde, Holze.
4) Die Heutige Sprache verjogt vielen abſtracten Subffan-
“ Fiven den Plural, 5. B. Verſtand, Bernunft, Wille,
Zorn, Glück, Dank, "rote, Ruhm, Hunger, Darft,
heſonders aber den aus Anjectiven gebildeten Femininen: Güse,
Liebe, Rothe, Schwärze, ‚obgleich vor Gräfe, Höhe
der Plur. flatt findet. Ber diefen allem iſt der Spraqhge⸗
brauch einzige Regel.
5) Bei Gewicht, Maß und Zahl gebrauchen wir, eate ei⸗
nen ſcheinbaren Sing. für den Plur. ſelbſt folder Subſtan⸗
tioa, die in andern Faͤllen ihren Plur. gehörig bezeichnen:
. .. Drei Pfund ſchwer, fieben Fuß tief, zwei-Faß Bier, hun⸗
ber Mann find gefangen. — Die Zeitmafe, fo wie bie
Maße weiblichen Geſchlechts nehmen bie an malenbungen
an: Drei Monate, ſechs Ellen, ſieben Meilen Bet
Jahx find beide Formen gebraͤuchlich. Die Namen der Min
zen ſtehn nur im Plur.
Ang. In einigen: gern, wie Pfund, Bud, aß, Mas at E6
. der ’alte dem S ing, gel he Blur. neutr, bewahrt, in andern
Pli. mascul. Aler (flott Xeder), in Mann: Sie mittel. Krone
. Komm, vie in .allen len und Caſ. ımwerändert Maun iſt. En
‚und Hg D nurbe- fehlerhaft in die nämlichz Analogie gebracht. it⸗
—* ch nur drier hende breit, siben vüeze lanc., Von
en neuhochd. Schriftftellem "wird" bel verfſchiednen ber genen
er zuweilen auch ein wirklicher (mit fcheinbarer) Plitr. gebraucht,
be ner bei Präpofitionen: Ein europäiſches Schaaf befam au Boss
J izs der guten Hoffnung einen Schwanz von neunzehn pfunden.
u §. 149,
„Ns, nur im Pliral gebräuchlich erſcheinen:
1) Die Namen einiger Feſte, weil. ſie ‚mehrere Tage Sögreifen,
alfo den Begriff einer Mehrheit in fih fchließen: Faſten,
Serien, Dftern, Pfingſten, Weihnachten. — Auf
— 7 TEE |
gleiche Weife wird ver Plur. Wochen von der Zeit des Rindiet
tes und Wehen von dem fich oft wiederholenden Geburts⸗
ſchmerz gejagt.
2) Die Sranfheitsßenennungen: Blattern, Maſern, Rö⸗
theln haben die Mehrheit, weil fich dabei eine Vielheit von
Blattern und Flecken aͤußert.
3) Aus: demfelben Grunde des. gewöhnlichen Vorlonmens in der
Mehrzahl gelten noch andere Subſtantiva im Plur. Ahnen,
Eltern, Gebrüder, Geſchwiſter, Gliedmaßen, Ho-
. sen, Alpen u. a; nichts aber hindert: von einigen den
" - Sing. zu gebrauchen.
Anm. f. Genau erwogen gibt es alſo wenig oder keine Subſt., die
m: auf den ‚Ding, oder Blur. eingefehränft wären. Entweder ifl
ie Form des einen Numerus veraltet amd läßt fich hiſtvrifch nachwei⸗
fen, oder es beſtehn eigne- Modificationen bes Sinnes für den Plur.,
die der Begriff von Mehrheit und Wiederholung und andere und ver⸗
borgne Urſachen veranlaßten.
um ingſten braudt Luther noch im Sing. Aehnlich Jean
aut nf DB Ein Pfingften,. wie ich's jetzt beſchreiben will,
ap, d ; fhtvarze Ritter: Pfingften war, bag Feſt der Freude. ©.
N. Zucs 1, : Bfingften, das Tieblihe Feft, war gekommen.
hm. 3 Die a: ımb mittelh. Sprache e fegen ge ern die Sem. Wonne,
“ Ehre, Minne, Gnade, Huld, ee R eue, Pflege in ven
Plur., fo oft .aud ihr Sing. vorkemmt. Neudbochd. haben fich noch
einzefne erhalten, die jedoch den Schein ver ſonſt verlornen weiblichen
3 een Derlination yaben:- Aus Gnaden, zu Saanden, Au
u rem. .
. 190.
na Lieſer Erörteräng des allgemeinen Verhaltniſſet zwiſchen
Sing. und Plur. iſt nun nu ihre ſyntaktiſche Abhängigkeit zu. prü-
fen. — Ein prädiciertes Subftantiv hat fich ſchon etwas
mehr nah dem Numerus als nah dem Genus des Subjects
zu richten. Mit einen Subject im Plur. mag unbedenklich. ein un-
perfönliches Prädicat im Sing. verbunden werden: Ihr ſeid
das Salz der Erbe; wir find ein Spiel ber Winde; alle Häu-
fer. waren ein- Keuter. Bon allem in der Mehrheit Enthaltnen wird
etwas Gemeinſchaftliches ausgeſagt. Ein perfünlier Ging. des
Fraͤdicats würde aber dem Plur. des‘ Subjects widerflreiten: hr
Alle feid Löwen, nit ein Löwe. Weniger unangemeſſen kann
für ben Plur. ber Mate ber beigelegte Sing. erlgeinen: Ihr
ferd ein tapfrer Mann! |
Anm. Schwerer. conftruiert unfere Sprache den Plur. zu einem Sing.
des Su unierte. Lateinifch läßt fi fagen: vulnera tofus erat; wir fa=
gen nicht: Er war ganz Wunden, ſondern eine Wunde. — Ran
verwechfele nicht das vorausgeftellte Präbirat mit dem Subj.; z. B
wenn wir ſagen: das wüthende Meer find die Leidenſchaften, wo ger
venſqh aften das Subj. bilden.
F
* al, . ... un ° Ver
N
—6 —
Drittes Eapitel,
Pronomen.
.$. 151,
Eigentlihe Beſtimmung des Pronomens ıfl, das Nomen zu ver-
treten, deſſen befländige Wiederholung Iäftig fallen würde. Es ift
bie frübfte und unentbehrlichfte Abftraction aller Spraden, an die
Stelle der Eigennamen und Appellativa leichte und gefüge Wörter
zu feßen, welche die lebendige Bedeutung jener mäßigen und ba-
durch ber freien Rede den Weg bahnen. — Die Pronomina find
aber jo alt als die Sprache eine Gefchichte Hat, ja ihre Flexionen
fheinen größtentheils Urformen, die mit allen andern des Nomens
gemeinfchaftlih Taufen, oder ihnen felbft voran gehn. Außerdem
ftebt nun dem Pronomen ein anderer Beruf zu: es ift allmälich
zum Begleiter der Flerion geworden, und zwar flübt das perfün-
liche die verbale, das demonftrative die nominale.
Anm, Ohne Pronomina würde die Rebe ganz unbeholfen und ohne Hin⸗
Ä run bfeiben, weil fich die näheren von ven ferneren Geftalten gar
nit fonvdern und hervorheben Zönnten. — Auf werde Weife fih das
perſönliche Pronomen an das Berbum gefchloffen, ift S. 109 f. erör-
tert worden; das relative fällt immer dem mehrfachen Sa zu und
gehört in den dritten Abſchnitt.
1) Perſönliches Pronomen.
. 6. 152,
Das perfönliche Pronomen erzeigt ſich darin noch fuhftantivifcher
als die übrigen, daß es für bie beiden erſten Perfonen, wie für
bie dritte reflerive, der adjectivifchen Spaltung in drei Gefchlechter
nicht unterliegt. Es läßt fich auch als Subflantivabftractum faffen:
das Ih, das Du, ein Er, eine Sie.
$. 153.
Es gibt nur drei Perfonen in der Grammatik. Die erfte
kann fich jedoch zuweilen als zweite feten, Die weite als dritte
geſetzt werben. Jenes findet fiatt, wenn der Menſch in Gedanken
ſich gleichfam fpaltet und ein Geſpräch mit fich felbft beginnt. Häu⸗
fig ſteht auch, befonvers in der Volksfprache, der Eigennamen in
ber britten Perfon flatt des perfönlichen Pronomens der erflen Per-
fon und zeigt fo des perfönlichen Pronomens nahes Verhaͤltniß zu
dem Eigennamen.
Da —* ih alſo zu mir ſelbſt: So vielen. gebieteſt du! Sie
folgen deinen Sternen u. f. f. S. T. 1, 3. Und was iſt bein
Beginnen? Haft du dir's auch redlich ſelbſt befannt u. f. f. ©.
T. 1, 4. (So fagt Wallenftein zu ſich ſelbſt. Vgl. noh ©. T.
:.3, 3, wo Leonore einen ganzen Monolog an fih ın ber zwei⸗
- " Kehrein Grammatik. II. 1. 5
— 66 —
ten Perſon richtet. — Euer Franz (d. i. ich euer Franz) wieb
fein Leben dran jeßen, das eurige zu verlängern. ©. R. 1, 1.
Umarme mich, meine geltebte Julienne, vergib, daß Linda
_ unartig gewefen! (So fagt- Linda ſelbſt.) J. 125.
.$. 154.
Manche das einfache Pronomen vertretende Ausdrucke ſind aus
Stolz, Demut oder Unterwürfigkeit hervorgegangen und haben ſich,
unter verſchilednen Ständen, zum Theil als Titel geltend gemacht.
Sp verfnüpfen ſich mit Poffeffiven oder auch mit Genitiven die
Subftantiva: Majeftät, Hoheit, Durchlaucht, Gnade, Liebde,
ee Feſte u. a. m. Beſcheiden heißt es meine Wenigkeit
ir id. -
Wir bitten Eure Kaiſerliche Majeftät um Hilfe, G. G. 3. Eure
Königlihe Majeſtät find außer fih und feheinen. tief bewegt.
S. Df. 2, 3. Wenn Ihro Majeftät mir erlauben wollen. ©.
%. 1, 2. Wenn Eure Hoheit Sich des letzteren Turnieres
noch entfinnen. S. DE 1, 1. Eure Gna den find befannt für
. einen hohen Kriegsfürften. ©. T. 1, 5. Kommen Ew. Gnaden
doch ja fchnell herüber! G. Wo. 1, 2. Alles iſt recht ſchön ge-
worden und muß Ew. Gnaden gefallen. G. Wo. 1, 1. Der
Beſuch, den ih’ Em. Gnaden und Liebden zugebacht habe,
wird nicht übel vermerft werben. G. %. 6. Was Eure Fürft-
lichkeit bewegen mag. ©. T. 1, 5. Gefällt es Eurer Herr-
Liäteit, Lordmarſchall, bei pro Majeftät mich einzuführen?
S. 6t. 4, 2. — Zwar mit meiner Wenigfeit kann fie fcher-
zen fo viel fie will. L. M. 2, 2
S .. 15.
Wir beſitzen vier Stufen für die Anrede:
1) Du wird von Eltern gegen die Kinder, von Eheleuten, Ge⸗
ſchwiſtern, Freunden und Cameraden unter einander, von der
Herrſchaft gegen vertrautere Dienſtboten gebraucht. Vorherr⸗
ſchend duzen auch Kinder ihre Eltern, nach älterer Weife gilt
auch noch das Sie des Plurals.
2) In den nicht unter 1. begriffenen Fällen waltet das plurale
Ste, felbft gegen Geringere.
3) Nur die Geringften erhalten Er und Sie im Ging; Ihr
fommt ausnahmsweife unter Gleichen vor.
4) Im Affert kann flatt des Sie ein berabfeßenbes Du, nit
aber ftatt des Du fo plößlich ein entfremdendes Ihr oder Sie
angewandt werden. Doc tritt das Ihr und Gie ftatt des
Du befonders im ironifchen Ton nicht felten ein. 3. 2.
Sp lang ih Dich hatte — Geht! Ih habe Euch nichts mehr‘
zu fagen. ©. ©. 2. (So fogt der Biſchof zu Weislingen.)
In & Fauſt 1, 173 geht ber fonft den Fauſt duzen de Me-
— 67 —
phiſtopheles aus dem Du in das Ihr, aus dieſem in das Er
und dann wieder in das Du über.
5) In einigen Gegenden, namentlich in Tirol, bat das ganze
Volk an dem Du feflgehalten.
6) In die ernfte und edle Poefie iſt das Sie faum eingelaflen
worden „(die dramatifhe und den Roman ausgenommen), wol
aber Ihr und ſelbſt Er. Uebrigens fteht das begleitende Ad-
ieectiv oder Partie, bei Sie wie bei Ihr im Sing. Glüd-
licher, der Ihr feid, der Sie find!
Anm. Statt der Belfpiele, die bier nicht nöthig ſcheinen, (unter denen:
Sie haben recht Seine Noth mit mir! J. Paul Titan 29 zu den
auffallendſten gerechnet werben dürfte, vgl. übrigens 6. 161. Anm.)
mag eine kurze Gefchichte viefer Höflichleitsformen hier Plaß
finden. — Anfänglih fprah 'man im Sing. Der röm. umd. byzant.
Canzleiſtyl griff zuerft verrüdend und flörend bei uns ein. (Berfchieven,
. und wol noch älter if@ ver Pur. der Schriftiteller, vie, ven Leſer in
Gedanken habend, fih gleihfam mit ihm zur Mehrzahl vereinigen.)
Allmälich drang diefer Plur. vor in die Schreiben der Bifchöfe, Aebte,
Herzöge, Fürften, Grafen, Freiherren. it der erften Perf. hat alfo
der unnatürliche Dur. angehoben. Die Anrede mit vem Plur. 2. Perf.
war unter geiwiffen Umſtänden feit dem 9. Jahrh. in Deutfchland üb⸗
lich; unter, dem ganzen Bolt hatte fie fich aber fchwerlich ſchon ver-
breitet. Das majeftätifhe wirzen if in der Poeſie des 12. und 13,
ahrh. Überall gemieden; einige Gedichte des 12. Jahrh. enthalten
ih auch des irzens. Gegenfeitiges duzen galt unter Seitenver⸗
wandten; Eltern gaben ven Kindern du, der Bater empfing von Sohn
und Tochter ir, die Mutter vom Sohn ir, von der Tohter gewöhn⸗
lich du, weil zwiſchen Mutter und Tochter größere Bertraulichkeit forts
dauert. Eheleute irzen fih, Liebende, Minnewerbende nennen ſich ir,
eben aber Leicht in pas vertrauliche du über; der Geringere gibt dem
Göperen ir und erhält du zurüd; zwifchen Freunden und Gefellen gilt
du; Frauen, Getitlihe und Srenive erhalten ir, dafür find Frauen
und Geiſtliche gegen Geringere leicht höflicher als Männer und Welt
liche; perfonificirte Wefen werben vom Dichter geirzt, z. B. Frau
Minne, fie aber duzen; das gemeine Bolt bleibt noch bei dem duzen
ſtehn; Teidenfrhaftlihe, bewegte Rebe achtet der Sitte nicht und ent«
zieht bald trauliches du, bald höfifches ir. — Im Laufe des 14., 15.,
16. Jahrh. blieben vie Berhältniffe der Anrede ungefähr wie fie das
B. geregelt hatte, nur daß bei Königen, Fürften und andern Trägern’
hoher Würden im 15. und 16. Jahrh. die Zitel Majeftät, Gna-
ben, Strenge, Fefte, Weisheit und dgl. überhandnahmen. —
Etwa im Beginn des 17. Jahrh. gab, wahrfcheinfich nach, franzöftfchem
Beifpiel, die Benennung Herr und $rau nicht mehr wie früher eine
wirkliche Superivrität des aingerebeken über den Anredenden zu erken⸗
nen, fondern fant zu einem bloßen Höflichleitsgeichen herab. In un«
mittelbarer Anrede hieß fih nun mit dieſem Titel das Pronomen ihr
verbinden; allein man fing an, fie gleih den übrigen höhern Titeln
indireet in der 3. Perf. zu verwenden, und als fie immer weiter um
fih griffen, bald mit ausgelaßnem Subſtant. das baare Pron. er und
fie, zu dem Berbum 3. Perf. conſtruiert, ſtatt der directen Anrede zu
feßen. Diefes er over fie überbot denn nun die Höflichkeit des ihr,
welches fortan eine bloße Dittelftufe ver Vertraulichkeit over Gering-
[Häßung äbgab, während du die unterſte Stufe ausprüdte. — Hierbei
lieb die Berfchraubung ver natürlichen Pronominalverhältniffe aber
noch nicht ſtehn. Gegen ven Schluß bes 17. Jahrh. wurde eine neue
Steigerung erfonnen, die mit er,.ihr, du eine Zeit lang zu kämpfen
5*
14
— 68 —
hatte, endlich aber, ungefähr zwiſchen 1730 — 1740, den Sieg davon
trug und durch den jegt mächtig eintretenden Aufſchwung der Proſa in
unferer Sprache, leider befeftigt wurde. In jener Zeit kam nämlich
als die feinfte Höflichkeit auf, das er und fie der 3. Perf. aus dem
Sing, in den Plur. zu rüden, wonach fich denn auch das Berbum zn
richten hatte: ftatt du bift fagte man Sie find! — Das neuhochd.
plur. Sie ſcheint eine baare Berfündigung wider Sinn und Gefhmad,
wobei man höchſtens gewann, daß nun beide, im er und fie getrenn-
ten Gefchlechter wieder auf gleihen Zuß famen. Neben dieſem plur.
Sie behielt man aber auch ihr, er, fie bei, nur mit etwas veräns
derter „ebeutung. Etwa um 1780 behauptet noch das er, fie (fing.)
ven bisherigen Rang vor vem Ihr. Heutzutage ift dag Er wieder un-
ter das Ihr herabgefunfen. Die in der, vorigen Periode geerzt wur-
den, erhalten jegt plur. Sie, bie damals Geirzten aber Er. Ihr
hat wieder eine edlere Geltung, Gleichſtehende, in höhern Ständen,
bedienen fich feiner nicht felten.
$. 16. 5
Wenn ein Pronominalbegriff dritter Perfon fih auf den im Satz
ausgebrüdten oder verftanpnen Caf. rectus bezieht, fo muß das
Reflerivum, geht er aber auf eine andere dritte Perfon, fo muß
das geſchlechtige Pronomen gefebt werben: "Die Erde bewegt ſich;
ber Blitz hat ihn erfihlagen. Diefer Grundfag erfährt nur Dadurch
Einfchränfung, wenn außer dem Berbum des Caf. rectus noch eine
andere Berbalform im Sat erfcheint, und es ſich um das auf fie
bezügliche Pronomen handelt. Dann ift der einfache Sat zujam-
mengefloffen aus einem mehrfachen, und es kann Widerſtreit ent-
fpringen zwifchen der Beziehung auf das ſtehende ($. 53. Anm.)
oder auf das liegende Verbum. Das Tiegende Verbum ift ent-
weder ein Inf. oder ein Partie. Präſ. Die Nectionsfraft des Iie-
genden Berbums ift zwar durch Die des ſtehenden gedämpft, allein
nicht völlig überwältigt" und der alte Zwilchenfag wirft gleichfam
nah. Iſt der Sag durch Auflöfung bergeftellt, fo herrſcht Fein
Zweifel über die Beziehung des Pronomens.
a) Reflerive Form.
$. 157. —
Die wichtigſte Veränderung gegen die früheren Dialekte iſt im
Neuhochdeutſchen inſofern eingetreten, als nun für den Dativ Sing.
und Plur. in allen Geſchlechtern die Accuſatioform ſich gilt. Da⸗
mit wurde die Reflexivform wieder in ihr altes Recht gewieſen, und
das ihm, ihr, ihnen auf den unreflexiven Sinn eingeſchränkt.
— Doch findet man zuweilen, ſelbſt bei unſern beſſern Schrift⸗
ſtellern, das geſchlechtige Pronomen, wo man das reflexive er⸗
wartet hätte; aber der Sprachgebrauch hat ſich allmälich ver⸗
ändert.
Wer ſich Knall und Fall ihm ſelbſt zu leben nicht entſchließen
kann, der lebet Andrer Sklav auf immer. L. N. 2, 9. Daß die
Menſchen ihrem eignen Willen entſagten und Geſetze über ſie herr⸗
ſchen laſſen wollten. H. 4, 4. — Der Mörder bietet felbft ſich
dar. ©. Ar. d. Ibyeus. Nimm diefen Kranz! es ift ber Lohn
der Demuth, die ſich felbft bezwungen. ©. K. m. d. Drachen.
Alle flurmerprobten Schiffe bergen fich in fihrer Bucht. S. Hero
und Leander. Unter den Wurzeln des Baums bricht er (der Gieß⸗
bach) entrüftet fich Bahn. S. Spaziergang.
$. 158,
Zu dem Inf. oder obliquen Partie, Bräf. conflruieren wir un⸗
bedenklich ein auf ihr Subject bezügliches veflerives fich: Laffet das.
Feuer ich ausbrennen; wir fehn den Himmel fich aufflären; er
beobachtete den vom Himmel herab fich fenfenden Nebel; man ge-
dachte der fich entfernenden Freunde. Doch auf den Caf. rectus
ein folches [ich zu beziehen, wagen wir nicht mehr, fondern ge—
brauchen. das gefchlechtige Pronomen: Er bat feinen Freund, ihm
(nicht fih) zu Tagen. — Der Genitiv fein (oder feiner), auf Per-
fonen bezüglich und von Verbis abhängig, Tann refleriv oder unre-
flexiv gejegt werden. Statt des alt- und mittelhochbeutfchen neu-
tralen es gebrauchen wir bie relative Form deffen, z. B. Er iſt
deffen froh Tautet althochdeutſch: er ist es frö, mittelhochdeutſch
auf dreifache Weife: er ist es vrö, er ist sin vro, er ist des vrö.
Er Tief die Sache eine Weile auf ſich berufen. ©. %. A, 19.
Der gute alte Mann liegt krank am Podagra, feine Leute find
‚in biefer Gegend neu, und ich helfe ihnen gerne fich einrichten.
G. Lj. 7, 5. — Ras kann er thun, und was bedarf man fein?
S. St. 3, 6.
Anm. Das Pron. ſich im Plur. hat oft eine reciproke Bedeutung:
Wenn ſich die Fürſten befehden, müſſen die Diener ſich morden und
tödten. S. Bvm.
b) Geſchlechtige Form.
$. 159.
Neuhochdeutſch hat durch die völlige Zulaffung des fich für den
refleriven Dativ das gefchlechtige Pronomen (er, fie, es) beinahe
wieder feine natürliche Begrenzung erlangt: in ſich (in se) fleht
ab von in ihm (in eo). Der Genitiv es für männliche und neu-
teale Form iſt, wie bereits ($. 158.) bemerft, verfcherzt; vertreten
wird er bald durch fein, bald durch deffen. Der dem gefchlecdhti«
gen Pronomen angehörige Genitiv ihrer wird zugleich in refle-
xiver Bedeutung gebraucht: Sie ift fih ihrer (ſelbſt) bewußt.
Oft adelt er (Taffo), was uns gemein erfihienen, und das Ge-
fhätte wird vor ihm zu nidts. ©. T. 1,1. Ad fie (die
Prinzeffin) verliert, umd denkſt du zu gewinnen? ©. T. 3, 3.
Was Tann er thun, umd was bevarf man fein? ©. St. 3, 6.
Was fol ich thun, um ihrer werth zu fen? G. T. 2,2. Doc
- war an Wiffenfchaft, an rechtem Sinn ihr (der Mutter) Feine
. beider Töchter gleih. ©. T. 1, 1. Mir ſcheint auch ihn das
: Birffihe gewaltfam anzuziehn. ©. T. 1, 1. Ich habe fie
— 70 —
(Leonoren) geſehen. G. T. 4, 1. Ich freue, mich, wenn kluge
Männer ſprechen, daß ich verſtehen kann, wie ſie es meinen.
Anm. Der hochdeutſche Dialekt Hat fich bemüht, bie Unterſcheidung zwi⸗
Icpen dem refleriven und unrefleriven Pronomen aufrecht Er erhalten,
obgleich es nicht ganz damit gelungen, und ſtatt der organischen Refle«
xivform des Dativs zulebt die accufativifche aufgegriffen worden ift.
2) Doffeffives Pronomen.
$. 150,
Aus dem Genitiv der perfönlichen Pronomina werben abjeetivifche
abgeleitet, welche ſich bequem’ zu Subftantiven conſtruieren Taffen,
während jener Gen. felbft ſich mit Verbis verbinde Auf alle
Doffeffiva erflreckt fih folgende Bemerkung: Mit Subſtantiven ver⸗
- bindet unfere Sprache (gleich der Iatein.) von frühfter Zeit an nicht
den Gen. des perfönlichen Pronomens, fondern überall das adjecti-
viſche Poffeffivoum Die mittelbochdeutfchen Dichter pflegen
unflectierte Adjectiva den Subftantiven nachzufeßen; Das gilt auch
von den Pofleffiven. Heute iſt dieſe Nachſetzung unftatthaft ($. 177.),
oder würde felbft in Liedern affeetiert alterthümlich klingen. Uhland
bevient ſich der Nachſetzung nicht felten, was im Vocativ der An-
rede noch am beften geht. .
Willkommen, Lieber Golpfchmied mein! U. d. Goldſch. Töchter⸗
lein. Steh auf, du Schwefter mein! U. Kl. Roland. Biel
Danf, du Schäfer mein! U. d. Schäfer.
Anm. In Bater unfer ift unfer kein Gen., ſondern alterthümliche
Nachſetzung des Poſſeſſivs.
$. 161. -
Was die neuhochdeutfche Lage der beiden Poſſeſſivpronomina ber
dritten Perfon fein und ihr betrifft, fo merke man:
1) Das Poffeffio fein: behält den Umfang bei, der ihm in ber
‚alts und mittelhochbeutfchen Periobe angewiefen war, d. h.
es bezieht fich nur auf ein männliches oder .neutrales Subject
im Singular. |
3 Der mittelbochdentfche Gen. ir lautet ihrer (wie aus ben
Gen. min, din, sin, meiner, beiner, feiner geivorden) und dauert
in Berbalconftruetionen fort: Er nimmt fih ihrer (ejus) an,
oder neben Adjectiven: Ihrer aller (eorum omnium) Wol-
fart u. dgl. wie unfer aller (3.8. Gott iſt unfer aller
Sonne. 3. 125.). Ber Subftant. gilt überall das flectierbare
oſſeſſiv.
3) Neben ſein wird (nach Wolframs mittelh. Weiſe) auf ent⸗
ferntere Subjecte der Gen. des Demonſtrativums, jedoch nicht
in der Artikelform, ſondern in der des Relativs, bezogen da,
wo ſonſt Zweidentigkeit oder Unſinn erwachſen könnte: Mir
begegnete ber Gärtner mit feinem Bruder und deſſen Frau.
Iſt aber nur Bezug auf ein drittes Subj., fo Hingt deſſen
— 71 —
ſteif und wird ſein vorgezogen: Der Mann und ſeine (nicht
deſſen) Frau; wol ſteht bei vornehmen Perſonen: Der König
und deſſen Gemahlin.
4) Wie zwiſchen fein und deſſen darf num auch zwiſchen ihr
“ und deren unterfchieden werden: "Die Gräfin, ihre Verwal⸗
terin und beren Tochter; die Fürften, ibre Unterthanen und
beren Abgaben. Dagegen heißt es: Der Graf, feine Ber-
walterin und ihre Tochter, bei ganz gleicher Entfernung bes
Subjects, weil hier das erfte ihr megfällt.
As meine Hunde, wuthentbramnt, an feinen Bauch mit grimm’-
- gen Biffen fih warfen. S. K. m. d. Dracden. Kennſt du das Haus?
Auf Säulen ruht fein Dach. G. Mignon. Ihre Neigung zu
dem werthen Manne ift ihren andern Leivenfchaften gleich. ©,
T. 8, 3. — Die Leinwand iſt für Geld nicht zu Haben, wenn
man ihrer bedarf. G. Hd. 1, 24. — Ich ehre jeden Mann und
fein Verdienſt. G. T. 1, 1. Seine Leichtigkeit, faft in allen
lebenden Sprachen Eorrefpondenz zu führen, gab feinem Bater
und Deffen Handelsfreund inımer mehr Hoffuung. G. Lj. 2, 3.
— Der Minifter nahm den Hauptmann und beffen Komödien—
zettel des abendlichen Spiels gütig auf. %. 38. Wir bewunber-
ten die Ankunft der Faiferlichen Commiffarien und deren Auf-
fahrt. ©. Leben 5.
Anm. Die Volksſprache gibt dem Poſſeſſiv fein zuweilen im reflertven
Hall feine alte organtiche Ausdehnung auf jedes Genus und jeven Nu-
merus; felbft in einzelnen Sprichwörtern der Schriftſprache fißen bier-
von noch Spuren fell: Sein Thor kennt jeve Kuh; Untreue ſchlägt
feinen eignen Herrn. — Hierher mag auch gezogen werden ein Del
fpiel, worin fein flatt mein in reflerivem Sinn auf die erfie Per-
fon geht: Wenn ich auf Syläge mas gegeben hätte, wäre fein Tag
nichts aus mir geworden. ©. E. 3.
$. 162,
Noch mögen einige allgemeine Bemerkungen über das perfönliche
und pofjeffive Pronomen hier Plab finden. \
1) Unter dem Volke hört. man noch häufig das in ber Schrift-
fpradde von den Grammatifern geächtete, Feineswegs aber noch
von den Schriftftellern felbft überall vermiedene, ja 3. B. von
Sean Pant geliebte: Des Baters fein Buch, der Mutter ihr
Kleid; — dem Bater fein Buch; in der Mutter ihrem Bett.
2) We perfönlichen Pronomina Fönnen durch den Zuſatz von
ſelbſt (und felber) verftärft werden, nicht aber die Poffefli-
ven; Sch, du, er; meiner, mir felbft. 2
3) Den Poſſeſſiven fügt man zur Berftärkung das Adjectiv eigen
‚ bei: Dein eignes Haus. Ä
- 4) Heute pflegen wir nach Verbis, zumal Imperativen, ben Da-
tio bes Pronomens beider Perfonen, jedoch vorzüglich der er-
‚ . ften, nicht felten einzufchalten, ohne daß ihm überall eine be-
ſtimmte Beziehung zukomme: es iſt dadurch auf eine ganz un-
— 72 —
beſtimmte Weiſe eine Theilnahme des Sprechenden oder Ange⸗
ſprochenen angedeutet.
Sch mach' mir an des Illo feinem Stuhl zu thun. S. P. 4, 5.
Ihr artet mehr nach eures Vaters Geiſt, als nah der Mut-
ter ihrem. ©. T. 3, 2. Iſt doch feine Menagerie fo bunt,
als meiner Lili ihre. ©. Lili's Park. Aus der Kindheit
bleiben unferm Herzen oft Tage unvergänglich, bie jebes andere
vergeffen hätte; fo ging diefer nie aus Albano's feinem. J.
12. Dieſe Gefchichte blies viele Lampen an Falterle's Ehren-
pforte ans und an Wehmeier’s feiner an. J. 16. Zugedeckt
durch den Fußboden der alten Welt, welder, der römiſchen
Paulkirche ihrem gleih, aus Marmortrümmern voll abge-
brochener Infchriften befteht. 3. 17. — Du felber. folft ung
fagen, was du vorhaſt. ©. T. 3, 15. Selber geb’ ich, und
will mein Schicfal felber erfahren. G. Hd. 6, 277. Ich bin
verföhnt, ich bin wieder bei mir felber. ©. %.4,20.— Di -
beißt bein eigen Herz ihm freundlich und vertraulich zu begeg-
nen. G. % 1, 2. Diefe ihre eignen Gedanken beweiſen.
8, 2,6. Meiner eignen Bruft geheime tiefe Wunder öffnen
ſich. G. F. 1, 170. — Das laßt mir einen rechten Advocaten
fen! 8%. Mfg. 2, 6. Mußt dich nur recht erbärmlich ftellen, 's
find dir gar lockere, Teichte Gefellen. S. L. 1. Es find end
gar troßige Kameraden. ©.-2. 1.. In der blut'gen Schlacht bei
Lützen ritt er euch unter des Feuers Bliden auf und nieder mit
fühlem Blut. S.% 6. Was noch durchbrach, ſchlugen euch
auf der Flucht die Bauerweiber mit Hacken und Miſtgabeln todt.
G. E. 1. Verweine mir beine ſchönen Augen nicht. G. Lj. 1,
12. Wo mir Amalie wagt, mein armes Kind zu verſpotten!
V. 2, 415. Aber du ſchläfſt mir, Dirne, bei duftenden Blu—
men im Zimmer!.B. 2, 576. Dann mir gelacht aus bem Her:
zen, wie Landvolk! Dann mir geplaubert! V. 2, 431.
Anm. In den unter 4 angegebnen Formen gefällt ri befonbers Voß,
in den unter 1 mit dem Gen. beſonders J. Paul. Die letztern machen
die Rede, wie mir's ſcheint, geründeter; vie erſtern bringen mehr Le⸗
ben und Theilnahme in dieſelbe.
Diertes Capitel. -
Die übrigen Pronomina.
1) Artikel.
6. 163. .
‚ Näachft dem perfönlichen Pronomen zieht das demonſtra—⸗
tive die Aufmerffamfeit auf fi, vor allen der fogenannte Artikel.
Der Artifel, in feinem Urfprung, iſt nichts als ein demon⸗
ſtratives Pronomen, und nur allmälich zu einer faft beveutungslofen
grammatifchen Form berabgefunfen. Gleich dem perfönlichen Pro-
nomen beim Verbum fteht er anfangs beim Nomen, in befonberen
Tr ———— — mn en -
⸗
— 73 —
Fällen, als herzugerufner ſeltner Geleiter nachdruckſam; ſonſt iſt er
meiftentheils eine ungelenke Form, ein Bild ſchmuckloſer Gründlich⸗
keit. Man kann nie ſagen, daß ber Artikel die Nominalflexion ver⸗
. trete; die Kraft, verlorne Caſus zu erſetzen, beruht in Präpofitionen.
Aber der Artikel, indem er die dem übrigen Nomen ganz oder meift
erloſchene Flexion an fich ſelbſt fefthält (wiewol auch dies nicht
nothwendig gefchieht), erleichtert und regelt dieſen Erſatz.
Anm. Die geihwächte Flerion des Nomens hat ven Artikel nicht zuerft
herbeigeführt, wol aber fih an ihm geftügt, ihn feilgehalten und ver⸗
vieffäffigt . 151.). \
a) Formen des Artikels.
$. : 164.
Der Artifel tritt fowol dem Subftantiv hinzu als dem Adjectiv,
ja er fann auch andere Pronomina näher beftimmen helfen. Ge—
wöhnlich aber erhält er feine Stelle vor dieſen Wörtern, unmittel-
bar, doch ohne Anlehnung, die nur in feltnen Fällen flat findet.
Endlich verfieht auch die Carbinalzahl ein das Amt eines unbe-
ffimmten Artikels.
Das eben ift ner Fluch der böfen That, daß fie, fortzeugend,
Böſes muß gebähren. S. P. 5, 1. Der brave Mann denft
an fich felbft zuletzt; vertrau' auf Bott und rette Den Bedräng-
ten. ©, TI: 1, 1. Ich drück' an meine Seele dich, ich fühle
die deinige almäblig an mir fchlagen. S. Df. 1,2. Man
fpricht vergebens viel, um zu verfagen: ber Andre Hört von
Allem nur das Nein. ©. %. 1, 3. Es bildet ein Talent fi
in ber Stille, fih ein Charakter in dem Strom der Zeit. ©.
T. 1, 2.
$. 169. "
Im Mittelhochdeutfchen wird, metrifcher Gründe wegen, oft das
anlautende D bes Artifeld mweggeworfen und ber Vocal bes Arti-
fels zugleich geſchwächt, daz geht über in dez und diz. Unſere
- heutige Schriftfprache läßt zwar die präpofitionellen Anfehnungen
im, am, vom, zum, beim, unterm, überm, binterm gelten, .
ſtraubt fi aber (befonders wenn man nur die Regeln mandyer
Grammatifer Hört) gegen vorm, aufm, aufm u. a., obgleich
fie ın Aller Munde find. Bon den weiblichen beſteht das ein-
ige zur; bie pluralen find faft ſämmtlich verfchwunben. Inter
den accuſativiſchen dauern fort: ans, ins, ums, fürs, aufs,
durchs. Daß übrigens die Schriftfteller, und zwar die beffern, hier
nicht fo efel find, als manche Grammatifer, mögen nachfolgende
zahlreihe Beiſpiele darthun.
Unſere ſchöne Ordnung liegt mit dem Nähzeuge unter'm Nacht—
tiſche. L. Fg. 2, 1. Nachher die erſten Tage ſahen wir ihn
unter'n Palmen auf und nieder wandeln. U RN. 1, 1.- Zwar
bin ich feit geraumer Zeit ein wenig über'n Fuß mit ihm ge--
x
s
— 71 —
fpannt. 2. N. 2, 2. Wider Willen Täuft’s ihm eiskalt über’n
Rücken. W. 1, 16. Bor’m Sonnenftraßl geborgen. W. 4, 19.
Alſo kamen fie weiter zum Nllerheiligften Gottes. K. M. 1,
329. Heiß ift der Kampf um’s Kleinod. K. an d. Dichter m.
Zeit. — Der Weislingen, der dem Götz auf’n Dienft lauert,
ift oben auf'm Schloß beim Herm Grafen. © ©. 1. Daf
ich ihnen über’n Kopf kommen werde, G. ©. 4. Paff! Schof
ihn einer vor'n Kopf. G. ©. 5. Es dreht mir alles vor’m
Geſicht. G. G. 5. Wir wollen ihre Geduld fürsn Narren hal⸗
tn. G. ©, 3. Komm ber, wenn du's Herz haft. ©. ©. 1.
Und der wilde Knabe brach's Röslein auf der Heiden. G. Hei-
benröslein. Sie ziehen mir vor's Schloß G. ©. 3. Sie hat-
ten ben Hut üher'm Ohr. ©. E. 4. Du birgt ihn nicht
vor’m Bli der Immerwachen. ©. %. 3, 1. Mir läuft em
Schauer über’n ganzen Leib. ©. 5. 1, 142. Ihm wird es
unter'n Händen weich. G. F. 2, 53. Mit dem Bündelcen
aufm Rüden. ©. Wi. 1, 8. — Diefe Landfchmaruzer, die bie
Füße beftändig unter'm Tiſch des Kaiſers haben. ©. 9. 1, 2.
Die Menfchen verftehen fih auf’s Flicken una auf’s Stüdeln.
S. P. 1, 2. Sie treibt der Eifer nicht für's Vaterland, ©.
P. 1, 2. Ueber'm Herrfcher vergißt er nur den Diener. ©.
9. 1, 4. „So haben wir den Anlaß zu einem Bündniß wi.
der’n Hof. ©. P. 3, 1. Euer Eidam bat ihn-über’n See
geflüchtet. S. TI. 1, 4. Die Städte, die unter'n Schirm bes
‚ Adlers fih geflüdtet. S. TI. 2, 1. oo
Anm. 1. Die Zahl diefer Beifpiele Tieße ſich noch fehr vermehren; mit
im, am, vom, ans, ins, zur wurden Beifpiele, weil fie zu zahl«
reich find, abfichtlich weggelaflen. Auch bei Uhland finven fi Dine
term, unterm u. a. Falſcher Anftand Hat uns viefer behilflichen
Kürzungen meiftentheild beraubt, und droht uns deren immer noch mehr
zu berauben.
Anm. 2. Verſchieden von den accufativifchen ans, ins, aufs (mitteln.
anz, inz, üfz) find die genitivifchen ans, ins, aufs (mitteld. ans, -
ins, U) = an, in, auf, des, 3. Bd. ins Meiftere Namen.
b) Gebraud des Artifels.
$. 166.
Sprachen, die den Artikel nicht Fennen, legen dem Nomen noch
. überall einen individuellen Sinn bei, der Feiner Hervorhebung be-
darf. Wenn die durch den Artikel hervorgehobne Bezeichnung ein-
zelner Nomina fortfchreitet und ſich fo fehr häuft, daß fie Regel
wird, fo treten die unbezeichnet gelaflenen nur in eine allgemeine
Bedeutung; auf ber andern Seite verliert bie eigentliche Demon»
firation an Kraft. Der Artikel Hält zwifchen beiden die Mitte,
Anm. In der goth. und griech. Sprache empfangen die Nomina durch
ven Artikel ihre Beſtimmtheit, vd. h. fie rüden der Anfıhauung des
Hörenvden oder Redenden näher, während die davon unbegleiteten ferner
ſtehn bleiben und allgemeinere Oeitung haben. Bei feiner erfien Nen-
nung pflegt das Wort noch ohne Artikel, hernach aber als eingeführt
3 —
und befannt mit ihm aufzutreten. — Im Lauf der Zeit entwidelte ſich
noch der unbeftimmte Artikel, fo daß wir jegt ein dreifaches
Berpältniß haben: Nomina ohne Artikel, mit dem beftimmten und mit
dem unbeftimmten Artikel.
$. 167.
Setzung und Auslaffung des Nrtifels im Neubochdeutfchen mö-
gen nachfolgende Bemerkungen erörtern. — Das Wort Gott be-
banptet ſich ohne Artikel, auch im nachgejegten Genitiv. Auch beißt
es noh Gott Vater neben Gott der Sohn, wiewol mitun-
ter auch Bott der Vater gehört wird, Allgemein flieht Gott
der Herr, und nur im Vocativ Herr Gott! Steht noch ein
Adjectiv vor dem Worte Gott, fo kann, den Vocativ ausgenom-
men, ber Artikel nicht entbehrt werben. — Perfonificationen
ern fih des Artikels, befonders im Romanzen- und Mär-
enton, -
Alſo kamen fie weiter zum Allerheiligften Gottes... Licht-
helles Glänzen wacht inwendig um Gottes Geheimniß. 8. M.
1, 329. ann denk' ich es ganz, daß du ewig mich fchufft,
Herr, Herr Gott! K. d. Unendlihen. — Knabe ſprach: id
breche did, Nöslein anf der Heiden! Röslein fpradh: ich ſteche
bich, daß bu ewig denkſt au mid. ©. Heidenröslein.
$. 169. .
Eigennamen der Perſonen fiehn im af. rectus gewöhnlich
ohne Artikel; doch der vertrauliche Ton des Umgangs, fo. wie über-
haupt die fih Außernde Theilnahme fügt ihn oft Hinzu. Im obli-
quen Lafus‘ enträth feiner die Schriftiprache häufig nicht. Zwar im
Gen. heißt es: Goethes Werke, auch wol im Acc. deutſcher Na-
men: Jh Iefe Schilfern, Goethen, aber ım Acc. fremder,
wie im Dativ aller Namen ift dem Artikel kaum auszuweichen,
weil die Flerion mangelt ober abgenugt ifl. — In der Anrede
Herr und Frau laffen wir den Artikel weg. Steht der Eigen»
namen im Plural, oder fteht ein Adfectio vor bemfelben, ober fteht
endlich der Namen eines Schriftflellers fintt feiner Werke, fo kann
der Artikel nicht entbehrt werden. — Fluß- und Bergnamen,
fo wie die Namen der Meere, See’n, Wälder und (meiftens) .
Monate haben ven Artikel, außer wenn mehrere hinter einanber
ſtehn: Rhein und Main fließen bei Mainz zufammen. — Län-
der, Derter und Städte meiden den Artikel, wenn fein Ab-
Jeetio bei ihnen fleht, ausgenommen: Die Schweiz, die Tür
ei u. a. a.
Ein frommer Knecht war Fridolin. S. Gang n. d. Eiſenh.
Zu Dionys dem Tyrannen ſchlich Möros, den Dolch im Ge-
wande, S. Bürgſchaft. Ich mag’s und will's nicht glauben, daß
mih der Mar verlaffen kann. S. T. 3, 18. Der Tell ge
fangen abgeführt nach Küßnacht. S. TI. 4, 1. So kommt ber
Carl nah Haus, ©. d. glüdl, Gatten. — Den Terzky trefft
— 76 —
ihr bier, den Tiefenbach. S. P. 1,1. Barmherzigkeit, Herr
Landvogt! ©. TI. 4, 3. Ein Anſchlag auf Die Doria muß
den Grafen in Achen halten. ©. F. 1, 3. Der getreuher—
ige Berlichingen gab unerhört nach, wie er immer thut, wenn
er im Bortheil. ifl. ©. ©. 1. — Seh’ ih die Reuß? Sie floß
bei meiner That. ©. TI. 5, 2: So immer fteigend fommt Ihr
auf die Höhen Des Gotthardto. ©. U. 5, 2. Wir haben
jest Aprıl! Mai — Junius. — im Julius, ganz recht,
und fpäteftens zu Anfang des Augufts find Sie in Brüffel.
S. Df 2, 5 — Franken, Schwaben, der Oberrhein
und die angränzenden Kinder werben von übermüthigen und küh—
nen Rittern verheeret. ©. In fohnellen Lauf durchzog ich
Frankreich, pas jensiefene Italien mit heißemn Wunſche
ſuchend. S. St.
$. 169.
Titelhafte Appellativa vor Eigennamen, in ber Rede
einmal eingeführt, entbehren den. Artifel: Raifer Heinrich, Mei-
fter Walther, Herr Dietrih, Vater Lebrecht, Bruder Auguflin;
Frau Müller, Mutter Weber, Schwefter Agathe. Nicht aber
Tießen fih Kind, Sohn, Tochter auf gleiche Weife ‚vorfeßen,
weil dieſe Feine Würde ausdrücken. Senen Titeln ift eigen, daß
fie im Gen. unverändert bleiben und die Flexion des Namens
binreiht: Rönig Heinrichs Thaten.
Wie Gottes Cherub vor dem Paradies, flieht Herzog Alba
vor dem Thron. S. DE 1, 6. Wäre Freundin Therefe,
was fe ii G. %. 8, 3, — Albrechts fürſtliche Ge⸗
mahlin, Graf —*X edle es gatte ſo — nicht eben
fp empfangen werben follen! ©. P. 2
Anm Auch Bater und Mutter Aehn, ſondere im vertraulichen
Ton, und zwar mehr bei en „ern Artikel: Müktergen
bringt ung ein Gläschen. G. Hd. 1
$. 170.
Allgemeine Begriffe, wie fie z. B. in Sprichwörtern häu⸗
fig niedergelegt find, überheben fich bes Ffrtifets, zumal Abftvacta,
wie Freude, Liebe, Tugend, Glück, Freundſchaft u. a. —
Auch bei fein und werben mangelt ber Artikel, wenn Fein per-
fönliches Subftantiv präbiciert wird: Es ift Tag, wird Win-
ter. — Da der Plur. eine Vielheit bezeichnet, minder individuell
als der Sing. ifl, fo darf er oft den Artikel weglaffen, wo in ber
Sing. nothwendig feßt: Der Storch niſtet auf dem Dad,
Störche niften auf Dächern; ih will einen Brief ſchreiben
und einen Boten fenden, ih will Briefe fohreiben und Bo—
ten jenden. — Hiermit bewährt fih, daß einzelne Subſt. zwar
ben Artifel begehren, zwei neben einander flehende ihn aber auf-
geben Fönnen: Leib und Seele halten zufammen. Das allein
ftebende Subſt. ſtützt fih gu ben Artikel, beive verknüpfte gewähren .
F
— 77 —
fi einander Halt, und noch feſteren, ſobald Alliteration und Reim
einwirken: Wind und Wetter, Stein und Bein. Hieran
ſchließt ſich die Auslaſſung des Artikels, wenn mehrere Dinge
ſchnell hinter einander hergezählt werden.
Gehorſam iſt des Chriſten Schmuck. S. K. m. d. Drachen. —
Tag wird es auf die dickſte Nacht. S. Ivo. 3, 2. Geben iſt
Sade bes Reihen. &. Hd. 1, 15. — Wie Seel’ und Leib
fo ſchön zufammen paflen. G. F. 2, 106. Alles hat feine Zeit:-
. Winter und Sommer, Herbft und Frühling, Jugend
und Alter, Wirfen und Ruhe. 9. 1, 4 Ordnung lehrt
Euch Zeit gewinnen. ©. F. 1, 95. Und Roß und Reiter
fah ich niemals wieder. ©. T. 2, 3. In feinem Auntlitz war
Hoheit, Seelenruh’ und Ernſt und Erbarmung, als er
vor Gott fland. K. M. 1, 138.
$. 171.
Ein Nomen, von welhem zuerft geredet wird, bat
feinen oder den unbeftimmten Artifel, während der Wieder-
holung der beftimmte zufagt. — Berwandt ſcheint damit der
. nft eintretende beftimmte Artifel bei Subft. in den Caſ. obliq.
des Plur., wo der Sing. den unbeftlimmten bat. — Der un
- beftimmte Artikel ($. 182.) lebt überhaupt zur Bezeichnung eines
unbeftimmten Einzelweſens und bei Eigennamen, wenn
fie als Battungsnamen gebraudht werden und in fo fern ein
- anbeftimmtes Einzelweſen bezeichnet werben foll. -
Es war ein König in Thule gar treu bis an fein Grab, bem
fterbend feine Buhle einen gulpnen Becher gab ... Und als er
fam zu fterben, zählt’ er feine Stäpt’ im Reich, gönnt’ Alles fei-
nen Erben, den Becher nicht zugleih. G. König in Thule. —
Ein edler Mana wirb dur ein gutes Wort der Frauen weit
geführt. ©. 3. 1, 2. — Ein Winkelried war's, ber dem
Drachen ſchlug. S. Tl. 2, 2.
$. 172,
Oblique Caſus ſtehn ohne Artikel: .
1). Der Genitiv bei Nachſetzung: Mann Gottes, Marl
Goldes c(chier jedoch gewöhnlich mit -aufgehobnem Gen. ein
Faß Eſſig); auch in dem abverbialen Ausdruck Zeit Lebens.
— Vorſtehend unzähligemal: Gottes Güte, Königs
Wort, und in allen Fällen, wo fih uneigentliche Compo-
fition bildet: Mit Gemſenfreche. (Goethe 3, 88.). Diefer
Gen. kann auch in die Mitte genommen werben: Die Könige-
hurg.- Däufig geleitet den vor⸗ oder nachgeſetzten Gen.
‚der Artitel: Des Vaters Freude, bie Freude des Vaters,
2) Den Acc. ohne Artikel haben mehrere Berba bei fi:
Schatten werfen, Frucht bringen u. a. Einige ftehn
bloß im Pur. fo: Trauben Iefen, Beeren pflüden u. a.,
‘N
west der Sing. auf etwas zu Einzelnes und Beflimmtes geht.
Zwei Sing. können eher. des Artikels entbehren: Beere und -
Traube brechen. Alſo famen fie weiter zum Allerheilig-
ſten Gottes. K. M. 1, 329. Sch brachte die Flaſchen
Weines ımd Biers hervor. G. Hd. 2, 78. Da rief ich
flehend Gottes Mutter an. ©. Yon. 1, 10. Geberden-
ſpaͤher und Gefchichtenträger haben bes Uebels mehr auf diefer
Melt gethan, als Gift und Dolch in Mörders Hand nicht
fonnten. S. Dk. 1, 1. — Nicht ohne Schaubern greift des
Menfhen Hand in des Geſchicks geheimnißoolle Urne.
©. T. 1,4 Ernſt ift der Anblid der Nothwendig—
feit. ©. T. 1, 4. — Da ein uralter Baum dem Hirten und
ber Hirtin Schatten gab. ©. T. 2, 1. |
Anm. Sn Desiehung auf den Artikel bei 1. find für beide Subft._fie-
ben Fälle denkbar: 1) Baum Waldes; 2) Waldes Baum; 3) Baum
des Waldes; 4) der Baum Waldes; 5) der Waldes Ban; 6) bes
Waldes Baum; 7) ver Baum des Waldes, unter denen nur 2, 3, 6,
7 zuläffig find. Der feinere Gebrauch hat jedesmal zu mählen unter
biefen vier Formen, leiſe Unterſchiede hängen daran, weshalb ſich auch
nicht wol feſte Regeln darüber aufſtellen laſſen. Goethes Worte:
„Die athmet rings Gefühl ver Stille“ (F. 1, 139) würden ſchon ges
ſchwächt, wollte man ſagen: „das Gefühl der Stille’ und noch mehr
dur „der Stille Gefühl”. Die Algemeinheit „Gefühl“ will ven Ar-
tifel nicht, die Beftimmtpeit „der Stille’ will ihn; das Allgemeine aber
gebt voraus und wird dann auf das Defondere angewandt. Eine uns
eigentliche Compoſition „Stillegefühl“ wäre ganz unerträglich, die ge=
Tingere Dichter ficher gewählt hätten, .
$. 173.
- Bei präpoſitionalen Formen fehlt der Artikel‘ fehr oft:
Ueber Land, zu Waffer, vor Liebe, in Furcht; noch öfter wenn
zwei Subft. verbunden ſtehn: Auf Tod und Leben. Die meiften
und geläufigften Formeln, die man jedoch aus dem Gebrauch Fennen
lernen muß, gelten, wie fchon im Mittelhochdeutfchen, für die Prä-
pofition zu, befonders wenn dabei eine Abficht oder die Weife
“einer Bewegung angegeben if. — Unfer zurüd und über-
haupt haben ganz die Enge ber Partikel, man fühlt nicht mehr die
anfänglichen Formen: zu Rüde, über Haupt.
Zorn festen die alten Rünftler auf Ernft herab. . L. 2. Es
- war dem Weltfchöpfer nicht genug, daß die Erde in Licht und
Schatten, daß das menfchliche Leben in Tag und Nacht ver-
theift würde. H. 1, 4. Dean ift gewohnt, die Nationen der. Erbe
Erde in Jäger», Fiſcher-, Hirten- und Aderleute abzu-
tbeilen. 9. 8, 3. Ein Maun zu Fuß, ein Mann zu Pferd.
W. 2, 3. Zu jagen über Stod und Stein, durch Wald
und Buſch und über Zaun und Graben. W. 2, 29. Der
König Karl faß einft zw Tifch. Uhl. Rol. Schildträger. Krieg
ft zwifchen Tift und Argwohn; nur zwifchen Glauben
und Vertrau'n ift Friede. S. T. 3, 18. D wär’ ich nimmer
über Meer bierher geihifft! S. Ivo. 2, 6. Die Chriftenheit
trauert in Sad und Aſche. ©. % 8. Ach gehe über Land
und bleibe bei esnem Haufen Bolfes fieben. G. €. 1. Wir ſtrit⸗
ten lange hinüber heruber. Mann für Mann, Pferd gegen
Pferd, Haufe mit Haufe ©. €. 1. Er ment, daß em
tüchtiger General bald mit Volk und Adel, Bürgern und
Bauern: fertig werden fünne. ©. E. 3. Die Kinder fpranigen
von Fels zu Fels, über Stod und Stein. G. Bi. 1,3.
$. 174.
Die Zahl ver befondern Begriffe, die ven Artikel faft über-
‚ all verlangen, bat fih, gegen- das Mittelhochdeutſche gehalten,
gemehrt, weil Deutlichkeit und Mare Verſtändlichkeit vielfach an die
Stelle der frühern mehr phantafiereichen Freiheit getreten. Der
CanzleiftyI und das Lied wagen noch mande fonft nicht ge-
ftattete Weglaſſung: Kläger brachte vor, Knabe fprach, ich breche
dich (Goethe, Heidenröslein); Suppe kocht und fievet ein, Bra-
ten will verbrennen. (G. Offene Tafel.) — Die alt- und mittel-
hochventfhe Wiederholung des Ironomens zeigt fih noch im.
ungezwungner Proſa hin und wieder, in der Poeſie und befon-
ders im Volkslied ift fie häufiger: Das Rad das ift gebro-
hen; das Heer es fommt gezogen (Goethe 1, 129.). Die Rede
gewinnt dadurch Ruhe und Nachdruck.
Der liebe Gott, der weiß, wie ſauer mir der Antrag ward.
N. 4,1. Der Reitknecht der bin ih. UN. 4,7. Und
du willſt des Meſſias Leib, den wilft du erwürgen? K. M.
2, 682. Die Ratte, die rafchle fo Tange fie mag! ©. Hoch⸗
= zeitlied. Der Saus und Braus, macht denn der ben Solba-
ten aus? S. L. 6. — Das wilde Heer es fommt. ©. F.
2, 54. Die Hulden fie fommen von burfliger Jagd. G. d.
getr. Earl. Das Wunder es dauert zum morgenden Tag.
G. daſ. Der Kirchhof er liegt wie am Tage. ©. Todten-
tanz. Diefe Seftalten, ich formte fie felbfl. ©. röm. Eleg.
13. Die Tugend, fie iſt fein Ieerer Schal. ©. Worte d,
Glaub. Diefes Blatt, ih leg's in ame Hände. ©. St,
5, 14. Das einzige mittelländsfche Meer, wie fehr ift es die
Beftimmerin des ganzen Europa worden! H. 1, 6. — inter des
Friedländers Rriegspanieren, da bin ich gewiß zu victorifiren.
S. L. 6. Im Ganım, da fiht bie Macht. ©. 2. 11.
$. 175. .
-Bei zwei fi verfnüpfenden Subftantiven kommen fol-
\ -
gende Fälle vor; 1) beide ohne Artifel: Land und Leute, Fürften
und Völker; 2) beide mit dem Artikel: Der König und die Köni—⸗
gin; 3) das erfte mit dem Artikel, das zweite ohne benfelben: Der
Herr und Vater, die Riefen. und Zwerge; 4) das erfle ohne Arti-
el, das zweite mit demfelben bürfte kaum vorkommen, etwa nur in:
‘
— 80 —
Gott iſt der Schöpfer Himmels und der Erde, was man zuweilen
hört. (Doch vgl. unten ©. F. 1, 204.) Hierher dürfte man auch
- die bereits (6. 170.) angeführte Aufzählung' rechnen. |
Es Sollte Meer und Land nicht Einem dienen. ©. X. 1, 5.
— Dem Herrn gehört das Wild und das Gefieder. ©.
1.3, 3. Ich bat die Himmlifchen, ven Muth und Arm, das
Glück des großen Königes mir zu verleifn. G. %. 5, 3. Der
- Griehe wendet oft fein Yüftern Auge den fernen Schäben ber
Barbaren zu, dem golpnen Felle, Pferden‘, ſchönen Töchtern.
G. J. 5, 3. — Kauz und Kibitz und der Häher, find fie alle
wach geblieben? ©. F. 1, 204. — Mit großen Berfprechen wer-
ben Väter, Kinder, Verwandte, Freunde, Dienfiboten eingele-
dm, ©. €, 4.
- 6. 176. j
Sind Adjectiva und Subflantiva verbunden, fo
fann der Artikel fehlen ober. ftehn (erfteres jedoch ſeltner, befon-
berg im Vocativ), der beflimmte oder unbeflimmte eintreten, oder
auch das Adjectiv mit dem Artifel dem mit dem Artikel verfehnen
Subftantiv nachfolgen: blinder Mann, ein blinder Mann, der blinde
Mann, der Mann der Blinde. |
. Blinder, alter Bater! du Fannft den Tag ber Freiheit nicht
mehr ſchauen, du ſollſt ihn hören. S. TI. 1, 4. Frommer Stab!
hätt’ ich nimmer mit dem Schwerte dich vertauſcht! S. Jon. 4,1.
Jung Roland nahm in großer Haft das Schwert in beide Hände.
Uhl. Rol. Schildträger. Heraus in eure Schatten, rege Wipfel
bes alten, heil'gen, bihtbelaubten Haines, tee’ ich
noch jebt mit fchauderndem Gefühl. G. J. 1, 1. Ein frommer
Knecht war Fridolin. S. Bang n. d. Eiſenh. — Den Feld»
herrn hatten wir noch nicht gejehn, den allvermögenden, in |
jenem Lager. ©. P. 1, 3. Heut haft du den Bater bir, ben
glücklichen, verpflichtet. ©. P. 2, 4. "
$. 177. °
- Die Poſſeſſiva werden ohne Artikel vorgefegt, weder nadı-
gefest nad articuliert; doch finden ſich in manchen dem Al-
tertbum nachahmenden Liedern Ausnahmen, befonders bei Uhland.
Roland gedacht’ im Herzen fein. Uhl. Rol. Schildträger. Jung⸗
frau dort, im bimmlifchen Schein, nimm auf meine Seel’ in die
Hände dein. Uhl. d. Knaben Tod, Da fteh’ ich, ach! mit der
Liebe mein. Uhl. Abſchied.
2) Eigentlide Demonſtrativa.
$. 178.
Es Taffen ſich Drei Demonftrativnorftellungen fondern : die bloß
anzeigende, welde das hier und dort unentfchieden laͤßt, und
zwei andere, bie Richtung nach der Nähe oder Ferne fchär-
—
Cd
— 81 —
fer ausſprechende: ber. (da), dieſer (Hier), jener (dort). Die-
fer und jener machen den Gegenſatz, der hält neutral die Mitte
zwifchen beiden. |
Der Ca) iſt's, das ft er! Der rettete die Königin! S. St.
‚4, 11. Dies war fein offnes, fprechendes Auge; dies feine
ernfte, vebliche Miene; dies fein edler Anftand. L. Ph. 3. Seht,
‚bier flieht der Jungling, dem wir die Gaben verbanfen, dieſe
- Hülle des Kinds, und jene willlommene Speife. ©. Hd. 7, 157.
$. 179.
Aus dem Demonftratiopronomen der, Die, das erzeugte ſich
der Artifel ($. 163.); in nicht wenigen Fällen bleibt die Grenze
zwifchen beiden zweifelhaft, in andern berühren und vertreten fich
bie demonftrativen und perfönlichen Pronomina. Wo wir heute Ins '
bend, klagend, ſcheltend, Subftantiven und Apjectiven das Demon-
flratio beilegen: der Held! der Glückliche! die Elende! wird mit«
telhochdeutſch das perfönlihe Pronomen (er, si) geſetzt. Da im
ganz gleicher Rage die Pronomina erfler und zweiter Perfon
ſtehn: ich Armer! du Elender! fo fiheint auch das Pronomen der
dritten Perſon angemeflener als das Demonftratio, aber es ift neu
hochdeutſch nicht gebräuchlich zu fagen: Er Glücklicher! Sie Elende!
für die dritte Perfon. Die Formen finden fih nur in der höfiſchen
Sprechart flatt der zweiten Perfon. ($. 155.
D des Glüdlihen, dem es vergönnt iſt, Eine Luft mit Euch
‚zu athmen. S. St: 1,6. D mid Vergeßlichen! L. N. 3, 2.
Anm. Herder und Klopftod gebrauchen öfters das Demonflrativ,
wo man, nach dem gewöhnlichen Gebrauch, den Artikel erwartet. Die-
fer fagt 3. 3. in ver Gel. Republit 2. Morgen: In Bergleihung mit
denen vielen wichtigen Sachen; viefer in Sp. 8. 5: Nur in denen
Klimaten und Ständen fiedhet ver Menfh, wo ein entträftender Mü-
Biggang die Körper lebendig begräbt. — In dem letzteren Beifpiel er-
wartete man wol ein betontes den, wenn auch kein denen.
S. 1%.
Tritt Sonderung ber Begriffe ein, fo Fann fie verfchie-
bentlih ausgedrückt werben:
1) Duch Wiederholung des Demonftratios: der und ber; es
find zwar verfhiedne Gegenflände, aber gleichartige
‚ gemeint.
2) Steht das zweite. Demonftratio (diefer) neben dem erften (der),
fo wird dadurch das unmittelbar Nabe an ein eiwas Ablie-
gendes ausgedrückt: Dies und das.
3) Das dritte Demonſtrativ (jener) und das erſte (ber) verbun«
den drüden ben Begriff des Fernen und Nähern aus: Der und
jener, jener und der.
4) Häufiger verbinden fich das britte (jener) und zweite (dieſer),
ber Berne und Nähe als entſchiedner Gegenfab: Jener und
diefer.
Kehrein Grammatik. IL. 1. " 6
— 32 —
8) Oft verbinden ſich auch alle drei mit einander, das Naͤchſte,
Nahe und Ferne zu bezeichnen: Ich meine biefen, ben und
jenen. .
Was die und die für fremde Mienen an fi nahm. L. d. Ere- ‘
mit. Bon Zeit zu Zeit fehlen ihm bald der, bald diefer,
bafd der dritte würbiger des Ringe. UN. 3, 7. Wir find nicht
- mehr beim erfien Glas; drum benfen wir gern an Dies und
das, was rauſchet und mas branfet. Uhl. Trinklied. Gleich fing’
ich. am von diefen und von jenen nothwend’gen Dingen fonft.
mi zu entwöhnen. G. Sonette 6. ,
3) Interrogatinpronomen,
$. 181.
Das Interrogativpronomen Tann als Subflantiv (wer, was) und
als Adjeetiv (welcher, welche, welches, was für einer) ericheinen.
Zenes bezeichnet das Sein auf eine ganze unbeſtimmte Weiſe, wel-
her geht auf ein beftimmtes Individuum und was für einer
‚ beutet auf die Oattung oder Art Hin. — Gleich dem Das ($. 146.
147.) ſteht das fragende was für den Sing. und Plur. aller Ge-
ſchlechter. Oft hat es noch den Gen. bei ih: Was machſt bu
bier Gutes? Was Raths? obgleich man jenes Adi. (Gutes)
auch für den Nom. gelten Iaffen fönnte, — Eigenheit der altſächſi⸗
fhen Sprade ift, das Neutrum des Interrogativums gern in ben
Deginn des Satzes unmittelbar vor das perſönliche Pronomen zu
fielen: huat ik iu seggean mag. Dahin gehören wol auch die neu-
hochdeutſchen unter dem Volk fo oft gehörten Redensarten: Was
man doch Alles hört! Was ich euch fagen wollte!
Wer wagt es, Nittersmann oder Knapp, zu tauchen in dieſen
Schlund? S. Taucher. Welcher (von den beiven Knaben) iſt's,
den du am-meiften liebſt? S. TI. 3, 3. Was treibft du für
Mummerei? ©. G. 1. Was für ein. Landsmann bift du, Jä—⸗
ger? S. 8. 11. Was, Muthwillige, treibt ihr des Unfugs?
V. 3, 1, 299. Was werd’ ich noch Alles erleben müffen! ©.
L. 5 Was der Junge doc fährt! ©. Ho. 1, 16.
4) Unbeflimmte Pronomina.
$. 182.
Im Ganzen Bat das unbeflimmte ein ($. 171.) lebendigere Be-
deitung als das beftimmte ber; beginnende Säbe ſchicken jenes
voraus und laſſen dann erft diefes folgen. — Der Gen. bei dieſem
unbeftimmten Pronomen finvet flatt: oo
1) Mit nothwendiger Nachſetzung des ein in: Unſer, euer, ih-
rer einer. Bei der Borftellung muß in Präppfitionen ‚aufges
Töft werden: Emer von oder unter ung, euch, ihnen. u
2) Vor- oder nachgefeht kann ein werben bei Subftantiven: Eis
ner meiner Leute, meiner Leute einer.
*
— 83 —
3) Die neuhochdeutſche Redensart: ein Leides thun, ober auch
bloß Leides, Täßt ſich aus der älteren Sprache nicht nadı-
weifen; man fönnte (wie $. 181.) ein neutrales Adjechiv im
Acc. darunter verfiehn, doch fcheint die Form mehr ein Gen.
zu fein, der von ein abhängt.
Will Einer in ber Welt was erjagen, mag er. fi rühren -und
mag ſich plagen. ©. 8. 11. Was wollen fie denn heraus ver-
hören, wenn Einer unſchuldig iſt? ©. E. 4. Es'wollt' ein
- Pilger hohen Dranges, er wollt’ zur fel’gen Gottesſtadt, zur Stadt
des himmliſchen Gefanges, die ihm ein Geiſt verheißen bat. Uhl.
d. Pilger. — Daß unter Einer die Yugen zublinzt. 2. J. 1, 1.
ommt denn ohne unfer Einer irgend in einem Haufe eine
Heirath zu Stande? (fagt Tifette) 2. Ig. 2, 10. Er that fi
ein Leides. 8. Sch. 17. hut euch Liebes hinfort, hut,
Kinderhen, nimmer euch Leides, bis euch ſcheide der Top!
.2,6. ° . .
$. 183.
Die Orbinalzahl ander, die aber neuhochdeutfch weniger ein
Drdnungszahlwort ift, als vielmehr eine Unterfheidung
bes Einen von dem Andern bezeichnet, ift organiſcher Weife
nur der flarfen Form fähig, nicht der ſchwachen, der Artikel mag
vorausgehn oder nit. Ohne Artikel hat es bie Bedeutung bes
latein. alius (ein anderer), mit dem Artifel die des latein. alter
(der andere). Mittelhochdeutſch riß bei vorgeſetztem Artikel die
ſchwache Form ein, neuhochdeutich gelten beide Flexionen. Cardi⸗
nalzahlen ftehn neuhochdeutſch vor dem ander: Zwei andere,
Der Gen. wird zu diefem Pronomen gefügt von ber älteften Zeit
bis heute: Ein anderer feiner Schüler.
Einer will die Sonne, die den Andern befhmwert. ©. L. 11.
Sie werden dir Einen um den Andern Iiflig ſtehlen. S. T. 1,3.
Wo Eines Plab nimmt, muß das Andre rüden. ©. T. 2, 2,
Einſt z0g nach diefem Schloffe ein edles Sängerpaar, der Ein’
in goldnen Locken, der Andre gras von Haar.. Uhl. d. Sängers
Fluch. Mit fchwächeren Thieren der eine wünſchte langſam zu
fahren, ein andrer emfig zu eilen. & Hd. 1, 131.
Anm. Bon dem unbeftiimmten Bronomen man war bereits 6. 115 f.
die Rede, — Die andern unbeflimmten Für» und Formwörter: Jon
dbermann, fegliger, jemand, niemand; nichts, etwas;
etwa, einfl, irgend, nirgend, fe, nie, immer, nimmer
fommen fontaktifch wenig in Betracht, fie fallen ver Grammatik anheim.
— 84 —
SFünftes Capitel.
| $lexriom —
$. 184. ——
Dem geſammten deutſchen Sprachſtamm iſt außer der ſtarken
(ältern) Zlerion noch eine ſchwache (neuere) eigen. Beide Decli⸗
‚ uationsweifen beziehen ſich auf Subflantiva und Anjectiva, mit bem
Unterfchied jedoch, daß einzelne Subft. jener oder biefer Form zu⸗
fallen, alle Adi. hingegen in der Regel beiver zugleich fähig er-
ſcheinen. |
Anm. Hieraus folgt, daß die fubftantivifche ſtarke over ſchwache Flexion
für die Syntax beinahe glei iltig fei, bie abjectioifege aber durch in
Abhängigkeit von Berhältniffen der Eonftruction eben bier erſt ihre
rechte Bedeutung erlange. ’
$. 185.
Die ftarfe Flexion erblicken wir, fo weit bie Gefchichte unfe-
rer Sprache hinaufrüden kann, in fortfchreitender Auflöſung; nicht
wenige Fälle geftatten e8 dem Nomen, ihr völlig zu entjagen. Die
ſchwache hat ihre Kennzeichen hervorzuheben gewußt und erleidet
fein Schwanfen, gleich einzelnen flarfen Formen. An ihre Stelle
tritt nie Flexionsloſigkeit.
-
n
1) „Weggeworfene ftarfe Slerion.
§. 186.
Hier wird nur die flarfe Declination ins Auge gefaßt, infofern
ihre Erfcheinungen die baare, unflectierte Wortgeftalt dar-
flellen. Unter Flerion wird bier jebwebe Vermehrung ver-
ftanden, die das Nomen zum Ausorud feiner Genus- und Cafus-
verhältniffe empfängt, ſowol das dem Caſ. rectus eigne Gefchlechts-
fennzeichen, als die Zeichen der Obligquität (Abhängigkeit)... Jener
Abwurf der Flerion hat, anfangs noch gering, in der Folge immer
größere Fortſchritte gemacht.
a) Subflantivcafus ohne Flerion.
$. 1857.
Alle gothiichen Neutra Iaffen den Nom. und Acc. Sing. um
fleetiert; in den übrigen beutfhen Sprachen (mit Ausnahme ber
Altnord.) ift diefer flerionslofe Nom. und Acc. Sing. für ſämmiliche
ftarfe Subft. männlichen und ſächlichen Geſchlechts Regel geworben,
und er hat gleichfalls flatt in der weiblichen Declination.
Hab’ ih den Markt und die Straßen doch nie fo einfam ge-
fehen! G. Hd. 1, 1. Vater, nicht gerne verfchenf’ ich die ab⸗
getragene Leinwand; denn fie iſt zu manchem Gebrauch und
85 —
für Geld nicht zu haben, wenn man ihrer bedarf. ©. baf. 23.
jeglicher führet pas Schnupftuch und wiſcht fih den Schweiß
ab, ©, daf. 41. 18.
Die Titel wachfen vielfach mit den. Eigennamen gleichfam zu
einem Begriff zufammen und dann wird im Gen. ($. 169.) erft
das lebte Wort flectirt: König Heinrichs, wenn ber Artikel
wegbleibt; ſteht er, fo pflegen wir, gegen die mittelhochbeutfche
Weiſe, das Appellativ zu flectieren, den Eigennamen nit: Des
Königs Artus (mittelh. des künec Artüses). Folgt auf den
.. Eigennamen eine Präpofition mit Ortsnamen, fo wird jener flectiert:
Die Lieder Walthers von der Vogelweide, und nur da, wo beim
neuen Briefadel die Präpofition finnlos geſetzt wird, tritt das
genitisifche 8 hinten nach: Friedrih von Schillers Werke. Aechn-
lich verhält es fih bei Seßung von Ländernamen: Des Königs
von Dänemark Sammlung, Bon mehrern Eigennamen (Bor - oder
Zunamen) wird bloß ber letzte flectiert: Johann Heinrichs, Ja-
cob Grimms. |
Aum. Die Declination der Eigennamen, worüber bie Grammatit
. nähere Auskunft zu geben hat, iſt in ver neuhochd. Sprade fehr ver-
worren und unberhinint, Die beften Schriftfieller weichen von einander
_ ab, ja ein und berfelbe Schriftfteller declintert mitunter einen und den⸗
felben Eigennamen auf verſchiedne Weife. Am meiften Unſicherheit
herrſcht in der Declination ver neigen Eigennamen. So finvet fi
. B. bei Schiller: Des Herzogs Alexander von Parma und des
| Ssringen Aleranders von Yarına,
$. 189,
Neuhochdeutſch pflegen wir dem von Subftantiven der Thei-
lung oder VBereinzelung abhängigen nachgefebten Gen. die
männliche und neutrale Form zu entziehen (6. 232, 7.): Ein Stüd
Brot, ein Trunk Wein, In gewähltem Ausprud, in der Poeſie
findet aber auch die Flexion flatt: Trunk Weines, und fo allem
in der älteren Sprache. — Neuhochdeutſche Masculina und Nentra
dürfen im Dativ bie Flexion Fürzen oder behaupten: Dem Manne,
dem Mann; dem Buche, dem Buchs die Feminina haben fie
flets eingebüßt: Der Hand, der Kraft (mittel. unflectiert hant,
kraft, fleetiert hende, krefte). — Im Plur. fleetieren neuhochdeutſch
alle Gefchlechter, außer da, wo aus andern Gründen das Flexions⸗e
abgeworfen ift: Die Becher, Engel. 2
Sonn’ ihnen doch das Fleckchen Land. S. P. 2, 5. Ich gebe
: jeder dreißig Ader Randes. S. Zoo. Prol. 1. Laß mir den
beften Becher Weins in burem Golde reichen. G. d. Sän-
. ger. — Ich möchte dir im fremden Gebiet gern was Gefälli-
ges thun. G. röm. Eleg. 13. Stoff zum Liede, wo nimmſt
du ihn ber? G. röm. Eleg. 13. Ach daB wir doch dem reinen
ſtillen Wink des Herzens nachzugehn fo fehr verlernen! G. T.
3, 2. Ich folge froh dem Winke. ©. T. 4, 1.
— 85
d) Adjectivcafus ohne Flerion.
$. 1X. |
Die neuhochdeutſche Syntar iſt in dieſer Lehre regelmäßiger, aber
auch fleifer geworben, als die guthifche, alt- und mittelhochdeutſche.
Das Nachflellen der Adjectiva ($. 194.) Hat großentheils aufgehört
und damit ihr unflectierter Gebrauch. Hauptunterſchied bleibt Die
attributive oder prädicative Sekung.
$. 191.
Das attributive Adjectiv laſſen wir heute faft überall
feinem Subftantivo vorangehn. Was alt- und mittelbochveutfch
für die Profa galt, ift nur für die Rede allgemein eingeführt.
Dem voranfchreitenden Adj. wird nun alle Flexion zu Theil, deren
das Adj. heute fähig iſt; nur dem Poffeffivum und dem unbeflimm-
- ten Artikel —* fie im Nom..Sing. des männlichen und neutra=
Ien Gefchlechts nothwendig entzogen: Ein Mann, ein Kind (nicht
einer M. eines R.), ebenfo mein Bater, mein Haus (nit
meiner B, meines H.). Im Nom. des weiblichen Gefchlechts
und fonft überall muß die Flerion zutreten. _
"Anm. Selbft Ableitungen mit er geben im Nom. masc. die Flexion
nicht auf, aller Härte zum Troß: Ein heiterer Morgen; fein hei-
terey Morgen brach an (mittelh. würbe der Pofitiv heiter, der Com⸗
parativ heitere lauten). — (3. Paul erlaubt firh zumeilen eine. Kür⸗
zung, ſo 3. B. Das au von Andern gebrauchte mehre, wofür rich—
figer m eh und Zitan 93 ſagt er: Tester war ipm einmal
begegnet, wofür wir fonft gewöhnlich Teßterer ſagen; freilich ift hier
+
von feinem attrib. Adj. die Rede)
$. 192,
Das Wort all wird vor dem Artikel, vor Demonfirativen
und Pofjeffiven noch unflectiert im Nom. des männlichen und neu-
tralen Gefchlechts zugelaffen: ALL der Jammer; all mein Gelb;
fhwieriger fchon im Nom. bes weiblichen Geſchlechts: ALL die
Freude, und in obliquen Caf. all den Sammer, - Weniger. gut
ſcheint die Form alle, die Adelung vorzieht, Gellert, Leſ—
fing und Herder meiſt gebrauchen, auch Goethe öfters anwen⸗
bet, beſonders da, wo es der Vers zu fordern ſcheint. In den ſpä⸗
tern Schriften braucht Goethe häufig die Form alle die.
Alle das fabelhafte Wunderbare. L. L. 3. All dieſes Boll.
gehorcht Friedländiſchen Hauptleuten. ©. P. 1, 2. All mein
Ehrgeiz war nur meine Liebe. ©. TU. 3, 2. All mein Erbe
liegt in ihrem Reich. S. Joo. 1, 2. — Wie lach’ ich all ver
Tröbelwagre. ©. Iebend. Andenken. — Mein Herz hungert bei
all dem Vollauf der Sinne. © 8. 2%, 1. Doch in aller
diefer Weife, ©. a. d, Erwählte. Er.follte ih mit all fei-
nem Wi verwinbern. G. ©. 2; Lothariv fprach wenig zu all
biefem. ©. %. 7, 6: (ſonſt ſteht allem dieſem und die
J
“ _— 87 —
fen). Bet alle feinem Elend. ©. %. 7, 4. Bei all eu
rer Gewiffenhaftigfeit. G. %. 5, 10. Da faßt’s mich mit all
der ſchrecklichen Verworrenheit. ©. Stl. 5, 1. Der Eörperliche
Schmerz in aller feiner entflellenden Heftigfeit war mit der
höchſten Schönheit nicht zu verbinden. L. L. 2. — Alle den
Pus. L. L. 8. Sind wir uns felbft nicht und alle das Unfre
den Elementen ſchuldig? H. 1, 3. Du wolltefl allen biefen
Glanz verlaffen! S. Jvo. 4, 9. Iſt es nicht die Liebe zu ihm,
bie euh all den Gram maht? S. R. 1,1. Er verfehwendete
alle feine Kräfte, all fein Vermögen. ©. WI, 1, 26. Mat.
All den QTumult Iindert der Anblick eines folchen Geſchöpfs. ©.
Dt. 1, 27. Mai! Sie follen nicht .weggehn, ohne all mein,
.Unglück zu wiffen. ©. %. 4, 16. — Alle die fchönen Linien
gehen verloren. 2. % 2. ALL die blinfenden Augen. ©. Stl.
2, 1. All die verhaßten Hülfen des: Standes. S. R. 1, 3,
Die Winde wehn durch alle die Zimmer. ©. Hochzeitlied. Bis
er fih alle die Fertigkeiten erwarb, H. 2, 2. — Allen den
finnlihen Empfindungen. H. 5, 3. ch grubs mit allen den
Würzlein aus. ©. Gefunden. Die Größe behält Philoktet bei
‚allen feinen Marten. 8. 8. 3. Bon all ben rüfligen
Bauern wird emfig nachgeſchürt. Uhl. d. 3 Könige zu 9.
Anm. Die Form alle sinn aus dem alten Inftrumentalis hervor : mit,
von alle dem, und läßt fi alfo nicht wol auf anvere-Eafus er»
ſtrecken.
§. 193.
Heute verſtattet es wol der vertrauliche Ton, das neutrale es
bei Aojectiven abzuftreifen: Ein Lieb Kind, zumal bei Anreben:
lieb Kind! Auch ohne begleitenpes ein flieht kalt Eifen u. a,, ber
fonders in fprishwörtlicher Rede. Bei mehrſylbigen Adjectiven, zu-
al bei denen auf ig fo wie bei Participien geflatten fich neuere
Dichter unbedenklich die Kürzung: ein traurig Herz, ein wohler-
zogen Kind; befonders wenn einſylbige Adj. mit mehrſylbigen Subft.
. verbunden werben: ein froh Gelingen, härter lautet ein froh
Herz. — Stoßen zwei Adi. ımit gleicher Flexion unmittelbar auf
einander, fo läßt ſich zuweslen die des erflen ablegen: ein weiß
und fihwarzes Feld, Im Canzleiſtyl iſt diefe Verkürzung alther-
gebracht: Großherzoglich heſſiſche Regierung.
Heilbringend, vorbedentungsvolle Namen. ©. P. 1, 4. Lieb
Knabe, biſt men! S. TI. 1, 1. Er war em ſtolz verdrieß—
lich fohwerer Narr. ©. Ivo. 1, 2. Cr bringt fein treu alt-
- . englifh Herz zurüd, ©. St. 1,3. Ein unglüdfelig ſchmerz—
voll Wieverfehn! S. St, 5, 1. — Den Regenbogen halten Ber-
- gifmeinniht und Maiblumen auf ihren blay und weißen Dlätt-
“hen. J. 125. — Lieb Kind! Mein artig Herz! Mein einzig
Weſen! G. Spnette 10. Es iſt ja wohl nichts unſchuldiger, als
‚ein geiftlich Lied. ©. &. 1, Sp ein Fieb Ding im Arm zu
haben. ©. F. 4, 152. Bin doch ein arm unmiffend Kind,
’ 88
- n “
G. F. 1, 169. Gut Ding will Welle haben. ©. Wi. 1, 3.
Ein Wundergut, das ich mehr ald den Befig ererbt errung-
ner Güter pflege. ©. Nt. 1, 1. Erft blieb Eugenie ein un-
beventend, unbefanntes Kim. © Nt. 2,1. Diefer
hatte einen heitern Gefang angeflimmt, und dadurch ruhige Stun-
‚den auf der wert umd breiten Wellenfahrt gar innig belebt.
G. Wi. 2,7. In ftill und feuhten Buchten. ©. $. 2, 110.
Sn far und trüben Tagen. ©. F. 2, 242. Ein lang und
breites Volksgewicht. G. 5. 2, 214. In ber Flein und
en Welt... Sn der alt und neuen Zeit. ©. Anfworten
1, 39). |
Anm. 1. Da Adverb. und Adj. in dieſer abgelürzten Form fich häufig
nicht umterfcheiden, fo muß man aus dem Sinn. erratben, ob das erfte
abgekürzte Wort ein wirkliches Adj. oder wie'in: ver blau gefärbte
Abenphimunel ein Adv. -fei.
Anm. 2. An vie Adf. ein weiß und ſchwarzes Felp, auf Hau und
weißen Blättchen erinnern ſteht bei Goethe Iph. 5, 6: Bon tau⸗
fend durchgeweinten Tag’ und Nächten ſchweigt der Dieter.
$. 194.
Nachſetzen dürfen wir felbft Poffeffiva nicht ($. 177.), es fei
benn in ber Anrede: Bater unfer! In Kirhen- und Volkslie⸗
dern findet fih haufig: O Jefu zart! Ein Mündlein roth! Neb-
lich iſt die Nachfegung des Wortes felig! Mein Vater felig.
Goethe, befonders aber Uhland erlauben fich nad älterer Jette
öfter die Nachſetzung des Adjectivs. Die Wendung geht an, mäßig
gebraucht, jemehr ſich das Gedicht dem Volkston nähert. — Bei
Nennung der Münzen pflegen wir das die Währung ausbrüdende
Adi. nachfolgen zu laſſen: Zwei Gulden rheiniſch. — Verſchie⸗
den davon iſt der Fall ($. 176.), wo das Adj. mit dem Artikel,
ober auch gewiffermaßen in abfoluter Form nachfolgt und eine Art
Ellipſe bildet: Er trat auf die Steine, gelegt für die Schritte
der Wandrer. (Voß Luife 1, 130.) Hier tritt das Adi. in flectier-
ter und unflectierter Form auf.
Ein Knabe Hatt’ ein armes Mädel jung gar oft in Arm ge-
nommen. G. d. untreue Knabe. Es hatt’ ein Knab’ eine Tanbe
zart. ©. Dilet. u. Rritifer. Einen rotben Mantel feiden,
eine goldne Kron’ er trug. Uhl. d. j. König u. d. Schaͤferin.
Er feget die Krone golden in ihr nußbraunes Haar. Uhl.
daſ. Helene füß! Helene traut! Uhl. d. Goldſch. Töchterlein.
Here Walther ſprach, ein Ritter Fühn. Uhl. d. traurige Turner,
Der Hauptmann führt im Schild ein Röslein roth von Golde
und einen Eber wild. Uhl. Veberfal im Wildbad. Mein wer⸗
thes Ringlein golden! Uhl. d. Ring. — Unferen Schmaus
wird zieren ein Korb großmächtiger Erbbeern, fpanifcher, weiß
und roth, der Ananaswärze vergleichbar. B. 1,154. Was ihr
‘predigt, find Worte des Lebens, bündige, tröſtungsvolle,
befruchtende! 8. 1, 254. An dir Geſellen unhold, barſch
‘.
_— 89 —
und tolt, ift wahrlich wenig zu verlieren. G. F. 1, 178. Die
Blide, frei und feſſellos, ergehen fih in ungemeffnen Raͤu⸗
men, ©, St. 3, 1.
$. 195.
Das prädicative Adjeetiv bleibt neuhochdentſch immer
unfleetiert und unterfiheidet-fih dadurch von dem attribntiven,
nicht aber oon dem Adverbium. Meift flieht es nah: Der Tag
iſt ſchön, Doch auch zuweilen vor: Schön if der Tag; ebenfo im
obliquen Cafus: Er ſchlug ihn todt, weinte fih fatt, weinte ſich
bie Augen roth. — Einzelne Flexionen haben ſich als feftftehend
aus dem Mittelhochbeutfchen erhalten, obwol mande Schriftfteller,
beſonders %. Paul, die flexionsloſe Form vorziehen oder Doch zwi⸗
hen beiden wechfeln. So fagen: wir: Der Anger ſteht voller Blu⸗
‚men, das Haus iſt voller Wäffers. Dex gemeine Mann con-
firuiert auch Halber fo: die Nacht ift halber Hin; ich habe mein
Geld halber ausgegeben. 0
Nur in Entwürfen bift du tapfer, feig in Thaten? S. T. 1,
7. Die Kunſt iſt Tang, und kurz iſt unfer Leben. G. F. 1, 37.
— Drydens Ode auf den Cäcifientag ift voller mufifalifchen Ge-
mälde. L. L. 15. Führe fie mir als beine. Nachahmerin voller
Entzückung, voll unfterbliher Kraft, in verflärter Schönheit ent⸗
gegen. K. M. 1, 11, Jetzt da der Himmel voller Sterne glüht.
G. F. 1, 198. Das Stück war voller Handlung, aber ohne
Schilderung wahrer Charaktere. ©. %. 2, 3. Er fagte mit einem
ganzen Paradies voll Iiebender Freundlichkeit auf dem Geſichte.
J. 13. Welh ein Menſch voll verlebten Lebens. 3. 47. Auch
Herder gebraucht öfters voll mit dem Dat., z. B. St. d. 2.
3, 24r Boll fo ſuͤßem Schwur; 3, 31: Ein Jahre voll bitterm
. Web; 3, 7: Haus voll rothem Vieh.
Anm. Beder (4. ©. 278) fagt: „Man gebraucht voll (häufig
auch voller) insgemein nur dann mit dem Accufatio, wenn das Ob⸗
ject fein Attribut bei fih Hat, 3. B, der Beutel ift voll Gelb.”
Schwerlih dürfte Geld bier im Acc. flehn, es ſcheint eher ein abge⸗
fürzter Genitiv, va voll fonft mit dem Gen. oder mit von und dem
Dativ eonftruiert wird. (Sollte es kein Drudfehler fein, wenn es bei
% Paul Titan 2 Heißt: Bol deutſchem Feuerkoff?) :
$. 1%,
Unabhängige Adjective werben gewöhnlich, jemehr fie die
Stelle von Subftantiven vertreten, flectiert: Ein Blinder, oder
im Plur. ohne Artikel: Blinde. Doc ift zu beachten, daß zwei
formelhaft verbunpne Adi. zuweilen als ein zufammengehöriger Col⸗
lectio behandelt werben und bann ſelbſt im obliquen Caſus unflec-
tiert bleiben: Klein und Groß meldete ſich; man hört von Jung
und Alt behaupten.
: Sp ward für- Alt und Juus orgt. H. 3, 5. Alt und Yung
beftärmt mich mit Problemen. ©. F. 2, 106. Wo Groß und
— 0 —
Klein fih kreuz und quer befehbeten. ©, F. 2, 260. Dex fein
Leben lang geſchwankt hat zwifchen Bös und Gut. ©. Ivo. 2, 2..
War zwiſchen Gut und Uebel und Wahr und Falſch die
Scheidewand gefallen? S. DE. 5, 10.
2) Starfeund ſchwache Form. .
| $. 197.
Während in ber Regel alle Adjectiva beider Formen, ber
ſtarken um fhwaden, fähig find, fehn wir der einen ober ber
andern einzelne Subftantiva überwiefen. Ueberhaupt genommen ıft
vie Zahl der ſchwachen Subft. weit geringer als die der ftar-
fen; fie war eine bloß ergänzende Fortbildung, bie nicht den Um—
fang der älteren (flarken) erlangen Fonnte. Bei dem ſchwachen Subft,
herrſcht das Perfönliche vor; damit hängt zufammen, daß ſchwache
Adj. gern ſubſtantiviſche Geltung annehmen: Da verfeßt der gute
Blinde (Wieland Ob. 6, 81.) | |
Anm. Da die fhwache Form bloß eine ergänzende Fortbildung if,
fo erHlärt ſich daraus, wie jeßt biefelbe in vielen Fällen vorherrfcht,
wo früher pie ſtarke gemwaltet.
a) Schwache Form.
§. 198. |
Oberfter Grundſatz ift: dem beftimmten Artikel folgt
ſchwache Form des attributiven Adjectivs, mag nun:
1) Daſſelbe fuhflantivifch flehn: der, die, das Gute, oder mit '
einem Subftantiv verbunden fein: der gute Maun, die gute |
- Frau, das gute Kind.
2) Hinter das Subſt. treten Artikel und Adi, ur als feierliche
: Epitheta der Eigennamen: Dtto der erfte, nicht aber Band
der erfte. (Etwas anders. ift es, wenn hinter dem mit dem
Artikel verfehnen Subft. Artifel und Adj. nachfolgen, $. 176.194).
3) Zwei oder mehr Adj. behaupten nach dem Artifel burchgängig -
ſchwache Form: der gute blinde Mann. ..
. 4) Schwache Form erfordern neuhochdeutſch au dieſer, jener,
jeder und jeglicher. — Bei alle ſchwankt der Spradhge-
brauh im Nom. und Acc, Plur., neigt jedoch mehr zur ſchwa⸗
hen Form, wie auch bei viele, mehrere und wenige. —
Einige und etliche haben im Nom.” und Ace, Pur, nur
die flarfe Form nach ſich.
5) Im Nom. Sing. ſteht nach dem unflectierten mauch die ſtarke
Form: manch tapfrer Held, nach fleetierten aber die ſchwache:
mancher tapfre Held. In den obliquen Caſus waltet die
ſchwache Form vor: manches ſchönen Tages, manchem be-
-deutenden Worte. Im Nom. und Ace. Des Pur. herrſcht
bie ftarfe vor, wie auch bei ſolche, welche, felbige. -
6) Wie mit manch fo verhält es ſich auch mit viel, wenig,
mehr, weniger: flehn fie unflectiert, fo hat Das Adi. bie -
⸗
— 91
ſtarke Form, fleetiert erforbern ſie die ſchwache. Nicht an⸗
ders iſt es mit ein, kein, mein, dein, ſein, ihr, unſer,
euer, denen im Nom. des männlichen und im Nom. und Ace.
des neutralen Gefchlechts die Flexion fehlt; in diefem Fall er-
‚ „fordern fie die ſtarke, fonft die ſchwache Korm.
&r hätte nicht das Schredlidhe gethan, die Guten hätten
Kraft bei ihm behalten, nicht in der Schlechten Garn wär’ er
gefallen. S. T. 1, 7. — Diefe neuen, ſaubern Forderun⸗
gen, die diefer Queftenberger mitbringt. ©. P. 1, 1. Laffet uns
alle enge Gevanfenformen verläuguen. ©. 1, 4. Alle bie-
hberigen Erfahrungen. 9. 2, 3. Alle unangenehmen Em-
pfindungen. G. 8%. 1, 9. Alle abentbeuerlihen Reize.
G. %. 4, 5. Wenige dürre Früchte gediehen. H.2, 2. Ohne
einige menſchliche Sitten. 9. 4, 6, 6. — Mand. gutes
Mädchen bedarf des ſchützenden Mannes. G. H0.2,103. Mande .
gute Menſchen. G. Lj. 3, 2. Er ſendete mir manch angeneh—
mes Buch. G. Lj. 6. Welch zügelloſer Troß! S. P. 1, 3.
Welch andrer Schuld verklagt dich dein Gewiſſen? S. St. 5, 7.
Welche ſchöne Gegenden breiten ſich in der Mitte Aſiens nie⸗
der. H. 1, 7. Ich könnt' ihm recht viel Böſes dafür thun.
S. P. 2, 5. Zur Schmiede ging ein junger Held, er hatt'
ein gutes Schwert beſtellt. Uhl. d. Schwert. Du wirſt diesmal
noch dein altes Amt verwalten. S. P. 2, 4.
‚Anm, Keine Regeln in der Syntax find fo ſchwer feflzuftellen, als bie
über flarfe und N hivane Declination der Adj., weil die Schriftfteller -
weder unter einander, noch jeder mit fich einig if. So gebraucht z. B.
Goethe nah alle fat durchgängig die ſchwache, J. Yanl vie
ſtarke und Schiller nah Belieben bald die ſtarke bald vie ſchwache
orm. — Ziemlich allgemeine Anwendung findet die Regel, wie Schmitt⸗
enner (Gram. 'f. Gelehrtenſchulen) fie aufſtellt: „Nach ver ſch wa⸗
hen Deck. gegen die Adjective, wenn ein oder mehre mit vollftän-
digen Fleriongslauten verfehene Beſtimmungswörter des Subfl.
„vor ihnen ſtehen.“— Der Wohllaut möchte befonders ji berüdfich-
tigen fein, — Die Regel, welche Beder (6. 254) aufſtellt, daß das
Adi. nah alle im Non. und Acc. PL. die ſtarke Form babe, wenn
der Hauptton auf dem Adf. Liege, ift gar unſicher.
b) Starfe Form.
$. 19.
Dem dburd feinen beftimmten Artikel, wie über-
baupt durch Fein oder doch ein unflertiertes Beflim-
mungswort gebunbnen attributinen Adjectiv gebühßrt
ftarfe Form. — Eimige geflatten fih, eines vermeintlichen Wohl-
lauts wegen, im Gen. Sing. des männlichen und neutralen Ge⸗
fchlechts ohne Artikel ſchwache Flerion, weder im Gen. Sing.
weiblichen noch im Gen. Pur. aller Gefchlechter.
Seid gegrüßt mit Frühlingswonne, blauer Himmel, goldne
Sonne! Uhl. im Herbſte. Dort Liegt fie wohl in ſchöner Ruh
und glüht in ſüßem Traum. Uhl. Nachts. Er war beim König
! N —
zwei volle Stunden. ©. DE. 4, 4. An dem Ufer ſteh' ich
Tange Tage, das Land der Griechen mit den Angen fuchend.
®. 3. 1, 1. — Wo er ſich nur nicht entichloffen hat, mich fe-
ſtes us. bei fih zu erwarten. L. Mf. 2, 1. Sodann. flreichen
die Winde über große Erdſtriche erfrormen Landes hin. 9. 1,7.
Anm. BoPB Hat durchgängig die ſtarke Form: fröhliches Laufs, un⸗
bemmbares Schwunges, keckes Geflügeld u. a. Klopftod hat
mehr die ſtarke ale die Meaut Form; Gpethe in den frühern Wer-
ten mehr, bie flarfe, in ven fpätern mehr die ſchwache. — Eigen ift
Lei. N. 3,7. „Ich will nicht unterfuhen, ob dich nicht fonft —
wohn keit mir dies Erbieten freier Dings zu thun. eie
geroifermaßen abverbialifche, Form erinnert an as,
$. 200.
AS einzelne Fälle find noch zu beachten:
1) Neuhochdeutſch hat der Vor. Sing. nur die flarfe Flexion:
Lieber Freund! Im Plur. herrſcht fie gleichfalls vor: Liebe
Freunde! Doch findet fih auch bin und wieber bie f chwache:
Lieben Freunde! (So ſteht z. B. in Schillers Ged. „An
die Freunde“ in mehreren —*— ., andere haben liebe. Lie—
ben Brüder, lieben Herren! Herder St. d. V. 7, 51.)
2) Wenn auf perfönliche Pronomina unmittelbar ein Adjectivum
folgt, fo ſcheint der Sraanismus unferer Sprache die ſchwache
Form zu fordern. Im Sing. bat fih hier jedoch, namentlich
im Nom. und Dativ, die flarfe Form feſtgeſetzt. Im Nom,
Pur. fteht die flarfe Form: Ihr Arme! Holgt ein Subſt.
auf das Adjertiv, fo herrfcht die ſchwache vor, obwol auch
die ſtarke ſich nicht felten findet: Ihr armen Leute! Gen.
und Dativ Plur. kommen fehr felten vor.
3) Anders ift der Fall, wenn nad) einem Poffeffivum ($.198, 6).
weitere Adjectiva folgen. Hier herricht im Gothiſchen ſtarke
Form, im Alt⸗ und Mittelhochdeutfchen bald ftarfe bald
ſchwache, neuhochbeutfch fleht nur im Nom. Sing. bes männ-
lichen und im Nom. und Ace. Sing. bes neutralen Geſchlechts
ftarfe (der Nom. des weiblichen Geſchlechts ift zweideutig),
fonft durchgängig ſchwache Form: Mein guter Freund, un⸗
fern geliebten Vater, feine klugen Anſchläge.
4) Beim unbeſtimmten Artikel ($. 198, 6.) tritt im Nom.
Sing. ftarfe, im Gen. und Dativ fhwade Form ein; der
Acc. kommt nit in Betracht, weil er beim männlichen und
weiblichen Geſchlecht beide Formen vermengt, und es fi) von
ſelbſt verfteht, daß- der Ace. des Neutrums zum Rom. flimme:
Ein guter Mann, einem guten Mann. Im obliquen Ca⸗
fus hat alfo der unbeftimmte Artifel ganz die Wirkung des be-
ftimmten. Mehrere Adj. hinter einander folgen berfelben Re⸗
gel: Ein guter gerechter Mann.
5) ertonTine Adi., die infubftantivifhe Bedeutung
. übergehn, db. h. fefbftändig, ohne Subftantiv verwendet wer-
— 93 —
ben, pflegten früher. ſchwache Form anzunehmen; neuhoch⸗
deutſch verhalten ſie ſich ganz wie die Adj., haben alſo bald
ſtarke, bald ſchwache Form, nach dem unbeſtimmten ein alſo
im Nom. nur ſtarke Form: Ein Blinder (mittelh. ein blinde).
6) Nach den Grundzahlwörtern zwei, drei, vier u. ſ. f. Bat
das Adj. die Flexion flarfer Korm; nur wenn zwei und
drei flectiext find, bat es die ſchwache: Zwei kummervolle
Tage, zweier kummervollen Zage. Aber auch hier finden
fih Ausnahmen;
7) Wenn zwei Adj. ohne vorbergehendes Beilimmungswort bes
Subft. auf einander folgen, und beide einander beigeorbnet
find, fo haben fie beide die ſtarke Form; iſt das zweite dem
.erften untergeordnet, d. h. ift das erſte ein Attribut des
mit dem andern Adj. fhon zu einem Begriff verbundnen
Subft., fo gebt, Nom. Sing. und Pur. und Are. Pur. aus-
genommen, das zweite nach der ſchwachen, das erfle durch⸗
gängig. nach ber flarfen Korn. Auch dieſe Regel ift nicht ohne Aus-
nahmen, befonders da, es für ben Leſer ſchwer iſt, jedesmal zu fin-
den, ob unter- oder beigeorbnetes Verhältniß zu verſtehen:
Unglücklicher, verführter Yüngling, flih! ©. St. 1, 6.
— Du überglüdlider Menfh! J. 35. Was hat man bir,
bu armes Kind getban? ©. Mignon. Was bleibt mir Un-
lücklichem übrig? © %. 1, 2. O mid Bergefliden!
8. N. 3, 2. Diefe Schönheit blendete mich Armen ganz. ©.
3. 2, 212. Du im Himmel! Hilf mir armen ſchwarzen
Mann, Claudius: d. Schwarze in d. Zuderplantage. Ihr ſeid
allzugütig, ihr Lieben Leute. L. %. 2. Gebet indeß von ung
aus, ihr hohen Engel.vder Throne. 8. M. 1, 441. Habt ihr
euch jebo befonnen, ihr thörichten Kinder? V. 1, 351. Ihr
lieben Holden Muſen! G. Muſenſohn. Spredt, ihr ho—
ben Palläfte! G. röm. Eleg. 1. Wer nie fein Brod mit Thrä-
nen af, wer nie bie kummervollen Nächte auf feinem Bette wei⸗
nend ſaß, der kennt euch nicht, ihr himmliſchen Mädte! ©.
Lj. 2, 13. — Schaut den Ewigen an, ihr vorerwählte Ge-
rechte, heilige Kinder. 8. M. 1, 408. Jener von euch, ihr
erhbabene Wefen, heilig befungene Tag. K. M. 1, 457. Ge-
grüßet ſeid mir, edle Herrn, gegrüßt ihr ſchöne Damen! ©.
.d. Sänger. (In 8%. 2,11. ſteht: Gegr. f. ihr hoben Harn!)
Wir Weife ber Welt! V. 2, 209. Wir ſchwachen Werk⸗
zenge wiſſen fonft den Mund am allerwenigften zu gebrauchen. 2.
Fg. 3, 8. Günſtig iſt diefe Tage für ung europäiſche Räu—
ber. 9. 1, 6. — Mir entdeckt's fein eigner Mund. ©. P. 1,
3. Du wirft Diesmal noch dein altes Amt verwalten. S. P.
N
.2, 4. Ad, meine guten Lieben Freunde! U. N. 5. 8. —
Ah ein ſchöner Schimmel! Das ift ein garfliger Drade!
G. ©, 1. Einft hatt? ich einen ſchönen Traum. ©. F. 1, 215.
— Wir beiden Gemädlichen fahren. B. 1, 38. Das aber
*
‘
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. oo. . L
— — —
iſt der Fluch der böfen That, daß ſie fortzeugend Böſes muß
gebaren. S. P. 5, 1. Das Irdiſche, Gemeine magſt du
—* ‚das Nächſte mit dem Nächſten klug verknüpfen. S. P.
2,6. — Er war beim König zwei volle Stunden. ©. Dk.
4, 4. Er ftand feiernd am Eingang zwoer umbufteter Ce—
bern. E.M: 1, 56. — Sind dir gar lockere, Leichte Gefellen.
© 2. 1. Süße Taue Lüfte wehen ... Er fommt mit. off-
nem heitrem Blide. ©. d. Parnaß. Unter den Vätern war
einer von hohem, denfendem Anfehn. K. M. 1, 718. Er- -
hebe dich fanft mit ſtillem bebenden Säufen 8. M. 1,
558. Ihn fiehft du mit hohem erhabenen Lächeln K. M.
2, 375. Prometheus formte aus niedergefhlagnem wei-
hen Thon. H. 1, 4. In regem prächtigen Streit. G. $.
2, 126, Dann ruht, mit flillem liebevollen entzückten
Blick, der junge Mann auf ihr, und feine Seele ſchwillt, und
ſüße Thränen rollen die dunkle Wang’ herab. W. 8, 47. Der
Fremde erfundigte ſich nach den Befigern verſchiedner großen
Gebäude. ©. %. 1, 17.
$. 201.
Dem präbicativen Adi. gebührt flarfe Form. In der
Ausfage Tiegt etwas Allgemeines, das auf ein beftimmtes Subf.
angewendet‘ werben foll: Die Aepfel find roth. Daher eignet fich
auch am meiften bas Prädicat, die Flexion abzumerfen. ($. 195.) —
Das Prädicat fommt am meiften im Caf. rectus vor neben fein
und werden; es kann aber auch in jedem Caf. obliquus erfrheinen,
namentlich find die abfoluten Participien ($.305.) als prä-
Dicative Formen zu betrachten.
Was grau vor Alter ift, das iſt ihm (dem Menfchen) göttlich.
S. T. 1,4. Wie arm bift du, wie bettelarm geworben, feit-
dem du niemand Tiebft als did. S. Dk. 2, 15. Flavio flürzte
- herein’ in ſchauderhafter Geftalt, verworrenes Hauptes, zer-
festes Kleines. ©. Wi. 2, 5. *6*
Sechstes Capitel.
Caſus.
6. 202.
. Die Lehre vom abhängigen Cafus kann unter brei Ge⸗
ſichtspunkte gebracht werden, je nachdem ibn ein Berbum, ein an-
deres Nomen ober eine Bartifel erfordert. Vorzüglich kommen
bie obliquen Caſus in Betracht, aber auh Nom. und Bor. gehn
nicht ganz Teer aus. Genitiviſche und dativiſche Steucturen flim-
men oft zufammen und entfernen fich von denen des Nom. und Ace,
Berhältniffe des Gen. und Dat. fordern am früheflen bie Zuziehung
— 95 —
\ R
von Prüpofitionen. Allgemein betrachtet find Nom. und Mer. ruhi-
ger ‚ fläter, Gen. und Dat. beweglicher, Tebendiger. - In jenen
amert ber Ausdruck des Geſchlechts anhaltender fort.
A) Verbalrection.
5.203.
Das Berbum des Sabes äußert feine Einwirkung auf das dar⸗
in enthaltene Nomen dadurch, daß es einen beſtimmten Cafus bes-
felben begehrt. Es können aber zwei. oder drei Beziehungen auf
einmal durch das nämliche Verbum ausgedrückt werben, d. 5. es
vermag zwei oder drei verſchiedne Caſus hinter einander- zu regie-
ren, 3. B. Er gab der Göttin den Apfel. Auf den Borcativ än-
Bern Berba feinen Einfluß.
I) Nominativ.
$. 204.
. Subjeet iſt der Nominafiv in zahliofen Fällen, beim activen,
intranfitiven und pafliven Verbum. Diefe Verhältniffe bebürfen fei-
ner weitern Darftelung. — Stehn zwei Nom. im Sab, fo Iaf-
fen fih Subj. und Prädicat Teicht erfennen: Das Kind wird des
Baterd Erbe; das Kind wird groß. Steht nur einer ausge-
brüdt, fo Fommt es. darauf an, ob im Verbum zugleich das Subj.
enthalten ift, und dann bildet jener Nom. zugleich das Präbdicat:
Er ward König. Heißt es aber: Streit entfprang, fo ift dieſer
Nom. Subj., ob wir gleich diefe Nedensart umzuwandeln pflegen
in die faft iventifhe: Es entfprang Streit. Hier tritt das vor⸗
ausgeſchickte es ſubjectiv auf und Streit präbicatio,
Der Tag bricht an und Mars regiert die Stunde. ©. T. 1,1.
"In dem Gedanken bloß gefiel ich mir. S. T. 1, 4. Eines Man-
‚nes Tugend erprobt allein die Stunde der Gefahr. ©. Gt.
1, 7. Iſt der holde Lenz erfihienen? Hat die Erde ſich ver-
jüngt? ©. Klage d. Ceres. Schön find und ehrenvoll des Patrio-
‚ten Wunden! Mit höhrer Schöne ſchmückt der Tod den Chri-
fien! 2. Königin Luiſe. Durch eine hintre Pforte führ' ih Euch,
. die nur durch einen Dann vertheidigt wird. ©. T. 5, 2.
. $. 205.
‚AS einzelne Fälle, in welchen der Nom. erfcheint, bemerfe man:
1) Bei fein, bleiben und werden: Das Kind ift (bleibt,
wird) des Vaters Erbe.
2) Ber [Seinen und dünken: Er Scheint (punkt fih) Der
rößte,
3) Bei heißen: Er hieß der Große. Ä "
4) Bei allen eines Praͤdicats fähigen Paſſivis, beſonders bei
- genannt und gebeißen werben: Er wird König ge
nannt, geheißen. Auch bei dem Partie. Präter,, dem an
-
— in —
fih yaffive Bedeutung zufteht, kann ein folder Nom.’ erfchei-
I Pb zwar unbedenklich, ſobald das Partic. ſelbſt im —
ſteht: König Karl, genannt der Große. Im obliquen
Caſus pflegt das Prädicat den Caſus des Partic. beizubehal-
ten: Bon dem König Karl, genannt dem Großen. (In ei⸗
nem Zwifchenfat wäre vielleicht erlaubt: Von dem König Karl,
genannt der Große?)
5) Bei einigen Verbis, namentlich bei gehn und flerben und
ben ihnen vielfach gleichbedeutenden kommen, erfheinen,
fallen u. a., wozu wir meuhochbeutfch jedoch meiſt als feßen:
Da wurde ih als Tram empfangen; fie geht, fie flirbt als
Jungfrau.
6) Das adjectiviſche Prädicat kann viel freier nicht nur
bei- fein und werben im Nom, ſtehn, ſondern auch bei an-
bern Berbis, z. B. gehn, ftehn, liegen, kommen, fah-
ren, leben u. a., wo jedoch neuhochdeutfch immer die un-
a Form ſteht: Er Tiegt tobt (mittelh. er liget töt und
töter).
1) Ich hätte der elfenbeinerne König fein mögen. ©.
G. 1. Die Künfte find das Salz ber Erde. ©. Wi. 2, 8.
Das Amt des Fürften ifl Fein geringeres, als Gott zu fein
unter den Menfhen, ein höherer Genius in einer flerbli-
hen Bildung. 9. 9, 4, 3. Karlos ift gefonnen, der Unglüd-
Tichfte in diefer Welt zu bleiben. ©. Dk. 1, 5. Und ich
ward ein warmer Held. ©. d. n. Amabis. Der wird nicht
fein Vater, G. ©. 1. Der fi vermaf, der Schöpfer eines
nenen goldnen Alters in Spanien zu werden. ©. DE. 1, 2. —
2) Der fih felbft ein Dichter fheint. ©, T. 4, 2. Wir
fheinen redt beglüdte Schäferinnen. G. T. 1,1. &
wird ein großer Prinz bis an fein Ende [heinen. S. T.
1, 7. Das allein macht fchon den Weifen, der fich jeder dünkt
zu. fein. L. N. 3, 5.3 wähle, was das Beffere mich dünkt.
©. St. 2, 3. — 3) Ich heiße der reihfie Mann in der
getauften Welt. S. Df. 1, 6. Ob ihr ein Freund wollt hei—
Ben ober Feind bes Kaiſers? ©. T. 2, 5. Ich möchte nicht
heute Vater heißen. ©. Hb. 2,87. — 4) Sie hätt’ e8 nie
von mir erfahren, daß fie eine Chriſtin geboren fei und
feine Jüdin. L. N. 3, 10. Du bift Fein Sünder geb
ren. 8. M. 4, 428. Sp will ih ein Verbrecher Lieber als
ein Thor von Ihren Augen geben. ©. Df.3, 10. Ein Ab-
georbneter der ganzen Menfchheit umarm’ ih Sie. S. DI.
1, 2. Ich ftand der nächſte feinem Herzen. ©. T. 1, 7.
Sin!’ ein ergebnes Opfer am Altare. S. St. 5, 7. Die
Nächſte an ihm felber folft du gehn. S. Ivo. 4, 3. Bift du
der Oraien eine gefommen?®. F. 2, 188. Nicht ein. Rind
bin ih erſchienen. ©. F. 2, 241. Weil niemand unfer Reich
vor dir betrat, ber nit ein blutig Opfer fiel. G. J. 1, 2.
— 0917 —
- Wenn in ber Schule du immer der unterfte ſaßeſt. ©. Hp. 2,
253. Aber Feine von allen erſchien die herriihe Jung—
frau. ©. Hp. 5, 192. Komm’ ich als Öattin? Komm’ 2
eine Rönigin? Komm’ ih ein Opfer für des Fürften Schmerz
G. F. 2, 180. Maria Stuart wird als eine Königin und
Heldin fterben! S. St. 5, 1. Die gute Sade wird flarf durch
einen Königsiohn. S. DE. 4, 3. Bleibt Eurem neuen Herrn
getrener als dem alten. ©. P. 3, 23. '
Anm. Bei Nr. 4 wurde es in Frage geftellt, ob man fagen könne: Bor
dem König Karl, genannt ver Große, Aus unfern als claſſiſch an⸗
erfannten Schriftftellern kenne ich kein Beifpiel. In einer Reve W,
Zor zeks auf den hi. Leopold (Heiins Predigtmagazin 1839, Bv.2, ©.
337) ſteht aus einer. Bulle des Papftes Innocenz VIII. überfeht: Die
göttliche Barmherzigkeit‘ hat ein helles Geftirn zum Glanz in der Weit -
angezündet in dem feeligen Leopold, weiland Markgrafen in Defterreich,
genannt der Fromme. ,
2) Accuſatiov.
$. 206.
Der Aceufativ ift eigentlich Begleiter des Activums;
er bezeichnet bie Einwirkung des im Verbum enthaltnen Begriffs der
Thätigkeit auf einen andern, perfönlichen oder fächlichen Gegenftand :
Der Bater lehrt den Sohn, der Knabe wirft ven Stein. Der
Acc. gewährt die einfachfte und Teichtefle Obliquierung des Nom.,
und beide Caſus flehn in Wechfelbeziehung. Jeder Sat mit Nom.,
activem Verbum und Acc, ift umfeßbar in einen mit Nom., paffi-
vem Verbum und präpofitionalem Dativ: Der Sohn wird von
dem Vater gelehrt.
$. 27.
Intranſitive Verba, beren Thätigfeit innerlich bleibt, nicht
auf einen andern übergeht, leiden feinen Acc., aufer den des Re-
flerios, wodurch gerade ihre Intranfition verflärkt wird: Ich freue
mich, er fhämt ſich. Durch baffelbe Refleriv können auch Tran-
fitioa auf fich felbft zurücfgelenft werben: Sch berge mich, er be-
weg! ſich.
ie Tyrannei begnügt ſich nicht, ihr Werk nur halb zu
thun. S. St. 1, 6. Du rühmſt Dich deines ſichern Blicks.
S. U. 3, 3. Sp konntet Ihr an einem Manne handeln, an
dem ſich Gottes Hand fichtbar verfündigt? ©, TI. 3, 3.
Alle flurmerprobten Schiffe bergen fich in fihrer Bucht. ©.
Herv und Leander.
$. 208,
Einfache Rection des Acc. haben unzählige Tranfitiva,
bon benen manche etwas Formelles annehmen, r nur in be-
ffimmten Conſtructionen gebräushlich find. abin gehören
vor andern. etwa: bauen, ben Ader, das Land, eine Straße; be-
Kehrein Grammatik, IL. 1. - 7 _
— 98 —
gehn, eine That, ein Feſt; bieten, Sicherheit, Schutz, Geld;
brechen, Che, Eid, Vertrag, Wort; führen (im Schilde), Liſt,
Trug, Böſes; geben, Mühe, Rath, Segen, Schatten, Raum; _
gerben, Haut, Kell; gewinnen, Blätter, Heu, Erz, Ruhm;
“baben, Danf, Streit; halten, Vieh (weniger im Sinn von
weiden, als ımterhalten), Ruhe, Wache, Rath, Maß, Mund;
heben (an- und erheben) Krieg, Streit, Geſang; Iaffen, Aber,
Blut, Seufzer (es ift dabei an Feine Ellipfe von fließen, fal-
len, gehn zu benfen); Teiften, Dienft, Eid, Gewähr, DBer-
sicht; machen ıft häufig, befonders da es oft an die Stelle des
mittelh. ſchaffen tritt: oft weicht es jevoch dem thun, wie in:
Wunder u. a.; nehmen, Abfıhien, Anlauf, Bad, Beifpiel, Ende,
Frau, Freiheit, Flucht, Mühe, Platz, Oberhand, Nath, Schaden,
Sitz, Trunk, Urlaub, Weg; ſchlagen, Zelt, Brüde, Schwert,
"Raute, Harfe, Trommel, Ball, Geld, Feuer, Holz, Rad, Kreuz,
Burzelbaum ; fpinnen, Garn, Verrath; ftellen, Fallen, Nebe,
Briefe; ftiften, Brand, Unheil, Elend, Uebel, Gefellfchaft, Klo—
fter; ſuchen, den Boden (d. i. fallen), Bett, Ruhe, Thüre; thun,
Bitte, Abbitte, Abbruch, Buße, Fall, Fang, Gefallen, Hieb, Ge—
winnft, Reife, Schaden, Schnitt, Seufzer, Streich, Willen, Zug;
tragen, Angſt, Laſt, Schmerz, Sorge; werfen, Junge, Licht,
Schatten; wirfen, Teig, Tuh, Wunder,
Anm. In der frühern Sprache waren noch manche Comftructionen im-
Gebrauch, die heute ſich nicht mehr finden, 3. B. mittelh. daz ambet
tuon, den boten tuon (einen Boten ſchicken), den brien tuon (ven
. Brei kochen), daz criuze tuon (das Zeichen dr8 Kreuzes machen),
. „ Jaster tuon u. v. a. Selbſt Gewinnſt thun wird man nicht oft hö-
ren. Bei G. Wahlo. 1, 2 ſteht: Er that einen anfehnlichen Lotte-
riegewinnft,
" ‘ $. 209,
Bei einer Beziehung auf das Object tritt jedoch ein Unterfchieb
ein zwifchen ganzer ober theilweifer Abhängigkeit: richtet
fih die Einwirkung auf den Gegenftand überhaupt, fo bleibt ber
Ace, wenn aber nur auf einen unbeflimmten Theil veflelben, fo
nimmt das Verbum den Öen. an. Es find vorzüglich die Verba,
welche haben, nehmen, genießen, effen, trinfenu.f,. w.
ausprüden; ber Ace. bei ihnen bedeutet ungetheiltes Haben, vollen
Genuß des Objectes, von welddem die Rede iſt, das freilich ſelbſt
wieder Theil eines größeren Ganzen fein. mag ($. 223).
Die fpätern Sprachen haben des Klangs noch wohl. K. an
J. H. Voß. Als fie der Speife nunmehr fih gefättiget
und des Getränfes. V. 1, 520. Dann folft du erſt deines
ganzen Siegs genießen. ©. St. 2,9.
$. 210.
Piele Sntranfitiva haben einen Acc. m gewiſſen Redens⸗
‚ arten bei fih: fih einen Buckel lachen; andere (und dahin
gehören auch mande Tranfitiva) nehmen einen Acer. gleide.
1
— 9 —
ober verwandter Bed entung zu fi: Thraänen weinen,
eine ruhigen Tod fterden.
O, wie fchaudert u biefen Ball in Gedanken noch einmal
zu ſtür zen. % Ph. Sie ſtarb viel lange Tage! Und jeder
war ned Todes wer, ben fie. geſtorben iſt. K. Königin Luiſe.
Cr ſtirbt den langen Marterkod. W. 10, 16. Er blicket
. fpradlofen Dauk. W. 8. 30. Der Zufall fpielt zuweilen fpl-
de Spiele. W. 1, 25. Sie haben um ſonf den harten Kampf
mit der Natur‘ gerungen. ©. Df. 3, 10. Thränen füßer
Sehnſucht wirſt du weinen. S. —* 3, 4. Weg mit biefen
Steinen, fie blitzen Höllenflammen in mein Herz! ©. K.
.2, 2. Rampft emen edlen Kampf! S. St. 2, 8. Den zeitlis
"then: Tod ftirbfi’du fir dieſe That, willſt du auch noch ben
ew’gen dafür fterben? ©. St. 5, 7. Sie werben Theil an dem
Rampfe nehmen, ven ich gegen mich ſelbſt ftreite. G. Lj. 4, 15.
$. 211. -
Die ältere Sprache gebraucht einige Berba, deren intranfi-
tiver Sinn vorherrfcht, zuweilen tranſitiv, und fügt ihnen dann
ben obiectiven Acc. bei. Unſere Dichter erlauben ſich manıh-
mal diefelbe Freiheit; gewöhnlich aber bevienen wir uns dafür zu⸗
fammengefeßter Verba, namentlich ber mit ber Vorſylbe be, die da⸗
durch mehr tranſitiv werben, oder Wir conflruieren mit Präpofi tio⸗
nen: weinen, ſorgen, fäumen, wundern u. a., die mittel⸗
odbeuiie den Acc. zu fi fi ch nehmen.
Ha, täubet euch Taubheit? K. d. Jacobiner. Der Todien Schatten
finftern den Abendſtern. K. d. Unvergeßliche. Verirrte mig
Tauſchung? K. An Gott. Er klaget einen beſeſſenen Mann, K
„M. 2, 87. Wenn ih den König irrte? ©. DE 5, 3. Ich
werde feine neiden. M. 7,77. Welche Fürftin neidete nicht
na arme Elärchen um ben Platz an feinem Herzen! ©. €.
— Beil man den unerfchöpften Meiftern pie Lorbeern nür
umfonft begeizt. L. Für wen ich finge. Ih bewundre bes
‚ Königs luſt'gen Beichtiger. ©. DE. 1, 1. Ich weiß, daß hun-
dert Augen gedungen Im, mich zu bewadhen. ©. DE. 1, 1.
Wen beweinen Sie? ©. DE 1, 6. Den allgemeinen
Fahrweg der Gedanken befrete beine Zeitung nidt. ©. DE
2, 4 — Wie fohmerzlih Tacht der Edle über dieſen Ernſt und
"über Kronen und Gräber und Alles! % 47. Deut ı an bie
Nähe des Allwiſſenden! ©. St. 5, 7.-
8. 212.
Setha, deren Einwirkung hauptſaͤchlich auf Berfonen gerich⸗
tet Pe die Begriffe von Hilfe, Dienft, Ehre, Anbetung,
Folge, Lehr, Segen enthaltend, regieren einen weniger objec⸗
tiven Ice. ‚ welcher darum zuweilen‘, beſenders in der frühern Spra⸗
che, in den Dat. und Gen. überſchwankt: Dein Glaube hat dir
7*8
— 10 —
geholfen; was Hilft es mich (uud mir)? Auf gleiche Weife
haben die entgegenftehende Begriffe ausprüdenden Berba, als [ch el-
ten, verleugnen, verrathen, verderben u. a. den Acc.
der Perfon bei fich.
Was Hilft dir das? L. N. 2, 1. Ich möchte Die Leute gerne
fhonen, G. ©. 3,
Anm. 1. Wenn eine Perfon Gegenſtand des Berbums ift, fo wird flatt
des Acc. gern der Dativ gefept. Der Ausprud erfiheint dann perſön⸗
licher und lebhafter. Es ift eine glückliche Gabe ver älteren (weniger
der neueren) Sprache, daß fie zu dem einen oder dem andern Caſus
gesifen darf, je nachdem fie die ruhig erfolgende Einwirkung auf ein
biect, oder das fubjectivere Verhältniß bezeichnen wil, Was Hilft
mich das? ift objectiver geredet, was Hirt mir dag? perfönlicher.
— Biele Berba haben im Neuhochd. den Acc. verloren und falen nun
dem Dat. anheim.
Anm. 2. Anlommen und anwandeln erfordern den Acc. der Per⸗
fon, doch finvet fih auch ver Dat. bei antommen: Daß keine Sorge
mich mehr anwandelt. ©. %.6. Mir kommt ein eigen Grauen
an bei diefem Segen! S. Ivo. Prol, 2. Es kommt ein unbelann«
te8 Grauen fie alle an. W. 2, 36,
$. 213.
Wir haben bisher die Verba erwogen, neben welchen im Sat
ein einziger abhängiger Acc. erfcheint, obgleich er den Umfländen -
nach durch den Gen. und Dativ vertreten werben fann. Nunmehr
bleibt zu betrachten, in wiefern berfelbe Sab zwei Acr., oder ne⸗
ben dem Acc. einen Gen. und Dat. enthalten dürfe.
$. 214.
Die Conſtruction bes Doppelten Acc. ift ſchon in un-
ferer älteften Sprache weit befchränfter als in der Iateinifchen, we-
nigftens für den Fall zweier Subftantive. Häufig tritt ber
zweite Acc. auf als adjectiviſches Präbicat, — . Zwei Subfl. flehn
im ec. bei lehren, fragen, beißen, nennen, ſchelten,
fhimpfen, fehen, zuweilen aud bei glauben, fühlen, fin-
den. Der eine Acc. iſt meift ein Acc. ber Perfon, der andere
ver Sache; doch können auch beide perfönlich ſtehn. Häufig wird
der zweite Acc. dur als (vgl. $. 205, 5.) eingeführt, over auch
mit demfelben eine Präpnfition verbunden, beſonders bei ernennen
($. 261.) und ähnl.
Merden Sie mich aber diefe Tugend in aller ihrer Lauter⸗
feit Ichren? 8. Fg. 1,1. Wer hat dich ſolche Streich'
gelehrt? Uhl. ſchwäb. Kunde. Was ihr den Geift der Zei-
ten heißt, das ift der Herren eigner Geiſt. ©. F. 1, 38. Ita⸗
lien nennt Zeinen großen Namen, den dieſes Haus nicht feinen
Gaſt genannt. ©. T. 1, 1. Den er ben Mörder feines
Baters nennt. S. Ivo. 1,5. Erläßt fih nennen ben Wal-
Ienftein. ©. Lager 8, Der ſich den Guten fhelten Iäßt.
©, 300. 2, 2. Ms ih mich einen Fremdling fah in die-
\)
-
— 11 —
Sem Kreiſe. S. P. 3, 4. Nun fand er fi den erfien Was
henden in feinen Befitzungen. G. Wo. 1, 14. Bielleicht wäre
ib ber, den bu mich glaubfl. L. Ph. 3. Noch fühl’ ich mich
benfelben, der ih war. S. T. 3, 13. Wenn einen Freund,
. den du emft reich geglaubt, auf einmal du als einen Bett-
ler fändeſt? G. T. 4,2. Den Marquis bat man mir als
. einen guten Menfhengerühbmt. S. DE. 4, 14. Ich fenne
dich als einen wadern Streiter. ®. 1, 44. ,
Anm. 1. Bei weifen und verfhweigen, die früher zwei Acc. res
ierten, feßen wir nun einen Acc. der Sache und einen Datio der
erfon.
Anm. 2. Geht lehren in belehren über, fo erforbert ed ven Ace.
der Perfon, den Gen. der Sache: Es käme nur auf eures gleichen an,
mich eines beffern zu belehren, ©. 5. 1, 164. Du biſt noch
jung genug, daß gute Zucht dich eines -beffern Wegs beleh—
ten famn. ©. 2.2, 3,
Anm, 3. Bei lehren fordern einige Grammatiker irrig einen Dativ
der Perfon, obfchon fie auf die Autorität Goethes fih Ligen tönnen,
der einen Dat. ver Perfon aber nur beim Pronomen gebraudt,
fo viel ich wahrgenommen babe: Das Leben Iehret jedem, was er
fe. ©. T. 2,3. Sie lehrte ihm Heine Lieder. G. Lj. 5, 1. Ohne Zwei-
fel if er (ein beſtimmter Seelenzuftand) das, was einem jeden Tehrt,
daß ein Gott fer. ©. Lj. 6.
Anm. 4. Nicht mol nachzuahmen if Goethe in dem Satz: Sie erklet⸗
terte den Maft und erzeigte fih als ein Fühner Matrofe,
Wi. 2, 7. Zwar conftruieren mande Schriftſteller fih erweifen,
119 egoeigen mit als und dem Nom., was aber ſchwerlich zu bil⸗
igen ift.
8,215,
Oft ſteht der zweite Acc. adjectiviſch. Beide Acc. können auf
Perſonen oder Sachen gehn, und einigemal entfpinnen fi) dann
Doppelte Conftructionen, da zu perfönlichem Acc. die Sache im Gen.,
zu ſächlichem die Perfon im Dat. gefügt zu werben pflegt. Faßt
man das Formelhafte befonders ins Auge, fv dürften folgenve
Eonftrurtionen vor andern berüdfichtigt werden: Rund thun; frei,
los, reich machen; feil haben; voll, Teer, frei laſſen;
frei, los, ledig ſprechen; tobt, Tebendig, gefund, krank
finden, fehn,-antreffen; tobt, lahm, krumm ſchlagen;
fich fatt, blind, die Augen roth weinen; ſich fatt, Frank,
gefund lachen; fi fatt effen, fehn, fi voll trinken;
2 fteif fisen; fih müde gehn; fi warm tragen; fid
todt arbeiten; einen bloß deden u. a.
Stolz; will ih den Spanier. ©. Df. 3, 10. Ih glaubt’
im Befig der fehönften Königin ihn glücklich. S. Di. 2, 11.
Schlagt ven Hund todt, G. ©. 1. Könnt’ ich doch in beinem
Thau gefund mich baden! ©. 8. 1, 30. Man ſieht fid
Teicht an Wald und Feldern fatt. G. F. 1, 60. Jetzt laß mid
los. ©. F. 1, 74. Sie wollten fich nun zufanmen dodt la-
hen. ©. Wi. 3, 8. Drauf figen fie, fich recht fatt zu kla—
gen und zu weinen. W. 9, 21. Da nenneſt uns aunbän-
-
n
— 11 —
big, roh, gefühllns? ©. T. 2, 1. Verlaßne Bräute rin-
gen umfonft die Hände wund. Salis, d. Grab. Wird es ihn
glücklich machen? Nein, aber thätiger fol es. ihn ma-
hen und entſchloßner. ©. DE. 4, 3. Die Königin Mut-
ter fand ih krank. ©. DE. 1, 4. Geſchieden von jeder an-
dern Freude, als ihre Tochter glücklich zu wiffen S.Dk.
1,4. Du haft mich frei erflärt. G. 8,4, 4. Ich muß. mid
leichter reiten ums Herz herum. ©. K. 2, 1. Ich fah mein
Auge blind. Bürger, Schön Suschen. Da will ich mich ‚wie-
ver geſcheidt oder völlig rafend gaffen. ©. ©. 1.
$. 216:
Aehnlich den im vorigen $. angegebenen Conftructionen find die
Wendungen: Das Blatt voll ſchreiben; einen voll Waſ—
fers fhütten; den Brunnen leer ſchöpfen; das Schwert
. ftumpf hauen; das Meffer fharf wegen; das Tuch roth
färben; das Rind groß ziehen; Das Korn fein mahlen
u. a. Lauter echt deutfche Redensarten, oft aus lebhaftem Gefühl
entfprungeu und auf fühner Vereinigung bes Adjectivs und Ver—
bums zu einem activen Begriff beruhend. Noch frifcher mußten fie
fein, fo Yang das Adjectiv fleetiert wurde, Kaum läßt fich über-
fehn, wie auch bier gewiffe Adjective vortreten, namentlich voll,
fatt, todt, gefund. Sie können ſich fogar manchmal vertreten:
fatt lachen — todt lachen, während in andern Formeln das Berbum
wechfeln mag, los bringen = Ins machen.
Bis wir den Kahn vom Ufer los gebunden. ©. TU. 1, 1.
Cr ſchnallt den goldnen Helm ſich Ins. Uhl. Gretchens Freu⸗
de. Euer Biſchof lärmte dem Kaiſer die Ohren voll, ©:
5.
$. 217.
Partie. Präſ., vorzüglich aber Bräter. werben häufig als
zweiter Acc. einem erften beigefügt ($. 72.). Folgende Verba kom⸗
men bier in Betraht: haben früher mit dem Partie. Praf., jest
mit dem nf, ($. 58.)5 finden, ſehen und hören mit den Par⸗
fit. Praf. und Präter. (auch wol mit dem Inf); bringen mit
dem Partic. Präter, u a i
Neben ſich hatte fie einen Korb ſtehen. G. Wj. 1, 2. — Ich
ſah das junge ſtolze Blut in feine Wangen ſteigen, feinen
Bufen von fürftlichen Entfchläffen wallen, fah’ fein trunfnes
Aug durch die Verfammlung fliegen, m Wonne brechen. ©.
DE. 1, 1. Mit Schreden feh’ ich fie in tiefes Elend berab-
geflürzt. ©. ©t. 2, 8. Wir finden ihn gewiß bei jenen- Pap—
peln ſtehn. ©. F. 1, 49. Sie fanden den Jüngling ge-
- lehnt an ben Wagen ©. Hd. 6, 220: Dann folft du mid
fnieend ſehen. ©. T. 2, 3. Sie fanden ifn tragend ben
bunten Henfeltopf. V. 1, 237. Wie gerne möcht’ ich einmal
Humboldten erzählen hören. ©. Wo. %:7.
— 103 —
6. 216.
Neben dem Acc. Tann aber nun zugleich ein Gen. oder Dat.
vom Verbum des Sabes regiert werden. Grundſatz iſt bier: Wenn
Acc. und Gen, züfammen erfcheinen, fo tft der Acc. perfönlich, der
Gen. fachlich; wenn aber Acc. und Dat. zufammen ftehn, der Acc.
ſächlich, der Dat, perfönlih. Beide Structuren können zumeilen
taufchen: Was es auch fei, dein Leben ſichr' ich dir, weil Ihr
mich meines Lebens habt gefihert. (Schiller, Tell 3, 3.)
In beiden Fällen iſt der Acc. der eigentliche Caſus bes Verbums;
bei der aceufatioifch = genitioifchen Conftruction Liegt alfo der Nach—
druck auf der Perfon, bei der Dativifch - aceufativifchen auf der Sache,
Das. perfönliche Berhältniß tritt vor in: Ich beraube dich beines
Geldes, das objective (fachliche) in: Ich raube dir dein Geld.
Der Unterſchied erhellt noch klarer bei Umfehung in ben pafliven
Ausdruck: Du wirft Deines Geldes beraubt, bein Geld wird
Dir geraubt.
'$. 219,
Die wichtigften einen Acc. und Gen. zugleich zegierenden Berba
feinen folgende zu fein: Anflagen, belehren ($..214, 2),
berauben, beſchuldigen, bezichtigen, entbinden, ent-
bhößen, entheben, entEfleiden, entladen, entlaffen,.
entlaften, entledigen, entfegen, entwöhnen, erledi-
gen, losſprechen, mahnen, überführen, überbeben,
überzeugen, »erflagen, verfihern, verträften, ver—
weifen, würdigen, zeiben. Neuhochdeutſch haben fih tie
Sale dieſer Eonftruction fehr gemindert, und entweder find flatt des
Gen. Präpofitionen im Gebrauch, wie bei entbinden, entblö—
Ben, entladen, entlaffen, entfleiden, entfegen, ent-
wöhnen, Losfpreden,überführen, überzeugen, verfi-
bern die Präpof. von, bei vertröften auf, bi mahnen
an, bei bitten um, oder bie Perſon wird in ben Dat., die
Sache in den Ace. geftellt, wie bei fparen, zumuthen, bereiten
u. a., die mittelbochdeutfch alle den Acc. und Gen. erforderten.
Welh audrer Sünde klagt das Herz dich an? S. St. 5,7.
Geheimnißvoll am lichten Tag laͤßt ſich Natur des Schleiers
nicht berauben. ©. F. 1, 42. Ich muß des langen Un—
muths mich entladen. ©. St. 2, 8. Des Eides gegen mic
eutlaff’ sch fie. ©. Zoo. 1, 5. Iſt keine Stelle, wo ich mei-
ner Thränen mich entlaften darf, ©. DE. 1, 2. Der Her-
. 309 kann fih des Gedränges Faumerlebigen. ©. Ion. 3,
..2. Die Armen verführt, verwildert, aller Zucht entwöhnt.
S. 9. 1, 3, Ihr zwangt mit frechem Poffenfpiel die Richter, ..
den Schuldigen des Mordes loszuſprechen. S. Weld
andrer Schuld verklagt dich dein Geniffen? ©. &t. 5,7. -
Haft du dich des Deodat und Tiefenbah verfidert? ©. P.-
2, 6. Wir ſelbſt wnden bes Landes vermiefen ©. R. 2,
3. Welcher Sünde zeiht Dich dem Gewiſſen. S. St. 5, 7,
N
’
— 104 —
x
®
Anm. Wie im Latein. die Pronomina manche Eigentpümlichleit in ber
Gafusiehre Haben, fo ift e8 auch im Deutfhen. Denn daraus iſt es
Doch wol zu erflären, wenn Sch. DE. 4, 3 fagt: Was ich höchſtens
Sie zeihen könnte.
$. 220. g
Acc. und Dat. neben einander beherrfcht ein Verbum auf zwei-
fache Weife, je nachdem in diefem Dat, der Begriff des eigentli-
chen (Iatein.) Dat. oder Ablatios enthalten iſt. Doc ift letztere
Eonftruction, weil uns der reine Abl. fehlt, im Neuhochdeutfchen
nicht mehr vorhanden. Der eigentlichen Dat. und Acc. in einem
Sat ift eine unendliche Menge. So vft das accufativifche Object
einem Subject genähert oder entfernt werben fol, jfindet ber
Dat. flatt: Sch bringe, gebe, zeige, berge, entziehe, nehme bir
den Apfel; ich fage, melde, Teifte, brecde dir das Wort. Alle
Solche Verba gehn zugleih auf eine Sache und auf eine Perfon.
Bezieht fi) dagegen die Handlung bloß auf die Sache, ober bloß
auf die Perfon, 3. B. Ich bebaue das Land, liebe den Vo—
ter, fo iſt der perfönfiche Dat. unzuläffig, es fei denn ein fo ge-
nannter Dat. commodi: Ich baue dir (für Dich, deinetwegen)
das Land,
Wenn wir's dem Herrn nur überreden. ©. 9. 3, 1. Es
hat mir Qualen genug gekoſtet. S. St. 2, 8. Hat fie mir
nicht meines Vaters Liebe ſchon gefoftet? S. DE 1, 1.
Wenn es ihm nichts als den Umſturz der Gefehe Eoftet?
S. Di, 1, 5. Nicht ihrem guten Willen dank’ ich die—
fes Amt. ©. T. 1, 7. Diefer Herzog ſchlug die Väter
tbnen und die Söhne, ©, Soon. 3, 2.
Anm. Der Acc. der Perfon bei toften ift felten: Er hätt’ es nimmer .
aufgegeben, und koſtets ihn das eigne Leben. UL Schwäb.
Kunde. (Bol. 5. 228, 9.) s. 21 u
Außer den bereits oben ($. 124.) bemerkten Imperf., die dem
Acc. der Perfon regieren, gehören noch hierher viele andere, in fo
fern fie eine active Bedeutung haben: Es ängſtigt, ärgert, be
fremdet, betrifft, befällt, betrübt, dauert, burftet, er-
barmt, ergößt, fihtan, freut, friert, gebt an, gelüftet,
gerent, bungert, jammert, judt, kommt an, fränft,
ämmert, fhaudert, ſchläfert, ſchmerzt, flicht, treibt,
verlangt, verdrießt, wandelt an, wundert, ziert.
Darob erbarmt’s den Hirten bes alten, hoben Herrn. Uhl.
d. Ueberfall im Wildbad. Da treibt’s ihn, den Föftlichen Preis
zu erwerben. S. Taucher. Juckt dich zum brittenmal das Fell?
G. F. 1, 49.
3) Genitiv.
$. 222,
Der Nee, zeigt die vollſte, entfchiedenfte Bewältigung eines
Gegenſtandes durch den im Verbum bes Satzſubjectes enthaltnen
+;
[EEE Ente une Zn Tr EEE — ⏑ — —— —
— 1055 —
Begriff. Geringere Objectiviſierung liegt in dem Gen., bie thä-
tige Kraft wird dabei gleichſam nur verſucht und angehoben, nicht
erſchöpft. Der Acc. drückt reine, ſichere Wirkungen aus, der
Gen. gehemmte, modifieierte. In den jüngern Sprachen hat ſich
bie Rection des Acc. größtentheils erhalten, die bes Gen. meiſt
verloren und iſt einer präpofitionalen gewichen. Dem Ace. fagen
: tranfitive, den Gen. intranfitive oder refleriotranfitioa Verba zu; .
wenn biefelben Verba bald den einen oder den andern dieſer Caſus
fordern, fo erfcheinen fie dort tranfitiv, bier intranfitiv. Außer die-
fer Berührung des Gen. mit dem.Ace. tritt aber auch eine mit.
dein Dativ ein,
$. 223,
Den ($. 209.) angegebenen Accufatioeonflruchionen zur Seite
finden fi, wie bereits port bemerkt, genitistihe. — Haben hat
nur den pronsminalen Gen. in alter Weiſe: Sch babe deffen,
fonft fagen wir: Ich babe davon. In der Dichterfprache: Sch
babenoh des Mutes; „die älteren Sprachen haben bes Klangs
noch wohl.” (Klopft. an J. 9. Voß.) — Sp auch drehen: Ich
barf der Blumen breden, und die Berba genießen, bringen
und ähnl. - Der Gen. drüdt immer den Begriff einer Theilung
aus und daraus ergibt fich eine merkliche Verfchiedenheit accufativi-
fcher und genitivifcher Struretur. Neuhochdeutfch Taffen wir auch oft
noch den Artifel aus: Blumen brechen, Brot effen, gegenüber
- dem beftimmten Ausoruf: Die Blumen breden, das Brot
effen. Beides find Ace., aber der unarticulierte Ausbrud iſt allge-
mein unbeflimmt, ber partitive nur theifweife.
Sorgſam brachte die Mutter des Flaren herrlihen Wei-
nes. G. Hd. 1, 166. Unfere Kühe folen ungedroſchener
Garben ſich weidlich ſättigen. V. 3, 1, 645. Sie tranken
des köſtlichen Biſchofs. V. 3, 1, 698. Dem Erzeuger jetzt,
dem großen, gießt Neoptolem des Weines. S. Siegesfeſt.
Hepraucht der Zeit, fie geht fo ſchnell von hinnen. ©. F.
5.
§. 224,
Bei den Verbis ſein und werden findet ſich ein Gen., den
man den prädicativen nennen dürfte, weil er ſich leicht im. ein
fubflantivifches oder adjectivifches Prädicat auflöfen läßt: Frohes
Mutes fen, andern Sinnes werben... Etwas Partitives Fiegt
in vielen hierher gehörigen Redensarten. Hänfig tritt auch bier
die Präpoſ. von ein. Sein und werden drüden ferner einen
Befib aus und erfordern bann bie befibende Perfon im Genitiv.
Sein Sohn if hier guter Dinge. % Sch. 12, Ihr habt Euch
gevaltiam zugeeignet, was ich Euch noch heut zu übergeben
iltens war. S. St. 1, 2. Ihr wart fonft immer fo ge-
fhwinder Zunge ©. ©t. 3, 2. Eliſabeth iſt meines-
Stammes, meines Gefhlehts und Ranges. ©. St.
ee Brhatlzmich a BET
— 106° —
1, 1. Das iſt bei uns Rechtens. ©. St. 1, 7. Welches
Blutes rühmt ſie ſich zu ſein? S. Bom. Wir ſind alle des
Todes! S. Ivo. 2, 5. Ich bin ganz Ihrer Meinung. S.
DE 4, 3. Hier iſt meines Bleibens nicht. ©. T. 4, 3.
Seid gutes Muths. G. ©. 1. — Dieſes Haus iſt meines
Herrn des Raifers. S. U. 1, 4 Der Boden ift des Kai—
fers. ©. F. 2, 17. Eduards werd’ ich nie. &. Wo. 2, 14. .
Anm. Für willens fein fagt Leffing einmal (Alte Jungfer 1,4): Die
bat nbch viel vor ihrem Tod in willens, was nicht nachzuahmen. _
So ſteht auch ©. G. 3: Ich Hielt hinter einer Scheuer, in willeng,
fie follten bei mir vorbeiziehn.
\ $. 225,
Andere Verba, die den Gen.,. theilweife jedoch auch den Ace.
regieren, Yaffen ſich unter folgende Begriffe bringen; u
1) Die Berba: warten, erwarten, harren, hüten, wal-
ten, pissen, gewohnen. '
2) Die Berba der Innern Empfindung: hören, fühlen,
dbenfen, gedenfen, erwähnen, vergeffen, fi be-
finnen, ſich entſinnen, fih (und, einen andern) er-
innern, fih freuen (erfreuen), trauern, gewal-
ren, wahrnehmen und das imperfonale es jammert,
3) Die Berba helfen und ſchonen, deren Begriff vorzugs-
weiſe auf Perfonen geht, haben flatt des Acc. gern den Gen.
oder Dativ. Dahin kant man auch fparen rechnen, das
aber vielfach mit den partitiven ($. 222.) zufammenfältt.
4) Die Berba ſich bedienen und brauchen, befonders in
‚der Redensart es braucht.
5) Die Berba desBeginnens und fih Erfühnens, als: be-
innen, fih anmaßen, fi annehmen, ſich beflei-
Ben (Sefleißigen), fih bemädtigen, fi bemeiftern, fid
erdreiften, fich erfrechen, fich erfühnen, fi unter--
fangen, fih unterwinden, fi vermeffen, fi ver-
wegen.
6) Die Verba lachen, ſpotten, fhimpfen, meift mit per-
fönfihem Object. | |
7) Die intranfitiven Begriffe genefen, -fih erholen, erle
- bigt werden. ($. 219.)
8) Die Berba leben und erben, aber nur. in befondern Ne-
Densarten, befonders wenn bie. Art und Weife angegeben ift.
: 9) Das Berbum ſpielen hat neuhochdeutfch den Acc., und nur
noch bei Rinderfpielen wird der Gen. zuweilen gehört: Ver—
ſteckens fpielen. —
10) Die Privativa, zumal intranſitive: bedürfen, entbeh—
ren, entrathen, ſich begeben, ſich entäußern, fich
entſchlagen, ſich enthalten, ſich erwehren, erman—
geln (mangeln).
>
ad
’
— 1017 —
f1) Die Berba achten, begebren, wahren, verfehlen,
ſichern ($..218,), gendeßen ($. 209.), ſtrafen, gelü-
fen, Ti ſcheuen, freilich meiſt nur in befonbern Rebens—
arten.
12. Die Reflexiva ſich beſcheiden, entblöden, entbrechen,
erbarmen, getröſten, rühmen, ſchämen, überheben,
verſehen, wehren, weigern, wundern.
4) Willſt du wicht der Blümlein warten? S. Alpenjäger.
Ihrer wartet noch ein ſchwerer Kampf. S. St. 5, 3. Die
. Hirten pflegten nes Viehes zu warten. G. Hd. 4, 58, Die
. Gefabren, die.nun der Gefhwifter warten. ©. %. 3, 1
Fernando erwartete des frohen Augenblide ©. DE
1, 4. Vortheile und Nachtheile erwarten überall feiner.
9.1, 4 Der Hahn harrte des Wurfs. V. 1, 12. Des
größern Schatzes waltet fein Bater. S N. 1, 3. Sekt
pflegt fie einen Augenblik der Ruhe. ©. St. 5, 1. Mit
ihnen pfleg’ ih Raths. ©. Tu, 1, * Sie ſucht des
Manns zu pflegen und zu warten V. 3, 2, 249. —
2) Daß er deufen fol des Eid es S. Dk. 4, 21. GedenPf,
o Rönig, deines edeln Wortes! ©. J. 1, 3. Auch ward peute
- Morgen ber Königin ſehr väthfelhaft erwähnt, ©. — 4, 4.
Vergeßt mein nicht, wie ich eurer nicht vergeffe. ©. ©. 1.
Befinnt Euh eines Beffern ©. T. 1,6, Da befinn’
ich mid fo eben eines Mohren. L. N. 2, 2. Wenn Eure
Heoheit Sich des letzteren Turniers zu Saragoffa noch ent⸗
finnen. ©. DE. 1,1. Ich denke, Sie erinnern ſich ber
. ‚Briefe. S. DE 4, 9. Sch erinnere mich mit Freuden mei—
ner Jugend. ©. 8.1. 9, weder glüdlihen Tage
‘ erinnert mich beine ‚blühende Jugend! 2. Ph. 3. Weil der
Jefapt doch ſchwerlich der Billigkeit fich zu erfreuen hat.
DE 4, 9. Ich freue mi der ſchönen Blätter aud.
E 5 T. 1,1. Und wie ih eines Felſenriffs gewahre. ©.
‚4 4. D nimm ber Stunde wahr, eh’ fie entichlüpft.
. ©8325 Doch ee biefes halbe Jahr nehmt ja der
| beften Ordnung wahr. ©. $. 1, 97. Mein edler Feldherr,
ben des Blutes jammert. ©. on. 1, 11. — 3) Schont
ver
feines Schmerzens. ©. TI. 1,.4. Unter — und Liebes⸗
reden ſparte man des Weines nicht. ©. Wi. 3, 6. —
4) Du verloren, wenn du dich nicht ſchnell der Macht be—
dienſt. S. T. 1, 7. Kein Menſch kann ſagen, ob er nicht des
Helmes braußt: ©. Yo. Pool. 3. Im Guts zu thun,
Abraucht's feiner Ueberlegung ©. % 5,3. O dieſes
Hans braucht. feines -Meifters mehr! S. St. 5, 2. Der
Srasen braucht's nicht. ©, P. 4, 7. — 5) Deiner hei-
Figen Zeichen, o Wahrheit, Hat der Betrug fih angemaßt.
S. Spaziergang. Mancher Fabriken befliß man ſich da
— 108 —
und manches Gewerbes. ©. Hp. 1, 58. Es iſt ver Fluch
der Hohen, daß die Niedern fih ihres offnen Ohrs bemäd-
tigen. ©. Bom. Nicht um di jedes Greuels zu erfre-
hen. ©. TI. 4, 3. Nur Graf Leſter durfte ſich an dieſem Hofe
ſolcher That erfühnen. ©. St. 4, 6. Wie Tann ich ſol⸗
ber. That mih unterwinden? ©. Son. 1, 10. Wenn ber
Squire fih diefer That vermeffen hat. ©. St.5, 4. Sol⸗
her Gewaltthat hätte der Tyranı fih verwogen? S. U.
4, 2. — 6) Warum dürfen: wir ihrer laden! ©. L. 11.
Des Mütterhen lachten fie alle. V. 1, 348. Doch wollen
wir bes Zufalls künftig lachen. ©. 5. 2, 105. Sie ſpot⸗
ten meiner, Prin! ©. DE. 1, 1. Sidingen, Selbis, Ber⸗
Iihingen fpotten des Faiferlihen Anſehens. G. G. 1. —
7) Sein Weib, ein ihm ſehr liebes Weſen, war eines Kinb-
leins erft genefen. Langbein d. Hirte v. Oppersheim. —
8) Wir Teben der fchönften Hoffnung. ©. Wi. 3, 12. Un .
terbeffen fann man Hungers flerben. ©. Lj. 4, 2. Sie foll
des Todes fterben. ©. DE. 3,4. Sie Teben und fterben.
eines frühzeitigen Pflanzentodes. H. 3, 1. Er verwef’t
eines langfamen, elenden, unnatürlihen Todes. H. 8, 5. —
9) Die Knaben fpielten indeß Verftedens durch bie kaum⸗
erhellten Fichtenflämme. ©. Wi. 1, 4. — 10) Zweier Au—
genblicde nur bedarf’s, mich mit bir zu verfländigen. ©.
St. 4, 6. Der Mann bedarf der Geduld, er bedarf auch
des veinen, immer gleichen, ruhigen Sinns und des graben
Verſtandes. G. Hd. 5, 25. Niemand fäume zu geben in bie-
fen Tagen, und Niemand weig’re fi) anzunehmen; denn Niemand
weiß, wie Tang er Des Aders entbehrt und des Gartens.
G. HD. 6, 201. Mein Haus entbehrt des Baters. ©. Tl.
1, 3. Ihrer Diienfte kann ich nicht entrathen. ©. St. 1, 2,
Die haben ihres Adels, fih begeben. ©. DE. 3, 10. Be-
gib der fremden Waffen dich. W. 12,5. Ich begebe mid
des Vorrechts meiner Würde. ©. St. 4, 6. Muß ein zar-
tes Weib fi) ihres angebornen Rechts entänfern? ©. J.
5, 3. Wer treulss fih des Dankes will entfchlagen, dem
fehlt des Lügners freche Stirne nicht. S. Ivo. 2,2. Wer fann
dabei der Thränen fih enthalten? W. 6, 72. Daß mein
junger Ritter der überlegnen Macht mit Mühe fih erwehrt.
W. 1, 58. Wie man der Landesfeinde muthig fih erwehrt.
©. U. 1, 2. Daß fie der blutigen alten Opfer mangelt.
G. J. 1, 2. — 11) ®ir ahten nicht des Weges. G. J. 2, 1.
Wenn Sanct Beit in Perfon meiner begehrte. ©. G. 1. Der.
weileZalbot, ber bes Siegels wahret. ©. St. 1,7. Es würde
fie fohmerzen, Deines Anblicks fo zu verfeblen. L. E. 2,4.
Laß mich der neuen Freiheit genießen! S. St. 3, 1. Gott,
firafe mich nicht meiner Sünden! L. Fauſtin. Daß der
füßen Frucht euch ja nicht vor der Zeit gelüfte. W. 1, 3.
— 109 —
D felige Raſt, wie verlang' ich bein! Uhl. d. König a. d. Thurme.
Faſt ſcheu' ih mih des Sonderlings. UN. 2,5. — 12) O9
erbarme meiner jammervollen eltern dich! ©. Yon. 2, 7.
Gott erbarme fih des Landes! ©: Ivo. Prol. 3. Der
Landmann rühme fih des Pflugs. S. DE. 3,10. Def rüh
me der biut’ge Tyrann ſich nicht! S. Bürgfchaft. Ich fehe wohl,
baf du des Heinen Dienfts dich ſchämeſt. W. 6, 83. Ich
ſchäme mih der Unerfabrenbeit und meiner Jugend
nicht. ©. T. 2, 3. Ihr werdet Eu fo blutig Eurer Madt
sicht überhehen. ©. St. 3, 4. Der einer folden Scene fi
nicht versah. W. 1, 67. Seines Lebens wehret fidh der
Menſch. H. 8, 4. Wehre- deines Lebens did! S. Jos. 2, 7.
Das ift unjer Herrenrecht zu Arras, und Fein fchönes Weib darf
fih der Sitte weigern. ©. Ivo. 3, 3. j
Anm. 1. Mehrere der genannten Berba ertragen auch andere Conſtru⸗
ctionen; fo flieht bei: achten, bevürfen, begehren, brauden,
entbehren, erwähnen, genießen, pflegen, onen, Vers
fehlen, vergeffen, wahrnehmen, warten (pflegen), in ber
gewöhnlichen Heve öfters der Acc. Andere conſtruieren mit Präpoſi⸗
tionen, fo: ahten, harren, warten mit auf; laden, ſpot⸗
ten, walten, fi erbarmen, ſich freuen, ſich wundern
mit über; fih enthalten mit von,
Anm. 2. Bei fih erinnern findet fih auch ein accufat. Pronomen
(vgl. $. 219, Anm.): Ich erinnere mich' s recht aut. ©. P. 1, 2.
Nur das mußt’ er fich immer erinnern. 3. Paul 82, '
Anm. 3, Wie bei dem angegebnen es jammert, fo flebt auch bei
andern Imperſ. wie: es gelüftet, veut, dauert, lohnt vie
Sache im Gen. oder auch im Dat. mit Präpof. Vgl. 6. 124 f.
$. 226.
Der Drt und die Richtung in Beziehung auf ein anderes
Sein wird gewöhnlich dur Präpofitionen ausgebrüdt. In eini-
gen Redensarten bat fish der Gen. feftgeftellt, namentlich in ver
Medensart bes Weges geben, kommen, die merklich verfchie-
den iſt von feinen Weg geben. Gehe deinen Weg heißt fo
viel als: verfolge Deinen Weg, bleib ihm treu; gebe Deines Wegs
heißt bloß: made dich auf, geh fort! Der Acc. hat das Erfchöpfen,
der Gen. das Anheben auszubrüden.
Wir andern alle zogen indeffen unfern Weg. W. 1,32. Ih
ziehe rüflig meiner Straßen. Uhl. Abreife. Da Tam des
Wegs ein Mütterhen gegangen. W. 4, 36. Des Wegs
fam er. S. X. 1,1. Mit. der Hand winkt’ er mir fchweigend,
meines-Wegs zu gehn. ©. TU. 3, 1. Laßt jeden feines
Pfades gehen. ©. E. 1. Nun ift der Freund feiner Wege
gegangen. ©. %. 4, 14.
— ‚110 m
4) Dratio.
| $. 227,
Die Richtung des Acc. war völlig obiectiv, und Diefer Caſus
behandelt Perfonen fo fehr wie Sachen, daß fie in das beherrichte
Subject eines paffiven Sates verwandelt werden können. Auch der
Gen. iſt Objecho, nur in fohmächeren Grade, und: felbft -Die per-
fönlicgen Gen. empfangen diefen gelindern objectiven Anflug, . Um-
gekehrt hat der Dat, ſeinem Wefen nach etwas Perſönliches,
und fächliche Dative erhalten gleichfam perfönliche Färbung.
$. 228,
Die Perba, die den Dativ regieren, find eben fo wenig aufzu-
zählen als jene, die den er. erfordern. Es find vorzüglich Die
Vorſtellungen des Näherns und Entfernens, der Liebe md
des Haffes, des Nubens und des Schadens, die auf- bie
‚ Frage wem den Dativ erfordern. Eine große Anzahl derſelben iſt
mit den Vorſylben er, ver, ent und den trennbaren Präpofitionen
ab, an, auf, bei, noch, vor, zu zufammengefebt. Folgende
teanfitive und intranfitive Dürften die wichtigften ſein: —
1) Die Verba der Liebe und des Haſſes, als: flehen, hul—
digen, Eofen, ſchmeicheln, drohen, fluchen, zürnen.
2) Die Berba des Nupens und Schadens, als: behagen,
beiftehn, beifpringen, dienen, frommen, belfen,
nützen, opfern, weihben, winmen; beneiden, ſcha—
ben, trotzen. —
3) Die Verba des Gerätheanlegens, des Lager- nnd
Nahrunggebeng, als: betten, fireuen, vorgeben,
vorlegen, vorfegen. '
4) Die Berba des Sagens und Abfagens, als: ankündi⸗
.. gen, anfagen, antragen, antworten, beiflimmen,
befennen, danken, erwiebern, geloben, geflebn,
melden, offenbaren, ratben, fagen, zufagen, zu—
ffimmen, zuſprechen, zureden, :zuerfennen; abra-
then, abfagen, entfagen, aufkündigen, wider-
ſprechen. F
5) Die Verba des Hörens, Glaubens und Gehorchens,
Als: hören, horchen, lauſchen, zuhören; glauben,
trauen; folgen, geboren, ’
. 6) Die Berba nes Näherns mb Entfernens, des Gebens
amd Entziehens, ald: anmeffen, begegnen, beiwoh—
nen, erfcheinen (feinen), nahen, nähern, berei-
nen, vergleichen, zeigen, zueilen, zuſehn; anfbür-
den, aufladen, auflegen, ausliefern (liefern), bei-
fügen, beilegen, beimiſchen, beiwohnen, borgen,
bringen, erweifen, geben, leihen, leiften, reichen,
fhenfen, fhiden, fenden, zuwenden; entfallen,
— 11141 —
entfernen, entfliehen, entgehn, entſinken, ent-
wenden, entziehen, nachſtehn, nehmen, rauben,
ſtehlen, unterfhlagen, weichen n. a. j .
7) Die Berba des Gefallens und Mißfallens, als: be
bagen, gefallen, genügen, zufagen; mißfallen,
widern, widerftehn. .
8) Die Verba des Erfaubens, Befehlens und Verbie-
tens, als: auffchließen, aufthun, einräumen, er-
Taffen, erlauben, eröffnen, geftatten, gewähren,
nachgeben, nachſehn, vergönnen, verfpreden, ver-
zeihben, zugeftehn; auftragen, befehlen, gebieten;.
abfhlagen, verbieten, verfagen, wehren, weigern,
9) Die Verba bezahlen, gelten, Toften ($.220.), nach a h⸗
men, rufen und verfichern erfordern nach ihrer verfchieb-
nen Bedeutung verfchiepne Caſus. Bezahlen erforbert den
Acc. der Sache und den Dat. der Perfon. Iſt jedoch die Sache
mit emer Präpofition confiruiert oder ganz ausgelaffen, fo
. fteht die Berfon auch im Acc. Selten erfordert in der Be:
beufung von werth fein den Acc. der Sache und den Dat.
‘ver Perſon; tritt aber die Perſon an die Stelle der Sache, fo
folfte man fie tm Acc. erwarten; die Schriftfteller ziehen aber
häufig den Dat. vor. Bei nahahmen fteht im Allgemeinen
bie Sache im Acc., die Perfon im Dat.; aber man findet auch,
wenn bie Sache fehlt, die Perfon, die dann gewiffermaßen an
die Stelle der Sache tritt, nicht felten im Ace., ohne daß da⸗
bei immer an ein nahäffen gedacht wird, wie mande Gram-
matifer behaupten. Rufen hat in der Bedeutung von zuru-
fen den Dat., in der Bedeutung von herbeirufen ben Acc.
der Perfon. Berfichern erforvert in ver Bedeutung von gewiß
machen ben Dat., in der Bebentung von fiher machen den
Acc. der Perſon. Vebrigens fagen wir häufig: Ich verfichere
Sie, ih Fann dich verfihern, fo auch Leffing öfters,
3.2. in ber alten Jungfer. 2, 3.
4) Der Held lauſchte ihren (ver Dichter) Gefängen, und
ber Ueberwinder der Welt hHuldigte dem Dichter. ©. %.
2, 2. Unrecht leiden fhmeihhelt großen Seelen. ©. DI.
2, 15. Der Strafe denfe, die bie heil'ge Kirche der mangel-
haften Beichte droht! ©. St. 5, 7. So fluch' ih allem,
mas die Seele mit Lock- und Gaukelwerk umfpannt. ©. F. 1,
81. — 2) Dein Bater dient dem Könige. ©. DE. 2, 4.
Was frommt Euch dieß Geräte? S. oo. Prol. 3. Was
half dem unfrer Mutter ihre Klugheit? G. T. 3, 2. Ver⸗
"folgt den Verbrecher! Euch ift er geweiht! G. J. 3, 1. Was
wir ihm benetideten. ©. DE. 1, 4. — 3) Er fest die efle
ſchaudervolle Speife dem Bater vor. ©, J. 1, 3. — 4) Wenn
mir für ein Vergehen Beſtrafung angekündigt ward. S. Dk.
1, 2. Und danket dem rettenden Gotte. S. Biürgſchaft.
— in —
Selbft: ven Fuͤrſtenmantel, den: ich trage, verdank' ih Dien-
ſten, die Verbrechen ſind. S. T. 1,7. Daft du dem Könige
das Huge Wort vermelden laſſen? ©. J. 4, 4. Noch kann
ich es mir und darf es mir nicht fagen,- daß ihr verlyren fein !
.G. J. 3, 1. Sie waren mein, mir zugefprocden von zwei
großen Thronen, mir zuerkannt von Himmel und Natur. ©.
Dk. 1,5. Er fol dem Kaiſer oder Euch entfagen. S. T.
3, 2. — 5) Id Einfamer horche vergebens ihrer Stimme
und ihrem fommenden Fußtritt. V. 3, 1, 349. Die Jungfrau
Iaufchte nächtlichem Geſange. Uhl. Maiklage. Bertrau’
ihm, fer ihm dankbar! ©. %. 1, 2. Zwar .feh’ ich nicht, wie
ih dem Rath des Treuen folgen fol. ©. J. 1, 2. Sag’
nicht, du müffeft der Nothwendigfeit gehorchen und dem.
Dringen deines Bolfs: S. St. 2, 3. — 6) Dich heißt dein
eigen Herz ihm freundlich und vertraulich zu begegnen. ©. %.
1, 2. Wohntet Ihr dem Ritterfpiel nidt bei? S. ©t.
2,1. Rann ih ihm nicht ein Retter willfommen erfcheinen.
S. Bürgſchaft. Diefe Sonne fheinet meinen Leiden. ©.
5. 1,84. Wie konnt’ ich ohne Zeugen mich ihr nahn? ©. DE
1,2% Sp fol mid der Tod ibm vereinen. S. Bürgfchaft.
Den Dichter tell’ mir vor, ber Homeren, Birgilen fi
vergleichen darf. G. T. 2, 3. Zeiget Euch zum Abſchied
dem Infanten ©. DE 2,3. Sie ap dem Rampfe zu.
S. Df. 1, 1. Er Liefert fihb aus dem Tyrannen ©.
Bürgſchaft. Ich könnt' euch auch von den meinigen borgen.
G. G. 1. Ich könnt’ eud ein hübfches Kleid geben. G. ©. 1.
Körper und Stimme leiht die Schrift dem ſſummen Gedan-
fen. ©. Spaziergang. Es flieht bei Euch, dem Vater einen
großen Dienft zu Leiften. ©. T. 3, 2. Laßt mir den beflen
Becher Weins in purem Golde reihen. ©. d. Sänger. Drei
Tage will ih bir ſchenken. S. Bürgfchaft. Die heilen Zeichen
‚ fendet uns Apoll. ©.%.4,4. Wende meinem Freunde
dein Gemüth zu. ©. J. 3, 1. Daß allen Ruderern das
Herz entſank. S. Tl. 4, 1. Schaf uns Luft, daß wir, den
. Schab dem Volk entwendend, fliehn. ©. 3. 4, 4. Sehr
gerne fteht Rarlos dem Minifter nad. ©, Dk. 2, 1. Ich un-
terfchlage der Freundſchaft mein gefährliches Geheimniß.
.S. Dk. 5, 3. Und die Gebilde der Nacht weichen dem ta-
genden Licht. S. Spaziergang. — 7) Es gefalle meiner
Königin. ©. St. 4, 11. Daß fie nie erfahre, wie fehr fie
ihrem Sohn mißfällt. S. DE. 1, 1. — 8) Nur die Wol-
Inft ſchloß dem Laſter ihre Herzen auf. ©. DE. 1,9. Daß
dem beängfligten Gewiffen bie Kirche eine Zuflucht aufge-
than. S. Df. 1, 1. Dir ift die Strafe erlaffen. ©. Bürg-
Schaft. Ich erlaube Euch, ben Prinzen zu verföhnen. ©. DI.
2, 3. Ich rufe Dianen an, bie ihren Schuß der Priefterin
gewiß gewährt. ©. %. 1,2. Doch mir vergönne Ihre
\ — 113 —
Majeftät. S. DI. 1, 3. Verfprechen Sie mir difes? ©.
1,2. Thu', was fie dir gebieten. 2,
. 9 DO Mahler! Mahler! rief ich Taut, belohn' dir Gott dein Ran
len! Und nur bie allerihönfte Braut Fann dich für und bezah-
‚ Ten. ©. Renner u. Enthuſiaſt. Wem galt das? Ich glaube
min © DE 5,3. Es gilt dein leben, du junger Knab.
Uhl. d. Knaben To. Haft du umfonft den Zodiaf, die Him-
melsfugel auf diefen Wänden nachgeahmt. ST. 1, 7.
. Sp ahbmen fie Die Unſchuld fiegreic. nad. ©. Ivo. 2, 10.
- Der Dieter fol den Künſtler nahgeahmt haben ... Vir⸗
gil babe die Künſtler nahgeahmt . A Der Dichter fol
dem Künſtler nachgeahmt haben. L. L. 6. Bir ah—
‚men ihm (dem Ewigen) nach, wir ſehen die Gründe, warum
wir ihn.in diefer Organifation nicht anders erkennen und
. nahahmen können. 9. 4, 6, 6. Gleichwohl ahmt' er ihn
.(Bstt) nad. KL. M. 2, 283. Wol den Schöpfer af
met ihr nach, ihr Götter der ee G. der Park (2, 133).
.Deutſchland ahmte mih nad, ©. Epigr. 34. Did ruft
“der Herr zu einem anderen Geſchaͤft. S. Se Proi. 1,10. Ruft
ber Mutter, fie ſoll Blutwurzel bringen. ©. ©. 5. Haft du
bich des Deodat und Tiefenbah verfihert? ©. 9. 2,6. Ye
besmal verfigerte man mir, j wäre ein Glück, daß biefes
Uebel nun für immer vorüber fe. ©. ie Sie, ibm meine
Unterwerfung zu verfihern. ©. DE. 4
$. 229. \
Wir haben bereits (K. 124 f.) mehrere Imperſ. gehabt, die theils
den Acc., theils den Dat. der Perſon erfordern. Der Dativ kommt befon-
berg vor bei folgenden, die eine neutrale Bedeutung haben, oft aber auch
herſonin ſtehn können: Es ahnet, begegnet, bekommt, beliebt,
behagt, entfaällt, entgeht, fehlt, gebricht, gebuͤhrt,
gedeiht, gefällt, gehört, gelingt, genügt, geräth, ge-
ſchieht, geziemt, gilt (mir gleich), glüdt, grant, hilft,
fommt (mir vor), Foftet, mangelt, nüßt, ſchaudert, fhwin-
delt, träumt, ziemt, und bei allen intranfitiven, die unperfün-
lich behandelt werben Können, 35. DB. lohnen, verzeihen u.a.
.. ‚Mir ahnt ein unglücksvoller Augendlid. S. Dk. 1, 2. Das,
ſagteſt du, gebührt dem Rönigsfohne. ©. Dr. 1, 2. Und
wenn es uns glüft. ©. 5. 1, 125. Jedem fommt fie
wie fein Liebchen vor. 81 u. Es manrgelte dem
Glück der Eltern noch ein Sohn. ©. %. 1, 3. Jh mag nicht
bin, mir graut es vor. bem Orte. ©. 5 1, 49. Deinem
"Schwager ziemt’s, fih groß und fürſtlich zu beweiſen. S.
‚4.
Anm, Wenn Fr. Ruckert in „d. Begrüßung auf dem Kynaſt“ fagt:.
O weh der feigen Ritter, die dor dem Brautritt graut! fo gehört
diefe Eonfiruction zu ven mancherlei Eigenheiten biefes pradaeipand-
- ten Dichter. Bgl. übrigens $. 219, u. 5. 225, Anm. 2.
Kebrein Grammatik II. 1. | 8
' , “ — — 114 —
Ber den bisher genannten Zeitwörtern war zur Ergänzung bes
Prädicatsbegriffes mehr oder weniger ein perfönliches Object im
Dat. nöthig. Der Dativ wirb aber außerbem nicht felten gebrandht,
wo jene Ergänzung gerade nicht nöthig fl, das nicht ergänzende
Dbject aber zu den Prädicat in einer Beziehung flebt, welche nur
als ein Perfonenverhältniß kann gebacht werben, und zwar meiſt im
Verhältniß des Nutzens oder Schadens
Du haft fir Andre viel gelebt, leb' endlich einmal dir felber.
©. T. 2,2. Sein Herz ſchlug der ganzen Menfchheit. ©.
Dt. 5, 9. Berzweifle Feiner je, dem in ber trübften Nacht ver
Hoffnung letzte Steme ſchwinden! W. f, 27. Es grünt
uns fein Halm, es wächlt feine Saat. S. L. 11. Ihren be-
deutet diefes Opfer nichts. S. DE. 3, 10. Die Uhr ſchlägt
feinem Glücklichen. S. 9. 3, 3. Die Fremde haft du
mir verföhnt. ©. Ivo. 3, 4, Dir blüht gewiß das ſchönſte
Glück der Erde, ©. Ivo. 3, 4. Bin ih derſelbe denn nicht
mehr, dem bier fonft alle Thüren fprangen. ©. DI. 4, 22.
B. Rominalrection.
$. 231.
Nomina hängen von einander ab. Hier kommen vorzüglich Gen.
und Dat. in Betracht, weniger der Acc., welcher bei der Berbal-
rection gerade bie bedeutendſte Stelle einnahm. Inſofern fteht die
'nominale Abhängigkeit der verbalen gegenüber ; fie wendet fi) vor-
zugsweile an die bewegten, Iebhaften Cafus, beim Verbum herrſcht
der rubigere Acc. vor.
1. Genitiv.
a) Genitiv, abhängig von Suflantiven.
Jeder zu einem, gleichviel in welchem Caſus ſtehenden, Sub-
ftantio gehörige Gen. drückt eine Verbindung beider‘ Gegenflände,
eine nähere Beftimmung jenes Cafus aus. Folgende Fälle möchten
vor andern zu erwägen fein: |
4) Berwandtfhaft, zumal Abftammung und Urfprung.
2) Herrſchaft, Beſitz, Eigenthum. Bei Benennung der
Regimenter wird jedoch der Name bes Anführers ohne Flexions⸗
zeichen geſetzt.
3) Ausfluß dieſes Eigenthum und Beſitz bezeichnenden Gen. iſt
der pronominale, neben dem Poſſefſtvum geltende: In meiner,
des öffentlichen Schreibers, Gegenwart.
4) Art und Beſchaffenheit. Die neuhochdeutſche Sprache
bedient ſich hier meiſt der Präpoſition von oder zuſammenge⸗
ſetzter Wörter. Der höhere Styl ſagt jedoch im Plural: Ein
Mann herrlicher, aber smausgebildeter Anlage.
— 15 —
5) In zahlloſen Fällen gibt der Gen. eine Eigenfchaft an; er ift
amgefehrt ein Gegenftand, welcher durch das Subſt., von wel-
dem er abhängt, gefchilbert wird, 3. B. die LRinge des
Weges, die Rühle des Regens. So brüdt auch der herr-
fihende Cafus aus, wa® von dem im Gen. enthaltnen Gegen-
fland bewirkt oder gefeiftet wird. \
6) Andere Gen. Löfen fi in mehrfahe Präpofitionalver—
hältniſſe auf: die Vögel des Waldes.
7) Neuhochdeutſch pflegen wir dem von Subſt. der Theilung
oder Bereinzelung abhängigen nachgefebten Gen. die männ-
liche und neutrale Endung zu entziehen (6. 189.). Im ge-
wählten Ausbrud findet fih auch der flectierte Gen., ohne daß
dabei dem Subft. immer. ein Adj. nötbig ifl, wie manche Gram-
matifer behaupten.
8 In Subſt. deren Verbalfinn noch rege ift, fann active oder
paſſive Bedeutung gelegen fein, wodurch auch der mit ih-
. en verknüpfte Gen. ziweideutig wird. Den Zweifel hebt Ge-
brauch oder Zufammenhang der Rede: Die Ermahnung des
Sünders (ifl an den ©. gerichtet), die Ermahnung des
PeaBer (gebt von dem Pr. aus). Der fnbflantiviich ge⸗
este Inf. behauptet in der Regel activen Sinn; doch fagen °
wir auch unbedenklich mit palfivem Sinn: das Begraben
der Todten.
- 9) Verſchiedne Subft. werben formelhaft mit Gen., befonders plu⸗
!
rolen, zu Erhebung des Begriffs verbunden. Oft ‚ver-
treten fie einen adjectiviſchen Superlativ: Bater aller Armen
und Unglüclihen; ein Kind des Glücks, des Todes.
1) Den (Schub) Hat des Friedlands Gattin nicht zu hoffen.
© T. 3, 4. Grüß den Vater und Vaters Brüder. ©. 8. 7.
Er iſt guter leute Kind. S. L. 7. Du Ausıng aller töbt-
- Ti feinen Kräfte. ©. 5. 1, 42. — 2) Wir, in Feindes
Land, mußten derweil ums fhlecht bequemen. S. 8. 6. Du, Geift
der Erde, bif mir näher. G. 5. 1, 33. Der Terzky det der
Mutter Ehrehweine preisgegeben. ©. 9. 3, 1. Ich bin doch
an bekannt in allen dunkeln Eden dieſes Hauſes. ©. P.
8, 4. Sch bin des Kaiſers Offizier, fo ang’ ihm beliebt,
des Raifers General zu bleiben; und bin des Friedlands
Knecht, fo bald es ihm gefallen wird, fein eigner Herr zu fein.
S. P. 4, 4. Ihrem Beifpiel folgen die Regimenter Tiefen-
bach, Toscana. © T. 3, 15. — 3) Das fonnte nur durch
feine, des Aufnehmenden, Kräfte beflimmt werben. 9.9, 1.
Ich wi bir alfo nur geſtehn, daß ich es aus feinem eignen, des _
: Fürften, Munde habe. 5.9.5, 1.— 4) Aus allen Randen treffen
bier Raufluftige zufammen, um Geſchoͤpfe edler Abkunft, forg-
+ fältiger Zucht ih zuzueignen. ©, Wi. 2, 9. Eilig teodnet’
ee ab die Thräne, der Jüngling edlen Gefühles. G. Hp.
: 4, 66. Gewiß waren es Männer göttliger Natur, bie
8
— 416 —
zuerft lehrten, gegen Schuldige gelind, gegen Verbrecher ſchonend,
gegen Unmenſchen menſchlich zu fein! ©. Wi. 1, 4. Beeren
wilder Art all ihre Koſt. W. 1, 5. Jetzo erhuben fih neue
geheimnißsolle Geſpräche ſchickſalenthüllenden Inhalts.
K. M. 1, 188. Ungern vermiff’ ich ihn doch den alten cattune-
nen Schlafrock, ächt oſtindiſchen Stoffs. ©. Hp. 1,33, Die
Adreffe feines Briefes führte ihn an ein Haus von alter, ernfter
Bauart, doch wohlerhalten und reinlihen Aufehns. ©. Wi. 1,
12. — 5, 6) Der Vortrag macht des Redners Glück. ©.
8. 1, 37. Der Freunde Eifer iſt's, der mich zu Grunde
richtet, nicht der Haß der Feinde. ©.T. 3, 16. Er wies im
Vertrauen mir Briefe vor der Schweden und der Sacſen.
S. P. 5,1. Wie flrafbar auh des Fürften Zwecke waren.
S. P. 5, 1. — 7) Du wollteſt fie am Ende mit einen elen-
den Stück Geldes abfertigen. ©. 9. 2, 5. Ein Herz, wie
Eures, wiegt Tonnen Goldes auf. ©. P. 4, 4. Es bleibt
nichts übrig, als eine Handvoll leichten Staubs. ©. Ivo. 3, 6.
Sch brachte die Flaſchen Weins und Bieres hervor. ©. Hp.
2, 78. — 8) Uns gebe die Erinn’rung fhöner Zeit neue
Kraft. G. J. 2, 1. Der Unterricht meiner Lehrer bauerte
fort. ©. Lj. 1, 8. Stets warſt du mir der Bringer irgend e i⸗
ner f[hönen Freude. © P. 2, 4 Man zeihe Sie verweg-
ner Meberfihreitung der anvertrauten Vollmacht, frevent-
licher Berhöhnung höch ſter Faiferliher Befehle. S. P. 1, 2.
d) Genitiv, abhängig von Adjectiven.
$. 233. le
... Die Zahl der Adj., die den Gen. regieren, hat fich gegen bie
frühere Sprache gemindert. Viele nehmen dort das fie näher be-
fiimmende Subft. im Gen. zu fi, wo wir heute die früher ſchon
hin und wieder auftretenden Präpof. von und an.gebraucdhen, wie
bie Adi. der Farbe, ver Näffe und Dürre, ber Stärke und
Schwäche nu. a. Andere nehmen ven Gen. zu firh, geflatten aber
auch die Conftruction mit Präpofitionen, wie fähig, befugt,
froh, voll, rein u. a.; wieder andere eonftruieren. meiſt den
Ace. wie inne, anfihtig, gewohnt, gewahr, Ins. Mit
dem Gen. werben jetzt noch vor andern confleniert bie Adjective:
anfichtig, bebürftig, befliffen, befugt, begierig, be—
nöthigt, berichtet, bewußt, eingebenf, eimig, :em-
‚pfängig, fähig, frei, froh, gefällt, gewährt, gewär«
tig, gewahr, gewahrt, gewiß, gewohnt, habhaft, inne,
funbig, ledig, leer; los, mächtig, müde, nöthig, unth,
quitt, rein, hatt, fchuldig, ſicher, theilbaftig, über
brüßig, überboben, uabefümmert, unwiffend, ver
dächtig, verluftig, vermutbendb, voll, werth, würdig,
and ihre Sproßformen mit ug, wie unfähig, unwürdig u a.
Auch das veraltete verblichen (des Todes) gehört hierher, fo wie
— 11 —.
wiele aus folchen Zeitwörtern, welche ben Gen. regieren, gebifbete
Arj., wie beſchuldigt, verflagt, verwiefen u. a. und bie
Partic. Praͤſ. derſelben Zeitwörter.
Als der Herr mein anſichtig ward. ©. TI. 3, 1. Die Hengſte
rannten nach Haufe, begierig des Stalles. ©. Hd. 6, 313.
Die Steuerlente wiffen vor großer Furcht nicht Rath’ und find
des Fahrens nicht wohl berichtet. ©. TU. 4,1. Der
Unfhuld, des unverführten Willens mir bewußt. ©. T.
4,4 Schon ift man Handels einig. ©. DE. 2, 8. Wenn
wir, ber größeften Wärme und Kälte gleih empfängig,
durch die weiten Regionen des Himmels fchiffen Fönnten. 9. 1, 2.
Gebt ift die Seele ihrer Bande frei. ©. Ivo. 3, 5. Mun⸗
ter entbrennt, bes a Ana froh, das freie Gewerbe,
S. Spaziergang. Aber weſſen bas Gefäß iſt gefüllt, davon
es fprudelt und überquillt. ©. 2. 8, Ih warb meines Wun-
ſches gewährt. ©. ©. 2. Die Starken fichn gehorchend je-
bes Winks gewärtig. ©. F. 2, 223. (Des Dichters Winf
gewärtig melodiſch Flingt bie Durchgefpielte Leyer. G. Sonette 3.)
Kaum wird die ritterlide Schaar der beiden Reifigen ge-
wahr. W. 3, 2. Dan wird bier einer wohlgebauten Stadt.
gewahr. G. Wj. 2,9. Es wäre mein und meines Det
hens übel gewahrt geweien. G. ©. 3. Wer hat euch deſ⸗
fen. fp gewiß gemadt? ©. DE. 3, 10. ‚Schon Tängft ge-
wohnt der wunderbarften Dinge. ©. 5. 2, 75. Nicht des
Schwerts gewohnt ift diefe Hand. ©. Ivo. 2, 7." Er iſt
bes Zwanges ungewohnt. ©, Df. 2, 10. Sie werben
ihres Wahnes inne werden. ©. Ivo. 5, & Großer.
Dinge werd’ ih inne. Uhl. Wunder. Ich bin des MWegs
nicht Fundig. ©. TU. 5, 2. Alles Zweifels ledig, rein
von Schuld läg' ih in meiner flillen Gruft, ©. St. 4,9.
Alles Troftes leer. W. 9, 1. Nun bift du los der all-
auläftigen Schwere ©. F. 2, 49. Sie fonnte der augen-
licklichen Beforgniffe nicht Ins werden. ©. Wo. 1, 2.
Der Schlüffel bin ih mädtig. ©. St. 3, 6. Der Tell
fei frei und feines Armes mächtig. ©. TI. 4, 1. Ich bin
des Lebens und des Herrſchens müde. S. St. 4, 9. Wie
konnt' ich auch vermuthen, daß du deiner Königin ſo müde
wäre? L. N. 2, 1. Sobald ver Menſch Menſch wird, hat er
‚eines eigentlichen Herrn mehr nöthig. H. 9, 4, 1. Mei—⸗
— ner Freundſchaft find Sie quitt. 2. Sch. 3. Nein des
gerechten, unfhuldigen Bluts. K. M. 4, 529. Ich bin des
trocknen. Tons nun fatt. ©. F. 1, 99. Auch du hältſt mid
- der fohweren Sünde fhuldig? ©. Ivo. 5, 4. Des Da-
- ters, find wir fiber duch den Sohn. ©. T. 3,2. Die Tau-
. fende, die Diefer großen Stunde theilhaftig find. ©. DE
3, 10. Ueberdrüßig bin ich diefer Sonne. ©. Yon. 3, 6.
. Herr Hüon, unvexrhofft des Umwegs überhoben. W. 3, 49.
=
%
118 —
Des Borgangs unbelümmert. W. 1, 88 Nawiffene
der eigenen Würde. 8. M. A, 645. Ein Schluß bes Parla-
ments erflärt dih des Throns verluſtig. S. Ivo. 1, 5.
Spider Ergebenheit war ich mir wirklich nicht vermu-
thend. ©, Df. 4, 14. Sein Auge voll Ruhe, voll des um
wiberftehblihen Feuers ber furchtbaren Tugend, fchredte bie
Sünder. 8. M. 4, 394. Bin ih Sünd’ger folder Önaden
werth? ©. Ivo. 1, 10. Ihr feid eurer großen Väter werth.
G. T. 1, 1. Vielleicht befürchtet ihr, die Sphäre zu verfehlen,
bie eures Geiftes würdig iſt. ©. DE. 3, 10.
Anm. Leber voll mit vem Dat, ohne Präpof. $. 195, Anm.
c) Genitiv, abhängig von Pronominen.
5. 234.
Der Gen. beim Pronomen hat etwas Partitives. Wenn’ wir
fagen: Manche, viele, Binige dieſer Männer, fo follen fie in
bem Begriff der Menge hervorgehoben werben, baher auch Die Um—
ſchreibung: von, unter diefen Mämern. War aber die Bor-
Reg ber Bielheit unangeregt, fo heißt es bloß viele, manche, ei-
nige Männer, umd dann liegt der Nachdruck auf dem Adj. (Pron.),
dort auf dem Gen. Im Eingang wird geſagt: Einige Leute, im
Fortgang: Einige von den Leuten. Doch bei allgemein bekannter
Mehrheit darf auch ſchon partitiv begonnen werden: Viele unter
den Menſchen. Der Gen. läßt ſich meiſtens durch die Präpoſ. von,
einigemal auch durch aus, in, unter umſchreiben. — Dieſer Gen.
kann nun ſtehn bei dem Interrogativum wer und was ($. 181.),
bei niemand (anders), beijeber, mander, jeglicher, viele,
einige. . —
Seitdem der König ſeinen Sohn verloren, vertraut er Wenigen
ber Seinemmehr. ©. J. 1,2. Manche ihrer Schiffe
wırden von der Ebbe übereilt. S. Bel. v. Antw. So viel
als ihrer find, find Betrüger. 8%. J. 2. Jeder meiner
Freunde faß froh bei fenem Herzchen. ©. Stirbt d. Fuchs.
d) Genitiv, abhängig von Zahlwörtern.
‚$. 235.
An den Gen. bei Adj. und Pron. fihließt ſich der bei Zahl
wörtern, die ohnehin mit manden Pron. genau verwandt find.
Man bat Hier zwifchen einfachen und zufammengefeßten zu unter-
ſcheiden. Steckt in der Zufammenfegang ein Subſt., fo hängt von
diefem der beigefügte Gen. ab, ohne Rüdficht auf die ſyntaktiſche
Bedeutung. Do kann allmalich das verbunfelte Compofitum wie-
der den Schein einer einfachen Zahl annehmen und dann auch in
Bezug auf Nection den übrigen gleichfteßn. Mit einer einfachen
Zah fol entweder bloß gezählt oder der Fleinere Theil einer grö-
Bern Menge bezeichnet werden. Im letzten Fall iſt der Zahlbegriff
N
— 119 —
partitin und das Subſt. kommt in den Gen. Nenhochdeutſch
fällt die Form bes Gen. Plur. durchgängig zuſammen mit ber bes
Nom. und Acc. und nur der Artikel hebt für dieſen Cafus die Par-
titteconfiruction hervor: Zwei ber Männer, Unfer einer. Hänfig
tritt hier bie Praͤpof. von ein.
Es zogen drei Burſche wohl über den Rhein. Uhl. d. Wir⸗
thin Tochterlein. — Drei Biertel der Armee vernahmen
Sie. S. P. 1,93. Auch im Lager gibt es der braven Männer
genug, ©. P. 5, 1. Er könnte daran denken, dreißig Tau-
ſend geprüfter Truppen, —E Sol da ten von Eid
und Pflicht und Ehre wegzulocken? 5, 1. — Hoch ſtellte
Sie bie Vorſicht, — höher, Prinz, Bi Millionen Ihrer
. andern Brüder S. Df. I 5. Erbitte Dir von ihm vier
feiner Backenzähne. W. 1, 67. Ein natürlich Gift, das’
. neun ganzer Jahre it. ® 8, 3. (Aber es ift bach was
ganz eigenes, neun ganze Jahre weg fein. 2. Sch. I.) Wenn
unjer eins am Spinnen war. ©. * 1, 87. Vor Ilios ver⸗
bracht' er langer Jahre zehn. ©. F. 2 201. So ſind —
F r drei über anfehnliche Landesftreden zu gebieten befugt. G
j. 3, 12.
2) Datim
J a) Dativ, abhängig som Subftantiven.
$. 236,
Beim Dat. berrfchen: wieder perſonliche Berhältniffe im Gegen⸗
ſatß zu den objectiven des Gen. vor. — Ein eigentlicher Dat. wird
—3* — neben Subſt. ſtehn können, in welchen ein verbaler oder
—— Begriff lebendig iſt, von dem der Dat. abhängt. Ein
Dat. iſt denkbar und findet ſich wol auch bei den Subſt. Nachbar,
Vorläufer, Helfer, Rathgeber, Beiſtand u. a.
Orions Amme war die Ur-Urenkelin. ©. F. 2, 0 Sy
ſprich von Seylla, Teiblih dir Gefhwifterfind ©. F. 2,
1 Er iſt ein Mufter Bürgern und Bauern, ©. Hd.
14 »
» Dativ, abhängig von Adjectiven:
$. 237,
Die hierher gehörigen Adj. beziehen fi meiſtens auf Perſonen
und erinnern in ihren Begriffen vielfach an die den Dat. regieren⸗
den Verba ($. 228.). Sie laſſen ſich m folgende Claſſen trennen:
1) Adj. Ber Güte, Milde, Strenge, Härte; 2) Adi. der
Nähe und Kerne; 3) ber Aehnlichkeit, Gleichheit, Un-
ähnlichkeit und Ungleichheit; 4) Adj. ber Angemeffen-
deit and Einſtimmung; 5) dj. der Gemeinfhaft; 6) Adj.
der Runde;. 7) Ay. ber Möglichkeit. Folgende bürften bie
gebränchlichſten fein: abgeneigt, abhold, abtrünnig, ähn- -
vs
*
— 120 —
lich, angeboren, angemeſſen, angenehm, angeftammt,:
anhängig, anſtändig, anſtößig, ärgerlich, bange, be—
denklich, begreifli, bebaglich, behilflich, bekannt,
bequem, beſchieden; beſchwerlich, bewußt, dank—
—bar, deutlich, dienlih, dienſtbar, dunkel, eigen, ein—
leuchtend, ekelhaft, empfindlich, entbehrlich, erge—
ben, erinnerlich, erlaubt, erſprießlich, erwünſcht,
feind, ferne, förderlich, fremd, gefährlich, gehorſam,
geläufig, gelegen, gemäß, gemein (gemeinſam), ge—
neigt, gefund, getreu, gewachſen, geweiht, gewogen,
glaublih, gleich, gleihgiltig, gnädig, günſtig, gut,
heilig, heilfam, hei, hinderlich, Hold, Falt, Flar, koſt—
bar, fund, lächerlich, Täftig, Leicht, Lieb, möglich,
nachtheilig, nabe, nöthig, nützlich, peinlich, räthſel—
haft, rathſam, rädfländbig, rühmlich, faner, ſchädlich,
ſchimpflich, ſchmeichelhaft, ſchmerzhaft, ſchrecklich,
ſchuldig, ſchwer, theuer, treu, übel, überflüſſig, über—
legen, übrig, nnerwartet, unfreund, unterthän, un
tertbänig, unverhofft, verächtlich, verantwortlich, ver-
bindlih, verdächtig, verberblidh, verdrießlich, ver-
gönnt, verhaßt, verftändlich, verwandt, vortheilhaft,
wahrſcheinlich, warm, werth, widtig, widerlich, wi-
drig, willfommen, wohl, zugethban, zuträglid; dann
ihre Sproßformen mit un und noch andern, welche von Verben ge=
bildet find, die den Dativ regieren, |
Sitta iſt ganz ſich ferbft nur ähnlich. UN. 5,6. Nicht
wohlanftändig wär mir’s, die Verwandte in Mangel zu
fehn: vorwerfend wär’ mir ihres Mangels Anblid, S. St.
2,9. Ihm mot’ es wohl befannt fein. S. DF.2,5. Wenn
du ſterblich bift, wie ich, und Waffen dich verwunden, To Fann’s
auh meinem Arm beſchieden fein. S. Ivo. 2, 7. ' Biel
it mir bewußt. ©. 5. 1, 81. Unfer Regiment und bie an-
dern vier find ihm ergeben und gewogen. © % 2. Den:
Grafen möchten fie auch gern meinem Mann feind-machen.
G. ©. 1. As man hörte vom Rechte der Menfchen, das allen
gemein fei. &. Hr. 6, 9. Sein Hz if Dem Bolfe nicht
geneigt; warum iſt alle Welt nem Grafen Egmont fo hold?
‚1. Mein Herz, nur einem Einzigen geweiht, um-
ſchloß die ganze Welt. ©. Di. 4, 21. Ein Oepeimmif, das je-
nen flarfen Giften gleich die Schale fprengt. S. DE. 2, 4,
Wie gnädig ber Inſant dir ıfl. S. Dk. 2, 4. Noch iſt das
Glück ung günftig. ©. DE. 2, 10. Ich wußt' es wohl, daß.
bu mir gut geblieben. ©. DE. 5, 1. Diefes Ufer ward bir
hold und freundlich. ©.%. 1,2. Ob mir nidt manch Ge-
heimniß würde fund. ©. F. 1, 30. Bier nah fühl ich mid
dir. ©. F. 1,35. Der liebe Gott, der weiß, wie ſauer mir
der Antrag ward. URN. 1,4. Wem eine Thräne dir theuer
2
" — 11 —
| MS. Di 1,2. ‚Sp-Tang verehren wir die Lüge, der Rolle
tren. ©. DE. 1,7. Der Bater, der dem Fürſten fo un-
I freund iſt. ©. L. 4. Ihr fein nicht dieſer Königin un—
terthan. ©. St. 3, 1. Du kannſt das Urtheil über die nicht
fprehen, die bir mit .unterthbänig if: S. St. 2, 3. Dann
geht das Cantoniren an, dem Bauer eine Laſt, verbrießlid
jedem Edelmann, und Bürgern gar verhaßt. ©. Rriegs-
glück. Was ihn Euch widrig macht, macht mir ihn werth.
S. St. 1, 3 Die meiften find mir zugethan. ©. DE. 1,2.
3) Accuſativ.
$. 238.
Nur in wenigen und feltnen Fällen wird Abhängigkeit des Acc.
von einem andern Nomen des Gates behauptet werben fönnen. Er
ift der Cafus des Verbums, wie der Gen. des Nomens. Da, wo
Nomina ihre angeftammte Verbalfraft befonders ‚rege erhalten ha-
den, mögen fie auch noch den Acc. regieren. — Der Acc. beim.
Subftantiv flände zu vermuthen neben ſolchen Subfl., die ans
Verbis abgeleitet den Begriff der Handlung perfönlich faffen, fich
aalſo faft wie Participia verhalten. ber er läßt fih mit Sicher⸗
beit nicht einmal in ben älteren Sprachen (alt= m. mittelhochd.)
nachweifen. | |
*
J
‚Aceuſativ bei Adjeetiven.
6. 239.
Einige Adj., bie in der älteren Sprache ben Gen. bei ſich ha-
ben und ihn theilweife auh jetzt noch geftatten ($. 233.), nehmen
num mehr ben Acc. an. Dahin gehören außer den Adj., welde bie
Größe eines Gegenſtandes nad) Raum und Zeit angeben, wie alt,
lang, die, od, breit, tief, weit, groß, ſchwer, befon-
vers folgenbe: anfichtig, gewahr, gewohnt, inne, los,
müde, reich, fatt, werth.
Sobald mich die Räuber anfıhtig wurden. L. J. 4, 2. Als
- 2 die Blinde aus Blumenbühl auſichtig wurbe J. 87.
Das Fränlein wird den Wirth gewahr. L. M. 2, 8. Ja
felo Die Thürme ber Stabt wollte einer gewahr werben.
G. Wo. 1, 9. Den Künftler wird man nicht gewahr. ©.
DE. 3, 10. . Spät war er die fleigende Erwärmung bes
linken verhluteten Armes inne geworden. 3.8. Ich will Gott
danfen, wenn ich die Narren wieder aus dem Haufe [od
bin. 2%. Ig. 3, 16. Wie wir die fpanifhen Befagungen
[08 waren, holten wir wieder Athem. G. E. 1. Wer ein Ie-
bel los fein will, der weiß immer, was er will. ©. Wo, 1, 2.
Ein eigner Hard, ein braves Weib, ſind Gold und Perlen
werth. ©. 5. 1,164. Bin ich die ritterlihe Rechte nicht:
wertb? ©. ©. 1. Er Tieß. auf bem Boden berfelben einen
— 12 —
hohlen Kaſten yon Dxunverfleiien manern, ber fünf Shube
breit, vierthalb Hoch amd vierzig lang war. ©, Belager. v.
Antwerpen. FL
0) Partikelrection.
1) Adverbien.
$. 240,
- Waren e8 ſchon in der frühern Sprache nur wenige Abverbia,
bie, weil fie dem Verbum eine Beſtimmung hinzufügen (mie die
Adi. den Subft.), einen Caſus een fo find es neuhochdeutſch
noch wenigere. — Adverbia der Bielheit oder Wenigfeit, die
mit dem neutralen Acc. erzeugt werben, regieren den Gen. Ge-
wöhnlich aber verliert neuhochdeutfch der Gen. bei allen diefen Wör-
tern feine Flexion: Mehr Mut, mehr Geld, wenig Glüd, ein
wenig Athbem, genug Wein, — Gleich dem interrogativen Pro-
nomen ($. 181. 234.) haben auch die barans gebildeten Drtsad-
gerbien ben Gen. bei fih: Woher des Landes? woher des
eges? W
Bin ich denn nicht Frauenzimmers genug? L. J. 1, 10.
Das Studiren iſt mir Vergnügens genug. L. Ig. 1, 2.
Hätte ich nicht Gelds genug gegeben? G. ©. 1. Wie noch
der Bäfte mehr? ©. P. 1, 2. Biel Glücks, Herr Pfar-
rer von Seldorf! V. 2, 468,
2) Eonjunctionen und Interjectionen.
“ $. 241.
Diefe geht im Grunde der Caſus nichts am. Sie treten in bie
Rede ein und Laffen jeden fonft woher abhängigen Cafus unmittel-
bar auf ſich folgen, 3. B. nad ber hinter Comparativen gefehten
. Partikel Denn oder als mögen alle Caſus ſtehn, welche bie Con»
ſtruction erforbert: Er iſt älter als ich; ich erwähne Tieber fein
als dein; ich gebe mehr bir als ihm; ich liebe ihn flärfer als
dich. — Oſt iſt die Grenze zwiſchen Eonjunction und Präpofition
fhwanfend, z. B. das weiß niemand außer mir (Präpof.), außer
ich (Conj.). Bon ben Interjectionen find befonders wohl und
weh! zu bemerken, jenes mehr Adverbium, dieſes bloß Interjechion
ſubſtantiviſches Urfprunge. Weh bat gewöhnlich den Dat., wohl
den Dat. und Acc. der Perfon neben ſich, aber .auch einen Nom.
der Perſon und außer dem perfönlichen Bafus Gen. der Sache,
Nom. oder vielmehr Vor. im Zuruf. Die Ausrufe O und Ad!
geflatten alle Caſus.
Weh dem, ber fern von Eltern und Gefchwiftern ein einfam
Leben führt! ©. 3. 1, 1. O weh der Lüge! ©, J. 4, 1.
Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle bewahrt die kind⸗
ich reine Seele. ©. Kraniche d. Ib. D des Gewühlo. V.
— 13 —
1, 185. O des Glüdlichen, dem es vengännt iſt, Eine Luft
aut Euch zu athmen. S. St. 1, 6. O mich Vergeßlichen.,
R. 3, 2. Wohl ans des Königs, den wir ha’n. Claudius:
. Die Biene.
3) Präpoſitionen.
9.22,
‚ Während Abverbien Unabhängigkeit im Satz behaupten, Con-
junctionen auf die Verknüpfung einzelner Glieder des Sages, haupt-
fächlih aber mehrerer Sätze unter einander gerichtet find, erſchei⸗
nen Präpofitionen als weientliches Clement des einfachen Satzes.
— Alle Präpofitionen regieren Cafus. Spntaftifch be-
trachtet ſtehn aber erft.Präpof. und ihr Cafus zufammen dem flec-
tierten Nomen gleich, das fie vertreten. In der Regel vermitteln
fie die Beziehung eines Verbums oder andern Nomens auf das von
ihnen regierte Nomen. Die Rectionskraft liegt nicht allein in ber
Prapofition, fonft könnte z. B. in nicht zwei Caſus regieren.
6. 243.
. Ueber Urfprung und Bildung der Präpofitionen hat die
Grammatif Rechenfchaft zu geben, die Eytwicdlung ihrer Nection
. fällt der Syntar anheim. Rad dem bisher befolgten Gange follen
nun zuerft bie Präpofitionen abgehandelt‘ werden, welche mit dem
Berbum, dann die mit dem Nomen conſtruiert werden und zulebt
die abverbiafen, aber nur nach ihren bedeutendſten und lehrreichſten
Erſcheinungen, da an eine Erfchöpfung der zahlreichen Falle nicht.
u denken tft. Doch möge biefer Betrachtung eine allgemeine Ueber⸗
—* ihrer Bedeutung und der von ihnen regierten Caſus
vorausgehn.
a) Rection der Präpoſitionen.
$. 244.
Borerft zerfallen alle Präpofitisnen in eigentlihe: Aus,
. außer, bei, mit, nach, ob, von, zu, burd, für, gegen,
um, wider, an, auf, hinter, in, über, unter, vor, und
uneigentlihe: Halben, oberhalb, diesſeits n. a., bie
jedoch, da fie fontaftifch beſtimmte Caſus erfordern, bier zufam-
mengenommen werben.
Äsrer Rection nach zerfallen fie in:
1) Präpofitionen mit dem Genitiv: Anſtatt (fait), halb,
(halben, halber), außerhalb, innerhalb, oberhalb, un-
terhalb, diesſeits (diesfert), jenfeits (jenfeit), Fraft,
laut, mittels (vermittels, vermitteifl), unfern, unge:
achtet, unweit, um — willen, vermöge, von —
- wegen, während, wegen.
2) Präpofitionen mit dem Dativ: Aus, außer, binnen,
entgegen, gegenüber (genüber), gemäß, mit, nad,
— 114 —
nahf, nebſt, fammt (zufammt), feit, von, zu, zu—
wider. F
3) Praͤpoſitionen mit dem Acrcuſativ: Bis, Durch (qhindurch),
entlang, für, gegen (gen), ohne, fonder, um, wider.
4) Präppfitionen mit dem Genitiv und Dativ: Längs (ſeltner
. mit dem Dat.), ob, trotz (feltner mit dem Dat.), zufolge.
5) Präpofitionen mit dem Dativ und Accufatio: An, anf, bei,
hinter, in, inner, neben, ober, unter, über, vor,
zwiſchen. 0
Anm. 1. Theilweife regieren die Präpofitionen früher andere Caſus.
Diefe Rection hat fich ‘in ‚einzelnen Germen noch {a ei ‚als: außer
Landes, unter Weges, indeſſen, unterveffen, laut Brie—
fen, vor Alters, .
Anm. 2, Ohne erträgt feine Conftruction mit dem Dativ; doch
findet fih nicht felten opnedem bei ven _beffern Schriftftellern, z. B.
bei Goethe Lehrj. 3, 9. Melina, ver ſich ohnedem nicht zu beifen
wußte, und 7, 8: Es tft ohnedem jetzt ganz einerlei, Ber Leſſing
(Nath. 2, 5) fand früher: Mein Leben war mir ohnedem in dieſem
Augenblide Yäftig; in der Carlsruher Ausg. flieht jebt ohnedies.
Mit nachgefegtem ohne fagt man Zweifels ohne — Während
ebt fehlerhaft mit dem Dativ bei 3. Pant Titan 13: Ich ging
wichtigen Begebniffen entgegen, die während dem Zurüdtras .
gen des Tafelgeſchirres vorfielen. Uebrigens kann man auch häufig
während dem wie oyng dem hören und Iefen. Die Pronomina
fheinen manche Freiheit in Anfpruch zu nehmen. Vgl. $. 219, Anm.
225, Anm. 2. — Entlang forbert ven Acc. Schiller gebraucht es
einmal (in ver Braut von Meflina) fehlerhaft mit dem Genitiv:
Wir hatten frhon den ganzen Zag gejagt entlang des Walpge-
birges. — Statt mit dem Dat. ſteht bei G. Deutſcher Parnaß
Wild Gelächter ſtatt der Liebe ſüßem Wahn; vielleicht um bie fonft
eintretenden 2 Gen. zu verhüten? — Jenſeit flebt bei Herder Et.
78.8. 1, 10 mit dem Dat. Jenfeit jenem Hügel ſäum' ich. —
Bei wegen Tieft man gar oft fehlerhaft ven Dat,
b) Bedeutung ber Präpoſitionen.
| 5.265,
Ab, außerhalb, innerhalb, oberhalb, unterhalb,
ob, ober, diesfeits, jenfeits, entlang, längs, gegen=
über, hinter, vor, neben, nähft, unfern, unweit,
zwiſchen. |
Die genannten. Präpofitionen haben das Gemeinfame, daß fie
ſich fämmtlih auf emen Ort beziehen auf die Frage wo, wohin,
woher; einige haben außerdem noch andre Bedeutungen.
Ab ift nur in Zufammenfegungen mit Subſt. und Partikeln
noch gebräuchlich und bezeichnet auf eine unbeflimmte Weiſe bie
Richtung woher.
Einen goldnen Becher werf! ih hinab. S. Taucher. Ich bin vom
Berg der Hirtenfnab’, ſeh' auf die Schlöffer al’ herab. Uhl.
d. Knaben Berglid.
— 153 — —
Außerhalb, innerhalb, oberhalb, unterhalb bezeidh-
nen beflimmter als außer, in, ober (über), unter bie äußere,
innere, obere, untere Seite.
Spolchen Feierlichkeiten folgte in guter Jahreszeit manches luſt⸗
reichere Feft außerhalb der Stadt unter freiem Himmel. ©.
- Reben. Wir andern, bie wir in ber Stadt geblieben waren, um
biefe Pracht innerhalb der Mauern und Strafen noch mehr
zu bewundern. ©. Leben 5. Die ganze Schiffbrüde wurde von
diefen Schwimmern (Barfen) gevedt, welche fowol oberhalb
als unterhalb der Brüde angebracht waren. S. Belag. ».
ntw.
Als Zeitpräpoſ. beſchränkt innerhalb die Zeitbeſtimmung
auf einen Zeitraum, auf eine beſtimmte Friſt.
Der Herzog landete innerhalb acht Tagen in Genua. ©. Al⸗
ba's Zug u. d. Niederl.
Ob ift für die Proſa veraltet, aber für die Poefie geabelt;
es ift gleichbedeutend mit über, jeboch ohne Beziehung auf eine
Flaͤche, die über zufommt.
Db dem Altar hing eine Mutter Gottes. ©. P. 3, 3.
Ob flieht auch als canfale Präpofition in ‚ber Bebeutung von
wegen mit bem Gen. ’
Jedes Biedermannes Herz ıft kummervoll ob der tyrannifchen
Gewalt. S. Tl. 2,.1. Ihr ſeid verwundert ob des feltfamen
‚ Geräths. ©. Ivo. Prol, 3. |
Anm. Selten ſteht bei vem caufalen ob ver Dat. Entrüßet fand ich
dieſe graden Seelen ob dem gewaltſam neuen Regiment. ©. 2,2
Ober iſt wenig mehr gebräuchlich; es bezieht fih auf ben
Raum und ift faſt gleichbedentend mit oberhalb; jebt flieht dafür
meiſt über. |
Diesfeits und jenfeits, d. h. auf diefer und jener Seite
irgend eines Gegenſtandes. .
Indem er jenfeits des Nheinfiroms gegen biefe Stadt (Mainz)
vorrückte, hatte fi) der Landgraf von Heffen- Cafe biesfeits
bes Fluſſes derſelben ‚genähert. S. 30jaͤhr. Kr. 3.
Anm. Manche Grammatiter wollen, irrig, nur die ſeit und jem-
| feit als Präpof., dagegen die sSfeits und jenfeits als Adverb.
.. gelten laſſen.
ntlang und Tängs bezeichnen beſtimmter als an die Nähe
in Beziefung auf einen nad der Länge ausgedehnten Gegenfland.
Der Herzog Tieß die Wachen längs dem ganzen Ufer verbop-
peln. S. Belag. v. Antw.
Gegenüber, wofür manchmal auch bloß über fleht, bezeich-
net einen Ort nach feiner Lage von einem gegebnen aus.
Gegen Frankfurt Liegt ein Ding über, beißt Sachſenhauſen.
®. ©. 1. Links am See, dem Mytenflein grad über, Tiegt
eine Matte. S. U. 1, 4. Man flelle fie (vie. Zeugen) mir ge-
genüber. ©, St. 1, 7. 0
A.
— 126 —
Hinter (und vor) bezeichnen Ort und Richtung in Beziehung
auf den Gegenſtand von vorn und hinten, mag babei eine Rufe
“oder Bewegung verftanden werben.
Sp blieb er bald ein gutes Stück hinter dem Heereszug zurüd.
uhl. 1gwän. Kunde. Steh vorwärts, Werner, amd nit hinter
dich! S. TU. 1, 2. Bor diefer Linde ſaß ich jüngſt wie heut.
S. U. 4, 2. Und voor den edlen Meifter tritt ber ‚Sängling
mit befeheidnem Schritt. S. Rampf m. d. Dr.
Neben bezeichnet das Verhalten bei einem Gegenftand oder
zur Seite deſſelben im eigentlichen und übertragnen Sinn; in letz⸗
terer Bedeutung ſteht es faſt gleichbedeutend mit außer: Du ſollſt
keine fremden Götter neben mir haben. Mit dem ec. drückt es
‚mehr den Endpunkt einer Bewegung aus. -
Seine ſtolzen Dehme flanden neben ihn. ©. Joo. 1, 5. Habt
&r nicht bößern Stolz, als neben diefen Hirten zu I vepieren
Tl. 2, 1. Manchmal fegte fie fih neben mich. ©. Leben 5
ft drüdt beſtimmter als nad eine Folge, eine Abſtufung
aus; * trapoß bezeichnet es bie Nähe eines Orts zu einem
andern: &r wohnt auf einem Landgut nächft der Stadt. .-
Und nähft dem Leben was erflehft du dir? G. Nt. 4, 2.
Unfern und unmeit begeichnen beftimmter als bei, aber un⸗
beftimmter als nächft die Nähe, ,
Auch die Blockhäuſer unweit dem Flecken Millebro waren von
ihnen befest worden. ©. Belag. v. Antw, Unfern von Klo⸗
fier der Barmherzigen trennt’ ih mid von ihr. S. Bam,
Zwiſchen bezeichnet einen Ort zwiſchen zwei Gegenflänben
ober Perfonen, wird jedoch zuweilen auch von mehrern gebraucht.
Der Etikette bange Scheivewand iſt zwiſchen Sohn und Bater
eingefunfen. ©. Dk. 2, 2. Zugleich zog fih zallenfiein in die
teile Ehene zwiſ gen dem Shnfgraben und Lützen. © . 80jähr.,
$. 246. u
ı Binnen, inner, feit, während
Diefe Präpofitionen beziehen ſich fänmitich auf ein Berhältnif
der Zeit. Binnen befchränft wie innerhalb ($. 245.) die Zeit-
beffimmung auf einen Zeitramm.
Die Briefe Iauten, daß Karlos binnen Mitternacht und Mor-
en Madrid verlaffen ſoll. S. DE 5, 8. Bean binnen biefer
— fein Heer im Feld erſchien. ©. Ivo. 1
Inner ift wenig mehr gebräuchlich und Rebe in der Bedeutung
von binnen.
Anm. Früher hatte dieſe Präpof. noch eine weitere ——— 9*
man aus folgenden Beifpielen_ des Dbie CH 1639) erfeht: ie a
e find verfloffen inner. Freud' und guter Luft. — Wer feinem
3 Se traut, herrſcht inner großen Bäuen.
Seit bezeichnet wie binnen und während ein Zeitver ww
niß. Wenn dieſe Präpoſ. mit Benennung eines Zeitpuntt
— 17 —
verbunden ift, ſo bezeichnet fie den Anfang einer Zeitdauer;
tb fie mit der Benennung: eines Zeitranmes verbunden, bie
Zeitdaner bis zur Gegenwart des Sprechenden.
Seit dem Unglüdstag zu Regensburg ift ein unfläter, ungefell’-
ger Geift, argwoͤhniſch, finfter, über ifn gekommen. S. T. 3,
. Da kennſt ihn erſt feit heut. S. 9. 3, 5. Seit biefem
Tage fehweigt mir jeder Mund. S. St. 1, 2.
Während drückt ein Zeitverhältnig aus mit Hindentung a
uf
eine fortlaufende Daner; Tebtere fehlt der fonft vielfach gleichbe-
deutenden Praͤpoſ. unter.
So daß waͤhrend des air Rändigen Kampfes alle Regimenter
zum Angriff kamen. S. Während diefer Erzählung hatte Ma-
riane alle ihre Freundlichkeit aufgeboten. ©. %. 1, 8.
$. 247, '
Aus, halb (halben, halber), Eraft, Sant, mittels:
(vermittelfl), troß, um — willen, ungeachtet, vers
möge, wegen (von wegen), wider, zumwiber, zufolge.
“Die genannten Präpofitionen drücken ein cauſales Verhaͤltniß
aus, und zwar (von, vor, dur) vermöge, mittels mehr
einen realen; wegen, halb, fraft, um — willen mehr ei-
un moraliſchen; (an, nah) Iaut, zufolge mehr einen Io-
gifhen Grund; ans hat alle drei Bedeutungen; eine mehr a d⸗
- verfatio-moralifche Bedeutung haben wider, zuwider, troß,
ungeachtet.
Ans Hat mancherlei Bedeutungen. Es bezeichnet einen Ort,
in veſſen Innerm eine Bewegung ober Handlung ihren Anfang
nimmt, fer es in eigentlichem ober übertragnem Sinn.
Aus der Wolle firömt der Regen. S. Glocke. Kalt her bläst
es aus dem Wetterloch. S. TI. 1, 1. Dann reißt mi ans
—
einem Elend, in das: unzeitige Hälfe ums beide flürzen könnte.
®. ©. 3, .
As caufale Präpof. bezeichnet es 1} einen Innern, morali⸗
ſchen Beweggrund der Handlung ; 2) einen Grund der Erfennt-
niß und 3) einen Stoff, woraus etwas befleht.
Niemals kann es gefchehn, aus tauſend Grunden niemals. S.
Dk. 1, 3. — Erſparen Sie's, uns aus dem Zeitungsblatt zu
melden, was wir ſchaudernd ſelbſt erlebt. S. P. 2, 7. — Mit
mehr Sorgfalt fuchen bie Bettelweiber nicht die Lumpen aus
denm Kehricht, als fo ein Schelmenfabrifant aus Heinen, fehie-
fen Anzeigen und Umftänden fi) endlich eine Vogelſchen zuſam⸗
menlünftelt. G. E. 4.
Noch dient aus bei einer Auswahl (wie aus dem Beiſpiel
"son ©. zu erfehen), und beim Zeitverhältnif.
Eine alte große Stadt fol drunter Liegen aus ber Heiden Zeit,
. Tl. 5, 1.
Sa (halben, - halber), wegen (von — wegen) mb
um — willen bezeichnen einen moralifchen, mehr äußern Grand.
— 18 —
Wegen bezeichnet ferner einen realen Grund, wenn es gls wir⸗
fend oder hindernd ſteht. Um — willen flieht befonders, wenn
ein Zwed und vorab die Befriedigung einer Perfon als Be-
weggrund angegeben ift.
Ganz befonders rühmt man ihn wegen feiner Stärfe im Dis-
putiren. G. ©. 1. Eine jeve Mahlzeit warb ein Feſt, das ſowol
wegen ber Koſten, ald wegen ber Unbequemlichkeit nicht oft
‚wiederholt werben Fonnte. ©. 2%. 1, 11. Als man diefes Schiff
in See brachte, fand fih’s, daß es feiner unbehilflichen Größe
- wegen fchlechferdings nicht zu Ienfen ſei. ©. Belag. v. Autw.
— Um meiner Rube willen erflären Sie fich deutlicher. ©.
DE. 4, 21. Wißt ihe noch, wie ihr um bes Pfalzgrafen wil-
len Conrad Schotten feind. wart, und nad) ‚Haßfurt auf die
Faſtnacht reiten wollte? ©. ©. 3.
Anm 1. Um — willen bient auch bei einem Ausruf: Aber um's
Himmels willen, Mutter! ift denn Alles unnfg, was-ung nicht un⸗
, — mittelbar. Geld in ven Beutel bringt? &. %. 1, 2.
Anm. 2. Da wegen früher als Subfl. mit, der Präpof. von F
braucht ward, bat fi dieſe Conſtruction in einigen Ausdrücken erhal«
- ten: Bitten Gie von meinetwegen ven Monarchen. ©. Di. 2, il.
- Anm. 3. Die Berbiapung um — halder it nit mehr gebräuchlich.
Gottſched (* 1766). fagt noch: Um des Wohlſtands halber.
+ Reraft, d. h. durch die Kraft einer Sache, hebt die mit eisen
Grunde gegebne moralische Nothwenbigfeit hervor. on
- Bis Sie dur ein Verfprechen ſich gebunden, kraft Ihres Tönig-
Iihen Arms zu meiner Genugthuung den Thäter mir ya flellen.
S. Di. 4, 9. Die. Familie des Grafen (Egmont) erhielt nach⸗
ber alle ipre Güter zurück, die kraft des Urtheils dem königli⸗
chen Fiskus heimgefallen waren. S. Egmonts Hinrichtung.
Laut, d. h. nad dem Laut, bezeichnet die Uebereinfiimmung
mit einem in Wort oder Schrift ausgedrückten Grund.
Andre Briefe melden, daß eine Flotte Solimans. bereits von
Rhodus ausgelaufen, den Monarchen von Spanien laut des
geihtohnen Bundes, im mittelländ'ſchen Meere anzugreifen. ©.
ie 5, . J — oo.
Mittels (vermittelſt), d. b. durch das Mittel, bezeichnet be-
ſtimmter als durch das Verhaͤliniß eines Mittels, wodurch etwas
geſchieht. ...
8 — — dieſer Verſuch (die Damme zwiſchen Lillo und Stabrvef
zu ſchleifen), fo mochte ber Herzog von Parma immerhin die
Schelde vermittelft feiner Schiffbrüde hüten. ©, Belag. v.
Troß, wider, zuwider und ungeachtet bezeichnen bie
:Berhältniffe eines adverfativ.- maralifhen Grundes; um-,
geachtetund trotz brüden jedoch zuweilen. auch einen abverfatio -
realen Grund aus. Wider bezeichnet. auch bie Richtung wo-
bin, meift um Haß und Widerſtand auszudrücken; auch fteht
wider, wenn ber Nachtheil einer. Perfon ald Zweck einer Thätig⸗
— 1219) — _
Trotz meiner Auffiht, meinem fcharfen Suchen, noch Koflbar-
feiten, noch geheime Schäte. ©. ‚St. 1, 1. Der Jude ließ ſich
nichts ableihen tro tz allen misgeftellten Wechjeln. 3. 13. — Die
‘ Sterne lügen nicht; das aber iſt gefchehen wider Sternenlauf
‚und Schickſal. S. T. 3, 9. Dan halt mich hier gefangen wi-
ber alle Völkerrechte. S. St. 1, 7. Das weißt bu nicht, daß
Briefe, in der Königin Schatulle gefunden, wider dich gezeugt.
. ©, DE 5, 3, — :Da man bie Klotte, des günftigen Windes
ungeachtet, gar Feine Bewegung machen ſah. S. Belag. v.
Antw.
- Bermöge, d. b. durch das Vermögen, bezeichnet eine befon-
dere Befchaffenheit eines Dinges als den Grund des Präbicats.
Bermöge feiner Nechtlichleit will der Deutfche Niemanden in
feinem wohlerworbnen Eigenthum flören; vermöge feiner Ber
fonnenheit Täßt er fich nicht durch Chimären flören; und ver-
möge feiner Gradheit Haft er alle Imagination. ©.
Zufolge drüdt eine moralifche wie Logifche Nothwendigkeit aus.
Zufolge diefer neuen Rommiffion war ihm Macht verlichen,
nah eignem Gutdünken Krieg zu führen, Feſtungen zu bauen,
u. ſ. f.. S. Mba’s Rüſtung und Zug.
Bei, bis, innerhalb.
Diefe Präpofitionen. haben das Gemeinfhaftlihe, daß fie auf
Orts- und Zeitverhältniffe fich beziehen. -
Bei drückt auf unbeftimmte Weife die Nähe (Ruhe und Bewe-
gung) aus fowol eines Dries als Einer Zeit. Als Präpof. der
Zeit wird fie bei folhen Zeitbeflimmungen gebraucht, die nicht zu
den eigentlihen Zeitbenennungen gehören; aus der frübern
Zeit bat fih bei Zeitbenennungen biefe Präpofition nur in
‚ einigen Formeln erhalten: Bei Tag, bei Nadıt.
Zu Hirſchau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein. Uhl. Ueberf.
im Wildbad, Ber Brud fiel König Albrecht dur Mörders
Hand. S. U. 3, 1. Es war die Schlacht bei Gravelingen.
©. E. 1. Selbft die wüthenden Burgundier erglüheten vor
Scham bei diefem Anblid. S. Ivo. 1, 5. 'S iſt juſt, wie's
beim Einhauen geht. S. 2. 11. _ |
Noch fteht bei, in verfchiepnen andern Bedeutungen, die ſich
* mehr oder minder auf die Grundidee der Nähe zurüdführen Yafien,
um eine Everiftenz auszudrüden: Der Geizhals iſt arm bei all fei-
nen Schäßen; bei der Angabe einer Eigenfchaft, durch welche oder
trotz welcher etwas möglich ift: Bei aller Borficht iſt er doch be⸗
trogen worden; um den Beſitz anzuzeigen: Er hat ihn beim Leben
‚ erhalten; um den Anfang einer Handlung auszudrüden: Bert bir
fange ich an; um bie ungefähre Dauer anzugeben: Bei fehs Wo⸗
chen blieb er da; und zulegt um ein Mittel. zu bezeichnen, wo wir
jebt mehr die Prapofition mit anwenden: Er rief mih beim Nas
men; bes allem Guten laß dich befchwören.
Kehrein Grammatik. U. 1.
— 130 —
Bis bezeichnet, meiſt mit andern Präpoſitionen verbunden, die
Grenze einer räumlichen Bewegung oder Ausdehnung, ſo wie den
Endpunkt einer Zeitdauer. Bei einigen Zeitbenennungen und adver⸗
bialen Formen ſteht bis ohne andere Präpoſ.: bis Oſtern, bis heute.
Der Herzog warf ſich ſelbſt bis an die Bruſt in's Waſſer. S.
Belag. v. Antw. Als die Flotte bis auf zweitauſend Schritte
nahe gekommen war. S. daſ. Zwiſchen Lillo und Stabroek ſtreckt
ſich eine große etwas abhängige Ebene bis nach Antwerpen. S.
daſ. Sp konnte die ganze Ebene bis faſt unter die Mauern von
Antwerpen befahren werden. ©. daf. Wir hatten von ben erſten Er-
zeugniffen des Frühlings bis zu den lebten des Herbſtes Genuß
und Freude. G. Leben 4. — Bis bierher bin ich ohne Schuld.
S. Dk. 5, 3. Es wird bis morgen ruhen können. ©. 9. 4, 7.
Innerhalb wurde $. 245. bereits erörtert. .
- $. 249.
Sammt, nebft, mit, ohne, fonder \
Die drei erſten der genannten Präpof. brüden eine Verbindung,
bie zwei Jeßten eine Trennung aus; fammt und fonder, mit
und ohne bilden Gegenſätze.
Sammt unterfcheidet fih von nebft dadurch, daf es bie Zu-
fammenftellung von Gegenftänden bezeichnet, welche an fich ſchon
auf irgend eine Weife verbunden und wechfelfeitig ‚einander ange-
hörig gedacht werden. Der Präpof. ſammt geht deshalb oft mit,
voran, ja zuweilen auch zu.
Mich fammt meinem Regiment bring’ ich dem Herzog. ©. P.
4, 4. Den rennt’ ih fammt dem Pferde nieder. ©. ©. 1.
O Unvernunft des blinden Elements! Mußt du, um Einen Schul-
bigen zu treffen, das Schiff mit fammt dem Steuermann verder-
ben! ©. TI. 4, 1. Sie follen beine Knechte aus dem Gefäng-
niß und dich zufammt ihnen auf deinen Eid nach beiner Burg
‘ziehen laſſen. G. ©. 4.
Nebſt bezeichnet nur eine Verbindung von nicht gerabe immer
zu einander gehörigen Dingen und ift fo mit und fehr verwandt,
Man hatte mir nebft mehreren Verwandten in dem Römer ſelbſt
einen guten Plab angewiejen. G. Leben 5. Die Stadt fah den -
Hunger nebft feinem ganzen Gefolge mit ſchrecklichen Schritten -
fih nähern. ©. Belag. v. Antw.
Anm. Im der eigentlichen Bedeutung von neben iſt nebft jeßt unge⸗
bräuchlich. Withof gt 1789) fagt noch: Bor ihm liegt der Top,
nebft ihm liegt vers Leben.
Mit dat verfchiepne Bedeutungen, bie aber in ber Orunbibee
einer: Gejellichaft, einer Gleichzeitigkeit, eines gemeinfshaftlichen
Handels mehr oder minder übereinftimmen. Cs ſteht nur in ber
Bedeutung einer wirflichen Gefellfchaft, eines wirklichen Zuſammen⸗
feins, mohin auch die Bedeutung eines Beſitzes gehört: Mit
einem Schaden zur Welt kommen; fo wie bie gemeinfchaftliche Theil-
nahme an den Umftänden eines Andern: Mit einem leiden, ſich freuen,
De}
— 131 —
Da mußt’ er mit dem frommen Heer durch ein Gebirge, ‚ wüft
und Teer. Uhl. ſchwäb. Runde. Mit ihnen Beiden pfleg’ ich Raths.
S. U. 1, 2. Er ritt mit einer filbernen Schüffel durch die
- Schranken bis zu der großen Bretterhütte und fam bald mit
verbecftem Gericht wieder beroor. ©. Leben 5.
Hauptanwendung der Prapof. mit iſt, um ein Mittel oder
Werkzeug zu bezeichnen. Verwandt damit iſt bie Anwendung bei
einer Materie: Mit Gold einfaffen.
Der Riefe mit der Stange flug. Uhl. Roland Schildtr. Ru
dolph von Palm durchrennt ihn mit dem Speer. ©. TI. 5, 1.
Du ſprichſt mit deinen Wimpern, deinem Zeigefinger, ich höre
dir mit Blicken zu. ©. Dk. 2, 4. Die follen wir gleich an uns
locken mit gutem Schlud und guten Broden. ©. L. 2 .
Sehr häufig ſteht mit, um_eine Art und Weile ansjübrüden,
Sprecht mit Gelaffenpeit. S. St. 3, 2. Drum fieht er jedes
Bievermannes Glück mit fcherlen Augen gift'ger Mißgunft an.
S. U. 1, 2. Ich aber blieb mit kummervoller Seele. ©. TU.
4,2. es dem ‚ie der mit kühnem Anſtand fehritt die Mäd-
tige. © vo.
Ohne ilet ein Nichtdaſein, einen Dlangel, eine Aus-
fchlieBung. Es bezeichnet ferner wie mit eine Art und Weiſe, je-
doch verneinend.
Mit oder ohne Klaufel! gilt mir gleih! S. P. 4, 4. Nicht
ohne Schauder greift des Menſchen Hand in bes Oraide ges
heimnißvolle Urne. ©. T. 1, 4. Ohne die Saat erblüht ihm
die Ernte. S. Bom
Sonder ift ziemlich veraltet und nur in gewiſſen Formeln noch
gebraͤuchlich: Sonder Zweifet, ſonder Gleichen. Doch ſteht
noch bet Herder St. d. V. 2, 17: Laͤßt dein geliebtes Baͤumchen
ſtehen ſonder Frucht und Blüthe .
$. 20,
An, in, um.
Diefe drei Präpof. dienen, befonders an, zu fehr verſchiednen
Bezeichnungen. An vereinigt ſo ziemlich die Bedeutungen von in
und nahe und ſteht zuerſt örtlich, um ein Daſein ober eine Be-
wegung bei ober in einem Drte zu bezeichnen, fei barunter num ein
bioßes Dafein, oder eine Berührung, oder eine Nähe bei einem
nach der Länge ausgedehnten Gegen and ‚ alſo an beffen Seiten-
fläche verſtanden.
Sie find mir dicht ſchon a den Serien, ©. U. 1, 1. Und als
fie kamen an die Reuß. S. TI. 5, 1. Darf ich an meinen Kar⸗
los eine Bitte wagen? S. DI, 1, 2. Febt wird er an's Kreuz
geſchlagen. S. Bürgſchaft. Und er kommt an's finſtre Raͤuber
haus, Uhl. d. Knaben Tod, Sch that, was jeder freie Dann’
an meinem Platz. S. TI. 1, 1. Am Rubeplat ber Tobten, ba
pflegt « es ſtill zu fein. ust. Döff. Schlacht.
9*
— 13j2 —
» An bezeichnet ferner, eine Reihenfolge: Jetzt iſt's an ung;
einen Beſitz: Was Ih an dir habe; ein Amtsverhältniß;
eine beiläufige Zahl, —
Als Zeitpräpof. dient an, um einen Zeitpunct anzugeben.
Und wie war die Aufnahme fonft am Hofe? ©. P. 2, 2. Die
Lieferungen, die an taufend Piſtolen Euch tragen? S. 9. 4, 7.
An einem Morgen ift der Herzog fort. ©. €. 1, 7. Eine ge⸗
heime Unterrebung, die der Prinz am Abend feiner Flucht zu
Stande bringen fsllte. ©. Dk. 5, 8. Es iſt ein übles Zeichen,
wenn Ihr an Werktagen feiert. G. €, 2.
. Ms caufale Präpof. bezeichnet an einen Erfenntnißgrund,
der von einer äußern Erfcheinung hergenommen ıft, oder auch wenn
eine Sache angegeben ift, wo ein Berhalten flattfindet: Am Kopfe
leiden, oder ein Vorzug bezeichnet werden foll: An Tugend einen
‚übertreffen. |
An dreien goldnen Lilien iſt's (das Schwert) zu kennen. ©.
‚So. 1, 10. Die braune Liefel kenn' sh am Geläute. S. TI.
1, 1..©p. ferne fie (die Nachwelt) an Euch, wie ich mit Men-
fhen e8 gehalten, als ich einen fand. ©. DE. 3, 10. Man
bört’s am Ton. S. U 11.
Auch gebraucht man an, um eine Art und Weiſe auszudrücken,
aber nur bei Superlativen.
Am Tiebften ſpräch' ich ihn allein. S. T. 4, 9. Wir verletzen
am erflen die, die wir am zärtften Iieben. G. T. 3, 4.
In wird im Allgemeinen gebraucht, um ‚einen Ort, eine Zeit,
einen „Zuftand näher zu bezeichnen. Als Präpofition des Orts
brüdt in das Sein in einem Ort und auch Die Bewegung, Rich-
tung nad diefem Drt, aus.
Was im Menfchen nicht ift, Fommt auch nicht aus ihm. ©.
Hd. 3, 3. Ich hatte Holz gefällt im Wald. ©. TI. 1, 1. Ihr
feid mein Saft zu Schwyß, ich in Quzern der Eure. ©, TI. 1,
2. Geſchworen hat fie (die Königin von Ungarn), ganze Zeu⸗—
gungen hinab zu fenden in des Vaters Grab, in Blut fich wie
” in Maienthau zu baden. ©. TI. 5. 1.
Als Zeitpräpof. bezeichnet in Zeitbenennungen, welde einen
Zeitraum ausdrucken, Tiege berfelbe in der Vergangenheit, Gegen:
wart oder Zufunft,
- Wir haben in. den Tagen unfers Glanzes dem’ Schmeichler ein
zu willig Obr geliehen. ©. St. 1, 4. Und als fie (die Mutter
Gottes) in der dritten Nacht erfchien. S. Ivo. 1, 10. Und ein
Augenblick zerträmmert, was wir in Jahren bauten? ©. DE
2, 10. In einer Stunde feh’ ich ihn bangen. ©. 8. 10. Wir .
müſſen das Werf in diefen nächſten Tagen weiter fördern, als
es in Jahren nicht gebieh. S. P. 3, 1.
> Einen Zuftand bezeichnet in mit verfihiepnen Conftructionen.
Dann reißt mich aus meinem Elend, in das unzeitige Hülfe
“uns beide flürzen könnte. G. ©. 3. Und wie er erwacht im- feli-
>
4
Ss D
— 133 —
ger Luft, ©. TU. ji 1. Dort kommt ein Mann in voller Haft
gelanien. ©. U. 1, 1. In banger Furcht Tieß. ich fie dort allem.
om,
Noch bezeichnet in ein Hilfsmittel: Einen im Zaum halten;
einen Stoff: Er arbeitet in Gold; eine Geflalt: Blumen in einen
Strauß binden; eine unbeftimmte” Zahl: Das banert fihon in die
Hg Jahr.
m, das fich häufig noch mit her und herum verbindet, be-
zeichnet eine Richtung in Beziehung auf ben Gegenſatz von Innen
und Außen; oft auch bloß das wo eines Ortes.
Sie dreht um bie ſchnurrende Spindel den Faden. S. Glocke.
Ich will linker Hand um bie Höhe ziehn. ©. ©. 3. Um das
Roß des Ritters fchweben, um das Esif bie Sorgen her. ©.
Siegesfeft. Des ganzen Gaues Bauern fiehn um den Ort ge-
fhaart. Uhl. d. 3 Kön. v. 9. Unb um ihn bie ‚ Grogen
‚der Krone. ©. Handſchuh. In einem Halbkreis fanden gem ihn
ber ſechs oder fieben große Königsbilder. ©. P. 3, man
hatte um die Stadt herum viele neue Schanzen ————
Belag. v. Antw.
* ans Zeit- und Zahlpräpof. bezeichnet um das Beiläufige, Un
gefähr
Sk Hab’ ih um Mitternacht mich vor das Bild ber Hochge⸗
benedeiten geworfen. ©. DE 1, 2. wißt ihr, daß wir ſchon
um hundert geſchmolzen ſind? 6. ©.
Noch bezeichnet um eine Eigenſ Saft: Es iſt was Schönes
um bie Tugend; ben Gegenſtand eines Wiffens, Fühlens und
Begehrens: & weiß darum, iſt ängſtlich darum, bemüht
fich barum, and beſonders den Wechſel, Tauſch, Preis,
Verlu
um ein Geringes ſteht er Euch zu Kaufe. ©. Ivo. Prol. 3.
Nein! wir haben um Judas Lohn, um Hin ah Gold und Sil⸗
ber, den König auf der Wahlftatt nicht gelaſſen. S. T. 1, 5
Biel gefordert! Prag! Ser’s um Eger! S. %. 1, 5.
$. 251.
Bor, nad, über, unter, auf, zu.
Diefe Präpof. beziehen ſich auf Orts- und Zeitverhält-.
niſſe, meift auch auf caufale, oder drücken auch theilweiſe ein
Maf oder eine Weiſe aus.
Bor als Präpof. des Ortes iſt bereits bei Hinter ($. 245.)
erörtert. -
Als Zeitpräpof. bezeichnet vor das Prädicat als ein der Zeit-
Penn vorangehendes.
Er iſt geſonnen, vor Abend in Madrid noch einzutreten. ©.
Dr. 1, 1. Ich thät's vor Kurzem felbft erleben. ©. 2. 7. Wir
Hanben als _ Gemeine vor dreißig Jahren bei.Röln am —*
S. L. 7. Bor und nach ihm riß der Fanatismus feine Schlacht-
opfer zum Altare, S. Granvella.
. _ “ 134° .
s Als caufale Bräpof. drüdt vor einen realen Grund aus
. 247. .. .
Sie weinen vor Schmerz und Freude. S. Bürgſchaft. D bie
ihr bier verfammelt fleht und vor Entfeßen und vor Bewund-
sung ſtaunt. S. DE 5, 4. Er kennt vor lauter Gelehrfamfeit
feinen Bater nit. ©. ©. 1. Man kam vor lauter Sehen,
Deuten amd Hinweifen gar nicht zu fich ſelbſt. &. Leben 5.
Noch bezeichnet vor einen Vorzug: Schön vor allen Yüng-
lingen war er. ©. Amalia (R. 3, 1). | ’
Nach bezeichnet die Richtung wohin, nicht bei Perfonen, wol
aber bei Orts⸗, Länder-, Fluß⸗ und Bergnamen, wie auch bei
den Namen der Himmels- und andern Gegenden. Oft iſt mit der
räumlichen Richtung zugleich hie Abficht verbunden, wo dann nach
auch bei Berfonen ſteht: Nach einem ſchicken. |
Als ihn des Amtes Pflichten bald darauf nach Tranfreich riefen,
ſandt' er mih nad Rheims. S. St. 1, 6. Er war-Tags vor-
ber nach. Bamberg geritten. G. ©. 2. Einft zug nach biefem
Schloſſe ein edles Sängerpaar. Uhl. Sängers Fluch. Und Diefe
Wolfen, die nach Mittag jagen, fie fuchen Franfreichs fernen
Ocean. S. St. 3, 1. Ste hießen fatteln ihre Pferd’, zu reiten
. nad dem Riefen. Uhl. Roland Scildtr. J .
Als Zeitpräpof. iſt nach ber Gegenfab von vor, bezeichnet
das Zeitverhältniß jedoch mehr auf eine allgemeine Weiſe.
Nach gehörter Meffe bringt ihn in’s Nabinet zu mir. S. Dk.
3, 8. Wo wir nur durchgekommen find, erzählen Kinder und
Kindeskind nach hundert und aber hundert Jahren von dem -
Holt und feinen Schaaren. ©. L. 6.
Nach bezeichnet ferner eine Folge, eine Ordnung, wie auch
eine Art und Weife. j
Laßt ung tagen nach den alten Bräuden. ©. TI. 2, 2. Da
geht Alles nach Kriegesfitt. S. L. 6. Das Gebot befolgt Ihr
nach dem Wort. ©. 8. 8. Ihr artet mehr nach Eures Vaters
Geiſt. S. T. 3, 2. Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch?
S. TI. 5, 1. Leiſe nach des Liebes Klange füget fih der Stein
zum Stein. ©. d. eleuſ. Feft.
As Eaufalpräpof. bezeichnet nach ($. 247.) einen logiſchen
Grund als Webereinfiimmung des Urtheils mit einem Grund;
auch den realen rund einer Benennung, fo wie den mora—
liſchen Grund in befondern Ausbrüden: Nach Luft u. a.
Was hat er verdient? Nach des Geſetzes Wort den Tod. G.
. 2, 7 Nach dem Hunde nennt ſich's (das Carcer) bis die—
en Tag. S. % 7. Sein Solo muß dem Soldaten werben,
barnad heit er: S. P. 2, 7. Ich bin der Bogen, den man
ur fpannen dürfe nach Gefallen? S. DE. 3, 4.
Neber bezeichnet Ort und Richtung in Beziehung auf den Ge-
genfag von oben und unten. Es ſteht auch in bifblicher Be-
beutung: Ueber etwas fprechen.
BG
N
_ — 1 39 —
lleber mir hing fehroff die Felswand, ©. TI. 3, 1. Kein beff-
rer Mann ift über dieſe Sanelle —8 gegangen. ©. Th. 1,
4. Weber allen Gipfeln ft Ruh. ©, Wand. Nachtlied. le
ber ber Befchreibung da vergeff” —* den ganzen Krieg. ©. P.
2, 7. Ex hatte ſchon einigemal über bie Behandlung einer fol-
chen Aufgabe mit mir geſprochen. G. Lebens.
Als Zeitpräpof. bezeichnet über die Gleichzeitigkeit eines Prä-
dieats mit einer Zeitbefimmung, oft auch die Gleichzeitigkeit eines
er Berhältniffes: Laffet die Sonne nicht über euern Zorn
unterge x
Der Friede wird Tommen über Nacht. S. L. 11.
Oft drückt über ein Verhältniß von Zahl, Maß und Menge
aus; zuletzt hat es noch die örtliche Bebentung von jenfeits,
—
Ernſt über feine Jahre war fein Sinn. ©. Ja über’s Leben
noch geht die Ehr! S. L. 11. So a es frech der Banden,
berger drüben über'm See. ©. U. 1
Unter ſteht als Präpof. des he "m Gegenſatz zu über,
welcher Gegenſatz jedoch auch öfter fehlt: Unter allen. Verwandt
damit iſt die Bedeutung einer Herrſchaft, einer Gewalt.
Unter dieſes Joch wird man euch beugen. ©. TI. 1, 3. Wenn
Ihr die Keller erft gefeben unter den Thürmen. S. TI. 1, 3.
Auch drüben unterm Wald gebt Schweres vor. ©. TI. 1, 4..
Um unterm Schein serehter Züchtigung die alten Freiheits- -
briefe zu vertilgen. ©. TI. 2. Unter des Herrn großen
Thaten allen hat mir das Stüdien befonders gefallen. S. L. 7.
Wie über fo bezeichnet auch unter ein Berdälmif von Zahl,
Maß und Menge.
Sp verorbnete der Rath, daß insfünftige die Schiffe nie unter
einer beflimmten Zahl ſich hinauswagen follten. S. Belag. v.
Antw.
Als Zeitpräpoſ. bezeichnet unter wie während ($. 246.)
einen folchen Zeitraum, der nicht zu ben eigentlichen Zeitbes-
nennungen gehört.
Wir find geboren unter gleichen Sternen. S. P. 2
Auf bezeichnet als Präpof. des Ortes die —— Berůh⸗
rung von oben, ſei es im Stande der Ruhe oder der Bewegung.
Eh' ihr den Fuß geſetzt auf dieſe Schwelle. S. TI. 1, 4. Sieh,
wie das Schifflen auf den Wellen ſchwankt. S. TIL. 1, 1.
"Bunt von Gaben auf den Garben Tiegt der Kranz. ©. Glode.
Als Zeitpraͤpoſ. bezeichnet auf einen Zeitpunkt oder eine Zeit⸗
Dauer einer andern Thätigkeit, die durch das Präbirat angedeutet
wird.
Du verlierft mich, Karl, -auf viele "Jahre , — Thoren nennen es
auf ewig. ©. DE. 5, 3. Es Fomme wenig Geld ein; er könne
auf die Woche bie verlangte Summe ſchwerlich ſchicken. G. E. 2,
Auch ſteht auf, um ein genau beſtimmtes Zeitverhältniß anzu⸗
geben: Sei auf die Stunde da; ſo wie auch, um mit der Zeit⸗
| — 136 —
folge zugleih einen Wechſel oder ein caufales Verhaͤltniß zu be⸗
zeichnen
Auf blut'ge Schlachten folgt Geſang und Tanz. ©. Ivo. 4, 1.
Auf nos Zeugniß meiner Hausbedienten verdammt man mich.
©. St. 1, 7. Auf mein Geheiß entfernte fih die Fürftin. S.
DE 1, 6.,Die Königin anf das Getöfe öffnet das Zimmer.
©. DI; 2, 10.
Zulest fleht auf no bei bem adverbialiſch gebrauchten Su⸗
perlativ (wie an $. 250.), und um eine Art und Weiſe auszu⸗
bei Reh, wober aber die Subfl. Art, Weiſe, Weg immer da-
ei
Im Angefiht des ganzen Hofgefindes ward fie (die Strafe) auf
Sflavenart an deinem Karl vollzogen. S. Dk. 1, 2. Weil ich
e8 nicht gewohnt bin, auf Delinquentenweife verhören mich zu
laſſen. ©. DE. 4,9. Er ſelbſt vertraute mir, was ih zwar
längſt auf anderm Weg fehon in Erfahrung bradte. S. P. 5,
1. Alles war aufs gennuefe verfundfchaftet. ©, ©. 1. \
Zu bezeichnet eine Richtung wohin, beſonders bei Perfonen-
namen, und im Gegenfat zu von den Endpunet einer Bewegung;
auch den Ort wo, jedoch nur bei den Eigennamen von Städten
und Dörfern, ımd bei Haus, wenn es die Heimat beventet.
Wie Einen der rauhe Kriegesbefen fegt und fchüttelt von Ort
zu Ort. ©. L. 5. Bon Stunde zu Stunde gewartet er mit hof-
fender Seele der Wiederkehr. S. Bürgfehaft. Dem Pilger, ber
zum Öntteepaufe wait. ©. TU. 1, 2. Ich geh’ zum Biſchof
von Konſtanz. G. ©, 1. Ihr feid mein Saft zu Schwyß, ich
in Ruzern der ©. TI. 1, 2. Studiren jegt viel Deutfche
von Adel zu Bologna? ©. ©. 1.
3u wurbe früher mit dieſer Bedeutung auch bei Sahnamen
gebraucht, welcher Gebrauch fih in einzelnen Formen erhalten hat:
3u Bette, zu Felde u. a., welde jeßt oft zugleich eine Abficht
ausdrüden; ferner in: Zum Himmel, zur Hölle fahren, zu Orunde -
gehn, zur "Welt fommen u. a.
Bring’ ihn zu Bettl S. P. 4, 7. Wo Friedland in Perfon zu
Felde z0g. ©. 9. 2, 7. Zu Liſch, Vater. G. G.
Zu wird oft in einer Bedeutung gebraucht, die niät bloß als
eine räumliche Richtung gedacht if. So bezeichnet es ein Erlan-
gen: Zut Ruhe, zu Ehren, zu Gelve, zu Schaden fommen, zu
Stande bringen; eine Berbindung in: Der Garten gehört zu
dem Haufe, zum Fleiſch Brod effen u. a.
Als Präpof. der Zeit war zu früher mehr im Gebrauch als
jest, indem fie bei denjenigen Zeitbeftimmungen gebraucht wurde,
welche wir jeßt durch in ($. 250.) und bei ($. 248.) bezeichnen.
Diefer Gebrauch hat fich bei Er und Mal und einigen 'befon=.
bern Ausprüden erhalten.
Zu Anfang des Auguſts find Sie in Brüffel S. DE 2, 5.
”
1 —
‘
— 1377 —
n As wir im Lonvre zum letzten Mal uns ſahen. ©. DI. 1, 4.
| Und verläßt fie zur felben Stunde. S. Handſchuh.
Zu bezeichnet die Weife einer Ortsbewegung in ben Aus-
drüden: zu Fuße gehn, zu Pferde, zu Wafler reifen u. a.
Zu dient ferner, um einen Zwed zu bezeichnen.
Könnt Ihr's läugnen, daß jene Acte zu meinem Untergang er-
. fonnen iſt? S. St. 1, 7. Der Fürſt entdeckte redlich dir fein
Herz zu einem böfen Zweck, und du willſt ihn zu einem guten
Zwei betrogen haben. ©. 9. 5, 1. Ze
Zuletzt drüdt zu eine Wirkung aus, durch welche bie Inten⸗
fität einer Thätigfeit fol bezeichnet werben.
Das Heer war zum Erbarmen. ©. 9. 2, 7. Himmelhoch jauch-
zend, zum Tode betrübt, G. €, 3, |
| $. 252,
| | "Für, flatt, gegen, wiber ($. 247.), gemäß, außer.
- Diefe fechs Präpofitionen Taffen ſich nicht unter einen allge-
meinen Begriff bringen, wenn auch einige davon in einzelnen Punc-
ten verwandter Bedeutung find. ’
Für drückt wie gegen und wider die Richtung wohin aug,
bezeichnet fie aber nicht als die Richtung einer räumlichen Bewe-
gung, fondern als die Beflimmung der Thätigfeit zum Vortheil eis,
nes Objects, einer Perfon. \
*. Wer ſolch ein Herz an ſeinen Buſen drückt, der kann für Herd
und Hof mit Freuden fechten. ©. Tl. 1, 2. Dem frommen
| Mönch, der für fein Kloſter fammelt. S. TI. 1, 2. Der Voigt
ift ihm gehäffig, weil er flets für Recht und Freiheit redlich hat
geſtritten. S. TI. '1, 4. Für feine Thorheit ſchickt ihm Peru
Go, für feine Lafter zieht fein Hof ihm Teufel. ©. DE. 1,
9. Nette dich für andern! Das Königreih iſt dein Beruf;
für dich zu flerben war der meinige, ©. Dk. 5, 3.
\ Für bezeichnet ferner eine Stellvertretung, eimen Preis, eine
Beftimmung.
Dem Schweden fol fein Wort für beines gelten. ©. T. 1, 3.
Als Zeitpräpof. fleht für nur in einzelnen Redensarten: für
peute ‚ für jest; Dagegen drückt es öfters eine Beſchrän—
ung aus.
Der Graf von Hoorn beantwortete feine Anklage Punkt für '
- Punkt, S. Egmonts u. Hoorns Hinricht. Für's Erſte wollen
"Seine Majeftät, daß die Armee ohn' Aufſchub Böhmen räume.
S. 9.2, 7. '
Anm. Bor und für waren urfprünglich zwei Formen für einen
Begriff. Im Laufe der Zeit haben beide fih von einander getrennt,
werden übrigens, wenn man den heutigen Sprachgebrauch berüd-
fihtigt, von unſern beften Schriftfteflern zuweilen verwechfelt, z. B.:
Wir fiehn vor unſre Weiber, unfre Kinder! ©. U. 2, 2, Da ver
hängt’ es Gott, daß ſolch ein Ungemwitter her fürbrach aus des Gott⸗
- hardts Schlünden. S. U. 4, 1. In was für einer fpeint für
nn EEE SE VE
’
n /
keine Präp. zu ſein, weil kein Caſus davon abhängt. Der Redebrauch
iſt wahrſcheinlich durch ein Mißverſtändniß entſtanden, indem für in:
Was thuſt du für ein Zeichen? was gibſt du mir für einen Beſcheid?
“eine wirkliche air. ift, und nur auf andere Conflfuctionen übertra⸗
gen wurde. inigemal flieht vor, 3. B.: Ich weiß überhaupt nicht,
was ih vor einen Antheil dran nehme. ©. ©. 2. \
Statt und anflatt bezeichnen beftimmter als für eine, Stell-
vertretung. |
Auch er beftieg ein fchönes Roß, dem zu beiven Seiten des Sat-
'tels anflatt der Piftolenhalftern ein paar prächtige Beutel be-
feftigt hingen. ©. Leben 5. Aber anftatt diefer unnatürlichen
Verbindung waren bie nörblichen Provinzen in eine deſto engere
Union zu Utrecht getreten. S. Belag. v. Antw.
Gegen (entgegen) und wider bezeichnen die Richtung wohin;
gegen unterfcheidet dabei das Verhältni des Gegenftandes nicht.
Ich Tann nicht fleuern gegen Stwm und Wellen. ©. TU. 1,
1. Der König ritt herab vom Stein zu Baden, gen Rheinfelo
zu ziehn. S. TI. 5, 1. Ihr fteigt hinauf, dem Strom ber Reuß
entgegen. ©. TI. 5, 2. Wenn ih mih gegen fie verpflich-
ten dr, fo müffen fie’ auh gegen mid. ©. P. 2, 6.
Gegen bezeichnet ferner einen Taufch, eine Bergleihung,
eine beiläufrge Beſtimmung an Zeit und Zahl und den
„Nachtheil einer Perſon, wenn er als Zweck der Thätigkeit dar⸗
geſtellt wird.
Ein Kind nur bin ih gegen ſolche Waffen. S. T. 3, 9. Gran⸗
vella's Verwaltung war noch barmherzig 'gegen die feines Nach-
folgers. S. Granvella. Das Feld war ein großer Strich Weibe-
land, auf welchem jährlich gegen zwölf taufend Ochſen gemä⸗
ſtet wurden. ©, Belag. v. Antw. Ich habe gegen Menfchen,
hicht gegen Sturm und Klippen fie gefendet. S. DE. 3, 6.
Gemäf bezeichnet eine Uebereinſtimmung, wie die Beſchaffen⸗
heit, das Verhältniß es erfordert; daher auch eine, Weife, wo es
- für nah ſteht. \
Er Tebte feiner Geſinnung und feinem Stande gemäß fehr ein-
fach. ©.
. Außer bezeichnet wie in ($. 250.) und aus ($. 247.) Ort
“and Richtung in Beziehung auf sinen eingefchloffenen Raum; in
ift dabei als Ausdruck der Richtung dem aus und als Ausdrud
des Orts dem außer entgegengefebt.
Diefes ‚diente mie zu einem neuen Vorwande, außer dem
- Haufe zu fein. ©. Leben. 5.
Außer (in, aus) wird insbefondere gebraucht, wenn bie
nich räumlichen Beziehungen zu einem Zuſtande bezeichnet werben.
‚Dein Bruder ift außer Gefahr. G. ©. 5.
Außer bezeichnet auch im Gegenfat mit nebft ($. 249.) bie
——Ausſchließung.
Außer dem eigentlichen Magiſtrate waren in der Stadt noch
eine Menge Corporationen vorhanden, S. Belag. v. Antw,
—
—8
1 -
°
— 139) —.
Durch, von.
Dieſe Präpof. haben Das mit einander gemein, daß fie ört⸗
liche und eaufale ($. 247.) Verhältniſſe ausdrücken.
Durch bezeichnet mit um ($. 250.) die Rich tung in Bezie⸗
bung auf ben Gegenfat von Innen und Außen. Ferner bezeich-
net Durch das Mittel zu einer von dem Subfecte beabfichtig-
- ten Wirkung.
Nein, es war des Windes MWehen, ber durch diefe Pappeln
fhwirt. S. Erwartung. Rräftiglich arbeitet fi der Wackre
Durch die Brandung. ©, I. 1,1. Drauf als der Fürft dard
ein geadert Feld Hinreitet. S. XI. 5, 1.— Denkt Ihr, daß fie
ſich durch einen Eid gebunden glauben werben, den Ihr ihnen
durch Gaukelkünſte“ abgeliſtet? S. P. 3, 1. Denken Sie nicht
etwa, daß ih durch Rügenfünfte, gleifinerifche Gefälligfeit in
Ieine Gunft mich ſtahl, Durch Heuchelworte fein Berteauen naͤhre.
1, 3
Bon bezeichnet bie Richtung woher, bie Trennung auf bie all«
gemeinfle Weife; baun auch den Anfangopunct jeder Bewegung und
‚jeder Ausdehnung in Raum und Zeit,
Der Tell holt ein verlornes Lamm vom Abgrund. ©. TI. 1, 3.
Der Schieferdeder iſt vom Dach geflürzt. S. TI. 1, 3. Der
glatten Pferde wohlgenährte Zucht ift von den Bergen glüdlich
heimgebracht. ©. TI. 1, 2. So herrſcht fein Befehl vom letz⸗
ten fernen Poften, der an die Dünen branden hört den Belt,
bis zu der Wade, die ihr Schilderhaus Kat aufgerichtet an der
Raiferburg. ©. P. 1, 2%.
Als caufale Präpof. bezeichnet von den thätigen Grund einer
Wirkung, welche als eine von dem Subject erlittene Wirkung
gedacht wird. "
Und von ber unendlichen Mühe ermattet finfen die ſeniee. S.
Bürgſchaft. Die Fürftin entvedit uns ein Geheimniß, das fie
eben von uns erfahren folltee S. DE._2, 12. Mein Kopf
glüht von durchwachter Naht. S. Df. 3, 2.
Noch dient von, um einen Stoff, einen Theil von einem
Ganzen, eine Befchaffenheit, einen Urfprung, den Inhalt -
einer Rede zu bezeichnen.
Er trägt ein Koller von Elendshaut. S. 8. 7. Die Himid-
tung von 25 edeln Nieberländern war das ſchreckliche Borfpiel -
von dem Schidfale, welches beive Grafen erwartete. S. Com.
Hinricht. Warft fo Tieblih von Gefiht. ©. F. 2, 38. Trlan-
ben Sie mir, daß ich nun von mir und meinen Schieffalen rede.
G. Lj. 4, 15. Er iſt von altlombarbifchem Geſchlecht. S. P. 3,8.
C. Gebrauch der Präpoſitionen.
§. 251.
Wie in den vorhergehenden $$. der Gebrauch bee Praͤpoſ.
zuweilen mit berücdfichtigt werben mußte, fo wirb Hier auch mitun-
x
4
x
— 10 —
ter auf bie Bebentung berfelben Hingewiefen werben müflen. - Die
Präpofitionalconftenctionen nach ben regierten Caſus aufzuführen
iſt zu unficher, deshalb mögen bie Begriffe und das öftere Vor-
fommen bie Reihenfolge beftimmen.
1) Präapofitionen neben Verbis.
$. 259,
Bei ven Intranfitiven der finnlichen Bewegung er⸗
fordert die Richtung wohin den Acc., das wo den Dat., doch
aur bei ſolchen Präpof., welche fih die Freiheit beider Caſus be-
wahrt Haben. Iſt die Rection auf einen Cafus beſchraͤnkt, fo ſteht
biefer, unbefümmert um bie Richtung. Namentlich gilt dies von
ber Präpof. zu ($. 251.), die gewöhnlih wohin ausbrüdt und
bennoch. immer den Dat. bei fih bat. Hierher gehörige Verba find
befonders: fahren, liegen, fliehen, deren gehn, fe -
ven, fommen, kriechen, laufen, reifen, reiten, rennen,
rinnen, "Tchleihen, ſchreiten, fhweben, ſchwimmen,
ſpringen, wandeln, wandern, wanken u. a.
Boll fügen Schwindels flieg’ ih nach dem Platze. S. DI. 2,5
Ich ging im Walde IB für mi bin. ©. Gefunden. Du gehft
nicht nad Blandern? S De 2,5. Ich geb’ zum Biſchof
von Konſtanz. ©. ©. 1. Und er fommt an's Ufer mit wan-
. berndem Stab. S. Bürgfhaft. Da Tief ich an ein fließend
Waſſer. ©. Rettung. Wißt ihr no wie ihr nach Haßfurt auf
die Faftnacht reiten wollte? ©. ©. 3. Roland ritt hin⸗
term Bater her. Uhl. Rol. Schildtr. - An die Thüre will ich
ſchleichen. © %. 5, 14. Laßt meine Garden unter bie
Waffen treten. ©. DE 5, 9. Dem Pilger, der zum Gottes⸗
Haufe wallt. S. TI. 1, 2. Die Eumeniden ziehn zum Tar⸗
tarus. G. J. 3. Und vor den edlen Meifter tritt der Jüng⸗
ling. S. 8. m. d. Drachen. In des Papillons Geftalt Fate
ich. zu den vielgeliebten Stellen über a uelen ‚an bie Quellen,
um den Hügel, durch den Wald, G. Schadenfreude,
$. 256,
Bei den Intranfitiobegriffen fallen, ſinken, ſtürzen berührt
fih das wohin und wo fehr nahe: Er fällt auf dem Boden bin,
anf den Boden hin; jenes bezeichnet mehr den Act des’ Fallens,
dieſes mehr den Ort des Gefallenſeins.
Doch eh ih ſinke in die Nichtigkeit. S. T. 1,7. Da finkt
er an's Ufer und weint und 7% S. Bürgfchaft. In der Jung-
frau Hand bift du gefallen. ©. Jon. 2,7. © ſtürzen fi
ganze Herden zu üren Sub. ©. Rurs Park. Sie ſtürzen
einander über die Nacken. ©. daſ. Aber matt auf unſre Zo—
. nen faällt der Sonne e fürdges Licht. S. Punfchlied.
— 141 —
$. 257.
Diie Tranſitiva legen, ſetzen, ſtellen Haben m ber heutigen
Sprache ftets Präpof. mit dem Acc. nach fih. ” Sind diefe Berba
mit hinter oder nieder verbunden, fo kann mitunter der Dat.
- folgen flatt des gleich zuläffigen Ace.
Eh' Ihr den Fuß gefest auf biefe Schwelle. S. TI. 1, 4.
Komm, laß’ dich nieder zu-uns auf diefen Kanapee. W. 1, 8.
Schon acht Monate Legt fih der Schwarm uns in die Betten
md in die Ställe. ©. %. 1. O legt mich nicht in's bunfle
Grab, nicht unter die grüne Erd’ hinab! Uhl. Frühlingsruhe.
$. 238.
Der intranfitivfte aller Verbalbegriffe, das Verbum fein, be—
‚ gehrt nad Präpof. ven Dat. für den Ausdruck finnliher Raumver-
bältyiffe wie für die Abſtraction. Zuweilen flebt der Acc, dann
ſcheint aber ein Wort zu fehlen.
Sei im Beſitze und du wohnſt im Recht. S. T. 1, 4. Bin
ih in oder über ber Erde? J. 59. Was im Menfchen nicht
iſt, kommt auch nicht aus ihm. ©. Hd. 3, 3. Du bifl zu
Sotheringhay, Königin. S. St. 3, 4. Er meint, wie wir im
Schleſien waren. S. P. 2,7. Im deiner Bruft find deines
Schickſals Sterne. ©. P. 2, 6. Mein Bruder ift in voller
Srende. ©. G. 1. Ich will reben wie ein Thor, wenn ich bei
guter Laune bin. ©. %. 5, 6. Wär’ ih bei Gel, fo wär
ih bei Sinnen. ©. F. 1, 122, Du biſt fchon wieder über
diefen Papieren? G. %. 1, 10. Sp weit das Leben über das
Gemälde ift, fo weit ift der Dichter über den Maler (erha⸗
ben). L. 8. 1, 3,
$. 259.
Werben, ein dem fein naher Begriff, hat auch in ber Eon-
fruction überall damit große Aehnlichkeit; zwar brüdt es nicht bie
volle Ruhe des Seins aus, fondern deren Entflehn, wobei man
fih oft ein wohin denken kann. Viele der mit werden gebilde-
ten Redensarten entfprechen einfachen Imperativformen, z. B. an⸗
fangen, ‚ausbrechen. Althergebracht in unſerer Sprache iſ werden
mit zu, für den Begriff der Verwandlung. Statt des präbi-
cierenden Nom. ($. 205.) tritt zu mit dem Dat. ein. Cine
dritte Ausdrucksweiſe -ift, das Prädicat als Subject und das vorige '
Subj. in den Dat. mit der Praͤpoſ. aus zu feßen. — Andere Berba
ber Berwandlung erfordern die Präpoſ. in.
Dein Bater ift zum Schelm an mir geworden, ©. T. 3, 18.
Zum Berräther werde nidt, ©. T. 2, 2. Da wurde Lei—⸗
ben oft Genuß, und felbft das traurige Gefühl zur Harmonie.
G. T. 3, 2. Bon Natur befigen wir feinen Fehler, der nicht
zur Tugend, Feine Tugend, die nicht zum Fehler werben.
®
*
— 142 —
könnte. G. Wi. 1, 10. Wenn aus dem Herrn ein Bräutigam
wird, fo iſt fie geborgen. G. Hd. 7, 192. Was fol aus ihr
num werden? W. 9, 2. Sn welches wilde Thier wir ung
umgefleidet fehen! W.2, 11. Berwandle bis dahin mein
Herz in Falten Stein! W. 6, 22. “
$. 260.
. Herfunft und Urfprung auszudrüden, nehmen fein (und
werben) die Präpof. aus und von zu ſich; desgleichen um eine
Art und Beſchaffenheit zu bezeichnen, mo jeboch neben von
auch der bloße Gen. eintritt ($. 232, 4.).
Er ift von altlombardifchem Geſchlecht. S. V. 3, 8. Wo feid .
ihr ber, bochgelahrter Herr?. Bon Franffurt am Main, Yhro -
. 1.
Eminenz zu dienen. ©. ©
6. 261.
Wie bei werben, gleichfam dem Paffivum von tun und ma-
Ken, die Präpof. zu den Nom., fo umfchreibt fie bei machen den
Acc. Dahin gehören auch Die Berba wählen, ernennen, aus-
rufen, beftellen u. a. Früher gehörte auch thun hierher, das
aber jeßt verloren ift und nur noch in ber etwas anders genom⸗
menen Redensart: es ıft um uns getban, fortbefteht, wofür aber
feat felten das gleichbedeutende: es iſt um uns gefhehn, ge-
est wird.
Der Zwang der Zeiten machte mich zu ihrem Gegner. ©. St.
2, 8. Mich wählte er zu feines Testen Willens Vollſtreckerin.
S. Di. 5, 11. Weil er einen armen Teufel zum Schelmen
verhört Hatte. & E. 4. Der Schelm figt überall im Bor-
theil; auf dem Armenfünderftühlchen Hat er den Richter zum
Narren; auf dem Richterſtuhl macht er den Inquiſiten mit Luft
zum Verbrecher. G. E. 4. Er beftellet fih zum Bormund,
daß er mih zum Rind erniebrige, ben er zum Knecht nicht
zwingen fomte. © T. 4,5. Ich aber foll zum Meißel mich
erniedrigen, wo ich der Künſtler fönnte fein. S. DE. 3, 10.
Beil hi; en Srumd nicht über Dinge will zum Richter feßen, -
bie u. 4, 8. Nachdem man ihn zu Borbeaur zum
Herzog ausgerufen. W. 1, 29. — Um des Jahres Ernte
iſt's gethan. S. 9. 1, 4. Cs fei um mih gethan. ©. F.
1, 26. — Juſt um diefen Brief war mir’s- zu than. ©. DE.
=% \
$. 262,
Die Verba ſtehn, fiben, Tiegen, ruben, bleiben, woh—
nen u; aͤhnl. drüden, wie fein ($. 258.), den Begriff der Ruhe
aus und erfahren aͤhnliche Eonftruction. — Beruhen fordert den
Dat., obgleich einige den Acc. dazu confiruieren: Das beruht auf
den (fintt dem) Grund. Bei fich fügen, gründen find beibe
— —
— —
—— — ——*
” \
— 11.0.
Caſus zutffg, weil durch bag Neflerioprongmen der tranſttive Aus
druck wieder intranfitiver wird.
Nachmittage ſaßen wir junges Volt im Kühlen. ©. Sticbt d.
Fuchs. In der Eiche Schatten ſaß ich gern. ©. Yen. 1, 10.
Die. Königin ſaß auf des Pallaſtes mittlerer Tribüne. S. DE.
1, 1. Ich will felber zu Gerichte fihen. ©. DE. 3, 4. Sie
fliehen in Gedanken, S. DE. 1, 1. Er kann nidt lebenfin
dem Hauch der Grüfte. S. TI. 4, 2. Ein tiefer Sinn wohnt
in ben alten Bräuchen. ©. St. {, 7. Es Hingt fo ſchön, was
unfre Bäter thaten, wenn eg in flillen Abendſchatten ruhend
ber Jüngling mit dem Ton ber Harfe ſchlurft. G. J. 2, 1. Sie
lagen in Garniſon zu Brieg. ©. L. Max, bleibe bei
mi! S. T. 3, 18. Thronend auf ‚Shane Sitz ſchwingt
Chronion ſeinen Blitz! S. Triumph d.
Anm. Noch etwas tranſitive Kraft ſcheinen J ihn und liegen in folg.
Beifp. aus Uhl. zu haben, Lieg’ ih in' s tiefe Gras hinein, Früh⸗
lingsruhe. — Sie ſaßen in’s Blumenland. d. Traum.
—— $. 263,
Im Gegenfag zu den eben genannten Verbig ver Ruhe, und
verwandt mit ben intranfitiven der finnlihen Bewegung
($. 256.) erfordern die Verba erfireden, auspehnen, verlän-
gern u. ähnl. verſchiedene Präpof. über, auf, nad, bis.
Ihre Nachahmung erfirede fih anf die ganze fichtbare Natur,
L. L. 3. Zwifchen Lillo und Stabroek ftredt fih eine große
etwas abpängige Ebene bis nach Antwerpen. ©. Bel. v. Antw.
§. 264.
Bei nehmen unterſcheiden wir neuhochdeutſch das unbeſtimmte:
Eine Frau, ein Weib nehmen von dem beflimmtien: ‚Eine zur
rau, zum Weibe nehmen. Aehnliche Conſtructionen finden ſich bei
geben, haben und bitten: Einen zum König geben, einen
zu Gaſt bitten, eine zur Frau haben. Das prädicativ hinzu |
gefügte Nomen pflegt einen präpofitionellen Ausdruck zu erhalten;
bie Eigenfchaft des Prädicats wird dadurch fchärfer hervorgehoben,
als wenn ber doppelte Ace. flünde. (Vgl. $. 261.)
Sp nehmet auch mich zum Genoffen an. ©. Birgſchaft. Der
Shnen das größte Reich per Welt zum Erben gibt. ©. DE.
‚5. Ich könnte mit Im leben, ob ich ihn gleich nicht zum
dann: haben möchte. ©, G. 2. Da hatt’ einen Lerl zu
Gaſt. G. Recenſent.
$. 265.
Es unterſcheiden ſich zwei Aeußerungen bes Redevermögens: ſa⸗
gen und ſprechen, je nachdem der Nachdruck auf das: Mitge⸗
tbeilte oder auf ben. Mittheilenden fällt. Man hört eiwas
fagen, aber einen ſprechenz dort wird das Geſagte, ba
— 14
Materielle, hier der Redende, das Formelle, bemerkt und
beroorgehboben. ‘Der Stumme kann überhaupt nicht ſprech en,
der Sprechende oft etwas nicht fagen, wofür er den geeigne-
ten Ausprud nicht findet. Sagen geht über in die Begriffe er-
zählen, melden, anführen, verkünden, zeihen, befen-
nen; fprecdhen erhöht und veredelt fih in veben. — Was nun bie
Eonfruction in Bezug auf den betrifft, an welchen fi die Rede
richtet, fo fleht fagen mit dem Dat., ſprechen erforbert die
Präpof. zu; doc wechfeln beide auch mitunter in ber Conftruction,
wenn fie m ihren Begriffen für einander gefeßt werben, wi der und
gegen (8. 252.) bezeichnen ein feindliches, für ein freundfchaftli-
ches Berhältniß (dat. commodi u. incommodi). Beziehen fich dieſe
Berba auf bie dritte Perfon oder: auf eine Sache, ſo erforbern fie
bie Präpof. von, über ($. 251. 253).
Und zu mir felber ſprach ich dann. ©. Bürgſch. Ss er
unten an ber Treppe und fagte Ieife zu ihm. G. ©. J
aber will zu deinem Herzen reden. S. St. 4, 6. F will
für Sekten aeugen. S. Siegesfefl. Ich redete für eure
Freiheit. & ©. 2. Es reden und träumen die Menfchen viel
von beffern fünften Tagen. ©, Hoffnung. Die Dichter fa-
gen und von einem Speer, der eine Wunde, die er Ieroft se
Ühfagen, durch freundliche Berührung heilen konnte. G. T.
Er hatte ſchon einigemal über die Behandlung einer — —*
‚gabe mit mir geſprochen. ©. Leben 5. Ich habe mir von bie-
ſen Taiferlihen Forderungen auch erzählen laſſen. S. 9. 1, 1
$. 266.
Das innere bei. fich felbfi Denfen wird am kraͤftigſten durch
eine Medialform, ober das fie erfeßende perfönliche Pron. im Dativ
ausgedrückt: fi denken, vorftellen, einbilden. Der Ge-
genftand des Denkens fommt gewöhnlich in den Gen. ($. 225.),
- oft auch in den ec, ober nimmt bie Präpof. an, auf, über, zu
fid. — Wiſſen und verftehn geflatten um, auf und von.
Seeut mich, daß bu fo fleißig am deinen Schöpfer denkſt. ©.
8. 1, 3. Den?’ an die Nähe des Allwiffenden. ©. St. 5, 7.
Sie wollen nicht auf Ihre Rettung denken? S. Di. 4, 13.
'
al Dane über bie Leute nicht denken, bie mir woplimollen.
Er finnet fill auf unerhörte galt. G. J. 1, 3.
Dt Bolt, was das denkt. G. E. 1. Weiß die Königin
am diefe Neigung? ©. DE. 1, 2. Wer fih auf Schlöffer gut
verfände! S. Df. 2, 12. we; altes Weib verftehe mehr
von der Sympathie als ich. ©.
$. 267.
Die Begriffe des Sinnens und Denfens gehn über in bie
von Sorge, Furcht, Freude, Trauer, wobei mancherlei
Praͤpoſ. ſtehn "tönen, beſonders über, vor, an.
— 145 —
Wie ſchmerzlich Tacht der Edle über dieſen Ernſt und über
Kronen und Gräber und alles! J. 47. Ich kann mich nur über
ven Menfchen freuen, der weiß, was ihm und andern nüße ift,
und feine Willkühr zu befchränfen arbeitet. ©. %. 1, 17. Mir
rauet vor ber Götter Neide. ©. Ring d. Pol. Trug dich dein
ferd fo Leicht herein, und [heute vor dem Blutgeruche nicht? ©. .
-€.4. Es thut mir leid um meine Oberflen. ©. 9.2,7. Daß
fich Herz und Auge weide an dem wohlgelungnen Bild. S. Glocke.
War’s unrecht, an dem Gaufelbilde mich der königlichen Hoff-
nung zu. ergöben? S.T. 1, 4. Es iſt mir mehr um Euch
als mich. W. 2, 12. |
. 268. BE
Die Berba des Bittens, Begebrens, Strebeng, Fra-
gens u, ahnl. conſtruieren theils mit dem Acc., theils mit Präpof.,
b
efonders mit nach und um.
Mit heißen Thränen wirft du dich dereinſt heim fehnen nad
den väterlichen Bergen. ©. TI. 2,1. Sie fehne fih zu den
Ihrigen. 3. 62. Nach Ehre geizt die Jugend. ©; ©t. 2, 7.
Ich walle zu einem flerbenden Mann, der nach ber Himmelskoſt
ſchmachtet. ©. Gr. v. Habsb. Sie fpioniren nach Bor-
-theit über mih. G. ©. 1. Nach Freiheit firebt der Mann,
das Weib nad Sitte. ©. T. 2, 1. Fragt einen Soldaten
nad feinen Wunden. ©. E. 4. Was fragt ein Miethling nad
dem Königreich, das nie fein eigen wird? ©. DE. 2, 2. Sieh
die Menfchen, wie fie nach Gluck und Vergnügen rennen! ©.
%. 2, 2. Es find die Flandrifchen Provinzen, die feierlich um
Rettung Sie befürmen. ©. Df. 1, 2. Ich bitte dich um
einen Freund. ©. Df. 3, 5. Sie ſucht mit trübem Blid nad
einem Ort. W..8, 60. Ihr iſt's genug, daß er darnach zu
Bangen fhent. W. 6, 27. Er Tenfgete nad —*8
Iſchia. J. 108. So ſeh' ich ihn nach Lanz' und Schwertern
greifen. G. E. 5.
5.288.
Bei den mit obigen verwandten Begriffen Faufen und wer-
ben ſteht mittelhochdeutfch um und nach, jenes‘ vor Perfonen, die⸗
ſes voor Sachen. Neuhochdeutſch fteht immer um, wenn der Ge-
'genftand der Werbung bezeichnet werben foll: Man wirbt bei einem
-am etwas; Fauft etwas bei oder von einem. Dei dem Kaufpreis
fagen wir für und um in gleichem Sinne.
Da fommt das ganze Städtchen und feilſcht wirbt mit hellem
Hauf um's Allerlei im Laͤdchen. G. d. Goldſchmiedsgeſell. Nicht
niedriger gedenk' ich fie als um ein Königsſeepter Ioszufhla-
gen. ©. T. 3, 4. Um ein Geringes ſteht er (ver Helm) Euch
zu Rauf. S. Ion. Prol. 3. Die Feigen, bie um bih war.
ben, fie verließen dich. S. Jvo. 5, 9. Das war der Mann,
E Kehrein Grammatik. II. 1. . 40 .
i — 146 —
mit dem ich um die Pferde ſollte handeln. ©. P. 1,2. Gie
buhlten um den Siegesfranz. S. Graf Eberhard d. Er.
S. 270.
Die Berba ftreiten, Fämpfen, prahblen, fih rühmen.
u. ähnl. erfordern nach ihrem verſchiednen Sinn die Präapof. mit,
wider, gegen. ' u
- Der Affe prahlte gegen den Fuchs, 8. d. Affe u. d. Fuchs.
Du wollteft als ein Ritter fämpfen um dein Reid. ©. Ivo.
“41,5. Ring’ um jeden Fußbreit Erde. ©. Jon. 1, 5, Wie
viel er fih mit der Erob’rung wußte. ©. DE. 5, 9. Das
würde um allen Ruhm der Welt Fein junger Ritter wagen. ®.
1, 9. Der Soldat jest um feine Ehre fit. S.% 11. Weil
ich nicht Füftern war, mit Eurer Majeſtät um diefe Freiheit mich
zu fireiten. ©, DE A, 9,
$. 271,
Die Berba klagen, murren, zürnen, richten und herr-
ſchen erfordern meift die Präpof. über, klagen nimmt auch ge-
geh und bei, murren und zürnen nehmen auf und richten
auch den Ace. zu fih. — u
Die weltlichen Stände, meine Nachbarn, haben alle einen Zahn
auf mid. G. ©. 2%. Vater Zeus, der über alle Götter
herrſcht in Nethers Höhn, ©. d. eleuf Feſt. Sch kann au
"über biefe Ießte Schwäche fiegen. ©. Dk. 4,9. Du gebie
teft über Tod und Leben. S. Laura am Clavier. .
$. 272,
Die Berba kleiden und anziehen fordern an. für ben Kör⸗
pertheil, in für den Stoff, worin man fich kleidet. Diefelbe Con⸗
firuetion mit in tritt ein, wenn Fleiden in übertragener Be—
deutung ftebt. " | 6
Auch ſie, die alte Königin, ſieht man in Stahl gekleidet
durch das Lager reiten. S. Ivo. Prol. 3. In rauhes Erz ſollſt
du die Glieder ſchnüren. ©. daſ. 4. Und ihre Fantaſie in
Grün ſich wieder kleidet. W. 8, 64. Wie der hohe Epomeo
vor ihnen ganz in Weinlanb und Frühlingsblumen gekleidet
fand. %. 110. Sch bin nicht vorbereitet, was ich als Bürger
deſer Welt gedacht, in Worte Ihres Unterthans zu kleiden.
10.
$. 273. j
Die Berba leben, Leiden, fterben u. ähnl. erforbern nach
verſchiednem Sinn das erfte meift von, bie andern an-und vor. —
Zeugen und gebären ceonfiruieren mit den Präpof. von und mit...
Mein Vater eilte zu dem verwundeten Freund, ber an einem flarfen
-
=
.. — 17 —
Wundfieber recht krank darnieder lag. ©. Lj. 6. Jauchzend
ſieht Europa feinen Feind an ſelbſtgeſchlagnen⸗Wunden ſich ver-
biuten. ©. Df. 3, 10. j
S.374. .
- Die Verba der Sinne fehen, hören, horchen, riechen,
Ihmeden erfordern bei ber unmittelbaren Richtung des Sinnes
‚die Präpof. nah. In etwas verändertem Sinne kommt fehen
auch mit durch und auf, hören mit auf und zu vor. \
Sao höre denn und,acht’ auf meine Rebe. ©. TI. 1,2. Es
horcht ein ftilfes Herz auf jedes Tages, jeder Stunde War⸗
nung. ©. T. 2, 3. Wie oft Hab’ ih nach dir gehorcht, ge-
fragt. ©. E. 5.- Das Stühlen riet fo nad armen Sim-
dern. G. ©. 4 Glaub’ mir und hör’ auf eines Mannes
Wort: G. J. 1,2. Sie fpähen bang nad des Kozytus
Brücke. S. Gruppe a. d. Tartarus, \
-
S
$. 275.
Das Verbum helfen und verhelfen erforbert den Dat. der
‚ Yerfon und gewöhnlich den Dat. ber. Sache mit der Präpof. zu.
Sich verdient machen verlangt bie Perfon im Ace. mit um;
. besgleichen ſteht um bei beneiden, nm die Sache zu bezeichnen,
- 3b half euch yon einem Feind und mir zu einem Pferd, ©.
®. 3. Ich hatt? es nicht um dih verdient. ©. DE 1, 2.
: Ihe machtet um meine Krone euch verdient. ©. DE. 3, 10.
Ich babe Deinesgleichen flets beneidet um dieſes Vorrecht ber
Vertraulichkeit. ö. Dr. 1,9. ——
8. 276.
Die Verba warten, harren, hoffen, glauben, bauen,
trauen, beſtehen u. ähnl. können in verſchiednen Conſtructionen
die Präpoſ. an und auf zu ſich nehmen, geſtatten jedoch theilweiſe
auch den Acc. oder Gen. ohne Praͤpoſ.
An ſolcher Namen echte Währung glaubt das Voll. S. TI.
1, 4: Bang harrte der Lehrling auf Licht. ©. r. Eleg. 12.
Erhörung wartet auf ben Furchtſamen. S. Di. 2,4. Ich
hoffe auf firenges Recht von meinen ird'ſchen Richtern. ©. St. °
1,7. Ich verlaffe mich auf mich und auf meine beiden off
nen Augen. ©. St. 2, 7. Trogt nicht auf Euer Redt. ©.
St. 3, 3. Wer auf Gott vertraut umd die gelenfe Kraft,
ber ringt fich Teicht aus jeder Fahr und Noth. ©. Th.8, 1.
: Der -Daupbin verzweifelt an des Himmels Schub. S. Ivo.
2, 2. Die Frauenzimmer beftanden auf ein Paar golbner
Schwingen. ©. %. 8, 2. Da fie noch jebt auf Frankreichs
Hülfe pocht. ©. St. 2,9. Ich zählte auf euch. G. ©. 2.
10*
-
I}
— 148 —
g. 277.
Hauptanwendung ber vor Werkzeugen. ſtehenden Präpof. iſt mit;
älter feheint gleichwol die gefellige Bebentung ($. 249.), Verbin⸗
dung und Bereinigung, wofür jeßt häufig in und zu ſteht: Laß
mich mit, in Frieden; ftelle ihn zu Frieden. 0
Was die Natur deinem Geift nicht offenbaren mag, das zwingft
du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben. ©. F. 1, 42.
Sie find mit Geiftern, mit Dämonen einverftanden. S. DE
2,8. Sieb, wie mit Taufchendem Mund und weitgeöffnetem
Auge die Hörer alle paffen. W, 1, 8. Dies Auge hat fein frü-
bes Grab mit treuen Zähren begoffen. W. 1, 24. Und füllet
mit duftenden Schäten bie Raven. S. Glinde. Und ehe das
dritte Morgenroth fcheint, hat er ſchnell mit- bem Gatten die
Schwefter vereint. S. Bürgſchaft. 2 |
$. 278. .
Die Verba der Trennung und Befreiung erfordern bie
Präpoſ. von, um ben Gegenftand zu bezeichnen, von dem ein an-
drer fich "entfernt... Außer den auch mit dem Gen. conſtruierten:
entbinden, losſprechen u. a., von benen bereits oben ($. 219.)
die Rede war, gehören hierher noch: befreien, erretten, erlö—
fen, heilen, trennen, fi erholen — -
Ach könnt’ ich doch von allem Wilfensqualm entladen in dei⸗
nem Thau gefund mich baden! ©. F. 1,30. Entbinden
nicht unfre Geſetze von folden Schwüren? G. G. 2. Das Heer
entwöhnte Fängft vom harten Opfer fein Gemüth. ©. J. 4, 2.
Ihr fagt euch alfo von dem Fürften 108? © T. 2, 5. Dies
Manıfeft fpricht los das Heer von des Gehorfams Bflichten.
©. T. 2, 6. Zwei Seelen wohnen, ad! ın meiner Bruft, die
eine will fih von der andern trennen. ©. 5. 1, 60. Heute
ſoll ich’8 befreien von feinen Freunden. ©. P. 1,2. Wer
errettet mih von feiner Wuth! S. St. 4, 6.
$. 279.
Mit den Verbis der Trennung find die des Verluſtes ver-
wandt, in den Redensarten: um etwas fommen, einen um etwas
bringen u. ähnl., wo der Verluft durch die Praͤpoſ. um bezeichnet
wird (vgl. $. 261.). Oft wird das Prädicat bloß durch das Ver-
bum fein ausgebrüdt, indem das Partie, von fommen oder brin-
gen binzugebacht wird. |
Das vergeben mir die Wiener nicht, dag ich um ein Spektakel
fie betrog. ©. P. 2, 7. Gethan iſt's um ihr theures Land,
S. DE. 1, 2. Ich bin um meinen Schlummer. ©, Dk. 3, 1,
Soft find Sie um Ihren Purpur. S. DI. 1, 1.
\
— us —
| 18. |
‚. Einige Partitivbegriffe pflegen flatt des Gen. der Sache
auch die Präpof. an zu fich zu nehmen: mangeln, fehlen, ge⸗
brechen. Die Präpof. drüdt gleich dem ältern Gen. hier wieder
das Partitive aus, im Gegenfab zu dem Cafus rectus: Es mangelt
mir bie Luft, geht Auf den Begriff der Totalität. — Theilweife ver-
wandt damit find die Berba weichen, nadhftehn, wenn angege-
ben wird, worin man geringer ift, worin man einem andern nach⸗
ftebt, wo gleichfalls die Präpof. an erfordert wird.
- An Büchern fehlt’S, den Geift zu unterhalten. ©. St. 1, 1.
An Fleiß und Mühe bat es nicht gefehlt. G. T. 4, A. Dann
ſoll's an gefälligem Betragen nicht gebreden. ©. T. 1, 6.
An frofem Muth und Willen weich’ ich feinem. G. T. 2, 3.
An Eifer gab er feinem Märt’rer nach. W. 6, 24.
2) Präpvfitionen neben dem Nomen.
a) Bei Subftantiven.
nn $. 281,
Wie die Nomindlrecton für den bloßen Caſus viel unbedeuten-
ber ift als die verbale ($. 231.), fo flehn auch die Beziehungen
des Nomens auf die Präpoſ. denen des Verbums an Einfluß und
Wichtigkeit nah. Wenn ein objectives Sabverhältnif, in welchem
die Beziehung durch eine Präpof. ausgebrüdt wird, in ein attribu=
tives verwandelt, d.h. wenn flatt des Verbums ein Subftantivum
geſetzt wird, fo treten hei letzterem diefelben, Präpof. ein, welche das
Verbum erfordert. As Hauptfälle dürften nachfolgende gelten.
$. 230,
Den von Subft. abhängenden Gen. ($. 232.) umfchreibt in ber
. neubochbeutfchen Sprache oft die Präpof. von (aber lange nicht fo
häufig als ihn das franz. de, das engl. of, das niederl. van ver-
treten hilft). Die gemeine Mundart geftattet fi) übrigens biefes
von öfter als die Schriftfpradhe; erftere fagt: Der Vater von die-
fem Kind, die Spite von dem Berge, was Ießtere nicht wol wagt.
Doch unterfcheiden fi Hier die Schriftfteller von einander, Wie-
land z. B. geflattet fich jenes von häufig, wo andere den Gen.
fegen. Dieſe Präpof. zeigt fih gewöhnlich bei dem Begriff der
Bath des Gebietens, bes Dienens und ber Theil-
nahme.
Das hätte die Geduld von einem Heil'gen morden können!
W. 1, 42. . Das Ende naht von deinem Sünbenleben. W. 3,
33. Du fiehft das Ziel von meinem langen Lauf. W. A, 34.
Ich bin die Mutter von der Amme ber fchönen Rezia. W.
4, 42. Die Sonne hatte bald ben dritten Theil vollbracht von
ihrem Lauf. W. 5, 6. — Dort fimt in bauger Nacht, ein
.
\
— 150 —
Sklav von flüht’gem Ruhm von Amt auf Aemter bin. 2.
Auf e. vornehme Vermähl. Zeitlebens ſoll ih ein Gefangner
fein von diefem Namen. ©. P. 2, 4. Und bann kann ber
befte Nitter nichts machen, wenn er niht Herr von feinen
Handlungen if. G. ©. 3. Sie fol Königin von meinen
Schlöffern werd. G. ©. 3. Ihr feid der Herr vom
ı Hans. ©. F. 1, 203. ” Ich fragte fie, ob fie die Mutter von
den Kindern wäre. G. WI. 1, 27. Mai. hr feib gewiß ber
- Richter von diefen flühtigen Männern? ©. Hp. 5,
224. Sch bin eine Freundin von Geſchichten. S. Df. 1,4.
Anm.’ Wie in vem Bſpl. M. 4, 42. gebrauchen auch andere Schrift:
ſteller die Präpoſ. von, um den doppelten Gen. zu vermeiden: Das
Glück von einem Zaufend tapfrer Heldenherzen. S. : Die legte Hoff:
nung von Atreus Stammg ruht auf pm allein, G. 3.5, 3. Dort
’ fegneten vielleicht des Vaters Thränen einft ben edelſten von Deutfch-
landg Söhnen. Matihiffon: Elegge.—
N j . 6. 283. " ”
Bor örtlichen Eigennamen brüdt vom weniger Herr-
— ſchaft und Eigenthum, als Herkunft und Abflammung -
aus. — Auch in manden andern Fällen zeigt von, vor örtlichen
- und perfönlichen Begriffen, Herfommen und Urfprung an: Ein
Kuß von deinen Lippen; zwar wäre ber Gen. zuläffig, die Prä-
poſ. iſt aber Tebhafter,
. Sp fein ihr Götz von Berlichingen! G. ©. 1. Franz von
Sitingen hält vor dem Schlag und läßt euch fagen: er habe
gehört, wie die Herrn von Heilbronn allen Vorſchub thäten,
G. G. 4 Es kommen bald Kaufleute oon Bamberg und
Nürnberg aus der Frankfurter Meſſe. G. G. 2. Ich geh’
zum Bifchof von Conſtanz. ©. ©. 1. Und dies geheimniß-
- solle Bud von Noftradamug eigner Hand, iſt dir es nicht
_ Geleit genug? &. F. 1, 31. Er befaß trefflihe Gemälde von
N
den beften Meiftern. ©. %. 1, 17. Ich babe mir herz⸗
Yihen Danf von guten Bürgern verdiene. ©. Hd. 3, 34,
Ein Glanz vom Himmel fohien die Hohe zu umleuchten. ©.
Ivo. 1, 9. Bringft du mir von ihrem Munde ein herzlich
Lebewohl? G. Nt. 3, 4. Kalt wird ber Kuß von deinem
Munde, matt der Drud von beiner Hand. ©, d. Abſchied.
$. 284.
Bon bezeichnet ferner den Stoff, woraus etwas befleht, ge-
macht ift ($. 253.). Solche Stoffe werben aber immer allgemein
genommen und haben feinen Artikel. — Diefen unbeſtimmten, ar-
- tikellofen Ausdruck mittelft von verwenden wir auch noch in ver-
ſchiednen andern Fällen, gegenüber dem beftimmten und articnlierten
Gen.: Ein Geräufh von Menfchen, eine Fülle von Gedanken u. a.
- In Haft und Eile bauet der Soldat von Leinwand feine
leichte Stadt, ©. P. 1, 4. Deinem Bilde von Marmor hier
-
| — 1511 — .
möcht’ ich Dich wohl vergleichen. ©. Sonette 4. Den Laubgang
erftieg man auf Stufen von unbehauenen Platten. ©, Hd. 4,
28. Herr Hüon läßt am Feuerherd auf einer Banf von Moog
fih nieder. W. 1, 28. — O welder Abgrund von Abfcheu -
Iichfeiten! ©. St. 4, 6. Gewiß umgibt ein fohöner Kreis dich
von Aehnlichen. ©. Nt. 4, 1. Cr fchwebte in einer Fülle .
von Hoffnungen. ©. %. 1,11. In weldes Meer von
Jam mer ſtürzt fie euch! W. 1, 4.
| - $. 255,
Um eine Art oder Beſchaffenheit auszudrücken, Fönnen wir
ben bloßen Gen. feßen ($. 232, 4), vder auch mit der Präpof. von
eonftruieren. — Verwandt damit feheint der Gebrauch, daß wir
neuhochdeutſch zur Steigerung des Begriffes zwei perfönliche Wör- .
ter durch von mit einander verfnüpfen: Ein Engel von einem
"Weide — ein englisches Weib. — Endlich ſteht von in feiner
eigentlichen Bedeutung ($. 253.) nach den Subft. Abſtand, Ent-
fernung, Trennung u. ähnl.
Der Mann von Ehre gibt fchon erröthend, aber er nimmt
nicht errötbend J. 58. Plötzlich fland vor ihm en Mann von
rauber Geſtalt. W. 1, 19. hr felbft erflärtet fonft den
Schotten Kurl für einen Mann von Tugend und Gewiſ—
fen, ©. &t. 1,7. Das Pferd ward ein edleres, rafıhes, mu-
thiges Thier von vieler Wärme, von wenigem Schlaf. 9.
4,1, 6 — Wahrlich ein Engel von Weib! V. 3, 2, 339.
. Schurfe voneinem Wirth, U M. 1,1. Er wollte nun-
mehr beirathen, und zwar einen rechten Teufel von einer Fran,
2.39. 1, 6. Diefen Felfen von einem Dann hätten die
Athenienſer verachten follen? 2.2%,3. Da Schelm von Sper-
ling! V.' 2,-391. Obendrein bat mih der Schelm von
Schneider noch fiten laſſen. ©. 8. 1,6. Schaffopf von
/
einem Gauner! ©. F. 1, 9. Laß doch ſehen, ob mich ein
Starrfopf von Sohn meiftert! S. K. 1,7. Das ift eine
Pracht von einem Becher! © 9. 4,5. Meine Hunde
von Reitern. ©. ©. 3. Dem Hafen von Bräutigam
das Fräulein wegzublafen. W. 4, 63.
$. 286,
Nah der Präpoſ. von foheint zu den weiteften Umfang neben
Subft. zu haben. Es wird dadurch vor Ortsnamen Wohnſtätte
und Aufenthalt angegeben, wobei es zuweilen mit in wechfelt.
Verwandt damit ift Die Bedeutung des zu bei Subfl, der Bewe-
‘gung, wo es öfters mit nach tauſcht ($. 251.): Die Reife zur -
Hochzeit, ver Gang nach dem Eifenhammer. Noch drückt zu, wie
manchmal au von, das Gehörige aus. 0.
Ihr fein mein Gaſt zu Schwytz. S. TI. 1, 2. Haben Sie be-
. merkt, wo fie den Schlüffel zur Schatulle gewöhnlich zu bes
N
— 152 —
wahren pflegt? S. Dk. 2, 12. Gebt heraus die Schlüſſel alle
von den Städten. S. Ivo. 1, 11. Er trat die Wallfahrt
an zum werthen heil'gen Grabe. W. 1, 11.
S. 297.
Wie die Verba des Herrſcheus ($. 271.), jo werben auch bie
Subſt. König, Fürft, Herr, Richter u. ähnl. mit über ver-
bunden, um eine Gewalt auszudrücken. — Auch flieht über für
bes in ob, um das Meberfreffen auszudrüden: Noth über
alle Noth. '
Er wird fich feines Vortheils über uns erfehen. G. ©. 2,
Der wäre fein Meifter über vie Geiſter. ©. F. 1, 68. Im
England ift Fein Richter über fie. ©. St. 1, 1. Botihaft
ah! vom Triumph des Laſters über die Tugend. 2. Eintritt
d. % 1752.
288
$. s *
Nach ſteht manchmal für zu ($. 286.): Die Wallfahrt nach
der Kirche, dann überhaupt bei Subfl. des Strebens und Ber-
Yangens wie die gleichbedeutenden Verba ($. 268.) — So fleht
auch um, befonders bei Subft., denen noch Berbalfraft innwohnt:
Sorge um das Geld, Kampf um bas land. -
Driefe nach Brabant erbricht der König. S. DE. 2, 15. Wir
find begriffen auf vem Weg nach Rheims. S. Ivo. 3, 4. Hier
ift Fein beichwerliches Streben nach verfagter Größe. ©. ©. 1.
Er fühlte einen neuen Zug nad Bamberg. G. G. 2. Da er
bisher die Kunftrichter fehr wenig genust hatte, fo erneuerte ſich
fene Begierde nach Belehrung. ©. %. 1,'10. Der Iebhafte
Trieb nach Amerika im Anfang des 18. Jahrh. war groß. ©.
Wi. 1, 7. Da befiel ihn fein alter Durft nach einem einzigen
erfihütternden Guß aus dem Füllhorn ber Natur, J. 1
Anm. Zuweilen ſteht auf ftatt na, um eine Richtung, Bewegung
. auszudrüden: Gegen Abend veranlaßte Charlotte einen Spazter-
gang auf die neuen Anlagen. ©, Wv, 1, 3.
$. 239.
An fleht mit dem Dat. bei Iobenden oder fcheltenden Subft.,
benen faft abjectivifche Bedeutung zufteht: Ein Löwe an Mut. —
An mit dem Acc, erflärt fih aus der den Subft. noch anflebenden
Berbalfraft: Der Glaube an Gott. — Aus diefer Verbalfraft laͤßt
fih, wie bereits oben (6. 281.) bemerft der Gebrauch, vieler Prä-
pof. bei dem Subſt. erflären. Ein großer Theil der Verba, bie
eine Präpof. zu fih nehmen (vgl. $. 255 f.), laͤßt fih in Subfl.
verwandeln, die dann biefelben Präpof. erfordern. Borzügliche Anr
wendung finden die Präpoſ. an, auf, in, nah, vor, über.
Der Gedanfe an diefe fchrediiche Begebenheit Täßt mir Feine
Rufe. &. E. 1. Im Glauben an meiner Gründe fliegende
Gewalt. S. St. 1, 7. Zulegt im Blauen blieb ein Augenwei-
den au fernentwichnen lichten Sinfterniffen. ©. Sonette 7. Ich
v *
du
— 153
weiß nunmehr, daß Euer gutes Recht an England Euer ganzes
Unredt iſt. S. St. 1, 6. Werner hörte, wie ſehr man Sie mit
Ihren Forderungen an bie Kriegskaſſe aufzieht. 2. M. 1, 4. —
Das Vertrauen ift bin auf meine Ehre. S. Ivo. 1,6. Als
bano's Sehnen nach dem milden Lande der Jugend wuchs im-
mer höher. 3. 102. Oper überwog die Furcht vor der Macht
bes Minifters den Abſcheu vor feiner aka: ©. Gran-
vella. Die wiederholten Beſchwerden über feine Gewalt. '
©. daf, Es hat mir in meinem Leben fo nichts einen Stich
ins Herz gegeben. ©. 5. 1, 182. Noch einmal fattelt mir den
' Kuppogrofen ihr Mufen zum Ritt ins alte romantiſche Land!
+ 1, 1.
b) Bei Adjectiven.
$. 290.
Bei der Betrachtung der Präpof, neben Adi. muß Rüdficht ge-
nommen werben auf ben fogenannten Inftrumentalis, einen
Caſus, der dem Iatein. Ablativ entfpricht, und fih im Goth., An-
gelſächſ. und Altnord. nachweifen läßt. Im Alt- und Mittelhoch-
beutfchen ſteht dafür der Gen. over es treten Präpof. ein; im Neu-
hochd. haben die Präpof. den Sieg völlig davon getragen. Die
hierher gehörigen Adj. laſſen ſich unter folgende Begriffe bringen:
1) Ad. der Gleichheit erfordern an und mit; 2) Abj. der
©röße conſtruieren mit an und von; 3) Adj. der Befleibung
mit an und mit; A) Adi. des Reichthums mit an; 5) Adj.
ber Weisheit und die verwandten des Alters und der Yu-
gend mit an und in; 6) Adj. der Krankheit, Ermattung
mit von. — Da die Vortheil und Nusen ausdrückende Prä-
pof. für bei unzähligen Adi. eintreten kann, fo fol biefelbe hier
übergangen und nur auf die Praͤpoſ. an, auf, gegen, in, mit,
nah, von, vor, über, um und zu Rückſicht genommen werben.
“
$. 29].
Die Präpoſ. an nnterfcheibet fich fehr von zu, welche Geſchick,
Fug und Neigung zu einer Sache ausbrüdtz an aber ſchildert gute
und ſchlechte Eigenfchaften an etwas. Zumal fleht an bei Priva- -
tiobegriffen, wo an und von einigemal getaufcht werben, woraus
bie Berührung zwifchen beiden Präpof. erhellt. An ſteht num be=
fonders bei folgenden Adj., die (wie aus $. 233. u. 237. erhellt)
wie noch mehrere in den folgenden $$. zu erwähnende ın andern
Eonfructionen theilweiſe auch: einen Gen. oder Dat. geftatten:
ähnlich (auch mit in), alt, arm, blind, bloß, frudtbar,
gefhubt (mit), gefund (zu), gleich, grau, groß (von), grün,
ter, jung, klein (von), Flug, krank (von), frumm, kühn,
lahm, leer, (minorenn), nadet, nah, veih, [huld,
-
ſchwach, fhwer (zu), ſtark (zu), taub, überlegen, un
ſchuldig, verfümmelt, wei, wohl.
m
— 154. —
Arm m Bentel, krank am Herzen fehleppt’ ich meine langen.
Tage. G. Schabgräber. ı Die gegenwärt’ge Zeit iſt noch an
mehrern Munderdingen frudtbar. S. Di. 4, 3. Doc war
an Wiffenfchaft, an rechtem Sinn ihr feine beider Töchter, je-
mals gleid. ©. T. 1,.1. Ein Edelmann, an Weisheit ziem-
lich grün, — ſehr grau an Bart und Haaren. W. 6, 2
Er fühlt fih nun an Muth und Glauben zwiefah kühn. W.
„1, 11. Die Freunde werden irr an bir. ©. © 2,5 &
war minorenn an Berfland oder an Jahren. © .®. 2. Die
mir die Naͤchſten find an Blut, verlaffen mid. S. Son. 1, 5.
Ich bin noch immer reich an "Freunden. © T. 3, 10. Er
war an Glanben ſtark, wiewohl an Kenntniß ſchwach. W. e
24. An dem ganzen Unglüd iſt er doch nur allein ſchuld.
€. 1. An Grimm und Stärfe war wie an Erfahrenpeit ei
Gegner offenbar mir überlegen. W. 1, 57
$. 292,
Faft alle Adj., welche mit der Präpoſ. auf conſtruieren, be⸗
zeichnen eine aufgeregte Gemüthsſtimmung, fei es nun Zorn und
Erbitterung,. oder Kühnheit und Stolz. Folgende Adj. (die theil-
Ed
-weife auch andere Präpof. zu fich nehmen) dürften vor. andern fo
gebraucht werden: argwöhniſch, er eiferſüchtig, erbit-
tert, erbof’t, erzürnt (über), gefaßt, Fühn (auch mit an
und gegen),neibifc, ſtolz, ungehalten (über), verſeſſen,
vorbereitet (zu), zornig.
Ich war recht böſ' auf mich, daß ih auf euch nicht böfer
werben konnte. ©. F. 1, 165. Fu erfennt ‚ber Pöbel nicht,
ans des. —28 urück. S. Diana, —3 — auf Ihren q gro⸗
Ben Führer, hielt die Eilenden parid ° % 1; 3. Auf folde
Botfchaft war ich Yängft gefaßt. S ‚6. Kühn auf
eprüfte Schwingen. X. d. Sperling. - Der Herzog, ſtolz auf
Feiner Tochter Werth, läßt nah und nah fie Öffentlich erſcheinen.
G. Nt. 2,1. Man ift immer gern auf Frau, Tochter und
Sohn —— ungehalten. J. 58. Darauf war ich nicht vor⸗
bereitet. S. Dk. 4, 21. -
$. 293.
Die mit gegen (zuweilen auch mit wider) eonfiruierten Adf. -
brüden ein freundliches oder feindliches Verhältnig zweier Perfonen
(ſelten Perfonen und Sachen) zu einander aus. Hierher gehören
befonders: Aufrichtig, barſch, blöde, empfindlich, frech,
freundlich, fühllos, gelind, an gnädig, groß,
hart, fühn, offen, raub, verfäloff
Ich bitt' Euch, ſeid wicht fo barſch und Dub gegen ben git-
ten Dam; Ihr feid ja fonft gegen Alle freund. €. 2.
-
N
— 155 —-
‚Sie deben einen alten Groll gegen Euch. Und ih wider
fi. G. ©. 2. Mein Ehrgeiz war es, der mih gegen Yu-
gend ‚und Schönheit fühllos machte, ©. St. 2, 8. Dear Kö⸗
nig war gegen Sie nidt gnäbig,-nur gereht, ©. DE,
3, 7. *
— §. 294.
Wie bereits früher (F. 250.) bemerkt, bezeichnet in außer
Ort und Zeit einen Zuſtand, eine Beſchaffenheit. In Teh-
terer Bedeutung fteht es befonvers bei Adij., um Erfahrenheit,
Befhaffenheit, Charakter auszubrüden. Hierher gehören
befonders die Adij. bewandert, brav, Deutlich, bunte,
einfach, einig, entzwei, erfahren, feig, feft, fremd,
froh (mehr mit über), gelehrt, genau, gefhidt, ge
übt, glei, groß, binderlih, Flar, Plein, klug,
mächtig, mäßig, fanft, ſtark, fireng, tapfer, überlegen,
unterfhieden, aceurat, verfunfen, vertieft.
pe-nennt Euh fremd in Englands Reichsgeſetzen; in Eng-
lands Unglück fein Ihr ſehr bewandert. ©, St. 1, 7. In
dieſem einz’gen Punkte find fie eins, in allen andern trennt fie
biut’ger Streit. S. Dom. Und es fommt der Gott der Effe,
bochgelehrt in Erz und Thon. ©. d. eleuf. Feſt. Hier-faß
sh oft an Hoffnung reih, im Glauben fefl. © F. 1, 57.
Nur, in Entfehlüffen bit du tapfer, feig in Thaten? S. T.
1, 7. Drum muß auch ein Bürger in Waffen geübt fein. ©.
E. 1. Sieif in allem mäßig, was fie thut. ©. €, 1. Und
- meine Mutter iſt in allen Stüden fo aceurat. ©. F. 1, 162.
"Berfunfen war ih in die frommen Sagen. Uhl. An Kerner.
2 $. 299.
Die Präpof. mit Hat eine doppelte Natur ($. 249); fie be-
zeichnet eine Gefellfchaft und drüdt dann bei aus, 3. B. Du bifl
blind mit fehenden Augen (S. T. 2, 3.); bei Adj. brüdt fie
meift ein inftrumentales Verhältniß aus, und fleht vorzüglich bei: .
- Angethban, befleidet, beſchuht, einverflanden, fertig,
gefüllt, geizig (mad), gerüftet (gegen), Farg, ſparſam,
verfhwenderifch, vergnügt, zufrieden.
Angethan mit einem Sterbekleide fchlummert Röschen. Hölty
Elegie. Sie find mit Gerflern, mit Dämonen einverflan-
ben. ©, DE 2, 8 Mit dem da werden Sie nit fertig...
S. 9. 1, 4. Eure Mutter will wiffen, wie man in Madrib
mit Euch zufrieden fe. ©. DE 1, 4 Weil er mit ben
Merkmalen feiner Gunft weder karg, noch verſchwenderiſch
war. ©, Ich bin ein Kind und mit dem Spiele ber heiteren
. Natur vergnügt. Uhl. d. fanften Tage.
$. 296
Die Bräpof. nach fleht befonders hei Berbis bes Streb ens
und Begehrens ($. 268.) und fo auch bei ben wenigen Adj.
ba
| — 16 —
beffefben Begriffes, als: burflig, geizig, begierig, lüſtern
nach etwas. — Etwas verwandt dem Sinne nad ift um bei be-
forgt und befümmert. — And die mit wor verbundnen Adj.
‚blaß, bleich, roth, ficher drücken, ſich er ausgenommen, eine
innere Gemüthsaufregung aus (lat. prae). Wird bloß die Farbe
berüdjichtigt, fo kann bier auh von ſtehn: Er iſt blaß, bleich,
soth oon Farbe. ‘
So ift er flets um meine Gunft beforgt. ©. T. 1, 2. Was
wollt ihr? ruft er vor Schreden bleich. S. Bürgfchaft. Vor
Berräthern, vor Ueberfall find wir doch fiher? ©. DE. 2, 14.
$. 297.
Bon größerem Umfang ift der Gebrauch der Präpnf. von, bie
zuweilen mit vor ($. 296.) wechfeln kann. Bon bei Ad. iſt
bald ſchildernd, bald caufal ($. 253.) und fleht befonders bei
folgenden Adij.: Abtrünnig, angenehm, beieligt, blaß,
bleih, bunt, entblößt, entbunden, entfleidet, entla-
den, entlaffen, entfegt, entwöhnt, frei, gelb, gefäl-
- Fig (gegen), gefittet, gut, häßlich, herb, lieblich, I o8-
eſprochen, matt, müde, ermüdet, rein, roth, fatt,
auer, ſchön, ſchwarz, fteif, ftattlıch, füß, trunfen,
verfihert, voll, überführt, überzeugt, widerlich, wis
. Angenebm von Geflalt, gefittet von Natur, gefällig
von Herzen aus, follte er das Muſter ver Jugend fein und bie
. Rreude der Welt werben. G. %. 4, 3. Beſeligt von dem
Wundervollen. Uhl. d. Dichters Abendgang. Bunt von Farben
s auf den Garben Hiegt der Kranz. ©. Glocke. Entblößt find
von DVertheidigern die Mauern. ©. Ivo. 1, 3. Und von der
unendlichen Mühe ermattet finfen die Kniee. S. Bürgfchaft.
Cr fühlt’ auf einmal fih von allem Gram entbunden. W.
8, 23. Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle bewahrt
die Findlich reine Seele! S. Kraniche d. Ib. Warft fo lieblich
von Geſicht. ©. F. 2, 28. Alle Hände ruhen müde von dem
thränenvollen Streit. ©. Raffandra. Er ift von hoher Wonne
trunfen, er iſt von füßen Sgmerien matt, Uhl. d. Pilger.
Auh vom Schaume rein muß die Mifchung fein. S. Glinde.
Sie ift ftattlich von Gliedern. V. 1, 582. Im Vorübereilen
grüßen fih mit Blicken, voll von Schmerz. Uhl. Maiklage.
$. 288.
Die Präpoſ. über hat (nah $. 251.) verfchiedene Bedeutun⸗
gen, und fo wird fie auch bei Adi. verſchiedenes Sinnes angewen-
det, vorzüglich jedoch bei Adj., welche eine geiftige Aufregung,
eine gereiste Gemüthsſtimmung bezeichnen, in welcher Bedeutung
auch anf ($. 292.) und um ($. 296.) ſtehn. Hierher gehören
‚ befonders: Aergerlich, aufgebradt, bange, bedenklich,
— 157
beruhigt, beſtürzt, betrübt, einig, entrüßet, entzün-
det, erfreut, erhaben, erſchreckt, erfiaunt, erzürnt,
froh, mürrifh,- unwillig, verwundert. (Bgl. die Zeit
wörter $..267. 271.)
Die Stände. aufgebracht über den Kaiſer. ©. Wären nur
erft die Niederländer über ihre Verfaffung beruhigt. G. €.
1. Etwas Iebt in des Weibes Seele, das über allen Schein
erhaben ifl. ©. DE. 3, 10. Sie war beftürzt über meinen
Antrag. ©. ©. 3. |
$. 2.
Bereits oben ($. 291.) wurde bemerft, daß die von an ſich
unterjcheivende Praͤpoſ. zu Geſchick, Fug und Neigung zu einer
. Sache ausbrüde. Häufig verwenben wir biefes zu vor Infin.:
Gut zu effen, leicht zu —* (Bol. $. 62.) — —
Viele Adj. geſtatten beiderlei Gebrauch, einige nur den letzten,
andere den. erſten. Hier find befonders zu erwähnen: Befugt,
behilflich, bequem, bereit, beflimmt, dienlich, dicn-
fam, fähig, faul, förderlih, geboren, geeignet, ge-
neigt, getsiet, gefund, geweiht, gewillt, gut, nütz⸗
lich, ſchnell, tauglich, träge.
Ich bin zu flerben bereit. S. Bürgichaft. Ihr ſeid geſchick—
ter zu enerm Gefhäft. ©. ©. 1. Geneigt zum gegenfeiti-
gen Bund. M. 1, 8. Und bin ich nicht geboren zu hohem '
Heldenthum. Uhl, Lieb e. d. Sängers. j
c) Bei Pronominen, Zahlwörtern und Superlativen,
$. 300.
Statt des alten Gen. bei Demonflrativen: Die ber Leute,
braucht die fpätere Sprache die Präpof. von und unter. Mittel«
hochdeutſch fand ſich dieſe Eonftruction häufig vor Ortsnamen: der
üz Osterriche. (Etwas ähnlich fleht bei J. Kerner, freilich mit
einer Ellipfe: Und es rief der Her von Sadfen, der voR
Baiern, der vom Rhein.) Nicht anders erfeben von und unter
den Gen, bei wer, welder, jeder, mancher ($. 234.) —
Auch bei Zahlwörtern, Tarbinal- wie Orbinalzahlen, ſtehn flatt
des Gen. ($. 235.) nicht felten die Prapof. unter und von. —
Bei dem Superlatio, befonders wenn er fubflantivifch flebt, Tann
‚ein Gen. gebraucht. werben; nicht felten wird aber biefer ‚Gen.
burh unter und von erfeßt.
Ich weiß doch, was mir ein jeder von Euch gilt. S. T. 2,
3. Den aus Mailand follen wir hinbegleiten. Den Infanten |
Das ift ja kurios! S. L. 11. Wer kömmt no von ben’ An-
bern? ©. T. 2, 5. Wer unter diefön, die du Freunde nennft,
darf deinem Bruder fich zur Seite fiellen? S. Bom. Den möcht’
ih wiffen, der der Treufte mir von Allen iſt. S. T. 2, 3.
Wohlauf, du Schönfte von Allen, laß ein Stiäußlein herun⸗
— 158 — |
ter fallen. Uhl. Abſchied. Viele von den Hauptlenten und Ge-
neralen Reiten aus ihren eigenen Kaffen-die Regimenter. ©.
Siebentes Gapitel.
Abſolute Caſus.
$. 301.
Abſolute Caſus ſind, welche nicht regiert werden. Wenn ein
Caſus weder abhängig zu machen iſt von dem herrſchenden Verbo,
noch von einem Nomen ober einer Partikel des Satzes, fo verdient
er jene Benennung. Sole abfolute Caſus haben die Rattır ıdes
Adverbiums, und man darf alle aus dem Nomen entiproffene Ad⸗
verbia abfolute Caſus heißen. j
Anm. Beſtimmung des Adv. ift überhaupt eine Nebenvorflellung aus⸗
zuprüden, entweder rafch und gebrängt, oder Br einem belebteren Bild
erweitert. Jedwedes Adv. könnte in einen felbfändigen Satz entfaltet
werden ‚und trägt den Keim dazu bei fih: Ich thue es gern = meil
ich begehrte es zu thunz ich fomme Nachts = wenn ed Nacht wird.
— Bird der abfolute Caſus durch präpofitionalen Ausdruck umſchrie⸗
ben, fo gehört die Präpofition mit in den abfoluten Begriff, und püft
ihn beroorbringen, z. B. mit Freuden, bei Leibe, .
Abfolute Nomina.
$. 302, . ‘
Es ift ſchwer zu fagen, ob ein Cafus im Sab abverbial flehe
oder von einem Worte des Satzes regiert werde. Der Zweifel
trifft befonders die Modalitätsadverbien, welde auf die
Tragen wo? wohin? wann? wie viel? wie hoch? wie alt? "wie
Yange?: antworten: Sie werben durch Caſus ausgedrückt. Die.
örtlichen Adv. des wohin und wo fchließen ſich unverfennbar
dem Berbo des Satzes oder einem verbalen Subft. an; fie find
als in Abhängigkeit ſtehend zu betrachten: Ich gehe in die Stadt,
auf das Rand; Die Reife in die Stadt; ich beiße in den
Apfel, der biß in Den Apfel. Se abflracter fie werben, befto
mehr nehmen fie Adverbialnatur an: Der Gang an den, Berg, nicht
mehr zu Berg. — Soll das Verhältniß der Zeit beftimmt wer-
ben, , pflegt auf die Frage wann? in ber alten Sprache ein
Gen., auf wie lange? ein cs. zu folgen. Neuhochd. fagen
wir: den Tag, auf den Tag, an dem Tag, zuweilen noch
des Tags. Der Ace. bezeichnet die Dauer der Zeit. Diefer
Acc. ift bei Intranfit. dauern, leben, währen, welde feinen
Aec. zu rögieren vermögen, abfoluter und abverbialer Natur. Aber
auch Tranfit. Fönnen außer dem von ihnen regierten Mer. einen an-
‚dern abfoluten neben fih haben: Er haut den ganzen Tag
Holz, fehreibt Die Nacht Briefe. \
⸗
zukommt.
— 159. — —
| $.308.
Bei dem Adj. alt, hoch u. a. ſcheint der Gen. ablarzue
der Acc. abſoluter zu fein: Fingers breit, Finger breit. Die frü-
here Spr. feßte bier licher den Gen., die fpätere bebient ſich mehr
bes Acc. ($. 239.) — Die Rebensarten: Etwas auf deutſch
ſagen und aͤhnl. find für abfolute zu halten, wobei fi jeboch das
Verhältniß der früheren Sprache zur. jeßigen mehrfach geändert hat.
— Oft, und jemehr die Cafusformen zufammenfallen, Tann zwei-
deutig fein, welcher Cafus abfolut ſtehe; in den fpäteren Sprachen
entſcheidet dann der vorgefeßte Artikel, der feinem abfoluten Caſus
Abfolutes Subfl. und Adij.
$. 304
Hier finden ſich befonders abfofute Gen. hanptfächfich bei finn-
Nlichen Gegenfländen, die von ihnen nicht auf andere übertragen
find: Lichter Lohe brennen, gleicher, ebner Erde wohnen.
Nur mit Wetfe Fönnen wir eine Menge mehrfylhiger, auch ab-
firacter Ad. verbinden: Thörichter, hartherziger, treuber-
ziger, granfamer, biebifcher, unglüdlidher, unverant—
wortliher Weiſe; mit Furzen, einfylbigen Adj. gefchieht es
nicht Teicht.
Wo er fih nur nit sutiöteffen bat, mich feſtes Fußes bei |
fih zu erwarten. L. ‚4. Ihr feid ja heut wie nafles
Stroh, und brennt fonft immer lichterloh. G. 8 1, 1083.
Drein wirft man feurige Kraͤnze, wie flattert's lichterloh!
Uhl. D. 3 Könige v. H. Durch unfre Mitte ging. er ſtillen
BGeiſts. ©. T. 4, 2. Des Morgens ging Lucidar feften Ent-
ſchluſſes hinab mit dem Vater zu ſprechen. G. Wi. 1, 8. Ihre
Lebe winden naffen Blickes ihrer Freundin einen. Tobten-
franz. -Hölty, Elegie. Und zu Ritter Delorges fpottender
Weiſ' wendet fih Fräulein Kunigunde. S. Handſchuh. Ich
left? Euch jede Sicherheit, die Ihr vernünft'ger Weiſe
von mir fordern möget. S. T. 1,5. - ‚
Ä Abſolute Participia
$. 305.
-
Wenn Nomina fih Partieipia. zugefellen und mit ihnen in ben
Sat, ohne von deſſen Eonftruction berührt zu werben, eintreten,
fo entfpringt ein Nebenbild, das die Rebe anfchauficher zufammen-
drängt. Der einfache erzählende Ton führt Gegenflände und Er-
eigniffe unverflochten nach einander auf, und ſchwächt Die voraus«
gehende durch die folgende Vorftellung; ein gewählter, Fünftlicher
Bortrag ordnet und gruppiert bie einzelnen Objecte, und ftellt je-
des in ein befonderes angemeffenes Licht. -
Anm. Berindert man ven latein. Sab aperuit januam et intravit iu
- apertä januä intravit, fo gewinnt durch 8
lung der Hauptgedanke an Kraft.
.- . -
.
efeitigung der Nebenvorftel-
g. 306.
Neuhochdeuſch haben wir drei abſolute Caſus bei Parcipien: :
Gen., Dat. und Acc. Abſolute Gen. finden ſich im Sing. umb
Blur: Klingendes Spiels ausziehen; ſtehendes Fußes
antworten; fliegenbes Haare laufen; verhängtes Zügels
“reiten; gefenftes Hauptes reden; — unverridteter Din-
ge; verwichener Tage. Manche Sormen find hier veraltet,
die früher gebräuchlich waren, 3. B. währender meiner Rränk
heit, ungendter Dinge, verrüdter Tagen (neulih). In
vielen hat das Partic. nur adjectivifchattributiven Sinn. In der
abjofuten Redensart meines, unferes Wiffens fehlt eim Par-
ticipium.
Er will eilenden Fußes vorüberfliehn. S. Dürgfgaft Reif’
bin nah Wein zum Kaiſer ee außes. ©. T. 1, 7.
Nach Uri fahr" ih ſtehnden
wie gerne gehen Mir hin, eilenden Fußes. ©. F. 2, 206.
Flavio flürzte herein in ſchauderhafter Geftalt, verworrenes
Hauptes, zerfesten Kleides. ©. Wi. 2, 5. Wenn er jebt
den furchtbar braufenden Sturmwind ſehnſuchtsvoll, Hinf infen-
des Arms vor fi über zu führen am traurigen Bach' arbei⸗
tet. Kl. M. 2, 376.
$. 307.
Bloßer Dat., abſolut gefegt, findet ſich faft nirgends, man.
müßte denn die Conftruction von unbewußt hierher nehmen: Er
gelangte, mir unbewußt, in bas Zimmer. Der Dat. ſcheint
aber weniger neben unbewußt und bamit auf gleicher Linie zu
ſtehn, als davon abzuhängen, weil man fagt: Das iſt mir be-
mußt, nicht bewußt, unbewußt. — Häufiger fiehn Präpoſ.
. and Dat., bei anbrechender Nat, nah gethaner Arbeit.
Vieleicht kam va, ibm felbft unbewußt, ein andrer ge- -
beimer Antrieb. G. Wo. 2, 6. Alle Borgefühle, die ich jemals
über die — * und. ihre Gchidfale gehabt, die mich von
. Sugend auf, mir felbft unbemerft, begleiteten , finde 9 in
Shakeſpears Stücken erfüllt und entwickelt. G. Lj. 3, 11. Er
— Heß, nach eingeſehenem Briefe, das Pferd —* G.
Wo. 2, 11. Wilhelm hatte kaum ſeine Stube erreicht, als er
. feine Kleider abwarf und nach ausgelöſchtem Lichte in's
Bett eilte. ©. %. 5, 12. Der Sänger ergriff nad geendig—
tem Liebe ein Glas. ©. %. 2, 11. Ste flohen nad voll-
brachter That auf fünf verfchieunen Straßen auseinander. ©.
TlI. 5, 1. Barum ſchied er auch vor aufgelöſ'ter Verwir—
rung? ©. Wi. 2, 11.
Anm Mit unbewußt dürfte unbemerkt einigermaßen verglichen
werben. Auch Könnte man vielleicht unbeſchadet hierher ziehen: Das
kann re thun, unbeſchadet Bergen und ae Berbin-
ung
—
\
ußes gleich. S, Tl. 1, 2. .:
%
—— 161 —
8. 308.
Abſolute Acc. finden fih häufiger: Dies gefagt; feinen,
ausgenommen; Faum geredet das Wort; den Einband
mitgerehnet. Die heutige Sprache braucht diefe Conftruction
gern zur Schilderung einer Geberde oder Kleidung beiftehn, fi:
gen und aͤhnl. Die neuhochd. abfolut gefegten Partic. Präter.
find beinahe ſaͤmmtlich tranfitiver, den Acc. regierender Verba.
Wollte man hier Eeinen a bfoluten Acc. gelten laſſen, ſo muͤßte
man feine Zuflucht zur Ellipſe ($. 76.) nehmen.
Und diefes nun auf den Laofoon angewendet, fo ift die
Urfache Elar, die ich fuche. 8. 2. 2. Nicht mehr die holde De:
nus; nicht mehr das. Haar mit goldenen Spangen geheftet;
von feinem azurnen Gewande umflattert. & 2%. 8. Alle Befehle:
haber haben mir Gründe gefagt, ausgenommen die jungen.
2. Ph. 5. Diefes gefagt, entblößte der redlihe Water Die
Scheitel. V. 1, 47.
Adtes Capitel.
AUbverb und Adjectiv.
$. 309.
Subftantive werden durch Adjective, Verba durch Adverbia nä-
ber beftimmt, d. h. das Adj. ergänzt den Begriff des Eubjects,
das Adv. den des Pradicats. Das Adi. erfcheint dann bloß at⸗
tributiv, eine dem Subject ſchon zuerfannte Eigenfchaft ausdruͤ⸗
dend. Das Adv. modificiert die Ausfage des Verbums, bildet alfo
einen Theit des Praͤdicats.
$. 310,
Nimmt aber das Verbum fubflantivum, d. h. die Verbalabſtrac⸗
tion, ben Plag lebendiger Verba ein, fo muß es durch andere Wör:
ter belebt werden. Dies find gewöhnlich wiederum Abjectiva, allein
prädicative, und ihnen Eönnen gleichfalls Adv. zutreten, fo tie
Adv. fih zu Adv. gefellen mag. Begleiten Adv. attributive Adj.,
fo hat man ſich eine vorausgegangene Prädicierung hinzuzudenken.
Noch leichter gefelle fich das Adv. zu dem feine Verbalkraft nicht,
bergenden Particip. Andrerfeits laffen außer dem Verbum fubflan-
tivum verfchiedene Verba Begleitungen des Adj. ſtatt des Adv. zu,
was den fubftantiven Nachdruck erhöht, den prädicativen ſchwaͤcht.
$. 311.
Adjectiva treten alfo neben Subftantiv und Verbum, Adverbia
neben Verbum, Particip, Adjectiv, Adverb, ja zumeilen neben Subft.
auf, in welchen adjectivifche Bedeutung rege iſt. Die ähnliche und
gleiche Anwendung beider läßt aber Webergriffe und Schwanfungen
der Conftruction erwarten.
Kehrein Grammatik. II. 1. 11
— 162 —
$. 312.
Bei der Unterſuchung dieſer Concurrenz zwiſchen adjectiviſchem
und adverbialem Ausdruck ſind beſonders jene Adv. zu beruͤckſichtigen,
welche unmittelbar aus Adj. entſpringen und ihnen parallel laufen
($. 301.); nicht die übrigen durch abſolute Caſus und Praͤpoſitionen
aus Subſt. erzeugten. Die Geſchichte unſerer Sprache lehrt nun,
daß die Form der Beſchaffenheitsadverbia gleich der Flexion der Adj.
haͤufig verſchwindet und beſonders neuhochdeutſch viele Adv. und Adj.
anſcheinend zuſammenfallen. Weil aber die Flexionsloſigkeit der Adj.
hauptſaͤchlich beim praͤdicierten Adj. vortritt (F. 195.), und Adverbia,
ihrer Natur nach, das Praͤdicat begleiten, fo muß dadurch jene Berüh-
rung und Vermifchung beider Nebetheile noch mehr begünftigt werben.
$. 313.
Wenn manche Grammatiker, namentlih Adelung, behaupten,
daß neuhochdeutfch alle prädicierten Adjectiva Adverbien feien, fo ift
dieſer Sag ganz irrig. Augenfcheinlic hat fich das Gefühl für den .
adverbialen Ausdrud geſchwaͤcht, und viele Adj. und Adv. fallen der
Flexion nach, die beiden fehlt, oft anfcheinend zufammen.
Anm. Dem Gothen fchied fih Adj. und Adv. genau. Althochdeutfch
behaupten gwar die Adv. auf o ihr volles Recht neben den unflectierten
Adj.; ale aber o in e verbünnt wurde und mittelhochd. nach kurzen
Sylben zu verftummen begann, reißt die Scheidemand zwilchen Adj.
und Adv. immer mehr ein. Im Neuhochd. findet fi das mittelh. e
noch mitunter bei Dichtern, z. B. Er bind’t ihn aufrecht fefte,
uHl, Sängers Fluch, und bei andern.
$. 314.
Das Verbum fubftantivum (fein) hat zwar meiftentheils
Adi. neben fih, in manchen Fällen aber auh Adv. Wenn nit
die Eigenfchaft ſelbſt, fondern in welcher Eigenſchaft fi) etwas ver:
halte, prädiciere werden fol, fleht Adv. Wenn du gefund bift, ift
ed gut, bene est, wo bonum nicht mit gleicher Bedeutung gefagt
werden koͤnnte. Mittelh. würde man fagen daz ist wol, übele
(verfchieden von dem Adj. übel.) Neuhochd. gebrauchen wir gut
für bonum und bene. Im Superl. am beften zeigt fich das Adv.
deutlicher. In den Redensarten: Es ift genug, umfonft, ver:
gebens iſt nur adverbialer Sinn. In den Formen: Es ift [pät,
fruͤh, überwiegt das Adj., doch hört man noch unter dem Volk das
untadelhafte Adv. fpat und fruh.
Anm. Auch Goethe gebraudt ſpat, dagegen babe ih fruh nicht bei
ihm gefunden. Früh oder fpat, es Eonnte fi) nicht halten, wir muß⸗
ten brechen. ©. T. 4, 2. Ich muß laufen früh und [pat. ©. F. 1, 162.
$. 315.
Häufig ſchwanken Adi. und Adv. in den größtentheild unper⸗
lönlihen Formeln, welchen der Dativ des Subjects beigefügt wird:
— 163 —
Es ift mir lieb, Leid, recht, gut, wol. Bei Somparativen
find Adv. und Abi. noch unfi cherer, und alle Sprachen treten hier
gern ins Adj. uͤber.
$, 316.
Das Verbum werben kann neben denſelben Adv. und Adi.
auftreten, welche fein zulaſſen. Da ber Begriff von werden fi
dem von gefhehen nähert, fo ſagt Ihm das Abe. eigentlich noch
mehr zu als dem abflcacteren fein. Freilich laͤßt ſich auch bier aus
der Form fauer in: Es wird mir ſauer, weber Adi. noch Adv.
genau erkennen. (Die mittelh. Dichter ziehen meift die Adjectivform
sur, Flecke und Reinbote dagegen bad adverbiale süre vor.)
$. 317.
Bei den Redensarten: Mir ergeht, mir geſchieht fcheint
das Adv. vorzumiegen, wenn dies anders nicht duch ein Subft.
Leid, Lieb, oder durch die präpofitionalen Adverbien zu Liebe, zu
Reid vertreten wird. Verwandt damit iſt das active thun in ver
fchiedenen Redensarten, wo jedoch früher das Adv. vorherrfchte, wie
die Formen übele, leide, liebe, unrehte, rehte, bescheidenlichen,
vrümeclichen, höveschlichen, sanfte u. a. darthun.
$. 318.
Das Verbum haben ſtand im Gothifchen intranfitiv in Ver⸗
bindung mit dem Adv. Die fpäteren Dialekte und namentlich der
neuhochdeutfche fegen gehaben mit reflerivem Pronomen mich,
dich, ſich. Das die Weife des ſich Gehabens ausdrüdende Be:
flimmungswort ift natürlich ein Adv. Aehnliche Formeln find wie
geht’8? wie fleht’8? was madıt?
$. 319.
Die Verba gehn, ſtehn, figen, liegen haben zwar gemöhn:
lich Adv. der Befchaffenheit (qualitatis) neben ſich, koͤnnen diefe aber
zumeilen in das lebendigere perfönliche Adi. umfegen, wie man
Latein. fagt: eo tutus, sto erecetus, sedeo tranquillus, jaceo
supinus. Kraͤftiger wirkt hier das flectierte Adj., wie es goth.
überall, alth., mittelh. und felbft neuhochd. vorzüglich gern bei gehn,
ſtehn, figen und liegen erfcheint.
Anm. Der Unterfchied diefer Kormen läßt fich natürlich aus den frühern
Sprachen beffer erkennen. Wenn es dort (mittelh.) abverbial heißt:
Sin muot stuont hö, fo heißt es adjectivifch Sin muot stuont höch.
Slectiert erjcheint das Adj. in: da ligist in disem Wazzer kalter unde
nazzer; die da wunde lagen. Hans Sachs (T 1576) fagt: er stund
stiller, wo wir 'ftill und flille fagen. Weil es ungewöhnlich war,
dem präbicativen Mascul. —er zu verleihen, nahm man es, mo
es fich zeigte, nicht für flerivifh, fondern: dem Adj. felbft zuftändig,
daher auch dem Femin. verbleibend, Dies zeigt fi heute noch in
voller, vgl. $. 198.
— 164 —
$. 320.
Unferm neuhochd. ber Mond ſcheint belt, das Licht brennt heil
ift das Adv. nicht mehr anzufehn. — Bei fingen hat die alte
Sprache Adj., wenn ber Gegenftand, Adv., wenn die Art und
Meife des Lieds bezeichnet werden fol: Er fang Eurz ober lang,
wo Abdj., er fang lieblih, ſchoͤn, wo Abo. erfordert wird. — Adv.
zu Subft. ($. 3411.) fügt unfere Sprache höchftens dann, wenn in
dem Subft. noch ber Begriff des Adj. rege ift, aus welchem e8 geleitet
wurde, 5. B. diu ir unmäzen (immodice) schoene was vil wilen
kunt (Nib. 46, 1.), weil unmäzen schoene (immodice puleher) gefagt
wird. Das neuhochd. Ihre Schönheit ohne Gleichen ift ſchon
ein verfchledner Ausdrud, weil die Prapof. mit dem Nomen zwar ein
Adv. vertreten mag, fich aber weit freier im Sag bemegt.
Drud von Otto Wigand in Leipzig.
Srammatif
der neuhochdeutſchen Sprade
nach |
Iacob Grimms
deutſcher Grammatik
bearbeitet
von
Joſeph Kehrein,
Profefior am herzoglich naſſauiſchen Gymnaſium zu Hadamar, des Vereins zur Erforſchun
der rheinifchen Geſchichte und Alterthümer zu Mainz correfpondierendem und der ah:
für deutfche Sprache zu Berlin auswärtigem Mitgliede.
Zweiter Theil:
Syntar.
Zweite Abtheilung:
Syntar bes mehrfachen Sapes,
Leipzig, 1852.
Berlag von Otto Wigand.
Zweite Abtheilung:
Syntax des mehrfachen Sages.
x
Vorrede.
Nach langem Zögern übergebe ich dem nachſichtigen Leſer
vorliegendes Bändchen meiner Grammatik, das die Syntar
des mehrfachen Sated umfaßt. Meinem früheren Vorſatze
gemäß follte dasfelbe erſt nach Beendigung bed betreffenden
Bandes von Grimms Grammatif erfcheinen. Wie viel mein
Buch dadurch gewonnen hätte, weiß vielleicht Niemand mehr
ald ich. Aber wie ich von dem hochverehrten Schöpfer unfe-
rer hiftorifchen Grammatik felbft weiß, wird derfelbe fchwerlich
in den erften Jahren die harrenden Freunde mit der längfl erwar-
teten Syntar des mehrfachen Satzes erfreuen. Dies beftimmte
mich, nicht Länger zu zögern. Möchte e8 mir gelungen fein,
auf dem neuen Felde nicht ganz erfolglo8 gearbeitet zu haben!
Die mir zu Gebote geweſenen Hilfämittel habe ich ge=
wiflenhaft zu Rathe gezogen: außer Götzinger, Koch,
Edler u. A., befonderd K. F. Becker, deifen Hauptverbienft
ja gerade in der Entwickelung der Saplehre liegt. Bon ihm
habe ich namentlich mehrere Hauptbeſtimmungen und Einthei-
lungen entlehnt; die ‚Wortfolge‘ und die „Interpunktion“
ift faft nur ein Auszug aus ihm, Für die Konjunftion und
bietet Lehmann (Marienwerber Oymnaftalprogramm 1840),
—— vu —
Ellipſe der Konjunktion daß.
Unterbrochene Konftruttion (Anakoluthie) oo...
Indirekte Frage . . ne.
‘
‘
‘
v ‘
«
‘ “ [2 ‘. [2
Viertes Kapitel: Adverbialfäge . ren
1. Adverbialfäge des Raums . . : 2...
2. Abverbialfäße der Beit. . -
a) Die Ausfagen bes Haupt: und Nebenfatzes fi find gleichzeitig
b) Die Ausfage des Nebenſatzes geht der bes Hauptſatzes
voran ..
c) Die Ausſage des Nebenſatze folgt der des Hauptfages nad)
3. Abverbialfäge ber Weile . - «2... .
4. Abverbialfäße des Grunde . . »
Fünfte Kapitel: Periode . . . »
echötes Kapitels Wortfolge . . »
BSiebentes Kapitels Interpunttion
‘
O v O ‘
2 + v ‘ [0 o
v v “ ‘ ‘ ‘ v
v ‘ ‘ [2 ‘ ‘ ‘ “
[0 ‘ ‘ v ‘ +
— — — — ——
Abkürzungen.
Bon alt: und mittelhochdeutfchen Werken erwähne id nur:
I = Isidorus de nativitate Domini (8. Zahrh.).
K — Keros Interlinearverfion der Benebictinerregel (8. Jahrh.).
0. == Otfrieds Evangelienharmonie (9. Jahrh.).
T. — Tatians Svangelienharmonie (9. Sahrh.).
N. — Notkers Pfalmenüberfegung (10. Jahrh.).
Bo. == Boethius de consolatione philosophiae (14. Zahrh.).
W. = Rillirams Erklärung bes hohen Liedes (11. Zahrh.).
Hild. — Lied von Hildebrand und Hadubrand (8—9. Zahrh.).
Musp. — Muspilli oder vom jüngften Gericht (9. Jahrh.).
Annol, = Leben des hl. Anno (12. Zahrh.).
Kr. == König Rother (12. Jahrh.).
Tl. = Titurel Wolframs von Efchenbacdh (13. Jahrh.).
Ah. = Der arme Heinrich von Hartmann von Aue (13, Jahrh.).
Hz. == Halbfuters Lied von dem Strite ze Sempach (14. Iahrh.).
Vw. = Veit Webers Lied von dem Siege bei Murten (15. Jahrh.).
Andere alt= und mittelhochdeutfche Werke, 3. B. Barzival, das Nibe⸗
lungenlied zc. find vollftändiger angeführt. W. Wadernagels Lefes
buch ift mit W angeführt. ©.27— 31 geben Proben aus dem fiebenten, 31—63
aus dem achten, 67—110 aus dem neunten, 111—131 aus dem zehnten, 131
—161 aus dem elften, 161—304 aus dem zwölften, 305—788 aus dem drei-
zehnten, 789—948 aus dem vierzehnten, von ba bis zum Schluß aus bem
fünfzehnten Jahrhundert. Ich bemerke dies hier, damit der minder kundige
Lefer gleich wiſſe, aus welcher Zeit ein angeführtes Beifpiel ftammt.
415—17, Jahrh.
A. = Ghronica von Aventinus. Frankfurt 1580,
Agm. — P. Abrahams heilſames Gemiſch Gemaſch. Würzburg 1704,
Ahp. = Deſſen Huy! und Pfuy! der Welt. Daf. 1707.
Aj. = Deffen Judas der Erg-Schelm. Bonn 1687. 1. Band.
Am, = Deſſen Merdd Wienn, Wien 1680.
B. == 4, Bibelüberfegung (o. O. u. 3. vielleicht Nürnberg 1470— 73).
C. Liederbuch der Clara Häglerin 47074), herausg. v. Haltaus,
Leipzig 1840,
Fg. = Fiſchart, Gargantua ıc, 1882.
Gb. — Ehriftlihe Bilgerfchafft von Geiler von Kaifersberg. Straß⸗
burg 1512
Gg. = Deffen Sranatapfel. Augsburg 1810.
Gs. = Deffen der feelen Parabig, Straßburg 1510,
— iM —
hg. == Herrn von Hoffmannsmwaldau und andrer beutfchen auserlefener
und bißher ungedruckter Gedichte 16. Theil. Leipz. 1697—1709,
L. = Luthers Bibelüberfeßung. Wittenberg 1543.
Op. —Opitz, deutfche Poemata etc.
Ss. = Das andere Buch Sehr Herrliche Schöne artliche und gebundene
Gedicht manderlay Art. Durd Hans Sachſen. Nürnberg 1560,
Sp. = Simplieissimus. Nürnberg 1685,
Die Schriftfteller aus dem 18—19, Jahrh. find theild ohne Abkürzung anz
geführt, theils aus den Thl. I. Abthl. 1. gegebenen Abkürzungen Eenntlich.
-
“ — —
Einleitung.
8. 1.
Einfach beißt der Sag, wenn er nur ein Subjekt und eine
Ausſage in ſich fehließt, 3. B. Ich lebe; ich Liebe dich; wir lieben
euch. Wir liegen (Sram. U. 1, $.4) aber auch den mehrere Subjekte
und Prädikate unmittelbar durch Konjunftion verfnüpfenden Sag
einfach fein, z. B. Menſchen und Thiere athmen; der Baum bluͤht
und traͤgt.
$. 2.
Die zuletzt genannte Art von Saͤtzen nennt man auch zuſam⸗
mengezogene Saͤtze. Sie koͤnnen Subjekt oder Praͤdikat oder
ein anderes in demſelben grammatiſchen Verhaͤltniß ſtehendes Glied,
einfach oder ausgebildet, mit einander gemein haben.
Ich hab' den Inhalt Ihrer Sendung zwar vernommen, Queſtenberg, und
wohl erwogen, auch meinen Schluß gefaßt. S. P. 3, 7. Und drinnen
waltet bie zühtige Hausfrau, bie Mutter der Kinder, und berrfchet
weife im häuslichen Kreife, und [ehret die Mädchen, und wehret den Kna⸗
ben. S. Glocke. Seinfhneller Abfhiebvon der Weltficherte
dem deutfchen Reiche die freiheit und ihm felbft den fhönften Ruhm.
©. 30. Kr. 3. B. — Meifter rührt ſich und Gefelle in ber Freiheit
heil'gem Schuß. S. Glocke. Der Sekten Feindſchaft, der Parteien Wuth,
der alte Neid, die Eiferſucht ma ht Friede. S. T. 1, 6. Graf Altringer
und Gallas erhalten in der Pflicht ihr Meines Heer. &.9.1,3. und
fo lag zerbrochen der Wagen und hilflos die Menfhen. G. Hd. 1, 144.
D möchten dieſe Hand und diefe hellen Locken dir fihtbar fein ! Klops
ftod, Königin Luife. — Dem dunkeln Schoß ber heil’gen Erde ver:
trauen wir der Hände That, vertraut ber Sämann feine Saat. &. Glocke.
Aller Drten ſah man Zruppen marjchieren, wurde Geld eingetrieben,
wurden Soldaten geworben, ©. Abf.d.R. 4.8. Sowol die Breite des
Stroms... ald die reißende Gewalt beöfelben... [hienen jeden Ber:
ſuch diefer Art unausführbar zu machen. ©. Bel, v. Antw.
$. 3.
Von den genannten find Die ausgebildeten (beteideten,
erweiterten) Säge zu unterfheiden, deren Eigenthuͤmlichkeit
darin befteht, daß zu einem Glied oder zu allen Gliedern des einfachen
Kehrein Grammatik. IL. 2. 1
— 2 —
Satzes irgend eine naͤhere Beſtimmung, Erklaͤrung oder Ergaͤnzung
tritt, als: ein vom Verbum abhaͤngiger Kaſus als (naͤheres oder ent⸗
fernteres) Objekt, eine adverbiale oder praͤpoſitionale Beſtimmung,
ein adjektiviſches oder ſubſtantiviſches Attribut. — Dieſe Verhaͤltniſſe
ſind bereits alle bei dem einfachen Satze eroͤrtert.
Der Feige liebt das Leben. S. St. 3,6. Dann ſollſt Du erſt Deines
ganzen Siegs genießen. Daf. 2,9. Wohntet Shr dem Ritter:
fpiel nicht bei? Daf. 2,1. Ich warb meines Wunſches gewährt.
G. G. 2. Er ift ein Mufter Bürgern und Bauern. ©. Hd. 3, 54.
Sein Herz ift dem Volke nicht geneigt. &. E. 1. Bin id die rit-
terlihe Rechte nicht werth? 8. &. 1. — Run fand er fih den er⸗
fien Wachenden in feinen Befigungen. &. Wo. 1,14. Man fieht
» fi Leicht an Wald und Feldern fatt. G. 8. 1,60. Welch andrer
Sünde klagt das Herz Dich an? ©. &t.35,7. Haft Du Dich bes
Deodat und Tiefenbach verfihert? S. P. 2,6. Diefer Herzog
ſchlug die Väter ihnen und bie Söhne. ©. oo. 3,2. — Bor
diefes Linde faß ich jüngft wie Heut. © 81.14, Aus der Wolle
flrömt der Regen. ©. Glocke. Ich muß laufen früh und fpat. ©. F.
1, 182. — Süßer Wohltaut fchläft in der Saiten Gold. S. Graf
v. H. Berwandte find fih alte ſarken Seelen. S. P. 4,2, Chr:
furt gebüpet dem Boten Deines Kaifers. Daf. 1,4 @ines.
Mannes Tugend erprobt allein die Stunde der Gefahr. ©. St.1, 7.
$. 4,
Sind auf andere ald die ($. 1) genannte Weife Subjekte und
Berba gehäuft, fo ift der Sag ein mehrfacher (mehrgliederiger,
zufammengefegter), Die einzelnen Säge des mehrfachen Sages hei-
Ben feine Glieder.
Das Alte ſtürzt, ed ändert fich die Zeit, und neues Leben blüht aus den
Ruinen. S. Tl. 4, 2. Muth zeigt auch der Mameluck; Gehorfam ift
des Chriften Shmud. ©. Kampfm. d. Dr. Wo rohe Kräfte finnlos
walten, va Eann fich kein Gebild geftalten. ©. Glocke. Unſere Mteifter
nennen wir billig die, von benen wir immer lernen. ©. Bar. u.
Nefler. 2. Sch Habe nie gefehen, daß glädtiche Menfchen wären undant:
bar gewefen. Daf. 3. Ein Zeder, weil er fpricht, glaubt auch über die
Sprache fprechen zu lönnen. Daf. 2. Die Freigebigkeit erwirbt einem
jeden Gunft, vorzüglich wenn fie von Demuth begleitet wird. Daf. 2.
$. 9.
Die mehrfahen Säge find zweifacher Art. Werben zwei
oder mehrere Säge, deren jeder grammatifch volftändig iſt, d. h. die
dem einfachen Sage grammatiſch nothmwendigen Theile hat, und einen
vollftändigen Sinn ausdrüdt, mit einander verbunden; fo nennt man
daB Gange eine Sagverbindung. Die einzelnen Säge in der
Sagserbindung heißen betgeorbnete Säge, und find Haupt:
aͤtze.
l Sn zitterte die Schweiz für ihre Freiheit, aber das treulofe Glück ver:
ließ ihn (Karl den Kühnen) in drei ſchrecklichen Schlachten, und der
ſchwindelnde Exoberer ging unter den Lebenden und Todten nerloran, S.
Abf. d. N. 1. B. Die Gefinnung ift Löblih, und wahr ift auch bie. Ge⸗
* 3
— ——
ſchichte. G. Hd. 2, 189. Baloͤ weite ein näherer oder entfernter Brand
uns aus unferm häuslichen Frieden, bald fegte ein entdecktes großes Ver:
brechen, deffen unterfuhung und Beftrafung die Stadt auf Diele Wochen
in Unruhe. G. Leben 4. B. Der Hohen Demuth leuchtet hell dort oben;
Du beugteft Dich, drum hat er Dich erhoben. ©. Ivo. #, 10. Zede
Provinz liebt ihren Dialekt: denn er iſt doch eigentlich des Element, in
welchem die Seele ihren Athem ſchöpft. G. Leben 6. B.
8. 6.
Werden zwei oder mehrere Saͤtze, deren jeder zwar grammatiſch
vollſtaͤndig iſt, d. h. die dem einfachen Satze grammatiſch nothwendi⸗
gen Theile hat, aber nicht fuͤr ſich, ſondern erſt im Zuſammenhang
mit den andern Saͤtzen einen vollſtaͤndigen Sinn gibt, mit einander
verbunden; ſo nennt man das Ganze ein Saggefüge Die ein⸗
zelnen Saͤtze im Satzgefuͤge find theils übergeordnete, theils
untergeordnete, auch Hauptſaͤtze und Nebenſaͤtze, Vor:
der- und Nachſaͤtze genannt.
Auch Eure Schreiber, Kurl und Rau, erhaͤrten mit einem Eid, daß es bie
Briefe feien, die fie aus Eurem Munde niederfhhrieben. ©. St. 1,7.
Ob fie die Stadt gewonnen, ihrer Race Ziel erreicht, vernahm ich nicht.
G. J. 1, 3. Weh dem, der fern von Eltern und Gefchmiftern ein ein=
fam Leben führt! Daf. 1,1. Ein edler Menſch zieht edle Menfchen an
und weiß fie feft zu halten, wie ihr thut. ©. &.1,1. Und während
ihn die Rache fucht, genießt er feines Frevels Frucht. ©. Kraniche d. Sb.
Dem König follte nichts Geheimniß fein; und ob er's gleich nicht for-
dert, fühle er's doch, und fühle es tief in Fi großen Seele, da ß Du
forgfältig Dich vor ihm verwahrft. G. J
Erſter Abſchnitt.
Satzverbindung.
8.7.
Zeitz und Modusverhältnifie find in der Sagverbin-
dung, da die einzelnen Säge als Hauptfäge ($. 5) im Allgemeinen
an MWerthe gleich find, diefelben, wie im einfachen Sage.
Da fteht Dein Haus, reich, wie ein Edelſitz; von ſchoͤnem Stammholz tft
es neu gezimmert und nad dem Richtmaß ordentlih gefügt; von
vielen Fenftern glänzt es wohnlich hell, mit bunten Wappenfchildern
iſt's bemahlt. S. Tl. 1, 2. Man hebt mich auf; ih binentfef:
felt; willihm danken; fep’ fein Aug’ in Thraͤnen; ſtumm ift er, bin
ih; er gebt, ich bleibe. L. N. 1,8. Die Königin ſteht im hohen
Saal, da brennen der Kerzen fo viele. Und neben der Königin [hlürft
zur Stand Sorbet bie (hönfte der Brauen. Da drad) ihr die Zaffe fo
hart an dem Mund, e8 war ein Gräuel zu [hauen & Wirkung ind. 8.
— Frommer Stab! o hätt’ ich nimmer mit bem Schwerte Dich vers
tauſcht! Hätt’ ed nie in Deinen Zweigen, heil’ge Eiche, mir ge=
rauſcht! wär Du nimmer mir erf'hienen, hohe Himmelskoͤnigin!
S. Ivo. 4, 1. .
|
Vorrede.
Nach langem Zögern übergebe ich dem nachſichtigen Leſer
vorliegendes Bändchen meiner Grammatik, das die Syntar
des mehrfachen Satzes umfaßt. Meinem früheren Vorſatze
. gemäß ſollte dasſelbe erſt nach Beendigung des betreffenden
Bandes von Grimms Grammatik erfcheinen. Wie viel mein
Buch dadurch gewonnen hätte, weiß vielleicht Niemand mehr
als ich. Aber wie ich von dem hochverehrten Schöpfer unfe-
rer hiftorifchen Grammatik felbft weiß, wird derſelbe fchwerlich
in den erften Jahren die harrenden Freunde mit der längfl erwar-
teten Syntar des mehrfachen Satzes erfreuen. Dies beftimmte
mich, nicht Tänger zu zögern. Möchte e8 mir gelungen fein,
auf dem neuen Felde nicht ganz erfolglo8 gearbeitet zu haben!
Die mir zu Gebote gewefenen Hilfsmittel habe ich ge—
wiflenhaft zu Rathe gezogen: außer Göhinger, Koch,
Edler u. U., befonders K. F. Becker, deifen Hauptverbienft
ja gerade in der Entwidelung der Saplehre Liegt. Bon ihm
habe ich namentlich mehrere Hauptbeitimmungen und Einthei-
lungen entlehnt; die ‚Wortfolge‘ und die „Interpunktion“
ift faft nur ein Auszug aus ihm. Für die Konjunftion und
bietet Lehmann (Marienwerder Gymnafialprogramm 1840),
— W
für daß, namentlich im Mittelhochdeutfchen, Hornig (For-
men und gebrauch des satzartikels oder der conjunction
da3 bei Hartmann von Aue, Programm von Brandenburg
a. d. 9. 1847), für das Relativ Teipel (Jahrb. für
Philolog. u. Pädag. Suppl. 6, 188 f. 7, 285 f. 503 f.,
Archiv f. d. St. d. n. Spr. I. 2, 345 f. V. 2, 330 f.,
Coesfelder Oymnafialprogramm 1841) und Lehmann (Ma—
rienwerber Gymnafialprogramm 1849), für die einzelnen Kon-
junftionen Graff, Benede- Müller, Wadernagel,
Meigand (in ihren Wörterbüchern) reiche Belehrung.
Bei ber Syntar des mehrfachen Satzes habe ich mehr,
als ich bei der Syntar des einfachen Satzes wollte und Fonnte,
die Sprache des 15— 17. Jahrhunderts berücfichtigt und fo,
wie ich hoffe, zur Aufbellung einzelner Punkte der Grammatif
einen Eleinen Beitrag geliefert, 3. B. zur Lehre von dem Re—⸗—
lativ und zur Lehre von manchen Konjunftionen,
In Bezug auf die Mittheilung von Beifpielen mußte
ich bier weiter zurückgehen, als dies bei der Syntar bed ein-
fachen Saged nöthig war, da dort Grimm eine reiche Aus—
wahl gothilcher, alt= und mittelhochdeutfcher Beifpiele bietet.
Die älteren Beifpiele habe ich meift aus dem altdeutichen Lefe-
buche von W. Warernagel genommen, und für minder
fundige Lefer eine neuhochdeutſche Überfegung beigefchrieben.
Hadamar, den 12. September 1851,
J. Kehrein.
“
—
Inhalt.
Einleitung - >» > oo or Er
Erfter Abfchnitt.
Sapverbindung . nen
Erftes Kapitel: Gleichgeſtellte Säge ren.
1. Die einzelnen Süße ftehen fich gleih . .
2. Die beigeorbneten Säge find Theile eines allgemeinen Sebankens
3. Der zweite Sag enthält eine Erweiterung ober Beichräntung
Zweites Kapitels Entgegengeftellte Säße .
1. Der on erften Sage wird durch den des zweiten auf:
gehoben . . »
2. Dem een Satze wird ein anderer im Inhalt widerfprechen:
ber beigefügt . .
3. Der Inhalt des erften Satzes wird durch den zweiten Vefgränft
Drittes Kapitels Begründete Säbe. . . 2. ..
Zweiter Abſchnitt.
Sapgefüge. . . er. .
Erftes Kapitel: Modus: und Beitoergäteiffe ne
4. Modusverhältnifle- »- « - . .
a) Indilativ. -. » . W
b) Konjunktiv (Optativ) . ..
s “ “ s v
c) Konditionalis...
.e +‘ ‘ .'® +‘ +
‘
‘
L 2
[2
v
...”see
..06e.ne.o
2. Zeitverhältniffe -. . » . + ..
a) Im SIndilativ . . .
b) Sm Konjunktiv (Optativ)' und Konditionalis
Zweites Kapitel: Relativfüpe . . .
Form, Bedeutung und Gebrauch des Relativs i im Allgemeinen
Neuhochbeutfcher Gebrauch des Nelativs im Befondern
A. Ein Relativfag in Verbindung mit einem Hauptſate ..
«* 0 ‘ + “ 0 ‘
‘
+
Ellipfe und Attraltion . _. . .
B. Mehrere Relativfäge in Verbindung mit einem dauptfatz
a) Relativſatzverbindung.... ee 2 ey
b) Relativfapgefüte > 2 0 0 or ern ne.
Drittes Kapitels Kafusfüte . . - ..
Form, Bedeutung und Gebrauch der Konjunktion daß
Abhaͤngige Rede (oratio obliqua) - » «vv 0...
—— vu —
Ellipfe der Konjunktion daß .
Unterbrochene Konftruktion (Anakoluthie)
Indirekte Frage . ee.
Viertes Kapitel: Adverbialfäge . re.
1. Adverbialfäge des Raums . » ..
2. Adverbialfäße der Beit. . »
a) Die Ausfagen des Haupt: und Nebenfatzes fi find gleichzeitig
b) Die Ausfage des Nebenfages geht der des Hauptjages
voran . »
c) Die Ausfage des Hebenfages folgt der bes vaupijſabet nach
3. Adverbialſätze der Weiſe ...
4. Adverbialſätze des Grundes . . .
günftes Kapitel: Periode . . » .
echstes Kapitels Wortfolge . . . . -»
BSiebentes Kapitels Interpunftiin . .
...... 4
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8.191
„„ 192
‚, 193
‚„ 198
‚, 196
„, 198
„204
„212
„216
„„ 219
„227
‚„ 239
‚„ 246
‚266
—
Abkürzungen.
Von alt⸗ und mittelhochdeutſchen Werken erwaͤhne ich nur:
I == Isidorus de nativitate Domini (8. Jahrh.).
K — Keros Interlinearverfion der Benedictinerregel (8. Jahrh.).
0. == Otfrieds Evangelienharmonie (9. Sahrh.).
T. — Tatians Evangelienharmonie (9. Jahrh.).
N. — Notkers Pfalmenüberfegung (10. Jahrh.).
Bo. == Boethius de consolatione philosophiae (11. Zahrh.).
W. = Willirams Erklärung bes hohen Liebes (11. Jahrh.).
Hild. — Lied von Hildebrand und Habubrand (8—9. Zahrh.).
Musp. = Muspilli oder vom jüngften Gericht (9. Jahrh.).
Annol. = £eben des hl. Anno (12. Iahrh.).
Kr. == König Rother (12. Jahrh.).
Tl. = Titurel Wolframs von Efchenbady (13. Zahrh.).
Ah. == Der arme Heinrich von Hartmann von Aue (13. Jahrh.).
Hz. == Halbfuters Lied von dem Strite ze Sempach (14. Jahrh.).
Vw. == Veit Webers Lied von bem Siege bei Murten (15. Jahrh.).
Andere alt= und mittelhochdeutiche Werke, z. B. Barzival, das Nibe⸗
lungenlied zc. find vollftändiger angeführt. W. Wadernagels Lefes
buch ift mit W angeführt. ©. 27— 31 geben Proben aus dem fiebenten, 31—63
aus dem achten, 67—110 aus dem neunten, 111—131 aus dem zehnten, 131
— 161 aus dem elften, 161—304 aus dem zwölften, 305— 788 aus dem drei⸗
zehnten, 789—948 aus dem vierzehnten, von ba bis zum Schluß aus dem
fünfzehnten Zahrhunbert. Ich bemerke dies bier, bamit der minder Tundige
Lefer gleich wiſſe, aus welcher Zeit ein angeführtes Beifpiel ftammt.
15—17, Sahrh.
A. == Chronica von Aventinus, Frankfurt 1880,
Agm. = 9. Abrahams heilfames Gemiſch Gemaſch. Würzburg 1704,
Ahp. = Deffen Huy! und Yfuy! der Welt. Daf. 1707.
Aj. = Deſſen Judas der Erg:Schelm. Bonn 1687. 1. Band.
Am. = Deffen Merds Wienn, Wien 1680.
B. == 4, Bibelüberfegung (0.D. u. 3. vielleicht Nürnberg 1470— 73).
C. = Liederbuch der Clara Häglerin (1470— 71), herausg. v. Haltaus,
Leipzig 1840,
Fg. = Fiſchart, Gargantua ꝛc. 1882.-
Gb. — Ehriftlihe Bilgerfhafft von Geiler von Kaifersberg. Straß⸗
burg 1512.
Gg. = Deffen Granatapfel. Augsburg 1810.
Gs. = Deffen der feelen Paradiß. Straßburg 1510,
— MM —
hg. == Heren von Hoffmannswaldau und andrer deutſchen auserleſener
und bißher ungedruckter Gedichte 1 —6. Theil. Leipz. 1607 -1709.
L. == Luthers Bibelüberſetzung. Wittenberg 1543.
Op. = Opitz, beutfche Poemata etc.
. — Das andere Buch Sehr Herrliche Schöne artliche und gebundene
Gedicht manderlay Art. Durch Hans Sachen. Nürnberg 1560,
Sp. = Simplicissimus, Nürnberg 1688,
Die Schriftftellee aus dem 18—19, Zahrh. find theild ohne Abkürzung an⸗
geführt, theils aus den Thl. II. Abthl. 4. gegebenen Abkürzungen Eenntlich.
-
v
Einleitung.
$. 1.
Einfad heißt der Sag, wenn er nur ein Subjeft und eine
Ausfage in fi) fehließt, 3. B. Ich Lebe; ich Liebe dich; wir lieben
euch. Wir ließen (Sram. U. 1, $.4) aber auch den mehrere Subjekte
und Prädikate unmittelbar durch Konjunftion verfnüpfenden Sag
einfach fein, z. B. Menfhen und Thiere athmen; der Baum blüht
und trägt.
$. 2.-
Die zulegt genannte Art von Sägen nennt man auch zuſam⸗
mengezogene Säge Sie können Subjekt oder Prädikat‘ oder
ein anderes in demfelben grammatifhen Verhaͤltniß ftehendes Glied,
einfach oder ausgebildet, mit einander gemein haben.
Ich hab’ den Inhalt Ihrer Sendung zwar vernommen, Queftenberg, und
wohl erwogen, auch meinen Schluß gefaßt. S. P. 3,7. Und drinnen
waltet diezühtige Hausfrau, die Mutter der Kinder, und herrfchet
weife im häuslichen Kreife, und lehret bie Mädchen, und wehret den Kna⸗
ben. S. Glocke. Seinfhneller Abſchied von der Weltſicherte
> dem beutfchen Reiche die Freiheit und ihm ſelbſt den ſchoͤnſten Ruhm.
S. 30j. Kr. 3. B. — Meifter rührt fih und Gefelle in der Kreiheit
heil'gem Schuß. ©. Glocke. Der Sekten Keindfchaft, der Parteien Wuth,
der alte Neid, die Eiferfuht macht Friede. S. 2. 1, 6. Graf Altringer
und Gallas erhalten in der Pflicht ihr Heines Heer. ©. 9.1, 3. Und
fo lag gerbrochen der Wagen und hilftos die Menfchen. G. Hp. 1, 144,
O möchten dieſe Hand und diefe hellen Locken bir fichtbar fein! Klop⸗
ſtock, Königin Luife. — Dem dunkeln Schoß der heiligen Erde ver:
trauen wir ber Hände That, vertraut ber Sämann feine Saat. S. Glocke.
Aller Orten fah man Truppen marfchieren, wurbe Geld eingetrieben,
wurden Soldaten geworben, S. Abf. d. N 4. B. Sowol die Breite des
Stroms... als die reißende Gewalt desſelben.. ſchienen jeden Ber⸗
ſuch dieſer Artunausführbar zu machen. ©. Bel, v. Antw.
8. 3.
Von den genannten find die ausgebildeten (bekleideten,
erweiterten) Säge zu unterfeheiden, deren Eigenthuͤmlichkeit
darin befteht, daß zu einem Glied oder zu allen Gliedern des einfachen
Kehrein Grammatik, II. 2. 1
— 2 —
Satzes irgend eine naͤhere Beſtimmung, Erklaͤrung oder Ergaͤnzung
tritt, als: ein vom Verbum abhaͤngiger Kaſus als (näheres oder ent-
fernteres) Objekt, eine adverbiale oder praͤpoſitionale Beſtimmung,
ein adjektiviſches oder ſubſtantiviſches Attribut. — Dieſe Verhaͤltniſſe
ſind bereits alle bei dem einfachen Satze eroͤrtert.
Der Feige liebt das Leben. S. St. 3,6. Dann ſollſt Du erſt Deines
ganzen Siegs genießen. Daf. 2,9. Wohntet Ihr dem Ritter—
fpiel nicht bei? Daf. 2,1. Ich warb meines Wunſches gewährt.
G. G. 2. Er ift ein Mufter Bürgern und Bauern. ©. Hd. 3, 54.
Sein Herz ift dem Volke nicht geneigt. ©. &.1. Bin ih die rit-
terlihe Rechte nieht werth? G. &. 1. — Run fand er fihdener-
fen Wachenden in feinen Befigungen. &. Wo. 1,14. Mean fteht
ſich leicht an Wald und Feldern fatt. G. F. 1, 60. Weldy andrer
Sünde klagt das Herz Dich an?! ©. &t.5,7. Haft Du Did bes
Deobat und Tiefenbach verfihert? S. P. 2,6. Diefer Herzog
fhlug die Väter ihnen und die Söhne. SG. Ivo. 3, — Bor
diefes Linde faß ich jüngft wie heut. S. SL.1,2. Aus der Molke
ftrömt der Regen. ©. Glocke. Ich muß laufen früh und [pat. ©. $.
4, 4162. — Süßer Wohllaut fchläft in ber Saiten Gold. ©. Graf
v. H. Berwandte find fih alte Karten Seelen. S. P. 4,2. Chr
furcht gebüprt dem Boten Deines Kaifers. Daf. 1,4 @ines.
Mannes Tugend erprobt allein die Stunde der Gefahr. S. St. 1,7.
$. 4.
Sind auf andere ald die ($. 1) genannte Weife Subjekte und
Berba gehäuft, fo ift dee Sag ein mehrfacher (mehrgliederiger,
zufammengefegter), Die einzelnen Säge des mehrfachen Sages hei⸗
Ben feine Glieder.
Das Alte fürzt, ed ändert fich die Zeit, und neues Leben blüht aus den
Ruinen. S. Tl. 4, 2. Muth zeigt auch der Mamelud; Gehorfam ift
des Shriften Shmud. S. Kampf m. d. Dr. Wo rohe Kräfte finnlos
walten, da kann ſich Fein Gebild geftalten. ©. Glocke. Unſere Meifter
nennen wir billig bie, von denen mir immer lernen. G. Bar. u.
Reflex. 2. Sch Habe nie gefehen, daß glückliche Menfchen wären undank⸗
bar gewefen. Daf. 3. Ein Zeder, weil er fpricht, glaubt auch über bie
Sprache fprechen zu können. Daf. 2. Die Kreigebigkeit erwirbt einem
jeden Gunft, vorzüglich wenn fie von Demuth begleitet wird. Daf. 2.
$. 9.
Die mehrfachen Säge find zweifacher Art. Werden zwei
oder mehrere Säge, deren jeder grammatifch vollftändig iſt, d. h. die
dem einfachen Sage grammatiſch nothmwendigen Theile hat, und einen
volftändigen Sinn ausdrüdt, mit einander verbunden; fo nennt man
das Ganze eine Sagverbindung. Die einzelnen Säge In der
Sagserbindung heißen befgeordbnete Säge, und find Haupt:
fäße.
Schon zitterte die Schweiz für ihre Kreiheit, aber bas treulofe Glück ver:
lieg. ihn (Karl den Kühnen) in drei ſchrecklichen Schlachten, und ber
ſchwindelnde Eroberer ging unter den Lebenden und Todten nerloran, &.
Abf. d. N. 1. B. Die Sefinnung iſt Löblich, und wahr ift auch bie. Ge⸗
— 3 —
ſchichte. G. Hd. 2, 139. Bald weäte ein näherer ober entfernter Brand
uns aus unferm häuslichen Srieden, bald fegte ein entdedtis großes Ver:
brechen, deffen unterfuhung und Beftrafung die Stadt auf viele Wochen
in Unruhe. ©. Leben 4. B. Der Hohen Demuth leuchtet hell dort oben;
Du beugteft Dich, drum hat er Dich erhoben. S. Zoo. t, 16. Herde
Provinz liebt ihren Dialekt: benn er doch eigentlidy des Element, in
welchem die Seele ihren Athem ſchöpft. G. Leben 6. B.
$. 6.
Werben zwei oder mehrere Säge, deren jeder zwar grammatifch
vollftändig ift, d. h. die dem einfachen Sage grammatiſch nothwendi-
gen Theile hat, aber nicht für fich, fondern erft im Zufammenhang
mit den andern Sägen einen vollftändigen Sinn gibt, mit einander
derbunden;, fo nennt man das Sanze ein Saggefüge. Die ein:
zelnen Säge im Sapgefüge find theild übergeordnete, theils
untergeordnete, auch Dauptfäge und Nedenfäge, Vor:
der: und Nachſaͤtze genannt.
Auch Eure Schreiber, Kurl und Rau, erhärten mit einem Eid, daß es bie
Briefe feien, die fie aus Eurem Munde niederfchrieben. ©. St. 1,7.
Ob fie die Stadt gewonnen, ihrer Rache Ziel erreicht, vernahm ich nicht.
G. J. 1, 3. Weh dem, der fern von Eltern und Gefchmiftern ein ein
fam Leben führt! Daf. 1, 1. Em edler Menſch zieht edle Menichen an
und weiß fie feft zu halten, wie ihr thut. G. &. 1,1. Und während
ihn die Rache fucht, genießt er feines Frevels Frucht. ©. Kraniche d. Ib.
Dem König follte nichts Geheimniß fein; und ob er’& gleich nicht for⸗
dert, fühlt er’s doch, und fühlt es tief in fe großen Seele, daß Du
forgfältig Dich vor ihm verwahrft. G. 3
Erfter Abſchnitt.
Satverbindung.
8. 7.
zeit— und Modusverhältniffe find in der Satzverbin⸗
dung, da die einzelnen Säge als Hauptfäge ($. 5) im Allgemeinen
an Werthe gleich find, diefelben, wie im einfachen Sage.
Da fteht Dein Haus, reich, wie ein Edelfiß; von fchönem Stammholz tft
es neu gezimmert und nach dem Richtmaß ordentlich gefügt; von
vielen Fenftern glänzt es wohnlich heil; mit bunten Wappenfchilbern
iſt's bemahlt. S,81.1,2. Man Hebt mich auf; ih binentfefs
felt; will ihm danken; ſeh' fein Aug’ in Thranen; ſtumm ifter, bin
ih; er geht, ich bleibe. ER. 1,5, Die Königin ftehet im hohen
Saal, dabrennen der Kerzen fo viele. Und neben der Königin ſchlürft
zur Stund Sorbet die ſchoönſte der Frauen. Da brach ihr die Taſſe fo
haurt an dem Mund, es war ein Graͤuel zu ſchauen. & Wirkung in db. F.
— Frommer Stab! o hätt’ ic nimmer mit dem Schwerte Dich vers
tauſcht! Hätt’ ed nie in Deinen Zweigen, heil'ge Eiche, mir ges
rauſcht! Bär Du nimmer mir erfchienen, hohe Himmelskoͤnigin!
S. 390, 4, 1. R
1
8. 8.
Die beigeorbneten Säge können in einem dreifachen Verhaͤltniß
zu einander ſtehen. Der eine Satz iſt 1) dem andern steige,
ein Gedanke erweitert den andern (logifches Verhaͤltniß der Uber:
einffimmung); 2) entgegengeftellt, ein Gedanke hebt den andern.
auf oder befhränkt ihn (logifches Verhältniß des Segenfages);
3) durch den andern begründet (kauſales Verhältniß).
Wir ftehen bier ftatt einer Landsgemeine, und koͤnnen gelten für ein ganzes
Boll. S. &1.2,2. Hier kniet' ich vor dem Chriftusbilde, und reinigte
mein Herz von Sünde. ©. Kampf m. d. Dr. Nie lag eine fo große
Entſcheidung in eines Menſchen Hand; gie „iifeete eines Menfchen Ver⸗
blendung fo viel Verberben. ©. 30. Kr. 1.8. — Beihwagen konnte
Dich der Plauderer. Sch aber will zu Deinem Herzen reden. S. St. 4, 6
Fürwahr, ih muß Dich glücklich fchägen, doch, ſpricht er, zittr' ich —*
Dein Heil. S. Ring d. P. — Furcht ſoll das Haupt des Glücklichen um⸗
ſchweben: denn ewig wanket des Geſchickes Wage. S. T. 8, 4 Du
machſt Dir Müh' und mir var Du Schmerzen: vergebens beides:
darum laß mich nun. G. 3,4
Erſtes Rapitel.
1. Sleichgeftellte Säge.
8. 9.
Die gleichgeftellten Säge können in einem dreifachen Verhaͤltniß
zu einander flehen:
1) Die einzelnen Säge ſtehen fich gleich, jeder enthält für fich
einen befondern Gedanken, alle zufammen einen allgemeinen. Der
Werth der einzelnen Säge, die Steigerung des einen im VBerhältniß
zum andern kann dabei noch befonders hervorgehoben werden. —
Diefes Verhaͤltniß bezeichnen die kopulativen Konjunftionen:
und, auh, zudem, außerdem, überdies, überdem,
niht allein — fondern auch, nicht bloß — fondern
auch, nicht nur — fondernaud, fowol — als, weder —
weder, noch — noch, weder — noch.
8. 10.
und. Allen deutſchen Sprachen, die gothiſche und nordiſche
ausgenommen, iſt die verbindende Partikel und eigen; ſie lautet ahd.
anti, enti, inti, unta, unte, mbd. unde, unt, altſ. endi, agſ. engl. and,
tft wahrfcheinlih mit der goth. Präpofition and, der ahd. mhd. nhb.
untrennbaren Partikel ant, ent (ant, ent) verwandt und überfegt fruͤ⸗
ber das lat. et (und) und at (aber). Sie verbindet einzelne Worte
‚ und ganze Säge, fteht gern bei Wiederholung des gleichen Wortes
und dei der Alliteration?); führt nad einem Zwifchenfage den unter:
brochenen Sag weiter ); faßt den Reſt des Gleichartigen zufammen
— z —
(und ſonſt, überhaupt)®); ſteht erklaͤrend im Sinne von und
zwar, namlich 4; ſteht vor dem Relativ, vor und nad) andern
Konjunktionen in Nebenfägen, dem Anfcheine nad) überflüffig, in der
Mirktichkeit aber beide Säge enger miteinander verbindend 5); ver-
teitt die Stelle anderer Konjunktionen in verfchiedenen Sagverbin-
dungen und Saggefügen ©). .
1) er (der zagel) gevrös im ie ba3 unde ba3 (der Schwanz gefror ihm je befs
fer und beffer). Reinh. 754 bei W. 210,17. Was die und die für fremde
Mienen an fih nahm. Leffing, der Eremit. Es dröhnt und dröhnte
dumpf heran. Bürger, Lied v. br. M. Und heller und heller, wie Stur⸗
mesfaufen, hört man's näher und immer näher braufen. ©. Taucher.
Und diefe Sorge macht ihn lieb und lieber ... Verwoͤhnt ihn nur und
immer mehr und mehr. ©. T. 3, 4. Sie wiederholte fih aber und
abermals, was fie feit jenem unerwarteten Vorſchlag des Grafen oft genug
bei fih um und um gewendet hatte. &. Wo. 1, 11. Dies falfche Herz
bringt Lug und Zrug in den wahrhaft’gen Himmel. S. T. 3,9. —
2) dune (du nicht) weist ouch rehte wa3 dü tuost, sit dü benamen (für:
wahr, bei Namen) sterben muost, daz dA diz lesterliche leben, daz dir got
hät gegeben, niht vil willeclichen treist (trägft), und ouch dar zuo niht en-
weist (weißt), obe dich diss kindes töt ernert (heil macht). Ah. bei W.
352, 31 f. Es gibt im Menfchenleben Augenblide, wo er dem Weltgeift
näher ift, als fonft, und eine Frage frei hat an das Schidfal. S. T. 2,3.
— 3) hie is (iſt) sö ville herzogen un de vorsten (Fürften) in deme hove.
Kr. bei W. 226, 31. An einem Morgen ift der Herzog fort, auf feinen
Schloͤſſern wird es nun lebendig, dort wird er jagen, bau’n, Geftütte hal⸗
ten, fich eine Hofftatt gründen, gold'ne Schlüffel austheilen, gaftfrei große
Tafel geben, und kurz ein großer König fein im Kleinen! S. T. 1,7. —
M) stn name was gar erkennelich, und hiez der herre Heinrich. . Ab. bei
W. 333, 2. — 5) das ander sper (Speer) das sol man breise (preifen),
vnd das (das fie) got in sein seitten stachen also ser. W. 1031, 11 aus
d. 18. Jahrh. min hertz ist aller fröwden voll, darumb ich aber singen sol
und wie es ist ergangen. Kr. bei W. 1049, 27. he (hei!) und kosts uns
lib und leben, die Switzer wend (wollen) wir zwingen. As. bei W. 921, 19.
daz ich iu triuwe leiste, und mir selber doch die meiste. Ab. bei W. 342,
16. Er hätt’ es nimmer aufgegeben, und Eoftet’s ihn das eigne Leben.
Uhland, ſchw. Kunde. Der ainem yglichen gibt nach dem vnd ain
yeglicher gefchictt ift. Ge, 32b. Abſolon nad dem und er verfänet
ward mit bauuid feinem vatter mocht dannocht nit komen fur fein ange-
ficht. Gg, 28b. dem ieger find die bunſchuͤ gerecht, und aber dem affen
fint fie nit gerecht. Gb, 97a. mit dem ich reden folt als offt und ich
wolt. C. II. 6, 118. von ir will ih nymmer wenden, bie weil ond
ich das leben han. C. II. 44, 12. er hat nit ein fun, nicht ein brüber.
und yedoch hört er nit vff zearbeiten. B. Pred. A, 8. vergib ons vnſer
ſchüld als und wir vergeben onfern fchuldigern. B, Matth. 6, 12. daß
er ehe vnd das Gefchrey recht außkaͤme ſchon etwas außgerichtet bett.
A, 326b. — 6) nu hol dA zim (zu ihm) die troestlichen fröud, unde (daß)
er sorge über dich niht verhenge. Tl. bei W. A26, 4. und wirt din schame
harte (fehr) grö3, die da von schulden (mit Recht) danne hast unde (daß,
wenn) naket vor mir stäst. Ah. bei W. 348, 36. Was hat getragen dich
zu landt, durch das wallende meer mit sand, vnnd (während, wiewol) doch
keyn Schwab nie drüber kam. W. 999, 7. aus d. 15. Zahrh.
Anm „Das und ift die einfachfte Verbindung ; es verfnüpft fogar das
Verfchiedenartigfte (Himmel und Hölle, Leib und Seele) und iſt eben fo
_
6 _
einfältigliches, Tindlich gemüthliches (daher ein Liebling ber Bibel und
Luthers), befcheidenes, unbefangenes, ald Fühnes und muthiges Weſens
und poetifcher Natur.” Lehmann. — „Darum ift diefem Worte auch
in ber älteften und heiligften Sprache eine Macht und Gewalt gegeben,
wie in einer andern. Sprachkundige wiffen, daß es nicht bloß dis Stelle
faft aller andern fogenannten Partikeln vertreten Tann, indem es z. B.
zwar,fogar, aber, dennoch, ober und entweder, nämlich,
weil,deshalb, daß und bamit, wenn und dann ausdrüdt und
bezeichnet, fondern fogar die Gegenwart in Zukunft und die Zukunft in
Gegenwart, den Befehl in die Ausführung, Wollen in That verwandelt.
Es ift ein recht Eönigliches Wort und in biefer Sprache göttliches Ge⸗
ſchlechts; es deutet auf etwas Unvollenbetes hin, bas aber vollendet wers
den wird.” Krummacher: „Das Wörtlein UND Cine Geburts:
tagsfeier.“
8. 11.
Neuhochdeutſch iſt der Gebrauch des und beſchraͤnkter als
fruͤher; es findet Anwendung in kopulativem ($. 12), adver—
ſativem ($. 20) und faufalem ($. 20) Verhältniß.
$. 12.
Und wird Lopulativ gebraucht, wenn Säge von gleihem
Merth mit einander verbunden werben.
"Der Gärtner entfernte fih eilig, und Eduard folgte bald. &. Wo. 1,1.
Hier ward Petrarch bewirthet, hier gepflegt, und Arioft fand feine Mufter
hier. G. T. 1,1. Die Kifche fpringen, und das Waflerhuhn taucht
unter. ©. 21.1, 1. Die Blume ift hinweg aus meinem Leben, und kalt
und farblos ſeh' ich's vor mir liegen. ©. %. 5,3. Empfangt iyn (den
Degen) neu zurüd aus meiner Band, und braucht ihn flets mit Ehre für
das Recht. Daf. 2, 6. Mich fchuf aus gröberm Stoffe die Natur, und
zu ber Erde zieht mich die Begierde, Daf. 2, 2. Denn aus Gemeinem
ift ber Menſch gemacht, und die Gewohnpeit nennt er feine Amme. Daf.
1,4. Der König wird die Truppen laffen fchwören, und Alles wird in
feiner Ordnung bleiben. Daf. 1, 7.
$. 13.
Merden mehr ald zwei Säge von gleihem Werth mit einan⸗
der verbunden; fo fleht und (polyſyndetiſch) vor mehreren oder allen
Sägen, wenn die Verbindung derfelben zu Einem Gedanken befonders
hervorgehoben werden folk.
Du ſiehſt mich Lächelnd an, Eleonore, und ſiehſt dich felber an und Lädhelft
wieder. G. T. 1, 1. Da pfeift es und geigt ed und Elinget und Hirrt,
G. Hochzeitlied. Und drinnen waltet bie züchtige Hausfrau, die Mutter
der Kinder, und herrfchet weiſe im häuslichen Kreife, und lehret die
Mädchen, und mwehret den Knaben, und reget ohn’ Ende die fleißigen
Ande, und mehrt den Gewinn mit ordnendem Sinn, und füllet mit
chätzen bie duftenden Laden, und dreht um die fehnursende Spindel den
Faden, und fammelt im veinlich geglätteten Schrein bie fchimmernde
Molle, den fchneeigen Lein, und füge: zum Guten den Glanz und. den
Schimmer, unb ruhet nimmer, ©. &lode.
Anm. Die fhimmernde Wolle, der fchneeige Lein werben in den &chrein
gelegt, aber gefondert; zum Guten fügt bie Hausfrau den Glanz und. ben
Schimmer: darum fehlt bort und, das hier fleht.
$. 14.
Soll von zwei oder mehreren verbundenen Sägen von glei:
chem Werth jeder als befonders wichtig beachtet, auf jeden die Auf:
merkſamkeit befonders hingelenkt werden; fo flehen fie ohne Verbin:
dungspartifel (afpndetifch) neben einander. In der erzählenden und
befchreibenden Darftelung wird von diefer Verbindungsart öfters
Gebrauch gemacht.
Die Kunſt ift Iang, das Leben Furz, das Urtheil fchwierig, die Gelegenheit
flüchtig. ©. %. 7,9. Nun fand er fich unmittelbar an feiner rauen
Thüre, eine fonberbare Verwechſelung ging in feiner Seele vor, er fuchte
bie Thüre aufzudrehen, er fand fie verfchloffen, er pochte leife an, Char⸗
lotte hörte nicht. &. Wo. 1, 11. Der König fprach’s, der Page lief;
der Knabe Fam, ber König rief: Laßt mir herein den Alten! G. der Saͤn⸗
ger. Er rufte mit lechzender Stimme: Mich dürſtet! Ruft's, trank,
dürftete, bebte, ward Bleicher, biuyfete, rufte: Water, in deine Hände be:
fehl ich meine Seele, K. M. 10, 1048. Hartnädig und ungewiß ringt
mit dem Defpotismus die Freiheit; mörberifche Schlachten werden gefoch-
ten; eine glänzende Heldenreihe wechfelt auf dem Felde der Ehre; lan:
dern und Brabant war die Schule, die dem Eommenden Sahrhundert
Feldherrn erzog. S. Abf. d. N. Einleitung. Frankreich, ohne den Frieden
offenbar und foͤrmlich ˖zu brechen, flellte einen Bringen vom Gebläte an
die Spige der niederländiichen Rebellen, bie Operationen der Letztern
wurden größtentheile mit franzöfifchem Gelde und Zruppen vollführt. Daf.
Die ſchwere Zuchtruthe des Deſpotismus hängt über ihm, eine willfür:
liche Gewalt droht die Grundpfeiler feines Glüdes einzureigen, der Be⸗
wahrer feiner Gefege wird fein Tyrann. Daf. Flackernd fleigt die Feuer⸗
fäule, durch der Straßen lange Beile wächft es fort mit Windeseile; ko⸗
chend, wie aus Ofens Nahen, glühn die Lüfte, Balken Erachen, Pfoften
ftürzen, Yenfter Elirren, Kinder jammern, Mütter irren, Zhiere wimmern
unter Trümmern, Alles rennet, rettet, flüchtet, taghell ift die Nacht ge-
lichtet; durch der Hände lange Kette um die Wette fliegt der Eimer; hoch
im Bogen fprigen Quellen Wafferwogen. S. Glocke.
$. 15.
Werden mehrere Säge von gleihem Werth mit einander ver:
bunden ohne die ($. 13—14) genannten Rüdfichten, fo fleht in der
Negel nur: vor dem legten Sage die Konjunftion. Diefe Verbin:
bungsmeife findet übrigens auch häufig in dem 8. 14 angegebenen
Fall Anwendung. | |
Der Frühling war in feiner völligen Gervlichkeit erſchienen; ein frühzeitiges
Gewitter, das den ganzen Tag gedroht hatte, ging flürmifch an den Ber⸗
. gen nieder, ber Regen z0g nad) dem Lande, die Sonne trat wieder in
ihrem Glanze hervor, und auf bem grauen Grunde erfchien der herrliche
Bogen. G. 2. 7,41. Er artieulirte gut, fprach gemäßigt aus, fisigerte
den Ton ftufenweife, und überſchrie fich nicht in den heftigflen Stellen,
Daf. 5,9. Die Shore fpalten fich, die Gitter fpringen, die Mauer flürzt
von ihren Händen ein, und der Freiheit des eindrechenden Tages fteigt
Egmont fröhlih entgegen. G. E. 6. Da fkampften Pferde, glänzten
Helm und Schilde, da brängten fich die Snappen, da erflang Trompeten⸗
ſchall, und Lanzen krachten fplitternd, getroffen tönten Helm und Schilde,
Staub, auf einen Augenblick, umhüllte wirbelnd des Siegers Ehre, des
— — — — — —
— 8 —
Beſiegten Schande. G. T. 2, 1. Am Himmel iſt geſchaͤftige Bewegung,
des Thurmes Fahne jagt der Wind, ſchnell geht der Wolken Zug, die
Mondesſichel wankt, und durch Die Nacht zuckt ungewiſſe Helle. S. T. 8, 3.
An dem naͤmlichen Tage, wo die zweite Bittſchrift eingereicht wurde, trak⸗
tierte Brederode die Verſchwornen im Kuilemburgiſchen Hauſe; gegen
300 Säfte waren zugegen; die Trunkenheit machte fie muthwillig, und
ihre Bravour flieg mit ihrer Menge. ©. Abf. d. N. 3. B.
Anm. 1. Das Beifpiel aus Goethes Zaffo 2, 1 flellt und zwei Bilder
(da — Zrompetenfchall, und — Schande) dar, die paffend mit und ver-
bunden find.
Anm. 2. Die in $. 14—18 angeführten Säge, wie andere, in benen eine
Konjunktion (und, nämlich, deswegen, daher ꝛc.) fehlt, nennt A. Va⸗
renne (ber deutſche Yeriodenbau, im Saganer Programm von 1843)
abgetrennte Säge. Sie treten aus ber Satzverbindung heraus, neh⸗
men das unabhängige Wefen des Hauptfages an und empfangen baher
alle Merkmale des legtern. Grund der Abtrennung iſt das Hervorbes .
ben eines Gedankens (Urtheils) über einen andern mit ihm verbundenen.
$. 16.
Zumellen flieht und im Anfang eines Sages, und zwar in zwei⸗
facher Weife: entweder folgt ein zweites und (polyfpndetifch) nach,
wodurd das erfte und mit dem zweiten in eine Art Wechfelbeziehung
tritt, oder e8 wird dadurch eine engere Verbindung mit dem vorher:
gehenden Sage angedeutet.
Und es wallet und fiedet und braufet und zifcht, wie wenn Waffer mit
Feuer fich mengt. ©. Taucher. Wer ift der Beherzte, ich frage wieder,
zu tauchen in biefe Ziefe nieder?! Und die Ritter, die Knappen um ihn
ber vernehmen’s, und fchweigen fill, fehen hinab in das wilde Meer, und
keiner den Becher gewinnen will. Und der König zum brittenmal wies
der fraget: Iſt keiner, der fi hinunter waget? Daf.
Anm. Diefes und im Anfang einer Strophe gebraucht Schiller befonders
häufig im Zaucher und in der Bürgfhaft. — Am Anfange eines
Abfchnittes nach Beendigung ber bireften Rebe des Einen zur Ankündi⸗
gung ber direkten Rebe bed Andern gebraucht Goethe diefes und oft in
Hermann und Dorothea, Voß in ber Überfegung der homerifchen Gedichte.
Befonders häufig ſteht diefes und in allen Bibelüberfegungen, ſchon gleich
im Anfang der Genefis.
8. 17.
Goethe liebt es vor Anden, und zwar bis zum übermaß,
nicht allein einzelne Säge und Periodentheile, fondern auch ganze
Perioden, ja ganze Abfchnitte und fogar ganze Gedichte und Briefe
mit und einzuleiten. — Steht diefes und im Anfange eines (vor:
züglich Inrifchen) Gedichtes oder eines vertraulichen Briefes; fo ift
dies Daraus zu erklären, daß der Verfaſſer fich einige (oder Tängere)
Zeit mit den barzuftellenden Gedanfen und Gefühlen oder mit dem
Freunde befchäftigt hat, und nun zur Feder greift und bei einem
Hauptpunfte anfängt, «der in der ganzen Kette der Gedanken und
Gefühle mit dem Vorhergehenden (aber nun Ausgelaffenen) innigft
JJ
een
— 9 —
zuſammenhaͤngt, in der ſchriftlichen Darſtellung aber faſt als abge⸗
riſſen erſcheint.
Und doch haben ſie Recht, die ich ſchelte. G. Wink. Und morgen faͤllt
St. Martins Feſt. G. Gutmann. Und wenn wir unterſchieden haben.
G. Wohl zu merken. Und was im Pend-Nameh ſteht, iſt Dir aus der
Bruſt geſchrieben. G. Tafkir Nameh. Und friſche Nahrung, neues Blut
ſaug' ich aus freier Welt; wie iſt Natur ſo hold und gut, die mich am
Buſen hält! G. auf dem See. Und wieder ſchwankt die ernſte Wage,
der alte Kampf belebt ſich neu. Uhland, ben Landſtänden.
Anm. Dies find ſämmtlich Anfänge von Gedichten, die oft mit einem vor-
hergehenden in Berbindung ftehen. Herder beginnt: Abendlied, Die
Sonne, Der Mond, Die Vorfehung, Mondesgang, Mabera u. a. mit ınd,
Auch bei W. Müller, Heine, Shamiffo, & Schwab, Arnd
u. %. finden fi) Gedichte, welche mit umd anfangen.
$. 18.
Nicht fo häufig als die einleitende Verbindung mit einfachem
undift bei Goethe bie mit und fo, doch häufiger als bei irgend
einem andern Schriftfteller. — Auch am Schluß eines Ganzen, fei
es ein einzelnes Gedicht oder fragmentarifche Zufammenftellung ıc.,
liebe Goethe und fo in hohem Grade, vorzugsweife am Schluß von
vertraulichen Briefen. Gerne verbindet Goethe noch denn damit.
Und fo fag’ ich zum letzten Male. ©. Ultimatum. Und fo geichah’s!
©. Epilog zu Schillers Glode. Und fo finden wir ung wieder in dem
heitern bunten Reih’n, und es fol ber Kranz der Lieder frifch und grün
geflochten fein. S. Gunſt d. A. — und fo fihmang er ſich aufs Pferd,
ohne den Gaffee abzuwarten. G. Wp. 1,2. Und fo gelangte man
denn über Felſen, durch Bufch und Gefträuch zur ledten Höhe. Daf. 1,3.
und fo follte mir denn kurz vor dem Schluffe ein fonderbares Aben⸗
teuer befchert fein, wovon ich fogleich umftändliche Nachricht ertheile,
G. ital. Reife Palermo den 13. u. 14. April 1787.
Anm. 1. Nicht allein in der Proſa, fondern aud in ber Poefie Goethes
herrfcht das und fo, freilich in einigen Dichtungen feltner, 3.8. in
Taſſo, Eugenie, Kauft 1. Thl., am feltenften in der Iphigenie, in andern
wieder auffallend mehr, z. B. in Kauft 2. Thl., Hermann und Dorothea
und in vielen Bleineren Gedichten. — In Goethes Briefen an Schiller
kommt, nach Lehmanns Unterfuhung, und fo niemals am Anfange
eines Briefes, auch nur felten in der Mitte und am Ende vor; auch und
nie am Anfange. Ein Beweis dafür, dag Goethe fpäterhin immer mehr
das behagliche und fo lieb gewonnen, oder auch dafür, daß er fich in der
. Korrefpondeng mit Schiller weniger hat gehen laffen, ala es bei Zelter
gefchehen konnte.
Anm. 2 Zur Erklärung diefes und und auch anderer Konjunkttionen im
Anfange fagt Lehmann (in einer lehrreichen „Abhandlung über Goethes
Lieblingswenbungen und Lieblingsausdrüde,” Marienwerder Programm
1840) fharffinnig: 1) Oft kann eine einzeln ftehende Sentenz oder ein
einzelnes Epigramm zwar an fich als ein Ganzes betrachtet werben, aber
fein einleitendes und oder aber u. f. w. deutet zugleich auf den bald
mehr bald minder lofen Zufammenhang mit ber vorausgehenden Sentenz
oder dem vorausgehenden Epigramm bin, fo daB die Konjunktion fich
nicht auf etwas Ausgelaffenes, fondern auf das Vorangefchidte bezieht. ,
2) Ein gleicher Gebrauch findet fich bei ganzen Eleineren, bald mehr bald
— 1 —
minder felbfifländigen Gedichten. 3) Auf dieſelbe Weife leitet Goethe
ſolche Epiloge ein, welche die Aufführung eines Stüdes ſchließen. A) Im
Drama felbft finden wir nun den Übergang von den fo eben genannten
drei Stufen zu jener Ellipfe, bie fich auf etwas bezieht, das gar nicht mit⸗
getheilt ift, doch aber als vorangegangen hinzugedahht werden muß.
Goethe leitet nämlich zuweilen ganze Auftritte mit und ein und fegt fie
demnach mit demjenigen auch in formelle Verbindung, was fih ber Zu⸗
hörer oder Lefer ald Ergänzung zwilchen dem alfo eingeleiteten Auftritt
und der früheren Scene aus dem Zufammenhange felbft hinzu denken muß.
5) So ift demnach jegt die höchfte Stufe jener Ellipfe (am Anfang von
ala Briefen’sc.) erklaͤrbar, und der Schritt zu ihr leicht und na⸗
rlich.
8. 19.
Und wird auch in Verbindung mit einer andern Konjunktion,
beſonders bei kauſalen und adverſativen Verhaͤltniſſen gebraucht, wenn
der Logifche (d. h. der durch den Ton bezeichnete) Werth nicht be:
fonders hervorgehoben, vielmehr der zweite Sag, obwol faufaler oder
adverfativer Art, mit dem erften in Verbindung gebracht werden ſoll.
Hier teitt oft Bufammenziehung der Säge ($. 2) ein. Der Gebrauch
des und neben andern Konjunktionen ift nun befchränfter als fruͤ⸗
ber ($. 10).
Dem Iſolani haſt Du auch getraut, und war der Erfie doch, ber Dich ver⸗
ließ. S. T. 3,7. Vieles wünfcht fich der Menfch, und doch bedarf er
nur wenig. ©. Hd. 8, 13. Und dennoch denkſt Du wohl bei biefen
Worten ganz etwas anders, als ich fagen will. ©. T. 2,3. Da man
auch die gewöhnlichen und demungeachtet nur zu oft überrafchenden
Nothfälle durchdachte. G. Wo. 1,4. Und wenn wir denn auch Lieb’
um Liebe taufchten, belobnten wir das ſchoͤne Herz nicht billig? G. T. 3, A.
Und weil fie fo viel Recht gehabt, fei ihr Unrecht mit Recht begabt.
G. zahme Kenien V. Und als die Fifche gefotten waren, bereitet man
große Hefte. G. Politica. Beſonders war fie forgfältig, alle Zugluft ab:
zumwehren, gegen die er eine übertriebene Empfindlichkeit zeigte, und
deshalb mit feiner Frau, der es nicht Iuftig genug fein fonnte, manch:
mus in Widerfpruch gerieth. ©. Wv. 1, 7. Ein in natürlicher Wahrheit
und Großheit, obgleich wild und unbehaglich ausgebildetes Talent ift
Lord Byron, und deßwegen kaum ein anderes ihm vergleichbar. G.
Mar. u. Refler. 1.
$. 20.
Mie früher ($. 10), fo wird auch neuhochdeutfh und flatt an:
derer, befonders Eaufaler und adverfativer Konjunktionen
gebraueht, um dadurch das logiſche Berhättniß der Säge hervorzu:
heben.
Aber difz fag ich nach vergebung und nit nach gebot. B. 1. Kor. 7, 6.
Solches Tage ich aus vergunft, on d nicht aus Gebot. L. — Denn folder
Weihung Feier anzuordnen gehört ber Briefterin, und nicht dem König.
G. J. 4, 4. Gr fülltenoch das Haus, er beliebte noch die Spaziergänge,
und er follte fort, das alfes follte leer werden! &.Wp.1,11. Gr fcheint
fi uns zu nahn, und bleibt ung fern; er feheint ung anzufehn, und
Geifter mögen an unfrer Stelle feltfam ihm erfcheinen. G. &. 1,1. Wir
— . 1 —- -
fheingn den Mann zu lieben, und wir lieben une mit iym daB Höchfle,
was wir lieben Fönnen, Daf. Verſuche Deine Pflicht zu thun, und Du
weißt gleich was an Dir ift. G. Betracht. Sch fah auf Dich, und meinte
niht. ©. DE 4,2. Urtheilt, ob ich mein Herz bezwingen Tann: ich fah
den Weind, und ich erichlug ihn nicht. ©. ZU. 2,2. Baters Pfeil ging
mir am Leben hart vorbei, und ich hab’ nicht gezittert. Dat. 8,2. Mei⸗
nem Haupte war der Streich gebeobet, und das Eure fällt! S. St. 3,4.
Die Beichwerden Brabants forderten einen ftaatäflugen Mittler: Phi⸗
lipp der Zweite fandte ihnen einen Denker, und die Loſung bes Krieges
war gegeben. &. Abf. d.R. Einteitung.
$. 21.
Auch (ahd. auh, ouh, mhd. ouch, altf. mnl. nnl. ök, ook, altfrſ.
ac, agf. eäc, engl. eke, altn, ok, og, auk, ſchwed. ach, ock, daͤn. og, unter
fi mit einzelnen Verſchiedenheiten) ift ein ſeitenes Beifpiel einleuchten-
den Bufammenhangs mit Lebendiger Wurzel; fie feheint ein Nomen,
das undgefähe das Latein. augmentum (Bermehrung) bedeutet und vom
goth. Aukan, ahd. ouhliön, agf. edcan, altn. auka, fat. augere (ver:
mehren) abflammt. Diefe Konjunktion druͤckt in ber fräheren Speache
die latein. Konjunktionen quoque, etiam aus, die auch weniger zur
eigentlihen Berbindung der Worte und Säge, als zur nachdruͤck⸗
lihen Hervorhebung hinzutretender Begriffe dienen. Auch
flebt darum bei Komparativen im Sinne unferese noch (mie lat.
etiam).)), in erweiternden und fleigernden Boneeffiv: 2) und Affirma:
tivfaͤtzen 3), fetbft in Gegenfägen im Sinne unferes aber, jedoch ?).
1) Föne diu (deshalb) sldog er hoetium. ünde stnen suer (Schrwäher) sym-
maehum. tnde dä} 6Guh uuirsera uuäs (und was noch wirfcher, ſchlim⸗
mer war). iohannem den hähes (Pabſt). Bo. bei W. 139, 26. diu sorge
diu ist min eines niet (die Sorge ift nicht allein mein): si tuot ouch
meren liuten we. W.374, 35. — 2) dar zuo sö liebet er ouoh si swä mite
(womit) er ouch möhte. Ah. bei W. 329, 38. — 3) ez ist ouch ein
jüngelinc, sprach diu wülpin (Wölfin) Herrät. W. 652, 9. siu verblibent
als also siu sint. Ouch wie wenig frübt bringet das minnecliche liden
.. vosers herren an den liuten. Tauler bei W. 868,38. — 4) Sie des auuar
ni rohhitup, enti fuorun im sum in siin dorf, sum auh za sinemo eaufe,
andre auh sume kafengun dea sine scalcha enti dea gabonto arslogun. W.
46, 16. (Aus einer Überf. des Evang. des hl. Matth. 22, 5 aus dem 8.
Jahrhe, bei B.: vnd fie verſumtens vnd giengen ber ein in fin borf. der
anber in fin gefhäffte aber die andern hielten fin knecht fie erfchlügen fie
und pinigten ſie mit lafler. Bei L.: Aber fie verachteten das, Vnd gien-
gen hin, Einer auff feinen Acer, Der ander zu feiner Hantierung. Etliche
aber griffen feine Knechte, hoͤneten vnd toͤdten fie.) Boife (vaufe) des
krudes (Krautes) das unter dime hoebte (deinem Haupte) gewachsen if:
weme du das zu trinkene gibest, der wert gesunt von allerlei krangkeit:
och muf he (er) dor zu offenberlich bekennen alles das he gethaen hat:
- anders bilft es en nichsnicht. W. 99%, 29 f. aus dem 45, Jahrh.
Anm. Das goth. äuk drückt das latein. nam, enim (denn) aus.
$. 22,
Neuhochdeutſch ſteht aucd in beigeordneten Sägen, menn
der zweite Sag im Verhältnig zum erften hervorgehoben werden
‘
— 18 —
ſoll. Die Verbindung und auch bezeichnet neben der Hervorhe⸗
bung (Steigerung) zugleich eine Erweiterung des vorangehenden Ge⸗
dankens.
Nichts im Leben, außer Geſundheit und Tugend, iſt ſchätzenswerther, als
Kenntniß und Wiſſen; auch iſt nichts fo leicht zu erreichen und fo wohl⸗
feil zu erhandeln. &. Mar. u. Refler. 5. Unfern Oberhofprediger, ber
ein trefflicher Dann war, hörte ich mit großer Neigung; aucd feine Col⸗
legen waren mir werth. ©. Lj. 6. In den fchmwebifchen Kriegsgefegen
wurde die Mäßigkeit befohlen, auch erblidte man im fchmwebifchen Lager
weder Silber noch Gold. ©. 305. Kr. 2.3. Doc nicht genug, daß bie-
fer heut’ge Zag Jedem von beiden einen Bruder fchentt; auch eine
Schwefter hat er Euch geboren. ©. Bom. — vnaußſchidenliche Liebe ber
freünd und auch ber feind. Gg. 67a. Die Gefinnung ift löblih, und
wahr ift auch bie Geſchichte. G. Hd. 2, 159. Ich weiß es, der Menfch
fou immer ftreben zum Beflern; und, wie wir fehen, er ftrebt auch im-
mer dem Höheren nad. Daf. 5, 6. Wir fcheinen recht beglückte Schäfe-
rinnen, und find auch wie die Glücklichen befchäftigt. ©. T. 1,1. In⸗
beffen ift es eine Epoche, die ung zur Befinnung auffordert, die uns ernft=
lich ermahnt, an das Befte fämmtlicher Mitglieder unferes Beinen Zir⸗
telö zu denken und auch irgend eine Aufopferung nicht zu verfagen.
G. Wvo. 1, 16.
83.
Das Verhältniß der libereinffimmung eines Gedankens mit
einem andern, mitunter aus dem VBorhergehenden zu entnehmenden,
Gedanken wird oft bloß durch den auf auch liegenden Redeton
hervorgehoben.
(Antonio:) Schreib’ es dem Glück vor andern Göttern zu, fo hör’ ich's gern,
benn feine Wahl ift blind. (Taſſo:) Auch die Gerechtigkeit trägt eine
Binde, und fchliegt die Augen jedem Blendwerk zu. ©. T. 2,3. Dem
Iſolani haft Du auch getraut, und war der Erfte doch, der Dich verließ.
S. T. 3, 7. (Kuoni:) 's ift ein Hausvater, und hat Weib und Kinder?
(Ruodi:) Was? Ich Hab’ auch ein Leben zu verlieren, hab’ Weib und
Kind daheim, wie er. S. Tl. 1, 1. Da ift der Zeu, er führt das Ruder
auch; ber fol mir's zeugen, ob bie Fahrt zu wagen. Daf. (Ruodi:)
Ein unvernünft’ges Vieh — (Werni:) Iſt bald gefagt. Das Zhier hat
auch Vernunft. Daf.
8. 24.
Ein Glied eines einfachen Sages und das Verhaͤltniß der liber:
einftimmung mit einem hinzugebachten Begriff wird oft dadurch be:
fondere hervorgehoben, daß auch mit untergeordnetem Zone
mit dem durch den Redeton hervorgehobenen Gliede des Sages ver:
bunden wird.
Es ſchont der Krieg auch niht das zarte Kindlein in der Wiege.
S. Tl. 1,2. Auch drüben unterm Wald geht Schweres vor. Daf.
1,4. Nicht lüftern jugendlihes Blut, mich treibt des höchften Jam⸗
mers fchmerzliche Gewalt, was auch den Stein des Felfen muß er⸗
barmen. Daf.
— 48 —
$. 25.
Wie und ($. 17), fo fleht auch, jedoch ſeltner (weil eine Ver:
bindung mit Steigerung ausdrüdend), auch im Anfang eines Ab:
fchnittes, ja eines Gedichte.
Auch ich fland auf einem ber hohen Felfengeflade. Klopftod, mein Thal,
Auch ich war in Arkadien geboren; auch mir hat die Natur an meiner
Wiege Freude zugefhworen; auch ich war in Arkabien geboren, doch
Thraͤnen gab ber kurze Lenz mir nur, ©. Refignation. Auch Kleift iſt
bin * weit herum erſchallen, ihr Muſen an dem Oderſtrom! uz, auf
leifte Tod.
$. 26,
Verſtaͤrkt wird in der früheren Sprache auch durch joh und 30
sama, was dem neuhochdeutfchen desgleihen auch, desfelbi:
gengleihen auch. ähnlich ift, das auc eine Berftärkung be⸗
zeichnet.
Thoh häbet er uns gizéigot joh ouh mit bilide giböt uuio uuir thoh düan
scoltin, öba uuir ig uuoltin (doch hat er ung gezeigt und audy mit Bild ges
boten, wie wir doch thun follten, ob [wann] wir eö wollten). O. II, 3
bei W. 91, 27. so sama auh uuard chiguhedan (ward gefagt). 1. 8, 7. —
Ire Priefter aber bringen das vmb, bas jnen gegeben wird, Desglei:
hen auch jre Weibe praffen dauon. L. Baruch 6, 27. Vnd er nam das
brot, dandtet und brachs, vnd gabs jnen, vnd ſprach, Das tft mein Leib,
der fur euch gegeben wird, Das thut zu meinem Gedechtnis. Desſel⸗
bigen gleihen auch den Keldh, nach dem Abentmal, ond ſprach, Das
ift der Kelch, das newe Teſtament in meinem Blut, das fur euch vergoffen
wird, L. Luk. 22, 19 f.
$. 27.
Zudem, außerdem, überdies, überdem. Der Unter:
ſchied diefer finnverwandten Konjunktionen liegt in den Präpofitionen
zu, außer, über. — Zu (goth. du, ahd. zi, za, zuo, mhd. z&,
zuo, altf. agſ. afſ. 18, 16, mul. und nnl. le, toe, engl. nnd. to) bedeu⸗
tet urfprünglih das Hin einer Richtung oder Bewegung ale Gegen:
fag des von — weg. — Außer (ahd. üyar, mhd. üser, aff. üter,
Weiterbildung von aus ftatt auf, goth. ut, ahd. mhd. ü3, altn. agf.
üt, hol. uit, engl. out) bedeutet überhaupt nicht in demjenigen, wor:
auf als in Rede ftehend Bezug genommen wird. — Über (goth.
ufar, ahd. up(b)ar, mhd. über, altf. obhar, agf. ofer, aff. ovir, hol,
din. engl. over, altn. yfir, ſchwed. öfver, griech. une, lat. supra,
Weiterbildung von goth. uf, ahd. op(b)a, mhd. obe, altn. of, griech.
drö, lat. sub) hat zunächft den Raumbegriff Höher als ein beftimmter
Gegenftand, dann den Begriff des Hindurch nad) Raum und Zei. —
Zudem drüdt einfach aus, daß dem Vorhergehenden noch etwas hin:
zugefügt werde. Außerdem bezeichnet das zu einem Vorhandenen
Hinzukommende als nicht in demfelben enthalten und von bemfelben
ausgefchloffen, als ein Anderes zu dem Vorhandenen. Überdies
—2
— i« —
8. 31.
Bloß (ahd. ploʒ ⸗ ſtolz, mhd. bloz) iſt eigentlich ein Adjektiv
im (eigentlichen und figuͤrlichen) Sinne von nackt, unverhuͤllt,
nicht bekleidet, dann nicht bewaffnet. Schon mhd. wird
das Adjektiv bloz (nicht ein Adverbium bloze) einem Subſtantiv vor⸗
geſetzt, um jedes andere Subſtantiv von der Rede auszuſchließen.
In gleichem Sinne gebrauchen wir das juͤngere Adverbium bloß —
nicht Anderes als, ohne alles Andere: es ſchließt ſomit alles Andere,
insbeſondere als Zugehoͤriges oder als zugehoͤrig Gedachtes aus.
ich sanc hie vor den vrouwen umb ir blögen gruoz. Ms. 1, 117. sol ioh s0
verderben unde alsö gar ersterben, da3 von mir niht werde wan ein bloziu
erde. Barl. 34, 38.
| 8. 32,
Nur ift urfprünglich ein verbales Adverbium, zufammenge-
floffen aus ber einfachen Verneinungspartitel ni und der alten Präte-
ritalform des Konjunktivs wäri, und lautet urfprünglich, wo es im=
mer nach einem verneinenden Sage fteht, (10. Sahrh.) niuusri, fpäter
(11—12. Sahrh.) ne wäre, newäre, newære, noch fpäter newer,
niwer, nüwer, nuwer, neuer, niur, newr, nuer, nur. Neuhochdeutſch
bedeutet nur fo viel als nichts weiter als das Genannte.
Anm. Andere Anwendungen des nhd. nur, ald: wo es eine Zulaflung
(er mag nur kommen), eine Mahnung (thue es nur auch), einen mit be=
forglichem Zweifel verbundenen Wunfch (wenn er nur zu Haufe ift), eine
nachdrückliche Beflimmung (wer nur kam, fand Aufnahme) ausdrüdt,
kommen bier nicht in Betracht. |
$. 33.
Sol ein Gedanke durch einen andern Gedanken nicht nur an
Umfang erweitert, fondern auch gefleigert werden, mas zumeilen
noch duch einen Gegenſatz gefchieht; fo gebraucht man nhd. die
Berbindungspartiteln nicht allein —, nicht bloß —, nidt
nur — ſondernauch. — Nidhtallein zeigt Erweiterung über
ein Genanntes an und eine Vermehrung duch Anderes; nicht bloß
deutet auf eine Zugabe, die als ein Zugehöriges dargeftellt oder zu
denen iſt; nicht nur fieht auf eine Erweiterung in Beziehung des
Größenverhältniffes und fo auf eine weitere Zugabe.
Sch bin bereyt nit allein gebunden werden. [under auch fterben. B.
Apſtl. 21, 13, Bei L.: ich bin bereit, nicht allein mid zu binden
lafien, fondern auch zu fterben. er verjagt obgenannten Alerander
nicht allein, fondern nam jm auch ſein Landt. A.103b, Denn da bu
nicht allein Liborens namens-feſt, befondern auch fie felbft ung wie:
der [hauen Läft. hg. 2,29. Der euch nicht nur den leib bekehrt, befons
bern auch den geift. hg. 4,254, — Mir hat die Mutter nicht Leinwand
allein auf den Wagen gegeben, bamit ich den Nadten bekleide, fon:
bern fie fügte dazu noch Speif und manches Getränke. ©. Hd. 2, 67.
Man hatte nicht allein die Küche für die nächfte Zeit mit folchen Waa⸗
ven verforgt, ſon dern auch ung Kindern bergleichen Geſchirr im Kleinen
. — 11 —
zu ſpielender Beichäftigung eingekauft. G. Leben 1.8. — Seine (Eg⸗
monts) Entfernung hätte ihm nicht bloß die reichen Einkünfte von zwei
Statthalterfchaften gekoſtet; fie Hätte iyn auch zugleich um den Belle
aller feiner Güter gebradht. S. Abf. d. N. Sie (die Porträtmaler) follen
nicht bloß darfiellen, wie fie einen Menfchen faffen, fondern wie je
ber ihn faffen würde. ©. Wly. 2,2. Bei den Zhieren und der Pflanze
gibt die Natur nicht bloß die Beftimmung an, fondern führt fie
auch allein aus, ©. Nicht bloß der Stolz bes Menfchen füllt den
Raum mit Geiftern, mit geheimnißvollen Kräften: auch für ein liebend
. Herz ift die gemeine Natur zu eng. S. 9.3, 4 — Er hatte mir fo viel
vorerzählt, daß ich ihn nicht nur für unterrichtet, fondbern auch für
begründet halten mußte. ©. Leben 3. B. Der Abgang ber Schiffe hin
derte nicht nur, den König weiter zu verfolgen, fonder.n feste auch
den Sieger noch in Gefahr, die gemachten Eroberungen zu verlieren.
©. 30j. Kr. 2.8. |
. Anm. 1. Zumeilen fehlen einzelne Worte (au, Fondern), zumeilen
find noch andere zur näheren Beftimmung beigegeben, wie aus den mit:
getheilten Beifpielen zu erjeben. .
Anm. 2. Bei Luther Eommt, fo viel ih vermuthe, nur nicht allein
vor; Friſius hat in feinem Wörterbuch bei non modo, non solum, non
tantum immer nit allein — funderaud; Goethe gebraudyt öfter
nichtallein, als nicht bloß, nicht nur.
Anm. 3. Klopſtock (Meſſias A, 57) ſagt abweichend: „Nicht die Klug⸗
beit allein, noch viel was Höhres gebeut uns.“
$. 34.
Sa, foger, felbft werden oft flatt der genannten Konjunktio⸗
nen gebraudht, um das Verhältniß der Steigerung auf eine nad:
druͤckliche Meife hervorzuheben. Ja iſt dabei ſchwaͤcher ale feLbft,
biefes ſchwaͤcher als ſogar — in dem Grade bereit.
Wider ihn im Heer der Feinde kämpft fein nächſter Better und fein erfter
Peer, ja feine Rabenmutter führt es an. ©. Ivo. Prol. 1. Dttilie hatte
fchnell die ganze Ordnung eingefehen, ja,. was noch mehr ift, empfunden.
G. Wv. 1,6. Nicht umfonft hatte fie fo vieles Geväde mitgebracht, ja
es war ihr noch manches gefolgt. Daf. 2,4. — Der Graf übte die firengfte
Uneigennüsigkeit; felbft Gaben, die feiner Stelle gebührten, lehnte er
ab. &. Alle Wefen leben vom Lichte, jedes glüdliche Gefchöpf, die Pflanze
felbft kehrt freudig fi) zum Lichte, ©. 1. 1,4 Der Rhythmus hat
. etwas BZauberifches; Togar macht er uns glauben, das Erhabene gehöre
uns an. G. — Nach dem Innern des Landes zu kamen mehrere neue
. Dörfer zum Vorſchein; den filbernen Streifen des Fluſſes erblickte man
deutlich, ja felbft die Thürme der Hauptftadt wollte einer gewahr
werden. G. Wv. 1,9. . Denn wenn der Smaragd durch feine herrliche
Karbe dem Gefiht wohl thut, ja fogar einige Heilkraft an diefem edeln
Sinn ausübt; fo wirkt die menfchliche Schönheit noch mit weit größerer
Gewalt auf den äußern und innern Sinn. Daf. 1, 6.
$. 35.
Sowol — als (auch), ſowol — (als) wie (auch). —
So (goth. sve, ahd. mhd. sö, der alte Modalis, d. i. Kaſus det Art
und Weife des verlornen Demonftrativs goth. sva, ahd. su) bedeutet
in der Befhaffenheit, in dem Grade. Daraus it als
Kehrein Grammatik. II. 2. 2 |
— 8 —
Beſiegten Schande. ©. T. 2,1. Am Himmel iſt geſchaͤftige Bewegung,
bes Thurmes Fahne jagt der Wind, ſchnell geht der Wollen Zug, bie
. Mondesfichel wankt, und durch die Nacht zudt ungewiſſe Helle. S. T. 8, 3.
An dem nämlichen Tage, wo die zweite Bittfchrift eingereicht wurbe, trak⸗
tierte Brederode die VBerfchwornen im Ruilemburgifchen Haufe; gegen
300 Säfte waren zugegen; die Trunkenheit machte fie muthwillig, und
ihre Bravour flieg mit ihrer Menge. ©. Abf. d. N. 3. B.
Anm. 1. Das Beifpiel aus Goethes Zaffo 2, 1 flellt uns zwei Bilder
(da — Trompetenfhall, und — Schande) bar, die paflend mit und vers
bunden find.
Anm. 2. Diein $. 14—18 angeführten Säge, wie andere, in benen eine
Konjunktion (und, nämlich, deswegen, baher ꝛc.) fehlt, nennt 4. Va⸗
renne (ber deutfche Periodenbau, im Saganer Programm von 1843)
abgetrennte Sätze. Sie treten aus der Sagverbindung heraus, neh=
men das unabhängige Wefen des Hauptfages an und empfangen daher
alle Merkmale des letztern. Grund der Abtrennung ift das Hervorhes .
ben eines Gedankens (Urtheils) über einen andern mit ihm verbundenen.
$. 16.
Zumeilen flieht und im Anfang eines Sages, und zwar in zwei:
facher Weife: entweder folgt ein zweites und (polyſyndetiſch) nad,
wodurch das erfie und mit dem zweiten in eine Art Wechfelbeziehung
tritt, oder e8 wird Dadurch eine engere Verbindung mit dem vorher:
gehenden Sage angedeutet.
Und es wallet und fiebet und braufet und zifcht, wie wenn Waſſer mit
Teuer fich mengt. ©. Taucher. Wer ift der Beherzte, ich frage wieder,
zu tauchen in biefe Tiefe nieder? Und die Ritter, die Knappen um ihn
ber vernehmen’s, und fchmweigen ftill, fehen hinab in das wilde Meer, und
keiner den Becher gewinnen will. Und ber König zum drittenmal wies
der fraget: Iſt keiner, der fi) hinunter waget? Daf.
Anm. Diefed und im Anfang einer Strophe gebraucht Schiller befonders
häufig im Taucher und in der Bürgfhaft. — Am Anfange eines
Abfchnittes nach Beendigung der direkten Rebe des Einen zur Ankuͤndi⸗
gung ber direkten Rede des Andern gebraucht Goethe diefes und oft in
‚Hermann und Dorothea, Voß in der Überfegung der homerifchen Gedichte.
Befonders häufig ſteht diefes und in allen Bibelüberſetzungen, fchon gleich
im Anfang ber Genefis.
$. 17,
Goethe liebt es vor Andern, und zwar bis zum übermaß,
nicht allein einzelne Säge und Perlodentheile, fondern auch ganze
Perioden, ja ganze Abfchnitte und fogar ganze Gedichte und Briefe
mit und einzuleiten. — Steht diefes und im Anfange eines (vor:
züglich lyriſchen) Gedichtes oder eines vertraulichen Briefes; fo ift
dies daraus zu erklären, daß ber Verfaffer fich einige (oder längere)
Zeit mit den darzuftellenden Gedanken und Gefühlen oder mit dem
Freunde befchäftigt hat, und nun zur Feder greift und bei einem
Hauptpunkte anfängt, «der in der ganzen Kette der Gedanken und
Gefühle mit dem Vorhergehenden (aber nun Ausgelaffenen) innigft
-
— 9 ung] J
zuſammenhaͤngt, in der ſchriftlichen Darſtellung aber faſt als abge⸗
riſſen erſcheint.
und doch haben fie Recht, die ich ſchelte. G. Mint. Und morgen fällt
St. Martins Fefl. G. Gutmann. Und wenn wir unterfchieden haben.
G. Wohl zu merken. Und was im Pend-Nameh ſteht, ift Dir aus der
Bruft gefchrieben. &. Tafkir Nameh. Und frifche Nahrung, neues Blut
faug’ ich aus freier Welt; wie ift Natur fo hold und gut, die mih am
Bufen hält! G. auf dem See. Und wieder ſchwankt die ernfte Mage,
der alte Kampf belebt fich neu. Uhland, den Landftänden.
Anm. Dies find ſämmtlich Anfänge von Gedichten, die oft mit einem vor⸗
hergehenden in Verbindung ftehen. Herder beginnt: Abendlied, Die
Sonne, Der Mond, Die Vorfehung, Mondesgang, Madera u. a. mit ırnd.
Auch bei W. Müller, Heine, Chamiſſo, &. Schwab, Arnbt
u. X. finden ſich Gedichte, welche mit umd anfangen.
8. 18.
Nicht fo häufig als die einleitende Verbindung mit einfachem
und ift bei Goethe die mit und fo, boch häufiger als bei irgend
einem andern Schriftſteller. — Auch am Schluß eines Ganzen, fei
es ein einzelnes Gedicht oder fragmentarifche Zufammenftellung ıc.,
liebt Goethe und fo in hohem Grade, vorzugsweife am Schluß von
vertraulichen Briefen. Gerne verbindet Goethe noch denn bamit.
und fo fag’ ich zum legten Male. G. Ultimatum. Und fo gefchah’s!
G. Epilog zu Schillers Glode. Und fo finden wir uns wieder in dem
heitern bunten Reih’n, und es foll der Kranz ber Lieder frifch und grün
geflochten fein. S. Gunft d. A. — Und fo fhmang er fih aufs Pferd,
ohne den Caffee abzuwarten. G. Wp. 1,2. Und fo gelangte man
denn über Felſen, durch Bufch und Gefträuch zur legten Höhe. Daf.1,3.
und fo follte mir denn kurz vor dem Schluffe ein fonberbares Aben⸗
teuer befchert fein, wovon ich fogleich umftändliche Nachricht ertheile,
G. ital. Reife Palermo ben 13. u. 14. April 1787.
Anm. 4. Nicht allein in der Profa, fondern auch in der Poeſie Goethes
berrfcht das und fo, freilich in einigen Dichtungen feltner, z. B. in
Zaffo, Eugenie, Kauft 1. Thl., am feltenften in der Iphigenie, in andern
wieder auffallend mehr, 3. B. in Kauft 2. Thl., Hermann und Dorothea
und in vielen Eleineren Gedichten. — In Goethe Briefen an Schiller
kommt, nach Lehmanns Unterfuchung, und fo niemald am Anfange
eines Briefes, auch nur felten in der Mitte und am Ende vor; auh und
nie am Anfange. Ein Beweis dafür, daß Goethe fpäterhin immer mehr
das behagliche und fo lieb gewonnen, oder auch bafür, daß er fich in der
. Korrefpondenz mit Schiller weniger hat gehen lafien, als es bei Zelter
gefchehen Eonnte.
Anm. 2. Zur Erklärung diefes und und auch anderer Konjunftionen im
Anfange fagt Lehmann (in einer lehrreichen „Abhandlung über Goethes
Lieblingswendungen und Lieblingsausdrüde,” Marienwerder Programm
1840) Icharflinnig: 1) Oft kann eine einzeln ſtehende Sentenz oder ein
einzelnes Epigramm zwar an ſich als ein Ganzes betrachtet werben, aber
fein einleitendes und oder aber u. f. w. deutet zugleich auf ben bald
mehr bald minder lofen Zufammenhang mit der vorausgehenden Sentenz
oder dem vorausgehenden Epigramm hin, fo daB die Konjunktion fich
nicht auf etwas Ausgelaffenes, fondern auf das Vorangefchickte bezieht. |
2) Ein gleicher Gebrauch findet ſich bei ganzen Eleineren, bald mehr bald
— 10 —
minder ſelbſtſtaͤndigen Gedichten. 3) Auf dieſelbe Weiſe leitet Goethe
ſolche Epiloge ein, welche die Aufführung eines Stückes ſchließen. ) Im
Drama felbft finden wir nun den Übergang von ben fo eben genannten
drei Stufen zu jener Ellipfe, die fich auf etwas bezieht, das gar nicht mit:
getheilt ift, Doch aber als vorangegangen hinzugedacht werden muß.
Goethe leitet nämlich zuweilen ganze Auftritte mit und ein und fest fie
demnach mit demjenigen auch in formelle Verbindung, was fich der Zu:
hörer oder Lejer als Ergänzung zwifchen dem alfo eingeleiteten Auftritt
und der früheren Scene aus dem Zuſammenhange felbft hinzu denken muß.
5) So ift demnach jent die höchfte Stufe jener Ellipfe (am Anfang von
Pe Briefen’zc.) erflächar, und der Schritt zu ihr leicht und na⸗
rlich.
8. 19,
Und wird auch in Verbindung mit einer andern Konjunktion,
beſonders bei kauſalen und adverſativen Verhaͤltniſſen gebraucht, wenn
der Logifche (d. h. der durch den Ton bezeichnete) Werth nicht be:
fomders hervorgehoben, vielmehr der zweite Sag, obwol Eaufaler oder
adverfativer Art, mit dem erften in Verbindung gebracht werden fol.
Hier teitt oft Bufammenziehung der Säge ($. 2) ein. Der Gebtauch
des und neben andern Konjunktionen ift nun beſchtaͤnkter als fruͤ⸗
her ($. 10).
Dem Sfolani haft Du auch getraut, und war ber Erfte doch, ber Dich ver⸗
ließ. ©. T. 3, 7, Vieles wünfcht fich der Menfh, und doch bedarf er
nur wenig. ©. Hd. 8,13, Und dennoch denkſt Du wohl bei biefen
Worten ganz etwas anders, als ich jagen will. G. 2. 2,3, Da man
auch die gewöhnlichen und demungeachtet nur zu oft überrafchenden
Nothfälle durchdachte. G. Wp. 1,4. Und wenn wir denn auch Lieb'
um Liebe taufchten, belohnten wir das fchöne Herz nicht billig? G. T. 3,4.
Und weil fie fo viel Recht gehabt, fei ihr Unrecht mit Recht begabt.
G. zahme Zenien V. Und als die Fifche gefotten waren, bereitet man
große Feſte. G. Politica. Beſonders mar fie forgfältig, alle Zugluft ab⸗
zuwehren, gegen die er eine übertriebene Empfindlichkeit zeigte, und
deshalb mit feiner Frau, der es nicht luftig genug fein konnte, manch-
mul in Widerfpruch gerieth. G. Wp. 1, 7. Ein in natürlicher Wahrheit
und Großheit, obgleich wild und unbehaglich ausgebildetes Talent ift
Lord Byron, und deßwegen kaum ein anderes ihm vergleihber. ©.
Mar. u. Refler. 1.
$. 20.
Wie früher ($. 10), fo wird auch neuhochdeutfh und flatt an:
derer, befonders Eaufaler und adverfativer Koniunktionen
gebraucht, um dadurch das Logifche Verhaͤltniß der Saͤtze hervorzu⸗
heben.
Aber bifz fag ich nach vergebung und nit nach gebot. B. 4. Kor. 7, 6.
Solches fage ich aus vergunft, und nicht aus Gebot. L. — Denn folder
Weihung Feier anzuordnen gehört der Briefterin, und nicht dem König.
G. J. 4, 4. Cr fülltenod das Haug, er belebte noch die Spaziergänge,
und er follte fort, das alles follte leer werden! G.Wp.1,11. Gr fcheint
fih uns zu nahn, und bleibt uns fern; er feheint und anzufehn, und
Geifter mögen an unfrer Stelle feltfam ihm erfheinen. ©. T. 41,1. Wir
ſcheinen den Mann zu lieben, und wir lieben nur mit ihm das Hoͤchſte,
was wir lieben Fönnen, Daf. Berfuche Deine Pflicht zu thun, und Du
weißt gleich was an Die ift. G. Betracht. Ich fah auf Dich, und weinte
nicht. ©. DE 1, 2. Urtheilt, ob ich mein Herz bezwingen Tann: ich fah
den Beind, und ich erſchlug ihn nicht, S. 1.2, 2. Vaters Pfeil ging
mir am Leben hart vorbei, und ich hab’ nicht gezittert. Daf. 5,2. Mei:
nem Haupte war ber Streich gebrohet, und das Eure fallt! S. St. 3,4.
Die Befchwerden Brabants forderten einen ſtaatsklugen Mittler: Phi⸗
lipp der Zweite fandte ihnen einen Denker, und bie Loſung bed Krieges
war gegeben. &. Abf. d. R. Einteitung.
$. 21.
Auch (ahd. auh, ouh, mhd. ouch, altf. mnl. nnl. ök, ook, altfef.
ac, agf. eäc, engl. eke, altn, ok, og, auk, ſchwed. ach, ock, daͤn. og, unter
fih mit einzelnen Verfchiedenheiten) ift ein ſeltenes Beifpiel einleuchten-
den Zuſammenhangs mit lebendiger Wurzel; fie fcheint ein Nomen,
das ungefähe das latein. augmentum (Vermehrung) bedeutet und vom
goth. Aukan, ahd. oubliôn, agf. eäcan, altn. auka, fat. augere (ver:
mehren) abflammt. Diefe Konjunktion druͤckt in der fräheren Speache
die latein. Konjunftionen quoque, etiam aus, die auch weniger zur
eigentlichen Verbindung der Worte und Säge, als zur nachdruͤck⸗
lihen Hervorhebung hinzutretender Begriffe dienen. Auch
ftebt darum bei Komparativen im Sinne unferede noch (mie lat.
etiam).t), in erweiternden und fleigernden Boneeffiv:?) und Affıcma:
tiofägen 3), fetbft in Gegenfägen im Sinne unferes aber, jedoch ®).
4) Föne diu (deshalb) sldog er hoetium. ünde sinen suer (Schwäher) sym-
maehum. tnde dä} 6uh uuirsera uuäs (und was noch wirfcher, ſchlim⸗
mer war). iohannem den hähes (Pabft). Bo. bei W. 139, 26. diu sorge
diu ıst min eines niet (die Sorge ift nicht allein mein): ei tuet ouch
meren liuten we. W.374, 35. — 2) dar zuo sö liebet er ouch si swä mite
(womit) er ouch möbte. Ah. bei W. 329, 38. — 3) e3 ist ouch ein
jüngeline, sprach diu wülpin (Wölfin) Herrät. W. 652, 9. siu verblibent
als also siu sint. Ouch wie wenig früht bringet das minnecliche liden
.. vnsers herren an den liuten. Zauler bei W. 868,38. — 4) Sie des auuar
ni rohhitup, enti fuorun im sum in sin dorf, sum auh za sinemo eaufe,
andre auh sume kafengun dea sine scalcha enti dea gabonte arslogun. W.
46, 16. (Aus einer Überf. des Evang. des hi. Matth. 22, 5 aus dem 8.
Jahrh. bei B.: vnd fie verſumtens vnd giengen ber ein in fin dorf. ber
ander in fin gefchäffte aber die andern hielten fin Enecht fie erfchlügen fie
vnd pinigten fie mit laſter. Bei L.: Aber fie verachteten das, Bnd gien-
gen hin, Einer auff feinen Adler, Der ander zu feiner Hantierumg. Etlicho
aber griffen feine Knechte, hoͤneten vnd toͤdten fie.) Koife (raufe) des
krudes (Krautes) das unter dime hoebte (deinem Haupte) gewachsen iß:
weme du das zu trinkene gibest, der wert gesunt von allerlei krangkeit :
och muß he (er) dor zu offenberlich bekennen alles das he gethaen hat:
- anders hilft es en nichsnicht. W. 995, 29 f. aus dem 45, Jahrh.
Anm. Das goth. äuk drüdt das latein. nam, enim (denn) aus.
$. 22,
Neuhochdeutſch ſteht auch in beigeordneten Sägen, menn
der zweite Sag im Verhältniß zum erften hervorgehoben werden
⸗
— 11 —
fol. Die Verbindung und auch bezeichnet neben der Hervorhe⸗
bung (Steigerung) zugleich eine Erweiterung des vorangehenden Ge:
dankens.
Nichts im Leben, außer Geſundheit und Tugend, iſt ſchaͤtzenswerther, als
Kenntniß und Wiſſen; auch ift nichts fo Leicht zu erreichen und fo wohl⸗
feil zu erhandeln. &. Mar. u. Reflex. 5. Unfern Oberhofprebiger, ber
ein trefflicher Mann war, hörte ich mit großer Neigung; auch feine Gol-
legen waren mir werth. G. Lj. 6. In den fehmwedifchen Kriegsgeſetzen
wurde die Mäßigkeit befohlen; auch erblidte man im fchwebifchen Lager
weder Silber nody Gold. &. 305. Kr. 2.3. Doc nicht genug, baß bie
fer heut’ge Tag Jedem von beiden einen Bruder ſchenkt; auch eine
Schweſter hat er Euch geboren. S. Bom. — vnaußfchidenliche Liebe der
freund vnd auch ber feind. Gg. 674. Die Gefinnung ift löblih, und
wahr ift auch die Gefhichte. ©. Hd. 2, 1859. Ich weiß es, dee Menfch
fol immer ftreben zum Beſſern; und, wie wir fehen, er ftrebt auch im⸗
mer dem Höheren nad. Daf. 5, 6. Wir fcheinen recht beglückte Schäfes
rinnen, und find auch wie die Glücklichen befchäftigt. ©. T. 1,1. In⸗
deſſen ift es eine Epoche, die ung zur Befinnung auffordert, die ung ernft-
ich ermahnt, an das Befte fammtlicher Mitglieder unferes Beinen Zir⸗
teils zu denken und auch irgend eine Aufopferung nicht zu verfagen.
G. Wr. 1, 16.
8. 23.
Das BVerhältniß dee lbereinftimmung eines Gedankens mit
einem andern, mitunter aus dem Vorhergehenden zu entnehmenden,
Gedanken wird oft bloß duch ben auf auch liegenden Redeton
hervorgehoben.
(Antonio:) Schreib’ es dem Glück vor andern Göttern zu, fo hör’ ich's gern,
denn feine Wahl ift blind. (Taſſo:) Auch die Gerechtigkeit trägt eine
Binde, und Tchließt die Augen jedem Blendwerk zu. ©. T. 2,3. Dem
Iſolani haft Du auch getraut, und war der Erfte doch, der Dich verließ.
S. T. 3, 7. (Kuoni:) ’8 ift ein Hausvater, und hat Weib und Kinder?
(Ruodi:) Was? Ich Hab’ auch ein Leben zu verlieren, hab’ Weib und
Kind daheim, wie er. ©. Zt. 1,1. Da ift der Tell, er führt das Ruder
auch; ber foll mir’s zeugen, ob die Fahrt zu wagen. Daf. (Ruodi:)
Ein unvernünft’ges Vieh — (Werni:) Iſt bald gefagt. Das Thier hat
auch Vernunft. Daf.
$. 24.
Ein Glied eines einfachen Sages und das Verhältniß der Über-
einſtimmung mit einem hinzugedachten Begriff wird oft dadurch be⸗
fonders hervorgehoben, daß auc mit untergeordnetem Tone
mit dem durch den Medeton hervorgehobenen Gliede des Sages ver:
bunden wird.
Es fchont der Krieg auch nit das zarte Rindlein in der Wiege.
©. 31.1,2. Auch drüben unterm Wald geht Schweres vor. Daf.
1,4. Richt Lüftern jugendbliches Blut, mich treibt des höchſten Jam⸗
mers fchmerzliche Gewalt, was auch den Stein bes Felſen muß er⸗
barmen. Daf.
— 418 —
8. 25,
Wie und ($. 17), fo fleht auch, jedoch feltner (weil eine Ver:
bindung mit Steigerung ausdrüdend), auch im Anfang eines Ab-
fchnittes, ja eines Gedichte. -
Auch ih ftand auf einem der hohen Felfengeftade. Klopſtock, mein Thal,
Auc ich war in Arkadien geboren, auch mir hat bie Natur an meiner
Wiege Freude zugefhmworen; auch id war in Arkadien geboren, doch
Thränen gab der Eurze Lenz mir nur. ©. Refignation. Auch Kleift ift
bin —* weit herum erfchallen, ihr Muſen an dem Oberftrom! Uz, auf
eiſts Tod. |
$. 26.
Verftärkt wird in der früheren Sprache auch durch joh und sd
sama, was dem neuhochdeutfchen desgleihen auch, desfelbi-
gengleihen auch. ähnlich iſt, das auch eine Verftärkung be:
zeichnet,
Thoh häbet er uns gizeigot joh oub mit bilide giböt uuio uuir thoh düan
scoltin, öba uuir i3 uuoltin (doch hat er uns gezeigt und auch mit Bilb ge⸗
boten, wie wir doch thun follten, ob [wann] wir e8 wollten). O. IH, 3
bei W. 91, 27. so sama auh uuard chigubedan (ward gefagt). 1. 8, 7. —
Ire Priefter aber bringen das vmb, das jnen gegeben wird, Desgleis
hen auch jre Weibe prafien dauon, L. Baruch 6, 27. Vnd er nam das
brot, dandet vnd brachs, und gabs jnen, und ſprach, Das iſt mein Leib,
ber fur euch gegeben wird, Das thut zu meinem Gedechtnis. Desſel⸗
bigen gleihen auch den Kelch, nach dem Abentmal, vnd fprach, Das
ift der Kelch, das newe Teſtament in meinem Blut, bas fur euch vergofien
wird, L. Lu, 22, 19 f.
§. 27.
Zudem, außerdem, überdies, überdem. Der Unter:
ſchied diefer finnverwandten Konjunktionen liegt in den Präpofitionen
zu, außer, über. — Zu (goth. du, ahd. zi, za, zuo, mhd. z&,
zuo, altf. agf.’aff. t&, 16, mn. und nnl. te, toe, engl. nnd. to) bedeu⸗
tet urfprünglih das Hin einer Richtung oder Bewegung als Gegen:
fag des von — weg. — Außer (ahd. üzar, mhd. üzer, aff. üter,
Weiterbildung von aus ftatt auf, goth. ut, ahd. mhd. ü3, alten. agf.
üt, holl. uit, engl. out) bedeutet überhaupt nicht in demjenigen, wor:
auf als in Rede ftehend Bezug genommen wird. — über (goth.
ufar, ahd. up(b)ar, mhd. über, altf. obhar, agf. ofer, aff. ovir, holl.
daͤn. engl. over, altn. yfir, ſchwed. öfver, griech. dnree, lat. supra,
Meiterbildung von goth. uf, ahd. op(b)a, mhd. obe, altn. of, griech.
vrrö, lat. sub) hat zunächft den Raumbegriff höher als ein beftimmter
Gegenftand, dann den Begriff des Hindurdy nad) Raum und Zeit. —
Zudem drüdt einfach aus, daß dem Vorhergehenden noch etwas hin:
zugefügt werde. Außerdem bezeichnet das zu einem Vorhandenen
Hinzukommende als nicht in demfelben enthalten und von bemfelben
ausgefchloffen, als ein Anderes zu dem Vorhandenen. Überdies
— 41 —
(minder gut uͤber dem) bezeichnet das Hinzukommende als ein Mehr
zu dem ſchon Vorhandenen, was noch uüͤber dieſes hinaus vorhan⸗
den iſt.
Anm. Früher (15—16. Jahrh.) lauten die Formen etwas andere, hei B.
hierüber, bei L. dazu. Iſrahel ift geflohen vor den philiftim ond ein
groffer val ift gefchehen under dem vold und hieruber ofni vnd phinees
bein zwen fun feind tod, vnnd die arch des herrn tft gefangen. B. 1. Rön.
(Samı.) 4, 17. Beil.: Iſrahel iſt geflohen fur den Philiſtern, vnd ift
eine groffe Schlacht im volck gefchehen, und deine zwern GSoͤne Hophni
und Pinnhas find geftorben, Dazu, die Lade Gottes iſt genomen. —
Friſius (Wörterbuch 1568) überfest das lat. insuper buch darüber,
vber das, weyter und praeterea durch yber das, dbarzü,zü dem,
— Auch Leffing fagt: Dazu if es mir nicht um fie felbft zu thun.
8. 28.
Die genannten deei Konjunktionen bezeichrien den verbundenen
Sag als eine erweiternde Zugabe zu dem Gedanken bes andern
Satzes, und heben ihn als einen folchen hervor. Bas Demonftrativ
fächlien Gefchlechts, mit dem dieſe Konjunktionen zufammengefegt
find, tweifet immer auf den ganzen vorhergehenden Sag, und nicht
auf ein befonderes Glied desfetben zuruͤck
Stets ift die Sprache kecker als die That, und Mandyer, der in blindem
Eifer jegt zu jedem Aeußerften entichloffen feheint, find’t unerwartet in
ber Bouſt ein Herz, fpricht man bed Frevels wahren Namen aus; zu dem
gang unvertheibigt find wir widt. S. 9. 1, 3; Lehre bu mich Meine
Leute kennen. Sechzehnmal bin ich zu Feld gezogen mib dum Alten y zu⸗
dem — ich hab’ fein Horofcop geftellt, wir find geboren unter gleichen
Sternen. Daf. 2,6. Seekaz übernahm ländliche Scenen (zu mahlen),
worin die Greife und Kinder, unmittelbar nach der Natur gemahlt, ganz
Berrlich glüͤckten; die Junglinge wollten tim nicht eben fo gerathen, fie
.. waren meift.gu hager; und bie Frauen mißflelen aus dev entgegengeſetzten
Urſache. Denn da er eine Eleine dide, gute aber unangenehme Perfon
zur Frau hatte, die ihm außer fich felbft nicht wohl ein Modell zuließ, fo
wollte nichts SGefälliges zu Stande kommen. Zudem war er genöthigt
gewefen, über das Maß feiner Figuren hinaus zu gehen. G. Leben 3. 8.
— Indeffen blieben. fie (die Juden in Frankfurt) doch das auserwählte
Volt Gottes, und gingen, wie es nun mochte gekommen fein, zum Un:
denken der älteften Zeiten umher. Außerdem waren fie ja auch Men-
ſchen, thätig, gefällig, und felbft dem Tigenfinn, womit fie an ihren Ge:
bräuchen hingen, Fonnte man feine Achtung nicht verfagen. Überdief
waren bie Mäbchen. hübſch, nnd mochten es wohl leiden, wenn ein Chriy
fienfnabe ihnen am Sabbath auf dem Kifcherfelde .begegnend, firh freumb«
lic) und aufmerkjam bewies. Daf. 4.3. Gogar in ber täglichen Socie⸗
tät... muß ein folder (Mann) höchſt willfommen mit einwirken. Über:
Bem fpielte er den Slügel höchft anmuthig. G. Wj. 3, 14. Als Karl der
Fünfte in ben Fall kam, zwifchen beiden Religionsparteien zu wählen,
hatte ſich Die neue Religion noch nicht bei ihm im Achtung fegen. Tönnen,
und überdem mar zu einer gütlichen Vergleichung beider Kirchen das
mals noch die wahrfcheinlichfte Hoffnung opthanben, ©. 30. 8.1.8. ,
s
— EU —
$. 29
Micht allein —, nicht bloß —, nicht nur — ſondern
auch. — Das verftärkende auch ift bereitd ($. 24) erklaͤrt. —
Sondern (mit unorganifcdjem sr, goth. sundro, ahd. suntar, sumlir,
sunter, mbb. sunder, fo noch im 14 — 15. Jahrh., fpäter fondern,
befondern, altn. sundr, agf. sundor) ift urſpruͤnglich ein Adver⸗
bium: befonders, gefondert, einzeln, für fi) abgefchloffen von An:
derm; feit dem 9. Jahrhundert Konjunftion ala Bertreter des ſich
allmälih verlierenden üs3an (außen); mhd. gewoͤhnlich Präpofition
(nhd. ſondei, von engerem Begriff ats das finnverwandte ohne).
Sondern üÜberfegt das lat. sed, bezieht fidy aber immer auf ein
unmittelbar vorhergehend Verneintes, und fegt an bie Stelle des durch
diefe Derneinung Aufgehobenen ein Anderes im Gegenfag oder Wi⸗
derſpruch zu jenem.
Zum. 1. Über bie Wurzel von fonbern ift man nis einig Wacker⸗
aget faßt es als eine Komparativbildung des lat. sine (ohne); Graff
ben t an eine Bildung aus dem Suffix sun, das die Richtung wohin
ausdrückt; Weigand möchte es mit goth. sunja = Wahrheit, alfo =
in Wahrheit, in der That, zufammenftellen.
Anm. 2. Früher hieß ed nieht ein — nube (d. f. ni ibu = nidht 06) joh,
58. nlteht än tremor, nube ioh füli chome in miniu bdia (nit ein
Zittern, fondern eine Fäulnig komme in mein Gebein). N. Haba. 3, 16
bei W. 130, 23. 3m 15—16. Jahrh. kommt fonder, funder auch
im Sinn von aber vor, z. DB. ich achte din nichsnicht zu wibe: sunder
das du mich vorsmatest (verfchmäheteft), unde minen bruder namest, der
mir unglich waß an aller hande fromekeit (Jüchtigkeit), das sol mir um-
mer (immer) leıt sin. W. 989, 39 f. der herre bekante alle missetat,
sunder vorsweig das he (er) an siner frowen getaen hatte. W. 996, 41 f.
Daraus erflärt es fich, wenn es bei Geiler (Gb. Ab), mit Vestaufchung
des ſondern mit aber, heißt: biefer mantel fol nit alleyn wyt fon,
aber er fol o uch bar zu hoch fin.
$. 30.
Allein (ahd. alles ein, mhd. al ein, allein, mnd. allen) iſt zus
fammengefest aus all — gänzlidy und ein — abgetrennt für fid) und
fern von Anderem feiner Art. Das Wort wird, feüher als Adver⸗
bium, dann auch (wie aud) das einfache al) als Konjunktion gebraucht
in dem Sinne von gleichviel ob, wenn, wenn aud, ob-
glei; bier und da fieht es auch für aber. Neuhochdeutſches
allein zählt und fehließt jedes Andere aus, oder Tchränft wenigſtens
das Behauptete durch etwas Wibeiſteeitendes ein.
Al ne wären sie niht riche sie wArn dech guote knehte. En. Aß63. Allein
st mir ir baggen leit, e3 ist jedoch ir wipheib. Parz. 114, 24. — zarte vat-
ter tuo ınir hie. wie du wilt. deg hab von mir ein fries (freies) urioup.
allein erlass mich dez iemerlichen scheidens. W. 881, 23 f. aus dem
14, Jahrh.
L
— di —
$. 31.
Bloß (ahd. plö3 == ftolz, mhd. bloʒ) iſt eigentlich ein Adjektiv
im (eigentlichen und figurlichen) Sinne von nadt, unverhüllt,
nicht befleidet, dann nicht bewaffnet. Schon mhd. wird
das Adjektiv bloz (nicht ein Adverbium bloze) einem Subftantiv vor:
gefest, um jedes andere Subftantiv von der Rede auszufchließen.
In gleihem Sinne gebrauchen wir das jüngere Adverbium bloß —
nicht Anderes als, ohne alles Andere: es ſchließt ſomit alles Andere,
insbefondere als Zugehöriges oder als zugehörig Gedachtes aus.
ich sanc hie vor den vrouwen umb ir blözen gruog. Ms. 1, 1417. sol.ioh s6
verderben unde alsö gar ersterben, da} von mir niht werde wan ein blöziu
erde. Barl. 34, 38.
8. 32.
Nur ift urfprünglich ein verbales Adverbium, zufammenges
floffen aus der einfachen Verneinungspartifel ni und der alten Präte-
eitalform des Konjunftivs wäri, und lautet urfprünglich, wo e8 im⸗
mer nad) einem verneinenden Sage ſteht, (10. Jahrh.) niuuäri, fpäter
(11—12. Jahrh.) ne wäre, newäre, newære, noch fpäter newer,
niwer, nüwer, nuwer, neuer, niur, newr, nuer, nur. Neuhochdeutſch
bedeutet nur fo viel als nichts weiter als das Genannte.
Anm. Andere Anwendungen bes nhd. nur, ald: wo es eine Bulaffung
(er mag nur kommen), eine Mahnung (thue es nur auch), einen mit be=
forglichem Zweifel verbundenen Wunſch (wenn er nur zu Haufe ift), eine
nachdrückliche Beſtimmung (wer nur sam, fand Aufnahme) ausdrückt,
tommen hier nicht in Betracht.
$.. 33.
Sol ein Gedanke durch einen andern Gedanken nicht nur an
Umfang erweitert, fondern auch gefleigert werden, was zumeilen
noch duch einen Gegenſatz gefchieht; fo gebraucht man nhd. die
Berbindungspartiten nicht allein —, nicht blog —, nicht
nur — ſondern auch. — Nicht allein zeigt Erweiterung Über
ein Genanntes an und eine Vermehrung duch Anderes; nicht bloß
deutet auf eine Zugabe, die ald ein Zugehoͤriges bdargeftellt oder zu
denken ift; nicht nur fieht auf eine Erweiterung in Beziehung des
Größenverhältniffes und fo auf eine weitere Zugabe.
Sch bin bereyt nit allein gebunden werden. funder auch fterben. B.
Apſtl. 21, 13. Beil.: ich bin bereit, nicht allein mich zu binden
laſſen, f ondern auch zu ſterben. er verjagt obgenannten Alexander
nicht allein, ſondern nam jm auch fein Landt. A.103b. Denn da bu
nicht allein Liborens namens⸗feſt, befondern auch fie ſelbſt ung wies
ber fehauen laͤſt. hg. 2,29. Der euch nicht nur ben leib befehrt, befon=
bern auch den geift. he. 4,254, — Mir hat die Mutter nicht Leinwand
allein auf den Wagen gegeben, damit ich ben Nackten bekleide, ſon⸗
dern fie fügte dazu noch Speif und manches Getränke, G. Hb. 2, 67.
Man hatte nicht allein die Küche für die nächte Zeit mit ſolchen Waa⸗
ven verforgt, ſon dern auch ung Kindern dergleichen Geſchirr im Kleinen
_ — 17 —
zu ſpielender Beſchaͤftigung eingekauft. ©. Leben 1.8. — Seine (Eg⸗
monts) Entfernung hätte ihm nicht bloß die reichen Einkünfte von zwei
Statthalterfchaften gekoftet; fie Hätte iypn auch zugleich um den Belig
aller feiner Güter gebradt. ©. Abf. d. N. Sie (die Porträtmaler) ſollen
nicht bloß darſtellen, wie fie einen Menſchen faſſen, ſondern wie je
der ihn faffen würde. G. Wly. 2, 2. Bei den Thieren und der Pflanze
gibt die Natur nicht bloß die Beftimmung an, fondern führt fie
auch allein aus. ©. Nicht bloß der Stolz bes Menfchen füllt den
Raum mit Geiſtern, mit geheimnißvollen Kräften: auch für ein liebend
. Herz ift die gemeine Natur zu eng. S. P. 3, 4. — Er hatte mir fo viel
vorerzählt, daß ic ihn nicht nur für unterrichtet, fondern aud für
begründet halten mußte. &. Leben 3. B. Der Abgang der Schiffe hin-
bertenicht nur, den König weiter zu verfolgen, ſondern feste auch
den Sieger noch in Gefahr, die gemachten Eroberungen zu verlieren.
©. 30j. Kr. 2. B.
. Anm..1. Zuweilen fehlen einzelne Worte (aud, fondern), zuweilen
find noch andere zur näheren Beftimmung beigegeben, wie aus den mit:
getheilten Beifpielen zu erjehen. -
Anm. 2. Bei Luther kommt, fo viel ich vermuthe, nur nidyt allein
vor; Krifius hat in feinem Wörterbuch bei non modo, non solum, non
tantum immer nit allein — funderaud; Goethe gebraucht öfter
nichtallein, als nicht bloß, nicht nur.
Anm. 3, Kiopfiod (Meifiad 4, 57) fagt abweichend: „Nicht bie Klug:
beit allein, noch viel was Höhres gebeut ung.“
$. 34.
Sa, fogar, felbft werden oft flatt der genannten Konjunktio⸗
nen gebraucht, um das Verhältniß der Steigerung auf eine nach⸗
druͤckliche MWeife hervorzuheben. Ja iſt dabei [hwächer als felbft,
dieſes ſchwaͤcher als fogar — in dem Grade bereit.
Wider ihn im Deer der Feinde kämpft fein nächfter Better und fein erfter
Peer, ja feine Rabenmutter führt es an. S. Ivo, Prol. 1. Ottilie hatte
ſchnell die ganze Ordnung eingefehen, ja,. was noch mehr ift, empfunden,
G. Wo. 1,6. Nicht umfonft hatte fie fo vieles Geväde mitgebracht, ja
e8 war ihr noch manches gefolgt. Daf. 2,4. — Der Graf übte die ſtrengſte
Uneigennügigkeit; ſelbſt Gaben, die feiner Stelle gebührten, lehnte er
ab. G. Alle Wefen leben vom Lichte, jedes glüdliche Gefchöpf, die Pflanze -
ſelbſt kehrt freudig fi zum Lichte. ©. ZI. 1,4. Der Rhythmus hat
. etwas Zauberifches; Togar macht er uns glauben, das Erhabene gehöre
uns an. G. — Nach dem Innern des Landes zu kamen mehrere neue
Dörfer zum Vorſchein; den filbernen Streifen des Fluſſes erblictte man
deutlich; ja felbft die Thürme der Hauptftadbt wollte einer gewahr
werden. ©. Wo. 1,9. ‚Denn wenn ber Smaragd durch feine herrliche
Karbe dem Geficht wohl thut, ja fogar einige Heilkraft an diefem edeln
Sinn ausübt; fo wirft die menfchliche Schönheit noch mit weit größerer
Gewalt auf den äußern und innern Sinn. Daf. 1, 6.
$. 35.
Sowol — als (auch), ſowol — (als) wie (auch). —
So (goth. sve, ahd mhd. so, der alte Modalis, d. i. Kaſus der Art
und Weiſe des verlornen Demonſtrativs goth. sva, ahd. su) bedeutet
in der Beſchaffenheit, in dem Grade. Daraus iſt als
Kehrein Grammatik. IL 2. 2
—B —
gebitdet (ahd. also, mhd. abse, als) und bezeichnet (wegen at $. 30)
eine völlige Gleichheit, eine völlige Übereinftimmung. — Wie (goth.
hväiva, d. i. hve — äiva, ahd. huuido, hwieo, huio, hwio, uuido, wio,
mhd. wie, zufammengezogen aus goth. hv&,.ahd. huuid, hwid, dem
alten Modalis von goth. hvas, ahd. hutr, wer und dem Adverbium
der Zeit je, goth. äiva, ahd. io, mhd. ie) fleht urfpränglich von der
Zeit, und ift dann übergegangen auf die allgemeine Bedeutung: nad)
Art, in der Weife. — ALS vergleicht dem Grade und_der Bez -
fhaffenheit, wie bloß der Beſchaffenheit nah. Als wie ft nad:
druͤcklicher als beide.
8. 36.
Sowol — als (auch) gehdet der Form nad) zu den unter:
ordnenden Konjunktionen; das Demonftrativ ſo und das Relativ
als bezeichnen die unterorbnende Verbindung Man zählt jedoch
diefe Konjunktion nad) ihrer Bedeutung zu den kopulativen
(verbindenden) Konjunktionen. Sie unterfcheidet fich von den $. 29
angegebenen Konjunktionen dadurch, daß fie nicht, wie dieſe, eine
Steigerung, fondern eine Gleihfegung bezeichnet und biefe
befonders hervorhebt. Der Begriff des gleichen Grades des ange:
reiheten Sages wird durch als, der der gleihen Weife duch wie
ausgedruͤckt. Das auch dient zur fikrferen Hervorhebung ber Ver:
bindung, Sm 15—16. Jahrh. findet fih oft als wol — lalß.
In Bezug auf die Sagbildung iſt zu bemerken, daß bei ſowo —
als beide Säge zufammengezogen werden (9. 2). — Goethe ge
braucht auch bloßes fo und [fo — als. 0
Alswol in den hülsen väffern als in den fteynyn. B. 2. Mof. 7; 19.
Dem armen als wol als dem reichen. S. 19a. — Diefer, nicht unbe:
kannt ſowol mit den angenehmften Gaben felbft al8 mit der beften Art
fie zu überreichen, beftellte fogleich in der Stabt den niedlichften Koffer.
G. Wo. 4, 14. Es begegnete manches unerwartete Glück ſowol uns
als auch Freunden und Nachbarn. G. Leben 11.8. Unter allen Stäbten
Brabants war Antwerpen bie wichtigfte, ſowol durch ihren Reichthum,
ihre Volksmenge und ihre Macht, als durch ihre Lage an dem Ausflug
ber Schelde. ©. Bel. v. Antw. — Das Bufterbild der Männer, ſo ber
rauen, in deutlichen Geftalten will er fchauen. G. F. 2, 71. Du fenbeft
mich ing Leere, damit ich dort fo Kunft als Kraft vermehre. Daf. 2, 74.
Das Untre fo das Obre fchließt er auf. Daf. 2, 96,
8, 37,
Weder — noch. Die Konjunktion noch (goth. nih, ahd.
noh, mhd. noch, altf. nöc, n&, agf. n&, eigentlid) näge, zuſammenge⸗
floffen -aus der einfachen Verneinung ni und uh = und) bedeutet
eigentlih und micht (Lat. neque), iſt verneinende Konjunktion (von
dem Adverbium noch), goth. aauh, ahd. noh, mhb. noch unterfchieden)
und ſteht fruͤher korrelativ n o ch — noch. Später trat weder ein
193 —— Ä
(nahd, wider, verkürzt aus newäder, enwäder, ahd. niwöder, nihnddar,
aus ni und dem Pronomen goth. hvathar, ahd. huddar, wedar, mhb.
wöder == wer von beiden, lat. uter), das zunaͤchſt feiner von bei-
den bedeutet und dann Eorrelativ weber — weder flieht. — Neu-
hochdeutſch ift gemöhnlicher weder — noch (nicht noch — weber),
das zwei Saͤtze voͤllig gleich ſtellt, indem der Inhalt beider verneint
wird.
Das ir noch an diſem berge noch in iheruſalem anbet ben vatter. B.
Joh. 4, 24. dasir weder auff dieſem Berge, noch zu Jerufalem wer⸗
den den Wuter anbeten. L. Bey dieſem voltke gilt noch harffe noch ge⸗
ſang. hg. 2, 324. wo noch tag fioth fonne dich beſcheint. be. 1, 179.
Koch Stand, noch Alter wird gefpart. Wieland, Ob. 5,47. Noch
Kranz, noch Diadem am Haupt ihr prangt. A. W. v. Schlegel, Bund
d. Kirche mit d. Kuͤnſte. (Hida:) Ber nimmit's auf ſich, den König zu
belehren? (Domingo: Noch Sie, hod ih. ©. DE 2,10. — Alſo
ward weder der Arkerbau verfäumpt, weder nachreifung den friegen
onterlaffen. A. 24b. Daß fie weder Heine, weder gruMe Zähne haben.
Agin. 293. Bin weder Sräulein, weder ſchön. ©. F. 4, 133: Gie
tettet weder Hoffnung, weder Furcht. G. 3.3, 1. — Täy neuneder
ne ist chot nöh übel (dad weder ift gut noch übel). W. 134, 87 aus d,
11. Jahrh. dd} wir armennesgen hewetir habetbn gotes hulde noch
der engile minne (daß wir atıhe Menſchen weder Hatten Gottes Hukd nod)
Ber Engel Liebe). W. 104, 28 aus d. 12. Jahrh. Er hat weder feinem
Bater noch Anherrn haddgefchlagen. A. 1746. Da wir weber reih
noch heiter genug find. ©. Wo. 2,1. Weder zu erzählen, noch zu
befchreiben ift die Herrlichkeit einer Bollmondnacht wie wir fle genoffen.
G. ital, Reife, Neapel 5. März. .
$. 38.
Der Bedeutung nad follte weber — weder, weder — nod)
aur von zmei Perfonen oder Dingen ſtehen; man gebraucht diefe
Konjunktion jedoch auch von mehreren verneinenden Sägen. Der
folgende Sag wird gewöhnlich mit noch angereiht, feltener wird eine
neue Intgegenftellung mit weder — noch begonnen. .
tu ne uueder sint chot n6h übel reht n6h ünreht (bie weder find gut
noch übel, (weder) recht noch unrecht). W. 136, 5 aus d. 11. Zahrh.
Da noch Feigen noch Weinftöcd n od Granatepffel find. L. 4. Mof. 20,5.
Noch Zeit, noch Land, noch Schwang vermag auf die Natur. Haller,
über db. Urfprung d. Übels 3. B. Sch will fie weder bir, mein Bruber,
noch Hafl, hoch ber Kaffe ſchenken. Leffing, N. d. W. 2,2. Sch Tann
mit ihm nicht rechten, kann ihn weder verklagen, noch mid, felbft ver:
theidigen, noch ihm jest genug zu thun mich erbieten. G. T. 2, 4. Doth
das, was bie Natur allein verleiht, was jeglicher Bemühung, jedem Stre⸗
ben ſtets unerreichbar bleibt, wa8 weder Gold, noch Schwert, noch
Zugheit noch Beharrlichkeit erzwingen kann, das wird er nie verzeihn.
Daſ. 4, 2. |
$. 39.
Statt: weder, noch flieht im erften Glied oft eine andere Me:
gation, zumeilen fehlt fie ganz. Statt weder, noch im zweiten
2*
_— 22 —
Glied fteht früher auch oder, und fein, auch kein, viel we-
niger.
Und swer deheine (irgend eine) schult bie lat (läßt) unverebenet (nicht eben
gemacht), wie der stät (fteht) dort, da er pfant noch bürgen hät! Walther
v. d. ®. Jon (wahrlich nicht) meine ich niht die huoben (Hufen Landes)
noch der herren golt! Derfelbe. — it follend nit forgfaltig fein eüwer
feelen was ir eßfent, noch eümerm leichnam wo mitt ir werd bekleidet.
Gs. 35a. Nit ſyt forgfam üwer fele was ſy aͤſzt. noch ümerm lyb wa
mit ir yn anthund, B. Matth. 6, 25. Du folt nit wucher von jm nemen
noc vberfag. B. 3. Mof. 25, 36. Du folt jm dein geld nicht auff
wucher thun, noch beine jpeife auff vberfag austhun. L. Da dich nies
mand ſchuͤtzt noch verfpricht. S. Ada, Ich habe nicht gelernt zu hin=
terhalten, noch jemand etwas abzuliften. G. 3.4,1. Kein Laut, noch
Geräuſch von Redenden wurde durch die Verſammlung gehört. Klopftod,
M. 4, 100.— dem sint die engel noch die frowen holt. Walther v. d. V.
der engel, tiuvel noch der man, ir keinz einn vlöch (einen Floh) gema-
chen kan. Freidenk bei W. 529, 25. des hoert man jar lang me (mehr)
die vogel jung noch alt. W. 965, 39 aus d. 15. Jahrh. — ich mag nu
fain güt werd mer tün, weder mit faften, oder annder Eeftigung des
leibes. Gg. 98b. darumb foltu dich das nit erfchreden oder dich dar
ab rumpffen. Gb. 73a. der weder vmb das Römifch reich oder den
Keyſer nit ein fchnip gebe. A. 140a. wir wollen weder wiflen, oder
verftehen, woher es kommen. Sp. 1,13. er traute weder dem Weib,
vielmeniger ben Dienſt-Botten. Aj. 46. bie Boͤck tragen weder
Mol, und geben auch Fein Milch. Ahp. 146.
$. 40.
2) Die beigeordneten Säge find Theile eines allgemeinen fie
enthaltenden Gedanfend. Die Ergänzung und Sonderung
werden bald mehr bald minder hervorgehoben. Zur Bezeichnung die:
fer Verhältniffe dienen die partitiven und ordinativen (thei-
lenden und ordnnenden) Konjunktionen: theils — theils, eines:
theils — anderntheild, zum Theil— zum Theil, einer:
feits — andererfeits, bald — bald, jest — jegt, nun
— nun, ferner — dann — endblid, erſtens — zwei:
tens ꝛc.
g. 41.
Theils — theils, einestheils — anderntheils, zum
Theil — zum Theil flellen die Säge als Theile Eines Gedankens
neben einander im Raume dar. Wenn fie aber einen Theileines
Dinges bezeichnen, fo find fie nicht als Konjunftionen, fondern ale
Adverbien anzufehen. Zum Theil befcheänft fidy bloß auf einen
Theil, und ſteht fowol für ſich allein, als auch Eorrelativ, aber hier
mehr in Beziehung auf das gemeinfhaftliche Hauptwort unter Ans
gabe von Theilen des durch dasfelbe ausgedrüdten Dinges, während
theils — theils allgemein unter Einen Gedanken theilend ordnet.
Einerfeits — andererfeits weift auf eine beflimmte Stelle
(Seite) im Raum hin.
—
— 2 —
- Über fünftauſend waren theits'gefangeh, theils verwundet. ©; 30j. Kr.
2.8. Einzelne detafchirte Corps vertheilten fich längs der ganzen bra=
bantifhen Seite, theils um die Dämme zu befegen, theils bie Päffe,
zu Lande zu verfperren. ©. Bel. v. Antm. Shr Hofflaat vermehrte ſich
täglich, theils weil ihr Treiben fo Manchen anregte und angog, theils
weil fie fich Andere durch Gefälligfeit und Wohlthun zu verbinden wußte.
G. Wv. 2,1. Sie ftanden nicht in Reihen, fondern familienweife natürs
lich gruppirt, theils mie es der Abend forderte befchäftigt, theils auf
neuen Bänken ausruhend. Daf. 1, 9. Sie kamen erft einige Zeit nad)
einander, theils damit das Vergnügen des Publicums länger dauere,
theils auch weil es immer bdiefelben alterthümlichen Virtuoſen waren,
G. Leben 1.8. Was Erfreuliches an Waldung, Buſch, an Wiefen, Bach und
Seen fih Phantafie zufammendrängen mag, genießen wir, zum Theil
als unfer eignes, zum Theil als allgemeines Gut. G. Nt. 2,1. Karl
IV. wurde zu ihrer (der Reichsgefege) Erneuerung veranlaft, einer⸗
feits durch die vielen unredlichen Fehden des Herrenftandes, anderer»
feits durch die zunehmenden Stäbtebündniffe. Pfiſter, Gefch. d. Teut⸗
fchen 3, 232, -
Anm. 1. Früher fand theils auch fubftantivifch im Nominativ oder
mit einem Genitiv verbunden (mie lat. partim — alii). Theils Leute
nennen ihn zum Spott den Unverftand. Cronegk. theils bauten durch
gebet an ihrer männer heil, theils übten fie zc. hg. 4, 279. theils
verkaufften Kleider und was fie fonft Lieb hatten, andere aber gewan⸗
. nen das Geld wieder ab. Sp. 2, 20.
Anm. 2. Abweichend im zweiten Gab, denfelben mehr hervorhebend, fagt
Goethe: Nach meinen eigenen Beſitzungen fehne ich mich nicht zurüd,
theils aus politifchen Urfachen, vorzüglich aber weil mein Sohn,
für den ich alles eingerichtet, an allem keinen Theil nimmt. Wo. 2, 10.
Näheres Tann man von ihr nicht erfahren, theils weil fie zu jung war,
um Ort und Namen genau angeben zu können, befonders aber, weil
fie einen Schwur gethan hat, feinem lebendigen Menſchen ihre Wohnung
und Herkunft näher zu bezeichnen. Lj. 8, 3.
g. 42.
Bald — bald, jetzt — jeßt, nun — num (früher aud)
etwan — etiwan, d. i. manchmal — mandmal, je — je, b. 1.
zur einen, zur andern, Zeit) ftellen die Säge ald Theile eines Ganzen
nach einander in der Zeit dar. Bald war früher ein Adjektiv (goth.
balths, ahd. pald, mhd. balt, agf. bald, altn. balld, ball) mit der Be:
deutung kuͤhn, und bedeutet nun als Zeitadverbium (ahd. paldo,
mbd. balde) überhaupt in Eurzer Zeit. Bald — bald fteht von
einer in kurzer Zeit erfolgenden Abwechfelung oder Veränderung. —
Fest (ahd. iezuo, mhd. iezuo, ieze, iezent, iezunt, iezet) bedeutet
überhaupt zu diefer (gegenwärtigen) Zeit. Jetzt — jetzt bezeichnet -
alfo eine noch rafchere Abmwechfelung als bald — bald. — Nun
(goth. nd, ahd. nd, nawa, agf. nd, altn. nd, nüna, engl. now, mhd.
nü, nuo, nuwe, nuon) wird gern und gewöhnlich in Beziehung auf
vorhandene Dinge und Vorausgehendes gefagt (alfo von relativer
Zeit). Run — nun ift nicht fehr im Gebrauch. — Als Korrelativa
“...o
[5
-
— 92 —
werden einzelne der genannten Konjunktionen vertauftcht, auch. zuweilen
durch andere Woͤrter vertreten.
Er huͤpfft bald nunter, bald herauff. be. 1, 224, Sie, glühend bald,
bald bla wie eine Büfte. Wieland, Db. 5,40. Bald läßt ex ba ein
Stüd, bald eines dort. G. T. 2, 4. Bald medte ein näherer oder ent⸗
fernter Brand une aus unferm häuslichen Frieden, bakd fegte ein ents
—veckteg großes Verbrechen, beflen Unterfuchung und Beftrafung die Stadt
auf viele Wocden in Unruhe. ©. Leben 4. B. Denn bei ihm war es auch
nur Spiel, welches defto Länger dauern konnte, als fie es ihm gleichfalls
ſpielend erwieberte, ihn bald anzog, bald abſtieß, bald hervorrief,
bald hintanfegte. ©. Leben 14.3. Indem ee nun bald mit Ehdrlot-
ten und Dttitien, bald mit Gärtnern und Jägern, öfters mit feinem
Begleiter, und manchmal allein die Gegend durchſtrich. G. Wo. 2, 10.
Nach einer unruhigen Nacht, die unfer Freund theils machend, theils
von fihmeren Träumen geängftigt, zubrachte, in denen er Marianen
bald in aller Schönheit, bald in. kümmerlicher Geſtald, jetzt mit
einem Kinde auf bem Arm, bald desfelben beraubt jah, war der Morgen
kaum angebroden, als Mignon ſchon mit einem Schneider hereintrat.
G. Lehrj. 2, 9. — Das Schwert friffet itzt diefen int jenen. L. 2. Kön.
(Sam.) 11,25. Alle bedürfen wir in jedem Alter jetzt der Sporen, bes
Zügels jest. Herder. — Dem Scherz nun, und nun Hochgeſang von
der begeifterten Kippe ftrömt. Küttner. — nun bifen ond yzund den
verzeret das ſchwert. B. 2. Kön. 11,25. Ein bladbalg, dev jest wam⸗
pet, bald wieder fchlampet. Agm. 396. Bakd finge diefen, o Mufe,
jenen jetz t. Mamler. Er fcglief- bald Augenblide, ban.n. wacht’ er wie-
ber. Klopſtod, M. 4% — je worden fie erichlagen, je kamen fie wider
heim. A. 246. ett wan ſo ſingt fie, etmean fo naféet fie, Gg. 89a.
Anm. Abb. naflzan, nafzon, agf. heappian, mob. napferen = [chläferig
fein, iſt in der füdd. Volks ſprache noch erhalten. Geiler fagt feibf (Gg.
9a): Das heist entnafgen, wunn aind anfecht zufehlaffen.
$. Ad.
Die ordinativen (ordnenden) Konjunktionen ferner, weis
ter, dann, bierauf, bernach, nachher, endlich ıc., erft,
erttlich, arftens, zweitens, drittens. ıc. führen die eimzelnen
Saͤtze hinter einanbes,auf, die legten nach einer beflimmten Reihenz
ßolge, die erſten ohne Hervorhabung biefer beſtimmten Reihen—
fobge.
nom ar ſt kruttet es (dad keimende Korn), dar woch wachſſet der eher (die
Ahre). Gb. 1823. — Der Epiker und Dramatiker find beide den allgemei—
nen poetifchen Gefegen unterworfen, befonders dem Geſetze der Einheit
und dem Gefege der Entfaltung; ferner bedandeln fie beibe äuntiche
Gegenſtaͤnde. ©. über ep. u, dram. Dichtung. Die Wolken teennten ſich
nad und nad, hier und da erfchien der blaye Himmel, und endlich bes
leuchtete die Sonne unfere Bahn. G. ital, Reife Velletri 22. Febr. An:
fänglich duldete Dttilie die Begleitung des Kindes; dann faßte fie
felbft Neigung zu ihm; endlich trennten fie fi nicht mehr. &. Wo.
1,417. Das ift Weibergunft! Erſt brütet fio, mit Mutterwaͤrme, unfera
liebften Hoffnungen an; dann, gleich einer unbeftändigen Henne, verläßt,
fie das Neft und übergibt ihre ſchon keimende Nachkommenſchaft dem Tode
und der Verwefung. &. ©. 2. Erft trennt ung der Wohlftand auf Mo⸗
note, hernach der Zwiſt auf ewig. Dusch. - Die Menſchen leben ein
\
33 “
— D — — —
i
nachlaͤſſiges Schlaraffenleben: erſtlich haben die Thüren keine Schloͤſſer;
der Wirth aber verſicherte, ich könnte ganz ruhig ſein, und wenn alles
was ich bei mir Hätte aus Diamanten beſtaͤnde; zweitens find die Fen⸗
ſter mie Oelpapier ſtatt Glasſcheiben geſchloſſen; drittens fehlt eine
hoͤchſt nöthige Bequemlichkeit, fo daß man dem Naturzuſtande hier ziem⸗
lich nahe kommt. ©. ital. Reife 12. Sept,
$. AA.
3) Bu den kopulativen (verbindenden) Konjunftionen ge:
hören, auch nämlich, als, wie, die eine nähere Beſtimmung eines
Begriffs bezeichuen, und dann gebraucht werden, wenn der zweite Sag
‚eine Erklärung, eine Erweiterung oder Beſchraͤnkung
nicht des erflen Sages, fondern mur eines feiner Glieder enthält. —
Mämlic, (ahd. namliko, mhd. namlich, nemlich) gibt von dem Ge:
gebenen beflimmt an, was man nur darunter verflanden wiſſen will,
fagt e8 gleichfam beſtimmk mit Namen. — Als ($. 35) führe bei:
fpielsweife an, ohne die zugefügten Beifpiele alle aufzählen zu wollen,
und ſteht immer vor der Erläuterung. — Wie ($. 35) wird zumei:
* fen erläuternd gefagt, bezeichnet aber nur bie Üpnlichkeit in den Bei:
- fpieten mir dem Gegebenen.
Sechs ſolcher biſchöflichen Sitze in Antwerpen, nämlich Herzogenbufch,
Gent, Brügges, Ypern und Ruͤhremonde, ftehen unter dem Erzftifte zu
Mecheln. S. Abf.d. N. Auch bin ich dieſer edeln Geſellſchaft durch frü-
here Unterhaltung genauer bekannt. Der Fürft nämlich fragte bei un:
ferer erften Bekanntſchaft, womit ich mich jest befchäftige. ©. ital. Reife
Neapel 1. März. — Mehr dergleichen unfchuldige Naturgegenfländ:, als
Schmetterlinge und Käfer, wurden herbeigefhafft. &. Leben 4.83. —
Das Geſyräch war lebhaft und abwechfelnd, wie denn in Gegenwart fol:
her Perfonen alles und nichts zu intereffiren fcheint. G. Wiv. 1, 10,
Lebensgewandte Edelleute, wie Hagedorn, flattliche Bürger, wie Brockes,
entfchiedene Gelehrte, wie Haller, erfchienen unter den Erften ber Ras
tion, den Vornehmſten und Gefchägteften gleich. G. Leben 10,8.
Zweites Kapitel.
2. Entgegengeflellte Säge
6, 45,
. Die entgegengeftellten Säge können, wie die gleichgeftellten ($. 9),
in einem dreifachen Verhältniß zu eimander flehen:
1) Der Inhalt des erſton Sages wird Durch den des zweiten aufge
oben, ber dabei eine bloße Steigenung oden einen völligen Gegen:
fag enthalten kann. Diefes Verhältniß bezeichnen die adverfatis
wen (einen Gegenfag bezeichnenden) Komjunktionen: niht — fon:
bern, nicht — vielmehr.
_ — 234 —
416 -
4
Nicht — fondern ($. 29) wird befonders gebraucht, wenn
eine bejahende Ausfage durch den Gegenfag mehrähervorgehoben wer⸗
den foll.
unte nescäment sih äbo nteth mines eröces unte minero märtiro: sunter
ste güollichent sih dar äna (und fie fchämen ſich durchaus nicht meines
Kreuzes und meiner Marter, fondern fie rühmen fich deren, d. i. derfel-
ben). WI. 4, 3 bei W. 158,8. er hat nit gott lieb, funder ſich felber.
Gs. Aa. das die gehen (der Füße) nit dört vßhin gagelen, funder daß,
fie fich recht vnd fchlecht dem fhü nod) richten. Gb. 90b. "ber feinen aig-
nen willen nit gethon hat, befonder den willen feines himlifchen vas
ters. Gg. Aa. das folnicht geffen, ſon dern mit fewr verbrennet wer:
den. L. 3. Mof. 7, 19. fleifh ond blut hat dir das nicht offenbart,
Sondern mein Vater im Himel. L. Matth. 16,17. Sie haben nicht
dich, ſon dern mich verworffen. L. 1. Kön. (Sam.) 8, 7. — Nicht ber
in’s Dorf Hereingehende, fondern der Herausgehende erhält etwas. G.
Wo. 1,6. Sie ließ mir die Zeit nicht, das Einzelne näher zu betrach-
ten, fondern nahm den einen Kaften unter den Arm, und ich padte den
andern auf. &. Leben 2. B. Man muß reden und fich rühren, nit um
zu überwinden, ſondern fi auf feinem Poften zu erhalten. G. Mar. u.
Reflex. 2.
Anm. 1. Statt fondern fteht in der früheren Sprache ($. 29. Anm. 2)
auh aber ($. 55). — Andere Kormen find früher nieth — nobe, näls
‚nieht —nube, niuwet — wan, niut — sundirbäre abir, nalles — ouh, nalles
— üyjan, z. B. Doʒ neuuärt älli3 nteth sines indanches, nöbe näh sinemo
uuillen (das nicht ward alles nicht feines Undanfes d. h. gegen feinen
Willen, fondern nad) feinem Willen). WI. bei W. 155, 25. älle orationes
pezeichenent to eteuuäz. näls nteht natürlicho. nübe äfter gelübedo
(alle Reden bezeichnen je [immer] etwas, nicht natürlich, fondern nad
Gelübde d. i. Verabredung). W. 135, 12 aus d, 11. Sahrh. niuwet vone
deheinen rehtin werchin diu wir selbe getän haben, wan näch siner mich-
belen erbarmede hät er uns gehaltin (nicht von irgend rechten Werken,
die wir felber gethan haben, fondern nad) feiner großen Erbarmung hat
er uns erhalten). W. 193, 5 aus d. 12. Jahrh. Der fride wart gechundit
an der erde den mennisgen, unde niutallen, sundirbäre abir den die
da wärin .guotis willin (der Friede ward verfündet an [auf] der Erde den
Menfchen, und nicht allen, fondern denen, die da waren guten Willens).
Daf. 194,28. — fleyſch ond blut hat dire nit eroffent. aber min vatter
der in den himeln ift, B. Matth. 16, 17. das werde nit gegeflen aber
verbrant. B. 3. Mof. 7,19. Wie fie habent dich nit verworffen aber
mich. B. 1. Kön. 8, 7.
Anm. 2. Altere Beifpiele der andern Formen f. bei Graff unter nalles,
d. i. ni alles. I, 217.
8. 47.
Nicht — vielmehr bezeichnet einen ſchwaͤchern Gegenſatz,
ale nicht — ſondern, und oft nur eine Steigerung des Gedans
tens.
Man Ärger fih an denen nicht, vielmehr fey man Hergbetcäbt. Sp. 1,
26. Das (überflüffig) bift du nicht, das kannſt du nimmer werben!
Du weißt vielmehr wie gern der Fürft mit dir, wie gern die Fürftin
mit dir lebt. G. T. 4, 2. Auch gab er wiederholt zu erkennen, baß man
— 28 —
deßwegen, weil ſolche Verſuche nicht jedermann gelaͤngen, die Sache nicht
aufgeben, ja vielmehr nur deſto ernſthafter und gründlicher unters
fuchen müßte. ©. Wo. 2, 11.
Anm. Statt vielmehr fteht früher mehr. — Die haltung ift nit bie
tugent götlicher lieby, mer fo ift ein zeichen der lieby. Gs. db. nit an
beinem fründ, mer an bir felber. Gs. 7a.
- $. 48. ' .
Statt nicht ſteht oft auch ein anderes verneinendes Wort. —
Im zweiten Glied fehlt mitunter fondern oder vielmehr; zu:
weilen fliehen fondern und vielmehr zur Verflärkung bei ein:
ander.
Das Kind gab Fein Zeichen von Schmerz von fi, es beruhigte fih viels
mehr nah und nah. &. Bei der Keftigkeit feines Charakters hatte er
fih gewöhnt, in der Unterredung Niemand zu’ wiberfprechen, viel⸗
mehr die Meinung eines Jeden freundlich anzuhören. G. Lj. 6. Wir
erklären zugleich, daß wir weitentfernt find, gegen den König, unfern
Herrn, etwas Gefeswidriges damit zu meinen; vielmehr ift es unfer
- _ allex unveränderlicher Vorſad, fein Tönigliches Regiment zu unterftügen
und zu vertheidigen. ©. Abf. d. N. 3. B. — Nicht Haß und Radıe
fhärfen ihren Dolch; die liebevolle Schwefter wird zur That gezwungen.
G. J. 3, 1. Wenig nur, doch etwas, nicht mit Worten, mit ber That
wünfcht” ich's zu fein. G. 3. 2,1. Es ift nicht genug, daß man fein
‚ Leben für einen Freund wagen Eönne, man muß auch im Nothfall feine
Überzeugung für ihn verläugnen. ©. %. 7,4 Nicht deine Klugheit
ftegte über meine, dein fchlechtes Herz hat über ntein gerades ben ſchänd⸗
lichen Zriumph davon getragen. S. T. 3,9. — Keinesmwegs gedenke
ich daher in diefen erſten Büchern meine Zugendgefchichte völlig abzu⸗
fchließen, fondern ich werde vielmehr noch fpäterhin manchen Faden
aufnehmen und fortleiten, der ſich unbemerkt durch die erften Zahre ſchon
hindurchzog. ©. Leben 2.8.
8. 49.
2) Dem erften Sage wird ein anderer im Inhalt widerfprechen:
der beigefügt, fo daß die Annahme des einen die Verneinung bes an:
dern in fich ſchließt. Dieſes Verhältniß bezeichnen die Konjunktionen
oder, entweder — ober, fonft, denn.
8. 50.
N)
Oder (goth. äiththäu, thäu, ahd. Ede, &ddo, ärdo, ärdu, Erdho,
odho, odo, alde, mhbd. ode, oder, alde, alder, or, altf. &fihö, &fthuo,
mni. ofte, nnl. ofte, oft, of, aff. jeftha, tha, agf. odhähe, engl. or,
aftn. edha, ſchwed. dän. eller) überfegt im Gothiſchen bald das tat.
aut, griech. 7 (oder), bald das griech. ed de ur (wenn aber nicht), bald
das unbeftimmt machende av, ift im_Althochdeutfchen auf aut, sive
(oder) eingefchräntt, wird neuhochdeutfch gebraucht, wenn zwei Ge-
danken, deren jeder als ein für fich möglicher gedacht wird, mit einan⸗
der verbunden werden, fo daß die Annahme des einen die Vermerfung
des andern bedingt. Man gebraucht oder befonder3 dann, wenn
%
.
[U UL U] —J — —
man nur bezeichnen will, daß das Urtheil zwiſchen zwei maͤglichen
Ausſagen unentfchieden iſt.
Ob er huͤnſch oder edel ſy von geſchlecht. Gs. 199a. Iſt fie den Inhalt des
Blättihens gewahr worden, oder irrt fie fih an der Aehnlichkeit ber
Hände. G. Wv. 1, 13. Wie oft habe ich dich im Stillen getabelt, daß
du diefen oder jenen Menfchen anders behandelteft, daß du in diefem oder
jenem Kalle dich anders betrugeft, als ich würde gethan haben. &. Auf
des Glückes großer Wage fteht die Junge felten ein: du mußt fteigen
ober finten, du mußt herrfchen und gewinnen, ober Bienen und verlie-
ven, leiden oder triumphiren, Amboß oder Hammer fein. G., ein ande=
red Eophtifches Lied, Ein fpanifher König mußte ein rechtgläubiger
Prinz fein, oder er mußte von diefem Throne fleigen. S. 307. Kr. 1.8.
Anm. Für oder fteht aber in folgendem Beifpiel: darum weiß ich fafk
auch nicht, ob ich fol thraͤnen ſchicken, ob aber hülf und rath fey. be.
3, 235, Siehe unten 6. BB.
6. 51.
Entweder — oder, Entweder (ahd. einweder aus ein⸗
huödar, mhd. eintwöder aus eindewäder, mittelniederl. Enweder) ift
eigintlidy ein zufammengezogenes Pronomen und bedeutet eins von
beiden (lat. alteruter, f. weder 8.37), mit nachfolgender Thetlung
bush oder ($. 50). Später wurde das unflektierte Neutrum im
Sinn einer Konjunftien, einem nachfolgenden oder gegenüberftchend,
gedraudt. Neuhochdeutſch wird durch entweder — oder das
Verhaͤltniß ber beiden Säge fhärfer hervorgehoben, als durch bas
blaße oder.
- sude ta bendte söl einuueder sin An des lebentin lichamin. stechi älde
" gesüudeda (und je [immer] bei Noth [notwendig] fol eins von beiden
fein an dea Lebenden Leichnam [Körper], Siechthum oder Geſundheit). W.
133, 37 aus d. 11. Jahrh. die sich von dirre werlt (diefer Welt) habent
gezogen: eintweder diu schrift ist gelogen, oder si choment (fommen)
in ein vil michel (große) nöt. W. 223, 2 aus d. 12. Jahrh. den weinden
(Weinenden) vmme ire sunde wirt gelobet da3 hymelriche vnde wirt ver-
geben die schult des fegefiures antsweder ein teil ader zu male. W.
854, 191 aus d. 14. Jahrh. entweders so gant (gehen) si enweg eder
kerent die achselen dar oder antwurtent etwag anders. W. 90%, & aus b.
14. Zahrh. do müß er eintwebers ab weg von der fehar weichen,
oder aber er fye ftillen. Gs. 173a. Vnd eintweder ih mas tr nit
wirdig. oder villicht fie warn min nit wirdig. B. Tobias 3, 19. Vnd
entweder bin ich je oder fie find meiner nicht werd gemefen. L. —
Entweder das Gegenwärtige hält. und mit Gewalt an fi, oder wir
verlieren unge in die Vergangenheit. G.Wv. 2,8. Entweder hatte
der Same. bes Mißtrauens, den bie Regentin unter ben Abel ausgeftreut
hatte, Shon Wurzel gefchlagen, oder überwog die Furcht vor ber Macht
des Miniſters den. Abfcheu vor-feiner Verwaltung. S. Abf. d. N. 2. B.
Entmeher es find außerordentliche Handlungen und Situationen, ober
es find Leidenfchaften, oder es find Charaktere, die dem tragifchen Dich-
ter zum Stoff dienen. ©. über Egmont.
$. 52.
Sonſt (mhd. sust, sunst, sonst, wahrfcheinlich zu. dem goth.
Pronomen, sa — der gehörig) hezeichnet ein Anderes als das, mag
— HI —
—
genannt wirb. Werden zwei Gedanken, deren jeder ais ein moͤglicher
gedacht wird, mit einander ſo verbunden, daß durch die Wirklichkeit
des einen die Wirklichkeit des andern aufgehoben wird; ſo werden die
Saͤtze duch ſonſt, oder durch deun (goth. altſ. Haan, ahd. mhd.
danns, denne, agf. thon == dann, denn) verbunden Son ſt bezeich⸗
net den vorangehenden, denn den nachfolgenden Gedanken aks den
aufhebenden Grund. Statt denn mird oft ein ganzer Sag: es fei
denn, gewählt. \
das er mich nam gefangen, das macht ein schirmschlag (Rechterftreich): sunst
wers vmb mich ergangen. W. 1086, 35. aus d. 18. Jahrh. Ich ſchone
dich; denn ſonſt würde ich dir fagen: Iſt's edel, fo zu reden, wie du
forichft ? G. T. 8, 2. Sage das nicht, Maria, ih muß fonft fürchten,
Du empfindeft weniaer ſtark als ih. ©. G. 1. Der Menfc muß bei dem
Glauben nerharzen, daß dag Unbegreifliche hegreiflich ſei; er würde fonft
nicht forfchen. G. Befraht. im Sinne d. Wanderer. Wer keine Liebe
fühlt, muß ſchmeichetn termen, fonft kommt er nicht aus. &. Mar. u.
Roflex. 3. D zwingen Sit die nie benetzten Augen noch zeitig Thraͤnen
einggleneen, tonft, ſo uſt möchten Sie's in einer harten Stunde noch
nachzuholen haben, S. Dk. 2. 2. Mon muß on tapfer greifen, fonfl
hält er nirgends ſtill. Uhland, d. Schenk v.2&. — man nennt kein fü
blümi, fy hab denn ein bleflin. Gs. 225b. if mit vns gerähehen, e®
f ev denn ſach, daß wir uns anders in die Sache fchidden. A. 14a. wie
muüg (mögen) wir befteen vor irem antliß es ſyn denn das du vns helf⸗
feſt. B. 1. Macchab. 3, 53. Wie koͤnnen wir fur jenen bleiben, Du helf⸗
feft one denn. L. 36 Yaffe dih nitnur du gefegneff mich. B. 1. Mof.
32, 26. Ich las dich nicht, bu fegeneft urih denn. L. Und kommt man
- Hin um etwas zu echalten, erhält man nichts, man. bringe benn maß
bie, ©.8.1,4 Sant jr ein Schlaf auf meine Augenlicher, ih hätte
ade n am Abend biefeg Tags berechnet, wie bie Kerzen meiner Wölfer in
meinen fernften Qimmelsftrichen Ichlagen? S. DE. 1,6. Sie fprechen
den König nicht, Sie hätten die Vorfiht denn gebraucht, fh die Er⸗
laubniß beim. Chevalier von Pofa auszuwirken. Daf. A, 22. Ruhig (ges
denke ich mich zu nerhalten); e& fei denn, daß er ich an meiner Ehre
oder meinen @ütern wergreife. S
8. 53.
Man madhıt von der Konjunktion fonft auf diefe Weife insbefondere
Sebrauh, wenn man eine moralifhe Nothwendigkeit oder
auch die Logifhe Wirklichkeit einer Aysfage durdy eine
Folge des angenommenen Gegenfage& hernorhehen mil,
‚Mady Frieden mit dem Devzog von Burgund! fonft kenn' ich keine Ret:
tung mehr für dich. S. Ivo. 1,6. Und jetzo And wir bier mit Beindes
Geleit, daß wir dein fürfllich Herz anfleken, deiner Stadt bich zu erbar:
men, unb Hilf’ zu fenden bimmen bdiefer Frift, Fanft übergibt er fie am
zwölften Tage. ar. 41,3. (Ich) muß demnach darauf beftehen, daß
Herzog Friedland förmtich, unmwiberruflich breche mit. dem Kaifer, fon ft
iym kein ſchwediſch Volk vertrauet wird. S. T. 1,8. Dreimal dürfen
Sie rathen, aber nicht Ren: Sie Bönnten mich fonft durch ben ganzen
Kalender duchführen. &. Wi. 5, 1%. (Margarete:) Es (dad Mittel)
wird ihe hoffentlich nicht idjaden! € Bau), Bürd’ ih fonfb, Liebchen,
din es sachen? G. 3. #, 184.
Aä
— 28
Anm. 1. Statt fonft wirb oft auch entweder — ober und ober ge⸗
braucht, — Eine Krone will ich fehn auf ihrem Haupte, ober will nicht
leben. ©. W. Zod. 3, 4. Du fchießeft oder flirbft mit deinem Knaben.
©. 21.3, 3, |
Anm. 2. Andere mit fonft finnverwandte Ausdrüde find: das ftärkere
widrigeng; anders (adverbialer Genitiv, fchon ahd. im Sinne von
fonft, außerdem) = im andern Falle, ald der in dem verbundenen
Sage angegebene befagt, außer und ausgenommen, welche den
Sag, den fie einleiten, geradezu ald Ausnahme hervorheben. — Man
faflet auch nicht Moft in alte Schleuche, Anders die fchleuche zureiffen,
vnd der moft wird verſchuͤtt. L. Matth. 9, 147. Noch fie legen ben
nuwen wyn ix bie alten vaſz. in anderwyß die vaſz werbent zerbro=
den ond der win wirt vergoffen,. B.
$. 54. ,
3) Der Inhalt des erften Sages oder die aus demfelben gezo=
gene Folgerung wird durch den zweiten Sag beſchraͤnkt. Dieſes Ver:
haͤltniß bezeichnen die Konjunktionen aber, allein, dagegen,
bingegen,dodh,jedodh,dennoch, jiedennoch, indeß, in⸗
deſſen, deſſenungeachtet, demungeachtet, gleichwol,
nichtsdeſtoweniger.
—8. 858.
Aber (ahd. afar, avar, afur, avur, avir, abur, abor, abir, aber,
avo, ava, ave, abo, abe, ab, mhd. aver, ave, aber, abe, baier. afer,
nnd. awer, awerst, Awerst) war zunaͤchſt ein Zeitadverbium und be:
zeichnete eine Wiederholung: abermals, wieder 1); dann ein
Adverbium der Entgegnung: wiederum, von ber andern
Seite, dagegen, befonders bei Wechfelreden 2); murbe bann eine
abverfative Konjunftion im Sinne des eine Befchränkung bezeichnen:'
den jedoch, und fteht als folche fowol im Anfang des Sages 3), ale
auch hinter den Anfangsworten desfelben 2); fleht in Fragen bes Zwei⸗
fel83), in bedingten Sägen); verbindet ſich mit disjunktivem
ober), mit fopulativem und ($. 10) 8), mit adverfativem do ch 9),
und deutet auch bloß den Kortfchritt der Nede an, wenn die Rede auf
einen andern Gegenftand übergeht, und wenn etwas Unermartetes foll
bezeichnet werben 19).
4. auur gqhuidit kescrift (abermals fagt die Schrift). K., reg. ben. 7 bei
W. 38, 29. tou mit vollen aber triufet af die rösen. Kw. bei W. 700,
12. Sie beftand aber und abermals darauf. G. Wv. 2,7. Wo
wir nur Durchgefommen find, erzählen Kinder und Kindeskind nach hun-
dert und aber hundert Jahren von dem Holk noch und feinen Scharen.
S. 8.6. — 2. so waren wir aber (unfererfeits) erlöst. Jw. 234. Haflig
fprang er (Reineke, der Beflerung verfprochen hatte) hinter ihm (dem
Hahn) drein ; es ftoben die Federn, Aber Grünbart entrüftet vermies
ibm den fehändlihen Rüdfall. G. R. Fuchs 3, 423. Aber Lupardus
begann, des Königs naher Verwandter. Daf. 6, 371. — 3. die burg
hi3 her (er) Colonia (Köln): avir na (nach) selbe demo namin stnin (feis
nem Namen) ist sie geheijin Agripptne. Annolied bei W. 184, 29. Und
-
— 9 —
als6 habent sie 86 maniger ley namen, daz eʒ nieman volleenden mag. Aber
swie maniger ley namen sie haben, s0 heijent sie über al kezer. Berthold
v. R. bei W. 676, 29. Er näherte ſich mit erneuten Anflrengungen dem
Ufer, aber leider fühlte er fich in einiger Entfernung davon angehalten.
G. Wo. 1,12. Er fragte nach mehreren Arbeitern: man verfprady fie
und ftellte fie im Laufe des Tages. Aber auch diefe find ihm nicht genug,
um feine Borfäge fchleunig ausgeführt zu fehen. Daf. 1,13. — 4. sie
des auuar ni rohhitun (fie deſſen aber nicht achteten). W. A6, 16. Aber
fie verachteten das, Vnd giengen hin, Einer auff feinen Ader, Der ander
zu feiner Hantierung. Etliche aber griffen feine Knechte, höneten fie
und tödten fie. L. Matth. 22, 5. Sie riefen: Noch mehr! Mein Bor:
rath aber war aufgegehrt. G. Leben 1.8. — 5. JA herre, wie schoene!
wart aber ie so schoenes ıbt (etwas)? Berthold v. R. bei W. 668, 27.
- Drum weiß ich faft auch nicht, ob ich fol thränen ſchicken, ob aber huͤlf
. und rath fey. hg. 3, 235. — 6. s6 du dih sündonten irbilgest. s0 gnä-
dest du äber riuuonten (fo du dich über die Sündenden erzürneft, fo be:
gnadeft du aber die Reuenden). N. Habac. 3, 2 bei W. 127, 18. (So du
bift zornig du wirft gedenken der erbärmd. B. Wenn Zrübfal da ift, So
dendeftu der Barmhergigkeit, L.) — 7. Swer mit den värsten wil gene-
sen, der muoz ein lösser (Lofer ? Kaufcher?) dike wesen, od aber lange
sin ein gast. Freidank bei W. 533, 13. Do müß er eintweders ab weg
von der fchar weichen, oder aber ex fye ftilen. Gs. 173a. — 8. ünde
ist Aber diu zünga. iro instrumentum (und ift aber die Zunge ihr Werk:
zeug). W. 135, 31 aus d. 11. Jahrh. und dö ir vater aber tete vil
manige dro unde bete (Drohung und Bitte), daz si e3 im wolte sagen, si
sprach. Ah. bei W. 333, 37. dem ieger find die buntfchü gerecht, vnd
aber dem affen fint fie nit gerecht. Gb. 97a. — 9. Wir wollen fie be:
wunbern, aber uns doch zufanrmen freuen. G. Wp. 1,8. Der zwar
nicht gewöhnlich, aber do ch öfter alg es wünfchenswerth war, fein Ber:
gnügen, feine Gefprächigkeit, feine Thätigkeit durch einen gelegentlichen
Weingenuß zu fleigern pflegte. Daf. 1,17. Man hatte mir, nicht gerade
ins Gefiht, aber doch wohl im Rüden, den Vorwurf gemacht. Daf.
1,18. — 10. bidbiu auur chisalboda dhih got dhiin got mit freuuuidhu
olee fora dinem chilothzssom. I. 3 bei W. 32,17. (Pfalm 44,8. Darumb
got din got der hat dich gefalbet mit dem Öl der frödenn vor binen mit
gefellen. B. Darumb hat dich Gott, dein Gott, gefalbet mit dem Freu⸗
denoͤle, mehr denn beine Gefellen. L.) Daz ist aue der ameizjin geslähte
(Geſchlecht). W. 165, 15 aus d. 12. Jahrh. Uns der Graf zur Erbe ſich
neiget hin, das Haupt mit Demuth entblößet, zu verehren mit gläubi-
gem Chriftenfinn, was alle Menfchen erlöfet. Ein Bächlein aber
raufchte burch’8 Feld, von des Gießbachs reißenden Fluten gefchwellt. S.,
Graf v. 9. Hier ift nicht länger Sicherheit für mich. Wo aber bleibt
Pa Sohn? S. Aber fehen Sie einmal! Ihr Diener fteht noch da.
Leſſing.
8. 56.
Aber bezeichnet neuhochdeutſch, als adverſative Konjunktion, das
Verhaͤltniß des Gegenſatzes auf die allgemeinſte Weiſe, naͤmlich:
a) einen wirklichen Gegenſatz, durch den ein Gedanke unmittelbar oder
mittelbar beſchraͤnkt wird; b) einen Gegenſatz, durch den ein Ge⸗
danke nicht beſchraͤnkt, ſondern nur hervorgehoben wird; c) eine
Verſchiedenheit, die nur als ein Gegenſatz dargeſtellt, und
badbuch hervorgehoben wird.
LI
— 89 — —
N
Bie Regierung war erbtich, aber ver Sohn dewt wicht eher, ale nad feier-
Ich beſchwornor Konflikution in die Rechte des Vaters. &, Abf. d. N,
1. B. Der Herzog von Parma Eannte zwar den Mißmuth feiner Trup⸗
pen, aber er kannte auch ihren Gehorfam. &. Bel. v. Antw. Wiglins
war ein Gelehrter, aber kein Denker; ein erfahrner Geſchäftsmann,
aber Bein erleuchteter Kopf. ©. Abf. d. N. 2.3. Im großes Unglüd
lernt ein edles Hertz fi finden; aber wehe thut's, bes Lebens Kleine
Zierden zu entbehuen. &. St.4,1. Das Beben ift ber Güter höchſtes
nicht; der Übel größtes aber ift bie Schuld, S. Bom. Dies fagemd ritt
er trutziglich von bannen, ich aber blieb mit kummervoller Sede, das
Wort bebendend, das der Böfe fprad. S. 81. 1,2. Wir Männer kön:
nen tapfer fechtend fterben, weich Schickſal aber wird das eure fein,?
Daſ. 1,2. Erforfcher Ihr die Männer von Schwytz, Ach wii in Uxi
Freunde werben, men aber fenben wir nach Unterwalden? Dar 1, A.
Ich habe oft oft geſchoſſen in das Schwarze, und manchen ſchoͤnen Preis
mir heimgebracht vom Freudenſchießen. Aber Yentı will il) don Mei:
ſterſchuß thun und das Beſte mur im ganzen Umkrels Bas Sebirgs gewin-
nen. Daſ. 4, 3. Die fremden Eroberer kommen und gehen; aber wir
bleiben ſtehen. S. Bom. Das einfach Schöne ſoll ber Kenner ſchaͤtzen;
Verziertes aber fpricht ber Menge zu. G. Rt. 2,5. Wit hatten bie
Straße, in welcher unfer Haus ftand, den Hifchgraben nermen bösen; da
wir aber weder Gtaben noch Hirfche fahen, fo weiten wir biefen Aus⸗
druck erklaͤrt wiffen. ©. Leben 1.8. Worte find gut, fie ſind aber nicht
das Beſte. G. U. 7,09. Niemand weiß, was or Ihut, wenn er rocht han
delt; aber bes Unrechten find mir uns immer bewußt. Daf. 7,9. Sein
vafches Weſen beachte manches Gute herdor, aber feine Übetsilung war
Schuld au mandhem Mißlingen. ©. My. 1, 18. Mer Glädsiche, der
Behagliche Hat zut reden; aber ſchaͤmen würde er fich, wenn er einfähe,
wie unerträglich er dem Leidenden wird. Daf. 31, 18. Sie fuchte gu er:
forfihen, ob einer vor dem andern hiezu den Aulaß gäber aber fe konnte
feinen lUnterfchleb bemerken. Daf. 1,6 Das Schichſal gewährt uns
unfte Wünfche, aber auf feine Weile. Daf. 2, 10,
$. 57.
Man gebraucht aber gern bei einer Einwenbung, befon:
ders wenn fie durch die Korm einer Frage hervorgehoben wird.
Run ja! ich Lieb’ ihn, halt’ ihn
werth; was aber hat das mit meiner
Zochter Hand zu fchaffen?! ©. T. 3, h. Einer ber eriten Mathematiker
fagte, bei Gelegenheit wo man ihm ein phyfifches Kapitel andringlich em=
pfehlen wollte: aber läßt fich denn gar nichts auf den Galcuf reduieren ?
G. Ferneres über Mathematik.
" 8. 58.
Ähnlich wie und ($. 16) und auch ($. 25) ſteht audy aber
im Anfang eines Ganzen, wobei an einen vorausgehenden Gedanken
als Gegenſatz zu denken ifl.
A
ber dad iſt meine Freude, daß ich mich zu Bott halte, Kirchenlied (nach
Pf. 73, 28 als Gegenfag zu 73, 23. Meine Selma, wenn aber ber
Tod ung Liebende trennt! Klopftod, Selmar und Selma. Aber fo
wollen wir’s heben an. Herder, ein thüringer Lied. Was kann dir aber
fehlen, mein theures Waterland? Uhland, Würtentberg. Wie aber
fann fi Hans van Eyd mit Phidias nus mieffen I G. Modernes. Was
*
* -
. 31 -
U — — —
ift denn aber beim Geſpraͤch, dns Herz und Geiſt erfüllet, als daß ein
echtes Wortgepräg von Aug’ zu Auge quillet! G. Werte 3, 162.
- 8. 59,
Oft fehlt das adverfative aber, und der nachfolgende Sag fteht
abgetrennt ($: 15. Anm. 2.) dem vorhergehenden Sag entgegen.
Muth zeiget auch der Mameluck; Gehorfam tft des Ehriften Schmud. ©.
Kampf m. d. Dr. Gin Anbrer wohl besächte fi, bu brüdft bie Augen
zu und greifft es herghaft an. ©. &. 3, 3. Ertragen muß man, was
der Himmel fendet; Unbilliges erträgt Eein edles Herz. Daf. 1,2. Du
glaubft an Menſchlichkeit; es fehont der Krieg auch nicht das zarte Kinds
lein in der Wiege. Daf. 1,2. Es bildet ein Talent fidy in der Stile,
fih ein Charakter in bem Strom der Welt. &.%.1,2. -
5.60.
Statt aber gebraudht man auh nur ($. 32), wenn eine un:
mittelbare Beſchraͤnkung des Gedankens bezeichnet wird; zuweilen
ſtehen verſtaͤrkend nur aber zufammen.
Philo hatte im Ganzen eine entfernte Ahnlichkeit mit Narciſſen; nur hatte
eine fromme Erziehung fein Gefühl mehr zufammengehalten und belebt,
8.2.6.8. ein Verftand war richtig und fein Charakter ftreng, und
er war darin meinem Vater fehr ähnlich; nur hatte diefer dabei einen
gewiflen Grad von Weichheit. Daf. Meine Mutter hatte von Jugend
auf ähnliche Geſinnungen, nur waren fie bei ihr nicht zur Reife gediehen.
Daf. Eduard fchien ihr Beifall zu geben, nur aber um einigen Auf:
ſchub zu ſuchen. &. Wo. 1, 16.
8. 61.
Allein ($. 29) ‚bezeichnet als adverfative Konjunktion nicht
eine Beſchraͤnkung des Konceffivfages (dee Einraͤumung), oder eine
aus ihm gezogene Folgerung, fondern eine Berneinung deffen, mas
als eine Folge des im Konceffivfag Ausgedruͤckten angefehen wirb.
Wider meinen Willen zwingt mich bein holder Mund; allein er darf au
etwas Schmerzlichs fordern und erhält’s. &. 3%. 2,2. Mein Freund,
die golbne Zeit ift wohl vorbei; allein die Guten bringen fie zurück.
. T. 2,1. Dan mäge mich, das will ich nicht vermeiden; allein
Verachtung hab’ ich nicht verdient, Daf. 2, 3. Das, wäs gefchehn ift,
kränkt mich nicht fo tief; allein das kränkt mich, was es mir bedeutet.
Daf. 4,2. Gern erkenn’ ich an, Du willft mein Wohl; allein ver:
lange nicht, daß ich auf Deinem Weg es finden fol. Daf. A, 4 Ber:
waifte Väter find beflagenswerth; allein verwaifte Kinder find es
mehr. G. Rt. 1, 6. Erfcien ihr die Sache ganz zu überlaffen; al⸗
lein fchon war innerlich fein Entfchluß gefaßt. ©. Wo. 1, 16. Sie ers
freute fich manchmal einer Wafferfahrt; allein ohne das Kind, weil
Charlotte deshalb einige Beforgniß zeigte. Daf. 2, 10. Was. das Aeu⸗
Bere betraf, Hätte er nur immer abreifen Eönnen, allein fein Gemüth
war noch durch zwei Hinberniffe gebunden. G. %. 8,7. Da fand ih
auf den Fluren Blum’ und Aehre, allein den Frühling fand ich nicht
bei ihnen. Es fangen Vögel und es fummten Bienen, allein fie fangen,
fummten düſtre Mähre; ed rannen Quellen, body fie waren Zähre;
06 ladyten Sonnen, bo ch mit drüben Mienen. Rüdert,
-
32 -
. ®
nn — ——
8. 62.
Dagegen und hingegen heben den Gegenſatz von Gedanken
hervor, die einander weder beſchraͤnken noch aufheben: eine Behaup⸗
tung wird der andern ausdruͤcklich entgegengeſetzt. Hingegen iſt
erſt neuhochdeutſch. Dagegen bezieht in dem demonſtrativen da
die Entgegenſetzung ſchaͤrfer auf das Voraufgeſagte, und das jetzt
mehr unuͤbliche hergegen (früher herentgegen) ift dem hin—
gegen und hiergegen (auch hingegen) entgegengeſetzt.
Antonio geht frei umher und ſpricht mit ſeinem Fürſten; Taſſo bleibt da⸗
gegen verbannt in feinem Zimmer und allein. G. T. 3, 1. Eine all⸗
zureichliche Gabe lockt Bettler herbei, anftatt fie abzufertigen; dagegen
man wohl auf ber Reife, im Vorbeifliegen, einem Armen an ber Straße
in der Geftalt des zufälligen Glücks erfcheinen und ihm eine überrafchende
» Gabe zumwerfen mag. G. Wv. 1, 6. In feinem Haufe mußte alles folid
und maffto fein, der Vorrath reichlich, das Silbergefchirr fehwer, das
Zafelfervice Eoftbar, Dagegen waren die Gäſte felten. ©. Lj. 1, 14. —
Der mich beobadhten, und dem ich Hingegen gehorjamen folte. Sp. 2,
19.. Ein Anderer verficherte, Wilhelm habe die Rolle des Laertes fehr
gut gefpielt,; Hingegen mit dem Schaufpieler, der den Hamlet untere
nommen, Zönne man nicht eben fo zufrieden fein. ©. %. 8,15. Das
Schloß haben bie Alten mit Vernunft hierher gebaut: denn es liegt ges
fhüst vor den Winden, und nah an allen täglichen Bebürfniffen; ein
Gebäude Hingegen, mehr zum gefelligen Aufenthalt ald zur Wohnung,
wird fich dorthin recht wohl fchidten und in der guten Jahreszeit die. ans
genehmften Stunden gewähren. ©. Wv. 1,7. Jedermann fah darin
nur eine wohl aufgepugte Naturalienfammlung; ber Knabe hingegen
wußte befjer was er verfchwieg. ©. Leben 1. B. — Ein Ader, wann er
nicht fleiſſig gepflügt wird, verwildet, Herentgegen, wann er wader
gehbet wird, fo bringet er die herrlichften Früchte. Sp. 2, 8.
Anm. Erifius überfegt (in |. Wörterbuch ©. A456) das lat. e contrario
durch dDergegen, berwiderumb, Stieler (©. 378) durch hin—⸗
gegen, hergegen.
8. 63.
Doc) (goth. thauh, ahd. doh, doch, dhoh, thoh, thoc, mhd.
doch, agſ. dheäh, engl. though, altn. thö, dän. dog, ſchwed. dock, wol
aus dem goth. Demonftrativ Ihata entfproffen) fteht im Allgemeinen
in dreifacher Beziehung: 1) als Demonftrativ: doch, bennod,
und zwar in einem Hauptfage, welcher fich bezieht auf a) einen unter:
geordneten Sag; b) auf einen Hauptfag, aus welchem der Vorderfag
zu doc bisweilen zu ergänzen iſt; c) auf einen Sag, ber aus ber
vorhergehenden ganzen Mebe, oder aus der Gemüthsflimmung bes
Sprechenden zu ergänzen iſt 1); auch neben Fopulativem und ($. 10.
19) und adverfativem aber ($. 55); auc in einem untergeordneten
Sage?); 2) als Relativ: obgleih, wenn auch, mit nachfolgen⸗
dem Konjunktiv und Indikativ 3); 3) als Korrelativdoh — doch).
1. Thoh häbet er uns gizeigot joh ouh mit bilide giböt uuio uuir thoh düan
scoltin, oba uuir ig unöltin (doch hat er uns gezeigt, und auch mit Bild
— 33 —
geboten, wie wir doch thun ſollten, ob wir es wollten). O. IH, 3. bei W
94, 327. vil maniger suochet (fucht) dur (durch) day jar des er doh niht
vinden wolde. W. 618, 12 aus d. 13. Jahrh. swer was ze Beärosche komn,
doch hete Gäwän dA genonmm den pris. Parz. 398, 2. ist im der Iip er-
storben sö lebt doch iemer stn name. Iw. 9. ich enphähe gerne, als ich
sol, iwer zuht und iwer meisterschaft: doch hät si alze gröge kraft. Iw. 18.
da3 hän ich ungedient noch: ich sol iu.gerne volgen doch. Parz. 362, 8.
dir was doch wol sö röt din har, daz din bluot die bluomen clar niht roeter
dorfte machen. Parz. 160, 27. nu weig ich doch ein dinc wol. Iw. 254.
sage durch got, wer weiz eg doch. Iw. 89. — 2. so mac diu küneginne
vil lützel (wenig) iht bejagen an dir debeines (irgend eines) ruomes, des si
‚doch willen hät. Nib. 429, 7. — 3. Uuir sähun sinan sterron, ihoh
uuir thera bürgi irron (wir fahen feinen Stern, doch wir in Bezug auf bie
Burg, Stadt, irren). O. I, 17 bei W. 88, 2. e; enwas (Mar nicht) niht
mit wine, doch e3 im glich wsre. Trist. 11677. wir wären gar al ein,
doch eʒ an drien stücken schein. Parz. 752, 10. der was, doch töt, sö
minneclich. Parz. 159, 7. — 4. Thö.h mir megi lidolih sprechan uuörto
gilfh, ni mag ih thöh mit unorte thes löbes queman zi énte (doch mir möge
der Glieder jedes [prechen lauter Worte, nicht mag ich boch mit Worte bes
Lobes fommen zu Ende). O. I, 18 bei W. 87,25. doch ez im we von
herzen tuo, da3 herze stät doch ie dar zuo. Trist. 109.
Anm. Über den umfaffenderen Gebraud des doc im Althochdeutfchen
f. Graff V, 68f.
$. 64.
Neuhochdeutſch ift der Gebrauch der Konjunktion doc be:
ſchraͤnkter, als früher. Doc) deutet als adverfative Konjunftion nun
zunaͤchſt auf die Wirklichkeit im Gegenfag zu der Nichtwirklichkeit,
und bezeichnet die Aufhebung einer aus dem Konceffivfag (Sag der
Einräumung) gezogenen Folgerung und hebt den Werth des Adverfa-
tivfages im Segenfag gegen diefe Folgerung hervor.
. Verwegen wär es, meine Fauſt zu rühmen, benn fie hat nichts gethan;
| Doch ich, vertrau’ ihr. G. T. 2, 3. Ich führt’ ihn (ben Degen) nicht mit.
Ruhm, doch nicht mit Schande. Daf. 2,4. Ich muß ben Zabel, fchöne
Freundin, dulden, doc die Entfchuld’gung liegt nicht weit bavon. Dal.
3,4. So prächtig die Krönung Karls bes Siebenten geweſen war, fo
war do ch die Folge für den guten Kaifer defto trauriger. G. Leben 1.8.
Es erinnerte diefe Geremonie an jene erften Zeiten, wo bedeutende Hans
delsftädte fih von den Zöllen, welche mit Handel und Gewerb in gleichem
Maße zunahmen, wo nicht zu befreien, doch wenigftens eine Milderung
derfelben zu erlangen fuchten. Daf. 1. B. Wenn aud) die menfchlichen
Angelegenheiten im Ganzen eine entfchiebene Richtung haben, fo wird es
doch dem größten und erfahrenften Kenner fchwer fein, fie'mit Zuverläfs
figkeit vorauszuverkünden; doch Tann man hinterdrein wohl bemerken,
was auf ein Künftiges bingedeutet hat. Daf. 2.38. — Und wirklich ge:
rieth man nahe genug hier an einander, doch um als Freund, als Gaft
fih zu bewirthen. Ganz Deutfchland feufzte unter Kriegeslaft, doch
Friede war's im Wallenfleinfchen Lager. &. 9. 2, 7. Vom Kaifer frei-
lich hab’ ich diefen Stab, doch führ’ ich jet ihn als des Reiches Zelbherr.
Daſ. 2,7. Sch Eonnte Dich der Unfchuld Deines Herzens, dem eignen
Urtheil ruhig anvertrau'n; doc Deinem Herzen felbft feh’ ich das Net
verderblich jeht bereiten. Daf. 5, 1. Leicht bei einander wohnen bie Ge⸗
danken; doch hart im Raume flogen fi die Sachen. S. T. 2,2. Ih
Kehrein Grammatik U. 2. 3
— HE —
liebe den Herzog nähe, und hab’ dazu nicht utſach, do ch nicht mein Haß
macht mich zu feinem Moͤrder. Daſ. 4, 8. Bringt feiner Höhelt dies
Gerchend (Ring). GE ift noch Feine Kette, bindet mich noch nicht; doch
ann ein Reif draus werben, der mich bindet, S. St. 2, 2, Der Huldi⸗
gung des Guößten ift fie werth, doch nie wird fie den Wunſch fo ho er⸗
heben. S. Ivo. 3,4 Der Mann it weder, do ch wicht freiem Stands;
Bein eigner Mann kann Richten fein in Schwytz. S. 2 2,2.
§. 65.
Man gebraucht daher insbefondere doch, wenn ber Sprechende
fainan eignen Gadanken verbeflert, oden bie Nusdehnung, die man
ihm geben könnte, beſchraͤnkt.
Es find gewiffe Dinge, die fich das Schickſal hartnädig vornimmt... Doch
was fag' ich! Eigentlich will das Schickſal meirien eigenen Wunſch wies
der in den Weg Bringen. G. Wr. 2, 14. Wie ſteht's um Didier, meinen
alten Karnm'rer? Do ber Getreue fchläft wohl Lange ſchon den erd’gen
Gi. ©, St. 5,6. Ich wollte gern ben Biedermann erretten, doch
es iſt rein unmoͤgllch. S. Th. 1,4. Zu jenem Haufe gehet ein; dort
wohnt der Stauffacher, ein Vater der Bebrängten. Doc ſieh, da ift er
felber. Daf. 1,9. Was fein muß, das gefchehe, doch nichts drüber.
Die Voͤgte wollen wie mit ihren Anechten verjagen und bie feften Shlöf-
fer brechen; doch, wenn es fein mag, ohne Blut. Daf. 2, 2.
$. 66.
Das Verhaͤltniß des Gegenſatzes wird mit befondrem Nach:
druck dadurch hervorgehoben, Daß dem AUbverfativfag die Konjunktion
doch ale ein. elliptifcher Satz vorangeht.
Ich hab’ den Inhalt Ihver Senbung zwar vernomnten, Queſtenberg, und
wohl erwogen, auch meinen Schluß. gefaßt, den nichts mehr aͤndert.
Doch, es gebührt fich, daß die Kommanbeurs aus Ihrem Mund’ bes
Kaifers Willen hören. S. P. 2,7. Prag fol und nicht entzmeien. Mein
Ser Kanzler beanügt fi) mit der Altflabt, Euer Gnaden läßt er den
atfehin und die Eleine Seite. Doch, Eger muß vor Allem fich uns Öff:
‚nen, eh’ an Konjunktion zu denken ifl. S. T. 1, 8. Wenn Did) das un⸗
gtäd in des Krokodils Gewalt gegeben oder des geflecdten Tigers Klau’n,
‘ wenn Du ber Löwenmutter junge Brut geraubt, Du koͤnnteſt Mitleib
finden und Barmherzigkeit; doch, töbtlich iſt's, der Zungfrau zu begegs
nen. ©. 300.2, 7. Sterben ift nichts; doch, leben und nicht feben,
das iſt ein ungläd. ©, Z1. 1,4.
8. 67.
Jedach (ahd. io doh, ieo doh, ie doh, mhb. iedoeh, zuweilen
idoeh, &doch) ift eigentlich ein Jeitadverbium — je, d. i. immer bo ch
($. 35); dann eine adverfative Konjunktion, und bezeichnet als folche
ben Gegenfag als einen hoͤchſt unbeſtimmten und oft nur als
einn mögkichen; verneint auch ſowol die mögliche Ausdehnung
eimer Einraͤumung felbſt, als eine aus ide gezogene Folgerum. Da
jedoch neuhochdeutſch fo ztemlich in die Bedeutung von aber doc
übergegangen if, leidet ed aber und und nicht wol mehr wor fich.
Die Korrelation do — jedoch iſt überhaupt ſehr folten.
— 38 —
di wurden Cesari al unterdän: si wärig imi jedoch sorehsam (Sorge erre⸗
gen). Annol. bei W. 182, 14. swer ouch danne die lenge mit arbeiten
eben sol, dem ist jedoch nicht ze wol. Gotfr. Zobgefang bei W. 336, 28.
unte döh sie sin constituti in seculari actione, diu àne sünta uudsan nemäg,
sie stegerent je döh gerno mit iro gelöuben, mit gebdte, mit eleemoasyna,
unte mft änderen uudletäten ze demo gith hüffen (und doch d. i. obgleich fie
feien geſetzt in weltlihe Hanblung, bie ohne Sünde fein nicht, mag, fie fleis
gen je doch gerne aufwärts mit ihrem Glauben, mit Gebet, mit Almoſen
und mit andern Wohlthaten zu dem Zeugnißhaufen). WI. Hobel, A, 2 bei
W. 187, 8. Vater min, swie (wie) tump ich si, mir wonet jedoch diu
wize bi. Ab. bei W. 336, 22. — ir habent oc gerdan alles bifg übel.
Jedoch nit woͤllet pc ſcheyden von dem rugken des herven. B. 1. Kön.
(Sam.) 12, 20, jr habt zwar bas ubel alles n, doch weiches nicht
‚ hinder dem herrn ab. L. wir. legten nit van v an er gewannk, izdoch
din iegklicher ward embloͤſzt zü dem menfchen. B. 4,33, er hat
nit ein fun, nit ein brüder. und yedoch hört er nit vff ze arbeiten. B.
Pred. 4, 8. anthoren (portis) feplts Dir wohl, je do ch an thoren (stul-
tis) nicht. hg. 6, 50. — Gar viele Dinge find in biefer Welt, bie man
dem Anheen goͤunt und geune qheilt; jebod «8 if ai Schat, Ken man
bem Hochverdienten gerne gännen mag, ein anderer, den. won. zeit dem
Höchftverbienten mit gutem Willen niemals theilen wird: der Lorbeer ift
ed und bie Gunſt der Frauen. ©. T. 3,4. Er entfchieb ſich fein Haus
zu verlaflen, und zwar widyt ganz ohne Vorbewußt Charlotteng, die er
jedoch zu täufchen verfiand. G. Wo. 1, 16. Dieſer Umſtand, welcher
die Meinigen in große Noth verſetzte, gereichte jedoch meinen Mitbuͤr⸗
geen zum Bortheil. G. Leben 1. B. Junker, an die Nachahmung ber
ausführlichften Niederlaͤnder gewoͤhnt, konnte ſich am wenigſten in dieſen
Tapetonſtyl finden; jedoch bequemte er ſich, für gute Zahlung, mit Blu⸗
men und Früchten manche Abtheifung zu verzieren. Daf. 3. B. Gefähr-
lich ifl’8, den Leu zu wecken, verberblich ift bes Tigers Zahn, jedoch der
ſchrecklichſte der Schredten, das tft der Menfch in feinem Wahn. ©. Glocke.
Anm. Sn folgendem Beifpiel aus Schiller (Zell 1, 2) ift der zweite Gag
abgetrennt, jedoch fehlt (9. KA): Dies Haus erfreut Dich, bad wir neu
erbauten, der Krieg, der ungeheure, brennt es nieder.
$. 68.
Dennoch (ahd. thannanah, mhd. dannoch, ſ. $. 97 und 52)
ift eigentlich ein Zeltadverbium — zu ber Zeit (bann) wo,
Bamalsnod, jegtnod; dann verflärkt fogar da no, und
daraus adverfative Konjunktion, bie nur. eine unmittelhare Nachfolge
ber Einräumung mit biefer im Gegenfage, nie aber die Verneinung
bes Grundes, aber fa beſtimmt dew Gegenfag: hervorhebt, wie
doch |
- dag geslehte deri ciclopin (det Cyklopen) was danpach in Siciljen. Annol.
bei W. 181, 22. der in d4 siner huote dannach niht vollecliehen (völ⸗
glich} lieg, Iw. hei W. 361, 18. iohannes was den nach nit gelsgt in
bei Eerdter, B. Joh. 3, 24, dig hrunnen der waller waren dang och nit
fuͤrbrochen. B. Spr. 8, 2. Johannes wor nad nicht ins Gefengnis
gelegt. Da bie Brunne noch nicht mit Waffer quollen, L. — (Safe :)
MÜ Beifall und Verehrung Hör’ ih Did. (Antonio) Unb dennoch
. benkf Di wohl bei dieſen Morten gang etwas anders, als ich jagen will.
©. 8.2, Über wie jeder, der eine Übelthat begangen, fürdhten muß,
3
*
daß, ungeachtet alles Abwehrens, fie bennoc an’s Licht kommen werbe:
fo muß derjenige erwarten, ber in's Geheim das Gute gethan, daß auch
dieſes wider ſeinen Willen an den Tag komme. ©. Wo. 1,9. Dann
fouft Du ein Argument ausgefprochen haben, das ftärker iſt als jedes an⸗
dere, das ich, wenn ich's auch nicht zugeben, mich ihm nicht ergeben Tann,
dennoch recht gern aufs neue in Betrachtung und Überlegung ziehen
will. Daf. 2, 12. Wie ich bei meinem zerftreuten Leben, bei meinem zer⸗
ftücelten @ernen, dennoch meinen Geift, meine Gefühle auf einen Punkt
zu einer ftillen Wirkung verfammelte. ©. Leben 4. B. Beiftehen follen
fie mir in meinen Plänen, und dennocd nichts dabei zu fiſchen haben.
S. P. 2,5. (Schrewsbury:) Sie ift die Mächtige. Demüthigt Euch!
(Maria:) Vor ihe! ich kann es nimmermehr. (Schremsbury:) Thut's
dennodh! ©. &t. 3,3. Längſt wohl fab ih im Geift mit weiten
Schritten dad Schredensgefpenft herfchreiten biefer entfeglichen blutigen
That; dennoch Übergießt mich ein Grauen, da fie vorhanden iſt und
sefhehn. S. Bom.
——— | $. 69.
Jedennoch — aber dennoch ift ſelten, es hebt die Beſchraͤn⸗
kung des Voraufgehenden beſonders hervor.
Ich brenne, Sylvia! ach aber ohne ſchuld! denn du haſt mich entzuͤndet.
iedennoch leid ich mit geduld den ſchaden, den mein hertz empfindet. hg.
4, 327. er fcheint zwar ſchlecht, iedennocd ift er treu, be. 4, 117.
(Wrangel:) Noch mit Erftaunen redet man davon, wie Sie vor Jahren,
gegen Menfchendenten, ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen. Ze:
dennoh — (Wallenftein:) Dennoch? (Wrangel:) Seine Würden
meint, ein leichter Ding doch möcht’ es fein, ‚mit Nichts in’s Feld zu ſtel⸗
len taufend Krieger, ald nur als ein Sechzigtheil davon zum Treubruch
zu verleiten. S. J. 1, 8.
8. 70.
Indeß, indeffen (ahd. innan des, innan thes, inin dös, ın
des, inne dös, mhd. innen des) find eigentlich genitiviſche Adverbien ber
Zeit, und zeigen an, daß ein Sein in ber Zeit eines andern Seins
Statt hat, bedeuten alfo fo viel al8 innerhalb, in der Zwifchen:
zeit, während beffen. Als adverfative Konjunktionen verneis
nen fie meiflens eine mögliche Ausdehnung des in der Einrdumung
Ausgedruͤckten.
zältun imo ouh innanthés thräto filu liahes (erzählten ihm auch indeß ſehr
viel Liebes). O. III, 2 bei W. 91, 21. innen des zöch er den arm näher
. zuo dem libe ba}. Wig. bei W. 463, 17. — Mit welcher Leichtigkeit, mit
welchem Sinn erfreut fie fich des Gegenwärtigen, in deß ihr Phantafie
das fünft’ge Glüd mit fchmeichelhaften Dichterfarben mahlt. G. Rt. 1,1.
Ottilie war indef fen ſchon völlig Herrin des Haushalted. G. MWp..1,8.
" Da mir denn, indeffen Ihr euch mit Bliden und Worten fehr gut uns
terhieltet, ein hoͤchſt unerfreuliches Loos zu Theil ward. Daf. 1, 11.
In deß bie Herrichaft fpeifte, festen fie ihren jauchzenden Zug weiter fort.
Dof. 1, 15. Wenn Dich Antonio beleidigt hat, fo hat er Dir auf irgend
: eine Weife genug zu thun, wie Du es fordern wirf. Indeffen, Dein
Vergehen macht, o Zaffo, Dich zum Gefangnen. ©. T. 2, 4. Bis jegt
alfo fehle es ihnen an einem giltigen Grunde, biefen feindlichen Weg ein-
tr
— 37 —
zuſclagen; indeſſe {en poeite ven er nit, daß man ihnen zeitig genug einen
darreichen werte, S f. d
8. 71.
Deſſen ungeachtet, depungenichtet (mindergut demum⸗
geachtet, da ungeachtet mit dem Genitiv konſtruiert wird) bedeu⸗
tet ohne Beachtung, ohne Beruͤckſichtigung des im Voraufgehenden
Ausgedruͤckten, bezeichnet alſo eine nachdruͤckliche Hervorhebung des
Adverſativſatzes im Gegenſatze gegen einen im Konceffivfag ausge:
druͤckten Grund. Das gleichbedeutende deſſen uner achtet kommt
ſelten mehr vor.
Allein deßungeacht et hatten ſchon manche Gemeindeglieder früher gemiß-
billigt, daß man die Bezeichnung, ber Stellen aufgehoben. &. Wo. 2, 1.
Da man aud) die gewöhnlichen und bemungeadtet nur zu oft über:
rafchenden NRothfälle durchdachte. Daf. 1, 4. Die Druderkunft war ſchon
über hundert Jahre erfunden; deſſenungeachtet erſchien ein Bud
nod als ein heiliges. G. Ich weiß, Du bift nicht für diefe Heirath;
dbemungeadtet, wenn Du etwas dagegen zu fagen haft, fagen willſt:
fo.fag’s gerade zu. G. Clavigo 4.
g. 79,
Gleichwol drüdt die gleich große Möglichkeit, das gleich⸗
große Statthaben der Einräumung gegenüber aus, hebt alfo den Ad:
verfativfag weniger hervor als bennoch und deſſenungeachtet.
Gleichwohlen hatte ich Fein thier gefehen, welches 2c. Sp. 1, 6. weldhe
gleich woln offt kluͤger, als wir Menfchen handeln. Sp. 2, 19. Geſetzt,
Rauben und Stehlen ſey dir erlaubt oder nicht, ſo weiß ich gleich wol,
dag es wider das Gefäge der Natur iſt. Sp. &, 15. Die Sache warb
gleichwol durchgefeht. ©. Leben 4.8. Ihr Verdienſt legte ſie als
etwas Entſchiedenes zu den Füßen des Koͤnigs nieder; die unbefangene
Nachwelt dürfte gleichwol Bedenken fragen, biefes gefällige Urtheil
ohne Einſchraͤnkung zu unterfchreiben. ©. Abf. d. N
8. 73.
Nichtsdeſtoweniger (zumeilen auch nichtsdeſtominder)
hebt den Abverfativfag nachdruͤcklich hervor.
So es (das Pferd) ſich ſchon wol an dem barn abzerref, nichts deftmins
der kegt im die halffter hindennach. Ge. 89h. Philipp felbft fing an,
einen Rathgeber zu meiden, der nur bie Thaten feines Waters lobenswür⸗
dig fand; nicht deſtoweniger vertraute er ihm noch zulest feine
fpanifchen Länder an, als ihn bie Eroberung Portugals nah Liffabon
forderte. ©. Abf. d. RN. Sein guter Genius ftörte feine Reife noch durch
ein unvermuthetes Hinderniß, indem ber Marquis von Bergen durch eine
Bunde außer Stand gefegt wurbe, fie fogleich mit anzutreten; nichts⸗
deſtoweniger machte er ſich allein auf den Weg. ©.
Anm. SFriftus überfegt i in feinem Wörterbuch (von 1568 ©. 868) das lat.
nihilominus durch nüt deſtminder, nütdeſtweniger.
— 38 —
4. 74.
Wenn bei den Konjunktionen doch, dennoch, d effe nunge⸗
achtet, gleichwol neben dem logiſchen (d. h. dem durch den
Ton bezeichneten) Werthe des Adverſativſatzes zugleich das
logifche Kb. h. auf der Übetelnſtimmung ober dem Gegenfag be:
ruhende) Berhaͤltniß des Gegenſatzes fol hervorgehoben wer:
den; fo gebeaucht man zugleich die Konjunkeion aber (0. 56), wie
Int. sed, at, verum neben tämen.
Wir wollen fie bewundern, aber und hoch yufammen. foren, S. Mr. 1,8,
Er beyeifhnete feinen Abſchied mit Buahe, denn gr wußte, in wahr
Händen er fie ließ; dennoch aber wurde durch bie Kinrichtun
Staatsrathes dem aiederiandifchen Adel mehr geſchmeichelt, als wir —*
Eiaflutßz gegeben. S. Abf. d. R. Biglius wurde ber Praͤfide entenftelle im
geheimen Retbhe wor entlaffen, mußte fie aber deſſenungeachtet
noch ganzer vier ze fort verwalten. Das. Es ift wahr, ein Menſch,
ber fo lebt, wie Sippias, muß fo denken ; und wer To denkt, wie Hippias,
wuͤrde ungläcdtich fein, wenn er nicht fe leben Ebrmte; aber ih muß
gleichwol laden, wenn ich an ben Ton ber Anfehlbarkeit denke, mit
dem er ſprach. wieland.
Anm. über die Verbindung von doch (früher auch je), dennoch,
deſſenungeachtet, gleichwol mit und ſ. $. 10.
s. 75,
Bei den durch aber, alkein, bad, jedoch, dennach,
gleichwol, indeffen verbundenen Sägen wird oft der Gegenſas
zugleich durch die in dem Konceſſivſatze fiehenden Korjunktionen
zwar, freilich, wos bezeichnet. — Zwar (ab, ri wäre, ai wäre,
mbb. zewäre, zwär) eigentlih zum Wahren, in Wahrheit;
dann verfichernde, bekraͤftigende Partikel; fpäter wie eine Gewißheit
der Finräymung ausdruͤckende Partikel. — Freilich (mhd. vrfliche,
pom ahd. Adjektis Srilih, dies von frei, goth, frei, .abk. alas. frt,
mb. vri, agf. frio,. freo, frig, freah, freoh) bedeutet eigentlich Frei;
dann foviel als ohne Beſchraͤnkung, ohne Bedenken, frei heraus; be-
fagt bier die Freiheit und Unbedenklichkeit, das Offenbarfein, welche
is der Einraͤumung liegen. — Wol (abi. mhh. wol, geth. vaila,
altf. wel, agf. w&ola, altn. ve, engl. wel) bedeutet sigentlih ohne
Zweifel, gewiß; dann leichtlichz deutet bien mehr aber weni-
ger auf eine bloße Möglichkeit des Eingeräumten, den Vorbehalt
eines Zweifels bei fi zulaffend.
fr habet zwar baß 9— alles gethan, doch weichet nicht hinder dem Herrn
L. 4. Kbn. (Sam.) 12,20, er ſcheint zwar ſchlecht, ie dennoch
if er Iren hg. A, 117. effen fol man zwar, gber J Wereffen iſt un⸗
geſund. Sp. ‚A. — 3 war fchmeigt * auch von dir; doch haben hin⸗
geworfne Motte min elehrt, daß feine Seele feft den Wunſch ergriffen
bat dich zu befigen. ©. 3.1, 'e. Sie fand zwar bei diefer Unterfurhung
nichts Heuss, aber manches Bekannte warb ihr bedeutender und auffal=
Iender. &. Wv. 1,6. Gang konnte ich zwar das Gebicht nicht leſen;
ed waren aber Stellen, die ic) auswendig wußte. G. &j.1,7. Es hatten
— 89 —
ſich zwar ſeit ber Zeit die Umſtuͤnde ſo verändert, es war Tb mancherlei
vorgefallen, daß jenes dom Augenblick ihm abgedrungene Wort gegen bie
folgenden Eveigniſſe für aufgehoben gu achten wars dennoch weite ſie⸗
auch im entfernteſten Sinne weder etwas wagen, noch etwas vornehmen,
das ihn verlegen Einnte. Daf. 2, 15. Da es aber freilich nicht immer
ſchicklich fein mag, und ich nicht jebergeit meine Geſchichte ergähten kann ;
fo will ich mich künftig mehr gurückhalten. Daf. 1, 6. Docieren Tannfl
Du Züchtiger freilich nicht, Tehren aber kannſt Du und wirft Du. ©.
Kom Kaifer freilich hab’ ich diefen Stab; doch führ ich jegt ihn als
bes Meiches Feldherr. S. P.2,7. Es kann wohl fei, daß der Menſch
durch Öffentliches und haͤusliches Geſchick gebrofhen wird, allein das
rüdfihtslofe Schickſal, wenn es die veihen Garben teifft, zerknittert nur
das Stroh, die Körner aber ſpuͤren nichts davon. G. Wohl ſteht das
Haus gegimmert und gefügt, doch ach, es wankt der Srund, auf ben wir
bauten, © 814,2. Es gibt wohl zu diefem ober jenem Geſchaͤft von
Ratur umnzulängliche Menſchen; Uebereilung und Duͤnkel jedoch find
gefährliche Dämonen, bie den Faͤhigſten unzulänglich machen. G. .
Anm. „Endlich gibt es eine Reihe enclitifcher Partikeln, urfprünglicher
Abverbien, die zugleich Konjunktionen werden, leife, oft kaum überſetz⸗
bare, Verbindungen ausbrüdend. Dahin rechne ich das nhb. wohl,
eben, gerade, nun, freilidh, einmal,” Grimm IIl, 286,
Drittes Rapitel.
3, Begründete Säge.
$. 76,
Die beigeordneten Säge begründen einander (fliehen in kau⸗
falem Verhaͤltniß), wenn der Inhalt des einen als die Urfache für
den Inhalt des andern zu betrachten if. Der eine Sag enthält den
Grund, der andere die Folge; daher heißen diefe Saͤtze auch Kaufal:
und Konſekutivſaͤtze (Urfach: und Folgefäge) Der
Grund (die Urfache) kann ein realer (ſinnlich anfchaulicher, finnlich
wahrnehmbarer), ein moralifther (auf Begehren oder Berabfcheuen
ruhen) ein logiſcher (auf. Erkennen und Urtheilen beruhender)
fein. In Bezug auf die Stellung ift zu bemerken, daß der den Grund
“ wie der die Folge enthaltende Sag voran oder nachftehen kann. Die
bier zu erwähnenden Konjunktionen find: daher, deshalb, des⸗
wegen, darum, um bes willen, demnad, fonad, Io:
mit, mithin, fo, alfo, folglidh, denn.
8. 77,
Dahher bedeutet eigentlich von biefem, d. 5. einem beflimmten
Orte ber, und dient als Konjunktion vorzüglich zue Bezeichnung einer
natürlichen Wirkung, die aus dem im unmittelbar vorhergehenden
Gage Ausgedruͤckten hervorgeht, d. h. zur Bezeichnung ber Folge aus
bem fogenannten realen ober als real gedachten Grunde.
— 40 —
Sie wußte recht gut, daß nichts gefährlicher ſei, als ein allzu freies Se⸗
ſpraͤch, das einen ftrafbaren oder halbſtrafbaren Zuftand als einen ges
wöhnlichen, gemeinen, ja löblihen behandelt. Sie fuchte daher nad”
ihrer gewandten Weile das Geſpraͤch abzulenken. &. Wp. 1,10. Bie
wollte keinen feierlichen förmlichen Zug, und man fand fih daher in eins
zelnen PYartieen, ohne Rang und Orbnung, auf dem Play gemächlich ein.
Daf. 1, 15. Es (das Theater) ift von einem roͤthlichen Marmor gebaut,
‚ven die Witterung angreift; daher flellt man der Reihe nach die ausges .
freffenen Stufen immer wieber ber. G. ital. Reife Berona 16. Sept. Ein
bunfles Gerücht davon hatte fih auch ſchon in dem fpanifchen Lager ver-
breitet, man war baher auf einen ernftlichen Angriff gefaßt. &. Bel. v.
Antw, Die böhmifchen Wrüder unterfchieden fi in Nichte von den übri-
gen Utraquiften; das Urtheil ihrer Verdammung mußte baher alle böh-
mifhen Konfeffionsverwandten auf gleiche Art treffen. S. 30j. Kr. Liebe
ift ein Herabfteigen, da die Achtung ein Hinaufllimmen if. Daher
kann ber Schlimme nichts lieben, ob er gleich Vieles achten muß; daher
kann ber Gute wenig achten, was er nicht zugleich mit Liebe umfinge. ©.
über Anmuth und Würde.
$. 78.
Deshalb (im 16. Jahrh. derhalb, derhalben, ahd. des
halp — von deffen Seite, vom ahd. halpa, halba, mhd. halbe, mnd.
halve, agf. half, healf —= Seite, Richtung) bedeutet von Seiten bes
im VBorhergehenden Ausgebrüdten, von Seiten oder in Rüdficht der
im VBorhergehenden ausgedrüdten bewegenden Urfache, weiſt alfo auf
einen moralifhen Grund.
Beſonders war fie forafältig, alle Zugluft abzuwehren, gegen bie er eine
übertriebene Empfindlichkeit zeigte, und des halb mit feiner Krau, ber es
nicht luftig genug fein Eonnte, manchmal in Widerfpruch gerieth. G. Wo.
4,7. Diefe wußte zwar um bie Ankunft Zucianens ; im Haufe hatte fie
deshalb die nöthigften Vorkehrungen: getroffen. Daf. 2, A. Eben fo
werden bie Steuern fort erhoben, die ber Krieg nöthig machte. Dess
halb fegte denn auch Darius Codomannus, vorfidhtig, regelmäßige Ab⸗
gaben feft, ftatt freiwilliger Geſchenke. ©. Noten z. weftöftl. Divan.
$. 79.
Deswegen (wegen fcheint Pluralgenitiv, mhd. wäögene,
altn. vegna; das nhd. könnte auch Pluraldativ fein von Weg) zeigt
überhaupt an, daß der vorhergehende Sag den Beweggrund,
d. h. den moralifchen Grund der That enthalte.
Du denkſt nur anders, und Du glaubft deswegen ſchon recht zu denken.
G. J. 4, 4. Jedes Übel foll an der Stelle geheilt werben, wo es zum
Vorſchein kommt, und man befümmert ſich nicht um jenen Punkt, wo es
eigentlich feinen Urfprung nimmt, woher es wirt. Deswegen ift es
fo [hwer Rath zu pflegen, befonders mit ber Menge, die im Täglichen
ganz verftänbig ift, aber felten weiter fieht als auf Morgen. G. Wo. 1,6.
Der gewandte Mann, dem es freilich nur darum zu thun war, Ottilien
zu fprechen, und fie deswegen unter irgend einem Vorwande aus dem
Zimmer zu loden, wußte fich zu entfchuldigen. Daf. 1,17. Man ift nie
mals mit einem Porträt zufrieden von Perfonen, die man Eennt. Des:
wegen habe ich die Porträtmaler immer bedauert. Daf. 3,2. Das
_.. 4 —
Wahre ift eine Fackel, aber eine ungeheure, deswegen ſuchen wir alle
nur blingend fo baran vorbei zu kommen, in Furcht ſogar uns zu ver
brennen. G. Mar. u. Refler. 2.
$. 80.
Darum (ahb. umpi, umbi, mhd. umbe, äfternhd. umb, agf.
ymbe, ymb, altn, um) bat zunaͤchſt räumliche Bedeutung „um das“,
dann eine Beziehung auf das im vorhergehenden Sag Ausgebrüdte,
und wird vorzüglich gebraucht, um einen Beweggrund, d. h. mo:
ralifhen Grund auszudrüden, zumellen aud), um einen realen
und logiſchen Grund auszudrüden.
er zandt vnd hadert, Darum b nennen fie jhn den Greiner. A. 1096. Wie
er finnt, befüccht’ ich andern harten Schluß von ihm, den unaufhaltbar
er vollenden wird: denn feine Seel’ ift feft und unbeweglih. Drum
bitt’ ich dich, vertrau ihm, fei ihm dankbar. G. 3.1, 2. Du machſt bir
Müh’ und mir erregft du Schmerzen; vergebens Beides: barum laß
mid nun. Daf. A, 2. Freigebig bieteft du mir fchöne Gaben, und ihren
Werth erkenn' ich wie ih fol. Drum laß mich zögern eh’ ich fie ergreift.
G. J. 2, 3. Ihn mußt! ich ehren, barum liebt’ ich ihn. Daf. 3, 2. Ich
zweifle nicht am Abel der Geburt, nicht am Vermögen, biefes Haufes
Rechte, die groß und wichtig find, dir zu gewinnen. Drum laßt mid
bald vernehmen, was ihr denkt. G. Nt. 5,4. DerHohen Demuth leuch⸗
tet hell dort oben; bu beugteft bi, drum bat er dich erhoben. &. Ivo.
1, 10. Aber auch aus entwölkter Höhe kann ber zündende Donner fchla=
gen. Darum in beinen fröhlichen Zagen fürchte des Unglücks tückiſche
Nähe! S. Bom. Was er auch bringen mag, er darf den Meutern nicht
in die Hände fallen. Drum gefhwind, ſchickt einen fihern Boten ihm
entgegen. S. T. 3, 10. Nichts nennt er fein, als feinen Ritterman-
tel, drum fieht er jedes Biedermannes Gluͤck mit fcheelen Augen gift’ger
Mißgunſt an, S. 31. 1,2. Genommen ift bie reiheit, nicht gegeben;
drum thut ed Noth, ben Baum ihr anzulegen. Daſ. Nirgends durch⸗
drang mich dieſe Wahrheit fo lebhaft, ala bei der Gefchichte jenes denk⸗
würbigen Aufruhrs, der die vereinigten Niederlande auf immer von ber
fpanifhen Krone trennte; und Darum achtete ich es bes Verſuches nicht
unwerth, diefes Tchöne Denkmal bürger!iher Stärke vor der Welt aufzu⸗
ſtellen. &. Abf. d. N. Einleitung.
8. 81.
Umdeswillen bezeichnet ten im Vorhergehenden ausgedruͤck⸗
ten Gegenſtand als etwas Perſoͤnliches, das durch ſeinen Willen
uns beſtimmt. Dieſe Kauſalkonjunktion kommt ſelten vor.
Großmaͤchtigſter König und Herr Herr! es entfalle keinem ber Muth um
deswellen;, wenn Ihro Majeftät mir erlauben wollen, fo will ich bins
geben und mit dem gewaltigen Riefen in den Streit treten (fagt Davi
zu Saul in Bezug auf Goliath). ©. Li. 1, 2.
$. 82.
Demnach und fonach, eigentlich dem Vorhergehenden nad):
folgend, find bier ſowol in die Bezeichnung einer auf die im vorher-
gehenden Sage ausgedruͤckte Thatfache fi ſtuͤtzenden Erkenntniß,
—ı1 —
nis auch im die der Angenseftenheit des Einen zu dem Andern uͤber⸗
. gegangen. In dern legten Fall leiten beide Wörter den Satz als
irgend dem Inhalt des vorhergehenden angemeffen ein, deuten
alfo hiermit das Verhältniß ber Folgerung weniger beſtimmt an, als
olfo und folglich. Sonach hebt (wegen bes hindeutenden fo)
den Begriff der Angemeſſenheit fehärfer hervor und bezeidhnet vors
zugsweife die Größe und Beſchaffenheit des Grundes.
Etwas mußte nothwendig gefchehen, che der König die Unruhen durch feine
perfönlihe Gegenwart beizulegen unternahm; es wurden dem nach zwei
nerfchiedene Schreiben an die Herzogin erlaffen. ©. Abf. d. N. Zwölf
Regimenter gilt es, ſchwediſch Volk, Mein Kopf mug dafür haften. Alles
tönnte zulegt nur falfhes Spiel — Muß demnac, darauf beftehn, daß
Herzog Friedland förmlich, unwiderruflich mit dem Kaifer breche. ©. 2.
1,8. — Und ſonach meine ritterliche Abſage nur Burg. Leffing.
6, 83, . J
Somit und mithin bezeichnen, ohne den Begriff der Ange⸗
meſſenheit in fih zu enthalten, das Verhaͤltniß ber Folgerung be:
flimmter, al8 demnach und ſonach, indem fie die Kolgerung ale
etwas mit dem Grund Gegebenes darftellen, alfo, daß zugleih mit
dem einen Sag auch der andere gegeben fi. Somit hebt (wegen
des hindeutenden fo) fohärfer hervor, und beutet vorgugsweife die
Stärke und Befchaffenheit des Grundes an. Da aber im Sage be:
fonders das Prädikat zur Bezeichnung der Beichaffenheit dient, fo
gehen ſonach und ſomit mehr auf das Prädikat, bemnacdı und
mithin mehr auf das Banze des vorhergehenden Satzes.
Der Menfch ift zur zarteften Gefunbheit, zugleich aber zur ftärkften Dauer,
mithin zur Ausbreitung über die Erbe organifirt. Herder, Ideen.
§. 84.
Alſo (ahd. mhd. alsd, f. $. 35) war früher bloß ein Adver⸗
bium der Weife all fo, ganz fo, und tft erft im 16. Jahrh. in der
Bedeutung einer Faufalen Konjunktion in Gebrauch gefommen. Alſo
hebt zwar die Kolgerung aus dem Vorhergehenden hervor, bezieht diefe
aber nicht immer auf einen unmittelbar vorangehenden Sag, ſondern
wird auch da gefest, wo das Worangehende, e8 mag dies nun eine
Rede fein oder nicht, nicht ſelbſt Grund iſt, fondern nur diefen enchätt
oder vorausfegt. Alſo wird gern gebraucht, wenn eine Folgerung
nur in Frage geftellt wird. Alſo folgert auch oft aus den Ausge⸗
Lafjenen, oder fehreitet von demfelben fort, fteht darum im Anfang
eines Ganzen (wie und $. 16, aber $. 58).
Der Graf wird nicht ausbleiben, er Eommt morgen. Da ift alfo auch bie
Baroneffe nicht weit. G. Wo. 1,9. (Berzogin:) Er hatte feine Zunge
mehr für Sie. (Wallenftein:) Die Sonnen alfo feheinen uns nit
mehr. ©. 9.2, 2. Lieferten fle fich ihrem aufgebrachten Herrn wehrlos
in die Hände, fo war ihr Untergang gewiß; aber ber Weg ber Waffen
tonnte ihn menigflens noch zweifelgaft machen; alfo wählten fie das
Letzte. S. Abf. d. N. 4. B. Eipen ſolchen Vorrath aufzuſchuͤtten fehlte
es beim Anfang der Belagerung keineswegs weder an Lieferungen noch
an Geld. Es kam alſo bloß darauf an, zu verhindern, daß nicht einzelne
von den vehhern Blirgern die Borräthe auflauftn. S. Bel. v. Antw.
—* außerdem, daß kunt Mangel baran (cm Fahrzengen) war, fo hielt es
Me ah Fan 7 Verlaſt am Antwerpen norbeigubringen, Gr
mußte ch alfo einftweilen bamit begnügen, ben Fluß um bie Hälfte ver:
engt | und den n Durdäugt der z Teinblien Schiffe um fo viel Tchwieriger ge:
t zu Das alfo Find die Neigungen Lord Peter, die
ungeftraft Icn mn echlict, daneben Tan anderes Weib ſich magen darf
gain! ©. dr 4, Alſo das wäre Verbrechen, daß «inf Yropeus
- ai begeiftert, 2 Martial fh zu mir auch, der verwegne gefellt ?
Herm. u. Dor. Diefe Tage fcheinen alfo uns beiden nicht die günftig-
ften gewefen gu fein. G. Briefw. m. Si. A, 234.
Anm. Am vertraulichen Brief gebrauht Goethe biefes alſo oft im An:
fang, namentlich in den Briefen an Belter, 5 B. B, ME: Hier kommen
alfo die Wanderjahre. 3, 229: Alſo guvörberft Süd, 8, 108: Alfo
will ich nor: allen Dingen melden. &, 150: Zuvorderſt alfo ſchoͤnſten
Denk, 4,189; Glück alfo und gutes Behegen.:
8. 86.
Sp ($. 35) iſt urfprünglich ein Adverbium des Maßes, ber
Art und Weile, und ſteht neuhochdeutſch, jedoch nicht fehr häufig, als
Enufale Konjunktion, meiftens in Verbindung mit denn und zwar,
wie Denn, an der Spige des Satzes, welcher, der Kolgerung nach⸗
folgend, den Grund enthält und dieſen Grund befonderd herpochebt.
Se wird, wie alfo, gem gebucht, wenn eine Folgerung nür in
Feage geftedt wird. — Wie al ſo ($. 84) ſteht auch fo zumeilen am
Anfang eines Ganzen, gern in Verbindung mit denn.
Er Bonn mir nicht mehr trauen; To kann ic) auch mit mehr zuräd. ©.
{BöR:) Meine Rechte, obgleich ime Kriege wicht unbrauchbar, ift gegen
den Drad der Liebe unempfindlich: fie iſt eins wit ihrem Handſchuh; ihr
ſeht, sw it Ciſen. (Martins) &o feib ihr Götz von Berlichingen! ©. ©.
I. — Sp treibſt dus mit den Schweden nur gum Schein? ©. 2. 3, 15.
So wißt ihr's nicht, wie dieſer Laͤrmen ind Lager am? Daf.3,10.— So
haͤtte ich mich benn wieber angezogen. &., Brei. zu Jfflands a. u. m. Zeit.
So will ih benn auch vermeiden, G. au Zelter 4, 440. So waren wir
denn an ber Gränze von Frankreich alles franzoͤſiſchen Weſens auf eins
mal bar umd ledig. G. Echen 14.8.
8. 86.
Folglich (ahd. folgitho), friiher ein Adjektiv und Adverdium
nachfolgend, [päter, bezeichnet als Konjunktion beſtimmt Die
Solgerung, und verbindet diefe immer unmittelbar mit dem vor:
angehenden den Grund ausdrüdenden Sage.
Die Grafichaft Fam an bie Grafen von Habsburg und folglich (darauf)
an das Hand Defterreich. Bluntfchli, — Da macht ihr einen Streich, zu
bem man, wenn man ihn als ein Subftantivum betrachtet, verfchiebene
Abiekting, FACH olglich, wenu man I ale ensund betrachtet, verſchie⸗
bene — itate hben Könnte, 8. 8j.8, 7.
hi
g. 87.
Denn ($. 52) gibt als Kaufallonjunktion den Erkenntnig-
grund an, ift alfo erläuternd, und wich befonderd gefegt, wenn das
kauſale Urtheil (befonders ein Logifcher, aber auch ein realer und mo⸗
ralifcher Grund) im Verhältnig zu dem vorausgehenden Urtheil her⸗
vorgehoben wird, verbindet alfo den Sag des Grundes als einen
Hauptfag. Früher fland denn aud als Eaufales Relativ in un=
tergeordneten Sägen (da, weil). — Als konjunktionelles Adverbium
bezeichnet Denn eine Kolgerung aus einem in der vorangehenden
Rede ausgedrüdten oder auch nur hinzugedacdhten Grunde, und hebt
das logiſche Verhältniß hervor. |
. Mihhil götlich ist da3 der man den almahtigun truhtin sinan fater uuesan quidit.
:karisit denne daz3 allerö mannd uuelih sih selpan des uuirdican gatuoe,
cotes sun ze uuesan (fehr herrlich ifl, daß der Mann [Menſch] den all-
mächtigen Herren feinen Vater fein faget. Es geziemt benn [baber, alfo],
daß aller Männer [Menfchen] jeglicher fich felben würdigen [würdig] thue
[made] Gottes Sohn zu fein). Pater noster bei W. 83, 14. Ibu sie ant-
uurdant endi quhedant. in angilo.. Inu ni angil nist anaebanchiliih gote.
Dhanne so dhrato mihhil undarscheit ist. undar dhera chiscafti chiliih-
nissu. endi dhes izs al chiscuof (wenn fie antworten und fagen: nach [bem
Bilb der) Engel; ift nicht [ber] Engel an eben [gang] gleich Gotte, da fo
fehr großer Unterfchied iſt zwiſchen des Gefchöpfes Gleichniß und bes
[deffen, der] es all ſchuf?). 1. 3. bei W. 34, 33. Do mit würt ab gon
bald die ler, dann kunst gespyset würt darch ere. Brant, Narrensch. bei
W. 1070, 30. — Stand, Ehrifte, für, dann du in (ihn, ben Tod) über:
wunben haft. Zwingli. benn meldhes tages bu da von ifleft, wirftu ‚bes
Zobes fterben. L. 1. Mof. 2, 17. Selig find, die da geiftlih Arm find,
benn das Himelreich ift jr. L. Matth. 5, 3. — Ein einz'ger Reitknecht
nur war im Geheimniß, wie wir vermuthen; denn auch er ift fort. ©.
Rt. 3,2. Das Schloß haben bie Alten mit Vernunft bieher gebaut:
denn es liegt gefhüst vor den Winden und nah an allen täglichen Bes
dürfniffen. G. Wp. 1,7. Nach und nad) ftellten viele Gäfte fi ein:
denn man hatte die Einladungen weit umber gefchidt. Daf. 1, 18.
Laflen Sie ſich's nicht gereuen: denn es haben uns biefe Scherze manche
vergnügte Stunde gemacht. ©. 8. 1,2. Selbſt ein Unfall, wenn er ihn
verbrießlich überrafcht, erichrect ihn nicht, benn er weiß ſogleich, was
für erworbene Vortheile er auf bie andere Wagfchale zu legen hat. Daf.
1,10. Zum Schein iſt er (der Schaufpieler) berufen, er muß den augen:
blicklichen Beifall Hoch ſchaͤtzen, denn er erhält Keinen andern Lohn; er
muß zu glänzen fuchen, denn beswegen fteht er da. Daf. 7,3. Des
echten Künftlers Lehre fchliegt den Sinn auf; denn wo bie Worte feh⸗
Yen, fpricht die That. Daf. 7, 9. Jede Provinz liebt ihren Dialekt:
denn er ift doch eigentlich dad Element, in welchem bie Seele ihren Athem
fchöpft.. ©. Leben 6. B. Vieles wünfcht ſich der Menfch, und doch bedarf
er nur wenig; denn bie Zage find kurz, und befchräntt. der Sterblichen
Schickſal. G. Hd. 5, 13. Der Augenblid nur entfcheidet über das Leben
des Menfchen und über fein ganzes Gefhide; Denn nad) langer Bera⸗
thung ift doch ein jeder Entfchluß nur Werk des Momente. Daf. 5, 58.
Furcht fol das Haupt des Glücklichen umfchweben: denn ewig wanket
bes Sefchides Wage. S. T. 8, 4. Gr hat das Glück von Tauſenden ge⸗
gründet, denn koͤniglich war fein Gemüth. Daf. 4, 2. Du felber folft
6
‘
uns fagen, was du vorhaft, venn bu bil immer wahr mit uns gewefen.
Daf. 3, 15. Borwärts mußt bu, denn rüdwärts kannſt du nun nicht
mehr. ©. 9.1, 3. Fremdlinge ftehn fie da auf diefem Boden; der Dienft
allein ift ihnen Haus und Heimat. Gie treibt der Eifer nicht für's Va⸗
terland: denn Zaufende, wie mich, gebar die Fremde. Daf.1,2. Und in
ber Eiche Schatten faß ich gern, die Herbe weidend; denn mich zog das
Herz. S. Ivo. 1, 10. Durchziehe London, wenn bie blut'ge That ges
fhehen, zeige dich dem Volk, das fonft ſich jubelnb um dich her ergoß, du
wirft ein andres England fehn, ein andres Volk; denn dic umgibt
nicht mehr die herrliche Gerechtigkeit, die alle Herzen dir befiegte! S. St.
4,9. Wir haben uns in bes Kampfes Wuth nicht befonnen und nicht
- berathen; denn 'uns bethörte das braufende Blut. S. Bom. Zürnend
ergrimmet mir das Herz im Bufen; zu dem Kampf ift die Kauft geballt.
Denn ich fehe das Haupt ber Mebufen, meines Feindes verhaßte Geftalt.
Daſ. Du darfft es (dein Haus):zeigen, fo gut bet Reichsfuͤrſt feine Laͤn⸗
der zeiget: denn über bir erfennft du keinen Herrn, als nur den Hoͤchſten
in ber Chriftenheit. ©. 21. 1,2. est iſt uns Muth und fefte Eintradht
noth; benn feid gewiß, nicht fäumen wird der König, den Tod zu rächen
Teines Vogts. Daf. 8, 1. — Dies tft der Tag, der mir die Kunde bringt
von ihrem Anzug; feib denn bereit, die Herrſcher & empfangen. S.
Bom. Wollen wir einander denn ewig befehden? Daf. Doch, es ge:
bührt fich, daß die Kommandeurs aus Ihrem Wund des Kaifers Willen
hören. Gefall’ ed Ihnen denn, ſich Ihres Auftrags vor biefen edlen
Häuptern zu entledigen. S. 9. 2,7. So wifledenn! Man hintergeht
Did. Daf. $, 1. Die heil’ge Meſſe Hört’ ich gern, doc) liegt mir krank
ber Sohn; fo gehe denn, mein Kind, und fprich in Andacht ein Gebet
für mid. S. Gang n.d. E. Das Verjchweigen wird nichts helfen, fuhr
er fort: denn es ift alles Thon genugfam bekannt. Was ift denn be:
kannt? fagte ich. &. Leben 5.8. So flrömt ihr Klagen denn! G. Rt.
.3,2. So iſt's denn wahr, was, in ber Kindheit ſchon, mir um das
Ohr geflungen! Daf. 5, 8.
Anm. Goethe gebraudt gern diefes eingefchobene benn, felbft im An⸗
fang eined Ganzen, meift in erbindung mit fo ($. 85) und und
fo ($. 18).
8.88.
Der logifche Werth eines Grundes wird insbefondere oft durch
die Auslaffung der Konjunftion hervargehoben.
Und diefe Pflicht (Gehorfam), mein Sohn, verfegt der Meifter, haft Du frech
verlegt. Den Kampf, ben das Gefeg verfaget, haft Du mit frevlem Muth
gewaget! S. Kampf m. d. Dr. Sch muß ihn feiner Unſchuld anver:
trauen. Xerftellung ift der offnen Seele fremd. &; 9.1,3. Di nicht
hafſ' ich, nicht Du bift mein Feind; Cine Stabt ja hat uns geboren. ©.
Bum. Der graue Thalvogt kommt; bumpf brüllt der Kirn; der My:
thenftein zieht feine Haube an, und kalt hei bIäft es aus dem Wetterlodh:
der Sturm, ich mein’, wirb da fein, eh’ wir’s denken. & 1. 1,1. Die
Unfchuld bat im Himmel einen Freund: fieh vorwärts, Werner, und nicht
hinter Dih! Daf. 1,2, Das Was des Kunſtwerks intereffirt die Mens
fhen mehr, als das Wie: jenes Eönnen fie einzeln ergreifen, diefes im
Ganzen nicht faſſen. &. Unter allem Diebögefinder find die Narren bie
fhlimmften;, fie rauben Euch beides, Zeit und Stimmung. G. Betracht.
im S. d. W. Shakeſpeare ift für aufkeimende Zalente gefährlich zu les
fen; er nöthigt fie, ihn zu reproduciren, und fie bilden ſich ein, fich felbft
zu produciren. G. Dar. u. Refler. 1.
Anm Ahb. für de das Mnufale Benm hwanta, hama, wanta, mhd.
waude, wan, älternhd. wann, älternennieberd. werte, "welche Formen
fich fange erhalten haben, 5. B. in ben Bibelüberjegungen Watth. 8,3f.)
bis ins 16. Jahrh.
Zweiter Abfchnitt.
Satzgefüͤge.
9. 80.
Das Satz gefüge beſteht nothwendig aus einem Haupt⸗
und einem Nebenfag (H. 6). Ieder Nebenfatz, welcher alt un⸗
tergeorbnetes GSlied eines Hauptfatzes erſcheint, iſt als eine weitere
Ausfuͤhrung einer Nebenbeſtimmung eines Gliedes des Hauntſabes
zu betrachten
$. 90.
Diefe Erweiterung eines ober mehrerer —ã bei Daupslages
iſt verſchieden, und war im Algemeinen dreißacher A
1) Das Subjekt oder Objekt des —— ober auch
der ganze Hauptſatz wird durch einen mit dem Relatiupronomen
(ober einer Velativkonzumnktion) eimgeleiteten Satz emmeitert.
— Desicht ſich das Metativ auf ein Subſtantiv, ‚fo daß der Nebenſatz
gleihfam die Stele eines Adjektivs vertritt, fo heiße er auch Ad⸗
jeftios oder Attributinfag; bezieht es fich auf ein (meiſt be:
monftratives) Pronomen, fo heißt ee Subftantivfag
2) Der Nebenfag enthält ein ergänzendes (näheres oder entfern-
teres) Objekt, und ift eingeleitet durch die Konjunktion (den Satz⸗
artikel) daß, oder ein Fragewort, befonders ob. Diefer Sag heißt
fubftantivifher Kafusſatz, auch Dbjektafas.
HD Das Prädikat des Hauptjages wird durch einen mit einer
Konjunktion eingeleiteten Neobenfag näher beſtimmt. Disfer Sag
beißt Kdverbialfes.
$. 91.
Die VBerhältniffe des Momans in den einzelnen Sägen: des
Satzgefuͤges find wis im einfachen Sage Dasſelbe iſt der Kal bei
Genus, Numerus und Perfon bes Verbums Diefe Ver:
haͤltniſſe bedücfen darum hier keiner weiten‘ Beözterung, wol aber die
Modus: und. Zaitverh altniſſe
Erſtes Kapitel.
Modus und Zeitverhältniffe im Sapgefüge.
1. Modusperhältniffe.
$. 92.
Altes, was geradesu, ohne Zweifel und: Unficheoheit gemeldet und
als ein Warkliches bezoichnet werden fol, fällt dem Indika tiv am
beim, namentlich auch der Ausruf und die direkte Frage.
Nach von Intetjektlonen des Ausrufs pflegt auch die Konjunktion
daß sen Jndilatis na ſich zu haben, wobet der mehrfache Satz nur
als Erweiterung aus dem einfachen hervorgeht.
8. 93.
Wie der Indikativ auf das MWirklihe, Sichere, fo geht der
Konjunktiv auf das Wögliche, Unſichere. Zwiſchen Optasin
und Konjumftiv liegt der Unterfchied, daß jener [ubjeftine,
diefer objektive Möglichkeit in fi ſchließt. Beide, das Homeriſche
BarosoHto und AdincFa verdeutſchen mir mit wurfefl du, doch er:
ſteres bedeutet: ih wollte, du würfefl; legteres: sefhäbe,
daß du wärfeft! Weil aber das Subjektivmoͤgliche oft wuͤn⸗
ſchend ausgedruͤckt wird, führt der ganze Modus auch den Namen
O 2 tativ.
8. 94.
Indikativ und Optativ erfcheinen im einfachen wie im mehrfachen
Sage; ber Imperativ verträgt nur den unabhängigen, der Zonjumbtiv
nur. den abhängigen Sag, meniaftens in der deutſchen Sprache.
Sprachen, die Optativ und Konjunktiv zufammenmerfen, müffen
dann freilich den Konjunktiv auch für einfache, unabhängige Säge
zulaffen, d. h. einen folchen, der dem Begriff des Optativs entſpricht;
namentlich ift der den Smperativ vertretende Konjunktiv nothwendig
ein optutivifcher.
$. 95.
Das Präteritum (Imperfelt) des Konjunktivs führt in
den romaniſchen Grammatiken den Namm Kondttionalis, der
von da auch fn die deutfche Grammatik übergegangen ift. Der Kon-
distonalis fleht in naher Analogie mit dem Futurum. Zuerſt wurde
ex, win das Futurum, mit ſollen gebildet, und fo gefchieht es noch
- heute in jenen Dialekten, die ſollon fuͤr das Futurum verwenden.
Das franzöfifche jaimerais (ich würde lieben) wird neuniederländifch
gegeben ik zoude beminnen, engliſch i should love, ſchwediſch jag
— #3 —
skulle alske, daͤniſch jeg skulde elske; nicht anders mittelhoch⸗
deutſch ien solde minnen. Daneben heißt es mhd. aber auch ich
wolde minnen; ein mhd. ich würde minnen iſt bei den Dichtern
des 13. Jahrh. ebenfo unerhört, als dag Präfens ich wirde zur Um:
fchreibung des Futurums. Am 14—15. Jahrh. begegnen einzelne
Beifpiele: würdent [hägen (aestimarent) Ls. 1,15., im 16. Jahrh.
ſteht würde fagen in der Sprache faft wie werde fagen. Die bei
dem mangelnden Umlaut an follte und wollte weniger deutliche
Eonjunftive Form iſt an würde unverkennbar; der Konditionalis
muß darum als eine konjunktive Zeit, niche als eine indikative betrach⸗
tet werben. — Zu dem erflen Konbitionalis (Imperfekt) kam ſpaͤter
ein zweiter (Plusquamperfekt): ih würde ſprechen, ich wärbe
gefprochen haben.
8. 96.
Der Bedeutung nad) trifft der Konditionalis, zumal in der frü-
beten Zeit, noch ganz mit dem einfachen Präteritum (Imperfekt) des
Konjunktivs zufammen. Das ahd. sö ne stunche iz Not. ps. 5, 11.,
das mhd. disiu zuht gienge billicher über mich Iw. 1678; vor im
genzse niemen Ben, 380 entfpriht einem nhd. würde es nicht
flinten; dieſe Zucht würde billiger über mid gehen; vor ihm
wärde niemand genefen, obgleih wir auch noch heute das eins
fache Präteritum des Konjunktive (ftänte, gienge, gendfe) brauchen
dürften, wie ſchon mhd. hätte gefagt werden können solde gän. Beide
Zempora konkurrieren den Umfländen nah fo, wie im Indikativ
gieng und ifl gegangen. Nur hat das ältere gienge weitere
Ausdehnung, und !dßt ſich in vielen Kalten gar nicht durch das jüns
gere würde gehn vertreten, während für legteres auch meiftentheils
jenes ftehen kann. Namentlich gebührt dem konditionalen würde
gehn, würde Lieben niemals optativder Sinn, und dadurch
unterfcheidet es fi von der Paffivumfchreibung des Präteritums Kon:
junktivi, die durchaus nicht mit ihm auf gleiche Linie zu flellen und
viel früher in der Sprache gangbar gewefen if. würdeüfgetän
(aperiretur) Iw. 1264 u. dgl. findet fich allenthalben im 13. Jahrh.
und früher, niemal® würde üftuon (aperiret).
Anm. Beider Umfchreibungen Urfprung ift ein anderer. Würde aufs
.. gethan erfüllt ganz die Rolle des Präteritums Konjunktivi, und gilt
auch optativiſch; ein paffiver Konbitionalis verlangt weitere Umſchrei⸗
bung buch würbe aufgethan werben, und erſt diefes ſteht dem
aktiven würde aufthun parallel. Hieraus ergibt ſich zugleich, daß
würde aufthun ein bloßes in ben Konjunktiv gefegtes warb auf:
thun fein Tann, wie fich denn diefe einft gebräuchliche indikative Umſchrei⸗
bung in ber Sprache nicht behauptet hat.
— 4909 —
a) Indikativ.
$. 97.
Der Indikativ ſteht im Nebenſatz, wenn der Sprechende das
Praͤdikat desſelben als etwas wirklich Erkanntes, nach ſeinem Urtheil
Wirklich Stattfindendes ($. 91) hinſtellen will: Ich weiß, daß er
kommt, gekommen ift, kommen wird.
8. 98.
Im Beſondern erfordern den Indikativ:
1) Die Nebenſaͤtze des wirklichen Grundes, da der wirk⸗
liche Grund von dem Sprechenden auch als ein uctheil gedacht wird.
2) Die Nebenſaͤtze des moͤglichen Grundes (konditionale
Nebenſaͤtze). — Hier iſt das im Hauptſatz ausgedruͤckte Urtheil ein
wirkliches Urtheil des Sprechenden, aber es iſt bedingt durch einen
Grund, der in dem Nebenſatze nicht, wie.in den Nebenſaͤtzen bes
Grundes, als ein voirklicher, fonbern nur als ein möglicher darge:
ftelte wird. Im Lateinifchen und Althochdeutfchen wird hier neben dem
Indikativ auch der Konjunktiv gebraucht, und durch den Modus ein
Unterfchied der Bedeutung bezeichnet. Neuhochdeutſch wird der mög:
liche Grund wie der wirk liche (weil) durd den Indikativ ausge:
dbrüdt, indem das Verhaͤltniß der Möglichkeit nur durch die Konjunk⸗
tion (wenn) bezeichnet wird. (Vgl. weiter $. 182. 232.)
3) Die Nebenfäge des abverfativen Grundes (Fonceffive
Mebenfäge). — Die ahd. Sprache gebraucht hier den Konjunktiv, bie
latein. meiftens auch, die mhd. ſchwankt; die nhd. bezeichnet das Ver⸗
bäftnig der Möglichkeit duch Konjunktionen, drüdt aber die
Wirklichkeit des Prädikats durdy den Sindikativ aus. Der Kon»
ceffivfag wird, weil er mit feinem Dauptfag in einem Gegenfag
fteht, ebenfo, wie diefer, als ein wirkliches Urtheil des Sprechenden
gedacht, und diefes durch den Gegenfag zugleich hervorgehoben.
4) Die adjektivifhen und fubflantivifhen Relativfäge, die
ein wirkliches Urtheit des Sprechenden ausdrüden.
5) Die Adverbialfäge des Zeit: und Raumverhältniffes, welche
die Wirklichkeit des Pradikats in der Form eines wirklichen Ur-
theils darftellen.
6) Die durch die Konjunktion wie verbundenen Abverbialfäge
der Ähnlichkeit.
7) Die mit der Konjunktion daß gebildeten Kaſusſaͤtze, die ein
wirkliches Urtheil des Sprechenden ausdruͤcken, oder deren Aus⸗
ſage, wenn ſie auch nur eine moͤgliche iſt, beſonders hervorgehoben
gar ſoll, letzteres vorzüglid nah fürhten und hoffen (vgl.
.175 f.).
8) Nebenfäge, die ein angeführtes Urtheil enthalten, das ale ein
Kehrein Grammatik. 11. 2. 4
3
der Wirklichkeit entfprechendes dargeftellt wird. Man bedient fich
insgemein des Indikativs, wenn das Pradikat des Dauptfages durch
wiffen, ſehen, erkennen, betennen, erfahren, beweis
fen und andere Verba ähnlicher Bedeutung ausgedruͤckt wird,
9) Nebenſaͤtze, welche ein der Wirklichkeit entfpreihendes Uctheil
des Sprechenden in der Form einer Frage darftellen (lat. und ahd.
fteht hier der Konjunktiv, griech. meift der Judikativ); auch jene, in
denen die in Frage geftellte Ausfage befonderd hervorgehoben wer-
den foll. - | '
10) Solche Nebenfäge, bie zwar mit andern im Konjunktiv
ftehenden Nebenfägen verbunden find, aber ein wirtitiches Urtheil
des Sprechenden ausdrüden. Steht auch ber erfte Mebenfag im Ins
dikativ, und der zweite enthält ein wirkliches Urtheil deß Spiedyenden,
fo fteht diefer natuͤrlich auch im Indikativ. |
11) Andere Fälle f. in $. 100. 114. 181. 183 f. 198 f.
4) aththan ik qvitha izvis ni svaran allis. ni bi himina. anté stols ist guths.
ulfita, Matth. 8, 34. thanne ih quidu im thag man zi theruhslahti ni suuere
noh bi hiwile, uuanta her gotes sedal ist. Cod> Sang. aus d. 9. Zahrh.
Ich sag aber euch ir schült nit sweren alzvmale noch bey dem himel wan er
ist ein trön gotes. Cod. germ. monac. 832 vom Sahre 1367. mann i
fag uch ir füllen gang nich& fchweren no by dem hymel. wann er i
d’ trone gottes. B. Ich aber fage euch, Das jr aller Ding nicht ſchweren
folt, weder bey dem Himel, denn er ift Gottes fuel. L. — Alle bie
weil du nit in dir felber gefigeft, und in dich felber goft, fo verlureft
du die frucht. Gb. 87a. weil aber unfere Meynung war, ſich einmal
rechtfchaffen mit einander Iuftig zu machen, Eehrten wir im böften Wirts⸗
haus ein. Sp. 3,9. — Auch darf ich (In meinem Brief) kurz fein, weil ich mit
MWenigem Biel fagen kann. G. Wp. 1,5, Man verändert frembe Reden
beim Wiederholen wohl nur darum fo fehr, weil man fie nicht verſtan⸗
den hat. Daf. 2,4 Mean ermwählte diefe Stelle deswegen, weil der
Strom hier die wenigfte Breite hat. &. Bel. v. Antw.
2) jabai nu augo thein ainfalth ist. allata leik tbein liuhadein vairthith.
ufila, Matth. 6, 22, Iſt das din aug wirt einfeltig aller bin lyb wirt
licht. Be Wenn bein auge einfeltig ift, fo wird dein ganzer Leib liecht
. fein. L. obathu gotes sun sis, quid these steina thanne zi brote werden
alle. O. I, 23 (Matth. 4, 8). Biftu den d’ fun gottes fo ſog dz bie
ftein werden brot. B. Biftu Gottes Son, ſo ſprich, das dieſe ftein brot
werden. L. ob du begegeft de ochffen dines vyndes oder be eſel fo er
irt. wiberfüre yn zu ym. B. 1. Mof. 23,4. Wenn du deines Feinds
Ochſen oder Efel begegneft, das er irret, &o foltu jm benfelben wider
zu füren. L. wen der fad noſs (naß) ift, fo feind bie ſpreuͤwer feücht.
Gg. 89a. — Bewahren kannſt du nicht länger dein Kommando, ohne
Rettung bift du verloren, wenn du's niederlegft. ©. 2. 1,3. Unb
wenn es (das Unternehmen) glüdt, fo ift es auch verziehn. Daf. 1, 7.
Du bift verloren, wenn Du Dich nicht ſchnell der Macht bebienft, die
Du beſitzeſt. Daf. 1, 7. Aufgeopfert hat mich der Kaifer meinen Feinden,
fallen muß iſt, wenn meine braven Truppen mich nicht retten. Daf.
3,15. Ich bin entehrt, wenn ung ber Kürft entfömmt. Daf. 8,8.
3) uuir sähun sinan sterron, thoh uuir thera bürgi irron (wir fahen feinen
Stern, obgleich wir diefer Burg [Stadt] irren). O.1, 17 bei W. 88, 1.
ol (obgleich) ne wären sie niht riche sie würn dosh guote kuulıte. En.
— 31 70o —
4563. al 41 (obgleich fei) ich nikt ein künegin, ich wil ouh an der suone
sin (Bühne fein). Trist. 10335. doch wirt ſy offt gedrucket mitt der welt
weißhayt, wiewol jr lauttere weißhait gu dem leuten fürbricht. Gg.'
60a. vnd ob er mich toͤdtet, dannocht getram ich in jn. Gg. 72b. —
Mar e6 gleich nicht möglich, das Werk vieler Monate in wenigen
Stunden wiederherguftellen ; fo war ſchon Bieles gewonnen, wenn man
auch nur den Schein davon gu erhalten wußte. &. Bel. v. Antw. Und
wenn bie andern Negimenter alle fi von bir wenden, wollen wir
allein dir treu fein, ©. &.3, 15, Wenn er es auch nicht war, ber die
Sachſen nach Prag lockte, fo war ed doch gewiß fein Bettagen, was ihnen
bie Einnahme diefer Stabt erleichterte. ©. 305. Kr. 8.8
4) uuar ist thertäie giboran ist judeno cuning (wo iſt ber geboren ift
[der] Zuden König)? T. 8 bei W. 96, 26. zit, in deru alle horent
sina stemma (Beil, in der alle hören feine Stimme). T. 86. Das ich
vorcht das gefchah mir, B. Job 3, 28. denn bas fd gefurcht habe,
it ober mich komen. L. Der da hynnympt bie erbarmde von fim
fruͤnd der verlaſzt die vorcht des Herren. B. 3066,14. Wer barmberkig-
keit feinem Neheften wegert, der verleſt des Allmechtigen furcht. L. —
Weh dem, der fern von Eltern und Gefhwiftern ein einfam Keben Lebt!
G. J. 1, 14. Berſäumt die Zeit nicht, die gemefjen ift! Daf. 3, 3. Da
‚tömmt der Paladin, ber uns befhüste. ©. 9.2,4. Was Piccolo:
mini tut, das thun fie au. Daf. 2,6, Wer heute, vom Strome
fortgeriffen, fid vergißt, wird nüchtern werden, fiedt er ſich allein.
Daf. 2,6. Ich hatte, was ihm Freiheit fchaffen koönnte. Daf. 2, 7.
8) ıhia zit discota er fon in 80 ther sterro giuuon uuas queman zin (die Zeit
eifchte ſerforſchte—j ex von ihnen, fo [wann] der Stern gewohnt war [zu]
ommen zu ihnen). O. I, 17 bei W. 86, 3. in der werilde aneginne (dev
Melt Anbeginn) duo (da)licht ward unte stimma, duo diu röne heilige)
gotis hant dia speehin (meifen) werch geseuph (ſchuf) sö manigvalt, duo
deilti (theilte) god sini werch (Werke) al in zuei. Annol. bei W. 117, 8.
Do fy nun diffen flreitt beguben, do zugen fy biß an den pers. Gg.
6b. Das ain roftias eyßen aUs lang gefegt wirtt büß es wider erfchei:
nen würt. Gg. 2b. von ir will ich nommer wenden, die weil vnd ich
das leben han. C. II. 14,12, — das leitit sia sar där iru leid uuirdıt (das
leitet fie fhnell [dahin], da [Wo] ihr Leid wird). Muspilli17 bei W. 70, 13.
er lief da er wus erbeijet (abgeftiegen) des Abents. Parz. 247,8 bei W. 419,
36. — Er betrachtete feine Arbeit mit Vergnügen, ale der Gärtner hin⸗
zutrat und fih an dem theilnehmenden Fleiße des Herrn ergetzte. G. Wo.
1,1. Die linke Wange wird auf einen Augenblic roth, indem die rechte
bleich wird. Daf. 1,5. Solange ich als Knabe oder Jüngling bei ihr
lebte, konnte fie der augenblicklichen Beſorgniſſe nicht los werben. Daf.
1,2. Ich bin des Kaifers Offizier, fo lang’ ihm belicht, des Kaifers
General zu bleiben, und bin des Friedlands Knecht, Tobald es ihm ges
fallen wird, fein eigner Herr gu fein. S. P. 4, 4. Seitdem es mir fo
ſchlecht bekam, dem Thron zu dienen auf bes Reiches Koften, hab’ ich
vom Neid) ganz anders denten lernen. Daf. 2, 7. Gin zartes Rind noch
war fie, als Sie gingen. Daf. 3,3. Du, Mar, wirft diesmal noch
Dein altes Amt verwalten, indes wir hier des Herrn Gefchäfte treis
den. Daf. 2,4. — Dort in der Schlucht, wo ein ſtarker Bach den Tei⸗
den zufiel, lag eine Mühle halb verfledt. ©. Wp. 1,3. Bis er an
den Ort kam, wo ſich der Pfad nach den neuen Anlagen in zwei Arme
theilte. Daf. 4, 1. Wo eine junge Saat aufſchoß oder eine lachende
Ernte winkte, ba gerflörte ein einziger Durdmarfch ben Fleiß eines
gangen Jahres. S. 30). Kr. 4.8. :
6) ıhom na tanjeis Armaion. Hi baurnjals ſaura thus syasre thai liutaus tau-
4*
—2 —
jand in gagumthim jah in garunsim. Ulſtla, Matth. 6,2. Darumb fo
du rhüft ein almüfen nit wolft fingen vor dir mit dem horn als die glyß⸗
ner thünd in den fonagogen vnd in den gaflen. Be Wenn du nu Almo⸗
fen gibft, foltu nicht Laffen fur dir pofaunen, wie die Heuchler thun, in
den Schulen vnd auıff ben Gaffen. L. fuire vnsih ersuahtos soso ist
_ ersuahbit silbar (mit euer prüfteft du uns, wie geprüft ift das Silber).
L. 7 bei W. 40, 9. — So wie der Chor in die Sprache Leben bringt,
fo bringt er Ruhe in bie Handlung. ©. Vor, 5. Bom. Bald Eehr’ ich
felbft zurüd, fie heimguführen, wie’& meiner würdig iſt, und ihr ge⸗
bührt. ©. Bom. Bernehm’ ic Dich, jo wenbet fi, o Theurer, wie
fi) die Blume nach der Sonne wendet, die Seele, von dem Strahle
Deiner Worte getroffen, fich dem füßen Zroftenad. G. 3.4, 4 .
7) dag ist rehto paluute dink, da3 der man haret ze gote, enti imo hilfa ni
quimit (das ift [ein] recht verderblih Ding, daß der Menſch fchreiet zu
Gott, und ihm Hilfe nicht fommt). Musp. 51 bei W. 71, 27. ich wil eg
gote klagen, da3 ich min laster muo3 sagen. Erec 4778. fy werbentt
wiffen das ich bin ber herre. B. Ezech. 39, 6. Sie follens erfaren, das
ich der Herr bin. L. — Ich bin zufrieden, daß er meiner auch bei diefes
Namens holdem Klang gedenkt. G. T. 1, 1. Es iſt ein alter Fehler,
daß er mehr die Einſamkeit als die Geſellſchaft ſucht. Daſ. 1,2. Bes
gegnet ja, daß fich ein Brief verirrt, daß ein Bedienter aus feinem
Dienft in einen andern geht, daß ein Papier aus feinen Händen kommt,
gleich fieht er Abficht. Daf. 1,2. — Wer hat den alten graufamen Gebrauch,
daß am Alter Dianens jeder Fremde fein Leben blutend läßt, von Jahr
zu Zahr mit fanfter Überredung aufgehalten?! G. 3.1,2. Ich muß ihm
Einen ſchicken, daB er mir die Spanier aus Mailand nicht herein läßt.
S. P. 2, 8. Sie hofft, daß beine ruhmbegier’ge Jugend willfähr’ger
fein wird, als mein ftarres Alter. ©. St. 2, 7. Ich fürchte, Oberft
Buttler, man bat mit Euch ein ſchändlich Spiel getrieben. S. T. 2, 6.
- 8) als sit sinen ernst ersach und da3 erz von herzen sprach. Erec 3838,
ich sihe wol daz3 dir ernest ist. Gregor 1562. ich weiz wol, daz er
schaden tuot. Erec 3935. — Ich weiß aber wohl, daß ich nicht ein=
ichlafen Eonnte, daß ich noch etwas erzählt Haben wollte, daß ich
noch viel Fragen that, und daß ich nur ungern die Wärterin entließ,
die und zur Ruhe gebracht hatte. ©. 8. 1,3. Ich fol erkennen, daß
mich niemand haßt, daß niemand mich verfolgt. G. T. 4, 3.
ſoll es tief empfinden, wie der Fürſt mit offner Bruft mir feine Gunft
gewährt. Daf. 4,3. Daß er betrogen iſt, Eann er nicht fehen;
daß fie Betrüger find, kann ich nicht zeigen. Daf. 4,3. Ich gehe
feldft zu ihm, fobald id nur von Dir erfahre, daß er ruhig iſt; for
bald Du glaubft, daß meine Gegenwart das Übel nicht vermehrt.
Daf. 3, 4. Selbſt das beweift ja ſchon, daß es nur Freundfchaft if,
was uns belebt. Daf. 3,4. O mie befhämt gefteh’ ih, daß ih Dir
mit flilem Wiberwillen diene. G. 3.1,1. Wußt' ih nicht, daß ich
mit einem Weibe handeln ging? Daf. 1,3. Laß Dir diefe Freude ver⸗
fihern, daß auch ich eine Griechin bin. Daſ. 2, 2. Und ob er’s gleich
nicht fordert, fühlt er’d doch, und fühlt es tief in feiner großen Seele,
daß Du forgfältig Dich vor ihm bewahrft. Daf. 1,2. Womit be:
zeugft Du, daß Du Agamemnons Sohn und Diefer Bruder bift? Daf.
8,6. Doc, haben hingeworfne Worte mich belehrt, daß feine Seele
feft den Wunfch ergriffen hat, Dich zu befigen. Dat. 1,2. Wir aber
glauben's nicht, daß Du ein Feind und Landeverräther biſt. S. 2.
3, 15. Es ift erfannt durch vierzig Stimmen gegen zwei, daß Ihr die
Akte vom vergangnen Zahr gebrochen, bem Geſetz verfallen feid. ©. St.
- 4,7, Könnt Ihe ed Läugnen, baß jene Akte gu meinem Untergang
— 63 —
erſonnen iſt? Daf, 1, 7. Daß es dieſelben find, bie er empfangen,
hat Babington vor feinem Tod bekannt. Daſ. 1, 7. Ich fühle, daß
mein Haß verſchwindet. S. Bom. Du ſiehſt, daß Deiner Soͤhne
| Bruderzwiſt die Stabt empört in bürgerlichem Streit. Daf Nicht abnet
fie, daß es Don Manuel, Meffinas Fürſt, if. Daf. Mir ift fichre
| | Kunde zugefommen, baß zwifchen biefen ftolzen Lords von England
und meinem Better von Burgund nicht Alles mehr fo fteht, wie fonft.
S. Ivo. 1, 4. Wie fchnell vergeffen ifl’s, daß eben diefer Herzog bie
Väter ihnen und die Söhne ſchlug. Daf. 3, 2.
9) Du weißt fo wenig, wer, ald wo Du biſt. G. T. 2,3. Eh’ ich vers
nommen, wie alles fteht, und was es werden Fann. Daf. 3,1. Du
weißt, wie viel er gilt und gelten muß. Daf. 4, 2. Urtheilt, ob ich
mein Herz bezwingen kann. ©. &1. 2,2. Ich will vergeffen, wer Id)
bin, und was id Litt. S. St. 3, 4. — Kaum weiß ih, was gefhab;
kaum weiß id, wer von. beiden fchuldig if. G. T. 3,1. So hab’ ich
doch noch Manches ausztifragen, burch welche Mittel bag Gefchäft gelang.
Daf. 1,4. Geftehe nur, was Dir am meiften half. Daf. 1,4. Mid
dünkt, das ift die erfte Krage, wer von ung beiden Recht und Unrecht bat.
Daf. 2,4 Ob Sur fie anerkennt, ob nicht, Milaby, das ift nur eine
leere Börmlichkeit. ©, St. 1,7. Kein Menſch vermag zu fagen, ob er
nicht des Helmes braucht. ©. Zoo. Prol. 3. Wer weiß, ob er in
biefem Augenblick nicht mein Geftändniß, Deines bloß erwartet. ©.
3
.3, 8,
410) Glaubſt Du wol, was biefer da, Dein Schwager, in Deinem Namen
unterhanbelt Hat, das werde man nicht Dir auf Rechnung fegen? S.
T. 1,3. Dein Wort foll ung genügen, daß ed Verrath nicht fei, worauf
Du finnft. Daf. 3, 15. Seine Würden meint, wenn ich dem Kaifer,
der mein Herr ift, fo mitfpielen Eann, ich Eönn’ das Gleiche thun am
Feinde. Daf. 1,5. Man beichuldigt ihn fogar, daß er die billigen Geſin⸗
‚ nungen, bie das dringende Anliegen der Staaten dem Monarchen endlich
abgelodt Hatte, zur Strenge zurüdgeführt habe. ©. Abf. d. N. Dean
frage fih, ob nicht ein jedes fremde, aus feiner Umgebung geriffene Ge⸗
fchöpf einen gewiffen ängftlihen Eindrud auf und macht, der nur durch
Gewohnheit abgeftumpft wird. ©. Wo. 2, 7.
b) Konjunftiv (Optativ).
$. 99.
Der Konjunktiv enthält nur die Logifhe Moͤglichkeit des
prädicierenden Urtheils, d. h. er fagt aus, daß das prädicie:
tende Urtheil der Mirklichkeit entfprechen Eönne, bezeichnet alfo das
Prädikat 1) als ein ungemiffes, als ein nur in der Vorftellung des
Sprechenden ftattfindendes ; 2) als ein gemolltes, gemünfchtes ($. 93).
Anm. „Der Gebrauch des Konjunktivs ift in der deutfchen Sprache mehr,
als in ben andern Sprachen, und in der neuhochbeutichen mehr, als in
der altdeutjchen beſchraͤnkt. Dies ift jedoch nicht als Folge einer in ber
Sprache zunehmenden Verflachung anzufehen. Es fcheint vielmehr, daß
- der mehr beſchränkte Gebrauch des Konjunktivs in ber beutfchen und be⸗
fonders in der neudeutfchen Sprache einen tiefer liegenden Grund hat und,
wenn auch nicht ganz, doc, großentheils aus der in ihr vorwaltenden logi⸗
fhen Richtung zu erklären ift, indem fie in den Nebenfäben den Modus
mehr von den Verhältniffen des Prädikates des prädizirenden Urtheiles,
" als von den Verhältniffen und von der Form des Satzes abhängig macht.“
Beder, ausführl, Sram. II, 48,
*
— BE —
6. 100.
Im Befondern erfordern den Konjunktiv:
4) Die Nebenfüge des möglihen Grundes (konditionale
Nebenfäge), welche mit Auslaſſung der Konjunktion die Wortfolge
eines Urtheits haben ($. 182. 232).
2) Die Nebenfäge des adverfativen Grundes (konceffive
NMebenfäge), wenn berfelbe in dem Verhaͤltniß logiſcher Möglich:
keit entweter mit der Wortfolge eines Urtheilsfages, oder in
der Form eines interrogativen Nebenfages dargeftellt wird.
— Man braucht in dem hier bezeichneten Kalle jedoch oft flatt des
Konjunktivs das Hilfeverbum mögen im Indikativ. Solin.
interrogativen Nebenfägen diefer Art die Logifhe Wirklichkeit
des adverfutiven Grundes angedeutet werben, fo gebraudht man auch
wol den Indikativ.
3) Die adjektiviſchen und fubflantivifchen Nelativfäge, die
einen Gedanken in dem Berhältniß Logifher Möglichkeit dar:
fielen. Diefes ift insbefondere meiftens der Fall, wenn der Bezie⸗
hungsbegriff des durch den Nebenfag ausgedrüdten Attributes in dem
Haupffag dur) ein verneinendesd beſtimmtes Pronomen. oder
durch ein Interrogativpronomen ausgedrüdt iſt. (Wal. 8. 116.)
4) Die Adverbialfäge des Zeitverhältniffes, welche die
Konjunktionen ehe und bis haben, wenn die Zeitbeflimmung eine
zußüunftige ifl, und als eine nur mögliche oder auch als eine
fehe unbeftimmte gedacht wird, flehen zumellen noch, früher ge:
woͤhnlich, im Konjunktiv. (Vgl. 8.116. 190.)
5) Die mit dee Konjunftion daß gebildeten Kafusfäge, beren
Prädikat als ein gewolltes, gewünfchtes dargeſtellt wird, alfo nach den
Verben des Wollens, Nihtwolleng, Hoffens, Fuͤrch—
tens, Zulaffens, Gebietens, Berbietens x. (Bol. $.
116 175.)
- 6) Die Adverbialfäge des Jweckes, die jedoch auch, früher wie
jegt, zuweilen im Indikativ fliehen. (Vgl. $.-116. 187.)
7) Nebenfage, die ein vom Sprechenden angeführtes Urtheit-
oder eine von ibm angeführte Frage einer beipeochenen Perfon
ausdruͤcken. — Eine angeführte Rede des Sprechenden felbft wird im
Allgemeinen eben fo, wie bie einer befprochenen Perfon duch den
Konjunktiv bezeichnet ($. 181).
8) Mebenfäge, die mit einem andern im Konjunktiv flehenden
Nebenſatze verbunden find, fehen der Regel nad) im Konjunktiv.
9) Andere Faͤlle f. noch in $. 114. 181. 18% f. 193 f. 222.
4) Wie Eönnem wir fur jnen bleiben, Du heiffeft ons denn, L. 1. Macch.
3,53, wie müg wir befteen vor irem antlig es fye benn bas du uns
heiffeft. B. Ich laffe dich nit nur du gefegneft mid. B. 1.Mof. 32,26.
Ich las dich nicht, du fegeneft mih denn. L. keyner mag geen in das
huſz des ſtarcken das zeberoben nur er bind zu dem erfien den ſtarcken
vnnd dan berobet er fin huſz. B. Mark. 3, 27. Cs kan niemand einem
ftarden in fein Baus fallen, vnd feinen Hausrat rauben, Es fey denn,
das er zuuor ben flarden binde, und als denn fein Haus beraube,. L. —
Und kommt man bin um etwas zu erhalten, erhält man nidyts, man
bringebenn was mit. G. T. 1,4
3) Wer du auch feift, fo wünſch' ich Rettung bie und meinem Freunde;
mir wünſch' Ich fie nicht. G. 3. 3,1. Der ift am glüdlichften, er fei
ein König ober ein Geringer, dem in feinem Haufe Wohl bereitet ift.
Daf. 3, 1. Der rafhe Kampf verewigt einen Mann: er falle gleich,
fo preifet ihn das Lied. Daf. 5, 6. Ich will dich retten, Loft’ es taufend
Leben. ©. St. 3,6. Damit du wiffeft, wer dir Ruhm verleiht, er fterbe
oder fiege, ich bin Lionel. S. Ivo. 3, 10. Wie fehr auch Euer Inn'res
widerftrebe, geborcht ber Zeit und dem Geſez der Stunde, ©. St. 3,
3. — Was ich mir ferner auch erfireben mag, das Schöne ift doch weg,
das kommt nicht wieder. ©.3.85,3. Was Sie auch wiffen mögen, die
Macht ift mein, fie müſſen's niederfchluden. Daf. 1,3. Mag ich hans
dein, wie ich will, ich werde ein Landeverräther ihnen fein und bleiben,
Daſ. 1, 3. — Wie ftrafbar auch, bes Kürften Zwecke waren, die Schritte,
die er öffentlich gethan, verftatteten noch eine milde Deutung. S. P. 5,1.
Bas Zor aud zu. bereuen habt, in England feid Ihr nicht ſchuldig.
©. St. 1, 4.
3) nist liut thaz es biginne (es find nicht Leute, die es beginnen). O. I, 1 bei
W. 81,33. O herr ich Hab Fein mentjch der mich Leg in den wyer fo dz
waffer wirt bewegt. B. 306.8,7. Herr, ich habe keinen Menfchen, wenn
das Waffer ſich beweget, der mich in den Teich Laffe. L. Der wirt re:
den zü dir die wort in dE du wirft behalten ond alles bin huſz. B. Aftplg.
41, 1%. Der wirt dir wort fagen, dadurch du felig werdeft, vnd dein
Hannes Baus. L. Run ift doch nyemant in bim gefchlächt, der do ift
geheyſſen mit diſem namen. B. Su, 1, 61. Iſt doch niemand in deiner
Kreundfchafft, ber alfo heiffe. L. — Ihr ſelbſt feid Väter, Häupter
eines Haufes, und wünfcht euch einen tuaendhaften Sohn, ber eures
Hauptes heil'ge Bode edre, und euch den Stern bes Auges fromm be:
wade. ©. &.1, 4 Schickt einen fihern Boten ihm entgegen, der auf
geheimem Weg ihn zu mir führe. ©. 2. 3,10. Da flößet kein Rachen
vom fihern Strand, der ihn ſetze an das gewünſchte Land. ©. Bürg-
fhaft. Doc jegt.... bleibt mir zu Daufe nichts, das mich ergetze. ©.
J. 1, 3. Gehſt du fie eingeln durch, bu findeft Esinen, der feines Nach⸗
barn ſich zu fhämen brauche. ©. ©. 2, 1.
&) thin gdati} er biuuerbe, er mir ther san irsterbe (bein Gutes eher
fpende, ehe mir der Sohn erfterbe). O. III, 2 bei W. 91, 7. e ich in
sehe verderben, ich wil e für in sterben. Ah. bei W. 33%, 31. fo dich
zorn beweget fo bayt (warte) biß bir das hertz wider gütig werd. Gg.
179b. Get in bie flat zehand werdent ir yn fünden ee daser vffftige
in die hoͤche zü effen. wann das volck wirbt nichtt eſſen vnntz das er
tomme. B. 1. Kön. (Sam.) 9, 13. Wenn jr in die Stad Eompt, fo
werdet jr jn finden, ehe denn er hin auffgehe auff die Höhe zu effen,
denn das volck wird micht effen bis er komme. L. wärlich fürwar fag
ih uch vnt Das zergee*) hymel ond erde Ein büchftab wirt nitt zer:
geen. B. Matth. 5, 18. denn ich fage euch warlih, bis das Himel vnd
Erben zurgehe, wird nicht zurgehen ber Eleineft Buchſtabe. L. er tay:
let dann vnnſer gefe& den mentichen, nur fa hör züm erfien von im und
— — — —
Goth. im Indikativ: und thatei usleithith himins. Ahd. bet Tatian im Kon-
:&+thanne zifare himil. .
— bb —
ertenne was bings er thuͤ. B. Joh. 7, 51. Richtet unfer Gefeh auch
einen Menfchen, ehe man in verhäret, und erfenne, was er thut? L.
5) Der Herzog forgt dafür, daß auch was Holdes uns das Aug’ ergege.
S. P. 1, 14. 3b muß darauf beftehn, daß Herzog Friedland förmlich,
unwiderruflich breche mit bem Kaiſer. S. T. 1,5. Laffen Sie es länger
nicht gefchehen, daß Hämifche Bosheit Ihre gute Abficht durch giftige, ver⸗
haßte Deutung ſchwärze. Daf. 2,2. Der Herzog bittet, daß des alten
Streits beim erſten Wieberfehn mit keinem Worte Meldung gefcheH’!
S. 300. 3, 2. Bor allen Dingen ... fordert er, daB ibm Du Chatel
ausgeliefert werde. Daf. 1,5. Verhüte, daß nicht das Mitleid fie ins
Leben rufe! ©. St. 2, 3. Würdig iſt's der großen Seele der Eliſa⸗
beth, daß fie des Herzens fchönem Triebe folge. Daf. 2,4. Sie will,
baß man ihm die Berfon der Lady Stuart uneingefchräntt vertraue.
Daf. 2, 7. Ich beftehe drauf, daß fich der Lord entferne! Daf. 4, 6.
Doch darf ich hoffen, daß ich nicht nah dem Schein gerichtet werde!
Daf. 4,6. Drum trag’ ich barauf an, daß ber Vefehl zur Dinrichtung
gleich ausgefertigt werde! Daf. 4,6. Es ift ber Wille meiner Rönigin,
dab Euch nichts Billiges verweigert werde. Daf. 8, 8. Go bulde man,
daß diefer treue Diener mein Herz nach Srantreih bringe zu ben Mei-
nen. Daf. 5,8. Ich kann nicht leiden, daß du große Seele mit einem
falfhen Wort betrogen werdeft. &. 3. 3,1. O König! Hindre nicht,
daß fie die Weihe bes ‚väterlichen Haufes nun vollbringe, mich ber
entfühnten Halle wiebergebe, mir auf das Haupt bie alte Krone
drüde! Daf. 5,6. Ich danke bir, und wünſche, daß du mich und mei⸗
nen Willen, dir zu dienen, gleich vertraulich prüfen mögeft. &. 2.4, 4.
Wir denken uns eine Möglichkeit, daß biefer feftverfiegelte Deckel wieder
aufgehoben werben fönne. G. Wo. 1,9. Wenigſtens finde ich es nicht
billig, dag Detilie aufgeopfert werde. Daf. 1, 16. Charlotte verlangte
nun von ihm, er Tolle die Nachricht Eduarden bringen. Daf. 1, 18.
6) Sie sint götes uuorto Aizig Alu härto, thä3 si thaz gilernen, thaz in thia
büah zellen (fie find Gottes Wort fleißig viel hart [fehr], daß fie das ler⸗
nen, das ihnen die Bücher ırzählen). O. I, 1 bei W. 83, 1. der (stein)
was gemachet af dem büs da3 der künec artüs da abeizte (abflieg) unde
vuch af sa3 . Erec 1202. an ein venster st kam, da3 si war neme wer
dä geriten kame. Erec 1165. waſch bin berge von dem übel das bu
werdeft behalten. B. Jer. 4, 14. waflche nu dein berg pon ber bosheit,
Auff das dir geholffen werde. L. das gefek iſt aber ingangen das
überflüifig wurde die miffetat. B. Röm. 3, 21. Das Geſezt ift aber ne:
ben ein komen, auff das die funde mechtiger wuͤrde. L. es ift uns
not, baß wir drauff ſehen, damit wir ons felber nicht triegen. A.
13b. — O überlaß ihn nicht fi feldft! Damit in feinem Bufen nicht
der Unmuth reife und dir Entfegen bringe, bu zu fpät an meinen
treuen Rath mit Reue dentefl. G. G. 1,2. Was foll ich thun, da⸗
mit dein Bruder mir vergeben koͤnne, bamit du felbft mir gern ver⸗
geben mögeft, damit ihr wieder zu den Euren mich mit Breuben zählen
möget? ©. T. 44 Damit mein Lieb nur nicht vollkommner
werde, daß nur mein Name fich nicht mehr verbreite, daß meine
Neider taufend Schwächen finden, daß man am Enbe meiner ganz
vergeffe, drum fol ih mih zum Müßiggang gewöhnen. Daf. 8, 5.
Er eilt heim mit forgender Seele, bamit er die Zrift nicht ver:
fehle. ©. Bürgfchaft. Jetzt folgt mir, zu bewachen den Eingang, daß
fein Ungeweihter in diefes Geheimnig bringe, und ber Herrſcher ung
lobe, S. Bom. Etwas fürchten und hoffen und forgen muß ber Menſch
für den kommenden Morgen, daß er bie Schwere bes Dafeins ertrage
und das ermüdende Gleichmaß der Tage, und mit erfrifchendem Windes:
—
— m —
N
weben träufelnd bewege das ftoddende Leben. Daf. Ziele gut, bag bu
den Apfel treffeft auf den erften Schuß. ©. I. 3, 3. Bleibt nicht in
England, dba ß der Britte nicht fein ftolges Herz an eurem Unglüd weide—
S. St. 8, 6. Damit er ficher feinen Weg verfolge, will der Mo:
narch, daß hier aus der Armee acht Regimenter ihn zu Pferd begleiten.
S. P. 2, 7. — Ich muß ihm einen ſchicken, daß er mir bie Spanier aus
Mailand ‚nicht herein läßt. ©. 9. 2,5
7)-Quad er io bi nöti lagi däuualonti, * uuäri in theru sübti mit grogeru
ümmahti (prach, [das] er je [immer] gar ſehr läge dahinſterbend, und
wäre in der Sucht [Krankheit] mit [in] großer Ohnmacht). O. III, 2 bei
W. 89, 35. si quädin da 3 her durch sini geile haviti virlorin des heris
ein michil deile (fie fagten, daß er burch feinen Stolz hätte verloren des
Heeres ein groß Theil). Annol. bei W. 182, 17. Symon hat verkünt
wie got heymfücht hab. B. Apftlg. 15, 135. Simon bat erzelet wie
Gott heimgefuht hat. L. — Der König firaft graufam den gefandten
Mörder, wähnend, er tödte feines Bruders Sohn. ©. 3.1,3. Wil:
helm erkundigte fich nach diefem Wanne bei dem Baron, der aber nicht viel
Gutes von ihm zu fangen wußte. Er habe den Charakter als Major,
fei eigentlich der Günftling bes Prinzen, verfehe deſſen geheimfte Ge:
fhäfte und werde für defien rechten Arm gehalten. %.%.3,4 Wer
fpricht ihm ab, daß er die Menfchen kenne, fie zu gebrauchen wiffe?
S. P. 1, 4. Der aber ſagt, er ſei es müd', und wolle nichts weiter
mehr mit bir zu ſchaffen haben; es fei dir nimmer Ernſt mit deinen Re⸗
den, du woll'ſt die Schweden nur zum Narren haben. Daf. 2,5. Ein
Eitbot ift angelommen, meldet, Regensburg fei genommen. ©. Lager 4,
Denkt Ihr, daß ber königliche Name zum Freibrief dienen Eönne, blut'ge
Zwietracht in fremdem Lande ſtraflos auszuſäen? ©. St. 1,7. Er ver⸗
fluchte ſich und den Gefährten allen Höllengeiftern: er babe falfch ge:
zeugt, bie Unglüdsbriefe an Babington, die er als echt befchworen, fie
feien falfch, er Habe andre Worte gefchrieben, als die Königin biktirt,
der Böswicht Nau hab ihn dazu verleitet. Daf. 5, 13. — Sch Tchrieb
ihm, daß ich in dem Haufe eines fehr guten Mannes aufgenommen ſei,
und mit ihm große und fchöne Arbeit verfertige; ih ſuche was zu
fernen, und hoffe mit meiner Gefchiellichkeit ihm bald Nugen und Ehre
zu bringen. G. Ben. Gell.
8) Alfo befahl er ung, bir zu melden, es fei dein Cohn Don Gefar, ber fie
fende. S. Bom. Er fei hier auf dem Schloß, behaupten fie, und wenn
du ihn nicht losgebſt, werde man ihn mit dem Schwerte zu befreien
wiſſen. S. P. 3,18. Die Bäume feien gebannt, fagt er, und wer fie
ſchädige, dem wachfe feine Hand heraus zum Grabe. ©. Tl. 3, 3.
Als ich ‚ıhm bies bejahet nach der Wahrheit, hinzugefünt, dag es fein Zeug:
niß fei, wodurd fie fterbe, fprang er wüthend auf. ©. St. 5, 13.
So merkte er kaum auf, als man ihm die Nachricht brachte, es f ollte
ein Knabe geftäupt werben, ber fich eines nächtlichen Einbruchs verdäch⸗
fig gemacht Habe, und da er den Rod eines Perückenmachers trage,
wahrfcheinlicdy mit unter den Meuchleen gewefen fei. G. Lj. 3, 9. Zuerft
fcherzte fie im allgemeinen über das gute Gtüd, das ihn verfolge, und
ihn auch, wie fie wohl merke, gegenwärtig hierher gebracht habe; fo=
dann warf fie ihm auf eine angenehme Art fein Betragen vor, womit er
fie bisher gequält Habe. Daf. 3, 10. Er brach gegen fich felbft in Bor:
würfe aus, daß er nur einen Augenblid die hartherzige Kälte Jarno's,
die ihm aus den Augen herausſehe, habe verkennen und vergeffen
mögen. Daſ. 3, 14.
“
— st —
c) Konditionalis.
$. 101,
Der Konditionalis hat mit dem Indikativ gemein, daß er ein
wirkliches Urtheil des Sprechenden ausdrüdt; er unterfcheidet ſich
vom Indikativ dadurch, daß er immer als Prädikat in dem Verhält:
niß einer von dem Sprehenden angenommenen Wirklichkeit
ſteht. — In der eigentlihen Bedeutung des Konditionalig werden bie
Formen ich würde fprechen, gefprohen haben nur in konditio⸗
nalen Sägen und zwar nur in dem Hauptfage gebraucht, 5. B. Wäre
ih nicht Eranf, fo würde ih ihn beſuchen. Hätte er den Brief
gefchrieben, fo würde ich ihn erhalten haben.
$. 102.
Im Befondern erfordern den Konditionalis:
1) Die Mebenfäge des möglihen Grundes (Eonditionale Ne:
benfäge), wenn der Gedanke in dem Verhälmiß der angenomme⸗
nen Wirklichkeit fteht ($. 232).
2) Die Nebenfäge des abverfativen Grundes (Eonceffive Ne:
benfäge), der in dem Verhaͤltniß angenommener Wirklichkeit
‚dargeftellt wird.
3) Die adjektivifchen und fubftantivifhen Relativfäge, deren
Besiehungsbegriff durch eine Verneinung bezeichnet iſt.
4) Die Adverbialfäge der Ähnlichkeit, melde die Kon-
junftion als (als ob, als wenn) haben und den Gedanken in dem
Berhältniß nur angenommensr Wirklichkeit darſtellen.
5) Nebenfäge, die ein vom Sprechenden angeführtes Urtheil im
Berhältnig der nur angenommenen Wirklichkeit darftellen.
6) Andere Falle f. noch in $. 222.
1) Kim aber ainer vn wolt jm (dem Aufzuhängenden) librung geben vnd
huͤb in bey den füffen embor das er nitf bald erworgen folt, der verlen-
geret jm nur fein marter. Gg. 134a. Wenn Gott diefem nicht fuͤrkom⸗
men hett, were ein erfchrediich graufam Mordt ond Lafter vollbracht
worden. A. 33a. Wann mird das Leben gülte, ih koͤnte nicht.
Sp. 2, 16. Mancher Soldat fehtete gerne, wenn er auch wuͤſte, baß
er gewoͤnne. Sp. 2, 27. Denn wann ich folches (Alter) hätte, fagte
ih bey mir felber, fo nahmeft bu eine fchöne Frau. Sp. 3, 13. —
MWär’s nicht aus Lieb’ für den Wallenflein, der Kerbinand hätte uns
nimmer befommen. &. Lager 14. Haͤtt' ich dich früher fo gerecht er⸗
tannt, es wäre Vieles ungefchehn geblieben. S. Bom. Unb hätt’
ich dir ein fo verſoͤhnlich Herz gewußt, viel Mühe fpart’ ich dann der
Mutter. Daf. Wenn es bie großen Worte thäten, Herzog, fo hättet
Ihr allein Frankreich erobert. S. Ivo. 2,1. Wie ſtünd's um euch,
zoͤg' ich mein Heer zuruͤck? Daf. Richt glauben würd' ichs einer
ganzen Welt, hätt’ ich’8 nicht felbft gefehn mit meinen Augen. Daf.
Wenn id nur an mich felbft denken dürfte, würde ich mich hartnädig
weigern, biefe Gabe anzunehmen. ©. Li. 4, 1. Daß niemand lange
——
— 59 —
Reden componiren foll, um die Leute zu beſchaͤmen, er müßte ſie denn
«dor dem Spiegel halten mollen. Daf. 7, 3.
2) Und wär'“s zu fpät, und wär’ es auch fo weit, daß ein Verbrechen nur
vom Fall dich rettet; fo falle, falle würbig, wie du ftandfl. ©. T. 2, 2.
Und wär’ mir auch ein rafches MWörtlein übern Hof entfchlüpft zumel-
len ; ihr wißt ja, bös war's nicht gemeint. Daf. 2,5. Und könnt’ er
ſelbſt es auch ertragen, fo zu finten, ich trüg’s nicht, fo geſunken ihn zu
ſehn. Daf. 3, 10. Du würdeft edel ftets und deiner würdig gebans
delt Haben; aber Reue foll nicht deiner Seele fchönen Frieden flören.
Daf. 3, 21.
3) Das wäre auch ein Kerl, der bei ihm diente und nichts von ihm lernte.
G. Egm. 1. Und nun dies Blatt ung für die Truppen bürat, ift nichts, .
was bem Vertrauen noch im Wege ſtünde. S. T. 3, 15. Die Zeit ift
vorbei, da mich ſolche Reden bezaubert hätten. Leſſing.
4) er fiong an zu wüthen, alle wär er fohöllig. Gg. 8Ab. Es leben alle
Menſchen, gleichfam kein Gott wer. A. 1096. Sie ftelleten fih als
würden fie gefchlagen. L. Joſ. 8, 15. fie ftellend als voͤrchten fie
fit. B. er erzenget fih. als Horte ers nitt. B. 1. Rdn. (Sam.) 10,
27. er thet als hoͤret ers nicht. L. erfchien, ob baͤtt' er ſich bloß
in den forſt verliebt. hg. 4, 163. — Kommt, ſetzt euch, thut als wenn
ihr za Haufe wärt! G. G. 1. Man glaubt fih nunmehr berechtigt, ſo⸗
gar das Wort Wahlvermandtfchaft anzuwenden, weil es wirklich ausſieht,
al8 wenn ein Berbältniß dem andern vorgezogen, eins vor bem andern
erwählt würde. &. Wv. 1,4. Ihm war, als wenn ihm ein Stein
vom Herzen gefallen wäre. Daf. 1, 7. Beſonders ber Schluß war ganz,
als wenn er ihn felbft gefchrieben Hätte. Daf. 1, 12. Er war fo flolz
darauf, als ob die Erfindung fein geweſen wäre. Daf. 1,7. Unver:
ſehen, fremd gekleidet, erreichen fe Mycen, als bräcten fie die Trauer⸗
nadhricht von Oreſtens Tode mit feiner Afche. ©. 3. 3,1. Wenn wir
die Menfchen behandeln, ale wären fie, was fie fein follten, fo Bringen
wir fie bahin, wohin fie zu bringen find. ©. &j. 8, A. Über'm Herrſcher
vergißt er nur ben Diener gang und gar, als wär’ mit feiner Würd’ er
fhon geboren. G. 9. 1, A.
8) Berede dich, ih wär’ ein Waiſenkind. S. DE. 1,2. Mir melbet er
aus Ling, er wäre krank; doch hab’ ich fichre Nachricht, daß er zu Frauen:
berg verſtecktt iſt. &. T. 2,1. Er fragte fo ängftlich, ob Ihr nicht vers
ſehrt wäret. ©. G. 1. Es hat mir jüngſt geträumt, id L&Y” auf ſtei⸗
ler Hoͤh'. Uhland.
2. Zeitverhaͤltniſſe.
8. 103.
Bei den Zeitverhaͤltniſſen des Verbums darf der Gebrauch in
der hoͤheren Umgangsſprache wie Volksſprache, die auf die Schrift⸗
ſprache nicht ohne Einfluß ſind, nicht ganz außer Acht gelaſſen werden.
Es ſind namentlich drei Punkte dabei ins Auge zu faſſen.
1) Die Volksfſprache im ſuͤdlichen Deutſchland und einem großen
Theile Mitteldeutfchlands kennt kein einfaches Präteritum: ich gieng,
ich ſah; fie gebraucht das umfchriebene: ich bin gegangen, ich
babe gefehen. Im nördlichen Deutfchland findet fich der entgegen-
gefegte Gebrauch.
-
— 6 —
2) In der abhängigen (mbireften) Rede nach ich fage, Man
fagt u. f. w. gebraucht der Bewohner bes fhdlihen Deutfchlands das
abhängige Verbum im Präfens des Konjunktivs, ohne alle Rüdficht
darauf, in welcher Tempusform das regierende Verbum vorausgegan=
gen if. Im nördlichen Deutfchland gebraucht man das abhängige
Berbum im Präfens des Indikativs oder, und zwar gewöhntither, im
Präteritum des Konjunktivs. Dort heißt ed: er fagt, er fagte, er
bat gefagt, er komme; bier: er fagt, er fagte, er hat gefagt, er
fommt, oder er fäme.
3) Man gebraucht oft, befonders in der höheren Umgangsfprache,
flatt des Präfens im Indikativ den Konditionalis, wenn der Spre⸗
chende die Wirklichkeit feiner Ausfage nicht hervorheben, und fein Ur-
theil mit Befcheidenheit ausfprehen will. Man bedient ſich in diefem
Halle insbefondere der Hilföverben mögen und dürfen.
Ih wünfchte recht gelehrt zu werden. ©. F. 1, 94. Ich wünſchte,
fagte Wilhelm darauf, daß durch eure Aeußerungen weder Neid noch
Eigenliebe durchſchiene, und daß ihr jene Perſonen und ihre Verhält-
niffe aus dem rechten Gefichtöpunfte betrachtetet. ©. 8%. 4, 2,
Dürft’ ich wohl diesmal mich entfernen? G. F. 1, 72
Anm. Dem nicht immer mit Entfchiedenheit auftretenden Römer Gicero
wurde fchon fein esse videatur flatt est übel gedeutet. Heute bat biefe
Halbheit, diefe Unentfchiedenheit bei Vielen eine folche Höhe erftiegen, baß
fie feine Meinung zu äußern wagen, ohne ihr eine ganze Reihe Dinter:
pförtchen offen zu halten. Nicht die fadeften Beifpiele find folgende: Es
dürfte vielleicht doch fo fein Eönnen. Es möchte doch vielleicht einige
Möglichkeit vorhanden fein Eönnen, die Sache fo erklären zu dürfen. Ich
weiß nicht, ob ich es hoffen zu dürfen wagen fönnte.
$. 104.
Sm Sothifhen und früheften Aithochbeutfhen wurden die drei
lateinifchen Präterita (Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt) einfoͤr⸗
mig durch das Präteritum (Imperfekt) verdeutſcht, niemals umfchrie=
ben. Im 9. Jahrhundert zeigen ſich bereitd Spuren von Umſchrei⸗
bungen mit haben und dem Participium Präteritiz gegen Ende des
9. Jahrh. nehmen fie überhand und im 10. haben fie ſich völlig feft- -
gefegt. — Der ältere, weitere, auf mehrere Tempora gerichtete Sinn
der einfachen Formen ift ſelbſt heute noch nicht ganz vertilgt. Unfer
Präfens druͤckt noch oft das Futurum, unfer einfaches Präteritum
zugleich Imperfekt, Perfekt und Plusquamperfekt aus. Dies ift,
neben dem in $. 103 Gefagten bei der Lehre von den Zeitverhältniffen
nicht außer Acht zu faffen.
Gothiſch. Imperf. vas 7» Matth. 27, 86. vesun zoav Matth. 27, 58.
qvath ZAeye Matth. 9, 21. qvethun ZAeyo» Joh. 9, 8. sat ExaN9Elero
Joh. 11, 20, — Perf. sat xcxciUPixé Marc. 11,2. qvam &AnAvde. Luc,
3, 32. gaf Dede Joh. 17, 22. gasahv Eupaxe Luc. 1, 22. rodida
Aekdinza Joh. 8,40. — Aor. I. sat Exddıce Luc, 19, 30, gaqvemun
ovynydnoav Matth. 27, 62%. — Aor. II. vas &y&vero Luc. 1,5. qvath
eine Matth. 8, 10, qvam nAdo» Matth. 8, 17. qyemum 74er Marc.
— 61 —
1,29. — In der 4. Bibelüberfegung heißen dieſe Beiſpiele: was.. wa⸗
ren.. ſprach.. ſprachen.. fie faß.. iſt geieffen.. ich kam.. ich gab.. er
hat gefehen.. der ich gefaget hab.. ift gefeffen.. die pharifeer famenten
fih.. wz (was).. fprady.. ich bin fomen.. fie famen. — Bei Luther
heißen diefe Beifpiele: war... waren... ſprach.. fprachen.. fie bleib..
ift geſeſſen. id bin komen.. ich hab gegeben... er hatte geſehen.. ber ich
gefagt habe.. ift gefeffen.. die Pharifeer famen.. war.. ſprach.. ich bin
tomen, . fie famen.
Althochdeutſch: arteilta (hatte ertheilt) gl. Jun. 201. nd (war geflof:
fen) Daf. 205. garawida (bereitete) I. 340. dheonodon (dienten) Daf.
354. wuntarötun (wunderten) T. 43, 3,
Mittelhochdeutſch: enbeiz (gegeffen hatte) Iw. 62. jach (hatte ge-
fast) Daf. 622. gesaz (hatte gejeffen) Daf. 773. betrahte (hatte betrach⸗
tet) Daf. 774,
$. 109.
Die Zeitbeftimmung im Nebenfage hängt mit dem Modus zu:
fammen. Steht das Verbum des Nebenfages im Indikativ, fo wird
die Zeit entweder nach dem Sprechenden oder nady der im Hauptſatz
ausgefprochenen Behauptung beflimmt. Im Konjunktiv iſt ein groͤ⸗
Beres Schwanfen ($. 103. 2. 3), weil Konjunktiv und Konditionalie
bier zu unterfcheiden find, und nicht immer unterfchieden merden.
En 4
a) Indikativ.
6. 106.-
Das Präfens erfcheint als Grundlage aller übrigen Tempora.
Es drüdt die Gegenwart aus, zuweilen aber aud) die ald Gegens
wart gedahte Vergangenheit oder Zukunft, und fleht fomwol
bei einem abfoluten Zeitverhäftniß im einfachen oder beigeordnneten
Sag ohne Beziehung auf irgend eine andere Thätigkeit, ald auch im
relativen Zeitverhältniß im Saggefüge, um die Gleichzeitig:
"Leit mit einer andern Thätigkeit auszubrüden. ⸗
Eine ſolche Stimme brauch' ich jetzt, den böfen Dämon zu vertreiben,
der um mein Haupt die ſchwarzen Flügel [hlägt. S. T. 3, 4. Wer
durch's Leben gehet ohne Wunfch, fich jeden Zweck verfagen Tann, ber
wohnt im leichten Feuer mit dem Salamander, und hält fih rein im
reinen Element. Daf. 2,2. Wie er winkt mit dem Finger, auf thut
fich der weite Zwinger. &. Handihuh. Wir fahren zu Berg, wir
tommen wieder, wenn der Kukuk ruft, wenn erwachen die Lieder,
wenn mit Blumen bie Erbe ſich kleidet neu, wenn die Brünnlein flie⸗
Ben im lieblihen Mat. ©. II. 1,1. Die Schalkpeit lauſcht im Grü-
nen halb verftedt, die Weisheit Läßt von einer goldnen Wolke von Zeit
zu Beit erhabne Sprüche tönen, indeß auf wohlgeftimmter Laute mild ber
Wahnſinn hin und her zu wühlen fcheint, und doch im fchönften Takt
fih mäßig Hält. Wer neben biefen Mann fi wagen barf, verdient
für feine Kühnheit fchon den Kranz. G. T. 1, 4 Während ihn bie
Rechte fuht, genießt er feines Freveld Frucht. S. Kraniche d. I.
Und weil ih fern bin, führe du mit Elugem Sinn das Regiment des
Hauſes. ©. 31 1,2, — Aber ih gebe herum, fie aufzufuchen, und
—ea —
tomme wieder, fobald ich fie finde. ©. Hd. 8,242. Wenn ih ihn
begnadige, geſchieht's aus fehuld’ger Achtung gegen meinen Kaifer.
S. P. 2, 7. Als ih Bahn mir mache durch's Gewühl, da tritt ein
braun Bohemerweib mih an, faßt mich in’s Auge fcharf und fpricht:
Gefell, Ihr (uchet einen Helm. ©. Ivo. Prol. 3. Die Sonne gebt un=
I da ſteht er am Thor und ſieht das Kreuz ſchon erhöhyet. ©. Bürg⸗
haft,
8. 107,
Das Imperfekt iſt eine relative Zeitform, und bezeichnet
das Prädikat als ein in der Gegenwart des Sprechenden vergange:
nes; es druͤckt aber zugleid das Zeitverhältnig des Prädikates zu ,
einer andern Thaͤtigkeit aus und ſtellt die ausgefngte Thaͤtigkeit
als eine in dem relativen Zeitverhältniffe nicht vollendete dar.
Es dient ferner zugleich für das lateiniſche Imperfekt, um nicht fo:
wol etwas zu erzählen, als vielmehe zu [hildern, ju be:
fhreiben. Daher gebraudht man ed auch endlih von wieder:
holten Handlungen der Vergangenheit, um damit einen Zuſtand
oder eine Gewohnheit auszudrüden.
Mit thiu der heilant gisah thie menigi steig ufan berg. inti mit thiu ber
gesa3 giengun zi imo sine iungiron. T. Matth. 8, 1 f. Vnd do iefus
ſach die ſcharenn. do geng er uff einen berg. vmd dba er was gefelfen
fin iungern genachte fih zu ym. B. Da er aber das Voll fahe,
gieng er auff einen Berg, ond faste fich, ond feine Jünger tratten
zujm. L. Indem anfang befchüff got himel onnd erd aber die erd
was läre vn vnnütz vñ die vinfterufz waren uff de antlig des abgrunts.
vun der geyft gottes warde getragenn uff bie wafler. un get fprach es
werde dz liecht vnnd dz liecht ward gemadhet. B. 1. Mof. 1, 1f. Am
Anfang ſchuff Gott Himel ond Erben. Vnd die Erbe war müft ond
leer, vnd ed war finfter auff dem Wafler. Vnd Gott ſprach, Es werde
Liecht, Und es ward Licht. L. — Du fannteft mid wieder, gleich
als ich in den Garten kam? G. F. 1, 165. Mein Vater war ein dunk⸗
ler Ehrenmann, der über die Natur und ihre hril’gen Kreife in NRedlich:
keit, jedoch auf feine Weife, mit grillenhafter Mühe Tann. Dat. 1, 58.
Einige Monate verfirihen, ehe aus Madrid eine Antwort fam. ©.
Sranvella. Indem bies unter bem Volke geſchah, fing der Minifter
an am Dofe der Regentin zu wanken. Daf. Nachdem Pius der Vierte
geftorben war, machte Granvella eine Reife nah Rom. Daf. — Ein
ähnliches Gefühl ergriff mit Heftigkeit unfern Freund, als er das erfte
Padet eröffnete, und die zertheilten Hefte in’s Feuer warf, die eben
gewaltfam aufloderten, ale Werner hbereintrat, fich über bie leb⸗
bafte Slamme verwunderte und fragte, was hier vorgehe. ©. Li.
2,2. Als er einige Straßen auf und ab gegangen war, begegnete
ihm ein Unbelannter, der nach einem gewiffen Bafthofe fragte; Wils
beim erbot fich, ihm das Haus zu zeigen; der Fremde erkfundigte
fih nad) dem Namen ber Straße, nad) den Befigern verfihiedener großen
Gebäude, vor denen fie vorbei gingen, fodann nad einiaen Polizeis
einrichtungen ber Stadt, und fie waren in einem gang intereffanten Ge⸗
fpräche begriffen, als fie am Thore des Wirthöhauſes anlamen. Daf.
1, 17. Bor diefer Linde ſaß ich jüngft wie heut, das fchön Vollbrachte
freudig überdentend, da kam daher von Küßnadıt, feiner Burg, der Vogt
mit feinen Reiſigen geritten. Doch ih erhub mich fchnell, und unters
würfig, wie ſich's gebührt, trat ich dem Herrn entgegen. S. Tl. 1,2. —
Wart Ihr doc fonft fo froh, Ihr pflegtet mic zu tröften; und eher
mußt’ ih Euren Rlatterfinn, ald Eure Schwermuth ſchelten. ©. St.
1,4. Ihr erſchreckt mich nicht; auf ſolche Botfchaft war ich längſt ge=
faßt. Daſ. 1,6. Nun komm' ich heut in diefen Tempel, den ich oft bes
trat, um Sieg gu bitten. ©. 3.1, 3. Was half's den Jünglingen,
dag fi fie viel wußten, wenn ihnen das befte Lernen fehlte, als ihr Ges
lerntes gut a nzuwenden? Sie Famen aus der Schule, oder entzogen
fich fogar ber Ehute, um zu vergeffen. Zum Wohle der Welt etwas zu
lernen war nicht ihre Zweck: dazu war ihre Seele nicht gebildet, Herder.
8. 108.
Das Imperfekt des Indikativs wird oft, mie das lateinifche
Smperfebt, Perfekt und Plusquamperfekt und wie das griehifhe Im⸗
perfekt, flatt des Konditionalie gebraudht; es hat jedod) aledann mei⸗
ſtens noch die Bedeutung eines Präteritums. Es ift dies der Tal,
wenn ausgefagt wird, daß unter gewiſſen Umftänden, alfo bedin⸗
gungsweife, etwas gefchehen follte, könnte, oder hätte gefchehen
- follen, Eönnen, was aber nicht gefchieht ober gefchehen if. Die Aus:
fage wird dann nicht an eine zu ergänzende Bedingung geknüpft, fon-
dern das unerfüllte oder unerfüllt gebliebene Sollen, . Können wird als
ein wirklich vorhanden gewefenes bargeftellt. — In einigen füddeut:
hen Mundarten (in Baiern und am Mittelrhein) wird das Imperfekt
nur in der Bedeutung des Konditionalis, und zwar für die Gegen:
wart gebraucht, indem ſtatt des Imperfekts im Indikativ Immer das
Perfekt gebraucht wird ($. 103. 1).
Griffen Sie damals zu, fo wären wir jeht im Gange. G. 8%. 2, 11.
Wollte er meine Überzeugung nicht flören, fo war ich bie feine; ohne
biefe Bedingung hätte id; ein Königreich mit ihm ausgeichlagen. Daf. 6.
War ich, wofür ich gelte, ber Berrätäer, ich hätte mir den guten Schein
gefpart. ©. T. 1, 4. Warf er das Schwert von fih, er war verloren,
wie ih es wär’, wenn ich entwaffnete. Dal. 2,2. Wenn bdiefer ſtarke
Arm euch nicht hereingefühet, ihr ſahet nie den Rauch von einem frän-
kiſchen Kamine fleigen. &I00.2,1. Trotz eurer Spürkraft war Maria
Stuart noch heute frei, wenn ich es nicht verhindert. S. St. 4,6. _ Wäre
das ganze Gewicht feiner Macht auf die vereinigten Provinzen gefallen,
fo war keine Rettung für ihre Freiheit. S. Abf.d. N.
Anm. über die ſüddeutſche Volksſprache in diefer Hinficht f. Schmeller:
die Mundarten Bayerns. München 1821. Nr. 941. 960. 968. 988.
8. 109.
Das mit habe und bin gebildete Perfekte tritt neben dem
einfachen Präteritum (Imperfekt) für das Lateinifhe Perfekt derge:
fallt ein, daß das erzählende Perfekt (der griechifche Aorift) mit dem
einfachen Präteritum ($. 107), das (dem griechifchen Perfekt gleiche)
eine in der Gegenwart des Sprechenden vollendete Thätigkeit aus:
drüdende Iateinifche Perfett aber mit der deutſchen Umfchreibung,
dem Perfekt, außgedrüdt wird. Das Perfekt bezeichwet alſo das Praͤ⸗
— 64 —
dikat als ein in ber Gegenwart des Sprechenden vergangenes und
die Thätigkeit al8 eine in der Gegenwart vollendete, alfo fchlecht-
weg die Vergangenheit und insbefondere die Wirklichkeit einer
vergangenen Thätigkeit. — De der Gebrauh fih erſt allmaͤlich
feftfteltte, fo Eönnen Abweichungen in der früheren Zeit nicht be=
fremden.
ir den christänun namun intfangan eigut (die ir ben Shriftennamen em⸗
pfangen habt). Exbort. bei W. 52, 9. diu marha ist farprunnan (die
Mark [Gegend] ift verbrannt). Musp. 120 bei W. 73, 17. ihhaben iz
füntan in mir, ni fand ih Ifabes uuiht in thir (ich habe es gefunden in
mir, nicht fand ich Liebes etwas in dir). O. I, 18 bei W. 89,7. — 0 herr
min gott ob ih di Hab gethon ob die boſzheyt ift in mine henden. ob
ih hab widergeben de die mir wibergaben die ubeln dinge... Es
ſy den das ir werbent beferet er hat uſzzogen fin fhwert. er [pans
net finen bogen vn bereyt yn. Bin er bereyt in ym die vafz dez
todes. ern. Er tet vff den ſee vn grüb yn vn viel in die grübe bie
er machet. B. 9.7, 4. 5. 13. 14. 16. Herr mein Bott, Hab ich folchs
gethban, Bnd ift vnrecht in meinen henden. Hab ich bofes vergolten,
denen fo friedlich mit mir lebten, Oder die fo mir on vrſach feind wa⸗
ren, befhedigt... Wil man fich nicht beferen, So hat er fein-
Schwert gewept, Bnd feinen Bogen gefpannet, und zielet. Vnd
hat drauff gelegt tödlich gefchos, Seine Pfeile Hat er zugericht
zuuerderben ... Er hat eine Gruben gegraben vnd auögefürt, vnd
ift in bie Gruben gefallen, bie er gemacht hat. L. — Sie feiern
bie Auferftehung des Herrn, benn fie find felber auferftanden. ©. F.
4,53. Berlaffen hab’ ich Feld und Auen, bie eine tiefe Nacht be-
beit, mit ahnungsvollem heil’gem Grauen in ung die beff’re Seele weckt.
Entichlafen find nun wilde Zriebe, mit jedem ungeftümen Thun; es
reget ſich die Menſchenliebe, die Liebe Gottes regt ſich nun. Daſ. 1, 64.
Seid mir willkommen, Sir, in England. Ihr habt den großen Weg ge⸗
macht, Habt Frankreich bereif’t und Rom und Euch zu Rheims
vermweilt. ©. St. 2,4. Doch haben Hingeworfne Worte mich bes: '
eoet, ba daß feine Seele feft den Wunnfch ergriffen bat, dich zu befigen.
3. 1
!
Anm. In Folgenden Beifpielen ftände richtiger das Perfelt: Wo kam ber
Schmud her? Vom obern Stodwerf warb er herabgeworfen...
Selbft ihre Laute ward ihr genommen. ©: St. 1,4. — In ähnli:
her Weife gebraucht Schiller öfters das Imperfekt ftatt des Perfekte.
$. 110.
Da die vollendete Handlung gewiß ift; fo bezeichnet der
Sprechende oft eine in der Gegenwart noch zukünftige Handlung mit
dem Perfekt als eine ſolche, deren ficheres Eintreten und gänzliche
Vollendung ihm aud nicht im Mindeften zweifelhaft if. In diefen
Sägen geht dem futurifchen Präfens (Perfekt) immer ein Präfens
voran. — Vom Perfekt flatt des Lateinifchen zweiten Futu—
rums ſ. $. 113.
wirt er des libes gereit (bereit), er hät in schiere hin geleit. Iw. 3418.
Fordre unfre Häupter, fo ift es aufeinmal gethan. G. Egm. 4. Jene hat
gelebt, wenn ich dies Blatt aus meinen Händen gebe. ©. St. 4, 11.
Wenn fie deine Schönheit erblickt, durch Ehrbarkeit bewacht, in Blorie
— 68s —
geſtellt durch einen unbefleckten Tugendruf, den ſie, leichtſinnig buhlend,
von ſich warf, erhoben durch ber Krone Glanz, und jegt durch zarte
* Bräutlichkeit gefhmüdt, dann hat die Stunde der Vernichtung ihr ge⸗
ſchlagen. Daſ. 2,9.
Anm. Statt des Perfekts gebraucht Luther häufig das die Wirklichkeit
nachdrücklich bezeichnende Präjens, wo im lateinijchen Zert ein Präteri-
tum ſteht. — Denn du fchlegft alle meine Feinde. L. Pf. 3,8. Du
baft gefhlagen. B. Denn du Herr fegeneft die Gerechten, Du kroͤ⸗
neft fie mit Gnaden. L. 9. 5, 13. Du gefegeft de gerechten Herre bu
baft vnſz getrönet. B. Der Herr hoͤret mein flehen, Mein Gebet
nimpt der Herr an. L. Pf. 6, 10. ver here Hat erhoͤrt mein bit:
tunge. ber herre empfing mein gebet. B.
8. 111.
Das mit Hatte und war umfchriebene Plusquamperfett
entfpricht dem lateinifchen Plusquamperfekt, drüdt alfo etwas Ver⸗
gangenes und in Bezug auf eine andere gleihfalld vergangene
Thätigkeit Vollendetes aus. — Se weiter wir in der Geſchichte
der deutfchen Sprache zurüdgehen, defto feltner wird das Plusquam⸗
perfekt: feine Stelle wird durd das Perfekt, früher durch das Im:
perfekt vertreten ($. 104). -
deri vordirin wtlin mit herin dari cumin wärin ubir meri mit mislichemo
volke (ren Vordern [Vorfahren] vor Zeiten mit Hceren dahin gefommen
waren über Mer mit verfchiedenartigem Volke). Annol. bei W. 179, 14.
— Vnnd darnach bo fie yn Hattentwent. do füret fie yn für den her⸗
ten; B. 1. Kön. (Sam.) 1, 24. Sie bracht jn mit jr hin auff, nachdem
fieinentwenet hatte. L. Do fie yn (den Efel) Hätten gefattett.
er ftig off. B. 3. Kon. 13, 13. Da fie jm den Ejel fattelten, reit er
drauff. L. Do er hät gegeffen on getrundn. der wiſſag fattelt
feinen efel den er hät widerfüret. Doer was heymgegangen.
eyn lewe ber vand yn an dem weg. B. 3. Kön. 13, 23. Vnd nady dem
er brot geffen und getrunden hatte, fattelt man den Ejel dem
Propheten, den er widerumb gefürt.hatte. Vnd da er weg zoch,
fand jn ein Lewe auff dem wege. L. — Kaum war ich zu Haufe ange⸗
‚ Tommen, und hatte meine Eltern mit einer befriedigenden Erzählung
erfreut, fo überfiel mic ein Blutfturg. ©. Lj. 6. Hier bemerkte man
erft, daß die Wunde aufgegangen war und ſtark geblutet hatte,
Daof. 4,9. Er hatte fic eine Zeit lang aufmerkſam betrachtet, ale
fie fih zu regen anfing. Daf. 4, 10. Was ber Abjcheu der ganzen nie=
derländijchen Ration nicht vermocht hatte, war dem geringichäßigen
Betragen bes Adeld gelungen. ©. Granvella. Es war keine Hilfe vors
anden, fo lange der Minifter nicht vom Ruder der Regierung vertries
enwar. Daf. Seine Verwendung blieb fruchtlos; Armenterog hatte
den König überzeugt, daß der Aufenthalt diejes Miniſters in Madrid
alte Berchwerden der niederländifchen Nation, benen man ihn aufges
opfert hatte, heftiger wieder zurüdbringen würde. Daf. Nachdem
ber Kailer Unterhandlungen, Ermahnungen, Drohungen und Befihle
fruchtlos erfhöpft hatte, den König von Dänemark und den nieder:
fächfifben Kreis zu Niederlegung der Waffen zu vermögen, fingen die
eindfeligkeiten an, und Miederdeutſchland wurde nun der Schauplag bes
Kriegs. ©. 30. Kr. 2.8.
Kehrein Grammatik. 2 . 5
— 66 —
$. 112.
Das Zeitverhältnig dee Zukunft wird duch das Futurum
ausgedrückt, d. he fprechen wir von einer Handlung, bie ef kuͤnftig
geſchehen wird, fo bedienen wir uns des Futurums. — In der aͤlte⸗
ften Zeit gereicht das Prafens Indikativi zugleich für den Be:
griff dee Futurums. Selbſt bei den mittelhochdeutfchen Dichtern
und neuhochdeutfch wird noch häufig das Präfens für das Futu-
eum gebraudt, wenn entweder das Zeitverhältniß nicht foll hervor-
gehoben werden, oder auf eine andere Weiſe 5.8. dur bald, mor-
gen ıc. ſchon ausgedrüdt ift ($. 106).
jarvairthith thus faheds jah svegnitha jah managai in gabaurthai is fagi-
nond. vairthith auk mikils in andvairthja fraujins jah vein jah leithu ni
drigkid jah ahmins veihis gafulljada nauhthan in wambai aitheins
seinaizos. Ulfila, Luc. 1, 14f. vn die wirt freud vnd froloden vnd
vil werden ſich frewe in finer geburt. Wan er wirt groß. vorm her⸗
ren ond win ond fur trand wirt er nit trinden ond er wirt erfult
mit de heylige geift noch von dem lyb finer müter. B. vnd du wirft
des fremde ond wonne haben, Bnd viel werden fich feiner Geburt
frewen, Denn er wird Groß fein fur bem Herren, Wein vnd flard
> Getrende wird er niht trinden. Vnd wird noch in Mutterleibe er-
füllet werden mit dem heiligen @eift. L. — Er wird auf mi flu=
hen, wenn ich ihm das Buch nicht bald bringe. Leſſigg, Ig. 3,1.
Aber ich gehe herum, fie aufzufuchen, und komme wieder, ſobald ich fie
finde. ©. Hd. 5, 242, — Sch fehe, wie Alles fommen wird, Der
König von Ungarn wird erfheinen, und es wird fich yon felbft
verftehen, daß der Herzog geht; nicht der Erklärung wird es erft
bedürfen. Der König wird die Truppen laffen fchwören, und Alles
wird in feiner Ordnung bleiben. An einem Morgen ift der Herzog
fort, auf feinen Schlöffern wird ed num lebendig, dort wird er jagen,
bau’n, Geſtütte Halten, ſich einen Hofftaat gründen, goldne Schlüf:
ſel austh eilen, gaftfrei große Zafel geben, und &urz ein großer Kö:
nig fein im Kleinen! ©. T. 1,7.
$. 113.
Das fo genannte Futurum exaktum unterſcheidet ſich von
dem gewoͤhnlichen indikativen Futurum dadurch, daß es mit dem Prä-
teritum des Infinitivs umſchrieben wird. Das Praͤdikat wird bier:
bei als eine Thaͤtigkeit dargeſtellt, die zwar in der Gegenwart des
Sprechenden zufünftig, aber zugleich einer andern ebenfalls zu⸗
kuͤnftigen Thätigkeit vorangegangen und in diefem relativen
Zeitverhältniffe vollendet if. Man macht von bdiefem, im Alt:
hochdeutſchen noch unbekannten und insgemein durch das Präfens
ausgedrüdten, Juturum nur dann Gebrauch, wenn die Vollen⸗
dung der Thätigkeit foll hervorgehoben werden, fonft fteht meiſtens
dafür das Perfekt. — Die noch Läftigeren Paffivumfchreibungen:
Sch werdegeliebt worben fein wa. finden ſich mehr bei den
Srammatifern und Überfegern lateinifcher Werke, als in der Sprache
ber deutſchen Schriftfteller und des Volkes. — Da wir flatt des Zu:
“ u u Tom u (|
— — — — — — —
— 67 —
turums häufig das Praͤſens gebrauchen ($. 112); fo gebrauchen mir
folgerichtig flatt des Futurums exakt. das Perfekt, wenn die beiden
Futura mit einander verbunden werden, alfo: qui prior strinxerit
ferrum, ejus vietoria erit, mer zuerft das Schwert gezogen hat (oder
auch zieht), deſſen ift der Sieg.
sö stt ir schiere gelegen (fo werdet ihr bald unterlegen fein). Iw. 5016.
da} hat man schiere gesehn. (das wird man gleich gefehen haben). Iw.
A988. Geet vnd fragt fipfligktich nach dem kinde Vn fo irs habt -
funde fo widerkundet mird. B. Matth. 2,8. ZSiehet hin, und forfchet
vleiffig nach dem Kinblin, Vnd wenn jrs findet, fuget mirs wider. L.
Sp ich aber wider erftee fo will ich üch vorgan in gallilen. B. Matth.
26, 32. Wenn ich aber aufferflehe, wil ich fur euch hin gehen in
Balilean. L. waͤſche ich dich dan nit. fo wirft du keinen teyl by mir
haben. B. Soh. 13,8. Werde ih dih niht waffchen, fo haftu kein
Zeil mit mir. L. wan wir gebett haben fo wollen wir wieder zu och
Tummen. B. 1. Mof. 22,5. wenn wir angebetet haben, wollen
wir wider zu euch Eomen, L. Ic wil nit eſſen, byfz das ich rede min
wort. B. 1. Moſ. 24, 33. id) wil nicht effen, bis das ich zuuor meine
Sahe geworben habe. L. Die Könige haben fi mit dem Schwert
verderbet, und einer wird den andern gefchlagen haben. L. A. Kön.
3, 23. Die Bünig ftritte wider fich on erfchlügen ſich onder anander. B.
wenn ich fie genugfam geplagethaben werde, fo will ih fie an eine
Säule binden, Sp. 3, 6. Wie fie ihre Stunden wohl angewenbet
werden haben, SKHoffmannswaldau, Eginhard und Emma Vorbericht,
— Sch bin gewiß, daß der erfahrne Kenner beim erften Blide wird ge:
lefen haben, was ich ihm taugen Eann, was nicht. ©. DE. 3, 10,
Doch denket nicht, dag ihr's vollenden werdet, das Eleine Heer! Berges
bens werdet ihr für euern Feldherrn euch geopfert haben. ©. T.
3,15. Ja felbft die Mörberhand, die blutig fchredlich, ein unerwartet
ungeheures Schidfal, dazwiſchen kam, werd’ ih bewaffnet haben!
©. St. 4,4 Nein, Zell, die Antwort laß ich dir nicht gelten; es wird
was Anders mohl bedeutet haben. ©. Th. 3,3. Das ift freilich der
Hauptpunft, Brüderchen, und auf den werde ich dir gleich dienen Eön-
nen, wenn id) dir vorher das gebührende Lob über deine vortrefflich an⸗
gewenbete Zeit werde entrichtet haben. ©. Lj. 5, 2. — Ihe Schrei⸗
ben fol zugleich mein Ereditiv fein, mit dem ich mich einftelle, fobald ich
eserhaltenhabe. G. %.1,6. Ich verfpreche, daß ich nicht eher don
euch weichen, euch nicht eher verlaffen will, als bis ein jeder feinen Ver:
luft doppelt und dreifach erfegt ſieht, bis ihr den Zuftand, in dem ihr
euch, durch weſſen Schuld es mwolle, befindet, völlig vergeffen, und
mit einem glüdlihern vertaufcht habt. Daf. 3,8. Ich werbe froh
fein, wenn das Stück morgen gegeben ifl. Daf. 5,10. Richt eher
den® ich biefes Blatt zu brauchen, bis eine That gethan ift, die un
wiberfprechlich den Dochverrath bezeugt. ©. 9.5,1. Wenn bie erften
Runden paffirt find, führt Ihr fie in aller Stille dem Haufe zu. ©.
T. 8, 2.
Anm. Becker (ausführl. Gram. II, 40) findet das Futurum exaktum
noch nicht bei Luther im 16., ja felbfi nicht bei Schottelius im 17,
Jahrh. — Die oben mitgetheilten Beifpiele aus Luthers Vibelüberſetzung
(4. Kön. 3,23) und aus dem Simpliciffimus und Hoffmannsmwaldau weis
fen dasfelbe im 46—17. Jahrh. nach.
5*
.
— 68
b) Konjunktiv und Konditionalis.
8. 114.
Im Konjunktiv, der entweder in der abhängigen Rede
($. 181) ftehen, oder von dem Verbum des Hauptfages abhängig fein
£ann, wird das Zeitverhältniß des Pradikates nicht auf die Gegenwart
des Sprechenden, fondern auf die Zeit bes im Hauptſatze fliehen:
den Praͤdikates bezogen. Auf die abfoluten BZeitformen des
Hauptfages folgen im Nebenfage gewoͤhnlich abfolute, auf die
relativen ebenfo relative Zeitformen. Am Konjunktiv herrſcht
übrigens bier weit größeres Schwanken als im Indikativ, mas zum
Theil feinen Grund in den minder fcharf unterfchiedenen Flexions⸗
formen hat.
g. 115.
Der Gebraud) des Prafens, Perfekts und Futurums
des Konjunktivs ergibt fih, mit Beachtung des $. 100 Sefagten, aus
dem Zeitverhältnig des im Hauptfage ſtehenden Praͤdikates. —
Schwankend ift der Gebrauch, wenn das Prädikat des Hauptfages im
Imperfekt oder Plusquamperfekt fteht: hier ſteht im Ne:
benfage meiftens der Konditionalis, oft auch der Konjunktiv, nicht fels
ten werden beide durcheinander gemifht. Dasſelbe Schwanten findet
fi) in der angeführten Rede (oratio obliqua $. 181).
Dazu kam der Beifall der Zufchauer, welche durchaus behaupteten: ob⸗
gleich der Lieutenant in Abficht der groben und feinen. Stimme fehr viel
gethban habe, fo perorire er doch meift zu affectirt und fteif; da⸗
gegen fpr * e der neue Anfänger feinen David und Jonathan vortreff⸗
lich. ©. 8. 1,6. In der Hige der Erfindung, da ich ganz von meinem
Gegenftand: durchdrungen war, hatte ih vergejfen, daß doch jeder
wiffen müffe, was und wo er es zu fagen habe. Daf. 1, 7. Zugleich
erfahre ich, daß man hierher gekommen fei, die jungen Leute wird:
lic in Empfang zu nehmen. Daf. 1, 13. Er dadhte nicht anders, als
daß der Schaufpieler, fobald er mit feiner ; jungen Gattin befreit worden,
das Theater auffuchen werde. Daf. 1,14. Er fühlte, daß er ein
anderer Menſch zu werden beginne, Daf. 1,9. Er bat den zaubern:
den Amtmann heimlich, er möchte doch der Sache ein Ende machen, es
fei ja alles fo Elar als möglich und bedürfe einer weitern Unterſu⸗
hung. Daf. 1,13. Er behauptete, nur ein feltenes Vergnügen _
könne bei den Menſchen einen Werth haben, Kinder und Alte wüßten
nicht zu fhägen, was ihnen Gutes täglid) begegnete, Daſ. 1,4. Mehr
als Ein dienftfertiger Freund hat mir verfihert, bu Lebteft mit
einem liederlichen jungen Edelmann, führteft ihm Schaufpielerinnen
zu, bülfeft ihm fein Geld durchbringen, und feieft fhuld, daß er mit
feinen fämmtlihen Anverwandten gefpannt fei. Daf. 8, 1. Er dachte,
daß es ihm doch möglich fei, jeden Augenblick zurüdzufehren. Im Ge⸗
gentheil ftellte er ſich Dttilien vor, aus dem Haufe gedrängt, wenn er
bliebe. G. Wp. 1, 16. Laffen Sie in diefer Ungewißheit des Lebens
dem bebürftigen Herzen doch nur eine Art von Leitftern, nach welchem es
binblide, wenn es auch nicht darnach fteuern Tann. Daf. 1, 18, Ders -
— — 69 —
gleichen Verhaͤltniſſe, weiß ich wohl, heben ſich nicht auf und bilden ſich
nicht, ohne dag manches falle, was fteht, ohne daß manches weiche,
was zu beharren Luft hat. Daf. 2, 12. Iſt denn nicht auch alddann, wenn
wir uns vornehmen, in bie alten Zuftände zurüdzutehren, manches Uns
ſchickliche, Unbequeme, Verdrießliche zu übertragen, ohne daß irgend
etwas Gutes, etwas Heiteres daraus entfpränge? Daf. 1,12. Gr
vermuthete, hier fei Eduard gegenwärtiger Aufenthalt. Dar. 1, 18.
Charlotte verlangte nur von ihm, er folle bie Nachricht Eduarden
bringen und fehen, was zu thun fei. Daf. 1,18. Ih wünjche mir,
daß ich dem Mächtigen, was ihm gefällt, mit Wahrheit fagen möge.
G. J. 1, 2. Man rühmet body die Gütige; man glaubet, fie ent:
fpringe vom Stamm ber Amagonen, fei geflohn, um einem großen
Unheil zu entgehn. Daf. 2,1. Woher du feift und Eommft, o Jüng⸗
ling, ſprich! Daſ. 2,2, So mag der Schwarm denn kommen, daß es
luſtig in unſern Gärten werde, daß auch mir, wie billig, eine Schöns
heit in dem Kühlen, wenn ich fie fuche, gern begegnen mag. ©. T. 1,2.
— Schon feit den Ichten Monden ließ der Greis geheimnißvolle Winte
fich entfallen, daß nicht mehr ferne fei der Tag, der fie den Shrigen zus
rüde geben werde. Seit geftern aber ſprach er’s deutlich aus, daß
” mit der nächften Morgenfonne Strahl ihr Schickſal fich entfcheidend
werdeldfen S. Bvm. Egmont betheuerte, daß das Ganze nichts
als ein Zafelfcherz sgoeien fet. S, Abf. d. N. Ziele gut, daß du
den Apfel treffelt. S. 21. 3,3. Und an dem Ufer merkt' ich feharf
umher, wo ſich ein Vortheil a uftHät zum Entfpringen. Daſ. 4,1. Das
wären die Planeten, fagte mir ber Führer, fie vegierten das Ges
fhid. Drum feien fie als Könige gebildet. S. 9. 3,4 Ich that
nach Ihrer Borfchrift, führte an, Sie Hätten über ‘unfer Kind be:
ſtimmt, und möchten gern dem fünftigen Gemahl noch vor dem Feld:
zug die Verlobte zeigen. Daf. 2,2. Draufrannt’ er an das Kenfter, riß
es auf mit müthender Gewalt, fchrie in bie Gaſſe hinab, daß alles
‚Volk zufammen lief: er fei der Schreiber ber Maria, fei der Böswidht,
der fie fälfchlich angeklagt; er fei verflucht, er fei ein falfcher Zeuge!
S. St. 5,13. Laß dich beſchwören, übereite nichts, befich!, daß man
von Neuem unterfude. Dal. 5, 13, Auf die Verfiherung der Re⸗
. gentin, daß bie Provinzen einer vollfommenen Ruhe genöffen, und
von Feiner Seite Widerfegung zu fürchten fei, ep der Herzog einige
deutſche Regimenter auseinander gehen. S. Abf. d. N
$. 116.
Der Gebraud) des Konditionalis ergibt fih zum Theil aus
bem in 6. 96. 102 Gefagten. — Der Konditionalis ſteht flatt des
Konjunktivs immer nad) dem Imperfekt und Plusquamperfekt:
1) In den mit daß gebildeten Kafusfägen, welche dag Objekt
eines Verbums wünfchen, bitten, gebieten, darbieten,
zulaſſen, hoffen, fürchten ausbruͤcken, und in den Adverbial⸗
ſaͤtzen des Zweckes. (Vgl. $. 100. 5. 6.)
2) In den adjektiviſchen Relativſaͤtzen. (Vgl. $. 100. 3.)
3) In den durch die Konjunftionen ehe, bis, als ob verbun:
denen Adverbialfägen. (Vgl. $. 100. 4.)
So wäre dir vil waͤger (beffer) du wäreft heraußbliben. Gg. 129a.
Da forcht er jm, er würde geftrafft. A. 216b. — Zufricden wär
ich, wenn mein Bolt mid rühmte. ©. 3. 1,3. Denn vieleicht, ach
— 70 —
wüßteft du, wer vor dir ſteht, und welch verwünſchtes Haupt du nährſt
-. und fchügeft, ein Entfegen faßte dein großes Herz mit ſeltnem Schauer
an, und ftatt die Seite deines Thrones mir zu bieten, triebeft du mich
vor der Zeit aus deinem Reiche, Daf. 1,3. Es wäre mir der Frühling
ſehr willtommen, wenn er nicht meine Freundin mir entführte. G. T.
4,1. Hätt’ uns nicht der Herzog von Urbino die Schwefler weg⸗
geführt, uns wären Jahre im fchönen ungetrübten Glüd ver—
fhwunden. Daf. 2,1. Es täme nur darauf an, daß man fih ver⸗
ftändigte. ©. Wo. 1, 16. Er follte fie wenigftens jest nicht wieder:
fehen; ob er fie je wiederfähe, welche Sicherheit Eonnte er fih dar:
über verfprehen? Daf. 1,16. Schämen würde er fih, wenn er
einfähe, wie unerträglich er dem Leidenden wird. Daf.1,18. Würde
der glüdliche Zuftand, in dem du dich befindeft, dir wohl Freude machen,
wenn du gehindert wäreft, mich zu befuhen? Daf. 2,12. Dem
Lord that es leid, ohne daß er darüber verlegen geweſen wäre.
Daf. 2, 10. Wobei er in der Unfchuld feines Herzens fich ſchon zum
Voraus lauf über den Eindrud freute, den dergleichen Scenen auf das
frifche Gemüth Ottiliens machen würden. Daf. 1,10, Wahrfchein:
lih würde Ihnen aber, wenn das Cabinet ein Eigenthum Ihres Hau:
fes geblieben wäre, nach und nach ber Sinn für die Werke felbit auf:
gegangen fein, fo daß Sie nicht immer nur fich felbft und Ihre Nei-
gung in den Kunftwerfen gefehen hätten. &. %.1,17. Hätte er
den Hauptfchlüffel. bei fih gehabt, er würde fih nit gehalten
haben. Daf. 1,17. Wer mir bas vorausgefagt hätte, würde
mich zur Verzweiflung gebracht haben. Das. 2,2. Ihr Schreiber
Kurl, ftünd’ er ihr gegenüber, käm' es dazu, das Wort nun auszu—⸗
fprechen, an dem ihr Leben hänat, er würde zaghaft zurückziehn,
fein Geftändnig widerrufen. © St. 1,8. — Die Heinften Umftände
biefes Zufalls ftehn mir noch vor Augen, als hätte er fich geftern ereig:
net. &. 21.6. So wargzuermwarten, daß fie (die Nation) fich leichs
ter dazu verftehen würde, zu Erhaltung bes Friedens, als zu einem
unterdrücenden und verheerenden Kriege beizutragen. S. Abf. d. N. Weil
nicht zu hoffen war, daß ber niederländifche Abel eine Mäßigung, die
er dem Souverän nicht verfagen Eonnte, auch auf einen feiner Diener
würdeausgedehnt haben. Daf. Man ließ fogar befürditen,
dag man diefelbe Demüthigung von ihnen verlangen würde, zu
welcher ihre rebellifchen Vorfahren fich hatten verftehen müffen. Daf. In
den Provinzen war fein einziger Pla mehr, ber fih den Waffen der
Regentin nicht unterworfen hätte. Daf. Der Herzog ruft den Mas
teofen zu, die Mafchine mit Stangen aufzuhalten und die Flammen zu
löihen, ehe fie das Gebälf ergriffen. Daf. Als wäre der Sieg
ſchon erfochten, überlieg man fich einer tobenden Fröhlichkeit. Daf.
Doch hoffte man, die Stadt wenigftens noch fo lange hinzuhalten, bis
man bas Getreide würde einernten können. Daf. j
Zweites Sapitel,
Relativfäge.
$. 117.
Der Begriff der Ruͤckbezuͤglichkeit (Melativitdt) wird neuhoch⸗
beutfch auf verfchiedene Weife ausgedrüdt: duch das Demonftrativ:
pronomen der, die, das, durch das Interrogativpronomen wer,
TE Te re al af ON elek vn
. x in — [ N
. *
— % ,
a EL 2 Ze
—M —
was, welcher, welche, welches, durd die Relativpartikeln fo
und mo.
8. 118. .
Das Relativpronomen ift an fich, weil es den in dem Relativfag
(Adjektivfag) ausgedrüdten Begriff als das Attribut eines Seins be:
zeichnet, eigentlich ein Adjektivpronomen, wie das lateiniſche qui, das
sriechifhe 05. Das Relativpronomen bezeichnet jedoch oft zugleich
das Sein felbft, auf welches das Attribut bezogen wird, d. h. im fol:
chen Sägen, in welchen das Demonftrativ fehlt, und da muß man
das Relativ als ein Subftantivpronomen anfehen, 5. B. Wer (ber,
wer) Pech anrührt, befudelt fh. Was (das, was) ſich fuchet, findet
ſich. ther mit mir nist (nicht ift), ther ist widar mir. thaz er
ouh gihorti (hörte), tha3 ther &warto (Gefeghüter,. Priefter) bati
(bat). |
Form, Bedeutung und Gebraud der Relativen
im Allgemeinen.
| s. 119.
Der, bie, das (goth. sa, sö, Ihata, ahd. Ih(d)er, th(d)iu,
th(d)a3, mhd. der, diu, daz) ift eigentlich ein Demonftrativpronomen.
Aus ihm entwidelte ſich allmälich der bejtimmte Artikel (der,
- die, das), jedoch mit der Eigenthümlichkeit, daß in einzelnen Kafus
das Demonftrativpronomen neuhochdeutſch eine vollere Korm bat:
Gen. Sing. deffen, deren, deffen (ftatt des, der, des), Sen.
"Pur. derer (ſtatt der), Dat. Plur. denen (ftatt den).
$. 120,
Das gothifche Relativ wird meift gebildet vom Demonftrativ
sa, sö, thata mit Anhaͤngung der Pronominatenklitita ei, alfo saei,
söei, thatei. Dieſes ei wird auch an die Pronomina erfter und zwei:
ter Perfon, wie an das gefchlechtige Pronomen der dritten Perfon ge⸗
hängt, und es erwaͤchſt daraus relative Bedeutung: ikei (der ich),
juzei (die ihr), izei (der weicher). — Die älteften ahd. Denkmäler
verwenden fchon das Demonftrativ der, diu, daz, ohne weiteren Zu—
fag, ed mag adjektivifch oder fubftantivifcy ftehen, relativ; organifcher
Weiſe aber nur, wie es ſcheint, und wie auch gothiſch der Fall ift, in
Bezug auf die dritte Perfon. Es heißt goth. thuei (der du), ahd.
ih, dd, wir, ir, nicht der ich, der da, die wir, die ir. Ausnahmemeife
findet fi aber auch bereits im Ahd. das Demonftrativ in relativer
Anwendung auf die beiden erften Perfonen, namentlich bei Zatian.
Goth. athäihäit thanzei vilda (er rief herzu welche er wollte). UIf. Luc.
6, 13. bugei thizei thaurbeima (kaufe deffen wir bedürfen). 305.13, 29.
sumäi thize thäiei ni käusjand (einige derjenigen, welche nicht koſten).
— 72 —
Luc. 9, 27. nivaiht thizei gasehrun (nichts deſſen [das] fie ſahen).
Luc. 9, 36.
Ahd. ih tir er töta (der ich dir eher that). N. Boeth. 4. wir dir beidiu
cbunnen joh irräten joh sähen unt Kildön (bie wir bir beides können ſowol
errathen als fehen und b.Iden). Daf 260. dü himil enti ärda gauiorah-
tös enti da mannun sd manac coot forgapi (der du Himmel und Erbe wirk⸗
teft [fchufeft] und der du den Menſchen fo manig Gut gabeft). Weffobr.
Gebet. ir gotes irgöggen eigint (die ihre Gottes vergeffen habt). N. Pf.
49, 23. — thie thar garo bin (der ich da bereit bin). T. 161, 3. quämet
zi mir alle thie giarbeitite birut (tommet zu mir alle, die ihre mit Arbeit
[Mühe] beladen feid). Daf. 67,9. ih bim druhtin dher dhih nemniu
a, got (ich bin der Herr, der ich dich nenne Israels Gott). 4.3 bei
W. 34,7,
Anm. In den ahd. Hymnen wird unfer der du (lat. qui, tu qui) niemals
durch bloßes da, vielmehr immer durdy da där oder fogar durch bloßes der
gegeben, das Verbum folgt in zweiter Perfon: da der spreitis (du ber
breiteft) ; fater da dör inthehis (Water, der du ent[zufammen]hättft) ;
d&r unsih intpunti (dev uns entbandeſt). — Vgl. weiter Grimm, Bor-
rede zu den Hymnen und GraffV,20f.
g. 121.
In der mhd. Sprache gilt das bloße der, diu, daz gleich demon⸗
ftrativ und relativ, und Bann auf alle Perfonen bezogen werden; doc)
ift die Beziehung auf die dritte Perfon am geläufigften. In der mhd.
ſehr geläufigen Konftruftion ich bin der, dü bist der folgt auf dör
das Verbum in der dritten Perfon. Bei ber erften und zweiten Pers
fon wird häufig ein e3 (e8) eingefchaltet, das dann die dritte Perfon
des Verbums herbeizuführen fcheint.
in einer bürge riche, diu was ze santen genant. Nib. 20, A. ich bin der
hie töt geltt (liegt). Wigal.294. ich binz där hät gewarnet. Nih. 1686,
2. — Beifpiele, in denen nach ahd. Meife das bloße da, ir genügt, bieten
die „deutfchen Myſtiker des 14. Jahrh.“, herausgegeben von Fr. Pfeif⸗
fer, Leipzig 1845. Des was niht wunder von dir, dA alliu dinc maht diu
da wilt. 342, 25. Dise sache gehullen alle an diner marter, dü aller
martrære forme, 347, 31. mit dır, dh ein kröne bist aller eren. 369,
20. Uwe höchgelobte werden heiligen, ir gote in dirre werlte mit angesten
unde mit noeten habet gedienet. 370, 35. Mine vriunde, geienket min
in aller iuwer vreude, ir da} erbe dä niezet. 373.28. 6 güete, dü ein über-
golt und ein gezierde bist alles des wunders. 374, 21. Herzenlieber herre
Jesu Kriste, da ein spise bist des gotlichen lebens. 375, 33. -
g. 122,
Neuhochdeutih ift der, die, das, wie mhb., Demonſtrativ
und Kelutiv und kann, wie dort, auf alle Perfonen bezoyen werden.
— Nachwirkung des früheren relativen Gebrauchs der perfönlichen
Pronomina ih, du, wir, ihre foheint ed zu fein, daß diefelben un:
mittelbar nach dem relativ gefegten der, die wiederholt zu werden
pflegen, nicht wiederholt werden müffen, während bei der_dritten Per:
fon unnsthig, ja unftatthaft wäre, das er oder fie nochmals auszu⸗
drüden. Allmaͤlich durfte auch das zweite ich und du unterbleiben
ET
— 73 —
⁊
und geſagt werden: ich der glaube, du der glaubſt, beſonders
wenn etwa noch ein anderes Wort dazwifchen gefchoben wird. Auf
mhd. Art das Berbum in dritter Perfon auf ein ich und du folgen
zu laffen, ift felten, wo nicht das Pronomen es, ein foldher, ober
das Subftantiv ein Mann vorher eingefchaltet wird: Sch bins,
dberdasthut; du biftein Mann, der dasthut. S. weiter
$. 146.
Wer bift, du der do Inbdeft, betracht dich. Gb. 676. Sch bin es der
uhs gebuttet. B. 2.Kön.(Sam.) 13,28. (ich habs euch geheiffen. L.)
ich bins der, herr der ich bih han vßgefüret. B. 1. Mof. 15,7. Ich
bin der Herr, der dich gefürt bat. L. das ich der Herr bin ewr Gott,
der euch ausgefüret Hab von ber laſt Egypti. L. 2. Mof. 6, 7. (das ichs
bin umer got. ich hab uch vEgefürt von dem Eerder ber egiptier. B.) —
D du, der die Himmel ſchuf und der Thräne gebot, zu bie um Ers
barmung zu flehen! Klopftod. Du, der auf den Wolfen thront in
dev Nacht. Arndt. Seid mir gegrüßt, befreundte Scharen, bie mir zur
See Begleiter waren. ©. Kraniche d. 3. Ich, die bin frei nach aller
Welt Berichten. Rücdert, gef. Ged. 2, 171. Ich bins, der mich für
fie zu Geifel gebe. Dal. 4, 349. (Mht. und ich mich der vür st ze gisel
gehe.) Doch dag du, der Zettelchen gyeib ſt Daſ. 3, 210. Wo ſeid
ihr Lauben, bie mir gabt? Daf. 2, 327
$. 133.
Das relative Subftantivpronomen ift aͤlterhochdeutſch der, die,
das, aber auch f[hon wer, was ($. 125), befonders bei Geiler
von Kaifersberg. In der A. Bibelüberfegung fleht der, die, das
adjektivifch und fubflantivifch, felten kommt das fubftantivifche wer
vor. "Luther gebraucht noch meiftens der, die, das als relatived
Subftantivpronomen; jedoch findet fih bei ihm auch fchon wer,
was, welcher und fo als Relativ. Das Demonftrativ der, die,
das wird nhd. felten mehr als velativee Subftantivpronomen ge:
braucht, dafür fteht wer und was. — Den Gebrauh vom 15—17.
Jahrh. zeizen nachfolgende Beiſpiele.
der menſch ift torſchtiger (muthiger) on koͤner der da ſchlaffen gethar (zu
ſchlafen wagt) in einer todtſünd, dann ainer der da fechten tar mitt fiben
bie auff feinen tod gefchworen haben. Gg. 22a. Fer dich nitt an ben
falfchn Propheten, der lanber vil ift zu diſen zeitten. Ge. 97b. dz find
gnaben die gott einem menfchen vergebens gibt. Gs. 56a. ift at-(ewae)
do, das hochachtenswert fei, das gehört gott zü. Gs. 13a. eyner der do
gütig ift. Gb. 7b. wan wer bir ed ioch nit gibt, dem gibſt du ed. Gg.
63a. wer mir nachuolget der wanblet nit in der vinfternuß. Gg. 36h.
wer chrifto nachuolgen ift ber mag nit jer gan. Gg. 36b. wer auf
den band will fteigen ber müß ain fchämel haben. Gg. 1076. — Diſz ift
das wort das der herr het geret uber yn. B. Iſaias 37, 22, vmb dife
fehuld des Ealbes daſ aaron hat gemacht. B. 2. Mof. 32, 3B. Ich ſchrib
vf fo die wort die bie erſten tafeln hatten die du haft zerbrochen. B.
2. Mof. 34,1. diſz ift min lieber fun in dem ich mir geviel. B. Matth.
3,17. das trand wirt bitter den die es trindent. B. Iſaias 24, 9.
bas ich vorcht da 8 gefchach mir. B. Job. 3, 25. der da hynnympt bie
erbermde von fim fruͤnd der verlafzt bie vorcht des herren, B. Job. 6,14.
— 74 —
die ding die zuͤm erſten myn ſele nit wolt ruͤren. nu ſyen ſie myn ſpiſe.
B. Job. 6, 7. der do ſchlecht ein menſchen on wil yn ſchlahen der ſterbe
des tods. wer aber yn nit hat gehaſſet aber got hat yn dar gebe in ſin
hend. ſo wil ich dir ſetzen ein ſtat do hyn fol er fliehen ... der do ſchlecht
fon vatter oder fin müter ber fterb des tods ꝛc. B. 3, Moſ. 21, 12 f.
Vnd ich derbarme mich dem ich will. B. 2. Moſ. 33, 19. — So iſt das,
das der Herr von jm redet. L. Iſaias 37,22. Alſo ſtraffte der Herr das
Volck, das fie das Kalb hatten gemacht, weich 8 Aaron gemadht hatte. L.
2.Mof. 32,35. das ich die wort darauff fchreibe, die in den erften Tafeln
waren, welche du zubrochen haft. L. 2. Mof. 34,1. Die ift mein Lie-
ber Son, An welchem ich wolgefallen habe. 1. Matth. 3, 17. gut
Getrenck ift bitter denen fo es trinden. L. Iſaias 24,9. Denn das
ich gefurcht habe, ift ober mich Eomen, und da 8 ich forget, hat mich trof⸗
fen. L. Sob. 3, 25. Wer barmherbigkeit feinem Neheften wegert, Der
verleft bes Xulmechtigen furcht. L. Bob. 6, 14. Was meiner See:
len wiberete an zurüren, das ift meine Speiſe. L. %06.6,7. Wer
einen Menſchen ſchlegt das er ſtirbt, der ſol das tods ſterben ꝛc. L.
2. Moſ. 21, 12 f. wes ich mich erbarme, des erbarme ich mid. L.
2, Mof. 33, 1. Sie folgen nicht Chriſto, deffen fie fih Nachgänger
ſchreiben. A. 338b. am ſchwerſten fündiget der, wer fich vmb fein Geld
Lafter Eauffet. Sp. 3,13. damit ich diejenigen auch genug narvete, bie
mic zum Narren zu haben vermennten. Sp. 2,7. Was einem jäger
hurtig (Tchön) ftehet, das ift ein grüner hafel: ſtrauß. hg. 3, 3885.
$. 124,
Wer, mas (goth. dreigefchlechtig hvas, hvö, hva, ahd. zwei:
gefchlechtig hudr, huaz und wer, waz. mhd. wer, waz) tft ein fubftan:
tivifches Interrogativpronomen, das allgemein fragt (Lat. quis, griech.
zes), Im Abd. wird wer und was nicht als Relativ gebraucht.
Es findet fih nur in einer eigentlichen Frage und in interrogativen
Mebenfägen, wo auch der Lateiner das Interrogativ quis, quid ges
braucht. Ebenſo iſt es mhd. Das fragende mas fteht goth. ahd.
mhd. nhd. für den Sing. und Plur. aller Gefchlechter gern mit einem
Senitiv (goth. nur Plur.) verbunden.
Goth. ith hvas izvara maurnands mag anaaukan ana vahstu seinana aleina
eina (aber wer eurer forgend man hinzufügen an feinen Wuchs eine Elle) ?
uf. Matth. 6, 27. jah athäitands sumana magive frahuh, hva vesi thata
(und herbeiheißend einen der Anechte fragte er, was wäre das). Daf.
Luc. 15, 26.
Ahd. uuer ist nu so uuizzig (ter ift nun fo wisig)? N. 106, 43. her fra-
gen gistuont fohem uuortum huer sin fater uudri (er zu fragen begann
mit wenigen Worten, wer fein Vater wäre). Hild. 17 beiW. 65,17. wa3
thionostes? 0. V, 7. wa3 wortö? T. 129.
Mhd. waz saget ir mir von manne? Nib. 45,1. wär sol schifmeister sin?
Nib. 366, A. wagz rätes? Parz. 478, 20. wog salben®? En. 10044.
8. 125.
In demfelden Verhältniß, tie das Demonftrativ der, die,
das nach und nach zum relativen Subflantivpronomen und dann zum
relativen Adjektivpronomen geworden ift ($. 120 f.), entwidelte ſich
——— — — —
— 1 —
das interrogative Subſtantivpronomen wer, was allmaͤlich zum rela⸗
tiven Subſtantivpronomen ($. 123) und zuletzt zum relativen Adjek⸗
tivpronomen, jedoch in geringerem Umfang, weil welcher ($. 127)
bier feine eigentliche Stelle hat.
> Was ich erwarb, genießen andre mebr als ih. G. 3.1,2. Was man
Verruchten thut, wird nicht gefegnet. Daf. 1, 2. Die Menfchen fürchtet
nur wer fie nicht Tennt, und wer fie meidet, wird fie bald verfennen. ©. _
T. 1, 2. Daß diefes höchſte Vermögen (die Vernunft), wa 6 der Menfch
befist, Urfache habe, über fich felbft zu wachen. &. Betracht. im Sinne
-der Wanderer. Wir kommen an ein Zagmwerf, was den meiften Xus-
legern viele Mühe gemacht hat. Herder. Das einzige Gefchöpf, was in
folcher -Korterbung der Gedanken wirkt. Herder. In der einen (Hand)
die Perüde, die er einem Sänger ausgerauft; in der andern das natür⸗
liche Haar, was er darunter angetroffen. J. Paul. Schatullden, was
ich fand verſteckt. Arndt.
Anm. 1. Altere Beifpiele f. $. 123.
‚Anm. 2. Das relative was liebt unter den neueren Schriftftellern befon=
ders Laube; vgl. deffen „NReifenovellen.“ Zahlreiche Beifpiele dieſes
was aus verfchiedenen Schriftftellern hat Zeipel zufammengeftellt in
„N. Jahrb. f. Phil. u. Pädag.“ Suppl. 7, 293 f. 8, 510 f.
$. 126.
Um den Begriff des Iateinifchen quisquis, quicunque (mer im:
mer) auszudrüden, fegte man ahd. vor und nad) wär und way ein so.
— Mpd. ift das vorausgehende sö zum völligen Praͤfix geworben,
und dis nachfolgende wird in der Regel ausgelaffen; einigemal wird
auch da8 Demonfkrativ nachgefegt: swer, swer der. — Nhd. ver:
Ihwindet das Praͤfix nach und nach. gänzlich, das bloße Interrogativ
drücdt den unbeftimmten Begriff zugleich aus, oder Diefer wird durch
andere Partikeln (3. B. etwa, auch $. 238) hervorgehoben. Was
ift übrigens viel gebräuchlicher als wer. — Das was kommt mhd.
und auch heute noch felbft im Dativ vor, obmwol felten. — Nach jabäi
und andern Konjunftionen wird das gothifche hvas, hvö, hva ebenfall&
ein unbeflimmtes Pronomen.
&oth. thatei brothar theins habäith hva bi thuk (daß dein Bruder habe was
gegen dich). Ulf. Matth. 5, 23. jahäf hvas habäi ausona häusjandona,
gahäusjäi (mer hat Ohren zu hören, höre). Marc. 4, 23.
AHd. thaz thin bruoder habet sib uua3 uuidar thir. Tat. Matth. 8, 23. Nu
freuuen sih es älle, so uuer so uuöla uuolle (nun freuen fich deffen alle,
wer wol wolle). O. I, 1 bei W. 84, 13. dar an gedenke swer sö der
welle (daran gebenfe wer der wolle). W. 218, 2 aus dem 412. Zahrh.
Mhd. swa3 sö day ros und ouch den man ze ritter geprüeven (prüfen) kan.
Trist. 4581. swer ir minne görte. Nib. 158,2. swa3 iemen reden kunde,
Nib. 54, A. swördörwil. Parz. 99, 16. mit waz3 gelegenheite. Trist.
8690. mit wa3 gezoges, mit wa3 gesellen? Frauend. 88.
Nhd. Der ift ein narr der fich vertröft auff wen. S. Brant (13. Jahrh.).
Würbe fih mer, als bevortheilt, befchweren, der wird dem nehmer fie
doppelt gewähren. hg. 1, 291. So hat die Sonne nicht Verftand, weiß
nicht, was fich gebührt; drum muß wer fein, der an der Hand gleich wie
ein Lamm fie führt. Claudius, Sonnenaufgang. Es ſchien ihn fo zu’
| — 176 —
plagen, als hätt’ er wen erfchlagen. Bürger, die Entführung. Bringt
wer ein-Irrfal in Schwang. Klopftod, Gelehrtenrepublil. Blumen
wol’n noch kaum erblüh’n. Blumen, mag's eudy wer verdenken? Fou⸗
que, Entfagung. Wundert's wen, daß ird’fhen Sängern felten in der
Liebe Leben ein beglüdter Stern erglänget? Uhland. Luſtig rollt der
Magen fort über Stein und Brücken, ſtand nicht wer an feinem Schlag
mit verweinten Blicken? Lenau. Wagt ed wer, im ſchwanken Mond⸗
licht da den Pfad hinaufzumwallen, bebend fieht er feinen Schatten in ben
graufen Abgrund fallen. Lenau. Geh wer mit. Schlegel⸗Tieckiſche Überf.
von Shaleipeares Hamlet (Berlin 1831) 2,2. Nehmt Euch wen zu
Hilfe. Daf. 3,3. Es gäb’ ein rechtes Schaufpiel, rief er aus, wenn
wer darin ſich mit Euch meffen könnte, Daf. 4,4. — Ich zielte nach
den Rittern, die, wenn der Bauer was gewann, den lebten Heller wit⸗
tern. 9. Gerhard. Wo er was zu kapern fand. Bürger, Raubgraf.
Bilde mir nicht ein was rechts zu wiffen, bilde mir nicht ein ich konnte
was lehren. G. F. 1,29. Alle Senfter waren befest, ohne daß den Tag
über was Befonders vorging. G. Leben 1.3. Es ift was Schredliches
um einen vorzüglichen Mann, auf den fih die Dummen was zu Gute
thun. G. Wo. 2,5. Jetzt ift im Dienft der Götter was verfehen, das
und das Leben wüfte macht. S. Iphigenie 1, 4. — Zu was Beflerem.
find wir geboren. ©. Hoffnung. Der Graf habe etwas vor, man könne
aber nicht entdeden, auf was er ausgehe. S. PVieilleville. Die Natur
wird euch lehren, vor was ihr zu fehaudern habt. G. 2%. 8,9. Eine
wahre Begebenheit, fie mag übrigens erflärbar fein und zufammenhängen
mit was fie will. ©. Unterh. d. Zusgew. Es mag kommen, zu was
es will. Leſſing. An was gebricht's? G. Schwab, das Mahl zu Hei⸗
beiberg. j
Anm Klopftod gebraudt in der Gelehrtenrepublik diefes unbeftimmte
was fehr oft, z. B. ©. 19, 114, 119, 181, 153, 162, 199, 232, 242,
291, 300 ber Leipziger Ausg. 1839. Auch in der Mefftade kommt dies
was öfters vor. Andere Beifpiele hat gefammelt Teipel ind. Jahrb.
f. Phil. u. Paͤdog. Suppl. 7, 293 f, 8, 510 f.
$. 127.
Welcher, weldhe, welches (goth. hveleiks, hveleika, hve-
leikata, ahd. huelihhär, huslihhiu, huslihba3, mhd. wälcher, welchiu,
wölche3) ift urfprünglidy ein Snterrogativpronomen, das nad) der
Beſchaffenheit fragt (lat.. qui). Welcher ift als Korrelativ von fol:
her zu betrachten. Ahd. bezeichnet welcher meiſtens die Art, zu:
weilen jedoch aud) das Individuum. Als Interrogativ ſteht es
in unabhängiger wie in abhängiger Frage. Mhd. fteht welch als In⸗
terrogativ, auch als relativifches Subftantiv. Älterneuhochdeutſch
findet fi welcher hier und da als telatives Adjektivpronomen; fpd-
ter breitet e8 fich als folches weiter aus und tritt dem relativen der
gegenüber ($. 123), wird aber auch noch als Interrogativ gebraucht.
Die Rüdfiht auf die Befhaffenheit, auf die Art follte bei
dem nhd. Gebraudy von welcher vorwiegend fein, iſt es aber nicht
immer. Goethe gebraucht lieber das kurze der, alö das längere
welcher.
Goth. ith thai mans sildaleikidedun qvithandans. hvileiks ist sa ei jah
vindos jab marei ufhäusjand imma. Ulf. Matth, 8,27. bes verwunderten
— 77 —
ſich die mentſchen vnd ſprachen wer iſt der. wann die winde vnd b% mör
find im gehorfam. B. Matth, 8, 27. Die Menfchen aber verwunderten
fi, und ſprachen, Was ift das f ur ein Man, das jm Wind vnd Meer
gehorſam iſt? L.
ar. huuelih ist auur nu dhese druhtin fona uuerodheoda druhtine chisen-
dit (welcher ift aber nun diefer Herr von der Heere Deren gefendet)? I. 3
bei W. 38, 11. suohhen dhea nu auur huuelih got chiscuofi: odho in
huuelihhes gotnissu anachiliihhan mannan chifrumidi dhen ir chiscuof
(fuchen mögen die nun aber, welcher Gott fchüfe, oder in welches Gottheit
[nach wklches Gottes Bild] er den Menſchen aͤhnlich machte, den er ſchuf).
Daſ. 34, 30. nu sage mer, vrowe.... wilich under in allen der beste
gevalle?- K. Rother bei W. 232, 35.
Mhd. lat sehen welch meister ir sit. Ah. bei W. 3850, 24. wan friesche
(vernähme) da3 mins herzen trüt, welch ritters leben were, da3 wurde
mir vil swere. Parz. 117, 24.
Nhd. welches menfchen leben verachtet wuͤrtt, des ſelben leer oder gebott
muͤſſen vorab ouch vernütet (vernichtet) werben. Gs. 13b. welden er
erwelet, der fol jm opffern. L. 4. Mof. 19,8. Weiden die Götter vers
damnen, der fols widergeben. L. 2.Mof. 23, 9. vnter zwo röhren, wel:
der fechs aus dem Leuchter gehen. L. 2, Mof. 25, 35. Welcher onter
. feinen Sönen, an feine flat Priefter wird, der fol fi ie fieben tage anziehen.
L. 2. Mof. 29, 30. Iſt das ewer Son, weichen jr ſaget, er ſey blind
geboren? L. Joh. 9, 19. Selig find die, welchen jre vngerechtigkeit
vergeben find. L. Röm. 4,7. Zu ehren der Helden, bey welcher (quo-
'rum) zeiten alle ding gemeyn feyn geweien. A. 16b. — Geßler:) Haft
Du der Kinder mehr? (Zell:) zwei Knaben, Herr. (Geßler:) Und wels
her if’s, den Du am meiften liebſt? S. 1. 3, 3. Den Grafen fo wie
die Baroneffe konnte man unter jene hohen (hönen Geftalten zählen, die
man in einem mittlern Alter faft lieber als in der Jugend flieht ... die
Neueintretenden, welche unmittelbar aus der Welt kamen, machten ge:
wiffermaßen mit unfern $reunden eine Art von Gegenfag. G. Wo. 1,10,
Wenn weiche Perfonen dadurch meift an Anmuth verlieren, fo gewinnen
biejenigen dadurch unendlich, die wir gewöhnlich als flark und gefaßt
fennien. Daf. 1, 11. Du Eönnteft Gott danken und did vor der Welt
groß machen, wenn du in deinem Leben eine fo edle at gethan hätteft,
„ wie bie ift, um welcher willen ich gefangen ſitze. ©. ©. 4.
An Mn Andere Beifpiele aus Luther, und fein Berhältnig zu B. ſiehe
Anm. 2. Aus den Beilpielen Gs. 13b., L. 2. Mof. 25, 38., A. 16b. und
Goethe ©. A. ergibt fich die Unrichtigkeit der Behauptung mandyer Gram⸗
matiker (z. B. Kochs $. 206, Beckers $. 174), daß das Relativ wel:
her im Genitiv bie Formen bes Demonftrativs beffen, beren ans
— Fa fann man allerdings zugeben, daß der Genitiv von welcher
elten i
$. 128,
Wie aus swör, swaz allmälic ein unbeflimmtes wer fich ent:
widelte ($. 126), fo entwidelte fih aus swelh ein unbeflimmtes
weld.
Abd. mhb. so wellher so (jeder). Diut. 1, 502b. so nuellkes sd. K. 87a.
s0 welth wib sö wäri (melches Weib es geivefen). 0.1, 14. si sprächen,
swelich gedinge er dar umbe wolde. W. 200, 9. söwich schoene wip mir
denne gebe ir habedanc, der wi ich liljen unde rösen 03 ir wengel schinen,
Walther v. d. 8. bei W. 388, 1
NH. Gibt ed auch unter euch welche, die in weißen Kleidern gehen, wie
die Diener und Dienerinnen, die ihr ung abgefangen habt? Arndt, Abent.
d. 3. Dietr. Die Hände fagten, warum follen wir allein für euch andern
arbeiten? Schafft euch felbft Hände, wenn ihr weldye braudht. Campe,
die Glieder d. m. &. Die Patronen wirrten ihm (Reinhard) durch den
noch halb trunknen Sinn. Cr fragte ängftlich bei den Zeltfameraden
umher, ob ihm Niemand weldye leihen wolle oder auf ‘Borg verkaufen...
Ramerad, Tchrie Reinhard beweglich, du mußt mir helfen. Schenke mir
welche, oder borge mir welche, oder verfaufe mir welche. Fouqué,
das Galgenmänndyen. Ich zeigte ihr welche (Zulpen) von den felten=
ſten. Kind, Zulpen. Alles Quedfitber, das ich noch über das Feuer
brachte, das verrauchte wirklich, kennſt du welches, das nicht verraudht,
fo bringe es. Leſſing. Der Sänger des Meffias hat überflüffige Schön-
heiten, als daß man ihm welche andichten müßte, bie eine find. Leſſing.
Harpagon hungert feine Kutfchpferde aus? Warum hat er überhaupt
welhe? A. W. v. Schlegel. Der Mann, welcher fie (feine Frau) gar
lieb hatte, dachte, es mag koften, was es will, fo willft du ihr doch welche
(Rapunzeln) fhaffen. Grimm, Rapunzeln (in der frühern Ausgabe).
$. 129.
Schon ahd. wird das demonftrative Adverbium fo ($. 35) ftatt
des relativen Adjektivpronomens gebraucht. Schottel fagt im
‚17. Jahrh. (von der teutfhen Haubt: Sprache, Braunfchweig 1663.
©. 543. 735): „Das Bornennwort © iſt unwandelbar, wird alſo
in allen Zuhlendungen und beiden Zahlen für welcher oder der ge:
braucht.” Unſere beflen neueren Schriftftellee machen noch davon
Gebrauch, aber nur im Nominativ und Akkufativ.
von priesterlichem ampte so wir haben uon göte. W. 299, 18 aus d. 12, Jahrh.
Vns seit (fagt) sant lucas an dem heiligen &wangelio so wir huto (heute)
lesen. W. 301, 39. Si zugend mit richem schalle von Sursee uß der statt,
die selben herren alle, so der hertzog gesamlet hat. Halbsuter bet W. 921,
418. des danket er den eidgenossen und denen so er gutes gann. Vw. bei
W. 10856, 3. es fein nicht alle Rarren, fo ein vrtheil fellen. Geiler. Wie
ein verlaffen aft und zweig, jo verlaffen ward fur den Eindern Iſrael. L.
Sfaias 17,9. alle die fo Angel ins waffer werffen. Daf. 19, 8. gut
Getrend ift bitter denen fo es trinden. Daf. 24,9. AU denen fo bie
veracht leiden. H. S. 63b. in den alten brieffen, fo noch vorhanden,
finde ich. A. 50a. Das bächle, fo an für van, ward blutfarb. A. 21a.
der reife Zeug, fo ... das Vold, jo... A, Sta. Dann als in dem groffen
Brande fo vor 4 Jahren in Mußcow entftanden. %. Diearius (17. Sahrh. )
bei W. 3. 672, 21. an denen menſchen, fo gott ſchoͤn gemacht. hg. 3
200. — Da fommt die Eskorte, fo uns ber Kaifer entgegenfchidt ! —*
Vieilleville. Der Verfaſſer und der, ſo die Depeſche überbringen ſollte,
wurden ſogleich fortgeſchafft. Daſ. Wie ihm Vieilleville den Brief zeigte,
fo er von ſeinem Spion in Luxemburg erhalten. Daſ. In einer Stunde
fam fchon ihr Vortrab, fo aus ungefähr fehzig Mann beftand. Daf.
Die Saat, To beine Zagh zertritt. Bürger, der Bauer. Angethan mit
einem Sterbekleide ſchlummert Röschen, fo der Mutter Freude, fo ber
Stolz des Dorfes war. Hölty, Elegie a. e. 2. Der Dänenkönig Frotho
genüber Schwerting faß, mit ftaunender Geberde die Eifenfetten maß, fo
biefem niederhingen von Hals und Bruft und Hand. Ebert, Schwerting.
Dazu das Haupt, fo er ihm abgehauen, Uhland, Roland Schidtruger.
— y99 —
Anm. Klopſtock gebraucht dieſes fo ſehr oft, z. B. Meſfias 2, 474. 3,
24. 50 4, 607, 5, 675,
8. 130.
„Wo ($. 131) ift ein unabänderliches Relativpronomen für
“alle drei Gefchlechter und beide Zahlen, jedoch nur für den Nominativ
iind Akkufativ, vergleichbar dem auf ähnliche Weife verwendeten (in
füddeutfcher Volksſprache nicht gebräuchlichen) fo. Der Dativ muß
durch eine Eleine Wendung angegeben werden, 5. B. die Leut' wo me
damit umgeht.” Schmeller, baier. Wörterbuch 4, 5. — Für die: -
fe wo fagt die mittelcheinifche Volfsfprache gerne der mg, dekliniert
dann der im Dativ und Akkufativ Sing. und Plur.: dem wo,
den wo, die wo. — Das Relativadverbium wo f. d. 149.
Das Füllen lief weg und legte fi an einen Wagen, wo zwei Ochfen ba=
vor waren, mittendrein. Grimm, Kinderm. (frühere Auflage). Der ſcheen
jung Offezier, wo ainer hat erfloche, der wurd begrawe hyt. Arnold,
Pfingſtmontag 1, 4.
Anm Wiemwer und welche, fo wird auch wo unbeftimmt (irgendwo)
gebraucht. — Hier mag ich nicht mehr ftehen, ich will wo anders gehen.
Rücert, vom Bäumlein. Er pflegte, wenn er ſchweift' im Land, fo oft
er wo ein Münfter fand, wenn’s offen war, hineinzutreten. Uhlanı, Ri:
hard o. F. Und ift Bein Fels wo, auf den fie nicht ſtoßen. Klopftod,
Gelehrtenrepublik. Ich habe einmal wo gelefen. Daf. Sonft wo in
ber Grammatik, Daf. Sie haben auch einen Druidenfhuh in der Kluft
wo gefunden, Daf.
$. 131.
Schon feit der gothifchen Zeit werden Partikeln. durch Zufam:
menfegung des Inſtrumentalis mit Prapofitionen gebildet. — Für
die Verbindungen des interrogativen Subflantivpronomens im Dativ
(Snftrumentalis) des Neutrums mit einer Präpofition hatte die ahd.
und mhd. Sprache, wie für biefelben Verbindungen des Demonftra-
tivg, zwei unterfchiedene Formen. Sie ließ entweder den Dativ (huid,
hid, diü) der Präpofition nachfolgen: mithuid, zihuid, oder fie ge:
brauchte flatt des Kafus, und zwar für den Akkufativ wie für den
Dativ, die Abverbien zur Richtung wohin wara, war, dara, dar (wo⸗
bin, dahin) und Ließ fie der Präpofition vorangehen. Daraus bilde:
ten fich unfere Relativfonjunktionen womit, damit, woran,
daran ꝛc.
Goth. duthe ei saci gabairada veihs, haitada sunus guths. Ulf. Luc. 1, 35.
darumb das heylig dz von dir wirt geborn wirt genennet werben der
fun gottes. B. Luc. 1,35. Darumb aud) das Heilige, das von dir ges
boven wird, wird Gottes Son genennet werdem L.
Abd. zihiugisihis thu (hie fesun in ougen thines bruoder? T. 39,6. was
fihftu den agen in dem auge dines drüders. B. Matth 7,3. Was
ſicheſtu aber den Splitter in deines bruders auge? L. senu nu fon thiu
saliga mih quedent allu cunnu. T. A, 6. ſich ufz dem werden mid) felig
fagen alle gefihlächt. B..Zuc. 2,48: Sihe, yommu an werden mich felig
so —
preifen alle Kinds Tind. L. uuara zuo inphieng er in? N. 77, 71.
war umbe häs du in irstochin? W. 202, 25. där pägant siu umpi
(darum ftreiten fie). Musp. 10. Ä
Mhd. sehs und ahzec türne si sahen drinne stän.... dar inne selbe Prün-
hilt mit ir ingesinde was. Nıb. 388, A. dä habet ir miner swester liebe
an getän. Nib. 512, 2. warzuo ist diz guot? Parz.
Nhd. fant Martha, da bey der herr Jeſus Chriſtus bie auff erd oft fein
wonung het. Gg. 32a. er wurd von vil fünden behätt darein er täglich
felt. Gg. 23b. ein fewr, da man vmb ſitzen möge. L. Sfaias 47, 14.
Diefen Stab nim in deine hand, bamit du Zeichen thun folt. L. 2.Mof.
4,17. Auff das man fehe dad Brot, damit ich eud) gefpeifet habe. L.
2. Mof. 16, 32. (dz fie erfennend dz brot mit dem ich uch hab gefll- -
vet. B.) Der König ward von denen, barauff er alle feine Hoffnung
gefeßt hatte, verlaffen. A. 2974. Ihm hat Attalus eine groffe vnleyden⸗
liche, dar von uns Zeutfchen nicht zureden ift, ſchmach angelegt. A. 85a.
Aus einer Werdftatt, da man die Leut in fchmid. A. 18b. Sie machten
auch Erbftäbel, dar inn fie das Getreid möchten behalten. A. 17b. wo⸗
mit einer fündiget, damit pflegt einer auch geftrafft zu werden. Sp. 4,
7. was geheuet mich der Dred, Damit ich nur die Haut verderbe. Sp.
1,3. was hilfft der Hohe wis, damit dein ehrgeig ftuget? ‚bg. 5, 297.
— Jenen Spiegel, wodurc den Feind Alerander hat überwunden,
fammt dem Ringe, durch deffen Zwang Geifter Salomon hielt gebunden;
auch den Becher, worin Dſchemſchid überblidte die fieben Bäume, bie
brei Talismane, die nun find fo lange der Welt entfchwunden: lange hatt’
ih davon geträumt und nichts Rechtes erfahren können; in der Schenke
nun hab’ ich jüngft die Kleinodien aufgefunden. Rüdert, gef. Geb. 4,174.
Anm. 1. Älternhd. Beifpiele bietet Schottel ©. 739, 776., neuere f.
unten $. 147,
Anm. 2. Goth. thar und tharuh bedeuten da (ibi), tharei hat relativen
Sinn wo (ubi), thathrö bedeutet von da. Abd. gilt dar, dhar, thär for
wol für ibi (da) als relatives ubi (wo); dara, thara, tharasun bedeuten
dahin, danan, thanan, tbanana, dannan von dba und von wo. Mhd.
bedeutet da da und wo, dar dahin, dunnen von ba. — Dem goth.
thar entfpricht fragendes und relative hvar, war wo, dem thathrö ents
fpricht hrathrö von wo. Ahd. buusr, wär (mo) entſpricht dem där,
wara (wohin) dem dara, huuanan (von wo) dem dann. Mhd. wa
(mo) entfpricht dem da, war (wohin) dem dar, wannen (von wo) dem
dannen. Alle diefe Bildungen ftammen von den Fürwörtern ber ($.119)
und wer ($. 124). — Das alte war gieng fpäter in wor über, im
16. Jahrh. findet fih warumb und worumb. Von wor und dar
fällt jegt vor Eonfonantifdy anlautenden Präpofitionen das r heraus;
doch findet fich felbft bei Goethe noch wornach. — Unridtig erklärt
Stieler in feinem Wörterbuh ©. 2572 diefes wor ald eine Zujammenz .
ziehung aus wodar oder woher,
Neuhochdeutſcher Sebraud der Relativen im
Befondern.
A. Ein Relativfag in Verbindung mit einem Hauptfap.
8 132, -
Ein Subftantiv, es mag ein wirkliches Subftantiv oder ein an⸗
beres fubftantivifch gebrauchtes Wort fein, kann duch Beifügung
«
4
J
81
irgend eines andern Wortes, ober eines ganzen Satzes näher beſtimmt
werden. Wird das einem Supftantiv beizulegende adjektivifche Attri:
but in einen Sag umgewandelt durch das Relativ, welches den Me:
benfag auf fein regierendes Subftantiv (Träger des Relative) be:
zieht; fo nennt man diefen Sag einen abjeftivifchen Attributiv- oder
Relativfag. Hier kommen der Relativfag an fich, die Relativ:
ſabreihe und das Relativſatzgefüge in Betracht.
8. 133.
Genus, Numerus und Perſon des Verbums verhalten ſich im
Relativſatz wie im einfachen Satz; Modus und Tempus muͤſſen, wie
auch die Beziehungen des Genus und Numerus des Relativs im Ver⸗
haͤltniß zum Hauptſatz betrachtet werden. — Über Modus und Tem:
pus vgl. $. 92 f.
$. 134.
Das Relativ richtet fich in Geſchlecht und Zahl nach feinem Traͤ⸗
ger im Hauptfag; der Kafus wird durch die Faſſung des Relativfages
beftimmt.
Alle fiebenzehn Provinzen waren unter vier Biſchoͤfe vertheilt, welche den
Erzftiften von Rheims und Köln untergeben waren. ©. Abf. d. N. Wil:
helm hatte nody einen andern Berührungspunkt mit Philipp dem Zweiten,
welder wichtiger war. Daf. Vierzig Zahre dauerte ein Krieg, beffen
glüdliche Endigung Philipp’s fterbendes Auge nicht erfreute. Daf. Laßt
diefe Halle felbft, Die euch geboren, den Schauplag werden zures Wechfel:
morde. S. Bom. Ic folge gern dem edeln Beiſpiel, das der Jüngre
gab. Daſ. So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen ein hoher
Wille, dem ich mich ergebe. G. J. 1, 1. Die Schmerzen ſind's, die ich
zu Hülfe rufe. Daf. 4, 2. Stets iſt dein Antheil groß am Großen, das
du wie dich ſelbſt erkennft. G. 2%. 1,1. Hier ift der Kreis, in bem fi
meine Seele gern verweilt. Daf. 1, 3. Doch nicht (haben wir) den rei⸗
nen Dank, um deſſent willen man die Wohlthat thut. ©. J. 1, 2.
Weh dem, der fern von Eltern und Gefchwiftern ein einfam geben ‚führt!
Daf. 1, 1. Weil Niemand unfer Reich vor dir betrat, der an Dianens
heil’gen Stufen nicht, nad altem Brauch, ein blutig Opfer, fiel. Daf.
4,2. Ich bin e8 feibft, bin Iphigenie, die mit dir fpricht. Daf. 1,3.
$. 135.
Nicht felten darf von dem grammatiſchen Geſchlecht des
Subſtantivs abgewichen werden, wenn die Bedeutung auf ein ans
deres natürliches führt: der Sinn überwiegt die Form. Haupt:
faul ıfl, wenn aus der Unbeflimmtheit des Neutrums ſich ein männ:
fiches oder, was am häufigften vorfommt, weibliches Gefchlecht ent:
widelt. Diefe Abweihung vom grammatiſchen Geſchlecht findet ſich
ſchon ahd. und mhd.
ist tbiz kind iuer, ther blinter (blind) ward giboraner? O. III, 20. daz
kindeltn, den ich ia genennet han. Dietz. 480. umb ein wib diu
guot wäre und erlich. W. 170, 15. da bist daz ander wib, diu uns
. brähte den lb. W. 198, 43. ein wip näch der min herze ste. W.
Kehrein Grammatik II. 2. 6
614, 9. — ein weibsbild, in welche man ſch oͤffters vflegt gu ver⸗
gaffen. hg. A, 112. — Die Ungebuld feiner Xlamen zwang ihn bey
Fräulein, die er fonft niemahl ausführlich reden Tonte, die Gnade zu
bitten, einmahl alleine bey ihr eingeläffen zu werben. Hoffmannswaldau,
Eginh. u. Emma. Alles ging durch ein gutes Weib, welche nicht fern
das Thal hinab wohnte. G. Wj. 1,2. Ich erinnere mich eines ſehr ſcho⸗
nen und angenepmen Mädchens, die aber auch bald verſchwand. G
Leben 1.8. Sin erhöhtes Andenken eines jungen Mädchens, von ber
er mit vierzehn Jahren geliebe zu fein glaubte, &. nachgel. W. 6, 118.
Jenes Mädchen iſt's, das vertriebene, die du gewählt haft. G. Hd. 4,
210, Ein liebes Weibchen, mit ber ich mich vertragen werde. ©.
Stella 1. Das ift ganz ohne Trage das liebens würdige Dimdien Ot⸗
tilie, gegen deren Annäherung du dich nicht Länger vertheibigen darfſt.
G. Wo. 1,9. Allein er Fündigte ihr die Ankunft eines Frauen zim⸗
mers an, bie bier hereinziehen ſollte. Daf. 2, 16. Er fand bald was
er fuchte in einem Frauenzimmer, das in biefem Augenblid bas
fhönfte der ganzen Stadt genannt zu werden verbiente, beren Gehalt
und Wefen das angenehmfte zeigte, und das befte verfpradh. ©. Unter⸗
haltungen d. Ausg. Daß er wähnt, früher ein weiblihes Wefen unſe⸗
res Kreiſes verlegt zu haben, deren Scidfal ihn jest beunruhigt. ©.
Wi. 1,11. Vor allen Dingen das Eleine Geſchöpf (Hlerte), verfegte
ih, die mich in diefen vermänfchten Zuſtand gebracht hat. G. Leben 2.
Anm. Diefer, auch den Griechen und Römern nicht unbefanäten Ause
drucksweiſe bedient fi ſchon Uffila (Gal. &, 19), gwar nach dem griech.
Tert: Texvia uov, gds ndir oda harnilöna meina, thanzei
aftra fita (meine Kindlein, die ich abermals gebäre). Bgl. weiter Bram. II.
1, 8. 141 und Grimm IV, 267 f. .
$. 136.
Ä Wenn ein Relativfag auf den ganzen Inhalt des Hauptfages,
nicht auf ein einzelnes Wort besfelben bezogen wird, fo fleht das Re:
lotiv ins Neuteum. Unfere beften Schriftiteller gebrauchen dabei,
ohme Unterfchied, was und welches. Häufig wird ber durch den
Hauptfag ausgedrüdte Gedanke als ein Begriff im einem Subſtan⸗
tiv zufammengefaßt, und diefes dann als eine Art Appoſition bei:
gefügt.
irri vuorin danderö, unz Ulixis gesindin der eiclops vrag in Siciljen, day Dlixes
mit spiegin wol gerach, (irre fuhren fie von bannen, bis bes Uyſſes Geſinde
der Cyclope fraß in Sicilien, das (mas) Ulyffes mit Spießen wol rädhte).
Annol. bei W. 181, 16. ein gruobe was drin gehouwen, dA man wagzer 03
nam; dag Isengstne ze schaden quam. Reinh. bei W. 209, 38. das fie
anzünten ie ſuͤn on ir toͤchter mit dem füer. die ding die ich nit gebat.
B. Jer. 7,31. Das ſie jve Soͤne und Toͤchter verbrennen, wel chs id
‚nie geboten babe. L.. Alsbald ſich die @eiftliden ber Oberkeit vnterwin⸗
ben, welches ihnen yon Gott verbatten if, &. 148b. feine Doflewt
heiſſens aller recht, welches gewiß das grüßt verberben ber. n if,
‚A. 328a. er hoͤrete auff zu pappeln, welches nicht länger wärete, als
dis er gefüttert Hatte. Sp. 1,9. — Den Reformirten, als den mädıtig-
ften an Anzahl, fuchte er durch Überredung und Liſt die Waffen aus den
Händen zu winden, welches ihm enbli mit. vieler Muͤhe gelang. ©.
A; N. HB. Durch das Anerbieten feiner Vermittlung gefland er
ihren. Befchwerben ftillfichweigenb einen Grab non Gerechtigkeit zu, wels
es fe aufmuntern mußte, befta flanbhaften. darauf au. beharren. Daf.
{
— — — —
— —88 —
| Cinlenung Ohnippß mußte niit auch Di Aufrechthaltung ihter
Gebräuche und Gewohnheiten angeloben, welches vor ihm nie verlangt
worden war. Daf. 1.8. Gr ſelbſt vertraute mir, was ich zwar längft
auf anderem Weg fchon ta Erfahrung brachte, daß er zum Schweden
wolle übergehn. ©. 9, 5,1. Sie fpricht euch von der Acht und aller
wohlverdienten Strafe los, welches ihr mit unterthänigem Dank erken⸗
nen werdet. &. G. 4. Rand ſich keine Geſellſchaft von benachbarten Or⸗
ten und Gütern, welches Öfters gefchah. &. Wo. 4,4. Sie würden
auch deswegen nicht fo. gut logiren, als man es ihnen vorher beflimmt
babe, welches ihm außerordentlich teid thue. G. 2}. 3,3. Der metaline
ſchwere Ring an einer wohlgefdmigten Pforte Iud fie ein zu Elopfen, wel:
man vernünftig und ruhig leben will, welches denn doch zuletzt eines
jeden Menſchen Wunſch und Arbeit bleibt, was foll uns be das auf:
gevegte Weſen? Daf. 2, A. Eine folche Lüfterne Eitelkeit opfert ben Um⸗
ftänden auch wohl etwas auf und, was ich für das Schlimmfte halte,
nieht alles ift reflectirt und vorfäglich. Daf. 2, 4. Wenn er, weldhes
noch, göttlicher iſt, untadelhaft fortfährt vor ung zu leben. Klopſtock, M.
4,231. — So mußte ich unter großem Gelädkter meiner Zuſchauer eben
wieder abziehen: ein Unfalk, bee mich tief in der Seele kraͤnkte. ©.
%. 1,7. Zwei und zwanzig Fahnen fpanifcher Garmifon umgaben bas
Geröfte, eine Borficht, die nicht überfläffig war. &. Hinrichtung
Egmonts. So follten alle umliegenden Städte Brabants und Flanderns
in den Plan ber Belagerung mit verwickelt, und ber Fall Antwerpens auf
den Fall aller dieſer Pläge gegründet werden, ein kühner, und bei—
nahe ausfhweifender Entwurf, den aber das Genie feines Urhe⸗
bers rechtfertigte. ©. Bel. v. Antw.
fußfag in Appefition mit einem ganzen Sage. Er wird alsdann immer
buch was, nicht durch welches verbunden“, fo widerſprechen dieſer Regel
die oben angeführten Beifpiele. Goethe Hat hier faft immer welches.
" - $. 137.
Bei dem Subſtantiv im Hatıptfag fleht das Demonſtrativ ins⸗
gemein nut, wenn das duch, den Relativſatz ausgedruͤckte Attribut
befonders hervorgehoben werden foll.
Aber der ewige Sohn ſah feine Mufter dahingehn, nicht mit dem menfchlis
hen Auge, mis jemem Auge, mit dem er jedes Wurmes Geburt ... vor:
herfieht. Klopſtock, M. 4, 923. Er wußte nicht, daß es die Art aller ber
. Menfchen fei, denen an ihrer innern Bilbung viel gelegen ift, daß fie die
äußeren Berfältnifie ganı und gar vernachlaͤſſigen. ©. 8. 7, 8: Gr
wußte recht gut, baß ber Graf einer von denen Leuten war, die, wenn
fie fragen, eigentlich belehren wolldn. Daf. 8, 10. Zeigt.einen Weg mir
an aus biefem Drang, hilfreiche Mächte! einen ſolchen zeigt mir
verwerhfele, die bee Tag erſchafft und flargt ... At ihn Bloß hiekteſt du
beijenem Sturme dich feſt, des auf dem Regensburger Tag fich gegen
dich zufammengog ... Dich fiellte das Geſet ber herben Noth an dieſen
Dläg, den man bir gern verweigert. S. T. 1, 7.
8, 138, |
Wenn das durch den Relativſatz (Adjektivſatz F. 90) ausgedtuͤckte
Atoribut sin. Sein. als ein Individuum (Ebnzelweſen, nicht als
6 %
des Felix muthwillig etwas unfanft verrichtete. &. Wi. 1, 10. Wenn
Anm. Wein Beer (Schulgt. 4. A. S. 362) ſagt: „Oft fleht ein Ka-
x
‘en, ben Th vermag zu gehn... Eh mich die Welt mit jenen &lenden
— 84 —
eine Art $. 127) bezeichnet und unterfcheibet, fo gebraucht man ins⸗
gemein das Relativ der.
Indem wir Ihnen zu einer Zochter Glüd zu wünfchen haben, die alle jene
glänzenden Eigenfchaften vereinigt, woburd man in ber Welt empor⸗
ſteigt; fo muß ich wenigftens Sie nicht minder glüdlih preifen, Daß
Ihnen in Ihrer Pflegetochter ein Kind beſchert ift, das zum Wohl, zur
Zufriedenheit Anderer und gewiß auch zu feinem eigenen Gläd geboren
ward. G. Wv. 1,3. Wie des Blitzes Funke ficher, fchnell, geleitet an der
Wetterftange, läuft, herrfcht fein (Wallenfteins) Befehl vom legten fernen
Poſten, der an die Dünen branden hört den Belt, der in der Etſch
fruchtbare Thaͤler fieht, bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus hat auf:
gerichtet an der Kaiferburg. ©. P. 1,2. Da kommt der Paladin, ber
uns befchüste. Daf. 1,4. Sein Geift iſt's, der mich ruft. Es iſt die
Schaar ber Treuen, die ſich rächend ihm geopfert. &ie wollten auch im
Zod nicht von ihm laflen, der ihres Lebens Führer war. Das thaten
die rohen Herzen, und ic) follte leben! Nein! Auch für mich warb jener
Lorbeerfrang, der beine Todtenbahre fchmüdt, gemunden. S. T. 4, 12.
Schnell war ber Graben auch, der fi um's Lager zog, von dieſen flürm’:
fhen Schaaren überflogen. Daf. 4, 10. Denn alle fchwere Thaten, die
bis jetzt gefchahn, find nur des Argwohns und der Rache Kinder. S. Bvm.
Mit karger Rede kaum erwiederft bu des Bruders Liebesworte, der gut⸗
meinend mit offnem Herzen dir entgegen fommt. Daf. Durch kein Ge:
lübde war das Herz gefeffelt, das fich auf ewig mir zu eigen gab. Daf.
Sie hat zwei Söhne, die ſich tödtlich Haffen. Daf.
. 8.139,
Menn der Relativfag nicht eigentlich ein das Individuum (Ein:
zelmwefen) oder die Art unterfcheidendes Attribut ausdrüdt, ſondern
nur in der Form eines Attribute irgend ein anderes, 3. B. ein kauſa⸗
les Verhaͤltniß darſtellt; fo gebraucht man insgemein das Relativ
Der.
Dan fei meinem Genius, der (dafür dag er) mich damals in meiner haͤus⸗
lichen Verfaffung fo eingefchräntt hielt, G. 8%. 6. Werfäumt die Zeit
nicht, die (weil fie) gemeſſen iſt. G. So weit geht Niemand, ber (wenn
er) nicht muß. ©. T. 1,5. Es geziemt der Wittwe, die (wenn fie) den
Gatten verloren, ihres Lebens Licht und Ruhm, die. fchmarzumflorte
Rachtgeftalt dem Aug’ der Welt in flillen Mauern zu verbergen. S. Bom.
Bei der Wahl einer Oberflatthalterin habe er für eine Eingeborne ent:
fhieden, die (meil fie) in ihre Sitten und Gewohnheiten eingeweiht und
- ihnen durch Vaterlandsliebe zugethan fei. S. Abf. d. R.
$. 140,
Wenn der Relativfag die Art eines Seins bezeichnet und unter
fheidet, fo gebraudht man zwar auch der (befonders Goethe); aber
man macht vorzüglich in diefem Falle auch von dem Relativ wel:
her Gebrauch ($. 127). Zuweilen flieht im Hauptfag das Korrela⸗
tiv folder ($. 137). “
ze dem wil ich mich ziehen, und solhen ba (Bau, Hausftand) vliehen, den
da3 viur und der hagel sleht (fchlägt). Ah. bei W. 341, 15. — Nicht an
die Güter hänge bein Herz, bie das Leben vergänglich zieren! S. Bom.
Man darf nur alt werben, um milder zu ſein; ich fehe keinen Fehler, den
’
— —— — — — WE — — [u m“
— — — — — — — — —
— g —
0
ich nicht auch begangen hätte. G. Mar. u. Reflex. 2. Und wir eilten
hinzu, und fanden die Kranken und Alten, die zu Hauf und im Bett
ſchon kaum ihr dauerndes Leiden trügen, hier auf dem Boden, befchädigt,
ächzen und jammern. G. Hd. 1, 147. Man Tannte den Feind vollfom-
men, dem man jest gegenüber Kant, und die Bangigkeit, die man ver⸗
geblich bekämpfte, zeugte glorreich für feine Stärke. S. 305. Kr. 3.8.
Ein Krieg, in welchem viele taufend Streiter ihren Untergang fanden.
S. Abf. d. N. Diefer Monarch ehrte ihn durch ein Vertrauen, wel⸗
ches über feine Jahre ging. Daf. Die Heldengröße, mit der fie flarben,
nahm für den Glauben ein, für welchen fie ftarben. Daf.
8. 141, "
Wenn man nad folder die Art beflimmter bezeichnen will,
fo gebraucht man, aber nur im Nominativ und Akkufativ, flatt wel:
cher das Relativadverbium wie. — Fehlt folder im Hauptfag,
fo nimmt wie ein Perfonalpeonomen zu ſich. — Oft drüdt in Sägen
biefer Art das Adverbium wie das Prädikat, und ein Subftantiv
ober Subftantivpronomen das Subjeft aus. In diefem Falle wird
der Relativfag gewöhnlich, mit Auslaffung feines Verbums, mit dem
Hauptfage zufammengezogen.
Eine Leidenfchaft, wie fie ihn fonft nicht leicht ergriff, hatte fein ganzes
Innerfte auf die vollen Wangen hervorgetrieben. G. Wi. 1,4. Eine
innre Gefelligkeit mit Neigung, wie fie fih unter unfern $reunden er=
zeugt hatte, wird burch eine größere Geſellſchaft immer nur unangenehm
unterbrochen. G. Wp. 1,9. Drauf fiel er mir um den Dale, und zeigte
eine Rührung, wie jener Kleine Dienft fie gar nicht werth war. ©. P.
1,3. Da ward ein Angriff und ein Widerſtand, wie ihn Fein glüdlich
Küge noch gefehn. Daſ. 2, 7. — Die verfchloffene Selbſtſucht eines Cha:
rakters, wie Philipp war. S. Abf. d. N. Ein Staat, wie biefer, Eonnte
mit Riefenftärke handeln. Daf. Ein Geift, wie der feinige, konnte das
Soc der Eindlichen Unterwürfigkeit nicht anders, als mit Wiberwillen
fragen. Daf. Solche Kranke, wie du, verlangen gute Pflege. S. DE. 2,2.
Anm. Eine flarke Abkürzung erlaubt fih Schiller in folgendem Sage
. (88. 4, 21): Wenn Sahrhunderte dahin geflohen, wird bie Vorficht
einen Fürftenfohn, wie er, auf einem Throne, wie feiner, wieder:
holen.
8. 142.
Steht im Hauptfag flatt eines Subftantivs ein Subſtantivpro⸗
nomen ($.90. 118. 123), fo gebraucht man die Korrelative: wer —
der, der — der, das — was, das — weldhes, derjenige
— mweldher, derjenige — der, dasjenige — das, das—
jenige — was, jeder — der, jedes — das, jener — der,
jenes — das. S. weiter $. 146. Ä
"Wer früh erwirbt, lernt früh den hohen Werth der Holden Güter biefes
Lebens ſchaͤtzen; wer früh genießt, entbehrt in feinem Leben mit Willen
nicht was er einmal befaß; und wer befist, der muß gerüftet fein. ©.
&.1,3. Wer alles und jedes in feiner ganzen Menſchheit thun oder
genießen: will, wer alles aufier fich zu einer folchen Art von Genuß ver⸗
knüpfen toi, der wird feine Zeit nur mit’einem ewig unbefriedigten
—A — 0 86 — gps
Strehen binbringen. ®.21.8,7. Wer ein übel loe fein will, her weiß
immer was er will. G. Wy. 1,9, Wer befiet, dar lerne verlieren;
wer im Glad if, Der lerne ben Schmerz! ©. Vom, — Web’ dem, ber
feen von Eltern und Geſchwiſtern ein Anfom Leben führt! &. J. 4,1 .
Dom lobſt du hen, der was er thut nicht fchäat?!.. Man tadelt den,
der ſeine Thaten waͤgt. Auch den, der wahren Bert Br ſtolz nicht
achtet, mie den, ber falſchen Werth zu eitel hebt. Dat. 1 Ich halte
nichts von bem, der won fich denkt, wie ihn das Bolt — erheben
möchte. Daſ. 2, 1. Wie gloͤcklich iſt ber über alles, ber, um ſich mie dem
Schickſal in Einigkeit zu fepen, nicht fein ganzes vorhergehendes Beben
wegzumwerfen braucht. &. 2. 7,6. Unfere Meifter nennen wir billig die,
von benen wir immer fernen. G. Mer. u. Refler. 2. Den moͤcht' id)
wiflen, der der Treuſte mir von Allen ift, die dieſes Lager einſchließt. ©.
%.2,3. (Ich will) zwiſchen ben glängenben Gtühlen Serer, bie wür⸗
biger waren, mit bir bie Erbe zu richten, dunkel hervorgehn. Klopſtock,
M, 4, 1005. — So laufen wir nah dem, was vor uns flieht. G. J.
2,1. Das, was fie fo eh zu ihrem Vortheil auslegte, fand ich feines-
teg8 bedeutend. G. 8. 7, Das höchfte Gluͤck iſt das, welches un⸗
ſere Maͤngel verbeſſert und unſere —*— ausgleicht. G. Betraͤht. im
Sinne d. Wanderer. Was er mix nicht gepflanzt, ba & unte doch freir
willig mix bie ſchoͤnen Früchte tragen. S. 9. 3,8. — Deßmegen läßt ſich
bemerken, daß diejenigen, welche Froͤmmigkeit ald Zweck und Ziel
auffteden, meiftens Heuchler werben. &. Mar. u. Refler 1. Die Pros
teftanten in diefem Beitraume glihen denjenigen nicht mehr, welde
Kent Ibre vorher ihr Bekenntniß zu Augsburg übergeben hatten.
©. 305. Ke. 1.8. — Diejenigen, bie auf Namensbebeutungen aber=
släubifch find, behaupten ic. ©. Wr. 1,2%. Richts tft unertüäglächer,
als abgefchuittene Eigenheit von demjenigen, ven dem mau eine
veine, gehörige Thätigkeit fordern Tann. G. %. 8,4. Wie hoch mäffen
wir baher diejenigen halten, die biefes mit großen Xufopferungen zu
befördern fuchen. &. Wi. 1,4. Um uns durch bad, was mie äußerlich
gewinnen, für basj enige, was wir innerlih entbehven, gewiſſermaßen
ſchadlos zu Halten. G. Wo. 1, 10. Das wäre für einen jeden gut ge⸗
nug, der feinen andern Weg vor ſich ſaͤhe. G. %. 8,5. Gin Ungewitter
ca ſich über Ihnen zufammen, noch weit bropender als jenes, das
ie vordbem zu Regensburg geſtuͤrzt. S. P. 2, 2
g. 143.
Sehr oft fehlt das ſubſtantiviſche Demonſtrativpronomen im
Hauptfage, derfelbe mag vor oder nad) dem Nebenfage ftehen, befon:
ders wenn das Melatin mit bem Demonfltariy in gleichem Kaſus,
oder do in gleicher Ferm ſtaht. Diefe Eblipſe finder füch ſchan
im Althochdeutſchen und, wird (wie quch im Lateiniſchen) befondars
dann angewendet, wenn auf Dem Demonftratiy Fein. beſonderer Mach:
druck Liegt (J. 1233). — Über die. Ellipfe des Demanftratippronopynt
in ungleihem Kafus f. $. 151.
zi imo er ouh tho IAdota thie uufsun man thih sägeta, (z4 ih er auch da iud
bie Meiſen man oft fagte). O. 1, 2 bei W. 88, 42. dar in mach ar aker-
jap dena er uuili nerjan (darin mag er fcheren [aufnehmen] den er will
erhalten). W. 403, 9. zithig thaz gifullit nuurdi thaz giquetan uuas
thuruh tbie uuigzagen (zu dem bag arfüllet würhe das gefagt war durch
bie Meiſſager). T. 9: bei W. 190, 17. — hün bu was dig au gehdrt, Ge.
2
mn m Du — er m um.
— 87 —
443. das im bir ſelbs in: dar. welt vnd hie difit (diesſeit) gottes iſt, müftu
von bix werffen. Gb. 10h. die got boten (baten) für die in (ihnen) den
tob antheten. Gb. 33b. ende den bu haft zu fenben. B. 2, Mof. &, 13.
fende welch &n du. fenden wilt, L. Der fie verbrant bat, fol auch feine
kleider waſſchen. Lk. 4 Moſ. 19, 8 (un auch ber ber fie Hat verbrant
ber waſch fin gemand. B.) Wie fol ich fluhen dem Bott nicht fluchet?
Wie fol ich fehelten Den. der Herr nicht: fchilt? L. 4. Mof. 23,8. In
welcher wifz flüch ich dem ber Herr nit flücht. Mit waz vrfach verflüch
ich ben da nit verbant der herr. B. Weil er fahe, das, wer an in kam,
ftehen blieb. L. 2, Kön. 20, 12. So erbarmet ex fih nu, welches er
wil, Vnd verffodet welchen er wil. L. Röm. 9, 18. Darumb erbarmt
er fh wem er will, ond erhertet wen er will. B. wer was gelernt,
fheut Feine waffen. hg. B, 219, — Träume, wer träumen mag. G. F.
2, 239. Es lebe, wer ſich tapfer hält. Daf. 1, 176. Dann mag, was
will und kann gefchehn. Daf. 1, 84. Wer fein Vaterland nicht kennt,
Mr keinen Masftab für frembe Länder. &, 8. 8,7. Wer fie (die Kunſt)
alb Eennt, ift immer irre und redet viel; wer fie ganz befigt, mag nur
thun und redet felten oder fpät. Daf. 7,9. Wer durch’ Leben fich frifch
will fchlagen, muß zu Schug und Trug gerüftet fein. S. 21. 3,1. Er⸗
bringe nicht, was ich verfagen follte. & J. 4,2, Was ich vermochte,
hab’ ich gern gethan. Daf, Erlaubt ift, was fi ziemt. ©. T. 2,1.
Was übrig bleibt, das reizt nicht mehr, und was nicht reizt, iſt tobt.
Daf, |
g. 144.
Steht im Hauptfag ein unbeftimmtes Pronomen ober Zahlwort:
Etwas, Nichts, Alles, Eins, Manches, Einiges, Vie:
les, Weniges, fo folgt im Nebenſatz was und (befonders oft bei
Goethe) das, felten welches.
Manchmal thut fie etwas, das die reine Idee beleidigt, die ich von ihr
>
habe. &. Zar. 1, 18, Dennoch wollte fie auch im entfernteflen Sinne
weder etwas wagen, noch etwas vornehmen, das ihn verlegen Eönnte,
Daf. 2,18. Wenn au) etwas in mir war, das fih-nadh den ſinnli⸗
chen Freuden Hinfehnte, fo konnte ich fie Doch nicht mehr genießen. G. 8.
6. Inzwiſchen entfpann ſich aus anfcheinenden Kleinigkeiten. etwa,
bas unferm Berhältaiffe nach und nad fchädlich wurde. Dal. Doch
war etwas, was ſowohl ihn als feine Schwefter heimlich kraͤnkte. Daf.
5,16. Ich bereite etwas vor, welches in ber Folge gewiß von großer
Einwirkung*fein wird. ©. Wi. 3, 3, . Bei einem vorgehabten Kirchen
bau hat ſich Hinter dem Altar etwas. gefunden, welches der Herr Vers
faffer ſehr Ho hält. Rabener. — Doch jest... bleibt mir zu Haufe
nichts, das mich ergebe. ©. 3.141,39. Und nun dies Blatt uns für
bie Truppen bürgt, iſt nichts, was dem Vertrauen no im Wege
ftünde. ©. 2. 1, 8. — Du liebft, Diana, deinen halben Bruder ver al:
lem, was bir Erb’ und Himmel bietet. G. J. 3,3. So hüllt er alles,
w a8 den Menfchen nur efrwürbig, liebenswürdig machen Tann, ins blü-
hende Gewand ber Fabel ein. G. J. 1, 4, Alles, was fe an ſich tru⸗
gen, war zen. G. Wr, 1, 40. Sein Haushalt ging einen gelafienen und
einfdzmigen Schritt, und alles, was ſich darin bewegte und ernguerte, _
war gerabe bag, mas; niemandem einigen Genuß gab. G. %. 1, 11.
Es weinte alles, was herum ſtand. ©. Abf. d. N. 1.8. — Es ift nur
Eins, mas uns retten Tann. ©. Lager 11. — Es kam wohl manches
vor, das ihm durchaus mißfiel. &. %. 3, 11. Daß fie unter Eh. mans
des abzuthun hatten, das ihm verborgen fei. Daf, 7,0. So unters
— 88 —
hielten ſie ſich iber manches, was ſich in feiner Abweſenheit zugetra⸗
gen hatte. Daf. 7,8. Wie manches koͤnnte ich jego mit großer Kälte
thun, wenn ich nur wollte, was mid) damals irre machte. Daf. 6. —
An diefen Freund fchreibe (ih) nod einiges, welches er mittheilen
wird. ©. Wi. 2, 6. — Vieles traf zufammen, bas ich zu unferm Bor:
theil nugen konnte. G. T. 1,4. Vieles, was fie thaten, machte ihnen
die Selbftvertheidigung zur Pfliht. &. — Das Wenige, was er
ſprach, wurde mit einem widrigen Zone atıögeftoßen. S.
Anm Beder (Schulgr. 4.% ©. 361) faßt die Sache zu eng, wenn
er bier nur das Subftantiopronomen was angewendet wiſſen will. —
Ze weiter wir in unferer Sprache rüdwärts gehen, defto mehr finden wir
das relative Subftantiopronomen ber. S. $. 123 und die dort anges
führten älterneuhochbeutfchen Beifpiele.
$. 145.
Bezieht fi) das Melativpronomen des Nebenfages auf einen
Superlativ im Hauptfag, fo gebraucht man allgemein das Relativ
was, felten das.
Die das Beſte und Größte, was ihnen von außen gebracht werben
fann, in ihrer Vorftelungsart erft möglichft verkleinern müffen. ©. &.
8,7. Dem Herrlihften, was auc der Geiſt empfangen, drängt
immer fremd und fremder Stoff fi an. G. F. 1,40. Das Befte, was
du wiffen kannſt, darfft du den Buben doch nicht fagen. Daf. 1, 92. Er
preifet das Höchfte, das Befte, was das Herz fih wünfct, was der
Sinn begehrt. S. Graf v. H. — Das Schlimmfle, das mir begegnen
Tann, ift gefangen zu werden. ©. G. 3.
Anm. Goethe gebrauchte in dem zulegt angeführten Beiſpiel aus Goͤtz
v. 8. in der 1. und 3. Bearbeitung das Schlimmfte, was.
8. 146.
Wenn in dem Hauptfag der Perfonenbegriff durch ein
Preonomen oder unbeflimmtes Zahlmort bezeichnet wird, fo
gebraucht man in dem Nebenfag insgemein das Relativ (Demonſtra⸗
tiv) der. S. weiter $. 122. 142.
Warum bin ich’ 8 allein, ber, ungeliebet, auf ewig liebt? Klopſtock, M. 4,
811. Sch, der ich mich als Tancred vorne an gedacht hatte, fing, allein
auftretend, einige Verfe aus dem Helbengebichte herzuſqgen an. G. %.1,
71. Das Thier hat auch Vernunft; das wiffen wir, die wir die Gem;
fen jagen. ©. &1.1,1. Wer bift du, deren Stimme mir entfeglih
das Innerfte in feinen Ziefen wendet? G. 3.3,1. Warſt du’s nicht, _
ber immer ein neues Stüd Band zu verhandeln hatte, der meine Lieb:
haberei anzufeuern und zu nugen wußte? &. &. 1, 10. Und dir, rief
Werner aus, ber du an menfchlichen Dingen fo herzlichen Antheil nimmſt.
Daf. 1, 10. Sei, fo red’ ich fie an, ſei wieder dein, die himmliſch, die
du biſt unfterblich erfchaffen! Kiopftod, M. A, 807. Es ift unter eud
allen, die ihr denn doch nur Raturaliften und Pfufcher feid, Keiner,
der nicht mehr oder weniger Hoffnung von fih gäbe. G. Lj. 4,19. Sie
mein’ ich, bie du vor bir fiehft, die Schwefter. &. Bom. Sie ift es,
die ich liebte, die zur Braut ich mir gewählt. Daf. Sie wollten auch
im Zod nicht von ihm laffen, ber ihres Lebens Führer war. ©. T. 4,
12. Den möcht’ ich wiffen, der der Treufte mir von Allen ift, die
diefes Lager einfchließt. Daf. 2, 3. Denn Biele find bei uns, die feine
Großmuth und feiner Sitte Freundlichkeit erfahren. Daf. 4, 10. Ich
— — — — .
D
vergefie Keinen, mit dem ich einmal Worte Hab’ aewechfelt. Daſ. 3,
15. Roc fühl ih mid) denfelben, der ich war! Daf. 3, 13.
8. 147.
Bezleht ſi ch auf einen konkreten oder abſtrakten Sachbegriff
im Hauptfag, derfelbe mag durch ein Eubftantiv, ein unbeitimmtes
Fuͤrwort oder Zahlwort ausgedrüdt fein, oder aud auf den ganzen
Pauptfag ein mit einer Präpofition verbundenes Relativpronomen;
fo verfchmilzt basjelde oft mit der Präpofition in eine f. g. Relativ:
konjunktion ($. 131). — Statt der Form wo, wor gebraucht
Goethe bier oft die Form da, dar, die uns jegt mehr demonſtra⸗
tiv erſcheint, waͤhrend wo, wor mehr relativ gilt. Fruͤher fand diefe
Verfchmelzung des Melativs mit einer Präpofition auch dann ſtatt,
wenn dasſelbe fich auf eine Perfonenbenennung bezog ($. 131), was
jegt felten vorfommt.
Daß ein rother Baden durch das Ganze (Tauwerk) durchgeht, woran
auch die kleinſten Stüde Eenntlich find. ©. Wo. 2,2. Der Nachtiſch
ward mit ber beften Stimmung genofien, woran der in zierlichen
Sruchtkörben aufgeftellte Obftreichthum den vorzüglichften Antheil hatte.
Daf. 1, 10. Nur wenig Aufmerkfamkeit konnte er auf das wichtige Ge:
ſchäf t wenden, woran gewiflermaßen das Schidfal feines ganzen Ber:
mögens hing. ©. 8%. 8,2. Die Straße, worauf der Segen wandelt.
S. P. 1,4. Nebſt einer Kahn’, woraufein Kelch zu fehn. Daf. &, 5.
Die mit taufend Zweige reich entgegenftredt, worauf ber trunfne
Geift fich felig wiegt. Daf. 3, 4. Sie werben unvermerft bie gute Mei:
nung, worauf du jeßo fußeft, untergraben. &.%.1,3. Manches hab’
th no, worauf-ich fehr begierig bin, zu fragen. G. z. 4,4. Gewöhnlich
gefhähe Das nit, worauf man fid fo lange voraus Freue. G. Wo. 1
10. Run waren es andere Schriften, woraus er vorlas. Daf. 1, 4.
Es überfällt fie ein Ka tarrh ‚woraus eine Bruſtkrankheit wird. ©.
8.6. Ein Zimmer, worin man fonft zu mahlen pflegte. Daf. 5,12.
Nach diefee Verabredung wurden die Bücher Aufgefchlagen, wort n
man jedesmal ben Grundriß der Gegend gezeichnet fah. G. Wv. 1,6.
Das Gerücht von einer Schlacht erfchredte fie, worin der Faiferliche
Oberſt fei gefallen. S. T. 4,9. Inder Minute, worin wir ſprechen.
Daſ. 3, 4. Das mordend einbricht in die fihre Hürde, worin ber
Menfch geborgen wohnt. Daf. 1,6. Wir fegen eine Kormel auf,
worin wir uns dem Herzog insgefammt verfchreiben. S. 8. 3,1. Nun
gelangte er zum Hauptthale, worein bie Seitenwaffer ſich ergofien.
8.8]. 3,1. Aber vor den Gewaltthätigkeiten, womit der kan:
besherr einen gehaßten Unterthan brüden, vor den namenlofen Drang=
falen, woburc er den Auswandernden ben Abzug erfchweren, vor den
Fünfttich gelegten Schlingen, worein die Arglift, mit ber Stärke ver-
bunden, die Gemüther verſtricken kann, konnte der todte Buchſtabe dieſes
Friedens ihn nicht fhügen. S. 30j. Kr. 1. B. Hier nun liegt mir et⸗
was auf dem Herzen, worüber ich aufgeflärt zu fein wünfchte. &. Wi.
1,10. ‚Außer dem Phyfifchen, das uns oft unübermwindliche Schwie-
£ rigkeiten in den Weg legt, und worüber ich einen denkenden Arzt zu
Rathe ziehe. ©. %. 5,16. Der die Urfache, warum man den Freund
und Mohlthäter bes Kindes herbeigerufen, umftändlicher vorlegen würbe.
Daf. 8,2. Test hört es auf für ein Leben zu zittern, dem Alles man⸗
geln folt, warum ed wuͤnſchenswürdig war. S. Abf. d. R. Einleitung.
— rra⸗
9
Ein Theil feiner Leute, worunter fi Jarno befonbers auszeichne.
G. 8%. 3, 8. An welcher (Tafel) acht Generale, worunter Octavio
Piecolomini, Terzky und Marados figen. S. P. A, 1. (Scene) Sie
batte fich zu den umgebenden Mädchen lauter hübfche wohlgebilbete Ki -
guren qusgemählt, worunter fid) jedoch Beine mit ihr auch nur im
minbeften meſſen konnte. &. Wp. 2,5. — Indeſſen fpielten die Nachbarn
und Nachbarinnen allerlei Spiele, wobei ſich bie Hände begegnen.
&. 9.5, 12 Eine Tochter, die alle jene glänzenden Eigenſchaften
vereinigt, moburd man in der Welt emporfteigt. &. Wo. 1, 3.
fogar hatte er wegen des Bettelns und anderer Unbequemlichkeiten,
wodurch bie Anmuth eines Keftes geftört wird, durchaus Vorforge ge⸗
teoffen. Daf. 1,14. Sie ahnte nichts von Eduards Drohungen,
wobdurd ihr ber. Aufenthalt neben Charlottten gefihert war. Daf.1, 17.
Als er ihre faft übertriebenen Eigenheiten kannte, wodurd fie alles,
was im mindelten verfänglidy fchien, von fih abzulehnen wußte. Daf. 2,5.
Zeder müffe ung dafür nehmen, wofür wir uns gaben. ©. %.1, 8.
Sie haben vergeffen, mir dad Gehäuſe zu geben, wohinein Sie es
gepaßt wünfhen. Daf. 7, 6. Wie fland er verfleinert. bei folgender
Stelke, womit es (das Blatt) fich endigte. G. Wr. 1, 18. Gie
wollte bie Saben, womit er auch fie bedacht, vormweifen. 8. &. 1, 1.
@r küßte den meflingenen Ring, womit man an ihre Thüre pochte.
Daſ. 4,17. Wohl feh’ ich den Angel, womit man bi zu fangen
denkt, ©. 9. b, 1. Sch lobe bie Beſcheidenheit, die Sorge, womit er
Schritt vor Schritt zum Ziele gebt. ©. 2. 1,2. Nah ber @ile, wos
mit dee Brief gefchrieben. &. Wo. 1,2. Nie werde ich bie Klarheit
und Deutlichteit vergeffen, womit er die Angelegenheiten feines
Hauſes vornahm. G. 2%. 6. Uns mußte die unausſprechliche Anmuth,
womit fie biefe Poffen vorbrachte, beftochen haben. &. Wi. 1,5. Das
Shönfte ſucht er aufden Fluren, womit er feine Liebe fchmüdt. ©.
&lode. Hier follte ein Ru heſitz aufgeführt werben, wonach diejeni⸗
gen, die über den See fahren, zu fleuern, hätten. G. Wo. 1, 12. Wir
geben ihm eine Borfhrift, wornad er fih richtet. &. Lj. 1, 11.
Er ſchien fih auf alles zu verficehen, wonach er fragte. Daf. 3, 4.
Der Kneht, wovon ihr fagtet. G. G. 3. In dem gegenwärtigen
Buftande fühlte fie eine unendliche Leere, wovon fie früher kaum etwas
geahnet: hatte. G. Wv. 1, 17. Dem Architekten fiel es nicht: ſchwer, fich
von Charlotten eine mäßige Summe zu erbitten, wovon er bad Aeußere
ſowol als das Innere im alterthümtichen Sinne herzuftellen gedachte.
Daf. 3,2. Während Ottilie füch vorzüglich bei ben Gegenden aufhielt,
wouon Eduard viel gu erzählen pflegte. Daf, 2, 10. Die Schilberei
ſelbſt, wo vor fie gefeffen, hat ihr abweſender Water bekommen. Lelling,
E. Gal. 1, 4. Er zitterte knechtiſch vor Bott, weil Gott das Einzige
war, wovor er zu zittern hatte. ©. Abf. d. N. 1. B. Daß andere ſpaͤ⸗
ter und. ſchwerer die Mißgriffe büßen, wozu fie ein jugendlicher. Duͤn⸗
kel verleitet hat. G. 4.2, 2% Daß es mir Ernft fei, ein Handwerk
mfzugeben, woau ich nicht geboren ward. Daf. 2,2, Ein allgemeiner
Chorgefang erſcholl, wozu ein jebes Glied zuſtimmte. &. Wi. 2, 1.
Es ik ein Setztes, wozu die Menfchheit gelangen Eonnte. Daf. 2,
4. — So erblidt ihr hier, wenn in dem Hauptfelde Abraham non feinen
Böttern in: dee Geſtalt ſchoͤner Zünglinge befucht wird, ben Apollo unter
ben Hirten Admets oben in der Kriefe; woraus wir lernen Können, daß
wenn die Götter den. Menfchen erfcheinen, fie gewöhnlich unerlannt unter
ihnen. wandeln. Daſ. 2, 2. Er bat bie Würbigen, in ihrem Vortrage fort
zufahren, worin fie deun auch ihm fogleich willfehrten. Daf. 2,1. Relir
werd. bes Fragens nicht mühe und Jarno gefällig genug, ihm jebe Brage
— 94 —
zu beantworten: wobei jedoch Wilhelm zu bemerken glaubte, daß ber
Echrer nicht durchaus wahr und aufrichtig fel. Daf. 1,3. Kaiſer Fried⸗
rich hielt den polen von Sluys zehn Jahre lang gefperrt, wodurch ihr
anzer Handel gehemmt wurde. S. Abf. d. N. J. B. Die Glieder der
Kamitle find auf eine Weiſe verlegt, wofür gar kein Erſatz zu denken iſt.
G. Wy. 2,1, Wir nehmen baher Gelegenheit von kemjenigen, was Ot⸗
titie ſich daraus in ihren Heften angemerkt, einiges mitzutheilen, wozu
wir keinen ſchicklichern Übergang finden, als hurch ein Gleichniß. Daf.
2,2. — — Wenn Händef vorhanden find, daran dem Reich viel geles
nifl. ©. ©. 3. Sechs tragen die Bahre, darauf der bedeckte Sarg
ht. &. Clavigo 5. Es iſt ein Zauberſpiel, ein Nachtgeficht, das mir
einen Spiegel vorhält, darin ich das Ende meiner Verräthereien
ahnungsweiſe erkennen fol. Daf. 5. Sie werden eine Klage furchtbar
draus bereiten, dagegen ich verfiummen muß, S. T. 1,4. Ihr faht
doc jüngft am Himmel bie drei Monde, davon fid zwei in blut’ge
Dolchgeſtalt verzogen. Daf. 4,3. Das befreite Serufalem, bavon
mir Koppens Überſetzung in die Hände fiel, gab meinen herumfchweifen-
den Gedanken endlich eine beftimmte Richtung. ©, 8. 1, 7. Ebenſo
bachte fih Wilhelm auch das Häusliche Leben eines Schaufpielers ale eine -
Reihe von würdigen Handlungen und Befhäftigungen, davon bie
Erſcheinung auf dem Theater die Außerfte Spige fei. Daf. 1, 18. — Er
bildete aus ben vielerlei Ideen mit Farben der Liebe ein Gemählbe auf
Nebelgrund, deffen Geſtalten freilich fehr in einander floffen; dafür aber
auch das Ganze eine befto reizendere Wirkung that. Daf. 1,9. Sie er-
zählte neulich als einen Scherz, ihr Vater habe ihr in ihrer Kindheit
einen Teller an den Kopf geworfen, davon fie noch das Zeichen trage,
Daf. $. 10.
Anm, Der doppelte Irrthum, wor, war fei unmittelbar aus was ent-
ftanden (8.131 Anm. 2), und ma 8 fei nur Bubftantiopronomen ($. 128),
veranlaßte manche Grammatiker, biefe Verfchmelzung des Relativs mit
einer Präpofition da für unftatthaft zu erflären, wo dasfelbe fich auf ein
Subftantip bezieht. — Um dieſen Irrthum zu widerlegen, find bier fo
viele Veifpiele mitgetheilt.
$. 148, |
Steht in dem Hauptfag ein fubftantivifches Demonſtrativpro⸗
nomen, auf welches fich ein Melativpronomen bezieht, mit einer Praͤ⸗
pofition ; fo wird diefe mit dem Demonfteativpronomen nicht zuſam⸗
mengezogen.
Er ſprach verfchiedenemal mit mir über das, was er für fie und ihre Kin-
der zu thun denke. &.2j.6. Nun aber gar über das mit Widerfachern
zu ffreiten, worüber man fih kaum mit Freunden verftand, fchien mir
unnüg. Daf. 6. Ed war mir auffallend, daß er von dem, worin ber
Grund aller meiner Handlungen lag, offenbar Eeinen Begriff hatte. Daf. 6.
Mein Väter fagte mir wenig von dem, was er mit ihm gerebet hatte.
Daf.6. Alle diefe mehr ald gewöhnlichen Höflichkeiten hielt id mit dem,
was ich von ber Mutter erfahren hatte, zufammen. Daf. 6. ”
6, 149.
Wenn nach einer Benennung von Ort, Zeit oder Weife in
dem (adjektivifchen). Relativfag ein mit einer Präpofition des Orts⸗
und Zeitverhäftniffes oder der Weiſe verbundenes relatives Adjektiv⸗
pronomen folgen ſollte; fo gebraucht man ſtatt desſelben oft die Res
-
— gg —
lativadverbia da, wann, ale, wo, wie. ©. weiter 8.130. 131.
141. 147.
Nit wölt uch fchägen fchäß in die erde do in der rofl on die milben vers
wüftent vn da in die dieb vfzgraben vnd verftelen. Aber fehägend uch
fhäg in den hymel da in noch ber roft noch die milben verwüften. vn
da in die dieb nit ofzgraben noch verftelen. wann da bin fchag ift da ift
auch din hertz. B. Matth. 6,19 f. Ir folt euch nicht Schege famlen auff
Erben, Da fie die Motten und der Roft freffen, und da die Diebe nach
graben vnd ftelen. Samlet euch aber Schetz im Himel, Da fie weder
Motten noch roft freffen, und da die Diebe nicht nach graben, noch ftelen,
Denn wo ewer Schaß ift, da ift auch ewer Herg. L. — Dies ift ber
Tag, da Zauris feiner Göttin für wunderbare neue Siege dankt. ©. 3.
1,2. Erinnre mich nicht jener ſchoͤnen Zage, ba mir dein Haus bie
freie Stätte gab. Daf. 2,1. In erfter Tugend, ba fich kaum bie
Seele an Vater, Mutter und Gefchwifter band. Daf. 1,2. Der Greis
denkt ber Zeit mit Freuden, da er in feinen Arm dich fchloß. ©. T. 1,4.
— Dfhöner Zag, wann endlich der Soldat ins Leben heimkehrt, in
die Menfchlichkeit. ©. 9. 1, 4. — Zur nämlichen Zeit, als diefer Mo:
narch wiederholte Verficherungen von dem guten Kortgang biefer Unter:
handlung erhielt, entdeckte ihm ein aufgefangener Brief die Zreulofigkeit
diefes Prinzen. ©. Abf.d.R. Des andern Morgens, als fie ſich
aus dem obern Stod nach den Bäften umfahen, fagte Eduard. G. Wo.
1,9. Ihr vormaliger Eifer, ihr Heldenfeuer und ihre Mannszucht lie:
fen in eben dem Grabe nad, als fie ihre Ehre und Pflicht gelöſt zu
haben glaubten. S. Abf. d. NR. Ein. — Stille führt fie ihn zum Orte,
wo fein Vater fiel. G. 3. 3,1. Kennft du das Land, wo die Zitronen
blüh'n? G. Mignon. Lernft du nicht fremde Sprachen in den Ländern
am beften, wo fie zu Haufe find? &.Wj. 1,4. Doc gibt es Gelegen-
heiten, wo man ſich innerlich frifch fühlt. Daf. 2, 3. Wir jehen dann
auf einmal ihn vielleicht am Ziel, wo wir ihn lang gewünfcht zu fehn.
G. T. 1, 2. Es gibt im Menfchenleben Augenblide, wo er dem
Weltgeiſt näher ift als fonft. ©. T. 2,3. Zu eben der Zeit, wo die
Republik Holland um ihr Dafein Lämpfte. ©. Abf. d. N. Einl. In
einem fo langwierigen Kriege, wo feine entſcheidende Schlacht gefchah.
Daf. — In eben dem Maße, wie fich die Hilfsquellen der Regierung
bei der langen Fortdauer bed Krieges erfchönften, fing die Republik eigent-
tich erft an, ihre Ernte zu halten. Daf. Beide von ber Art, wie fih
jede gute Gefelfchaft Freunde wünfchen ſollte.G. %. 5, 8. Euer Oheim
gab das Beifpiel allen Königen der Welt, wie man mit feinen Feinden
Frieden madt. ©. St. 3, 4.
Anm. Der Gebrauch eines Relativadverbiums flatt eines Relativprono⸗
.mens ift auch den Römern nicht unbekannt. gl. Cic. de sen. 4: nemi-
nem unde. pro Flacco 26: Athenienses unde. Tusc. disp. 1, 12: Apud
Graecos indeque. de orat. 1, 45, 199: Apollo dicit se esse eum, unde.
Quintil. 1, 8: locum ubi.
$. 150.
Bezieht fich der MRelativfag auf ein im Nominativ oder Akkuſa⸗
tiv. flehendes Mort des Hauptfages; fo kann eine Satz verkuͤr—⸗
zung ftattfinden, indem das Melativpronomen wegfaͤllt und das Ber:
bum des Relativfages in das entfprechende Participium tritt.
Nach difen bingen fach ich eine groffe fhare die nyemant mocht gezelen ....
ftannd vor dem thron vñ in dem angefiht des lambs bekleydet mit
—— 085 —
7
wyſſen ſtolen. B. Off. 7, 0. Darnach ſahe ich eine groſſe Schar, melde
niemand zelen kund ... fur dem Stuel ſtehen d vnd fur dem Lamb, an⸗
gethan mit weiſſem Kleide. L. Er gedacht an ſein heiliges Wort, Abra⸗
ham ſeinem Knechte geredt. L. Pſ. 108, 12. Daß er den Krieg
wider die Teutſchen angehaben, und ſchier an im end bracht, abs
fhuff. A. 1995. — Schreden Euch nicht Babingtons, nit Tiſchburns
blut’ge Häupter, auf Londons Brüde warnend aufgeftedt?! ©. St. 1,
6. Ich zweifle nicht, daß ein Gefeg, ausdrüdlich auf mih gemadt,
verfaßt mich zu verderben, fich gegen mich wird braudyen laffen. Daf.
4,7. Diefe Ulmen, mit Reben umfponnen, find fie nicht Kinder uns
ferer Sonnen? ©. Bom. Jene gewaltigen Wetterbäche, aus des Hagel
unendlichen Schloßen, aus den Wolfenbrühen zufammengefloffen, .
kommen finfter geraufcht und gefchoffen. Daf. Dann zum Gewande wählt
das Kunftgemwebe bes Indiers, hellglänzend wie der Schnee des Aetna.
Daf. Dazu den Mantel wählt von glängender Seide gewebt, in gleis
hem Purpur [himmernd. Daſ. Eduard, ungern unterbrochen
und beunruhigt, ſchalt ihn. G. Wp. 1,6. Eduard drang auf einem
bewachſenen Pfade weiter vor, wohl wiffend, daß die alte zwifchen Fel⸗
fen verftedte Mühle nicht weit abliegen Eonnte. Daf. 1, 7. Er eilte, fi
flüchtig entfchuldigend, nach Haufe. Daf. 1, 12. Was tft es, das
diefe Figuren, auch nur obenhin betrachtet, fchon als Bierrath fo er:
- freulih macht! G. %. 8, 5.
Ellipfe und Attraftion.
$. 151.
Schon feit der gothifchen Zeit wird das Demonftrativpronomen
oft im Hauptfag ausgelaffen, wenn im Nebenfag ein fid auf dasfelbe
beziehendes Relativpronomen folgt. Sehr gewoͤhnlich ift diefe Aus:
laffung, wenn Demonftrativ und Relativ gleiche Form haben (8.143).
Es fehlt jedoch auch nicht an Beifpielen, in denen ein nicht in glei:
cher Form ftehendes Demonftratiopronomen ausgelaffen if. Nhd.
wird übrigens diefe Ellipfe immer feltner.
daz ist (der) den ir dA meinet. Parz. 98, 28. ahzehen wochen hete gelebt
(der) des muoter mit dem töde strebt. Parz. 109, 6. do enlie (nicht
licß) sich niht an sin gemach (der) von dem da3 mare ist arhaben. Lanz.
1359. do kom (der) von dem ich sprechen wil. Parz. 132, 28. —
er fot fich Eeiner hand unberwinden (deſſen) das wider fein ambt ift.
Gs. 56b. das du (den) nit legeft von dem du gelegt bift. Gb. 7a. fo
wideren wir uns (das) zü bezaten des wir fchuldig find. Gb. Ba. ich
erbarme mich (dem) dem ich will. vnd ich wird genäbig (dem) in den
ich mir geualle. B. 2. Moſ. 33, 19. (Wem ich aber gnedig bin, dem
bin ich gnedig, und wes ich mich erbarme, des erbarme ich mich. L.)
dem diefes nicht vergunnt (ift, der) bewundert nur dein glängen. hg.
. 4, 308. — Ich fah (das), worauf mich niemand aufmerkſam gemacht
hatte. &. Lj. 8, 3. Fragt die Natur, fie wird euh (das) lehren, vor
was ihr zu fchaudern habt, fie wird euch mit dem ftrengften Finger (da 8)
zeigen, worüber fie ewig und unwiderruflich ihren Fluch ausſpricht.
Daf. 8, 3. Unter diefem Reden habe ih (das) erft entfchieden gefühlt,
wozu ich mich entichließen follte.... Ich will (das) nicht weiter aus:
führen, warum ich glaube, daß fie zu erlangen fein wird. G. Wo. 1,
‚18. Der Zürft fragte bei unferer erften Belanntfhaft (nad) dem),
— — Va —
worte ich mich jetzt beſchaftige. G. ital. Reife Heapet 1. Marz. Freund:
Hch wies er mich an, worum es zu thun fei. G. Wj. 2, 19. Liebe
(den), wer mir Gutes thut. S. Ivo. 2, 2, Wem fie erfcheine (der)
wird aus un felbft entruͤckt, v ent fie gehörte (der) ward zu Hoch beglückt.
87.
v v I
$. 152,
* Berfchledener hiervon ift eine andere Konftruftion, welche man
nicht unpaffend Attraktion (Anziehung) genannt hai, und deren
Weſen darin befteht, dag das im Nebenſatz ftehende Relativpronomen
den Kafus des Wortes im Hauptfag annimmt, anf welches es füch be:
zieht. Auch diefe Konſtruktion ift früher häufiger als jet.
Dhannne so dhrato mihhil undarscheit ist undar dhera chiscafti chiliihnissu
endi dhes izs al chiscuof (da fo fehr großer Unterſchied ift unter bes Ge:
ſchöpfes Gleichniß und des [deffen, der} es all fhuf). Is. 3 bei W.
34, 35. wa ich iu wette aller der wette der ich in getan han (hier ich euch
verpfände aller der Verſprechungen der ſder, bie] ich euch gethan habe).
W. 190, 11. endi sie uuerdant zi scaahche dhem; im aer dheonodon (und
fie werden zum Raube denen [benen, die] ihm eher dienten). 1. 3 bei
W. 36, 35. uu& demo in vinstri scal sind virina stuen (weh dem [dem,
der] in Finſterniß fol feine Sünden büßen). Musp. 48 bei W. 71, 24.
mit uuörton theti dr thie ältun förasagun zältun (mit Worten den [den,
die] eher die alten Borherfager. erzählten). O. I, 17 bei W. 88,35. singe
ab ich dur die mich frout hie berotn (finge aber ich durch die [die, die]
mich freute hie zuvor). W. 307, 2. to begönda er t&on äl das in lüsta
(da begann er zu thun alles das ſdas, deffen] ihn gelüftete). Boeth.
‚ beit W. 139, 24. — Als ich auf der Schwelle faß und meinte, und bir,
auf was bu fprachft, nicht Rede fland ... Du ſollteſt ſogleich vor jeme
Schranken treten und Rede ſtehen auf was man fragen wird. H. v.
Kleiſt, Kätchen v. H. 1,2. Kümmre dich nicht um was ich ſagte, ſchier
dich nicht um was ih that. W. Alexis, Shakeſpeare u. ſ. Freunde 3,270.
Ihr ſeid Fein blinder Greis, der artige Sachen in Holz ausſchneidet ohne
Auge für was Andere thun. Hhlenſchtaͤger, Corregio. — Sie eilt durch
den Hof zum Thoresgang, dem Wandrer zu bieten Schutz und Raſt, und
wen's auch fei, zu wärmen und zu laben. Redwitz, Amaranth der Gaft 1.
Anm. Bgl. weiter Grimm, Vorrede zu ben Hymnen. GraffV, 24.
Mhd. Wörterb. von Benede- Müller I, 319. Wadernagel,
guörterh. LXXXIX. Zeipelim Archiv f. d. Stub, d. n. Spr. II. 2, 344,
. 2, 330,
8. 153.
Eine andere, früher auch fehr gebräuchliche Attraktion ift
biefe, bag der Hauptfag vom Nebenfag angezogen wird. Der Träger
bes Relative (& 132) tritt aus dem. Hauptfag in den Nebenfag-und
wird im Haupefag burch ein Demonfleativ vertreten
den mjnnisten helbelinc den jmer jeman dar keleget, der ne wirt ime njemer
uersagit (den mindeften Hälbling den immer jemand datlegs, der nicht
wird ihm nimmer verfagt). Hartm. v. glauben bei W. 247, 7. den
besten meister er d&- vant, der seite ime zehaht eim seltssne mere (den
beiten meifter (den) er da fand, ber fagte ihm foglei eine feltfame Märe)
Ah. bei W. 326,15. — Ain waſſer das am berg ablauffl mitt dem
"Eu ee om BE
DT 98 natur ‘
darff man kain arbayt haben. Gg. O3. ein fünder, ber fih keren
wil von fünden, dam iſt es an der erſten nit leicht, Gb. 99a. bie wibers
fpenigen menfchen, die nyeman beferen mag, denen ift alles güt
ſchwer zü thün. Gb. 1008. eyner, der do gütig iſt und milt, ven hat _
yederman lieb. Gb. 7b. den fteyn den bie buwer verwarffen der ift
worden zü eym haupt des wynckels. B. Pf. 118, 22. den fein ben bie
bulut verwurffen der ift gemacht in das houbt des windels. B. Matth.
21,42. Das ein ygllicher der fie höret: dem werdent klingen bie
oren. B. Ser. 19, 3. Das wer es hören wird, jm bie Ohren Blingen. L.
Ein Herr der zu luͤgen Luft hat, bes Diener find alle Gottes. L. Spr.
29,12, Sin König der die Armen tremlich richtet, des thron wird
ewiglich beftehen. L. Spr. 29, 14.
Anm. Die hier erwähnte Attraktion hört man noch oft in der Volks⸗
fprache, befonbers am Mittelrhein.
—
B. Mehrere Retativfäge in Berbindung mit einem
| Yauptfag.
$, 154.
Bisher war von der Verbindung eines Relativfages mit einem
Hauptſatze die Rede. Es können aber aud) mehrere Kelativfäge auf
einen Hauptſatz fich beziehen. Iſt ein Nelativfag eimem andern Re:
lativſatz beigeerdnet, fo heiße die Verbindung eine Relativfas:
verbindung, aud Relativfagreihe; fft er einent andern Re:
lativfag untergeordnet, ein Relativfaggefüge ($. 5. 6).
Beide bilden befondere Arten von Perioden ($. 239).
3) Relativfagverbindung.
8. 155.
Eine Relativfagverbindung ober Relativfagreibe
ift eine Verbindung zweier oder mehrerer einander beigeordneter
Relativfäge ($. 154). Es kommt hierbei befonders der Gebrauch des
MRelativpronomens der, welcher und dee Relativfon:
junftionen ($. 131. 147) in Betracht, jedoch weniger deren Ge⸗
ſchtecht (F. 135); das Verbum ergidt fi) aus dem früher ($. 92 f.)
Geſagten. |
$. 166.
Werden mehrere (meiſt durch und eng verbundene) Relatiofäge
am einahder gereiht, die entweher ein gemeinfames Prädikat haben,
oder verfchiedene Praͤdikate von gleihmäßiger grammatiſcher Kon:
ſtruktion; fo genügt ein einziges Melativpronomen zu Anfang des er-
ften Sages.- Die einzelnen Relatiofäge erfcheinen dann als zu fan:
mengezogene Säge (d. 2,1). Das Nelativpronomen kann wie⸗
derhoft werden, a) wenn in der Wiederholung efn befonderer Nady-
druck oder eine gewiſſe Seierlichkeit Liegen foll, b) wenn die Beziehung
des zweiten Relativſatzes zum eriten und nach mehr zum Hauptſatz
— s8s86 —
durch Wiederholung des Relatlvs verdeutlicht werden fol. Dagegen
muß das Relativ wiederholt werden, wenn eine Zufammenziehung
beider Säge möglich ift?). — Soll eine Wiederholung flattfinden,
fo wechfelt Goethe nicht mit ben Formen der und welcher, fon:
bern gebraucht der Deutlichkeit und des Wohltlangs wegen beidemal
ber oder welcher >).
Was ift der Arbeit Ziel und Preis, der peinlichen, die mir die Zugend ftahl,
das Herz mir Öbe ließ und unerquidt den Geift, den Feine Bildung nod
gefhmüdet? S. P. 1, 4. — Ich zürnte dem Schidfal, daß mir’s ben
Sohn verfagt, der meines Namens und meines Glüdes Erbe koͤnnte fein,
in einer ftolgen Linie von Zürften mein fchnell verlöfchtes Dafein weiter '
leiten. Daf. 2, 3. — Es ift der Süngling, der mit Pfychen fich ver:
mählte, der mit im Rath der Götter Sig und Stimme hat. G. T. 1, 1.
Aber einem romantifchen Volke... war eine Religion angemeffen, de:
ren präctiger Pomp die Sinne gefangen nimmt, deren geheimnißvolle
Räthſel der Phantaſie einen unendlihen Raum eröffnen, beren vor:
nehmfte Lehren fich durch malerische Kormen in die Seele einfchmeidheln.
©. Abf. d. N. 1. B. — Außer ben eigenen Karben ber Körper, welche
in den Körpern felbft verharren ... gibt, es in der Ratur einige wechſel⸗
bare und veränderlihe Farben, welche man emphatifche und erfcheinende
nennt, und welche ich die glängenden zu nennen pflege. G. Farbenl.
W. 83,179. Er gab ihre im Scherze allerlei freundliche Namen aus
fremden Sprachen, Deren mehrere er fehr gut ſprach, und deren eigen:
thümliche Redensarten er gern ins deutfche Geſpräch miſchte. ©. 2. 6.
Anm. 1. Bmeifel über die Beiordnung beider Säße können um fo
feichter entftehen, wenn bie beiden Relativfäge ohne ale Verbindungs⸗
partifel, oder durch das entgegenfeßende aber verknüpft find.
Anm. 2. Indem legten Beijpiel aus Goethe iſt deren im erften Rela⸗
tiofag der Partitivgenitiv, beren im zweiten aber nicht.
Anm. 3. Deutlichkeit und Wohlklang würden wir z. B. in folgendem
Sage vermiffen: Ein Mann, welcher feinen Freund liebt, der (aber)
nicht feinen Feind haßt, ift.... |
$. 157.
Wenn die Konftruktionen mehrerer (meift buch und eng ver:
bundener) Relativfäge verfchiedene Kafus des Relativpronomens er:
fordern; fo ift, bei der nothmwendigen Wiederholung des Relativs, oft
nicht bloß ein Eleiner Mißklang hörbar, fondern die Auffaſſung des
Sinnes ift auch etwas erfchwert. Beide Melativa deuten auf Ein
Subftantiv als ihren Träger hin, jedoch jedes fteht in anderer Bezie⸗
bung zu feinem Sage. — Da, mo die beiden Relativpronomina v er:
[hiedene Kafus haben, die Formen derfelben aber gleichlau:
tend find, wicd die Auffaffung des Sinnes noch mehr erſchwert. —
Das Unſchoͤne einer Periode tritt hier zuletzt noch weiter hervor, wenn
zwijchen den Formen der und welcher abgewechfelt wid.
Er hat dich verrathen! den bein Wandel gelehrt, der deine Wunder gefes
ben, dem dein Mund das Geheimfte von jenem Leben enthüllt hat, den
du würbdigteft, Jünger zu nennen: er hat dich verrathen! Klopflod, M.
4,996, Es ift das Bild Ihres Vaters, des braven Mannes, den Sie
kaum gekannt, und der in jebem Sinne eine Stelle in Ihrem Herzen
— —
Zzs une u 7 mer vn men om
Ku
— 9171 —
verdient. 8. Wv. 1,7. Daß fie ihn einen fchönen Ruheplatz, den fie
bei ihren erften Anlagen befonders ausgefucht und verziert hatte, der
aber feinem Plane entgegenftand, gang gelaffen zerftören ließ. Daf. 1,6.
Als fie Philinen in den Armen eines jungen Officiers fahen, der eine
rothe Uniform und weiße Unterkleider an hatte, deffen abgewendetes Ge⸗
fiht fie aber nicht fehen Eonnten. ©. Lj. 5, 15. Eines Sohnes, beffen
fi jedermann erfreuen würde, und den Sie ganz und gar zu vernach⸗
läffigen fcheinen. Daf. 7, 7. Sinnt der König, was fein edler Mann,
der feinen Namen liebt, und dem Verehrung ber Himmlifchen den Bu⸗
fen bändiget, je denken follte? ©. J. 1, 2. Er zweifelte nicht einen Au⸗
genblick, daß jener Menfc die hat begangen, den er fo manchmal ge⸗
fprochen, der ihm fo werth geworden war. &. Werther. Won meinen
Vorgügen zu reden, deren idy mid) wohl auch zu rühmen habe, und die
mich zu einem würdigen Mitglied biefer großen Karawane flempeln. ®.
ı Wi. 3,4. Der Widerwille, diefes herrliche Naturerzeugniß noch weiter
zu entftellen, firitt mit der Anforderung, welche der wiſſensbegierige
Mann an fih zu mahen Hat, und welcher fämmtliche Umberfigende
Genüge leifteten. Daf. 3, 3. — Dann feste fie fih, und die Drangen,
die ich bei Seite gebracht hatte, die nun die einzigen noch übrigen wa=
ren, thaten vortreffliche Wirkung. ©. Werther. Diejenigen, welche bie
Sache näher anging, und denen der Papſt fie lebhaft aufgetragen hatte,
fanden bald den Thäter. G. B. Cell. 2, 11. Als wären die auf gedachten
Cartonen vorgeftellten Thaten und Sreigniffe in dem Kriege vorgefallen,
welchen die Florentiner gegen die Pifaner führten, der fih mit der Erz
oberung von Pifa endigte. Daf. Anhang IV. Wir fanden Klopftod da⸗
felbft, welcher feine alte fittliche Herrfchaft über bie ihn fo hoch verehren⸗
den Schüler gar anftändig ausübte, Dem ich denn auch mich gern unter:
warf. ©, Leben 18.83.
6. 158.
Der Mißklang wird unangenehmer, die Unebenheit fühlbarer
und die Leichtigkeit in Auffaffung ber Beziehungen und fomit über:
haupt im Verftändniß gehemmter, wenn einer von den beigeordneten -
Melativfägen nicht mehr von einem einzelnen Kafus des Relativpro-
nomens, fondern von einer mit dem Relativ verbundenen Präpofition
eingeleitet wird. — Dieſer Übelftand fleigert fi, wenn es bei dem
erften Relativfag, noch mehr, wenn es bei zwei oder mehreren Relativ:
fägen gefchieht. Ä
Befonders aber warb Laertes von einer Dame angcreizt, bie in der Nach⸗
barfchaft ein Gut hatte, gegen die er fih aber äußerft Falt betrug. ©,
Lj.4,4 Wilhelm hatte auf feinem Wege nach der Stadt bie weiblichen
. Gefchöpfe, die er kannte und von denen er gehört hatte, im Sinne,
Daſ. 7, 8. Natalie hatte verjchiedene Blumen von feltfamer Geftalt ge-
brochen, die Wilhelmen völlig unbekannt waren und nad deren Na
men er fragte. Daf. 8, 5. Dich zu verlafien, den ich fo liebe, von dem
ich ungertrennlich war, und froh gu fein! G. Werther. — Konnte fie fi
verftellen gegen ben Mann, vor bem fie immer wie ein Eryftallhelles Glas
offen und frei geftanden, und dem fie Eeine ihrer Empfindungen jemals
verheimlicht noch .verheimlichen können? Daf. Es fei jener Fig, von
dem Felix fo viel zu erzählen wußte und ben er fich fo oft als Spiel:
kameraden zurückwünſchte. ©. Wi. 3, 2. Diefe vier übrigen Figuren
ftellen bie Künfte vor, an denen fih Ew. Majeftät ergögt und die bei
Kehrein Grammatik. II. 2. 7
— v96 —
Ew. Majeftät alle Unterſtuͤtzung finden. ©. B. Geil 2, 6. Yu der Nähe
einer Geliebten, von der ich zwar mich zu trennen den Vorſatz gefaßt,
die mich aber doch, fo lange noch die Möglichkeit war, mich ihr zu naͤ⸗
dern, gewaltfam zu fich forderte. ©. Leben 9. B. Schon fah die ganze
Sefellichaft im Beifte bie neuen Wege fich fchlängeln, aufdenen und in
deren Nähe man nody die angenehmften Ruhe: und Ausſichtsplaͤtze zu
entdecken hoffte. G. Wo. 1, 7. Die räuberifhe Bande nämlich hatte
nicht der mwandernden Truppe, fondern jener Herrfchaft aufgepaßt, bei
ber fie mit Recht vieles Gelb und Kofkbarkeiten vermuthete, und von
deren Zug fie genaue Nachricht mußte gehabt haben. ©. Lj. 4, 1.
$. 159.
Gleiche Mißſtaͤnde treten ein, wenn Relativfonjunktionen bie
Eiafeitungen dee Säge werben, und zwar hier um fo mehr, da die
Beziehung der Relativkonjunktionen zu ihrem Hauptwort (Träger)
oft noch dunkler ift. — Gefteigert werden diefe Mipflände, wenn eine
Relativkonjunktion den erſten Nelativfag einleitet, noch mehr, wenn
e8 bei mehreren gefchieht.
Daß Truppen, die gewohnt waren, durch den Ungeftüm ihres Angriffs jeden
Widerſtand zu befiegen, ein Krieg ermüden mußte, der weniger mit Men⸗
ſchen als mit Elementen geführt wurde, der mehr die Geduld übte, als
die Ruhmbegierbe vergnügte, wobei weniger Gefahr als Befchwerlichkeit
und Mangel zu befämpfen war. ©. Abf. d. N. Einl. Die Straße, die
der Menſch befährt, worauf der Segen wandelt, diefe folgt der Flüffe
Lauf. ©. P. 1, 4. Sämmtliche Tauwerke der Föniglichen Flotte, vom
ftärkften bis zum fchwächlten, find dergeftalt gefponnen,’ dag ein rother
Faden durch das Ganze durchgeht, den man nicht herauswinden kann
ohne alles aufzulöfen, und woran aud) die Eleinften Stüde Eenntlich
find, daß fie dee Krone gehören. G. Wo. 2,2. Der Alte, in Hoffnung
eines weitläufigen Journals, beffen Führung er dem Sohne beim Ab⸗
ſchiede forgfältig empfohlen, und wozu er ihm ein tabellarifches Schema
mitgegeben, ſchien über das Stillſchweigen ber erften Zeit ziemlich berue
bigt. ©. %. 4, 17. Dabei ift aber wohl gethan, mit Maß und Heiter⸗
Teit beffen zu erwähnen, was man entweder willig unternimmt, ober
wozu man ſich genöthigt glaubt, G. Wi. 3,1. — Sie freuten ſich, die
Zummer wieder zu betreten, wo fie früher fo manchen guten Zag erlebt
and die fie eine lange Zeit nicht gefehen hatten. G.Wp. 1, 10. Erſtlich
die nächfte (Welt), wozu die bargeftellten Perfonen gehören, und die
fie umgiebt. ©, über ep. u. dram. Dichtung. Die hohen Gebirge, welche
Carlsbad unmittelbar umgeben, find fämmtlid Branit und alfo auch ber
Hirſchſprung und der Dreifreugberg, welche einander gegenüberftehend
eine Schlucht bilden, worin fich, bis auf eine gewiffe Höhe, zu beiden
Seiten ein Uebergangdgebirg bemerken läßt, und wovon in unferm Auf:
fag zur Joſeph Müller’fhen Sammlung fon umftändlicher gefprochen
worden. G. Mineralogie Problematifch.
$. 160.
Mißklang, Unebenheit und Unklatheit fteigern fich, je mehr Re:
lativfäge fi) einander beiordnnen, und je mehr der eine oder der andere
von ihnen oder gar alle nicht bloß weitere Bekleidungen zu fich, ſon⸗
dern auch noch untergeordnete Nebenfäge anderer Art in ihre Mitte
-
x
”.
nehmen oder, was noch Adler iſt, an ihe Ende ſich anfügen und ſomit
von einander mehr fi entfernen.
Philipp der Zweite, ber maͤchtigſte Souverän feiner Zeit, beffen gefürdtete
übermacht ganz Europa zu verfchlingen droht, beffen Schäge die ver:
einigten Reichthümer aller chriftlichen Könige überfleigen, beifen Flotten
in allen Meeren gebicten; ein Monarch, deffen gefährlichen Zwecken
zahleeiche Deere dienen, Heere, die durch lange blutige Kriege und eine
. zömifche Mannszucht gehärtet, Durch einen trogigen Rationalftolz begeiftert,
und erhitzt durch das Andenken erfochtener Siege, nah Ehre und Beute
dürften, und fich unter bem verwegenen Genie ihrer Führer als folgfame
Glieder bewegen — diefer gefürchtete Menſch, einem hartnädigen Ent:
murfe hingegeben; Ein Unternehmen die raftlofe Arbeit feines langen
Regentenlaufes; alle diefe furchtbaren Hilfsmittel auf einen einzigen
Zweck gerichtet, den er am Abend feine Zage unerfüllt aufgeben muß —
Philipp der Zweite, mit wenigen ſchwachen Rationen im Kampfe, den er
nicht endigen fann. ©. Abf. d. N. Einl. Immer Zehrten ihre Gedanken
wieber zu Werthern, der für fie verloren war, den fie nicht laffen Eonnte,
den fie leider! fich ſelbſt überlaffen mußte, und dem, wenn er fie verlo=
ren hatte, nichts mehr übrig blieb. G. Werther. Sie ſah fih nun mit
dem Dann auf ewig verbunden, deſſen Liebe und Zreue fie Tannte, dem
fie von Herzen zugethan war, beffen Ruhe, deffen Zuverläffigkeit recht
vom Himmel bazu beflimmt zu fein fchien, Haß eine wadere Frau das
Glück ihres Lebens darsuf gründen follte. Daf. Nach meinen eigenen
Befigungen fehne ich mich nicht zurüd, theils aus politifchen Urfachen,
vorzäglid aber weil mein Sohn, für den ich alles eigentlich gethan und
eingerichtet, Dem ich es zu übergeben, mit dem ich ed noch zu genießen
hoffte, an allem Eeinen Theil nimmt, fondern nad) Indien gegangen ift,
um fein eben dort, wie mancher andere, höher zu nutzen, oder gar zu
vergeuden. &. Wo. 2, 10. Dem Manne, der die Welt kennt, der weiß,
was er barin zu thun, was er von ihr zu hoffen hat, was kann ihm er⸗
xünfchter fein, ald eine Gattin zu finden, die überall mit ihm wirkt,
und die ihm alles vorzubereiten weiß, deren Zhätigkeit basjenige auf:
nimmt, was bie feinige liegen laflen mußte, deren Geſchäftigkeit fich
nad) allen Seiten verbreitet, wenn die feinige nur einen geraden Weg fort-
geben darf. G. &. 7,7.
8. 161.
Sm zweiten beigeorbneten Relativfag wird häufig zur Verhütung
der in den vorhergehenden Paragraphen genannten libelftände, aber
im MWiderfprudy mit den Forderungen ber Logik und Grammatik 1),
das MRelativpronomen durch ein perfönliches, demonftratives, oder de⸗
ren pofjeffives Pronomen, und die relativifche Konjunktion durch ein
demonftratived Adverbium vertreten. — Diefer Sprachgebrauch ift
vorzugsweife den Griechen (denen meiftens avros als Erſatz dient).
eigen, aber ihnen keineswegs von den Deutfchen nacygebildet, fondern
beurfundet fich als felbftändig bei ung fchon durch das Alt- und Mit:
telhochdeutſche und and) noch heutiges Tages durch die Volksſprache
und die Sprache des gemöhnlichen Lebens 9. — Man vergefle dabei
nicht, daß der, die, das unfer altefles Relativpronomen iſt
($.. 119 f.). 7.
— 100 —
Die Ciferfucht nagt ihre Bruft wie eine Krankheit, die wir nicht vermögen
auszutreiben, nicht ihr zu entfliehen, G. Erwin u. Elmire 1,23. Die
Elemente find daher als Boloffale Gegner zu betrachten, mit benen wir
ewig zu kaͤmpfen haben, und fie nur durch die höchfte Kraft ded Geiſtes,
durch Muth und Lift, im einzelnen Fall bewältigen, &. Meteorologie.
Da droben iſt die Zaube, nmach ber Francesco fo lange gefchhoffen, und
fie niemals getroffen hat. G. B. Cell. 2, 12. Das Schloß war zum
Kranktenhaufe umgebildet und fehon mit mehreren Unglüdlichen belegt,
denen man nicht helfen, fie nicht erquiden Eonnte. ©. Gampagne in
Frankreich 3. Octbr. Als aber der Kerl auf die Rechte des Bettlers trogte,
dem man wohl ein Xlmofen verfagen, ihn aber nicht beleidigen dürfe.
G. Wv. 1,6. — Sch theilte ihm die neuften Scenen bes Kauft mit, die
er wohl aufzunehmen fchien, fie auch, wie ih nachher vernahm, gegen
andere Perfonen mit entjchiedenem Beifall beehrt hatte. ©. Leben 18. 8.
— Diefer Bemühung kam durchaus jene freie, gefellige, bewegliche Lebens:
art zu Hülfe, welche mich immer mehr anzog, an bie ich mich gemöhnte, -
und zulegt derfelben mit voller Freiheit geniegen lernte. G. Lebend.8.
In diefen Augenbliden trat ein anfehnlicher Dann zu ihm, den er, zwar
als einen feltenen, aber immer als einen ſehr aufmerkfamen Zuhörer und
Zufchauer bemerkt, und demſelben fchon nachgefragt hatte. &. Wi.
3,3. Wir flellten eine durch Umftände und guten Willen gefchloffene
Sefellfchaft vor, die wohl mancher Andere zufällig berühren, aber ſich
nicht in diefelbe eindrängen Eonnte. ©. Leben 9. B. — Befonders
aber wollte man ihr Betragen gegen den Fürften nicht rühmen, an beffen
Stelle fie fich gewiffermaßen gefegt, und gegen feinen Willen kühnlich
Unverantwortliches unternommen. G. Campagne in Frankreich Detbr.
Noch einer bedeutenden Familie muß ich gedenken, von ber ich feit mei-
ner frühften Jugend viel Sonderbares vernahm und von einigen ihrer
Glieder felbft noch manches Wunderbare erlebte. &. Leben 2.8. Sie
fragte nach Herren von Riedefel, Bartels, Münter, welche fie ſaͤmmtlich
Tannte und ihren Charakter und Betragen gar wohl unterfcheidend zu
würdigen wußte. G. ital, Reife Catania 3. Mat 1787. — Sie (die Bils
ber) flanden in feinem Schlafzimmer um das große Thronhimmelbette an
den Wänben gefchichtet übereinander, von wo er, alle Hülfleiftung ab⸗
lehnend, fie felbft herholte und dahin wieder zurüdbrachte. G. Tags u.
Sahreshefte 1805. Ein einzig Mal hatte er eine gewiſſe leidenfchaftliche
Gontrovers gegen einen ungerechten Zabler eingefchoben, die ich wegließ
und ein heitered Naturgebicht bafür einlegte. ©. Leben 18.3. Als er
ein heiteres Landftädtchen Liegen fah, in welchem er zwar Teine Sefchäfte
batte, aber eben deßwegen fich entfchloß, ein paar Tage dafelbft zu
verweilen. G. Lj. 2,3. Wo diefer dreihundert Thaler an Melina aus⸗
zahlte, welche biefer fogleich dem Rotarius übergab, und bagegen
das Document über den gefchloffenen Kauf erhielt. Daf. 2, 14.
Anm. 1. Diefe fordern auch im zweiten Relativfag ein Relatiopronomen.
Anm. 2. Zahlreiche Beifpiele aus dem Alte, Mittel: und Neuhochdeutſchen
(bier aus Luther, Zindgref, Dach, P. Gerhard, 3. Rift,
Klopftod, Rabener, Leffing, Herder, Hammer, Windels
mann, Hoffmann, Goethe, Schiller, Stolberg, Engel,
Matthiffon, Voß, Mufäus, 3. Paul, W. v. Humboldt,
Fichte, A. W. v. Schlegel, Ziel, Riebuhr, Uhland, Pyrker,
Freiligrath) find gefammelt von Zeipelim Goesfelder Gymnaſial⸗
programm von 1841 und von Lehmann im Marienwerber Gymnaſial⸗
programm von 1849,
Anm. 3, Diefe Konftruktionsweife findet ſich, namentlich feit dem vorigen
Jahrh., weit mehr in ber Profa als in der Poefie und hier mehr in ber
. ‚— 11 —
leichteren Gattung der Erzaͤhlung als in ſtreng wiſſenſchaftlichem Styl,
was Ka natürlihen Grund in dem Streben nad Kürze und Wohls
lang hat
Anm. 4. Am bäufigften unter allen neueren Schriftftellern hat Goethe
diefe Konftruktion gebraucht, befonbers in der Profa und zwar mehr in
ber leicht hingeworfenen, hiftorifchen Schreibart, als in bem höheren, wif:
ſenſchaftlichen Styl. Selten läßt er die Verbindungspartikel zwifchen
den Relativfägen aus; zu folder Verbindung braucht er am häufigften
und, felten aber, bier und da aud. Wenn er drei Relativfäge in bei:
orbnende Verbindung bringt, fo fegt er das perfönliche oder demonſtrative
Pronomen hoͤchſtens in den dritten, nie in den zweiten, auch nie in den
zweiten und dritten. Was endlich bie Pronomina betrifft, deren er fich
flatt der Relativa bedient; fo wechfelt er, wie kein anderer Schriftfteller.
Am häufigften gebraucht er allerdings, wie andere, dad Pronomen er und
fie im Singular und Plural, naͤchſtdem am Öfteften der und derfelbe,
‚bin und wieder die adjeftivifchen Pronomina fein und ihr, fehr felten
diefer. Die Adverbia (Relativkonjunttionen) dahin, dafür, da=
nad, babei,baran, damit, dafelbft, dadurch, darum, dar-
über, dagegen, davon entfprechen feiner Vorliebe für die kurze Form
. bes Relativpronomens der. S. Lehmann a. a. O. ©. 22,
$. 162,
Häufig wird, gleichfalls zur Verhütung der genannten Übel:
ftände, aber ebenfo im Widerſpruch mit den Forderungen der Logit
und Grammatik, das Relativpronomen im zweiten Relativfage weg⸗
gelaffen, dasfelbe mag mit dem Relativpronomen im eriten Relativ:
fag in einerlei Kafus ftehen follen oder nicht, eine Präpofition bei ſich
haben oder nit. Dasfelbe gilt von den Relativfonjunktionen. —
Goethe bietet aud) Beifpiele mit drei beigeorbneten Relativfägen,
in deren einem oder zweien das Nelativpronomen oder die Relativ:
konjunktion fehle. — Auch der hier erwähnte Sprachgebrauch iſt
ſchon ziemlih alt (befonders häufig bei Luther); von keinem
Schriftftellee des 18—19. Jahrh. iſt er aber häufiger angewendet
. worden, als von Goethe.
Niemand aber war ihm gefährlicher gewefen als Jarno, ein Mann, deffen
heller Verſtand von gegenwärtigen Dingen ein richtiges, flrenges Urtheil
fällte, (der) dabei aber den Fehler hatte, daß er diefe einzelnen Urtheile
mit einer Art von Allgemeinheit ausfprad. ©. %. 5, 1. Aus ber Heiter⸗
keit eines foldhen Zuftandes mag denn wohl Gellinis guter Humor ent⸗
fhringen, den man durchgängig bemerkt, und (ber) wenn er gleich öfters
getrübt wird, fogleich wieder zum Vorſchein kommt. ©. Anh. z. Cell.
Dann gingen wir in bie Sirtinifche Capelle, die wir auch hell und heiter,
die Gemälde (deren Gem. wir) mwohlerleuchtet fanden. G. ital. Reife
Kom 22. Nov. 1786. Wem's Herze fchlägt in treuer Bruſt und (wer)
ift fich rein, wie ich bewußt, der. hält mich wohl am höchften. G. Blüm:
lein Wunbderfchön. Dieſes Anerbieten, das ich für Kein leeres Compli⸗
ment halten durfte, und (das) für mich Höchft reigend war, lehnt’ ich je:
doch dankbarlichſt ab. G. Kamp. in Frankreich Münfter Novbr. — Ich
erinnere mich feiner nur dunkel; deſto deutlicher aber feiner Auction, der
ich vom Anfang bis zum Ende beiwohnte und (auf ber ich) theils auf
‚Befehl meines Vaters, theild aus. eigenem Antrieb manches erſtand. G.
— 102 —
Leben 2.8. Endlich mochte die Putzhaͤndlerin alle Geduld verlieren, und
fuchte mie eigenhändig einen ganzen Pappenkaſten voll Blumen aus, den
ich meiner Schwefter vorftellen und (aus dem ich) fie felbft follte wählen
laſſen. Daf. 8.8. — Als ich einen Privatbrief von ihm erhielt, einen
Brief, vor dem ich niebergefniet, und ben (und deffen) hoben, edeln,
weifen Sinn (ich) angebetet habe, &. Werther. — Ein Flügel fland in der
Mitte, an ben fich fogleich die einzige Tochter des Hauſes niederfegte und
(auf dem fie) mit bedeutender Fertigkeit und Anmuth fpielte. &. Leben
16.8. — Mean fagte Wilhelmen auch, daß fie alle Morgen ganz früh in
die Meſſe gebe, wohin er ihr einmal folgte, und (mo er) fie in der Ede
der Kirche mit dem Roſenkranze knien und anbächtig beten ſah. G. Lj. 2,
6. Im Mai 1764 reifte Baron Olthoff nah Stodholm, wohin er
Hackert mit fih nahm und (wo er ihn) bei Hofe bekannt madıte. ©.
Hackert. — So gab es doch noch manche bürgerliche Stellen, an die
man Anſpruch machen, (in denen man) ſich einftweilen feftfegen und bie
Zufunft erwarten konnte. G. Leben 14.8. Sie eröffnete ihm eine Ver⸗
legenheit, in der fie fih eben befand, und worüber er bei feinen man⸗
cherlei Berhältniffen den beften Rath geben und (wobei er) bie ſchleu⸗
nigfte Einleitung zu ihrem Bortheil machen Eonnte. G. Unterh.d. Ausgew.
— Daß man ihm ein Paar Zimmer im oberſten Stode, bie gewöhnlich
leer flanden, überließ, in Deren einem wieder die Zufchauer fiben, in dem
andern (in deren anderm) die Schaufpieler fein, und das Profcenium
‚abermals bie Deffnung der Thüre ausfüllen follte. G. Lj. 1, 5.
Anm. Andere Beifpiele aus älterer und neuerer Zeit bieten Teipel und
Lehmann in bem $. 161. Anm, 3 angef. Programmen,
$. 163,
Der Kürze, Leichtigkeit und Glaͤtte wegen ift auch hier eine At⸗
traktion eingetreten, die mit der $. 151 erwähnten verwandt if,
wie aus den mitgetheilten Beifpielen erhellt. — Goethe gebraudgt
gern zund viel häufiger, als andere Schriftfteller, diefe Korm der Rede,
mehr jedoch in feinen profaifchen als poetifchen Schriften. — Geſtei⸗
gert wird das Unregelmäßige, wenn mehr als zwei Relativfäge beige-
ordnet, wenn mehr als einer der Melativfage attrahieut, wenn die ats
trahierenden und attrahierten Säge noch mit andern Nebenfägen vers
flochten find.
Nur allzu hoch fland jene, heimlich mir, durch wunderſam Seſchick, ver:
bundne Frau, um welche noch bein Hof in Zrauer wandelt und (um
welche er) meiner Brift geheime Schmerzen theilt. G. Nt. 1,1. Ver⸗
laffen hab’ ich Feld und Auen, die eine tiefe Nacht bedeckt, (und bie)
mit ahnungsvollem heil’gem Grauen in ung die beff’re Seele wedt. ©. $.
1,64. Die Gefellfchaft beftand aus jungen, ziemlich Lärmenden Freun⸗
ben, die ein alter Herr noch zu überbieten trachtete und (der) noch wun⸗
derlichered Zeug angab, als fie ausübten. G. Leben 11.8. ine zarte
liebenswürdige Frau hegte im Stillen eine Neigung zu mir, die ich nicht
gewahrte, und mich eben deßwegen in ihrer wohlthätigen Geſellſchaft
defto Heiterer und anmuthiger zeigte. Daf. 12.8. Der Bediente hinter-
ließ Wilhelmen eins von feinen Lichtern, da 8 biefer in Grmangelung eines
Leuchters auf das Fenftergefims Eleben mußte, und wenigftens bei feinen
Betrachtungen bie vier Wände bes Zimmers erhellt ſah. &.%. 3,3. Ich
entkam mit großer Schnelligkeit diefem Handel, von bem ich Ehre genug
bavon trug und (bei dem ich) das Gluͤck nicht mehr als billig verfuchen
-
— Si} —
wollte. ©. Gel. 1,6. Er lud mich ein, ihm an einigen wichtigen Wer⸗
ten zu helfen, wogu ich mich gern entfchloß, und (wobei ich) einen gu⸗
ten Verdienſt fand. Daf. 1,9. Ich ging niemals hin, ohne ber Schönen
eine Blume, eine Frucht oder fonft etwas zu überreihen, welches fie
"zwar jederzeit mit fehr guter Art annahm und (wofür fie) auf das hoͤf⸗
lichfte dankte. ©. Leben 3.3. Auch hielt er mich ernftlicher dazu an,
als zur Muſik, welche er Dagegen meiner Schweiter vorzüglich anempfapl,
ja diefelbe außer ihren Lehrfiunden eine ziemliche Zeit des Tages am
Claviere fefthielt. Daf. 4. B. Sie that einige Fragen an ihn, bie er kurz
beantwortete, und fich an den Pult flellte, zu fchreiben. &. Werther.
Diefer that dringende Vorftellungen, worauf der Prinz aber nicht ach⸗
tete, fondern vorwärts ritt. G. Camp. in Frankreich 13. Septbr. In⸗
deſſen hatte fich der Löwe ganz knapp an das Kind hingelegt und ihm die
ſchwere rechte Bordertage auf den Schoos gehoben, bie der Knabe fort:
fingend anmuthig ftreicheite, aber gar bald bemerkte, daß ein fcharfer
Dornzweig zwifchen ben Ballen eingeftochen war. G. d. Kind m. d. Lös
wen. — Nie ift etwas für oder gegen diefe Dinge gerebet, gebacht, oder
geichrieben worden, das ich nicht auffuhhte, beſprach, lad, erwog, ver:
mehrte, verwarf, und (womit ich) mich unerhört herumplagte. G. 21.6.
Dazwifchen fließt der Bach, gegen deffen Anfchwellen fich der eine mit
Steinen, der andere mit Pfählen, wieder einer mit Ballen, und der Nach⸗
bar fodann mit Planken verwahren will, keiner aber den andern förbert,
vielmehr fi) und ben übrigen Schaden und Nachtheil bringt. G. Wv.
1,6. Dagegen waren mir unter ben Büchern bes Großvaters bie beutfche
Schaubühne und verfchiedene italieniſch-deutſche Opern in bie Hände ges
tommen, in bie ich mich fehr vertiefte und jedesmal nur erfi vorne die
Berfonen überredhnete, und fodann fogleich, ohne weiteres, zur Auffühs
rung ded Stüdes Ichritt. G. &. 4,6. — So muß ich bir geftehen, daß
ich Ichon einige Zeit etwas auf dem Herzen habe, was ich bir vertrauen
muß und möchte, und nicht bagu kommen kann. G. Wo. 1,1, Es
tonnte niemals fehlen, wenn die Sache zur Sprache Fam, daß der Lord
nicht feine Gründe dagegen abermalö wiederholte, welche der Begleiter
befcheiden und geduldig aufnahm, aber body zulegt bei feiner Meinung
beharrte. Daf. 2, 11. — Jarno, der von bergmännifchen Unternehmuns
gen und den dazu erforberlichen Kenntniffen und Ihatfähigkeiten den
Sinn voll hatte, trug Wilhelm auf das genauefte und vollftändigfte mit
Leidenfcbaft vor, was er fich alles in beiden Welttheilen von folchen
Kunfteinfihten und Fertigkeiten verfprehe, wovon ſich jedoch der
Freund, der immer nur im menfchlichen Herzen den wahren Schaß ges
ſucht, kaum einen Begriff machen Eonnte, vielmehr zuletzt lächelnd ers
wiederte: So ſtehſt du ja ze. G. Wi. 1, 4. Jeder hatte etwas von dem
legten Augenblid zu erzählen und mitzutheilen, das fich der alte Herr
gefallen ließ, auch wohl durch theilnehmende Fragen hervorrief, zulegt
aber aufftand, und die Befellfchaft, die fich nicht rühren folkte, begrüßend,
mit den beiden Amtleuten fich entfernte. Daf. 1,6. Iene @ebärbe, bie
Arme kreuzweis über die Bruft, einen freudigen Blick gen Himmel, das
ift, was wir unmündigen Kindern auflegen und zugleich das Zeugniß
von ihnen verlangen, daß ein Gott dba droben fei, der fich in Eltern, Leh⸗
tern, Vorgefegten abbildet und offenbart. Daf. 2, 1. Ja fie famen fogar
ſchon den zweiten Zag, im Ramen bes nun beffer unterrichteten Waters
mir eine völlige Amneftie auzubieten, die ich zwaer dankbar annahm, al:
fein den Antrag, daß ich mit ihm ausgehen und bie Reichsinfignien,
welche man nunmehr den Neugierigen vorzeigte, befchauen follte, hart⸗
nädig ablegnte, und verficherte, daß ich weber von der Welt, noch von
bem Romiſchen Reiche etwas wiſſen wolle, bis mie befannt geworben, wie
— 4104 —
jener verbrießliche Handel, der für mic, weiter Feine Folgen haben würbe,
für meine armen Bekannten ausgegangen. ©. Leben 8.8. Herr Sforza
brachte mir diefen ruhmoollen Auftrag, wodurcd ich Außerft geflärkt
ward und denfelben Tag fehr vergnügt zubracdhte, weil dad Bolt auf mich
mit Kingern wies, und mich dem und jenem als eine neue und wunders
fame Sache zeigte. G. Eell. 4, 8.
Anm. Zu ber bier behandelten Attraktion bemerkt Lehmann a. a. D.
©. 34 in Bezug auf Goethes Sprache: 1) Höchft felten werben ber
attrahierende und ber attrahierte Sag ohne Bindewort verknüpft, am
häufigften durch und, fehr oft durch aber, doch, jedoch, dagegen,
feltner durch fondern, vielmehr, hie und da dur auch. — 2) Über:
au fteht das beiden gemeinfame Subjekt nur im attrabierenden Sage, nie=
mals im attrahierten. — 3) Der attrahierende Sag ift weit häufiger von
einem Relativpronomen, ale von einer Relativkonjunktion eingeleitet. —
4) In wenigen Stellen kommen zwei, in noch wenigern mehr als zwei
attrahierte Säge vor. — 5) In vielen Stellen ift ber attrahierende Re⸗
latiofag ein Nebenfa bes zweiten, in wenigen bes britten, nie eines hoͤ⸗
bern Grades. — 6) Sonftige größere Verwickelungen in dergleichen Pe⸗
rioden, befonders Verflechtungen mit fuborbinierten Nebenfägen, fehlen
allerdings nicht, doch finden fie fih mehr im Gefolge des attrahierten als
des attrabierenden Sages und hemmen wegen ber Stellung folcher ange⸗
hängten Nebenfäge (fie find meiftens angefügt, felten eingefchaltet) wenis
ger das Verftändniß. — 7) In der poetifchen Sprache kommt biefe fehler:
hafte Konftruftion hoͤchſt felten vor, befto häufiger in der profaifchen, und
namentlich in „Dichtung und Wahrheit“, in „Sellini” und in „Wilhelm
Meifter.” — 8) Wollte man bei folchen Stellen Berichtigungen vornebs
men, fo würde das, ohne die Relativität der Konſtruktion aufzugeben, oft
ſchwer halten. Dagegen wird die Grammatik niemals, die firengere Lo⸗
sit nur felten gegen Umwandlung der relativifchen Nebenfäge in Haupts
füge etwas einzuwenden haben.
$. 164,
Statt des zweiten beigeorbneten Relativfages gebrauchen
die Rateiner, mehr noch die Griechen (befonders Homer) und bie
Deutfchen feit der Alteften Zeit (neuhochd. vorzugsmeife Luther und
Soethe) öfters einen Hauptſatz. Es wird durch ſolch ein über⸗
fpringen in die Hauptfagbildung nicht allein die Weitfchweifigkeit und
Berwidelung der Nebenfagbildungen zum Vortheil der gedrungenen
Profa und noch mehr der kurzen und einfachen Poefie vermieden, fon-
dern auch für gewiffe Verbindungen und In einzelnen Stylgattungen
eine frifche Lebendigkeit, eine wirkſame Abwechfelung, eine Eräftige,
einfache Schönheit hereingebracht.
Er war eine von den Perfonen, die ſchwer zu befriedigen find, und, wenn
fie zufälliger Weife fi) auf etwas werfen, das ihnen gefällt, fo mahlen
fie ſich's nachher fo trefflic in ihrem Gehirn aus, daß fie niemals
glauben, wieder fo etwas Herrliches fehen zu können. G. Cell. 3,3. Eben
befand ich mich bei den Auguftinern, an einem fehr gefährlichen Orte, ber
zwar nur fünfhundert Schritte von meinem Schloffe entfernt war, weil
aber inwendig die Wohnung faft noch einmal fo weit ablag, fo würde
man, wenn ich auch hätte rufen wollen, mich doch nicht gehört haben.
Dof. 3,5. Ich ging niemals hin, ohne der Schönen eine Blume, eine
Frucht oder fonft etwas zu überreichen, welches fie zwar jebergeit mit fehr
— ilos —
guter Art annahm und auf das hoͤflichſte dankte; allein ich ſah ihren
traurigen Blick ſich niemals erheitern, und fand feine Spur, daß fie fonft
auf mich geachtet hätte. ©. Leben 3. B. Die Frau Markgräfin, in Kün:
ften und mancherlei guten Kenntniffen thätig und bewandert, wollte auch
mit anmuthigen Reben eine gewiffe Theilnahme beweifen, wogegen
wir uns zwar dankbar verhielten, fonnten aber doch zu Haufe ihre
ſchlechte Yapierfabrilation und Beainfigung des Racdrudere Madlot
nit ungenedt laffen. G. Leben 18.3
bb Relativfaggefüge
$. 165.
ft ein Relativfag einem andern Relativfag untergeordnet,
fo heißt die Verbindung beider ein Nelativfaggefüge ($. 154).
$. 166.
Deutlihkeit und Wohlklang müffen, wie bei dem gram:
matifchen Verhältnif Eines Relativfages zu feinem Hauptfage ($. 131),
fo auch bei demjenigen flattfinden, in welchem ein untergeorbneter
Relativfag zu feinem übergeordneten Relativfag, und beide zu dem
Hauptfage ftehen.
| 8. 167.
Die Unterordnung des einen Relativfages unter ben andern
muß aud in der fprachlichen Darftellung (formell) hervorleuchten.
Der untergeordnete Sag muß weniger umfangreich, weniger gewicht:
voll auftreten als der übergeorbnete. Fe untergeordneter fein Logifches
Verhaͤltniß ift, defto mehr muß er auch in der fprachlichen Darftelung
als unbedeutend erfcheinen. Eine folche geringere Bedeutſamkeit Liegt
zumeift in der geringeren Bekleidung.
Er fchied alfo nicht ohne eine gewiffe innere Zufriedenheit; denn wie follte
der Dichter eine folche Aufmerkſamkeit nicht empfinden, deffen treuflei:
Biger Arbeit, die fo lange unbeachtet geruht, nun ganz unerwartet eine
liebenswürdige Aufmerkfamkeit zu Theil wird. G. Wi. 2, 4
8. 168.
Wohlklang und Deutlichkeit in der Beziehung verlangen, daß
man bei zwei Relativfägen, von denen ber eine dem andern unter:
geordnet ift, nicht diefelben Formen des Relativpronomend gebraudht,
während die beigeordneten Relativfäge gerne diefelbe Form des
Relativpronomens gebrauchen ($. 156). Das hier Verlangte wird,
von unſern beffeen Schriftftellern oft, wenn auch nicht immer ge:
leiftet.
Julius ſaͤumte nicht, mit dem Herzog von mir aufs ehrenvollſte zu ſprechen,
der mir auftrug, ein Modell zu machen zu einem Kaͤſtchen, um das Blut
Chriſti darin aufzunehmen, von welchem ſie ſagen, daß Longin es nach
Mantua gebracht habe, G. Sell. 1,8. Er wohnte neben einem Haufe,
in welchem eine ber flolgeften Sourtifanen ſich aufhielt, bie man jemale
in Rom reich und belicht gefehen hatte. Daf. 1, 10. — Iſt fie (die üble
Laune) nicht ein Mißfallen an uns felbft, das immer mit einem Reide
verknuͤpft ift, Der durch eine thörichte Eitelkeit aufgehetzt wird? G. Wer:
ther. Diefer Mann bat mich gleihjfam um VBerzeihung, in Gegenwart
von denen, die mid) kurz darauf, fo wie viele andere, die von ihm gelit-
ten hatten, auf bas volllommenfte rächten. ©. Gel. 4, 1. Diefe wadern
Leute, die den großen Lärm nernahmen, der im Wirthähaus indeffen
entftanden war, glaubten, es fei ein Heer von hundert Dann bafelbft.
Daf. 1,6. Nun finde ich an feinem Pulfe keine weitere Bewegung, als
bie ich meinen Mitteln und ber Furcht zufchreiben kann, in Die wir das
Kind verfegt haben, ©. Li. 8, 10,
$. 169.
Ein Übelftand für den Wohlklang wie für das leichte und ſchnelle
Verſtaͤndniß ift e8, wenn mehr ala zwei Relativfäge in das Verhält-
niß abftufender Unterordnung treten, mögen fie duch Vermittelung
anderer zwifchen fie geflellter Nebenfäge oder in unmittelbarer Unter:
ordnung abgeftuft fein. — Geſteigert wird diefer Übelftand, wenn
dieſelben Relativpronomina oder Relativfonjunktionen angewendet
werden, oder wenn die Relativfäge mweitläufige Bekleidungen oder an:
gehängte Mebenfäge noch höherer Grade haben, oder endlich mit bei:
geordneten Relativfägen verflodhten find.
Wehe denen, fagte ich, bie fich der Gewalt bedienen, die fie über ein Herz
haben, um ihm die einfachen Freuden zu rauben, die aus ihm felbft her:
vorkeimen. ©. Werther. Da Fam ihr ein Mann zur Hand, ber ein
großer Diftillirer war, und ihr einige wohleiechende und wunderſame
Waſſer übergab, welche die Haut glatt mahten, dergleichen man
fi) niemals in Frankreich bedient hatte. &. Gel, 3, 9, — Mit welchen
Empfindungen betrachtete Dttilie die fpäteren Blumen, die fich erft an:
zeigten, deren Glanz und Fülle dereinft an Eduards Geburtötag, bef:
fen Feier fie fich manchmal verfprach, prangen, ihre Neigung und Dan:
barkeit ausdrüden follten. ©. Wo. 1, 173. Sodann, fuhr er fort, darf
ich Hoffen aus jenem herrlich gegründeten Mittelpunct wird man Sie auf
ben Weg leiten, wo jenes gute Mädchen zu finden iſt, bag einen fo fon:
dberbaren Eindrud auf Ihren Freund machte, der den Werth eines un
fhuldigen unglüdlichen Gefchöpfes, durch fittliches Gefühl und Betrad:
"tung, fo hoch erhöht hat, daß er deffen Dafein zum Zweck feines Lebens
zu machen genöthigt war. ©. Wi. 1, 12. Diefes Modell ift von einem
filbeenen Becher genommten, der fo und fo viel wog, Den ich zu der und
ber Zeit jenem Marktfchreier Meifter Jakob Chirurgus von Capri machte,
der na Rom kam, fehs Monate bafelbft blieb und mit feiner Salbe
manche Dugend Herren und Edelleute befchmierte, von benen er mehrere
taufend Ducaten zog. G. Cell. 3,3. Und als er ihr biefes zugefichert
hatte, kam er in mein Haus, wo ich ihn in gewiffe untere Zimmer führte,
in welchen ich das große Thor zufammengefegt hatte, worüber ber
König fo erftaunte, daß er die Gelegenheit nicht fand, mich auszufchelten,
wie er ed verfprochen hatte. Daf. 3, 10.
Anm. 1. ine Beziehung der Beziehung ift-fhon nicht überall leicht auf-
zufaffen; um wieviel weniger leicht eine Beziehung in ber Beziehung der
Beziehung, ober nun gar eine Beziehung ber Beziehung in ber Beziehung
der Beziehung.
— AT —
Anm. 2%. So fehr Goethe bie relativen Saͤtze liobt, fo hat er doch bie
Relativfaggefüge im Allgemeinen fehr vermieden, und ift namentlich höchfl
felten über ein Gefüge von zwei Relativfägen hinausgegangen. Anbers
> Wieland, der eine wahre Meifterfchaft im Beziehen der Beziehungen,
im Einfhachteln der Einfchachtelungen bewiefen hat.
\ Drittes Kapitel.
Kafusfäge,
$. 170.
Wenn der Nebenfag ein ergänzendes (näheres oder entferntere®)
Objekt enthält und durch die Konjunktion (den Sagartikel) daß ober
ein Sragemwort, befonders ob, eingeleitet ift; fo heißt er ein Kafus-
fag, au Objektsſatz ($. 90).
Horm, Bedeutung und Gebrauch der Konjunftion
Daß.
8. 171.
‚ Unter den Konjunftionen ift daB mol vom meiteften Umfang.
Das fteht, als Neutrum des Pronomens der, die, das ($. 119),
zwifchen der Verbindung ber Nebenfäge durch dag Melativ und ber
Verbindung durch andere Konjunktionen, und ift eigentlich der Artikel
vor dem ganzen, gleichfam als ein Subſtantiv gefaßten Sage, da:
ber au Satzartikel genannt.
8. 172.
Pronomen und Konjunktion wurden lange übereinftimmend
daß (day) gefchrieben; im 15. Jahrh. fieng man an beide zu unter:
['heiden, wie denn 3. B. in den „Zranslationen oder Zütfchungen”
von Nikolaus von Wyle (wahrfcheinlihd 1478) die Konjunktion
meift daz, dz, das Pronomen (der Artikel) das gefchrieben wird.
In der 4. Bibelüberfegung (147073) ftehen daz, dz, das durch⸗
einander für beide Bedeutungen. Albr. von Eyb (Spiegel der Sit-
ten 1511) und Luther gebrauchen für beide ohne Unterfchied die
Form das. Fiſchart (Öargantua 1582) ſchreibt die Konjunftion
meift daß, den Artikel meift das. Im 17. Jahrh. war der Unter-
fchied beider Kormen ziemlich allgemein angenommen.
$. 173.
Alt: und mittelhochdeutfch wird die Konjunktion thaz, day oft
mit anderen Wörtern zufammengezogen, 3. B. theih, deich — thaz
ib, das ich; tbeiz, deiz == tha3 e3, day ey; dayte — daʒ dü; days uns
m das es (Gen, neutr.) uns; da3s einen == day si einen ; deir das er,
-
-
— 108 —
daz ir; der = day er; des — day eg ıc. Xlterneuhochdeutſch und
in der heutigen Volksſprache haben fich einige diefer Zufammenziehun:
gen erhalten, namentlich dafte — daß bu.
$. 174,
Die Konjunktion dag wird alt:, mittel: und neuhochbeutfch oft
noch mit andern Partikeln und Konjunktionen verbunden, befonbers
mit auf, außer, Dabei, dadurch, dafür, dagegen, da⸗
- ber, damit, danach, davon, daran, darauf, daraus,
Darin, barob, darüber, barum, Darunter, Davor, dazu,
ftatt, anflatt, weil, wie, indem, nachdem, feitdem,
bis, ehe, während, ohne, im Falle, fo, nicht u.a.
8. 175.
1) Das ſteht in erflärenden oder ergänzenden Nebenfägen, und
zwar mit bem Indikativ ($. 98) "und Konjunktiv ($. 100). Die
Stellung des Haupt= und Mebenfages ift dabei eine zweifadhe: ent⸗
weber flieht der Hauptfag oder der Nebenfag mit daß voran.
8. 176,
Der Nebenfag mit daß tritt zum Verbum bed Hauptfages als
Subjekt. Hier kann daß allein flehen, oder es innen ihm als Vor:
läufer bes Subjekt im Hauptfag bie Pronomina es, das, dies
vorausgehen, oder ber Nebenfag kann zum Subjekt des Hauptfages
in dem VBerhaltniß eines attributiven Genitivs fliehen. —
daz ist rehto paluulc dink, da3 der man haret ze gote, enti imo hilfa ni
quimit (das ift [ein] recht verberblih Ding, daß der Mann [Menfch]
fehreiet zu Gott, und ihm Hilfe nicht kommt). Musp. 51 bei W. 71, 27.
mich dunket, daz3 ir habt gestriten und gröge arbeit erliten. Erec 3531.
als e3 im ze heile geschach, daz er gewsfen (der Waffen) was bloz. Erec
4721. ouh irte da3 sine vart, da3 diu naht vinster wart. Erec 6738.
ditz sint gensdeclichiu dinc, da3 ich hie vinde solch spil. Erec 8837.
nu gedühte ouch den künec zit, da3 er den ritterlichen strit zehant (fo:
glei) enden wolte, Erec 17351. — daz ir herze niht.zerbrach von
leide, da was wunder. Erec 6074. daz3 er von siner meisterschaft in sö
gröje unkraft sines libes was komen, des wart rache hie genomen. Erec
9218. — und erbarmte in, daz3 sin wip solde bi in dA bestän. Erec 8346.
e3 mac nimmer geschehen, da3 ich iwer wip werde. Erec 6293. wie
da3 wsre ergangen, daz in haten gevangen die zwene vAlande (Zeufel).
Erec 8646. da3 im die schande wer geschehen, da3 er in ligende het
erslagen. Erec 829. — Vnd es geſchach in den tagen. ein gebot gieng
vſz von dem keiſer Augufto. dz alle welt wuͤrd befchriben. B, Luk. 2, 1.
Es begab fich aber zu der Beit, Das ein Gebot von dem Keifer Augufto
ausgieng, Das alle Welt gefcheat würde. L. — Sch muß bekennen,
dag mir daͤucht, daß fie dem guten Gretchen gleiht. ©. F. 1, 218.
Dazu fam, dag man fie nicht gehen hörte. &. Wr. 1, 6. Verordnet
ift im englifchen Geſetz, daß jeder Angellagte durch Gefchworne von Geis
nesgleihen ſoll gerichtet werden. S. St, 1,7. Drum tft herkoͤmmlich
— im —
feit ber Bäter grauen Zeit, daß vor Gericht kein Britte gegen ben Schot⸗
ten, kein Schotte gegen Zenen zeugen barf. Daf. 1,7. Es ift ein alter
Fehler, bag er mehr bie Einſamkeit als die Gefellfhaft ſucht. &.%.1,2.
Zwar thut mir's wehe, daß er mich mit fo wenigem Widerſtande hinge⸗
geben hat. ©. 30j. Kr. 2. B. Es hat mir fehon früher mißfallen, daß
er nicht ganz redlich gegen Sie ifl. &. Wo. 1,13. Wie wares zu verz
tennen, daß beide Frauen fich in einer peinlichen Lage neben einander
befanden? Daf. 2,15. Das eben ift der Fluch der böfen That, daß
fie, fortgeugend, immer Böfee muß gebären. S. P. 5,1. Seht, ihr
Herrn, das ift all recht gut, daß Jeder das Naͤchſte bedenken thut. ©.
Lager 11. Alfo das iſt mir zulegt für die höchfte Nachficht geworben,
daß mir das Unangenehmfte gefchicht noch zum Schlufle des Tages!
G. Hd. 9, 19. Um biefe Zeit kam mir bie Kunde zu, daß Ihr aus
Talbots Schloß hinweggeführt, und meinem Oheim übergeben worben.
S. &t.1,6. Sp» ift mein Tod der Welt das ficherfie Zeichen, daß
ich nichts Gemeines mit den Hunden gehabt habe. G. G. 3. Es war
Zeit, daß der Hauptmann berauftrat. & Wo. 1,10. Das ihr
fie Haft, das macht fie mir nicht ſchlechter. ©. T. 2,3. — Es ift vers
ordnet im vergangnen Jahr, daß man gerichtlich gegen fie verfahre.
S. St. 1,7. Es ift der Wille meiner Königin, daß Euch nichts Billi⸗
ges verweigert werde. Daf. 5, 8. Auch blieb ihm nicht verborgen, bag
bier eine alte flattlihe Hauskapelle zum Dienfte der Themis verwandelt
fei. 8. Wj. 2,9. Wie fchwer ift es, daß ber Menſch recht abwäge,
was man aufopfern muß gegen das, was zu gewinnen iſt! G. Wo. 1, 6,
Mit wenigen Worten bat er feinen Freund um Berzeihung, daß er heut
nicht umftändlih ſchreibe. Daf. 1,2. Mir ift die Möglichkeit ſchreck⸗
lich, daß irgend ein unvorgefehener Stoß, ein Kal, eine Berührung
Ihnen ſchädlich und verberblich fein fönnte. Daf. 1, 7. — Drei Dinge
find bei einem Gebäude zu beachten: daß es am rechten Fleck ſtehe,
daß es wohl gegründet, daß es volllommen ausgeführt fei. Daf. 1,9.
Daß fie es gegen ihn am meiften fei, das wollte feiner Selbftliebe fcheiz
nen. Daf. 1,7. Daß man den Ort verändern müffe, war allzu deut:
lich. Daf. 2, 18.
8. 177, Ä
Der Nebenfag mit dag bilder die genitivifche Ergänzung zum
Prädikat des Hauptfages. Hier kann (wie $.176) daß allein flehen,
oder ed kann als Vorläufer des genitivifchen Objekt im Dauptfage
der Genitiv deffen (dep), früher auch es (von e3) vorausgehen, oder
der Nebenfag mit daß bilder eine appofitionelle Ergänzung des Ob⸗
jektsgenitivs im Hauptfage.
ich bit iuch, biderber man, sit (feit, da) ir mir sit gewesen guot, da3 ir mir
volle wol tuot. Erec 4816. ouch sult ir mich. geniezen lan (laffen), daz
ich iu (euch) stete triuwe leiste. Erec 4553. si wurden wol gewar, da3
im niht toetliches war. Erec 7028. des swer (fhwöre)-ich wol und wil
es jehen (jagen), da3 disen frowen beiden ir gemüete was gescheiden.
Erec 9683. ir sult mich des geniezen lan, da3 ichz durch triwe han ge- _
“ tan. Erec 3414. ob mir got der &ren gan, daz ich gesige an disem man.
Erec 8560. — der gräve bat in fürbaz, daz3 erz lie3e ane har ob er zuo
ir see. Erec 3746. ich behielt e3 nach dem wäne, ob es minem friunde
wurde nöt.. da3 ich3 im Iihen (leihen) solde. Erec 599. des bitet alle,
da3 uns der löon gevalle. Erec 10130. ouch.hete sich vil snelle ir muot
der zweier zwivel (Zweifel) eins ‚bewegen, da3 ir ze manne were ein
— 11 ——-
degen lieber daune ein arger zuge. Erec 2845. — Beſinnen Sie fich,
Freund, dag Sie in lauter Räthieln zu mitreden. ©.9.1,5. Allein
wer befcheidet ſich nicht gern, daß reine Bemerkungen feltner find, als
man glaubt. ©. Einl. zu d. Propyläen. Verzeiht, Milord, daß. ich
Eud gleich zu Anfang ins Wort muß fallen. ©. &t. 1,7. Das Alles
mahnet mich, daß ich heute von meinem Glüde [beiden muß. © Ihr
feid verwundert, daß ich fo fihnell das Herz geändert. ©. Des rühme
ber biut’ge Tyrann fih nicht, daß der Freund dem Freunde gebrochen bie
Pflicht. ©. Bürgſchaft. Er hat es keinen Hehl, daß wir um Seinet⸗
willen hierher berufen find. ©.9.5,1. Mein Zenge ift der allmächtige
Gott, daß ich nicht aus Vergnügen fechte. ©. 305. Kr. AB. — Er
hatte die Entdedung gemacht, daß das diesfeitige Ufer über das jenfeitige
hbervorrage. Daf. 3. B. In der VBorausfehung, daB es auf die Ver⸗
nichtung des Majeftätsbriefes abgefehen fei, bewaffneten die Kreiheits-
befhüger das gange proteftantifche Böhmen. Daf. 1.8. Ich möchte
ſchwer zu überreden fein, baß ich an dir ein ſchuldvoll Haupt befchüße,
.@.3.1,3. Der Menſch muß bei dem Glauben verharren, daß das Un⸗
begreifliche begreiflich fei; er würde ſonſt nicht forſchen. G. Betracht. im
Sinne d. Wanderer.
8. 178.
Der Nebenſatz mit daß bildet die Ergaͤnzung zum Dativ des
Hauptſatzes.
> da3 kom von dem gemüete, da3 im dehein (feine) werltsache was vor dem
gemache dä erritterschaft vant. Eree 72581. ern schine dA ie in dem worte,
da3 ez niemen für in tete. Erec 2737. — Zum Pfande, daf Sie
mich ehren wollen, fchiden Sie mich mit dem Heer nach Flandern. ©. DE.
1,2. Ich ſchweige vor Erftaunen, Königin, dag man dein Ohr mit
Schredniffen erfüllt. S. St.2, 3. Wan gab Euch Schuld, daß Ihr
zu Rheims die Schulen befucht. Daſ. 2,4. Und zur Gewähr, daß ichs
bin, die Euch fendet, bringt ihm dieß Schreiben. Duf. 1,6. Seit ber
Zeit, dag ich Sie nicht gefehen Habe, hat fich vieles geändert. 8%.
7,3. Er freute fih daran in der Hoffnung, daß der Frühling bald
alles noch reichlicher beleben würde. & Wo. 1,1.
8. 179.
Sm Hauptfage geht eine den Dativ oder Alfufativ vertertende
demonſtrative Partikel (Demonftrativtonjunftion $. 174) voran, mes
zu der Mebenfag mit daß die Ergänzung bildet.
und bite iuch des verre (ferner), daz von iu (euch) min herre dä mite si
geeret, da ir üf sin hüs keret. Erec 3526. vil ofte kam eg daran, da3
dirre (diefer) gröje man den minnern vor im dan sluoc. Erec 9155. — Ih
fuchte mir Dadurch zu helfen, bag ih mih fhonte G. Lj. 6. Bor:
gen Sie dafür, dag unfer Theil nicht verkürzt werbe. Daf. 8,1.
Bei den vielen Proben und der weitläufigen Behandlung diefed Stüdes
waren alle fo da mit befannt gemorben, daß fie ſämmtlich gar leicht mit
ben Rollen Hätten wechſeln Eönnen. Daf. 5, 43. Ohne daran zu den⸗
ten, daß man ein großes Blatt mit zwei Händen anfaffen müffe ©.
Wo. 2,6. Er freute fih mehr noch darauf, daß es heimlich und ge:
fit gegen den Willen des Grafen unternomen werden foltte. G. Li.
8,6. Wahrheitsliebe zeigt fih barin, daß man überall das Gute zu
finden und zu fchägen weiß. G. Betsacht. im Siane ber Wanderer.
— — — — — — —
il g
—,—— — —
Darin bin ich dir vorzuziehn, daß ich bein Glück mehr ala du ſelber
kenne. G. J. 1, 3. Were mein Reich von bifee welt, meine Diener
würden dro b kempffen, das ich dem Juͤden nicht vberantwortet würde.
L. Joh. 18, 36. So vereinigte man ſich auch darüber, daß man dem
Zufall im Roman gar wohl fein Spiel erlauben könne. ©. %. 8, 7.
Habt ihe nur darum mich fo manches Jahr von Menſchen abgefonbert..
daß ich nur meines Hauſes Gräuel Später und tiefer fühlen ſollte? ©.
3.3,1. Dazu kam, daß man fie nit gehen hörte. &. Wo. 1, 6.
Anm. Abweichend fagt Goethe, Lj. 7,6: Ich habe vom Sittlichen den
Begriff als von einer Diät, die eben dadurch nur Diät ifl, wenn ich
fie zur Lebensregel mache, wenn ich fie das aanze Jahr nicht außer Augen
laffe. -
$. 180.
Der Nebenfag mit da bildet das Objekt des Hauptfages. Hier
kann (wie $. 176) daß allein flehen, oder es Eönnen ihm als Vor:
Läufer des Objekte im Hauptfage die Pronomina es, das, dies
vorausgehen, oder der Mebenfag fteht zum Objekt des Dauptfages in
dem Verhaͤltniß eines attributiven Genitivs.
do bevant er werlichen, da; Erer degenes ellen (Heldenmuth) traoc. Erec
767. ich wil e3 gote klagen, daz ich min laster muo3 sagen. Erec
4778. ir triwe ir da3 gebot, daz si ze sinem betie gie (gieng). Erec
3993. doch hät mir got die selde (das Glück) gegeben, da3 sich diu
rede verkeret bät. Erec 973. — day er rehte erkenne, daz diu. rede
wese (jei) ungelogen. Erec 7390. und swenne (wenn) erz vobrahte,
daz3 erz für sich stalte. Erec 7381. doch rate ich iu (euch) mit triwen
da3, da3 iriuch bedenket ba3. Erec 8582. wie ich hän vernomen von
im mit leidiu msre, da er bekumbert were. Erec 6974. — ex gebüt,
das er vſztrag alle ding von dem huſz. B. 3.Mof. 14,36. Da fol ber
Priefter heiffen, das fie das haus ausreumen. L. ſy werdentt wiflen
das ich bin der herr, B. Ezech. 39, 6. fie follens erfaren, das ich der
Herr bin. L. — Sch fol erkennen, daß mid Niemand hast, dag
Niemand mich verfolgt, daß alle Lift und alles heimliche Gewebe fich
allein in meinem Kopfe fpinnt und webt! Betennen foll ih, daß
ich Unrecht habe!.. Daß er betrogen ift, kann er nicht fehen, daß
fie Betrüger find, kann ich nicht zeigen. G. &.4,3. O wie befhämt
gefteh' ich, dag ich dir mit flilem Widerwillen diene! G. 3.1, 2.
Sch eile vor bem König’ und dem Heer, zu melden, dag er kommt,
und daßes naht. Daf. 1,2. Laß dir diefe Freude verfidhern, daß
auch ich ein Grieche bin! Daf. 2, 2. Verzeiht, Milord, dag ih
Euch gleidy zu Anfang ins Wort muß fallen. S. St. 1,7. Wenn id)
«zugleich bedenke, daß uns feine Gegenwart nicht die mindeſte Unbes
quemlichkeit verurfaht. ©. Wo. 1,1. Erbemerkte gar bald, daß
man ihm erfhwerte, fie allein zu fprechen ... Er fühlte, daß er
ſelbſt durch fein heftiges Treiben die Caſſe zu erfchöpfen auf dem Wege
war; er tadelte bitter Sharlotten und den Hauptmann, daß fie bei
bem Gefchäft gegen die erfte Abrede hanbelten. Daf. 4,13. Ich weiß
aber wohl, daß ich nicht einfchlafen fonnte, daß ich noch etwas erzählt
haben wollte, daß ich noch viele Fragen that, und daß ich nurtungern
die Wärterin entließ, bie ung zur Ruhe gebracht hatte. G. Lj. 1,3.
Sch läugne nicht, bag ich Thereſen herzlich beneidete, daß ich meine
Neigung zu ibm kaum verbarg, und daß ich ihn nicht zurüdftieg,
als er auf einmal mich flatt Thereſen zu wählen fhien. Daf. 7,4. Der
— 12 —
Glüuckliche glaubt nicht, daß nod Wunder gefhehn. G. Hd. 2, 50.
Hab ich nit von jeher durch alle Handlungen bew tiefen, bag ich beffer
als einer fühle, was Deutfchland feinen Regenten ſchuldig iſt? &.@.4.
Sch will nicht, das er hoffen foll. &. Egm. 1. Dod er erwartet,
daß du es nicht dul deſt. ©. Ivo. 3,2. Bis ih erhielt durch mät-
terliches Flehn, daß ſie's zufrieden ind. S. Bom. — Verzeihung für
dieſe verhaßte Larve, Königin, die mir zu tragen Kampf genug gekoſtet,
doch der ich's dankte, dag id mich Euch nahen, Euch Hülfe und Erret-
tung bringen kann. ©. St. 4 6. Mein Vertrag erheifcht’s, daß alle
Kaiferheere mir gehorchen. S. P. 2, 7. Ob er’s gleich nicht fordert,
fühlt er’s doch, und fühlt es Hd in feiner großen Seele, daß du ſorg⸗
fältig dich vor ihm verwahrfl. G. 3.1,2. Den edlen Stolz, daß
du bie felbft nicht gnügeft, verzeih’ ich dir. Daf. 1,2. Wer hat den
alten graufamen Gebraud, daß am Altar Dianene jeder Fremde fein
Leben blutend läßt, von Jahr zu Jahr mit fanfter Überredung aufge⸗
halten? Daf. Ich mache mir Vorwürfe, daß ic ihn betrüge, daß
ih in feinem Herzen eine vergebliche Hoffnung naͤhre. G. Egm. 1. Man
bringe die Beweiſe mir herbei, daß ich ſie (die Briefe) ſelbſt diktirt,
dag ich fie fo diktirt, gerade ſo, wie man geleſen. S. St.1,7. — Und
denkt Ihr, dag der koͤnigliche Name zum Freibrief dienen tönne,
blut’ge Zwietracht in frembem Lande ftraflos auszuſäen? Daf. 1,7. Der
Meditus verlangt ausbrüädlidh, daß fie das Haus auf einige Zeit ver:
Jaffen folle. G. 8%. 7,4 Er felbft vertraute mir.. baß er zum
Schweden wolle übergehn. S. 9. 8,1. Wer ſpricht ihm ab, daß er
die Menfchen kenne, fie zu gebrauchen wiffe! Daf. 1, 4. (Sie) mei:
nen,baß die Unterfehrift von neulich, die abgeftohlne, ſi ie zu nichts ver⸗
binde, ©. T. 2, 8. In der Hitze der Erfindung hatte ich vergeffen,
daß boch jeder twiffen müffe, was und wo er es zu fagen habe. ©. Ei.
4,7. Zugleich erfuhr ich, daß man hierher gefommen ſei, die jungen
Leute wirklich in Empfang zu nehmen. Daf. 1,13. Er fühlte, daß
er ein anderer Menſch zu werben beginne. Daf. 1,9. Er dachte,
daß es ihm doch möglich fei. G. Wo. 1,16. Ich wünfche nur, daß
ich dem Mächtigen, was ihm gefällt, mit Wahrheit jagen möge. ©. 3.
4,2. Schon feit den Testen Monden ließ der Greis geheimnigvolle Winke
fü ch entfallen, daß nicht mehr ferne fei der Tag, ber fie den Ihrigen zu⸗
rüde geben werde. Seit geftern aber fprach er’& deutlich aus, daß mit
der naͤchſten Morgenſonne Strahl ihre Schidfal fich entfcheidend werde
Iöfen. S. Bom. Ic) habe nie gefehen, daß tüchtige Menfchen wä=
ren undankbar gewefen. ©. Mar. u. Reflex. Nicht ruhig bulbet es,
dag eure Schwefter des frechen Diebes Beute fei. S. Bom. Seni hatte
es im den Sternen gelefen, daß bie glänzende Laufbahn feines Herrn
noch lange nicht geendigt fei, daß om die Zukunft noch ein Tchimmern:
bes Gluͤck gufbewabre, ©. 30j. Kr. 2.3. — Weitere Beifpiele fiehe
8. 113. 116
Anm. Im Lateiniſchen ſteht in der hier beſprochenen Konſtruktion meiſt
ber Akkuſativ mit dem Infinitiv, ber auch in der früheren deut⸗
fhen Sprache vielfach angewenbet wurde, nun aber nicht mehr im Ge:
brauch iſt. Goth., alt= und mittelhochd. Veifpiele bietet Grimm IV,
115 f. Älterneuhochd. Beifpiele Habe ich gefammelt im „Archiv für ben
Unterriht im Deutfchen“ U. 2, 91 f. (Vgl. auch I. 3, 122 f,) und im
„Archiv für d. Stud. d. neueren Epr. u. Lit.“ VII. A, 383,
mom — — EEE „m ER A EHE — ——— — — WE En RR ÄÂ Se So CB a
Abhängige Rede Coratio obliqua).
$. 181.
Führt man feine eigene Rede oder die Rede eines Andern nicht in
der Form, in welcher fie gefprochen worden ift, fondern nur dem Sn:
halte nach an; fo nennt man dies abhängige (angeführte) Rede
(oratio obliqua). Zur Einleitung dient ein Berbum des Sagens, wel:
ches jedoch häufig nur dem Sinnenacd in bem Hauptfag enthalten
ift, und dann je nad) dem Zufammenhang ergänzt werden muß. Die
Ausfage (der Kafusfag) fleht im Altdeutfchen meift im Konjunktiv ohne
baß, im Neuhochdeutfchen im Konjunktiv ohne dag und im Indi⸗
kativ und, Konjunktiv mit daß ($. 98. 100, 114). Iſt der Spre:
chende von der Wahrheit der Rede überzeugt, und fpricht er diefe Über:
zeugung aus, fo gebraucht er den Indikativ; will er dagegen nur den
Inhalt der Rede wiedergeben, ohne darüber zu urtheilen, oder zweifelt
er an der Wahrheit derfelben, fo gebraucht er den Konjunktiv. In
Bezug auf die Zeitformen herifcht großes Schwanken ($. 115).
Apoll gab ung das Wort: im Heiligthum der Schweſter fei Zroft und
Hüf und Rüdkehr dir bereitet. &. 3. 2,1. Ein Landmann bradt’
es (die Nachricht) mit von Zirfchenreit, nach Sonnenuntergang hab's
(das Treffen) angefangen, ein Eaiferlicher Zrupp von Zachan her fei eins
gebrochen in das ſchwed'ſche Lager, zwei Stunden hab’ das Schießen an⸗
‚gehalten, und taufend Kaiferliche ſei'n geblieben. S. &. 4, 4. Auch
Eiterhazy, Kaunig, Deodat erklären jest, man müff’ dem Hof gehor⸗
hen. Daf. 2,4. Sie verlangen ihren Oberft, den Dear, zurüd, er jet
hier auf dem Schloß, behaupten fie, du halteſt ihn mit Zwang, und
wenn bu ihn nicht losgebſt, werde man ihn mit dem Schwerte zu be=
freien wiffen. Daf. 3, 17. Das wären die Planeten, fagte mir mein
Führer, fie regierten das Gefhid, Drum feien fie ats Könige gebil:
det. Der äußerfte, ein grämlich finftrer Greis, mit dem trübgelben Schein,
fei der Saturnus. ©. 9.3,4 Mannenne fie zwar Senatoren, ließ
er fich öfters gegen feinen Anhang heraus, aber Andere bejisen bie
Gewalt. Wenn man Geld brauche, oder wenn die Rede davon fei, ber
eindringenden Kegerei zu wehren, oder das Volk in Ordnung zu erhalten,
fo Halte man ſich an fie, da fie doch weder den Schag, noch die Gefege
bewachten, fondern nur die Organe wären, durch welche die beiden
andern Collegien auf den Staat wirkten. Und doch würden fie allein
der ganzen Neichsverwaltung gewachfen fein, die man unnöthiger Weife
unter drei verjchiedene Kammern vertheilt Hätte, wenn fie fich nur unter
einander verbinden wollten, dem Staatsrathe diefe entriffenen Zweige
der Regierung wieder einzuperleiben, damit Eine Seele den ganzen Körs
per belebe, ©. Abf.d.N.2.8. — Er zeigte mir, daß grübelnde
Vernunft den Menfchen ewig in der Irre leitet, daß feine Augen fehen
müffen, was das Herz foll glauben, daß ein fihtbar Haupt der Kirche
Roth thut, dag der Beift der Wahrheit geruht Hat auf den Sasungen
der Väter. S. St. 1,6. Daß es diefelben (Briefe) find, die er empfan=
gen, hat Babington vor feinem Zod bekannt. Daf. 1,7. Seit geftern
fprach er’s deutlich aus, daß mit der nächften Morgenfonne Strahl ihr
Schickſal fich entfcheidend werde löfen. S. Bom. — Weitere Beijpiele
f. $. 98, 100. 118. 180,
Kebrein Grammatik, II. 2 8
— 114 ——
$. 182.
2) Daß (im Fall daß) ſteht in bedingenden (konditio-
nalen) Nebenſaͤtzen in einer der angegebenen Beziehungen, und
zwar mit dem Indikativ und Konjunktiv, mit und ohne Megation
(nicht). Bal. weiter $. 100. 1.
ist da3 ir sö wise sit, sd lät ir} Ane widerstrit. Erec 3781. hät ab (aber)
e3 mir got gegeben, daz3 irs wert von geburte sit, sö geruochet läjen den
strit. Erec 9351. ichn (ich nicht) weig zwiu (wozu) mir daz leben sol, e3n sl
da3 ich mich des erbol, dag mir von iu (euch) geschehen ist. Erec 126.
ob des niht enst (nicht fet), da3 ir min leben endet. Erec 9359. und wer
da3 got hien (Hier in, auf) erde rite, ich wen in genuogte’ (genügte) dA mite.
Erec 355. e3n st, daj er missesage, sÖö mac niemen des gejehen (jagen).
Erec 10012. — da 8 (wenn) du tufent werbe (mal) bichteft, es en (nicht)
hilfet Dich niut (nicht). Zauler bei W. 860, 6. Geſetzt, daß dir folcher
Reihthumb verbleibt, Sp. 2,14. Gefeht, Rauben und Stehlen fey
dir erlaubt, Sp. 4, 8.
$. 183.
3) Daß flieht in Ausnahmefägen: außer daß, es fei
denn daß (früher wan, nur); der Nebenfag kann im Indikativ
oder Konjunktiv ſtehen. (Vgl. weiter $. 100. 1.) — Hierher kann
auch das eine Stellvertretung, das Einnehmen der Stelle eines An:
dern anzeigende ftatt Daß, anflatt daß gerechnet werben.
ich ensage (fage nicht) dir anders nibt wan da3 dir alsam geschiht, Erec
84. er hæte st im alle gegeben, wan da3 der frowen leben dä mite ge-
senftet were. Erec 3576. wan daz frou Salde ir was bereit... sö wære
kumberlich ir vart. Erec 3459. — Wie müg wir befteen vor irem antlig
es ſye denn das bu on helffeft. B. 1. Macch. 3, 53. (Wie können wir
fur inen bleiben, Du helffeft ons denn. L.) Es kan niemand einem ftarden
in fein Haus fallen, ond feinen Hausrat rauben, ES ſey denn, bas er
zuuor den ftarden binde, ond als benn fein Haus betaube. L. Mark.
3, 27. (keyner mag geen in dad hufz des flardten das zeberoben nur er
bind zu dem erften den ſtarcken und dann berobet er fin hufz. B.) es
ift mit ons gefchehen, es fey denn fach, dag wir ons anders in die
Sache fhiden. A. 14a. — Unbußfertige (Ketzer) follten das Land räus
men, jedoch ohne ihre Güter zu verlieren, es fei denn, daß fie fih
durch Verführung Anderer diefes Vorrechts beraubten. S. Abf. d. N.
Kaum bedurfte es noch einer Pflege, außer daß Nanny immer zum
Gießen bereit war. G. Wp. 1,17. — Wenigftens kann ber geringere
Mahler immer für fich operiren, anflatt dag der mindere Muſiker fi
mit anderen foeiiren muß, um durch gefellige Leiftung einigen Effekt zu
thun. ©. Betracht. im Sinne der Wanderer. Der ift verforgt, anftatt
daß jenes ausgetriebene Wefen noch manche Roth haben Tann, bis es
wieder unterfommt. ©. Wo, 1, 4.
$. 184,
4) Daß fleht in wünfhenden und verwünfhenden
Sägen. Geht eine Interjektion voran, fo ſteht der Nebenfag im In:
dikativ oder Konjunktiv; fehlt diefelbe, gewöhnlich im Konjunktin,
— — — — — — — — — —
— 15 —
thaz fr uns ouh gizellet unio iz fuuo buah singet (daß ihr und auch er:
gählet, wie es euer Buch finget!). O. 1, 17 bei W. 88, 15. st sprächen
alle w£ der stunt, da z uns min frowe ıe wart kunt! Erec 2996. daz in
got velle! Erec 3774. got welle, da z iehz niht gelebe! Iw. 4490. —
mwelle got, das nfmahel lebe. B. 4. Moſ. 17, 18. woͤlte got das wir
weren todt. B. 4. Mof. 14, 3. ah, das wir geftorben weren. L.
wolt got wer (wären) wir beliben enhalb des iordans. B. Joſ. 7,7.
o das wir weren jenfeid des Zordans blieben. L. dz ic) dich vind
vſzwendig. B. Hohel. 8, 1. 0 das ich dich drauffen fünde. L. — Daß
ich ihren Namen nie gehört Hätte! daß er aus dem Buche der Lebendis
geht verfilgt würde! Lefling, M. Sar. Sampf. 1,9. O daß er fein
Semüth wie feine Kunft an deinen Lehren bilde! ©. T. 1,2. Das
wolle Gott nieht, daß du bas vollbringſt! S. 8. 2,3. Da fei Gott
für, daß es bis dahin kommen ſoll! S. P. 2, 7. VBerhüte Gott, daß
wir den Ruhm befleden! S. &t.2,3. Gebe nur Gott, daß unfer
unge mit ber 38it brader wird und dem Weislingen nicht nach⸗
fhlägt. &.®.t Ab daß ich Georgen nody einmal fähe, mid) an
feinem Std wärmte! deg db. Das doc) die Jugend immer voiſchen
ben Extremen ſchwankt! G. ej. 1, 12.
8. 185.
5) Daß ſteht in kauſalen Nebenfägen, melde einem
abſtrakten Subftantiv entfprehen. Die Verhaͤltniſſe eines thäti-
gen Grundes, eines Mittels und eined unmittelbaren Er:
fenntnißgrundes werden gewöhnlich duch eine im Hauptſatze
fiehende Demonftrativfonjunftion: davon, dadurd,
daraus, daher ($. 179) bezeichnet. Diefe Verbindungen fommen
fhon im Altdeutſchen vor, jedoch weniger als im Reudeutſchen.
bi thiu tba3 ih irduälta, thar förna ni gizälta, scäl ih i3 mit uuillen nu
süma3 hiar irzellen (bei dem daß ich verzögerte, davorn nicht erzählte, foll
[werde] ich es mit Willen nun zum Theil bier erzählen). O. I, 17 bei W.
83, 25. ir yirdienit daz afgrunde (den Abgrund, die Hölle) da3 her (ihr)
mich sö törecht woldit hän. Kr. bei W. 227,4. ir sit wise liute, da3
ir sö vil hıute gefräget von mim herren. Erec 88. der tage dühte in ze
lanc, daz3 er ze langern ziten ir minne solde biten (warfen) danne unz
(bis) an die nsehsten naht. Erec 1847. — Den Mangel an Reiterei wußte
ee dadurd zu erfegen, Daß er Fußgänger zwiſchen die Reiter ftellte,
©. 30j. Kr. 2. B. Er zürnt, daß ich mein Geld jegt wage. ©. Ivo,
1,4. Zrefflich haft bu gehandelt, o Frau, daß du milde den Sohn fort
f(hidteft, mit alten Zinnen und etwas Efjen und Trinken, um es den
Armen zu ſpenden. ©. Hd. 1, 13. Ein großes Übel in den Wiffenfchaf:
. ten, ja überall, entſteht baber, daß die Menfchen, die ein Ideenver⸗
mögen baden, zu theoretifiren ſich vermeffen, weil fie nicht begreifen,
dag noch fo vieles Wiſſen hiezu nicht berechtigt. G. Betracht. im Sinne
b. Wanderer,
$. 186,
6) Daß ſteht in Adverbialfägen der Weife uud der Folge
(Modal: und Konfektüutivfägen) Die Weife wird angegeben
durch eine bewirkte Handlung, und dann meift duch fo — daß be:
geichnet.($. 220). Wird die bewirkte Handlung in Folge des Gra:
8 *
— 16 —
des einer Thätigkeit oder Eigenfchaft verneint, fo fleht zu — als daß.
Sm Hauptfag kann, fo, alfo, fol, dergeftalt, dermaßen,
vonder Art (mhbd.so, also, alsus, alse, alsam, als, sus, solch), mit
nachfolgendem daß, ein Komparativ mit nadhfolgendem als daß,
zu neben einem Adjektiv mit nachfolgendem als daß flehen oder er:
gaͤnzt werden. Steht im Hauptſatz ein bloßes Adjektiv oder Partici⸗
pium, fo Eann man oft eine Demonftrativfonjunftion ($. 179) dazu
ergänzen. Der Nebenfag kann im Indikativ oder Konjunktiv fliehen.
daʒ der man upiles kifrumita, da3 er i3 allag kisaget, denne er zederusuonu
quimit (das der Menfch Übeles that, daß er es alles fagt, wenn er zu ber
Sühne [dem Gericht] kommt). Musp. 140 bei W. 73, 37. dag ist allaz
s0 pald, da3 imo nioman kipägan ni mak (das ift alles fo muthig, daß
ihm niemand [zu] widerftreiten nicht vermag). Musp. 181 bei W. 74, 10.
ouch was er dä unerkant, da3 im niemen zuo sprach. Erec 245. sit mir
min dinc alsö ist komen, da3 mir got hät'benomen den allerliebsten man.
Erec 6042. und stach in mit solher kraft, daz Käln rehte als ein sac
under dem rosse lac. Erec4729. und bringet mit im eine maget (ergängze:
alsö schoene), da3 iu nieman ensaget, daz er keine schoener habe ge-
sehen. Erec 1255. und seite (fagte) imz3 mit (ergänge: solhem) gedinge,
daz3 er in da hieze. Erec 3047. — Die prachten ain trauben fo groſſen
das fy in tum mochten getragen. Gg. 68a. er macht yn gefund dz er
vedt vnd geſach. B. Matth. 12, 22. Vnd er heilet in, Alfo, das
ber blinde vnd flumme, beide vedet vnd fahe. L. vn er antwurt im nit -
zu einem wort, alfo dz fich der richter hart verwundert. B. ah
27,14. Vnd er antwortet jm nicht uff ein wort, Alſo, das fie (fi!)
auch der Landpfleger ſer verwunderte. L. — Bei ſolchen Verhaͤlt⸗
niſſen waren manche Geſchaͤfte gewiſſermaßen in Stocken gerathen, ſo
daß fie für nöthig fanden, ſich wieder eine überſicht zu verſchaffen. ©.
Wp. 1,7. Sie hatte diefen Abend fo viel erlebt, dag diefe Entdedung
wenig Eindrud auf fie machte. Daf. 1, 18. Er pochte etwas ftärker,
fo dag Charlotte durd die Nachtitille e8 ganz deutlih vernahm. Daf.
4,11. Sie (die Abfchrift) ift doch To verfaßt, daß man fie leicht ver⸗
wechſelt? S. P. 4, 2. So tief bin ich gefallen, bin fo arm gewor⸗
den, daß ih an unfre frahen Kinderjahre dich mahnen muß. ©. DE. 1,
2. Sind Sie fo beſcheiden, oder haben fo wenig Neugier, daß Sie
mich nicht auch um mein Geheimnif fragen? &9.3,3. Diefes Schiff
rannte mit folcher Heftigkeit gegen die Brüde, daß es fie wirklich aus:
einander [prengte. ©. An der Thüre empfing Charlotte ihren Gemahl
und ließ ihn dergeſtalt nieberfigen, daß er durch Thür und Fenſter die
verfchiedenen Bilder, welche die Landfchaft gleichfam im Rahmen zeigten,
auf einen Blick überfehen koönnte. ©. Wo. 1,1. Schon fein Aeußeres
war vonder Art, dag es Zutrauen einflößte. Daf.2,1. Die herz:
lichen Nachrichten von Sorgen, bie fie um meinetwillen gehabt, rührten
mid dermaßen, daß ich dergleichen Poflen verfhmwor. ©. Leben
9.8. Er, den die Erfahrung gelehrt hatte, daß die Anfichten der Men:
fhen viel zu mannigfaltig find, als daß fie auf Einen Punct ver⸗
fammelt werden fönnten. G. Wv. 1,3. Nichts war natürlicher,
als daß einftimmig der Wunfch ausgefprochen wurde. Daf.1,7. Nur
zubefhäftigt find’ ich ihn, als daß er Zeit und Muße Eönnte bas
ben, an unfer Glüd zu denken, ©. P. 3,5. Unterft zu oberft fürgt’ ihn
mein Herr vom Pferd, daß ber Zederbufch im Roth ftad,. G. G. 3. Gu⸗
ten Menſchen, fürwahr, ſpricht oft ein himmliſcher Geiſt u d J ſie fuͤh
hen die Roth, die dem armen Bruder bevorſteht. G. Hd, 2 — dat
— 0 m
m zu m
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— — m — nn Wu — — —— —
— — —— — — — — — — — —
— — — — — — ——
⸗
— 117 —
nicht Diana, -flatt erzürnt zu fein, daß fie ber blut'gen alten Opfer
mangelt, bein fanft Gebet in reihem Maß erhört? &.3.1,2. Mein
Bruder ift gefällig, daß er uns in diefen Zaaen fchon auf's Land ge⸗
bracht. ©. T. 1, 14. Ich bin zufrieden, daß er meiner auch bei die-
ſes Namens holdem Klang gedenkt. Daf. 1, 1. Auf dieſe Weife wäret
ihre Frauen wohl unüberwindlich, verfegte Eduard: erſt verftändig,
baß man fih gern hingibt, gefühlvoll, daß man euch nicht weh
thun mag, ahnungsvoll, daß man erfhridt. ©. Wo. 1,1.
Anm. Etmas elliptifch fagt Leffing: Der Sänger des Meffias hat über=
Kane: Schönheiten, als baß man ihm welche andichten müßte, bie
eine find. =
$. 187.
7) In Abverbialfägen des Zwedes (Finalfägen) fteht
im Alt: und Mittelhochdeutfchen die Konjunktion daß. Später fam
auf daß (bei Luther fehr gewöhnlich, in der 4. Bibelüberfegung
immer das, daz), noch fpäter Damit (fhon im Wörterbuch des
Sob. Friſius 1568) auf. Auf daß (das allmälich veraltet) und
damit heben den Zweck mehr hervor. Soll der Zweck befonders ber:
vorgehoben merden, fo läßt man im Hauptfag die Demonftrativfon-
junftion Darum, deshalb vorangehen. — Der Nebenfag kann
im Indikativ oder Konjunktiv flehen.
scal imo avar sin lip piqueman, da3 er sin reht alla kirahhon muö33i (e8
fol [wird] ihm aber [wieder] fein Leib kommen, daß er fein Recht alles
fagen müffe). Musp. 164 bei W. 74,24. der (stein) was gemachet df dem
‚ hüs, daz der künec Artos da erbeizte (abftieg) und ouch of sa3. Erec
4202. ouch was er komen, daz ern (er ihn) zem dritten neme. Erec
205. — Das gefek ift aber ingangen, das uberfluffig würde die milffe-
tat. B. Röm. 5, 21. Das Geſetz ift aber neben ein komen, auff das
die funde mechtiger würde. L. waſch din herke von dem ubel das du
werbeft behalten. B. Ser. 4, 14. waſſche nu dein her& von der bosheit,
Auffdas dir geholffen werde. L. fo es wirt gethon, daz ir geloubt
dz ich8 bin. B. Joh. 13, 19. auff das, wenn es gefchehen ift, das jr
gleubet. L. damit ih fy fürnemlich nenne (ut eam potissimum no-
minem). In ber warheyt, Darmit ich die warheit fag (vere ut dicam).
Krifius, Wörterb. ©. 1414. es ift ons not, daß wir brauff fehen, da=
mit wir ons felber nicht triegen. A. 13b. — Darf ich Lerſen nach dei⸗
nem Sohn ins Klofter ſchicken, daß du ihn noch einmal ſiehſt und feg-
net? &. 8.5. Nun fchieße nur hin, daß es allewird! G. Egm. 1.
um fein felbft willen hat er Krieg gerathen, daß der Krieger im Kriege
gelte. Er hat diefe ungeheure Verwirrung erregt, Damit man feiner
bedürfe. Daf. 3. Und alfo läßt man ihr fo viel Luft als nöthig, daß
fih alles mit Glut durchziehe, Damit alles recht gahr werde. ©,
Wi. 1,4. Das alles gefchah mit deiner Einftimmung, bloß damit wir
uns felbft leben, bloß damit wir das früh fo fehnlich gewünfchte, end=
lich fpät erlangte Glück ungeftört genießen möchten. &.Wv.1,1. Bon
ben Küßen zieht er die Schuhe behend, damit er das Bächlein durch⸗
fhritte.. Da fest’ ihn der Graf auf fein ritterlich Pferd,.. daß er
labe den Kranken. ©. Graf v. 9. Auf dag der Thron Konftantine
bes Großen doch noch mit Ruhm falle, dazu ſchien das Schidjal den
männlichen Konftantin XI. aufbehalten zu haben. Rotted. — Darum
eben bin ich voraus geeilt, vamit ich Euch in Faſſung feßen und ermah⸗
4
— 11) —
nen möchte. 8. &t.3,3. Darum das dem Leehzenden werde fein
Heil, fo will ich das Mäfferlein jegt in Eil’ durchwaten mit nadenden
Füßen. ©. Graf v. 9. Damif mein Lied nur nicht volllommner
werde, daß nur mein Name fih nicht mehr verbreite, daß meine
Neider taufend Schmähen finden, daß man am Ende meiner ganz
vergeffe, drum fol ih mid zum Müßigang gewöhnen. G. T. 85,5.
Daß dem Menfchen in feinem zerbrechlichen Kahn eben Deshalb das
Ruder in die Hand gegeben ift, Damit er nicht der Willfür der Wellen,
fondern dem Willen jeiner Einficht Folge leifle. &. Betracht. im Sinne
d. Wanderer,
Anm. Schon im 13. Jahrh. fagt David von Augsburg: wie dä die sun-
dere (Sünder) niht enschiuhtest (abichredteft), af daz3.da sie be-
kertest.
$. 188.
8) In negativen Modal- und Finalſaͤtzen (}. 186. 187),
in denen alt: und mittelhochdeutſch die Negation oft fehlt, fleht neu:
hochdeutſch daß nicht, auf daß nicht, damit nicht.
er bat sich lazzen, da3 is sinen herren ieht (etwa) dorfte irdriggen (verdrießen).
W. 171, 24. begenc (begebe) e3 sä ze vlize, da3 ich dirs iht verwige. Erec
320. daz tet er umbe daz, daz iemen des möhte jehen. Erec 827. —
bettent, auff das ir nit fallen in verfühung. Gb. 65a. wacht vnd
bet das ir nit geet in verfüchung. B. Mark. 14,38. Wachet und betet,
das jir nicht in verfuchung fallet. L. Damit du bih nit ſelbs be⸗
triegift. Srifius, Wörterb.S.859, Auffdas es auch nit zur kranck⸗
beit [chlahe. Daſ. Lüg daß du nit verbürbift. Daſ. — Hütet
euch, daß ihr ftille bleibt, da& man euch nicht aud) für Aufiviegler Hält,
G. Egm. 2. Sprich deutlicher, daß ich nicht länger ſinne. G. J. 3, 1.
O überlaß ihn nicht fich ſelbſt! damit in feinem Bufen nicht ber Un:
muth reife. Daf. 1,2. Er eilt beim mit forgender Seele, damit er
bie Friſt nieht verfehle, ©. Bürgfihaft.
Anm. Gothifc fteht Hier ei ni und ibai, ah. zumeilen min, meiſtens mit
odowan verbunden. ©. Grimm III, 741 f.
8. 189.
Soll das Berhältnig einer mit dem Prädikat verbundenen Thaͤ⸗
tigkeit verneint werden, fo fteht ohne daß, oder ohne zu, biefes
mit dem Infinitiv. Diefe Konjunktionen werden auch gebraucht,
wenn der Nebenfag als Wirkung und Kolge des Hauptfages erfcheint,
fo wie, wenn ausgefagt wich, daß mit dem Mangeln non etwas etwas
Anderes flattfindet (S und nidht).
Solche neue Verhältniffe können fruchtbar fein an Glück und an Unglüd,
ohne daß wir und dabei Verdienft oder Schuld fonderlich zurechnen
dürfen. ©. Wo. 1,2. Sie fchien aufmerkfam auf das Geſpräch, ohne
daf fie daran heil genommen hätte. Daf. 1,6. Sie wußte anguord:
nen, ohne daß fie zu befeblen ſchien. Daf. 1,6. — Mir kam das jo
fhmerzlich vor, daß ich von jenem Augenblid an niemanden kann etwas
aus den Händen fallen fehen, ohne mich darnach zu büden. Daf. 1,6.
Viele verwechieln gar die Mittel und den Zweck, erfeeuen fi) an jenen,
ohne diejen im Auge zu behalten. Daf. 1, 6.
— — — —z, — — — —
*
€,
— 4119 —
8. 190.
9) Das ſteht zulegt in Zeitfägen, früher auch nah Sub:
flantiven der Zeit, neuhochdeutfc neben Präpofitionen der Zeit, be:
fonders während, bis, indem, indeffen, inzwiſchenz aber
auch bier wird daß immer feltner. — Der Nebenfag kann im Sn:
dikativ oder Konjunktiv flehen.
irkAnta tho ther fater sär theiz thiu zft uuas in uuär, tha3 imo ig drühtin so
gilfaz (erkannte ba der Vater aldbald, daß es bie Zeit war in Wahrheit,
daß ihm es der Herr fo überließ). O. III, 2 bei W. 92, 15. verfluochet si
diy stunde, daz ich hinaht enslief. Erec 4093. bi daz (während)
er da3 gebet nider lie, diu schöne Rebecca zuo gie. W. 169, 15. sold er
ze einem herren werden gehabt fur daz (feitbem) er der werlt hät wider-
sagt? W. 224,4. €& daz diu rede entrinne dir ze gshes (zu ſchnell) 03
dem munde hin, besntt (befchneide) si wol. W. 610, 16. und tbatei
usleithith himins jah airtha. jota ains aiththau ains striks ni usleithith
af vitoda. unte allata vairthith. Ulf. Matth. 5,18. er thanne zifare
bimil inti erda ein i odo ein houbit ni furferit fon thero euuu &r thanne
sig elliu uuerdent. T. Il. die weil stet himel vnd erd ain puchstab oder
ain tail eines puchstabes verget nicht an der ee huncz sy allew gesche-
ehent. Münchener Handſchr. aus d. 18. Sahrh. une das zgergee
hymel und erde Ein büchftab oder ein ſpitz an einem büchflab wirt nitt
gergeen, vntz bas alle ding gefchehen. B. bis das himel und Erden
zurgehe, wird nicht zurgehen der kleineſt büchftab, noch ein Tütel vom
Geſete, bis das es alles geſchehe. L. — er gebüt bas er vſztrag alle
ding von dem huſe ee das er ingee in ed, B. 3. Mof. 14, 36. (da fol
der Priefter heiffen, das fie das haus ausreumen, ehe denn der Priefter
bin ein gehet. L.) Ich wil nit effen byſz das ich rede min wort. B.
1. Mof. 36, 33. Ich wil nicht effen bis da 8 ich zuuor meine Sache ge:
mworben babe. L. — Sieger und Befiegte verbluten, während daß
ber werdende Wafferftaat den fliehenben Fleiß zu fih Lodte. ©. Abf.
9. Ein. Dieſe Heinen Kunftgriffe gewannen ihm ihre Liebe, und
während daß feine Armeen ihre Saatfelder niedertraten, feine
täuberifchen Hände in ihrem Eigenthume wühlten, während daß feine
Statthalter presten, feine Nachrichter ſchlachteten, verficherte er fich
ihrer Herzen durch eine freundliche Miene. Daf. 1.8. Und eher nicht
ermübdete der Zug, bis daß fie famen in das wilde Thal. ©. 31. 2, 2,
Indem er fih, inzwifhen daß er es (das Unreine) zu überwinden,
fuchte, mit ihm aufs innigfte verbunden hat. G. Lj. 2, 9. Dürre Reis
fer brannten vor ihm in hellen Flammen, indeß baß er einfam ins Gras
geftrectet mit irrenden Blicken den Himmel durchlief. Geßner.
Anm, Schiller hat in feinen Gefchichtswerken oft während daß,
Geßner in feinen Sdilfen indeg daß und während daß.
Ellipfe der Konjunktion da.
8. 191.
Sn den meiften der $. 175 f. angeführten Fällen kann daß
fehlen, befonders in den $. 180—181 angegebenen Fällen, wie aus
mebreren früher mitgetheilten und aus andern hier folgenden Beifpie:
len erhellt.
— 120 —
Zu $. 176: mich gedunckt die plag bes vſzſatz ſy in mynem bufz. B. 3. Moſ.
14,35. &o einem traumet er effe hartes Eyfen. Aj. 2. Mih bünkt,
ih höre Gewaffnete fih nahen! ©. 3.4,1. Es iſt beffer, ich fage
nichts weiter. Am beften ift’s, ih komme zu bir. ©. %. 8,4 —
6. 180: ni uuänju ih, iu lih habbe (nicht wähne [glaube] ich, [daß er]
noch Leben habe), Hild. 85 bei W. 69, 3. joh bätun io zi nôti man in
i3 zeigoti (und baten je zu Roth [eifrig, daß] man ihnen es zeigte). O.
1,17 bei W. 84,28. du solt och wizen, sun min, der stolze küene Lähelin
dinen fürsten ab ervaht (abfocht) zwei lant. Parz. 128, 3. ich waifz bein
berg mir gütes gan. C. 1. 39, 80. Sie werden gedenden, wir flies
ben fur jnen. L. 30f.8,6, (fie wenent vns zeflüchtigen. B.) Ich wenet
du haͤtteſt fie gelaffen. B. Richt. 18,2. Sch meinet bu wereft jr
gram worden. L. Wie Eanftu fagen, bu habſt mid lieb. L. Richt.
16, 15. Wie fprichft du. das du mich lieb Habeft. B. Er begert
an fie, fie folten jm Gelt leihen. A. 8Ab. da fordhterijm, er würde
aeftrafft. A. 2166. Ich fage dir, ed liegt in deiner Hand. ©. S3.4,2.
Ich wette, fie verglich mich mit ihrem Weißfiſch &. ©. 3. Meinft |
du, ich fei ein Kind?.. Ich ſeh's, ihr feid beſtürzt. ©. Egm. B.
Sage ihr, ih wünfche die neue Schöpfung zu fehen. ©. Wp. 1, 1.
Da glauben wir fihon, nun fei es abgethan. Daf. 1,2. Wir haben
ihr eingebildet, eine fehr gute Freundin halte fich in der Nähe auf,
verlange fie zu ſehen und erwarte fiejeden Augenblid. &. Lj. 7, 4.
Ich fürchtete, eine glüdliche Nebenbuhlerin fei irgendwo verftedt,
Dai.7,6. Sch fürchte, wir find alle betrogen. Daſ. 8, 4. Sch Hoffe,
Ihr habt des fchönen Mädchens fleißig dabei gedacht, und verfihere
Euch, fie Hat Euch auch nicht vergeflen. Daf. 8,6. Man wuͤnſchte
wohl, fie (die Wahl) möchte auf keinen fremden, noch Iutherifchen Herrn
gefallen fein. ©. 9. 2,2. — $. 182: Geſettt, ih that’s. ©. St. 1,7.
Und mein' ich nun, id hab’ ihn, weg auf einmal entichlüpft er. S. P.
3,1. Ich hoff’, es ift noch Alles herzuftellen. Daf. 2, 7. Daß er nicht
nöthig hat zu fchlagen, um der Welt zu zeigen, er verſteh' zu fliegen.
Daf. 2, 7. Gefegt, das Schidfal Hätte einen zu einem großen Mahler
beftimmt, und dem Zufall beliebte eg, feine Jugend in ſchmutzige Hüt⸗
ten, Ställe und Scheunen zu ftoßen, glauben Sie, daß ein folher Mann
fich jemals zur Reinlichkeit, zum Adel, zur Freiheit der Seele erheben
werde? G. 8j. 2, 9.
Unterbrodene Konftruftion (Anafoluthie).
$. 192.
Wie bei den Melativfägen ($. 163), fo finden fih aud in den
Kafusfägen mit daß unterbrochene Konftruftionen (Anakoluthien),
die hauptfächlich darin beftehen, dag im Nacyfag die vom Hauptfag
geforderte Konſtruktion verlaffen und eine andere gewählt wird.
In allen gotes geboten ist diu minne de hereste (hehrfte), ane (ohne) die so
sanctus Paulus sprichet da3 gote nieth gelichen muge (gefallen möge). W.
187, 31. dat ih dir it nu bi huldt gibu (daß ich es dir nun bei [mit] Huld
gebe. — Bier fehlt der Hauptfaß). Hild. 66 bei W. 65, 44. ir wigjet
wol, da3 ein man, der ir iewederz nie gewan, rehte liep noch grögez herze-
leit, dem ist der munt niht sö gereit rehte ze sprechen dä von, sö dem der
ir ist gewon. Gregor 617. nü sibe ich dicke, da ein man, der zabel
(Spiel) sere minnet, swenn er daʒ guot gewinnet, daz er af zabel wägen wil,
vindet er ein glich geteiltez spil, so dunket er sich harte rich. Gregor 1886.
— — — — -
— 121
— Da warf ich ben Räthen das Papier wieder dar, und fagt’: ih wüßt'
nicht darnach zu handeln, ich weiß nicht, was mir begegnen mag, das
ftegt nicht im Zettel, ich muß die Augen felbft aufthun, und fehn, was
ih zu fchaffen hab. G. G. 3. Ich ward immer heftiger und Heftiger,
als wenn mich ein Fieber anfiele, und ich ſchwur ihr zulegt, baß, wenn
fie nicht die Meinige fein, mir diegmal nicht angehören und fih mit mir
verbinden wolle, fo verlange ich nicht länger zu leben. G. Wi. 3, 6.
Ich habe gefunden, daß, fo leiht man der Menfchen Imagination in
- Bewegung fegen kann, fo gern fie fi Mährchen erzählen laffen, eben
fo felten tft es, eine Art von probuctiver Imagination bei ihnen zu
finden. G. &. 5, 7. Der Oheim habe fich durch den Abbe überzeugen
loffen, daß, wenn man an der Erziehung des Menfchen etwas thun
wolle, müffe man fehen, wohin feine Neigungen und Wünfche gehen.
Daf. 6. Ich geftehe Shnen, daß, ob ich gleich diefer Kunft ganz entfagt
babe, fo kann ich mich doch unmöglich bei mir felbft dazu für ganz un=
fähig halten. Daf. 8,5. Die herzlichen Nachrichten von Sorgen, bie fie
um meinetwillen gehabt, rührten mich dermaßen, daß ich dergleichen
Poffen verfchwor, mir aber doch leider in der Folge manchmal etwas Ahn=
liches habe zu Schulden Eommen laflen. &.Leben9.B. (Der zweite Sug:
mir aber 2c, ift nicht, wie der erfte, Folge des Hauptfages.)
Indirekte Frage.
$. 193.
Diejenigen Nebenfäge, welche eine Frage ausbrüden, heißen
interrogative (fragende) Nebenſaͤtze. Drüden Adverbia oder
Pronomina die Frage aus, fo bleiben diefe; dus Verbum kann im In:
* ‚difativ oder Konjunktiv fliehen.
Wie Kirfhen und Beeren ſchmecken, muß man Kinder und Sperlinge
fragen! ©. Leben 11.8. Eines fchickt fich nicht für alle: fehe jeder wie
er’s treibe, fehe jeder wo er bleibe, und wer fteht, daß er nicht falle.
©. Beherzigung. Wie er räufpert und wie er fpudt, das habt
ihr ihm glüdlich abgegudt! ©, Lager 6. Du fiehft nun ein, wie treu ich
dir gerathen! ©, St. 4, 8. Man weiß nidt, von wannen er
— kommt und brauſt. ©. Graf v. H. Der Menſch frage ſich, wozu er
am beiten tauge. ©. %.6. Niemand wußte eigentlih, worauf es
bei mir ankam. Daf. Wer fie fei, will fie allein dem König offen
baren. ©. 300. 1,5. Man mußte nicht, woher fie fam. S. Mäb:
chen a. d. Fr.
$. 194.
Wird die Ausfage in Frage geftellt, fo fleht obz in doppelter
Srage ob — 0b, 0b — oder, ob — oder ob. — Diefes ob
iſt goth. iba, hai, ahd. ipu, ibu, upi, ubi, ube, oba, obe, mhd. ube,
obe, ob, und ift eigentlich der Dativ des Hauptivortes goth. iba, ahd.
iba — Zmeifel, Bedingung. Ob ift alfo zunaͤchſt Konjunktion des
Zweifelhaften und ſteht dann (goth. ahd. mhd.) bedingend mit Ein⸗
rdumung einer angenommenen Wirklichkeit oder, was damit nahe
verbunden iſt, in dem Verhättniß einer bedingenden Möglichkeit
(griech. ei, dar, lat. si wenn).
!
“ wwedicativus est ter gespröcheno Ane iba (ohne Bebingung), eonditionalis ter
gespröcheno mit ibo (mit Bedingung). W. 113,29. — strit uuirdet, übe
ein män urt si (Streit wird [quaestio est], ob ein Mann frei fei). W. 112,
20. übiz digm st alde gemeine (ob es eigen fei ober gemein). W. 138,
13, nu ist ein andere vrage ab daz ewige wort eigenlicher geborn werde in
eime entsinkende der sele ader in einer geistlicher vroude ader in eime
heimelichen gekose mit gote ader do ein mensche sine sünde weinet. H. v.
Fritzlar bei W. 853,27. — 208 fehen, o b fie dir helffen koͤnnen. L. Ser.
2,28. Ob (wenn) etliher will thün finen willen ber wirt es erkennen
vou ber lere ob ſy fon ufz gott. ober ob ih ſy rede von mir felber. B.
30h. 7,17. &o jemand wil des willen thun, ber wird innen werden, ob
biefe Lere von Bott fey, ober ob ih von mir felbs rede. L. Drum
weiß ich faft auch nicht, ob ich ſoll thränen ſchicken, eb aber huͤlf und
rath Tey. he. 3, 235. — Sie fuchte zu erforfchen, o b einer vor dem An⸗
dern hiezu den Anlaß gäbe. ©. Wv. 1,7. Wer weiß, ob wir fie nicht
noch bei einander finden, ober wäs wir fonft für Händel anrichten.
Dof. 1, 11. Ob man in ber wiffenfchaftlichen Welt noch fo darüber
denkt, ob es zu ben neuen Lehren paßt, wüßte ich nicht zu fagen. Daf.
1,4. Euch zu erflären rund und nett, 06 ihr ein Freund wollt heißen,
oder Feind des Kaifere. ©. 3.2, 5. Und eh’ ber Bag ſich neigt, muß
fih’8 erklären, ob ich ben Freund, ob ich den Vater follentbehren. ©.
9.5,3. Er war im Imeifel, ob dieß feine eigene Melodie, fein früheres
Thema, oder ob fie jest erft fo angepaßt fei. G. Wi. 3, 1.
Viertes Kapitel.
Üdverbialfäge.
$. 195.
Wird das Prädikat bes Hayptfages durch einen mit einer Kon-
junktion eingefeiteten Nebenfag näher beflimmt, fo heißt diefer ein
Adoerbialſatz ($. 90) Nach den verfchiedenen Arten ber be:
flimmenden Beziehungen kann man die Adverbialfäge eintheilen in:
1) Adverbialfäge des Raumes, 2) Adverbialfäge ber Zeit, 3) Ab:
verbialfäge der Weife, 4) Adverbialfäge des Grundes.
1. Adverbialfäge des Raumes,
$. 196.
Das Raumverhältniß tft ein dreifaches: das Sein an, bie
Bewegung nach und die Bewegung von einem Det: da, wo,
hier; dahin, wohin, herz; dannen, wannen, binnen.
$. 197.
Die Adverbinlfäge des Raumes werden mit ihrem Hauptfage
durch das im Hauptſatze flebende, oder doch hinzugedachte Demonſtra⸗
tin da,dort, dahin, Daher und das im Nebenfage ſtehende Re⸗
lativ wo, hier, wohin, woher ($. 131. A. 2) nerbunden. —
Über das auf Subftantive des Raumes fich beziehende wo f. $. 149.
—
=
.. wr. nn m 7 m vn er
> — ma wm — —— —— — — — on
— 133 —
dag leitit zia sar dar ira leid unirdit, im fuir enti in nstrt (das leitet Fig
Schnell [dahin] da [wo] ihr Leid wird, in Feuer und in Kinflerniß). Mugp. -
17 bet W. 70, 14. ich wil iemer dä hin, da ich ganze fröude vinde. Ah.
bei W. 342, 23. do ez vil küme was getagt gie si dä ir berre slief. Ah.
bei W. 344, 13. — fauhans grobus aigun jah fuglos himinis sitlans. ith
sunus mans ni hahaith. war- baubith gein anahnaivjai. Ylf. Matth, 8, 30.
Die füchs habend hoͤler. vnd die vogel des himets nefter. aber wann ber
fun des menſchen hat nit ba ee fin hobet anneyge. B. Matth. 8, 20.
Die Füchfe haben Gräben, vnd die Vögel vnter dem Himel haben Nefter,
Xber bes Menfchen fon hat nicht, da ex fein heubt hin lege. L.. Wann
wa zwen ober din find gefament in minem namen bo Yin ich in mit ir.
B. Matth. 18, 20. Denn wo Zween oder drey perſamtet finb in meinem -
Namen, Da bin Ich mitten onter jnen. L. — Da, wo beide (Pfade)
zufammentrafen, fegte er fih für einen Augenblick auf einer wohlanges
brachten Bank nieder. ©. Wo. 1,1. Die größten Schwierigkeiten lie
gen da, wo wir fie nicht fuchen. G. Mar. u. Mefler. 8. Dort in der
Schlucht, wo ein ftarker Bach den Zeichen zufiel, lag eine Mühle halb
verftedt. G. Wp, 1,3. Sftihnen nirgends wohl, ala wo's recht flach
iſt. S. P. 1, 4. Wo das geſteckt Hat, Liegt noch mehr... Sie wird ge⸗
gerichtet, wo fie frevelte. S. St. 1,1. Wo das Eifen wählt in der
Berge Schacht, da entfpringen der Erde Gebieter. S. Bom. Wo fie
mit dem finftern Gatten freudigg Shrengt, flieg ich hin. ©. Klage der Ceres.
— Daß wir beide nicht mehr jung genug find, um blindlings dahin zu
gehen, wohin man nicht möchte ober follte. ©. Wo. 1, 16. Wenn wir
fie (die Menfchen) behandeln, als wären fie, mas fie fein follten, To brins
gen wir fiedahin, wohin fie zu bringen find. G. Lj. 8,4. Gehn Sie,
Graf, wohin die Pflicht Sie ruft, S. T. 3,23. Wenn ich mich im
einer mittleren oder großen Stadt umfehe und bemerke, wo benn die Men-
fchen fi) hinwenden, um ihren Abend zuzubringen , jo findet ſich immer,
daß man bahin gebe, wo man grügend begrüßt wird, wo man gerne
hört und gehört wird, wo man beim gefelligen Seipräch uab Dpiel gewiß
ift, feine Partie zu finden. G. Diefer Beneral kam ebra qus Ungarn zus
rüd, bis wohin er dem Grafen Maunpfeld gefolgt war. S. 30). Kr.
2. B. — Bon Weften, auf des fanften Hügeld Haupte bort, von wo
die Sonne im Untergang bed Städtchen Mauern mit ihrem legten Gruß
beftrahlt. Rückert. Wie in den Lüften der Sturmwind fauft, man weiß
nieht, von wannen gr kommt und brauſt. ©, Graf v. H. Frage nicht,
woher wir fommen. ©. F. 2,139. Man wußte nit, woher fie kam.
©. Mädchen a, d. Fr. ' “
2. Adverbialfäge der Zeit.
| 8. 198.
Die Abverbialfäge dee Beit drüden in dem zufammengefegten
Sage Zeitverhältniffe des Praͤdikats aus. Diefe find zunaͤchſt Zeit:
punftund Zeitdauer.
| $. 199,
Bei Angabe des Beitpunftes iſt die Ausfage des Meben-
fages der des Hauptfages 1) gleichzeitig, 2) vorangehend,
3) nahfolgend. — Bon dem Verhältuiß dee Gleichzeitig:
keit, welches wirklich aJs eine Zeitbeſtimmung bed Praͤdikgtes
— 11131 —
gedacht wird, iſt dasjenige Verhälmiß zu unterfheiden, in welchem
eine durch einen Nebenfag ausgedrüdte Thätigkeit zwar als dem Praͤ⸗
dikate gleichzeitig, aber nicht eigentlich ald eine Zeitbeffimmung
bes Pradikates, fondern nur ald eine mit dem Prädifate ver:
bundene Thaͤtigkeit gedacht und dargeftellt wird.
8. 200.
Die deutfche Sprache unterfcheidet durch die Konjunktionen die
Verhältniffe der Gleichzeitigkeit manigfaltiger und beflimmter, als die
meiften andern Sprachen. Sie unterfcheidet nämlich, ob die Gleich:
zeitigkeit in die Bergangenheit, Gegenwart ober Zufunft
geftellt ift, ferner ob die gleichzeitigen Thätigkeiten ale beftimmte
oder ald nach Dauer und Wiederholung unbeftimmte Thätigkeiten
gedacht werden, endlich ob die Zeitbeftimmung als ein Zeitpunkt
oder als ein Zeitraum bezeichnet wird.
a) Die Ausfagen des Haupt: und Nebenfages find
gleichzeitig.
8. 201.
Das Verhaͤltniß der Gleichzeitigkeit wird ausgedruͤckt duch
die Konjunktionen wenn (mann), da, ale, nun, wo, indeß, in:
deffen, unterdeß, unterdeffen, inzwifchen, indem, wie, weil,
während, fo lange ale. Die Konjunktionen wenn, da, als, wie
find als die im Nebenfage flehenden Relativadverbien anzufehen, denen
ein in dem Hauptfage flehendes oder hinzugedachtes Demonſtrativad⸗
derbium dann, da, fo entfpridht.
$. 202,
Wenn (feltner wann, goth. interrogativ hvan, ahd. huanne,
huenne, altf. huan, agf. hvonne, mhd. wenne, älternhd. wenn und
wann) bezeichnet die Gleichzeitigkeit auf die unbeflimmtefte Weife,
und wird nur gebraucht, wenn die Zeitbeflimmung oder auch die prä:
dicierte Thätigkeit nach Zeit und Wiederholung unbeftimmt ift. Man
gebraucht wenn in diefee Bedeutung nur für das Vergangene und
Gegenmwärtige; das Zukünftige wird nur dann durch wenn bezeich⸗
net, wenn eg ein Beſtimmtes iſt. — Die ahd. Sprache hat im Haupt:
fage ıhö, sö, im Nebenfaße thö, thanne, thanna, danne, denne, s6;
mhd. ſteht do — do, do — sd, wanne, wenne — sö; älternhbd. fo
— fo, warn (wenn) — fo, wenn — denn.
s o thisu uuort tho gähun then küning anaquämun, hintarquam er härto thero
selbero uuorto (fo [al8] diefe Worte da jähe [eilig] den [zu dem] König an:
kamen, hinterkam [erfchrad] er hart [jehr] derfelben Worte). O. 1,17 bei
W.85,17. dar under (unter den Zelten) herren lägen, wanne si raste plA-
gen. W. 744, 26. des äbendes wan sie släfen gingen, 36 nam Amelius sta
— — — — — — — m —
— 128 —
swert. W. 983, 39. — ſo dich zorn beweget, ſo bayt biß dir das hertz wider
gütig werd. Gg. 179%. wenn ich das vnd das gethün, denn fo wil ich
myn fele verforgen. Gb. 48b. vnd wan wir nun angebett haben. fo
wollen wir wieder zu vch Fummen. B. 1. Mof. 22,5. Vnd wenn wir
angebetet haben, wollen wir wider zu euch komen. L. vnd fo fufent iar
werdent volendet fo wirt fathanag vffgelöfzet von fim kercker. B. Offenb,
20, 7. Wenn taufendb jar volendet find, wird der Satanas los werben
aus feinem Gefengnis. L. vnd fo fy werdent vol fo nim ſy hin. B.
4. Kon. 4,4. Wenn du fie gefüllet haft, fo gib fie hin. L. vnd fo id
fie uſzgewirff ich wird bekert und erbarm mich ie. B. Ser. 12,15. Wenn
ic) fie nu auögeriffen habe, wil ich mich wiberumb ober fie erbarmen. L.
wann ich fie genugfam geplaget haben werde, fo will ich fie an eine
Säule binden. Sp. 3, 6. — Es gehört unter die lobenswürdigen Auf:
merkſamkeiten, daß wir uns fchnell büden, wenn jemand etwas aus der
Dand fallen läßt, und es eilig aufzuheben fuchen. G. Wpv. 1, 6. Aber
wenn das Leben nun felbft bedeutend wird, wenn alles um uns fich bes
wegt und brauft, Dann wird das Gewitter durch jene Gefpenfter nur noch
fürchterlicher. Daf. 1, 18. Sonft wenn ber Vater auszog, liebe Kin
der, dba war ein Zreuen, wenn er wiederfam. ©. 21. 4,3. Wir fahren
zu Berg, wir kommen wieder, wenn der Kukuk ruft, wenn erwachen
die Lieder, wenn mit Blumen die Erde ſich Eleidet neu, wenn bie
Brünnlein fließen im lieblihden Mai’ Daf. 1,1. Sie folgten, wenn
ber Deribann erging, dem Reichspanier. Daf. 2, 2. Gott hilft nur
dann, wenn Menfchen nicht mehr helfen. Daf. 2,2. Wann er fi
dann entkleidet und wenig ausgeruht, und fein Gebet gefprochen, ſo fteigt
er in bie Flut. Uhland, Überfall im Wildbad,
$. 203.
Da (unterfhieden von da $. 197, ahd. dö, thö, dhuo, ur
fprünglidy ein Akkuſ. des weiblichen Geſchlechts eam fie, bald tune
dann, da, bald cum da, zeitlich ausdrüdend, bald Partikel des Ge:
genfaßes, aber, vero, at, autem, altfächl. thuo, altn. agf. iha, mhd.
dö, duo, mittelniederl. doe, doen, neuniederl. toen, nhd. da, durch
niederd. Einfluß flatt do) bezieht fi) auf die Zeit und bisweilen auf
einen urfächlihen Grund ($. 229), Da wird gebraucht, wenn ein
beftimmtes Ereigniß, eine beftimmte Thätigkeit in der Ber:
gangenheit oder Gegenwart als Zeitbeflimmung bezeichnet wird. —
Statt thö fteht ahd. fehr oft sö.
tho Krist in Galil&a quam, uuard tha3 tho märi sos ig zäm (da Ehriftus nach
Galilda Fam, ward das da bekannt fo [wie] ed ziemte). O. 11, 2 bei W.
89, 23. sö6 er giuufsso thar bifänd, uuar drühtin Krist giböran uuard,
thäht er sar in festi michilo ünkusti (fo [da] er gewiß dba befand, wo Herr
Shriftus geboren ward, dachte er fchnell in Feſt groß Böfes). O. II, 17
bei W. 85, 37. do man mir seite (fagte) er waere töt, do viel mir dag
bluot vonme (von dem) herzen af die sele min. W. 373, 23. dö si urloup
genämen, si schieden vroeliche dan. Nib. 168, 4. — Do fy nun diffen
ftreitt behüben do zugen fy biß an den perg. Gg. 64b. berfelbig argt do
er am todbet lag, ond wart ermant bas er bychten folt, do Fund man nüt
(nichts) vß im (ihm) bringen. Gb. A8a. bo bie wold ward abgenonis
men. do giengen bie fün ifrahel. B. 4. Mof. 9, 17. Vnd nachdem fi
die Wolde auffhub von ber Hütten, fo zogen bie Einder Ifrael. L. Do
ber brutigam verziechen tät fie fchläffent und fie ſchlieffen all, B. Matth,
— it —
3,5. Da nu der Kreutgam verzog, Worben fle Alle fchlefferig, und
entichlieffen. L.L_ Do fie hetten gefchiffet von papho. fie famen in pergen.
B. Apſti. 13, 13. Da aber Paulus und die vmb jn waren von Papho
ſchifften, kamen ie gen Bergen. L. Do fie yn (den Eſel) Hätten gefattelt.
er ftig off. B. 3. Kön. 13, 13. Da fie ym den Eſel fattelten, reit er
drauff. L. Ds fie yn hätten geſattelt. er gieng hin. B. 3. Kön. 13, 27.
Da fie yn gefattelt hatten, zoch er bin. L. — Ich pflanzte ſchon, ba Sie
noch in der Wiege lagen. &. Wo. 1,9. Im Augenblick, da es (ba6 Ziel)
erreicht ift, Fällt der Borhang. Daf. 1, 10. Da fie vom Zifche aufſtan⸗
den, fahen fie Eduards Reifervagen unter dem Fenfter, Daf. 1, 17. Und
als ich traurig durch bie Säle ging ber Königeburg, da fah ich Herzog
Sanfen in einem Erfer weinend ftehn. ©, %. 2,2, Da noch allıs lag
in weiter Kerne, der Weg fi no unendlich vor dir dehnte, da hHatteft
du Entiching und Muth. ©, T. 1,7. Als du vor acht Jahren mit
euer und Schwert durch Deutſchlands Kreife zogſt ... da war es Zeit,
den folgen Willen dir zu bredyen. Daf. Mit zoͤgerndem Entfehtuß, mit
wankendem Gemüth zog ich das Schwert; ich that's mit Wiberftreben,
da es’ in meine Wahl noch war gegeben! Daf. 3, 10. Bin Mädchen
bringt mit Sieg und eben jest, da nur ein Sötterarm mich retten kann!
&. Ivo. 4, 9. - So fpeifte fie gu Steriyn ihren Gatten, da fie aus Gold
mit ihrem Buhlen trank, ©. St. 1,1. — Du ſprichſt mein Urtheil aus,
da du mich tröftet, Daſ. 1,2. Unglüdlicher, wohl Eannte dich dein Ohm,
da er dir Land und Leute weigerte! ©. 1. 5,2. Karl verfehlte feine
Abſicht ganz, da er feinen Sohn ben Flämmingern vorftellte. S. Abf.
d. N. 1. B.
\
$. 204
Als ($. 37) drüdt im Allgemeinen eine Gleichzeitigkeit in
Bezug auf ein Anderes aus, und mwird befonders dann gebraucht,
wenn die als eine beſtimmte Thaͤtigkeit gedachte Zeitbeſtim—
mung in die Vergangenheit geftet if. — Zuweilen fleht als
auch vor einer früheren Thaͤtigkeit. Alte und mittelhochdeutfch ſteht
fart als auch iho und sd (8. 203).
also er dare cham (dahin Fam), er irbeizta (flieg ab) bi einem brunnan. W.
168, 28. des morgenis (Morgens) alsiz (als es) iagete, die wartrean (4
dö draveten (trabten). W. 259, 18. si bat den riter edele mit ir dannen -
gän in den palas witen. also day wart getän, do erböt manz den recken mit
dienste dester bag. Nib. 441, 1. als im' daz watt geseit, ir starke} über-
müeten was im waerliche leit. Nib. 166, 3. — Schon ben Hals entbiößt,
kniet' ih auf meinem Mantel, den Streich erwartend: als mich fehärfer
Salabin ins Auge fast, mic näher fpringt und winkt. Leſſing, Rathan
4,5. Sein Gefchäft war eben vollendet; ex legte die Seräthfchaften in
das Futteral zufammen und betrachtete feine Arbeit mit Vergnügen, als
der Gärtner hinzutrat und ſich an dem theilnehmenden Zleiße des Herrn
ergeste. G. Wo. 4, 1. Eben ftand das Ehepaar im Begriff, die neuen
Anlagen herunter nach dem Schloffe zu gehen, als ein Bedienter ihnen
ihnen haſtig entgegen ftieg. Daf. 1,2. Es waren junge Stämmen, bie
ich rettete, als mein Vater, bei der Anlage zu einem neum Theil des
großen Schloßgartens, fie mitten im Sommer ausroden ließ. Daf. 1, 3.
Wie roh waren fie, alß fie daſelbſt gewiſſermaßen unvermuthet ankamen.
Daſ. 1, 7. Sie haͤtten wohl noch ein paar Tage wegbleiben koͤnnen, ſagte
Fr als eben Dttilie wieder hereintrat. Daf. 1,9. Denn als er
erſt auf der Straße weich ließ, fo war er mir immer in Gedankden geblie⸗
— 121 —
ben .. Und als ich wieder am Brumnen ihn fand, da freut’ ich mich feis
nes Anblids. G. Hd. 9, 151. Ich zählte zwanzig Jahre, Königin...
als mich die unbezwingliche Begierde hinaus tried auf das feſte Land.
S. St. 41,6. Wie wurde mir, als ich ins Innre nun der Kirdye trat!
Dal. Und als ih kam ins hrimatliche Thal, wo mir der Vettern viel
verbreitet wohnen, als ich den Vater fand, beraubt und blind, — da
weint’ ich nicht. ©. It. 2, 2,
$. 200.
Nun ($. 42) ift als Zeitadverbium ziemlich veraltet und wich,
wo es noch Anwendung findet, gern in Beziehung auf vorhandene
Dinge und Borausgehendes gefagt. In feiner Andeutung der
Gegenwart verbindet nun eine Hinneigung zur Bezeichnung eines
Zufammenhangs mit wirklichen oder vorausgefegten Umftänden, Din:
gen und ihren Veränderungen, welcher Zuſammenhang Faufat ift,
d. h. eine Urfächlichkeit In diefen Umftänden enthält ($. 230. Nun
ſteht darum gern ale Konjunktion des Zuſammenhangs, um den Fa⸗
den der Rede zu einem Üdergange fortzuführen, eine Folge auszu⸗
dbrüden ze. In legterem Sinne ftellt Goethe fogar nun in den An:
fang eines Sedichtes (vgl. $. 17).
dat ih dir it nu bi huldi gibu (daß ich dir es nun bei [mit] Huld gebe). Hild.
66 bei W. 65, 1&. unde als in nieman envant (nicht fand), nA was das
vil unbewant (übel angewandt, unnüg), swa3 man imo dA gerief. Iw. 3246,
— Ein Son fol feinen Vater ehren, ond ein Knecht feinen Herrn, Bin
ih nu Bater, Wo ift meine ehre? Bin ich Herr, Wo fürdht man-mih ?
L. Malach. 1, 6. Ihr fehet Eure Roth und unjre, Herr, und daß wir
au’ am Rand des Zodes fchweben. Die Steuerleute aber wiſſen fich vor
großer Furcht nicht Rath und find des Fahrens nicht wohl berichtet. Nun
aber ift der Zell ein ftarker Mann und weiß ein Schiff zu fleuern. Wie,
wenn wir fein jest brauchten in der Roth? S. Tl. 4, 4. — Da bu nun
Suleika heißeft, follt’ ich auch benamfet fein. &. Suleika-Mameh. Che
wir nun weiter fchreiten, halte ftil und fieh dich um. G. Inſchriften 18,
$. 206.
Wo ($. 149) fleht zumeilen für da ($. 203).
Ein folder Schritt ift aber dreimal verwerflich, jest, da der Geiſt des
Aufruhrs ſich verbreitet hat, jegt, wo bie Aebte nichts unterlaffen wers
den, das Anfehen der Bifchdfe zu verringern. ©, Abf. d. N. 1. B.
8. 207.
Indeß, indeffen ($. 70), unterdeg, unterbeffen
(mhd. under d&s, under diu), inzwifchen (ahd. in zuisken, mhd.
en zwischen, Dat. Plur. von zwise — je zwei) bezeichnen das Zeite
verhältniß der in dem Nebenfage ausgedruͤckten Thätigkeit als einen
Zeitraum. Da fie die Gleichzeitigkeit der Thätigkeiten her:
vorheben; fo bedient man ſich derfelben befonders dann, wenn ein
adverfatives Verhaͤltniß foll angedeutet werden. Indeß und
indeffen bezeichnen biefen Zeitraum überhaupe Unterdeß und
— 11838 —
unterdbeffen meifen mehr (als indeß) auf ben Zeitverlauf hin.
Inzwiſchen ſieht mehr auf die Endpunfte der Zeit, welche das,
wovon geredet wird, in Beziehung auf die Gleichzeitigkeit von etwas
Anderm einfchließen; das Wort wird jedoch auch oft fchlechthin, wie
indeg, von dem Sein in einer Zeit mit Bezug auf ein Gleichzeitiges
gebraudht. — Indeß daß f. $. 190.
Die Schalkheit Laufcht im Grünen halb verfteckt, die Weisheit läßt von einer
goldnen Wolke von Zeit zu Zeit erhabne Sprüche tönen, indeß auf wohl
geftimmter Laute wild ber Wahnfinn hin und Her zu wühlen fcheint. ©.
T. 1, 4. Indeß ihr Somplimente drechfelt, kann etwas Nügliches ges
fhehn. G. F. Vorfpiel. Die fruchtbaren Felder flehen grün und ftill,
indeß auf dem breiten Wege wildes Gebüfch von Blüthen glänzt. ©.
ital. Reife Alcamo 419. April 1787. Du, Mar, wirft diesmal noch bein
altes Amt verwalten, indeß wir hier des Herrn Gefchäfte treiben. &. 9.
2,5. Genießen Sie Ihr Glück. Vergeſſen Sie die Welt um fih herum.
Es foll die Sreundfchaft indeffen wahfam für Sie forgen. Daf. 2, 3,
Sndeffen du geheim auf meine Mörbderhülfe hoffft, fo werden wir zur
Rettung Frift gewinnen! ©. St. 2, 6. — Der Gapellmeifter ſelbſt ift
in diefem glüdlihen Wahn, nun geht es drauf los, unterdeß uns ans
dern immerfort die Ohren gellen. ©. Wi. 3, 6. Seine Meinung alfo fei,
diefen (Grund) gelaffen zu erwarten, unterdeffen aber auf Alles ein
wachfames Auge zu haben. ©. Abf. d. N. 4.8. Diefe (Brieftafche)
ward nun eben von der Gefellfchaft befprochen, von dem nädıjften Nachbar
aufgenommen, unter großen Lobpreifungen der Reihe nach herumgegeben,
indeffen die Künftlerin fi mit dem Major von ernften Gegenftänden
beſprach; ein alter Hausfreund rühmte das beinahe fertige Merk mit
Übertreibung, doc als folches an den Major kam, fchien fie es als feiner
Aufmerkfamteit nicht werth von ihm ablehnen zu wollen, wogegen er auf
eine verbindliche Weife die Verdienſte der Arbeit anzuerkennen verftand,
inzwifchen der Hausfreund darin ein Penelopeiſch zauderhaftes Werk
zu fehen glaubte. G. Wi. 2, 3. Nun, ber Patriarch verfprach mir eine
- GSiebelei auf Thabor, fobald als eine leer, und bie inzwifchen im
Klofter mich als Laienbruder bleiben. Leſſing, Nathan 4, 7.
$. 208. .
Indem (ahd. in thid, in did, innan did, inin diü, mhd. in diu,
innen diu, inner diu) wird fo von der Zeit gebraucht, wie indeffen,
befchräntt aber mehr auf den gleichzeitigen Zeitpunkt, hebt die
Gleichzeitigkeit mehr hervor.
ni sint thie {me ouh derjen, in thiu nan fränkon uuerjen (nicht find die ihm
auch fchaden, indem [fo lange] ihn Kranken vertheidigen). O. I, 1 bei W.
82, 35. — Haft du meine Frau nicht gefehen? fragte Eduard, indem
er fich weiter zu gehen anſchickte. G. Wo. 1, 1. Stillichweigend hörten
fie zu, in dem jedes in fich felbft zurückkehrte. Daf. 1, 3. Die linke
Wange wird auf einen Augenblid roth, indem bie rechte bleich wird.
Daf. 1,5. Indem fo die Männer einigermaßen in ihrer Gefchäftigteit
nachließen, wuchs vielmehr die Thätigkeit der Frauen. Daf. 1,7. Ines
dem Tag und Nacht das Bombarbement fortgefegt wurbe, mußten die
Truppen ohne Unterlaß arbeiten, die Dender abzuleiten, von welchen ber
Stadtgraben fein Waffer erhielt. ©. Bel. v. Antw. Aber indem man’
in der Stadt die Ungereimtheit feiner Unternehmung bewies, hatte ber
Herzog von Parma fie vollendet. Daf. .
— 19 —
$. 209.
Wie (6. 35) fleht eigentlich allgemein von irgend einer Zeit,
wird dann im Befondern gebraucht von einer fchärfer beſtimmten Zeit
— in dem gleichen Augenblide, hebt alfo, wie indem, die Gleich:
zeitigkeit beſonders hervor.
Und wie er ſitzt und wie er lauſcht, theilt ſich die Flut empor. G. Fiſcher.
Und wie ich eines Felſenriffs gewahre, das abgeplattet vorſprang in ben
See, ſchrie ich den Knechten, handlich zuzugehn. ©. 1.A,1. Und wie
er erwachet in feliger Luft, da fpielen die Waſſer ihm um die Bruft. Daf.
1,1. Und wie er winkt mit dem Finger, auf thut fich der weite Zwin⸗
ger. S. Handſchuh. Und wie er tritt an des Felſen Hang, und blickt in
den Schlund hinab, die Waſſer, die ſie hinunter ſchlang, die Charybde jetzt
brüllend wieder gab. S. Taucher. Es (das Volk) droht ihn zu zerrei⸗
gen, wie er ſich zeigt. ©, St. 4,2. Und wie er vor Freunden weinte,
da weinteft du auch vor Freude. Geller.
$. 210,
Weil und während bezeichnen, wie ind eß, das Zeitverhält:
niß der in dem Nebenfag ausgedrüdten Thätigkeit ald einen Zeit:
raum; fie bezeichnen aber zugleich, daß diefem Zeitraum die Dauer
der in dem Hauptfag ausgedrüdten Thätigkeit mehr oder weniger ent:
fpricht. — Weil (gekürzt aus dem adverbialifch gebrauchten Akkuſa⸗
tiv goth. hveila, ahd. huutla, mhd. wile — bie Weile, die Zeit hindurch)
geht auf die vorüberflreichende Zeit, wozu Gleichzeitiges in dem Ber:
haͤltniß fleht, daß es in jener Zeit gleichfam eingefchloffen iſt, und be:
zeichnet fo viel al& fo Lange ale. Das Wort veraltet in diefer
Bedeutung immer mehr; dieweil und diemweilen (ahd. thia huuila,
mhd. dwil) find faft ganz veraltet. Während (ahd. u. mhd: nicht vor:
handen, eigentlich abfolutes Participium: währendes, währendem)
geht auf den ununterbrochenen Verlauf der Zeit oder auf etwas,
was in der Zeit gefchieht, bis wohin, in dem Verhältniß, daß Gleich:
zeitiges in diefegeit eingefchloffen if. — W ährend dag f. $. 190.
und half ouch sinen kenden (Kindern) die wile daz si mochten lebn. En.
bei W. 290, 8. swaz er halt guoter dinge bigät (begeht, thut) die weile
er an dem unrecht stät, daz ist vor got verfluochet. W. 220, 16. — von
ir will id nymmer wenden, dieweil und id das leben han. C. I. 44,
42. weil wir fur jnen fliehen, folt jr euch auffmachen aus dem hinder⸗
halt. L. Joſ. 8, 7. (Darumb fo wir fliehen. B.) Dieweil vnd Con⸗
ſtantinus alſo kriegt, machten ein Bund bie Teutſchen. A. 226. Doch
weil der donner noch aus ihrem munde bliget, fo wird ihr mildes berg
durch guͤte ſchon beftillt. bg. 1, 20. — Das Eifen muß gefchmiedet wer:
den, weil es glüht. S. P. 3, 2. Zwar weil der Vater noch gefürchtet
herrſchte, hielt er durch gleicher Strenge furchtbare Gerechtigkeit die Hef-
tigbraufenden im Zügel. ©, Bvm. Leb wohl, und weil ich fern bin,
führe du mit Elugem Sinn das Regiment des Haufes. ©.%1. 1,2. Weil
dies der Knappe fpricht, fteht mit gejenkter Stirne ber Ritter ba. Wie⸗
land, DOberon A, 11. Gefest, wie man Erempel hat, ich hau ihm auch
den Schädel platt vom Leibe: noch weil er rollt, ſteht fhon an deſſen
Statt ein andrer da, Daf, 2, 21. (Sie) nimmt das Licht ihm aus der
Kehrein Grammatik II. 2. 9
Hand; dieweil noch gang geblendet bindet er flumm fein Rößlein an
die Wand. Redwitz, Amaranth, der Gaft II. (Sie) Eniet zum Stuhle...
dDieweilen aus der Sakriftei mit den geheimnigvollen Gaben ein Jüng⸗
ling zum Altare fteigt. Daf. der Kirchgang. — Otto ſchwieg und hatte,
während er fprady, vor ſich bingefehen. G. Wp. 1,7. Die Frauen
zogen fich auf ihren Flügel zurüd und fanden bafelbft, indem fie füch
mancherlei vertrauten und zugleich die neuften Formen und Zufchnitte von
Frühkleidern, Hüten und dergleichen zu muflern anfingen, genugfame
Unterhaltung, während bie Männer fich um die neuen Reifewagen, mit
vorgeführten Pferden, befchäftigten. Daf. 1, 10. Und während ihn bie
Rache fucht, genießt er feines Krevels Frucht. S. Kraniche d. 3,
$. 211,
So lange, fo lange als, früher auch als lange, wie
lange ift allmälicy an die Stelle von weil ($. 210) getreten.
.da8 ain roſtigs eyßen als Lang gefegt wirtt büß es wider erfcheinen würt.
Gg. 2b. Der Efel das Gumpen (Springen) nicht läffet, wie lang er
Sutter genug hat. Ahp. 37. — So lange ich ald Knabe oder Züngling
bei ihr lebte, Eonnte fie der augenblidlichen Beforgnifle nicht Los werben.
G. Wo. 1, 2. So lange ich fie unterrichte, fehe ich fie immer gleichen
Schrittes gehen, langfam, langfam vorwärts, nie zurüd. Daf. 1, 3.
Lehne, fo lange es noch Zeit ift, den guten Rath nicht ab. Daf. 1, 16.
Anm. Lang (goth. laggs, ahd. lank, mhd. lanc, altn. langr, ag. lang,
lang, leng), eigentli was fich hinzieht, wird fchon in der früheften
Zeit ald Zeitadverbium gebraucht, 3. B. so bruche her (er) es lango.
Ludwigsl. 12 aus dem 9, Zahrh.
b) Die Ausfage des Nebenfages geht der des
Hauptfages voran.
$. 212.
Um die Ausfage des Nebenfuges als der des Hauptfages in Be⸗
zug auf die Angabe des Zeitpunftes vorangehend zu bezeichnen,
oder um den Zeitpunkt des Pradikates nach feinem Verhaͤltniß
zu der durch den Adverbialfag ausgedrudten Zeitbeffimmung
als einen diefer Zeitbeflimmung nachfolgenden darzuflellen, ge:
braucht man die Konjunktionen ba, als, nahdem, ſobald als,
nihtfobatd — als, fowie, faum — fo.
$. 213.
u Da und als find $. 203. 204 erklärt. Sie werden neuhoch:
deutſch felten mehr im Sinne von nahdem gebraudt. — Nach⸗
dem (ahd. nah diü, after diü, mit thid) drüdt die Vollendung der
Handlung des Nebenfages vor dem Beginn der im Hauptfage ge:
nannten aus. — Vgl. weiter $. 111.
tho sie thanan arfuorun, girado gotes engil araugta sih Josebe in troume (da
[nachdem] fie von dannen fuhren [abgereift waren], fiehe Gottes Engel
ereignete fich ferfchien] Joſeph im Zraume). T. 8 bei W. 98, 23. mit-
thiu ther heilant giboran uuard in Betleem judeno burgi in tagon Herodes
thes cuninges, senu tho magi Östana quaman zi Hierusalem (mitdem [nacdh:
— 421 —
dem] der Heiland geboren ward ſworden war] in Bethlehem, fber] Juden
Burg, in [den] Lagen Herobes des Königs, fiehe nun, da Magier [Meife]
von Oſten kamen zu [nach] Zerufalem). T. 8 bei W. 96, 23. — und bo
er bet vffgethan das venfter. Helifeus der ſprach. B. 4. Kön. 13, 17. Vnd
der herr ſprach gu.abram nach dem ond fich Loth hatt gefcheiden von
jm. B. 1. Mof. 13, 44. Da nu Lot fi von Abram gefcheiden hatte,
ſprach der Herr zu Abram. L. vnd do er hät getrunden. der wiſſag fat:
telt finen Efel. :B. 8. Kön. 13, 23. Bnd nach dem er getrunden hatte,
fattelt man den Efel dem Propheten. L. Vnnd do die wold warb abge:
nomen bie do bebedt den tabernadel. do giengen bie fün ifrahel. B.
4. Moſ. 9, 17. Vnd nach dem ſich die Wolde auffhub von der Hütten,
fo zogen die Tinder Sfrael. L. Rad dem jm biefer Schub nicht gerahten
wolt, erbacht er einen andern lift. A. 8Ba. Nachdem als nun Keyfer
Eonftantinus die Land in guten fried gebracht hatt, zohe er gen Conſtan⸗
tinopel, A. 234b. — Des andern Tages, als die Seiltänger mit großem
Geräufch abgezogen waren, fand ſich Mignon fogleich wieder ein. ©. £j.
2,5. Das Jauchzen vermehrte fih, als er (Dranien) in bie Stadt felbft
eingeritten war, ©. Abf. d. N. 3. B. — Eduard, ungern unterbrochen
‚und beunruhigt, fchalt ihn, n * em.er ihn einigemal vergebens gelaffe=
ner abgewiefen hatte. ©. Wo. 1,6. Man ließ den Knaben eine Art von
heitrer Montirung machen, bie fie in ben Abendftunden anzogen, nach⸗
dem fie fi) durchaus gereinigt und gefäubert hatten. Daf. 1, 17. Deß-
halb denn auch unfer plaftifcher Anatom, nachdem er einige Zeit geduldig
zuzuhoͤren ſchien, lebhaft erwiederte. G. Wj. 3, 3. Der Gropfchagmeifter
war zu Kotheringhay, fogleih nachdem die Unglüdsthat gefhehn war,
S. St. 4, 4. Nachdem er (Buftav Adolf) das feinige (Kager) dem Schug
ber Rürnbergifchen Miliz übergeben, rüdte er in voller Schlachtorbnung
heraus. S. 30j. Kr. 2. B. Jetzt erſt, nachdem die Wuth des Kampfes
erkaltet if, empfindet man bie ganze Größe bes erlittenen Verluſtes. Daf.
$. 214,
Sobald, fobald als und fo wie ($. 209) drüden die unmit:
‚telbare Aufeinanderfolge zweier Handlungen aus. — Fruͤher gebrauchte
man in-demfelben Sinne auh alsbald — fo, fobald und.
Sobald ber apterbug auß dem ayſſen (dev Wunde) gegogen würt ſobald
haylt er zü. Gg. 1764. Alsbald man fie gewar wirt, fo haumt (eilt)
er wider davon. A. 254a. Sobald vnd fie einen Lerman im Wald
höreten. A. 325b. — Da eilt’ ich fort, fobald es möglih war. G. €.
5. Sobald die Fürften eingetreten find, wird jeder Zugang zum Palaft
befegt. Daf. A. Sobald fie gemahr wurde, wie viel Zeit ihr übrig
blieb, bat fie Charlotten, ihre Stunden eintheilen zu dürfen. G. Wo.
1,6. Sobald eins in's andre greift, wird beides wohlfeiler und ges
fehwinder bewerfftelligt. Daf. 1,6. Hiezu Fam noch, daß fie gefprächiger
und offner fihien, fo bald fie fich allein trafen. Daf. 1,7. Sobald der:
Mangel eintritt, fogleich iſt die Selbftbefchränkfung wiedergegeben. Daf. 2,8,
$. 215.
Kaum — fo, kaum — als, kaum — da, nidht fo:
bald — als, niht Lange — fo heben die unmittelbare Aufein:
anderfolge zweier Handlungen weniger hervor, als fobald — als,
fowie ($. 214). Kaum (ahd. chümo, mhd. küme) bedeutet -eigent:
lich mit Mühe, mitgenauer Noth.
9*
— 132 —
yſaae hat kaum erfüllet das wort, vnd iacob was vſz gegangen, bo Fam.
efau. B. 1. Mof. 27, 30. Als nu Iſaac volendbet hatte den Segen ober
Sacob, und Jacob ka um hin aus gegangen war von feinem vater Ifaac,
Da kam Efau. L. — Kaum hatte er den Sinn der Sache vernommen,
als er verdrießlich vom Zifhe auffuhr. G. Wo. 1,2. Kaum hatten
fir) die beiden Gäfte entfernt, als fchon wieder neuer Beſuch eintraf.
Daſ. 1, 12. Kaum entfaltet die Natur ihre freundlichen Schäge, fo
find die Kinder dahinterher. Daf. 2,9. Kaum hatten fie vernommen,
daß die lieben Kinder gerettet feien, fo traten biefe in ihrer fonderbaren
Verkleidung aus dem Bufch hervor. Daf. 2,10. Kaum aber war er
allein, fo ftand er auf und ging im Zimmer hin und wieder. Daf. 2, 16.
Richt fo bald hatte diefer Zeit gewonnen, fich am jenfeitigen Ufer zu
verfcehangen, als er von vierzehn Kompagnien fpanifcher Dragoner und
Kürraffiere überfallen wurde. ©. 30). Kr. 3. B. Nicht lange, fo übers
fiel fie eine Art von Lähmung der Zunge. ©. 8%. 5, 16. Es dauerte
nic 6 ange, ſo gab man mir noch einen beſondern Aufſeher. G. Le⸗
en 6. B.
e) Die Ausſage des Nebenſatzes folgt der des
Hauptfages nad.
$. 216.
Um die Ausfage des Mebenfages als der des Hauptfages in Be:
zug auf bie Angabe des Zeitpunktes nachfolgend zu bezeichnen,
oder um den Zeitpunkt des Prädikates nad feinem Verhältniß zu
der duch den Adverbialfag ausgedrudten Zeitbeftfimmung als
einen diefer Zeitbeflimmung vorangehenden durzuftellen, ge:
braucht man die Konjunktionen ehe und bevor.
$. 217.
Ehe (getürzt aus cher, goth. Air, ahd. ser, er, &, mhd. &) zeigt
allgemein ein Früheres in der Zeit an, meifet dann vergleihend auf
ein Anderes in der Zeit hin, dem es vorangeht. Bevor (ahd. bifora,
mhd. bevore), früher Präpofition von Raum und Zeit mit der Be:
deutung nahe zu vor, wird als Konjunktion befonders da gefeßt,
wo bie Nähe von etwas Geſchehendem in Bezug zu einem Anbdern
ausgedrüudt werden fol. — Ehe daß ſ. $. 190. |
thin gäati3 er biuuerbe, er mir ther sün irsterbe (bein Gutes eher fpende, ehe
mir der Sohn fterbe). O. II, 2 bei W. 941, 7. € ich in sehe verderhen,
ich wil € für in sterben. Ah. bei W. 335, 31. — es (dad Hünblein) billet,
eb ichs geheyß. Gb. 148h. vnd eb die zarten die handſchuͤ füchen und
erft angethün, fo hant die andern die ding gethon. Gb. 106b. herre gee
ab ee das min fun fterbe. B. Joh. 4, A9. Herr, kom hinab, ehe denn
mein Kind ftirbt. L. Ee abraham was da bin ih. B. 30h.8,58. Ehe
denn Abraham warb, bin ich. L. ich ajz von allen den dingen. ee dz
du kameſt. B. 1. Mof. 27, 33. ich hab von allem geffen, ehe du kameſt.
L. daß er ehe vnd das Gefchrey recht außkaͤme ſchon etwas außgerichtet
heit. A. 326b. — Ste wünfchte er zu fehen, ehe noch Charlotte zurück⸗
käme G. Wyv. 1,12. Der Architekt leitete das Ganze, und ehe man
ſich's verfah, fo hatten die Knaben alle ein gewiffes Geſchick. Daſ. 1, 17.
— 133 —
Eh’ fol mein Leben zerreißen, eh’ ich dich laffe! G. Stella 3. Von
Geſchäften fchon die Rebe, eh’ er noch feines Kindes froh geworben?
S. P. 2, 3. Seine gütigen Hände fehmüdten mich, noch eh’ das Herz
bes Vaters mir gefprochen. Daf. 1,4. Das geziemt fich, eh’ man das
Aeußerfte befchließt! Daf. 1,6. Doc eh’ er nod den Feind gefeben,
wendet er fchleunig um. Daf. 1,7. Eh’ der Zag, der eben jest am
Himmel verhängnigvoll heranbricht, untergeht, muß ein entfcheidend
8008 gefallen fein. Daf. 5, 2. — Er müffe die herannahende Epodye von
Charlottens Niederfunft erſt vorbeigehen laffen, bevor er wegen Dtti:
tens irgend eine Entfcheidung hoffen Eönne. G. Wp. 2, 8 Doc be⸗
vor wir’ laffen rinnen, betet einen frommen Spruch. ©. Glocke. Ich
hab’ dein Wort, du wirft nicht eher handeln, bevor du mich, mid) felber
überzeugt. S. 9. 85,1.
Anm. Gailers eb fteht für eher. Die Volksfprache hat noch heute hier
und da die Korm eb und ob.
$. 218,
Die Zeitdauer des in dem Hauptfage ſtehenden Prädikates
wird duch feit, feitdem und bis bezeichnet. Beide bezeichnen
eine Begränzung der Zeitdauer, indem feit, feitdem den An:
fangspunft, bis den Endpunkt bezeichnet. Seit ift ahd.
std, mhd. sit, agf. stıh, und ift ein Eomparatives Adverbium vom goth.
Adjektiv seihu — Ipät. Bis (ahd. biz) fheint aus bi da3z — nahe
zu entflanden zu fein. — Bis daß f. $. 190.
Thiz zeichan deta druhtin Krist. mennisgon zi erist. sid er hera in uuorolt
quam (dies Zeichen [Wunder] that Herr Chriſtus den Menfchen zu erft,
feit er Hier in [die] Welt kam). O. II, 8. dä sol ich mime herren werben
ein ander wip, sid diu ist derstorben der schoenen Helchen lip, Nib.
1109, 4. in mangen rowen (Betrübniffen) si lac ich ne weig wie mangen
toc, bi3 ir der töt anz herze quam. En. bei W. 288, 5. — fo dich zorn
beweget fo bayt (warte) big dir das her& wider gütig werd. Gg. 179b.
das ain roftigs eyßen als lang gefegt wirtt büß es wider erfcheinen würt.
Gg. 2b. Diefes war ber erft Schreden, den ich einnahm, feither ich
mich allein befand. Sp. 6, 23. — Wachend, träumend mwarft bu des Hers
zens einziges Gefühl, feit ich bei jenem Leichenfeft des Fürften wie eines
Engels Lichterfcheinung dich zum Erftenmal erblidt. S. Bvm. Vielleicht
vor wenig Zagen noch; heut nicht mehr, feit der Sefin gefangen figt,
nicht mehr. ©. T. 1,6. Seitdem der König feinen Sohn verloren,
. vertraut er Wenigen ber Seinen mehr. &. 3. 1,2. Und fühlt nicht
Jeglicher ein beffer Loos, feitdem der König, der uns weil’ und tapfer
fo lang geführet, nun fich auch der Milde in deiner Gegenwart erfreut
und uns des fehmeigenden Gehorfams Pflicht erleichtert? Daf. 1,2. Wir
haben uns Fefte hier oben erlaubt, feitdem du die Zimmer verlaffen.
G. Hochzeitlied. Die Deutfchen Eönnen erft über Literatur urtheilen,
feitdem fie felbft eine Literatur haben. G. Betracht. im Sinne d. Wan:
derer. — Beim Lefen und Erzählen hielten fie inne, bis fie wiederkam.
&. Rp. 1,6. Heben Sie mir es (das Bild) auf, bis wir nach Haufe
kommen. Daf. 1, 7. Ya er hielt oft längere Pauſen als nöthig, damit er
nur nicht eher ummendete, bi8 aud) fie zu Ende der Seite gefommen.
Daf. 1,8. Sch wollte es verfchmeigen, bis es gewiß wäre. Daf. 1, 12.
Beginne du das heil'ge Werk nicht eh’, bis er's erlaubt. G. J. 4, 2.
Doch will er mir gönnen drei Zage Zeit, bis ich die Schweiter dem Gat⸗
— 1 —
ten gefreit; fo bleib’ du dem König zum Pfande, bis ich komme, zu loͤ⸗
fen die Bande. &. Bürgichaft. Du wirft auf die Sternenftunde warten,
bis dir die irbifche entflicht! S. P. 2, 6. Beſchließe nichts, bis wir
zufammen Rath gehalten. Daf. 2, 7.
3. Adverbialfäge der Weife.
$. 219.
Das Verhältniß der Weife wird in den Abverbialfägen entwe-
der durch eine Wirkung des Prädikates, oder durch eine Ähnlich:
keit (DVergleihung) bezeichnet. Zur Bezeihnung einer Wirkung
dienen die Konjunktionen daß, ſo — daß; zur Bezeihnung einer
Ahntichkeit fo, fo — fo, wie, fo — mie, alſo — mie, ſo — fo
wie, fo — als, fo — als wie; als, als ob, ale wenn, als
wie wenn; ale und denn nad Komparativen; je — je, je —
deſto, je — um fo, je — um befto, um fo — um beflo; nach—
dem, jenahdem, wie; fofern, infofern, wiefern, inwiefern,
foweit, infoweit, wieweit, inwieweit.
$. 220,
Menn die Weife duch eine Wirkung bezeichnet wirb, fo
bat der Nebenfag die Konjunktion daß, und in dem Hauptſatze ftebe
das Demonftrativadverbium fo oder wird ergänzt. — Beifpiele fiehe
$. 186.
Die vergleichenden (eine Ähnlichkeit ausbrüdenden)
Adverbialfäge werden durch das im Hauptfag ausgedrüdte oder hin⸗
zugebachte Demonftrativ fo ($. 35), und das im Nebenfage ftehende
oder hinzugedachte Relativ wie ($. 35) oder als ($. 35) verbunden.
Wie bezeichnet eine Ühnlichkeit und vergleicht dee Befhaffen:
heit (Qualität) nah; als bezeichnet eine völlige Gleichheit und
vergleicht dem Grad und der Befhaffenheit (Quantität und
Qualität) nah; das verftärkte fo wie weift durch das wiederholte
fo nachdruͤcklich auf diefes hin; als wie iſt eine nachdruͤckliche Wort:
fülle, mehr bei Dichten als bet Proſaikern gebräuchlich. — Die frü:
here Sprache hatte noch einige andere Formen, wie aus nachfolgenden
Beifpielen erhellt.
vairthai vilja theins sv& in himina jah ana airthai .. jah aflet uns thatei sku-
lans sijaima svasve jah veis afletam thaim skulam unsaraim. Ulf. Matth.
6, 10. 12, uuesä din uuillo, sama sö in himile ist, sama in erdu...
enti fld} uns unsrö sculdi, sama sö uuir fläggam&s uosrèêm scolöm. Matth.
6, 10. 12 bei W. 84, 13. 29. din wille der werde. alse in dem himele.
vn in der erden... vn vorgib vns vosir schulde. also ouch wir vorgebin vn-
seren schuldigeren. Beheims Bibelüberf. aus bev Mitte d. 14. Jahrhr.
handſchr. in Leipzig. din will der werd. als Im himel und in der erb..
vnd vergib uns onfer ſchuld. als vnd wir vergeben onfern fehuldigern.
— 1 —
B. Dein Wille geſchehe, auff Erben, wie im Himel.. Bnd vergib vns
vnſere Schulde, wie wir vnſern Schuͤldigern vergeben. L . kesuahtoos
vosih fuire vnsih ersuahtos so so ist ersuahhit silbar (du prüfteft und, durch
Feuer prüfteft du uns, fo das Silber geprüft ift). K. bei W. 40, 10. —
Als vil dein ſeel edler iſt dan der leib So vil mer betracht tag und nacht
got vnd deiner feel zu leben. Gg. 14a. als vill wirt ſy (bie Seele) in⸗
prinftiger als vill fy rainer ift Vnd als vilift ſy rainer als vil fy in
gaiftlichait leben ift. Gg. AAb. als offt der menfch felt als offt mag er
aufitan. Gg. 5a. du folt nitt vnwirß fein als ettlich hanndig zornig
menfchen. Gg. 7b. wie du dich im gibft zü erfennen, ale rot (väth) er
dir aud). Gb. 4653. der müß ſich gegen ynen halten, als ein müter ge:
gen item kind. Gs. 87a. hab alfo vil kleider, alfo dir not find. Gb. 58a.
alfo einem bilger not ift eyn hüt, alfo not ift einem menfchen groffe
gedult. Gb. 89a.- fo fielen alle ding widerumb zů nüten ale ſy nüt
feind gefein. Gs. 4b. — ich hab gethban als du mir haft geboten. B
41. Mof. 27, 19. ich hab gethan, wie du mir gefagt haft. L. alfoals .
der herr het gebotten. alfo tetten fy. B. 2. Mof. 7,6. fie theten, wie
jnen der Herr geboten hatte, L. als wir gehorfamten moyfi. alfo ges
borfamen wir auch dir. B. Sof. 1,17. wie wir Mofe gehorfam find
geweien, So wollen wir dir auch gehorfam fein, L. als fie mir haben
gethan, alfo tätt ich yn. B. Richt. 15, 11. Wie fie mir gethan haben,
So hab ich jnen wider getban. L. wie got bat difen gemacht. alfo
hat er auch den gemacht. B. Pred. 7, 15. die es fo mol auffheben, als
wie biefer Dragoner. Sp. 2, 29. Sleihmwie aber meine Erfahrenheit
fchlecht und gering war, als "Eonnte ich auch nichts vechtfchaffenes fchlieffen.
Sp. 1, 15. — So weit das Auge dem Steome folgen konnte, war alles
Feuer. ©. Bel, v. Antw. So wenig ber Gärtner fi) durch andere Lieb-
habereien und Neigungen zerftreuen darf, fo wenig darf der ruhige Gang
unterbrochen werden, ben die Pflanze zur dauernden ober zur vorübers
gehenden Vollendung nimmt. G. Wo. 2, 9. So wichtig jede Erfahrung
in dem kritiſchen Augenblicke für mich war, ſo matt, fo unbedeutend, uns
wahrſcheinlich wurde bie Erzählung werden, wenn id) einzelne Fälle ans
führen wollte. G. Lj. 6. So fehr ich Theil an feiner Arbeit nehme, fo
fehr in manchem Sinne das große Werk mic, freut und freuen muß, fo
fehr vermehrt fi auch zulegt die Ungebuldb in mir. G. 2.1, So
langfam fein Geift gebar, fo vollendet waren feine Früchte; fo it fein
Entfchlug reifte, fo ftandhaft und unerfchütterlich wurde er vollftredt ..
So fehr fein Gemüth über Schreden und Freude erhoben war, fo unter:
worfen war eö der Furcht. S. Abf. 8.0.1.8. So ernften Grund du
haft, dieß Licht zu fliehn, To dringendern hab’ ich, daß ich dir’ gebe. ©.
9.5,1. Man befände fich auch dafür mie in einer andern und neuen
Welt. G. Wp. 1, 7. Ich finge, wie der Vogel fingt. &. Sänger. Wie
bu nicht fordern follteft, folg’ ih nicht. G. T. 2,3. Wie im Laub der
Vogel fpielet, mag fid) Jeder gütlich hun. ©. Glode. Du nimmft die
Schüffel von Königs Tiſch, wie man Äpfel bricht vom Baum. Uhland,
Klein Roland. Wie du ihr heilig warft, fo warft du’s mir. G. J. 1,3,
Wie ihn die Welt verehrt, fo wird die Nachwelt ihn verehrend nennen.
G. T. 3,3. Trefflich weiß er den unterſcheidenden Charakter verſchiede⸗
ner Arten, ſo in Geſtalt des Ganzen, wie in dem Gang der Zweige, der
einzelnen Partien der Blätter befriedigend anzudeuten. G. Wi.
und leiſſ, wie aus himmliſchen Höhen die Stunde des Glückes ine
fo war fie genaht, ungefehen, und wedte mit Küffen den Freund. ©. Er:
wartung. Wie fich die Neigung anders wendet, alfo fteigt und_ fällt
des Urtheils wandelbare ‚Woge. ©. Es ift, wie von dir, nun aud) von
mir bie Rebe, und fo mie von dem Schidfal, ſo aud von dem guten Na⸗
— 136 —
men zweier Männer. ©. Wp. 2, 12. So wie ber Weihrauch) das Leben
einer Kohle erfrifchet, fo erfrifchet das Gebet bie Hoffnungen des Herzens.
G. Mar. u. Refler. 3. Ein jeder Bote ift fo gut als ich. &. Wpv. 1,18,
So gut und verftändig als der Freund ift, eben fo, Hoffe ich, wird fich
in ihm auch die Empfindung eines reinen Verbältniffes zu mir entwideln.
Daf. 2, 15. Gent und Brügges Eündigen Philipp dem Guten den Krieg,
ber eben fo unglüdlich für fie endigt, als vermeffen er unternommen
ward. S. Abf. d. N. 1. B. Es liegt die Welt ſo Elar vor feinen Bliden,
als wie der Vortheil feines eignen Staats. G. T. 1, 4. Du bift fo
elend nicht, als wie du glaubſt. Daf. 5, 5.
Anm. Über die goth., ahd. und mhd. Formen vgl. weiter Grimm III,
43. 283. Graff VI, 11f. Wadernagel, Wörterb. unter sö und
alsd. |
$. 222,
Die Weife des Prädikates wird insgemein durch die Ähnlichkeit
‚ mit einer Thätigkeit bezeichnet, die als eine wirkliche gedacht und
dann als eine ſolche durch den Indikativ bezeichnet wird ($. 221);
fie wird aber oft auch durch die Ähnlichkeit mit einer Thaͤtigkeit be:
“zeichnet, deren Wirklichkeit ducdy eine andere mögliche oder nur
angenommene XThätigkeit bedingt if. In diefem Falle wird
die die Weiſe eigentliche bezeichnende Thaͤtigkeit nicht ausgedruͤckt,
fondern der hinzugedachte Nebenfag nur durch das Relativ ale, wie
angedeutet; die bedingende Thätigfeit wird duch einen Eondi-
tionalen Adverbialfag ausgedrüdt, der, wenn die Bedeutung ale
eine mögliche dargeftellt wird, durch ob ($. 194), und wenn fie
nur eine angenommene iſt, auch durch wenn ($. 202) verbun:
den wird; das Prädikat (Verbum) des Mebenfages fteht in dem er:
fteen Falle im Konjunktiv ($. 100), in dem legtern im Konbditionalis
($. 102). Sm Ahd. und Mhd. fleht samo sö, same, sam, was ſich
in fam und gleichfam lang erhalten hat.
Ih ne antwurta i3, samo sö ih toub ware (ich antwortete nicht darauf, als
ob ich taub wäre). N. 37, 15. diu ros näch stichen truogen diu richen
küneges kint beide für ein ander, sam si wete ein wint. Nib. 184, 1, er
schein, als ob hie brünne bi der naht ein queckez fiwer. Parz. 71, 12.
sun, nim des gegen dir komenden war, und senke schöne dinen schaft, als
ob er st gemälet dar. W. 608, 29. recht glich als ob er'spre:he also.
W. 958, 41. — bir ift nüßer bu feyefl ein murd, als ob du nit Eunneft
reden. Gg. 193b. er fieng an zu wütten, alls wär er fchöllig. Gg. 8Ab.
fie tettend als vörchten fie ſich. B. Joſ. 8, 15. fie ftelleten ſich als wärs
den fie gefäylagen fur jnen. L. er erzeyget ſich. als horte ers nitt. B.
1. Kön, 10, 27. erthet als höret ers nicht. L. wir führen ein ſolchs
Leben, gleichfam weder Zeuffel, noch Fegfeuer, Hell noch Himmel feyn.
A. 14a. es leben alle Menfchen, gleichfam kein Gott wer. A. 1095.
er lebt fam wer er gar ynfin. S. 68b. Thier ich mich doch, fam woͤl
ich fliegen. S. 3a. fie fang ob wolte fie die gange welt bewegen. hg. 1,
70. er ſchien, ob hätt’ er fich bloß in den forft verliebt. hg. A, 163. —
Unverſehen, fremd gekleidet, erreichen fie Diycen, als brächten fie die
Zrauernachricht von Dreftend Tode mit feiner Aſche. &. 3. 3, 1. Ueberm
Herrſcher vergißt er nur den Diener gang und gar, ale wär" mit feiner
“.ı
— 137° —
Würd’ er fhon geboren. &. P. 1,4. Er war fo flolz darauf, als ob
die Erfindung fein gewefen wäre. ©. Wp. 1,7. So fchien es, als ob
‚ihr früher Eindifcher Geift mit allen feinen Züden und Gewaltſamkeiten
wieder erwachte. Daf. 2, 10. Sch halte Egmont hier, als ob ich ihm
noch etwas zu fagen hätte. G. E. 4. Es war, als ob die Menfchheit
auf der Wanderung wäre, mwallfahrtend nach dem Himmelreih. ©.-St.
1,6. Der Churfürft felbft fchloß fi) mit allen Zruppen, die er hatte
aufbringen können, in das Zilly’fche Lager ein, gleich ale ob an biefem
einzigen Poften alle feine Hoffnungen hafteten. ©. 30j. Kr. 3.38. Es
war mir, al& wenn mich ber Donner in die Erd’ hinein ſchlüg. G. ©.3.
Meil es wirklich ausfieht, als wenn ein Verhältnig dem andern vorge:
zogen würde, G. Wy. 1,4. Ihm war, ale wenn ihm ein Stein vom
Herzen gefallen wäre. Daf. 1,7. Der Schluß war ganz, als wenn er
ihn felbft gefchrieben hätte. Daf. 1,12. Es fchien ihr, als wenn fie
wäre und nicht wäre, als wenn fie fich empfände und nicht empfänbe, als
wenn dieß alles vor ihr, fie vor fich felbft verfchwinden follte. Daf. 2, 3.
8. 223.
Die Ungleichheit wird durch das im Nebenſatz als Relativ
ſtehende als (9. 35) nad) einem im Hauptſatze ſtehenden Komparativ
und nach ander bezeichnet. Das fruͤher gebrauchte dann (denn)
($. 52) iſt felten, fo auch wie, als wie; weder ($. 37) und
wann ($. 202) find ganz außer Gebrauch. Zuweilen fleht im Ne:
benfag al 8 mit einer Verneinung.
quitha auk izvis thatei nibai managizo vairthith izvaraizos garaihteins thau
tbize bokarje jah fareisaie, ni thau quimith in thiudangardjai himine. Ulf.
Matth. 5, 20. ih quidu iu nisi tha3 ginuhtsamo iuuar reht mer thanne
thero scribaro inti thero phariseorum ni get ir in himilo rihhi. T. Matth.
5, 20. Aber ich fag uch nur allein üwer gerechtigkeyt fye mer überfliſſig
ban der fehriber un der glyſzner fo werbent ir nit ingeen in das rych ber
hymeln. B. — Als vil dein feel edler ift, van der leib. Gg. 14a. nit
vörcht mer die wort der menfihen weder das ſchwert gottes. Gb. 167a.
Sr gewin ift beffer ben der gewin des goldes ond bes ſilbers. B. Sprichw.
3,14. es ift beſſer omb fie hantieren, weder vmb filber. L.. da was
mir wol mer wenn nun. B. Oſe. 2, 7. ba mir beffeer war, denn mir
jest ift. L. Die ift vor mehr befolhen, weder bu kanſt ausrichten. L.
Sir. 3, 26. wa wir ons nicht anders, dann wie bißher gefchehen, nicht
dreyn ſchicken. A. 13b. indem ich mich zu gröffern Danfen, weder fie
waren, gefellete. Sp. 3, 14. beffer, weder zehn Cronen. hg. 1, 183.
die mehr unfer fchad, als unfer nußen find. hg. 5, 277. — Wir find nie
entfernter von unfern Wünfchen, als wenn wir uns einbilden dad Ge⸗
wünfchte zu befigen. Niemand ift mehr Slave, als der fich für frei hätt,
ohne es zu fein. G. Wvy. 2, 5. Diefe Verftellung währte aber nicht län:
ger, als die beiten zugegen waren. ©. %. A, 14. Er erwachte nicht
eher, als bis er ſich in den Händen feiner geiftlichen Brüder fah. Daf. 8,
9. Und dennoch denkft du wohl bei diefen Worten ganz etwas anders,
als ich fagen will. G. T. 2, 3. Regeſt du auf aller Vergangenheit Böz -.
feftes mehr denn Gutes. G. F. 2, 196. Aber, Knabe, deine Schmach
wär’ mir herber fiebenmal, denn ber fieben Andern Fall. Stolberg, Lied
e. fhmwäb. Ritters. Und dag er Elüger ift, als wie man denkt. ©. 2.
3,4. Wir nehmen den Fußpfad durch's Thal und find eher drüben, wie
du. G. Wi. 1,9. Es ift ftärker, wie fie. Daf. 3, 10. (Er) muß es
dann anders machen, wie bie. Engel, T. Witt. Der bod) viel ftärker,
!
wie bu, iſt. Voß. — sin vater, des er niht wolde nennen, welt ir die wär-
heit rehte erkennen, ist tiurr (fheurer) dena kein sin oeheim si (denn
feiner feiner Oheime fei). Renner bei W. 777, 31. denn fein finn ift
reiher weber kein Meer. L. Gyr. 24, 39. es ift weifler als
Bein ding. Kifchart, Gargantua 246. Die Juden waren jm feinder
denn keinem Ehriften nicht. A. 173b. Der Gefchäftsträger fam zu:
rüd, er war gefhäftiger und überbrängter, ale nie. ©. Wi. 1,11.
Denn duentbehrft fie nicht, und leichter wäre fie dir zu entbehren, als fie
es jenem guten Mann nicht ifl. G. T. 3, 4. Wir müflen das Werk in die⸗
fen nächften Zagen weiter fördern, ald es in Jahren nicht gebieh. S. P. 3, 1.
Anm. 41. Diefes wie, in der Volksſprache fehr gebräuchlich, bezeichnet
eigentlih eine Ähnlichkeit ($. 221), und ift darum fehlerhaft, wie
Grimm III, 283 angibt.
Anm. 2 M.Rapp (Archiv f. d. Stubium d. n. Sprachen u. Literatus
ren IV, 471) fagt: „Der junge Goethe, zur Zeit, ba fi) fein Styl bil:
bete, trieb viel franzöftich, zumal zur Zeit, da er fich in Straßburg auf:
hielt; auch noch in Italien hatte die romanifche Syntar Einfluß auf ſei⸗
nen Styl. Dabei hat er fich einige Unarten angewöhnt, bie die deutſche
Sprache anzunehmen fich weigert. Yür’s erfte bedient er fich einer Ne⸗
gazion nach Komparationen, wenn verba sentiendi folgen. „Die Sache
ging beffer ald wir nicht dachten.“ So fpricht die romanifche Syntax,
aber die Negazion tft ein Logifcher Überfchuß und widerfpricht gewiſſer⸗
maßen unferm grammatifchen Gefeß, baß duplex negatio affırmat. Der
mitteldeutfchen und. norbbeutfchen Bolksfprache gemäß fagt er freilich auch
mit offner Doppelnegazion, folche im Kauft: „Daß er an nichts keinen
Antheil nimmt.“ Und fo öfters. Aber Gretchen ift ein Bürgerskind,
und ift nach dem Leben gezeichnet. Der Dramatiker ift damit außer Ver:
antwortung. Nicht fo bei den erftgenannten Fällen, die ihm Niemand
nachgemadht hat.” — Beide Bemerkungen find hiſtoriſch unbegründet.
Altere Beifpiele boppelter Negation bietet Grimm II, 726 f.; neuere
aus dem 15—19. Jahrh. habe ich gefammelt in meiner Gram. I. 2,
183 f., in dem gen. Archiv II. 2, 87 f. und im allg. naffau. Schulblatt
2. Zahrg. Nr. 1.
8. 224.
Die Gleichheit der in einem möglichen Grade geſtei—
gertenintern Größe und Stärke zweier Thätigkeiten
(Intenfität) wird dadurch bezeichnet, daß ein Komparativ im Haupt:
fage mit dem Demonftrativ defto (ahd. des diu, mhd. däste) und ein
Komparativ im Nebenfage mit dem Relativ je ($. 35) unmittelbar
verbunden wird. Je — defto hebt mehr hervor als je — je. An:
dere Sormen find: je — um fo, je — um deſto, um fo — um
deito,
sö si danne ie mè verliesent (verlieren), so si sich ie wirs mugen erwern (je
fhlimmer mögen erwehren). W. 561, 7. so div creature ie liehter ist,
so dringet e3 ie me hin vf. W. 770, 30. — Ze höher du bift, je mehr
bich demätige. L. Sir. 3, 20. (Als vil als du mer grofg bift alfo de:
mütig di. B.) vnd je lenger je blinder wird. S. 69h. je gelehrter, je
verfehrter. Am. 93. — Die Schwierigkeiten wachen, je näher man bem
Ziele fommt. ©. Wo. 2,5. Die Gefälligkeit würde wachfen, je mehr
man ſich dem Termin der Auffündigung näherte. Daf. 1, 10. In denen
(Regionen) er fih immer unbehaglicher fühlte, je länger er barin ver-
weilte. Daf. 4, 18. Doc ach! je mehr ich horchte, mehr unb mehr vers
— 139) —
fan ich vor mir ſelbſt. G. 3. 2,1. Je eher bu zu uns zurüde kehrſt,
je fchöner wirft du uns willlommen fein. Daf. 5, 2. Je mehr man dieg
einſehen wird, je lebhafter, heftiger, Teidenfchaftlicher wird das Stubium
der Bergliederung getrieben werden. G. Wj. 3, 3. Je mehr fie das Haus,
die Menfchen, bie Verhältniffe Eennen lernte, defto lebhafter griff fie ein,
defto fchneller verftand fie jeden Blid. G. Wv. 1,6. Te mehr man bie
Sache durchſprach, deſt o günftiger erfchien fie. Daf. 1,7. Ie länger
man fich umfah, befto mehr Schönes entdedte man. Daf. 2,410, Je
mehr er dort das Vergnügen der unumfchräntten Gewalt koſtete, und }e
größer die Meinung war, bie ihm von feinem Selbft aufgebrungen wurde,
defto ungerner mußte er hier zu der befcheidenen Menfchheit herunters
fteigen, defto mehr mußte er gereizt werben, dieſes Hinderniß zu beflegen.
©. Abf. d. N. 1. B. Seine Ehrfurcht gegen fie war um fo tiefer und
inniger, je weniger fie fih auf andere Wefen vertheilte. Daf. Charlotte
ließ als Mutter fih um deſto eher eine für andere vielleicht unanges
nehme Erfcheinung gefallen, als es Xeltern geziemt da zu hoffen, wo
Fremde nur zu genießen wünſchen. G. Wo. 2,6. Er beftätigte bei fich
feine Meinung nur um deſto mehr, je mehr er Urfache zu haben glaubte,
fie dem Eugen Werner in einem günftigen Lichte barzuftellen. G. Lj. 5,2.
um fo fchneller diefes in ihr vorging, um defto mehr fchmeichekte fie
äußerlich Eduards Wünfchen. G. Wv. 1, 10.
8. 225.
Nachdem ($. 213), je nahdem, wie ($. 35), wienad
druͤcken die Gemäßheit, die übereinſtimmung des Inhaltes des Neben⸗
fages mit dem des Hauptfages aus.
jah svaleikaim mangaim gajukom rodida du im thata vaurd, svasv& mahtedun
hausjon. Ulf. Mark, 4, 33. — nachdem vnd du geſchickt bift in deinem
bergen, alfo feind bein gebärd von auffen. Gg. 89a. Wnd durch viele
folche Steichniffe faget er jnen das wort, nach dem fie es hören kundten.
L. Mark, 4,33. (Vnd mit föllihen manigen gelvchnuffen redt er zü yn dz
wort als ſy es mochten gehören. B.) Bnd fiengen an zu predigen mit
andern Zungen, nach dem der Geift inen gab aus zu ſprechen. L. Ayftt.
2,4. (als yn der heilig geyft gab. B.) Ire Güter und Habe verkauff⸗
ten fie, ond teileten fie aus vnter alle, nach dem jeberman not war. L.
Apſtl. 2, 45. Vn verkaufften die befigung. vnd die habe. vn teyiten fie
allen. nach bem vnd einem yegklichen was dburfft. B. — Wie bu jest
handelt, find fie gerettet oder find verloren. S. St. 4, 9. Eigentlich
kommt alles auf die Gefinnungen an; wo diefe find, treten auch die Ge⸗
danken hervor, und nach dem fie find, find auch die Gedanken. ©., aus
Makariens Ardiv. Als man fo viel von ihr erlangt hatte, ließ man ihr,
doch unter einer gewiſſen Aufficht, die Kreiheit, bald in ihrer Wohnung,
bald in dem Klofter zu fein, je nahdem fie es für gut bielte. &. Lj.
8,9. Die Herzen der Zufchauer waren von ben verfchiebenften Empfin-
dungen bewegt, je nachdem fie bei der Größe des Wageſtücks oder bei
der Größe bed Mannes verweilten. ©. 30). Kr. 2.8. (Ich fehe) ein
paar Habichte fliegen von Welten nah Oſten; das ift wohl ein gutes
Zeihen? „Wienacd du's aufnimmft, je nachdem du dich beträgft.“
G. Wj. 2,1.
$. 226.
Sofern, inſofern, wiefern, inwiefern, ſoweit,
inſoweit, wieweit, inwieweit (ahd. sô färro daz, alsò ſerro
— t40 —
alsö, sö uuito sö) werden gebraucht, um eine Einſchraͤnkung des einen
Satzes duch den andern zu bezeichnen. — Die Altern Formen find
fofern, foweit (fo fern, fo weit) und haben urfprünglich den Be⸗
geiff räumlicher Ausdehnung, fern bloß in die Länge, weit nad
allen Richtungen, giengen dann in den Begriff [ehr über (weit erft
fpäter, fern ſchon ahd.), alfo fofern = nad) dem Grade, foweit
— nad der Ausdehnung. Der Unterfchied von fofern und wies
fern, ſoweit und wiemweit ergibt fi) aus fo und wie $.35. —
Die Bildungen mit in find erft fpäter entflanden.
Ich freue feiner guten Meinung mich, fofern fie redlich iſt. ©. 2.1, 4.
Er ehrt die Wiffenfchaft, fofern fie nust. Daf. 1,4. Ich halte mich
an die Franzoſen, [ofern fie heiter und zierlich find. G. Wi. 1,5. Nur
infofern werben die Vermoͤgenden gefchäßt, ald andere durch fie genießen.
Daf. 1,6. Nur in fo fern kann ich Ihnen, ann ich mir verzeihen,
wenn wir den Muth haben, unfere Lage zu ändern, G.Wv.1,12. Magft
du die Augen von den fchönen und freundlichen Ausfichten abwenden, die
ich uns eröffne, magft du mir, magft bu uns Allen ein frauriges Entfagen
gebieten, info fern du dir's möglich denkſt, infofern es möglich wäre.
Daf. 2, 12. Laß uns wenigftens eine Zeit lang verfuchen, in wie fern
wir auf diefe Weife mit einander ausreichen. Daf. 1,1. Er hat nur
darauf zu achten, in wiefern der Vortrag vollftändig fei. ©. aus Ma⸗
tariens Archiv. Sch will es nicht ausmitteln, in wie weit es gut fei,
Kinder der Natur in diefem Stüd anheim zu geben. Dippel.
Anm. Luther hat fofern, niht foweit, 3.3. Joſ. 2, 14: ©o fol
onfer feele fur euch des tods fein, So fern du unfer Gefchefft nicht vers
rheteſt. 3. Friſius (Wörterb. 1568) überfest das lat, quatenus durch
„ie weyt, wie verr, mit was maß, fo verr.”
4. Abdverbialfäge bes Grundes.
| $. 227.
Das Verhältniß eines in einer Eaufalen Beziehung flehenden
Objektes, welches in dem einfachen Sate durch ein mit reiner Präpo:
fition verbundenes Subflantiv ausgedrüdt wird, ftellt fih in einem
Adverbialfage dar, wenn das Subftantiv fi) zu einem Sag er:
weitere. — Die Eaufalen Beziehungen oder die Gründe Eönnen
verfchiedener Art fein, wie aus $. 76 erhellt. Die hier in Betracht
kommenden Konjunftionen find: weil, da, indem, nun, wenn,
fo, wo, wofern, falls.
$. 228.
Weil ($. 210), aus einer Zeitpartitel zu einer Konjunftion
geworden, welche eizentlid den Grund des Seins anzeigt und fich
nachher zur allgenieinen Angabe des rundes erweitert, wird gefegt,
tvenn das Urtheil des Grundes mit dem Urtheile, wozu es gehört,
und das als ein Folgeurtheil erfcheint, gleihfam als Verbindung des
Begriffes zum Begriffe gedacht, alfo enger und fo als Nebenfag ver:
bunden wird. Weit bezeichnet einen realen und moralifhen
Grund, hebt. befonders das logiſche Verhältniß eines morali=
— 144 —
ſchen Grundes hervor, und ſteht insbeſondere auch in der Antwort,
wenn nach einem Grunde gefragt wird. — Die goth. Sprache ge⸗
brauchte unte, die ahd. danta, huanta, die mhd. wande, wan; die
‚alternhd. bieweil, dDieweilen, alldieweil, fintemal, ſintema—
‚ten (feit dem Mate). — Zur flärkeren Hervorhebung des Grundes
geht im Hauptſatz oft dadurch (dies felten), darum, deshalb, des⸗
wegen voran. |
aththan ik quitha izvis ni svaran allis. ni bi himina. unt& stols ist guths. nih
bi airthai. unte fotubaurd ist fotive is. nih bi iairusaulymai. unte baurgs
is this mikilins thiudanis. nih bi haubida theinamma svarais. unte ni magt
ain tagl weit aiththau svart gataujan. Ulf. Matth. 8, 34f. thanne ih quidu
iu tba3 man zi thuruhslahti ni suucre nah bi himile uuanta her gotes sedal
ist. noh bi erdu. uuanta scamal ist sinero fuoggo. noh bi hierusalem.
uuanta siu ist burg thes mihhilen cuninges. noh bi thinemo houbite suueres.
uuanta thu ni maht ein här thes fahses uui3a3 gituon odo suarz. T. Matth.
5,34 f, — ich sag aber euch ir schült nit sweren alzvmale noch bey dem
himel waü er ist ein trön gotes noh bey der erden wan sie ist ein schamel
seiner fli3j3je. noch bei Irlm wan sie ist ein stat de3 gro3jen küiniges. noch
bei dem haupt soltu nicht sweren wan du en möhte ein hare weiz noch
swartz machen. Matth. 5, 34 f. aus einer Münchener Handfchr. v. 1367.
— mann ih fag uch ir füllen gang nich& fehmeren noch by dem hymel.
wann er ift der trone gottes noch by der erde. wan fy ift ein ſchaͤmel
finer füfz. noch by iherufalem wañ fy ift ein flat des groffen Tunigf.
Noch fchweren by dim haubt wan du magft nit gemachen ein har wyß
oder ſchwartz. B. Ich aber fage-euch, Das jr aller ding nicht ſchweren
folt, weder bey dem Himel, denn er ift Gottes fuel. Noch bey der Erben,
denn fie ift feiner füffe fchemel, Noch bey Serufalem denn fie ift eines
groffen Koͤniges ftad, Auch foltu nicht bey deinem Heubt fehweren, Denn
du wermagft nicht ein einige Har weis oder ſchwartz zu maden. L. —
Wan ernftlich vil haben fich gefliffen ze orden bie reden der Ding die da
find erfult an uns. B. Luk. 1, 1. Sintemal ſichs vil vnterwunden
haben, zu ftellen die Rede von den Gefchichten, die unter uns ergangen
find. L. — Alte die weil du nit in dir felber gefigeft, vnd in dich felber
goft (gehft), To verlureft du die frucht. Gb. 87a. Er mußte fich ſchaͤmen, daß
er alfo weichen mußt, noch dennoch, bieweiler ein frifcher junger Herr
war, wollt er je nicht ablafjen. A. 103b. Wann fehon gefährliche Ange⸗
legenheiten fich ereigneten, fo überwand jedoch des Zuli ſchwerer Säcel
ſolche alle, weil er fich fein Geld dauren lieffe. Sp. 6,6. wetl aber
unſere Meynung war fich einmal rechtfchaffen miteinander Luftig zu ma⸗
chen, fehreten wir im böften Wirtshaus ein. Sp .3,9. — Eduard ſtimmte
gern bei, weil es mit feinen Abfichten übereintraf. G. Wv.1,13. Eduard
wollte nicht davon gefprochen haben, weil alles wie von felbft entfprin=
gen, überrafchen und natürlich erfreuen follte. Daf. 1, 14. Er fehnte
ſich nach dem Untergang, weil ihm das Dafein unerträglich zu werben
drohte. Daf. 1,18. Ernahm einigemal die Feder und legte fie nieder,
weil er nicht einig mit fich werden Eonnte, was er fehreiben follte. Daf.
1,2. Mand) blutig Treffen wird um nichts gefochten, weil einen Sieg
der junge Feldherr braucht. S. P. 2, 7. Ich müßte die That vollbrin⸗
gen, weilic fie gedacht. ©. T. 1, 4. Diemeil ih bin, muß ich auch
thätig fein. ©. F. 2, 106. — Ihr ſeht nur nicht die Mauer, die uns ein=
ſchließt, weit fie der Bäume dicht Gefträuch verftedt. ©. St. 3,1. Zn
unſer Haus warb er nicht eingeführt, weil mein Vater Niemand. mehr
zu fehen pflegte. S. 8. 6. Warum waren fie (diefe Dinge) mir nicht
— u
unſchulbig? Ich darf wohl antworten, eben wert fie. mir nit unſchuldig
waren, weil ich nicht, wie Andere meines Gleichen, unbekannt mit mei⸗
ner Seele war. Daf. (IUo:) Wie wißt ihr, daß Graf Gallas außen
bleibt? (Buttler:) Weiler auch mic, gefucht zurüdzuhalten. S. P. 1,
4. — Auch hatte der Hausfreund bloß dadurch ihre Gunft und erhielt
fih darin, weil’er Bewegung auf Bewegung einzuleiten wußte. G. Wi.
3, 10. Dean verändert fremde Reben beim Wiederholen nur darum fo
fehr, weil man fie nicht verftianden. ©. Wv. 2,4. Was Charlottens
erften Gemahl betrifft, fo konnte ich ihn deshalb nicht leiden, weil er
mir das fchönfte Haar auseinander fprengte. Daf. 1, 10. Er hatte bie
Dienfte feines Hofes des wegen verlaffen, weil nicht Alles nach feinem
Sinn ging. ©. 2j. 6. |
Anm. Bezeichnend für die Abnahme der verfchiedenen Kormen von weil
fingt Goͤckingk: Mein Advocat, Herr Weil, tft ohne Zweifel ein reicher
Mann; ſchon ärmer ift Diemweil; dem Alldieweil warb wen’ger
noch zu Theil, und Alldieweilen iſt nun gar ein armer Teufel.
8. 229,
Da ($. 203) ift zunaͤchſt Zeitpartifel, drüdt dann das Verhält:
niß einer mit dem Prädikat verbundenen Thätigkeit aus, und bezeich-
net als Raufallonjunkftion den Erkenntnißgrund umd den
Seinsgrund, d. h. die Urfache und hebt befonders bas aus dem
Grund Sefolgerte hervor. — Die Beitpartifel indem ($. 208)
wirb zumeilen auch als Kauſalkonjunktion gebraudt, hebt
aber die Urſaͤchlichkeit (Kaufalität) nur leife hervor. Beide Kon:
junftionen drüden oft (wie lat. quum) Zeit und Urfache zugleich aus.
Da es aber freilich nicht immer ſchicklich ſein mag, und ich nicht jederzeit
meine Gefhichte erzählen kann; fo will ich mich Fünftig mehr zurüdhals
ten. G. Wv. 1,6. An dem einen Ende bed Dorfes liegt das Wirths⸗
haus, an dem andern wohnen ein Paar alte gute Leute, an beiden Drten
mußt bu eine Eleine Geldfumme niederlegen. Nicht der in’s Dorf Hereins
gehende, fonbern ber Hinausgehende erhält etwas; und da die beiden
Häufer zugleich an ben Wegen ſtehen, bie auf das Schloß führen, fo wird
auch alles, was fi) hinaufwenden wollte, an die beiden Stellen gewieſen.
Daf. 1,6. Ich glaubte deinen Worten nicht, dba du von ihm mir Boͤſes
fagteft; kann's noch wen’ger jest, da du bich felbft verleumbeft. ©. 9.
8,1. Dir blüht gewiß das fchönfte Glück der Erde, da du fo fromm und
heilig bift. ©. Ivo. 3,4. Du bift doch glüdlih? Ja du mußt es fein,
da du fo groß bift und geehrt! Daf. 4,9. — Charlotte, ohnehin gewohnt
die Gegenwart zu nugen, fühlte fich, inbem fie ihren Dann zufrieden
fah, auch perfönlich gefördert. &. Wv. 1,4. Er follte mit vornehmen
und reichen Leuten die Langeweile theilen, indem man auf ihn das Zu:
trauen feßte, daß er fie vertreiben würde. Daf. 1,2. Die Srauenzimmer
hatten untereinander feltgefegt, franzöftfch zu reden, wenn fie allein wäs
ren; und Charlotte beharrte um fo mehr dabei, als Dttilie gefprächiger
in der fremden Sprache war, indem man ihr die Uebung berfelben zur
Pflicht gemacht hatte, Daf. 1, 6.
$. 230.
Nun ($. 205) iſt eigentlich ein Zeitadverbium, wird aber ſchon
goth., ahd. und mhd. als zeitlichurſaͤchliche (temporalkaufale)
Konjunktion gebraucht, um mit urfächlichem Anſtrich den übergang
— i143 —
von einem Gedanken zum andern zu vermitteln, Folgerungen und
Shlüffe, wo das Mittel zwifchen Vorder: und Schlußfag hinzu:
gedacht werden muß, zu bezeichnen, was oft folgernd = grundangebende
Wendung nimmt. Nhd. wird nun in diefer Bedeutung immer fel-
ten angemenbet..
ith saei nu gatairith aina anabusne thizo minnistono jah laisjai sva mans. sah
minnista haitada in thiudangardjai himine. Ulf. Matth. 5, 19. ther the
zilosit eina} fon then minniston biboton inti lerit so man minnisto ist gibei-
3an in himilo rihhe. T. Matth. 8,19, Darumb mwöllicher ufflöfet ein
gebot von difen minften gebotten. Und alfo leret die der wirt ber minft
genennet werden in dem rych der hymeln. B. Wer nu eines von biefen
fleineften Geboten aufflöfet, und leret die Leute alfo, Der wird der kleinſt
beiffen im Himelreich. L. der dir nu uuiges uuarn®, nu dih es sö uuel
lustist (der dich nun Kampfes warne, nun [da] dich es [deffen] fo wohl
lüftet). Hild. 113 bei W. 66, 25. — O krähe, Freund, nun ich dich
fröhlich mache. Hagedorn, d. Hahn u. d. Fuchs. Und nun bieß Blatt
uns für die Truppen bürgt, ift nichts, was dem Vertrauen noch im Wege
Künde. S. T. 1, 8. Was Tann dich ängfligen, nun du mich Eennft?
. Bom. |
$. 231.
Die Mebenfäge, welche den Zweck angeben, Finalfäge, wer:
den mit daß, auf daß, bamit verbunden. ©. darüber $. 187.
$. 232,
Das Berhältniß der Bedingung wird als das Verhaͤltniß
eines möglihen Grundes duch die Eonditionalen Mdver:
bialſaͤtze ausgedruͤkt. Die Eonditionalen Säge ſtehen neuhochdeutſch
in der Regel im Indikativ, althochdeutſch je nach dem Unterſchied der
Bedeutung im Indikativ oder Konjunktiv (F. 98. 100. 102). Die.
konditionalen Säge ftellen das Pradikat eben fo, wie die interro:
gativen Säge, ald ein nur mögliches dar ($. 98). Daraus er:
Elärt fich, dag die deutſche Sprache die Bedingung fehr oft in ber
Form einer Frage darftellt. — Die hier in Betracht kommenden Kon:
junftionen find: wenn — fo, wo — fo, wofern — fo, fofern
— fo, dafern — fo, fo — fo, falls — fo, im Falle dag — fo
($. 182), e8 fei denn — daß ($. 183); wenn anders, fo an:
ders find felten, ob ($. 194) ift veraltet.
Anm. Das Demonftrativ fo wird immer audgelaffen, wenn der Nebenfas
dem Hauptfage nachfolgt; e8 wird aber auch bei vorangehendem Neben⸗
faß insgemein nur dann ausgebrüdt, wenn das logiſche Verhält-
niß hervorgehoben wird; es fleht in dev Regel, wenn der Nebenfag
die Form eines Frageſagtzes hat.
$. 233.
Wenn ($. 202) ift urfprünglich ein Adverbium der Zeit, wurde
dann (mhd.) in bedingender Zeitbeziehung angewendet, und gilt nun
ats bedingende (Eonditionale) Konjunktion (flatt des frühen ob
— 144 —
$. 194). — Sol das logiſche Verhaͤltniß (Verhältnig der Über:
einftimmung und des Gegenfages) eines möglichen-(oder aud) wirk⸗
lichen) Grundes hervorgehoben werden, fo fteht meiflens wenn —
fo; oft wird in diefem Falle aud) wenn weggelaffen, und dem
Sage die Form eines Sragefages, oder eines Heifhefages ge—
geben. — Man macht von der Korm des Sragefages hier insbefondere
dann Gebrauch, wenn zugleih das WVerhältnig eines Gegenfages
duch den Konditionalis bezeichnet ift ($. 102). — Bezeichnet der
Nebenſatz nicht ſowol das Logifhe Verhältniß eines möglichen
Grundes, als vielmehr nur eine in dem Verhältniß der Möglichkeit
mit dem Pradikat verbundene Thaͤtigkeit; fo wird der Ne:
benfag indgemein nicht durch die Betonung hervorgehoben, geht aber
dem Hauptfage meiſt voran.
ith jabai augo thein thata taihsvo ınarzjai thuk. usstagg ita jah vairp af thus.
uf. Matth. 5,29. oba thin zesuuua ouga thih bisuihhe arlosi i3 thanne
inti aruuirph i3 fon thir. T. Matth. 5, 29. Vnd ob dich ergert din ge⸗
rechts aug. brichesuß. vnnd wirffsvondir. Daf. B. Ergert dich aber dein
rechts Auge, So reis es aus, vnd wirffs von dir. L. du wirst ein schoene
wip, obe dir got noch gefüeget eins rehte zuoten riters lip. Nib. 16, 4. —
ain ſtuck flayfch, das nit gnüg gefotten ift, wenn man das felb pfeßet fo
widerfchnallet es. Gg. 146b. wen der fad noſs (naß) ift, fo feind die
fpreümwer feücht. Gg. 89a. denn weneftu, du habeft das hütterlin (Hir-
tenhund) by dir, jo heftu den tobigen fteüben (Jagdhund) mit dir louffen.
Gb. 141a. wenn ber menfc in lailait wär und in hörtikait, fo fol er
fi) der ding vleiffen, die im widerzäm find. Gg. 65a. Wann der menfch
ſich alfo fürjäch und gedäht So kaͤm jm on zweyffel zu hilff die gnad got⸗
ted. Gg..23b. ob jm fein lieb ze lieb ergatt, id) will jm rätten, ob ich
San. C. 1.141,84 o herr ob ich hab funden gnad yn dinen augen nit
fürgee dinen Enecht. B. 1. Mof. 18, 3. Herr, hab ich gnade funden fur
deinen Augen, So gehe nicht fur deinem Knecht ober. L. ob du fichft
den efel des der dich hafzt Ligen under der bürbde. nit fürgang. B. 2. Mof.
23,5. Wenn du des, der dich haſſet, Efel fiheft onter feiner laft Ligen,
Hüt dic) und los in nicht. L. ob du begegeft dem ochffen dines vyndes
oder dem efel ſo er irt, widerfüre yn zü ym. B. 2. Mof. 23,4 Wenn
du deines Feinde Ochfen oder Efel begegneft, das er irret, So foltu jm
denfelben wider zu füren. L. ob aber einer fündet: wir haben ein an-
räffee by dem vatter. B. 1. Joh. 2,1. Bud ob jemand fündiget, So
haben wir einen Kurjprecher bey dem Vater. L. wann ob idy rür fin ge=
wand. So wird ich gefund. B. Mark. 5, 28. Wenn ich nur fein Kleid
möchte anrhren, So würde ich gefund. L. — Wenn du dich fo unglüd:
lich nennen willft, fo darf ich dich auch wohl undankbar nennen. ©. 3.
1,2. Wenn du nad Haufe Rückkehr hoffen kannſt, fo fprech’ ich dich
von aller Fordrung los. Doch ift der Weg auf ewig dir veriperrt, fo
bift du mein durdy mehr als Ein Geſetz. Daf. 1,3. Wenn bad die
Sternenkunft ift, will ich froh zu diefem heiteen Glauben mich befennen.
S. P. 3, 4. Wenn bie Fühne Kraft nicht ruhen kann, fo mag er käm⸗
pfen mit dem Element. Daf. 1,4. Wenn ich mich gegen fie verpflichten
fol, fo müffen fie's auch gegen mich. Daf. 1,6. Wenn er fallen muß,
fo Eönnen wir den Preis fo gut verdienen, als ein Andrer, ©. 2. 8, 2.
Wenn die Glod’ foll auferftehen, muß die Form in Stüde gehen. ©.
Glode. Wenn ein hoffnungsvoller Sohn, wenn der Befif der liebens-
. würbigften Gemahlin einem Sterblichen ein Recht zu biefem Namen
geben, Sire, fo find fie der Gtüdtlichfte durch beides. S. Dk. 3,10. Weiz
nen kann ich vor euch, wenn anders bie Stimme des Weinens eurem
Derzen hörbar noch ift, und wenn für die Unfchuld menſchlich vergoffene
Thränen noch eure Seele bewegen! Klopftod, Meſſ. A, 254. — Haben
wir gnade fur dir funden, So gib dis Land deinen Knechten. L. A. Mof.
32,5. Verbarg ich meiner Eltern Namen und mein Haus, o Köntg,
war's Berlegenheit, nicht Mißtrau'n. G. 3.1, 3. Erreichft du einen
Theil von feinem Werth, bleibt dir ein Theil auch feines Ruhms gewiß.
G. T. 2, 1. Wird er dann auch näher Eennen, was du biefe Zeit gelei⸗
ftet Haft; fo flelt er dich gewiß dem Dichter an die Seite, den er jest als
einen Rieſen bir entgegen ftellt. DaT. 2, 1. Iſt fie begeiftert und von
Gott geſandt; (fo) wird fie den König zu entdeden wiflen. ©. Ivo. 1, 9.
Und ſteht's nur erft hier unten glüdlich, gebet Acht, fo werden auch bie
rechten Sterne fcheinen. ©. P. 3, 1. — Wäre es möglich gewefen, den
Vater zu erheitern ; fo .hätte diefer veränderte Zuftand wenig Druͤckendes
gehabt. G. Lj. 6. Wie ſtuͤnd's um euch, zög' ich mein Heer zurüd? ©.
Soo. 2,1. Wären wir ald Zapfere durch andre Zapfere befiegt, wir
tönnten uns tröften mit dem allgemeinen Schidjal, das immer wechſelnd
feine Kugel dreht. Daf. 3, 6. Hätt’ ich den kriegeriſchen Zalbot in ber
Schlacht nicht fallen fehn, fo fagt’ ich, bu wärft Talbot. Daf. 3,9. Hätt’
ich dich früher fo gerecht erkannt, es wäre Vieles ungefchehn geblieben.
S. Bom. Und hätt’ ich dir ein fo verfühnlich Herz gewußt, viel Mühe
part’ ic) dann der Mutter. Daf. — Gebt ihm den Raum, das Biel wird
Er ſich fegen. ©. 9.1, 4 Sprich Ia oder Nein, fo find wir fchon zu:
frieden. S. W. Tod 3,15. Entſage Frankreich! Trage Englands Fahne,
und du bift frei. ©. Ivo. 5, 10. Seid gerecht, feid gewiffenhaft, wanbelt
unfträflich, fo werben wir ung in der Ewigkeit wieder begegnen. S. 30j.
Kr. 2.3. Sage mir, mit wem bu umgebft, fo fage ich dir, wer du bift;
weiß ich, womit du bich befchäftigft, fo weiß ich, was aus dir werden
Tann, ©. Mar, u. Refler. 1. — Auch dieſer Illo, dieſer Terzky bürfen
nicht leben, wenn ber Herzog fällt. ©. T. 4,6. Der Thränen fchuld’-
gen Zoll will ich Euch redlich nach der Schladht entrichten, wenn ich
alsdann noch übrig bin. ©. Ivo. 3, 6. Geht, ſpringt ihm bei, wenn
ihm noch Hülfe frommt. Daf. 3,7. Wer fol Euch Nahrung fuchen?
Wer Euch fhügen vor wilden Thieren und noch wildern Menfhen? Euch
pflegen, wenn Ihr Trank und elend werdet? Daf. 5, A.
$. 234.
Wo ($.131) und das feltnere fo ($.35) und fo anders heben
die Bedingung fcharf hervor. Wo fleht gegenwärtig faft nur in der
Formel woniht — doch. In der Volksſprache ift wo ftatt wenn
fehr gebräuchlich. — Das neuhochdeutfhe wofeen, wofür auch, wies
wol felten und mehr hervortretend, das ältere ſofern ($. 226) und
das neuhochdeutfche dafern ftehen, hebt die Bedingung als eine Ein:
ſchraͤnkung auf etwas noch Ungewiſſes ſcharf hervor, welche einfchrän-
ende Beziehung aus der Bezeichnung der Abmeffung in fern her-
vorgeht. Das neuhocpdeutfhe falls und im Fall vereinzelt das
Ungewiffe mehr und begeichnet, daß das einzelne Statthaben von
etwas auf das Ungemwiffe vorausgefegt werde, wodurd ein Anderes
bedingt wird,
Kehrein Grammatik. II. 2. 10
— 146 —
he wem söltind wir es klagen, wo wir ein sölche busse von Schwitzern müstind
tragen?.. he wo er das nit het gthan, so wurds deidgnossen (die eidg.)
han kostet noch mengen biderman. Hs. bei W. 922, 13. 925, 33. s80
denne der mahtigo khuninc da? mahal kipannit, dara scal queman chunnö
killhha3 (fo dann der mächtige König das Mahl [Gericht] bannet [einbe=
ruft], dahin ſoll kommen [der} Gefchlechter jegliches). Musp. 60 bei W. 71,
wande ich i3 niemer ne gehenge (zugebe), alsö verre sö ih mah.
W.240,7. — oba tha3 salz aritalet in hiu selzit man i3 thanne. T. Matth.
5, 13. vnd ob das ſaltz verfchwindet ıc. Be Wo nu das Salg thum
wird 2c. L. wo er fi nicht entfündigt, fo wird er nicht rein werben.
L. 4. Mof. 19, 12. denn wo jr nach dem Fleiſch Iebet, fo werbet jr ſter⸗
ben müffen. L. Röm. 8, 13. — &o dir jemand einen flreich gibt... fo
jemand mit dir rechten wil.. fo dich jemand nötiget .. fo jr Fiebet die
euch lieben ıc. L. Matth. 8,39 f. So du thüft ein almüfen .. fo bu
beteft .. ob ir vaftet .. fo du vafteft .. ob ir nit vergebt ac. B. Matth.
6,2f. Wenn bu nu Almofen gibſt.. Wenn du betefl.. Wenn jr
faftet.. wenn du fafteft.. wo jr aber nit vergebet. L. vnfer fel die fy
für och in dem tode. yedoch ob du vns nit verrateft und fo ons ber herr
antwurt difz land. fo füllen wir thin die barmbersigkeit und die warheit
in dir. B. Sof. 2, 14. Thun wir nicht Barmhersigkeit und trew an bir,
menn ons der Derr das Land gibt, © o fol onfer feele fur euch bes tods
fein. Sofern du vnſer Gefchefft nicht verrhateſt. L. Sr aber feid nicht
fleifchlich, fondern geiftlih, So anders Gottes geift in euch wonet. L.
Röm. 8,9. — Du gibft dein Find ainer Ammen, fo ed außgefaugt fo
nympſt du es wider haim. Gg. 197a. fo dich zorn beweget fo bayt biß
bir das here wider alitig werd. Gg. 179b. doch flieg ih, wo mir recht,
noch diefe feuffzer aus. hg. 4,59, wofern es fiegens gilt, jo fieg ich
in bie wette. bg. 5, 202. dafern bein finn zur rache trüge Luft. he. 1,
287. — Wenn man weiß, wieviel zu einer folchen Anlage erforderlich ift,
dann theilt man 8 ein, wo nicht auf Wochen, doch wenigftens auf Mo⸗
nate.&. Wo. 1,6. Sie fchienen, wo nicht zu empfinden, doch zu ahnen,
daß die Zeit anfange, ihnen gleichgültig zu werben. Daf. 1, 7. Wo Karl
dir noch gelüftet, fo follft du tief ins Burgverlies. Bürger. Wo mir
Amalia wagt, mein armes Kind zu verfpotten! Voß, Luife 2, A1b. Es
müßt’ gefchehen, wo möglich, eh’ fie dir zuvorfommen. ©. Sie werben
mich retten, und wo ich ohne Rettung verloren bin, theilnehmend um
mich weinen. © — So du kämpfeſt ritterlich, freut dein alter Vater
fih. Stolberg, Lied e. ſchwäv. Ritters. So du Gerechtigkeit vom Him⸗
mel hoffeft, ſo erzeig’ fie uns. S. Welcher in thierifcher Brunft fo Viele
nachlaufen unter unmiederbringlichem Verlufte von Werth umd Würde,
fo anders fie hievon je etwas befefjen haben. Hift.spolit. Bl. 24, 815.
— Wofern wir dem Donner, Gottes rächendem Donner zuvorzukom⸗
men nicht eilen, wird mit ihm uns Gott zerfchmettern. Klopftod, Meff.
4, 145. Verzeiht mir, wofern ich, entflammt von ber Größe feiner
Zhaten, vielleicht nach eurem Sinn zu erhaben von ihm rede. Daf. 4,
210. &ar manche Zuftände diefer Erdoberfläche würden nie zu erklären
fein, wofern man nicht größere und Eleinere Gebirgsftredten aus der At:
mofphäre herunterfallen und weite breite Landfchaften durch fie bededit
werden laffe. G. Wj. 2, 10. — Vernunft und Wahrheit, feid gebeten,
dafern man ja an eud) gedenkt, den ſtolzen Reimen nachzutreten. Hage⸗
born. Laßt euch, dafern ihr jemahls hörk, wie fehr ich unfre Zeit ver-
ehrt, dies eurer Väter Lob gefallen. Hagedorn. Es ift immer rührend,
wenn auch der ſchwache, abgelebte Neftor fich dem ausfordernden Hektor
ftellen will, Falls Fein jüngerer und flärkerer Grieche mit ihm anzubins
den fich getraut, Leſſing. Da meine Frau auch) eines böfen Huſtens we⸗
⏑ rn er rn 5 A _ ME Se ee _ ©
x
— 1 —
gen nicht ausgeht, fo haben Sie wohl die Güte, falls es nöthig, ung bei
erenissimo des Concerts wegen zu entfchuldigen. ©. Briefm. mit ©. 6,242,
Anm. In feltner Form fagt Goethe (Kauft 2, 26): Und doch Hoff ich,
wo nicht allen, aber mancher zu gefallen.
$. 235.
Die Eonceffiven (einräumenden) Adverbialfäge brüden das
Berhältnig eines Grumdes aus. Diefer Grund wird aber hier
nicht, wie in den eigentlichen Adverbialfägen des Grundes ($. 227 f.),
dargeſtellt als ein folcher, der die Wirklichkeit, fondern als ein
folcher, der die Nicht wirklichkeit des in bem Hauptfag Ausge⸗
fagten bedingt. Die Wirklichkeit des Ausgefagten kann aber mit
einem die Nichtwirklichkeit desfelben bedingenden Grunde nur dann
in einen Gedanken aufgenommen werden, wenn der Grund nur
ſcheinbar die Nichtwirklichkeit bedingte. Die Konceffivfonjunftio: -
nen find: obgleih, obfhon, obwol, obzwar, obaudh, wenn
auch, wenn gleih, wenn [hon, wiemwol, ungeachtet, uners
achtet, fo auch; Alterneuhochdeutfd) au fo fhon, ob, wenn.
Sm Hauptfage flieht meift fo, doch, dennoch. — Goth. fteht
thaulıjaba, ahd. thoh, doh, doh-doh, mhd. doch, zumeilen al, und,
meift swie, gern mit darauf folgendem doch und wol.
ik im so usstass jah libains. saei galaubeith du mis, thauhjaba dauthnith,
libaid. uff. Joh. 11, 25. Ich bin die vrſtend onnd das leben. Der in
mic) geloubet onnd ob er wäre tod er lebet. B. Ich bin die Aufferfte:
hung und das Leben, wer an mich gleubet, der wird leben, ob er gleich
ſtürbe. L. uuir sähun sinan sterron, thoh uuir thera bürgi irron (wir fas
ben feinen Stern, doch [obgleich] wir diefer Burg [Stadt] irren). O0. 1,17
bei W. 85, 2. thöh mir megi lidolih sprechan uuörto gilih, ni mag ih
th6h mit uuorte thes löbes queman zi Ente (doch [obgleich] mir möge ber
Glieder jedes fprechen lauter Worte, nicht mag [kann] ich doch mit Worte
bes Lobes kommen zu Ende). 0. 1, 18 bei W. 87, 25. — nein e3n was
niht mit wine, doch ej im glich ware (nein, e8 [das Gefäß] war nicht mit
Mein [oangefüllt], doch [mwiewol] es ihm gleich wäre). Tristan 11676.
swie da mich niht enschiuhest (ſcheuheſt), swie ich niemen liep st dan
dir, swie vil dins heiles st an wir: dü trüegest doch wol minen töt. Ah.
bei W. 332, 12.
F. 236.
Die unterſcheidenden Begriffe der einzelnen Koneeſſivkonjunktio⸗
nen ergeben fi) aus Ihrer Zufammenfegung. Ob ($. 194) fteht be=
dingend mit Einraͤumung einer angenommenen Wirklichkeit, oder in
dem Berhältniß einer bedingenden Möglichkeit Wenn ($. 202)
verbindet den Begriff der Bedingung des angenommenen Falles, der
angenommenen Wirklichkeit mit der Einraͤumung. Wie (aus swie,
so hwio $. 35. 235) nimmt gern die Farbe des Begriffs der Weife,
oder der Vergleihung an und wird vorzüglich gebraudht, wenn
ber Gegenſatz auf nachdruͤckliche Weife hervorgehoben werden fol.
So f.$. 35. — Gleich ($.72) hat den Anfteich einer ſelbſt durch
10*
A —
die in ihrer Verfchiedenheit (Ungleichheit) einander entgegenflehenden
Berhättniffe unbehinderten Einraumung oder auch des unbehinderten
unmittelbaren Kommens bereit. Schon (ahd. scöno, mhd. schöne,
früher mit ſchoͤn finnlich einerlei) hat die Bezeichnung einer in An—⸗
fehung ber Zeit unverzögerten, oder vielmehr ein unerwartetes Eherfein
in fich aufnehmenden Einraͤumung. Wol (wohl $. 75) deutet
mehr auf eine Möglichkeit des Eingeraumten hin und läßt den Vor:
behalt eines Zweifels zu. Zwar ($. 75) hat den Begriff der Gewiß-
heit der Einraumung. . Auch ($. 21) ſtellt die Einraumung als fich
an ein Anderes oder Vorhergehendes wie ein Mehr anfchließend oder
fleigernd dar. Ungeachtet und unerachtet ($. 71) zeigen Ab-
mefenheit der Berudfichtigung des in der Einraumung Ausgefagten
an mit flarker Farbe der Entgegenfegung. — Der Sprachgebrauch
beachtet die Berfchiedenheiten der genannten Konceffivfonjunktionen
wenig, und die Schriftfteller fehen felten auf fie und bedienen ſich der
einen oder andern Konjunktion mehr je nach Geläufigkeit oder Wohl:
laut.
Vnd ob er mich tödtet, dannocht getraw ich in jn. Gg. 72b. wann ob ich
ia bin ongeleret in dem wort aber nitt in der Eunft. B. 2. Kor. 11, 6,
Vnd ob ich Alber bin mit reden, © o bin ich doch nicht alber in dem cr=
Eentnie. L. er (David) Eund nicht warm werden, ob man in gleich
mit Kleidern bedeckt. L. 3. Kön. 1,1. Ob uns der See, ob uns die
Berge fcheiden und jedes Volk fich für fich felbft regiert; fo find wir Eines
Namens doch und Blutes. ©. Tl. 2,2. Und ob er’s gleich nicht for⸗
dert, fühlt er's doch, daß du forgfältig dich vor ihm verwahrft. &. 3.1,
2, Gehorchen will ih, ob ich gleich hier noch manches fagen Eönnte.
G. T. 2, 4. Er hatte fich entfchloffen, eine der ihm angebotenen Stellen
anzunehmen, ob fie ihm gleich Feineswegg gemäß war. &. Wo. 1,2.
Man hatte immer ein gutes Verhältniß erhalten, ob man gleich nicht alles
an feinen Freunden billigte. Dal. 1,9. — ob ih ſchon ſchlem und tem
biß mitternacht. Gb. 94a. Wan ob idy ia gee in mit des fchatten bes
tods. ich fuͤrcht nit die ubeln ding. B. Pf. 23,4 Vnd ob ih ſchon
wandert im finftern Zal, fürchte ich Fein Ungluͤck. . Wiewol ir ha⸗
bend gethan dig ding yedoch noch heifche ich ein rach von uch. B. Richt.
45,7. ob je ſchon das gethan habt, doch wil ich mich an euch felbs
rechen. L. obfchon kein Geiſt in dem Geftirn fist, vermag dennoch Gott
fo viel, daß 2c. A. 38h. das dörffen wir auch thun, ob wir fhon Kein
Einfidler feyn, Sp. 1,12. obfchon fie nicht von importang feyn, find
fie Doch Luftig zu hören. Sp. 2, 31. Obſchon mein Mann nicht liebt,
daß man feinen Geburts oder Namenstag feire, fo wird er mir doch heute
nicht verargen, einem dreifachen efte diefe wenigen Kränze zu widmen.
8. Wp. 1, 3. Die Gärten lieferten die fchönften Mufter, und obfhon
die Kränze jehr reich ausgeftattet wurden; fo Fam man doch früher, als
man gedacht hatte, bamit zu Stande. Daf. 2, 3. — ob er aber mag wi:
dergelten er wirt widerwertig ond vergiltet kaum dz halbteyl. B. Sir.
29,7. Vnd ob erö wol vermag, gibt ers kaum die helffte wider. L.
Vnd wird dir guts gefchehen, ob du auch wol ein Sünder bift. L. Sir.
3, 14. du folt dic nicht fürchten, ob fie wol ein ungehorfam Haus find.
L. Ezech. 2,6, — Obz war fie alle die Hoffnung hatten, fo hieß es
doch zc. Sp. 2,20. Obzwar dieſe (eine inbrünftige Liebe) die Flüchtig-
keit und Empfindlichkeit in fich hat, und ihre Mutter die Gewogenheit wie
— 149 —
die Regen: Bogen in einem Augen⸗Blicke gezeuget wird; fo unterwerfen
fie doch alle Eluge Leute der Berathichlagung, und eröffnen ihr allererft
die Pforte des Hertzens nad) einem vernünfftigen Urthel. Eohenftein, Ar:
min 1.5,113. — Wann ob er o uch ift gefrügiget vſz der Frandheyt. aber
er lebet vſz des (ſtatt der) Erafft gottes. wann wir find ouch fiech in im
aber wir leben mit im vſz der Erafft gottes. B. 2. Kor. 13,4. Vnd ob
er wol gecreugiget ift in der ſchwacheit, So lebet er doch in ber krafft
Gottes. Vnd ob wir auch ſchwach find in jm, So leben wir doch mit
jm in der Erafft Gottes, L. ob ir etwas Indent vmb die gerechtigkeit ir
wert fälig. B. 1. Petr. 3, 14. Vnd ob jr auch leidet vmb Gerechtigkeit
willen, fo feid je doch felig. L. Aber dennoch, wenn ich duldend trage,
Heloife, fende mir hinfort, ob auch weinender die Seele zage, fende mir
dein fanftes Liebeswort. Tiedge. — Ob du hiengſt an min henden tuſent
filberig pfennig. in feiner wiſz lieſz ich min hend in den fun des künigs.
B. 2, Sam. 18, 12. Wenn du mir taufent GSilberlinge in meine hand
gewogen hetteft, fo wolt ich dennoch meine hand nicht an des Konigs
Sohn gelegt haben. L. Laſſen Sie in diefer Ungemwißheit des Lebens,
zwifchen diefem Hoffen und Bangen, dem bedürftigen Herzen doch nur eine
Art von Leitftern, nach welchem es hinblicke, wenn es auch nicht darz
nad) fteuern kann. G. Wop. 1,18. Warum follten wir nicht wünfchen,
neben den Unfrigen zu ruhen, und wenn es auch nur für ein Sahrhun=
dert wäre! Daf. 2,2. Alle, die von diefer Religion dazu getreten waren,
verließen jest den Bund, der die Ausfchweifungen der Bilderftürmer,
wennauc, nicht abfichtlich angeftiftet und befördert, doch unftreitig von
fern veranlaßt hatte. ©. Abf. d. N. 4. B. — Ob ich Erieg mit dir. ye-
doch will ich reden zü dir die gerechten ding. B. Ser. 12,1. Wenn id)
gleich mit dir rechten wolt, So behelteftu doch recht, dennoch mus ich vom
Recht mit dir reden. L.L Wenn du gleich an jm polireft, wie an einem
Spiegel, fo bleibt er doch roftig. L. Sir. 12, 11. wenn fie gleich alt
werden, Werben fie dennoch blühen. L. Pf. 92, 15. wenn fie gleich
alle zuſamen treten, müffen fie dennoch ſich fürchten. L. Sf. 44, 11. daß
der Menfch fein auffgefegtes Ziel ſchwerlich überfchreiten mag, wann
gleich ihm fein Ungluͤck lang oder kurtz zuvor durch dergleichen Weiffa-
gungen angedeutet worden. Sp. 2, 25. Die Welt lag ohnehin fo deut:
lich vor ihren Augen, daß fie keinen befondern Schmerz empfand, wenn
gleich jemand fie unbedachtſam und unvorfichtig nöthigte, ihren Blick
da oder dorthin auf eine unerfreuliche Stelle zu richten. ©. Wo. 2, 10.
Ich weiß zu wohl, noch bleibt es (das Werk) unvollendet, wenn es auch
gleich geendigt feheinen möchte. G. T. 1,3. Wenn du mir gleid
‚ in Briefen fchon gemeldet, was du gethan und wie es dir ergangen; fo
bab’ ich doch noch Manches auszufragen, durch welche Mittel dag Ge:
Ihäft gelang. Daf. 1, 4. — Ob die herbergen ftond wider mich min berg
fürcht fih nit. B. Pſ. 27,3. Wenn fih ſchon ein Heer wider mich legt,
So fürdhtet fih dennoch mein Hera nicht. L. on fo ir vffhebent umer
hend. ich abker mine ougen von uch. vn fo ir manigfeltigent üwer gebet
ich erhör fin nit. B. Sf. 1,15. Vnd wenn jr fhon ewer Hende aus:
breitet, verberge ich doch meine Augen von euch, Vnd ob jr ſchon viel
betet, höre ich euch doch nicht. L._ wenn fhon gefährliche Vngelegen—⸗
heiten fich ereigneten, fo überwand jedoch des Zuli fehmwerer Sädel alle.
Sp. 6,6. Auch ich begrüße dich, wenn ich ſchon zürne. G. T. 1, 4. —
doch wirt fy offt gedrucket mitt der welt weißhayt, wiemol jr lauttere
weißhait zu dem legten fürbricht. Gg. 604. wiewol er felb wefenlich
got ift. Gg. Aa. wiemwol got aller ding die erft vrſach ift, noch ift er
fein vorfach der fünd. Gb. 5b. wiemwol du verhelft dife ding in dim
bergen yeboch fo weyſz ich das du gedendeft aller ding. B. Job. 10, 13,
— 150 —
wiewol bu ſolchs in deinem hertzen verbirgeft, fo weis ich doch, das bu
bes gebendefl. L._ wiewol fie verberber feyn, noch dannoch nennten fie
ſich befchhger. A. 16b. wiemwol die Alten kein vberfluß im effen vnd
trinden gebraucht, haben fie dannoch gemeinglich miteinander geſſen. A.
183. wiewol fie die gange Welt unter inen hatten, noch blieben fie
nicht eins. A.227a. wiewol nicht alles zubilligen, fo ift doch auch nicht
alles zu verunbilligen. Sp. 1,12. Eine Gefchichte, die, wie wohl fie
mir ſchon vor einigen Sahıen begegnet ift, mid) noch immer in der Erin>
nerung unruhig macht. G. Wj. 3, 6. Sie gingen zufammen auf Wil⸗
helms Zimmer, wo biefer, wiewohl mit einigem Zaubern, feinem Ver⸗
ſprechen Genüge leiftete. ©. &. 2, 14. Egmont bat um Urlaub, bie Bä-
ber in Aachen zu gebrauchen, die der Arzt ihm verordnet habe, wie wol
er (heißt es in feiner Anklage) ausfah wie die Gefundheit. ©. Abf. d. N.
3.8. — So groß auch das Vertrauen war, das man in fidh felbft und
in die erprobte Fänigfeit eines folchen Heerführers ſetzte, fo machten doch
die erfahrenften Generale kein Geheimniß daraus, wie fehr fie an einem
glüdlichen Ausſchlag verzweifelten. ©, Bel. v. Antw. — fo die wunden
fchon zügeheilen, noch bleiben im die moßen (Narben) fein lebtag an fei=
nem leib. Gs. 63b. fo e8 (das Pferd) fihh ſchon wol von dem barn ab=
zerret, nichts deftminder kegt (Tchleift) jm die halffter hindennach. Gg.80b.
— Die Sremben hatten fich entfernt und, ungeachtet man von ihnen
auf eine fonderbare Weife berührt worben war, boch den Wunſch zurück⸗
gelaffen, daß man fie irgendwo wieber antreffen möchte. ©. Wo. 2,11.
$. 237.
Die Eonceffiven Abverbiatfäge nehmen ebenfo, wie die konditio⸗
nalen (d. 233), oft die Form eines Frageſatzes an. Man gibt
ihnen diefe Form insgemein, wenn entweder der adverfative
Grund, oder das adbverfative Verhaͤltniß der Säge foll her:
vorgehoben werden; insbefondere gefchieht dies, wenn der Gedanke
buch den Gegenfag einer angenommenen Wirklichkeit
hervorgehoben wird.
daft du ioch nit würkliche fünde, nochdann bift du in fünden. Gg. 204b.
wird gleich der Chlorid gunft geringer, ift doch die gange welt voll ſol⸗
Wer dinger, hg. 1,400, Doc haben alle Götter fi) verfammelt, Ge⸗
ſchenke feiner Wiege darzubringen: die Grazien find leider ausgeblieben.
G. T. 2,1. Und käm' bie Hölle felber in die Schranfen, mir fol der
Muth nicht weichen und nicht wanfen. S. Ivo. 3,9. Und wär's zu
fpät, und wär’ es auch fo weit, daß ein Verbrechen nur vom Fall dich
rettet, fo falle! Falle würdig, wie du ſtandſt. ©. T. 2,2. Iſt es gleich
Nacht, fo leuchtet unfer Recht. ©. 21.2, 2. Iſt gleich die Zahl nicht
voll, das Herz ift Hier des ganzen Volks. Daf. Sind auch die alten
Bücher nicht zur Hand, fie find in unfre Herzen eingefchrieben. Daf. Be:
fiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht, die ich dem Reich, dem
Kaifer ſchuldig bin, daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge, ein
falfhes Hab’ ich niemals ihm geheuchelt. S. 9. 1,3. — Doc, Hätt‘
auch gleich ein Zufall der Natur fie hingerafft, wir hießen boch die Moͤr⸗
der. ©. St. 1,8. Müßt' ich zehn Reiche mit dem Rüden fchauen, ich
rette mich nicht mit des Freundes Leben. ©. Ivo. 1,6. Ganz England,
ftrömt es alle feine Bürger auf unfre Küften aus, vermöchte nicht dies
Reid) zu zwingen, wenn es einig tft. Daf. 2, 2.
— 151 —
$. 238.
Wenn in einem Eonceffiven Sage das Subjekt oder das Präbdi:
£at oder eine Beflimmung des Pradikats nur in dem DVerhältniß der
logifhen Möglichkeit gedacht wird, und das adverfative
Berhältmiß (der Gegenfas) foll hervorgehoben werden; fo begeich-
net man das Verhaͤltniß der Togifhen Möglichkeit in dem Nebenfage
durch ein Snterrogativpronomen, meift in Verbindung mit
auch, und man nennt den Mebenfag einen interrogativen
Konceffivfag. Diefe Form der Konceffivfäge, befonders mit dem
interrogativen wie (swie) ift dem Mittelhochdeutfchen fehr geläufig
($. 236).
Wie groß dich auch die Königin zu machen verfpricht, trau ihrer Schmei⸗
dhelrede nicht. ©. St. 1, 7. Wie glänzend auch die Sachen ihren Feld:
zug eröffnet hatten, fo rechtfertigte der Erfolg keineswegs die Erwartung.
©. 305. Kr. Wie weit er auch fpähet und blicket, und die Stimme, die
rufende, fchicket, da ftößet Fein Rachen vom fichern Strand. ©. Bürgfchaft.
Und ein Gott ift, ein heiliger Wille Lebt, wie auch der menschliche wanke.
©. Worte d. Gl. Wie fehr auch Euer Innres widerftrebe, gehorcht der
Zeit und dem Gefeg der Stunde! ©. St. 3, 3. Sie werben die Geſchenke
meiner Liebe, wie arm fie find, darum gering nicht achten. Daf. 5, 6.
Mas Shr auch zu bereuen habt, in England feid Ihr nicht fchuldig.
Daf. 1,4 Was er aud bringen mag, er barf den Meutern nicht in bie
Hände fallen. S. W. Tod 3, 10. Was es auch fei, dein Leben fichr'
ıh dir. S. 31.3,3. Was ihn auch anregt, fein inneres Behagen
Eommt zum Vorfchein. G. Wo. 2,5. Welch tapfres Haupt auch dies
fer Helm bebedt, er Tann kein würdigeres zieren. S. Ivo. Prolog 3.
Welcher er fei, er hat mein Herz erfreut. ©.
Fünftes Kapitel.
Periode.
$. 239.
Periode (die, minder gut der, lat. periodus, griech. reg/edoc)
bedeutet eigentlich Umweg, Umgang, Umlauf, Kreislauf. Der Aus:
druck wurde dann auf befondere Arten von fprachlihen Sägen über:
tragen, und man bezeichnet damit im weitern Sinne einen jegli=-
chen in ſich nach allen feinen vorliegenden Beziehun:
gen abgeſchloſſenen Gedanken. — Jede Periode im engern
Sinne verbindet zwei einander logiſch untergeordnete
Urtheile zu Einem Gedanken, und beſteht demnach nothwen—
dig aus einem Vorderſatze, der insgemein den logiſch untergeord—
neten Gedanken ausdrüdt, und aus einem Nachſatze, der den
Hauptgedanken ausdrüdt.
Anm. Über Wefen und Bedingungen der Periode herrfcht noch immer
große Meinungsverfchiedenheit, welche hauptfächlich daher rührt, daß
bald die äußere Form, bald das innere Verhältniß der Gedanken zu fehr,
oder ausſchließlich berüdfichtigt wird.
— 152 —
$. 240.
Da die Periode offenbar mehr ſtyliſtiſche (chetorifche) als gram-
matifche Bedeutung hat, fo muß zwifchen dem Vorder- und Nachſatz
ein gewiſſes Ebenmaß beftehen. Insgemein geht der Grund ald der
logifch untergeorbnete Gedanke in dem Vorderfage voran; und Der
andere Gedanke folgt ald Hauptgedanke in dem Nachſatze nach. Wenn
jedoch ber logifche Werth des wirklichen, möglichen oder adverfativen
Grundes befonders hervorgehoben wird, fo hat er den Hauptton und
folgt im Nachſatze nad. Die Periode iſt alsdann eine invertierte
(umgekehrte) Periode.
Da es aber freilich nicht immer fehidlich fein mag, und ich nicht jederzeit
meine Gefchäfte erzählen kann; fo will ich mich Fünftig mehr zurückhalten.
&.Wp. 1,6. Wenn du nah Haufe Rückkehr hoffen kannſt, fo fprech’
ich did) von aller Fordrung los. Doch ift ber Weg auf ewig dir verfperrt,
fo bift du mein durch mehr ald Ein Geſetz. G. 3.1, 3. Erreichſt du
einen Theil von feinem Werth, bleibt dir ein Theil auch feines Ruhms ge:
wiß G. T. 2, 1. Wofern wir dem Donner, Gottes rächendem Donner
zuvorzulommen nicht cilen, wird mit ihm uns Gott zerfchmettern. RI.
Meſſ. 4, 145. Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht, die ich
bem Reich, dem Kaifer fchuldig bin, daß ich mein wahres Herz vor ihm
verberge; ein falfches hab’ ich niemals ihm geheuchelt! ©. P. 1,3. —
Eduard ſtimmte gern bei, weil es mit feinen Abfichten übereintraf. G. Wo.
1, 13. Mand) blutig Zreffen ward um nichts gefochten, weil einen Sieg
ber junge Feldherr braucht. S. P. 2,7. Dir blüht gewiß das fehönfte
Glück der Erde, da du fo fromm und heilig bift. ©. Ivo. 3, 4. Gebt,
fpringt ihm bei, wenn ihm noch Hülfe frommt, Daf. 3, 7. Gar manche
Zuftände diefer Erdoberfläche würden nie zu erklären fein, wofern man
nicht größere und Eleinere Gebirgsftreden aus der Atmofphäre herunter:
fetten und weite breite Landfchaften durch fie bedecit werden laſſe. G.
j. 2, 10.
$. 241.
Die einfache Periode beſteht aus zwei Gliedern, aus einem
Vorderfag und einem Nachſatz. Beide Glieder (oder doch eins
berfelben) können nun aber für fi) auch Perioden fein, und als folche
zu einem größeren periodifchen Ganzen mit einander verbunden werden.
Diefe Sapform nennt man zufammengefeste Periode.
Sch müßte die That vollbringen, weil ich fie gedaht?! S. T. 1, 4. Er hatte
die Dienfte feines Hofes deswegen verlaffen, weil nicht Alles nach feinem
Sinne ging. G. 8.6. Er ehrt die Wiffenfchaft, fofern fie nutzt. G. 8.
1,4. Wäre ed möglich gewefen, den Vater zu erheitern; jo hätte biefer
Zuftand wenig Drüdendes gehabt. &. Lj. 6. Wie ftünd’s um euch, zög’
ich mein Heer zurüd? ©. Ivo. 2, 1. — Will man dem Realiften Gerech⸗
tigkeit widerfahren laffen, fo muß man ihn nad) dem ganzen Zufammen=
hange feines Lebens richten; will man fie dem Idealiſten erweifen, fo muß
man ſich an einzelne Xeußerungen desfelben halten. S. Wenn Außen⸗
dinge ung überall nicht zu rühren vermöchten, und kein lebhafteres Ver:
langen jemald unfere Bruft erwärmte; wenn ein Zuftand ung glüdlicher
ſchiene, ald der andere, und wir an keinen Befis und gewöhnen könnten ;
oder auch, wenn jedes Gelüften unferer Sinne geftillet, jeder erwachende
— 153 —
Trieb befriedigt und, was uns einmal nothwendig geworben wäre, ung
nie wieder entriffen würde: mit Recht möchten wir dann bie Kunft zu
entbehren für eben fo unnüß halten, als lächerlih. Dräfete, der Gewinn
am Grabe unferer Krühperklärten.
$. 242,
Die zufammengefegte Periode Bann gleich= oder ungleich—
gegliedert fein, d.h. Vorder: und Nachſatz Eönnen gleiche oder un:
gleiche Zahl von Gliedern haben. Daraus entftehen drei=, vierz,
fünf, fech8gliederige Perioden; bie beiden legten find übrigens felten.
Den gleichgegliederten Perioden wird wegen des Ebenmaßes bes Vor:
derz und Nachfages der Vorzug vor den ungleichgegliederten zuge:
ftanden.
$. 243.
Ein ſchoͤner Periodenbau vermeidet die Häufung von Neben:
fügen, befonders die Einfchachtelung derfelben, weil fonft die Haupt:
erforderniffe ‘einer guten Periode, Klarheit und Wohlklang,
Beeinträchtigt werden.
g. 241.
Da eigentlich ale Sasgefüge Perioden find, fo gehören alle
in den $$. 89-—238 angeführten Beifpiele auch hierher. Es mögen
übrigens bier, zum ſchnelleren Verſtaͤndniß des ſtyliſtiſchen Baues,
noch mehre Beifpiele in auffteigender Gtiederzahl ftehen.
1. Zwar ward ich jung an diefen Strand geführt; doch wohl erinnr' ich
mich des fcheuen Blids, den ich mit Staunen und mit Bangigkeit auf
jene Helden warf. G. 3. 3,1. Wenn du mir gleich in Briefen ſchon ges
meldet, was du gethan und wie es bir ergangen; fo hab’ ich doch noch
Manches auszufragen,: durch welche Mittel das Gefchäft gelang. G. 2.
1,4. Ihn mußt’ ich ehren, barum Tiebt’ ich ihn. Daf. 3, 2. Genommen
ift die Freiheit, nicht gegeben, drum thut es Noth, den Baum ihre anzu:
legen. ©. Tl. 1, 2. Ganz Zonnte ich zwar das Gedicht nicht leſen; es
waren aber Stellen, bie ich auswendig wußte. ©. %. 1,7. Vorwärts
mußt du, denn rückwärts Fannft du nun nicht mehr. ©. 9.1,3. Was
ih mir ferner auch erftreben mag; das Schöne ift doch weg, das kommt
nicht wieder. ©. 3.5, 3.
2. Wie es dem Menfchen eher gelungen ift, von den Gefegen des Weltbaues
Etwas zu verftchen, ale die Gefege der Witterung einzujehen; wie fie
beſſer gelernt haben, Finfterniffe an Sonne und Mond, als Regen und
Wind in unferer Atmoiphäre vorauszufagen: fo haben fie auch über den
Gang der großen politifchen Angelegenheiten und die Erfolge von Staats:
handlungen in Abficht des Schickſals der Völker deutlichere Begriffe, als
über den Lauf und den Erfolg der Kamilien= und perfönlichen Begeben⸗
heiten. Garve. — Wollet ihr euch diefe Vortheile fichern: fo laffet euch
durch die mißlungenen fchreclichen Verſuche, bürgerliches Wohl ohne Ne:
ligion und Chriftentbum gründen zu wollen, warnen; fo fuchet durch das
Beifpiel wahrer Krömmigkeit, welches ihr aufftellet, durch die Erziehung,
die ihr euern Kindern gebet, durch den Eifer, mit welchem ihr über bie
öffentliche Verehrung Gottes haltet, buch thätige Unterflügung alles
— Aa —
deſſen, was zur Ehre des Evangeliums gereichen und die Wirkſamkeit des⸗
ſelben befördern kann, religidfen Sinn und wahre chriſtliche Tugend zu
verbreiten, und dann fürchtet nichts. Reinhard, Predigt am Feſte der Er⸗
ſcheinung bei Eröffnung bes allgemeinen Landtages. — Wenn ſich in
einem glüdlichen friedlichen Zufammenleben Verwandte, Freunde, Haus:
genoffen, mehr als nöthig und billig iſt, von bem unterhalten, was ge=
fhieht oder gefchehen foll; wenn fie fich einander ihre Worfäge, Unterneh⸗
mungen, Beichäftigungen wiederholt mittheilen, und ohne gerade wechſel⸗
feitigen Rath anzunehmen, dody immer das ganze Leben gleichſam rath⸗
fhlagend behandeln: fo findet man dagegen, in wichtigen Momenten, eben
da, wo e8 fcheinen follte, ber Menfch bebürfe fremden Beiftandes, fremder
Beftätigung am allermeiften, daß.fich die einzelnen auf fich felbft zurück⸗
ziehen, jedes für fich zu handeln, jedes auf feine Weife zu wirken ftrebt,
und indem man fid) einander bie einzelnen Mittel verbirgt, nur erft der
Ausgang, die Zwecke, das Erreichte wieder zum Gemeingut werden. ©.
v. 2, 15.
3. Denn wenn er (Eduard), empfänglidy wie er war, leicht aufloderte, wenn
fein lebhaftes Begehren zudringlich ward, wenn feine Hartnädigkeit un
geduldig machen fonnte; fo waren doch alle feine Aeußerungen durch eine
vollkommene Schonung des andern bergeftalt gemildert, dag man ihn im⸗
mer noch liebenswürdig finden mußte, wenn man ihn auch bejchwerlicdh
fand, G. Wo, 1,2. — Seitdem wir nicht mehr jo glücklich find, bie Reſte
eines geliebten Gegenftandes eingeurnt an unfere Bruft zu drüden; ba
wir weder reich noch heiter genug find, fie unverfehrt in großen wohl aus⸗
gezierten Sarfophagen zu verwahren; ja da wir nicht einmal in den
Kirchen mehr Platz für uns und für die Unfrigen finden, fondern hinaus
in's Freie gewiefen find: fo haben wir alle Urfache, die Art und die Weife,
bie Sie, meine gnäbige Frau, eingeleitet haben, zu billigen. ©, Wo. 2,1.
— Wenn ich fonft vom Felſen über ben Fluß bis zu jenen Hügeln das
fruchtbare Thal überfchaute, und Alles um mich her quellen und keimen
ſah; wenn ich jene Berge vom Zuß bis zum Gipfel mit hohen, dichten
Bäumen bekleidet, jene Thäler in ihren mannigfaltigen Krümmungen von
den Tieblichften Wäldern befchattet fah, und der fanfte Klug zwifchen den
lispelnden Rohren bahingleitete, und bie lieben Wolken abjpiegelte, bie
der fanfte Abendwind vom Himmel herüberwiegte, wenn ich dann die
Vögel um mich den Wald beleben hörte, und die Millionen Mücken⸗
ſchwaͤrme im legten Strahl der Sonne muthig tanzten, und ihr lester,
zudender Bid den fummenden Käfer aus feinem Graſe befreite, und das
Schwirren und Wehen um mid her auf den Boden aufmerffam machte,
und das Moos, das meinem harten Zelfen feine Nahrung abzwingt, und
das Genifte, das den bürren Sandhügel herunter wächſt, mir das innere,
glühende, heilige Leben der Natur eröffnete: mie faßte ich das Alles in
mein warmes Herz, fühlte mich in der überfließenden Fülle wie vergöttert,
und die herrlichften Geſtalten der unendlichen Welt bewegten fich allbelebend
in meiner Seele. &. Werthers Leiden. — Wenn feine Gegner, die Fürften ber
Ligue, unter fich felbft getheilt, von ganz verfchiebenem, oft ftreitendem In:
terefje geleitet, ohne Einftimmigkeit und eben darum auch ohne Nachdruck
bandelten ; wenn es ihren Feldherrn an Vollmacht, ihren Truppen an Ges
horfam, ihren zerftreuten Heeren an Zufammenhang fehlte; wenn ber Heer⸗
führer von dem Gefengeber und Staatsmann getrennt war: fo war hin⸗
gegen in Guſtav Adolph Beides vereinigt, Er die einzige Quelle, aus wel⸗
cher alle Autorität floß, das einzige Ziel, auf welches der handelnde Krie=
ger die Augen richtete, Er allein die Seele feiner ganzen Partei, ber
satte des Kriegsplans und zugleich der Vollſtrecker desfelben. S. 30j.
r. 3. B.
—
4
&
—— 155 —
Ze mehr wir mit Aeußerungen bes Lafters umgeben find; je Öfter wir bie
Ausbrüce desfelben mit Augen fehen: deſto leichter vermindert ſich der
Abfcheu dagegen; befto mehr gewöhnen wir uns an den fchändlichen An⸗
blick; defto geneigter werben wir, mitzumachen, was fo häufig gefchieht.
Reinhard. — Wenn’s Männer gäbe, die ein weiblich Herz su fchägen
wüßten, bie erfennen möchten, welch einen Holden Scha& von Zreu’ und
Kiebe der Buſen einer Frau verwahren kann; wenn das Gebädhtniß eins
zig fehöner Stunden in euern Seelen lebhaft bleiben wollte; wenn euer
Blick, der fonft durchbringend ift, auch durch den Schleier dringen Eönnte,
den uns Alter oder Krankheit überwirft, wenn ber Befitz, der ruhig
machen foll, nach fremden Gütern euch nicht Lüftern machte: dann wär’
uns wohl ein fchöner Zag erfchienen, wir feierten dann unfre goldne Zeit.
G. T. 2,1. — Iſt er in einer Löblichen Freiheit, umgeben von fchönen
‘und edlen Gegenftänden, in dem Umgange mit guten Menfchen aufge:
wachen; haben ihn feine Meifter das gelehrt, was er zuerft wiffen mußte,
um das Mebrige leichter zu begreifen; bat er gelernt, was er nie zu vers
lernen braucht; wurben feine erften Handlungen fo geleitet, baß er das
Gute kuͤnftig leichter und bequemer vollbringen Tann, ohne fich irgend
etwas abgewöhnen zu müffen: fo wird diefer Menfch ein reineres, voll
kommneres und glüdlicheres Leben führen, als ein anderer, der feine erften
Sugendfräfte im Widerfland und im Irrthum zugefegt hat. G. 2j. 2,9.
. Wenn Luciane, meine Zochter, die für die Welt geboren ift, fich dort für
die Welt bildet; wenn fie Sprachen, Gefchichtliches und was fonft von
Kenntniſſen ihr mitgetheilt wird, fo wie ihre Noten und Variationen vom
Blatte wegfpielt, wenn bei einer lebhaften Natur und bei einem glüdlis
hen Gcdächtniß fie, man möchte wohl fagen, alles vergißt und im Augen⸗
blicke fih an afles erinnert; wenn fie durch Freiheit des Betragens, An⸗
muth im Zange, fchicliche Bequemlichkeit des Geſpraͤchs fich vor allen
auszeichnet, und durch ein angebornes herrfchendes Wefen fih zur Könis
gin des Elcinen Kreifes macht; wenn bie Vorfteherin diefer Anftalt fie ale
eine kleine Gottheit anfieht, die nun erft unter ihren Händen recht gedeiht,
die ihr Ehre machen, Zutrauen erwerben und einen Zufluß von andern
jungen Perſonen verfchaffen wird; wenn die erften Seiten ihrer Briefe
und Monatöberichte immer nur Hymnen find über die Vortrefflichkeit
eines folchen Kindes, die ich dann vecht gut in meine Profe zu überfegen
weiß: fo iſt Dagegen, was fie fehließlich von Ottilien erwähnt, nur immer
Entfhuldigung auf Entfchuldigung, daß ein übrigens fo fchön heranwach⸗
fendes Mädchen fich nicht entwideln, Feine Fähigkeiten und keine Fertig:
feiten zeigen wolle. G. Wv. 1,2. — Denn nur dann, wenn ung nichts
die Befonnenheit rauben kann, mit der fih Chriften unter allen Umftän-
den betragen follen; wenn der Glaube in ung ift, daß alles unter Gottes
Regierung fteht, und ohne feinen Willen kein Haar von unferm Haupte
fällt; wenn und der Muth defeelt, den das Vertrauen auf Gottes Regie⸗
rung einflößt, und der feft entfchloffen ift, was auch erfolge, unerfchroden
und treu an feiner Pflicht zu halten: nur dann, wenn wir ung dieſer
Faſſung bewußt find, werben wir die Veränderungen der Zeit in ihrem
wahren Licht erbliden, und richtig beurtheilen; nur dann werden wir zu
Rathe darüber gehen können, welche Vorkehrungen und Maßregeln bie
Beichaffenheit ber Zeit Heifchen dürfte; nur dann werden wir ung ſtark
genug fühlen, dem Ungeftüm der Zeit ein flandhaftes Benehmen entgegen
zu feßen, und von ihren Wohlthaten einen überlegten Gebrauch zu
machen. Reinhard, Predigt am Fefte der Erfcheinung bei Eröffnung des
allgemeinen Landtags. — Wer nur denjenigen groß nennt, ber in einem
ungewöhnlichen Grade Alles iſt, was er foll; wer aus der Anzahl großer
Monarchen jeden ausflößt, beffen Regierung nicht durch ihn felbft, fon=
—
—— 156 —
dern nur durch das glüdliche, einträchtige Genie vortreffliher Diener
slänzte, und ber nur weife genug war, fich leiten zu laffen, da er ſelbſt
. hätte leiten follen; wer, mit unverwandtem Blick auf den einzigen würbi-
gen Zwed eines Königs, Feine, auch nicht die glänzendften, Thaten be=
munbert, fobald fie jenem Zwecke entgegenlaufen ,; wer das, einfeitige Ta⸗
lent des Krieger von dem manigfaltigen, fo viel andere Talente in fich
fließenden eines Monarchen unterfcheider: der wird der großen Könige,
groß im ächten Sinne des Wortes, durch gange Sahrhunderte und unter
ganzen Nationen, vergebens fuchen; er wird, fchon eh” er fucht, ihrer nur
Außerft wenige zu finden hoffen. Engel, Lobrede auf Friedrich I.
$. 245.
In dem vorangehenden Paragraphen haben wir, wie fihon frü-
ber, 3.8. 8.160. 169, manche Beifpiele gefehen, in denen, wegen der
Menge untergeordneter und eingefchachtelter Säge verfchiedener Art,
Klarheit und Wohlklang mehr oder minder beeinträchtigt werden.
Hier mögen noch einige Beifpiele mitgetheilt werden, die alles Map
überfchreiten.. Bei dem Beifpiel aus Rabener darf man Übrigens
nicht vergeflen, daß es eine fatirifche „Klage wider die weitläuftige
Schreibart“ ift.
Wenn fie Abends fchieden, nicht weit vom Wieberfehen, und dann in Nor⸗
ben unten am Himmel ſchon bie Roſenknospenzweige binliefen, die unter
dem Menfchenfchlafe ſchnell nach DOften hinwuchſen, um mit taufend aufge:
blühten Rofen vom Himmel herabzuhängen, eh’ bie Sonne wieder fam und
bie Liebe, und wenn fein Freund Karl Nachts bei ihm blieb und er nad)
einer Stunde fragte, woher das Licht fomme, ob vom Morgen oder vom
Mond, und wenn er aufbrach, da noch Mond und Morgen in den thauen=
den Luftwäldern zufammenfchienen, und wenn ihm der Weg, vor einigen
Stunden zurüdgelegt, ganz neu vorkam und die Abmwefenheit zu lange
(weil Amors Pfeil halb ein Sefundenzeiger ift, der den Monattag, und
halb ein Monatzeiger, der bie Sekunde weifet, und weil in der Nähe der
Geliebten die Eleinfte Abweſenheit Länger dauert als in ihrer Kerne die große),
und wenn er fie wieder fand: fo war die Erbe ein Sonnenkörper,aus wel:
chem Strahlen fuhren, fein Herz ftand in lauter Licht, und wie ein Menfch,
der an einem Frühlingmorgen von dem Frühlingmorgen träumt, ihn nod)
heller um fich findet, wenn er erwacht, fo fchlug er nach dem feligen Jugend⸗
traum von ber Geliebten die Yugen auf vor ihr und verlangte den fchönften
Traum nicht mehr. 3. Paul, Zitan 67. — Nachdem nun von meinem
hochgeehrteften Herrn hierdurch ich befehliget zu fein glaube, dasjenige, fo
zur Außsbefferung der deutfchen Sprache dienet, treufleißigft und pflicht:
Shuldigfter Maßen beizutragen, mithin ben Vorwurf mit Grunde nicht
befürchten darf, quod culpa sit, immiscere se rei ad se non pertinenti 1. 36.
D. de R. I., wenigftens wider den Elaren Inhalt der Gefege laufen würde,
wenn jemand, daß ich mir diefe Freiheit nehme, übel deuten wollte, quia
quotiens dubia interpretatio libertatis est, secundum libertatem responden-
dum erit, 1. 20. ibid. und aber in den bisherigen Monaten obmentionirter
Schrift ich mipfällig wahrnehmen müflen, daß Diefelben und zwar von
verfchiedinen Arten der Gelchrfamkeit Regeln und Proben mitaetheilet,
im Gegentheil, wie die Schreibart männlich und bündig einzurichten fei,
micht allein gefliffentlicher Weife Feine Anleitung gegeben, eius enim est
non nolle, qui potest. velle. Ulpianus l. 1. ad Sabin., fondern auch zum
mehreſten folche Stüde und vorgelegt, in welchen öftermals bie gründ-
.:-"w- m TI ur Tr 3 Win WR
— 17 —
\
lihften Sachen durch eine widrige Schreibart efelhaft, die Lefer bei den
bündigften Beweifen durch eine gerdrießliche Weitläuftigkeit müde gemacht,
und dasjenige in fünfzig Perioden eingehüllet worden, was doch auf die
angenehmfte und deutlichfte Art in cinem einzigen Sage vorgetragen wer:
den Eönnen, follen oder mögen; injustus enim videtur, qui per ambages
exponit, quod una formula comprendere potest. Pyrrhus Mauritius de Sa-
tisd. et fidei. Et illa actio est optima, quae brevissima. vid. Lanfrancus de
Oriano, de dilat. cf. Mantica de convent. it. Loriottus de transact. et Cac-
cialupa de off. advoc. als habe Ew. Hochedl. folches ich nicht bergen moͤ⸗
gen, mit dem Ermahnen, Sie wollen, daß folchem allem abheifliche Maße
gegeben, und bie bisherige weitläuftige Schreibart geändert, auch alles in
einer beliebigen Kürze abgefaßt werden möge, gebührende Sorge tragen
oder, entftehenden Falls, daß ich dieferhalb nach gegenwärfiger Probe
eigne Regeln entwerfe, und Denenfelben zur Bekanntmachung fürs künf⸗
| tig überfende, Sich unfehlbar gewärtigen. Rabener. — Wenn, in dem
Auge Blig, Zermalmung in dem Rachen, umher Geheul und Blut und
Tod an feinem Schritt, der Löwe Libyens aus feiner Höhle tritt, den Ser:
nen ftumme Furcht und mitternächtlihs Wachen, und felbft dem Muthe
Flucht gebeut, und die Verweſung Peft um feine Stätte ftreut; und wenn
der Blutftrom nicht den wuthgefpornten Zungen des Gaumens Flammen
löscht, ihr Orimm die Thierwelt jagt, und banaes Leben brüllt, dem frühe
Flucht gelungen, und Stärke nicderreißt, die zu verweilen wagt; wenn,
donnernd, den Orkan der Erde Beben mwedet, und er von Pol zu Pol,
Verderben zürnend, ftürmt, mit Wolkenñacht die Sonne dedet, und Städt’
und Berge wälzt, das Meer an Sterne thürmt, Gewitter in dem Schooß,
und Blitze auf dem Flügel, dem Elementenbund, und ber Planeten Zügel,
bei aller Wefen Furcht, ergrimmt, und den Geſang des Alld dem Weifen
nicht verfliimmt; wenn, wo mit Gold bemalt der Lüfte Sänger wohnet,
die Sonne, längft entflohn, noch auf dem Pico thronet; wenn dort der
Alpen Eis die Sinne wonnig trügt, und bald den nahen Lenz, bald dia⸗
mantne Seen, wo Himmel fich befchaun, und Eeine Stürme wehen, und
einen Pharus bald von ewgen Fadeln lügt, den, zu des Pilgers Heil um
Titans goldnen Wagen zehntaufend Felfenleuchter tragen; wenn dort das
Roß fein flolzes Haupt befanntem Zügel, freudig, ſchmieget, und eh es in
die Schlachten flieget, Trotz, Kampfluft und Verderben ſchnaubt; wenn
feine Ungeduld zu Staub den Kiefel flampfet, und es, entglühet, Wolken
dampfet, und, braufend, feiner Mähne Pracht dem Sturmwind leiht, und
wiehernd Flammen facht, und nahe Schlacht und Siege ahnet, und beim
Zrommetenfchall fi in die Lüfte thürmt, mit furchtbarm Hach! vom
Reuter ungemahnet, in Lanz und Schwert und Flammen ftürmt; wenn
junge Reben bier vom Mai gefüßt fi wähnen, im heuchelnden April
vom Sonnenbli erfreut, und Blüte, die ihr Traun beim erften Nord
bereut, das Bild der in Gefahr zu Eühnen Unfchuld beut: ihr legtes Lä-
cheln unter Thränen; wenn wirbeind die Planetenwelt, wie cine Million
Vulkane die Sonne ewig neu, die Kichfesoceane ans bläuliche Zenith
durchs Unermeßne prellt; wenn Segen diefer Glob, am Berg, im Quelle
glühet, und ihm Fein Hälmchen fich im Uranus verftectt, wenn maaßlos
größere der Urmacht Finger weckt, und, Funken gleich, ins AU myriaden⸗
weife ſprühet; wenn unvollendet dort ber fiebenfarbne Kranz, die Segen:
hand, die jede Jahrszeit Erönet, der Sonnen und Planeten Tanz — das AU
der Gottheit — dir, dem Lamm und Wurme fröhnet, fo muß, o Freund,
dein Herz — hier jedes Sinnes Ohr, dem Wort des Ewigen entglimmen !
Klein, Athenor 11. Geſang.
— 158 —
Sechstes Kapitel.
Wortfolge.
6. 246. ,
Die Glieder des Satzes und eines jeden Sagverhältniffes folgen
in der Rede In einer durdy die Verhältniffe des Gedankens und der
Begriffe beftimmten Ordnung auf einander, die man die Wort-
folge des Sages und der Sagverhältniffe nennt.
Anm. Vergleiht man die Altern Sprachen mit den neueren, und insbe=
fondere die altdeutfche mit der neubeutfchen ; fo ift e8 auffallend, daß bie
Wortfolge in den neuern Sprachen überhaupt weniger frei und weit be-
flimmter ift, als in der älteren. Dis hat feinen Grund zum Theil darin,
bag in den neuern Sprachen die Logische Seite mehr entwidelt, und da⸗
her die Wortfolge, wie andere Kormen logiſcher Verhältniffe, mehr be:
flimmt ift, zum Theil in dem immer mehr zunehmenden Einfluffe der
Schriftſprache.
8. 247.
Man nennt die Form des Satzes und der Saxtzverhaͤltniſſe, in fo
fern die geammatifhen Beziehungen ihrer Ölieder auf
einander duch die Flexion und durch Prapofitionen aus:
gedruckt find, die grammatifhe Form des Satzes und der Sag:
verhältniffe. — Man nennt die Form des Satzes und der Satzver⸗
bältniffe, in fo fern die Einheit des Gedankens in dem Sage und
die Einheit des Begriffes in einem Sagverhältniffe und der logiſche
(d. h. durch den Redeton bezeichnete) Werth der Glieder in dem
Sage und in den Sagverhältniffen durch die Betonung umd
Wortfolge und duch die Form des Ausdruds bezeichnet
werden, bie Logifhe Form des Sages und der Sagverhäftnifie.
8. 248,
Die Logifche Form des Sages und der Sapverhältniffe ent:
fprht insgemein der grammatifchen Form derfelben: der Sag
und die Sagverhältniffe haben alsdann die ihren Beziehungsverhält:
niffen entfpeehende Betonung und Wortfolge; man nennt bie
Erftere die yrammatifhe Betonung und die kegtere die ge:
meine Wortfolge. — Wenn aber in dem Gedanken des Spre:
chenden bie den grammatifchen Beziehungsverhältniffen des Sages
und der Sugverhältniffe entfprechende Unterordnung ber Ölieder
umgefehrt, oder der logifche Werth eines Gliedes befonders her:
-vorgehoben wird; fo entfpricht die Logifche Form des Sages nicht
mehr feiner geammatifchen Form. Die logifche Form wird alddann
als eine der grammatiſchen nicht mehr entfprechende durch den Rede:
— 159 —
ton und durdy eine ungewoͤhnliche Wortfolge bezeichnet, die man
die umgekehrte Wortfolge (Snverfion) nennt.
g. 249.
Die Wortfolge bezeichnet die Einheit des Gedankens in
dem Sage und die Einheit des Begriffes in dem Sagverhält:
niffe dadurch, daß die Glieder desfelben Sages und eben fo die Glieder
desfelben Sagverhältniffes nicht getrennt werden, fondern neben
einander ſtehen. — Die Wortfolge bezeichnet die Unterord—
nung, in welcher die Begriffe in den Sagverhältniffen mit einander
ftehen, dadurch, daß dasjenige Glied, welches den größeren logiſchen
Werth (ſtaͤrkeren Ton) hat, insgemein dem andern Gliede, das ge-
ringeren logifchen Werth hat, nachfolgt.
1. Wortfolge des prädifativen Sagverhältniffee.
$. 250.
In der gemeinen Wortfolge des präadikativen Satzverhaͤltniſſes
nimmt das Subjekt die erfte, die Kopula (das Satzband), d. h.
das flektierte Verbum die zweite, das Prädikat (die Ausfage),
fei e8 ein Adjektiv, ein Subjtantiv, ein Infinitiv, ein Participium
oder das trennbare Formwort eines trennbaren Verbums, die dritte,
oder bei mangelnder Kopula die zweite Stelle ein.
Die Kunft ift lang.
Es ift unmöglich).
Shr feid ein Meifter.
Ich kann (nicht) warten.
Ich will's | verfuchen.
Das Wafferhuhn taucht unter.
Die Fifche [pringen.
Shr | fehet diefen Hut.
Ihr habet diefen Hut gefehen.
Er ift krank gewefen.
Ich habe (das) hören müffen.
Alles hätte (auch) gefchehen fein Eönnen.
$. 251.
Die umgekehrte Wortfolge (Snverfion), bei der das
Subjekt der Kopula nachfolgt, findet immer Statt, wenn entweder
das Subjekt, oder das. Prädikat oder die Kopula (die Ausfage des
Verbums) durch die Wortfolge fol hervorgehoben werden, und wenn
ein Objekt an die Spige des Sages geftellt wird.
a) Soll dag Subjekt hervorgehoben werden, fo nimmt e8 die
Stelle nad) dem Berbum ein; aber das Pronomen es (das, dies)
tritt alsdann als ſcheinbares grammatiiches Subjekt vor das Verbum.
b) Soll das Prädikat hervorgehoben werden, fo tritt es vor
das Verbum an die Spige bed Satzes.
— 4160 —
c) Sol die Ausfage des Verbums (Kopula) hervorgehoben wer:
den, fo teitt das Verbum vor das Subjekt. Diefe Umkehrung wird
gebraudht: «) in Snterrogativfägen; P) in Imperativ- und Optativ-
fägen; y) wenn die logifche Wirklichkeit eines Urtheild hervorgehoben
werden fol.
d) Ein Objekt wird als der Hauptbegriff des ganzen Satzes
dadurch hervorgehoben, Daß es an die Spige des ganzen Satzes ge:
ftellt wird. |
Es find Verbrechen begangen (worden).
a) Es zieht die Freude (indie Wohnung) ein.
Es rollt der Donner.
Ernft ift das Leben. .
b) | Zerftreut find die Gefährten.
Geſiegt hat der Muth.
Biſt du der Gebieter?
Willſt du Ernſt machen?
) Kann das geſchehen?
“IN Seien Sie | aufrichtig !
Möge er (lange) leben!
MWart Ihr doch fonft ſo froh!
Marien Stuart , hat fein Glüdlicher beichügt.
d) < Alte Wappenbücer flug ich auf.
Nur von Edlem tann Edles ftammen.
$. 252.
Sehr oft wird mit derfelben Inverſion des Satzes der Kaſus
eines Pronomens oder ein adverbiales Formwort mit unter:
geordneter Betonung an die Spige des Satzes geftelt. Man
macht von diefer Wortftelung insgemein Gebrauch, wenn das Prä:
dikat oder aud) das Subjekt joll hervorgehoben werden. Die Eon:
junftionellen Adverbien, z. B. doch, dennoch, jedoch, zwar,
indeffen, erfordern, wenn fie an dig Spige des Satzes geftellt wer:
den, wie ein anderes Adverbium, die umgekehrte Wortfolge.
Dich ruft ber Herr zu einem anderen Gefchäft. ©. Ivo. 1,10. So muß
ich fallen in des Feindes Hand. S. Zi. 1,1. Da ift der Tell, er führt
das Ruder auch. Daf. 1,1. Doc ſchielt' ich feitiwärts, wo mein Schieß⸗
zeug lag. Daſ. 4, 1. — Leicht bei einander wohnen die Gedanken; doch
hart im Raume ftoßen fih die Sahen. ©. I. 2,2. Zwar ſchweigt er
auch von dir; doch haben hingeworfne Worte mich belehrt. ©. 3. 1, 2.
$ 253.
Sn dem praͤdikativen Sagverhältniß kann der Hauptfag
die gemeine oder umgefehrte Wortfolge haben (8.250); der Ne:
benfag hat in der Regel die gemeine Wortfolge. — Wenn in dem
Mebenfage das Verhaͤltniß der logifhen Möglichkeit mit Auslaffung
ber Konjunktion duch) den. Konjunktiv bezeichnet wird ($. 100. 181),
bat der Nebenfag die Wortfolge eines Hauptfages. — Wenn in dem
2
.
.
— At —
Nebenſatz ein Hilfsverbum oder auch ein anderes mit einem Infinitiv
verbundenes Verbum in einer zuſammengeſetzten Zeitform ſteht;
ſo wird gewoͤhnlich, aus rhythmiſchem Grunde, die Ausſage vor das
Praͤdikat geſtellt. — Soll das Subjekt des Nebenſatzes beſonders
hervorgehoben werden, ſo gibt man ihm die Stelle des Hauptobiektes
nach einem oder mehreren Objekten.
Ich will dich retten, koſt' es tauſend Leben. ©. St. 3, 6. Und kommt man
hin, um etwas zu erhalten, erhält man nichts, man bringe denn was mit.
G. T. 1, 4. Ein Eilbot ift angefommen, meldet, Regensburg fei genom⸗
men. ©. Lager A. — Was du mir Fünftig magft zu hinterbringen haben,
- fprich es nie mit Sylben aus, S. Dk. 2, 4. Ihr wißt, dag Ihr mich habt er⸗
morden laffen wollen. ©. St. 3,4. — Sollen wir erleiden von dem frem⸗
den Knecht, was uns in feiner Macht Fein Kaifer durfte bieten? ©.
Tl. 2,2. Mir ift fihre Kunde zuaefommen, daß zwifchen biefen flolgen
Lords von England und meinem Better von Burgund nicht Alles mehr
fo fteht, wie fonft. ©. Ivo, 1, 4.
2. Wortfolge des attributiven Sagverhältniffes.
u $. 254.
In dem attributiven Sugverhältnig nimmt das Attributiv als
das Hauptwort im Allgemeinen die Stelle unmittelbar nach dem Sub:
ftantiv der Beziehung ein. — Das atteibutive Adjektiv geht dem
Subftantiv der Beziehung voran. — Wenn mehrere einander bei:
- geordnete Adjektive auf dasfelbe Subflantiv bezogen werden; fo ift
es gleichgültig, welches vorangehe. Wenn jedoch Eins derfelben den
Medeton hat, fo läßt man diefes insgemein nachfolgen. — Wenn zwei
Adjektive einander untergeordnet find; fo geht dasjenige Adjektiv,
- welches das Attribut des mit dem andern Adjektiv fchon zu Einem
Begriff verbundenen Subftantive ift, voran. in Pronomen oder
Zahlwort, mit einem Adjektiv verbunden, geht bemfelben auch voran.
— Die attributiven Adverbien gehen dem Wort, wozu fie gehören,
voran. Allein folgt gewöhnlich dem Subſtantiv nad).
Der Unterricht meiner Lehrer dauerte fort. G. 2%. 1,8. Ein Herz,
wie Eures, wiegt Tonnen Goldes auf. S. P. 4, 4. Shr felbft er:
tärtet fonft den Schotten Kurl für einen Mann von Zugend und
Gewifjen. ©. St. 1, 7. — Zur Schmiede ging ein junger Held, er
hatt’ ein gutes Schwert beftellt. Uhland, das Schwert. Unglückli—
her, verführter Züngling, flieh! ©. St. 1,6. Der Fremde erkun⸗
digte fich nach den Befigern verfhiedener großer Gebäude. G. ©.
1, 17. — Du wirft diesmal, noch bein altes Amt verwalten. S. P.
2,4. Diefe neuen, faubern Korderungen, die diefer Queftenberger
mitbringt. Daf. 1,1. Alleunangenehmen Empfindungen, ©. ©.
1,9. Er war beim König zwei volle Stunden. ©. DE. 4,4. — Mit
einem Berluft von fast zweitaufend Zodten. ©. Euer Kerker ift nur
um ein klein Weniges erweitert. ©, St. 3, 1. Freiheit ift bei der Macht
Allein. ©. Lager 9,
Kehrein Grammatik. II. 2. 11
— 194 —
8. 255.
Soll in dem attributiven Sagverhältniß das Subſtantiv der
Beziehung, ober das attributive Adjektiv hervorgehoben werden,
fo wählt man die umgekehrte Wortfolge.
Der Terzky hat der Mutter Ehrenweine preisgegeben. ©. 9. 3,1.
Sch bin des Kaifers Sffigien fo lang’ ihm beliebt, des Kaifere
General zu bleiben. Daf. 4,4 Der Bortrag macht des Redners
Glück. 8.8.1, 37, — Sie ftand bei ihrem Buhlen füß. G. 5.1, 187.
Er ſetzet die Krone golden in ihr nuſbraunes Haar. Uhlamd, der junge
König. An dir Gefellen unhold, barſch und toll, if wahrlich we⸗
nig zu verlieren. ©. 5. 1, 171. Unferen Schmaus wird zieren ein Korb
grogmächtiger Erdbeern, Tr panifher, weiß und roth, der Ananas=
würge vergleichbar. Voß, Luife 1, 154. Den Feldherrn hatten wir
noch nicht gefehn, ben allvermögenden, in feinem Lager. ©. P.
1,3. Jene gewaltigen Wetterbäche, aus bes Hagelö unendlichen Schlof-
fen, aus den Wolkenbrüchen sufammengefloffen, kommen finfter
geraufcht. S. Bvm.
Anm. Vgl. weiter l.2,$.202f. II. 1, $. 176, 191. 194. 232,
3. Wortfolge des objektiven Sagverhältniffes.
$. 256.
Die Stelle des Objektes ift in dem Hauptfage, wie in dem
Mebenfage, vor dem Prädikat, und wenn das Prädikat durch ein
einfaches (oder untrennbares) Verbum in einer einfachen Flerions-
form ausgedruͤckt ift, vor der nicht ausgefüllten Stelle des Praͤdi⸗
kates.
a. Gemeine Wortfolge des Hauptſatzes.
Du haſt des Herzens Stimme (nicht) bezwungen.
Du wollteſt allen dieſen Glanz verlaſſen?
ruft die Menſchen an.
Er
Sein Flehen dringt zu keinem Retter.
b. Umgekehrte Wortfolge des Hauptſatzes.
Haſt du Nichts verſchwiegen? 7
Gehen wir nach Kärnthen (nicht) zurück?
Erkennſt du dieſe Stimme?
c. Wortfolge des Nebenſatzes.
Ob Ihr Euern Deren verraten wollt.
Daß bu mit einem Wort betrogen Eh
Wenn du ihn (nicht) los
Wenn ein Lauſcher mich inte
Wortfolge des zufammengefegten objektiven
Sapverhältniffes.
8. 257.
In dem zufammengefegten objektiven Sabverhaͤltniſſe geht jedes
Objekt demjenigen Objekte, dem es in logiſchem Werthe zunaͤchſt
— 163 —
antergeorbnet ift, voran; und das Hauptobjekt des ganzen Satzver⸗
häftniffes nimmt die legte Stelle unmittelbar vor dem Prädikat ein.
— Insgemein flehen die Formwoͤrter (Hilfsverba, Fuͤr⸗, Zahl⸗,
Vor⸗ und Bindewoͤrter und Adverbia) vor den Begriffäwdrtern
(Verbum, Subft., Adi.) ; das beftimmende Objekt vor dem ergän>
jenden Objekt; der Kafus der Berfon vor dem Kafus der Sache;
dev Akkuſativ vor dem Genitiv und Dativ; das Orts- und
Zeitvechältniß vor dem VBerhältniffe der mit dem Präbdifate
verbundenen Shätigkeit und vor dem Eaufalen VBerbältniffe;
das Zeitverhältniß vor dem Ortsverhaͤltniſſe; alte beſtim—
nrenden und alle andern ergänzenden Objekte vor dem Öbjekte
des ergänzenden Raumverhältniffes. — Unter den Form:
wörtern fliehen die Pronomina insgemein vor den andern Formwoͤr⸗
ten; das Perfonalpronomen fteht vor dem Demonfftativpronomen,
und das Pronomen es vor jedem andern Pronomen; bei dem Perfo:
nalpronomen fteht der Kafus der Sache indgemein vor dem Kafus der
Perſon; das Reflexivpronomen fleht vor jedem andern Pronomen,
fetbft vor es. — Die Adverdien des Modus und der Zeit flehen
meiftens unmittelbar vor dem Prädikat.
Der Bater zeigt dich feinem Ruaben. G. F. 1,57. Ich will mich hier
zu Deinem Dienſt verbinden. Daf. 1, 84. — Erinnrung hält mich
nun, mit Findlichem Gefühle, vom legten, ernſten Schritt
zurüd. Daſ. 1,48. O, glüdlih! wer von feinen Gaben fold
einen VBortheil ziehen kann. Daf. 1, 57. — Nicht ihrem guten
Willen dank' ich dieſes Amt. ©. 2.1,7. Es hat mir Qualen
genug gefoitet, ©. St. 2, 8. — Ihr zwangt mit frechem Poffenfpiel die
Richter, den Schuldigen des Mordes loszufprehen. S. Dies
Manifeft Spricht los das Heer von des Gehorſams Pflichten.
S. T. 2,6. — Du folft in diefen Zagen mit Freuden meine
Künfte fehn. ©. 5.1, 85. Als ich eine lange Naht in frommer
Andacht unter diefem Baum gefeffen. ©. Ivo. 4, 10. — Er befand ſich
indiefem bedenklichen Augenblide an dem äußerftien Ende
des linken Gerüftes. ©, Bel. v. Antw. Er war Tags vorher nach
Bamberg geritten. & G. 2. — Ich ſchau' in diefen reinen Zügen die
wirkende Natur vor meiner Seele liegen. G. %. 1, 32. Konnt’ ic
bie Schwefter zwifhen Eure wild entblößten Schwerter ftellen?
©. Bom. — Herr Doctor, dab ift fhön von euch, bag ihr uns heute
nicht verfchmäht. ©. 5. 1, 55. Laß er uns das nicht zweimal hören!
©: Lager 8. — Was ihn Euch widrig macht, maht mir ihn werth.
©. St. 1, 3. Der Herzog kann ſich des &edränges kaum erledigen.
S. Ivo. 3,2. — Was kann die Welt mir wohl gewähren?! ©, 5. 1,80.
Doch euch des Schreibeng ja befleißt! Daf. 1, 97,
$. 258.
Man gebraucht bei dem zufammengefegten objektiven Satzver⸗
haͤltniſſe die umgekehrte Wortfolge, wenn entweder dns Praͤdidat
als das Hauptwort, oder ein: untergeordnetes Objekt als das
Hauptwort des objektiven Satzverhaͤltniſſes folk. hervorgehoben: wer⸗
11*
—— 164
den. — Soll bas Prädikat hervorgehoben werden, fo wird es an
die Spige des Sapes geftelt. Soll ein untergeordnnetes Objekt
hervorgehoben werden, fo wird es nad) dem andern Objekt unmittel-
bar vor das Prädikat geftellt. — Das Hauptobjett und aud ein
untergeorbnetes Objekt wird als Hauptwort ded ganzen Satzes
auf zweifache Weife hervorgehoben: a) das Objekt wird (aber nur in
einem Hauptfag) an die Spige des Satzes geſtellt; b) das Objekt
wird ganz an das Ende des Sapes geſtellt.
Beiftehen follen fie mir in meinen Planen. ©. P. 2,5. Wir müflen das
Werk in dieſen nähften Tagen weiter fördern, als es in Jahren
nicht gedieh. Daf. 3, 1. — Zufrieden jauchzet Groß und Klein, hier
bin ih Menſch, hier darf ich's fein. G. F. 1, 54. Mit foldhen
Schägen kann ich dienen. Daf. 1, 885. Daß fi) Herz und Auge weide
an dem wohlgelungnen Bild. ©. Glode Es freue fi, wer da
athmet im rofigen Licht! da unten aber ifl’s fürchterlich, und der
Menſch verfuche die Götter nicht, und begehre nimmer und nimmer zu
fchauen, was fie gnädig bededten mit Macht und Grauen. ©, Zaudıer,
Wortfolge der zufammengefegten Säge,
$. 259,
In dem zufammengefegten Sage verhalten fich die Nebenfäge
in Hinfiht auf ihre Stellung im Allgemeinen ganz fo, wie bie in
derfelben grammatifchen Beziehung ftehenden Subflantive und Ad:
jektive.
8. 260.
Diejenigen Kaſusſaͤtze, welche das Subjekt des Hauptſatzes
ausdruͤcken, ſtehen bei der gemeinen Wortfolge an der Spitze des
Satzes. Soll das Subjekt oder auch das Prädikat des Hauptſatzes
hervorgehoben werden, fo treten die Kafusfäge in umgekehrter
Wortfolge an das Ende des Hauptſatzes. — Beifpiele ſ. $. 142 f.
151. 176 f.
$. 261,
Diejenigen Kafusfäge, welche ein ergänzenbes Objekt aus:
drüden, gehen in der gemeinen Wortfolge dem Prädikat voran, —
Beifpiele f. $. 142 f. 151. 176 f.
$. 262.
Weil die Kafusfäge insgemein den Hauptbegriff des Hauptfages
ausdrüden, fo treten fie meiftens ganz an das Ende des Sages; und
diejenigen Kafusfäge, welche den Satzartikel haben, fo wie biejeni-
gen, welche mit Auslaffung des Sagartikeld die Wortſtellung eines
Dauptfages haben, ftehen immer am Ende des Hauptfages. — Wenn
ber Dauptfag oder auch ber Kaſusſatz foll befonders hervorgehoben
— 165 ——..
werben, fo läßt man insgemein den Kafusfab dem Hauptfage voran:
gehen. — Beifpiele f. $. 142 f. 151. 191.
$. 263,
Der Adjektivfag folgt insgemein dem Subftantiv der Bezie⸗
bung unmittelbar nad. Wenn jedoch der Adjektivfab den Haupt:
begriff des ganzen Sages ausdrüdt, fo läßt man ihn insgemein dem
Praͤdikate nachfolgen. — Beifpiele f. $. 134 f.
$. 264.
Die Adverbialfäge ftehen in der gemeinen Wortfolge an der
ihrem grammatifchen Verhältniffe entfprechenden Stelle vor dem Prä-
dikate. Wenn aber der Adverbialfag foll hervorgehoben werden, fo
tritt er indgemein an die Spige des Sages, oder folgt dem Prädikate
nah. — Beifpiele f. $. 202 f.
$. 265,
Wenn bei den Abverbialfägen des wirklichen, möglichen und ab:
verfativen Grundes das Logifche Verhäftnig hervorgehoben wird; fo
ift der zufammengefette Sat eine Periode, und der Adverbialfag
geht insgemein ald VBorderfag dem Hauptſatze als dem Nachſatze
voran. Nur wenn der logiſche Werth des Adverbialfages befonders
hervorgehoben wird, folgt der Adverbialfa dem Hauptfaße nah. —
Beifpiele f. $. 240 f.
Anm. Es fcheint Nachahmung des Lateinifchen zu fein, wenn Goethe
(Wo. 2, 14. Wi. 2, 9) fagt: „Doc als fie einige Worte ausfprady,
die auf eine Zukunft, auf eine Milderung des Schmerzes, auf Hoffnung
deuteten: Nein! rief Dttilie mit Erhebung: fucht mich nicht zu bewegen,
nicht zu hintergehen!" „Als nun der Auffeher nach der Urfache einer ge:
wiflen Berlegenheit und Zerftreuung fragte und dagegen vernahm, baß es
den Sohn gelte: laffen Sie es nur, fagte er zur Beruhigung des Waters,
er ift unverloren.” Ähnlich fagt Opitz (Schäfferey Bon der Nimfen
Hercinie, Breslau 1630. 4. ©. 26. 32): „Ic, hette aus Begiehr faſt an-
gefangen zu fragen; fie aber, bie es mir am Gefichte anfahe: diefer große
Strom, fprad fie, der rc.“ „Sie gieng für uns ber, und: befchamet nun,
fagte fie, das Ort.” „Hierüber trat fiefort, und: Diefer, fagte fie, welchen zc.“
Siebentes Kapitel.
Snterpunftion.
$. 266.
Zur Bezeichnung grammatifcher und Logifcher Verhaͤltniſſe bes
dient ſich die Schriftfprache gewiſſer Zeichen, die man Interpunf:
tionszeichen (Unterfchetdungszeichen) nennt. Sie find Tonzei⸗
hen der Säge, wie die Accente Zonzeichen der Spiben find. Sie
—— 166 —
erfcheinen zunaͤchſt ala Zeichen für die größeren oder Eleineren Paufen,
durch welche in der gefprochenen Rede die von einander unabhängigen
Säge und die in beiordnender oder unterorbnender Verbindung fte-
benden Glieder des zufammengefesten Sages gefchieden werden.
$. 267.
Die Schriftſprache der Griechen und Römer war ohne Inter:
punftiongzeichen und gebrauchte erft fpäter den Punkt, noch fpäter
das Kolon und das Komma: den Punkt, wenn der Sinn ganz zu
Ende ift; das Kolon, wenn ein Theil zu Ende ift; das Komma trennt
die Rede bei noch fchwebendem Sinne, wie der griechifche Grammati⸗
Ber Laskaris fagt. — Auch in den älteften deutfhen Schriftwerken
findet man meiftens den Punkt, der aber bei Dichtern (3. B. Otfried)
nicht die logifche Form der Säte, fondern nur das Ende jedes Verſes
oder Halbverfes bezeichnet. Dasfelbe gift auch bei den mittelhoch⸗
deutfchen Dichtern. Manches deutfche Schriftwerk der frühern Zeit
bat gar keine Interpunktion, in andern (profaifchen) fteht der Punkt
oft da, mo eine Scheidung des Sinnes unmöglich iſt.
$. 268.
Die frühefte grammatifche Erwähnung und Erörterung unferer
Interpunktion finde ich bei Nikolaus von Wyle (in der zweiten Zu:
fchrift zu feinen Zranslationen, wahrfcheinlich 1478 gedrudt). Der:
fetbe fagt: 90 ift nott wer diſz buͤchlin recht ſchriben leſen oder verfteen
mil + dag der acht hab und merd vf bie virgel puncten und vnderſchaide
die alſo hier Inne geſetzet werde ıc. , # # (). dunne das klain erſt
ffrihlin, befutt ain ſchlechte fündrug ains mortes oder ainer oratz von
der andern äne volkomenhaif ainches gantzen ſines. Aber die virgel
alfo ſtende + gibt zemercken ainen vnd'ſchaide zwüſchen den gefehrifte vor
md näd) gende, alfo doch, daz die vorder geſchriſt denocht ouch nit
ainchen volkomen fine hät + Dane daz zu des volkomenhaif etwas mer
hernäd) folgen mus. Aber der punckt alfo finde » gibt zeerkennen dz
da ſelbs ain volkomner fine beſchloſſen wirt, So befüttet diſer punckt
alſo gefeb + daz die gefehrift dar von ftende In früg wyſe zemercken iſt.
Wo aber ain geſchrift mit zwyen krumen ſtrichlin ingezoge wirt als hie
(hefus criſtus) fo wirt die gehaiſſen pareteſis näch dem latine od' inter:
pofleio. un ifl ain zuiche dz das fo her näd) folget dienet on gelefen
werde mag vf das, fo vor d' ingezoge fhrifte geſchribe fieet + + glyder
wyſe, als ob die felb igezoge ſchriffte nienert alda geſchribe flünd. NIfo
habe ich mid; diſes puctires hier jnne gebrucht mie mol eflich für diſen
ſchlechten puncte der alfo fieet + [eßent pernodum alſo gefiguriert ;
Die aͤlteſten gedruckten Bibelüberfegungen aus dem 15. Jahrh.
haben meift aur Punkt, Kolon und Trennungszeichen; die zweite
(um 1466) bat Punkt, Kolen, Frage- und Trennungszeichen ; bie
— 167 —
fiebente (Augsburg 1477) hat Punkt, Semikolon, Komma, Frage:
und Trennungszeihen. Das Semikolon ift das zweite Punktzeihen
bei Nikolaus von Wyle. Luther gebrauht Punkt, Komma, Frage:
und Trennungszeihen. Schottel (im J. 1663) führt das Semi:
kolon an, doc) ift ihm deſſen Gebrauch nody nicht geläufig.
$. 269.
Da die Interpunktionszeichen zunaͤchſt die größeren und kleine⸗
ten Paufen in ber Mede unterfcheiden follen, die Größe diefer Paufen
fetbft aber in der Rede nicht immer beflimmt abgemeffen und gefchie:
den werden Bann; fo werden leicht die in der Mitte liegenden Paufen-
verhältniffe verwechfelt, und ingbefondere flatt ded Kommas ein Se:
mitolon, ftatt des Semikolons ein Kolon, oder umgekehrt, gefchrieben.
Unfere beffern Schriftfteller unterfcheiden oft diefelben Verhaͤltniſſe
der Säge durch verſchiedene Interpunktionszeichen. So läßt Goethe
bei Nebenfägen, die fehr Eleine Paufen haben, 3. B. vor Beinen Re:
lativfagen, vor Eleinen mit daß beginnenden Sägen, das Komma weg,
wo andere Schriftfteller es fegen.
$. 970.
Der (aud) das) Punkt (.), früher auch Zitlein-und Tüpfel
genannt, lat. punetum, griech. relei« orıyun, bezeichnet die Schluß—
paufe eines einfachen oder zufammengefesten Satzes, welcher einen
in fih abgefchloffenen Gedanken ausdrüdt. — Ein Gedanke
iſt nicht als ein in fi abgefchloffener anzufehen, wenn er durch
einen andern Gedanken ergänzt wird, der mit ihm in dem logifchen
Berhältnig der Übereinffimmung oder des Gegenfages fteht.
($. 9f. A5f.); der Punkt ann daher insgemein nicht wohl vor einer
beiordnenden Konjunktion flehen. — Wenn jedoch nicht fo fehr
das logiſche Verhaͤltniß der Gedanken, als vielmehr der Inhalt
eines jeden der verbundenen Saͤtze (das in ihm ausgefprochene Ur=
theil) fol hervorgehoben werden; fo wird oft jeder Sag für fich als
der Ausdrud eines in ſich abgefchloffenen Gedankens dargeftellt, und
fie werden durch eine Schlußpaufe gefchieden, die durch den Punkt
bezeichrtet wird. Dies gefchieht insbefondere häufig: a) bei dem Ber:
hältniffe eines Logifhen Grundes ($. 76 f.) und bei dem Verhaͤlt—
niffe eines erflärenden Satzes; b) bei denjenigen adverfativen
BVerhältniffen, bei denen eine mittelbare Beſchraͤnkung des Ge—
dankens durch die Konjunktionen aber, allein, doch, hingegen
bezeichnet wird ($. 54 f.); c) bei denjenigen kopulativen Verhaͤlt⸗
niffen, welche durch die Konjunftionen und, auch bezeichnet werden
(8. 10 f.).
Der König fendet mich hieher und beut der Priefterin Dianens Gruß und
Heil, G. J. 1, 2. Frei athmen macht das Leben nicht allein, Daf. 1,2,
— 168 —
Dieß ift der Zag, da Tauris feiner Göttin für wunderbare neue Siege
dankt. Daf. 1,2. — Wir haben uns in des Kampfes Wuth nicht befon=
nen und nicht berathen; denn uns bethörtedas braufende Blut. ©. Bom.
Vieles wünfcht fich der Menfch, und doch bedarf er nur wenig; denn die
Tage find kurz, und befchräntt der Sterblichen Schidfal. G. Hb. 8,13.
— Zürnend ergrimmt mir das Herz im Buſen; zu dem Kampf ift Die
Fauft geballt. Denn id fehe das Haupt der Medufen, meines Feindes
verhaßte Geftalt. ©. Bom. Stauffachers Haus verbirgt fih nicht. Zu
äußerft am offnen Heerweg fteht's, ein wirthlih Dad für alle Wandrer,
die des Weges fahren. ©. 1. 1,2. — Wilhelm hatte indeflen die Kleine
Reife vollendet, und überreichte, da er feinen Handeldfreund nicht zu Haufe
fand, das Empfehlungsfchreiben der Gattin des Abweſenden. Aber auch
diefe gab ihm auf feine Fragen wenig Beſcheid; ſie war in einer heftigen
Gemüthsbewegung und das ganze ‚Baus in großer Verwirrung. ©. 2.
41, 13. — Beifpiele von und. $.
$. 271.
Das Komma (,), auh Beiftrih, Einftrich genannt (lat.
comma, griech. x0 una — Einfänitt, Abſchnitt, Abfchnitt einer Periode),
‚griech. vroorıyun, iſt das Interpunktionszeichen für die Eleinfte Glie:
derpaufe. Es wird gebraucht:
1) in einfachen Sägen zwifchen unverbunbenen gleichartigen Satz⸗
gliedern ($. 14 f.);
2) HeiMebenfägen, die mit ihrem Hauptfage nur in einem gram-=
matifhen Verhältniffe ſtehen (in Relativfägen, in Kafusfägen
und daß ıc. f. $. 134 f. 176 f.);
3) bei verkürzten Sägen, insbefondere: a) wenn atteibutive
Adjektive und Participien ihrem Beziehungsworte nachfolgen; b) vor
Subftantiven in Appofition; ec) bei Participien, die zu objektiven
Sapverhältniffen erweitert find; d) bei präpofitionalen Infinitiven,
welche verkürzte Säge find (II. 1, $. 61. 76);
4) in folhen Saggefügen, in denen der Nebenfag nicht als Vor:
derfag dem Hauptfage vorangeht, und in folchen, in denen er zwar
vorangeht, aber der Logifhe Werth desfelben und fein logiſches
Verhaͤltniß zum Hauptfage nicht hervorgehoben wird ($. 176 f.
228. 233 f.);
| 5) bei zufammengezogenen Wdverbialfägen. Wenn jedod)
bei der Zufammenziehung der vergleichenden Adverbialfäge durch
. wie und als nur ein einfaches Glied des Sages mit dem Hauptfage
verbunden wird; und wenn das durch wie verbundene Glied den
Hauptbegriff des Sages ausdrüdt, und als dem Beziehungsbegriffe
unmittelbar nachfolgt: fo findet gewöhnlich Eeine durch ein Komma
zu bezeichnende Gtiederpaufe ſtatt ($. 221 f.); |
6) wenn bei dem adverſativen Verhältniffe ein Gedanke durch
den Gegenfag unmittelbar befchränft wird, und wenn bei einer
mittelbaren oder unmittelbaren Beſchraͤnkung weder das Logifche Ver:
— 169 —
haͤltniß der Säge, noch der Logifche Werth des Adverſativſatzes ſehr
hervorgehoben wird (9. 46 f.);
7) wenn bei einem kauſalen und einem adverfativen Ber:
bältniffe mit der faufalen oder adverfativen Konjunktion zugleich die
Konjunktion und verbunden ift (8. 19 f.);
8) wenn Säge duch die aufhebenden Konjunftionen nit —
fondern, entweder — oder, fonft, benn (e8 fei denn) verbunden
find ($. 46 f. 51 f. 183. 234 f.);
9) wenn bei dem Eopulativen Verhältniffe der logifhe Werth
der Saͤtze nicht hervorgehoben wird, und die Säge durch und, fowol
— ale, nicht nur — fondern auch, weder — noch verbunden
find ($. 29. 35 f.);
10) bei den zufammrengezogenen Sägen, in denen ber lo=
gifhe Werth der Glieder nicht hervorgehoben wird;
11) bei den zufammengezogenen und duch und verbundenen
Sägen, wenn bie Glieder einen größeren Umfang haben, oder wenn
ein befonderes Verhaͤltniß, 3. B. das des Gegenfages, hervorgehoben
wird ($. 20);
12) bei allen elliptifchen Sägen;
13) bei allen eingefchalteten Sägen, felbft wenn diefe Haupt:
füge find. Dasfelbe gilt von ber in die Rede eingefchalteten oder aud)
voranftehenden Anrede;
14) wenn das Subjekt ober Objett eines einfachen Satzes dadurch
hervorgehoben wird, daß es, wie ein Satz, mit einer Gliederpauſe dem
Satze vorangeht.
1) Der Sekten Feindſchaft, der Parteien Wuth, der alte Neid, die Eiferſucht
macht Friede. S. T. 1, 6. Hierher, dorthin ſchwankt die Schlacht. S.
die Schlacht. — 2) Wie im Laub der Vogel ſpielet, mag ſich Jeder güt⸗
lich thun. S. Glocke. Er fragte mich nach vielen Dingen, wann ich ge⸗
boren ſei, in welchem Tag und Monat. S. P. 3, 4. Sie wird gerichtet,
wo fie frevelte. ©. St. 1,1. — 3) Ein koͤnigliches Stirnband, reich an
Steinen, durchzogen mit den Lilien von Frankreich! ©, St. 1,1. Zum
Kampf der Wagen und Gefänge zog Ibykus, der Götterfreund. ©. Kra⸗
niche d. J. Wir heften uns an feine Sohlen, das furdhtbare Gefchlecht
ber Nacht. Daf. Im ſchnellen Lauf durchzog ich Frankreich, das gepries
fene Italien mit heißem Wunſche fuchend. ©. St. 1,6. Diefes bei mir
denkend, fchlief ih ein. S. T. 2, 3. Heut noch werd’ ich ihn auffordern,
feinen Leumund vor der Welt zu retten. S. 9. 3,3. — 4) Weil Ihr
mich meines Lebens habt gefichert, fo will ih Euch die Wahrheit gründe
lid fagen. ©. 21. 3,3. Er dachte, daß es ihm doch möglich ſei. G. Wo.
1,16. Wie fünd’s‘ um Euch, zoͤg' ich mein Heer zurüd? ©. 300. 2, 1.
— 5) Und bald, obgleich entftellt von Wunden, erkennt ber Safffreund
bon Korinth bie "Züge, die ihm theuer find. ©. Kraniche d. J. Ihr Auge
war klar wie Kryſtall. G. Sie wiflen fo gut als ich, worauf es ankoͤmmt.
G. — 6) Keineswegs gebenfe ich daher in diefen erften Büchern meine
Jugendgeſchichten völlig abzufchließen, fondern ich werde vielmehr noch
fpäterhin manchen Faden aufnehmen und fortleiten, der ſich unbemerkt
durch die erften Jahre ſchon hindurchzog. ©. Leben 2.3. Ein fpanifcher
— 170 ——
König mußte ein vehtaläubiger Prinz fein, oder er mußte von biefem
Throne fleigen, ©. 30j. Kr. 1. B. Der Herzog von Parma kannte zwar
den Mißmuth feiner Truppen, aber er Eannte auch ihren Gehorfam. ©.
Bel. v. Antw. — 7) Dem Iſolani haft du auch getraut, und war ber
Erfte doch, der dich verließ. ©. T. 3, 7. Vieles wünfcht fich ber Menſch,
und doch bedarf er nur wenig. ©. vᷣb. 3, 13. — 8) Richt der ins Dorf
Hereingehende, fondern ber Herausgehende erhält etwas. G. Wo. 1, 6
Entweder das Gegenwärtige hält und mit Gewalt an fih, oder wir ver-
lieren une in bie Bergangenheit. Daf. 2,8. Man muß ihn tapfer grei⸗
fen, fonft hält er nirgends ſtill. Uhland, Schenk v. 8. — 9) Ih kann
mit ihm nicht rechten, kann ihn weder verklagen, noch mich — verthei⸗
digen, noch ihm jetzt genug zu thun mich erbieten. G. T. 2, a. Man
hatte nicht allein die Küche für die nächſte Zeit mit ſolchen Waaren vers
forgt, fondern auch ung Kindern dergleichen Gefchire im Kleinen zu ſpie⸗
lender Befchäftigung eingekauft. G. Leben 1.3. — 10) Die Kunft ift
lang, das Leben kurz, das Urtheil fchwierig, die Gelegenheit flüchtig. G.
Lj. 7,9. Vom Schlummer jagt die Furcht mich auf, ich gehe Nachts
um, wie ein gequälter Geiſt, erprobe des Schloffes Riegel und der Wächter
Treu, und fehe zitteend jeden Morgen Eommen, der meine Furcht wahr
machen kann. S. St. 1,1. — 11) Meine Mutter liebte mich nicht, und
verhehlte es feinen Augenblid. G. %. Denn folcher Weihung Feier an=
zuordnen gehört der Priefterin, und nicht dem König. &.3.4,4 —
12) Ad), auf das muthige Roß mich zu ſchwingen, an ben: feöhfichen Zug
mich zu reihen! ©. St. 3, 1. Ja, ich geſteh's, daß ich die Hoffnung nährte.
- Daf. 1, 7. — 13) Und ihr, ich weiß es, fteht mir willig bei. G. &. 1,2.
Laß ung, geliebter Bruder, nicht vergeffen, dag von fich felbft der Menfch
nicht fcheiden kann. Daf. 1,2. Ah meine Fürftin, Arioftens Lob aus
feinem Munde hat mid) mehr ergeät, ale daß es mich beleidigt hätte.
Daf. 2,1. O Fürſt, es übergiebt dein ernftes Wort mich Freien der Ge⸗
fangenfchaft. Daf. 2,4, — 14) D diefe wilden Banden, fie find nicht
Eure Freunde. ©. Bom. Diefe Geftalten, ich formte fie fetöft, G. röm.
Eleg. 13. Die Tugend, fie ift Eein leerer Schall. S. Worte d. Gl.
$. 2372,
Das Semikolon (;), d. i. Halbkolon, auch Strichpunkt
genannt, iſt das Interpunktionszeichen für eine größere Gliederpauſe
und wird gebraucht:
1) bei denjenigen Nebenſaͤtzen, welche als Vorderſaͤtze einer
Periode mit dem Hauptſatze noch in einem logiſchen Verhaͤlt—
niſſe ſtehen (F. 240 f.);
2) wenn der Nebenſatz als Nachſatz einer umgekehrten (in—
vertierten) Periode durch den Ton hervorgehoben wird (9. 240 f.);
3) wenn Adverbialfäge des Zeitverhäftniffes und verglei:
hende Adverbialfäe duch den Ton hervorgehoben find und dem
Hauptfage vorangehen ($. 202 f. 221 f. 240 f.);
4) wenn in dem in beiordnender Form zufammengefesten,
durch eine Konjunktion verbundenen Sage das logifche Ver:
bältnig, oder ihr logifcher Werth rſache oder Gegenſatz) hervor⸗
gehoben wird (9. 54 f. 77 f.)3
— 17110 —
5) wenn die in einem kauſalen oder adverſativen Verhaͤltniſſe
ſtehenden Saͤtze ohne Konjunktion verbunden find ($. 54 f. 77f.);
6) tvenn bei dem Eopulativen Verhältniffe der Logifche Werth
der Säge hervorgehoben wird, insbefondere: a) bei den ordinativen
und partitiven Konjunkttionen ($. 41 f); b) bei den Konjunttionen
auch, zudem, außerdem, überdies, desgleichen ($. 21 f.);
c) wenn die Hervorhebung duch die Auslaffung der Konjunttion,
und wenn eine Steigerung durch ja, fogar, feldft. bezeichnet wird
($..14. 34); |
7) wenn in einem zufammengezogenen Sage der logiſche
Werth oder ein Gegenfag der Glieder hervorgehoben wird, und die
Glieder zu einem größeren Umfange erweitert find;
8) in der Hauptpaufe eines mehrfach zufammengefegten Satzes,
wenn die untergeordneten Gliederpauſen durch ein Komma bezeichnet
find ($. 240 f.); '
9) wenn der logifhe Werth mehrerer in einem Eopulativen
Verhältniffe verbundener Süße hervorgehoben wird ($. 14).
4) Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht, die ich dem Reich, dem
Kaifer fchuldig bin, daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge; ein fal:
fhes hab’ ich niemals ihm geheuchelt! ©. P. 1,3. Da es aber freilich
nicht immer ſchicklich fein mag, und ich nicht jederzeit meine Gefchichte ers
zählen kann; fo will ich mich Eünftig mehr zurüdhalten. G. Wo. 1,6. —
2) Die Schwefter bring’ ich Dir zurüd; müßt’ ich durch alle Länder fie
und Meere fuchen. ©. Bom. XAufftehen würde Englands ganze Tugend,
kein Schwert in feiner Scheide müßig bleiben, und die Empörung mit gi⸗
gantifchem Haupt durch diefe Friedens inſel ſchreiten; ſähe der Britte feine
Königin! ©. St, 1, 7. — 3) Als ich den Vater fand, beraubt und blind,
auf fremdem Stroh, von ber Barmherzigkeit mildthät’ger Menfchen le:
bend — (5) da meint’ ich nicht. ©. Zt. 2,2. Denn fo wie ihre Alpen
fort und fort diefelben Kräuter nähren, ihreBrunnen gleichförmia fließen,
Wolken felbft und Winde den gleichen Strich unwandelbar befolgen, (;)
fo hat die alte Sitte hier vom Ahn zum Enfel unverändert fort beftanden.
Daf. — 4) Ein dunkles Gerücht davon hatte fich auch fhon in dem fpa= _
nifchen Lager verbreitet, man war daher auf einen ernftlichen Angriff ge=
faßt. ©. Bel.v. Antw. Genommen ift die Freiheit, nicht gegeben; drum
thut ed Noth, den Zaum ihr anzulegen. ©. Th. 1,2, Niemand weif,
was er thut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten find wir uns ims
mer bewußt, ©, %. 7,9. In feinem Haufe mußte alles folid und maffio
fein, der Vorrath reichlih, das Silbergeſchirr fchwer, das Zafelfervfce
koſtbar; dagegen waren bie Gaͤſte felten. Daf. 1, 11. — 8) Bon Euch)
- ertrag’ ich viel, ich ehre Euer Alter, den Übermuth bes Zünglings trag”
ich nicht; part mir ben Anblid feiner rohen Sitten. ©. &t.1,3. Ihr
nennt Euch fremd in Englands Neichsgefegen ; in Englands Unglüd feid
Ahr ſehr bewandert. Daf. 1,7. — 6) Anfänglich duldete Ottilie die
Begleitung des Kindes; dann faßte fie ſetbſt Neigung zu ihm; endlich
trennten fie fich nicht mehr. G. Wo. 1, 17. Doc) nicht genug, daß diefer
heut’ge Tag Jedem von beiden einen Bruder fchenkt; auch eine Schwefter
hat er Euch geboren. ©. Bom. Hartnädig und ungewiß ringt mit dem
Defpotismus die Freiheit; mörberifche Schlachten werben gefochten; eine
glänzende Heldenreihe wechfelt auf dem Felde ber Ehre; Flandern und
— 112 —
Brabant war die Schule, die dem kommenden Jahrhundert Feldheren er:
309. ©. Abf. d. N. Einl. Nach dem Innern des Landes zu Famen meh:
rere neue Dörfer zum Vorfchein ; den filbernen Streifen des Fluffes er⸗
blickte man deutlich ; ja felbft die Thürme der Hauptftabt wollte einer ge⸗
wahr werden. ©. Wv. 1,9. — 7) Unfere Sprache ift flark und zurück⸗
prallend, nicht aber rauh und unausſprechlich; tapfer, wie bas Wulf, das
fie fpricht, und nur Weichlingen furchtbar und fehredlich; nicht unwirth⸗
bar gegen Fremde, aber Landftreichern und zu entlegenen Nationen un:
freundlich anzufbauen. Herder. — 8) Wenn es (das neugeborne Kind)
ftar& und mohlgebildet war, übergab man es einer Wärterin; war es
ſchwaͤchlich und mißgeftaltet, fo warf man es in einen Abgrund an bem
Berge Zaygetud. ©. Lykurg. Wenn du mir gleich in Briefen fchon ge-
meldet, was du gethan und wie es dir ergangen; fo hab’ ich doch noch
Manches auszufragen, durch welche Mittel das Gefchäft gelang. &. ©.
4,4. — 9) Der Herzog von Anfchot, dem bdiefer Vorfchlag vom Grafen
Egmont mitgetheilt wird, verwirft ihn, mit der flolzen Erklärung, daß
er von Egmont und Dranien feine Gefege anzunehmen gefonnen fei; daß
er fid) über Granvella nicht zu befchweren habe, und eö übrigens fehr ver⸗
meflen finde, dem Könige vorzufchreiben, wie er fich feiner Minifter bedie⸗
nen folle, S. Abf. d. N. 2. B.
$. 273.
Das Kolon (:), auch Doppelpunkt genannt, griech. Eon
orıyun (griech. xwrlov — Glied eines Satzes, einer Periode) bezeichnet
eine größere Gtliederpaufe als das Semikolon, und wird gebraudt:
1) um bei einer mehrgliederigen Periode die Dauptpaufe zu be:
zeichnen, wenn die untergeordneten Sliederpaufen durdy das Semi:
kolon bezeichnet find ($. 244 f.);
2) wenn in einem vielfach zufammengefeßten Sage, deffen Glie⸗
der in einem Eopulativen Verhältniffe mit einander verbunden find,
die untergeordneten Glieder durch das Semikolon bezeichnet find;
find biefe dur das Komma bezeichnet, fo fleht in der Hauptpaufe
ein Semikolon ($. 14 f.);
3) wenn in einem zufammengezogenen Sage eine Reihe
von Sliedern auf Fopulative Weife verbunden und zugleich unter
einen Ausdrud zufammengefaßt werden, welcher der Reihe nachfolgt,
oder vorangeht. Die untergeordneten Gliederpaufen werden, je nach:
dem die Glieder mehr oder weniger hervorgehoben werden, entweder
durch das Semifolon oder duch) das Komma bezeichnet;
4) wenn mehrere Eopulativ verbundene Saͤtze einen vorangehenden
Begriff oder Gedanken nur erklären; desgleichen, wenn zur Erflärung
eines Satzes, eines Wortes Beifpiele angeführt werden ($. AA);
5) wenn das nachfolgende Glied eines in beiordnender Form
zufammengefesten Saßes bucch den Redeton befonders hervorgeho⸗
ben wird;
6) wenn eine gefprochene oder gefchriebene Rede in der Form eines
Hauptfages wörtlich angeführt wird, und wenn einzelne Wörter
oder Ausdrücke als folche angeführt werden.
— 173 —
41) Was aus biefer Welt ſelbſt hervorgeht, das vermag nicht fie weiter zu
fördern, das bewegt fich immer nur im alten Kreife; ich Tann deſſen mich
nicht erfreuen, es täufcht mich nicht mit leerer Erwartung jeder günftige
Schein: doch wo ich einen Funken des verborgenen Feuers fehe, das früh
oder ſpaͤt das Alte verzehren und die Welt erneuern wird; da fühl' ich
mich in Lieb’ und Hoffnung hingezogen, wie zu den geliebten Beichen ber
fernen Heimat. Scleiermader. — 2) Wie völlig diefe Menfchen mit
fich felbft unbekannt find; wie fie ihr Gefhäft ohne Nachdenken treiben;
wie ihre Anforderungen ohne Grängen find, davon hat man feinen Bes
griff: nicht allein will Jeder der erfte, fondern auch der einzige fein; je-
der möchte gern alle Übrigen ausfchließen, und fieht nicht, daß er mit
ihnen zufammen kaum etwas leiftet; jeder dünkt ſich wunderoriginal zu
fein, und ift unfähig, fich in Etwas zu finden, was außer bem Schlens
drian iftz dabei eine immerwährende Unruhe nach etwas neuem. &. Lj.
7,3. — 3) Die Gnade der Großen, die Gunft der Gewaltigen, bie Foͤr⸗
derung der Zhätigen, die Neigung der Menge, die Liebe der Einzelnen:
Alles wandelt auf und nieder, ohne daß wir es fefthalten Eönnen. ©.
Bei Homer ift der Gefang rauh und prächtig; die Sitten roh und auf
dem Gipfel menfchlicher Stärke, die Götter niedrig und erhaben; die
Helden pöbelhaft und groß; die Sprache voll Dürftigkeit und ueberfluß:
Alles ein Zeuge der Natur, "die durch ihn fang. Herder. — 4) Der Menſch
ift nun einmal fo: er begehrt alles an fich zu reißen, um nur nach Belie⸗
ben damit fchalten und walten zu koͤnnen; das Geld, das er nicht aus⸗
gibt, Scheint ihm felten wohl angewendet. G. Kinder wiſſen beim Spiele
aus allem alles zu machen: ein Stab wird zur Flinte, ein Stückchen Holg
zum Degen, jedes Bündelchen zur Puppe, und jeder Winkel zur Hütte,
&.8%.1, 8 — 5) Nicht, wo die goldne Geres lacht und der friedliche
Pan, der Slurenbehüter: wo das Eifen wächſt in der Berge Schadit, da
entjpringen der Erde Bebieter. S. Bom. Sch will mid) nicht der Rechen⸗
fchaft entziehen: die Richter find es nur, die ich verwerfe, ©. St.1,7. —
6) Da tritt ein braun Bohemierweib mich an mit diefem Delm, faßt mid)
* zuge Scharf, und fpricht: Geſell, Ihr fuchet einen Helm. ©. Ivo,
rol, 3.
8. 274.
Der Gedankenftrih (—) hat im Redeton feinen Grund,
und ift darum in feinem Gebrauche fehr unbeftimmt. Man gebraucht:
denfelben im Allgemeinen:
1) oft flatt des Kolons, wenn die fopulativ verbundenen Glieder
eine größere Anzahl. oder einen größeren Umfang haben, und ihnen die
Hauptpaufe nadjfolgt;
2) wenn das nachfolgende Glied eines in beiordnender Form zu:
fammengefegten Sages durch den Redeton mit großem Nachdrude
hervorgehoben wird;
3) wenn ein eingefchalteter Sak durch den Redeton hervorgehoben
wird, oder einen großen Umfang hat;
4) um ben Übergang ber Rede auf einen andern Gegenſtand,
um eine Unterbrechung ber Rede, um die Pauſen des Zweifels
und des Nachdenkens zu bezeichnen, ober einen Gedanken oder auch
nur den Hauptbegriff eines Gedankens als etwas Unerwartetes her⸗
vorzuheben.
— 1714 —
4) Da ben Slawata und ben Martinis, auf die der Kaifer, allen guten Böh-
men zum Kergerniffe, Gnadengaben häuft — die ſich vom Haube ber ver-
triebenen Bürger mäften — die von der allgemeinen Fäulniß wachſen,
alkein im öffentlichen Unglüd ärnten — mit Eöniglihem Prunk dem
Schmerz des Landes Hohn ſprechen — die und ihresgleichen laßt den
Krieg bezahlen, den nerberblichen, den fie allein doch angezündet haben.
S. P. 1, 2. Die ſtärkſten Machtwörter, die reichte Fruchtbarkeit, fühne
Inverſtonen, einfache Partikeln, der klingendſte Rhythmus, bie ſtaͤrkſte
Deklamation — Alles belebte die Sprache, um ihr einen ſinnlichen Nach⸗
druck zu geben, um ſie zur poetiſchen zu erheben. Herder. — 2) Ich habe
drauf geharret — Jahre lang mich drauf bereitet, alles hab’ ich mir ge⸗
fagt und in’s Gedaächtniß eingefchrieben, wie ich fie rühren wollte und be-
wegen! ©. &t. 3,3. Eh’ mögen Feu'r und Waffer ſich in Liebe begeg-
nen umd bas Lamm den Ziger Eüffen — Ich bin zu ſchwer verlegt — fie
bat zu ſchwer beleidigt — Nie ift zwifhen uns Berföhnung! Daf. —
3) Die Beihämung gönnt’ ich ihr, daß fie mit eignen Augen — denn der
Reid hat Icharfe Augen — überzeugt fich fähe, wie fehr fie auch an Adel
ber Geftalt von dir befiegt wird. Daf. 2, 9. — 4) Du (Dunois) bift in
deiner angenehmen Laune; ich mill dich nicht drinn flören. — Du &hatel!
&s find Gefandte da vom alten König Rene, belobte Meifter im Gefang,
und weit berühmt. ©. Ivo. 1,2. Altes, Alles ſet' ich bran, um fie recht
groß zu machen — ja in der Minute, worin wir fprechen — und ich follte
nun, wie ein weichherz'ger Vater, was fich gern hat und liebt, fein bür-
gerlich zufammengeben? ©. T. 3,4. Es lüftet Keinen, Euer — vierter
Mann. zu werben, denn Ahr tödtet Eure Freier, wie Eure. Männer! ©,
&t.3,4 Wie? Feſſelt mich ein Gott an biefen Boden?! Muß ich an:
bäven, was mir anzufchauen graut? Die Stimme des Dechanten — Er
eumahnet fie — Sie unterbricht ihn — Horch! — Laut hetet fie — mit
fefter Stimme — Es wird ſtill — Ganz ftill! Daf. 5, 10.
$. 275.
Das Fragezeichen (2) bezeichnet, wie das Ausrufungs-
zeichen und der Gedankenſtrich, nicht eine Paufe, fondern einen
gehobenen Redeton und wird gebraucht bei jeder direkten Frage,
biefelde mag aus einem Wort, einem Sag, oder aus mehreren beige:
ordneten oder zufammengezogenen Sägen beftehen.
Des Ibykus, den wir beweinen, den eine Mörderhand erihlug? Was ift’s
wit ven? Was kann ex meinen?! Was iſt's mit diefem Kranichzug? ©.
Kraniche d. 3.
$. 276,
Das Ausrufungszeichen (!) deutet den in der Mede liegen:
den Affekt an und wird gebraucht:
1) nad) einem Ausrufe, d. h. einem elliptifhen Sage, ber einen
Affekt ausdruͤckt;
2) nach einem Frageſatz, der einen Affekt ausdruͤckt;
3) nach einem Urtheilsſatze, der mit einem Urtheile zugleich
einen Affekt ausdruͤckt;
4) nach denjenigen Wuͤnſche- und Heiſcheſaͤtzen, in denen ein
MWunfc oder ein Geheiß mit einem Affekt ausgefprochen wird;
— 175 —
5) nad) denjenigen Interjektionen, welhe für fich allein
einen Affekt ausdrüden ;
76) nach einer Anrede, welche mit einem Affekt gefprochen, oder
auch nur durd) den Medeton hervorgehoben wird.
4) Mich Hinzuführen! Solchen Spott mit mir zu treiben! Der Verräther !
Im Triumph vor feiner Buhlerin mich aufzuführen! O fo warb nod)
kein Weib betrogen, Burleigh! ©. ©t. 4,5. Aus meinen Augen! In
den Tower — Verräther! Daſ. 4, 6. — 2) Wie Eleine Schritte geht ein fo
großer Lord an diefem Hof! Daf. 2,8. Was für ein Anblid! Welch
ein Miederfehen! Daf, 5,4. — 3) Du bift Don Dlanuel nicht! Weh
mir! Wer bift du! ©. Bom. Lebt wohl, ihr Grotten und ihr Fühlen
Brunnen! Johanne geht und nimmer kehrt fie wieder! S. Ivo. Prol. 4.
— 4) Frommer Stab! O hätt’ ich nimmer mit dem Schwerte Did) vers
taufht! ©. Ivo. 4,1. Was macht ihre, Sir? Welch neue Dreiftigkeit!
Zurüd von diefem Schrank! ©. St. 1,1. — 5) Weh! fted’ ich in dem
Kerker noch? Verfluchtes dumpfes Mauerloh! G. F. 1, 30. Juchhe!
Juchhe! Juchheiſa! Heiſa! He! So ging der Fiedelbogen. Daf. 1, 54.
— 6) Geh’, falfche gleißnerifche Königin! Wie du die Welt, fo täuſch'
ih dich. ©. St. 2,6. Man will dich übereilen, Königin! Daf. 4, 9.
Edler Shrewsburg! Man zwingt mich. Daf.
Anm. Wenn bie Interjeftion (0, ach, ei) mit dem nachfolgenden Aus:
drucke des Affektes ohne eine Gliederpaufe unter einem Tonverhältniſſe
begriffen wird, fo fteht nach derfelben Eein Komma; findet zwifchen der
Snterjettion und dem Ausdrude des Affektes eine Sliederpaufe ftatt, fo
wird diefe durch das Komma bezeichnet. — O fähft du, voller Monden=
fchein, zum legtenmal auf meine Pein! G. %. 1, 30. Ei! wie gepugt!
das Schöne junge Blut! Daf. 1,51. Ei, das find ja die allerbeften
Schmwadronen! ©, Lager 11.
$. 277,
Das Unführungszeichen („ " und, ) wird gebraucht, wenn
eine Rede, auch ein Wort, wörtlich angeführt wird.
„Das Wort ift frei, die That ift ftumm, der Gehorfam blind,” dieß urkund⸗
lic) feine Worte find, ©. Lager 6. Mich, Euren Boten, wies man an
die Räthe, und die entliegen mich mit leerem Troft: „Der Kaifer habe
diegmal Feine Zeitz er würde fonft einmal wol an uns benfen.“ ©,
Tl. 2,2,
8. 278.
Die Parentheſe (), auch [ ], Klammer, Einſchließungs—
zeichen genannt, wird gebraucht, wenn in einem Satze nähere Be⸗
- flimmungen eines Begriffes, oder Erklärungen eines Wortes einges
[haltet werden.
Aber hatte man fchon vor der Ankunft des Succurfes mit Brotmangel käm⸗
pfen müffen, jo wuchs diefes Übel nunmehr in beiden Lagern (denn auch
Wallenftein hatte neue Verftärkfungen aus Baiern an fi gezogen) zu
einem fchredlichen Grabe an. ©. 30. Kr. 3,8.
PU)
⸗
Negifter.
(Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen.)
aber Bf. 74 f,
allein 30. 61
ale 35. AA. 149, 204. 213. 223
als daß 186
alö ob 222
als wenn 222
als wie 221. 223
als wie wenn 222
alfo 84
anders (fonft) 53
anftatt daß 183
Afyndeton 14
Attraftion 152. 163
auch 21f.
auf daß 187. 231
auf daß nicht 188
ausgenommen 53
außer 27. 53
außer daß 183
außerdem 27
bald 42
bevor 217
bis 218
bis dag 190
bloß 31
da 149, 197. 203. 213, 229
dafern 234
dagegen 62
daher 77. 197
dahin 197
damit 187, 231
damit nicht 188
dann 43, 52, 223
darum 80
daß 170 f. 231
dag nicht 188
dazu 27
demnad 82
Kehrein Grammatik II. 2.
demungeadhtet 71
denn 52, 87. 223
dennoch 68, 7Af.
der 119 f.
dergeftalt daß 186
derhalben 78
dermaßen daß 186
deshalb 78
defienuneradhtet 71
deffenungeachtet 71. 74
deßungeachtet 71
deswegen 79
diemweil 210
doch 63f. 7Af.
bort 197
ehe 217
ehe daß 190
einerfeits — anbrerfeits 41
einestheild — anderntheils 41
Ellipfe des bag 191
Ellipfe des Relative 143, 151. 162
endlich 43
entweder — ober 51
erft, erfteng, erſtlich 43
es fei denn daß 183
falls 234
ferner 43
folglich 86
freilich 75
gleichwol 72, 7A f,
bergegen 62
hernach 43
hierauf 43
hingegen 62
im Fall daß 182. 234
indem 208. 229
indem daß 190
indeß, indeſſen 70. 207
12
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