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■^a.^
e
HANDBUCH
^ DER
KLASSISCHEN
AMERTüMS-WISSENSCHAn
in systematischer Darstellung
mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen
Disziplinen.
In Verbindung mit Gymn.-Rektor Dr. Autenrieth (Nürnberg), Prof. Dr.
Ad. Bauer (Graz), Prof. Dr. Blass (Kiel), Prof. Dr. Bruffmann (Leipzig),
Prof. Dr. Busolt (Kiel), Prof. Dr. v. Christ (München), Prof. Dr. Flasch
(Erlangen), Prof. Dr. Gleditsch (Berlin), Prof. Dr. Günther (München).
Prof. Dr. Heerdegen (Erlangen), Oberl. Dr. Hinrichs f (Berlin), Prof.
Dr. Hommel (München), Prof. Dr. Hübner (Berlin), Prof. Dr. Jul. Jung
(Prag), Priv.-Doz. Dr. Krumbacher (München), Dr. Lolling (Athen), Prof.
Dr. Niese (Marburg), Prof. Dr. Nissen (Bonn), Priv.-Doz. Dr. Öhmichen
(München), Prof. Dr. Pöhlmann (Erlangen), Prof. Dr. 0. Richter (Berlin),
Prof. Dr. Schanz (Würzburg), Geh. Oberschulrat Prof. Dr. Scliiller (Giessen),
Gymn.-Dir. Schmalz (Tauberbischofsheim), Oberlehrer Dr. F. Stengel
(Berlin), Professor Dr. Stolz (Innsbruck), Prof. Dr. Unger (Würzburg),
Geheimrat Dr. v. Urlichs t (Würzburg), Dr. Adolf Voigt (Göttingen), Prof.
Dr. Moritz Voigt (Leipzig), Gymn.-Dir. Dr. Volkmann (Jauer), Dr. Weil
(Berlin), Prof. Dr. Windelband (Strassburg), Prof. Dr. Wissowa (Marburg)
henrasgegeben too
Dr. Iwan von Müller,
ord. Prof. der klassischen Philologie in Erlangen.
•••
Zweiter Band.
Griechische und lateinische Sprachwissenschaft.
Zweit« neabcarbclftete Aallage.
MÜNCHEN 1890.
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG (OSKAR BECK).
(Schwabiog. Wilbelmstranc 0.)
GRIECHISCHE UND LATEINISCHE
SPRACHWISSENSCHAFT
Bearbeitet
von
Dr. Karl Brugmann, Dr. G. Autenrieth,
ord. Profesvor der iodogennanisrhoTi HpnchwimeiMchaft Oymnasial-Rektor zu Nüruberg,
zu Leipzig,
Dr. Friedrieh Stolz, Dr. F. Heerdegen,
ord. Professor der vergleichenden Sprachwissenschaft aord. Professor an der UniverKität ErlauKcn,
zu Innsbmck,
J. G. Schmalz, Dr. Richard Volkmann,
Qymnaaial-Pirektor zu Tauberbiichofiiheim, Oymnasial-Direktor zu Jauer,
und
Hugo Gleditsch,
Professor und Oberlehrer am Wilhelma-Oymnasiuin zu Berlin.
Zweite neubearbeitete Auflage.
t7..ii*i*i*ci>»:4pia
«ÄUi^SSii
MÜNCHEN 1890.
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBÜCHHANDLUNG (OSKAR BECK).
(Schwabiug, Wilhelmtttraase 9.)
Vorrede zur zweiten Auflage des zweiten Bandes.
Der Wunsch, dem wir in der Vorrede zur ersten Auflage dieses
Bandes Ausdruck gaben, ist über Erwarten rasch in Erfüllung ge-
gangen: Der Teil, mit dem wir unser Unternehmen eröffneten, fand
eine so günstige Aufnahme, dass nach kaum' vier Jahren eine neue
Auflage nötig wurde. Ist auch in derselben Plan und Anlage des
Ganzen sowie die Methode der Darstellung in den einzelnen Wissen-
schaften unverändert geblieben, so weist doch die Neubearbeitung
nicht unerhebliche Unterschiede der ersten Bearbeitung gegenüber auf.
Worin diese in der Griechischen Grammatik bestehen, darüber
gibt der verehrte Herr Bearbeiter derselben in seinen „Vorbemer-
kungen" die nötigen rechtfertigenden Fingerzeige. Wie aber hier, so
zeigt sich auch in den übrigen Wissenschaften, die in diesem
Bande vorgeführt werden, mit der gründlichen Sichtung und Durch-
arbeitung des bisher Gegebenen eine mehr oder minder beträchtliche
Erweiterung des Stoffes verbunden, die Niemand auffallend finden
wird, der da weiss, wie rasch die Litteratur im Anwachsen begriffen
ist, und dass ihr gegenüber um so mehr Stellung genommen werden
muss als es im Zweck unseres Handbuchs liegt ein Bild von dem
jeweiligen Stand einer Wissenschaft zu geben.
Den Benutzern der neuen Auflage werden die Register eine
nicht unwillkommene Zugabe sein; die Ausführlichkeit derselben be-
darf vor Kundigen keiner Eechtfertigung, da es sich hier um eine
ausserordentliche Menge sprachwissenschaftlicher Einzelheiten handelt,
deren sicheres Auffinden nur durch sorgfältigst angelegte alpliabetische
Verzeichnisse ermöglicht wird. Für die Besitzer der ersten Auflage
Uci«^
VI Spezielles InhaltsyerzeichiiiB Ton Band n.
Seite
Gutturale und Dentale -f i, § 42 Verschlusslaute -|- if, § 43 -gn, -gm-,
■f9gm-t -6n-, -jom-, -6m-, -phrn-, pamph. -(p)&- aus -vr-, -AX- aus -<W-, dor.
-yt; -yd" aus -Ar-, -X^-) 57
4. Spiranten (§44-52).
Tonloses und tönendes «r (§ 44) 60
Idg. « (§ 45) fJO
Idg. -J (§ 46) 63
Unursprttngliches «^ (§ 47) 64
Verbindungen von «r mit Verschlusslauten (§48) 64
Idg. i (§ 49) 64
Spiritus lenis und asper (§ 50 — 51) 65
Zeta (§ 52) 66
5. Sonstiger kombinatorischer Lautwandel (§53^65).
Prothese vor Verscblusslauten und vor <r (§ 53) 67
Epenthese (§54) 68
^Ersatzdehnung** und Verwandtes (§ 55 Vok. -f vff, § 56 Vok. -f vv^ fifi, qQj
AA, § 57 Vok. -f yf, Qf, Xf und -lyy-, § 58 Qualität der durch Ersatz-
dehnung entstandenen Vokallängen) 68
Erleichterung dreifacher Konsonanz (§ 59) ; 71
Dissimilation (§60 v- v, A -A, Q—g, Hauchdissimilation, Dissimilation zweier
Tenues oder Mediae, § 61 Syllabische Dissim.) 72
Lautversetzung (§62) 74
Auslaut und Anlaut (§ 63 Allgemeines, § 64 Auslaut, § 65 Anlaut) . . 75
6. Betonung (§66 Allgemeines, § 67 Wortaccent, Dreisilbengesetz, Störungen
der Betonung durch Analogiewirkung, § 68 Lesb. und dor. Betonung) 81
c) Griechische Flexionslehre.
1. Vorbemerkungen (§69) 89
2. Nominal- und Pronominalflexion.
Die nominalen Stammklassen.
1. Nomina mit stammbildenden Suffixen.
A. Suffixe auf Vokale.
I. Suffixe auf -o und -ä (§ 70: 1. -o- -Ä-, 2. -jo- -jd-, 3. -tio, -uä-,
4. -nO' -nä; 'Ono-, 5. -ino- -mö- und -ino- -fnÄ-, 6. -avyo- -avyä-f
7. -meno- metiä-, 8. -mo' -mÄ-, 9. -ro- -rd-, 10. -ero- -erä- und
'tero' 'terä't 11. -lo- -Zä-, 12. -dhro- -dkrä-, -dhlo- 'dMä-, IS.-hho-
-hhä-, 14. 'to- 'ta-, 15. 'ico- -fei- und -qo- -qä-, 16. -sfco- -sfcä-) . 91
II. Suffixe auf -t (§ 70«*: 1. -i-, 2. -ni-, 3. -mi-, 4. -ri-, 5. -ti') 99
III. Suffixe auf -u (§ 70*»: 1. -u-, 2. -iu, 3. -nu-, 4. -ru-, 5. -M . 100
IV. Suffix -i- is- (§ 70^) und mehrsilbige Stämme auf -F- -«, -m-
'Uti' (§ 70^) 101
B. Suffixe auf -n (§71: 1. -en-, 2. -jen-, 3. -^^en-, 4. -tnw-) . . 103
C. Suffixe auf -r (§ 71": 1. nom. acc. neutr. auf -«p -wp, 2. -er-,
-fer-) 106
D. Suffixe auf ^« (§ 72: 1. -t-, 2. -W«-, 3. -n^, 4. -uenU) 107
E. Suffix d' (§72«) 109
F. Die Suffixe -X- und ->'- (§72^) 110
G. Suffixe auf -« (§73: 1. -es-, 2. -ps-, 3. -jes-, 4. -i^c«-) . . 110
2. Nomina ohne stammbildende Suffixe (§74) 114
Die einzelnen Nominalkasus.
Nom. sg. masc. fem. (§ 75) 116
Voc. sg masc. fem. (% 16) 117
Acc. sg. masc. fem. (§ 77) 118
Nom. acc. sg. neutr. (§ 78) 119
Gen. sg. (§79) 119
Abi. sg. (§ 80) 120
Dat. sg. (§ 81) 121
Spezielles InhaltsyerseichniB Ton Band II.
VII
Loc. 8g. (§ 82)
Instr. 8g. (§ 83)
Nom. acc. du. (§ 84)
Gen. dat. du. (§ 85) ...........
Nom. pl. ma8C. fem. (§86)
Acc. pl. masc. fem. (§87)
Nom. acc. pl. neutr. (§88)
Gen. pl. (§ 89)
Loc. pl. (§ 90)
Instr. pl. (§ 91)
Suffix -H*') (§92)
Die pronominale Flexion.
Die geschlechtigen Pronomina (§ 93 Allgemeines, § 94 o- und ^Stftmme
§ 95 andere Stämme)
Die Personalpronomina (§ 96 Die Fron, der 1. und 2. Person, § 97 Re-
flexivum, § 98 Possessiva)
3. Anhang.
a. Komparationsformen (§ 99-100)
b. Zahlwörter (§ 101)
c. Nominalkom Position (Form und Bedeutung).
Form der Zusammensetzung (§ 102 Allgemeines, Einteilung der Komposita
nach der Form, § 103 Die vier Kompositionsklassen, § 104 Die Form
der zusammengesetzten Personennamen)
Bedeutung der Zusammensetzung (§ 105)
4. Verbalflexion.
Person alendungen (§ 106 Allgemeines, § 107 Aktivendungen, § 108 Medial-
endungen)
Augment (§ 109)
Bildung der Tempusstämme.
Präsens (und starker Aorist) (§ 110 Allgemeines)
/. Themavokallose Stämme oder Verha auf -fii (§111 Allgemeines)
1. Kl. Unerweiterter Verbalstamm. ,
a. Verbalstarom = einfache Wurzel, mit Stammabstufung
(§112)
b. Verbalstamm = Wurzel -f ? (§ 113)
c. Verbalstamm auf langen Vokal, ohne Stammabstufung
(§114)
2. Kl. Reduplizierter Verbalstamra (§ 115).
a. Formen mit altüberkommener Stammabstufung
b. Stamm auf langen Vokal, ohne Abstufung . .
3. Kl. Schwache Wurzelform -\- rv : rv (% 116)
4. Kl. Schwache Wurzelform -f- vic : j'« (§ 117) .
//. ThemavoJcalische Stämme oder Veiba auf -to (§118 Allgemeines)
5. Kl. Wurzel + o : e (§ 119).
a. Starke Wurzelform .
b. Schwache Wurzel form (Tiefstufe)
6. Kl. Reduplizierte Wurzel + o : f (§ 120).
a. Red uplikations vokal i
b. Andere Reduplikationsweise
7. Kl. Wurzel -\- {o : u (§ 121) .
8. Kl. Reduplizierte Wurzel + *o : jff (§ 122)
a. Reduplikationsvokal i
b. Andere Reduplikationsweise
9. Kl. Nominalstamm -\- ko : kB (Denominativa) (§ 123)
10. Kl. Hochstufige Wurzelform -f eko : sie (Kausativa) (§ 124)
11. Kl. Wurzel -{- ro : re (§ 125)
8Ht«
121
123
123
124
124
125
126
126
126
128
128
129
131
134
135
138
142
144
149
150
150
151
153
153
154
154
155
156
156
156
156
157
157
157
159
159
159
161
161
Vni BpesieUes InhalterOTMichaiB tob Buid IL
SHte
12. Kl VerbAktamm + no : umb (§ 126)
a. VerbalsUmm == einfmclie WiBiel in Tiefefaifenform 161
b. Verbalstamm ftof langen Vokal . . 162
13. Kl. Redoplizierter Verbalstamm + <»<> : <rxf (§ 127).
a. RedaplikationsTokal i 162
b. Andere RedapHkationsweise 162
Anhang ni £1. 12 imd 13: Yerba anf -ttfaret (§ 128) 162
14. KL Wonel ^ ro : ve und Wonel (zom Teil mit Naaalinix)
-h aro : axe (§ 129) 162
15. Kl. Sehwache Wimelfonn + rp-o : yf-t (§ 130) 163
Perfekt.
Reduplikation (§ 131) 163
Stanunabatofiing (§ 132) 164
Anf&gong der Peraonalendungen (§133) 165
Nenerangen durch Foimflbertragimg (§ 134) 166
Das x-Perfekt (§ 135) 167
8igmati8cher Aorist.
Anf&gnng der Peraonalendongot (§ 136) 167
Anfügung des s nnd VokaKsation der Yerbalstammsilbe (§ 137) 167
Neuerungen durch Fonnflbertragung (§ 138) 169
Flusquamp^ekt (§139) 170
Sigmatisches Futurum (§ 140-141) 170
Bildung der Modi
Konjunktiv (§ 142) 171
Injunktiv (§ 143) 172
Imperativ (§144) 172
Optativ (§145) 173
Bildung der Infinitive und Partizipien.
Infinitive (§146) 174
Partinpia (§ 147) . . , 176
d) Grieehische SjMlax.
1. Das Verbum.
Yerbnm finitum und infinitum (§ 148) 177
Die Genera verbi (Diathesia).
Paasivum (§ 149) 177
Aktivum (§150) 177
Medium (§ 151) 17S
InfinitiT und PartiziiMum (§ 152) : . . 17S
Der sog. kausative Gebrauch des Aktivums und Mediums (§ 153) 179
Die Tempusstimme.
Aktionsart und Zeitsbife im aDgemeinen (§ 154) 17*^
Prisentische Aktionsart (§ 155 Allgemeines, § 156 ind. praes^» § 157 im-
perf., § 158 conj. opt imper. inl pait. praes.) 1>1
AoristiBche Aktionsart (§ 159 Aligemeines, § 160 ind. aor., § 161 Aorist
formen in untergeordneten Gliedern scheinbar mit der Bedeutung der
Yergangenheit gegenfiber d^ Haupthaadlnng) 1>4
Perfektsiamm (§162) Iv;
Futurstamm (§163) 1S7
Die ModL
Allg^eines (§ 164) 1S^>
Konjunktiv (§ 165) lb»ö
Optativ (§ 166 Opt des Wunsches und Potentialis. § 167 Opt der in>
direkten Rede) HH
Imperativ (§168) l^^o
Indikativ (§169) 1>-
und Partizip (§ 170 InL, § 171 Part.) l^~'
Spedelles InhaltsYerzeichnis yon Band ü. IX
Seite
2. Das Nomen.
Geschlecht der Sabstantiva (§ 172) 197
Numeros (§ 173) 198
Inkongruenz der Numeri zugleich mit Bezug auf das Verbum (§ 174) 199
Die Kasus.
Allgemeines: Ursprung der Kasussuffixe; lokale und grammatische Kasus;
synkretistische Kasus (§ 175) 199
Vokativ (§ 176) 202
Nominativ (§ 177) 202
Akkusativ (§ 178 die verschiedenen Akknsativklassen, § 179 die akkusa-
tivischen Adverbia, § 180 Verbundene Akkusati ve) .... 203
Genitiv (§ 181 Der Genitiv ein Mischkasus, § 182 Echter Genitiv, § 183 Ab-
lativischer Genitiv) . 205
Dativ (§ 184 Der Dativ ein Mischkasus, § 185 Echter Dativ, § 186 Loka-
tivischer Dativ, § 187 Instrumentaler Dativ) 207
Die Formen auf -tpi, -tpiv (§ 188) 211
Das Adjektiv (§189) 212
3. Das Pronomen (§190— 193) 213
4. Die Präpositionen (§194 Allgemeines, § 195—197 Echte Präpositionen,
§ 198 Unechte Präp., § 199 Zusammenrückung von Präp., § 200 Vergleichung
griech. Präp. mit solchen der andern idg. Sprachen) 214
5. Die Partikeln (§201) 220
6. Satzverbindung (§ 202 Allgemeines. Parataxis, § 203—210 Hjpotaxis und
hypotaktische konjunktionelle Wörter, § 211 Korrelative Satzverbindung, § 212
Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Verbalformen als Charakteristika der
Hypotaxis, § 213 Unterordnung verbundener Hauptsätze) .... 226
Nachträge und Verbesserungen 235
B. Lateinisehe Grammatik, bearbeitet von Prof. Dr. Fr. Stolz und
Gymnas.-Dir. Schmalz.
a) Einleitung in die lateinische Grammatik (bez. Laut- und Formenlehre).
1. Über Geschichte und Methode der lateinischen Grammatik (§ 1) 239
2. Obersichtliche Geschichte der lateinischen Schriftsprache (§2) 244
3. Stellung des Lateinischen zu den verwandten Sprachen und zu
den übrigen italischen Dialekten (§3) 247
b) Lateinische Lautlehre.
1. Schriftzeichen und Orthographie (§4) 249
2. Verhältnis des lateinischen Lautbestandes zu dem der indoger-
manischen Grundsprache (§5) 254
3. Zur Aussprache des Latein (§6) 254
4. Vokale.
§7a A; §8^ ^; § 9 a im Wechsel mit e und o ; §10 oö;§llt;; %\2uü 256
Diphthonge (§13) 259
Vokale in konsonantischer Funktion (§14) 260
Vokalabstufung.
§ 15 Mleihe; § 16 ^-Reihe; § 17 d-Reihe; § 18 ö-Reihe; § 19 a-Reihe;
§ 20 o-Reihe; § 21 Die scheinbaren Ablautsverbältnisse { : T, ü lü^ ä \ ä 263
Vokalwandel.
Wesen desselben (§22) 266
Vokalwandel in nicht zusammengesetzten Wörtern, bez. nur im ersten
Gliede (in der Fuge) der Zusammensetzungen : § 23 Tonsilben; § 24 Vor-
tonige Silben; §25 Nachtonige Silben: §26 Endsilben ... 266
Schwächung der Vokale in der Zusammensetzung (§ 27) . 269
Assimilation von Vokalen (§28) 270
X Bp9xielLem Inhalisreneieluds toa Baad IL
Diwimilation von Vokaleo (§ 29) 271
Geschichte der Diphthonge.
§ 30 ai; § 31 au; § 32 ft; § 33 eu; §34 Of ; § 35 om . 271
Kontraktioo der Vokale (§ 3<>) 275
SvarabhaktiBche Vokale (§37) 277
Prothetische Vokale (§38) 278
Epeotheee der Vokale (§39) 278
Quantittominderung und •Steigerung der Vokale (§ 40 und 41) 279
5. Liquidae
all Konsonanten (§42) 28;^
als Sonanten (§43) 284
6. Nasales
als Konsonanten (§44) '^^^
als Sonanten (§45) 287
7. Verschlueslaute.
Tonlose und tönende Gutturalis (§ 46, 47) 288
Tonlose und tönende Dentalis (§ 48, 49) 291
Tonlose und tönende Labialis (§50, 51) 292
Indog. Aspiratae im Lateinischen (§ 52—57) 294
8. Spiranten (Reibelaute).
Der palatale Spirant i (§ 58) 297
Der dentale Spirant « (§ 59) 297
Der labiale Spirant r (§ 60) 300
Der Kehlkopfspirant A (§ 61) 300
9. Lautwandel in Konsonantengruppen und anderer kombinatori-
scher Lautwandel.
Anlaut (§ 62, 63) 301
Inlaut (§ 64, 65) 304
Auslaut (§ 66, 67) 313
Ausfall von Silben durch Dissimilation (§68) 314
Auslautgesetze (§69) 315
10. Betonung (§70-74).
Wesen des lateinischen Accents (§70) 317
Formen des Accents (§71) 318
Enklisis und Proklisis (§72) 319
Ältere Betonung des Lateinischen (§73) 319
Synkope der Vokale (§74) 321
c) Lateinische Formenlehre.
1. Deklination dos Nomens.
Allgemeine Bemerkungen (§75) 323
Die Stämme der Nomina.
Allgemeines (§76) 323
Übersicht der Stämme.
Konsonantische Stämme (§77) 324
Vokalische Stämme (§78) 328
Bildung der Kasus.
Nominativ des Singulars (§79) 332
Nominativ des Plurals (§80) 333
Akkusativ des Singulare (§81) 335
Akkusativ des Plurals (§82) 335
Genetiv des Singulars (§83) 33(3
Genetiv des Plurals (§84) 339
Dativ des Singulars (§85) 340
Lokativ des Singulars (§86) 341
Ablativ des Singulars (§87) 342
Dativ-Ablativ des Plurals (§88) 343
Spezielles Inhaltsverzzeiolmis von Band ü. XI
2. Deklination der Pronomina. ^**o
üngeschlechtige Pronomina (§89) 345
Geschlechtige Pronomina (§ 90) 346
3. Anhang.
a) Numeralia (§91) 349
b) Steigerung der Adjektiva (§92) 352
c) Nominalkomposition (§ 93—95) 354
4. Flexion des Verbums.
Vorbemerkungen (§ 96) 356
Personalendungen :
Aktivum (§97) 358
Passivum (§98) 359
Bildung der Präsensstämme:
Allgemeines (§99) 361
1. Hauptkonjugation (§ 100) 362
2. Hauptkonjugation (§ 101) 364
das Perfektsystem:
Reduplikation (§ 108) 368
Stammbildung (§ 109) 368
die Perfekta auf -«', -r* und -i*t (§ 110) 370
Flexion des Perfekts (§111) 372
Die aus dem 8- is- und sis-Aonst hervorgegangenen Tempora und Modi
(§ 112) • 373
Das ^'Futurum und -Imperfektum (§113) 375
Modi.
Konjunktiv (§114) 376
Optativ (§ 115) 377
Imperativ (§116) 378
Infinitive und Partizipien.
Infinitive (§ 117) 379
Partizipe (§118) 381
d) Lateinische Syntax«
Einleitung 386
Litteratur zur historischen Syntax 390
A. Der einfache Satz 397
1. Der Behauptungssatz.
a) Subjekt (§1-5) 397
b) Prädikat.
aa) Allgemeines (§ 6—10) 399
bb) Kongruenz (§ 11 21) 400
cc) Tempora (§ 22-29), Modi (§30-37), Genera Verbi (§ 38-- 42) . 404
c) Attribut und Apposition (§43-48) 410
d) Kasuslehre, allgemeines (g 49) 412
Nominativ und Vokativ (§50-52) 412
Akkusativ (§53-63) 413
Genetiv (§64-79) 416
Dativ (§ 80-90) 424
Ablativ (§ 91—104) 429
Lokativ (§ 105) 437
e) Partizipia (§ 106-111) 437
f) Präpositionen, allgemeines (§112) 440
aa) Präpositionen mit dem Akkusativ (§ 113—135) .... 440
bb) Präpositionen mit dem Ablativ (§ 136—147) 448
cc) Präpositionen mit dem Akkusativ und Ablativ (§ 148 - 152) . . 451
2. Der Fragesatz (§ 153-162) 454
B. Der zusammengesetzte Satz.
3. Die Beiordnung (§ 163— 207) 457
XII Spesielles Inhaltsverzeielinis von Band IL
Seit«
4. Die Unterordnung (§208-309).
a) Unterordnung ohne Pronomina oder Konjunktionen (§ 208—216) . 470
Vom Infinitiv und Akk. c. inf. (§ 217—235) 478
b) Unterordnung mittels relativer Pronomina oder Konjunktionen (§ 236) 491
aa) Relativsätze (§§ 237-247) 494
bb) Konjunktiondsfttze.
1) Akkusativische Konjunktionen (§ 248—267) 498
2) Lokativische Konjunktionen (§ 268—307) 510
3) Modale Konjunktionen (§ 308) 529
4) Ablativische Konjunktionen (§ 309) 530
e) Lateinische Stilistik.
Einleitung 532
1. £igentfim]ichkeit im Gebrauch der Redeteile.
Substantiva {§ 1—2) 533
Adjektiva (§ 3-14) 536
Pronomina: Refiexivum und Reciprocnm (§15—17) 543
Demonstrativa und Relativa (§ 18-'21) 545
Indefinita (§22— 27) 547
Pronominale Adjektiva (§ 28—29) 549
Numeralia (§ 30—33) - ... 550
Verba (§ 34-39) 551
Partikeln (§ 40-41) • 553
2. Wortstellung (§42— 46) 555
3. Satz- und Periodenbau (§47-53) 560
4. Reinheit und Angemessenheit der Sprache (§54—58) . . 565
5. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Darstellung (§ 59-72) . 572
6. Einfachheit und Kfirze des Ausdrucks (§73—84) .... 579
Nachträge und Berichtigungen 582
C. Lexikographie der griechischen und lateinischen Sprache.
a) Griechische Lexikographie, bearbeitet von Gymn.-Rektor Dr. 6. Autenrieth.
1. Geschichte und Litteratur der griechischen Lexikographie
(§1-22) 587
2. Aufgabe der heutigen Lexikographie der griechischen Sprache
(§23-27) 605
b) Lateinische Lexikographie, bearbeitet von Prof. Dr. F. Heerdegen.
1. Geschichte und Litteratur.
Lexikographie und Glossographie des Altertums und des Mittelalters (§ 1—4) 608
Die Humanistenzeit (§ 5 - 7) 611
Der Thesaurus des Rob. Stephanus und die Nachtreter desselben (§8 — 12) 612
Das Lexikon des Forcellini und die daraus abgeleiteten (§ 13—15) * 616
Anhang (§16) 618
2. Theorie der Lexikographie.
Die leitenden Gesichtspunkte (§ 17—24) 619
Übersicht Aber die lexikologiscben Vorarbeiten und Versuche zu einem wissen-
schaftlichen Thesaurus linguae Latinae seit Fr. Aug. Wolf und Kritik
derselben (§ 25—30) 625
D. Rhetorik, bearbeitet von Gymn.-Dir. Dr. Volkmann.
1. Geschichte und Einteilung der Rhetorik.
Zur Geschichte und Quellenkunde (§1) 689
Einteilung der Rhetorik (§2) 646
2. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes.
a) Die gerichtliche Beredsamkeit 648
Spezielles Inhaltsverzeichnis von Band IL
XIII
Intellectio (^017^^). Quaestio causa {^iaig vno^eaig) (§ 3)
Status {tnäaig) oder constitatio causae (§ 4) .
Asystata, Genera and figorae causamm (§ 5) .
Die Teile der Gerichtsrede (§6)
b) Die beratende und epideiktische Beredsamkeit (§ 7)
3. Die Lehre von der Ordnung und Disposition des Stoffes (§8)
4. Die Lehre vom rednerischen Ausdruck.
Die Grunderfordemisse der rednerischen Darstellung (§9)
Tropen und Figuren (§10)
Komposition und Rhythmus der Rede (§11)
Die Stilarten und Ideen oder Grundformen des Ausdrucks (§ 12)
5. Die Lehre vom Gedächtnis und dem Vortrag (§ 13)
Seite
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674
E. Metrik der Griechen und Römer mit einem Anhang über die Musik
der Griechen bearbeitet von Prof. H. Oleditsch.
a) Einleitang in die Metrik.
1. Begriff und Einteilung (§ 1) 679
2. Rhythmische und metrische Theorie der Alten.
Älteste Techniker; Aristoxenos. — Die Alexandriner. — Varro, Caesius,
Heliodor, Hephaestio. — Die späteren lateinischen Metriker. — Die spä-
teren griechischen Metriker. — Die Rhythmiker nach Aristoxenos (§ 2) 680
3. Bearbeitungen durch die Neueren.
Bentley, Person, 6. Hermann, Apel, Voss, A. Boeckh. — A. Rossbach und
R. Westphal. — J. H. Schmidt. — C. Lachmann und M. Haupt — Fr.
Ritsch] . — L. Maller. — W. Christ und neuere Leistungen (§ 3). —
Litte ratur 683
b) Bhythmisehe Fandamentaltheorie der Metrik.
1. Rhythmus und Rhythmizomenon.
I. Die rhythmische Gliederung (§4) 688
IL Die Sprache als Rhythmizomenon (§5) 689
2. Chronoi und Sprachsilben.
I. Die rhythmischen Chronoi.
XQoyoi ^fjTol (§ 6). — jif^dyo* äXoyov (§ 7). — jifpoyot xsyol (§ 8) . . 690
II. Die Sprachsilben als Chronoi.
Lange, kurze, mittelzeitige Silben (§ 9). — Hiatus und Vokalverschmel-
zung (§10) 691
3. Die Füsse.
I. Die rationalen Füsse (§11) 692
II. Die irrationalen Füsse (§12) 694
4. Die Kola.
I. Umfang und Gliederung der Kola (§13) 695
IL KwXtt xtt&aga und fÄixui (§14) 697
III. Katalektische Kola (§15) 697
5. Die Perioden.
I. Die rhythmische Periode.
Begriff (§ 16). — Umfang und Gliederung (§ 17). — Fügung (Synaphie)
(§ 18). — Apothesis (§19) 699
II. Die metrische Periode.
Metron. Stiches. Hypermetron (§ 20). — Einfache, zusammengesetzte,
gemischte Metra (§ 21). — Monopodische und dipodische Messung
der Metra (§ 22). — Katalektische Metra (§ 23). - Cäsur und Diai-
resis der Metra (§24) 701
6. Systeme und Strophen (§ 25) 703
7. Poetische Kompositionsform.
Allgemeines (§ 26). -— Antistrophische Komposition (§ 27). -- Freie Kompo-
sition (§ 28). — Stichische Komposition (§ 29). — Litteratur . 705
XIV Spezielles InhaltsverzeichniB von Band II.
Seite
c) Metrik der Griechen.
1. Die Entwickelung der metrischen Kunst bei den Griechen.
Übersicht. — Yorhomerische Dichtung. — Hexameter. — Elegeion. — Archi-
lochos. — Terpander, Alkman, Thaletas, Tyrtaios. Stesichoros und
Ibykos. — A]kaios und Sappho. Anakreon. — Hipponax, Ananios. —
Simonides, Pindar, Bakchylides. --Tragödie und Komödie. — Die jüngeren
Dithyrambiker. — Die Alexandriner. - Die Dichtung der römischen und
byzantinischen Zeit (§ 30) — Litteratur 707
2. Die Metra der Griechen.
I. Die einfachen Metra.
Die daktylischen Metra.
Der daktylische Rhythmus und sein Charakter (§ 31). — Die Kola (§ 32) 713
Die Versbildnngen :
Hexameter (§ 33-35). - Andere Verse. — Äolische Daktylen (§ 30) 714
Systeme und Sti'ophen:
£podische Systeme (§ 37). — Elegeion (§ 38) — Systeme aus Hexa-
metern (§ 39). — Strophen der Lyrik und des Dramas (§ 40). —
Litteratur 717
Die anapaestischen Metra.
Der anapaestischo Rhythmus und sein Charakter (§ 41). - - Die Kola
(§42) 720
Die Metra:
Dipodische Messung (§ 43). - Dimeter (§ 44). - Tetrameter (§ 45) 721
Systeme. Hypermetra und Strophen:
•Strenge Systeme (§ 46). — Freie Systeme und Strophen (§ 47). —
Litteratur 723
Die trochäischen Metra.
Der trochäische Rhythmus und sein Charakter (§48) . . . 725
Die Kola (§49) 725
Die Metra:
Dipodische Messung (§ 50). — Tetrameter (§ 51). — Skazon (§ 52) . 726
Hypermetra und Strophen der Komödie (§53) 728
Strophen der Tragödie (§54). — Litteratur 729
Die iambischen Metra:
Der iambische Rhythmus und sein Charakter (§ 55) ... 730
Die Kola (§56) 730
Die Metra:
Dipodische Messung (§ 57). — Dimeter (§ 58). - Trimeter (§ 59). —
Skazon. Katalektischer Trimeter (§ 60). — Tetrameter (§ 61) . 734
Hypermetra (§ 62). — Strophen der Lyrik und Komödie (§ 63). — Iam-
bische und iambo-trochäische Strophen der Tragödie (§64) -- Lit-
teratur 738
Die ionischen und choriambischen Metra.
Der Rhythmus und sein Charakter (§ 65). ■— Fussformen und Kola
(§ m). — Anaklasis (§67) 738
lonici a maiore. Sotadeiou (§68) 740
lonici a minore:
Verse (§ 69). - Systeme (§ 70). — Strophen (§ 71. 72). - Litteratur 741
Die paeonischen (kretischen) Metra.
Der Rhythmus und sein Charakter (§ 73). — Die Kola (§ 74). — Die
Verse und Hypermetra (§ 75). ~ Trochäisch-kretische Verse (§ 76).
— Paeonische Strophen (§ 77). — Litteratur . . . . 743
II. Die zusammengesetzten Metra.
Begriff und Einteilung (§78) 746
Daktylo-Trochäen.
Bei Archilochos und in der Komödie (§ 79). - Im Hyporchem (§ 80).
— In der Tragödie (§81) 746
Spezielles Inhaltsverzeicluiis von Band II. XV
Seite
Daktylo-Epitriten.
Die Gliedformen (§ 82). — Die Versformen (§ 83). — Die Strophen
(§84). — Rhythmische Messung (§85). — Litteratnr . . 749
III. Die gemischten Metra (Logaoeden).
Begriff (§ 86). - Umfang der Kola (§ 87). — Katalexis der Kola
(§ 88). — Irrationalität. — „Basis* (§89) 752
Gliedformen :
Tripodie (§ 90). — Tetrapodie (§ 91). - Pentapodie (§ 92). ~ Hexa-
podie (§93) 755
Metra:
Phalaekischer Hendekasyllabns (§ 94). — Die Asklepiadeen. Alkaikon.
Anakreonteion (§ 95). — Priapeion. Kratineion. Eupolideion u. s. w.
(§96) 757
Hypermetra (§ 97). — Strophen: der monodischen Lyrik (§ 98), der
Komödie (§ 99), der Tragödie (§ 100), der chorischen Lyrik (§ 101).
— Litteratnr 759
IV. Die Dochmien.
Der Dochmios und seine Formen (§ 102). — Charakter und Gebrauch
(§ 103). — Verse und Systeme (§ 104). — Dochmische Strophen
(§ 105). — Litteratnr 705
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen.
Gesang, Begleitung, Deklamation, Rezitativ, Parakataloge (§ 106) . . 770
1. Die vorhomerische Dichtung (§ 107) 772
2. Die epische Dichtung (§ 108) 772
3. Die Elegie (§109) 772
4. Die iambische Dichtung (§ 110) 778
5. Die lyrische Dichtung.
A. Die monodische Lyrik.
a) Der Nomos (§ 113). - b) Das äolische Lied (§ 114). — c) Das
ionische Lied (§115) 774
B. Die Chorlyrik.
Allgemeines (§ 117). - Hymnen (§ 118). — Paeane (§ 119). — Pro-
sodien (§ 120). — Embaterien (§ 121). — H>Tnenäen (§ 122). —
Tanzlieder (§ 123). — Dithyramben (§ 124.) — Enkomien und Epi-
nikien (§ 125). - Skolien (§ 126). - Threnoi (§ 127). - Litteratnr 778
6. Das Drama.
Allgemeines (§ 128) 785
A, Di€ Tragödie.
Bestandteüe und Aufbau (§129) 786
L Chorika (§ 130—135). — Parodoi (§ 131). - Epiparodoi (§ 132). -
Stasima (§ 133). - Exodoi (§ 134). - Epeisodische Chorika (§ 135) 787
IL Die Kommoi und Threnoi (§ 136) 796
III. Die Bühnengesänge (§137 801
IV. Die dialogischen Teile (§ 138-142). -- Prolog (§ 139). — Epeisodia
(§ 140). - Exodos (§ 141). -- Symmetrie der Dialogpartien (§ 142) 802
B. Die Komödie.
Bestandteile und Anordnung der attischen Komödie (§ 143). - Parodos
(§ 144). - Agon (§ 145). — Parabase (§ 146). - Stasima (§ 147).
— Dialogpartien (§ 148—150) 806
Mittlere und neuere Komödie (§ 151). — Litteratnr . . 813
d) Metrik der Römer.
1. Entwickelung der metrischen Kunst bei den Römern.
1. Älteate Dichtungen. — 2. Satumisches Metium. -- 3. Die älteren Sceniker
und Satiriker. — 4. Ennius, Lucilius, Lucretius. — 5. Laevius und M.
Varro. — 6, Catull und die Nachahmung der Alexandriner. — 7. Die
augusteische Zeit. — 8. Die nachaugusteischen Dichter. — 9. Die spätere
Kaiserzeit. — 10. Rhythmische Dichtung (§ 152). — Litteratnr . . 816
XVI Spezielles InhaltsverEeichniB von Band TL.
2. Die Metra der Römer.
L Die nationale Form der italischen Dichtung.
Der numerus italicus (§ 153). — Der saturnische Vers (§ 154) — Litteratur S
II. Die freiere Nachahmung der griechischen Metra.
Allgemeines (§155.) — Silbenmessung und Wortaccent (§156). — Un-
reine Senkungen. Auflösungen (§ 157). — Auswahl der Metra (§ 158).
— Cantica und Diverbia (§ 159) 8
Die stichisch gebrauchten Metra des Dialogs.
Der iambische Senar (§ 160). — Der trochftische Septenar (§ 161). —
Der iambische Septenar (§ 162). — Der iambische Oktonar (§ 163). 8
Die lyrischen Versformen und Systeme.
Trochäische Verse (§ 164). -- Iambische Verse (§165). — Anapaeste
(§ 166). - Bakchien (§ 167). - Kretiker (§ 168). — Choriamben.
Daktylen. Logaoeden (§ 169). — Zusammengesetzte Verse (§ 170) 8
Die Cantica und ihr Bau (§ 171). -- Litteratur . . . . 8<
III. Die strengere Nachbildung der griechischen Metra.
Vorbemerkungen (§ 172) 8^
Die stichischen Versmasse.
Der Hexameter (§ 173). — Der iambische Senar (§ 174). — Der iam-
bische Septenar (§ 175). — Der trochfiische Septenar (§ 176). —
Der anapaestiache Septenar (§ 177). - Der Choliamb (§ 178). —
Der iambische Dimeter, Hemiamb, anakreontische Vers (§ 179). —
Der Sotadeus (§ 180). — Der Oalliamb (§ 181). - Der phalftcische
Hendekasyllabus (§ 182). — Der Priapeus (§ 183). — Die Askle-
piadeen (§184) 8S
Die Systeme und Strophen.
Distichische Systeme:
Elegisches Distichon (§ 185). — Distichische Systeme des Horaz
(§186) 84
Hypermetrische Bildungen:
ionische (§ 187), glykoneische (§188) 84
Vierzeilige Strophen (§ 189—191) 84
Die Cantica der späteren Tragödie (§192). — Litteratur . 84
Anhang.
e) Die Musik der Griechen.
Einleitung.
Begriff der* fiovüixij (§ 193) 85
QueUen (§194) 85
Musikreste (§195) 85
Neuere Bearbeitungen (§ 196) 85
Die Zweige der griechischen Musik (§ 197) 85.
Geschichtliches.
1. Archaische Zeit. 2. Altklassische Zeit. 3. Klassische Zeit. 4. Nachklas-
sische Zeit (§ 198) 85i
Theoretisches.
Die Töne und Intervalle (§199) Sb{
Die Tonsysteme (§ 200) 86(
Die Harmonien oder Oktavengattnngen (§ 201) 8(3^
Die Tonoi oder Transpositionsskalen (§ 202) 804
Die Tongeschlechter (§ 203) SÖC
Die Notenschrift (§204) Sm
Die musikalischen Instrumente (§ 205). — Litteratur . . . . 8G8
Tab.: Die griechischen Notensysteme.
Erklärungsbedürftige Abkürzungen
zu Prof. Dr. Brugmann's Griech. und Prof. Dr. Stolz' Latein. Grammatik.
Abbbks D. Gr. 1. d. = De Graecae lingoae dialeciis scr. H. LAhrens, Gottingae, 1. Bd.
1839, 2. Bd. 1843.
Akxh Grundz. =? Die GruDdzQge der Lehre von Tempos and Modus im Griechischen von
A. F. Aken, Rostock 1861.
Arch. f. lat. Lex. = Archiv für lat Lexikographie, heraosg. von E. Wölfflin.
AscoLi Krit. Stod. = Kritische Studien zur Sprachwissenschaft von G. L As coli. Auto-
risierte Übersetzung von Reinhold Merzdorf, Weinuir 1878.
Babtholoxab Ar. Forsch. = Arische Forschungen von Chr. Bartholomae, drei Hefte,
HaUe 1882-1887.
Bauhack Stud. = Stadien auf dem Gebiete des Griechischen und der arischen Sprachen,
von Job. und The od. Baunack, L Band, Leipzig 1886.
Baukack Gortyn. = Die Inschrift von Gortyn, bearbeitet von Job. und Theod. Bau-
nack, Leipzig 1885.
Bkrsu Die Gutturalen = Die Gutturalen und ihre Verbindung mit v im Lateinischen von
Dr. Ph. Bersu. Gekrönte Preisschrift Berlin 1885.
Bezz. B. = Beitrage zur Kunde der indogermanischen Sprachen, herausg. von Ad. Bezzen-
berger, Göttingen 1877 ff. 15 Bde.
Blass Ausspr.' oder A' = Über die Aussprache des Griechischen von F. Blasn, 3. Aufl.
Berlin 1888.
Brambach Neug. = Die Neugestaltung der lateinischen Orthographie in ihrem Verhältnis
zur Schule von W. Brambach, Leipzig 1868.
Bruomakk Grundriss oder Grdr. 1, 2 = Grundriss der vergleichenden Grammatik der indo-
germanischen Sprachen von K. Brugmann, I. Band, Strassburg 1886; II. Band,
1. Hälfte ib. 1889.
BücBELBB-WiiiDBKiLDE = Grundriss der lat. Declination von F. Bücheier. Mit des Verf.
Erl. unt. Ben d. franz. Übers, von M. L. Havet aufs neue herausg. von J. Winde-
kilde, Bonn 1879.
BOcHBLBB Lex. It. = Lexicon Italicum von Fr. Bachelor, Bonner Universitätsschrift 1881.
Bull. = Balletino dell* institato di corrispondenza arche )logica.
Caueb D.^ = Delectus inscriptionum Graecarum propter dialectum memorabiliura comp. P.
Gau er, ed. H. Lipsiae 1883.
CIL. == Corpus inscriptionum Latinarum. Bd. I ff .
CoLUTZ Gr. D. = Sammlung der griechischen Dialektinschriften von J. Baunack etc.,
herausgegeben von H. Collitz und F. Bechtel, Göttingen 1883-1889 (unvol-
lendet).
CoBssBN I II = Über Aussprache, Vocalismus und Betonung der lateinischen Sprache von
W. Corssen, 2. Aufl., Leipzig 1868— 1870.
CoBssBK Beitr. = Kritische Beiträge zur lat. Formenlehre von W. Corssen, Leipzig 1863.
XVin Erklamngsbedürftige AbkürEungen.
CoRSSEN Nachtr. = Kritische Nachträge zur lat. Formenlehre v. W. Gorsse n, Leipzig 1866.
CoRSSBV It. Spr. = Beiträge zur italischen Sprachkunde von W. Co rasen, Leipzig 1876.
CüBTius 6.^ = Grundzüge der griechischen Etymologie von G. Curtius, 5. Auflage,
Leipzig 1879.
CuBTius Vb.' = Das Verbum der griechischen Sprache seinem Baue nach dargestellt von
G. Curtius, 2. Aufl., Leipzig, 1. Bd. 1877, 2. Bd. 1880.
C. St. = Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik, herausg. von G. Curtius
(und K. Brugmann), Leipzig 1868--1878. 10 Bde.
Delbrück S. F. = Syntaktische Forschungen von B. Delbrück, Halle 1871^1888. 5 Bde.
Eph. ep. = Ephemeris epigraphica corporis inscr. Lat. supplementum, Bd. I f.
FioK I II III = Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen von A. Fick,
3. Aufl., Göttingen 1874- 1Ö76.
FicK Spracheinheit = Die ehemalige Spracheinheit der Indogermanen Europas v. A. Fick,
Göttingen 1873.
Gott. g. A. = Göttinger gelehrte Anzeigen.
Hartel H. St. 1.« = Homerische Studien von W. Hartel, 2. Aufl., Berlin 1873.
Hehk Kulturpflanzen = Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Übergang aus Asien nach
Griechenland und Italien von Y. Hehn, 3. Aufl., Berlin 1877.
Hemby Pr^cis r= Pröcis de grammaire compar^e du grec et du latin par Y. Henry,
Paris 1888.
Hübner Grundr. = Grundriss zu Yorlesungen über die lat. Grammatik von E. Hübner,
2. Aufl., Beriin 1881.
Johansson De der. verb. contr. = De derivatis verbis contractis linguae Graecae quae-
o
stiones scripsit K. F. Johansson, Upsala Universitets Arsskrift 1886.
Jobdan Krit. Beitr. = Kritische Beiträge zur Geschichte der lat. Sprache von H. Jordan,
Berlin 1879.
IRN. = Inscriptiones regni Neapolitani ed. Th. Mommsen, Lipsiae 1852.
Kluge Z. G. d. g. C. = Beiträge zur Geschichte der germanischen Conjugation von F.
Kluge, Strassburg 1879.
K. Z. = Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermani-
schen Sprachen, herausg. (begründet) von A. Kuhn» Berlin 1852 ff. 30 Bde.
KüHNEB Ausf. Gr. = Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache von R. Kühner,
2. Aufl., Hannover, 1. Bd. 1869, 2. Bd. 1870.
Leskien Decl. = Die Declination im Slavisch-Iitauischen und Germanischen v. A. Les-
kien, Leipzig 1876.
Löwe Prodr. = Prodromus corporis glossariorum Latinorum ed. G. Löwe, Lipsiae 1876.
Mahlow D. 1. Y. = Die langen Yokale A E 0 in den europäischen Sprachen v. G. H.
Mahlow, Berlin 1879.
Meisteb Gr. D. = Die griechischen Dialekte auf Grundlage von Ahrens' Werk ,De Graecae
linguae dialectis' dargestellt von R. Meister, 2 Bde., Göttingen 1882. 1889.
Meistebuans Gr.' = Grammatik der attischen Inschriften von K. Meist erb ans, 2. Aufl.
Beriin 1888.
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Sprach w. Abh. = Sprachwissenschaftliche Abhandlungen, hervorgegangen aus G. Curtius'
Grammatischer Gesellschaft, Leipzig 1874.
Stadelmakv De quant. voc. = De quantitatc vocalium Lat. voces terminantium scripsit J.
Stadelmann, Lucemae 1884.
Stolz Verbalflexion = Zur lat. Verbalflexion I. Studien von Fr. Stolz, Innsbruck 1882.
Thumb Spir. asp. = Untersuchungen über den Spiritus asper im Griechischen von A.
Thumb, Strassburg 1889.
ToBP Geschlechtlos. Pron. =: Beiträge zur Lehre von den geschlechtlosen Pronomen in
den indogermanischen Sprachen von A. Torp (Christiania Videnskabs-Selskabs
Forhandünger 1888, Nr. 11), Christiania 1888.
Weise = Die griechischen Wörter im Latein von Dr. Fr. 0. Weise, Leipzig 1882 (Preis-
schriften d. fürstl. Jablonowskischen Ges. 23).
Wbstphal Verbalflexion = Die Verbalflexion der lateinischen Sprache von R. Westphal,
Jena 1873.
XX Berichtigiingen zur grieohisohen Grammatik.
Wbreler Nominalacc. == Der griechische Nominalaccent, von Benj. I. Wheeler, Strass-
burg 1885.
WoRDSWOBTH = Fragments and specimens of Early Latin by J. Wordsworth, Oxford
1874.
Z. f. rom. Phil. = Zeitschrift fttr romanische Philologie herausg. von Dr. £. Gröber, 1 f.
ZvET. Inscr. It. med. = Inscriptiones Italiae mediae dialecticae ed. J. Zvetajeff, Lipsiae
1884.
Berichtiglingren zur grriechlsehen und lateinischen Grammatik.
S. 43, 1 in der letzten Zeile lies otootog für r^oro;.
S. 61, 5, Zeile 7 lies nnaato für ntiatno.
S. 91, § 70 Zeile 7 lies ij für ^.
S. 187, Zeile 10 f. streiche die Worte »oder = lit idg. diiiiU.*
S. 872 Z. 18 V. n. lies poüex für poUux.
A.
Griechische Grammatik
(Lautlehre, Flexioiislehre und Syntax)
von
Dr. Karl Brugmann,
orfl. PrcifcffHor der indogonnaniHohcu HprachwimcDBchaft in Leipzig.
Uandbnch der klani. AltertumtwiBseMcluit. IL 2. Aiifl.
Inhalt.
a) Einleitnng in die griechische Grammatik.
b) Griechische Lautlehre.
1. Allssprache der Bnchstabon.
2. Vokale, Nasale. Liqnldao.
3. VerBchlusslaute.
4. Spiranten.
a. Sonstiger kombinatorischer lAntwanilol.
6. Betonung.
c) Griechische Flexionslehre.
1. Vorbemerkungen.
2. Nominal- und Pronomiualflexion.
3. Anhang: Komparatlonsforroen, Zahlwörter. Noroinalkonipositioii
4. Verbalflexinn.
d) Griechische Syntax.
1. l>afl Verbnm.
2. Das Nomen.
8. Das Pronomen.
4. Die Präpositionen.
5. Die Partikeln.
6. Satzverbindung.
Vorbemerkungen zur zweiten Auflage.
Die grössere Bogenzahl, die mir für diese zweite Auflage de« Abrisses der griechischen
(irainmatik zur VerfQgung gestellt wurde, habe ich einesteils dazu verwendet, einige Kapitel,
die sich in der ersten Auflage im Rahmen knappster Andeutungen halten mussten, etwas
näher auszuführen, namentlich dasjenige der nominalen IStammbildung, anderseits dazu,
solche, die in das wissenschaftliche Studium der altgriechischen Sprachgeschichte erst
eingeführt sein wollen, durch verständniserleichternde Erläuterungen mehr zu unterstützen,
als es in der ersten Auflage geschehen konnte. Ich komme damit Wünschen entgegen,
die in kritischen Besprechungen meiner Arbeit geäussert wurden.
£ine andere Methode für die Darstellung der Syntax zu wählen, konnte ich mich
nicht entschliessen, wenngleich zwei angesehene Kritiker eine solche angewendet sehen
möchten. Warum in diesem Teile der Grammatik ein näheres Eingehen in die Mannig-
faltigkeit der Erscheinungen von Homer bis in die byzantinische Zeit hinein, mit Berück-
sichtigung nicht bloss der zeitlichen, sondern auch der mundartlichen Verschiedenheiten,
ausgeschlossen war, hat bereits der Herausgeber dieses Handbuches in der Vorrede zur
ersten Auflage des zweiten Bandes ausgesprochen. Und ich möchte überdies folgendes zu
erwägeu geben. Auch bei gewissenhaftester Benutzung der bis jetzt erschienenen Litteratur
zur griechischen Syntax würden sich für einen, der diese letztere vollständig vorführen
wollte, 80 viele und so grosse Lücken in der bisherigen Forschung ergeben, die er auf
Grund eigener Spezialuntersuchungen auszufüllen hätte, dass das, was er de suo hinzuthun
niQsste, gewiss mehr wäre als was er Andern entlehnen kann. Wer nun dieses zu leisten
sich einigermassen im stände fühlt und demnach es übernehmen wollte, eine Geschichte
der syntaktischen Ausdrucksmittel des Griechischen zu schreiben, die sich in Anlage und
Ausführung der in diesem Handbuch erschienenen lateinischen Syntax zur Seite stellte,
dem trete ich für etwaige weitere Auflagen im Interesse der Sache das in Rede stehende
Kapitel mit Vergnügen ab. Mir blieb, im Hinblick auf meine Leistungsfähigkeit und auf
den zu Gebote stehenden Raum, nur die Wahl zwischen einer sehr lückenhaften und überall
äusserst knappen Darstellung des Entwicklungsganges seit Homer und einer Darstellung, die,
mit AbsehuDg von dem vielgliedrigen und mannigfaltigen Detail, den Anfänger befähigt,
den Gesamthabitus der griechischen Syntax wissenschaftlich verstehen zu lernen. In jenem
Falle hätte ich natürlich auf die Klassiker der Poesie und der Prosa hauptsächlich Rück-
sicht nehmen müssen, und so war es nicht möglich, erheblich mehr zu geben, als was jede
gute Schulgrammatik bietet. Daher entschied ich mich für das andere.
Das Interesse derer, die sich in unserer Zeit mit der wissenschaftlichen Grammatik
der klassischen Sprachen beschäftigen, ist zum Teil ein sehr verschiedenartiges, und ich
mnsste bei meiner Darstellung der Geschichte des Griechischen von vornherein darauf ver-
zichten, den Ansprüchen Aller gerecht zu werden. Manchen ist die Grammatik kaum mehr
als eine Dienerin der T.ittereraturforschung, in specie der Textkritik. Andere interessiert
die Sprache in erster Linie durch sich selbst als eine der verschiedenen Bethätigungen dos
Volksgeistes, und ihnen liegt die Erforschung ihrer Gestaltung im Geist und Munde des
gemeinen Mannes ebenso sehr oder sogar noch mehr am Herzen als die Erforschung der
fechriflßtellerisch gepflegten Sprache. Ich gebe nun gerne zu, dass, indem ich in meiner Ar-
beit vor allem die ^Naturseite" der Sprache im Auge hatte, ihre ^Kulturseite'^ in der Darstel-
lung nicht zu ihrem Rechte gekommen ist. Aber nicht kann ich linden, dass die ganze
Weise der Behandlung der griechischen Sprache, weil meine Grammatik dem „Philo-
logen*, nicht dem ^Linguisten*' dienen soll, eine andere sein musste. Ich kann den
1*
4 Vorbemerkimgen zur iweiten Auflage.
Unterschied zwischen einer ^philologischen" und einer „sprachwissenschaftlichen' Methode, den
manche immer noch machen, nicht als berechtigt anerkennen und meine, er würde auch heutzu-
tage nicht mehr gemacht, wenn über einen gewissen Eardinalpunkt grössere Klarheit herrschte
als der Fall ist Ich habe diesen in der Einleitung S. 7 ff. zur Sprache gebracht, erlaube mir
aber, wegen der Wichtigkeit, die er nach meinem Dafürhalten hat, auch an dieser Stelle
mit ein paar Worten auf ihn einzugehen.
Was die heutige Sprachwissenschaft von der älteren unterscheidet, ist Vor allem das,
dass sie sich mit der „ Sprachphilosophie " in engere Verbindung gesetzt und es als not-
wendig erkannt hat, ehe man an die Beurteilung der einzelnen Erscheinungen einer Sprache
geht, sich vom Wesen der Sprache überhaupt, von ihren allgemeinen Lebensbedingungen
und den Faktoren, die ihre Fortentwicklung bestimmen, eine klare Vorstellung gebildet zu
haben; nur derjenige kann ja die geschichtlichen Thatsachen richtig beurteilen, der das
Wesen der Kräfte kennt, durch welche sie geschaffen werden. Diese Prinzipienfragen sind
f^r den Philologen dieselben wie für den Linguisten, denn das Forschungsobjekt ist das
gleiche und die Wahrheit ist nur eine. Von der Beschäftigung mit diesen Fragen könnte
die Philologie dann allein entbunden werden, wenn sie sich in der Grammatik auf ein rein
mechanisches Stoffsammeln einschränken und sich alles und jedes Raisonnements über das.
was der Stein oder das Manuskript zu lesen gibt, enthalten wollte. Da die Denkmälei-
nicht die Sprache selbst sind, sondern nur mehr oder minder rohe und unvollkommeno
Abbilder der Sprache, die ja einzig in der Seele der sprechenden Menschen ihre Existenz
hat, so würde, streng genommen, schon das Übersetzen der Schriftzüge in wirkliche Sprache
über die Aufgabe des Philologen hinausgehen ; denn schon hier treten jene Prinzipienfragen
in Kraft. Die Zumutung einer solchen Einschränkung auf dem Gebiete der grammatischen
Forschung würde aber die Philologie von sich weisen, und mit Recht. Auch die Phihi-
logie hat es als eine ihrer Aufgaben anzusehen, den Kausalzusammenhang der gegebenen
Spracherscheinungen zu erforschen und die Entwicklungsgesetze festzustellen. Wenn nun
heute so oft Philologen sich mit Sprachforschem über diese oder jene grammatische Frago
nicht zu verständigen vermögen, so liegt das zum guten Teile daran, dass die Grund-
anschauungen verschiedene sind, dass der Philologe oft noch zu sehr an der altüberkommenen
Betrachtungsweise hängt, die von einem mehr naiven als wissenschaftlichen Nachdenken
über das Wesen der Sprache hervorgerufen wurde und sich nicht bloss in der traditionellen
grammatischen Terminologie forterbt. Die Verständigung muss also dadurch herbeigeführt
werden, dass man auch philologischerseits zunächst den allgemeinen theoretischen Fragen
die nötige Aufmerksamkeit zuwendet. Freilich wird mir hier der eine oder andere Philo-
loge einwenden: unter euch Sprachforschern selbst, denen die Beschäftigung mit dieser
Prinzipienwissenschaft doch zuvörderst obliegt, herrscht ja heute noch die grösste Uneinig-
keit. Nun, das würde zunächst nicht rechtfertigen, dass man solchen Anschauungen, die
unzweifelhaft falsch, die von der gesamten Sprachwissenschaft längst als unrichtig erkannt
und bezeichnet sind, in der Philologie eine I? ortexistenz gewährt, wie sich deren z. B. in
der als Stoffsammlung (leider eben nur als solcher) mustergiltigen und auch von uns dank-
barst benutzten Grammatik der attischen Inschriften von Meisterhans (2. Aufl. 1888) viel-
fach finden. Und was die Uneinigkeit unter den Linguisten betrifft, so ist Thatsache, da:^s
seit Bestand der indogermanischen Sprachwissenschaft in sachlicher Beziehung niemals eine
so grosse Einhelligkeit gewesen ist als gerade heute, sowohl was die allgemeinen, als auch
was die Einzelfragen betrifft! Kann also die Abkehr so mancher Philologen von den Grund-
fragen der Sprachwissenschaft auf diese Weise nicht gerechtfertigt werden, so sehe ich
nicht, wie es sonst geschehen könnte. Die klassische Philologie und die Spi-achwissen-
Schaft sind einander von Jahrzehnt zu Jalirzehnt näher gerückt, und sollte man sich von
der Richtigkeit des gesagten überzeugen und dieser Überzeugung auch praktische Folge
geben, so ist, so viel ich sehe, die letzte Schranke gefallen, die beide Disziplinen noch trennt.
Es wird dann Niemand mehr von einer Verschiedenheit und einem Gegensatz der Wissen-
schaft selbst reden, sondern nur noch von einer Arbeitsteilung, wie sie das Mass der
Arbeitskraft des einzelnen allerdings verlangt und wie sie voraussichtlich immer muss be-
stehen bleiben.
Leipzig, 29. Dezember 1888.
K. Brugmann.
Einleitung.
1. Gescbichtliches und Begriffliches. Mit der griechischen Sprache
beschäftigten sich zuei*st die Griechen selbst. Die ersten sprachwissenschaft-
lichen Fragen, die man aufwarf, bezogen sich auf das Verhältnis der Namen
zu den Dingen, man stritt, ob zwischen dem Wort und dem durch das-
selbe bezeichneten Gegenstand das Verhältnis einer Naturnotwendigkeit
(q^wrig) bestehe oder ob dem Wort seine Bedeutung durch einen willkür-
lichen Akt der Übereinkunft (i>*<r/g) beigelegt sei (Plato's Kratylus). Diese
— durch mehrere Jahrhunderte hindurch in den Philosophenschulen er-
örterte — Streitfrage rief die Disziplin der hvfiokoyfa ins Leben, deren
Betrieb freilich durch das ganze klassische Altertum hindurch ein durchaus
dilettantischer geblieben ist.
Von Plato und Aristoteles wurde betont, dass nicht im einzelnen Wort,
sondern nur in der Verbindung der Wörter zum Satz wahres oder falsches
liege. Dies führte dazu, dass man die Sprachwissenschaft in den Dienst
der LfOgik stellte. Man schied die Elemente des Urteils und bestimmte die
Redeteile (iu*"^^/ ^^^ Xt^ecog), Das Aufsuchen der letzteren und Eindringen
in ihr Wesen (Aristoteles, Stoiker) bildet den Glanzpunkt der gramma-
tischen Wissenschaft der Alten.
Aus dem Dienst der Philosophie trat die Sprachforschung vom 3. vor-
christlichen Jahrh. an in den der Textkritik (alexandrinische Philologie).
Beobachtungen über die Sprachformen und ihren Gebrauch bei den verschie-
denen Schriftstellern (Homer etc.) lenkten die Aufmerksamkeit nachhaltig
auf chronologische und dialektische Unterschiede der Sprache, und wenn
es hierbei auch nicht zu einer lebendigen Auffassung der sprachlichen That-
sachen und einer sachgemässen Erklärung derselben kam (Ahalogisten und
Anomalisten), so ging doch aus diesen Studien die Grammatik als selbstän-
dige Disziplin hervor: des Dionysius Thrax r*x»'i/ YQaiifxaxixr^ (ca. 100
V. Chr.). Seinen Abschluss erhielt das grammatische System durch Apol-
lonius Dyskolus (2. Jahrh. n. Chr.), der die Syntax als besondern Teil der
Grammatik neben die Formenlehre stellte. Mit seinem Sohn Herodian,
der besonders orthographische und „prosodische** Fragen behandelte, hörte
das selbständige Produzieren der griechischen Sprachwissenschaft auf, die
nun in winterlicher Dürre bis zur Wiedererweckung der Wissenschaften in
Italien (14. Jahrh.) vegetierte.
6 A. Griechische Grammatik, a) Einleitimg.
Die erstehende Altertumswissenschaft, welche als eine ihrer Haupt-
grundlagen genaue Sprachkenntnis betrachtete, förderte die griechische
Grammatik durch Vermehrung der sprachlichen Observationen und syste-
matische Ordnung des Stoffes. Die Vorstellungen vom Wesen und Leben
der Sprache blieben dabei bis auf unser Jahrhundert im wesentlichen die-
selben wie in der alexandrinischen Zeit: die Sprache wurde wie ein toter
Mechanismus angesehen, für das Verhältnis der „regelmässigen** und der
„unregelmässigen** Spracherscheinungen zu einander fand man keine wissen-
schaftliche Erklärung und wirtschaftete gerne mit den alttiberkommenen
hohlen Kunstausdrücken (Pleonasmus, Ellipse, Enallage etc.).
In unserm Jahrh. wetteiferten und wetteifern in der Bearbeitung der
griechischen Sprache zwei Gelehrtengruppen, die klassischen Philologen und
die historisch-komparativen Sprachforscher. Anfangs nur in lockerer Fühlung
mit einander stehend, sind sie sich im Lauf der Zeit, mit dem Schwinden
gewisser Vorurteile auf Seiten der Philologen, immer näher getreten, und
es ist heute eine ausgemachte Sache, dass die wahrhaft wissenschaftliche
Aufgabe der griechischen Grammatik nur durch ein Zusammenwirken beider
zu lösen ist und dass alle den Entwickhmgsgang der Sprache betreffenden
Fragen nur von solchBu, die mit den Resultaten und der Methode der histo-
rischen Sprachwissenschaft vertraut sind, beantwortet werden können. Die
Philologen förderten unsere Disziplin hauptsächlich durch ihre auf Fest-
stellung der sprachlichen Thatsachen gerichtete Forschung, die mit der
kritischen Bearbeitung der Denkmäler Hand in Hand ging und der die
neu erschlossenen Quellen (Inschriften!) reichliches Material zuführten.
Daneben ist zu betonen, dass der von verschiedenen Seiten her unter den
Philologen angeregte historische Sinn auch schon vor der Verbindung der
Philologen mit den historisch-vergleichenden Sprachforschern der griechischen
Grammatik zu gute kam und z. B. dem gedankenlosen Abthun der Erklä-
rung mit Eunstausdrücken Schranken setzte (G. Hermann u. A.). Durch
die historische Sprachforschung, welche zeigte, dass die griechische Sprache
ein Glied der indogermanischen Sprachfamilie bildet, wurde der sprach-
geschichtliche Gesichtspunkt überall zur Geltung gebracht und nicht nur
ein A'usblick auf die vorgeschichtliche Periode der griechischen Sprache
eröffnet, sondern auch ein wesentlich richtigeres Verständnis für das Ver-
hältnis, in dem die in der historischen Zeit entgegentretenden Sprach-
erscheinungen zu einander standen, und damit für den Entwicklungsgang
der Sprache auch in dieser Periode gewonnen.
Im engsten Zusammenhang mit der Betonung des Begriffes der histo-
rischen Entwicklung steht die Abweisung der unberechtigten Vermischung
der Grammatik, namentlich des syntaktischen Teiles derselben, mit der
Logik. Man hatte sich zu verschiedenen Zeiten dem Irrtum hingegeben,
die Sprache folge denselben Gesetzen, wie das begriffsmässige Denken, die
Kategorien des philosophischen Denkens müssten den sprachlichen Kate-
gorien entsprechen (Stoiker, G. Hermann, K. F. Becker). Schon einzelne
unter den Philologen, mehr aber noch die Sprachforscher kamen zu der
Erkenntnis : Ob die sprachlichen Vorgänge mit den Gesetzen der Logik
harmonieren oder nicht, muss dem Grammatiker als solchem gleichgiltig
1. Oesohiohtliches und Begriflniches. (§1.) 7
sein; er hat nur zu fragen: wie ist diese oder jene Erscheinung überhaupt
möglich geworden ? An die Stelle der logischen Betrachtungsweise hat die
psychologische zu treten.
und noch zu einer andern wichtigen Erkenntnis hat die historische
Sprachforschung geführt, einer Erkenntnis, die freilich in die Kreise der
klassischen Philologen noch allzu wenig eingedrungen ist. Es ist nicht
möglich, den Entwicklungsgang einer Sprache so ohne weiteres an den in
chronologischer Ordnung neben einander gestellten Sprachdenkmälern ab-
zulesen, sondern man muss sich zuvor über das Wesen der Sprache über-
haupt und über die Faktoren, welche ihre Fortentwicklung in der Geschichte
bedingen, gründlich unterrichtet haben. Nicht das Studium des Sanskiit
ist es, was die erste Grundlage der „sprachwissenschaftlichen" Ausbildung
auszumachen hat, sondern das Studium der Prinzipienlehre der Sprach-
wissenschaft, wie sie ungefähr s^eit einem Jahrzehnt von Sprachforschern
wie Paul, Weoener, Schüchardt u. a. gepflegt wird. Hat man an der Hand
dieser Prinzipienwissenschaft sich von den mannigfachen irrigen Anschau-
ungen befreit, die das naive Denken erzeugt und die die Macht vielhundert-
jähriger Gewohnheit in uns nur allzu sehr befestigt hat (man denke nur
an unsere altüberkommene grammatische Terminologie mit den zahlreichen
in ihr abgelagerten Verkehrtheiten und überhaupt Unwissenschaftlichkeiten!),
so kann man den Entwicklungsgang einer Sprache wie der griechischen
schon zum guten Teil richtig beurteilen, auch ohne sich in andere, dem
Spezialphilologen ferner liegende Sprachen vertieft zu haben.
Znr Geschichte der. griechischen Grammatik vgl. besonders:
Classeiv. De grammaticae Graecae primordiis, 1829. Schoemank, Die Lehre von den
Redeteilen, nach den Alten dargestellt und beurteilt, 1862. Steinthal, Geschichte der
Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern, 1868. Benfey, Geschichte der Sprach-
wissenschaft und orientalischen Philologie in Deutschland seit dem Anfange des 19. Jahrb.
mit einem Rückblick auf die früheren Zeiten, 1869. Bubsian, Geschichte der klassischen
Philologie in Deutschland, 1883. Delbrück, Einleitung in das Sprachstudium, ein Beitrag
zor Geschichte und Methodik der vergleichenden Sprachforschung. 2. Aufl. 1 884. Pezzt, La
lingaa greca antica (ßreve enciclopedia sistematica di fllologia greca e latina, vol. VI),
18^, p. 2—80. Aus unserm Handbuch gehört das Kapitel Geschieht« der Philologie 1,
S. :iO— 126b hierher, ferner 7, 439-460 und 557-572.
Heryorragendere znsammenfaesende Behandlungen der griechischen Gram-
matik:
Behandlungen aus älterer Zeit: Butthann, Ausführl. griecb. Sprachlehre, Berl.
Bd. 1. 1819, 2. Aufl. 1830, B 2. 1825-1827, 2. Aufl. von Lobeck 1839. A. Matthiä,
Ausführl. griech. Grammatik, Leipz. 2 Teile 1807-1827, 3. Aufl. 1835. Fb. Thiersch,
Griech. Grammatik vorzUgl. des homer. Dialekts, Leipz. 1812, 4. Aufl. 1855. Meul-
B0B2I, Griech. Grammatik für Schulen und Studierende [unvollendet], Halle 1845. R.
Kühher, Ausführl. Grammatik der griech. Sprache, 2 I3ände, Hannover 1834—1835,
2. Aufl. 1869-1870. K. W. Kbügeb, Griech. Sprachlehre für Schulen. Berlin 1842-1846,
5. Aufl. 1873- 1875. Dem gegenwärtigen Stande der griech. Sprachwissen-
schaft entsprechen: G. Mbyee, Griech. Grammatik [ohne Syntax], Leipz. 1880, 2. Aufl.
1886 und Pezzi's genanntes Buch La 1. gr.
In Verbindung mit den verwandten Sprachen wurde das Griechische öfters
bebandelt. Im Zusammenhang mit allen andern indogermanischen Sprachen besonders in
folgenden Werken. Bofp, Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, Armenischen,
Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen, Gothischen und Deutschen, 3 Bde.,
d. Ausg. 1868—1871. Schleicher, Compendium der vergleichenden Grammatik der in-
dogenn. Sprachen, 4. Aufl. 1876. Verfasser, Grundriss der vergleichenden Gramm,
der indogenn. Sprachen, 1. Bd. (Lautlehre) 1886, 2. Bd. (Wortbildungslehre), 1. Hälfte,
1889. Im Zusammenhang mit dem Lateinischen besonders in folg. Werken. L. Meyeb,
Vergleichende Grammatik der Griechischen und Lateinischen Sprache, 1. Bd. 1861 (2. Aufl.
9
A. Qriechische Grammatik, a) Einleitung.
1884), 2. Bd. 1865. King und Cookson The principles of sound and inflexion as
strated in the greek and latin languages, Oxford 1888. Ebkby, Pröcia de gram
compar^e du grec et du latin, Paris 1888 (dieses Werk ist bereiia vergriffen und mir
zugänglich geworden).
Von den Schulgiammatiken sei G. Cubtiüs' Griechische Schulgrammatik,
(seitdem oft wieder aufgelegt) erwähnt, weil sie die erste war, welche die firgebniss
historisch-komparativen Sprachforschnng verwertete, nnd damit dem Betrieb der gi
Grammatik in unsern Schulen eine wissenschaftlichere Haltung gab.
Über das Verhältnis der griechischen (sowie der lateinischen) Gi
matik zur sogenannten vergleichenden Sprachwissenschaft bestehen Meinu
Verschiedenheiten, *) und es erscheint angemessen, hierauf noch mit ein
Worten einzugehen. Statt „vergleichender SpraSchwissenschaft" würde i
da alle Sprachwissenschaft vergleichend ist, zutreffender »indogermani!
Sprachwissenschaft" sagen. Ihre Aufgabe geht in der Rekonstruktion
Daretellung der indogermanischen Ursprache ebenso wenig auf, als e
die der semitischen Sprachwissenschaft in der Wiederherstellung der st:
tischen Grundsprache. Vielmehr hat sie — das gibt die Betrachtung
Dinge selbst mit Notwendigkeit an die Hand — die Geschichte der gan
indogermanischen Sprachfamilie von der Zeit der Urgemeinschaft bis
Gegenwart herab zu erforschen in derselben Weise, wie die semitis
Sprachwissenschaft die gesamte Sprach thätigkeit der Semiten bis auf
heutigen Tag zum Gegenstand hat. Die griechische, die lateinische, die
dische u. s. w. Grammatik aber sind die konstitutiven Teile der indoge
Grammatik in gleicher Weise, wie z. B. die dorische, die ionische u. s.
Grammatik die griechische Grammatik ausmachen. Und so wenig die \
forschung der dorischen Dialekte und die griechische Sprachwissenscli
bloss in einem Verhältnis gegenseitiger Hilfsleistung zu einander stel
und die griechische Grammatik nur als eine Hilfswissenschaft der doriscl
bezeichnet werden kann, ebenso falsch ist es, der indogermanischen Spra«
Wissenschaft nur die Rolle einer Hilfsdisziplin gegenüber der griechisch
lateinischen u. s. w. zuzugestehen. Eine Hilfswissenschaft, die mit Ke(
diesen Namen trägt, steht in Ansehung ihres Forschungsobjektes irgendv
ausserhalb der Wissenschaft, der sie zu dienen hat, grenzt an sie ii
an. Der Begriff der griechischen, lateinischen u. s. w. Sprach wissensch^
geht jedoch jedesmal ohne Rest in dem der indogermanischen auf. So si
denn auch die verschiedenen Versuche, die man gemacht hat, zwisch
„philologischer' und „linguistischer" Behandlung der Sprache einen innere
sachlichen Gegensatz herauszufinden, der es erlaube, dass der Philoloj
immer nur die fertigen Resultate des Indogermanisten zu Rate ziehe ui
umgekehrt, als mislungen zu bezeichnen. Man sagt, zur Philologie gehö
die Erforschung der Sprachentwicklung nur von dem Punkt an, wo d
Überlieferung beginnt. Man spricht von der „historischen'' Grammat
einer Sprache in dem Sinne, dass das Leben der Sprache in vorhistorischi
Zeit ausser Betracht bleibt, und will so einen Gegensatz gegen die „Spracl
vergleichung'' ausdrücken, als ob deren Operationsgebiet jenseits des hist(
') Ich denke hier nicht nur an Meinnngs-
verachiedenheiten zwischen «Lingnisten* und
„Philologen*, sondern auch an solche, die
im Kreise der Linguisten selbst in den letzten
Jahren hervorgetreten sind. Sieh z. B. ]
MxRiirGKB, Ztsdir. f. österr. Qymn. 1888 1
128 ff. (besonders (S. 131).
2. MethodologisoheB zur Lautlehre und zur Syntax. (§ 2.)
9
Tischen Bodens der Einzelsprache liege. Aber die Geschichte einer indogerm.
Sprache von der Zeit der indogerm. Urgemeinschaft bis auf unsere Zeit
ist eine nirgends zu zerschneidende Einheit, und mit dem Entwicklungsgang
der Sprache selbst hat es nichts zu schaffen, aus welcher Zeit das älteste
uns erhaltene Denkmal derselben stammt. Griechische Sprache gab es auch
schon vor Homer, und weder die Weiterentwicklung eines einzelnen grie-
chischen Dialektes noch das Verhältnis der verschiedenen Dialekte zu einander
kann verstanden werden, wenn wir uns nur diesseits der Überlieferung
halten. Die griechische Sprache begann als solche mit der Periode der
^echischen Urgemeinschaft, und das vorgeschichtliche Leben, in den Haupt-
zögen wenigstens, zu rekonstruieren haben wir die Mittel. Ob wir die
nachhomerische oder die vorhomerische Geschichte der griechischen Sprache
erforschen, in beiden Fällen lösen wir dieselbe Aufgabe und wenden dieselbe
Methode an, nur dass das Verhältnis zwischen dem durch Überlieferung
Gegebenen und der kombinatorischen Thätigkeit sich verschieden gestaltet.
Jene «historische Grammatik^ ist also ein schiefer Begriff. Ferner soll der
Sprachwissenschaft ihrem Wesen nach die Erforschung der allgemein usuell
feststehenden Verhältnisse der Sprache, der Philologie dagegen die Erfor-
schung ihrer individuellen Handhabung in der Litteratur zufallen, jene habe
die „Naturseite'', diese die „Kulturseite'' der Sprache zu untersuchen. Aber
auch die Sprachwissenschaft verlangt an sich selbst, dass der Forscher das
Sprachleben bis in seine eigentümlichsten Verzweigungen hinein verfolge,
und 80 gewiss der Philologe als Archäologe nicht allein die Entwicklung
des Tempelbaues und der sonstigen Gattungen des Kunstbaues, sondern
auch die Geschichte des einfachen Wohnhauses zu verfolgen hat, so gewiss
hat er als Grammatiker auch das gewöhnliche Alltagssprechen des gemeinen
Mannes zu studieren. Auch kann ja einerseits die Umgestaltung des all-
gemeinen Sprachusus nicht ohne eine Kenntnis der individuellen Sprach-
sch5pfungen,derhöherenwieder niederen, und anderseits können dieLeistungen
der einzelnen Schriftsteiler nicht ohne richtige Vorstellungen von der Ge-
samtorganisation der Sprache verstanden und gewürdigt werden.^) Und
ebenso wenig ist endlich die Behauptung gerechtfertigt, der Philologie komme
auf Grund ihres Begriffes die Pflege der deskriptiven oder statistisc)ien
Grammatik zu, der Sprachwissenschaft hingegen die entwicklungsgeschicht-
liche Forschung. Man braucht nur andere Philologien als die klassische ins
Auge zu fassen, um sich zu überzeugen, dass auch diese Aufstellung unhaltbar
ist. Hier, wie bei den andern Versuchen, Philologie und Sprachwissenschaft
auseinander zu bringen, als innerlich gegensätzlich hinzustellen, läuft das,
was man für eine wesentliche Verschiedenheit ausgibt, höchstens auf eine
Teilung der Arbeit hinaus, die sich aus Zweckmässigkeitsgründen, vor allem
im Hinblick auf das Mass menschlicher Einzelkraft, empfiehlt.^)
2. Methodologisches zur Lautlehre und zur Syntax. Von den
drei Teilen der Grammatik, Laut-, Formenlehre und Syntax, wurde der
erste durch die neuere Sprachwissenschaft am bedeutendsten gefördert und
*) Vgl. Paul, Principien der Sprach-
gesch.' S. 30.
*) Vgl. Verf., Zum heutigen Stand der
SpracbwiBsenschaft S. 17 ff.
10 A. OrieohiBche Grammatik, a) Einleitiing.
stand in den letzten Jahren im Vordergrund des Interesses. Letzterer
Umstand, oft gerügt, findet seine Erklärung und Rechtfertigung darin, dass
die Lautforschung der gründlichsten Revision bedurfte, und dass die
ganze Morphologie und in der Hauptsache auch die Syntax nur dann sprach-
historisch richtig verstanden werden können, wenn man in den Stand ge-
setzt ist zu entscheiden, welche in den vei'schiedenen Dialekten und den
verschiedenen Zeiten auftretenden Formationen einander etymologisch gleich-
zustellen sind; z. B. hängt die Lösung zahlreicher Probleme der Kasussyntax
im letzten Grunde von lautgeschichtlichen Fragen ab, wie die Entscheidung
der Frage, aus welchen Bestandteilen sich der griechische Dativ zusammen-
setzte (vgl. § 81 flF., 184 flF.).
In der Lautlehre spielt eine wichtige Rolle der Begriff „Lautgesetz'',
der hier um so mehr eine kurze Erörterung verdient, als in betreff seiner
mancherlei Missverständnisse umlaufen. Es entsprang dieser Begriff aus
der schon im Altertum gemachten Beobachtung, dass in einer Sprache oder
in einem Dialekt gewisse Lautübergänge durch eine grössere Reihe von
Wörtern hindurch in derselben Weise erfolgen, z. B. böot. « für das ?; der
andern Dialekte, O^eiq für xyt]Q u. s. w. (§ 8). Solche Gleichmässigkeiten
in der -^ Lautbehandlung nannte man Lautgesetze. Oft schien aber in ge-
wissen Wortformen die Lautaffektion nicht eingetreten zu sein, die man in
der Mehrzahl der gleichartigen Formen beobachtete und demnach auch dort
erwarten konnte, oder es schien eine Änderungsneigung nur einige wenige
Wörter ergriffen und die grosse Mehrzahl verschont zu haben („sporadischer
Lautwandel"), oder dasselbe Wort trat in demselben Dialekt gleichzeitig
bald in dieser, bald in jener Gestalt hervor, so dass die eine von beiden
Gestalten als unregelmässig erschien. Indem nun die neueste Sprachwissen-
schaft genauer erwog, welche Faktoren im Leben der Sprachen thätig sind,
unter welchen Bedingungen und Einflüssen alle geschichtliche Weiterentwick-
lung der Sprachen sich vollzieht, und indem sie dabei berücksichtigte, wie sich
im Lauf unseres Jahrhunderts immer mehr „unregelmässige* Lautvertre-
tungen als regelmässig erwiesen haben, gelangte sie zu dem Axiom, das
man gewöhnlich kurz so formuliert: die Lautgesetze wirken ausnahmslos,
odor: sie sind allgemeingiltig.
Hiermit ist gemeint: wenn innerhalb einer einheitlichen Sprachgenossen-
schaft in einem gewissen Zeitpunkt eine Lautbewegung aufkommt, so ist
für alle Wörter, in denen der Laut unter gleichen Bedingungen (gleiche
Betonung, Silbenstellung, Beschaffenheit der folgenden oder der vorher-
gehenden Laute u. s. w.) vorliegt, die Veränderungsursache gleichmässig
vorhanden, und folglich werden alle gleichmässig von der Lautbewegung
berührt; nur durch ausserhalb stehende, von der Veränderungsneigung selbst
verschiedene Faktoren kann der Verlauf der Bewegung in einer mehr oder
minder grossen Anzahl von Formen gehemmt und durchkreuzt werden, und
man dürfte hier, streng genommen, ebenso wenig von „Ausnahmen** sprechen
als man etwa die Erhitzung des Wassere unter starkem Druck auf über
100® eine Ausnahme von dem Gesetz nennen wird, dass Wasser sich bei
100® in Dampf verwandelt.
Dabei hat man ein doppeltes zu beachten. Einmal, dass es sich hier
2. Ifethodologinches zur Lautlehre und zur Syntax. (§ 2.) H
nur um den Lautwandel im engeren Sinne, um die ganz allmählich vor
sich gehenden Verschiebungen der Laute handelt, wie wenn a zu e oder
e zu i wird, nicht um die sprungweise sich vollziehenden Lautmetathesen
u. dgl. (Verf., Zum heutigen Stand S. 50, Paul, Princip.* 59 f.; vgl. jedoch
Behaouel, Literaturblatt für german. und roman. Philol. 1886 S. 443).
Zweitens, dass man den Ausdruck ^ Gleichheit der lautlichen Bedingungen ""
nicht allzu wörtlich nehmen darf. Absolute Gleichheit hat man nur bei
Homonymen, sonst nur partielle. ^Wie es jedoch zwischen a und i eine
unendliche Reihe von Vokalnüancen gibt, von denen wir aber für die laut-
physiologische und lautgeschichtliche Forschung nur einige wenige fixieren,
und wie wir aus der unendlichen Menge von Dialekten einer Sprache (denn
streng genommen stellt jedes Einzelwesen einen solchen dar) zusammen-
fassend eine Anzahl von Gruppen bilden, so können wir auch ganz mini-
male Verschiedenheiten in den Bedingungen, unter welchen Laute auftreten,
ohne jeden Schaden für die Forschung ignorieren und auch dann von ,gleichen
Bedingungen* reden, wenn wirklich bei mikroskopischer Betrachtung sich
doch eine Differenz wahrnehmen lässt. Der Rechnungsfehler wird gemeinhin
kein grösserer sein, als wenn man die tausendste Stelle eines Dezimalbruches
nicht mehr berücksichtigt.* (G. Meyer, Liter. Centralbl. 1888 Sp. 449 f.
gegen H. Schuchardt, Über die Lautgesetze, 1885, und gegen P. Regnaud,
Les lois phonetiques etc., 1887).
Aufgabe der Sprachwissenschaft ist es nun, in jedem einzelnen Falle,
wo eine lautliche Unregelmässigkeit vorliegt, den interkurrierenden Faktor
nachzuweisen, welcher die Ausnahme erklärt, nicht aber dürfen uner-
klärte Ausnahmen zur Grundlage von Schlüssen gemacht wer-
den, welche die sonst beobachtete Konsequenz der Lautbewe-
gungen aufheben sollen. Bei dem Suchen nach der Erklärung hat man
besonders folgende Punkte zu berücksichtigen, welche der Ausnahme ihren
Schein nehmen und die richtige Deutung an die Hand geben können:
1. Die schriftliche Darstellung der Laute ist oft ungenau und inkon-
sequent, während die Lautproduktion selbst gleichmässig verfährt. Z. B.
sind X, TT auf der grossen Inschrift von Gortyn ungenaue Darstellung der
tenues aspiratae x? y? wie xQovog = XQ^^'^^y nvXd = (fvXa. Vom 2. Jahrh.
V. Chr. an finden wir bald ei bald / geschrieben, wo nur i gesprochen
wurde, wie insidr^ und inidri^ EiQig und iQig (Blass, Ausspr.^ 58).
2. Falsche Ansichten über den etymologischen Ursprung einer Form
können täuschen. Da ^fog nicht gleich lat. deus, ai. devd-s war, so ist
unrichtig, dass ursprüngliches d sporadisch vor Vokalen zu v^ geworden sei.
3. Der Schein der Inkonsequenz entsteht häufig durch Entlehnung von
Wörtern aus andern Verkehrskreisen, sei es dass die Verpflanzung auf
künstlichem Wege durch die Schriftsprache oder infolge örtlicher Berührung
verschiedener Sprachgenossenschaften erfolgt (Dialektmischung, Lehnwörter).
Vgl. die vielen „Vulgärformen** in dialektischen Inschriften, z. B. diaxomoi
neben Siaxdxioir auf den herakleischen Tafeln.
4. Nachdem durch die Wirksamkeit eines Lautgesetzes ein Laut be-
seitigt ist, entsteht oftmals derselbe Laut von neuem und bleibt nunmehr
unverändert. Andre Zeiten, andre Lautgesetze. So waren att. äiöcoai,
12 A. GhrieohiBche Grammatik, a) Einleitung.
nXovmog u. a. keine Ausnahmen von dem Gesetz, dass intervokalisches or
schwand {ytvsog aus *ytrfa'og § 45), denn letzteres Gesetz wirkte nur in
urgriechischer Zeit, diöwai^ nXovaiog aber entstanden erst in einzeldialek-
tischer Zeit aus äiätatt, nXovxiog (§ 37). Ähnlich att. x^äqiAavaiq gegenüber
7iaaa imug aus uratt.-ion. *navaa Hifiiavg (§ 55), und ttwot tijuäg gegen-
über Tifjii'j tmi]g Qtc, aus uratt.-ion. Hi/ia Hi^iäg (§ 10); att. f(rfnr, /m^ifa-
lim gegenüber tip} aus urgriech. **'<r/iY (§ 45).
5. Zwei neben einander wirkende Gesetze erzeugen den Schein der
Ausnahme. Dass im Ionisch-Attischen in ^cii, niaug u. a. i vor * nicht
in <r verwandelt war wie in äiSiom ^-= dor. didwii, ist nicht als Ausnahme
von dem Gesetz zu bezeichnen, dass -n- in -ci- überging; denn es war selbst
ein ausnahmsloses Gesetz, dass t in der Verbindung -crri- nicht spirantisch
wurde (§ 37).
6. Manchmal werden zwei unter verschiedenen lautgesetzlichen Be-
dingungen entsprungene Formen desselben Wortes, nachdem die Wirksam-
keit der beiden Lautgesetze erloschen ist, promiscue, ohne Rücksicht auf die
Bedingungen, unter denen sie entstanden, gebraucht. Im Attischen z. B.
eig und ig, beide aus ivg; ursprünglich nur eig avxo und ig Tovro, dann fig
auch vor konsonantischem und ig auch vor vokalischem Wortanlaut (§ 55).
Derartige Erscheinungen begegnen oft, wo es sich um Satzphonetik han-
delt (§ 63-65).
7. Gewisse Formkategorien scheinen zuweilen ihie besonderen, ihnen
eigentümlichen Lautgesetze zu haben, z. B. die Reduplikationssilben. Der
Schein des Exceptionellen entsteht hier dadurch, dass sich eben nur bei
diesen Formen die betreffende Lautkonstellation vorfindet, welche für den
Wandel Bedingung ist. Die phonetischen Gesetze, welche Lautverbindungen,
die nur selten in der Sprache vorkommen, betreffen und deren Wirksamkeit
sich darum nur an wenigen Wörtern, vielleicht nur an einem Wort be-
kundet, sind im Prinzip nicht weniger generelle als die, welche an tausenden
von Formen hervortreten.
8. Oft hat man, ohne dass dabei eine Eonsequenz sichtbar wurde,
Spaltung eines Lautes in zwei oder mehrere Laute angenommen, wo die
Verschiedenheit vielmehr schon eine ursprachliche war. So war nicht vor-
griechisches a bald zu «, bald zu o geworden {(piQ^, ^oQog), bald « ge-
blieben (ayf), sondern schon die idg. Grundsprache hatte c, o, a neben
einander als Vorläufer von f, o, « (§ 5 Anm.).
9. Sehr häufig erklären sich Ausnahmen als Analogiebildungen (Form-
assoziation). So war z. B. in r^re neben ryoTf nicht „ausnahmsweise <r vor
T geschwunden*', sondern ?;Tf war eine Neuschöpfung nach r^fitv, umgekehrt
war in iaixtv nicht „das ursprüngliche <r der Form ausnahmsweise geblieben**
(vgl. etfih'), sondern das a wurde von fcrr^ übertragen (§ 45. 112). Assozia-
tive (analogische) Neuerungen müssen von den „lautmechanischen** (laut-
gesetzlichen) überall scharf getrennt werden.
Durch Beobachtung dieser und verwandter Gesichtspunkte hat sich
die Zahl der unerklärten „Ausnahmen" von den Lautgesetzen des Griechi-
schen wie seiner Schwestersprachen in den letzten Jahren ganz erheblich
vermindert. Dass ein Rest von Unerklärtem immer bleiben wird, versteht
2. Methodologisches zur Lautlehre und snr Syntax. (§ ^.) 13
sich leicht bei der Spärlichkeit und nach verschiedenen Richtungen hin
Sussorst mangelhaften Beschafifenheit unserer Quellen und bei der Sachlage,
dass wir die Ausnahmen von den Lautgesetzen auf bestimmte Ursachen
zurückführen sollen, während wir die Ursachen der Lautgesetze selbst, ab-
gesehen von unsicheren Hypothesen, noch nicht kennen. Es darf aber dieser
Umstand ebensowenig als Beweis der Unrichtigkeit der von der neueren
Sprachwissenschaft befolgten Forschungsmethode hingestellt werden, als es
etwa einen Einwand gegen die in der neueren Geschichtsforschung gel-
tenden Untersuchungsprinzipien abgeben kann, dass diese nicht alle über-
lieferten historischen Fakta in Einklang mit einander zu bringen vermag.
Erst seit zwei bis drei Dezennien ist die historisch-vergleichende Me-
thode auch auf die Syntax der griechischen Sprache angewandt worden.
Seinen Orund hat dieses einerseits darin, dass der jungen Sprachwissenschaft
die auf die äussere Sprachform sich beziehenden Fragen und Aufgaben als
die dringenderen erscheinen mussten (vgl. S. 9 f.), anderseits in dem Um-
stand, dass die Syntax des klassischen Sanskrit, bei ihrer ganz eigentüm-
lichen Beschaffenheit, zu einer Vergleichung mit derjenigen des Griechischen
und andrer europäischer Sprachen wenig anregte; erst durch die Erschlies-
sung des vedischen Dialektes, dessen Syntax der griechischen sehr nahe
stand (beträchtlich näher als z. B. die lateinische), wurde dem vergleichen-
den Studium der Syntax ein kräftigerer Impuls gegeben (das Hauptwerk
über die ved. Syntax ist B. Delbrijck's Altindische Syntax, Halle 1888).
Vor einer Herleitung der syntaktischen Kategorien aus den logischen
Denkformen braucht heute kaum mehr gewarnt zu werden. Dagegen dürften
mit Rücksicht auf die heutige syntaktische Forschung folgende prinzipielle
Bemerkungen immer noch nicht überflüssig erscheinen.
Man hat strenge zu scheiden zwischen der allgemeinen Bedeutung einer
Form und ihrer Grundbedeutung. *) Jene wird durch Zusammenfassen der
einzelnen Gebrauchsweisen einer Form zu einem höheren, gemeinsamen Be-
griff gewonnen, ist eine allgemeine Formel, auf die man die einzelnen Funk-
tionen zu bringen sucht, und hat, als ein Produkt logischen Abstrahierens,
nur einen Wert für die Orientierung. Diese ist die ursprüngliche Funk-
tion, aus der die einzelnen Bedeutungen sich im Lauf der Zeit entwickelten,
also streng genommen immer die Funktion, welche die Form zu der Zeit
hatte, als sie entstand. Sie kann lediglich auf historischem Wege gefunden
werden. Und muss sie, wie es meistens der Fall ist, jenseits der durch
Denkmäler bezeugten Periode der Sprache gesucht werden, so kann nur
die Vergleichung der anderen Dialekte und Sprachen die Mittel zu ihrer
Feststellung an die Hand geben. Nun liegt aber der Ursprung der flexi-
rischen Elemente, an die sich in der Regel die syntaktischen Funktionen
knüpfen (vgl. z. B. das -/- in (f^Qo-i-i^uv, das -og und -<o in nod-og und
iT.To-io), allermeistens weit jenseits des Sprachzustandes, den die Sprach-
forschung durch Vergleichung der verschiedenen idg. Sprachen mit einiger
Sicherheit zu erschliessen im stände ist (Ausgang der idg. Urgemeinschaft),
und die Versuche, den Ursprung auf etymologischem Wege aufzuklären
') Vgl. KvicALA, Ztschr. f. d. österr. 4. 1; Paul. Princip. ' 85.
Gymnaa. 1863 S. 305; Delbrück, S. F. 1, 11. ,
14 A. Qriechische Chrammatik. a) fiinleitiing.
(vgl. z. B. die Herleitung des optativischen -i-, -i- von der Wurzel ei-
«gehen^), sind zu unsicher, um einen Anhalt für die Feststellung des Orund-
begriffs abgeben zu können. Hieraus erwachsen der historischen Syntax
grosse Schwierigkeiten. Und diese mehren sich, wo zum Ausdruck der-
selben Funktion verschiedene, etymologisch nicht vereinbare Formationen
neben einander dienen. Was etymologisch verschieden ist, hatte wahr-
scheinlich im Anfang auch verschiedene, wenn vielleicht auch nur sehr
wenig verschiedene Bedeutung. So wird z. B. der sigmatische Aorist (ßSti^a)
von Beginn an nicht dasselbe bedeutet haben wie die starken Aoriste
(läofievy iffvyovy rjyayov etc.); sondern in ähnlicher Weise wie im Latei-
nischen der ursprüngliche Konjunktiv und der ursprüngliche Optativ so
zusammenrannen, dass die Konjunktivformen (z. B. feram) die Optativbedeu-
tungen und die Optativformen (z. B. sim) die Konjunktivbedeutungen mit
übernahmen, wird auch ein Teil der aoristischen Funktionen anfänglich nur
an den 5-Formen, ein anderer Teil an den andern Formen gehaftet haben
und dann eine Funktionsvermischung eingetreten sein (§ 159). In solchen
Fällen, wo mehrere altüberkommene Formationen mit gleicher Gebrauchs-
weise in der historischen Gräzität neben einander standen, ist also eine
Zurückführung der verschiedenen Funktionen auf einen einheitlichen Aus-
gangspunkt von vornherein unzulässig. Ferner ist zu beachten : in den sehr
häufigen Fällen, wo eine Formkategorie schon in uridg. Zeit verschiedene
Bedeutungen hatte — z. B. wurde der Optativ schon damals zugleich als
Potentialis und als Wunschmodus gebraucht (§ 166) — muss die einzel-
sprachliche Grammatik sich hüten die Funktionen auf dem einzelsprach-
lichen Gebiete historisch vermitteln zu wollen. £s ist a limine verkehrt,
zu fragen: welches war die Grundbedeutung des Optativs fürs Griechische
(im Gegensatz zum Indischen, Italischen etc.)? Aus allem dem ergibt sich,
dass in der syntaktischen Forschung das Suchen nach den Grundbegriffen
die allerletzte Aufgabe ist, dass man meistens auf die Lösung derselben
überhaupt verzichten muss und nur festzustellen hat, welche Anwendungen
einer Formenkategorie aus den Zeiten der gemeinsamen Ursprache stammten
und was aus ihnen im Verlauf des Sonderlebens der einzelnen Sprache wurde.
Die verschiedenen syntaktischen Funktionen einer Form bestimmen
sich nach dem Satzzusammenhang (vgl. fSvDxa in den beiden Sätzen iSwxa
ravta und sl slxov^ i6o)x ar), und es ist von Wichtigkeit, dass man überall
die immanente Bedeutung einer Form, d.Ti. die, welche sie unter allen Um-
ständen hat, und die zufällige, d. h. die, welche sie über jene hinaus hat und
welche ihr nur in einem gewissen Zusammenhang und nur durch diesen zu-
kommt, klar auseinander halte. Letztere wird oft mit der ersteren verwechselt.
So hatte z. B. das partic. aor. nichts von Vergangenheitsbedeutung an sich,
diese wurde, wo sie vorzuliegen scheint (z. B. «/rwr ravra d/rf^frv), nur
erst durch die bestimmte Verbindung erzeugt *(§ 161), war also zufallig,
während dagegen der Sinn der Aktionsart (§ 159) der Form immanent war.
Ein weiteres, bei syntaktischer Forschung oft übersehenes Erfordernis
ist, dass man nicht in die Sprache hineinlege, was nicht dem Schriftsteller
selbst, dessen Worte fnan untersucht, in der Seele gelegen hatte. Dieser
nach vielen Richtungen hin zu beachtende Grundsatz soll hier nur auf einen
fi. Methodologisohes zur Lautlehre und zur dyntaz. (§ ä.) 15
Fall beispielshalber angewandt werden. Wenn es gilt, den Verlauf einer
syntaktischen Entwicklung durch die Denkmäler hindurch zu verfolgen,
so werden oft gewisse den Schriftstellern entnommene Beispiele als solche
hingestellt, in denen noch die ursprüngliche Bedeutung hervortrete, die
ooch den Anfangspunkt der Bewegung zeigten. Man nehme z. B. die Ver-
suche, in homerischen Sätzen die alte parataktische Fügung nachzuweisen,
wie A 470 deiSw, fitj ti naO^naiv: „Ich bin in Furcht. Dass ihm nur nichts
zustösst!*" Man darf zwar solche Beispiele zur Erläuterung des ursprüng-
lichen Sprachzustandes heranziehen, muss sich aber darüber klar sein, dass
die Zurückführung auf die ursprüngliche Form an dem einzelnen Beispiel
nur insofern statthaft ist, als dasselbe den gesamten Satztypus vertritt;
der Versuch, in jedem Beispiele an und iur sich die ursprüngliche Form
wiederzufinden, ist weder thatsächlich durchführbar noch theoretisch gerecht-
fertigt. Denn sobald ein neuer Typus in einer Anzahl von Beispielen ein-
mal geschaffen ist — die Nebensätze stammten als solche zum grossen Teil
aus der idg. Grundsprache (§ 203) — , wird das in ihnen vorliegende Bei-
spiel von den nachkommenden Geschlechtern nachgeahmt und gedächtnis-
massig reproduziert, ohne dass die verschiedenen Momente der Entwicklung,
welche die ersten Beispiele durchzumachen hatten, ferner noch irgendwie
eine Rolle spielen. Jener Irrtum ist also von ähnlicher Art wie der-
jenige, zu dem die gewöhnliche Fassung von Lautregeln in der praktischen
Grammatik, z. B. „t, J, ^ gehen vor ^-Lauten in <r über, wie dvva'O^rjvai
von ai'vr-w, neKT'&fjvai von Tteix^-a)'*, so leicht führt: der betreffende Laut-
übergang vollzog sich nicht immer von neuem, sondern war in der Zeit,
für die man die Verwandlungsregel aufstellt, bereits abgeschlossen, und
die damals Lebenden hatten die betreffenden Formen entweder rein ge-
dächtnismässig aufgenommen und reproduzierten sie auch so, oder sie hatten
dieselben nach Analogie (etwa nsiad^rivai zu insiaa nt'nfiainai nach Sqsi-
ai^r^ran r^geiaa iQjf^Qfiafim u. ähnl.) gebildet. Vgl. hierzu noch § 203 Anmerk.
und Urtel, Progr. von Weimar 1884 S. 4.
Leskiek, Die Decl. im Slavisch-litauischen und Gernianischen, 1876. Verf. M. U. 1
Vorwort, wo zugleich andere ältere Litteratur verzeichnet ist fp. XIII). Misteli« Ztschr.
för V5lkerp8. 11, 365 £F. 12, 1 £F. Osthoff, Das physiologische und psychologische Moment
in der sprachlichen Formenbildung, 1879. Delbrück, Einleitung etc. (s. § 1 S. 7). Masino,
Laatgesetz und Analogie in der Methode der vergleichenden Sprachwissenschaft (Jahresber.
der St.-ADnenschule in St. Petersburg), 1883. Bloomfield, On the probability of the exi-
stence of phonetic law, Amer. Journal of Philol. 5, 178 ff. G. Karsten. Zur Gesch. d.
altfranz. Consonanten Verbindungen, Freiliurg 1884, S. 14 ff. John, Über die methodischen
Prinzipien der sog. Junggrammatiker, Korresp.-Iil. f. d. Gel.- und Realschulen 1884, 3. u. 4.
Heft 6. CuRTius, Zur Kritik der neuesten Sprachforschung 1885, S. 6 ff. Delbrück, Die
neaeste Sprachforschung, 1885, S. 8 ff. Verf., Zum heutigen Stand der Sprachwiss., 1885,
8. 47 ff. SceucHARDT, Ober die Lautgesetze, 1885. Wukdt, Über den Begriff des Gesetzes,
mit Rücksicht auf die Frage der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze, Philosoph. Stud. 3,
195 ff. Jespersen, Zur Lautgesetzfrage, Techmer's Internat. Ztschr. f. allgem. Sprachwiss.
3, 188 ff. Gröber in seinem Grundriss der roman. Philol. 1, 209 ff. Paul, Principien
der Sprachgeschichte. 2. Aufl. 1886, besonders S. 46 ff. (mit der Besprechung von
Bkbaguel, Literaturbl. f. germ. und roman. Philol. 1886, S. 443). Ascoli, Sprachwissen-
BchafÜiche Briefe, 1887, S. 173 ff. Weitere Littoratumachweise bei Schuchabdt a. 0. p. V sq.
und bei Techmer, Internat. Ztschr. för allgem. Sprachwiss. 3, 403 ff. — Speziell über
Syntax: L. Lange, Über Ziel und Methode der syntakt. Forschung, Verh. der Göttinger
Philologenvers.. 1852; Delbrück, Über die Resultate der vergleichenden Syntax, Verh. der
Leipziger Philologen vers., 1872; Ziemer, Junggrammatische Streifzüge, 2. Aufl. 1883,
2. Abschnitt.
16
A. Orieohiflohe Grammatik, a) Einleitung.
3. Die Stellung des Griechischen im Kreise der idg. Sprachen
und die griechischen Hundarten.
Obwohl es a priori nicht unwahrscheinlich ist, dass das Griechische
zu einem oder dem andern der übrigen Glieder der indogermanischen Sprach-
familie ^) in näherer verwandtschaftlicher Beziehung stand als zu den andern,
so ist doch eine solche Beziehung von der Sprachwissenschaft bis jetzt
weder bewiesen noch wahrscheinlich gemacht. Die beliebte Annahme einer
gräkoitalischen Sondereinheit entbehrt bis jetzt jeder festeren Grundlage.
JoH. Schmidt, Die Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen 1872. Delbrück,
Einleitung, 2. Aufl., 131 ff. 0. Scbbadeb, Sprachvergleichung und Urgeschichte, 1883,
S. 66 ff. Vf., Zur Frage nach den Verwandtschaftsverhftltn. der idg. Sprachen, in Tbch-
mer's Internat. Ztschr. für allgemeine Sprach wissensch. 1, 226 ff. P. von Bradke, Beiträge
zur Kenntnis der vorhistorischen Entwickelung unseres Sprachstammes, Giessen 1888.
Von den zahlreichen Neuerungen, welche das Griechische in allen Ge-
bieten der Grammatik sowie im Wortschatz zur Zeit der griechischen Ur-
gemeinschaft erfuhr und welche die griechischen Mundarten gegenüber den
andern indogerman. Sprachen als eine geschlossene Einheit erscheinen lassen,
seien beispielshalber genannt: ^a, ccq aus r, z. B. ion.-att. ^öqccxov = ai.
ddriam (§ 23); -r aus -w, z. B. ion.-att. ft^or = lat. jugum (§ 20);
Schwund von s zwischen Vokalen, z. B. ion. ytvsog att. ytvovg = ai.
jänas-as (§ 45); -rc- aus -nti-, z. B. gen. kret. (f€Q6vaag att. ifsqovarfi aus
^pherontias, vgl. ai. hhdrantyäs (§ 38); Bildung einer Komparativkategorie
mittels des Suffixes -/en-, wie t^^'(a)v (§ 71, 2. 73, 3), und einer Superlativ-
kategorie mittels -Taro-, wie (afio-Tavo-g (§ 70, 14b); Bildung der Kategorie
des x-Perfekts wie i'arrjxa (§ 135); Umbildung des nom. und gen. sg. der
männlichen fl-Stämme nach der Analogie der ö-Stämme, wie att. noXixr^^q
noXtxov (§ 75. 79); Schöpfung der medialen Imperativform auf -<r^a), wie
ffsqäad^iüy nach dem Muster der aktiven Form auf -reo (§ 114); Medialisierung
der Infinitivendung -c^ai, wie (fbQsa&ai (§ 146, 1); Entwicklung des gene-
tivus absolutus (§ 171); Entwicklung des Optativs der indirekten Rede (§ 167).
Von Beginn der Überlieferung erscheint die griechische Sprache in
dialektischer Variation und befand sich sicher auch schon Jahrhunderte vor
Homer in diesem Zustande. Die alte Dreiteilung der Mundarten in Äolisch,
Dorisch und Ionisch ist wissenschaftlich ungenügend, ebenso aber auch jede
andere die Dialekte im Sinne der „Spaltungs-"" oder „Stammbaumtheorie'
sondernde Einteilung, die einige Hauptgruppen aufstellt, diese wieder in so
und so viele Untergruppen teilt u. s. f. Die dialektische Differenzierung
vollzog sich, wie anderwärts, so auch auf griechischem Boden nur zum
Teil infolge von Spaltungen und geographischen Trennungen des Volkes.
Vielfach ging sie vor sich, ohne dass die geographische Kontinuität des
Sprachgebietes aufgehoben und der Volksverkehr wesentlich beschränkt
war. Es können, was früher oft unbeachtet geblieben ist, bei geographi-
schem Zusammenhang sprachliche Neuerungen in einem Gebiete aufkommen
und sich über dieses verbreiten, dessen einer Teil zu einem andern Dialekt
oder einer andern Dialektgruppe gehört als der andre, so dass die Grenze,
') Man merke die Abkürzungen: ai. =
altindisch, av. = avestisch, air. = altiriscli,
ahd. = althochdeutsch, nhd. = neuhoch-
deutsch, ]it. ^litauisch, aksl. =» altkirchen
slavisch.
d. Die Stellaiig des GriechiBohen im XreiB der idg. Sprachen etc. (§ 3.) 17
die man sonst im Sinne der Spaltungstheorie zieht, für diese Sprach-
erscheinungen nicht gilt. Aber auch diese werden in der Wissenschaft
als mundartliche Erscheinungen bezeichnet, und ihr Verbreitungsgebiet ist
als eine Einheit zu betrachten. Man bringt also das Bild der Stammtafel
nur zu stände, indem man willkürlich eine Anzahl von Verschiedenheiten
herausgreift und über andere hinwegsieht. *) Was aber die Ermittlung des
Verlaufes der dialektischen Differenzierung noch besonders erschwert, ist
der Umstand, dass vielfach die Sprechenden in verschiedenen Gegenden
unabhängig von einander auf dieselbe Neuerung verfallen und wir solche
Übereinstimmungen nur bei bedeutenderer räumlicher Trennung als zufallige
zu erkennen vermögen. Zufalliges Zusammentreffen in Neuerungen gibt aber
natürlich kein Kriterium engeren historischen Sprachzusammenhangs ab.
Über die griechischen Dialekte im Allgemeinen. Ahrbns, De Graecae lin-
gnae dialectis, I. De dialectis Aeolicis, 1839, II. De dialecto Dorica 1843. Meister, Die
r'echischen Dialekte auf Grundlage von Ahrens' Werk ,De Gr. 1. dial." dargestellt,
Asiat isch-Äolisch, Böotisch, Thessalisch, 1882.*) Collitz, Die Verwantschaftsverhftitnisse
der Griech. Dialekte mit besonderer Rücksicht auf die Thessalische Mundart, Gott 1885.
Pkzzi, La lingua greca, p. 309—474. JoBANSsoif Nägra ord om dialekter, specielt de
grekiska, Aftryck ur Upsala Universitets Arsskrift 1887. H. W. Smtth, The dialects of
North Greece, Americ. Joum. of Philol. 7, 421 ff. 0. Hoffmann, De mixtis Graecae
linguae dialectis, Gott. 1888.
Inschriftensammlungen, die dem Studium der Dialekte dienen. Sammlung der
griech. Dialekt-Inschriften, herausgeg. von H. Colutz (und F. Bbchtbl): I,^Eypro8, Äolien,
Thessalien, Bdotien, Elis, Arkadien, Pamphylien, 1884. II, 1, Epirus, Akamanien, Gebiet der
Anianen und Phthiotis, Lokris und Phokis 1885. III, 1, Megara, 1888. IV, 1. 2 Wortregister
zu I. und zu II, 1, 1886 und 1888. Cauer, Delectus insciiptionum Graecarum propter
dialectnm memorabilium, ed. II. 1883.
Es folgt eine Aufzählung der Mundarten, wie wir sie vorzugsweise
aus den inschriftlichen Überresten kennen lernen. Unsere Zusammenfassung
zu kleineren und grösseren Gruppen stützt sich auf Spracherscheinungen,
die sich in mehreren Mundarten zugleich finden, darf aber nach dem oben
dargelegten, wie alle solche Gruppierungen, zunächst nur einen Wert als
Orientierungsmittel beanspruchen und ist keine irgend genaue und er-
schöpfende Darstellung des Entwicklungsganges, den die mundartliche
Differenzierung der griechischen Sprache genommen hatte. Wir fügen bei-
spielsweise einige Charakteristika aus der Laut- und Formenlehre hinzu (die
anzuführenden Erscheinungen waren jedoch nicht jedesmal ausschliessliches
Eigentum des betreffenden Dialektes oder der betreffenden Dialektgruppe)
und nennen neuere Arbeiten über die einzelnen Mundarten.^)
I. Ionisch-attische Gruppe, r] gegenüber ä in andern Mundarten,
2. B. lir^xriQ = dor. iicnr^Q (§ 10), r]iiHg = dor. antg (§ 56. 58). p früher
geschwunden als anderwärts (§ 13).
A. Ionisch.*) ij für ä auch nach q^ i, e, i;, z. B. nqriKsam = att.
0 Vgl. Paul, Princip.« 35 flf. 337 ff.
Mexzdobf, Sprachwissenschaftl. Abhandl. aus
G. Curtiufl' graram. Gesellsch. 1874 S. 21 ff.
*) Der zweite Band dieses Werkes be-
findet sich im Drucke. Die sieben ersten
Bogen desselben konnte ich durch die Güte
des Verfassers bereits für diese Grammatik
benutzen.
') Vollständigere Aufzählung der be-
züglichen Litteratur bei G. Meybb, Gr. Gr.*
p. XIX sqq. und bei Fezzt a. a. 0.
^) Ermau, De titulorum Ion. dialecto,
CuRTiü8'%3tud. 5, 249 ff. Eabstbn, De titu-
lorum Ion. dialecto, Hai. Sax. 1882. Bechtel,
Die Inschriften des ion. Dialekts, Abh. der
kgl. Ges. der Wiss. zu Göttingen XXXIV,
1887.
Buidbuch der klMi. AltertumswiasenBcbAft. U. 2. Aufl
18
A. Grioohische Grammatik, a) Einleitiing.
ngatTO), xqnfjxovtcc = att. tqiaxovtcc (§ 10). cc gegenüber att. tt, z. B.
nqriaao) (§ 38).
1. Mittlerer Teil der Westküste Eleinasiens mit den Inseln Chios
und Samos (ionische Dodekapolis).
2. Kykladen: Naxos und Eeos; Delos, Faros mit Thasos und Pharos,
Siphnos.
8. Euböa: Chalkis mit den Kolonien Eyme, Rhegion u. a.; Eretria
(Rhotazismus, wie in onogai = att. oTrocrai, § 39) und Styra.
B. Attisch.^) Zeigt am häufigsten von allen Dialekten Eontraktion
von Vokalen, z. B. axoov aus däxwvy ^b'Qjj aus (f€Q€m (§ 17).
II. Dorische Gruppe. 3. sg. auf -r/, didiOTi = att. didwai^ 3. pl.
auf -IT*, iftqovu = att. (pe'Qovai (§ 37). 1. pl. act. auf -fieg, ^tQOfieg = att.
^äQOfiev (§ 107). Aktive Personalendungen in den zu den Passivaoristen
gehörigen Futura, z. B. kret. dvayqaq>r^aH (oder -rjast) = att. cb'ay^yij-
aatat, rhod. iitifAeXij&r^cevvri = att. imfAsXtjd'r^co^'Tai (§ 150).
A. Lakonika mit Tarent und Herakleia.
1. Lakonika. 2) ü, ü = att. r, v, z. B. iiovaiSdei = ^fiv&f^ei (§ 7).
^ (P^) = att- ^j z. B. aio- = ^€0- (§ 34). Intervokalisch h = att. er,
Z. B. €vt]ß(6aig = ivtjßoiaaig (§ 39).
2. Tarent und Herakleia.^) Herakl. dat. pl. der partizipialen »ir-Stämme
auf -«(rc/, wie nqaaa6v%-aaai (§ 72, 3. 90).
B. Messenien. Eonjunktivformen wie t/'^i^it» = att. fi^ai, y^a-
yi^tTi = att. ypaycöcri (§ 142, 1).
C. Argolis und Ägina. -vg, wie in Tovg vtovg = att. rovg viovg (§ 55).
Intervokalisch h = att. c, z. B. dtfjuoii^ = att. dr^jnoat^ (§ 51).
D. Eorinth mit Eorkyra (Syrakus u. a., s. F.). Erhaltung des f auch
nach Eonsonanten, korinth. Jpsiviä, S*Tfcür, Uv^pog^ kork, nqo^svpog^
oQrOS (§ 13).
E. Megara mit Byzanz (und Selinus, s. F.).*) Meg. ca = rira (§ 95).
F. Die peloponnesischen Eolonien Siziliens.*) Vgl. D, und E. In-
wieweit die Mundarten der verschiedenen Städte die Eigentümlichkeiten
der Mutterstädte festgehalten und inwieweit sie sich durch Sprachmischung
in Sizilien selbst verändert hatten, ist bei der Dürftigkeit der QueUen nicht
mehr zu ermitteln, v aus A vor ^-Laut^n, wie ßävviavog (§ 22). Imperat.
(syrak.) Xaßov (§ 144). Perf. ohiXw = att. iXwXa (§ 134).
G. Ereta.*) Nicht unerhebliche Verschiedenheiten innerhalb der Sprache
dieser Insel. Erhaltung von r<r, wie Tidraarg = att. Tidaag (§ 55). v = X
^) Caukr. De dialecto Attica Tetustiore,
CcBTirs* Stad. 8. 223 ff.. 399 ff. van Hbb-
WERDBX, Lapidum de dialecto Attica testi-
monia, Traj. ad Rh. 1880. Riexakk, Le
dialecte attique d*apr^ les inscriptions, ReTue
de pbilol. 5, 145 ff.. 9, 49 ff. Meister-
HANS, Grammatik der att Inschriften. 2. Aufl.
1888. Hecht. Orthographi^h - di^ektische
Forschungen auf Grund att. Inschriften 188o.
Kretschmer, Über den Dialekt der att. Vasen-
inschriften. K. Z. *29. 381 ff.
-) MÜLLE.VSIEFEN, De tituloTum Laconi-
comm dialecto, Diss. phil. Argentor. 6, 131 ff. .
') Meister, De dialecto Heracliensiom
Italicorum. Curtics* Stud. 4, 355 ff.
*) Schneider. De dialecto Megarica, Giss.
1882.
') Ahreks, De dialecto Sicula, MonasL
1868.
«) Hey, De dialecto Cretica. Dess. 1869.
Helbio, De dial. Cret, Plav. 1873. J. und
phüolog.
Wochenschr. 7 n. 1 ff. Herforth, De dial.
Cret, Hai. 1887.
8. Die Siellimg des Ghrieohiechen im Kreis der idg. Sprachen etc. (§ 3.) 1 9
vor Konsonanten, wie in avaoq^ adavqfiaC (§ 22). Lautgruppe cp in piapov
= att. Tfxov (§ 13). TT und f = homer. ccr att. <r aus urgr. r/ und tc,
z. B. inoTTog o^og = orroaaog ocrcro^, onoaog oaoq^ SarraO^d^m da^ad-ai
= Sdaaac&w (§ 38). -Jd- rf- und t (rr) = ion.-att. C, z. B. dixaddo)
= Axafw, ^^r« 7^1'« Tr^va = Z^ta (§41). ^^ = att. <r^, z. B.
iiiox^O-oi} = did6ad-(ü (§ 48), vgl. täu^ x^vyciräqaq^ ncnqdi dovrog, zotk Xsiovai
= att. Tiig, noTQogy roTg (§ 64). Im acc. pl. Neubildung -avg für -ag,
z. B. emßaXXovT-avg (§ 87).
H. Melos und Thera nebst Kyrene.
I. Rhodos mit seinen sizilischen Pflanzstädten Oela und Akragas.^)
Inf. auf -/i«v für -fisv, z. B. ^ä-fieiv = &ä'fji€v (§ 146, 2).
E. Andere dor. Inseln des ägäischen Meeres: Anaphe, Astypaläa,
Telos, Kos, Kalymna u. a.
Anmerkung. Ahrens schied die dorischen Mundarten» zu denen er auch unsere
nordwestgriecbische Gruppe (III) rechnete, in eine severior und mitior Doris, je nachdem
f durch Kontraktion mit folgendem € oder durch „Ersatzdehnung" zu rj oder zu et, und
entsprechend o durch Eontraktion mit folgendem o, « oder durch „Ersatzdehnung* zu co oder
m ov geworden erscheint. Diese von G. Meter u. a. bekämpfte Scheidung kann man,
wie JoHAüssoN De derivatis verbis contractis p. 22 sqq. zeigt, bei richtiger Auffassung
der sprachgeschichtlichen Yorgftnge auch heute noch gelten lassen. Vgl. § 17 Anm.
III. Nordwestgriechische Gruppe, ei aus €€ und durch „Ersatz-
dehnung*" aus f , wie im lon.-Att. (§ 55. 56. 58). Neubildung des dat. pl. der
konsonantischen Stämme, auf -oic, wie fieiov-otg = att. fiefoai (§ 90). €v
mit Akkusativ (§ 178).
A. Epirus, Akamanien, Atollen, Oebiet der Änianen und Ötäer und
Phthiotis.
B. Lokris und Phokis (besonders Delphi). 2) <rr =: att. <r^, wie ikäarco,
d. h. ^ blieb nach a Verschlusslaut (§ 34). Partie. xaXsifievog aus *xaAf(()6-
fievog gegenüber att. xaXovfisvog aus *xaX€(i)ofi€vog (§ 118).
1. Lokris. Übergang von * in a vor q, z. B. acc. naTaqa (§ 27).
2. Phokis. fSvXr^ovteg, xXäqwsiv (§ 123).
Zu dieser III. Gruppe darf man wohl auch die Sprache von Achaja
stellen. Sie bietet die Nominativformen auf -eg auch als Akk. gebraucht,
z. B. tovg iXdaaovsg^ wie delph. ^väg Sexaxtxoqsg^ welche Erscheinung sich
freilich auch im El. und Messen, findet (§ 177).
IV. Nordostgriechische oder äolische Gnuppe.^) Verwandlung
der Verbindung eines kurzen Vokals mit folgendem antevokalischem p in
einen Diphthongen, z. B. evidov aus e-t^ido-n (§ 13. 14). -saai im dat. pl.
der konsonantischen Stämme, z. B. avdq-saai (§ 90). Part. perf. act. auf
fäv -ovTog^ z. B. lesb. nsnor^xtav (§ 134). Angabe des Namens des Vaters
mittels eines Adjektivs auf -lo-g^ wie böot. Jiog>dv€iog.
A. Lesbos und das äolische Kleinasien.^) Barytonesis, z. B. narafiog
') BbÜll, Über den Dialekt der Rhodier,
Progr. Leobschütz 1875.
') Allek, De dialecto Locrensium, Cur«
nus* Stud. 3, 205 ff. Hartmans, De dia-
lecto Delphica, Vratisl. 1874.
') Brand, De dialectis Aeolicis quae di-
eontur, Berol. 1885.
^) YoLKUAVV, Quaestionum de dialecto
Aeolica capita duo, Hai. 1879. Führer,
Ober den lesb. Dialekt, Arnsberg 1881, und
über die Stellung des Lesbischen zu den
verwandten Dialekten, Bezzenberoer's Beitr.
6, 282 ff.
o*
20 A. Griechische Grammatik, a) fiinleitimg.
= att. noTajjLog (§ 68). •««!•- aus -avo'-, -oia- aus -ova- u. dgl., z. B. nätacc
= kret. Ttavaa att. Trao-a (§ 55). Psilosis, z. B. o = att. o (§ 51).
B. Nordthessalien. ^) ov = att. w, z. B. iSovxe = Idcox« (§ 9). Inf.
auf 'Ceiv -a&eiv = att. -cxa* -(r&ai, z. B. ovyQdtpetv iaata&Biv = dvayQaipat
iaecö^ai (§ 146, 1. 6). Pronomen o-r« (§ 94). Gebrauch des loc. sg. auf
'Ol als gen. (§ 82. 181).
C. Böotien.2) ü, ü = att. v, v, z. B. toiJx« = i^i^x^, Schreibung »ov
nach T x^ d V X, wie in IloXiov^evoq = IloXv^evog (§ 7). a«, o« = att.
a*5 Ol und weitere Verwandlung in rj^ v, z. B. AiaxQtovdog, r-i (= a&i) und
^^(TTo-^ofrog, Ovv-aQxogj und Verwandlung von « in J, z. B. af<fw = ion.
äsidw (§ 15). TT = homer. cro' att. er aus urgr. t/ und ra, z. B. onottoq
und xofJLiTrdfAsvog (§ 38). -rfrf- und rf- = ion.-att. f, z. B. yQafifiauSdw,
JmXoq (§ 41).
In ein paar charakteristischen Spracherscheinungen stimmten einerseits
Lesbisch und Thessalisch, anderseits Thessalisch und Böotisch zusammen.^)
Lesbisch-Thessalisch z. B. vv fifi XX qq, wo im Boot, und sonst Verein-
fachung der Doppelkonsonanz und eventuell sogen. Ersatzdehnung statt-
fand, wie lesb. xqivv(o thessal. xgewoo = xQtvw, lesb. afifis thess. a/iju*'
= T^l^dg (§ 56. 57). Thessalisch-Böotisch z. B. Übergang von ij in ei (ge*
schlossenes e), z. B. thess. vaxeqonsivvict = vareQOfir^viA^ böot. fAsiva
= /ii^va (§ 8); 'Vx^' für -W- in den Endungen der 3. pl. med., wie thess.
iyävovd-o, böot. iyQÜipavx^o (§ 107).
V. Elis.'*) « = att. urgr. *;, z. B. ia = «r; (§ 8). -q = att. s,
z. B. Tip = rig (§ 45. 64, 1). f d. i. d = att. c^, z. B. ^ixaiog, pei^wg
= dixaiog, Udiag (§ 38).
VI. Arkadien mit Kypros.^) Übergang von o in u, z. B. ark.
aüi; = aXXo^ kypr. yevoixv = ytvoixo^ gen. sg. ark. KaXXiav kypr. 'Ova-
cayoQav (§ 9). 3. pl. auf -ai, z. B. ark. x^AciJwvcr* = att. xtXevwai^ kypr.
JJwcr« = att. i^ovai (§ 37). iv =- att. iv (§ 27), auch mit Akk. (§ 178).
dnv (= att. and) und «J {ig) mit Lok.
A. Arkadien. Gen. sg. der fem. ö-Stämme auf -av, wie C^fn'av (§ 79, 2 .
Medialendung -toi für att. -rai, wie ibxaxroi (§ 108). Pronominalformen gen.
sg. Tö)-n acc. sg. tav-vC (§ 94).
B. Kypros. i-Epenthese, wie alXog = att. iiXXog (§ 54). Gen. sg.
der o-Stämme auf -wv, wie aQyvqwv (§ 79, 3). Acc. sg. der konsonantischen
Stämme auf -av für -a, wie a{v)SQnd{v)Tav (§ 77).
') VON DER Pfobdten, De dialecto Thes-
salica, Monach. 1879. Keuteb, De d. Th.,
Berol. 1885 (Gegen Heuteb's AbtrennuDg
der Mundart von Pbarsalus [Thessaliotis]
vom Nordthessalischen p. 77 sqq. erklärt sich
mit Recht Caueb in der \Vochenschr. f.
klass. Philo! . 1885, S. 807). Pbellwitz, De
d. Th., Gott. 1885.
^) Brebmann, De dialecto Boeotica, Cüb-
Tiüs* Studien 9, 1 flf. FOhbeb, De d. B., Gott.
187Ü.
®) Vgl. Smyth, Am er. Journ. of Phil.
422 sqq., Reuteb, p. 81 sq.
-*) Dahibl, De dialecto Eliaca, Hai. 1880.
Pezzi, II dialctto dell' £lide neile iscrizioni
testä scoperte (Memorie della R. Accad. delle
scienze di Torino, ser. 2^, XXXIV) 1881.
') Gelbkb, De dialecto Arcadica, Güb-
Tius' Stud. 2, 1 fif. Spitzeb, Lautlehre des
arkad. Dialektes, Kiel 1883. Rothb, Quae-
stiones de Cypriorum dialecto et vetere et
recentiore I, Lips. 1875. Dbbcke und Siegis-
MUND, Die wichtigsten kypr. Inschriften,
umschrieben und erläutert, Cübtiüs' Stud. 7,
217 flf. Ahbbns, Zu den kypr. Inschriften,
Philologus 35, 1 ff. Voigt, Quaestionum de
titulis Cypriis particula, Leipziger Stud. zur
kiass. Phil. 1, 251 ff.
8. Die Stellimg des Griechisohen im Kreis der idg. Sprachen eto. (§ 3.) 21
VII. PamphylienJ) Übergang von o in w in Flexionssilben, z. B.
EaTpb{v)dnvq = 'Aantvdioq (§ 9). Verlust des Nasals in der antekonsonan-
tischen Gruppe Vokal + Nasal (wie in Kypros), z. B. ns(v)d€xa(d8xa — nsv^
Tfxaidsxa (§ 20). -(v)<f- = att. -vt-, z. B. 7is{v)d€xaid6xa (§ 43).
Anmerkung. Unsere Gruppierung der griechischen Dialekte weicht von derjenigen,
die die anderen neueren Arbeiten geben, meist nur unwesentlich ab. Hervorheben will ich
bloss, dass G. Meter, Pezzi und Johansson zunächst eine Zweiteilung sämtlicher Mund-
arten, in ionische und nicht-ionische, vorgenommen haben. Gegenüber der bereits oben be-
merkten Thatsache, dass keiner der verschiedenen Gruppierungsversuche so angesehen
werden darf, als fahre er die Entwicklungsgeschichte der dialektischen Differenzierung in
einer irgend genügenden Weise vor Augen, sind derlei Abweichungen ohne Belang
In höherem Masse als bei den meisten andern alten Sprachen bestand
im Griechischen ein Unterschied zwischen der naiven, volkstümlichen Sprach-
entwicklung und der litterarischen, namentlich der dichterischen Sprache
(Schrift- und Kunstdialekte), ein Unterschied, den wir freilich, bei der Un-
zulänglichkeit unserer Kenntnis der naiven Volksrede, mehr nur vermuten
als klar nachweisen können. Schon das älteste auf uns gekommene Orie-
diisch, die Sprache der homerischen Gedichte, war ein Kunstdialekt, welcher
Formen verschiedener Zeiten und stark auseinandergehender Mundarten
gemischt zeigt und nie und nirgends die gewöhnliche Verkehrssprache ge-
wesen sein kann. Von dieser Sprache zeigt sich die ganze Poesie der fol-
genden Zeiten mehr oder weniger beeinflusst. Die Mischung der Dialekte,
durch das Vorbild der homerischen Sprache gewissermassen zu einem kon-
stitutiven Element der dichterischen Diktion geworden, erscheint in der
dorischen Lyrik am weitesten getrieben. Unter den Prosaschriftstellern
der älteren Zeiten zeigen Herodot und die ältesten Attiker am deutlichsten
einen Unterschied gegen die volkstümliche Umgangssprache, welcher bei
den letzteren freilich nicht bedeutend gewesen sein kann. Gegen Ende des
5. Jahrh. v. Chr. bildete sich auf Grundlage des attischen Dialektes eine
allgemeingriechische Schriftsprache, die mehr und mehr die Fühlung mit der
Volkssprache verlor.
MoNBO, A Grammar of the Homeric dialect, Oxford 1882. Sayce. Über die Sprache
der homer. Gedichte, aus dem Engl, übersetzt von Imelmann, Hannover 1881. van Leeuwen
and Mbsdes da Costa, Der Dialekt der homer. Gedichte, aus dem Holland, übersetzt von
Mebleb, Lieipz. 18^6. Hinbichs, De Homericae elocutionis vestigiis Aeolicis, 1875. Fick,
Bezz. B. 7, 139 ff. Ders., Die homerische Odyssee in der urspr. Sprachform wiederher-
gestellt, 1883, und Die homerische Uias nach ihrer Entstehung betrachtet und in der urspr.
Sprachf. wiederherg., 1886 (mit den Rezensionen von Cbbist, Phil. Anz. 14, 90 ff., Fritsch,
Ztschr. f. d. Gyron. 38, 610 ff. und Caueb, Jahresberichte des philolog. Vereins in Berlin
10, 290 ff. und Berliner philol. Wochenschr. 7, 549 ff.). Rzach, Der Dialekt des Hesiodos,
1876. Ders., Grammat. Studien zu Apollonios Khodios, 1878. Ahbens, Über die Mischung
der Dialekte in der griech. Lyrik, Verh. der Göttinger Philologenvers. 1852. Fübbeb, Die
Sprache und die Entwickelung der griech. Lyrik 1885 (mit der Rezension von Meisteb,
Berliner philol. Wochenschr. 5, 871 ff.). Renneb, De dialecto antiquioris Graecorum poesis
elegiacae et iambicae, Cubt. Stud. 1, 1, 133 ff., 2, 1 ff. Fick, Die Sprachform der altion. und
altatt Lyrik, Bezzenb. Beitr. 11, 242 ff. 13, 173 ff. Peteb, De dialecto Pindari, 1866.
Fübbes, Der böot. Dialekt Pindar's, Philologus 44, 49 ff. Mucke, De dialectis Stesichori,
Ibjci, Simonidis, Bacchylidis aliorumque poetarum choricorum cum Pindarica comparatis,
18^9. Spibss, De Alcmanis dialecto, Cubt. Stud. 10, 329 ff. Schubebt, Miscellen zum Dia-
lekte A]kroan*s, 1879. Mobsbach, De dialecto Theocritea, I, 1874, und Über den Dialekt
Hieokrits, Cubt. Stud. 10, 1 ff . Gebth, Quaestiones de Graecae tragoediae dialecto, Cubt.
Stod. I, 2, 191 ff. RuTHEBFOBD, Zur Gesch. des Atticismus, Jahrb. f. klass. Phil. Suppl. 13,
355 ff/ — Weitere Litteraturangaben bei G. Meyer S p. XVI sq. XXXIII und namentlich bei
Pbzi, p. 393 sq., 404 sq., 440 sq., 451 sq. und sonst.
^) Bbzzekbbbgeb, Zur Beurteilung des pamphylischen Dialekts, in seinen Beiträgen 5, 325 ff.
L a u 1 1 e h r e/)
1. Aussprache der Buchstaben.
4. Für die Lautlehre einer Sprache, die uns nur durch das Medium
schriftlicher Überlieferung zugänglich ist, ist das erste Erfordernis, den
Wert der Schriftzeichen so genau als möglich zu bestimmen. Die Frage
nach der Aussprache eines Buchstabens ist für jeden Dialekt besonders zu
stellen, denn die Geltung der Zeichen war oft in den v^schiedenen Mund-
arten eine verschiedene, z. B. 0 wurde in den einen Dialekten als Tenuis
aspirata (ih), in den andern als Spirant (p) gesprochen (§ 34). Sodann
sind auch die verschiedenen Zeiten zu unterscheiden, denn z. B. das EI
von sffHy Seixvvni etc. war im Attischen um 600 v. Chr. Diphthong (ej)^
um 400 geschlossenes ^. um 200 f (§ 15). Endlich ist zu beachten, dass
dasselbe Zeichen in demselben Dialekte und in derselben Zeit nicht selten
zur Darstellung verschiedener Laute diente; so bezeichnete z. B. 2 den
Athenern in iaTtofirjv einen tonlosen, in nQsaßvq einen tönenden Zischlaut
(§ 44), / den Pamphyliern zugleich das sonantische und das konsonantische
i {i und i), wie in ^EaTpä(v)Snvq = Est^e(n)diius (§ 12). Für die Mund-
arten, für welche unsere Quellen reichlicher fliessen, lässt sich die Geltung
der meisten Zeichen in den verschiedenen Perioden so weit bestimmen, dass
die Geschichte der betreffenden Laute im grossen Ganzen festgestellt werden
kann. Häufig wäre aber eine noch genauere Bestimmung des Lautwertes,
als sie möglich ist, recht erwünscht. Am günstigsten sind wir gestellt,
wo man sich bestrebte, der lautlichen Fortentwicklung auch eine ent-
sprechende Veränderung der schriftlichen Darstellung auf dem Fusse folgen
zu lassen. Dieses geschah besonders in Böotien, wo man die vokalischen
Veränderungen (z. B. den Übergang ai — a^ — offenes E — geschlossenes ff)
treuer als irgendwo sonst zur Darstellung brachte (§ 15).
Das wichtigste über die Aussprache der Schriftzeichen bringen wir
bei der Darstellung der Geschichte der Laute.
') Vgl. G. Meyeb, Gr, Gr.*^ S. 1-300.
Pezzi, La lingua gr., p. 81 - 141. Leo Meyer,
Vergleich. Gramm. P 27—571. Kino und
CooKsoN, The principles p. 41— -286. Verf.
Gnindr. 1. Bd.
2. Vokale, Nasale und liqnidae. (§ 4—5.) 23
Blass, Über die Aussprache des GriechischeD, 3. Aufl. 1888. K. Zacheb, Die Aus-
sprache des Griechischen (Vortrag gehalten im wissenschaftlichen Verein zu Breslau),
Leipz. 1888. Andere Litteratur bei Blass, S. 2 fif., G. Meter S. 2, Pezzi p. 83 sqq.
2. Vokale, Nasale und Liquidae.
5. Bei der Betrachtung der griechischen Lautgeschichte gehen wir
von dem durch die Sprachwissenschaft ermittelten uridg. Lautstande aus.
Die Grundsprache hatte folgende Laute:
1. Vokale: i F, u ü, e ^y o ö, a a, 9 („schwa indogermanicum").^)
Nasale: » (velarer Nasal), n (palataler N.), n (dentaler N.), m (la-
bialer N.).
Liquidae: r, L
Die Vokale i und u sowie die Nasale und Liquidae fungierten sowohl
als Konsonanten {(, tji; t9, h, n. m; r. J) als auch als Sonanten ii, u; ^, ^,
9> 9>" Vf D- W^ö die Vokale, so kamen auch die Nasale und Liquidae
als Sonanten sowohl kurz als auch lang (z. B. $, f) vor; da wir die Länge
immer ausdrücklich bezeichnen, so stellen unsere in Bezug auf die Quantität
nicht charakterisierten Zeichen {i, ^, f u. s. f.) immer nur die Kürze dar.
Anmerkung. Der Nachweis, dass die idg. Ursprache sonantische Nasale und Li-
quidae besass und dass die Vokaldreiheit a e o {ä e ö) des Griechischen und Italischen
iltererbt and nicht, wie man früher glaubte, aus einer idg. Einheit a (ä) hervorgegangen
war, bat in den letzten Jahren zu einer vollständigen Umgestaltung der Vokalismuslehre
gefnhrt. Ich verweise auf die in meinem Grundr. der vergl. Gramm. 1, 32 angefühlte
Utteratar, femer auf Collitz Bezz. B. 11, 203 fif., meine Besprechung dieses Aufsatzes Bcrl.
philo!. Wochenschr. 1887, Sp. 293 fif., Ostboff, Die neueste Sprachforschung und die Er-
Idftnmg des idg Ablautes, 1886, J. Scbkidt's Besprechung dieser Schrift in der Deutschen
Lit-ZeituDg. Die Versuche, die alte Theorie zu retten (CraTius G.* 91 ff., H. D. Müller,
Sprachgeschichtliche Studien 1884, Fb. Müller, Grundriss der Sprachwissensch. 3, 454 ff.),
können nicht als Widerlegungen der neuen Lehre gelten.
2. Verschlusslaute (Explosivae). Tonlose: q (velar), k (palatal),
t (dental)^ p (labial); qh, kh, th, ph. Tönende: g (velar), g (palatal), d, h;
gÄ, gh, dh, bh.
3. Spiranten (Reibelaute): s (tonlos), js (tönend), j, v (vgl. S. 30
Anm. l); z fungierte vielleicht auch sonantisch, als f (§ 46).
Phonetische Erläatenmgen : ^)
1. Tönende (stimmhafte) und tonlose (stimmlose) Laute. Man nennt
tönende oder stimmhafte Laute solche, bei deren Hervorbringung die Stimmbänder im
Kehlkopf in (rhythmische) Schwingungen versetzt sind, sodass ein musikalischer Klang, der
sogen. Stimmton oder schlechthin Ton, entsteht. Alle Laute, denen der Stimmton fehlt,
beiasen stimmlos oder tonlos. Von den aufgezählten Lauten der idg. Ursprache wurden
tönend gesprochen die Vokale, Nasale und Liquidae, von den Verschlusslauten die Mcdiae
b, d, g, g und die Mediae aspiratae bh, dh, gh, ahf endlich die Spiranten z, j, r, tonlos
dagegen die Tenues jo, t £, q und Tenues aspiratae ph, th^ Ich, qh und der Spirant 8.
2. Sonanten (Selbstlauter) und Konsonanten (Mitlauter). Jede Silbe hat
einen Laut, der allein oder doch vorzugsweise Träger des Silbenaccentes (wohl zu unter-
scheiden vom Wortaccent) ist, z. B. sind in dem Wort gi'düld e und u Träger dieses
Accentes. Man nennt einen Laut, wenn er diese Funktion hat, Sonant. Dagegen heissen
die andern Elemente der Silbe, welche gleichsam nur Zugabe zu dem den Kern der Silbe
aasmachenden Sonanten sind, Konsonanten. Jede Silbe muss einen Sonanten haben und
kann nur einen haben; dagegen kann sie mehrere Konsonanten oder auch gar keinen
^) Es empfiehlt sich, 9 als ä (Mittel-
laut zwischen a und e) auszusprechen, wenn-
^eich die Qualität dieses Vokals nicht näher
zu bestimmen ist. I 1885.
*-') Vgl. SiEVEBS, Grundzüge der Phonetik,
zur EinfOhrung in das Studium der Laut-
lehre der indogermanischen Sprachen, 8. Aufl.
24 ^ Grieohisohe Grammatik, b) Lautlehre.
enthalten. Ein Teil der Sprachlaute kann nun ebensowohl sonantisch als auch konsonan-
tisch fungieren. In beiden Funktionen kamen in der idg. Urzeit i, u, die Nasale und
Liquidae, eventuell auch z (§ 46) vor. Vgl. nhd. Ä-siSn li-lie neben Ä-si-en U'li-6 bei
Dichtem, lat. d-quäm stin-g^o neben d-cu-dm dr-gü-ö, nhd. hi-rit-tnS rech^ neben be-
rit-tn re-chnt (beritten rechnet), luin-dle neben hdn-dt u. dgl. Folgerichtig bezeichnen wir
% und t4 auch dann als Konsonanten, wenn sie den zweiten Komponenten eines Diphthonges
bilden, z. B. idg. 3. sg. *iiti = ft<r*, *bhe\^dhetai = nevS^Btai, Die Vokale i und u hatten
hier dieselbe Funktion wie z. B. n in *8qdndö = lat. acandö oder r in *dSr&etai = dig-
xetttt. Man beachte ferner, dass in den zweisilbigen Verbindungen wie ia im ^ fa ein
i ;^ n r als Übergangslaut gesprochen wurde: %ia u^a i^na fra. Daher setzen wir z. B.
*pjtriios *du^ö *titnu- *^fru8 als die idg. Grundformen von ndtgiog dv(o ravth- (in tarv-
yXoHTirog) ßagvg an. Vgl. kypr. ij^dirJQay, pamphyl. dua d. i. dij,d (§ 12) und nhd. lütie
{lüie), OTf^nug, gpade [genug, gerade).
ä. Artikulationsstelle und Artikulationsart der Verschlusslaute.
Für die uridg. Vorschlusslaute sind vier Artikulation ss teilen (oder-gebiete) zuunter-
scheiden, die labiale, genauer bilabiale oder labiolabiale (p-Laute: Verschluss zwischen Ober-
und Unterlippe), die dentale (^Laute: Verschluss durch Artikulation der Vorderzunge gegen
die innere Wand der Oberzähne oder gegen deren Alveolen), die palatale (£-Laute: Ver-
schluss durch Artikulation des mittleren Zungenrückens gegen den hinteren Teil des härten
Gaumens, vgl. etwa das k in nhd. Kind) und die velare (g-Laute: Verschluss durch .Ar-
tikulation des hinteren Zungenrückens gegen den weichen Gaumen, das velum palatiniun,
vgl. etwa das k in nhd. Kunst).^) In den einzelsprachlichen Entwicklungen verliessen
diese uridg. Laute oft die Artikulationsstelle. Im Griechischen traten sie dabei zum Teil
über in das labiodentale Gebiet (Artikulation der Unterlippe gegen die Oberzähnu), wie
Spirant / aus dem uridg. bh (s. § 34), und in das interdentale Gebiet (Verstopfung des
zwischen den beiden Zahnreihen liegenden Spaltes durch den vorderen Zungensaum), wie
Spirant p aus uridg. dh (s. § 34).
Der Artikulationsart nach zerfielen die urid^. Verschlusslaute ebenfalls in vier
Klassen: unaspirierte Tenues, wie t, unaspirierte tönende Mediae, wie d, aspi-
rierte Tenues, wie th, und aspirierte tönende Mediae, wie dh. Bei den Ver-
ftnderungen, die in den einzelsprachlichen Entwicklungen die Artikulationsart erfuhr, traten
an die Stelle der Verschlusslaute zum Teil Laute andrer Gattungen. Für das Griechische
kommen als solche besonders die Spiranten (Reibelaute) und Affricatae (Verschluss-
laute mit nachfolgendem homorganen Reibungsgeräusch, z. B. x/ aus urgr. kh = uridg.
gh, Ich) in Betracht. Der Anfänger wolle sich vor Verwechselung der Begriffe Spiranten,
Aspiratae und Affricatae hüten.
Idg. Vokale als Sonanten.
6. Idg. i — - «. ^'d-i = ai. i-hi „geh**, pid-iiev Tafiev = ai. vid-md got.
vit-um „wir wissen**, o-i-g = lat. ov-i-s. iikve-i ^^ ai. rndnas-i „in mente^.
Idg. i = i. ifiag (St. i-fidr-T'), t-fiov-ia = ai. sT-mdn- „Haarscheide,
Scheitel**, i-g i'(fi = lat. vis. xki-vr^^ vgl. lat. in-cllnö. xoQax-Tvo-g SsX^ax-
tvi], vgl. lat. haed-inu-s, got. gdit-ems „die Ziege betreflfend, von ihr kom-
mend** gdlt-ein „Ziegenböcklein**. sifAsv aus "^ia-irfisv = lat. s-T-mus,
7. Idg. M = i'. C^fyo-v = lat. jugu-m, xXv-To-g = lat. in-cltUu-s
ai. SrU'td'S „berühmt**. Gen. xv-v-og = ai. Su-^n-as lit. szü-n-s „des Hundes **.
vTTo = ai. dpa, lat. s-ub. iSvTa aus ^/^li-va-ia = ai. vid-u^-f „die wissende**.
rd-vv-Tai = ai. tä-mi-te „dehnt sich aus**.
Idg. ü — V. vfr-/i6-^ = lat. fü-mu-s. 2. du. aor. ^-(pv-rov = ai.
d'bha-tam, W. 6Ä6w- „werden, sein**. ofpQv-g = ai. hhrA-^ „Augenbraue**.
YV'V =^ ai. n(i „nun**.
Im Urgriechischen und vermutlich auch noch zu der Zeit, als der
Buchstabe F, V eingeführt wurde (s. unser Handb. 1, 301 f.), sprach man
allgemein in Griechenland u. Ein Teil nun der Griechen wandelte sonan-
') Bei der Schreibung der vorgriechischen Verschlusslaut palataler oder velarer Arti-
Sprachfonnen gebrauchen wir k, kh, g, gh kulation war.
nur dann, wenn nicht ermittelt ist, ob der
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 6—8.) 25
tisches u (vgl. § 15) in ü, ohne das Zeichen zu ändern (vgl. franz. u);
ü ging in christlicher Zeit (»vor dem 10. Jahrh. keine sicheren Spuren",
FoY, Bezz. B. 12, 57) weiter in i über. Die Aussprache u blieb bis tief
in die historische Zeit hinein sicher im Böotischen und Lakonischen, wo
die Ersetzung des V durch O V nach Einführung des ion. Alphabets den
Beweis für diese Aussprache liefert (böot. inschr. vovx^ = ^vx'/j trovvStxog
= avvdixog^ Ev&ovfiog = Evd-vfAog^ lak. ^ovycoveQ • ßoeg iqydzai Hesych
= *^vyfov'€g^ fjLovaiddei • XaXei ders. = *fivx^{^€i u. a.), wahrscheinlich auch
im Kyprisch- Arkadischen, Pamphylischen , Chalkidischen und Lesbischen;
auch für das Thessalische sucht sie zu erweisen Prellwitz, De dial.
Thess. 15. Im Böotischen ist nach r, x^^ S, r, X oft lov statt ov geschrieben,
wie Holiov^evog (Meister, Gr. D. 1, 233 flF.), einmal auch im Anlaut, roj
toviw = xov vlov; der Wert dieser Schreibung ist nicht sicher zu bestimmen,
gewiss war es aber nicht der Laut des att. v.
Wann im Ionisch-Attischen u. s. w. u zu w wurde, ist nicht genau
festzustellen. Ohne Zweifel aber hatte der Vokal seine ursprüngliche Stufe
% bereits verlassen, als aus oo und o€ durch Eontraktion (§ 17) und aus o durch
^Ersatzdehnung** (§ 55) u {ov) entstand; sonst wäre dieses ü mit idg. ü
zasammengefallen. Dass in Attika schon zur Zeit der ältesten Inschriften
nicht mehr u gesprochen wurde, darf auch daraus geschlossen werden,
dass auf diesen Inschriften die gutturale Tennis vor v nicht durch 9i sondern
durch K ^ ausgedrückt ist (Meisterhans, 6r.^ 22).
Der Spir. asper in vno^ vtisq, v(TT€Qog^ vScdq u. a. bei ursprünglichem
Anlaut tt- (ai. tipa u. s. f.) ist noch nicht genügend aufgeklärt, s. Mahlow,
D. 1. V. 16, 6. Meyer, Gr. Gr.^ 243, Darbishire, Notes on the spir. asp. 5.
Dass diese Lauterscheinung mit dem it-Laut als solchem zusammengehangen,
sich also erst nach dem Übergang von u in ü eingestellt habe, darf man
aus dem böot. ovSwq keineswegs schliessen (vgl. Curtius, G.^ 688, Dar-
bishire a. 0., Thumb, Spir. asp. 42), weil die Böotier auch ovkrj {= vXai)
und ovfitg sprachen, welche Wörter seit vorgriechischer Zeit s- und {-, im
Urgriech. also ' im Anlaut gehabt hatten. Das böot. inschr. loviio (s. o.) hilft
auch nicht weiter. Über die von Grammatikern behaupteten lesb. iTttg,
i^iog etc. s. Mahlow a. 0., Meister, Gr. D. 1, 46 f., G. Meyer, Gr. Gr.'-^
107, FoY, Bezz. B. 12, 58, Thumb a. 0. 46 f.
8. Idg. e = f. ^axi = lat. est^ ai. ästi^ idg. *es-^i „ist", ^n-e-rm
= lat. sequ-v-tur, xk = lat. que, ai. ca „und**, yär-s-og -= lat. gm-er-is,
Bi. jän-ds-as „generis**. (ftq-e-xe = aksl. ber-e-te, ai. hhär-a-tha, W. hher^
»tragen*. no-xeQo-v^ vgl. lat. i-teni-m. ^dei ^ ai. srdvati, idg. "^srcti-e-ü
«strömt*. 7i€Vv^ofAai= got, biuda, ai. hödhami, W. hhey^dh- „wachen, auf-
merken*, diog = ^dpsfrog von W. d^ej-, eliii = lit. eimt^ ai. emi, idg.
*n-wu' „gehe*.
Im Elischen wurde e sehr offen gesprochen, was aus inschr. Schrei-
bungen wie siaaßboi = svasßoT, Infin. yvwfiav — yvcofiev (Meister, Gr. D.
2, 20. 30), ficiv = [xäv, Gen. axevdoov neben axsisa folgt. Ob in den el.
3. pl. avv'tav dno'xivoiav a ebenfalls aus e entstanden war, oder ob -ar
die erhaltene urgriech. Endung war (§ 107), lässt sich nicht entscheiden;
hatte auch das Elische einmal die Neubildung -sv^ so liegt, bei der
L
26 A. Orieohische Grammatik, b) Lautlehre.
Regelmässigkejt der Schreibung -av (6 Beispiele), die Vermutung nahe,
dass der Lautwandel sich nicht ohne assoziative Einwirkung der Singular-
forroen wie ia = etr] (s. u.) vollzog, vgl. Bechtel, Phil. Anz. 1886, S. 19,
Meister, Gr. D. 2, 30.
Über el. onoraQoi u. a. und lokr. natdqa u. a., in denen das folgende
Q beim Übergang von s in a beteiligt war, s. § 27.
Idg. ^ = ij. W. i>i;- (t/'-^j;-/«) = got. d^-, lit. d^-, ai. dAo-, idg.
*dÄ^- „ponere*. v^iia = lat. n^-wien. Stamm jur^v- „Monat** (lesb. Gen.
liijvv'oq), lat. n^mS'i'S, Homer, rju „eram", ai. dsam, idg. *^s-jp „eram*. «r/^,
lat. 5-i^-s. dva'fxsvtfi = ai. dur-manas „missmutig, betrübt**. Zsvg aus
♦Zry^^ = ai. dyaüi, idg. ^die^-s „lichter Himmel** (§ 26).
Dieser Vokal, urgriechisch wahrscheinlich offen gesprochen und so im
Lesbischen bezeichnet (durch die Schreibung a», atfii'aewvy Aiaiodoq^ G. Meter,
Gr. Gr.* 45, Meister, Gr. D. 1, 83), ging im Elischen in a über: /i«, /a,
ßamläeg u. a., s. Vf. M. ü. 1, 53 f., Daniel Bezz. B. 6, 245, Meister, Gr.
D. 2, 35 f. Dagegen im Böotischen und Thessalischen in geschlossenes ?,
das nach Annahme des ion. Alphabets ei geschrieben wurde, wie böot.
ficTva^ thess. (peiQ (Meister, Gr. D. 1, 218 ff. 295 f.). Die letztere Aus-
sprache ist auch in ion. Dialekten nachweisbar (§ 10). Sie führte im
2. Jahrh. n. Chr. zu i (G. Meyer, Gr. Gr.^ 88 f., Meisterhans, Gr.* 15).
9. Idg. 0 = 0. x€xXo(p€ für *x€xXo7t€ (§ 134) = got. hlaf „er stahl",
idg. ^qe-qlop'Cf W. qlep- „stehlen**. a-Xoxo-g = aksl. sa-hgü „consors tori*.
oxtto = got. vagja „bewege**, aksl. voza „lasse fahren**, W. ^egh- „vehere**.
ysvog = lat. genm, ai. jdnas, idg. *genos, 3. pl. dor. tfe^-o-vri = lat.
fer-u-nt, ai. hhär-ornti. iifhqexov = ai. dbharatam, idg. ^e-bhere-tom, g>&ir]
aus *(f&oirä^ zu W. ip&€i- in (p&iai-g u. a. olde = got. vart, ai. vcda^ idg.
*^oid'e „er weiss**, noi-vrj ■= av. kaena- „Strafe**, idg. ^qoi-na. ^äQoi-^
= got. baireis ai. bhdres, idg. ^bher-oi-s, ^of^a, ^orj = lit. sravä, idg.
*srof^-a „das Fliessen**. Homer. elXriXov&a neben ilevaofAai.
Im Aolischen, Arkadisch-Ky prischen und Pamphylischen wurde o ent-
weder vollständig oder annähernd zu u (geschrieben v), z. B. thess. dnv-
axtXXavtog^ arkad. ixXXv^ pamphyl. ßu)Xt^fi€vvg. Die Grenzen dieses Wandels,
der in keinem dieser Dialekte ein durchgehender gewesen zu sein scheint,
sind teils wegen der Eärglichkeit des Materials, teils wegen schwankender
Schreibung (o und v) nicht genau zu bestimmen. Vgl. G. Meyer, Gr. Gr.*
73 ff., Meister, Gr. D. 1, 234 f. 2, 91, Spitzer, L. d. a. D. 17, Bezzen-
BERGER in seinen Beitr. 5, 332 f.
Idg. 0 = 0). W. So)' {dtO'Qo-v) = lat. dö' (dö-ww-m), lit. du-, ai. da-,
idg. *dö- „geben**. ^oxXTo-g, vgl. \it jüMa f. „Gürtel**, av. yasta" „gegürtet*,
idg. pai't. *jöS't0'S. yi'Yvoi^xooy lat. gnöscö. d^äco-xa = got. sai^sö, idg.
Perfektstamm *5e-sö-, W. se- „werfen, säen**, «x/iwr, wie lat. homö, lit.
ak-mu, ai. aima (§ 75). (peg-cD = lat. fer^ö. (f€Q6T(o^ wie lat. vehitöy ai.
bhdraiad, idg. *bhere'töd. Lokr. « „unde** abl., wie lat. Gnaivöd Gnaeö.
Tnmiyy wie osk. Abellanüi, av. haomai („Somapflanze**), idg. *-öj. iTtnoig,
wie osk. Nuvlanüis, ai. dhaU, idg. "^ck^öis (§ 26). ßovg aus "^ßfot^g
:== ai. gaüi „Rind**, idg. *gcw-s (§ 26).
2. Vokale« Nasale und Liqmdae. (§9—11.) 27
Im Thessalischen wurde (o zu ü (ov), z. B. ^Sovxs, yvovi-i&q^ ^AqiCTovv
(Meisteb, Gr. D. 1, 296 flf.).
10. Idg. a = a. aytü = lat. agü, armen, occiw, ai. djami, idg. *dgö
«treibe, führe*, ano = lat. ab, ai. dpa „von weg, ab". aXXo-g = lat.
aUthS^ air. aile „aUus**. afcor, vgl. lat. aji-s. Vok. rii/iya, wie aksl. iet^o,
ai. amba (§ 76). ou^co^ lat. o^d^s, air. aed „Feuer", ai. edha-s „Brenn-
holz*, W. aidh-, laio-g = lat. laevo-s, aksl. levu „link", rai' = lat. wae.
naih-qo^. nav-ffoD, vgl. lat. pau^cunS (got. fav-di „wenige"), W. pa^-. av
av-rc at;-Ti^, vgl. lat. atht au-tem.
Idg. a = Ä. adv-g = lat. svardjv-i-s, ai. svadü-s „suavis". fAazrjQ =
lat. wW^, ai. iwÄÄf „Mutter". <rTä-, dvarävog (= Jrg -[- <y^«»'o-), vgl. lit. stona-s
„Stand", ai. sthdna- „das Stehen, Standort", idg. ^sta-no-, (pd-fil (pa-fiä^
vgl. lat. fa-rf fa-ma fa-bula, St. x^Qd-^ wie lat. equä-, ai. a^vö-. iifsqtxäv
= ai. dbharatam, idg. ^e^-hhere-täm, St. vä/?- = lat. nav-i-s, ai. növ-; nom.
rav$ = ai. ndiW, idg. *wrf?^-5 „Schifif" (§ 26). ai-f^t wfi amv^ vgl. lat. aevo-m,
idg. *öt-?ia- *ai-ues- "^ayurn- (§ 26), vgl. ai. rfj^-M^*-. x«??^? idg. -di (§ 81).
Das ion.-att. ry (jjdiJ^ u. s. w.) war in den Mundarten von Keos, Naxos
und wohl auch Amorgos offenes ^ gegenüber dem das idg. ^ vertretenden,
geschlossener gesprochenen ij von d^rj-aw etc. (§ 8), wie die verschiedene
Darstellung durch H und E ergibt, z. B. JHM02 — dor. daiio-g^ ME =
dor. ^jy (DiTTENBEBGER, Horm. 15, 225 flf., Blass, Ausspr.* 25 f.); vgl. auch
Bechtel (Die Inschr. des ion. Dial.) zu der delischen Inschrift n. 53. Dieser
Übergang von ä in i; war älter als die Entstehung des ä in ion. att. nag
ndaa aus ^Ttavg ^navaa u. dgl. {§ 58). Die Frage, ob das « in att. laao-
fiaiy xaqdiäy yevsa, aixvd, TiQavzü), x^Qd u. dgl. (ion. irj<TOfiaiy xQaSirj u. s. w.)
unverändertes urgriech. ä gewesen sei, oder ob Rückverwandlung von
oflTenem e in ä stattgefunden habe, ist mit Rücksicht auf vyid, ivded neben
aatfi^ aus *-«(<r)flf u. a. zu Gunsten der Rückverwandlung zu entscheiden.
Wenn seit ca. 355 v. Chr. neben vyid die Form vyifj erscheint (Meisterhans
Gr.* 118), so ist diese letztere Form als Neubildung nach tray^ anzusehen.
Aus att. ^yxfjüQ mit urgriech. r; ergibt sich, dass der Übergang in d zu
einer Zeit geschah, als der e-Laut in uratt. *nQt]<T(To) noch offen und noch
nicht mit dem geschlossener artikulierten urgr. rj zusammengeflossen war
(vgl. G. Meyeb Gr. Gr.* p. XXXIII Fussn. 1). Und aus xoQrj = (thess. ?)
x^f^d (§ 13) folgt, dass er dem Schwund des f in der Gruppe -^f- vorausging.
Anmerkung. Die Formen wie ^f«, 'Egfieiäg, 'JiQeldüo bei Homer dürfen schwer-
lich als echt ionisch gelten. S. Fick Bszz. ß. 7, 139. 144 f., Bechtel, Phil. Anz. 1886,
S. 20 ff.
11. Idg. 9. Dieser idg. Vokal, dessen Qualität nicht näher zu be-
stimmen ist (vgl. S. 23 Fussn. 1) und den Fick Bezz. B. 3, 157 ff. 5, 166 ff.
sSchwa indogermanicum'' nennt, erscheint im Griechischen:
1. in Wurzelsilben als der Sonant der sogen, nebentonigen Tiefstufe
(§ 24); seine lautgesetzliche Gestalt war a, na-TtjQ = ai. pitdr^ „pater".
axa-^o-g ard-ci-g = ai. sthi-td-s „stehend" sthi-U-s „das Stehen, Stand**, lat.
sta-tu^s sta-tiö, W. sta-, a-dr^v, vgl. ai. a-si-rivd-s „unersättlich", lat. sa-tur
sor-tis. dd'Yog^ vgl. ai. 3. sg. med. d-di-ta {^6oto), lat. da-mus da-in-s, W.
dö-, vax-fQo-g tax-ivai zu rryx-fiv, W. tax-. Mehrmals ei'scheinen s und o
28 A. Chrieohisohe Grammatik, b) Lautlehre.
statt a, in welchen Fällen dieser Vokal durch analogische Einwirkung der
Qualität der Hochstufenvokale /; und o> verändert war, z. B. ^f- in Oe-xo-q etc.
statt *c^a- nach ^ij- (vgl. lat. fa^ciö), «- in i-to-g etc. statt *«- nach ij-
(vgl. lat. sa-tU'S), ds- in avY-deto-q etc. statt *Ja- nach rfr^-, Jo- in do-To-g
etc. statt rf«- nach rf«- (vgl. Sd-voq^ lat. da-tu-s). Auf diese qualitative
Anlehnung waren aber sicher auch einige Formen von Einfluss, in denen € und o
auf griechischem Boden lautgesetzlich aus rj und o) hervorgegangen waren,
wie x^ävT'Sq 66it'fq aus *0^r^'VT'€q ^Sco-vr-eq (§ 26); nach dem Verhältnis
atavT' : araxo-q konnten sich zu d^evr- dort- leicht d^exo-q doro-q einstellen.
Fick's Hypothese (Bezz. B. 9, 313 flf.), nach der die Vokaldreiheit a, «, o
in atato^ v^sro-q doxo^q drei uridg. verschiedene Vokale fortsetzte, hat
nichts überzeugendes.
2. unmittelbar hinter Wurzelsilben. x^vy-d-Tr^Q, ai. duhr-i^tdr- „Tochter*.
nav'daiii'd'TiOQ, lat. dom-i-tor, ai. dam-i-idr" „Bezähmer**. yer-e-n^Q^ lat.
gefii-tor, ai. jan-i-tdr- „Erzeuger**, ar-s-^o-q^ lat. an-i-nius, xQbaq^ ai.
kravi^" „rohes Fleisch** (§ 73, 2). rc^-a-^wr, a-r«^a-/iro-^, «^-«-/«wv, wie
lat. col'U-men, coUn-mna, monu-men-tti-m. Tsv-t-u) xsvd^ vgl. ai. tan^i-syämi;
x^€jU-a-ö) xQS/jidi; hom. 6fA0i\uai aus *6in-6-oijtai {dfi-o-zriq), s. § 140. f^d-e-a^
ai. dvSd'i'^am, vgl. lat. vert-is-tj, vert-e-r-ö^ s. § 137b. Wodurch hier die
verschiedene Vokalfarbe (a, e, o) bedingt war, bedarf noch näherer Unter-
suchung, vgl. Vf. M. U. 3, 77 flf. Besonders schwer ist es, das 9 in -a-^o-
'9'ter- u. dgl. von dem idg. e in den suffixalen Ausgängen -e-to — e-/i- u. dgl.,
wie in cx-e-ro-q cx-i-ai-q (§ 70, 14, Vf. Grdr. 2, 206. 216. 282), zu trennen.
ADmerkang. Einige Gelehrte, z. B. A. Fick (Bezz. B. 1, 1 ff.), ziehen das am
Schluss der Wurzelsilbe auftretende 9 als integrierenden Bestandteil zur Wurzel, indem sie
zweisilbige Wurzeln annehmen (W. y^vB- in yeye'iiJQ), wie sie auch z. B. *bhercte, {(pegere)
aus Wurzel hfiere- und Personalendung -te, *^ogho8 [oxo-g) aus W. ^oßho- und Nominativ-
endung -s zusammengesetzt sein lassen. Sie erklären demgemfiss die Wortteilungen yBy-^-tjqq^
{p€^€-T€f ox'O-g für falsch. Diese sind jedoch, auch den Fall angenommen, dass jene
Wurzeltheorie das richtige trifft (was immer fraglich bleiben wird), statthaft, insofern man
durch die Teilungsstriche überall zunächst nur die morphologische Gleichartigkeit oder
stoffliche Gleichheit gewisser Wortelemente her\'orhebt (z. B. gi^Q-e-re : ay-e-te), Dass es
der Sprachwissenschaft je gelingen werde, die ursprüngliche (jlestalt der uridg. «Wurzel-
wörter' sicher zu bestimmen, ist kaum anzunehmen, und um so eher ist es erlaubt, die
Teilungsstriche in dem eben angegebenen Sinne zu gebrauchen. Vgl. auch unsere Defini-
tion des Terminus «Suffix" in g 69.
3. 9 scheint auch in Flexionssilben vorzuliegen, (ftgorr-a, vgl. ai.
bhdrant-L -fie&a ist vielleicht mit dem ai. -mahi (Sekundärendung) zu identi-
fizieren. Vgl. auch 8 108 über das -a* von -fiaij -aai^ -vai ->rai.
Idg. Vokale als Konsonanten.
12. Die idg. Ursprache hatte zwei konsonantisch fungierende Vokale,
{ und Ui wohl zu scheiden von den infolge stärkerer Engenbildung mit Rei-
bungsgeräusch gesprochenen Spiranten j und v (Sievers, Phon.* 146);
über / = f s. § 49.
Idg. 7. Erscheint im Anlaut als Spir. asper, der die Zwischenstufe
von tonlosem t voraussetzt, z. B. oq ,qui** = ai. yd-s ^qui**, t^rraQ = av.
yakar^ ^Leber**. äyvo-q = ai. yajnd-s , Opfer", i'.afr; = ai. yusma- »ihr*.
Intersonantisches -i-, sofern es nicht hinter sonantischem t nur
den Übergang zu einem folgenden sonantischen Laut bildete (s. u.), fiel im
Urgriechischen aus, w^enn der erste Sonant ein andrer Vokal als u war.
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 12.) 20
di'o^ = *dp€i'og, homer. isdw aus *d€df:o{jtya von W. d^ei-, Eonj. xkmiiai
aus *x€i-io~iiaij zu xa-rai. zliidta zlfio) aus *T?/ia-jfw. T^^fg aus *T'p*(()-f$
(gortyD. T^4«$) = ai. tray-as. Wo { in solcher Stellung erhalten zu sein
scheint, liegt vielmehr Neubildung vor, z. B. war homer. xeiarai statt des
lautgesetzlichen xäaxai nach xsT/xai u. s. w. neu gebildet; arkad. teio) „büsse,
zahle* war nicht die lautgesetzliche Fortsetzung des idg. *qei'^ (vgl. ai.
cdy^ii^)^ sondern Umbildung von t^w t/'w nach xsi-aw i-xH-aa etc. oder
ursprüngliches Hs^-^(a (§ 121). Ursprüngliche sonan tische Nasale und
Liquidae vor -{-: aus *T€XTi}'i((ja (zu TtxTwy) entstand *Texxavi(o^ rexTai'vü)
(§ 21, 3. 53); aus ^an^-k^ (= lit. spir-iü „stosse mit dem Fusse") ^anagitOj
cnaiQw (§ 23, 3. 54); aber aus *<rx^-jfw (= lit. skil-iü „schlage Feuer an**)
*axaXifa^^ axdkX(o (§ 23, 3). Ursprünglicher sonantischer Nasal hinter (:
imperf. ra für lautgesetzliches *rja (g- durch Ausgleichung mit f^fiev etc.)
= idg. *e|-^ „ich ging"; homer. q>€Qoiavo für lautgesetzliches *y>€Qoato (-o£-
durch Ausgleichung mit (fcQoißs&a etc.) = idg. *hh€roi-^to,
Verbleiben des t in ui-, Kypr. yi5-K;, vgl. av. Optativstamm bu-ya-,
El. ^i^viO'W Lak. vtv-g kret. vlv-q, Lesb. yww, dXvi(o^ ued^vito. Da i'i im
Lesb. eine lange Silbe ausmachte, so ist anzunehmen, dass i sich hier mit
dem vorausgehenden Vokal in derselben ^eise zum Diphthongen verbunden
hatte, wie antesonantisches u, d. h. ulia war zu uvia geworden wie a'ma
zu aif/ifa (vgl. § 14 und Sievers Phon.^ 146). Dieselbe Erscheinung im
German., wie ahd. zweijo, s. Vf. Grdr. 1, 128 f.O
Postkonsonantisches -j-. Aus *xAa/^-iKö (fut. xkavao/xm) wurde
xlatWy xXdo) (§ 18. 54). (Tjf- wurde A-; v/iiji», zu ai. syuman- „Band". Aus
♦ro-irio hom. toio^ att. tov; aus Heksa-kw hom. reXetw^ att. t^Aw (§ 45).
Man beachte, dass att. ^tio-g^ dkrj^eia nicht aus *i>«<rfo-g, ^dkäx^sa-ict^ son-
dern aus *^€(no'g *dXa^6a-ia hervorgegangen waren (vgl. Smyth, Der Diph-
thong EI S. 34 f., W. Schulze, Quaest. hom. 4); für att. sTijv dürfte aber
Hervorgang aus *€criiji' und analogisches Eindringen des tt- aus ti-fiev ei-ts
wahrscheinlicher sein als Entstehung aus *€airjv (vgl. ved. siyd-m neben
syd-m). Aus *xT€V'ko) lesb. xTarvco, att. xtsivo) ; aus *(fO^€Q-iu) lesb. (pO^tQQm^
att. (fx/eiQü) arkad. (fO^riqw (§ 50); aus ^dk-ko-q att. u. s. w. dXXo-q^ aber
kypr. a/Ao-g (§ 3u). xi, xi wurden zu crcr, rr; tj^ ,>i zu aa, a (§ 38); yi,
d| zu C («f<^)5 ^^ (§ 41). Aus TTi wurde nr (§ 40).
. Anmerkung. Die Annahme Ascou's (Sprachwiss. Briefe 50 ff.), 'iq- sei nach
Konsonanten zu -Sio-, weiter zu -eo- geworden, z. B. in eteo-g xeyeo-s ategco-g^ im fut.
dor. 7iQä^e<a und in den Verbaladjektiven auf -rfo-j, überzeugt mich nicht im mindesten.
Zwischen i und folgendem Vokal erscheint i als Übergangslaut. Kypr.
ikäxr-QaVy Ilaifikd u. a. Im Pamphylischen ist u als ii zu lesen, z. B. in
^EaTf!i(v)duvq = Uant'vdiog, Uaqoiai^ 6ud\ hiernach ist vielleicht auch argiv.
[5]>Uio$ -- dXioq (RöHL, I. G. A. n. 34) zu beurteilen. Durch y war dieses
i dargestellt in den in Papyri sich findenden vyiycctriq = vyiaivsiq, ^agani-
yf^(n', ixifoqr^ya = ixffOQia u. a., oder k war im Lauf der. Zeit spirantisch
geworden und mit y war, wie sonst in damaliger Zeit, der Spirant gemeint
(Krcmbacher, Sitzungsber. d. k. bayer. Akad. 1886, S. 365 ff.), vgl. § 33.
*) Ist aus einem ahnlichen Herftberziehen " XlxQoog u.dgl. bei äol. Dichtern und ander-
des Nasals und der Liquida zur vorher- wärts (Meister, Gr. D. 1, 188, G. Meyeb,
gehenden Silbe «avyyitrjfii, iyyoxXrjg, f^eX- Gr. Gr.'** l80 f.) zu erklären?
30 A. Griechische Grammatik, b) Lantlehre.
Der Übergangslaut i wurde sicher auch sonst vielfach gesprochen, ohne
besonders geschrieben zu werden, und er kann in den aus der idg. Periode
stammenden Verbindungen von i mit folgendem Vokal als altererbt gelten,
z. B. TidvQikog = idg. ^potr-iio-s (ved. pitriyors), ihnikog = idg. *e^-ito-s
(ved. dSvif/a-s); vgl. Vf. Grdr. 1, 110. 112. 120.
Über i in Fällen wie oiog (= hoios) N 275, [noi ivvene (== moienn.)
a 1 und -ü in solchen wie xovi ayx^ (= koniia.) s. § 64, 5, Hartel, H.
St. 3, 7 flf., G. Meyer, Gr. Gr.« 164 f., Osthoff, M. U. 4, 384 f. Über
* = 1 in homer. Alyvmirj d 229 u. dgl. Habtel, a. 0., G. Meter, Gr. Gr.*
158 f., W. Schulze Quaest. homer. p. 17 sq.
13. Idg. M> {vY) war als p A.i. ^ erhalten. Als graphische Vertreter
von p erscheinen : K, z. B. avaxav Pind. P. 2, 28, vsa^ ' atoXrj Hesychius
von W. f6<r-; B, z. B. el. inschr. ßoixiaq und oft bei Hesych.; r, z. B.
ytxoq ' iroq Hesych.; bei demselben lediglich durch Unverstand auch T
{TQrifaXtov ' dicQQtoyoTay zu pQtjvtfXi) und P {rQt • <rt, vgl. § 96). Dass
das auf pamphyl. Inschriften neben /? auftretende Zeichen V\ (Röhl, I. G. A.
n. 505) einen besonderen Lautwert darstellte, ist nicht wahrscheinlich; vgl.
über dasselbe unser Handb. 1, 399- 419.
f schwand am frühesten im Ionisch- Attischen. Die Hypothese, dass
das f bei Homer Äolismus gewesen sei (Fick, Bezz. B. 7, 139 flf.. Die hom.
Odyssee S. 7 flf.), ist nicht genügend begründet (vgl. A. Frisch, Ztschr.
f. d. Gymn. 38, 612, Cauer, Jahresb. d. philolog. Ver. 10, 294 f., Kretschmer
K. Z. 29, 390 f.). In den meisten andern Dialekten blieb der Laut, wie
die Inschriften zeigen, bis tief in die historischen Zeiten hinein lebendig.
Beispielsammlungen bei Tudeer, De dialectorum Graecarum digammo testi-
monia inscriptionum, Helsingfors 1879 und G. Meyer, Gr. Gr.* 229 flf.
Anlautendes ^ vor Sonanten. pixaxi peixan eTxoai = lat. fjüginih
pkTioq Inog = ai. vdcas „Rede", pouo-g olxo-g = ai. vsSd-s „Haus*. pda%v
aatv = ai. vdstu „Sitz, Ort*. St. paqv- in dem böot. E. N. pdqvtav^ im Gen.
aQv-og U.-S. w. aus ursprünglichem *f/f-n- (§ 71, 1). pataXat (yttxdXaiy
ovkai Hesych, d-pata {avdvA) Pind., vgl. got. vunds, idg. ^^^-tö-. Als laut-
gesetzliche Fortsetzung des /?- hat sicher im allgemeinen ' zu gelten, wie
in att. iiKoaiy iriog etc. In manchen Fällen war ' nur scheinbar Nachfolger
von f-, z. B. in ^'Axw, das sich nicht mit lit. velku „ich schleppe* deckte,
sondern aus ^apeXxu) entsprungen war (s. u.). Unklar ist noch ' in i'vvvim,
oQo^g (herakl. oQo-g) u. a. Wörtern, die, wie es scheint, einst mit f- anlauteten
(s. G. Meyer Gr. Gr.^ 244); Darbishire's in §49 zu erwähnender Erklärungs-
versuch hat nur schwache Unterlage.
Intersonantisches w. Jip-i = ai. div-i „im Himmel*. xXäpog = ai.
irdvas „Ruhm*. qhopaXai (korkyr.) = lit. sravä „das Fliessen, Bluten*. Im
Lesbisch-Äolischen verband sich ^ mit vorausgehendem kurzen Vokal zum
*) Da idg. 1* und t* reinlich zu scheiden ' wurde, z. B. *v^go« = fcnogy so schreiben
bis jetzt noch nicht gelungen ist (vgl. Ost-
hoff, Phil. Rundsch. 1881 ijp. 1591. Z. G.
d. P. 135 und die in § 49 zu ermähnende
wir überall idg. ii. — übrigens ist es ein
Misbrauch, schlechthin vom Spiranten f
zu sprechen, wie oft geschieht. Der Laut
Hypothese Dabbisbibe's), weitaus in den wurde sicher allermeistens ohne Reibnngs-
meisten Fällen aber sicher tc gesprochen geräusch artikuliert.
2. Vokale, Nasale und Liqoidae. (§ 13.)
31
Diphthongen (vgl. alviu) u. dgl. § 12 und den analogen Prozess im German.,
wie ahd. treuwa, Vf. Qrdr. 1, 158), eine auch bei Homer als Äolismus sich
findende Erscheinung: cr^vw (ai. cydv-a-t^ „bewegt sich, entfernt sich**), idg.
*2i^"^ (§ 38); svidov (att. sldov) = ai. dvidam „ich traf an", idg. *e'^id'0-m;
aveXXa^ ion. asXka, zu ci{f:)riiii = ai. vämi (Meister, Gr. D. 1, 93 flf. 109 flf.,
Wackebnaoel, K. Z. 25, 276 ff.). Nach langem Vokal schwand p im Les-
bischen, gen. va(pyog^ = hom. viy-og, ßaaiXrj{f:yog = homer. ßamkrj-og; ob
das av von lesb. avwg (ion. ijwg) und vavo^g (ion. vrjo-g) daher rührte, dass
hier ein er mit im Spiele war {rwg aus ^a^awg^ vrjo-g wohl aus *i'ä(r-/ros),
oder ob eine andere Stufe des Wurzelvokals zu Grunde lag {*a^<x-^ vgl.
oQufTfn' aus ^a^afQfaro-v, und racr-), lasse ich unentschieden, i) Wegfall des
/: ion.-att. Ju, xXeog, St. ateäT- {creaQ) aus *<rTijar- (§ 19), "^(fräpax' aus
^sta-un-t' (Vf. M. U. 2, 225). ?x«a aus *^x*/^-jp (§ 112).
Antekonsonantisches ^. El. /^^ar^ä, kypr. pQriräg, att. ^lyr^ä, idg.
♦j^rg^. Lesb. (Alkaios) f^Qrj^i-g und daneben öfter nach den Grammatikern
ß^j wie ßQi^vfoQ, ßqtada ; da die Inschriften nur ^- bieten {^ijtcdqj Ende des
4. Jahrh. v. Chr.), so ist jenes ßQ- als /?^-, nicht als &r- zu lesen (Bechtel,
Phil. Anz. 1886 S. 24 f.). Im Inlaut bei vorausgehenden a- e- o- Vokalen
war u-Diphthong die lautgesetzliche Vertretung (ausser vor {), z. B. evQv-g
aus *i'f!Qv- mit prothetischem i- (: ai. urü" aus *^^r-ti- = ai. d-gru- :
^rw-)*), TaAa-i;^^yo-$ (vgl. y^U'og • dbQfia Hesych, d. i. pQivog), ano-vqäg,
€üXrjQa (vgl. avltjQov und aßXrjQa bei Hesych). Dagegen beruhten kypr.
l'fQs^a^ i'pQTjfidaatv^ ferner das qq in i-QQij^a^ a-p^ryro-g, äTTo-qqriTO'g^ sowie
das (seltnere) einfache ^, wie in lao-qono-g neben laihQQono-g^ auf Einwir-
kung der unkomponierten Wortform mit pq- {qq- q-) im Anlaut (vgl. ^^-
= sr-- § 45 und Solmsen, K. Z. 29, 87. 349 f.), welche Einwirkung auch
für noXv-qqrjV^ noXv-qqiio-g^ noXv-qi^o-g^ o^V'qsmi]g anzunehmen ist, da bei
ungestörter Lautentwicklung -v^q- in -iq- übergegangen wäre; a-qqrjxTo-g
Icd-qoTto-g : a-vqrjxto-g = cc'ßqoTo-g : a'/ißqoTo-g, Aus a^s- 'e^s•' -oj^5- vor
sonantischen Vokalen entstand im lon.-Att. a- e- o-, z. B. axori i^^hen
oxotHS-vo-g; Neubildungen waren axovw (nach axovao^ai etc.), ysvw (nach
yiVfSfo^ a-yeva'TO'g etc.) u. s. w., s. Solmsen a. 0. 92 ff.; in den Fällen, wo
bei Homer Diphthong erscheint, kommt mit in Frage, ob ein Äolismus vor-
liege, z. B. bei ovata.^) Über t^i in xXaio) xXao) aus *xAaf-jfö) u. a. sieh
§ 12. 18. 54.
Postkonsonantisches iL
n^: kork. nqo-^BVfo-g^ el. gen. Sevp-dqsoq^ lesb. ^evvog^ ion. ^etvog^
att. ^£vog; mt^ vielleicht in lesb. ^vvexa, ion. shexa, att. i'v€xa aus *k'in-f:€xa
(OsTHOFP, Z. G. d. P. 334); n/: xoqpä (Collitz, Gr. D. n. 373), ion. xovqrj^
') ScHULZK, Qua est. hom. p. 1 sqq. will
l/«p«r, devofiat u. dgl. bei Homer nicht
ate /lolismus gelten lassen. Ich kann seiner
Theorie schon am des öinen devofim willen
nicht folgen, da die Zusammengehörigkeit
dieses Wortes mit dem völlig gleichbedeu-
tenden devtego-s {devTaro-g) und weiter mit
ai. dü-rd-, wie ich meine, evident ist (s.
K. Z 25, 299 f.).
^) Hierzu ohne prothetischen Vokal das
Fem. 'Peta (ion. 'Peit]) aus *fQ'ef'ia, Beiwoii;
der Erde (Pott, Et. Forsch. 2\ 178).
®) Der nom. acc. att. ovg dor. tSg kann
ebenso gut auf *ou-o8 als auf *o\fS'08 zu-
rückgeführt werden. *o^o8 verhielte sich
zu *ou8-en', wie ai. iir'a8 zu iirs-an-. Vgl.
Wackernagel, K. Z. 29, 141.
32 A. Qrieohische Grammatik, b) Lautlehre.
att. xoQtjy el. ^HQpaoioig; lu: kypr. aXpov, wozu aXova (= aXf^a?) ' xiJTroi.
KvnQioiy Hesych (Deecke bei Collitz, Gr. D. 1, 30), *3Afo-^ (= ai. sdrvct-s
„all**), homer. ovXog^ att. okog. Vgl. § 30. 57. ?<-Epenthe8e bei Stellung
des ^ nach Nasalen und Liquidae ist nicht sicher nachgewiesen; vgl. § 54.
kt/, inno-q = ai. äSva-s, idg. *eA'iiO'S (vgl. Mucke, De consonarum
in Gr. lingua geminatione, Budissae 1883, p. 34). Im Anlaut tt-: nag
(Trarr-) = ai. Sd-Svant^ (aus *sd'Svant') „vollständig, ganz, jeder**, idg. *^U'nt'
(§ 72, 3); dor. nä-fia „worüber man Verfügung und Gewalt hat, Besitz*
aus *Arwa-mew-, wozu auch el. ifi-TtacD „bringe zur Geltung, vollstrecke";
Ilav'Oipia aus Ht^ano-, *) Jünger als die Assimilation zu ^nTt- {tv-) war die
zu -XX- : ntXsxxO'V zu neXcxv-g, Xdxxo-g zu lat. lacu^s^ fiixxo-g zu fuxv-g u. dgl.,
wonach wohl zu ixxo-g, der Nebenform von Inno-g (Herodian II, 548, 11 L.),
eine in die griech. Sprachentwicklung hineingekommene Stammform *lxv^
*eku- angenommen werden muss; s. § 70*», I Anm., G. Meyer, Gr. Gr.*
270. 276, Bechtel, Phil. Anz. 1886 S. 15 f., Vf. Grdr. 2, 148.
tu. Kret. TfSh (bei Hesych TQt geschrieben, s. o.), dor. rt, lesb. ion.-
att. <Tty böot. T/r, vgl. ai. tvd-d (über enklit. roi § 96. 201, 2). Boot.
TttitaQfg, att. TbTxaqsg^ dor. tiroQsg^ hom. Ttaaageg^ herod. xtaasQsg^ arkad.
TsaasQaxovxa^ vgl. ai. catvdras § 101 (Wackernagel, K. Z. 24, 592 ff.,
Alfr. Müller, De 2 litera, Lips. 1880, p. 66 sqq., G. Meyer, Gr. Gr.* 258).
Anmerkung. In einigen Wörtern soU tu- allgemeingriechisch durch o- vertreten
gewesen sein, z. B. <Tei<a (gortyn. iy-aeia), das man mit ai. tvis-a-ti «ist in heftiger Bewegung,
ist erregt* verbindet. Vgl. K. Z. 22, 263. 28, 280. 29. 98, Bkzz. B. 12, 240. 14, 100.
Man müsste entweder einen doppelten Anlaut tt^- (rfi) und tv- mit Spirans v (asiio) statuieren,
oder annehmen, als im Urgriech. tw in c- tiberging, sei das r in tfi durch die Analogie
von TV gehalten, bezieh, wiederhergestellt worden. Unklar ist übrigens auch noch das
Verhältnis von -ovyo- zu ai. -tvanä- (§ 70, 6). — Homer, tirga^ct neben teaaugeg erklftrt
sich daraus, dass *jerfQa- = *qett^f' bereits im Urgriech. das f einbüsste (§ 59).
d^. Von W. duei-- korinth. JpsiviAc^ bei Hesych dedpoixwg (dsÖQoixtig
geschrieben, s. o. S. 30), homer. i-iieiaev. Für homer. deidißfv, x^eovörfi ist
mindestens SäSSifiev, x^eodSr^g zu schreiben, doch wurde in hom. Zeit viel-
leicht noch dp gesprochen. Ebenso ist homer. iiSaq in ^ddaQ {idpaq) zu ändern,
vgl. ai. -ad-van- .essend" (Vf. K. Z. 25, 218 f. M. U. 2, 226 f.). Attisch
und sonst bloss rf, äsivog^ dtdoixcc^ idaQ-ßQüOfia Hesych, dm-dexa Sig vgl. ai.
dvd, dvi^.
dhu. oQ^-o-g, vgl. ai. ürdhvd-s „aufrecht** lat. arduo-s, idg. ^^dh-^^ö^s
(§ 70, 3). -^f, vgl. ai. 'dhve (% 108).
pti: vr^Tiio-g (neben vr^-nv-rio-g) aus *vi;-7rf-io-$. hh^: vnsQffiaXo-g aus
*i7i€q-(fp'iaXo-g von W. Iheii- (Osthoff, M. U. 4, 67. 148. 358).
sif. wurde im Anlaut zu tonlosem p, dieses zu A. /? bei Homer und
sonst: poi^ /?«, ps-xdg („für sich, abgesondert**) von idg. ^s^ie-, ai. svd- (§ 97),
^) Samisch xvttvo- in Kvayotpiojy (vgl. ' ai. iu- (CuRTirs. G* 157), zu der auch die
xvafÄog mit >/i-Suffix) entstand aas *kuuanO' \ im Texte genannten Tiiig und näfia (vgl.
und verhielt sich zu Tiaro- in ilai'-oU'/« (ausser- ntifKoxog - 6 »vgiog Hesych) gehörten. Von
halb Attika gebrauchte Form, Harpokrat. p. derselben Wurzel leitet man auch xv<oy ab
161, 30) wie *fv(a = yed. dura zu cfw-cff x« (aus
♦cf/ro>) = ved. dvd, wie iffvtjy {hhuu-) zu
vTteQ'tfiaXos aus vitSQ-fff-iaXo-g (6/iit-) u. a.
(nach Benfey ,der hSufig und viele Junge
gebärende*), dessen alte Nebenform ^Tiojy
(acc. *rt6y(e) = ai ivä lit. sziY (*7i loy : xvtoy =
(§ 24). Die Form nvayog (llvay-oipia, lltuy- \ navo- : xrcrro-) man wohl wegen des zu grossen
i%pia) war eine jüngere Mischbildung. Die ' formalen Abstandes von xvy- in xvy-^g etc.
Wurzel war xi»- m xvog, xvaQy xtQog etc. = , fallen Hess.
8. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 14—15.) 33
f ^ = kymr. chwech (§ 101). Die Tonlosigkeit des /? war durch beigesetztes
h bezeichnet im böot. phexa-ddiios und im pamph. phä (Collitz Gr. D.
n. 1267), das allerdings nicht sicher steht (vgl. PH = tonlosem ^ § 22
und § 51). Blosses h : of^ f, ixdg^ 1^, i^dvg == ai. svadu-^, Dass daneben
auch er-, aus <r/?-, erscheine, ist wohl trotz Bechtel, Phil. Anz. 1886 S. 14
anzuerkennen: z. B. adlog (hom. xovi-affaXog) zu ahd. swellan „schwellen",
(fiyfj zu ahd. swlgBn „schweigen" (W. st/ia'ik' stfa'ig-), a-iaXo-g zu v-g (av-6g
av^ nach ^ap^og). Freilich ist es um die Erklärung noch misslich bestellt,
s. Osthoff, M. U. 4, 356 ff. und G. Meyeb, Gr. Gr.« 220 f. 247, der
ursprünglich verschiedenen Anlaut (52^- und st;-) annimmt. Unklar ist auch
noch die Geschichte des -s^* nach Sonanten: es ist trotz Bechtel a. 0.
noch kein sicheres Beispiel für Schwund und trotz Osthoff, M. U. 4, 187
noch kein sicheres für Übergang in -crcr- -<r- beigebracht (über piapo^g lao-g
8. § 70, 3 und § 73, 1).
Zwischen v und folgendem Vokal erscheint p als Übergangslaut, z. B.
chalk. FaQvpovTjgy böot. Baxsvpai^ kypr. dvpdvoi, xaxeaxevpaae^ durch ß
d. i. V (§ 33) ist dieses p dargestellt in Evßdlxrjg (lak. Cauer D.^ n. 25),
Evßavdqog (dodon. Cauer D.* n. 250). Dieser Übergangslaut wurde sicher
auch sonst gesprochen, ohne besonders geschrieben zu werden, und er kann
in den aus der idg. Ursprache stammenden Verbindungen von u mit fol-
gendem sonantischen Vokal als altererbt gelten, z. B. dvpon (ved. duvd)
= idg. *dut0.
Über t; = ff in Fällen wie lxv€vwv Pind. P. 8, 35 und xXv&i iiev
(= fne^) aQyvQOTo^ A 37 sowie in 'HXsxTQvwvog Hes. Schild 3 u. a. vgl.
§ 12 extr. und G. Meyer, Gr. Gr.^ 160 f. 168.
Diphthonge und andere Vokalverbindungen.
14. Die idg. Diphthonge (d. h. Verbindungen von zwei Vokalen,
die derselben Silbe angehören und deren zweiter im Verhältnis zum ersten
konsonantisch fungiert) hatte' das Griechische treuer als alle Schwester-
sprachen erhalten. Beispiele s. § 6 ff. Zu den ursprünglichen Diphthongen
kamen durch gewisse Lautprozesse neue hinzu: 1. durch sog. „Epenthese'',
wie T€xxaiYw aus HexTav-kw (§ 12. 54); 2. durch Eontraktion, wie naig
aus natg (§ 17); 3. durch sog. „Prothese" vor w, wie svqv'-g aus "^i-pqv-g
(§ 13. 28); 4. dadurch, dass i und f«, im Silbenanlaut stehend, bereits mit
dem Exspirationsstoss des vorausgehenden Vokals hervorgebracht wurden
(a'i^a z. B. wurde zu atf/ifa): so lesb. dXvibn aus ''^dXvkw^ svidov aus Hpidov
(§ 12. 13); 5. beim Schwund von v vor <r im Lesbischen, wie nalaa aus
orlesb. *ndvaa (§ 55).
Im einzelnen ist zur Geschichte der Diphthonge im Griechischen fol-
gendes zu bemerken.
15. Diphthonge mit kurzem ersten Komponenten.
In «v, ovy av wurde der zweite Komponent nicht zu ö (vgl. § 7),
sondern blieb u. Daher ist nicht auffallend, dass man ihn öfter durch p
ausdrückte, wie lokr. Napnaxritov Colutz, Gr. D. n. 1478, 40 neben Navn.
auf ders. Inschr., korinth."£/r^f[Tog], Röhl I. G. A. n.*20, 101, kret. dptog,
'AflMvt, anopdddv (Baünack, Berl. phil. Wochenschr. 1887 S. 59). Und
Handbtush der Ua«. ÄltertununriaseDachaft. U. 2. AoH. 3
34
A- Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
daher ist auch leicht verständlich die mehrere Male vorkommende Darstel-
lung von e^ durch €ov, wie 'Axi^^fovg (G. Meyeb, Gr. Gr.^ 135), wo ov
ebenso Kürze meint wie in böot. rovxä u. dgl. (§ 7). Die zweilautige Gel-
tung von av und 6t; blieb bis ins Neugriechische, ^ wurde spirantisch, und
zwar zum tönenden Spiranten vor tönenden, zum tonlosen vor tonlosen
Konsonanten, z. B. svvrj = evni, avrog = aftos; dass die spirantische Aus-
sprache in vorchristliche Zeit hinaufreicht und damals wenigstens in gewissen
Gegenden und in gewissen Verkehrskreisen bestand, darf aus Schreibungen
wie ivdo/iog = i'ßSofiiog, ^avSog = ^dßdog, ijxßXevaavteg = i^ßXtipavrhg
gefolgert werden (vgl. Blass, Ausspr.^ 79).
Dass u in «r, av im Ionischen dem q nahe kam (vgl. nhd. haqs =
haus^ Sievers, Phon.^ 142), zeigen inschr. Formen (vom 5. Jahrh. an) wie
(f'Soysiv^ aoTov (Karsten, De titulorum Ion. ,dial., Hai. Sax. 1882, p. 20,
Blass, Ausspr.^ 72).
Aus €v wurde im Kretischen or, z. B. tfioväta = tpsvSf^, initadoviia
(Hey, Quaest. de dial. Cret. 23). Vgl. zu diesem assimilatorischen Prozess
dor. w, att. ov {ü) aus fo § 17 und lat. doucö aus *deucö.
Das idg. 0^ in anovdrj, eth'^kov&a etc. war im Ionischen und Attischen
im 5. Jahrh. zu ü geworden (spüde),^) doch behielt man das Doppelzeichen
OV bei und verwandte dieses auch zur Darstellung des von Anfang an
monophthongischen, durch Kontraktion oder „Ersatzdehnung*" entstandenen
ü z. B. in nüs vovg = voug (§ 17), düs Sovg = *(for(T)-$ (§ 55), s. Dietrich,
K. Z. 14, 48 flf., Vf. C. St. 4, 81 ff. Kyprisch o-vo = ov, a-ro-u^ra-i ^
aqovQtti u. a. und die Darstellung des ov durch op in kret. anopddav lassen
Erhaltung des of^ als Diphthong in diesen Mundarten erkennen.
Das idg. ei in fz/ir, ns({>m etc. war in Korinth bereits im 6. Jahrh.
V. Chr. geschlossenes e geworden, wie der Ausdruck mittels E zeigt, z. B.
nOTEJAN Jloreidav.
Derselbe Übergang ist für das lon.-Attische als im 5. Jahrh. voll-
zogen anzuerkennen (für das Attische schon bedeutend früher, falls auf die
für so frühe Zeit ganz vereinzelt stehende Schreibung EIMI = sl^i auf
der Stele von Sigeion, Röhl n. 492 aus der Zeit 600—550, etwas zu geben ist).
Das Zeichen El blieb und wurde auch zur Darstellung des von Beginn
monophthongischen, durch Kontraktion oder „Ersatzdehnung'' entstandenen
geschlossenen e z. B. in dHe dstre aus dtexe (§ 17), ^mi eipl aus *i(ffn^
tUs &Hg aus *^€v{Tyg (§ 55) gebraucht. S. Vf. a. 0. und G. Meyer, Gr. Gr.»
82 f.*) Im 3. Jahrh. wurde das geschlossene e, zu dem sich das „echte*
^) Daher versteht man rov ßov nagd
XoffoxXil iy 'lydx(o xal Ttagd JÜJX^'Xf^ Herod.
II, 704, 39, eine * Analogiebildung nach rov
yov u. dgl. (G. Meyer, Gr. Gr.=^ 332). ßov<;
und yovg (aus Poog) waren gleichlautend ge-
worden. Eine Stammform ßof-o- für dieses
ßov anzunehmen scheint mir unstatthaft.
'^) Anders Blass, Aus8pr.^29 f., Meister-
hans, Phil. Rundsch. 1886, S. 249 und Gr.«
16. 28, die annehmen, urgr. ej sei noch im
*4. Jahrh Diphthong gewesen und das e von
^€Tt€ eifil etc. habe sich diphthongisiert. Die
vorgeführten Gründe scheinen mir völlig
kraftlos. Wenn für urgr. e^ fast regelmässig
El geschrieben ist, während man bei dem
e von dette etc. so lange zwischen E und FA
schwankte, so ist zu bedenken : von der
Schreibung El für urgr. ei abzugehen, hatte
man keinen Anlass, wohl aber, wegen der
Mehrdeutigkeit des E, von der Anwendung
dieses Zeichens für das geschlossene e in
dehe etc. ; das El musste für öeTre etc. will-
kommen sein, und dass man sich nur all-
mählich von £ trennte, kann nicht auf-
2. Vokale, Nasale und Liqoidae. (§ 15.) 35
und das „unechte'' €$ vereinigt hatten, zu i (Blass, Ausspr.^ 57 f., R.
Waoneb, Quaest. de epigrammatis grammaticae, 1883, p. 35). 0
Im Böotischen war der Wandel von ei zu i schon im 5. Jahrh. voll-
zogen, vgl, ^AQiatoylToviog = 'AgiaroyetTonog^ atiovxog ■■:=■ äetdovrog (Meister,
6r. D. 1, 227 flf.). Über denselben Übergang im Arkadischen s. Spitzer,
L. d. a. D. 22.
Kypr. pe-i-se-i = neiaei (att. tefaet) zeigt Bewahrung der diphthon-
gischen Aussprache.
Aus Ol entstand im Kret. und Lesb. wj, z. B. kret. o-nvi = o-ttoi,
lesb. TvT^Se (vgl. lesb. dnv = aTto). In Böotien entstand o^, z. B. 'Agiaro-
tko€vo-^ (Tanagra), daraus im 3. Jahrh. v. Chr. (wohl durch ö hindurch)
Ä, z. B. Ovv-aQxo-gy fiWä, und in den jüngsten böot. Inschriften neben
t' auch €1 (d. i. T oder wenigstens ein diesem sehr nahe liegender Vokal),
z. B. amsTg = avrotg (vgl. Meister, Gr. D. 1, 235 flf., BtASS, Rhein. Mus.
36, 611, Ausspr.* 56). Wandel von oi in v fand später, doch nicht vor
dem 2. christl. Jahrb., auch in den andern Mundarten statt (doch bleibt
zweifelhaft, ob durch dieselben Mittelstufen wie Jahrhunderte vorher in
Böotien) und führte im 9. und 10. Jahrh. zu t (G. Meyer, Gr. Gr.^ 131,
Blass, Ausspr.* 69 f., Foy, Bezz. B. 12, 57, Krumbacher, Ber. d. k. bayer.
Akad. d. Wiss. 1886 S. 443 f.).
ai erscheint vor 400 in Böotien als ai oder as (Tanagra) geschrieben,
z. B. A€axQ<^v6äg; dieses ae wie nhd. «^ in Jcaiser, leid (Sievers, Phon.^ 142).
Mit der Einführung des ion. Alphabetes tritt in demselben Lande r; für ai
auf, z. B. Tji = cci{p)€{y Innotii = innorai^ und die jüngsten Inschriften
zeigen ei d. i. geschlossenes ^, z. B. ^Al^äveTov (Meister, Gr. D. 1, 238 ff.);
ebenso «* = ai im Thessal. (Collitz Gr. D. n. 345): ßtXXsi'Tsi (dor. 6r]-
Xrjftat „velit*), itpavyQe-v&eiv, orygaipstv, eaatax^eiv^ EtfAovveiog. Später,
wohl nicht vor dem 2. Jahrh. n. Chr. Geb., ging auch anderwärts in Grie-
chenland ai in ^ über (Blass ä. 0. 62 flf., R. Wagner a. 0. 40 f., Meister-
hans, Gfr.2 26 f.).
Diphthongisches ui scheint der idg. Ursprache fremd gewesen zu sein.
Im Griech. entstand der Diphthong vi durch Konsonantschwund und Kon-
traktion, z. B. idvTa aus ^fudvtr-ta (§ 45), hom. vtxvi (§ 82), durch Über-
gang von 0% in ui, z. B. kret. onvi (s. o.), durch Vorausnahme von silben-
anlautendem i, z. B. lesb. (f^vfoo (§ 12 S. 29).
fallen. Auch die Berufung auf xXeig aus xXpg | antevokalischem E", wie inschr. deir^rm =
besagt uichts. Denn auch einmal zugegeben
(vgl. aber § 16)» hier sei (ca. 400 v. Chr.)
ei ans ei iei) entstanden, womit sollte man
denn diesen Diphthong ausdrücken, wenn
nicht mit £/? EI, sonst Zeichen für geschl.
difiTM. Denn auch angenommen (vgl aber
§ 18), es sei -erj- in eii- ( ^ - ) übergegan-
gen, so wäre hier doch immer kein Diph-
thong (vgl. § 14) entstanden gewesen, das
El wäre also mit dem antekonsonantischen,
e, musste jetzt, wo ein Diphthong neu ent- auf das allein es ankommt, gar nicht kom-
Bpraogen war, für diesen mitgelteii. Dass mensurabel. M.^s weitere Einwände erledigen
dasselbe Zeichen für verschiedene Laute
sich hiemach von selbst.
diente, daran waren die Griechen doch ander- *) In dem ion. Icfcia dno-de^ig u. s. w.
wärtB schon gewöhnt, z. B Y = tf in «vrog, war nicht et in b übergegangen, sondern
= ff in vnOf -J = « in axtjvni, = z m diese Formen gehörten zu der Wurzel des
c߀yyvvM. Femer beruft sich M. mit Un- lat. doc-eö. S. G. Meyer, Gr. Gr.^ 130.
recht auf «die Entstehung von EI aus kurzem |
36
A. (hieohische Grammatik, b) Lautlehre.
16. Diphthonge mit langem ersten Komponenten. Die Di-
phthonge e^ ö^ a^ H öi ai erfuhren vor Konsonanten im Urgriechischen
Kürzung des ersten Komponenten, z. B. Zevg aus idg. *dj[^-s (§ 26). Wo
in den Dialekten ijv cov etc. vor Konsonanten auftreten, war der Diphthong
unursprünglich, z. B. in herod. icowov (§ 98), in homer. vrjvg (§ 26), in
rjv^dfir^Vy jjzovvy lyte^ (pxovv (§ 109), in ^rfo) aus ä{f:)€(d(o, afti^a) aus atot^o)^
xXf^g aus xXrji'g, h^airfi aus Xr/iCTtjg (§ 17). Im Auslaut erscheinen vorgriech.
-öjt und -fl{ mit erhaltener Länge des vorderen Komponenten: Dat. ihrm;»,
X^?^ (§ 81).
Das i von m und äi verstummte in den verschiedenen Gegenden zu
verschiedenen Zeiten, im Attischen vollständig wohl erst im 2. Jahrh. v.
Chr. (G. Meyer, Gr. Gr.« 132, Meisterhans, Gr.« 52 f.). Für rjt (sowohl
in eiTtj] fjQb&rjv rrj etc. als in den durch Kontraktion entstandenen xljjg
Xnaxrfi XrjtovQyeiv etc.) erscheint im Att. seit Beginn des 4. Jahrh. v. Chr.
EI geschrieben (Meisterhans a. 0. 28 ff.): es ist anzunehmen, dass ^ zu
geschlossenem ^ geworden war.^
17. Kontraktion nennt man die Vereinigung zweier mit gesondertem
Exspirationshub gesprochenen Sonanten unter einem Silbenaccent, wobei
entweder ein Monophthong entsteht {dO^Xov aus iie&Xovy (piXeTve dor. ^X^re
aus (fiXt€T€) oder ein Diphthong {Ttatg aus nätg^ ßtXevg aus ßäXsog),
Bei Kontraktionserscheinungen muss die Chronologie genau berück-
sichtigt werden. Ein Teil derselben war uridg., z. B. ?;«•= idg. *ßs-^
aus *e-es-^, inno;> = idg. *ek^öi aus ^ek^o-ai (vgl. Osthoff, M. U. 2,
113 ff., Vf. Grdr. 1, 106 ff.), oixei = idg. *-c{ aus *-e-/ (§ 82). Als ur-
griech. darf gelten die Kontraktion von e(sji zu ei, wie in «?, g>äQ€ig (§ 107),
^) Manche, wie Riexann, Blass und
Meisterhans, nehmen Übergang von ei in
ei an, das noch im 3. Jahrh. v. Chr. ge-
sprochen worden sei. Mir scheint, mit Un-
recht. Metrische Inschriften mit dreisilbigem
BgtaHIg u. dgl. aus dem 4. und 3. Jahrh.,
auf die sich Meisteshans beruft (Phil.
Rundsch. 1886, S. 249 f.), beweisen nichts,
weil sie nicht die Umgangssprache ihrer Zeit
zu repräsentieren brauchen. Dagegen be-
weist für mich die Darstellung des n durch
E in ;^«Axo^//xp, avrji C.I.A. 2, 61 nach 357
V. Chr. (von Meistebhaks a. 0. angeführt)
und in ßaaikfig BQia^g auf Vasen (s. Kbbtsch-
MEK, K. Z. 29, 415, in BPllEEI der Vokal
doppelt geschrieben zur Bezeichnung der
Länge). Johansson, De der. verb. 165 führt
die (inschriftlich unbelegten) Konjunktiv-
formen fito^oTg -Ol ebenfalls zu Gunsten von
ei aus €% an, indem er sagt, nach jnia^re
aus fHG96tjT6 wären in der 2. 3. sg. -(ftg -^
zu erwarten, -otg -ot wiesen also auf -o^
-oei. Aber dann wäre zu tpiX^U -^i als Konj.
auch -eh -ff zu erwaiten, nicht -^? fj.
Ausserdem darf die Änderung des ti im Att.,
welcher Art sie auch immer gewesen sein
mag, nicht in die Zeit hinaufgerückt werden,
wo die verba contracta noch die offenen
Formen hatten (Ind. fiia^oT z. B. schon 570
—560 V. Chr., Meistebhans 139). Die Sache
liegt so: in ffiX^g -p, fpiquig -p wurde, wie
im Ind., geschlossenes e gesprochen, ebenso
waren tifi^g -4 zugleich Ind. und Konj., und
die 1. ps. sg. war für beide Modi dieselbe,
€pi.ho q>iQto xiutu und fiur&iü; daher gebrauchte
man auch die Indikativformen fiio&oig -oi
zugleich konjunktivisch, ein Vorgang, der,
wie das von Mkisterhans, Gr.^ 140 miss-
verstandene inschr. wy äv ngoadehai (320
V. Chr.) zeigt, auch auf das Medium Über-
griff; zu dieser Nichtunterscheidung von Ind.
und Konj. vgl. auch inschr. ^oxp als Ind.
(368 V. Chr.) u. dgl. bei Meistebhans fS. 31.
Bechtel's Vermutung (Inschr. des ion.
Dial. S. 14), dass zwischen tji und ei ein ei in
der Mitte gelegen habe, will ich wenigstens
erwähnen; dass sich ihr jemand anschliessen
werde, bezweifle ich.
Endlich bleibt noch zu erwähnen, dass,
wie Wackebnagel, Phil. Anz. 1886, S. 69 f.
feststellt, die Formen der Kaiserzeit fiovX^
(dat.), Xvtj (conj.), ijqt^tjv (p mit t subscr.
war nur archaisierende Schreibung) Neu-
schöpfungen waren. ^ovXrj nach den andern
Kasus des Paradigma's etc. Das n der ausser-
halb analogetischer Einflüsse stehenden xXftg
XijTovQyety ging seinen Weg über ge6ch](»s*
senes e zu i weiter.
2. Vokale, Nasale und Liqoidae. (§ 16—17.)'' 37
atsi (§ 73, 1), fJi€V€t, dkrj&€ta (ion. -fiV;, s. Fritsch, Zum Vokalismus des
Herod. Dial. 19 flf.) aus *-f<r-«(a; homer. Formen wie jU*v«i' und die von
Naück u. a. angenommenen 'Agyäiogy ävmSsirj^ noXvd-eqaeidrjq u. dgl. be-
greifen sich leicht als Neubildungen. Die allermeisten der auf griechischem
Boden vollzogenen Kontraktionen gehörten unstreitig dem einzeldialek-
tischen Leben an und waren hauptsächlich durch den Ausfall der inter-
sonantischen t, ^ (f ), c veranlasst. Diese Konsonanten schwanden aber nicht
zur selben Zeit, daher Ungleichmässigkeiten wie att. gen. sg. ccc<fovg nom.
acc. pl. aa^Ti (aus -«(cr)-©^, -f(o')-a) neben -qdäog r^ita (aus -«(f)-©^, -«(f)-a).
Auch bewirkten noch andere Faktoren manche Ungleichheit, vgl. z. B.
Wackebnagel, K. Z. 29, 138 flf.
Kein Hiatus, den die historische Gräzität im Wortinnern zeigt,
stammte als solcher aus der idg. Ursprache. Die hom. Konjunktivformen
arrfifievy v^i^ofAcv u. dgl., in denen Curtius und andere altüberkommenen
Hiatus finden wollten, waren griechische Neubildungen, die idg. Formation
war durch ark. latavoiy messen, tid^r^vri u. dgl. repräsentiert (§ 142, 1).
Ebenso waren 3. pl. wie att. Ti&säai böot. M&sav^ part. pf. fem. wie hom.
xBd^rivTa u. dgl. m. griech. Neuschöpfungen. Auch bestand in Verbindungen
wie «a, ua (itttt^o^, dvw) kein alter Hiatus, denn es wurden hier von idg.
Urzeit her i und u als Übergangslaute gesprochen (idg. *ekuiiO'S, *dutio),
8. § 12. 13. Wohl aber hatte das Urgriechische wahrscheinlich in der Fuge
von Nominalkomposita noch uridg. Hiatus, wie in ^Inno-aymyog (vgl. ai.
ved. t/ukta^(iharS „dem die Rosse angeschirrt sind'', aksl. dobro-okü „schön-
äugig*"), welcher Hiatus damals durch die gleiche Elision (inTi-aycoyog) be-
seitigt wurde, die in tavTo u. dgl. geschah (Vf. Grdr. 1, 455. 458 f. und
2, 45), vgl. § 64, 6.
In weitestem Umfang duldete die unkontrahierten (offenen) Formen
das Ionische, am wenigsten das Attische.
Bei qualitativer Gleichheit der beiden Kontraktionsvokale entstanden
stets einfache Längen, z. B. 'AO^rjvä ^A^rivda, iTiTifjg aus tTjnrjsg, el. u. sonst
Ji aus Ju. es und oo ergaben im Ion.- Att., zum Teil in den dorischen
Dialekten sowie im Nordwestgriechischen geschlossenes e (st) und geschlos-
senes ö, das sich weiter bis zu ü (ov) verdumpfte (§ 15).
Anmerknng. Man darf nicht annehmen, dass itflXu aus icplXrj {i(piXe€)y Xnnov
am Xnnio (Ynnoo) entstanden waren, wofern man deren *; und p) den tj und a> in xL^rjfn und
HStafii gleichsetzt. Denn es wäre unverständlich, waium dann nicht auch xi&eifAi, und
iidovfii erwuchsen, e und c, o und ö hatten im Urgriech. die gleiche Qualitiit. In ver-
schiedenen Teilen des griech. Sprachgebietes wurden später e und o geschlossener ge-
sprochen als e und ö, zuerst wohl im Ton.-Att., und als diese e und o Kontraktion oder
.Ersatzdehnang" erfuhren, entstanden Längen, die geschlossener waren als die urgr. e und ö.
Es fragt sich nun, in wie weit die geschlossenen e und o in den betreffenden dorischen
Mundarten und im Nordwestgriechischen selbständig aufkamen, ob nicht vielleicht die Laut-
beweguog sich erst vom ion.-att. Gebiete auf diese Dialekte fortgepflanzt hatte. Dabei sind
eventuell chronologische Unterschiede in diesen Mundarten anzunehmen. Wenn z. B. eine
lokr. Inschrift gen. ddfiu) (aus -oo) und acc. rovg (aus royg) neben einander hat, so ist
denkbar, dass die Verduropfung des o aufkam, als die Kontraktion von -oo zu -cu be-
reits stattgefunden hatte und daneben noch xoys gesprochen wurde, so dass nur bei diesem
ein ü (ov) entspringen konnte. Vgl. § 3 Anm. S. 19 und Johansson, De der. verb. 22 ff.
Entstand bei qualitativer Verschiedenheit der beiden Vokale ein
Monophthong, so war die Assimilation bald eine progressive (att. ri/tar«
ans Tifiäste, dor. tav aus racov), bald eine regressive (dor. riiirixs, att. rwv).
38 A. Griechiflohe Chrammatik. b) Lautlehre.
€0 wurde durch Angleichung des ersten Vokals an den zweiten in dor.
Mundarten zu cd, im Attischen zu ü (ov): (f^iiMfieg, g>iXovfi€v aus fpikäa-iAsg
-/ifv; das att. ü setzt geschlossene Aussprache des o voraus (vgl. oben
att. ü aus 00), oe wurde nach vollzogener Assimilation wie oo behandelt,
z. B. nom. dor. eXdaawg att. eXattovg aus -o(cr)-f$. Ein Diphthong entsprang
stets, wenn i und v das zweite und ein o-, c- oder o-Vokal das erste
Element waren, wie natg aus natg, ev aus ev. Homer. IdvTa aus * piSv{a)Ha^
aber Optat. ixivfiev aus *dv'i'fi€v; ob im letzten Fall v, weil ein Konsonant
folgte, oder ob Analogiebildung nach dvrjv, ist unklar. €v aus «o im Lesb.,
Ion., Rhod. etc., wie noievvtai (Merzdorf, C. St. 8, 163 flf., G. Meyer, Gr.
Gr. 2 135 f.), av (äv) aus ao {äo) in arkad. 'AnoXXwviiav und sonst
(G. Meyer a. 0. 136).
Besondere Schwierigkeiten, die zum Teil noch ungelöst sind, machen
die bei der sog. „epischen Zerdehnung** (XafinetofovTiy ogdaa&ai) vorliegen-
den Ausgleichungserscheinungen. S. u. a. Mangold, G. St. 6, 139 ff.,
Wackernagel, Bezz. B. 4, 259, Cürtius, Leipz. St. 3, 192 flf., Fick, Die
homer. Odyssee 1883 S. 2 f., Johansson, De der. verb. 139 sqq.
18. Sonstige Modifikationen der Qualität und der Quantität.
In dor. Dialekten, im Lesb., Thess., Pamphyl. und Kypr. ging s vor
Vokalen, namentlich vor o- und a- Vokalen in i über, z. B. lak. x^iog =
&€6gy kypr. ptnua -- inea. Im Böotischen treten in diesem Fall «, «*, #
neben einander auf, z. B. d^eo^ x^eio-^ d-io- (Meister, Gr. D. 1, 243 flf.),
diese Schreibungen sind als verschiedene Versuche zur Darstellung eines
sehr geschlossenen ^ zu betrachten. Denselben Wert hatte si (vgl. ov = ü
§ 7) in att. und ion. inschriftl. Formen wie idgrasKog, etavTov^ ivvs(a (Blass,
A.3 33 f., Meisterhans, Gr.^ 35 flf.). Vgl. J. Schmidt, K. Z. 27, 295.
ä aus m{p) vor c, i und a im Attischen: aexog (atßsTog Hesych),
d&r^Q (auch homerisch; vgl. ai. devär-, idg. *dai^er'), ^Vro) = homer.
aiaaco aus * pai-pix-ia) (§ 122), äei neben = alpBi\ iXda aus *iXaipa u. a.
(Wackernaoel, K. Z. 27, 276 f.).') Dieser Wandel nicht vor o- Vokalen:
«rö)v, vgl. lat. aevo-m, Xatog = lat. laevo-s, 'Axctiog aus (kypr.) ^Axccipog^
alwQu (gebildet wie nai-naXtj, dai-daXo-g) zu a(f)«^o}. Daher wird das
Nebeneinander von xccoa xXä(o und xaico xXafio (aus ^xaij^io *xap'^a) § 54)
auf Ausgleichung im Paradigma {xatco xdsig xdei xaiofuev etc.) und werden
ateC eXai'a neben aei iX^a (Meisterhans, Gr.^ 25) auf Einfluss von atair
^Xaiov beruhen. Die Form dsC (a) steht wohl auf gleicher Linie mit noeXv
neben nomv (argiv. sTioi^rje), und man beachte, dass dieses Verbum auf
den att. Inschriften sein i vor o-Lauten immer aufweist, wie nom noiovc^
(entsprechend isQonotoi), während das i vor e-Lauten oft fehlt, wie rroeV
noiflfü (Meisterhans, Gr.^ 44).
19. Öfters wurden Vokale vor Vokalen verkürzt, z. B. att. vb(üv aus
i'rwr, herod. vktg aus irf g, herod. dor. ßaaiXeog aus ßamXr.og^ herod. ia aus ra.
über die sog. .»quantitative Metathesis" oder „Umspringen der Quan-
tität" im Ionischen und Attischen, z. B. ion. att. xeO^vtdrog (homer. t«-
') Wackkknagel a. 0. vermutet, dass I lieh tdiaaio und ^wriq gestanden habe,
bei Homer für uiotrw und ddtJQ Ursprung- ,
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (18-20.) 39
^fijaro^), herod. iffvetoTog (dagegen att. iatwxog aus io'ra{/?)orog, Osthoff,
Z. G. d. P. 368 flf.), att. InTttiog Innta, sieh Cü^tius, St. 3, 399, Vf. ebend.
4, 140 flF., Mangold ebend. 6, 165 flf., Merzdorf eb. 9, 199, Misteli, Ztschr.
f. Völkerps. 11, 394 flf., G. Meyer, Gr. Gr.» 148 flf., Wackernaoel, K. Z.
27, 262 flF. Die MERZDORF'sche Ansicht, dass im Neuionischen ijo = urgr.
üo za sm wurde (eazetarog), dagegen urgr. i;o zu eo (ßaaiXeoq), ist umstritten
und zweifelhaft (s. Osthoff, Phil. Rundsch. 1, 933, Johansson, De der.
verb. 154), aber jedenfalls nicht so hinfällig, wie Bechtel, Inschr. d. ion.
Dial. S. 107 sie erscheinen lässt. Mit Rücksicht auf ion. noXswg in einer
Inschr. des 5. Jahrh. und auf des Archilochus ^'Aq€(ü (vgl. § 79) hat man
das BfERZDORF'sche Gesetz vielleicht dahin einzuschränken, dass unbetontes
urgr. -ijo- zu -fw- wurde, wonach auch herod. llsmg richtig wäre. Auch
über den ion. gen. Ilv&evy den Bechtel ebenfalls dazu benutzt, um jenes
Gesetz „in die Brüche gehen'' zu lassen (Bezz. B. 10, 282), und über
ABVTvxdrfi (neben kewq^ 'Ava^i-Xewg), thas. d^svQog und Hesych's nvksvQog^
wo €o SV in auffälligster Weise lautgesetzliche Fortsetzung von fco sein
soll, ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Für Ilvd^ev kommt in
Frage, ob nicht Umbildung von -fco in -so nach der unkontrahierten Form
des Gen. der o-Stämme (vgl. vsog nach Genitiven wie nodog) stattgefunden
hatte (vgl. § 79, 2 über att. noXhov); Aeo-, Aev- könnte Neubildung nach
^fo-, vso- u. dgl. sein; Schwierigkeit bereiten nur d^svqog und nvkevQog
(s. Wackernagel a. 0. 263). Die quantitative Metathesis war im Att. bei
vorausgehendem * Vorstufe zur vollen Kontraktion, z. B. gen. IloXmg acc.
DoliS; im 4. Jahrh. v. Chr. dann auch wieder 'UO)g -ua durch analogische
Neubildung (Meisterhans, Gr.^ 111). Im Ion. erscheint gen. -w aus -tw
auch nach Konsonanten, wie IIvO^o), worüber Bechtel a. 0. 281 f.
Dass das e in den ion. Formen wie JeivoSixsta, dXXtcov ein offenes e
war, zeigt die Darstellung dieses Lautes durch H auf der Inschrift von
Naxos Caüer, D.* n. 516 (vgl. Dittenberger, Hermes 15, 229).
Idg*. Nasale als Konsonanten.
20. In der idg. Ursprache gab es vier, der Artikulationsstelle nach
verschiedene Nasale, f9 (velar), n (palatal), n (dental), m (labial), ent-
sprechend den vier Klassen der Verschlusslaute {q, k, t, p). Die beiden
ersten Nasale kamen nur vor den gleichartigen Verschlusslauten vor und
machten alle Organveränderungen mit, die diese erlitten (§ 35), z. B. nkvrs
aus *pei9qe (ai. pdhca), nafimog aus *pef9qto-s (lit. penkta-s), cty^ia aus
idg. *anghö (av. az-ah- „Bedrängnis"). Die andern Nasale erscheinen auch in
anderen Lautkombinationen, vttpog, ai. ndbhas „Gewölk, Luftraum", ögcoip •
av^Qfonog aus ^vQ-oaip (§ 30), zu aviqQ ai. ndr" „Mann", ^vr]^ lat. senex.
jdvvTa$y ai. tanute, idg. ^tn-nu-tdi „streckt sich, dehnt sich", yvoi-aofiai,
lat. gnö-scö nöscö, vn-vo-g^ lat. somnu-s (aus "^ s^ep-no-s), 3. pl. dor. (ptgo-vn^
lat. feru-nL Vok. xvov, ai. ^van (nom. hä „Hund"). l^r'r^rjQ, lat. mä-ter.
/ii'rj-<rcö, ai. part. mnO-ta-s. r/fii-y lat. semi-, ax-fioyv, ai. dS-^man- „Stein,
Donnerkeir. to-v, lat. istu-m, ai. td-ni, idg. *tö'm „den, diesen".
Die älteste Bezeichnung des gutturalen Nasals war, wie es scheint,
v: avxvQa, ^^yvc, tvvxccvw. Die Darstellung durch y kam daneben auf,
40 A« Ghrieohisohe Grammatik, b) Lautlehre.
da Y (9) ^^ y*' u^d Yf^ {avvYvog, ayfiog) zum gutturalen Nasal (von den
Alten agma genannt) geworden war, ein Wandel, der dem von ßv in fiv
(§ 43) entspricht und ins Urgriech. zu setzen ist. Ebel, K. Z. 13, 264,
Westphal, Meth. Gr. I, 1, 17, Vf. C. St. 4, 103 f., L. Havet, Mem. d. 1.
S. d. 1. 4, 276. Auch vor labialen Verschlusslauten wurde öfters v (statt fi)
geschrieben, z. B. 'Okvvnia^ Xavßdvo), ävg>6t€Qog. Die drei Nasale wurden
vor den entsprechenden Verschlusslauten wohl auf dem ganzen griech.
Sprachgebiet schon frühe stark reduziert gesprochen, und zwar nicht bloss
im eigentlichen Wortinneren, sondern auch im bedingten Auslaut, z. B. in
avv ToiTf»), €V't€iva)y Toy xakov^ iy-xaXeWy riijfA noXiVy ixavofi'TteSog. Das
zeigen Nichtschreibungen des Nasals, wie UtaXa{v)Trjy Tifid{v)SQa, ftuya-
Xr^(v) T€y Ad{ii)Tifav^ ^'^(f^)^^^ f(iii)7Ta<nvy und Schriftformen wie Aannaltav
neben Aafinafoav, ^vßßdXXea&at neben ^vfiß. (s. G. Meyer, Gr. Gr.* 266 f.
284 f., Kretschmer, K. Z. 29, 435 flf.). Im Pamphylischen und Kyprischen
deutet die regelmässige Nichtschreibung des Nasals auf völlige Angleichung
an den folgenden Konsonanten, z. B. pamph. adgudva, näds = nävtSy
kypr. (h-Jca-tO'Se = '0(y)xa(v)Togy na-o-to-te = va6{v) T6(v)d€; schwerlich
wurden hier Nasalvokale gesprochen (vgl. G. Meyer a. 0. und Clermont-
Ganneaü, Rev. crit. 1887 S. 471). Hiernach versteht man nun leicht die
Schreibungen wie avxvga und 'OkvvTtia: weil man bei dem reduzierten
Nasal im bedingten Auslaut vor Gutturalen und Labialen, ebenso wie vor
Dentalen, oft die Form auf -v schrieb, welche von alters her im absoluten
Auslaut (§ 64) und vor Vokalen und einigen andern Lauten ihre Stelle
hatte, also z. B. tov xaXov^ iv-xccXäw^ ttjv noXiv^ avv^ßdXXo), so übertrug
man dies auch auf das Wortinnere, v wurde Zeichen für den reduzierten
Nasal aller drei Artikulationsstellen. Und es konnte das um so leichter
geschehen, weil bei der reduzierten Aussprache des Nasals die Verschieden-
heit der Artikulationsstelle weniger hörbar war als bei den unreduzierten
Nasalen. Denjenigen, die dann die Schreibung des gutturalen reduzierten
Nasals durch y {ayxvga, rrjy yrjv) aufbrachten, kam es darauf an, den
gutturalen Charakter nicht unbezeichnet zu lassen, gleichwie man durch
die Schreibungen ^OXvfimay Ttjfx jtoXiv dem labialen Charakter schon vorher
gerecht geworden war.
Idg. -mt- wurde im Urgriechischen zu -vr-: uv-tXo-v zu dfidw, ßgov-tiij
zu ßgäficD, yavTo „fasste" zu vyycjnog • avXXaßrj (Hesych). Ebenso -ms zu -vg:
sfg aus (kret.) i'vg für *seni'S (§ 74. 101). Über urgriech. -vi- aus -mi s. § 30.
Über urgriech. Schwund von v vor a -|- Konsonant s. § 55. Als urgriech.
darf wohl auch gelten die Assimilation von -vfi- zu -fifi- wie in ijaxvfiiiiai.
Einzeldialektisch wurde -jur- hie und da zu -jw^i-, z. B. gortyn. iangäfAfAiTTev
= €x7tQ€fiviX€tv (Kretschmer, K. Z. 29, 439 ff.). Einige andere einzel-
mundartliche Veränderungen der Nasale kommen unten zur Sprache.
Idgr. Nasale als Sonanten.
21. Alle vier Nasale fungierten in der Grundsprache auch als Sonanten
(§ 5 S. 23 f.), ^ und n nur vor den organgleichen Explosivae. Als Sonanten
wurden sie im Griechischen überall beseitigt.
Kurze sonantische Nasale (Vf. Grdr. 1, 192 ff.).
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 21.) 41
1. Unbetont vor Yerschlusslauten, Spiranten, Nasalen, Liquidae und
im Auslaut wurden ^, rgt, p, 9 zu a. tatog^ Tccvvrai .-- idg. *t^tö'S,
^hf-nu~tdi, W. ten-, rjovai =r: idg. ^^-ntdi, maqo-g aus *2)H<^-ro-s
(§ 70, 9 Anm.). oyo^iia = idg. -m^. ßcctog = idg. *g^-^'-s, W. gew-.
f-a«nro-r = idg. ^krprtö-m^ lit. szmta-s, dtxa = idg. *dekm oder *dekmi
(§ 101). ila^Qoq = idg. *Z^Ä-ro-s (ahd. lungar ^flink"). rfax- in Jax-r«i'
c^cuc-fivaus^d^X'-, ai. dai-a-5 ,,Biss", ahd. zangar ,,beissend, scharf" {dti^ofiai
J^j^fitt waren jüngere Neubildungen nach Formen von unnasalierten Wurzeln).
Vf. C. St. 9. 285 ff., K. Z. 24, 255 ff., M. U. 2, 151 ff., Osthoff, K. Z.
24, 415 ff., FiCK, Bezz. B. 4, 167 ff., de Saüssure, M^m. 18 ff. Über das
für « = nas. son. eingetretene o in eixoai (f/'xan), dia-xwnoi (-xarioi),
lesb. arkad. öäxotog und arkad. ixotovßoia (Mebiter, Gr. D. 1, 51) s. § 101.
2. Hochbetontes 9 erscheint als «r, z. B. ion. ictai aus *(*)o'-avri =
idg. *S'nHy ai. s-dnti, umbr. 5-en^. Entsprechend T-öcri, ai. y-dnti, äyvv-aaty
wie ai. Saknuv-dnti „sie können", /ravr- aus *^?f-/5^-, ai. Sd-SvanU (§ 13
S. 32, § 72, 3). Vf. C. St. 9, 304, Osthoff, K. Z. 24, 420 ff., M. U. 4,
290 ff., G. Meyer, Gr. Gr.« 12. Über Stitcc § 101.
AnmerkuDg 1. Unhaltbar scheint mir die Ansicht von J. Schmidt und Merinoer, die
laotgesetzliche Verti'etang von betontem 9,1 sei ey gewesen (K Z. 25, 591, Ztschr. f. österr.
Gymn. 1888, S 149 f.), und ebenso diejenige von Becbtel und Hartmann, sie sei a gewesen
(Phil. Anz. 1886, S. 16 f., Deutsche Lit-Zeit. 1887, S. 375). Vgl. Vf. Grdr. 2, p. XIV.
3. ^ und jp wurden vor i zu av, z. B. rtxtaivcc aus *rfxrflfv|a,
*T€xr9-ia (gen. rextaivrjg wie got. laühmunjös „des Blitzes"); Texvaivu) aus
♦«xrai'ia), *T6XT^''i(ü (vgl. got. glitmunja „glänze"); ßcciv(ü aus */?ai'jta), idg.
*gjp-lU Vf. M. ü. 2, 195 flf., 206 flf., Osthoff, Z. G. d. P. 452. Über
'Vk- aus -nj{- § 30. Man darf vermuten, dass sonantisches wi, n auch vor
u zu av wurde (vgl. ai. -anv- aus -^w-, -tju-y Vf. M. U. 2, 211 f.) und dass also
ßeßawg ysyacig (W. gern- gen-), als Neubildungen nach der Analogie von
hxatog^ für ^ßsßavpaig^ ^ysyarptag eintraten, so wie /«yöxa bei Pindar nach
liTTöxa geschaffen war (Vf. K. Z. 24, 279. 25, 223, Grdr. 1, 195, Osthoff,
Z. G. d. P. 365).
4. Vor Sonanten wurden n und ^ mit konsonantischem Übergangs-
laut, als ^n und ^w, gesprochen (vgl. iia, u^a mit i und w als Übergangs-
laut, § 12. 13. 17); daraus «i», afi: z. B. tuv-v- in Tavv'yXcoaao-g (lat.
^-M-1-5) = idg. *^^«-?i-, xrai'Cöv zu W. xTav-, böot. /Java = ved. gan4
aisl. iona, idg. *g9wa- ^Weib", dfio- (dfiMg) = got. suma-, idg. ^srgLm-ö"
«irgend einer* von W. s&m-, laiimv zu W. Tf,a-. Osthoff, M. XJ. 2, 14 f.
143 f. 4, 362. 367. 398, Vf. ebd. 2, 154 flf.
Lange sonantische Nasale werden wohl mit Recht für die idg.
Urzeit neben den kurzen angenommen. Im Ablautsystem verhielten sie
sich zu diesen wie I ü zu / u, fßare fßrjre = ai. dgata, idg. *e Qm-te,
W. gern-, navo-g nfjvo-g = lat. pannu-s, idg. "^pn-no-Sy W. {s)pcn' (Vf.
Grdr. 2, 136). IlQofia&evg IlQoiir^d^evg vereinigt sich vielleicht so mit ai.
pra-^antha-s „Stab zum Feuerreiben*" (Moulton, Amer. Journ. of Phil. 8,
212). Im Anlaut va-: va- „un-'* in dor. VQ^-Troivo-g hom. vr^'XfgSt'jg; vr^aaa
ans *vöTjKJf, ai. ati-^ ein Wasservogel, lit. dntUs „Ente", de Saüssure,
Mem. 239 ff., Osthoff, M. U. 4 p. IV und S. 280, Z. G. d. P. 367. 374 f.,
W. Schulze, K. Z. 27, 606, Vf. Grdr. 1, 208 f.
42 -A» Oriechische Grammatik, b) Lantlelire.
Anmerkung 2. Eine in der att. Vulgftrsprache entstandene nasalis sonans folgert
KBBT8CBMBB, K. Z. 29, 424 aus den auf Vasen öfters vorkommenden Schreibungen wie
inoitjiXM (für inoiijoey), indem er hierin einen Ausdruck fttr die Aussprache inoitjcn (vgl.
nhd. Ia89^ = lassen) sieht. Bei der Beschaffenheit der Orthographie dieser Denkmäler
ein nicht sehr sicherer Schluss.
Idg. Liquidae als Konsonanten.
22. Die Frage, wie viele Liquidae und welcher Art (Sievers, Phon.^
104 ff.) die idg. Grundsprache gehabt habe, ist ungelöst. Auf mindestens
zwei weist der Umstand, dass die europ. Sprachen und das Armenische
in vielen Fällen übereinstimmend r und in vielen übereinstimmend l zeigen.
Wir schreiben die idg. Grundformen im ersten Fall mit r, im zweiten mit l
Idg. r. iQvO^-Qo-g == lat. ruber aksl. rüdrüy idg. ^rudh-rö-s „rot*.
yib'QOj = lat. ferö got. batm, idg. ^bherö „trage". (irj-reQ-a^ lat. mairem
air. mathir aksl. matere armen, mair, idg. ^ma-ter- „Mutter*.
Idg. /. Xsi'no), lat. linquö air. Ucim got. leihva lit. leM armen.
W-anem, W. leiq- „lassen*. xAc'/t-tw, lat. clepö. x^rj-Xrj^ lat. felare, lett,
de-l'S „Sohn*.
Spontaner Übergang von q in X oder von k in q auf griechischem
Boden ist nicht sicher nachgewiesen (über kombinatorischen Übergang
durch Dissimilation s. § 60). In äjüLäQym oiioqyvvii^ und äfiäkyo)^ Suffix
"TQO" und -rio-, -iS^po- und -^Ao- u. dgl. war die Doppelgestalt aus vor-
griech. Zeit mitgebracht (vgl. Vf. Grdr. 1, 227 f.).
Anlautendes r- entwickelte einen Vokal vor sich, z. B. igvO^go-g =
lat. ruber, ^Qeßog = ai. rdjas „Dunstkreis", oQvaaw vgl. lat. runcö. Da-
gegen wurden sr- und t/r- (f^) zu ^, z. B. ^to) = ai. srav-ami, qrjQa
= el. fsgarga; der Spir. asp. (vgl. kork, inschr. gho/^cuai) bezeichnete Ton-
losigkeit des r (vgl. § 43. 51). Froehde, K. Z. 22, 263 flf.. Hassencamp,
Über das anlaut. q im Griech., Posen 1876, G. Meyer, Gr. Gr.* 113. 173 ff.
Doch kommt auch ^ = idg. r- vor, z. ß. ^vofiai neben igvoi^ai von W.
re^', worüber § 28. 65. Nicht lautgesetzlich war das qq in Fällen wie
i'QQfi (s. § 45) und äno^Qt/rog (s. § 13 S. 31).
Auch U erhielt Prothese, z. B. ikaxv-g = ai. laghü-s „rasch, behende,
leicht*, aXivw, lat. Uno; daneben ohne solche Xfvxog vgl. lat. lux, A*y« =
lat. legö u. a., worüber § 28. 65. Xrja aus *akrj(a von W. sfeg- u. a, dgl.;
nicht lautgesetzlich war Xk in a-Xit^xro-g, s. § 45.
Antekonsonantisches X wurde im Eret. zu u: avxa, avaoc^ x^fvyecx^at
(Hey, Quaest. de dial. Cret. 29). ddev^im neben zwölfmaligem ddtX^^ auf
der grossen Inschrift von Gortyn (V, 18) lässt für die Mundart dieser Stadt
gutturales l (slav. „hartes* 1), die Vorstufe zu u, erschliessen; die Schreibung
dieses / mit v war durch denselben akustischen Eindruck veranlasst, der
manche Ostlitauer z. B. saudüs neben saldus („süss*) schreiben lässt.
Aus -Ar-, 'Xd^ entstanden in einigen Mundarten des Dorischen -rr-^
->'^, z. B. fj^/iTOTog, j^r^or, s. MoRSBACH, C. St. 10, 30 f., G. Meyek, Gr.
Gr.« 178, Kretschmer, K. Z. 29, 443.
IdfiT* Liquidae als Sonanten.
23. Die idg. f , / wurden im Griechischen durch Lautwandel beseitigt.
Kurze sonantisehe Liquidae (Vf. Grdr. 1, 228 £F.).
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 22—23.) 43
1. Im Inlaut vor Konsonanten (ausser i) entstanden ga oder ag und Xn
oder aX. Mgoxo-v = ai. d^l^Sa-mf W. derk- ^sehen*. dgaro-g und iagvo-g
= av. defta- ^geschnitten, gemäht", idg. *rff-fo-5, W. der-, iiciQvaiiai, und
kork. ßagvdfAevog^) (zunächst aus ^ßgava/isvog § 30) = ai. mp^nä-ti „zer-
malmty zerschlägt*, xgai'irj und xagd^ia = lat. cord-, lit. szird-i^s, idg.
*kfd-. natga-ai, vgl. ai. pit^-su. tärgatO'g rtragro-g = lit. ketvirta-s, idg.
* qett^f'to-s „quartus*. TrAarrs = ai. ppthü-^ „breit", itätakro aus
*e-i€-'t^to von W. fe/-. Worauf die Verschiedenheit der Stellung der Li-
quida beruhte, ist nicht sicher ermittelt; zum Teil scheint die Stellung ccg
aX durch das Danebenstehen von Formen mit sg eX oder og oX veranlasst
worden zu sein, z. B. Sagro-g neben itgo), dogd. Bei tätgarog : Tbxagxog
erweist sich ga durch den urgriech. Wegfall des ^ {Terga- aus ^Terpga-)
und bei tgd-na^a : TagTrjfidgiov (• TCTagtrjfiogiov Hesych.; der cod. hat rgi-
tr^fiogtov statt Tsragr.) dieselbe Lautgruppe durch den urgriech. Wegfall des
TT {rga- aus ^ntga-) als das ältere, s. § 59. Osthoff, P.-Br. B. 3, 52, M.
U. 2, 144 f., Vt. C. St. 9, 325. 385, K. Z. 24, 258 f., M. U. 2, 151 flf.,
FiCK, Bezz. B. 4, 167 flf., de Saüssübe, Mem. 6 ff. Im Äol. ging a bei g
in o über, z. B. lesb. cxgorog fjiifiogd^aij böot. rgorog, s. § 27.
2. Bei anlautender liquida sonans stand a regelmässig voran: agxto-g
= ai. ihionS „Bär", ag-vv-fiaiy ai. ^-m-mi „erreiche, erlange". Dass auch
auslautendes -f zu -ag wurde, hat man aus ov&ag, ^nag u. a. geschlossen,
indem man z. B. für ersteres *oudhp als Grundform annahm. Diese Grund-
form auf -f steht aber nicht sicher, s. § 71*, 1 und § 78. ^d (neben dg) = lit.
ir, idg. *|" (§ 201, 1) würde nicht widersprechen, weil diese Form im Zu-
sammenhang mit konsonantischem Anlaut des folgenden Wortes kann ent-
wickelt worden sein.
3. Vor i wurden f, / zu ag, aX. aitafgo) {daTtaigco) aus ^aTiagio) =
lit. spiriti „stosse mit dem Fusse", idg. *S2)^'iÖ, sx^ccfgo) aus *fx^f-|tfj.
axdXXü) aus *(XxaX^(o = lit. skiliü „schlage Feuer an", idg. *sql-i6. Kluge,
Z. G. d. g. C. 146, Vf. M. ü. 2, 207, Bezzenberger in seinen B. 3, 160,
Osthoff, Z. G. d. P. 89.
4. Aus den vor Sonanten gesprochenen yr, II (vgl. § 21, 4) ging ag^
(tX hervor, ßagv-g = ai. gurii-^, idg. ^^rr-ii-s „gravis", nxagwv aus
urgr. *ptfr'ö-nt-. Kork, tagog el. in-iagog = ai. i^ird-s „eilend, regsam,
frisch", idg. *i5-fro-s. ßaXoiv = idg. *g|W-t?^-. Osthoff, M. U. 2, 14 f.
143 f. 4, 362. 367. 398, Z. G. d. P. 439, 450, Vf. M. ü. 2, 154 ff.
Lange sonantische Liquidae sind für die idg. Ursprache in wei-
terem Umfang zu belegen als die gleichartigen Nasale (§ 21). Im Griech.
entstanden gca Xco und (og mX, woraus nach § 26 og oX; im Anlaut stets
(og {og). argw'To-g, arog-vv-fit, lat. strä-tu-s ai. sttr-nd-s, idg. stf- zu W. ster-
•ausbreiten"*. ßi-ßgci-axta ßgco'Trjg^ ai. gir-nu-s, idg. gf- zu W.ger- „schlingen".
xoga-Tjj ai. Slrs-d-m „Kopf", idg. k^s-, ogn-r^^^ lat. sarp-ö, idg. Sfp-,
ßXio^-go-g, ai. mürdh-an- „Höhe, der höchste Teil, Kopf", idg. ^m^dh-,
ovXo^g „kraus" aus *foA-i'o-g, ai. ür-ria „Wolle" lat. lä-na (aus urlat.
') Diese Form ist auch aus einer att. j Meisterhans, Gr.^ 59 nachgewiesen,
poetischen Inschrift (c. 409 v. Chr.) von ■
44 ^' Griechisohe Grammatik, b) Lautlehre.
^ula-iia)^ idg. *ifl-no- *t^f-n<Z-. Lesb. ßoXXofiai att. ßovXoiiai aus *j^oA-i'o-
juar, idg. *gj- zu W. ge?-, vgl. dor. dt]Xoiiai (§ 35). oQO^o-g = ai. ürdhvd-8
lat. arduo-s^ idg. *fdh'iiö'S ^aufrecht", ö^y-aco, ai. ?Tr;- „fettreicher Trank,
Kraft, Labung**. oQ'VVjiu, aJß-ro (augmentiert), x^ä-oQro-g, ai. fr- (3. sg. med.
7r-^e) „sich in Bewegung setzen, sich erheben, entstehen ''. de Saussube,
M^m. 239 ff., Osthoff, M. U. 4 p. IV und S. 280, Z. G. d. P. 251. 3G6.
448, W. Schulze, K. Z. 28, 281, Vf. Grdr. 1, 243 ff. In i&oQov neben
x>0Qvviiai i^^crxeo, ßokofiai neben ßovXofiai u. dgl. war o analogische Neuerung,
s. Vf. a. 0. 246.
Abiauto
24. Unter „Ablaut" oder „Vokalabstufung" verstehen wir solche
quantitative, qualitative und accentuelle Verschiedenheiten des sonantischen
Elementes einer W^urzel- oder SufSxsilbe, die nicht durch Lautgesetze,
welche zur Zeit der Einzelentwicklung der idg. Sprachen wirkten, hervor-
gerufen wurden, sondern in bereits uridg. Verschiedenheiten wurzelten.
Z. B. Xm-eXv : Xsin-siv : Xä-Xotn-a; dqcc-tog : ieq^eiv : doQ^a; i'^t&^m :
crra-Tog; Xv-ai-g : ^Xv^aeii-sg (Xvaeiq)\ Tta-VQÜ'^i : Tta^täg-eg; vvfifpä : Vok.
vvfig^-ä. Nichts mit dem Ablaut hatte demnach z. B. die Verschiedenheit
o) : 0 in i'Y^'co-iiiev : i-y^o-v yvo-vr-eg zu thun; denn yro- war hier erst in
der speziell griech. Sprachentwicklung aus yvco- verkürzt (§ 26).*)
i und ^ mit vorausgehendem oder folgendem Vokal (ei, (e) standen
auf einer Linie mit den konsonantischen Nasalen und Liquiden in gleichen
Verbindungen (ew, we), z. B. bheidh^ bhoidh- (tt«^-«, TTt-TtoiO^-e) wie spend-
spond" (antvd'COy anovS-rj) und derk- dork-^ {dsqx^srai^ dt-doQx^e); sijep^ (aisl.
svef-n „somnus") wie prek- (lat. prec-or). Daher entsprachen sich auch
z. B. i-md-'e und ^-dQax-e (ai. d-dpS^-f), vn^vo-g und lat. poscö (aus
*P1[{kysko),
V?ir unterscheiden zwischen Tiefstufe und Hochstufe und nennen
in der Wortbildungslehre die morphologischen Einheiten, welche Tiefstufen-
vokalismus aufweisen, schwache Formen, die, welche Hochstufenvokalismus
aufweisen, starke Formen.
Die Tiefstufenformen waren durch Vokalreduktion infolge der Hoch-
tonigkeit der folgenden Silbe entsprungen, z. B. *pt-€- (Ttv-ä^tfO^ai) aus
') S. Osthoff, P.-Br. B. 3, 1 ff., M. U. 1 und Vf. Grdr. 1, 32. 246.
4, 1 ff. Vf. C. St. 9, 3(51 ff., M. U. 2. 148 ff., *) Idg. Vokallängen, die sich der ety-
Grdr. 1, 246 ff Masing, Das Verhältnis der | mologischen Betrachtung als Kontraktions-
griech. Vokalahstufung zur sanskritischen, produkt zweier Vokale darstellen (Vf. Grdr.
Petersh. 1878. de Sacssure, Mt^m. sur le 1, 100 ff.), setzt man nicht als hesondere
Systeme primitif etc., 1879. Möller. P.-Br. | Glieder in die jeweilige Ahlautreihe ein. So
B. 7, 492 ff. FicK, Bezz. B. 4, 167 ff., Gott. | stellt man z. B. beim o-Sufiix trotz der
gel. Anz. 1881, S. 1425 ff. Bloomfield, Amer. Formen wie inmo Xnnmiv ovno (mit ö) nur die
Joum, of Phil. 1, 281 ff. Collitz, Bezz. B. Ablautglieder c : o {ygl.Vnne i'nnos) SLuf, weil
10, 1 ff . 11, 203 ff. Hübschmann, Das idg. | nichts der Annahme entgegensteht, dass ö
Vocalsystem 1885. G. Meyer, Gr. Gr.'^ 4 ff. erst durch Kontraktion entstanden war, z. B.
Bremer, P.-Br. B. 11, 262 ff. Merlo, Ren- ! -0% im dat. sg. aus -o-ai. Freilich sind wir
diconti del R. Istituto Lombarde, vol. XX, ■ keineswegs sicher, dass nicht auch hier in
fasc. 15—16 (1887), vol. XXI, fasc 8 (188S). I gewissen Kasus von Anfang an e und ö neben
Merinoer, Ztschr. f. österr. Gymn. 1887, e und o gestanden hatten (vgl. SuMz -meti-,
5. 363 ff. Pbzzi, La 1. gr. ant. 97 ff. Weitere | -mon-f -men-, -mön-, u. dgl.)
Litteratumachweise bei HübschmanN; S. 1 f. |
2. Vokale» Nasale und Liqoidae. (§ 24.)
45
♦pe^e- (vgl. 7i:«T-€-cr^ai), ^liq-e" [Xin-stv) aus ^leig^e- (vgl. Isin-eiv), *p9^tr ±
{na-^Q^v) aus -po^ter ± (vgl. na-xhQ'eq), Die Tiefstufe hatte zwei Ge-
stalten, die man nach Osthoff als die „tonlose** und die „nebentonige**
Form bezeichnet. Erstere z. B. in yr-cri-$ {hhu-) und viTSQ-tf-taXo-g aus
^vnfQ^p'iaXo-q {bh^-)^ letztere in ^-yv-ju« v {Jbhu-) und i-^v-rjv (bhut^-), von
W. bhe^^. Wie solche Doppelheiten entstanden waren, darüber sind heute
nor erst Vermutungen möglich. Zum Teil scheint die Gleichung zu gelten :
u, l: €u, el und ^e le ^ *, J : ^?^ ^' und ue, le, vgl. z. B. o^Qv-g : ahd.
brätva „Braue** und das Optativsuffix -f- : -t^- (§ 145, 1).
Die Hochstufenphasen innerhalb der sechs Ablautsreihen, die wir
unterscheiden, bezeichnet man vorläufig lon besten ganz äusserlich als 1.
2. etc. Hochstufe. Ob die gleichbezifferten in den verschiedenen Reihen
stets unter gleichen Bedingungen (der Betonung etc.) entstanden waren,
weiss man nicht.
1. c-Reihe. Hochstufen: 1. e, 2. o, 3. e, 4. ö. Der Wechsel zwischen
e und 0, & und ö scheint hier ursprünglich so geregelt gewesen zu sein,
dass 0 ^ in haupttoniger, o o in der Silbe nach dem Hauptton standen,
vgl. ifQtv-sq g>Q7p' : a(fQ0V'€g citpQiov; nartg-eg nati^Q : fir/t^QO-TTcctogsg -Trar«^,
8. § 71. 71», 2 und G. Meyer, K. Z. 24, 248, Mahlow, D. 1. V. 161,
FiCK, Gott. gel. Anz. 1880 S. 421 ff., Möller, P.-Br. B. 7, 492 ff. Wir
geben einige Beispiele für diese Ablautreihe mit Berücksichtigung der
drei am häufigsten erscheinenden Phasen:
Tonlose Tiofstufe:
pt-: i-m^O'firjy
Uq-: e-Xin-o-v
dft". B'&Qax-o-y (§ 23, 1)
j'tr-i na-TQ^y {
Uf". na-xQdai (§ 23, 1) I
1. Hochstufe:
pet-: nh'O^fjiai
deric-: ^^Qx-o-fiac
'ter-: na-riQ-eg
'€-: oiX'C'ij olx-e
2. Hochstufer
poU: not-ttofitti
sroW' ^o/:-u
dorfc'i de-doQx-s
-tor-: sv-Ttä-roQ-eg
'0
noy&
otX'O-g
geri'i yty-og
(jon-
sem-i iy aus *i/i
-mon-: ccx-fdoy-eg
som-: ofi'O-g
nn^: i-na&'O'y (§ 21, 1)
yi-yy-o-fdai \
^-: ye^tt^f^ey (§ 21, 1) f
hmn~: ytoyv-uy-O'g \ .
i-mn-: oyo-jua-r- (§ 21, 1), ;jf«-|M«ti'üi (§ 21, 3) / r >
ism-: fiia aus *<ffz-ia ^
\^-: ä^na^ (§ 21, 1) (
Die nebentonige Tiefstufenform zeigen ausser den genannten «-yv-^ufv
(bhü-) und f-yv-ijv {bhu^-) noch z. B. xki-ixa^ xXi^vrj xe-xki-axai zu W.
X-fej-, i^ßa-Ts ßä-O^i (g^-) neben ßa-ro-g (g^-) von W. ge/w-, aTQw-Tog
(stf-) neben arga-to-g (s/f-) von W. ster-, dfi-o- {srpm^) neben den ge-
nannten /«-/« (sw-) und cc-7va^ (^^")» ''^ceX-ag (t^l-) neben noXv-rlräg von
W. tel'. Als nebentonig tiefstufige Formen sind mit Osthoff auch solche
wie nen-Tog = ai.pak-td-s, idg. *peq-to-s (von Yf.peq-) anzusehen; tonlos
tiefstufig war ^pq-tö-s (etwa in o-mo-g, mit „prothetischem" Vokal?).
Die 2. und 3. Hochstufe, e und ö, erscheinen am häufigsten im nom.
8g., z. B. (fQTjv ä^QcoVj narrjQ ev^naTmQ^ dva'iievr]g aiSoig, eidwg aus *ffirf-
fft5$; ferner in xhaip^ axcoip^ (pwg, denen die Denominativa wie xkwndoiAai,
TQoindü), 7io)Tdofiai sich zugesellen, mit Verkürzung nach § 26 in Zevg aus
46 ^- OrieohiBche Orammatik. b) Lautlehre.
*Zr^^g (ai. dyaü-§) neben Zev = idg. *die^ (§ 74, 1), wohl in den cr-Aoristen
wie ^-r«-cra M-xeQn^aa (vgl. ai. d-jüi-^am d-bhär-^nt, § 137) und noch in
andern mehr isoliert stehenden Formationen.
2. Ö^Reihe. Höchst.: 1. o, 2. ö, oipofxai ofifia : on-von-e ätp, ofo? :
od-(üi'€. (jofio^g aus ^dii-a^o-g (aus einem St. *e>w-e5- erwachsen), vgl. lat.
umer-u-s, J. Schmidt, K. Z. 25, 17 flf., Vf. M. ü. 3, 112 f., Osthoff, M.
U. 4, 343 ff., SoLMSEN, K. Z. 29, 62 f. {ßovg ziehe ich zur c-Reihe, s. § 74, 1).
3. a-Reihe. Höchst.: 1. a, 2. fl. ay-w : dor. ay^ay-oxa argar^ayo^g.^)
Sdog^ da((a : dt-ör^-e^ dap-io-v ii'jio-Vy Tiefst, iv-vj. Zu dieser Reihe das
Femininsuffix -ö-, wie voc. vvfi^ä : nom. vvfi^-a vviiif-r},
4. e-Reihe. Höchst.: 1. (T, 2. ö; nebentonige Tiefst, d, ^ly-crcö : v^w-
/to-g : d^€-v6-g, Sy-cro) : dtf-sco-xa : i^ro-g (lat. sa-^u-s). ar^-fii : ttoj-ro-r, W.
?/e-. A/yy-cö : Aay-a^o-^, W. s/i'g- (lat. luocunS : ?i"^wa aus ^Ivg-^-snä). pqij^i-g :
€QQ(oy'€ : ^ay-fjvai. ^t-, t- für *i^a-, *a-, s. § 11, 1. Vgl. de Saussure,
Mem. 141 f., Vf. M. U. 3, 101 f. Ob lay- und fpay- die tonlose oder die
nebentonige Tief stufenform darstellen, ist unklar, da sie die lautgesetzliche
Fortsetzung sowohl von s^g- ^f jr- als auch von sfog- i^rdg- gewesen sein
können.
5. ö-Reihe. Höchst.: ö; nebentonige Tiefst. 9. Jco-o'ft) dß-go-v : id^vog
do^To-g. Ttd'fia Tte-TTCD-xa : no-xo-v. ßd^Ttog : ßo^To-g ß(MSx(a. Jo-, no^, ßo-
für rfa-, *7ra-, */?«., s. § 11, 1. Vgl. Vf. a. 0., J. Schmidt, K. Z. 26, 335.
6. ö-Reihe. Höchst.: 1. a, 2. ö; nebenton. Tiefst. 9. gjä-fit (yij-iui) :
ifio^rij : (fu^^lv, i-atct-v aTa-fitav [e-arrj-v arri^fxwv) : cTTa-ro-g (fTa-Ti/JQ. raxHa
(r/yx-co) : Tax-sQo-g. Die tonlose Tiefstufe wäre durch J-crr-6-g (f-or-io-v)
vertreten, wenn dieses, was fraglich ist, eine altererbte Bildung war. Ost-
hoff's arvct) aus *(rr-TtWft) (vgl. ai. savyö-^ihar- aus *'St-ter- und lat.
sta-tu'ö) ist recht zweifelhaft (M. U. 4, p. XII).
25. Die ursprünglichen Ablautverhältnisse wurden im Griechischen
oft durch analogische Neubildung verdunkelt. Namentlich sind drei Fälle
zu berücksichtigen:
1. Die einer Form von alters her zukommende Stufe wurde durch
Angleichung an andere Formen mit einer andern Stufe durch diese letztere
ersetzt, z. B. ne-ffevy-s statt ^ne-tpovy-s nach nB'ifsvy-wg ytiJy-w
^ev^'Ofiai (§ 132), hom. na-täq-og statt na-TQ-og nach na-Tiq-a na^Tt'Q-eg
(8 69. 71), sHT^'iiBv statt e-i'fiev nach f-nj-r (§ 145, 1).
2. Die Wurzel trat aus einer Ablautreihe in eine andere über. So
gab ^ano/ioff, aus ^m^-io-mai von W. wen- i;§ 21, 3), den Anlass zur Bil-
') Nach DE Saussurk, M^langes Graux '. formen dürften namentlich auch imter den
739 und Bezzekbergeb, Gott. gel. Anz. 1887, | es-Stämmen, z. B. dvO'fjxearo'S : axos, dvc-
S. 415 dürften aiQaT'dyog o^-üyog hier nicht , rjxvi : ^X^^ (wenn diese Zusammenstellung
genannt werden, weil sie in ^ine Kategorie ' richtig ist), ev-wdrjg : lat. odor (vgl. ai. vid-
rait den Fällen wie ay-tjywg : ayfJQ gehören l man-dpas- : ajids- dpaS')^ zu suchen sein,
können. Ich vermute, die eigentümliche ' Der Verbreitung dieser Neubildung war die
Sitte der Griechen, den Vokal im Beginn i Abneigung gegen die Folg«; von mehreren
des zweiten Kompositionsgliedes zu dehnen i kurzen Silben günstig, die auch den Gegen-
(vgl. noch dfitp-rjQiaxoq : iQÜ^ta, vn-tjQixrig, satz der Formen wie aoq>iü-Teqoq : tofio-rego^
v%lj-t]Qt(fijg, fi-wyv^ yafixp'Wt'v^y Tiodtjyefiog), I zur Regel machte (vgl. Vf. K. Z. 27, 590 f.).
hatte sich gerade an einigen Verhältnissen ' Homer, lyv^^ofcc kann man als in Anknüpfung
wie aiQaT-K'yog : iiyog entwickelt. Muster- . an nod-rjyefio-g gebildet betrachten.
2. Vokale, Nasale und Liqnidae. (§ 25-26.) 47
düng von fiefAäva fisfir^va nach Analogie von Perfekta wie XäXäO^a ktXr^&a
(Vf. M. U. 3, 115), ähnlich fujiäXs fiäfir^Xe zu fiäXei von W. weZ- (Osthoff
Z. 6. d. P. 109 f.). Zuweilen veranlasste zufällige Formgleichheit noch
fundamentalere Neuerungen, z. B. pindar. y^'y^xa zu y^v-, hom. nefftiaexai
(O 140 /y nk^a% ?y xai Inhixa netf^t'jaerai) zu l-nt-^v-o-v infolge des Neben-
einanders von yiyaiiev (aus ^gegi^-men) und hataiiev^ nä-tfa-Tat (aus *gÄe-
qhß^tai) und fbrarat (W. ctö-) u. dgl.*), ähnl. hora. Konj. xnfiofuv zu
ixiafisv von xirtr- (Vf. K. Z. 24, 264. 279).
3. Es entstanden neue Ablautverhältnisse durch „proportionale Neu-
bildung*^. So wurde das ursprüngliche Verhältnis *o/i-rfv-jiii ; ofA-vv-fxsi'
nach Massgabe von dccfi-va-fii : idii-vd-^tv u. a. in oii-vv-iii : ofi-vv-iiuv
umgebildet (Osthoff , M. U. 2, 139) ; nach rax^io : Tax-tjvai entsprang
Tivif-fo : nvlY-rjvai, Try-co : Tv^-f^vm, Hierher gehören auch die Ver-
hältnisse ightr^-g : vn^rjQtzr^g u. s. w., wofern unser Erklärungsversuch
S. 46 Fussn. 1 das rechte trifft.
Vokalkürzung: vor i, v» nas., liqu. -f Konson.
26. Diese trat in der urgriechischeu Periode ein. ihnoig aus *i7r7r«(s
= ai. (iivais (§ 91). alfsei al{f:)(ov aus *fl{t^-, vgl. ai. instr. sg. äyun-a „mit
dem Leben* (Vf. M. U. 2, 190, Grdr. 2, 340 f.). nXeiato-g aus *nXr^'ka'Tog
(§ 73, 3). Zsvg aus ^Zrfl^g^ ßovg aus ^ßco^g, vavg aus *vaug (§ 75, 1). ev^ato
aus '^t]^aTo (§ 109). avtri aus *sa^ta d. i. *sa u ta (§ 94). yvoiT- aus
♦yi'OöiT-, ifAiyev aus *£/UiyijrT (§ 114). ntbqva wohl aus *nT7jQara, vgl. ai.
pdrsni-^. CTOQvvfn aus *CT(joQ-vv'fii (§ 23 S. 43). Die c-Aoriste hsiaa
^Sei^a i^€v^a iregipa ireiva wohl aus *€-Trji-<fcc *€'dr]tX'aa *€'^rjtiX'(Ta etc.
(§ 24 S. 46 und § 137). Osthoff, Phil. Rundsch. 1, 1593 ff.
Dieses Lautgesetz kam erst in Wirksamkeit, als -ns- bereits zu -vr-
ge worden war, wie Gen. ,aiji'-6g lesb. ixt]vv'Og aus *fir^va-og = lat. mens-is
(gegenüber Nom. ion. megar. kork, fiffg aus *fi€vg, *fxrivg) zeigt, s. § 45. 56.
73, 1. Auch war es, wie tjoig aus *a^{syös (§ 73, 1) beweist, jünger als
der Ausfall des intervokalischen -s- (§ 45), s. Solmsen, K. Z. 29, 348.
Es darf also nicht mit Bremer, Berl. phil. Wochenschr. 1887 S. 502 f. in
die Zeit der vorgriechischen Urgemeinschaft hinaufgerückt werden.
Durch Analogiebildung wurden diesem Lautgesetz viele Ausnahmen
geschaffen: z. B. ion. vr^vg nach vrj{py6g etc. 2), kret. 3. pl. SieXayrjv nach
di€Xtyr^f.iBv etc. (Vf. M. U. 1, 72 f.), (pegcavTi (dor.), (pa'Qwvrai nach ^egw-
fjiev etc. (die lautgesetzlichen Formen auf *-oiti *'Ovtm waren mit dem
Indik. zusammengefallen, daher die Neubildung).
Dasö die Wirksamkeit dieses Gesetzes in einzelmundartlicher Zeit
erloschen war, zeigen auch die Dative auf -jjci (§ 90), ^^atog (aus ^atarog),
rifioh'Tfg (aus TifidovTfg) und vieles andere. Indess kam in einzelnen Teilen
*) Mit ÜDrecht ändert Wackebkaoel,
K. Z. 27, 279, dem G. Meyer ^ 474 folgt,
n€<f>ijc€Tai in netpelaBrat (*ne(feyaejai), eine
unsere obige Auffassong von netfijaejM mög-
lich ist, darf man 7i€(p€icerai nicht als Stütze
für das von Wackernaoel a. 0. angenommene
Anomah'e durch die andere austreibend. Lautgesetz gelten lassen.
Fieilich versucht Wackebnagel jetzt (K. Z. -'j Das zweisilbige yrjvg wurde erst split
29, 136) neqBiasTai, als Fortsetzung von nach der Analogie von yQf}v? gebildet
*7t€<pfyüeTai zu rechtfertigen. Aber so lange
48 ^» Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
des griech. Sprachgebietes in jüngerer Zeit ein analoges Lautgesetz neu
auf, vgl. detiiiOQyog neben iäfiKOQyog und dgl. (Johansson, De der. verb.
p. 19 sq.) und die inschr. Formen in-sv^r^iAbvov (zu av^dvio) und svxovfiijv
(zu avxtü)) mit ev aus r^v (§ 109).
Einwirkung von Nasalen und Liquiden auf die Qualität benachbarter
Vokale.
27. Ark. kypr. Iv aus «r, G. Meyer, Gr. Gr.* 67 f., Spitzer L. d.
a. D. 14 flf.
Lesb. thess. ov- = ara-, lesb. ovta = driä, Meister, Gr. D. 1, 50 f.
295, G. Meyer, Gr. Gr.« 63.
Lesb. atQOTogy fitfiogO^ai, thess. ^EQoxoxXi&q, böot. ctQotog^ Meister,
Gr. D. 1, 48 flf. 216. 295.
Q verwandelte vorausgehendes « in a im Lokr. und El. Lokr. naxoQa^
dviforagogy el. f^dgyoVy g>dQr^Vy ndq (= ntQi)^ onoxaqog, Vf. C St. 5, 329
flf. 9, 376, G. Meyer, Gr. Gr.« 28 f., Meister, Gr. D. 2, 29. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass in Elis s auch schon ohne Einfluss konsonantischer
Umgebung eine sehr offne Aussprache hatte (§ 8). Die beiden Schreibungen
xax'iaQavaeis und XaTQaioyfiev' lassen die Frage aufwerfen, ob q im EI.
nicht auch nachfolgendes s in a veränderte (vgl. Meister a. 0. 30. 38).
Eine dem ^ sich nähernde Aussprache des i scheint durch q hervor-
gerufen und durch e ausgedrückt zu sein in el. noleg Collitz, Gr. D. n.
1172, 16 (neben noXiv auf derselben und ^img oq-tiq auf andern Inschr.)
und in thess. xgewaper, '^Yßqbatäg Collitz, Gr. D. n. 345, 14. 71 (YßQiaxmog
auf ders. Inschr.).
Vgl. auch § 10 über att. x^9^ = ^on, x^Q^r
Prothese vor t^ (f), Nas. und Liqu. und Anaptyxis.
28. Prothese. Die sogen, prothetischen Vokale sind noch in man-
cher Hinsicht unaufgeklärt. Kret. asqaa, hom. fV^c?; neben ^ar^ =: ai.
var^d-s „Regen", är^fii aus ^dprjui = ai. vdmL evqv^g aus *«Vp*'"5. s«
§ 13 S. 31. oivt]Q =-=; ai. när-, dvsxpio^g aus *a-rf7rr-io-^, vgl. ai. napUU
„Enkelin". dfibXyo) = lit. melzu „melke", ofiix^rj OjU^x*co, inf. aor. dfu^ai
(Hesych), vgl. lit. tniylä „Nebel", lat. mingö. igvO-go-g = ai. rudhird^s.
oQvaao), vgl. lat. runcö, ikaxv-g = ai. laghu'$ (§ 22). Curtius, G.* 578 flf.
720 flf., Fröhde, Bezz. B. 7, 87, G. Meyer, Gr. Gr.« 113 flf.O Dass die
Prothese bald erscheint, bald nicht (z. B. hgatj : ^Qarj^ dvrjQ dvdQog : dQiixp
aus *r(i)Q-(oif>, ofioQyvvfu : /lo^favro, iQuofiai : ^uofim, dXsifffo : Xina), mag
zum Teil auf urgriechischer, ursprünglich nach verschiedener Stellung im
Satze geregelter Doppelformigkeit beruhen, s. Osthoff, Z. G. d. P. 304.
Bei ar^lx^ und dvrjQ kann in Frage kommen, ob a- nicht vielmehr erhaltener
Wurzelvokal gewesen sei (Vf. C. St. 9, 387 f. M. U. 1, 29 f., J. Schmidt,
K. Z. 27, 396 f.). Auch müssen Erscheinungen wie onoV azta aus onoid
xTct (§ 65, 7. 95) und das in § 53 dargelegte davor warnen, hier alles nach
einer Schablone zu beurteilen.
^) Dass auch langer Vokal prothetisch | ioqvytj u. a. s. § 200.
auftrete, ist UDerwiesen. über das cJ- von |
2. Vokale, Nasale nnd Liqoidae. (§ 27 -30.)
49
29. Anaptyxis oder Svarabhakti heisst die Entfaltuug eines kurzen
oder reduzierten Vokals aus einem Konsonanten vor oder nach einem an-
dern Konsonanten. Am sichersten ist sie nachgewiesen bei Liquidae und
Nasalen, z. B. ßfXQctyxog = ßQ^^YX^^j auf att. Vasen ^Aqenviä = ^A^nvia
(Dual), *^EQ€fi^g = 'Egfi^Qy TegoTitov = TegnoaVy lesb. dXkovsQQO-g aus
*dXXoT€QiO'g = aAAor^io-g, ^) yaAaxr- neben yXaxto-ipdyo-g , äX^ysivog von
«iyog, i'ßSofnog und epidaur. ißdefiato-g herakl. delph. ißisfxrjxovTa von idg.
^septm-o- oder ^sebäm-o- (§ 101). Cürtius, 6.» 727 flf., G. Meyer, Gr.
Gr.* 109 ff., Kbetschmer, K. Z. 29, 427. Die Entwicklung des Vokals
setzt ein Sonan tisch werden des konsonantischen Dauerlautes voraus, z. B.
aus ßQccyxog zunächst ^b^rafakhoSy daraus ßdgayxog, aus dlko-TQiog im Lesb.
HfioSy daraus *'terios, -teggog (vgl. Sievers, Phon.^ 241 f.). Bei nicht
wenigen der in sprachwissenschaftlichen Werken hierher gezogenen Formen
ist zweifelhaft, ob nicht eine bereits vorgriechische sonantische Aussprache
des Lautes (§ 21, 4. 23, 4) anzunehmen ist, z. B. bei iTChn-a-afisv (vgl.
ai. dk^ip'S-^ia), wo man eine urgriech. Form -S'fpmen mit idg. tptn an-
setzen kann (§ 136).
Die Lautgruppen wr, ml, nr, ni, n, 1%, mi, ^r, n^i, rj*, Z^, In, im,
30. Aus mr, ml, nr entstanden in urgriech. Zeit fißQyjißX, v6q: im
Anlaut ging mit der Entwicklung des Verschlusslautes der Nasal verloren:
a-fißgoTog, ßgorog (wahrscheinlich Kompromiss zwischen inogrog = ai. märta-s
und */?^aTo-$ = ai. mf^td-s); fitfißXcoxay ßkoiaxo); dvÖQog, ÖQ-dip, G. Meyer,
Gr. Gr.* 185 f. 277. Anders, aber mich nicht tiberzeugend, Johansson, De
der. verb. 59. Einige Schreibungen auf Vasen wie "OfiQixogy 'AvQOfidxy]
(Kretschmer, K. Z. 29, 451) dürften beweisen, dass der Übergangskonsonant
im Volksmund schwach oder selbst gar nicht artikuliert wurde.
Aus *xT€V'i!(o lesb. xTivrw, mit „Ersatzdehnung" ion.-att. xteivco, aus
*ifd^€^i(ü lesb. (fO^tQQCDy mit „Ersatzdehnung" ark. <fx>i]QWy att. (f^siqm (§ 12.
56). Dagegen fand bei -lir im Kyprischen „Epenthese" statt, während die
andern Dialekte -ü- zeigen: kypr. aiXo-g = att. etc. «AAo-g, kypr. 'Ansi-
l(üv = arkad. pamphyl. dor. 'AnäXkwv (§ 54) ; doch gesellt sich zum Kyp-
rischen vielleicht noch das Elische, da Collitz, Gr. D. n. 1154, 2 atXiyvQia
steht (s. Meister, Gr. D. 2, 38. 58).
Vor { wurden ursprüngliches postsonantisches m und ^ = a/t zu
dentalen Nasalen. In allen Fällen erfolgte dabei Epenthese des { (§ 54):
xoivig aus *xo/i-|o-$ zu lat. cum, umbr. osk. coni^)^ X^^*^'" zu x^ofjut'^g, ßahco
= idg- ^gfp'i^ von W. gern-, xaivoD zu ai. Sani- (caus. „zum Tode bringen,
vernichten"). Kluge, Z. G. d. g. C. 146, Vf. M. U. 2, 207, Mahlow, D.
1. V. 63, Thürneysen, Über Herkunft und Bildung der lat. Verba auf -io
S. 30, Osthoff, Z. G. d. P. 505 flf., G. Meyer, Gr. Gr.» 185.
>) dXXoreQQo-g auf *«ÄAo-t«^o-, eine Neben-
form von *«AAo-T^o-, zu beziehen (s. § 70, 10),
verbietet sich durch die mit ihm zusammen
von den Grammatikern überlieferten fiereQ-
Qo-i, x6n€QQa = fiiiQ^o-g, xonqia, man müsste
denn annehmen, diese letzteren Formen seien
▼on den Grammatikern nach dem Muster
von dXkotBQQog erfunden worden.
^) Schwerlich richtig zieht J. Baünack,
Stud. 1, 44 unser Wort zur Wurzel von
xoi-Ttj. Nur so viel kann ich zugeben, dass
hio und da eine volksetymologische
Verknüpfung von avyxoivo-g mit avyxoixo-g
u. dgl. stattfand. «
H4ndbiich der kla«. Altertumswlmenochaft. II. 2. Aufl.
50 A. Grieohisoke Grammatik, b) Lautlehre.
Noch im Einzelleben der Dialekte bestanden die Lautgruppen tj
kyprisch i-pQe^a; w^, kork. TtQo-^evfso^; rt^, xoqpa; l^, kypr. aXfov (§ 13. 57
Schwierig ist die Geschichte der Lautgruppe In, Dreifache Behanc
lungsweise. 1. Lesb. thess. -AA-, sonst -A-, eventuell mit ^Ersatzdehnung^
Lesb. ßoXXsrai, att. ßovlerai aus ^ßol-vs-zai Gruudf. *f^''ne-tai, thess. ßti
AfiTff, dor. irjXcrai, lokr. delph. isiXcTat Grundf. "^gelrue-tai, W. gel-, ovXo
aus ^pok'vo-g (§ 23 S. 43 f.). Lesb. än-äkXto, dor. fijA«, homer. etlo) an
♦ffA-vo). ovXofjievo-g neben oXXvfii (s. u.). 2. Allgemeingriech. -AA-. oXX{\u
iXXo-g aus *«U-f-o-g, vgl. eXatpo-q aus Hl^-hho-s und lit. eUn-i-s „Hirsch'
caAAor • %iQV %ov ß^axiovog xafinijv (Hesych) aus *(öA-v-o-v (Vf. M. U. 2, 173
3. -Av-. mXvafxai (zu Tr^Xag). TriXrcv • 9at6i^. Kvtiqioi Hesych (zu neXo-
neXii-g). Ich betrachte die 1. Behandlung als die altertümlichste. Als ds
aus vorgriech. Zeit überkommene -In- und das -Xv- von -oXv = idg. -Jr
schon eine gewisse Veränderung erlitten hatten, kam durch Neubildun
(beziehungsweise durch analogetische Wiederherstellung) die Gruppe -Xv- zui
zweitenmale auf und führte zu allgemeingr. XX (2) ; man beachte das tu vo
(oXXiv gegen § 26. Wieder in einer jüngeren Periode entstand -Ar- vo
neuem (nlXvafxai nach nirvafAai u. dgl.) und blieb nun unverändert (3).
-m- blieb ausser im Kretischen: gortyn. ävvioiTo = aQväoito.
S. Verschlusslaute.
31. Artikttlationsart der Ver schlusslaute. Keine Veränderung de
Artikulationsart durch spontanen Lautwandel erlitten bis zum Einzellebe
der ^iechischen Dialekte die idg. Tenues (g, l, t, p)j Tenues aspirata
{qh, AA, th^ ph) und Mediae (g, g, d, 6). Z. B. i-xatov = lat. centun
naräQeq = ai. pitdras , Väter"; ola-xha = ai. vet-iha „scis"; fvyov = a
yugä-m Jugum**, aide = ai. veda „seit". Dagegen wurden die idg. Media
asp. (gÄ, gh, dh, bh) bereits im Urgriechischen zu Tenues asp. und fiele
so mit den ursprünglichen Tenues asp. zusammen, z. B. ivg-x^fio-g = a
himd'S „Kälte", idg. *ghim6^s, ^vfio-g = ai. dhümd-s »Rauch", Q^ipqv-g -
ai. hhrü-^ »Braue".
Mancherlei Modifikationen erlitten die verchiedenen Artikulationsarte
durch kombinaterischen Lautwandel im Urgriechischen (z. B. urgriecl
Hithemi tix^-rj/xi aus Hhirthe-mi) und durch spontanen und kombinatorische
Wandel im Sonderleben der Mundarten.
32. Dass die Tenues in einigen Mundarten, besonders im Attischer
Aspiration erfuhren (Roscheb, C. St. I, 2, 63 flf., Curtiüs, Q.^ 500 ff., vo
DEB MüHLL, über die Aspiration der Tenues vor Nas. und Liqu. im Zem
und Griech., Leipz. 1875, G. Meyer, Gr. Gr.« 207 ff.), kann nicht abge
leugnet werden. Doch ist noch genauer zu untersuchen, in welchen Grenze]
sich diese Affektion bewegte, in wie weit sie rein lautmechanisch ein
trat. Dass in vielen Fällen, wo man bisher rein lautliche Entstehung de
Aspirata annahm, z. B. aXsiifta neben Xina (ai. limpämi „beschmiere, be
streiche*), dexofiai neben ion. dor. lesb. rf^xo/im, vielmehr Analogiebildun;
vorliegt, zeigt Osthoff, Z. 6. d. P. 284 ff.; vgl. auch itfWQXhw, effi ItQto
8. Verschlasslaate. (§ 31—33.) 51
durch Ausgleichung von iifOQxäw und ini-oqxäfü^ von iif tsQtcog und ini
tsQäfog (Thumb, Spir. asp. 72).
Was den Wechsel zwischen Tenuis und Media betriflFt, so war in
Fällen wie nriy-vv^m : ncttsaaXo-q (aus ^nax-iako-q), [iiy-vv-in : ai. miS-rd-
vgemischf die Media aus der Zeit der idg. Urgemeinschaft mitgebracht,
indem damals bereits die Tenuis unter gewissen Bedingungen zur Media
wurde (Zimmer, Nominalsuffix a und a S. 288 f., Osthoff, M. U. 4, 325 fif.,
Z. G. d. P. 316, Kluge, P.-Br. B. 9, 180 flF., G. Meyer, Gr. Gr.« 201, Vf.
GIrdr. 1, 190 f. 348); auch war aus vorgriech. Zeit die Media mitgebracht
in Formen wie im-ßd-ai zu ^p^dr- (J. Schmidt, K. Z. 25, 55), nXhyitjv zu
nXexiOy xJU'ßirjv zu xXonij (s. Vf. Grdr. 1 , 346 f.). In andern Fällen kam im
Griech. die Media an die Stelle der Tenuis durch analogische Neubildung,
z. B. messen. xexXsßwq zu xXen- „stehlen**, (OQvyrjV oQvyrj zu oqvx" „graben**
(Osthoff, Z. G. d. P. 284 ff., G. Meyer, Gr. Gr.« 201 f.). Zuweilen ist
schwer festzustellen, ob die Media nach der ersten oder nach der zweiten
Weise entsprungen war, z. B. bei Triyaro-v neben rrjx(o und bei ßXäßrj,
das man nach Wiedemann, Bezz. B. 13, 306 ff. mit ai. m^c- „Beeinträch-
tigung, Schädigung** zu verbinden hat.
Tenues aspiratae sind nur in wenigen Wortformen als uridg.
gesichert. Wir erwähnen noch atpdXXw : ai. skhdlami „strauchle, gehe fehl**,
^tkra : ai. phut Interjekt. des Pustens und Blasens, ovvx- : ai. nakhd^s
,Nagel**. Vieles ist strittig. Sieh G. Meyeb, Gr. Gr. ^ 206 f. und die dort
zitierte Literatur, ferner Vf. Grdr. 1, 406 ff. und Moulton, On the treat-
ment of original hard aspirates, Amer. Journ. of Phil. 8, 207 ff., dessen
Ansicht, dass im Griech. die idg. Tenuis asp. die Aspiration verloren habe
ausser bei vorausgehendem Hochton, mir nicht genügend begründet zu sein
scheint (wegen des Superlativsuffixes -«rro- = ai. -i^tha- s. Vf. Grdr.
2, 229 Anm. 2 und zu dem dort erwähnten Xota&o-g Danielsson, Pauli's
Altital. Stud. 4, 172).
33. Für die Mediae ist Wandel in tönende Spiranten nachweisbar;
auf diesem beruht die neugriechische Aussprache. Auf Übergang von y in
Spirans j (in irgend welchen Lautkombinationen) weisen die im 2. Jahrh.
V. Chr. vorkommenden Schreibungen vyiyaCviq^ 2aQa7iiyrjov, xXaiyo) u. a.
(Blass, A.^ 107) mit y als ungenauem Ausdruck für i oder eine aus i
entwickelte Spirans (§ 12). Spirantische Geltung ist auch Voraussetzung
für den Ausfall des y nach * in böot. loiv = iywv, tarent. und sonst oXfog
= oXi'yog^ d^iaXsvg = <i>iyaX€vg u. a. ; in verschiedenen nichtattischen Mund-
arten mag y nach i schon vor dem 5. Jahrh. v. Chr. zur Spirans geworden
sein. Weiteres s. bei G. Meyer, Gr. Gr.^ 218 f., Meisterhans, Gr.* 58 f.
Der Wandel von i in d (interdentaler Spirant) ist am frühesten im Elischen
nachzuweisen, wo man den neuen Laut durch f darstellte: f«, ^ixaia,
pii^wg. Wenn auf den jüngeren elischen Inschriften rf, nicht f geschrieben
ist (Daniel, Bezz. B. 6, 243), so erklärt sich dies daraus, dass mittler-
weile auch in andern Mundarten (I zu ^ geworden war, ohne dass man den
Buchstaben änderte; man drückte also nunmehr auch in Elis d durch 6
aus. Für S = idg. g wurde im Arkad. auch f geschrieben, was auf spiran-
tische Aussprache hinweist, z. B. ^tXX(ü = deXXo) , werfe". Der Übergang
4*
52 ^ Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
von ß in V ist schon in vorrömischer Zeit für das Lakonische und das
Elische dadurch erweislich, dass ^ (/?) durch ß dargestellt wurde, was nur
bei spirantischer Aussprache des ß (als v) begreiflich ist, z. B. lakon. Ev^i-
dkxi]g^ el. ßoixiaQ (§ 13). Im Attischen wurde ß, wie es scheint, erst um
den Beginn der christl. Zeitrechnung Spirant (Meisterhans, Gr.^ 60).
In Formen wie C^v^to ^evxTo-g neben ^evyvviii ^vyo-v wurde bereits
im üridg. Tennis für Media gesprochen (Vf. Grdr. 1, 346), und es ist ein
Misbrauch namentlich unserer Schulgrammatiken, urgriech. Formen wie
*ffvy-o'(o *f£t;y-ro-$ ^nod-ai anzusetzen. Üb§r den angeblichen Übergang
der Mediae in Tenues im Kret. und Boot. s. G. Meyer, Gr. Gr.^ 203. 217,
Dass die Mediae öfter lautmechanisch zu % d- q> geworden seien, ist
zwar wiederholt behauptet worden (s. namentlich Cürtius, G.* 521 ff., Fick,
K. Z. 22, 110 f.), aber nur für Änen Fall ist dieser Wandel zuzugeben.
Wenn ein rf, hinter dem ein auslautender Vokal elidiert worden war, mit
folgendem h zusammentraf, so wurde der Verschlusslaut tonlos und es
entstand ^ (vgl. tonloses p aus s^ § 13 und tonloses q aus sr § 22), vgl.
att. Inschr.. OY&Ol = ovd'ol 373 v. Chr., neuatt. ovx^eig (neben ovrf^-juYc^)
aus oif6*€ig, und vielleicht schon im 6. Jahrh. v. Chr. oy'EQ/Lirjg = orf^^E^/iTc,
s. Wackernaoel, Phil. Anz. 1886 S. 67, Meisterhans, Gr.^ 80. Es ist
nicht kühn, hieraus auch die Aussprache oxi]Q(og für o y rJQwg u. dgl. zu
erschliessen. Durch Analogiebildung kam die Ten. asp. an die Stelle der
Media in Fällen wie sIXpxcc zu Aty«, s. Osthoff, Z. G. d. P. 284 ff.
34. Die urgriech. aspirierten Tenues (= idg. gh, gh, dh, bh und
qh, kh, th. ph) blieben wohl in den meisten Dialekten bis in die historische
Zeit hinein unverändert. Mehrfach aber ist schon im Altertum der Über-
gang in tonlose Spirans (ch, fr, f) nachweisbar, welcher tonlose Affrikaten
{kch, tpf pf) als Mittelstufe voraussetzt. Diese ganz allmählich vorrückende
Verschiebung in ihren einzelnen Stadien Örtlich und zeitlich genau zu be-
stimmen sind wir, bei der Ungenauigkeit der Darstellung der Laute, niclit
im stände. Verbleiben des explosiven Elementes ist überall da anzunehmen,
wo für Xy ^j (f Xy T, n geschrieben wurde und umgekehrt (z. B. kret.
xQr'ifiaTa für xQ^fJ^ceva), auch weisen die Transskription der griech. AspiratiMi
durch c, t, p bei den Römern und die Wiedergabe von lat. p durch c/
{SoXifixio-g u. dgl., s. Meisterhans, Gr.* 60) noch auf Verschlusslaut hin.
Die Affrikatenstufe tritt in Schreibungen wie oxxog, axvTtfpog und in Mes-
sungen wie oifiv (Homer), ßQÖxov (Theogn.) hervor. Röscher, C. St. I, 2,
63 ff., Progr. von Meissen 1879 S. 56, G. Meyer, Gr. Gr.« 207 ff., Blass
A.^ 99 ff. Spirantische Geltung ist im weitesten Umfang für ^ nachzu-
weisen. Lak. er = ^, z. B. ato-ffOQo-g (Müllensiefen, Diss. phil. Argeiit.
6, 185 ff., 249), wobei es zweifelhaft bleibt, ob tf ein ungenauer Ausdruck
für p war, auf den Fremde, denen p gegenüber ihrem einheimischen fh
auffiel, leicht kommen konnten, oder ob p wirklich weiter in s übergegangen
war; die Verwandlung in p und eventuell weiter in s scheint aber in diesem
Dialekte auf die Stellung im Anlaut vor Vokalen und im Inlaut zwischen
Vokalen beschränkt gewesen zu sein (Blass, A.^ 108 f.). y für »> = idg.
dh beweist den Übergang von th in p und weiter in f (vgl. neugr. diai.
8. VerschlasBlaüte. (§ 34.) 53
q:fX4o = ^äXw u. dgl.): z. B. böot. Oio-q^efttog (Dissimilation?), dodon. Inschr.
9foc, yticö (= x^vo)y ai. rfÄü-), Alkman (Aolismus) (potva [z=^o{vr], zu ai.
dW-); die Darstellung durch y beweist zugleich, dass i^Ä {pherö = idg.
♦ftÄA-ö) zu /* geworden war (§ 35). Vgl. J. Schmidt, K. Z. 25, 174. Ferner
deutet ötr = er^ in böot. «V^^^*^^^» ß'- ^«^cacrr«, lokr. eXtaro) u. dgl. (auch
auf einer lak. Inschrift, Röhl, I. G. A. n. 72, scheint ein Infin. auf -a%ai
= -cr^^a« zu stehen) auf 0- = [i ausserhalb der Verbindung mit voran-
gehendem er hin: nachdem O- im allgemeinen (in ^«og, iXvx^rjv etc.) zu ß
geworden war, gewöhnte man. sich daran, in der Verbindung <r^, wo th
wegen des c geblieben war (vgl. «V-ri neben Sidca-tfi § 37), diesen Ver-
schlusslaut durch T darzustellen (vgl. Meister, Gr. D. 1, 261). Minder
sicher scheint mir, dass im gortyn. Dialekt p entstanden war. Zwar haben
wir hier fv und vtq = d-v und Vx)^q, tvßtxfav = &vrjTi3vy avTQfanov =
av&Qmnov'^ aber vielleicht handelt es sich in diesen Fällen um Übergang
von th in ^, und dass r^-d- in SidoO-O-oi = SiSotTd-fo, rd^ O-vyartQag = rag
d^vycntqag als pfi und nicht vielmehr als tth oder etwa tp gesprochen worden
sei, ist trotz Baunack, Gortyn 34 f. und Blass, A.^ 110 sehr fraglich, vgl.
gortyn. furreg mit tt = av und Tarf St aus rd^ St (§ 48).
Lautmechanischer Wandel der Tenues aspiratae in Tenues fand im
Urgriech. durch das Hauchdissimilationsgesetz statt, s. § 60. Dass sie in
irgend einem Zeitpunkt der griechischen Sprachentwicklung in dieser oder
in jener Lautverbindung zu Mediae geworden seien (Curtius, G."' 527 f.,
6. Meyer, Gr. Gr.^ 205 f.), ist mir unerwiesen. In artfißa) : d-arffiipilg, nvv^
da^ : nvO-firiv^ h'Svo^v : ai. vadhA-^ „Braut", eyci : ai. ahdm „ich** u. a. liegt
wahrscheinlich eine uridg. Doppelheit der Artikulationsart, Media und Media
asp., vor, s. Vf. Grdr. 1, 348 f. Dagegen waren homer. xaraktyiiuro-g
{Ihxog) und Formen der späteren Gräzität wie ex^vßrjv {xQvtpa), eO^gvßrjv
(O^Qvnro) zuTQV(f'= *O^QV(f') Neubildungen, s. Osthoff, Z. G. d. P. 298 f. 317.
35. Artikulationsstelle der Verschlusslaute. Die dentalen und
labialen Laute änderten im allgemeinen ihre Artikulationsstelle nicht,
z. B. naitQfg = ai. pHdras, idg. "^pdier-cs; Tiqnto^ ai. turpäyürni „sättige,
befriedige"; dtxa = lat. decem; cgv^go-g = ai. rudhird-s „rot"; ßdgßaQo-g,
lat. balbu'S; oifQV-g = ai. bkrü-^ „Braue". Von assimilatorischen Prozessen
wie kret. vvtti = vvxii abgesehen, haben wir nur folgende Modifikationen
der Artikulationsstelle. 6 wurde frühzeitig im Elischen, später auch ander-
wärts, zum interdentalen Laut # (§ 33). Ebenso wurde t> in mehrei'en
Mundarten frühe interdental (^), und p wurde teilweise weiter zu y, einem
labiodentalen Laut (§ 34). Diese Schreibung mit y, z. B. (peag, gibt zwar
keinen sicheren Beweis, lässt aber doch vermuten, dass auch das urgriech.,
bilabiale (f (ph = idg. bh, ])h) in den betreffenden Gegenden des griech.
Sprachgebietes über bilabiales f zu labiodentalem f geworden war.
Die palatalen Laute (idg. k, kh^ </, gh) erscheinen regelmässig als
«5 Xi y» X? z. B. «xaro-v, ai. iatd-m, idg. "^kr^tö-m „100"; dtxa, ai. dd^a,
idg. ^df'kfß „10"; «yw, ai. a/- av. az-, idg. "^agö „ago"; ivg-x^fio-g^ ai. himd-
,Kälte, Schnee", av. zima- „Winter", idg. *ghimö-.
In sehr mannigfaltiger Gestalt treten die velaren {q, qh, g, gÄ) auf.
54 A. Griecliiache Grammatik, b) Lautlehre.
Die Griechen gingen in der Art der Behandlung dieser Laute im allgemeinen
mit den Italikem, Kelten und Germanen Hand in Hand, und wir haben für
diese Sprachen eine doppelte Entwicklung der Velarlaute zu unterscheiden
(während z. B. im Ar. q überall zu k geworden war, woraus erst in der
ar. Sonderentwicklung vor palatalen Vokalen c wurde):
1. Fälle, in denen die g-Laute als 2;-Laute ohne Zusatz von u auf-
treten. xaQTfo-q : lat. carpö, ai. k^pana-s , Schwert*, ayxiav oyxa-g : lat.
ancU'S uneu-s, ai. af^kd^s , Haken*. aysiQm : lat. greXj ai. gränia-s , Schar,
Dorf*. igevYOfiiai : lat. e-rügö^ lit. rügiu ^rülpse*, ^xog^ a-loxf^g • got.
Kgan fliegen*, aksl. sa-logu „consors ton*.
2. Fälle, in denen die ^-Laute u hinter sich hatten, z. B. tto- {no&si^
etc.) aus *A'*o-, lat. quo-d, kymr. ptcy »wer, was?* (aus *kuei)j got. hva-s
,wer?* gegenüber ai. kd-s, lit. käs ,wer?* etc.
Wie diese beiden Gruppen sich geschichtlich zu einander verhielten,
ist noch nicht ganz klar, s. Vf. Grdr. 1, 289 ff. Die ku, g^ waren überall,
wie es scheint, nicht positionswirkende Doppelkonsonanten, und k^ fiel im
Griech., wie der Gegensatz Vnno-g = ai. äiva^s und Stistm = ai. sdcaf*^
zeigt, mit idg. ^ nicht zusammen. Die urgr. hk^ g\k, kh» wurden teils
zu TT, /?, y, teils zu % c, 6 f , v^, teils zu x, y, ;|f.
Aus urgriech. k^ wurde
a) 71 vor 0- Vokalen, vor sönantischen und konsonantischen Nasalen
und Liquiden, vor t, th, s. Stamm no- in Tto-^ev etc., s. o. noi^vr : av.
kae-na ^Strafe*, noi^po- „machend* noipäto noiäw zu ai. et- „aneinander-
reihen, schichten, aufbauen*. i'n-o-fAai : lat. sequ-or. ijnav- aus H'^qn-t-,
vgl. lat. jecin-or-is ai. yakn-ds. nciinaq, Grdf. ^pet^qi^ (§ 72*). o^^iit
aus ^on-fia^ vgl. lit. akA-s „oculus*. i'Tt^-afirjv : sd. kri-nd-mi „kaufe*.
f'Tik'S^o noX'O^q : lat. colö aus *queUöj in-quüfnu-s. ne/imog : lit. penkta-s
„quintus*. nen^o^g i^nsn-tsa : ai. pak-td^s „coctus* aor. pdk-^-^-t, i'i'7r-r^r,
vitpü): ai. nik-td'S „abgewaschen* fut. nSk-^yd-ti, W. ne{g-, vgl. acc. ;t«^ri/?-a.
Manche Neubildungen nach 6. Z. B. nevtdg für neiundg^ Tisvtwßoko-r
für (hom.) nenndßoXo-v nach ntvTs (vgl. Meister, Studia Nicolaitana 1884,
S. 10); ävcc-ToXrj für *'7ioXrj nach -t*'AAco.
Anmerkung. Schwierigkeiten bereitet ion. xo-^ey xiog etc. neben noiyrj, nouta.
enofAM. Ich habe in der 1. Aofl. S. 33 vermutet, *kV'tt' sei im Griech. lautgOBetzlich zu
xtt', xü' geworden, es hätten also einmal no- (masc neutr.) und xä- (fem.)» letzteres in denAd>
verbien *xä *x^, neben einander gestanden, und dann sei in den verschiedenen Mundarten
Ausgleichung des Anlautes in verschiedener Richtung erfolgt: im Ion. x<y- nach xä- (xfj-),
im Der. u. s. w. nä- nach no-. Man kann zu Gunsten dieser Auffassung xai = lit hu'
«wie* (§ 201) geltend machen, da diese Partikel ebenfalls zu qo- gehörte. Eine andere
Möglichkeit wäre, dass das Ionische einmal^ wie das Thessal., xig oder vielmehr in älterer
Gestalt *x/!ig = rig besass. und dass damals dessen Anlaut auf no- aberging, v^l. die um-
gekehrte Analogiebildung in kypr. öni-üig mit n nach no-: während dann *xfi'g zu dem
historischen ilg wurde, entstand aus dem neugebildeten *xfo- das historische xo-, vgl. ni-
Xexxo-y aus *n6Xexfo-v u. dgl. § 13, S. 32.
bj T vor e- und sönantischen i- Vokalen, t^ : lat. que. Hom. räo,
gortyn. o^eif und tsTov ' nolov. KQrjTsg (Hesych), St. qe-, xtaaaQsg : lit. ketun
„vier". TT^vr« : lat. quinqt^. %i^g : \bX. qui-s. ri^ai-g : b,\. dpa^cUi-} »Ver-
geltung*, zu TTOi-vrj (a).
Thess. xt-g als Vorstufe für das vi-g der andern Dialekte zu betrachten
geht nicht an. Vermutlich stand xZ-g zu ti-g ähnlich wie nhd. quängen
8. VerBchlasBlante. (§ 35.) 55
zu mhd. twetigen. Noch vor dem Schwund des ^ der urgriech., im Anlaut
bereits palatal affizierten Form ** i*'i-s bewirkte der w-Laut Rückverwand-
lung des Je in Ä-. Kyprisch cri-^ zunächst aus ti-^, s. § 37.
Vielfach wurde r analogisch durch n verdrängt. Z. B. ine- {i'ne^ai
etc.) nach ino^ (IVro-jua* etc.), iireog etc. nach inog (ai. vdccis)^ dor. ttsT
statt *r*T nach no-; böot. näitccQeq nirqaToq lesb. ntavqeq aber wohl kaum
nach *7TTQa- [TQcc'Tie^a) *nTQv^ (rpi;-yaA«a) , wie J. Schmidt, K. Z. 25,
48 f. 138 will, sondern nach Ttäite.
c) X vor und nach v, welches zum Teil erst durch das u von kn scheint
hervorgerufen worden zu sein. Ivxo-g : ai. vfka-s „Wolf*, otvo-iplv^
(fkvxti^g neben (pktifj. xvxko-g: ags. hweowol „Rad", ai. cakrd-s „Kreis,
Rad'', idg. *qeqlo-. Hierher wohl auch vvx%-6g^ vgl. ai. näkti-^ „Nacht*.
Erklärt sich das x in arqaxxo-q und ä-r^exäwg d-tQexsg neben TQ^nca aus
dem ehemaligen Vorhandensein eines w-Stammes (vgl. ai. tark-^ur^ „Spindel*)?
War X auch lautgesetzliche Fortsetzung vor (i, a ? S. die Anm. S. 54.
d) Mit folgendem i entstand aa^ rr. Urgriech. fcift fiel mit ki — idg.
H zusammen, näacfo ntTrco neben näipcD u. a. S. § 38.
Aus urgriech. gu wurde
aj ß vor 0- Vokalen und vor sonantischen und konsonantischen Nas.
und Liqu. ßov-g : ai. güu-s „Rind". /?oA-r; : ahd. quellun „quellen". iQfßog:
gqi.riqis „Finst^miss". er^/^o^ai ursprünglich „ich trete zurück vor etwas*
(vgl. aoßhw) : ai. tycLJ-a-ü „verlässt, verzichtet*, ßa-to-g ßd-axe ßaivw : ai.
ffa^td'S gd-chami, lat. venia von Wurzelform gjp- „gehen*, firdofiat von
♦jixrö- aus *ßva- „Weib* (Osthoff, K. Z. 26, 326, Vf. Grdr. 1, 317,
SoLMSEN, K. Z. 29, 102 f.): air. mna gen. „der Frau*, ai. ^rnrf- „Frau eines
Gottes*, idg. *g»a-; daneben böot. ßavd : aisl. kona „Frau*, idg. *g^wfl-.
ccftvo-g aus ^dß-vo-g : lat. av-illa agnu-s. ßag-v-g : ai. gur-ü-s, idg. ^qir-ü^s
^gravis*. ßi-ßQw-axw ßQw-rr^Q : ai. gTr-nd- „verschlungen*, idg. Wurzel-
form gf-. ßdXXcö ßaXetv ßXrjvai aus g^^-, g/-, W. gel-, Lesb. ßolXopiai^
att. ßoilofiai, Grundf. ^q^l-no-mai, vgl. dor. St'jkofiai (6.), W. ge/- (Vf. bei
DE Saussure, Mem. 265, Fick, Bezz. B. 6, 211 f., Blass, Rhein. Mus. 36, 610).
Auffallend ist ß vor i. ßio-g : lat. vivo-s, got. qit4rS „lebendig*, ßio-g
.Bogen*: ai. jyd- „Bogensehne*, ßict ßiitoo : ai. jj/d- „Übergewalt*. Vgl.
J. Schmidt, K. Z. 25, 159. 161, Osthoff, M. U. 4, 173 f., Vf. ebend. 410 f.
Ein paar Neubildungen nach 6, wie doXifc-g nach dsXffi-g u. a. : ai.
gdrblui-s „Mutterleib, Schooss*.
bj S vor e- Vokalen. Dor. dr^Xoinat, lokr. delph. SftXofAtu aus *JfA-ro-
fiat, Grundf. ^qd-no-mai, vgl. ßoidofiai (a), Arkad. dtklw, Nebenform von
ßdXkw (a), Delph. gortyn. odeX6-g^ Nebenform von oßoXo-g. Arkad. StQeO^Qo-v
neben att. ßd^aO^qo-v. 6t : aksl. ze „6b\ aber*. d6i]v ^tvog : lat. inguen,
Grundf. *pg-cw-. Im Arkad. muss dieses rf, da es auch durch f dar-
gestellt wurde (^tXX(o, ^tQ€&Qov), von rf = idg. d noch verschieden gewesen
sein; folglich waren idg. ge- und de- auch noch im Urgriechischen geschieden.
Zahlreiche Neubildungen nach a, ßt'Xog nach ßdXXto etc. Thess.
ßeXXoiAfvoc, böot. ßfiXofitvog nach ßoXXofiai, oßeXo-g nach oßoXo-g.^) El.
•) Da das /? von oßeXo-g seine ungc- ! 6ßoX6-g findet, so kann ich Meisterhans, Gr.*
zwangone Erklärung durch die Nebenform j 18 und G.Meyer, Gr. Gr. '^32 nicht folgen, die
5G A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
ßsvt'cü^ im Sinne von fiiayoinai (Meister, Gr. D. 2, 22. 31), nach (böot.)
ßavd^ vgl. aksl. zena got. qinö und air. hen neben gen. mna (vgl. Vf. Grdr.
1, 196. 317. 330). (feße- (atßeai etc.) nach asßo- {(fäßofiai etc.). i^äßeog
etc. nach egeßag.
c) y vor und nach i^ (vgl. die Tennis). Gen. olvo-cpXvY'og, s. o. cwVo-
(flv§. sy-yvi;, vgl. lat. voveö aus ^g^ou^eö, W. gew-. yoy-yv'^w^ zu /?or aus
*ßof:-a. yvri] neben böot. /?«i« honi. ^ivdo^iai el. ßertto. Hierher wohl auch
TrQta-yv-g neben nQta-ßv'g ngtcßct (Vf. Grdr. 1, 319. 567) und ij^tiyj;, das
Bezzenberger in s. Beitr. 1, 340 mit ahd. tvokhan „Wolke* und aksl.
vJügüku „feucht** verbindet.
d) Mit folgendem i entstand f (erJ, rfrf). ürgriech. g^i fiel mit gi =
idg. (ji zusammen, f/; : av. jt/äiti- jj/ätu- „Leben**, ri^co neben vimQO-r,
Aus ürgriech. iÄi* wurde
a) 9> vor o- Vokalen und son. und konson. Nasalen und Liquiden.
<jpor-o-$ (pa'to^g i'Ttf.'fpr'O^v : ai. hän^ti „schlägt**, W. gAcn-. r^Xtp^o^v aXif-
dvo) (aus *-/*Mö) : lit. alg-ä „Lohn**, W. a//jA-. oya-ra • isaiioi d^orgon'
(Hesych) aus *</ogA?»-, zu preuss. wagni-s „ Pflugmesser ** (Fick, Bezz. B. 12,
162. 168). iXct^-Qo-g : ahd. lungar „behend**, Grundf. ^Ip^h-rös.
Analogische Ersetzung des (f durch 0- {b), O^av-tTv (*gÄ^M-) re^d-r^aai,
nach ^*iVw, zu (for-o-g^ W. ghen- (Osthoff, Z. G. d. P. 366 f.).
bj 0^ vor c-Vok. ^€tv(Oj W. gÄeii-. d-cQ/^io-g ^ägog : armen, jerm „warm**,
ai. hdms n. „Glut**, W. gÄcr-. ^€(f)-o-^ : ai. ghö-rä- „scheueinflössend,
ehrfurchtgebietend, hehr** (Götterbeiwort), vielleicht auch got. gu-p „Gott**.
Analogische Ersetzung des v> durch y. vixp-€i v€i(p-€i nach Formen wie
ri(f'6fi€V0'g viif-a ; got. snaiv-s „Schnee**, W. sneig^. rjX(f€ nach tjX^o-v etc.
c^ X vor und nach i^ (vgl. Tennis und Media). ori»x- : lat. unguis,
eXaxi-g neben eXatp^o-g; das x} von eXaO^Qo-g (Hesych) war vielleicht aus
einem ^iXad-ep- (neben sXaxv") und aus ^iXaO^iato^g übertragen worden.
d) Mit folgendem { entstand a^s, tt. eXäaaiov iXarxcov^ zu iXaxv-c,
vgl. § 73, 3.
AscoLi, Vorles. Über die vergleichende Lautl. 25 ff. Fick, Die ehemalige Sprach-
einheit 15 ff. CüRTiüs, St. 7, 267 ff. Froehde, Bezz. B. 3, 12 ff. J. Schmidt, K. Z. 25,
135 ff. G. Meyer, Gr. Gr.^ 188 ff. Vf. Grdr. 1, 201 ff., wo (S. 289) weitere Litt<5ratur-
angaben.
Als Vertreter eines ursprünglichen Velarlautes ist auch anzusehen
das y in (f^ircD (ai. k^i-nd-ti „vernichtet*'), Ttf-D-mo-g (ai. h^dyati „ist herr-
schend, vermögend, mächtig", s. Collitz, Amer. Journ. of Phil. 8, 214 flF.),
(pO^&tQü) (ai. k$drati „zerfliesst, zergeht") u. a. Doch ist in solchen Fällen
die ui-sprüngliche Artikulationsart des Lautes noch nicht sicher ermittelt.
Sieh Bartholomae, Ar. Forsch. 1, 18 ff. 2, 54 flf.
Verbindungen von Verschlusslauten mit Verschlusslauten.
36. Welche Konsonantengruppen für xr, ar, ttt in Fällen wie ixxig
zu «x^, (i^7TV(fTo-g zu 7rfr,>o/cai, ^orrro^ zu ^o(ftu) (Wurzeln auf Media
oßoXog aus 6ßeX6-g durch Vokalangleichung ; des Vokals der folgenden Silbe. Dass ander-
entstanden sein lassen. Das Nebeneinander | wärts auch wirkliche Assimilationen vorge-
von 'tjßfXioy und -wßoXoy u. dgl. im Att. er- kommen seien, leugne ich nicht, vgl. TQinro-
klärt sich aus einer Bevorzugung der einen . Xo^og, ua(f6äoXov K. Z, 21), 411.
oder der andern Form je nach der Qualität |
3. VerschlaBslaate. (§ 36 -38.) 57
aspirata) in vorgriechischer Zeit gesprochen wurden, ist noch nicht sicher
ermittelt. Bartholomae (Arische Forschungen 1, 3 flF.) vermutet z. B. für
ixrog als idg. Grundform ^segdhö-s. Vgl. auch Kluge, P.-B. B. 9, 153,
Osthoff, Z. G. d. P. 320 ff., Bartholomae, K. Z. 27, 206 f., Vf. Grdr.
1, 404 ff., Meringer, Ztschr. f. österr. Gymn. 1888, S. 142 ff.
Das (scheinbar auf urgriech. *-rT- zurückgehende) -err- in Formen wie
(i^nacTo^g zu nar-^ofAm^ Taxe zu Ti-fiev beruhte wahrscheinlich auf vorgriech.
't't'^ mit urgriechischer Assimilation des ersten t an den folgenden die
beiden Explosivae trennenden Zischlaut (§ 48). Vgl. Vf. M. U. 3, 131 ff.,
Kluge, P.-B. B. 9, 150 ff., Meringer a. 0. 146 ff. In entsprechender
Weise TcvA* (zu oiSa) aus vorgriech. \iid*dhi (ai. vid-dht)^ wobei es zweifel-
haft bleibt, ob aus dieser Form zunächst *t/iizdki oder *uitsthi wurde (Vf.
Grdr. 1, 365).
Die in inläx&ijv von ttA^x-, eTVipS-tjv von tvtt- u. ähnl. (inschriftl.
auch €% d^rjxiüv u. dgl., s. Meisterhans, Gr.* 82) vorliegende Assimilation
des X und n an das folgende ^ betrachtet man wohl mit Recht als eine
bloss graphische; gesprochen wurde kth, pth (vgl. gort. O-v^ ~ tth § 34).
VON der Mühll, Über die Aspiration der Tenues S. 21 ff., Cürtius, G.^
418 f., Osthoff, Z. G. d. P. 614 ff., G. Meyer, Gr. Gr.« 211 f. Anders
J. Schmidt, K. Z. 28, 176 ff.
-TT- aus -xr- im Kretischen, z. B. Avtrioi = Avxxioi^ vvrti = vvxtt\
entsprechend iädir^xai = iy-dir^xai (Blass, Rhein. Mus. 36, 615). -tt- aus
-TTT- im Kret., iyQccxxai •= ytyqanxai^ ntvxoq aus "^Jievxxog. = TTt'fiTtxo-g^ und
im Thessalischen, Asxxivcciog zu Afjtxi'vag, ot xxolfagxoh otQXi'-xxoXia^xtvxog
(vgl. atxag = aji xag), vgl. auch thess. 'AxO^ovfixog = 'Aif^orrixog,
Verbindungen von Verschlusslauten mit Vokalen, Nasalen und
Liquiden.
37. Für ursprüngliches -ti^ wenn ihm nicht s vorherging, erscheint
fast in allen Mundarten -ce neben -ri. Z. B. ion.-att. 6ido)at, sixotri, nlov-
(X/oc, Xvaic^ ß^(ftg, Xiyovai, dveipiog, ^*?'$, dagegen iaxi^ maxig; daneben
Ausnahmen wie (parng (neben y«<ri$), fnaQnxig, fidvxig, x«^«n, navxi, hi^
aixio^g. 'XI war vielfach im Boot., Thess., EL, Dor., Pamphyl. erhalten,
wo das lon.-Att. -er* hatte, z. B. nXovxio-g, rfi'rfwri, pixaxi^ aber daneben
Nominalsuffix -ai- aus -ri-. Das Kyprische hatte überdies aig aus x\g^
dessen x ja nicht im absoluten Anlaut stand (xä mg^ oni-aig); vielleicht
nahm nach a\g in diesem Dialekt auch xig a an (vgl. G. Meyer, Gr. Gr.^
290). Wie alle diese Ungleichmässigkeiten aufzufassen sind, ist zur Zeit
noch rätselhaft. Vgl. Osthoff, V. i. d. Nc. 173 ff., Z. G. d. P. 465 f.,
Alfr. Müller, De 2 litera p. 69 sqq., G. Meyer, Gr. Gr.^ 288 ff., Vf. Grdr.
1, 362 f.
Hom. Jloaeiddwv arkad. Jloaoidävog lak. Ilootdavog mit er statt x (vgl.
böot. lloxsiidwv Jloxoidaixo-g) nach der Analogie von Jloaid' in hom. //o-
(5idi]iO'g u. a. (Prellwitz, Bezz. B. 9, 328 f.).
38. Die urgriech. -Ä-j- -ÄÄi-, -Avj- -l^hui- (§ 35) wurden noch zur
Zeit der griech. Urgemeinschaft zu einer geminierten Spirans (^^ ?), die im
58
A. Grieohische Grammatik, b) Lautlehre.
Boot., Thess., Att. als -rr-, sonst als ^a- erscheint.') fidttawr^ zu fnax^Qo-g.
7TM<falo'gy W. jyäi'. 7i6'<f(f(jü nsTxcü zu nfitto-q. o(f(f€ zu oipoiiai. raQuacta
taQatTO} zu Taqaxr. Wie urgr. -S5- = -/j- nach Konsonanten zu -s- wurde
(z. B. urgr. *7ravaa aus ^rcavTio)^ so muss man annehmen, dass auch jene
von ihr verschiedene Doppelspirans in gleicher Lage damals vereinfacht
wurde; daraus folgt, dass iXa^atov «Aarrwr, d^ctaawv x^axrtov^ attaov, in
denen ä durch „Ersatzdehnung** aus av hervorgegangen war (vgl. die
§ 73, 3 extr. zitierte Litteratur), ihr aa rr statt einfacher Spirans von
rjatfiov iJTTO)v, ndaawv u. dgl. bezogen hatten (Bartholomae, Bezz. B. 12, 86).
Dass die Behandlung jener urgriech. Lautgruppen im Anlaut prinzipiell
dieselbe war wie im Inlaut, zeigt d-aaa a-rra^ s. § 95, wozu megar. ad
{uva). Vgl. ferner hom. (fevo) (vgl. ore aaevaixo P 463, ^-aasva, kao-
aaoo-g), zu ai. cj/av- cyiin „in Bewegung setzen"; hierzu nach Fick, Bezz.
B. 6, 236 att. revfidofiai Tsvrd^o), Unsere Lautgruppe auch in cdoo att.
Sia-TzdcD, dessen Herkunft freilich unermittelt ist (vgl. Wackernaoel, K.
Z. 28, 121 f., G. Meyer, Gr. Gr.^ 221), und in err^iyj, das Bezzenberger
in s. Beitr. 13, 299 ansprechend mit lit. kiür-ti „Löcher bekommen** verbindet.
Urgr. -^1- 'thi' wurde damals nach Sonanten zu -ss-. Hieraus bei
Homer, im Dor. und anderswo -crer-, im jüngeren Ion. und im Att. -c-, im
Boot., Kret. -rr-. toatro-g octro-g, totro-g oao-g böot. o-norro-g gortyn. o-ttotto-^,
urgr. *ro'TiO'g, fxtaao-g fxtxfo-g aus ^iisd^-^o^g : ai. mddhya-s „medius**.
nqöaao) ngotro) zu nQog aus *nQOT{ (wie hom. eh aus *fVi, Osthoff, M. U.
4, 382 f., anders und mich nicht überzeugend Bechtel, Bezz. B. 10, 287).
Dieses -aa- war von urgr. Zeit an mit idg. ss und idg. ts zusammengefallen,
vgl. hom. xofiKfadfievog att. xofinfdfievog böot. xo/iirra/i^i'og (§ 45. 48);
man beachte auch die kret. Schreibung mit C neben rr, die zeigt, wie
schwer es ist, über die Aussprache unserer gedehnten Spirans ins Klare
zu kommen: o^og = orrog oaao-g mit urspr. ti neben dv-dd^aO^ai = -ödTta^
{if^d-ai ddaaatf&ai mit urspr. ts; vgl. Trfjva = Zrjva § 41. Nach Kon-
sonanten entstand aus ti im Urgriech. ebenfalls -(Ter-, das aber damals
bereits zu -<r- vereinfacht wurde (vgl. dieselbe Reduktion bei -crc- = idg.
'SS- § 45 und bei -crer- = idg. -fs- § 48). Kret. ndraa dor. ion. att. Ttäaa
lesb. natisa aus *7r«rT-/a. do^ct aus *(Jox-Tfa; 6(ipa aus ^din-j^a; xaimpo-g
(Hesych) aus *xaiii7r'Tj^0'C; ion. Si^o-g tQi^o-g aus ^dpix-rko-g H^ix-rko-g
(§ 70, 15); noch anderes dieser Art bei Röscher, Progr. von Meissen 1879
5. 56 flf., wo aber diese Formen falsch beurteilt sind (wie auch schon
Angermann, Progr. v. Meissen 1883 S. 13 sah). Im Anlaut <r-: atßo^iai
0oßb(ü zu ai. tyaj- (§ 35 S. 55), wo freilich Zweifel bleibt, ob die W. als
tieq- oder als f/eg" anzusetzen ist (§ 49).
Allerdings erecheint nun im Inlaut als Fortsetzung von ti tJii häufiger
derselbe Laut, den wir als Fortsetzung von ZV kennen lernten. Zuver-
sichtlicher als ich in der 1. Aufl. dieser Grammatik (S. 36 Fussn. 1) that,
möchte ich jetzt behaupten, dass in allen diesen Fällen Analogiebildung
vorliegt (s. auch Wackernagel, K. Z. 29, 136 f. und Meisterhans, Gr.'^
^) Das -<T<T- der älteren att. Schriftsteller
halte ich mit andern fUr einen lonisnius,
dessen Herübcrnabmc sich leicht erklärt, wenn
wir, was statthaft ist, annehmen, dass die
Aussprache der durch -rt- und -<T<r- darge-
stellten Laute eine nur wenig verschiedene war.
3. VerBchliuMilaate. (§ 39—43.) 59
75): iiiaacfo (iiuof(r)r-) , kiacofiai (X*r-) u. a. nach (.laXaaam (fAakax-),
aicfSfo (a*x-) u. dgl., durch welche Neuerung ein formaler Unterschied
zwischen der Präsens- und der Futurform erzielt wurde, die zusammen-
gefallen waren; xqäaaoiv xQsiacmv {^q^t-) nach fidaacov {ficcx-) u. dgl., wie
wir oben auch das a<y von iXaaafav u. dgl. als analogische Neuerung kennen
lernten; iitXicaa (fiehx-) nach aiKfi-ehcaa (ihx-) u. dgl.
Vgl. Ascou, Studj crit. 2, 410 ff., Cubtius, G.* m^ ff., G. Mbykb. Gr. Gr.« 272 ff.,
282 f., Vf. Grdr. 1, 361 f. 367.
39. Im Lakon. und Kypr, ging -er- = -^|- und im letzteren Dialekt
zugleich das -c- von -c*- = -//- in -ä- über: lak. ivrjßoialg, kypr. Stficiolg,
^Qov^wt (Deecke, Bezz. B. 6, 81. 147); vgl, § 51. In der Mundart von
Eretria wurden dieselben er zu p: ofivvovQag, naqaßaivfOQiv^ KTrjQi-ßidSrjg
(Weissschuh, De rhotacismo linguae Qr. 1881, S. 28, J. Baunack, Stud.
1, 299); dieselbe Erscheinung ist aus Oropos belegt: druioqmv.
40. Urgriech. pi wurde /rr, z. B. nxv^ in mim aus *(<r)7rift;- (Osthoff,
M. U. 4, 19. 33. 317), xaltmo), dtfTQOTttco (§ 123. 125). Vgl. Cürtius,
G.5 497 f.
41. Aus urgriech. gvij gi, di entstand f, wie in v/fw zu viti-tqü-v
(§ 35), a^ofiM zu 5y*o-g, Zevg = ai. dyäii^, ne^og zu ntd-o^w Im Les-
bischen neben f auch <rrf: eixdaico (Meister, Gr. D. 1, 129 ff.). Im Lakon.,
Kret., Megar., Boot., El. 66: lak. na(66(a^ gortyn. 6ixd66w^ meg. XQV^^^h
bdot. 6oxi/Ad66a), el. ßQai66a); im Anlaut 6: /^tvg^ 6o)6g (vgl. Meister, Gr.
D. 1, 263). Seltsam ist r, tt für f im Kretischen, z. B. Trjva, Ttfjvcc
(== Zrjva) geschrieben (vgl. G. Meyer, Gr. Gr.^ 217. 256. 274 f., J. Baunack,
Berl. phil. Wochenschrift 1887, S. 56), welche Schreibung unzweifelhaft
mit dem graphischen Nebeneinander von h^og und ovrog = Zatrog oaog im
Zusammenhang stand. Über die Aussprache aller dieser Schriftformen,
^, <rrf, 66, r, tt, sieh § 52. Vgl. auch Ascou a. a. 0. 432 flf., Curtius,
G.5 615 flF. 669 f.
42. Über idg. hi (TnTiog), tu {ftTraQeg, et), d^i (Jpsmüg)^ dhu {o^&og),
}m (iTjTTÄog), bhu {v7ji:€Q^g)talog) s. § 13.
43. Aus -gn — gm^ entstand im Urgriech. -fan- -tBrn-, z. B. yiyvonai
d. i. yim'Ofxai, arvyvog d. i. arvtavog, dyfiog d. i. df9fi6g (§ 20). Diesen
Nasal vertrat y auch in ^<fi>Byiitti, ilr^Xf^yiiai u. a. (neben -yjat -yxia/),
d. h. -f9gm' war durch '•f9f^m' zu -f9»i- geworden, gleichwie 'i^iTifi- durch
"litfiiA' zu 'fifi' ward (s. u.); ebenso vielleicht iyvvä aus *lf9'yvvä (Curtius,
6.5 180). 'irni- wurde im Dor., Thess., Boot, weiter zu -fn-, yirofiaiy
yivci(fx(Oy so auch in der Keine (§ 57).
Aus bn- entstand im Urgriech. /ur-. fivdofiai aus * ßvct-io^f^iai „suche
mir ein Weib" (§ 35, S. 55). (xefivog zu aäßofiai.
Aus '71 fi- entstand -ju^u-: ofifia, xXsfifua. Ebenso aus -ßfi-, -(pfi-: Titgifn-
fiai, yqdima. xexan^im aus *xfxa/i7r-jua*, wie ^(fd-eyiiai (s. o.). Wacker-
nagel's Ansicht (K. Z. 30, 294), dass diese -/i^tt- nach langen Vokalen laut-
gesetzlich verkürzt worden seien, scheint mir von ihm zwar theoretisch
aasreichend begründet, aber nicht durch sichere Beispiele zur Evidenz er-
hoben zu sein. Die lesb. onnara^ ahnna nebst Balbilla's yqonnaTa dürften
60 A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
durch Neubildung nach den Formen mit on^^i "Un-^ y^an- entstanden sein,
wofür auch das i von aXinna (vgl. ci^fififia) spricht.
Die oft vorgetragene Behauptung, r, t>, 6 seien vor /* zu c geworden,
z. B. in TibTivafiai, ist falsch, s. Vf. M. U. 1, 81, J. Schmidt, K. Z. 27,
313 f. 329 und unten § 70, 8 Anm.
Intervokalisches -it- =^ idg. -nt- -faq- wurde im Pamph. zu -rrf-:
f*^ayö)(r)rf*, nB{v)d6-xai-dexa, Über die Nichtschreibung des v s. § 20.
^5 d. i. tonloses r (§ 22), verwandelte vorausgehende Tenues in Aspi-
ratae, z. B. red-qmnov aus rer^iTiTio-v, *T6XQ-tnno~v, ifQovdog aus n^ovioq^
*7iQo-6So'g, Diese Affektion ist lautphysiologisch ebenso selbstverständlich,
wie die Entstehung von i(fodog aus Mn-oio-g,
-AA- aus 'dl' in lak. eXla „Sitz** zu i'dog^ wohl auch in vklo-g „Ich-
neumon* (CuRTius, G.5 248). Vgl. auch Fick, Bezz. B. 1, 333 f.
In dorischen Dialekten wurde Ar, Xd^ zu rr, vd^ (§ 22).
4. Spiranten.
44. Tonloses und tönendes a. 6r. or, das teils Fortsetzung von
idg. 5 und z, teils durch Assimilationsprozesse aus andern Lauten ent-
standen war, wurde meist tonlos gesprochen, z. B. in ^cri. Die Geltung
z hatte es vor Mediae und vor /*, wie die Schreibungen wie JleXa^yixov^ ttqc^-
߀vrrjg, ZfivQva^ iprj(ft^fxa zeigen (Q. Meyer, Gr. Gr.* 224 f., Blass, A.* 89),
und worauf auch der dialektische Übergang in p, thess. GeogSoreiog neben
OeoaSoiog, l^uQY'cißcoQ = fiuaY'rjoog Hesych, kret. xoQ/twg u. a. (Weissschuh,
De rhotacismo p. 24 sqq.), hindeutet. Auch wo sonst p für er erscheint
(eretr. ofivvovQag § 39, el. rig § 45), muss dem ß, wenn damit ein stimm-
hafter r-Laut gemeint war, zunächst z vorausgegangen sein.
Unklar ist, was die Alten mit der in den verschiedensten Dialekt-
gebieten nicht selten vorkommenden Doppelschreibung des antekonsonan-
tischen o* ausdrücken wollten, z. B. cigtaaro-g^ /^«(/^«ccri^ai. ^AaaxXaTndSagy
AiaaxvXog, "^Eaansqidec, Dass nicht der tonlose 5-Laut als solcher gemeint
war, zeigen z. B. ^äaaßog xoaafiog und a^ für f , da f = zd war (§ 46).
Ein Erklärungsversuch bei G. Meyer, Gr. Gr.^ 227.
Idg*. s (tonlos).
46. Dieses war als s-Laut erhalten:
1. In Verbindung mit tonlosen Verschlusslauten. axdvSaXov von W.
sqand'. ßdaxe^ idg. 1. sg. *g§l-sAo. «Jcwr, vgl. lat. axi-s, anaiQm von W. sper-,
l'aneqog = lat. vespcr, altiipw^ ai. lepsydmi „werde beschmieren, bestreichen".
araxo-g z=. lat. staiU'S. ^ari = ai. dsti „ist**. ndaaaaO^ai aus ^Ttax-aaCx^ai;
(§ 48). Unaufgeklärt ist noch xr gegenüber ai. 1(^ lat. ks in aQxro-g = ai.
fk^ü'S lat. ursU'S aus *orcsO'S, texron' : ai. tdk^an- „Zimmermann**. Vgl.
Vf. Grdr. 1, 409 f.
2. Mit vorausgehendem q (idg. r p f). Lesb. ^tQtxog {GeQakrfi) von
W. dhets-, (igar^v = ai. tj^an-, idg. *wfs-ew-. xo^a-t) : ai. kr^-d^m „Haupt*.
Hom. ^(fO^BQ'ffa wie ai. dbhar^am; aus -gC' im Att. -^, wie aq^r^v. Wohl
auch mit X, xtXaov^ das entweder die durch -o- erweiterte sohwaobe Stamm*
gestalt von xtXog {TeX{e)(f') enthielt oder w «n «• kdrfami
i*
4. Spiranten. (§ 44-45.) Gl
„furche, pflüge" (W. qels-) gehörte und volksetymologisch mit TtXog ver-
knüpft wurde. Hom. ixclaa.
Über die von Wackernaoel, K. Z. 29, 127 ff. bezüglich der Formen
wie iifd^BiQa itfreika aufgestellte Hypothese s. S. 63.
3. Mit (f. Hom. ^taaev von ffcr-. hhXsaaa von thkea-. ^nea-ai.
Vereinfachung des aa von Homer an. Bereits im Urgriech. geschah die
Vereinfachung bei vorausgehendem Konsonanten, wie im loc. pl. *firjvai
(kret. iir^vai, att. iirfli) aus ^fxr^vaai für lautgesetzl. ^fisvaai (nach § 26).
Vgl. die gleichartige Reduktion bei aa = ti (§ 38) und cr<r = ts (§ 48).
4. Mit folgendem u oder v im Anlaut, wie adXoq zu ahd. swelJan,
Ob in derselben Verbindung auch im Inlaut o* erhalten war, ist sehr zweifel-
haft. S. § 13.
5. In der Verbindung -nsi-, woraus -c-. vürofiai aus *v^-y(r-^o-ju«*
(§ 122) nach Osthopf, V. i. d. Nc. 339 flF. Durch das nachfolgende i
blieb a vor der Assimilation an v bewahrt, durch die z. B. *ifji€vaa zu
lesb. ifnewa att. ifAsiva wurde; später wurde dann *v*v<ro/tcf* zu rt<fofiai.
Anders, aber mich nicht überzeugend, Wackernagel, K. Z. 29, 136 (über
Wackernaoel's angeblich homerisches n€(f6(asTaL s. S. 47 Fussn. 1). Auch
für nTia<S(o nvittoa ist *nTiv(T'i(o (vgl. lat. plnsiö), ^mivaw *7ixia(a voraus-
zusetzen. Hier vollzog sich wegen des l der andern Tempora {JBmtaa emia^
^ifV, s. § 55) eine Neubildung nach den Verba wie ntiatfa) ntTKa und
ilidaaca u. dgl. (§ 38 S. 58). Bei dem Präsens vttfofiai war zu dieser Neu-
bildung kein Orund gegeben (auch ^ 76 ist viaoiiai Präsensform, nicht
tf-Futurum); die Schreibweise viaaoiiai (La Roche, Hom. Textkr. 316 f.)
wurde später eingeführt, als man sich an der morphologisch isoliert stehenden
Präsensform stiess.
6. Im Auslaut. Vnno-q == ai. cUva-s, ^(fSQs-g = ai. cibhara-s. Kret.
rar^ (rovg) = got. f)ans. dkg. Im El. ging -g als -z in -q über: liq, toTq,
s. Osthoff, Lit. Centr.-Bl. 1879 Sp. 1096, Z. G. d. P. 26 flf., Weissschuh,
De rhotac. p. 3 sqq., 6. Meyer, Gr. Gr.^ 227 f. Über den gleichen Rho-
tazismus im Lak. s. Müllensiefen, Diss. phil. Arg. 6, 184 f. 119, G. Meyeu,
Gr. Gr. 2 228. Über den der Theräer und andrer Griechen Cauer, D.^ zu
n. 147 und G. Meyer a. 0. Vermutlich war in diesen Fällen -z (-^) nicht
erst in der griech. Sonderentwicklung aus dem tonlosen -s entstanden,
sondern bereits in uridg. Zeit wurde vor tönendem konsonantischen Anlaut
-^ gesprochen, so dass Verbindungen wie *x^€oz Sidoou (vgl. thess. 0*o^-
Sor€iog § 44 Jio^orog d. i. Jioz-doTog § 102. 171, 'Axhyva^e d. i. 'AO^r^vaz-de
§ 55. 87) idg. z repräsentierten (vgl. § 64).
7. In der Anlautgruppe sm-, z. B. ai^iegdal^og vgl. ahd. smerzan.
Daneben auch Assimilation, wie in iieiddw {(pilo-fifietär-g) zu ai. smi- „lächeln",
fua aus ^Cfi-ia, was aus verschiedenen Bedingungen der Satzphonetik zu
deaten ist (§ 65).
Wandel des s in urgriech. Zeit:
Im Anlaut vor Souanten und zwischen Sonanten wurde s im Urgriech.
3DP * mn dann im letzteren Fall ganz zu schwinden: o = ai. sd, ig = lat.
^•»ai. jänas-as „generis", ra = ai. äs-am „eram", andw aus
62 A. Griechische Chrammatik. b) Lautlehre.
*sp^S (SoLMSEN, K. Z. 29, 108); über die Nachwirkung des -ä- aus -5-,
die sich in Formen wie avcD in der Gestaltung des Anlauts zeigt, s. § 60.
Dass das a in avg^ inoirjaa, Ti&saai u. a. auf Analogiebildung beruhte,
zeigt OsTHOFP, V. i. d. Nc. 344 ff., M. ü. 2, 38 ff. 4, 356 ff.; über trvc
s. auch AscoLi, Sprach wissensch. Briefe 78 f. Bezzenbeboer's Hypothese
(Gott. gel. Anz. 1887, S. 422), -s- sei im Urgriech. nur bei vorausgehendem
Hauptton geschwunden (vgl. (f€Q€{(T)ai = ai. bhdrase^ aber vi&saai = dJiatse),
hat gar nichts überzeugendes.
s^: f!ot oly rjdtng aus *s^oiy *s^adu'$ neben adXog zu ahd. sweUan u. dgl.
s. oben in diesem § unter 4 und § 13.
Aus anlautendem si- entstand h-: v^i^rjv zu ai. spü^man- „Band,
Riemen''. Inlaut: hom. roTo att. tov aus Ho^aj^o, hom. Teksito att. reA^ aus
HeXetf-ifo. S. § 12. 79. 123.
Aus anlautendem 5n- entstand im Urgriechischen rv- v-, wie in i'iy-«
v€i<f€i zu got. sndiv^s, W. sneigh^. Dagegen schwand das s in sni-, wie
wir oben sahen, nur teilweise, wie in fieiSaw. Die vv und fifn in hom.
Formen wie öya-vviyoj i-vvsov ^iXo^/xfieiii^g i-fifioQe waren nicht rein laut-
gesetzliche Fortentwicklung des Ionischen (durch solche wären *äyrjVig>og
*€Tv€ov *g)iXovfi€i6rjg *€ifxoQ€ entsprungen), auch schwerlich Äolismen; son-
dern zu der Zeit, als im Anlaut noch nn- mm-- gesprochen wurde und im
Inlaut schon das Ersatzdehnungsgesetz zu wirken begonnen hatte (s. u.),
richtete sich in jenen Formen der Inlaut nach dem Anlaut, und der Doppel-
konsonant blieb weiterhin lautgesetzlich erhalten. Aber auch der geminierte
Nasal wurde weiterhin noch analogisch beeinflusst: wie man ve/xo) : i-vsfjior
(W. WCIW-), fA6V(a : i-fikvov (W. mew-) hatte, so entstand zu v^w i-veov, zu
fiäXdco (ahd. smüzu) M-iisXSov. Solmsen, K. Z. 29, 86 f. Inlautendes -s-,
zwischen einem Sonanten und folgendem Nasal oder zwischen einem Nasal
und folgendem Sonanten stehend, wurde im Urgriech. dem Nasal assimiliert;
in den meisten Mundarten trat dann Vereinfachung des Doppelkonsonanten,
eventuell mit „ Ersatzdehnung ", ein, z. B. lesb. asXavva att. asXrjvtj aus
*cr€^a(r-rÄ, lesb. ^/ijui att. «jui aus ^ea-fjiij lesb. fiijvvog att. firjvog aus
*firjva'og. S. § 56. Wie fi^vv-og zeigt, war die Assimilation des a an den
vorausgehenden Nasal älter als die § 26 besprochene urgriechische Yokal-
kürzung. Wackerxaoel's Hypothese (E. Z. 29, 136), dass das er von ra
nach dem Hauptton nicht assimiliert worden sei, scheint mir nicht aus-
reichend begründet. Wo in der historischen Gräzität -ctju- erscheint, z. B.
7jfX(pi'€Cfiaiy Saaimogy war diese Lautgruppe entweder überall durch Analogie-
bildung neu entstanden, wie z. B. Seiacfim ijfxy^i-eafiai nach itdacTui
riixifi-eatai gebildet worden waren für ^deSaTfim, -Hpiai^ oder zum Teil,
bei gewissen Nominalformen, lag vielleicht -fem- zu Grunde, z. B. iaafio-g
vielleicht aus ^iaz-afio-g, s. § 70, 8 Anm. und Solmsen, K. Z. 29, 117 ff.
Während nun in diesem -afA- der Zischlaut blieb, nur dass er als tönender
Laut im Kretischen dem Rhotazismus verfallen erscheint, xoQfno-g = x6<rfio-g
(§ 44), wurde -«rr-, wo es neu aufkam, z. B. in H'avvi.u (das neben das
alte lautgesetzliche (ion.) eivv^ii getreten war als Analogiebildung nach
i'tf-aai ia'&jjvai etc.) zu -rr-, l'vvtffAi, eine Assimilation, die zu derselben
Zeit geschah, als ntXonog-vf^aog zu JleXonovvrfiog wurde. Dieses jüngere
4. Spiranten. (§ 46.) 63
'W' erfuhr im Gegensatz zu dem älteren (vgl. att. iir^v-ig = lesb. fAfjvv-oc)
keine Vereinfachung, z. B. ^cirviffii. S. Vf. K. Z. 27, 589 ff., Solmsen,
ebend. 29, 74.
Aus sr- sl" im Anlaut entstanden im Urgriech. tonlose qq- AA-, q- A-,
wie ^fecö aus *sre^-ö, A/Jyw aus *sIvqö. S. § 22. Durch analogische Ein-
wirkung dieser Anlaute entsprangen die Formen wie xata-ggeco^ ngo-gäw
und a-XXr^xto-g, a-^xTü-gy die genau wie i-rveov, i-veov (s. o.) zu beurteilen
sind. Solmsen a. 0. 87. 350. Inlautende -sr- und -sh wurden wie -sw-
-5111- behandelt: avQio-v aus *av(r-^-fo-v; tqrjQwv aus HQua-q-mv^ W. frc5-;
x^qavXog aus *^pai;(r-Ao-$; lesb. xtlhoi lak. ;fi/A«o* ion. xsiXioi aus "^xeclHo-,
91. sa-hasra- ; iXtjfJii aus ^m-akri-^u (§ 115). Solmsen a. 0. 348 f., 350 f.
-rs- und -fo- blieben in einer Anzahl von Formen sicher bis ins einzel-
dialektische Leben der Sprache erhalten, wie wir oben sahen. Im Attischen
wurde -^cr- zu -qq-^ z. B. ccQQrjv^ ^a^Qäco (Meisterhans, 6r.^ 76 f.); die
abweichenden Formen wie O-riqai, ^t^ro^ai erklären sich als Wirkungen des
Systemzwangs. Die Formen wie lesb. ^^d^sQqa att. i<fx>€iQa dor. iipd-r^Qa^
lesb. iateXXa att. iateda dor. iavrjXa erklärte Osthoff, Phil. Rundschau
1, 1591 für Neubildungen nach dem Muster von Aoristen wie ixreiva und
Ivsißa^ in denen lautgesetzlich „Ersatzdehnung" stattgefunden hatte. Dagegen
sucht Wackernaoel, K. Z. 29, 127 flf., dem Solmsen ebend. 352 beistimmt,
zu zeigen, dass -rs-, -?s- im Urgriech. eine verschiedene Behandlung er-
führen nach den verschiedenen Betonungsverhältnissen: die Lautgruppen
blieben bei vorangehendem Hauptton, bei nachfolgendem unterlagen sie
derselben Veränderung wie -ws- -ms-. Ein Hauptgewicht wird dabei auf
einige Fälle wie oqqo-^ (uratt. *oQao-g) : ovqa und xoqarj : xovgev-g gelegt;
bei den c-Aoristen trat Uniformierung in verschiedener Richtung ein.
Völlig überzeugt bin ich nicht; die Zugehörigkeit von ovQa zu oggo-g und
diejenige von xovgevg zu xogarj kann mit Fug bestritten werden.
Idg. z (tönend).
46. Idg. z war vorhanden in Verbindung mit folgenden tönenden
Verschlusslauten, ;2rg, jergA u. s. w., und im Auslaut (§ 45. 03. 64). aßkvvvim
mit ursprünglichem Anlaut zq- (Vf. M. U. 1, 19 f.). Lesb. naq-iadM^ att.
Jfo) = lat. sidö, idg. *$i-zd'ö von W. sed- (vgl. Bartholomae, K. Z. 27,
357, Osthoff, Z. G. d. P. 4); ob ilofiai und nu^co (ursprünglich „aufsitzen**,
vgl. ai. pid' „drücken, pressen** aus *}n-zdr) aus ^ae-ad-o-iiai ^ni-ae-ad-u)
oder aus ^afS-j^o-fjiai *7r*-(rfrf-jfa) entstanden waren, ist zweifelhaft. Lesb.
vaSogj att. o^og = got. ast^s „Ast**, idg. *ozdO'S, ßi'C^jv ßv^vv (Hesych)
d. i. ßvZ'6rjv ßvz-Sov zu ßva-to-g. JioadoTo-g Ji^oxog {Jiog- gen. sg., § 171).
U&i}vä^B = 'Axhrjvä(f'i€ (§ 55). Vor tönenden idg. Mediae aspiratae wurde
z mit diesen zugleich tonlos. fnaO^og^ vgl. got. mizdö „Lohn**, idg. *mizdhO',
la&i »sei**, vgl. av. zdt **sei**, idg. *Z'dhi von W. es- (vgl. § 53). icxov aus
^e'Zffh'O-m von W. *segh-. ogeatpi aus *-cZ'hhi. Vgl. Osthoff, K. Z. 23,
87 flF. 579 ff., Z. G. d. P. 13 flf.. Kluge, K. Z. 25, 313 f., G. Meyer, Gr.
Gr. 2 219 f., Vf. Grdr. 1, 448 fif. Auf einer idg. Lautgruppe mit z mag
auch das x^ von x^wr (ai. k^am- av. zem- aksl. zemlja „Erde**) beruhen,
8. Babtholomae, Ar. Forsch. 1, 18 flf. 2, 54 flf.
Vgl. hierzu TaO^i (von W. ?^ej[d-) aus vorgriech. *^id'dhij § 36.
64 A. Qrieohisohe Grammatik, b) Lautlehre.
Nicht ohne Wahrscheinlichkeit nimmt Thubkeysen, K. Z. 30, 351 ff.
an, dass in uridg. Zeit neben dem konsonantischen z auch sonantisches z
ig) bestanden habe, daraus im Griech. i. i&v-g aus *gdhü-Sj zu ai. sadhu-^
, gerade'. xQix^ij aus *ghrgdha^ zu ahd. gersta , Gerste*. xtXnoi aus *ghgl-iiO',
neben lesb. ;(£AA4oi.
Unursprüngliches <r.
47. Solches war in folgenden Fällen entstanden: 1. üevco, ßätfaog iitüoc
u. 8. w. mit idg. velaren, palatalen, dentalen Yerschlusslauten -f~ t § 3^-
2. er«, reaaoQeg u. s. w. mit idg. t^ § 13. 3. diioHrt = dor, didiaxt u. dgl.
§ 37. 4. Lak. tr = &, wenn hier a nicht bloss Ausdruck des Lautes p war, § 34.
Verbindungen von a mit Yerschlusslauten.
48. Vorgriech. ts wurde zu cro", woraus von Homer an er; diese Gruppe
fiel schon im ürgriech. mit idg. ti (§ 38) und idg. s$ (§ 45) zusammen.
ndaüaa&ai 7taaatr&a$ zu Trar-ifojuai. iip^attafievoq dvätravreg zu iS-j noaai
noai zu tto*-; denn aus d -^ s war schon in der idg. Grundsprache ts ge-
worden (§ 33). Boot, undkret. rr, z. B. böot. xojüiiTTafjLfvog kret. -rfarTa(^)^af,
gleichwie in böot. o-ttotto-^ kret. o-nitTo-g mit urspr. /{ ; und die kret. Schrei-
bung mit f in ^a^ad^m gleichwie in o^o-g (§ 38). Schon im ürgriech. wurde cr<r
zu a nach Konsonanten, z. B. aor. kret. iansvtra att. icTtaffa aus *ian€vzGcc
zu (f7V€v3wy dat. kret. gisQovtn att. q^^vci aus *q>€QovT<rt, hom. ilueQcct
aus *afi€Qv<ra zu äfjiä^fo; vgl. nrgr. *7iavaa (kret. Trebtra att. nätsa) aus
^avaaa *nav%-ia (§ 38) und urgr. *fijjvcrt (kret. /iijrö'i' att. jui^ai') aus
*(*tp*c-ci für lautgesetzliches */w«»ö-<r» (§ 45, 3).
Dieselbe Assimilation wie in nrnttsaftd-m war in a-;Ta(rro-g7 arrf , ola&u
geschehen, s. § 36.
Welche Konsonantengruppen für f, V, crcr in Formen wie ^Jw von W.
5c^A-, cv^ojuai von W. ^gA-, /vl^« von W. swatgA-, ixa^if;a von W. skrebh-,
mvüofAm von W. bheifdh- in vorgriech. Zeit gesprochen wurden, ist noch
nicht recht klar. Vgl. «xros § 36 und die dort zitierte Litteratur.
Lakon. oxxoq = acxog^ kret. nQ^yyevtcu neben 7iQ€Cy€vvai, Aus er
im Lak., Böot. und Kret. tt: lak. attaai - waarr^x^i Hesych, bööt. irto},
irre; auf der grossen gortyn. Inschrift /i*TT*g ,bis zu* = \uf<ncg (/i*Vrr'fc
oder ikh'inB-g wie «x^-^ ay«i>s u. dgl.?), aber daneben fixacjog u. dgl.
Aus tf^ im Böot. t^: oTriT^orilorv, im Kret d^\ anopHiia^^my /^i^i^c^ai,
nQo^^a; dass dieses i^i^ als tth (tp?) gesprochen wurde, ist mir wahr-
scheinlicher als die Annahme der Aussprache pp (§ 34).
49. Dieser Spirant, der von t d. i. i consonans (§ 12) scharf geschieden
werden muss, ist für die idg. Ursprache anzunehmen, wo dem griech. an-
lautenden C- ai. y-, lat. j- gegenüberstanden, z. B. fvyi-i' == yugä-m, jugu-m^
Cem = ai. ifdsami (vgl. dagegen vfA^g, o^ »qui* mit idg. Anlaut t-). G,
Schulze, Über das Verhältnis des C zu den entsprechenden Lauten der
verwandten Sprachen, Qött. 1867, Vf. M. U. 1, 4 f., Grdr. 1, 453 f. In-
lautend stand j vielleicht in W. tje^ cäßofwi {cfnti^ = w. tyaktä-^), § as.
Das idg. j' fiel mit ursprünglichem Ji- schon im Ui^riechischen zu-
4. Spiranten. (§ 48—51.) 65
saminen, daher z. B. dvyov wie Jsvq^ rciva (fwvij) wie Trjva (6. Meyer,
Gr/Gr.« 217, oben § 41). Vgl. § 52.
Anm. Über idg. v, das wir in dieser Grammatik von tf nicht scheiden, s. S. 30
Foasn. 1. Dabbishibb, Notes on the spir. asp. 24 gründet die Annahme der uridg. Doppel-
heit t^ und v auf den vermeintlichen Fand, dass, wo im Griech. Spir. lenis für / erscheme,
das Armenische g habe {a^y armen, ga'n), dass dagegen dem griech. Spir. asp. fQr f
armen, v entspreche {ixoyr- armen, vcisn). Mit dem ßeweismaterial für ' = t? ist es aber
recht misslich bestellt, und ich bin nicht überzeugt.
Aach F. Habtmann's Hypothese (Dentsche Lit.-Zeit. 1887, Sp. 375), die eine Unter-
scbeidong von % und j, tf und v beseitigen soll, vermag ich mir nicht anzueignen.
Spiritus lenis und asper.
Dabbishise, Notes on the Spiritus asper in Greek eiymologically considered, Cam-
bridge 1888. Tbttmb, Untersuchungen über den Spir. asp. im Griech., 1889.
50. Das Spir. lenis genannte Schriftzeichen hatte nicht etwa nur
den Zweck, die Abwesenheit des asper anzuzeigen, sondern der Spir. lenis,
z. B. in fori, ffJLeVj ayu), war ein wirklicher Sprachlaut, ein tonloser Explosiv-
laut des Kehlkopfs (Sievers Phon.^ 131). In Fällen wie den angeführten
begann das Wort in der idg. Grundsprache vokalisch. Als die lautgesetz-
liche Vertretung von /?- erscheint der Spir. lenis in inog, oixog, mtv u. s. w.
(§ 13). TJrgriech. ion. etc. ^x« aus *i'x(o u. dgl., s. § 60. Lesbisch u.
sonst o aus o, s. § 51.
51. Der Spir. asper, dessen Aussprache nicht überall und zu allen
Zeiten die gleiche war (Thumb 90), wurde von den Griechen anfänglich
durch 0, H bezeichnet. Im ion. Alphabet bekam aber g, H den Wert
eines e-Lautes (auf Naxos wurde durch Q ofifenes e dargestellt und zwar
sowohl langes, z. B. in NixavSQrj, als auch kurzes, z. B. in äXXtwv gen.
pl. fem.) und h blieb meist unbezeichnet. Mit der Einführung des ion.
Alphabetes um 400 v. Chr. liessen auch die meisten anderen Stämme, z, B.
die Attiker, das Zeichen für h fallen; man opferte die Bezeichnung des h^,
weil ein notwendigeres Bedürfniss, die Bezeichnung des ^, zu befriedigen
war, und that es vielleicht um so leichter, weil man schon damals die
Aspiration nur als eine Modifikation des Vokals ansehen mochte. Erst von
den alexandrinischen Grammatikern wurde dieser Laut wieder ausgedrückt,
durch das aus H gekürzte (auf den herakleischen Tafeln vorliegende)
Zeichen h. Tonlose q, A, fi, v und f findet man inschriftlich ausgedrückt
durch pH (kork, ghopattfi, vielleicht auch HR in ion. 'AhQaiwv^ s. Bechtel,
Inschr. d. ion. Dial. S. 133 mit den einschränkenden Bemerkungen Thumb's,
S. 52), AH (att. Xhäwv, aegin. Xhaßwv), MH (korkyr. Mhei^ioq att. fihsydXov),
NH (att. Uvha^iXew) und FH (böot. phexa-Safios). S. Hinrichs, Handb.
1, 420, Kretschmer, K. Z. 29, 445 f., Thumb S. 19. 40. So weit die
Tonlosigkeit nicht durch die Einwirkung tonloser Nachbarlaute desselben
Wortes erzeugt war (vgl. § 13. 22), ist ihr Ursprung noch unklar. Bei
anlautendem Konsonanten kann an satzphonetische Verhältnisse gedacht
werden. Im Pamphyl. zweimal (pixazi für pixau nach -g (vgl. Breal, Mem.
d. I. S. d. 1. 6, 333) : war mit g> tonloses f gemeint?
Als selbständiger Laut war h der idg. Ursprache fremd. Es entstand
in griech. Zeit aus s-, z. B. o = ai. sd (§ 45), aus tonlosem f- = idg.
«V-, z. B. Ol zu ai. sva- (§ 13), aus {-, z. B. og = ai. yd-s (§ 12) und aus
IfmflKiiAh der klMi. AltertmniwiMeiiMliAft. O. 2. Aufl. 5
QG A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
si", z. B. vfxrjv zu ai. syänmn- (§ 12). Durch Dissimilation schwand es
dann in ^x« aus *hekhö u. dgl. (§ 60).
Für den Spir. asp. erscheint in einzelmundartlicher Zeit häufig der
Spir. len. Dieser (die sogen. Psilosis) muss dem Lesbischen, dem Elischen,
einem Teil der kret. Dialekte (sicher dem von Gortyn und Lyttos, viel-
leicht auch dem einiger andern Städte) und dem Asiatisch-Ionischen seit
den ältesten Zeiten ihrer Überlieferung zugeschrieben werden. Die andern
Mundarten verloren aber ebenfalls in der historischen Periode den Spir.
asp., und zwar wahrscheinlich zuerst, schon in vorchristlicher Zeit, das
Lokrische und der Dialekt von Kalymna; in der christlichen Zeit breitete
sich das Schwinden des Hauches über ganz Oriechenland aus, ein Prozess,
der seinen Abschluss im 5. Jahrh. erreicht zu haben scheint. Vgl. Cubtius,
G.5 683, G. Meyer, Gr. Gr.» 241 flf., Fick, Bezz. B. U, 245 flf., Blass,
Ausspr.^ 90 flf., Thümb a. 0.
Inwieweit die Interaspiration der Kompositionsfuge (ausser nach Tennis)
in älterer Zeit hörbar war (vgl. Schreibungen wie ndqhsdQog neben noQeSQog),
ist bei der ungenauen Schreibweise schwer zu sagen. Thumb S. 69 ver-
mutet ansprechend, dass das Sprechen oder Nichtsprechen des Spir. asp.
davon abhing, ob das Kompositum in der Vorstellung bereits zu einem
einfachen Worte geworden war, oder ob noch die einzelnen Glieder der
Zusammensetzung als einzelne Wörter vorgestellt wurden, wozu z. B. gut
stimmt, dass die Alexandriner eval'fKov, aber Evaifiwv vorschrieben.
In einzeldialektischer Zeit entstand h neu aus unursprünglichem c im
Lakonischen, z. B. Hooldavi^ ivrißmaig^ ivixai (die letzte Form aus der für
^ivixAB eingetretenen Neubildung ^irixätre^ § 45), im Argiv., z. B. inolpr^i
(wie lak. ivixai zu beurteilen), und im späteren Kypr., z. B. ^Qovätal (§ 39).
Im El. auf den älteren Inschriften Aoristformen mit -a- wie Xvtfwtxio, da-
gegen auf der jüngeren Inschr. Coll., Gr. D. n. 1172 inoirja; auf dieser
Inschrift daneben näaav^ äva-O'taioQ, so dass man folgern möchte, das a des
Aoristes müsse von dem aus t (in den Verbindungen -rij t^) entstandenen
verschieden gewesen sein (Meister, Gr. D. 2, 51).
Durch Formassoziation war der Spir. asp. öfters für den Spir. len.
eingetreten, z. B. afieg i^fieTg (ai. asnia-) nach vfiäg vfietg (ai. yu^nia-); att.
ianofjLrjv stcTtofirp^ nach inofiai; €vw (idg. *e^s-ö lat. ürö) wohl nach Formen
mit VC-, vgl. vvx^ov ' t6 nvQi€<p&ov Hesych.; äXxviiv (lat. alcedö) nach aXg;
att. inschr. ^xw nach ijw, äxovaia nach ex(ov\ herakl. oxrd (lat. octö) nach
ema; hom. etc. rmai (ai. üs-) nach Formen von irf-. Curtius, G.* 690 f.,
G. Meyer, Gr. Gr.» 243, Osthoff, Z. G. d. P. 484 flf., Darbishire S. 13
flf., Thumb S. 64 f. und sonst.
In einer Reihe von Formen, in denen man statt des Spir. asp. den
len. erwartet, lässt jenen J. Baunack, Stud. 1, 240 flf. ansprechend aus
der Verbindung mit den vorgesetzten Artikelformen o, a (ry) entstanden
sein, z. B. oqo-g^ l'tfneqo-g^ teQo-gy inno-g^ fnAhqa (neben rjfiaQ),
Zeta.
62. Mit dem Zeichen Z sind in verschiedenen Mundarten ynd zu ver^
ßchiedenen Zeiten verschiedene Laute ausgedrückt worden, und es ist noch
5. Sonstiger kombinatorischer Lautwandel. (§ 52—53.) 67
nicht gelungen, die verschiedenen Werte überall genau zu bestimmen. Als
feststehend darf gelten :
1. der Wert xid für das lon.-Att., für das Nordwestgriechische und
Aolische, und zwar sowohl in Wörtern wie oCog^ i^co mit idg. 0d (§ 45. 46),
als auch in den Fällen, wo idg. j und di, gi zu Grunde lagen, wie ^vyov
(§ 49) und ne^iq, v(^(o (§ 12. 41). S. Blass, A.^ 114 flf. Im Lesb. wurde
in jüngerer Zeit ad geschrieben, was G. Meyer, Gr. Gr.^ 275 so deutet,
dass man zu dieser Schreibung überging, weil C anderwärts in Griechen-
land mittlerweile zu z geworden war. zd bereits der urgriech. Zeit zuzu-
schreiben, empfiehlt manches, vor allem der Wegfall von v in (fv^vyoq^
aaXni^fMi u. a. Präsentien dieser Art (Solmsen, E. Z. 29, 331 f.); denn da
der vorausgehende Vokal nicht gedehnt war, so müssen wir diesen Nasal-
wegfall mit dem urgriechischen in ^Axh^vä^e, xearog u. s. w. (§ 55) zusammen-
bringen. >) Die -id- {i') des Lakon., Kret. u. s. w. (s. § 41) waren hiernach
aus zd assimiliert, vgl. gortyn. räS Sä = rdz St, Ob freilich -W- überall
-dd- geblieben war, ist zweifelhaft. Für gewisse Gegenden in Kreta weisen
die Schreibungen tt, t {ia-nQb'fifiiTrev, sfi-naiTovraiy Tvfjva Tfjva) auf einen
andern Laut hin, und zwar wird hier, wie die Schreibung o^og neben ortÖTTog
vermuten lässt, ein ähnlicher Spirant gesprochen worden sein wie er als
Fortsetzung des urgriech. ss = ti, ts gesprochen wurde, nur dass derselbe
das eine Mal tönend, das andere Mal tonlos war.
2. der Wert z in den seit dem 4. Jahrh. v. Chr. vorkommenden
Schreibungen wie HeXa^yMov^ \pri<fi^iia (§ 44).
3. der Wert d für das Elische in ^ä = Sä u. s. w. (§ 33). Die Ver-
wendung des C zur Darstellung dieses Spiranten hing damit zusammen,
dass zd zu dd geworden war (ßQcctddw^ vTia-ävyioig)^ das f also in seinem
ursprünglichen Werte nicht mehr gebraucht werden konnte; vgl. die Ver-
wendung des C in kret. o^og (2). Auch in arkad. ^tkXo} (§ 35 S. 55)
mag C ein d gewesen sein.
Vgl. noch AscoLi, Studj critici 2, 451 ff., Cubtius 6.^ 615 ff., Mondbt Beaüdouin,
Aonoles de la faculiä des iettres de Bordeaux 8, 313 ff., L. Havet, Mäm. d. 1. S. d. 1. 3,
192 ff., G. Meykb, Gr. Gr.* 274 ff., Meister, Gr. D. 1, 129 ff. 262 ff.. 2, 52 ff. 105 f.
5. Sonstiger kombinatorischer Lautwandel.
Prothese vor Verschlusslauten und vor a.
63. Prothese vor Verschlusslauten nimmt man an in l-xtig^ *-X^*5j
f-X^vg, ?-9^f/io-5, ä'ffXoiafiog u. a.; vor cr+Kons. in a-analQw^ a-trraxvg,
uHTTTfi, I-Cx^i = av. zdt (§ 46) u. a. Sieh Lobeck, Pathol. Graeci serm. elem.
1, 13 sqq., CüRTiüs, G.» 721 flf., G. Meyer, Gr. Gr.« 116 f. Viele von den
hierher gezogenen Fällen sind aber ganz unsicher, namentlich diejenigen
mit «-. Dieser Vokal kann in einigen wie z. B. ä-axaqiXo} Rest einer Prä-
') Dass «rcATiifoi, nXaJ^ia (enXay^tt) ge-
sprochen wurde» ergebeo, ausser nXa^e, Jtid-
Cw u. dgJ. (Dicht nXttCs, nXd^oy), die Neu-
bildiingeii wite aaXTiixtijg für^ (faXniyxxijg,
QiCto u. dgl. Hätte man ffttXntCta gesprochen,
welches eintreten musste, wenn die Form
*aaXmvzdiü erst in einzeldialektiscber Zeit zu
Stande kam, so wäre flir jene Neuschöpfungen
Diese volkogeii sich nach tsxriqLxxriq zu axti- j kaum ein Muster zu finden.
Ö*
08 A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
Position, in lesb. aa<fi, Mffs Analogiebildung nach aiipn aitifxe (vgl. neugr.
€(fv nach eyoi) gewesen sein. Auch kommen satzphonetische Verhältnisse
in Betracht, vgl. a-Tta (§ 95) und was Foy, Bezz. B. 12, 38 ff. aus dem
Neugriechischen beibringt. Wirklich aus dem Anlaut entwickelt war viel-
leicht nur das i in den Wörtern, die einst mit einer 0 enthaltenden Kon-
sonantengruppe begannen, wie i-aO'i = av. jsd% i-xx^vg = lit. zuv-\-s.
Epenthese.
64. Durch i wurde vorausgehendes v und q mouilliert, und indem die
f-Artikulation noch über r und q hinausgriff, entstand in der vorhergehenden
Silbe ein i-Diphthong, während i selbst schwand. So ipaivto aus *yav-4(ö,
xoivoq aus "^xov'ko-g (§ 30), fidxaiQa aus ^fnaxag-^a. Die Mouillierung konnte
sich auch auf einen dem v unmittelbar vorausgehenden Explosivlaut mit
erstrecken: alxvov aus *axv4o-v (ai. ai-nd-ti „isst"), Setnvov aus ^denvio^v
(ahd. ginzehön „anordnen, richten", W. deq-), e^-atfpvrjg aus *-ayriÄg (vgl.
ag>v(o bei Hesych); so auch bei postkonsonantischem fi: cclxfii] aus *axfAiä
(zu lyx^Q)' Dieselbe Erscheinung bei postvokalischem A nur dialektisch:
kypr. aiXog aus *dXiO'g (att. aXXog), 'Äneiktov aus **Ä7iekk(av (arkad. *ÄnäXiMv) ;
alXo- auch im Elischen, s. § 30.
Mit Wackernaoel (K. Z. 25, 268) ist z-Epenthese auch bei p anzu-
nehmen: *xXa/=-j^a) '^xXaipw xXa((o. Vgl. § 18.
An in. Dagegen ist Epenthese abzuleugnen für xoelrrtoy neben ion. XQemrtoy aus
*XQer-i(oy und fXBi^tav neben ion. fi^^tay aus *fi6y-itoy. Diese Formen mit bi waren Um-
bildungen derer mit e nach Analogie von /elQOßyy äfiiiytoyf olsiCay (Osthoff, Jen. Lit-
Zeitung 1878, S. 485, Z. G. d P. 449, Vf. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1883, S. 193).
Epenthese nahm man öfters da an, wo vielmehr «Ersatzdehnung* vorliegt, z. B. in
xreiyta, tp&eiQot, ufXBlvoty, /ft^cov (§ 15. 55. 58). Diese Formen in Verbindung mit lesb.
niqqoxog aus *TtBqjcoxo-g zeigen, dass auch in hom. Biy und vnBiq, die aus ^iy^ und *vneQt
vor vokalischem Wortanlaut entstanden waren {eiyi war Mischbildung aus iyi und ciy),
nicht Epenthese, sondern .Ersatzdehnung'' zu suchen ist (vgl. Osthoff, M. U. 4, 382),
vgl. § 56.
Ob es im Griechischen auch eine u-Epenthese gegeben habe, ist strittig.
Jedenfalls ist keines der für diese Erscheinung vorgebrachten Beispiele, wie
TavQo-g, xävtavQo-gy Hesych 's y€vvwv, von der Art, dass es jede andere Deu-
tung ausschliesst.
CüBTiüS G.*^ 678 fif. Bezzenberger in s. Beitr. 3, 160, Gott. gel. Anz. 1887, S. 416.
Frankfurter, Über die Epenthese von j (^) f (v) im Griechischen, Hamburg 1879. Vf.
Lit. Centr. 1880, Sp. 913 f. Meikck, De epenthesi Graeca, Lips. 1881. Osthoff, Z. G.
d. P. 457 f. G. Meyer, Gr. Gr.« 121 fif.
..Ersatzdehnung:" und Verwandtes.
65. Vor -g und vor dem sekundären, durch Assimilationsprozesse
entsprungenen a (§ 47) ging in den meisten Dialekten v mit vorausgehendem
kurzen Vokal, infolge von Vorausnahme der Gaumensegelsenkung, in langen
Nasal vokal über, der dann seine Nasalierung verlor: z. B. dor. rag, zoigj
ryg, nqknoaaa^ ion. att. Tag, Tovg^ €ig, nqhjiovtfa^ 3. pl. Xäyovai, Daneben
XtyaxTi aus *Xeyu)vaiy ntjai aus ^fir^vai u. dgl. Das urgriech. va wurde in
einigen Gegenden von Kreta, in Argos und im Nordthessal. festgehalten,
z. B. rdrg^ tovg^ xiü^bvg^ nqbnovaa^ dat. Xayovai^ {anevaa^ ebenso bei voraus-
gehender Vokallänge, wie kret. firjvai. Aus dem Arkadischen sind mit t'C
nur Konjunktivformen wie xeXevcovci tiberliefert, wo diese Lautgruppe erst
5. Sonstiger kombinatoriflcher Lautwandel. (§ 54—55.)
69
in einzelmundartlicher Zeit aus vr entstanden war; aber da in den in«
schriftlichen Formen wie daqxiidq das a wahrscheinlich kurz zu lesen ist
(vgl. unten), so steht nichts der Annahme entgegen, dass im Arkad. auch
nrgriech. vc, z. B. in nQänovaa^ erhalten war (Solmsen, K. Z. 29, 343).
Wo im ion.-att. Zweig nach Vollzug jenes Lautgesetzes, welches v vor a
vernichtete, die Lautgruppe va neu aufkam, blieb sie nunmehr unangetastet,
so homer. x^vaa^ W 337, eine Neubildung nach Formen mit x«vir-, att.
x^äffAavatg^ v^avaig (vgl. xd&aQatg), Die Entstehung des i-Diphthongs in
den el. acc. pl. Totg, xava^iaig (neben diddtfaav^ näaav) hing nach Osthoff,
Z. G. d. P. 26 ff. und G. Meyer, Gr. Gr.« 123 mit der tönenden Aus-
sprache des -g im Elischen zusammen, während Solmsen, K. Z. 29, 345 f.
im Anschluss an von Wilamowitz-Möllendorf, Ztschr. f. Gymn. 1877
S. 649 nachzuweisen sucht, dass diese Formen akkusativisch gebrauchte
Dative (Instrum.) gewesen seien. Der im Lesb. an der Stelle der alten
Lautgruppe Vokal + v erscheinende Diphthong (ro/g, ira/g, slg „unus*, nQt-
nfwTUj TraTtra, 3. Plur. ^x^ufiy yQdfpepai) war sicher lautgesetzlich ent-
sprungen : das i-haltige tonlose (f ') palatalisierte (mouillierte) zunächst den
Nasal (-a^-), dieser entwickelte. ein i als Übergangslaut {-a'ns-), schliess-
lich schwand der Nasal {-ais-), s. G. Meyer a. 0.
Die hier besprochenen Dehnungs- und Diphthongierungserscheinungen
unterblieben bei urgriech. ns und nz + Eons. In dieser Verbindung fiel
im Urgriechischen n einfach aus. xecrog aus *x€v<fT6g von xevT-. y*-
qiKf^iov aus *g>€Qovax^(ov (§ 144). SeaTrorrjg aus ^Ssvg-rroTrjg (§ 79). Sixac-
noXog aus *dixavg'noXog und wohl auch (trotz Henry, Rev. crit. 1887
p. 100) fioyotfToxog aus *fioyovg'Toxog. xcnffio-g aus ^xovafio-g (zu lat. c^nseö),
fSvcxsva^w aus (Tw-cx., av^vyo-g aus "^(fvv-zdvyo-g, aaXTtf^m aus "^aaXmvzdta
^traXntyy^io) (s. § 52). 'Axhjvd^e aus ^'Ad'ävävZ'de, Hierher auch die in
verschiedenen Dialekten auftretenden acc. pl. wie rog^ d^sog^ rag^ xaXag und
nom. sg. wie Aiag^ nga^ag thess. sveqysxäg^ ferner ig aus ivg. Diese Formen
waren vor konsonantischem Anlaut entstanden : xog natdag, aber tovg {rovg
etc.) avSQagy ig tovro, aber ivg {eig) avto. Vf. C. St. 4, 76 f. Ber. d. sächs.
Ges. d. W. 1883 S. 187, Osthoff, Z. G. d. P. 591 ff. Berl. phil. Wochenschr.
1885 S. 1606 f., G. Meyer, Gr. Gr.^ 286 f., Solmsen, K. Z. 29, 329 ff.
Einige scheinbare Ausnahmen von diesem Lautgesetz. iXäaatov aus
^iXayx'jkoiv, a(f(fov aus *(xyx-Aov .hatten ursprünglich einen einfachen Spiranten
(wie urgr. *navaa aus *7tavT'j^a)^ und demgemäss erfuhren sie im ion.-att.
Zweig »Ersatzdehnung^ ; a(f (rr) drang aus Formen wie rjcawv ein (s. § 38).
In einzeldialektischer Zeit kam öfters die Lautgruppe va -\- Konsonant
von neuem auf, nunmehr wirkten die einzeldialektischen Ersatzdehnungs-
gesetze: att. ianeiafxai ^anei<t%o wie ^aneiaa (kret. fanevaa) aneiato, zu
anäv6(o; ion. neX^fia „Tau** aus *n€V(ffjiay einer Neubildung für *7t€Vx^'fia
(s. § 70, 8 Anm.). Natürlich waren Neubildungen auch hom. dv-ardg^
att inschr. avv-aTqdasi (C. I. A. 2, 1054, 61. 4. Jahrh. v. Chr.), «V (TttjXjj^
') Dass aach tonloses <r t-Timbre hatte,
beweist das ei -= e in bdot. Seianievg, att.
htii€7itvacey n. s. w. (J. Schmidt, Voc. 1, 112,
Meister, Gr. D. 1, 242): « drückte hier wie
in ^«0-, !dQvüei(og (§ 18) geschlossene Aus-
sprache des e aus.
70 A. GrieoluBche Grammatik, b) Lautlehre«
vgl. epidaur. ä-tfrag att. avtftaai^ inschr. iafftrjlr], auch eiarrjXrj (Meister-
hans, Gr.* 86); eltfTrjXij stellt sich jenem J^aneiCTo zur Seite.
66. Vor den in urgriech. Zeit durch Assimilation entstandenen vv = trv
VC (§ 45) r> (§ 12. 54), fifx = dfx fia (§ 45), qq = Qi (§ 12. 54), qq = cq,
Xk = aX (§ 45) vollzog sich in allen Dialekten ausser dem Lesb. und Thess.
durch Verzögerung der Übergangsbewegung von kurzen Vokalen zum fol-
genden Konsonanten eine Vokaldehnung und mit ihr Vereinfachung der
Geminata. Dor. (fslava ion.-att. asXrjvrj = lesb. aeXdvvä aus ^aelaa-va.
Dor. Ifirjva böot. ion.-att. ifisiva = lesb. ifievva aus *ifi€v-(Ta; vgl. lesb.
firjvv-og^ thess. vffTSQo-fisivvia^ ion.-att. fJLrjv-og von ^fitjvtf" mit ursprünglich
langem e, Ion.-att. xteivw = lesb. xxhvvui aus *xt€v-4(»; ion.-att. äfieiviav
böot. ^AfieivoxXeTog arkad. 'Afir/väag kypr. ^Afir^vf^a aus ^äfiev-j^cov. Dor.
äinäg ion.-att. i^fJieTg = lesb. äfifieg aus *a(rjie«-; ion.-att. «fjua dor. ^ijiuia =
lesb. ^jUjwa aus */?*^"i^*- I^or. ^vij/ia ion.-att. iveifia = lesb. ivefifia aus
*€V€iA-(ra. Arkad. g>vh]Q(o ion.-att. g>^€iQü) = lesb. ifd-äq^fa aus *yv^€^4ft>;
Il€fQ'{avx^o-g) = lesb. 7r€|^^-(oxo-5) aus *7r«ßif (UsiQi-d'Oog dor. UrjQf'^oog
war Mischbildung aus tt^^* — |- tt«^- dor. *nr]Q~, vgl. €tv^ § 54). Hom.
TQrjQO)v aus ^TQaC'Q'Wv, Dor. xrjXioi ion. xsiXioi = lesb. x«Ail*o« aus "^xeaXioi
(über x^^'o« s. § 46).
Über scheinbare Ausnahmen von dem die Verbindung er -}- Nasal be-
treffenden Ersatzdehnungsgesetz, wie att. äfiipurvvfii xoQb'vvvfii xQSfxavvvfAi
neben ion. elvvfjLi, ifffi^v neben €^jii^v, fjfiipietfiiai neben ion. «f/iai s. § 45. 134.
In § 45 extr. sahen wir, dass Wackernaoel auch für Formen wie
att. i<pO^€iQa dor. €(px^r]Qa {nrgriech. ^i^O-eQaa) unsere „Ersatzdehnung* an-
nimmt.
Diese hatte wohl auch in einigen Wörtern mit urgriech. Xv statt-
gefunden, wie ßovXofiai (lesb. ßoXXoftai)^ sTXta (lesb. än-äXXon), S. § 30.
67. r/?5 Qp^ Xf: blieben in einigen Dialekten bis in die historische Zeit
hinein unverändert. Im Lesb. und Thess. entstand rr, qq^ AA, im Ion.,
Böot. und in dorischen Dialekten wurde die Doppelkonsonanz mit „Ersatz-
dehnung** vereinfacht, dagegen fiel im Attischen /? ohne , Ersatzdehnung* weg.
El. gen. Sevp'dQsoQ^ kork. JiQi-^bvpo-g^ lesb. ^swog, ion. böot. ^sTvog^ dor.
^fjvog, att. ^evog; lesb. yovva (vgl. av. zanva, lat. genuä)^ thess. Fowai
(vgl. Meister, Gr. D. 1, 143. 301 f.), ion. yoiva^ att. fava-xa; hom. y^avw,
arö>5 xtvw att. (fO'avu)^ avu) (a), tivo) (?) aus '^(p&ävpu), *ai'fft) (a), ^xXvpw
(§ 130); bei att. xsvineqog axsvinsQog (zu x«i'o-$ cTTfi'o-g ion. xeivig cfTsivo^g
aus *x«v/?o-g *aT€Vf:o'g) zeigt sich die Nachwirkung des f in dem o statt
des zu%rwartenden « (§ 70, 3). xoQpa^ ion. xovgrj^ dor. xo5^ö, att. xöpry.
Homer. ovXog, att. oAog ^ ai. sdrva-s „ganz, all"; homer. novXv- dor.
nioXv aus *7roA;C-i;. (§ 70^ 1, Anm.). Vf. C. St. 4, 97 f. 117, Dehler,
De simplicibus consonis continuis in Gr. 1. sine vocalis productione gemina-
tarum loco positis, Lips. 1880, p. 53 sqq., Wackernagel, K. Z. 25, 261 ff.,
G. Meyer, Gr. Gr.^ 281, W. Schulze, Quaest. homer. 14 sqq. Vgl. § 13
und 30.
Aus -mn- = -ign- (§ 43) entstand im Dor., Thess., Böot. -Fn-: dor.
yivofxai yivcoaxta (so auch in der Koine), thess. ycvvfit'vav böot. yiviovfievor
(§ 116). Bei Hesych xalvira - ddeX(fri = "^xaaiidvriiA,
5. Boxistiger kombinatorisoher LautwandeL (§ 56—59.) 7X
58. Die durch ^Ersatzdehnung* aus geschlossenen e und o entstandenen
fir und ov sind nie Diphthonge gewesen, vgl. § 15. 17. Das €$ der ion.-att.
böot. elg^ arad^siaa und das si der lesb. elg^ iiatsiaa waren also nur gra-
phisch gleich: jenes war Monophthong, dieses Diphthong.
Die Dehnung des ä in ion.-att. rag, naaa (§ 55) und in ion. (pd'avfo
(§ 57) war jünger als der Übergang von « in ij (§ 10). Dagegen war
älter als dieser die Dehnung des ä in ion.-att. xriv-ig aus *x«*'0'-'*^> drjvoq
aus *iava'Og (ai. ddsas ,, wunderbare That, Geschicklichkeif*), iTexTtjvdfirjv
aus ^itextavaafAr^v (§ 137), rjfieTg aus ^dafie- u. s. w. (§ 56). Das ä der
Aoriste wie Xeiävai ivxexqävai (wonach in jüngerer Zeit v<pävai) war also
dasselbe wie das von xaqdia xdqa § 10 (vgl. von Bambebo, Jahresb. d.
phil. Ver. 8, 206, Riemann, Rev. de phil. 9, 88, Meisterhans, Gr.* 145).
Immer noch scheinen mir gänzlich unhaltbar J. Schmidt's Kombinationen,
K. Z. 27, 322 Anm., denen G. Meyer, Gr. Gr.» 287 und W. Schulze,
Quaest. hom. p. 25 beipflichten. Gegen Schmidt jetzt auch Solmsen, K.
Z. 29, 65 flf.
Erleichterung: dreifacher Konsonanz.
59. Aus dem reichen hierher gehörigen Material sei nur einiges bei-
spielsweise ausgehoben.
Bei mittlerem s und z wurde verschieden verfahren. Bei voraus-
gehendem ß, X schwand der Zischlaut. msQva aus *m€Q(fva : ai. pdr^i-^
ahd. fersna „Ferse". Homer, näq&ai aus ^näQa&ai^ entsprechend ittnaq^M
iaraXO-ai. ndXxo aus ^TiaX-^-To Medium zu TirjXai (§ 136). iQ^w aus
*f€qC^ d. i. *f:€Qzd(o^ W. i^erg- (Osthofp, Z. G. d. P. 596). Dagegen
schwand vorausgehender Nasal, wie xsaro-g aus '^xevaxo-g (§ 55) ; n€(pdv&ai
war wohl Neubildung für *7r€(pdad'cei (§ 146, 1). a fiel wiederum aus bei
vorausgehendem Verschlusslaut (ausser bei ts + Kons., wo nach § 48 ss
entstanden war). maQ-vv-fAai aus *7r(rTa^-5 vgl. IsA. ster-miö aus ^pster-
(Fröhde, Bezz. B. 6, 182). ßdtta aus *ßzi'äa) zu lat. pMö aus *pezd-ö
(J. Schmidt, K. Z. 27, 320, Osthoff, Z. G. d. P. 273). Xäxro aus *A«x-(r-To,
wie TTcrAro, s. o. fxro-g (doch vgl. § 101), i'xneSo-gy ixxaidexa zu i? und
entsprechend tx noScSv, ^y SaxrvXtav u. dgl. (Meisterhans, Gr.* 85. 125).
So kann auch ix durchweg aus e^ entstanden sein, vgl. ix-xsivoa^ ix tov.
Nun findet sich xa vor Konsonanten oft auch so behandelt, dass das erste x
schwand. Haxw^ tiTvaxofjiaiy df(fxo-g (zu dixeiv)^ böot. ia'xrj^dexdrr]; das
Arkad., Thessal., Böot. und Kretische hatten i^ vor sonantischen Vokalen,
ig vor Konsonanten, z. B. arkad. i^-iartOy ia-SäXXa). Ich vermute, dass
ursprünglich in xax das erste x, dagegen in xctt u. s. w. das <t wegfiel, so
dass z. B. einerseits ixxaiSexa^ ixxaXew^ anderseits ia-d^äfiev^ ig tov Neu-
bildungen waren. Dabei wird man bezüglich des antekonsonantischen ig = i^
nicht bloss anzunehmen haben, dass die vor fc-Lauten lautgesetzlich ein-
getretene Form verallgemeinert wurde, sondern auch, dass die antesonan-
tische Form i^ auch vor Konsonanten gesetzt wurde und in dieser Stellung
durch ein jüngeres Lautgesetz ihr x einbüsste.
Urgriech. HetQa- (hom. TirQa-tn etc.) aus Hetf^Qa-^ s. § 13 Anm.
S. 32 und § 23, 1, S. 43.
72 A- Oriechische Grammatik, b) Lautlehre.
Wegfall des ersten Konsonanten im Urgriechischen, mv^ (titvo))
aus anj^V" (§ 40). tQu-Tie^a aus ^mqa-^ Tqv-ifdXeia aus *nTQV- vom Zahl-
wort „vier** (§ 101), wonach auch TaQvrjfiOQiov (s. § 23, 1).
Vereinfachung vorausgehender Geminata. €(fi>tyf.iai aus -etagmai^ indem
f9(im durch i9t9m zu f9m wurde, entsprechend xäxafjLfjiai aus *-ampmai, s. § 43.
Vereinfachung nachfolgender Geminata. Urgr. -acr- = idg. S5, fe, /i
wurde -er-. *fir]vai (kret. /ii^rcr/' att. itii^c/') aus ^firjva-ai; *xar<ri (att. xr^tri'
für lautgesetzl. *xäaf) aus *xai'(r-(ri : vgl. daneben homer. ineatTt, C^'aaaiA)
^iansvaa (kret. ^ansvaa att. ianstaa) aus *ia7t€vaaa *i(f7t€\^aa^ zu ffn^vdw;
*afji€Qaa (ion. r^jief^a) aus *afi€Q(T(Ta "^aiisQtaa^ zu aiihqdoa : vgl. daneben
hom. enaaffafir-v aus ^inaxaaiiav, *do^a (att. c^oja) aus *Sox(Taa *SoxTia;
*7tavaa (kret. Trarcra att. /racra) aus *7rai'(r(ra *7iawj^a : vgl. daneben hom.
ocrcrog aus ^atjko-g. Die Erhaltung des vorausgehenden Nasals in die einzel-
dialektische Zeit hinein lässt schliessen, dass diese Vereinfachung von trtr
zu (T älter war als das urgriechische Lautgesetz, durch welches xetfrog aus
*x€v<TTog entstanden war (§ 55). Gortyn. nevro-q aus ^nevtro-g = att.
näfi7ito-gy vgl. lygazTai = alt. ytyqanrai (§ 36); xdqzoav (ion. x^äffffwv)
vermutlich aus ^xaqTvtov.
Dissimilation.
60. Vokale, v wurde zu «: z. B. Tuvvrig aus ^nv-vv-xo-g^ xpi&VQig
von tpv&og. Angermann, Die Erscheinungen der Dissimilation im Griedi.,
Meissen 1873, S. 23 flf., Osthofp, M. ü. 4, 66 f. Viel zweifelhafter ist,
ob durch Dissimilation auch t^ zu f wurde (Anoebmann a. 0., Osthoff a.
0. S. 110. 190): <phv lässt sich als Hh^-T-tu- zu lat. ffö und air. bin ,fio,
sum" stellen, und td^v-g deutet jetzt Thürneysen aus *gdhü- (§ 46). Viel-
leicht erklärt Wackernagel die urgriech. *|ic{jp- {eiTreiv) und ^ueid- (ae(Sw)
richtig als durch Dissimilation entstanden aus den reduplizierten ^ue-^^
(W. ueq-) und *ne-^d' (avirj, vdtw)^ in welchem Fall Formen wie aeiae
äoiS6-g jüngere Neubildungen gewesen wären (K. Z. 29, 151 f.). Dissimi-
lation von vv zu vo (Osthoff a. 0. S. 185 ff,) als rein lautlicher Prozess
scheint mir ebenfalls nicht sicher erwiesen.
Liquida e. A für q: vav'xXäQo-g neben vav'XQä-Qo^g, el. XaXäSqioi
zu XaQccdQä, q für X : ägyaXt'og und xaifaXaqyia neben x€(faXalyta zu ccXyog,
V für Liquida: yayyahXto neben yaqyahXtOy dudvdaXog zu dfiaXivvo), d für Xi
lloXvSsvxr^g aus "^lloXv-Xsvxr^g (Baunack, M^m. de la Soc. de lingu. 5, 8).
Wegfall einer Liquida: (päTQia neben (pQäTQt'ay ixTiayXog aus ^ix-nXay-Xo^^
(favXo-g aus *(fXatyXo''g, woraus auch ^Xavgo-g (Pott, Et. Forsch. 2*, 100),
SQvtfcextog aus *iQv-(f;Qaxro'g, Bei der einen oder andern von diesen Dis-
similationserscheinungen mag übrigens auch volksetymologische Formasso-
ziation mit im Spiele gewesen sein, z. B. bei vav-xXäQo^g (s. G. Meyeb,
C. St. 7, 179 f.). Angermann a. 0. S. 35 flf., Bechtel, Über gegenseitige
Assim. und Dissim. der beiden Zitterlaute, Gott. 1876. Gortyn. iiaiTVQ-
') Der Aorist enrica nicht aus *intiya-anj
das zu *€ntl<fa geworden wäre. Entweder
war enuaa Neubildung für *liiTiaa nach
Formen wie hnia^^t^Vy die lautgesetzlich y
ohne ^Ersatzdchiiung" verloren haben können
(§ 55). Oder der Nasal, der ursprünglich nur
dem PrSsens angehörte, war im Griechischen
auch auf dieses beschränkt geblieben. Ober
das Präsens nxlüüta nrlttto s. § 45, 5.
5. Sonstiger kombinatorischer Lautwandel. (§ 60.)
73
(fnaitvQa etc.) aus juaprvß- war wohl durch die Mittelstufe *fJLalTt>Q' mit
palatalem l hindurchgegangen.
Aspiratae und Spir. asper. Das Hauchdissimilationsgesetz war
nur in urgriech. Zeit in Thätigkeit, in einzeldialektischer Zeit lagen nur
noch seine Wirkungen vor (was oft, z. B. bei Meistebhans, Phil. Rundsch.
1886 S. 251 und Gr.» 78, unbeachtet bleibt).
Regressiv, rixkr^fii aus *v^t-v^jj-jie«, itäd^rjv aus *6-i>€-v^ij-r. invd^ixo
aus *i^Vrhtto (W. hhe^dh-y nox^og aus *ifOx^og^ zu 4f's'aaa(f&ai aus Sexa,,
W. gAed%-. XQ^X'ig aus ^x^^Q^x^oq, ixex^iQtd aus *ix€'Xeiq(a^ inschr. att.
d^xs^äcoQo-gj delph. ^Exb-tpvXo-q. cxe^x^Qo-g zu cr^^rr. ^x^ ^us *lxw. Tcr/o}
aus *P<r;fcö. Ids&Xov neben i'Sog. d-^Qoo'-g ä-Xoxo-g neben a-na^, avca aus
♦arAnö für *havluo (W. 5a^-). In Formen wie x^Qf'^, d-äaaatf&m und ixtag,
^a> waren die Aspirata und das h erhalten, weil die folgende ursprüngliche
Aspirata schon vor dem Aufkommen des Dissimilationsgesetzes die Aspi-
ration verloren hatte. Formen wie neraofim^ majig (W. bheidh-) waren
Analogiebildungen für *y>€V(rofiai, *€purTig nach den Formen mit nsvO^- ttv^-.
Progressiv. a(ix>r[ii für *a(o&'tj-x^i, vgl. ffavT^&i. dfig/t<fx(o Hesych
(neben dfxn((fx^) f&r *äfi(piaxui* Diese Richtung der Dissimilation war
überall bedingt durch Systemzwang und Formassoziation: (fw^r(€i wegen
icfü^tjv (vgl. OsTHOFP, Z. G. d. P. 306 Anm.), dfig^itfxco wegen ajti^i- in
dfifpuwvfii etc.
Keine von den zahlreichen Formen der historischen Gräzität, in denen
doppelte Aspiration oder anlautende Aspiration bei ehemals folgendem, erst
in einzeldialektischer Zeit verlorenem h erscheint, darf als lautgesetzliche
Fortsetzung aus der Zeit betrachtet werden, in der das Hauchdiasimilations-
gesetz noch nicht wirksam geworden war. Alle waren Neubildungen oder
Produkte des Systemzwanges. Formen wie dQXB'd-htaQo-g ^ naxv'XVf^o-g,
dfi^'X^to, oqv^d-o-d-riQag (vgl. oben ixs-x^igfa u. s. w.) erklären sich leicht
daraus, dass solche Komposita in der Regel nicht oder nicht bloss rein
gedächtnismässig reproduziert, sondern in Anknüpfung an die Wortformen,
aus denen de zusammengesetzt waren, neu gebildet wurden. Und so waren
auch Neubildungen z. B. axe&äfisv (vgl. frxe&Qo-g) nach <fx^tv etc., ixv^jv
nach x*^ etc., d^goo-g (neben dxf'Qoo-g) nach a-nag, a-na^ etc., dfio&ev
(neben äfiox^sv) nach dfiöig etc., i'x^ (neben Ix^) n^h i'^ta etc.,0 ^vta (neben
avw aus *avh(o == *Aäi;ä«, W. sa^s-) nach avcio etc., i'rjfii (für ^Uhri^iii =
*Ju'hr^fiij W. sS") nach fjaw etc. Für Formen wie lokr. x^e&fAo^g (te^fii-g
Pind.) att. und sonst inschr. i&ä&rj (neben hä&t^) gortyn. &(d-€&S'ai (att.
Ti&€(xd'ai) kann freilich auch in Frage kommen, ob nicht eine rein laut-
>) Mbisterhaks, Phü. Rondsch. 1886,
S. 251 glaubt durch den Hinweis auf ,die
ein&che Tliatsache, dass ix^^ xa&ix'* die
Schreibweise des 6. und 5. Jahrh., I/o», xa-
rix^ die Schreibweise des 4. und der fol-
genden Jahrb. ist*, zeigen zu können, dass
ix^ »die alte, ursprüngliche Form* sei. Wir
wollen einmal zugeben, kein Athener habe
im 6. und 5. Jahrb. Bxt$ gesprochen (be-
weisen Iftsst sich das natürlich an der Hand
der dürftigen Sprachreste nicht). Dann hlltte
man nichts desto weniger #/<u für Umbildung
von urgriech. *f/<u zu haiton und das Ix^
des 4. Jahrb. als Neubildung nach eixov
iaxov anzusehen. Ich halte es also auch für
falsch, dass G. Msybr, Gr. Gr.' 291 gort.
^id-B^ai u. dgl. «nicht dissimilierte Formen*
nennt, als seien diese altertümlicher als att.
74 A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
liehe Assimilation des Anlautes (t) an den inlautenden Konsonanten (d)
stattfand; denn von einer „Abneigung, zwei Aspiratae auf einander folgen
zu lassen^, kann ja für die einzeldialektische Zeit nicht die Rede sein.
In welcher Weise das Hauchdissimilationsgesetz des Urgriechischen
in dem Falle thätig war, dass drei oder mehr Aspiratae oder h auf einander
folgten (vgl. TTkTioiO^B = ^phe-phoith-e, räx^rjn = ^the-ths-thi), ist schwer zu
ermitteln. Klar ist bis jetzt nur so viel, dass ausgleichende Neubildung
die lautgesetzliche Wirkung vielfach durchkreuzt hatte.
Vgl. Anoermänn a. 0. S. 32 ff., Fick. Bezz. B. 1 65 f., G. Mbyeb, Gr. Gr.» 220.
291 f.. Osthoff, Z. G. d. P. 305 ff. 478 ff., Vf. Grdr. 1, 366 f., 422.
Tenues und Mediae: nimX(o aus ^mvu^Wy ayr^oxa aus äyrjyoxa.
Anoermann a. 0. S. 28 S.
Über Dissimilationsprozesse in reduplizierten Formen s. insbesondere
R. Fritzsche, C. St. 5, 277, Vf. C. St. 7, 185 «. 273 ff., Osthoff, P.-B.
B. 8, 540 ff.
61. Häufig kamen ganze Silben durch Dissim. in Wegfall: zäTQaxfiov
= T€TQ\_dSQ']axiiiov y afiifOQevg = crjuy[i-y]op«i»$, xävTfOQ aus *x€VT\rj~t\üDQj
x^ccQtfvvog aus *.'>a^cr[o-o']t;i'og. S. die Litteraturangaben in M. U. 1, 199
und Leo Meyer, Vgl. Gramm. P, 526 f., G. Meyer, Gr. Gr.« 293 f.,
J. Baunack, Rhein. Mus. 37, 476 ff., Vf. Grdr. 1, 483 f.
Lautversetzung.
63. Sehr wenige Fälle stehen einigermassen sicher.
Syrak. dqdfog = difpqog^ herakl. TQcc(pog = räifQog^ dodon. 0Q€(r7t<ot(ov
(Karapanos, PL XXVII 2), att. inschr. xaxqonrov = xaTonTQov, xaravxQOxv
= xaravToxQv u. dgl. (Meisterhans, Gr.* 62). XeTxvo-v = veixko-v (Röscher,
Progr. von Meissen 1879 S. 53). afii&qig = uQi&i^iog. xäqxvog = xäyxQog.
Lobeck, El. 1, 487 ff., Siegismund, C. St. 5, 117 ff. Bei derartigen Meta-
thesen handelt es sich sicher zum Teil um Formen, die nur geringe Ver-
breitung in der betreffenden Sprachgenossenschaft hatten, hie und da sogar
vielleicht nur um ganz individuelle Produkte; das von Meisterhaks a. 0. mit
aufgeführte arfXyyfg ist gar nur Schreibversehen, da entweder a%X€yy(g oder
aveXyig gemeint war.
'fitfivwv in 'Aya-fiänviav &Qaav-fi€fiv(ov nach de Saussure, Mem. d. 1.
S. d. 1. 4, 432 aus ^-fieviKov (zu ai. mmi-man- n. „Sinn, Geist, Gedanke*),
und zwar geschah die Metathesis vor der Wirksamkeit des Gesetzes, durch
das jczviu/ia* entstand (§ 20); J. Baunack, Stud. 1, 280 f. knüpft minder
wahrscheinlich an einen Aorist *£-jU€-jtii-o-.i' an.
^i(fog = lesb. axtffog^ syrak. xpt = a(fe. Ob die Schreibungen auf att.
Vasen wie f tVx«iMfio$ = ev^ccfisvog, iyQaa(f€v = iygaifjsv etwas hierher fal-
lendes darstellen, ist fraglich, s. Kretschmer, K. Z. 29, 458 ff.
TtxTO) aus Hi'TX'O) (§ 120), aber vielleicht nicht rein lautlich, sondern
infolge des Zuges, den die zahlreichen Präsentien auf -ro? wie nexro) übten
(Osthoff, P.-Br. B. 8, 305); sehr unwahrscheinlich ist J. Baunack's Deu-
tung von Ttxro) Stud. 1, 248. Saxtido-g „Finger, Zehe", das mit dem zu
W. deik- deig- „w^eisen" gehörigen lat. dlgifu-s nicht vereinigt werden kann,
möchte ich auf *rfar-x-i;Ao- „kleine Zinke, Zacke" zurückführen, Grundf.
5. SonBÜger kombinatorischer Lautwandel. (§61—63.) 75
*dft~qO'^ zu ahd. siinko mhd. zint „Zinke, Zacke* (vgl. § 70, 15 und Vf.
Grdr. 2, 261).
Über üxeTTTOfiai von W. spek- s. § 125.
Weitaus die meisten der in früheren Zeiten für Metathesis vorge-
brachten Beispiele sind falsch beurteilt. Z. B. stand das cx^- in i(fx^?
Arx«^« etc. nicht für (fsx-, sondern itfx^g zerlegt sich in i-ffX'^-g (Vf. M.
U. 1, 23, Fleck. Jahrbb. 1880 S. 224); ttAij- in ttXtjto nXrjQTjg u. s. w.
nicht aus tt^ A-, sondern = idg. pU- (ai. i>ra-, lat. pfe- u. s. w.), Vf. M. ü.
1, 39 flf.; über ütqü)- in (TTpw-To-g u. s. w. s. § 23; ^i?t« neben ^gSw (aus
*f€QCw § 59) von W. uerg- entstand nicht durch Metathesis von €q zu q€,
sondern ^ä^co war eine Neubildung für *^a^ci) ^fSQaykw = got. vaürkja, av.
ver'zyami, idg. *^^g-iÖ (Vf. Lit. Centr. 1880 Sp. 943), u. a. m.
Auslaut und Anlaut (Satzphonetik, Sandhi).
63. Man hat zu unterscheiden zwischen absolutem und bedingtem
Aus- und Anlaut der Wörter. Absoluter Auslaut nur am Ende des Satzes,
absoluter Anlaut nur im Anfang desselben. Im Innern des Satzes werden
die Wörter meist miteinander verbunden gesprochen, der ganze Satz ist
eine geschlossene phonetische Einheit. So ist denn die lautliche Entwick-
lung des Wortes meist auch durch den Satzzusammenhang bedingt, namentlich
insofern als Auslaut und Anlaut assimilatorisch auf einander einwirken.
Nur diejenigen Änderungen, die im absoluten An- oder Auslaut ein-
traten und eben durch die Stellung im Satzanfang oder Satzende hervor-
gerufen waren, lassen sich als eine besondere Kategorie des Lautwandels
überhaupt abtrennen. Dagegen geschahen diejenigen Änderungen, die sich
im bedingten An- und Auslaut vollzogen, nach denselben Lautgesetzen, die
im Wortinneren Umgestaltungen bewirkten. In vielen Fällen nahm die
Grammatik hier auch nie eine Trennung vor, z. B. das rj aus urgriech. ä
in Tifii^ und rjyov wurde immer mit dem von firjräQeg u. s. w. zusammen
behandelt. Aber auch z. B. bei den acc. pl. wie vvfi(fdg v6f.iog und bei
dem nom. sg. xdXäg (neben att. vvinpag voitiovg und rdXag)^ bei att. Ttanl
dor. xijm = xal inl,, bei toA Xoyov^ iq ^Podtp, xdv vofioVy bei hom. otti
(att. ort) = *od Ti (§ 98) u. dgl. m. kann nur von solchen Lautgesetzen
die Rede sein, die für die betreffenden Lautgruppen überhaupt galten.
rvfi^äg entstand im Urgriech. aus vvfKpavg in Verbindungen wie vvfKfavg-
xaXdvg nach demselben Gesetz, nach dem *xf i'oro-g zu xststih-g wurde (§ 55),
xanl xijm aus *xa(>)f7ri wie Tifiaze rifxfiTS aus Tifid{jk)€T€ (§ 12. 17). Was
ToX Xoyov etc. und ortt betrifft, so fanden solche Assimilationen zur selben
Zeit im Innern des Wortes allerdings nicht statt (Wort nehmen wir hier
im engsten Sinne, verstehen also Zusammonrückungen wie ndXXsvxog avX-
Xeyw nicht als ein Wort). Aber nur darum, weil die betreffenden Laut-
gruppen zu der Zeit, als die Veränderung eintrat, im Wortinnern überhaupt
nicht bestanden (bei xavvo/cov, xdqqoov beachte man, dass die Silbentrennung
xdt'ivoiiiov xdrl^oov gewesen war gegenüber (fdlrvrj^ XalTQsim etc.). Letz-
teres ist natürlich für die Lautveränderung selbst ein gleichgiltiges Moment.
Wenn ein Wort infolge verschiedener Stellung im Satze verschiedene
Gestalt bekommen hat, so werden diese verschiedenen Formen nach Ab-
76
A. Gnechische Grammatik, b) Lautlehre.
schluss der Wirksamkeit der Gesetze, die die Formverschiedenheit herbei-
geführt haben, oft promiscue, d. h. ohne Rücksicht auf die Bedingungen,
unter denen die Differenz ins Leben getreten war, gebraucht, oder es geht
wenigstens die eine der verschiedenen Formen über den ursprünglichen
Gebrauchsbereich hinaus. So wurde vv^Kfag auch vor sonantischen Vokalen
und vvfKfccvg rv/f^ö^, das in einzeldialektischer Zeit nur in Verbindungen
wie vvfixpavgavravg rvn^fAgavTccg (vgl. navaa näaa) und im absoluten Aus-
laut lautgesetzlich stand, auch vor Konsonanten angewandt. Diesen Pro-
miscue-Gebrauch haben wir z. B. auf der grossen Inschrift von Gortyn,
wo aber die alte lautgesetzliche Verteilung doch noch in der Bevorzugung
der Artikelformen xorg^ rdvg vor Vokalen und rog rag vor Konsonanten durch-
blickt. So waren auch Doppelheiten wie fsvtyog : xäyog^ axeSdvvvfxi : xeSav-
vv^i ursprünglich von verschiedener Gestalt des vorausgehenden Wort-
schlusses abhängig (§ 65), aber jede der beiden Formen wurde dann ver-
allgemeinert. Meist nun blieb man bei diesem Schwanken nicht stehen,
die eine Form verdrängte die andere vollständig. So kamen im Attischen
die Formen vvfi^etg vofxovg tdXag Tix^€(g u. s. w. zur Alleinherrschaft (doch
noch ig neben slg, vgl. Vf. Grdr. 1, 488 Fussn. 1), umgekehrt im Nordthes-
salischen und Arkadischen (so weit die dürftigen Sprachreste einen Schluss
gestatten) die Formen vvfxifäg etc. (Reuter, De dial. Thess. 24 sq., Solmsen,
K. Z. 29, 343). Im El. hat man auf den älteren Inschriften in Bezug auf
-g und 'Q (aus -z) noch den Promiscue-Gebrauch, auf den jüngeren erscheint
-^ zur Alleinherrschaft gelangt (§ 64). (ffiixQo-g und fiixQo^ promiscue,
aber einerseits nur noch fisiddo), fiia^ anderseits nur noch afisQdaXiog, anvxita
in der historischen Periode des Griechischen (§ 45. 65).
Bei den satzphonetischen Veränderungen, die sich in vorhistorischen
Perioden vollzogen, ist oft nicht ins reine darüber zu kommen, was im
absoluten An- oder Auslaut, und was im bedingten lautgesetzlich eingetreten
war. Das erschwert dann oft auch das Urteil bezüglich der Prozeaee, die
sich erst in späteren Zeiten abspielten. Und in Bezug auf diese sind wir
häufig auch darum übel daran, weil die schriftliche Darstellung die Ge-
staltung des Aus- und des Anlautes der Wortformen nicht genau wieder-
giebt; der Schreiber bringt sich leicht das Wort als selbständiges Ganzes
zum Bewusstsein und übersieht dabei die Sandhiwirkungen entweder ganz
oder trägt ihnen nur in unvollkommener Weise Rechnung. Im Griechischen
ist es aber in dieser Richtung mit der inschriftlichen Überlieferung im
ganzen weit besser bestellt als mit der handschriftlichen.^)
CüBTius, Stud. 10, 205 if., G. Meter, Gr. Gr.* 293 ff., BBiAL, Phon^tique syntactique,
M6m. d. 1. S. d. 1. 6, 326 ff., Vf. Grdr. 1, 485 ff., wo (S. 490) weitere Litteratur ange-
geben ist.
Wir können in der folgenden Darstellung der griech. Satzphonetik
nur das wichtigste ausheben.
64. Auslaut.
1. Von den in idg. Urzeit auslautenden Konsonanten (mit Absehung
^) Dass auch die inschriftliche Über-
lieferung kein treues Spiegelbild der leben-
digen Rede ist, zeigt z. B. der Umstand, dass,
wo das Metrum Elision fordert, doch oft
plene geschrieben ist. Sieh die Beispiele bei
Mkisterhans, Gr.- 54 undBLASs, Ausspr.' 124.
6« Sonstiger kombinatorischer Lantwandel. (§ 64.) 77
von den konsonantischen Vokalen, s. 5) blieben im Urgriech. im allgemeinen
unverändert -r -n -s und -£?, z. B. nateq, ninov d6fi€v, tig l^egeg, %ig
(z. B. %(z id),
-^ wurde im Kret. (Gortyn) an d- angeglichen, wie ävr]d Stf.
Verbindungen wie att. inschr. iatrjXy = iv crrjyAj mögen aus urgriech.
Zeit ererbt gewesen sein (§ 55). Über einzeldialektische Wandlungen des
'V wie ifA Bq€^, iX XifAvmg, ig "Poiip s. § 63 S. 75.
-5 tonlos. 'SS wurde im Urgriech. im absoluten Auslaut und vor
Eons, zu -5, z. B. fxvg aus *müs s, •i'^orijg aus ^neijotass, älter *ne}fO'tat'S
(vgl. ndattacx^m aus ^naxcaad^ai^ § 48). Von -xg scheint im Urgriech.
g vor andern Konsonanten als x geschwunden zu sein, z. B. ^x nodsg neben
?J aviqeg^ ix t(ov neben i^ avxdv^ dagegen -g aus -xg vor x, z. B. ig xoivwvj
?5 xrvc^ (vgl. böot. ia-xrj'SsxaTr]); durch Verallgemeinerung der verschie-
denen Formen wurden dann die lautgesetzlichen Verhältnisse in verschie-
dener Weise gestört, s. § 59. In verschiedenen Mundarten kommt Nicht-
schreibung von auslautendem -g nach Vokalen vor, wie nom. EvO^vfio, gen.
UviQoyävsv (s. G. Meter, Gr. Gr.* 295 f.); ob hier intervokalischer Weg-
faU von -er- zu Grunde lag (§ 45), woran G. Meyer denkt, oder Anglei-
chung an folgende Konsonanten (r-, q-, A-, (T-, vgl. im besonderen xrjCtrjXrjg
ivavrjvag u. dgl., Meisterhans, Gr.* 69 f.), in welchen Fällen auch hier
analogische Verallgemeinerung stattgefunden hätte, bleibt zu untersuchen.
Im Kret. (Gortyn) tdd- x^vyaTiQag^ wie TiQo^&a (§ 48).
Über die Verallgemeinerung Aer urgriech. Doppelheiten wie rovg und
tog, tt&ivg und rix^ig in den verschiedenen Mundarten s. § 63.
Wie weit -z neben -s im Einzelleben der Mundarten erhalten blieb,
ist darum nicht genau zu kontrollieren, weil wir nicht wissen, wie weit -g
zugleich auch den stimmhaften Laut bezeichnete. Natürlich kann -g z. B.
in att. Ttjg Y^^g^ Tovg ßovXo^ävovg ebenso gut als z gelesen werden, wie es
in fJiiiTywj nqäaßvg u. dgl. als solches gelesen werden muss. Sicher setzt
-^, wie es namentlich im Elischen erscheint, -z voraus, s. § 45. 46. 63.
Ferner war -z Vorstufe für die Assimilationen des Gortyn., wie vUed dt,
TTccTQoS SovTog^ H SixaaTTjQiov^ gleichwie iixdddw aus *dixcez3(ü (§ 41. 52).
Auf -z im Att. in Verbindungen wie rijg di lässt ^Ä&r^va^e = ^AO'tjvaz-Se
u. dgl. schliessen. Im Urgriech. stand -yz neben -xg. Daher att. iy Jiog^
iy ßovXrjgj iy FaQyrjTTiwv u. dgl., ^y SaxTvXcov (Meisterhans, Gr.* 82 f.),
woneben böot. fa-yovog d. i. iz-y.^ arkad. ia-däXXto d. i. iz-d, etc., vgl. § 59.
Upd diese Form iyz erklärt auch das y in att. iy Xifiivog, iy vrflwv u. dgl.
(Meisterhans a. 0. 83 f.), da bei einer Grundform ^x ohne -g hier kein
Anlass zur Erweichung war (vgl. xvxXog^ xvxvog etc.). Demnach dürfte
das -5 auch in gort. %oTX Xsiovai u. dgl. vor der Angleichung ein stimm-
haftes gewesen sein.
2. Die Verschlusslaute jedweder Gattung fielen im Urgriech. ab.
i(f€Q€ = ai. dbharat 3. pl. iyvov aus *fyra)-rir (§ 26), vgl. lat. erant;
welcher Fall zeigt, dass dieses Lautgesetz jünger war als die Vokal Verkür-
zung vor n -\- t Dor. rjg »erat* = ai. ved. Os, idg. *^S't, %i = lat. qui-d.
Vok. yvvai aus *yvvaix^ vgl. ywaix-a, 3. sg. ^ „sprach" wohl aus *ijxr
(§ 112). yaAa, vgl. gen. ydXaxr-og, devqo vermutlich aus *d€VQ07i (§ 74, 3),
78 A. Griechische Grammatik, b) Lautlehre.
xqT n. wohl aus *xqi&, vgl. xqiO^t^. Dieser Wegfall scheint vorzugsweise
dem absoluten Auslaut angehört zu haben, vgl. das Verbleiben des Ver-
schlusslautes in ^apirv i«, *(r/?air nwq (älter ^^apöd)^ hom. otu ortnwg (§ 98).
Anmerkung 1. Dass -t, -cf auch zu -g geworden seien (*ovT(od zu ovrtag), ist eine
unerwiesene und unwahrscheinliche Annahme. S. Vf. K. Z. 24, 74 f. 27, 417, G. Meyrr,
Gr. Gr.* 294, Osthopp, M. U. 2, 58 f. 4, 243.
3. -m wurde im ürgriech. zu -r, wie tov = ai. td-^i, t^eqov == ai.
äbhara-m. Dieser Lautwandel trat im absoluten Auslaut, ausserdem vor
Dentalen (vgl. artko-v aus *ajUTAo-i', § 20) ein. Idg. -w fiel also damals
mit -n zusammen (s. 1). In einzelmundartlicher Zeit richtete sich das -r,
wie die häufigen Schreibungen wie yijy xal, rrjfi nohv zeigen, nach der
Artikulationsstelle des folgenden Konsonanten. Aber der Nasal muss damals
und muss auch bereits in ürgriech. Zeit eine stark reduzierte Aussprache
gehabt haben (vgl. § 20). Denn nur so begreift sich, wie die Pausaformen
mit nicht reduziertem Nasal x^^'^ und xi(äv (aus *x^^f^ *X^^l^y § 74, 1)
es bewirkten, dass die andern Kasus gen. *x^ojw-6g ^x^ofi-og etc. v statt ju
annahmen: hätte man in Verbindungen wie x^^f^ naTQcpa dasselbe volle
fi gesprochen wie in *xx^ofji'6gy so wäre -/i- in dieser Form erhalten geblieben.
4. -^ -^ erscheinen als -a, acc. sg. ipäqovt-a = *hheront-rgL, ovo^iuux
=- idg. ^m^ (§ 21, I). Diese Entwicklung geschah im absoluten Auslaut
und vor allen Konsonanten ausser j, ^. Über -lav in norviav für idg.
-fj(-;p s. § 70® Anm. Wie hier -v nach der Analogie der idg. Ausgänge
-^m 'O-m etc. angetreten war, so geschah dies auch später in kypr.
ä{v)SQ^d{v)Tav etc. (§ 77).
5. 'i, -U- Aus vorgriecbischer Zeit waren *n€Qjij *v7t€Qi, *7r^oTi, *noTk
als antesonan tische Formen überkommen (vgl. ai. i^^^tfi praty in gleicher
Stellung), denen sich *fVi zugesellte; aus ihnen *neiQ'y vtibIq^ nQog^ nog
(arkad. kypr.), eiv und durch Vermischung mit nägi, ivi die Formen Ttet^-
und elvi, s. § 38. 56 und Osthoff, M. U. 4, 382 f. ; über nog anders, aber
gewiss unrichtig Baunack, Gortyn 22. Ein gleichartiges antesonantisches
*i7? {vv) = ai. nv {nü) vermutet Thümb, Fleckeis. Jahrbb. 1887 S. 646 f.
in viv aus *y/? Iv (vgl. § 95).
Darauf, dass im Ürgriech. z. B. xai im als kaHepi, xvx^f ciyad^^ als
tukhaliag, gesprochen wurde, beruhten die Formen att. xani dor. xi^m, att.
%vxccyctdii kret. v^vxaya&^^ in denen i bereits in ürgriech. Zeit weggefallen
war (§ 12). Später wurde aber die diphthongisch schliessende Form, die
sich lautgesetzlich vor Konsonanten gehalten hatte {xal tovto, %^ xvx^f etc.),
auch wieder vor Sonanten eingeführt, z. B. xai ini = kaiiepi, und es fand
dann von neuem ein Hinüberziehen des % zur folgenden Silbe statt. Aus
letzterer erklärt sich die Messung von (avdga) fxoi ivvens als möliennepe,
die von derselben Art war wie die von olog (aus Hoi-io-s) als JiöHos bei
Homer (vgl. § 12). Die ältere Schicht {xam) hielt sich, wie die att. In-
schriften lehren (vgl. Meisterhans, Gr.* 55), besonders in der volkstüm-
lichen Sprache. Vgl. 6.
6. Bereits im ürgriech. fand bei auslautendem -o -a -« vor son.
Vokalen Apokope (Elision) statt, z. B. r avroy an avTwvy dvrjQ = h{o)aif]Q,
xa% alko, Tcc d'dXXa^ ydq = y'aq, Sie vollzog sich zu derselben Zeit, als
^Injio-ayüjyog zu iTui-aytoyög wurde (§ 17). Diese Verkürzung des Aus-
5. Sonstiger kombinatorischer Lautwandel. (§ 64). 79
lautes übertrug sich auch auf die Stellung vor EonsonanteD, und zwar am
frühesten auf die Stellung vor \ z. B. dri ov (ay ov), ovd' «fg, xar &
(xa&^ 5), dann' auch xdr tov, ndq xov u. dgl. Die Form xd = xdr xatd
dürfte eher in Verbindungen wie xaxd tov durch syllabische Dissimilation
(8 61), als in Verbindungen wie xdt tov durch Reduktion von tt auf t
entstanden sein (vgl. Baunack, Gortyn 22). Über die sehr mannigfachen
Umgestaltungen, die gerade die Präpositionen im Zusammenhang mit der
urgriech. Elision erfuhren, ist übrigens nicht eher möglich ins klare zu
kommen, bis von jeder Präposition die ursprüngliche Form, bezw. die ur-
sprünglichen Formen festgestellt sind; dass man unter allen Umständen
die vollste Form immer als die ursprünglichste und einzig ursprüngliche
zu betrachten habe, ist ein unrichtiger Standpunkt. Elisionsfähig wurden
auch die -a und -o, hinter denen im Urgriech. i geschwunden war, daher
Xoi (= x{a) oi, xa{i) oi), x ov, x iv (vgl. Blass, Ausspr.^ 48. 54, wo auf
die Schreibung xd iv C. I. A. 2, 50 verwiesen wird), daher der „Abfall der
Verbalendung -«**' bei Dichtern und in Prosa, wie ßovlofi iyta {A \\ 7), und
derjenige des -ot von iiol aol toi bei Homer, wie oq fi ^x^eXsv {Z 165);
ebendahin gehören Nominativformen verschiedener Dialekte, wie t* 'Av<pi'
ioXoij dieXffoi oQxai d. i. VddsXifoC h^dqx^h wodurch auch o^ei' odvvai
A 272 erklärt und geschützt wird. Von t' = x6 und ra in T*dXXo t'uvto,
z'aXka T*avTd kam man dazu, auch andern vokalisch auslautenden Artikel-
formen ihren Vokal oder Diphthong zu nehmen, man bildete T'aXXov
T'dvi^i etc. Im Elischen wurde diese analogische Verallgemeinerung beim
Artikel zur Regel, und man bildete sogar T*avTwv = twv avrwv (s. J. Bau-
nack, Stud. 1, 239 f., Meister, Gr. D. 2, 43); dabei ist zu berücksichtigen,
dass auch im loc. sg., T^laqol, T^agsTaty und im nom. pL, t* *Av(fidoloi, die
Elision bereits lautgesetzlich eingetreten war, vgl. auch xdno = xal dno
in demselben Dialekt.
Anmerkung 2. Ob neben -o -a -b auch h irgendwo lautgesetzlich edidiert worden
sei, z. B. iii* avjov, i^otfA* av, €<f&* öntog, ist mir mehr als zweifelhaft. Wahrscheinlich
waren, wie bei n^Qt : negi u. dgl. (5), auch sonst überall Doppelformen mit sonantischem
und konsonantischem t, je nach der Stellung vor konsonantischem oder sonantischem An-
laut, ins Griechische hineingekommen (vgl. ai. dpi und äpy u. s. w.), und infolge der As-
similation des I an etliche der vorausgehenden Konsonanten entstand der Schein der Elision.
Neben der Elision ging wohl in allen Mundarten die Kontraktion
(Krasis) einher, wie in TakXa aus t« aXka, x^uTaga aus t« fV^^a, ion.
(ovTj^ aus 0 dvrJQy lokr. ti]v aus ra ev. Oft findet sie sich auch bei den
Schlussvokalen, die im Urgriech. hinter sich > verloren hatten (5;, wie
xam dor. xi^m = xa{j^)tmy xayaO^og = xa[ji)aya0^6g, ixovaTi -- f.w{ti)aaiiy
oviAoi = d{ß()siioi, '^VX^V = ^«(ij^X^'i^- I"^ allgemeinen war diese Art der
Beseitigung des Hiatus ohne Zweifel jünger als die Elision. Unter ge-
wissen, noch nicht festgestellten Bedingungen (wahrscheinlich der Satz-
betonung) trat keine Elision ein, hielt sich also z. B. tu dXXa neben TaXXa,
xd €v (vgl. ausser dem oben zitierten xd iv auch kypr. xd d{y)Tl = xal
dvxl CoLLiTZ, Gr. D. n. 60, 5) neben x iv (= xa^ iv), und in einzel-
dialektischer Zeit geschah dann die Kontraktion.^) Nur der schriftlichen
*) Dass Tcr aXXa {raXXa) neben t* (tXXa
nach Tff xaXd and dergl. neu gebildet sei,
daif schwerlich angenommen werden. Denn
dann wäre man auch zu der Annahme ge-
nötigt, dass einmal antekonsonan tische x«r,
^6 = x(ti, fiol u. dgl. in weiterem Umfang
80
A. Qrieohische Grammatik, b) Lautlehre.
Darstellung, nicht der Sache nach war von der Krasis die sog. Aphäresis
verschieden, wie dfiov ^naxovaov.
Ahbens, De crasi et aphaeresi, 1845. Kühner, Ausf. Gr. 1' 173 ff., 182 ff. Cubtius,
St. I 2, 279 ff. Hartbl, Hom. St. 3, 43 ff. Christ, Metr.« 32 ff. G. Mbyeb, Gr. Gr.«
140 ff. 162 ff. BLASS, Ausspr.'' 124 ff. Meistbrhans, Gr.'^ 54 ff.
Anm. 3. Das sogenannte v iKpeXxvarixov verdankte sein Dasein nicht dem Sia*ebeo,
den Hiatus zu vermeiden. Sein Gebrauch im Altertum regelte sich auch keineswegs nach
der bekannten Theorie späterer Grammatiker (vgl. u. a. Maassen, Leipz. Stud. 4, 1 ff.,
FicK, Die homer. Odyssee 33 f.). Der Konsonant hatte vielmehr, wie jeder andere aus-
lautende Konsonant, ursprünglich einen etymologischen Wert, nur sicher nicht überall,
wo er auftritt, z. B. nicht in dBixyvaaty und ^Xeyet^. Seine grosse Ausbreitung in einigen
Mundarten verdankte er dem Wirken der Analogie. Von wo das t^ seinen Ausgang ge-
nommen hatte — vermutlich von mehreren Formationen zugleich — , ist noch nicht sicher
ermittelt. Vermutungen bei G. Meyer, Gr. Gr.« 297, Osthoff, M. ü. 4. 231, Z. G. d. P. 340 f.
und andern. Vgl. auch § 92 über -(fty und § 201, 1 über yvy. Da die ältere lesbische,
böotische und lakonische Prosa das y itpeXx, noch nicht kennen (Meister, Gr. D. 1, 125.
258, MüLLENSiEFEN, Diss. phU. Arg. 6, 195 f.), so ist anzunehmen, dass die wuchernde Aus-
breitung erst im einzeldialektischen Leben der Sprache erfolgte. Am spätesten scheint -r
an die 3. sg. pl. des Verbum gelangt zu sein, im Attischen etwa auf folgendem Weg:
Xiyovaiy (dat.) — Xiyovai,v (3. pl.), f^«*' - iaxiyy zK^ijaty, iXsyey, Im Herakleischen hatte
der dat. pl. -oiy (neben -oi), aber noch kein -y in der 3. pl., in iorl und fixau (Mkisteb, C.
St 4, 413).
65. Anlaut.
1. Doppelheiten wie iägarj und ^Qffrjj ccXsffpto und A/7ra, igvofAiu und
Qvo/xai entstanden aus satzphonetischen Verschiedenheiten. Siehe § 28 und
vgl. auch § 53.
2. Idg. f- und f- erscheinen stets als a^ und o^, wie in aQxro^,
oQ^o-g. S. § 23. Es war dies ohne Zweifel die Form des absoluten An-
lautes, ^d = lit. ir idg. ^j* entstand nach Konsonanten (§ 201).
3. Die Verschiedenheiten wie oxeyoc und Thyog^ axiivafiat und xiiva-
fiat, anaoü und nf^vo-gj afiixQo-g und fjtixgo-g waren zum Teil aus vorgriech.
Zeit mitgebracht und hatten sich im Uridg. bereits durch Sandhi entwickelt.
S. Osthoff, M. U. 4, 329 f., von Fieblingeb, K. Z. 27, 196, Vf. Grdr,
1, 447, G. Meyeb, Gr. Gr.* 247 f., 249 f. Das a kann auch auf griechi-
schem Boden in Verlust gekommen sein im bedingten Anlaut, und dies ist
überall da das wahrscheinlichere, wo die verwandten Sprachen nur Formen
mit s- bieten. Verlust des er- in der griechischen Entwicklungsperiode ist
bei sm- sn- natürlich auch überall da anzunehmen, wo für den Anlaut noch
fifi- vv^ nachweisbar ist, s. § 45.
4. Durch Assimilationsprozesse war im Urgriechischen öfters ein
geminierter Konsonant entstanden, und dieser blieb nach sonantischem Aus-
laut bis in die einzeldialektische Zeit.
Ä1-: oT€ (SCavaixo P 463, onoid aaa onotd xra, s. § 38. sr-: »axd
^Qoov 5 254; sl-: oxe XXrj^euv^ sn-i &g t€ vviifddsg M 278. S. § 45, wo
gezeigt ist, dass für solchen volleren Anlaut auch die Formen wie xara-
QQäüüy d-XXrjxTog, dyd-vviifog^ ifiXo-ii^isiirfi indirekt zeugen. Bereits im Urgr.
wurde die Geminata im absoluten Anlaut und nach Konsonanten verein-
facht: a€V(a^ megar. cra, ^6og^ Xr'jyw^ viffa^ fieiädcoy und indem diese Form
bestanden, von denen aus xce iyj xay neben
x' iy u. s. w. entsprangen. Dass Formen
wie xd auch vor Konsonanten gesetzt wurden,
cUifür kenne ich nur ein sicheres Beispiel:
kypr. xd nori Collitz, Gr. D. n. 68, 1 ; ausser-
dem war das bis jetzt unaufgeklärte dvo
neben tfvot vielleicht die alte Neutralfonn
= ai. dvi, idg. *d(u)uoi, s. g 84, 2.
6. Betonung. (§ 65-66.) gl
dann durch Verallgemeinerung auch nach sonantischem Auslaut eingeführt
wurde, verdrängte sie hier allmählich die Form mit Oeminierung ganz.
Homer, xvfia ^ooio steht also auf einer Linie mit rrgo-gäco u. dgl. (s. § 45).
Bei Homer finden wir nun freilich anlautende Nasale und A- oft, ja meist
auch da verdoppelt, wo die Gemination keine etymologische Begründung
hatte, z. B. afia d^ wäipoq J 274, zu väifog = ai. ndbhas, idg. * nebhos.
Aber es war natürlich, dass man die Doppelformigkeit, die in einigen Fällen
zu Recht bestand, der Bequemlichkeit der Versifizierung halber auf andere
Wörter übertrug; ich stehe hier auf Seite von Cürtius, Stud. 4, 489 gegen
Hartkl, Hom.Stud. V 25 ff. und G. Meyer, Gr. Gr.« 279 f. Ob bei Homer
auch /?/?-, wie ytvsro ppiaxtj (L. Havet, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 324 f.)?
Nicht urgriechisch war qq- = f^, wie vs ^gr^^eiv M 198 vgl. i-QQrj^a;
es fragt sich, ob nicht bei Homer noch f^Q- gesprochen wurde, s. § 13 S. 31.
Eine erst in einzelmundartlicher Zeit entstandene Geminata zeigt auch das
Nordthessalische: ot xtoXiaQ%oh (§ 36).
5. tga-ne^a im absoluten Anlaut aus ^mga-^ s. § 35 S. 55.
6. Vielleicht war in Fällen wie fiheyaXov (inschr.) die Tonlosigkeit
des anlautenden Konsonanten durch vorausgehenden tonlosen Auslaut {-g)
bewirkt worden, s. § 61.
7. Bei oTioTd xza^ afxixgd %xcc entwickelte sich das Gefühl für eine
kausale Abhängigkeit des zta von vorausgehendem -a, so dass man diese
Verbindungen als onoX* arra, cfitxQ' axra empfand. Die Folge waren Aus-
drücke wie Plato's ttTTaga iv avtoTg arra. In ähnlicher Weise entsprang
ovv€xa = i'v€xa in Verbindungen wie ixsivovvexa aus ixsivov i'vexa. Sieh
Wackernaoel, K. Z. 28, 109 ff. Ähnliches aus dem Neugriechischen bei
FoY, Bezz. B. 12, 38 ff., z. B. äßgccfit^Xa „Schlehen**, entsprang aus rd
ßQdfAT^Xay das man als t'dßgdi^rjXa empfand.
6. Betonung.
C. GöTTLiHO, Allgem. Lehre vom Accent der griech. Sprache, 1835. J. Hadley,
Üher Wesen und Theorie der griech. Betonung, C. Stud. 5, 407 ff. F. Misteli, Ober
griech. Betonung 1875 (vgl. das Litteraturverzeicbnis S. 3 ff.), Erläuter. zur aligem Theorie
der griech. Betonung, 1877. J. Wackernaoel, Der griech. Verbalaccent, E. Z. 23, 457 ff.
L. ScBBOEDEB, Die Accentgesetze der homer. Nominalcomposita, mit denen des Veda verglichen,
ebend. 24, 101 ff. Th. Benfet, Die eigentliche Accentuabon des ind.praes. von ^; und 9«r sowie
einiger griech. Präpositionen, in: Vedica und Linguistica 1880. M. Bloomfibld, Historical
and critica] remarks, introductory to a comparative study of Greek accent, Amer. Joum. of
Phil. 4, 21 ff., The origin of the recessive accent in Greek, ebend. 9, 1 ff. J. Kühl, Die
Bedentang des Accents im Homer, Progr. von Jülich 1883. Bezzenbebgbb in s. Beitr.
7, 66 ff. K. Meisteb, Bemerkungen zur dor. Accentuation, in : Zur griechischen Dialektologie,
1883. F. Haussen, Der griech. Circumflex stammt aus der Ursprache, K. Z. 27, 612 ff.
B. I. Wheblbb, Der griech. Nominalaccent, 1885. E Luobbil, Zur Frage über die Accen-
tuation der Wörter und Wortformen im Griech., Rh. Mus. 43, 1 ff. 220 ff. Vf. Grdr. 1,
530 ff. (vgl. das Litteraturverzeicbnis S. 534 ff.). D. Pezzi, La 1. gr. ant. 128 ff. (wo auch
ein Litteraturverzeicbnis). Blass, Ausspr. ' 127 ff.
66. Der Accent des Altgriechischen war, so viel sich erkennen lässt,
im wesentlichen ein musikalischer oder chromatischer, d. h. das Hervor-
heben des sonantischen Elementes der Silbe geschah im wesentlichen durch
Stimroerhöhung, nicht Stimmverstärkung.
Die überlieferte Accentbezeichnung berücksichtigt zu gleicher Zeit den
Silben-, den Wort- und den Satzaccent, obschon den ersten und den letzten
Biodbnoh der kliM. AltertnmswineiiAchafi. U. 2. Aufl. 0
82
A. Orieohisohe Grammatik, b) Lautlehre.
ÖL
nur sehr unvollständig. Die innerhalb der einzelnen Silbe sich abspielende
Tonbewegung wurde durch den Unterschied von Akut und Zirkumflex aus-
gedrückt, aber nur, wenn die Silbe die hervorragendste im Wortkörper
war, z. B. iioiarfi^ fiovtra. Beide Accente dienten also zugleich dazu, den
Sitz des Hochtons im Worte anzuzeigen. Durch den als Modifikation des
Akuts erscheinenden Gravis in ßaailsvg iytvBxo (gegenüber iyäveto ßaailevg)
und den Gravis in rregi tovtov (gegenüber xovxov nsQi) sowie durch Nicht-
accentuierung von Wörtern {xaXsnov iau, avfi tfSQe vgl. ai. säm hhara)
wurde auf Satzbetonung Rücksicht genommen. Es gab indessen im AJtertum
auch vollständigere Accentuationsmethoden, bei denen dem Gravis eine andere
Rolle zukam (s. Blass 129 f.).
In der Zeit der idg. Urgemeinschaft, in welcher die dem Hauptton
vorausgehende Silbe die in § 24 besprochenen Schwächungen erfuhr (z. B.
pte- aus peU', in mä-ax^ai), muss der Accent einen stärker exspiratorischen
Charakter gehabt haben. Dieser scheint aber noch vor der Zeit der Auf-
lösung der idg. Ureinheit einem vorwiegend musikalischen Charakter ge-
wichen zu sein, und dieser blieb dann im Griechischen bis in die christ-
liche Zeit hinein. Nur wenige und nicht ganz sicher gedeutete Laut-
ersch^'nungen der vorchristlichen Periode der griech. Sprachentwicklung
sind Zeugnisse für exspiratorischen Charakter des Accentes: die verschiedene
Behandlung von qo in oQQo-g und ovqu u. dgl. nach Wackebnagel (s. § 45),
und die von so in väog und vovfitjvia u. dgl. nach demselben (K. Z. 29, 138).
Bald nach Chr. Geb. trat, wie gewisse Thatsachen der Metrik zeigen, der
exspiratorische Accent energischer hervor, und bereits im Mittelalter hatte
die griech. Sprache dieselbe wesentlich exspiratorische Betonung, die sie
heute besitzt.
Der Gegensatz von Zirkumflex und Akut war aus der Zeit der
idg. Urgemeinschaft überkommen. Dabei ist zweierlei zu unterscheiden.
1. hatte das Griechische in dem Zirkumflex eine der „ schleifenden *"
oder „geschleiften'' Betonung des Litauischen entsprechende Betonung be-
wahrt, z. B. gen. rifiäg, wie lit. gerös(-ios), im Gegensatz zu tifia, wie lit.
gerö(-ji). Diese Betonungsverschiedenheit galt nicht nur für die hoch-
tonigen Wortsilben, bei denen allein sie graphisch zur Anschauung gebracht
wurde, sondern auch anderwärts. Tieftoniges -oe im Auslaut war lang, wo
die Silbe, wenn sie Hochton hatte, den Zirkumflex zeigt, z. B. loc. oixoi
neben 'Icxhuot^ dagegen kurz, wo die Silbe als hochtonige den Akut zeigt,
z. B. nom. olxoi neben xaXot: das wortschliessende -oe von oixoi war also
zirkumflektiert, das von (j/fxoi akuiert; vgl. auch opt. leinoi und lit.
te-suk'e „er mag drehen.** Wir nennen diesen Zirkumflex den sohl eif en de n. *)
2. entspricht die Doppelheit Zsv : Zsvg der altindischen voc. dyau^:
*) Wenn die im Vedischen oft vorkom-
mende metrische Auflösung eines langen
Vokals in zwei kurze auf unserer Zirkum-
flexbetonung beruhte, wie Bezzenbeboer,
Gott. gel. Anz. 1887, S. 415 ansprechend ver-
mutet, vgl. z. B. gen. pl. apaatn = ajjdm
wie Tjoduty^ acc. gaam = gdm ßtav^ nuu =
vi vv-y, so müsste in Bezug auf die nicht
stimmenden Fälle (s. Oldbkbebg, Die Hymnen
des Rigv. 1, IGdfT.) angenommen werden, dass,
was ursprünglich nur in einer bestimmten
Anzahl von Formen zu Recht bestand, auf
andere Fälle übertragen wurde, und das
wäre nur so denkbar, dass die schleifende
Betonung in dem Zeitalter der Entstehung
der Lieder im Absterben war.
• 6. Betonung. (§ 6ß.) 83
Bom. dyau§. Während der Akut ein steigender, bei einem sonantischen
Element von zwei Moren auch noch auf der zweiten Mora ansteigender
Ton war, wurde bei diesem Zirkumflex die ganze ansteigende Bewegung
schon der ersten Mora zu teil und die zweite hatte nur absteigende Be-
wegung (>n). Bei Zsv (vgl. 7rdT€Q neben naxi]Q) handelt es sich, ebenso
wie bei dem in fZ/it, olda^ ßrjv für ältere Worttonlosigkeit eingetretenen
und sicher gleichgesprochenen Zirkumflex (vgl. unten), um die Verleihung
des Hochtons, genauer der ganzen ansteigenden Tonbewegung an eine vom
Wortende möglichst entfernte Mora, und so mag dieser Zirkumflex der
rezessive heissen. Er hatte aber wahrscheinlich auch dieselbe Form mit
dem bei Kontraktionen wie in xqsig = r^*fg, icrwtfg aus earaorsg^ raXka
aus td aXXa entstandenen Zirkumflex (vgl. ad. divrva aus divi iva) und mag
für diesen Fall der Eontraktionszirkumflex genannt werden.
Ob die beiden Zirkumflexarten {nfidg etc. und Zsv etc.) schon in
voralexandrinischer Zeit zusammengefallen waren, wissen wir nicht.
Der Gravis (ßaqsTa nQoa(f;id(a) wird für zwei wesentlich verschiedene
Fälle statuiert.
1. Für die letzte Silbe proklitischer Wörter, z. B. nvcc ydq^ 71€qI
tovTov, dlld taviay ^^ av, xd ad. Der Wortaccent bei nicht proklitischem
Gebrauch war xiva^ ntgi^ aXXa,^) ♦r;-/?^, t«. Die sogen. Anastrophe in rttQi^
ano etc. repräsentiert also die eigentliche und ursprüngliche Betonung
dieser Präpositionen (vgl. ai. pari, dpa etc.), s. G. Meyer, K. Z. 24, 238
und Benfet's S. 81 genannten Aufsatz. *rj-f:€ ergibt sich aus der Erwägung,
dass -/?« das von idg. Urzeit her enklitische *iie (lat. -ve) war. Auch 6
»; ol aly SV, ig, i^ gehören hierher, für die man kousequenterweise o ^
etc. schreiben müsste; man befreite sie vom Accentzeichen, weil Accent-
und Hauchzeichen zusammentrafen (Wackebnagel, K. Z. 28, 137). Dass
dieser Gravis gegen die Barytonesis keinen Gegensatz bildete, beweist
am besten der Umstand, dass auch die Lesbier dvd, drdg u. dgl. sprachen
(§ 68).
2. Der Gravis trat für wortschliessenden Akut ein, wenn das Wort
nicht den Satz abschloss, wie ßaaiXsvg ijTon-asy ausgenommen rig, rf, die
stets den Akut behielten, wie xig inoirias;
Ob in beiden Fällen genau dieselbe Tonbewegung stattfand, ist unklar.
Überhaupt ist das Wesen beider Graves noch nicht sicher ermittelt.
Anmerkung. Wenn man bei ßnavXevg inoitjae von , geschwächtem** oder „ge-
dämpftem Akut* spricht, so ist damit nichts aufgeklärt, s. die trefflichen Bemerkungen
von L. Masing, Die Hauptformen des serbisch-chorwatischen Accents nebst einleitenden
Bemerkungen zur Accentlehre insbesondere des Griech. und des Sanskrit, 1876, S. 19 ff.
Sicher ist nur, dass die Deutung davon auszugehen hat. dass dieser Gravin seine Stelle
hatte, wo unmittelbar nach ihm eine Silbe gesprochen wurde, in der die Spannung der
Stimme anhob oder gipfelte. In iQseg (iQetg), näteQy rä-de, ög rig, xaXol riyes hatte die
auf den Akut folgende Silbe eine absteigende Bewegung, die Spannung der Stimme begann
in ihr nachzulassen, und nach den Worten iTJoir^ae ßttoiXevg trat völlige Spannungslosigkeit,
die Pause, ein. Dagegen in ^ßtttnXevg IndQTt]^ und in *ßciatX€vg inoifjae folgte dem auf-
steigenden Akut sofort wieder aufsteigende Tonbewegung. Mit *ßa<JiXsvg iTidQtr^g ver-
gleiche man, dass auch im Wortinnern zwei Akute auf zwei unmittelbar auf einander fol-
*) Unrichtig wird neuerdings dasVerhält-
niss von dXXa zu «XXa von J. Schmidt, Fest-
gruss an Böhtlingk S. 100 beurteilt.
C
*
84 A. Grieohische Grammatik, b) Lautlehre.
geDden Moren nicht geduldet vurdeu, weshalb z. B. kein ^ayyiXog ng, was man zunächst
erwarten sollte (s. Wheelbb 126. 129). Es ist demnach zu vermuten, dass dieser Gravis
kein lediglich steigender Ton war.
Was den Gravis der proklitisohen Wörter betrifft, so ist zu beachten, dass rd ccVm
ebenso zu rSXXa wurde, wie itnaotes zu icttoteg,
67. Der Wortaccent der idg. Urzeit war frei, d. h. weder an Silben-
zahl noch an Quantitätsverhältnisse gebunden. Im Griechischen wurde
diese Freiheit wesentlich eingeschränkt durch das sog. Dreisilbengesetz,
demzufolge im Ausgang eines mehrsilbigen Wortes oder einer mehrsilbigen
Wortverbindung (Verbindung eines Wortes mit einer oder mehreren En-
cliticae) nicht mehr als zwei, nur bei trochäischem Schluss drei Morae
unbetont bleiben konnten. rjUtov iqdifav für *i]iia)v *rjdiu}v : ai. svddtyan,
^sQOfievog für *(p€QOfA€vog : ai. bhdramanas, ipsQOfiävoio (hom.) für *^6qo'
fA€voio : ai. bhdramanasya, Zavg rjiiiv (d. i, *Z€vg tjfxiv) für *Z€vg rji^iv.
onniftBQog^ avTog tivvbqov „ipse utrumvis" (d. i. *avv6g noreQov) für ^apoS
notsQog^ *avt6g no^cQov, ani-Tusiq für *anO'Tiaig : ai. dpoHAti^^. av-tm-
d'SToq äv'€7ti'i^€toio für * aV'€7ti'&€Tog äv-eni'd'stoio : ai. dn-Hipa-hitas an-
apa-hitasya. Die letzte Silbe, wenn sie auf einen Diphthong ausging,
dessen Eigenton der schleifende Zirkumflex war, galt dabei als Doppelmora,
wie loc. sg. ^€QOfitvoi (el.,böot. etc.) für *(p€QOfA€voi : ai. bhdramane, dagegen
galt sie als ^ine Mora, wenn des Diphthongs Eigenton der Akut war,
wie nom. pl. g>€Q6fi€voi für ^fpsgofievoi, s. § 66. Ein aus -rjo- durch sogen.
Umspringen der Quantität entstandenes unbetontes -fco- zog keinen Wechsel
im Tonsitz nach sich, z. B. ^ÄTQBÜsfü^ noXecog, ileag (§ 19); -€a)- hatte hier
nicht den vollen Wert von ^ -, weshalb es auch bei den Dichtem sehr oft,
in gewissen Fällen durchgängig, einsilbig gemessen erscheint.
Innerhalb der von diesem Gesetz nicht berührten Wortsilben finden
wir oft noch den uridg. Tonsitz festgehalten. Und zwar in folgenden Fällen :
1. Auf der letzten Mora ausser bei daktylischem Wortausgang.
nodog noal : ai. padds patsü, ßagvg : ai. gurii^. IccQog teqog : ai. isirds.
ncc%vX6g : ai. bdhulds, xXvrog nemog cfistog : ai. irutds paktds vamitds;
ayanrjvog. Teicafievog : vgl. ai. sas^mO/nds, naxriq ^evxvrjg yBvetTJQ : ai.
pitd yöktdjanitd, negttmg iatatag : ai. babhüvdn tasthivdn; nsTrrjydg x€%aQr>ißK.
Hier mögen auch genannt sein die Fälle der Übereinstimmung des
griech. Akuts mit dem litauischen „gestossenen** Ton. Sg. tpvya pl. ipvyat\
Tlfia tlfiaCy iega, ayamjra : lit. sg. gerö{'ji), du. gere{-j{), vgl. § 84. 80.
Du. xakci pl. xaXoi : lit. du. geru{~ju) pl. gere{'ji).
2. Bei schleifendem Zirkumflex auf der letzten Silbe, noddiv^ xaliv^
te^Vy ayanrjtwv : vgl. lit. szunü, gerü. ^vytfi^ ^f/*»;^» *«ß«^5 äyajttjfvffi : vgl.
lit. mergos. Yc^juor : vgl. lit. name, xaXoTg : vgl. lit. gerats.
3. Auf der vorletzten Silbe bei pyrrhichischem und trochäischem
Ausgang, nsgi : ai. pdri. naxäQsg^ d-vyaxäqcg : ai. pitdras, duhitdras. innog :
ai. dMvas. ÖQaxovteg : ai. d^Sdntas, Hierzu auch: dya&d r«, äyad-ig ng u. dgl.
4. Als nicht erst durch das Dreisilbengesetz bedingt kann der Ton-
sitz auch in folgenden Fällen angesehen werden. &vyaT€Q : ai. diihitar,
v(fT€Qog : ai. üttaras. ijSiov : ai. svädtyas, y^veog : ai. jdnasas. oxtw^jiovg :
fti. dftd-'pat y>(Xog ug, JSwxQovrjg tig, naxr]Q fAov^ Ttorafiot tiveg.
6. Betonung. (§ 67.)
85
Indes trat auch im Gebiet dieser freien Wortsilben für die Tonstelle
nach zwei Richtungen eine Beschränkung ein:
1. Hatte, bei trochäischem Ausgang, die vorletzte Silbe einen langen
Vokal oder einen Diphthong, so konnte nur die erste Mora desselben den
Ton haben, d. h. die Silbe bekam stets den Zirkumflex. Es handelt sich
dabei aber wahrscheinlich stets entweder um den rezessiven oder den
Kontraktionszirkumflex. Jener z. B. in fxfJTeQ (vgl. Zsv), dieser z. B. in
fatdreg aus iaraaveg (nicht ^iarciteg^ wie man nach itTToig aus iarawg er-
warten sollte), gleichwie ipoßovvreg aus ifoßäovxeg. Über die Ausnahmen
im Dorischen, wie pl. mcixcg, s. § 68. Verbindungen mit Encliticae wurden
von diesem Gesetz nicht betroffen, z. B. nccxrjQ ye, d. h. der genuine Accent
des ersten Nomons wurde durch die Analogie der Betonung des nicht mit
einer Enclitica belasteten Nomons gehalten.
2. Daktylisch ausgehende Oxytona wurden zu Paroxytona. ayxvkog
r]dvXo~g : vgl. naxvXog, TsXeatfOQog : vgl. ffoqig und ipvxoTrofinog» €QQ(0'
fievogy äxaxfievog : vgl. <I>cfjUf i'og, Teiaafisvog, Diu'ch Analogiewirkung wurden
diesem Gesetze viele Ausnahmen geschaffen, z. B. XsXvfxävog nach iqQw-
fi€vog, SfjfAoßoQog nach teXea^oQogy umgekehrt z. B. ägiategog nach is^iTCQog.
Nach ihm kam neben novg nodog nodi lautgesetzlich offQvg wpqvog otpqvi
(ai. bhri^ bhruväs bhrnvi) zu stehen, und solche in mehreren Fällen laut-
gesetzlich eingetretene Ausgleichung des Tonsitzes im Paradigma wirkte
für andere Fälle vorbildlich. Vgl. Wheeleb S. 60—104.
Was nun die Entstehung des sogen. Dreisilbengesetzes betrifft, so
handelt es sich dabei um einen auf griech. Boden neu entwickelten Wort-
accent, dessen Voraussetzung war, dass entweder das ganze Wort oder
wenigstens die zwei oder drei letzten Silben desselben unbetont waren.
Jenen Fall haben wir bei den Pronominalformen nirvegog , einer von
beiden" (neben noadg noiog) und ^juwr r^iiiv (neben /iöv fioi) und beim Verbum
finitum. Dieses war seit uridg. Zeit im Hauptsatz unbetont und verlor
hiemach im Griech. auch im Nebensatz seine ursprüngliche Betonung. So
waren z. B. (peqofisv, ^eqoiud^a, dtdoqxe Substitut für -^ ^sQOfitv,. J- ifsqü-
/xB^^Oy -L SeSoQxe. Nur eifxl und (prjfil blieben enklitisch. Über die Aus-
nahmen iSe'y Xaßä etc. s. Osthoff, P.-Br. B. 8, 265 f. Waren innerhalb
eines Paradigma's von Verbalformen (ind. praes. etc.) eine oder mehrere
Personen, die auf Grund des Dreisilbengesetzes den neuen Accent bekommen
mussten, so erhielten auch die Formen einen neuen Accent, welche hätten
enklitisch bleiben können, und zwar stets auf der ersten Mora, z. B. ifiev
Xinsg^ i(ffi€V oiia elfii, ßrjy ßav (vgl. iMi, Xinoiiev, tactai^ ßijrtjv ßccrrjv).
Ähnlich äXysa rjfiiv statt ^äXysd t^jiiiv nach aXyea rj/Jiwv und 7]filv. Aber
Ji Tig, ^ Tivog und hiernach - tivwv : aXyed tivcdv statt *äXy€a t(v(ov nach
aXyed Tivog, vgl. ßdastov^ 7iri%€fav nach ßd(f€(ügy 7rijx«<o^ (§ 89).
Beispiele für den andern Fall sind 'Aydfiefirov für *"Ayaiii€iAvov,^)
(fiQofisvog für *(fhQoiiifvog.
*) Dass in den Vokativen dieser Art
(vgl. noch 'jQiaroyeixov, 'JfKpixQiaeg) der
historische Accent nicht an die Stelle älterer
Tonlosigkeit getreten war (vgl. Wheeler a.
0. 52), glaube ich darum annehmen zu müssen,
weil Zweisilbler wie Tidteg stets betont er-
scheinen.
86 A. GhieohiBche Grammatik, b) Lautlehre.
Anmerkung 1. Bloomfield^s gegen Wheelbr gerichtete Ausführungen Amer.Journ.
of. Phil. 9, 1 ff. scheinen mir nur unwesentliche Modifikationen der von diesem letzteren
Gelehrten aufgestellten Hypothese nötig zu machen. Dass in y^rog^ eidog und vielen andern
Nominalformen nicht der altererbt« Ton erhalten worden sei, dass nach gewissen, zunächst
im Verbum finitum entstandenen Betonungstypen durch blosse lautliche Analogie, ohne Be-
rücksichtigung der Bedeutung, diese Nomina ihren Accent erhalten hätten, leuchtet mir
nicht ein. Warum das Griech bei Wörtern von der Form - w mit langem Vokale in
der Penultima nur den Zirkumflex duldete, wird mir auch durch Bloomfibld's Hypothese
nicht klar; denn diesen Ton hatte auch z. B. vij^g, wo man wegen rriog ytjwy docn nicht
an neuen (rezessiven) Accent denken darf. Höchstens kann ich zugeben, dass bei ge-
wissen Nominal kategoricn, z. B. bei den Neutra auf -o?, wo meist der alte Ton in einem Teil
der Kasus mit der Rezessivaccentuation bereits in Übereinstimmung war {y^yos yeveog etc.)
und nur im gen. pl. du. der neue Ton sich neu daneben stellen musste {y^vitav für *yivBwv),
Unterwerfung der ganzen Wortkategorie unter die Prinzipien der Rezessivbetonung er-
folgte, vgl. z. B. igeßos, nicht *iQsßog = ai. räjas und so vielleicht auch eidog für älteres
*fei6og mit Verlegung des Tones auf die erste Mora des Diphthonges. Die allermeisten
aber von den Nomina, die, ursprünglich Oxytona, im Griechischen eine Rezessivbetonung
erhielten, bekamen diese ohne Zweifel nach dem Muster von anderen Nomina, die schon von vor-
griech. Zeit her Barytona waren, wofür von Bloomfield selbst ja mehrere Beispiele gegeben
sind, und es ist keine kühne Annahme, dass sie alle auf diesem Wege ihre neue Betonung
erhalten hatten. Weiter auf die Einzelheiten der zum Teil sehr schaxf sinnigen Erörterungen
von Bloomfield einzugehen, verbietet mir leider der Raum.
Durch Analogiewirkung wurde die Betonung oft gestört; einige
Fälle wurden schon oben erwähnt. Man kann drei Kategorien unter-
scheiden.
1. Dass man avx^qwnov rtva, avd^qtonog nov, awfid (lov sprach, kam
daher, dass der Accent, den das erste Wort sonst, wenn es nicht mit
einer Enklitika belastet war, trug, im Bewusstsein lag und sich geltend
machte, crw/ia rc statt *a(jifxa rs (vgl. (TuifiaTog) nach der Analogie von
(fcofia fAov und von xaXog re u. dgl. Vgl. auch ccvd^QOiTiög ttg statt *äv-
^Qcinog tig (vgl. § 66 Anm.) und narrjQ ye statt *7iaTfjQ ys (oben in
diesem Paragraphen S. 85).
2. Wechsel des Tonsitzes im einfachen Wort, ixvgog (vgl. ai. svd-
Sarahs) nach ixvga, x^i^covg statt *XQ^^^^? (aus x^iJcrto-^) nach XQ^^^^^
aus XQ^^^^^y umgekehrt evvov statt *€vvov (aus evvoov) nach evvovg, juijtjj^,
älter *iiirJTr^Q, statt *fi7jit]Q (ai. mätd) nach fiijtfQ (die Übereinstimmung mit
lit. möte neben moti halte ich für zufällig) und d-vydrr^Q^ älter *&vyaTr]Q,
statt "^O^vyaTTjQ (ai. duhitd) nach O^vyazfg, ri&etai statt ri'i^fio'i nach iViracrr
(§ 115). Tid-eifisv statt *Tid^€tf^i€V nach ftfisv eldeT/LUv (§ 145, 1). xgcenCTog
statt "^xQautfTog nach xQtaawv (§ 70, 14b.). Die durchgehende Barytonesis
der Abstrakta auf -ti-s, wie ßdai-g, nach den andern von alters her bary-
tonen Abstraktklassen, den Nomina auf -o-g, -o^, -jua (Bloomfield a.
0. 30). ifeqsxQO-v, iXvTQO-v (ai. bharitra-m vartUra-m) wurden zu ipeQstQov, ikv-
TQov = ai. bJmritrasyay variUrasya hinzugestellt nach anderen nom. acc.
neutr. auf ^ ^ ^ , gen. ^ ^ - .
Anmerkung 2. Im Griech. waren viele Wörter als Eigenname anders hetont denn
als Appellativum, z. B. Jioye'prjg : (fioyeyijfy Teiaafisyos : reiaduevog, 'JfnporsQog : dfA^oxBQog,
In den meisten Fällen heruhte dies darauf, dass ein altererbter i3etonung8unter8chied be-
nutzt wurde, um die Funktions Verschiedenheit zu markieren (s. 1. Aufl. S. 49 Fussn.,
Wheeler a. 0. 50 flP., Pbellwitz, Gott. gel. Anz. 1886, S. 760). Aber damit kommt man
nicht aus. Bei der grossen Masse zum Teil jüngerer und jüngster Formationen muss an-
erkannt werden, dass, nachdem diese Accentverschiedenheit zu einem charakteristischen
Merkzeichen der Verschiedenheit der Bedeutung geworden war, analogetische Neubildungen
aufkamen. In ähnlicher Weise wurde auch die altüberkommene Betonungsverschiedenheit
zwischen Abstraktum und Nomen agentis {xofinog : xofinos, tpevdos : \pevdtjg u. dgl., s. § 73, 1)
6. Betonung. (§ 68.) 87
als formatives Prinzip produktiv: z. 6. nach dem Verhältnis von tgoxo-^ ,wer läuft, Rad,
Scheibe' zu tqoxo-s »Lauf stellte man zu doUx6-g ein dohxo-g «Langlauf.
3. Wechsel der Tonqualität, nag für *7tag, vgl. ßceg tpag (§ 72, 3).
natg für *naig aus na{p)ig, sJg für ^€ig (vgl. ovi-efg und rovg aus rovg),
etwa nach TQctg (Bloomfield a. 0. 20). ijinTv für *i^^<y (vgl. ifitv) wohl
nach ij/tcov jj^ua^ (G. Meyer, Gr. Gr.* 389). ßovg vielleicht nach ß(ov ßovv^
vgl. Zevg neben Zrjvy u. dgl. m., s. Bloomfield a. 0. 7 sqq. Wo der
Zirkumflex als Neuton der rezessive war, handelt es sich freilich auch
hier um einen Wechsel des Sitzes des Accents, indem dieser um eine Mora
nach dem Wortanfang zu rückte.
68. Alle oben vorgetragenen Thatsachen der Betonung des Griechischen
beruhen auf den Festsetzungen der alexandrinischen Grammatiker, die über
die Betonungsverhältnisse der voralexandrinischen Epoche nur sehr unvoll-
kommen unterrichtet sein konnten. Man muss sich dessen bewusst sein,
dass die Accentsetzung für alle älteren Texte im grossen ganzen nichts
anderes ist als einfache Übertragung der Betonung der alexandrinischen
Zeit auf Sprachphasen, in denen die Accentuation sehr wahrscheinlich
in vielen Punkten eine andere war. Nur die Rücksicht auf die Unter-
stützung, die die Schreibung der Accente dem Verständnis so häufig ge-
währt, kann es rechtfertigen, dass man Texte wie die homerischen Gedichte
nicht ohne Tonzeichen lässt.
A priori ist zu vermuten, dass die Betonung in den verschiedenen
Mundarten nicht überall genau dieselbe war, und über einige Abweichungen
von der attischen Betonung geben die Grammatiker Nachricht.
Die Lesbier zogen den Accent überall nach Massgabe des Dreisilben-
gesetzes zurück, z. B. norafxog^ x^vfxog^ "ArQsvg^ ßatfiXevg^ (r6<pog, Zsvg^ xV^'y
in den beiden letzten Wörtern bedeutet der Zirkumflex Zurückziehung des
Haupttons auf die erste Mora (vgl. § 66). S. Meister, Gr. D. 1, 31 flf.
Dass Präpositionen und Konjunktionen wie dvd, 6id, drag, avtdQ auch im
Lesb. ihren Endton behielten, ist nicht auffallend, da es sich hier um den
proklitischen Gravis handelt, der zur Barytonesis keinen Gegensatz bildete
(§ 66). Im Lesbischen haben wir also eine Betonung, die auf einer Linie
stand mit der im Attischen für die vorgriech. unbetonten Formen des
Verbum finitum eingetretenen Neubetonung, Zevg wie ßrj, aotpog wie Tjxev^
&vfxog wie eifii^ &viii(p wie y*^«^, ninanog wie (ftgoiiuv u. s. f., s. § 67
und Bloomfield a. 0. 14. 26. Ob diese Betonungsweise sich schon geraume
Zeit vor dem alexandrinischen Zeitalter ausgebildet hatte, ist ungewiss
und unsere Accentsetzung in den Texten der altäolischen Dichter daher
durchaus hypothetisch.
Im Dorischen findet sich, im Gegensatz zum Tonsitz im Attischen,
ein ^prozessiver** Accent, z. B. in iXdßov^ dv&Qvinoi^ inf. axaaai^ cuysg,
^Alx^av, yXav^y wobei der Akut gegenüber dem att. Zirkumflex derselben
Silbe ein Vorrücken des Accentes um eine Mora bedeutete. S. Bloomfield
a. 0. 14 sq. Leider ist die Überlieferung eine zu dürftige und unvoll-
kommene (s. Meister's zu Anfang dieses Abschnittes S. 81 genannten Auf-
satz), als dass wir den Umfang dieser Eigentümlichkeit bestimmen und ihr
88 A. Griechische Ghrammatik. b) Lautlehre.
auf den Grund kommen könnten. Auch wissen wir nicht, wie weit sie im
dorischen Gebiet verbreitet war, und ich ziehe es vor, die dorischen Sprach-
formen für gewöhnlich, wo Accentfragen nicht im Spiele sind und nur
die Beton ungs weise die Form als dorische charakterisieren würde, ohne
Rücksicht auf dieselbe nach attischer Weise zu schreiben. Diese Schrei-
bung ist ebenso wie unsere Accentuierung der hom. Gedichte und anderer
Texte ein Notbehelf.
Flexionslehr e.')
1. Vorbemerkungen.
69* Das flektierte Wort besteht aus Stamm und Flexionsendung.
Die Flexionsendungen sind teils nominale und pronominale (Kasussuffixe),
teils verbale (Personalsuffixe). In manchen Fällen fungierte im Griechischen,
wie in den andern indogermanischen Sprachen, der Stamm als Wort, und
schon die idg. Grundsprache entbehrte der Flexionsendung, z. B. nom. sg.
xivTjj = ai. Srutd, idg. *klutä, loc. sg. Sofxev (infin.) wie ai. kdrman, 2. sg.
g;äQ€ = ai. bhdra, idg. *bhere. Die Annahme, dass in solchen Fällen in der
Zeit der idg. Urgemeinschaft ein Kasus- oder Personalzeichen abgefallen
sei, enträt jeglicher Begründung.
Die meisten Stämme, nominale (pronominale) und verbale, hatten im
Griech. innerhalb des Paradigma's verschiedene Gestaltung, ohne dass hier-
durch eine Funktionsverschiedenheit bedingt war, z. B. nartq-a naxQ-oq
navQa-ai, (peQOVT-sg ^tqov-at, idfirr^-fii öaiiva-fiev^ r]-[.iai r^a-zai. Ein Teil
dieser Verschiedenheiten war aus der idg. Urzeit vererbt, andere hatten
sich erst innerhalb der griech. Sprachentwicklung eingestellt.
Aus der idg. Urzeit waren alle die FormdiflFerenzen überkommen,
welche die sogenannte Stammabstufung ausmachen. Man unterscheidet beim
abstufenden Stamme zwischen starker und schwacher Form oder starken
und schwachen Formen, jene hatten Hochstufen-, diese Tiefstufenvokalismus.
Bei den meisten Nominalklassen waren die starken Stammformen von idg.
Urzeit her dem nom. acc. voc. loc. sg., dem nom. acc. du. und dem nom.
und wohl auch acc. pl. eigen (z. B. natrjQ natäq-a ndrsq rrareQ-iy TrartQ-f,
TiaräQ-eq naztQ-ag; Zethg Zrj-v Zsv), die schwachen den andern Kasus (z.
B. narg-og TicctQ-oyv naxQd-ai'^ Ji(f)'6g). Eine andere Verteilung zeigen seit
uridg. Zeit z. B. die w-Stämme wie rjSv' rjösp-^ z. B. zwar nom. pl. ijrf«(f)-fg
mit starker, aber nom. sg. i^dv-g mit schwacher Stammform, und wieder
anders war der Ablaut bei den o-Stämmen, wie olxs- olxo-, verteilt, z. B.
nom. sg. olxo-g, loc. pl. oho-iaiy loc. sg. ofxe-i und oTxo-i. Im Gebiet des
Verbums bestand bei den sogen, themavokallosen Tempora und Modi schon
V Vgl. G. Mbyeb, Gr. Gr.* S. 301-517, Pezzi, La 1. gr. ant p. 142-296.
90 iL GriechiBohe Grammatik, c) Flezionalehre.
in der idg. Grundsprache die Begel, dass die drei Singularpersonen des
Aktivs starke, der Plural und Dual des Aktivs und das ganze Medium
schwache Form hatten, z. B. ibrij-ui, lirta-fiev. laTu-fiai; ol-i-a Td-iuv;
€itj-v €i'fi€t\ Anders waren Stammformen wie yfßf- y*ßo- verteilt, z. B.
€(p€QO'V i(f€Q€-g u. s. w. Alle diese Unterschiede der Stammgestalt waren
aller Wahrscheinlichkeit nach nur eine mechanische Folge urindogermani-
scher Betonungs Verschiedenheiten, und man hat anzunehmen, dass mannig-
fache Verschiebungen dieser Abstufungsdififerenzen schon bald nachdem diese
ins Leben getreten waren, d. h. bereits vor der Auflösung der idg. Ur-
gemeinschaft stattgefunden hatten. Auch im Gebiet der Kasussuffixe und
der Personalendungen zeigen sich derartige Ablautbewegungen, doch treten
sie gegen die in den stammhaften Wortteilen sich abspielenden ganz zurück,
z. B. Genitivsuffix -os {nodog) und -s {dea-notrjg, s. § 79).
Ebenfalls aus der idg. Ursprache brachten die Griechen einige Ver-
schiedenheiten der Stammform mit, die durch konsonantische Assimilations-
prozesse hervorgerufen waren und auf die der Name Stammabstufung nicht
angewandt wird, z. B. *pet- in *petsü {noaai, § 48. 72) neben *ped'i
{no6i) u. s. w., *^oiftha [phx^a^ § 36) neben *uoide {oiie) u. s. w.
In der griechischen Sprachentwicklung erfuhr der überlieferte
Stand der Stammabstufung vielfache Abänderungen. Die meisten und tief-
greifendsten durch Formassoziation, besonders durch Uniformierung inner-
halb desselben Formerisystems. So wurden naxtQ-og (hom. thess.) TiaräQ-wv
(att.) statt naxQ'Og narq-wv nach Tiatäq-a TrareQ-i naräQ-eg etc., O-v-fatq-a
(hom.) statt ^vyaTäQ-a nach O^vyarq-og etc., iciroQ-vg Swtoq'Wv idroq-ai
dorriQ-og doTijQ~(ov Sot^Q-ai statt *-r^-og *'TQ'WV ♦-r^a-ct nach dciroQ-a doxr^q
etc., yeyov'aiisv statt ytycc-iisv nach y^yor-a etc., Tatga^-a statt r^rqoif'cc
nach tsTQdif^aiiev rctgafifiai etc., ehj-fiev statt ei-fisv nach ehj-v etc., XeXetnrai
statt ^leXm-rai nach Xsitko etc. neu gebildet. Mehr nur die Oberfläche der
Formen wurde berührt durch die lautgesetzlichen Umgestaltungen, z. B.
MnB'og aus ^peneaog neben inea-ai (§ 45), kret. (fsqovai att. tfägovai aus
"^(peQovT-ai neben (pägovr-eg etc. (§ 48), vj/xai aus *t](f'fiai neben rjc-xai (§ 45).
Doch wurden manchmal durch lautgesetzlichen Wandel Verschiedenheiten
geschaffen, die den aus vorgriechischer Zeit herstammenden Ablautverhält-
nissen sehr ähnlich sehen und auf die man daher den Namen Ablaut eben-
falls gelegentlich angewendet hat, z. B. iyvo-v yvo-tt-sg aus urgriech. *iyv(a-vT
"^yvco^vT-eg (§ 26) neben iyv(ü-v lyvw-fisv etc., an rfo- : Jcö- u. dgl. erinnernd.
Die durch Lautwandel hervorgerufene Formzersplitterung gab ihrerseits
sehr häufig wieder Anlass zu Assoziationsbildungen. Wie z. B. durch die
Neubildungen nod-eatsi und nod-oig in einigen Mundai'ten der altererbte
Abstand der Stammgestalt des loc. pl. von derjenigen der andern Kasus
nod'sg etc. (schon vorgriechisch *pet-sü mit t gegenüber *ped-i etc. mit d)
aufgehoben wurde, so durch die Neuschöpfungen ^cQovT-etfffi iffqovT-oig
die durch griechischen Lautwandel entstandene Verschiedenheit zwischen
(ptQOvai und (ptgovr^eg etc. (§ 90). xd&-ijTCU für ^xad^r^axai (vgl. ijcr-rai)
nach xdO^'Tjfxai ^i^/xct^a; rjxe r^xov r]xr^v für ijc-tc ijc-xov fj<r-xijv nach f]fi€v;
iaiilv für tt^i^v nach itf-xh (§ 112).
Es erübrigt noch, darauf hinzuweisen, in welchem Sinne wir den Aus-
1. Yorbemerkimgen. (§ 69.) 2. Nominal* und Pronominalflexion. (§ 70.) 91
druck Suffix gebrauchen. Wie wir das, was wir die Wurzel eines Work*s
nennen, nicht ohne weiteres für etwas ursprünglich einheitliches und selb-
ständiges ausgeben (s. § 11 Anm. S. 28), so behaupten wir auch nicht,
dass die Laute oder Lautkomplexe, die wir Suffixe nennen, von Anfang
an in der Gestalt, wie wir sie aus dem Lautkörper auslösen, etwas ein-
heitliches und selbständiges gewesen seien. Wir bezeichnen als Suffix viel-
mehr das, was von den sprechenden in einer gewissen Periode als ein
verschiedenen Wörtern in gleicher Weise eigenes formatives Element em-
pfunden wurde und seine Stelle hinter der „Wurzelsilbe" hatte. So reden wir
z. B. von einem nominalen Stammbildungssuffix -es- in *gen-es-*nebhr'eS'{ytvog
vhifog) etc., obwohl ^genes- vielleicht durch Antritt von s an gme- zu stände
gekommen war. Und wir sprechen von einem gleichartigen Suffix -o- (oder -e-)
in *gon'0' (yoro-g) und einem präsens- und aoriststammbildenden Suffix -o-
(oder -e-) in ^gen-o- {i-y^v-o-inr^v), obwohl die Lautkomplexe *gonO' ^gone-
*geno- ^gene- vielleicht nicht durch Zusammensetzung entstanden waren,
sondern von allem Anfang eine Einheit gebildet hatten. Die naive Analyse,
welche die sprechenden an den Formen vollziehen, ist nicht durch alle
Perioden hindurch dieselbe. Sie verschiebt sich mit den Umgestaltungen,
die die Formen erleiden. So waren die die Kasussysteme von ytVo^, vtffog
etc. ausmachenden Formen für die Griechen nur zu der Zeit cr-Stämmo
(fo* : ocr-Stämme), als das intervokalische er noch gesprochen wurde: ytrog
*y€V€(f-og ^ytveC'i etc. Dagegen konnte später, als die Formen wie yh'rog ytvovg
yevfi yärrj ysvwv yiveai entstanden waren, nur y^v- veif- etc. als das den
Kasusformen gemeinsame, als „Stamm" empfunden werden, -er- schwand
bereits in urgriechischer Zeit, und wenn wir trotzdem z. B. sagen: „die
^c-Stämme erfuhren im 4. Jahrh. v. Chr. die und die Umwandlung", so
ist das eine abgekürzte Ausdrucksweise, die sich aus praktischen Gründen
nicht wohl umgehen lässt. Vgl. u. a. von der Pfordten, Zur Gesch. d.
griech. Denomin. 1886, S. 1 flf., Vf. Grdr. 2, 17 ff.
2. Nominal- und Pronominalflexion.
Die nominalen Stammklassen, i)
1. Nomina mit stammbildenden SnfflLxen.
70. A. Suffixe auf Vokale.
I. Suffixe auf -o und -ä. Bei den o-Stämmen Wechsel zwischen
-e- und -0-. e im sg. voc, loc. [oixsi), instr. sg. (gortyn. o-7rr}), beim Pro-
nomen auch im gen. sg. (z. B. hom. rto, § 94), vgl. ferner dvelv neben
dvciiv (§ 85). S. Vf. M. U. 2, 244. o z. B. im nom. acc. sg. Mehrere
Kasus hatten seit uridg. Zeit sowohl -e- als -ö-, z. B. loc. (hxh und oTxoi^ instr.
lak. nr^-noxa gortyn. r^ neben nd^noTe^ was auf uridg. Accentwechsel be-
ruhte (hierüber zuletzt J. Schmidt, Festgruss an Böhtlingk 101). Merke
^) Leo Meyeb, Vergleich. Gramm, der mina mit dreifacher Stammabstufung im Alt-
gr. und lat. Spr., 2. Bd. G. Meter, Beitr. ind. und im Griech., Bezz. B. 10, 1 flP. Vf.
zur Stamrabildungslehre des Griech. und Lat., Grdr. 2, 96 ff. Ferner vgl. die im leiztge-
C. St. 5. H. CoLLiTz, Die Flexion der No- nannten Buche aufgeführte Litteratur.
92
A. Griechische Grammatik, c) Flexionslehre.
die Trübung der ursprünglichen Stammgestalt in Xeoi-g aus *hpg ^ dor.
^og (§ 19). Bei den ö-Suffixen Ablaut ä : a. a im voc. sg. {vvfi^a),
nom. acc. du. (s. § 84. 86).
Die o-Stämme waren in vorgriech. Zeit alle Mask. oder Neutr., die
ö-Stämme alle Fem. Griechische Neuerungen waren rj v^tro-g und 6 vsa-
v(A'g, s. § 172.
1. Suffix -0- -Ö-. Xvx-o-g : ai. v^k-a-s „Wolf**, ^vy-o-v : ai. yug-d-m
„Joch". nXrjy^Tq : lat. plag-a. -o- und -ö- waren namentlich in Wurzel-
abstrakta produktiv, wie XQ^I^'^'^ Xoy-o-g^ aiioiß-ri, Adjektiva, z. B. v^-o-g
vä-O'V vä-a : ai. ndv-a-s näv-a-m ndv-ä „neu** lat. nov-o-s nov-o^m nov-a. Mit-
unter Übertragung des Ausganges von o- oder ^Kasus auf andere Stamm-
klassen, ohne dass dadurch die Bedeutung dieser andern Stämme modifiziert
wurde, wie -ouv -oiv in noä-ouv nod-oiv (§ 85), noS-oig für noai (§ 90),
noXh-ov für urgr. ^noXirag? (§ 79, 2), ßaXXovr-avg für ßdXXovr-ag (§ 87).
Suffix -tr-O' "tr-a-, -tl-o- -tlnO- (Weiterbildung aus -fer-, § 71*,2).
Vorzugsweise mit der Bedeutung des Werkzeuges oder des Ortes der Hand-
lung, (feg-rgo-v ifäqs^rqo-v : lat. fer-culu-m praeteHcülum, ai. hhari'-tra-in
„Arm** (das, mit dem man trägt). Xex-tQO-v, ^rj-xqa. av-rXo-v av-rXo-g av^rXt] :
vgl. ai. dmortrorm „Gefass, Krug, Trinkschale**.
2. Suffix -jo- 'iä-y -n'o- -n'd-.i) Verbaladjektiva, öfter mit der
Bedeutung des sogen, part. fut. pass. oder part. necessitatis, wie Scyno-g
„venerandus** : ai. ydj-ya'S dass.; das Neutr. substantivisch, aifdyHo-v.
Weiter war -{o- lebendiges Suffix in denominativen Adjektiva, wie ncn^
lo-g : lat. patr-iu-s, ihn-io-g : ai, dSv-iya-s „equinus**, ns^o-g aus *7t€d^o-g
: ai. pdd-ya-8 „den Fuss betreffend**. Das Fem. und das Neutr. zu solchen
Adj. oft substantivisch: (r(OTr]Q-ia „Rettung** zu ccori^^io-g, ion. ävayxairj
„Notwendigkeit** zu ävayxaio-g, d^sXxzr^^io-v „Ergötzung, Zaubermittel'* zu
x}€XxrrjQ''iO'g\ solche Neutra in nachhomerischer Zeit mit Deminutivbedeu-
tung, wie oqvid^'iO'Vy aamd-io-v (-trffo- wurde als selbständiges Suffix weiter-
getragen, z. B. ädBX^'(diO'Yy An den Gebrauch in denominativen Adjek-
tiva schliesst sich der in Komposita an, wo -eo- seit uridg. Zeit Zeichen
der adjektivischen Geltung des Wortes war, wie ofio-natq^io-g (: altisl. sam-
fed-r „von gleichem Vater**) neben dfio-ndtcoQ (§ 105, 2). Endlich -|0-
zuweilen mit der Bedeutung der Vergleichung (komparativisches -10-), wie
aXXo-g aus *dX'tO'g : lat. al-iu-s, fiäaao-g fiäao-g aus *jU€v^-^o-$ : ai. mdäh-ya-s
„medius**; von diesem -jo- scheinen die Komparativsuffixe -t'cn- und -{es-
(§ 73, 3) ausgegangen zu sein.
*) Benseler, De Dominibus propriis et
Latinis in is pro ius et Graecis in ig iv pro
log toy tenninatis, C. St. 3, 147 ff. Aly, De
nominibus lo suffixi ope formatis. Berol. 1873.
Akens, Ob. die Adjektiva auf aiog, eiog,
tj'Cog, oiogy totog, Emmerich 1873. G. Meyeb,
Das Nominalsuffix lo im Grioch., K. Z. 22,
481 ff. FiCK, Zum sogen. Ja-Suffix im Griech.,
Bezz. Beitr. 1, 120 ff. Zacher, De nomini-
bus Graecis in -rtiog, -aiaj -aioy^ Halle 1877.
Fritsch, Zum Vokalismus des Herodotischen
Dialektes (über -tjio- und -eio- in Ableitungs-
silben), Hamburg 1888. Streitberg, Die Ab-
stufung der Norainalsuffixe -j(o- und -ißn- im
Gennan. und ihr Verhältnis zu der des Indo-
germanischen, Halle 1888. In der letzt-
genannten Abhandlung wird wahrscheinlich
gemacht, dass im Uridg. neben -jfo- -tj^ eine
Tiefstufenform -t- f- lag, im nom. acc. voc.
Bf^.f vgl. z. B. lat. ali'8, fiK osk. medici-m.
Im Griech. war diese Suffixgestalt schon in
vorhistorischer Zeit durch Ausgleichungs-
prozesse verdrängt. Dass sie noch durch die
späten Formen wie Jijfit^Qi-g repräsentiert
werde, ist durchaus unglaubhaft, s. Stbeit-
BBRO S. 37 f., Vf. Grdr. 2, 116.
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 70.) 93
Anmerkung, -io- verband sich öfters mit vorausgehenden suffixalen Elementen
zu einem einheitlichen Suffix. Genannt ist schon -idio- in Deminutiva. 'Trjgio- war von
solchen wie ^eXxrijo-io-g, zu ^eXx-iiJQj ausgegangen. Nach ßaaiXij{fyiO'g ßaalXuo-g von
ßttciXcv'S u. dgl. solche wie äy^Qüin-no-s (vgl. Fbitsch, a. 0. 28 ff.). Vieles dieser Art
bei L. Meyer, 2, 440 ff. Besondere Schwierigkeit machen -aio-g, -oco-g, -eiog, wie in ^ixttio-g,
uXkMfhg, oUeio-g; ihre Entwicklung ist noch nicht genügend aufgeklärt.
3. Suffix 'tiO' 'Uä-, Primär und sekundär. oQ&o-g aus Hq^-po-g :
ai. ürdh-vä'S , aufrecht* lat. arduo-s, idg. *fdh'^6-s; lak. BwgO^äa Bwqata
Cauer D.* 34. 36 ist hiervon zu trennen und mag zu ai. vardh- gehören,
obwohl ich für das co auch so keine Erklärung finde. Ion. xsivog att.
xevo-g aus ^xsv-po-g^ daneben ion. xfi'f-o-g kypr. xevsvpov d. i. xBre-po-v,
%ava'(f)6'q neben Tavv-yXaxrao-g. Wie ein Partizipialsuffix erscheint -uo^
in lak. tlrj-fso-g kret. iXso-g und hom. eAa-(/r)o-g zu *iXr]^fii *lXa'fi€v aus
♦ciktAij- *(ri-<rAa- (§ 115 c), vgl. das Nebeneinander von i(fTr^'(f)(jig und
scTa-'ipjfog, Sekundärsuffix vermutlich in kret. piapo-g homer. itsao-g (nicht
Ifso-g) att. JVo-g, aus ^pita-po-g^ zu einer schwachen Stammform von Bidog
(Bechtel, Philol. Anzeiger 1886 S. 15, Vf. Grdr. 2 p. XIII). Ferner wahr-
scheinlich in den Verbaladjektiva auf -teo-g^ aus *-T«-fos, wie ömK-tso-g
(sehr produktive Bildung), und den Adj. auf -aXeo-g aus ^-aXe-fso-g {maXeo-g
ntaXo^g s. unten unter 11), vgl. Vf. a. 0. S. 127 f.; unhaltbar ist Ascoli's
Herleitung des -rto- aus *-r|o-, s. § 12 Anm. Endlich in naxQtag aus
*7rcrr^cö-/?o-g, mit Q(o = f (§ 23) , mit Übertritt in die Deklinationsweise
konsonantischer Stämme (acc. natqw'o); anders G. Meter, Gr. Gr.^ 315,
Pbellwitz, Gott. gel. Anz. 1886 S. 765.
4. Suffix -no- -na-, -^no- -^na-. In Verbaladjektiven (meist
passivisch) und primären Substantiven, wie CTVY'Vo-g, vn^vo^g : aksl. sYmYi
aus *süp'nü\ crrf y-v6-$ und crf y-avo-g, id-avo-g id-avo-v^ d^tn-avo-v dgeTt-ccvr^;
zu den Formen auf -avo- vgl. jedoch auch Suffix ^meno- (7). Sekundär in
♦-fC-vo- *-acr-vo-5 wie (paeivo-g, igawo-g, ifeXr^vrj (dor. aeXavA lesb. asXdvvd).
fafH^vo-g 6(o&i'v6-g u. dgl. wohl von ^ccqi rjwx^i etc. aus gebildet, wovon
sich ein einheitliches -ivo^ ablöste, in deiX-ivo-g u. a.
-OWÖ-. xX'OVo-g (xäXofiai), d^q-ovo-g (W. dher-)^ rjd'Orrj, Durch Kon-
traktion war der Anfangsvokal von -ono- oder der von -eno' (vgl. aksl.
vez-etiü „gefahren'* vret-eno n. „Spindel") mit dem wurzelschliessenden Kon-
sonanten bereits in uridg. Zeit verschmolzen in Svarr^vo-g {^aT&vo- „Stand"
= ai. sthäna-m), svö^r^vsw^ el. avv-O^rjvai „Vertrag" (Collitz Gr. D. n. 1168).
5. Die Suffixe -ino- -ina- und -Fwo- -Ina-, -tvo- in denomi-
nativen Adjektiva, die Stoff, Herkunft, Art bezeichneten (produktive Ka-
tegorie), wie (friY-ivo-g : lat. fäg-inti-s, uXr^O^-ivo-g. Mit ähnlicher Funktion,
welche in die des Deminutiven überging, -ivo-: äyxi(fT'ivo'g , igvO^Q-Tvo-g
(quasi „Rötung"), xo^ax-tro-^g „ein rabenschwarzer Meerfisch", auch „junger
Kabe, Rabenbrut", äeX^ax-tvtj neben rf^Ay-af, vgl. got. sv-einn, „Schwein"
neben gr. v-g, gdiUein n. „Böcklein".
6. Suffix -cvvo- -awct-'^) Sekundär in Adj., wie dovXo-avvo'C-,
das Fem. substantivisch (Abstrakta), wie dovXo-avvri, Der Ausgang -oavvo-
'oavvä" verallgemeinert, daher z. B. fiavr-otfvvrj zu fim^i-g, tsQsdavva (neutr.
pl.) und t€Q€o)(fvvr] aus HBqr^(pyo- zu UQsv-g (Wackernagel, Phil. Anz. 1886
*) AcFRBCHT, Das Affix avpog, avvrj, K. Z. 1, 481 ff.
94 A. Oriechische Grammatik, o) Flezionslehre.
S. 73 f.). Engerer Zusammenhang mit ai. -tvanä- z. B. martt/a-tvand-m
„Menschen weise** ist klar, doch ist die Entstehungsart des -cv- von -crrvo-
noch nicht sicher ermittelt, s. Vf. Grdr. 2, 153 f.
7. Suffix -meno- -menä-, -mno- -mnä-. Das Suffix der part.
med. (pass.). Im Qriech. blieb in dieser Funktion nur die Ablautform
-meno- produktiv, wie nevi^o^iievo-g TTevad-fxevo-g^ vgl. ai. praes. hdäluz-mäna^s
fut. bhötsyd mana-s (W. bhe^dh- „wachen, achten"), -juvo- vielleicht in
einigen nicht mehr partizipial gefühlten Nomina, wie ßkXs-iivo-v^ cra-juvo-^.
In den Partizipien der themavokallosen Tempusstämme zeigt das Arische
-awa- -ana-, z. B. av. say-ana- ai. Sdy-afia- „liegend** zu indic. ai. Se^t€ =
gr. xf r-rae. Hat man diese Suffixformen mit Hibt auf -^no- -§*wo- zurück-
zuführen (s. Vf. Grdr. 2, 133. 143), so gewinnt man für alle medialen
Participia dasselbe Suffix, und aus dem Griech. können dann auf -^no-
die Formen wie ^Si-xe-avo-g („der umlagernde**, zu ai. d-Sete nach v. Fier-
LiNGEB, K. Z. 27, 477), id-avo-g (vgl. ai. indic. dd^mi), i-avo-g aus V^cr-aro-g
(vgl. ai. indic. vds-te), und auf -§"mö- das Adjektiv TTv-avo-^ nr-tjvo-^ be-
zogen werden.
8. Suffix -wo- -ma-. Häufig als Primärsuffix in verschiedenen
Funktionen, wie x^^v-fio-g (ursprüngl. „Wallung**) : lat. fü-mu-s, d^sq-fio-g
x^^eQ'fiT^ : armen, jer-m „warm**. Besonders war unser Suffix produktiv zur
Bildung von Verbalabstrakta, wie (fXoy-fia-g odvq-iio-g xrjQvy-iio-gy n^firj
fivij'fArj. -T'fiO' : iqS'T'fAO'g zu igätraa) iQb-'Trj-g, €(p'€-T'firj zu «y-t-riy-g u. dgl.;
zu dem -t- vgl. § 72, 1. -O^-fio- (-^A- war das sogen. „Wurzeldeterminativ**
-d/*-, vgl. nXri'x^'tüi) wurde als einheitliches Suffix schöpferisch: GTa-^fio^
cra-i^/ii^, aQi-d^fiO'gy xrjh]-x}^fi6'g u. a. Vgl. -T-fiev- -x^-fiev- § 71, 4 und
-0^'QO' -xh-Xo- in diesem § n. 12. •
Anmerkung. Für dcnjfio-g (datio^ai), taafio-g (to&io)), 'oafArj (neben älterem o^-fitj),
aX^afAo-g, fiegiafio-g, iy^^ovaiaof^o^g (zu Verba auf -i'Cw, -«Cw) kann man das Suffix -»-wo-
zu Grunde legen, also dacfio-g aua *dtn-itfAO' etc. (VI M. U. 1, 81). Doch Itteat sich auch
mit SoLMSEN, K. Z 29, 123 annehmen, dass diese Nomina von Haus aus nur -mo- hatten
(*dar-fiö'g, *md^fA6g, cd-fAij), dass dann zuerst bei solchen, denen Perfektformen auf -^fjiai,
'Ofu&Uy -cfABvog (a von -atai, übertragen, dedaa/ÄM nach dedaarai, s. § 134) zur Seite standen,
aus diesen Formen er für den Verscblusslaut eindrang und dieser dann aucb sonst (z. B.
in odfiij) dureb a ersetzt wurde, a griflP alsdann auch für das ^ von -^/io- Platz, wie
^vafio-g für ^v-^fio-g, »eafio-g für (lakon. und sonst) de-^fio-g. Vgl. -Ofiey- § 71, 4.
Seltner als Sekundärsuffix: dQV-fia pl. und dgü-^uo-g von cJ^v- : ai. rfrw-
ma-s „Baum" ; Hv-no-g zu ireo-g aus "^irsp-o-g. Das -mo- von rofinfno-g
voat'ißo-g u. a. war von ifv^i^no-g u. dgl. ausgegangen.
Von besonderer Art war das -mo- mit Komparationsbedeutung:
i'ßdoiio-g, ißdffiaio-g ißdeixi^xorra (§ 29. 101) : lat. septimu-s preuss. septma-S,
nQO'jno-g (zu ngo) : umbr. promo-m „primum" got. fra-m adv. „vorwärts,
weiter". Vgl. Vf. Grdr. 2, 156 flf.
9. Suffix -rO' -ra-, -i^o- -frö-.^ Hing zum Teil mit dem -p
im nom. acc. sg. neutr. zusammen, vgl. z. B. vö-o^q : vä-Qo-g^ m-ag : ni-ago-g
(§ 78), zum Teil mit -e^-, vgl. z. B. ai^-r]Q : m^-qa (§ 71% 2). In sehr
verschiedenen Funktionen. egvO^-Qo-g : lat. ruber riib^ro-, idg. "^rudh-rö',
dy-Qo-g : ai. (Ij-ra-s, Korkyr. iago-g aus ^h-oQü-g : ai. i^-ird-s „eilend, regsam,
') Em. Coemaks, Les adjectifs grecs en ^o- et en Ao-, Le Mus^n 7, 483 IF., 529 ff.
2. Hominal- nnd Pronominalflezion. (§ 70.) 95
frisch", idg. ^is-j^ro-, ^tj-qq- Adjektiva bildend (produktiv), zu Verba auf
-«<ö, wie novrjQo-g zu novtvfiai. Antritt des -^o- an Tempusstämme mit
thematischem Vokal: 7rr-«-^6-r zu m^s^ax^ai : vgl. ai. pat^a^rd- „fliegend**,
uj^e^qi-q zu cyx"*"^? wie cx-B-ro-g ax^^-ai-g. Sekundäres -^o-. oi^v-Qo-g zu
oiCv^g oi^v-ogy (paße-Qo-^g zu (foßo^g, wonach -sqq- als einheitliches Suffix in
xQ€eT'€Q6g cxi'CQo-g u. a. nie-qo-^ [nisiQo) : ai. plvarä- „fett", Idg. */)J-?/c-
rO'Sj neben ni^{p)(ov [ai. pi-van- „fett**, vgl. auch nl6^'^r^g] entsprechend
i^-/[i«-^ö zu ^-juor-ror.
Anmerkung. nlaQo-g war nicht lautliche Variante zu nieQo-g, sondern gehörte zu
Titaiyta, wie Sttv^ta-ro-g zu davfialyut (vgl. auch ntaXo-g nlaXeo-g unten unter 11); ebenso
fuoQo-g zu fAittiytü. Vielleicht war le^-s Neubildung nach msQo-g axtsgo-g, umgekehrt axiu-Qo-g
nach nia^o-g fiiaQo-g. Vf. Grdr. 2, 171. 174.
Zugleich als denominatives und als primäres Suffix lässt sich -^o- in
in ^ä'Qo- und -v-^o- ansehen, z. B. oiwr^go-g dor. odvvAqo-g neben odvvi]
und odwdoi, hom. oifv-^o-^ neben oi^v-g und oiJ"t5(ü (vgl. oben att. ol^v-qo-g)-,
vgl. -it-Ao- 11.
10. Die Suffixe -ero- -cra- und -tero- -tcra-, Komparative
bildend. 0 Zusammenhang mit den lokativischen Adverbien auf ~(t)er und
'(tjer-i, vgl. z. B. vnsQo^g : tW^ und vrrsiQ (aus *i57rf^^). tü/rf^o-g vrteQO^v
insQü : av. upara- „oberer**. Suffixform -fro- in yt(f)-a^o-$. iv-rego-v : ai.
dn-tara-s „innerer, lieber, intimer**. ngo-Tego-g : av. frortara- „vorderer,
früherer". Suffixform -tro- in allo'TQHO'g^ va-xQo^g (zu orf-«po-$, vermut-
lich kyprisch, ai. ud-ard- „Bauch**), vgl. ai. an-ird-m lat. hi-tra u. a. Oft
'T€QiH an kasuelle Adverbia angehängt, wie fxvxoi-TeQo-g, naXai^Tsqo^g (indem
naXaireQo^g auf nalaii^ bezogen wurde, bildete man ye^aitego-g zu ysQaiO'g
u. dgl., und indem weiter -aireQo-g als einheitliches Suffix empfunden wurde,
kam man zu jjffvX'CctTeQO-g u. dgl.), vifJi'TeQo-g, xaroJ-rt^o-g, arw-rt^w, «yyt'-
T^'^cü. no-Tsqo-g : ai. ka-tard-s „uter**. rjUb-reQQ-g : vgl. lat. nos-ter, ~tsqo~
wurde im Griech. bei Adjektiven da regelmässig zur Bildung des Kom-
parativs verwendet, wo -raro- (14 S. 97) Superlativsuffix war, wie w.«o-
t^qo-g, yXvxv^eqo-g, X«^'*^^*^o-$ (-f*r- für älteres ^'fciT-^ s. § 72, 4), uXr^Ma-
TSQO-g (hiervon das -earfgo- von €vdaifi0V't(fTfQ0'C^ f^^w/ifi'-iOTf^o-^, evvo^
tarfqo^g evrovatego-c;). Die Formen wie aoiftO'Tsqo-g waren von Adverbien
auf -Ol ausgegangen, s. § 80 und Vf. M. ü. 3, 78 f. K. Z. 27, 591.
Oft Kombination mit andern komparativischen Suffixen. Allererbt
war 'ta-tsQQ-g in äQKSxeqihg (s. Vf. Grdr. 2, 179), wonach solche wie XaX-
iar€QO'g\ die Ausbreitung dieser Suffixkombination wurde durch den gleich-
lautenden Ausgang von ax^Q^'^'^^Q^'^ = *axa^«T + t«^o- unterstützt, ft/ifiio-
T*po-g zu dfieirtov, xvvTBQW'TeQO'g.
Auch Komparative von Substantiven: xyr-reQQ-g, oqia-TeQO'g.
11. Suffix -?o- -ifö-, 'llo^ -lla-,^) Als Primärsuffix in sehr verschie-
denen Funktionen. arv-Xo-g : ai. sthü-rd- sthü-ld- „massiv**. rAr^-ii; : lat.
fc'Iare, Lak. iXXa „Sitz** aus *ii'Xa (§ 43) : lat. seih, got. sit-U „Sitz\
(fV'Xo'V (jV'Xrj. xBif-aXi] neben xtß^Xrj : got. gib-la m. „Zinne**. ntv-aXo-g
Tiit-aXo-v. -r^'Xi- Adjektiva bildend (produktiv), zu Verba auf -fc«, wie
fiifir^Xo-g zu fiifitoiiiat. Auf Antritt des -/o- an Tempusstämme mit thema-
') VVeihric^ De gradibus comparationis
lingnarom Sanscntae Graecae Latinae Gothi-
cae, Giss. 1869.
») Vgl. S. 94, Fussn. 1.
96
A. QriechiBche Grammatik, c) Flezionslehre.
tischem Vokal beruhte wohl -f-io- in eihTQdTt-e-Xo'g (: lat. torculu-s aus
*forc^-Zo-), <rivy-«-io-$ neben arvff-ko-g u. a. niako-g von nlaivm^ wie
TTiaQo-g (vgl. Anm. zu 9), und hiervon mittels des Suffixes -^o- niaXäo-g
(s. oben 3 S. 93); wie letzteres, so isißakäo-g zu ieifxaivo) u. dgl. m.
Sekundäres -lo- von vorgriech. Zeit her vornehmlich mit deminuie-
render Bedeutung (die oft mehr oder weniger verblasste) : naxth-i.o-g : ai.
hahurld' ursprünglich „etwas, einigermassen dick**, o/i-crio-^ : lat. simili-s.
In späterer Zeit wurde der Ausgang -v-lo- mit der Weiterbildung -vAiio-
in deminutiver Funktion schöpferisch, z. B. a^xr-i7o-g avO^vXho^v. Hierzu,
als uridg. Erbgut, die Kosenamen, deren -fc- auf griechischem Boden
eine Anzahl von analogischen Erweiterungen erfuhr : z. B. Ta^i-Xo-g^ wonach
JJw-iio-^; und &qa(si'ko'g^ wonach ^Ay^iXo-g "^Hy-vXo-g; mit ^XXo- (aus *-AtJO-)
TtQipi^XXo-gy wonach Jog^iXXo-g^ und BdS-v-XXo-g (neben Badv-Xo-g), wonach
Nix'vXXo'g\ vgl. die Kosenamen ai. Bhanu-la-s, gall. Teutalu-s, got. Vulfi-la.
ni-fif-Xr^ d^v-fit'Xt], wie rj-^iä-gä (9). Zugleich als sekundäres und als pri-
märes Suffix lässt sich -Ao- in -ä-Ao- ansehen, z. B. ciyrjXo^g dor. aiyaXi^
neben (Siyrj und aiyd<a^ vgl. -ö-^o- (9).
12. Die Suffixe -dh-ro- -dh-ra-, ^dh-lo- -dh^la-y nur in den
europäischen Sprachen, gleichwertig mit -^rö — tlo- (1) und -ro- -fo- (9. 11).
-rfA- war, wie in --^'^fio- (8), „Wurzeldeterminativ**: vgl. ax-e-d-Qo-g zu
aX'€'^'tH€v (für lautgesetzliches ^ax-e^&'äfAev^ s. § 60), ferner ßd-d-Qo-v
neben ßa-d^fio-g^ KrXrj-d-Qo-v neben xrjXr^^O'fic-g. oXs-^Qo-g^ iivXtO'&Qo-g^
^b(f)€^&Qo~v ^et'x^qO'Vy xaifirj-^Qa. v-d-Xo-g^ ytve-d^Xo-v yevä^S-Xtj. Den Formen
mit «, cc im Schluss der Wurzelsilbe (vgl. noch Wf-i^Ao-v, fiäXa-S-go-v, xQefid'
x^Qä) vergleichen sich die lat. verte-hra, mandi-bulti-m, condüci-bili-s u. dgl.
13. Suffix 'bho- -hha-, EiQa(p*m%gi-g lesb. 'E^^or^foiTd-^, Beiname
des Dionysos, bringt man mit ai. x^a-hha-s „Stier** zusammen (vgl. § 45
S. 63). ^Xa'(fo-g Gf. ^eln-hho-s, zm iXXo-g aus *€U-r-o-^, aksl.^cfow- „Hirsch".
Wohl auch xoqatfo-g (wahrscheinlich zu xoqwvrl) aus *-^-tÄo-, vgl. lat. cor-
n-i-x. Als Tiernamensuffix wurde -ayo- einigermassen produktiv, z. B.
xdXa(fO'g dtfxdXatpo-g^ xiQa(po-g, s. LoBECK, Prolegg. p. 291 sqq. Nicht-Tier-
namen: xoXaffo-g xQora^o-g xoQV(pr., aQyv^o-g, Nicht unwahrscheinlich ist
der etymologische Zusammenhang dieses -bho- mit dem -yo- von afAtpco^ <y-yöi,
s. Johansson, Bezz. B. 13, 123, wo noch weitere Kombinationen.
14. Suffix -^ö- -M-.i) Zwei Gebrauchskategorien.
a. Primärsuffix in partizipialen Adjektiven und mit ihnen zusammen-
hängenden Substantiven. xXv-ro-g : ai. iru-'td'S „berühmt** lat. in^clutu-s.
ßa-To-g : ai. ga-td-s „gegangen**, a-ßato-g : ai. d-gata-s „unbetreten**, ife^
ro-g, (foQ'Xo-g : ai. hh^^-td-s „getragen** air. ed-bart f. „oblatio**. votr-ro^ :
ahd. neS't n. „Wegproviant, Unterhalt**, tt Aor-ro-? von W. 2^?^'-.*) d-idfua-
') BChler, Das griech. Sekundärsufßx
Tf]?, Gott. 1858. Ebel, Die Maskulina auf
Ttjg, K. Z. 4, 155 ff.
^ '^) fil-eu- neben pl-e- wie ai. rfr-ti- neben
dr-ä- „laufen- u. dgl. Vgl. Vf. M. U. 1, 43 ff.
nXovTo-g also zu ai. plu-, plutd- „schwim-
mend in, überschwemmt, erfüllt von*. Dazu
wohl auch das aus *plt-ios nicht herleitbare
lat. plons plus, aus *ple}^-08, ursprünglich
ein Substantivum wie wi-n-ti« (Vf. Grdr. 2,
406). plürimu-8 aus *ple^-{e)8'tmO', wie
maximu'8 aus *mah'(e)8'im0' (a. 0. 169).
Die eigentlichen Komparativformen (pleöreSt
pllsima, a. 0. 404) wurden durch die von
jenem Neutrum ausgehenden Neubildungen
zurückgedrängt. Im übrigen vgl. Osthoff,
P.-Br. B. 13, 445 f.
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 70 ) 97
Tps <J/ii^T6-g : ai. dami-td-s „domitus**. t/if-ro-?, subst. f/if-ro-$ : ai. va»i«-
^^"^ »gespien**, yere-rrj yfi'^-rij-g : lat. geni-tv^s, ax-s-ro-g, iQTt'e-ro-v,
a^-rf«x-*-To-5 : vgl. ai. dari-a-td-s „sichtbar**; av-rjvvto'g zu a-ri-w. Vgl.
ax-'k-ai^q a-rv-ai-^ § 70*, 5. ßio^ro^g ßio-rij : vgl. aksl. zivo-tü „Leben,
Lebewesen** lit. ^fyra-tö „Leben, Lebensunterhalt**. Der Begriff der Fähig-
keit oder Möglichkeit, der so oft mit den adjektivischen Formen verbunden
war, z. B. Ivzo-g „lösbar** ßaxo-q „gangbar** ^avfxaaro-g „erstaunlich**, war
aus vorgriech. Zeit überkommen und am frühesten, wie es scheint, in Ver-
bindung mit negierenden Elementen (a-kmo^g, ovx ovo^iacro-g) entwickelt
worden.
Das zur Bildung von primären Abstrakta dienende -^ä- («^«-rij yers-ri]
ßQov-Trj) war schon in uridg. Zeit auch denominativ verwendet worden.
Diese Kategorie (vgl. lat. juven-ta, ai. dcvär-ta- „Göttlichkeit** u. s. w.) liegt
im Griechischen in zweifacher Umbildung vor. Einerseits wurde in diesen
Nomina, so weit sie ihre alte abstrakte Bedeutung festhielten, -tat- (das,
wie -to^i-, aus -ta- weitergebildet war, s. § 72, 2) an die Stelle von -fa-
geschoben, z. B. ßaqth-Tr-g -Tr/c-og : ai. guru-ta-- „Schwere**. Anderseits
waren, indem unsere Abstrakta von Personen gebraucht wurden, Maskulina
auf -Tit-^ entstanden in derselben Weise, wie ysvt-Trpg („Erzeuger** und
»Erzeugter**) aus ysvB'Xr entsprang, z. B. Tiokv-ßov-rrpg : vgl. ai. a-gö-tü-
»Mangel an Kühen**, ay^o-rry-g, tnno-ta (voc, s. § 76). Die primären und die
denominativen Maskulina auf -va-g berührten sich erstens infolge davon,
dass z. B. olxb^rrpg und yert-ttfi den gleichen Ausgang -frö-g hatten, so-
dann weil Formen wie xoQva-Tr^-g xe^da-rrj-g ebensowohl als denominative
wie als partizipiale Bildungen erscheinen konnten.
V7ie dieses -^ö-, so konnte auch -^o- im Griech., wie im Ar. und
Ital., von jeher unmittelbar an Nominalstämme angesetzt werden, wodurch
eine besondere Art von denominativen Partizipien entstand, z. B. axBa-xo^g
zu lixog^ d'ytQaa-To-g zu yf^Qccg, vgl. ai. dn-ap-ta-s „unbewässert, nicht
wässerig*" zu ap- „Wasser**, lat. sceles-tu-s zu scelus. Darauf beruhten auch
aller Wahrscheinlichkeit nach die altererbten Neutra mit -my^-to", -^/p-^o-,
wie ovo-fiara : lat. cögnö-mcnta, xacav-iAara : lat. assü-menta, nsiquTa lesb.
TTtQQara urgr. ^neq-para : ai. pdr-vata-s „Gebirge** (zu pdr-van-- n. „Knoten,
Knotenpunkt, Absatz, Abschnitt**). *övo'inato-v gehörte als substantivisches
Neutrum zu einem *oi'o-/ia-r6-$ „benamt** 'vgl. «>ar^a-ro-$ zu x}^av^ia) und
bedeutete ursprünglich „das Benamtsein, die Benamlheit**, wie ai. mi^-td-m
„das Totsein, Tod** neben ntf-td-s „tot** (vgl. Vf. Grdr. 2, 212. 234 f.
444 flF.). Im Griechischen wurde dann diese Neutralbildung schöpferisch,
vgl. noch «-/lara (vgl. ev-ef/xoDr, ai. vds-ni an- u. „Decke**), juinfj-fiatay oQiir^--
liaxa und Biäara d. i. iä-para (vgl. ai. agradvan- „zuerst essend**, § 13 S. 32),
attdra aus ^arä-pata (vgl. ai. sthü-vard- „stehend, unbeweglich**), und er-
griff zuletzt auch die neutralen -en-Stämme, vgl. ^/r-ara (ai. yak-an^
,Leber**) ov^-ara (ai. üdh-an* „Euter**). Die Formen des nom. acc. sg.,
wo-ita xdqä ion. xdqrj aus ^xaqäa-a^ und des loc. pl., ovo-fiatfi nffgaai
ov&^aat, waren noch als die alten unerweiterten w-Stammformen ins Griechische
hineingekommen, und nachdem das Grundnomen und das von ihm abgeleitete
-fö-Neutrum (cvo-fia und Hvo-iia-To-r) gleichbedeutend geworden waren, ver-
lUodbucb der kUm. AltertomswiaBenachaft. II. 2. Aufl. 7
98
A, Oriechisohe Grammatik, c) Flezionslehre.
schmolzen beide Formationen zu einem Paradigma. Es geschah das so,
dass man oro^a-ra, ovofid-Twv zu dem mit dem ai. Ablativadverb ndma^tas
identischen ovofia-Tog ins Verhältnis setzte und diese Formen nunmehr
als ovofiar-a 6vofiaT-(ov ovofxccT'Og empfand. Dadurch wurde es möglich,
die Formen ovofia und ovofiaci als Glieder dieser r-Flexion aufzufassen,
und man schuf einerseits die Form orofiau neu hinzu und liess anderseits
^mofiato-v u. s. w. fallen. Vgl. Vf. M. ü. 2, 220 flf., 227 flf., Fick, Bezz.
B. 5, 183, OsTHOFF, M. U. 4, 201 f. Dass das altel. xQr^fxmoig, wie Cürtiüs,
Zur Krit. d. neuest. Sprachforsch. 81 und Q. Meyer, Gr. Gr.* 358 annehmen,
noch den dat. pl. der alten -ro-Deklination darstelle und nicht durch den-
selben Metaplasmus erzeugt gewesen sei, der in nordwestgr. u. s. w. nod-otc:
etc. vorliegt (§ 90), ist recht zweifelhaft.
b. -tO' als Komparationssuffix.
Zunächst Zahlwörter. räraQ-ro-g TäTQa-To-g : lat. quar-turS aksl. cettr^-tü.
i'x-to-g : lat. sex-tu-s. An flxotf-ta-g (böot. pixatfro-g altertümlicher, mit
a = ^), r^idxoc-ro-g u. s. w. schlössen sich als Neubildungen ixaToaro^g,
6i&xoaiofST(hg^ XihofStog^ ferner auch TtoXkotfro-g^ ohyotsto-g an. Von iva-vo-^,
däxa-To-g aber löste sich -ato- als einheitliches Suffix ab : *7rp(ö/?-aTo-$ (zu
^nqui-po- in dor. nqav d. i. */rpa)-/?a-i' = ai. pür-vor^ idg. ^pf^MO-, § 23),
woraus att. etc. nQdko^g dor. nqato^g i), T^iV-aro-g, ißdofi^aTO-g, näats^ato^^
ßäkr^ccTo-g, gtägv^aro^g. Das aus rgiraro-g, ipäQTaro-g u. dgl. einheitlich ent-
nommene 'TttTO' wurde dann das geläufige Superlativsuffix da, wo der
Komparativ mit -r«^o- gebildet war (10): naXai^raro-g^ wfio-rato^^ tffKpoi'
TUTo-g etc. S. AscoLi, C. St. 9, 339 flf., Misteli, Ztschr. f. Völkerps. 11,
469. Eine andere, mir unwahrscheinliche Erklärung des -Torro- versucht
Bezzenberoer in s. Beitr. 5, 94 flf. (vgl. Vf. M. U. 3, 68 f.).
Dann das primäre Superlativsuffix -is-to-, das seit uridg. Zeit als
schöpferisches Suffix dem Komparativsuffix -ies- (§ 73, 3) zur Seite stand,
z. B. 7]d'i(TTo-g : ai. sväd-i^tha-s got. sut-ist-s „suavissimus". Die Tiefstufen-
gestalt des -ts- war durch die ursprüngliche Betonung -is-tö- bedingt (Vf.
K. Z. 24, 99, Kluge, P.-Br. B. 8, 520). Durch jüngere Neubildung kam
-«rro- auch hinter nominale Stämme zu stehen, z. B. xaAA-«rro-$ zu xdXi,ogj
T6'Q7tV'l(fT0'g zu TS^Tt^VO-g.
15. Die Suffixe -ko -ka- und -g'o- -qa-^). Auf Grund urindoger-
manischer 'k' und -g-Stämme (Vf. Grdr. 2, 384 f.) wurden im Griechischen
manche -xo-Nomina in die konsonantische Deklination übergeführt, z. B.
äXdnrj^ ( : ai. löpaid^s löpäka-s), oqtv^ ( : ai. vartaJca-s), fistQa^ ( : niarydkd'S)^
väa^ (: aksl. novakü),
"kO' steht für das Griech. nirgends ganz sicher; es ist für vdxiv&o-g
vorauszusetzen, wenn das diesem zu Grunde liegende vaxo- sich mit ai.
yuva'Sd-s lat. juven-cu-s deckte (vgl. Vf. Grdr. 2, 237). Dagegen ist -xo-
= -go- öfters durch die verwandten Sprachen verbürgt, z. B. /i«|pcrj : ai.
marpa-kd-s,
-xo- selten primär, wie ^jJ-x>; : ai. dha-kd-s „Behälter*.
') G. Mbter's Grundform ^nqo-axo-i
(Gr. Gr.* 154) ist mir wegen itqiv und att.
n^ijirjy minder wahrscheinlich.
^) BuDBNZ, Das Suffix x6g (ixog, axo^,
vKog) im Griechischen, Gott. 1858.
2. Nominal- und Pronominalflezion. (§ 70 ^) 99
Als Sekundärsuffix zunächst in Adjektiven, die von Adverbien gebildet
waren. näQ^-^ für ^nsq^-xo-g (nach dem Muster von naqt^ vnt^ aip u. dgl.
adverbial gebraucht), dazu nsQi-aai-g aus *-x-^o-5. nqu-aam (hom. aXa
n^fiaoYxeq) von *7r^Ä-xo-; zu nsqA Ttäga^v (Leo Meyer, K. Z. 22, 61 flf.).
vixaw (urspr. ,mache nieder**) von einem *yi-xo- : ai. nj-ca- „niedrig, ab-
wärts gehend' (Osthoff, M. U. 4, 223 f.). Im-atfa (vgl. ai. a^n-c-iya-
«geheim*, J. Schmidt, K. Z. 28, 122). näiia-aam. Weiter in Adjektiven
von Nomina und Zahlwörtern : ffvai-xo-g^ fiatti-xo-g (vgl. lat. afvi-cu-s, av.
hasvi'ke^ „kleinlich" von kam-^ „Kleinheit*); von den i-Stämmen aus war
-*xo- schon in vorgriech. Zeit (s. Vf. Grdr. 2, 245) auf die anderen Stamm-
klassen übertragen worden, z. B. iTtTt^xo-gj aat-ixo-g^ ävdQHxo-g (produktive
Bildungskategorie); vereinzelt erscheinen im Griech. ein paar au£ -r-xo-,
wie ^ißv-xo-g. iiaao-g aus *rf/?*-x-^o-$ >) : ai. dvi-ka- „aus zwei bestehend" ;
ion. d^o-g wohl aus *rf/?*-x-rifo-g (vgl. av. bi-tf/a- „der zweite*); entsprechend
i^HTcxo-^ r^-Jo-^. oid^ aus *orfaT-x(o)-$ zu orfovT- (auf den Gebrauch wirkte
idxvm ein): ai. a-dat-ka-s „zahnlos* ags. tusc tüsc „Zahn* uridg. ^dij^t-qo-;
hierher vielleicht auch daxrvXo-g, s. § 62. Entsprechend yvr-f zu yvv-
,Knie*. 7rjjA<-xo-$, iJAi-xo-g ijAt-f : vgl. ahd. alemann, we-ler „wie beschaffen*
urgerm. *-ß-x-a-^, aksl. koli-kü „quantus*. Verhältnismässig selten erscheint
im Griech. das urindogermanische deminuierende oder deteriorisierende -90-,
wie ii€Tqa^2LnB *fX€Qjiax{o)^ : ai. tnarya-kd-s „Männchen*, rf«'iy«f , ia/iaf , wozu
fiei^ax'-iO'V (vgl. oQvt&^o-v, S. 92). Hierzu Namen wie '^iTtnaxo-g, Adßqa^^
MoXvxo^ MoXv^. Wahrscheinlich XeTfia^ : Xeijuciv und ""Innaxo^g i^IniKov
wie ahd. JBerhtung : Berhto, d. h. '^^x{oy aus -ti-qo-. Seltener waren auch
die gleichfalls altererbten -Jg'O-, -üqo-, -aqo-, wie nsqd-l^^ xrJQ-v^ (vgl. ai.
idr-w-^ „Lobsänger*^, vä-ä^ (:aksl. nova-kü „Neuling").
16. Suffix -5X0- -sX'fl-. ßo^xrj zu ßo-axto. dCaxo^ aus ^dix-axo-g
(§ 59) zu iixetv. Die (bei Homer fehlenden) Deminutiva wie naidiaxo^ nai^
iiüxTj*) mögen mit dem Präsens auf -iVxw zusammenhängen, und die ältesten
Formen dieser Art mögen als Primärbildungen (vgl. a^^axo-g zu ccQäaxio)
zu einer Zeit entstanden sein, als diesen Präsentien noch der incohative
Sinn eignete, vgl. redvicxo-^ mit lat. adulescens,
70». IL Suffixe auf -i-. Ursprünglich vier Ablautphasen im Para-
digma: -H, -ei- 'Ci'f 'Oi'. 'Oi' (im gen. sg.) wurde im Griech. verdrängt,
ei wirkte noch im loc. sg. nach, s. § 82. Das Griech. brachte mask., fem.
und neutrale t-Stämme aus der Ursprache mit; die letzten erscheinen aber
nur noch in dürftigen Resten.
1. Suffix -i-. Primäres Suffix, nicht häufig, mg ol-g m. f. : lat.
ot?-f-5 m. f. ^^-«-5 f. : ai. dr-i-^ m. „Feind*. TQsTg aus *T^«i-f$ : ai. trdy^as,
uridg. *tr-i- (vgl. ai. tp'tfya-s, lat. ter-tiu-s). Altes Neutrum oatte du. aus
^oq-i-e (zum -{- vgl. yoiva aus ^y^r^F-a § 70*») : ai. dk^i, vgl. J. Schmidt,
K. Z. 26, 16 flf.
2. Suffix -w«-. Sehr selten, oy-v/s (gen. metaplastisch -id-og?) '
vvt'ig . aQOTQOv Hesych: preuss. wag-ni-s „Pflugmesser*, Qf. *^/ogÄ-«i-s (vgl.
FiCK, Bezz. B. 12, 162. 168). svvi-g, vgl. ai. ü-nd-s „woran etwas mangelt*.
') Unrichtig in meinem Grdr. 2, 125 ^) Janson, De Gr. sermonis deminutivis
ans *ifi't'io-g hergeleitet. in -taxoc, Thorn 1850.
V
100 ^ Griechische Grammatik, c) Flexionslehre.
3. Suffix -mi-. Selten, ik-iii-g f., vgl. die suffixgleichen ai. hf^mi-^
m., lat. ver-mi-s m., Vf. Grdr. 2, 272 f. ^e-fii-g f. : av. da-nii^ „Schöpfung,
Geschöpf* ; die Stammform x^tfiiT- nach Fick, Bezz. B. 12, 7 aus x^äfii-zog
(vgl. ovofia^Tog S. 98) abstrahiert. ^ y^-iW'-S f.
4. Suffix -rf-. Selten, ux-qi-g ox-gi-g f. : ai. a^-rt-^ „Ecke, Kante *",
lat. oc-ri'S m. Xä-qi-q : aisl. wY-r „weise" urgerm. ^^it-ri-g,
5. Suffix -^/-. Seit uridg. Zeit produktiv, primäre Abstrakta(nomina
actionis) generis fem. bildend, ri-ai-g äno-Tiai-g : ai. apa-cUi-$ „Vergeltung,
Strafe **. äo-ai-g rfaJ-ri-$ : aksl. da-ti „Gabe", yvia-ai-g : ai. jM^-ti-^ „das
Erkennen", oga-tn-g, d^icD-tri-g, xdO^aq^i-g. Mit -c-ff- cyx"*"^'*-?, lax-e-ai-g
u. a., wie ai. dpS-a^ti^^ f. „Ansehen", ähnlich a-ri;-(ri-g, vgl. cx-^-ro-^, av-r/vr-
Tos § 70 S. 97. fidv-ri-g m. war ursprünglich fem. Abstraktum, gleichwie
lat. hos-ti'S, aksl. ta-tl „Dieb" u. dgl. Über die Anlehnung der -^»-Stämme
in Komposita wie reQxpi'^ißQOTO'g an den c-Aorist s. § 103.
Anmerkung. Hier mögen noch genannt sein die öfter, namentlich von Daniblssos
(Om de grekiska substantivema med nominativändelsen -ai\ Upsala univ. ärsskrift 1883)
und J. Schmidt (K. Z. 27, 374 fF.) behandelten Feminina auf -w -^, wie Aritvi Atjr^, Schmidt
vermutet darin öj-Stämme und vergleicht ai. säkhä „Gefährte, Freund** acc. sdkhäy-am,
welches sich aber vielleicht in sd-kliäy' so zerlegt, dass •khä(y)' Wurzelsilbe war. Aach
der Vergleich mit ai. pänthä-s, mänthä-8, welche von *päntMy', ^mäntkäy- hergeleitet
werden, ist unsicher. Jedenfalls ist ein aus vorgriech. Zeit überkommenes Suffix -(^ noch
nicht erwiesen. Es scheint, dass -^ eine Umbildung von -cJ war nach dem voc. -oi (Bab-
THOLOMAE, Ar. Forsch. 1, 30, Schmidt S. 377). At^roog, Arjtot stünden für -oj^-og *-Oji-i.
Acc. krei AättSy ion. Atjrovy att. Aritta. Die Herstellung der lesb. böot. dor. flexion -a»,
-Ol?, -Ol, -tav vollzog sich, ähnlich wie die lesb. Flexion fjQfioyiyrjgy -17, -p, 'tjy^ -e unter dem
Einfluss der entsprechenden Kasus der ä-Deklination (Vf. M. U. 2, 196, Mbistkb, Gr. D.
1, 154 f. 269 f., Schmidt S. 379). Vgl. noch G. Mbyeb, Gr. Gr.* 315 f. 324. 328. 333.
339. 344. 347.
70^. III. Suffixe auf -M. Von den ursprünglichen Ablautphasen -tf-,
~eu" -c}^', 'Oll' wurde die letzte (im gen. sg.) im Griech. verdrängt. Mask.,
fem. und neutrale u-Stämme erhielt diese Sprache aus uridg. Zeit.
Anmerkung. Dass in urgriech. Zeit in gewissen Kasus gewisser St&mmo -u- vor-
handen war (vgl. ai. instr. sg. pai-v-ä u. dgl. und oaae aus ^oq-i-e § 70*, 1), zeigen 1. die
Formen wie )^vy6g yovya aus *yoy-f:-og ^yoy'p-a (§ 57), 2. n^Xexxo-y aus *7rBXBx-f'0-y neben
n^Xexv-g u. dgl. (§ 13), 3. ep. 7iovXv-g (dor. ntoXv-nog) aus ^noX-f-v-, eine Stammform, die
durch Übertragung von *noX-f' in die Kasus mit noXv- entstanden war (vgl. got. agg-v-u-a),
s. G. Meyer, Gr. Gr.* 92 f., Vf. Grdr. 1, 246.
1. Suffix -f^•. Primäres Suffix, vorzugsweise in Adjektiven, nfix^v^
m. : ai. bah-ü-^ m. ,,Arm". y*r-i'-g f. : ai. hdn-u-^ f. „Kinnbacken**, fiäd^-v
n. : ai. mädh-u n. „Süssigkeit, Honig", ßa^-v-g : ai. gur-ii-^ „gravis*.
nXaT'V-g : ai, p^ih'ii'S „breit". wx-t;s : ai. äi-ü-^ „schnell", lat. acu-pediu-s.
2. Suffix 'iu-. In andern Sprachen häufiger auftretend, ist -{m- im
Griech. gesichert nur in lak. vnv-g kret. viv-g att. (inschr.) vv-g, homer. gen.
vU'og^ Gf. *su'iu-Sy vgl. ai. su-ta-s „erzeugt, Sohn". Vgl. W. Schulze,
Commentationes philologae Gryphiswald. 1887, p. 17 sqq., Eretschmer,
K. Z. 29, 470 f.
Hierher würden auch die Maskulina wie rofitv-g irofiTiev-g (nora. pl.
^) Dass &tfdiajog durch neue Anfügung
von -Tog entstanden sei, wie Fick will, ist
nicht glaublich. In der Zeit, in welcher
dieser Neubildungsprozess sich vollzogen haben
müsste, wäre schwerlich mehr -t-t- zu -ar-
geworden. Nach Daniblsson, Gramm, und
etym, Stud. 1, 51 war ^efÄior- „ein Kom-
promiss von ^eftia- und ^efin-*, vgl. § 73, 2
Anm.
2. Nominal- nnd Pronominalflexion. (§ 70^'— 70<\) 101
"^ir'^Q im Kyprischen) 0 gehören, wenn Wackernaoel's Verknüpfung mit
den ai. Maskulina auf -äyiir^ das richtige träfe (K. Z. 24, 295 ff. und 27, 84 ff.).
Doch bleiben bei dieser Hypothese erhebliche Schwierigkeiten. S. Johansson,
De der. verb. contr. 73 sqq. und Wackern aoel selbst Phil. Anz. 1887 S. 232.
Anmerkung. Zunächst möchte man festgestellt wissen, in welchem historischen
Vcrhältniss die Nom. sg. auf -^v-g und die arkad.-kypr. auf -17-f (z. B. ygag^g) zu einander
standen. Spitzer, L. d. a. D. 27 ff. sieht -ifc als Neubildung an, während Pbbllwitz, Grdtt.
gel. Anz. 1886, S. 705 uom. -ijg : voc. -et; für das ursprfingliche hält. Des letzteren Ge-
lehrten Verknfipfüng unserer Noraina mit näxQtog (vgl. § 70, 3 S. 93) scheint mir kein
gl&cklicher^ Gedanke.
3. Suffix -nw-. Sehr selten. Hom. x^Qrj-vv-g neben att. O'Qa-vo-g,
Xty-vtf-g,
4. Suffix -rti'. Sehr selten. Sax-gv : com. dagr (pl. dagrou)
«Zähre", lat. lacru-ma. Auch xdxQ^'^ f-» x^X^«' (^«yx^«0 n. und ßotQV-g
m. hierher?
5. Suffix -/ei -.2) Verbalabstrakta und aus ihnen entstandene Kon-
kreta, ein besonders im ion. Dialekt produktiver Bildungstypus. Nach
Ausweis der Schwestersprachen (z. B. lat. ad-itus) waren dieselben ursprüng-
lich masc. gen., sie wurden im Griech. fem. hauptsächlich wohl durch An-
lehnung an das Genus der -/t-Abstrakta (§ 70*, 5); das späte ^t-tv^ m.
wurde damals erst von yf-ri; n. und (fi-ivu) aus neu gebildet. aQ^rv-g :
lat. ar-tu-s. aanaCTi-g zu äüna^ofiai^ wie got. ibnassu-s „Gleichheit,
Billigkeit" zu *ibnatjan (ags. emnettan) „adaequare". ßorj-rv-g. Zwei
Neutra: aa-tv paa^-xv : ai. väs-tu n. „Wohnstätte", und ^T-tv. ftv-fio-g
von *«rv- „Wesen" für *A-«-ri;-, vgl. ai. hr-d-tu-s „Tüchtigkeit" und <rx-^-
ai-$ cx-f-ro-g S. 100. Den mit -/i- gebildeten Zahlsubstantiva der andern
Sprachen, wie ai. patskti-^ aksl. petX „Ftinfheit, Fünfzahl, Anzahl von fünf" ,
entsprachen im .Griech. Formen auf -rv-g, wie nhvtr^HoaTv-g^ r^*Ti;-$ [xQnxvg
unter dem Einfluss von rgitro-g = Hgi-xio^g)^ T^ixtv-g^ vgl. Baukack, K.
Z. 25, 249 ff.
70^ IV. Suffix -*- -ie-.3) Dieses Suffix, das im Griech. infolge
analogischer Neuerungen die Gestalten, die es im Paradigma ursprünglich
gehabt hatte, fasst ganz einbüsste, diente seit uridg. Zeit zur Bildung von
Feminina zu substantivischen und adjektivischen Maskulinstämmen der ver-
schiedensten Art, ähnlich wie -ö- neben -0-. xß^rjatra aus *&rfr-iia zu xh^g
;>r^-T-o$. fji'ta fA'iäg aus ^(Sii-ia zu iV- aus *5etw- (§ 74, 1). Zu «-Stäm-
men urspr. nom. ^eti-T gen. -^-{^s -u^ies. ßagsia aus ^ßaqep-ia zu ßag-v-g :
vgl. ai. (jurv'i „gravis" *) ; bei diesen ti-Adjektiva fungierte, wie anderwärts,
so auch im Griech. (bei Homer u. sonst) die unmovierte Form auf -v-g
auch femininisch. Zu cn-Stämmen: xtxxaiva aus ^T^xrccv-j^a zu räxtwv :
vgl. ai. tak^H'l zu tdksafi^ „Zimmerer", (fdyaiva zu (fayoir^ O^tQanaiva neben
') Haupt, De nominuni in '€vg exeun- ' ders im Griech., K. Z. 30, 398 ff., konnte ich
ttum flexione Uomerica, 1883. ; nicht mehr benutzen.]
^) Bkhfet, Die Suffixe iv, tu samt ci^u, I *) Dass das Griech. auch (von der Form
K. Z. 2, 215 ff. I des Gen. u. s. w. ausgegangene) Formen auf
^) Danielssok, Om de indoeuropeiska ' -via gehabt habe, wie Prbllwitz, Gott. gel.
femininstammame pa -i, Upsala universitets | Anz. 1886, S. 7G3 annimmt, ist nicht erweis-
iirsskrift 1881. [Johakssoh's Aufsatz Zur lieh, vixvia gehört zu vixv-g (§ 70^}, ist
Fem.' Bildung in den idg. Sprachen, beson- also als *rexr-c<( aufzufassen.
102
A. GriechiBche Grammatik, c) Flexionalehre.
xß^sQaTi'V-rj zu O^fQaTt-oov (ursprünglich «-Stamm, s. § 71, 1); -«na wurde
als einheitliches Suffix weitergetragen, z. B. kvx-aiva zu Atixo-^, rjpn^&eaiva;
aus noi-riü : ai. pät-nl „Herrin** darf wohl geschlossen werden, dass ein
derartiger Prozess schon einmal im Uridg. stattgefunden hatte. Zu er-
Stämmen urspr. -er-i -r-jVrs, daher -r«i^a neben -T^-ia, evvrj'tciQa eivr^-
TQia^ €V'7idT€iQay 6(hT€iQa (: ai. dä-tr~t lat. da^tr-T-x), tpak-zQ^ia, Zu ^efU'
Stämmen: ono-saaa aus *-/?€T-(a für *-/?ar-ia (§ 72, 4) zu o7ro-«i$ : ai.
dpa-vat-T zu dporvanU „wasserreich**. Zu -«^Partizipien von thema-
vokalischen Tempusstämmen : (psqovaa aus *y*ipo-i'r-jfa zu y^pwr : ai. hhdra-
nt-T zu ihdra-nt" „ferens**, Idovaa zu Wo)»» : ai. mdd-nU^ zu vidd-nt" „fin-
dend**. Zu Partizipien von themavokallosen konsonantisch schliessenden
Tempusstämmen ursprünglicher Ausgang -?^^-F : dor. ictaaa (kret, dat. ionxff)
aus *i(f'cct'j^a : ai. s-ai-t, uridg. *5-g^-^; iovaa ovtfa war Neubildung wie eoiv wv
(§ 112). Zu e5-Stämmen: av-aidsia aus -fcr-m zu av-ctidrfi : vgl. ai.
rSdaS'T neben rodas- „Welt**, lat. temp-er-w-s zu tempus. Zu f^es-Stäm-
men urspr. -|tes-F -tts-i^, daher /«yor-^r« dor. att. (aus ^-pBa-ia) und
/f^'or-t^ra. Bei den -o-Stämmen fehlte seit uridg. Zeit der Stammauslaut
-0- vor unserem Suffix : nmqa aus ^nifisq-ka zu TtisQo-g : ai. pivar-t zu
pTvard-s „fett**.
In einigen Wörtern hat wa das Aussehen eines Primärsuffixes, z. B.
yt^fa aus *yvy-^a. S. Vf. Grdr. 2, 319.
Anmerkung. Der Ansatz dor idg. Suffixform -i für den nom. sg. ergibt sich aus den
Fonuen wie nom. sg. ai. sati, lat. datr-i-Xt air. Brigit = ai. hfhat4t got. frijönd-i, lit «uX^oii^-i.
Im Griech. war -l- wohl erhalten in noh-ttj-s zu ai. pur-i (trotz Bbchtbl, Phil. Anz. 1886,
S. 18). Der acc. sg. ging teils auf -hm aus, vor sonantischem Anlaut (ai. -t-m), teils auf
'ii'iji, vor konsonantischem Anlaut (vgl. im opt. 3. pl. *5-tj(-^< neben *«-f- *8-iiB-, § 107). Aus
letzterem gr. -iny mit Antritt des -y nach der Analogie der Ausgänge -t-m -ä-m u. s. w.
Entsprechend im acc. pl. -iiiis, das im Gr. vielleicht noch durch -ms, die antekonsonantisohe
Nebenform von -laySf vertreten war (§ 87), Nach -lav wurde im nom. sg. -t« für -♦ ge-
bildet, -ie- als starke Suffixform setzen wir an auf Grund von lat mäter-ii-s ctc-ü^a und
von lit. zem-e- aus *icm-ic-; es wurde durch -iä- verdrängt, z. B. gen. -iäg. Eine Fort-
setzung dieses urgr. Prozesses war es, dass -iä' auch in den nom. acc. sg. eindrang, z. B.
ircdQci „Genossin" für *iraiqa (zu hago-s, s. Whebleb, Nominalacc. 59). Das Schwanken
zwischen dXrj&eia und aXij&cid ion. äXrj&eirj u. dgl. (G. Meyeb, Gr. Gr.^ 55 ff.) erklärt sich
zum Teil wohl daraus, dass in einigen Fällen von Haus aus beide Bildungen neben einander
gestanden hatten.
Die Flexion der |^-Stämme geriet mit derjenigen der f-Stämme, in denen je nach konso-
nantischem oder sonantischem Anlaut der Kasusendung -i- und -t'i- wechselten (^ 70 % zu-
sammen. Die Akkusativendung -i-m der je-Stämme bestand auch einmal im Gnechischen,
wie hom. noXly *) = ai. purim (vgl. noXiä-td-g nohtj-nj-s noXiä-oxo-g, die den Übertritt in
die Analogie der iä-Stämme repräsentieren), und wurde Anlass zur Flexion noXiag n. s. w.
Daneben stand auch tioU-, tioXci- ' ^* ptm- und beförderte jenen Metaplasmus, da die -i- : -«i-
Stämme und die «-Stämme auch ihrerseits ihre Flexionen vermischt hatten (§ 70*^). Vgl. ausser-
dem die Doppelheiten if/äXtg-ta : Apcrrp-tV (gen. -tcf-o?), y^affa aus *j'«lrj^ : ai. ät-i-f «Ente* u.
dgl. Das Schwanken zwischen den drei Stammklassen {-i- : -je-; -t- -tj[-; -i- : -ei-), das zum Teil
aus vorgriechischer Zeit stammte (vgl. Vf. Grdr. 2, 262. 314. 455), bedarf im einzelnen
noch näherer Untersuchung.
Die Dojjpelheiten aX^&cM : dXrj&siiic, evdv'ya (aus *sv^y-iit) : €v&vyrj u. dgl. mögen
Formen wie roXfiä fiigifiya nregya statt solcher auf -ä ins Leben gerufen haben (Vf. M. U.
2, 199, G. Meyeb, Gr. Gr.' 57). Doch bedarf es noch näherer Untersuchung, inwieweit
dieselben etwa ehedem Neutra auf -« gewesen waren. Die letzte Auffassung ist durch
kret gen. ftifidg zu ion. elfia u. dgl. (Wh^eleb, Nominalacc. 35 f., Solhsek, K. Z. 29, 64)
nahe gelegt.
^) Der Bemerkung von Bechtel über
homer, noXl-g im Phil. Anz. 1886, S. 12
stelle ich die Frage entgegen: wo hätte denn
Homer noXvg noXfy mit i in der Senkung ge-
brauchen können? i in der Senkung bei
^yly, K 292, r 382.
2. Nominal* und Pronominalflezion. (§70^—71.)
103
70^. Mehrsilbige Stämme auf -r- -*{- und auf -ß- -u?^-. Hierher
gehören die Flexionen wie noXi^g noXiog (neben noh-g nolsog)^ ßhh-
ovqmnirg (A 36) und växv-g vcxv-v växv-og. Dass dieser Deklinations-
typus aus vorgriech. Zeit mitgebracht war, ist sehr wahrscheinlich, und
ich nehme an, dass er durch Nachahmung der Deklination einsilbiger
Stamme auf -i^ und -il- (z. B. xt-g xi^og, ai. bht^^ bhiy-^is, o-tpQv-g o-g^Qv-og :
ai. bhrA-^ bkruv-äs) entsprungen war (Grdr. 2, 314). Die i-St«mme (§ 70»)
wurden im gen. sg. etc. in allen Dialekten ausser dem attischen in diese
i-Dekl. übergeführt, z. B. gen. gvaiog = att. gvtseog^ und durch denselben
Einfluss erklären sich die Messungen wie nqiq^iv für nqrj^^v bei Homer
(Habtel, Hom. Stud. P 105). Geringer war der Einfluss der t^-Dekl. auf
die «-Stämme (70*»), z. B. bei Homer noXv-g td^v-v ßQcotv-v (Hartel a. 0.).
71. B. Suffixe auf -w.i) Es sind vier: -cn-, -jew-, -^en-, -iwcn-.
Dieselben standen seit uridg. Zeit im Austausch mit -o-, -io- -t- -r-, -^o-,
-mo-. Daher Kompositionsformen wie atfio-ßatpr^g und av-aifia-g (neben
ffv-aijucov) zu al'iiia (§ 103) und Ableitungsbildungen wie x^ifi-i'q zu xeU^a
Xfi'fjiciv. Neben o-Stämmen stehend, hatten die n-Stämme seit uridg. Zeit
das Amt, den Adjektivbegriff zu individualisieren, ein Einzelwesen zu be-
zeichnen, das eine Eigenschaft in auffälligem Masse besitzt; daher auch
viele Personennamen mit n-Suffixen. Z. B. (fTQaß-o-g „schielend" : (ftgaß-wv
^Schieler", ^T^ttj^cüv; ottgav-io-g „himmlisch* : ovQav-iwv „der Himmlische**:
vgl. lat. muUi'bibu-s : bib-ö, rüf-u-s : Rüf-ö, Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass -{cn-, -^en- und -mev^ erst durch Weiterbildung von e-, u- und iw-
Suffixen mittels -cn- ins Leben getreten waren.
Die n-Stämme waren ursprünglich teils mask. (wie xBi(.im), teils neutr.
(wie x^V*«); in a^Jjywv ^«ä, TQrjQO)v näXeia war die Maskulinform unmo-
viert mit einem subst. Fem. verbunden, vgl. rjdvg ävviiri (i 369 u. dgl.
Nur ein Teil der -jen-Stämme, wie wrf-tr-, scheint fem. Genus aus vorgriech.
Zeit mitgebracht zu haben (vgl. Vf. Grdr. 2, 321 f.).
Die starken Kasus hatten -^n- -ön-, -j^w- -jföij- -ii^n- -iiSn- u. s. f.,
die schwachen -w- -9-, -in- -m- -{^ — iifi-, -un- -im — Jf^^- -wm^, -rn»- -^w-
-»1^ von vorgriech. Zeit her.
In den schwachen Easus stand ursprünglich die konsonantisch aus-
gehende Suffixform vor den sonantisch anfangenden Kasusendungen; so
noch äq^V'ig xv-v-og (vgl. ai. iii-ii-His nd^in-as) gegenüber den Neubildungen
wie rixt-ov-og nU{p)(^V''Og Ttoi-fiäv-og äy-iov-og. Dagegen stand die sonantisch
ausgehende Suffixform vor. den konsonantisch anfangenden Kasusendungen ;
so noch y^a-iXi', kret. Ttha-tfi (neben TiXlov-og^ s. § 73, 3) und äqvdai für *«^a-(rt
(y von aq^V'og u. s. w. übernommen), und so einst auch ^texta-ai (ai. tdk^a-su)
*7ioipLa^ai für rixto-ai noi^ut^tn durch Angleichung des Vokals an den der
andern Kasus (vgl. rjiä-^i {^t ^tjäv-üi^ ßdtfe-aitür ßdai-ai); xr-cr/ für *xi;a-<y*
(ai. Suvct-su). Völlig verdrängt war die urspr. schwache Suffixgestalt in den
') OsTHOFP.Zur Geschichte des schwachen
deatschen Ädjektivnms, 1876. Ders. P.-Br.
B. 3, 1 ff. Yf. Die schwache Fonn der
Nominaktfanme auf -n in suffixalen Weiter-
büdangeii und Zosammensetzungen, M. U. 2,
148 ff. Streitbebg, Die Abstufung der No-
minalsuffixe -^o- und -ien- im Genn. und ihr
Verhältnis zu der des Indogermanischen,
Halle 18?8.
104 A. Grieohische Grammatik, c) Flexionslehre.
Neubildungen wie hora. ij^jnov-ftfci nach dem Typus ^rtea-m (§90) und
xoTvXr^6or-6^i nach dem Typus (ftgaro-tpi (§ 92). Schwache Suffixform war
ursprünglich auch Regel bei Weiterbildung mittels anderer nominaler oder
verbaler Stammsuffixe, und oft erhielt sie sich hier, während sie aus der
Deklination des zu Grunde liegenden n-Stammes bereits verschwunden war.
Z. B. Yfii'V'iA zu yfiTcor -or-og, xixxaivcc aus *r«xT^-ia zu xäxxwv ^ov-og^ ni"
(/?)aii'(» aus *7r£-/?w-/(o zu ni''{p)mv •(f:)oV'Og^ Ttot-fir-rj noi^iAv^io^v noi^fiairco
zu noi-iir]v -atr-o^, vwvv-i^iV'O-g zu oi'o-jwa. Vgl. auch die Bildungen wie
oro-jua^Ta neiqara § 70, 14 S. 97 f.
Was dann die starken Kasus betrifft, so war der Wechsel zwischen
. I und ö wahrscheinlich von jeher von der verschiedenen Stellung des Wort-
tones abhängig, vgl. z. B. (fQ-sv-eg (pg-ip' : a-^pQ-ov-eg a^tpQ-wv, wie na-^xä^eg
Tta-rtlQ : iirirqo'nd'TOQ'Sg -Ttd-xioQ^ s. § 24 S. 45. Der nom. sg. hatte von uridg.
Zeit her überall langen Vokal, xv-wr noi^iurjv. Der acc. sg. und nom. acc. pl.
du. zum Teil -ew-, wie avx'^'v-a not-fibv-a^ und zum Teil wahrscheinlich
-6W-, wie xhxx'ov-a ax-fiov-a. Ob auch Formen mit -äw-, wie ovQav'iwr-eg^
aus vorgriech. Zeit überkommen waren, ist nicht sicher entschieden (Vf.
Grdr. 2, 323 f.). Im loc. sg. war -en -en-i sicher alt, in ccix-iv^^ «^-(f)*V,
io-fiev noi'fiti'iy und mit Rücksicht auf cci'(p)bv : at-(f)a)i', got. loc. ahrin :
acc. ah-an, ai. räj-an-i : räj-än-am ist mir wahrscheinlich, dass -en -eti-i
auch bei den Stämmen einst im Gebrauch waren, die anderwärts in den
starken Kasus -ow- hatten, also xtxxor-i für Hsxxev-t. Gortyn. Infinitive
wie io-firiv scheinen den av. Lokativen auf -du entsprochen zu haben (so
jetzt auch Johansson, Bezz. B. 13, 113, Bartholomae, K. Z. 29, 497), also
hier -^n wie im nom. sg.
Wie die starken Stammformen vielfach ins Gebiet der schwachen
Kasus eindrangen, so auch umgekehrt, z. B. ag-v-a (nom. «$-ijv), xti-i-a
(nom. xv'cov).
Vgl. ausser der S. 103 Fussn. 1 zitierten Litteratur noch Vf. C. St. 9, 375 f., M. U.
3, 120 ff., DE Saussure, Möm. 211 ff., J. Schmidt, K. Z. 25, 28. 30. 38 f., Bartholomae,
Ar. F. 1, CoLLiTZ, Bezz. B. 10, 1 ff., Vf. Grdr. 2, 322 ff.
1. Suffix -ew-. Durch Verallgemeinerung der verschiedenen Suffix-
gestalten waren im Griech. fünf Bildungstypen entsprungen: a^-r- {ÜQ-v-a
dg-r-ig); di-tv- aga-ev- {dd^tv-a -er^og, aqü-ev^a -fr-o$); xexx^ov" dr^ä'OV^
{xtKX-ov-u ^oV'Og, drjS-oV'a ^ov-og); 7r«i;^-/;r- (nsvO-'fjv^a -jyi'-o$); xirrf-wr-
dy^mv (xXvd'iaV'a -a)i'-o$, dy-wv-a -c5r-o^).
Seit idg. Urzeit primäre nomina agentis, deren ursprüngliche Bedeu-
tung aber zum Teil schon in vorgriech. Zeit durch Lockerung des Ver-
bandes mit dem Verbalbegriflf eingebüsst war, so dass nur der Begriff eines
konkreten Wesens oder einer dauernden Eigenschaft übrig blieb, xtxx^fov :
ai. täk^-an- „Zimmerer", xv-wv : ai. h-an- Suv-an- „Hund** (nach Benfey
„der häufig und viele Junge gebärende", zu xv-og), gen. xv-v-og : ai. iti-n-as. ')
dQ-r^v dQ'V'og (daneben TcoXv-QQr/v, das sich zu dg-r^v verhält wie Tfokv-xXag
zu TdXag, ai. d-gru-^ zu gurii-s) : armen, ga-rn „Lamm", dga-i^v ion. kret.
*) xtrdff kann für *xvvog nach xvv-€c (vgl. | ärgerlicbcn Lapsus acc. xr-oy-« als tiberlieferte
Tidcf-« : 71 ocT-dfr) gebildet sein. Daher unricbtig Form gesetzt; man schreibe S. 325 dafür
Pbellwitz, Gott. gel. Anz. 1886, S. 757. — voc. xvor, vrährend S. 328 der ganze Satz
In meinem Grdr. 2, 325. 328 ist durch einen «Dazu kommen etc.** zu streichen ist.
13. Nominal- und Pronominalflezion. (§71.) 105
^Qff-t^r : siV. ars-an- „männlich, Mann", urspr. „befruchtend, Befruchter**.
aqr^Y^v. tQvy'civ. Auch die Kategorie der Denominativa, wie igofi-iov
(J^ojuo-g), yMTQ-wv (yaarrjQ), scheint in vorgiiech. Zeit hinaufzureichen.
Viele Personennamen, wie Xgep-tor (: ahd. Grimmo), Avx-wv (: ahd. Wolfo).
Zuweilen Übertritt der Maskulina in die Deklination der -orr-Stämme,
veranlasst durch den gleichen Nominativausgang 'on\ wie liorv Ihovr-oc
neben Xfo-Tia^io-g (wie aifio-ßatpr^g) kätuvct (Vf. M. ü. 2, 168 f. 197).
Die idg. neutralen (?t}-Stämme (meistens Kürperteilnamen) schlössen
sich der auf einer Ableitung mittels -to- beruhenden Deklination der Stämme
auf -wctj- und -ucn-j wie ovipLarog ovofidti etc., an. xagä aus *xaQa(r-a,
gen. ion. xaqr^arog aus ♦xa^rtc-a-rog (vgl. xdqüvo^v aus *x«p<i<r-i'-o-r) : ai.
iir^dti- n. „Haupt** (vgl. Vf. M. U. 2, 173 f. 227 flf., Solmsen, K. Z. 29,
69, Danielsson, Gramm, und etym. Stud. 1, 40 flf.). iin-a-tog : ai. yak-än-
n. , Leber**. Hierher wohl auch ixiy-cc aus V^y*?? • *i- mah-dn- n. „Grösse**;
hierzu dann die Neubildungen ^uyag fxäyav nach der Analogie von &rjkv :
&f^Xt}^ xhr^Xv-v u. dgl. (Vf. M. U. 2, 175; anders, aber ähnlich J. Schmidt,
K. Z. 26, 408. 27, 283 und Bartholomae K. Z. 29, 565).
Ging die Infinitivendung -««' (dor. lesb. -/^r)» wie in ipsqeiv g>€Qi^v,
aus 'fffsv hervor, was lautgeschichtlich wahrscheinlicher ist als ihre Her-
kunft aus -f-f«v, so sind idg. Inf. auf *-s-e» *-.s-ew-* (loc. sg.) anzusetzen:
vgl. ai. Inf. wie w^-^-aii-/ von «7- „führen". Vgl. § 146, 4.
2. Suffix -jew-. Maskulina: otfQav-iwv, iiaXax-iuiv : vgl. lat. vulp-iö,
lihellriö; auch einige mit Verallgemeinerung der Suffixform -iw-, wie
iskif-Xv' „Bauchfisch ** : vgl. ai. garbh-in- „schwanger**. Feminina nur mit
'IV' : yXwx-Tv' (zu yXmdfSce aus *yA(ox-ia) axt-iv- wi-tv- ^r^yfi^iv- und mit
Kennzeichnung des fem. Genus durch Überführung in die fl-Dekliuation
vaiiiv-Tj neben iW,arr-, donii-ij zu Sio-ii-g; äwrir-i- stellt sich zu lat. da-üö
u. dgl. (Vf. Grdr. 2, 277. 335 f.). Vgl. Streitberg a. 0. 45 ff.
Hierher gehörten aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Kompai'ativ-
bildungen wie i^i-icov -lor-og, wie wir § 73, 3 sehen werden.
3. Suffix 'uen-. ai'{f)(jiv mit loc. sg. at'(f)f:v : ai. dy-un- (schwache
Stammform) n. „Leben**. 7ii'(p)(ß}v : dA.pt'Van- „fett**, d-neiqtav aus *-7r6^-
/rwv, TifiQairo) aus *7ieQ'^/^i'j^(ß) und neutr. neiqaxa aus ^Tt^Q-i^t^-ra : ai. ^>a/-
van- n.; über nsiQata und die gleichartigen sidar- d. i. frf-far-, 9^^^^^-(f)ar-,
att&X' 8. § 70, 14 S. 97 f. Die Suffixform -im- wohl in evd^vva evO^vvco
aus *€Vx}^'VV'ka -rr-/« erhalten, s. Osthoff, Forsch. 1, 24 flf., Vf. M. U.
2, 190. 201 f. 205 f. Grdr. 2, 342, Streitberg a. 0. 56.
Der Dativ von nomina actionis auf -?/m- seit vorgriech. Zeit als
Infin. : kypr. äo-psv-cct att. öovvai : ai. dü-van-c „zu geben**; elS-tvai aus
^find-psv-ai : av. vld-van-öi „zu wissen**. Vgl. § 146, 3. ^-uen-ai mit starker
Form des Stammsuffixes war eine uridg. Neuerung für ^-^n-ai "^-un-ai,
x€ve(p)(üv neben xsvs'po-g § 70, 3 S. 93. Es entstand ein einheitliches
Surfix -f(f)a)r- zur Bezeichnung von Ortlichkeiten, wo sich etwas befindet,
wie oivewv olvoivy ititkov^ kaaidv. Vgl. die Nachträge.
4. Suffix -wen-. Seit uridg. Zeit häufig gebrauchtes Suffix für
nomina actionis (n. und m.), die oft in Dingbedeutung übergingen {^ev/na
„Strömung, das Strömende**), seltener von nomina agentis (m.). Die Neutra
106
A« Griechische Grammatik, c) Flexionalehre.
gingen im Griech. in einem Geleise mit denen der -ßu- und -ircH-Stämme,
indem ihre Deklination sich mit der einer -fo- Weiterbildung verquickt
hatte (§ 70, 14 S. 97 f). x^v-iia xv^ixa xv-iia : ai. ho-fnan- n. »Guss*. Täq-fia
tcQ-fifav : lat. ter-men ter-mö, ini^xri^a a%rpß(av : ai. sthärman" n. ^Stand-
ort, Kraft**, fitij'iiicc fivjj-iKav, virj-pLa vorj'fiwv* pLifSd-fo-iia, x€vd"fAm'.
iVf-ucür, vgl. id'fiev-m. Xci-fuiv und Xi-fir^v. noi-fir^v : lit. pe^men^ m.
„Hirtenknabe*'. Im Anschluss an Formen wie xijrff-juwv rje^fidv reXa-fidv
wurde -/ccor zuweilen auch als Sekundärsuffix gebraucht, wie dxQeficivy
Der Dativ der nomina actionis seit vorgriech. Zeit als Infin. : io-
fA€v^m zu So^fia : ai. dd-man-ö „zu geben"; Ti^/iev-ai zu ti^ticov : ai. v/rf-
nidn-^ „zu erkennen, zu erfahren"; ßr^-iiev-ai zu ßrjiia. Ebenso war wohl
auch der infinitivische Gebrauch des entsprechenden Lokativs altüber-
kommen : io-fiev, f6-fi€v u. s. w. : vgl. av. inf. cas^man d. i. -man „zu
schauen" neben dat. cas-maine; der av. Lokativform scheint kret. So^iitjv
entsprochen zu haben (S. 104). Vgl. § 146, 2.
Entsprechend den -v-fio^^ -v^'/ito-y -a-iio- in § 70, 8 S. 94 finden sich
-r-jttfv-, -^-ju«i'-, -o'-/Mfr-. Xahina wohl zu lai'fio-g^ vielleicht hierzu noch
äerjücc avtii-qv. i-x^fia. 7tXafina\ i^eoffiay O'x'O'iW«? v6iiii<f/xa, a<f7ra(Tf.ia;
noXvqtqaaiiwv ^Qafffioavrt] (Meisterhans, Gr.^ 68).
71*. C. Suffixe auf -r.
1. Nom. acc. neutr. auf -ceg -wp, z. B. ovO-ag : ai. Mfiar „Euter",
rjTtaq : av. yakuf*^ ffrrjaQ ((XteiaQ falsche Schreibung) att&q^ "^i^^Q^ aXeixpaQ
neben alsiifa^ kvnaq neben Arjua; vdwq. Dieses -p darf darum unter den
stammbildenden Suffixen genannt werden, weil es zweifellos Zusammen-
hang hatte mit Suffix -ro-, z. B. maq neben nia^o-g^ vi-wq neben S(f-^o-c.
Vgl. DE Saussüee, Mem. 18. 225, Vf. M. ü. 2, 224 flf. 231 flF. Grdr. 2,
352 f., J. Schmidt, K. Z. 25, 22 f., Osthoff, M. ü. 4, 196 flF., G. Meyer,
Gr. Gr.« 325 f.
Anmerkung. Dass -oi^ aus -f entstanden sei, wie ich früher annahm, ist doch
zweifelhaft. Mit Kücksicht auf lit vand^^ , Wasser*, das jetKt Mask. ist, ehedem aher Neutr.
gewesen sein muss, Ittsst sich annehmen, dass *vS'ia der neutr. Nom. eines n-Stammes ge-
wesen sei von derselben Art, wie die masknlinischen Nominative von n-Stämmen ]it. dkmC ai.
uimäf und dass hiei'an -q antrat, gleichwie «Xeifpaq = aXutpa d. i. *ciXBitf>r^ -}- -q war.
2. Die Suffixe -er- und -ter-^) -ter- in nomina agentis (wie
(fo-rijß (Tw-rcöf) und Verwandtschaftewörtern (wie ttä-ti;^), ^er- in Ver-
wandtschaftswörtem (wie Sä-rjQ) und ein paar andern Nomina verschieden-
artiger Bedeutung (wie av-i^Q, a-ij?).
Die Deklinationsweise aller dieser Wörter war wahrscheinlich ur-
sprünglich eine einheitliche und der Unterschied I : ö durch uridg. Be-
tonungsverschiedenheiten hervorgerufen, vgl. do^rjq (Tw-rij^ : (fw-rwg (ai.
dOr-td : dd-ta)^ na-trjQ na-Tbq-a : iir^rqo-natoaq ^nct-TOO^a^ äv-rJQ äv-sq-a :
ay-ijr-o)^ -i/r-op-a, wie tpQTjV : ä-<pQ(0Vy s. § 24 S. 45.
Danach war die Betonung von juij-ri;^ (ai. mä-td) x^vyd-TrjQ (ai.
duhi-td) und das t von ^Qa-ri^Q -tsQ-eg (daneben altertümlicheres y^a-rw^)
*) Vf. Die Nomina auf 'Or- und 'tar-,
C. St. 9, 3<31 ff. D'OoGK, On the use of the
Suffixes 'T£Q 'tog -rf/^ -ta in Homer, Leipz.
1873.
2. Nominal- and Pronominalflexion. (§71» -72.) 107
sekundär. Über ^ii^r^Q O'vydii^Q s. § 67 S. 86. Dor. (pg^it^Q scheint mit
dem rj von natrJQ auch dessen Accent bekommen zu haben, doch lässt es
sich auch durch den „prozessiven^ Accent dieses Dialektes erklären (§ 68).
Die schwachen Kasus hatten von Haus aus -r- -;*, so noch z. B.
Tra-Tß-o^ TTa-TQHov und na^TQd^tn (ai. pi-tf^^u). Formen wie na^req-og
Sa^äQ-tov (pgcc-reQ-fft. <pQä'TOQ^$ zeigen Eindringen der starken Stammformen.
Durchgehends hatten sich diese bei den nomina agentis in den schwachen
Kasus an die Stelle der schwachen Formen gesetzt, z. B. ^rj-roQ-og ^tj-
TTJQ-^g, ^i^-to^ift ^fj'TrJQ'tfi statt *^ij-^^o$, ^^yi-tqu^ci (vgl. ai. dat. sg.
dd-tr-S da-tr-e, loc. pl. dä-tf-^u do-tf-^ii). Sie erscheinen aber noch in Ab-
leitungen, z. B. krjtf'TQ'fg XrjfX'TQHxo-g neben Aiji'c-tw^ Xrj$<f~rr^Q^ la-tQ-o-g
neben ion. ir^-trjQ (vgl. auch lat. da-tr-l-x neben da-tör-is etc.).
Was die starken Kasus betrifft, so waren sicher lautgesetzliche Nach-
kommen urindogermanischer Grundformen na-TrjQ ^rj-rr^Q g^Qu-ttog ^i^-ro^,
na^äf-^a na^e^cg und na-req-i und wahrscheinlich auch (pgce-roQ-a ^jj-rog-a
gjQa-tOQ'Sg ^rj^roQ-eg, während ^rj-vrjQ^a ^rj-trjQH für *^ij-T«lp-a *^ij-T«ip-*
(vgl. noch voc. aw'xsq neben nom. (Tcö-rryp) nach ^yj^y^Q (entsprechend hom.
Hi\a-t(o^a nach juijcr-rw^), und ^fj^tog-i für *^»^i«^i (vgl. ai. dd-tar^i und
da^tät'^i) nach ^ij-iop-a (^rj^rog^eg gebildet worden waren. Wie der loc. sg.
bei beiderlei Betonung e hatte (vgl. das S. 104 über avx-t'V'i : rext-ov-i ge-
sagte), so auch Bv^ndxciqa zu Bv-natfoQ wie Sfiij^rsiQa zu iß7f^i]Q. Vgl.
Vf. Ordr. 2, 355 f. Seltener drang schwache Form ins Gebiet der starken
Kasus ein : &vyaTQa für x^vycttb^a^ äv^Qa für äräga u. dgl.
SarJQ aus *3aipi]Q (§ 18) dabqa iAäqog : ai. d^vär- ^levir"; die schwache
Form *daiu^^ und antesonantisch wohl *rfa{wr-; für das metrisch unmög-
liche iaäqm* ü 769 wäre hiernach nicht (mit Ebel) iaif^Qon'^ sondern
6avQfiv (aus *äa{i)vQiov) einzusetzen (vgl. Vf. Grdr. 1, 141). ovr^ aviqa ar-
iQog : ai. n^dr^ „Mann*^; neu dvägog u. a. arjQ (lesb. avrjQ) aäqa aägog; vgl.
tivo-ä. »;^* adv. aus *i]€qh (ijfc^io-^) aus *a?<s-6r-, ayx'CCDQo-g aus ^-avtr-Q-o- :
ai. «^-cir- , Frühlicht*. Hierzu wohl auch ^oq (voc.) ' x^vyarrjQ, äyeip^ig
und iogeg • Ttgocrjxovrsg, avyye vBig Hesych : lat. soror aus *s^esör,
na^rrJQ^ urgriech. narqig narkqt (att. naxqi) natäqa ndreg Ttaxägeg
TratQäv (att. naTäqtov) naxQaCi TtartQag, und urfCQO'ndxfoq : ai. pirtdr^,
fir-'TTjQ firj^TCQa^ der nom., wie oben schon bemerkt, eine analogische
Neuerung für *jtii;-TiJ^ : ai. ma-tdr-. yaa-xriQ.
Produktiv war die Kategorie der nomina agentis, die auch in der
Form sich einheitlich konstituierten, indem sie -ro^ und -xr^q^ durchführten
(isoliert steht Homer's fir^a-xmQ'a , als Eigenname daneben Mi]axoqa),
ax-^coq in-ccx-ti^q : lat. üc-ior. yBve-xrjQ yevä^xfoq : lat. geni^tor. ffvx-rjjp
(urspr. „Verbinder*) : ai. yök-tdr- „ Anschirrer *. iüxwq laxonq : ai. vHtar-
»Kenner*, x^r^qä-xrjq xhjqa-xwq. g^vlax-xr^q. (rr^fidv-xmq.
73. D. Suffixe auf -t.
1. Suffix -f-.O Am häufigsten als Primärsuffix mit Partizipial-
bedeutung (aktiv und passiv), besonders in Zusammensetzungen, z. B. nXaig
nlfo-x-og („Schwimmer*, Name eines Fisches), di-io-ßqdg^ nqo-ßXtjg^ thessal.
') DB .Savssvbb, Le suffixe 4-, M^m. de la Soc. de lingu. 3, 1 97 ff.
108 A. Griechische Grammatik, c) Flexionslehre.
avrxkfn-og „(rvyxh'jtov** . Mit O^t^g vgl. av. fratcma-d^a-t' „Erstgesetzter,
Vorgesetzter, Fürst".
ri!?, gen. wx-r-og : ai. ndk-t- got. nah-t- „Nacht**.
Eine Anzahl von Nomina mit Vokalen zwischen Wurzel und -t-,
wie aQY't'i' und «^y-/yr- (vielleicht ursprünglich nom. -et, gen. -ct-os etc.,
vgl. ags. nom. hccle „Held" aus urgerm. "^xalej))^ xihfc-^ IhßriT-,
Sekundäres ^-Suffix in dem Partizipialsuffix '{f)ot-^ das sich mit -ftcs-
zu einem Paradigma vereinigt hatte, s. § 73, 4.
Die § 70, 8 S. 94 und 71, 4 S. 106 aufgeführten Suffixkombinationen
-r-juo- und -r-uf r- scheinen auf diesem Suffix -f- zu beruhen. Ahnlich ai.
liv-i-nn-^ „thätig" zu kf-t- „thuend" u. dgl. (Vf. Grdr. 2, 367).
2. Suffix 'tat',^) Abstrakta gen. fem. von Adjektiven und Sub-
stantiven. oXo-irfi : ai. sarvä-tüt- „Vollkommenheit", reo-rr^g : lat. novi-tas.
»>fo-i7^c. yXvxv-TTfi, Der Ausgang -o-rftr- wurde verallgemeinert, z. B.
t-r-o-ri;^, navT-o-tr^g (vgl. -o-ff ri- unter 4 und TTarZ'O'fiOQffO'g). Trorrjg aus
♦/roro-Tdr- nach § 61. 'tat- hatte sich im Griech. auf Kosten von -tu-
ausgebreitet, s. § 70, 14 S. 97.
Anmerkung. In vorgriech. Zeit standen -Uit- und 'ttUi- gleichwertig neben ein-
ander, vgl. ai. sarcä-fäti' neben sarvd-Uit-t Jat. civi-täti-um neben civi-tät-um, -tat- und
'täti' entstanden wohl durch Erweiterung von -tä- mittels -^ (§ 72, 1) und -ti- (§ 70% »*>),
vgl. das Nebeneinander von *noq-t- und *noq-ti' »Nacht* u. dgJ. (Vf. Grdr. 2, 290). Und
wie das Griechische *noq-ti' neben yv^ fallen Hess, so -täti- neben -r«r-.
3. Suffix -»^.'^) Mit -nt' waren seit uridg. Zeit alle aktiven Par-
tizipia mit Ausnahme des part. perf. (§ 73, 4) gebildet. Die Partizipia
wurden zum Teil schon in vorgriechischer Zeit zu rein nominaler Natur
übergeführt, z. B. y*^wi' : ai. jdra-nt" „gebrechlich, alt, greis", zum Teil
in der griechischen Periode, z. B. Üqxov, ixüiv.
'Ut^ mit konsonantischem -n- seit uridg. Zeit in allen Kasus der
Formen mit vorausgehendem thematischen Vokal und abstufungslosem
langen Vokal (vgl. Bartholomae a. 0. 548 flf.). (päqo-vx- : ai. hlidra-nl-
„ferens". «Vo-rr- : ai. vidd-nt- „findend", aevr^ aus *a/?»;-i'r- : ai. vd^nt-,
yi'oiT- aus *yr(»-rr- (§ 26). Ebenso wohl auch aTfi-rx-, rfo-rr- von jeher
mit -nt-, s. Vf. Grdr. 2, 372.
Dagegen sonst -nt'. Durchgehends unbetontes -/*^- in idg. ^dc-d-rU-
*dhe'dh'iit' zu dö- „geben** dJic- „ponere" (vgl. ai. acc. dadat-am dddluit^am),
dafür gr. iiSovr- rid^tiX' (J. Schmidt, K. Z. 27, 394 f.). Ebenso wohl aor.
*pvq^s-nU zu pcq-- „kochen", gr. "^Titipat-, wofür ntipavT- : vgl. ai. nom.
dhak^-at zu dah- „verbrennen". Im übrigen Wechsel zwischen -wf- (-aiT-)
in den starken, -iit- (-«r-) in den schwachen Kasus. So *s-w^ *5-«^- zu
cS'ti „ist", gr. *ai'r- *««:-, letzteres noch in dor. iaaaa (§ 70« S. 102) und in
dem aus herakl. tvv-aaai u. dgl. zu erschliessenden *d(Tai (§ 90), während
*ai'r- in derselben Weise durch ^vt- ersetzt erscheint (dor. h*T'eg)j wie
3. pl. fvvi tial für *arTi, s. § 112. 'avT-- durchgeführt in navt- : ai.
sd-svant- -scat- „vollständig, ganz, jeder", uridg. *Xv/-;//- *X-^^-^./-. Ebenso in
^) AuFRKcuT, Das Affix ir^x tat, K. Z. ; K. Z. 4, 321 ff. Bartholomae, Die ar. Floxion
1, 15U ff., A^'OERMANN, Das Suffix Ti;r in ' dor Adjcktiva und Partizipia auf nt-, K. Z.
Primärbildungen, C. St. 3, P22 ff. j 29, 487 ff*.
2j Ebel, Das Suffix -ant und verwandtes, |
2. Nominal* und Pronominalflezion. r§ 72 ^) 109
rfa/i-v-arr- : vgl. ai. w^'-w-an^ vii'-n-at- ^zermalmend". uyvvvT- für *«/-
vt^avT' *ay-ri;-ar- : vgl. ai. iak-nnv-änt- Salc-tiuv-at- „könnend".
Doppelte Bildung des nom. sg. im Griech., q^tqwv, trfwr, ion. orfwr
(att. oiovq) und a*<g, tt«^, rfirfot;^ u. s. w. S. § 75. Bei den Partizipien mit
thematischem Vokal weisen mehrere idg. Sprachen auf urspr. *-o-w^s (bez.
*-ev»^s). Gr. iftqwv kann aber nicht aus *yfßoiT-$ erklärt werden und hat,
wenn aksl. hery aus Heront-s entstand (s. Vf. Grdr. 1, 87), nirgends ein
Analagon. Aus *bherönt ist es auch nicht, wie Bartholomae glaubt (a. 0.),
herleitbar: hieraus wäre *(p€qov entstanden, vgl. lyvov aus "^iyvwvt (§ 26).
und 80 dürfte das wahrscheinlichste sein, dass zum neutr. iftQov (aus *9>£-
qovt) ein mask. q^tqtav nach der Analogie der n-Stämme, wie Tifiov : TSfitöv^
mov : ntwvy geschaffen worden war und zwar zuerst bei rein nominalem
Gebrauch, wie^i£^^(ov „künftig", ixciv „freiwillig", (paä&wv „leuchtend, hell".
Anmerkung. Nach obigem gehörte odoyr- zu einem thematischen {6)d'0-, dagegen
ocfcel (§ 70, 15 S. 99) zu einem unthematischen (o)cf-. Derselbe Gegensatz zwischen ixtuy
iiixtoy und dem aus ein paar verderbten Hesychiusgloesen entnommenen fem. aexanaa,
4. Suffix -^ent-J) In denominativen Adjektiven in der Bedeutung
des Versehenseins mit etwas oder wie etwas Geartetseins. In den starken
Kasus urspr. -^ent-, gr. -ferr-, in den schwachen -u^t-j gr. -forir-, wofür
im ürgriech. -f^-, indem e von -ffrr- herübergenommen wurde. Dieses
-/?«T- erhielt sich nur im loc. plur., wie xaqi-sai^ ferner im fem., x^p'-^ö'ca
(§ 70*^ S. 102), und in xaqttaxsQo-g x«?**«^^«^^«-^'
ono-eiq : ai. äpa-vant- „wässerig", olvo-eiq : lat. vlnösu-s aus *'OvenssO'S
*'(huj}t-\-to-. tifjir^eigy pamph. • r^/ia^f era. xagi-eig. -o-pew- wurde verall-
gemeinert: fxr^Ti'Otig^ vi(f'6€ig; auch WO (l-Stämme zu Grunde lagen, wie
Gxtotig, wie umgekehrt usaiieig zu iitco^v u. dgl. ; verallgemeinertes -ijfig
auch in ^vr]eig neben O^vofig^ rf/i;««^ neben reXteig aus *r€X€{ayf^evT',^) ^w-
nrleig u. dgl. stqdeig wohl „modrig, dumpfig", zu svqwg^ xrjTcoeig neben
xr^Tfadrfi (§ 72*) U. a.
Aus einer in die uridg. Zeit hinaufreichenden Vermischung der Suf-
fixe 'uent- und -wcs- erklären sich Ha-f^og ^a-fog hom. rfjog ijog att. rttog
l'wg dor. ag : vgl. ai. td-vant' „tantus" yd-rant- „quantus". In gleicher Weise
stellt sich der Ausgang von hom. T/y-/ioc r'^-fiog zu ai. -mant-. S. Bartho-
lomae a. 0. 519 flf., Vf. Grdr. 2, 379 f.
72». E. Suffix -rf-. Häufig -arf- und -iJ-, wie niydcä- Xu^indd-^ iqid-
alyid'. Mit diesen rf-Bildungen standen vielerlei suffixale Elemente mit rf,
grossenteils unzweifelhaft Ableitungen aus ihnen, im Zusammenhang, z. B.
die Verba auf -afw und wf« mit Dentalcharakter wie iixd^w vofu^o)^ XQ^'
ixado^g xoqvflo-g^ [neXsiiov ^uXeiaCvw dxO^ridwv^ die Adjektiva auf -(aörfi wie
xrjüidi^g (vgl. xr^tcu-sig § 72, 4), die von Haus aus mit denen auf -o-/r«rf-j;g
nichts zu schaffen hatten, und die Patron ymika wie ^AxToqiiifi m. (neben
UxToqig f.). Dass die griech. d-Suffixe zum Teil aus vorgriech. Zeit ererbt
waren, ist sicher. Vgl. z. B. die Verba auf -d^eiv mit den german. Deno-
*) S. Ebel's und Babtholoxae's S. 108 worden sein, als den Griechen nur mebr
Fussn. 2 genannte Aufsätze. Überdies Qoebel, reXe- als Stammform erschien (in riXe-og etc.).
De epithetis Homericis in €is desinentibus,
1858.
*) tikieig kann zu einer Zeit gebildet
Das Wort beweist also nichts fQr Ausfall
der Lautgruppe -«^-, vgl. § 13, S. 33.
110
A. QrieohiBche Grammatik, c) Flexionalehre.
minativa auf -aijan (ahd. gramlzzm gremizsön „zornig sein**: xQüiiado-q)
und lAsXsdmv äxxhr^ifov mit lat. ordö capedö. Es ist vielfach im einzelnen
noch unklar, auf welchen Wegen die grosse Ausdehnung, die das rf-Element
im Griechischen hatte, zu stände kam. Von wo nahm z. B. die Vermischung
mit den i- und r-Stämmen, wie ?^*-i' : €Qid- (G. Meyer, Gr. Gr.* 311 f.),
ihren Ausgang? Dabei kommt aber auch noch in Frage, wie weit -cJ- aus
-t' entstanden war, vgl. z. B. dexdg -«rf-o$ : ai. daidt- (Vf. Grdr. 2, 366.
368. 382).
72 K F. Die Suffixe -x- und -y-. Dass das Griechische auf suffixales
'Je- ausgehende Wörter aus vorgriechischer Zeit überkommen hatte, unter-
liegt keinem Zweifel, da dieses Element als Suffix auch in den andern
Sprachen vorkommt. Doch ist zu beachten, dass Wörter, die ursprünglich
-/tO-Stämme waren, in die Analogie der /r-Stämme übergeführt worden
waren, z. B. fxsTga^ : ai. marya-kd-s (§ 70, 15 S. 98 f.), und es dürfte schwer
auszumachen sein, welche unter den Ä;-Stämmen die aus uridg. Zeit mit-
gebrachten Musterformen für diese Überführung waren. Vgl. Vf. Grdr.
2, 384.
(/-Stämme ausser im Griech. (o^/ray-, nräQvy-, ifdQayy- u. a.) nur noch
im Ar., wie ai. sand'h „alt*. Dabei kommt in Frage, wie weit -y- an die
Stelle von -Ä- gekommen war, vgl. Aaray- : lat. latiC" (Vf. Grdr. 2, 385).
73. 0. Suffixe auf -s.^
1. Suffix -CS-. 2) War altüberkommen in den Neutra auf-og, wie
ybvoq : lat. genus\ in den Adjektiva wie tpevSrjgy dva-iiEvrfi : vgl. ai. yaSas-
„herrlich" dur-nianas- „mismutig"; in den geschlechtigen Substantiven wie
t]cig f. : ai. t^ds- f. „Morgenröte". Die erste und die dritte Kategorie standen
neben einander wie die ungeschlechtigen und die geschlechtigen -men-Stämme,
z. B. x**"A*« und x^^'M'^^*'
Die Deklination war ursprünglich eine abstufende. Der nom. acc.
sg. der subst. Neutra hatte -05, z. B. yev-og ai. jdn-as „Geschlecht" idg.
^gen-os, dagegen beim Adjektiv -es, z. B. äv-aytg ai. an-agds „sündlos".
Beim Mask. entsprechend -ös und -es : l'wg ijwg (lat. aurör-a) idg. *rfws-ös*)
und äv-ayr^g ai. an-ägäs^ tlfevdr^g; rjoig mit veränderter Betonung, vgl. Xsi-
-juoir. Dass die schwachen Kasus einmal -s- hatten, zeigen Ableitungen
wie xoQ-ff-rj (zu ai. Sir-as n. „Kopf"), piapa-g lao-g aus V*^ö'-fo- (zu sidog,
8. § 70, 3), sowie gen. lesb. firjvv-og aus *nien-s-os (s. S. 111). Das -C5-,
welches die subst. Neutra und die Adjektiva im ganzen Gebiet der schwachen
Kasus zeigen, z. B. y€'v-€{ayog dv-ay-ä{ayog, stammte aus dem loc. sg., der
ursprünglich -es -es-i hatte.*) Bei den geschlechtigen Substantiva hatte
^og : tpsvdtjSf ebenso Ri.äpas- ,Werk" : apds-
^thätig*) waren aus einem einheitlichen Para-
digma erwachsen. Die verschiedene Yer-
teUung der Betonung hing mit einem uridg.
Brauche zusammen, nach dem ein Wort a]s
nomen abstractum baryton, als nonien agentis
oxyton war: vgl. z. B. xofino-g .Prahlerei* :
xofi7t6-g , Prahler*, ai. e§a-8 ,das Hineilen* :
esd'S ^hineilend*. S. Whebleb, a. 0. 70 flf.
78.
') Vf. Zur Geschichte der Nominalsuffixe
-n«-, 'jas- und -ras-, K. Z. 24, 1 ff.
^) Aufrecht, Bildungen auf niis, yog,
nas, K. Z. 2, 147 ff. Goebel. Das Suffix ^eg
in seinem Verhältnisse zum Suffix eg oder
die Neutra in Sog, cbend. 11, 53 ff.
') Ai. ums lasse ich bei Seite, weil man
nicht wissen kann, ob -äs aas *-e8 oder aus
*'ös entstanden war. Vgl. kei-futay h-intjy
u. dgl. neben einander.
*) Die Substantiva und Adjektiva (\p€v-
2. Nominal* und Pronominalflexion. (§72^—73.) 111
der acc. sg. ursprünglich wohl -05-, -ifi aus */)6a : ai. u^ds-am 0, «Wc3 zu atSwgj
€cUi aus ^cdpoa^u (zu atsg^ s. u.). Dieses -os- wurde im Griechischen in
derselben Weise verallgemeinert wie die Stammformen Tfxrov- d<otoq^ u.
dgl.» z. B. gen. ^ot;g aus '^rio{ayoq. Es drang auch in den loc. sg. ein
(iiOi aus *^o(cr)-*), der, wie atfcg und aiei aus *alf:€{a)H (betont wie dd^ssi
u. dgl., s. § 82) und die Ableitung aidäofim fut. aldäa-aoiwi zeigen, ursprüng-
lich -es -eS'i hatte gleichwie die subst. Neutra und die Adjektiva. Vgl.
Vf. Grdr. 2, 387 flF.
Die neutr. Substantiva waren meist primäre Abstrakta und erscheinen
mit den zu ihnen gehörigen Adjektiven (meistens Komposita) häufig, xkä/s-og
xläag : ai. irdv-as n. »Ruf, Ruhm*, dva-xXerfi : av. d^ui-sravak- »von schlech-
tem Ruf*, drjvea pl. : ai. d(isas- n. „herrliche That* (idg. ^dans-os), noXv-
drjvca ' noXvßovXovy noXvfirjfviv (Hesych) : ai. puru-dasM- . reich an herrlichen
Thaten'. C^vy-og : lat. jüger-a jüger-ibus. (fiy-og : lat. frig-us, Arkad.
täficveg für räfAcvog wohl nicht durch Vokalassimilation, sondern durch
Analogiewirkung. Die Eigennamen wie SwxQorrjg wurden im Attischen in
die Deklination der d-Stämme (Af^fSrjg) übergeführt, acc. 'XQdxrjv gen.
'XQaroVy und so hie und da auch tqh^qt^ neben TQitJQr] u. dgl., s. Meister-
hans, 6r.^ 104 ff. Trifft "^W ackern aoel's Zurückführung des Stammes
XfiQ- auf *x^^' das richtige, so dass man das Wort zunächst mit iva-x^^l^
und ai. hdr^-as n. „Griff* zu verbinden hätte, so wäre die Deklination des
Wortes als durch Verallgemeinerung der schwachen Stammform, wie bei
dem sogleich zu erläuternden '^'/ii^r-cr-, aufzufassen.
"68" erscheint im Griech., wie anderwärts, zuweilen in enger Verbin-
dung mit vorausgehenden stammsuffixalen Konsonanten, m-fsog : ai. pUvas
n. „Fett*, elqog aus ^psq-fsog, vgl. lat. verv^x. iQ^vog, yA^-i'O^, dd-vog :
vgl. lat. voIrmiSy ai. r^k-nas „Reichtum", naxe-tog. ^datpog, Adjektiva:
n^r^'Q-rfi (vgl. nXrj-Qow und lat. pte-rw-s), y^Adrij^ aus ^yfXaa-V'tjg u. a.
Von gleicher Art war idg. *m^-nc5- (lit. gen. ntenes-io), woher, durch Ver-
allgemeinerung der schwachen Stammform '^'iii^-ns-, das Mask. ion. megar.
korkyr. fiffg aus *fX€vg ^iir^vg (§ 26), gen. lesb. iir^vv-og att. lArjV'dg^ wozu
iuiV als Neubildung (Vf. Grdr. 2, 389).
Die Easusausgänge -co'-cri, -ea-ifi sowie der Komparativausgang 'ea-TeQo-g
wurden auf andere Stammklassen übertragen, z. B. hom. yrAax-fcrcre, xqot'
fCifi (§ 90) und att. etduiiAov'äareqa-g (§ 70, 10 S. 95).
2. Suffix -as-. Neutra: xqäag : ai. kravi$- n. „rohes Fleisch".
xiQag, y^^g^ y^Qccg. däfiag. Das s dieses Suffixes war jedenfalls dasselbe
Element wie das s von -6S- -os- (1), und man könnte -a^- auch als eine
besondere Ablautphase von -es- bezeichnen. Vom Standpunkt des Grie-
chischen aus müsste man es, wenn Solmsen, K. Z. 29, 109 Recht hat,
der annimmt, zwischen den Nominativen igfog yäXwg und den Stammformen
igaa- yeXaa- (in hom. iqavvo-g r^gcuf-aarOy pindar. ysXavtjg hom. iy^Xna-aa)
bestehe dasselbe Ablautverhältnis wie zwischen *rfö- j«- (rfw-^o-i') und
*(fo- Ja- ißd-vog) : ursprüngliches yiXwg ^yeXaa-og etc. sei zu yäXoog ^ysXoa-og
etc. ausgeglichen worden (vgl. do-to-g für *(J«-t6-$), und von da aus sei
') Daneben uiidB-am. Wahrscheinlich Ansgleiehung einer ursprünglichen Doppelbil-
dung ^ai^s- *u8i8'.
112
A« Gnechische Chrammatik« c) Flexionalehre.
Übertritt in die o-Dekl. erfolgt : acc. y*Ao-i' ^qo-v etc. Vgl. auch xtgag :
vipi'xe'Qfog, xQäag : lat. cruor. Vgl. FiCK, Bezz. B. 3, 160, Vf. M. U. 3, 81,
6. Meyek, Gr. Gr.^ 307, Danielsson, Gramm, und etymol. Stud. l,44flf.
Danielsson's Analyse y^qa^q y^]Q^'^ u. s. w., wonach -er- an zweisilbige
Wurzeln gefügt war, widerspricht unserer Auffassung dieser Stämme nicht,
8. unsere Definition des Wortes Suffix S. 91.
Anmerkung. Eine Suffixkombination -i-S' nimmt Danielsson für ^f ^i-<r- in ^e/dta-
xQetoy, 9df4ia-T' u. a. an, und Solkskn, K Z. 29, 115 vermutet in if4€Sva^v fjiB&vaT^g
einen Stamm /Ac&va- = ai. vnadhus- n. «SOssigkeif. Vgl. Vf. Grdr. 2, 399.
3. Suffix -les- n'es-.O Das Suffix war von Haus aus primäres
Komparationsuffix, von -{0- -*jo- aus, wie es scheint, weitergebildet (s. § 70, 2
S. 92).') Die mit ihm gebildeten Adjektiva wurden aber wohl schon in
der Zeit der idg. Urgemeinschaft zu den „Positiven^, die irgend welches
Nominalsuffix, -u-, -0-, -ro- etc., hatten, in eine derartige ideelle Beziehung
gebracht, dass man sie wie aus diesen gebildet empfand, z. B. rycfwtüv ai.
svdd-^t/as^ : r^S-v-g ai. svad-ü-^. So bekam -{es- (-is-^o-) den Charakter eines
Sekundärsuffixes.
Unser Suffix hatte nur ein Teil der griech. Komparativformen. Nem-
lich acc. t/rf-io), nom. (acc.) plur. -lovg und nom. acc, pl. -lo), aus *-io(cf)-a,
♦-to(cr)-fg und *-eö(cr)-a. Ferner mit verallgemeinerter Tiefstufenform -is-
hom. 7tXh-€g nXtag kret. nXiag niXavg nXia (1 ans e) aus ^pl^is-, vgl. nkeU
ato-g aus ^plei^-tchS, homer. sg. x*?*" x^?*'^ pl- X*?***5 x*?**** neben
X€Q€i(0Vj s. Mahlow D. 1. V. 46, J. Schmidt, K. Z. 26, 381, Collifz, Bezz.
B. 10, 66. 306, J. Baunack, Stud. 1, 5. Endlich das aus TTgeta-yv-g nqBia'ßv'-g
zu entnehmende und mit lat. magis osk. mais u. dgl. zu vergleichende Ad-
verbium ^nqsTg = lat. prts- in pris-cti-s (über TtQäa-yV'g -ßv-g s. Vf. Grdr.
2, 406). Ob auch kret. nhm als ♦;rir^-jfocr-* (loc. sg.) sich hierher stelle,
wie J. Baunack, Stud. 1, 5 u. a. annehmen, ist mir sehr zweifelhaft. Die
Stufe -^OS' gehörte ursprünglich wahrscheinlich den starken Kasus (ausser
nom. sg. und loc. sg.) an, die Stufe -is- -is- sicher den schwachen. Im
übrigen s. Vf. Grdr. 2, 401 flf. Wie im Ai. -lyas- mit -r-, so att. -fo(cr)-
(-ia>v), schwerlich eine zufällige Übereinstimmung.
Hingegen nehme ich mit Danielsson, Gramm, u. etym. Stud. 1, 49
an, dass das Paradigma -kov -lov-og etc., wie rjä-iiov -(ov-og etc., ein Suffix
-jic«- -dien' enthielt, das selbständig neben -{es- -iies- aus -jö- -iio" hervor-
gegangen war, und dessen Hervortreten und Ausbreitung im Griechischen
auf Kosten des s-Suffixes dadurch bedingt wurde, dass die mit ihm gebil-
deten Formen eine leichtere und deutlichere Flexion gewährten als das
durch lautgesetzliche Umgestaltungen stark zersplitterte -{es-Paradigma.
Vgl. das Nebeneinander von *ajf-i/o- (lat. aevo-m) *ai'iies- («<Vc) *tti-«^f»«-
{auv) u. dgl. Neben der Hoolistufengestalt -row- auch -iw- -jfn- in att.
^) Weibrich, De gradibus comparatinnis
linguamm Sanscritae Graecae Latioae Gothi-
cae, Giss. 1869. J. Schmidt, Das primäre
Comparativsuffix, K. Z. 26, 377 ff.
^) Mao darf in den att. inscbr. Genitiven
fieiov ^tirjov (Meistebbanb, Gr.* 119) nicht
Gen. von alten -io-Formen sehen, 'wie ich
Grdr. 2, 403 vermutongsweise gethan habe.
Die Bildung war durch die lautliche Über-
einstimmung des nom. acc. neutr. fie^oy
»9aTror mit dem gleichen Kasus der o-StAmme
verursacht worden. S. Waokebnaoel, Phil.
Anz. 1886, 8. 77. Vgl. auch /dahui-Tego-^
(Selon), ßeXTuo-rsQo-g (Telesilia) zu fidiioy
ßeXiitav nach demselben Bildungsprinzip wie
cofp<a-T$gos.
2. Nominal- und Pronominalflezion. (§ 73.) 113
Tiketv und in kret. nQCiv hom. TtQiv att. nQir (zu nQSKf-); ferner -{{*- in
kret. nXia^ai neben nkiov-og (* aus s).
ii.aaawv : ai. Idfik-iyas- „behender, rascher*, fidüawv : av. mas-yah"
, grösser ''. x^cerTwv und rax-itor. ndaawv und nax-dav. Att. oXei^tav zu
oliyo^g. xQsittfov (ion. xQtaaoiv) und fiei^cDv (ion. fit^wv) erhielten ihr **
nach xiiqtav äfieivcDv bXkiXfov (§ 54 Anm.), ion. icrcrwr (att. ^rrwr) aber
sein « nach xQtaaoav. Qortyn. xaQtwv = ion. »qäcatav vermutlich aus *xa^TTCöi',
wie dor. xdQQotv aus *xaQ(X(r(ov, älter *xa^T-/a)v.
Zu den mannigfachen Schwankungen in der Gestalt der Wurzelsilbe,
die sich teils aus gegenseitiger Beeinflussung der verschiedenen Kompa-
rationsgrade , teils aus Abstufungsverschiedenheiten innerhalb des Kom-
parativparadigma's selbst, teils aus der Einwirkung sinnverwandter Kom-
parative auf einander erklären, s. J. Schmidt, K. Z. 25, 156. 26, 380,
Osthoff, Jen. Lit.-Zeit. 1878 S. 485, Z. G. d. P. 449 f., Vf. Ber. d. sächs.
Ges. d. Wiss. 1883 S. 193, Grdr. 2, 400 ff.
4. S u f f i X -^ ß S-. 1) Es diente seit uridg. Zeit zur Bildung des part. perf . act.
Nom. sg. masc. idg. auf -uös, gr. dd-wg^ neutr. idg. auf -mos, gr.
dd-og. Daneben die Suffixstufen -«es- und -w5- im Femininum erhalten,
-«« neben -v*«; älteres -nai^-viag (urspr. '^eS''^ : -tis-ih) wurde teils zu
'da '€iägj teils zu -rm, -viäg ausgeglichen (§ 70*^). Ausserdem -«es- wohl
auch in dem lak. Beamtennamen ßideoi neben ßiivoi tdvioi idvoi, zum fem.
iivTa gehörend (vgl. haiQo-g nach haiqA für H'xaiqa und O^tjXsia § 88).
Wie wir das Komparativsuffix -ies- als eine Weiterbildung von. -{o-
aufiassten und neben -(es- auch -i'en- in komparativischer Funktion annahmen
(3), so betrachte ich -t/es- als Erweiterung von -uo- und nehme neben ihm
ein gleichbedeutendes -^et- an, das durch Anfügung des § 72, 1 S. 107 f.
behandelten -/- entsprungen war. -?/ef- erscheint auch im Gotischen, in
veit^^öd' „Zeuge" {veit-vöd- : ^t/id-i/es- = got. mc-nöp- „Monat" : *m^-n<js-,
s. S. 111) und darf demnach als uridg. Nebenform von -lies- gelten. -/?or-
mit o eignete ursprünglich nur den starken Kasus ausser dem nom. sg. und
loc. sg.; der nom. sg. hatte -uöt-s (noch älter wohl asigmatisch -uöt),
woraus -/^(og, und das Zusammenfallen dieses Ausgangs mit dem -f^oog =
idg. 'leös brachte das kontaminierte Paradigma zu stände. Die T-Formen
setzten sich um so leichter fest, als sie einer bedeutenderen lautlichen
Zersplitterung, die das v^'P^i^^digma im Griechischen erfahren hatte, ab-
halfen. Das w von hom. Ts-d^vri-wr-a Tts-ifv-üot-ag fie-fia-üot-ag u. dgl. war
aus dem nom. sg. übertragen, vgl. hom. ^u^a-Tm^a § 70*, 2. S. Vf.
Grdr. 2, 412 f. Anders Bartholomae, K. Z. 29, 537 f.
eti-cig td'vTa : ai. md-vds- „wissend", ne-ffv-dg : ai. ha-hhü-vaS' lit.
lü'VfS aksl. by-vü von W. bheu- „werden, sein", id-rid^g : ai. ädi^vds^
ad-^i^'j W. ed' „essen". f-crra-ai$ i-aroig und i^atr^-oig iarecig : ai. ta-sthi-
ras- ta-sth-ü^'y W. siä- „stehen", ns-novx^-iüg ne-nud^via. Zuweilen solche
Partizipia auch zu abgeleiteten Verba, wie hom. ßsßaQr^-oig, böot. psfvxovo--
Heiivtnav (att. (pxovofArjXotcov ; zu -ovrwr statt -otcav s. u.), die man nach
^) J. Schmidt, Das Suffix des participiam
perfecti acti vi, K. Z. 26, 329 ff. W . Schulze,
Zum participium perfecti activi, ebend. 27,
lUndbuch der IlUh. Altertumswineiucbaft. II. 2. Aufl^ ^
547 ff. (vgl. zu diesem Au&atz Spitzer, L«
d. a. D. 11 ff.).
114 A. GriechiBche Chrammatik« c) FlezionBlehre.
T€'&vr^'{üg xe-xfiij-oig u. dgl. gebildet hatte. Weiter trat unser Suffix auch
auf das x-Perfekt (§ 135) über, wie «Vrijx-wg xeTiiirjX'oig. Wie die andern
Formen des Perfektstammes, so gingen auch die Partizipien in vei*8chiedenen
Mundarten, besonders in den äolischen, in die Analogie der themavoka-
lischen Präsentien über, z. B. lesb. neTtXt^QoixovTa, thess. iv^oixodofisixav^
Tsaai, böot. psf^vxovofisiovTfov (s. o.), homer. xsxXjjyovregy delph. zeTeXsvtd-
xoiaäg. S. § 134. Die nach Formen wie rificoüa vollzogenen fem. Neu-
bildungen wie hom. att. ßeßtoaa herod. iaxema att. «Vrcocra nsO^veuiaa
waren durch den äusseren Umstand bedingt, dass die zugehörigen Maskulina
und Neutra durch Kontraktion zu -«r- gekommen waren (fcrrwr- aus icr-
TCfOT-, iaTsSt" aus iarrjoT-) ; dass dem itftoiaa ein ^iatdovaa vorausgegangen
sei, darf man schwerlich annehmen.
Von sldcog tivTa, slxdg, ayvux (sc. oiig), cux^ma (sc. oqvlg) u. dgl.')
darf man annehmen, dass sie nie Reduplikationssilbe besessen hatten, und
siddg Idvta^ slxwg mögen bewirkt haben, dass auch die Formen des Verbum
finitum sich der Reduplikation begaben, oUa, herod. ofxa, S. Vf.' Grdr. 2,
410 f. Anders J. Schmidt, K. Z. 25, 32, Osthoff, M. U. 4, p. XI.
2. Nomina ohne stamxiibildende Snfftxe (Wnrzelnomina).')
74. Wurzelnomina nennen wir solche Nomina, in deren Stammauslaut
ein auch sonst in gleicher Funktion vorkommendes nominales Stammbil-
dungselement nicht erscheint.
1. Nomina mit nachweislicher ursprünglicher Abstufung.
Tiovg dor. näg {rtcig? vgl. Bloomfield, Amer. Journ. of Phil. 9, 15)
Trog, gen. nod-og : lat. i)^5 ped-is. Die alte Stufe der schwachen Kasus
TTfrf- noch in dem zur Präposition gewordenen instr. lesb. böot. etc. nei^a
„nach, mit", vgl. auch Ableitungen wie nf^o-g herakl. pixaTi-ned-o-g, nitd-a
betrachte ich als Fortsetzung einer uridg. Form ^jyöd'tii. Vf. C. St. 9, 369,
M. U. 3, 124 f., J. Schmidt, K. Z. 25, 15, Osthoff, M. ü. 4, p. V, Col-
Lrrz, Bezz. B. 10, 36. Immer noch nicht überzeugend gedeutet ist das ov
von novg, zuletzt über dasselbe Solmsen, K. Z. 29, 358.
€ig iv'og. Das vi des Stammes *sem- (o/i-o-g, lat. sem-el) war in ?vg
(kret.) und k'v lautgesetzlich in v übergegangen (§ 20. 64), und v wurde dann
in die andern Kasus übertragen. Zur Accentuation von eig ovi-efg s. § 67
S. 87. Die schwache Stammform *5^w- in dem instr. a/i-a (adv.), *sw-
in a-TTflcf, *5w- in fi-ta fn-wvv^ (de Saüssure, Mem. 285).
Wenn in ion. 0Qt'jHx^€g und hom. rQixcc-lx-eg oder TQlxcc-ix-eg ein
schwacher Stamm V^" (V^*") = ^' ^^' „Haus, Wohnsitz* steckte (de
Saussure, Mem. 69, Fick, Bezz. B. 3, 168, Osthoff, M. U. 4, 209 f.), so
gewährt der aus oTxade, besser oha-dsy zu entnehmende acc. ^/^oTx-a die
zugehörige starke Stammform.
äi/j, acc. (OTi^a. Dazu KvxX'Coip fiix-wTr-cg und otv^oxp ald-^oxp, so
dass eine alte Abstufung ätp wn-a Hn-ag etc. wahrscheinlich ist (J. Schmidt,
K. Z. 25, 19 f.).
1) S. WöRNER, Sprachw. Abb. 1874, S.
111 fF. Mit Unrecbt will Prell witz, Gott,
gel. Anz. 1886, S. 708 nur "/«fv/« als bierher
^ebörig gelten lassen. Vgl. 8. 101, Fussn. 4.
^) L. Meyer, Die einsilbigen Nomina im
Giiecbiscben und Lat., K. Z. 5, 366 ff. Vf.
Grdr. 2, 44S ff. Blookfield, Amer. Journ.
of Pbil. 9, 8 sqq.
d. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 74.) 115
Eine besondere Gruppe bildeten Zevg, ßovg, Xy>oir^ xmv und cJfju-
CHaus"*) mit Rücksicht auf die Gestaltung des acc. sg. Vgl. über diese
jetzt Merinoeb, Ztschr. f. österr. Gymn. 1888 S. 132 flf, und Vf. Grdr.
2, 451 ff.
2^vg : ai. dyaü-^, gen. abl. div-ds, „Himmel, lichter Tag**. Das ur-
sprüngliche Paradigma war wohl : nom. *dietf-s {Zsv-g, § 26), acc. *dtew
(Zr^v)^ voc. *rfte^ {Zev)^ loc. *die^i^ gen. ^di^-es -os {Jif-og). Jip-i wie
natQ-i für natbQH^ J({pya wie xß-vyaTQ^a, xvv-a, aqv^a, Zfjv wurde Aus-
gangspunkt für Zrjva Ztjvog Zrjri\ vgl. iv-a iv-og (: lat. ri-m) u. dgl. Havet,
Mem. d. 1. S. d. 1. 2, 177 ff., Osthoff, M. ü. 4, 235, Collffz, Bezz. B.
10, 47 ff. Die Komposita kypr. Ji^si-x^sm-g att. Jiei^vQbiprjg (wahrscheinlich ist
bei Homer mit Zenodot auch diei-nsTi^g statt dii-netrjg zu lesen, G. Meyer,
6r. Gr.* 129) und böot. Jm-doto-g zeigen einen loc. sg. nach der Weise
der o-Stämme, vgl. ai. loc. dwe-dive «Tag für Tag" (Delbrück, Altind.
Synt. 149).
ßovg : ai. gäti-^, dat. gdv-^. Mutmassliches urspr. Paradigma : nom.
sg. *göw-s {ßov-g, § 26) und vielleicht zugleich *2^s (dor. ßwg), acc. sg.
*göfw (dor. hom. und nach Wackernagel, K. Z. 29, 141 auch att. ß(ov),
nom. pl. *gOf<-es (ßo-eg), loc. sg. *geu-i (ai. gdv-i), dat. sg. *g^'di *2u^-di.
Die schwache Form noch in ixatofi-ßt] = *-gw-a und vielleicht in Boa-
noQog, Sonst ßo/^- verallgemeinert. Acc. ßovv nach ßoifg gebildet.
X^r, xOov'og für *x^^f^'^^ indem das lautgesetzlich entstandene -v des
nom. sg. in die andern Kasus überging (§ 64, 3) : ai. Jc^ds „Erde", nom.
pl. k^m-tzs. Im Ai. acc. sg. k$dm, im Griech. Neubildung *x^o/*"« x^<^'"««
Die schwache Stammform mit -wm- war in x^^f^'^^^^ x^l^'^^ erhalten.
XioJr, x'<^''®^ für *x*''/*-o^5 wie x^^r-og entstanden : av. eyä „Winter*,
acc. jsryam gen. jsr/m-ö, lat. hem-. Die schwache Form x'/*" nicht mehr
erhalten, da iva-x^fio-g als -x^-no- anzusehen ist. Grdr. 2, 453 suche ich
wahrscheinlich zu machen, dass idg. "^ghiem- durch Einwirkung des Op-
positum *se;w- „Sommer" aus *gAjen- d. i. ghi -\- Suff, -cn- hervorgegangen
war, so dass das Wort ursprünglich zu § 70, 1 gehörte.
Von *dem- „Haus" nur etliche Reste. dea-noTr^-g aus ^öe^ig gen. sg.
(§ 79). (Ja- = *f7^- in dd-nedo-v „Fussboden im Hause", dann überhaupt
„Boden*". Über anderes zu *dem- gehöriges s. Merinoer, Ztschr. f. österr.
Gymn. 1888 S. 152, Vf. Grdr. 2, 453 f., Bartholomae, K. Z. 29, 497.
2. Nomina ohne nachweisliche Abstufung.
Eine Gruppe für sich bildeten: oy^r-g : ai. bhru-s „Augenbraue",
v-g : lat. sü-s, Ix^v-g : lit. gen. pl. zuv-u „der Fische", l'-g : lat. vT-s, xT-g.
Bei diesen stand von Haus aus -ü- -i- in allen Kasus mit konsonantisch
anfangendem, -u^ — 1|- in allen Kasus mit sonantisch anfangendem Kasus-
suffixe, vgl. z. ß. 6(pQV'0g : ai. bhruv-ds, wfQvai xXai für *6<pQv<n *xi(n :
vgl. ai. hhrü'^ü dhi-^ü (§ 90).
vav-g : sä. naü-^ „Schiff", vav-g vav-ai aus "^vCku-g *va^'al (§ 26);
ion. vrjv-g vrjv-tfC waren Neubildungen. Nom. pl. rrj-eg, gen. sg. vr^-og reoig.
Acc. v!j-€c == lat. nav-em; att. vavv nach nom. vavg gebildet.
fivg : lat. müs, Stamm idg. *müs-. Von der alten Flexion *fjiv(ay6g etc.
nur dürftige und unsichere Reste, fivtg ^livai (s. Schulze, Quaest. homer,
8*
116
A. Qriechiflche Grammatik, c) Flexionalehre.
49 f.); vgl. dazu homer. fAvoiv. Schon frühe wurde das Wort in die Ana-
logie der Nomina wie 6(fQvg gezogen : fivv fiiog etc.
Xrjv (dor. x^^) Z'/^"og : lit. gen. pl. zas-ii „der Gänse". Urgr. ^%ava-
(§ 58). Nom. xav für *x^^ wie iir^v für ne(g. Das stammschliessende -s-
war freilich wohl, wie das von *iii^va- (§ 73, 1 S. 111), suffixales Element.
Xvy^ Xvyy-og, zu Xvy-drjv Xv^to Xvyydvoiiai. Der Nasal als ein ur-
sprünglich nicht zur Wurzel gehöriges Element vergleicht sich dem von
lat. con-junx neben con-jux, ai. yünj- neben yiij- ^verbunden, zusammen-
gespannt*, lat. plur. ningues neben nives.
ßiä : ai. jyä-jiya- „Gewalt". xQ^r ^^ Komposition fieao-diArj oino-xkrj,
S. Vf. M. U. 1, 6. 49. 64.
Andere Beispiele, vttp-a acc. : lat. nix. tpwQ : lat. für. axv^. ^«J. xhoip.
3. Nomina als hintere Kompositionsglieder. Seit uridg.
Zeit standen die Wurzelnomina häufig in Komposita im Sinn eines aktiven
oder passiven Partizips, vt^ng acc. vipida : vgl. ai. viha-vid" „alles kennend".
xpevai-atv^. X^Q-viif) urspr. „die Hand waschend", cv-^v^ oiii^v^ : vgl.
ai. sa^yuj" „durch Freundschaft oder Verwandtschaft verbunden", lat. con-jax.
Adverbial das Neutrum vno-dqa aus *-rf^ax (§ 64). Von gleicher
Art vermutlich dsvQo aus "^de-pQon „hergeneigt, herwärts" (zu ^^tt«, ^o/ri;)
oder wohl besser aus *deV'fQon (vgl. dsv-ts), *d€v wie ofr^t;; leicht deut-
bare analogische Nfeuerungen äsvQfo (r 240), att. dsvge (inschr.), 6€vtQi.
4. Infinitivische Funktion. Die Formen del^-ai. yQui^i-ai waren
gleichsam Dative des als Wurzelnomen fungierenden sigmatischen Aorist-
stammes. Sie stellen sich arischen Inf. wie ai. ji-^-e „zu siegen" und zu-
gleich vielleicht den lat. Inf. wie da-r-T fer-r-t zur Seite. Das -s- des sig-
matischen Aoristes kann sehr wohl mit dem s des Nominalsuffixes -es-
identisch gewesen sein, und so Hesse sich SeT^ai auch zu § 73, 1 stellen.
Hierher gehört die Form jedenfalls insofern, als sie nach der Sprach-
empfindung der Griechen Glied dos Aoristsystems War. S. Vf. M. U. 3,
42 ff., Grdr. 2, 459 f.
Die einzelnen Nominalkasus. 0
75. Nom. sg. masc. fem.
1. Kasussuffix -5. inno-g == lat. equo-s. oi-g = lat. ovi-s, i]dv'g
= ai. svüdü'i „suavis". veovtjg aus *)'ffo-rttr-$ = lat. novitas. a^Qv-g
= ai. bhrä-^ „Braue". Zev-g = ai. dyaü-^. fivg = lat. müs, idg. wohl
*mus-5. yAoJ, aJi/; wie lat. vöx av. vax§, nmg nog novg wie lat. pes, s.
§ 74, 1. Auch die n^Stämme hatten von Haus aus wahrscheinlich alle
einen s-Nomin. : nag aus *;ravr-$ wie ai. sän „seiend" aus ^sant-s, dei^ag^
diiovg, taxag^ dovg^ atag^ yvovg^ X<xq(eig\ die Formen wie Xeittcdv Xmwv ion.
odoiv = att. oiovg waren wahrscheinlich im Griech. nach der Analogie der
n-Stämme neu gebildet worden (§ 72, 3).
2. Stamm als Nominativ. &€d wie lat. dea. Die Maskulina
') Vieles hierher fallendes hieten die
Schriften üher die nominale Stammbildung,
s. S. 91 ff. Ausserdem sei hier auf Leo
MevkR; (ledrUn^le Vorgleichung der griech.
und lat. Deklination, 1862, und Stolz, Bei-
träge zur Deklination der griech. Nomina,
1880, verwiesen. Vgl. auch G. Meybr's
Litteraturan gaben Gr. Gr.'* 301.
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§75—76) 117
wie veavia-g yfvttr^-g waren ursprünglich Feminina (§ 70, 14. 172) und
bekamen ihr Nominativ-s erst auf griech. Boden nach der Analogie von
maskulinischen Nominativen wie ^eo-g, wie auch ihre Genitivbildung eine
griechische Neuerung war (§ 79). Die s-lose Nominativform blieb in
vokativischer Funktion : ^Egi^eta, aiva^ert]. Letzteres erklärt wohl am ein-
fachsten die mask. Nominative auf -a, wie böot. ^Akxivia, oXufAntovixa,
leukad. fPiXoxXsiSa (vgl. megar. tov 'Aqaiag § 79), 0 indem man diese als
nominativisch gebrauchte Vokative ansehen kann wie firjtiäTä (§ 76); dass
es Nominative aus der Zeit seien, wo die mask. o-Stämme überhaupt noch
kein -^ angenommen hatten, ist unwahrscheinlich; eher möglich, dass -^
wie in den böot. Nom. auf -et = sie u. dgl. durch Satzphonetik geschwunden
war (8 64, 1). Die Nom. auf -«« -/« wie not via dXrj&Ha (peqovaa^ denen
in den andern Sprachen Formen auf -t gegenüberstehen, halte ich für
griech. Neuerungen nach dem Akkusativ auf -lav -^av (§ 70® Anm.).
Dritte oder vierte Hochstufenform bei Stammbildungssuffixen auf -n,
-r, s, die der c-Reihe angehöi*ten (§ 24). tixttav^ ni(is)(or, oigavicav^ rjdmv,
äxfiiov, noifji>rjv, donoiQ^ doiijQ^ naxr^Q^ /^o;$, sidwg^ ipsvSrjg. Da bei den fl~
und den r-Stämmen in andern Sprachen auch Formen ohne den auslauten-
den Konsonanten des stammbildenden Suffixes auftreten, z. B. lat. Iwino,
ai. täk$a = T€XT(av und ai. pitd ==■ nan^Q, so nimmt man wohl mit Recht
idg. Doppelformen an, deren Gebrauch sich dereinst nach verschiedenen
Sandhiverhältnissen geregelt hatte; doch sind diese im einzelnen noch nicht
genügend aufgeklärt (zuletzt hat über dieselben Merinoer, Ztschr. f. österr.
6ymn. 1888 S. 137 f. gehandelt). Das Griechische hätte also die vollere
Form verallgemeinert; doch fragt sich, ob nicht in den Nom. eUci atjdcti
auch die andere Form festgehalten war. Durch Anlehnung an die Nomi-
nativkategorie mit 'S entstanden in jüngerer Zeit einige Formen wie lak.
a^rfi = ccqar^\\ jxaxuQg = fxtixäq,
Stämme mit dem Suffix -ä'-, die diese Tiefstufenform durch das ganze
Paradigma durchführten (§ 71, 2 S. 105), bildeten ihren neuen Nomin. — die
alte Gestalt war -?ö(w) oder -{c(w) — teils nach der 1., teils nach der 2. Weise:
dskifig und dsXffiv,
lisig herakl. iir]g aus "^iievg^ älter "^^rjvg (§ 26), war ebenfalls eine in
den Nom. eingedrungene schwache Stammform, und es ist nicht zu er-
mitteln, ob ihr je ein Nominativ-s angefügt war, d. h. ob je *mmS'S
bestanden hatte, s. § 73, 1. /tryv wurde zu fir^v-og etc. gestellt nach dem
Muster von nsvö-rjv u. dgl. El. ixevg^ einmal bezeugt (Collitz, Gr. D. n.
1151, 15), erklärt Solmsen, K. Z. 29, 62 ansprechend als Neubildung nach
Zevg, die durch das Zusammenfallen der casus obliqui veranlasst war : iirivog
fii^va wie Zfjvog Zijva, Mit dem für x^^ X'J*' vorauszusetzenden älteren *xä$
aus *x^*^^5 hatte es wahrscheinlich dieselbe Bewandtnis wie mit fit/g (xsig^
8. 8 74, 2.
76. Voc. sg. masc. fem. Der Ton war in der idg. Grundsprache,
so weit die Formen nicht enklitisch waren, durchgehends zurückgezogen,
daher z. B. x^vyaxeQ^ ndreQ^ Zev. Durch Anlehnung an den Tonsitz in den
*) El. teXBCJ« ist Wühl in nXBaidg zu korrigieren. S. Mbisteb, (Jr. D. 2, G3.
118 A. Griechische Ghrammatik. c) Flexionslehre.
andern Formen des Paradigma's entstanden die Formen wie avioxgdtoQ,
3ai(fQov. Vgl. Wheeler, Der griech. Nominalacc. 49 flF.
l'nne = lat. cque. vvfitpä dtanora^ wie ai. ämha „Mutter", aksl.
zeno „Weib", idg. -a. Die mask. Vokative wie evQvona ^r^ruta bekamen
im epischen Dialekt auch nominativische Funktion, z. B. evqvona Zevc
nach svQioTia Zsv (Vf. M. U. 2, 199 f., 6. Meyer, Gr. Gr.* 318); anders,
aber mich gar nicht überzeugend, Fick, Bezz. B. 3, 159 und Bezzenberger
ebend. 174. Eine Folge der Erstarrung solcher Formen in Verbindung
mit einem folgenden Nomen waren evQvona Zfjv bei Homer, xvavoxaXta
noaeidduDvi^ ijTTioiä ^rjQog bei Späteren, worüber Vf. C. St. 9, 259 flF.
06TI, y6vv u. dgl. waren griech. Neubildungen, vgl. ai. dve sunö mit äl-
terem /- und le-Diphthong im Ausgang, xvov, nbTioVy'ArtoXXov, wie ai. Svdn
„Hund", tdksan „Zimmermann*, ncaeq^ aoneq^ ^gdroQ^ iStoQ : ai. pitar
„Vater**, ddtar „Geber*. ysQov aus ^ysQort^ Aiav aus *AiavT. JIovXv6dfin
(St. IlovXvdafxavt') war Neubildung nach der Analogie des Verhältnisses
reaviä-g : vectvict (ähnlich acc. Qoäv für ©oaiT« § 77), gleichwie voc.
KvTTQoytvrj Theogn. 1323 statt "^-yeveg durch alvaQtxrfi : aivaQttrj hervor-
gerufen war (G. Meyer, Gr. Gr.^ 327 f.); umgekehrt Stge^tiaSeg zu nom.
STQeipidirj-g nach ScoxQavsg. ava aus *dvax (*ai'axr), yifvai aus *yviratx,
2üixQtxr€c, Jioyeveg, als Appellativum Sioysvtg mit unursprünglicher Betonung,
IJaTQ6xk€{f:yg, wie ai. npama-^ravas „hochberühmter". Ztv = idg. *d!cw,
vgl. den vokativisch betonten ai. Nom. di/au-^ (§ 66).
77. Acc. sg. masc. fem. Das Suffix war -m, das teils konsonantisch,
teils sonantisch fungierte, -v und -«. rnTto-v = lat. equo-m. ffvyr^v =
lat. fuga-m, ot-v = ai. dvi^m „ovem*. hjÖv-p = ai. svadu-m „suavem".
Für altüberkommen halte ich ferner xT^v^ i;-i', oy^r-v, noXi^v^ vtxv-v (§ 70**);
acc. *i-r = lat. vl-m (vgl. i-g = lat. vl-s und ?-y*), wofür tv-a eintrat,
wonach dann ivoc hfg (Osthoff, M. U. 4, 235 flf.). Über -iccv -kav in
nocriav^ (fb'govaav s. § 70*^ Anm. taxtov-«, noiixtv^a^ rjdiov^a^ dmiOQ^a^ na-
T^^-öf, «A-«, vgl. Osthoff a. 0. 307 flf. (ftgovr-a, ndvt-a, ijcS», bei Homer
vielleicht rjöcc zu schreiben, aus *rt^(ro(r-a, &€o^6i6t{aya ^eidrj (über vyid
u. dgl. § 10), rjSict) aus "^apAd-ioa-a, Durch Übertritt in die Analogie der
Bildungsweise der sonantisch auslautenden Stämme att. Swxqdtr^v für
JScoxQdtij, kypr. dreXi^v für dtfXi'ia, lesb. iafioieXr^v, böot. Jioybveiv u. dgl.
(G. Meyer, Gr. Gr.^ 321), wie umgekehrt herod. deanovbcc^ Fvyea nach
der Analogie der *cr-Stämme. Weiter fivy statt */aXo')-a nach av-v (§ 74, 2);
hesiod. 06av (nom. 06ag) statt Ooavra nach Avaictv (Ahrens, De Gr. 1.
d. 1, 114, RzACH, Der Dial. des Hes. 414) und für vt^-id-a (Homer) bei
Späteren vrjiv, v^(f)'a = lat. näv^em; att. vavv neu gebildet nach vav-g,
vonr^(pya böot. XaXxidela; aus -/~flf ion. -*a att. -«« (§ 19). Zt^v = ai.
dydrn, ßcov = ai. gdm, ßovv neu gebildet nach ßov-g^ ZijV-a (wozu Zrjr-og
Zijv-t) wie iv-a, s. § 74, 1, und T/V-a, s. § 95.
Die Akkusative kypr. ij^ettr^Q-av d(v)6Qtid(v)T'av^ rhod. driQwv-av^
thess. xior-av erhielten gleich den späten «rrf^-«i', rvxr-av u. s. f. ihr -v
wahrscheinlich von den sonantisch auslautenden Stämmen (Vf. C. St. 9,
299, Stolz, Beitr. zur Decl. S. 40, G. Meyer, Gr. Gr.^ 319), ähnlich wie
8. Nominal- und Pronominalflexion. (77—79). 119
kret. (fomx-arg statt -äg nach Tt^eiyeinarg (§ 87). Anders Bezzenberoeb
in 8. Beitr. 7, 74, J. Schmidt, K. Z. 27; 283.
78. Nora. acc. sg. neutr.
Kasuszeichen -m bei den o-Stämmen: fi'/o-r ^^ lat. jugti-m, väo-v
= lat. novo-tn. Dieses Suffix war etymologisch mit dem Akkusativzeichen
-m der geschlechtigen Stämme (§ 77) identisch.
Anderwärts blosse Stammform. rjSv = ai. svadu »suaye*", aatv : au
msiu ^ Wohnstätte**. idQi wie ai. hkäri „multum**. nenov^ rjSior. -ina in
ovo-fjia, aneQ-iiia aus idg. -mfi, vgl. ai. nd-ma „nomen*, analog xäga aus
♦xagitc-«, -», und wohl auch fib'ya aus ^fisyn (§71 S. 105 f.). y«ipo>'(r),
Tivl^ffV(T), dor. äol. 7rai'(T) hom. 7r^o-7r«i'(r), x«^''*'(0' A.tt. Trav a-nAv nach
Trag a^TTÜg (Osthoff, M. U. 4, 253); ähnlich axioeir^ daxQvostv bei Apoll.
Khod. nach dem Mask. auf -oetg, wobei wohl der Umstand mitwirkte, dass
in den kontrahierten Formen der damaligen Umgangssprache Mask. und
Neutr. den gleichen Vokal bekommen hatten {-ovg -ovv aus -oeig -oev).
ysvog = lat. gcntis^ ävaixeväg — ai. durmanas , missmutig", xQeag = ai.
kravi^ »rohes Fleisch", eidog aus */?f<rf-fo$ (§ 73, 4).
Über Neutra mit -^ wie ovOaQ vdwg s. § 71*, 1.
79. Gen. sg. Drei Suffixe, -og, -g und -(c)/© = idg. -o*', -s und -5(0.
1. -0$ = kelt. lat. 'OS (lat. Vener-us, nömin-us). Daneben stand einst
^s (^= lat. "CS 'is, balt.-slav. *-es), das aber durch -os schon im Urgriech.
verdrängt wurde.') xv-r-og : ai. Su-n-as „canis". natQ^og : av. hrapr-ö
afratris" (-ö = -as). iftgovr-og : av. haranUö „ferentis". oiorijr-og : ai.
sarvcUfaf-as „der Vollkommenheit", ytve^og ytrovc : ai. jäfias-as „generis",
Svafuvt^og dva(.uvovg : ai. darwanas-as, aidovg aus *a«rfo((r)-og. yijpa(cr)-og
att. yj;^w$5 x^twg : ai. Tcravis^as. Attisch und anderwärts Scoxqotov für
2a}xQdTovg nach noXitov (vgl. acc. 2wxQcciriv^ § 77). Lesb. Osoysvr] (wie
acc. -yAViji', dat. -y**'^, voc. -/«v«) ebenfalls nach der Analogie der mask.
(i-StÄmrae (vgl. § 70* Anm.)
xio$ : vgl. ai. hhiy-äs „der Furcht", n6hog\ o(fQvog\2k\. bhruv-äs, vog :
lat. su-is, vhxv'og^ s. § 70^.
Die i- und w-Stämme hatten im Urgriech. -«(/)-o$ und -sp-og, Att.
TTolsog ffvtxeog {tioXi^ (fval-g), die aber, bei dem Nichterscheinen der laut-
gesetzlich zu erwartenden Kontraktion, nicht als ungestörte Entwicklungen
der urgriech. Form gelten können. Homer. noXr^og war Neubildung nach
nolr^i (§ 82). i]dt(f:yog, ^'/X*(f)"ö^5 aaxt{pyog, Att. noletag aus (hom.) /ro-
i-r^og, ebenso (fvaeo^g etc., und im Anschluss an diese ntjx^wg, aatetog (zur
Betonung s. § 67 S. 84) ; auch ion. noXaoK (auf einer von Attizismen freien
Inschrift von Chios, Bechtel, Inschr. des ion. Dial. S. 106) vielleicht laut-
gesetzlich aus -ijog (s. § 19); noXemv Neubildung nach JtoXeojg (§ 89).
Über lesb. el. etc. (fvaiog s. § 70*^. Kypr. ßaailr^p-og, hom. -^o$, lesb.
'T^og, thess. böot. -tlog^ dor. neuion. -äog^ att. -tiag (§ 19).
*) Der Gebrauch von -e» und -o« war ur- I *bhrdtr'08 = lat. fralr-us (unbelegt), *bh€-
sprQnglich nach Betonungsverschiedenheiten i ront-os — gr. (pf'Qoyr-og.
geregelt, z, B. idg. ^pdtr-es = lat pair-is, \
X20 A. Griechische Grammatik, c) Flexionelehre.
//*/?-o$ /ii'vg = ai. diV'ds. vä{f:y6g vt/tc r^öJ^ (s. § 19) = ai. ndv^ds
^navis**; neuion. veog für rfo>$ nach nod-oq u. dgl.
2. -$ = ar. ital. germ. balt.-slav. -s (z. B. ai. dve-s ,ovis", osk.
Castro V'S „fundi"); wahrscheinlich dasselbe Element, welches in ix-q an-q
u. dgl. enthalten war. rffcr- in iea-norr^g aus *(J«^s »des Hauses*' (§ 55.
63), mit ai. dan (ved. 2^^^^^^ ^^^ ^Herr des Hauses^) auf idg. ^dem-s
zurückgehend (Osthoff, Z. Q. d. P. 591); derselbe Stamm in da-nedov
(§ 74, 1).
Xw^ttg : vgl. ai. ^ffi^fo „deae" in gnäs-pati^^, umbr. ^o^os „civitatis**, idg.
'äs, wobei freilich zu berücksichtigen ist, dass dieser Ausgang auch durch
Kontraktion von -a mit -es oder -os entstanden sein konnte. Die masku-
linisch gewordenen ^Stämme nahmen im Griech. den Ausgang der o-Stämme
(3) an. Hom. 'Atgeideto nach IhTioo^ böot. -äo, lesb. dor. -ä, ion. -€w -w
"SV, arkad. kypr. -av {-äv?) att. -ov. Über ion. -o^, -f« und -cv s. § 19.
Im Arkad. wurde -ccv auf die Fem. übertragen: ^äfiiiav, omav (Leskien,
Decl. 40 f., OsTiiOFF, M. U. 2, 128). Umgekehrt trat im Megar. und Thess.
der Ausgang -äg der Femin. auf unsere Maskul. über, wie Ugaiäg, Nixiäg
(J. Baunack, Stud. 1, 233); diese Neubildung erklärt sich daraus, dass der
Nom. und der Gen. beide den Ausgang -cc bekommen hatten (vgl. § 75, 2).
Im att. noXkov war entweder der ganze Ausgang -ov von Ynitov über-
nommen, oder die lautgesetzlich entstandene Form ^noXiteta bekam zu einer
Zeit, als noch ^Innoo gesprochen wurde, nach dieser Form -o für -«, und -fo
wurde dann -ov (vgl. § 19 über ion. IlvO^ev). Eine lautgesetzliche Ver-
kürzung von -«w zu -60, an die Bechtel, Bezz. B. 10, 283 denkt, ist un-
orweislich. Att. Eigennamen wie KaXhtidovg (Meisterhans, Gr.* 93) nach
2o)XQdtovg, vgl. voc. SxQBXptadeg (§ 76).
3. '{o)f(0 = ai.* 'Sya (vgl. § 12). Hom. innoio {--oio war schon damals
eine Antiquität) mnov^ neben denen man auch Innoo vermutet, und Ilifvh-
Xäum (nom. IlrjvtXeoi'g) aus *-i;oo. Dor. lesb. böot. -o), thess. (Pharsalus)
-or; aus -w (vgl. § 9), ion. att. dor. -ov. Vgl. G. Meyer, Gr. Gr.* 333 f.
und die dort zitierte Litteratur. Att. Xeo) aus *Afa)o *kr^6o. Nicht klar ist
der kypr. gen. sg. auf -wr, wie a^yi/^wr; die Zusammenstellung mit arkad.
toi'Vi „huius** leidet an einer Schwierigkeit, von der in § 94 die Rede sein
wird. Neben -o-io bei den Pronomina auch -e-io, s. § 94. 96. 97.
Aumerkung. Dem Griech. neben -sio auch die Endung -so (vgl. aksl. chso^ gut.
pis aus '*p€-8o) zuzuschreiben sehe ich auch nach Johansson, De der. verb. 215 keine
Nötigung. 0. floFFM ann's Grundform Hnno-jo für Xnnoi und Xnnoio (De mixtis Gr. 1. dial. 6)
schwebt ganz in der Luft.
Das korkyr. TXdatrcyo (Röhl, I.G.A. n. 342) ist wohl mit Blass u. a. fttr das Mach-
werk des Yerfertigers der Grabschrift zu halten, der das ep. -uo unrichtig nach nifoc u.
dgl. dorisierte. Jedenfalls darf die Form nicht, wie wieder Fick, Bezz. B. 11, 248 thut,
zu Schlüssen Über die Grundgestalt des griech. Gen. benutzt werden; Fick beachtet bei
seinen Kombinationen nicht, dass -oio -ov auf -o-sjOf nicht auf -o-9f(i)o zurückzuführen ist.
80. Abi. Sg. Eine besondere Form hatte die idg. Grundsprache nur
für die o-Stämme (vgl. Leskien, Decl. 34 flf., Osthoff, M. U. 2, 106): -öd
und -cd (alat. Gnaivöd, facilumed). Im Griech. nur -öd erhalten, und zwar
nur bei Pronomina mit Sicherheit nachweisbar, z. B. gortyn. oJ oVr« lokr. w
071Ü) „unde", kret. Tw-rff „hinc." Wie weit die Adverbia der Art und
Weise auf -w und -w-g, wie o>-Jf , ovrco ovxwg^ xakdog, (T0(p(O' in <TO(poi-'VfQog
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 80—82.) 121
(§ 70, 10), Ablative und wie weit sie Instrumentale waren (Mahlow, D.
1. V. 86) — vermutlich waren beide Kasus in ihnen vertreten — , ist schwer
zu sagen. Das -g von o&rw-g etc. war ein neu hinzugekommenes Suffix,
identisch mit dem -g von ix-g an-g iyyv-g iiBXQi-g u. dgl. (vgl. § 79, 2).>)
Nach der Analogie der Formen wie x«Ao5g wurden rfmyfpciri-wc, aa<fä{aywg
aayxag, ßa^ef/^o^g u. dgl. gebildet.
81. Dat. sg. Die idg. Dat., Lok. und Instr. des Sing, waren im
Griech. syntaktisch verschmolzen, s. § 184. Hier haben wir zuzusehen,
welche Formen einem jeden dieser Kasus zuzuweisen sind. Schriften über
diese Kasus zitiert G. Meyer, Gr. Gr.* 337.
Das Dativsuffix war -a/. Die konsonantisch schliessenden Nominal-
Stämme verloren die Dativform, doch blieb sie in Infinitiven, fd-fiev-ai : ai.
vicUman-e^ kypr. do-j^ev-ai : ai. da-vdn-^^ delx-a-ai (§ 146), ausserdem viel-
leicht in ein paar Adverbialformen, etwa in naQ-ai (G. Meyer, Gr. Gr.^
341). Mit dem Ausgang der o- und der a-Stämme war -aj bereits in
uridg. Zeit zu -öj und -ai verwachsen. Diese Formen auf -ff) und -^, wie
\7ino;i (vgl. osk. Abellanüi, av. Jiaofnai „der Somapflanze") und x^QV (vgl»
ai. stivapatyaiy Stamm suv-apatyä" „eine, die schöne Nachkommenschaft
bat*), erhielten sich in dem grössten Teil des Sprachgebietes, in einigen
Mundarten wichen sie den Lokativformen (§ 82); über -co (thessal. -or) und
-ä mit Verlust des -i s. § 16.
82. Loc. sg. Zwei Formationen.
1. Suffix 'i.
Bei den o-Stämmen -oi -oi und -ei -h, beide aus idg. Urzeit; zu -oi
vgl. ahd. tage = idg. ^dhoghoi, zu -ei osk. terei lat. dornt (s. Vf. M. U.
2, 244, J. Schmidt, K. Z. 25, 95, Kögel, Ztschr. f. deutsch. Altert. 1884
S. 118 f.). oixoi, 'lai>iioiy TToT^ ofy ovdainoT. Im lon.-Att. waren solche
Formen zu Adverbien geworden, daher Neubildungen wie att. KixvvroT zu
ij Kixvvra. Dagegen blieben sie im Ark.-Kypr., Boot, (-of, -i)), El. und
Nordwestgriechischen lebendige Kasus und wurden hier auch dativisch ge-
braucht (§ 184). Im Thessal. (Pelasg. und Perrh.) bekamen sie Genitiv-
bedeutung (§ 181). '€1 nur in adverbialer Erstarrung, z. B. att. oixei,
dO^€€i\ nav6rjiii€t\ äavXei, kret. äinXet^ nat^ korkyr. tneX,
Die ^-Stämme zeigen -ai. Im lon.-Att. nur Adverbia, wie Qr^ßm-
yfvr]g (vgl. nvXoi~y€v\g), vielleicht auch xcciiai\ naXai (vgl. Osthoff, Z. G.
d. P. 195, G. Meyer, Gr. Gr. 2 338. 341). Im Boot, {lllmxae, \^€XaTi\)
und gewiss auch in den andern Mundarten, die -oi als lebendiges Kasus-
suffix besassen (man beachte, dass inschr. -AI sowohl -äi als auch -(c ge-
lesen werden könnte), blieb die Form -«* als Schwesterform zu -oi bestehen
und diente sowohl als Lokativ (el. ^Olviimai „in Olympia"), als auch als
Dativ. Ob es bereits in idg. Urzeit Lokative auf -ai gab, ist sehr frag-
*) önwx in einer nicht von einem Böoter zu der Inschrift. Bbzzekberger's Erklärung
verfassten böot. Inschrift Collitz, Gr. D. n. der Form. (Gott. gel. Anz. 1887, S. 423) ist
114o ist wohl eine Art Hyperhöotismus, ver- verfehlt.
anlasst durch onotio^ u. dgl., s. Meister ,
1^2
A. Griechische^ Qrammatik. c) Flezionslehre.
lieh. Ebenso ist aber auch nicht ausgemacht, dass -at in urgriech. Zeit
als Parallelform zu -ot neu gebildet worden seiJ)
Ansprechend vermutet Johaijsson, Bezz. B. 13, 111 flF., dass mehrere
Stadtnamen auf -oi und -«*, wie J€X(foi\ 'AO^ijvai, auf Grund von loc. sg.
erwachsen waren.
«i'X*»-' TToijiuV't : ai. uk^dn-i got. atihsin {u^dn- aühsin- „Ochse*).
7iaibQ-i == ai. pitdr-L (ftgorv-i : got. nasjand (nasjand- „Retter, Heiland**).
ytiH ytvH (vgl. § 17) = ai. jdnaS'i; aldot r]oT, bei Homer vielleicht ctidoi
i]6i zu lesen; y\qm atlai wie ai-. Jcravi^-i (§ 73, 2), att. yt]Q^ schwerlich
aus *yr^Qfc(r'm (Dativform § 81), vielleicht neben y*;'^«* gestellt nach der
Analogie des Verhältnisses von -«< (loc.) zu -« (dat.) bei den fl-Stämmen ;
vgl. auch Danielsson's Erklärungsversuch Gramm, und etym. Stud. 1, 28 f.
//*f-i' Jti Ji = ai. div-i i'ö(f )-«' ion. att. i///* — ai. nav-i. nod-i : ai. pad-i,
xi'i : vgl. ai. hhif/'i, kypr. moXm (zu Tioli-g); oq^gv-i : ai. bhruv-i, avi\ vixvi^
s. § 70**. Dies kret. lesb. böot. noli ist wohl eher für kontrahiert aus
"^Ttohi anzusehen, als für einen Instrum. wie ai. matt (von St. mati-), wie
OsTHOFF, M. U. 4, 385 vermutet. Hom. r^rf*(/r)-i, att. t-i^t. Hom. vo{x^{pyt^
herod. voiik (§ 19); att. vonfT wohl Neubildung nach ^]d€t (vgl. vojiieTg
§ 86, toxtm § 90) zugleich unter Einwirkung von vofiätag vofit'a mit laut-
gesetzlichem e.
Wenn das -i in hom. naxeqi^ vneQuavti u. a. (Hartel, Hom. Stud.
P, 56 flf.) nicht bloss metrische Längung war, so kommt in Frage, ob es
nicht uridg. Nebenform von -« war, wie ved. tanüv-T neben tanüv-i, vaktar-T
neben vakfdr-i (vgl. Osthoff, M. U. 4, 222 ff., Phil. Kundsch. 1, 1596).
Der Ausgang der adverbial erstarrten Lok. wie ixoni' id^tXovti wurde
auch auf o-Stämme übertragen, z. B. dvoftaaii, aavaxti^
2. Homer, nokr^t, att. noh] (Meisterhans, Gr.*^ 108) zu noXl-g war
nach J. Schmidt, K. Z. 27, 298 f. Neubildung für *7r6Aij, eine mit ai. agnd
(zu agni'^ „ignis") zusammengehörige Lokativformation auf -e, das in idg.
Urzeit aus -ei hervorgegangen war; es hatte also hier das Stammbildungs-
suffix die 3. Hochstufenform, vgl. unten do-nr^v. Ob die Nebenformen
hom. nxoXe'i noaei att. noXei noasv jüngere analogische Umbildungen von
-ij* -jj waren, oder ob von urgriech. Zeit her -i; und -«(j()-* so neben einander
gestanden hatten wie 66-fir^}' und noi-i^iiv-i^ ist nicht auszumachen. Be-
achte übrigens, dass im Att. -/; und -h seit Beginn des 4. Jahrh. laut-
gesetzlich zusammengefallen waren (§ 16).
Inf. cFa-/!*!' (§ 146), adv. ccuv (zu aiwv) stellen sich zu den ai. Loka-
tiven wie kdr-man {kdr-mafi- n. „Werk, Handlung**) wof-an [ud-dn- „Wasser**),
ö. Vf. M. U. 2, 190, J. Schmidt, K. Z. 27, 306. Die kret. Inf. di-iAr^v
u. s. w. mit 3. Hochstufenform, wie die av. Lokative auf -öw (§ 71 S. 104).
Dass diese zweite Lokativformation -/ im Auslaut verloren habe, ist
nicht im geringsten wahrscheinlich zu machen. Eher ist glaublich, dass
*) Dor Joe. 8g. der a-Stämme hatte ur-
sprÜDglich wahrscheinlich den Ausgang -äi,
war also dem Dat. gleich. Nun kann man,
worauf mich W. Streitbero aufmerksam
macht, annehmen, dass aus -di vor Konso-
nanten im Urgriech. -ai wurde nach § 20
(z. B. 9t]ßtti-ycvrjg, /w^ca uyog) und dann
der Form -ai mit Rücksicht auf -oi speziell
lokativischer Sinn zuerteilt wurde. Vgl. § 184.
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 83-84.) 123
die im loc. sg. seit uridg. Zeit starke Stammform aufweisenden av^äv-i
nartQ^ den Zuwachs von -i erfahren hatten nach dem Muster der Formen
wie teoSm (J. Schmidt a. 0.).
83. Instr. sg. Suffix -a. Nur in adverbialer Erstarrung erhalten.
afi-a, TieJ'd u. a. (Vf. M. ü. 2, 158, Osthoff, Z. G. d. P. 572 flf.).
Mit dem Ausgang der o- und der fl-Stämme war das Suffix bereits
in uridg. Zeit zu -ö -^ (vgl. lat. modo, altir. dat.-instr. celiu „socio" mit
idg. -ö, got. /)€ „eo" mit idg. -e) und zu -ö (vgl. ai. dMra, St. dhdra-
„Strom, Guss, Strahl") verwachsen. Hierher wohl ein Teil der Adverbia
auf -«ö -ft)s, etwa nd-nore, vgl. § 80. Sicherer sind Formen auf -ö : lak.
.TiJ-TToxa (Trry- = got. hve), gortyn. ?;, o/rr;, wohl auch i; „wenn" (§ 201, 3),
T^ »da! nimm!"),*) s. Vf. M. U. 2, 244. fl-Stämme: nrj, rj, xQVfffj, dor.
tavTcij a-Tf, xQv^a, lesb. onnä^ allä\ wenn daneben auch -{c erscheint (im
Attischen in den Inschriften der klass. Zeit fast immer -^ -g, wie Uiff, f-,
Meisterhans, Gr.^ 114, gortyn. (t, aXltf u. s. w.), so beruht das darauf,
dass auch Dativformen mit der gleichen Bedeutung zu solcher adverbialen
Verwendung gekommen waren (§ 187). Mit dem Übergang von -(f in -«
(§ 16) fielen die Instrumental formen mit den Dativformen zusammen. Eine
ganz abweichende Ansicht über die Adverbia auf -ö, die Mahlow, D. 1.
V. 131 vorträgt, übjerzeugt mich nicht.
84. Nom. acc. du. Litteraturangaben bei G. Meyer, Gr. Gr.* 359 f.
Zwei Bildungsweisen.
1. Suffix -€, das mit dem ved. -a identisch zu sein scheint (Osthoff,
M. U. 1, 226 f., Meringer, K. Z. 28, 230). noiiitv-s^ ax/nov-a. nareq^s^
Süito^f. (fäqovt'f, Att. inschr. axbi.H aus -f(ö')-f, die handschr. Form yhvss
war Neubildung, während axtlrj in Verbindungen wie axbXti ovo Pluralform
war. x/*5 6(pQV€y avs. Diesen Bildungstypus zeigen auch die /- und u-
Stämme, die in idg. Urzeit nach Ausweis der andern Sprachen die Aus-
gänge -l und "ü hatten (z. B. ai. dvl „Schafe", sünä „Söhne")'-^). Att. inschr.
äkvifsi^ handschr. tioXh (zu nokt-q) und nolff^ letzteres, wenn richtig über-
liefert, eine Neubildung ähnlich wie ytiee; isoliert stand oaas von St. *oqU
(vgl. § 70*, 1). Hom. 7Trixe{f:ys raxf-'i^ye, att. inschr. visT, während «crr;
Pluralform war.
2. 171710) = ai. ved. (Uvü, idg. *ehiö. Strittig ist, ob diese Form aus
'0 -\- e entstanden war, oder ob ein idg. -ou (vgl. ai. dsväu), das mit dem
-e der ersten Bildungsart nichts zu schaffen hatte, zu Grunde lag, s. Vf.
M. U. 1, 159 f.. Osthoff, ebend. 226 und 2, 120. 134, Meringer, K. Z.
28, 217 flf., ToRP, Beiträge zur Lehre von den geschlechtlosen Pronomen
in den idg. Sprachen (Christiania Videnskabs-Selskabs Forhandlinger 1888
Nr. 11) S» 45 f. ^vyüi war nach Ttitto) gebildet, idg. Grundform war *juyoi
(ai. t/ugcy aksl. ize). Die idg. Grundform der ö-Stämme hatte -ai (ai. dsvr
von dSva-- „Stute" aksl. ^me von zeyia „Weib"), und diese Form liegt
') Das mit diesem oft verglichene Jit. ■ Homer wirklich so betont war. Vgl. § 201, 1.
te ,da! nimm!** stimmt nicht im Accent, da '^) Ein Rest von diesem -i steckte in
es anf */^ mit gestossenem Ton weist (vgl. /i~-x«Tt = av. vl-saiti, Jat. vi-ginti. Vgl. \^^
§ 60). Freilich wissen wir nicht, ob trj bei \ Schulze, K. Z. 28, 277.
124 A. Griechische Grammatik, c) Flexionslehre.
wahrscheinlich in den pluralisch fungierenden xtaQai^ vvfitfai etc. vor (§ 86).
XO)Qä^ vvfi(fn waren Neubildungen nach den Maskulinformen auf -« (bei
Homer dieses -n nur erst bei den maskulinischen a-Stämmen!), doch sagte
man roJ or/JArt, entsprechend t«/> (fTi^kaiv, und ebenso fungierten auch die
Maskulinformen andrer Pronomina zugleich femininisch.
Die alte Form des Neutr. scheint nicht ganz ausgestorben gewesen
zu sein. Da pt-xati Dual war (s. S. 123 Fussn. 2), so liegt die Vermutung nahe,
dass das pei- von pfi-xecti si-xocfi die Dualform eines o-Stammes war; -fi
neben -ot, wie im loc. sg. und sonst (§ 70 S. 91). So fände auch das e
von att. dvsTv seine Erklärung, indem dies aus ^dvsi-aiv herzuleiten scheint, s.
§ 85. Forner ist mir nicht unwahrscheinlich, dass ävo (neben ävu}) als altes
"^dvoii (vgl. kypr. xd aus xat vor Sonanten und vor Konsonanten) hierher
gehöre, s. S. 79 Fussn. 1, und lak. dvh Röhl I. 6. A. n. 69, 8 könnte die
Schwesterform mit -c- gewesen sein. Ebenso böot. 6xt6 neben oxroi. Gerade
bei Zahlwörtern ist der Gebrauch der Neutralform für alle drei Geschlechter
leicht erklärlich, hinzu kam die morphologische Isolierung der Form.
86. Gen. dat. du. ö-Stämme -a/i', wie xo^aiv. Sonst -otv, hom.
-o/ei', wie l'nnoiv innouv^ nodoTv nodouv. Im Elischen dvoioig^ avvoioiQ u. dgl.
Neben -oiv auch -oi : argiv. toi pavdxoi und C. I. A. 1, 472 naidot^ &av6{v)T()i
(vgl. J. Baunack, Stud. 1, 174 f.). Deutungsversuche bei Fick, Bezz. B.
1, 67 f., J. Baunack, Mem. d. 1. S. d. 1. 5, 25 flf., Gortyn 70 f. und a. 0.,
Thübneysen, K. Z. 27, 177, Torp, Geschlechtlos. Pron. 47 f. Vermutlich
wurde zunächst von den nom. acc. du. masc. iTTTto) fem. vvfA<pai neutr.
*^vyoi (vgl. § 84. 86) aus durch Anhängung des Suffixes des loc. pl.
Hnnw-ai ^ihnco-aiv, ^vv^itfai-av *vvfi(fai^(nvy *^vyot'(fi "^^vyoT-aiv gebildet
(vgl. lat. duö-hus mit Pluralendung). Daraus H7i7tm(r)^ *vvfjig^au{v)^ *^vyo7i
^vyouv. Entsprechend zu vui *rw-(Xiv vm-iv, -0*7 fiel hier also aus und fehlte
fortan, während es im loc. pl. durch die Analogie der Formen wie ^vXax-ai
gehalten, bezieh, wiederhergestellt wurde. H'nn(MH(v) wurde dann nach
tvyoh{v) *i'vfi(pau{v) zu l7Toii{v) umgestaltet. Die Genitivfunktion dieser
Dualformen erinnert an den genitivischen loc. sg. auf -01 im Thessalischen.
El. 'Oioig (vgl. pl. dyoiv-oiQ) scheint gebildet worden zu sein, als -ou zu -0/
geworden war, um diesen Kasus vom dat.-loc. sg. auf -0* (§ 82) zu scheiden.
Att. duHv vielleicht aus *rft^«r-(r«r, zum nom. neutr. *rfv«, s. § 84 extr.
86. Nom. pl. masc. fem. Zwei Bildungsweisen.
1. Suffix -«$, idg. -c5.») ax/coj-6$ = ai. cUmän-as „Steine, Felsen*.
nartq^eg = ai. pitdr^as, (pt'Qovr-eg = ai. hhdranUas, SvfXimevtag ^sig = ai.
diir-matias-as, i^diovg aus -io(ö')-€g. xi-tg noh-sg (zu noXl-g) wie ai. dhiy-as
„Gedanken", oy^iW^ = ai. bkniv-as, vkxv-eg, ßdaeig aus */?acrf (i)-*^ = ai.
ijatay-as „Gänge, Wege"; ßdaug Neubildung s. § 70^; hom. nokr^eg^ wie
noXiiog, Neubildung nach rroXr^i (§ 82). i]öb{f:y€g -ng = ai. svaddv-as.
Tiod-eg = ai. päd-as, ra(/r)-€(,', r/;-«^, vt-eg ~ ai. näv-as.
Herakl. lesb. böot. rqig (neben att. rgtig = ai. trdy-as) war nomina-
') Die angeblich kretischen Formen auf S. G. Meyeb, Gr. Gr.- 342. B. Mbisteb, Berl.
-ey, wie iixovaayrey (Baunack, Gortyn 70, j philol. Wochenschr. 1888, S. 853.
Stud. 1, 250 f.), sind blosse Schreibfehler. |
2. Nominal- und PronominaULexion. (§ 85—87.) 125
tiviäch gebrauchte Akkusati vform, ebenso lesb. noki^ (?) Collitz, Gr. D.
n. 213, 2 und att. agxig (g 87. 177).
Neben hom. ßaaiktjifyeg el. -a«c, böot. -«t^g, herod. -Beg, -att. --i^g
(aus 'fjsg kontrahiert) erscheint auf att. Inschriften des 5. und des Anfangs
des 4. Jahrh. auch -iJjg, z. B. innerfi (Dittenberger, Hermes 17, 38 flf.).
Dass -*'ijg die Vorstufe zu -/*$ gewesen sei, ist nicht möglich; Wacker-
KAGEL, K. Z. 29, 148, vermutet ansprechend, -£- sei nach unklar empfun-
dener Analogie aus tnnäwg ^tmv ^tä -tag übertragen worden, vgl. rtV»)
Tkoici statt Tf^ Toiai nach rio (§ 94). Att. -«g, das im 4, Jahrh. aufkam,
war Neubildung nach r^itXg^ ^W^^^ vgl- ^o/c^r § 82, roxtai § 90.
2. Das -Ol der o-Stämme, z. B. innoiy nach der pronominalen Dekli-
nation (to/, § 93) für *-wg (idg. *-ös : ai. -äs, umbr.-osk. -ös, got. -ös).
Xf^Qcci für *x^^^? (idg. -ö5 : ai. -ö5, umbr.-osk. -fl5, got. -ös, lit. -ös) scheint
die altererbte Dualform (§ 84) gewesen zu sein, s. Vf. K. Z. 27, 199 ff.
87. Acc. pl. masc. fem. Suffix -ns, dessen Nasal nach Konsonanten
sonantisch war (urgr. -ac = ai. -a5, lat. -es aus *-ew5, got. -uns).
Kret. rdi'c, oJfAoi'^, dor. böot. -w^, ion. att. dor. -ox% lesb. -oic, vgl.
got. vulfa-fns „lupos**. Kret. rdvg, nQfiyevrcirg, argiv. '^AffarJ^fmi-^, dor.
böot. ion. att. -äg^ lesb. -aig; -arg zunächst aus *-ä-vg nach § 26. Über
el. -oiQ, -aiQ 8. § 55 S. 69. Vor Konsonanten wurden -org und -arg im
Urgriech. zu -og und -äg, s. § 55. 63. Kret. TQuvg (auf der grossen Inschr.
v. Gortyn 5, 54 und bei Röhl, I. 6. A. n. 478, 8) doch wohl Neubildung
für *t^ivg (Baünack, Gortyn 70 f.). Dor. böot. rgtg = got. pri-ns „tres**,
hom. olg, ion. inschr. ngr^aig. Kret. vivrg^ hom. xkeizvg yevvg, wie got.
sunti-ns „filios". Die antekonsonantischen urgriech. Nebenformen auf -fc
-vg (vgl. -og -äg) könnten nur in der gebundenen Rede konstatiert werden,
scheinen hier aber nicht vorzukommen; vielleicht wurden sie überall schon
früher aufgegeben als die entsprechenden Formen der ö- und ö-Stämme.
Die att. rgtig, ßaaeig und r^dsig^ vteTc, ni]XHg waren die Nominativformen
(§ 177). Hom. ykvxäag, herod. TTt^xeceg Neubildungen wie sg. svQt'a für
ivQvv. noaiag nach nohag (zu niXl-g),
Wegen ai. acc. pl. masc. -an, -in, -ün (aus -ans, -ins, -uns, s. Vf.
Grdr. 1, 496) gegenüber -ovg, -ivg, -vrg ist der Ansatz der idg. Grundform
zweifelhaft. Es muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass diese
urgr. Ausgänge zunächst aus -covg, -irg, -vrg verkürzt worden waren nach
demselben Lautgesetze, nach dem -arg aus -arg entstanden war. Vgl.
Hanssen, K. Z. 27, 615, Bremer, Berl. phil. Wochenschr. 1887 S. 502,
Meringer, Ztschr. f. österr. Gymn. 1888 S. 773.
-ßf$ = -w5. Tkxrov-ag^ aQv-ag. naTtg-ag. (feqovr-ag. aoXX6{a)-ag', att.
ivysvaTg^ ßskuovg waren Nominativformen, xi-ag noh-ag (zu noki-g) wie ai.
dhiy-CiS, 6(pQV-ag == ai. hhrm-dS, vexv-ag; 6g.Qvg, vtxvg nach xXeiTvg. vo(irj{f:yag
vo^ag; im Att. wurde neben -fä$ schon früh die Nominativform auf -}]g,
später (inschriftlich seit 307 v. Chr.) auch die auf -eTg akkusativisch ge-
braucht. vd(f)-ag vfj-ag = ai. näv-as, ßo-ag = lat. hov-^S; att. vavg ßovg
nach vavv ßoth'; theokr. ßdg nach ß(ov (Osthoff, M. ü. 4, 313, Vf. Grdr.
2, 401).
126 ^' Orieohische Orammatik. c) Flexionalehre.
Die kret. Formen (foirix-arg iixißaXXovT^avg u. dgl. schuf man nach
der Analogie der (I-Stämme wie nQeiyevTuvg (Osthoff, P.-Br. B. 3, 197,
Vf. C. St. 9, 299, Stolz, Beitr. z. Dekl. 42), und zwar wurde diese Neu-
bildung durch das Nebeneinander von -ccg und -ccvg bei den O-Stämmen
veranlasst (Vf. Zum heut. Stand der Sprachwiss. 93 f.).
88. Nom. acc. pl. neutr.
Suffix -« = ai. -i, idg. wohl -9, s. § 11, 3. ^kQovT-a = ai. hhäranUi,
Tttov^a. Ybvt{aya ytvr^- r-dm aus -/o(flr)-.a. Mehrdeutig sind Doppelheiten
wie ytQä ytqä zu ytqaq (G. Meyer, Gr. Gr.* 349).
Die i- und w-Stämme scheinen in uridg. Zeit -f und -ö gehabt zu
haben (ai. tri „tria** lat. trt-ginta, ai. purü „multa"). r^/a, ijrf*a, aarea
waren gr. Neubildungen (vgl. hierzu Mahlow, D. 1. V. 73, Osthoff, M.
U. 4, 384); das « in O^tjXeia (Aratus und Thera Caueb, D.» 148 C 29)
und in o^sTa (Hesiod) stammte aus dem Femin. (Vf. K. Z. 24, 83).
Die ö-Stämme hatten ursprünglich -a (ai. yugä aksl. iga »iuga'' lat.
juga). Die griech. Formen wie fvy«, deren -a nicht aus -a gedeutet
werden darf, waren also Neubildungen nach (pägo^T-a etc. Ob das voraus-
zusetzende -<* durch TQia^xovTa ion. TQir^^xovTa repräsentiert war, ist wegen
nevTi'xovTa (ai. pancä^Sät) herakl. TstQci-xovTa u. dgl. ungewiss.
89. Gen. pl. Das Kasuszeichen war wahrscheinlich -oi»^ idg. *ekt/(hn
aus *elruo~ot)t. Von den o-Stämmen ging -wr auf die andern Stammklassen
über. S. Osthoff, M. U. 1 , 207 flf.
i'nnwv wie ai. d^vdtn „deorum" (Lanman, Journ. of the Amer. Or.
Soc. 10, 354). Hom. O^samv böot. dQaxfiawv Neubildung nach der prono-
minalen Dekl. (raoDv aus *räao)v = ai. tdsam^ •§ 93); aus -awy wurde thess.
-aom' und -ai», ion. -t'wr, att. -wr, dor. lesb. -äv,^) Im Attischen adj. fem.
(fiXmv statt *(fiXm* (ion. (fiXtm'j dor. (pikäv) nach dem mask. yi'Awv, vgl.
namentlich att. fem. tovtwv gegenüber dor. lesb. ravtäv, Dor. mask.
ifiXmv wohl entweder nach (fiXä%* betont (Osthoff, Z. G, d. P. 199 f.) oder
mit dem dor. „prozessiven" Accent (vgl. g 68 und Bloomfield, Amer.
Journ. of Phil. 9, 15), schwerlich aus *qiXoi{a)(M)v (vgl. ai. anye^am), wie
W. Schulze, Quaest. Homer, p. 4 will, ligv-dv, ^vyavQ-wv x^v-faT^q-mv.
(f€q6vt-un\ €7ct{a)-o)v ijioiv. xi-wv^ noXi-mv (zu noXl^g)^ ofpQV-oiV^ vexv-wv,
U(av otd)v^ ßa(f€ü)Vy ijdtwv, Trijx^wv; der Ton von ßdaewv, nrjX€(i)v nach ßdasiog
^n^X^iog (§ 79, 1), s. J. Schmidt, K. Z. 27, 302, G. Meyer, Gr. Gr.« 351.
vo/irjwv voi-iBüiv, nod'W%\ rÄ(f)-(»v ri^wv veSv,
90. Loc. pl. Suffix -et -cn», verwandt mit ai. -su, lit. -sw.
ifga-cC (fQ€'(T{y oi'ofia^ai (ai. näma-su)^ noi^iä-ai^ räxvo^i, vgl. § 71.
Txarqa^ai (ai. pitf-^); Neubildungen doiroQ-ai doTrJQ^ai. (pägovin aus *y6-
QovT^ai, Xccgfsai für *x"pi-/?ar-(rt, vgl. § 72. ^nsa^i insin (ai. väcas-su
von vdcaS' n. „Wort**), itnaa^i ddnaai (vgl. ai. havis-^^u von havi^^ n.
„Opferguss").
xt^i\ 6(fQv^i, växv^i waren Neubildungen für ^xi-iriy *btpQv^i^ *i'6xr-<ri
(vgl. ai. dhJ-^ti, bhrü^u) nach Analogie der Kasus mit vokalisch beginnen-
*) Dieselbe Formübeitiagung im Italiscben, z. B. lat. deurum Dach ütärmn u. dgl.
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§88-90.) 127
dem Kasussuffix, xtog etc., unter Mitwirkung der Formen wie ßdal-ai *7irjxv-(n
(s. u.), und es ist möglich, dass für homer. vtxvaai, ykvvaai^ nhvaai^ deren
aa als altüberkommen zu betrachten sehr misslich ist (s. u.), einst Formen
mit -vcri im Text standen; anders Osthoff, M. TJ. 4, 215. 220. ßdat-^i
(ai. gdti-^) wurde zu (hom. att. arkad.) ßdaeai nach ßdaeiq {^ßaae-ec)
ßatfe-wr, ebenso *7rijxi'-o'* *rjiv~(ri (ai. bähu-su, svadü-^u) zu nrjxsai rjis'ai
nach TTTix^eq etc. Neben dem gewöhnlichen toxtv-ai im Att. Tokttsi C. I. A.
3, 131 1 und bei Eallim. igofiem, nach rjdtai unter Mitwirkung von roxäwv.
noaai^ att. noai aus *noT-at : ai. patsu, ravai : ai. näti^^ü; bei Homer
die Neubildung vrjvai (nach vrj^og etc.) neben lautgesetzlichem vavai^xXvxi^
u. dgl. (§ 26). ßovcC : ai. gö^u,
Kret. lAT^vai att. ^rjaC für lautgesetzliches ^lisvai (att. *iieiai) aus
*fir^vc^i (§ 26). Ähnlich att. x^yö*!' für lautgesetzliches ♦x^^'i aus *xava^i^
noifie^i für *7ioifia'^i u. dgl. (§ 71, S. 103).
Hom. ion. altatt. lesb. kvxoi^ai : ai, v^k^-^u aksl. vlüce^chü „in lupis**;
über -Ol- vor dem Kasussuffix s. § 93. Altatt. rafiia-ai, J/xij-ci, später
nur noch in Adverbien wie x^rqüai^ nkaraiätfi^ ^A&i]vrim^ im Ion. inschr.
dsanov^fliv : vgl. ai. dsvä^su „in equabus", aksl. raka-chü „in roanibus^.
vv/ii^ijüi (vgl. Meisterhans, Gr.^ 94) und rti/iyaici waren Neubildungen
nach -oic/, Osthoff, M. U. 2, 64 ff. Im Att. wurde nach dem Zeugnis
der Inschriften ^otai nach 450 v. Chr. durch den instr. auf -oig zurück-
gedrängt, und "T^ci -atfi und -jjai -{ccrt wichen um 420 v. Chr. dem nach
"Mg neugebildeten -atg (§ 91), s. Meisterhans a. 0. Ähnliches im Ion.,
8. Fritsch, Zum Vokalismus des herodot. Dial. 33 ff.
Anderweitige Neubildungen :
1. Von fnsa-ai insai löste sich -saai -tai als Kasussuffix ab, vgl.
xQat-hcqi nach iQtßsa-ffi^ svdai^ov-bateqog nach äsixia-tiqog u. dgl. So
entsprangen Formen wie hom. rjysfiov-saai av^aai tpidax-saai nod^saai^
aiy^sai x^tQ'sai; dieselbe Neubildung in den drei äol. Dialekten, im Nord-
westgriech. und in einigen dor. Mundarten (s. 6. Meyer, Gr. Gr.* 355 f.).
Indem -sfrai dann zu den fcr-Stämmen zurückkehrte, entstand hom. i/vt-eaai
u. dgl. Vf. C. St. 9, 297 f.
2. Herakl. ivr-aaai für *h'aaai (aus ♦c-ar-cri), indem die schwache
Form des Partizipialsuffixes mit der Kasusendung zusammen als einheit-
liches Kasussuffix von neuem an den Partizipialstamm angefügt wurde
(vgl. aqvdci für ♦cJ^a-ci, § 71 S. 103), hiemach auch nqäaaovx'aaai für
(urgr.) *7iqdaaovai, S. Kögel, P.-Br. B. 8, 116, J. Schmidt, K. Z. 25,
590 ff., Bartholomae ebend. 29, 550. Hierher auch d-ßdvvaaiv ' dva-ßäaiv
Hesych, wenn diese Änderung des dvdßaaiv des Codex das rechte trifft
(J. Baunack, Rh. Mus. 37, 474).
3. Im Nordwestgriech. und auf jüngeren peloponnesischen Inschriften,
hie und da auch bei älteren Dichtem, z. B. Hesiod, Sappho, erscheint das
-^tg der Formen wie Xvxoig auf andere Stammklassen übertragen, z. B.
fuiov-oig, hh-^oig, ovr-oigj Tqi^oig, S. J. Baunack, C. St. 10, 91 ff., G. Meyer,
Gr. Gr.* 357 f., R. Meister, Philol. Anz. 14, 256 f. Über el. x?^*«^^'^
8. § 70, 14 S. 98.
Den Anstoss zu diesen drei Neuerungen gab das Bestreben, im loc.
128 •^* Ghriechische Qrammatik. c) FlexionBlehre.
pl. denselben Stammauslaut wie in den andern Kasus herzustellen: z. B.
TToJ-fCCt, noi^oig mit d wie nod-sq etc.
4. Hom. noXtaai, neXtxeaai, oeaai wahrscheinlich statt noktci etc.
infolge des Nebeneinanders von kneai und ^neaai^ xkQaai und ähnaaai u. dgl.
In derselben Art lässt sich auch vtxvtxat etc. erklären, doch kann hier
altes 'V(Xt vorliegen, s. o. S. 127 und W. Schulze, Quaest. hom. 48.
Über das Verhältnis von -^i zu den Suffixen der andern Sprachen
sind verschiedene Ansichten aufgestellt worden, von denen keine als die
unzweifelhaft richtige bezeichnet werden kann. Den lautgeschichtlichen
Thatsachen wird am ehesten die Auffassung gerecht, dass -ai Umbildung
von -5/« nach der Analogie des loc. sg. -*, vielleicht unter Mitwirkung von
-yt -(piv gewesen sei (Osthoff, M. U. 2, 1 flf.). Vgl. ausserdem Osthoff,
M. U. 4, 229 flf., Thürneysen, K. Z. 27, 177, Torp, Geschlechtlos. Pron. 47.
In den Fällen, wo -o** in der historischen Zeit hinter sonantischen Vokalen
und hinter Diphthongen stand, z. B. ßdae-^i Tafiiä-ai kvxoi^i^ war -o'-
nach dem Muster von Formen wie ^vhxx-ai erhalten, bezw. wiederhergestellt,
vgl. den Wegfall dieses Spiranten im Dual § 85. Jedenfalls abzuweisen
scheint mir die früher oft behauptete Entstehung von -er* aus -cr^i. Vgl.
auch Mucke, De cons. gemin. p. 5, W. Schulze, Quaest. hom. 47 fiF.
Über das sogen, ephelkystische -r von -tsiv s. § 64 Anm. 3 S. 80.
91. Instr. pl. Xvxotg^ das weiter verbreitet war als Xvxoixn und
überall ausser bei Herodot neben diesem auftritt, war nicht aus Xvxoiai
entstanden, sondern aus ^Xvxo^g (§ 26) = ai. vfkai^ lit. vilkais „cum lupis**.
Eine Neubildung nach -oic war -aig (vgl. vi^u^ai vviLi(paiai nach XvxMcri
§ 90), att. dor. lesb. böot. und homerisch; am frühesten scheint sich diese
Neubildung beim Artikel {Talg) eingestellt zu haben. Neben -aig ist auch
-ijg {-yg : -i](Si = -oig : -oiai) bei Homer, Hesiod und den Elegikern überliefert,
doch ist diese Form vielleicht allenthalben zu tilgen (zuletzt handelte über
dieselbe Fritsch, Zum Vokal, des herodot. Dial. S. 35).
Zwischen -ai^und ital. -ais (osk. diumpais, lat. mSnsls) war kein un-
mittelbarer Zusammenhang. S. Osthoff, Z. G. d. P. 195 f.
92. Suffix '(fi{v). Dieses Suffix, über dessen Funktion § 188 zu
handeln sein wird, hing mit lat. -6? {tir-hi^ l^.&^), ai. -hhi^ -hhyas -hhyäm
zusammen. Vermutlich bestand ein uridg. "^^hhi, das damals keinem be-
stimmten Numerus angehörte, wie auch griech. '^i{v) hinsichtlich des
Numerus noch neutral war, und dann in verschiedener Weise weitergebildet
wurde. Für -(fiv ist wohl idg. -hhim vorauszusetzen (vgl. auch Leskien,
Ber. d. sächs. Ges. d. W. 1884 S. 102), und -yt und -yiv mögen einmal
verschiedene Funktion gehabt haben. Vgl. die Litteratur bei G. Meyer,
Gr. Gr. 2 363.
Der 9:i-Easus erscheint nur bei Homer und seinen Nachahmern als
produktive Bildung, doch war das Gefühl für den ursprünglichen volks-
tümlichen Gebrauch wohl schon bei den Dichtem der ältesten Stücke der
homerischen Gedichte nicht mehr ganz lebendig. Z. B. (rr^oro-^:*, oy^'Aij-yi,
?-yi, ra?-yi, iqbßsa-ffi, xgcct-saffi war eine Neubildung wie nod^aai^
xorvkr^6ov-6(fi eine solche wie tioS-oic (§ 90). Das hom. Adv. Xixgi^^fg ent-
2. Nominal- nnd Pronominalflexion. (§93—94.) 129
hielt gewiss nicht ein mit ai. -bhi^ unmittelbar zusammenhängendes -(pig^
wie oft behauptet worden ist, sondern war auf griech. Boden durch -^
erweitert worden, wie dfitpi^, eyYv^ u. dgl. (§ 80).
Unser Sufiix wohl auch in dem allgemeingriechischen a-^i a^ivy das
aber schon im Urgriechischen für die naive Formanalyse zu (fif-i atf^v ge-
worden war (§ 97).
Die pronominale Flexion.
Caueb, C. St. 7. 101 flf. G. Meyeb, Gr. Gr.» 380 ff. J. Baühaok, C. St. 10. 63 ff..
M^. d. 1. S. d. 1. 5. 1 ff. Vf. E. Z. 27. 397 ff. Schmoluno. Über den Gebrauch einiger
Pronomina auf attischen Inschriften. 1882. 1885. Wackebnaoel. E. Z. 28, 1<{8 ff. Torp.
Beitrftge zur Lehre von den gescblechüosen Pronomen in den idg. Sprachen, Christiania 1888
93. Die geschlechtigen Pronomina. Die Deklination war im
Oriech. im grossen ganzen dieselbe wie die der Nomina. Die hauptsäch-
lichste Abweichung zeigt der nom. acc. sg. neutr. : t6 =■ ai. tä-d, idg. *tO''d,
%i = lat. ö'iii-d, idg. ^qi-d; das -d war erhalten in akkoi-ani-g, nod-ano-^
(s. Bezzenbeboer in s. Beitr. 4, 337 ff.). In der idg. Urzeit war die Bil-
dung der meisten Kasus von derjenigen der Nominalkasus verschieden.
Im Oriech. erfolgten aber, wie in andern Sprachen, Ausgleichungen. Teils
nahmen die Pronomina nominalen Ausgang an, z. B. T/jf> nach xaX^y, Ihntp^
vgl. aL tdsmai umbr. pu-sme got. pamma preuss. s-tesmu mit einem Ele-
ment -sni', das auch im Griech. noch in gortyn. o-ufii (wohl -rf/wi, aus
*-Ti-<r/ut) vorzuliegen scheint; masc. twv nach xakwv, tnnaov, vgl. ai. te^am
preuss. S'4eison aksl. techü- altioi. peira; so auch tavtäv für zairo u. dgl.
nach xai^y C^yiv. Teils umgekehrt: xaXoi\ innoi nach toi = ai. ii got.
pdi (§ 86); x^eawv nach ratov = ai. tdsam (§ 89).
Das -<- der Ausgänge -o-t, -o-i^i hatte ursprünglich wohl nur den
Wert eines Pluralzeichens; vgl. J. Schmidt, K. Z. 25, 5 f., der auch -oicrt
für anfänglich nur pronominal erklärt. Köoel, Ztschr. f. deutsch. Altert.
28, 110 ff. und P.-Br. B. 14, 117, sieht in den westgerm. Ortslokativen
auf -OS einen idg. loc. pL auf *-ö-sw und urteilt, dies sei ursprünglich die
Bildungsweise dieses Kasus bei allen Nomina gewesen.
94. 0- und a-Stämme.
o, r;, ro = ai. 5a, 5rf, tdd, idg. *so, *sa, Ho-d, Neben 6 auch og {rj
6* 3c) = ai. so-A (Otto, Beitr. zur Lehre vom Relat. bei Homer 1, S. 2,
Delbbück, S. f. 4, 139, Vf. Techmer's Intern. Ztschr. f. allgem. Sprachw.
1, 238 und unten § 203 Anm.). Ion. att. lesb. thess. arkad.-kypr. ol^ at
{oiy od) waren griech. Neubildungen nach o, ä statt toi, ruf, entsprechend
o5-$, w-rff ,so* und herakl. ^ ^*V — ^ c^* „einerseits" — „anderseits" (wie
6 luv — 6 ib) u. dgl. (s. Ahrens, D. Gr. 1. d. 2, 276 sq.).
Von O'Sb mit doppelter Flexion rtoväeuiv (Alkaios), roXa6€a{(sy (Hom.).
Zu diesem Pronomen auch die in eins zu schreibenden odstv oäsTva^ rov^
ieivog TovdeTva u. 8. w., deren zweiter Bestandteil zu dem Pronominalstamm
«- (lat. t-s) gehören mag, s. J. Baunack, Stud. 1, 46 ff.
Anmerkung 1. Nach demselben Gelehrten a. 0. S. 55 f. soll oSe dadurch ent-
sprungen sein, dass man ein toS-l = ai. tad id dem einfachen x6 zuliebe irrtümlich als ro-Si
ansah, dann statt o-t ein 6-61 und so durchs ganze Paradigma hindurch Formen mit -dt schuf,
endlich -ife «volksetymologisch** mit 6h verband, was zu öSe führte. Schwache Punkte sind
die nicht gerade wahrscheinliche volksetymologische Verbindung mit dl und der Umstand,
ly^^Kw^h der klaw. AlterUumnriflsenacfaAft. IL 2. Aufl. 9
130 ^ (Griechische Grammatik, c) Flexionalehre.
dass für thessal. -vb neben arkad. -vi^ die in der Beurteilung von -(f£ -(fi nicht getrennt
werden können, eine analoge £rklärungsmOglichkeit sich nicht bietet (vgl. Anm. 2).
Die arkad. ro^-vi „huius" rCcv-vi „hanc" sind mit thessal. ro-ve »hoc"
u. s. w. zu verbinden, offenbar ein Verhältnis wie oii : oie. Ob hierzu
auch der kypr. gen. sg. auf -«v, wie aqyvQfov^ der doch schwerlich auf
Vermischung mit dem gen. pl. beruhte? Der Ursprung des n-Elementes
ist unaufgeklärt. Unter der Voraussetzung, dass -rt füs -v eingetreten
war (nach der Analogie von o-de, indem man to-vi mit to-^ii parallelisierte),
könnte man in diesem Element die Partikel -m -om sehen (vgl. Leskien,
Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1884 S. 105), die beim Pronomen vom gen.
sg. auf die andern Formen wäre übertragen worden.
Anmerkung 2. J. Baunack's Annahme (a. 0. 56), dass man aus acc. masc. *xov'i
fem. *tdy-i, gen. *ttav'l ^irrtümlich -vi als Affix abgehoben habe**, ist unglaublich. Wie
soll bei dem Vorhandensein von tov, xaXoy, xay u. s. w. ein solcher , Irrtum* möglich ge-
wesen sein?
tomo = *t6 V To, worin v eine Partikel = ai. ü (§ 201, 1). Aus
vorgriech. Zeit stammte masc. *ov fem. *äi5 = idg. *so w, *sd u, vielleicht
schon in uridg. Zeit kontrahiert zu *s6f/^ ^sdt/^, vgl. apers. masc. hauv.
Indem das Neutrum ro als Adverb enklitisch angefügt wurde (vgl. aksl.
Icu-to „wer?*), entsprangen die Formen *ov%o^ *avTo (aus *ävto, § 26) und
als Neubildung tovto für Hod-v-to. Diese im Auslaut flexionslosen Formen
erlagen alsdann der Einwirkung andrer mit Endflexion versehener Pro-
nomina, so ergaben sich ovroq avva tovxov etc. Boot, ovtov ovto ovta
ovT(ov von nom. sg. masc. aus.
o-g „qui" =- ai. yo-s n<iui". Mit Rücksicht auf lit. fi-s vermutet
Streitbero, Die Abstufung der Nominalsuffixe -to- und -je»-, 1888 S. 31 f.,
dass das ursprüngliche Paradigma nom. *(-$ acc. *«-m, gen. H^^Ho oder
Ho-sio (u. s. f. als {o-Stamm) war.
Idg. *qO' *ge- Frage- und Indefinitpronomen, no^ in ni^d'ev, ttoT,
TTOVf nwQj TTo-Tf^o-g, n6(fo-g aus *7ro-T/o-g, noTo-g aus *7ro/-io-g (Vf. Grdr.
2, 121), thessal. tioxxi = *7t6S xi (§ 201, 1), vgl. ai. Ara-s ,wer?*, lat. quo-d.
Tf- in hom. r*o att. tov = av. ca-hya got. Avi-s »cuius?*, eine Genitiv-
bildung wie if-uo €fi€io (§ 96). Gortyn. 6v€i(f = att. 6no((f, bei Hesych
kret. reiov • noTov, Ion. xo- in xo-O^ev u. s. f. Der Femininst, idg. *qa-
(lat. ö'w^-, got. hvö') war nur durch nrj, Ttjj vertreten. Durch Neubildung
kamen die verschiedenen anlautenden Konsonanten in Lautverbindungen,
in denen sie lautgesetzlich nicht entstanden wären. Dor. neL Att. t^T
Toig (S-Tf») o-Toig) für *7r<>7 *7ioTg nach {rto) tov, dagegen hatten ion. t*v»>
TtoiiXt mit dem t auch das e von Tto übernommen, worauf dieses wieder
zu Ttov (Archilochus) umgebildet wurde, s. Wackernagel, K. Z. 29, 148;
lesb. Tio) rfoiai waren nach Wackernagel a. 0. Umbildungen von T<p roiai
(vgl. gen. or-rw) nach rig riva, während G. Meyer, Gr. Gr.* 400 f. sie von
einem pl. neutr. *r/a ausgegangen sein lässt. Vgl. § 35 S. 54 f.
Dor. lesb. xrjvo'g ion. xeTvo-g sxetvo^g att. ixetvog. Hing vielleicht mit
od'Siv (s. S. 129) zusammen. Wenn das -ftv des letzteren, wie J. Baunack
Stud. 1, 47 annimmt, = ai. aydm war, so dürfte man von *x* €iv mit xt
= lat. ce (in ce-do) ausgehen; die Endflexion -o-g nach ovto-g u. dgl.;
ixeTvog durch Anbildung an exet ixcT-^cv, Doch kann auch an x* -}" jK^'o-
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 95—96.) 131
= ahd. jenEr gedacht werden. Vgl. auch Prellwitz, De dial. Thess. 41,
Johansson, Tidskr. f. nord. filoL, ny rcekke 8, 216 flf., Holthaüsen, P.-Br.
B. 13, 372, Vf. Qrdr. 2, 141. Mit x^vog war wohl dor. Trjvo-g gleichartig.
avTo-^ mit der dor. Nebenform des nom. avg^ die jedenfalls nicht aus
avto-g lautlich verkürzt war, wie oft behauptet wird, ist noch unauf-
geklärt. Auch Deecke, Progr. v. Buchsweiler 1887 S. 30 überzeugt nicht.
afAo- in dfimg u. a. : got. sum-s »irgend einer", s. § 21, 4.
Über die Possessiva Bfio-g etc. s. § 98.
95. Andere Stämme.
Ti-gj Ti', Ti-cf, kret. o-tifu (§ 93), megar. pl. neutr. ad aus *tta : ai.
ci-, lat. qui-, idg. *gi-. Über thess. xi-g § 35 S. 54 f. Neutr. pl. enklitisch
*T|£r, woraus ccra Ttd, das, weil an Neutralformen auf -a angeschlossen,
später die Form aaaa arra annahm (Ahrens, Qriech. Formenl.* 41. 215,
Wackernaoel, K. Z. 27, 90. 28, 121 «.). Der acc. *u-v^) (idg. *gt-iw),
zu tiv-a umgestaltet, erzeugte die v-Flexion, tiv-og u. s. w., vgl. § 77 über
Zfjva. Über das ursprüngliche Nebeneinander von *ji- und *^o- ♦g^e- im
Paradigma von Ti-g s. Wackernagel, K. Z. 29, 147 f.
Stamm i- »is" nur in versprengten Resten« Am besten ist bezeugt
der acc. i-v (s. J. Baunack, Stud. 1, 47); dieser war auch enthalten in /civ
und vlv, die nach Thumb's ansprechender Vermutung (Fleckeis. Jahrbb.
1887, S. 641 ff.) aus *(r/i' Iv {*(rfi' Partikel = ai. sma) und *yf Iv (*y/r
= vvj s. § 64, 5 S. 78) hervorgegangen waren.
Ein Neutr. xf „dieses* war wahrscheinlich in ov-xf, noXXd^xi enthalten,
8. Osthoff, M. U. 4, 241 f. Die dor. Formen auf -xty wie xsxQdxiv, in
denen v nicht ephelkystisch gewesen sein kann (Müllensiefen, Diss. phih
Arg. 6, 196. 243), hatten das Kasussuffix -v, vgl. ravxov neben ravTo.
96. Die Personalpronomina. Pron. der 1. und 2. Pers. Die
Pronomina tvir und ihr trugen in allen idg. Sprachen ursprünglich singu-
larische Flexion; die Pluralbedeutung lag im Stamme selbst. So noch
afifis wie ifiäy dfu'v wie ifAiv. Die Kollektivbedeutung und der Umstand,
dass fcir und ihr oft mit Pluralformen appositiv oder prädikativ verbunden
wurden, führten diesen Pronomina pluralische Kasuszeichen zu, z. B. ion.
rjjiu'ag neben älterem lesb. or/i/tt«, dor. afiä. Vgl. J. Schmidt, K. Z. 25, 6,
Vf. K. Z. 27, 398 f.
Ich, Neben eyoi stand St. fjte- fAo- = ai. ma-, ifxe- ifAa- entweder
nach der Analogie von iyoi, oder aus einem idg. *ewc- ^emo-, das Wacker-
naoel, K. Z. 28, 138 aus ai. gen. mdma für *dma, Torf S. 23 aus dem
armen, gen. im glaubt erschliessen zu dürfen. .
Du, Neben rv ai stand St. tpe- xpo- = ai. tva- und Hspe- *Tspo- =
lat. tovo- aus He^(h,
Wir. St. ro- im Dual vw^ zu lat. nös ai. nas. St. *da/i€' = ai.
o^ftia- entstand aus *p9m6-, d. i. entweder *9- oder *g5- + Partikel sme.
Das erste Element hing jedenfalls als Tiefstufenform mit vw und ai. nas
zusammen, vgl. got. uns aus *^. War *^'Snie die Grundform, so wird
*) Eine sehr üDBichere Spur von riv ist Hesych^s rcV ' cot, ^ riva, S. Mob. Schmidt
z. d. St
132
A. Ghriechisohe Grammatik, c) FlexionBlehre.
dies ursprünglich die einzige Form dieses Pronomens gewesen und alle
andern Kasus werden erst später hinzugebildet worden sein. Vgl. auch
DE Saüssure, Mem. 25 und Tobp S. 30.
Ihr. St. *i5(rjUf- = ai. yu^nm-^ idg. *iusme^ d, i. Hu-^-sme" oder *tws-|-5me-.
Unklar ist «rycö, Deutungsversuche bei Wackernagel, K. Z. 28, 139 flf.,
ToRP S. 48, Johansson, Bezz. Beitr. 13, 123.
Nora, iyd und iyfav^ lat. ego, ai. dhdm (zu y : ai. Ä s. § 34 S. 53);
der idg. Ausgang ist unermittelt. Über böot. Ifiv und Idv (letzteres bekam
nach Darbishire, Notes on the spir. asp. p. 21 sein ' nach ccntg; vgl. jedoch
Thumb, Spir. asp. 42) sieh § 33. Dor. ri», att. av mit a aus den obliquen
Kasus (Wackernagel, K. Z. 24, 609) — ai. tu (vgl. Osthoff, M. U. 4,
268). Hom. riv-ri = av. tüm\ die Quantität des ov in böot. tovv und
lak. TovvT] ist unermittelt. In der idg. Grundsprache standen wahrschein-
lich Hu und Ha „du** nebeneinander (Osthoff a. 0.). Das -v von iywv^
iyciv'Tj und tovv, riv-rj war eine angetretene Partikel, s. Leskien, Ber. d.
Sachs. Ges. d. Wiss. 1884, S. 94. Über das -ij von eym'-rj (Torp's €y(6-vrj
S. 24 leuchtet mir nicht ein) und tiv-rj s. § 201, 1. -— Lesb. afifieg vfAfAfg,
dor. afieg v^äg, böot. a^itg ovfiäg (über die letzte Form Meister, Gr. D. 1,
252); ion. att. rjfisig vfxeTg waren Neubildungen nach Formen wie tsa<p€ig,
durch das Verhältnis r^ixhwv : aatfäwv veranlasst. Die andern Sprachen zeigen,
dass die Stämme ^daiis- ^vtffiS" erst auf griech. Boden in den nom. ein-
drangen (vgl. z. B. got. veis, jus). — vcw, cyw Dualformen wie r«. von
aipm (Hom.) wohl mit deiktischem -t (vgl. dor. ins-t, Tf-i"; auch kypr.
acc. ni = fi'i?) = ai. i-d (so auch Torp S. 47); dann wird aber vwi\
a^pwi zu betonen sein (zur Accentuierung vm können die Alexandriner
leicht durch vmv verleitet worden sein); vwt in // 99 für vmv einzusetzen?
Vgl. § 201, 1 unter -t vw€ (Korinna) und atfwe (Hom? vgl. La Roche,
Hom. Textkr. 356 f.) mit dem -f von noäe (vgl. unten vmv^ aifmv),
Akk. jw^, fjut; aus rpä (Hesych tqt^ § 13) dor. rä^) ion.-att. et;
lesb. ofjUjUff, ti^jUf, böot. dor. a^t^ böot. oviit^ dor. i//i^. Diese Formen zeigen
den reinen Stamm, Sfit-ye = got. mi-k, afi^e = av. ahma^). Das kypr.
^6-v hatte sein -v wohl von der Nominaldeklination bekommen (Deecke,
Bezz. B. 6, 152); ebenso das von G. Meyer, Gr. Gr.* 382 dazugestellte
efibv einer metrischen Inschrift (214 n. Chr.). Dor. tv war akkusativisch
gebrauchte Nomin.-Form. Wenn die Dativformen tiv und «V (s. u.) einige
Male als Akk. vorkommen (G. Meyer, Gr. Gr.* 382 f.), so mag das durch
analogische Anlehnung an die Funktion von fxiv vlv bewirkt worden sein,
die durch die zahlreichen Akussative der nominalen ^-Stämme (x^'^9 ßdtsiv)
erleichtert wurde (Kühner, Ausf. Gramm. PS. 457, Thumb, Fleckeis.
Jahrbb. 1887, S. 641 f.). Durch Pluralisierung entstanden ion. att. riiitag
rjfxäg Tjfjiagy vfiäag vfiäg vfxag.
Dat. (Lok. Instr.). /loi, efioi = ai. me. Neben dor. roi, att. aoC
aus *T/?ot ein urgr. roi = ai. te, idg. Hoi (Wackernagel, K. Z. 24, 594 ff.,
Torp S. 9 f., Johansson, Bezz. B. 14, 153 und § 201, 2). Dor. ifitv e/iir,
^) Torp's Annahme S. 10, dass dor. t^,
wie tot, ursprünglich kein u hinter dem t-
gehabt habe, überzeugt mich nicht.
^) tj/btedano-s mit (f halte ich für eine
Neubildung nach dem als äXXo'dttnog em-
pfundenen €(XXod'an6g (§ 93^
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 97.) 133
tIv Tiv aas *r/?fv *TfiXv, tarent. iiniv-rj rfv-rj, hom. rstv aus Hepiv^), lesb.
äfiftuv^ vfAfiiv, dor. afxtv afih afjuv, vf.Uv vfiiv^ ion. att. ijfJiTv ^fiiv, vfiTv
viuitv, hora. auch ijfiiVy v(j,iVy scheinen zwar altererbt zu sein, haben aber
noch keine sichere Anknüpfung in den andern Sprachen gefunden; mit der
Annahme, diese Formen seien ursprünglich Akk. gewesen (vgl. Torp S. 27)
kommen wir kaum weiter. Lesb. hom. a^ini^ vfifm ohne -r vielleicht Neu-
bildungen nach <T'(pi (vgl. § 92. 97). Pluralisiert war lesb. aiijiieaiv. —
Hom. vmvy tf^iv, att. v(7)v, (Ttfipv waren nach Torp S. 47 f. durÄh An-
hängung des Lokativsuffixes -crir an die Form des nom. acc (vgl. lat.
ambö'bftö) entsprungen; ihre Oenitivfunktion war ebenso unursprünglich wie
bei dem mit ihnen zusammenhängenden touv toTv. Vgl. § 85.
Gen. Alle Formen waren im Orunde gen. sg. von Possessivstämmen
mit Suffix *-crio. ifxeto ifxäo ifiov, aeXo aäo aov aus ^ifis-CkOj H/se-ai^o (av.
mct-hya^ pva-hya). ifie-Xo : ifxo-To = ion. räo (av. ca-hyö) : nov aus ^Tro-a^o.
Nach Torf S. 26 fungierten die suffixlosen Formen ifxe Tf€ (und (Tfs) ur-
sprünglich zugleich akkusativisch und genitivisch; im letzteren Falle wurde
ihnen durch den Drang nach formaler Unterscheidung die Genitivendung
-^^ zugeführt. Durch -g waren erweitert (nach Analogie von yXvxt'og u.
ähnl.) dor. ifit'og, Täog; vgl. acc. kypr. fi^-v. Hom. i^fieiwv vjxeifovj r^fiämv
v^ämv^ att. rjfiwv vfiäv^ dor. afiäoov a^/wy, vfisaov vfifwv (über i = « § 18)
basierten auf urgriech. *MfX€-(rj^o *ii;o'jU«-oio, *äfAfi€To *v(j,fi€To (vgl. lat.
m^ : na^rf), die zu -sfcov -«wv pluralisiert wurden. Als Gen. des sub-
stantivischen Personalpronomens fungierte auch reoTo (0 37), reov; auch
diese Formation auf *-o-ako erfuhr ^-Erweiterung: dor. T€ovg, Vf. K. Z.
27, 397 flf.
ißä'd-Bv aä'&ev mit demselben ablativischen Suffix, das in akko-S-fv
no-Osv u. s. w. vorliegt. Die Formen lebten sich so fest ins Paradigma
ein, dass sie zugleich Genitivbedeutung bekamen (§ 181).
Die herodot. Sfistovrov efiscovtii} iiisnavxov^ aewvxov u. s. f. waren vom
Gen. ausgegangen: iiisoavtov aus i^so avvov durch Kontraktion. Ander-
wärts Elision. Att. aeavxov samov lässt Wackernaoel, K. Z. 27, 279
wegen des Fehlens eines efxeavTov (es wurde nur i^avrov gesagt) von
den Akkusativformen Hsf^avrov^ ^ip'aiiTov {^teavTov wurde nach (Tavrov
zu asavTov) seinen Ausgang genommen haben. Wegen kypr. gen. peavrw
(Meister, Berl. phil. Wochenschr. 1887, S. 1644) ist die Annahme vor-
zuziehen, dass att. aeavT- iavv- am Gen. (tsä'avvov^ h'^avtov), nur (Savt- am-
am Akk. (c'avro*', h*avt6v) entsprungen war. Dass neben iii avxov der
Oen. iiie* avrov nicht produktiv wurde und sich nicht hielt, mag daran
gelegen haben, dass ifxeavTov eine Silbe mehr hatte als (Tsavrov iavrov.
Übrigens ist mir mit Rücksicht auf § 64, 6 S. 78 f. sehr wahrscheinlich,
dass auch die Dativformen zum grössten Teil lautgesetzlich entstanden
waren: z. B. herod. «wrirq'! aus *^o(/)arTf/J (Homer ioT avrqJ) wie (ovtoi aus
*o(i)ainroi, att. ifx'aifTfp wie h^adskifol x*ot {xal oi) bei Meisterhans,
Gr.* 56.
97. Reflexivum. St. ♦er/?«- ^tfpo- (ff-, /?o-) = ai. sra- und ^aeps-
^) Anders über diese Form, aber micb nicht überzeugend, J. Baunack, Stud. 1, 245.
134 ' ^* Ghieohische Grammatik, c) Flezionslehre.
*(f€fo- (ff-, «0-) = lat. sovo' aus *se^O', Acc. ff, ?, hom. auch iä, wie
fju*'; böot. f<V akkusativisch wie tiV (s. § 96 unter Akk.). Dat. poT, oi
wie ifiot\ hom. auch for; gortyn. piv wie fjuVi'» ^'^^^ Korinna. Gen. sJo i'o
ou aus *af:€'(Xj^o^ wie fjufro; daneben iov ( T 384 nach Zenodot), ioio (Apoll.
Rh.) aus *(rffo-<Tj(o, mit -g weitergebildet iovg (Apoll, Dysc. de pron. p. 98 B),
s. Vf. a. 0. 406 fiF. i-^ev wie i^ä'&sv.
Nicht digammierte I' ot bei Homer will Tobp S. 15 auf ursprüng-
liche *(f€ *aot (vgl. Toi) zurückführen, was probabel wäre, wenn die be-
tonten Formen mit, die unbetonten ohne Digamma gewesen wären.
Ion. i(ovvov att. iavrov u. s. w., s. § 96 gegen Ende.
Die mit a^p- beginnenden Formen gingen wahrscheinlich von (r-g>i\
a-ff(v (§ 92) aus, worüber Vf. a. 0. 399 f.: tfyiV, mit iiiiv assoziiert, zog
(S(fe nach dem Muster von f^uf, Cffov nach dem von iiiov etc. nach sich.
Das von Wackernaoel, K. Z. 28, 139 ff. gegen diese Deutung vorgebrachte
Bedenken erledigt sich, wenn man, wie wir § 92 gethan haben, -ffiv nicht
als eine jüngere Erweiterung von -9)1, sondern als Nachkomme eines idg.
*'bhim betrachtet: als (X<f(v mit /?iV ifjiiv ziv assoziiert wurde, empfand
man es noch als eine von <T^i verschiedene Form; s. jetzt auch G. Meteb,
Gr. Gr.« 388 und Johansson, Bezz. B. 13, 123.
Pluralisierung: atpeig, aipeiwv cyoJr, tfyiVi (vgl. afxfxeaiv), a^päag ts<pag\
seltsam ist arkad. dat. Cffsig (cr^fig?); vielleicht lag ein *a(f€iv zu Grunde,
das nach siv neugebildet war wie (Sipsog nach iog (§ 98). Mit den Dual-
formen acc. cycöf, dat. aipmv (bei Homer) vgl. ifib a<fä^ tstv tr^h; sie waren
also gewissermassen Dualisierungen von a^ä, oftv durch Einschub von co.
Lak. ifiv = Cifh; syrak. xpt § 62; lesb. acy* aatps § 53.
98. Possessiva. Die Stämme der Personalpronomina fungierten von
idg. Urzeit her auch adjektivisch und deklinierten dann nach Art der
o-Stämme. i^o-g zu i^t (vgl. § 96). (To-g aus *r/?o-^ = ai. ^ra-; hom. dor.
Tf (/?)6-g = lat. tovo-s aus *te^O'S. Lesb. afi^o-Cj vfAfio-g^ dor. ccfia-gj vfio-g :
av. ahma-' „noster**. Die komparativischen ijjucrf^o-^, vfittego-g waren zwar
speziell griech. Bildungen, knüpften aber vielleicht an ähnliche Komparativ-
bildungen der idg. Grundsprache an (vgl. Vf. a, 0. 404. 405, Grdr. 2, 421).
— ffog, og = ai. svd-, sog = lat. sovo-s aus *seuO'S. Hierzu hom. f^cig
„gleichwie** {^eov pdg)^ vgl. got. sv^ »wie**, sowie das neutr. *po3 (got.
sva „so**) in ot-t«, fo^i, Sri, on-noig^ onwg etc., vgl. § 201, 1. 207; die
Vereinfachung der durch Assimilation entstandenen Doppelkonsonanz in
poTi, onwg u. s. w. erfolgte nach dem Muster der Simplicia r/, näg u. s. w.
Neubildungen mit cry- (§ 97): aifog (vgl. og), a^sog Alkman (vgl. iig\
aif^reqog (vgl. i^fibTsgog).
3. Anhang.
a) Komparationsformen.
99. Das Griechische hatte fast alle Stammbildungssuffixe bewahrt,
die seit uridg. Zeit zum Ausdruck des Begriffes der vergleichenden Gegen-
überstellung und der relativen Giltigkeit der Bedeutung eines Adjektivs
dienten, -jfo-, in aXXo-g iiäao^, s. § 70, 2 S. 92; -j(ew-, in ijrf-/cöv, s. § 71, 2,
2. Nominal- und Pronominalflexion. (§ 98). 8. Anhang. (§ 99—101.) 135
S. 105; -1«^, in rJcT-^ft), s. § 73, 3 S. 112 f. -/o-, in i'x-rog, und -is-fö-, in
ijd^aTo^, 8. § 70, 14*» S. 98. -cro-, in vn-^go^, und -^ero- -tro-, in ;ro-
T€^o-< a2Ao-T^o-g, 8. § 70, 10 S. 95. -wo-, in i'ßiofio-g nQo-fxo-gy s. 70, 8
S. 94. Neu entwickelt wurden -aro- und -raTo-, in fiäaa^aro^ und w^d-
TOTo^, s. § 70, 14*» S. 98.
100. -j(«n- und -tes- drückten zunächst eine vergleichende Gegenüber-
stellung im weitesten Sinne aus. Erst nachdem sich -rs-^o- daneben gestellt
hatte, daa dem Vergleich mit mehreren andern diente, beschränkte man
-teit- -{es- auf den Vergleich mit einem andern. Der letztere Begriff
hatte in a^cy-rf^o-$ , links* (mit Hindeutung auf „rechts") durch -rt^o-
noch einen besonderen Ausdruck bekommen.
-ero- und -tero- waren zunächst, wie es scheint, nur in Wörtern,
welche eine Raum- oder Zeitanschauung darstellten, und in gewissen Pro-
nomina anderer Bedeutung üblich. Dabei stand nur ein Begriff, der streng
gegensätzliche, in Vergleichung, z. B. *en-terO' „der innere* (ivrego-v),
Oppositum „der äussere*; iJ/e«-T€^o-$, Opp. vfiä-rego-g; dygo-Tego-g „das freie
Feld bewohnend, wild", von ayo-io-g unterschieden durch den Hinweis auf
MTV. Im Griech. wurde nun -rtpo- (wie im Ar.) ein Komparativsuffix für
Adjektiva irgend welcher Bildung und Bedeutung, z. B. fiiii^sQo-g^ und
hier fand der Vergleich nicht mehr mit dem absoluten Gegensatz statt,
sondern mit dem durch den sogen. Positiv ausgedrückten Begriff; dieser
Prozess vollzog sich wahrscheinlich unter Einwirkung der Komparativschicht
mit Suffix -jen- -{es-.
"io- und -nto- standen zunächst in Zahlwörtern und bezeichneten, der
wievielte einer in einer grösseren Reihe sei, z. B. i'xro-g, k'ßdofi(Hg. Danach
-iS'tO' und die griech. Neubildung -raro-, um mit einer Anzahl von Gegen-
ständen zu vergleichen, vgl. iiäyttstog syoi v(j,(ov „ich bin grösser als jeder
einzelne von euch* {jieilwv vfAwv „grösser als ihr*, vfxsig als ein Begriff
genommen), noXsiiov ä^iokoyoiTcnov riov nQoyeyevijfxsviov Thuk. 1, 1. -mO'
blieb in dieser Richtung im Griech. unproduktiv.
Vgl. WEfflBiCH, De gradibus comparationis p. 1 sqq., Vf. Grdr. 2, 420 ff.
b) Zahlwörter.
Osthoff, M. ü. 1, 92 flf. Baunack, K. Z. 25, 225 flf. G. Meybb, Gr. Gr.« 372 flf.
101. 1. St. €V' ursprüngl. ^sem- {ofA-o-g^ lat. sem^eT): nom. sg. masc.
gortyn. i'vg att. sig, fem, /i-/a, Stammform a- in a-na^ aus *s^-, s. § 74, 1.
Über i'€ig bei Hesiod s. J. Baunack, Stud. 1, 45. Etymologisch zweifel-
haft sind hom. lesb. thess. la und hom. gortyn. hff (vgl. Osthoff, M. U.
4, 186 f.). W'VTi zu lat. oi-nO'S ünus (vgl. oiVg „allein* zu apers. ai-va-
,unu8*). nQWTo-g dor. ngärog entweder mit G. Meyer, Gr. Gr.* 154 aus
^nQo^aTo-g^ also ein junger Superlativ zu nQo-TeQo-g^ oder wahrscheinlicher
Superlat. eines *7rpw/?o-g (vgl. TgtraTog von TQ{Tog) = ai. pürva-s, idg.
*Pf-^ö-5» vgl. dor. nQccv aus *7r^«/?a-r und nQ((}rjv aus ^irgao/na-v; sieh § 23
5. 43, § 70, 14b S. 98. Lesb. att. Tr^vravi-g neben ngotavi-g deutet auf
einen Stamm *pr'tJh neben *pf'Uo-,
2. ivfo = ved. duvd^ daneben *d[:iü = ved. dvd in 6(6-6 exa. Plu-
raliscb 6v(ot\ 6voT(n bei Herodot, gortyn. 6voTg. St. rfv- in dor. jungatt.
136 -^* Griechische Chrammatik. c) Flexionslehre.
äv(Xi\ lesb. Sv€(Ti, oder dveam^ thess. dvaq^ zu welchen Bildungen wohl dv(av
neben dvoXv dvaiv (§ 85) Anlass gegeben hatte. Die auffallende urgriechische
Form ivo (böot. itovo^ vgl. Blass, Rhein. Mus. 36, 607 f.), die im Att.
die Form ivw verdrängte und sich, wie nbvts^ IJ u. s. w., unflektiert mit
allen Pluralkasus verband (Keck in Schanz' Beitr. zur bist. Synt. 2, 38 f.),
war vielleicht, ebenso wie böot. oxto, die alte Neutralform mit dem ur-
sprünglichen Ausgang -ot (ai. dvi\ s. S. 79 Fussn. I und § 84, 2. 85.
In echten Compositis rfe- = ai. dvi-, lat. 6t-. ievTSQog („nachstehend,
folgend", vgl. lat. secundiAs) doch wohl trotz W. Schulze's unmotiviertem
Einspruch (Quaest. hom. 4) zu äevofia^^ s. Vf. K. Z. 25, . 298 flf.
3. TQsTg = ai. trdyas, idg. Hrei-es, Diese Nom.-Form auch als acc,
und umgekehrt acc. TQig = got. pri-ns auch als nom. (§ 86. 87. 177). tq^-to-c
(zu TQfrarog erweitert nach eivarog^ däxctrog) wie av. pri-tt/tp-, got. prirdja
(vgl. Osthoff, M. U. 4, 195), lesb. täq-ro-g aber wohl zu lat. ter-üu-^ ter-nf,
4. St. idg. *qet^er'', Att. räTtageg, hom. Täatsaqsg niavqeg^ neuion.
täaasQsg, böot. nbrraQsg^ lesb. ntavqsg^ dor. rerogeg, s. § 13 S. 32, § 35
S. 54 f. tqd-nB^a^ Tqv-ifdksia § 65, 5 S. 81. Über diese selben Formen
und über Ttr^a- auch § 13 S. 55, § 59 S. 71. Ausserdem vgl, J. Schmidt,
K. Z. 25, 43 flf., Wackernagel, K. Z. 25, 283, G. Meyer, Gr. Gr.» 376 f.,
Osthoff, Phil. Rundsch. 1, 1592, M. U. 4, 333, Kluge, P.-Br. B. 8, 517 flF.
5. ntvTs = ai. pdnca^ idg. *pef9qe. nä^nto-g = lat. quintu-s, idg.
*pef9qt0''$; gortyn. nevro-g aus *nevrTo-g mit %t ^=i m % 36. Über ana-
logische Neuerungen wie nsrcdg für nsfindg s. § 35 S. 54. nevra- in
nevTa-xwnoi dor. Ttevta-xanoi und andern Zusammensetzungen mit cc nach
6. f*? i? aus *o'/ff J = kymr. chwech. Über die idg. Grundform s.
VON FiERLiNGER, K. Z. 27, 194 flf., G. Meyer, Alban. Stud. 2, 56 f. Ob
/sexrog k'xrog aus "^pexato-g entstanden (§ 59) oder von alters her ohne c
war (vgl. ahd. sehtö)^ wie Osthoff u. a. vermuten (M. U. 4, 329 f., Z. G.
d. P. 219), ist unsicher, e^a- in i^a-xoaioi und andern Kompp. mit« nach
%€xqa' u. a., daher auch die Bildung i^a-ai auf einer späten Inschrift
(G. Meyer, Gr. Gr.* 378) wie retga-rn.
7. inrd entweder für "^inra = ai. sdpta d. i. *septtp^ nach der Ana-
logie von oxTO) (Osthoff, M. U. 1, 97 ff.) oder für ^inrdv = *septTJi (§ 21, 2)
in Anlehnung an den Auslaut von ivvea^ dtxa ; die letztere Auffassung ver-
dient nach dem von G. Meyer, Alban. Stud. 2, 64 f. und Wheeler, No-
minalacc. 19 entwickelten den Vorzug (auch ved. saptd für lautgesetzliches
*saptdm). Das ßS von i'ßio/Aog^ epidaur. eßisiiaXo-g (§ 29) war wohl nicht
erst auf griechischem Boden aus nr entstanden (s. Osthoff, M. U. 4, 328,
Z. G. d. P. 321, Kluge, P.-Br. B. 9, 180).
8. oxToJ = ved. a^tä^ idg. *o^M, Dualform; daneben böot. oxto, viel-
leicht, wie ävo^ alte Neutralform, s. oben ovo. Herakl. 6xt(o hatte seinen
Spiritus, el. bnvw sein tt, oxtu- in oxxa^xwsioi (lesb. oxroj-xocrioi), oxTd-novg
(neben oxTci-Ttovg, ai. astd-pad') das cc von der Siebenzahl. Die Median in
oyioog sind wie die von i'ßdofiog (s. o ) zu beurteilen.
9. Griech. Grundform "^ivfa (fVra-, «va-, iva- § 57) für zu erwarten-
des *i'ffa (vgl. armen, inn, pl. inun-lc Hübsohmann, K. Z. 23, 33) = ai.
8* AnhÄng. (§ 101.) 137
ndva^ idg. *neu^ (lat. novem für *noven nach Septem, decem), s. Wacker-
KAOEL, K. Z. 25, 260 flF. Über svvea sehr verschiedene, meist erweislich
unrichtige Kombinationen, bei Osthoff, M. ü. 1, 123, Kögel, P.-Br. B. 8,
119, DE Saussure, Mel. Qraux 743, Wackernagel, K. Z. 28, 132 ff.,
G. Meybb, Gr. Gr.« 379, Smyth, Der Diphthong JEI S. 64, W. Schulze,
Qaaest. hom. 29 sq. Am wahrscheinlichsten ist mir Wackernagel's Deu-
tung, nach der ivvsa Zusammenrückung von *€v vepa „im ganzen neun,
volle neun* war mit Verblassung dieser anfänglichen Bedeutung. Herakl.
ivväa wie oxroi, nach ima,
10 — 19. dexa entweder =- lat. decem, ai. ddSa, idg. *dek7p,, oder = lit.
desgimt (nom. pl. deszimts, aksl. desete), got. taihun, idg. *dekipt, Säxato-g
= lit. desBimta-s, idg. ^dekr^to-s; über lesb. ark. dexorog s. u. i'vSexa,
iddexa und ääxa ivOy TqsTg xai däxa und däxa ZQeTg u. s. f., s. Meister-
HAK8, Gr.« 126, Wackernagel, Phil. Anz. 1886 S. 78 f.
20—90. Dor. böot. pixati^ vgl. lat. vJgintt, -xaTi aus ^--ki^ti (vgl. S.
123 Pussn. 2 und W. Schulze, K. Z. 28, 277). Eine Vermutung über
das « von dor. peixaTi und ion. att. nxoai hom. icfxoai äusserten wir
§ 84 S. 124. Böot. f^ixacTTJ (Meister, Gr. D. 1, 276) zu lat. vTc^simus
(*vfcenssiinus) von Grundform *^ikfiit+to-, *^tkfgtt'tO' (§ 36). Die Form
Hxwsnog mit o für a war Neubildung nach rqia-xoatog aus ^-xovtfTo-g (§ 55)
und veranlasste weiterhin die Bildung €ixo<n statt "^etxaai. Dasselbe von
-xocrrog, 'xovra ausgegangene o in lesb. ark. iexorog, ark. ixorov-ßoia und
in 'xoatoi (s. u.). Die Form Txavriv bei Hesych. (Codex ixdvuv) zeigt sich
in anderer Weise von -xovra beeinflusst. Vgl. Vf. K. Z. 24, 66, Osthoff
ebend. 424, M. TJ. 1, 128 (anders, aber unwahrscheinlich G. Meyer, Alban.
Stud. 2, 13 f.). Herakl. TeTQoixovta war wohl nach oydojxovra gebildet
(Baunack, K. Z. 25, 235). nevtr^xorra mit urgr. rj zu slL panca-Sdt „fünfzig*,
idg. *pef9q€-k- ; hiernach i^ijxovta gortyn. /? f Ji^xorra. Zur Bildung der Zehner
überhaupt vgl. noch Thurneysen, K. Z. 26, 309 flf.. Spitzer, L. d. a. D.
18 flf., Prellwitz, De dial. Thess. 41 sq. und S. Bugge, Bezz. B. 14, 72,
der für -xor* idg. "^{d^kr^-U als Ableitung von *dek^ „decem** voraussetzt
['xovrcc also aus *{d)kom-t^ ?).
100 u. s. w. Der zweite Bestandteil von i-xarov = lit. szimta-s,
ai. Sat4'm, idg. *A^to'-m (zu der Annahme von Ascoli, Krit. Stud. 94, die
idg. Grundform sei *k^to-m gewesen, das m von lit. szimtas lett. si*mts
sei von der Zehnzahl lit. deszimti- übertragen, ist kein ausreichender Grund
vorhanden); *kf^tö-m nach Bugge a. 0. aus *(d)X:^-^ö-w, Ableitung von
*d€krp „decem". Das «- von ixarov wohl für a- = *sr^- (vgl. ai. sa-hdsra"
^tausend*) mit Anlehnung an den Vokal von ir-; vermutlich bestand ein
*^v xortov „ein Hundert** neben *d-xaj6v. Dor. böot. -xcfTioi, ark. -xtiaioi
zu ai. -iatya-; das o von -xoaioi von -xovra ^xocxo-g entlehnt (s. o.). Auf
^XscXo- = ai. {sa-)hdsr(i- beruhten lesb. x^^Atot dor. x'J^'ot ion. x*^^'^*
(§ 45. 56); über das i von hom. Sexa-x^^oi att. x^^^^e s. § 46; zur Stamm-
erweiterung -tot vgl. ai. sahasriya-. Nach rgiaxocTo-g u. s. w. waren
fxflfTooTo-g, SiäxoaiotXTo-g, x^Aiocro-^, fj^vgioato-g, ferner auch noXloaxo-g^ oXi-
ycHTTo-c gebildet (Vf. M. U. 3, 69, Osthoff, Z. G. d. P. 594). Vgl. auch
BxaxovrccTug (spät) nach TQiäxovraxig u. s. w. (Baunack, K. Z. 25, 238).
138 ^ GrieciiiBche Grammatik, c) FlezionBlehre.
c) Nominalkomposition (Form und Bedeutung).
Litteratarangaben bei HCbkeb, Grondriss zu Vorles. üb. d. griech. Syntax 29 ff. and
Vf. Grdr. 2, 21 f.
Form der Znsammenaetznng.
102. Man kann für das Griechische wie fUr die andern idg. Sprachen
vier Klassen von Komposita unterscheiden.
1. Das 1. Glied war der Stamm eines deklinierten Nomens oder Pro-
nomens, fiovo-yevT^g neben fiivo-g.
2. Das 1. Glied erscheint in keiner der Forschung zugänglichen
Periode der idg. Sprachgeschichte als flektierbares Wort und tritt nur in
Kompp. auf, a-ßarog,
3. Das 1. Gl. war ein altüberkommenes adverbiales Wort mit oder
ohne KasussufGx und wurde auch ausserhalb der Komposition gebraucht,
im'&€Tog neben ini {im),
4. Das 1. Gl. war entweder ein Kasus, der als lebendiges Glied eines
Kasussystems die Zusammensetzung mit dem andern Teil einging, oder ein
Adverbium, das erst in der griechischen Entwicklungsperiode zum Adverb
geworden war und als solches Kompositionsglied wurde, Jiotf-xov^oi,
nav-aioXog.
Für die Kompp. kommt in Betracht, dass zwischen syntaktischem
Wortkomplex und Kompositum und zwischen Kompositum und Simplex
häufig keine festen Grenzen zu ziehen sind.
Auf jeder Stufe der Sprachentwicklung gibt es werdende Kompp.,
und man kann oft nicht entscheiden, hat man es schon mit einer einheit-
lichen Zusammensetzung oder noch mit einer syntaktischen Wortverbindung
zu thun. Daher z. B. der Streit, ob xaQrjxofiowvTeg oder xagr] xofAocuvteg
u. dgl. bei Homer (s. La Roche, Hom. Textkr. 311 ff.). Wo Kompp. aus
Teilen bestehen, von denen jeder als selbständiges Wort auftreten könnte,
erkennt man den Kompositionscharakter am sichersten aus folgendem.
1. Wenn der Ausgang des einen Gliedes der Zusammenrückung auf solche
Wörter übertragen wird, die ihn in freiem Gebrauch anzunehmen unföhig
sind, wie itoa-dotog {Siog gen. sg.) ein d-eoa^dovog erzeugte. 2. Wenn in den
analogischen Nachbildungen das 1. Gl. nicht mehr die Kasus- oder sonstige
Flexionsbedeutung zeigt, welche Bedingung für die Entstehung der Muster-
form war, z. B. 'ÄQr^'-Xvxog, aQsi-d-vaavog nach äqrji-^atog äQei-qtaxog ,im
Kriege getötet''. 3. Wenn die Zusammenrückung „mutierte ** Bedeutung
(§ 105) hat, wie aegi-oixog „in der Luft die Wohnung habend **.
Anmerkung. Kein sicherer Beweis für befestigte Komposition ist, dass Weiter*
bildungen mittels ableitender Suffixe vorgenommen werden, wie JiocxovQetov von Jtoa-
xovQoif Alyott-norafACrrj^ von Atyoa-notafAoi. Denn oft schaJBPt erst das Bedürfnis der Ab-
leitung ein Kompositum, wo vorher noch keines da war, wie xaXoxaya&iä von xaXog xaya-
&6g, iyxifpaXoq von iv xetpuXj, nftqa^Xaaaiog von naqd ^aXcMany,
Anderseits ist das 1. oder das 2. Gl. eines Kompositum oft im Über-
gang zu einem präfixalen oder suffixalen Element begriffen. Z. B. -fiJij^
in -d^so'Biirjg u. s. w. nahm in der historischen Periode den Charakter eines
Suffixes an, ein Prozess, der sich bei -ayro-g in nod^ano^g etc. (zu ai. ^^hc-
„wohin gerichtet**) schon in vorgeschichtlicher Zeit vollzogen hatte, «ya-
^o-g ursprünglich „sehr kriegstüchtig*" (J. Baunack, Stud. 1, 260 ff.) war auf
3. Anhang. (§ 102-103.)
139
eine Linie gekommen mit noQ-o-q a/-o-^, und in ähnlicher Weise waren
ixoTOfi-ßrj (vgl. ai. iata-gu- ,100 Kühe habend"), da-nedo-v ursprünglich
«Hausboden'' (§ 74 S. 115), fi-xsavo-g urspr. „umlagernd** (§ 200) für das
naive Bewusstsein zu einfachen Wörtern geworden. (Zum Teil hatte diese
Veränderung des Sprachgefühles bereits in uridg. Zeit stattgefunden, z. B.
bei i'XVQo-gy pUxaxi und rtäQ-vat, das mit /^äTog zusammenhing.) Wenn man
derartige verdunkelte Zusammensetzungen mit unter den «Komposita*' be-
handelt, wie wir thun, so kommt freilich mancherlei auf gleiche Linie zu
stehen, was fUr das Sprachgefühl der betreffenden Periode verschieden war.
Vgl. Vf. Grdr. 2, 3 ff.
103. Erste Klasse. Beispiele. dfxo-ndrtoQ : apers. hamchpitar- «von
gleichem Vater*. TroXv-drjvea ' nokvßovkov, noXvfxrjtiv Hesych : ai. puru-
dasM' «reich an Wunderthaten**. Tgf-novg : ]sLt. tri-pSs. Der Stammaus-
gang des ersten Oliedes zeigt häufig nicht mehr die ursprüngliche Gestalt.
Für die Nomina, welche schwache und starke Stammgestalt nebeneinander
hatten, war schwache Stammform von Haus aus die Regel.
o-Stämme. Über Inn^ayrnyog aus HTTTvo-aycoyog s. § 64, 6 S. 78. Ob
das -€- in 'Ayä^Xao^g {ayo-g), aQxs-^noh'g {aQxi^) u. dgl. aus uridg. Stamm-
formen mit -e- herrührte, oder ob es erst infolge der S. 140 zu besprechen-
den Assoziation des 1. Gl. mit einem verbalen Stamme an die Stelle von
-o- getreten war, ist unklar. Von den o-Stämmen aus wurde -o- auf die
verschiedensten Nominalklassen übertragen, z. B. naTQ-o-qovog av-o-xrovog.
Umgekehrt wurde -o- öfters durch -ä- verdrängt, z. B. ^avarrj-ipogog statt
und neben xkavaTo-^fogog zu x^dvaxo-g (vgl. Vf. Grdr, 2, 45 f.).
d-Stämme. Meist -ä-, wie vixrj-fpoQog^ einige Male ein unaufgeklärtes
-£?-, wie ^Akxa-x^oog, rifiwQog aus Hifiä'OQog.^) Häufig -o-, wie Nixo-fxaxog
dor. itmo-nancov; der Gebrauch von -o- bei Adjektiven als 1. Gl., wie
dxQo-TToXig =^ axQcc noXig, war schon uridg. Das -ä- auf andre Norainal-
klassen übertragen, z. B. x^avaTr]-<p6^og (s. o.), danid-r^'ifoQog,
»- und tc-Stämme. Alte Bildungstypen: rqi-novg iiavTi-noXog^ i]iv^
{f)€nr]g. Mit -o- z. B. ifvai-^o-loyog,
l- und fl-Stämme. Ursprünglich -7- -m- vor Kons., -n- -m^- vor Son.
So noch criJ-ayxo-g, dagegen ai-fpoQßig für ^ai-if,, wie cvai für ♦cv-o'i (§ 74, 2
S. 115). Mit -0- z. B. (Tv-o-xrovog^ IxO^v-o-ipayog,
n-Stämme. Selten -a- = -«- (vor Konsonanten), wie ovo/ÄCC'xXvrog;
xwdiivia für ''^xva-nvia durch Übertragung des -v- von xvvog, xvv-rjyog etc.
Daneben o-Stamm statt n-Stamm, wie xio-xQävov, dx/xo-t/srov, atfio-ßa^t^gy
ein aus idg. Urzeit mitgebrachter Bildungstypus, mit dem die ebenfalls
alte Vertretung des n-Stammes durch einen o-Stamm im 2. GL, z. B.
av-atfAthg neben dv-aifjiwv, zusammenhing (vgl. § 71). Griech. Neubildungen
waren solche wie ^Qsv-ciXrjg Tsxtov-aQxog dytov-d^x^Q nnd (pQeV'O-fiavijg
xloV'O'XQavov dywv^fH&äTrjg,
r-Stämme. Alter Typus narQ-covufiiog, dvdQ-dyqta, Dagegen vor Kons.
') Man moss mit der Möglichkeit rechnen,
dass das 1. Gl. m'JXxd'^oogjXvxdßag ^er instr.
8j$. eines Wurzelnomens war (§ 88), vgl.
aXxi-if^av mit ioc. sg., und dass erst da-
durch, dass man «Xxa- mit aheij assoziierte,
Formen wie *nvXa'OQog (vgl. Wackebnaoel,
K. Z 27, 263. 28, 132) ins Leben gerufen
wurden.
140 ^* GriechiBche Ghrammatik. o) Flexioiuilelire.
in der Regel mit -o-, wie narq-o-ipivog für ^narga-^ovog. Alt noch rsrqa-
yvog = idg. *qet^^'y wo sich a unter dem Schutze der Eompp. mit iTira-
ivvea- etc. hielt; nach TExqu-noia scheint dvigd-noia gebildet (bei Beute-
verteilung und sonst öfters lagen die beiden Begriffe dicht bei einander),
s. Vf. Grdr. 2, 48, Wackernagel, K. Z. 30, 298. Neubildungen waren
auch die Formen mit starker Suffixgestalt, wie MTSQ^o-siirfi , ^rp^oq-o-
iiridcxakog^ Xafi7iTr]q'0'(p6qog,
Die n^Stämme im Griech. stets mit starker Stammgestalt, ndvt-aqxog,
navT'th-fiuri^g^ iqaxovT'O-fiakkog. Die schwache Stammgestalt der abstufenden
ri^Stämme scheint ausgestorben.
Neutrale s-Stämme. caxec-^oqog, wie ai. rajas-tür- „den Luftraum
durchdringend''. Daneben auch einige Male schon bei Homer -o- statt -ccr-,
regelmässig in der Prosa: slqo-xofiog^ irto-Ttoiog, entsprechend xpevd-dyysXog;
-0- fQr -ec- wohl infolge der gleichen Nominativausgänge (l^nog : Innog);
mit -Ä- statt -0- z. B. ^i^r^oqog (neben ^i^o-tpoqog). ceXaC'^aqog; daneben
xsqo-^oqog^ xqso-ioxog und xqsTj-ioxog.
Andere Stämme. vav-Ttrjyog und ri^o-ccoo^. ßov-vofiog und ßo^a-xXsip
ßo-rj'VOfiog. d-na^j vgl. lat. sim-plex, idg. *s^-. dd-nsiov, idg. *dJ2*" (§ l^^).
fivC'^ovog^ vgl. lat. wüS'CipuIa. nvy-fidxog. nod-Haxr^g^ noi'O-xdxxrj. viff^
ßoXog,
Der Charakter des 1. Gl. als Nominalstamm wurde in doppelter Weise
gestört :
1. An die Stelle der Stammform trat eine Easusform (Übergang in
Kl. 4), z. B. JIvXoi'YBV-qg^ Jui-tqätprig (§ 74, 1 S. 115), doqi-fiaxog^ ^Itpir
xqdrrjg^ row-exi^gy Sixaa-nokog {dixatf- acc. pl., s. § 55. 63).
2. Das Sprachgefühl änderte sich gegenüber dem 1. Gl. in der Art,
dass dieses verbal empfunden wurde. Das veranlasste dann zahlreiche Neu-
bildungen, in denen nun wirkliche verbale Stammformeil als Yorderglied
eintraten. So deutete ma,n Tapv-yXcoacog (»mit gestreckter Zunge*, Havv-g
= ai. tanü'^) als „die Z. ausstreckend" (zu rdw-rai)^ ^iXo^^evog („dem der
Gastfreund lieb ist") als „den Gastfr. liebend" (zu ipiXi(a\ ^v/o-ntoXsiiog
„der dem Krieg abhold ist" {^^vyo-g, vgl. lat. lücirfugus) als „den Kr.
fliehend" (zu ^^vyo-v). Daher dann Neubildungen wie iiwo-^svog (nach
(fiXo-^evog geschaffen, vgl. (Aiaäw : (piXtai) „den Fremdling hassend", (paivo-
firjqfg, id^EXo-novog. Wenn das -e- von Formen wie ^AyäXaog (s. 189) nicht
als die nominale Suffixgestalt -6- aus vorgriech. Zeit mitgebracht war, so
muss man es als infolge der verbalen Umdeutung aus den Formen wie
aye-TB herübergeholt betrachten. reqipi-fißqoTogj taYval-nrsqog^ dqxsai-yviog
u. dgl. enthielten Abstraktnomina mit -^i-, T^qt/Ji-g etc. Sie wurden mit
den s-Aoristen ^xsqipa^ hdvvaa, rjgxeaa assoziiert und nunmehr verbal
empfunden, „die Menschen ergötzend" u. s. w. Daher alsdann Neubildungen
wie ^TTjai-xoqog {^artjad) neben axaai-aQxog {ardai-g)^ g^x^iai-fißqoTog (%^wa)
neben (fx^iaig. Weiter veranlasste die ideelle Verknüpfung dieser aoristischen
Kompp. mit solchen wie XainO'\pixt(a ^vyo'TiToXefiogj dqxt-xaxog^ ^vy-aCxi^rfi
einerseits Neubildungen wie Xeiipo-d-qi^^ neqaä-noXig^ ^tr^a-ayoqrfi^ anderseits
solche wie dXe^i-xaxog^ Xccx^i'xrjSrjg (vgl. Xrjtfi-fißqoTog)^ dgxi-TexTwv^ «?X*"
x}t(aqog für dqxe-d^txoqog, Xaiqi-ytvrfi neben Xaiqä-aTqaTog, sogar TrjXi'Haxog
3. Anhang. (§ 103.) 141
(el.) für TfjXä'-fiaxog, woneben auch die Neubildung TrjXi-xQnog. Diese
Angleichungen mögen durch die Doppelbildung des cr-Aorists, Üei^a und
'for, gefördert worden sein. Ferner brachte man unsere Kompp. mit -c«-
mit solchen der 4. Klasse zusammen, die einen loc. pl. auf -c» enthielten,
wie oQeai'TQOifoq „in den Bergen genährt", worüber Osthoff, Vb. i. d. Nc.
193 ff. Endlich seien noch erwähnt die Neuschöpfungen nqfateai-Xaog
(neben nQfato-käoq) nach 'Aysal-Xctog ^ÄQxsaC'X&og u. dgl., und ^E^i^irjai-Xecog^
^EQfArfii-dva^j ^Egfifja-aviQog nach ^Äytiai-kaog^ ^Hyr^ai-dva^j 'Ayrfi'CcvÖQog, Über
diese ganze verbale Umdeutung, die sich auch im Germ, und Slav. in weitem
Umfang zeigt, s. Osthoff's eben genanntes Buch S. 137 ff.
Zweite Klasse. Idg. *^- *9n- „un-**, Tiefstufenform zu *ne ==
lat. ne, z. B. a-yv^Tog = ai. d-juäta-s lat. Ignötu^s; av-viQO'g = ai. an-
udrd'S; nach solchen wie a-vrivog aus *a'<TV7tvo-g, a-oivo-g aus ^ä-fsotvo-g
bildete man a-oSfiog, a-o^og (vgl. lat. od-oTj got. ast-s »Ast") neben av-oSfiog
av-oCog u. dgl. Mit rÄ- aus idg. *g- »un-* dor. va-Tioivog u. dgl. (§ 21).
Idg. *duS' »mis-, übel-", z. B. Sva-iievifi =^ ai. dur-manäs.
Dritte Klasse, em-x^-erog : ai. dpi-hita-s „zugemacht", dno-riaig :
ai. dpa-ciü'$ „das Abbüssen".
Anmerkung. Gegenüber diesen uridg. Nominalkompp. geschab das Zusammen-
wachsen solcher Adverbia mit den Formen des Verbum finitum. z. B. ini-ri&rjtn, erst
in der einzelsprachlichen Entwicklungsperiode und wurde durch jene ältere Schicht der
Nominalkompp. vielfach begünstigt. Und die verbalen Kompp. wieiTuri^fjfdi, wirkten dann
auch wieder auf die nominalen zurück. Wenn man sagt, z. b. Hoxof; sei nicht aus ^1 und
ojjTo^ zusammengesetzt, sondern eine einfache Ableitung aus ^^e/cü, und demgemäss solche
Bildungen »Pseudokomposita** nennt (Zacbeb, Zur griech. Nominalcomp. 8, vgl. auch J.
G&iMM, D. Gramm. 2, 8. 694 des Neudrucks), so ist das richtig. Man übersehe aber nicht,
dass es sich bei der Schöpfung von solchen Formen im Grunde nur um Zuführung neuer
Bebpiele zu bereits aus idg. Urzeit überkommenen nominalen Kompositionstypen handelt,
und dass ja überhaupt weitaus die meisten im Griechischen und in den andern idg. Sprachen
begegnenden , Komposita" gar nicht wirklich duich einen Akt der Zusammensetzung, son-
dern durch analogiscbe Nachahmung gegebener Musterformen zu stände kamen, also
fPseudokomposita" waren.
Zusammensetzung von Präpositionen mit einem von ihnen regiert
erscheinenden Nomen. nQoa-äaneqog^ vgl. ai. prati^dö^ä^ »gegen Abend be-
findlich". VTiBQ'dvO^Qwnog -ijroj^, vgl. ai. updri'Ynartya- „über Sterbliche
sich erhebend", sni-yaiog. TtaQa^vofiog, dvd^Xoyog, Der acc. neutr. als
Adv., wie ifi-neiov, vnäQ-iioqov. Meist mit -{ö-, wie vTi-atTmä-io-g^ naqa-
O^akdtrC'io-g.
fi^-Tig : ai. mdrki-^. ov-rig ersetzte ein idg. "^ne-qi-s.
Vierte Klasse. Altererbt waren namentlich Zahlwortkompp., wie
düi'iexa ivoi-dexa = ai. dvd-daia lat. duo-decim. Ferner nod-ano-g mit
nom. acc. sg. neutr. (§ 93), wohl auch diws-Sorog „von Zeus gegeben" und
ieff'Ttofrfi ,des Hauses Herr" (§ 79). Das meiste entsprang im Griech.
selbst, wie Jioa-xovQOi^ veda-oixoi^ voa^xvafiogy SovQt'XTTjtog, iaqi-Sqemog^
*Ai.xi'litdo)Vy xr^Qeaai'tpoqr^tog^ naai'fitXwv, nav-ifJiccQ^ row-exortcog.
Analogische Neubildungen: d^eoadorog nach dioa-doxog^ Avxoaovqa
nach KwcKJ-ov^a u. dgl.
Gebrauch des Kasus im 1. GL, als sei er nur Stammform, eine Folge
der Verdunkelung seiner ursprünglichen Funktion, z. B. draXd'ifqmv „mit
harmlosem Sinn" nach dxaXd (pqovtwv; nvqi-i'jxrjg „mit feuriger Spitze"
142
A. Griechische Grammatik, c) Flexionslehre.
nvQi-nvooq ^ feuerschnaubend* nach TTv^i-xarcro-^ „mit (im) Feuer gebrannt";
xtiqsai-ifoQog; ix^vat'i.rjiaTi^Q u. dgl. Lokative wie nvQi- im Sinn von Stamm-
formen zu setzen, konnte man leicht auch durch Eompp. wie fiavu-TtöXog
veranlasst werden. Und für die Kompp. mit loc. pl. auf -et kommt das
Danebenstehen von Formen wie agKsai-yviog Tuvvai^nteQog in Betracht.
Übrigens begegnet vieles hierhergehörige nur bei späten Verskünstlem
und war dem Volk selbst fremd.
Weitere Beispiele zur 4. Klasse s. bei G. Mbtbr, C. St. 6, 382 ff., Neckbl, De no-
minibus Graecis compositis, quorum prior pars casuum formas continei^ 1882, Vf. Grdr.
2, 51 ff.
104. Komposita aller Klassen fungierten seit uridg. Zeit als Personen-
namen,*) z. B. '^iTTTTo-fiaxog/'A-ifirjrog, "^Yno-dixog^ ^ÄQrjC-Xvxog, Diese Kompp.
hatten in mehreren Beziehungen ihre eigene Geschichte.
Bei den Griechen, wie bei den Germanen, findet sich die Sitte, dass
in den Kindesnamen eines der Kompositionsglieder herübergenommen wurde,
die im Vaters- oder Mutternamen enthalten waren, z. B. Jivo'XQccrrjg Sohn
des Jlvo-xXr^g, Ev'XQarrjg S. des EvQV-xQotrfi (vgl. J. Baunack, Stud. 1, 57).
Hieraus wird die Thatsache verständlich, dass man öfters Wörter ver-
schiedenartigster Bedeutung zu einem Namen zusammenstellte, wie Vtttto-
Xag^ *^P6ä'iTE7tog.
Abkürzend setzte man für das Kompositum nur das eine der beiden
Glieder, meist das erste, und hängte dem einstämmigen Namen oft hypo-
koristische Suffixe an, z. B. Zev^t-g^ Ztv^ta-g = Zev^-mnog, S^v^t-iäfiog,
Zsv^i'xhsog etc.j'^TTTro-^, "innaxog^ '^InnvXXog = "^Inno^xXrfi^ ^^Inno-atqaxog etc.
(vgl. auch lifi-g = ^Icpi-avaaca etc. mit instr. ?-yO» umgekehrt z. B. Ekvfievr]
= ''ETsO'xXvfuvrj (Maas, Hermes 23, 617).
Da bei solcher Abkürzung das Gefühl für die etymologische Kon-
stitution des Komp. nicht immer wach war, so kam es auch vor, dass das
2. Gl. nur bis auf seinen Anfangskonsonanten oder seine anfangende Kon-
sonantengruppe abgebrochen wurde, z. B. Nüco-fiäg = Nixo-firjdtjgy Jtjfio-
ad-äg = Jr^ino-'Cx^'hvrjg,
Unklar ist, wesshalb in den Personennamen ein inlautender Konsonant
öfters geminiert erscheint, z. B. Sewai^ 'Ayax)^vhi, Qeo-xxw^ Kked-fÄfiig. Der
Erklärungsversuch J. Baunack's Stud. 1, 232 befriedigt nicht.
Bedeutung der ZuBammensetzung.
106. Bei der Stammkomposition (z. B. inno-ßoTog) war die be-
sondere Art der Beziehung, in der das 1. Gl. zum 2. stand, zunächst
völlig unbestimmt. Sie ergab sich lediglich aus dem Sinne, den die ver-
bundenen Stämme an und für sich hatten. Es \¥ar natürlich, dass die
Zusammenstellung von „Sonne" — „Mond'* ein anderes Bedeutungsverhältnis
darstellte als die von „Sonne" — „Strahl", die von „Mann" — „tötend"
ein anderes als die von „Speer" — „tötend". Da vielfach eine gleich-
artige Bedeutungsbeziehung zwischen den beiden Gliedern bestand, so er-
gaben sich hieraus verschiedene Klassen von Stammkomposita. Dagegen
*) Hauptschrift: Fick, Die griech. Per-
sonenDamen nach ihrer Bildung erklärt, mit
den Namensystemen verwandter Sprachen
verglichen und systematisch geordnet, 1874.
Kurze Zusammenstellung des wesentlichsten
hei Vf. Grdr. 2, 32 ff.
8. Anhang. (§ 1Ö4-105.)
143
war bei den Eompp., deren 1. Gl. eine bestimmte flexivische Form
hatte, durch diese von Anfang an eine bestimmte Beziehung zwischen den
beiden Gliedern gekennzeichnet, z. B. dioa-doxoq „von Zeus gegeben*',
da^-SgeTiTog ,im Frühling gepflückt**.
Aus idg. Urzeit ererbt waren der Gegensatz von „unterordnenden
Kompp.* und „beiordnenden** (ai. dvandva) und derjenige von „nicht mu-
tierten Kompp.** und „mutierten** (ai. bahuvrfhi).
1. Bei den unterordnenden Kompp. war das eine Glied durch das
andere nur näher bestimmt, das eine war der Hauptbegriff, das andere
ein subordinierter Zusatz. Die Art, wie das Hauptglied durch das andere
determiniert war, ergab sich bei den Stammkompp., wie bemerkt, lediglich
aus der Stammbedeutung, bezieh, dem ßedeteilcharakter der Glieder. Die
Art des Bestimmtseins konnte eine sehr verschiedene sein. Man unter-
scheidet: attributive oder appositionelle Bestimmtheit, z. B. lärQo-iiavxK;
„Wahrsager, der Arzt ist**, axQo-noXig „obere Stadt, oberer Stadtteil**,
wxv-msQog „schnelle Flügel habend**; numerale Best., z. B. TQi-wßokov, dt-
Tiovg; kasuelle Best., z. B. naxQ'dSeX^og „Vaters Bruder**, x€iQo~noir(tog
„mit der Hand gemacht*; adverbiale Best., z. B. äii^i^iitXag „beiderseits
dunkel*. In dieser Weise lassen sich aber auch noch andere Kategorien
aufstellen, und es muss betont werden, dass die Grenzlinien zwischen allen
solchen Kategorien unsicher und fliessend sind.
Anmerkung. £me den ThabBachen der Sprachgeschichte in jeder Beziehung ge-
recht werdende, alle unterordnenden Kompp. richtig unterbringende Klassifikation ist un-
möglich. Einerseits war das in der Seele der sprechenden lebende Bedeutungsbild, das
der Sprachforscher zu reproduzieren hat, bei den meisten Kompp. in Hinsicht auf die gegen-
seitige Beziehung der beiden Glieder ein viel zu unbestimmtes und schwankendes, als dass
es sich mit der Sicherheit, wie es gewöhnlich geschieht, dieser oder jener von den aufge-
stellten Bedeutungsklassen zuweisen und sich mit einem der üblichen grammatischen Ter-
mini fixieren Hesse. Und es ist darum unnütz, z. B. darüber zu streiten, ob oixo-tfvXa^
zu den attributiv oder den kasuell bestimmenden Kompp. gehöre, ob naxQo- in nargo-
tfovtrg als Gen. oder als Akk., ßQox<h in ßgoro-Xo^yog als Gen. oder als Dat. aufzufassen
seL Solche genaueren Beziehungen werden doch gewöhnlich nur erst von dem Gramma-
tiker hineingelegt — namentlich leicht, wenn er bei der Obersetzung des Komp. in eine
andere Sprache zu einer Umschreibung greifen muss — , während die sprechenden selbst
aus einer allgemeineren Anschauung nicht herauskommen. Anderseits war das Bedeutungs-
bild sicher oft auch in den verschiedenen Perioden ein verschiedenes.
Mögen solche Klassifikationen immerhin den Wert haben, dass sie die Orientierung
erleichtern, sie können nicht das Endziel der Forschung sein. Diese hat vielmehr auch
hier vor allem die Aufgabe, historisch vorzugeben, den Entwicklungsgang, so weit es mög-
lich ist, aufzudecken und sich dabei aller subjektiven, nicht lediglich die Natur des Untei-
suchungsobjektes ins Auge fassenden Beurteilung zu enthalten.
Beiordnende Kompp. gab es ursprünglich wohl nur mit Kasusformen
als erstem Gl., wie dw-Sexa =: ai. dvä-dcäa lat. duo-decim, und man kam zu
den Dvandva mit Stammform erst dadurch, dass man jene nach der Form
der unterordnenden Kompp. mit Stamm als 1. Gl. ummodelte oder neu
schuf (vgl. die Bildungen mit xal : xaXoxayavß^iä zu xaXog xayaO^og und
vr^kiTto-xaißltnäkaiog). Im Griech. war diese Klasse selten. Deutliche Fälle
erst in jüngerer Zeit, wie Xv^-aanid- in toqvsvtO'Xvqaaniio'Tirfyoi „gedrech-
selte Leiern und Schilde zusammenfügend** Aristoph.,^) vvxO^-riiisqov ,,diem
nocternque**, Xovtqd dviqi^yvva „Bäder für Männer und Frauen", Xevxo-
1) Av. 491. Ein Dvandva hätten wir
auch dann, wenn die Erklärung des Scho-
Hasten das richtige träfe: oV xoqyBvovai Xvqng
xal ttcnidag ntfyyvovm.
144
A. Grieohisohe Grammatik, c) Flexionslehre.
fibläg »weiss und schwarz*. Im Neugriecb. mehr Bildungen dieser Art, wie
yvvmxo^naida „Frauen und Kinder", fiaxcciQo-ncQova „Messer und Gabeln*.
Die Grenze zwischen den unterordnenden und den beiordnenden Eompp.
war naturgemäss eine fliessende. Z. B. läTQo-fiavTigy das wir oben unter den
unterordnenden nannten, konnte auch als „einer, der Arzt und Wahrsager
ist* erscheinen, und ähnlich konnte man auch tQay-äkafpog^ yXvxv-nixQog u. a.
doppelt auffassen. Um so leichter begreift sich die Entstehung der Dvandva
mit Stammform als vorderem Glied.
2. Die Doppelheit der nicht mutierten und der mutierten Kompp.
beruhte auf einer bereits im Uridg. vollzogenen und seitdem immer wieder-
holten ßedeutungsentwicklung. Wie der Begriffsinhalt eines nicht zusammen-
gesetzten Substantivs oft durch eine Metapher adjektivisch auf ein anderes
Subst. bezogen wurde, ein Eigenschaf tsbegriflF für den Träger der Eigen-
schaft eintrat, ohne dass diese adjektivische Beziehung einen sprachlichen
Ausdruck erhielt, z. B. B 235 cJ Tthnoveg, xdx' iXtyxea, so geschah dieses
auch mit dem Begriff von Kompp., z. B. Eos hiess Rosenfinger, ^odo-
ddxTvlog, im Sinne von rosenfingrig (vgl. Dickkopf ^= dickköpfig u. dgl.).
Vgl. § 189. Natürlich machte nicht jedes Mutatum die Bedeutungsent-
wicklung für sich durch; die meisten traten sofort als Mutata ins Leben
als Nachbildungen nach älteren Mustern.
Der substantivische Ursprung bekundet sich zum Teil noch in mangel-
haftem Geschlechtsausdruck, z. B. ^oSo'idxtvXo- trotz -o- auch für das Fem.,
Xpt'co-xd/ii^ „goldhaarig* trotz -ij- auch für das Mask. Doch wurde viel-
fach schon frühe auch eine den adjektivischen Charakter kennzeichnende
Weiterbildung vorgenommen. Diejenige mit -lo-, wie ofio-naTQ-io-g = altisl.
sam-fedr (neben ofiO'ndtwQ = apers. hama-pitar-), kam wohl bereits im
Uridg. auf (§ 70, 2).
Mutiert erscheinen sowohl unterordnende als auch beiordnende sub-
stantivische Kompp., wie noXv-oivog „viel Wein habend* und dvi^o^ywog
„für Männer und Frauen bestimmt" {XovvQin'),
Auch zwischen den mutierten und den nicht mutierten Kompp. ist
keine scharfe Grenze zu ziehen. Man erwäge z. B. d-iioga dioQa (Soph.
Ai. 665), wo o-rfo)^« ebenso gut substantivisch (vgl. dviJQ atQatrjyog) als
adjektivisch erscheinen konnte, ebenso n^oXtg vBonoXig (Aeschyl. Eum. 690) u. a.
4. Verbalflexion.^)
Personalendungen.
106. Die Personalendungen zerfallen in (1) primäre, z. B. -/u (ind.
praes. und fut. act. und med., perf. med.), (2) sekundäre, z. B. -v (Aug-
mentindikative act. und med., injunct. act. und med., opt. act. und med.,
zum Teil ursprünglich wohl auch im ind. praes. neben den primären),
*) Vbitch, Greek verbs irregulär and
defective, Oxford 1879. Cürtius, Das Ver-
bum der griecb. Sprache, Leipz. P 1877,
11^ 1880. G. Meyer, Gr. Gr.-* 402- 517.
Pezzi, La 1. gr. ant. 21G- 258. Lauteksach,
Verbalflexion der att. Inschriften, Gotha 1887.
G. M ERLER. Beiträge zur Bildung des griech.
Verbums, Dorpat 1887. Bartholomae, Zur
Verballehre der idg. Sprachen, K. Z. 29,
271 ff.
4. Verbalflexion. (§ 106-107.) 145
(3) ein paar ursprünglich speziell perfektisclie (act.), z. B. -i>a. Der
Konjunktiv scheint von idg. Zeit her sowohl primäre wie sekundäre Endungen
gehabt zu haben, noch neben einander ayy und ciyr] (s. § 107).
Der Ursprung der Personalsuffixe ist nicht sicher ermittelt, doch ist
von einigen, z. B. -mi, nicht unwahrscheinlich, dass sie Pronomina waren.
Vgl. Vf. M. U. 1, 133 f., Delbbück, Einleit. in das Sprachstud.^ 97 flF.,
Satce, Techmer's Intern. Ztschr. f. allgem. Sprach w. 1, 222 ff., Meblo,
Appunti critici sulla genesi delle desinenze personali, Riv. di filol. 12, 425 ff.
13, 385 ff. 14, 369 ff.
107. Aktivendungen.
1. Sg. Prim. (päQco = lat. fero, idg. Hherö (-ö vielleicht aus o mit einem
o-Vokal, der Personalendung, kontrahiert, Vf. M. U. 1, 146 f., Osthofp,
ebend. 2, 121 f.), elfii = ai. emi, idg. *ei-mi. Hom. Konjunktiv id'äXfain,
Neubildung für ix^äha. Über lesb. iffikrjiii {(piktco) § 123.
Sek. -V = idg. -m und -a = idg. -f^t: igfSQo-v = ai. dbhara-m,
fXi^v = lat. sie-m\ rja^ ^X^^y Üet^a. Opt. ursprünglich *(jp*poia (daraus
att. *g>€Qw), dafür Neubildungen, ffä^oifit und fftqoiv (anders über die
letztere Form Osthoff, M. U. 4, 302, G. Meyeb, Gr. Qr.^ 405). 0 — Ob
das -a des Perf. {lälom-a) idg. -a gewesen sei (vgl. das Suffix in *bherö) oder
-^, ist strittig, s. Osthoff, Z. G. d. P. 61.
2. Sg. Prim. -si (ai. hhära-si) unversehrt in hom. syrak. ia-tsi (vgl.
das aksl. jesi aus *es-sf, Vf. Grdr. 1, 442. 445), wozu noch das epi-
daur. cvvxixhrflt (v. Wilamowttz, Hermes 19, 451), das aber wegen des
intervokalischen er (§ 45) dem ai. dddhasi nicht lautlich gleich gesetzt
werden kann, vielmehr junge Neubildung war (vgl. G. Meyeb, Gr. Gr.^ 407,
J. Baukack, Stud. 1, 126). Daneben si aus *€ai = ai. dsi, idg. *esi; aus
ti durch Anfügung von -g (nach dem Muster von (prjg u. dgl.) hom. herod.
tig oder dg (Vf. K. Z. 24, 75), wobei zu beachten ist, dass bei Homer an
allen Stellen icc' (cVci) für elg eingesetzt werden kann ausser q 388. el
»du gehst* aus *«*-((r)* = ai. e§i; auch hier -$, elg, bei Hesiod. y«?«?,
mit ai. bhdrasi lautgesetzlich unvereinbar, war wohl eine Erweiterung von
*ip€Q€i (aus *^€Q€ai) durch -$, worüber Vf. M. U. 1, 173 flf., G. Meyer,
Gr. Gr.* 407; anders Bechtel, Phil. Anz. 1886 S. 18, Johansson, De der.
verb. 138. 205 (Bechtel's und Johansson's Einwand gegen unsern Deutungs-
versuch ist leicht zu widerlegen, s. § 17), A. Tomsona, Lingvisticeskija
izsledovanija, St. Petersb. 1887, S. 112 ff. Entsprechend Konj. ^^'Qijg,
Sek. -s: i^peqeg = *ai. dhharas, (ptqoig = ai. bhdrB^. Auch im ind.
praes.: dor. (Theokr.) kypr. cjptpe^, att. u. s. w. Tix^ijg, äiäcog, wonach lesb.
€fiif]g und wohl auch ^iqrjg (vgl. dxvdadriin); mit Rücksicht auf lat. vehis,
air. dih-beir (= *'beres) scheint anzunehmen, dass y^P^^j Ti&tjg altererbte
Formen waren (Thubneysen, K. Z. 27, 174).
Perf. '&a: oh-d^a = ai. vtUha, got. vdist\ rjqriqeiad^a (Archil.). Die
Perfektform ijö*^«, die, weil ^a, rjCtov^ ^i^fv, ^or« zugleich Perfekt und
Imperfekt waren, zu imperfektischer Funktion kam, gab Anlass zu den
'} Die Annahme eines *ffSQOj.a wird nicht
nur dnrch das Ar. und Got. empfohlen, son-
dern auch duich tfiqoifn. Wollte man als die
urgriechische, regelmässige Bildung tpi^oiy
betrachten, so begriffe sich nicht, wie man
zu der Neubildung (f^Qoifjn kam.
Baadbiiioli der Ua«. AltertumawiMeDiichaft. U. 2. Aufl. 10
146
A. Ghriechische Grammatik, o) Flexionalehre.
Neubildungen itprjtrd^a, tfO^rjaO^a^ i&äXrjtsd'Cc^ ßaXoKX^a u. a. (Osthoff, K.
Z. 23, 320 flF. Z. G. d. P. 607 f., Vf. M. U. 1, 162. 4,^411, J. Schmiot,
K. Z. 27, 315 flF.). Ob die von Aristarch verworfenen rjc^ag olad^ag bei
Homer anzuerkennen sind, ist eine rein textkritische Frage; sprachgeschicht-
lich wären sie durchaus verständlich und unanstössig.
3. Sg. Prim. -tu fo-r*, dor. böot. rfi'rfw-T*, att. iidfoai = ai. ds-Uy
däda-ti. Hom. i^tXriai Weiterbildung von i^kXrj (Vf. M. U. 1, 179 ff.).
ffiQst^ aus *bhereti (ai. bhdrati) nicht herleitbar, war wahrscheinlich Neu-
bildung zu (fcQstg nach Analogie von ^eqoig : qtiqoi und ig)€Q€g : I^cqc; dem
(piQ€i ging zunächst vielleicht ein *(p€Q€ aus *^€f€T (vgl. ^i^eg) voraus
(vgl. Vf. M. U. 1, 175 f., Thubneysen, K. Z. 27, 174); mit den Spekula-
tionen von Smyth, Der Diphthong EI S. 55 und Johansson, De der. verb.
205 vermag ich mich nicht zu befreunden. Entsprechend Eonj. g>i^*
Sek. -(t). i(p€Q€ = ai. dbharat, ffiqoi = ai. bhdrSt, Im Lesb. auch
ind. praes. ttihrj^ vgl. 2. sg. rii^-ij-g. Im Eonj. in mehreren Dialekten in
der 3. sg. -ij aus *-j^t neben -i;, wie arkad. ix^y s. Vf. M. U. 1, 182 f.,
Johansson, De der. verb. 165, Meister, Gr. D. 2, 112. Dor. r^g »erat**
= ved. äs, idg. *^5-^.
Perf. -f. oUs = ai. v^da, idg. *^öid'e; auf den sigmatischen Aorist
tibergegangen «€*?-€ (Vf. M. U. 1, 158 ff.).
1. PI. Im Dor. durchgängig -fieg, in den andern Mundarten -fier.
Wahrscheinlich urgr. primär -fieg^ sekundär -fiev; Ausgleichung in den
Mundarten in verschiedener Richtung. Ansatz der idg. Grundformen
zweifelhaft. Vgl. Vf. M. U. 1, 151 ff., Osthofp ebend. 4, 290, G. Meyer,
Gr. Gr.« 411.
2. PI. Überall -t«. Vielleicht ursprünglich prim. *-^« (ai. bhdratha)^
Sek. -re (ai. dbharatd).
3. PI. Prim. Drei Formen begegnen, -vri = idg. -nti: dor. el.
nordwestgr. yf^o-m, woraus qikqova^ u. s. w. = ai. bhdra-nti. -«vr* -äc*
= idg. ~nti: iätn^ lätn^ dyvvd(Hy dsdiäai^ dor. rsd-ixavxi (vgl. ai. s-dnti,
y-dnii, iaknuv-dnti). -ar«, -ac^ = idg. -^ti (mit unbetontem ?): perf. dor.
id^wxocvi (Hesych), phok. icQtjTevxccTiy hom. iskoYxda (vgl. ai. praes.
bibkr-ati). J. Schmidt (K. Z. 27, 394) lässt das perfektische -ar* -ac* aus
dem Praes. herübergekommen sein, indem er *ri^-ar* *rf*rf-ar* (ai. dddh-ati,
aksl. dad-eti) voraussetzt (vgl. § 115), Osthofp dagegen (M. U. 1, 100)
hält das -OT* im Perf. für griech. Umbildung von -avti nach dem med. -arai.
Durch Formübertragung entsprang -avu in Tid^ääci, böot. Sedoavd'iy rex^r^-
xttv&ir u. a. Über ivrl^ siai § 112. Auffallend ist i> in böot. xakäovdiy
d€d6avx>i etc. (vgl. iatqinsvad^ri^ ißdXovx^o^ yqaxpdvd^fOy thess. itpavyqivd^siVy
iyävov&o), ^)
Sek. Zwei Formen begegnen. -i'(t) = idg. -nt: l^egthr, Ifuys'-r,
vgl. lat. fereba-nt, -av(r) = idg. -^^: böot. naQ-sTav {7ta^aav)j att. Met^av.
Böot. iO-eav Neubildung wie tiO'tMi (s. o.). Vom Aorist drang -av im
Dor. in jüngerer Zeit ins Perf. ein, z. B. Ssicoxav. Opt. el. cw-iav kann
^) Eine lautliche Begründung ist für
dieses & (trotz Mbistbb, Gr. D. 1, 260 f.)
picht gefunden. Möglich ist, dass 9 zuerst
in die Medialendungen nach der Analogie
der Endungen -^'&e, -fiB^a u. s. w. eindrang
und sich dann auch auf das Aktiv Terbreitete.
4. Verbalflexion. (§ 108.) 147
die urgriech. Form mit -av darstellen (lat. sient, idg. *sit-^^), kann aber
auch durch den speziell el. Wandel von e in a entstanden sein (§ 8). Das
€ von ehv beruhte auf qualitativer Anlehnung an das ij von eTrjv (vgl &€-
für *^a- nach v^ij-, § 11, 1), oder, wie Misteli meint (Ztschr. f. Völkerps.
12, 26), auf Assimilation an das € der Schlusssilbe von el-fiev, si-re; auch
können beide Analogien zugleich gewirkt haben. Altes *-a(T) aus -^^
(mit unbetontem g) ist für den opt. der themavokalischen Verba voraus-
zusetzen: *y*^W^W = *bheroi'^; daraus zunächst durch Übertragung
des 'V von ^elav {shv) die Form *y«^o(()av, weiterhin ^fpäqoiav (= el.
TiVoary?, s. § 8) mit Wiederherstellung des o* nach (fiQoifiev ^tQoixe (vgl.
§ 12): weitere Neubildungen ^sqoiv und ^iqoievj letzteres nach ehv (Ost-
hoff, M. U. 4, 295 f.). Die thessal. Formen aor. dvex^eixaiv itd^aiv und
idovxasv impf, ivs^aviisaosv sind unaufgeklärt trotz Fick, Bezz. B. 7, 284,
PRSLLwrrz, De dial. Thess. 9, Reuter, De dial. Thess. 63 sq., Bband, De
diall. AeoU. 57, Cauer, Wochenschr. f. klass. Phil. 1886 S. 1090; die
richtige Deutung ergäbe sich vielleicht, wenn Form und Gebrauch des
Optat. im Thess. bekannt wären. — Der Ausgang -aav in it^ecav, €YV(oaav,
Hfjffixvy hellenistisch ikdßoaavj anatrav (Meister, Gr. D. 1, 277) war wahr-
scheinlich zugleich dem sigmatischen Aorist {iksx-tfav) und der Form rjaav,
in der <r nach rjcre restituiert war (vgl. böot. naQ-sTav), entnommen (Ost-
hoff, V. i. d. Nc. 337 f., M. U. 4, 292, J. Schmidt, K. Z. 27, 319 flF.).
Nach icav war neu gebildet t<TMi (§ 134).
1. Du. Die idg. Form (ai. -vas etc.) war, wie es scheint, ausgestorben.
Dafür die 1. pl. im Gebrauch.
2. 3.* Du. Prim. -rov, "Tov, sek. -tov -toV (-tj^v). Die ursprünglichen
Priroärendungen (ai. -^äos, -ias) fehlten dem Griechischen. i^sQeTov, itpe-
Qtxäv = ai. dbharatam dbharatam, idg. ^-tom, ^--tam.
106. Medialendungen. Dieselben waren, ausser im Griechischen,
im Arischen und in Resten im Gotischen lebendig, verdunkelte Spuren
auch im Lat. und Slav. Ihr etymologisches Verhältnis zu den Aktiv-
endungen ist noch gänzlich unklar. Man beachte, dass der in verschie-
denen Formen am Schluss auftretende Diphthong gr. -at ai. -e etc. statt
auf idg. -at, wie man die Grundform gewöhnlich ansetzt, auch auf idg. -^i
(vgl. tnaUfAsv aus *sfejt-) zurückgeführt werden kann.
1. Sg. 'ficciy 'iidv i'fiTjv). Keine von beiden Endungen hatte ausser-
halb Entsprechung, s. Vf. M. U. 1, 147. 172. 186; -/läv erinnert an die
ai. Endung der 2. sg. -ihas, die Wackernagel in ido-d^rfi sieht (§ 114),
vgl. Meblo, Biv. di fil. 14, 369 ff. In einem Teil der Tempora wenigstens
hatte -it»a* älteres *-ai (ai. -^) verdrängt, z. B. im ind. perf., wie tttvYfiai,
vgl. ai. ttUud-e = lat. tutud-^, aksl. ved-e (Osthoff, Z. G. d. P. 191. 609).
2. Sg. Prim. -ca^: tftqeai if^qrj = ai. bhdras&f idg. *bhere-sai; fjam^
Y^yQcnpai. Das vielbesprochene -«* neben -g erklärt man am einfachsten
als rein graphische Variante, s. § 16 und Meisterhans, Gr.^ 131.
Sek. -cro: igfäqeo iqtäqov = av. abara-fdha (= *-5a), idg. *ebhere-S0f
aor. hom. -^ao, att. -cw, dor. -crä; ijco, iytyQaxpo, Über das scheinbar
laatge^etzwidrige -er- in Uxß^eaai, hiO^eao, Ttx^eiaai etc. § 45. Neben idg.
r^o war nach Wackernagel's Ausführungen K. Z. 30, 302 ff. im Griech.
10»
148 ^* GrieohiBche Grammatik, c) Flezionslehre.
auch das ai. -thäs vertreten, durch Formen wie ido^xhjg = ai. ddi-thas,
wonach idodrpf idoxh] etc. neu gebildet wurden, während anderseits zu
üo-fArpf Ido-To ein *€6o-o Üov entsprang (vgl. § 114. 150); *-so war im
Uridg. der thematischen Konjugation eigen, ^-thss der athematischen; durch
Ausgleichung, die in den verschiedenen Sprachen in verschiedener Rich-
tung vor sich ging, wurde die ursprüngliche Verteilung gestört (vgl.
§ 114. 150. 151). — Die ai. Imperativendung -sva nehmen manche auch fürs
Griech. an und setzen z. B. i>eo = ai. dhi-^d; aber wenn es auch wahr
sein sollte, dass -s^- zwischen Sonanten im Griech. schwand (s. § 13 S. 33),
so ist es doch wahrscheinlicher, dass das -a des Imper. aus *-co hervor-
gegangen war, x^€o d'ov ^t'Qso (päqov also mit ^-^«o i-tpsqeo bis aufs Augment
identisch waren (Vf. M. U. 3, 6 flF., Wackernagel, K. Z. 25, 273, Bechtel,
PhU. Anz. 1886 S. 14).
3. Sg. Prim. -t«* (böot. -ti^, thess. -tsi § 15): fftgerai = ai. hhdratc,
idg. *bhere-tai,
Sek. 'To: iKpiqeto = ai. dbharata, idg. ^ebhere-to. Nach der Ana-
logie von -TO trat arkad. -toi für -tai ein.
1. Fl. 'iÄ€&a, vgl. ai. -maM^ av. -maids (primär), ai. -mdhi, av. -maidi
(sekundär), "i^c&a kann dem ai. -mahi gleich gesetzt werden, idg. *-'medh3
(§ 11). Äol. *fi€&€Vj nur durch Grammatikerüberlieferung bekannt und
angezweifelt (Osthoff, Z. G. d. F. 339), scheint nach -ju^r gebidet, vgl.
thess. 3. plur. itp-avyijäv&sirv (s. u.). Hom. -ficif^a mit c nach der Ana-
logie von -Cv^f, -a&ov^ -a^rjv^ vgl. auch G. Meyer, Gr. Gr.* 418.
2. Fl. -^€: ^<r-^£, nänva-'d'B. •&€ aus *-^ff, vgl. ai. -dhvS (prim.),
'dhvam (sek.). Erklärt sich die Differenz im Auslaut zwischeir der grie-
chischen und den arischen Formen so, dass die Griechen die Endung an
die Aktivform anlehnten? Dies konnte geschehen, nachdem -tov, -täv,
-TW und -(o')ij^or, -((r)i^Äv, '{G)d^(o parweise zusammengekommen waren (s.
u.). Indem das <r von Formen wie rja&e nänvad^t mit zur Endung ge-
zogen wurde, entsprangen die Formen wie y^^^-c^f, s. Osthoff, K. Z. 23,
322 ff. Ob sanaqd-e^ ^crak^e noch die ursprüngliche, <r-lose Form der
Fersonalendung hatten, oder ob sie aus *«<r7ra^^€ ^iaTuhsd^e hervorgegangeu
waren, ist fraglich (vgl. ianaQ&ai § 146, 1). Ttegjav^e, neben ntffaaiicn
und näg^avraiy dürfte Neubildung für *7iä(paa&€ nach dem Muster von
ManaQx^s : lanagrai gewesen sein (vgl. Solmsen, K. Z. 29, 117).
3. Fl. Frim. -vzai und -ara* : (piqovtai. = ai. bhdrant^, idg. ^bhero-
ntai, Tjavai = ai. äsat^^ idg. Hs-^tdi (vgl. des Accents wegen ved. indh-ate
u. a.), hom. xtatai (daneben xeiaxai^ § 12), kret. xiarai; xfxA/orrai, yeyqd-
Sek. 'VTO und -ato : i^äqovxo = ai. dbharanta, idg. ^ebhero^nto,
TjaTo = ai. äsata, idg. "^es-^to, xtato, elgiaro; heTccxceto; yevoiato für *yf-
voato nach ysvoiiied^a u. s. w. (§ 12).
Über die böot. und thess. Formen mit ^ § 107 (unter 3. Fl.). Über
das Bi von thess. -i'^«-v § 15; das -v scheint dem Aktiv entlehnt.
rivrm tjvtOj xstvrai ixeivxo^ ayvvv%cct eiQvvro, yävoivxo waren Neubil-
dungen nach ar^vrai ar^vvo, fisfAvrjvtai ifnäiiivr^vtOj (päQOvrai iifSQOvro u. s. w.
Umgekehrt hom. ßeßXr'iaxai ßeßXijaTo (statt ß^ßXrjvtai ßsßkrpto), entsprechend
4. Yerbalflexion. (§ 109.) 149
auch herod. oUbcnai und ti&iaxai iiioarai (wie ri&äaai^ § 107) nach
xexXiavat u. s. w. Vf. C. St. 9, 295, Osthoff, M. U. 4, 286. 292.
1. Du. 'fie&ov, nur spärlich belegt und angezweifelt, war wohl dua-
lisch, nach, '^d'ov umgebildetes -fis^a (vgl. ai. -vahs, -^ahi). Vgl. Curtiüs,
Vh. 1« 100 ff.
2. 3. Du. -^d-ov -(T&ov und ~(T&ov -ct^äv {-c&tjv) waren entweder
speziell griechische Medialisierungen der Aktivformen, wie ipeQtad^fa eine
solche von (fSQixfo war (§ 144), oder -ts-x^ov war ursprünglich Suffix der
2. PI. = ai. "dhvam (-<r- wie in -c-^f, s. o.), wurde wegen des gleichen
Ausgangs mit -ror dualisch und zog -a-d^äv als Neubildung nach -räv
nach sich.
109. Das Augment ^) war ursprünglich ein selbständiges Wort, e =
gr. i'j armen, e-, ai. o-, etwa „vordem* bedeutend, z. B. *e Uiqoni [iXeinov),
♦e Uqam {iXirtov). Die Verbalform selbst trat enklitisch an. Die Ver-
schmelzung nahm zwar schon- in der idg. Urzeit ihren Anfang, denn Eon-
traktionen wie in (dor.) r^g = ved. ds „erat* aus *e est wird man für uridg.
halten müssen, aber sie war damals noch nicht durchgeführt: an die Zeit,
wo *e noch selbständiges Element war, erinnert einerseits die arbiträre
Weglassung des Augments bei Homer u. s. w. {ß'^ neben ißr/j, die als
lautgesetzlicher Schwund um so weniger gelten kann, weil sie auch im
Arischen vorliegt (vgl. auch das Italische), anderseits die Betonung von*
Kompositen wie naQ-b-axov (nicht ^ndqeaxov), die mit derjenigen von naq-
iv-^eg auf gleicher Linie steht. Vgl. Vf. C. St. 9, 325, M. U. 3, 13. 88,
Wackernagel, K. Z. 23, 470. 27, 470, Delbrück, S. F. 4, 68.
Die langen Vokale von ccyov {r^yov) und (o^ov h. s. w. sind wohl nicht
als Produkte der Kontraktion des e mit dem kurzen anlautenden Vokal
des Tempusstammes anzusehen, sondern entstanden nach Massgabe des
Verhältnisses von *ht {r^g) zu *esti (fore), indem man, durch solche Formen
wie *est veranlasst, die einfache Dehnung des anlautenden Vokals als
Charakteristikum der Präteritalbildung nahm (Osthofp, M. U. 2, 123. 139).
Über die i und v in Ixatsvaa und vfierahw u. a., die auf *e-/-, *(?-w- nicht
zurückführbar sind, s. Curtius, Vb. P, 134, Vf. M. U. 1, 70, Osthoff
a. 0. und 4, 61. 195. Die scheinbar augmentlosen herod. Formen cutce^
€vx€TOj av^€ro u. dgl. (Bredow, De dial. Herod. 309 sq.) können lautge-
setzliche Fortsetzung von urgr. Formen mit fli-, e^-, a^- gewesen sein
nach § 26, und jedenfalls beruhte die Vokallänge in att. gVorv, f^xaaaiirjv^
rjv^dfjiriv, r^v^ov sowie in rjvreTOy fjQX^^'i ^Q'^^o u. dgl. auf einer Wiederher-
stellung der Länge unter dem von Formen wie ij^ov^ W^ov, w^ov ausge-
übten Systemzwange (Osthoff, Phil. Rundsch. 1, 1595), während jjjUfv jjTe
ihr 3} zunächst von f^a bekamen (§ 112). Die späteren inschriftlichen Formen
iTt'ev^rjfXhvov (bald nach 86 v. Chr.) zu av^dv(o und evxovfir^v (Thera, röm.
Zeit) zu avx^ü) (Meisterhans, Gr.^ 136) beweisen, dass in jüngerer Zeit ein
gleichartiges Verkürzungsgesetz aufkam wie das, welches in urgriech. Zeit
gewirkt hatte, und nach diesem sind auch svqato u. dgl. (s. Meisterhans,
a. 0. und 147) zu beurteilen (vgl § 26).
1) Litteraturangaben s. bei 0. Meyeb, Gr. Gr.« 420. 426 f.
150 ^ Ghrieohiflohe Grammatik, o) Flexionslehre.
Praeterita von Stämmen, die nach Wegfall der ursprünglich anlau-
tenden Konsonanz vokalischen Anlaut bekamen, nahmen öfter, namentlich
in jüngeren Zeiten, die Augmentgestalt der von Haus aus vokalisch an-
hebenden Verba an, z. B. ^Ixr^aa (von potxäw) nach fpitjcra (von otieo)) u. dgl.
Kontraktion von i- mit nachfolgendem Vokal nach Wegfall von c,
f, Cf, z. B. slTTofir^v aus *€'(T€7tofAäv (vgl. lat. sequor), etdov aus "^i-piSov
(Homer hiov^ lesb. «i/Vrfor), stQya^ofirjv aus *i'/^€Qya^6firjv (ipeqyäaaTo Her-
mione, Röhl, I.Q.A. n. 48), eXd^i^ov aus ^i'ispsd^i^ovj ttlxov aus ^i-Cfsshtov.
Der Spiritus asper in den Formen wie IVyxor rjxa elfiev (von irjfii = ^ci-^rj^fii)^
eiTtofiTjVj etQnov (von fipTr« = *<T€Q7t(o)y sfXxov war statt des lenis aus den
unaugmentierten Formen eingedrungen (Curtiüs, Vb. 1* 134 f.). Zu k3rpr.
i'pqrjfcdaaxv att. ^-qqrj^cc vgl. § 13 S. 31, zu hom. i-vvsov^ i^fifAOQe, att.
i-veov, ^"QQsij l'krjyov § 45 S. 62.
Neben i- hatte das Griechische auch rj- als Augment, z. B. in hom.
7]€iir;, ferner in att. ifOQwv^ iakiov^ in denen ew, ea aus rjo^ tjä entstanden
waren (§ 19), rjßovXoiitjv^ i^Svvafirjv^ ijfieXkov neben sßovXofxtjv etc. (über
das Vorkommen auf den att. Inschriften Meisterhans, Gr.* 134). So sind auch
iJXtii^ov von peXm^w^ riqya^oiirpf neben etQycc^ofArjv von pe^ya^oiiai (vgl. v.
Bamberg, Jahresb. d. phil. Ver. 8, 204) auf ^^sln., *rj€Qy. zurückzuführen.
Vgl. Vf. C. St. 4, 166 flf., Wackernagel, K. Z. 27, 272 flf., Phil. Anz.
1886, S. 80, Osthoff, Z. G. d. P. 58. 129. 604 f., G. Meyer, Gr. Gr.«
422 f. Von den verschiedenen Erklärungen dieses ly-, das nicht durch
„Ersatzdehnung'' entstanden sein kann, ist die einfachste die MEYER'sche,
nach welcher bei gewissen mit p anlautenden Verben Formen mit prothe-
tischem s augmentiert wurden (vgl. r^eidri : hiadfievog), wonach dann auch
andere digammierte Verba rj- annahmen, während die attischen ^ßovXofirjv,
rdvvdiirp^ rjfiellov durch Anlehnung an ijd'clov (zu id^äkw) entsprangen.
Unaufgeklärt bleibt dabei freilich dv-tfp^a, s. G. Meyer S. 423.
Bildung der Tempusstämme.
PräsenB (und starker AoriBt).
F. H ABTMANN, De aoristo sec, Berol. 1881. Osthoff, Über Aoristpräsens und Im-
perfectpräsens, P.-Br. B. 8, 287 ff.
110. Der Unterschied zwischen Präsens und starkem Aorist war nur
ein syntaktischer, kein formaler. Denn Formen derselben Bildungsgattung
wurden bald präsentisch, bald aoristisch verwendet, z. B. lg)rjv, ^yqaqiov
(W. ypty-), iyefiov, ivtnTofirjv waren Imperfekie, dagegen* die formal gleich-
artigen i(TT7jv, itQaTtoVy iy€v6/iir]v^ ißXaaxov Aoriste. Vgl. § 155. Nur hie
und da gab die Bedeutungsverschiedenheit auch zu einer formalen Son-
derung Anlass, am klarsten bei yBväad^ai^ iXsTv Um', die wegen der aoristi-
schen Funktion ihren Accent änderten.
111. I. Themavokallose Stämme oder Verba auf -jui. Meistens
Stammabstufung, und zwar hatten von idg. Zeit her starke Form der sg.
ind. act. und der conj. Das zwischen der Stammabstufung und der ur-
sprünglichen Betonung bestehende Verhältnis (vgl. ai. i-mi „ich gehe* : i-mds
„wir gehen**) wurde durch die in § 67 S. 85 besprochene Neubetonung des
Verbum finitum verwischt.
4. Verbalflaxion. (§ 110 - 112). 151
112. 1. Klasse. Unerweiterter Verbalstamm.
a. Verbalstamm = einfache Wurzel, mit Stammabstufung,
z. B. €?-/it : X'fi€v W. ej-, ix^(/ycc : Ix^-to W. ^Ae^-, Hö^r^v : i&e-fisv Iö-s-to
W. dh€'; vgl. ai. e-mi : i-mds, ddha-m : ddhUta,
Einige Einzelheiten:
eliii, 3. pl. tüai aus *ra>T* wohl für *avT* = ai. y^nti mit Vorsatz
von ^ nach i/i^v, ?t« (anders Osthofp, M. U. 4, 363). Konj. f« statt
*€(l)-« (ai. dy^ni) nach i/i^v etc. Der alte opt. *r-(i)i;-v = ai. wd-tyaw
(vgl. Osthoff, M. U. 4, 52 f.) wurde durch imiii ersetzt, das wie viele andre
Formen unseres Verbums (s. J. Baunack, C. St. 10, 96 flf., Rh. Mus. 37, 472)
nach El. 5 gebildet wurde. Der Inf. Uvm, aus ^UpBvai entstanden (§ 146),
veranlasste im Verein mit teiriv (s. § 145, 1) die Neubildung nQoaienBv
nf^sQx^^a Hesych (vgl. ri'^e/i«v) u. ähnl. Die ursprüngliche Formation
des partic. zeigt ^En-^atsaa (d. i. iniovaa\ Beiname der Demeter, wonach
M. Schmidt leaau-ßadi^oma bei Hesych in Taaaa korrigiert, vgl. T&ai
und ai. ydnU : yat-- (idg. *i-«^- : *t-?H, föm. yair-t^ Iovt- wie loi/u etc.
ga für lautgesetzliches *rja (aus *ijjHa = ai. dy-am) hatte sein * subscr. vom
PI. und Du. yfisv etc., die gleichwie ai. ai-ma die starke Stammform nach
dem Sg. angenommen hatten (Vf. Bezz. B. 2, 245, Osthoff, M. U. 4, 300).
Hom. r]€ und ^ofisv, wie loifii etc^, nach der thematischen Konjugation, und
so dürfte auch gortyn. EIE als rje zu lesen sein (Wackebnaoel, Phil. Anz.
1887 S. 240). Über yeiv und hom. ijia § 137b.
Über elfil = ai. ds-mi (pl. s^-mds) s. Osthoff, K. Z. 23, 579 flf. 2. sg.
«7, sig («?), ical § 107. Lesb. inschriftl. focr* (Americ. Journ. of Phil. 3,
463), das wohl als 3. sg., nicht als 3. pl. zu nehmen ist, aus iari = ai. dsti
durch Einwirkung von Formen wie rj-ai? 1. pl. icfi^v neben «/i^v theokr.
€ifiig war Neubildung nach iar^ (§ 45). 3. pl. iac^ § 21, 2. 107. svvi eial (für
♦aiTi) mit i- nach den übrigen Formen des Indik., vielleicht zugleich nach
Ti^evTt, wie mess. Eonj. rjvrai • Caueb D.* 47, 85 nach Hid-rjvzai (über-
liefert ist nur act. rixhjVTt) gebildet war (Vf. M. U. 1, 36 f., Misteli,
Ztschr. f. Völkerps. 11, 400); ivti als 3. sg. im Rhodischen, bei Archimedes
und sonst (vgl. die verschiedenen Deutungsversuche bei G. Meyeb, Gr. Gr.'
431). Der 3. pl. ivxi stellt sich das part. ivx-eq zur Seite, für *avT-€g =
ai. S'dnt-as, woneben iaaa (Epidaur., Troez.) für ^acaa, so dass sich die Pro-
portion evtl : iaai = föaa : iaaaa ergibt (vgl. u.). Die Zurückführung von
€vrl auf idg. H-e-nti mit dem völlig unverständlichen Element -e- bei Fick,
Gott. gel. Anz. 1880 S. 421, Kögel, P.-Br. B. 8, 105, Bechtel, Phil. Anz.
1886 S. 17 f. kann ich nur für verfehlt halten.^ Über die Enklisis von
Hill Wackernaoel, K. Z. 23, 457 flf. Konj. ?w « = lat. er-o (vgl. § 165).
Opt. firiv aus *€(T-irj-v (vgl. jedoch § 12 S. 29) : lat. siem, ai. sydw. Ob
das i" im pl. du. indic. und im opt. aus den ursprünglich starken Formen
{fifju, i(o) eingedrungen oder aus vorgriechischer Zeit überkommen war
(Osthoff, M. U. 4, p. VI sq.), ist schwer zu sagen. Imper. i-cO^i § 46. 53;
daneben bei Hekataeus lad^i. Ptc. ursprünglich stark *aiT-, schwach *ar =
ai. 8'dnU, s-at-, idg. *5-g<-, *5-g^, ein Rest von *aT- in iaaaa gortyn. dat.
itntf (§ 72); die Form ivr- (dor. I>t-«$) ist wie evtl zu beurteilen (s. o.),
fW, iiv aber waren ebenso wie iov, ioi, im^tw, ovtcdv Neubildungen nach
152 ^ Griechische Grammatik, c) Flexioiuilehre.
Kl. 5. r/v, rjre, ryroi', rjTtjv neben rja ij, rjats etc. waren durch rjinev (*^<r-jM€v
§ 45) veranlasste Neubildungen nach Kl. Ic (Vf. C. St. 9,310), umgekehrt
ri<Tav neben dem lautgesetzlichen böot. naq-eXav Neuschöpfung nach r^ate
(§ 107); die lautgesetzliche Form der 3. pl. war wohl auch durch dor. u.
s. w. TjV aus *^ar vertreten (G. Meyer, Gr. Gr.* 432). Mehrdeutig ist die
3. sg. fi%\ die jedenfalls nicht für eine als 3. sg. gebrauchte 1. sg. aus-
gegeben werden darf, s. Cubtius, Zur Kritik der neuest. Sprachforsch. 48 f.,
G. Meyer, Gr. Gr.^ 433. Im Anschluss an die aus rju entstandene Form
ea bei Herodot (§ 19) entsprangen als Neubildungen fag ia%€ (Vf. C. St.
9, 310, Bezz. B. 2, 245, G. Meyer, Gr. Gr.« 432). Perfektformen waren
rfid^a und r^sv (§ 107), über irjif^a, irjv rjrjv § 131. Über die Stammstufe
im pl. und du. impf. (i7<ri:« = ai. dsta\ die aus dem sg. entlehnt war, s.
Vf. Bezz. B. 2, 245 f., Osthqff, Z. G. d. P. 151 f. Was endlich die Formen
1. pl. ifi^v bei Kallimachus, thess. 1. sg. ifii, hom. Inf. ifiev ifievm be-
betrifft, so ist die Annahme lautgesetzlicher Entstehung ausgeschlossen.
Entweder schuf man auf Grund des Verhältnisses slci : tid^eXm^ eirjv : rix^sir^v
die 1. pl. und den Inf. nach tt&efiev und tix^äfiev ri'd^äfiBvm^ was dann
auch noch ein iiil entstehen liess (Vf. M. ü. 1, 6. 37, Zum heut. Stand
der Sprachwiss. 72), oder die Parallelen ^Mt : Xam^ ^w : m u. s. w. liessen
als den charakteristischen Unterschied beider Verba das e oder i vor der
Endung erscheinen und so waren 1. pl. T-juevinf. i^iiev f-fievai die Vorbilder
(SoLMSEN, K. Z. 29, 72).
yijjw«, ^d/jL^Vy ffttCx^s. Über das Verhältnis zu yoriVo) Osthoff, Z. G.
d. P. 353 f., über die Betonung Wackernagel, K. Z. 23, 457 fif.
ri „sprach" aus *^x-i: (zu ai. perf. rfÄa), woran sich r'v und praes.
ri(ju '^ai als Neubildungen nach (jpryjue anschlössen. Wackebnaoel, K. Z.
23, 467, Osthoff, Z. G. d. P. 175.
iqa-Tat wahrscheinlich aus idg. *rtii'tdh W. reni-, wozu iqaroq = ai.
ratd'S, idg. ^rrft-tö-s; das Verbum wurde m die Analogie der Kl. Ib (§ 113)
übergeführt. Vf. K. Z. 23, 587 flf. Anders Fick, Gott. gel. Anz. 1881
S. 1425, Fröhde, Bezz. B. 9, 111.
xei'tai = ai. M-U zeigt auffallender Weise starke Stammstufe. Un-
sichere Erklärungsversuche bei Osthoff, Z. G. d. P. 173 und Meringer,
ZtBchr. f. österr. Gymn. 1888 S. 134.
rjC'tm = ai. äS'te, rj-aTai = ai. ds-atB (xa^-ijra* und rjvrai durch rj/xaij
rinsd-a^ rj(Tai veranlasste Neubildungen, vgl. § 108; umgekehrt das von
Grammatikern überlieferte tjCfiai nach -^azai) scheint von Haus aus ein
Perfekt gewesen zu sein (Osthoff, Z. G. d. P. 170 flf.). Über den Spiritus
asper des Verbums § 51.
icTtjv ^^ ai. dsthänt; iatrjfjisv war Neubildung für Hatäfisv (J. Schmidt,
K. Z. 23, 282, Vf. K. Z. 25, 220, Osthoff, Z. G. d. P. 374). Die Stämme
v^f- in iO^e-fisv^^d^e-To (ai. ddhUta), i- in ff/ifv aus *i-(f€-iJL€v und io- in
iio'iiisvy ido'To (ai. ddi'ta) für *x5^a-5 *a-, *rfa-5 § 11, 1. 24. Über die
x-Formen i&vjxa, ir^xa rjxa, iäwxa (Meisterhans, Gr.* 151 f.) s. Vf. K. Z.
25, 217 flf.. Osthoff, Z. G. d. P. 372 fif. und unten § 135.
Die als Parallelen zu ÜofAev und ptc. iov erscheinenden Ixofiev • ijc^o-
fi€&a und xoi' * elSog Hesych (J. Baunack, Stud. 1, 257) haben mit ^vo-
4. Terbalflexion. (§ 113-114.) 153
<nroo$ nichts zu thun, sondern gehörten zu lat. cortu-s „gewitzigt, gescheit"
ai. sdhütci-s «geschärft, spitz (von Reden), bereit, fest entschlossen'', W. k(h.
Von xrev" = ai. A^n- Ixtä^fisv^ an-äxta-xo = ai. dk^a-ta, 3. sg.
oTr-^jtra Neubildung für *€xt€v{t). 3. pl. Ixtäv und xtäwficv neu nach Art
der a-Stämme (§ 25, 2). Vf. K. Z. 24, 264 f.. Osthoff, M. U. 4, 298 f. 301.
Das seltsame hom. ovra (3. sg.) war wohl dem sinnverwandten ixrä nach-
geschaffen (vgl. ovrdfievogy ovrccfievai : xTafievog^ xtafisvai). Vgl. G. Meter,
Gr. Gr.* 461 über än^rivqa.
Über ix€-a Ix^v-a (lxt^^o), iaasv-a (focrv-ro), sln-a^ fjveix-a (att. ijVf yx-a,
vgl. G. Meyer, Gr. Gr.* 287, Baunack, Gortyn 56 ff.) u. a., die sich
mit ihrer Flexion der Weise des <r-Aorists anschlössen (z. B. ixeafiev statt
*i%vii€Vy vgl. herod. iaq^ iars), s. Vf. Bezz. B. 2, 247 ff., Wackernagel,
K. Z. 25, 277, Osthoff, M. U. 4, 300 f. Hieher vielleicht auch enQiäfirjVy
8. Osthoff, Z. G. d. P. 408.
3. pl. i'TTTäv von W. pet- erklärt Osthoff, Z. G. d. P. 371. 409
ansprechend aus {e'')pUnt (die 1. sg. wäre Hnet-^a) und lässt danach im&v
inxrpf entstanden sein (nach ^azäv : iarav).
Das Paradigma Mifv-^v : i^v-fisv zeigt in allen Formen die schwache
Stammgestalt yt'^. Ihm stellt sich Ißr^-v {ißa-v) : ißrj-iuev von W. gern- zur
Seite, s. § 21 S. 41. ßa-triv neben ßrj-triv wie xki-fievog : xki-O^i^ Xv-xo : Xv-xo,
113. b. Verbalstamm = Wurzel + ^ (oder Wurzel auf 9, s.
§11 Anm.), z. B. xpa/ior-fea*, ovo-fiai. Vgl. ai. dni-mi (cf. ave-fio-g^ lat.
am'-mti-5), svapi-mi, i^iäfa wahrscheinlich Umbildung eines älteren *f€iJi€'f.u
(== ai. vämi-mi, idg. ^uenw^it), wie aydoiiat für aya^icci^ Tiv}^toi für Ttx^rjfii
u. dgl. Vgl. Vf. M. U. 3, 80, Fröhde, Bezz. B. 9, 110 ff., G. Meyer,
Gr. Gr.« 434 f.
114. c. Verbalstamm auf langen Vokal, oline Stammabstu-
fung. «(f)»J-o'*, äif^^-TOVy aifYi-TOy cc(f)i^-/jL€vog (ai. vä-ii, vd-tas), iy'^co-v,
iyvü}-^€v, Vokalkürze (a{j:)eiai = dor. *a(/?)f-vT(, ^yvo-i'(r), yio-rr-e$, yvo-T-
lisv) überall erst auf griech. Boden entstanden nach § 26; aaaav bei Apoll,
ßhod. statt arfiav nach dem Muster von i&eaav, yvoTfiev (aus *yva)//**v,
*yl'a)-^-/46v) zog yvoirjv nach sich (§ 145, 1). Andere Beispiele: x^^Ci^of,
idgäVy ißkrjV ißXtjrOj eTtXrjfirjv; iQQVTjV^ ißdXrjV^ ifjidvrjr^ iaXwv aus *r^(f)dXo)V
(diese vier mit nebentoniger Tiefstufenform der Wurzelsilbe, § 21, 4. 23, 4.
24), ßuiTO) ßmvtti, iyifi&v. Vf. C. St. 4, 113, M. ü. 1, 30. 64. 71 ff. 89,
Misteli, Ztschr. f. Völkerps. 11, 466 ff.. Osthoff, M. U. 4, 364 ff.
ix'^QTftai^ €l(T-(pQrjvaiy ineic-fpqeig von St. y^ij- zu W. hher- [(ftqui).
Erst durch assoziativen Anschluss an das bedeutungsverwandte Vr^iii ent-
sprangen die Formen y^f^, eur^gjQtjxa u. a. Vf. Fleckeis. Jahrbb. 1880
S. 217 ff.
Sekundärer Eintritt in diese Klasse ist für i^^jv, ^rjx^^i anzunehmen, zu
*Cii-^« (Wackernagel, Phil. Anz. 1887 S. 231).
Hierher auch die Aoriste auf -i^ryv, wie ido-d^i^v^ exvd-x^rjVj infiri-O^rjv,
Die Annahme, dass man* nach dem Verhältnis von iyqcapov zu iyqdfpr^v
zu cxä&io ein itfx^&rjv, zu (p&ix^co ein i^&ixhrfv u. s. w. gebildet habe und
so diese ganze Aoristkategorie entsprungen sei (Schleicher, Compendium^
154 A. Qriechisohe Ghrammatik. o) Fiexionslehre.
S. 813, Vf. M. U. 1, 78 flf.), stösst auf Schwierigkeiten. Wackebnagel,
K. Z. 30, 302 flf. setzt cäo-d^rig = ai. ddi-thas, ixtd'&rjg — ai. dk^a-thas;
diese Formen gehörten als 2. sg. zu ido^to, ixta-To^ ebenso ifitx^rjg zu
IfiixTo^ iksXi'x^'rjg zu iXähxro als cr-Aoriste {*€fiix-<x-d'r]g "^ifiix^-to^ *f'A^>Ux-cr-
O^Tfi *«AfAix-<r-To), ferner iQsiax^r^g zu igslaato, Siafida&tjg zu idafiMaaro;
indem ido&rjg mit iyQcctprjg auf gleiche Linie gestellt wurde, entstanden
iiod-rjv ido&ri etc. (vgl. § 108). Ich sehe keine Schwierigkeit, die dieser
scharfsinnigen Kombination entgegenträte. Zur ßedeutung dieser Aoriste
vgl. § 150. 151.
115. 2. Klasse. Reduplizierter Verbalstamm. Der Vokal der
ßeduplikationssilbe war t und zwar in einem Teil der Beispiele schon in der
idg. Grundsprache, z. B. V'CTTjfii wie ai. tv-^hami (3. sg. ti^th-a^, lat.
si-sto (J. Schmidt, K. Z. 25, 74 f.). Der Nasal in nffX'nXrj/u Ttffi-TtQrjfii
war von mii-nkäva) (§ 129) her eingedrungen, s. F. Hartmann, De aor.
sec. 10, G. Meyer, Gr. Gr.* 437. 448. Zuweilen wurde die Reduplikations-
silbe vom Präsens aus in andere Tempora mitgenommen, wie hom. didfoaa,
a. Formen mit altüberkommener Stammabstufung: z. B. r<rr(S-
fii : i(TTä'fA€Vj laxä'tai. Während die schwache Form Icrra- altererbt war
(idg. *5i-5fo-), waren rii>«-, *«- (aus *<r*-(r€-, lat. sero aus ^st-sö. W. sg^-; von
andrer Wurzel hom. teixai „strebe*, s. L. Meter, Bezz. B. 1, 301 flf.),
iiäo' Neubildungen: T{^€fi€Vj iiiofisv statt HiO'-fieVy *iid~iA€v (vgl. ai.
dadh-mds, dad-mds) nach i'&s-fievj i-io-fiev (§ 112); ebenso waren urgriech.
dor. Tid^evTi, iidovri wahrscheinlich für *Ti&-aTtj *rf*rf-ar* (vgl. ai. dddh-ati,
ddd-aH) eingetreten. Neugestaltungen nach ayviäai u. ähnl. waren tid'äaai^
SiioMi^ Hardäaiy woraus tatdat. Nach der Analogie des letzteren wurde
im Att. auch ttx^eidi^ iiiovai, statt Ti&sKTif diiovtfi gesprochen (Herodian
I 459), während bei Homer vielleicht noch Ti&etai, iiiovai wie auch VcTäat
(aus lattt'VTi) galten. Vgl. G. Meyer, Gr. Gr.* 413, Osthoff, M. U. 4,
286 flf. Z. G. d. P. 366 f., J. Schmidt, K. Z. 27, 395. Neubildungen nach
b. waren hom. Ti&rj'iievog u^-juisvai, idio-d-i. Neubildungen nach der
Analogie der Verba contracta (Kl. 9, 10) ti&sT, didoX, imper. tid^ei^ 6iiov,
flrrä, inf. ri&sTv, avv-mv, ptc. delph. iiiäovaai (zu Sdrj/jLi), impf, iiiiovv^
€r{&€t<, i'eig u. a.; hi&eig hid^et und i'eig tei veranlassten iuO'siv, V€^v
(CüRTiüs, Vb. 1* 158) nach dem Muster von r/W (§ 137 b).
Über hom. /^t/?«^, dor. ßißavri s. Osthoff, Z. G. d. P. 375.
b. Stamm auf langen Vokal, ohne Abstufung. Sf-^rj-fiai rf«-
^tj'iiBvog (Vf. M. U. 1, 8 f.),') xi'xrj-iii, xi'Xrj-Trjv, xt-x^rf^^'^^^ i^S^- Bezzen-
BERGER in s. Beitr. 2, 191 und L. Meyer, ebend. 5, 102 flf.). Ob diese
Klasse altererbt war, ist zweifelhaft.
c. Eine besondere Klasse bilden die abstufenden nfnkrjfit, mnQfjfn, ilrjiii
aus ^ai-aXrj'fii : ninXdiisv^ ninqdiisv^ ikäx^nkare iXafiai. Neben dem ersten
Verbum stand ai. pipar- : jpipf- nach unserer Kategorie a. Vgl. Vf. M. U.
1, 44 f. 52, Fleckeis. Jahrbb. 1880 S. 222, Fröhde, Bezz. Beitr. 9, 119,
*) An J. Baunack's Ce- als schwache Wonelfmn aa C^ (Sted. 1, 248 f.) glaube
ich nicht.
4. Verbalflexion. (§ 115-116.) 155
SoLMSEN, E. Z. 29, 88. 113. 350 f. Wir haben es hier mit Verbalstämmen
zu thun, die mit denen von § 114 (/?Ar;-) auf gleicher Linie standen, und
66 ist nicht zu erweisen, dass n(7ilriiii : TtiTtXäfiev eine uridg. Konjugations-
art repräsentierte, mögen wir mnXa- = ai. pipt" oder =: idg. *pi-ph-
setzen (vgl. § 24 S. 46 über layccQoq). Hom. mnXrjx^i i'Xrj^t entscheiden
nichts, weil sie wie di3(o^i beurteilt werden können. Ich halte bis jetzt
immer noch für das wahrscheinlichere, dass Typus c. eine griechische
Neuerung war, bei der Typus a. (ai. piparmi) als Vorbild diente. Vielleicht
bringt Solmsen's a. 0. in Aussicht gestellte Abhandlung Aufschluss.
llfi. 3. Klasse. Schwache Wurzelform + '^^ • ^«'j z. B. ay-vv-ixi :
ay-w-/u€r, nTaQ-vv-fim. -fr- war Umbildung von idg. -ne?^ (ai. -nö-, -naV")
nach Massgabe des Verhältnisses -rä- : -va- Kl. 4 (Osthofp, M. U. 2, 1 39).
Aus den ursprünglichen Ausgängen ind. *'vevfu, conj. *-vffw, impf, "^-ve^cc
erklären sich xi^vsw neben xt-vv-rai und d^v-vita (de Saussure, Mem. 187,
Osthoff, M. U. 4, 35). 3. pl. urspr. ^pay-vth^vri {äyvväai) wie ai. iaknnV"
dnti (idg. *-nw(y)-«^<), aber Hi-vp-ccvri = ai. ci-nv^ntt (idg. *-n?^;i^');
W. Schulze's Ansatz eines postkonson. *-^-w^i = gr. -av/s-avu (Quaest.
hom. 41) ist ohne genügenden Anhalt. Schon im Urgriech. wurde der
Typus ^-vpavxi überall durch 'vvavti verdrängt. Ion. ayvvat (mit derselben
hyäterogenen Betonung wie uO^eTaij die jedenfalls für hom. ^rjyvvci nicht
anerkannt zu werden braucht, vgl. § 115 über Ti&etai) war ebenso Neu-
bildung wie ayvvvvai statt ^ pay-vi-^xai (ai. (Zp-nwv-a^^, mit ursprünglichem
Ton ved. t^i-nv-ate), s. § 107. 108. Die Tiefstufenform der Wurzelsilbe
hatten auch noch z. B. tt-vvfievai = ai. ci-nti-, oFyvvfii aus *6f:iy' homer.
myvvvro (neben lesb. oeiytjVy s. G. Meyer, Gr. Gr.* 438), fiUvv- (in iiivvx^w^
8. u.) = ai. mi-nti-y ra-vvTai = ai. ta-nute, idg. H^-nu-tdi (W. ten-),
Tqvvto d-vv" in att. d-vvoa = ai. sa-nu- (W. sen-). Die sogen, nebentonige
Tiefstufenform in zt-wy^xai (neben Tt-vvfievai)^ in xUvvyLai (neben ai. ii-nu-te)
und in o^vr/i«, avoQvvfii (neben ai. ^-no-mi, s/f-n(J-mi), oiioQyvvfxi mit oq = f.
Mit unursprünglichem Hochstufenvokalismus solche wie oQ^y-rvi-Uy defx-vvixi,
l^svy-vvfiiy nrjy-vvfiif ^rjy-vvixi (Vf. K. Z. 24, 255 flf.).
Andere Neuerungen. Erweiterung durch ^: iii-vv-x^or, ai. mi-nS-mi,
y^«-vi5-^w: ai. k^i-no-fni, — Häufig, von Homer an, -rva) statt -rv/ii, z. B.
tavvoj (vgl. La Roche, Ztschr. f. öst. Gymn. 1876, S. 584 flf., Meisterhans,
Gr.* 153 f.). Diese Verba auf -vvco waren jüngeren Ursprungs als die
formal ähnliche Kl. 15. — Nach C^wvfii (urspr. *C^)<r'VvfHy vgl. ^wcr-rij^,
W. jös-), d/Ä(fi-tvvvfii (neben lautgesetzlichem sl^^vfii aus *p€<r'vvfjii, armen.
z-genum »ich ziehe mich an", idg. ?/e5-), aßtvvvfii (vgl. ^efvvfiev bei Hesych)
bildete man ^oivvvfiiy CTQcivvvfUy xoQsvvvfiiy neTcevvvixi u. a., s. § 45 und
Leskien, C. St. 2, 108 flf., Vf. K. Z. 27, 589 flf., Solmsen, K. Z. 29, 73 flf.
Man beachte, dass das ues- von ivvvixi wahrscheinlich in ^-65- zu zerlegen
ist und so mit cß-ea-, f-f<r- u. dgl. auf eine Linie kommt (Vf. Grdr. 2, 20). —
Dem ytvofAai aus yiyvofiai (§ 57) wurde ein yivviiai (thess. yit'VfiäväVy böot.
ylwavfuvov) zur Seite gestellt auf Grund des Nebeneinanders von dvvfiai
und ovofAMy tivvfAai und tivofiai u. ähnl. (§ 130). xaivvfiai wurde wohl
za Mdnofffim gebildet nach dem Muster von deSacfiai : dmvvfiai, — Indem
TawvfUtt tavvio zu den Formen wie eiQvfievai €qvco „ziehe" in Beziehung
156
A. GriedÜBche Grammatik, c) Fleziozuilelire.
gesetzt wurde, entstanden ravvtftfai, retawaTai nach iQwtaai^ eigvctcci
(vgl. auch iXxvaai, etXxvaO^rjv zu fAxw nach dem bedeutungsverwandten
€QV(o) u. dgl. m.
117. 4. Klasse. Schwache Wurzelform -\- vä : vä, z. B. ddii-
vä'f.u : 3dfA'%'ä'fi€v^ wie ai. Sf-nd-mi : i^-nl-mds. Das lautliche Verhältnis
von 'vä' zu ai. -^T- ist unaufgeklärt. Die schwache Stufe der Wurzel
zeigen noch fioQvafiai und korkyr. att. ßaQvdfievog aus *ßQavafA€vog (§ 23,
1. 30) zu ai. mpidti^ idg. *m^-nd''ti und nogvdfxev * nwXetv Hesych (neben
näQVTjfii), das entweder ursprüngliches *pf-ndr4iii repräsentierte und dem
böot. Dialekt angehörte (s. § 27) oder aus ^pf-när-mi hervorgegangen war.
Ein noch nicht befriedigend erklärtes t in der Wurzelsilbe zeigen xiQvrjfHj
TiUvafjtai, n{rv7)^iy axiSvrjfii^ vgl. Q. Meyeb, Gr. Gr.« 441, Solmsen, K. Z. 29,
74, Wackebnagel ebend. 126 [vgl. den Nachtrag zu dieser Stelle].
Der Übergang von -vntfu in -vd(o in rnrydat u. a. steht dem von
'VVfii in -vv(o (§ 116) gleich.
118. IL Themavokalische Stämme oder Yerba auf -o). Die
Verteilung von -«- und -o- über die verschiedenen Formen (z. B. (päg-e-TSy
(päQ-O'ixeVj (päQ-O'Vt-eg) war die urindogermanische. Bemerkenswert ist
"ä-fievo-g in delph. lokr. xaXeffievogj arkad. dSixijfievogj pamphyl. ßooXrjfievvgy
el. xaSaXrjfievog aus *-6-(jf)6-jU6vos neben -o-fievog (Allen, C. St. 3, 267,
OsTHOPP, M. U. 1, 212, Wackebnagel, K. Z. 27, 86, Johansson, De der.
verb. 43 sqq.), ein Nebeneinander, das vielleicht ebenso altüberkommen
war wie reo {*qj^sio) neben nov (*go-S|o) u. dgl. (§ 79. 96).
119. 5. Klasse. Wurzel + ^ •' *•
a. Starke Wurzelform, z. B. (pe'Q-o-fiev yt^-T«, X^in^o^iuv Xein^
6-T«5 Trjx-o-fiev, m&~o~fi€Vy vgl. got. bair-a-m, bair-i-p. Die häufigste
Präsensbildung. Mit aoristischer Funktion iyevofirjv, iXeTv.
b. Schwache Wurzelform (Tiefstufe), z. B. yXvtpWj yqdtffa (vgl.
aksl. greba nach 5a. und el. yQO(f€vg^ wie nofiTtevg)^ dor. x^dma^ tqdxoa
(während att. Tßf'Tr«, t^^x^ nach Klasse 5a. gebildet waren); femer ^-<rx-o-»'^
TTT-^-or^of«, 7t€Qi'7iX''6'fA€vogy Ktav-slv^ rafi-eiVj ßaX^tv^ nvaQ-^Tv^ die vier
letzten mit nebentoniger Tiefstufenform (§ 21, 4. 23, 4. 24). Vgl. ai. tud-ä^ti
»stösst*, gir-d-ti „verschlingt". Ob irexor^ dor. lesb. inexov hierher (mit
nebentoniger Tiefstufe, vgl. Osthoff, P.-Br. B. 8, 304) oder zu 5a. gehörten,
bleibt zweifelhaft.
Der ursprüngliche Betonungsunterschied zwischen 5 a. und 5 b. tritt
nur noch im Verb, infin. {XcinoiTeg, Xsineiv : hnövvegy XineXv) und in den
Imper. iie^ Xccßä etc. (§ 67 S. 85) hervor, i) Die Betonung yqdifEiv^ yXv(f(ov
war nach Analogie von 5a., die Betonung yevea&ai (alat. geno), iXtov nach
5 b. geneuert. Die paradigmatische Doppelheit XeTno- UTne- (idg. ^leiqo^
*lciqe'') und >U7r6- Xmä-- (idg. *%o- Hiqe-), z. B. iXemov neben ihnov^ war
wahrscheinlich aus einem einzigen Paradigma auf die Weise entsprungen.
^) Nur scheinbar sind tf/-»*, üX'Oi(jlbv
altertümlicher betont als Un-to, Xln-otfisy,
Denn nach dem in § 67 bemerkten waren
auch (T/cii, axoTuBv einmal enklitisch und
bekamen ihren historischen Accent erst auf
griechischem Boden. Die Übereinstimmung
mit der uridg. Accentuation {*8gh-ö-) war
also ebenso zufällig wie bei g>^Q(Of tpiqofjLBv,
tpe'Qerm u. s. w.
4. Terbalflezion. (§ 117<^ 121). 157
dass eine durch den wechselnden Accent entstandene Verschiedenheit
zwischen den Formen, *leiqo- *Uqe-, nach zwei verschiedenen Seiten hin
ausgeglichen wurde (vgl. Fick, Bezz. B. 4, 179, Paul, Prinzipien* 218,
OsTHOFP, P.-Br. B. 8, 288). Vgl. § 155.
Im Anschluss an die Doppelformen rjveyxov : ijveyxa und elnov : elna
(s. Kl. la.) gingen die themavokalischen Präterita in der alexandrinischen
Zeit öfters in die Flexionsweise von ijvsyxa über, z. B. Icxccj evQÜfArjv^
ijipsQa. So auch lyyaya für riyayov (Kl. 6), ijlmCa für ijlmiov (Kl. 8).
S. G. Meter, Gr. Gr.« 467, Meistebhans, Gr.« 147.
120. 6. Klasse. Reduplizierte Wurzel -{- o : c.
a. Reduplikations vokal i. Z. B. yi-yv-ofiat {ytvofAai), fii-fir-o), iV^w
aus *i-<rx-« (§ 60), t^fo aus *ai^zd-(o = lat. sid-o (§ 46), Idxco aus ^pi-pccx-ui
(zu lyx^)- vgl. lat. gi-gn^, ai. pi-bd-a-te. tixtoo aus ♦ti-tx-« (§ 62). Un-
klar ist, ob das i von nUnx-w ursprünglich war (vgl. ai. aor. causat.
d-pUpat-^b-t) oder dem sinnverwandten ^tnxw entlehnt wurde.
b. Andere Reduplikationsweise. i'-cn-o-iTOj i-nä-ffv-o-iisv^ x*-
xJl-«-ro, 7i€'nv&-<HiaT0j ir«-iraß7r-«-T0, Xe-Xaß-e^&aiy vgl. ai. sd-Sc-a-ti («o-ic-a-
= i-an-o- von W. 5eg-) und lat. tendo aus ^te-tn-ö (Thübneysen, K. Z. 26,
302). Schwierigkeit macht iemov elnov gegenüber dem auf idg. ^e-^e-^q-o-m
weisenden ai. d^vöc-a-m von W. ^eq-j s. Vf. K. Z. 25, 306 und Wackeb-
kagel's § 60 erwähnten Deutungsversuch ^).
Ob diese Klasse schon mit Beginn der Überlieferung des Griechischen
auch präsentisch auftritt (wie ai. sd-Sc'O-tijy ist zweifelhaft, da i'ansxai
d 826 angefochten ist und von ilofiai nicht feststeht, ob es aus ^ae^zi^-o-iiai
(Köoel, P.-Br. B. 7, 192) oder aus ^aed-j^o-^fim (Kl. 7) entstand; in ale-
xandrinischer Zeit näifvfa (vgl. über naifxav • xteivag bei Hesych Vf. C. St.
7, 206), xäxXofim.
fjy-ay'fh-v = ai. dj-ij^a-m, äx-dx-o^vro, ijQ-aQ-e, mq-oq^^ jüngerer Typus
iQvx'ttX'bsiv u. a. (vgl. Bezzenbeboeb in s. Beitr. 3, 311).
121. 7. Klasse. Wurzel + io : /«. yt;« lesb. yww, tiw t/w (ai.
ci^o-^, vgl. Osthoff, M. U. 4, 12). kiaaioiisv • edfrcofxev (Hesych) aus
urgr. *UkU'i(htnen, oqvccq), vt^ouev aus urgriech. *nigU'iO'men (§ 35. 38. 41),
ari^füj Cifv^io, ßaivio^ fiatvoixai^ lesb. xtaivio^ äcTtaiQWj cuqto aus *pai,Q(o
(Vf. K. Z. 27, 197 f.), (dor.) ip^m^w, (ion.) axdXlm (§ 21, 3. 23, 3. 54).
Alle diese mit schwacher Wurzelform, wie ai. tf^-ya-ti „dürstet" mr-iya-tc
»moritur*; ebenso auch ^«t« für *f^Qa^(o = got. vaürkja „wirke", idg.
*VfH^ (§ 62). Vgl. Fböhde, Bezz. B. 6, 178 flf. Daneben oft auch Hoch-
stufenvokalismus («), z. B. xretvcay äeiQM, (px^eiQco (lesb. xTbvvto^ ätQqm^
^d-iqqto, ark. ^xhijQü))^ cxäXXoi (§ 12. 30. 56). Die Wurzelstufe in nkaato
aus urgriech. "^peht-iö (§ 35. 38) ist zweideutig (wenn Tiefstufenform, so
vergliche es sich mit nemo-g, § 24), ebenso x*C«- Ob die Formen mit
hochstufigem s speziell griech. Neubildungen waren (teils nach dem Fut.
und Aor., z. B. xt€vv<o nach xxsvm ixtewa, teils nach solchen Präsens-
formen wie ntaato^ falls diese tiefstufiges « hatten, teils vielleicht auch
nach Formen wie ^tqto, vgl. Fböhde a. 0. 180), oder ob es einen idg.
^) Sieber Terfehlt ist was Smytb, Der Diphthong £/ S. 57. 59 über hmoy aufistellt.
\
158 A. Oriechisclie Grammatik, c) Flexionslehre.
Wechsel z. B. zwischen ^^erg-io- {IqSü), § 59) und *u^g'ie- (V?^^® s. o.)
gab, analog dem zwischen ^derk-o- {iifQxofim) und *df^-c- (SQaxetv), bleibt
zweifelhaft, doch ist mir das letztere das wahrscheinlichere (vgl. auch
Spitzer, L. d. a. D. 7, Hartmann,. De aor. sec. 21). Vgl. auch dor.
irjXoiiai, : lesb. ßoXXofiai § 129. Das neben tüo tiod stehende arkad. änv-xeiiTm
lässt sich aus Hsi^^fa herleiten, also rim : tem = Ktaiv<a : Tahvvw^ doch ist
ebenso gut möglich, dass es aus t/co umgebildet wurde nach den Formen
T€ia(o irsica (ähnlich wie ^*t« für *^atw eintrat); ein ♦Tf(*)-(ö (ai. cdy-a-ts^
Kl. 5 a.) als Vorstufe dieses nito ist weniger glaubhaft.
Neben diesen Präsentien lag seit uridg. Zeit eine Kategorie von Formen
mit langem Vokal vor dem Suffix -|ö-. *ti^jfa) : fw Cj (über ^fij^», ^tjO^i
§ 114). *x^ij-jf« : XQ^ XOfi ptc. XQV^^ ^ '^^' ^^^- *F^Y^^ „wünsche, be-
gehre", ^) Xifts, ^Xa-j^ofAai : XSa&ai • naf^etv, ohyiOQsTvy XoiioqeXv Hesych,
vgl. lit. 16-ju „belle*. *rf^Ä-ift) : dqm dq^, *tw-i<ö Nebenform von *f ij-i« :
fww. Ausser lit. to-^w vgl. noch die ai. sphd^ya-U „nimmt zu* = aksl.
spe-ja „habe Erfolg", got. vaia = aksl. ve-ja „wehe*. S. Mekler,
Beitr. z. Bild. d. griech. Verb. 14 flf. Die Nebenformen auf -a«w, wie
xvai(Oy ipaiü), Xa(w (s. Mekler a. 0.), dürften sich am leichtesten als Um-
wandlung von *xvM''iiii etc. (vgl. efisw für *€fi€''fii, § 113) erklären, vgl.
ykai-vth-g mhd. klein-öt neben yXrj-voq yXri-vrj u. a. laam, naXaifo u. dgl.
entsprangen wohl erst in jüngerer Zeit in Anlehnung an die Bildungs-
doppelheit bei jenen Primitiva. Hierzu vgl. Johansson, De der. verb. 170 sqq.
Der lautlich gleiche Ausgang von (ffpcc^o), iatpa^a (St. ctpay") mit
(pQa^coy lifQa^a (St. (pQax-) u. ähnl. erzeugte neben afpa^fo die Form a^drxio
nach ffgoTTü) u. dgl. mehr, umgekehrt ßga^to (spät) statt ßqccacfa nach
(pQtiC^, gort, nqaddsd'^ai statt nqocTxsd^d-ai (vgl. auch gort, aw-ea-dditj
für 'dyrj nach dem Aor. auf -aja*, R.Meister, Bezz. B. 10, 141, G. Meyer,
Gr. Gr.^ 274) u. a. m. Vgl. Mucke, De cons. gem. 17 flf., Osthofp, Z. G.
d. P. 296 flf. 322 f.
Die von rf/w diofiai {*Si'k(o^ vgl. ai. dt-yO-mi) kommenden Formen
ii€T€, dieraiy dUad^cci u. dgl. riefen infolge von Assoziation mit f-^-r«,
i-f-ra«, l'S'C&ai (Kl. 2 a.) die Formen iv-dCsaccv^ Sfe/xaij iisvtm ins Leben
(vgl. Osthopf, M. U. 4, 13). Auf ähnliche Weise war wohl auch hom.
/siefiat^ zu ai. rf- gehörig (Leo Meyer, Bezz. B. 1, 306 flf.), auf Grund eines
*f'Ho-fiai entstanden, auf das noch die meisten der bei Homer vorfindlichen
Formen, wie ptstai^ pUax^rjV, bezogen werden können. Vgl. auch die zu
diexai und pUtai, gehörigen Swx(ü (Siw^ig^ diMyfia) und korinth. pmxsi „er
verfolgt" {lioxrj^ *'«Zi^o-$, «<wj«g); eine Vermutung über die Entstehung von
dmxca bei G. Meyer, Gr. Gr.* 52.
Hom. att. xXivoD, x^ivaa^ aivofiai lesb. xXivvco, xq{vv(o, ah'vofiai aus
^xXiV'^w xQiV'j^Wj aiv'koficci. Der Nasal dieser Präsentia war selbst schon
ein präsensstammbildendes Element, z. B. *xAi-r-/<ö zu lat. -clT-nare ai.
irf-nä-mi, W. klei- „lehnen". Es hatte also ein Übergang von Präsentien
mit Nasalsuffixen in unsere Klasse stattgefunden; dessen Ratio noch uner-
mittelt ist. Nach der Analogie von *xt€V'J^(o : "^ixtsv-aa schuf man zu
*xA/v-iw den Aorist "^ixXivaa ion. att. ixXiva, und so kam der Nasal auch
4. Terbalflexion. (§ 122-128.)
159
in die andern Tempora, xhvw ixXivr^v, exQfr&rjv u. a. Vgl. Cubtius Vb.
1» 313 f., SoLMSEN, K. Z. 29, 77 f.
122. 8. Klasse. Reduplizierte Wurzel -\- j^o : {€,
a. Reduplikationsvokal i: maivu) aus Hi-ti^-iö W. ten-, viaofiai
aus ^vi-va-j^o-fiai (§ 45) W. nes-, hkaiofiai aus "'^Xi-Xac-kofiai (Cubtiüs, G.**
361). War dieser Typus altiererbt?
b. Andere Reduplikationsweise: yaQ-yaiQcoy fiia^fiaiga, 7roQ'(pvQO)j
fio^liVQoa; ßafA^ßaiVM^ nafi-fpaivo); iai-dakkio^ nai-ndXXo)^ Tiai-tpccacü)^ not-
^caa, aiacfo (§ 18) u. a. Diese Formen hatten meistens deutlich Intensiv-
bedeutung und hingen historisch mit den ai. Intensiva wie mar'fn^j'f/d''t&
.reibt wiederholt (kräftig) ab" zusammen. Zum Teil mögen sie denominativ
gewesen sein, wie daiidXXio von iaidaXoq (§ 123). Durch Übertritt in die
Analogie andrer Präsensbildungstypen entstanden fiaqiAaqi^m^ nafifpavdo) u. a.
123. 9. Klasse. Nominalstamm -|- i^ : ^9 Denominativa.^)
a. Verba auf -aw, -a'«, -ocö, -/w, -i;«, -eviOj wie Tifido), (piXeWj fiia&oco^
xovico, fi€&v(Oj ßaaiXevfü. Ob -«5w griech. Neubildung war, hängt ab von
der Entscheidung der Frage, welches der Ursprung der Nomina auf -ev-g
war (§ 70 ^ 2). Zweifelhaft ist auch, ob die auf -wa altererbt waren, da
sich auswärts nur wenige sichere Parallelen bieten, wie lat. aegrötus von
aegro- (vgl. v. d. Pfordten 151 f.). Die andern waren aus vorgriech. Zeit
überkommen, vgl. z. B. ai. miSra-yämi von mürd- „gemischt** wie ^iXäca
von y/Ao-^.
Durch einzeldialektische Neuerung entstanden die Ausgänge -a<o, -);a),
-«w, z. B. ep. iiBvoivrinai^ invciovreg^ lesb. diixrjei, böot. iafiicoovreg^ delph.
avlr^ovreg, ave^avcDhra), Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde der lange
Vokal aus den andern Tempora, -a-<rw etc., herübergeholt, und es fragt
sich nur, ob nicht zum Teil zugleich die Gestalt von Primitiva wie hom.
XßjjW (§ 121) vorbildlich wirkte. S. Vf. M. U. 1, 89 f., Collitz, Anz.
f. deutsch. Altert. 5, 329 f., Wackebnagel, K. Z. 27, 88, Phil. Anz. 1887
S. 238, Meister, Gr. D. 1, 177. Zur „epischen Zerdehnung** vgl. § 17.
Att. iiyjTJv und neivijv wohl nach tprjV u. dgl., ähnlich scheinen taaiw^ naXaio)
u. dgl. nach tpatco u. dgl. gebildet worden zu sein, s. § 121.
Über "äfjti i'ccifii), 'Tjfiif '(üfxi nach Kl. Ic (§ 114) für -aw, -6x0, -ow
im Äolischen und Arkad. sieh ausser der eben zitierten Litteratur auch
L. HiBZEL, Zur Beurteilung des äol. Dial. 56 ff., Johansson 166 sqq.
Ob diese Neuerung direkt von den alten Formen auf -aw, -«w -ow aus ein-
getreten war oder durch Vermittlung der Neubildungen auf -aw etc., ist
zweifelhaft. Im ersteren Fall wäre davon auszugehen, dass z. B. 2. pl.
*^X€{i)€T€ zu lesb. ffiXtfte geworden und so mit den Formen wie ar^ts überein-
gekommen war. Jedenfalls war aber ii-C^-fiai neben di-C^-conai u. dgl.
(§ 115 b) vorbUdlich beteiligt.«)
') Vgl. besonders yov dbb Pfobdtbk, Zur
Geschichte der griech. Denominativa, 1886,
und JoHAKSSOii, De derivatis verbis con-
tractis Hnguae Graecae quaestiones, Upsala
1886.
^ Ein Hauptgewicht glaube ich immer
noch darauf legen zu müssen, dass tplXrjfji
nicht nach dem Typus ri^rjfii, sondern nach
nrjfjif di^tjuMj sß^rjy, iqgvrjy etc. geschaffen
war. Wenn Johansson p. 166 mir entgegnet,
dass es ursprünglich keine Verba auf -fjit
ohne Abstu^g gab, so mag das für eine
160
A. Oriedtisohe Grammatik, c) Flexionslehre.
Was die Vokallänge in -ä-ct«, -ij-crw, -w-cra) und den andern Tempora
betrifft, so war diese bereits vorhanden, als das Präsens nur erst -a-^co
-f->(ö -o->(ü hatte. Formen wie Tifia-aoo, ^ikrj-tfco, futf&ci-aü) waren nach
der Analogie von solchen wie ^Qä-CM, nlri-^ca, yv^-^oiim gebildet worden,
und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Neubildung bereits in uridg.
Zeit ihren Anfang genommen hatte. Möglich wurde diese dadurch, dass
damals die denominativen Verba in der Bildung des Präsens mit den Pri-
mitiva auf -jö vielfach übereinstimmten. S. Vf. M. ü. 1, 69 f., Johans-
son 72 sqq.
b. T€XTaiv(o aus *T6xi:g->a) zu T€XT(ov, wie ai. udan-yd^U aus ^ud^-ie-ti
zu ud-dn- ^Wasser", § 21, 3.^) S-aQrjaaoo zu &(OQr^^. ägna^co zu aqna^.
<raX7tiX(ü aus *<raX7ii{v)ßS(o, ^aaXniyy-'^fa, iXni^ia zu iXntq. fiiyd^ofiai zu
fiiyag. Denen auf -af « = ^-ad-kio stellen sich die german. auf -atjan, wie
got. lauhat-jan „blitzend leuchten* zur Seite (Kögel, P.-Br. B. 7, 183,
VON Bahder, Die Verbalabstracta S. 111, Vf. Grdr. 2, 382 ff.). Hom.
tsksiia att. veXd aus '"r^^cr-icü zu TäXoq, äxeiofxai zu oxog, s. § 12. 45. 54;
die auf sehr schwanker Grundlage ruhenden Kombinationen von Bechtel,
Gott. Nachr. 1886 S. 375 ff. überzeugen mich nicht.
Viele Neuerungen durch Formübertragung, z. B. aQiar-acf} (a^icro-r),
fAavt'€vofiai (ßdvu-g), d^pQov-t'ü) {afpQcav)^ xegd^va (xägdog). Besonders
stark wucherten die auf y- und rf-Stämmen beruhenden Ausgänge -af « und
w^o) (das C aus i zu erklären verbieten die klar zu Tage liegenden Laut-
gesetze); z. B. J/xa-fw Ai^-afw, x^Q^'C<^ vofi-i^co. Bei diesen wie auch
bei fieiXicacj zu iieiXixo-q^ dyyäXXw zu äyysXo-g, ixx^aiqio (aus *^X^'J^^) zu
iXx^Qo^, welche wahrscheinlich nach der Analogie der auf konsonantischen
Stämmen beruhenden Denominativa wie xr^qvacio gebildet waren (vgl. Vf.
Techmeb's Intern. Ztschr. f. allgem. Sprachw. 1, 238), wirkten zugleich die
Formen der Klassen 7 und 8 vorbildlich mit.
Für viele von diesen Neubildungen kommt in Betracht, dass an ge-
wisse Ausgänge sich bestimmte Funktionen geknüpft hatten aus Anlass
der Bedeutung einiger von den zu Grunde liegenden Nomina. So hatte
durch Formen wie vavxidto fiaXuxidco der Ausgang -laco die Funktion er-
worben, einen krankhaften oder sonstwie tadelnswerten Zustand zu be-
zeichnen, daher z. B. die Neubildungen väegidw^ Xi^idta, -öco bekam fak-
titive Bedeutung, daher Neubildungen wie yefpvQoco. -sv(o die Bedeutung
einer regelmässigen, beruflichen Thätigkeit,' daher Neubildungen wie fiavrsvo^
fiah So ist auch erklärlich, dass zu demselben Nomen oft mehrere abge-
leitete Verba gehörten, wie icTidü) und earioio, voceco und voawa, S. Cübtiüs,
Vb. 1« 356. 368, v. d. Pfobdten S. 6 f. 16 ff. 139 ff.
Das Zusammenfallen von ^-y-iw und *-rf-jfw in -^w erzeugte Neuerungen
einerseits wie dqndaw^ rJQTtaaa neben dqnd^Wy r^gna^a, anderseits wie (dor.)
gewisse Periode der idg. Urzeit richtig
sein; hierüber wage ich kein Urteil. Jeden-
falls war aber im Urgriech. ein doppelter
Typus, einer mit und einer ohne Abstufung
vorhanden. Und einzig hierauf kommt es an.
*) FOr verfehlt halte ich Bezzbnbergeb's
Ansatz einer Grundform *TBxt^-yi(o (Beitr. 10,
72, Gott. gel. Anz. 1887, S. 415 f.). ^j^
(jLttv^y war natürlich nicht aus *i-ntjfÄ^y'
^y entstanden, wie Bezz. meint, sondern
nach den Aor. auf -aQ&r^y -ttXd^y gebildet,
vgl. nitpny&B : eanccQ^ey ^eQfittyat-^g : xce^a^
<ii-g etc.
4. Verbalflexion. (§ 124—126). IGl
doMiia^ovTij €Q(^avr€g (s. Caüeb, Sprach w. Abh. 127 flf.). Umgekehrt ver-
anlasste lautlicher Zusammenfall in nichtpräsentischen Formen Entgleisung
im Präsens, daher Doppelheiten wie aqii&txia und ccQfAo^w^ Xandaato und
Xand^fo; vgl. (ffpdtTto : (ftpa^to § 121 und die dort zitierte Litteratur.
124. 10. Klasse. Hochstufige Wurzelform + *iK> : */« (Kausa-
tiva), z. B. (poßäm zu (päßofiai (vgl. ai. caus. hhajdyami „lasse hingehen,
jage*), oxsw^ aoßäfo^ aoäta {ecaotjfxävov Hesych), TQOTtt'oOj (poQäco u. a. Diese
Eormen, von den Denominativa wie olxä'(o (pdä-w (§ 123) von idg. Urzeit
her durch den Accent geschieden (vgl. ai. denom. müra^yd^i gegen causat.
hhajdya-U)^ wurden im Oriech. mit ihnen im Auisgang gleich infolge der
neuen Betonung des Verb. fin. (§ 67, S. 85), vgl. auch lat. denom. alhe-o
neben caus. nwneo^ noceo.
Denominativer Ursprung ist für die Kausativa oft angenommen worden,
aber nicht klar erweislich (zuletzt über diese Frage Johansson, De der.
verb. 113 s^. 116, 135). Desshalb zählen wir sie als besondere Klasse.
126. 11. Klasse. Wurzel + to : t«, z. B. nsx'T(a (att. Ttsxräo))
= lat. peoto. In der idg. Grundsprache kann diese Klasse, wenn sie über-
haupt schon vorhanden war, höchstens erst durch ein par Beispiele ver-
treten gewesen sein (vgl. Vf. Sprachw. Abh. 153 flf.). Abgesehen von nt'xTü},
^dfxto/juxi, dvvtü), dQv%(a und den vier oder fünf Aoristen wie ißXaaxov
(CuBTius, Vb. 2*, 10 flf.) gingen alle auf -Trrco -tttov aus, wie xvmtü^
axdriTooy nämta. Von diesen können alle die, deren Wurzelauslaut p war,
z. B. TVTTTCö, (TxdnTio, auch zu Kl. 7 gezogen werden : Tvmo) aus Hvn{(o
(§ 40) wäre wie xccXänxia (von x^^^^) ft^s *x^^*^"i^» aarQdnTO) (von
äffTQanr^) aus *datQan-j^co (Kl. 9). Dagegen lassen sich nicht auf Grund-
formen mit -iö die zurückführen, deren W. auf g, q, (g%) schloss, wie
nin%(o neben älterem näacia W. peq-^ ivCntia neben iviaao) (beide bei Hom.),
rimofiai neben älterem rr'f « W. nei^-. Ferner auch nicht die, deren Wurzel-
auslaut altes (f war, z. B. xqvnxia zu xQv(pa, Bedenkt man aber, dass die
Formen wie xqvutod leicht erst nach dem Muster von solchen wie tvmw
geschaffen sein können (l^nlich wie <r(pdTT(o nach (pQdrrü), § 121), so steht
für keine Wurzel auf labialen Explosivlaut ursprüngliche ^o-Bildung fest;
vgl. Fböhde, Bezz. B. 6, 179. Und so fragt es sich schliesslich, ob nicht
auch nänxta, vimofiai u. s. w. mit wurzelschliessendem Velarlaut erst nach
der Analogie von ivntw gebildet worden waren.
axämofiai von W. spe^- entstand wohl nicht aus '^ansxrof.im^ sondern
aus *(rn€xjtofAai (woraus zunächst *ax€niOfiai) = lat. specio^ ai. pdiyami;
die auffallende Metathese von n—x (§ 62) mag durch das sinnverwandte
cxop' {xhfo-<rxiog, Curtius, G.^ 152) veranlasst sein.
126. 12. Klasse. Verbalstamm + ^*o : <rx6.
a. Verbalstamm = einfache Wurzel in Tiefstufenform (wie
die schwache Form in Kl. 1 a.). ßd(fx(o = ai. gdchami aus *gachänii (vgl.
Pf^chdmi u. a.), idg. *gfp-8k6y xdcxm^ (pdaxw^ ßoaxw u. a. Von diesen Verben
trat der Ausgang -cxw auf mehrsilbige Verbalstämme über: yriga-axco^
f.ßd-'iXxa), y«v*«a-flrxco, iXa^xofiai^ fieO^v-axcOy xogt-axco^ dqt'axia u. a. W^ahr-
scheinlich war zur Zeit, wo diese letzteren Formen aufkamen, die Inchoativ-
Buidbiich d«r Umi. AltertozmiwinexiachAlt. IL 2. Aufl. 1 1
162 «A.. GriechiBohe Grammatik, c) Flexiomilehre.
bedeutung von -crxo) noch lebendig, und die Neubildung wurde erleichtert
durch den formalen Gleichklang von iyrjqctv^ iyrjQäaa^ yrjQaaofiai mit ißar,
ißaaa^ ßd(Xofxai neben ßdaxio u. ähnl. (vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 257 f.).
Zugleich von (pdaxw etc. und von den urgriech. Neubildungen wie yr^gdaxu)
bekamen wahrscheinlich die ion. iterativen Praeterita wie ifevyeaxs^ iQi^eaxov,
av3rjaaax€y ^dveaxe ihren Ausgang: dem (pd-^xov (neben (frjfii) wurde
itytaaxov (neben i'aTrjfii) nachgebildet, xuXtcxero wie xoQhCxio^ ^(nxaaxov
neben ^mxdl^io wie ysveidaxio neben ysvsid^io u. s. f. Nachdem sich die
Kategorie der iterativen Praeterita einmal konstituiert hatte, wurden auch
solche Iterativformen geschaffen, für welche direkte Muster in der älteren
Schicht der axeo-praesentia nicht vorlagen.
Das y von iiCayta für *fiiaxco war von fiiyvvfii ifiiytjv übertragen (Osthoff,
M. U. 4, 34, G. Meyer, Gr. Gr.* 450); danach auch ipayco • anodv<o (Hesych).
In ähnlicher Weise wird in Acerxij d. i. *^{x)'^^^9 dessen ursprüngliche
Bedeutung »Herberge** war (Meister, Gr. D. 2, 51), das x ßir x durch
Anlehnung an ^'x^g etc., und in ndc%(ü neben dem lautgesetzlichen el.
ndcxca d. i. '*na{d)'^x(ü die Aspiration des x durch Anlehnung an die
Aspirata in Ina&ov etc. entstanden sein.
b. Yerbalstamm auf langen Vokal (wie Kl. Ic), z. B. epir.
yvoi^xco {yi~yv(iiax(o) = lat. gnö^sco, Qtj-axofjtai (Hesych), ^^ij-cxw (Cürtius,
G.'^ 257). yvci'trxü) : fpa-^axio = lyvco-fisv : Mtpa-iisv. Für &va<rx(o {d^r^ffxo))
und ßhoaxta vermutet Osthoff, Z. G. d. P. 367. 448 als Grundformen
*għ-s^o und *mj'sk6 (mit nebentoniger Tiefstufenform, § 21. 23), wonach
sie zu 12 a. gehören würden; die Sprachempfindung der Griechen zog sie
jedenfalls zu 12 b. Ion. xqrfaxoiiMy att. ^rjjcxa} x^q(fi<fx(a^ äol. x^vaitxxcf)
waren wie att. fHfivy<rx(o, äol. fitfivaiaxo) (üsener, Fleckeis. Jahrbb. 1865
S. 245 flf., Meister, Gr. D. 1, 181) Neuerungen nach der Klasse -laxw (§ 128).
Als Nachbildungen schliessen sich dva-ß^daxoiiaiy dXirjaxco {^ 599) an.
127. 13. Klasse. Reduplizierter Verbalstamm + ^'xo : txxs.
a. Reduplikationsvokal i: di-ddaxo)^ Ti-Tvcxofiai (vgl. Kl. 12a.);
yi-yvoiaxcOj fii-fivija xoij ii-dqaaxia (vgl. Kl. 12 b.). .
b. Andere Reduplikationsweise: i^ax(o, öe^diaxopiai (vgl. Osthoff,
Z. G. d. P. 388).
13 a. und 13 b. wurden wohl erst auf griech. Boden geschaffen.
128. Anhang zu Kl. 12 und 13. Verba auf -«(rxco, z. B. atsQ-iaxw^
€vQ»{(fxü)j aX-{axofiaiy dq-aq-iaxü). Die sprachgeschichtliche Beurteilung dieser
Kategorie ist schwer. Lat. in-gemlsco u. ähnl. sind wohl fern zu halten,
s. Osthoff, Z. G. d. P. 157. Dagegen ist Zusammenhang mit den Demi-
nutiva wie nmd-Caxo-g möglich, s. § 70, 16.
129. 14. Klasse. Wurzel -{- vo : vb und Wurzel (zum Teil mit
Nasalinfix) + ^^^ ' ^^^> z. B. Sdxvco = *d^i:-nö, krjO-^dvo) Aav^-eh'w,
x€V&-d%'0), XifiTt'-dvw.
Der Typus rfax-rw hat zwar in allen idg. Sprachen Analogien, war
aber vielleicht doch überall einzelsprachliche Schöpfung, an Formationen
mit anderen Nasalsuffixen anknüpfend, vgl. z. B. nh-vw : nh^'VfjfAi. Beachtens-
werte Doppelheit des Wurzelvokalismus in ßwhmuM, Omiidl ^jg{^*fio- und
4. Verbalflexion. (§ 127-131.) 103
dor. SfjXofiw Qrundf. *geZ-wö-, in dor. hom. rafi'vcj und att. T^/i-vco, ersteres
für lautgesetzliches *tcc-v(o = *trii'nö; vgl. xt€{v(o und xTaivcD u. dgl. § 121.
Die auf 'üvo) kehren im Armenischen wieder, z. B. W-ane-m „ich
verlasse", vgl. hfinavcü. Ansprechend führt Osthoff, Z. G. d. P. 404 flf. -ai-o)
auf *'pnö zurück (vgl. § 21, 4). Ein Zusammenhang bestand zwischen
dem Typus hfindvo) nvvO^ävofiai, dem Typus ai. rindk-ti (vgl. lat. linquity)
und dem Typus ai. lump-d-ti lat. rump-i-t (zu dieser Bildung gr. (X(piyy(ü?)^
doch ist die Art des Zusammenhangs noch nicht genügend aufgeklärt.
Vgl. CuBTiüs Vb. 12, 251 flf., Fröhde, Bezz. B. 6, 183 flf., Vf. M. ü. 3,
148 ff., Osthoff, a. 0. Der Ausgang -avo) ging im Griech. weit über sein
ursprüngliches Gebiet hinaus: z. B. lax-oivio, oiphax-dvio^ ä/ÄagT-uvco (dem
praet. ijfiaQrov wurde durch diese Erweiterung Aoristfunktion zugeführt)
u. a.; von besondrer Art war die Neubildung TtifinX-dvo), da hier die Re-
duplikationssilbe so wie sonst die Wurzelsilben behandelt und nasaliert er-
scheint (durch TtifiTiXavü) wurde das nasalierte ntfiJtXrjfii erzeugt, s. § 115).
180. 15. Klasse. Schwache Wurzelform -{- vp-o : vp-s, Hom.
^avio^ av(a, att. (fx^avw av(o aus *(pd^a-vp-(a, ^a-vp-w zu hom. ij-vv-To = ai.
sorni-mi (idg. *5g-we^-w*); hom. (pS^tvco^ rtvo) att. (pd^lvo), xivia aus *yvA«-v/?-(ü,
♦ri-y/?-« zu (px^i^vth&a) (ai. k^i-nS-^mi)^ Ti^vv-fievai; hom. &vvo) dvvm aus
♦^v-y/f-w *rfr-i'f-a), ersteres zu ai, dhü-^-nti „schüttele, bewege rasch hin
und her*. Über die in (p&dvo) u. s. w. erscheinende „Ersatzdehnung^ s.
§ 57. Es liegt hier wie bei ärvco, xavim etc. Weiterbildung von Verben
mit Suffix -nev- : -ww- (Kl. 3) durch -o- -e- vor; aber während -vv« erst
in der Sonderentwicklung der griechischen Sprache aufkam (§ 116), scheint
es sich hier um ein bereits idg. *-w^-ö, -mu-e-si etc. zu handeln: vgl. ai.
f-nv-'d-fni »setze in Bewegung, errege", got. rinna „renne* aus *ri-ntf'ö u. a.
Hierher auch hom. x*xavw, att. xiyxäv(o (mit jüngerer Nasalierung
der ersten Silbe nach § 129, G. Meyer, Gr. Gr.* 437. 448) d. i. ^xi%avf(a
(neben xi'XV''^'^h Kl. 2b.) und hom. txarto d. i. ^pixccvpw. Dies waren Neu-
bildungen nach dem sinnverwandten ifx)^av(a (zugleich auch nach ocvm'tf).
Nach dem Verhältnis von ffx^rjaofiai : tf^avw stellte man zu xixfjcofxai das
Präs. xix^vcDy weiterhin auch exarw.*). Ahnlich schuf man zu ari^ofiai
forr^v in jüngerer Zeit ein arava) nach fp&avo).
Perfekt.
H. VON DEB Pfobdten, Zur Gesch. des griech. PerfechimSi München 1882. Osthopf,
Zur Gesch. des Perfects im Indogerm. 1884. Ernault, Du parfait en grec et en latin,
Paris 1886.
131. Reduplikation.
Bei konsonantisch anfangenden Stämmen war der Vokal der Re-
duplikationssilbe * : yä-yova^ dt-doqxa, Xe-koina^ ns-ffvCtai, l-ayfiai, f-cTTOf/ity,
di'ioTcu. Dieses € war in allen Stammkategorien auch schon in der idg.
') Sehr unsicher ist die Vermutung von
JoHABSSOV» De der. verb. 108 sq. und W.
SoBuuDi, Qiuest. hom. 15. 42, der T3rpus
rvfilhii feei im Griech. durch xvy^ü) aor.
Cmmt wireten gewesen, xvrita^ das frei-
li 'm&Hm nicht erklärt werden darf,
soll = *xv-vB-ii-o) sein mit -»'f- als Infix.
Wenn nur eine Wurzel xrcr- irgend sicher
stünde !
^) Anders über xt/cti'Cü, Ixdytj^ aber mich
gar nicht überzeugend, handelt W. Scbilze
Quaest. hom. 41 sqq.
11*
164
A. Griechisclie Grammatik, c) Flexionslehre.
Grundsprache vorhanden (vgl. J. Schmidt, K. Z. 25, 32. 73, Osthoff, Z. G.
d. P. 264 flf.). Unsicher ist, ob es im Griech. neben e auch ein dem a in
ved. sä'Säha u. dgl. entsprechendes tj gab. Man glaubt es in hom. deiiä-
Xarai, eloixvTaiy gefunden zu haben, wo t] für ei einzusetzen sei, ferner in
iciQüxa (§ 19) neben ioQÖxa, rgyacfiai {*i^€Qyaafiai) neben eigyacfiai und
ähnl. (Heydenreich, C. St. 10, 137 flf.. Osthoff, Z. G. d. P. 56 flf.). Aber
jene hom. Formen beweisen wenig '), und die andern können Umbildungen
nach dem Muster des Anlauts der Augmenttempora gewesen sein (Wackeb-
NAOEL, K. Z. 27, 273).
Was die anlautende Konsonanz der Reduplikationssilbe betrifft, so
waren z. B. folgende Formen lautgesetzliche Fortsetzungen urindogermani-
scher Typen: de-ioQxe = ai. da^darSa^ ne-^vätn wie ai. ba-bMva, xe-xXvre
wie ai. iu-irumd und got. gai-gröt (gr^ta »ich weine**), «fjuapra* aus *<r€-
afiaQTat wie ai. sa-smära^ i'-arafiev aus ^trs^rafisv wie T-ctijju« lat. si-stö
av. hi-ätaiti. Mancherlei wurde durch Analogiewirkung geneuert, nament-
lich entstanden auf diesem Wege die Formen wie i-ßXaavrjxa neben ßs-
ßXdffTTjxa^ kret. i-yQcaxm neben att. yh'yqamm. S. G. Meyer, Gr. Gr.*
475 flf.. Osthoff, P.-Br. B. 8, 540 flf. Über siQrjxa, sTtod-a, eTXrjtpa u. dgl.
8. auch SoLMSEN, E. Z. 29, 349 f.
Die vokal isch anlautenden Stämme hatten entweder gedehnten Vokal,
wie rflxTjftaiy gcxvvrai, oder die sogen, „attische Reduplikation**, wie
oA-aiAa, aq-rjQa aQ^a^vTa. Beide Bildungstypen stammten aus vorgriechischer
Zeit. Die erste Weise beruhte auf der bereits in der idg. Grundsprache
vollzogenen Eontraktion des Reduplikationsvokals e mit dem vokalischen
Stammanlaut, welche zu formaler Gleichheit mit der Augmentbildung
vokalisch beginnender Stämme führte, vgl. Vf. M. U. 4, 411 flf.. Osthoff,
Z. G. d. P. 122 flf. 166 flf. Die att. Redupi. (vgl. äyayetv § 120) war
ursprünglich auf einen kleinen Ereis von Formen beschränkt und gewann
im Griech. weite Verbreitung, vgl. z. B. id-rjSwg gegenüber ai. dda lat.
Edl u. s. w., ion. dv-aQ-aiQtjixai und dv'aiQ-€Qrjfjta$ gegenüber älterem
dv-fjQrjfim.
Hom. ij^v^ Irjad^a {Irjv als 3. sg. auch inschriftlich, Caueb D*. n. 497)
hat man für Umbildungen von rjv, fja&a nach %ijv, l(pri<rx^a erklärt., ähnlich
wie exgfjV statt XQ^i^ {*XQV ^J*')> ^f- C. St. 9, 310. Mit Rücksicht auf die
Form rjrjv erscheint es richtiger, in hjiTx^a neben ijc^a (vgl. ai. dsitha) eine
Neubildung mit attischer Reduplikation (gleichsam ^ia-rfl-x^a) zu sehen.
Mr{v und ^'i?v waren Plusquamperfektformen, irfi^ : ^'ijv : erjcd'a = iXrjXaxo :
^ÄijAofTo : iXriXarai. Wegen der imperfektischen Funktion von €t]<r&a vgl.
§ 107. 112.
Seit idg. Urzeit ohne Reduplikationssilbe war f^oTSs = ai. vedd.
Über die Ratio dieser Erscheinung s. § 73, 4 S. 114.
132. Stammabstufung. Im Indikativ Hochstufenvokalismus im sg.
act., sonst Tief stufe : oiicc : lifieviifiai (Hesych);mxa : eixrov r^ixro; nänoi&s :
>) Chbist, Rhein. Mus. 36, 35 f. will die
»Unform* eloixvlai. durch die Schreibung
yetjyiaairy feftxviai statt des überlieferten
yeijyiaty eloixvTai beseitigen (^418). Vgl.
auch G. Mbykb, Gr. Gr.* 483.
4. Verbalflexion. (§ 132—133.) 165
enini^fiev; ieidw d. i. dä3f:o{i)(x : dsiiifiev xii. i. SiSpipLsv (§ 13 und Mahlow,
K. Z. 24, 294); eiXi^Xovd'a : iXrjXvx)^ii€v eXrjXv&afxev; e^pd'OQa : €(p0^aQjiiai;
tevQaqia : lexQcctfcciAsv rärgafifiai; yäyova : yäyafiev; HixoXa : räTkäfiev (Vf.
K. Z. 24, 266. 279, M. U. 1, 63 f.). Vgl. ai. vSda : vidmd, got. vdit :
vUum^ idg. *?<0|d- : *uid-, u. 8. w. Dem ai. Plur. porpt-imd von W. pet-
entsprach einst ^ns-nx-aiievy von dem nemciq -= ♦7r«7rT-a-(f)(o$5 Ttemrjcigy
näTtxfüxa ausgegangen waren (Vf. M. U. 1, 15, Osthoff, Z. G. d. P. 3/o.
383). Über etwaige Spuren des Typus *8e~sd' (ai. sed-) im Griech. s. Ost-
hoff a. 0. 106 flf.
Zahlreiche Neuerungen fanden im indic. perf. statt, indem teils die
schwache Form ins Gebiet der starken eindrang, z. B. ioiyfiev und ioUaiiev^
iUrjlovd-fxeVj TsxQWfauev, yeyovafiev, teils umgekehrt, z. B. 3ä3ia, iXrjkvd^a,
tirqaipa^ teils der Hochstufenvokal e aus dem Präsens u. and. Tempora
(eventuell auch aus dem conj. und part. pf., vgl. unten) herüberdrang,
z. B. näifsvycc n€(p€vyafi€v (statt *7t€(povya *n€(pvyiui€v, vgl. hom. Tt€(pvyfi€vog),
nän€i<frai (statt *7t€7H(jTai, vgl. hom. inänid'fiev), nänXexcc nhnXfxtai (statt
nänXoxo ^nenXccxxai)^ ßeßXetpcc^ XäXeya,
Anders über nbifsvya etc. de Saussüre, Mem. 72 f. und Osthoff,
Z. G. d. P. 61. Nach ihrer Theorie hatte die 1. sg. ursprünglich e- Vokal,
und der indic. pf. z. B. von ipavy- hatte ursprünglich folgende Gestalt:
näfpBvya^ *n€(fovyag {*7i€(fovxä'a), *ns(povy€y *7i€(pvyfji€v u. s. w.
Zweite Hochstufe zeigen auch i*(o-xa = got. sai-^ö (§ 135) neben elfiat
= ^ie-fiai von W. s^-, und iQQfoya von W. /^ßijy-, beide zur ^-Reihe
(§ 24, 4) gehörig. Ob in Fällen wie X^Xa&a : kiXäcTai, iara-xa (§ 135) :
itrrä'ficv^ deren W. der a-Reihe angehörte (§ 24, 6), die starken Formen
ursprünglich ö hatten, wie man erwarten könnte (vgl. yw-n^ zu (pü-fii),
wage ich nicht zu entscheiden. Nach der Theorie von de Saussube
wären XäX&d-a^ ^XsXcod'ag {*X€X(0(X&a), *X€X(od'€ die ursprünglichen Singular-
formen gewesen.
Mä/jtvrj-fiai j iedfirj-fiai, xäxXrj-fiai^ eiQrj-fiatj xcxfirj^g (denen sich
TfrifiTj-fiai ^ixr^'fiai etc. anschliessen) verhalten sich zu Tsvä-fiai nstpvy-iisvog^
wie ^rj^xofiai yvci^xco yiyvci-iXxü) zu ßa-axm TiTVffxofiat (§ 126. 127).
Der Konj. scheint von Haus aus erste Hochstufe gehabt zu haben,
so hom. tii-o^fisv; 7i€noi&of.uv demnach für "^nensix^-o-uev nach nänoid^cc
(de Saussube, Mem. 127). Im Imper. von Haus aus schwache Stamm-
form: i€i3i-x^i {däifsi-d^i), nemtf^i (Aesch. Eum. 589 Kirchh.), Tätka^d^i^
lA€iia^t(a = lat. memen^tö u. s. w. Im aktiven Partiz. wechselte von
idg. Urzeit Tiefstufe mit erster Hochstufe, daher Doppelheiten wie id-vTa :
slS-iog, XeXaX'Vta : XeXijx-wgy aga^-via : ceQTjQ^g, ictä-iog : iarrj^yg; vgl. auch
deSt^g^ nena&'vta, messen. xsxXeß'oig, herakl. S^Qrjy-eta, s. W. Schulze,
K. Z. 27, 547 flf., Vf. Grdr. 2, 411.
133. Anfügung der Personalendungen. Die Personalsuffixe
wurden im Indik. von idg. Zeit her stets unmittelbar an die Wurzelsilbe
gefügt, so noch z. B. oiiXx^a, id^iiBv^ Torf, fULäfia-^fisVj nänvctai. "Ufisv in
TeTQUip-aiisv u. dgl. wohl aus ^-i^men. Die Übereinstimmung mit dem
Aorist in den Ausgängen -a, -afisv führte zur Herübernahme von -«-$, -a-r«
ins Perfekt; im jüngeren Dor. auch dedmx-av nach dem Aor. (§ 107).
166 A. Griechisclie Grammatik, c) Flexionalehre.
Vgl. Vf. C. St. 9, 314 flf., M. U. 4, 413, Osthofp, Z. G. d. P. 391 flf. 411,
Babtholomae, K. Z. 29, 274 f.
Ep. ysydaai, /jttfiaatxi, ßeßdatn, att. ßeßatri waren Produkte des System-
zwanges. Vgl. auch eaxäm^ wie tcTcusi § 115 S. 154.
134. Neuerungen durch Formübertragung. Ausser den in den
vorhergehenden §§ besprochenen analogischen Neuerungen sind noch be-
sonders folgende zu verzeichnen.
Die »aspirierten Perfecta* wie nänXsxa {nXsx"), retQÜfpcctai (Tfen-),
xäxXofpa (xAfTT-), lyx« (^X")» ^ß«ß«X«ifa* (^^*y-) hatten die Aspirata nach Ana-
logie von Formen wie yiyqa^a^ T€T€vxccvai angenommen infolge gleicher
Gestaltung des Wurzelauslauts in andern Formen des Tempussystems, vgl.
z. B. nänksxxat^ rjxvai mit rärvxtai. Umgekehrt mess. xsxkeßdg von x^tt-
nach dem Muster der Verba auf -ß, u. dgl. m. Vgl. J. Schmidt, K. Z.
27, 309 flf. 28, 176 flf., Osthoff, Z. G. d. P. 284 flf. 614 AT., Cubtius, Z.
Erit. der neuest. Sprachforsch. 58 ff.
Gegenüber Formen wie etfim (/?«cr-), ^Ey^vfisvog (ytvc-), in denen ♦-c/tt-
lautgesetzlich zu -ju- vereinfacht erscheint, standen zahlreiche Formen mit
-(TjU-, wie rjfKpisaiiai^ tstekefffibvog, i^dcfie^a; dieses (f war von den Formen
mit -crr- wie rjfiq>{€<rTai übertragen (vgl. § 45. 56). Umgekehrt waren ehm,
sytyBvvto durch slfiM, yäyevfAai hervorgerufen, gleichwie xa^-iyrai ^vrai
durch rjfiai (§ 108. 112). näTtvtXfiat^ XeXafrfie&a, x€xa(ffiävog nicht durch
Übergang von -iJ^m-, -ifi- in -cx/i-, sondern nach Analogie von nänvaxai^
XäXaaxcci, xäxaaxai (Vf. K. Z. 24, 261, M. ü. 1, 81, J. Schmidt, K. Z.
27, 313); ebenso laiksv für Idpiev nach Xa%8^ eventuell unter Mitwirkung
von Tjaiisv (vgl. § 137). Von Tj(iq>(€(fiim, näjrvtrfAai etc. aus wurden die
Ausgänge -cr^tcae -afAe&a »^ff.iävog weitergetragen: niq^aanat ns^pac^ävog^
IJL€(iiaafuci u. dgl. Anlass zu dem letzteren Vorgange gab nach Solmsen,
K. Z. 29, 116 f. der Umstand, dass einmal Formen wie ^nä^a&€ *7r«-
(pd<r&ai bestanden (vgl. § 108. 146): diese glichen den Formen wie egi^-
Qsiüd^e €QrjQ€T(r&aty M^taad'S ij^fotr&ai, und so schuf man ns^aaiiai nach
Zu Tä-^v-aai (so wohl bei Homer statt des tiberlieferten ved-vätn, vgl.
§ 115), von W. gÄen- (§ 35) herkommend und gebildet wie ai. 3. f\. ja-jn^tir,
erwartet man als 1. 2. pl. Hs&afiev He^ate, wie yeyafiev von ysv-; das v
in täd-va- war von der 3. pl. herübergekommen, ähnlich wie dqvcusi statt
"^dqaai (§ 71. 90). Vf. M. U. 1, 63 f.. Osthoff, Z. G. d. P. 366 f.
Auf Grund von *T<t<tav^ laav (fid-) entsprang iffffMi^ taaai, dor. ItravTi
(über das crc von tccäci Cürtius, Vb. 2*, 157); den Anstoss zu dieser
Formübertragung gab das Nebeneinander von sor« ria%ov und ictb larov
(vgl. § 137a.). Im Herakl. drang <r auch ins Medium: ysyqdtpaxai. Im
Dor. wurde iaav%i auf gleiche Linie mit iatavri gezogen, so entsprang die
Flexion taatu etc. (Vf. C. St. 9, 296, M. U. 3, 18 f.).
Häufig fand Übertritt in die Flexion der Praesentia auf -(o statt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Plusquamperfekttypus ininhr}yov
altüberkommen war (§ 139), so dass die Formen des Konj., Opt. etc. nach
der d-Eonjugation hier direkte Anknüpfung hatten, z. B. conj. hom. aQr]QT^
neben eiäofiev (§ 142); opt. ßeßXrjxoi neben iatairjv (§ 145); imper. att.
4. Verbalflexion. (§ 134-137.) 167
xexQayers neben xsxQaxd-i; inf. rhod. y^yorav, Pind. xexXdSeiv; part. lesb.
nsTiXrjQcixiov (hom. xexXrjyovreg) , böot. pepvxovoiaeiavTMV {(pxovofirjxoTfov)^
welches letztere von einem part. auf -i^-fws ausging (Blass, Rh. M. 36, 608) ;
indic. hom. fiäfAßketai, oQfiqsrai^ syrak. oAwAw, wohl auch ^x« für *^xa
(OsTHOFP, P.-Br. B. 8, 290 f., Z. G. d. F. 107. 382 f., Darbishibe, Notes
on the spir. asp. 20 sq.). Über avfoya ävcoyco vgl. Danielsson, Nord,
tidskr. f. filol. (ny rsekke) 7, 138 flf., wonach das Wort zu dv-ayo) ge-
hören würde.
186. Das x-Perfekt. Dass das Perfekt auf -xa {3äd(oxa, T€%ifirjxa)
als eine umfänglichere Formkategorie griechische Neuerung war, steht fest.
Über den Ausgangspunkt der Bildung aber sind sehr verschiedene Mei-
nungen geäussert worden.
AnmerkaDjg;. Nach Vf. K. Z. 25, 212 ff. war didtoxa = ai. daddlia, edtaxa = ai.
ddäi-am (praes. däsii), opt. kypr. duixoi = ai. däiet von däi- «verehren, huldigend etwas
darbringen*. Das Nebeneinander der im Gebrauch allmählich gleich gewordenen didtaxs
und Vecftti = ved. d(idd (vgl. lat. duim, umbr. pur-dovitu von W. da%^ , verehren* neben
dare Von W. dö-, Obtboff, M. U. 4, 372) gab Anstoss zu imäxe neben *iaxtt = ved.
tasthä u. 8. f. Nach Osthofp, Z. G. d. P. 324 ff. Berl. phil. Wochenschr. 1885, S. 1610,
BuooB, Bbzz. B. 10, 117. 120 f. enthielt dedtaxs ein *dedü> = ai. dadä + Partikel xe = lat.
ce in ee-do ht-ce, so dass es ursprünglich ,er hat hergegeben* bedeutete, ito-xe = ,er hat
hergesendet*. Da sich der Sinn der Partikel verwischte und diStoxB wie eg^foye etc. em-
pfanden wurde, entsprangen didtoxa u. s. w. Nach F. Habtmakn, K. Z. 28, 284 ff. soll nach
Xdaxat (aus *Aax-(rxai) : XiXtjxa zu ßti-axo) ein ß^ßijxa geschaffen worden sein. Bartholomae
hinwiederum (K. Z. 27, 355, Bezz. B. 12, 84) setzt i&tjxe und lat. fecit gleich; k sei ein Suffix
gewesen» das zunächst dem Aorist vokalisch ausgehender Wurzeln zukam, *e'dhe-k-i
Sigmatischer Aorist.
136. Anfügung der Personalendungen. Diese geschah, wie in
den andern Sprachen, von Haus aus unmittelbar; so noch {Sdeix^c-a,
(W*ix)-o'-ay = idg. 'S'ipy -s-nt (vgl. part. (rff«x)-flr-avT- = -s-nt") und wahr-
scheinlich auch hom. Xäxro aus ^lex-^-ro^ dqiievoq aus ^dq-a-iisvog zu ^^c«,
näXxo aus *naX'-<f'To zu nfjXai, vgl. ai. dnai-^-am, dnäü^-ma, dn^-^-ta u.
s. w. Vf. C. St. 9, 311 flf., M. U. 3, 19, J. Schmidt, K. Z. 27, 320 flf.
Diese Anfügungs weise wäre ferner durch die Formen repräsentiert, deren
Personalendung mit ju beginnt, falls Osthoff (Z. G. d. P. 407) -(Safisv^
-aa^ed^a^ -aaiir^v in eisi^afisv etc. richtig auf -s-t^men etc. (§ 21, 4) zurück-
führt. Jedenfalls war sonst überall, in -<ra$, -(raTe, -aao etc., das a ana-
logisch eingedrungen. Das e von {ßSsixya-e (für älteres *(Wfftx)-o'-r, vgl.
ved. dnai^ aus ♦anai-5-^) wurde dem Perfekt [old-B) entlehnt (Vf. M. U. 1,
161, OsTHOFF, Z. G. d. P. 412).
137. Anfügung des s und Vokalisation der Verbalstammsilbe,
a. Unmittelbarer Antritt des s, z. B. Sfxvtj^a, iarij^a, itei-ca,
iSHx-aa, i^€<r-<ra [l^sad)^ vgl. ai. dya-sam (ya- „gehen*'), dk^aip-sam {k$ip-
„werfen"). Über das in Ifirrjca etc. scheinbar lautgesetzwidrig gebliebene er
s. § 45; in el. enoirja war -er- erst in der el. Entwicklungsperiode ge-
schwunden (§ 51 S. 66). Über das Nebeneinander von ixe^tra, ixehsa und
txBiQa, oixsiXa s. § 45. 56. Das auffallende arkad. (fx^e'Qai Collitz, Gr. D.
n. 1222, 8 erklärt Solmsen, K. Z. 29, 355 als Angleichung an das
Fut. (fd-SQfO.
Während die Aoriste von Stämmen wie /ivä- X9^r ^^^ ^^^^ Z^i* ^^r
Ißg A. GriechiBclie Grammatik, c) Flexionslehre.
sicher ebenso abstufungslos waren wie die Präsensklassen 1 c. § 114, 2 b.
§115 (vgl. auch 12 b. § 126), ergeben sich für die abstufungsfahigen Wur-
zeln, wie Ssix- atä-, durch Vergleichung mit dem Arischen folgende ur-
sprüngliche Verhältnisse. Ind. sg. *d^j^-s-, *ff^j[-5-, *t^'S'', *n^iw-5- =
rf«x-<r-, Tffi-(r-, TeQTt-ff' (§ 26), *vijji*(ju)-, vgl. ai. draut-s-am^ abhar-^^am,
äyd^s-am; *€V€fiaa (lesb. ivefifiä att. ivsifia), *ixT€v<ra (att. exrsivä) waren
Neubildungen nach dem Aorist der Wurzeln auf ^, A. Ind. pl. du. act.
und ind. sg. pl. du. med. *dik'S-, ^qir-s-, *^fi^-s-, *n^-s-, vgl. ai. dnä-s4
dgas-mahi. Conj. act. med. *deik'8~, *qei'8-, ^terp-s-, *nem'S'' = def^w^
reiffü), T6QXp(Oy vetfio), vgl. ai. bhar-^^-a-t S. de Saüssübe, Mem. 191, J.
Schmidt, K. Z. 25, 600. 27, 320. 322, Osthoff, M. U. 4, 37. 80. 390,
P.-Br. B. 8, 552, Z. G. d. P. 30. 206 f. 376, Solmsen, K. Z. 29, 68 f.,
Babtholomae ebend. 288 f. Das alte Abstufungssystem wurde im Griech.
hauptsächlich dadurch gestört, dass die Tiefstufenform im pl. du. act. und
im ganzen Medium des Indik. beseitigt wurde, iiei^afiev eiei^tifirjv nach
W«fa, dfijw. Doch noch hom. fora-crav (vgl. ai. 3. pl. med. dsthi-s-ata)
neben iarrfia.
Ein anderer Rest mit Tiefstufenvokal war laav und gcav (aus *^-/?«o'av),
und wahrscheinlich waren auch ffixov^ y^^V^, B^itt^v, icre sigmatische
Aoriste, also aus ^tj/^itctov (d. i. *iJ-/?«J-o'-tov) etc. entstanden und die ur-
sprüngliche Art der Anfttgung der Personalendungen darstellend (Osthoff,
Z. G. d. P. 397). Das lautliche Zusammenfallen dieser Formen mit den
ursprünglichen Praeterita zu Tifi€Vy iffre {rjfrre = *^/?« J-c-t« und = *r;/rr J-r«)
führte den c-Aoristformen ydea etc. (s. u.) ihre Funktion als Praeter, zu
oJda zu.
Dass die Aoristbildung denominativer Verba wie ixiiirjCa^ (\ixrfia^
ififad^coaa aus vorgriechischer Zeit stammte, ist wahrscheinlich; ihr Bil-
dungstypus war der von ifivrjiya, ^XQ^^^j av-^yvwaa, S. § 123. Jüngeren
Ursprungs war vermutlich der <r-Aorist von Verba, denen Nomina auf
Yerschlusslaute, Spiranten, Liquidae und Nasale zu Grunde lagen, z. B.
häXea-aa (iväkeaa)^ ixrjQvx-ffaj hexrrjvdfirjv (aus ^iTexTav-tfafirp^ § 56. 58)
u. a., die sich mit i^ea-aa^ Wax-ca, ixreiva etc. vergleichen. Bei den
Aoristen zu Präsentien auf -^(o fanden infolge davon, dass in diesem Aus-
gang -J-i(ü und 'Y'j^ü) zusammengefallen waren, mancherlei Formübertra-
gungen statt: z. B. für r^gna^a (zu ägitd^co, dqnccy-) wurde auch rjQnatra
nach idixaaa gebildet, und für idlxaaca iiixaaa (zu dixd^to^ dixcci-) auch
idixa^a nach riqna^a\ besonders verbreitete sich -Ja auf rf- Verba im Do-
rischen und Nordwestgriechischen. S. Caüeb, Sprachwiss. Abhandl. 127 flf.,
G. Meyer, Gr. Gr.* 465 f. Diese selben Formübertragungen beim <r-Futur,
§ 140.
b. Zwischen Wurzel und -5- erscheint -9-. r/rfea = *iJ-/?*Wf (<r)-a
= ai. d'vMi^-am^ idg. *(e-)?<eid-a-s-^, 1. pl. r^deifisv = ^fj-psidea^iiBv; über
den Gebrauch als Plusquamperf. s. unter a.^) Der Konj. etdäio eldta = ai.
') Was Wackbrnaoel, der mit mir von
von -£(a)-a ausgeht, bestimmt, zu sagen, fidea
könne kein Aorist von m^' sein, weil ein
solcher eben nur *^€iaa lauten könne (PhiL
Anz. 1887, 8. 240), ist mir nicht ganz klar
geworden. Kennen wir denn den ursprQng-
I* "Hm $ hinter .Wurzelsilben*
diiartigeB UrteU fUlen
4. Verbalflexion. (§ 138.)
169
vedi^ani lat. vldero, Opt. eidcTfisv aus V^irf-f-or-t-ufv = lat. vtderTmus.
Femer att. yeiv und das bei Homer für die Unform r^ta doch wohl trotz
Mekleb, Beitr. z. Bild, des gr. Verb. 67 zu restituierende f;«a, ai. 3. sg.
med. dy-i-^-fa, idg. 1. sg. act. *^-a-5-^. r/«*y stand für lautgesetzliches
^^€iv (intervokalisches i fiel in urgriech. Zeit aus, § 12), daher fraglich,
ob bei Homer statt j*« vielmehr ijea zu schreiben sei. Aus -f«, -eag^
-€€{v) entstand im lon.-Att. -ij, -i;^, '€i(v), herakl. 3. sg. än-oXcikrj mit
'ij = -€€; von der 3. sg. auf -*i(r) und der 1. pl. auf -eifiev ging ei auf
die andern Personen über, daher die • Flexion r^deiv (vgl. tjv statt rya ij
§ 112), s'cffig, jdfiT« für *gd«crT« und jrffficrorr für f^deaav, welche letztere
Form ihrerseits Vorbild zur Schöpfung von yisfAsv rjdszs ward. S. Cürtiüs,
Vb. 2« 262 f., Wackebnagel, K. Z. 25, 265 f. 29,* 126, Vf. M. U. 3, 16 flf.
24 f., OsTHOFP, Z. G. d. P. 397. Die von Mekler a. 0. 84 flf. in Anknüpfung
an FicK, Gott. gel. Anz. 1881 S. 1430 flf. entwickelte Theorie, der zufolge
jrf*« aus *fjf!€iS€j^ay dem Aorist eines Verbums *f:€iS€/^(ay entstanden war,
überzeugt mich gar nicht.
Osthoff a. 0. vermutet ansprechend, dass -o-s statt -s- im Indikativ
ursprünglich auf die starken Formen (sg. act.) beschränkt war, sodass
♦«-/?«rf-*a, '€agj -€€^ e-fucfiev, i-pttgre u. s. w. die ursprüngliche Flexions-
weise darstellen würde.
138. Neuerungen durch Formübertragung. Ausser den in den
letzten §§ erwähnten Neuerungen dieser Art sind noch zwei namhaft zu
machen :
1. Wo der Aoristcharakter scheinbar -(sa- war, wie mxaXtaaai^oXäaaai^
ikdaaaij hatte vielleicht Formübertragung von Stämmen auf a oder auf
dentalen Verschlusslaut {^taaai^ xiXtaaca, iqäcaai, dixdaaai u. a.) statt-
gefunden; der Anlass zu dieser Übertragimg ist freilich unklar. Vgl.
Leskien, C. St. 2, 67 flf., Vf. M. ü. 3, 83 flf., Solmsen, K. Z. 29, 105.
Andere, mir unwahrscheinliche Erklärungen dieser Formen bespricht Fböhde,
Bezz. B. 9, 115 flf. S. jetzt auch Johansson, De der. verb. 207 sqq.
2. Umbildung nach der Analogie der thematischen Konjugation in dop-
pelter Weise:
a. Durch Einfügung von -o-, -«-, z. B. hom. ^i^ov^ ßrjaero, Xä^eo; den
Anstoss gab das -s der 3. sg., i^s : ixe (Vf. C. St. 9, 313 f.). Dass ion.-
att. ijteaov nicht hierher gehörte, zeigen Hartmann, De aor. sec. 66 und
Wackebnagel, K. Z. 30, 313 flf.')
zo dürfen? Und wenn auch «Wurzeln*^ wie
^ejd- nicht die ältesten waren, die 9 hatten,
konnte ihnen dieser Vokal nicht schon im
Uridg. analogisch zngehracht worden sein,
wie solches Wackebnagel, wenn ich ihn recht
verstehe, doch für duhi-tär- ^= ^vya-rtjQ an-
erkennen müsste?
*) Wackebnagel Iftsst das a von hieaoy
(der. ftol. m^xoy) von ncaovfÄm herüherge-
kommen sein und nimmt an, in *n€reofiai
sd t vor e in (T ilhergegangen. Warum
wird dann das a von hteaoy nicht unmittel-
barer aus eneteg etc. gedeutet? Dass bei
Homer nie ineaaoy erscheint, wie man bei
der früheren Deutung von eneaoy notwendig
erwarten müsste, ist allerdings auffallend.
Aber viel eher glaube ich, dass bei Homer
durchgängig ineroy gestanden hatte und dies
durch die spätere, nach neaov/ÄM = *net-
acofÄtti geschehene Neubildung eneaoy ver-
drängt; worden ist, als dass ich mich mit
W ackebnagel's neuem Lautgesetz befreunden
kann.
170
A. Oriechisohe Ghrammatik. c) FlexionBlehre.
b. Durch Bildung des opt. -ifaifAi nach dem Vorbild -oe^ii«, statt ♦-criijv
(§ 145, 1).
Plusquamperfekt.
139. Die als Praet. zum Perf. fungierenden Formen waren viererlei Art.
1. YsycertjVf €7i€7iix^iA€v, i*(TTafi€V, Tsxvy^rjv wie pf. y^ya-jUfv, texqdtfa^sv.
Vgl. ai. 3. sg. d'du-drö't von dru- „laufen".
2. ifiäfAtjxov, avcoyov wie avüiyco (§ 134). Im Bildungsprinzip kam
dieses Plusquamperfekt mit unserer reduplizierten Präsensstammklasse 6 b,
wie TSTaQTieTo (§ 120), überein, und es ist hie und da nicht sicher zu ent-
scheiden, zu welcher von beiden Kategorien man eine Form zählen soll,
z. B. €7i6'nXrjYov, XsXdxovto (Cubtiüs, Vb. 2^ 24 f*). Durch sein x war
€7i€(pvxov als Plusquamp. deutlich charakterisiert. Ob man diese griech.
Plusquamperf. mit Mekler, Beitr. z. Bild, des gr. Verb. 46 ff. als einen
aus idg. Urzeit ererbten Typus anzusehen habe (vgl. ai. an-ar^-a-f), bleibt
fraglich.
3. fjisa, itrav, Aoristformen, § 137 b.
4. n€7ioid'€a, inenoi&eiv; iarrjxeiv. Diese Bildung hatte den Ausgang
des s-Aoristes, war also gleichsam ein Aorist vom Perfektstamm. Ob sie
griech. Neuerung war (nach f^dsa) oder aus vorgriechischer Zeit ererbt,
ist strittig. S. Mahlow, K. Z. 26, 583, Vf. Ber. d. sächs. G. d. Wiss. 1883
S. 178 f.
SigmaÜBches Fatamm.
140. Drei Bildungstypen.
1. Verbalstamm + 0*0:0**. Trstxfofiai, rf^/Jw, dwtfw^ ^rrjaw^ vgl.
ai. bhötsyd'tö „wird erwachen", lit. dusiu „werde geben **; yvw(Sonat^ /inyc«,
vgl. ai. jna^syämi „werde erkennen**; rfAtfC-ceo, xrjgvx'^coy tißijtrco, iovXciaco;
fiiyt^ffofiai, Xv&rj'(fofiai (dor. mit Aktivendung (pavrjaeTv, (rvvaxd^rjtrovt'riy
§ 150) zu iiiiyrj-v^ iXvx^rj-Vj wie yvd-ßoiiai, ^ßrj-ao^ai, zu ^yvw-v, faßrj-v (§ 114).
Das intervokalische (f in ioiaco u. s. w. ist entsprechend dem in
itrrrjtra (§ 137 a.) aufzufassen; okeaata wie oXäatsai (§ 138).
2. Wurzel -\- s, a, 0 (= 9) -\- (to : c«, tsväta aus Hsv-s-^m, woraus
dor. T€vi(a (§ 18), att. tsvü (§ 17), ebenso gtO-egäo), (p&€Qi(o, y^f^oJ; vgl.
ai. tan-i'^f/ämi = r^rcS. Danach auch die abgeleiteten Verba auf Nasal
und Liquida, z. B. &avfiavö5, xad-agto, ayyeXw. In einer Anzahl von Verben
gehörte 9 («, a, 0) dem ganzen Verbalsystem an (Wurzeln auf p), z. B.
oAc-o) 6X(ü (vgl. oXh-aaaiy oXs-xr^Q), xQsfid^u) .xQ€fi(S, ofio-ofiai ofAovfiai (vgl,
CüRTius, Vb. 2 2, 328). oXäw : oXäaw = lösa : äXeaa. Vf. M. ü. 3, 83 ff.
'3. Verbalstamm + aso : ass („fut. doricum"), z. B. delph. TtQO^eu),
kret/ ßoa^rjfTioo, att. (psv^ovfiai,^) Dieser Typus war griechische Neuerung
und entstand durch Umbildung von 1. nach 2. S. Osthoff, V. i. d. Nc.
333 ff., M. U. 2, 41. Anders, aber mich nicht überzeugend, Mahlow, K.
Z. 26, 586, Johansson, De der. verb. 209.
Über avTidio arrm^ xofiiäoa xofiüoy reXäto rsXä u. dgl. sowie über
*) Waokebnaobl, K. Z. 30, 315 leugnet
diesen Bildungstypiis für das ion. att. Sprach-
gebiet. Es geschieht das aber seiner Er*
klAnmff der Furm natnSiim mm ^999 fim wa-
Hell. diA »**^ n halten
4. VerbalflexioxL (§ 139-142) 171
äfAg>iS neben ainpidaw s. Osthoff, V. i. d. Nc. 330 flf., G. Meyer, Gr. Gr.*
471, Vf. M. U. 3, 59. 85.
Anm. Dass alle Futara (1—3) auf griech. Grundformen mit *-<riai = ai. -ayä-mi
lit 'Hu zurückgehen, ist nicht so sicher als gewöhnlich geglaubt wird. Von dem i hinter
<r ist im Griechischen bis jetzt noch keine Spur nachgewiesen. Möglicherweise waren die
unter dem Namen Futurum gehenden Formen teils Bildungen mit *-8iO' -sie-, teils Kon-
junktive des tf-Aorists (§ 163). Vgl. Vf. M. U. 3, 58 flf , G. Meybb, Gr. Gr.« 473 f.,
JoBAHBSON, De der. verb. 203 sqq.
Futurformen wie dquäfsta und dor. dixa^äco stellen sich entsprechenden
cr-Aoristen zur Seite, s. § 137 a S. 168.
141. Futura vom Perfektstamm waren Formen wie hom. xexocQr^'tre'fisvj
att. «cxrijx-ö"cr), rex^vr^x-^rco (auch Med. nach der Analogie des Fut. I), med.
/A€fivij^ofAai, XeXsin-aofiai u. s. w. Futura vom Passivaorist, wie ^lyr}-
ffofMai^ darj-ao^ai,, Xv&r^-(Tofiat, im Dor. mit aktivischer Personalendung,
wie äva-ygaffi^-CH oder -yQ^^V^^^f aw-ax^r^omti. Seltner von andern
Tempusstammen aus, wie nenid^tSfa zum thematischen Aorist, hom. iiioitrco
zum Präsens.
Bildung der Modi.
142. Konjunktiv. Zwei altüberkommene Bildungskategorien-:
1. Suffix -0-, -c-, wenn der Indik. ohne thematischen Vokal war,
z. B. hom. aX'€'Tai {aX-to), igiaa-o^iiev {iQvaa-a), nenoi^-o-fiev (inenix^-
]»«>') 5 vgl. ai. han-a-ti, indic. Äan-^i „erschlägt". Mit Stämmen auf Vokale
war o, e seit idg. Urzeit kontrahiert: daher arkad. IlrTöro«, kret. avavrai
näniHai (vgl. aor. naar/cai), messen. Tf&rjvri yQaffrivxi u. dgl., s. Vf. M.
U. 1, 8, Osthoff, 2, 115. 117. 122, Spitzer, L. d. a. D. 39 f., G. Meyer,
Gr. Gr.* 501, Johansson, De der. verb. 69 (anders, aber mich nicht über-
zeugend, Mekler, Beitr. 33). Die stammabstufenden Präsentien und Aoriste
hatten starke Stammform und zwar 1. Hochstufe, z. B. ^m = ai. ds-ani,
lat. er-o von es-, s-. Ebenso der conj. pf., hom. sti-o-fiev gegenüber o?ia :
idfiev (§ 132), und der conj. des c-Aorists, z. B. dei^oo (§ 137 a).
Dieses im allgemeinen die aus der idg. Grundsprache mitgebrachten
Bildungsprinzipien. Schon von Homer an gingen diese Konjunktive in die
Analogie von 2. über, z. B. aXrjzaiy nbiixpvDiiev, eine Neuerung, die bei dem
gleichen Ausgang der 1. sg. nahe lag und dadurch unterstützt wurde, dass
die Formen mit i;, w als Konjunktivformen klarer waren als die Formen
mit €, o. Doch erscheinen im lon.-Att. auch noch nach Homer Formen
mit *, o. In der 3. sg. auf Inschriften des 5. Jahrh. von Ephesos, Teos
und Chios -««, wie anoxQvipsi, neben i^-sXrj^ und in der 3. pl. nqrj^oKttv neben
Idßtptnv^ letztere Formen mit i durch lesbischen Einfluss, s. W. Schulze,
Hermes 20, 491 flf., Bechtel, Inschr. des ion. Dial. 90 f. 107. 110. 138.
Femer hielt sich die alte Formation in den als Futura gebrauchten Kon-
jonktiven idofim (vgl. ^ifievai), mofiai (vgl. md^i und die 2. sg. mg in
imperativischem Sinne in einer att. Vaseninschrift: x^^Q^y *«* ^''B> s- § 165),
Xäm ans *x^/?« {h^^f h^^^)f s. Vf. M. U. 3, 32.^) Ausserdem im Kret.
8. 8g. iff^ff» neben j, Tervdxtj, s. J. Baünack, Stud. 1, 1 f. 247. Die
adirfnlMMr sehr altertümlichen Formen wie (rri^ojUf v, d^r^ofiev, ioiofievy xixrfi-
\ hier mit herangezogene xaxxeioyjeg s. Waokkbnaosl, K. Z. 28, 144 f.
172 •^* Griechische Orammatik. c) Flexionslehre.
fi€v, TgaT^rjoficv, yvciofiev (und mit Eindringen des langen Konjunktivvokals
(TTijTjg, <rT7](i)fX€v u. dgl.) neben ark. laxaroi u. dgl. waren Neubildungen
(§ 17). Die Vokalisation der Wurzelsilbe kam oft durch Formübertragung
aus dem alten Geleise, z. B. ?(» (att. iwiiev) für *«'(i)"^> ebenso hom.
(p&{€Tai für *(p&€{i)'€'Tai; hom. iofi€v hatte nach Analogie von idofisv etc.
langen Vokal angenommen (anders Osthoff, M. ü. 4, 53); hom. n€no(x)^of.i€v
{Wr^Ttenei^ofAsv^ wenn eiiofiev den alten Bildungstypus darstellt (§ 132), u. s. w.
2. Suffix (ö, rj, wo der Indik. den thematischen Vokal hatte:
ifäQüüixev (päQTjTSy löoa^ev tirjrs; vgl. ai. 2. pl. hhdratha, viddtha. Nicht laut-
gesetzlich war die Vokallänge in (pägtavti {(päQ(o<ft)^ (päQcovrm (s. § 26).
Über das Verhältnis dieser Konjunktivkategorie zu lat. ferä- (feros)^ aksl.
lera = uridg. *lhera-m und lat. ferE- (ferEs), s. Schradeb, C. St. 10,
306* f., Vf. M. U. 1, 145. 3, 30 f.. Osthoff, M. U. 2, 123 «F., Thurneysen,
Bezz. B. 8, 269, Henry, Esquisses morphologiques 3, Douai 1885, Job,
Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 347 flf.
143. Injunktiv (auch «unechter Konjunktiv' genannt). Von diesem
idg. Modus, dessen Formen sich mit denen des dazu gehörigen augmen-
tierteü Indik. nach Abzug des Augments deckten, kamen im Griech. die
2. sg. pl. du. und die 3. du. vor mit imperativischer Bedeutung, z. B.
^X'^''9j «V"^-55 ^og (für *rfco5 nach date u. s. w.; vgl. xaT-äxtd für *'€xt€v{t)
§ 112), vgl. ai. hhdras, dds; (pägeve^ rfor«, dei^ccre, vgl. ai. bhdrata; ^ägerov,
vgl. ai. hhdratam; das äusserst seltene (psQärcov (vgl. ai. hhdrcUam) stand
für *ff€Q€T&v durch Angleichung an die Formen auf -ra)(rf) (§ 144). Med.
ifdo, x^€o &0V, if€Q€o ^€Qov, (pd<f^€ u. s. w. Benfey, Eurzo Sanskr.-Gramm.
89 f., Delbrück, S. F. 4, 68, Vf. M. U. 3, 1 flf., Osthoff, M. U. 4, 254 flf.,
Thurneysen, K. Z. 27, 172 S.
144. Imperativ. Ausschliesslich imperativisch waren von idg. Zeit
her folgende Formationen:
1. Die 2. sg. (päQ€f ai. bhdra^ idg. *hhere. Diese Form entbehrte
ebenso der Personalendung, wie Inns des Kasuszeichens, lit, Xaßä etc.
hatten, wie die Formen des Verb, infinitum, den idg. Accent fest gehalten
(§ 67 S. 85). Von gleicher Art waren die 2. sg. ofivv^ att. Itrrrj dor. lifTa,
äol. epir. nw u. a. Es scheint Zusammenhang mit lat. ce-do „gib her** aus
*dö und den ai. Formen wie kur-u i^-nu bestanden zu haben. Griechische
Neubildungen nach der Analogie der i'o-Klasse waren ofivve^ xad^-iffTü (dor.
TeXTry), t(&€&, iiiov, str-ßa (dor. efi'ßirj) u. a., s. § 115 a. 116.
2. Die 2. sg. auf '&i der themavokallosen Stämme, mit schwacher
Stammform, i'&i, deidi-x^i {iädfu-x^i)^ ofAvi-x^i, vgl. ai. ihi (idg. *i-dÄf), ved.
Sf^-nu-dhi, Ob -dhi etymologisch eine Personalendung so wie -iwi -st etc.
war, oder eine angefügte Partikel, ai. dhi (Nebenform von adhi), wofür das
Nebeneinander von S^nu--hi und Spiü spricht (vgl. Thurneysen, K. Z. 27,
180), oder ob es mit dem InfinitivsufSx -v^ai, ai. -dhyai (§ 146, 1) zu-
sammenhing, so dass in den Formen auf -dhi imperativisch fungierende
Infinitive vorlägen (Ludwig, Inf. im Veda 135), ist unklar.
3. Die Formen auf -t«, lat. -töd, -tö, ai. -tad, idg. ^-töd, fungierten,
wie der Gebrauch in den verschiedenen Sprachen lehrt, ursprünglich als
4. Verbalflexion. (§ 143-145).
173
2. und 3. Person sg. und pl. und enthielten demnach in -töd keine Personal-
endung. Von den verschiedenen Erklärungen ist die wahrscheinlichste die
von Gaedicke (Accus, im Veda 225, vgl. auch Thurneysen, K. Z. 27,
179 f.), nach welcher idg. *bhere^töd aus dem Verbalstamm und Partikel *töd
(,von da an, dann*, abl.) bestand. Als 2. sg. erscheint diese Formation
in il&sxfü-g ' cn^rl rov ikO^e . 2aXafiivioi (Hesychius), durch angefügtes -g
(nach A'rfcö-g, ex«-? etc.) als 2. sg. charakterisiert (Vf. K. Z. 24, 75). Nach
dem Verhältnis ifBQste : tfäqitSx^e und ähnl. schufen sich die Griechen ein
mediales -cr^eo.i) In der Funktion als 3. pl. wurden die Formen auf -rw,
-cr^« in den verschiedenen Mundarten auf verschiedene Weise pluralisch
charakterisiert: (feghTw-v, (pegäTw-frav, ipegovroo (vgl. lat. feruntö), (psgovrco-v^
^govTOHffav; (ffSQätrd-co'V^ g)€Qä(r&a)'(rav, y^poCi^o), yf^oc^oö-r (aus *(p€Qov(fd'(i)y
*g>€Qov<f&oihVf § 55), vgl. die Zusammenstellungen bei G. Meyer, Gr. Gr.*
498 flf.*) Das als 3. pl. fungierende korkyr. fpsQttsd^w^ das ich M. U. 1, 172
als Zeugnis für den Sprachzustand in Anspruch nahm, wo die Formen wie
ipsQixu} noch zugleich pluralisch verwandt werden konnten, lässt auch die
Deutung zu, dass das formale Zusammenfallen von iiioad-fo 3. sg. und
iiiia&w aus *diiov(rx^a) 3. pl. den Gebrauch der 3. sg. ifegtad-w auch als
3. pl. hervorrief (Osthoff, Z. G. d. P. 595 f.). Die auf einer jungen böot.
und einer jungen phok. Inschrift vorliegenden Medial- und Passivformen
tctdv&w und ttrrdv^iov (Blass, Rhein. Mus. 36, 610) waren Neubildungen
für lcrTtto'^ft)(r) mit Anlehnung an die Aktivformen, um die 3. pl. als solche
deutlicher zu charakterisieren.^) Auffallend sind lesb. (pägovrovy (ftQsa^ov;
möglich ist (vgl. die überlieferten Endungen der 3. pl., Meister, Gr. D. 1, 187),
dass in ihnen Umbildungen von *(fSQo\^(a(Sav , *(f€Q€a&(ü(rav nach iyvov :
eyvwaav u. dgl. vorliegen; anders Thurneysen, K. Z. 27, 175 und Prellwitz,
De dial. Thessal. 56, der (ptQ€a&ov für eine pluralisch gebrauchte Dualform
und ^eQovTov für eine pluralische Umgestaltung der Dualform (ptgsrov hält.
Über -Tcö {-Hr&u)) im allgemeinen Scherer, Zur Gesch. d. deutsch. Spr.* 389 f.,
Vf. M. U. 1, 163 flf.. Osthoff, Ztschr. f. österr. Gymn. 1880 S. 64 flf.
tJber den Ursprung von zwei Imperativformen bestehen nur unsichere
Vermutungen: 1. isT^ov^ syrak. Xdßov, s. Vf. Bezz. B. 2, 250, Thurn-
eysen, K. Z. 27, 175, Pezzi, L. 1. gr. ant. 250; 2. iei^ai, s. Thurneysen,
a. O. 178, Bezzenberger, Gott. gel. Anz. 1887 S. 428 (jedenfalls verfehlt
ist Pezzi's Deutung von -aai S. 249 f.).
145. Optativ. Zwei altüberkommene Bildungskategorien:
1. Suffix -{^- -ii^' (sg. act.): -t- (pl. du. act. und sg. pl. du. med.),
wo der Indik. ohne thematischen Vokal war, z. B. ettjv : sl^sv^ urgriech.
*«V-|ij-v (vgl. § 12) : *ia'i'fi€Vy vgl. lat. siem aus ^s-i^-m : s-f-mas, ai. s-yd-m
(§ 112). 3. pl. urgriech. *€lav aus *€or-i-ai'(T) = idg. *{e)S'i'nt; dafür die
Neubildung ehv (§ 21, 2. 107. 112). Kypr. (pv^i]. x^€irjv war Umbildung
von *^«(i)r/r nach d-eifiev (vgl. lesb. Xaxor^v und § 12), yvoirjv eine solche
*) In ähnlicher Weise bildeten die La-
teiner ein mediales -minö nach -tö, Vf. M.
U. 1, 168 ff.
') Ffir verfehlt halte ich Bezzeivbebobb's
Opposition Gott gel. Anz. 1887, S. 429.
^) Im Böot. hatte freilich auch die Aktiv-
form, wie sonst, ^ statt t bekommen, so z.
B. ay-yQaxptty&a), und dieses ^ stammte viel-
leicht aus dem Medium (s. S. 146, Fussn. 1).
174 ^* Griechische Grammatik, c) Flexionalehre.
von *yra)(i))jy nach yvoTuev (§ 114). Ti^ehjv, di6o(rjv für ^Ti&'irp^'j *iii'irjv
(vgl. ai. dadhydm, dadyäm), wie Ti^e-fisv für Hi^fiev (§ 115); auch die
Betonung erweist ri&sTfAev, didoT^ev als unursprüngliche Formen, sie zeigt,
dass diese Optative der Analogie von naQ-sirjv elds(r^ folgten, deren pl.
7TaQ-€Tf.i€v eldeXixsVy als aus *naQ'€(r'irfi€v "^eliätr-i-fiev entstanden, organischen
Zirkumflex hatte (Wackernagel, K. Z. 27, 88). Med. xux^-yro, das freilich
nicht ganz sicher steht (Curtius, Vb. 2*, 107), aus ^ifi-i-xo^ dasselbe i in
den Neubildungen fisfivyfArjv, xsxTr^firp' (lautgesetzlich wären *fi€fiva{firp',
*x€XTfifirj^'). Ein alter Opt. des s-Aorists war das eben erwähnte eldeir^v
€ti€ifi€v (8 137, b). Ob kiriv (T 209) direkte Verbindung mit yeiv für
^^k-s-aa (§ 137, b) hatte und demnach, für *&-{r-iijv stehend, ebenfalls
noch die alte Optativbildung des s-Aoristes war, oder ob es Neubildung
nach etieirjv war (vgl. l-evai : sld-tvai)^ so wie iedmrjv (Plato) sicher nach
slisitjv geschaffen war (vgl. Seii-ävai : eti-evai), bleibt zweifelhaft, iei^aifii
iei^aig u. s. w. war Neuschöpfung nach dem Muster von -oini -oig^ die
leicht aufkommen konnt-e, als das a des c-Aoristes weitere Ausdehnung
gewonnen hatte und gewissermassen zum thematischen Vokal dieses Tempus
geworden war (Vf. C. St. 9, 313). Die Form iei^eiav Jvertrat ^ieix-trstr-
(-ar, im Ausgang wie ^ia-ßrccv (s. o.) gebildet und dem lat. dtxer^mus aus
♦deic-sis-f-wMS vergleichbar; nach ihr wurden dei^suxq^ dsi^eis geschaffen
(Vf. M. U. 3, 64 f., Osthopf, M. ü. 4, 295, G. Meyer, Gr. Gr.« 508 f.).
Über die arkad. 3. sg. opt. diaxwXvaei s. Curtius, Vb. 2*, 293, Vf. M. U.
3, 66 f. 159, Spitzer, L. d. a. D. 59 f. Ein alter perfektischer Opt. war
ifTtairpfy nur dass im sg. das i nach itrratfxev neu eingefügt worden war.
Vom sg. aus ging -«j- oft in den pl. und du. über^ z. B. sTrjfisv für
elfisy nach «fjjr.
Umbildung nach 2.: z. B. hom. ioi, herod. vno&äoixo^ allgemeingr.
7l€q>€VyOl u. s. w.
2. Suffix -jf-, wenn der Indik. den thematischen Vokal hatte, ^egotg^
i6oig, vgl. ai. hhdre^, vide^, idg. *bherois, *^idöis. Dieses Suffix ist mit
dem der themavokallosen Tempusstämme leicht zu vereinigen, wenn man
mit Bopp (Über das Conjugationssyst. 15) *bherois = Hhero-t-s setzt.
Umbildung nach 1.: z. B. (fx^itjv, q>iXoirjv infolge der Übereinstimmung
von axoifiev, ^iXotfisv (aus (piXt'oifier) mit ioTficv, iidoT/jisv (Osthoff, M. U.
2, 118, Wackernagel, K. Z. 27, 88).
Bildung der Infinitive und Partizipien.
146. Die Infinitive der idg. Sprachen sind erstarrte Kasus von
Nomina actionis. Vertreten waren im Griech. der Dat., z. B. io-fiev-ai (§ 81),
und der Lok., z. B. do-^iev (§ 82), zugleich auch der Akk., falls syi'ak.
Xaßov für Xaßä (§ 144) eine imperativisch gebrauchte Infinitivform war.
1. 'd^ai : rjtr'd'aiy nenvff^ai. Vgl. ai. -dhyai, mit welcher Endung
'd-ai indessen nur entfernter zusammenhing. -(T'&ai wie -cr-^« (§ 108).
Ob ianaQxhai iardX&ai aus ^ianaQ(Sx)'ai ^iataXad^ai hervorgegangen war
oder noch die alte c-lose Form der Endung hatte, ist fraglich (vgl. iarvagO^e
§ 108). 7r€(fdv&ai, das jedenfalls nicht aus "^neifavcx^ai entstanden war,
wie J. Schmidt, K. Z. 27, 319 will, dürfte Neubildung nach iandqdai
4. Verbalflexion. (§ 146.)
175
gewesen sein, vgl. § 108 über nhipavd-e. Den medialen Sinn bekam die
Endung erst infolge der an -i5^« (-c-^*) u. s. w. erinnernden äusseren
G^talt (Delbrück, S. F. 4, 123). Thess. itsatax^eiv für iaaead^ai wie
yqäxpsiv für yqdipai (unten 6); « = a* § 15.
2. -fiev-ai dat. hom., lesb.: Td'fxev-ai = ai. md-mdn-e^ iifisvaiy C^vy
vvfievcUf iofiievai, yvoifxevaiy iarjfisvaiy iffTccfievai, dsMfievai, iXO-efievai,
a^ifisvai. -/ifv loc. (vgl. ai. loc. kdr-man, s. § 82) homerisch und vieler-
orts sonst, z. B. hom. W/itv, tfifjiev (kret. el. r^fiev^ nordwestgr. elfiev)^
o^vfievy do^BV, ifTTccfiev, dyäiisVj iXd^äfiev, ä^e'fiev. Umbildung von -fJiiv
nach ^äQ-civ war rhod. -fieiv, z. B. ^ä^fieiv, sifieiv (Vf. M. U. 1, 175).
Kret. dofirjv^ rjfirjv (neben etxev, xaTa-<rx«> nach 5) enthielten wahrscheinlich
nur eine andere Hochstufenform des Stammbildungssuffixes als ia-fxev und
vergleichen sich den av. Lokativen auf -an. S. § 71, 4 S. 106.
3. -fsv'cu dat. : kypr. dofevai (Accent unsicher), vgl. ai. dOnvdn-e;
i~ivaij dsdi'svaij rs&vccvai aus Hcx^va-fsevaij wohl auch eiS-ävai, (vgl. av.
tTid-van-öi);*) ferner är}vai aus *är]'f^€vai. Das Sprachgefühl abstrahierte
einen Ausgang -vai, der besonders im ion.-att. Gebiet Verbreitung gewann
und sich an die Stelle von -fisv setzte: so entstanden iv-vai^ iiio-vai,
te&vd-vm u. s. w.; ehm arkad. r]vm waren unmittelbar aus slfisv rifiev
umgebildet, ein *€(rvai existierte nie. Vgl. Vf. M. ü. 3, 21 flf., Wacker-
nagel, K. Z. 25, 273, Phil. Anz. 1887 S. 235 f., Osthoff, M. U. 4, 64. 130,
G. Meyer, Gr. Gr.« 512. S. § 71, 3 S. 105.
4. *-/?«v loc. (vgl. al'€v, ai. loc. ddh-van, § 71, 3) oder wohl eher
*-<r«y loc. (vgl. ved. inf. auf -san-i) in ion. att. (pegeiv lokr. q>dQ€iv dor. lesb.
el. 9^'pijr thessal. tpsqsiv aus ^tpegt-ev, ion. ISisv (so bei Homer statt ISesiv
zu lesen, s. Renner, C. St. I 2, 32 ff.) att. IdsTv, ffiUeiv ^iXeiv, oqdeiv oqäv
(vgl. (paeivog ^avog), fiiaO^oeiv fiia&ovv (vgl. olvoeig otvovq). Vgl. § 71, 1
S. 105. Jüngere Neubildungen nach der Analogie dieses Typus waren
dovv (Theogn.), 6i6ovv xiO-eXv i^-elv (Oropus), lesb. fxeO^vtrO^rjv u. a. Vgl.
CüRTiüs, Vb. 2«, 118 flf. 131.
5. Nicht sicher erklärt ist -v nach dem thematischen e im dor. ark.
-f-v, z. B. vn^ÜQXf-Vy avv'ayayi'V. Da es keine altüberkommene Kategorie
von Wurzelabstrakta mit Suffix -en- gab und an die wenigen auf griech.
Boden entwickelten wie dydv (ayev zu dydv, wie aU{j:)ev zu al'(p)(avy 8 116)
anzuknüpfen zu kühn wäre (Spitzer, L. d. a. D. 56 Fussn. 2 scheint an
einen solchen Ursprung zu denken), so liegt der Gedanke an eine speziell
griechische Umbildung aus einer andern Infinitivkategorie nahe. Vermutlich
gab das altererbte Nebeneinander von 66-firjv und io-fi€v (2) Anlass, neben
(pigrjv ein (p€Q€v zu stellen. An -er als Neubildung nach -fiev denkt auch
Baunack, Gortyn 75.
6. -am dat., Set^m, zu ai. -5e, ji-^e, s. § 74, 4 S. 110. Thess.
ov-yQdipfiv mit « = oci (§ 15) und einem nach der Analogie von andern
Infinitiven angefügten -v.
Wilhelm, De infinitivi linguarum Sanscritae etc. forma et usu 1873. Jolly, Gesch.
des Inf. im Indogerm., 1873. Weitere Litteratur bei G. Meyer, Gr. Gr.* 509.
^) Zum Teil mag das -eyai des Perfekts Johansson, De der. verb. 202 sq. Die Hocli*
idg. -en-ai gewesen sein, etwa in eix^yai stufenform mit e in der Wurzelsilbe des Per-
(vgl. €ÄfWK). s. Verf. M. U. 3, 19 flf., fekts macht keinerlei Schwierigkeit, s. § 132.
176 ^ Grieohische Grammatik, e) Flexionalehre.
147. Partizipia.
1. -n^-, -^/-: Afi'TTwr, Xindv^ Xsiip&g^ Xsiipav § 72, 3, fem. auf *-rT-ia
§ 70c. Neubildungen nach dieser Formation waren lesb. nsTrXr^QÜxwv u.
dgl., § 134.
2. '(f)(6g, -vta {•(f)eia), -(f)6c, § 73, 4 und 70c.
3. 'fievo-y das mediale Suffix aller Tempora. Daneben -^iro-, -aio-,
-avo'. § 70, 7.
4. -To- : z. B. xAv-rö-g, ai. Sru-td-s; meist adjektivisch erstarrt.
§ 70, 14.
5. -Tfo- : io'Täo-g; wahrscheinlich aus *-T€-/ro-. § 70, 3.
6. -vo-, bedeutungsgleich mit -ro- und einst ein lebendiges Partizipial-
suffix, wie noch im Indischen und Älbanesischen (vgl. G. Meyer, Alban.
St. 2, 76); nur in wenigen Formen vorhanden, die als Adjektiva erscheinen:
(TTvy-ro-^, (T€fiv6-g aus ^tfeß^vo-q (§ 43), cr^y-yo-g, ay-vo-g. Vgl. ai. hhug-nd-s
„gebogen**, lat. ple-nt^s „gefüllt* (adj.), u. a. § 70, 4.
7. -to- in den Adjektiva ay-io^^ (Sxvy-io-g = ai. -yo-, -iya- (lebendiges
Suffix, z. B. in ydj-yor „venerandus*), lat. ex'im'4u-s (adj.), u. a. § 70, 2.
Syntax.)
1. Das Verbum.
148, Eigentliche Verbalformen waren nur die mit Personalendung
versehenen Formen : Indik., Konjunkt., Injunkt., Imper. (vgl. § 144), Optat.
Doch nahmen der Infin. und das Partiz., z. T. erst infolge sekundärer
Angliederung an das Verbum finitum, an verbalen Beziehungen und Kon-
struktionen Teil ifif'^oxrj), an der Kasuskonstruktion, der Zeitstufe, der
Aktionsart und der Diathesis.
Die Genera verbi (Diathesis).
149. Für die passive Diathesis haben die idg. Sprachen keine be-
sondere Form, Alle eigentlichen Verbalformen mit passiver Funktion sind
entweder Aktiv- oder Medialformen. Die Unterscheidung zwischen Passiv
und intransitivem Aktiv und die zwischen Passiv und Medium in unsern
Grammatiken sind vielfach rein subjektiv.
160. Die Formen mit aktive r Personalendung bezeichneten im Griech.
wie anderwärts den Vorgang schlechthin, ohne die Nebenbeziehung, welche
durch die (wahrscheinlich jüngeren) Medialendungen angedeutet war. ' Sie
hatten seit der idg. Urzeit teils transitive Bedeutung (y«?«), teils intran-
sitive {elfil). Dieser Gegensatz beruhte aber lediglich auf der Bedeu-
tung der Wurzel. Durch Weglassung eines Objektkasus wurden Transitiva
zu Intransitiva, z. B. iXavvco (sc. Innov) „ich reite", und der Objektkasus
kam in dem Masse in Vergessenheit, dass man Konstruktionen wie ikavvMv
ävd xQckog idqovvTi t(^ Ihn(j) (Xen. an. I 8, 1) schuf.
Auf Grund der intrans. Praeterita wie ^(TxAryi', tßXrjv, iqqvrjv^ iSdfitiv
erwuchs auf griechischem Boden die Kategorie des „Passivaoristes'' auf 'tjv
^) Yg]. Bebkhabdt, Wissenschaftliche Mit Rücksicht auf E. Hübnbr's Grund-
&3rntax der griech. Sprache, 1829. K. W. riss zu Vorles. über die griech. Syntax, 1883,
EjiOgib, Griech. Sprachlehre, 5. Aufl. 1875. der die Litteratur zur Syntax nahezu voll-
R. Ktans, Anafünrl. Grammat. II ^, 1 870. ständig verzeichnet (Nachträge s. Liter. Cen-
DsjwSox. Die Grandlagen der griech. Syn- tralbl. 1883, S. 770, Philol. Rundsch. 3,
^m^ - **^ Forsch. IV, 1879. Monro, 1241 ff.), wird im folgenden von systema-
^ Homeric dialect, 1882. tischer Anführung der Litteratur abgesehen.
antica, 1888.
II. 2. Aufl. 12
178 ^* Chriechische Grammatik, d) Syntax.
(§ 114, Delbbück, S. f. 4, 75 ff.), zu deren Herausbildung der Gegensatz
der trans. Bedeutung des sigmatischen und der intrans. des starken Aorists
(ißr^tra : tßr^v u. s. w.) wesentlich beitrug. Nach dem Aufkommen dieser
Aoristkategorie gab der mediale Aorist seine altüberkommene passivische
Funktion nach und nach auf (§ 151).
Während die Formen wie Sqqvtjv iSdfirjv von Haus Aktiva waren
und zum Teil blieben (z. B. eQQvrj Praet. zu ^«r), entstanden die wie eSa-
xhrjv €XTd'x^rjV nach Wackebnagel's Hypothese in Anknüpfung an die 2. sg.
med. mit der Personalendung -^r^g — ai. -thäs, s. § 108. 114. Auf Grund
dieser Hypothese erklärt sich gut, dass die i9^i;i'-praeterita nie den Aorist
zu einem praes. act. bildeten und dass sie anderseits bei Homer und noch
später vielfach mit medialer Bedeutung neben den sonstigen Medialformen
auftreten (Deponentia), z. B. bei Homer alSätfx^^rjv gleichbedeutend mit
aldeffdfirpfy ixohod^rjv gleichbed. mit i%oXw(fdfirjv, att. i^if^r^Vy iisXäx^rp^- Der
aktive Ursprung der Aoriste auf -tjv erklärt, dass neben itfdvrjv im Dor.
^avtjasiv als Fut. erscheint; und ebenda (Tw-axO-tyroim ieiXxhjtrsTv u. dgl.
(Ahbens, D. Gr. 1. d. 2, 289 f., Blass, Rhein. Mus. 36, 612), weil das
-^ijc-Futurum überhaupt erst dem -ij<r-Futurum nachgebildet war. Vgl.
Wackebnaoel, K. Z. 30, 304 ff.
151. Die etymologische Konstitution der medialen Personalendungen
ist unaufgeklärt, daher kennt man auch nicht die Grundbedeutung derselben.
Die verschiedenen Gebrauchsweisen des Mediums im Griech. einschliesslich
der passivischen waren, wie es scheint, alle auch schon in der idg. Grund-
sprache vorhanden gewesen. Über die unwissenschaftliche Unterscheidung
eines dativischen und akkusativischen Mediums s. Vf. Fleckeis. Jahrbb.
1880, S. 664 ff. Da der „Passivaorist* auf-ryr eine verhältnismässig junge
Schöpfung war, so ist anzunehmen, dass vor seiner Ausbildung die medialen
Aoristformen (wie im Indischen) auch passivisch gebraucht wurden. Aus
dieser Zeit stammten noch die passivischen ^ßltjro A 675, anixxaxo O 437,
(rT€(pav(aadfi€vov Pind. Ol. 7, 15 u. a. (Kühneb 2*, 103 f.), denen man
z. T. die passivisch-intransitive Bedeutung ohne Not hat absprechen wollen.
Alte Medialformen waren aber im Grunde die Aoriste auf 'x^tjv (§ 150),
und so hat man auch deren passivische Funktion als altüberkommen an-
zusehen. Gerade der Umstand, dass die Medialformen seit uridg. Zeit auch
passivisch gebraucht waren, hilft es erklären, dass Formen wie iSi^if^g
iri'&r]g der analogischen Einwirkung solcher wie frfa/iijg, durch die das
neue Paradigma entstand, verfielen. Dass sich im Aorist, wo transitive Aktiv-
formen wieirgeipa ixQanov bestanden, im grossen Ganzen die zugehörige Form
auf --d^rjv auf den passivisch-intransitiven Gebrauch beschränkte, wurde
durch die Form auf -ijr bewirkt, der diese Funktion von Haus aus als die
einzige zukam, und im Gegensatz zu -i;r, 'xyr^v zogen sich dann -Krdfjirjv und
'OfiTjv u. s. w. mehr und mehr vom Passivgebrauch zurück.
162. Die Infinitive waren als nomina agentis (z. B. St. do-fisv- „das
Geben*) gegen die Diathesis von Haus aus indifferent und blieben es z. T.
auch noch in der historischen Gräzität, indem alle sog. aktiven Infinitive
in bestimmten Fällen auch passivisch fungieren konnten, z. B. 2 258
1. Das yerbam. (§ 151-154.) 179
^T€Q(H noXsfiiXeiv ijcxar, Thuk. 1, 138 &€fiiffToxXrjg a^iog ^avfidfrai. In
die Inf. auf -^ai {^(r-x^ai) zog der mediale (und passivische) Sinn erst infolge
der formalen Assoziation mit -^« {rjtT'&e) etc. ein (§ 146). iafir^vai Sod^fjvai
wie iidfii}v iio&r^v^ s. § 150. 151. Von den Partizipia (§ 147) hatten
die auf -fievo^ schon in der idg. Ursprache medialen (und pass.) Sinn, der
ihnen immer verblieb. Die Formen auf -To-g fungierten von alters her
teils passivisch, wie neTiro-g = ai. paktä-s lat. coctu-s (idg. ^peqto-s), teils
aktivisch, wie ^vxo-g — ai. srutd-s (idg. *smW-s), vgl. Vf. Grdr. 2, 206 flf.,
423 f.
153. Der sog. kausative Gebrauch des Akt. und Med. (z. B. Xen. an.
I 4, 10 KvQog rd ßaaiXsia xarexavaev „Hess niederbrennen*, Plat. Menon
p. 93 d Tov vlov idida^avo „Hess seinen Sohn unterrichten**) beruhte auf
einer Breviloquenz, die nicht als eine Modifikation der Grundbedeutung der
Aktiv- und Medialformen gelten darf.
Die Tempusstämme.
164. Aktionsart und Zeitstufe im allgemeinen. Der Präsens-,
der Aorist- und der Perfektstamm (z. B. nsid^o-^ neix^e-; ncKT-; nsnoid-^
nsnix^') bezeichneten verschiedene Arten (Qualitäten) der Handlung und zwar,
nach der gewöhnlichen Definition, das Präs. die dauernde, der Aor. die
eintretende, das Perf. die abgeschlossen vorliegende Handlung (Aktionsart).
Vom Standpunkt des sprechenden aus erschien die Handlung entweder
als gegenwärtig {nei&u), näTiotxha) oder als vergangen {iTrei&ov, Mni&ov^
ininixß^ovj ineura, enänix^fiev, insnoir^siv) oder als künftig {TrsiatOy ni&tiaüa^
nsnixP'rfioi) (Zeitstufe).
Während jeder Vorgang als in jeder der drei Zeiten liegend dargestellt
werden konnte und die Mittel der Zeitbezeichnung für jedes Verbum von
Haus aus dieselben waren, vermochte man nicht von jeder Verbal wurzel
die verschiedenen Aktionen zugleich zu bilden, da die Bedeutung vieler
Wurzeln so eng war, dass sie die eine oder die andre Aktionsart ausschloss.
So liess z. B. der Wurzelbegriff von ogato (das hütende, sorgliche Betrachten,
s. CuRTius, G.* 101) die Bildung eines Aorists, umgekehrt derjenige von
yjvf/xoy (hinbringen, ans Ziel bringen, erreichen machen) die Bildung eines
(durativen) Präsens nicht zu. Delbrück S. F. 4, 92 f. Hieraus erklärt
sich, dass sich öfters ein Verbal system aus verschiedenen Wurzeln mit
verwandter Bedeutung zusammensetzte, wie oqdün eldov^ (pägcD rjveYxov.
Anmerkung. Der Gegensatz der präsentischen und der aoristischen (imperfektiven
und perfektiven) Aktionsart konnte, wie in andern Sprachen, so auch im Griechischen über-
dies dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass man zur Darstellung der letzteren
Aktionsart eine Präposition zu Hilfe nahm, wie xaracpsvyeiy neben tpevyeiy^^ dnotpigeiy
neben q>iQ€ir (vgl. z. B. Xen. Hell. I, 6, 16 Koycjy cT etpevye ratg yavaiy ev nXeovaaig,
xiti xatatpevyei eig MvriXrjyrjy xijg Aiaßov ,die Schiffe, mit denen K. auf der Flucht
war, fuhren gut, uud er gelangt glücklich nach M/ Vgl. lat. sequi : con-«egut, deutsch
wachen : er-wachen u. dgl. (Ebel, Kuhn-Schleichcr's Beitr. zur vergleich. Sprachforsch. 2,
190 ff., CüBTiüs, Erläut. 176 f.). Es verdient nähere Untersuchung, wie weit die Aus-
breitung solcher präpositionaler Ausdrucks weise in der historischen Gräzität mit dem Ver-
blassen des Bedeutungsunterschiedes zwischen Präsens- und Aoriststammes Hand in Hand
ging. Vgl. auch über uneifn gegenüber elfii § 156.
Während alle Formen eines Tempusstammes (auch Inf. und Part.)
gleichmässig die dem Stamm zukommende Aktionsart darstellten, haftete
12*
180 ^* OriechiBche Grammatik, d) Syntax.
die Zeitbedeutung zunächst nur an den Indikativformen. Die Gegenwart
des sprechenden war durch kein Sprachelement besonders bezeichnet (vgl.
§ 156). Die Vergangenheit nur durch das Augment (§ 109). Der Be-
griff der Zukunft verband sich schon in vorgriech. Zeiten mit dem Ele-
ment 'Co^ -Cf- {isix'tro-fisv), mag diese Futurbildung der altindischen
mit 'Sya- entsprochen haben oder Konj. des s- Aorists gewesen sein (§ 140);
doch kann der Zeitbegriff in keinem von beiden Fällen als der ursprüng-
liche Sinn der Form angesehen werden, und er tritt am Partizip (§ 163)
nirgends ganz rein hervor; der opt. und der inf. fut. waren jedenfalls
griech. Neubildungen (§ 163).
Die voluntative Bedeutung des Konj. näherte sich oft der futurischen
oder ging geradezu in die rein zeitliche über (ein schon uridg. Gebrauch
des Konj.), s. § 165; hierher auch die Futura wie iei^w, sofern sie conj.
aor. gewesen sein sollten (s. o.). Ebenso ging auch der potentiale Optativ
oft auf die Zukunft (§ 166).
Wenn die Zeit der Handlung nicht direkt von der Zeit des redenden
aus, sondern von derjenigen eines andern Vorganges aus, von dem zugleich
die Rede ist, bestimmt wird, so spricht man von „relativer Zeit** (vgl.
dixerat haec, cum j^uer advenif). Das Griechische hatte keine Form des
Verbum finitum, die an und für sich relative Zeit (Gleichzeitigkeit, Ver-
gangenheit oder Zukunft mit Bezug auf eine andere Handlung) bezeichnete.
Wenn z. B. eine Präsensstammform gebraucht wurde, wo das Verhältnis
der Gleichzeitigkeit bestand, so war es nur der Zusammenhang, aus dem
sich diese Beziehung ergab, wie in B 77 roTtn i' aväaxrj Nä<fT4üQ, o$ ^a
JIvXoio ava^ r^v (damals war). Ebenso ergab auch nur der Zusammenhang
die Bedeutung der Vorvergangenheit, wenn ein impf, oder ein ind. aor.
gesetzt wurde und die durch diese ausgedrückte Handlung einer anderen
mitgenannten, ebenfalls in der Vergangenheit liegenden Handlung voraus-
ging (die Wahl zwischen impf, und aor. hing hier lediglich von der Aktionsart
ab, die zum Ausdruck kommen sollte): z. B. B 628 tcov av&' rjefiovsvs
Mäyrfi . . , ov r(xx€ duffiXog Inntna OvXtvg, B 513 ttSv r]QX* *Aaxalag.og
xai ^idXimevog^ vhg ^'Aqrflg^ ovg rtxev ^Aarvoxrjy Thuk. 2, 23 än€(rt€ikav Tcig
ixccTov vavg n€Qi JlsXonovvrjaov^ aansq naqeaxevd^ovto^ 2, 92 innta dt
sTQdnovTo ig tov IJdvoQfxovy ox^evnsQ dvrjydyovro. Die der lat. Gram-
matik entnommenen Namen „plusquamperfectum" {irvBnotx^siv) und „futurum
exactum** {Te^rrj^w, nengd^evai) sind syntaktisch unzutreffend; der Zeit-
stufe nach war das griech. Plusqu. ein einfaches Praeteritum und das griech.
Fut. ex. ein einfaches Futurum. Hiermit war das Griechische auf dem
Standpunkt der idg. Ursprache verblieben; auch diese hatte keine eigent-
liche Verbalform, der an sich die Bedeutung relativer Zeit zukam. Ebenso
wenig hatten natürlich die Formen des Verbum infinitum an und für sich
etwas mit relativer Zeit zu thun. Dass z. B. dem part. praes. an sich
nicht der Begriff der Gleichzeitigkeit zukam, ersieht man aus Sätzen wie
Xen. an, III, 2, 17 ot Ktgeioi TXQoad-sv avv f^f.ih ratTOfievoi vvv ayfcmj-
xarnv^ Soph. Ant. 1192 ty^' nagciv (da ich dabei war) iQoS, Thuk. 7, 25
insiixpav dh xai ig rag noXsig nqiaßsig ol 2vQax6<fioi ayyäXXovtag (als
Verkündiger, d. h. die verkündigen sollten) %7]v tov nkrjfkiivi((ov X^t/Hv;
1. Das Verbum. (§ 155—156.) 181
speziell zum Gebrauch des part. aor. für die Vergangenheit gegenüber der
Handlung des regierenden Verbums s. § 161.
Vgl. Vf. Ber. d. sächs. G. d. Wiss. 1883, S. 173 flf.
155. Die in § 110 ff. behandelten Tempusstammformen (Präsens
und starker Aorist) Hessen im allgemeinen den Vorgang entweder als
dauernd, im Verlauf begriffen erscheinen und zwar so, dass Anfangs- und
Endpunkt des Verlaufs ausserhalb des Gesichtskreises des sprechenden
bleiben {Xtyeivjj oder als eine in sich abgeschlossene, in einem ungeteilten
Denkakt ganz und vollständig vorzustellende Handlung {smeTv). Die Viel-
fönnigkeit der Stammbildung weist aber noch auf weitere anfängliche Be-
deutungsunterschiede hin, und es ist nicht festgestellt, welche besondere
Bedeutungsnuance jeder einzelnen Bildungsart ursprünglich eignete. Dem
-^fxo- {ßoxrxio § 126) scheint von Haus aus inchoativer, den reduplizierten
Stämmen wie ni^nkr^ {efimTiXrjfii § 115) kontinuativer Sinn beigewohnt
zu haben. Dass die Stämme der Kl. 1 a (§ 112) an sich, vermöge ihres
Bildungscharakters, von alters her aoristische Aktionsart darstellten (vgl.
iarriv : lirrtj^'), ist zu leugnen ; denn in diesem Falle wären alte durative
Praesentia wie es-ti {ifru) unverständlich. Auch kam dem Stammtypus
AiTTo- neben Xeino- wahrscheinlich nicht an und für sich aoristische Be-
deutung zu (§ 119); möglich ist, dass bei der Zuerteilung der verschiedenen
Aktionsbedeutung an Stämme wie Xeino- und hno- Rücksicht auf Verba
wie (pägeiv und ideiv mit einer schon durch den Wurzelbegriff an sich ge-
gebenen bestimmten Aktionsbedeutung (Delbrück, S. F. 4, 92 f.) mitwirkte.
156. Der ind. praes. ist an und für sich zeitlos, er bezeichnete
ursprünglich keine bestimmte Zeitstufe. Daher wurde er im Griech., wie
schon in der idg. Grundsprache, nicht bloss von der Gegenwart des spre-
chenden, sondern auch von der Vergangenheit (praes. historicum) und Zu-
kunft sowie von allen Zeiten zugleich gebraucht.
Beim praes. bist, tritt der sprechende aus dem Rahmen der Zeit
heraus, lässt über dem Interesse an dem Ereignis selbst die Vorstellung
des zwischen dem Vorgang und der Erzählung derselben bestehenden Zeit-
verhältnisses nicht aufkommen und versetzt sich in die Zeit, da das Er-
eignis sich eben abspielte, so dass er dasselbe wie in einem Drama oder
wie auf einem Bilde vor sich sieht. Oft wechselte das praes. bist, mit
Augmenttempora in demselben Satze, z. B. Asch. Prom. 229 f. oncoc raxiata
Tov noTQfTwv ig &q6vov xad-t^st*^ evO^vg Saffxoaiv ve'ixei ytqa akkoifftv aXXa
xai Sis<rroixiC^i^o dgxrjv, Kunstmässige Handhabung der Sprache bediente
sich dieses Präsens als eines rhetorischen Mittels zur Belebung der Rede.
Wie es zu deuten sei, dass Homer das praes. bist, fremd war, ist unklar.
Schwerlich reicht die Berufung auf den Charakter der epischen Diktion aus.
Anderseits ist aber auch nicht glaublich, dass das Präsens in damaliger
Zeit in der Erzählung vergangener Ereignisse überhaupt noch nicht ange-
wendet worden sei; denn diese Anwendung war in den altidg. Sprachen
so verbreitet (für das Altindische sei auf Delbrück, S. F. 5, 278 verwiesen),
dass man sie für uridg. halten möchte.
Das Präsens in Verbindung mit nccQog^ naXat, norh wurde seit Homer
IS2 ^* GriechiBche Ghrammatik. d) Syntax.
gebraucht, um eine Handlung auszudrücken, die sich durch die Vergangen-
heit bis zur Zeit des Sprechens hinzieht, wie 2 386 ume Oeri ravvnfnXe
ixdveig i]iibT6Qov dm aiioirj t€ gfiXtj re; ndqoq ye fi^v ov ri x^afxi^eig. Da
das Altindische denselben Gebrauch des Präsens mit dem dem ndqog etymo-
logisch entsprechenden piird hatt^, so war derselbe wahrscheinlich bereits
urindogermanisch. S. Vf. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1883 S. 170 flf.,
Delbrück, S. F. 5, 278. 502 f.
Das Gegenstück zum historischen Präsens war der futurische Gebrauch
des Präsens in Prophezeiungen, wie Herod. 7, 140 ovts rt nä^arfi X^insxai,
Die Phantasie schaut, ohne dass die Zeitstufe berücksichtigt wird, das
künftige, wie es sich vor ihrem Blicke abspielt. Von etwas andrer Art
war das futurische Präsens in Sätzen wie Thuk. 6, 91 sl avrr] 'q noXig
Xrj(pxh/j(TfTaty ^xexai xat rj naaa SixeXiu^ Eurip. Andr. 381 wg, rjv x^ccvtjg
Cr, naTg o6* ixifsvysi fioQov, (Tov i*ov x^Bkovarjg xard-aveTv^ rovie xrevco: hier
war schon durch den Nebensatz die Zukunft bezeichnet, und das Präsens
des Hauptsatzes, da es die Handlung nicht erst eintretend, sondern schon
im Vollzug erscheinen lässt, deutet die unmittelbare zeitliche Übereinstim-
mung, die Gleichzeitigkeit an, was das Futur nicht thäte. Vgl. Kohlmakn,
Progr. V. Eisleben 1881 S. 34 flf., Mahlow, K. Z. 26, 599 flf.
Da gewisse Wurzeln an und für sich aoristische (perfektive) Aktionsart
hatten, so ist nicht auffallend, dass ihr Präsens so gebraucht wurde, dass
wir zur Übersetzung ein Futurum nehmen. Bei der aoristischen Handlung
ist ihr Abschluss mit ins Auge gefasst, vgl. z. B. erschlagen gegenüber
schlagen. Sage ich er erschlägt ihn, so ist zwar an sich die Gegenwart
ebenso gut gemeint wie bei er schlägt ihn, aber der Moment der Voll-
endung liegt, während ich von der Handlung spreche, in der Zukunft;
wäre er schon eingetreten zur Zeit, wo ich zu sprechen im Begriff bin, so
müsste ich ein Praeteritum gebrauchen. Liegt nun auf dem Begriff der
Vollendung des Vorgangs ein Nachdruck, so kann ein solches Präsens
überhaupt Ersatz für das Futurum werden. Solche futurische Praesentia
sind aus dem Slavischen am bekanntesten, s. Leskien, Handbuch der altbulg.
Sprache* S. 149 f. So erklärt sich vt'ofiai „werde glücklich heimkehren*,
z. B. J 152 dkX* iyci ovx avrcog fivd-r^frofxai^ äXXd <rvv oQXfp, dg vettai
''06v(T€vg; ebenso wohl auch rfi}« „werde finden". Was sifii betrifft, das
seit Homer meist futurisch gebraucht erscheint, z. B. Q 92 slfAi fiäv, ovo'
aXiov inog eatreraij om xev smrj^ so hatte die Wurzel e{- von Anfang nur
durativen Sinn (s. Delbrück, S. F. 4, 113). Es ist also wohl anzunehmen,
dass der perfektive Sinn und demgemäss der futurische Gebrauch des Prä-
sens zunächst nur in den Komposita wie dn^ifii i^-etfn vorhanden war,
z. B. Q 593 0) (f(X\ iyw /t^v dneini tsvag xai xeiva ^vXd^ooVy (fdv xai €/Ji6v
ßioTov (vgl. aksl. ig-idq „ich werde hinausgehen** mn^ida^ „ich werde hinein-
gehen" neben ida „ich gehe*), und dann von den Kompp. auf das Simplex über-
tragen wurde (vgl. § 154 Anm.). Die futurischen x^^^ edofiai, ntofAai
waren wahrscheinlich nicht Judikative, sondern Konjunktive, s. § 165.
157. Das Imperfekt führte die Handlung in ihrer Entwicklung vor
Augen und bezeichnete dabei an sich niemals, dass ein Vorgang zum Ab-
schluss kam, z. B. X 324 r]V noxs Qrflevg ix KQijtrjg ig yovvov ^A%h]vd(or
1. Das Verbiim. (§ 157-158.) 183
hqawv r^ye (war mit ihr unterwegs) jutr, ovd' dnovr^ro • ndqoq da fxiv ^'Agt^fug
^xva; att. Inschrift 357 v. Chr. (Meisterhans, Gr.^ 200) dQxite'xtiov 'Afivvrrjq
insaxeva^sv (war mit der Herstellung beschäftigt), So*« dh iveXsitpd^r^
»ai rare fjirj inevelätfO-rj^ vffTSQOV EvtpQccvtoQ dqxiTSKTwv €7i€<fx€va(T€v (hat
hergestellt). Daher kann man oft bei der Übersetzung des Impf, ein Verbum
wie »versuchen* zu Hilfe nehmen, z. B. Xen. an. I 3, 1 KX€aQxog rovg
avrov (STQatiMxaq ißid^sxo (versuchte zu zwingen) Uvai ' ol i^ avriv fßaX-
loVy in ei fJQ^aro nQo'itvai,
Von idg. Urzeit her erzählte und schilderte man vergangene Ereig-
nisse vorzugsweise mit dem Impf. Dieser Brauch wurde im Griech. durch
die Verwendung des Aorists in der Erzählung stark beschränkt (§ 160).
Wenn in der Erzählung das Impf, auch da gesetzt wurde, wo die Hand-
lung als zum Äbschluss gelangt gedacht werden sollte, so ergab sich das
letztere Moment immer nur aus dem Zusammenhang, vgl. E 364 ry 6* ig
di^Qov ißaivev (»war auf dem Wege nach**) x. r, l. Daher bedeuteten
die Unterschriften inoUi^ Byga^e, die die Künstler auf ihren Werken an-
brachten, eigentlich nur »an dieser Arbeit sass der und der**; dagegen inoivfSB^
lyQaips »er hat verfertigt, gemalt". In vielen Fällen verschlug es eben
nichts, ob man eine Handlung als in ihrer Entwicklung begrifTen durch das
Imperfekt oder als abgeschlossen durch den Aorist vorführte, da in jenem
Falle der Äbschluss doch aus der ganzen Situation leicht hinzuverstanden
wurde. Und so mag schon bei Homer mitunter das metrische Bedürfnis die
Wahl des Tempus bestimmt haben : so haben wir dicht neben einander
negi Si [läya ßdXXsxo (pdgog und dfXffi S* aq miioiaiv ßdXsro ^lifog
dQyvQor^Xov {B 43. 45) u. dgl. (Krüger, Sprachl. II § 53, 2, 1). Vgl.
Stiebelino, Beiträge zum homer. Gebrauch der tempora praeterita, insbe-
sondere des Imperfektums, Progr. von Siegen, 1887.
Auch in Fällen wie Herod. 2, 121 dg ovx insi&sv (nicht über-
redete), in€X€%vi^aaxo xoidde^ Xen. an. VI 3, 9 xal xd iihv aXXa oiixoXoyTjxo
avxoTg^ ofir-Qovg i^ ovx ididoaav (gaben nicht) ot Og^xeg ahovvxiov xwv
*EXXr^vwVy dXXd x, x. X. war durch das Impf, an und für sich nur die Dis-
position zur Effektuierung der Handlung oder das Sichbefinden auf dem
Wege zum Ziel (vgl. ^tisi&ov Xen. Hell. I 7, 7) ausgedrückt.
168. Konj. opt. imper. inf. part. praes. Die praesentische Aktions-
art erscheint hier wie im ind. praes. und im imperf. M 278 wg xe vKfddsg
%i6vog n(nx(a(Si ^afieXat führt die Fallbewegung durch die Luft vor Augen,
Txiawfn würde das Auffallen auf der Erde mit umfassen (vgl. d^ 524 og xe
i^g nqwj&sv noXiog Xatov xe nifftjtnv). Plat. Apol. p. 26b Sokrates zu
Meletos: ofioog 6^ dr] Xeye tfitv (lege dar, entwickle uns), tto'^ fu (pyg
diaifrd'SiQeiv^ a MiXr^xe^ fovg vsMXkQovg (p. 24d Tv^* dij vvv elnh xoxrxoig [gib
an, sprich es aus], x(g avxovg ßeXxiovg nom;). Plat. Prot. p. 317a x6 ovv
dnoiidqdaxovxa (wenn man im Davonlaufen ist) /*ij 6vvaa&ai dnoÖQdvai
(entwischen) noXXrj fitogfa.
Als Vertreter des Imperfekts in der oratio obliqua hatten der opt.
und der inf. praes. an sich keine Zeitbeziehung, diese konnte nur durch
den Zusammenhang erkannt werden. Xen. an. IV, 4, 9 ^Xeyov, oxi xaxU
dot€v axQdxctfficc xal vvxxwq noXXd nvqd (paivoixo („sichtbar gewesen
184 A. OrieohiBche Orammatik. d) Syntax.
seien*, direkt €(paiv€To), dagegen VI, 1, 33 lleyer, oni Vroifioq sTtj (»sei*,
direkt stfxi) iqy€i(Sx>ai avTotg. Vgl. § 161. 162.
Über das Imperfektum der öfteren Wiederholung s. § 159.
159. Die aoristische Bedeutung, wie sie an den Formen hnsTv,
. (fTTJvai etc. (§110 fF.) haftete, war zugleich den Formen des (X- Aorists
(§ 136 fr.) eigen.
Am häufigsten wurden diese Formen so gebraucht, dass man sich die
Handlung in einem ungeteilten Denkakt ganz und vollständig, in sich ab-
geschlossen, absolut vorstellen sollte. Das Faktum wurde einfach kon-
statiert ohne Rücksicht auf Zeitdauer, z. B. Thuk. 5, 5 iyärexo Metftrrjvtj
AoKqdv Tiva xQovoVy Herod. 2, 133 ißCw^av %q6vov im noXXov.
Ausserdem erscheint der Aorist oft, dem Präsens gegenüber, entweder
als »ingressiv** (öaxQvtsai „in Thränen ausbrechen") oder als »effektiv,
resultativ"* (nsaeiv „fallend aufschlagen *"). Beides mitunter bei demselben
Verbum, z. B. ßaXetv ßäkog „abschleudern", ßaXeiv avdqa „treffen**, ideiv
sowohl das zufällige Erblicken, dem ein Betrachten, Beschauen folgt, als
auch das ein suchendes Sehen abschliessende Erblicken. Obwohl es mög-
lich ist, diese Funktionen mit der allgemeinen Bedeutung des Aoristes,
nach der dieser besagte, dass eine Handlung überhaupt in die Erscheinung
getreten, zu verbinden und aus ihr abzuleiten, so ist doch erst zu unter-
suchen, ob nicht die in Rede stehende Funktionsverschiedenheit {idtxxQvcs
„er brach in Thränen aus" und iddxqvtfs noXvv xqovov „er hat lange
geweint") mit der verschiedenen Bildungsweise der unter dem Namen
Aorist zusammengefassten Formenkategorien, W«f a, MaTrjv, ikinov, inemd^ov,
zusammenhing (vgl. § 2 S. 14 und Pfuhl, Progr, v. Dresden 1867, S. 13,
Delbrück, S. F. 4, 101).
Wenn die Aoristformen auch von öfter in der Vergangenheit wieder-
holten Handlungen gebraucht wurden (z. B. <P 263 äg ahl Uxi^a xixijaaTo
xvfia ^ooto), so war das Moment der Wiederholung nicht durch die Verbal-
form an sich gegeben. Dasselbe war auch nicht durch die Imperfektform
an sich gegeben, wenn dieses Tempus bei öfterer Wiederholung gesetzt wurde.
Dass man das Imperfekt in diesem Falle viel häufiger gebrauchte als den
Aorist, rührte teils daher, dass man bei dem, was wiederholt vorkam, zu
geschehen pflegte, öfter angeregt wird zu schildern als einfach zu kon-
statieren, teils daher, dass man ein, wenn auch in zeitlichen Intervallen
sich wiederholendes Vorkommen leicht als eine kontinuierliche Entwicklung
anschaut, vgl. z. B. Xen. mem. I 2, 61 Ai'x^g fi^r icug yvfivonaidiaig rovg
inidrjiiotvxag iv Actx€6(t(f.iovi ^ävovg iisiiivi^e, ^omgarrfi d^ 6t d navtog
TOP ßiov rä iavtov Sanavmv xd iiäyiara Ttdvrag xovg ßovXofisvovg (iO(p€k€i •
ßsXtiovg ydq noKav rovg (fvyyiYvoinävovg dTtänspinsv.
^Exreivd a€ Eur. Ion 1291 u. ähnl. scheint nicht aus der ingressiven
Bedeutung, sondern daraus zu erklären, dass die betreffenden Verba an
sich nur die Handlung des Subjektes, nicht aber den Erfolg der Handlung
am Objekt bezeichneten (vgl. Mahlow, K. Z. 26, 580).
160. Die Ausdehnung, welche der ind. aor. als Tempus der Erzäh-
lung hatte, gewann er erst auf griechischem Boden. Er drängte das Impf.,
1. Das Verbnm. (§ 159- -161.) 185
o
das alte Tempus der Erzählung, in den Hintergrund in ähnlicher Weise,
wie in vielen nhd. Dialekten die perfektische Erzählungsform {er hat ge-
than) die imperfektische (er that) zurückgedrängt hat.
Nicht selten wurde der Aorist von dem gebraucht, was soeben ein-
getreten ist, besonders von einer Stimmung, die soeben über einen ge-
kommen ist, oder von einem Urteil, das man sich soeben gebildet hat,
z. B. P 173 Hektor zu Glaukos: <» nonoi^ tj %* i^äfirjv ah nsql (fqhvaq
ififjievatr aXXiov, twv, ocrcrot Avxhjv igißaHaxa vaurtiovaiv' vin' 6ä asv
wvo(rdfif]v nayxv ifQevag, ofov hmeg (jetzt aber infolge deiner Rede bin
ich Tadler geworden). Derselbe Gebrauch findet sich im Indischen (hier
ausserordentlich häufig) und Slavischen und hat für uridg. zu gelten.
Auffallend und noch nicht befriedigend erklärt ist die scheinbar zeit-
lose Verwendung in Gleichnissen und in Sentenzen, wie 27 482 f]Qi7i€ d\
dg avs vig 6Qvg rjQinev und / 320 xatd-av' ofiwg o r' äfQyog dvr-Q o t€
noXXd ioQyoig. Sie scheint im Zusammenhang gestanden zu haben mit dem
scheinbar futurischen Gebrauch in Stellen wie J 161 et neq yag re xai
aiTix* *Olvfi7iiog ovx ixeXsaasv^ ^x ts xal oiph tsXeT^ avv t€ ficyccXfiy dnä"
%€iaaVj I 413 sl /ter x' avO-i fitviov Tgoicov noXtv dfKfipdxoDfiaiy üiXeto
liäv fioi vwfTog^ dvdg xXtog dtpO-iTov iatai.
AnmerkuDg. Ich vermutef dass diese zeitlose und diese futurische Verwendung
ursprfinglich nur an die augmentlosen Formen geknüpft waren, also an die Injunktiv-
formen des Aoriststammes, und dass erst das Schwanken zwischen augmentierter und nicht
augmentierter Form in der Mitteilung vergangener Ereignisse {eßfj und ßij „ist gegangen**
bei Homer) dazu führte, dass man auch in jenen Fällen die augmentierte Form zuliess.
Man hätte es hiemach nicht sowohl mit einer Bedeutungs-, als vielmehr einer formalen
Analogie zu thun; doch konnte in gewissen Fällen auch eine Bedeutungsassoziation mit-
spielen, namentlich beim gnomischen Aorist. Vgl. hierzu, was Tbubmeysen, K. Z. 21, 173
und DelbbCck, S. F. 5, 354 f. 359 f. über die Injunktivform sagen.
161. In Sätzen wie insidr] einev^ dni^si; eindv ravia aTiyfi; idv
« (fdy(oaiVy dvaarriaovxm (Xen. an. IV 5, 8) erschien die syntaktisch
untergeordnete aoristische Handlung gegenüber dem anderen Vorgang
darum als vergangen, weil die beiden Handlungen sachlich verschieden
waren. Das Bedeutungsmoment der ungeteilten Vollständigkeit und Ab-
geschlossenheit der Handlung Hess die Vorstellung, dass die Haupthandlung
in den Verlauf der Nebenhandlung hineinfalle und neben ihr hergehe
(Gleichzeitigkeit), nicht zu. Die Vorstellung der Vergangenheit in Bezug
auf das Hauptverbum war also nicht durch die Aoristform an sich, sondern
durch die besondere Natur der beiden Verbalbegriffe, die zu einander in
Beziehung gesetzt wurden, gegeben. Man erkennt diesen Sachverhalt am
besten durch Vergleichung mit Sätzen wie E 98 xal ßdX* inäiaaov%a
xvxfov xaxd ds^iov 0)fi0Vj Herod. 5, 24 €v €7toirj(Xag dnixo^evog^ Xen.
an. I 3, 17 ßovXoi'firjv d* äv axovvog dnidv Kvqov XaÖ'Siv aviov dneXd-dv^
Thuk. 6, 4 ^T€ai dl iyyvraxa oxtco xai sxaTov fi€Td Trjr atpeTSQav oTxiaiv
FeXtpoi 'Axgdyavta o^xidav^ ti^v filv noXiv and rov ^Axqdyavrog norafiov
ivo^difavTfgy oixiaTag 61 Troijjtfavreg 'Aqiötovovv xal IlvaxiXoVj vofxifia
S^ %d reXiimv dovreg, wo die Vorstellung einer Zeitverschiedenheit darum
nicht entstehen konnte, weil es sich um ein und denselben Vorgang handelte
und das Partizip oder die Partizipien nur eine, beziehungsweise mehrere be-
sondere Seiten der Handlung des regierenden Verbums zum Ausdruck brachten.
186
A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
Der Gebrauch des part. aor. in Sätzen wie elnwv tavra anriet wurde
im Griechischen ausserordentlich beliebt und bildet eines der augenfälligsten
syntaktischen Charakteristika dieser Sprache. Man setzte in dieser Weise
auch mehrere Aoristpartizipien zu einem Hauptverbum, deren wechselseitiges
Zeitverhältnis sich aus der Reihenfolge, in der sie zur Aussprache kamen,
in derselben Weise bestimmte wie z. B. in veni, vidi, vici : z. B. Xen. mem.
I 1, 17 ßovXevdag yccQ ntne xal %dv ßovlevnxov oqxov o^odag^ imaxairfi
Dagegen waren die Satzformen wie insiSiq slnsv^ artf^ei und iccv ri
{fdymtfiVy ovaaTrjaovTai anderwärts ebenso gebräuchlich. Jener entsprach
lat. postqtiam dixit^ abiit, wobei zu beachten ist, dass dieser Gebrauch des
ind. perf. auf den aoristischen Bestandteilen dieses Tempus {dtxit = iSei^e)
beruhte. Und et (idv) mit conj. aor. entsprach dem lat. si mit dem fut.
exact., welches Tempus nichts anderes als ein conj. aor. war (Vf. M. ü. 3, 33 f.).
Der opt. und inf. aor. von vergangenen Handlungen als Vertreter des
ind. aor. in der or. obl. entbehrten ebenso wie opt. und inf. praes. (§ 158)
des Ausdrucks der Zeitbeziehung, die nur aus der Natur der in der Rede
in Verbindung gebrachten Verbalbegriffe oder aus der ganzen in Rede
stehenden Situation erkannt wurde, z. B. J 375 negi S' alXcav (paai
yevead-ai (direkt iyävhto). In ähnlicher Weise liess mitunter die Wahl
des conj. aor. im abhängigen Satz das Moment der Vergangenheitsbedeutung
nicht zum Ausdruck kommen, in Sätzen wie y 316 xat crt), ytto$, iiri 6rj&ä
Sofiwv ano %fjX' dXdXrflo , , .^ fiij toi xccrd ndvra (pdyaxfiv xn^fiara Sa(f(fd-
Hevoi^ av dh rrjijfffrjv aSov fX&rjg (Pfuhl a. 0. 27). Vgl. auch § 166.
162. Perfektstamm. Das Perf. (§ 131 flf.) hatte zwei alttiberkom-
mene Funktionen. Einerseits hatte es intensiven, beziehentlich iterativen
Sinn, z. B. y^yrjd^Uj red-riXe^ B 264 O-odg inl vrjag äqy^ao) nanXrjywg
dyoQfjx}'€v deixearn nXrjyfjCiv, B 90 cd fjihv r* {jiähcdai) Iv&a aXtg nenoTiq-
avaiy ai it ve ^vö-a^) Anderseits bezeichnete es die Handlung im Zu-
stand des Vollendet- und Fertigseins, und zwar gewöhnlich als positiven
Zustand, z. B. xäxrrjfiai^ i'atrjxa^* ixäfivtjfiai, Plat. Kriton p. 46a ovSt ßovXsv-
€(f&ai hl &Qa^ dXXd ßsßovXsvad^ai^ zuweilen auch (aber sicher eine erst
in jüngerer Zeit aufgekommene Verwendung) als negativen Zustand, wie
Eur. Tro. 582 ßäß&x* oXßog (vgl. Aken, Grundz. 16).
Hinsichtlich der Zeitstufe glich das Perf. ganz dem Präsens. Es
stand: von der Gegenwart des sprechenden, z. B. A 555 vvv d' alrcig
dsiSoixtt. Von solchem, was für alle Zeiten gilt, z. B. Xen. mem. IV 2, 35
TtoXXoi Sk äid tov nXovxov Siad-qvmoiisvoi %e xai inißovXsvo^evoi, aTioXXvvTat,
noXXol dh did do^av xal TtoXirixtjv dvvafiiv fxsydXa xaxd nenovd-aaiv.
Von Vergangenem, wie das praes. bist., also gewissermassen als perfectum
praesens historicum, z. B. Xen. Hell. VH 1, 41 av&ig 6* 'Enafieivm'Sag . . .
^) In dem Asyndeton solcher Partizipia,
aber auch der schildernden Partizipia des
Präsens und des Perfekts (s. Kühnes IP
S. 660), spiegelt sich zum Teil noch die ältere,
im Griechischen stark zurückgedrängte asyn-
detische Nebeneinanderstellung der formen
des Verbum finitum wieder.
^) Kohlmahm's Programmabhandlungflber
die Annahme eines Perfectum intensivom im
Griechischen, Salzwedel 1886, kenne ich nur
aus Bubsian's Jahresberiohteo.
1. Dm yerbam. (§ 162-163.) 187
syvcoxe ctQOjetnäov slvai inl rrjv *Axdtav (mit Unrecht in fyv(a geändert,
vgl. die unmittelbar folgenden Sätze mit praesentia hist.). Von Künftigem,
z. B. Soph. Phil. 75 wer' ei fi€ to^wv iyxqaTr-g alc&rj(f€Tai, oXtola, Xen.
an. I 8, 12 xäv tovto (t6 atQdtevfia) vixo5fi€Vy ndvx>* i^fiTv neTtoirjtai
(vgl. Thuk. 6, 91 oben § 156). Ein perf. hist. nach Art des lat. und ai.
perf. hist. war der klassischen Zeit fremd; erst später trat Vermengung
des Perf. mit dem Aor. ein (s. Lehrs, Quaestt. epicae p. 274 sqq.).
Das Plusquamperfekt (§ 139) verhielt sich zum ind. perf., wie das
Imperf. zum ind. praes. Wie man mit dem Imperfekt schilderte und er-
zählte, so auch mit den Plusquamperfektformen, nur dass die letzeren die
durch die Bildung gegebene Nebenbedeutung hatten. Z. B. ^ 683 ysyrjd^si
dh ^qäva Nr^ksvg (»war voller Freude", intensivum), Herod. 7, 176 iSäSfitjTo
i^ Tftx^ (, stand erbaut da''. Zustand des Yollendetseins).
Als Vertreter des Plusquamperf. in der oratio obl. hatten der opt.
und der inf. perf. an sich keine Zeitbeziehung, ^ diese konnte nur der Zu-
sammenhang ergeben, z. B. Xen. Hell. V 2, 3 sderjO^rj . . . Xtywv, oti t^7
nccxQi avTov ij rtov Mavxivioav noXig TtoXXd vnriqeTrjxot iv %oTg nqog
Msatfrjvrp^ noXhfioig („habe hilfreich zur Seite gestanden", direkt vTii^qexrjxsi)^
Xen. Kyr. I 4, 27 avS^a 6h nva %(ov MYjdtüv ixncnlrjxx^cci inl t«j3 xdXXsi
Tov KvQov („sei erstaunt gewesen", direkt i^snänXrjxro). Dagegen Soph.
Ant. 442 ^fi, fj xaiaQveX fii] Seigaxt'vai xdSe; („dass du die Thäterin
bist*, direkt däiqäxa). Vgl. § 158 über den opt. und den inf. praes.
Wie es kommen konnte, dass Formen des cr-Aoristes, denen von
Haus aus perfektische Bedeutung nicht kann beigewohnt haben, dem Perfekt-
system angegliedert wurden, ist § 137 gezeigt.
163. In das Futurum (§ 140) trat, was nach jemandes Ansicht,
Erwartung, Befürchtung oder Absicht in näherer oder entfernterer Zukunft
liegt. Dabei kannte das Futurum nicht den Unterschied der präsentischen
und der aoristischen Aktionsart: afw war sowohl „ich werde geleiten"
(vgl. aysiv) als auch „ich werde hinbringen" (vgl. dyayeXv), Beispiele für
den voluntativen Gebrauch: Soph. Ant. 234 xsi %6 fir^S^v s^€qw^ (pgccffio
d* o^cog^ K 88 Agamemnon zu Nestor: yvdasai 'ÄTQsidr^v 'Ayafiä/xvova; be-
sonders oft in abhängigen Gliedern, wie Thuk. 3, 16 vavvixdv naqeaxsva^ov^
ou nsiA\f)ov(tiv ig xi^v Aiaßov^ E 618 intSgafie . . . xevx^cc avXrjaiav,
Beim voluntativen Indik. konnte die seelische Stimmung durch die Wahl von
/ii; als Negation noch einen besonderen Ausdruck erhalten, z. B. K 330
sagt Hektor Tcx(a vvv Zevg . . ., jujj füv xoTg Innoiaiv dvrjQ inoxricsxai
aXXog^ womit man vergleiche des Zeus Worte P 448 dXX* ov fidv vfiTv ys
xal agfiatri iaiäaXioiaiv ^Exxwq ÜQiaiAiSrjg inoxrjtfexai. In abhängigen
Gliedern war bei voluntativem Sinn luirj obligatorisch.
Anzunehmen, dass die voluntative Bedeutung des Futurstammes die
älteste gewesen sei und dass sie sich zu rein temporaler abgeschwächt'
habe (vgl. Delbrück, S. F. 3, 8. 4, 98), hindert nichts, und es kann von
Seiten des Gebrauchs schwerlich entschieden werden, ob dieses griechische
Tempus mit dem ai. und lit. si'o-Futur identisch oder aus dem conj. aor.
^twickelt war oder beide Bildungen in sich vereinigte, vgl. § 140.
In li€lv ßovXrjiTofXM Soph. 0. R. 1077 (für IdeTv ßovXofiai) u. ähnl.
188 A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
hatte eine Verschiebung stattgefunden. Der Begriff der Zukunft, der an
dem Objekt des WoUens haftete, wurde auf das Verbum des Wollens selbst
übertragen. Vgl. Aken, Qrundz. 20.
Der zuerst bei Pindar vorkommende opt. fut. war eine Neubildung,
die dem Streben entsprang, auch im Futur einen opt. obliquus (§ 167) zu
gewinnen: elnsv, ot* i'^oi statt einev, ort fjf* nach Analogie von slnsvj
oti ix^i. Dieser Opt. blieb auf diese Verwendung beschränkt.
Ebenso war der in f. fut. eine griech. Neubildung. Er scheint, ent-
sprechend dem opt. fut., in der obliquen Rede bei Verba des Sagens und
Denkens ins Leben getreten zu sein. Dies blieb auch seine häufigste
Gebrauchsweise, z. B. r 357 ov not' iyw ye o^sttd^' vfifi* i^pdfxrjv. Nicht
selten nun zeigt er sich auch bei Verben mit voluntativer Bedeutung, z. B.
Af 198 fie'fiaaav 6^ ndXiata rsTyipg ve ^rj^eiv xal ivingriaeiv nvql vrjaq^
Thuk. 6, 57 ißovlovto nQOTifji(OQi](r€<r^ai. Forssmann, C. St. 6, 35 ff.
und Festschrift des Protestant. Qymn. zu Strassburg 1888 S. 284 ff. erkennt
diesen Gebrauch nur für den Fall an, dass das regierende Verbum von
Haus aus den Sinn des Denkens oder Meinens hatte, wie z. B. fiefiova
noitjasiv ursprünglich bedeutet haben soll „ich denke, ich werde thun".
Wo das Voluntativum auf einen derartigen Sinn nicht zurückgeführt werden
kaim, soll der Text verdorben sein, wie in der angeführten Thukydides-
stelle. Gegen meine frühere Ansicht, dass der inf. fut. in Verbindung mit
Verba des Strebens voluntative Bedeutung gehabt habe und somit ein
Bedeutungspleonasmus vorliege, bemerkt Forssmann mit Recht, dass sie
sich schlecht mit der Auffassung des infinit, fut. als einer griech. Neubil-
dung vertrage. Aber Forssmann's Erklärung scheint mir nur zum Teil
richtig. Man wird annehmen müssen, dass der Gebrauch des inf. fut.
allerdings aufgekommen war nach Verben mit Doppelnatur wie (läiiova
Siavoovnat auf Grund des nicht voluntativen Sinnes derselben (so erklärt
Forssmann mit Recht auch den inf. fut. bei fie'klw), dass aber dieser Sinn
in der Sprachempfindung gegen den voluntativen zurücktrat und dann
der inf. fut. nach der Analogie dieser Verba zuweilen auch zu solchen
gesetzt wurde, die von Anfang nur Voluntativa waren, wie ßovlsa&ai und
iifie(fx)^ai. Textänderungen sind also abzuweisen.
Der Gebrauch des inf. fut. bei ävaßdXkofiai (Herod. 5, 49 dvaßdX-
kofiai TOI ig tQirrjv rjfitQrjv vnoxQiväead^cti^ 6, 86 ravra (ov VfiTv dva-
ßdXXofiai xvQfiasiv iq Täxagrov jArjva dnd xoHb) erklärt sich aus der
Analogie der Verba des Versprechens; ähnlich Thuk. 3, 36 nagsxoinevov
dno nXaTamv dnd^siv IleXonovvrjaiovq^ u. dgl. m.
Das part. fut. hatte meist voluntativen Sinn, wie -4 13 o ydq r^kx^s
d-odq €711 vrjag ^Axcckov^ Xvffdfisvog t€ ^vyarga^ und wenn -croiT- aus
-CjfoiT- entstanden war, so vergleicht sich dieses part. dem in gleicher
Weise gebrauchten ai. part. auf -syd-nt-. Nicht voluntative Bedeutung
erscheint z. B. in og eidrj rd t* iovta %d t* iaao^eva tzqo t* iovra A 70,
xal *'l(ovag avv avroTai rovg Soiaovvag ifnol dixxjv tSv inohiaav Herod. 5,
106, rd 6' inirr^deia ^xoisv ix rrjg iv fxäci(i xwp«$ noXXfjg xcu dyaO-^g ov(rrjg
xal rm igyaffofiivojv iv6vro)v Xen. an. 114, 22, doch war das Futurum
hier ebensowenig ausschliesslich temporal wie »»* ' "^«^^^tivischen Neben-
1. Baa Verbnm. (§ 164.) 189
Sätzen wie Xen. an. VI 3, 16 dXXd 67] ixtt /i^r ovre nXoTa itftlv 01 g äno~
nXsv(f6fi€&a.
Das „ful. ex." (§ 141) verhielt sich zum Perfekt, wie das einfache
Futur zum Präsens, bez. Aorist, z. B. ^ 322 avrov ot xal (frjfia TeTsv-
^€Tai »wird errichtet sein*.
Die Modi.
164. Die Modi bezeichneten eine ipvxtxrj did&eaig des sprechenden.
Ihr Gebrauch in Nebensätzen war von dem in Hauptsätzen anfänglich nicht
verschieden. Zu der Zeit, als die hypotaktischen Satzformen sich ausbil-
deten (§ 203), wurde durch diese Entwicklung in der Funktion der Modi
nichts geändert. Erst im Lauf der Zeit, nachdem sich die Kategorien der
Nebensätze bereits befestigt hatten, kamen Unterschiede des Gebrauchs in
beiden Satzarten auf: der vohmtative Eonj. blieb gleichmässig in negativen
wie in positiven Nebensätzen, während er sich in der 2. und 3. Person in
positiven Hauptsätzen fast ganz verlor (§ 165. 212); der opt. obl. war
speziell in Nebensätzen entwickelt worden (§ 167. 212).
Die wichtigsten Modalpartikeln waren ov, fit]; xh\ av.
ov {zu lat. haud? s. Hübschmann, Das idg. Vokalsystem 191), durch
welches das uridg. *ne (lat. ne-scio) verdrängt war, diente der Verneinung der
Thatsächlichkeit der Aussage (Verstandesthätigkeit), mit jtti^ (= ai. mä) lehnte
imd wehrte man ab (Willensthätigkeit), vgl. Kvicala, Ztschr. für öst.
Gymn. 1856 S. 745. Diese Verschiedenheit der beiden Negationspartikeln
tritt überall hervor; es begreift sich von der angegebenen Bedeutung des
fiTj aus überall, wo wir diese Partikel finden, leicht, wie man dazu kam,
gerade sie zu setzen. Auch in Fällen, wo ov und jtii^ ganz gleichwertig
neben einander gebraucht zu sein scheinen, war ein feiner Bedeutungs-
unterschied vorhanden, dem man freilich bei der Übersetzung ins Deutsche
nicht gerecht zu werden vermag. Wenn in der späteren Gräzität larj dem
ov Terrain abgewann, so kam dieses nicht daher, dass man gegen den
Unterschied der beiden Negationen unempfindlich geworden war und sie
einfach verwechselte, sondern daher, dass man Ausdrucksweisen mit /try,
die schon in älterer Zeit vorhanden waren, mehr und mehr bevorzugte:
„the later use of firj is not so much an innovation as an extension^
(GiLDERSLEEVE, Encroachmcnts of fi^ on ov in Later Greek, Amer. Journ.
of Phil. 1, 45 flf.).
dv scheint mit dem lat. an identisch gewesen zu sein (vgl. L. Meyer,
AN im Griech., Lat. u. Goth. 1880, Vf. Lit. Centr. 1880 Sp. 1669 f.).
xiv (xa, xii) verbindet Delbrück, S. F. 1, 84 ff. 5, 503 mit ai. kam (mit
schwer zu definierender Bedeutung), dagegen Osthoff, Z. G. d. P. 342
mit ai. idm „bene, wohl**. Im allgemeinen deuteten diese Partikeln
das Vorhandensein nicht näher zu bestimmender Bedingungen an, so dass
man ihren Sinn zur Not durch „allenfalls, eventuell, unter Umständen**
verdeutlichen könnte. Die Gewohnheit Hess sie in gewissen Fällen, wo sie
die Bedeutung des Modus nur unwesentlich modifizierten {ei cum conj., opt.
poi.), fast unentbehrlich werden.
Anmerkung. Auch da, wo ciy und xiy neben einander erscheinen, wie bei Homer
(Jfua^n Hypothese, lüas p. XXII sqq., lassen wir auf sich beruhen), kann die Bedeutungs-
190 ^ (Mechiache Grammatik, d) Syntax.
Verschiedenheit nur noch eine sehr geringe gewesen sein. Was Thibmakn^ Gnindzfige
der hora. Modus-Syntax, Berl. 1881, aufstellt, ist kaum zu begründen: durch xey soll das
redende Subjekt auf sich selbst weisen, insofern eine Beziehung zwischen dem eigenen
Willen oder der eigenen Vorstellung zu der Handlung stattfinde; durch ecy dagegen weise
das redende Subjekt auf besondere Ump.tftnde hin, die ausserhalb seiner Berechnung liegen
könnten. Monro, A Grammar of the Hom. dial. 265 sqq. weist auf mehrere Unterschiede
hin, wie den, dass in negativen Sätzen äy bevorzugt erscheint, und kommt zu dem Schluss:
,The general effect of these differences of usage between the two Particles seems to be
that (ty is used either in an adversative sense — with a second or opposed alternative —
or when greater empfiasis has to be expressed. Thus while the force of xiy might be
given approximately by such words as then, in that case (and that. of xiy — xiy by in
one case — in another case), ay might be translated then indeed, then rather, even in
that case, in that other case, etc." Vgl. auch Gildbrsleevb's Bemerkungen über den Ge
brauch der beiden Partikeln bei Pindar, Amer. Joum. of Phil. 3, 449 sqq.
165. Konjunktiv. Da die Konjunktivkategorie zwei verschiedene
stammbildende Suffixe aufweist (§ 142), so ist fraglich, ob von einem ein-
heitlichen Grundbegriff ausgegangen werden darf. Und schwerlich ist es
Zufall, dass, wie im Lateinischen die Formen mit -o- -c- {ero faxe vülero
dlxero) nur die temporale (futurische) Bedeutung hatten, so auch in ^Sofiai,
mofiai, X£(o sich diese Bedeutung als die regelmässige festsetzte (§ 142, 1),
eine Gebrauchsweise, auf Grund deren diese Formen in der Grammatik als
Judikative aufgeführt zu werden pflegen.
Als Grundbedeutung des Konj. wird jetzt gewöhnlich mit Delbrück
die des Willens, des machtbewussten Begehrens angesehen, aus der sich
allerdings alle Funktionen ohne Zwang entwickeln lassen. Der Konj. ent-
hielt immer eine Hinweisung auf Verwirklichung des im Sinn liegenden,
ein Moment, das dem Opt. (§ 166) in der Regel abging.
Aus uridg. Zeit mitgebracht waren:
1. die voluntative Bedeutung (Negation fii^). Der Träger des Willens
war im Hauptsatz der sprechende. X 450 devTc, iv(o fioi i'nead^ov^ lioofi*
(ich will sehen), S %iv* Igya tkzvxTai. E 684 juij ^r^ fie i'XwQ Javaoiaiv
idtryg xaiaxhai- (ich will nicht, dass du lässt = lass nicht). Die 2. und
3. Pers. wurden im lon.-Att. in positiven Sätzen nur dann festgehalten,
wenn diese abhängig waren, z. B. P 685 et d*ay€ Ssvqo, SioTQe^päc^ o^qu
nv&rjai. Hierher stellt sich auch Soph. Phil. 300 y«p*, w tb'xvov, vvv xul
TO Ttfi vr^(rov fiäO^ijgy da die an ^t'Qc u. ähnl. adhortative Ausdrücke sich
anschliessenden Konjunktivsätze (gewöhnlich mit 1. sg. und 1. pl.) ein
ähnliches Gefühl der Unselbständigkeit begleitete wie das, welches man bei
konjunktionalen Sätzen hatte. Ähnlich die Vasenaufschrift x^*i?*? ^^ri ttijj,
falls hier ein Konjunktiv mit -/y- (*7riija«) vorliegt (s. Kretschmeb, K. Z.
29, 481 f.) und nicht die 2. sg. zu mofim, in welchem Falle man das auf-
fordernde xai not fpQMeig u. dgl. (Kühner TP 149) vergleichen könnte;
allerdings spricht xccTqe^ xal IIIEI2, da man wohl Ttfrjg lesen muss, zu
Gunsten von mg = *mr^ai. Dagegen liegt im Elischen die nicht negierte
3. sg. im wirklichen Hauptsatz vor, Collitz, Gr. D. n. 1172, 32 to dt
tpaipKffjia . . . dvatc-O'^ iv to laqov tw Jioq rw 'O^t'/t/r/«, vgl. auch Zeile 36.
Auch ist vielleicht KATA2TA2EI im gortyn. Gesetz nicht als xaraataabl
(ind. fut.), sondern als conj. aor. xavaffTMr^ (oder -crrcfcr««) zu lesen, z. B.
3, 14 cci dh X dXXoTQiog avveaccddiß^ dtxa axatrjQavg xaTactaaEl,
Je nach der Situation konnte der Konjunktivsatz mit /i/j auch als
1. Baa Verbum. (§ 165-166.) 191
Ausdruck der Warnung erscheinen, z. B. A 26 jui; crf, y^ipor, xoiXrjtr^v iyd
naqd vrjvai xix^<^>9 oder als solcher der Befürchtung, z. B. e 356 w i^oi
€yWy firj tig fjioi v(fa{vr](nv doXov avve aO^avarcov, In Abhängigkeit von
einem die Seelenstimmung näher definierenden Verbum z. B. rf^Jw, firj n
2. die deliberative Bedeutung (Negation nrj), z. B. o 509 ttj t* a^*
«yw, y«2ff TixvoVy t(o; Xen. mem. I 2, 45 notegov ßiav (fCüjAcv rj fiij
q^wiiBV eivai; B 4 aXX* o ye fiegfii^Qi^e xard tfQtva^ (og ^AxiXrja rifir^aj],
3. die futurische Bedeutung (Negation ot), z. B. Z 459 xai nore tig
finißiHv '^ExxoQog rjSe yvvri xtX., A 262 ot ydq nco toiovg idov dvb'gag ovd^
Tifofiai. Ausschliesslich diiese Bedeutung zeigen die Konj. iSofiai^ ntofxai^
;t«'(o (s. S. 190). Der futurische Konjunktiv nahm oft av, xiv zu sich, z. B.
-^ 433 CijiA€QOv rj SoioTtnv inev^eai '^Innaaiir]<nt\ rj xev ifj.^ vno dovQi
TVJreig dno &vfidv oXe-aarjg, A 387 ovx av toi xqaia^Tßm ßiog xai xaQtfätg
toi. In Nebensätzen ebenfalls teild ohne, teils mit av^ xiv, z. B. d^ 112
itraefai rj rjdg rj SeiXrj rj fuaov r^fiag, onntne rig xal i^sXo agei ix x^vfiov
?Xrj%aiy Z 448 icrretai rjfiag ot* dv not' dXoiXj] ^'iXiog tgi]. Die Partikel cey
wurde später beim Konj. ebenso Kegel (z. B. oray), wie beim opt. pot. Dass
die Konditionalsätze als Negation fir^ hatten, war nicht sowohl in der be-
sonderen Natur des in ihnen verwendeten Konjunktivs begründet, als in
dem Ursprung aus Optativsätzen.
Wesentlich neue Funktionen des Konj. haben die Griechen nicht
entwickelt.
166. Optativ. Die beiden optativbildenden Elemente, -{e- -T- in etrjv
eliisv und -j(- in (fbQotßev, etymologisch zu identifizieren, hindert nichts
(s. § 145, 2), und man dürfte also von einer einheitlichen Grundbedeutung
ausgehen. Gleichwohl ist unklar, welches die Grundbedeutung war und
in welchem historischen Verhältnis die beiden Hauptfunktionen des Optativs,
die dieser schon in uridg. Zeit hatt^e und die das Griechische festhielt, zu
einander standen. Diese Funktionen sind:
1. die Bedeutung des Wunsches, des machtlosen Begehrens (Negation
fiij). Der Wünschende war die sprechende Person. 2 98 avvfxa rsx^vairjv.
y 205 st ydq ifiol toaar^i'Sh x^sol Sifva/xiv na^ax^sTsv. I 601 dXXd av
firj fAoi ravTa vosi ifqeai^ jArjSh ae Satficov ivravd-a TQeifjeie, Statt des
Begriffes des Wunsches tritt öfter mehr derjenige der Bitte hervor, z. B.
rf 193 xai rrv, ei rC nov itm, nid^oio fioi, oder derjenige der Konzession,
z. B. Q 226 avTixa ydq fic xataxteiveiev ^dxiXXevg dyxdg iXovx* ijiidv viov.
Dieser Opt. im Nebensatz z. B. v 42 ^iXa döoga^ rd fioi x^soi ovQaviwveg
oXßux noirj(f€iav,
2. die Potentiale Bedeutung (Negation ov). y 231 ^eTa &€og y' id^äXmv
xai xT^Xo&cv dvSqa aadaai. Häufig Hinzutritt von dv (xtv), der im At-
tischen zur Regel wurde, z. B. / 57 ifiog da xe xai ndig eirfi oTcXorarog
y€V€TJ<fiv^ Plat. Kratyl. p. 402 a 6\g ig tov avxov noraiiov ovx dv i^ßahfi.
Verschiedene Nuancen je nach der Situation: Möglichkeit, bescheidene Be-
hauptung, mildere Form der Willensäusserung, fingierte Situation. Be-
sonders bemerkenswert ist, dass diese Form der Willensbekundung auch
in Gesetzesvorschriften auftritt: im El. mit xa, avvfiaxia x* fa ixaxov fitea
192 A. Griechiache Grammatik, d) Syntax.
u. oft, im Kypr. zweimal mit ri), rj ivpdvoi vv Collitz, Gr. D. n. 60, 6,
7j 6(6x01 vv ebend. Z. 16 (vgl. unser deutsches er kann kommen = e>* komme).
Opt. potent, im Nebensatz, z. B. A 64 all* ays Srj tiva (lavtiv igeiopisv
fj IsQfjay og x' €i7toi^ H 340 iv S* avToTai nvlag noirjftojAev sv dgagviag,
offQa dl* avxdtüv tnmqlaairi oäog sirjy Soph. Trach. 2 loyog fjUv eat* dqxatog
dvx^Qwntov ifttvsig^ dg ovx äv alwv' ixfJtd&oig ßgoräv tctI.
Da dem Opt. der Ausdruck der Zeitstufe mangelte, so ist es nicht
auffallend, dass sich der wünschende und der potentiale Opt. auch auf die
Vergangenheit beziehen konnten: wünschend z. B. <r 79 vvv fi^v firr*
eirjg, ßovydie^ jArjre ytvoiOj potential z. B. £ 311 xaC vv xev svx^* dnolo^xo
(wäre umgekommen) ava^ dvSQdov Älvciag^ et firj ccq* o^v vorfie Jiog &VYdvrjQ
^AifQodiTii)^ Eur. Suppl. 764 (paijqg ar, al naQrj(f&*, or' rjydna vaxQovg, Herod.
1, 2 €irj(Tav (mögen gewesen sein) S* dv ovroi Kgr^reg; diese Fälle sind
selten (vgl. Gebth, Grammatisch-Kritisches zur Moduslehre 1878 S. 10 ff.)f
die gewöhnliche Ausdrucksweise war eine andere (§ 169). Einerseits auf
demselben Grunde, anderseits aber auch auf dem potentialen Sinn an sich
beruhte es, dass der opt. pot. so oft auf künftiges ging, wie o 506 itsnäqiog
6' eig dcTV tdoiv if^id fc^y« xdrsifir rfid-sv Sä xev vfifiiv odoirtoQiov naga^
x}^€ffirjv^ Lysias 7, 41 dO^lmxaxog äv ysvoifirjv^ ei (pvydg dSixtog xara-
(Tt7j(rofiai. Ein opt. fut. (mit dv) als potentialis kommt nicht vor (vgl. § 163).
Dass die Bedingungssätze mit et, al zum grossen Teil auf Wunsch-
sätzen beruhten, ist sicher, s. L. Lange, Der homerische Gebrauch der
Partikel EI, Abhandl. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. 16, 307 flf. Aber nicht
zu beweisen und mir nicht wahrscheinlich ist, dass die «i-Sätze mit dem
Potentialis (auch mit «V, xiv, z. B. E 273 sl rovrf^ xe Idßoifiav) erst durch
eine Umdeutung des Wunschoptativs zu ihrem pot. Sinn gekommen waren.
Über den Gebrauch des Potentialis in diesen Nebensätzen wird sich nicht
eher etwas definitives aussagen lassen, als bis die Herkunft und ursprüng-
liche Funktion von at und sl zugleich klar gestellt sind (vgl. § 201. 209).
167. Der Opt. der indirekten Rede, welcher mit wenigen Aus-
nahmen nur in Abhängigkeit von historischen Tempora vorkam, war eine
griechische Neuerung. Er war ausgegangen von Sätzen wie £ 301 %6v
xrdfAevai insfxawg, og tig xov y dtn:iog HO'Ot, i 89 hdqovg nqdmv nev-
d^aad-ai Ipvtag, ot rivcg dvegag ehv, wo der Opt. ursprünglich potential
war und erst durch Einwirkung des regierenden Satzes die subjektive Fär-
bung (orat. obl.) annahm und den eigentümlichen Sinn, der in Hauptsätzen
den opt. pot. vom indic. unterschied, den Sinn der üngewissheit, einbüsste.
Es fand also eine Bedeutungsverschiebung statt und entstand eine neue,
nur den abhängigen Sätzen zukommende Funktion dieses Modus. Erst in
nachhomerischer Zeit wurde der opt. or. obl. als fertige grammatische
Kategorie, als Zeichen der Subjektivität, auf die abhängigen Aussage- und
Kausalsätze übertragen und kam auch in Zwischensätzen mit ydQ u. dgl.
(Thuk. 2, 72 naiSfg ydq . . . sXr^aav) zur Verwendung. Vgl. § 212. Auch
der opt. iterativus in Nebensätzen, die von Praeterita abhingen, wurde
in jüngerer Zeit aus dem potentialis entwickelt. Der Gedanke d^ ""
holung lag nicht im Opt. an sich, sondern war durch den x
gegeben, der ein Praeteritum mit iterativem Sinn en
1. Baa Verbum. (§ 167—169.) 193
war dieser Gebrauch von Sätzen wie x 315 äXXd xal iillovg navsaxor
fivrj(r%iJQag, arig roiavtd ye ^t'^oi. Vgl. Delbrück, S. F. 1, 223, Behaghel,
Ob. die Entstehung der abhängigen Rede S. 32 f., Ubtel, Über den hom.
Gebrauch des Opt. der abhäng. Rede, Weimar 1884. Über die bei der
indirekten Rede eintretende Personen Verschiebung s. Behaghel a. 0. 4 if.,
Ubtel a. 0. 3.
Wie es kam, dass der opt. or. obl. und der opt. iter. sich auf die
Verbindung mit einem regierenden Nebentenipus einschränkten, scheint mir
auch nach Behaghel's und Urtel's Erörterung nicht klar gestellt zu sein.
Allerdings wird man zugeben müssen, dass die Vorstellung der Vergangen-
heit im Verhältnis zur Zeit des sprechenden sich mit diesen Opt. assoziierte.
Aber es fragt sich immer noch, welches Moment gerade diese Assoziation
herbeiführte, und warum nach Haupttempora der Ausdruck der Subjek-
tivität und der der Wiederholung durch den Opt. verschmäht wurde.
168. Die unter dem Namen Imperativ zusammengefassten Formen
waren verschiedenartigen Ursprungs (§ 143. 144). Der Gebrauch war im
ganzen einheitlich. Negation stets jui;. Dass man gewöhnlich nicht fit]
Sit^ov, sondern fir^ Sei^yg sagte (die Ausnahmen s. bei Kühneb IP 203), hing
vielleicht mit dem Ursprung des Ausgangs -cror (§ 144) zusammen; vgl.
auch Delbbück, S. F. 4, 120.
169. Der Indikativ war von Haus aus der Modus der verstandes-
mässigen Betrachtung (Negation ov). Vom ind. fut. ist hierbei abzusehen,
weil die voluntative Bedeutung, in der er oft auftritt, ursprünglich dem
Futurstamm in allen seinen Formen eignete (§ 163).
Beim Gebrauch der augmentierten Indikative als ^ Modus irrealis"
sind zwei Kategorien zu unterscheiden:
1. W«*, äifsXov („ich sollte") u. dgl. wurden sowohl von der Ver-
gangenheit als auch von der Gegenwart gebraucht. Anfänglich bedeutete
idsir avrov noietv nur „er musste (damals) thun**. In den meisten Fällen
handelte es sich natürlicherweise um eine Pflicht, die nicht erfüllt wurde;
daher: „er hätte thun müssen ''. Solche Wendungen wurden alsdann auch
von der Gegenwart gebraucht (schon bei Homer, z. B. A 415 oTy o(f€X€g
naqd vrjvtrlv ddaxQvrog xai dTtrjficov rjffO^ai „ach, du solltest . . . sitzen!"),
indem das, was sein müsste, sollte u. s. w., aber nicht ist, dem gegen-
wärtig thatsächlich bestehenden gegenüber als das prius, als das, an dessen
Stelle dieses getreten ist, aufgefasst wurde; weswegen, auch wenn von
gegenwärtigen Verhältnissen die Rede war, die Angabe des wirklich be-
stehenden mit vm' Sh (-4 417 vvv S' afia t' (oxvimoQog xal ot^VQog negi ndvxwv
Inleo) eingeführt wurde.
2. Optativische (wünschende oder potentiale) Indikative, in Haupt-
sätzen, wie €i&* elxov und dndXsxo avj ei juirj xrA., und in den abhängigen
(rdativischen oder konjunktionalen) Sätzen, die einem „irrealen*" Gedanken-
Y) am angehörten. Auch diese bezogen sich auf Vergangenheit und
Aber auch hier wieder wurde der Indik. ursprünglich nur
t gebraucht: «V eixov „hätte ich doch (damals) ge-
ft. n. 2. Aufl. 13
194
A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
habt!** u. s. w. Auf diesem Standpunkt stand noch Homer*), der von der
Vergangenheit daneben auch den Optativ gebrauchte (§ 166) und für die
Gegenwart nur diesen setzte. Man darf vermuten, dass im Gebiete des als
unwirklich vorgestellten ursprünglich der Opt. allein herrschte, dass als-
dann in dem Fall, dass es sich um vergangenes handelte, die Augment-
indikative Platz griffen, um der Zeitstufe Ausdruck zu verleihen, und dass,
wenn in nachhomerischer Zeit, um das Moment der Irrealität zum Ausdruck
zu bringen, «y eJxov und änoileTo av auch von der Gegenwart angewendet
wurden, dieses hauptsächlich im Anschluss an den Gebrauch von fdeiy ä^pt-
Xov u. dgl. geschah, die schon vorher zyr Gegenwartsbedeutung gelangt
waren (s. o.). Namentlich mochte für «f^ slxov im Sinn von „hätte ich
doch!^ das zur Bildung von Wunschsätzen verwandte ä^eXov vorbildlich
wirken ; was um so eher angenommen werden darf, weil das bereits homer.
firj (atpsXXov [X 481 (og fiij äffekXs Tsxtad^ai) statt des ursprünglichen ovx
w^sXXov zeigt, dass die ursprüngliche Bedeutung dieses Praeteritums nicht
mehr klar empfunden wurde.
Da yvoiri rig av in älterer Gräzität sowohl von der Gegenwart als
auch von der Vergangenheit gebraucht wurde (vgl. z. B. E 85 äg ot ^tv
noveovto xccrd xQareQt^v tfffiivrjv TvSetSrjv i' ovx av yvoirjg^ nothQOiai
fiereCrj, J 429 ot i* aXXoi äxrjv itrav, ovdi x€ ^airig Toatrov Xaov i'nta&ai),
so dürfte auch iyvoi zig av erst auf Grund der Optativkonstruktion auf-
gebracht sein, um die Zeitstufe mit auszudrücken.
Man beachte: av und x^v finden sich nur da beim Indik. (von der
Verbindung dieser Partikeln mit dem ind. fut. ist wegen der modalen Be-
deutung des Futurstammes abzusehen), wo eine gleichartige Optativkon-
struktion gegenüberstand. Bei dieser, der älteren Ausdrucksweise, war av
ursprünglich ein unwesentlicher Zusatz und der Optativ der Hauptträger
des Potentialen Sinnes. Die Partikel wurde aber an diesen Sinn so fest
geknüpft, dass sie, als man nun zum Indik. griff, um der Zeitstufe gerecht
zu werden, alleiniger Träger der Modalitätsbedeutung sein konnte.^) In
gleicher Weise war die Umsetzung von «^' ^xoi^t in «^' slxov möglich
wegen der den Wunsch als solchen charakterisierenden Partikel.
Indem das Bedürfnis, die Zeitstufe nicht unbezeichnet zu lassen, den
Indikativ auch anderer Tempora als des Futurums an der Modalität teil-
nehmen Hess, kam man dazu, neben ov auch (itj mit diesem Modus zu
verbinden. In allen Fällen zeigt infj die ihm von Haus aus eigene Bedeu-
tung, es war Hauptkennzeichen der betreffenden psychischen Diathesc.
Es erscheint so in Wunsch- und Bedingungssätzen (denen sich die Relativ-
sätze mit og = et Tig anschlössen), ferner in Befürchtungssätzen,' z. B. b 300
6e(d(a^ firj 6jlj ndvra ^f« vt^fisQtea eiTiev^^) und in Fragesätzen, wo es
bejahende Antwort abwehrte, z. B. C 200 r^ firj nov riva ivaiievhoav fpday
*) über das von Wilhelmi, De modo
rreali p. 4 wieder vorgebrachte bX tiot erjy,
angeblich s. v. a. ^wenn er es doch noch
wäre!*, s. Cubtius, St. I 2, 286.
^) In ähnlicher Weise erscheint franz.
point in point du tout u. dgl. als Träger
einer Bedeutung, die ursprünglich nur die
Verbindung ne point gehabt hatte.
') Hierher wohl auch »^ 216 crAA* ays
di/j td /^f7/iar' aQi&fnijaio xal tdmfiai ' [a tj
XI uoi oX^ovrai (nicht dtjmwtaiS xoiXi^g ini
rtjog äyovxBg, S. ViSBU, jDe /19 jMurticiilae
cum indic. coninoctM Qüi antiqiiiore p. 16 aq.
1. Baa Verbnm. (§ 170.) 195
o
ifÄfuvai dvdgdv; Asch. Prom. 959 ,ai; ti aoi doxm taQßttv; da im In-
dischen md nicht mit dem Indikativ verbunden erscheint, so scheint es sich
in allen diesen Fällen um Neuerungen der speziell griechischen Entwick-
lungsperiode zu handeln.
In Bezug auf den Charakter der beiden Negationspartikeln merke
man noch: mit ov firj cum ind. fut. oder conj. aor., seltner praes. wurde
ein ablehnender /lij-Satz negiert. Diese Ausdrucksweise erst nachhomerisch,
z. B. Soph. 0. C. 176 Ol! toi fitJTtotb a* ix rwrJ' tSgavcov, w yäqov, «xobt«
tiq a^ciy was sich etwa so verdeutlichen lässt: ,,der Furchtgedanke Mass
dich nur nicht einmal einer forttreibt f besteht nicht" = „sicher treibt dich
nie einer fort". Vgl. Qildersleeve, Americ. Journ. of Phil. 3, 203 sqq.
Infinitiv und Partizip.
170. Infinitiv. Die griech. Infinitive (§ 146) waren gleich denen
der andern idg. Sprachen casus obliqui von nomina actionis, die an verbaler
Eonstruktionsweise Teil bekommen hatten. Ihre Anlehnung an das Verbum
bezog sich auf Kasusrektion, Aktionsart, Zeitstufe und Diathesis (genus
verbi). Der Infinitiv als solcher war fertig, nachdem die Form nicht mehr
als Easusform ihres Paradigma's empfunden und ihre Konstruktionsweise
nicht mehr in Analogie zu den ursprünglichen nominalen Konstruktionen
gesetzt wurde. Das Bewusstsein von der Substantivnatur der Infinitive
war in homerischer Zeit schon erloschen. Auf den dativischen Infinitiven
{(iofiev-^i u. s. w., § 146) beruhten der finale Gebrauch (von dem der kon-
sekutive im Grunde nicht verschieden war), z. B. H 373 r^w&€v J* 'IdaXog
Xxiü xoiXag im vrjag eiTTtfisv (zur Meldung, zu melden), und die impera-
tivische Funktion, z. B. E 124 ^agacov vvv, Jiofirjdeg^ ini TQ(aeaai fid"
X^ax^ai. Lokativische Funktionen (vgl. dofiev u. s. w., § 146) sind nicht
mit Sicherheit nachzuweisen. Der sog. „infin. epexege,ticus" (z. B. i> 20 xai
f.uv naxQoxeqov xal ndaaova O^ijxe ISiaO-ai, 2 258 toifQa ät ^r/regoi
TToXe^ii^eiv Tjcav 'Axccioi) kann ohne Schwierigkeit aus der dativischen
Funktion hergeleitet werden. In den von imatafim^ Xiy(a u. ähnl. ab-
hängigen Infinitiven war diese schon frühe so verblasst, dass man den Inf.
als Objekt oder Subjekt des regierenden Verbs empfand. So wurde der
Infinitiv zur rein nominalen Natur zurückgeführt, und sein Kennzeichen
erhielt dieser Vorgang durch Voraussetzung des Artikels t6, von welcher
Konstruktion sich die Anfänge schon bei Homer zeigen und die, weil sie
ein bequemes Mittel bot, den Infinitiv mit allen zu ihm gehörigen näheren
Bestimmungen einheitlich und übersichtlich zusammenzufassen (vgl. z. B.
Demosth. 1, 4 ro ydq elvai ndvrwv ixsTvov i'va ovra xiQtov . . . TtQog rd td
toi noXifiov xa^v ngdttead^m noXh^ nQot'xsi), von einigen Schriftstellern,
wie von Thukydides und Demosthenes, sehr häufig gebraucht wurde (s.
GiLDEBSLEEVE, Amcr. Journ. of Phil. 8, 329 flf., Birklein, Entwicklungs-
geschichte des substantivischen Infinitivs, Würzburg 1888).
Der Akkusativ des „acc. cum inf."" gehörte ursprünglich als Objekt
zum r^erenden Verbum, vgl. z. B. -ß. 11 ^wp^fai *• xilsve xdgt] xof^io^
» *4fia$ovg navtrvSnj. Er schied aus dem syntaktischen Zusammenhang
*T8 und wurde als Subjekt zum Inf. gezogen. Erst nach dieser
13»
196 A. GhrieohlBche Grammatik, d) Syntax.
Verschiebung der syntaktischen Gliederung konnten auch Yerba, die keinen
Objektsakkusativ zu sich nahmen, sich dieser Konstruktion bemächtigen,
vgl. z. B. B 190 daifiavi\ oii as ioixe xaxw äg deiiiCftsax^^M, Sie wurde
in nachhomerischer Zeit durch t6 substantiviert, vgl. die oben angeführte
Demosthenesstelle 1, 4, und konnte auch mit &arB eingeleitet werden, z.
B. Xen. I 6, 2 . . . noir'fieisv wcrr« fxrjnote SvvaaO-m avrovg iSovTag rd Kvqov
aTQOTtvfia ßatriket SiayyeTXat (vgl. Xen. Hell. III 1, 1 xai inoirfie Svavvetnr
Eine allseitig befriedigende Erklärung hat die Verbindung von nqiv
(naqog) mit dem Infinitiv, die schon bei Homer ein fertiger Eonstruktions-
typus war, noch nicht gefunden. Vgl. Gildersleeve, Amer. Journ. of
Phil. 2, 469 sqq.
171. Partizip. Da das Adjektiv nicht nur zur Bezeichnung einer zum
Wesen eines Dinges gehörigen Eigenschaft, sondern auch zur Bezeichnung
einer vorübergehenden, . vom Standpunkt des sprechenden aus zeitlich be-
grenzten Eigenschaft gebraucht werden konnte, so bekam es Teil an dem
Charakter des Verbums, wurde zum Partizip Ou^roxi^). Die Angliederung an
das Verbum erstreckte sich auf Kasusrektion, Zeitstufe, Aktionsart und
Diathesis (genus verbi). Die in § 147 aufgeführten Bildungen waren alle
ausser denen mit -r^o-, das wahrscheinlich aus -rcf o- entstanden war (§ 70, 3),
schon in vorgriech. Zeit fertige Partizipien. In vollem Umfang lebendig und
schöpferisch blieben aber nur die Formationen mit-n^ (1), '^es- (2), -meno' (3),
denen si6h dann -r&o- als produktives Suffix zugesellte.
Dass bei den Passivpartizipien der Urheber der Handlung zuweilen
durch den Gen. bezeichnet wurde, wie Eur. El. 123 av J' iv "Aiiif ii] xet&ai,
aäg dloxov (tifayeig Ätylüx^ov t, ^AydfieinvoVy scheint als ein Überrest der
Nominalnatur angesehen werden zu müssen. Vgl. Siaa-Sarog (eigentlich
„Geschenkter des Zeus", § 103 S. 141) und die Verbindung der Passiv-
partizipien mit dem adnominalen Gen. im Ai. und Lit. (vgl. Leskien-Bbuo-
MANN, Lit. Volksl. und Märch. 321).
Rückkehr zur rein nominalen Natur fand in der griech. Entwicklungs-
periode z. B. statt bei ixciv „freiwillig*, (läkkiov „künftig*, aqxtov „Herr-
scher*, oQiXcov „die begrenzende Linie, Horizont*, acfievog „froh*, «ppw-
fievog „stark*. Bereits seit uridg. Zeit waren reine Nomina yäQ(ov, näg^ odovg.
Aus der adjektivischen Natur des Partizips erklärt sich, dass das-
selbe oft in Verbindung mit elvai, yiyvead^ai u. ähnl. Verben als „Hilfs-
zeitwörterli* gesetzt wurde, z. B. 7^309 onnorägtii -d-avaroio TsXog nenqw"
lihvov iaviv^ J& 873 edel xoi ^lyiata x^sot Tetkrjareg elu^v dXXrjXwv iotijti.
Vgl. Kühner, IP S. 35 f. 623 f., Alexander, Participial Periphrases in
Attic Prose, Amer. Journ. of Phil. 4, 291 iF. Im Att. wurde in der 3. pl.
perf. plusqu. med. pass. die Umschreibung mit sufl, ^aav, wie TevayiiUvoi
elai = TsrdxaTai^ zur stehenden Ausdrucksweise (auf den att. Inschriften
seit 410 V. Chr. nur noch diese Umschreibung, s. Meisterhans, Gr.^ 131);
ebenso Terayfitvog w, eirjv und nsnmdsvnävog w, eirjv. Der gleiche Gebrauch
von es- „sein* als Hülfsverbum auch im Ai., Lat. und andern Sprachen.
Mehr als in andern Sprachen (vgl. z. B. das Lat.) war im Griech. diar
1. Dm Verbnm. (§ 171). 2. Das Nomen. (§ 172.) 197
«appositive" Gebrauch entwickelt, besonders beim part. aor., wie B 35
Der ,gen. absol/ war auf griechischem Boden in ähnlicher Weise
durch Gliederungsverschiebung entstanden wie der acc. cum. inf. (§ 170).
Der Gen. gehörte von Haus aus als echter oder als ablativischer Gen. (§ 183)
zum regierenden Verbum, vgl. z. B. ® 118 toi 6* i&vg fiefiawTog axovTure
Tvdäog vtog, ® 477 aä^av 6* iyw ov» äkeyf^ot) xwöjUffVijg, M 392 2aQnrjfovTi>
i* axog yävsTo Flavxov aniivrog. Indem nun der Gen. mit dem Partizip
innerlich als eine Art von temporalem oder modalem Nebensatz empfunden
wurde, schied er aus dem Verband mit dem regierenden Teile aus und
wurde als Subjekt zum Part, gefühlt. Die Konstruktion des gen. absol.
war fertig, sobald sie sich zu solchen Verba gesellte, von denen ein Gen.
oder Abi. nicht abhängen konnte, vgl. z. B. A 88 ov rig ifiev ^^vtog xal
im x^oTi SeQxofiävoio aol xoiXijg nagcc vrjval ßageiag x^''Q^^ inoiaei avu-
navrmv Javawv, Vor dieselbe trat dann auch oJg, ähnlich wie «crr« vor
den acc. c. inf., wie Thuk. 1, 2 xal ig ^Iioviav vtrteQor, wg ovx ixavfjg ovatfi
tfig UTUXfjg, dnoixiag i^änt^xpav. Vgl. Classen, Beobacht. über den hom.
Sprachgebr. 160 ff., Hübschmann, Zur Casuslehre 113, Spieker, On the
so-called Genitive Absolute, Amer. Journ. of Phil. 6, 310 ff.
2. Das Nomen.
172. Geschlecht der Substantiva. Alle o-Stämme waren ursprüng-
lich masc. oder neutr., alle ^-Stämme fem. Im Lauf der Zeit aber, und zwar
wahrscheinlich erst auf griechischem Boden, wurden viele substantivische
o-Stämme fem., d. h. sie gingen mit Feminina attributive oder prädikative
Verbindungen ein, z. B. rj vrflog, ^oSoddxxvXog ijaJ^, eine Neuerung, die auf
verschiedenen Wegen zu stände kam. Umgekehrt wurden, und zwar wahr-
scheinlich ebenfalls in der speziell griechischen Entwicklungsperiode, (Z-Stämme
maskulinisch, indem mit (Z-Suffixen gebildete Abstrakta zur Bezeichnung
männlicher Personen gebraucht wurden, wie vsavia-^ ursprünglich „Jugend*,
hr^'y ursprünglich „ Angehörigkeit ^; dieser Prozess führte für den nom. und
gen. sg. auch eine an der Form selbst äusserlich hervortretende Maskulini-
sierung herbei (§ 75. 79). Vgl. Osthoff, V. i. d. Nc. 263 ff., Vf. Lit. Centr.
1878 Sp. 983 f. und Fleckeis. Jahrbb. 1880, S. 660 f., Delbrück, S. F. 4, 12 f.,
A. R. Lanoe, De substantivis femininis Graecis secundae declinationis, Lips.
1885. Die mit -t^- -l- gebildeten Nomina, wie yvfa, rjäela (§ 70*^), waren
von Haus aus alle fem. und behielten dieses Genus im Griechischen bei.
Die übrigen stammbildenden Suffixe waren an sich gegen das Genus
indifferent. Das grammatische Geschlecht der mit ihnen gebildeten Sub-
stantiva trat nur entweder in der Kasusbildung (z. B. yivog yivea) oder an
den mit ihnen verbundenen Attributen etc. (z. B. tiqv ßdaiv) hervor.
In^>Pezug auf die Kongruenz der Genera bewegte sich das Griech.
freier als die andern idg. Sprachen, vgl. z. B. X 84 (fils räxvov, A 690
ik^v . . . ß(rj ^Hgaxkrjeir], Solche Inkongruenzen haben, obschon sie
als Verstösse gegen die „grammatische Richtigkeit** erscheinen, für uralt
zu gelten.
198 •^* Orieohisohe Grammatik, d) Syntax.
173. Numerus. Der (wahrscheinlich uridg.) kollektive Gebrauch des
Singulars bei Völker- und Bewohnernamen (z. B. 6 IlhQar-q Herod. 8, 108,
0 XaXxtSsvg Thuk. 6, 84) und Appellativen {noXifiiog, xagnog u. a., z. B.
Thuk. 4, 10 xai tov noXsfiiov deivorsQov i'^ofiev) fusste auf dem (sicher
uridg.) generischen Gebrauch dieses Numerus, demzufolge man mit ihm
nur den Begriff zur Vorstellung brachte {avx^QWTtog „das Wesen Mensch*).
Der Plural oft bei Kollektivbegriffen im Hinblick auf die Teile, die
Arten, die Kompliziertheit der Erscheinungsform u. dgl., z. B. ^dpLad-oi,
xQid-afy akeg^ xQsa, ^vXa^ JjXioi, vvxreg; Xkxxqa^ aq^iaxa^ SoijAaTa von einem
Lager u. s. w. mit Bücksicht auf die Teile der Konstruktion; axxai^ rjiii'eg^
oxO^cci, i'WT«, iQVfid mit Rücksicht auf Ausdehnung, u. dgl. m. Eine Zer-
legung in Gruppen und eine Begrenzung der besonderen Art der Pluralität
hat hier natürlich immer etwas willkürliches, da das Bedeutungsbild in
der Seele der sprechenden selbst ein unbestimmtes und schwankendes war.
In diesem Pluralgebrauch wurzelte auch der „plur. maiestaticus'^ der
Dichter, besonders des Tragiker, z. B. fpilot, texovreg. Bei Abstrakta deutete
die Pluralform die einzelnen Arten oder Bethätigungen des ßegriffs an,
z. B. x>dvajoi^ ataa^aXiai^ fiaviai. Indem ein Individuum wie ein per-
sonifizierter allgemeiner Charakterbegriff erschien, konnte die Pluralform
bedeuten ^Leute wie dieser", z. B. Plat. Theät. p. 169b ^HgaxXäeg „Männer
wie H.", Aschyl. Ag. 1439 XQv<fi/d(ov lAsihyiia t(ov vn* 'iXuo. Zu allen
diesen Gebrauchsarten des Plur. stellen die andern idg. Sprachen Analogien
(vgl. ToBLER, Ztschr. f. Völkerps. 14, 410 ff.), und es wird weniges speziell
griech. Neuerung sein.
Der Dual war zur Zeit, wo die Überlieferung des Griech. einsetzt,
schon im Niedergang. Am frühesten starb er wohl im Lesb.-Asiatischen
aus. Das Att. hielt ihn mit am zähesten. Um 300 v. Chr. mag dieser
Numerus in ganz - Griechenland aus der Sprache des gemeinen Mannes
verschwunden gewesen sein.
Besonders oft wurde der Dual in dem Fall gebraucht, dass zwei
Dinge durch Natur oder Sitte ein Paar bilden (z. B. w'/iw, x^^Q^y Inno)
„Zweigespann", xoxhoqvo^ avaxrs die Dioskuren). Doch war er schon bei
Homer in keinem Fall mehr notwendig, vgl. z. B. noSag oixvg. Ferner
wurde der Dual gesetzt, um zwei in der Rede vorher erwähnte Dinge zu
einer Einheit zusammenzufassen, wie ol di nmXr^Toi dnofiia&(o(xdvto)v tw
crr/yAof (von denen schon vorher die R^de war) auf einer att. Inschr. von
439 V. Chr. bei Meisterhans, Gr.^ 164, ein Gebrauch, welcher sich auch im
Altindischen findet und den Delbrück (S. F. 5, 96 ff.) den „anaphorischen
Dual" nennt (im Gegensatz zum „natürlichen"). Wenn Svo) {Svo) zum Dual
(und Plural) trat, so handelte es sich um irgend zwei Wesen, die nicht in
einer inneren Beziehung zu einander zu stehen brauchten; der Zahlbegriff
hatte den Nachdruck: z. B. F 246 xijQvxeg 6*(ird atttv x^fcov qtlQov Zgxia
niard^ aqis dvco xal oivov. Der Gebrauch des Duals im Griechischen deckte
sich mit dem altindischen, darf also für altüberkommen gelten. Vgl. über
den Gebrauch im alten Epos Delbrück, S. F.- 4, 16 f., Ohler, Üb. d. Ge-
brauch des Du. bei Homer, Mainz 1884, Illeck, Der Du. bei Hesiod, Ztschr.
f. österr. Gymn. 1888, S. 97 ff., über den attischen Keck in Schahs'
2. Dm Nomen. (§ 173-175.)
199
Beitr. zur bist. Synt. 2, 58 f., Wackebnagel, Phil. Anz. 1885, S. 191 ff.,
Meisterhans, Gr.* 161 ff. (andere Litteratur bei G. Meyer, Gr. Gr.^ 359 f.).
Ob sieb die an sieb nicbt unwabrscbeinliebe Annahme bewährt, dass
die Griechen so wie die Inder ein Substantiv in den Dual setzten, um den
durch dasselbe bezeichneten Gegenstand nebst einem andern, mit ihm ge-
wöhnlich zusammen gedachten Gegenstand auszudrücken {AiavTe „Aias und
Teukros", roi Kmtoqc „Eastor und Polydeukes"), bleibt abzuwarten, s.
Wackebnagel, K. Z. 23, 302 ff., Delbrück, S. F. 4, 20.
174. Inkongruenz der Numeri, zugleich mit Bezug auf das
Verbum. Keine alte Sprache hatte so wenig feste Normen hinsichtlich
der Kongruenz der Numeri als das Griechische. Dual mit Plural: E 275
TftJ ii tax iyyvO^€v rXi^ov, ^ 115 x**(?* nstdaaccq dfifporäQag^ Xen. mem.
n 3, 18 TCO x**i?*5 ^^ xrX., Demosth. 24, 9 dixa<ftrjQ{oiv dvoXv . . . iiprjfpiC"
fiävfov. Plural mit Dual: J 452 dg 3^ ote xfifiaQQoi noxaiiol . . . avjAßaX'-
Xetov oßQifiov vdwQ, Plat. de rep. p. 478 a ivvaiieig i^ a^ffoneqai iarov^
io^a T€ xai €7iiaTrjfirj. Über eine Parallele zu /7 218 Sv' ävtqs O^wQrflaoy'xü
im Avestischen s. Delbrück, S. F. 4, 18. Sing, mit Plur.: B 278 w$
ifdaav ij 7iXrj&vg, Thuk. 4, 32 o äXXog axQaxog dväßmvov^ 2 603 nequaraü^^
opuXog T€Q7r6fA€voi; vgl. hierzu die Verbindung der Kollektivpronomina
tvir und ihr, die zum Teil noch in der historischen Gräzität Singularflexion
trugen (§ 96), mit dem Plural.
Neutr. pl. mit sg. des Verbs. Der Sing, des Verbs bei Homer häu-
figer als der Plur.^, welcher in der att. Prosa nur selten vorkommt; auf
den att. Inschriften nur ein Beispiel, mit dem es eine besondere Bewandtnis
hat (Meistebhans, Gr.* 160). Dass die Griechen den Plur. des Verbs öfter
darum vorzogen, weil der Gedanke der Mehrerleiheit überwog, ist wahr-
scheinlich, wenngleich nach keiner Richtung ein festes Prinzip in der Wahl
der einen oder der andern Konstruktion hervortritt. Wenn sich bei Homer
der Plur. nach Substantiven häufiger zeigt als nach Pron. und Adj. (R.
Franz, De generis neutrius pluralis cum verbo construendi vi et usu, 1877),
so war dieses wohl darin begründet, dass diesen (z. B. ravra, rd dya^d)
der Sinn der Vereinigtheit öfter zukam als jenen. Die Konstruktion des
neutr. pl. mit dem Verbum im Sing, war uridg. und beruhte darauf, dass
die in der Grammatik als nom. acc. pl. bezeichneten Formen zum Teil
wenigstens ursprünglich keine Mehrheits-, sondern nur Kollektivbedeutung
hatten (vgl. Mahlow, D. 1. V. 72 ff.).
Bei der Beurteilung von wrae SfSrjfi M 466 (vgl. Delbbück, S. F. 4,
18) kommt das neutrale Genus des Subst. mit in Betracht.
Die Kasus.
175. Über den Ursprung der Kasussuffixe liegen nur mehr oder
minder vage Vermutungen vor. Daher kann die Grundbedeutung der Kasus
nicht als ermittelt gelten. Auf eine streng einheitliche Grundbedeutung
*) Einige Homerstellen mit dem Plural
von XvofAai will Wackebnagel, E. Z. 28, 308
nicht gelten lassen, indem er annimmt, dass
Bii^rlbiglich Singnlarfoimen im Text ge-
standen hätten, wie B 135 dovga (Tearpte
yevuy xai anaqia XiXvytai,^ wo er XiXvxat
koojiziert.
200 A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
in solchen Fällen, wo zwei lautlich nicht zu identifizierende Suffixe neben-
einander im Gebrauch waren, wie -os (-es) und -sio im gen. sg. (§ 79), aus-
zugehen hat man kein Recht.
Mehrere Formkategorien fungierten als Kasus, obwohl sie ein Kasus-
zeichen nicht hatten und wahrscheinlich nie gehabt hatten: x^Q^ § 75,
yerog, t^dv § 78, roi\ dessen -i Pluralzeichen war, § 93, ifiä § 96, dofiev öofurjv
§ 82. Das -^ von ovß^aq hing mit dem Stammbildungssuffix -ro- zu-
sammen (§ 71*, 1) und das -m (-r) des acc. sg. masc. fem. neutr. und nom.
neutr. {Jinnov^ X^Q^^'j C^yov) vermutlich mit der Partikel -ei» -öi» -w, die
schwerlich ursprünglich eine kasuelle Funktion hatte (Leskien, Ber. der
Sachs. Ges. d. W. 1884 S. 101).
Man teilt die Kasus der indogermanischen Sprachen ein in lokale,
d. h. solche, die irgend ein räumliches Verhältnis zur Vorstellung bringen,
und grammatische, d. h. solche, die eine rein grammatische Beziehung
des Nomons zu einem andern Satzteil ausdrücken. Zu jenen rechnet man
den Lok., Abi. und Instr., zu diesen den Nom. und Akk.; den Dat. nehmen
die einen als lokalen, die andern als grammatischen Kasus (vgl. Hübsch-
mann, Zur Casusl. 214, Pischel, Bezz. B. 1, 111, Delbrück, S. F. 4, 53.
5, 140). Dass Lok., Abi., Instr., so weit wir in der Sprachgeschichte
rückwärts zu blicken vermögen, räumliche Beziehungen bezeichneten, ist
sicher. Auch muss wohl die räumliche Bedeutung des Dativs, wonach in
diesen Kasus der BegriflF trat, dem die Handlung sich zuneigt, zuwendet,
als urindogermanisch gelten, wenn sie auch vielleicht zunächst erst aus
der grammatischen Bedeutung hervorgegangen war, nach der man in diesen
Kasus denjenigen Begriff setzte, dem die Handlung gilt.
Wenn man hienach den Nom. und Akk., eventuell auch den Dat. als
„grammatische Kasus^ definiert, so muss man dabei bedenken, dass eine
derartige Bedeutung den Formen nicht von allem Anfang an kann zuge-
kommen sein. Die wirkliche Grundbedeutung muss eine konkretere, lebens-
vollere gewesen sein. Welche es war, ist nicht zu sagen, da die Etymo-
logie der Flexionsendung im dunkeln liegt. Vgl. Whitney, Transactions
of Amer. Philol. Assoc. 13, 88 ff.
Dadurch, dass für eine gewisse Funktion eines Kasus das Sprach-
gefühl aufhört lebendig zu sein, so dass sie nur bei einer bestimmten An-
zahl von Formen rein gedächtnismässig beibehalten wird und nicht mehr
jedem beliebigen Nomen neu beigelegt werden kann, entstehen Adverbia.
In jedem Zeitpunkt der vorhistorischen und der historischen Entwicklung
des Griech. gab es eine Anzahl von Kasus, die in diesem Erstarrungs-
prozess begriffen waren, und es ist oft keine scharfe Grenze zu ziehen
zwischen lebendigem Kasusgebrauch und adverbialem. So ist z. B. in der
historischen Gräzität die Funktion des Gen. als „g^^n. temporis'^ (§ 182)
kaum mehr als ein lebendiger Kasusgebrauch zu bezeichnen, der Kreis der
Formen war ein geschlossener {rjfi^Qccg u. s. w.).
Die vollendete adverbiale Erstarrung bekundet sich am deutlichsten
] . darin, dass die betreffende Kasusform überhaupt nur in dieser bestimmten
Zahl von Exemplaren erhalten geblieben ist, dass man sie bei den andern
bildungsgleichen Nomina nach Abgabe ihrer Funktion an andre Kasus-
2. Das Nomen. (§ 175.) 201
formen hat fallen lassen, vgl. z. B. im Att. die Lok. olxoi, etc. (§ 186)
neben iv &oX(p etc. 2. darin, dass, wenn ein Kasus eine assoziative formale
Neuerung er^rt, die aus dem lebendigen Kasusverband ausgeschiedenen
Formen dieser Neuerung nicht unterworfen werden, vgl. z. B. att. 'Ai^rjvrjfn,
nXetraiMi, d'vqMi u. dgl. gegenüber den Formen auf -gcxi -^cr«, die aus
-1^» -«er» nach der Analogie von -omi, umgebildet waren (§ 90). 3. darin,
dass der Ausgang der Kasusform (als Adverbialendung) ohne Rücksicht
auf die Stammbildung weitergetragen wird, vgl. z. B. das nach ciTxor,
^Icx^fioi gebildete att. KmvvvoT (nom. Kixvvva), das nach tj, ravtr] u. dgl.
geschaffene Ttavrj], die nach xaXcjg (von St. xako-) gebildeten (fmy«^ovr-«5,
'f^X^ifYfoq u. a. (§ 80. 83). 4. darin, dass der Kasusausgang eine Erwei-
terung erfährt, die im lebendigen Kasusgebrauch nicht eintreten könnte:
vgl. z. B. fvdv-q id'v-g neben evd'v id'v nach andern, altern Adverbien
auf -$ wie ovTCh^; hom. hxQi-^l-g mit demselben -g (vgl. afufiq) neben üTqa-
%6^ etc. (§ 92).
Synkretistische Kasus (Mischkasus) entstehen dadurch, dass au
die Stelle von zwei Kasus von verschiedener Form und verschiedener Be-
deutung eine Kasusform tritt, die die Funktionen der beiden vereinigt.
Der Anlass zu solcher Neuerung kann ein sehr verschiedener sein. Ab-
gesehen von einigen verwickeiteren Prozessen, die nur von Fall zu Fall
besprochen werden können, lassen sich zwei öfter wiederkehrende Anlässe
unterscheiden: Annäherung der Bedeutung und Zusammenfall der Form
zweier Kasus. Jene war in den älteren, dieser in den jüngeren idg. Sprach-
entwicklungen der häufigste Grund zum Synkretismus. Berührten sich die
Kasus in der Funktion, so führte dieses immer zunächst zu einem Promiscue-
Gebrauch, d. h. die beiden Formen tauschten nach und nach alle ihre
Funktionen gegenseitig aus; alsdann Hess man die eine der beiden Formen
als überflüssig fallen. Wurden die Formen der beiden Kasus auf laut-
gesetzlichem Wege gleich, so war für die von der lautlichen Verwandlung
betroffenen Kategorieen von Nominalstämmen der Synkretismus ohne wei-
teres gegeben; in anderen Nominalstammklassen, wo ein Zusammenfall
der Form nicht stattfand, blieb die formale Geschiedenheit dann entweder
bestehen, oder sie wurde durch assoziative Einwirkung der synkretistischen
Formen, durch die Zwischenstufe eines Promiscue-Gebrauchs hindurch, auch
hier aufgehoben.
Im Griech. fand Vermischung statt zwischen Gen. und Abi. sg. und
pl. (allgemeingriechisch, z. B. Gen. tov und t(ov auch mit Ablativbedeutung),
zwischen Dat., Lok. und Instr. sg. und pl. (teils allgemeingriechisch, z. B.
Lok. noi-i und nwsl auch mit Dativ- und Instr .-Bedeutung, teils einzeldialek-
tisch, z. B. Lok. (Hxoi im Nordwestgriech., Boot. etc. auch mit Dativ- und
Instrumentalbedeutung, Dativ olxijii im lon.-Att. etc. auch mit Lok.- und
Instr.-Bedeutung), zwischen Lok. und Gen.-Abl. sg. (in einem Teil von
Thessalien Lok. oixoi auch als Gen.-Abl.), zwischen Nom. und Akk. pl.
(in verschiedenen Dialekten Nominative auf -sq wie iXXdaawsg auch als
Akk., umgekehrt z. B. Akk. TQiq im Herakl. auch als Nom.), vielleicht auch
vmvuAißü, Dat.-Lok.-Instr. pl. und Akk. pl. (el. aXXoiQ auch als Akk., s. .
§U fi..fiO). In den meisten Fällen war es unzweifelhaft Ähnlichkeit des
202 A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
Gebrauchs in einer Anzahl von syntaktischen Verbindungen (vgl. z. B. Dat.
und Instr. beim Passiv zum Ausdruck des Vollziehers der Handlung), was
die Kasus zusammenfallen Hess. Von lautgesetzlichem Zusammenfall der
Form dagegen als Ursache synkretistischer Neuerungen kann vielleicht
nur beim Lok.-Dat. sg. der o-Stämme die Rede sein, nämlich wenn der
Dativaufigang -öi vor konsonantischem Anlaut des folgenden Wortes zu
'Ol geworden und damit dem aus vorgriech. Zeit mitgebrachten Lokativ-
ausgang -ot gleich geworden war, (s. § 82 S. 122 Fussn. 1 und § 184). Eine
gewisse lautliche Ähnlichkeit des flexivischen Ausgangs mag hie und da
den Prozess unterstützt haben (vgl. Lok. pl. -oicxi und Instr. pl. -ok, Nom.
pl. '€g und Akk. pl. -ag); aber es ist sicher falsch, wenn man einzig aus
dieser den Synkretismus herleitet.
176. Der Vokativ stand, als Anruf, ausser syntaktischer Beziehung
zu den andern Satzgliedern und war demnach eigentlich kein Kasus.
Hiermit steht im Einklang, dass die singularischen Vokativformen wie
171716 TtoTSQ koin Kasussuffix hatten (§ 76). Wenn im Plural, wie in den
andern Sprachen, der Nom. (vgl. § 177) als Anruf fungierte, so ist nicht
zu übersehen, dass das -e des Ausgangs -o-i, vielleicht auch das -sg von
Ttod-eg, ursprünglich nur Plural-, nicht zugleich Nominativzeichen war. Dass
der Vok., wenn mit ihm die Rede begann, als ausserhalb des eigentlichen
Satzes stehend empfunden wurde, zeigt die Stellung von dt u. a. Partikeln,
wie "'Hfpaiave, ad ik xQ^j iitXsiv xtX. Äsch. Prom. 3 (vgl. Kühner, Ausf.
Gr. IP 45 f.).
Die Vorsetzung von w vor den Vok. wurde für die konventionelle,
Ehren halber geschehende Anrede (o) ävÖQeg ^AO^rivaim) und im ruhigen
Gesprächston, wenn man den angeredeten aufmerksam machen wollte, zu
stehender Gewohnheit.
Der Vok. konnte auch prädikativ stehen, wie Eur. Tro. 1221 av t\
0) 7X0% oifSa xaXkivixs jtivQfon' firjtSQ TQ07raiiüV^ ^ExvoQog ifiXov croxoc, crf-
(pavov. Der gleiche Gebrauch im Ai., s. Delbrück, S. F. 4, 29. 5, lOG.
Der (deiktische) Gebrauch des Artikels in Ausdrücken wie o) äväQfg
Ol TTaQovteg {Plsit Prot. p. 337 c), TtaQaTrjQsh*, f^rj, tovtov ot TiXifliov (Xen.
mem. III, 14, 4) war wahrscheinlich aus uridg. Zeit überkommen, s. Bezzen-
BERGER in s. Beitr. 13, 290 f.
177. Der Nominativ Hess den Nominalbegriflf als den Mittelpunkt
des. durch das Verbum bezeichneten Vorganges erscheinen.
Der nom. sg. fungierte häufig vokativisch, besonders derjenige der
rt-5 Q' und i'-Stämme. Zuweilen verbanden sich Nom. und Vok. in voka-
tivischer Funktion, z. B. // 189 (piXog ei MeveXae (vgl. Wackernagel,
Bezz. B. 4, 280 flf.), Eur. Andr. 348 w vXrjiniav iivfQ. Die Anknüpfung
eines vokativischen Nom. an einen Vok. mittels r^, z. B. r276 Zev Ticasq . . .
'nt'Xtag T6, scheint altererbt gewesen zu sein, da sie auch altindisch war
(Benfey, Über die Entsteh, d. Voc, Abh. d. Ges. d. Wiss. zu Gott. 17,
30 f., Delbrück, S. F. 4, 28. 5, 105 f.). Und überhaupt mag der vokativische
Gebrauch des nom. sg. in die idg. Urzeit zurückgehen. Seine Ausbreitung
^ wurde nicht nur dadurch erleichtert, dass im Plural und Dual immer die-
selbe Form in beiden Funktionen üblich war und das Neutrum in allen
2. Das Nomen. (§ 176—178).
203
Numeris keine eigene Vokativforra hatte, sondern auch dadurch, dass die
Personalpronomina und geschlechtige Pronomina deiktischer Bedeutung im
Sing, von Haus aus der Vokativform entbehrten (daher immer ovTog, «
ovsog im Anruf).
Im Lauf der griech. Sprachgeschichte übernahm der Nom. pl. auf -sg
die Funktion des Akk. pl. mit (jungatt. rovg evyevetg^ rovg ßsktiovg, nur
Fälle, in denen der Ausgang -eg durch Kontraktion verschwunden war,
el. x^Q^'^^Q ttvtanodidioaaa^ ach. tovg iXaaaovsg, delph. nvag dexattTOQsg^
messen, navteg, § 87) und umgekehrt der Akk. pl. die des Nom. pl. (herakl.
TQig axoh'ot, att. ai aqxvg^ § 86). Bei diesem Synkretismus mag auch die
formale Ähnlichkeit mit im Spiele gewesen sein (§ 175); speziell fürs
Elische ist die dem a nahe gelegene Aussprache des e (§ 8) zu beachten.
Im El. trat auch Vermischung des Akk. pl. mit dem Dat. pl. ein,
wenn die mit akkusativischer Funktion auftretenden Formen auf -oiq -aig
den att. Formen auf -otg -atg gleichzusetzen sind (§ 55 S. 69).
178. Der Akkusativ brachte das Nomen in eine an sich ganz un-
bestimmte Beziehung zum Verbum. Die besondere Art der Beziehung
ergab sich aus der Natur des Verbums und des von ihm abhängigen Nomons.
Altererbt war die Verbindung dieses Kasus mit folgenden Verba.*)
1. Verba des Affizierens, z. B. ayew (Objektsakk.). Bei pas-
siver Ausdrucksweise entsprach der Nom. Nach e^agraifiai ri auch i^a^roc
eifit Tiy nach fiäfi^ofiai %i auch juo/iyijv i^^ ^* u« dgl«
2. Verba des Hervorbringens.
a. Der Nominalbegriff stellte sich als das Resultat des Hervorbringens
dar, z. B. oQv^ai xcKfQov^ xvmtiv i'Xxog (Akk. des Resultates).
b. Er deckte sich mehr oder weniger mit dem Substanzbegriff des
Verbs, was nur dann möglich war, wenn das Nomen eine Erscheinung,
einen Vorgang, nicht etwa wenn es eine Person oder eine Örtlichkeit
bezeichnete, z. B. vixäv vixrjVy vixdv nävzad^Xov^ &€tv ÖQoiiiov (Akk. des
Inhalts). Dieser Akk. wurde im Griechischen besonders beliebt und
>) Gut sagt Delbrück, S. F. 5, 164:
«Dabei sind die Begriffe des Zieles, des In-
haltes, des Objects, der Zeitdauer u. s. w.
in der Grammatik nicht weiter zu definiren,
sondern sind als Realitäten anzusehen, welche
in der Anschauung der Sprechenden vor-
handen sind . . . Auch in der Abgrenzung
der einzelnen Anschauungskreise bleibt eine
Schwierigkeit. Denn man darf nicht ver-
gessen, dass die Begriffe Ziel, Object u. s.
w. wie Inseln im Meere als Krystallisations-
punkte auftauchen, und dass Wendungen
Öbrig bleiben, welche zu dem einen oder dem
anderen Kreise gerechnet oder überhaupt
nicht sicher untergebracht werden können.
Ja bei schärferem Nachdenken kommt man
natflrlich immer wieder zu der Erkenntniss,
dass in der Sprache nichts gegeben ist, als
der Verbalbegriff und der Nominalbegriff,
und dass eine Einteilung des Stoffes zwar
unvermeidlich, eine jede aber nicht frei von
Willkür ist." Dieses gilt für die Bestim-
mung und Zergliederung überhaupt aller
syntaktischen Gebrauchsweisen. Nur der-
i'enige wird die Aufgabe der Syntax in ihrem
löchsten wissenschaftlichen Verstand lösen,
der, möglichst absehend von der im Verlauf
vieler Jahrhunderte erwachsenen Termino-
logie und Einteilung, durch die so vieles in
die Dinge hineingelegt wird, was in ihnen
in Wirklichkeit nicht vorhanden war, überall
nur darauf aus ist, das Bedeutungsbild zu
reproduzieren, das in der Seele der spre-
chenden lag. Dieses war fast überall weniger
deutlich und weniger scharf umrissen, als es
die traditionelle Grammatik erscheinen lässt.
Fast allenthalben gab es Übergangssiufen und
Beziehungen zu benachbartem, die wir oft
nur ahnen können.
204 A. Griechische Qrammatik. d) Syntax.
diente oft rhetorisch-stilistischen Zwecken (vgl. Scheidawind, Üb. den Akk.
des Inhalts bei den hervorragendsten griech. Prosaikern, Wtirzburg 188G).
Bei passiver Ausdrucksweise entsprach der Nom.: a. i'Xxog Tvmetai^
b. TioXsfiog noXe/iehm, doch auch rvmofiai i'kxog (12 421 avv rf' i'kxea
ndvta fitfivxev^ oaa* i%vnri^ vgl. E 795 i'htoq ävaifjvxovra, to fiiv ßdXe
ndvdaqoq u[)). Der Akk. des Inhalts ging auch Verbindung mit Adjektiven
ein (z. B. Thuk. 5, 34 ätifiovg on^fiiav roicevSe), die in diesem Fall wie
Partizipia empfunden wurden (vgl. Plato ap. p. 19c noXXtjv tpXvaqfav (pXva-
Qovvra und ib. p. 22 e coifoq &v Tijv ixelvfov aoif(ttv),
3. Verba der Bewegung nach einem Ziele hin, z. B* y 162 eßav
veag (Akk. des Ziels). Schon frühe wurde der Akk. in solchen Ver-
bindungen durch Präpositionen, wie ev {ivg, vgl. § 200), eni, näher de-
finiert (vgl. auch Sofiov Se, Uvh^va^e § 55. 201); im Attischen wurde diese
präpositionale Stütze fast durchgehends notwendig. Als lokaler Kasus
wurde dieser Akk. bei passivischer Ausdrucksweise nicht durch den Nom.
ersetzt.
4. Verba, mit denen sich der Begriff einer räumlichen oder zeit-
lichen Erstreckung verband, z. B. Z 292 oSov . . . avijyayfv, B 292
iva fifjva fiävoav (Akk. der Ausdehnung). Auch in diesen Verbindungen
wurde der Akk. frühe durch Präpositionen, wie avd, did^ charakterisiert
und blieb in passivischer Wendung Akk.
Für die Kategorie des sog. Akk. der Beziehung (acc. Graecus)
lassen sich am wenigsten feste Grenzen angeben. In der Hauptsache war
sie, wie mir scheint (vgl. Gaedicke, Acc. im Veda 280 f., Delbrück, S. F.
5, 165. 185), erst auf griechischem Boden erwachsen und hatte einen Teil
des Gebrauchs des Instr. (vgl. § 187) verdrängt. Als altererbt können
einzelne Ausdrücke wie ovoiia „mit Namen** gelten (vgl. Gaedicke a. 0.
216 ff.), denen sich zunächst yävog^ svqog u. a. anschlössen; man darf alle
hierher gehörigen Akkusative als Adverbia bezeichnen. Weiteren Zuzug
erhielt diese Kategorie aus dem Gebiete des Objektsakkusativs. Man darf
hierher stellen den Akk. nach Verba des Sagens, Wissens u. a. in Sätzen
wie ffSse yccQ xaxd d-vfiov ddsXifsov^ cSg inovstto^ Eur. Med. 248 Xeyovci
rf' ijjuag, (ag dxivivvov ßtov ^dfiev xax* oixovg; vgl. dass bei passivischer
Ausdrucksweise nicht nur der Nom. gebraucht wurde {X^yovrai uveg, or«),
sondern auch der Akk. (Xtyetal Tivag^ ot$), s. Kühner II* 1088. In Wen-
dungen wie tov . . . nXrjS' avxtva A 240, wo av%iva ursprünglich ebenso
gut Objektsakk. war wie tov {c%7iika xax^* oXov xal fiäqog), wurde die
Sprachempfindung gegenüber dem das iiäqog bezeichnenden Akk. alteriert
(vgl. O 250 fif , , , ßdXsv Aiag xsQiiaditfi nqog frtrjd'ogy T 125 rov 6' ctxog
öfi) xatd (fQsva xvips ßaO^sTav); ebenso gegenüber dem sachlichen Objekts-
akk. in Wendungen wie iiidaxio uvd ti, wie man aus der passivischen
Ausdrucksweise sieht {enXrjyrj avx^va und diSdffxofiai iiovaixrjv). Ausserdem
floss auch vom Akk. des Inhalts zu, vgl. z. B. ^OXvfima vixdv, dfiagrdvw
tavra. Dass alle diese Fälle etwas gemeinsames hatten, was erlaubt sie
zusammenzustellen, ist ebenso unverkennbar, wie dass der Ausdruck Akk.
der Beziehung nur ein Notbehelf ist.
Der Akk. der Beziehung gesellte sich in ähnlicher Weise wie der
2. Das Nomen. (§ 179—181.) 205
des Inhalts auch zu Adjektiven, z.* B. «Vcro^ yvijr, ivaXtyxtog avdi]v nach
dem Vorbild von Ausdrücken wie ioixwq ^vr^v (Delbrück, S. F. 4, 33).
179. Die akkusativischen Adverbia beruhten auf den Akk. des In-
halts, wie /iffya, aAAryxrov {B 452 likkrjXTov 7ioXs(.uXhv rjäi (xäx^od^ai^ vgl.
B 121 anQTjxTov niktfiov noXsiii^siv fjd^ iidx^ad^ai), der Ausdehnung, wie
vvx%ay avQiov^ der Beziehung, wie evqoq^ fit-yed-og. Akkusative wie tavia
xaXXa waren auf verschiedenen Wegen adverbial geworden. Vgl. Delbrück,
S. F. 4, 34 ff. Mancherlei adverbiale Erstarrungen hatte der Akk. sicher
schon in vorgriech. Zeit erlitten, z. B. ovoiia wie ai. ndrna „namens*",
i/i-nedo-v Adv. zu ifi-nsdo-^ wie ai. ati^matrd^m Adv. zu ati-nKUrd-s „das
Mass überschreitend" (Vf. Grdr. 2, 30).
Zur Auslassung des Substantivs imiv raxitrrrjv {sc. orfor), Tvirtetv Smktjv
{sc. nXrjyrjv) u. dgl. vgl. § 189.
180. Verbundene Akkusative. Die wichtigsten Kategorien sind
folgende, die proethnisch zu sein scheinen (vgl. Gaedicke a. 0. 249 ff.).
1. Zwei Objektsakkusati ve. a. Das ^XW^ ^- ^^®^' ^^ H'^'Qog, wie A 240
tiv d' äoQ$ nXi]^' avx^'va (vgl. Gaedicke a. 0. 268). b. eQwraia %i riva,
diSoaxca u %iva^ H 667 a\[jLa xdd'rjQov . . . SaQnrjdova^ eine Art Bedeutungs-
zeugma: iQ(ova(o t$ , erfrage etwas* + e^catdü} Tivd „befrage einen**. Über
die Auffassung des den Teilbegriff darstellenden Akk. in a. und des die
Sache bezeichnenden Akk. in b. als Akk. der Beziehung s. § 178. c. dvi"
fiotsQOV dt fi€ d^iSsiq n 90, evqs tovg dviqaq Sis^d-aQfievovg Thuk. 2, 6;
der eine Akk. trat als Prädikat hinzu, im Pass. doppelter Nom.
2. Akk. des Obj. mit dem des Inhalts, wie o 245 ov . . . (plXei . . .
navToirjv (fiXofrjra.
Verbindungen wie die des Akk. des Objekts mit dem der Ausdehnung,
wie Herod. 6, 135 Hdqov . . . JtoXioqxrflag 1^^ xal sixoai rjfitQag u. dgl.
(zu einem Verb konnten auch drei und mehr Akkusative, jeder mit an-
derer Beziehung, treten) geben zu besondern Bemerkungen keinen Anlass.
•
181. Genitiv. Die Singularformen auf ~og (noiog) und die auf -äg
{xoiQäg) vereinigten seit uridg. Zeit Genitiv- und Ablativbedeutung. Dieser
Umstand und zugleich mehrfache Berührungen des genitivischen und des
ablativischen Gebrauches hatten zur Folge, dass der Gen. sg. auf -40 (Ihnmo)
den Abi. sg. auf -«(rf) (vgl. lat. Gnaivöd, § 80) absorbierte, der sich nur
noch in adverbialer Erstarrung, z. B. lokr. (o „unde'^, erhielt, und ebenso
der Gen. pl. auf -cöv den idg. Abi. pl. (vgl. ai. dvi-hhyas, lat. ovi-hus).
Infolge dieses Synkretismus übernahmen auch die vielfach wie echte
Kasus gebrauchten Formen auf -d-ev, denen ursprünglich nur ablativische
Funktion zukam, zuweilen Genitivbedeutung, wie B 26 vvv ä' iiihd^Bv
^vveg (oxa.
In Thessalien (Pelasgiotis und Perrhäbia) wurde die Lokativform auf
-o« (§ 82) auch als Gen. gebraucht. Bei der Dürftigkeit des Sprachmaterials
lässt sich nicht sehen, auf welchem Wege (es sind mehrere Wege denkbar)
dieser Synkretismus zu stände kam. Die öfters (zuletzt von Hoffmann,
De mixtis Gr. 1. dialectis 6. 13) vorgetragene Ansicht, -oi sei Verstümm-
lung von 'Oto, leuchtet mir nicht ein.
206 A. firiechiache Grammatik, d) Syntax.
183. A. Echter Genitiv. Als ad nominal er Kasus setzte der echte
Oen. ein Nomen zu einem andern Nomen in engste Beziehung. Die be-
sondere Art der Beziehung ergab sich aus der Natur der auf einander
bezogenen Nomina, beziehungsweise aus dem ganzen Zusammenhang; wo-
nach man in der Grammatik einen Gen. des Urhebers (^cr/ia SificoviSov),
des Besitzers {oixta UsQi^tXbovg), des Objektes {iQoog rf^g äQeTtjg), der Be-
schaffenheit {oäog TQi(av rjfisQ^v), des Stoffes {nsvre fxvat aQyvQtov), des
geteilten ganzen {noXXol tjficSv) zu unterscheiden pflegt. Die Grenzen zwischen
diesen Kategorien waren naturgemäss fliessend, z. B. zwischen gen. partit.
und gen. possess. Diese verschiedenen Gebrauchsweisen waren dieselben wie
in den andern Sprachen.
Wie ein Verbum mehrere Akkusative verschiedenen Bezugs, so konnte
ein Nomen mehrere echte Genitive verschiedenen Bezugs zu sich nehmen,
z. B. Thuk. 3, 115 trjy toi Aäxr[uog twv vedv agxrjv.
In Abhängigkeit von einem Verbum, als ad verbal er Kasus, Hess
der echte Gen. das Nomen nicht in seiner Totalität, sondern nur zu einem
unbestimmten Teile von der Handlung ergriffen oder bewältigt erscheinen,
vgl. den adnominalen Gen. als partitivus. Der adverbale Gen. war ent-
weder Gen. des äusseren Objektes, z. B. bei aTioXaveiv, iad-ieiv^ nsradidovai^
TTifinXdvaiy amsad^ai, ix^aO^M, axoisiv (dazu auch Adjektiva mit dem Gen.,
die den Partizipien der entsprechenden Verba gleich zu achten sind, z. B.
Httoxog, inr]xoog, /itij/iwv), oder Gen. des inneren , Objektes, z. B. Soph.
fragm. 147 n^qi d* ifAf^ ^^? xaTccyvvräi z6 teifxog ov fiVQOV nveov, y 408
inl ^eOToTai Xixhoiaiv^ oV ot Maav . , , anoatiXßovzBg aXsiipatog (vgl.
Delbrück, S. F. 4, 39 f.). — Noch nicht befriedigend erklärt ist x^ard-
Tov xq{v€iv; schwerlich = d^avdrov xqiatv xqivsiv.
Wie der partitive Gen. im adnominalen Gebrauch teils, im Singular,
ein einheitliches ganzes zu einem Teilquantum in Beziehung setzte (z. B.
Thuk. 1, 118 ot U^rivaToi im fjiäya exciQTjffav ivvdin€(ag), teils, im Plur.,
eine Gesamtzahl von Individuen zu einem Teil derselben (TtoXXol tdiv dv-
x^Q^TKüv), so auch im adverbalen Gebrauch: vgl. einerseits * 102 XüjtoTo
^ayoiv, anderseits Xen. Hell. V 2, 12 ovtoi xmv noXemv nQoatjdyovio (vgl.
Büchsenschütz zu IV 4, 13). In letzterer Weise konnte der Gen. auch
Satzsubjekt sein, z. B. Xen. Hell. IV 2, 20 immov sxattQiov.
Wie der Nom. und der Akk., so konnte auch der Gen. als Prädikats-
nomen fungieren, z. B. Thuk. 5, 5 iyeveto Meaatjvrj Aoxqwv^ Xen. oec. 1, 2
SoxeT . . . olxovofAOV dyaO'Ov eivai €v oixeXv tov iavrov oixov; vgl. auch
TiQiaCxhai u ntvre iivdv mit Theokr. 15, 19 inTadqdxiKag nhvts noxmg iXaße.
Die sog. lokalen und temporalen Genitive (vgl. Delbrück, S. F.
4, 44 f.) wurzelten im partitiven Gebrauch. Z. B. ^'^xo^^ai naiioio (B 801)
führte die Ebene als ganzes vor Auge, von dem nur ein irgendwie grosser
Teil von der Handlung des Gehens betroffen wurde (vgl. egeiaaro yai\g
E 309), im Gegensatz zu Mifsne nsStov {A 496), wo der Teilbegriflf nicht
vorschwebte. Entsprechend verlegte der Gen. bei Zeitbegriflfen (0 470
riovg ii] xal fidXXov vrreQineve'a KQoviwva oiptai . . . oXXvvt* 'Agyeimv novXvv
aiqatov alxfirjTdon) die Handlung in einen unbestimmt grossen Teil des
ganzen Zeitraumes. Vgl. auch iqxtmv noxf vjtiüg iyxtxXijitrovg gegenüber
2. Bas Nomen. (§ 182—184.) 207
(*V) iQxstn xA., dexa rjfieQwv ngoad^u) gegenüber ev Säxa rjfLisQaig (Meister-
hans, Gr.* 167) und {tffi) rj/xägag gegenüber (rjj) yu'^^ und (riyr) i^fiegar.
Aber der partitive Sinn blieb nicht lebendig, er verblasste. Das att. avrov^
welches ursprünglich den Vorgang in einen irgendwie grossen Teil der
Örtlichkeit verwies, wurde gleichbedeutend mit dem den Ort als ungeteiltes
ganzes vors Auge führenden Lok. atnti; daher Hessen diesen (im Dorischen
erhaltenen) Kasus die Attiker als terminus in quo (vgl. § 186) fallen. In
gleicher Weise zeigt sich der partitive Sinn verflüchtigt Herod. 4, 48
iaxQog Xaoq atl avioq iüJVTfp Qt€i xal x}^t'Q€og xal xfijUoTfog, el. ijfiev dl xal
da^ttkeiav xal noXhuto xal alQavaQ (CoLLiTZ, Gr. D. n. 1172, 23) und sonst
oft. Diese Verflüchtigung tritt auch in der Verbindung dieses Gen. mit
inl^ neql, /uLerd (§ 196) hervor.
183. B. Ablativischer Genitiv. Im Abi. stand das, von dem etwas
weg- oder ausgeht. Er verband sich daher, wie in den andern idg. Sprachen,
mit Verba des Gehens, Herrührens, Ablassens, Befreiens, Hörens u. a., z. B.
1^ 125 OvXvfinoio xarrjXx^ofiev. Auch mit den zu diesen Verba gehörigen
Adjektiva, z. ß. Soph. Ai. 511 trov iiovog = aov /lovwd^etg; doch mag hier
in einigen Fällen auch echter Gen. anzunehmen sein, vgl. z. B. iXev^eQog
ntjfActKov mit lat. Über laborum.
Ablativischen Gen. hatte der Komparativ bei sich: iit(^wv aov war
„grösser von dir (von deinem Höhenmass) aus gerechnet", daher „im Ver-
gleich zu dir". Diese Aasdrucksweise war aus uridg. Zeit mitgebracht.
In der griech. Entwicklungsperiode stellte sich daneben der Gebrauch von ]]
und von Präpositionen wie nqo „vor" (Vorzug) und dvti „angesichts, gegen-
über". Denselben ablativischen Gen. hatten auch die aus Komparativen
gebildeten Verba wie rjTTMx^ai, • vaT€Q€tv, TiXeovexTcTv. Ebenso war abla-
tivisch der Gen. beim Superlativ in Fällen wie A 505 (ig (üxvnoQfaxatog
aXX(av inXeto (der kurzlebigste im Vergleich mit den andern, d. h. kurz-
lebiger als jeder einzelne von den andern), Soph. Ant. 100 xaXXiaxov twv
TiQoxiqwv y^dogy Thuk. 1, .1 noXsiiov d^ioXoyoiravov twi' nQoyeytvr^fit'vwv;
daneben war der gen. partit. üblich, wie Tqwcov t6v ixQiaTov ^ntffvtr P 80.
Vgl. Ziemer, Vergl. Syntax der idg. Komparation 54 ff. 255 ff.
Über die ablativischen Adverbia auf -a)(^) s. § 80.
184. Dativ. Wie die Formen des Dativs der traditionellen Gram-
matik teils Dat. (§ 81), teils Lok. (§ 82. 90), teils Instr. (§ 83. 91) waren,
so war dieser Kasus auch in Bezug auf die Funktionen synkretistisch.
Der alte Dat. und der Instr. waren zunächst zusammengeflossen in der
Weise, dass im lebendigen Kasusgebrauch jede Stammklasse im Sing, wie
im Plur. für die alten dativischen und die instrumentalen Funktionen nur
je eine von beiden Kasusformen hatte; zu der Zeit, als diese Vermischung
sich vollzog, waren die in der historischen Zeit begegnenden Worte auf
-0), -ij und -ö (instr. sg.) bereits Adverbia geworden. Die Vermischung des
Lok. mit dem Dat. und Instr. erfolgte in jüngerer Zeit, wie sich u. a. daraus
ergibt, dass im Sing, der o- und «-Stämme von einem Teil der Dialekte,
z. B. dem attischen, die Dativform (cwxr»)) mit Dat.-Instr.-Lok.-Bedeutung
zur Herrschaft gebracht wurde, neben der die Lokativform nur adverbial
208
A. Oriechische Grammatik, d) Syntax.
verhärtet mit lokativischer Bedeutung weiter lebte (oTxcm), in andern Dia-
lekten dagegen, im böot., nordwestgriech., el. und arkadischen, die Lokativ-
form siegte und die dreifache Bedeutung weiter trug.
Dass das Zusammenrinnen des Dat., Instr. und Lok. zum Teil durch
Annäherung der Funktionen, durch gegenseitige Berührungen der inneren
Sprachform veranlasst worden war, unterliegt keinem Zweifel, und es ist
eben wegen dieser Berührungen nicht überall möglich, die drei Qebrauchs-
gebiete reinlich gegen einander abzugrenzen.^) Daneben kommt Zusammen-
fall der Form als synkretismusbewirkender Faktor für den Dat. sg. der
o-Stämme in Betracht, wie bereits § 82 S. 122 Fussn. 1 angedeutet wurde.
Nach der dort erwähnten Hypothese Streitberg's hatte das Urgriechische
bei den o-Stämmen -öj (Dativform) als Dat. Instr. und -oi als Lokat., bei
den ^-Stämmen aber nur -ai (Form des Dat. und des Lok.) als Dat. Instr.
Lok. Nun wurden -öi und -öi vor Konsonanten nach § 26 zu -oi und -at,
so dass bei den o-Stämmen die Dat.-Instr.-Form zum Teil mit der Lok.-
Form zusammenfiel und bei den O-Stämmen eine Form entstand, die der
idg. Lok.-Form auf -0% gleichartig zu sein schien und die daher auch den
speziell lokativischen Gebrauch an sich zog. Bei den o-Stämmen war jetzt
die alte Grenze zwischen Dat.-Instr. und Lok. zum Teil verwischt und
für die a-Stämme ein mit diesem Zustand parallel gehendes Verhältnis
geschaffen. Die weitere Entwicklung war für beide Stammklassen im
grossen ganzen dieselbe. In dem einen Teil der Dialekte absorbierten im
lebendigen Kasusgebrauch die Formen auf -^) und -f diejenigen auf -oi
und -m, die sich nur in adverbialer Erstarrung hielten, in dem andern
siegten die Formen auf -oi und -ai, wie oben angegeben.
Alle kategorien weise auftretenden Funktionen des griech. Dät.-Instr.-
Lok. finden sich in den andern idg. Sprachen wieder.
185. A. Echter Dativ. Die Grundbedeutung des Dat. ist unermittelt.
In diesen Kasus trat der Begriff, dem die Handlung des Verbum gilt oder
sich zuwendet, zuneigt. S. § 175.
Der Dativ stand:
Bei Verba des Bewegens und Zuwendens zu etwas, z. B. r 318
\}^€Oiai 6h xsTqag aväaxov, J 443 avtdq ineita ovQav^ iatriqi^e xccqi], Eur.
Herc. für. 242 insiddv d* iaxoii^ad-wsiv noXsi^ Thuk. 1, 13 Safufoig rjkO^s.
Bei Verba des Gebens, Sagens, Nutzens, Gesinntseins u. ähnl., wie
diSivaij (fbQSiv^ Xäyeiv, äQijyeiVy vnrjQexetv, evvosTv, o^yd^sax^aij vTiaxoveiVj
bei den entsprechenden Adjektiven, wie evvovg, vTrijxoog, und zuweilen auch
bei anderen dem Verbum nahe stehenden Nomina, wie Äschyl. Prom. 612
nvQog ßQOTotg äorfjQ* oQ^g nQOfAtjd-ea^ Plat. apol. p. 30 d ne^i Ttjv zov x^eov
doaiv vfiTvy Theät. p. 168 c rf^ Sraigip aov elg ßorjd^siav.
Bei slvai^ vndqxeiv u. ähnl., wie / 144 xQetg Sä fioi siai, ^vyatQeg,
Zur Bezeichnung des Zweckes bei Abstrakta. Hierauf beruhte ein
') So kann man z. B. schwanken, ob
man den Dativ bei Tignea&ai und /ai^ftv
als lokativischen oder als instrumentalen
Dativ zu bezeichnen habe. Auch können
ehemals Lokativ und Instrumentalis zugleich
angewendet worden sein. S. Delbrück, S.
F. 4, 57 und Dbnbcke, De vi atque usu da-
tivi localis et temporalis, Braunschw. ISSr),
[). 28, der ohne triftige Gründe ausschliess-
lich instrumentalen Dativ annimmt.
Fi
2. Das Nomen. (§ 185-186.) 209
grosser Teil des Infinitivgebrauchs (vgl. § 170), z. B. H 351 ^Eltvrjv xat
xvrjfAaxß'* afi* ainfj dcioinsv 'ArQsidrjmv ayciv; ferner nach W ackern aoel,
K. Z. 28, 141 flf. das desiderative Partizip auf -cr^cör, z. B, 6ip€{<ar aus
oipei hiv „zum Sehen gehend, auf das Sehen ausgehend^.
Als sog. dat. commodi, wie P 242 ifijj xe^akjj nsqidsidia^ Thuk. 7, 70
riQxav S^ xov vavuxov totg 2vQaxoaioiq 2ixav6g xai ^Äydd'CCQXoq.
Zur Bezeichnung der bei einer passivisch ausgedrückten Handlung
beteiligten Person, der diese Handlung gilt, doch so, dass die Person zu-
gleich agens ist. Ausser dem Verbaladjektiv auf -t£o^ gehören hierher
Stellen wie Lys. 24, 4 Toaavtd iiot eigr^ad-w, Xen. an. I 8, 12 xäv tovto
(ro ifTQaT€V/iia) vixäfiev^ ndvx^' rjfitv nsnon/tm, att. Inschr. iiprjtpiaTm Tg ßovXij
(Meistebhans, Qr.2 156. 172), Thuk. 1, 51 toTg di KeQxvQamg ovx ieoQwvTO,
wohl auch ixO-ofiai riv» als Passiv zu ix^^ ^*^'^ (vgl. Äschyl. Sept. 691
0o(ßtp {fTvyrjd'h^ nav t6 Aätov yävog). In diesem Gebrauche hatten sich
Dativ und Instrumentalis berührt (s. § 187), und sie sind öfters schwer
gegen einander abzugrenzen.
Als sog. dat. ethicus, zur Bezeichnung der mit dem Gemüte an dem
Vorgang beteiligten Person, wie * 42 daaadn€x>\ wq infj %iq fioi, dTefißo^
fjievog xioi tarfi. Hierher auch roi, ursprünglich „tibi",^) s. § 201 S. 225.
Zur Bezeichnung der Person, fQr deren Standpunkt, in deren Augen,
nach deren Urteil etwas gilt, wie Soph. 0. C. 1446 dvd^iai ydq ndaiv iare
ivaxvx'Btv^ Äschyl. Prom. 12 Kqdrog Bia t«, cr^f^r fikv ivxoXt] Jtog ixei
rdXog iri*
Es entwickelte sich auch ein adnominaler Gebrauch, der besonders
der volkstümlichen Rede eigen gewesen zu sein scheint. Der Dat. be-
zeichnete in diesem Falle das, für das etwas vorhanden ist, wobei er sich
mitunter mit dem gen. possess. nahe berührte. Z. B. el. Collitz; Gr. D.
1152 d fqdxqa^ xoXg FaXemg (Überschrift), Eur. Phon. 17 cJ Or^ßaiaiv
hvinnoig ava^, Äschyl. Pers. 1022 x^rjtravQov ßeXteaaiv^ att. Inschr. x^'^^"
TUÖBg raig x^vqmg^ Xix^oi dqovqdioi htg t6 atqtaiia T(p nvqyo^^ yQafA/iaxevg rf]
ßovXfj xai t(^ di^fio} (neben yQafifiaTevg Ttjg ßovXrjg), ^iXotifi{a rj stg tov
dijfAov Toig TQ$r^QdQxo^g (Meisterhans, Gr.* 170 f.). Anders bewandt war
der Gebrauch von ol als dat. poss., wie er 68 (pdvev Sä ot svQtsg aifioi,
u. ähnl. (Vf. Probl. der homer. Textkr. 140), da dieses Pronomen, wie ai.
me, U, bereits in uridg. Zeit zugleich Genitivbedeutung gehabt zu haben
scheint (s. Delbrück, S. F. 4, 136. 5, 204 f., Johansson, Bezz. Beitr.
14, 152 f.).
186. B. Lokativischer Dativ. Der Lok. diente der Ortsbezeichnung.
Er gab erstens den Ort, die Sphäre an,' wo etwas sich befindet oder
stattfindet, wie / 663 fvde /xvxv xXi<Tir^g, X 195 /i*ya rf^ ^Qcal ntvx^og ät^et,
a 71 00 xgdrog iavi jiiäyiarot' ndaiv KvxXoineaciv, Im Att. blieb dieser
Kasus ohne präpositionale Stütze besonders bei Ortsnamen im Gebrauch,
wie Nefiefj <^vX^^ ^EXsimvi^ die man als Adverbien bezeichnen darf (vgl. u.).
') Vgl. unser dir in Sfttzen wie da kommt
dir uns ein Mensch über den Hals, der . . .,
F. Rbuteb, Volksausgabe 1, 839 dünn was
Baadlmcli der klMi. AltertumswiflKiiBchaft. U. 2. Aufl. 14
ok unsen Eddelmann di de Geschieht nich
recht tau pass.
210 ^ Griechische Orammaük. d) 8yiiiax.
Ebenso wurde die Zeit, in der etwas geschieht, durch den Lok. bezeichnet,
z. B, A 1^1 tqixttfh fjfiau ndvteg TjXx^ov, att. tccvTrj r^ rjfxäQi^y %([} sttwvu
iT€$j vov/irjv{i^y Jlavad'rjvaioig.
Zweitens wurde in den Lok. gesetzt der Ort, die Sphäre, wo etwas
eintrifft, wo ein heranbewegter Gegenstand Aufnahme findet. Die hierher
gehörigen Verba waren neasTv {E 82 Trtrf/'^) näife), rid-ivai^ ßdXXeiv u. ähnl.,
wohl auch iiiovai (0 129 d(dov da d rjvta %8Qa(v, vgl. 2 545 iv xsqai
(focrxfr), Xafißdvsiv, d^x^ad^ai {E 365 xal iqv(a Xd^ezo x^Q^^^^ ^ 596 naiiog
iit^aTo x^^'Q*' xvneXXoVy vgl. 0 116 ^v x^^Q^^^^ ^^ß* ^jvfa); vgl. auch 77 258
iv TQcoai oQov(Tavy att. ifimmetv %i,v(. Vgl. Holzman, Ztschr. f. Völkerps.
10, 182 ff., Oaedicke a. 0. 128 ff. Auf Grundlage dieses Lokativgebrauchs
scheint das im Attischen zu allen Verba der Bewegung sich gesellende ttoT
»wohin?*' [noi %iq (pvytj; Aristoph. Plut. 438) erklärt werden zu müssen,
das seinen alten Gebrauch in Verbindung mit Verba des Seins, Sicli-
befindens (vgl. dor. net „wo?*, Ahbens, De Gr. 1. dial. 2, 361 f.) an das
ursprünglich partitive nov (vgl. über avvov § 182) abgegeben hatte. Die
Erweiterung des Gebrauchs von noi wurde durch die Sonderstellung als
Adverb erleichtert.
Die Frage nach den lokativischen Adverbien stellt sich für die ver-
schiedenen Dialekte verschieden, je nachdem im Sing, die Dativ- {wxfo)
oder die Lokativform {otxoi) die Herrschaft erlangte (§ 184) und je nach
der verschiedenen Behandlung des pluralischen Lok. und Instr. (§ 90. 91).
Ich beschränke mich auf die Bemerkung, dass man im Att. eine ältere
Schicht von Adverbien, abgelagerte Lokativformen {oixoi, liXaraiMt), und
eine jüngere, wie xvxXq}, Nefie'i^, IlXaTaiaig, zu unterscheiden hat; bei der
letzteren fand die adverbiale Erstarrung erst zu der Zeit statt, als der
Synkretismus des Dat.-Instr.-Lok. vollendet war.
187. C. Instrumentaler Dativ. Alle Gebrauchsweisen lassen sich
leicht aus der soziativen (komitativen) Bedeutung herleiten, der zufolge
in den Instrum. derjenige Begriff gesetzt wurde, der mit dem in Thätig-
keit befindlichen Hauptbegriff zusammen ist.
Als Soziativus stand der Instr. z. B. bei IVro/im, lifyvvfjit^ ofiiXito und
den zugehörigen Adjektiven und Adverbien, wie dxoXovd^og^ xoivog^ fiiyda.
Strittig ist die Auffassung von avvog in avroig Vnnoiai (9^ 8) „mitsammt
den Pferden* (zuletzt hierüber Monro, A grammar of the Hom. dial. 99 f.,
VoGBiNz, Bursian's Jahresbor. 34, 57, Ziemer, Synt. d. idg. Compar. 48).
Zur Bezeichnung der begleitenden Umstände, z. B. o) 416 i^oiTon'
aXXo&€v aXXog fivxfi^) t€ (TTovaxfj t€ (vgl. avv Sixrj neben rf^xjj), daher man
wohl auch in Verbindungen mit vno wie Z 171 ßf^ Avxirjv ie -S-eSv vtv
d/ivfiovi nofinfj den Instr. zu sehen hat.
Als ^Prosekutivus" (im Ar. und Slav. weit verbreitet) bezeichnete der
Instr. den Raum, mit dessen Zurücklegung eine Bewegung voranrückt
(mit dem wege gehen). Hierher die Adverbien tt^, TavTt] und tt^, tavtrj,
mit denen ursprünglich der Instr., bez. Dativ von odog verbunden war,
z. B. 0 509 7tf^ {Tifj) m; ^mit welchem Wege" = „in welcher Richtung
soll ich gehen?**; hieraus waren die übrigen Funktionen dieser Adverbien
abgeleitet; zu dor. tt«, tt^ vgl. Ahbens, De Gr. 1. dial. 2, 370 f.
2. Bas Nomen. (§ 187—188.)
211
Ferner XQ^V n^^i d©r Zeit*, z. B. Demosth. 1, 18 nequcTai t^j XQ^vtf»
Tfiäv nohoQxovfiäviüv (vgl. Soph. Ai. 306 ifiipQoov fioXiq nwg ^vv XQ^^'V ^«^'"
(TzaTcu). Berücksichtigt man den ai. Instr. der Zeiterstreckung (Delbrück,
S. F. 5, 130), so möchte man glauben, dass auch manche von den Zeit-
dativen, die man als Lokative ansieht (s. § 186 und Kühner II^ 385),
ursprünglich instrumental waren, z. B. vvxtI nXsXv (o 34); bei dem ohnehin
feinen Bedeutungsunterschied musste hier die Grenze sich schon frühe ver-
wischen. ^
Zum Ausdruck der Beziehung (vgl. es steht schlecht mit ihm), z. B.
r 194 €vqvT€Qoq d' wfAoiCi. Dieser altererbte Gebrauch (Delbrück, S. F.
4, 38) wurde durch die gleiche Verwendung des Akk. (§ 178) wesentlich
eingeschränkt.
Beim Passiv zur Bezeichnung der Person, unter deren Mitwirkung
eine Handlung vor sich geht, z. B. X 40 llrjXeiwvt SafAstg eigentlich »unter
Mitwirkung des P. gestorben" (Delbrück, S. F. 4, 60. 78). Diese Ge-
brauchsweise war mit der Verwendung des echten Dativs beim Pass. zu-
sammengeronnen (§ 185).
Zum Ausdruck des Mittels, wie f 316 ifiaaev (xdauyi^ wohl auch
in Verbindung mit vnd, wie A 433 ^/i^j vno SovqI tvneiq (dagegen Lok. in
vno x^^cri iafArjrai, Delbrück, S. F. 4 76, vgl. ved. üpa mit Instr. und
Lok.). Wie wenig der Instr. des Mittels von dem soziativen getrennt
werden kann, zeigen Stellen wie A 161 tj vvv dr] TQofrj&ev dX(6fjL€vog ev^dd'
Ixdvcig vr^l T€ xai hdqoiai noXvv XQOVOv;
Zum Ausdruck der Ursache und des Motivs, wie Xen. an. V 8, 2
^i'yf* d7ra)XXvfi€&ay & 324 x^rjXvt€Qta i^ d-sal fitvov aldi/t wxoi ixacttj.
Zum Ausdruck des Masses, wie noXltp ia€iC(ov.
Der Gebrauch des Instr. in xqavy^ ßoav^ dqoiitf ^sTvy ^6ß(i) dttaai
(Kühner II* 265, Delbrück, S. F. 4, 60) stand dem zur Bezeichnung des
Mittels am nächsten.
Bei den instrumentalen Adverbien sind ebenso wie bei den lokativischen
(§ 186) verschiedene Schichten zu unterscheiden. Solche wie a/ta, tt?;,
Xdd-Qäy xQViffi (§ 83) erstarrten schon zu der Zeit, als der Instr. noch nicht
mit dem Dat. und Lok. zusammengeflossen war, in jüngerer Zeit anovdfj^
^5t XQ^V ^- *•
188: Die Formen auf -y'j "9*^ fungierten bei Homer gewöhnlich
als Instr., z. B. n 826 iidiiaaae ßifjfpiv, als Lok., z. B. K 496 xaxov ydq
ovttQ xsipaXrjifiv inätrzrj^ und als Abi., z. B. B 794 onniyis vav(piv difoq-
HTld'sUv 'Axcnoi, Nur ausnahmsweise erscheinen sie auch als Dat., B 363
(aq y>qijTQT] ^^jtQjjfpiv dQr^yr]^ und als Gen., <P 295 ttqIv xatd ^iXi6(pi
xXwd xeCx^ct Xaov iäXaai TQmxiv. Vermutlich hat man, urteilt Delbrück,
ij Zur Bezeichnung der Zeit eines Vor-
ganges verwendete das Griechische also den
Akk., den Gen., den Lok. und den Instr.
Die Unterscheidung, die Gaedickk a. 0. 178
fOr das Altindische macht, wo wir dieselbe
Mannigfaltigkeit finden, kann für das Grie-
chische mit gelten : «Der Akkusativ von Zeit-
begriffen besagt, dass der Vorgang während
ihrer Dauer, der Genitiv, dasa er während
eines Teils derselben, der Lokativ, dass er
zwischen ihren Grenzen, der Instrumental,
dass er mit ihrem Eintritt und Verlauf statt-
findet." Allerdings bewahrte der Gen., wie
wir § 182 sahen, diese ursprüngliche besondere
Funktion nicht.
14
212 A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
S. F. 4, 61, an diesen Stellen eine nicht berechtigte Ausdehnung des ur-
sprünglichen Gebrauches dieses Suffixes anzunehmen, welches, wie die Be-
ziehung desselben auf Sing, und Plur. zugleich zeigt, schon fUr homerische
Dichter eine Antiquität war, bei deren Verwendung ihr eigenes Sprach-
gefühl sie nicht mehr ganz sicher leitete.' Diese Ausdehnung konnte leicht
erfolgen, weil man die 9^1-Formen einerseits als Instrumentale mit den
Formen wie iTtmpj x^Q^ etc. assoziierte, die neben der instrumentalen auch
dativische Bedeutung hatten, anderseits als Ablative mit den Formen
wie iTiTiovy xd^aq etc., die neben der ablativischen Funktion auch geniti-
vische hatten (vgl. den Gebrauch der ablativischen Formen auf -d-Bv wie
ifiä&€v als Gen., § 181). Adverbial erstarrt waren ivvrj(pi und hxqiifi-g.
Vgl. § 92.
Das Adjektiv.
189. Zwischen Subst. und Adj. (Part.) ist eine scharfe Grenze nicht
zu ziehen. In jeder Periode des Griechischen (wie auch der andern idg.
Sprachen) finden wir, dass man Adjektive zu Substantiven machte und
umgekehrt.
Substantivierung erfolgte öfters in der Weise, dass in den Bedeutungs-
inhalt des Adjektivs die Vorstellung eines Dinges aufgenommen wurde,
dessen Attribut das Adjektiv besonders häufig war, z. B. rj de^id^ sc. x«/^,
1; TQiT^Qfjg und r} nQVfivrj^ sc. vavg, rj avXsioq^ sc. x^vQa. Gewöhnlich fand
die Bereicherung des Bedeutungsinhaltes in der Weise statt, dass die ganz
allgemeinen Vorstellungen einer Person oder einer Sache mit aufgenommen
wurden, z. B. 0* ayad-oi, %6 xaXov. Adjektivierung war teils die Folge
davon, dass sich ein Subst. konkreter Bedeutung einem andern attributiv
beigesellte, wobei man für das eine Substantiv von der Vorstellung einer
Substanz absah, sodass nur die der Substanz anhaftenden Qualitäten vor-
gestellt wurden {ävrJQ aTqarrjyog, d-vyarrjq nccQd-evog, Kühner IP 232 f.),
teils davon, dass ein abstraktes Substantivum mit einem Konkretum attri-
butive Verbindung einging, wie oXed-Qog Maxsdciv, oXsO'Qog yQaiifiazevg^
ovofia ip€vdog xccl dXrj&eg, igyov fiäya (ursprünglich „ein Werk, das eine
Grösse ist", s. § 71, 1 S. 105). Hierher gehören namentlich die Adjektive wie
^oioääxTvXog und XQ^^^^^M^ (zp^'O'oxojui;) , worüber § 105. Vgl. Paul,
Princ.« 302 flf., Vf. K. Z. 24, 34 ff., M. ü. 2, 175. 232, Osthofp, V. i. d.
Nc. 128. 263 flf., M. U. 4, 101 f., Schröder, Über die formelle Unter-
scheidung der Redeteile 197, Delbrück S. F. 4, 6 ff. 65 f.
Am meisten waren die Adjektiva durch die Wandelbarkeit nach dem
Genus und durch die Bildung von Komparationsformen gekennzeichnet.
Doch kamen diese beide auch bei Substantiva vor, z. B. x^eog O^ea wie xaXog
xaXtj, und xvi*T€Qog, ßaaihsvxsQog wie (ofioregog. Also selbst hier war die
Grenzlinie zwischen beiden Redeteilen verwischt.
Häufig wurde ein Adjektiv so neben das Verbum gestellt, dass wir
geneigt sind, es als Ergänzung des Verbums anzusehen und demnach ad-
verbiell zu übersetzen, wie P 361 rot i* ayxi^stivoi ^nintov^ B 2 evdov
navvvxiot (Kühner II ^ 234 f.). In Wirklichkeit gehörte das Adjektivum
als nähere Bestimmung zu dem mit dem Verbum verbundenen Kasus.
2. Das Nomen. (§ 189.) 3. Das Pronomen. (§190-191.) 213
Dieser Gebrauch findet sich auch im Indischen (Delbbübk, S. F. 5, 78 f.),
Lateinischen u. s. w. und kann als uridg. gelten.
3. Das Pronomen.
190. Personal- und Reflexivpronomen. Die Nominative iyto^ av^
TjfAeTgy vfAsTg wurden gewöhnlich nur des Nachdrucks oder der Deutlichkeit
halber gesetzt. (Xv als Vokativ beim Imperativ oft weniger, um der an-
geredeten Person bemerklich zu machen, dass man gerade sie meine, als
um die Aufforderung selbst dringlicher zu machen, sie ans Herz zu legen
(daher bildet dieser Gebrauch ein Analogon zu dem dativus ethicus in Be-
hauptungssätzen, s. § 185), z. B. yi 131 C^YQ^h ^Ä%(täoq viäj av d' ä^ta
dä^M anaiva; in derselben Weise wurde ai. tu gebraucht, das geradezu
Partikel wurde (Delbrück, S. F. 5, 517 f.).
Der Unterschied zwischen betonten und enklitischen Formen stammte
aus der idg. Ursprache (§ 68) und ebendaher auch die mit ihm verbundene
Funktionsdifferenz.
Der Reflexivstamm /?f-, i- = ai. sva-, dem sich auf griechischem
Boden das wahrscheinlich in Anknüpfung an o'-^i'(v) entsprungene cr^c-
(§97) in gleicher Bedeutung zugesellte, bezog sich ursprünglich ebenso
gut auf die 1. und 2. als auf die 3. Person (vgl. das Ind. und Slav.), und
von der Beziehung auf die 1. oder 2.^ers. finden sich noch viele Beispiele
in der historischen Gräzität, wie yi 142 vvv fikv drj ov natQoq deixea ti-
(T€T€ Xtißrjv (Aristarch las Toi), Asch. Ag. 1297 jhoqov tov avrr^g olaO-a
(MiKLosiCH, Ber. d. kais. Ak. d. Wiss. zu Wien 1 (1848), 119 flf., Vf.
Ein Problem der homer. Textkr. 1876, Christ, Rhein. Mus. 36, 36 f.).
Über das Verhältnis der anaphorischen zur echt reflexiven Bedeutung der
Stämme ^€-, cry*- s. Vf. a. 0. 83 flf.
Wenn der mit dem gen. possessivus vergleichbare Gebrauch von ol
altüberkommen war (s. § 185), so hatten wohl auch iioi und aoi ursprüng-
lich eine weitere Anwendungssphäre, entsprechend den ai. m^, te, Delbrück,
S. F. 5, 205 möchte diese Pronominalbildungen wegen ihres weiteren Ge-
brauchs nicht sowohl Kasus-, als Stammformen nennen.
Dem Reflexivpronomen stand im Gebrauch das etymologisch noch
nicht genügend aufgeklärte av%6g nahe, das mitunter geradezu das Reflexiv
ersetzte, z. B. lakon. (Cauer D.* n. 17, 28) ivixrj Jainmmv ivtjßoicug Innoiq
ix rdv avTw inTicov.
191. Die Interrogativstämme no- (idg. *qo-) und ti- (idg. *qi-)
waren seit idg. Urzeit sowohl fragend (hochbetont) als auch indefinit
(unbetont). Vgl. § 67.
Das Neutrum tl erscheint mehrfach zu einer Partikel erstarrt, s. § 201, 1
Eine griechische Neuerung, die in verschiedenen Dialekten begegnet,
war der Gebrauch von rig im Sinne von oatig. S. § 206.
Xen. mem. II 2, 3 xivag ow in 6 tivwv evQOifiev av iiei^oo eveQ-
yertj^ävovg ij natiag vno yoväiov; u. dgl. wie Numquid igitur aliud in iu-
dicium venit nisi uter utri insidias fecerit? (Cic. pro Mil. 11, 31) und wie
lit. pcusnöczinOj kür katrdm jöti d. i. „idida^e^ nfj noTCQov Set iXdaai'^,
214 A. Griechische Grammatik, d) Syntax.
192. Die Entwicklung des Demonstrativs to- (o, i;, to) zum sogen,
bestimmten Artikel (vgl. die beachtenswerten Bemerkungen über diesen
Terminus bei Fr. Kern, Die deutsche Satzlehre, 2. Aufl., S. 103 flf.) gehörte
dem Einzclleben des Griechischen an. Auf die Einzelheiten des Gebrauches
auch nur mit Erwähnung des wichtigeren einzugehen, ist hier nicht mög-
lich, ich verweise beispielshalber auf die neuesten Behandlungen des homer.
und des att. Artikels von A. Stummer, Über den Artikel bei Homer,
Münnerstadt 1886, und Meisterhans, Gr.* 183 flf.
In die Stelle von ro- als Demonstrativum rückte das zusammengesetzte
otitog (§ 94), doch wurde jenes durch dieses in keinem Dialekt ganz ver-
drängt (z. B. att. o da „dieser aber").
Die Gobrauchsverschiedenheit zwischen ovrog, oSe und xsTvog ixHvog
auf eine kurze erschöpfende Formel zu bringen ist nicht möglich, ovrog
diente vorzugsweise dazu, auf vorher besprochenes hinzuweisen, und als
demonstratives Korrelat zu Relativpronomina („derjenige— welcher"), oäe
wies auf das hin, was man sinnlich oder geistig gerade anschaut. ixsTiog
ging meist auf ferner liegendes. Diese Pronomina erscheinen öfters neben
Verben in einer Weise, dass wir geneigt sind, sie als Ergänzung des Vcrbuni
anzusehen und also adverbiell zu übersetzen, z. B. er 239 dg vvv V^og
ix€ivog in aifkeiyat O-vQrfiiv rjavat vevard^iov xsipaXf^^ Thuk. 1, 51 einov^
St« vii€g ixitvai ininXhovci, Soph. Plj^l. 1173 ri xoi^ ike^ag; In Wirklich-
keit gehörte das Pronomen zu dem mit dem Verbum verbundenen Kasus,
und zwar wurde dieser, wie das Fehlen des Artikels in jüngerer Zeit zeigt
(vgl. noch Xen. an. IV 7, 5 ov ydq ir] ix rov ivavxiov oQWfjLcv a firj oXiyovg
Tovvovg dvd^Qomovg), als in einem prädikativen Verhältnis zum Demonstrativ-
pronomen stehend empfunden.
193. Von dem Gebrauch der Interrogativa (§ 191) und des Stammes
To- (§ 192) als satzverbindender Pronomina und von den ausschliesslich
satzverbindenden Pronomina og „qui**, orig handeln wir in § 204 flf.
4. Die Präpositionen.
194. Die Präpositionen des Griechischen hatten teils bekannte Kasus-
suffixe, z. B. x^e^v § 77, ofiov, i^ § 79, Trfpi, vnciQ (aus *v7i:€qj^), ivl § 82
(Tteg-l : ti^q = noifiäv-i : dofiev), oder sogen. Adverbialsuf&xe, z. B. onia^^ery
iv'Tog^ teils waren sie ohne solche Suffixe, z. B. a/ro, tiqo, iv, welch letz-
teres an sich ursprüngliche kasuale Funktion nicht ausschliesst, vgl. i;dt),
dofiev u. dgl. § 175. Bei einigen ist unklar, ob der Schlusslaut Kasussuffix
oder stammhaftes Element war, z. B. ava, rf*a. Einem Teil der Präpo-
sitionen lagen nominale (substantivische oder adjektivische) Stämme zu
Grunde, z. B. xo^e-v und ofiov (St. Ojuo-).
Der Gebrauch der präpositionalen Ausdrücke war in den verschiedenen
Mundarten und Litteraturgattungen und ihren verschiedenen Perioden ein
sehr verschiedener, was bei der verhältnismässig jungen Ausbildung vieler
präpositionaler Wendungen nicht verwundem kann. Vgl. u. a. Tycho
MoMMSEN, Beiträge zu der Lehre von den griech. Präpositionen, 1. Heft 1887.
195. Echte Präpositionen nennt man solche Adverbien, die ihrer
8. Das Pronomen. (§ 192-193.) 4. Die Präpositionen. (§ 194-195.) 215
ursprünglichen Bedeutung nach dazu dienten, die Richtung der durch das
Verbum ausgedrückten Thätigkeit näher zu bestimmen, und die Fähigkeit
hatten, wenn zum Verbum ein (lokaler) Kasus hinzutrat, Begleitwort von
diesem zu werden. Die meisten derselben konnten auch mit der Yerbal-
form zu einer Einheit verschmelzen.
In vecic ßaivei ano „vom Schiffe (Abi.) geht er weg" war ano Adverb.
In vsiiig ano und anoveayq [ano vedq) ßaivei war es nominales Begleitwort.
Die Präpositionen standen ursprünglich nach dem Kasus, zu dem sie ein
engeres Verhältnis hatten. Nur verhältnismässig selten behielt das Grie-
chische diese Stellung bei, in welchem Falle die Präposition auch ihren
alten Accent bewahrte, vewg ano, tovtov nsQi u. s. w. (vgl. ai. dpa, pari).
Gewöhnlich setzte man die Präposition proklitisch voraus (s. § 66, S. 83), eine
Stellung, welche die adnominale Präposition vorher nur im Kompositum
gehabt hatte, wo ihr diese Stellung als dem bestimmenden Gliede zukam,
wie iy^xäifaXog naQa^xtaXatrtnog (§ 103, S. 141).
In dnoßaivei vedg war die Präp. verbales Begleitwort. Bei Homer
erscheint die Präposition häufiger, als später, noch als selbständiges Wort
(sogen. Tmesis), und zwar ging sie in diesem Fall gewöhnlich voraus, wie
A 346 ex cf' ayaye xXicirfi^ 0 108 ovq no%* an* Aiveiav eXofirjv; hinter
dem Verbum erscheint sie z. B. B 699 rore 6' r^itj ^x**' xdra yaTa
fuXaiva, € 196 vvfA(frj i^ ri&ei ndqa näaav eioydrjv. Wahrscheinlich hatte
die Präposition nicht bloss in dem letzteren Fall, sondern auch, wenn sie
vorausstand, ihre ursprüngliche Eigenbetonung (?f, ano etc.), vgl. iv'&eg,
sx'ßalov: die Alexandriner, die die Tonzeichen in die älteren Dichtertexte
einführten, übertrugen einen Betonungsunterschied fälschlicher Weise aufs
Verbum {ano ßaivwy ßaivta ano), der nur beim Nomen bestand [ano vedg^
vamq ano). Vgl. hierzu J. Kühl, Die Bedeutung des Accents im Homer,
Jülich 1883. Im Attischen war die unmittelbare Verbindung der Präpo-
sition mit nachfolgendem Verbum {dnoßaivco) in der gewöhnlichen Prosa-
rede schon im Beginn der Überlieferung Regel (vgl. Kühner II* 467), es
war also der auch schon bei Homer vorliegende Verbindungstypus dnoßa{v<o
verallgemeinert worden, hauptsächlich wohl aus Deutlichkeitsrücksichten.
Der Verbreitung dieses Zusammensetzungstypus war bereits in urgriechischer
Zeit durch zweierlei vorgearbeitet. Einerseits dadurch, dass schon zu der
Zeit, als das Verbum finitum noch enklitisch war, dieses sich gerne gerade
den Präpositionaladverbien anhängte (vgl. § 67 S. 85). Anderseits dadurch,
dass die Präpositionen mit den Verbalnomina bereits seit uridg. Zeit Kom-
posita bildeten, [vgl. z. B. ini-d^srog vno-d-exog = ai. dpi-hita-s üpa-hita-s
(§ 103); wobei freilich nicht zu übersehen ist, dass die engere Angliederung
der meisten Verbalnomina an die Gebrauchsweisen des Verbum finitum
auch dazu führte, dass man Sätze bildete wie A 67 ai xsv mag dgvwv
xvlcqg aiywv tb tekeicav ßovXexai dvTidffag rjfjiTv ano Xoiyov d/AVvai, i 17
iyd 6* av Ineita^ g>vy(ov vno vrjle^g rjficcQ, vfxtv ^sTvog fco (nur hier also
kann der Ausdruck %iA^aig mit einem gewissen Rechte gebraucht werden),^)
') Im Altindiscben kommt die Trennung
der Präposition von einem Verbalnomen nur
ganz selten vor (Whitney, Altind. Gramm.
S. 377). Ich nehme an, dass diese Trennung
in beiden Sprachgebieten unabhängig von
einander sich vollzog.
216 A. Griechische Grammatik, d) Syntax«
eine Neuerung, welche die Zahl der assoziativen Einfiuss übenden zusammen-
gesetzten Yerbalnomina bedeutend einschränkte.
Häufig wurde die Präposition dem Nomen und dem Verbum zugleich
beigegeben : anoßaivBi ano vewq. Diese Ausdrucksweise wurde möglich, als
die Präposition mit dem Verbum völlig verwachsen war.
Durch die Verbindung von Präpositionen mit Verben wurde der Sinn
der letzteren in verschiedenen Beziehungen verändert. Ich hebe zweierlei
hervor. Erstlich, dass der imperfektive Sinn durch Präpositionen in einen
perfektiven verwandelt werden konnte, z. B. ccTteifu (§ 154 Anm. S. 179,
§ 156 S. 182). Zweitens, dass das Verbum zuweilen in der Zusammen-
setzung mit der Präposition eine allgemeinere Bedeutung bekam, die es
ermöglichte, dass man es auch mit solchen Präpositionen verband, die mit
dem Sinn des einfachen Verbums nicht harmonierten: so schuf man nach
(TV'^evYrvvai „zusammenjochen, zusammenthun" ein dia-l^evyvvvai „aus-
einanderthun, trennen" (vgl. lat. con-jungere : dis-jungere),
196. Die echten Präpositionen verbanden sich mit den Kasus, wo
diese räumliche Bedeutung hatten. Mit Lok. : ev vdcni. Mit Abi. : e^
olxiag. Mit Instr. : avv haiQOK Mit dem Akk. „des Ziels", iv {elg) olxiav,
und dem „der Erstreckung", dt'd SdüfAUj ävd naaav tijv - ijfiäQuv (§ 178).
Den echten Dat. (§ 185) haben wir wahrscheinlich bei im anzuerkennen
in Wendungen wie M 293 (OQifev in ^AgysCoKt^^ Soph. El. 85 ravra ydq
(f€Q€i vtxTjv i(p rjfAiv; in andern Fällen ist bei im lokativischer Dativ an-
zunehmen, die Grenze ist aber nicht scharf zu ziehen. Mit dem lokalen
echten Gen. (§ 182) verbanden sich ini^ negly (isxd, z. B. in rineCgov „zu
Lande", « 68 Texdvvato nsQl aneiovg (Delbrück, S. F. 4, 130 flF.). Alle
diese Verbindungen mit Ausnahme derjenigen mit dem echten Dativ und
dem echten Qen. scheinen aus vorgriechischer Zeit zu stammen.
In vielen Fällen wurde die Präposition im Laufe der historischen
Gräzität zu einer notwendigen Stütze des Kasus, z. B. att. x(üQeTv eig
{nQog^ ini) Tonov, nicht mehr bloss tonov. Man darf annehmen, dass das
Streben nach Deutlichkeit (der präpositionslose Kasus war leicht Misver-
ständnissen ausgesetzt) hier in derselben Weise zur Verallgemeinerung der
präpositionalen Ausdrucksweise beigetragen habe, wie es beim potentialen
Optativ die Verwendung der Partikel av zur stehenden Gewohnheit wer-
den liess.
197. Eine besondere Stelle unter den echten Präpositionen nimmt
das (vielleicht erst nachhomerische, s. die Erklärer zu q 218) dg mit Per-
sonenbenennungen im Akk. ein: nifinstv dg ßaailäa. Es war möglicher-
weise identisch mit der eine Absicht andeutenden Partikel dg „ut" (beim
part. fut., vgl. auch dg ngig, dg etg, dg int, z. B. Soph. Phil. 58 nkcTg
d*dg nqog oixov) und wurde dann zu einer Zeit Präposition, als der Akk.
zur Bezeichnung des Zieles einer Bewegung noch keiner präpositionalen
Stütze bedurfte. Deecke, Programm von Buchsweiler 1887 S. 30 möchte
dagegen o)g mit oy-de „hierher" verbinden, wonach es ursprünglich unserm
„hin" („er ging hin zum König") entsprochen hätte. Man hätte dann dg
wohl als alten Ablativ anzusehen, wie auch unser hin in älterer Zeit (ahd.
4. Die PräpoBitionen. (§ 196-198.) 217
hma, mhd. hine, hin) nur „hinweg, weg von hier" bedeutet hatte. Verbales
Begleitwort ist dg nicht geworden.
198. Unechte Präpositionen nenne ich solche Präpositionen, deren
Nomen von Anfang an von ihnen abhing in der Weise unseres infolge
dieses ereignisses. Meist stand das Nomen im adnominalen Qen. (§ 182),
z. B. bei
X^^j ifxfjv^ Akk. zu x^^^j <^""?;
^xtjt^ und ?v€xa aus *€V'p€xa von W. pex- = ai. voi- »wünschen,
wollen* (vgl. Osthoff, Z. Q. d. P. 334, W. Schulze, Quaest. hora. 50 sqq.);
zur Form ovvexa s. § 65, 7;
äol. dor. arkad. nedd »mit", das instr. sg. von neö- »Fuss" war und
ursprünglich »mit dem Fusse jemandes, unmittelbar hinter jem." bedeutet
hatte und mit fjifrd gleichbedeutend wurde, dem es Terrain abgewann (vgl.
auch die Kontaminationsform netd in dem koischen neTaycfrviog, s. Osthoff
a. 0. 574);
dvTij dessen ursprüngliche Bedeutung »angesichts, gegenüber, vor**
im Gortyn., Delph., vereinzelt auch im Att. (Meisterhans, Gr.* 173) erhalten
war : ai. dnti adv. »gegenüber, davor, angesichts, in Gegenwart*, lat. ante;
dfji^\ zu afJi(f(o;
cf*a, zu A-$.
Im Dat. stand das Nomen z. B. bei ivavxiov^ wie ivavxiov T(p oqxo}
»contra fidem*, vgl. ivavtioq rm, ivavriovfxai rivi.
Das wesentliche Kriterium für die unechten Präpositionen ist also,
dass sie syntaktisch isolierte Kasusformen oder Adverbien waren, welche
in einem andern Kasus ihre notwendige Ergänzung hatten und zwar so,
dass die Verknüpfungsart nicht mehr in klar empfundener Analogie zu
einer nominalen oder, sofern der regierende Kasus partizipialer Natur war,
verbalen Konstruktion stand. Dalier haben z. B. auch ofiov und /*<>«,
jMiycfa, (fvfifxiya mit dem Dat. (Instr.) als unechte Präp. zu gelten, wenn
sie nicht adverbial zum soziativen Instrumental hinzutraten (wie am%
sondern dieser sich ihnen in gleicher Weise wie z. B. dem Adjektiv xwvög
(xoivai ddeXiffli ^vfjKfogai) und den Verba ofiikstvj fÄiyvvvai, xoivovv u. s. w.
(§ 187) beigesellte. Ebenso war ixdg (aus *<r/?«-xa$, s. Hartuno, Über
die Casus 1831 S. 169, Vf. M. U. 3, 68) unechte Präposition z. B. in f 8
€l(T€v di 2x€Qnj ixdg dvSQwv^ wo der ablativische Genitiv nur von ixdg
abhing, während es z. B. in q 73 Trjkefiaxog ^eivoio ixdg rqdnsTo adverbial
neben den zunächst von TQdnero abhängigen ablativischen Gen. gestellt war
(vgl. 2 138 Tcdhv TQancd^* vfog i^og).
Der Übergang vom Nomen und Adverbium zur unechten Präposition
ist überall naturgemäss ein allmählicher, und wie es bei uns Ausdrücke
gibt, die auf der Grenze stehen, z. B. in folge (infolge) von, an stelle
{anstelle) von, so gab es deren auch im Griechischen, z. B. ivavriov mit
gen. und dat. neben ivai^to-g mit denselben Kasus. Anderseits ist auch
zwischen echten und unechten Präpositionen keine feste Scheide. Es war
natürlich, dass sich die unechten mit bedeutungsverwandten echten im Sprach-
gefühl mischten. Die Folge war, dass man sie nach der Analogie der echten
mit andern Kasus verband als denen, die zuerst bei ihnen allein möglich
218 A. GrieohiBche Grammatik, d) S3mtaz.
gewesen waren. So wurde z. B. nach der Analogie von riffl nohv auch
aixifi noXiv gebildet.
Wörter, die als unechte Präpositionen fungierten, konnten sich, wenn
ihre Bedeutung es mit sich brachte, ebenso gut mit Verba zu einem Kom-
positum verbinden wie echte Präpositionen, z. B. ävti-didwfii (vgl. Grass-
mann, K. Z. 23, 561).
199. Die Zusammenrückung mehrerer Präpositionen (wie vnlx^
aiiifineqi^ arkad. in-kq)^ war sehr alt. Ursprünglich, als die Präpositionen noch
selbständige Adverbia waren, herrschte in der Verbindung der verschiedenen
Adverbia grosse Freiheit, und nun gingen solche Adverbia, die in engerer
innerer Beziehung zu einander standen und besonders oft neben einander
vorkamen, eine nähere Verbindung ein. In der Dichtersprache und bei
Herodot erscheinen solche Verbindungen sowohl als verbale wie auch als
nominale Begleitwörter, z. B. 0 243 vnsxifvytsiv^ <I> 604 vnexnQod-äeiv,
N 89 ifsv^söx^ai vnhx^ xaxoVy im Attischen nur als verbale, z. B. ävtt-
naqatOTTsad'air,
Manchmal erscheinen, äusserlich genommen, mehrere Präpositionen
vor einem Verbum, aber die dem Verbum unmittelbar vorhergehende wurde
so wenig mehr als Präposition empfunden, dass sie mit ihm ein neues
Simplex darstellte und der Vortritt einer andern Präposition in derselben
Weise erfolgte wie bei den wirklichen Simplicia, z. B. cvfi-Tnä^w (nu^ta
aus *(i)ni^ei'^ s. § 200 unter inl), Aristoph. equ. 893 ncQi-r^fjiTtKrxfv.
200. Da eine Darstellung des Gebrauchs der einzelnen Präpositionen
im Rahmen dieser Grammatik nicht möglich ist, so beschränken wir uns
darauf, diejenigen Präp. namhaft zu machen, die sich auch in andern
Sprachen als Präp. vorfinden und von denen allermeistens angenommen
werden darf, dass sie bereits als fertige Präpositionen in die speziell
griechische Entwicklungsperiode hereinkamen.
äfji(pC : lat. amh'itt^s,
ävdilsA. aiP-hBlare, got. ana „an, auf, in^. Lesb. thess. kypr. ov.
Ob in ov sich a vor v verdumpft hatte, wie wir § 27, der vulgaten An-
sicht folgend, angenommen haben, ist freilich nicht ganz sicher: es kann
auch an ein altes Ablautverhältnis gedacht werden.
av€v (el. avev-g vgl. fxäxQ^ noXkaxi^q^ epidaur. avev-v vgl. nokXdxi-v^
dor. avig wohl nach x^Q'^)i stand im Zusammenhang mit av- „un-* und
got. inu ahd. ano „ohne^ aksl. vünu „hinaus''. Die erste Silbe mit Ablaut.
Des iivev Grundform mag *^ne^ gewesen sein. Vgl. J. Baünack, Stud. 1,
271 (der die Formen der andern Sprachen zu wenig berücksichtigt), Dar-
BisHiRE, Notes on the Spir. asp. 9.
avTi : lat. ante. Ai. dnti (vgl. § 198) wurde erst in späterer Zeit
Präposition.
ano : ai. dpa „ab, weg*, lat. ab.
a-T6Q : as. sun-dir „ausser, ohne" , vgl. ätaq § 201 S. 221. Der Spir. lenis
statt des asper durch Einfluss des bedeutungs verwandten ai'«t;? Nicht wahr-
scheinlich ist mir Darbishire's (a. 0. 10) Verknüpfung von otsq mit got.
an-par „der andere".
4. Die Präpositionen. (§ 199-200.) 219
Sv : lat. en in, svl betrachtet Baunack, Qortyn 23 wohl mit Recht
als eine griech. Neubildung nach tt«^«, nQoti; *ivi, woraus «*>', wie *7i€Qjit
*nQotk (vgl. § 64, 5). ivg {elg, ig) wai' griech. Neubildung nach dem Oppo-
situm i^ (Vf. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1883 S. 181 flf.), vgl. § 54. 55.
56; die ältere, wieder von Prellwitz, De dial. Thess. 47 verfochtene An-
sicht, dass *€v-(r€ zu Gründe gelegen habe, ist unhaltbar. Mit Rücksicht
auf lit. in i „in*, das auf *^ weist, vermutet Solmsen, K. Z. 29, 97 in
dem d -von ä-xovtay ä-anaiQWj d-tfxaQi^w u. dgl. die schwache Form zu «r.
«J : lat. ex. Die Form ex kann überall aus urgriech. «? hervor-
gegangen sein (§ 59 S. 71, § 64 S. 77).
€711 : ai. dpi „auf, in", lat. ob op-erio. Daneben m- = ai. i>* in m-
e^w = *m'(f€(fd(o (W. sed-), sowie in mil. Hi-xQdtrjg^ böot. üi-vixrfi, falls
man annehmen darf, dass diese Formen zu den Musterformen gehörten,
von denen die bei den Eigennamen so häufige Aphärese (J. Baunack, Rh.
Mus. 37, 477, Studia Nicolaitana 1884 S. 34. 48) ihren Ausgang nahm.
xttxd : kymr. cant, ir. cEt „längs, bei, mit", gemeinsame Grundf. *A;^/a
(ZiMMEB, Kelt. Stud. 1, 112 f., Windisch, K. Z. 27, 223). Arkad. xatv
war nach dnv (aus dno) gebildet.
lisrd : got. mift ahd. mit „mit", urgerm. "^midi aus *meU, Minder
sicher ist Zusammenhang mit ai. smdt av. maji „zusammen, mit, sammt",
weil für das Urarische vielleicht '*(s)niad anzusetzen ist. Das ai. s- würde
keine Schwierigkeit bereiten, weil es nach § 65, 3 erlaubt wäre, für die uridg.
Zeit eine Doppelform, mit sm- und mit tir-, anzusetzen.
naqd wohl nicht zu ai. pdra „weg, fort, hin", dessen -a nicht mit dem
gr. -a identifiziert werden kann, sondern zu lat por-, das mit naqd auf
^p^r-a (instr. von *per-) zurückgeführt werden kann. Dazu wohl als Dat.
sg. nttQtti lat. prae, als Gen.- Abi. sg. ndqog ai. purds. Vgl. Stolz, Archiv
f. lat. Lexikogr. 2, 497 flf.
TtfQi : ai pari „rings, umher, um", vgl. § 54. 56. 64, 5.
Pamphyl. ttsqz in n€Q%tdwx€ ist wohl mit umbr. osk. -pert (z. B.
osk. petiro-pert „quater"), lat. sem-per, tantis-per, wozu Bücheleb, Lexicon
Ital. p. XXI auch lat. perti-ca stellt, zu verbinden.
noTi, ark. kypr. nog : av. paiti „gegen, an, auf." Vgl. § 64, 5.
TtQo : ai. prd „vorwärts, voran".
tiqotI nQog : ai. prdti „gegen, entgegen, angesichts, nach, zu". Vgl. § 38.
64, 5. Die kretische Form noQTi\ die fünfmal auf der grossen gortyn. In-
schrift erscheint, wird durch den Hinweis auf gelegentliche Metathesen
wie 'AipoQdixa (Cauer, D.^ n. 121 A 27) neben 'A^Qodka (auf der Beromann'-
schen Inschr. Z. 79) nicht genügend erklärt. Entweder war es eine Kon-
taminationbildung, bei der nsQrf beteiligt war (vgl. koisch neta-yeiTviog
aus Tieid und iJte%d\ oder es war eine alte Nebenform von neqxi (s. o.
TiBqfi), zu dem sie im Ablautverhältnis stand. So fällt auch Licht auf
das Nebeneinander von nqoaa(a nQoaia (aus "^nQotfia)) und noQfSw noqQw
(nofjafo aus *noQTi(o wie (fäQovaa aus *tfi€QovTia, § 38).
Kypr. pamph. v-, erweitert vp^ig (Ahrens, Philol. 35, 38 flf., Deecke,
Bezz. B. 8, 149 f., J. Baunack, Stud. 1, 16 ff.), und vg- in vtr^nXr^^, va-xQixeg
(Curtius, G.^ 228, Neckel, De nominibus Graecis compp. 1882 p. 28 sq.) :
220
A. Grieohische Grammatik, d) S3mtax.
ai. lid „empor, hinauf, hinaus**, av. ns aus *ud+s „empor, hinauf, hinaus/
Ansprechend stellt Bugoe, Bezz. B. 14, 63 hierher auch vßQig als v-ßg^-g, zu
ßQiaQo-g, Dasselbe Adverb in va-rcQQ-g, *ud-\-s (vgl. ««//, ^f u. dgl.) kann aus
Scr-TrAijf nicht sicher erschlossen werden, da -g vor t-, &- in vorgriech. Zeit
aus 'd entstanden und von da ein vg- analogisch weitergetragen sein kann.
vTi^Q vnslq (§ 54. 56. 64, 5) : ai. upäri »über**, lat. s-uper,
V7i6 : ai. üpa „von unten heran, herzu, herbei** (Delbrück, S. F. 5,
453 flf.), lat. S'Ub. El. lesb. vnä war wahrscheinlich nach ora, xard u. dgl.
neu gebildet worden (Q. Meter, Gr. Gr.* 33).
Minder sicher, jedoch immerhin wahrscheinlich ist der Zusammenhang
von w- in 'Q^xeavog (§ 70, 7), w-ipeXhw^ ^'Q^yi^j w-Qvofxm u. a. mit ai. d „an,
heran** (von Fierlinger, K. Z. 27, 477 f., Moülton, Amer. Joum. of Phil.
8, 209). 0
Anmerkung. Lautlich nicht zu vereinigen sind Ivv, avr mifc lat. com- cum^ osk.
umbr. com, zu denen xoiyos gehörte (§ 30 und Östhoff, Z. G. d. P. 507).
5. Die Partikeln.
201. Wie zwischen Präposition und Adverbium, so war auch zwischen
den Partikeln einerseits und anderseits den Adverbien und gewissen Verbal-
formen keine feste Grenze. Es gab in altgriechischer Zeit, wie anderwärts,
Adverbia, die im Übergang zur Verwendung als Partikel begriffen waren,
und so hängt es oft von der subjektiven Empfindung ab, als was man
das Wort will gelten lassen; so standen z. B. iffcog^ ^^X^9 alXwg^ Sfxa auf
der Grenze. In gleicher Weise war der Imperativ ay« schon in homer.
Zeit im Übergang zur Partikel.
Die Partikeln lassen sich nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten
einteilen. Z. 6. in solche, deren Funktion auf den einzelnen Satz beschränkt
war, wie y^y ^^> ^^S ^^ solche, die nur eine Beziehung zwischen verschie-
denen Sätzen ausdrückten, wie (og (aus *jk(og), Iva, und in solche, welche
sowohl im Einzelsatz als auch satz verbindend fungierten, wie sl, xai\ fiäv;
von den der Satzverbindung dienenden Partikeln handeln wir § 202 S.
Ein anderer Einteilungsgrund kann von dem Gedankenverhältnis hergenommen
werden, in dem die Partikeln verwendet wurden: kopulative Partikeln, ad-
versative, affirmative, adhortative, finale u. s. w. Weiter kann man unter-
scheiden nach dem Grade der Selbständigkeit: die einen Partikeln waren
frei bewegliche Wörter, wie xm, In; andere lebten nur in Komposition,
wo sie zum Teil ihre ursprüngliche Eigenart völlig aufgegeben hatten, z. B.
*0€ „oder" in ij^ rj, *v in ovTo-g; viele waren sowohl als selbständige Wörter
als auch in Zusammensetzungen im Gebrauch, z. B. ovv und ovx-ovv, y^
und ^yw-ye, y^ = Y'^Q (toi^y^Q'Ovv). Ferner nach der Stellung: die einen
*) Nach MouLTON hierher auch iS-jteXXoy
(vgl. (o-<peXi(ay ai. pJidla- , Frucht*), fo^dvQo-
fxrjy, tS-xeXXovy zu denen man, nachdem das
GefOhl für die Zusammensetzung mit einer
Präposition erloschen war, 6q>^XXü), odvQofjiai,
ox^XXto bildete nach oCcu : wCoy u. dgl., vgl.
dvQofiai, xEXXto. Hierher auch o-tQiJytaf das
zu lat. triM trulla und ai. tvär-atS .er eilt*,
ahd. dweran , drehen, rühren* dwiril ,Rühr-
stab, Quirl* gehörte: t^v- wie xQv-tpaXeia
(aus *nti^v-)y lat. qwjLdrH', av. capru- (§ 65, 5),
dagegen o-r^aXiog o-xqtjQO'g^ auf die das ö-
von O'TQvyto übergegangen war, von rga-
aus *TfQa- = *tjST' mit urgriechischem Weg-
fall des f wie in terQa- (vgl. § 59 S. 71).
5. Die Partikeln. (§ 201.) 221
standen hinter dem beteiligten Wort, wie r^, navrJQ äviQwv re d'cm' rs;
andere begannen den Satz (Haupt- oder Nebensatz), z. B. älXd^lrce; andere
wieder liebten die zweite Stelle im Satz, wie y^y ^^'; d^^ übrigen bewegten
sich freier, wie ovj oficog. Und so lassen sich noch andere Einteilungs-
gründe angeben. Indessen ist für eine geschichtliche Darstellung keiner
als Hauptprinzip der Einteilung brauchbar, weil man es allenthalben mit
Übergangsstufen zu thun hat, und weil die verschiedenen Gesichtspunkte,
nach denen man jedesmal eine Anzahl von Partikeln zusammenfassend zu
betrachten hat, sich zu vielfach kreuzen. Eine historische Darstellung, die
allen Seiten gerecht werden und einigermassen übersichtlich sein will, muss
die Partikeln mehrmals nach einander abhandeln.
Wir beschränken uns hier auf eine alphabetische Zusammenstellung
der Partikeln 1) mit Berücksichtigung ihres Ursprungs.
i. Folgende finden sich in andern idg. Sprachen wieder und
scheinen als fertige Partikeln in die Periode der griechischen
Sonderentwicklung eingetreten zu sein:
äv : lat. an, § 164.
UQ, ^d (gewöhnlich nach einsilbigen Wörtern, s. Hiller, Hermes 21,
563 fiF.), aQa : lit. tr »und, auch** är Fragepartikel, gleicher Wurzel mit
aq^isvoq. S. Vf. Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1883 S. 38 ff.. Per Persson,
Studia etymologica 1886 (dessen Herleitung der Partikel von einem Pro-
nominalstamm ara mich nicht überzeugt), Bloomfield, Amer. Journ. of
Philol. 6, 44. aquy lesb. dor. ly^a aus rj üqu, s. Q. Meyer, Gr. Gr.* 152.
Eine Komposition mit unserer Partikel war auch y^ff ^^^ Y'^Q (anders
H. Weber, Phil. Rundsch. 4, 1078). Die kypr. Form unserer Partikel ig
oder ^1^' (xar' ig' i'^sro in der paphischen Rezension der homer. Gedichte)
repräsentiert möglicherweise einen alten Ablaut, vgl. Spitzer, L. d. a. D.
7 f., G. Meyer, Gr. Gr.« 64.
d^uQ : ahd. sun~tar „für sich, besonders, sondern, aber"; der unregel-
mässige Spiritus lenis vielleicht durch Einwirkung von avvdQ. Das Wort
hing engstens mit a-reg (§ 200) zusammen, von dem es nur durch den
Ablaut in der zweiten Silbe getrennt gewesen zu sein scheint. Vgl. Buqqe,
Bezz. B. 3,^120 f., Prellwitz, Gott. gel. Anz. 1886 S. 758, Vf. Grdr. 2, 177.
av {av^€j av^ig etc.) : lat. au^t, au^tem, osk. av^ti. Ob av die Hoch-
stufenform zu V (s. S. 224) war, bleibt fraglich.
y*, dor. böot. el. ya : ai. ha enklitische Partikel, die das erste Wort
des Satzes hervorhob (Delbrück, S. F. 5, 497 flF.). f'/i6-yf =: got. twi-Z*.
Über das Verhältnis der Vokale von y^ und ya ist bei der Mannigfaltigkeit
der Vokale, welche die ver «sandten Partikeln der andern Sprachen (es
kommt besonders noch das Baltisch-Slavische in Betracht) zeigen, nicht
ins klare zu kommen. Vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 339 f., G. Meyer, Gr.
Gr.* 29 ff., Bezzenberoer, Gott. gel. Anz. 1887 S. 417.
-<?€ in dofiov^ds (arkad. O-vg-da „hinaus** kypr. ay-da „auf", vgl. yd
neben yi) verwandt mit -cfov in ft'-cfoi», lat. en^do in-du : av. vaesinen-da
»zum Hause". Hierher auch das -ie von S-cf«? Kompliziert und mir wenig
*) Die rein interjektionalen Partikeln, wie (pevy aiat, evoi, mögen bei Seite bleiben.
222
A, Griechische Grammatik, d) S3mtax.
wahrscheinlich ist J. Baunack's (Stud. 1, 55 f.) Deutung von oSe^ die von
einem neutr. Hod-i = ai. tad id ausgeht, s. § 94 Anm. 1 . Nicht unwahr-
scheinlich ist, dass mit unserm -cF« auch der Anfangsteil von dsvqo devrs
zusammengehangen habe, vgl. § 74, 3 S. 116.
i^ri : ai. äti ,über etwas hinaus, sehr", lat. et.
i'(oq aus hom. f^oq : ai. yd-vat „quamdiu" (vom Relativstamm *iö-).
Über die Verschiedenheit des stammbildenden Suffixes, gr. -poq ai. -vat,
s. 8 72, 4 S. 109.
'f€ »oder", 8. unter tj.
ij, interrogativ und asseverierend, identisch mit dem ij- von r^-it^
rj'fxbv^ rj'it\ ferner mit dem jJ- von *jj-f^ (woraus ij^, ?;) »oder" (nach
Komparativen „als", s. Ziemer, Vgl. Synt. d. Comp. 149 flF.),') endlich mit
dem hervorhebenden -i; in sytov-ri^ wir-rj. Die Partikel gehörte wohl zum
ai. d (hervorhebend und anreihend). Die Grundbedeutung scheint* „so"
gewesen zu sein. Vgl. Kvicala, Ztschr. f. Ost. Gymn. 1863 S. 314 f.,
Fröhde, Bezz. B. 7, 327. Der zweite Teil von *ij-f^ (proklitisch für *»;-f€
wie alld für Ulla, s. § 66 S. 83) war gleich lat. -ve (vgl. Osthoff, Z.
Q. d. P. 128 f.). In Versen wie A 120 xTeivyg ij^ (?;f^) SoXfj) fj a^ifpadw
o^ti xaXxfl^ scheint rjf ' oder wenigstens rj' für ^ gelesen werden zu müssen
(s. L. Havet, Mdlanges Renier 369). iJvTe, das aus ^rj/se^re nicht herleit-
bar ist, zerlegt sich wohl in *jJ-/?* + vre, letzteres =: ai. utd „und, auch",
und bedeutete demnach ursprünglich „oder auch" (vgl. ved. utd va und
va utd), alsdann „als" beim Komparativ {J 277) und „wie". Anders über
rjVT€j aber unwahrscheinlich L. Havet a. 0. 371. Deecke, Programm von
Buchsweiler 1887 S. 36 möchte ^, i;^ (^), r^vve zum Relativstamm *i<>- „qui"
ziehen („etwa = *issie, vgl. ind. gen. sg. yasya, loc. pl. yH^ u. s. w."),
was mich gar nicht überzeugt; dass lat. -ve, das wir mit dem zweiten
Teile von *ij-/?f und mit ai. va zusammenstellen, vielmehr zu vis „du willst"
gehöre, wie Deecke behauptet, bedürfte doch sehr näherer Begründung.
rilAog mit seinem Korrelativ tijfxoq (dor. afioq %ä(ioq) war gebildet wie
7^oq i'atq und xi}oq xtwq. Während diese das stammbildende Suffix -f^es-
(Nebenform von -^ent-) hatten, hatten jene Suffix -mes- (Nebenform von
^ment', ai. -mant-). Im Thessalischen Ta/jiovy das vermutlich eine Umbildung
von TccfLioq war, hervorgerufen durch das bei Indeklinabilien häufiger vor-
kommende Nebeneinander von -q und -y, vgl. imdxiq inraxiv. Man ver-
gleicht wohl mit Recht aksl. ja^mo „wohin" ta-mo „dorthin". S. Solmsen,
K. Z. 29, 77, Babtholomae ebend. 538 f., Vf. Grdr. 2, 379 f. Der auf-
fallende Spiritus lenis war, wie es scheint, durch analogische Einwirkung
von rjfiuQ afxuQ (zugleich vielleicht von otpga, vgl. § 60 S. 73) entsprungen.
't in ovtoa-tj el. xo-t u. a., = ai. av. t oder av. t-fi (Verstärkungs-
partikel). Ob -iv in ovxoa-tv erst auf griechischem Boden -i' bekommen
hatte oder die ai. Partikel l-w war, bleibt zweifelhaft (vgl. Osthoff, M.
U. 4, 229 flF.). Neben -i wohl auch kurzes -t = ai. i-d in hom. vm (in
der Überlieferung vm betont), s. § 96 unter Nom. S. 132.
') Die von Ziemer angenommene Be-
griffsentwicklung scheint mir freilich nicht
sicher. Man geht vielleicht besser von der
Verbindung des rj mit negierten Satzgliedern,
wie ov^Big (aXkog) 17 cv, aus.
5. IMe Partikeln. (§ 201.) 223
xa/:abulg. ce „et quidem, xaitoi" ]it. kai Tcai-p »wie*', gemeinsame
Grundf. *gax (vgl. § 35 Anm. S. 54). Über die Entstehung des kypr. xa
s. § 64 S. 79; diese Form wurde nach der Analogie anderer Adverbia
auf s zu xdq umgebildet. Eine andere, aber oinwahrscheinliche Vermu-
tung über den Ursprung von xai trägt Prellwitz, Öött. gel. Anz. 1886
S. 759 vor.
liäv und thess. iia „aber, cf«" (vgl. (Aävxot) sind zu verbinden, /i«
= ai. sma eine verstärkende Partikel (s. Delbrück, S. F. 5, 501 flf.); eine
unsichere Vermutung über die Wurzel von sma bei Osthoff, Z. G. d. P.
575. noQoq ye fie'v wie ai. purd ha stna (s. Delbrück a. 0.). Dass fid
in fjuv aus fi'iv enthalten gewesen sei, macht Thumb, Fleckeis. Jahrbb. 1887
S. 641 ff. wahrscheinlich, vgl. auch § 95.
jui^ : ai. mä Prohibitivpartikel (g 164).
*vt muss das Griechische, nach Ausweis der andern idg. Sprachen,
einmal an der Stelle von oif gehabt haben. Unsichere Spuren dieser Par-
tikel in Kompositen bei J. Baunack, Stud. 1, 271 ff.
vT^y vctC : lat. n^ nae Ja*.
vv : ai. nü, dessen Sinn schwer zu definieren ist; „vielleicht darf man
sagen, dass nü einen Entschluss der sprechenden Person begleitet, welcher
sich aus der gegenwärtigen Lage ergibt" (Delbrück, S. F. 5, 515). Die
Form *vf = ai. nv (antesonantisch) vermutet Thumb a. 0. 646 f. in vir,
aus *vp iv (vgl. § 95). Neben vv stand einst *rt; (= ai. nü „nun"),
wovon weitergebildet vvv, wie vv-v von vv (über idg. *nw : *nß, die mit
vip-o-g wurzelgleich waren, s. Osthofp, M. U. 4, 272 ff.); vertrat -v altes
-m, so vergleicht sich lat. nu-m {etiam-^um). Das Nebeneinander von vvv
und vv mag zur Ausbreitung des sogen, v iipeXxvffTixov beigetragen haben
(§ 64 Anm. 3 S. 80).
o aus *jto6^ ai. ydd „dass, quod**, dazu o t» (vgl. og ug). Daneben
/TOT«, ort neutr. zu orig, worin eine Partikel *cr/rocf enthalten war (§ 207).
nif verhielt sich zu nsQi (in ne^i-xakkr^g u. dgl., vgl. lat. 2?er-, per^
magnus, air. er-, er-chosmil „persimilis*) wie vn^Q zu inefg (aus *v7T€Qi).
noxxi thessal., s. unter ri.
Tä : ai. ca „und", lat. que. Vgl. Christ, Sitzungsber. der Münch. Ak.
1880 S. 25 ff., Delbrück, S. F. 4, 144 f. Das Verhältnis des -re in o-t*,
7t6^€ zu -xa in dor. o-xa, no-xa^ ro-xa und zu -t« in lesb. o-ray ni-ta ist
nicht sicher zu bestimmen, s. Osthoff, Z. 6. d. P. 333 f.
Tä(üg aus hom. frflg^ zu ai. td-vat „tamdiu" vom Demonstrativstamm
Uh. Vgl. oben fiö$.
x^ „da! nimm!' : lit. te aus *^ „da! nimm!", wohl instr. sg. zu St.
Uh, Sophron bildete einen Plural tr^-xe^ der sich mit dev-tB vergleicht.
Das kypr. tä „hier" ist von unseren tf^ zu trennen, es gehörte zum Feminin-
stamm /*-. Vgl. § 83.
TfjfAog, s. oben unter rjfiiog.
T« erscheint öfters partikelartig gebraucht, wie ai. cid, dem es ety-
mologiBch entsprach, und es steht nichts der Annahme im Wege, dass
dieser Gebrauch aus vorgriechischer Zeit mitgebracht war. ovi = idg.
^öd gidf ursprünglich mit demselben Sinne der Verallgemeinerung wie
224 ^ Griechische Grammatik, d) S3mtax.
m
og Tig^ dazu im Gortynischen ä-ri neben of riveg. Ebenso ai. ydS cid
»welcher irgend*. Thess. noxxi, im Sinne von otiy Collitz, Gr. D. n. 345,
12, aus *7rar xi (idg. *qöd qid), zeigt die Verbindung unserer Partikel mit
dem Fragepronomen, wie-ai. kdS cid „wer auch immer, welcher es sei*;
zur Funktion als Relativum s. § 206.
*v : ai. u deiktische Partikel nach Pronomina und Verba (Delbrück,
S. F. 5, 504 ff.). ^ Diese Partikel in ov-T(Hg (§ di), Ttavv. Ob sie die Tief-
stufenform zu av war, bleibt fraglich. V^. Osthoff, M. U. 4, 253, Z. G.
d. P. 328, FiCK, Bezz. Beitr. 7, 270.
(fTJ : av. ha „wahrlich, fürwahr" (Fick, Vergl. Wörterb. 1' 154).
Anders J. Baünack, Stud. 1, 23. .
-X* in ov'Xh vai'Xh ^"X* • ai- ** hervorhebende Partikel, na-hi »gewiss
nicht, keineswegs". Vgl. Osthoff, M. ü. 4, 239 ff.
cö-cf«, M-g ,80" : lat. sö-c (LoEWE, Prodr. p. 350) vom Deutestamm *so-
(o, rj); hierher auch (og avTwg (oicr-aiJircö^), Adv. zu 6 avtog. Vgl. td-g von
Stamm *tO' und § 203 Anip.
di-g »wie, dass" (satzverbindend) : ai. yäd „soweit, wie", vom Relativ-
stamm *io-,
äg (fcig) „wie" (z. B. &€ov /siog) und aig „ungefähr" (bei Zahlwörtern)
zu got. sv^ »wie" (vgl. § 80. 83. 98); gleichen Stammes mit o- in o-ti$,
O'Uiog § 207. L. Havet's Ansicht (Mdlanges Renier 371), Sg sei aus
V' ^9, mit V* = ai. va, entsprungen, überzeugt nicht.
2. Es folgen Partikeln, die etymologisch aufgeklärt sind,
zu ihrer Funktion als Partikeln aber alle erst auf griechischem
Boden gekommen zu sein scheinen.
ay€ „wohlan". Am häufigsten in der Verbindung aXX* aye^ Die Er-
starrung zu einer Partikel erhellt am besten aus der Verbindung mit einer
2. plur. imper. und mit den 3. Personen imper., wie B 331 äXl' ays fxii^iv€%s
TTCfiTeg, d- 542 aXX' ay' 6 (ihv axed-ärw^ B 437 uXX* iiye xrjQvxeg itih' . . . dyei'
QovTcov, Vgl. lat. age.
aXXd (aXX* iq) war proklitisches aXXa^ von aXXo-g. Zur Betonung
s. § 66 S. 83.
d(ia aus ^stg^m-a instr. von Stamm sem- (§ 21, 4. 83).
a-xe zum Relativstamm *t<>-.
irjv zunächst aus *cf/?-av, vgl. Alkman's doav^ das auf *iop-av weist.
Hierzu irjQo-g aus "^df-aqo-g. Mit lat. diu ist das Wort nicht zu ver-
mitteln. Auch kaum mit lat. dum, das Deecke, Programm von Buchs-
weiler 1887 S. 46 vergleicht; statt der Grundform *d^om, die Deecke an-
setzt, müsste wenigstens dum mit ursprünglichem u angesetzt werden
(denn *diwm hätte *bow ergeben, vgl. bonus aus *duono-s), und so wäre
eine lautliche Vermittelung möglich; aber der Gebrauch von dum liegt von
dem des griechischen Wortes weit ab. Unanstössig ist dagegen Bütt-
mann's Vergleichung mit lat. dürare (Ausführt. Sprachl. 1, 44).
elnä in der Verbindung eint fiot auch in der Anrede an mehrere,
wie Demosth. 4, 10 ^ ßovXsad-e^ etnä fnoi, TieQuovreg avrwv nvv&mea^ai •
XtystaC Ti xanm'; (Kühner IP 75).
^^i-nag ^i-mrfi^ ^fn^-nitv, ^finä. Zu Grunde lag ein Abstraktsubstan-
5. Die Partikeln. (§ 201.) 225
i>
tivum in-na- (Grundform *-X-fi-a-), das etwa ,, Gedrungenheit, Vollkraft,
VollgQltigkeit'' bedeutete, von dem auch i(A7id(a „bringe zur Geltung, voll-
strecke*' kam, das durch el. ifin(p^ in-sfinq}^ €n-€fjinr^t(o belegt ist; wurzel-
verwandt waren näg^ xväw^ xvQog {ini-xvQOü)), s. § 18 S. 32. Ob ijunOg
die Genitivform war, oder ob ein Instrum. ^ifina zu Grunde lag, der nach
seiner adverbialen Erstarrung -g annahm wie ovtw^ u. dgl., lasse ich un-
entschieden, i^nä war wohl Neubildung nach litya^ [iidXa u. dg].
tSov, war identisch mit ISov.
ofjKog zu ofAo-g, W. setn-,
-n^ in kypr. xdg ntf u. a.
naqog : ai. purds »vor" (§ 23, 4).
Hom. n^tv^ att. tt^V, kret. n^eiv enthielt 'die Tiefstufenform des Kom-
parativsuffixes -len- und war nächstverwandt mit *7iQ€ig ,prius" in n^sTa-
ßv^y 8. § 73, 3, weiter auch mit ndqog^ nqo.^jj^
Tol war Dativ (dat. ethicus) zu et;, s. § 185 und Näoelsbach, Anm.
zur Ilias* 175 ff., Wackernaoel, K. Z. 24, 595.
9>^^€, in nachhomerischer Zeit ähnlich wie aye gebraucht, z. B. Ari-
stoph. Thesm. 789 ffSQS itj vvv^ el xaxov iafiev^ zi yaiieti^' vfieic;
og>€XoVj w^sXe erscheint bei späteren Schriftstellern als eine den Wunsch-
satz einleitende Partikel. Vgl. § 169.
3. Ohne sichere Anknüpfung in den verwandten Sprachen
und etymologisch nicht genügend klar sind folgende Partikeln:
al, hom. lesb. lak. herakl. kret. el.; böot. 17. Man vergleicht osk.
svai „si**, doch macht der Anlaut Schwierigkeiten. Mit a, 1^ (s. u.) weiss
ich al nur unter der Voraussetzung zu vereinigen, dass h der Lok., 17 der
Instr. eines o-Stammes, dagegen al derjenige eines d-Stammes war. Man
könnte an den ai. deiktischen und anaphorischen Pronominalstamm a- (gen.
a^sya etc.) anknüpfen. Vgl. unten et, ferner § 209 und Lange, Der homer.
Gebrauch der Part, sl 321 f., G. Meyer, Gr. 6r.^ 126, DARBismRE, Notes
on the Spir. asp. 11 sq., Tobp, Geschlechtlos. Pronom. 17 f., Deecke, Pro-
gramm von Buchsweiler 1887, S. 36 f.
^X?* ^X^*"5> vgl. unten iiexQt.
db\ Zusammenhang mit -de in dofiov-Se (S. 221) ist schwer denkbar.
Ich vermute Identität mit aksl. ie „cf^, aber*", idg. '*'gß (s. § 35 S. 55).
rff/, rj'irj, irj-Ta, wozu wohl auch 6a(j vgl, rtj : va(. Die Partikel ist
weder mit lat. jam, noch mit dip^ zu vermitteln.
ely eUxa ion. el-^evj in-efj Mn-sita ion. In-eitev, Daneben fj im Herakl.,
Kret., Kypr. (Baunack, Gortyn 50. 78); hierzu el. en-i] gegenüber att.
in-€(. el mag loc. sg. (vgl. aüxci), r^ instr. sg. gewesen sein, s. o. unter al.
idv i]v aus el av. Die att. Formen av, enav lässt Wackernaoel unter
Einwirkung von ineidav = ineidt] av und xav = xai av entstanden sein
(Phil. Anz. 1886, S. 68); einfacher ist, wir setzen av = r) ar, d. h. r war
einst auch im Att. vorhanden. Vgl. oben al und § 209.
ehv. Meine Vermutung M. IT. 1, 185 f. ist unhaltbar.
täte. Ob el. Mcra Colutz, Gr. D. n. 1151, 2 (nach Blass' Lesung)
urgriech. -ra enthielt (vgl. kret. ^iata u. dgl.), oder ob a aus e hervor-
gegangen war (§ 8), bleibt zweifelhaft. Die Annahme, dass die Partikel aus
Bandbnch dA \\%m AltertumawiMenacbaft. n. 2. Aufl. 15
226 ^* (hriechlBche Chrammatik. d) Syntax.
*ivg'T€ entstanden war, wird durch lokr. delph. h'-re nahe gelegt. Doch
macht el. foi^a Schwierigkeit, weil die Präposition in diesem Dialekt auch
beim Akk. die Form ev, nicht eg hatte. Man verbindet for« mit ai. dehn
„zu hin*", lat. usque. S. Wheeler, Noroinalacc. 22, Solmsen, K. Z. 29, 333.
Letzterer sagt: „Lokr. delph. ^vre könnte man zur Not als Anlehnung an
iv auffassen, geratener wird es sein, es von iifre zu trennen und mit got.
und „bis" = *^te zu verbinden*.
€VT€. Dass dieses aus i)vt€ (vgl. ?y S. 222) entstanden war, ist unwahi--
scheinlich trotz scheinbarer Analogien, die § 26 bietet. Auch leuchtet L.
Havet's Vermutung (Mel. Renier 371), es habe *rj/?'« zu Gründe gelegen,
indem elidiertes *jj/?^ vor tc getreten sei, nicht ein.
ij „wenn, falls" s. unter et.
'd-e in cu'^e el-d^s. Pott's Herleitung aus dem Vokativ ^eä ist mehr
geistreich als glaubwürdig.
^v in ov xhrjV u. dgl.
l-dä homer. und kypr. Im Kyprischen vielleicht auch * „und** Collitz,
Gr. D. n. 60, 24; vgl. Deecke im Wortindex S. 76. J. Baünack's Gedanke
(Stud. 1, 55), da sei Abkürzung voniSä, ist lautlich nicht zu rechtfertigen,
Iva scheint ein Instrumentalis und V- die schwache Form des Relativ-
stammes *to- gewesen zu sein. S. Delbrück, S. F. 1, 57, Deecke, Progi*.
von Buchsweiler 1887, S. 36.
xkv mit den Nebenformen xd (dor. böot. el.) und x^ (hom. lesb. thess.
kypr.). S. § 164.
fiäxQi' fJ^^XQi-g wird von Fick, Bezz. B. 5, 168 mit «x^t verknüpft, indem
er das a- des letzteren aus ^- erklärt. Verwandt waren ohne Zweifel
hom. iiecffa^ kret. iiäara, gort, fiärreg (darf in fiett' ig zerlegt werden),
ark. fiätTT* {äv)y thess. fxäcnodi {xs). Der Ausgang der letzten Form, /rocf-/,
scheint das Neutr. des Interrogativstammes mit -» = ai. t-d gewesen zu
sein; zur relativischen Bedeutung, die uns schon in noxxi (s. unter %l
S. 223 f.) begegnete, s. § 206. So über utanodi jetzt auch J. Baunack,
Stud. 1, 23, während Bücheler, Rhein. Mus. 40, Ergänzungsh. S. 8 und
G. Meyer, Gr. Gr.* 10 -/rocft mit nsdd und novg zusammenbringen.
jiir/v, dor. hom. (idv. Dass hom. (Ar]v und iiav dieselbe Form waren,
nur dialektisch verschieden, ist keineswegs sicher. Zusammenhang mit dem
beteuernden /ia {Ä 86 ov fid ydq UtioXIcovo) ist unleugbar, zweifelhafter,
ob auch fiäv thess. fid (S. 223) verwandt waren.
ov. Vgl. § 164 [und den Nachtrag zu diesem Paragr.].
ovv att., (OV ion. dor. lesb. böot. Das lautliche Verhältnis zwischen
att. ovv und ion. (ov ist unklar.
o-(pQa, aus *o-q>Qa nach § 60, und Twpqa,
nXrjVj dor. nXav, Vielleicht nebst ifinXtjv zu nXipio-g näXag.
6. Satzverbindung.
202. Die einzelnen Gedankenkomplexe, die in der Sprache zu Sätzen
werden, liegen meist nicht selbständig und in sich ein vollständiges ganzes
bildend in der Seele neben einander, sondern stehen in dieser oder jener
inneren Beziehung und im Abhängigkeitsverhältnis zu einander. Die gegen-
6. Satzverbindiing. (§ 202-203.) 227
seitige Beziehung der Sätze brauchte zunächst kein äusseres sprachliches
Zeichen; es war auch ohne ein solches möglich, dass der eine Satz, statt
durch seinen Inhalt allein bestimmt zu sein, mit Rücksicht auf den Sinn
eines andern Satzes aufgefasst und verstanden wurde. Höchstens wurde
durch die Satzbetonung und durch die Handhabung der Satzpause der
wechselseitige Bezug auch äusseriich gekennzeichnet.
Erst nach und nach wurde der Gebrauch gewisser Wörter (Pronomina,
Partikeln) zum Zweck der Satzverbindung häufiger, und er ist in keiner
der idg. Sprachen so häufig geworden als im Griechischen. Letzteres war
darin begründet, dass der Grieche schon im selbständigen Einzelsatze eine
grosse Anzahl von Partikeln gebrauchte, um der besonderen Stimmung,
welche Behauptungen, Fragen, Wünsche, Befehle u. s. w. begleitete, Aus-
druck zu leihen, und dass diese Partikeln zum grossen Teil sich dazu eig-
neten, zugleich die gegenseitige Beziehung der Sätze zu kennzeichnen, wie
z. B. fAilv und €1.
Satzverbindende Pronomina waren z. B. die Demonstrativa ocfc, ovrog,
dxsTvog, da diese nicht nur direkt auf ein Objekt in der Aussenwelt oder
auf vorschwebende Gedanken, sondern auch auf das sprachliche Abbild
derselben hinwiesen , vgl. z. B. iXeye rade • syd xrX. und das nach einer
Aussage folgende tavta slnsv (vgl. § 211). Satzverbindende Partikeln
waren z. B. xa«', t^, aqa^ da, aXXä, fiäv, fitlvroi, rj „oder".
Anmerkung. Alle diese Wörter konnten dem Zwecke, dem sie in der Verbindung
ganzer Sfttze dienten, auch in der Verbindung Ton Satzgliedern dienen, z. B. Herod. 5, 7
^iovg (fl atßoytttt fAovrovq x ovo de, "jQca xtu Jioyvaoy xal^A^xBfAiy, A 5 %vvi<s<siv oiaiyoiai
te daira A 68 (Of Binmv xtn' uq' i^eto. Worauf dies beruhte, sehe man bei Paul, Prin-
cipien* 299 ff.
Nur selten stellten die Griechen in der historischen Sprachperiode
noch zwei innerlich enger verbundene Sätze so neben einander, dass keiner
von beiden ein auf den andern hinweisendes Wort enthielt, wie z. B. x 320
tQx^o vvv avifsov cf* , iis't aXXtav Xä^o ivatQcov. Vgl. Krüoer, Sprachl. I 59,
1, 5, n 59, 1, Kühner, Ausf. Gramm. II« 860 flF.
Vgl. C. Hentze, Die Parataxis bei Homer I, Progr. des kgl. Gymn.
und Realgymn. zu Göttingen 1888.
203. Ursprünglich sprach man nur in Sätzen, welche die Form von
Hauptsätzen hatten. Die Unterordnung (Hypotaxe) war aber bereits
urindogermanisch. Sie ergab sich von selbst durch das zwischen den ein-
zelnen Sätzen bestehende Gedankenverhältnis. Am meisten neigte man
zur Unterordnung bei solchen Sätzen, die zu einem andern Satz irgendwie
als dessen Erklärung oder Epexegese hinzugefügt wurden, die z. B. nach
einem eine Seelenstimmung allgemein bezeichnenden Satze {([poßov^m^ wofiai
u. s. w.) den Inhalt derselben brachten (daher so vielfach der Konj. und
Opt. in Nebensätzen); bei solchen, die zum Zwecke deutlicher Bezeichnung
eines Gegenstandes eine Beschreibung desselben zufügten; bei solchen, die
den Grund oder das Motiv von etwas darstellten. Das Gefühl, das solche
Sätze begleitete, war ähnlich dem, welches das Aussprechen eines unter-
geordneten Satzteiles (z. B. des Objektes) im einfachen Satze begleitete.
Satzunterordnende Wörter als Kennzeichen der Unterordnung gab es
von Anfang nicht. Die in der historischen Gräzität in konjunktioneller
15*
228
A. Grieohische Gmmmatik. d) S3mtax.
Funktion auftretenden Wörter drückten ursprünglich entweder nur im
allgemeinen eine Relation zwischen Sätzen aus, z. B. o^, oig, o („der^),
oder sie hatten nicht einmal an und für sich eine Relationsbedeutung
und assoziierten sich erst allmählich mit einer nicht ausgedrückten, nur
hinzugedachten Beziehung zwischen zwei Sätzen, z. B. /atj. Die meisten
von den konjunktionellen Wörtern behielten neben dieser Funktion die ur-
sprüngliche, nicht satzverbindende Funktion bei, z. B. juij, vgl. ^ 470
SeidcDy inq rt ndd^aiv (ursprünglich 8. v. a. „Ich bin in Furcht. Dass ihm
nur nichts zustösst!'') mit « 356 co /ioi iyd^ fjitj rfg fioi vfpaivuaiv doXot*
avT€ ä&avdTa)Vy femer «t, Tig, o (»der*) u. a. Nur noch konjunktionell
fungierten in der historischen Gräzität die von St. o- (idg. Ho-) abgeleiteten
Formen (§ 204) und o-rig o-nov etc. (§ 207).
Seltner als die andern Sprachen hielt das Oriechische neben der durch
konjunktioneile Wörter gekennzeichneten Hypotaxe die einfache Beiordnung
mit nur innerer Hypotaxe fest. Z. B. Demosth. 3, 18 xai vvv ov käyst tig
zd ßeXxiaxa' dvaatdg aXkog elndxfa (= idv tig fxrj Xäyj] xtX,); Plat. Prot,
p. 336 b dkX^ oQ^Cy (o JSoixQaxeg * ifxata öoxeT Xäyeiv UfanayoQag (= o^g,
oTi xtL), Vorzugsweise gehören kurze Hauptsätze wie offiai »glaub* ich*
= (jig oljiai hierher, die fast nur wie ein Satzteil im Einzelsatz erscheinen.
Welcher von zwei beigeordneten Sätzen hypotaktisch wurde, hing oft
von der Stellung der Sätze ab, d. h. davon, welcher von den beiden in
Beziehung zu einander stehenden Gedanken zuerst sich im Bewusstsein hob,
sich sprachlich formte und zur Aussprache kam. Z. B. oq^g^ ddixst führte
zu oQ^g^ (og (oTi) ddix€i^ dagegen äSixei, oQqig zu dSixeT, wg oQ^g. Erst
nachdem diese Satztypen sich im Bewusstsein befestigt und im Gebrauch
Bestand gewonnen hatten, kam man auch zu (og dti^xel, o^^r^ und <og oq^g^
ddixst. Der untergeordnet erscheinende Satz konnte auch in den andern
Satz eingeschaltet sein, z. B. @ 536 dXX^ iv nqfiro^aiv^ oiw, xeifferai orn^-
•i>i(g; dies führte zu o)^ om. So kann man denn die Nebensätze in Vorder-
sätze, angefügte Sätze (Hintersätze) und Zwischensätze einteilen. Alle diese
Typen finden sich schon bei Homer.
Anmerkung. Die oft ausgesprochene Behauptung, dass die homerische Sprache
der alten parataktischen Weise der SatzfUgung wesentlich treuer gebliehen war als die
spätere Sprache, dass sie in dem Qebrauch der konjunktionellen WOrter vielfach noch die
alte Parataxe durchblicken lasse, wo die spätere Sprache nur Unterordnung gekannt habe,
ist unerwiesen.
Das aus *if>B entstandene og mit seinen Ableitungen und Adverbien fahrte schon
bei Homer nur Nebensätze ein. Das rein anaphorische oq (att xal og, ij d* og) war älteres
*so-8. Und das anaphorische Neutrum o bei Homer (M 844. 857 o yuQ x' o/' aQioroy
andyxtüy etrj, ^9, cu 190 o ydg yiffag icri ^ayoyrwy) kann entweder ebenso wie oY, at, wg
(ft g avrtog) *) eine Neubildung, bei der r- durch <r-, bezieh, h- ersetzt wurde, gewesen sein,
oder der Umstand, dass dg rj zugleich Relativ und Demonstrativ waren, führte dazu, dass
man das anfänglich nur relativische o auch demonstrativ gebrauchte; auch kann beides
zusammen gewirkt haben').
^) Über die Schreibungen ol al tag 6 ^
für Ol' «r etc. s. § 66 S. 83.
0 Debcke, Progr. von Buchsweiler 1887
S. 29 f. geht, wie wir, davon aus, dass im
Urgriech. einmal alle txi og ä o = ai. yd-s
yd ya-d j^ehörigen Formen relativische und
alle zu b a to = ai. sä sä td-d gehörigen
Formen demonstrative Bedeutung hatten.
Durch den gleich gewordenen Anlaut sei nun
mannigfache Analogiebildung eingetreten. So
relativisches masc. o neben o;, ^umgekehrt
demonstratives masc. og neben o; so oV ttV
statt rot rat nach dem Relativum, und das
relative Adverb tag .wie" habe das Demon-
strativum ttlSg fast ganz verdrängt, daher
auch ig o^ttH, <»<fe. «Ja ich bin geDoigi»
6. SatzTerbindnng. (§ 204.)
229
Dass (fe oft Nachsätze eioleitete, ist richtig. Aber nicht zu beweisen ist, dass diese
Partikel ursprünglich nur koordinierte Glieder habe in Beziehung setzen können. Das
richtige lehrte bereits BIumlrin, Untersuch, über ^ech. Partik. S. 92 ff.
Der Gebrauch der Partikel r^ in ^ 218 6^ xe ^eorg inmei&tjnti, fitiXa % exXvoy
avjov und ähnlichen Stellen ist nicht durch «und", sondern durch «auch" zu verdeut-
lichen u. s. w.
Höchstens lässt sich für Sätze mit solchen Konjunktionen, die auch in späterer Zeit
nicht ausschliesslich konjunktionell waren, wie ei und ^17, die Behauptung aufstellen,
dass sie, im ganzen genommen, noch mehr parataktisch erschienen als in späterer Zeit.
Zu welchen Irrtümern das Bestreben verleiten kann, in den homerischen SatzfQgungen
eine möglichst primitive Stufe des idg. Satzbaues nachzuweisen, zeigt u. a. H. Gbabp's
Schrift De coniunctionis tag origine et usu, Memel 1874 (vgl. dazu Gebth in Bubsiai«*s
Jahresb. 15, 270).
Ein TeU der konjunktionellen Wörter bedarf einer besonderen Er-
läuterung, zu der wir übergehen.
204. Der Stamm 0- (= idg. to-) war ursprünglich ein anaphorisches
Pronomen etwa mit der Bedeutung unseres «er* und wies, durch alle Ge-
schlechter und Kasus deklinierbar, auf voraus genannte Nominalbegriffe
oder seltner, im Neutrum, auf ganze Sätze hin, um eine selbständige Aus-
sage einzuleiten (vgl. Windisch, C. St. 2, 201 ff.). Schon in der vorhisto-
rischen Zeit der griech. Sprache wurden aber alle Sätze mit Formen von
o-, wie Q-q o~v a a-v, zu Nebensätzen herabgedrückt, wie auch im Indischen
alle Sätze mit yd- schon als Nebensätze, nie mehr als Hauptsätze erscheinen
(vgl. § 94. 203 Anm.). Dies gilt zugleich von den zu o- gehörigen Ad-
verbien und Ableitungen, ov, ol^ ©$, o «dass, weil*, r^og i'iog^ oto-g (aus
^iai-io-s), wro-g (aus *|0-^to-.s) u. a.,0 die ebenfalls entweder einen einzelnen
Teil eines vorausgehenden Satzes wieder aufnahmen, wie olog «qualis*, ov
«ubi*, oder den ganzen Inhalt eines Satzes einheitlich zusammenfassten,
wie fiig (z. B. B 363 xqTv avÖQag xa%a (pQijTQag, cJg (pQt^TQrj g>Qi^TQrj(piv
a^jYH ^- ^' A- n^^^ welche Weise ein Geschlecht dem andern helfen soll*).
Der Relativsatz wurde oft durch ein Demonstrativpronomen angekün-
digt (vgl. § 211), dem erst durch den Nebensatz sein Inhalt zugewiesen
ward, z. B. ravra noirjao), ä ßovXei; xämg xa^SQrfio), i'(og iti iXnig iaxi.
So erschien der Relativsatz als Vertreter eines Satzteiles des Hauptsatzes
die dialektische Verwendung sämtlicher mit
r beginnender Formen des Demonstrativs
(auch nom. pl. toi tat) in relativischer Be-
deutung auf die obige Formenvermengung
zurückzuführen.* Unmöglich sind diese An-
ndlimen nicht, aber wenig wahrscheinlich.
Wenn im AL ein sd-h bestand, warum nicht
auch ein gr. *80'8? Und wenn im Ai. ein
in Anknüpfung an sd sä gebildetes sdsmin
für tdtmin erscheint und im Lat. 8ö-c und
sum aam 8(f8 säs, die des gleichen Ursprungs
waren, so ist es doch sicher das einfachste,
man betrachtet auch die demonstrativen cu;,
or, al' und neutr. 0 als Neuschöpfungen nach
masc. o fem. S, Nur als sekundär mitwir-
kendes Moment möchte ich die von Dbecke
als allein wirksamer Faktor betrachtete Ana-
logie gelten lassen, aber nur bei hom. 0 ,id* ;
ify w «r kann man bereits in der Zeit ent-
•tMid«n sein lassen, als die Anlaute von *$0'
und *}0- noch nicht zusammengefallen waren ,
Dbecke wird nicht beweisen können, dass
diese letzteren Demonstrativformen erst ins
Leben traten, als *«o- und *io- beide die
Form ho- bekommen hatten. Und was die
Entwicklung des Demonstrativs to- zum Rela-
tivum betrifft (§ 205), so erklärt sich dieselbe
aus der Funktion des to- selbst so leicht und
hat in der bekannten deutschen Gebrauchs-
weise desselben Pronominalstammes eine so
genaue Parallele, dass ich nicht einsehe,
warum wir sie erst als eine Folge des formalen
Obereinkommens von *«o- und *jio- betrachten
mOssten. Dass dieses in späterer 2ieit die Aus-
breitung des Gebrauches von fo- als Relativ-
pronomen gefördert habe, soll damit nicht
geleugnet werden.
^) Vgl. die Zusammenstellung der hier-
her gehörigen adverbialen Ausdrücke bei
Debcke a. 0. 33 ff;
230
A. Grieohisohe Orammaük. d) Syntax.
und trat nun oft auch in die Stelle des Demonstrativum ein: ix ßovlei
noirjtjü); i'wq exi iXnig iati xaQt€Qr^(X(o. Hierin lag der Hauptanlass zur
Vorausstellung relativischer Sätze, beziehungsweise zum Einschub in den
Hauptsatz.
In doppelter Weise trat der Relativsatz in eine noch nähere Verbin-
dung mit seiner Bezugsmasse. Einerseits dadurch, dass für den Akk.,
seltener für den Gen., Dat. und Nom. des Relativpronomens der Kasus des
Beziehungswortes eintrat, wenn dieser der Gen. oder Dat. war (progressive
Kasusassimilation), z. B. Xen. an. I 7, 3 itfead-e avdqsq a^ioi irfi iXevx^eqiaq,
r;«,* xäxTtjad^e^ s. Kühner H^ 912 flF., Meistebhans, Gr.* 197, oder dadurch,
dass das vorausgehende Beziehungswort den Kasus des Relativs annahm
(regressive Kasusassimilation), z. B. S 75 tnjsg^ oaai nqfatai slqvatai cry/i
x}^aXaa(Srfi^ i'kxfafieVy Lysias 19, 47 äXld xrjv ovtrtavy rjv xarähns r^ vteT^
ov nXsiovog ä^ta iarlv fj retTagcov xai däxa xaXavnav (vgl. Kühner H*
918 ff., Frohberoer zu der angeführten Stelle des Lysias und Anhang
S. 204). Anderseits dadurch, dass die Bezugsmasse entweder ganz oder
teilweise in den Relativsatz herübergenommen wurde, z. B. A 566 iirj vi
xoi ov xQ^'^f^^^^^ ocoi x^soC ela iv 'OlvfiTKiJ, Xen. an. IV 4, 2 etg di rjv
a(pixovTO xcöjwijv, iieyaXrj rjV, Soph. Ai. 1044 tig i' iativ ovrtv^ avdqa
TtQOtxXsvaaetg cr^aTov;
Nach Verba des Wissens, Wissenlassens u. ähnl. im Hauptsatz hatt«
der Relativsatz mit og oft einen Sinn, den wir als den der indirekten
Frage bezeichnen können. Dieser Sinn entstand dann, wenn der regie-
rende Satz kein Demonstrativum hatte, mit dem das Relativpronomen
in Kongruenz stand, z. B. Xen. mem. U 6, 29 jui; ovv anoxQvnxov fic^ oig
äv ßovXoio (pflog yeväa&ai^ Soph. 0. C. 1171 i^otd' axovwv Twrrf', Sc iCx^* o
Mit 0- wurden auch die Ausrufesätze gebildet, wie <P 441 vrinvri, wg
avoov xQadirjv ix^g, Plat. Euthyphr. p. 15 e oJa noisTg^ (o haiQs, Diese
Relativsätze entstanden durch Verschmelzung einer in einen Relativsatz
gekleideten Erläuterung zu einem Ausruf mit diesem Ausruf. Man kann
sich jene Homerstelle so verdeutlichen: „Unverständiger, der du ein so
thörichtes Herz hattest, wie du es hattest!** Diese Vereinigung des Relativ-
satzes mit seiner Bezugsmasse war schon in vorhistorischer Zeit durch-
geführt, schon damals ein fertiger Satztypus geworden.
Durch Verbindung von og mit rlg entstand og tig „welcher irgend*.
Das Altindische hatte in gleichem Sinne yd^ cid mit der Partikel cid = ii,
und dieser Verbindung entsprach gort, a n (§ 201, 1 unter ri). Auch in
der Konjunktion ovi neben o mag rt von Anfang als Partikel zugetreten sein.
205. Die satzverbindende, relativische Funktion von 3, ^, rö und den
dazu gehörigen Adverbien wie raxög, xwfQa^ roi^e war jüngeren Ursprungs
als die von og (*jfo?). Sie findet sich im Herakl., EL, Arkad., in den drei
äolischen Dialekten, bei Homer, Herodot und hie und da auch in den att.
Inschriften. ^) Die Anfange ihrer Entwicklung dürften also ins Urgriechische
^) Möglich ist, dass in diesen Dialekten
sich hinter tug »wie'' (vgl. § 204) zugleich
altes *<rwc ^so* (§ 94) verbirgt; es wäre
dann eigentlich tag zu schreiben.
6. BatEYerbindang. (§205-207.) 231
hinaufreichen. Herodot's og statt o war wohl das alte *ao-g (§ 94), und
die formale Gleichheit mit og = '*'io-g erklärt es leicht, dass man in diesem
Dialekte in relativischem Sinne dem og vor o den Vorzug gab. Die Mei-
nung Deecke's, dass die relativische Funktion des Demonstrativstammes
tO' überhaupt erst eine Folge des formalen Zusammenfalls von *iO' und
*so^ gewesen sei, glaubten wir S. 228 Fussn. 2 ablehnen zu sollen.
Bei Homer ist man oft im Zweifel, soll man den Satz mit o als
Hauptsatz oder als Nebensatz ansehen, vgl. Friedlandeb, Nican. p. 34.
Selten erst finden sich bei Homer solche Relativsätze dem Hauptsatz
vorangestellt: A 125 äXkd zd fi^v noXifav i^enQcc&ofiev , %d Säiaatai.
Häufiger bei Herodot: 1, 5 ra yap ro ndkai fieyccXa tjv, xd noXXd avrdiv
(ffnxQa ytyove. Bei diesem Schriftsteller erscheint to- auch in solchen
Sätzen, die man als indirekte Fragesätze bezeichnen kann (vgl. den gleichen
Gebrauch in Sätzen mit og = *io-$ § 204), wie 1, 56 i^Qovti^e iaxoQiwv^
%ovg av 'Ekktjvtov dvvavandtovg iovrag nQOCKiri<sm%o ^(Xovg (vgl. Stein zu
d. Stelle).
206. Die Nebensätze mit den Fragepronomina xig^ noxsQog, nov etc.
gehörten der oratio obliqua an. Als Nebensätze waren sie am deutlichsten
gekennzeichnet durch die Personenverschiebung und den optativus obliquus,
z. B. o 423 slgcita rfij ineixa^ rig sitj xai nod^ev il&ot (vgl. Ubtel, Progr.
von Weimar 1884 S. 5).
Daraus, dass rig und og rig (§ 204) otig (§ 207) in indirekten Frage-
sätzen gleichwertig neben einander standen, scheint es zu erklären, dass
tfg auch den relativischen Gebrauch von og rig und oxig übernahm. Am
verbreitetsten scheint diese Funktion im Thessalischen gewesen zu sein, .
z. B. C!oLLiTZ Gr. D. n. 345, 22 xai xdv ovdXccv x(g xe yivvetxei (= i^xtg^
av yi'yvr^xai) iv xdve dofiev^ ibid. 20 tpvXdg ikofiävoig ixdaxov^ noiag xs
ßeXXHXBi (= oTtofag av ßovXrjxai). Ausserdem findet sie sich im Kypr.,
Boot., selten im älteren Attisch, aber häufiger in alexandrinischer Zeit.
S. Kühner II« § 587 Anm. 1, Nauck zu Soph. El. 316, Caüer, Wochenschr.
f. klass. Phil. 1885 S. 804, Immisch, De pronominis xig liberiore quodam
usu, Leipz. Stud. 1887 S. 309 «. Wie im Thesa. ii^ xi als Relativum
erscheint = diini^ so auch noxxi = oxi in jener selben Inschr. Z. 12 ive-
(fav(<s<SOBv avxov^ noxxi xai ä dfifie'ovv noXig iU xog noXäfiog rroxedbexo
TtXeiovovv xovv xaxoixHfSovxovv (vgl. im Brief des Philipp Z. 5 evstpavi^ov
/i(W, OT« xai ij vfisxBQa noXig did xovg noXe'fiovg TtQOfSdeTxai nXsoviov olxr^xwv);
vgl. § 201, 1 S. 224 unter li.
207. Die auf den Nebensatz beschränkten oreg, onoxsqog^ onov^ onu^g
etc. entstanden durch Zusammenrtickung des mit homer. f^fig „wie** (in Ver-
gleichungen) nächstverwandten Neutr. ^df^od (§ 98) mit den Indefiniten ri$,
ninsQog etc. Auf diese Komposition wirft Licht die im Hochdeutschen
sich findende Verbindung von so (got. sra), welches das Pron. relat. in
allen Kasus vertreten konnte, mit den Indefiniten hwer „wer** und hweo
„wie** zu 8ö hwer, swer und so hwSOy stvie im Sinne von „wer auch immer**
und „wie auch immer** (vgl. 0. Erdmann, Ztschr. f. Völkerps. 15, 408).
Man wird annehmen müssen, dass *af6S in gleicher Weise wie unser so
232
A. Oriechiaohe Grammatik, d) Syntax.
allgemeine Relativpartikel geworden war i), und dass es sich in Verbin-
dung mit Tig hielt, weil das angefügte Pronomen den Kasus deutlich zum
Ausdruck brachte. Der Gebrauch im indirekten Fragesatz, wo auch das
direkte Fragepronomen üblich war, führte in einigen Formen zu einer
Verschiebung des Accentes nach der Analogie dieses Pronomens: oniaog^
oTtijKxoq^ oTiod'Sv u. dgl. nach niaog etc., im Dor. auch on^ onsX u. dgl.
(Ahrens, De dial. Dor. 34). Dass sich in den ein r enthaltenden Formen,
otig etc., die ältere Betonung erhielt, darauf war die Analogie von og ng
von Einfluss.
Ganz anders, aber mich nicht überzeugend, beurteilt Deecke, Progr.
von Buchsweiler 1887 S. 31 ff. unser Pronomen. Das ganz unverdächtige
lokr. f^oTi als nicht beweiskräftig bezeichnend, führt er arig auf *iod %ig
zurück : y^qwrtav airiv, oTtrjUxog iaxiv sei entstanden aus r^qwvwv avriv (irö),
o Titjkixog iativ, . Die Betonung des Fragepronomens sei das ursprüngliche,
die in otxov, onoag^ Zug das unursprüngliche. Auf letztere sei wohl von
Einfluss gewesen, „dass, bei der nahen psychologischen Berührung der
indirekten Fragesätze mit den Relativsätzen, sämtliche mit o- zusammen-
gesetzte Formen auch als Relativa verwendet wurden, wobei dann der
relative Teil so überwiegen musste, dass das Interrogativ wirklich zum
Indefinitum herabgedrückt wurde, was in der grossen Mehrzahl der Fälle
dann auch im Accent seinen Ausdruck fand und auf die Verwendung im
indirekten Fragesatze übertragen ward*".
Anmerkung. Nur scheinbar kommen otig u. s w. auch in direkten Fragen vor.
8. KüHSEB II> § 587 Anm. 1 und Kbügeb § 51, 17, 3.
208. Für die verschiedenen adverbialen Gebrauchsweisen der Neutra
o, o T€, o Ti (*iorf) und oTTi oTi f^oTi (*(Xf orf-Ti) — o ti (zu og tu;) und Ott
(zu ortg) waren gleichwertig und sind schwer auseinander zu halten — ist
von der Bedeutung „in welcher Beziehung, in Beziehung worauf* auszu-
gehen. Man muss aber ' berücksichtigen, dass die Entwicklung zur Kon-
junktion bereits in vorhistorischer Zeit abgeschlossen war (welches letztere
auch für die ai. Konjunktion ydd gilt, s. Delbrück, S. F. 5, 572 ß.). Vgl.
Capelle, Philol. 36, 193 S. (wo mir 3 t«, z. B. II 433 äfioi iywv^ o rs
xtA., mit dem zu nots^ t&ts gehörigen oxe unrichtig identifiziert zu werden
scheint).
Die Funktionen von dg = *k(ag und onmg = ^^pod-^ntag lassen sich
alle leicht von der Bedeutung «wie*" aus entwickeln.
209. Die Grundbedeutung von ai und von ei (rj) ist nicht sicher
ermittelt (vgl. § 201, 3 S. 225). Nach L. Lange (Partikel «*, 1872) waren
die beiden Konjunktionen zur Einleitung von Wünschen und Fallsetzungen
geeignete interjektionsartige Partikeln, wofür si d^ aye zu sprechen scheint
Mit Rücksicht auf «t-ra, €7t'€i\ fn-ci-xa darf vermutet werden, dass ei einst
„da"" bedeutete und im Eingang von Wunschsätzen, ähnlich wie oig, dazu
') Vgl. auch lit. kür ,wo" (und A;a «was'J
in Sätzen wie tos dvdras, kür pö tat zeme
hüüo ,der Palast, wo (= welcher) unter der
Erde war** (daneben und ursprünglicher kür
jis ,wo er* = .welcher*), und nhd. dial.
der mann, wo {= welchen) ich gesehen habe
(älter wo ihn -— welchen).
6. SatEYerbindimg. (§ 208-211.) 233
diente, den Wunsch an die vorliegende Situation, der er entspringt, anzu-
knüpfen (vgl. auch Vf. Ein Problem der homer. Textkr. 130).
Jedenfalls gingen aus den selbständigen ai- und «^-Sätzen zunächst
präpositive Nebensätze hervor, und erst nachdem al und ei ihre kon-
junktionelle Geltung befestigt hatten, konnte auch Nachstellung des Neben-
satzes erfolgen. Diese ist bei Homer schon häufig.
Zur Verwendung von el in indirekten Fragesätzen im Sinne unseres
,ob', die ebenfalls schon oft bei Homer sich findet, scheint man von zwei
Seiten her gekommen zu sein. Einerseits von dem Gebrauch der Kon-
junktion in Sätzen, die sich' an Verba des Versuchens anschlössen; den
Übergang machten hier Sätze wie £ 168 ß^ ... UdvdaQov dvrt&eov
St^i^fievog, €1 nov i^evqoi. Anderseits von Bedingungssätzen aus, die sich
an Verba des Sagens anschlössen, wie X 371 xardXB^ov, ei nvag avtid^äwv
itdqmv tdsgj a 206 xatdXe^ov, ei dij i^ avtoXo xiaog ndig sig ^Odvtrfjog.
210. Oleich andern Sprachen verwendete das Griechische präpositionale
Adverbien als Konjunktionen. Wie die Präposition ein einzelnes Nomen
regierte, so konnte ihr auch ein ganzer Satz untergeordnet werden: so
fiäXQh ^X^9 i(TT€, TtXrjVy z. B. fie'xQf' (T^otog iyäveto. Die Präposition gehörte
ursprünglich zum Hauptsatz und wurde dadurch zu einer einen Nebensatz
einleitenden Konjunktion, dass sie dem Sprachgefühl gleichwertig mit den
älteren konjunktionellen Wörtern, wie i'tag^ (og etc., erschien. Wesentlich
erleichtert wurde das Zustandekommen solcher Nebensätze dadurch, dass
die Ausdrucksweisen mit fi^XQ^ ^^j nXrjv ori u. dgl. daneben standen, bei
denen die psychologische Gliederung ebenfalls (wie bei nhd. bis dass, so
dass, lat. postquam) die Grenze zwischen Haupt- und Nebensatz durch-
brochen hatte. Die Erklärung der konjunktioneilen Präpositionen durch
wirkliche Ellipsen ist nicht statthaft.
In ähnlicher Weise wurde der Komparativ ttqiv (§ 201 S. 225) „prius*
zur Konjunktion. Dem zum Nebensatz gezogenen, als das ihn einleitende Wort
empfundenen TtQiv wurde häufig im Hauptsatz noch einmal ein vorweisendes
7TQIV oder nqinBQov^ ndqog^ nQwfÖ-ev vorausgeschickt {ov tiqiv . . ., 7iq(v).
Auch ngiv ^' ,prius quam'' wurde als einheitliche Konjunktion zum Neben-
satz gezogen, wie man daraus ersieht, dass auch hier noch einmal n^iv
im Hauptsatz vorausgeschickt wurde: nqh . . ., nQiv ij. Vgl. hiermit das
einheitliche dXX' ij {dXX' rj) in ovi^v aXXo . . . dXX' ij, z. B. Plat. Phaed. p. 97 d.
211. Korrelative Satzverbindung. Die Beziehung zwischen zwei
Sätzen kann in jedem derselben einen besonderen Ausdruck haben, sowohl
wenn die Sätze beigeordnet sind, als auch wenn der eine dem andern unter-
geordnet ist.
Korrelation bei parataktischer Satzfügung. Altererbt war die Satz-
verbindung durch ri — ti (ai. ca — cd) und durch V* — V* (lat. -ve — ve,
ai. va — vä), worauf iji— -rj^ beruhte (§ 201, 1 unter rj). Man vermutet
mit gutem Fug, dass die verbindende Kraft, die das einfache r^ {ca, que)
hatte, ursprünglich nur der korrelativen Doppelsetzung beiwohnte und erst
sekundär in die einfach gesetzte Partikel einzog (Delbrück, S. F. 4, 145),
und ebenso mag auch nur das doppelte *^e — *^e die disjunktive Bedeutung
234 A. Griechiflohe Orammatik. d) Syntax.
erzeugt haben, die dann auch dem einfachen *ue mitgeteilt wurde. aXkog
[liiäv) — aXXog (de) mit den zugehörigen Adverbien von «AAo- entsprach
dem lat. alius — alitis. aga — aga neben einfachem iiga (Vf. Ber. d. sächs.
Ges. d. W. 1883 S. 63 flF.) halte ich trotz dem entsprechenden lit. ir — ir
für eine erst in der speziell griechischen Sprachentwicklung eingetretene
Neuerung. Ebenso waren speziell griechische Entwicklungen afia (jiäv) —
&fia (rffc-), xai — xaiy z^ — xaf, ti — d€\ fi^v — de u. a. Zu iikXog — aXlog,
ajuia — afia wurden fiäv und da erst in jüngerer (aber schon vorhistorischer)
Zeit zugefügt, so dass nun die Korrelation einen zwiefachen Ausdruck hatte;
die ältere einfachere Weise aber noch in volkstümlicher Rede, z. B. a/i'
Anmerkung. Alle diese konjunkiionellen Wörter konnten auch innerhalb des
Einzelsatzes zur Verbindung und Gegenüberstellung einzelner Satzteile dienen. Vgl. § 202
Anmerk. S. 227.
Die Korrelation von ninsQov [ntneqa] — Vj beruhte auf einer Ver-
schiebung der ursprünglichen Beziehung von TtoteQov. Dieses war anfäng-
lich nicht Glied des ersten Satzes oder Satzteiles, sondern trat beiden
Sätzen oder Satzteilen selbständig voraus: ,, welches von beiden? dieses
oder jenes?'' Die adverbiale Erstarrung des Wortes ersieht man aus
Sätzen wie Äschyl. Pers. 351 rfveg xarf^g^av^ notSQOv ''ElXrjveg, M«X^5> V
natg €fi6g; Die Verdunklung der ursprünglichen Bedeutung des Schwankens
zwischen zwei Dingen tritt in noreQov — ^ — ^' (in dreigliedrigen Fragen)
hervor. Vgl. lat. utrum — an.
Korrelation bei hypotaktischer Satzfügung. Die korrelative Ver-
bindung war namentlich dadurch gegeben, dass die deiktischen Pronomina
mit ihren Adverbien (5, «g, ovtog^ ovtwg, roiog, rtbog u. s. w.) die Fähigkeit
hatten, auf gesprochene oder noch zu sprechende Worte hinzuweisen.
Bezog man sie auf Sätze mit relativischen Pronomina oder Pronominal-
adverbia (og, wg etc.), so war die Doppelrelation hergestellt. Auf gleiche
Linie mit den Relativadverbien traten d (demonstratives Korrelat reo,
ot^ro), TOTf), inei sneiSij (Korr. totc, ovtco), iffre f^f^^XQ'' (Korr. rtfag, Toaovtov
XQovov) u. a.
212. Der Gegensatz von Haupt- und Nebengedanke, Haupt- und
Nebensatz führte zu einigen Neuerungen im Gebrauch der Verbalformen,
und so entstanden neben den die Subordination andeutenden Verhältnis-
Wörtern noch andere Charakteristika für die Nebensätze. Zunächst in
negativer Beziehung, insofern sich gewisse uridg. Funktionen der Modi ent-
weder in den Hauptsätzen oder in den Nebensätzen verloren, wie sich z. B.
der voluntative Gebrauch der 2. Pers. conj. ohne firj nur in abhängigen
Sätzen erhalten hatte, wie i 561 aXX* ays ievQO, ava^y Ir* ^nog xcu [avx^ov
axovatjg (über die scheinbare Ausnahme Soph. Phil. 300 s. § 165). Sodann
in positiver Beziehung, insofern sich in Nebensätzen der Optativ zum Modus
der indirekten Rede entwickelt hatte (§ 167); in Sätzen wie K 26 MeväXao^^
€%€ iQOfiog^ ovd^ yccQ avt(^ vnvog im ßXs(pdQoiaiv eifi^avs^ iirj ri Ttdx^oiev
'Agyem und in den jüngeren (nachhomerischen) optativischen Zwischensätzen
wie Thuk. 2, 72 naiäsg ydq . . . strflav war der Opt. der oratio obl. als
solcher und er allein äusseres Kennzeichen der Unterordnung.
6. SatsYerbindung. (§212-218.) 235
213. Wie ein einzelner Hauptsatz, so konnten auch zwei und mehrere
unter sich verbundene Hauptsätze zu gleicher Zeit zu Nebensätzen herab-
gedrückt werden. Daher konnten alle der Beiordnung dienenden konjunk-
tioneilen Wörter auch in untergeordneten Sätzen auftreten, wobei ihre ur-
sprüngliche beiordnende Funktion natürlich dieselbe blieb, z. B. Xen. an.
Vn 6, 3 iXeyeVy ort ro arQorvevfia anod(dw<si^ (pflog te xai (JVfifiaxog eivai
ßovXetaiy Herod. 1, 91 XQ^t^ i7ieiQ€(r&aij xorsga trv icovTOv f ttv Kvqov
Xi'yoi aQX^v.
Nachträge und Verbesserungen.
Seite 3 Zeile 9 von unten lies: Litteratorforschung.
S. 8 Z. 2 von oben. Das hier als vergriffen bezeichnete Buch Henbt's Pröcis etc. ist
mittlerweile in zweiter Auflage erschienen (Paris, Hachette et C*^, 1889).
S. 20 Fussnote 3 lies: Amer. Joum. of Phil. 7, 422 sqq
S. 20 Fussnote 5 fttge am Ende hinzu: H. W. Smyth, The Arcado-Cvprian Dialect, Trans-
actions of American Philological Association, vol. XVIII (1887). Chr. £. Brnnett,
On the Sounds and Inflections of the Cjprian Dialect, Nebraska University Studies,
vol. I no. 2 (October 1888).
S. 21 Z. 21 von unten fUge vor Huibichs hinzu: Voobinz, Grammatik des homerischen
Dialektes, Paderborn 1889.
S. 21 Z. 10 von unten füge nach 13, 173 ff. hinzu: 14, 252 ff.
S. 24 Z. 11 von unten lies imo statt vno.
S. 26 Z. 19 von unten lies bairdis statt baireis,
S. 29 Z. 26 f. von oben lies: *AQyBTo'g — *'j4Qy€ai(Hg — *'^^y€tffto-ff, statt ^eTog — ^(^eitsfl'^ —
S. 35 Z. 9 von oben lies o-nvi statt 6-nvt,
S. 51 f&ge hinter § 32 als Anmerkung hinzu: Gewisse Schwierigkeiten, welche die Gestalt
einiger Wörter der Annahme urindogermanischer Tennis aspirata bereitet, lassen
sich, wie ich anderwärts zeigen werde, beseitigen, wenn man der idg. Urzeit
einen dem Wechsel von Tennis und Media (s. Vf. Grdr. 1, § 469, 7 S. 348)
parallel gehenden Wechsel von Tenuis aspirata und Media aspirata zuschreibt.
S. 51 Z. 2 von unten füge hinzu: Auch fQr den kyprischen Dialekt nimmt Meister, Gr.
D. 2, 216 f. die Aussprache ^ für d an auf Grund der Hesychiusglosse xoQCia *
S. 55 Z. 13 f. von oben. Bei der Erklärung des x von dtQaxtog und (ttQaxe<og sind auch
kypr. TQofjffeaSat, «sich wenden** und lak. inirQvaaeiy «Kehrt machen, halten **
(beide bei Hesychius, s. Meisteb, Gr. D. 2, 251) zu berücksichtigen. Da eine
Präsensbildung mit ursprünglichem o kaum annehmbar ist (denn schwerlich darf
man jQoaüm als verbum denominativum, von einem *tq61^ oder *tQ6\ff herkommend,
ansehen), so dürfte XQvaato auf eine mit Xvxog zu vergleichende Wurzelform
TQvx- zu beziehen und das o von kypr. tQoaaea&cei gleich dem in &0Qdy€tg,
f^oxoi u. dgl. (Meisteb a. 0. 217 ff.) als Vertreter von u anzusehen sein.
S. 59 § 39 Z. 3 füge hinzu: Über den Übergang von -a- in -h- im Kyprischen vgl. jetzt
ausser Meisteb, Gr. D. 2, 249 ff. auch 0. Hoffmann, Bezz. B. 14, 282 f.
S. 65 Z. 6 von oben lies: armen, garn.
S. 66 Z. 15 von unten füge hinzu: Iin Kyprischen ging auch anlautendes unursprüngliches
(urgriechisches und urkyprisches) tf- in h- über, wie in vy-ysfiog • avXkaßtj (att.
avy), vQiyya • ntvoy (att. ffvQiy^). S. Meisteb, Gr. D. 2, 247 f.
S. 68 Z. 4 von oben füge hinzu : Das o- von 6-M6g 6-ßoX6g betrachtet Meisteb, Gr. D. 2, 205
Fussn. als den mit dem Nomen zusammengewachsenen Artikel 6; vgl. auch die
§ 51 extr. erwähnte Hypothese Baunack's.
S. 79 Z. 3 von unten. Mit dem Kypr. xd d{y)Tl vergleicht sich auch kypr. ro iQotyi = roT
igtoy^, 6 i(y) = oX i(y). S. Meisteb, Gr. D. 2, 238 f.
S. 81 Z. 7 von unten füge hinzu: V. Henby, L'accent dans la döclinaison grecque, M. d.
1. 8. d. 1. 6, 368 ff.
S. 84 Z. 17 V. o. lies *tty-Bni/-&Bxoio statt ay-ent-^BToio.
S. 99 Z. 7 von oben. Der hier gegebenen Erklärung von fjtixaoaai ist vielleicht die von
P. GiLES (The Classical Review III 1889 p. 4) gegebene vorzuziehen, nach der
236 Nachträge nnd yerbesseniiigeii.
das Wort als fiit-aatstu ein part fem. von (nh-eifAi {fjtBxa eifui) war mit der
Stammform «r- = *«-t/<- (vgl. § 112 S. 151). fAe'raaaai wäre für lautgesetzliches
*fÄ6&aaaia eingetreten nach den Formen mit r wie fÄBTeifÄt fisiBlvai.
S. 105 Z. 4 V. u. Dasselbe Suffix -f^y- in dvgtSy ,der Kaum» wo sich die Thüre befindet,
Vorraum**, welches, wie das kypr. ^oQnyag * ro l^ai. IJdtpioi (Hesychius) zeigt, aus
*^vQä-f:iov hervorgegangen war. Also alich nvXtoy aus *7ivXtt-ftay, Vgl. Meistkr,
Gr. D. 2, 218, der die Grundform »vQafoiy in der Inschrift n. 86 (S. 162) ver-
mutet. Der Plural d^ogayas ist wohl daraus zu erklären, dass &vQwy in manchen
Wendungen mit ^vQd gleichbedeutend geworden war; wie nun bei ^)Q€t der
Plural üblich war (vgl § 178), so bildete man nach dieser Analogie auch 9o-
Q^yeSy vgl. ^oQttyag mit »h'^aCe d. i. O^vgoa-de,
S. 106 § 71% 1 Anmerk. Zeile 4 lies: lit. akmü\
S. 115 Z. 11 von oben. Zu Ji/^ei-^efits s. jetzt auch Meister, Gr. D. 2, 228.
S. 122 Z. 14 von oben lies : . kypr. nroXifi Collitz, Gr. D. n. 60, 6 (nach der Lesung
Mbisteb*s, Gr. D. 2, 154. 233, der annimmt, dass in *nr6h/!og / sich als Über-
gangslaut zum o eingestellt hatte und dann in den dat. verschleppt wurde).
8. 124 Z. 4 von oben fOge hinter roiy azijXaiy hinzu: (taty scheint im klassischen Attisch
nur einmal belegt zu sein, C. I. A. II 3, n. 1559, 4. Jahrh. v. Chr.).
S. 125 § 87 Z. 9 füge hinzu: rgiiys als analogLsche Neubildung ist allerdings nur unter
der Voraussetzung begreiflich, dass in der zweiten Silbe nicht derselbe Laut (
gesprochen wurde wie in der ersten Silbe von rgi^y XQi-ai, dass es also etwa
eine Form trins (mit nasaliertem i) war, die die Umbildung zu rqUyg erfuhr.
S. 132 Z. 10 von unten* lies: Akkusative, statt Akussative.
S. 134 Z. 21 V. 0. Zur Erklärung des arkad. dat ofpBt^ nimmt Meisteb. Gr. D. 2, 115
an, dass einmal ein loc. sg. *a<pBi, gebildet gewesen sei, wie ndiy oXxh, und dass
dieser dann nach dem Muster von l^yotg : Igyoi Pluralisierun^ erfahren habe.
Freilich kommen Formen wie *bI ^ubi> *aBi neben oT fiol aoi nicht vor, und so
möchte ich meiner Hypothese den Vorzug geben.
S. 134 Z. 11 von unten und S. 231 Z. 9 ff. von unten. Die Annahme Mbistbb's (Gr. D. 2,
161. 242 u. sonst), in der kypr. Inschrift n. 77 sei ifo te als fo dij = ,id quod hic
(est)* zu lesen, ist unwahrscheinlich, da ein solcher Gebrauch der Partikel fo
= *fffo& ohne Beispiel ist Ist vielleicht fd^e ,de suo* zu lesen? Vgl. kypr
Tto^e für sonstiges no^ey und t{y)9e für iy^ey (Meisteb S. 255 f.).
S. 139 Z. 13 V. o. lies tQi-novg statt XQi-noyg,
S. 145 Z. 9 von oben füge hinzu: Pabmentibr, M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 391 ff.
S. 150 Z. 8 von oben füge nach *i'fff€Xxoy hinzu: Sollte sich herausstellen, dass -su-
zwischen sonantischen Vokalen lautgesetzlich zu -<r- wurde (vgl. § 13 S. 33), so
wäre für *ie&i^oy, *ieXxoy (woraus et&tCoy, elXxoy) anzunehmen, dass jene Laut-
gruppe in ihnen nach den Formen mit anlautendem s^ (i&iCt^y iXx<o) behandelt
wurde; sie verglichen sich also mit e-yyeoy e-fifioge u. dgl. (s. u.).
S. 153 Z. 9 von oben lies ^yeyx-a statt ijyeyx-ix.
S. 156 Z. 11 ff. von oben (vgl. S. 50 Z. 18 von oben). Das befremdliche i in oxidyafnu,
mxytiiAii niXyafAaij xiQyrjjnt erklärt Moulton, The Classical Review III 1889 p. 45
folgendermassen. axi^ya/Aai und axe&dyyvfjii gehörten verschiedenen Wurzeln an,
jenes derselben, die in <r/iCai lat. scindo etc. enthalten war. Sie wurden infolge
ihrer Laut- und Bedeutungsähnlichkeit enge assoziiert^ und dies hatte zur Folge,
dass man zu ntt- ein nityr^fui stellte u. s. f.
S. 189 Z. 18 von oben. M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 378 ff. sucht V. Henry die Bopp*sche Zu-
sammenstellung von ov mit ai. dva «weg, ab* zu rechtfertigen.
S. 189 Z. 2 von unten (Anmerkung). J. van LbetTwen, De particularum x^y et ay apud
Homerum usu, Mnemosyne N. S. XV p. 75 sqq. stellt verschiedene Bedeutung
dieser Partikeln in Abrede.
S. 207 § 184. Nach Meister, Gr. D. 2, 295 f. waren im Kyprischen die Form des instr.
sg. und die des dat. sg. der ä-Stämme, -a und -ni, auch noch im Gebrauch
geschieden. Jene liegt nur mit Instrumentalbedeutung vor, dgä „infolge des
Rufes*, et'xfoXtt .infolge des Gelübdes*, av(y) Tt»/a „in Verbindung mit einem
Glücksfall*; auch bei v rv/a „auf Grund emes Glücksfalls* (nach Meister v(y)
rvx^) und an' o<r(<r)f j^ „infolge eines Traumgesichtes* ist von der instrumentalen
Bedeutung auszugehen. ^
S. 225 vor d^Qi füge hinzu: kypr. airdg, wie avtag gebraucht, aus ait' «q „femer nun*.
*iU'ra neben ei-ra wie «^ neben ei. Vgl. Meister, Gr. D. 2, 227.
B.
Lateinische Grammatik
(Laut-, und Formenlehre, Syntax und Stilistik)
bearbeitet von
Dr. Friedrich Stolz, und j. H. Schmalz,
aord. Profenor der vergleichenden SprachwiaBeu^chaft Oymnaaialdlrektor zn Tauberbiachofohelm.
in Innsbruck.
Inhalt.
a) Einleitung in die lateinische Ghrammatik (bez. in die lateinische Laut- und Formen-
lehre), bearbeitet von Prof. Dr. Fr. Stolz.
1. über Oeschichte und Methode der laieiniiichcD GnunnuiUk.
2. ÜberRichtUche Oeschichte der latriuiscben Bchrifüiprache.
3. StelluDg defl Lateinischcu zu den verwandten Sprachen und zu den übrigen ItallMohen Dialekten.
b) Lateinische Lautlehre, bearbeitet von Prof. Dr. Fr. Stolz.
1. Schriftzeichen und Orthographie.
2. Verhältnis des lateinischen Lautbestandes zu dem der indogermanischen Grundsprache.
3. Zur Aussprache des Latein.
4. Vokale.
5. Liquidae.
G. Nasales.
7. Verschlnsslautc.
8. Rpiranteu.
9. Lautwandel in Konsonantengrnppen und anderer kombinatorischer Lautwandel.
10. Betonung.
c) Lateinische Formenlehre, bearbeitet von Prof. Dr. Fr. Stolz.
1. Deklination des Noraens.
2. Deklination der Pronomina.
3. Anhang.
a) Numeralia.
b) Steigerung der Adjektiva.
c) Nominalkomposition.
4. Flexion des Verbums.
d) Lateinische Syntax, bearbeitet von Gymn.-Dir. J. H. Schmalz.
1. Ein&cher Satz: a) Behauptungssatz und Aufforderungssatz.
2. Fortsetzung: b) Fragesatz.
8. Zusammengesetzter Satz: a) Beiordnung.
4. Fortsetzung: b) Unterordnung.
ec, Übergang aus der Parataxe in die Hypotaxe, Nebensätze ohne Verbindungswort.
ß, Nebensätze mit Verbindungswort.
aa. Relativsitze.
ßß, Konjunktionalsätze.
e) Lateinische Stilistik, bearbeitet von Gymn.-Dir. J. H. Schmalz.
1. Eigentümlichkeiten im (}cbrauch der Redeteile.
2. Wortstellung.
3. Satzbau.
4. Reinheit und Korrektheit der Darstellung.
5. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Darstellung.
6. Einfachheit und Kürze der Darstellung.
Einleitung in die lateinische Grammatik.
1. Über (beschichte und Methode der lateinischen Grammatik.
Während die Ausbildung der griechischen Grammatik, beziehungsweise die
spezielle Beschäftigung mit der Sprache, in eine Zeit fällt, in welcher die
Entwicklung der Litteratur den Höhepunkt bereits überschritten hatte,
sind auf lateinischem Sprachboden Schöpfung der Litteratur und Bildung
der Sprache von Anfang an eng verschwistert. So kam es, dass Staats-
männer mit grammatikalischen Fragen sich befassten, wie denn der Censor
Appius Claudius bekanntermassen das Alphabet verbesserte. In beson-
derem Grade aber waren die Dichter, z. B. Ennius, Accius, Lucilius,^ auch
Sprachbildner und in gewissem Sinne Grammatiker, die sowohl praktisch
als theoretisch auf die Ausbildung der Sprache tiefgreifenden Einfluss aus-
übten. Mit den theoretischen Studien der Griechen wurden die Römer
wahrscheinlich zuerst durch den Philosophen Krates von Mallos 595 u. n.
bekannt gemacht. Eine Folge seiner Wirksamkeit ist es wohl, wenn
wir von jener Zeit ab auch die römischen Gelehrten und Staatsmänner
(z. B. Varro, Caesar) in den Kampf über Analogie [natura, ratio, aequa-
litas] ^) und Anomalie [usus, consuetudo, inaequalitas] eintreten sehen, aus
dem bekanntlich erstere, allerdings nicht ohne dass an letztere erhebliche
Zugeständnisse gemacht wurden, als Siegerin hervorging. Überhaupt haben
auch in anderer Hinsicht die grammatischen Studien der Römer dieselbe
Entwickelung erfahren, wie die ihrer griechischen Meister. Den yXiaaaai
entsprechen wenigstens teilweise die umfangreichen lexikalisch-etymologischen
Arbeiten eines Varro, Nigidius Figulus, Verrius Flaccus, zum Teil
mit dem ausgesprochenen Zwecke geschrieben, jLltes^ der grossen Masse
unverständlich gewordenes Sprachgut durch die Erklärung zu erhalten.
Daran schliesst sich, wie bei den Alexandrinern, die Herausgabe der älteren
Schriftwerke, womit der Grammatiker Valerius Probus aus Berytos den
Anfang machte; seine Lebenszeit fällt ungefähr in die Regierung des Kaisers
Nero. Zahlreiche Kommentatoren, Asper, Flavius Caper, Velins Lon-
gus, Terentius Scaurus, haben sodann umfangreiches Material zur Er-
klärung namentlich der Dichter aufgespeichert. Auch noch in einem an-
') Die Reste dieser grammatikalischen
Th&tigkeit des Lucilius in der Ausgabe von
L. MOllbb S. 43 ff.
») Vgl. Gellius II, XXV 2 Hertz; Varro
de 1. 1. VIII.
240 B. Lateinische Grammatik, a) Einleitung.
deren Punkte haben die Römer unmittelbar an die Griechen sich angelehnt:
wie diese den alten Homeros, haben sie seinen Nachahmer Vergilius in
den Mittelpunkt ihrer grammatischen Thätigkeit gerückt.
In der Methode der Grammatik, worunter man bis zum Schlüsse des
Altertums die ganze wissenschaftliche Beschäftigung mit der Sprache über-
haupt zu verstehen hat, sind die römischen Nationalgrammatiker ihren
griechischen Lehrmeistern völlig sklavisch gefolgt, indem sie das von den
Stoikern zu einem gewissen Abschluss gebrachte System der griechischen
Grammatik einfach auf die lateinische Sprache übertrugen. Ihr Verdienst
ist die Übertragung der griechischen Termini, für die sie die noch heute
üblichen Übersetzungen aufbrachten, von denen bekanntlich „accusativus'^
ebenso wie „infinitivus'^ zur Wiedergabe der griechischen Ausdrücke »o^ti-
auxrj'^ und ^änagäfi^ccrog'* unrichtig gewählt sind. Die Behandlungsweise
der antiken Grammatik [ich spreche zunächst von der Formenlehre] war
die etymologische, d. h. die einzelnen Bedeteile wurden der Reihe nach
abgehandelt. So sind die grossen Werke des Flavius Sosipater Cha-
risius, Diomedes, Priscianus angelegt, ein umfangreiches, mehr zu-
fällig zusammengetragenes statistisches Material aufhäufend, ohne Rücksicht
auf historische Gesichtspunkte. Es gehört bekanntlich zu den Eigentüm-
lichkeiten wie der späteren, tiefer gesunkenen Zeit überhaupt, so auch der
Grammatiker, dass der Nachfolger seinen Vorgänger auf die rücksichts-
loseste Weise ausschreibt, ein Umstand, auf den man bei Abwägung der
antiken Grammatikerzeugnisse besonderes Gewicht legen muss. [Vgl. je-
doch auch die Bemerkungen Brambachs Neug. 50.] Neben den grossen
Lehrgebäuden oder »institutiones* schuf das praktische Bedürfnis zum
Zwecke des Unterrichts kurzgefasste Lehrbücher „artes*,^ deren Vor-
bilder man leicht in den griechischen „täxvai'^ erkennt, die Vorläufer
unserer Grammatiken. Gleich der »i^^'x^^y* des Dionysios Thrax unter den
griechischen Bearbeitungen dieser Art, hat unter den lateinischen die ,ars
Donati'' die meiste Verbreitung und am längsten dauernde Verwendung
gefunden, und verschiedene Grammatiker, wie Servius, Sergius, Pom-
pe ius haben umfangreiche Kommentare dazu geschrieben. Dogmatisch ab-
gefasste Traktate, die dem (häufig nur vermeintlich) Falschen das Richtige
gegenüberstellen, so besonders de orthographia, de accentibus u. s. w. sind
bei den jüngeren Grammatikern seit Hadrian beliebt. Überblickt man die
Gesamtthätigkeit der römischen Nationalgrammatiker, so muss unumwun-
den zugestanden werden, dass sie nicht durch Vervollkommnung der Me-
thode oder Aufdeckung neuer Gesichtspunkte, sondern lediglich durch die
Aufspeicherung und Erhaltung eines umfangreichen Materials sich nicht zu
verachtende Verdienste erworben haben.
Das Mittelalter, seinem grösseren Vorgänger an geistigem Schwünge
überhaupt nachstehend, war sicher nicht darnach angethan, auf die gram-
matischen Studien, die jetzt ausschliesslich praktischen Zwecken dienstbar
gemacht wurden, belebend und befruchtend einzuwirken. Was in dieser
Zeit Grammatik heisst, ist ein trockenes Regelverzeichnis, der Niederschlag
antiker Gelehrsamkeit. Seit dem Wiederaufblühen der humanistischen Studien
') F. BoLTB, De artium scriptoribus latiois qnaestiones din. Bonn* 1B86.
1. über Oeschichte und Methode der lateinischen Grammatik. (§1.) 241
fand wohl auch die lateinische Grammatik eifrige Pflege bei Männern, wie
Sanetius, Scaliger, Vossius, Kuddimaniis, welche auf die Alten
zurückgriffen, jedoch im wesentlichen über die Resultate derselben nicht
hinauskamen. Für die Verbesserung der Methode ist durch ihre zum Teil
sehr umfangreichen Arbeiten wohl soviel wie nichts geschehen. Inwieferne
auch 6. Hermann, dessen Theorien ebenso auf die lateinische Grammatik
angewendet werden konnten, wie auf die griechische, einen bleibenden £in-
fluss auf die Methode der Grammatik überhaupt nicht nehmen konnte, weil
eben seine Voraussetzungeu falsch waren, ist von Brugmann in der Ein-
leitung zu der griechischen Grammatik S. 6 f. auseinandergesetzt worden.
Auch Beisig und Haase haben sich in ihren Vorlesungen (von letzterem
ist die Formenlehre, „Etymologie'^ , überhaupt nicht bearbeitet) im wesent-
lichen an die antike Grammatik angeschlossen, daher, wenigstens hinsichtlich
der Laut- und Formenlehre, keinen Fortschritt zu verzeichnen. Einen An-
fang zu besserer Ordnung und umfassender Darstellung des grammatikali-
schen Stoffes machte Konr. Leop. Schneider in seiner „Elementarlehre der
lateinischen Sprache^ , von welchem Werke nur der erste Teil und die erste
Hälfte des zweiteu Teiles erschienen sind (die Lautlehre und Deklination
umfassend). Jedoch erst durch den Einfluss der vergleichenden Gram-
matik einerseits und der sogenannten historischen andererseits wurde
auch die Methode der lateinischen Grammatik zu solcher Vervollkommnung
gebracht, dass sie den Anspruch erheben darf, eine „wissenschaftliche''
genannt zu werden. Da ich auf Brugmanns oben vorliegende Darstellung
verweisen kann, beschränke ich mich hier darauf, zu bemerken, dass es
natürlich auch in der Methode der lateinischen Grammatik einen Gegensatz
zwischen „historische und „komparativ" nicht gibt, sondern dass diese
beiden Richtungen der Forschung sich notwendig bedingen und gegenseitig
ergänzen.^) Um jedoch die einzelnen Fortschritte, welche in der wissen-
schaftlichen lateinischen Grammatik (bez. Laut- und Formenlehre) gemacht
worden sind, nach Gebühr würdigen zu können, werde ich im folgenden
den Ausdruck „historische Grammatik" beibehalten, und zwar in dem Sinne,
wie er lange das Arbeitsfeld der Grammatik beherrscht hat. Da die alten
Grammatiker, wie bereits oben bemerkt worden ist, die geschichtliche Ent-
wickelung der Sprache beinahe gar nicht ins Auge fassten, so war vor
allem ein wenig angebautes Feld das alte Latein. Die Kenntnis desselben
beschränkte sich bis ins 19. Jahrhundert hinein auf die handschriftliche,
zum Teil durch die grössten Verderbnisse entstellte Überlieferung. Da war
es Friedrich Ritschi, der bei seiner Bearbeitung des Plautus zur Er-
forschung des alten Latein überhaupt und der Inschriften insbesondere ge-
drängt wurde. Hiebei hat nun Uitschl mit dem glänzendsten Scharfsinn
das früher dunkle Gebiet der archaischen lateinischen Sprache aufgehellt,
er „hat in einer Reihe klassischer Untersuchungen die Entwicklungs-
geschichte der lateinischen Sprache vom 6. bis 8. Jahrhundert der Stadt
in ihren Grundzügen dargestellt'' ^) und ist so der eigentliche Schöpfer der
sogenannten historischen Granfimatik geworden, allerdings zu sehr den
>) Yfß. auch Dblbbück, Das Sprach- ^) Brambach, Neug. 11.
* — Mf den deutschen Universitäten S. 5.
tar lÜMi. AltertuiDflwiflKiMclmft. U. 2. Aufl. IG
242
B. Lateinische Grammatik, a) Einleitung.
Gegensatz zu den Sprachvergleichern betonend J) Ihm verdanken wir es
vor allen, dass wir jetzt eine methodisch-kritisch gesicherte Kenntnis der
alten, inschriftlich überlieferten Latinität besitzen. Die zahlreichen in
Universitätsprogrammen, in Zeitschriften (bes. im Rheinischen Museum)
zerstreuten Schriften Ritschl's sind, soweit sie die lateinische Grammatik
betreffen, im 2., 3. und 4. Bande seiner Opuscula gesammelt.*) Von grosser
Bedeutung ist auch K. Lachmann's Kommentar zu Lucretius. In Ritschl's
Geiste haben 0. Ribbeck und andere Schüler weiter gewirkt. Ohne
Zweifel ist auch W. Gorssen vornehmlich durch die Forschungen des
frübar ^nannten Meisters zu mannigfachen Arbeiten auf dem Gebiete der
altitalischen Sprachen überhaupt und des Lateinischen insbesondere geführt
worden. In seinem Hauptwerke „Über Aussprache, Vokalismus und Be-
tonung der lateinischen Sprache"", in dessen zweite Auflage') auch die
Resultate der inzwischen erschienenen „Kritischen Beiträge*" und der
„Kritischen Nachträge"" aufgenommen sind, suchte er, namentlich in der
zweiten Auflage, unter weitläufiger, aber zu wenig kritischer Heranziehung
der vergleichenden Sprachforschung ein grundlegendes Werk für die
historisch-komparative Grammatik der lateinischen Sprache zu schaffen.
Doch ist einerseits die Anlage (hauptsächlich wohl durch den ursprünglichen
Zweck bedingt) eine wenig durchsichtige (besonders stören viele lästige
Wiederholungen), andererseits Corssens Standpunkt in mancher Hinsicht
zu eng, so namentlich seine Stellung zur komparativen Grammatik.^) Dazu
kommt noch eine höchst einseitige, verbissene Polemik,^) die ganz besonders
in seinem letzten Werke ^) hervortritt und ihn sehr oft an der Erkenntnis
des Richtigen gehindert hat. Aus den angeführten Gründen sind Corssens
umfangreiche Arbeiten trotz der unleugbaren grossen Verdienste des Ver-
fassers nicht ohne bedeutende Mängel, die den Wert des Ganzen erheblich
herabdrücken und eine neuerliche Prüfung der in denselben enthalt^enen
Anschauungen dringend notwendig erscheinen lassen, und dies um so mehr,
weil seit jener Zeit auch in der indogermanischen Sprachforschung ein
gewaltiger Umschwung sich vollzogen hat. Im wesentlichen sind die Resultate
der Corssen'schen Forschung wiedergegeben in folgenden Büchern: R.
Kühner, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache Bd. I Han-
nover 1877; Domenico Pezzi, Grammatica storico-comparativa della
lingua Latina, Torino 1872 [bedeutet in manchen Punkten einen Fort-
schritt über C. hinaus]; J. Wordsworth, Fragments and specimens of
early Latin London 1875 (in der Einleitung, welche einen Abriss der
Grammatik beibringt);^) J. M. Guardia et J. Wierzeyski, grammaire
') Vgl. jedoch Opusc. 5. 573.
^) über Ritschl's Forschungen zur Ge-
schichte der lat. Sprache vgl. Ribbeck, N.
J. 1857, 305 ff., 1858. 177 ff., 1862, 369 ff.;
BuBsiAN, Gesch. d. klass. Phil. etc. S. 832 ff.
») 1. Aufl. 2 Bde., Leipzig 1858—59;
2. Aufl. 2 Bde., Leipzig 1868 70; die .Kri-
tischen Beiträge zur lat. Formenlehre* sind
1863, die ,Krit. Nachträge *" 1866 erschienen.
*) Benfey in „Orient und Occident* 1,
250 f.
*) RiTSCBL, Opusc. 4, 777.
^) Beiträge zur italischen Spiachkunde,
Leipzig 1876.
^) Eine Ohersicht der altlateinischen
Oberreste auch von Fbederik D. Allen,
Remnants of early Latin selected and ex-
plained for the use of students, Boston 1880
[ygl. 0. Keller in Gott Gel. Anz. 1882, 666 f.] ;
£. Schneider, Dialectorum italicamm aevi
vetustioris exempla selecta. Pars I. Lipeiae
1886 (den lateinischen und faliskiaehen
Dialekt umfassend).
1. über Geschieht^ nnd Methode der lateinischen Grammatik. (§ 1.) 243
de la langue latine d'apres la methode analytique et historique Paris 1876.
Das Buch von Dr. H. Merguet, „die Entwicklung der lateinischen Formen-
bildung unter beständiger Berücksichtigung der vergleichenden Sprach-
forschung, Berlin ISTO** berührt sich naturgemäss vielfach mit Corssens
Arbeiten, bedeutet aber nur in einigen wenigen Punkten einen Fortschritt,
so z. B. in der Erkenntnis von der Unhaltbarkeit der Erklärung der so-
genannten zusammengesetzten Verbalformen durch ' die Komposition des
Stammes mit Hilfsverben. Auch E. Herzog, Untersuchungen über die
Bildungsgeschichte der griechischen und lateinischen Sprache, Leipzig 1871,
bringt nichts Neues von Belang. Eine höchst verdienstvolle, wenn auch
rein statistische Arbeit ist F. Neue, Formenlehre der latein. Sprache,
1. Bd. 2. Aufl. Beriin 1877, H. Bd. 2. Aufl. Berlin 1875, 3. Aufl. Lfg. 1 f.
Berlin 1888, Register von C. Wagener, Beriin 1877.
Speziell von Seite der komparativen Forschung sind die bedeutsamen
Arbeiten von G. Curtius hervorzuheben, der in mehreren kleineren üni-
versitätsschriften und Abhandlungen (teils in anderen Zeitschriften, teils in
den von ihm herausgegebenen „Studien zur griechischen und lateinischen
Grammatik ''), in dem 1846 erschienenen Buche „die Bildung der Tempora
und Modi im Griechischen und Lateinischen **, in seinen „Grundzügen der
griechischen Etymologie, 5. Aufl. Leipzig 1879*^ und in dem „Verbum der
griech. Sprache seinem Baue nach dargestellt 1. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1877,
2. Bd. 2. Aufl. Leipzig 1880" auch zur Aufhellung des Lateinischen sehr
viel beigetragen hat. Um von kleineren Arbeiten zu schweigen, erwähne
ich weiter „Leo Meyer, Vergleichende Grammatik der griech. und lat.
Sprache L Bd. Beriin 1861 und in 2. Aufl. 1882—84, IL Bd. Berlin 1865%
enthaltend die Laut-, Stamm- und Wortbildungslehre. Die zweite Auflage
des ersten Bandes kann lediglich als eine grossartige Materialiensammlung
bezeichnet werden, da der Autor die Fortschritte der Wissenschaft seit zwei
Dezennien nur höchst spärlich berücksichtigt hat. Von besonderer Wichtig-
keit ist K. Brugmann, Grundriss der vergleichenden Gramiiiatik der indo-
germanischen Sprachen I. Bd. Einleitung und Lautlehre, Strassburg 1886;
n. Bd. 1. Hälfte ib. 1889 (Nominalkomposition und Stammbildungslehre).
Dagegen hat V. Henry, Precis de grammaire comparee du Grec et du
Latin Paris 1888 das Lateinische im Verhältnis zum Griechischen ziemlich
stieftnütterlich behandelt. King und Cookson, The principles of sound
and inflexion u. s. w. (vgl. Bbuomann S. 8) habe ich nicht einsehen können.
Mächtig gefördert haben die Kenntnis der altitalischen Dialekte und
des alten Latein F. Bücheler's, W. Deecke's, H. Jordan's, G. Lowe's,
A. Pauli's u. a. Arbeiten. 0 Ein Unternehmen von der grössten Bedeutung
*) Des erstgenannten bochverdienten Ge-
lehrten Forschungen sind niedergelegt in
einer Reihe Universit&tsprogiamme v. Bonn
und Aufsätzen im Rheinischen Museum ; ferner
in dessen «Umbrica Bonnae 1883"; Jordan 's,
gleichfalls eines gewiegten Kenners der ita-
lischen Sprachen Arbeiten in mehreren Pro-
gnunmen der UniversitAt Königsberg, in der
ZMtadirift Hermes und in dem Buche ,Kri-
Sprache, Berlin 1879. • Von Paüli's scharf-
sinnigen Arbeiten sind hier zu erwähnen
, Altitalische Studien* Heft I — V, Hannover
1883-87. G. LöwB hat der Erforschung
der Glossen seine Hauptthätigkeit zugewandt
in seinem »Prodromus corporis glossariorum
Lat." Lipsiae 1876 und in «Glossae nominum"
herausgegeben von G. Götz, Lipsiae 1884.
Neuestens Götz und Gundermahn, Corpus
tiachfr BeiMge zur Geschichte der lat. Glossariorum Latinorum II, Lipsiae 1888.
16*
244 S* Lateinische Ghrammatik. a) Einleitung.
auch für die Grammatik ist das „Archiv für lateinische Lexikographie
und Grammatik, herausgegeben von Prof. E. Wölfflin, Bd. I — IV,
Leipzig 1884 ff. Femer seien noch erwähnt »A. Vanicek, Griechisch-
lateinisch etymologisches Wörterbuch, Leipzig IS??*, und von
demselben Verfasser „Etymologisches Wörterbuch der lateinischen
Sprache, 2. umgearbeite Auflage, Leipzig 1881. ** Beide letztgenannten
Werke haben vornehmlich Wert durch die (freilich nicht vollständige
Sammlung) des weit zerstreuten, oft schwer zugänglichen Materials. ^ Ich
mache weiter noch aufmerksam auf Ch. S. Halsey, An Etymology of Latin
and Greek Boston 1882 [vgl. G. Meyer, Lit. Centr. 1883, Sp. 29], H.
Br^al et A. Bailly, Dictionnaire etymologique latin Paris 1885 [„Gours
superieur'^ der „Lefons des mots** vgl. F. Hartmann, Arch. f. lat. Lex.
3, 287] und nenne als das vorzüglichste lexikalische Hilfsmittel K. E.
Georges, Ausführliches Lateinisch-deutsches Handwörterbuch 7. Aufl.,
2 Bde., Leipzig 1879—80 und desselben Verfassers Lexicon der lateinischen
Wortformen 1. Lfg., Leipzig 1888. S. ßeinach, Grammaire Latine Paris
1886 enthält auf S. 251 — 321 den Versuch eines Abrisses einer wissen-
schaftlichen Grammatik. Die neueste Bearbeitung ist Schweizer-Sidler
und Surber, Grammatik der lateinischen Sprache, I. Teil: Gänzlich um-
gearbeitete Auflage der im Jahre 1869 erschienenen Elementar- und
Formenlehre von H. Schweizer-Sidler, Halle 1888.
In welch umfassender Weise die lateinische Grammatik aus der Lit-
teratur der vergleichenden Sprachforschung und der altitalischen Dialekte
Nutzen ziehen kann, ist im einzelnen aus der folgenden Darstellung er-
sichtlich, weshalb ich es hier unterlasse, darauf einzugehen.
Dr. A. GulFKSBAVf Geschichte der klassischen Philologie im Altertum 4 Bde., Bonn
1843—1850, Bd. 2 und 3. Prof. K. Reisig's Vorlesungen über lateinische Sprachwissen-
schaft herausgegeben mit Anmerkungen von Dr. Pbibdrich Haasb, Leipzig 1889, bes.
S. 19 f., 28 f., dasselbe neu bearbeitet von H. Haokn 1. Bd., Berlin 1881, S. 19 ff. Fried-
SICH Haasb, Vorlesungen Ober lateinische Sprachwissenschaft herausgeg. von Fbibdb. Aug.
Eckstein Bd. I, Leipzig 1874, bes. S. 12 f. Dr. Julius Jolly, Die Sprachwissenschaft.
D. H. Whitney *s Vorlesungen über die Prinzipien der vergl. Sprachforschung f. d. deutsche
Publikum bearbeitet und übersetzt, München 1874, bes. S. 652 f. Dr. H. Stbinthal, Die
Entwicklung der Sprachwissenschaft bei den Griechen und Römern, Berlin 1863. G. Bubsian,
Geschichte der klassischen Philologie in Deutschland, München und Leipzig 1883, S. 971 f.
B. DelbbOck, Einleitung in das Sprachstudium, 2. Aufl. Leipzig 1884 (Bibl. indog. Gramm.
Bd. IV). Weitere Litteratumachweise, bes. über grammatische Einzelschriften, Schul-
grammatiken u. s. w. bei E. Hübnkb, Grundriss zu Vorlesungen über lat. Grammatik,
2. Aufl., Berlin 1881, S. 17 f. Vgl. auch Fb. A. Eckstein, Lateinischer und griechischer
Unterricht herausgeg. von Dr. H. Hbyden, Leipzig 1887.
2. Übersichtliche Oeschichte der lateinischen Sprache. Mit Rück-
sicht auf die Oeschichte der lateinischen Litteratur, mit der natürlich die
Sprache in enger Beziehung steht, lassen sich etwa folgende Perioden der
Entwicklung der lateinischen Sprache abgrenzen.
L Vorlitterarische Periode. In das Dunkel dieser in ihren An-
fängen prähistorischen Zeit bringt nur die vergleichende Sprachforschung
einiges Licht. Aus jenen Zeiten , über die wir bereits historische Kunde
besitzen, sind nur spärliche Reste aus altüberlieferten Gesängen (carmen
1) Vgl. übrigens G. Meter in Neue Jahrb. f. Phil, und Päd. Jg. 1878, 687 f. und
Philol. Anz. XIII, 1 f.
2. Überflichtliche Geschichte der lateinischen Sprache. (§ 2.)
245
arvaTe, Carmen saliare) oder Gesetzesformeln (leges XII tabularum) in teil-
weise ganz unursprünglicher Form auf uns gekommen. Erst im 6. Jahrhundert
der Stadt beginnt, wenn auch anfangs sehr spärlich, die inschriftliche Über-
lieferung; die älteste lateinische Inschrift überhaupt ist die Aufschrift der
Fibel von Palestrinn aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert [W. Heibig,
Mittheil. d. deutschen arch. Inst. Rom. Abtlg. II, 37 f., F. Dümmler ib.
40 f., G. Lignana ib. 139 f., Bücheier, Rh. M. 42, 317 flf.], die älteste in
der Stadt Rom gefundene die Dvenosinschrift vom Quirinal (vgl. unten § 4).
II. Archaische Periode von demBeginne derLitteratur (c. 240)
bis Cicero. Die Entwicklung der Sprache wurde, wie bereits angedeutet,
durch das Auftreten der ersten Dichter bedeutend beeiuflusst. Zwar die
älteren (Livius Andronicus, Naevius) hielten für das Epos an dem altererbten
satumischen Masse fest und mit ihm bis zu einem gewissen Grade auch
an der flüchtigeren, beweglicheren Form, die jedes Volksidiom ohne Lit-
teratur charakterisitrt. Jedoch ihre Nachfolger, an ihrer Spitze Ennius,
haben die lateinische Sprache nicht nur einem fremden Versmasse angepasst,
sie haben ihr auch bestimmte Normen geschaffen, durch die der erste An-
stoss gegeben wurde zur Sonderung der Sprache der Gebildeten von jener
des Volkes und der Bauern. Am konservativsten hält noch eine geraume
Zeit der Kurialstil an dem Alten fest, übrigens mit sehr erheblichen
Schwankungen, wie man am besten aus der von Schneider S. 162 ff. ge-
gebenen t^bersicht „De antiquae orationis varietate'* ersehen kann, ebenso
haben sich manche Archaismen in der Dichtersprache erhalten und auch
in dem folgenden Zeitraum behauptet. Interessanten Aufschluss über das
Verhältnis des Plautus und Terentius geben A. G. Engelbrecht's Studia
Terentiana (Arch. f. lat. Lex. 1, 135 ff.).
Eine stattliche Reihe von Inschriften gibt uns willkommenen Aufschluss
nicht nur über die Fortbildung der Sprache der Gebildeten, die wir ja auch
aus den litterarischen Produkten dieser Zeit kennen lernen, sondern auch
über die Volkssprache.
III. Das goldene Zeitalter der lateinischen Sprache von
Cicero bis zum Tode des Augustus (14. n. Chr.). In dieser Zeit wird
die Scheidung zwischen dem sermo plebeius und rusticus ^) einer- und dem
sermo urbanus andererseits endgültig besiegelt. Ungezwungene Weiterent-
wicklung wird nur den ersteren zu teil: die Schriftsprache bewegt sich in
fest normierten Bahnen, die nur ein beschränktes Ausweichen gestatten.
Insbesondere erlauben sich die Dichter zahlreiche Archaismen und manche
Vulgarismen; vgl. A. Riese, Die Gedichte des CatuUus S. XXX, St. Steffani
im Programm des k. k. Stäatsgymn. zu Mitterburg v. J. 1884 über die
Archaismen Vergils. In diese Zeit und die ihr unmittelbar folgende fällt
die endgültige Ausbreitung der lateinischen Umgangssprache über ganz Italien.
Die IV. Periode, die der silbernen Latinität, ist die Reaktion
des Individuums gegen die strikten Normen und die allseitige gesetzmässige
Beschränkung des Sprachgebrauches, die die klassische Zeit sich auferlegt
hatte. Sie charakterisiert ganz besonders die Durchsetzung des prosaischen
>) Bbhvhabdy, GruDdriss der römischen
Litterntar^ 8. 350 verzeichnet die Litteratur
über diesen Gegenstand. Die verschiedenen
Bezeichnungen bei Schuchardt, Vok. 1, 102 f.
246 B. Lateinische Grammatik, a) Einleitung.
Stiles durch den poetischen. Von der Sprache des Volkes geben uns der
Roman des Petronius und die zahlreichen pompejanischen Wandinschriften
willkommene Kunde.
Noch ein anderer Versuch wurde gemacht, um der alternden Schrift-
sprache neues Leben zuzuführen. In der V. Periode, welche man die
archaisierende nennen kann, griff man wieder auf die alte vorcicero-
nianische Latinität zurück, ein Versuch, der für den Sprachforscher den
Wert hat, dass vieles Archaische, von dem sonst keine Kunde auf die Nach-
welt gedrungen wäre, durch eifrige, wenn auCh nicht immer glückliche
Nachahmer uns erhalten ist. Um die Wende des zweiten nachchristlichen
Jahrhunderts beginnt
Die VI. Periode der lateinischen Sprachgeschichte. Die Schriftsprache,
welche ohnehin immer nur auf einen kleinen Kreis beschränkt gewesen war,
wird durch das Eindringen des sermo plebeius und rusticus mit Vulgarismen
durchsetzt. Dazu kam noch, dass in den Provinzen sich mehr oder minder grosse
Eigentümlichkeiten geltend machten, welche der herrschenden Umgangs-
sprache eine eigenartige Färbung verliehen (afrikanisches, gallisches Latein).
Alle diese Umstände führten den Untergang der Schriftsprache herbei, die
am längsten noch im Kreise der christlichen Schriftsteller sich behauptete.
So hatte nach einer Herrschaft von ungefähr 300 Jahren die hochlatei-
nische Schriftsprache dieselbe eingebüsst, und ihr Erbe trat die Vulgär-
sprache an, die, von jener zuerst in den Hintergrund gedrängt, in steter
Regelmässigkeit sich seit den Anfängen der lateinischen Sprache fortent-
wickelt hatte. Daher denn die bekannte Erscheinung, dass soviele Vul-
garismen und Archaismen sich decken, dass der Romanist mehr Anknüpfungs-
punkte im archaischen als im klassischen Latein findet. Die ebenso dank-
bare, als schwierige Aufgabe, das Hervorwachsen der romanischen Sprachen
aus der römischen Umgangssprache zu zeigen und so gewissermassen die
Kette der lateinischen Sprachentwickelung zu schliessen, gehört nicht in
den Rahmen dieser Arbeit. Diese hat vielmehr im wesentlichen den Zweck,
die Laut- und Formenlehre der hoch- oder schriftlateinischen Sprache fest-
zustellen, ihren Bestand mit Zuhilfenahme der archaischen und volkstüm-
lichen Sprache zu erklären und an gelegentlichen Beispielen zu zeigen, wie
dieses künstliche Gebilde eines beschränkten Kreises durch die im Volks-
munde frei und ungezwungen sich fortentwickelnde Sprache allmählich
wieder verdrängt wurde. Über das Verhältnis der romanischen Sprachen
zur lateinischen vergleiche man jetzt die vortreffliche Auseinandersetzung
von W. Meyer in Qröbers Grundriss der romanischen Philologie I, 352—382
(Strassburg 1886).
Anmerkung 1. Über die Geschichte der lateinischen Sprache vgl. Ritscbl, Priscao
Lat. mon. ep. p. V, Brakbach, Neug. 11 ff., Schmalz, AnÜbarbarus (Basel 1886), S. 1 — 16;
über das Verhältnis der lat. Volks- und Schriftsprache Schuchabdt, Vok. 1, 44 ff., Körtino,
Encyklopädie u. Methodologie d. roni. Phil. I, 122 f.; über die Litteratur des Vulgär- und
Spätlatems von 1877—1883 Sittl in Bubsian's Jahresberichten XL, 317 ff. Vgl. auch
Stolz in Ersch u. Gbubbb's Enc. 2. Sekt. 42. Tl. S. 187 ff.
Anmerkung 2. Ober die dialektischen Verhältnisse des alten Latein hat R. Sittl
„Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache, Erlangen 1882" jedenfalls zu weit-
gehende Ansichten aufgestellt (vgl. v. Hartel, Phil. Anz. 13, 777 ff. und G. Mbtee und
H. Schvchardt, Z. f. rom. Phil. 6, 608 ff.). Jedoch ist sicher, dass die stadtrömische
Sprache sich in manchen Punkten von den nahe verwandten Idiomen von Falerii, worüber
8. Btellnng des Lateinischen sn den verwandten Sprachen etc. (§3.) 247
neuesiens bandelt Deegke, Die Falisker, Strassburg 1888, und Praene^te unterscbied (z. B.
ist bier auch inlautendes idg. bh dh = f). Insoweit wird man daher immerhin auch von
dialektischen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache reden dürfen. Vgl. darüber auch
Löwe, Acta soc. phil. lips. 2, 474, Ritschl, Op. 4, 479 ff., Schücbabdt, Vok. 1, 89 f.
Anmerkung 3. Das nach der Wochenschr. f. klass. Phil. 1887, Sp. 1597 von der
Academie des inscriptions et belles lettres preisgekrönte Buch von Loth, Etüde gramma-
ticale et historique de la langue des inscriptions latines compar^e avec celle des ^crivains
romains u. s. w. habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen.
3. Stellung des Lateinischen zu den verwandten Sprachen und
zu den übrigen italischen Dialekten. Eine weit verbreitete, von namhaften
Forschem vertretene Ansicht lässt die Italiker mit den Oriechen aus dem ge-
meinsamen Grundstamme der Gräko-Italer hervorgehen und nimmt demzu-
folge einen engeren Zusammenhang zwischen der lateinischen und griechischen
Sprache an. Diese Ansicht, ohne Zweifel vornehmlich gestützt durch die in ge-
meinsamen Bahnen verlaufende geschichtliche Entwickelung der beiden klassi-
schen Völker, erweist sich nach dem gegenwärtigen Stande der Untersuchung
über die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen als un-
haltbar.^) Denn gemeinsame charakteristische Eigentümlichkeiten, wie sie zu
einer Zusammenfassung unter eine engere Einheit unbedingt notwendig sind,
fehlen den beiden klassischen Sprachen. Überhaupt, wenn das Italische
mit einem Zweige der indogermanischen Sprachen in eine innigere Be-
ziehung gesetzt und zu einer engeren Einheit zusammengefasst werden
darf, so sind dies entschieden die keltischen Sprachen, welche mit dem
ersteren einige charakteristische morphologische Eigentümlichkeiten gemein
haben: die eigenartige Verwendung gewisser mit dem Eennlaut r gebildeten
Verbalformen, die im Italischen zur Bildung eines neuen Verbalgenus, des
Passivums, geführt hat, das 6-Futurum, die Erweiterung der /i-Stämme
durch n-Suffixe.^) Eine treffliche Auseinandersetzung über diesen Gegen-
stand, zugleich mit Angabe der Litteratur findet man bei 0. Schbadeb,
Sprachvergl. 78 f., desgleichen bei Brugmann in Techmer's Internationaler
Zeitschrift für Sprachwissenschaft 1, 226 f. Neuestens hat v. Bradke in
seiner Schrift „Beiträge zur Kenntnis der vorhistorischen Entwickelung
unseres Sprachstammes, Giessen 1888^ den Versuch gemacht, die gräko-
italische Einheit einerseits und die italo-keltische andererseits durch An-
nahme einer gräko-italischen älteren und einer italo-keltischen jüngeren
Epoche aufrecht zu erhalten. Trotz des grossen dabei aufgebotenen Scharf-
sinnes scheint mir diese Annahme kaum haltbar.
Innerhalb der Völker des alten Italien bilden die Lateiner mit den
umbrisch-sabellischen Volksstämmen eine ethnographische und sprachliche
Einheit, die sich scharf abgränzt von den übrigen Völkerstämmen des alten
Italien, den Ligurern, Japygern, Iberiern, Etruskern. Das Volk der Italiker
*) Daran ändert auch nichts B. W. Lbist,
Gräko-italische Rechtsgescbichte Jena 1884;
vgl. M. Voigt, Berl. Phil. Woch. 5, 50 f.
Während die im Texte ausgesprochene An-
sicht die Zustimmung sehr vieler Gelehrter
gefunden bat (z. B. von Windiscb, bei Gbö<
BEB, Grundriss d. rem. Phil. I, 300, Köbtino,
Encyklop. u. Meth. d. rem. Phil. I, 116,
Heübt rr^cis 9), hat sich Ascoli, Sprachw.
Briefe (Gütersloh 1887) S. 55 Anm. wieder
für die gräko-italische Hypothese ausgespro-
chen. Auch Schwbizbb-Sidleb bat sich in
einem Vortrage auf der Philologen Versamm-
lung zu Zürich 1887 gegen die gräko-italische
Hypothese ausgesprochen.
s) Über das Verhältnis des Altgallischen
zum Lateinischen vgl. Wibdisch bei Gböbbb,
Grundriss d. rom. Phil. I, 300 f.
248 B* Lateinische Grammatik, a) Einleitung.
hatte, wohl noch vor seiner Teilung in einzelne Stämme, nach den Nach-
weisungen Helbig's 0 in den Pfahldörfern der Poebene seine ursprünglichen
Sitze. In geschichtlicher Zeit treten uns vornehmlich drei grössere Stämme
mit eigenartig entwickelten Dialekten entgegen, Lateiner, Umbrer,
Osker. Die umbrisch-oskischen Mundarten, zu denen, soviel wir nach den
dürftigen sprachlichen Resten schliessen dürfen, auch die von Picenum,
die der Marruciner, Sabeller, Vestiner, Päligner, Marser, Volsker
gehörten, treten durch gewisse Eigentümlichkeiten in Gegensatz zum latei-
nischen Dialekt; einige hervorragende sind die Vertretung des indogerma-
nischen labialisierten volaren A;-Lautes durch p, die Unterlassung der Ver-
schiebung der uritalischen Vertreter der indogermanischen Aspiraten,
Bildung des Inf. Präs. auf -um u. s. w. Sämtliche italische Dialekte sind,
wie bekannt, durch die lateinische Sprache verdrängt worden; zumeist hat
sich dieser Prozess vollzogen nach dem letzten Versuch, den die Italiker
im Sozialkrieg für die Erhaltung ihrer Individualität machten, worüber man
vergleiche Jordan, Krit. Beitr. zur Geschichte der lat. Sprache 130 f.,
Nissen, Italische Landeskunde I, 4G6 f.
Anmerkung. W. Debckb hat neaestens das Einwkische in Gböber's Gnindriss
d. rom. Phil. I, 345 mit voller Sicherheit zu den flbrigen altitalischen Sprachen gerechnet.
Ich vermag auch heute noch die Berechtigung nicht zuzugeben. Auch durch R. Ellis,
Sources of the Etruscan and Basque languages, London 1886 (vgl. Pauli, Neue phil. Bund-
schau 1887. S. 359 ff.) und C. Moratti, Studii sulle antiche lingue Italiche, Firenze 1887
ist die Etruskerfrage noch immer nicht gelöst. - Die Denkmäler des umbrischen Dialektes
sind jetzt am besten zugänglich in M. Bb^l, Les tables Eugubines, Paris 1875 und F.
BücHBLBB, Umbrica, Bonnae 1883, die des oskischen in J. Zvetajeff, Sylloge inscriptionum
Oscarum, Petropoli 1878, die der übrigen mittel- und unteritalischen Dialekte in desselben
Verfassers Inscriptiones Italiae mediae dialecticae, Lipsiae 1884 und Inscriptiones Italiae
inferioris dialecticae, Mosquae 1886. Die ältere Litteratur bei Hübnbb, Gnindriss' S. 11 f.
^) Beiträge zur altitalischen Kultur- und Kunstgeschichte I, Leipzig 1879.
Lateinische Lautlehre.
1. Schriftzeichen und Orthographie.^
I. Bestand und Herkunft des lateinischen Alphabetes. >)
4. Das älteste lat. Alphabet bestand aus 21 Zeichen und zwar für
die Buchstaben a, b, c, d, c, /*, js^ h, i, k, l, w, n, x^ o, 2>, q, r, s, t, u.^)
Dieses Alphabet stammt nach den Nachweisungen Mommsen's *) und Eirch-
hoff's^) gleich den Alphabeten der übrigen italischen Sprachen aus dem
der campanischen Griechen und bildet mit dem faliskischen eine Gruppe
gegenüber dem etruskisch-oskisch-umbrischen/) Das griech. Stammalphabet
ist das chalkidische, bez. das der chalkidischen Kolonien (Kirchhoff, Tafel
II, 2). Mit diesem teilt es die Form U für 1, die ihm bis c. 580 u. c. (nach
MoMMSEN, Die unteritalischen Dialekte S. 29 schwand das Zeichen c. 240 v.
Chr. aus dem Gebrauche) eigentümlich war, ferner C für Gamma, 9 (Koppa),
endlich X mit dem Lautwerte von ^, dessen ursprüngliches Vorhandensein
*) Ich habe diese gedrängte Darstellung
trotz der in diesem Handbuch I, 492 ff. gege-
benen stehen lassen, um dem Benutzer meiner
Laut- und Formenlehre die Übersicht über
die orthographischen Fragen zu erleichtern
und ihm lästiges Nachschlagen zu ersparen,
über die Geschichte der lat Orthographie
vgl. Bbambach, Neug. 17 — 69.
^) Zur Entwicklungsgeschichte und For-
menlehre der lateinischen Buchstaben vgl.
RiTSCHL Op. 4, 691-726 = Rhein. Mus.
24, 1—32. Einen kurzen Überblick über die
orthographischen Thatsachen des Lateinischen
bietet Ritschl's Syllabus indiciorum potiorum
qnae ad definienda tempora inscnptionum
latinamm valent in Pr. L. m. ep. 123, 124
= Op. 4, 765 = ScHNBiDKB S. 131. Femer
vgl. WoBDSWORTH, Fragments u. s. w. 5 f.
Pbzzi, Gramm. 35—47; Fabbetti, A., Palaeo-
graphische Studien, Leipzig 1877. Auch soll
nicht unerwähnt gelassen werden der Ver-
soch Dügkb's, Zeitschr. d. deutschen morg.
G<0. Bd. 81» der freilich nicht direkt das
lit A]|lwiiet betrifft, aber eine neue Hypo-
these über den Ursprung des semitischen
Alphabets und mithin der abendländischen
Alphabete überhaupt aus der neuassyrischen
Keilschrift aufstellt. Vgl. auch den Artikel
„Alphabet* von demselben in »Baumbisteb,
Denkmäler des klassischen Altertums*, bes.
S. 52 - 53 die beiden Schrifttafen. Die neuer-
dings von Fb. Hommbl (W. Oncken, Allg.
Geschichte in Einzeldarstellungen I, 2, 50)
aufgestellte Ansicht, dass das phönikische
Alphabet aus der babylonischen Keilschrift
abgeleitet sei, bestreitet E. Meybb (W.
Oncken ib. 11, 54 f.). Vgl. auch des letzt-
genannten Verfassers Geschichte d. Alter-
tums 1, 16, 237 f. und Hinbichs in diesem
Handbuch I 359.
^) Über die Formen der Buchstaben
vgl. ausser den angeführten Stellen noch
COBSSEN, 1, 5.
*) Unteritalische Dialekte 3 f.
*) Studien z. Gesch. d. griech. Alph.^
127 ff.
*) Ausser anderem vgl. Nissen, Italische
Landeskunde 520.
250
B. Lateiniflche Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
MoMMSEN erwiesen hat; ') wegen seiner eigentümlichen Stellung im lat.
Alphabete hat derselbe Gelehrte die Vermutung aufgestellt, dass es der
griechischen Ziffernreihe entnommen sei. 2) Die Buchstabenzeichen fUr die
Aspiraten, 0©O, 0*, M^, wurden als Zahlzeichen für 100, 1000, 50 in
Verwendung genommen. 3) Dabei erfuhr O unter dem Einflüsse des c von
centum die Umgestaltung in C C, 0 später CO, vom 2. Jahrhundert nicht
selten M, aber nicht ziffermässig verwendet (Mommsen a. a. 0. S. 601),
während D = 500 an die ursprüngliche Form erinnert und nur dadurch
verständlich wird; ^l^, woraus 4^ X wurde, wurde erst gegen Ende der
Republik durch das Zeichen L ersetzt.^) Dass auch X von dem griech. ^
stamme (nach Abfall der äusseren Begränzungslinien), wie fiiiher zweifelnd
vorgetragen wurde, ist nicht haltbar, vgl. Monmisen a. a. 0. Das fünf-
strichige t'^ ist in linksläufiger Form (^) auf den Inschriften des Numa-
sios und Dvenos ^) nachgewiesen, sowie vielleicht in M' = t'^ für Manius
(vgl. jedoch Hübner in diesem Handbuch 1, 499). Der Vulgärschrift ge-
hören an die Zeichen H = E und P = F (auch auf der nicht römischen
Inschrift von Rapino Zvet. Inscr. It. mediae dial. 6 t. II. 2). Auf der In-
schrift des Numasios ist f durch FB bezeichnet.
Kurze Geschichte des lat. Alphabets.
Das 7. Zeichen I (z) war in den alten Texten des Carmen saliare vor-
handen;^) inschriftlich vielleicht nachgewiesen ist es in der Dvenosinschrift,
die jedenfalls nicht unter die Mitte des 5. Jahrh. d. St. herabzurücken ist,
ferner (von Jordan, Krit. Beitr. 155 bezweifelt) auf Münzen in der Form
CO^A oder CO^ANO. Endgiltig beseitigt wurde es nach dem Zeugnis des
Marcianus Capeila ^) von dem Censor Appius Claudius und an seine Stelle
das Zeichen für den Buchstaben g gesetzt, dessen Erfindung früher ge-
wöhnlich dem Spurius Carvilius Ruga c. 462 u. c. zugeschrieben wurde,*)
wahrscheinlicher aber nach Jobdan's Vermutung^) dem eben genannten
Verbesserer des lat. Alph. Appius Claudius zuzuschreiben ist. Das Zeichen
selbst wurde mittels eines Häckchens von dem dritten untei'schieden, daher
C Q Q* Die genaue Unterscheidung zwichen den Buchstabenzeichen für
die tonlose und tönende Gutturalis, c und g, {k war immer nur in be-
schränktem Gebrauche gewesen, c hatte früher seinem ursprünglichen Werte
nach auch für g gedient und hat sich in einigen Wörtern immer behauptet,
z. B. in den Sigeln C = GaiuSy Cn, = Gnaeus [GnaivodJ) hat ohne Zweifel
ihren Grund in der präzisen Unterscheidung der beiden Laute in der Aus-
0 Rh. M. 15, 463 f.
^) Auf volkstümlichen und späteren In-
schriften auffallend unsicher durch xs ex
cxs CS xc XX sx wiedergegeben (Seblmaiin 352).
3) R1T8CHL, Opusc. 4, 704 f. u. 722 f.;
Mommsen, Hermes Bd. 22, 598 ff.
') RiTscHL Op. 4, 723.
*) BücHELEB, Rh. M. 36, 235 f.; Osthoff
ib. 489 f.; Jobdan, Hermes 16, 225 f.; Bbeal,
Revue crit. 1882, 211; d'Ovidio, Riv. di phil.
Jg. 10, Heft 3, 4; Deecke, Bursians Jb. 28,
233: SiTTL, Die lok. Versch. 33 f.; Pauli,
Altitalische Studien Hft. 1. Für den latei-
nischen Charakter der Schrift tritt wohl mit
Recht Dümmleb, Mitteil. d. deutschen Arch.
Inst. Rom. Abthlg. II, 41 gegen Jobdan ein,
wfthrend Pauli a. a. 0. S. 54 die Schrift
für etruskisch halten möchte. Über die
erstgenannte Inschrift s. oben § 2, I.
«) Vgl. Vabbo 1. 1. 7, 26 M. Dass
übrigens Zeul der Name des Sonnengottes
sei (Ribbeck, Gesch. d. Dichtung 1, 6 nach
Bbbgk), ist mehr als fraglich.
7) Mommsen, Rom. Forsch. 1, 304.
^) Plutabch, Quaest. Rom. 54 u. 59.
») Krit Beitr. 157.
1, Schriftseichen und Orthographie. (§ 4.)
251
spräche, wozu nach Ck)Rss£N's Vermutung^) die genauere Bekanntschaft
mit der griechischen Sprache den Hauptanstoss gegeben haben soll.^) Das
Zeichen K hat sich in der lat. Schriftsprache nur in einigen wenigen
Worten und zwar nur vor a behauptet, häufiger findet es sich auf spani-
schen, gallischen, britannischen, afrikanischen Inschriften, handschriftlich
z. B. in Kaput, Varro bei Non. 48, 26 Müll, und öfter vgl. Ribb. Ind.
Verg. S. 429. Nachdem bereits seit Übernahme des kumanischen Alpha-
betes q auch vor vokalischem u in Gebrauch gewesen war, machte, wie
es scheint, Accius einen reformatorischen') Versuch, den Gebrauch der
Zeichen für den tonlosen Kehllaut zu regeln {k vor a, q vor halbvok. u,
c in den übrigen Fällen), jedoch hinsichtlich des k ohne durchdringenden
Erfolg.^) Zu Augustus' Zeit wurde das bis dahin aus 21 Buchstaben be-
stehende Alphabet durch unmittelbare Entlehnung aus dem Griechischen
um die Buchstaben Y und Z vermehrt. Ersteres wurde in älterer Zeit
durch u (daher z. B. in Lehnwörtern cumba cupresst^ cuprum, turannc
Plaut. Pseud. 703 A, und noch auf Münzen v. J. 726 und 727 Javi Olu{mpio)
Aegupto capta),^) seltener i, einige Male auch durch oe wiedergegeben.^)
Letzteres wurde im Anlaute durch s (z. B. Seius CIL. 1, 1047), im Inlaute
durch i<!s wiedergegeben ^) (z. B. in den zahlreichen griech. Verben auf -/^o),
wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass der messapisch-tarentinische
Dialekt gleichfalls die Formen auf -iVrco) hatte. ^) £s wurde auch für s ge-
schrieben, so in Artavazdis Mon. Anc. 6, 11 neben Artavasdis ib. 5, 26
und 'i 5, 30. Das somit aus 23 Zeichen bestehende Alphabet suchte noch
Kaiser Claudius um drei neue Zeichen zu vermehren: h = Mittellaut
zwischen u und i, inschriftlich nur für griech. v nachgewiesen,^) -j = kon-
sonantisches V, inschriftlich häufiger nachweisbar, endlich D = bs und ps.
Die alphabetischen Reformen des Kaisers überlebten jedoch seine Regierungs-
zeit nicht.
IL Die Aspiration in der Schrift, ^o)
In alter Zeit wurden die griechischen Aspiraten x ^ 9 (ohne
Zweifel tenues mit scharfem^ nachstürzendem Hauche ^ 0 durch die offenbar
am ähnlichsten klingenden Tenues wiedergegeben, die sich in nicht wenigen
Fällen für immer festsetzten, z. B. calx gr. x^^f»^ws gr. xhvog, Poeni
0oivix€g u. a.**) und, wie das häufige Schwanken im Gebrauche der aspirierten
und nicht aspirierten Zeichen, sowie die Versetzung der Aspiration lehrt,
in volkstümlicher Sprache wohl immer herrschend blieben. Dagegen machte
sich in der lateinischen Schriftsprache das Streben bemerkbar, die griechischen
Laute der Aspiraten, die man offenbar auch möglichst genau nachzusprechen
') l 10.
>) Seelmann 343 f.
>) Seblmavn 342. Über den Gebrauch
von c und k siehe Wbibsbbodt, Observ. in
Sc. de Bacch. 32 f.
♦) RiTSOHL, Op. 4, 492 Anni.,687; Bebsu,
Die Qntturalen 52.
>) Wbibsbbodt, Miscellanea (1883) 17 f.
*) Rrbobl, Fr. Lat. m. e. 124, Schmitz,
Beilr. 108, Ribpbok, N. J. 75, 316 ff.;
FLBGEBiBXir, 50 Artikel 20; Sobuchardt,
Vok. 2, 254.
^) COBSSBN 1, 6.
8) Debcke, Rh. M. 37, 376 Anm. 2.
») Cobssbn 1, 27.
*®) MoMMSEN, Hermes 14, 68 f.; Schnitz,
Beitr. 110 f.; Ritschl, Fr. Lat. m. e. 53;
Seelmann 252 f.; Jobdan, Hermes 15, 541 ff.
* *) CuRTius, Grdz. 414 f. ; Blass, Ausspr.'
99 ff.
»«) 0. WEisk 15 f.
252
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
bemüht war, auch durch die Schrift genau zu fixieren. Die ältesten Bei-
spiele der Schreibung mit h sind triumphans und Achaia neben CoHnto
(CIL. 1, 541 a. u. 609) und Corintho (ib. 546 a. u. 608). In der Schrift-
sprache ist die Konsonantenaspiration seit Cicero's Zeit unbedingte Regel
und damit der Gegensatz zur vulgären Sprache besiegelt, in deren Urkunden,
wie bereits angedeutet, die Schreibung ohne Aspiration auch in der Kaiserzeit
häufig begegnet. Über die letzte Stufe der Wiedergabe von griech. 9p
durch lat. f (vereinzelt schon seit früher Kaiserzeit, regelmässig seit der
2. Hälfte des 4. Jahrh.) vgl. Mommsen, a. a. 0. Über vereinzelte Wieder-
gabe von griech. ^ durch s in den Tironischen Noten, ein Zeichen vul-
gärer oder provinzialer Aussprache, Schmitz, Beitr. 109. Die Aspiration
des ^ im Anlaut und des ^^ im Inlaut griech. Lehnwörter fehlt bei älteren,
wie Regium rosa Burrus u. s. w., gelehrte Neigung späterer Zeit hat
sie nicht nur in den griechischen Lehnwörtern eingeführt, sondern auch
fälschlich auf Wörter anderer Sprachen übertragen, daher immer Rhemtö,
weniger gut auch Rhaeti rheda. Auch in echt lateinischen Wörtern treffen
wir die Schreibung mit A, so gegen Ende des 7. Jahrhunderts und später
gewöhnlich pulcher {*poUcrO' von polire)^ zuerst auf einer Münze v. J. 650
u. c. [CIL 1, 380],^) Cethegus Gracchus^ so gräzisierend in den italischen
Wörtern phalarica lympha Thalassio.^) Über volkstümliche Aspiration
RoscHEB in GuRTius Studien 2, 143 f. (hinsichtlich des Materials) und
Brandis, De aspiratione Latina quaestiones selectae Bonnae 1881. Über
die ganze Frage der Aspiration auch Bebsu, Die Gutturalen S. 33 f.
IIL Gemination der Vokale» I longa, apex.
Der Dichter Accius führte zur Bezeichnung von a e ü die Gemination
der einfachen Lautzeichen in der Schrift ein,^) ohne Zweifel im Anschluss
an altitalische Schreibweise.'*) Das älteste Beispiel ist paastores auf dem
Milliarium Popillianum 622 u. c. Das häufigere inschriftliche Vorkommen
dieser Schreibweise, welche nicht annähernd zu allgemeiner Geltung kam,
fällt von 620 — 680 u. c. Vereinzelte Belege derselben finden sich übri-
gens in allen Bänden des Corpus inscriptionum. Handschriftliches diee
(Quint. 9, 4, 39) ist wahrscheinlich durch dice zu verbessern,*) Plaut
Merc. 985 ist iuus durch CD bezeugt. Beispiele dieser Schreibweise auch
in griechischer Transscription bei Ritschl, Op. 4, 151. 0 wurde nicht ver-
doppelt,^) vgl. jedoch falisk. vootum und censoor Zvet. Inscr. It. med. 68
und 65, f von demselben Dichter durch ei bezeichnet.') Des Lucilius Schei-
dung in i pinguis (ei) und i tenuis (i) drang nicht allgemein durch und
fand überhaupt in der Zeit des Augustus ihr Ende.^) Die Schreibung mit
ei verschwindet grösstenteils mit dem Ende des 8. Jahrhunderts der Stadt,
wenn auch manche Beispiele sich noch später finden.^) Auf dem Mon. Anc.
finden sich nur Dat. Flur, auf -eis und pUhei. Nicht selten sind in unseren
1) Bbambach, Neug. 287 f.
A 0. Weise 14.
*) Ritschl, Op. 4, 142 f. ; Corssbn, 1, 14 f.
^) Jordan^ Krifc, Beitr. 125.
^) Meünieb, M^m. d. 1. S. d. 1. 1, 34
(BüCHELER-WiNDEKILDE § 121).
•) RrrscHL, Op. 4, 156 f.
') ib. 359.
») ib. 376; Brambach, Neug. 181 f.
») Weis8bboi>t, Phil. 43, 444 f&hrt an
CIL 6, 1454 V. J. 222 p. Chr.; Corssbn I 787.
1. Schriftzeiohen und Orthographie. (§ 4.) 253
Handschriften die Spuren dieser Schreibung, so namentlich im cod. A des
Plautus, bei Varro, Nonius u. s. w.^)
I longa, zur Bezeichnung des t seit Sulla's Zeit inschriftlich nachge-
wiesen, z. B. CIL 1, 584 felIcI und vicvs (a. u. 67^/5). Angebliche ältere
Beispiele sind unsicher.^) Dasselbe Zeichen wurde auch für j, genauer
ii verwendet, z. B. eIvs und dafür auch eIivs und eiIvs, worüber Weiss-
BBODT, Phil. 43, 444 f., woselbst auch die ganze Litteratur snisammengestellt
Lst. Über die Verwendung von I longa für l Corssen, It. Spr. 253 f.
Vereinzelte Beispiele von E und V longa bietet Schmitz, Beitr. 29. Über
I geminata und longa ib. 70 ff. Über ii = i pinguis Ribbeck Prol. S. 138 f.
ii = ii schrieb Cicero nach Quint. I 4, 11 (übereinstimmend Velius Longus) ;
auch der Ambrosianus des Plautus hat maiiores aiiebas cuiitis u. s. w.
(Studemund Anal. Plaut. 171); vgl. auch Priscian bei Keil, Gr. L. II 303, G;
Seelmann 236.
Apex, zur Bezeichnung der Länge der Vokale verwendet,^) nicht als
Accent, wofür man ihn früher wegen seiner am häufigsten vorkommenden
Gestalt (') hielt. Das älteste inschriftliche Beispiel ist dIvo ivlio CIL 1,
626, ungefähr zehn Jahre ält^r zwei numismatische.^) Trotz sehr häufiger
Setzung ist der Apex doch nicht allgemein durchgeführt; über i findet er
sich seit der augusteischen Zeit (auf dem Mon. Anc. nur excidere I 15,
sonst I longa), gelegentlich auch über Diphthongen.^)
IV. Gemination der Konsonanten,«) Sicilicus.
Die graphische Seite der Frage ist folgende. Nach dem Zeugnisse
des Festus s. v. soKtaurilia hat der Dichter Ennius die den Lateinern
früher unbekannte Gemination der Konsonanten eingeführt. Das ältere
HiNNAD CIL 1, 530 V. J. 543 u. c. wird von Ritschl mit Recht aus der
griechischen Herkunft dieses Stadtnamens erklärt \^'Evva, auf Münzen
UENNAION], Die ältesten lateinischen Beispiele sind essmt ojypidum
possidere vellet turris, daneben allerdings i(msit posedisent, auf dem aus d.
J. 565 u. c. stammenden Dekret des Aemilius Paulus. 7) Die übrigen ältesten
Beispiele bei Ritschl 1. 1. 88. Nach demselben Gewährsmanne zeigt sich
die Gemination der Konsonanten im Fortschreiten nach 620 u. c. Vollständig
durchgedrungen ist sie, von spärlichen Resten abgesehen, kurz nach 640 u. c.
Nach den sorgfältigen Untersuchungen von Weissbrodt, Spec. gramm. 23 f.
und part. II, 1 — 13 hat sich die von Ennius eingeführte und geregelte Schreib-
weise ungefähr bis zum Jahre 640 in offiziellen Denkmälern erhalten; dies
ergibt sich aus dem ziemlich konsequenten Gebrauche des s und ss (ersteres
nach langen, letzteres nach kurzen Vokalen), daher z. B. esse essent seit
565 u. c. (nur CIL 1, 196 und 1166 bilden Ausnahmen), hingegen s im
Inf. Perf. und Coniunct. Plusqpfct., wobei allerdings die Quantität des i in
'isse nichts weniger als sicher steht. Nachdem Bährens®) die Frage in
') Lachmanh za LucretiuB (2. Ausgabe)
S. 244, Neue I 97, Jobdan, Krit. Beitr. 237.
«) RrrecHL, Op. 4, 356 f. und bes. 382 f.
») Ritschl, Op. 4, 376 f., 389 f., Corssbn
1, 23 f., Schmitz, Beitr. 38 f.
^) Bbambach, Neug. 24.
») WsissBBoixr, Phü. 43, 444.
«) Ritschl, Op. 4, 48 f.; 165 f.; Weiss-
BBODT, Spec. grammat., Confluentibus 1869;
particula secuuda, Brunsbergae 1872. Drecke,
Rh. M. 36, 577 hält sie für messapischen
Ursprungs.
') HüBNBB, Hermes 3, 242 f., CIL. 2, 5041.
8) N. J. Bd. 127, 774—798.
254 ^* Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
einer den Laut- und Bildungsgesetzen der lateinischen Sprache vielfach
widersprechenden Weise behandelt hat, ist neuestens Seelmann, Ausspr. 109 f.
ausführlich auf sie eingegangen, indem er mit Recht die phonetische Seite
in den Vordergrund stellt. Darnach werden durch die Verdoppelung ent-
weder „Zwillingslaute**, z. B. hcicca, agger, gibhus oder „Dauerlaute", z. B.
r)\ ü, SS, bezeichnet. Wir werden über den grössten Teil der in Betracht
kommenden Fälle in dem Kapitel über die Quantitätsminderung der Vokale
zu handeln haben, vgl. § 40, A 3. Hier genüge es zu betonen, dass im
alten Latein auch dort der einfache Laut geschrieben wurde, wo etymo-
logisch nur der geminierte berechtigt war. Dass trotzdem in der Aus-
sprache ein anderer Laut als der einfache gehört wurde, zeigt hinsichtlich
des s z. B. deutlich die unterbliebene Rhotazierung. Sorgfältigere Fixierung
des lautlichen Ausdruckes führte sodann zur regelmässigen Schreibung der
Doppelkonsonanten.
Sicilicus; nur sehr spärlich zur Bezeichnung geminierter Konsonanten
angewendet. Inschriftliche Nachweise seines Vorkommens sind mvmiaes^)
SABELio CIL 5, 1361, osA 10, 3743.
2. Verhältnis des lateinischen Lautbestandes zu dem der
indogermanischen Grundsprache.
6. Über die Laute der indog. Qrundspr. vgl. oben Bruomann S. 23 f.,
dessen phonetische Erläuterungen natürlich auch für das Lateinische Geltung
haben. Denselben Lautbestand weist hinsichtlich der Konsonanten im allge-
meinen mit Ausnahme der tenues und mediae aspiratae, welche fehlen, auch das
Lateinische auf. An die Stelle der letzteren sind zum Teil (die genaueren
Nachweise unten) der Hauchlaut h und der labiodentale Spirant f getreten.
In sonantischer Funktion sind ^ ^ ^ f? durch en em {in im\ |- l durch
or ol {ur ul) vertreten und ihre Längen durch na (an?) ar ra er Ja (?).
3. Zur Aussprache des Latein.
6. Zur Bestimmung des Lautwertes der lateinischen Schriftzeichen
stehen uns folgende Mittel zu Gebote: 1) die Angaben der alten Gram-
matiker über die Natur der Laute; 2) die inschriftlichen Zeugnisse, die,
soweit sie das Schriftlatein betreffen, vornehmlich diakritischer Natur sind,
z. B. Apex u. s. w. ; aber auch volkstümliche Schreibweisen sind geeignet,
ein Licht auf den Lautwert des Zeichens zu werfen ; 3) die Thatsachen der
lat. Lautlehre; 4) Rückschlüsse aus den romanischen Sprachen und aus
der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen ; 5) die grie-
chische Transscription, welche freilich nur einen bedingten Wert hat, da
wir auch die Aussprache des Griechischen, die ja gleichfalls eine tote
Sprache ist, nur durch Kombination erschliessen können (über die Ver-
wertung vgl. DiTTENBERGER Hcrmcs 7, 129 ff. und 281 ff.); 6) die lautliche
Gestaltung lat. Lehnwörter in anderen Sprachen, z. B. im Alt- bez. Neu-
Hochdeutschen, z. B. Keller, Kiste u. s. w. Aus der gewissenhaften Kom-
bination der angegebenen Faktoren ergibt sich ein annähernd richtiges
^) HüBNBB, Hermes 3, 413 f.; B&ambacu Neug. 2G.
2 . Yerhältnifl des lateinischen Lantbestandes zu dem der idg. Omndsprache. (§ 5.) 255
Bild von der Ausspraxjhe des Latein. Den ersten Versuch einer wissen-
schaftlichen Darstellung der Aussprache des Latein hat Gorssen in seinem
bekannten Werke gemacht. Keinen wesentlichen Portschritt bezeichnen
Edon Traite de langue Latine Paris 1882 und Schweisthal Essai sur la
valeur de Talphabet Latin Paris 1882. Neuestens hat E. Seelmann in
seinem Buche „Die Aussprache des Latein nach physiologisch-historischen
Grundsätzen, Heilbronn 1885' den Gegenstand einer ausführlichen Unter-
suchung unterzogen, welche unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete wesent-
lich gefördert hat. Eingehende lautphysiologische Studien haben es dem
Verfasser ermöglicht, durch scharfsinnige Deutung der überlieferten Angaben
der Grammatiker in Verbindung mit den übrigen oben namhaft gemachten
Faktoren die Natur der lateinischen Laute ihrem Wesen nach festzustellen,
und es muss ausdrücklich anerkannt werden, dass Seelmann's Buch in
dieser Richtung einen ausserordentlichen Fortschritt bedeutet. Nach den
von Seelmann entwickelten Grundsätzen haben die Engländer angefangen,
ihre Aussprache des Latein zu verbessern, vgl. Summary of the pronunciation
of Latin in the Augustan period (Academy v. 2,3 1887 S. 186 f., Berl. Phil.
Woch. 1887 S. 703). Freilich wird man zugestehen müssen, dass es wohl
niemals vollkommen gelingen wird, die Feinheiten der lateinischen Aussprache
in vollem Umfange festzustellen (Techmer in seiner Zeitschrift 3, 322 f.).
Eine ganz wertlose Arbeit ist R. Pötzl, Die Aussprache des Lateinischen,
Leipzig 1888. Vgl. über den ganzen Gegenstand auch Henry Precis S. 30 f., 63.
Ohne auf die Beschreibung der lateinischen Laute im einzelnen einzu-
gehen, 0 bemerke ich im allgemeinen folgendes. Als die Normalaussprache hat
die des Schrift- oder Hochlatein am Ende der Republik und in den ersten
beiden Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit zu gelten. Die früheren
Zeiten haben namentlich hinsichtlich der Aussprache der Vokale manche
Besonderheiten, während in der Aussprache der Konsonanten zwischen dem
älteren und dem Hochlatein kaum wesentliche Unterschiede geherrscht
haben dürften. Nach dem zweiten nachchristlichen Jahrhunderte bringt
das Eindringen der vulgären Elemente besonders im Vokalismus wesent-
liche Abänderungen hervor, die zum Teil an das archaische Latein an-
klingen, vielfach aber doch eine andere Begründung haben. Auch in der
Aussprache der Konsonanten ergeben sich wesentliche Änderungen, so die
lautliche Gleichstellung des b mit v, infolge spirantischer Aussprache des
letzteren, die Assibilierung des t vor i- Vokal (vulgär ausgedrückt durch
fsi tzi zzi zi si), worüber Seelmann 321 f., die Verwandlung von j und v
in Spiranten (im 4. oder 5. Jahrhundert) u. s. w. Dass in der Aussprache
der Vokale und Diphthonge sich von der ältesten Zeit bis zum Ende der
Republik ein entschiedener Wandel vollzogen hat, hat Seelmann S. 158 flf.
*) In die erste Auflage hatte ich mit
Genehmignng des Verfassers E. Seelmann
die lautphysiologischen Definitionen der ein-
zelnen Laute aufgenommen. Wenn ich jetzt
hievon absehe, so geschieht dies nicht etwa
deswegen, weil ich dieselben — wenigstens
der Hauptsache nach — nicht mehr für
richtig halte, sondern weil ich zugestehen
muss, dass eine trockene Angabe der De-
finitionen der einzelnen Laute ohne ein-
gehendes Studium des Seelmann'schen Buches,
insbesondere der Al)schnitte Ober allgemeine
Phonetik, nicht den gewünschten Einblick
in das Wesen der Aussprache des Latein
verschafft.
256 B. LateiniBche Grammatik, b) Lateiniach^ Lantlehre.
mit Recht hervorgehoben. Das alte Latein hatte eine entschiedene Hin-
neigung zu diphthongierender Aussprache der Vokale (daher au für o, ei
für e und f, ja sogar für ^, ae für e, ou für ü geschrieben) und eine gewisse
Vorliebe für ö- und ü-farbige Vokale. Auch charakterisiert das archaische
und vulgäre Latein das Schwänken in der Aussprache der Vokale und
infolge dessen die Vertauschung in der Schrift; dies betrifft S und i, ö und
ü (seltener ü und ö), ü und ^ (eigentlich haben wir im letztangeführten
Falle den Mittellaut ü anzuerkennen). Im allgemeinen ist noch zu be-
merken, dass die kurzen Vokale einen mehr offenen (helleren), die langen
einen mehr geschlossenen Klang hatten. Nicht überflüssig mag es auch
sein, zu bemerken, dass c bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. auch vor hellen
Vokalen einen A:-artigen Laut bezeichnete (Seelmann 337).
Anmerkung. Bezüglich der in neuerer Zeit viel behandelten Frage der Orthoepie
vgl. besonders R. Boutsrwek und A. Teooe, Die altsprachliche Orthoepie und die Praxis,
Berlin 1878 und ausser der von Hübneb, Grundr. § 20 angeführten Litteratur Bünobb, Über
die lat. Quantität in positionslangen Silben, Progr. v. Strassburg 1880, A. Mabx, Uilfs-
büchlein für die Aussprache der lat. Voc. in positionslangen Silben, Berlin 1888, Bbndbb
im Correspondenzblatt für die Gelehrten- und Real-Schulen Württembergs Jg. 30 (188^3)
S. 349 f.
4. Vokale.
7. A. idg. betontes ä = lat. a, z. B. acies gr. tixQog, ago gr. ay«,
madeo gr. juaSdu), salio aXXofiai, dacruma gr. ddxqv^ ango gr. ccyY^f arare
gr. aQowy rapio gr. a^Traf a>, sarcio gr. ^a/rrcö. i) Vielleicht ist auslautendes un-
betontes idg. ä = lat. ^ im Instr. Sing. z. B. a^^i^ (§ 87) aus ^aer-a vgl. gr.
ned'd, inde gr. iv-d-a;^) die lat. i^-Stämme, die ich früher nach Osthoff ^) hier
aufführte, sind richtiger von Brugmann, Grundriss 2, S. 313 ff. behandelt.
Idg. a = lat. Ä, z. B. niater dor. iicnrjQy clävis dor. xXa(f)tg^ malum dor.
fiaXov, suävis dor. dSvg^ fari dor. g)äfit; desgleichen bei den a-Stämmen
(im Lat. in den meisten Kasus gekürzt) und den denominativen Verben auf
— *äio; auch im Perfekt, z. B. scabi von scäh-.^) Über lü ra na ~ idg.
l f 9 vgl. § 43, 45. Über sekundäre Veränderungen von a a § 24 ff.
8. E. idg. d'= lat. e^ gr. f, skr. a, z. B. ego gr. ^yw, es- gr. «V-,
fero gr. (ptQw^ genus gr. yfcVog, equus gr. iTiTiog Qrdf. *ek^O', decetn gr. Säxa^
sedeo gr. i'^co, que gr. r^ skr. ca, lupe gr. Xvxe; age gr. dys.
idg. e = lat. y, besonders vor Nasalen in geschlossener Silbe, aber
nicht durchaus, z. B. istum umbr. estu^), in indu- alt en endo^) umbr. en
und ntannv-e päl. lex-e, hirundo gr. x*^'<^<ö^', Umpidus für *Iefnpidtis,'') lig-
num tignum von leg- teg- gr. Taxvrj^ tingo gr. r^yyw, firmm fere,^) minisciiur
Minerva alt Menervai promenervat Fest. 205, 12, Untere (entere, minere
ntentum, quinque gr. ntvte, millus mellunt, vereinzelt irco (Dvenosinschrift),
stircus (Eph. ep. 2, 205 no. 298 = CIL 5, 782), Mirqurios CIL 1, 59,^)
^) Vgl. die Übersiebt bei De Sausscrb,
Mäm. 55 f.
^) Per Pebsson, Studia etymologica
(Upsalae 1886) setzt es gleich *im-de „von
da** nach Br^al, M^m. d. 1. S. d. 1. 1, 198.
») Z. G. d. F. 338 Anm.
*) De Saussurb, M4m. 59.
^) Dakiblsson bei Pauli, Altit. Stud.
3, 158 f.
^) Löwe. Act. soc. phil. Lips. 2, 469.
in ist in Verbindungen wie en domo u. s. w.
entsprungen, vgl. Henry, Pr^cis S. 37.
') CüRTius, G.^ 265.
8) Br^al, M^m. d. 1. S. d. 1. 1, 162 f.
f>) Vgl. auch noch Ind. gramm. zu CIL. 1.
8. Zur Ausspr&ohe des Latein. (§ 6.) 4. Vokale. (§ T— 9.)
257
contmirdum Keil, Gramm. Lat. 7, 77. Über tp ^ =^ im in vgl. § 45.
Öerselbe Übergang auch in Lehnwörtern, z. B. incitega inconima (= iyyv-
^r^xTj iyxojuiuia). In einigen Fällen, wie miniscitur minere dlium, sicher
plico gr. nkh'xwy altlat. spielt spicio (Corssen 2, 359) vigil neben vegere liegt
Verselbständigung der in der Zusammensetzung regelrecht erscheinenden
Form mit -i- vor,') in den anderen {irco u. s. w.) wird man mundartliche
Besonderheiten anzunehmen haben; Mirqurios vielleicht an mirari ange-
schlossen (Citat aus Varro bei Bebsu, Die Gutturalen 49 Annf. 2). Vgl.
noch Corssen 2, 257, Brupp acher, Oskische Lautlehre 25, Aüprecht-
KiBCHHOFF, Die umbrischen Sprachdenkmäler 27 f., J. Schmidt, K. Z. 23,
344. Über idg. e = i {u) in nachtoniger Silbe § 25 f.
idg. anlaut. ve = lat. vö-^) in voco gr. f*^-, volup gr. psXn^, volvo gr.
{f)ilvw, vorno gr. (f)iiih(o, desgleichen in den etruskischen Lehnwörtern Vbla-
terrae veloUh-i, Volumnim velimna; idg. s^e^ = lat. so- in sodalis für *s^er
dalis gr. *o'/?«;>- skr. svadhd-, socer für *s^ecurO' gr. {pf!)€xvQ6q skr. iviUura",
somnus für ^st^epno- ^kv,sväpna-, sonus für "^stfcno- skr. svan-; ebenso que
vor Konsonanten = gwo- in colo für *qüelo gr. tt« A- vgl. inquilinus. Wegen
«ifcws neben gr. (f)*Axog, wr^eo gr. ffßy- siehe § 60; aber Omentum neben
skr. va^a „Eingeweidehaut Netzhaut*^) fraglich. In venia Venus verber
vema vereor vesper Yesta vestis ist nur der e-Laut überliefert (jüngere
Lautgestaltung?, vgl. § 10); vEnum v^r kommen wegen e nicht in Betracht.
Auch idg. ei^ = lat. ov, so in suus tuus Grdfn. *se^(h He^o^y gr. iog r^og,
sovoni CIL 1, 588, sovo soveis öfter,*) tovfam CIL 1, 1290, umbr. tover,
osk. tuvai; fovea gr. x*(f)**^;^) wovtis gr. vä(f)ogy novem gr. ivvia. Nicht
ganz kiar ist Seispitei CIL. 1, 1110 neben gew. sospes.^) Vgl. ausserdem
wegen eu = ou § 35.
idg. e= lat. S, z. B. felarefi^mina gr. ^tjad^ai, sSmi gr. ijjue-, reg-em skr. ra-
yVm-, M^re gr. viq^w; siem aus *siew gr. «rr^»'. idg. e = lat. f, z. B. /l^fo gr. ^/Jyco,
/</m5 aus *feliO'j vulg. /efew« CIL. 14,1011, umbr. /eföw/', ') sfca für *s^ca von s^c- ;
\gl,suspiciodeliniosubttlis Constva(<a) {\]iT*Si4Specio*delenio *subtdis*Conseva,^)
9. lat. a 6 neben e a anderer italischer Dialekte: aries umbr. erietUy
peto volsk. arpatiiu, tepor umbr. tapistenu (tepida), trabs umbr. trebept (sta--
iionem liabet) osk. triibom (domumj, vasculum umbr. vescla. quattuor
umbr. petur osk. petora (idg. *qet^er) für *quettuor mag sein a von qtuirtus
bezogen haben. ^) Wechsel zwischen a und e ohne bis jetzt hinlänglich
ersichtliche Gründe auch in anderen Fällen wie margo merges, pario lit,
periüy tarmes terere, maneo gr. /iti'o), pallidus gr. nsXiig u. a. Zum Teil
dürften Abstufungsverhältnisse zu Grunde liegen.
*) OsTHOPP, M. ü. 4, 2 Anm.
«) ScHLWCHBB, Comp. 82. K. Z. 9, 372;
Sbelmakh, 171. Eine Scheidung zwischen
idg. r und )f durchzuführen, ist noch nicht
gelungen; ich schreibe also if.
») Wi(in)iBCH), Lit. Centralblatt 1888,
Sp. 608.
*) CoBssßH 1, 668.
^) Fböhdb, K. Z. 18, 100; vgl. auch
Mahlow, D. 1. V., 7.
•) J. SomoBT, Verw, 57, Bbvgmann,
Ein Troblem d. hom. Textkritik 131 u. 144.
"*) CoESSBN, It. Spr. 184 und Thür-
NETSEN, Bkzz. B. 8, 281 Am. = *füliu8;
gegen ersteren mit Recht Bücheleb, Rh.
M. 39, 411; allerdings scheint -^ aus urspr.
-ei- hervorgegangen, vergl. Schulze, K. Z.
27, 425.
^) Vgl. übrigens wegen delinio jetzt
OsTHOFP, P.B. Br. 13, 400.
9) Anders J. Schmidt, K. Z. 25, 49;
BuGGE, Bezz. B. 14, 57.
Handbncb der klan. AltertuiiiBwiaseiiBclutft. II. 2 Aufl.
17
258
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
10. 0. idg. ö = lat. ö, sehr häufig aus den übereinstimmenden Wort-
stämmen des Griechischen zu erschliessen, z. B. olere gr. oC^iv, orior gr.
oQvvvai^ vorare gr. -ßoqog, ah-olere gr. oXXvvm^ oeto gr. ox^ti, domus gr.
So/iogy corvus xoqa^ u. s. w.; von suffixalen Silben, in denen der o-Laut
als Vertreter von idg. o erscheint, nenne ich das -o- der o-Stämme, z. B. egu-o-,
-OS in opos CIL 1 52, Vmos CIL 1 57, -o- in der Flexion der thematischen
Verba. Über den Übergang dieses o in u, sowie in anderen unbetonten
Silben vgl. § 26, 2; desgleichen über den von betontem o § 23, 6 und
im allgemeinen die ausführlichen Nachweisungen bei Cobssen 2, 70 f.
Über den Übergang von o in i {e) in nachtonigen Silben vgl. § 25 und
BRuaMANN, Qrundr. 1 § 81.
Älteres vo- in votare z. B. votes Plaut. Trin. 457, voster ist seit der
Zeil des Scipio Africanus in ve- gewandelt worden nach Quint. 1, 7, 25,
daher vetare vester, so auch gr. äoqvrjQ in averta.^) Wegen des in § 8
angeführten Gesetzes ist es nicht immer möglich zu entscheiden, ob die
Lautfolge ve- oder vo- die ältere ist; vgl. Voturia noch in der Eaiserzeit
neben Vetwia, vorto und verto, vortex und vertex u. s. w. Die Gramma-
tiker haben Bedeutungsunterschiede herausgeklügelt, z. B. bei vortex und
Vertex. Auslautendes ö scheint zu e geworden zu sein in ipse aus *ep'So
(-so = gr. o), olle = *olso und in der 2. Sgl. imp. dep. u. pass. sequere
aus *S€quiso gr. frr€(o')o.*) Der lautphysiologische Erklärungsgrund liegt in
sehr geschlossener Aussprache des o.') Nach Thurneysen's wahrschein-
lichen Auseinandersetzungen, E. Z. 28, 154 f. hat auch Übergang von öv
in äv stattgefunden (infolge sehr offener Aussprache des o) in caveo gr.
xo{f:)ä(o, cavas gr. xotXog aus *x6/?iAo^, lavere gr. >lo(/?)«W, fovea favisae,
altlat. vocivus vocatio CIL. 1, 198, 77 u. ö. vocuus (Corssen 2, 10) neben
jüngerem vacivtts vacatio vactius und in einigen anderen weniger sicheren
Fällen. Wahrscheinlich gehört auch canis für *cuonis gr. xvaiv hieher. Vgl.
auch vulgäres Incatio für locatio,*) Analog dem Übergang von öv in äv ist
der von öv in äv in octavus. Vgl. auch den umgekehrten Übergang in prän.
Quorta Schneider 217, spätl. quodratus (Corssen 2, 65, Brambach Neug. 71).
idg. ö = lat. ö, z. B. glöcio gr. xAwfo), cröcio gr. x^oJ^«, wös gr.
vm, nösco gr. yiyi'cocxa), dönum gr. Sojqov, öcior gr. aJxvg, ät;um gr. ^Jor,
rö5 gr. fpwto) (skr. rosa-); in suffixalen Silben: -tör gr. -r«^ und wieder
mit Verdumpfung in 'turo, -töd im Imperativ, später -tö (vereinzelt -titd
z. B. facitud CIL 1 813), für gr. tpwQ, hü-c neben gwo.
11, J, idg. 1 = lat. ? erscheint in den schwachen (tonlosen) Stamm-
formen der Verba, deren starker Stamm ei aufweist, in verbalen Ablei-
tungen und in nominalen Bildungen, z. B. -dico indlcare causidiciis neben
dicere alt deicere gr. Seixvv^ii dixrj^ ftdes neben eonfJdo (r= ei) gr. ini&ov neben
^) Wie incitega durch volkseiymologische
Umformung (0. Wbisb 67 f.).
^) So ist doch wohl gegen meine Aus-
f&hrungen in Wien. Stud. 10, 303 f. beson-
ders mit Rücksicht auf ipse, das eine andere
Erklärung nicht gut zulässt, anzunehmen;
dies thun Spbijeb, Mäm. d. 1. S. d. 1. 5,
188; Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 3,
155; Schulze, K. Z. 28, 270 Anm., Heiiry.
Pr^cis S. 38, Schwbizbb-Sidler, Gramm.*
§ 12, 8; Brüomann, Grundr. 1 S. 73.
*) ScHUCHARDT, Vok. 2, 215 f. Nicht ge-
nügend der von Havet, Mäm. d. 1. S. d. 1.
5, 43 angegebene Grund. Vgl. auch 13ram-
BACH, Neug. 101 ff.
*) LöwR, Glossae nom. 62.
4. Vokale. (§ 10-13.) 25(V
Ttei&fo, vfdere gr. {j:)sldh(o; fld- findere skrt. hhid-; vic-is skr. viS^. Für
altes t wird e geschrieben (geschlossenes e) in tempestatebus CIL 1, 32,
fileai, worüber vgl. § 25, 4. Über is = er § 23, 1 und 25, 1, über i = e
im Auslaute § 26, 1, über ri = er z. B. in secerno aus *S€-crino § 43.
idg. f = lat. f, z. B. vis gr. (f)ig, t?Frw5 gr. (f)t6g, flfgere gr. v^Af/?w got.
hligffvan, fngus gr. ^ryo$; regf-na radl^c- enthalten dasselbe f, wie die Fe-
minina des Sanskrit; es gehörte der Grundsprache an. Anderes Material
suche bei Osthoff, M. U. 4, 4 f.
12. U. idg. u = lat. ü, z. B. müsca gr. iivTa^ iüvenis skr. yüvan-,
in den schwachen (tonlosen) Stammformen der -e^- Wurzeln, z. B. luc-ema
gr. Xevxog, düc- (Nom. dux) neben düco (f. ^deuco) got. tiuhan, fuga con-
fugi gr. yvyij ^evyfo. Über idg. ü = 7 in Stammsilben [eigentlich haben
wir es mit dem Mittellaut ü zu thun] vgl. § 23, 4, in nachtoniger Silbe § 25.
idg. ü = lat. ü, z. B. iüs skr. yii-, «iws skr. mü^-y mügio gr. (Avxäo^
fia^y alat. /ö-f skr. bhü-td", congruo aus Hon-grü-irO gr. ßqvfo,^) cluo aus
*clü'i'0 {clüeat Plaut. Men. 575). *) Anderes bei Osthoff a. a. 0.
Anmerkung, lat. a = idg. 9 (,Schwa*) in pater skr. pitf-^ casttts skr. kfikd-,
Status skr. 8fÄffd- (vgl. satus, caius, datus), gravis skr. gtiru- (Bbuomann, Qrundr. 2,
S. 242). Denselben reduzierten Vokal repräsentiert i in dom-i-tor gen4-tor an-i-m%i8
veri-irsti, vielleicht auch in vomis skr. vdm-i-si, e in vert-e-ro, u in col-urmen u. s. w.
Vgl. Bbuomakh § 11 und Grundriss 1, § 109, 110.
Diphthonge.
13. 1. idg. ai (betont) = lat. m, ae, z. B. aides aestas gr. oT^io,
aiquom gr. mca, aevom gr. alpei^ caecus got. Aa/^^ caedo got. skdidan^
caesaries skr. kesara-^ haerere lit. gaiztü,^) haedus got. ^fatfe, fotcvM« gr.
ilaiog, sa6^ skr. 5e^w- (Brugmann, Qrdr. 1, S. 88), scaevus gr. axaiog; nae
gr. rofi', jpraa gr. naqai. Hingegen = ? in Zmr gr. ^daiprjQ. In unbetonten
Silben erscheint für ai t, so besonders in der Zusammensetzung, z. B.
in-quiro neben quaero; ebenso geht -ai- in J über im Dativ- Ablativ der
a-Stamme (siehe unten); über die ganze Frage Osthoff, Z. Q. d. P. 197 f.,
Speijer Mem. d. 1. S. d. 1. 5, 186 f.
2. idg. au = lat. au, z. B. auscuUo audire auris got. duso, auteni
gr. avtoq^ augeo got. duka^ aurora auster lesb. avtog^ huurio an. atisa, pau-per
gr. nav'Qog,
3. idg. ei = lat. d, wenngleich in den uns erhaltenen Denkmälern
ei vielleicht nur mehr monophthongische Geltung hat, so alt deicere gr.
i€ixwj.u^ eeivis got. heiwa-frauja,
4. idg. e^ = lat. ou und daher mit idg. oy> vollständig zusammen-
gefallen. Auf Leucesie des Saliarliedes ist kein Gewicht zu legen (Jordan,
Krit. Beitr. 31 flf., Bruomann, Grundriss 1, § 65, 2 Anm.).
5. idg. Ol (betont) = lat. oi, oe, w, altl. moincipium comainem skr.
minoti,^) aino oinvorsei gr. olvog^ foidere gr. ntnoi&a. In den Schlusssilben
ist oi zu oe i geworden, desgleichen -öis zu -ts,
6. Der idg. Diphthong o^ ist mit Sicherheit im Lateinischen nicht
mehr nachzuweisen.
*) OSTHOFP 1. C. 15.
») id. 16.
3
) FicK, 2, 78, DK Saüssürb, Moni. 69.
^) Osthoff, Forsch. 1, 83 f.
17*
260 B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
• Die Geschichte der Diphthonge siehe § 30 — 35;
7. Der Diphthong ^i hat bereits in der Grundsprache vor folgendem
Konsonanten und im Wortauslaute sein i eingebüsst und wiid daher in
diesen Fällen im Lateinischen durch ^ repräsentiert, ^ ebenso auch eu;
man vgl. res rEm r^ aus *r^s *r^w *r^', skr. ras rayds; di€s diSm die
aus *di^s *die^m *die^. Einige andere Beispiele findet man von Schulze
a. a. 0. zusammengestellt. Auch äi erscheint durch ö reflektiert in p{}culum
pötus bi'bX'tnus neben skr. päy-anam. Im Wortauslaut hingegen ist es als
öi erhalten im Dat. Sing, der o-Stämme, gr. Itttt^) altlat. Nunuisioi osk.
Äbellanüi, und i verfiel vielleicht erst nach lateinischen Lautgesetzen dem
Schwund, daher populö. Nach J. Schmidt, Festgruss an 0. v. Böhtlingk
(Stuttgart 1888) S. 102, Meringeb, Zeitschr. f. d. öst. Qymn. 1888, 770
beruhen diese Dativformen auf -oi und -o, ebenso wie die auf -ai und -«
schon auf indogermanischem Satzsandhi (-oi-ai vor Vokalen, -o-a vor Kon-
sonanten). Auch im Dat. Abi. Plur. populis aus *populöis (vgl. skr. divaU)
ist -cFi- auf italischen Sprachboden übergegangen und erst hier ö vor i ge-
kürzt worden,*) woraus dann oe f sich entwickelte. Ebenso im Dat. Plur.
der fl-Stämme urspr. -äis -äis -t5, vgl. si aus *svai. Derselben Behand-
lungsweise wie öi im Dat. Sing, der o-Stämme ist auch ai im Dat. Sing,
der a-Stämme verfallen, daher Feronia CIL 1, 169, Matuta 177, vgl. gr.
%(OQ(f, welche echte und ursprüngliche Dativformen repräsentieren. Bezüg-
lich der übrigen Formen vgl. § 85. idg. öu = lat. ö, in octä duo = idg.
*oktö^ *d^ö^.^) hös ist zwar Lehnwort, wird aber doch für *bous idg.
♦gö^s stehen.^) navis neben gr. vatg ion. vrjvg idg. *na^s ist jedenfalls von
den obliquen Casus aus neu gebildet.
Vokale in konsonantischer Funktion.^)
14. A. idg. % ^.
1. idg. { a. Anlautendes idg. i — lat. i cons. {j); vgl. § 58.
i). Intervokalisches { ist, wie es scheint, schon im Uritalischen
geschwunden. Man vergleiche: die Verba auf -^lo, fumö aus "^fümaiö
vgl. fumä'Vi,^) ein Teil der Verba auf -co, wie neo^ *ne-i-ö ahd. naan,
fleo aksl. bleja, sileo got. sildip (3. Sgl. = '^sileieti) ; die Kausativa auf -eo,
wie moneo *m(me-i''ö skr. mandyämi, die abgeleiteten Verba auf -ro, finio
^fini-i'ö (aus /in^re fim-tum wird man nicht auf "^ßnl-i-^ö schliessen dürfen),
einige auf -wo, c?wo, *cZw-i-ö skr, Srü-yd-te, congruo *con-^nT-{-ö;') dagegen
statuo und die übrigen abgeleiteten Verba auf -tio wohl aus *statU'i-o
u. s. w. Vgl. ferner aeris aus *aieses skr. dycis, pleores aus "^pl^öses
(§ 92), trBs ovös aus Hreies "^oveies (§ 91A, 80), cum ea aus '^eiom "^eia
') J. Schmidt, K. Z. 27, 305; Schülzb
ib. 420 f.
') Übrigens aucb urgriechiBcbes Laat-
gesetz nach Osthoff, Phil. Rundschau 1881,
1593.
3) Brugmann, Grundriss 1, § 85; Über
die ganze Frage auch Merinoer, Zeitschr.
f. d. österr. Gymn. 39, 112 ff.
*) Brugmakn, Grundriss 1, §612 Anm. 1.
') Brugmann, Grundr. 1, S. 122 ff.
®) Mahlow, D. 1. V. 12, Johansson, De
der. verb. contr. 99 ff.
') Osthoff, M. ü. 4, 15. Anders Thvr-
NEYSEN, Die Bildung und Herkunft der Yerba
auf -io 62 f.
4. Vokale (§ U.) ^ 261
(§ 90a), eo queo aus *e/o *qu€io (§ 100), wcms aus *meios;^) die Adjektive
auf -CO wie aureus aus *aureio- gr. xQ^^^^^^ XQ^^^^^- Wg. t ist sonantisch
geworden in venw idg. *g^i^, morior skr. m^yäte,
c. idg. -it- :^ lat. -i- in trium patrius siem dubius ßeri = triium u. s. w.*)
d. Postkonsonantisches {. Über die Verbindung von anlautenden
und inlautenden Konsonanten mit i vgl. § 63, 65, 1 und 2. Im allge-
meinen ist idg. { in diesem Falle sonantisch geworden. Man vgl. die Ad-
jektiva auf -lo-, wie medius hom. [tiäaaog aus ^fiä^iog, alius gr. älXog;
socius aus *soku-ios. In der Aussprache war t gleichwertig mit -tj- (so nach
Bruomann auch in finio)^ wie man aus der Schreibung mit ii und i longa
ersieht.*) Postkons, i liegt vielleicht auch vor in capis aus *capies capiet =
got. hafjis hafjip (§ 107). Vgl. jedoch die Nachträge.
e. Über i in den Diphthongen ai ei oi § 30, 32, 34; in ai ^ öi § 13.
2. idg. tf- a. Anlautendes idg. t/^ = lat. v; vgl. § 60. Über idg. ^
in anlautenden Konsonantengruppen § 62.
b. Intervokalisches ^ = lat. v in Jovi skr. dyävi (Lok.), novem skr.
ndva, onis skr. dvi- u. s. w. Wegen der früher hier vorgetragenen Ver-
mutung über den Wechsel von lat. ^ und v vgl. unten § 73, Anm. 2.
c. idg. ut^ = lat. -u- in duo vgl. ved. duvd aumbr. tuva; alat. duonoro
ved. düV'OS' „Verehrung" ; su-is aus *swt^-€S; in einigen adjekt. Bildungen
auf "tuo, wie Fa-tuo-s mu-tuo-s,
d. Postkonsonantisches ^. Die im Wortanlaut begegnenden Ver-
bindungen von Konsonanten mit ^ sind in anderem Zusammenhange § 63,
1 und 2 behandelt. Im Wortinnern ist idg. ^ im Lateinischen bald kon-
sonantisch geblieben, so in Suffix -?^o, z. B. ar-vo-m, heUvo-s, saUvo-s,
equos u. s. w., bald silbenbildend geworden, wie in ard-uo-s mort-uo^s;
vgl. ausserdem genua av. zanva lesb. yövva, tenuis skr. tanv-t, quattuor skr.
catvdr-ds, andererseits aevom alt aevitas aeviternus gr. ai/?«/', ?mr idg.
*daiu&r. Inlautendes -d^- nach r- = 6 in derbiosus aus *derd^' skr. dardü^
, Aussatz",*) sonst -d?^- = v- in simvis aus *suadms skr. suädv-i, -6A^- =
-6- in -6o -6am (§ 113).
e. Über at^ o^ (= idg. e^ und oy) § 31, 35, über ati St^ ö^ ^ 13.
B. Lateinische Vokale in konsonantischer Funktion
{j V vokalisch).
1. Anlautendes i (j) ist in der Zusammensetzung nach Vokalen
geschwunden, so in den Kompositis mit iacio als coicio deicio aus ^coiicio
*deiiclo, bifjae aus *bi'iigae,^) komm aus *hO'iornus^^) cuncti conctos carm.
arv. doch wohl aus *C(hiuncti; vgl. ferner 50(26$ volkstümlich und archaisch
aus *si odcs si audes^'^) sultis Plaut. Asin. prol. 1 aus *si uUis (w = uo),
sis aus *sj^«5.
2. Postkonsonantisches i wird bei Dichtern ziemlich häufig kon-
*) Oder ist mius ursprünglich? vgl.
Johansson, a. a. 195.
*) Bbuomann Grundr. 1, S. 124.
*) Sbelxann, S. 237 und oben § 4, III.
*) Van. Et. W.« 121.
^) Nach G. Mbyeb, Z. f. d. öst. Gymn.
30, 281 = *bi'igae von ag-.
*) CüRTius, G.'^ 355 nach Pott; indes
möglicher Weise = *Äo-t?emu«; wieder an-
ders BüBY Bezz. B. 7, 39 (vgl. W. Meyeb,
E. Z. 28, 162), Danielsson, Stud. gramm.
52 (vgl. Peb Pebsson, Stud. etym. 88).
^) Letzteres, wenn auch in etwas anderer
Verbindung Plaut. Trin. 246.
262
B. LateiniBche Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
8onantisch gebraucht, so besonders vor unbetonten Vokalen, z. B. abieie
ariete Laviniaque Verg., dierecte Plaut., *) otiinia Verg. Aen. 6, 33; aber
auch vor betonten Vokalen, Nerienem Enn. ann. 113 MülL, insidiantes
ib. 443, oriundi Lucret. 2, 991, vgl. Lachmann im Kommentare und zu
2, 115; 3, 917).») Vgl. auch spätes 2}arete-s CIL. 6, 3714, des (= dies) ib.
5, 6244, quescas ib. 2108 u. a.
3. Intervokalischest; erscheint als ^ und schwindet gelegentlich,
z. B. latrina aus *la^atrina lavatrina, adnuitfuimus eiliadnüvU füvimus; ditias
Terent. Andria 797, Heaut. 194 Urapfenbach (vielleicht von dU-); Gaius doch
wohl aus *Ga^ifiS fal. Cama osk. Gaaviis (anders Deecke-Müller, Etrusker»
1, 451), Graii für *Grai^i mess. graivaihi,^) dinai Lex Spolet. f. ^di^^maf (dan.
deifM), contione neben coventionid CIL. 1, 196, ittmta CIL. 1, 1202, 5, obliscier
Accius bei Nonius 500, 5 M.; vgl. {emevseorsum quorsum rursum aus *se^orsum
u. s. w., dextrorsum neben dextrovorsum Plaut. Rud. 176. Spätl. inschr. as =
dvis CIL. 7, 972, quixit quexit (= qui ^ixit), vgl. Weissbbodt, Phil. 43, 466.
Hier dürfen auch die plautinischen einsilbigen Messungen von naveni ovis
ovo (= na^etn o^is auo) angeführt werden. Über aetds aus aevUas und
analoge Formen vgl. g 74 und im allgemeinen noch Corssen 1, 321 f.
4. In unbetonten Silben ist -o^- zu -Ur- geworden, so dornui getiui
aus *döma^i gene^i *d6mo^i *genot^i, ahluo aus *dblavo *dblot/io, eluäcrxjtö
aus "^elavacrus ^elo^acras, denuo aus *deno^o de novo, induo aus Hnd-^o
^indnovo, inipluo aus *implo^o Hmplovo, vidua vacuos aus "^vido^a ^vide-^a
vgl. skr. mdh-dva *vace'^0'S*), gen. magistraitws aus *magistrate^os; fluere
pluere nach den Compositis für "^flovere plovere, alat. conflovont perphvere;
suus aus sovos (CIL. 1, 1007 sovo und stwm) wegen der häufigen tieftonigen
Stellung. Desgleichen ist -?^o- zu u geworden in ectis aus eqtws, Gnacus
alt Gnaivodj deus me-dim (Fidius) alt deivos, Dvenosinschrift, devas CIL
1, 814, dium (= deorum) für divom Cato 47, 16 Jordan; Flaus CIL. 1, 277
regelrecht aus Flavos, während Ilavus nach lautgesetzlichem Flavi gebildet
ist; ebenso equus nach equi^ divus nach divi;^) mvtis {tius CIL. 1, 1223)
nach vivi; so auch aevum {aeum CIL. 1, 1220) nach am, vgl. auch inschr.
aeditus mortus,
5. Postkonsonantisches u erscheint in konsonantischer Funktion
in solvo aus *se'lu0y luere, volvo für *vel^o gr. fXvo) (über vohw L. Müller,
De re metr. 262 f.); bei Dichtem in qtmtt^or Enn. Plaut. (Georges s. v.),
inschr. und vulgär quattor^) {quattur Löwe Prodr. 423 no. 16 nicht latei-
nisch, vgl. N. J. 119, 710), tentiis gent^, in welchen eben angeführten
Fällen etwa nicht eine uralte Reminiszenz zu erkennen ist (vgl. ob. A 2 c);
tis = tuis;'^) über anderes dieser Art Corssen 2, 751 f., 760 f. und Seel-
mann 234, der viele derartige Vulgarismen verzeichnet. Umgekehrt wird
von Dichtern auch konsonantisches u manchmal vokalisch gebraucht, so
') Brix zu Trin. 457.
'^) Fleckeisen, N. J. 101, 70; Hormno,
Z. f. rom. Phil. 7, 572.
3) Dbecke, Rh. M. 37, 379.
*) Siehe besonders Osthoff, M. U. 4,
158, Z. G. d. P. 259; Bkuomann, Grundriss
2, 128.
*) Bersu, Die Gutturalen 53 ff., Thur-
netsen, K. Z. 28, 155 f.; anders Fröhde,
Bezz., B. 14. 87 ff. ; vgl. auch Brambach,
Neug. 88; Weissbrodt, Specimen gramm.
excursus I.
«) Gröber. Arch. f. lat. Lex. 5, 127 f.
') RiTSCHL, Op. 4, 109.
4. Vokale. (§ 15.)
263
pduis Laber. 94 Ribb. II siluae aquae (dreisilbig), worüber Lachmann zu
Lucret. 6, 552 (dagegen Ritschl op. 2, 604 ff.). Allgemein jüngeres milviis
neben älterem milutis.
6. e in Hiatusstellung verliert bei Dichtem nicht selten seine voka-
lische Geltung, daher Messungen wie aur^ aur^i, d^s dQorum Plaut. Amph.
53, 45 (vgl. do dae Schuchardt 2, 463; 3, 289) und anderes dieser Art
bei Dichtern aller Zeiten, wofür die Belege zu finden sind bei Corssen
2, 755 f. Überhaupt begreift sich von diesem Gesichtspunkte aus der
ganze Vorgang der Synizese oder Vokalverschleifung.
Vokalabstufüng.
Vorbemerkung 1. In der folgenden Darstellung ha^e ich mich an Bruomxkk,
Grundriss 1, S. 246, bez. Hübschmanh, Das indogerm. Vocalsystem, Sirassburg, 1885,
Osthoff, M. U. 4, 1 ff. angeschlossen. Donpelheit der Tiefstufe (nebentonige und tonlose)
ist wenigstens für einige Fälle sicher nachgewiesen. Anders fassen das Verhältnis von
ü :ü, tili 3, Schmidt, K. Z. 25, 30 ff., 54; 26, 382, ders. bei Bebsu, Die Gutturalen 7,
Anmerk. 1, Mbbiiiger, Z. f. d. öst. Gymn. 1887, 363 ff. Bei der eigentümlichen Ent-
wicklung des lat. Vokalismus, der fast nur bei den ei- und etf- Wurzeln die doppelte Gestaltung
der Tiefstufe erkennen lässt, mag es noch gestattet sein schlechtweg von Tierstufe (schwache
Wurzelform), Mittelstufe (starke Wurzelform) und Hochstufe zu sprechen. Die verwickelte
Frage des Vokalablautes kann auch nach den scharfsinnigsten Untersuchungen noch keines-
wegs als gelöst betrachtet werden; am wenigsten vermag ich mich mit der neuestens be-
sonders von JoHABssoN, De der. verb. contr. S. 93 ff., Bbzz. B. 13, 115 ff. vertretenen «Schwebe-
ablautstheorie'' zu befreunden. Vgl. jetzt auch K. Z. 30, 402 Anm.
Vorbemerkung 2. Bezüglich der Vertretung der silbenbildenden indogerm. Li-
quidae und Nasales vgl. §§ 43 und 45.
§ 16. ^Reihe.
a. 1. Hochstufe p^t- es, tonlose Tiefstufe pt- s-. Letztere noch er-
kennbar in in-s^c-e */n-(s)gM-iY;i) sdä-eo sido = "^si-zd-o nldus = *ni'Zd-os
3. Hochstufe söJMum; d^c-et disco = di-dc-sco, 3. Höchst, döc-eo;^) sumus
Grdf. *s-fnos skr. smds neben es-t; p^d^is nebentonige Tiefstufe, tri-pod-are
2. Hochstufe, p^s 3. Hochstufe; vöx 4. Hochstufe.
b. 1. Hochstufe et-, sret^-, bher-, men-, Tiefstufe ?-, srü-, hhf-, wig-.
eis eo für *c|-o t-tum; *6Ae^- *bhü- in ftmt fuetp=*fü-i'at *fü'iO'it, ersteres
intransitiv und transitiv, letzteres transitiv,*) superhus für *5w^er-6Ä^-os; nuo
für ^ne^o gr. rfvw;*) mens für *m^tl- memento für *mem^t6d osk. me-mn-im
Men-erva mon-eo; gi-gn-o tnaU-gn-us gall. Truti-kn-os gno^tus {na = §)
geti-us; teU tollo für *^^rnö (vgl. übrigens § 43) la-tas Grdf. Hl-tö-; str-uere
stra^tus Grdf. ^stf-tö- ster-nere stor-ea tor-m; re-fr-iva Fest. 277, 17 M.,
fors Grdf. "^hh^-ti- fer-o für für för; -cmi-qne got. -hun mhd. ier-gen;^) -em
'Om in id-em doftic-um.^)
c. 1. Hochstufe deik-, bheugh-, Tiefstufe dFA-, bhägh- . pran-dt-um
deiv-os; fid-es (tonlose Tiefstufe), fld-o di-feid-ens {ei = x) CIL. 1, 1175
foid-eratei foidrcre CIL. 206, 93; in-dic-o dlxt alat. dme-ere; due-em alat.
douco für *dei4C0; lüc-enia lüc-is lüna für "^loue-sna alat. losna.
>) BBüOMAMif, M. ü. 3, 35 A.
*) Stolz, Verbalflexion 68 f.
») LöWB, Prodr. 363, Osthoff, M. ü.
4, 25.
*) G. Mbybb, Gr. Gr.« § 499, 5 Anm. 1 ;
H. W. Smyth, Der Diphthong El S. 16 setzt
es = *yivjfif, Solmsen, K. Z. 29, 119 = *yBvc(o)
vgl. auch AscoLi, Sprachw. Briefe S. 142.
*) Kluge, Et. W. s. v. «irgend'' ; Bbuo-
MAHN, Grundriss 1, S. 176 und 506 hält wegen
umbr. pumpe, lat. quomque fOr ursprünglich.
*) Leskiek, Ber. d. k. sächs. G. d. W.
36, 94 f. ; Thurnbysbn, K. Z. 27, 175.
20 i B. Lateinische Grammf^tik. b) Lateinische Lautlehre.
Vergl. ferner: -cellere cul-m^n f. '^ceUmen cul^mus f. ^col-mos, cofi-
quinisco f. "^con-qucc-nisco conquexi coxa, cer-vus cor-nu (pr = f), domu& gr.
J^/io), ed-ere d-em^ fer-ire for-are fur^ca, iüg-um iüg^is gr. Csvy^vvfiij men-ium
min-ere (wegen i § 8) mons, mord-eo gr. <r/Ä€Q6v6gj moveo *meveo gr. a-juctiw,
neC'O noc-ere noxa, p^d-ere pöd-ex für '^pözdo, pend-ere pond-^us^preoor proc-^us,
reg-o rog-are (aber r^g-is skr. rajan- idg. W. *reg-), trfc-ae trTc-o {treic-o
Lucil. sat. XI, 11 Müll.) für Her-cae Her^co nach Analogie von trl-vi ter-o
torqti-eOy torp-eo (idg. *ttP-^y Bbüomann, Grundriss 1 § 303, 1), terra ex-
torr-is, teg-o iug-uriuni (Assimilation, vulgär teguriumY) tog-a, jünger t^g-
ula^ veh-erc gr. {fs)oxogj rub-er gr. €-q€vO^-(o röb-igo (= *reubigo oder *roubigo).
Mit t= ei dT-rus gr. isi-vog, vtv-ere veiv-ont, lib-o (de-llb-uere) gr. ksiß-ta,
np-a gr. €'Q€in'(o, scrtb-o umbr. sereihtor, vTcus {veict4$ CIL. 1, S. 598)
neben gr. poXxoq^ vf-num gr. j^oTvog,^) vgl. § 34 Anm. 1; antt-cus neben gr.
dvTt\ vgl. -t^- = e^ in albü-ctis cadü-etis,^)
Mit fi = eu : erügere (vgl. rügire) gr. iqevyit), iüs iaüs He^os, scütum
*sceutufn gr. tsxevr]^ uro gr. fiw (für "^svaw), glübere ahd. hlioban, trüdere
got. uspriutan; nümen für *netiiMcn gr. vfVjua (Solmsen 1. 1. = ^vews^na
vgl. r€i;(yrafa)), ebenso //ö^wen ; aber degünere für *degüsnere gr. yew^fyhxi,
u ist gekürzt wegen des folgenden Vokals: crtior Qrdf. *cre^os skr. Äröra,^)
die Zeitwörter ciwerc flu^re (vgl. /?ere aus *fle^re) pluere (alt conflovont
aus *fle^on{). Mit «*= oi: ^üdu^ Zoidos CIL. I 565, Z%ere Aoiyog, lüridus
XtiQog • wx^ög Hes.,'') brütus gr. /?^«-, spüma skr. phena- „Schaum*. Dieser
Ablaut ist auch für die Deklination und Konjugation von Bedeutung, daher
der Wechsel von o und e bei den o-Stämmen, von -05 und -es- bei den
sigmatischen Stämmen, bei denen auf -wen (= Grdf. -my) und -mon, auf
"Cft- -n- -on-, z. B. caro car-n-is, ratiön-em, bei den Verwandtschaftswörtem
auf -ter (patbr aus Später patr-) und den Nom. ag. auf -for, wie datffr aus
*datör datör-em datr-ix, vielleicht auch beim Participium des Präsens
{-ont -ent [= -^^]), (vgl. jedoch § 45), bei der Konjugation der o-Verba.
Das Nähere hierüber wir4 in Kürze an seinem Platze beigebracht werden.
Anmerkung. Noch nicht vollkommen klar gelegt ist das Verhältnis einer Reihe
von Worten, in denen ä und ö neheneinanderliegen : acuo äcies ocris, älere ind-öles ad-
olescOy^) ad-uncti8 (anctis gloss.) gr. ayxüiy, in-cohare osk. kahad, fax focus, hasta umbr.
ho8tatir, loqui gr. Xaxety, scabere scobis, tongent praen. tongionem osk. tanginom} baetere
(foiTog, ar-hi-tro-, idg. *hhaj^'t auris ovara {hjau-d gr. or.^) Über car^eo lavo paveo neben
gr. ^vo-ax6og Xo{f)eo} nxoiia s. § 10. Doppelformen der Tiefstufe liegen vor in mcUtas
molleSf pars portio (vgl. § 43), vielleicht auch in hara co-hors.
§ 16. e-Reihe. Nebentonige Tiefstufe -a- in cre-ditus aus *cre-dätos,
fä'Cio 1. Hochstufe idg. *dÄe- gr. x^r^-, 2. Hochstufe idg. *dÄö- in sacer-dös
^^sdcro-döt-;^) vgl. ferner cUam oc-culrttis {-ul- = -jj-) oc-cuUo (-m?- = -eK)
celno^ fänum (= "^fäs-no fPs-tus (Brüomann, Grundriss 2, S. 136), flare für
*/?örc nach flatus aus *bhltö' flös idg. Hhle- (Feist, Qrundr. d. got.
') Jordan, Hermes 6, 193 f. ^) Bechtel, Dissimilation 22.
2) Einheimisch mit 0. ScHRADEB, Sprach- *) Fick, K. Z. 21, 3.
vergl. 377, Tier- und Pflanzengeographie 26,
0. Weise 32, 127 A. 9; Reste der Weinrebe
sind in der Terramare nachgewiesen, Helbig,
Beiträge 1, 109 f.
3) Kauffmann, P.-B. Br. 12, 206.
*) J. Schmidt, Voc. 2, 340.
') Vgl. Osthoff bei Hübschmann das
indog. Vokalsprstem S. 190 f.; Danislsson
bei Pauli, Altit. Stud. 3, 177 f. Anm. Anderes
noch zweifelhaftere habe ich weggelassen.
^) W. Schulze, K. Z. 28, 281.
4. Vokale. (§ 16-21.)
265
Etym. 20 f.), xexccSotTo cädo cidere, nätrix got. nadrs idg. ^mtrö- W. nc-
(Feist ib. 81), rätus r^ri, sätm s^men, spätium (?) spSs; evXijQa lörum^ plere
plörare.^) Tiefetufen vokal -^- durch Angleichung an den der 1. Hochstufe,
z. B. f^us gr. x^rjQ, md-t-o gr. ä-firj-rog ahd. mäjan; f&^lare ß-mina gi\
^-cr^a*,^) n€re gr. ^rv?;, s^mi- gr. ?Jjmi-, ventus Qrdf. *v€'nt'- gr. *tt'f:r^'iii;
Suffix -törio" gr. -TJjQifh- (Neutrum).
Anmerkung 1. Bei ayo : ^pt, -op- : co-epi ist e- durch Kontraktion entstanden
(Grdf. *i'ag-' *e-a/)-). Nach Osthofp, Z. G. d. P. 155 f. sind nach diesem Muster auch
cipi fici^) fregi ieci pegi gebildet; vgl. § 109.
Anmerkung 2. Ugo Ugx (colliga), sM-eo sid-i u. s. w. sind in diese Reihe (mit
secundärem e) übergetreten, indem zunächst sSd-i nach altererbtem sBdimus gebildet wurde ;
vgl. § 109.
Anmerkung 3. grfysus ftsBua (mit ^ nach Ausweis der romanischen Sprachen)
sind die aus der Komposition verselbständigten Formen.^)
17. Ä-Reihe. Nebentonige Tiefstufe ä = idg. 9 in stä^tus skr.
sthi-td' »i-sti-mus = *si-5^-i»ws, 1. Hochstufe sta- sta-men Sta^tor; fa^Ueor
fa^-ri fa-ma. Aus den wenigen einigermassen gesicherten Beispielen mögen
noch suad-eo stiäviSy plango {plag-) plaga hervorgehoben werden ; vielleicht
hieher gehörig auch scäpula scapm scöpae, rädere r ödere, nates vdnov;
capitalc Capitölium, primCLrius primöres.
18. ö-Reihe. Tonlose Tiefstufe rfe-d-f, nebentonige Tiefstufe dä-tus
dä-muSy Hochstufe dös dö^nunt; äcti-pedius öcior; cäpuluin gr. xw/rry, cätus
cös, gnö-scere gna-rus ^g^-rö- scheint in diese Reihe übergetreten, W. ^m-;
cognitum aus ^cö^gnatum Grdf. *flf§-^'-.
19. a-Reihe. Nebentonige Tiefstufe in äg-ilis, 1. Hochstufe ago
(= idg. *dgö), 2. Hochstufe amb-ag-es {Sgi § 16 Anm. 1); fd-m aestus
idg. *a{dA-; scindo *scid- neben caedo *scaid' idg. skaid-; der Auslaut
a : ä der weiblichen a-Stämme. Über ö neben ä vgl. § 15 Anm.
20. 0- Reihe. Tiefstufe öc-ulus gr. wxp; ßd-ere, 2. Hochstufe ßd-i;
öd'ium öd'i; nös-ter nös,
21. Aus den Doppelformen der Tief stufe ist ein scheinbares Ablauts-
verhältnis f : K und ü : ü erwachsen, zum Teil beeinflusst durch den Über-
gang von idg. -ei" ew- in lat. -f- -ü-, vgl. re-ltquri re-hqu-os, vld-i vidiere,
füg-i ßig-ere, iüv-i iüv-are. Auch der Perfektablaut a\ ä ist nur bei den
Wurzeln der a-Reihe ursprünglich, aber durch Analogie auch auf die der
fl-Reihe übertragen. Auch steht das ursprüngliche indog. Verhältnis durch-
aus nicht immer sicher in Fällen wie actis acer, -frägus suffrägor, päcare
X)äx^ pläcere plücare, sägax sagus, tägat contages, vädum vadere u. s. w.
Anmerkung. Die umfangreiche Litteratur über den indogermanischen Vokalismus
findet man am vollständigsten verzeichnet bei Bbugmank, Grundriss 1, S. 32 Note 2 und
246, Note 2; desgleichen sind die hauptsächlichen Arbeiten von G. Mgyeb, Gr. 6r.'^ S. \i
angefahrt. Der Vollständigkeit halber vgl. auch L. Meyeb, Orient und Occident 1, 55 ff.
Ausser den a. a. 0. verzeichneten Arbeiten sind mir noch bekannt geworden Mbblo, Ragione
del permanere del A e de! suo mutarsi in E (0) fin dair eta protoariana in Rendiconti del
R. istituto Lombarde Serie 11 vol. XX fasc. XV — XVI (ein vergeblicher Versuch, die ältere
Ansicht von der ursprünglichen Dreiheit der Vokale (a i u) zu retten) und Fum, Per la
fonistoria protaria nota preventiva in Rendiconti d. R. Acad. dei Lincei, classe di scienzo
morali etc. vol. IV, fasc. 8, S. 406 ff.
*) Bbuomavk, M. U. 1, 45.
") Urspr. wie es scheint ^Wurzel.
3) Babtuolomae, K. Z. 27, 355 setzt
/^-c = &tj'Xf während facio denominatives
Zeitwort ist, abgeleitet von *fa'CO-.
*) OsTHOFP, Z. G. d. P. 537 f.
266
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
VokalwandeL
22. Da die Vokale eine fortlaufende ineinander übergehende Reihe
bilden, so ist es erklärlich, dass auch bei geringer Veränderung ihrer Ent-
stebungsbedingungen Verschiedenheiten in der Aussprache hervorgerufen
werden, die der Schreibende bei dem Mangel einer ausreichenden Anzahl
von Vokalzeichen durch das Zeichen des nächstverwandten Vokales fixierte,
z. B. t-färbiges e durch i, w-färbiges o durch u u. s. w. Uniäugbar ist
auch der konnexive Einfluss benachbarter konsonantischer Laute auf die
Färbung der Vokale, trotzdem Cobssen seine Theorie von der Wahlver-
wandtschaft der Konsonanten und Vokale entschieden übertrieben hat. Von
besonderer Bedeutung für das richtige Verständnis der hier einzureihenden
Erscheinungen ist die Berücksichtigung des Accentes, die in vielen Fällen
das Wesen der Erscheinung erklärt.
Anmerkung. Die im Folgenden verzeichneten Veränderungen betreffen die indg.
Vokale a e o u 9, vgl. Brugmann, Grundr. 1, S. 54, 74^ 91. Es schien mir aber im Interesse
der Übersichtlichkeit gut, dieselben hier im Zusammenhange zu behandeln. Vgl. auch
ScHWEizBR-SiDLEB, Gramm. ^, § 43 und E. R. Whabtok in Transactions of Philol. Society
1888, 43 ff.
Vokalwandcl in nicht zusammengesetzten Wörtern, bez. nur im ersten
Gliede (in der Fuge) der Zusammensetzungen.
Tonsilben.
23. 1. i tritt in gewissen Fällen fQr e ein, wie bereits § 8 auseinander-
gesetzt worden ist; umgekehrt e für i infolge konnexiven Einflusses von r
z. B. sero *siso; Falerii neben Faliscus,
2. idg. e in den Verbindungen ve ^e ev e^, wird zu o, vgl. oben § 8;
hingegen später umgekehrt vo zu ve, vgl. ebendort § 10.
3. e wird zu o vor Z, so in solvo für *sel^o, helusa Paul Fest. 100
[vgl. heUtores Löwe, Prodr. 339], gewöhnlich holera. Von derselben Art
sind olea [vgl. oUva], und in der Stellung nach l eloffiumj wenn sie wirklich
Lehnwörter sind von iXaia iXeyslov,
4. i für u (eigentlich der Mittellaut ü) vor Labialen und ?, z. B.
Silva für "^siilva gr. SAr; [nach Osthoff, M. U. 4, 158 = ^sur-lä-va „die
holzreiche** (Gegend)], luhct Übet, letzteres von Havet, Mem. d. 1. S. d. 1.
6, 16* aus Wendungen wie qut lubet erklärt; eluefis Plaut. Men. 575 neben
gew. cliens, clupetis Plaut. Trin. 596 B Mil. 1, Mon. Ancyr. 6, 20, Verg.
Aen. 12, 232; simus (= summ) Suet. Aug. 87, Verg. Aen. 12, 231 Ribb.
(vgl. possimtis Ind. Verg., Eccl. 7, 23 Ribb.); lunter Unter (Schmitz, Beitr.
102); lumpa limpa osk. Diumpais, fimus fimum gr. x^vfiov (Brugmann, Grdr. 1,
S. 43). Bemerkenswert / in frtgo gr. (pQvy(o,^)
5. 0 neben gr. v in folium mola nox (hingegen o = ^e in fores) 2)
und in dem Lebnworte storax atvQa^^), 0 für c in dem Lehnworte lopades
gr. Xsnctdeq, übrigens auch in vulgäien Beispielen: consere censere, noxc
colligate (Löwe, Prodr. 342, 371), amploctor ioeur (nach Grammatiker-
angaben); tonores Quint. 1, 5, 22 ist an gr. rovog angelehnt.'*) 0 für t«
sehr häufig in archaischer und vulgärer Rede, z. B. sortus surrectus (Liv.
') Erklärungsversuch von Thuriieysen
K. Z. 30, 352.
'^) Andres Havet, Möra. d. 1. S. d. 1. 6,
114; G. Mbybb, Gr. Gr.* §61.
*) Anderes bei 0. Weise 36.
*) Vgl. auch SoHUCBABOT, Vok. 3, 245.
4. Vokale. (§ 22-25.)
267
Andr.), connus aus Ciceros Zeit,0 Fohius CIL. 6, 1307; 10, 823C u. a.
ö für ti in lacöna für lacüim Varro 226, 7 Riese.
6. w für 0 in den Lehnwörtern amurca funda fungus neben gr.
afioQytj fSifsviovTi fSifoyyoq; ebenso entspricht lat. u besonders vor Liquidae
und Nasales urspr. o-Laut, z. B. luxus gr. i-o^oq^ ululare gr^ oXoXv^eiVy
umbiUcus umbo gr. ofXipaXog, numerus für *nomesos, umerus gr. cojuo^, uncus
gr. oyxoq^ unguis gr. ovv^^ pullus Grdf. ^pelno^^ avunculus älter avonculus
Grdf. *avonclO' St. aro^i-*) und so überhaupt älter -owcwZo- jünger -wncwto-,
cum neben cofw-,») swn^ älter son^ CIL. 1, 1166, ci*/;?a i>MfcÄ6r neben älterem
colpa polcer, uncia onda {tunica aber ist semitisches Lehnwort, Voigt in
diesem Handb. IV, 2, 803); ursus, mulctus [ur ul = idg. f l\\ vereinzelt
fumacalibusYsLTTO 1. 1. 6, 13 (von fumax für foniax); tuK nach den Compositis
{toU CIL. 1, 208 u. ö.); fluvius für älteres flovius nach fluere; ü für ö selten,
so für gr. ifipQy hüc (seit der Kaiserzeit), illüc {illöc noch in der Rede des
Claudius).*) Über ov = av vgl. § 10; über vo = vu § 28, 1.
Anmerkung. Eigentümlich ist das Lehnwort agea^ gr. ilyviti {B ■=■ i); ebenso die
Wiedergabe von Bqixxioi durch Brütii und Bruttiif Mommsen, Unterit. Dial. 253.
Vortonige Silben.
24. e für a, z. B. in dem Fremdworte Delmatia und Dalmatia, ver-
einzeint lenuarius,^) i für a in Mithridates gr. Mix^qaddtrfi, o für e vor /,
so Menolanus CIL. 1, 1213, Pilotaerus 570 , olopantus {elephanius?) CIL. 1,
1091. 0 für w in Posilla CIL. 1, 953. w für ö in wpi7w neben opiWo.
w für 0 in adulescetis (Subst.) neben dem rekomp. Part, adolescens, culina arch.
colhia. u und i wechseln, z. B. monumentum und mofUmefitum, testu- und
testimonium u. s. w. Bei den letzten zwei Wörtern und adulescetis stand
der Vokal nach älterer Betonungsweise ursprünglich in nachtoniger Silbe.
Nachtonige Silben.^)
25. 1. Als Vokal der nachtonigen Silben (die Endsilben sind dabei
nicht mit inbegriffen) erscheint vor r, vor mehrfacher Konsonanz, einfachem
Vokal und nach i regelmässig c, daher z. B. legere, Venerem (idg. e);
peperi (idg. a); genetrix (idg. p);') cineris GtAS, *cinis-is vgl. cinis-culum;^)
soceri (kaum mit -e- = idg. -i^ gr. ixvQo-g wegen des altlateinischen
Betonungsgesetzes); daher auch regelrecht die griechischen Lehnwörter
siser camera phalerae neben gr. (Siaaqov xafxaQa ^) (päXaqa^ hingegen Ö für v
in ancora gr. äyxvqa, Caesaris iubaris nectaris haben ihr a vom Nominativ
bezogen. Dazu vgl. die Komp. peicro auger augeratus Priscian bei Keil,
Gr. L. 2, 27, 38 neben gew. augur auguratus. Vgl. ferner die Perf. peperci
fefelliy urspr. *pfperci *ff'felK betont, die griech. Lehnwörter Alixetitroni,
') Fböhde, K. Z. 18, 258 f.; Schuchabdt,
Vok. 2, 169; 8, 221.
') Osthoff, P.-B. Br. 13, 447 f.
^) Dass com- infolge der Betonung das
0 erhalten hat, bemerkt richtig Skutsch, De
nom. Lat. compositione quaest. sei. S. 34 Anm.
*) Vgl. Fböhde, Bezz. B. 14, 95 ff.
^) Andere Beispiele bei Seelmann 171.
*) Vgl. die AasfQhningen von W. Meybb,
Z. f. rem. Phil. 8, 205 f., die im Folgenden
benfitzt, aber mehrfach richtig gestellt und
vervollständigt sind.
^) Lachmann zu Lucrbt. 1, 1 ; darnach
gefietivus (umgekehrt auch genürix).
^) Weitere Beispiele bei L. Meter, Bezz.
B. 1, 153.
^j Dagegen vulgär camara, carcares.
sisarumf ersteres auch Varro r. r. 1, 52, 2
Keil und öfter. Auch Verrins Flaccus wollte
camara nach Chabis. bei Keil, Gr. L. 1,
58. 22.
268
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
talefitumj Tarentum, deren Lautgestalt die ursprüngliche Betonung wieder-
spiegelt, levirum für *leverum nach virum, sattira satira nach satur;
so zeigen auch 5- und r-Stämme Eindringen des Vokalismus des starken
Stammes, vgl. z. B. tempöris, decöris, marmöris; fulguris (dagegen inschr.
auch fulgerator) gutturis cicuris u. a. mit dem Nom. auf -wr, memoria
haben ihr w bez. o vom Nominativ bezogen. Regelrecht erscheinen ebriciwi
pietas societas^ abietis arietis parietis [vgl. variegare hietare in vortoniger
Silbe]; ebenso vinea lancea cavea calceas. Ausnahmsweise iunipirus Gato
r. r. 122, Varro r. r. 1, 8, 4 Keil. Vgl. gr. xi^fseqa Foy, Bezz. B. 12,
50 f. In filio, i = ii, dafür in älterer Zeit auch fileai Eph. 1, no. 17 S. 12
und sogar filei[ai] Hermes 19, 453; vgl. ascea neben ascia, Taseos =
&d(ftog ScHNEiDEB 48, prän. Oveo ib. 168 neben gew. Ovit^s; ähnlich auch
tempestatebus CIL. 1, 32. So wohl auch prän. Fabrecio CIL. 1, 106 zu
erklären (a betont), vgl. Paperius ib. 1, 554.
2. Regelmässig behauptet sich lat. o = idg. o in den Verbindungen
-eoU 'iol-, z. B. alveolus filiolus, ebenso in der Lautfolge -i?o- bis auf
Augustus, wo 'Vu an dessen Stelle tritt, z. B. parvoltts.^) Vereinzelt vino-
lenit4S sanguinolentm. Hingegen tritt für idg. a e o 9 sonst vor l der
Mittellaut ü ein, in der Schrift durch u oder i bezeichnet, z. B. equula
und equila^ similat neben gew. simulat, in vielen Fällen durch den Vokal
der nachfolgenden Silbe bedingt, so bei den Adjektiven auf -ulo (Nom.
"Ulus) und 'ili (Nom. -tfe), häufig auch beim svarabhaktischen Vokal (vgl.
§ 37); seduh aus se dolo {se dtdo {mlah] CIL. 200, 39); tetuK u. a. Hieher
gehören auch die griech. Lehnwörter, wie pessulus Siculus scopultis gr.
naaaaXog JSixeXog axonsXoq^ paenula gr. <paiv6Xr^g u. a., vgl. catapuUa gr.
xataTtäXtrjg, In älterer Sprache ist ursprüngliches o erhalten, so agolum
Paul. Fest. 29, 15, epolonos ib. 78, 11, tegolis Plaut. Mil. 160 A; gr. ^ev-
dvXoq lat. Pseudolus nach Analogie der ächtlat. Wörter.*)
3. Vor b p f m sind alle indog. Vokale durch den Mittellaut ü bez.
u oder i ausgedrückt; s) vgl. den Dat. Abi. Plur. der w-Stämme auf -wfcws
und 'ibuSy occupo dissipo, Crassupcs CIL. 1, 436 neben gew. Crassipes,
pontufex pontifex, aestumo aestimo, dacruma lacriwa.*) Älteres o in fal.
Maxomo Zvet. Inscr. It. med. 58, incolomis Plaut. Truc. 168. covenumis
CIL. 1, 532 halte ich mit Corssen 1, 334 Anm. für einen Schreibfehler.
4. Vor allen anderen einfachen Konsonanten sind in nachtoniger Silbe
die idg. Vokale durch i vertreten, z. B. serite Grdf. *si'Sa-te (idg. a),
legite oppidum gr. neSov (idg. e), sonica (v. "^seno-) funditns (idg. o), domitus
gmitus (idg. o); vgl. ferner agidum Plaut. Trin. 369 B gew. agedum, huncine
quatinus gew. qtmtenus quippini u. a.; ferner die älteren griech. Lehnwörter,
wie machina trutina u. a. Für dieses / steht älter und vulgär auch c
(geschlossen), daher acetare Paul. Festi 23, 10, sineto intercedeto CIL. 1,
206, 134, 164,5) timedus Naev. nach Non. 376, 12 Müll. (== *tinieS'dO'\
*) Anderes L. Mbyer, a. a. 0. 155.
«) Götz praef. XL; Wölfplin, Siteb. d.
bayer. Akad. 1887, S. 203 (Wortspiel mit
dolus).
') Seit Cfisar, vgl. Quint. 1, 7, 21,
ScHucHARDT, Vük. 1, 53: WöLFFLiN, Arch.
f. lat. Lex. 4, 620. Auf dem Mon. Ancyr.
stets i mit Ausnabmc von 8eptiwgenaum[Hm]
6, 28, vgl. §91B.
*) Anderes bei Corssen 2, 136 f.
^) Corssen 2, 291 f. ; L. Meyer Bbzz. B.
1, 143 f.; Storm, M^m. d. S. d. 1. 2, 81 f.
4. Vokale. (§ 26-27.)
269
iuvenis nach iuventus; pecudem nach dem Nom., tutudit nach tundo; arbutum
coluhei' volucer u. a. verdanken ihr u wohl dem Einfluss des b bez. ?J)
Andere bis jetzt nicht aufgeführte Ausnahmsfälle erklären sich durch As-
Qimilation der Vokale, so alapa anati^ farfarus (vulgär anitis^ anites Plaut.
Gapt. 1003, farferi), barbartis, cannabis, celeber, integer^ vegetus hebetis
segetis u. a.; bei anderen Wörtern hat das Bewusstsein der Zusammen-
setzung die lautgesetzliche Gestaltung der nachtonigen Vokale gehemmt,
vgl. z. B. afavus, concavus, itaque, impetus^ duodecim, compedis (hingegen
enico bei Plautus gew., prosicarier Plaut. Pön. 328, resicare Cato r. r. 33,
2, 47 Keil, Varro r. r. 1. 31, 2) praesecat, avehit u. a.; nicht wenige
endlich sind offenbar als später eingebürgerte Fremdwörter nicht mehr dem
älteren Lautgesetze verfallen, z. B. hilans, stomacht^, pelagus, cititara,
Pegast48^ petasus, cerastis,
Endsilben.
26. 1. Bei den Neutris auf -e -ale -are (jünger -al -ar) ist e aus f
hervorgegangen,*) ebenso beim Neutrum der Adjectiva auf -is; ante gr.
ät'Ti, Hingegen sind -m und re der 2. Sgl. Pass. zwei selbständige Formen,*)
ebenso -ins und -ve (vgl. § 69, 3), magis mage vgl. ved. mdhds mähe*) und
iwtis pote, e zu i gewandelt auch in undecim u. s. w. und im Gen. sing,
auf -is aus -es (vgl. § 84).
2. Über auslautendes ä und ö = if vgl. § 7 und 10.
3. Das (^ der o-Stämme, mit Ausnahme derer auf -uo und -ro, bei
denen diese Wandlung erst in der ersten Hälfte des ersten nachchrist-
lichen Jahrhunderts in die Schriftsprache eindrang, wich seit dem Beginn
des sechsten Jahrhunderts endgültig dem w-Laute, vgl. z. B. älteres Manios
(Fibelinschrift, Palestrina), praen. Novios Plautios (Schneideb 41), Buenos
u. a.; desgleichen das -os der s-Stämme und des Gen. Sing, der konso-
nantischen Stämme jüngerem -us (alt Yenos opos^^) dazu noch quatenos
(Scipio Afr. nach Festus 258) und die Adverbia auf -tus (vgl. § 88 Anm. 2).
Nur sporadisch ist ü bei den o-Stämmen zu u gesunken, so [nefjastud
CIL. 1, 813, [objlatud 193.
, 4. Über oi (bez. öi) = i in Schlusssilben und ai (bez. ai) = 7 im
gleichen Falle vgl. § 13, 7 und 1.
Schwächung der Vokale in der Zusammensetzung.
27. Als Grund dieser Erscheinung ist § 73 die ursprüngliche Be-
tonung nachgewiesen. Das Material siehe bei Corssen 2, 396—435. Grund-
sätzlich ist a priori festzuhalten, dass dieselben Gesetze, welche wir soeben
für die nachtonigen Silben der einfachen Wörter erwiesen haben, auch für
die Komposita gegolten haben. In der That stimmen z. B. aequipero peiero
conscendo nuncupo contubemium u. a. genau mit den aufgestellten Gesetzen
überein. Da jedoch die regelrechte Ausbreitung dieses Lautgesetzes durch
0 Vgl. auch SSELMAKK 197.
*) Dagegen Ritschl, Op. 2, 622 f., dafür
CüBTiüs, K. Z. 1, 269 f., Corssen 2, 238,
Beitr. 546. Ritschl hinderte eben sein Op.
4, 414 Anm. aufgestelltes System des Vokal-
wandels im Altlateinischen an diesem sonnen-
klaren Zugeständnis.
^) MiSTBLi, Zeitschr. f. Völkerpsych.
14, 316.
*) Mahlow, D. 1. V. 45.
') COBSSEN, 2, 87.
270
B. LateiniBohe Orammaük. b) Lateinisohe Lautlehre.
andere Einflüsse gekreuzt wurde, ist unmöglich zu erwarten, dass wir
ein einheitliches Schema der in Frage stehenden Erscheinung erhalten
werden. Es darf auch nicht wunder nehmen, dass gegenseitige analogische
Beeinflussungen vorliegen. Auch eine bestimmte zeitliche Grenze läset sich
mit Sicherheit nicht aufstellen; wahrscheinlich hörte die strenge Norm mit
dem Erlöschen des alten Betonungsgesetzes auf. Schon Plautus hat re-
komponierte Formen, z. B. requaerens Merc. 633 (dagegen requireres 637),
exaestifnoMevc. 566 u. a. Der thatsächliche Verhalt ist folgender: ä{= idg. ä)
geht über in d in geschlossenen Silben vor gehäuften Konsonanten {scando
conscendo tnanceps u. s. w.), vor r; in offenen Silben steht ^ für ä infolge
von Assimilation, vgl. depecisci, inlecebrcte, perpeti, defeügare; vor ng wird
es zu iy z. B. atHngo (einmal vulg. infistcbe CIL. 1, 1009, 15), ebenso in offenen
Silben, mit Ausnahme der Stellung vor l -\- Cons. (ausgenommen U), wo
es zu u wird, z. B. insuUum, und in älterer Zeit auch vor Lippenlauten
z. B. mancupis contubemium condumno (jünger condemno), surrupere Plaut.
Pseud. 288, darnach surruptum, a (= idg. ä) manchmal zu ^ gewandelt,
z. B. anh^lo subW. ^ (= idg. ^ in offener Silbe, wenn nicht vor r (vgl.
aufero consero), wird regelrecht zu ?, z. B. insidet, colligo u. s. w,, jedoch
sehr häufig ist es rekomponiert, z. B. durch Assimilation elegans^ aber
eliganüam Turpil. 99 Ribb. II. Für ? tritt manchmal l ein, z. B. delinio
neben delenio. Die seltene Wandlung von d" in ^ ist regelrecht in ilico =
*{n sloco, hospitis für *hos[tiJ^potis; gr. iinoxog lat. ap1>ca wird wohl kaum
mehr als Kompositum gefühlt worden sein; regelrecht ist u in adulescens
consulo retuli u. s. w. wegen l\ Formen wie assolet suboles sind rekom-
poniert, u ist meist wiederhergestellt. Nur peiero aus *periüro; periüro
durch Rekomposition bei Plautus, z. B. Asin. 562, Pseud. 1057 {peüurus
Pseud. 974, 1083); perierat Asin. 293 u. ö.; peiero nach deiero (CIL. 1, 198,
19 deiuro) eiero [peiurare Löwe, Glossae nom. 225, 1]; vgl. auch noch
abiürant Plaut. Cure. 496.^) Von den Diphthongen erscheint ae in nach-
toniger Silbe in der Form von T {caedo incTdo), au meist rekomponiert,
sonst in der Form von ü {claudo inclüdo), dagegen auffallend oboedire,^)
oc = e in pomerkim (vgl. § 34).
Assimilation von Vokalen.^)
28. Angleichung von Vokalen findet häufig statt in zwei aufeinander-
folgenden Silben. — Der Vokal der Reduplikationssilbe im Perfektum gleicht
sich in gewissen Fällen wurzelhaftem i o ti an; vgl. § 108. Über die An-
gleichung des svarabhaktischen Vokals vgl. § 37. Im einzelnen vgl.:
alapa, cannabis^ alacer, adagium, vegetus; segetis tegetis u. s. w. für zu
erwartendes *segitis *tegüis u. s. w. Dagegen peditis equitis nach miUtüi;
perpctis nach perpes; die Adjektiva auf -iU, cicindela für *cicendela W.
^) Vgl. UsENBB, N. J. 91. 226 f.; Stolz,
Arch. f. lat. Lex. 2, 501. Osthofp's Ableitung
von peior (Z. G. d. P. 115 A. 1), auch von G.
Meyer, Z. f. d. öst. Gymn. 36, 280, Havet,
M^m. d. 1. S. d. 1. 6, 23 angenommen, scheitert
an dem Umstände, dass sich derartige Bil-
dungen (z. B. certiorare) erst bei den Afri-
kanern finden (Arch. f. lat. Lex. 3, 566).
^) Am wahrscheinlichsten doch wohl oe
umgekehrte Schreibung für u nach Havet,
M^m. d. l. S. d. 1. 4, 410; anders Daniblsson
bei Pauli, Altit. Stud. 4, 165; Schulze K.
Z. 29, 251.
^) CoBssEN 2, 358 f., wo jedoch manches
nicht hiehergehöri^e verzeichnet ist ; Dibtbich,
Programm von HinolilMnr 1655,
4. Vokale. (§ 28-30.)
271
eand", nihil nisi nimis mihi tibi sibi, quisquiliae gr. xoaxvXfiaTay consilium
famiUa neben consul famulus, Betilius Aemilius und die anderen Eigennamen
der Reichen Art; sigillum tigillum für *sigeUufn '^sig(e)n'lO'' ^signCoJlO';
oppodum GEL. 1, 200, 81 ; soboles für richtigeres suboles; socors für ^se-^ors,
secordis Löwe, Arch. f. lat. Lex. 1, 27 und darnach sobrit4$,^) homo alt
J^emonem, vulgär tonotru, iugurium für tegurium (vulgär Iordan, Hermes,
6, 193 f.) u. 8. w.,*) rutundtts Fest. 262, Lachmann zu Lucret. 2, 402,
Varro 1. 1. 5, 26 u. 118, purpura gr. 7ioQ<pvQa, aber gurgulio upupa sind
reduplizierte Bildungen (Bruomann, Grundriss 2, S. 94). Vgl. auch noch die
spätl. Formen didif didicavü Cobssen 2, 363. Artamo CIL. 1, 1539 a,
Chalchadona el. XXXIV bemhen auf griech. UfrafAtov XaXxdScov^ das häufig
vorkommende Kalandae (z. B. CIL. 5, 1682; 9, 1095; 10, 539) mag volks-
etymologisch angeschlossen sein an calare. Vgl. noch Seelmann, Neue
phil. Rundschau 1886, 188 und besonders Schweizer-Sidler, Gramm.^ § 51;
vulgäre Beispiele bei Brambach, Neug. 74 f.
Dissimilation von Vokalen.')
29. Die Abneigung der älteren Sprache gegen die unmittelbare Auf-
einanderfolge zweier gleicher Vokale zeigt sich besonders in der langen
Erhaltung von uo und vo, die, wie § 14B, 4 angedeutet wurde, erst in der
Kaiserzeit endgiltig verdrängt wurden. Durch Dissimilation ward ii zu ie
umgestaltet, daher adkse CIL. 1, 196; vgl. ferner ebrietas pietas societas
neben sanitas vanitas u. s. w., ebenso abietis arietis parietis und variegarc
hietare neben levigare clamitare; vgl. § 25, 1.
Geschichte der Diphthonge.
30. ai (osk. ai, umbr. selten) ist sowohl als Vertreter von idg. a/-
als auch als Kontraktionsprodukt*) im Gen. Dat. Sgl. und Dat. Abi. Plur.
der o-Deklination, hier hervorgegangen aus -ai-, auf den ältesten Inschriften
häufig vertreten, worüber die Nachweise im Ind. gramm. des Corp. Inscr. I,
bei Corssen 1, 675 und Schneider, S. 138. Daraus entstand ae (vgl. osk.
ai); diesen Übergang zeigen conguaeisivi CIL. 1 551, Caeician\us\ 378,
Caeicilius 547 b, 1487, Caeidia 9, 3087, wobei ei = i; vgl. Corssen 1 676,
BiRT, Rhein. Mus. 34, 33, Ritschl, Op. 4, 140 f., Schüchardt, Vok. 3, 39;
vgl. auch kor. -««*-, z. Ii/A&ava6(i)a, Röhl, I. G. A. 20, 4. Der Übergang
zur monophthongischen Aussprache hat sich ungefähr 550 — 600 u. c. voll-
zogen. Indessen behauptete sich die Schreibung mit ai^ trotzdem dasselbe
längst gleich ae gesprochen wurde, bis in die Kaiserzeit; vgl. darüber
Corssen 1 681. ae vertrat in einzelnen Fällen auch e, so in dem griech.
Lehn Worte scaena {scaina CIL. 1 1280, ai = ae)y saeculum^) raeda (kelt.
reda).^) Ob Saeturnus CIL 1, 48 zu sero gehört, ist zweifelhaft, vielleicht
*) Vielleicht noch Nachwirkung von sve-
(vgl. «UIK?)?
*) Vgl. auch L. Meyer, Vergl. Gramm.'
1, 564 f.
*) DunuoH, Gomment. etc. 2, 14.
^) In ata airid liegt Verallgemeinerung
der fldiwaeheii Stammform *ai'8 vor (fOr
*ate8 sk. ayas vgl. a^us aus *aji«Ä-no-) ; vgl.
Osthoff. P.-B. Br. XIII, 405 Anm., dem
jetzt auch Bruomann, Grundriss 2, S.' 392
beistimmt (anders 1, § 604.)
*) Bruomann, M. U. 1, 33.
^) Fleokeisen 50 Artikel S. 26, Schmitz,
Beitr. 102.
272
B. Lateinisohe Qrammatik. b) Lateihische Lautlehre.
steht es für "^Saveiurnus skt. savitdr,^) Nicht rein lateinisch sind^ Cesula
Diane (Ksaur.), cedre cedito (Lex Spol.), Grecia (Prän.), dazu die falis-
kischen Beispiele (Schneider S. 132). In vulgärer Schreibweise trat e an
Stelle des ae, ebenso wie ai den Vokal e vertrat. Etwa seit dem dritten
Jahrhundert nach Chr. fallen ae und e in Aussprache und Schrift voll-
kommen zusammen. Über das Schwanken zwischen ae und e vgl. Bbam-
BACH, Neug. 204 f. Durch Zusammenziehung entstandenes ai bleibt in
(iaius maior aio, wobei i = ii; vgl. oben § 4, III. Ceisia Schneider 49
(prän.) und queistores ib. 84 sind nicht acht lateinisch, vgl. auch fal.
Leivelio (— Laelio). Über ai = t in unbetonten und Endsilben vgl. § 13^
1 und § 27.
31. au. au ist sowohl als ursprünglicher Diphthong, wie als sekun-
deres Produkt, z. B. aurcella für *avi'Cella, audere avere, cautus lautus von
cavere lavere, cauda caviae, aufugio skr. ava, ebenso aus -Ä?<-, z. B. nau^
fragus claudere vgl. § 40, 2, fast in vollem Umfange in der Schriftsprache
erhalten. Wegen seiner eigentümlichen Aussprache (aü) ging dieser Diph-
thong in der archaischen und Vulgärsprache in o über, z. B. chstra ospi-
catur (Diora. bei Keil Gr. L. 1, 383, 1 und 10), später auch in u. Zu
dem eben Gesagten vgl. man gr. ao = av G. Meyer, Gr. Gr.* § 120, sowie
die Transskriptionen des lat. au durch gr. ao^) und umgekehrt Laudicaes
CIL. 1, 1212 gr. AaodixTj. Im Schriftlatein haben wir o (w) = au in opiter
= '^av{i)'piter^ frustum gr. ^gavarov, frus-tra zu frau{u)sus und in der
Komposition; Beispielsammlungen bei Corssen 1, 656 f., L. Meyer, Vergl.
Gramm. P 307. Bemerkenswert neben gew. nügae naugatorius Plaut. Trin. 844
(RiTSCHL, Op. 2, 425) nögas Merc. 846 B. Umgekehrt ist au aus o hervor-
gegangen in aulla = olla Paul. Festi 23, 13 fal. olna Zvet. inscr. It. med. 51,
aureae für äreae {aurjga), ausculari Paul. Festi 28, 9, austia CIL. 1, 1463,
cauda aus cöda gr. noaxß-rj Grdf. ^q^ozdJui^^) Plautus (älter Flötus)^ in dem
griech. Lehnworte aurichalcum (Plautus, dagegen bei Cicero, Vergil, Horaz
arichukum); anderes weniger sichere Material bei Thurneysen, K. Z. 28, 159 f.
und ScHWEizER-SiDLER, Gramm. ^ § 23, 4. au = a {a^ a) im Schriftlatein
in Mars alt Mavors vgl. Maurte, in dem apulischen Stadtnamen Asculum
neben Ausculum und Osculum, in Agustus u. anderen, worüber vgl. Corssen
l, 664, Schmitz, Beitr. 96 f., Löwe, Prodr. 421, Seelmann, Aussp. 223.
32. ei. Seiner diphthongischen Natur ging am frühesten ei verlustig,
das auch auf den ältesten Denkmälern nicht mit Sicherheit als wirklicher
Diphthong betrachtet werden kann, z. B. deivos (Dvenos-Inschrift), quei
CIL. 1, 29, Äpolenei CIL. 1, 167. Allerdings noise der Dvenosinschrift
(angeblich = *noisei nisi) ist zu unsicher, um darauf einen Schluss auf die
monophthongische Aussprache des ei bauen zu können,*) aber in der lex
Spoletina (Schneider 95) kann dinai doch nur graphische Variante von
^) ScHWBIZER-SiDLEB, K. Z. 4, 68; 0.
Meyer, Quaest. Homer. (Bonn 1868) S. 8;
Nissen, Das Templum 130, Pauli, Altit. Stud.
4, 41 ff.; vgl. Übrigens auch Deecke, Etr.
Forsch. 4, 65 f. und Sbelmann, 162.
'^) Seelmann 223.
^) Havet, M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 444,
Thurneysen. K. Z. 28, 157.
*) Vgl. Pauli, Alüt. Stud. 1, 18 f. und
0. Brugmann, Progr. d. Nikolaigymn., Leipzig
1887, S. 31 Anm. 61.
4. Vokale. (§ 31-33.)
273
deina sein (mithin ei = t). Die Aussprache des ei fiel frühzeitig mit der
des (offenen) f und geschlossenen e zusammen, daher ei auch für die beiden
letztgenannten Laute geschrieben wurde. ^) Daher z. B. inceideretis CIL.
1, 196, audeire ib. 198, occeisus 624 u. a. bei Cobssen 1, 719, Schneider
S. 139 f.. in welchen ei entweder idg. % oder auf lat. Sprachboden entstan-
denes J vertritt. Andrerseits Schwanken zwischen -e und -ei im Dat. Sing,
der kons, und i-Stämme, -et und -eit in der 3. Sing. Perf.; vereinzelt de-
cmVtY CIL. 2, 5041 (vgl. § 43 Ende), Uigibus (Inschr. v. Palestrina),«)i>?ci6/c57,8)
fal. Pleina Zvet. Inscr. It. med. dial. 53 neben Plenes ib. 64. Eine bestimmte
Kegel für die Bezeichnung des i durch ei bildete sich nicht heraus, auch des
Lucilius § 4 III berührter Versuch, ei und i im Gebrauche bestimmte, durch die
von ihm beobachtete Aussprache bedingte Sphären anzuweisen, drang nicht
dui*ch; in den Urkunden der Gracchenzeit bis auf Cäsar erscheint in denselben
Wortstämmen ei und i promiscue.^) Gelegentlich werden auch l und if durch
ei ausgedrückt, wobei ich absehe von dichterischen Messungen, wieubei.^) Für
ei = ^ siehe Cobssen 1, 788 Anm. ; für ei = ^vgl. impeirator CIL. 2, 5041, heicei
1, 1297. Schwanken zwischen Fund e =-• etymologisch berechtigtem 6> findet
öfter statt, z. B. devas CIL. 1, 814 neben gew. dlt?w5, vgl. oben deivos; aber
inschr. nei = nT. Das Schwanken zwischen ei und e ist in der Schrift auch auf
solche Fälle ausgedehnt, wo nur ersteres als Vertreter von f berechtigt war, z.
B. Lehro CIL. 1, 174 neben prän. Leiber Eph. ep. 1, 21, compromesisseGYL, 1,
196 neben ameiserunt 204,11 2 und öfter. Über die hier skizzierten Punkte vgl.
bes. RiTSCHL, Op. 2, 622 f., Corssen 1, 715 f. Dasselbe Schwanken zwischen e
und i waltet ob in der Transskription von gr. «*, z. B. Daraus und Darias ;
dass ersteres schwerlich die ältere Form ist, wie Brambach Hilfsbüchlein 33
meint, ersieht man aus Meisterhans Gramm, d. att. Inschr.* 37 f. Voll-
ständig latinisiert sind plat^a balineum^^) numviis gr. iiovastoq^ während
Achivi hinsichtlich des Suffixes an kypr. 'Axcci/^og eine Stütze zu finden scheint)
ei = i = gr. t; in päl. Crisida Creisita (übrigens auch gr. KQiarji'q, Kretzschmer,
K. Z. 29, 433 Anm. 2). In eius meio peior ist -ei- = -eij-.
33. eu.^) Für Leucesie (Carm. sal.) müsste nach italischen Laut-
gesetzen *Loticesie erwartet werden, es hat daher keine sprachgeschicht-
liche Bedeutung.^) Wegen des lautgesetzlichen Übergangs in ou (vgl. § 35)
muss man dem echten Diphthong mit Seelmakn, Ausspr. 228 den Laut-
wert eü vindizieren. Für neuter neutiquam ist ausdrücklich die dreisilbige
Aussprache bezeugt; ^®) denselben Lautwert {e + u) dürfen wir auch für ceu
neu seu für ♦cc-v(e) *ne^{e), *se-t;(e), heu heus voraussetzen, t (wohl für
ü) = eu liegt vor in Über Grdf. *leubrO', vgl. § 35, Anm. 1. Wegen
spätl. Orphaeus u. ähnlicher Formen (Birt 33) vgl. Seelmann, Ausspr. 229.
Gr. Aevxiog A€vxavoi AsvxoXXoq gegenüber lat. Lucius osk. lüvkan^ {loukan-)
^) Bbugmann, Grundriss 1, § 41 und 73.
2) Phil. Woch. 2, 91.
») RiTSCHL, Op. 2, 776.
^) Cobssen 1, 719.
*) RrrecHL, Op. 2, 632 f. Übrigens
mögen zam Teil auch Schreibfehler vorliegen
Pauu, Altit Sind. 1, 24 f.
•) 0. Wmbb 36 f.
') Sayce, Berl. Phil. Woch. 4, 671 ; 0.
Hoffmann Bezz. B. 14, 294.
«) Biet, Rh. M. 34, 1 f.
•) Jobdan, Krit. Beitr. 31 ff., Bbugmann,
Grundr. 1, S. 53.
'") CoNSENTius bei Keil, Gr. L. 5, 389;
ausser Biet, vgl. Schmitz, Arch. f. lat. Lex.
1, 286.
Alt«riiim«wtaeiiflcluift. II. 2. Aufl.
18
274
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
Lucullas erklären sich aus dem Anklang an Xevxog; übrigens sind seit
Claudius die Formen mit -or- häufiger.^)
34. Ol. Der Diphthong oiy auf den älteren Urkunden noch vollständig
in Stammsilben erhalten, im Kurialstil noch bis c. 100 (CIL. I 201, 9 oitile)
vereinzelt angewendet, wobei oi ebenso wie oben ai nur als graphisches
Zeichen zu betrachten ist, wofür namentlich das Vorkommen von oi und ü
nebeneinander spricht,^) wurde in haupttonigen Stammsilben auf demselben
Wege, wie ai zu ac, zu oe (osk. üi) übergeleitet, z. B. moiros moerus
{moerorum noch Verg. Aen. 11, 382 Ribb.), coirare coerare u. andere Bei-
spiele im Ind. gramm. CIL. 1. Nicht vor der Mitte des 7. Jahrhunderts
trat die Verdumpfung zu ü ein, die in den meisten Wörtern (ausgenommen
z. B. foedus Poeni poena impoene Cato ed. Jordan, 37, 21, aber gew. impünis
pünire Coelius) Regel geworden ist, z. B. oino CIL. 1 32 oenigenos Fest. 195
unus, comoinem CIL. 1 196 moenitum (Plaut. Bacch. 926) wwmVe, Iaidos CIL. 1
565 loedis Cic. de leg. II 9, 22 (hat also nichts mit den Lydem zu schaffen,
wie Ribbeck, Gesch. d. röm. Dicht. 1, 10 will) lüdus. Aus dem nach
Aufgebung der diphthongischen Aussprache entstandenen Mischlaute oe (Ö)
hat sich mithin der dunkle t^-Laut herausentwickelt,' für den gelegentlich
in der Schrift o auftritt, z. B. immer in non aus noenom *ne^oinom vgl.
deutsch nein; wegen ö vgl. unten coravero{nf); ähnlich diesem Vorgänge
ist die gelegentliche Wiedergabe von gr. v durch oe schon in alter Zeit,
z. B. Chetemestra,^) ferner vgl. man böot. oi oe v (G. Meyer, Gr. Gr.* § 116).
Übrigens herrschte lange grosses Schwanken zwischen oe und u, ersteres
länger im Kurialstil (Jordan, Krit. Beitr. 239), beide häufig nebeneinander
in Varro's Schrift De lingua latina. Die Schwächung von oi zu e in
einer (betonten) Stammsilbe, pomerium aus "^pös-moitiom erklärt sich wohl
aus der älteren Betonung der Präfixsilbe.'') Über -o/- bez. idg. -öt- = oe i
in unbetonten Schlusssilben vgl. § 13, 7. Zeugen des Übergangs sind z. B.
pilumnoe poploe Fest. 205, 19, phinime CIL. 1, 32, oloes Fest. 205, 19.
l in qui quiS in unbetonter Silbe entsprungen {sf gut dli-qtil)^ darnach und
nach den mehrsilbigen Formen wie iUt Ulfs auch hi his (Brüomann, Grundr. 1
S. 75). T = Ol im griech. Lehnworte anquina = äyxoivrj. Als Produkt einer
Zusammenrückung erscheint der Diphthong oe in {*c0'epi), coetus (co-itus).
Anmerkung 1. Dass auch in haupttonigen Silben idg. oi zu t geworden sei z. B. in
vfnutn otyog vicus oixog u. s. w., ist jedesfalls zweifelhaft (Bruomank, Grdr. 1 S. 75). Da-
selbst auch über feres = (pigoig; vgl. auch unten § 115. Über neben loehertatem (Fest.
121 M.) fal. loferta osk. Ltivfreis ist ani wahrscheinlichsten mit Brugmakn, Grundr. 1
§ 49 Anm. aus *lo^b' *loih- zu erklären durch eine Zwischenform *lüb't vgl. Intet und
libet. Andere Erklärungsversuche bei J. Schmidt, K. Z. 28, 348 und Dakielssok bei Fault,
Altit. Stud. 4, 156 ff.
Anmerkung 2. In couraverunt CIL. 1 1419 ist ou = u, denn oi ist in diesem Woi-t-
stamme heimisch, wie ausser coirare päl. coisatens beweist; singulär corav€ro{n)t CIL. 1 73.^)
35. ou, ou,^) inschriftlich bis zur Zeit des Bundesgenossenkrieges
') DiTTBKBEROEB, Hcrmcs 7, 312.
'-') RiTscHL, Op. 4, 168, 765.
2) RiTSCHL, Op. 2, 517, Schmitz, Beitr.
107; anders Corssbn, 1 710 A., G. Meyeb,
Gr. Gr.2 § 85.
*) Vgl. über das Wort Mommsen, Röm.
Forech. 2, 23 flf. (Hermes 10, 40 if.); Corssen
1, 708.
^) Ritschl's Erklärung des Zusammen-
hangs dieser Formen (Op. 4, 517) verträgt
sich nicht mit päl. coisatens,
®) Krüczkiewicz, Z. f. d. öst Gymn.
1879, 1 f.; Weissbrodt, spec. gramm. alt.
14 f.; RiTSCHL, Op. 4, 116, 157 f.
4. Vokale. (§ 34-36.) 275
häufig, mit einiger Eonsequenz jedoch nur in iousi ioudicium ioudi<^ ioudex
iourare nachweisbar, ist ohne Zweifel ursprünglich echter Diphthong ge-
wesen und daher auch diphthongisch gesprochen worden, wie Eruczkiewicz
a. a. 0. mit Recht unter Hinweis auf oskisch üv und vü hervorhebt;
jedoch ist zuzugeben, dass jedenfalls schon frühzeitig die monophthongische
Aussprache Platz gegriffen hat. In der Schrift ist es gelegentlich noch
später verwendet, z. B. sahnte CIL. 6, 406, 5. ou als ursprünglicher Ablaut von
eMÜst im Lateinischen mit Sicherheit nicht nachzuweisen (Lof4C^foos loumen nach
Mar. Yict. bei Keil, Gr. L. 6, 12. 18, clouacas CIL. 1, 1178 u. a. können
natürlich ou =^ eu enthalten), sondern nach § 8 aus eu hervorgegangen,
z. B. douco für *deucOy iom für *ie^os u. s. w. *) Dieses ou wurde gewöhnlich
in ü umgewandelt, düco iüs; so auch aus ev {ov) hervorgegangenes un-
betontes e^ (oy;) in Ä, z. B. denuo aus *d^ne^o *deno^o. Vgl. § 14 B 4.
Neben ü erscheint auch ö, so röhigo, losna *louc-sna CIL. 1,55, Poblicai Schneider
107, pouhlicom CIL. 1 185 poplicod 196 neben gewöhnlichem i>M&KcttS,*) nouip-
dinum ib. 196 nondinum 197 gew. nundinum Grdf. *neu^dinom. In mütare
gebt ü nicht unmittelbar auf eu zurück (St. mey-), mötum vgl. umbr. eomo-
hota ist zu mövi neugebildet. ^) Übrigens ist ein Grund dieser verschiedenen
Umgestaltung von eu ou nicht ersichtlich (vielleicht ursprünglich ü = eu,
ö = ou?). In pr{o)bouin CIL. 1, 16 vivous 1418 mögen wohl Schreibfehler
vorliegen, nach anderen Gelehrten soll ou einen kurzen Mittellaut bezeichnen.
Kontraktion der Vokale.^)
36. 1. Zwei gleiche Vokale vereinigen sich zur Länge, z. B. latrina
aus lavairina Pomp. 53 Ribb. II, Lachmann zu Lucr. 6, 199, Phrates
(Mon. Ancyr. 5, 54; 6, 1) neben Phraates; vemens prendere nemo aus
ve{h)effiens, pre{h)endere *ne{h)emo; pontes res tres aus *ponteies *reies
*treies; dest Verg. Aen. 10, 378 dent ib. 7, 262, derasse (Lucret.), reapse
CoRSSEN 2, 847 und wohl auch nescit (= ne-escit) Leg. XII tab. rel. V, 5
(ScHÖLL c. nee escif); conestat (= cohonestat) Acc. 445 Ribb. L, cors aus
co{h)ors (inschr. häufig auch chors); lyrorsus aus pro(v)orsus; eopia co-
pertus coram proles aus *C0'02)la ^co-opertus *co-oram ^pro-oles, cop^
tnmus CIL. 1, 532, gew. rekomponiert coopto; nil himus aus ni{h)il
*bi{h}imuSy aber mi wahrscheinlich = skr. me;^) ingeni tibTcen aus ingenii
*tibiicen (letzteres fraglich), abU abimus u. s. w. (Arch. f. lat. Lex 4, 469),
petU Verg. Aen. 9, 9, provincIs Mon. Ancyr. 2, 37 und oft im Dat.-Abl.
Plur. auf -MS, ebenso im Gen. sing, auf -w, z. B. congiari (aber ohne Kon-
sequenz, Res gestae divi Aug. it. ed. Th. Mommsen, S. 191), ferner vgl.
jyassuni für passuum, inschr. mortus f. mortuus, tüs (Lehnwort) gr. d^vog
aus Huus mit Anschluss an die Flexion von ius rus^ püs gr. nvog. ac
') Anderes bei Osthoff, Z. G. d. P. 259,
M. U. 4, 158.
^) Zur Erklärung der Vokal differenz ist
vielleicht die Annahme von Wharton, Aca-
demy 1886, S. 187 f. dienlich, flass poplicus
zu pöpulus umbr. poplom gehöre, aber pü-
bltcus zu umbr. pupäike osk. Pupdiis. Vgl.
die Nach tr&ff e
3) Osthopf, Z. G. d. P. 613. müto- hat
nebentonige Tiefstufe, wie strätvis u. a.
Übrigens vieUeicht zu mutuua gehörig, vgl.
Feist, Grundz. d. got Et. 74, woselbst irr-
tümlicher Weise moitare aus L. Meteb,
Vergl. Gramm. '^ 1, 626 als altlateinische Form
angeführt ist.
*) Vgl. über den Begriff der Contr.
Bbugmann § 17 ; Corssbn 1, 628 f. ; L. Meyer '^
1, 529 f.; KüHNEB, Lat. Gr. §28 f.; Schweizer-
SiDLBB, Gramm.2 § 31—33.
^) ScHWEizER-SiDLER, Phil. Woch. 3, 715.
18*
276 B. Lateinische Qrammatik. b) Lateinische Lautlehre.
und e gelten als gleichwertig, daher z. B. inschr. praesse (die Formen bei
Kühner, Lat. Gr. 1, S. 90), praensus Plaut. Asin. 569.
2. Bei dem Zusammentreffen zweier ungleichartiger Vokale gelten
verschiedene Gesetze. Die Vokalverbindungen eä eö iä (-ta z. B. im Noni.
Akk. Plur. der neutralen -eo-Stämme) i^ uä ue ae (z. B. a^eus) bleiben
lautgesetzlich bestehen, triginta ist nicht für urspr. *triaginta (vgl. gr. TQui-
xovTa) nach Analogie von vi-ginti neu gebildet, sondern trp- ist die alte Form
des Nom. Akk. d. Flur., vgl. Bruomann oben § 88,0 die Formen sis sU sind
nicht aus sies u. s. w. kontrahiert, sondern nach dem Plural simus sitis unifor-
miert. Tritt Eontraktion ein, so werden zwei ungleichartige Vokale zur Länge
des ersten zusammengezogen, wenn der zweite kurz ist.*) a + ^ = ö,
z. B. amare aus ^amaiere, ama aus *aniaie und wohl auch amcis amaf,
Lartius aus Laertius Plaut. Bacch. 946 A. a -\- ö = a, bo mdlo aus maveh
ma{^)olOy vgl. übrigens Osthoff, Z. G. d. P. 158 f. aa -f- I = ae, z. B.
praetor aus *prae-itor, e -\- ä = ^ in der Zusammensetzung, daher digo
n&go aus de^ago ^ne-ago (jünger die Vokalschwächung im zweiten GHede).
Jüngeren Datums sind natürlich auch deamare (Terent. Heaut. IV, 6, 20,
Afran. 357 Ribb. II), deamhulo (Cato u. a.), deargento (Lucil.), deartuo
(Plaut.), dearmo (Liv.). Dass i -\- d = T sei, nimmt man wegen at^df aus
*audi-i~e an, das übrigens wahrscheinlicher zu audite nach dem Verhältnis
lauda : laudate, mone : monete neu gebildet ist. Über die Vokative fiU fni
vgl. § 80 Anm. Die Formen alis Comelis, die ich früher mit J. Eremer Bezz.
B 7, 60 für -ie-Stämme hielt und zum Belege der Eontraktion von -i^ zu -f-
hier anführte, finden die richtigere Erklärung durch Streitberg beiBRUGMANN,
Grundriss 2, S. 116 Anm. und P.-B. Br. 14, 197 ff., vgl. § 78, 3. o + a = ö,
in den Compositis cogo coglto copula aus "^co-ago *cO'agito ^co-apulu (vgl. oben),
ebenso wohl auch conihurere = co-amh-urere^^) sicher porcet = ^po-arcet.
Hingegen sind spätere Neubildungen co-acervo co-agito co^lesco (älter cö-
lesco),^) vgl. prohibeo {pröheat Lucr. 1, 977) cohibeo neben älterem praebeo
(nicht selten praehibeo Plaut.) deheo aus *prae{h)abeo *de{h)abeo. o + ^ = ^r
cömere cömpHonalis Lachmann zu Lucr.^ 134 f. prömere aus *co-emere
co-emptionalis ^pro-emere. Ausserdem liegt noch Eontraktion vor bei den
Verben auf -are, amö aus *amaiö, also a{a?) -f- ö = ö: amamus amant
Grdfrn. *amaiamos *atnaioni sind demnach Analogiebildungen nach den übrigen
Personen, wie docemus doccnt für *doceiomos *doceiont *doceunt,^) o + ä = ö
in octöginta aus *octoväginta . ei -\- ^= t, aurfga aus aurei-iiga (wenn nicht
der zweite Teil des Eomp. von ag- abzuleiten ist, vgl. auteax ( — ^^aureiax)
Paul. Festi 8 M.), aureas frenos ib. 27. Bei Länge des zweiten Vokales unter-
bleibt in der Zusammensetzung die Eontraktion, daher codcius^ coegi (da-
nach auch coegisti u. s. w.). cocpi nach coepistl für zu erwartendes *eO'^pi,^)
Anmerkung. In noenum {non) numquam nullus nutiquam hat Elision des aus-
lautenden e von ne- stattgefunden so wohl auch in sorsus Plaut. Rud. 1314, südus fQr
*8e-udus. Unklar ist das Verhältnis von nutiquam u. s. w. zu neuter ne-uter. Vgl. an-helo
gr. «V« got. ana und § 94.
^) Nach Johansson K. Z. 30, 402 Anm.
ist tri- Ablautsstufe zu gr. TQia^.
*) ScHWEizKR-SiDLER, Gramm.* § 32.
^) AscoLi, Due rec. lett. glott. 41 (Übers.
S. 133).
*) OsTHOFF a. a. 0. ; BOohilbb, Rh. M.
33, 35.
*) Bruomann, M. ü. 1, 87,
•) Bruomann, (}nuidp '* '
und OsTuoFF, Z. w€^. d. J
4. Vokale. (§ 37.^
277
Svarabhaktische Vokale. 0
37. über das Wesen dieser Erscheinung s. Bruomann § 29. Ein
bestimmtes Gesetz für das Auftreten solcher Vokale ist für das Lateinische
nicht erkennbar. Vor 1 m erscheint gewöhnlich u (älter o), vor r e, vor
n I, wobei allerdings die Färbung des svar. Vokals sich sehr häufig nach
dem der folgenden Silbe richtete, besonders bei dem aus l entwickelten
(Havet, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 27). Übrigens vgl. § 25. Vor Liquida ist svar.
Vokal in folgenden Fällen: die Suffixe -tlo -bh -ch entwickeln sich zu -tuh,
-buloy 'Culo (älter -bolo -colo^ z. B. condliabolum Plaut. Trin. 314, pocolom
Jordan, Annali deir inst. 1884, 7), vgl. auch Tuscolana CIL. 1, 1220;
vgl. ferner umbr. katles catuli, osk. pestlom^ vitulus umbr. vitlufGrdf. *vitlo-;
iabula tableis CIL. 1, 200, 46 tabolam 196, 26 tabelai Sc. d. Bacch. umbr.
taße, vgl. nebula aus *neb'la; saeclum neben saeculum piacli (Lex Spol.),
vgl. umbr. persklum pihaclo^ osH. sakarakloni; singuK Grdf. *Sfp-klo-, Man
vgl. ferner Fostlm CIL. 1, 362 und die griech. Transskriptionen KdtXog
JlQoxXog für Catulus Proculus.^) Die ursprünglichen Formen sind in der
Volks- und Dichtersprache stets üblich gewesen: spectcLcla Plaut. Cure. 647 B,
sjaeclfarejs Mon. Anc. IV, 37, congenuclo Cael. Antip. Sisenna neben geni-
culo, anch anclubris neben ancuh anculus, catlaster neben catulus, vinclum
Varro 1. 1. 5, 62.^) Vgl. ferner famulus osk. famel Grdf. *fam-lO'j populus
-pophe (Carm. sal.) poplus (Plautus, Decr. d. Aem. Paullus) umbr. pophm
Grdf. ^po-pl-o-, stipulare umbr. stepJatu, nomenculator neben gewöhnlichem
nomenclator, extempulo (Plaut.), discipuUnae; dazu die Lehnwörter Hercules
neben Hercles {Hercele CIL. 1 , 56 Assimilation) vest. Herclo osk. Hereklüi^*)
Aesculapius gr» UaxXrjTiiogj älter Aesclapio Aescolapiiis (Jordan-Preller,
Rom. Myth.» 2, 241 Anm., Röscher, Lex. d. Mythol. 617); Patricoles (En-
nius) ist mit Anlehnung an die Namen auf -cola latinisiert; Vistula sl.
Visla (v. FiERLiNGER, K. Z..27, 479, Hanüsz ib. 28, 210 flf., Müllenhoff,
Deutsche Altertumskunde 2, 207). Über den Grund der schwankenden
Schreibweisen -ci- -col- -cuU u. s. w. Brugmann, Qrundr. 1, § 627 Anm. 1.
Svar. e nach l liegt vor in paUa Grdf. *palva gr. ndkrj^ vor r in magfijsteratus
(lex Luc), magisterare Paul. Fest. 152, 3 Müll., infera CIL. 1, 1166 (da-
selbst SLUch calecandam), supera 1011, Terebonio 190. Über das eigentlich
auch svar. e von -er = lat. silbenbildendem f siehe § 43. numerus osk,
Niumsieis,^) unterus umbr. onse got. amsa gehören schwerlich hieher.^)
Nach bez. vor l ist svar. u in volup gr. pskn-^ iugulandes Varro r. r. 1,
16, 6 K.; i in figilinae ib. 1, 2, 22 K. Dagegen die deae Suleviae {SuUviae)
haben nichts mit Silva zu thun (Sieburg, De Sul. campestr. fatis diss.
') C0B88BN (irrationale Vocale) 2, 607 f. ;
J. ScHi[n>T, Vok. 2, 342 f. ; Schuohabdt, Vok.
2, 416 f.; Schmitz, Beitr. 105 f.; 0. Wbisb,
42; Kbumbaohbb, K. Z. 27, 514 Anm. 2;
über dieselbe Erscheinung im Oskischen
KiBCHBOFF. K. Z. 1, 36 f.; Cobssbn 2, 387 f.;
TBüKSBTBnr, K. Z. 27, 181; Ritschl Op. 2,
482 ir.
*) DmaxoB, Programm v. Hirscbberg
185». < ^
«r. L. 4, 119,11;
Stobk, M^m. d. 1. S. d. 1. 2, 81, Bbambach,
Neug. 130. Vgl. auch Bbugmanv, Grund-
rias 2, S. 192.
*) Jobdan, Krit, Beitr. 2, 15 f., die in-
schriftiichen Nachweise bei Jobdan-Pbbllbb,
Rom. Myth.3 2, 21S\ Rosohbb, Lexikon d.
Mythol. 2253 f. Ygl. übrigens Dbecke, Etr.
Forsch. 4, 75.
^) BtcBVLKR, Pop. Igav. lustr. 16.
*) Bbuomaivn, Gmndr. 1, § 269 Anm.,
568, 3 Anm.
278
B. LateizÜBche Ghrammatik. b) Lateinische Lautlehre«
Bonn 188G). Vor m haben wir svar. u in den griech. Lehnwörtern dracuma
Acume Tecumessa^^) in columna neben culmen, alunmus, volumus {volimus
Plaut. Truc. 192 A) neben volt u. a.),*) wenn nicht im letzten Falle u = g
ist und doch wohl auch in sumus skr. smds. i erscheint in: adnus
gr. oxvf], asinus gr. ovog (für *o(y-i'o- sewiitisches Lehnwort),^) mimtno neben
musmo (Name eines sardinischen Tieres), posimerium (Paul. Pesti 248 M.)
gew. pomerium, guminasium Varro r. r. 1, 55, 4 K.; ferner in den griech.
Lehnwörtern zwischen fiv (fv Sv xv xv,*) z. B. mina,^) Daphine, Äriadine
techina, Procine, cucinus {xvxvog), Iticinus {^vxvog),*^) vielleicht auch in dem
Suffix "ino -dna (= gr. avo = idg. g^w), z. B. dominus neben domnus'')
(spätlat. domeno)y terminus Grdf. *^enwno-.®) Dasselbe t = 6 in tief-
toniger Mittelsilbe in den Neutris auf -men, nominis für *nofnn€$ umbr.
nomner. Von einzelnen Fällen der Assimilation des svar. Vok. vgl.
noch balatrones hlaterones,^) anas lit. anti^^^) humilis similis gr. x^^'
fxaXog ofiaXog; wahrscheinlich auch in Suff. -Uli, z. B. stabilis aus
^sta-hli-j 'tili aus *-rti, z. B. fcrtilis päl. fertlid; Calvenet[ius] CIL. 1,
1539a, in den griech. Lehnwörtern Acmem,eno trichilino tricüinium Varro
r. r. 3, 13, 2, vulgär salapitta {salapuUium) für salpicta. Volkstümliche Svara-
bhakti trifft man zerstreut auf ziemlich vielen Inschriften; siehe die Ind. zu
den einzelnen Bänden des CIL. und £don, Traite de langue Latine 215 f.
Anmerkung. Mit Recht bringt J. Schmidt, Vok. 2, 343 die Erscheinung, dass
Konsonant -\- r l in der alten scenischen Poesie nie, später nicht immer Position bflden,
im Gegensatz zu Cobsssn 2, 616 in Kausalasusammenhang mit der Svarabhakti. Das Auf-
treten des reduzierten Vokals zwischen den Konsonanten und r l hinderte die positions-
bildende Kraft der Konsonantengruppen. Dies bleibt richtig, wenn man auch mit H^vst,
Möm. de 1. S. d. 1. 4, 21 f. positione = conventione erklärt.
Protheüsche Vokale.
38. Die Entwickelung prothetischer Vokale ist der lateinischen Sprache
bis zum zweiten Jahrhundert nach Christus frßmd. Erst von dieser Zeit
an findet sich inschriftlich vor den Konsonantengruppen sc sm sp st häufig
i geschrieben, z. B. iscolasticus, iscripta u. s. w., ebenso auch e z. B.
espiritum CIL. 9, 6408. Ich verweise auf die ausführlicheit Beispiel-
sammlungen bei CoRSSEN 2, 786, Schmitz, Beitr. 63, Schüchardt, Vok. 2,
337; 2, 365 f.; 3, 271; Seelmann 317. Vor anderen Konsonanten sind prothe-
tische Vokale überhaupt nicht nachweisbar. Über prothetisches i in Hand-
schriften siehe auch Lachmann zu Lucret, 4, 283, Ribbeck, Ind. Verg. p. 428.
Epenthese der Vokale.
39. Dieser in den romanischen Sprachen bei den Lautgruppen aU alu
so geläufige Vorgang ist dem Lateinischen vollständig fremd. Nur taurus
neben gall. tarbos air. tarh (oder Lehnwort?) scheint demselben sein au zu
verdanken, möglicherweise auch laurus (Stokes, Bezz. B. 9, 88).
^) Scholl, Rh. M. 38, 312.
^) Über das Eintreten dieses svar. Yoc.
eine Vermutung bei Thurneysbn, K. Z. 26,
308 A. Vgl jedoch auch Bbuomann, Gmndr.
1, § 241.
9) CoBSSBN, 2, 384.
'0) J. SoHiaDT, K. Z. 23, 268, 274.
*) Priscian bei Keil, Gr. L. 1, 29, 5 f.,
Marius Vict. ib. 6, 8.
'^) Brüomann, M. U. 2, 183.
^) Hbhn, Kulturpflanzen 514.
*) C0B88EN 2, 263; R1T8CHL, Op. 2, 491.
^) ZiMMEB, Altind. Leben 50 f.
«) RiTscHL Op. 2, 477 ff.; ib. 469 über
dracuma und 473 Qber techina.
4. Vokale. (§ 38-40.) 279
«
Anmerkung. Ganz unbegründet ist die Annahme einer Epenthese des } bei caedo
iaedo, angeblich aus *cadip *ladio (Pauli, Altii Stud. 5, 130).
Quantitätsminderung und -steigerungr bei Vokalen.
Minderung.
A. Inlaut.
40. 1. Ein Gesetz, welches erst in litterarischer Zeit sich allmählich
entwickelt hat und nur in der Kunstsprache der Dichter vollständig durch-
gedrungen ist (vgl. pros. UUus u. s. w. fJo fluni dfus dies neben fXeri
(tXalis nudius, wobei allerdings Accentverhältnisse in Betracht kommen), ist
die Kürzung eines langen Vokales vor einem anderen ungleichartigen Vokale,
und zwar ohne Unterschied in unbetonten und betonten Silben; *) in älterer
Zeit unterlagen demselben auch Fremdwörter, so baln^m plaiffa neben
ßaXavsiov nXaxsTa. In der Umgangssprache war auch der betonte Hiatus-
vokal von verschiedener Dauer (W. Meyeb, K. Z. 30, 335 f.). Das Material
ist gesammelt bei Corssen 2, 671 f.; vgl. auch Scuweizer-Sidler, Gramm.'
§ 48 a. Analoge Erscheinungen bietet auch das Griechische (G. Meyer,
Gr. Gr. 2 § 136, 138, 140). Der lautphysiologische Erklärungsgrund dieser
Erscheinung liegt wohl darin, dass durch den Exspirationshub des zweiten
Vokales die Tondauer des vorausgehenden Vokales vermindert wird.
2. Kürzung eines langen Vokales in der Stellung vor { ^ Nasalen
Liquiden + Verschlusslaut bez. Spirant (Brügmann, Grundr. 1, § 612), vgl.
die Komposita mit naifr aus na^(^)'^ claudo aus *cla^{i)do clavis, ventus
aus *tfenios W. v€- gr. a'(f)ii'fjLij membrum aus *m€msrO'. So auch im
Auslaute -*s aus -ois -öis (vgl. § 13, 7).
3. Konsonantendehnung. Unter dem Einflüsse des starken ex-
spiratorischen Accentes („energisch oder stark geschnitten^ Sievers,
Phonetik 164) werden lange Vokale gekürzt (ib. 205); auf den darauf-
folgenden Verschlusslaut witrde ein Teil der dem langen Vokale zustehenden
Kraft übertragen, es entstand ein silbenschliessender selbständiger Neulaut,
die Implosiva, zu dessen Bezeichnung (in Verbindung mit der folgenden
Explosiva) in der Schrift Doppelung gewählt wurde.*) Dauerlaute be-
zeichnen II rr nn mm. Vgl. z. B, cuppa {cüpä) skr. küpa-, glütire und
gluttire, meiliu CIL. 1, 551 und milliu, Forsena und Porsenna, Varro Vürtis
u. a. In cottidie aus * c^et{i)tei'diG ist das tt durch Vokalsynkope entstanden,^)
jüngeren Datums cuotidie. Infolge volksetymologischer Umdeutung ist
accipUer (angelehnt an aecipere) aus "^acu-peter geworden.^) An die Kürzung
des ü in iüssi schliesst sich auch das Präsens lie&crean. Im einzelnen verweise
ich hinsichtlich des Materials in der vorliegenden Frage auf Pauli, K. Z. 18,
1 f.; Fröhde, K. Z. 22, 257, Bezz. B. 3, 289 f., 8, 164; L. Meyer, Vergl.
Gramm.« 1, 378, Corssen 1, 249 f., It. Spr. 236 f.; Jordan, Hermes 8,
217 f.; 0. Weise, Bezz. B. 5, 68 f., Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 4,
139, ScHWEiZER-SiDLER, Gramm.* § 71; vgl. auch Bruomann, Grundr. 1,
§ 612. Analog ital. brutto fhnmina figgere (Schuchardt, Vok. 1, 186), mhd.
') Vgl. fiber diese Erscheinung Seelxakn | *) J. ScnxiDT, K. Z. 25, 94; Bebsu, Die
80 f., 93. Gutturalen 90 f., Osthofp, Z. G. d. P. 557.
<) Vgl. bes. Sbblmann 96, 112 f , desgl. *) Bersu, Die Gutturalen S. 119 f.
OsTHOFF, Z. G. d. P. 558 f.
280
B. Lateinische Chrammatik. b) Lateinische Lantlehre.
muotcr näter nhd. Mutter Natter. Über die Schwankungen in der Schreibung
des einfachen und doppelten Konsonanten bei Transskription lat. Eigen-
namen ins Griechische siehe Dittenberger, Hermes 7, 152.
3. In einzelnen Fällen hängt die Kürzung inlautender Vokale mit der
Verschiebung des Hochtones zusammen, z. B. deiero peiero neben iüroy
müto mütoniatus und mit Vereinfachung der Doppelkonsonanz in mämüla
mdnima, öfella offa (Lachmann zu Lucret. 1, 360). Anderes zum Teil nicht
hieher gehörige Material bei Corssen 2, 515 f., Schweizer-Sidler, Gramm.^
§ 48 e, 72, 3. Mehreres Singulare gibt Büoheler bei Marx, Hilfsbüchlein
S. V f. Nicht selten beruht die Quantitätsverschiedenheit auf ursprüng-
licher Stammesverschiedenheit, z. B. defrütum und defrütum (Doppelformen
der Tiefstufe); so auch w^- und nd- in n^'qtmm nd-que u. s. w.;*) pro
= gr. 7t q6 (pröfanus durch Hypostase gebildet?) neben pro- aus pröd-,
worüber das Material bei €orssen II, 482; hingegen ist r^- neben r^d-
(Corssen II, 465 f. unrichtig r^d-) aus der Zusammensetzung erwachsen
{re-spicio u. s. w., während vor einfachem s überall die Kürze ist), dann
auch religio reicio gegenüber älterem r^igio {relligio) r^cio. Vgl. auch
Lacumann zu Lucret. 5, 614. Auf dichterischer Freiheit beruhen Messungen
wie glömus Lucret. 1 , 360 (sonst glömus), diu^turntis (Ovid zweimal, Georges
s. V.), sonst diü-turnus.^)
B. Aaslaut.
1. Die von Corssen 2, 436 f. in weitem Umfange angenommene
Kürzung der Endvokale muss nach den Ausführungen von Stadelmann, De
quant. voc. erheblich eingeschränkt werden. Allgemein durchgeführt' wurde
die Kürzung nur in iambischen Wortformen, doch scheint sie bei gewissen
Kategorien von diesen aus sich weiter verbreitet zu haben (z. B. Nom.
Akk. Plur. d. Neutra, Loc. der i-Stämme). Hingegen behaupten jene Silben,
die ursprünglich auf einen Konsonanten sich endigten, die Länge, so der
Abi. Sing., Jer Imp. auf -to (urspn -töd), ebenso die einsilbigen {sf pro
cur u. s. w.). Die Abi. auf -^ sind eigentlich Instrumentales (vgl. § 87)
mit regelrechter Kürze; in den Imperativen tritt die kurze Messung erst
spät auf (Corssen 2, 487).
2. Von den auf Konsonanten endigenden Silben unterliegen die auf
-t und --m ausgehenden stets der Kürzung; desgleichen werden bei den
Verben -är und -^r im Passivum, -tör -sör -ör -dl -ar im Nom. Sing, der
Substantiva immer gekürzt. Jedoch noch bei den augusteischen Dichtem
hat sich eine nicht unbeträchtliche Anzahl von langen Messungen erhalten
(siehe Corssen a. a. 0.). Bedenklich erscheint es, aus dem einmaligen
oder wenigstens seltenen Vorkommen von langen Messungen von Vokalen,
die spracbgeschichtlich als Kürzen aufgefasst werden müssen, auf ursprüng-
liche Länge zu schliessen. In diesem Falle werden wir falsche Analogie
zur Erklärung herbeiziehen müssen.
Steigerung.
41. Hauptsächlich kommen hiebei zwei Gesichtspunkte in Betracht,
gegensätzlichen noctumus her. YgL aaoh
Pur Febsson Sind, efym. 7 Note 4.
^) Vgl. Feist, Grundz. d. got Etym.
84, 85.
^) Das t stammt wahrscheinlich von dem
4. Vokale. (§ 41.)
281
nämlich die sogenannte „Ersatzdehnung'' und die Längung kurzer Vokale
vor gewissen Konsonantengruppen.
1 . In gewissen Konsonantengruppen findet nach dem Ausfal] eines oder
mehrerer Konsonanten YeHängerung des vorangehenden Vokales der Silbe
statt, wenn sie betont ist; ist sie unbetont, so unterbleibt dieselbe. Es
sind folgende Konsonantengruppen (das Genauere siehe unten § 64 u. 65):
-de- (Aöc), -gh- (fibulä), -t^d- (wrfws), -jgrd- {sido), -gl- (päla), -gfn{cmy iümentum
rfma^ -bm- {glümai?))^ -pm- {rümentum)^^) 'dm- (flämen), sU-^m- -sw- {querela
prtmus penis), "msl- {pr&lum), -^isU {pjluw), -csU (öfe), -csw- {lüna)y -est-
{S^stius, aber S^tius), -tsm- {r€mus), -rso (pöscö), -ndsl- (bez. -ntsU, scäla),
"dsU {antTsto),''Csm' (tento), ^hi~ (mäior), -ncn- {quTni), Selten sind Ausnahmen
wie Sit- multis. Vgl. dagegen sedXbtis {^sedesbos), corpüUntus {*corposlentO"),
cüUna {*coclind) Camena {Casmena), frigidus aus * friges-do^y^) Tellumo doch
wohl aus ^Tellus-mo u. s. w. Inp^s für *pös ist die Länge ursprünglich (vgl.
dor. noig skr. -pdf), in abies aries paries nach dem Muster der Stämme auf
-Es -etis (z. B. requies) eingeführt; daneben sind auch die Nom. fades
effigi^s von Einfluss gewesen.
2. Nasal und Liquida -|- Konsonant bewirken häufig Dehnung
des vorhergehenden Vokals.^) Vor nf und ns^) ist jeder Vokal lang. Von
Belehrung sind hiebei die Apices und die griech. Transskriptionen; vgl.
bes. Schmitz, Beitr. 3 f. 27 f. 4 f. 25 f. (Adj. auf -ensis und Part, auf
-ns). Die angeführten Thatsachen lassen es als unzweifelhaft erscheinen,
dass auch in jenen Fällen, wo der Nasal später ausfiel, der vorausgehende
Vokal bereits früher gedehnt war, beziehungsweise langer nasalierter Vokal
gesprochen wurde (Bruomann, Grundr. 1, S. 177). Vgl. oben Brugmann
§ 55. Auch vor Nasal und anderen Konsonanten erscheint gelegentlich
die Länge, so in quinque^ inschriftlich mit I longa (trotz Corssen's Wider-
spruch It. Spr. 252 f , vgl. Schmitz, Beitr. 45 unter Verweisung auf Festus
254 M.), quintiAS qmndecim (Arch. f. lat. Lex. 5, 129). - Vgl. die Nachträge.
Ausfall des Nasals, wenigstens in der Schrift, hat stattgefunden in lätema
(gr. kafiTtti^o) neben besserem lantema,^) scröfa gr. yQOfKfceg (übrigens wohl
Lehnwort aus einem italischen Dialekt wegen f) ; dagegen sind andere von
J. Schmidt a. a. 0. aufgeführte Fälle nicht hieher zu stellen, sondern als von
einer nicht nasalierten Wurzelform herkommend zu betrachten. Über tüber^)
(die Länge des u erklärt sich wohl aus der folgenden Konsonantengruppe ^mr-)
8. u. § 44. Auch bübo neben gr. ßofjißog neup. büm ') gehört natürlich nicht hieher.
Vgl. auch § 44. Vor r -f- Konsonant erweisen Vokaldehnung inschr. Maarcus
ördinis u. a. bei J. Schmidt, Voc. 2, 348, Schweizer-Sidler, Gramm.* § 49.
«S. Auch vor gn ») und gm ^) haben wir nach Priscian stets die Länge
des Vokals, also benignus maltgnus privtgnus. Den Widerspruch, den die
') Nicht mit Sicherheit za ermitteln ist, ob
das Saffiz 'Smento- gewesen ist, wie mehrere
Gelehrte ansetzen, ebenso in anderen Fällen.
«J W. Mbyeb, Z. f. rom. Phil. 8, 241.
•) J. Schmidt, Vok. 1, 98 f.; Sibvbrs,
Phon. 215; Sbblmann 77, 87.
*) Cicero orator 48 § 159, reproduziert
von Gkluus II, XYII H.
») BCcHBLXB, Rh. M. 78, 393, Schmitz,
Beitr. 143.
«) NachBENFEY, Gott. g.N. 1880, S. 315
sollte es eben für *tumber stehen.
^) SpiiioEL, Die arische Periode 58. Rich-
tiger Bbugmakn, Grundr. 1, § 331.
8) Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 82, 7,
Schmitz, Beitr. 56.
®) Vgl. pigmentum segmentum; Marx,
Hilisbachlein ü. s. w. Berlin 1883.
282
B. Lateinische Orammatik* b) Lateinische Lautlehre.
romanischen Fortsetzer gegen Priscians Angabe erheben (vgl. Cocchia
Rassegna critica 64 f., Havet, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 34*) sucht W. Meteb,
K. Z. 30, 337 zu beseitigen. Wahrscheinlich handelt es sich um Differenzen
zwischen dem klassischen und vulgären Latein.
4. Viele sigmatische Perfektformen und Supina der Verba, deren
Stamm sich auf b d g endigt, haben langen Stammvokal, also actum rexi
ssssum u. s. w.; daneben auch redemptus, wie P€SrjV7r{T)a CIGr. 4, 9811
p. 565 beweist. 0 Der Grund der Längung liegt hier nicht in der Wir-
kung der Konsonantengruppen, sondern der lange Vokal ist von den For-
men mit ursprünglich langem Vokal auch in jene, denen ursprünglich Kürze
zukam, übertragen, vgl. egi s^dimtis ^mi u. s. w. So nach Osthopf's
überzeugenden Ausführungen Z. G. d. P. 112 f. Bez. der angeblichen
Länge vor -ss- ders. 522 f.
5. Liquidae.^)
Die Frage, ob l bereits der idg. Grundsprache angehört habe, scheint
nach den Ausführungen von 0. Weise, Bezz. B. 6, 115 über die Anlauts-
gruppen „griech. Kehllaut + ^" = »skr. Kehllaut + r" und „griech.
Kehllaut + / (auch lat.)** ^^ „skr. S j h -\- r, sowie von Fortunatow
ib. 215 f. über die Lautgruppe J -\- Dental" = „skr. Lingual (z. B. at-
gr. aXbti)) in bejahendem Sinne beantwortet werden zu müssen;^) vgl. auch
Pezzi, Glottologia aria recentissima Torino 1877 17 ff. und jetzt besonders
Brugmann, Grundr. 1, § 254.
Als Konsonanten.
42. idg. (eur.) r = lat. r, z. B. crepare gr. xQäfißaXov skr. krap-,
sorbeo gr. ^oipäw, renius gr. egstfiog, rego gr. oQtyün^ ruber gr. iqvd-Qog^ arare
gr. aqovv^ verbum got. vaürds cernere gr. xgiveiv, SuflF. -ter -tor. Vgl. L.
Meyer,^ Vergl. Gramm. 1, 14l f.
lat. r = gr. A: gramiue yh'iiiri^ muscerda iÄvaxeX€vSQov{?), hirundo
XeXiSciv; wahrscheinlich ist r ursprünglicher.
lat. / = gr. Qj z. B. mulceo ßga^ai (wobei allerdings f vorliegt).
Auch innerhalb des Lat. wechseln r und / in Wörtern der gleichen Ab-
stammung: fornix fulciOj gracillare glocire, serväre salvus, vergere valgus,
reniures lemuresA) Es sind wohl indog. Doppelformen anzusetzen. Die Suffix-
formen -ari' -cro- sind durch Dissimilation ^) aus den altern -alt "Clo-' (aus -tlo-)
hervorgegangen, vgl. exempl-aris lu-crum, dann aber auch über den ursprüng-
lichen Kreis hinaus verwendet worden. Jedoch ward schon frühzeitig von
dieser Dissimilation abgegangen, wie die grosse Zahl von Ausnahmen beweist.
Auch 'blo ist manchmal durch -bro verdrängt worden. Vgl. jetzt Bruomann,
Grundriss 1, S. 219; 2, S. 203 und 275. Vereinzeint erscheint statt eines ur-
sprünglichen r sekundäres /, so in Clustumina CIL. 1, S. 391, lolarii gew. hrarii
Plaut. Capt. ed. Scholl, (Personae), spätlat. Felegrinus^) und in griech. Lehn-
>) Osthoff, Z. G. d. F. 148.
*) F. Bbchtbl. Über gegenseitige Assi-
milation und Dissimilation der Zitterlaute
u. 8. w. Göttingen 1876.
^) Indessen ist Fortunatow*s Regel keines-
wegs sicher, vgl. Bruqmann, Grundr. 1, S. 211
Fussnote.
*) Nach FicK 1, 736 zu gr. tjQifjM (?).
^) CoRSSBN, Beitr. 328. Bbchtkl 24, 25,
Seelmakn 328 f. ; Stünkel, De Yarroniana ver-
borum formatione (Argentorati 1875), S. 40 f.
^) COBSSBN, 1, 223.
5. Liqnidae. (§ 42.)
283
Wörtern, so lilium gr. XsfQwv, Ulinum (al. Urinum) XefQivov. Ladinod CIL. 1,
24, 506 für Larinod mag auf oskischem Einfluss beruhen.
idg. / = lat. /, z. B. Clemens skr. iräyamana^, *) clueo {cluö) gr. xXvm
skr. ^rury clunis gr. xXovtg skr. SrönU, lascivus gr. Aao) skr. fa^-, linquo
gr. Af/TTO) skr. rindkti, solvo (für *S6-?t«-o) gr. Ai^w skr. ?w-, cefer gr. xäXr^g
skr. cat-, toZto gr. rAr;- skr. ^w?-, Suflf. -/o -?a -?w.
eur. 1. (ar. r) = lat. ?, z. B. saft'o; gr. «Aixi; ahd. salaha ir. saf?, aKws
gr. aXXog got. aK5. ^
lat. 1= gr,r durch Dissimilation entstanden in IdWus gr. ßaqßaqog (lat.
harbarus ist Lehnwort), gurguUo YceQYaQsoiv, umgekehrt r für Ain Äleria neben
*AXaX(a (Havet, Möm. d. 1. S. d. 1. 6. 27 flf.). Gleichfalls durch Dissimilation ist
r aus ? hervorgegangen in caeruUxiS (vgl. caelum), Parilia (Fasti Praen.) für Pa-
lilia^^) volkstümlichem fraglare neben fragrare (fragare);^) spätlat. Beispiele
dieses Wandels bei Bechtel 23, Schuchabdt Vok. 1, 138 f. kadamitas (von Pom-
pejus gebraucht nach Mar. Victor, bei Keil, Gr. L. 6, 8, 15) ist wegen osk. ca-
deis {incommodi) Tab. Baut. 6 vielleicht ein selbständiges Wort neben calamitas
(BücHELER bei Bruns Fontes iur. Rom. ant.^ 47 Anm. 10); Izn d verschoben
in Capitodium, in dem griech. Lehnworte adeps = aXsupa (spätlat. wieder
alipes); vereinzelte Erscheinungen dieser Art bei Corssen 1, 224, Schbutz,
Beitr. 142. pulmo neben gr. TtXevfxtov skr. Jcloman- enthält den schwachen Stamm,
ist also kein Lehnwort, nvsvniov überhaupt jüngeren Datums (Möller, P.-B.
Br. 7, 518 ^ CuRTius, Qrdz.^ 280). Vereinzelt ist nymphaiicus lymphaticus*),
eine gräzisierende Form für lumpaticus; vgl. osk. Diumpais; vulgär muntu
= muUum CIL. 4, 1593. r zu n dissimiliert in Cancer Grdf. *carcro- gr.
xaQxfvog skr. kdrkata-, (aber menetrix Non. 423, 10 M. volksetymologische
Bildung für meretrix), umgekehrt r für n in dem Lehnworte groma gr.
yvo)jj.a. Vertauschung der beiden Liquidae liegt vor in colurnm für *co-
rulntis von carulus^) (kein Lehnwort, vgl. ahd. hasal Fick II 326, Vanicek,
Fremdwörter 69, 0. Weise 77) und in clustrum = crustlumf) andere Belege
aus der späteren Volkssprache bei Corssen 1, 247. r ist ohne etymologische
Begründung in den beiden griech. Lehnwörtern aplustrum = aipXaaxor
(offenbar im Anschluss an die zahlreichen Bildungen mit Suffix -tro, wo-
durch das Wort ein mehr lateinisches Gepräge bekam)') und crocodrilhis
neben corcodillus und crocodillus.^) Inlautendes r ist nicht geschrieben in
controvosias CIL. 1, 199, 2, su^o 199, 8, wobei wohl zunächst s für ss — rs
steht; durch die Dissimilation ist -r- geschwunden in lucu-lentus {lucrum)^
praestigiae praestrigiator Plaut. Poen. 1125, Aulul. G30 B,^) sempiternus {\lr
*sempe{r)ternus; ebenso crebesco neben crebresco *^) {ober pütesco und pütresco
sind zwei verschiedene Worte). Arch. tegm, z. B. Plaut. Capt. 915 A u. ö.,
Varro 1. 1. 5, 110 ist eine selbständige Bildung neben tergus, von St. tdg-
0 0. Weise a. a. 0.
') Ersteres ist die filtere Schreibweise;
siehe a. a. Jordan-Pbelleb, Rom. Myth.*
1, 416 Anm. 2.
*) BücHELEB, N. J. 105, 111; Enoel-
BBBCHT, 8itzb. d. Wien. Akad. CX, 512 f.;
WöLFFLDT, Arcb. f. lat. Lex. 4, 8, wo auch
andere Diesimilationserscheinungen bespro-
chen sind.
*) Löwe, Arch. f. lat. Lex. 1, 25.
») Bechtel 20.
^) BÜCHELER, Arch. f. lai Lex. 1, 111.
') Zeyss, K. Z. 17, 432.
^) Schmitz, Beitr. 144.
9) Büchbleb, N. J. 105, 109 f., woselbst
auch noch manches andere Hiehergehörige
besprochen ist.
i<>) ib. 114 f.
284
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
vgl. t&gula. Die Mouillierung des l ist eine auf die spätlateinische Volks-
sprache beschränkte Erscheinung; Belege dafür bei Corssen 1, 228. fia
[= filia) CIL. 1, 1347 ist wohl eine Abkürzung.
Als Sonanten.
43. Die silbenbildenden idg. Liquidae l und r (auch liquidae sonantes
genannt) haben ihren ursprünglichen Sitz nur in unbetonten Silben; sie
erscheinen inlautend im Lateinischen regelmässig in der Gestalt -ol -ul,
'Or{ro) "Ur gegenüber griech. -cf^-aA-^a-A«, got. aür~ul.^) Man vergleiche:
cord' gr. xagSta skr. Srad-^) in irad-dhd^^ comu got. haüm, corpus skr.
krp- „Gestalt, Erscheinung** av. kehrp- „Gestalt, Leben"; cortex skr. kfUi^i?);^)
currere *cpere an. hross^); curtus {*cortus) gr. xa^og Grdf. *sq^tö lit. skiriü
„schneide"; curvtis neben cervix; dormio Grdf. *dpmio {oder *drdhmio^) gr.
SaQÖ-dvfü (*rffv^gwco), formus skr. gharmd-;^) fors skr. bhrti-;'^) fortis alt
forcttts skr. df-dhar- von dfA-;®) fumtis {*farniis) skr. ghrfWr-;^) mors skr.
mrti' morior skr. mrye\ porrum gr. nQtiaov Grdf. *p^sö' trotz Hehn' 175 kein
Lehnwort, da die Form unbedingt Entlehnung ausschliesst, ^^) wie bei corntis
gr. xQccvov; mo-mord-imus skr. mamrdinid; ortus skr. rtd-; por- in por-tendo
u. s. w. gr. 7ra^(cf)ii); porca ahd. furuhporta W. i>er- gr. neiQO) Grdf. *i>fW-;
ebenso sporta sportula gr. cTTrcf^Tov; portus zd. äw -per'pun gall. -ritum für
*-pnYwwi2) evnoQx^fiog; sorbeo arm. ari- Grdf. *5f6Ä-;i3) sor5 Grdf. *Sf<f-
<orvt«s gr. TiXQßog Grdf. *^fgo-; turgere gr. (r7ra^yar(?); ur^tiS (*orcsws) gr.
ÜQXTog skr. fÄ^V; vorsw« skr. t;rW. Wahrscheinlich liegt eine Reminiszenz
an den Wechsel von starker und schwacher Stammform vor in verto vor-
timus,^^) skr. va-vri-imd; vgl. stark vel- schwach vol- *i;^-. Auch morstiS
tostus gehen auf die Grundformen ^mpdiö- H'^stö- zurück; posco Grdf.
"^p^ksko wahrscheinlich = skr. prchämi. In prope ist ro = f, vgl. skr.
pfc-.^^) Im Auslaute idg. f stets = wr, so fenmr, iecur vgl. gr. r^n-aq^
dagegen in über gr. ov&aq -er- wahrscheinlich = -f-.^^) Silbenbildendes /
erkennen wir in doleo daXXei' xaxovQyel Hes., rnuUa Grdf. *mlktä skr. mr^td-
ulmms Grdf. *^-mo aksl. ^timü\ in den Part, -culsm, occultus^ mulsus, pulsus,
sepuUus, vulsus von den Stämmen -cel-, melg-y pel-, sepel-, veU^ die auf
die Grdf. ^kldtö- u. s. w. zurückführen {u wegen l für o). mollis ist
höchst wahrscheinlich der Repräsentant von skr. mrdü-,^'^) also gleich
*molduis Grdf. ^wldü-y mulceo gr. ßga^ai, ßqaxeiv Grdf. *nilk: Als Ver-
treter von f erscheint ar (wahrscheinlich aus är gekürzt, so auch l = al
vgl. maltas Grdf. ^mltO' W. wo?-, veteres molles Lucil. nach Non. 1, 37, 8
Müll., salvos für *5j-^o nach Brüomann, Grundriss 2, S. 137), vgl. arduos
') Brüomann, M. Ü.2, 154 Anm.; Grund-
riss 1, § 284.
') Ders. Lit. Centr. 1883, Sp. 1384.
') L. Meyer * 1, 34; nach Brüomann,
Grundriss 2, S. 287 gehört das ai. Wort zu
lit. kifsti.
*) Kluge, Et. Wort. s. v. ^Ross."
^) W. Meyer, K. Z. 28, 172.
«) J. Schmidt, K. Z. 25, 80. Wegen f
siehe § 53.
') De Saussüre, Möm. 15.
») FicK, 1, 107.
») De Saussüre, M6m. 17.
»0) 0. Weise 128.
»0 Stolz, Arch. f. lat. Lex. 2. 498 f.
^'^^ Brüomann, Grundr. 1, S. 238, Kluge,
Et. Wort. s. V. „Furt* .
'») Brüomann, Grundr. 1, § 332.
**) De Saussure, Möm. 12.
»») Fröhde, Bezz. B. 7, 125, L. Meyer,
ib. 296.
»«) Brüomann. Grundr. 1 S. 281.
^^) FiCK 1. 175; vieUeicht aber zu ahd.
müti, Kluoe, Et Wort s. v. «mild*.
5. Liqnidae. (§ 43.) 6. Nasales. (§ 44.) 285
skr. ürdhväs gr. ogO^og Qrdf. ^fäk^o-, armtis skr. frmd- Grdf. *fmö-, ars
Grdf. *fii'i pars Qrdf. *pfti' (dagegen in portio or -- f),i) quartus aus ^qt^g'tö^
*c{t)vartO'; im Wurzelauslaut ra la,^) granum got. kaum, crdbro f. *cra$ro
*X:fs-3), crates got. haürds, radix Grdf. *?^fd-4C- got. vaürts, lana f. *^lana
vgl. t;e2/us skr. wrnd got. vw/id, gratas skr. gürtä-, percello clades^ bei den
Part. Perf. Pass. stratus latus zu s^er- ^e/-, Grdf. *s^f^'- *^J^o- (dazu tollo
aus *<|nd, wenn nicht = Holdo Eluoe s. v. „dulden"). So erklären sich
nebeneinander fulvus und flavus, fulgur und flamma, fulgeo und flagro;
allerdings könnten erstere auch auf *felvo- *felg- zurückgehen. In gerro
neben y^acrwr*), vermis gr. ^ofiog, quercus ahd. forhe^) liegt der starke
Stamm vor. idg. f ist nicht gleich lat. tr, wie Fröhd£:, Bezz. B. 7, 115,
Pauli, Alüt. Stud. 5, 113 behaupten.
r, das auf lateinischem Sprachboden silbenbildend wird, ist = -er-;
daher acerlms aus *a(?r(i)-&o-, daher der Nom. Sing, der ro-Stämme, wie
ager für *agros gr. dygog *agrs *agr, so auch conger {gonger) Lehnwort vom
gr. Y^YYQ^^i femer die Deminutiva auf -?o-, z. B. agellus aus dgr^ojlo"; ebenso
catellus aus *catl{o)lm; libertas aus *fo'6f(o)to; die Komposita alterpUx puer^
peroi sacerdos (vgl. § 95) für *aUr{o)'plec- u. s. w., endlich cemo tergo, die die
aus den Kompositis verselbständigte Form enthalten;^) zunächst incertussecemo
ahsiergo aus HYhcr{i)tos ^secr{x)no *abtr{i)go, vgl. gr. xQiv(o xQiTog TQißoa^ crX-men
gr. xQifAa, decreivit CIL. 2, 5041, worin doch wohl ei = i, während cr^t?*
wie spr^i Analogiebildung nach ISvi sind.') Vgl. ferner tero für *trio
{cantrire wohl nur volkstümliche Bildung, Thielmann, Arch. f. lat. Lex. 3,
559), vgl. deirtmentum (hingegen termentum Fest. 363 M., Götz, Arch. f.
lat. Lex. 2, 337) irt-vi; ferner tr^i trini tritus und tertius,
Anmerkang. Auf Vokalablaut beruht die sogenannte Metathesis in cäl-ar-e clä-rus,
Cir- es cre-scere, fre-tus fir-mus (*fer'mo-), scor-tum {^skrtö-), acrü-ta ; vgl. aträ-tus lä-tus zu
ster-tel-; ferner {g)nä'tti8 gnärus zu gen-. Hingegen ist kein Grund ersichtlich bei den
altlat. Procobera fttr Porcobera CIL. 1, 199; TarsumennuSy Cortona, corcodilus, bar das
(ßqudvq), iarpezita; vgl. Corssbn, 1, 246, Ritschl, Op. 2, 524 ff., Seblmann 330.
6. Nasales.
Als Konsonanten.
44. idg. n =. lat. n (dental u. guttural), idg. m = lat. m (labial).
nös skr. nas gr. vm^ nec-o gr. vexvg^ nemus gr. vofiog, nepos gr. ävsipiog; in
gr. f V, ianitrices gr. ehareQegy senex i'vog^ ango gr. «yy«, qmnque idg. *pefdqe.
meto gr. äfAÜv, mollis skr. mrdü', morior gr. i^o^, medius gr. fit'aoc^
mensis gr. firjv äol. gen. fifjvvog.
n ist aus m hervorgegatigen infolge lautgesetzlicher Veränderungen
in tenehrae neben skr. tamisra- ahd. dinstar urg. *piins{t)ra-j welches sich
aus der ursprünglichen Doppelheit *temsra Hensra und Hemosra- und späterer
Übertragung des n erklärt.^) Ich schliesse, obwohl der Nasal als Sonant
0 Die Belege bei Kluge, P.-B. Br. 9, | «) Osthopf, M. U. 4, 1 f.
193, Bruomakn, Grundr. 1, S. 243 ff.
*) J. ScHKiDT, K. Z. 25, 49; Mablow,
D. 1. V. 2; Osthopf, Z. G. d. P. 178.
') Bbuoxakn, Grundr. 1, S. 244.
*) FiCK, Orient and Occident 3, 295.
*; Elüob, Etym. Wort. s. v. »Föhre».
') OsTHOPP, Z. G. d. P. 253 nach dem
Verhältnis Uno : litus : levi = *crino : critus :
crem. Über decreivit vgl. J. Schmidt, Rh.
M. 23, 667 f., VoK. 2, 365, Cobssbn 2, 331 ;
anders Pauli, Altit. Stud. 1, 26.
^) Bbugmann, Grundr. 1, S. 430.
286 B. Lateinische Graolmatik. b) Lateinische Lautlehre.
erscheint, des Zusammenhanges halber an: centum aus *ifpto- lit. szimtas;
venio ventum aus *g^t^ *gw^o- lautgesetzlich entwickelt. *) permities hingegen
und pernicies sind zwei verschiedene Wörter, ersteres zu skr. a-mi, pra^mi,
vernichten, letzteres zu nec~ gehörig.*) Septunolena CIL. 1, 1491 kann
Schreibfehler sein (vgl. inschr. Septumulentis). Vereinzelt ist n durch Dissi-
milation zu / geworden : sterquilinium für *sterquininium 3), vespertiKo neben
vcspertinus;^) volkstümlich leptis für neptis^) lumphieis ^= nyvnphis CIL. 1,
1238. Behlai CIL. 6, 2235 ist wohl verschriebea für Belonai.
m ist nicht in b übergegangen, wie man wegen hihernus neben hiems
annehmen zu müssen glaubte, vielmehr liegt hier wahrscheinlich Übergang
der Lautgruppe -mr- in -&r- vor, indem hibemus mit Johansson, K. Z. 30,
441 f. und G. Meyer, Litt. Centralblatt 1889, Sp. 86 aus *Afmrtwö- vgl.
gr. x^^f^^Q''' herzuleiten ist. Damit entfallen andere unhaltbare Vermutungen.^)
So wohl auch tüber neben tümuli^ f. Hüm-lo- aus Hüm-rO', (vgl. § 41, 2) mit
Übergang in die konsonantische Deklination ; dagegen muss gener, das früher
nach CoRSSEN aus ^gem-ro erklärt wurde, mit Ascou, Lautlehre 101 als ur-
sprüngliche Doppelform neben gr. yaiißqog angesetzt werden; vgl. auch
CuRTius, Grdz.^ 547. m ist nicht aus v hervorgegangen und ebensowenig aus /,
wie von mehreren Seiten angenommen worden ist; vgl. Corssen, Beitr. 237 f.,
245 f. In lat. iwa^wfa neben gr. avxXov skr. dnuUra-m ist m ursprünglich.')
Dentales und gutturales n, sowie m bleiben graphisch häufig unbe-
zeichet. m schwand, wie es scheint, nach altem Gesetze vor n gn h u
(vor I kaum lautgesetzlich wegen venio quoniam vgl. § 65, 1, z. B. conecto
cognatus cohibeo, coventionid CIL. 1, 196 coveniatis Cato bei Gellius I, XV
9H. {coiux).^) Später findet häufig Rekomposition statt (hochlat. immer
z. B. convenio u. a.). Dentales n bleibt häufig ungeschrieben vor d t s,
gutturales vor g c q x, der Mittellaut zwischen ni und n (vgl. § 65, 3 b)
vor f V m vor p 6, besonders vor s, so in der Endung -ensis, z. B. Albesia
Paul. Festi 4, 7 M, Alliesis ib. 7, 3, Lepareses ib. 121. 9, foresia Mega-
lesia hortesia Cic. nach Vel. Long, bei Keil, Gr. L. 7. 79, 4, in den
Partizipien des Präsens, z. B. scies Schneider 95, arquitenes libri Accius
52 Ribb. I, vgl. Ritschl, Op. 2, 715, mostrare bei Plautus sehr häufig, Mo-
stellaria {ntostellum Löwe, Prodr. 282), mostrator Verg. Ge. 1, 19 M\
Aen. 3, 26 u. s. w. Dieser Schwund des Nasals findet sich besonders in
vulgärer Rede, z. B. CIL. 10, 8249 (= Schneider 389).») Der Grund liegt
in einer starken Reduktion des Nasals vornehmlich im alten und vulgären
Latein (jedoch auch hochlateinisch formösus u. s. w.). Vgl. § 41, 2.
Bugoe Bezz. B. 14, 68 ff. sucht diesen Schwund in Worten wie catulus
neben canis aus der ursprünglichen Betonung zu erklären. Dass der na-
') Osthoff, Z. G. d. P. 505; anders
AscoLi, Sprachw. Briefe 150 ff.
^) CoKssEN, Beitr. 26G f. ; Berok, Beitr.
1 154 f. verficht ohne zureichende Gründe
die Identität.
8) Bersu, Die Gutturalen 120.
*) BüGGE, K. Z. 20, 47 f. (viel zu weit-
gehend).
'") Löwe, Prodr. lUO. \ Neug. 2m ff.
^) Vgl. der Vollständigkeit halber AscoLi, |
K. Z. 17, 328, Per Pebsson, Stud. etym. 123.
') J. Schmidt. K. Z. 23, 277.
•*) über CO' Lachmann zu Lucret. 2,
lOGl und HiBBECK im Ind zu Vergil. Buggr,
P.-B. Br. 12, 419 hält eine Doppelform co-
covi- für wahrscheinlich (vgl. yv : i'vy),
®) Anderes bei Seelmann 283 f.; die
orthographischen Vorschriften bei Brambach,
6. Nasales. (§ 45.)
287
salierte VokaP) auch spontan erzeugt wurde (ohne etymologische Be-
gründung), zeigen altlat. thensaurus Scaptensula, sowie die zahlreichen
spätlateinischen Beispiele, von denen freilich manche auf umgekehrter
Schreibung beruhen mögen. Ähnlich attisch TXijVTtcXeiiog Meisterhans,
Oramm. d. att. Inschr.* S. 88 N. 865. Die griech. Lehnwöi-ter Allans Atha-
mans sind nach Analogie der lat. Participia auf -ans u. s. w. zu erklären.
Als Sonanten.
46. idg. rp = lat. em (im), gr. «(«jw). idg. 9 = lat. en {in) ar. a
gr. a{av) got. un. Vgl. sem- gr. Sjua Grdf. *s^- in alat. seniol CIL. I, 1175,
semel (aber sentper für ^sen^per zu skr. sdna ,von jeher**, got. sinteins
„täglich"); mit Übergang des e in i simpkx singuli Grdf. *sjp-Ato-. Über
ventum = *2tpto- und centum = ^kr^itö' wurde bereits oben § 44 gehandelt.
Septem decem führen auf die Grundformen ^septtfi ^deJcTp, zurück,*) (darnach
novem aus *nev^)») vgl. gr. sma Säxa, — Sonantisches m enthalten auch
alat. hemo got. guma, imber skr. abhrd- idg. Grdf. *rpbh-r6' osk. anafriss; in
vicesimus steckt Suffix 4rgtmo-\ im Akk. Sgl. der konsonantischen Stämme
ist -em = jp; vgl. pedem gr. noda, Grdf. ♦ped^.'*)
argentum Grdf. *arg^tö--/^) census für *censttis idg. *k^tö-;^) densus
*d^stl' gr. Saövg; emo *^m-S *rpm6 gr. r*/*-«; ') ewsis *^e skr. asi-; iuvencus
skr. yuvctSd', *|Mf/§Ao-; memento gr. iisiicadn Grdf. *mem^t6d; -mentus gr.
'fAcctog Grdf. *m^tö-; mens ved. wa^i- got. ga-munds Grdf. *m9^/-; mew-
fttfw ahd. umw^; sentina gr. amg;^) tentus gr. tottos skr. to^a- Grdf. Hfitö-;
tentio gr. Tcwrig Grdf. *^9^i; ^ewwis skr. toww- Grdf. *^9nw-; vensica skr.
t;a5^/- Grdf. *t?^-. Mit Übergang des e in i i^fnis für *mgnis skr. ajwe-
aksl. (?(;»?; ingiien{,*^guen gr. aJiJr;^) insula *i^la neben gr. vfjaog; ^^) lingua
Grdf. ^df^^h^a got. tuggön-; pinguis f. *penguis Grdf. i^^gA?/- gr. naxvg
(dagegen nicht klar /ms neben iXaxvgj vgl. Kluge, Et. Wort. s. v. „leicht**);
stringo f. *strengo gr. ctQay^ aTQttyysvm; strangulare hingegen ist griechisches
Lehnwort; ^>) viginti f. *vigenti Grdf. *vii^ti dor. pixaxi. In suffixalen Silben:
Neutra auf -wen gr. -^a Grdf. -mg, z. B. ovoiia nomen Grdf. *nom^, ebenso
-mento gr. -aro, z. B. drofiatog *6v6fjL^-tog; *-ßw^ in der dritten Pers. Plur.
Perf., wenn dedere für *dederent, steht, geht wie osk. set, umbr. sen^ auf
-nt zurück;**) das Partizipium Präs. von es- ist -sent = *s^f, vgl. gr. ^aaacc
skr. satt; der Ausgang -ent des Part. Präs. enthält nach älterer Auffassung den
schwachen Stamm: stark -ont, schwach -nt, daher idg. ^bheront- *hhernt-, lat.
*eiont^ (euntif) ferent-; stark auch flexuntes lucuns u. a. bei Beckstein, Curt.
Stud. 8, 345 f.; vgl. jetzt auch Bruomann, Grundriss 2 S. 37G; anders urteilt
') So ScHUCHABDT, Vok. 1, 98 ff.; J.
Schmidt, Vok. 1, 98 f.; Kbuszewski, Tech-
mers Intern. Zeitschr. 3, 159; Bruomann,
Grundr. 1, S. 177. Dass die Ausführungen
Sbelmanns damit wohl vereinbar sind, zeigt
Kbstzschmeb, K. Z. 29, 439 Anm.
') DB SAU88UBE, M^m. 29.
«) Wackbbnaoel, K. Z. 25, 260 f.
*) Brugmann, C. St. 9, 306.
^) OSTHOFP, M. U. 1. 105.
«) Bbugmann, Grundr. 1 § 238.
^) OflTHOFP, Z. G. d. P. 142; Bbug-
mann, Grundr. 1, § 201; Bezzenberger, in
seinen Beitr. 10, 72.
») Fböhde Bezz.. B. 7. 85.
^) NoBEBN, Altisl. Gramm. §71, 4; de
Saussube, Möm. d. ]. S. d. 1. 0 o3; Bbug-
mann, Grundr. 1 § 432.
'^) Nicht *ii8la mit Schulze, K. Z. 27,
G06 (vgl. unten).
»») 0. Weise 524.
^^) Stolz, Verbalflexion 22. vgl. jedoch
§111.
288
B. LateiniBche Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
Bartholomae, K. Z. 29, 549 flf. [= Beitr. z. Flexiouslebre S. 129 ff.], der
Stammabstufung in Abrede stellt und den Wechsel von -ont und -ent durch die
verschiedene Stellung des Accents erklärt. Dieser Auffassung hat jetzt auch
Bruomann (vgl. oben S. 108) sich angeschlossen, und in der THat scheint bei
diesen Partizipien niemals Stammabstufung vorgelegen zu haben. Suff. -v?^~ i^
-ösus aus *'0^ensO' *-ö-f^g^^o;*) -inquo- in prop-inquus u. s. w. skr. -ac- -a^-,
gr. 7roJ-a7r-(>g,2) vielleicht auch -Uno = *'t^no vgl. gr. -raro-.^) idg § = lat.
a«- ; antae skr. äta-, anas gr. vijaaa, ianitrices gr. etvdveQsg;*) neben lat. in- ==
ü gr. a(r)-, alt en- vgl. ewpos enfitiare,^) steht osk.-umbr. aw- gr. rö-rjj- = p,
vielleicht auch lat. ampotis (Löwe a. a. 0., von Scholl Plaut, Trin. 131 in den
Text gesetzt). Anderes recht zweifelhafte Material bei Schweizer-Sidler,
Gramm,* § 11, 6. Im Stammauslaut idg. -§ = lat. -na in gno-tus na-tio
(aber gens = *g^ti', Satzdoppelform, wie pars und portio), gna-rus W. gen-.
1. Verschlusslaute.
Vorbemerkung. Die Artikulationsart der tonlosen und tönenden Verschlusslaute
ist im allgemeinen dieselbe geblieben wie in der indog. Grundsprache.
Tonlose und tönende Gutturalis.^)
Vorbemerkung. Das von den Lateinern neben c (X;) verwendete Schriftzeichen ^
hat lediglich den Wert der gutturalen Tennis (Ascoli, Bbrsu 52), also nur graphische Be-
deutung. Seine Setzung war ursprünglich nach demselben Gesetze geregelt, wie die des
griech. 9» ^^ stand vor o und t«. Daher inschr. praen. Luqorcos Maq(olnia) (= g, Ma-
golnia Eph. 1, 17); q(olonia) (Bebsu 36). Inschr. Proqilia nach Proqultis; in qai (Nom.
Sgl.) der Dvenosinschrift fOr *quoi und umgekehrt oquoltod (Sc. d. Bacch.) quom (Vnep.)
liegen höchst wahrscheinlich Schreibfehler vor fttr *oqoltod *qom = o{c)culto cum infolge
Verwechslung von qo- und quo- durch schriftunkundige Schreiber. Ebenso gti- fOr cu-
in Mirqurios oqupatvm quraverunt pequlatu u. s. w. (Bersu 49), daneben und frOher
inschr. cu bezeugt. Vgl. auch umgekehrt inschr. Acuino fOr AqmnOf rustikes cuam (Ausf.
Bei. Bebsu 82*), fal. cuando Zvet. Inscr. It med. 68. Niemals ist qu- = guu-, wie
CoBSSEN I, 71 f. behauptet hatte: locütus secütus nicht aus *loquutus *8equutus, sondern
Analogiebildungen nach acutus staiütus u. s. w. (Bkrsu 122). Der Schreibung mit c an
Stelle eines älteren q(u) vor a e % kommt im historischen Latein niemals sprachgeschicht-
liche Berechtigung infolge Schwunds des u zu, sondern es sind stets andere Einflasse
massgebend gewesen: Aecetiai (= Äequittae CIL. 1, 43) ist ein Provinzialismus (Bebsu 97,
nach Osthoff, Z. G. d. P. 581 regelrecht), usce cuiiMcemodi beruhen auf falscher Analogie
(vgl. umgekehrt huiusqiie)^ ebenso relicicte execiae nach relicuti^ execuntur u. s. w. (Bebsu
113 f.). Umgekehrt berechtigt auch die Schreibung mit g(u)- statt eines älteren c- nicht
zu dem Schlüsse, dass der volare Nachklang sich im historischen Latein entwickelt habe
*) Osthoff bei Bbugmank, Grundr. 1,S. 202.
^) Bezzekbeboeb in seinen Beiträgen 4,
837 ff. ; Osthoff, M. U. 4. 249 f. ; Peb Pebsson,
Stud. et. 7.
•) Beugmakn, Grundriss 2, § 69 ; Bab-
tholomae, K. Z. 29, 103.
*) Bbugmann, Grundrisp. 1, § 253.
^) Löwe, Acta soc. phil. Lips. 5, 306.
^) Ich spreche selbstverständlich vom
Standpunkte der lat. Spezialgrammatik und
habe der Kürze halber den Ausdruck «Gut-
turalis** beibehalten. Über die X-Frage eine
kurze Skizze von Bbugmann, Ebsch und
Gbubeb, Encykl. 32. Teil und Grundr. 1,
S. 289 mit Angabe der Litteratur. Vgl.
übrigens auch Ö. Meyeb, Gr. Gr.« § 183,
Pezzi, Glottologia aria recentissima 4 f.
Regnaud, La theorie de deux iL indo-europöens
in Revue de ling. et de phil. comp. XXI
Janv. und Meblo, Considerazioni fisiologiche
sulla storia delle gutturali ariane Milano 188G
habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Aben-
teuerliche Phantastereien über den Gegen-
stand bei Penka, Origines Ahacae S. 139 f.
In der keineswegs noch endgiltig entschie-
denen Frage bin ich Bbugmakns lichtvollen
Ausführungen gefolgt. Fttr das Lateinische
vgl. speziell Bebsu, Die Gutturalen und ihre
Verbindung mit v im Lateinischen, Berlin
1885 (dazu Thubnetsen, Deutsche Ijitteratur-
zeitung 1885, S. 1140 und Schweizbb-Sidlbb,
Woch. f. klass. Phil. 1887, S. 65 ff.). Bau-
DouiN DE Coubtenay, Gott. gel. Anz. 1888,
S. 652 bringt nichts von Belang bei. Eine
übersieht aller hieiher gehörigen Wörter
bietet auch Schweizeb-Sidleb, Gramm. ^ § 5:5;
ein ausführliches Verzeichnis bei Fick, Sprach-
[ einheit 62 f. und Bebsu a. a. 0.
7. VerflchlasBlaate. (§ 46.) 289
(von CoBSSEN wiederholt behauptet, die Stellen bei Bebsu 116). Sanqualia ist Archaismus
für *Sancualis (vgl, pe^nia), Faquius wahrscheinlich = Pacuius nach der Orthographie
des Accius; qui für cü in einigen Fremdwörtern, wie Tarquiniua liquiritia etr. tarxunie,
gr, yXvxvQ^C»f (vgl. inschr. Cinti = Quinti, i = ü wie in Kvvrog Cun[tu8]) und in vul-
gärem aquipediwn aquifolius; aquipenser für acupenaer durch Anlehnung an aqua (Bersu
119 f.), ahlaqueare (von lacus) neben richtigem ahlacuari Varro r. r. 1, 29, 1 durch An-
lehnung an laqueus. Auch hinter g hat sich im historischen Latein der velare Nachklang
nicht entwickelt. Die Fälle, welche dagegen zu sprechen scheinen, sind entweder Schreib-
fehler, wie Jjangueses neben Langensium CIL. 1, 199 oder beruhen auf später Analogie-
bildung, wie linguere urguere für älteres lingere urgere, deren g = idg. tön. Palatalis
(Ausf. Bek ßsBSU 109 ff.). Aber auch Schwund des älteren u in stinguo tinguo unguo,
deren Wurzelauslaut = idg. tön. Velaris ist, ist nicht lautgesetzlich, sondern nur vereinzelt
und spät durch Analogie hervorgerufen (Bebsu 99 ff.), ungella regelrecht als Deminutiv
von ungtUUf dessen g vor u lautgesetzlich berechtigt ist.
46. a. Die indog. Palatalis k {k\ 1^ Fick) = lat. c in centum, dicere,
socer^ iuvencus u. s. w., idg, ^kr^itO', *de{A-, ^suekuro-, ^inu^-kö-; = lat. qu- in
queror questiAS ^\iT, Svdsimi, queo skr. Svdyati; equos skr. äiva- idg. ^ekuo-.
Die idg. Velaris q {k^, k Fick) 1) ohne Labialisierung = lat. c
in der weitaus überwiegenden Anzahl der Fälle vor vokalischem Anlaute,
z. B. capere, cavus cavere {^scov-) cernere u. s. w. (die Belege bei Bersü,
S. 169 f.); 2) mit Labialisierung urit. Alf = a) lat, q vor allen Vokalen
mit Ausnahme von u (umbr. osk. p, gr. n vor dunkeln, t vor hellen Vo-
kalen), z. B. quis umbr. osk. pis gr. tig; quo-d umbr. osk. St. po- gr. no-;
sequ-or gr. inofxm. In coquo aus *quequo gr. näTi-oav und quinque für
*penque idg. *pet9qe hat sich der anlautende Labial dem Velarlaute der
folgenden Silbe assimiliert, umgekehrt prope vgl. proximus^) Während
qae- verblieb in quercus querquedula querquerus tri^quetrus con-quexi, ging
es in CO über in colo aus *quelo gr. TäXlio M-nXe-xo neben in-quiUinus, mit-
hin der Übergang von que- in co- jünger als die Schwächung von 6 in i
in nachtoniger Silbe, daher wahrscheinlich auch linquis linquitis u. s. w.
lautgesetzlich. Übergang von quo- in cü- im 8. Jahrhundert: Unquont,
'Sequos, quam, -quomque u. s. w. werden lincunt, -secus, cum --cumque.
Wie aiquos accus auch equos ecus (Bebsu 53 flf.). Die Grammatikertheorie
des 2. Jahrhunderts n. Chr. (speziell Velius Longus) hat dann nach Ana-
logie von equi den Nominativ equus geschafifen, ebenso loquuntur reUnquunt
nach loquHur relinquit u. s. w. (Bersü 68 flf.). In den folgenden Jahr-
hunderten ging quu' auch in die Aussprache über. Beim Relativ regel-
recht qua quorum qui u. s. w.; quöüis für *queios quöd (dagegen cur aus
quör) mit analogisch behauptetem qu-. Darüber ausführlich Bersu S. 53 f.
£inmal co = quo C Afranius bei Non.493, 3 M. Auslautendes qu = c, daher
ne-c ne-que {-que = idg. *qe umbr. -p in nei-p gr. t^), ac aus *a^-c. ß) = lat. c
vor u und Konsonanten; vgl. sterqui-Knium stercus. arquitenens arcui^,
quercus und darnach querceus (Bersu 134); die Part. Perf. der auf -qu
(bez. auch -gu) endigenden Verba, wie coctus *quectos gr. nemog coquo^
'lictus linquo; tinctus tinguo u. s. w.; vgl. ferner iw-sccf/ow-e5 insexit inseque
inquam (= *in-sqtuim) gr. ivvfne, laqueus lax „Betrug**, obliquos lixula;
quinque quin{c)tus (wegen osk. JIof^iTiTifg = urit. *penkut0'). In soc-ius
sequi, convic-4uni inog, colliciae , Wasserrinne** liquere hatte das Suffix
') Fböhdb Bezz. B. 7, 125. Die Assimi- Woch. 1884, Sp. 1324) auf dem Gesetz von
lation beruht nach Babtholomae (Berl. Phil. der Erspaiang der Arbeit.
Bandbach der kUas. AltertumswiBa^DS^haft. U. 2. Aufl. 19
290
B. Lateinisohe Grammatik, b) Lateinische Lantlehre.
die Geltung -{o- (Bersu 126 f.), daher c für q{u). iecinoris von iecur = "^ieqor
gr. fjTtaQ aus *jeh^n'; torcultis torquere miisculus aus *torkulo- ^mushklO'.
Anmerkung 1. Der für vapor lit. kvapas^ vellere gr. riXXia, ver(ni8 skr. kfnn\
verrere gr. taXaoy, invüus skr. keta- (Bersu 151 f.) angenommene Abfall von c- könnte nur
durch die Mittelstufe g^- erklärt werden. Der gleichfalls früher angenommene Abfall von c-
in uter unde ubi vgl. ali-cunde ali-cubi cubi Plaut. Trin. 934 B, die man zu idg. •go- osk.
putürüS'pid pu'f umbr. pu-fe gr. norsQog stellt, ist mit Bersu 138 abzulehnen. Brüokann,
Grundr. 1 S. 323 ist geneigt, Vermischung der Stämme u- qu- (skr. kütra) qo- anzunehmen.
Vgl. jetzt auch Kozlovski, K. Z. 30, 563 f.
Anmerkung 2. Nicht klar ist der Ausfall von \f> nach palatalem c in canis für
*cuofii8 und vielleicht auch in caseus aksl. kvasü (Bersu 1^6). ccdix : xvAil mag sich
ähnlich verhalten wie nox : vv^ (G. Meyer, Gr. Gr.^ § 61).
Anmerkung 3. In echt lateinischen Wörtern ist idg. q niemals durch p- ver-
treten, wie oftmals angenommen wurde, s. Corssen 1, 115 f.; It. Spr. 121 f., Schleicher
§ 151, Anm. 4, Ascoli, Vorl. 67 f., Jordan, Krit. Beitr. 161 f., Fröhde. Bezz. B. 8, 16a
(neuerdings modifiziert ib. 14, 92), 0. Weise 25, Büoge, Bbzz. B. 14, 63 f. Die dafür an-
geführten Beispiele sind teils Lehnwörter (EpÖna keltisch, papina pcdumbes oskisch, poena
griechisch), teils beruhen sie auf falschen Etymologien (Bersu 136 f., 143).
47. b. idg. Palatalis g = lat. g, z. B. gnö- lit. zinöti, genu av. eanva,
ago skr. djami, argentum gr. aqyrig.
idg. Velaris g 1) ohne Labialisierung = lat. g in grus gr. yäqavoq
aksl. zeravif gelu aksl. zUdica] tego gr. athyoq lit. stögas; idg. Velaris g
2) mit Labialisierung = urit. gu = a) lat. gu (umbr. h) nach f9 in stinguo
unguen vgl. skr. tignid-, umbr. unten für *umben gr. äSrjv; b) lat. v im Anlaut
(umbr.-osk. 6, gr. i vor hellen, ß vor dunklen Vokalen und Konsonanten) in
venire umbr. benust osk. kümbenedgr, ßaCvcD, vivos osk. bivus (Nom. d. Plur.), veru
umbr. berus (Dat.-Abl. Plur.), -volus volare gr. ßoki^y valere lit. galeti, -vorus
gr. ßoQog; im Inlaut zwischen Vokalen avilla agnus gr. äfivog für ^aßvog^ ') nüdiis
'^no{g)^edO' got. naqaps u. s. w., uvere an. vöJcva; c) lat. g vor Konsonanten in
glans gr. ßaXavog, gravis skr. gurü-Miii anderen zweifelhaften Fällen bei Bebsu
130 f.; agnus, migrare gr. afieißo). Zweifelhaft sind gula gurges gurguUo.
Anmerkung 1. Die früher von mir vertretene Ansicht, dass ind. g in gewissen Fällen
= lat. b sei (neuerdings sucht sie Buggb, Bezz. B. 14, 59 f. zu verteidigen) ist kaum haltbar.
boere und blaesus scheinen griechische Lehnwörter zu sein,^) bös (für lautges. *rö8) aus
einem anderen Dialekt zu stammen,') die anderen Beispiele sind etymologisch unsicher.
Anmerkung 2. Gleichfalls zweifelhaft ist, dass -rg^- zu -rv- geworden sei, wie
wegen serrm*) und torvus^) angenommen wurde; vgl. Bersu 142.
Anmerkung 3. Regelrecht ist vixi aus *rtp^M* neben vivere aus i^i{g)uere. Von
derselben Art conivere canixi, fluere fluxi mit urspr. media aspirata. figere neben fiveie
Paul. Festi 92, 8, Bebsu 104 ist Analogiebildung nach fixi, wie umgekehrt struxi zu
Btruere W. ster- str-. Vgl. auch conflugae Liv. ^dr. 18 Ribb. I confluges nach conflux
neben regelrechtem fluvius.
Anmerkung 4. g neben urspr. k erscheint in einer Reihe von griechischen Lehn-
wörtern, z. B. gubemator, gummiy gobius, Agrigentum.^) Umgekehrt haben wir omwia
gr. dfiOQyi], clucidattis (Naev.) gr. yXvxiddeiy, sjyelunca gr. anrjXvy^. Für andere Fälle
hat J. ScBMiDT, Voc. 2, 350 Anm. den richtigen Gesichtspunkt der Erklärung angedeutet,
die Verschiedenheit der Bedeutung, so gurgulio Gurgel und curculio Korn wurm. Die
>) Fröhde, Bezz. B. 1, 327. Vgl. auch
aububulcus, Löwe, Prodr. 348.
2) Bersu, 140 S* 0. Weise 28.
3) W. Meyer, K. Z. 28, 169; Ascoli,
Due rec. lett. glott. 16 Anm., Bersu, 139,
Bruomann, Grundr. 1, S. 324. Nach Fröhde
Bezz. B. 14, 92 soll das Wort vom platten
Lande in die Stadt gekommen sein. Vgl.
auch Thürneysen, K. Z. 30, 486 f.
*) J. Schmidt, Vok. 2, 76.
">) Kuhn, K. Z. 13, 454.
^) Die zahlreichen Beispiele s. Saalfeld
D. Lautgesetze d. griech. Lehnwörter 27 f .
Sbelmann 346. Überhaupt Eigentümlichkeit
des Vulgärlateins nach W. Meyer bei Gröber,
Grundr. d. rom. Phil. 1, 365 (32). Vgl.
auch fal. gonlegium gondecorant Zvet. Inscr.
It. med. 70 b; gragulus, Varro 1. 1. 5, 10
neben gracidus.
7. VerschlnsBlante. (§ 47—49.)
201
Bchwankenden Schreibungen virco (Dvenosinschrift), acetat Paul. Festi 23, 10 neben agiiat,
cracentes er actio Turp. bei Non. 116, 13 M. neben gracilis, promulgare pi'omulcum Fest.
224 M. finden ihre Erklärung aus der Verwendung des einen Zeichens C für die tönende
und ionlose Gutturalis. neglego neben neclegens Paul. Festi 162, 12 und öfter bei Plautus
und Terentius nach neg-otium,
Anmerkung 5. In paciscor und pag- ist der Wechsel der Tenuis und Media wohl
schon indog. Über pcuiunt Scholl Leg. XII tab. rel. 118. Vgl. auch ping-o gr. noixAXog,
Anmerkung 6. In einigen inlautenden Lautgruppen ist g aus k hervorgegangen,
worüber unten § 65. 2 b und 3 g.
Tonlose und tönende Dentalis.
48. a. idg. t, anlautend und inlautend = lat. t^ z. B. tutis tovos
gr. T«(f)o$, iS'te gr. t6, tendere gr. reivcoy ires gr. TQsTgy termintis gr. tt'Qfnov;
vetus gr. fsätogy pater gr. natrjQ, Septem gr. imcc; in den Suffixen -to -ti
"tor -tero, gr. -to -T«(cy«) -tcö^, -rcQQ. idg. t erscheint infolge von Ver-
schiebung der Axtikulationsstelle im Italischen als k im Suffix -klo =
idg. -^fo,9 vgl. lat. ptorclur-m pia-culu-^i umbr. piha-klu (Gen. Plur.),
osk. sakaraklüm, jedoch osk. pestlüm neben umb. persklum; lat. -c2o durch
Dissimilation weiter entwickelt zu -crOy z. B. lava-cmm. Dieselbe Ver-
schiebung in lat. stU zu scU, vgl. stlis sclis [sclitib . . . CIL. 10, 1249],
stlcppus sclopptis, ferner in anclare gr. arrAav, crepiculum und crepitulum
und einigen anderen von Osthoff a. a. 0. beigebrachten Beispielen.^) Auf
spätlateinischen afrikanischen Inschriften ist -tr- in -er- verschoben,^) vgl.
päl. pristafaladrix sacaracirix lat. *prae8tabulatrix sacratrix,^) In latere
putere rutilus neben gr. Aa^- nvd^- iqvO-qoq sind t und vf selbständige
Wurzeldeterminative; ^) patior und nux^- überhaupt nicht verwandt.*) In-
lautendes d für ^ erscheint in quadraginta, quadri-. Über die spätlateinische
Erscheinung der Assibilierung des t vor i -\- Vokal und ihre Analogien
in den übrigen italischen Sprachen vgl. Corssen 1, 53 flf., Krit. Beitr. 468 flf.,
Seelmann 321 f. Über die Verwechslung von -ti- mit -e/-, z. B. Bonifadus
statt BonifaUtiS (= gr. Evrvxrjg) auch Schmitz, Beitr. 140 f.; M. Deloche,
Extrait d. M^m. d' TAc. d. inscript. t. 30. .
49. b. idg. d = lat. d, z. B. dare gr. did(o/iiy dccem gr. 6txay dens
gr. oJovgj deus divm gr. 6i{f)ogy duo gr. hom. rftw, edere gr. W«, cord- gr.
xaqiiUy oppidum gr. ntSov^ videre gr. firf-. Urspr. d -- r infolge Ver-
änderung der Artikulation;^) wohl nur vulgär und dialektisch, a) im In-
laute, z. B. maredus neben madidus;^) mendies, das schon Varro für *medi'
dies erklärte, ist wahrscheinlicher mit Stowasser^) von meri die „am hellen
0 Vgl. auch Immisch, Leipz. Stud 8, 311.
») Bbhfäy, Gott. g. A. 1858, S. 1629;
BuooB, K. Z. 20, 134 f.; Obthofp, Forsch.
1, 1 f.; Flbchia, Postilla sopra un fenomeno
fonetico, Torino 1871; Ascoli, Krit. Stud.
127 f., 144, 407; Studj critici 2, 108, wo
jedoch auch -öro damit identifiziert wird;
dagegen Cobssen, lt. Spr. 13 f. Vgl. jetzt
auch Bbuomamit, Grundriss 2, S. 112 f.
') Vgl. HoFFMANN, Dissert. phil. Argen-
toratenses sei. I. ; B^msch, Berl. Phil. Woch. 4,
1177 f.; Sbblmamn 312.
«) BOcHXLBB, Rh. M. 33, 271 f.; Buoge,
Altit. Stud. 65.
'^) CuRTius G.n^35, 420 ; Corssen, Beitr. 75.
•) J. Schmidt, Vok. 1, 94 A.
^) SiEYERS Phonetik 203.
®) Löwe, Prodr. 353. Andere Zeugen
desselben Wandels aus Glossen bei Schweizer-
Sidleb^ Gramm.'* § 67, 3. peres ^^ pedes
wird von Consentius(KEiL, Gr. L. 5, 392, 15)
ausdrücklich als Barbarismus bezeichnet. Im
allg. Seelmann, 310 f.; so auch über d = l.
») Stowasser, Arch. f. lat. Lex. 1, 273.
HiNTNER, Progr. d. akad. Gymn. in Wien
1886 und Bbeal, M6ra. d. 1. S. d. 1. 6, 163 f.
(dazu Arch. f. lat. Lex. 3, 566) haben mich
nicht von der Richtigkeit der älteren Auf-
fassung überzeugen können.
19
292
B. LateiniBche Grammatik, b) LateiniBche Lantlehre«
Tage" herzuleiten, woraus meridies durch Hypostase gebildet wurde.*)
Aus urspr. *medidies wäre *medies zu erwarten (vgl. Paul. Pesti 124, 7
medialis). b) im Auslaute bei den Präpositionen ar vgl. umbr. arfeHur
Volks, ar osk. az^ klassisch nur in arhiter und arcessere, apor neben ad
und apud. Brugmann, Grundr. 1 § 369 Anm. 1 sieht darin Eindring-
linge eines umbrisch-samn. Dialektes,^) anders Thürneysen, vgl. die
Nachträge. Nicht von Belang John B. Bury, Bezz. B. 12, 242. Vgl.
noch 2>^or == pro{d) Löwe, Qloss. nom. S. 106. Den umgekehrten Wandel
zeigt caduceus, das vom gr. xagvxeiov entlehnt ist. Noch häufiger ist
der auf dem gleichen Vorgange beruhende Wandel von urspr. d in l
in folgenden Fällen: levir gr. iccrjQy lacruma alt dacruma,^) lingua alt dingua^
wobei ohne Zweifel auch volksetymologische Anlehnung an lingere im
Spiele ist*) (vgl. lit. lezüvis für *ißuvi-s nach leziü „ich lecke**, Brugmann,
Grundr. 1, S. 207), Novensiles für Novensides,^) solium solea neben sedere,^)
uligo für *udigo neben udus, in den Eigenamen auf -xlius neben solchen
Skuf'tdiiis, vereinzelt praesiKum'^) impelimentum; sehr wahrscheinlich femer
in malus für ^mäzdo- ahd. ma^t^^) ludtis für *daidos aisl. teitr ahd. eeiz
„anmutig, angenehm",^) vielleicht auch in miles für *mizdes gr. iiiad^og^
mulicr iHr "^mudies gr. fiv^ao),^^) larix ir. dair, Zawrws für *darvus\^^) proles
idg. *prozdi' got. frastsJ-) In Ulixes ist dieser Wandel bereits auf griech.
Sprachboden volLsogen worden.*^) Vgl. E. R. Wharton, Latin L for D
Academy 681, Postgate Transact. of the Philol. Soc. 1880—81 p. 335 ff.
und anderes, was Seelmann, Neue phil. Rundsch. 1886, S. 189 erwähnt.
Über urspr. l ^= d siehe § 42. t fUr d ist geschrieben in dem Eigennamen
Hartionius CIL. 1, 568, und in den griech. Cotoneus neben Cydonius gr.
Kvidvioq, JEuretice für Eurydice, wahrscheinlich auch citrus neben xsdQog;
vgl. ferner prän. CasenterfaJ Alixentrfos], CIL. 1, 1501 add. (59 Ali-
xentrom)^^) für Cassandra Alexander, ebenso Creisita CIL. 1, 1501 add. d
für t gelegentlich auf vulgären Inschriften, z. B. quodannis CIL. 2, 1174
u. ö., mudavit ib. 462.
Über auslautendes i und d vgl. § 69. Über d = idg. dh § 55.
Gänzlich verfehlt ist R. Gbossrb, Sporadische Laatv«rtretung des griech. d durch
lat. I», N. J. 115, 387 f.
Tonlose und tönende Labialis.
50. a. idg. p = lat. p, z. B. pater gr. naTi^Q, potis gr. norvia, pecu
skr. pdSu', pes gr. novg; clepere gr. xAt/rTw, Septem gr. imd, setpere gr.
i'qno), ap' in ap-age ap-erio (skr. ar-)^^) ap-s (z. B. ap-s te Plaut. Men.
») USBNKB. N. J. 117, 74.
''') Über ar = ad ausführlich Scholl,
Leg. XII tab. rel. S. 81 ff.; Priscian bei Keil,
Gr. L. 2, 35, 7 führt auch arger neben aggernn.
*) Bei Liv. Andr. nach Paul. Fksti 08,
10 M.; Berok, Phil. 14, 187.
'*) Bechtel, Dissimilation u. s. w. 21 f.
^) Bücheler, Lex. It. XXV.; Debcke,
Etrusk. Forsch. 4. 17 A. 11.
«) CüRTius, G.^ 240.
') 0. Weise, Bezz. B. 5, 79.
«) Kluge K. Z, 20, 313.
^) De Saussube Möm. d. 1. S. d. 1. 6,
75, Windisch, Ber. d. k. sächs. G. d. W.
38, 245.
'0) FicK, Bezz. B. 1. 03.
»') Stockes, Bezz. B. 9, 88.
>2) Kluge, K. Z. 25, 313. Vgl. auch
Feist, Grundr. d. got. Etym. 37 f.
^') Vgl. die inschriftlichen Belege auf
attischen Vasen bei Kretzschhbb, E. Z. 29,
430 f.
*^) Nicht durch etmskischen Einflnas sa
erklären (G. Meteb, H. Sohuobardt, Z. f.
rom. Phil. 6, 620).
>^) BBUOMAm, G' ^ >f 488,
7. VerscliliuiBlante. (§ 50—51.)
293
264 und nicht selten in der Zusammensetzung), worin -s das Genetiv-
Ablativ-Suffix, >) gr. nno; op- z. B. op-secro Plaut. Rud. 1032, op-stiterit
Capt. 801 B, op'trudere Pseud. 945, gr. im; sup- in sup-sterne Ter. Andria
4, 3, 12, sup-ra sup-er gr. vno.^) Die gewöhnlichen Formen ab ob sub
sind vor tönenden Lauten entsprungen und verallgemeinert worden, af,
vor c l m s sp V auf Inschriften der Republik {af Capua Clli. 1 551 v.
J. 132 ist das älteste Beispiel) und der Kaiserzeit erscheinend,^) ist nur
eine volkstümliche, vielleicht durch Nachbarmundarten beeinflusste Form.^)
Von ab af abs zu trennen sind ü = westgerm. o- in nominalen Zusammen-
setzungen, z. B. a-werf, ved. a mit Abi. „von— her" Whitney § 293c,*) und au-,
skr. dva. Die enklitische Form von ab isti>o- in po~liopO'Sittis,porcet ^po^arcet^)
Wechsel zwischen Tenuis und Media im Wurzelauslaut in scapres scabo, sapio
skr. sabar-, wobei die Tenuis als ältere Artikulation zu gelten hat;^) zu letz-
terem vielleicht auch persfbus (= *-sebiis) gehörig. Vgl. ferner scapus scapula
scabellum. Durch Assimilation erklären sich bibo für *pibo neben potiis skr. pi-
bämi, Boblicola^) neben Poplicola, sofern nicht beide wiepopUcus und publicus
auf verschiedenen Ursprung zurückgehen, vgl. § 35, endlich propom CIL.
1, 19. Da in altlateinischer Sprache auch griechische mit n an- und in-
lautende Wörter mit b geschrieben werden, so Burrus burrtis {birrus Löwe,
Prodr. 82) buxum carbasus neben Ilv^^og nv^^og rtv^og xccQiiacfog skr. kar-
posa^, so liegt der Grund dieses Schwankens zweifellos in der nicht deut-
lich geschiedenen Aussprache der tönenden und tonlosen Verschlusslaute.
Damit vergleiche man das Fehlen der Buchstabenzeichen für die tönenden
Verschlusslaute in der etruskischen und für d g in der altumbrischen
Sprache. Indog. p ist durch q reflektiert in quinqe, gr. nävrs urit. *kuenkue
idg. *pef9qe, coquo urit. *k^ek^ö idg. *peqö, gr. näaaw. Diese unregel-
mässige Lautvertretung erklärt sich durch Assimilation des anlautenden
Konsonanten der ersten Silbe an den der zweiten.®) Vgl. § 46.
51. b. idg. b = lat. &, in einer sehr beschränkten Zahl von Beispielen
überhaupt nur nachweisbar, so baculum gr. ßdxTQov, balbus gx. ßdgßaQog, brevis
gr. ßqctxvg (?) vgl. den Nachtrag zu S. 303 Anm. 17, lubricus goi,sliupany labium
für Hebium nach lambere ags. lippa,^^) bücina skr. buk-kära- „das Brüllen des
Löwen* dks,bucati,^^) scabo lit. skabüs „schneidend*. Über b = urspr. d^
siehe § 63 ; über b als Vertreter von idg. bh, dh im Inlaute den folgenden
Abschnitt. Vereinzelt ist gr. ß durch p wiedergegeben, so Canopm neben
Kttvaoßog; wahrscheinlich auch triumpe triumphus neben gr. x/Qiafißog.^^)
^) Bbüomann, Ber. d. kgl. sächs. 6. d.
W. 1883. 189 f.
') UM- neben aubs- zu erschliessen aas
suremü sümpsit Paul. Festi 299, 2 (oder
Analogiebildung nach dvr-imo?); sursum nur
aus *8U8üor8um zu erklären (aber wahr-
scheinlicher nach rursum gebildet)
') ColtssEN 1, 157, Jobdan, Erit. Beitr.
312, Gboboxs, Lex. d. lat. Wortf. s. v.
*) Vgl. fibrigens Cobssen 1, 152 f.,
BuooB bei Ducke, Etnisk. Forsch. 4, 115.
AUiffdauDi pftL afded kann man nach Paulis
jen Altit. Stud. 5, 119
«nfBhren.
») J. Schmidt, K. Z. 26,41f., Fböhdb, Bezz.
B. 7, 327.
«) OsTHOFP, M. ü. 4, 340 f., Z. G. d.
P. 25, 611.
') Brüomaiw, Grundriss 1, § 469, 7 u. 328.
8) Cobssen 1, 127.
•) CuBTius, G.*465; Bbugmann,Tbchmbb'8,
Int. Z. 1 233 ; anders Osthoff M. ü. 1 94, 234.
•°) Kluge s. v. »Lippe*.
**) Bruomann, Grundriss 1, S. 267. ün-.
richtig behauptet Pauli, Altit. Stud. 4, 34,
in acht lateinischen WOrtem sei b kein ur-
sprünglicher Anlaut
igjicni
>^ 0.
Weise 18.
294 ^* LateiniBche Grammatik, b) Lateinische Lantlehre.
Im zweiten Jahrhundert nach Christus tritt zuerst v für inlautendes b in der
Schrift ein;*) vereinzelt CIL. 1 1063 libertav[us] auf einer chronologisch nicht
genau fixierbaren Inschrift (von Corssen übersehen, von Brambach Neug.
238 bald nach der augusteischen Zeit gesetzt). In den Handschriften von
Varro 1. 1. viel häufiger Savinus als Sabinus. Dieser Vorgang in der Schrift
bedeutet Übergang des tönenden Verschlusslautes b in die tönende Spirans |t;,
der also im 2. Jahrhundert n. Chr. begann; vgl. Corssen, 1 131; Schuchabdt,
Vok. 1, 131 ; 3, 39; W. Meyer bei Gröber, Grundr. d. rom. Phil. 1, 362 (21).
Anmerkung. In dem archaischen Melerpanta {Bellerophantes) CIL. 1, 60 ist gr. ß
durch m wiedergegeben.'') promoscis volksetymologisch angelehnt an promere und os,
vgl. Schmitz^ Beitr. 137 f. und Stolz, Lat. Nominalkomposition 34.
Idg. Aspiratae im Lateinischen.. 3)
52. idg. gÄ «) = lat. h im An- und Inlaute zwischen Vokalen. Mems
skr. himd^ gr. xHiim\ humus gr. xctiiai\ helus holus aksl. zelije (daneben
folus Paul. Fest. 84), hira skr. Atra- lit. garna (daneben farioluß),*) anser
für *hanser lit. iasts,^) {h)ir^) gr. x^^Q skr. har-, trahere ksl. trezati, veho
ksl. vcza, meio fiir *meiho skr. mih- gr. ofiix^Tv, aio für *aA|ö skr. dha
(3 Sgl. perf.), vielleicht auch gr. rjxccvevy wie via *veia für *vehia ^veghia- W.
tjegh' lat. veho gr. oxog, (gegen diese Ableitung Thurneysen, K. Z. 30,
499), wogegen agis'^) wahrscheinlich für ajis steht; übrigens beweisen
adagiuni, nego auch nichts dagegen, sie sind nach dem ursprünglich voraus-
zusetzenden *agmi für *a^Ämi gebildet, wie niagis nach magnus; lien für *lihefi
*splehen aksl. slezena lit. bluznis, vgl. auch tragula neben trah4x „Schleife.*
ß) = lat. g nach t9 in ango gr. «yy«, mingo, fingo got. deigan gr.
teixog idg. *dheigh'.^) Regelrecht auch axare zu agh-, y) Schwerlich ab-
zuläugnen ist der Zusammenhang von fundere got. giutan gv. x^'^i^) viel-
leicht doch auch fei x^^^^ aksl. ilüci (J. Schmidt, K. Z. 25, 133, Kluge
s. V. „Galle"); hieher auch */a?i-, wovon Falisci, gr. x^^^ „ungemischter
Wein*" nach 0. Schrader, K. Z. 30, 484 f. Ein Erklärungsversuch dieses
singulären Lautwandels bei Brugmann, Grundr. 1, § 389 Anm. Über das
Nebeneinander von h und f siehe unten.
53. idg. gÄ 1) ohne Labialisierung = lat. h in hostis (fosHs) got.
gasts aksl. gosü, pre-hend-o gr. x^'^^-^'^^l = lat. g vor r in gradior got.
grips aksl. greda, vielleicht auch grä-tus. 2) Mit Labialisierung = lat. f
im Anlaute in formus &epfi6g skr. gharmd-, fomus skr. ghrnd-, fer gr. ^ly^;
/rio gr. x^''^; = 'ßt. 6 (aus f verschoben) im Inlaute vor r in lanuv. nebrun-
dines praen. nefrones gr. vsipQog ahd. nioro Grdf. *neghrö-; = lat. (/m nach f?
anguis skr. dÄf- lit. angi-s, ninguit^^) gr. veiifsi lit. sni^fi W. snejfgA-^ ^m-
>) Corssen 1, 131.
*) Jobdan's AfeXXBgoq>aytfjg (Kr. Beitr.
47) ist eine unhaltbare Voraussetzung.
») Grassmann, K. Z. 12, 81 f.; Ebel ib.
13, 261 f.; AscoLi ib. 17, 241 f. u. 18, 417 f.
= Studj critici 2, 108 f.; Vorlesungen 118 f.
Dagegen Corssen 1, 802 f., K. Z. 19. 190 f.
Femer vgl. Schmitz, Beitr. JlOf, Collitz,
*) Keller, N. J. 87, S. 766.
«) Löwe, Prodr. 328 f.
') ib. 366.
8) Kluge, Et. W. s. v. .Teig", Brug-
mann, Grundr. 1 § 395.
®) Osthoff, M. U. 4, 99 läugnet diesen
Wandel ; vgl. auch 0. Danielbson in Pauli.
Altit Stud. 3, 144 Anm.
Bezz. B. 3, 177 f., jetzt auch Brugmann, > ^^) Dies ist die für die ältere Zeit nach-
Grundr. 1, § 383, 389, 422, 423, 430, 433. \ weisbare Form, ningü analogische Nenbil-
*) Vgl. jedoch auch Kluge Et. W. s. | düng, vgl. Bersu 103 f.
V. .Garn". 1
7. VerflchliuiBlante. (§52-55.)
295
guis für *penguis Tiaxvg;^) = lat. v zwischen Vokalen in nivis für *niguis
{ningues Lucret. 6, 736 Neubildung), co-niveo got. hneivan W. kneigh-; üva
lit. uga. Dagegen unklar der Zusammenhang von levis eXaxvg, brevis ßgaxvg.
Wechsel von h und f im Anlaute, ohne dass die ursprüngliche Natur
der Aspirata genauer bestimmt werden kann, zeigen noch manche, zum Teil
nicht vollständig sichere Beispiele,^) so faedus haedus aedus, fostia hostia,
fordeum hordeum; vgl. Paul. Festi 2, 6; 84, 5; 102, 12; 103, 8 M.
64. idg. bh = lat. f im Anlaute: fari gr. (pr]fii\ fui gr. yv«,
fagus gr. (prjyogj fh'O für gr. (f€Q(ü (pcig^ farcio gr. ypa<r<rü), folium gr. (fvXXov,
idg. hh = lat. h im Inlaute (umbr. o^. f): ambo gr. afi^o}, amb-itus
osk. amfr-etf orbus gr. o^yarog, umbilicus ofifpalogy nubes v€(pog, sibi osk.
sifci, mor-bus Suffix -feAo- (Brugmann, Qrundriss 2 S. 204). Im Anlaute
wechselt h mit Z*:^) hordus fordtis, haba faba, hebris febris, horreum farreum^
herba forbea, hilum filum, hanulum fanum, harena sab. fasena. Die Er-
klärung dieses Wechsels wird später im Zusammenhange mit ähnlichen
Erscheinungen in der Vertretung der beiden anderen indogermanischen
Aspiraten gegeben werden, f als Vertreter von idg. bh im Inlaute in
amfractus neben regelrechtem ambrices ist durch die Anlehnung an frangere
zu erklären;^) scrofa sifilus (neben regelrechtem sibilus), sifilare (von Nonius
531, 2 M. mit „vilitas'' charakterisiert), tofus, dazu aus Glossen crefrat
{cribr{U)y Mulcifer, buftis,^) sind trotz Cobssen^) aus italischen Dialekten
entlehnt. So auch Ascoli, Sprach w. Briefe 83 f.; vgl. auch Bücheler,
Rh. M. 42, 584 f. mihi (älter mihe CIL. 1 1 049), umbr. mehe ist nicht aus
*fnibhi zu erklären; vielmehr lässt der Vergleich mit skr. mdhyam (neben
tübhyam) bereits eine voritalische Grundform ohne die labiale Aspirata er-
kennen (wahrscheinlich gh, wie in skr. ahdm, vgl. Brugmann, Grundr. 1 § 389).
65. idg. dh = lat. f im Anlaute: faber lit. dabinü aksl. dobrW^),
facere gr. ti-d'rj'fAi, sufflre gr. &vü), felare femina gr. ^ijat^m, fortis (altlat.
forctus) skr. drdhd-,^) = b (aus f) im Inlaut vor und nach r^) in barba
(für *farba vielleicht mit Assimilation des anlautenden f) ahd. bart abulg.
brada Grdf. *bhardha-^ combret-um „ Binsenart ** lit. szvendrai pl. „eine Art
Schilf oder Rohr" Grdf. *k^endhrO',^^) rubro- gr. igvd-Qog skr. rudhird-.
glaber aus ^gladhro- oder *gbdhro- ahd. glat, Über osk. lüvfreis gr. iXev^
d-sQog, über gr. ovd-ag skr. üdhar, hingegen arduos idg. "^fdliuö- wegen -dhu-,
Suffix 'brO' gr. -^po- europ. ^-dhro-; vor l in Suflf. -bulo- -bula- ital. -flo-
'fla- gr. 'd-Xo' europ. *'dhlO' z. B. stabulum ixmhv. stafla-^em; -bili' umbr.
'feie z. B. fagefele (überliefert fagefete); nach m in lumbus anord. Und
ahd. lenti idg. *lomdhos,^^) = lat. d im Inlaute (ausser den angegebenen
Fällen) (osk. umbr. f): medius skr. mädhya- osk. mefiat, aedes gr. oTiJ^cö,
gaudere gr. yrj&to) (für *ya/?u^«w), vidutis gr. r/^sog skr. vidhdva-, credo für
*) Anders Fick 1, 155.
3) CoBSSBN 1, 158; Bbbsü 131.
*) CoBSSEN 1, 102; Bersu 131.
^) BOcHBLEB, Lex. It. IV; de Saussube,
Mto. 17erkläit es aus *am'8r<icfiM.
*) Löwe, Prodr. 421 f.
•) Beitr. 194 f.
') Fick, Ei W. 1, 633, Vani ek» 130;
Bbuomann, Grundr. 2 S. 200 stellt das Wort
mit gr. Tc&fÄog zusammen.
^) De Saussüre, M^m. 15.
») Osthopf, M. U. .4. 199; Z. G. d. P.
534, Jenaer Lit. 1878, S. 486.
^^) Bezz. B. 6, 237; Bbüomanh, Grundr.
1, § 370.
>•) Osthoff. Z. G. d. P. 534.
X
X»
f
l>
h g
f
f
f
—
gv, V, b
h
d h
296 B. Lateiniflche Grammatik, b) LateiniBche Lantlehre.
*cred'dho ^crez-do skr. Sraddddhann, inde gr. iv&a vgl. skr. ddha, iubere
wegen iussi aus Hud^i (Etymon unsicher), h im Wechsel mit f im Anlaute
ist sehr unsicher, vielleicht in forctus horctus;^) die Erklärung siehe unten.
rufus^) neben regelrechtem ruber ist wieder durch umbrisch-sabinischen
Einfluss zu erklären, mufrius von Bücheler, Rh. M. 39, 426 mit gr. fivd^-
zusammengestellt und für alt und volkstümlich erklärt, kann ebenfalls
nur Produkt der Dialektmischung sein,' wie oben sifilus u. s. w. Ufens
Aufidus sind oskische Worte.
Anmerkung, infimus skr. ddhama-, hat regelwidriges f, ebenso inferus skr.
ädhara- got. undar; eine nicht allzu sichere Vermutung über die Herkunft des f (infimus
aus *tn fumo — in humo) bei Bbugmann, Grundr. 1, § 389 Anm. Nach Ascoli, Sprachw.
Briefe 83 hat die scheinbare Komposition die regelrechte Lautgestaltung von infero- ge-
hindert. imu8 Grdf. *tidhm6' vgl. primus aus ^pris-mo (nach Schwbizbb-Sidlbb, Gramm.'
§ 148 = *insmus\ nach d'Abbois de Jübainvillb M^ra. d. 1. S. d. 1. 6, 56 = *fc-mo ir.
ichtar „partie inferieur"^ dafür auch Bbugmann, Grundriss 2, S. 158). Vgl. die Nachtrftgc.
56. Für die Vertretung der idg. mediae aspiratae im Lateinischen
ergibt sich nach dem Gesagten folgende Übersicht:
idg. gh g/* bh dh
urit. X
, , ( anl. h if?)
\ ml. h g
Die idg. med. asp. waren bereits im Uritalischen durch die Mittel-
stufen von tenues asp. und tonlosen Aifrikaten zu tonlosen Spiranten ge-
worden, 3) wie wir mit Ascoli, dessen Darstellung der vorliegenden Frage
uns massgebend erscheint, annehmen.^) Die tonlosen Spiranten lat. h =^
idg. gh und gÄ und f = idg. {gh?) gA mit Labialisierung (ausgenommen
nur urit. x^r- = lat. gr-) bh und dh verblieben im Anlaute intakt. Nur h
fiel wegen seiner schwachen Artikulation gelegentlich gänzlich weg, z. B.
anscr (vielleicht zunächst dialektische oder vulgäre Eigentümlichkeit).
Sicher dialektisch ist der Wechsel von h und f im Anlaute in den oben
angegebenen Fällen, die allen vier Explosivreihen anzugehören scheinen,
worüber zuletzt ausführlich gehandelt hat Ascoli, Due rec. lett. glott. 1 ß.
= Sprachw. Briefe 80 flf. Vgl. dazu die Wiedergabe von gr. spir. asper
durch F bez. C in prän. Felena Fercles CIL. 1, 1501 add., 1500, ferner prän.
Foratia Schneider 200 neben lat. Horatia und das gleiche Schwanken zwischen
A und f im Etruskischen (Pauli, Etrusk. Stud. 1, 14 und Altit. Stud. 4,
111 f.). Im Inlaut wurden die tonlosen Spiranten zu den entsprechenden
Medien verschoben; weiter schwand intervokalisches A = idg. ^A,'^) intervok.
gv = idg. gA mit Labialisierung ward zu v, inlautendes urit. ^ = idg. dh
nach der Natur der umgebenden Laute zu d oder b.
Die aus idg. med. asp. hervorgegangenen lat. b d g erfuhren in Kon-
sonantengruppen dieselbe Behandlung wie idg. b d g.
ADmerkung. Die Bezeichnung des f durch FH in FHEFHAKED (Fibel von
Palestrina, vgl. § 2) ist wohl gewählt, um die Tonlosigkeit der Aussprache zu kennzeichnen.
57. Idg. tenues aspiratae sind nachzuweisen in scelas skr. skhdlati
') Paul. Fest. 84; Bbbsü 131.
•2) CoBSSBN. Beitr. 198.
^) Über letzteren Übergang 6. Meyer,
Gr. ür.2, § 210.
*) CuRTiüs, G.* 424. Jetzt auch Bbug-
MANN, Grundr. 1, § 509.
^) Osthoff, P.-B. Br. 13, 395- laset es
uaentechieden, ob *ahiq oder *agiq anzu-
setzen sei.
7. VersohliuiBlante. (§ 56-57.) 8. Spiranten (Beibelante). (§ 58—59.) 297
gr. cftpaXXofiai W. sqheU, sclndo caedo skr. chinddmi gr. «rx'?*) got. skäi-
dan W. sqhaid-, calx gr. x^^^S j wenn nicht ersteres ein Lehnwort ist;
cangius skr. iaf9khd' gr. xoyxog, unguis skr. nakhd- gr. ovv^ (vgl. jedoch
auch Feist, Grundz. d. got. Etym. .82); habeo got. habdiff W. ^khahh-;
im Suffix der 2. Sgl. perf. -M gr. -t>-a- skr. -tt-a idg. -th-a^) Über altlat.
a^i»a, das Kluge und 6. Meyer wegen gr. äxvij mit qh ansetzen, vgl. jetzt
Feist, Grundr. d. got. Etym. 2 s. v. „ahana**.
8. Spiranten (Reibelaute).
Der palatale Spirant.
58. Während anlautendes idg. Jod eine doppelte Geltung hatte, ent-
weder konsonantische oder halbvokalische, die deutlich noch erkennbar ist
durch die verschiedenen Vertreter desselben im Griechischen (spir. asper
bez. lenis und C)') und Albanesischen ^) sind im Lateinischen beide Laute
zusammengefallen, idg. i = gr. spir. asper: iecur gr. rjnaQ skr. ydkrt^,
iunitrices gr. dvdrsQeg skr. ydtar-, idg. j = gr. f : iugum lungere gr. ^vyov
skr. yuj-, ius gr. f i/t>?, skr. i/üSa-. j und i nebeneinander in jugerc und
iugerc (vom Schreien des Hühnergeiers), aber gr. ivyri für *pivpj wegen
dßiifxTov Hes. Die Beispiele für spätlateinisches z statt /, z. B. Zanuari
IRN. 1622, ZovXiae GIG 6710, bei Corssen 1 309, ebenso für den umge-
kehrten Fall; Seelmann 233. In ahmeus ist nicht h = ?, sondern Tren-
nungszeichen (vgl. umbr. stahu pihafi). Über lat. i im Inlaute vgl. § 14.
Der dentale Spirant s.
69. 1. idg. s (tonlos) = lat. s im Anlaute und im Inlaute vor ton-
losen Yerschlusslauten und nach Konsonanten : serere gr. l't,iiu (für *aiai^^u),
sus gr. vg, sequi gr. i'neaO^ai^ senex gr. i'vog^ sent" gr. a- in ana^ Grdf.
*5w-, suus sovos Grdf. *sevos gr. i{f^)og, stare gr. cttö- airj-^ scdbo got. skaban,
castus skr. H^id-, vestis gr. psa- skr. vas-, est gr. fcrT/, gcs-tus (neben ger-)
gr. ßaavd^siVy quisquiliue gr. xoaxvXfiara; dexter gr. Se^iog, luxus gr. Aofo^;
ensis skr. a5^-, mensis gr. /i^jV äol. Gen. firjvvog {vv = rcr).
2. idg. 5 = lat. r im Inlaute zwischen Vokalen,*) in diesem Falle
bereits italisch z (Brugmann, Grundr. 1, § 567), und vor v, g. Aus älterer
Zeit sind namentlich bei Festus und Varro noch manche Beispiele von
erhaltenem s überliefert, die man bei Walter p. 4, Jordan 134, Corssen
1, 229 gesammelt findet; arbosem (Paul. Fest. 15), helusa (100), pignosa
(213), fesias (86), dasi (63), vgl. ausserdem ib. 264, Varro 1. 1. 7, 27 Sp.,
Vel. Long, bei Keil, Gr. L. 7, 73, 8, Löwe, Arch. f. lat. Lex. 1, 28 esa
') Klugb. K. Z. 26, 88 f.; Bbüomanh,
Grundr. 1 § 553; G. Meybb, Gr. Gr.« § 203.
Über habere urteüt anders Ascoli, Sprach w.
Briefe S. 92.
') G. Schulze, Über das Verhältnis des
-C zu den entsprechenden Lauten der ver-
wandten Sprachen, Göttingen 1867. Anders
aber gewiss unrichtig Havet, M^m. d. 1. S.
d. I. 6, 325; vgl. auch Hbugmann, Grundr. 1,
^ G. Mktkb, Phil. Abb. z. 70. Ge-
burtstag Hbbtz*s S. 87 Anm. 1.
*) Louis Gaussin, Möm. d. 1. S. d. 1.
1, 126 f.; Walteb, Rhotacism in the old ita-
lian languages and the exceptions, Leipzig
1877 ; Jobdan, Krit. Beitr. 89- 166 ; G. Meybb,
Zeitschr. f. d. Ost. Gymn. 1880, S. 120. R.
Seymoub Conway, Yemers Law in Italy,
London 1887. Ciavabelli, Sulla cons. con-
tinua S nelle lingue europee, Napoli ist mir
nicht zu Gesicht gekommen.
298
B. Lateinuiche Grammatik, b) Lateinische Lantlehre.
domna, ders. Act. soc. phil. Lips. 2, 473 f.; inschr. Loses CIL. 1 28. Am
auffälligsten zeigt sich dieses Lautgesetz in Fällen wie gero gcstum, nefa-
rius nefas, funeris funestus ; im Suffix des gen. plur. -rum = urspr. ~sum
(osk. -zum); in der Zusammensetzung dir-imo neben dis-tineo. Vor v:
furvus neben fuscus (oder = *fursvus?),^) Minerva für *Menezva gr. fiävog^
larva Has-va zu Ldses,^) aber nicht lavema mit Götz, Ind. schol. aest. Jenens.
1887 s. vm.
Anmerkung. Dass •8n- = 'm' geworden sei, ist zum mindesten fraglich, vetemus
kann von veter- abgeleitet sein'), der Zusammenhang von vema mit Ves-ta skr. vfis- ist
nicht sicher;^) diumtts ist trotz qtiamditAS tamdius Schxjchabdt, Vok. 3, 282 Analogie-
bildung nach noctttr-ntis; fraglich ist caverna, das freilich von einem Nomen *cavo8 *caves
herzukommen scheint. Das späte modernus wird wohl auch nicht in Betracht kommen.
Jedesfalls müsste diese Behandlung der Lantgruppe -sn- = -m- chronologisch jünger
sein als die gewöhnliche, z. B. in cänus = ^cas-nO', Casmena{e) Fest. 205, 14 Camena
skr. idsman' ist etymologisch zu trennen von carmeUt welches nach Bebsu, Die Gutt
S. 174 zu gr. xij^'vl skr. käru- „Lobsänger Dichter" gehört*)
3. idg. 0 (tönend) = lat. r in mergo (idg. »we-erg- oder mezgh'); idg.
-jsrdÄ- = ^st- vielleicht in hasta got. gazds = Grdf. *ghazdha.^) Über crBdo
aus Hrezdo idg. *kred dhs- Brugmann, Grundr. 1, § 507 und 521. ardere
volsk. aso ist von ardiis (= aridus) abgeleitet, lat. z in inlautenden Kon-
sonantengruppen s. § 64, 65.
Anmerkung. Ein sonantisches z (z) sucht Thubnetsbn, K. Z. 30, 351 ff. nach-
zuweisen.
4. Nach Erlöschen des unter 2) erwähnten Lautgesetzes ist s im In-
laute zwischen zwei Vokalen, wenn der vorausgehende lang war, oft aus
Reduktion von ss hervorgegangen, welch letztere Schreibung häufig genug
bezeugt ist, z. B. quaesso IRN. 6482, caussa CIL. 1 575 Mon. Ancyr. III 1,')
accussasse CIL. 1 206, 120, crissare und crisare, und zu Ciceros Zeit nach
Quintilian 1, 7, 20 noch die allgemein übliche war. So sind die Perfekta
auf 'Si aus solchen auf -5si hervorgegangen, misi aus missi *mtt'Si^ missit
CIL. 1, 1012, stmsi ^suad-si, haesi *haes-si; so die Part. Perf. bez. Supina,
wie ausus aus aussus (vgl. d. a. St. a. Marius Vict.) [atis^imne Plaut.
Merc. 301 A]; [cljaussum Mon. Ancyr. II 42; essum (aber schon idg. *i^d^t(h
Osthoff, Z. G. d. P. 147) und Ableitungen bei Plautus an nicht wenigen Stellen;
ossor Plaut. Poen. Arg. 2 CDZ; ussurae Plaut. Trin. 181, visso Pseud. 1063;
-ÖSW5 aus häufig bezeugtem -ossvs -onsus (häufiger nur formonsus) , worüber
jetzt ausführlich Schönwerth-Weymann, Arch. f. lat. Lex. 5, 192 flf.; über
die Ableitung § 45. An einzelnen Wörtern erwähne ich : quasi für *quamsi,
qaansei CIL. 1, 200, 27, quasilltis für *quassiUtis von qualus aus "^quat-slo^
gr. xd&og ' anvQig Hesych.,^) ca^a neben cassis^ suasum {sordes) got. svarts,
^) fiisvus (Keil, Gramm. Lat. 7, 13) ist nur
Konjektur Futschb's (Jobdan, Krit. Beitr.
358). An dem Verhältnis von fur-vus und
fu8-c^i8 wird dadurch nichts geändert.
*) Jobdan-Pbellbb, Rom. Myth.^ 1, 182;
Deecke, Etrusk. Forsch. 4, 44.
'*) Doch vgl. Wackbbnagel, K. Z. 30,
300 ; Analogiebildung nach Bbugmann, Grundr.
1, S. 428.
*) Zimmer's (Anz. f. deutsch. Alt. 1, 112)
Zusammenstellung mitanord. hornimgr schei-
tert an der Mittelform *cvema; übrigens
möglicherweise = *ves-ttia (Bbuomamn, Grund-
riss 2, S. 137).
^) Fälschlich hält an der Identität von
Casmena und Carmen fest Ribbeck, Gesch
d. röm. Dicht. 1, 6. Ein anderer etym. Ver
such von Bähbens N. J. 135, 65 f.
«) Osthoff, K. Z. 23, 87 f.; Bbugmann
Grundr. 1, § 507, 594,
') Quintilian 1, 7, 20; Mabius Vict. bei
Keil Gr. L. 6, 8. Vgl. auch Bbambach
Neug. 273 ff.
*) Osthoff, Forsch. 1, 197.
d. Spiranten (Beibelante.) (§ 59.)
299
pisere pinsere, pisum gr. maoq Qrdf. *jpi>i5-/) vesica vensica ahd. watist,^)
nctötis nasum {imssum Plaut. Merc. 310 A) mag auf einen 5-Stamm zurück-
gehen (also 'S' aus -55-), vielleicht auch vasum {vassa Plaut. Merc. 781
gegen vasa Stich. 595).*) l<ibosi4S^) hat mit labor nichts zu thun (s. Georges
s. V.). Ein grosses Kontingent an Wörtern mit inlautendem intervoka-
lischen s stellen die Fremdwörter, welche nach dem Erlöschen des Laut-
gesetzes eingeführt wurden. Gering an Zahl sind die echt lateinischen
Wörter, welche bis jetzt noch nicht hinlänglich aufgeklärt sind, um das
intervoKalische 5 zu begreifen: agaso^ equiso, basium, caesaries, Kaeso,^)
caesitiSf indusium, miser (vgl. Johansson, K. Z. 30, 422) u. a. Unhaltbar
ist der Versuch Conway's, die Erhaltung des 5, bez. den Übergang in r
auf Rechnung der Beton ungsverhältnisse zu setzen,^) woran schon Bugoe,
Rh. M. 40, 473 gedacht hatte, pubertas ist nach ub^rtas libertas (f. Hibr{o)t'as)
gebildet,') noch auffallender viduertas.
5. Auslautendes s ist auf lautgesetzlichem Wege niemals dem Rhota-
zismus verfallen. Die Substantiva auf -or -oris und die Komparative haben
das r im Nominativ aus den obliquen Kasus bezogen, wie am besten das
Schwanken zwischen -or und -os bis in die klassische Zeit beweist {arbos
zu Ciceros Zeit gewöhnlich, zu Quintilians Zeit veraltet (1, 4, 13), honos
auch in der Prosa und Mon. Ancyr. II 36)®) und die Differenzierung der
Formen decar und decm, simltur, von Corssen, Beitr. 23 aus-5?V»t- (Abi.
von siniO' semo-) und -tm erklärt, deutet Jordan a. a. 0. 93 f. richtiger
aus *simUud, wovon regelrecht alat simUu, während die Form auf -ur als
eine dialektische oder durch Satzsandhi entstandene Nebenform bezeichnet
werden muss (vgl. § 49 ar ad).
Der Prozess des Rhotazismus war jedesfalls bereits vor dem Beginn
einer Profanlitteratur zum Abschlüsse gekommen;^) jedoch vermag ich
nicht Jordans weitgehende Vermutungen über das Verhältnis der Suffix-
formen 'Sius und -nw5 für berechtigt anzuerkennen {-äsio und -ärio sind
überhaupt zu trennen), sondern bin vielmehr der Ansicht, dass die Tradition
bezüglich der Umformung der Gentilnamen auf -5«w5 {Papisius VaUsitis u. s. w.)
im ganzen richtig ist. ^®) Namen auf -isitis -esius -nsius müssen nach dem
Erlöschen des in Frage stehenden Lautgesetzes eingeführt sein.
Anmerkung 1. Schwund des intervokalischen s ist nicht nachweisbar:*') rer ist
wahrscheinlich aus *^eseT in *vezr umgeformt, daraus r^r-, entstanden aus *t<c/r- \iebr'
= idg. *rte8r-^^) oder gleich aisl. vär; pruina neben prurigo ist eine Weiterbildung von
*prtu!nO' pruno-; Cerealis ist nicht aus * Ceresalis hervorgegangen, sondern von *Cereus
= osk. kerreio- abgeleitet (anders Osthopf, P.-B. Br. 8, 549). Andere noch problema-
tischere Beweise fQr diesen angeblichen Ausfall des interv. s habe ich a. a. 0. beseitigt.
0 0. Weise 29.
^) Lachxakn zu Lucret. ^ p. 357.
^) Bbuomann, Grundr. 1, 8. 428 Anm. 3,
457 f.; anders OsTBOFF, M. U. 2, 48 f., Mah-
LOW, D. 1. V. 32; noch weniger klar Feöhde
Bezz. B. 7, 110 und ganz unhaltbar 0.
Weise 29 Anm 2
*) Lucil. bei Nonius 489, 12 (III 6 Müll.);
Pott Bezz. B. 8, 96
^) De Saussube, M^m. 286.
•) Vgl. auch Deecke, Woch. f. klass.
Phil. 1888, S. 737 flF.
') Bbügmahn, E. Z. 24, 32.
*) Neue, 1, 169 f.; Joedan, Krit. Beitr.
141 f.
^) Jordan, Krit. Beitr. 143. Die einzige
Spur in der uns überlieferten Litteratur wäre
glisis Naev. 65 Ribb. II; jedoch ist hand-
schriftlich glifis (C) oder clifis (L) Überliefert;
vgl. Nonius 151, 1 M.
*<>) G. Meyer a. a. 0.; Pauli, Altit.
Stud. 1 53; Osthoff, Lit. Centralbl. 1879,
Sp. 1094 f.
>') Stolz, Wiener Studien 6, 129 f.
»2) Bruomanw, Grundr. 1 § 570, 3 nach
Havbt, Mäm. d. 1. S. d. 1. 5, 447.
300
B. LateiniBche Grammatik. Lateinisohe Lantlehre.
Anmerkung 2. In dem italo-keltischen Passivum ist r nicht durch Rhotazismiis
entstanden, sondern ursprünglich, wie aus dem Umstände hervorgeht, dass erstens in der
oskischen Sprache dieselbe Passivbildung vorliegt (sakarater = sacrcUur), hier aber nur
z als Vertreter von intervokalischem 8 erscheint (egmazum gen. plur. für -stim) ') und
zweitens auch in den keltischen Sprachen intervokalisches 8 nicht dem RhotazismuB ver-
fällt. Die genaueren Nachweise siehe unten § 98.
Anmerkung 8. Anlautendes lat. s in süb, super gegenüber ^r. vtio, vnBQ, skr.
npa, updri erklärt Osthoff, M. U. 4, 156, 265 f. am wahrscheinlichsten ab Rest von *k8,
der schwächsten Form der Präposition ex, so dass s-uper zunächst zu gr. i^-vneg&e gehörte.
Anmerkung 4. Die griech. Lehnwörter resina rosa können ihr s wohl nur grie-
chischen dialektischen Nebenformen verdanken (gew. ^rjriyrj ^odoy); brisa neben gr.
ß^vTsa Lehnwort aus dem Altspanischen (?) nach Dieffekbach, Orig. £ur. 273.
Über den Abfall des auslautenden s vgl. § 69.
Der labiale Spirant v.^)
60. In den einzelnen Fällen lässt sich nicht erkennen, ob idg. v oder
U vorliegt; ich muss dah^r davon absehen, problematische Beispiele vorzu-
führen. In den für den Übergang von anl. vo- in m- vorgebrachten Bei-
spielen scheinen Abstufungsverhältnisse zu Grunde zu liegen, so urgeo neben
pcQY', ürina skr. väri- u. s. w.^) Über t; = ?/ im Inlaute § 14. lat. v
aus u in solvo für ^se-l^o, volvo. lat. v im Wechsel mit b in fervere ferbui,
jungen Datums auch ferbeo ; der Grund des Wechsels von v und b ist nicht
vollkommen klar (nach Corssen 1, 126 Dissimilation von -vu- zu -&tt-;
Bersu, die Gutturalen 139 auch keineswegs ausreichend); bubulcus ist mit
AscoLi, Sprachw. Briefe 94 zu bubalus (Büffel) zu stellen vgl. it. bifolco,
davon auch bubile JBubona. lat. w = t; in den Suffixen -vo -tvo nach Ver-
schlusslauten, z. B. vacutts mortuus {salvus arvum).
Anmerkung 1. Itcdia vgl. osk. vüeliü, lat. vitulus ist von den unteritalischen
Griechen entlehnt/)
Anmerkung 2. Angeblicher Übergang von v in f, von Buoge, E. Z. 20, 15 f. be-
hauptet, widerstreitet den Lautgesetzen der lateinischen Sprache; vgl. Corssen, It. Spr. 155 f.
Anmerkung 8. Aus v ist nicht g hervorgewachsen, wie man für vixi neben
viv-ere manchmal angenommen hat; vgl. oben § 47 und ausserdem Cobssen, Beitr. 70,
Nachtr. 82, A u. V. 1 89, Cubtius, G.^ 596 f.
Der Hauchlaut k
61. Der tonlose Hauchlaut erscheint im Lateinischen als Residuum
der drei Aspiraten. Die eigentümlichen Aspirationsverhältnisse des Latei-
nischen^) veranlassten den gänzlichen Schwund des h im Anlaute, ansei'
für *}ianser gr. x^y^> und im Inlaute, daher z. B. Um skr. plihdn' vemens
prendo nemo nil cors pracbere probere (Lucr.) für vehemens u. s. w. Um-
gekehrt erscheint ä, wo es etymologisch nicht berechtigt war, festgewachsen
in haurio anord. ausa gr. i^avaai • i^eXeivües.y^) halare zu alum,'^) übrigens
^) Darauf hat schon Mommsen, Unterit.
Dial. 225 aufmerksam gemacht.
') BöHLiNO, Schicksale und Wirkungen
des 2(7-Lautes in den indog. Sprachen I. Han-
nover 1882 (zum Teil unkritisch).
^) Bersu, Die Gutturalen 138; neuere
dings dagegen ohne zureichende Gründe
Fböhde in Bezz. B. 14, 101 flF. Plaut, voxor,
vgl. Koch, N. J. 101, 283 und 685, sehr
zweifelhaft; z. B. trotz voxorem B Trin. 800
von Scholl nicht in den Text gesetzt; neuer-
dings dafür Fröhde a. a. 0. S. 95 f.
*) 0. Weise 31; Nissen, Ital. Landes-
kunde 1, 58 ff.. Niese, Gott. Gel. Anz. 1885,
243 A. 1 ist ohne zureichenden Grund da-
gegen. Vgl. übrigens auch Hbistebbergk,
Über den Namen Italien, Freiburg und Tü-
bingen 1881.
^) Seelmann 256.
8) FicK, K. Z. 22, 384, Bezz. B. 2, 187;
Osthoff, Z. G. d. P. 491 f.; Cobssen, It. Spr.
120 beweist nichts dagegen. Nach Thur-
NEYSEN, K. Z. 28, 158 zu skr. ghas- «ver-
schlingen".
') Osthoff, Z. G. d. P. 491, Bbugwanv,
Grundr. 1, S. 177.
8. Spiranten (Beibelante). (§ 60—61.)
301
exalans B, L, G*, Lucil. nach Nonius 279, 27 M. Aber in coerceo und cohercco
liegen die beiden St. arc- und herc-, vgl. herctum, zu Grunde. Über die häufigen
Fälle der Weglassung des A in der Schrift, wo es etymologisch gesetzt
werden musste, und den umgekehrten Vorgang, der nicht minder häufig ist,
(so in dem Fremdworte Herucina CIL. 1, 579, aber HENNAION (vgl. S. 253)
auch auf den Münzen, vgl. Collitz-Bechtel, Gr. D. 3252) genügt es auf
CoRSSEN 1 103 f., Brambach, Neugestaltung 283 f., Cürtius G.^ 684 zu
verweisen. Die z. B. bei Varro häufigen Formen ohne h {prtus in versch.
Kasus, olera asta aruspices ordeum orrent und die griech. Arpocrates Ectiba,
ErcuUs ElUspontum u. s. w.) beweisen neben den inschriftlichen Formen,
dass auch hier archaisches und Bauernlatein übereinstimmten.
Anmerkung 1. veod, rectum fQhren auf *veg'Si^ bez. *veC'8i ^veg-tum zurück,
wie man nach Analogie von tningo u. s. w. schliessen muss.*)
Anmerkung 2. ^ ist nicht aus j hervorgegangen in aheneus; vgl. oben § 58.
Anmerkung 3. Über prän. Felena (Quint. 1, 4, 15 Bdena) Fercles Foratia, vgl. § 50.
9. Lautveränderungen in Konsonantengruppen und anderer
kombinatorischer Lautwandel.
Vorbemerkung. Ich behandle hier im Zusammenhange, was Brugmann nach
streng wissenschaftlicher Scheidung zum Teil bei den einzelnen Lauten und zum grösseren
Teil in dem Kapitel ,Die Verschlusslaute nach ihrer Artikulationsart" behandelt hat. Ich
glaubte um der Übersichtlichkeit willen bei der früher gewählten Anordnung der Haupt-
sache nach bleiben zu sollen. Eine Übersicht der hier zur Behandlung kommenden Er-
scheinungen nach etwas anderen Gesichtspunkten bei Schwbizbb-Sidlbb, Gramm.' § 73—79.
Anlaut.
62. 1. Von zwei Verchlusslauten schwindet der erste; tilia Grdf.
*ptiKa gr. meX^a^,) womit man das Fremdwort tisana (Fleckeisen in N. J.
93, 3 f. Anm.) gr. miadvrj Gerstengrütze, Tolomaid für Ptolomaid auf einer
spätlateinischen Inschrift IRN. 3395, Tesifon CIL. 5, 500 vergleiche, pt-
erscheint nur im Anlaut griechischer Lehnwörter.
2. Verschlusslaut und Spirant. Nach Brugmann, Grundriss 1,
S. 426, ist Reduktion von ps- zu s- eingetreten, daher sabulum Grdf. ^psaflom;
indes kann das Wort auch mit deutsch Sand gr. ccfnad^og zusammenhängen
(Kluoe Et. Wort. s. v.). Die etym. doch wohl zusammengehörigen Worte pal-
pare gr. iptjXag)äv, parva gr. i/^a^, pulex gr. ipvXXa, pilare gr. ipiXovv ^) mögen
ursprünglich mit sp- angelautet haben, das in der idg. Grundsprache nach
einem noch nicht ermittelten Gesetze mit ps- gewechselt zu haben scheint
(Kretzschmer, K. Z. 29, 469). pst- ist zu sU vereinfacht worden in stemuo
gr. mdqvviicti Grdf. *jps^fw-,*) constemare gr. mvQsiv. ps- und x- erscheinen
nur im Anlaute griechischer Lehnwörter.
3. Spirant und Verschlusslaut. Die anlautenden Eonsonanten-
gruppen dieser Art sind die zahlreichsten. In der weitaus grösseren Mehr-
zahl der Fälle intakt erhalten, zeigen sie doch auch nicht selten die Nei-
gung,*) den anlautenden Spiranten abzuwerfen und so die Aussprache zu
0 Anders Cobssen 1, 98. germanisch und hat seinen Gmnd in einem
^) FiCK, Orient u. Occident 3, 118. Satzsandhigesetz. Die in Betracht kommen-
^) Fböhob, Bezz. B. 1, 249. den Anlantsgruppen sind nach unmittelbar
*) Fböhdb Bezz. B. 6, 182; J. Schmidt, vorhergehendem s und vielleicht auch nach
K. Z. 27, 230. anderen Konsonanten des 8 verlustig ge-
') Der Abfall des s ist bereits indo- gangen. Durch Verallgemeinerung der 8-
302
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lantlehre.
erleichtern. Ich führe einige der wichtigsten Fälle vor: sJc-:^) scindo
caedo got. skdidanj scutum cutis, cavere got. us-skavs, scortum corium,
sconisctis {sconscus Probi app. Keil, Gr. L. 4 198, 32) coruscus,^) cena
sab. scensas Fest. 339 M. (Qrdf. *sced^na, nicht sced^na, wie Immisch Bezz.
B. 13, 139 f. will, vgl. alat. caesnas Fest. 205, 15 M., vielleicht von derselben
Wurzel wie gr. axei-ygl. 6aig), capus aksl. skopM „Verschnittener",*) aber cum
coni-- ist nicht mit Fick 2, 272 zu ^vv cfvv, sondern mit Q. Meyer, Gr. Gramm.*
§ 249 zu xoivag air. con- zu stellen. 5^-;*) tonare gr. athvsiv^ tego gr. tfr^yoi,
tunderc got. stdutan, trio für *strio Stella '^)f torus gr. CTOQvvfiij turdus lit.
strazdas neben stumus^ turba masturbare^) gr. aTvgßa^üOy strigilis Schab-
eisen tergere, st- aus sk- hat den Spiranten wahrscheinlich eingebüsst in
falpa aus *sta1pa Grdf. *skalpa gr. cfxakoip ; vielleicht auch st- aus sp-, tur-
gere gr. anccQyäv.'^) Hingegen hat taurus nichts mit got. stiur zu thun,
sondern gehört zu gall. tarbos air. tarb.^) st- ist durch Verschiebung der
Artikulation aus sp- hervorgegangen in studere gr. ansvio)^ aus «A;- in stercus
gr. ax(oq axaroq.^) sp-:^^) spuma pumex, parcus gr. anuQvoq^ picus ahd. sp'etU^
vielleicht auch passer für Hpat-ter (Kluge, Et. W. s. v. „Spatz"). In specere
neben gr. axtTtTsa&ai ist sp- ursprünglich vgl. ai. spa^- ahd. spehon.
Über SV' vgl. § 63, 2.
Anmerkung, sc- und 8- schwanken in scirpus und sirpiM. Vulgär und archaisch
ist obsetrix Löwb, Prodr. 423.
4. Spirant und Spirant, sf- hat vielleicht nur in fOcus (für
*föcus"^) gr. oryijf vorgelegen. Die anderen hiefür vorgebrachten Beispiele
sind hinfällig:**) fallo gr. yryAtyrij^, /?des gr. ^iddxvrjy fingere got. deigan.
Sicher haben die beiden Lehnwörter funda gr. atpeviovr^ und fungus gr.
Cifoyyoq die Anlautsgruppe s/"- besessen und zu /*- vereinfacht, mit Anlehnung
an lateinisches Sprachgut (fundere fungi).^^)
63. 1. Verschlusslaut und i u Liquidae und Nasales, bh/t-
= f' in fio aus *bh/'ii6 gr. yvw.i^) d{- = {- (^'-), lupiter {DiespUer)rIuturna
(Diuturna Bull. 1871, S. 137 f., 144). du- = d-, jünger 6-, duellum bellum,
duis Paul. Festi 66, 15 M., duicensus duidens ib. 66, 14, 16, dimus bimus,^*)
duplex biplex,^-') duonoro bonus,^^) des (Varro) bes, dtrus W. duei- gr. rff«-.
dhii' = /*- in suf'fio aus *'dh^iio gr. iJ^r«, /bres *dh^eres gr. i>vpa got.
öfawr. g^- = c- in inciens aus Hn-c^-i-efis Grdf. ^-q^iiö gr. iyxvm. ghi- lat.
Aj- =: A- in heS'temus h^r-i skt. %d5. |)w- = j?- in i?JW5 aus "^p^-i-ws vgl.
losen Formen und umgekehrt entstanden die
Doppelformen wie sieg- leg- u. s. w. Vgl.
OsTBOFP, M. ü. 4, 329 f. Anm., Bbugmann,
Grundr. 1, § 589, 3, Johansson, P.-B. Br.
14 291 f.
») CoRSSEN 1, 277, Beitr. 442 f., Bbüo-
MANN, Grundr. 1, § 589.
■^) Löwe, Prodr. 355.
3) Fick 1, 808 (jedoch das lit. dort an-
geführte Wort nicht sicher, vgl. Kubschat),
Kluge, Et. Wort. s. v. ^Schöps."
*) CoBSSEN, Nachtr. 118, Beitr. 135.
5) Bruomann, C. St. 9, 389.
®) BücHELEB, Arch. f. lat. Lex. 1, 107.
Nach 0. Weise, Saalfeld entlehnt von
fjLnaxQonevta.
') L. Meyeb I ^ 346.
^) J. Schmidt, Deutsche Litz. 1881 S.
1000, übrigens vgl. Kluge, Et. W. s. v.
"Stier.*
»j CuBTius, G.«* 167, Fick, Bezz. B. 5, 312.
»«) CoBSSEN, Nachtr. 111, Beitr. 457 f.
»') Fick, K. Z. 22, 102. Wegen fallo
auch W. Meyeb, K. Z. 28, 176.
'2) 0. Weise 73.
*^) OsTHOFP, M. U. 4, 15 f, Thubneysen,
Die Bildung und Herkunft der Verba auf
-io 63 f. und Bezz. B. 8, 281, Osthofp, Z.
G. d. P. 430 f.
'*) Löwe, Prodr. 363.
'^) ib. 73 f.
>6j CIL. 1, 32.
9. Lantwandel in Konsonantengrnppen u. a. kombinat. Lantwandel. (§ 62—63.) 303
pu-tus . spj- = 5jp-, in spuo für *spiu- lit. spiduju. tu-- = U in te tili
(nach Wackernagel, K. Z. 24. 592 flf. schon indog. Doppelformen), viel-
leicht auch in trua für H^r'Ua (vgl. siliui) gr. toqvvtj ahd. tunril, *) ^/- wirft
den anlautenden Verschlusslaut ab, to^ws St. teU für Hiatus gr. TAr^rd^,
umbr. ajfrc Tlatie {tributarii); für iena laridus laefus largus locusta sucht
Osthoff, P.-Br. Br. 13, 400 flf. ursprünglichen Anlaut tU zu erweisen.
pU ist vielleicht zu /vereinfacht in latus gr. nXatvq^^) dazu wahrscheinlich
auch Lätium;^) so auch in dem griechischen Lehn werte lunter Unter gr.
TrAvmjp.*) lanx lividus gehören nicht hieher.'^) Anlaut, dl- ist nicht mit
Sicherheit nachzuweisen, vielleicht in longus apers. dranga.^) Ebenso scheint
dr- eine nur in Fremdwörtern vorkommende Lautverbindung zu sein.')
Der von Corssen^) angenommene Abfall eines anlautenden d in racemus
rorarius ruere runa entbehrt der etymologischen Begründung. Übergang
von er- in cn- wird ohne hinlängliche Begründung in crepusculum crus
neben gr. xvt(pag x%rjfi7j angenommen.^) gn- ist in historischer Zeit regel-
mässig zu n vereinfacht worden, gnatus inschr. öfter neben nasci, narus
neben i^gnarus, noscere neben gnoscier CIL. 1, 196, 28 gnovit gnobilis Accius
283 Ribb. I, Naevius neben Gnaivod, navus gnavare,^^) Gnixi neben niti,^^)
gnanus neben nanus, Ist letzteres, woran kaum zu zweifeln, ein Lehnwort
aus dem Griechischen, so ist das g in gnanus spätere analogische Zuthat,
wie dies sicher der Fall ist in co-gnonien co-gnecto^*) neben nomen Qrdf.
♦nom^,^3) necto^ nach cognosco ignotus u. s. w. gebildet. Die für die Verein-
fachung von hU zu U von Fröhde^*) angeführten Beispiele sind etymologisch
nicht sicher; in dem griech. Lehnworte laena gc. x^^^'^^ ist c abgefallen. '^)
Abfall von g in gV- ist vielleicht nur bei lac für ^glaet gr. yakccxt- anzu-
nehmen. Die neuerdings von Wiedemann Bezz. B. 13, 301 f. versuchte
Herleitung aus *mlctö-m W. melg- scheint mir wegen inlautend -w/- = -wp/-
nicht recht wahrscheinlich (vgl. die übereinstimmende Behandlung der
griech. Lautgruppe fiQ im An- und Inlaute), wenn auch das Verhältnis von
plumbum (Grdf. *mlombo-?) und fiokvßog und überhaupt der Zusammenhang
dieser beiden Worte sehr fraglich ist.* ^) Neben obigem jedesfalls problema-
tischen Beispiel stehen sicher das durch Volksetymologie entstellte liquiritia =
gr. YXvxv^^^^a und ravistellus neben gravasteUus,^'^)
2. Spirant und { u Liquidae und Nasales, si- = 5- in suere für
*siu-i'ere lit. suliti got. siujan, ebenso sütum ^siü-tö-, s^- ohne ersicht-
») Klugb, Et. W. 8. V. .Quirl*.
*) CuBTiüs, G.* 278. Der Abfall von
p- in UUus, während die Anlautsgruppe pl-
sonst erhalten bleibt, müsste durch Satzsandhi
erki&rt werden (s^8C- neben t- c-); vgl. übrigens
auch lien aus *8plehen neben aplendeo.
') Nissen, Ital. Landeskunde 250, an-
ders BüCHELBB, Lex. It. XXVIIL
*) 0. Weise 34.
*) CoBSSEN 1, 114, Beitr 149.
«) Kluge, Et. Wort. s. v. .lang*; übri-
gens vgl. CUBTIUS, 6.^ 183, 191, COESSEN
1, 210 Anm.
^) Benaby, K. Z. 1, 78; Kühn ib. 7, 61.
«) A. u. V. 1, 210, Beitr. 142.
^) CuBTiüs, G.* 705; Bebsü, Die Guttur.
164 Anm. 2.
»0) Löwe, Prodr. 354.
^') Paul. Festi 96; gn- = j^n = cn-
W. Jcneiah-) so auch nidor neben gr. xyiat].
'') Löwe, Prodr. 354 f. Über den ety-
mologischen Zusammenhang Kluge, Et. Wöit.
s. V. ^Nestel*.
»«j J. Schmidt, K. Z. 23, 267; über die
ganze Frage auch Seelmann 349.
'*) K. Z. 22, 250 f.
»*) CoBSSEN 1, 793.
»«) ScHBADEB, Sprachvergl. 303 f., G.
Meyeb, Gr. Gr.2 § 61, vgl. auch 0. Weise,
Bezz. Beitr. 6, 109.
^') Über anlautendes mr- vgl. die Nach-
träge.
304 B. LateiniBche Grammatik, b) LateiniBche Lantlehre.
liehen Grund entweder gleich su in suavis skr. suadü-, suescere (sehr spät
cofisetudo),^) suad,^) ferner in so- = sue-^ worüber § 8, vgl. auch soror *svesor
skr. sväsr-, sordidus neben suasum, sudor *sueido8 {*s^oidos) skr. svedas-^ oder
= s-, vgl. salum gr. aaXoq, serere gr. aagd, sidas lit. svidas, sc sibi neben
suad, si Grdf. *s^ai osk. svai umbr. sve, sex gr. ^J Grdf. *svex. Nach
Bartholomae, K. Z. 29, 156 hatte schon die idg. Grundsprache Doppel-
formen *s^eks und *seks. Über eine ähnliche Erscheinung im Griechischen
G. Meyer, Gr. Gr.* § 247; ausserdem Schweizer-Sidler, Gramm.* S. 66.
Die Anlautsgruppen sm- sn- sl- haben den Spiranten eingebüsst; man vgl.
niirus skr. 5wi-, memor mora f. *smora oder *siwfm (Brugmank, Grundr. 1,
§ 298, 3) skr. smärami, altl. co-smiitere Paul. Festi 67, 8 (Etymon?), macula
gr. Cfido), mica gr. afiixQogj merda lit. smirdas, mordere gr. CfisQdvogahd. smergo;
nix got. snaivs, nare skr. snö- umbr. snata asnata, nunis skr. snu^, nSre air.
snathe „Faden,** Tabsaksl. slabü got. ^Z^an^^) luhrioAS got. ^Jmpan; languere
anord. slakr; laevosshd, sleo ags. 52at(; (Bruomann, Grundr. 2, S. 127). Es ist
ganz unwahrscheinlich, dass sl- sich andererseits auch zu /?- sollte weiter ent-
wickelt haben. ^) Hingegen spricht grosse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sr-,
wenn nicht sogenannte Metathesis eintrat, durch die Mittelstufe pr- in /r- über-
gegangen ist;^) so vereinigen sich lat. /*n^t*s gr. ^lyog^fragum gr. ^aj durch die
Grundformen Hrigos, *sragom. Roma rumen und reie müssen freilich von sru-
und ser- getrennt werden.^) Mit -or- = -y- sorbeo gr. ^(npäfo für ^CQo^hw W.
srehh-, sarc-io gr. ^«tt-to).'') Die Lautgruppen vf- vr- haben gleichfalls den
anlautenden Spiranten verloren, lana Grdf. *^laf^a skr. ürna veUus,^) larum
Grdf. *^lorom gr. «iJAi^^a, Zacer Grdf. ^^lacer volnm; ra^ix Grdf. '^^radix
got. vaürts, repere lit. virp^/ gr. pqsn-,
3. Spirant, Verschlusslaut, Liquida. 5^^ und «rf- sind zu /-
vereinfacht worden in lien für *splehen gr. anXrjV, wovon das lat. splm
entlehnt ist, latus „breit" dXiX. stlatus, süenibus „schwerfällig**, Paul. Festi,
312, 7 M., locus altl. stlocus (noch CIL. 5, 7381 aus dem 2. Jahrh.),») lis
stlis; belehrend slis CIL. 1, 198, 7; stloppus „Klapps**,- stritavus für gew.
tntavus (Fest. 314).*^) Über die Anlautsgruppen s {z) + Guttural -\- Imn
(speziell im Germanischen, aber mit Beziehung auch auf das Lateinische)
findet mau weitgehende Vermutungen bei Johansson, P.-B. Br. 14, 288 flf.
Vgl. die Nachträge.
Inlaut.
64. Auch hier begnüge ich mich, auf jene Fälle aufmerksam zu
machen, in welchen durch das Zusammentreffen von mehreren Konsonanten
•) ScHucHABDT, Vok. 2, 481.
0 Fest. 351, 15 M.
3) J. Schmidt, Vok. 1, 162 f.; Kluoe,
8. V. „Schleife*. Anders, aber viel weniger
wahrscheinlich Pbellwitz, Bbzz. B. 13, 142 f.
Feist, Grundz. d. got. £tym. stellt läbare
läbare skr. lämhate zusammen.
'') BuooE in Deecke, Etrusk. Forsch,
u. Studien 4, 114.
^) CoLLiTz, Bezz. B. 3, 322; 6, 240.
«) CüRTius, G.* 353. 354. Über Roma
neuerdings Bibt, Marburg. Universitäts-
prograinm 1887, dazu Richter in Berl. phü.
Woch. 1887, S. 209.
') BuoGB, K. Z. 20, 32. Vgl. jedoch den
Nachtrag z. S. 256 § 7.
«) CuBTiTJS, Gr.' 345.
) Wegen alat. ailocus ist Zusammen-
hang mit skr. lök- ahd. luogen nicht mög-
lich (Kluoe, Festgruss an 0. Böhtumok,
Stuttgart 1888, S. 60).
'") Die Etymologie v. John B. Bury
Classical Review 2, 43, der strü- auf *8tci'-
aksl. starü zurückführt, ist schon wegen des
't nicht haltbar.
9. Lautwandel in Konsonantengmppen n. a. kombinat. LautwandeL (§ 64.) 305
Veränderungen in dem ursprünglichen Eonsonantenbestand hervorgerufen
worden sind. Ein umfangreiches Verzeichnis aller inlautenden Eonsonanten-
verbindungen, freilich vielfach ohne die nötige Eritik zusammengestellt,
bietet L. Meyer, Vergl. Gramm. I« 377 f.
1. Verschlusslaut und Verschlusslaut. Der tönende V. geht vor
tonlosem in den entsprechenden tonlosen über: ag^ acutum, cette aus
*ced{a)te (vgl. § 74), scrih^ scrip-tum; veh- vor Eonsonanten veg^ vectum
(siehe oben § 61 Anm. 1); in der Schrift ist die Assimilation bei zusammen-
gesetzten Wörtern öfter nicht ausgedrückt, obwohl sie in der Aussprache
stattgefunden haben muss, so in vielen Eompositis mit ob- sub^, z. B.
obtinere, subtrahere, subter.^) Ältere Schreibungen wie apscede ß Plaut.
Trin. 537, apsterserunt Poen. 970, opsecro ib. 967 u. ö., apstiterit B Capt.
901 weisen die ursprüngliche Tennis auf. Eine etwas ausführlichere Dar-
legung erfordern die Dentallaute.*) Dental -\- t- == idg. -^'^ = lat. -5s-,
bez. -s- nach langen Vokalen: sesstis *sed^to^ *set^tO',passus *paUto^ *pat'to~,
morsus-^m^d-iO' ^m^iHo-^ sponsus ^spond^o- ^sponHo-, vicesimus *vikQt'timo~
^vik^timo-, virosus *^isO'U^t'tO'; caesum ftsus suäsum usus {ussurae Plaut.
Trin. 181) püsus aus ^puUto-; nassa »Fischreuse, Netz* aus *naMä got.
nati.^) Hingegen ist der mitunter angenommene Übergang in -st- bei
den in Frage stehenden dentalen Eonsonantengruppen zwischen Vokalen
lautgesetzlich nicht erfolgt und -sU entweder ursprünglich oder durch
Analogie entstanden. Ersteres ist der Fall bei castus skr. ii^fd-y*) St. cus-
in curo cus-tos päl. coisatens,^) confestim skr. dhf§ti- „kühn**,^) frustum
gl*. ^Qavarovy fustis gr. x^vQCog (?), nicht ganz sicher sind mustum pestis (je-
doch vgl. ^esestos Fest. 210, 211). Analogiebildungen sind est estis comestus
für lautgesetzliches *ess *€ssis *coinessus,'^) desgleichen aestus aestas von W.
aidh-, vgl. regelrechtes haus^tum osk. keenzs^tur; egestas^ wie honestas ge-
bildet, geht auf *egeS' zurück, vgl. egenm aua* eges-no-, potestas auf *potent4at-
(vgl. § 65, f.), restis endlich steht für *recS'tis, lit. regzti^) Wenn aber im histori-
schen Latein Dentale -f~ ^ infolge von Zusammensetzung oder Vokalausfalles
zusammentrafen, wurden sie zu tt, daher attendo attingo attollo, alat. adgretus
Paul. Festi 6, 78 t\lT*ad'gred{i)to-, exfuti = exfusi id. 81, 10 für * ex'fud{i)to-y
matus (mattus) für '^mad{i)tO', cette für *ced{ä)te. Es liegt keine Berechtigung
vor, dieses -^ = pp zu setzen. -6c- == -cc-, -bf- = -ff-^ -bg- = -gg-, -bp*
= ~pp' in Zusammensetzungen -der Präpositionen sub und o6, worüber
Brambacu, Neug. 294 ff. und betreffs Plautus und Terentius J. Dorsch in
, Prager phil. Stud. I, 1887*. -dg- = -gg- in agger f. *ad-ger,^) -dp-
■=^ 'PP' in topper altlat. für *tod'per quippe quippiam für *quid-pe (nicht
*) Bbambach» Neag. 241 f., 338; Corssbn
1, 119 f.; RiBBEOK im Index zu Verg.
^) Db Saussubb, M^m. d. ]. S. d. l. 3,
293 f.; Fböhdb, Bbzz. B. 1, 177 f.'; Bruomann,
M. U. 3, 132 f.; Cocchia, Rivista di filol.
a. XI (1882) f. 1. 2; Birt, De participiis
quae dicuntor perfectipassiyi Marburgi 1883;
08TH0FP, Z. G. d. r. 550 f.; Brugmann.
Grundr. 1, S. 369; Bartholomab Bezz. B.
12, 80 ff.; CoNWAY, Vemers Law in Italy
39 ff.
^) Feist, Grundz. d. got. Etym. 83.
*) Etwas anders Fröhde, K. Z. 23, 310.
^) J. Schmidt, K. Z. 25, 166. Von Brug-
mann, Grundr. 1, S. 428 zweifelnd zu gr.
T€riT]fA^yog gestellt; zu gr. xoiQayog von
Bezzenberger in seinen B. 4, 331; vgl. auch
Feist, Grundz. d. got. Etym. 58 f.
«) Fröhde, Bezz. B. 1, 195.
^) Brugmann a. a. 0. 133.
8) FicK, Bezz. B. 1, 172.
^j Brugmann, Grundr. 1, S. 283.
Handbuch der klue. Altertmuswlasenflchaft. n. 2 Aufl.
20
306
B. Lateinisohe Ghrammatik. b) Lateinisohe Lautlehre.
*qut-pc, wie Ribbeck, Z. Lehre v. d. lat. Part. S. 17 f. will, vgl. besonders
quippini „warum denn nicht**) quid-piam. -de- = -cc- -c- mit Dehnung
des vorausgehenden Vokals: höc für *hod-ce; Assimilation in quicquam
neben quidqtuim,^) iccirco neben iddrco, quicque Plaut. Asin. 945 neben
gew. guidque. In fascis muss s stammhaft sein, wie in fiscus;^) in esca
ist entweder dasselbe es- wie in es4 u. s. w. enthalten oder es geht wahr-
scheinlicher auf *ed'Sca zurück (vgl. po^ca). -gh- = -6- mit Dehnung
des vorausgehenden Vokals in fibula aus *fig-bula; vielleicht auch teba (ßttgel)
aus *teg-ba.^) -tc- ■■= -cc-- siccas *sit~c(h idg. ^sit-qo- zu sitis, pecco aus *pet<o
*ped-co zu impedio, floccus *floUcO' *flod-cO' gr. yAacJm'.*) Vereinzelt ist pro-
tervus ans proptervus (-e A Plaut. Truc. 256, Löwe, N. J. 119, 709 und Acta
soc. phil. Lips. 2, 468), prän. VUoria CIL. 1, 58 (Schuchardt 1, 133).
2. Verschlusslaut und Spirant. Neben älterem Opscus Ekniüs
ann. 327 Müll. Obscus jüngeres Oscus, In Verbindung mit folgendem
Verschlusslaute: -bsc- {-psc-) =- -sc- in suscipio aus *subS'eipio; -6sp-
{"psp-) = sp' in asporto für *absporto aspelhre; -isU {-psU) = sU in
astulit Char. bei Keil, Qr. Lat. 1, 236, 7, gew. rekomponiert dbstuUt;
'bst' {-pst-) = -s^ in ostendo aus *obstendo [pbstinet Fest. 197, obstrudant
id. 193); -esc- {-gsc-) = -sc-, so mtsceofür *mi{g)c-sc-eo, aesculus für ^aeg-sdo-
gr. atyaväTj^), disco für *di-dc-sc-o, sescentae Plaut. Trin. 791. -cs^ = -s^-, so
SBstius neben Sextius (schon indog. *s^e^tos und *s^ektos, vgl. Brugicann,
Qrundr. 1, S. 448), neis^tis mixtus (allerdings ist letzteres gebräuchlicher),^)
iUustris für *iUuc-stris, ^ -dsc- {-tsc-) (für urspr. dh) in suSsco aus *s«^(i-sco skr.
svadhd- „Gewohnheit, Sitte**, d t -\- s = ss,s, bo quassum, messui für *quat-
sum*met-suif iussi für *iud-si *iut-si, passe t\lr*pofsse, assiduus für *adsiduus
*at-siduus. Die Vereinfachung zu stritt nach langen Vokalen ein, so .besonders
in den Perf. auf -si der Verba mit langem Stammvokal. Übrigens liegt hier teils
schon italischer VSTandel vor, teils spezifisch lateinischer {posse, assiduusn. s. w.),
vgl. Brügmann, Qrundr. 1, S. 369. -bf- = -/f- in Zusammensetzungen der Prä-
positionen sub und ob. -pf- = -ff- in officina für *op-ficina, *op{i)-ficina; -csf-
= -cf- in ecferri Plaut. Bacch. 95 u. ö. (ab^er exferri Plaut. Merc. 420), ecfo-
dito Men. 158. Über issa issulus fiir ipsa *ipsulus Osthoff, Z. 6. d. P. 554.
3. Spirant und Verschlusslaut, -sb- = s- ohne Dehnung des
vorausgehenden unbetonten Vokals im Dat. d. Plur. der s-Stämme, z. B.
sedibus aus *sedesbos, vgl. § 41, 1 und 77, 4. -st- = urspr. -st-, so aes-timo,
exta für *ec-sta, aus-ter, soUi-stitnus, deps4us tex-tus us-tus. -st- ist auf laut-
gesetzlichem Wege niemals zu -ss- geworden;^) daher ist die früher allgemein
angenommene Erklärung der Supina hausuni neben regelrechtem haus-tum,
censum neben osk. keenzs-tur durch die Mittelstufen *haussum *censsum
nicht stichhältig. Es bedarf auch nicht der Annahme eines Suffixes -so,
das BiRT a. a. 0. erweisen will,®) vielmehr reicht (vgl. Bruomann, M. U.
') Brambacu, HilfsbQchlein 56.
») FicK 2, 163.
=») BücHELEB, Rh. M. 39, 420 f.
*) W. Meyer, K. Z. 28, 172, Bruomann,
Grundr. 1, S. 282.
^) SCHRADER, K. Z. 30, 462.
«) Brambach, Hilfsb. 48.
^) vaao^ zu hasta und pessulum, pestu-
lum (BOcHELER, Rh. M. 39, 423) siud kaum
beweisend. Auch Pauli, Altit. Stud. 2, 140 f.
bringt keinen stichhältigen Beweis bei.
^) Auf die UnWahrscheinlichkeit der B.'-
sehen Ausführungen macht mit Recht auf-
merksam W. Meyer im Litteraturbktt f.
germ. u. rom. Phil. 1884, S. 185 und aus-
führlicher Osthoff, Z. G. d. P. 550 f.
9. Lautwandel vpL Eonsonantengruppen n. a. kombinat. LautwandeL (§ 64.) 307
3« 134) zur Erklärung der Supina auf -siim neben solchen SLut-tum (bez. Parti-
zipien d. Perf.) die Analogie vollständig aus. Es gibt mehr als 50 lautgesetzlich
gerechtfertigte Bildungen auf 'Stim, aus -d + tum oder -t -f- ^^^ erwachsen,
vgl. cessum casum pensum morsum salsum versum sensum quassum aus *ced4um
^cad'tum *pend4um *mord'tum *sald-tum *vert'tum ^sent-tum ^quat-tum,
dazu vielleicht aueh pressum, vgl. § 65, 3 b. Die übrigen Supina auf -sum
sind analogische Neuschöpfungen, zunächst durch das Verhältnis von -si :
-51*1» veranlasst, z. B. parsum zu parsi und dann noch weiter ausgebreitet,
daher auch lap-sum. Die ursprüngliche Bildungsweise zeigen die altlat.
Verba mantare mertare pultare (die Stellen vom Verf. gesammelt in Wiener
Stud. 10 301 f.), vgl. auch Brambach, Neug. 276; vgl. ausserdem das Part.
terta = tersa Varro nach Non. 179, 4 Müll, und umgekehrt rapsare und
Part, assus neben nrere alat. asa (vgl. auch assula und astula). Vgl. jetzt auch
Bruomann, Grundriss 2, S. 217 Anm. 2, wo allerdings über die lautlich
genau entsprechenden ^o-Partizipien gehandelt ist. Eine bestimmte Regel
hat sich nicht herausgebildet, wie denn gerade das Willkührliche in diesen
Bildungen gegen die auch sonst nicht zu begründende frühere Annahme
der Assibilierung des ^Lautes spricht; darauf hat schon d'Ovidio in einer
Anmerkung zu Cocchia's früher erwähntem Aufsatz mit Recht aufmerksam
gemacht. Die Bildung der Ordinalzahlen ist nach dem früher Erörterten
regelrecht, z. B. vicensimus aus ^mk^t-timo-. Bei der Erklärung der Super-
lative, wie maximus^ reicht die Analogie von plisima Fest. 204 und den
gleichen Bildungen aus (übrigens vgl. § 91 B und 92). Über das schein-
bar abweichende ossua wahrscheinlich aus *ost'tua vgl. Asooli, Sprachw.
Br. 69 f. Anm. -sct- = -sU, so pastus für *pasC'tus vgl. pasc-uus, -spt-
= 'pU, vqpte für *voS'pte. -zd- = -d- mit Dehnung des vorhergehenden
Vokales (vgl. oben § 59, 3): audire für *auZ'dire {*avü'dire?) vgl. aus-
culto,^) nldus füi* "^nizdos ahd. nest^'^) pedo für *pezdo nsl. pezdeti,^) sido
für *si'Zd-o,^) qutdam für "^quizdam, fdem für *izdem, tr^dedm für *trez^
decim, iudex für *iüzdex; über miles und malus § 49. Über frigidu^s =
*friges-dO' § 41, 1: andererseits /H^fedö und darnach gravSdo.
4. Spirant und Spirant, -zv- = -rv- (vgl. oben § 59), daher Minerva
furvus für *Menez-va (vgl. gr. jw^y^cr-) *fuzvus {fus-cus), vgl. S. 298, wahr-
scheinlich auch acer-vus für *acez-vus, vgl. actis aceris. Es ist nicht zu
bezweifeln, dass dies die lautgesetzliche Behandlung der Qruppe -zv-
ist. Die Zusammensetzungen von dis -\- v . . ., welche dlv , . . ergeben,
z. B. dtvello dTvergo u. s. w. sind jüngeren Datums und beruhen auf Ana-
logie der zahlreichen Fälle, in denen -s- lautgesetzlich ausfiel, nämlich vor
b d g [disgressus ist sehr jungen Datums) l m n (später auch r), denen
nur -sf" = -/f-, z. B. difficilis und die Gruppen, in denen s lautgesetzlich
erhalten blieb, gegenüberstehen, nämlich -sc-, -sp-, -sg-, -ss-, -st-, vereinzeint
'Sh' in dishiasco (Cato) (nach Erlöschen des Lautgesetzes des Rhotazismus
') J. Schmidt, K. Z. 26, 17; Schulze
ib. 29, 251. Vgl. auch Daniblsson bei Pauli,
Altit. Stad. 4, 165 und Haybt, M6m. d. 1.
8. d. 1. 4, 410.
•) CüBTiüB, G.^ 315, FicK 2, 134; vgl.
§ 15a, 1.
«) FicK, Bezz. B. 7, 270, J. Schmidt,
K. Z. 27, 320.
*) Osthoff, V. i. d. Nc. 340.
20
308
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
gebildet) neben älterem diribeo, disicio {dis^ice Verg. Aen. 1, 70 Ribb.)')
neben analogisch gebildetem diiungo. Neben den regelrechten Formen auch
rekomponierte, z. B. dismota disiungere disdidi disrumpetur Lucil. fr. XX,
5 Müll. Anderes bei Löwe, Prodr. 383. Ausserdem vgl. Priscla.n bei Keil,
Gr. L. 3, 56 und Al. Neumann, De compos. a dis (di) incipientium apud
priscos scriptores vi et usu, diss., lenae 1885.
66. 1. Liquidae Nasales un,d i ^. -mi- = -nj-, so venia für
*gvemio idg. *g^i^,*) quoniam für "^quomiam. -um- = -m-, adiumentum aus
*ad'iuu'mentum; -mr- = 6r- vgl. § 44 (S. 286). Jungen Datums ist -6- in
der Lautgruppe ^mr-^ z. B. Camhrianus),^) -ml- = wi-^-?-, daher ex^em-p-lum
tem-p^uni*) von tem- em^, sim-p-ludiarea^^) aber pr^lum aus ^prenhslo^.^)
Vereinzelt ist die Schreibung -w-j>-n- für -»m-, z. B. condempnaverit Cato
nach Festus 344, 27, sompnus.'^) Vollständige Assimilation: -Zn- = -ß-,
worüber ausführlich Fröhde Bezz. B. 3, 297, z. B. collis gr. xohavig, peUis
aus *jpe?-ni-s8), pullus (schwarz) kypr. nikvog^ tellus HeUnus (?) ahd. dil
dillo und die meisten Präsentia auf -/2Ö, vgl. § 105. Dagegen ulna aus ^ul{e)na
gr. (iXtvri ahd. elina, volnus vielleicht wie facinus gebildet, mit Synkope des ♦
{e); alnm für *alsno-, vgl. § 65, 2 f. -^- = 41- für palUdus lit. palvas,
culleus f, *colveos angenommen ist sehr unsicher; vgl. W. Meyer, K. Z.
28, 163, Brügmann, Grundr. 1 § 170 Anm. Corssen, Beitr. 313 f., 1 225
muss vielfach modifiziert werden, vgl. Fick 1, 797. Auch Havet, Mem. d. 1.
S. d. 1. 6, 120 f. bringt keine Klarheit in die verwickelte Frage. wn- =
-n«- in tanne = tam-ne Afran. bei Paul. Festi 358, 3, prfmum vielleicht
Lehnwort von gr. nqoviivov\^) nov^ni wohl nicht aus *novem''ni, sondern
Analogiebildung '0); sollmmis und soU-ennis sind zwei ursprünglich ver-
schiedene Wörter. ^ *) -nU = -7/- bei den Deminutiven, z. B. ullus Grdf. "^onJo-,
homulhis Viomon-lo-, sigillum ^sigen-lo- *»ign{o)lO''. -nw- = -mM', gemma
(Spross Knospe) aus "^gen-ma. -rU = 77- sehr häufig bei der Ableitungs-
silbe -7ö-, z. B. *ageUiis Stella aus *agr{o)10' *agplO', ^ster-la (vgl. trio aus
*str-io), paullus aus ^paur-lo- gr. natQog^ jmllus (rein) aus ^pur-lo- (nicht
zu verwechseln mit pullus = ^plnö- vgl. gr. nekXog und pullus (jung) für
*put'lo-, vg], püt-us, oder ^pul-no-, wozu gr. ncoXog vgl. S. 310); Atella osk.
-4d<?r7, Zvet. Syll. inscr. Ose. 177 a. Nur dialektisch (vulgär) ist der Über-
gang von -rw- in -wn- in Ferpenna CIL. 1 578. In den Zusammensetzungen
mit com- und in- werden die Lautgruppen ml nl mr nr mn nm zu U rr nn
mm assimiliert,
2. Yerschlusslaute, Spiranten und {t/ Liquidae und Nasales,
a. Ausstossung des Yerschlusslautes, regelmässig mit Dehnung des voraus-
gehenden betonten Vokals. -^7-:- pala (Spaten) *pagla,plla (Pfeiler) ^pig-la;
*) Nicht von dissecare; vgl. auch Engel-
brecht, Sitzungsber. d. Wien. Ak. CX, 523 ff.
Ferner düisicis Naevius 58, Ribb. II, dissice
CacciJ. 289 Ribb. II.
2) OsTHOFP, Z. G. d. P. 505 f. ; Brüg-
mann, Grundr. 1. § 208, 239. Dagegen
AscoLi, Sprach w. Briefe 151 f.
^) Corssen 1 , 135;Schuchardt, Vok. 1 , 1 50.
*) Anders Usener, N. J. 117, 59 f.
^) Stolz, Wien. Stud. 10, 302.
«) Brügmann, Grundr. 1, S. 177.
') L. Meyer, Vergl. Gramm. P 501.
8) 0. SCHRADER, K. Z. 30, 480.
^) Hehn, Kulturpflanzen 333.
»•^) Baunack, K. Z. 25, 258.
^») Thürneysen, K. Z. 28, 160, Schulze,
Quaest. Hom. 29, Note 87.
9. Lautwandel in Eonsonaniengrappen n. a. kombinat. Lautwandel. (§ 65.) 309
dagegen sMus doch wohl aus ^stig-lo-, -hi- : aio *ahio, maior*mahior. -hm > glüma
*glu}h-ma oder *glub-sma, -gm- l-cm-] : examm, frümen *frugmen gr. fpaQvy^^ ')
iümentumHug^nienio-y pümiltAS „faustgross'' *pug'milO'',rffna*rig-ma{\lr*riC'ma
ringi gr. €Q€ix(o, contäminare ^-tag-minare, silmen *sug-m(m aber sttmulus *stig^
mulo-; flamma vielleicht für *flania *flag-smaj vielleicht auch plüma für *plug-sma
germ. W. fleug- idg. pleugh- (Feist, Grün dz. d. got. Et. 39 mit?); agmen,
augmen, tegmen, propagmen u. s. w. beruhen auf *agimen tegumen u. s. w.,
vgl. § 74; anders Bbugmann, Grundr. 1, S. 373. -pm-; rümentum *rup-
mento-j'^) Omentum St. vep- vgl. skr. vopfl- (§ 8), jedoch summus aus *sup-mo
^suh-^mo-. 'dm-: cacümen skr. kdkud-^ amentum^) für admentum^ daneben
auch ammentum, ramentum *rad-mento-; flamen *flad-men germ. hlötan^^)
caemenium *caed-mentum. -dn-: prönus aus *prod-nO', vgl. Bruomann,
Grundr. 2, 137. In den Lautverbindungen -sU -sm- -sn- ist s geschwunden:
b&lua aus *be8-lua vgl. bestia^) {bisHa Miodonski De usu voc. „bestia'^
Cracoviae 1886), corpülentus Grdf. *corpos4ent(h , culus *cus-lo- gr. xvaog,
vilis *veslis^^) vElum ^ Hülle** *ves-lo; quer^la für ^quere-slüy'^) auch mit
Konsonantendehnung querella, aber FosKusCIL, 1 S. 514 a. u. 436 = Fos{f)Uus
vgl. Faustulus;^) ebenso -nsl- = -l- in alum "^an-slo-^ pilum *pins-lo-j töUes
, Kropf* neben tons-illae Brugmann, Grundriss 2 S. 275; -ntsl- = lin scdla
*scandrsla *scant-8la; -msU = -h in pr&lum *pren^sl(h;^) p^is ^pesni- skr.
pdsa-, v&num *vesno- skr. vasnä-^ canus *cas-no- päl. casnar cas-cus, ahöneus
^ahes-nO' volsk. ahesnes^ egenus ^eges-no- egestds, ^^) pone *pos-ne, deguno *'guS'no
guS'tus, dusmo Paul. Fest. 67, 8 dümus dummetum Verg. Ge. 1,15 Ribb., primus
päl. prismu (Corfinium), dJmaveo (dismota Sc. d. Bacch. rekomponiert), dimmin
nuam Plaut. Men. 302 Vahlen ; ömen osmen Varro 1. 1. 7, 97 ; Cametia Casmena.
Vgl. übrigens wegen dusmo u. s. w. Brugmann, Grundr. 1, § 570 Anm. 1.
Vgl. femer quom tum aus *quO'Sme Ho-sme vgl. § 92, vidimus aus *veides-
mos (§ 90, 111). m = isne Plaut. Bacch. 1185 sdttn pöttn rögän viddn
tdc^ dbXn (Plautus). ^ ») Aber auch rekomponiert ipsusne's Plaut. Trin. 987,
visne ib. 1091, isne Merc. 598. annofM wohl nach annus für "^asnona *anona got.
asans ahd. amon, vgl. die Nachträge, -sr- ist durch die Mittelstufen -pr- -fr- in
-br- übergegangen,**) wie im Anlaute $r- = fr- (vgl. § 63, 2) und im Aus-
laute -ns im Umbrischen zu f geworden ist, traf = trans^^^) ccrebrum
*ceres-ro- skr. Siras mit -ir- ~. -f-, crabro für *crasro (Bezz. B. 6, 237),
funebris, fenebris, muliebris^ celebris, februm *fes-ruo-, sobrinus *sos-
rino-, membrum Grdf. *m^ms-ro- akslav. meso,^*) Über tenebrae vgl.
§ 44. Andere (unrichtige) Vorstellungen über diesen Lautwandel Ebel,
K. Z. 14, 77, Kühn, ib. 215 f., J. Schmidt, ib. 15, 158 f., Schlei-
cher, Komp. 432. -dtr- -ttr^ = -str-, claustrum *claud-trO', pedestris
0 FicK, Bbzz. B. 1, 62.
*) Paul. Fest. 271, 7: rümentum : ah-
ruptio,
») LöWB, Prodr. 367 f.
*) BüGOB, Bezz. B. 3, 98.
») W. Meyer, K. Z. 29, 173.
•) Fböhde, Bezz. B. 1, 195.
') 08TH0FP,P.-B.Br. 3, 346, Fböhde, Bezz.
B. 3, 291, gegen J. Schmidt, Vok. 2, 360 A.
*) Dbbcke u. Pauli, £tr. Forsch, und
Stud. 1, 85; 2, 12.
») Brugmann, Grundr. 1, S. 177.
»0) Havet, M6m. d. 1. S. d. 1. 4, 86 f.
>') J. Schmidt, K. Z. 27. 328.
•*) Brugmann in C. St. 9, 393 A., Tech-
meb's Zeitschr. 1, 234 A. 2 gegen J. Schmidt,
K. Z. 25, 42; Curtiüs, G.* 545.
»») BuGGE, K. Z. 22, 418 f.
^*) Bezzbnbbrger, B. 1, 340; Brugmann,
Grdr. 1, S. 430.
310
B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
*pedet'tri' (oder ^pedet-stri' vgl. skr. -^tar nach Schulze, K. Z. 29, 270),
possestrix *possed-tric'. -csl- = -?-; hieher gehört eine Reihe von Bildungen
mit der Suffixform -sla -s?o-,*) ala Grdf. *axla, vgl. (ixiUa, alts. ahsla
ahd. ahsala, mülus ^mac-slo- gr. iivxXoq^ vElum ,) Segel Floss***) ^vee-slo-
Grdf. *uegh'SlO' {vexillum), aula, mdla^ palus (Pfahl), taJuSj quolus (Korb),
vgl. § 59, 4, vTlictis neben viUa, das trotz vulgärem vella (Varro r. r. 1,
2, 14) nur durch Konsonantendehnung aus *vtla *vtc-sla erklärt werden kann.
culina *coc-sUna, t€la Hex^sla^ Ulum (in Glossen tellum Löwe, N. J. 119, 706),
ex -{- l . .z,^, ^ligo aus *ex'Ugo; -csm- = -m-, lama „Pfötze* f. *l(u>Sfna vgl.
laC'USf temo *t€x^mo, sub-tSmen {subtegmine Verg. Aen. 3, 483 Ribb. miss-
verstandene Neubildung); -csn- = -n-; lüna abaktr. raox^na, Grdf. ^hucs-na.
woraus zunächst hsna CIL. 1 55, an dessen lateinischem Ursprünge nicht zu
zweifeln ist,^) dann luna. Ebenso gebildet dürfte sein l^na *leX'Sna (zu Ictxus
nach Bruomann, Grundriss 2, 134), rana Grdf. *raC'Si%a\ seni für *sexni, dar-
nach deni,^) ex -\- n , . . z. B, enormis ^ex-^ormis, -tsn- = -nw-; penna nach
altl. pesnis (Festus 205, 209) Grdf. *pe^5Ma,») annus f. "^atsno- got. afin, cunnus
f. *cut-sno- gr. xt;r-o^. -fem- = -m-, remtis nach Ausweis von triresmam
CIL. 1 195 für Hri-ret-smO', vgl. gr. e^sTfiog, Dass -^^- zu -U- geworden
sei, nimmt Johansson, K. Z. 30, 409 Anm. für vMa *vit^ an.
b. Assimilation des Yerschlusslautes an die folgende Liquida oder
Nasalis, -dl- = -ll-, sella "^sed-Ia, grallae *grad-Iae (gralator Plaut. Pön. 530,
gralare Non. 115, 18 M.) von grad-ior got. grips^ rallum Hctd-lo^, raUa
(tunic<i) *rad'la {radula bei Columella Neubildung), lapiUus *lapid'lo^, pelluvium
*ped''IumO'; caelum '^caed-lo^ mit einfachem l wegen ae. "tU = -11-, capMus
^capiUlo-y pullm aus ^put-lo- vgl. put^us (= ^plno- gr. nßXog got. fula nach
Feist, Grundz. d. got. Etym. 39, Bruomann, Grundriss 2, § 65 Anm.).
-^gti" = -f9W — w- in aprünus neben aprugnus, früniscor aus *frug^scor;^)
so auch ignosco aus *if9gnosco {in Präp. „habe ein Einsehen*), agnosco aus
*aggnosco '^ar9nosco (vgl. Bruomann, Grundr. 1, § 506). -cti- = -»ti- (ge-
schrieben -gn-) in dignm ^dec-no^ decus^ tignum Heenom gr. rfx-, ilignus
*ilecHO' ilex; agna „Halm** actis (vgl. § 57); -cm- = -^m- (soviel wie -f^m-)
segmentum 5ec-,') magmcntum „Opferzusatz* zu macerare, ^dn- = -wn- wohl
nur dialektisch in Fercennus osk. perÄedne[;s] Zvet. Syll. inscr. Ose. 57.
Grosses Schwanken in den Zusammensetzungen mit ad -\- n -6m-
-pn- = -iwn-, Samnium neben Sabini {b = bh wegen osk. Safinim) ; scamnum
*scapnO', somnm *svepnO', damnum *dapnO'^) gr. danavrj^ antennae W.
ap'*antej)nae% Dumnorix gall. Dubnorex,^^) oninis *02mis zu op-t^.^^) Vulgäi*
aninuere inschr. amnegare für abnucre abnegare (Löwe, Prodr. 421).
*) Osthoff, Forsch. 1, 190 f.
^) Pfannenschmidt, Arch. f. lat. Lex.
4, 419.
') Jobdan, Krit. Beitr. 34 f., Corssbn,
It. Spr. 334; Deecke-Müllbb, Etrusk.« I, 57
Anm. 144.
*) Baunack, K. Z. 25, 258.
») Thürneysen, K. Z. 26, 314. Aber
pinna nebst pannas zu ags. finn nhd. i^inne
(Bbugmann, Grundriss 2, S. 136).
^) Dagegen besonders Coccbia, Rassegna
critica 45 ff.
') Brugmann, Grundr. 1, S. 368.
») Nach RiTscHL, Op. 2, 709 Part. v. dare.
») 0. Weise 64.
»0) Zeuss-Ebel 20 ; Schuchardt, Vok. 3, 94.
»») Bruomann, Grundr. 1, § 100, Pauli,
Altit. Stud. 4, 53. Havet's ,Satzdubletten*
omnes und homines Möm. d. I. S. d. ]. 5,
345 f. sind gänzlich verfehlt.
9. Lautwandel in Eonaonaniengruppen u. a. kombinat. Lautwandel. (§ 65.) 311
c. Umstellung. ^) Sie hat unzweifelhaft stattgefunden bei fundus^ skr.
budhnd- gr. nvO'firjv, unda skr. St. uddn- schwach udn-; in diesen Fällen
ist die Nasalantizipation bereits indogermanisch, finis, von Cobssen^) aus
^ßd-f^is skr. bhid- erklärt, ist ganz unsicher; finio stellen Bezzenbeboer
u. FiCK^) zu lit. baigH. Im Lateinischen ist femer die Lautgruppe -^n-
zu -wd- geworden in pando aus *patno, pandatia {porta) Paul. Festi 220
von *pat~no~ vgl. gr. nhvrj/Äi, Panda{deä) osk. Patana, tendo aus He-tn-o,
Das Öerundivum, ursprünglich ohne Beziehung zum Qenus des Yerbums,'^)
ist mit Bruomann, The Amer. Journal of Phil. 8, 441 ff., Grundriss 2,
S. 152 f. mit den altpersischen Infinitiven auf -tanaiy, den litauischen
sogenannten Part, necess. auf -tifM-s, z. B. süktinas „wer zu drehen ist"
von sükH (vgl. J. Schmidt bei Bebsu, Die Gutturalen 134, der secundus
auf *8ecütn(h für Hec-tno- lit. sectinas zurückführt), auf idg. *-t^no zurück-
zuführen; daher dandus aus *datn(h, so auch -bundus = *-fü-tno- lit.
btUinas und so alle vokalisch auslautenden Stämme, dagegen sind fere-ndus
facie-^dus u. s. w. mit demselben Wechsel zwischen -e- und -ö- (m), wie
beim Part. Präs. als Analogiebildungen zu betrachten [ferendus : ferens =
dandus : dans). Der Versuch Döbing's Progr. d. kgl. Friedrich-CoU. Königs-
berg 1888 lat. -ndo" = mit gr. -v^o- zusammenzustellen,^) scheitert an
osk. üpsannam „operandam" umbr. pilmner ,jpiandi'*, deren -n»- (-n-) nur
gleich italisch -wd- sein kann (idg. -dA- = umbr. osk. f). Über Thub-
neysen's neueste Ausführungen vgl. die Nachträge. Desselben Gelehrten
Ausführungen a. a. 0. über die Subst. auf -tudo -ago -ugo sind zu unsicher;
vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 548 Anm.
3. Liquidae und Nasales und Yerschlusslaut oder Spirant,
a. Sind r l nur von einem Verschlusslaute gefolgt, so tritt regelmässig
Assimilation des letzteren an die ersteren ein. -?d- = -i^, so mollis *mol-
dtfis skr. mrdü-,^) sallo *saldo got. saUan, callis „Wald** f. *caldis anord.
hoU, vgl. JoHANNSON, K. Z. 30, 435, percello *'Celdo vgl. clad^es hom.
xAcrcrcrai.') Sekundäres -W- verbleibt, daher valde caldus (§ 74). -fo- = -lU,
coUum *colsum got. haha; velle ^vel-se, facillimus "^fadUsimo-. -It- : bei
tnellis feüis gr. fiehr^ got. milipa skr. harit- ksl. zlütt dürfte die Assimi-
lation nach dem Nom. *mell *feü für *meU *feU eingeführt sein.*) idg. -rs-
stets = lat. -rr'j^) error got. airzeis, cerritus „irre** *cers-itO', currere
*cursere asächs. hross, farreus umbr. farsio, ferre ^fer^se, verrere gr.
ano{f:)€Qa€y verres skr. var^d-, terrere umbr. tursituto, terra *tersa, torrere
*torseregr. Tägaofiai got. paurs^jan „dursten**, i^orrtim gr. nQaaov Grdf. ^ppsö-;
ebenso im kelt. Lehnwort serracum aus *sesracum „Staatswagen** ir. sessrech
sessrach^^) und im etruskischen Lehnwort jBwrrcd/ws = etr. (purse&ni,^^) Ety-
») Thubkäysen, K. Z. 26, 301 f., J.
Schmidt. K. Z. 25, 22; Brcomann, Grundr.
1, § 221.
*) 1, 646.
3) Bkzz. B. 6, 239.
*) KöGEL, P.-B. Br. 7, 172 Anm. 1.
Über die bisherigen Auffassungen dieser
Formen DbIoer, Bist. Synt.« 1, 819.
*) Vgl. über gr. -y^o- auch Pauli, Eine
vorgnech. Inschrift von Lemnos S. 43 ff.
«) FicK 1, 175; vgl. auch § 43. Über
/; Fröhoe, Bezz. B. 3, 286 f.
^) Bruomann, Grundriss 1, S. 283.
») OsTHOFP, M. U. 4, 328 Anm., Z. G.
d. P. 531: andere Erklärungsversuche von
Fröhoe, Bezz. B. 7, 105, und W. Meyer,
K. Z. 28, 167 f
^) AscoLi, Lettera glott. 62 N. 2.
*^) ScHRAOER, Hist-ling. Forsch. 1, 20.
»»} Pauli, Altit. Stud. 3, 25.
312
«
B. LateiniBchQ Ghrammatik. b) Lateinisohe Lautlehre.
mologisch nicht vollkommen klar ist dorsum, vulgär dossuni,^) -rS' aus
-r<*f- -rts- -res- bleibt, daher vorsi^s arsi ursm (siehe unten); andererseits
Übergang in -5S-, so russum prossum, dafür auch rusum susum CIL. 1,
199, 7, 8, 15, qudssum = *qtmrsum *qtMvarsum,^) unose Pacuv. 213 Ribb. I,
unorsum Lucr. 4, 162,*) advosetn Paul. Festi 25, 17 u. a. bei Gobssen 1,
243. Man hat in diesem sekundären Übergang von -r5- in -s$- wohl einen
Vulgarismus zu sehen.
b. Für die Nasale gilt im allgemeinen der Grundsatz, dass sie in die
homorganen umgewandelt werden. Für den gutturalen wurde n geschrieben,
jedoch von den Grammatikern auch g, z. ß. agceps aggulus*). idg. -mrf-
= lat. -nd- in frendo *frefndo neben fremere gr. xqonadog^^) tandere f.
*tomdere gr. T€fiv(o und häufig in Zusammensetzungen, wie altl. qttan-de,
eorun-dem ian-dudum u. a. bei Schweizer-Sidler, Gramm. ^ § 74, 8. In
der Litteratursprache ist mit scheinbarer Ausnahme der Stellung vor v und /*,
wo aber die consequente Schreibung mit n (nur CIL. 1, 199, 8 comvalem,
comvovisse ib. 196, 13, fal. comvivia; comfluont CIL. 1, 199, 13) durch
die Aussprache ^ und die ursprünglich interdentale Natur des f ge-
rechtfertigt wird, dieser Grundsatz überall durchgeführt, daher m vor m h
p^ n vor n d i s. Das ältere und vulgäre Latein schwankt, daher z. B.
damdum damdam CIL. 1, 206, 17, 49, comductum 1, 200, 25 qaamtus ib.
206, 39 und 43, conpre{ve\ i)mimda Plaut. Pseud. 409, auch ßUschlich
'Cumque für etym. berechtigtes -cunquc (§ 15 b) u. a. Seelmann, Auspr. 269
schliesst daraus mit Recht, dass in der allgemeinen Volkssprache ein Mittel-
laut zwischen n und m gehört wurde, -ms- scheint durch die Mittelstufe
■^ws- zu -SS- geworden zu sein in pressi aus *premsi *prensi,^) und in den
Adjektiven auf -owsö- -osso-, vgl. § 59, 4; quunseiClL. 1, 200, 27, aUrinsectis
neben altrim secus Plaut. Pseud. 357 {secus = *sequos (?) Zimmermann,
Arch. f. lat. Lex. 4, 602 f.). Nach Erlöschen dieses Lautgesetzes trat an
seine Stelle die Einschiebung des Hilfskonsonanten -p-, daher sumpsi,
contempsL Genau so ist -mt- nach altem ursprünglichem Lautgesetze =
-nt-, daher ventum *vemtum skr. gam-,'^) centum lit. sztmtas, umgekehrt
tentare (adtemtare L Non. 166, 17 M.) neben älterem teniptare lit.
tenipiü; jünger em-p-tus^ sum-p-tus (daneben sumtum libri Lucil. XXVI
Fragm. 60 Müll.). Vereinzelt findet sich -nd- zu -»n- assimiliert in grunnio
altlat. grundio, dispennite Plaut. Mil. 1404 Rieb., distennite, tennitur Terent.
Phormio 330, 331 Umpfenbach und einigen anderen Beispielen*), z. B.
Verecunnus CIL. 4, 1768. Diese überhaupt mehr volkstümliche Assimilation
ist durch den Einfluss des Oskisch-umbrischen zu erklären.^)
c. Sind Nasal oder Liquida von zwei Verschlusslauten bez. Verschluss-
laut und Spirant gefolgt, so wird der erste der beiden Verschlusslaute,
bez. der Spirant ausgedrängt: -Ics- = -Is-, midsi aus "^mulc-sL -UU = -ß-,
*) Bkambach, Neug. 272; Ritschl, Op.
2, 544 Anm.
2) Löwe, Prodr. 341.
3) Götze, C. St. 1, 2, 156; Lachmakn
im Kommentar^ S. 230; Schönwerth-Wby-
MANN, Arch. f. lat. Lex. 5, 202 f.
*) Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 30, 12.
^) CuBTiüS, G. 5, 221; anders Kluge,
Et. W. 8. V. „GrandV
«) Anders W. Mbteb, K. Z. 28, 172.
') Bbügmahn, C. St. 9, 326.
^) COBSSBN 1, 210.
») G. Meykb, Z. f. d. öst. Gymn. 1885,
283; Immisch, Leipz. Stud. 8, 311.
9. Lautwandel in Eonsonantengmppen u. a. kombinat. LantwandeL (§ 66.) 313
uÜus *ulc-tus ulcisci. -Igs- (bez. -fc5-) = -fo-, alsi fulsi von alger e fulgere.
^tnbc- = -WC-, atwaesa Paul. Festi 20, 3 Müll, -mft^- = -mp-, ampendices
ib. 21, 5. -nibs- = -»t5-, amsegdes amsedentes aus "^amb-segetes u. s. w.
-iif2)^ = -w^, amtermini aus * amb-termini *amptermini, vgl. redamptruei,
älter und regelrecht an/rtiare. -«c^ = -nf-, gm'n/ti^^ doch auch Quinctus
CIL. 1, 1008 gm'nc^ A Plaut. Trin. 523 nach quinque;^) immer fufwtus
iunciiis mulctrum aus *fung-to- ^iung-to^ ^mulg-tro-, jedoch später wieder
nantus CIL. 3, 1635, 4; defuntus ib. 2137, santo ib. 8136. Über handschr.
cunta für cuncta u. a. Lachmann zu Lucret. 4, 727 ; vgl. auch Arch. f. lat.
Lex. 3, 21; 548 und Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 261. concUone CIL. 1, 198,
18 verschrieben für contiane. -rds- = -rs-, arsi aus *ard-si, -rct- = -rt-,
tartus aus *torC'tO' *torqutO', ierius aus "^terc-to- "^terg-to^ Varro Sat. 137, 1
Riese, fartis altlat. forctus, refertus sartus St. farc^ sarc-, -res- = -rs-,
urstis skr. fk^a- gr. a^xrog; torsi f. *torC'Si Horq^si. -rgs- (bez. -res-) =
-rs-, sparst St. sparg-. -rzd- = -rd-, hordeum ^horzdeo^ ahd. gersta, turdus
*turzdO' ags. prostle.^) -rdc- = -rc-, corculum aus *cord{t)-ch'.
d. Nur in den Lautgruppen -ns^- -rsc- und -rs^- sind n und r ge-
schwunden, daher bimestris f. ^bimenstri", pistum f. *pinstum ; poscere *por'
scere, skr. prchämi ahd. forscön; Tuschs umbr. Twrscww; fastigium ^far-
siigium skr. bhrsti-, in /cs^ws manifestus ^-ferstO" skr. dkr^fd-;^) testamentum
* terstamentum osk. tristaamentud. Dieselbe Behandlung zeigt -rsp- in
Maspiter neben Marspiter (von Varro und Qellius angeführt).
e. Unverändert geblieben sind die Lautgruppen -wcs-, -w.gs-, -/ps-, -rps-,
wobei CS gs = X und i>s eben als ein Laut zu betrachten sind, daher z. B.
planxi sculpsi serpsi u. s. w.
f. Ein Verschlusslaut oder Spirant zwischen Liquida und Nasalis
wird ausgedrängt: -&n- = -In-: alnas Grdf. *alsno-, lit. elksnis. -rem' =
-rm-y fulmentum f. ^fulc-mento^. -rptn- = -rm-, sarnientum f. ^sarp-mento-^
aber sarpta Fest 322. -rcw- = -r»-, wrna aus *wrc-wa, vgl. urceus, quemiis
^querc-no'. -rzn- = -rti-, cemutts ^cerz-nuo- skr. itr^d- gr. xo^arj^ pema
*perzna skr. pär^-ni- got. fairzna. Nur die Lautverbindung -nd^r- ist laut-
gesetzlich in -tiHr" -nstr- gewandelt worden, daher z. B. tonstrix Hondr-tric-,
defenstrix ^defend-tric-. Vgl. potestas aus *potent^iat-,
g. Zwischen Nasalis sonans und Liquida werden tonlose Verschluss-
laute in tönende gewandelt, daher angulus aus *af9klo' vgl. ancus, singuU
aus *sfpkl(h' *Sf9klo-, so wohl auch zwischen doppelter Nasalis sonans septin-
genti nongenti aus * septfp'kfpto- *ne^^'ktptO'.
Auslaut
66. I. Verschlusslaute und Spiranten. 1. Doppelkonsonanz wird
im Auslaute nicht geduldet, daher as es; os scheint durch Assimilation aus
*osi hervorgegangen zu sein,^) wie mel aus *meU; darnach erklärt sich
auch die Assimilation in den Casus obliqui. 2. Auslautende Konsonanten-
gruppen werden vereinfacht, daher lac aus *lact; lad F Varro d. 1. 1. 5,
104 ist Neubildung nach den Casus obliqui (Brugmann, Qrundr. 1, S. 506).
*) Babtholoxae, K. Z. 29, 503.
') Bbzzevbbboeb, B. 4, 346 A 2; Kluge,
P.-B. Br. 8, 523».
«) Fböhde, K. Z. 18, 314.
*) Osthoff, Z. G. d. P. 530 f. Anm.
314 S* Lateiniache Grammatik, b) Lateinische Laatlehre.
Vgl. Char. bei Keil, Gr. L. 1, 102, 4 und Probi cath. ib. 4, 7, 4 f.;
RiTscHL, Op. 2, 574 f. lade allgemein vulgärlateinisch nach Gröbeb, Archiv
f. lat. Lex. 3, 274. 3. Wie im Inlaut werden die folgenden aus Ex-
plosiva -f" ^ bestehenden Eonsonantengruppen behandelt: t d -]- s = -s
(durch die Mittelstufe ss) im Nora. Sing, der Dentalstämme, z. B. pes aus
"^ped-s, und in den aus o-Stämmen verkürzten damnas satMS aus *damnat^s
^sanaUSy vgl. osk. kürz umbr. pihaz. Kehllaut -j- ^ = -^, z. B. lex nex
ex, p -{- s = 'PS (ein Laut durch zwei Zeichen ausgedrückt), z. B. aps;
hingegen -bs graphisch nach Ausstossung eines Vokales in plebs scrobs urbs
(etymologische Schreibung wegen der obliquen Kasus, in denen b regel-
mässig war); Ter. Scaurus Keil, Gr. L. 7, 27, 17 war für die phonetische
Schreibung mit -ps, Varro empfahl urbs^ aber Pelqps wegen Pelopis; vgl.
weiter abs subs (§ 50). -eis = -a:, z. B. nox.
67. II. Verschlusslaute und Spiranten in Verbindung mit i ^
Liquiden und Nasalen, a. Doppelkonsonanz wird vereinfacht, daher mel
fei far aus "^f^^rs got. batiz-eins „gersten", so wohl auch ager consul u. s. w.
aus *agrs Honsols nach Assimilation des Spiranten; dagegen fers nach agis
u. s. w. b. Der schliessende Verschlusslaut wird abgeworfen: -rd = -r in
cor cord-is; -rt = -r in topper antiqper^) umbr. trüuper osk. petiropert;
dagegen beim Zeitworte fert nach den Formen mit lautgesetzlich erhal-
tenem 't, ebenso vuU est c. Vor dem dentalen Spiranten wird der Nasal
ausgestossen, so im vorhistorischen Latein agros (Akk. d. Plur.) aus "^agrons,
und in späterer Zeit bei den Zahladverbien auf -iefis; so auch ^ und i
vor 5, diBs r^ aus *dii&^s *r^is. In trans (vielleicht Part, von Hrare) scheint
'IIS aus -nts vereinfacht.^) Eine Ausnahme macht hiems^ wofür lautgesetzlich
*hietis "^hi^s zu erwarten wäre; es hat den labialen Nasal in Anlehnung
an die obliquen Kasus behauptet, hiem-s nach hiem-is u. s. w. ; die Schreib-
weise hiemps CIL. 1 S. 359 (vgl. sumpsi u. s. w.) ist durch die Grammatiker
der Kaiserzeit verdrängt worden.^) In den Lautgruppen -nts -nds -rts -rds
'Us schwindet, wie im Inlaute, der Verschlusslaut, daher frons (St. frofiU und
frond'), ars {art'\ Concors (-cörd-) puls {pult-); anderei*seits bleibt, wie im
Inlaute, -^ics (bez. --nx) intakt, z. B. lanx coniunx, und ebenso auch -Jcs
-res {'Ix -rx) z. B. falx merx. uUs hat sein s im Anschluss an eis be-
hauptet.*) Nur graphische Bedeutung hat commers Plaut. Stich. 519 A,
mers Pseud. 342. s) Wegen des Übergangs des auslautenden -nt in -n5
nach Thurneysen, Arch. f. lat. Lex. 5, 575 f., vgl. § 91, D.
Ausfall von Silben durch Dissimilation.
68. Die erste von zwei mit demselben Konsonanten anlautenden Silben
wird sehr häufig ausgestossen, offenbar um die Kakophonie zu vermeiden;
darüber vgl. Fick, K. Z. 22, 98 und besonders Wölfflin, Sitzungsber. d.
bayr. Ak. d. W. 1882, 444 Anm., woselbst die ganze Litteratur über diesen
Gegenstand verzeichnet ist; dazu auch Osthoff, Paul-Braüne, Beitr. 8,
55 P, jetzt auch Brugmann, Grundr. 1, § 643, Schweizer-Sidler, Gramm. «
^) BücHELER, Arch. f. lat. Lex. 1, 102 f.
*) Vgl. jetzt auch Thielmank, Arch. f.
lat. Lex. 4, 248 f.
3) Brambach, Neug. 249. Op. 2, 656 f.
^) Brugmann, Ber. d. k. sächs. 6. d.
W. 35, 191.
5) Stüdemund, Hermes 1,290 f.; Ritscbi«
9. Lautwandel in Eonsonantengrnppen n. a. kombinat. Lautwandel. (§ 67—69.) 315
§ 46. Besonders tritt dieser Vorgang in Ableitungen und Zusammen-
setzungen bei zwei mit t anlautenden Silben ein, z. B. debilitare *de-
bilitfcUJare, quottis totas *qitot[it]f4S, vgl. quotumus V\a,ut, Pseud. 962, 1173,
*totUiiS skr. katithä- tatithd-, calamUosus *calamü[at]osu$, defitio *dent[it]io
{dentire), poriorium *port[it]orium^ nutric- *nutr[itr]iC'' {nutritor); ähnlich
vestibulum für "^vestfi^stjibulum, veneficus für *ven[en]e(i)-ficti8 u. s. w.
Zwei Silben sind ausgefallen in voluntarius für *volunt[atJarins *volufit-'
[itjatarius.
Auslautgesetze.
Vorbemerkung. Die im Auslaut vor sich gehenden Änderungen fallen in das
Gebiet der Satzphonetik. Die Worte bilden im Zusammenhang des Satzes eine £inheit
und daher hängt die Gestaltung des Auslautes von der Natur des Anlautes des folgenden
Wortes ab: so stand z. B. schon idg. *peri vor Konsonanten, *peri vor Vokalen. Auf
dem Boden der Einzelsprachen ist dieses ursprüngliche Verhältnis vielfach getrübt und die
eine oder andere Form allein herrschend geworden. Im allgemeinen vgl. BaueMANN,
Grundr. 1, S. 485 ff. und oben S. 75 ff.
69. 1 . Auslautendes ^ l wird häufig, in seltenen Fällen auch ö abgeworfen ;
d bt geschwunden in ac (atque), nee (neque), hie und den mit -ee zusammen-
gesetzten Pronomina und Pronominaladverbia; in jüngerem die due fae
neben älterem diee duee face^) (vgl. § 116); altlat. siremp8{e); in den Zu-
sammensetzungen mit ne, als quin sin aus *qut ne *si ne *) satin viden u. s. w.
und 'Ve, wie neu {neve), seu (stve), eeu; in volup neben volupest Plaut. Truc.
704, Amph. 958, 994. Nicht ganz klar ist das Verhältnis von donee und
donicum^ jünger donique^) {doneum{?) Plaut. Most. 1, 2, 35 und dune, wenn
nicht letzteres aus ^dum-e hervorgegangen ist). X ist abgefallen *) in at,
et (gr. iti)f ut {uti), auf (umbr. ute osk. avti), quot tot [toti-dem skr. kdti tdti),
dafür quod CIL, 1, 1016; ferner (wahrscheinlich schon in uritalischer Zeit)
in den Personalsuffixen primärer Form; ad skr. ddhi, ob gr. ^W, super
gr. vneiQ skr. updri, per gr. ncQi', Bei den mehr als zweisilbigen Sub-
stantiven auf -al und -ar neben -are -ale (^ = idg. \ wie bei den folgenden
Adjektiven, vgl. § 26, 1) liegen Doppelformen (erst^re vor Vokalen, letztere
vor Konsonanten) vor; ebenso wohl auch in fädle sitnile gegenüber faeul
diffieuly belehrend facil est inventu Plaut. Trin. 679, semol ö ist sicher
geschwunden in ab gr. ano, vgl. die enklitische Form po- in po-situs po-lio,
sub gr. vn6\ so auch in non alt noenum (= *ne oinom), nihil neben nihilum;^)
sedum für sed nach Charis. bei Keil, Gr. L. 1, 112, 5 und Mar. Vict. ib.
6, 10, 13 halte ich für eine grammatische Spitzfindigkeit, u ist nach
Osthoff, M. U. 4, 274 abgefallen in mox aus "^moxu skr. mak^ü, mx aus
^vixu zu rfc-.ß) Über den tönenden Laut in ab ob sub § 50.^)
2. Über die Kürzung der Vokale in Endsilben vgl. § 13, 7 und 40 B.
') Nbub 2, 438.
*) RiBBBCK, Z. Lehre v. H. lat. Part. 14 f.
') ZiMMERMANK» Arch. f. lat. Lex. 5 569 ff.
Nicht möglich ist die Ahstraktion des danec
aus missverständlich entstandenem ^done-
ccum, weil die Konsonantendehnung mir nach
betontem Vokal auftreten kann. Bezüglich
der Etymologie ist das aus Inschr. d. Eaiser-
zett von Z. belegte quan-dane zu beachten.
^do-ne wie pone superne slav. da ^zu, bis*
kelt. da du ,bis, zu*'
*) Vgl. Staoelmann, De quant, voc.
66 f., welcher mit Recht behauptet, die
Formen ohne -i seien vor Vokalen ent-
sprungen und dann verallgemeinert worden.
*) Vgl. auch Bruomann, M. ü. 3, 9 f.,
Fröhdk, Bezz. B. 7, 104.
^) ^S^' J6^^ AUCli SCHBAOEB, K. Z. 30,
477 ; Henby, U4m. d. 1. S. d. 1. 6, 377, der
aber vix fUr den Nominativ zu vicis hält (!).
7) Vgl. auch Osthoff, M. U. 4, 265.
316
B. Lateinische Orammatik. b) Lateinische Lautlehre.
3. Die auslautenden Konsonanten s, m, n, r, l sind in der Regel in-
takt erhalten, so im Nom. d. Sing, der Mask. und Fem., in den Nom. auf
-mew, ßen, ren^ bei den Nom. auf -er, in sol u. s. w. Im Nominativ d.
Sing, der on-Stämme war der Schwund des n bereits in idg. Zeit erfolgt,
wie in ego,^) alioquin ceteroquin neben alioqui ceieroqui sind sicher genug
beglaubigt,^) aber kaum etwas anderes als gelehrte Produkte, wie (Uquin
Stat. Theb. 6, 161. Auslautendes s ist nicht in r übergegangen (im Nom.
der 8-Stämme), sondern durch Analogie eingeführt; vgl. § 59, 5. Auslau-
tendes idg. ^ ist im Lateinischen durch / und d reflektiert in Verbalformen,
worüber vgl. § 97. Übrigens müssen d und t nach Vokalen im Auslaute
sehr ähnlich geklungen haben, daher aput, zuerst bezeugt CIL. 1 , 206, 15
und öfter neben apud^ haut haud CIL. 1, 1306 und hau (zunächst vor
Konsonanten) ib. 1007; so wechseln d und t im Auslaut auf den Denk-
mälern der augusteischen Zeit,') z. B. dliquod für -quot Mon. Anc. II, 25,
adque = atque ib. IV, 30, und auf denen der folgenden Zeit.^) Vgl.
übrigens Anm. 1. Geschwunden ist urspr. d nach langem Vokal im
Ablativ Sing, (endgiltig nach 576 u. c.),^') in den zu Präpositionen erstarrten
extra extrad Sc. d. Bacch. intra{d]; in de osk. dat Die Form pos z. B.
pos tenipus CIL. 1, 1454, pos templum 5, 4056, arch. posquam Plaut
Pön. 104, Verg. Aen. 3, 1 Ribb.^) ist nach meiner Ansicht ursprünglicher
als post und wohl aus *po (= *apo) -\- s entstanden, vgl. pone = *po8'ne;
hingegen post = pos-te Plaut. Asin. 915 B, Merc. 370, posted aus handschr.
postea Asin. 709, wie an-tej) Vgl. ausser dem von Osthoff a. a. 0. Bei-
gebrachten umbr. pus alban. pas.^)
Auslautendes m war ein sehr reduzierter Laut: „Die Artikulation
wurde nach Abschluss des Vokales (der letzten Silbe) höchstens nur bis
zur Schliessung der Lippen vollzogen und dann mit einem Male abge-
brochen, infolge dessen anstatt eines vollständigen m nur der Übergang
von der Vokal- zu der tn-Stellung hörbar wurde **.^) Daher das häufige
Fehlen des -m auf archaischen und vulgären Inschriften und die Vokal-
verschleifung zwischen einer auf Vokal -|- ^ auslautenden und einer mit
Vokal anlautenden Silbe in der lat. Poesie. Auch auslautendes -s nach
Vokalen ist auf archaischen Inschriften sehr häufig nicht geschrieben,
während das klassische Latein es durchaus schreibt und erst die In-
schriften der späteren Kaiserzeit es wieder weglassen. Während man früher
') Osthoff, M. U. 1, 256, G. Mbybb, Gr.
Gr.' § 314. Eine Vermutung über den Grund
bei dem letztgenannten Worte spricht Ost-
hoff, M. U. 1, 258 aus ; „Satzdubletten *^ nach
Havet, M6m. d. 1. S. d. 1. 4, 274 f.
2) Geobges, Lex. lat. Wortformen s. v.
gegen Ribbbck, Beitr. z. Lehre v. d. lat.
Part. 20, Lachmann zu Lucret.* S. 19.
*) BücHBLEB, N. J. 99, 485; Sbelmann
366 f.
*) Bbambach, Neug. 332.
^) Der Schwund trat zuerst vor konso-
nantischem Anlaut des folgenden Wortes ein,
vgl. Multi diu e Tröia strenui viri venire
(Naevius 13 Müll.) und Noctü Troidd exi-
hant etc. (Troiade cod.) (ib. 7). Vgl. auch
RiTSCHL, Neue Plaut. Exkurse I, Leipzig 1869.
«) RiTscHL, Op. 2, 548 ff., Neue 2 736,
Ribbeck, N. J. 77, 187. W. Meybb bei
Gböbbb, Grundr. d. rom. Phil. 1, 363 scheint
pos für jünger zu halten (antekonsonantische
Form). OS de {= <n8t de) P Verg. Aen. 10,
743 Ribb. möchte kaum dafür beweisend
sein, vgl. Scholl Leg. XII tab. rel. 108
Anm. 2.
^) Osthoff, Z. G. d. P. 531.
^) G. Meybb, Bezz. B. 8, 188.
^) Danielsson bei Pauli, Altit Stod.
3, 199 Anm.; vgl. Sxblmann 356 ff.; Bbuo-
MANN, Grundr. 1, S. 178.
10. Betonimg. (§ 70.) 317
allgemein die schwache Artikulation des auslautenden -s hiefür als Orund
anführte, vermutet Brugmann, Orundr. 1 S. 507 f., dass wir es hiebei
mit einer satzphonetischen Erscheinung zu thun haben, ähnlich wie im
Inlaute -s- in gewissen Konsonantengruppen schwand, und dass in der
Schriftsprache infolge grammatischer Reflexion und Rücksicht auf die Deut-
lichkeit der Wortform die Formen mit -s die allein herrschenden wurden.
magis mage^ ») potis pote, die 2. Sgl. d. Pass. auf -ris und -re sind von Anfang
an verschieden ; ve in si-t'e? ne^ve u. s. w. nicht mit Corssen 2, 246 auf vis
(vgl. quam-vis) zurückzuführen, sondern zu skr. vä zu stellen.*) Vgl. über
den ganzen Gegenstand noch Ritschl, Op. 4, 404 f., Gorssen 2, 649 f., 666;
1, 183 f., W. Meyer bei Gröber, Qrundr. d. rom. Phil. 1, 363. Über den
spätlateinischen Abfall des auslautenden -t, der in fal. cupa Zvet. Inscr.
It. med. 60 ein Analogen in alter Zeit hat, vgl. Rönsch, N. J. 121, 69 f.
Übrigens war -t nach dem Ausweis des Altfranzösischen noch zur Zeit der
Eroberung Galliens erhalten. 3) Über die auslautenden Eonsonantengruppen
§ 66, 67.
Anmerkung 1. Dass die allgemeine Volkssprache den Auslautskonsonanten an
den anlautenden des folgenden Wortes assimilierte (relativer Auslaut), zeigen die inschrift-
lich nicht selten vorkommenden Schreibweisen, wie at tefftUas CIL. 1, 1252, im fronte
1104, imprivaium ib. 200, 27, und aus späterer Zeit im halneum 4, 2410. im mwo 5, 405(>,
im pace 8, 5493 und häufig auf christlichen Inschriften; vgl. Sbelmann 361, 364. Viel-
leicht war auch der Wechsel von sed set (oben haud haut) ui sprünglich also geregelt.
Wenig ist auf handschriftliche Beispiele zu geben, vgl. indes Lachmann zu Lucret. 3, 385,
Ribbeck, Ind. Verg. S. 396. Vgl. auch at te (= ad te) Ter. Eun. 123, 310, ad (= at)
diligenter ib. 207; ad ita (= at ita) Licinius Calvus nach Chans, bei Keil, Gr. L. 1, 229, 9;
forsam potui R P Verg. Aen. 4, 19 Ribb. (aUerdings auch forsitam ülum P R Ecl. 6, 58).
Ober forsam Ribbeck, N. J. 77, 188.
Anmerkung 2. Hier mag auch auf die satzphonetische Erscheinung der Ver-
Bchleifung des anlautenden Vokales in itast mest (— me est), sententiast, sitast [darnach
auch autefnst situst situmst] aufmerksam gemacht werden, wobei e verloren ging; vgl.
Brcomann, Grundr. 1 § 656, 1. Ausführliche Nachweise bei Cobssbn 2, 646 f., 852 f.
10. Betonung.
Wesen des lateinischen Accents.
70. Seit Weil und Benloew (Theorie generale de Taccentuation Latine
Paris 1856), denen Corssen 2, 797 im wesentlichen beistimmt, war man
gewohnt, den lat. Accent gleich dem der indischen und griechischen Sprache
als rein musikalisch aufzufassen; nur Langen, Phil. 31, 98 f. (und neuer-
dings N. J. 113, 620) sah in ihm „die Übergangsperiode in der Betonung".
Richtiger fasste ihn Scholl (Act. soc. phil. Lips. 6) als im wesentlichen iden-
tisch mit unserem modernen Accente. Streng wissenschaftlich muss man mit
Seelmann S. 11 den lat. Accent im wesentlichen als exspiratorisch-ener-
gisch bezeichnen. Es erfahrt also die den Hauptiktus tragende Silbe nicht
nur eine Tonerhöhung (dies das charakteristische Zeichen des musikalischen
Accentes; „une note musicale plus elevee** Weil und Benloew), son-
dern auch eine Tonverstärkung („intentio" nach Cledonius, „plus sonaf*
Servius comm. in Don.). Nur aus dem exspiratorischen Charakter des lat.
Accentes erklärt sich seine Tendenz von den Endsilben möglichst weit
») Mahlow, D. 1. V. 45. 3) Gröber. Arch. f. lat. Lex. 1, 20 f.,
*) OsTHOFP, Z. G. d. P. 128. Gbykr, ib. 2, 42.
318 B. Lateinische Grammatik, b) Lateinische Lautlehre.
zurückzutreten (im Hochlateinischen bis auf die dritte Silbe, Dreisilben-
gesetz), sein Einfluss auf die Quantitätsverhältnisse, die Verstümmelung
und Abschleifung der Endkonsonanten eines Wortes und die Wegwerfung
einzelner Endsilben (siehe § 69), wofür Scholl 20 f. einen absolut unstich-
haltigen Qrund beibringt. Besonders sei hervorgehoben die Verkürzung
betonter Vokale unter dem Einfluss des exspiratorischen (geschnittenen)
Accentes {mtlia, aber mit Kürzung milUaj wenn auch ersteres besser bezeugt
ist), worüber man vgl. § 40, A 3. Neben dem exspir. Acc. (Exspirations-
intensität) hat aber von alters her die Quantität der Silben (Exspi-
rationsextensität) einen wesentlichen Einfluss auf die Aussprache aus-
geübt und nach einer Zeit des Kampfes zwischen beiden (über die Spuren
desselben vgl. unten) hat sich für die hochlateinische Sprache das Gesetz
herausgebildet, dass lange Pänultima stets den Hauptiktus auf sich zieht.
Mithin sind für die hochlateinische Betonung drei Faktoren massgebend:
1. Das Dreisilbengesetz (wie in der griechischen Sprache), 2. die Bary-
tonesis (wie im Äolischen), 3. die Herrschaft der Pänultima. Scheinbare
Ausnahmen von dem zweiten Gesetz erklären sich entweder durch Apokope,
z. B. illic isticy tantön dixin und andere mit dem enklitischen Frageworte
-ne zusammengesetzte Wörter, oder durch Synkope, so Arpinds Samnis
(aus ArpinäHs Samnitis), Campdns {Campdnus), die allerdings möglicher-
weise nicht acht lateinische Nominativbildungen waren, vgl. Brugmann,
Grundriss 1, S. 551, disturhdt audit (Perf.). Über Väleri und die gleich-
gebildeten Vokative vgl. § 80 Anm. Von dem dritten Gesetze weichen ab
die Verbindungen von der Art wie itaque (wenn ^que wirkliche Kopulativ-
partikel ist), sowie die mit den enklitischen -ve -ne. Betreffs der von
den Grammatikern überlieferten Lehre von der Oxytonierung gewisser Ad-
verbien und Präpositionen, z. B. ergo (Präp.) zum Unterschiede von ergo
(Konj.), ist Seelmann S. 39 f. Recht zu geben, der die diesbezüglichen An-
gaben der Grammatiker mit Recht auf die Proklise dieser Worte bezieht.
Anders urteilen Corssen 2, 808 f. und Scholl 62 f. Die griechischen Lehn-
wörter wurden im Altlateinischen nach den lateinischen Accentgesetzen
betont, daher z. B. mina epistula Herdes neben gr. nvä iniatoXri ^HqccxXTfi
und andere Beispiele bei Seelmann 42; im Hochlatein galt zum Teil
derselbe Grundsatz oder die griechischen Wörter wurden als wirkliche
Fremdwörter behandelt und behielten daher auch die ihnen im Griechischen
eigene Betonung, soweit dies nach den allgemeinen Betonungsgesetzen des
klassischen Latein möglich war.
Formen des Accents.
71. 1. Der Acutus ist der Haupt- und Hochton des Wortes; er
steht auf allen kurzen Tonvokalen, ebenso auf der drittletzten Silbe mit
langem Vokal, sowie auf dem langen Vokal der vorletzten Silbe, wenn
dieser eine lange Schlusssilbe folgt. ^)
2. Der Circumflexus ist charakterisiert durch ein anfangliches Auf-
steigen und allmähliges Sinken der Stimme. Nach den Lehren der Gram-
matiker steht er auf der langen Pänultima, wenn die Endsilbe kurz ist,
') Seelmann 44 ff., woselbst auch die wichtigsten Stellen verzeichnet sind.
10. Betonimg. (§71—73.)
319
auf einsilbigen Wörtern mit langem Vokal und auf den oben erwähnten
illie Samnis u. s. w. Übrigens ist es mehr als wahrscheinich, dass diese
Accentart eine gelehrte Fiktion der Grammatiker ist, wie Langen in seiner
Dissertation De Gramm. Lat. praeeeptis quoad ad accentum spectant, N. J.
79, 47, Scholl, cap. IV auszuführen gesucht haben. ^)
3. Der Gravis (wohl zu unterscheiden von dem jetzigen technischen
Ausdruck, Sievers, Phon. 165) gilt als Charakteristikum für alle neben-
tonigen (mit einer gleich zu erwähnenden Ausnahme) und schwachtonigen
Silben. Diese ist
4. Die prosodia media, welche nach den unzweifelhaft richtigen
Ausführungen Gobssen's die Iktussilbe des ersten Gliedes der Komposita
oder bei vielsilbigen Wörtern die Stammsilbe triflFt, z. B. niisericordia, üno-
mdmmiay Ibngi-tüdo. Fälschlich hatten Weil und Benloew die pr. m. dem
der betonten Silbe vorausgehenden und nachfolgenden Vokal zugeschrieben,
Hadley und Misteli sie dem indischen „svarita" gleichgestellt und als
«Mittelton^ hinter dem „Hochton" gefunden.
Aomerkung 1. Dieser Nebenton ist ursprünglich der Hauptton gewesen, der durch
den sich entwickelnden Nebenton verdrängt wurde. Ober die Bedeutung des Nebentones
der ersten Silbe für die romanischen Sprachen (bez. das Vulgärlatein) siehe die Stelle aus
Thubkktsen, Revue Celt. VI, 313 (mir unzugänglich) bei BMTGMAifir, Grundriss 1, S. 551.
Anmerkung 2. Über Abweichungen des Vulgärlatein in der Betonung vgl. ISbbl-
MANN S. 47 f. Eine grosse Zahl von Ausnahmen in der Betonung (*trlginta, *tnfolium u. s. w.)
sucht D'Ovmio in Zeitschr. f. rom. Phil. 8, 82 f. in anderer Weise zu erklären; jedoch vgl.
die Gegenbemerkungen Sbblmann's 391 f. und Gröber, Arch. f. lat. Lex. 5, 125 f.
Enklisis und Proklisis.
72. Über diese Vorgänge genügt es auf Corssen 2, 835 f., Kühner
§ 51, ScHWEiZER-SiDLER, Gramm.* § 8 f. zu verweisen; dazu Scholl, cap.
IV, eine Übersicht auch bei Bouterwek-Tegge die altsprachliche Orthoepie
S. 20 f. Vgl. ferner Brugmann, Grundr. 1 , S. 549 f.
Ältere Betonung des Lateinischen.
73. In vorhistorischer Zeit herrschte in der lat. Sprache das allgemeine
Gesetz, dass der Ton möglichst weit von dem Wortende zurückgezogen,
also auf die erste Silbe gelegt wurde (Folge der exspiratorischen Betonungs-
weise). HiefQr die Beweise:
1) Schwund des Vokals der dritten oder vierten Silbe als der nach-
tonigen nach altem Gesetz (siehe den folgenden Paragraphen), und zwar
a) bei den griech. Lehnwörtern Polliices Pollux für *Pöl{u)deuces, vgl.
etr. pultuke und Jordan, Krit. Beitr. 29, cupressus für *cup{e)ressus (das
gelehrte cyparissi erst bei Vergil Aen. 3, 680), halneum für *bdl{i)neum
gr. ßaXaveioVj balineae Plaut. Merc. 126, Asin. 357, praen. Acmemeno für
*Ac{a)meni{€)no; b) bei den lat. Wörtern optimus neben opitumm (von
ojji- vgl. Ugi-timus), bei den Superlativen maximus oxime proximus für
^mdg[%)S'imo^ *öc{i)S'ime *pr6q{t)S'imO' (vgl. § 92), iuxta für *mg{i)S'ta;
bei den Compositis Benventod (CIL. 1, 19), benficium Plautus, Naepor für
*Ndev{I)p<>ver, puerpera für *p6vr{o)peray nuncupo, vom Adj. *nimi-capiis
(vgl. § 94 numi'Clator), oinvorsei, opiter für '^dv{t)2)ater, opilio für *ov{i)pilio,
^) Neuerdings hält Langen, Philol. 31,
119 den lateinischen Cirkumflex für die Be^
tonung eines langen Vokales, den Akut für
die eines kurzen.
320 S« Lateinische Orammatik. b) Lateinische Lautlehre.
vindemia; undecim für *iinu{s)decifn, quindecim aus *quinquedecim; bei den
reduplizierten Perfekten reccidi repperi rettuli für *rec{e)cidi u. s. w.
2) Betonung der drittletzten Silbe bei ursprünglich langer Paenultima,
die infolge des Zurücktretens des Accents gekürzt wurde: a) in den griecb.
Lehnwörtern ancMra crepXda neben ayxvga Akk. xQTjmda; b) in den lat.
Wörtern pei^o für *periüro (vgl. § 27), fesira aus *fen{e)8tra, sortus aus
*8ii-r{e)C't(h.
3) Die Vokalisation der nachtonigen Silbe; a) Vokalschwächung der
drittvorletzten Silbe a) in den griech. Lehnwörtern prän. AUxentrow, Agri-
gentum gegenüber ^Akh^avdQov^ Akk. Uxqdyawa^ Massilia für . Maaaah'a;
ß) in den lat. Compositis mit hene- und male^ nach älterer Weise heni-volus
{*benivolus) M. s. w., worüber Ritschl, Op. 2, 556 f., Brambach, Neug. 179;
in dimidius {demediam CIL. 7, 140 rekomponiert), indigeto für Hndu-^eto
(über letzteres Wort Corssen, De Volscorum lingua 18), inquilinus für
'^inquelino-, praefisdni für *prdefascini (Ribbeck, Zur Lehre v. d. Part. 3),
per-niC'ies W. nee-; in den mit Präpositionen zusammengesetzten Verben,
wie prae-hibeo, pro-hibeo nach urindog. Gesetz der Enklisis (Bruomann,
Grundriss 1, S. 549); endlich in igitury das nach Hartmann, E. Z. 27, 558
aus agitur entstanden ist, zunächst aus der enklitischen Verbindung quid
igitur (anders, aber wenig wahrscheinlich Immisch, Woch. f. klass. Phil. 4
(1887) 262 Anm.; eine noch weniger haltbare Vermutung bei Per Pesssok,
Stud. etym. 43 Anm.). b) Vokalschwächung in der zweitvorletzten Silbe,
und zwar a) der griech. Lehnwörter Tarentum gr. Akk. Tagovra, canistrum
gr. xdvaaTQov (zugleich auch unter 2a gehörig); ß) in den Perfekten i>6perc*
fefelli und ganz besonders in der § 27 besprochenen Schwächung der Vokale
in der Zusammensetzung, die trotz aller Gegenbemerkungen nur durch die
ältere Betonung erklärt werden kann. Zwar in Fällen wie *c(mfdcio cön--
ficis cönfidt könnte man an Ausgleichung denken (conficio nach den beiden
anderen Personen und nach dem Singular der Plural), aber anhelo concldo
conscendo für *anhalo Honcaedo *conscando und überhaupt alle Fälle, in
denen der geschwächte (lange) Vokal der zweiten Silbe nach den Betonungs-
gesetzen des Hochlateinischen den Ton tragen müsste, können nur unter
der Voraussetzung der Betonung des Präfixes erklärt werden. Dieses Ge-
setz der Abschwächung des nachtonigen Vokals, das in seinen Anfangen
uralt ist, ist erst in der Periode des Sonderlebens der lateinischen Sprache
weiter ausgebildet worden, da die umbrische und oskische Sprache nur
einige wenige mehr oder minder sichere Spuren desselben aufweisen. So
scheint auch, wie bereits § 36, 2 bemerkt worden ist, die Vokalsynaloiphe
in dego nego u. s. w. älter als die Schwächung der Vokale. Das Gesetz
der Vokalschwächung wurde gekreuzt von dem später zur Herrschaft ge-
langten Dreisilbengesetz. Aus dieser Zeit des Kampfes stammen altlat.
Formen, wie confldges, obtrdctaty abdrcet aspdrgo u. s. w., in denen sich
unter dem Schutze des Hochtons der ursprüngliche Vokal erhalten hat.
Allerdings fällt mitunter die Entscheidung schwer, ob wir es mit Resten
uralter Formen (aus der Zeit vor dem allseitigen Durchdringen der Vokal-
schwächung in Zusammensetzungen) oder mit solchen Formen zu thun
haben, die unter dem Einflüsse des Dreisilbengesetzes rekomponiert sind,
10. Betonung. (§ 74.) 321
wie dies sicher bei vielen vulgärlateinischen Formen der Fall ist. 0 Über-
haupt spiegelt sich dieser Kampf der beiden Gesetze — Vokalschwächung
und Dreisilbengesetz — in dem im ganzen Verlaufe der Geschichte der
lateinischen Sprache herrschenden Schwanken des Gebrauches bei Zusammen-
setzungen, z. B. de- repango, aber infringo (vielleicht mag hier, ebenso wie
bei expando neben expendo, das Streben mitgewirkt haben, die neuent-
standenen Komposita von denen mit i^m^o pendo zu unterscheiden), comparo
reparOy aber schwankend aequiparo und aequipero u. a.; natürlich kommt
in den letzterwähnten Fällen daneben auch der Einfluss der Simplicia in
Betracht«)
Anmerkung 1. Die Zeit, bis zu welcher dieses alte Betonungsgesetz allgemein
wirksam blieb (die Volkssprache bat es grösstenteils bewahrt), lässt sich kaum genau be-
stimmen. Jedesfalls war es noch im fünften Jahrhundert der Stadt lebendig, aus welchem
die pränestinischen Bronzen stammen.
Anmerkung 2. Die früher von mir vertretene Ansicht, dass aus Formen wie
navis bovis wegen der Erhaltung des if auf Oxytonierung geschlossen werden müsse (vgl.
§ 14), ist fraglich, weil die Zurückziehung des Accentes auf die erste Silbe schon allgemein
italisch ist Vgl. Bbuomank, Gmndriss 1, S. 549. £. A. Whabtok, A law of latin accen-
tuation kenne ich nur aus Berl. Phil. Woch. 1885 No. 5.
Anmerkung 3. Eine ältere Betonung des Lateinischen ist schon von Weil und
Benloew, Theorie g^n^rale de Taccentuation latine p. 105 ff. und Dibtbich, K. Z. 1, 543 f.
behauptet, besonders aber von Cobsskn 2, 892 ff., Krit. Beitr. 568 ff.. It. 8pr. 449 ff. mit
grossem Nachdruck verfochten worden. Dagegen haben sich unter andern besonders
CuBTiüs, K. Z. 9, 321 ff., Stud. 4, 223 ff., Scholl 1. 1. c. VI, Ebdbkbeboeb, De vocalibus
in altera compositarum vocum lat. parte attenuatis diss. Lips. 1883 ausgesprochen. In
neuester Zeit hat Sbblmahn, Wesen und Grundsätze d. lat. Accent. Leipzig 1884 und auch in
seinem Bache ,Die Aussprache des Latein* S. 30 ff. die Ansicht vertreten, dass der Accent
im Lateinischen möglichst weit vom Wortende zurückzutreten strebe. Eingehend suchte
der Verfasser dieser Lautlehre den Beweis hiefÜr zu erbringen in Wiener Studien 8, 149 ff.
Auch Thübkbysen, Der Satumier, Halle 1885, S. 31, Bbuomanv, Grondriss 1, S. 549, Ost-
HOFF, Arch. f. lat Lex. 4, 464, Hbnby, Pr^cis S. 100 haben sich für die Ansicht aus-
gesprochen, dass in vorhistorischer Periode des Latein die erste Silbe den Accent trug.
Die zur Verteidigung der älteren Ansicht vorgebrachten Bemerkungen von Cocchia, Riv.
di fil. ed istruz. class. anno XV, 385 ff., sowie die Ausführungen von Havet, M^m. d. 1.
S. d. 1. 6, 11 ff. beweisen ebensowenig das Gegenteil, wie Kblleb's Machtspruch N. J. 133,
844 Anm. und Immiscb's Bemerkungen Woch. f. klass. Phil. 1887, 262.
Synkope der Vokale.
74. Nach altlateinischem Gesetz scheint der Vokal der der ersten
folgenden Silbe durchaus unterdrückt worden zu sein. Im klassischen Latein
haben sich viele derartige Formen erhalten: so ist au- aus am- entstanden
in auceps auspex andere autumare (skr. ävati) caulae cautum {cavitum CIL.
1, 200, VI p. 79, caviiioneni Paul. Festi 61, 3) claudo *cIämdo (dagegen
später claviger), faustm *faves-to- fautum {favitor s. Georges s. v. fautor):
-M- -ö- aus -ovi- in lülus ^lovilus vgl. osk. iovila (Bücheler, Rh. M. 43,
ISS)^ prüdens *prou{i)dens, möfnen *moif{i)men; ae- aus aevi- in aetas ^aevitas,
praes neben praevides CIL. 1, 200, 46. Vgl. ferner nüdus aus *no{g)tiedo-
üdus neben üvidus; agnten aus *agimen, vgl. 65, 2 {-amen = skr. djman-)
tegmen; valde neben validus; cette aus '^ce-date, reddo aus *re-dido; ulna gr.
wlävrj; anceps *ambi-ceps, älter an-cipes Plaut. Rud. 1158, praeceps lüterprae-
cipes, princeps; ullus *un{ö)lo-; officinanehen opißcina'PlsLat. Mil. 880; propter
aus *prapü€r; ferculum neben fericulum^ ardor neben aridüs, acerhus aus
') Seelh AHN 58 f.
«) Fb. Neomahn, Z. f. rem. Phil. 8, 249.
Eine Reihe anderer Beispiele bei L. Meter
in Bezz. B. 1, 152.
HABdbach der klai». Altertumswinenflchaft. U. 2. Aufl. 21
322 B. LateiniBohe Grammatik, b) Lateinische Lantlehre.
*acr{iyhos, die Komposita alterplex sacerdos aus *äUr{o)pleC' *8dcr{ö)doi^f
und wohl auch Kbertas vgl. Lebro CIL. 1, 174, surgo *SM6-r(c)5fo, f ernte
aus ^ferime, decemo aus *d€cr{%)no, libella agellus u. s. w. aus *libr{o)Ia
*dgr{o)lo-; hortor neben horitur (Ennius); quaestor-tis vgl. postus {posiftts nach
Situs neugebildet); hospes für *host{i)poti'' (Kluge, Et. W. s. v. „Gast*) dextra
(Suffix "tero-); hrüma *bre^{i)fna; dodrans aus ^de^quadrans ^de-quodrans
*dO'qu{o)drans (Corssen, 2, 370 f.). Dazu noch die § 43, § 73, 1 aufgeführten
Fälle. Im Vulgärlatein ist dieses Gesetz in gewissen Fällen immer wirk-
sam geblieben, vgl. W. Meyer bei Gröber, Grundr. d. rom. Phil. 1, 361
(Nr. 17). Vgl. ausserdem noch die folgenden altlateinischen (und zum Teil
vulgären) Beispiele: cedre (Inschr. v. Spoleto), dedrot (Pis.), malus {mattus) für
*fnaditO', frigdaria Lucil. VIII, 8 Müll. (Sang.), anglus iuglus coaglari teg-
larius, caldus soldum, calfacere olfacere malfacta Plaut. Trin. 185, cante
Varro d. 1. 1. 7, 27 Sp., coplata (Lucr.), ardum lardum, iurgare neben obiuri-
gandum B Plaut. Merc. 118, porgam, merto (Inschr. v. Palestrina Phil. Woch.
2, 91), opra (Ennius) von apes- vgl. osk. üpsannam päl. upsaseter, Synkope
des Vokals der dritten Silbe hat stattgefunden in facultas, [facilitas Neu-
bildung) famultas simulta^y audacter difficulter^ puertiae Char. bei Keil,
Gr. L. 1, 266, 6, matertera für *mater-itera Fem. zu iterum nach Pott
vgl. OsTHOPP, Arch. f. lat. Lex. 4, 465 Anm. Auch usurpo gehört hieher,
von dem zus. Adj. *usu'r{d)po- (anders Scholl, Leg. XII tab. rel. 103 f.).
Auch in Endsilben ist Synkope eingetreten: bei den o-Stämmen *ager aus
"^agros *agrs *agr, bei den ^t-Stämmen wie pars aus *partis (Osthopp, M.
U. 4, 159), bei anderen «-Stämmen, z. B. mers (daneben auch merces)^ vgl.
RiTSCHL, Op. 2, 652, dazu vgl. calx gr. x^^^* Eigentümlich sind die
adjektivischen Komposita von Caput, wie anceps, die den Vokal der letzten
Silbe eingebüsst haben. Dann beachte man- quattuor aus *quattuor{e)s,
vielleicht auch fructüs aus *fructo^{e)s *fructeiies (vgl. § 80). An Einzel-
heiten vgl. man noch trabs nubs Liv. Andren, bei Serv. Verg. Aen. 10, 636;
mars. libs und lubs CIL. 1, 182 und 183 mögen Abkürzungen sein. Vgl. übrigens
Albsi im Provinziallatein der Äquikuler Zvet. Insc. It. inf. 46. In manchen
inschriftlichen Fällen wird einfach Vokalunterdrückung in der Schrift vor-
liegen, z. B. viglias CIL. 1, 1139, debtur 1393, decmus 821, vicesma 187,
Dcumius 1138, Decmbres 974, Diesptr 1500, patr 130, letzteres übrigens
auch bei Plautus durch das Metrum öfter als einsilbig erwiesen. Über die
letztere besonders dem pränestinischen Latein (Einfluss des Etruskischen)
eigentümliche Gepflogenheit vgl. Ritschl, Op. 4, 481 f., Jordan, Krit. Beitr. 12.
Synkope haben auch die vom Perfektum auf -vi abgeleiteten Formen
vielfach erlitten, z.B, adiüro für *adiu^{e)ro, aber aeZmeroEnn.; vgl. besonders
die spätlateinischen Formen, z. B. pedicavd (fect vixt) u. a. bei Schuchardt,
Vok. 2, 399. Übrigens bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dass amavit durch
*amatfit zu antat geworden ist, vgl. spätlat. dedicait CIL. 8, 5667. Im allge-
meinen vgl. man noch W. Meyer, Z. f. rom. Phil. 8, 209 und Brügmann, Grund-
riss 1, S. 475 und 550; jetzt auch Schweizer-Sidler, Lat. Gramm.* § 45 f.
Anmerkung. In vielen Fällen hat man früher Synkope angenommen, wo in
Wirklichkeit vielmehr Svarabhakti vorliegt (vgl. § 37).
Lateinische Formenlehre.
1. Deklination des Nomens.
75. Allgemeine Bemerkungen. 1) Geschlechter: Masculinum,
Femininum, Neutrum. 2) Numeri: Singular und Plural. Dem Dual ge-
hören nur ambo und duo an ^) und v^gintT.^) 3) Kasus: Nominativ, Akku-
sativ, Genetiv, Dativ, Ablativ, Lokativ, bei den o-Stämmen auch Vokativ,
und in einzelnen Resten auch der Instrumentalis des Singulars aus der idg.
Grundsprache erhalten; ebenso Nom. Akkus. Gen. des Plurals, Instrumen-
talis bei den o- und (2-Stämmen, zugleich in der Funktion des Dat. Abi.
Lok., Dativ- Ablativ auf "hos, zugleich Lok. Instr. Im Interesse grösserer
Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, in zwei getrennten Abschnitten über
die Stämme und über die Bildung der Kasus zu handeln.
Die Stämme der Nomina.
76. Allgemeines. 1. Die ursprüngliche Stammabstufung ist im
Lateinischen in der Regel zu einem einheitlichen Paradigma ausgeglichen
worden. Über die Eigentümlichkeiten der stammabstufenden Deklination
verweise ich auf Brugmann's Ausführungen (oben S. 89 f.). Über die Reste
dieser Flexionsweise vgl. unten.
2. Infolge der barytonisierenden Aussprache wurden viele vokalische
Stämme, sei es durch Abfall des schliessenden Vokales oder Synkope des
unbetonten Vokales der Schlusssilbe in konsonantische umgewandelt. Man
vgl. z. B. mansues neben mansuetus, vgl, damnas Campans termins (nur
CIL. 1, 199, 17), s. übrigens S. 318, osk. Bantins hürz, umbr. Ikuvins
pihaz, Marcipor, famul vigil, die Neutra auf -al und -^r (urspr. Doppel-
formen vgl. § 69, 1); ferner die -^i-Stämme, z. B. parti- {pars partus
CIL. 1, 197, 12) Ardeas; merx Ops neben älterem merces Opis. An-
deres zum Teil Zweifelhafte bei Corssen 2, 589 f. Vgl. auch C. Maas,
Vocales in stirpium terminationibus positae nominum Italicorum, Graecorum,
») In Pauli, Altit. Stud. 3, 187 f. sucht
0. Danielsson den dualischen Ursprung von
cornu, genu, t^ei'u, maniis, sexus zu erweisen.
2) Schulze, K. Z. 28, 277.
21*
324
B. Lateinische Orammatik. c) Lateinische Formenlehre.
imprimis vero Germanicorum post quas potissimum consonas in singularis
nominativo perierint quaeritur, Rostochii 1873 (diss. Lips.).
3. Über die Entstehung der Nomina triumvir, septenitrio^ proconsul
durch Hypostase aus triumvirum, septemtriones, proconsule und anderer vgl.
UsENER, N. J. 117, 71 f., CoRSSEN 2, 870. prosperus ist kaum aus pro
spere hervorgegangen,*) sondern mit Brugmann, Qrundriss 2, 170 zu skr.
sphird" „feist gross reichlich" aksl. sporn „reichlich" zu stellen, wohl aber
proportio aus pro portione,*) sedulus aus se dolo sedulo.^)
4. Ungemein häufig sind assoziative Neubildungen, besonders aus-
gehend vom Nominativ.^) Man vgl. den häufig vorkommenden Austausch
von i- und e-Stämmen, von Nomina der o- und ti-Deklination (gew. nur
in einzelnen Kasus), der Nomina auf -^s -ci und -Ss -Stis {requies -gt und
-etis). Vgl. insbesondere pecm;^) urspr. pecu n. umbr. peku skr. pdSu n.
got. faihu; daraus pecns Qen. -U5 lit. pekus (nach Kurschat unsicher);
weiter pecus pecoris nach pecttis pectoris u. a., und pecns pecüdis urspr.
*pecüdis (vgl. incüs incüdis), endlich sogar pecuda und pecuis.^) Besonders
waren griech. Wörter einer Umbiegung ausgesetzt; z. B. die Nomina auf
-cöv 'OVTog werden wegen Nom. -o z. B. Antipho, sehr häufig zu n-Stämmen,
so auch draconis, leonis. Vgl. dazu Athonis Minonis vom Nom. Atho Liv. 44,
11, 3; Inoni Calypsonis u. a.; ferner glaucumam Schema fem. (Plautus) dag-
mam (Laberius), die Städtenamen wie Agrigentum Hydruntum. Zahlreiche
Beispiele der Umformung weist besonders die archaische und vulgäre Sprache
auf, wofür die Belege das Corpus inscriptionum in reichlichem Masse gibt.
Vgl. ausser Neue 1, 321 auch Kühner, Gramm. § 107—113; 0. Sievebs,
Quaest. onomatologicae in Acta soc. phil. Lips. 2, 55 f.; 0. Weise 36, 43;
ScHUCHARDT, Vok. 1, 34 f., 231 Anm.
Im Grunde beruht die ganze Reihe der sogenannten Heteroklita und
Metaplasmen auf dem Prozesse der Form- oder stofflichen Angleichung;
z. B. letzteres bei den auf spätl. inschr. häufigen Formen nurae nuruae^
sacerda, socra, sodula u. s. w. (auf afrikanischen Inschriften). Vieles Hieher-
gehörige ist erörtert in W. Meyer, Die Schicksale des lateinischen Neutrum
im Romanischen, Halle 1883 und E. Appel, De genere neutro intereunte
in lingua Latina, Erlangae 1883.
Übersicht der Stämme.
Konsonantische Stämme.
77. 1. Qutturalstämme. Ziemlich viele Wurzelnomina,') z. B.
lue- pac' rüg- vöC" nee- (starker Stamm), düc- coniüg^ (schwacher Stamm);
ferner von Wurzelnomina abgeleitete Substantive und Adjektive auf
0 NoNius 171, 22 M. Wegen des Aus-
gangs Neue^ 2, 6.
^) Breal, Möm. d. 1. S. d. 1. 5, 28.
») Bücheler, Rh. M. 35, 629 f. Vgl.
wegen sedulo Ter. Andria 1, 1, 119 f.; Phor-
mio 2, 4, 13.
"*) Vgl. iSBÖTH, Die Umwandlung der
Themen im Lat., Göttingen 1875; Stolz,
Wiener Studien 3, 87 f.
^) BücHELEB-WiKDEKiLDB § 2 setzeu ir-
riger Weise mehrere ursprüngliche Stämme an.
•) Gegen Fümi, Note glott 2 f. vgl.
meine Bemerk, in den Wiener Stud. 0,
136 Anm.
') Ein Verzeichnis ders. ausser hei L.
Meyer, Kühner gibt Fröhde, Bezz. B. 7,
118 f.; Brugmann, Grundriss 2, S. 448 flf.
1. Deklination des Nomen«. (§ 77.)
325
to 'OC' -öc- -^c-, z. B. radtc- {*vradt = gr. ^ij«) audac- velöc-
-ple^C" (neben -plo-,^) z. B. duplex und duplus) seneo alt senicis seneces; ^) die
Feminina der VerbalsubstÄntiva auf -tor, z. B. victrf-c-, vgl. skr. datrt;'^)
endlich einige griech. Subst. auf -yx. Die Adjektive auf -Ic- -öc- (wohl
auch -ÖC-), ebenso senec- (vgl. skr. sanaia-) waren ursprünglich o-Stämme
(Bruqmann, Grundriss 2, S. 255, 257, 384 f.), desgleichen die Komposita
mit 'fex aus ^-fa-co- (ib. S. 239). Ein Wurzelnomen ist nix nivis für *niguis.
2. Labialstämme. Einige wenige Wurzelnomina, z. B. stip- dap-
2}rin-cep{s).
3. Dentalstämme. Wurzelnomina, z. B. vad- cord-; die mit Suffix
-f- gebildeten, wie fac^ noct- (daneben nocti- skr. ndi^t- in nocti-um, noctor-
in fwctur-ntis gr. ri/xrcop), ncpö^ (skr. ndpat-) schwach wcp^ in nep^is (skr.
naptf), hcurple-U tege^t- tere^t^ (Nom. teges teres); über os = *ost vgl. § 65,
daneben ossu bei Plinius nach Ghar. bei Keil, Gr. L. 1, 139, 4 und osstm
CIL. 1, 1010 (vgl. § 64, 3); andere abgeleitete Substantive und Adjektive,
z. B. equet" (gr. tnnin-tjq), antistet- (gr. avTicrTor-ryg), a2)»e^ d«re^- schwach
rfl^ = ^dit^t-, Neubildung d%s päl. des vgl. iwre«- mn-; ferner Subst. auf
-W- -^d — öd" -fld-, z. B. fopltf- ntercSd" cmtöd- palüd-, endlich die -tat^
[vgl. dor. -rÄT-] und -^w^Stämme, daneben -tati- tütp- vgl. civitatum und
citritatium und oben S. 108, auch in gelegentlichem Austausche, z. B. ^em-
pestutem Varro 1. 1. 7, 51; vgl. air. beo-thu gr. ßiottjg, air. oew-^w lat.
timYos (Bruomann, Grundriss 2, 291). Über das Part. d. Präs. vgl. § 45; ein
Part. d. Präs. ist auch dens vgl. lesb. idovteq^ urspr. *edens "^dentis, mit Ver-
allgemeinerung des schwachen Stammes;^) im übrigen sind sie in der
Flexion den zahlreichen adjektivischen t-Stämmen gefolgt, clemens vehe-
mens erklärt Osthoff, Arch. f. lat. Lex. 4, 463 Anm. gleich *cleiemenos
*vehemenos skr. iräyamanas vdhamanas.
4. Ä-Stämme.5) Wurzelnomina fas vielleicht aus ^bha-es (Bruo-
mann, Grundriss 2, S. 398), flös (idg. Wurzel bhlö-), müs (darnach tüs =
griech. v^vog, püs gr. nvov für ♦tti/o'-ov), mos, nas-, os, ros (darnach glös aus
*glotios ksl. zlüva), vires scheint Analogiebildung nach glires (anders
Kretzschmeb, K. Z. 29, 401). Dazu auch mens-is vgl. mens-trum äol.
firpfvog und wohl auch awr-is neben aus-cuUo (Dual nach Wackernagel,
K. Z. 29, 142). iüs aus H^os, Die zahlreichsten sind die neutralen
Stämme auf -os (später -us) -eris, von denen sich Masculina auf (-05) -or
'öris nach dem Muster des geschlechtigen *au$ös (Bruomann a. a. 0.) und
der Nom. ag. auf -tor -töris abgezweigt haben, daher decus und decor u.
s. w.^) Bei Plautus ist ealor noch als Akk., mithin gen. neutr., gebraucht
(Merc. 860),^) später ist diesem der Ausgang -us ausschliesslich eigen.
tenttö ist als erstarrter Kasus erhalten, sonst tenor.^) Übrigens scheint die
doppelte Flexionsweise bei diesem Worte (und wohl auch anderen) schon
>) J. Schmidt, K. Z. 16, 430 f.
') Stowabseb, Arch. f. lat. Lex. 1, 119.
•) Vgl. gaUt-na, cancubi-na, regl-na,
urüna^ worin gcUlü u. s. w. die urspr. For-
men des Fem. (Bruomann, M. U. 2, 171).
*) J. Schmidt, K. Z. 27, 396.
^) Bbüomann, K. Z. 24, 1 f.
•) Anders Mahlow, D. 1. V. 74 f.
') So fasst auch GOrz mit Recht die
Stelle.
«) WöLFFLiN, Arch. f. 1. Lex. 1, 415 f.
326 B. Lateinische Ghrammatik. c) Lateinische Formenlehre.
altererbt zu sein (Brugmann, Qrundriss 2, S. 386). Die adjektivischen
Stämme haben den Ausgang -er (-es), so degener, vgl. gr. svysvrjg skr.
dürmanas (Notn.), ähnlich veter ^) nach Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 264, 15
(Accius 481 Ribb. I); bicorpor ist Neubildung. Die ursprüngliche Abstufung
(*geno^ ^genes-os u. s. w.) ist zum Teil durch Uniformierung beseitigt, daher
tempus teniporiSy aber adverb. temperi tempere Plaut. Merc. 990 (vgl. few-
peS'tas),^) An die os-Stämme angeschlossen hat Q\ch pondus ponderis anstatt
*pendtis für *pondos 4, vgl. das ursprünglichere pondö; *) umgekehrt modus aus
*medos vgl. modes-tus und umbr. meds osk. med-^dix; ^) dazu foedus neben regel-
rechtem fiduS'tus {^feidoS'). Über ais aes für *aies vgl. § 30. Eine mitt-
lere Stammform liegt vor in cerebrum aus Heres-ro- idg. k^rds- vgl. gr.
xoQa aus *xaQa(f^-. Als schwächste Stammform fasst Brugmann, Grund-
riss 2, S. 397 avx- in anx-ius aus *ange8- vgl. angas-tus, far aus */br5-
ib. 387 vgl. S. 314. Von 5-Stämmen stammen die Infinitive auf -ere -er*
(vgl. § 117).
ürspr. 05-Stämme in i-Stämme mit dem Nom. -es verwandelt, und
zwar vermittelt durch die geschlechtigen -05-Stämme mit dem Nom. -es
und die Gleichheit des Dat. Abi. Plur. z. B. civtbus und sedX-bus (= *se-
deS'bos):^) südis gr. i'iog skr. sddas (das erste ^ nach s^di), pUhes gr.
nkr^&og (wegen b fraglich),«) pübes, worüber Thurneysen, K. Z. 30, 488 flf.,
aedes gr. aid^og, moles neben moles-tus; übrigens könnten auch indogerma-
nische Doppelstämme vorliegen, vgl. Brugmann, Grundriss 2, S. 397. Über
nubes, das wegen rttpog auch hieher gezogen werden könnte, äussert eine
wahrscheinlich richtigere Vermutung W. Meyer, Neutrum 39. Von dem
geschlechtigen os-Stamme ^attsos- Nom. *atisös stammt aurör-a, vgl. tlor^a
von flos; arbor ist nicht ganz klar, Venus und Ceres waren urspr.
wohl ungeschlechtige Abstrakta. Über r im Nominativ vgl. § 59, 5.
•4s = skr. -is, Genetiv -eris haben ziemlich einige Substantive, z. B.
cinis'^) pulvis vomis, manchmal mit rückgebildetem Nominativ, z. B. vomer;^)
dazu vielleicht auch serenus = Heres-no- vgl.gr. aälag,^) Vereinzelt ist tellüs
tellüris, Tiu den s-Stämmen gehören auch die Komparative.^®) Die ur-
sprünglichen Verhältnisse sind zwar noch nicht vollkommen aufgeklärt,
aber Bruomann ist sicher im Rechte, wenn er den Nasal des Altindischen
als unursprünglich erklärt, vgl. die unten angegebene Litteratur und Brug-
mann, Grundriss 2, 401 f. Fürs Lateinische lässt sich folgende abstufende
') Andere Vermutung bei Daniblsson,
Gramm, und etym. Stud. 1, S. 51. Über
vomü ib. S. 52 Anm. 2 (es sollen ursprüng-
liche t-Stfirome sein).
8) FicK, Bezz. B. 3, 160; Brugmann,
*) Über veiuSy das ich mit. Brugmann,
K. Z. 24, 38 für identisch mit gr. (f)ho^
halten möchte, neuestens Thurneysen, K. Z.
30 485 fif.; nach diesem Gelehrten soll es
aus vet[u8i]us entstanden und mit dem Sub-
stantiv retus veteris zusammengefallen sein. ■ M. ü. 3, 81. Auf die Schwierigkeiten, die
2) Über den Wechsel von o und e
Brambach, Neug. 103 f.
3) De Saussure, M^m. 79; Brugmann,
Techmer's Zeitschr. 1, 243; W. Meyer, Neu-
trum 38.
*) Whbeler, Der griech. Nominalaccent
der Identifizierung von gr. -ag entgegen-
stehen, macht W. Meyer, Neutrum 25 auf-
merksam.
») Baunack, C. St. 10, 136.
»ö) Brugmann, K. Z. 24, 54 ff., J. Schmidt,
ib. 26. 377 ff.; G. Meyer, Gr. Gr.«, § 316,
30 Anm. 1. Es lagen ursprünglich neben- Solmsen, K. Z. 29, 83; Bartholomae K. Z.
einander pondo- *pendoS', modo- *medo8-. 29, 533 f. (= Beiträge zur Flexionslehre u.
*) J. Schmidt, K. Z. 27, 328. I s. w. 113 f.).
«) AscoLi, K. Z. 18, 444, Krit. Stud. 141. ,
1. Deklination des Nomens. (§ 77.) 327
Deklination annehmen:^) *maiös lMaio{s) Mino{8) CIL. 1, 108, 78] "^mai-
is^is vgl. hom. nkäeg aus *7ri«-i<r-c$, ^mc^iös-em gr. ßsXtm aus "^ßskt-ioa-a*
dann zunächst *maiös ^maiösem *fnaiösi, maiörem maiöri maior. Neben
'iÖ8' -rs- noch die mittlere Stammform -tes- in maies-tas. Differenzierung
der Formen maior und maius (vgl. noch alt posterior bellum u. a. Bücheler-
WiNDEKiLDE § 18). Belege von Formen mit erhaltenem s bei Corssen 2,
88, Löwe, Arch. f. lat. Lex. 1, 28.
5. Nasalstämme.*) w-Stamm ist ä*ciw-5, worüber vgl. § 67;
aber bfmus ist nach Brughakn (vgl. oben S. 115) in ^huhi-mo- zu zerlegen.
Nach desselben Gelehrten Vermutung Qrundriss 2, S. 453 Fussnote ist
hiem- aus idg. *^A(t)-i'-ew hervorgegangen im Anschluss an *5em- „Sommer*.
Bezüglich des Vokal Verhältnisses vgl. pH- und nod-, n-Stämme.^) Ur-
sprünglich stammäbstufende Deklination hatten die Maskulina und Feminina
auf -en -on, die Maskulina auf -mon, die Neutra auf -men. Man vgl. caro
carnis, wozu schon frühzeitig auch der Nom. camis gebildet wurde,^) cor^
n-fC'S, femer die Substantive auf -wm- -Hon-, Weiterbildungen von «- und
^i-Stämmen [vgl. stati-m statino{n), partim porti'0{n), genti- (g)nati'0{n)\
welche ursprünglich -ioin) ^-inos *ini -ionem flektierten, vgl. umbr. Inbri-
sine = lat. *triplicione, osk. medicatin-om lat. iudicationem. Über diese Sub-
stantive vgl. L. Meyer, Orient und Occident 2, 586 ff. und Bruomann,
Grundriss 2, S. 330 ff. Die Feminina auf -do -go -tudo haben den schwachen
Stamm durchgeführt. Die Maskulina auf -cm und -won, z. B. homo puUmo
sermo te{g)mo flektierten ursprünglich: homo älter *hemo (vgl. nemo=^*ne-'hemo)
o m. 2.
*hemenos *hemeni {hemini Lucil. XII frg. 4 Müll., hemini L. 1) hemönem
Paul. Fest. 100 umbr. homömis{Dat. d. Plur.); später trat Uniformierung nach
dem schwachen Stamme ein.^) Dagegen wurde bei allen nomina agentis und
den Eigennamen der starke Stamm verallgemeinert, z. B. Turbo Turbönis
{turbo turbl^nis), umbo umbönis u. s. w. Ein vokalisch schliessender Stamm
erscheint in den Zusammensetzungen homi-cida numi-clatori, vgl. skr. rdja-bhi^,
Griech. Apollo Apollinis, älter Apolones CIL. 1, 187, gräcisierend ApoUoni
CIL. 3, 567 auf einer griech.-lat. Bilinguis aus der Zeit des Kaisers Trajan
und handschriftlich hat sich der Flexion von homo u. s. w. angeschlossen;
Apolenei {e = i) CIL. 1, 167; Apellinem Paul. Fest. 22, 14 M.«) Über
die subst. personalia auf -o -önis Fisch im Arch. f. lat. Lex. 5, 56 ff. und
W. Meyer ib. 223 ff. Ein ew-Stamm ist wahrscheinlich auch fei fellis =
*feUniSy urspr. Nom. *felen vgl. pollen."^) Die Neutra auf -wen = gr.
-^flf =: idg.- m^ (Weiterbildungen auf -mento-, vgl. gr. -ato in der Flexion
dieser Stämme, z. B. momen und momentum, darnach auch unguen-tum von
unguen) sind nach dem starken Stamme uniformiert; an die urspr. Ab-
stufung erinnern Ableitungen, wie regn-o- skr. rajdn- u. a. bei Brugmann
^) Eine andere Ansicht suchte ich früher
Wiener Studien 6, 140 ff. zu begründen; vgl.
auch Mahlow D. 1. V. 46.
2) Bbugmann, M. ü. 2, 148 f.
^) Vermutungen über die ursprüngliche
Deklination von W. Mbybb, K. Z. 28, 162;
Bersu, Die Gutturalen 145, Anm. 2.
*) Neue 1, 165.
^) J. Schmidt, K. Z. 23. 367.
«) Vgl. ScHUCHABT, Vok. 2, 215 über
Apollo.
') W. Meyeb, a. a. 0.; Hbnby, Pröcis
S. 129.
328
B. Lateinische Chrammatik. c) LateiniBche Formenlehre.
a. a. 0. S. 170 f.; column-a neben columen; vielleicht auch umbr. namnerj)
Das Mask. flamen hat urspr. *flamo, vgl. flamonium^ verdrängt.*) Die Mask.
auf -6w, pecten (vgl. pectinare) und die Komposita mit -ccn sind vielleicht
aus o-Stämmen hervorgegangen, nach Brugmann Qrundr. 2, S. 331 ersteres
ein (^»-Stamm, die letzteren nach S. 462 Wurzelnomina. Nebeneinander
stehen termen (vgl. skr. tdrman-) und termo (auch gr. tägfia und Tä^ii4av\
weiter gebildet term(i)nvs. Die urspr. Wurzelnomina man-,^) vgl. man-ceps
maUluvium, ags. mufi-dj cati- für '^'c^on- skr. Svan-, ebenso das mit
Suffix -ew- gebildete luven- schwach iün- = Huykn-, vgl. iünix, iünior
skr. yüvan- sind zu den Vokalstämmen manu- cani- (Nom. auch canes
(una) Varro 1. 1. 7, 32) mveni- weitergebildet, jedoch can-um und iuven-um.
Endlich seien noch erwähnt sanguis, älter sanguen n., vgl. inguen unguen
u. s. w.*) li&n und rgn. Die w-Stämme fernen- iecen- hatten ursprünglich
im Nom. Akk. Nebenformen von einem r-Stanmi *femor iecur {iecus-culum
ist Analogiebildung, ebenso femus Apuleius). Durch Ausgleichung entstanden
femoris iecoris fernen (vielleicht nur Fiktion der Grammatiker), durch Kon-
tamination iecinoris, feminur (?). Diesen schliesst sich Her an, vgL itineris
iteneris CIL. 1, 200, 23) ithier Nonius 482, 22 M. Der r-Stamm ist allein
durchgeführt in über skr. üdhar, aber Üdhnas.^)
6. Liquida-Stämme. Ursprünglich sind söl = *sa^el *saffol gr.
äßeX'iog Hesych., sal gr. alg [daneben sak n. (Ennius)], ferner einige Eigen-
namen. Dagegen ursprüngliche i-Stämme ^m^i! (Nebf. pugilis), vigil (Abi.
mgili), vgl. debil Nom. gen. masc. Enn. nach Nonius 95, 30 M. o-Stämme exsul
(vgl. exsulare), eonsul (nach Osthopf, P.-B. Br. 13, 429 von "^consa = got.
hansa). Wurzelnomina auf -r: für, Lar, v^, {h)ir gr. xbiq. Die urspr.
abstufenden Verwandtschaftswörter auf -ter, frater maier pater haben den
schwachen Stamm {patr- u. s. w.) in der Flexion durchgeführt, soror (= idg.
*svesör)j wie die Nom. ag. auf -tor den stai'ken, z. B. datör-; zum schwachen
vgl. die Fem. auf -trix, z. B. vic-tr-t-c- osk. Fuu-ir-ei^ arbiter (mit Über-
gang in die o-Dekl.); zu lin-ter ven-ter vgl. gr. do-trjQ neben doi-ttoQ;
adulter scheint eine Rückbildung von adulterare zu sein.^) ans-er ist lat.
Neubildung aus idg. ^ghans- url. Vians *hanesis.'^) Wahrscheinlich r-Stämme
sind auch (urtur vultur und einige Neutra bei W. Meyer, Neutrum 59. Über
die r-Stämme femur iecur iter über vgl. die kurz vorher stehende Bemerkung.
Vgl. ausserdem noch assir, iubar, accipiter passer^ die Neutra ador aequor
marmor.
Yokalische Stämme.
78. 1. i-Stämme. Ein r-Stamm ist vl-s gr. T-q I-^i; arch. auch Nom.
Akk. d. Plur. vis. vires analogische Neuschöpfung. Von den sehr zahlreichen
^-Stämmen oder richtiger gefasst idg. e{-Stämmen (vgl. skr. agnai- agyii-
gr. ßaaek' ßccat-), besonders den mit Suffix -ti- gebildeten sind viele im
*) W. Meyeb, Neutrum 71.
2) Stolz, Wiener Stud. 3, 88 f. ; anders,
aber unrichtig Usener, N. J. 117, 51 f. W.
Meyer, Neutrum 70 f. hält flätnen für ein
altes Neutrum.
^) Vgl. unsere Bemerkung zu § 94.
*) W. Meter, Neutrum 65 f.
^) Stolz, Wiener Stud. 3, 88 flF.; Osthoff
M. U. 4, 199 Anm.; Brugmann, Grundriss 2,
S. 326 und 353.
«) Nach Havbt, M6m. d. 1. S. d. 1. 4, 82.
') Mahlow, D. 1. V. 114.
1. Deklination des Nomens. (§ 78.)
329
Nom. abgestumpft und entweder ganz oder mit Ausnahme des Qen. d. Plur.
in die Analogie der konsonantischen übergetreten; vgl. z.B. anas lit. anti,
dos doti-, compos potis u. s. w.; ausführliche Nachweise finden sich bei
G. Meyer, Curt. Stud. 5, 49 flf. Ursprüngliche t-Stämme sind die Neutra
auf -e -ai -ar, dazu sale,^) Lateinische i-Stämme entsprechen o- resp.
a-Stämmen anderer Sprachen: caulis gr. xavXog, collis gr. xoXoavog, faux
skr. bhüka-, fores skr. dvära- jedoch auch dvür-, imber imbri- skr. abhra-,
lenis {Vdsis genus) gr. Xrjvcg, panis messap. navog, pellis gr. nsXXa^ piscui
got. fisk{a)s^ unguis skr. nakhd-, tristis skr. tr^id-J) So sind viele Ad-
jektive zu i-Stämmen geworden, vgl. agilis skr. ajird-, humilis gr. x^^'
fiaXog^ similiSj alebris u. s. w. Das gleiche Verhältnis liegt vor in dem
zweiten Gliede der Zusammensetzungen: o- o- u- und konsonantische
Stämme gehen über in i-Stämme, vgl. Stolz, Nominalkomposition 53 f.
Abstufung ist nachzuweisen im Nom. Plur. z. B. ovSs aus *oveies vgl.
ßaaeiq aus ^ßdasi^g,^) e (gewissermassen der starke Stamm) erscheint auch
häufig im Nom. d. Sing.,^) gewöhnlich im Akk. d. Sing, und schon seit alter
Zeit im Akk. d. Plur.^) Neben griech. Stämmen auf -ig -i3og, nämlich
TtekXig xktjtg erscheinen lat. pelvis clavis, griech. igiv : igidi vergleicht sich
lapi. als Abi. von Ennius gebraucht, vgl. laptre Pac. 276 Ribb. I.
lapiderum ist Analogiebildung. Vgl. im allgemeinen jetzt Bruohann, Grund-
riss 2, S. 264 flf.
2. u-Stämme. Ein t^-Stamm ist sOs Dat. Abi. Plur. sü-bus, suis
u. 8. w. für *süuis, desgleichen grüs, die beide nach dem Muster der kon-
sonantischen Stämme flektieren, sueris suerum betrachte ich als Analogie-
bildungen vom Nom. suis nach cinis cineris u. s. w.^) socrüs aus *socrüs
skr. SvaSrü' hat sich den folgenden e^-Stämmen angeschlossen. Die übrigen
sind indog. e\^Siämme. Neben einer Reihe unmittelbar vom Stamme abge-
leiteter Substantiva, z. B. acus comu ') gehören fast nur abgeleitete Verbal-
substantive auf -tus (vgl. die vedischen Inf. auf -tave neben den späteren auf
-/um, die dem lateinischen Supinum entsprechen) und -sus, sowie abgeleitete
Nomina auf -atus hieher. Die adjektivischen -w- bez. -e^-Stämme siud mit
Ausnahme von Tdils W. ^aidh- „die hellen (Nächte)****) entweder durch die
Beeinflussung des Femininums^) zu i-Stämmen weitergebildet oder in die
o-Deklination übergesprungen; man vgl. gravis gr. ßaqvg skr. guni^, Fem.
Grdf. *gFU'ty suavis tenuis, urspr. *suadiis *suad^i "^tentis Hent^f, vgl. skr.
suadü^" suadvt tanü^ tanvt; ferner brev^is gr. ßgaxvg, levis gr. iXaxvg,
pinguis gr. naxvg; andererseits densus gr. daavg^ carus skr. cdrii-, torum •
torridum Paul. Fest. 354, got. paürsu-s skr. ^r^w-,^^) probus skr.
pra^bhü", super-bur-s,^^) Deutlich erkennbar ist der schwache Stamm in
») W. Mbybb, Neutrum 99.
*) Vgl. ausser anderen Fböhdb, Bezz. B.
1, 196 Anna.
') Über die Deklination vgl. J. Schmidt,
K. Z. 27, 287 f.
*) Ck)R88EN, 2, 227 f.
*) Stolz, Wien. Stud. 5, 136 f.
') Anders Bbzzeubkroeb, Beitr. 3, 173.
') comü Osthoff, M. U. 4, 384; übri-
gens vgl. oben § 75.
®) CoBSSBN, Kritische Beitr. 261.
^) J. Schmidt, K Z. 25, 139 Anm. unter
Verweis auf Beitr. 4, 266; Danielsson,
Grammatiska anm&rkningkar vgl. G. Mbyeb,
Phil. Woch. 3, 1153 f.; Schweizeb-Sidleb
ib. 771.
»«) BuGOE, N. J. 105, 106.
»') Osthofp, M. ü. 4, 214.
330 B. Lateinische Orammatik. o) Lateinisohe Formenlehre.
acu'pedius gr. wxvg. Verzeichnis der adjektivischen ti-Stämme (mit einigen
Unrichtigkeiten) bei 0. Weise, De linguar. indog. suffixis prim. diss.
(Jottingae 1873.
3. o-Stämme. Charakteristisch ist das Auftreten des e im Vokativ d.
Sing, (urspr. auch im Lok. und Instr.). Substantive (Maskulina und Neutra)
und Adjektive, gebildet durch die Suffixe -o- {sontis iugum), -io-, primär,
z. B. fluvius adagium, sekundär, patrius victoritis, -co-, pau,cus locus, -wo-,
animas firmus, -no-, primär, somnus donum plenus, sekundär, paiemus
equinns, -lo^, rallum, -ro-^ ager ruber, -to- argentum datus, -tro-, aratrum, -fe>-,
sertritium, -tuo", mortuus, -vo-, primär, equus arduus^ sekundär captivus, -oso-
formosus. Ausführlich handelt jetzt hieriiber Brughann, Grundriss 2 S. 102 flf.
Über den Übergang von o in w vgl. § 26, 2. Über den Nominativ d. Sing,
der ro-Stämme, denen sich auch gr. Alexander Euander u. s. w. anschlössen,
vgl. § 43. Alexandrus (nur bei Charisius) Euandrus ist gelehrte Neubildung,
Nicepot CIL. 1, 1033 filr NixrjtpoQog klingt an die Komposita mit -por an.
Stets behauptet hat sich -us bei erus numerus umerus (ursprünglich s-Stamm
*umeS' nach Brugmann, Grundriss 2, S. 387), iunipertis gewöhnlich auch uterus
{uter nur Caecilius nach Non. 188, 12 Müll.), weil hier r stammhaft ist.
Über das Auftreten von unursprünglichen weiblichen o-Stämmen, z. B.
humus nach terra, vgl. Brugmann, Lit. Centralbl. 1878, 983 f., N. J. 121.
659 f., Techmer's Int. Zeitschr. 1, 247; Delbrück, Synt. Forsch. 4, 12;
Rüge, Bem. z. d. griech. Lehnwörtern 13. Über die Formen der io-Stämme
vgl. MoMMSEN, Hermes 1, 460 flf., Weissbrodt, Phil. 43, 450 f.; die in-
schriftlichen in diesem Handbuch 1 511 f. Die altlateinischen Formen aUs
Conielis u. s. w. osk. Kitpiis NiumesiiSy umbr. Kaisis Trutitis, Alies (Pi-
cenum), Loucies Eufries (Päl.), Pacvies (Mars.), Tafanies (Volsk.), früher
fälschlich als le-Stämme betrachtet, sind io-Stämme. Die in den verschie-
denen italischen Dialekten erscheinenden Formen sind Produkte der Aus-
gleichung ursprünglicher Abstufung dieses Suffixes : -{o- -je- -i- (-t'i'ö- -i{e-
-?-), vgl. Streitberg bei Brugmann, Grundriss 2, 116 Anm., P.-B. Br. 14,
200 flf., Brugmann oben S. 92. Die Eigennamen Lahienus Lucientis (andere
bei MoMMSEN, Unterit. Dial. 362, 8), das Adjektiv aliSntis gehören zur
zweiten Stammform, während Per Persson Stud. etym. 11 sie von *ali^ =
eiXhj herleiten will. Über den Thatbestand vgl. auch Ritschl, Op. 4, 446 flf.
Anderer Art sind die im Vulgärlatein häufigen Formen auf -is statt -eW,
z. B. abstemis actuaris sobris (Löwe, Prodr. 420).
Anmerkung. Spuren ursprünglicher Stammabstufung in der Stammsilbe zeigt
somnus für *svepno- neben gr. vnyog für *supnO'. Auch der Wechsel von -o und -e be-
ruht auf Abstufung.
4. ö-Stämme. Hieher gehört die grosse Masse weiblicher a-Stämme
mit ursprünglichem ö, wovon in der Flexion sich noch mannigfache Spuren
nachweisen lassen. Eine Übersicht bei Kühner § 221 f. Eine einzelsprach-
liche Errungenschaft sind die männlichen a-Stämme, z. B. scriba agricola.
Vgl. Delbrück, Synt. Forsch. 4, 8 f. Die Kürzung des ö-Lautes erfolgte
zunächst im Akk. d. Sing., dann bei iambischen Worten im Nominativ.
Auch mag, wie Henry, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 204 f. meint, zur Kürzung im
Nominativ das Verhältnis von servös : servam (so auch terra : terräm) bei-
1. Deklination des Nomens. (§ 78.)
331
getragen haben. Im Vokativ blieb ä statt e (vgl. § 7 und Bruomann,
Grundr. 1, S. 504 Fussnote) durch Systemzwang erhalten.
5. ^-Stämme. Ein e-Stamm ist sp^-s (daneben vielleicht auch s-Stamm
in spEr-es sper4bus oder Analogiebildung), ebenso qui^^s {quie-t-is u. s. w.
Neubildung). Die lat. t€-Stämme sind indog. f^Stämme; im Lat. ist die
Suffixform -i^- verallgemeinert, daher temper-is-s pauper-ie-s u. s. w. Im
einzelnen vgl. Bbugmann, Qrundriss 2, S. 313 flf. Früher war ich Osthoff,
Z. Q. d. P. 338 Anm. gefolgt; vgl. auch die älteren Ausfuhrungen von
Pauli, K. Z. 20, 348 flf. und Danielsson (o. S. 329 Anm. 8) und neuestens
Johansson, K. Z. 30, 425 flf.
6. Diphthongische Stämme, hös kann als Lehnwort nicht in Be-
tracht kommen. Jedesfalls aber haben in der Flexion dieses Wortes Ausglei-
chungen stattgefunden, einerseits hös böbus bübus, andererseits bovis (Nom.)
nach bovis (Gen.) botum, älteres bovom VaiTo 1. 1. 9, 26, Verg. Georg. 3, 211
ist lautgeseszlich zu botim geworden. Wie suerum (§ 78, 2) gebildet ist boverum.
Der Stamm diieu- ist erhalten in Dies-piter filr *Diii^-piter vgl. skr. dyaü^
gr. Zevg^ Diovi, dieu" in JovL In der Flexion ist der starke Stamm diet/^-
uniform durchgeführt, daher Jovis für *Di^os statt des regelrechten *ditfes.
Nach den Casus obliqui ist der Nom. Jovis, prän. auch Jovos Eph. ep.
1, 14 uro. 21*) (Diovo Genetiv Hermes 19, 453 Schneider No. 108) ge-
bildet, ebenso Jupiter (besser Juppiter) für *JeU'piter *JoU'piter, Vom
schwachen Stamme ditf- {biduum für *bi'diuom) abgeleitet ist Dis (oder
mit Jordan-Preller, Rom. Myth. 2^ 65 Anm. 3 = dives (päl. des), vgl.
gr. nXovTwv?), Auch dies diem gehen auf *dii^is *dii^^m zurück (schon
idg. *di^m vgl. § 13, 7).*) navis ist vom Genetiv aus gebildet, jedoch mit
dem langen Vokal des starken Stammes. Joverum halte ich für eine
Analogiebildung vom späteren Nominativ Jonis, Vgl. Bruomann, Grund-
riss 2, S. 451 gegen Danielsson, Gramm, u. etym. Stud. 1, 49. r^s, Stamm
rei-, skr. rai-; über den lautgesetzlichen Schwund von -{- nach e {res aus
idg. *rSi'S u. s. w.) vgl. § 13, 7.
Anmerkung. Der vorausgehenden skizzenhaften Übersicht der Nominalstärame
schliesse ich einige liemerkungen über die Stamrobildung derselben an, die freilich nur
dürftig ausfallen können. Die Stammbildung steht in engem Zusammenbange mit der ur-
sprünglichen Accentuation. Da nun dieselbe im Lateinischen gänzlich verschoben ist, so
lässt sich nur mit Hilfe vornehmlich der altindischen griechischen und deutschen Sprache
eine richtige Darstellung gewinnen. Die Tiefstnfe hatten die oxytonierten o- und d-Stämme,
z. B. bes. die Participia auf ~to-, bez. -so- (vgl. oben § 64, 8), femer die Verwandtschafts-
wörter auf 'ter, die Nomina actionis auf -ti-, welche wichtige Klassen besonders hervor-
gehoben werden sollen. Die erste Hochstufe hatten ursprünglich die Substantiva auf -mon
(s. B. termo), die Neutra auf -08 (z. B. gen-us), die raroxytona auf ~men, daher z. B.
numen = *neurmen. Zwei Kategorien scheinen angesetzt werden zu müssen bei den Verbal -
nomina auf -tor und -sor, vgl. dätor, gr. Startog. Die zweite Hocbstufe hatten von Anfang
an die paroxytonierten -o- und -a-Stämme. Die vorstehenden kurzen Bemerkungen dienen
zugleich zur Rechtfertigung der vornehmlich in der Lautlehre vorkommenden Accentuierungen
der rekonstruierten indogermanischen Grundformen. Im übrigen vgl. man De Saussure,
M^m. bes. 228 f. und jetzt besonders Bbuomakn, Qrundriss 2, 1 Hlffce.
») Nach G. Mbyeb, Z. f. rom. Phil. 6.
622 Schreibfehler (?).
«) Bbffet, Abb. d. Gott. Ges. d. W.
17, 176 Anm. 84; vgl. auch Fröhde Bezz.
B. 7, 121, J. Schmidt, K. Z. 25, 59.
332 B. Lateinische Grammatik, c) Lateinisclie Formenlehre.
Bildungr der Kasus.
Nominativ des Singulars.
79. a. Masculina und Feminina. 1. Sigmatische Bildung^) bei
den Guttural-, Labial- und Dentalstämmen, z. B. vöx Ux ops urbs cu8tö8
pes von vöC" Ug- op- urb- ctistöd" p^d- vgl. skr. -päd- (§ 41, 1); femer bei
den diphthongischen Stämmen res di&s Grdf. *rei'S *diiö^-s (§ 78, 6), bei
den p- ü- 0' ei- e^z-Stämmen, vis sü-s bono^s ignis anu-s; wahrscheinlich
auch bei den einsilbigen -nt- und 5-Stämmen, dens St. dent^, müs aus idg.
*wws-s;^) »vielleicht auch sal für *sals *sall gr. aXg.^)
2. Mit Vokaldehnung die ^»-Stämme, z. B. homö gr. iai'iKov (mit sekun-
derem -r) skr. rdja, die Substantive auf -ion- und -tion- (osk. üiUiuf mit/*= -n«
neben lat. usiö ist einzelsprachliche Neubildung) ; sangtwn (vgl. li-Sn), dafür
später sanguis, vgl. umgekehrt ieX^ptv für ieX^ptg.^) hiems scheint auch
Neubildung neben gr. x'^^- Femer haben Vokaldehnung die mehrsilbigen
r-Stämme: pater {e verkürzt, vgl. § 40 B, 2) gr. noctrjQ skr. pitd^ datör
gr. i(üT(OQ doTi]Q skr. datd; dieselbe Kürzung in Ceres degener und bei den
Komparativen.
3. Doppelte ursprüngliche Bildungsweise ist nach mehreren Forschem
anzuerkennen bei den Partizipien auf -nt, worüber man vgl. G. Meyeb,
Gr. Gr.^ § 315, der die bis 1886 erschienene diesbezügliche Litteratur ver^
zeichnet; dagegen nimmt Bartholohae, K. Z. 29, 557 f. (= Beiträge zur
Flexionslehre S. 137 f.) an, dass der Nominativ aller Partizipien in der
Ursprache sigmatisch gebildet war. Im Lateinischen haben alle Part, des
Präsens sigmatische Bildung, z. B. ferens ferent- wie gr. tiO-eig.
4. Die Stammform erscheint im Nom. der weiblichen fl-Stämme; über
die Länge des a Ritschl, Pr. Lat. mon. e. S. 33, Neue 1, 4.^)
5. Einzelheiten : Über das inschriftliche Fehlen des ^ bei o- io- und
i-Stämmen vgl. § 69, über die Bildung des Nom. der ro- und W-Stämme
§ 43. Spärliche Versuche der s-Bildung bei den hysterogenen maskulinen
a-Stämmen zeigen altlat. parieidas, hostieapas. Der Analogie der lat. No-
mina sind auch zahlreiche griechische Lehn- und Fremdwörter gefolgt.
Unursprünglich ist s auch im Nominativ der lat. -ie-Stämme.
b. Neutra (zugleich Vok. Akkus.). Es erscheint der erforderlichen
Falles nach den Auslautgesetzen modifizierte Stamm, z. B. gentis cor{d)
lac{t) mel{t) u. s. w. Die Neutra auf -ali -ari haben sehr häufig -l -r.
Von den Adjektiven eines Ausgangs, die in der ausgebildeten Sprache die
Nominativform des Mask. und Fem. auch für das Neutrum verwenden,
könnten plautinische Messungen, wie duplex, offenbar = *duplee, die ur-
sprüngliche Neutralform darstellen; dies ist Ascoli's Meinung (Sprachw.
Briefe üb. s. Güterbock S. 201). Indessen dürften sich doch schon in ver-
litterarischer Zeit die Neutra den Masculina angeglichen haben. ß) Nach
») Seit Bopp, Vgl. Gramm.« 1 § 134 fasst
man dieses -8 fast allgemein als Rest des
idg. Pronomens *8o.
2) J. Schmidt, K. Z. 27, 392.
^) Da jedoch das Neutrum sal als alt
bezeugt ist, könnte 8äl Analogiebildung nach
*) Osthoff, M. U. 4, 236 f.
*) Nach MisTELi, Z. f. Völkerpsych. 14,
828 f. und Stadelmann, De quant. voc. 13 f.
ist rosa die Vokativform. Indessen ist dies
nach den § 78, 4 gegebenen Ausführungen
nicht möglich.
söl pes sein. | ^) Süchibr in Arch. f. lat. Lex, 3, 161 f.
1. Deklination des Nomens. (§ 79—80.)
333
Thübneysen, Arch. f. lat. Lex. 5, 57G sind die Nom. der Partizipien auf
-ent' {*legent-s ^legenti-s aus urspr. *-en^f, *legent) in allen drei Geschlech-
tern lautgesetzlich in die eine Form auf -ens zusammengefallen und haben
unter Vermittlung von Adjektiven wie ingens die Adjektiva einer Endung
hervorgerufen. Nur die o-Stämme nehmen zur Charakterisierung dieses
Kasus -w (gr. -v skr. -m) an, z. B. novo-m gr. veo-v, skr. ndva-tn (ursprüng-
lich die Akkusativendung, vgl. oben S. 119), jedoch einmal Campans genus
Plaut. Trin. 545, vgl. Non. 486, 22 M. Über den Abfall des -w vgl. § 69.
Das Lehnwort pelagus hat das Geschlecht beibehalten trotz des Übertritts
in die Flexion der o-Stämme; für virus und vulgus nimmt Schweizer-Sidler,
K. Z. 17, 309 Doppelstämme (-os und -o) nn.
Nominativ des Plurals.O
80. a. Masculina und Feminina. Sämtliche Stämme mit Aus-
nähme der o- und d-Stämme bilden diesen Kasus mittelst des Suffixes -ds
= idg. '^s. Die plautinischen Messungen cands ped^s turUn^s zeigen die
ursprünglichen Formen. In dieselbe Kategorie gehören matrona Pisauresc
CIL. 1, 123 (für PisaureS'f^s v. Nom. Pisaures), liamnes Tities Luceres für
*RamneS'äs u. s. w., endlich quatttwr = *qtmUuor^s *quattuor{e)s, vgl. dor.
TerroQeg. Den gleichen Verlust des Kasussuffixes weisen auf osk. censtur
= censores, umbr. frater = fratres. Die eben erwähnte ursprüngliche
Bildungsweise des Nom. plur. der konsonantischen Stämme ist zu Beginn
der litterarischen Thätigkeit bereits im Schwinden und daher nur mehr in
den vorgeführten dürftigen Spuren nachzuweisen. An die Stelle derselben
ist die Bildung nach dem Muster der ^{-Stämme getreten, daher -es. Dieses
ist zunächst aus -eies -ees entstanden, z. B. ^ovei^es ^ove-es ovPs, wie gr.
ßaaeig aus ^ßdask-sq, skr. dvayas, tres aus ^trei-es gr. rgtig skr. trdyas.
Dabei fallt noch ins Gewicht, dass auch der Akk. d. kons. Stämme sich
auf -es endigte. Die inschriftlich spärlich überlieferten Nom. Plur. auf -is^)
repräsentieren nicht eine eigene Bildungsweise, etwa finis = ^fini-es^ wie gr.
dial. ßdaifg neben att. ßdaeig (schon wegen der Kontraktion von -ie- zu -/-
nicht annehmbar, vgl. § 36, 2), sondern beruhen auf einem lautlichen Vor-
gange: -es -eis -is (ähnlich osk. aidilis). In Übung .waren dieselben be-
sonders in der Vulgärsprache, ja Varro wollte sie überhaupt ohne Unter-
schied zulassen.^) Von dem konsonantischen Stamm ccnsor den Nom. Plur.
c«8or-is zuzulassen, wie Vahlen, Cic. de leg. 3, 4, 11 thut, liegt keine Be-
rechtigung vor. Von v?-s Nom. d. Plur. vT-s, wahrscheinlich die nach
dem Muster der ßi-Stämme gebildete Akkusativform für ^vlns, vgl. 82,
von sü-s sü-es für *5w^-e5, vgl.* skr. bhüvas. Der Nom. Plur. der cw-
Stämme musste -6?^-e5 ergeben, z. B. *fructetie$, woraus nur durch die
Mittelstufe *fructo^{e)Sy vgl. oben quattufyr u. s. w. die gewöhnliche
Form fructüs werden konnte, manüs Plaut. Mil. 325 kann nur aus
mänüs hervorgegangen sein. Übrigens kann fructüs auch die Akkusativ-
form sein (Henry, Precis S. 227). Von den e-Stämmen haben wir sjie-s,
wohl aus *spe^eSj von diphthongischen dies rüs aus "^diie^-es *reies. Die
^) Vgl. über das ursprüngliche Suffix
dieses Kasus auch Schulzb, K. Z. 28, 275 ff.,
dem ich übrigens nicht zu folgen vermag.
«) Stolz, Wiener Studien 6, 139.
*} Brambach, Neug. 158.
334
B. Lateinische Grammatik, o) Lateiniache Formenlehre.
o-Stämme haben die Bildungsweise der Pronomina angenommen ;0 wahr-
scheinlich ist es wegen skr. v^fkas, osk. Nüvlantis, got. vulfos^ dass das
Lateinische gleich dem Griechischen (Xixoi), Keltischen (/$r), Slavischen
(vlüci) diese Übertragung in seinem Sonderleben vorgenommen hat.^) Die
Grundform *agroi (vgl. gall. tanotaliknoi = *Dannotaligeni Pauli Inschr. d.
nordetr. Alph. (Altit. Forsch. 1) S. 78, Stockes Bezz. B. 11, 117) liegt
nicht vor; belegt sind die Formen auf -oe, pilumnoe poploe (Festos 205),
fescenninoe (ib. 86), vgl. Adelphoe; ferner phirume CIL. 1, 32 und IBvire
ib. 554 und 555, mars. socie Zvet. Inscr. It. med. 43, endlich die gewöhn-
lichen Formen auf -i, neben welchen seit der Mitte des 6. Jahrhunderts
als graphische Varianten solche auf -ßi einhergehen. Bei den lo-Stämmen
bevorzugte die ältere Sprache die kontrahierten Formen, z. B. filei socei
dei dl. Die seit dem 6. Jahrhundert inschriftlich vorkommenden Formen
auf -es -eis -is, z. B. magistres leibereis magistris, fal. Falesce mctgistreis
Zvet. Inscr. It. med. 70 b, betrachte ich mit Bopp, Vgl. Gramm.* 1, S. 449
als Analogiebildungen nach den «-Stämmen, wobei die to-Stämme mit den
Formen alis all alim u. s. w. die Brücke bildeten. Bei den a-Stämmen
deutet auf die urspi*üngliche» Bildungsweise neben osk. skrißas umbr. urias
marruc. asignas Zvet. Inscr. It. med. 6 lat. matrona CIL. 1, 123.*) Auf
-OS (idg. *-a + es) ist zu schliessen nach skr. d&vas. Im übrigen herrschen
nur Formen auf -at -ae, die entweder als Nachbildungen der masculinen
auf "Oi u, s. vv. aufzufassen sind oder wie Brügmann, K. Z. 27, 199 f.
wahrscheinlich macht, die ursprünglichen Dualformen repräsentieren, vgl.
bes. dime = *du^ai ved. duve,*) Übrigens macht das auslautende -ac, wofür
man nach § 13, 1 und 7 -l erwarten sollte, Schwierigkeiten; zu besei-
tigen versucht sie Osthoff, Z. G. d. P. 196 flf. Eine ganz vereinzelte
Missbildung ist sportulaes CIL. 8, 9052.
b. Neutra (zugleich Akk. und Vok.). Jedesfalls -a hatten die o-
Stämme, vgl. ved. yugd und einzelne Spuren der ursprünglichen Länge in
älteren Messungen bei Bücheler-Windekilde § 93. Diese Endung -a muss
frühzeitig auf die übrigen Stämme, die wohl ursprünglich -a = idg. -a vgl.
skr. ndman-i als Endung hatten, siehe oben § 11, 3, S. 28, § 88, S. 126,
übertragen worden sein. Allgemein wurde in historischer Zeit die Kürzung
des auslautenden -a durchgeführt (wahrscheinlich zunächst von iambischen
Wortformen ausgehend), daher iugä gener-ä comu^ä.^) Vermischung der
f-Stämrae, deren ursprüngliche Bildungsweise tri-ginta aufzuweisen scheint,
vgl. oben S. 126, und konsonantischen hat bei den Adjektiven und Parti-
zipien stattgefunden. Vgl. Mahlow, D. 1. V. 72 f., J. Schmidt, K. Z. 27,
384; Osthoff, Z. G. d. P. 338 f., wo er seine früher M. U. 2, 119 ge-
gebene, von Bruomann Techmers Zeitschr. 1, 238 angenommene Darlegung
*) Mit Brügmann einverstanden Pbzzi.
La lingua greca antica (Breve encycl. Vi)
187 Anra. 5.
^) Nach Stadelmann, De quant voc. 32
bereits im Indogermanischen a und ä ver-
tauscht. Für das Lateinische sind wegen des
auslautenden -ä — -B (vgl. § 7) ausschliess
lieh Grundformen auf -ä anzusetzen.
') Bruomann, Techmer's Tnt. Zeitschr. 1,
255; anders Bezzenberger, Gott. g. A. 1879,
S. G68.
*) Dass diese Übertragung durch Ver-
bindungen wie isti *equo8 erleichtert worden
ist, bemerkt mit Recht Henry, Precis S. 201.
^) ambas nach Ritschl, Neue Plaut. Exe.
55 bei Naevius 8 Müll.; fulguritas Plaut.
Trin. 539 coni. Scholl.
1. Deklination des Nomons. (§ 81—82.)
335
zurQcknimmt. Bruqmann, Grundriss 1, § 113 ist jetzt geneigt -a als Suffix
dieses Kasus bei den o-Stämmen anzusehen (idg. *iug-d mit Elision des
auslautenden Stammvokals).
Anmerkung. Die Nominative des Sing, und Plur. fungieren im Lateinischen auch
als Vokative. Nur die o-St&mme mit dem Nominativausgang -U8 bilden den Vokativ des
Sing, nach altererbter Weise mittels der Stammform auf -e. Auch von -ro-Stämmen haben
Plantus und Terenz noch puere (Büch.-Wind. § 103). Die Substantiva auf -ius, -aius, -eins
haben die kürzeste Stammform auf -i, daher filiy wfthrend Livius Andronicus die Form filie
gebrauchte u. s. w. (-% und -ie Doppelformen); ebenso m% von mius (auch mei Plaut. Merc.
525), vgl. mieis CIL. 1, 88, ital. mio.^) Wenn ich früher glaubte, dass ein Rest der indo-
germanischen Betonung, nach welcher im Vokativ der Accent auf die erste Silbe zurück-
gezogen wurde, in der Betonung Vdleri gewahrt sei, welche P. Nigidius ausdrücklich vor-
schrieb, vgl. Gbllius XIII, 26 H., Cobssen 2, 811, Bbnfey, Abh. d. Gott. Ges. d. Wiss.
17, 51 f.,') so muss ich jetzt zugeben, dass man die Bemerkung des Gellius eher mit
CoocHiA, Rassegna critica (Torino 1887) 7 f. auf die Betonung des Vokativs im Satze be-
ziehen kann. Die Vokative der ä-Stämme, wie rosa sind nicht ursprünglich trotz gr. yvfAtpC
skr. ved. dmha, vgl. § 7 und 78, 4. Harpage und Dite (Nom. Harpax und Dia) sind in
der Bildung den o-Stfimmen gefolgt Der Vokativ steckt in Jttppiter für *Jeu pater idg.
*di6^ p9ter, vgl. umbr. Jupater gr. Zev ndreg.
Akkusativ des Singulars.
81. Das Easussuffix idg. -m = lat. -m tritt an vokaliscbe Stämme
unmittelbar, z. B. rosa-m, equo-m, vi-m, manu-m^ re-m aus *rem; hinter
konsonantischen wird es sonantisch, z. B. vöcem aus *t?öc-jp idg. ^vdq-^.
Einiger besonderer Bemerkungen bedürfen die e{-Stämme: ursprüngliebe
Form auf -im gr. ßdai-v skr. dvi-m. Diese ältere Bildungsweise repräsen-
tieren inschr. turrim parti{m)y die Adverbia auf -im z. B. partim statim
(vgl. § 77, 5). Über andere Akk. auf -im Neue 1, 196, Bbambach, Neu-
gestaltung 175. Schon sehr frühzeitig erscheint aber im Akk. der ^-Stämme
die Form -em (vgl. umbr. peraknem und sevaknim), welche die ursprüng-
lichere auf -im beinahe vollständig verdrängt hat. Ursprünglich liegt ein
Übergreifen des starken Stammes vor (Gen. *oveis *oves umbr. ukre-s, Dat.
ave), begünstigt wurde die Ausbreitung der Endung -em noch durch die
Yerquickung der ei- und konsonantischen Stämme. Dass die Schreibung
mit -em nur das Schwanken der Aussprache wiederspiegle, wie 0. Riemann,
Revue de philol. 1886, S. 103 will, darf nicht angenommen wiBrden. Über
das inschriftliche Fehlen des auslautenden -m vgl. § 69.
Akkusativ des Plurals.
82. Easussuffix idg. -ms = ]at, -ns : *equo-ns equös; wegen umbr. aftrow^,
das man ohne zureichenden Grund mit aprof (Akk. d. Plur.) identifiziert, vgl.
Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 3, 146 Anm. Vom f-Stamm ni- vis *vi-ns,
vgl. § 80; vom w-Stamm su- sües = *5%-^s; von ew-Stämmen -üs aus *-uws,
z. B. fructusRus *fructu-ns. Was die ej-Stämme anlangt,*) so erscheinen die
durch die komparative Grammatik zu erschliessenden Grundformen auf -is = -ins
schon seit alter Zeit durch Analogiebildungen auf -es ersetzt, die später durch
die Akkusative auf -eis (zuerst auf dem Meilenstein des Popillius u. c. 622
ponteis amneis) verdrängt wurden und nach bekannter Entwickelung in die
Formen auf -is übergeführt worden sind; so auch trts = *tri-ns, später ge-
wöhnlich durch die Nominativform tr^s verdrängt, vgl. oben S. 136 und
») Vgl. § 78, 3nnd Whkbler, Der grie-
chische Nominalaccent 51 Fussnote.
') Ich stimme Langen, N.J. 113, 625 bei,
der für die Richtigkeit der Äusserung des
Nig. gegen Scholl, De accentu 58 f. eintritt.
^) Stolz, Wiener Studien 6, 136 f.
336
B. Lateinische Grammatik, c) Lateinische Fonnenlehre.
G. Meyer, Gr. Gr.« § 299. res führt auf die idg. Grundf. *reifp8, dies
auf idg. *dii^t^ zurück. Bei den konsonantischen Stämmen ist -fö = -^
die regelrechte Endung, z. B. ped-Ss voc-^s aus *ped-ens ^voc^ens ped-^
*voC'iis, Vgl. umbr. nerf = *ner-^.i) Übertragung des Ausgangs -eis
auf die konsonantischen Stämme ist inschriftlich nicht nachweisbar, Ak-
kusative auf -is von konsonantischen Stämmen gehören nur der vulgären
und späteren Sprache an. Infolge der Verquickung der konsonantischen
und i-Stämme herrschte mehrfaches Schwanken im Gebrauche der Kasus-
endungen -es und -is. Jedoch steht für das Mon. Ancyr. (also wohl auch
für die Sprache der Gebildeten jener Zeit) fest, dass die Substantive ohne
Unterschied des Stammes auf -es, die Adjektive, Partizipien und Pronomina
mit einer einzigen Ausnahme rivos labentes 4, 11 (vgl. das Schwanken
von 'i und -6 im Abi. d. Sing, dieser Partizipien) auf -is endigten.*) Hin-
sichtlich der a-Stämme ist es nach den Ausführungen J. Schmidt's, E. Z.
26, 338 sehr wahrscheinlich, dass sie bereits in der idg. Grundsprache den
Akk. d. Plur. ohne -n- gebildet haben (vgl. jetzt auch Bruqmann, Grund-
riss 1, § 220); somit kann lat. equos der unmittelbare Reflex von idg.
*eki^as sein. Jedoch legen osk. viass für *t?ia-n5, umbr. tutaf für ^tuta-ns
die Vermutung nahe, dass auch lat. equas auf eine nach dem Muster von
*equons gebildete Form HqtM-ns zurückgeführt werden muss.
Genetiv des Singulars.^)
83. Kasuszeichen -05, gr. -o^, gall. -os, z. B. lUanoviak-os Stockes
Bezz. B. 11, 124: so von etz-Stämmen magistraiuos aus ^magistrate^f'OS,
*magistrato^'OS, senattws, fal. genatno;*) daraus vielleicht domtMiS exercUu^us,
möglicherweise aber auch uu = ü.'") -us bei konsonantischen Stämmen,
z. B. Castorus Cererus honorus, die sich bis in die Mitte des 8. Jahrh. d.
St. erhalten haben; aerus CIL. 4 2440, Caesaru ib. 1 698, nationu (prän.),«)
vgl. senatu für senafus CIL. 1 1166') und wohl auch gelu für geltis. Ein
solcher Genetiv ist vielleicht auch oj^-ms in der Redensart opus est^ worüber
Reifferscheid im Breslauer Lektionskatalog f. d. W. S. 1877/78.
Kasuszeichen -es:*) Apolon-es CIL. 1 187, Cerer-esih, 811, Salut-es
ib. 49, Vener-es Schneider 30; sollte -es zu messen sein, dann wäre das
Suffix von den t-Stämmen übertragen, vgl. osk. meddikeis. Umgelautet zu
-is (vgl. undecim neben decem) ist es das gebräuchliche Suffix der kon-
sonantischen Stämme. Der n-Stamm sü-s bildet regelrecht sü-is aus ^süu-es
vgl. skr. hfiuv-äs gr. av-og, Vermischung der «7- und cff-Stämme, daher
>) ßuGOB, K. Z. 22, 418.
2) WöLFFUN, Sitzungsb. d. bayr. Ak. 1886,
S. 256; vgl. ausserdem Ribbeck, Prol. Verg.
Ind. S. 105, Bbambach, Neug. HO ff., bes. 157.
^) Eine mehr originelle als wahrschein-
liche Vermutung über den Ursprang dieses
Kasus von J. Kozlovski in Techm ers Internat
Z. f. Sprachw. 3, 285.
**) Fabretti no. 2441, vgl. Pauli, Altit.
Stud. 1, 31; Breal, Möm. d. 1. S. d. 1.4,
400 f. ; Zvet. Inscr. It. med. 68.
^) Bücheler-Windekilde § 150.
®j Hermes 19, 453; Schneider no. 108.
^) RiTSCHL, Op. 4, 171 = senatui; doch
ui nicht = n.
^) Während ich früher noch an die Mög-
lichkeit gedacht hatte, -is aus -us auf laut-
lichem Wege herzuleiten, muss ich jetzt jenen
Forschem Recht geben, welche zwei, bez.
drei idg. Kasussuffixe -o«, -es (vgl. Loc.
'Oi und -ei) und -8 annehmen und deren ur-
sprüngliche Verwendung nach der verschie-
denen Betonung geregelt betrachten; vgl.
Brughann, Grundriss 1, § 81, Anm. 1, oben
S. 119: Havet M^m. d. 1. S. d. 1. 5, 446.
1. Deklination des Nomons. (§ 83.)
33 7
senatu-is donm-is comu^lfi, ») Vom f-Stamm vT- vts aus *v1i-es *vtiis vgl. skn
bJUy-ds gr. xl-og von xig,
Kasuszeichen -s: Der Genetiv der e{-Stämnie ist mit Rücksicht auf
osk. Hermtateis skr. cive-^ auf -eis -es (nach J. Schmidt, K. Z. 27, 287 f.
älter *-0|s) anzusetzen. Vermischung der ei- und konsonantischen Stämme,
gemeinsames Suffix -is. Die seit Beginn der Litteratur erscheinenden Ge-
netive auf 'üs der ef/-Stämme entsprechen, wie umbr. tnfor osk. castrovs
got. sundus, den altindischen Genetiven auf -o^, daher tribüs *tribeii-8
*tribo^'S. In welcher Weise die doppelte Bildungsweise der ew-Stämme
ursprünglich verteilt war, ist nicht mehr zu ersehen. Dasselbe Suffix in
noc-s Leg. XII tab. rel. ed. Scholl 144, diu-s neben gewöhnlichem diu,
ab'S ci-s, prae-s Plaut. Pers. 288, ti/-5, ec-s,^)
Über das inschriftliche Fehlen des auslautenden -s vgl. § 69.
Der Genetiv d. Sing, der o- und io-Stämme^) endigt auf den ältesten
Denkmälern auf -f, erst seit c. 600 (zum erstenmale erscheint ein solcher
Gen. cogendei auf der Weihinschrift des Mummius CIL. 1, 542 a. u. 608)
auf -ei, worin nach unseren § 32 gegebenen Auseinandersetzungen nur eine
graphische Variante von -t zu sehen ist. Jedoch faliskisches Zextoi^) be-
rechtigt uns als Grundformen auch für das Lateinische solche auf -oi an-
zusetzen. Jordan, Hermes 16, 511 denkt an Doppelformen auf -ei und -ot.
Alle Versuche, die lat. Genetive der o-Stämme mit dem idg. Suffix -sj'o
{sio) in Verbindung zu bringen, sind lautgesetzlioh nicht zu rechtfertigen.
Ebenso scheitert der Versuch, sie aus Grundformen auf *'Ois unter Berufung
auf die oskischen und umbrischen Formen auf -is {"eis) und -es (er) z. B.
osk. pümpaiianais sakarakleis, aumbr. kapres^ numbr. popler abzuleiten, an
dem Umstände, dass das suffixale s des Gen., welches in der alten Sprache
allerdings gelegentlich nicht geschrieben wurde, seit Beginn der litterarischen
Periode überall wiederhergestellt worden ist. Die seit Bopp, vgl. Gramm.*
1 S. 399 öfter wiederholte Vermutung, der lateinische Gen. der o-Stämme
sei der alte Lokativ, ist einerseits hinsichtlich der Bedeutung schwer zu
rechtfertigen, andererseits auch lautlich anzufechten.^) Mahlow a. a. 0.
S. 165 sucht ein Suffix -jo zu erweisen und führt demnach equi auf *equcjo
zurück, wofür, wie mir scheint, keine hinlängliche Begründung vorliegt.
Da nun auch das Altgallische gleichgeartete Genetive aufweist, z. B. Sego-
mari,^) so glaube ich allerdings auch, dass diese Genetivbildung bereits
voritalisch ist, und zwar scheint mir dieses -i dasselbe Element zu sein,
das in der Deklination der Pronomina in mehreren Kasus auftritt, vgl.
§ 90 B. Der Genetiv der io-Stämme lautete bis in die Zeit des Augustus
auf -i aus bei den Substantiven, -ii {-iei) hatten die Adjektive. Die ge-
>) Nach Gelliüs IX, XVI. 3 H. erklarten
einige alte Grammatiker diese Genetive als
Anaiogiebildangen nach dem Dativ : senatu-is :
senatu-i = dtec-is : duc-i. Diese Möglichkeit
muss immerhin zugegeben werden.
^) Über ec, das Ribbeck wiederholt im
Texte des Vergil hergestellt hat, Vahlen,
Z. f. d. öst. Gymn. 1860, S. IG f.
^) Ausser den bekannten Werken vgl.
Petroni, Dei casi nelle lingue classiche^ Na-
poli 1878; Cocchia, Questioni p. 46 f. (vgl.
S. 305 Fussnote 2) ; Fümi, Note glott. 57 f.
*) Bull. d. corr. 1881, 51 f., Pauli, Altit.
Stud. 1, 31, Zvet. Inscr. It. med. 71, Schnei-
der Nr. 9.
^) J. Schmidt bei Mahlow, D. 1. V. 37.
ß) Zbüss-Ebel, Gramm, celt. S. 223;
Stockes Bbzz. B. 11, 152.
Handbach der klam. AltertnmswlBBenschaft. II. 2. Aufl.
22
338
B. LateiniBche Grammatik, c) Lateinische Fonneiilehre.
naueren Angaben siehe bei Bücheler-Windekilde § 176 f., Brambach, Neug.
188 ff. und oben § 78, 3. Über die Kürzung des -f in volkstümlicher
Sprache, z. B. I^aepor (nur aus *Naev7por zu erklären) und in Anapästen
des Plautus ib. § 173.
Die einzige altererbte Form des Genetivs der a-Stämme ist die auf
-öS (europäisch, gegenüber arisch -äyas), vgl. familias Latonctö esms vias
(Ennius) Coira{s) Eph. ep. 1 S. 8 no. 6, Schneider 23, Äkumenas Plaut.
Amph. Arg. II, 1, poinas für d. 12-Tafelgesetz gesichert v. BriIal, Mem.
d. 1. S. d. 1. 5, 229 nach Fest. 371, auras vielleicht noch Vergil. Aen. 11,
801, Ribb. prol. 131, osk. eittms, umbr. tuias, pael. Uranias, m^Lvrxxc. Jo/vias
gr. xfüQag (wegen des Accentes nicht aus ^xwQaiag, i) Mit Unrecht werden
diese lat. Gen. auf -ds von Gandino Riv. di fil. 5, 101 f., Fümi Note glott.
54 als entlehnt aus dem Oskischen oder gelehrte Nachbildung griechischer
Formen bezeichnet. Letztere liegt vor in spätlateinischem Qaartas fiUus
IRN. 4805 u. a. Übrigens bemerke ich, dass auch Grundformen auf *-^*as
im Lateinischen lautgesetzlich -as ergeben hätten, wodurch zugleich alle
Versuche, die verschiedenen lateinischen Bildungen des Genetivs der a-Stämme
aus dieser einen Grundform zu erklären, hinfallig werden. Mithin sind die
später ausschliesslich üblich gewordenen Formen auf -äT lateinische Neu-
bildungen, und zwar nach dem Muster der o-Stämme.^) Inschriftlich über-
liefert sind z. B. Lavernai CIL. 1, 47, Duelonai 196, 2. Als Nachbildungen
sind diese Formen auch durch die Kürzung des -ö, bez. Übergang des -ai
in -ae charakterisiert. Die Formen auf -aes auf plebeischen Inschriften des
7. Jahrhunderts, z. B. Pesceniaes Laudicaes CIL. 1, 1212 sind mit Sittl,
Die lok. Versch. S. 16 u. 40 als gräzisierend zu bezeichnen, noch mehr
die auf -es (Bücheler-Windekilde § 165). Die Schreibung mit -e ist nur
von graphischer Bedeutung für die Vulgärsprache. Auch der Genetiv auf
-j der diphthongischen und e-Stämme ist eine Neubildung nach dem gleichen
Muster, leicht erklärlich durch die Berührung der -m- und -fß-Stämme.
Die ursprünglichen Formen sind die spärlich erhaltenen auf -es, z. B. dien
spes und darnach fides rabies (Büch.-Wind. § 166). Das nach skr. rayds
vorauszusetzende *m<? aus *ref-es ist nicht erhalten, sondern durch die Neu-
bildung m nach dem Muster der a-Stämme verdrängt, wie denn die Formen
auf -ei die herrschenden überhaupt wurden. Die Verwendung von Formen
auf -6 für den Genetiv, die gelegentlich noch bei Dichtem und Prosaikern
der Zeit des Augustus, z. B. die Verg. Georg. 1, 208 Ribb., sich findet,
beruhte ursprünglich auf einer formalen Verwechslung mit dem Dativ,
der lautgesetzlich fide lauten müsste, aber durch fidei ersetzt wurde.
In facii pernieii ist -ei zu -i zusammengezogen, ebenso plcbi fidi (Büch.-
Wind. 8 170).
Anmerkung 1. Das von Augustus nach Suetonius (Neue I, 352) gebrauchte domos
kann ich mir nur als graphische Variante fär domüs erklären ; durch o soll der geschlossene
u-Laut bezeichnet werden.
Anmerkung 2. Nicht selten findet sich von et'-Stämmen der Genetiv nach Ana-
^) Mahlow, D. 1. V. 35; G. Meyer,
Gr. Gr.2 § 34G.
^) Die früher CIL. 1, 57 gelesene Form
Pi'osepnais hat sich nach den neuesten Unter-
suchungen als verlesen für Prosepnai heraus-
gestellt, vgl. Rh. M. 42, 486 f.
1. Deklination des Nomens. (§ 84.) 339
logie der o-Stämme gebildet, so gewöhnlich senati auf den Inschriften des 7. Jahrhunderts
d. St. (RiTSCBL, Op. 4, 171 f.). Vgl. auch Charisius bei Kbil, Gr. L. 1, 143, 12 f.
Genetiv des Plurals.
84. Es ist nach den Ausführungen Osthoff's M. U. 1, 207 f. wahr-
scheinlich, dass das idg. Suffix zur Bildung dieses Kasus -öm gewesen sei.
Das Lateinische trägt zur Entscheidung, ob -dm oder -öm die ursprüngliche
Form gewesen sei, nichts bei, da alle auf -m auslautenden langen Silben
der Kürzung unterlagen (vgl. § 40, 2 und Priscian bei Keil, Gr. L. 2,
366, 21). Inschriftlich nachweisbar ist Poumilionam auf einer pränesti-
nischen Cista Eph. ep. 1, 20, Schneider 47, handschriftlich bovom vgl.
§ 78, 6, sonst erscheint -um, daher voc-um^ homin-um, igni-um,^) sü-um
für *^^-(ym, magistratu-um für *magistrate^-om *magistratot^-om, statt der
letzten Form gelegentlich auch kontrahierte auf -um, z. B. passüm (Plautus
und öfter s. Georges s. v.), currüm Verg. Aen. 6, 653, exercitüm Mon.
Ancyr. V, 40. Die i-Stämme haben vielfach auch konsonantische in der
Bildung dieses Kasus beeinflusst, so vor allem die Partizipia auf -nt, von
welchen die prosaische Sprache die Formen auf -ium vorzog, während die
Dichter Ennius, Lucretius, Vergilius häufig die auf -um gebrauchten. Bei
den Substantiva auf -tat- (gr. -i^i?t-), z. B. civitatium liegen wohl Doppel-
stämme vor. Einzelne Verirrungen des Sprachgeistes, den auch die Gram-
matiker nicht vollständig zu meistern verstanden, sind^ bei Bücheler-
WiNDEKiLDE vorzcichnet. In der Praxis galt im allgemeinen zu allen Zeiten
das Gesetz, dass von den Nomina, die im Nom. und Gen. d. Sing, auf -is
sich endigten, der Gen. d. Plur. auf -ium gebildet wurde (doch bei Plautus
und Ovid mensum, inschr. mesnm), alituum Lucretius 2, 928 ist Analogie-
bildung. Auch die o-Stämme bildeten ursprünglich den Gen. d. Plur. mittels
des Suffixes -ow?,^) daher als Münzlegenden Romanom, Corano{m), vgl. osk.
Nüvlanüni, umbr. puplu{m), volsk. Velestroni Zvet. Inscr. It. med. 46, pael.
cerfum ib. 11, gall. brivatiom Stockes Bezz. B. 11, 129, gr. &€(ov (aber
Aisernim CIL. 1, 20 muss durch oskischen Einfluss erklärt werden). Diese
Bildungsweise hat sich vielfach bei Dichtern, vereinzelt auch bei Prosaikern
behauptet, ist aber in der klassischen Sprache einer Analogiebildung nach
dem Muster der a-Stämme und Pronomina unterlegen,^) wovon das erste
Beispiel duonoro CIL. 1, 32 ist {olorunt der col. rostr. kann aus begreif-
lichen Gründen nicht aufgeführt werden). Immer in Prosa gebraucht sind
denarium, modium, sestertium, fabrum in dem Titel praefectus f, Analogie-
bildungen nach dem Muster der o-Stämme finden sich nicht selten, so
holerorum (holus), poematorum (poema)^ vectigaUorum {vecHgaliu), andere wie
pontificorum, mesaru{m) und Genetive auf -orum von w-Stämmen gehören
der Vulgärsprache an. Die ursprünglich der pronominalen Deklination eigen-
tümlichen Genetive auf *'Söm, vgl. gr. t(ov hom. rdwv für Hdcav skr. td^am
lat. is-4a-rum (darnach is-tö-runi trotz dor. äkkwv u. s. w.,*) haben im
*) Die lat. Form auf -ium scheint die
ursprüngliche zu sein^ vgl. tres, trium, gr.
*) Ausführlich CobssekI, 586; -Jm(-Mw)
als Kontraktionsprodukt.
^) Über die Gründe Br^l in M^langes
Renie'r (Paris 1887) S. 233—39.
*) Osthoff, Z. G. d. P. 199 f. Anm. wegen
J. Schmidt K. Z. 25, 5 Anm.
22
340 B, Lateinische Grammatik, c) Lateinische Fonnenlehre.
Lateinischen wie im Oskischen und Umbrischen, vgl. osk. egma-sum^ umbr.
tutaru{m), die a-Stämme angenommen, ebenso die ß-Stämme. amphorum
und drachmum sind Gräzismen, die Komposita mit -coIa und -gena haben
die kürzere Genetivform auf -um nach Art der o-Stämme. facieum ist an-
geführt in Fragm. Bob. de nom. bei Keil, Gr. L. 5, 563, 11.
Dativ des Singulars.
85. Der Dativ der o- und a-Stämme ist erwachsen aus bereits indo-
germanischer Kontraktion von o -{- ai, a -\- ai^) zu -öi -ai; über das wahr-
scheinliche Vorhandensein idg. Doppelformen vgl. § 13, 7. Inschriftlich
bezeugt Numasioi (§ 2, I) [in Aufidioi CIL. IX, 4527, Schneider 315 kann -oi
wohl nur Fehler des Steinmetzen sein oder -oi = -t wie in offiziellen Denk-
mälern?]; von Marius Victorinus erwähnt iJopM^oi JJoi^irtnot, vgl. osk. hürtui
Andere Angaben über diese alte Dativform sind sehr unsicherer Art.*)
Die Grundformen müssen auf *'öi angesetzt werden. Von o-Stämmen ge-
hören der ältesten Formation an Menervai Loucinai CIL. 1, 191, 813. Die laut-
gesetzlichen antevokalischen Fortsetzer der Grundformen auf *-c%' und *Hfi
sind, wie bereits oben § 13, 7 bemerkt wurde, -ö und -a, daher heUö vest
Herclö (gall. Älisanu Stockes Bezz. B. 11, 131, Taranou Bull. Epigr. VI, 6 s.
Classical Review 2, 273), auch qti^o alio u. s. w. nach Bbeal, Mem. d. 1. S. d.
1. 6, 168, Matuta EriAcinä u. a.*) Auch mea u. s. w. in der Verbindung
mit refert gehören nach Schmalz, Syntax 1. Aufl. § 78 hieher; vgl. Festüs
282, 2 s. V. Natürlich haben mit diesen Formen die britannischen Dative
Nemetona sacratissima CIL. 7, 36, 46 nichts zu schaffen. An die Stelle
des echten Dativs auf -a trat dann die Form des Lokativs, ursprünglich
Romäi, woraus sich Roniae entwickelte,^) darüber § 86. Vergl. damit böot.
Baxsvpai 'AO^avai (G. Meyer, Gr. Gr.* § 351) als Dative. In dem von Ennius
annal. 605 Müll, gebrauchten terrdi frugiferdi scheint mir nichts anderes als
eine poetische Freiheit vorzuliegen, entschuldigt durch die gleichlautende Form
des Genetivs. Über die vereinzelte Schreibung des Dativs mit -ai zu allen
Zeiten siehe Bücheler-Windekilde § 264. Die besonders in Etrurien, Pice-
num, Umbrien, im Marserlande schon auf sehr alten Inschriften (z. B.
Victorie CIL. 1, 183, Diane 168)^) vorkommende Bildung dieses Kasus auf -c
ist dem Einfluss benachbarter Dialekte zuzuschreiben (umbr. tote, mars.
Vesune Zvet. Inscr. It. med. 41, volsk. deve ib. 46). Rein graphischer
Natur ist die Schreibung mit -c auf plebeischen Inschriften der späteren
republikanischen, häufiger der Kaiserzeit, die schliesslich auch in offizielle
Schriftstücke Eingang fand. Die älteste nachweisbare Form des Dativs
der i-Stämme lautet auf -e aus, Ope (Dvenos-Inschrift),^) ebenso die der
diphthongischen und konsonantischen Stämme, z. B. love der Dvenos-
inschrift, ^^afre Marte u. s. w.') Die nächste Stufe repräsentieren die
^) De Saussübe, Mem. 92, Osthoff, M.
U. 2, 114; 4, 283. Die Auffassung Johans-
son's Bezz. B. 14, 15G Anm., der überhaupt
keine indogermanischen Kontraktionen dieser
Art zulassen wi]], teile ich nicht.
2) Jordan. Krit. Beifr. 241.
•**) Gesammelt bei Sittl. Die lok. Versch.
2 f.
*) Anders Mahlow, D. 1. V. 90 f.
^) Sittl, Die lok. Versch. 10.
^) Die Belege für den t-Stamm bei Pauli,
Altit. Stud. 4, 29. Dazu fal. opid Zvet.
Inscr. It. med. 70a (freilich nicht sicher be-
weisend).
') Bücheler-Windekilde § 276 f. ; Sittl,
Die lok. Versch. p. 7; Schnsidbb 155 f.
1. Deklination des Nomens. (§ 85—86.)
341
Dative auf -ei, z. B. patrei Diovei voluptatei (entsprechend osk. paterei
Diilvei Herentatei), woraus sich die gewöhnlichen Dative auf -? entwickelten,
die in der Schriftsprache stets die Länge wahren. Dative auf -^ von diesen
Stämmen sind nur vulgär, die angeblich für die Dichtersprache nach-
gewiesenen dieser Art sind bereits von Neue 1, 195 beseitigt. In den
namhaft gemachten Dativen der i-Stämme liegt höchst wahVscheinlich eine
italische Neubildung vor, da ove aus *ovS4 entstanden sein dürfte, vgl.
hom. TToAr^-i, es könnte aber auch die Lokativform sein. *) Die auf -e aus-
lautenden Dative der konsonantischen und diphthongischen Stämme sind
nach Analogie der eben genannten gebildet. Übrigens können patr-i,
nomin-T ursprüngliche Dativformen sein für *patr~ai *nofn{e)n'ai, gr. Sofisv-M^
vgl. si aus *svai und die Dat. Plur. der a-Stämme.*) Ganz gleich geartet
sind die der ti-Stämme, senaiu-ei CIL. 1, 201, 12, später senatu-i; hingegen
sind die auf -m ursprünglich Instrumentales^) und Lokative;^) für die erstere
Auffassung spricht nach meiner Meinung besonders das sogenannte Supinum
auf -M. De^: uraprüngliche Dativ der e-Stämme scheint in den Formen
fidöT faciei vorzuliegen; dann fide, darnach auch rE [quoi re C Plaut. Poen.
815], wie equöj MahUa; fid^i scheint die Lokativform zu sein, vgl. Bomae.
Lokativ des Singulars.
86. Die Lokativbildung ist am deutlichsten bei den o-Stämmen er-
kennbar; die älteste auf italischem Sprachgebiet nachweisbare Form ist
osk. müinikei terel {in commüni terra), endigt also auf -ei (Dativ horttii),
welches als europäischer Ausgang der oxytonierten Formen anzusetzen ist,^)
vgl. dor. iHxeiy nsX^ barytonierte Formen hatten -a/. Auf den Ausgang -ci
weisen auch die lat. Lokativformen -e, z. 6. diequinte, andererseits diequinti
vielleicht gleich *quintoi, cotti-die postri-die {daxusich pridie, vgl. auch Bruo-
MANN, Grdr. 2, S. 407 Fussnote). Nur graphische Bedeutung hat -ei in Ladinei
CIL. 1, 24, die sej}timei (Plautus). In klassischer Zeit fallen die Formen des
Lokativs mit denen des Genetivs zusammen, daher dornt vom Stamme donw-,
beUi u. s. w. Von den io-Stämmen lautet der Lokativ auf -ii aus, z. B. Sunii.
Der Lokativ der a-Stämme endigt auf -ai, z. B. Romai CIL. 1, 54, später -ömj.
Man wird diese Formen nicht gut trennen können, wenn man auch nach § 13, 1
♦JRoiMl erwarten sollte (Henry, Precis S. 208). Systemzwang dürfte den laut-
gesetzlichen Übergang des auslautenden ~ai in -i aufgehalten und den in
Tonsilben gewöhnlichen in -ae veranlasst haben. Nicht unwahrscheinlich
ist es, dass in diesen Lokativen der a-Stämme eine Neubildung vorliegt, da
sie auf die lateinische, oskische {viai mefiai Zvetaieff, Syll. inscr. Ose. 50) und
griechische Sprache beschränkt sind.^) Lokative sind nach Johansson Bezz.
») J. Schmidt, K. Z. 27, 287 f.
*) EiDen alten Dativ hum-t = x^h'^'^
in lokalem Gebrauche will Osthoff, Z. G.
d. P. 195 erkennen.
') J. Schmidt a. a. 0. 304.
*) BauGMAifif, Grundriss 1 § 85.
^) De Saussure, M^m. 91, Brugmann,
M. U. 2, 244 Anm., J. Schmidt, K. Z. 25,
95 Anm. Nach Fick, Gott. geJ. Anz. 1880
S. 424, Bbuomakn, K. Z. 27, 411, Grundriss 1
§ G2 Anm. sind die urspr. Doppclfonnen auf
•0% und -ei angesetzt.
«) Ist 'äi nach Osthoff, Z. G. d. P. 195 f.,
Bruomakn obenS. 122 Fussnote der ursprüng-
liche Ausgang des Lokativs, so müsste -äi
bereite im Uritalischen vor Konsonanten ge-
kürzt worden sein. Die übrige Kntwickelung
kann wohl nur in der im Texte angedeuteten
Weise vor sich gegangen sein. Vgl. übrigens
auch ToRP, Beitr. z. Lehre v. d. geschl. Pron.
15 flF. Anm.
342 S* Lateinische Grammatik, c) Lateinische Formenlehre.
B. 13, 10 f. auch die Städtenamen Fundi Velitrae. Dass die Grammatiker
die Funktion des Lokativs auf den Genetiv übertrugen, nicht auf den Dativ,
hat seinen Grund darin, dass bei den o-Stämmen Lokativ und Genetiv for-
mell zusammenfielen. Der Lokativ der i-Stämme endigte sich ursprünglich
auf -e,i) verkürzt -^, z. B. mar^ (Varro Atacinus, Lucretius) peregre, vgl.
umbr. ocre sab.' mesene flusare, mense Fliisase CIL. 1, 603, 2. Die Lokative
auf -F sind ursprünglich Ablative, an den i-Stämmen erwachsen und von
diesen auf die konsonantischen übertragen, z. B. rurt (neben rure), Car-
tlmgini u. s. w. Die Formen auf -e von konsonantischen Stämmen sind
aus Grundformen auf -i hergeleitet (also mre aus ^rur-^^^ vgl. mare aus
*iwar^). Nebeneinander her-i und her-^.^) Lokative der u-Stämme stecken
zum Teil in den Formen des Dativs auf -m, vgl. umbr. nanuv-e und Bezzen-
BERGER in. Gott. gel. Nachr. 1885, 160 ff. die wahrscheinlich = *cit^, rUe
möglicherweise aus *rtt^^,^) rS spe u. s. w. dürften Ablative sein. Dass
in ecce-r^ ein Lokativ stecke (Merinoer, Z. f. d. öst. Gymn. 39, 134),
ist ganz unsicher (0. Ribbeck, Beitr. z. Lehre v. d. lat. Part. 34 = Hcce-rem),
penes deutet Bruomann, Grundriss 2, S. 393 ohne Zweifel richtig als suffixlos
gebildeten Lokativ (vgl. gr. cch'g); mein Erklärungsversuch Wiener Studien
10, 306 f. hat daher zu entfallen.
Ablativ des Singulars.^)
87. Das Kasuszeichen ist im Lateinischen und Italischen überhaupt -d;
da von den ö- a- f-Stämmen der Ablativ auf -öd -ad -frf (wegen marf) aus-
lautete, z. B. praidor-d, Benevento-d, darf man vermuten, dass das volle
Suffix ursprünglich -ad {-ed? -od?) war; vgl. auch extrad (Sc. d. Bacch.),
infra ultra u. s. w. (Breal, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 167 f.); dagegen fruaträ
(Plautus) ursprünglich wohl Akk. d. Plur. und erst später nach Analogie
zu frustra umgestaltet (Schweizer-Sidler, Gramm.* § 224); andererseits Zu-
sammenhang des 'tra mit got. -dre, z. B. hidrS möglich (Feist, Grundr. d. got.
Etym. S. 52); über circa (zuerst bei Cicero) Wölfflin, Arch. f. lat. Lex.
5, 294 ff. Dass der Abi. auf -d nur von o-Stämmen ursprünglich gebildet
wurde, suchen Leskien, Die Deklin. im Slavisch-Litauischen u. s. w. S. 35 ff.
und OsTiioFF, M. U. 2, 108 f. mit grosser Wahrscheinlichkeit darzuthun, vgl.
oben S. 120. Die ältesten Urkunden zeigen noch -d erhalten (jedoch schwan-
kend), im Kurialstil bleibt es sogar ungefähr bis zum Jahre 570 (vgl. das Se-
natusconsultum de Bacch. v. J. 568 u. c). Von einem w-Stamm ist nur senatud
nachzuweisen auf dem eben erwähnten Sc. (die Bronze hat senatuö). Der Ab-
lativ der 2-Stämme lautete auf -id aus, z. B. loucarid (Lex. Luc.) {navaled auf
der Col. rostr. kommt nicht in Betracht), vgl. pael. fertlid Zvet. Inscr. It. med.
lljfal. o/>/d-gweib. 70a, daraus klassisch -f; auch die konsonantischen Stämme
haben nur den Ausgang -/d {-cd nur dktatored der Col. rostr., nicht von Be-
lang), daher airid (St. aes-) coveniionid (dazu vgl. bovid Lex. Spol.). Der ge-
0 J. Schmidt, K. Z. 27, 298. | den Ablativ scheinen mir mehr scharfsinnig
2) Havet's Ausführung über das Ver- als richtig (ib. 133 f., bes. 135). Vermu-
hältnis von mart und aere (M^m. d. 1. S. d. 1. tungen über die Herkunft des Kasussuffixes
6, 105 f.) ist nicht überzeugend. bei Leskikn, Ber. d. k. sächs. Ges. d. W.
2) Mahlow, D. 1. V. 52. 36, 101, Per Persson, Stud. et. 91.
*) Mahlow's Auseinandersetzungen über
1. Deklination des Nomens. (§ 87—88.) 343
wohnliche Ausgang dieser Stämme ist -^; Länge dieses -e ist bei Terentius
nachweisbar. ^) Die Ablative der konsonantischen Stämme auf -^ (nach Ost-
hoff, Z. G. d. P. 577 = idg. -a, gr. dial. nei-d = lat. ped-^ sind nicht aus
denen auf -id (oder -ed) hervorgegangen, sondern ursprüngliche Instrumen-
tales,^) da nach dem Wegfall des d der lange Vokal auch in iambischen
Wortformen nicht gekürzt wurde. ^) Aus demselben Grunde sind die Ad-
verbia auf -ö nicht Ablative, sondern Instrumentales, z. B. ntodö aus *modö
(idg. *modö aus *modo-a)y vgl. aer-e^ humu (= *humö) Varro Sat. Men.
422 R., praestu Keil, Gr. L. 7, 157, 22, fortuitu Schuchardt, Vok. 2, 91,
ebenso vielleicht von t^Stäinmen z. B. manu gegen pequlatuu CIL. 1, 202,
1, 5 (für *pequlatüd). Übrigens darf nicht verschwiegen werden, dass
auch alt« Ablative als Adverbien verwendet wurden, daher bei Plautus
und Terenz cito, modo Lucr. 2, 1135 (dazu Lachmann's Kommentar). Nach
J. Schmidt in „Festgruss an 0. v. Böhtlingk (Stuttgart ISSS)** S. 100 flf.
sind ben^ male probe die Nachfolger ursprünglich oxytonierter Ablative
auf -e. Nach dem Verhältnis des Instrumentalis auf -o zum Ablativ auf
-od traten zu den altererbten Adverbien auf -^ (bez. -^ auch solche auf
-^d, daher facilumed (Sc. de Bacch.), vgl. osk. amprufid fal. rected. So
erklärt sich auch das häufige Nebeneinander der Formen auf -6 und -o,
z. B. conimode -o (Charis. bei Keil, Gr. L. 1, 193, 15 u. ö.), darnach sogar
cotidio (ib. 196, 8).^) Von den e-Stämmen ist kein Ablativ mit erhaltenem
'd bekannt, die bekannten endigen auf -e, wie die der a-Deklination auf -a;
wahrscheinlich ist dies eine Neubildung (vgl. skr. rayds); fid^ (Plautus)
ist Instrumentalis (skr. rhyd). Die Bedeutung der alten d-Formen für die
Kritik der plautinischen Gedichte^) hat die Spezialforschung klarzulegen,
im allgemeinen dient zur Informierung Bücheler-Windekilde § 231 f.;
vgl. auch RiTscHL, Neue Plaut. Exkurse I, M. Müller, N. J. 113, 689 f.
und oben § 69, 2. Auch betreffs der im Gebrauche schwankenden Formen
von i- und konsonantischen Stämmen (zum Teil aus verschiedener Herkunft
der Formen erklärlich) vgl. Büch.-Wind. § 250 f., Brambach, Neug. 158 ff.
Anmerkung. In den Ablativen auf -ei, omnei partei von t-SUimmen, faentsicei
virtutei von konsonantischen Stämmen (Büch.-Wind. § 249, Schneider S. 156) ist -ei = -t.
Dativ-Ablativ des Plurals.
88. Bei den o- und a-Stämmen fungiert hiefür der Instrumentalis:
equis aus *equöis {*equöis regelrecht gekürzt, vgl. § 13) skr. dSvai$ gr.
iTinoig aus *i7i7iü)igy idg. "^eki^o -\- a'is nach Brüomann, Grundriss 1, § 115;^)
ebenso mensis aus *me7isais, vgl. osk. ditmipais,'^) Der Grundform stehen
zunächst osk. Ähellanüis, pael. empratois solois Zvet. Inscr. It. med. 11, 12,®)
*) Bücheler-Windekilde § 247 Ende.
*) J. Schmidt, K. Z. 27, 291 f.
') Eine andere Erklärung vorsucht Mi-
8TELI, Z. f. Völkerpsych. 14, 327. Laut-
gesetzlich möglich ist die Erklärung Havet's,
Mäm. d. 1. S. d. 1. 6, 105 f., der aere aus
dera Lokativ *aisi *atri (vgl. mare aas *mari)
entstanden sein lässt.
*) Früher hatte ich diese Adverbia mit
umbr. nesimei in Verbindung gebracht, was ' geschl. Pron. 15 ff. Anm.
aber nicht haltbar ist; vgl. übrigens auch | ") ßücHELEB, Rh. M. 35, 495.
Bebgk, Beitr. z. lat. Gramm. 1, 18; Brug-
MANN, K. Z. 24, 74; Fumi, Note glott. 1, 71.
^) Handschriftliche Spuren des ablativi-
schen d sind nicht vorhanden (Studemund,
Hermes 1, 309 f.).
«) Pott, Et. Forsch. V 573; 2^ 639;
Osthoff, M. U. 2, 56.
') Mahlow, D. 1. V. 101 f.. Osthoff,
Z. G. d. P. 195; Torp, Beitr. z. Lehre v. d.
344
B. Lateinische Ghranunatik. b) Lateinische Formenlehre.
loviois puklois ib. 32, suois ctiatois CIL. 1, 194; denen zunächst altlat. ah
ohes, pnmcloes Paul. Fest. 193; Fest. 205 M., daraus die Formen auf -Ts (in der
Poesie häufig -Xs). Vereinzelt erscheint -es in Cavaturines und Mentovines
CIL. 1, 199 [vgl. umbr. puple{s) j)ople{r) mars. lovws Zvet. Inscr. It. med.
38], sowie von a-Stämraen ntiges CIL. 1, 1297, vies 4, 1410, sties 5, 1456
(11. p. Chr.) vgl. umbr. tufes mars. Martses Zvet. Inscr. It. med. 43. -es
st^ht hier für -eis (= is), das sich inschriftlich bis zum Ende der Republik
findet; Delmateis quadrigeis noch auf dem Mon. Ancyr., aber nach vorher-
gehendem -e- immer -is (Wölfflin, Sitzungsb. d. bayr. Ak. 1886, S. 256).
Die to-Stämme haben inschriftlich -is oder -eis, z. B. auspicis deis, in der
Litteratursprache gew. -iis (Brambach, Neug. 196, 327). Ist deivos der
Dvenosinschrift wirklich Dativ (dagegen Osthoff, Rh. M. 36, 489 f., Pauli,
Altit. Stud. 1, 7 f.), wie devas CIL. 1, 814 doch wohl sein muss, so sind
sie der Analogie des Singulars gefolgt, wo *-öj *-ai regelrecht zu -ö -a ge-
worden sind, oder dialektisch beeinflusste Formen, vgl. marruc. aisos Zvet
Inscr. It. med. 6, pael. esos ib. 37. Bei allen übrigen Stämmen erscheint
das Suffix -bus, älter -bos, so trebibos Eph. ep. 2, 208 = CIL. 9, 4204,«)
gall. matrebo Namausikabo, Dass das Suffix -bos -bus, zusammenhängend
mit skr. -bhyas --blU^ gr. -yi, ursprünglich langen Vokal hatte, wird durch
Cobssen's Nach Weisungen (2, 498) wahrscheinlich. Die Grundform ist trotz
J. Schmidt, Vok. 1, 100, Henry, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 102 noch nicht
ermittelt. Der Analogie der t-Stämme, z. B. avi-btAS, vgl. skr. dvi-hhyas
sind sämtliche konsonantische gefolgt, daher voc-i-bus gegen skr. vag-hhydsi
einmaliges senatorbus (Sc. de Bacch.) muss neben zweimaligem sencUoribus
und nmUeribtis als Versehen des Graveurs betrachtet werden.*) Auch bei
den ?i-Stämmen scheinen die Formen auf -ibus älter zu sein als die auf
-ubus.^) 'bus ist ausschliesslich üblich bei den c-Stämmen und war ur-
sprünglich auch eine bei den a-Stämmen heimische Bildung; weit verbreitet
vor dem 6. Jahrhundert, wurde sie später nur der Unterscheidung halber
bei deabus, eqimbus beibehalten.*) Hingegen sind amböbus duöbus {ambö-
diiö- Nom. Akk. d. Duals) ambabtis diiabtis wegen der urspr. dualischen
Flexion dieser beiden Wörter sicher Neubildungen. Häufig sind Analogie-
bildungen der Neutra der konsonantischen und i-Deklination nach den o-
Stämmen, z. B. poenuitis mocniis u. a. Über das Fehlen des auslautenden -s
in der Schrift siehe § 69.
Anmerkung 1. Einen Instr. d. Sing, vermutet Osthoff, vgl. Bruomann, Tecbmbbs
Internat. Z. f. Sprachw. 1, 241. in oli-m interi-m aitr-im Plaut. Psbud. 357 [assiste aUrim
secus], vgl. got. pri-m lit. akim-i abulg. pate-vii. Auch in deinde hinc steckt dasselbe
Suffix. Über diese Adverbia Ritschl, Op. 2, 452 ff.
Anmerkung 2. Das Suffix -tue in coeli-tus fundi-tus u. s. w. aus *'toSf das im
Griechischen in dem Paradigma der y- und (»-Stämme die Geltung eines Kasussuffixes er-
langt hat, z. B. ovofiatog (skr. nämaias), hat im Lat. nur adverbiale Geltung. Über die
Entstehung dieser Adverbia eine Vermutung von Johansson Bezz. B. 14, 162 f.; Tamm,
P.-B. Br. 0. 406 denkt an Entstehung aus -t -f us (Ablativ -f Ablativsuffix). Vgl. auch
Danielsson Gramm, u. etym. Studien l (üpsala 1888) S. 55 Anm. 1.
^) Jordan, Quaest. archaeicae, Regimontii
1884, 6.
^) Dies ist, scheint es, auch Ritscbl's
Meinung Op. 4, 183.
^) Jordan, Quaest. arch. 6 f.
^) FuMi, Note glott. 87, 88, Osthoff,
Z. G. d. P. 198 gegen DelbrIjck, Einl. i^ d.
Sprachst.» 108.
2. Deklinatioii der Pronomina. (§ 89.)
345
Zar Litieratur Ober die Deklination des Nomens im allgemeinen vgl.:
J. A. Habtuko, Über die Kasus, ihre Bildung und Bedeutung in der griech. und
]at. Sprache, Erlangen 1831. L. Meyer. Gedrängte Vergleichung der griech. und lat. De-
klination, Berlin 1862. K. L. Struvb, Über die lat. Deklination und Konjugation, Königs-
berg 182i3. F. BGcHELEB, Grundriss der lat. Dekl. Leipzig 1866; unter Benützung der
französischen Übersetzung von Louis Havet (Pr^cis de la declinaison u, s. w. Paris 1875)
anfs neue herausgegeben von J. Windekilde, Bonn 1879 [Hauptwerk!]. Wegen H. Merouet,
Entwickclung der Tat. Formenbildung vgl. § 1. F. G. Fumi, Note glottologiche I: Contri-
buti alla storia comparata della declinazione latina, Palermo 1882. Da. Wenck, Zur indog.
Kasusbildung, Programm der städt. Realsch. I. 0. zu Borna 1884. W. Stockes, Celtic
declension Bezz. B. 11, 65—176; Windisch bei Gböbeb, Grundr. d. rom. Phil. 1, 802 f.
Ausserdem vgl. Hübneb, Grundr. § 41 und G. Meyeb, Gr. Gr.* S. 301 f. Wallacb M.
LiBDSAT, The early Italian Declension in The classical Review II S. 129 ff., 273 ff., enthält
nichts Neues.
2. Deklination der Fronomina.
Ungeschlechtige Pronomina. 0
89. Die ursprünglichen Stämme der Personalpronomina sind me- (mit
Ausnahme des Nominativs), tve-, sve- (daneben wohl auch Satzdoppelformen
mit langem Stammvokal vorauszusetzen), wös- wo- vös-,
Nom. d. Sing, ego urspr. egö für *egon gr. eyciv; tu; nach Osthoff,
Morph. U. 4. urspr. Satzdoppelform iü. Gen. d. Sing. Die enklitischen
Formen mis tis {sis nur von Priscian vorausgesetzt) *) sind durch Hinzu-
fügung des Genetivzeichens -s aus me te vgl. skr. nie te entstanden, vgl.
gr. iiiäo-q veo-gJ) Diese Formen sind verdrängt worden durch die Genetive
der Possessiva mei tui sui, wie umbr. tiom osk. siom lat. te und se vertreten.
Dat. d. Sing. Der enklitische Dativ ist ml, aus mc = skr. me, gr. fjLoi her-
vorgegangen;^) die Form me gebrauchten nach Festus 161, 6 M. Ennius
und Lucilius, auch Plaut. Truc. 417. Dativformen *ti *si erschliessen für
das Altlateinische Bücheleb-Windekilde § 292, vgl. Tobp a. a. 0. 9. In
gewöhnlichem Gebrauche sind die Formen mihi tibi sibi (auch mihe mihei
übe tibei sibe sibei iu älterer Zeit), vgl. umbr. mehe tefe, osk. jsifei, pael.
sefei (für inschriftl. seffi CIL. 1, 194 mit Buoge, K. Z. 8, 43). Über mihi
vgl. 8 54, tibi (und analog auch sibi) geht kaum auf He-bhie He-bhii
zurück, trotz skr. ved. tti-bhya^) Über den Gebrauch von mi und mihi
vgl. RiTSCHL, Op. 2, 588 ff. Akk. d. Sing. Das enklitische me te ent-
spricht skr. ma toa. Den Gebrauch von med ted sed für den Akkus.,
auch fal. sesed Zvet. Inscr. It. med. 70 a, führt man doch am besten
auf eine Verwechslung mit dem Ablativ zurück.^) Den Akkus, mehe
*) Bezfiglich der einzelnen Nachweisungen,
soweit dieselben nicht ausdrücklich angeführt
sind, verweise ich auf Neue, 2 178 f., Meb-
ouKT, Formenbildung 141 f., Bücbblbr-Win-
DEKiLDE. Zur Litt. Baunack in M^m. d. 1.
S. d. 1. 5, 1 ff.; ToKP, Beiträge zur Lehre
von den geschlechtslosen Pronomen in den
indog. Sprachen, Christian ia 1888.
') Enklitisch im Gegensatz zu gr. ifiov
u. 8. w. ; im Übrigen haben sie selbstftndigen
Accent (Scholl, De accentu QQ)»
') Bopp, Vgl. Gramm. ^ 2 104; Bruo-
jfAifN, K. Z. 27, 414; der Übergang des e
in t infolge des Tonanschlusses, wie in unde-
dm u. s. w. Anders Torp, a. a. 0. 26.
"•) ScHWEizEB-SiDLEB, Phil. Woch. 3,715.
^) Allerdings schiene es mir nur so mög-
lich, die beiden Formen zu vereinigen. Von
Henryks Hehhio M^m. d. I. S. d. 1. 6, 102 könnte
man nie zu lat. tibi gelangen. Mit meiner
Ansicht stimmt überein Pszzi, La lingua
greca antica 191 (7). Übrigens vgl. das
unten über nohis vobis Bemerkte.
«) OsTHOPP. Z. G. d. P. 128; oder ist
das -d stammbildendes Element, wie in skr.
mad- tvad' in der Zusammensetzung? Vgl.
346
B. Lateinische Grammatik, c) Lateinische Fonnenlehre.
führt Quint. 1, 5, 21 an [Pacuv. 143 Ribb. I]. Abi. d. Sing. Die
Formen m^d ted sed zeigen eine auffallende Länge (vgl. skr. mdt tvdt),
J. Schmidt, Jenaer Lit. 1874, S. 77 erklärt sie aus *tne~id u. s. w., mit
der Begründung, dass im Kigveda dem Pron. häufig ein hervorbebendes
id nachgesetzt werde, sed ist in erstarrter Form als untrennbare Partikel
erhalten, auch als Präposition in sed fraude (frude) CIL. 1, 198, 69, 64,
und in se-. Die Konjunktion sdd ist ursprüngliche Doppelform zu sM,
se-cus kaum mit Bruomann, M. U. 3, 68 Anm. hieherzustellen, sondern wahr-
scheinlicher mit Zimmermann, Arch. f. lat. Lex. 4, 602 f. adjekt. Bildung
von sequi Nom. Akk. d. Plur. nös vös mit ursprünglicher Länge neben
skr. nas vas. In e-wos (Arvallied) ist e- von e-go bezogen, wie neugr.
e-aäg i-asTg nskch e-aäy das selbst «-ju« nachgebildet ist.^ Gen. d. Plur. Die
gebräuchlichen Formen sind die Gen. d. Plur. der Possessivpronomina nostrum
vestrum, im 6. Jahrh. auch nostrorum vestrorum, daneben die Gen. sing.
nostri vestri und immer sui.^) Dat. Abi. d. Plur. Die gewöhnlichen Formen
nöbJs vöbts sind nicht aus *nos-bies *voS'bies *nos-fem*t;os-&iis hervorgegangen,
wie ich früher mit Rücksicht auf skr. te-bhyas angenommen habe, auch nicht
mit ToRP a. a. 0. aus *noS'beis u. s. w. herzuleiten, sondern mit Brugmann,
Nachtr. zur 1. Aufl. S. 66 § 97 als Nachbildungen von iUfs u. s. w. zu
erklären. Wenn -bM als ursprüngliches Suffix des Dativs d. Sing, ange-
setzt werden darf, sind tibi sibt und nobls vobrs sicher dem Beispiele von
Uli : Ulis u. s. w. gefolgt. Wenn die von Paul. Fest. 47 s. v. callim über-
lieferte Form nis richtig ist, so gehört sie zu St. no-, vgl. gr. voj'i, und
steht für *no'iSf bez. ist nach dem Muster der Nominalstämme auf -o gebildet.
Anmerkung 1. Die altlat Formen sam sum sis sos (Paul. Festi 47, S, Fbstus
298, 301, 325, 17) gehören dem Possessivstamm svo- = gr. *<y/df *) an; ebenso sa-psa, suad
Fest. 351 M. (= sie); si (sei) und nisi (fraglich noise auf der Dvenosinschrift, nesei, nisei,
nise),*) vgl. osk. svat umbr. st'c, sie (sei-c) sind Lokative, soc (Löwb, Prodr. 350) ist ein
Ablativ desselben Pronominalstammes, se = si Löwe, Prodr. 422
Anmerkung 2. Die Stämme der übrigen Possessivpronomina sind *wc-j-o-, *tevo-,
*sevo- (neben dem eben erwähnten svo-), wie gr. eog und ög; nos-ter, vos-ier älter als
ves-ter (umgekehrt Tobp a. a. 0. 33) sind mit dem Komparativsuffix gebildet (vgl. gr.
rjfiereQog, vfietegog). Neben mens mieis CIL. 1, 38 [Voc. mi (vgl. § 80 Anm.)] und in
alter Zeit Überhaupt tnius nach Chabis. bei Keil, Gr. L. 1, 159, 17. Wegen t vgl. § 14
A. 1 und jetzt auch Thurneysen, K. Z. 30, 499 f.
Geschlechtige Pronomina.
A. Stämme.
90. a. Demonstrative und determinative Pronomina. Stamm
tO' : tos tantos Löwe Prodr. 345, altlat. fopper = Hod-per, tarn, älter tarne
Festus 360 M. (wegen tarne halte ich tarn u. s. w. nicht für Akkusative)
WnrrNEY, Ind. Gramm. § 494 und Tobp a.
a. 0. 5, 9. Wenn man im letzteren Falle
me-d me-d als Doppelformen fasst (vgl. gr.
i'fii lat ine), entfallt die Notwendigkeit des
oben angefiüirtcn ScBMiDT'schen Erklärungs-
V ersuch es
') Jordan, Krit. Beitr. 333 hält c- für
ein Präfix wie in e-quidem: Pauli, Altit.
Stud. 4, 24 erkennt darin die Rufpartikel e-,
wie in e-eastor e-quirine. Über equidem
Ribbeck, Beitr. z. Lehre v. d. lat. Part. 36 f.
Übrigens vgl. man auch lesb. ic-aq)i li-atpc
nach afifiv (tfifiSf s. Baunack, Stud. 1, 244 f.,
Bbugmann oben S. 68.
2) Brugmann a. a. 0. 403.
3) KviCALA, Sitzungsber. d. k. Akad. d.
Wiss. in Wien Bd. 65, 125; Wackernagel,
K. Z. 24, 592 f.
*) Über ne nei ni Ritschl, Op. 2, 622 ff.,
0. Bruomann. Progr. d. Nicolai-Gymn. Leipzig
1887; urspr. nc -\- i', vgl. Bruomann, Grund-
riss 2, S. 8. Anders Osthoff P.-Br. B. 8,
311 f.
2. Deklination der Pronomina. (§ 90.)
347
tum für *ta'Sme *tO'Sme, vgl. umbr. pusme (Dativ);') is-ta is4ud dazu neu
gebildet is-tus is-te; talis tantus gehören gleichfalls dazu. Stamm i-
(umbr. i-iVi, osk. t-iaj ; 7-s eis i-d altlat. Akk. im, em, em^em^) — eundem;
idem, dafür auch isdem^^) Neutr. id-em^) eidem CIL. 1, 204, II 20 {ei-
för t' nach ei-usdem u. s. w.); is-te (nach Brügmann, Grundriss 1, § 81
Neubildung für *is-se vgl. *oife = *o?-sc ip-se, vgl. auch Danielsson bei
Pauli, Altit. Stud. 3, 158 f.), is-ta is-tud haben das is- vom Maskulinum
bezogen, ipse, aber alt auch ipsos Paul. Fest. 6 Müll. s. v. aliuta, und
öfter bei Plautus,^) Ennius fab. 298 Müll., Cato r. r. 70, 71 K., Neutrum
ipsum; ijysnd spät und nicht sicher; endlich die adverbialen Bildungen i-bi
i-ta i-tem uterum. In der Deklination wechselt i- mit eio- ao- skr. aya-^)-,
Nom. eis = *eios; Gen. eins = ^^ei-i-us, Dativ eiei entweder wie ew-ew 'ge-
bildet,') oder Analogiebildung nach ei-i<5. Über das Verhältnis der Formen
ei eiei iei (Dat. d. Sing.), eeis eis ei iei ieis (Nom. d. Plur.), eeis eis ieis
(Dat.-Abl. d. Plur.) vgl. Weissbrodt, Miscell. epigr. etc. Braunsberg 1883
S. 9; auch Windisch, Curt. Stud. 2, 223 f. und Thurneysen, K. Z. 30,
499 f. Über die in späteren Zeiten üblichen Formen Brambach , Neug.
322 f. Stamm äo-, meist mit -ce weitergebildet:®) hie = *ho-i'Ce, wegen
i = oi vgl. § 34 Ende; vgl. fal. hei he = Jheic hie; ho-die ho-rsum hei~ce
CIL. 1, 1049. Über den Gebrauch der Pluralformen mit und ohne -ce F.
Schmidt, Hermes 8, 478 f. Dasselbe -ce auch bei illae-c istae-c olli-c Paul.
Festi 196, 6 M., postea-c (Inschr. d. Claudius), Hermes 4, 99, Z. 12;
quand<hc (oder aus quando-que?) Plaut. Men. 966, über dessen Herkunft
eine sehr kühne Vermutung bei Scherer, De part. quando etc. vi et usu
diss. Argentorat. 48 f., vgl. umbr. ere-k - inum-k. Über die Formen
sttic Turpilius nach Non. 127, 14 Müll. u. s. w., vgl. Lachmann zu Lu-
cret. 3, 954, ScHucHARDT, Vok. 2, 368 f. Stamm o?(o)-: olle für ^ol-se,
oUeis CIL. 1, 603, 3 (unmittelbar daneben ?7teis), oloes Fest., arch. ollus
oUa; stets infolge der isolierten Stellung öl-im'*) ul-sul-tra; klassisch nur
illO' ilh vom Nom. nach iste ipse gebildet. Zum Schlüsse erwähne ich noch
altlat. necerim • nee cum Fest. 162 M. umbr. ere, osk. eiz-uc u. s. w.
Auch alio- gr. ixllo- altera- gehören hieher.
b. Interrogativ- indefinites und Relativpronomen. Stamm
quei" qui- in ques Cato, als Interrogativum bei Pacuvius, als Indefinitum
*) Anders aber wenig wahrscheinlich
Mablow, D. 1. V. 65.
«) Anders Thurneysen, K. Z. 27, 174.
») RiTSCHL, Op. 4, 313 flf.
*) Über diese Partikel -em Leskien,
Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. 36, 94 f.
und Thubneysen (s. Anm. 6). Von id-eni
quid-em, vielleicht auch prid-em (vgl. pröd-)
wurde -dem losgelöst und zur Bildung von
niasc. idem rekomp. is-dem u. s. w., iti-dem
ibi'dem u. s. w. verwendet. Vgl. auch Bau-
NACK, M^m. d. 1. S. d. I. 5, 12..
^) Vgl. NiEMÖLLEB, De pronom. ipse et
idem apud Flau tum et Terentium diss. Hai.
1887. Wenn ipse wirklich mit Corssen 2
846 f. und Danielsson bei Pauli, Altit. Stud.
S, 154 von *ep'80- herzuleiten ist, hat es
daneben auch noch eine Bildung ea-pse (=
ea ipsa) u. s. w. gegeben. Aus *is'pte kann
*i'pse nicht hervorgegangen sein, vgl. vopte
aus *vo8'pte. Vielmehr muss mit Danielsson
eine Ausgleichung angenommen werden zwi-
schen -pse und -pte, vermittelt durch sapsa
sepse Cic. De rep. 3, 8, 12 (= *8e-ip8a *8e-ip8e),
'pte vielleicht = *-pote. Vgl. übrigens auch
Kbetzschxeb, K. Z. 29, 469.
«) J. Schmidt, K. Z. 19, 197.
') Meunieb, Möm. d. 1. S. d. 1. 1, 14 f.
^) Übersicht der Formen bei Corssen,
Nachtr. 89 f. ; vgl. auch Ritschl, Op. 4, 132 f.
Formen ohne-ce finden sich inschrifklich auch
noch in späterer Zeit ziemlich hftufig.
^) Instr. sing, nach Bruomann, Tech-
meb's Internat. Zeitschr. 1,241. Vgl. §88 Anm.
348 S- LateiniBche Grammatik, c) Lateinische Formenlehre.
im Sc. d. Bacch., quesdam Accius nach Priscian bei Keil, 6r. L. 3, 9, 17
(477 Ribb. I), quescumque Cato Keil ib. 16, cuius für ^quei-i-os quains; qui
in qiiis (älter auch für das Femininum), qui-bus, qui-um (Cato nach Servius
zu Verg. Aen. 1, 95), qui-a Instr. vgl. skr. Jcdya^ umbr. pisesf, osk. pis
(Relativum), gr. ri'$ ii{S).^) Stamm quo- gr. xo- no-^ osk. pui,*) umhr. poi;
dazu qttam quom für *qua'Sme ^quo-sme;^) quT quei Lok.; dazu quot quotus
skr. kdti katithd-, qualis; über utro- neben osk. pütürus gr. n&i^eQog, {nee-
utro Orelli 4859 späte Bildung), ubi, in Zus. -cubi für *quo-bi gr. tto-^*,
umbr. i?ti/e, osk. i^w/*, unde uti {utei) -cunde für ^-quonde vgl. oben § 46
Anm. 1 und Brügmann, Grundriss 1, § 431 Anm. 3.
AnmerkuDg 1. iDterrogativ- und Relativstamm sind erst durch den syntaküschea
Gebrauch geschieden worden.
Anmerkung 2. Ein Pronominalstamm -do -de ist enthalten in dum (uisprfingl.
Bed. ,die Weile*, vgl. Richardson De «dum* apud priscos Script. Lat. usu, dias. Lira.
1886), do-neCf quan-do u. a. Pronominalen Ursprungs ist auch iam ecce (über den Ge*
brauch Köhleb, Arch. für lat. Lex. 5, 16 f.^, vielleicht für *ic(o)d'Ce, vgl. päl. ecuc (Zvet Inscr.
It. med. 11) osk. eka; nach Merikoeb, bei Sinoeb, P.-Br. B. 12, 211 = got. aip-pau, ^aih-pau
(vgl. aber Feist, Grundz. d. got. Etyin. 5). ellum ellam Pbiscian bei Keil, Gr. L. 1, 593,
25, fQr *6nülum *en *Uum.
Anmerkung 3. Wie die Personalpronomina, wird auch ipse, wenn auch sehr selten,
durch -me^ verstärkt, vielleicht zu skr. «ma, vgl. Corssen 2, 846, ipsemet Plaut. Aroph. 102;
scherzhaft ipsissimiM Plaut. Tbin. 988.
Anmerkung 4. Über die Pronominalformen der späteren Latinität EngiIlbbecht,
Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. in Wien. CX 517 flf.
B. Deklination.
Die pronominale Deklination unterscheidet sich in der Bildung folgender
Kasus von der nominalen. Der Nom. d. Sing, wird mittels eines suffixalen i
gebildet beim Maskulinum qui [qoi Dvenosinschrift, quei (die Stellen bei
Corssen 1, 784) nur von graphischer Bedefutung], hk für ^ho-i-ce^ einmal
hec = *Äe/c CIL. 1 32, vgl. umbr. poi poe poeiy osk. pu% ebenso bei den
Femininen quae haec, vgl. osk. 2^ai, doch ohne -i alUqtm qua. Das Neutrum
bildet Nom. Akk. d. Sing, auf -d; höc für *hod'Ce. Im Genetiv d. Sing,
haben sämtliche geschlechtige Pronomina, zu denen sich die zum Teil pro-
nominalen Adj. solus totus unus ullus nullus gesellen, die eigentümliche
Endung -«(^, z. B. e-i-us hu-i-us quo-um, welche bei zwei und mehrsilbigen
Stämmen mit dem auslautenden Vokal des Stammes zu -Jus kontrahiert wurde,
also ill-T-us, ist'l-UtS u. s. w. Da die von Corssen 1 307, Krit. Beitr. 543 f. be-
hauptete Länge des -i- in quoius nicht erwiesen ist (vgl. dagegen Bücheler-
WiNDEKiLDE § 187), betrachte ich -ius als Produkt des -t vom Nom. quo-i und
der gewöhnlichen Genetivendung -os bez. -us^) Über die Quantität von
"Jus RiTscHL, Op. 2, 696 und Brandt, De varia quae est apud veteres
Rom. poet. scaen. gen. sing. pron. forma ac mensura diss. Lips. 1877.
Vereinzelt huis = "^ho-is Plaut. Mil. 903 Ribb. und eis = *ci-js ib. 955.
^) Vgl. Wackebnagel, K. Z. 29, 148.
Es ist daher nicht notwendig, wie ich früher
gethan habe mit J. Schmidt, K. Z. 25, 94,
G. Meyer, Gr. Gr.* § 439, c einen ß-Stamm
anzusetzen. Stbeitbbro, P.-B. Br. 14, 196 f.
stellt die Gleichung auf ^nt)^ : quid = aliud :
alid.
*) ZvETAJEFF Syll. inscr. Ose. 50.
^) über angebliches cmne des Saliar-
liedes Jobdan, Krit. Beitr. 213 f.
"*) Aus quoi -h ius (Gen. von is) zu-
sammengesetzt nach Mbukikb, M^m. d. 1. S.
d. 1. 1 14 und Havbt, ib 3, 187. Nach
ScHWEizEB-SiDLEB, Gramm. § 166 vom Stamme
i]%ioio-, wie eius von eio- -\- U8 {% 162).
8. Anhang. (§ 91.)
349
Eigenartig ist quoiquoimodi cuicuimodL Ebenso erklärt sich der Dativ
quO'i-ei CIL. 1, 34 und öfter quoii Plaut. Rud. 187, 1193; über cui huic
vgl. Bersu, Die Gutturalen 54 f. Als Ablativ fungiert auch der Lokativ,
z. B. quUum (= quücum) Plaut. Trin. 15, qui praesentc Plaut. Bacch. 335
u. ö. Über analogische, übrigens schon alte {alii bei Varro) Genetiv-
und Dativbildungen, wie neutn istae Gen., nullo illo u. s. w. ülae Dativ
vgl. Buch.- Wind. § 191, 295. Der Noni. Plur. wird gleichfalls durch
ein angehängtes i charakterisiert 0 und zwar sowohl beim Mask. als auch
beim Fem., welches ursprünglich die regelmässigen Formen auf -s hatte,
daher hi qui quae und Neutrum. Die Formen eeis im is (Pacuvius nach
Charisius bei Keil, Gr. L. 138, 4) heis sind wie die entsprechenden der
o-Stämme zu erklären. Im Genetiv d. Plur. finden sich vereinzelt Formen
auf --um, während das gew. Suffix der pronominalen Deklin. "^-som ^rum
ist, cum CIL. 1 206, 52, quium (vgl. ob.), cuium (Charis.). Im Dat. d.
Plur. sind neben den gewöhnlichen Formen auf -is bei den o-Stämmen
auch Analogiebildungen auf -&us im Gebrauche, daher ihm hibus; ipsibtis
illibus bei Keil, Gr. L. 4, 548, 1 erwähnt, sind in Plautus-Handschriften
nicht zu finden.
3. Anhang.
a. Numeralla.
91. A. Cardinalia. Eins. Stamm oino-, oino{m) CIL. 1, 32, oinvorsci
ib. 196, aina 200, oenigenos Paul. Festi 195, später wno-, osk. üinim, umbr.
unu. Stamm sem-, vgl. gr. eig für *<x^c, hat sich in den Ableitungen semel
Simplex singuli erhalten.
Zwei, duö, auch Akk., Grdf. idg. *du^6zi bez. *du^6 vor Konsonanten,
vgl. § 14 A 2, b; bei den archaischen Dichtern wird nach Studemund, Arch. f.
lat. Lex. 3, 550 f. duos und d^o gemessen; in der Zusammensetzung dui-
(= *dt#^|-), duidens dulcensus oder 61- (= *rf?^T-), z. B. bldens (aber bi-duum);
duHtiS duplex, vgl. umbr. dupursus scheinen auf du^(l)' zurückzugehen mit
Unterdrückung des -i- als Vokals der nachtonigen Silbe (nach Bbugmann,
Grundriss 2 S. 59 Neubildungen nach qi^adni-); jedesfalls Analogiebildung
ist dti5sis (vgl. quadrussis); bes wohl aus ^d^i-es (oder dtiei-es'^, vgl. gr.
dtftTv oben S. 124); diloris und andere nach dem Griechischen gebildete
Formen, vgl. Skutsch, De nom. lat. compositione quaest. sei. S. 36.
Drei, trei- und tri-; fres für *treies, gr. TQsTg skr. trayas; tri-a,
vulgär trea Grom. vet. 303, 2; in der Zusammensetzung tri" {tressis —
Hri-essis oder Hrei-essis?).
Vier. quat{t)uor, Grdf. *qet^örcs, vgl. skr. catvdras, dor. TtxTOQ&c^
osk. petora-. In Zusammensetzungen erscheint die Stammform qtmdru- für
*qtru'^) mit Restitution des qua- aus den starken Formen, vgl. umbr. petur-
^) Dieselbe stammerweiternde Partikel
-f findet sich in umbr. pur-i (pur-e)^ Nom.
d. Plnr. piS'if dazu auch gr. ovroa-i (vgl.
ScBLBiCBKB, Comp. S. (»09).
«) J. Schmidt, K. Z. 25, 44. Über die
noch keineswegs vollkommen gehobenen
Schwierigkeiten hinsichtlich dieses Zahlwortes
vgl. ausser § 9 noch Bbuomann C. St. 9 380
und in Tecbmers Internat. Zeitschr. 1, 228 A.;
Pauli in Dbbckb und Pauli, Etrusk. Forsch.
350
B. Lateinische Orammatik. o) Lateinische Formenlehre.
purstis; über d § 48. Als volkstümliche Analogiebildung nach- dem Muster
von septus actus erscheint quatt-us CIL. 4, 1679.*)
Fünf. quTnque, Qrdf. *pefdqe, worüber oben § 46, osk. pomp- umbr.
pumpe; quincu- in quincu-pkx Analogiebildung nach quadru-.
Sechs, sex, Grdf. *sveks, vgl. dor. ft? oder *seks, vgl. § 63, 2;
se^C'Uncia Analogiebildung nach quinc-unx dec-unx.
Sieben zehn. Septem decem führen auf die Qrundf. ^septrp, *dehgt,
Nebenform s^ti- septu- in Zusammensetzungen.
Neun. Grundf. *ne^^, nach decem Septem zu novem umgestaltet;
nundinus = ^net^n-^dino-, ^noundino-.
Acht, octö idg. *okt6u, nach Brugmann oben S. 136 *oktS, wahr-
scheinlich Doppelformen, octi-pes nach septi-.
Zehn-Siebzehn werden durch Zusammenrückung der Eins u. s. w.
mit der Zehn bezeichnet, wobei decem seinen Accent verliert und sich un-
mittelbar an die vorausgehende Zahl anschliesst;^) das zweite e geht dabei
in i über, tredecim quindecim sedecim aus ^tre^-decim *quinq{eydecim
*sex-decim nach bekannten Regeln.
Von den Zehnern hatte die Zwanzig die Grundform *vj-'k^ti, böot.
pUaTi^ skr. vinkati;^) das ^f von viginti {veiginti CIL. 1 1194) sucht Ascoli,
Archiv, glott. 9, 105 Anm. durch die Lautregel zu rechtfertigen, dass inter-
vokalisches c in proparoxytonierten Worten in g übergehe, vgl. dig-itus neben
indec-s. Indessen weist auch alb. -zet auf die Media (G. Meyer in den zu
Ehren Hertz's herausgegeb. philol. Abhandl. S. 90 Anm.). Vorläufer der
italienischen Form vinii Wilmann's Exempla 569. vigintf ist Dualform (vgl.
§ 75). Für die 30 — 90 liegen Zusammensetzungen mit -konta vor, vgl. gr.
TQiaxovTa; die vorauszusetzenden Grundformen HrT-conta vgl. § 80, b, *qtiadra-
*sexa- "^septuO- (Analogiebildung nach vulg. octuaginta = gr. 6ydoi]xovta für
urspr. *septtpm^k(mta, gr. ißdojiirjxovTa) "^octova-conta, ^nona- sind nach dem
Muster von viginti zu triffinta u. s. w. umgeformt.'*)
Hundert, centum Grdf. "^kr^to-^ vgl. § 45 und S. 137; in der Zu-
sammensetzung centi- (centu-)^ jünger centum'^ ganz vereinzelte Analogie-
bildung cenfemmanus (Vf. Wiener Studien 10, 306). Die Zahlen von 200—900
werden durch Zusammensetzungen mit dem deklinierten Stamme -cento- ge-
bildet, daher du-centi, tre-centi sex-centi (regelrechter ses-centij. septingcnti
nongenti mit regelmässigem g aus k zwischen doppelter Nasalis sonans aus
*septmhp.to^ *ne^^kfiito-, vgl. § 65, 3 g; von hier aus ist g auch in andere
Zahlen eingedrungen (Thurneysen a. a. 0. 312), so in quingenti. Nach
septingetiti sind octingenti und qundringenti gebildet; so auch wönm^cw^* bei
Columella.
Tausend, mille, milia (media CIL. 1, 551), dessen Etymologie nicht
recht klar ist (Havet, Mem. d. 1. S. d. 1. 3, 415, Thurneysen, Bezz. B. 9,
281 Anm. 3 = iivqioi).
B. Ordinalia. primus aus ^pris-mo-j eigentlich eine superlativische
u. Stud. 3, 13; Collitz, Bezz. B. 2, 150
Anm. 1 ; Havet, Mdm. d. 1. S. d. 1. 3, 370.
') BücHELER, Archiv für lat. Lex. 1, 102.
2) Wackebnagel, K. Z. 25, 284.
3) Thubneysek, ib. 2G, 310 f.
*) Thübneysen a. a. 0. ; Wackernagel,
K. Z. 25, 2G0. Bez. septu- haben andere
Ansichten Ascoli, Curt. Stud. 9; 359, J.
Schmidt, Jen. Lit. 1877, 734; Mahlow, D.
1. V. 79.
3. Anhang. (§ 91.)
351
Bildung, tertius Grdf. Hcrttio-, vgl. skr. trtiya^^ qt^r-ttis quin-tus sex-tus
[nach Osthoff, M. U. 4, 330 Anm. für "^sec-tus, vgl. oben S. 306] sind mittels
des Suffixes -to- gebildet, quarüis geht auf die nebentonige Tiefstufenform *qt^f'
zurück und steht für "^qtuf-tö^, *c{f)vartO';^) eeptimtis decimt^s (decnius CIL. 1,
821) für ^sept^-mö" ^dekrii-md- oder vielleicht "^septipm^ö^ u. s. w. (Bruomann,
Grundriss 2 S. 157). octavus für *oct9^oSj vgl. gr. oyöoog. nonus von der ördf.
*nef<^n-o- "^no^eno "^nouino-, daher noine der Dvenosinschrift.*) Alle übrigen
Ordinalzahlen von zwanzig aufwärts sind mittels des Suffixes -Umo- gebildet,
vgl. skr. "tama-, -ensimo — esima- ist regelrecht in der § 64, 3 angegebenen
Weise aus *^ent-timo- hervorgegangen, z. B. pkesimo^ {vicesma CIL. 1, 187)
Grdf. *uiAfiit -f to-, daneben auch -sunio- in centensumus Plautus septuagensu-
[mum] Mon. Ancyr. 6, 28 (übrigens verdächtig vgl. Mommsen und Qeppert,
Programm d. Berlin. Gymn. z. grauen Kloster 1887, S. 3). Nach vicesimo-
(seltener vigesimo-) sind alle übrigen Ordinalzahlen der Zehner gebildet, indem
-ginta durch -gesimo- ersetzt wurde, darnach auch cent-esimo-^ die übrigen Hun-
derter und mille^imo-. Die von Priscian bei Keil, Gr. L. 3, 413, 19 f. über-
lieferten Formen ducesimus u. s. w. sind lautgesetzlich berechtigt {^ducenttimO'
^ducensimo-), aber sonst nicht nachweisbar. Sogar muUesimm Lucr. 6, 651.
C. Dlstributiva. ^) singuli Qrdt*Sfpkl'0', daher das -^f-; singolo- CIL. 1,
198, 199, 208, der Sing, singulum bei Plautus Varro, eigentümlich sin-
gillatim (Fleckeisen, Fünfzig Artikel S. 29). Nach singuli ist ninguli ge-
bildet [für *nonculi *nunctdi, vgl. ne uncula Cic. De leg. 2, 8, 19 ed.
Vahlen]. Alle übrigen sind mittels Suffix -tw- gebildet, wobei nur lautliche
Veränderungen in Betracht kommen, z. B. blni trtni aus *bis-ni *tri$-ni,
quJni aus ^quinc^ni *quinq-ni u. s. w. Die Distributivzahleu von seni auf-
wärts haben mit Ausnahme von octoni sämtlich das Suffix -eni angenommen,
so auch deni statt des zu erwartenden *deceni, vic-enif cmt-eni, duc-eni,
daneben nach Priscian auch ducent-eni.
D. Hultiplikativa. seni-el, Neutrum von einem Adjektiv ^srp-mil-is,
vgl. ahd. mäl^ idg. W. m^- „messen" (Wackernagel, K. Z. 30, 316), da-
neben älter semol semul Li Afran. bei Non. 523, 13 M., vgl. skr. sa-hft^
gr. a-na^, duis Paul. Fest. 66 bis, skr. dvis, gr. dfg. ter für *(ris, vgl. skr.
tn$ gr. TQi'c, in tieftoniger Stellung, darnach qtuiter für *qtmtur^ sk. catür, vgl.
auch Henry, Mem. d. 1. S. d. 1. 6, 373. Alle übrigen Multiplikativa endigen
sich auf -ies älter -icns (z. B. CIL. 1, 198, auf dem Mon. Ancyranum
öfter), das zum Teil an die verstümmelten Stämme gefügt wird (Analogie-
bildungen), z. B. vic-ies (ric-ies, quinquag-ies, jedoch quinquag-csies Plaut.
Men. 1140. J. Schmidt, K. Z. 25, 137 A. 2 will darin dasselbe Suffix
erkennen, wie in gr. TQiüg = triens Grdf. Hriiiis (dagegen Bruomann,
Grundriss 2, S. 568), während Aufrecht K. Z. 1, 122 und Corssen 2, 351,
552 Anm. darin das Eomparativsuffix sahen. Stowasser, Arch. f. lat. Lex. 5,
136 f. deutet -icw5 als Partizip von ire {sex-iens „sechs (Gänge) gehend'').
Mir scheint die Erklärung etwas gezwungen; vgl. meine Bemerkungen ib.
') V. FiEBLiNOEB, K. Z. 27, 193; Osthofp,
Z. G. d. P. 435. Wegen -f- = -ar- s. § 43.
Über Suffix -to- vgl. Bbuomamn, Grundriss 2,
S. 228 und besonders 232.
') Dagegen besonders Pauli, Altit. Stud.
1, 32 f.
^) Über diese und die folgenden Zahlen
vgl. den interessanten Aufsatz von Baunack,
K. Z. 25, 253 ff.
352
B. Lateinische Grammatik, c) Lateinisohe Formenlehre.
5, 285 und Thürneysen ib. 545 f., der quot^iens toUiens vgl. skr. ki-yant-
„wie gross, wie viel" i-yant- „so gross" als Ausgangspunkt der Bildung
betrachtet; Grundform des Suffixes *-{»^. Wegen des auslautenden lat. -n^ =
-WS verweist Th. auf osk.-umbr. -ns (sekundäre Personalendung der 3. Person
d. Plur., vgl. § 97) und das Neutrum der Partizipien *ferent = fcrens. Nach
diesen Mustern auch multotiens Priscian bei Keil, Gr. L. 3, 78, 22 und
paucienfi Paul. Festi 220, 15. Über zwei andere Reihen von Multiplikativ-
zahlwörtern gebildet mit -j|)/ö-, z. B. du-pluSj und -plec, entstanden aus -^^fe
(schwache Stammform) + c,») z. B. Simplex vgl. Baunack a. a. 0.
b. Steigerung der Adjektlva.
92. Über die ursprüngliche Bedeutung der Suffixe des Komparativs und
Superlativs vgl. ob. S. 134 f. die lehrreichen Auseinandersetzungen Bruomakns.
Komparativ. Das ursprünglich zur Bildung des Komparativs bei
primären Adjektiven verwendete Suffix -(ös (Nom. *-iös) -i^ -is dient im
Lateinischen bei allen Adjektiven zur Bildung des Komparativs; daher maior
Grdf. *niah-iös; Grdf. *plsiös,^) wovbms pleores (carm. arv., natürlich moderni-
siert für ^^pleoses) und ploiis CIL. 1, 196 plüs; vom Neutrum plus ging ü
auf den ganzen Komparativ über, phera Cic. De leg. 3 § 6 wird ein mis-
verstandener Archaismus sein oder oe ist umgekehrte Schreibung für ü.
Vom Komparativ drang ü in den Superlativ, daher plürimus plourutna
CIL. 1, 1297. Schwierig zu erklären ist ploirume CIL. 1, 32, worin o» doch
wohl kaum nur graphische Bedeutung hat (= ü). plisima Fest. 205, 17 M.
ist die ursprüngliche Superlativform von *ple-is-imo-, vgl. gr. nXe'tg-TogJ)
peior zu skr. pt-yaü got. fdianda.*) minxis kann lautgesetzlich nicht aus
*minius hervorgegangen sein. Ich halte es für ein ursprüngliches Sub-
stantiv = ^minus (vgl. minuere) „die Minderheit", wie rc^ws.^) Zwar wtnc-
nmus^) geht auf ^mints-imo zurück, aber die eben gegebene Erklärung ist
trotzdem soviel als sicher. Der in der ersten Auflage gemachte Versuch,
die Verdrängung des vorauszusetzenden Komparativs *minios durch das
Zusammenfallen gewisser Kasusformen zu erklären ist mit Rücksicht auf
Brugmann, Grundriss 2, 406 {minus Gegenstück zu malus und dann auch
7ninor) entbehrlich, minis- auch in minis^ier osk. mitistreis umbr. mestru;
vgl. ferner nimis satis prTs-cus aus "^prt-is-^ wie prtor aus *pnor ^prl-ios-
von i^rJ- {{nrprei'?) =: prae nach Festüs 226 M., wg], prl-vus; vgl. übrigens
Brugmann, Grdr. 2, S. 406. iunior ist aus *iuiin4or entstanden; iuvenior
erscheint erst bei den Schriftstellern der Kaiserzeit. ■^) Im Anschluss
an die eben angeführten Komparative sind alle übrigen gebildet nach der
allgemeinen Kegel, dass Suffix -ior an Stelle der weggelassenen Genetiv-
') J. Schmidt, K. Z. 16, 430 f.
«) Wegen S Schulze, K. Z. 27, 424;
jedoch auch Feist, Grundz. d. got. Etym. 34
8) Vgl. J. Schmidt, K. Z. 23, 348
JoHANNSON, De deriv. verbis conir. 177
Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 4, 164
OsTHOFP, P.-B. Br. 13, 443 f.; Brugmann
Grundriss 2, S. 407. Eine neue Ansicht über
plus jetzt oben S. 96 Fussnote 2.
*) AuFBECHT, K. Z. 3, 200f., Schulze ib. 27,
416 Anm. 1 ; Feist, Grundz. d. got. Etym. .'H.
*) Vgl. auch Mahlow, D. 1. V. 45,
Kluge, Etym. Wörtb. s. v. ,minder* ; jetzt
auch Danielsson in Pauli, Altit. Stud. 3,
190; Brugmann, Grundriss 2, 406.
**) So Georges, s. v. ; Paul. Fest. 122,
17 Müll, hat minerrimus; diese letzte Form
hat mich früher bestimmt, diesen Superlativ
auf das Subst. *miniM zurQckEufQhren.
') Brugmamk M. U. 2, 194.
d. Anhang. (§ 92.)
353
endung tritt. ^) So traten an Stelle der ursprünglichen Formen *$tiadios
vgl. gr. ijSiwVj *leg'ios von levis {= *leg^is), *se-(jQ-{>s von se-ro-, Hen^ios
von tenuis die Neubildungen s.uivior levior serior tenuiar (Brugmann, Grund-
riss 2, S. 403, 407). Die Komparativ-Bildung mittels Suffix "tero-, wie in
umbr. pretra pael. jpnYrow Zvet. Inscr. It. med. 11, existiert im Lateinischen
nicht; wohl aber erscheint dieses Suffix in Ableitungen magis-ter minis-ter, u4er
dlnter ves-ter, pos-tertis ex-terus. Dass inferus superus u. s. w. (vgl. skr.
ddhara- dntara- üpara-) ursprünglich komparativische Bedeutung gehabt
haben, geht aus der Bedeutung von infimus summus hervor; inferior superior
sind lateinische Neubildungen (vgl. dter nach citeriar). meUom = nieliorem
Paul. Festi 122, 2 hat keine Analogie in verwandten Sprachen [-terO" : 'timo-
= "to- : -ntö-.^], darf aber deswegen nicht mit Bugge, N. J. 105, 100 durch
Konjektur entfernt werden. Mit ihm verwandt in der Bildung scheint
2wIieo ulteriore ib. 205.
Superlativ. Als die einfachsten Bildungen erscheinen die eben nam-
haft gemachten mittels Suffix -wo-, summa- f. *swp-w«o-, Tmo- (vgl. § 55
Anm.), primo-, brüma für ^bre^-i-fna, purime Fest. 252 M., clarimum aus
Glossen angeführt von 0. Ribbeck, Z. Lehre v. d. lat. Part. 6, ferme =
^ferime, pessimo-, das nicht mit Schulze, K. Z. 27, 426 Anm. 1 von *pessus
= ^perdr-tch abzuleiten, sondern mit Corssen, K. Z. 3, 249, L. Meyer, Bezz.
B. 6, 293 flf. zu skr. pädyate pdttum zu stellen ist; extrS-fno-, postre-mo-,
suprS-mo- von den Adverbien *extr& u. s. w.^) Mit demselben Suf&x ge-
bildet ist plurimus; ferner gehören hieher wohl auch maximus fal. Maxomo
Zvet. Inscr. It. med. 58, oocimc Paul. Festi 195, l^proximus für *mag{t)s4m0'
*oc{i)S'ime *proqu{t)s^mo-, dazu noch medioximus Paul. Festi 123, 19, St.
medioc- vgl. velox cehx,^) Zu dieser Bildungs weise des Sup. vgl. umbr. Aon-
domu Jnfimo'^ osk. posmom skr, adlutmä-. Mit Suffix -^wwo- -^imo- idg. -^jpiwo-
(zu -^ero- gehörig) gebildet sind citumo- extumo- intumo^ pos-tumo- ultimo-,
femer dex-timo- alat. sinis-timo- (vgl. legi-timo- fini-timo- quo-tumo- Plaut.
Pseud. 962, 1173 und die Ordinalzahlen), endlich alat. sollis-timo-. Dieses
-istimo- ist kontaminiert aus -is-to- (vgl. gr. ^J-icr-To-g u. s. w.) und -tumo-,
optimus opitumus CIL. 1, 1016 und öfter (Neue 2*, 207) ist von ops ab-
geleitet (vgl. die eben angeführten Adjektiva auf 'Hmo-) und hat die Super-
lativbedeutung in Verbindung mit maximus angenommen.*) -istimo- wurde
verdrängt durch -issimo-, indem -s/iMo-nach dem Muster von plisimus maximus
u. s. w. an die Stelle von -timo- trat.^) Hingegen sind die Superlative
') Das entsprechende Superlafcivsuffix
isto- will Pauli, Altital. Studien 2, 140 f. in
den Eigennamen Rustius Nostius^ zurück-
gehend auf die Grdf. *Revi8t08f *Novi8to8,
erkennen. Jedoch bleibt trotzdem aufrecht,
daas -issimo' nicht = ^-istomo- sein kann. Vgl.
auch Bbuomahn, Grundr. 2, S. 232.
') Wbibbioh, De gradibus comparationis
20 f.
') Anders Bbugm ann, Grundr. 2, S. 168 f.,
387 Fuflsnoie, der max-imu-s mit skr. mahäs-
YMjglfiMllt.
*) SfOU» Wien. Stud. 8, 154. Anders
Fh» fi. 17; L. Mbybb, Bbzz. Beitr. G, 291;
FlERLINGBB, K. Z. 27, 478.
^) Bruohann, M. U. 3, 135 (zustimmend
OsTHOFP, Z. G. d. P. 530) knüpft diese Su-
perlativbildung an die Ordinalia auf -ensimo-t
von welchen Suffix -simO' bezogen worden
sei; vgl. jetzt auch Daniblsson in Pauli,
Altit. Stud. 3, 192; Ascoli, Sprachw. Briefe
S. 70 Anm.; Bbügmann, Grundriss 2, S. 168 f.
Ascoli weist darauf hin, dass 'issimo- auch
lautgesetzlich erwachsen konnte, freilich
kenne ich nur das eine Beispiel von dives,
dessen Superlativ ursprünglich *dt^i'timo
*dissimo- hätte lauten müssen; ditissimus
ist also selbst schon Analogiebildung.
AltertmnBWlMenachaft. n. 2. Aufl.
23
354
B. LateiiÜBohe Grammatik, o) Lateinische Formenlehre.
der Adjektivstämme auf -rö- -r/- -K-, die ich früher auch auf dem Wege
der Analogie erklärte (fadllimus aus *faciUsimo-\ wohl richtiger mit
Brugmann, Grundriss 2, S. 158 (vgl. auch Ascoli, Sprachw. Briefe S. 70
Anm., ScHWEiZER-SiDLER, Gramm.* § 145) als Bildungen mit Suffix 'fjfimO'
zu erklären, mithin facillimO' pulcerrimo^ aus ^fachis-emo- ^fac^emth- ^facil-
simO' ^pulcr-is-enW' ^puk^semo- ^pulcersimo-, wobei -is- die schwächste Form
des Komparativsuffixes darstellt. Wie weitreichend auch in der Kompa-
ration die Wirkung der Analogie war, beweisen celerissimus Enn. ann. 504
Müll., gutlateinisch maturrimus, bes. aber spätlat. pluriara Neue 2, 115
(3. Aufl. 208), postremior postremissimus proximior minissvmus und andere
ib. 2, 130 (3. Aufl. 243). Auch E. Wölfflin^ Lateinische und romanische
Komparation, Erlangen 1879 ist nachzusehen. Über den Wechsel von -tmo-,
und 'Umo-, siehe § 25, 3. Über Komp. und Sup. der Adjektive auf -ius
und 'Uus vgl. Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 86 f. {arduius aus Cato und
egregiissima aus Pacuvius citiert).
Anmerkung 1. Zur Bildung des Komparativs scheint ursprünglich die starke^ zu
der des Superlativs die schwache Stammform verwendet worden zu sein (Ostbofp, Z.
6. d. P. 450 Anm.); wenigstens erklärt sich so lat. melior neben gr. fidXkoy für urspr.
^fAiXkoy, ßiXregog (Wacksrnaoel, K. Z. 30, 302) nach /däXiaia; vgl. jedoch auch lat iuwior,
Anmerkung 2. Über die Quantität des ersten t in -issimo-, (die inscbriftlichen
Zeugnisse für -t- sind nicht besonders vertrauenerweckend, sonstige überhaupt nicht vor-
handen) vgl. Osthoff, Z. 6. d. P. 527 f., Sbblm ann, Aussprache 98 f. Vgl. bes. inschr.
karessemo merentesaetno CIL. 2, 2997 u. s. w. (e = f).
Zur Litteratar: E. FObstemann, De comparativis et superlativis linguae Qraeoae et
Latinae, Nordhausen 1844. F. Weihrich, De gradibus comparationis linguarum Sanscritae
Graecae Latinae Gothicae, Giessen 1869.
c) Nominalkomposition.
Form der Zusammensetzung.
Vorbemerkung. Die von Bbüomann angesetzten vier Arten von indog. Komposita
sind auch im Lateinischen nachzuweisen: 1) aedi-tuos agri-cola au-ceps ponti-fex un-
anivitis; 2) die Komposita mit inprwatiimm, z. B. in-dignus in-sanus u. s. w.; 3) ob-
longiis, oscen für *ob8-cen W. can-, sub-niger; 4) vgl. die folgende Seite Absatz b) und
die Komposita mit bene- und male- im ersten Gliede. Vgl. auch die übrigen Ausführungen
Bbugmann's a. a. 0.
93. 1. Juxtaposition. Diespiter {Dies- Nora. = ^dii^uS"), Juppiter
(= *Jeu pater); respuhlica, iusiurandum, ho-die {ho- Instrumental ?),>)
die Adverbia auf -iVer, z. B. brevi(e)\ longiter aus breve Her, long{unt)
iter^^) vgl. venire anwmdvertere aus ven{um)irey amfn{um)(ulvert€re;
die Zahlwörter von eilf an bis neunzehn, z. B. tredecim (= *trez^
decem), duodemginti u. s. w. Wie echte Komposita sehen aus miri{s)modi'i
muÜi{8)modi's, darnach omnimodis. In vielen Fällen ist die getrennte Schrei-
bung vorzuziehen, z. B. iex veri similis, aqtiac dudus. Eine Sammlung
derartiger Bildungen bei Corssen 2, 884 flf.
94. 2. Echte Komposition, a) Das reine Thema im ersten
Gliede: Asiu-genus CIL. 1, 36 {Asiagenes Liv. 39, 44, 1 Gräzismus) 3) ;
glori-fictis (kürzeste Stammform), aber tibt-cen, vgl. § 36, 1; albo^ga-
*) Bruomann. Grundriss 2, S. 56.
*) Osthoff, Arch. f. lat. Lex. 4, 455 if.
Schon von Autenrieth flüchtig angedeutet
in Eos II (1866) S. 514 (vgl. Arch. f. lat.
Lex. 5, 276).
*) In fabaginus oleägtnus hat man mit
Thtjbneysen K. Z. 26, 308 Analogiebildungen
nach den von den Substantiven auf -ägo -igo
-ügo abgeleiteten Adjektiven mit Suffix -o-
zu erkennen.
8. Anhang. ($ 93-94.)
355
lerus^ hamo^trahones , Aeno-harbtis;^) medi-terraneus (kürzeste Stamm-
form); nmnu-missfis {malluvium manceps u. s. w. wahrscheinlicher aus
*fnän{u)4twium, mdn{uyceps als von einem konsonantischen Thema nian-) ; *)
igni-fer, pontUfex, tristi-fictis; mm^cipula, iudex (= *iouZ'diC')y iu{systitiufn,
nomen-clatar (auf derselben Stufe decem-modius, septem-ftuus u. s. w.). In
der erdrückenden Mehrzahl der Fälle haben sämtliche vokalisc^e Stämme,
abgesehen von jenen, in welchen wegen vokalischen Anlautes des zweiten
Oliedes Elision des schliessenden Vokals eintrat, z. B. aqu-agium, mult-
angultis^ fun-amhulus, sem^ermis, {multi-angulus funi^mbulus semi-ermis sind
spätere Neubildungen) zunächst nach dem § 23, 2 erwähnten Gesetz für nach-
tonige Silben den auslautenden Stammvokcd in i gewandelt, daher z. B. ali-pes^
aqtd-lex, muUi-plex; diese Formation des ersten Gliedes ist die in der klassischen
Sprache ausschliesslich herrschende. Archaisch und vulgär erscheint daneben e,
z. B. lunie'fnulia,^) aure-ficina,*) su^ove-taurilia,^) pellesuina.^) In die Analogie
dero-Stämme übergetreten ist Vio-curus,'^) den bekannten Mittellaut zwischen
u und i treffen wir häufig, z. B. in Maiu-gena, Troiu-gena, tubu^lusttium;
auru-fex; pontu-fex. Vielleicht sind auch die Komposita mit manu- neben
manp- und mit anderen ti-Stämmen so aufzufassen. Die konsonantischen
Stämme sind fast durchaus in die Analogie der vokalischen übergetreten,
daher z. B. odari-sequm; Anieni-cola.^) Einen vokalischen Stamm (vgl. § 77, 5)
neben dem konsonantischen zeigen mehrere n^Stämme, homi-ciday numi-
clatari (neben nonien-clator), sangui-suga,^) In anderer als der früher er-
wähnten Weise sind der Analogie der o-Stämme gefolgt muni-ceps ^^)
(neben tnuneri-gerulus), foedUfragus, vulni-ficus, der der i-Stämme cini-flo
horri-ficus. Über die durch Synkope des Vokals der nachtonigen Silbe
entstandenen aus einer früheren Periode der Sprache herübergeretteten
Komposita, wie sacerdos (sacri-fex agrücöla u. s. w. sind spätere Neubildungen),
opifer, die Komposita mit nau-^^) u. s. w. vgl. § 74. Wahrscheinlich ist
auch eine Reihe von Kompositis mit einem konsonantischen Stamm im
ersten Gliede auf diesem Wege entstanden, z. B. solnstitium {*s6l{tysHtium),
cor-dolium {*cörd[i-dJolium § 68). Spärlich sind die Spuren der Komposita
mit sogenanntem verbalem erstem Gliede, wie Contere-bromia, flex-animus
u. s. w. Über die Formation der Numeralia ist das Wichtigste in Abschnitt a)
des Anhangs beigebracht worden. Über die Formation des zweiten Gliedes
vgl. meine Schrift über die Nominalkomp. S. 53 ff. und oben S. 329.
b) Sehr selten findet man die sogenannten Kasuskomposita, wie das
') Nach Brugmann, Grundriss 2, § 34 liegt
hier Anlehnung an das Griechische oder manch-
mal vielleicht an das Gallische vor (vgl. z. B.
ArtO'briga, Dumno^rix, Epo-redia, Vüido-
magu8 u. s. w.)
>) Ersteres wäre sicher, wenn ma-nw
mit BsuGM AHN, Grundriss 2, 302 zu W. me-
«messen* zu stellen ist, letzteres ist möglich,
wenn man' zu ahd. munt gestellt wird.
•) Hkszek, Acta frati-um Arval. p. CGI V,
Z. 31; Bt^cHKLSB, Archiv f. lat. Lex. 1, 111.
Das Komn. bedeutet soviel als lunia molita ;
luma oaen Paul. Fssti 120, 15 «genusherbae
vel potiDB Spinae*, wahrscheinlicher nach
GkM. Philox. 133, 53 eine Art «Minze'.
^) CIL. 7, 265; Schüchabdt, Vok. 2,
13, 14.
^) S. Geobgbs s. v.
®) Vabso, de 1. 1. 8, 55 Müll. (Spengel).
') Vabbo, de 1. 1. 5, 7 M. (Sp.)
^) Ausführliches Verzeichnis bei Stolz,
Die lat. Nominalkomposition S. 39 f.
*) Bbuomann, M. ü. 2, 252.
^^) ScHWsizEB-SiDLEBs Annahme, Gramm.'
§ 42, Anm. 2, dass in mtmiceps foedifragus
rulnificus horrificus und einigen anderen 4-
= -es- in tonloser Silbe sei, dfinkt mich nicht
wahrscheinlich.
^^) Nach Bbuomann, Grundr. 2, S. 57 viel-
leicht unmittelbar = gr. vav-,
23*
356 B. Lateinische Orammatik. c) Lateinische Formenlehre.
<
von Laevius nach Oell. 19. 7, 13 gebrauchte dulcwre-hcus Idulcore-Iocus
Müller], vindex geht nach Scholl, Leg. XII tab. rel. S. 91 auf vim
dicere zurück, nach Schweizer-Sidler, Lat. Gramm.* auf Henumdex.
Bedeutung der Zusammensetzung.
95. Hinsichtlich derselben gilt für das Lateinische ganz dasselbe,
was Brugmann über das Griechische auseinandergesetzt hat.
1. Beiordnende Komposita sind fast gar keine vorhanden. Die
einzigen Beispiele sind suovetaurilia, ein auf einem Dvandva beruhendes
Bahuvrihi „Schwein-Schaf-Stier-Opfer" ^) und vielleicht reciprocm aus *recos
und *procos „rückwärts gewandt" „vorwärts gewandt" (Corssen, Nachtr.
136 f. und Brugmann, Rh. M. 43, 402 f.). Vgl. noch Skutsch, De nom.
lat. compositione quaest. sei. S. 25.
2. Unterordnende Komp. Mit attributiver Bestimmtheit: i^eremii-
serv^us „einer, der beständig Sklave ist" [diese Art von Komp. findet sich
sehr selten]; albi-capillus, magn^animus; trisaeeli-senex. Mit numeraler
Bestimmtheit: quadri-libris, quinqtA-ennis, Mit kasueller Bestimmtheit: die
Komp. mit -/er und -ger [die von B. Deipser aufgestellte falsche Ansicht über
diese Komposita habe ich Arch. f. lat. Lex. 4, 316 f. widerlegt], ponü-fex^ rto-
curus „qui viarum curam habet' , Mit adverbialer Bestimmtheit: aÜi^tanus,
blandi-locus und überhaupt zahlreiche, deren zweites Glied ein Verbalnoroen ist.
3. Natürlich besteht auch im Lateinischen die Doppelheit der nicht-
mutierten und mutierten Komposita. Als Beispiele der ersteren Art nenne
ich belli^poienSy semi-graecus; ad-uncus, per-longus, sub-aquiltiSy als solche der
letzteren Art comi-frons, nodi^color, miset i-cors, un^animus, trp-ceps, de-color.
Anmerkung 1. Für praktische Zwecke empfiehlt sich am besten die EinteUong
in determinative, kasuelle [Abhängigkeits-] und possessive Komp., die in den meisten Schul-
grammatiken, die überhaupt diesem Kapitel der Grammatik einen Platz gönnen, durchge-
* führt ist. — Über eine strengwissenschaffcliche Einteilung s. Skutsch 12 f. (vgl. unten).
Hier mögen auch die Gesichtspunkte angedeutet werden, nach denen die Alten die Kompp.
ordneten, vgl. Chabisius bei Keil. Gr. L. 1, 17: „1) comp, ex duobus imperfectis (sinciputj;
2) ex imperfecto et integre (cismare); 3) ex intogro et imperfecto (cornucen); 4) ex duobus
integris (Sacra via).**
Anmerkung 2. Die lat. Sprache ist verhältnismässig arm an Kompp. Der That-
bestand ist von mir in meiner Schrift über diesen Gegenstand ausführlich auseinander-
gesetzt und durch Sammlungen aus den Autoren bis auf Ovid (besonders den Dichtem und
dem archaischen Latein) erläutert worden.
Zur Litteratur: Fr. Stolz, Die lateinische Nominalkomposition in formaler Hinsicht,
Innsbruck 1877; Uübneb, Grundriss §89; H. Plön, De copiae verborum differentiis inter
varia poesis Etomanae antiquioris genera intercedentibus, dissert. Argentoratenses vol. VH.
223 ff. Rassow, De Plauti substantivis, 12. Suppl. d. N. J. f. klass. Phil. (1881), S. 591 ff.
(vollständiges Verzeichnis der zusammengesetzten Substantiva) ; 0. Weise Bezz. B. 7, 89 ff. :
RöNSCH, littla und Vulgata 474; Ebeard, Programm von Bayreuth 1882, S. 46; Dr. Fb.
Ulrich, Die Komposita bei Plautus, Programm der lat. Hauptschule zu Halle 1884; Draoer,
Ovid als Sprach bifdner, Osterprogramm, d. Gymn. zu Aurich 1888. Vgl. ferner noch Schwbizbr-
SiDLER, Elementar- und Formenlehre § 325 ff. (2. Aufl. § 372 ff.) ; Gossrau, Lat. Sprach-
lehre^ § 219, Haoen-Haabe-Reisig, Vorl. 1, 394 ff. und im allgemeinen Paul, Principien der
Sprachgeschichte^ 279 ff. Neuestens Skutsch, De nom. I^at. compositionae quaest. sei.
Nissae 1888 (diss.) und besonders Brugmann, Grundriss 2, S. 55 ff.
4. Flexion des Verbums.
96. Vorbemerkungen. Das lateinische Verbalsystem weist im Ver-
gleich mit dem zu erschliessenden grundsprachlichen sehr wesentliche Ver^
~ ») G. Meyer, K. Z. 22, 18 ff.
8. Anhang. (§ 95). 4. Flexion des YerbnniB. (§ 96.)
357
änderungen und Verschiebungen auf. Hiebei bemerke ich, dass ich mit
dem komplizierten Yerbalsystem, welches Mahlow, K. Z. 26, 570 f. für die
idg, Grundsprache aufgestellt hat, mich durchaus nicht einverstanden er-
klären kann, vielmehr im wesentlichen den gegenteiligen Bemerkungen
Brugmann's Her. d. kgl. sächs. Ges. d. Wiss. 1883, 175 f. und Thurneysen's
Bezz. Beitr. 8, 271 f. beistimme. Die hauptsächlichen Gründe der Um-
gestaltung des lat. Yerbalsystems scheinen mir folgende zu sein:
1) Der Zusammenfall der meisten primären und sekundären Personal-
endungen, worüber das Nähere sofort wird beigebracht werden.
2) Der Verlust des Augments; dadurch wurde im Verein mit dem
an erster Stelle angeführten Grunde die Einbusse des einfachen Imperfekts
und des einfachen (thematischen und unthematischen) Aorists herbeigeführt.
Die Reste des letzteren wurden dem Präsenssystem eingereiht {tagam, tago,
tagit, (Utulat u. s. w.). ^) Von derselben Art ist nach einigen Sprachforschem
ago.^) Über anderweitige, mutmassliche Verwendung alter Aoristformen
wird an gehönger Stelle das Weitere beigebracht werden. Ebenso ist
auch das Augmentpräteritum des Perfektstammes verloren gegangen.
3) Das Lateinische hat die idg. Medialbildung nicht bewahrt; ein-
zelne Spuren werden wir an gehöriger Stelle nachweisen. Dagegen hat es
ein neues Medio-Passivum mit dem charakteristischen Eennlaut r gebildet,
in Übereinstimmung mit den italischen Schwesterdialekten und den kel-
tischen Sprachen.
4) Auch die idg. s- Aoriste haben weder ihre ursprüngliche Form noch
ihre charakteristische Bedeutung rein erhalten; sie sind mit dem altererbten
Perfektsystem vereinigt worden, woraus eben die doppelte Punktion des
letzteren im Lateinischen sich erklärt, während nur die Bedeutung des
sogenannten absoluten und des präsentischen Perfekts als bereits in der idg.
Grundsprache vorhanden sich nachweisen lässt. Diese Verquickung der
beiden namhaft gemachten Tempora zeigt sich noch ganz besonders darin,
dass sämtliche Modi des Perfekts, das Plusquamperfekt und Futurum
exactum, wie sich später ergeben wird, von s-Aoristen ausgegangen sind.
Letzterem gehört seinem Ursprünge nach auch der Goniunctivus imper-
fecti an.
5) Auch von dem idg. Futurum auf -sjo ist im Lat. keine Spur
geblieben.
Nach dem Gesagten stellt somit eigentlich nur das Präsens mit seinen
Modi in ziemlicher Reinheit (abgesehen von den darin aufgegangenen
Aoristen) den ursprünglichen Zustand dar, das Perfektsystem ist bereits
wesentlich verschoben, das verloren gegangene einfache Imperfektum und
Futurum sind, ersteres vollständig durch eine Neubildung auf -hamy
letzteres teils durch eine solche auf -bo, teils durch den Konjunktiv bez.
Optativ ersetzt. Gleicherweise sind lat. Neubildungen die Perfekte auf
-vi bez. -Mt.
>) CüBTius, Stud. 5, 431 f. (Wieder-
abdruck), Fböhde, Bezz. B. 6, 161 f., Stolz,
Verbalflezion 1, 1 f.
*) Dx Saussube, M^m. 159 f., Osthoff.
Z. G. d. F. 116. Übrigens auch Bbuomann,
Zum heutigen Stand der Sprachforschung
112 Anm. und unten § 100.
358
B, LateiiÜBohe Ghrammatik. c) Lateinisohe Formenlehre.
Personalendungen.
ActiYum.
Anmerkung 1. Die Personalendungen des Perfekts, sowie des Imperativs werden
grösserer Übersichtlichkeit halber bei Besprechung dieses Tempus bez. Moaus abgehandelt
werden.
Anmerkung 2. Die Personalendungen sind, wenigstens zum Teil, höchst wahr-
scheinlich Personalpronomina; die eingehendere Behandlung dieser schwierigen Frage ge-
hört nicht hieher.
97. 1. sing. Bereits in der Grundsprache haben die unthematischen
Verba diese Person mit Suffix -mi, die thematischen auf -ö^ gebildet;
letzteres ist wohl durch Kontraktion entstanden.^) Die ursprüngliche
Bildungsweise der ersteren ist nur erhalten in sum *Grdf. *esmi, *estgi,
vgl. osk. sum; über den Abfall des auslautenden i, der hier sowie in der
2. 3. des Sing, und in der 3. des Plurals stattgefunden hat, vgl. oben § 69.
esum Varro 1. 1. 9, 100 scheint von diesem erschlossen zu sein.*) Sekun-
där ist -m bei den historischen Tempora und in den Modi.
Da nach dem oben Bemerkten fero = idg. *bherö ursprünglich ist,
müssten die in einzelnen Plautushandschrift^n vorkommenden Lesearten,
wie dicom, faciom^ auch wenn sie bessere Gewähr hätten,^) als Analogie-
bildungen bezeichnet werden.
2. sing. Es erscheint ausschliesslich die sekundäre Personalendung
'S und es steht nichts im Wege legis = *leges zu setzen, vgl. kypr. g>äq€q
att. Ti^^rig (S. 145).
3. sing. Die Unterscheidung in primäres -^, sekundäres -df, welche
sich nach den Nachweisungen Bugoe's, K. Z. 22, 385 f. für die oskische
und umbrische Sprache mit einiger Sicherheit und Eonsequenz darthun lässt,
scheint auch im Lateinischen vorhanden gewesen zu sein.^) Darauf deuten
sied asted feced der Dvenosinschrift neben dem Konjunktiv mitat (in letz-
terem Falle allerdings scheint nach Ausweis von osk. j)ütiad u. s. w. -t
nicht ursprünglich zu sein), fecid CIL. 1, 54 (daneben allerdings dedit).
Jedesfalls aber ist im Lateinischen das .auslautende sekundäre (?) ^d (vgl.
oben § 69) schon frühzeitig durch die primäre Endung -t (aus -ti) ersetzt
worden. Nach Zimmer's Annahme E. Z. 30, 120 Anm. standen schon in
der Grundsprache nebeneinander ^blwreti *pro bheret; darnach müssten legis
legit Übertragung von colligis colligit sein.
Anmerkung. Nach dem eben Bemerkten sind die lat. Formen der thematischen
Verba auf -tf« -U die ursprünglichen. Die gelegentlich bei Dichtem erscheinenden Formen
auf -is 'it (vgl. CoBSSKN 2, 492, 498, It Spr. 476 f.) scheinen mir mit Cürt. Vb.« 1, 207,
»)^ ScHEREB, Z. G. d. d. Spr. 173 («213 f.);
Bbuoxanii, M. U. 1, 133 f.; Bezzenbrbgeb,
Beitr. 3, 326; G. Meyeb, Gr. Gr. § 441.
Diese ursprüngliche Scheidung besteht noch
in der Sprache des älteren Avesta nach Bar-
tholomar, K. Z. 29, 272. Vgl. auch Win-
disch, Abhandlungen d. k. sächs. Ges. d.
W. X 449 Anm. 1.
2) Nach Osthoff. Z. G. d. P. 61 aus
0 -f a (vgl den Perfektexponenten -a). Nach
ZiMMMER, K. Z. 30, 120 Anm. (vgl. 232) lau-
tete die 1. Sgl. absoluter Flexion idg. *bheröi,
konjunktcr *2)ro hherö, die beide nach J.
ScHMiDT*8 und Schulzens Ermittelungen (vgl.
§ 13, 7) in *bherö zusammengefallen seien.
*) Jobdan, Krit. Beitr. 137; Beuomann,
Techhers Int. Zeitschrift 1, 245.
*) CoRSSBN 1, 267 Anm.
"0 Osthoff, Rh. M. 36. 487. Vgl. auch
Stadelmann, De quant. voc. 64 f., Daviblsson
bei Pauli, Altit. Stud. 3, 148 und Brugmann,
Grundriss 1, § 65ö, 6, der sich durch keine
dieser Deutungen für befriedigt erklftrt.
4. Flexion des Yerbams. (§97-98.)
359
Bbüomahk, M. U. 1, 173 Anm. auf das metrische Gebiet verwiesen werden zu müssen.^)
Dabei darf nicht übersehen werden, dass die ursprünglich langen Ausgänge -is -it der ab-
geleiteten Verba auf -io, die durch die Verba auf -jq in Berührung traten mit den einfachen
thematischen, leicht Veranlassung werden konnten zu jenen sprachlich nicht berechtigten
Messungen. Anders, aber nicht richtig Haberlandt, Sitzungsberichte der k. Ak. d. Wiss.
in Wien 100, 981 f. -
1. plur. Die einzige vorhandene Personalendung ist "mtts^ auf älteres
*'mos zurückgehend. Dass bei Dichtern ein paar M^ale -mOs gemessen ist
(CoRSSEN 2, 499, WoRDSwoRTH 115), bowoist kaum etwas für die ur-
sprüngliche Länge,*) die allerdings möglich ist (Misteli, Z. f. Völkerpsych.
14, 326).
2. plur. Die lat. Sprache kennt nur das Suffix -tis (= *-f^), welches
am wahrscheinlichsten mit Baunack, C. St. 10, 62, Speijer, Mem. d. 1. S.
d. 1. 5, 189 als ursprünglich dem Dual angehörig betrachtet werden muss,
z.B. vehitis skr. vdhathas, während das in den übrigen Sprachen zur Bildung
dieses Kasus verwendete Suffix skr. -tha, zd. -tha und -ta. gr. -t^ , slav. lit.
"te got. 'th durch die zweite Person d. Plur. des Imperativs gewahrt erscheint.*)
Möglicher Weise -tis Neubildung aus -te, nach dem Verhältnis legitis : legis =
legite : lege (Schweizer-Sidler, Gramm.* S. 130).
3. plur. Während die oskische und umbrische Sprache primäres
-nt, bez. -n^ 4 -n und sekundäres -ns (bez. -s) unterscheiden,^) tritt uns
im Lateinischen ausschliesslich -nt entgegen, mit dem thematischen Vokal
'unty älter -ont (die Formen bei Corssen 2, 51 f., Ritschl, Op. 4, 180).
Das angebliche tremonti des Saliarliedes Fe^t. 205, 18 ist durchaus proble-
matisch und mit Jordan, Krit. Beitr. 219 von der Liste altlateinischer
Verbalformen zu streichen.^) Die abgeleiteten Verba auf -ao und -eo haben
an die Stelle dßr ursprünglich vorauszusetzenden Bildung auf *-aont ^-eonf
(vgl. audi-unf) eine Analogiebildung treten lassen, amant docent.^) nennt,
s. § 100, ist schwerlich ursprünglich, sicher nicht doleunt CIL. 3, 3362. Nicht
unmöglich ist auch die Auffassung von F. Gustavsson, En jemförelse nellan
finskan och latinet (vgl. Bursian's Jahresberichte 28, 205), dass die 3. d. Plur.
auf -ant -efU -unt ursprünglich Partizipialformen seien, ^) die übrigens schon
früher von Ascoli aufgestellt worden ist (vgl. Sprach w. Briefe 150) und
auch von Brugmann, Grundriss 2, S. 371 als eine glaubwürdige be-
zeichnet wird.
Das Passivum.
98. Es ist bereits oben g 59 Anm. 2 bemerkt worden, dass das r
des Passivs nicht aus s hervorgegangen sein könne. Somit fällt die früher
allgemein angenommene Hypothese der Entstehung des lat. Passivums aus
der Zusammensetzung des Aktivs mit dem Reflexivpronomen sc, wofür sich
») Vgl. Misteli, Z. f. Völkerpsy ch.l4, 324.
«) Kuhn in K. Z. 18. 333; Bbügmann,
M. U. 1, 152; siehe jedoch auch Köoel,
P.-B.Br. 8, 126 f. u. v. Fikblingeb, K. Z.
27, 189 f. Wegen des angeblichen ]it. -mes
= -mens siehe Leskien, ßer. d. k. sächs.
Ges. d. W. 36, 98 Anm.
') Vgl. auch noch Bbuomann, K. Z. 24,
91 Anm.
*) Anders Danielbson bei Pauli, Alfcit.
Stud. 3, 148, der annimmt, -ns habe ursprüng-
lich dem Perfektum angehört.
*) Stolz, Verbalflexion 1, 26.
•) Bbuomann, M. U. 1, 87.
^) Delbbück, Einl. in d. Sprachst. * 96 f.
360
B. Lateinisohe Grammatik, c) Lateinische Formenlehre.
allerdings Analogien beibringen Hessen. >) Die Möglichkeit der Erklärung
scheint die Thatsache an die Hand zu geben, dass das lat. Deponens-Passivuin
wenigstens eine Medialform mit Sicherheit aufweist, nämlich die 2. Sgl. ind.
und imp. sequere, die wir § 10 = gr. ^n€{a)o gedeutet haben. Medialformen
stecken ferner in legitu-r leguntu-r, vgl. gr. {i^Xäyero {i)l€yo%*tOj in der
3. sg. opt. (bez. fut.) vehetu-r idg. *ueghoito (vgl. § 115) und vieUeicht auch
in der 2. Sgl. coni. vehari-s idg. *ueghasai. Wahrscheinlich hat im Italischen
dereinst gerade so wie im Griechischen das indog. Medium auch als Pas-
sivum fungiert, ehe die Neubildung mit; dem charakteristischen r auf-
kam, und dieser Umstand ist auch geeignet zu erklären, wie die Deponentia
gleichfalls zur r-Flexion kommen mussten. Als Ausgangspunkt dieses r
betrachtet Windisch Kuhn's Beitr. 8, 465 Anm. und unter ausführlicherer
Begründung Abhandl. d. k. sächs. Ges. d. Wiss. X, No. 6 (Leipzig 1887)
mit Zustimmung von Bezzenbeboer in seinen Beiträgen 2, 270 und Bruo-
MANN Techmers Int. Zeitschr. 1, 289 die altindischen Medialformen auf -re
-rate,*) An diese Möglichkeit wird man trotz Zimmer's Ausführungen
glauben dürfen, wenn es auch nicht mehr gelingt, die italischen dritten
Personen des Plurals auf eine gemeinsame Grundform mit den altindischen
zurückzuführen. Ist diese Voraussetzung richtig, so ist das r der 3. d. Plur.
zunächst auf die 3. d. Sing, übergegangen, Hegeto-r nach ^UgonUhr, vgl.
umbr. emantu-r osk. censamu-r^) Die 2. Sgl. legeris dürfte nach dem Ver-
hältnis agis : age zu legere neu gebildet sein. Dafür dürfte vielleicht auch
der Umstand sprechen, dass bei Plautus die Formen auf -re häufiger vor-
kommen, als die auf -»r/s (Neue 2, 397); bei Terentius finden sich überhaupt
nur die auf -re, vgl. Engelbrecht, Studia Terentiana, Wien 1883. Die Formen
der 1. d. Sgl. und 1. d. Plur. lego-r legimu-r sind unmittelbar aus lego legimus
hervorgegangen und zuletzt zur Vervollständigung des Paradigmas gebildet
worden. Die vereinzelten 2. d. Sgl. S2)atUirus CIL. 1, 1220, utarus ih. 1267,
figarus ib. 4, 2082 {spectarus Konjektur v. Ribbeck, Plaut. Mil. 505) müssten
zu einer Zeit gebildet sein, wo auslautendes o noch nicht zu e gesunken war,
und könnten dann auf die alten Medialformen, vermehrt um das -s der
2. Sgl. act., zurückgeführt werden {*uf(tso + s, dessen auslautendes -os
regelrecht zu -W5 gesunken ist). Die 2. d. Plur. hat bereits Bopp, Kon-
jugationssystem 105 f., ausführlicher Vgl. Gramm. ^ 2 § 478 als Partizipial-
form erkannt, legimini = gr. Xeyoiievoi. Das Bedenken Wackernagel's
(Verh. d. 39. Philologenvers. S. 281 f.) wegen der Auslassung von estis
hat Bruohann, Grundriss 2, S. 155 durch den Hinweis beseitigt, dass der
imperativisch vorwendete Infinitiv legimini =^ gr. Ifye'fievai die Auslassung
der Kopula auch bei der 2. plur. ind. bewirkt habe. Hingegen sind die
sing. Imperativformen fruiminö antestaminö und andere von Corssen, Beitr.
492, A. u. V. 2, 96 aufgeführte mit Brugmann, M. ü. 1, 168, oben S. 173
*) A^gl. bes. Wbstphal, Verbalflexion 25.
Corssen, It. Spr. 562 f. bringt nichts Neues
bei. Vgl. jetzt auch Delbrück, Die neueste
Sprachforschung 10.
2) Bbnfky, Abb. d. Gott. Ges. d. W. 15,
87 f., Whiitjev, Ind. Gramm, g 550, Del-
brück, Ai. Verbum 76 f. und vor allem jetzt
WiMDiscu und Zimmer.
^) Brugmann, M. ü. 1, 171; ders. nach
brieflicher Mitteilung; einige Andeatangen
schon bei Westphal, vergl. Gramm, d. indog.
Sprachen 1, 188.
4. Flexion des YerbnniB. (§ 99.)
361
Fussnote 1, als Analogiebildungen nach dem Imp. auf -tö, zu erklären. Die
bei Cic. De leg. 3, 3, 8 als Plural stehende Form appellamino ist mit
Jordan, Erit. Beitr. 246 als missverstandener Archaismus zu betrachten, i)
Die Bildung des Passivums ist ausgegangen vom Präsens und in den
einfachen Tempora und Modi nachgebildet worden; dies zeigen am besten
die Formen legamini legemini legeremini u. s. w., da ja sprachgeschichtlich
nur legimini eine Berechtigung hat.^)
Anmerkung 1. Einen ganz anderen Erklärungsversuch des Passivums hat neuestens
ZiMMEB, K. Z. 30, 224 f[,, bes. 274 ff. gemacht. Er beruht auf dem versuchten Nachweise
einer 3. plur. act. konjunkter Flexion auf -ur (*dicur), von deren unpersönlichem Gebrauche
die ganze Passivbildung ausgegangen sei. Indessen bleiben trotz Zimmeb's scharfsinnigen Aus-
führungen noch immer erhebliche Schwierigkeiten. Vor allem aber scheint mir die Grund-
lage der ganzen Deduktion nicht frei von gegründeten Bedenken, und ich habe daher der
Hauptsache nach die frühere Erklärung im Texte beibehalten, obgleich ich ihre Schwächen
nicht verkenne. Neuestens hat auch noch Pabmentiek, Möm. d. 1. S. d. 1. 6, 391 ff. über
die Frage gehandelt (Anhänger der Adaptionstheorie Ludwig^s).
Anmerkung 2. Ausser den angeführten Formen vgl. noch umbr. herter (3. Sgl.
ind.)y osk. sakahiter sakarater (3. Sgl. ind.), umbr. ferar (= feratür), worauf Ziiimbb sich
besonders stützt, vgl. jedoch Bücheleb, Umbrica 88 f., osk. krustatar (^= cruentetu/r (?),
mit Assimilation des Vokals der Sohlusssilbe), marruc. jferenter, pael. upsasetcr (= opera-
retur), das einzige Beispiel dieses Modus ausserhalb des Lateinischen.
Bildung der Präsensstämme.
Vorbemerkung. Die traditionelle Einteilung der lateinischen Nationalgrammatiker
verfolgt rein praktische Zwecke.^) Wir sehen daher im Folgenden von Verben auf -(W, -eo,
'iOt 'UO, die zur abgeleiteten Konjugation gehören, zunächst fast vollständig ab und berück-
sichtigen nur die Verba der sogenannten dritten Konjugation, die als Wurzolverba (mit
Ausnahme der denominativen auf -io und -%u)) den eigentlichen Stamm bilden. Zu Grunde
gelegt ist bei der folgenden Einteilung die Gliederung der altindischen Präsensstärome von
Whitübt, die auch G. Meteb in seiner griechischen Grammatik befolgt hat.
99. Allgemeines. Vom Präsensstamm werden der Indikativ, Kon-
junktiv, Optativ, Imperativ des Präsens gebildet, ferner ein aktives Parti-
zipium, das Oerundivum und die Infinitive des Aktivs und Passivs (allerdings
eigentlich Verbalnomina). Auf einen alten Infinitiv des Präsensstammes gehen
auch die ersten Bestandteile der zusammengesetzten Imperfekta auf -bam und
der Futura auf -bo zurück. Von den beiden ursprünglichen Konjugationsklassen,
der unthematischen und der thematischen, von denen die erstere in der Grund-
sprache durch Wechsel des Accentes und infolge desselben hervorgerufene
Stammabstufung charakterisiert war (der Accent ruhte im Sing, auf der Stamm-
silbe, im Dual und Plural auf den Personalendungen), die letztere als cha-
rakteristisches Merkmal den sogenannten thematischen Vokal hat (o und e),
ist die erstgenannte im Lateinischen fast gänzlich aufgegeben worden, indem
die Flexion der ursprünglich dazu gehörigen Verba nach dem Muster der
o-Konjugation umgeformt wurde ; man vgl. z. B. fan gr. (fd-vai, sero sisto
gr. tj]fA& i'arrjfii^ pleo skr. pipanni gr. niiinXr^^u^ sternuo sterno, ntaQWiiai
atoQvvfAi. Der Übergang erfolgte vom Plural aus: aus ^mtämus "^sisämus
(vgl. sätus) wurde regelrecht sistimas serimm (vgl. Osthoff, Z. G. d. P.
') Nach AscoLi, Kuhn's Beiträge 5, 94
sind die FormeD auf -mint vom Imperativ
aosgegaogen.
*) CurnnvB, Stud. 5, 241.
') Über diese vier „ordines* vgl. z. B.
Cbabisius bei Keil, Gr. L. 1, 168 f. Der
Gramm. CominiaDus unterschied nur drei
«coniugationes* (ib. 175, 29 f.).
362
B. Lateinisohe Orammatik. c) Latemisohe Formenlehre«
245); ebenso aus *stemumus sternimas. Vgl. auch consternare (nach dem
Sing., vgl. skr. strndmi) und stemere, spernari und spct'nere.
Anmerkung. Der sogenannte thematische Vokal ist eigentlich ein Teil des
Stammes; hher-}.- wird je nach dem Antritt verbaler oder nominaler Suffixe Verbam oder
Nomen. ')
1. Hauptkonjugation.^)
100. 1. Von vokalisch schliessenden Stämmen lassen zum Teil
den ursprünglichen Zustand noch erkennen: 1) ei- vgl. gr. slii^ t/j^v skr.
emi imds; eo für *eio statt des älteren *eim; übrigens eo möglicherweise
Konjunktiv (Brugmann § 112). Der starke Stamm (- = ei- ist auch im
Plural durchgeführt. In den Formen eis eit ist ei =^ t regelrecht, an
falscher Stelle in ei Plaut. Merc. 689, Cure. 487, Aulul. 694, ab-ei CIL. 1,
1007, eitur eire (Corssen 1, 717), vgl. päl. cite Zvet. Inscr. It. med. 11.
int bei Löwe, Prodr. 421 ist nach innis itis gebildet, vielleicht aus der
Grundform *ient gr. laffi skr. ydnti für ^ii-nti umgeformt.') Der starke
Stamm ist auch in der Tempus- und Modusbildung überall durchgeführt
mit Ausnahme des Supinums Itum und des Part. d. Präs. letis Grdf. ^iint-
(vgl. ventus eigentlich Part, zu v^- Grdf. *t?en^), während in die Casus
obliqui die starke Form eingedrungen ist, daher euntis u. s. w., wie eo
eunt. Analog sind die Verhältilisse bei queo nequeo. Auch die Formen
nit nennt (Löwe, Prodr. 409) sind wohl nach Analogie von eo gebildet
(oder ursprünglich?, vgl. Brugmann, Grundriss 1 § 134). 2) Die Formen
dämus dätis gegenüber das werden gewöhnlich auch aus ursprünglicher
Abstufung erklärt, wobei der Stammvokal im Sing, sich dem des Plur.
angeglichen haben müsste. üsthoff, M. U. 4, XIII setzt ein ursprüngliches
♦dorn u. s. w. an. Vielleicht ist dare ebenso wie stare ein Aoristpräsens
(gr. *Wa)v lat. *(e)rfow, ^crrryi' lat. *(e)s^am) '') mit naturgemässem Übergang
in die o-Konjugation ; vielleicht ce^dö aus ^ce-dö (vgl. gr. ttw), cette aus
He-date,^) reddo = "^re-dido, vgl. die oskischen und umbrischen Formen.
Die Komposita von dare sind mit denen von idg. dh^.- (vgl. fä^c-io) zu-
sammengeflossen, z. B. ah-dere eon-dere cre-dere u. s. w. Vgl. Darmesteter,
De conjug. Lat. verbi dare Lut. Paris. 1877 und Thielmann, Das Verbum
dare im Lat. u. s. w., Leipzig 1882 mit der Rezens. Brugmann's in Zarncke's
Lit. Centr. 1882, Sp. 1389 f. duim gehört zur selben Wurzel wie bonus,
vgl. Osthoff, M. U. 4, 370 f. creduam ist Kontaminationsbildung % vgl.
8 114, darnach auch creduis creduit concredio,
101. 2. Konsonantisch schliessende Stämme. 1) es-. Ursprüng-
liche Flexion im Lateinischen: ^es-tp^ (vgl. alb. jam arm. em got. im
G. Meyer, Philol. Abh, f. Hertz 84 f.) *es-s (bei den Komikern immer es
nach Scholl bei Osthoff, Perf. 149) es-i (auffallend neben *os für "^ost,
'dö als pronomiDal fassen; vgl. Stolz, Ver-
balflexion 1, 44 f. (wo ich eben die letztere
Ansicht vertrat), Per Pebsson, Stud. etym. 17,
Zimmermann, Arch. f. lat. Lex. 5, 568.
Übrigens vgl. oben S. 130 und 172.
^) Der Deutung von Hoffmann, Bbzz.
B. 14, 287 = *cre'dhevam (/-Aorist) vermag
ich ebensowenig beizustimmen, als ich diese
Aoristart überhaupt för berechtigt halte.
*) Schleicher, Comp. 337 f., J. Schmidt,
K. Z. 25. 99 f.
-) Über das Folgende vgl. bes. Fröhde,
Bezz. B. 6, 164 ff.
») Osthofp, M. U. 4, 363.
*) Stolz, Verbalflexion 1, 3 f.
•') Diese Erklärung (vgl. Neue philol.
Rundschau 1888, 10) könnte vielleicht wegen
ce- bedenklich erscheinen. Dann muss man
4. Flexion des YerbomB. (§ 100-101.)
363
vgl. § 67, oder aus *esti) *8mos *stis *$^t; ») in sum ist der schwache Stamm
eingedrungen nach sunrns (über das svarabhaktische u vgl. § 37), sont
CIL. 1, 1166 sunt für urspr. *$ent, vgl. umbr. sent ook. sei usLch sum sumus
und den thematischen Verben (G. Meyer, Gr. Gr.* S. 25 Anm. 2); estis
ist nach es est gebildet. Über simus Ind. vgl. § 21, 4. Der Konjunktiv
ero Grdf. *eso gr. i{a)<o ist in Futurbedeutung in Verwendung, *) der Optativ
siem repräsentiert die ursprüngliche Form, vgl. skr. sy dm; über die Flexion
des letzteren siehe § 116, ebenso über den Imperativ § 117. Über eram
vgl. § 113. Das Partizipium lautete regelrecht *sens, daher ab-sens, praesens,
consentes {dii), Grdf. *snt'; ens (von Cäsar gebildet nach Priscian bei Kell,
Gr. L. 3, 239, 7 f., Quint. 8, 3, 33) ist eine Missbildung, sons ist nicht
aus *sens umgeformt, wie Clemm, C. St. 3, 328 ff. behauptet, sondern mit
Kluge s. v. „Sünde^ zu ahd. sunta zu stellen; von sons zu trennen san-
ticus »wahr, acht" got. sunjis „wahr" Grdf. ^s^tiö- (Feist, Grundr. d. got.
Etym. 111). Zu der Wurzel es- gehört auch das inchoative escit (Neue
2, 596) für *essc'it. nescit Leg. XII tab. rel. V, 5, S. 129 Scholl braucht
nicht mit Sch. in nee escit geändert zu werden (vgl. ne-scio nego); vgl. ib.
99 f. Ich füge hier an das Kompositum posse, alt potis es potis est poti^ sunt
pote es pote est, woraus einerseits z. B. durch poti{s)sit poti{sysset poti{sYsse
die Formen potisit potisset potisse (vgl. Corssen 2, 582 f.), andererseits
durch pot*sse pofssem sich posse possem entwickelten, welch letztere
die herrschenden wurden.^) Hingegen gehören potui {potmt B* Plaut.
Amph. 178) potens zu einem verschollenen Verbum *potere *pottre (vgl.
potiri), osk. piitind.*) Gänzlich unhaltbar ist die Erklärung des potui aus
*pot'fui, woraus nach lateinischen Lautgesetzen nur *poffui hätte werden
können. Gelegentliche Ansätze zu passivischen Bildungen potestur potcratur
possitur bei Neue 2, 603. — Eine späte Nachbildung ist prode sum •'^) (vgl.
aportum est).^) 2) cd-. Unthematisch gebildet sind ^s est estis esto este
Hirn esse. Über den Imperativ es siehe § 117. Vgl. skr. ddmi gr. W-
fievm; über est u. s. w. siehe § 67, 1. 3) /er- bildet unthematisch fert
fertis fer ferto ferte vgl. skr. bhär^i bhdrti gr. (päQTc. Über fer § 117.
Pauli's Einwendungen Altit. Stud. 4, 29 beweisen nichts gegen die unthe-
matische Flexion. Thematisch ist auferere 2. sgl. imp. pass. Plaut. Cure.
569, Amph. 358, spätlat. feris, vielleicht auch feritis (Georges, Lex. d. lat.
Wortf. s. V.), vgl. marruc. feret = fert Corssen 2, 290. fers ist eine
lat. Neubildung für *fer.'^) 4) veU,^) dazu die beiden Komposita rwh und
nuih aus *neuolo und *mag{e)^olo% in den Formen volt voltis velim velle
>) Nach Osthoff, M. ü. 4, Einl., Z. G.
d. F. 422 sind estis und skr. sthä, gr. ettjy
und siim ^Satzdoppelformen*^ nach ihrer
SteUung in der Satzbetonung.
') Stolz, Verbalflexion 31; Bbuomann,
M. U. 3, 29.
') Anders, aber durchaus nicht wahr-
scheinlicher Schulze, K. Z. 28, 269. Die voll-
ständige Erstarrung von jwtis zeigt Plaut.
Pseud. 1302: credo equidem potis isse te^
8celu8.
*) Merguet, Programm v. Gumbinnen
1869, Entw. d. lat. Formenbildung 191 f.
*) Stolz, Verbalflexion 1, 9.
•) SiTTL, Die lok. Versch. u. s. w. 72.
') Bbuomank M. U. 3, 9 f.
") Am wahrscheinlichsten zu ahd. wollan
skr. vrnoti aksl. volüi gehörig; anders
Baünack, Inschr. v. Gortyn. S. 52, Fick Bezz.
B. 6, 212. vcUeo nicht zu rolo gehörig (Fick),
sondern zu got. valdan ahd. waltan (Kluge
s. V. „walten", Bbughakn, Grundrissl § 276).
Vgl. jetzt auch Feist. Grundz. d. got. Etym.
129 und 134.
9) Havet's Erklärung = *ma8volo Möm.
d. 1. S. d. 1. 4, 85 ist unmöglich wegen
364
B. LateiniBche Grammatik, c) LateiiÜBohe Formenlehre.
(= *vel'Se), vgl. skr. vdr^i vdrti. volimus Indic. A Plaut. Truc. 192. Den
Wechsel zwischen dem e- und o-Laute schreibe ich der ursprünglichen
Stammabstufung zu, regelrecht voUis (Grdf. *vltis), darnach voU. In velim
{volam Konjunktiv Lucil. bei Non. 478, 26 M.) steht der e-Laut an
ungehöriger Stelle (vgl. siem), vis alt vais (Dvenosinschrift) veis (Plaut.
Pseud. 47, Priscian bei Keil, Gr. L. 2, 454) wird man wohl am besten
mit Fröhde a. a. 0. 167, Osthoff, Rhein. Mus. 36, 486 mit skr.
ve^i identifizieren, da Mouillierung und Schwund des l' (bei einer Grund-
form *vols), wie es scheint, in älterer Latinität ohne sicheres Beispiel ist
und die Behandlung der Auslautsgruppe -fe widerspricht. Über vel % 117.
Über mavelis Plaut. Pseud. 140, mavolo D Plaut. Rud. 1413 u. s. w. Neue
(Index s. v. malo), über «ms, z. B. Plaut. Trin. 328, nevuU Titinius nach
Non. 144, 4 M., noltis Caecil. nach Diomedes bei Keil, Gr. L. 1, 386, 18
(5 Ribb. II) ib. s. v. nolo,
Anmerkung. Infolge des im älteren Latein (ebenso im Umbrischen) herrschenden
Synkopieningsgesetzes entwickeln sich scheinbar untbematisch gebildete Formen, z. B. eanU
aus dem carmen arvale, Varro 1. 1. 7, 27 Sp., cedre Inschr. von Spoleto. Vgl. BniAL, Les
tables Eugub. 358, Paüu, Altit. Stud. 5, 103.
2. Hauptkonjugation.
103. 1. Themenklasse. Die Wurzel mit dem thematischen Vokale
[o e (lat. u i) nach bereits indogermanischer Verteilung] bildet den Präsens^
stamm. Innerhalb dieser Klasse sind zwei Unterabteilungen zu machen:
a) Die Wurzel erscheint in starker Form. Diese Abteilung repräsentiert
die altindische erste Verbalklasse, in der der Accent stets auf der Stamm-
silbe ruht, b) Die Wurzel erscheint in schwacher Form. Den Grundstock
für diese Abteilung haben ohne Zweifel jene Verba gebildet, welche ent-
sprechend denen der altindischen sechsten Verbalklasse, den thematischen
Vokal betonten (z. B. viSänii). Beide Arten raussten im Lateinischen zu-
sammenfallen, ein Umstand, der, zumal im zweiten Falle die Entsprechungen
in verwandten Sprachen meist fehlen, die Beurteilung des ursprünglichen
Zustandes wesentlich erschwert. Ohne Zweifel haben auch gegenseitige
Ausgleichungen zwischen den beiden Arten stattgefunden. Zur ersten Ab-
teilung gehören die Verba nach dem Typus lego veho peto, mit Über-
gang in die abgeleitete Konjugation crep-are vet-are sec-are, mer-^re ten-^re;
ferner stertere vergäre fervere (später fh^ere) ; fretido fendo pendo pre-hendo
(vgl. gr. i'X^d'Ov, *x^^')- Es gehören ferner die ei- und e^^-Wurzeln hieher,
dtco alt deic-, fido aus feid-^^) dilco alt douco für *deuco (vgl. oben § 11,
12, 15), uro für *euso; dann die i- und w- Wurzeln, z. B. fltgo^ congruo u. a.
(vgl. oben § 11, 12). Weiter sind hieher zu zählen Verba, wie rado rödo
vado (mit Übergang in die abgeleitete Konj. suad-eo) cedo laedo caedo^)
lado {*loido) plaudo. Zur zweiten Abteilung gehören z. B. rudo skr.
ruddti, nltvit gr. vitpetoc, di-vtdo skr. viddt und fast zweifellos die Verba
mit ä in der Stammsilbe, z. B. ago (idg. *ag6) dlo scabo sccUo u. a.,
worüber Fröhde a. a. 0. 173 f. Betreflfs der Formen pacU tagat ist
§ 59, 2. Neuerdings Arch. f. lat. Lex. 3, 281
(gänzlich unhaltbar!).
') Anders Fböhdk a. n. 0. 176.
*) Pauli's Herleitung von *ladjo *cadio
(Altit Stud. 5, 130) ist unmöglich, Tgl. foäio
gradior und § 38.
4. Flexion des VerbnmB. § 102—105.)
365
bereits bemerkt worden, dass sie ursprünglich dem starken Aoriste ange-
hört haben.
Anmerkung. Man kann die erstere Unterabteilung als die der «Imperfektpräsentia'*,
die letztere als die der ^Aoristpr&sentia* bezeichnen. Vgl. Osthoff, P.-B. Br. 8, 287 ff.
103. 2. Reduplizierende Klasse. Diese Bildungsweise ist im La-
teinischen nur in sehr spärlichen Resten vertreten. Mit i in der Redupli-
kationssilbe (J. Schmidt, K. Z. 25, 74, Zimmer ib. 30, 1 26) gi-gn-o idg. W.
^en-, vgl. gr. yiyvoiiai; daneben altlat. geno {= idg. **geno)\ sTdo aus
*si'Zd'0.^) Die reduplizierten Präsentia bibo (vgl. skr. pibami), sero *si-5o
(gr. trjfun), sisto (gr. iatrjfxi) sind ursprünglich unthematisch. Eine andere
Bildungsweise zeigt tendo = He-tn-o nach Thurneysen, K. Z. 26, 302.
104. 3. ^-Klasse, -to : -te in flec-to, neC'4o, pec-to, plec-io. Dasselbe
Suffix scheint vorzuliegen in visere für *vissere {visse B Plaut. Epid. 712),
Qrdf. *iMrf-^,*) me-te-re {gr. a-^a-«), vielleicht auch in tA-to-r^) und in dem
abgeleiteten Verbum fct-Uiscar; dagegen fat-eor von *fatus (Schulze, K. Z.
29, 267 Anm.); vielleicht gehört auch sen-t-io ahd. sinnan hieher (Feist,
Grundz. d. got. Etym. 101). Über andere weniger sichere Bildungen, die
möglicherweise hieher gehören, Bruomann in Sprachw. Abh. 162 f.
Anmerkung. Suffix -do -de = gr. -^o -^e erscheint in claudo *clävi'do, fren^do
neben fremo, stülo *8äl'do, gaudeo *gävi'deo gr. yti^ita (mit Obergang in die abgeleiteten
Verba); möglicherweise auch pello (Henbt, Präcis S. 115).
106. 4. Nasalklasse.^) Es lassen sich folgende verschiedenartige
Gruppen unterscheiden: a) Suffix -wo ; -ne tritt unmittelbar an die (ur-
sprünglich schwache) Wurzel. Es ist wahrscheinlich, dass diese Verba
aus ursprünglich unthematischen auf -nu- hervorgegangen sind, vgl. gr.
aroQ^vv^fii; ein Überrest dieser alten Bildungs weise liegt vor in sternuo
gr. ntaQvtffim, Ich führe an cer^no, degüno für *de~guS'no, frü-n-Uscor für
*frug'n'i'Scory sper-no, ster-no, tem-no; ferner gehören, wie bereits oben
§ 65, 1 angeführt wurde, die meisten Präsentia auf -llo, ex-cello,^) eillo,
falle j proniello, tollo, vello hieher, deren -W- = -/n- ist. Aber per-cello
= ^per-celd-o (vgl. clad-es), Bruomann, Qrundriss 1, S. 245. Die genaueren
Nachweise hat Fröhde, Bezz. B. 3, 295 f. beigebracht. Von vokalisch
schliessenden Wurzeln gehören ft'-no, si-no (Perfekt -sü für *'Siui von
*^8ivere, vgl. de^sivare Paul. Festi 72, 13 M.), -cU-nare mit Übergang in
die abgeleitete Konjugation (vgl. oben S. 158) hieher, ferner die altlat.
obJnunt {prod- r«d-), danunt, ncquinont Altlat. sotlnunt = consulunf Fest.
351, 14, insefinuntur von *solere serifre entsprechen griech. Bildungen auf -ar«,
deren -m- (bez. -ar-) = -ew- = idg. -^»- ist. Vom abgeleiteten Stamm ist
feri-nunt, vom Nominalstamm exple-nimt gebildet, b) Der Nasal ist der
Stammsilbe infigiert, und zwar ist derselbe nur im Präsens vorhanden, wie
bei findo scindo rumpo, oder er durchdringt die ganze Tempusbildung, wie
bei angOy iungo. pungo. Eine Aufzählung der hieher gehörigen Verba bei
*) Osthopf, V. i. d. Nc. 340 setzte an
*si-zd'i'0, vgl. jetzt Z. G d. P. 4.
«) Osthoff, M. U. 4, 77. Nach Feist,
Grundz. d. got. Etym. 133 = *cid-8-,
') Daniblsson bei Pauli, Altit. Studien
3, 198.
*) G. Meyer, Die mit Nasalen gebildeten
Präsensstamme 104 f.; Fböhdb a. a. 0. 182.
^j MüLLKNHOFF, Doutscbe Altertums-
kunde 2f 354.
366
B. Lateiniaohe Grammatik, c Lateinische Formenlehre.
G. Meyer 107, Fröhde 183. Die Verba dieser Art repräsentieren die
der altindischen 7. und 9. Klasse; ihr Typus ist wahrscheinlich bereits
in der indog. Grundsprache vorhanden gewesen, ^ die Vermutungen über
dessen Entstehung') daher unsicher. Vgl. jetzt Bruomann, Gnindriss
1 § 221. Nasalierter und starker Stamm gehen häufig nebeneinander her,
so meiere und mingere, linquere gr. Xetneiv^ iungere gr. ^evyvvvai^ Ungere
gr. Xsi'xeiVy ningH gr. v€iq)ei, pangere gr. nr]Yvvva$.^)
106. 5. 5c-Klasse. An die ursprünglich schwache Wurzelform tritt
-SCO : 'See. a) Von kurzvokalisch auslautenden Stämmen sind gebildet
pa-sco, gK-sco, hi-sco (ahd. flfT?n gin^ abulg. zijati lit. zioti idg. jW-).
Von langvokalisch auslautenden vgl. (g)na'Sc-or {gna- = *^§-), {gjnö-sco,
crd'sco. Von konsonantisch schliessenden Wurzeln abgeleitet sind disco
für *di'dC'Sco W. dec-, eseit von W. es-, tnisceo für ^mic-sc-eo , com-
diS'pescere für ^-perc-sc-ere skr. pro-, poscere umbr. persnimu skr. prach-,
su^sco aus Hved'Sco W. s^edh-, b) Sekundäre Bildungen.^) Von the-
matischen Verben abgeleitet sind die Bildungen auf -Tsco, z. B. gemi^co,
api'Scor u. a. treme-sco, z. B. Lucret. 6, 548, Verg. Aen. 5, 694 neben
regelrechtem trenü-sco scheint Analogiebildung.*) Von den abgeleiteten
Verben auf -ao -eo -/o werden Inchoativa auf -asco -^sco -Tsco (auch von
denen auf urspr. -{o, z. B. concupfsco oder von der Nebenform *cuplre vgl.
cupi'Vi) gebildet; gelegentlich finden sich neben Verben auf -€sco auch
solche auf -Tsco, z. B. conHclscam (Plautus), perdolTscU (Accius), deUtiscere
(Cicero).^) Nach Analogie der verb^en Ableitungen werden auch zahlreiche
Inchoativa von Nominibus gebildet, z. B. Japidesco, ror&sco, gemm^sco und
geinmasco, ditresco, longTsco, mitesco. Über die im Vulgärlatein nicht seltene
kausative Bedeutung der Inchoativa, z. B. ferascit = ferum facit Löwe, Prodr.
362 und N. J. 119, 710.
107. 6. {- Klasse.'')* An die (häufig) schwache Wurzelform tritt
das Suffix -1*0 : -{<?. Indem ich auf die genaue Aufzählung der hieher
gehörigen Verba bei Thürneysen verweise, bemerke ich nur, dass hieher
zunächst die Verba auf -io gehören, welche nach der sogenannten dritten
Konjugation flektiert werden. Eine nicht unbedeutende Anzahl von ur-
sprünglichen {o- Verben ist der Analogie der abgeleiteten auf -io gefolgt,
so farcio gr. (pgceaau), rugio gr. ^rf«, mugio gr. /tvfw, salio gr. aXXo/nai^
sarcio gr. Qantio (vgl. Nachtrag zu S. 256 § 7), sario gr. aaiqia^ venio gr.
ßctivfo; ferner comperire nehen par^re; vereinzelt adgrediri A Plaut. Truc. 252,
exfodiri Mil. 315 Ribb., cupite Poen. 1260; fraglich trotz Varro 1. 1. 5, 131
ist der Zusammenhang von iacere und amicire (angeblich aus amh- und iacio).
advenat evenat sind Aoristpräsentia. Die Flexion dieser Verba erklärte ich
früher in folgender Weise: capis capü capimus capere aus *capies *capiet
') Bbüomann, M. U. 3, 150 f.
2) J. Schmidt, Vok. 1, 32.
») Osthoff, M. U. 4, 395 f. Anm.
*) CoRSSKN, 2, 282 f.; Bechstbin in C.
St. 8, 356 f. ; jetzt auch über die ganze Klasse
Sittl, Arch. f. lat. Lex. 1, 405 f. und der
Vollständigkeit halber Ploix in Mem. d. 1.
S. d. 1 0, 399 ff.
s) Bruomann, M. U. 3, 82 f.
*) Vgl. jetzt auch Osthoff, Z. 6. d. P.
157, 257.
^) Thürneysen, Cber die Herkunft und
Bildung der lat. Verba auf -io Leipzig 1879;
Osthofp, Forschungen 1, 97 f.; Fröhde, Bezz.
B. 3, 302.
4. Flexion des Verbams. (§ 106—107.)
307
*capiofnos, *capiese *capisc wie sero aus *siso, mit Schwund des Sonanten,
vgl. obicis für *obiecis neben cmiieciant CIL. 1, 198, 50 und § 14 A, d.
Thürneysen erkennt in ihnen neben capUo capi-unt u. s. w. Reste des starken
Aoristes, bez. Aoristpräsentia. Vgl. jetzt den Nachtrag zu S. 201. Reste von
urspr. -to- Verben sind auch in einer Anzahl von Verben auf -eo erhalten, z. B.
horreo skr. hf^ati, torreo skr. tfsyati^ oleo gr. o^w, madeo skr. mddyati und
andere mehr oder weniger sichere Fälle, worüber vgl. de Saussure, M^m. d. 1.
S. d. 1. 3, 279. Johansson, De der. verb. contr. S. 193 ist mit Unrecht
gegen diese durch die Übereinstimmung der Bedeutung höchst wahrschein-
liche Zusammenstellung, die sich mit Ascoli, Sprachw. Briefe S. 09
(dagegen allerdings Brugmann oben S. 29) durch Annahme einer ursprüng-
lichen Verschiedenheit der Betonung rechtfertigt, nämlich einerseits idg.
*qfniS, andererseits Hfseiö (Stamm mit thematischem Vokal, wahrschein-
lich ursprünglich auf -nö). Aus der dem letzteren entsprechenden Neben-
form H^sidi^i das ai. tf^yati (mit verändertem Accent«) hervorgegangen. Vgl.
auch Brugmann, Grundriss 1, § 142. Den eben erwähnten Verben darf man
anreihen fulgere licere cluere (Osthopf, M. U. 4, 305). Zur Jodklasse gehören
auch die abgeleiteten Verba auf -ao>) -eo -io -uo^ vgl. § 14. Die Verba auf
'60 sind teils denominativ, z. B. albere calUre flavere, teils kausativ (hoch-
stufige Wurzelform + '^^' "^^-)> z. B. doceo noceo monco v. d. W. dec-
neC' men-; ihre Flexion hat sich gegenseitig ausgeglichen, indem die Perfekt-
bildung auf "Ui auch auf viele denominative Verba, für welche -^vi -Tv,
vorausgesetzt werden muss, übertragen wurde.*) Spuren von lat. ab-
geleiteten Verben auf -oo hat Curtius in der Symb. phil. Bonn. 269 f.
nachgewiesen (vgl. bes. aegrö-tm von einem vorauszusetzenden ^aegro-erCy
roiundus aus ^rotö-tno- vgl. § 118, 0). Fast regelmässig sind die Verba
auf "00 in die Analogie derer auf ~ao übergetreten, z. B. animare dvenoo),
arare gr. a^ow, iugare gr. Cvyoo)^ pilare gr. xpiX6(o u. a.^) Häufig ist der
Wechsel zwischen Verba auf -ao, -eo, -io, vgl. die Beispiele bei Merguet,
Lat. Formenbildung 178 und ausserdem calare calendae gr. xalt(o (vgl.
ahd. hol?n alts. halön), lavare gr. Ao*«, peccatum umbr. pe{!eiom, vacatum
umbr. veqetom, censere re-censTtus vulg. censTri osk. censaum, violure violens,*)
navire navare, induj)edat propedat Löwe, Prodr. 344 impedlre, dolffus Varro
nach NoN. 99, 15 M. dolure, commugento Paul. Festi 05, 17 mugire und
mit etwas verschiedener Bedeutung artare artire, impetrare impefrirc (nach
Thürneysen, K. Z. 30, 492 umgeformt aus *impetire von Stamm pet- vgl.
petJ-vi). Über den Unterschied in der Bedeutung der denominativen Verba
auf -ere und -are {albere weiss sein, densare dicht machen) vgl. Fröhde,
K. Z. 22, 250 f., über die ganze Frage auch Schleicher, Comp. S. 345 f.
Anmerkung. Häufig ist der Wechsel von primären und abgeleiteten Verbalstämmen
in der Bildung der Tempora.^) Gewöhnlich ist das Präsens vom abgeleiteten, das Perfekt
vom ursprünglichen Stamme gebildet, z. B. sonare (alt sonere) sonui, saltre salui und
andere von Mebouet, Formenbildung 179 zusammengestellte Fälle. Doch ist der Wechsel
auch im Präsens nicht selten, z. B. potlri potitur, fundare (Lex Lucerina Eph. epigr. 2,
205 f.) funderet fadere fodare, Paul. Festi 84, 4, parare par^e, db-nu^e ab-nu^e, oc-cupare
') CoHSSEN 2, 733, It. Spr. 493 f. da-
gegen; widerlegt von Curtius Vb.* 1, 322.
») Mahlow, D. 1. V, 12 f.
8) Curtius, Vb.« 1 342.
*) Osthoff, Forsch. 1, 55.
^) Vgl. jetzt auch Fböhde, Bezz. B. 9, 112.
368
B. LateiiÜBche Grammatik, c) Lateinisohe Formenlehre.
capere, pro-fligare fligere, pi{n)sare pi{n)8ere,^) tuve Acc. 489 Ribb. I iuvare. Auch das
Eindringen des abgeleiteten Stammes in die Perfektbildung ist gelegentlich wahrzunehmen,
z. B. peiivi petere (oder ursprünglich *peHre neben petere vorauszusetzen). Reiches Ma-
terial, wenn auch nicht durchaus gesichtet, findet man bei Nbüe, 2, 414 f. Über die Ver-
mischung der i' und e-Eonjugation im Vulgärlatein Schuohabdt, Vok. 1, 2G9.
Das Perfektsystem.
108. Reduplikation. Die Reduplikation ist nur in sehr beschränktem
Umfang erhalten. Dass man wegen fhe':fha:ked der Fibelinschrift von
Palestrina anzunehmen hat, das Gefühl des Ursprungs der Reduplikation
sei damals noch nicht geschwunden gewesen (Dümmler, Mittlgn. d. deutsch,
arch. Inst. Rom. Abtlg. 2, 41), scheint mir doch sehr fraglich.
a. Konsonantische Wurzeln. Bei einfachem konsonantischem Anlaut tritt
der anlautende Konsonant mit dem Vokal, urspr. e, vor die Stammsilbe.*) Bei
doppelkonsonantischem Anlaute — es finden sich nur die Anlautsgruppen
SC" sp- st- — erleidet die Stammsilbe Einbusse des Zischlautes, sci^dderat,
spo-pondi, stc-ti.^) Der urspr. Reduplikations vokal e hat sich dem Vokal
der folgenden Stammsilbe assimiliert, wenn dieser im Perfekt und Präsens
übereinstimmt,*) also bei wurzelhaftem i o u, scicidi mmnordi {memordit
noch Verg. Aen. 11, 418 Ribbeck) pupugi, auch didici wegen disco
trotz Wurzel dec-, hingegen älter meyhordi pepugi spepondi, vielleicht auch
scecidi'^) u. a. bei Neue 2, 464 f. Der Ausfall der Reduplikationssilbe bez.
die Vereinfachung der nach Ausfall des Vokals der Reduplikationssilbe
entstandenen unbequemen Konsonantengruppen ist höchst wahrscheinlich
schon in der idg. Grundsprache den Formen des Duals und Plurals, die
den Ton auf der Suffixsilbe trugen, eigen gewesen^) und hat sich von hier
aus auch auf den Singular ausgebreitet, besonders unterstützt durch den
Wegfall des Reduplikationsvokals in den ursprünglich wenigstens vier-
silbigen Perfektformen der zusammengesetzten Zeitwörter;^) so erklären
sich fldi scidi für ^fe-fidi ^ace-cidi, fügt u. s. w.; hinsichtlich des zweiten
Umstandes vgl. retiuli repperi reccidl für ret{e)tuU u. s. w. Bei nidi (aller-
dings nicht unmittelbar ^ gr. olda skr. veda, sondern der 1. Sgl. med.)
reicht die Einbusse der Reduplikation bereits in die idg. Grundsprache zurück,
über den Abfall der Red. in spätlateinischen Formen vgl. Rönsch, Itala
und VulgatÄ 288.
b. Von vokalisch anlautenden Wurzeln sind ed- em- ag- und -ap- in
co-epit [coepere coepiam Paul. Festi 59, 10, coepiat A Plaut. Truc. 232] zu
nennen. Die lat. Perf. Hli Pmi egi -^pi repräsentieren die schwachen Perfekt-
stämme aus *e'€d ^e-em ^e-ag *c-aj>-, während die starken *(?-orf ^e-om-
*C'Og' ^C'Op- lauten müssteu.®)
109. Stammbildung. Den drei Personen des Singulars (ich glaube
auch der ersten trotz de Saussure 72 f., Osthoff, Z. G. d. P. 61) kam ur-
*) Danielsson bei Pauli, Altit. Stud.
4, 154 Anm. 3.
'') J. Schmidt, K. Z. 25, 32; Brzzen-
BEBGKR, B. 2. 159; CüRTius, Vb.« 1, 142;
Scherer, Z. G. d. d. Spr.« 279.
») Osthoff, P.-B. Br. 8, 548; über stiti
Stolz. Verbalflexion 1, 3 Anm.
*) OsTuoFF, Z. G. d. F. 271.
^) Stolz, Verbalflexion 1, 70 Anm.
*) J. Schmidt, K. Z. 25, 31; Osthoff.
M. ü. 4, VIII.
^) Osthopf, Z. G. d. P. 236.
®) J. Schmidt, Anz. f. d. A. G, 121 ;
Brugmann, M. U. 4, 411 f.; Osthopp, Z. G.
d. P. 122 f.
4. Flexion des Verbnms. (§ 108—109.)
369
sprünglich die abgeläutete Stammform zu, denen des Plurals die schwache, vgl.
gr. nänotx^a nämd^fiev, fiäfxova ^tfxa^ev (für ^^fiifi^fiev). Da im Lat. die
1. Sgl. als ursprüngliche Medialform (vgl. unten) den schwachen Stamm
hatte, so dürfen wir streng genommen nur von der 2. 3. Sgl. sprechen,
nach denen übrigens die 1. frühzeitig uniformiert wurde. Im einzelnen
bemerke ich folgendes:
a. Von e-Wurzeln weisen die abgeläutete Stammform auf momordit
(übrigens fällt hier die Stammform des Plurals mit der des Singulars zu-
sammen, da auch ^mem^d- = memord- ist) spqpondit totondü; die urspr.
dazu gehörigen Präs. *merdo *spendo *tendo sind durch die Neubildungen
mordeo spondeo tondeo ersetzt. ^ meminit tetinit (altlat. für tenuit) didicit
sind nach lateinischen Lautgesetzen (vgl. § 25) aus *fnemonit Hetonit *dedocit
hervorgegangen, desgleichen können -(cejculit pepulit tetulit aus *'(ce)coUt
u. 8. w. entstanden sein, auch cucurrit mag für He-cors- stehen.^) Die
meisten Wurzeln mit inlautendem -e{- haben nach Abfall der Reduplikation
den Stamm mit nebentoniger Tiefstufenform auch im Singular durchgeführt,
daher liqui vldi;^) dagegen die tonlose Tiefstufenförm in scldi fldi (idg.
*sieid' *bheid'). Von e^-Wurzeln haben die tonlose Tiefstufenform durch-
geführt tutüdi (altlat. tutiidi Keil, Gramm, lat. 2, 518 zeigt die neben-
tonige Tiefstufenform) pupügif die nebentonige ohne Reduplikation füdi
fügi fuueit {uu = ü) CIL. 1, 1051, plüvit. Regelmässig als urspr.
Medialformen sind pependi tetendi pepedi poposci. Der Ablaut ß : e ist sicher
alten Datums bei der e- Wurzel s^d-. Er ist in den Formen des Duals und
Plurals entsprungen.^) Ob lat. sedimas = He-zd-imus oder, wie got. sBtutn
zeigen kann, bereits voritalisch, ist fraglich; jedenfalls hat sedit u. s. w.,
nach sedimus gebildet, urspr. ^sesöd-e u. s. w. verdrängt. Vielleicht ist auch
venimus got. quemum altüberkomnien, wie cl^imas (cl^it Pacuvius 185
Ribb. I, der allerdings wie Müller, Non. 20, 14 die Konjektur von M^rcier
cUpsit in den Text gesetzt hat) got. hiefum; sicher Analogiebildung ist legi.
b. Als Typus einer Wurzel der ^-Reihe diene fa-c-io idg. dhB-.
alat. fhefhaked (a) osk. fefacust (Länge des a ist ganz und gar unerweis-
lich) haben die nebentonige Tiefstufenförm auf die Formen des Singulars
übertragen, während umbr. fakust die Reduplikation eingebüsst hat. lat.
fFC'it zeigt die erste Hochstufe (starker Stamm) für zu erwai*tendes ö, vgl.
dor. ay-*-ö)-x« für ♦-crtercö- Stamm *cxry-, und wird wohl gerade dadurch als
analogische Neuschöpfung charakterisiert, vgl. § 16, Anm. 1.
c. Von a-Wurzeln erscheinen drei Arten von wirklichen Perfekten: 5)
pango pep^gi (ebenso cado cano tango), scäbo scäbi^ frango fregi. Bei dem
ersten Typus ist die schwache reduplizierte Stammform verallgemeinert,
beim zweiten die starke ohne die Reduplikation. Ursprünglich war die
erste Bildungsweise die der Wurzeln der a-Reihe {pepigit für ^pc-pag- hat
also ursprüngliches ^^ye-pög^-e verdrängt), die zweite die der Wurzeln der
') De Saussure, M^m. 72.
*) W. idg. qfs- anord. hross ^schnell*
mhd. ahd. ros (Kluge s. v.).
=») OsTHOPP. M. U. 4, 129 Anm.
') Vgl. jetzt bes. Osthofp, Z. G. d. P.
1 f., wo die ganze Frage ausführlich behan-
delt wird; ausserdem Babtholomae, K. Z.
27, 354.
5) ,1. Schmidt, K. Z. 26, 374.
Handbach der klass. Alterlumswissonscliaft. IL 2. Aufl.
24
370 ^* Lateinische Grammatik, c) Lateinische Formenlehre.
ä-Reihe. Eine reinliche Sonderung ist nicht mehr möglich. Der Ablaut ä: e
von a- Wurzeln wie pango p^xii (neben altem pepigi) ist von den ^-Wurzeln
ausgegangen und unter dem Einfluss von äg^o : eg-i auch auf ör- bez.
a-Wurzeln übertragen worden. Vgl. auch Osthoff, Z. G. d. P. 155 flF. Die
Perf. fefelli peperci peperi enthalten den schwachen Stamm mit lautgesetz-
lichem Übergang des a in e; fefelli ist durch das -/^ als eine junge Form
charakterisiert. Ohne die Red. sind scandi prandi gebildet (vgl. von
^-Wurzeln -cendi -fendi u. s. w.).
d. Nebentonige Tiefstufenform ohne Reduplikation zeigt von t- Wurzeln
vTcL Eine Reihe anderer, sowie u- Wurzeln bilden ihr Perfekt auf dieselbe
Weise (strfdi cüdi); es stecken jedenfalls darunter viele junge Bildungen.
e. Über födio födi vgl. § 20.
f. Von den drei langvokalisch schliessenden Wurzeln d^(da-)
sta''{st€U) dS'{dä') lässt nur die erste in dem allerdings zweifelhaften pi-
saurischen deda (= *dedanf) CIL. 1, 177 die ursprüngliche Form erkennen. >)
Die 1. plur. (urspr. *dedämas Htetämus *dedämus^ a = idg. 9) sind nach
dem § 25 erwähnten Gesetze zu dedimm steUmus dedimus geworden. In
den übrigen Formen (mit Ausnahme der 1. Sgl.) sind die gewöhnlichen Ab-
änderungen eingetreten.
110. Die Perfekta auf -si -vi und -ui. Das Perf. auf -5/, welches
von zahlreichen auf gutturale, dentale, labiale Verschlusslaute ausgehenden
Verben gebildet wird, sowie von dreien auf -m {premo sumo con-temno)
und mehreren auf -s {ur-o us-si haer-eo haesi für *haeS'Si) ist seiner Natur nach
sigmatischer Aorist, z. B. dix^t ^-rf« i J-a, iunx-t ^-^ev^-a. Dabei treten vor dem
Bildungs-s die nach den Lautgesetzen erforderlichen Veränderungen ein.
Über die ursprüngliche Gestaltung des Stammes vgl. oben S. 167 f.
Die Länge in rf^xi texi^) beruht auf Übertragung aus den verlorenen Per-
fekten *regi Hügi, vgl. noch Ugi neben --lexL In der älteren Sprache standen
neben den reduplizierten Perfekten vielfach s-Aoriste in Verwendung, viel-
leicht noch mit einer dunklen Erinnet*ung an die ursprüngliche Bedeutungs-
differenz, 3) wie parsi, z. B. Plaut. Trin. 316 neben peperci (daneben auch
die Neubildung pareui)^ emi und enipsim Plaut. Mil. 318 Ribb.; -panxi
und 'pmixi bilden die Komposita.
Über die Perfektbildung auf -vi und -ui, die spezifisch lateinisch ist
(umbr. suhocau gehört nicht hieher, ebensowenig skr. dadaü, das Fick, G.
g. A. 1883, S. 594 heranzieht), handelt eingehend Osthoff, Z. G. d. P.
251 f.; einige Andeutungen bei Mergüet, Formenbildung 221, Brugmann,
M. U. 3, 51 Anm., dem Thürneysen, Bezz. B. 7, 286 Anm. beistimmt.
Neuerdings ist diese Frage eingehend behandelt worden von G. Cürtiüs,
Ber. d. k. sächs. Ges. d. W. (Phil. bist. Kl.) 1885, S. 421—439 und W.
Schulze, K. Z. 28, 266—274. Vgl. ausserdem noch eine Notiz bei Jo-
hansson, De der. verb. contr. 100, 6. Die beiden erstgenannten Forscher
(CuRTiüs und Schulze) treffen darin zusammen, dass sie das t?/-Perfekt
*) Stolz, Verbalflexion 1, 44.
2) Osthoff. Z. G. d. P. 113 f.
*) Wahrscheinlicher Weise ist jedoch die j
Angabe des Diomedes bei Keil, Gr. L. 1,
398, 8 nur Theorie eines Grammatikers.
.^^ii^^^mti^
4. Flexion des Verbums. (§ 110.) 371
von dem Partizip *nmaves *audlves *deleves *hab^es *domäves ableiten.
Nach Schulze, dessen Ausführungen über die Entstehung der Flexion
dieses Tempus entschieden zutreffender sind als die von Curtius,
wären zunächst die Formen *amaves smos *amaves stis *amav[es]esam
^amavfesjessem zu den gewöhnlichen geworden: amavimus u. s. w. Dieser
scharfsinnigen Deduktion steht aber der Umstand im Wege, den Windisch
mit Recht hervorgehoben hat (Biogr. Jahrb. d. Altertumsw. X, 126), dass
nämlich das ai. Suffix -vans -vas ausschliesslich nur zur Bildung von
Pai-tizipien von alten aus der Wurzel gebildeten Perfekten verwendet wird.
Schulze's Berufung auf Osthoff, Z. G. d. P. 623 hilft über diese Schwierig-
keit nicht hinweg. Vgl. übrigens auch meine Bemerkungen in Zeitschr.
f. d. öst. Gymn. 1888, S. 746 f. und unten § 118, 1. Bis zu besserer Be-
gründung wird es demnach noch am besten sein, die in der ersten Auflage
vorgetragene Ansicht festzuhalten. ^) Damach ist die Perfektbildung auf -vi
ausgegangen von den Typen favi lavi fovi movi vovi iuvi und hat sich, ver-
mittelt durch die Partizipien auf -to- ausgebreitet über einige Stammverba
auf -eo {plevi fleni), Uno levi, womach crevi von cerno (für *crino) sprevi,
stravi [stravi : Stratum (gr. argfotog Grdf. ^stftö-) = sprevi : spretum], auf
einige 5co-Präsentia {pasco nosco cresco), endlich auf die grosse Masse der
abgeleiteten Verba auf -ao -io, welche in der Tempusbildung den Kenn-
vokal beibehalten {ama-vi audT-vi); letzteren folgten dann, vermittelt durch
die Verba der Jodklasse ctipio cupl-vl, einige thematische Verba, pett-vi
rudi'Vi und die Q,uf -esso nach dem Verhältnis i^e^ivi : peterc = cupivi : ciipere.
Möglicherweise cupl-vi u. s. w. von Nebenformen auf -tre, vgl. § 107 Anm.
Die denominativen Verba auf -mö, z. B. acuo arguo mettw minuo
statuo, sowie stemuo bilden das Perfekt auf -ui im Anschluss an die
primären nuo pluo luo ind-uo im-huo mit den regulären Perf. nui \x, s. w
(älter adnüvit plüvit). Eine zweite Gruppe bilden die Verba von dem Typus
genui alui, crepui sonui domui, monui tenui, sdluL Osthoff führt mit Recht
genui doniui auf *gmevi *g('navi ^domävi *domövi zurück, vgl. doriMus aus
^domä-ttis. Zur Ausbreitung des Perfektstypus -ui auf die a- e- und i-Stämme
haben wesentlich jene Verba beigetragen, welche ursprünglich den unab-
geleiteten angehörten, wie sonere tofiere fervere olere stridere, parere und
parire, salere (Neue 2, 419) u. a. und ihr Perfekt gerade so bildeten, wie
g^ignere bez. arch. geliere. Von diesen aus verpflanzte sich dann diese Bildungs-
weise auf zahlreiche andere abgeleitete Verba. In spätlateinischer Sprache be-
gegnen dann auch Formen wie contertii (Apuleius), reguit CIL. 8, 923, convertuit
8, 2532 D, b l u.a.; überhaupt spielt die Analogie eine grosse Rolle in
der Schaffung von Formen wie doimttus sponderit ascendiderat (auch ar-
chaisch descendidit Valerius Antias, descendiderat Laberius) davit Löwe,
Prodr. 419 u. s. w.; vgl. Rönsch, Itala u. Vulgata 286 f., Schuchardt,
Vok. 1, 35; 2, 9; 3, 10; Seelmann 53 f., Romania 2, 477. pono hat im
Altlatein regelmässig posivl posii als Kompositum von sino^^) z. B. poseivei
') Dass die von Bopp aufgebrachte und so
und so oft wiederholte Erklärung des -vi aus fui
lautgesetzlich ganz und gar unmöglich ist,
hat schon Merqu£t, Fonnenbildung 8. 221
nachgewiesen. - Auch Brugmann, Grundrisa
2, S. 417 scheint die im Texte angedeutete
Erklärung von amavi u. s. w. (nach Cürttus
und Schulze) nicht sehr einleuchtend.
') Wegen Fröhde's Einwänden Bezz.
B. 1, 197 f. vgl. Osthoff, Z. G. d. P. 611 f.
24*
372
B. Lateinische Grammatik, o) Lateinische Formenlehre.
CIL. 1, 511, poseit 1281, posit 1282 u. oft (spätlat. auch possU); hingegen
ist das in klassischer Sprache gewöhnliche posui nach dem Part, pasitus
neu geschaffen, posui : positiis = genui : genitus. Über das Vorkommen
von posivi und posui Brix zu Plaut. Trin. 145. Spätere Zeiten haben
sogar die barbarische Form posuvit hervorgebracht, z. B. CIL. 5, 3738
u. öfter, offenbar nach istituvit ib. 8, 9975 und den anderen, wo -w- zum
Stamme gehörte. Übrigens können die Formen mit -wv- auch auf rein
lautlichem Wege erklärt werden, vgl. suvo mortuva und Brügmann, Grund-
riss 1, § 169.
Ansätze zu einer Eontaminationsbildung -sui zeigen messui nexui pexui
(Gramm.);*) in texui ist -s- stammhaft, vgl. skr. tak^-.
111. Flexion des Perfekts.^) Entschieden daran festzuhalten ist,
dass die uns vorliegende Flexion des Perfekts perfektische und aoristische
Formen vereinigt. Ich halte mit Brügmann, M. U. 3, 36 f., J. Schmidt,
K. Z. 27, 327 den lautlichen Zusammenfall der Formen der 1: d. Plur. für
den Ausgangspunkt dieser Fusion {mdimu^ = *veidesmos und sedimus).
1. Sgl. Der Ausgang -F (als graphische Varietät -ei) ist mit dem Aus-
gang -a von skr. hubödh^ gr. ysyar-a nicht zu vereinigen ; es ist vielmehr
mit FiCK, G. g. A. 1883 S. 589, Osthoff, Z. G. d. P. 191 f. (mit allseitiger
ausführlicher Begründung) dedi == skr. dade zu setzen und mithin als die
1. Sing, medii anzuerkennen. 2. sgl. Das Suffix -sti ist aus dem perfek-
tischen 'ti und aus dem s des Aorists erwachsen; *deix'S wurde nach diayi
zu dixti weitergebildet und von hier aus verbreitete sich -stf auch über
die vokalisch schliessenden Verba. dixistt ist späteren Ursprungs. Die
Länge des -i in -sti; (inschr. auch -stei) erklärt Osthoff, Z. G. d. P. 204
in ansprechender Weise aus einer Vermischung der Aktiv- und Medialform,
idg. act. Hoittha med. ^^vissai,^) 3. sgl. Der ursprüngliche perfektische
Ausgang -e (vgl. gr. fitpov-e skr. ved-a) ist erweitert durch die Personal-
endung der entsprechenden Person des Aorists -d, vgl. fcced (Dvenos-
inschrift), fcdd, später verdrängt durch -t (vgl. jedoch auch den Nachtrag zu
S. 358). Archaisch dede, prän. dedi (Hermes 19, 453). Vgl. umbr. fefure gall.
dede Stockes, Bezz. B. 11, 124 (= i^rjxt), dagegen fal. dedet osk. deded dsdsr.
Wegen fuBt CIL. 1, 32 nach quantitierender Messung des Saturniers (vgl. Ost-
hoff, Z. G. d. P. 205 f.) sind auch die neueren Ansichten über die Natur des
lat. Saturniers zu vergleichen, nach welchen /t^^i^ gemessen werden kann. 1. pl u r.
Die Personalendung ist -mus, 2. plur. Die Personalendung -stis für *-sf^
entspringt dem Aoriste. 3. plur. Ein Rest ursprünglicher Bildung scheint
pis. deda = ^deda-nt^ eine Form, die freilich nicht allzu sicher ist, vgl.
dedrot und dedro. Die Formen auf --ere hat man als Medialformen erklärt
y
') So schon Schleicher, Comp. S. 815.
») Vgl. Stolz, Veibalflexion 1, 43 f.;
doch ist die dort gegebene Darstellung noeiir*
fach modifiziert; Ostuoff's Ausführungen Z.
G. d. P. 191 f. kann ich auch nicht in allen
Punkten beistimmen. Zur Litteratur noch
W. Meyer, Zeitschr. f. rom. Phil. 9, 223 ff.
(Erschliessung der vulgärlateinischen Para-
digmen der a- e- i-Konjugation).
3) Wenn Osthoff, Z. G. d. P. 219 ein-
wendet, es sei *dict% *8cripti (vgl. gr. Ix-roc
u. s. w.) zu erwarten, so ist dagegen zu be-
merken, dass die Formen dixti dixtis u. s.
w. durch Analogie von ac-cesti und den
entsprechenden der Dental- und s-St&mme
gehalten, beziehungsweise nach ihnen wieder
hergestellt wurden.
4. Flexion des Verbums. (§ 111—112.)
373
gleich den altindischen auf -re, doch stünde in diesem Falle tat. *-r7 zu er-
warten, vgl. dcrf-F = skr. dad-e; auf einmal wirklich überliefertes dederi
CIL. 1, 187 wird nicht allzu grosses Gewicht gelegt werden dürfen. Viel-
leicht ist also doch ursprünglich sent (= *'S^t) vom sigmatischen Aoriste
herübergenommen und zu -e abgeschleift, vgl. die oskischen und umbrischen
Formen auf -ent -et -e.') Die Formen auf -ont -ot -o jünger -unt emerut
CIL. 1, 1148 (vulgär und spätlateinisch -un -um) sind nach dem Muster
der thematischen Verba eingeführt, dedrot dedro CIL. 1, 173, 177 sprechen
wegen ihres r nicht gegen diese Erklärung, vgl. cedre der Spoletiner Inschr.
aus ursprünglicherem *caedese. Anders Zimmer, K.Z. 30, 283.*) Die ursprüng-
lich wenigstens bei kurzvokalischen Wurzeln unthematische Flexion hat sich
im Lateinischen zu einer thematischen mit dem Kennlaut -^i ausgebildet.
Die Länge dieses -/ in der 3. sing., vgl. -eit, z. B. redieit CIL. 1, 541
und öfter {interieisti CIL. 1, 1202 ist vielleicht nur Schreibfehler), sowie
des 'C in -erunt kann unmöglich ursprünglich gewesen sein, sondern ist
wohl nach dem ursprünglichen -t der 1. sing, eingeführt. Dafür spricht
auch, dass die romanischen Fortsetzer der l. plur. entschieden auch Formen
mit -?- voraussetzen, während in der Schriftsprache sich ohne Ausnahme
regelrechtes -t- behauptete, das nach Osthopf's Ausführungen Z. G. d. P.
391 f. für die Formen von langvokalischen Stämmen bereits der Grund-
sprache zuzuschreiben ist (vgl. dagegen Bartholomae, K. Z. 29, 6). Eine
ursprüngliche Perfektform ist der Imperativ memento gr. /xeficcTU) Grdf.
*mo-mn't6dj hingegen ist memuiens eine sekundäre Bildung, wie gr. xexXr-
yovreg u. a.
Zur Litteratar vgl. ausser den bei Hübner, § 69 aufgeführten Werken : J. Netüschil,
Über Aoriste in der lateinischen Sprache, Charkow 1881 (mir bekannt geworden durch
Phil. Woch. 3, 430 und Berl. Phil. Woch. 5, 313 f.); P. Rbonaud, Les parfaits compos^
en latin, Lyon 1882 (ohne Bedeutung); Fböhde Bezz. B. 6, 185 f.; Osthoff, Zur Geschichte
des Perfekts im Indogermanischen mit besonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch,
Strassburg 1884; K. Krnault, Du Parfait en Grec et en Latin, Paris 1886 (bietet nichts
Neues), übei sieht der verschiedenen früheren Auffassungen des lat. Perf. bei Wbstphal,
Verbalflexion 170 f.; Herzog, Untersuchungen zur Bildungsgesch. d. griech. und lat. Spr.
licipzig 1871, 33 f.
Die aus dem s- is- und sis-Aorist hervorgregrangrenen Tempora
und Modi.
113. Hieher gehören, wie bereits angedeutet wurde, hinsichtlich der
Stammbildung die sogenannten synkopierten Perfektformen, wie dixU ac-
cestis.^) Eine Übersicht derselben, sowie der gleich zu erwähnenden Kon-
junktiv- und Optativformen bei Merguet, Formenbildung 224 f., Westphal,
Verbalflexion 290 f., Corssen 2, 553 f., vgl. auch E. Lübbert, Beiträge
zur Tempus- und Moduslehre des älteren Lateins I (Breslau 1870) und Arch. f.
lat. Lex. 2, 219 ff. und Fr. Gramer, De perf. coni. usu potentiali etc. diss.Mar-
') MiSTELi, Zeitschr. f. Völkerpsych. 14,
315 hält scripsere für eine dem hist. Inf.
entsprechende Form nach der Gleichung:
scripsere : scripsü = scribere : scrfbü; vgl.
jetzt noch dessen weitere Ausführung ih. 15,
457 f. und dazu Osthoff, Z. G. d. F. S. 218.
») Henry, M6m. d. 1. s. d. 1. 6, 375
setzt Doppelformen *de(lros und *dedcr an,
die später durch Anfügungen erweitert wor-
den seien; dedro soll unmittelbar gleich
*dedros sein. Ich finde keinen sicheren
Boden für diese Ansätze.
^) Ich muss bei dieser Auffassung bleiben
trotz des Widerspruchs von Osthoff, Z. G.
d. F. 219 f.; vgl. Fussnote 3 der voraus-
gehenden Seite.
374 B* Lateinische Grammatik, o) Lateinische Formenlehre.
burgi 1886. Andere möglicherweise als Reste dieses Tempus aufzufassende
Formen (vgl. bes. astusmt statuerunt)^) bei Stolz, Verbalflexion 1, 25 f.
Die Formen (ixo faxo capso dixo u. s. w. sind ursprüngliche Konjunktive
des sigraatischen Aoristes, 2) vgl. gr. aj« tff/fco, wie ero urspr. Konjunktiv
zu sum. Dazu gehören die pass. Neubildungen fcucor fdxitur u. s. w. Über
nanxitor (cod. nancitor) Scholl, Leg. XII tab. rel. 88. Vgl. osk. com-
parckscuster (= consuUa erit), umbr. covortuso (mit fehlendem r, wie emantn
neben emantur)\ letztere beide sind von den aktiven Formen *comparciSc^usi
Hovort-as abgeleitet. Optative desselben Tempus sind dixim faxim, für urspr.
*dixiem *faxieni nach der 1. und 2. plur. gebildet, vgl. § 115. Ebenso
dürften dixe scripsc altüberkommene Bildungen sein. 3) Die Formen dixem
faxet (allerdings unsicher, vgl. Lübbert a. a. 0. 102) scheinen mir
die Reste des alten Ind. d. Aor. zu sein (Grdf. *deix''f^), die nach
der Fusion von Perfekt und Aorist dem Perfekteystem eingereiht wurden
und nach dem Verhältnis dixent : dixe die Neubildung dixissem : dixisse
hervorriefen. Brugmann a. a. 0. 42 hält sowohl dixe als dixem für
Neubildungen, urteilt aber über dixe jetzt anders (Grundriss 2, § 162
Anm. 1). Über die Bedeutungsentwicklung Stolz, Verbalflexion 1, 36 f.
Die eben erwähnten Formen des s-Aoristes, im archaischen Latein noch in
lebendigem Gebrauche, reichen nur in dürftigen Resten (formelhaften Rede-
wendungen) als erstarrte Antiquitäten in die Zeit des klassischen Latein hinein.
Von dem is- und 5«s- Aoriste (vgl. skr. «V- ^*^-) ist die Bildung des Plus-
quamperfekts, Futurum exactum, der Modi des Perfekts ausgegangen. Nach
dem Muster von videram (gr. 5^««) ') ieram (Grdf. Hn^es- gr. jjea) und
videro (gr. €li€{a)ü}^) sind die Plusquamperfecta und Futura exacta
gebildet: fec^eram fec-ero u. s. w. Die Personalendungen -am ^as -o^ u.
s. w. sind die des zusammengesetzten Präteritums, worüber vgl. § 113.
Ebenso nach viderim = gr. {f)eldi{a)iriV fec-erim. dixero dixerim stehen
für *dicsis-o ^dic-sis-mi^ letzteres für urspr. ^dlc^sis-ie-m, dixeram und di-
xissem sind Neubildungen. Brugmann bei Windisch, Über die Verbalformen
mit dem Charakter /• S. 59 (vgl. § 98) fasst dixero als Kontaminationsbildung
aus dixo + legero, eine gewiss sehr beachtenswerte Vermutung. Ohne Zweifel
gehören auch amasso amassim prohibessint amhissit mit den Inf. averun-
casscre inqyetrassere, den pass. Formen turhassitur iussitiir gleichfalls dem
Aoriste an. Wenn nicht amasso als eine Neubildung für "^amaso amaro
nach *amassere ^aniassitur zu betrachten ist,^) so sind diese Bildungen mit
Brugmann, M. ü. 3, 40, Thurneysen, Bezz. B. 9, 276 mit dem keltischen
M Georges Lexikon lat. Wortf. s. v. ■ Rh. M. 27, 185 thun zu wollen scheint.
asto bringt astasint bei, das nach der Bo- ! ^) Vgl. § 117 und Misteli, Zeitschr. f.
merkung über die Benutzung der Aushänge- i Völkerpsych. 15, 460.
bogen der Festusausgabe von Thewbewk ; *) Wegen Wackernagel's Einwand Phi-
VON PoNOR (siehe Vorrede) die bestbeglau- lol. Anz. 17 (1887) 229 gegen Brugmann s
bigte Leseart zu sein scheint. Dann müsste
ustdsent natürlich entfallen.
-) Vgl. bes. Brugmann, M. ü. 3, 33, 37
Aufstellung vgl oben 8. lt)8 f. Fussnot«.
Auch Bechtel, Ct. g. N. 1888, 404 überzeugt
mich nicht.
u. a. a. St. Auf uUo Nonius 185, 17 M. i •'*) Brugmann, M. U. 3, 28, Wacker-
(uho Vossius) kann man wegen St ulc- \ nagrl. K. Z. 25, 366.
(*m/c-S(?, daraus regelrecht m/so, vgl. § 65, | «) Stolz, Verbalflexion 1, 64 f.
3c) kein Gewicht legen, wie es Büchelbr, i
4. Flexion des Verbonui. (§ 112—113.) 375
s-Präteritum zu identifizieren, gall. legasit Stokes, Bezz. B. 11, 137, air.
rocharus cym, cerais aus *carassu von caraim „ich liebe". Anders Mahlow,
K. Z. 26, 586 nach Bezzenberger, Beitr. 3, 159 Anm., Osthoff, Perf. 220 f.
Beeinflusst wurde die Verwendung der eben erwähnten Formen durch
aniosseni (aus amavissem). Vereinzelte Bildungen der gleichen Art sind
adessint CIL. 1, 198, 63 und essis Ribbeck, Trag, fragm.« 283 (XII).»)
Anmerkung 1. Die vorstehende Darstellung schliesst sich an Bruomann*8 Unter-
suchungen in M. U. 3, 1 f . an; beistimmend äussert sich über dieselben J. Schmidt, K. Z.
27, 327. Damach sind die älteren Ausführungen Cobssen's, die lautgesetzlich nicht ge-
rechtfertigt sind, und die noch unglaublicheren Erklärungsversuche von Savelsbebo, K.
Z. 21, 164 f. zu korrigieren.
Anmerkung 2. In die Kategorie der Bildungen, wie Tuibesso, scheinen auch die
Präsentia capesso capissam Pacuv. nach Non. 327, 1 M. facesso petesso, adpetissis Accius
nach Non. 361, 25 M., qucieso (für qiMesso) zu gehören.^)
Anmerkung 3. Vahlbn, Cic. De leg. 3, 3, 6 liest inrogasit und 3, 4, 11 locasint.
Sollten die Formen richtig überliefert und nicht von Cicero erfunden sein (Jordan, Krit.
Beitr. 228), so lägen hier zwei handschriftliche Beispiele der Vereinfachung des -ss- der
anderen Formen vor. Vgl. auch Voigt, Rh. M. 31, 150, der aus einer von Ang. Politianus
herrührenden Abschrift des Festus ^vindiserW^ (?) erwähnt und durch Hinweis auf ploi'osü
(12-Tafelgesetze) stützt. Inschr. violastt Schneider 95. gnorüur ' cognitum sive compertum
est, das Götz, Ind. lect. aest. Jenae 1886 S; IX ans Tageslicht gezogen hat, muss wohl für
*gnö8-itur stehen, vgl. nös-iis nö-mus.
Zu den Resten des alten 5- Aoristes gehört auch der Conjunctivus
imperfecti, früher fälschlich als Zusammensetzung des Verbalstammes
mit -^em, einer angeblichen Nebenform von essem, aufgefasst, von Pick,
Gott. g. A. 1883, S. 586 gemäss der Adaptionstheorie Ludwio's als
flektierter Infinitiv erklärt. Ich habe Verbalflexion 1, 8 f. siareni monercm
audirem als die alten lautgesetzlichen Vertreter des Indikativs des ^-Aoristes
zu erweisen gesucht (Grdf. *stas^7^ u. s. w.),^) mit sekundärer Länge des e
nach den Optativen audiem audies u. s. w. ; nach ihrem Muster ist dicerem
u. s. w. gebildet. Anders Thurneysen, Bezz. B. 8, 274 f., der im Anschluss
an Bezzenberoer Doppelformen *deix- und *deiciS' annimmt und von letzterer
dicerem ableitet; doch bleibt nach unseren Ausführungen hiebei die Endung
'cm unerklärt. Auch die unmittelbare Gleichsetzung von sturem und tftrfictini
(Westphal, Vergl. Gramm. 1, 571), deixem und Sei^aifxi (Haberlandt, Sitzb.
d. Wiener Akad. d. Wiss. C 991 f.) geht nicht an, da der Optativ des sig-
matischen Aoristes auf -ai/it u. s. w. eine spezifisch griechische Neubildung ist.
Anmerkung. Vielleicht ein Part, eines »-Aorists ist axit^a Paul. Festi 3, 4;
vgl. Stolz, Wien. Stud. 10, 302 f., jedoch auch Götz, Ind. lect. aest. Jenens. 1887, S. 4 und
Arch. f. lat. Lex. 2, 339.
Das b- Futurum und -Imperfektum.
113. Diese beiden Tempora sind dureh Zusammensetzung mit dem
Verbum *6äm- gebildet.^) Vgl. fal. pipa-fo care-fo^) ir. car-fa. Aus-
gegangen ist die Bildung von den Verben auf -e-, den abgeleiteten Verben
^) Stolz, Verbalfloxion 31 f. | Fumi, La glottologia e i neogrammatici 45
^) Bbuomann, M. U. 3, 41 und 130. I Anm. Überzeugt nicht mehr als seine früheren
') Vgl. dazu Osthoff, Z. G. d. P. 20H , Ausführungen.
Anm. ' *) Woch. f. klass. Phil. 1887 S. 443.
*) Übersicht der verschiedenen Erklä- I Für die Echtheit der Inschrift spricht sich
rungsversuche bei Stolz, Vcrbalflexion 1, 16f. auch Bücheler, Deutsche Litteraturzeitung
u. ScHWBizEB-SiDLEB, Phil. Woch. 3, 752. ; 1889, Sp. 424 aus. Vgl. die Nachträge.
376
B. Lateinische Ghrammatik. c) Lateinische Fonnenlehre.
auf -60 und den thematischen überhaupt, die einen alten Infinitiv auf -^
gehabt zu haben scheinen (skr. sdde, Westphal, Phil.-hist. Gramm, der
deutschen Spr. 109, J. Schmidt, K. Z. 26, 397, darf freilich nicht un-
mittelbar verglichen werden, weil für skr. -c (= idg. *-ajQ im Auslaut
lat. -/ stehen müsste, vgl. § 117), z. B. arS, später ari^ (vgl. § 117), facU
are Lucr. 6, 962;*) vgl. ferner Cato r. r. 157, 9 K., Varro r. r. 1, 9, 2;
2, 9, 13 K.; arebo geht also auf *dr^ hhifö (entweder Präsens nach der
6. altindischen Yerbalklasse oder Conjunctivus zu dhhüvam) *) zurück, woraus
regelrecht arebo wurde {*bh^ö */bV) i^ Inlaute -6o). Im Anschlüsse an die
Futura plü-bo ar^-bo u. s. w. erklären sich amo-bo i-bo qu^bo st^bo; Neue
2, 448 f. weist dreissig i-Verba nach, die ein Futurum auf -bo bilden.
Sehr vereinzelt sind diese Futura von einfachen o- Verben: dicebo (Novius
bei Nonius 507, 2 M.), vivebo (ib. 509, 3 M.); exsugebo (Plautus). Über
das Futurum auf -am -es u. s, w. vgl. § 114, 115.
Von derselben Bildung ist das Imperfektum auf -tarn; in -bam steckt
ein alter Aorist von *6ä««-, wie Thurneysen, Bezz., B. 8, 281 f., bes. 285
nachweist, urspr. *bhuaum "^bh^ai^ *bhlUl^t, woraus bereits grundsprachlich
(vgl. § 13) Hh^am *bhuas *bh^at, lat. */äm *fas *fat und im Inlaute *bam
*bas *bat werden musste; von dem Singular wurde die Länge das Vokales
auch auf den Plural übertragen. Wie pU-bam u. s. w. wurde nun amörham
scl'bam gebildet (ein Verzeichnis dieser Formen auf -ibam bei Neue 2, 444 f.),
erst späteren Datums sind die Formen auf -isbam. Die Länge des e in
legi^'bam carp^-bam u. s. w. ist nicht nach Analogie der übrigen Jmper-
fekta zu erklären, sondern ursprünglich, vgl. unten § 118. Das Imper-
fektum eram ist nicht unmittelbar = skr. dsam (dies wäre = "^esem Grdf.
*cstp), sondern lateinische Neubildung nach -bam -bas -bat u. s. w. Brüg-
MANN, M. U. 1, 35 f. teilt ^es-a-ni, fasst also ^esa- als eine Weiterbildung
von es-. Einen a-Aorist erkennt in eram im Anschluss an Fick auch
Mekler, Beitr. z. Bildung d. griech. Verb., Dorpat 1887, S. 87; vgl. auch
Bezzenberger, G. g. A. 1887, 417 Anm. 2.
Anmerkung 1. Eine archaisch-lateinische Vulgärform des Imperfekts, ausgehend
auf -am, glaubt Gröber, Arch. f. lat. Lex. 1, 228 f. aus dem Romanischen erschlieesen zu
können: *flore-am ^fim-am, dann auch *lege-am.
Anmerkung 2. Fick. Gott. g. A. 1883, 587 irrt vollständig, wenn er amäham
aus *amamsam erklären zu können glaubt; denn abgesehen von -sam (!) geht lat- -ms- bez.
-ns- nie in /*, bez. b über (vgl. § 65, 3, b).
Modi.
114. Konjunktiv. Das einzige Beispiel eines K. von einem Verbum
der ersten Hauptkonjugation ist ero gr. ^(<x)ft>, eris crit skr. dsas dsat; die
übrigen, eam u. s. w. sind nach d. them. gebildet.
Bei den thematischen Verben hat der K. den Charaktervokal -d-, in feräm
ferät nach den Auslautsgesetzen gekürzt, vgl. noch doce-am audi-am; die Zu-
sammenstellung mit skr. bhdräni slav. feer« , ir. bera, vgl. auch umbr. fa^ia
(auch volsk. Zvet. Inscr. It. med. 46) habia, osk. potiad deicans, pael. didn
ZvET. ib. 11, die ich für richtig halte,'*) führt auf eine idg. Grundform Hhera-,
') Vgl. Lachmann zu Lucret. 3, 906.
^) Bruomann in Techmer's Int. Zeitschr.
1, 240.
3j Vgl. dubius aus *du-6Äjf- w«, superbus
*super-bh^-os.
*) Vgl. Bruomann, M. U. 1, 145, 3, 30 f..
Osthoff, M. U. 2, 124 f., Misteli, Z. f.
Völkerpsych. 14, 314, Mahlow, D. 1. V. 162,
4. Flexion des Verbums. (§ 114-115.) 377
Thürnetsens scharfsinnigen Auseinandersetzungen in Bezz. B. 8, 269 f., denen
zufolge der italische und keltische Konjunktiv konjunkter Flexion als eine
Neubildung nach dem Muster von *fam *ßs *fat u. s. w. (vgl. § 113)
gefasst werden, während in fer^s *fer€t ferEmus ferHis (nach ihnen auch
*fero *feront zu fere{m) feretU umgeformt) der eigentliche Konjunktiv
= gr. q>€Q(o g>€^i]g u. s. w. stecken soll, vermag ich aus mehrfachen
Gründen nicht beizustimmen. Vgl. neuerdings Henry, Esquisses morpho-
logiques III (Extr. du museon Douai 1885), Precis S. 123, Job, Mem. d. 1.
S. d. 1. 6, 347 f. und Breal ib. 409 ff. creduam ist durch duim duis u. s. w.
hervorgerufen, die man zu do stellte (vgl. S. 362). Vielleicht ist auch inquam
ein Konjunktiv des alten Aoristes Hn-sq-onif^) jedesfalls sind inquo und
inquio ohne sichere Belegstelle. *) Die 1. Sgl. des K. der o- und ro-Verba
dient zugleich als Futurum. Über den Konj. d. Imperfekts vgl. oben § 112.
116. Optativ. Nach den Ausführungen von J. Schmidt, K. Z. 24,
303 f. ist bei den unthematischen Verben im Sing, das Moduszeichen -^'^-,
im Plur. -1-. Die ursprünglichen Formen von W. es- sind demnach sieni
(vgl. gr. ({(ryr^v skr. syäm) sie^ siet (inschriftlich, sowie das gleich zu er-
wähnende Stent bis zur Zeit der Gracchen und des Cimbernkrieges nach-
zuweisen),'*) sTnius Sitis sient für *siint, vgl. el. avväav. Nach simus »itis
sind die im klassischen Latein ausschliesslich üblichen Formen sXm sTs sU,
älter sU, seit CIL. 1, 603, sint uniformiert. Derselbe Fall liegt vor bei veUm
für *veli€m nolim malim, sowie bei den altlat. Formen edim duim.*^) dem stem
können lautgesetzlich nicht aus den vorauszusetzenden Grundformen ^da-is-m
^sta-i^-m (wenn sto nicht überhaupt mit Brugmann = *sta-i-ö zu setzen ist,
vgl. § 100, 2) hergeleitet werden, da diese wohl *dam *stam ergeben hätten.
Sie sind also nach Analogie der abgeleiteten a-Verba gebildet.^) Dieselbe
Bildungsweise befolgte der sigmatische Aorist, ein ursprünglich unthematisch
flektierendes Tempus,'') daher faxini viderim (vgl. gr. eiSeitjv für *is€id€air]v),
wornach die Perfecta überhaupt sie annahmen. Die ursprüngliche Länge
des Vokals ist in alter und zum Teil bei Dichtem auch in späterer Zeit
gewahrt, z. B. dederttis (Ennius), norimus (Terent.) und an anderen Stellen
bei Neue 2, 510. In der Regel aber ist auch im Opt. d..Perf. der kurze
Vokal herrschend geworden, der den lautlich mit Ausnahme der 1. sgl.
(fecero neben fecenm) und 3. Plur. übereinstimmenden Formen des Konj. d.
Perf., bez. Fut. exactum regelrecht eigen war. Umgekehrt zeigen auch
die Konjunktivformen die ihnen nicht zugehörige Länge.
Der Optativ der thematischen Verba hat das Charakteristiken -T-, schon
in indog. Zeit aus -?- gekürzt, vgl. oben S. 174; vgl. skr. bhdret für
Hharori't gr. (fägo-i-g. Als Grundformen für das Lateinische ergeben sich:
1. Sgl. *fero-i'rgL ^fero-i-ew, vgl. oben S. 145 Fussnote, 2. Sgl. ^fero^-s,
3. Sgl. *fer(hi-t; 1. pl. "^fero-i-mos, 2. pl. fero-i-tis, 3. pl. ^fero-i-i^t
CüBTius, Vb.* 2, 79, Bbuomann, Grundriss 1
§201.
0 Stolz, Verbalflexion 1, 20; Pott. K. Z.
26, 209.
«) Nbüb, 2, 612.
») ib. 2. 592.
*) ib. 441 f. I tab. rel. 87.
^) CuBTius* Ansatz ^sta-i-t (Vb.« 2, 91)
hängt ebenso in der Luft, wie Mistbli's
*da-i't (Z. f. Völkerpsycb. 14, 295 Anm.).
•) Bbugmahn, C. St. 9, 311 f.; Bkzz. B.
2, 245; Stolz, Verbalflexion 1, 13 f. Ober
diese Optative vgl. auch Scholl, Leg. XII
378
B. Lateinisohe Ghrammatik. o) Lateiniaohe Formenlehre.
*ferO'i-ent Daraus lautgesetzlich höchst wahrscheinlich 1) *ferom *fera9Ü
(vgl. oben § 36, 2 und Osthoff, M. U. 4, 304); 2) ^feris *ferU (vgl.
§ 13, 5); 3) ferBmus fer€tis, wie der Vergleich mit pomeritfm aus
*p6s-moiriO' ergibt (vgl. auch Brugmann, Qrundriss 2, 151 über aU^us
terrmvSy worin vielleicht idg. *'OinO' steckt). Die Uniformierung des
ganzen Modus von der 1. und 2. des Plurals aus (zunächst ferent, dann
der Singular) hat eine genau entsprechende Parallele an sim u. s. w.^) In
gleicher Weise erklären sich aber kaum die Formen dieses Modus der ab-
geleiteten Verba (vielleicht ^audi-io^i-mos = audi-E-mus^ aber ^amör-io^mos
hätte wohl *amamus ergeben). Es werden also amem ames u. s. w. wohl
Neubildungen des Lateinischen sein. Diese Neubildung erklärt sich um
so leichter, wenn man bedenkt, dass auch der idg. Konjunktiv der a- Verba
in dieser Form, wie der Optativ, mit dem Indikativ zusammenfiel
(^ama-i-a-mos *amamiis). Die Neubildung erklärt sich aus dem Verhältnis
amem : amo = ferem : fero. Vgl. übrigens über die Bildung des Optativs
auch den Erklärungsversuch Bruomann's, Grundriss 1, § 81, Anm. 3. Da
in der lat. Sprache, soweit unsere historische Überlieferung reicht, Kon-
junktiv und Optativ ohne Unterschied der Bedeutung gebraucht werden, so
kann es doch wohl nicht auffallen (Thurneysen findet darin eine Stütze
für seine Auffassung), dass die im sonstigen Gebrauche mit denen des
Konjunktivs identisch gewordenen Formen des Optativs auch die Funktionen
des Futurums übernahmen. Solche Formen sind audies leges u. s. w. Erste
Personen auf -e, bez. -em aus Cato und anderen alten Schriftstellern bei
Neue 2, 447, Löwe, Acta soc. phil. Lips. 5, 317. Über die Verwendung
des lat. Konj. (bez. Opt.) d. Präs. als Futurum vgl. auch E. Rodenbusch,
De temporum usu Plautino quaest. sei. Argentorati 1888 diss. inaug.
S. 57 ff. (Arch. f. lat. Lex. 5, 304 ff.).
116. Imperativ.^) Im Lateinischen wird ein Imperativ im all-
gemeinen nur vom Präsensstamm gebildet; denn der sogenannte Imp. futuri
verdankt nur den Grammatikern seine Benennung. Nur mcmento Qrdf.
*memfit6d fnemeritote sind von dem Perfektum memini abgeleitet.
Activum.
2. d. Sing. Von den un thematischen Verben wird die unechte Kon-
junktiv- (nach Brugmann Injunktiv-)form verwendet;^) es es fer (spät-
lateinisch affers Rönsch, Itala 294) vel (nur mehr als Konjunktion ver-
wendet) stehen für *cd-s *e5-s */er-s HeUs, vgl. gr. doq und sind eigentlich
Indikative des Präteritums. Nach ihnen sind die duc fae, ja sogar inger
gebildet, wie schon Corssen 2, 602 lehrt; die volleren, in älterem Latein
sehr häufig vorkommenden Formen bei Neue 2, 438 f. Solche Injunktiv-
formen scheinen auch prosjnces perfines Fest. 205 zu sein. Die vokalisch
endigenden unthematischen Verba ire dare, vielleicht auch stare haben sich
nach den thematischen auf -/o -ao gerichtet, daher J da sta, noli nolei CIL. 1,
1081, 1453 (unsicher wcK Löw^e, Prodr. 360) ist nicht aus «ofo hervorgegangen
') Dieso Ansicht habe ich auch Zeitschr.
f. d. öst. Gymn. Jg. 1889, S. 222 f. ent-
wickelt.
'^) Zur Litteratur Thübkeysen, Der indo-
germanische Imperativ, K. Z. 27, 172 f.
^) Benfey, Kurze Sanskritgr. 89; Del-
brück, Synt. Forsch. 4, 68, 119; Brugmann,
M. ü. 3, 2 f.
4. Flexion des Verbams. (§ 116-117.) 379
(CoRSSEN 1, 724), sondern zu dem von nolUis zunächst abstrahierten nolite
nach dem Verhältnis von audite : audi gebildet,*) dann auch nolüo nolitofe.
Die thematischen Verba setzen die Stammform auf -e, also IcgCy gr. Xeye
skr. vuha; ama mone (gelegentlich auch mit Verkürzung in iambischen
Wortformen) aus ^amäie *moneie, jedoch audi wahrscheinlich Analogie-
bildung, vgl. § 36, 2; at Naevius nach Diom. bei Keil, Gr. L. 1, 374,
3 V. "^alrey vgl. als Plaut. Bacch. 78. 2. und 3. d. Sing. Eine gemein-
same Form auf -tö urspr. 4öd gr. 'Ta){t) skr. -tat, so statod (Dvenos-
inschrift), licetod datod molatod (neben exvehito exferto) auf der lex
Spoletina; estod \li]cctod lex Lucerina CIL. 9, 782, ersteres auch Festus
230, 14; vielleicht auch facitud l, 813; hdbetod Plaut. Mil. 23 Ribb.
{habetot B a); vgl. osk. estud Kkiiud. Die Formen fundatid parentatid
proiecitad auf ders. 1. Luc. sind trotz Corssens Erklärungsversuches Eph.
ep. 2, 205 f. sehr unsicher und beruhen höchst wahrscheinlich auf schlechter
Abschrift. Danielsson bei Pauli, Altit. Stud. 4, 154 hält die ersten beiden
für Analogiebildungen nach osk. hipid fefacid (sichere Verbesserung für
überliefertes fepacid), die letzte Form ist noch zweifelhafter. Nach den
Auseinandersetzungen von Scherer, Z. 6. d. d. Spr. 389 f., Buooe, Altit.
Stud. 29, Brugmann, M. U. 1, 163 f., Tuurneysen a. a. 0. 179 hat un-
zweifelhaft die Form auf -töd als Imperativ für die zweite und dritte
Person d. Sing, und Plur. fungiert; vgl. bes. umbr. etatu lovinur VI b
63.*) 2. d. Plur. Die einfache Form auf -te gehört wieder dem unechten
Konjunktiv an, daher este (älter *ste skr. std), ferte (für * forte skr. *bhrtd
wie krtd), date, ite, ebenso von den thematischen Verben legite (vgl. gr.
ksyete und e-keyere), laudate monete audite. Die Form auf -tote ist offenbar
einfache Pluralisierung der Singularform auf -to durch das Personalsuffix,
also legito'te.^) 3. d. Plur. Eine Neubildung nach dem Muster des Sing, ist
auch diese Form, wie gr. A^yoiT«; suntod auf der lex Spoletina, sonst
immer die Formen auf to.^)
Passivum.
Die 2. Sgl. sequere habe ich jetzt mit mehreren Gelehrten (vgl. § 10)
gleich gr. i'7ie{a)o gesetzt. Die 2. plur. legimini ist der Imperativisch ver-
wendete Imperativ (= gr. Ib'yefievai)^ vgl. § 98. Die 3. sing, und plur. sind
aus den entsprechenden aktiven Formen durch den Passivexponenten r ge-
bildet, z. B. laudato-r laudanto-r. Über die Imp. auf -mino vgl. § 98. Von
Deponentien finden sich Formen mit aktivem Ausgange, z. B. utito praefato
(sonst nie mit aktiver Form) u. a. bei Neue 2, 400, inschr. als Passivum
censento CIL. 1, 198, 77. Diese Formen erinnern an eine Zeit, wo das Suffix
'tod, wie oben auseinandergesetzt wurde, noch eine freiere Geltung hatte.
Infinitive und Partizipien.
117. Infinitiv. 5) Sämtliche aktive Inf. endigen sich auf -se, bez. -rc,
so im Präsens von unthematischen Verben velle ferre esse (von ed- und es-)
*) Dieselbe Erklärung jetzt auch von \ und Partikel *töd siehe oben S. 172 f.
Waoksbvaoel, K. Z. 30, 313. ^) Bbuomamn a. a. 0. 165.
*) Dagegen Cübtiüs, Zur Krit. d. neuesten *) Bruomann a. a. 0., Techxbr s Int.
Sprachf. 141 onter Zustimmung von J. Schmidt, Zeitschrift 1, 238, Thurneysen a. a. 0. 179.
Deutsche Literaturztg. 1885, 344. Die Er- | *) Bruomann, M. U. 3, 42 f,
klftrong dieser Formen aus Verbalstamm {
380 B* LateiniBohe Qrammatik. o) Lateinische Formenlehre.
für *vcUse * ferse *ed-se esse (ese CIL. 1, 185, 186, 196, worauf Mebouet,
Formenbildung 248 Schlüsse baut, ist nur von graphischer Bedeutung);
ferner dä-re, ß^re; von thematischen agd-re, lauda-re, mofH^-re, audl^re;
ferner vom sigmatischen Aorist dixe scripse, vom Perfektum ttäudisse, ver-
einzelt averuncassere u. s. w. vom Put. ex. Nach Brugmann. Grundriss 2
5. 459 sind altüberkommen nur die Formen auf -ere (= ^-es-X, Lokative von
es-Stämmen, vgl. gr. SofAsv (Lokativ) neben rf6ju«=v-ai, (Dativ)) und vielleicht
auch dixe und Konsorten, vgl. skr. dr^-f, während dare ferre und alle In-
finitive d. Präsens der untheroatischen Verba lateinische Neubildungen sind.
Da das -6 der Infinitivendung -ere in einzelnen Fällen lang gemessen wurde
(vgl. Waoner, Rh. M. 22, 118, 425, Corssen 2, 474 f., dagegen Misteli,
Z. f. Völkerpsych. 14, 326), so kann man hierin wohl nur eine poetische
Freiheit sehen, hervorgerufen durch den schwankenden Gebrauch von For-
men, wie fiere fierf fierei. Die passiven und deponentialen Infinitive auf -F
sind dativischen Ursprunges (— idg. *-ai), z. B. agT skr. dj-c, dic-t, sequ-'i
u. s. w., ebenso dasi Paul. Fest. 68, 13 M., später darf, ferr% vgl. skr.
ji'^e; nach diesen Mustern sind ama-n, monE-n, audt^ ße-ri {-et) für älteres
ßere (die Stellen bei Neue 2, 334) neugebildet. Bruomann weist die Lokativ-
form ausdrücklich dem Aktivum, die Dativform dem Passivum (Deponens)
zu. Auffallend ist dann die Verwendung von dari für dare Varro 1. 1.
6, 86, iudicare für iudicari in der lex Rubria;^) auch Plaut. Poen. 710
bieten die Handschriften dare (Götz nach Ritschl ,ydarei"). Sollte viel-
leicht nicht doch ehedem die Verwendung der Infinitive eine von dem
Genus des Verbums weniger abhängige gewesen sein? ar^- und die ent-
sprechenden Formen dürften Eontaminationsbildungen zwischen den Infini-
tiven auf -r und -^ sein. Die neben den gewöhnlichen passiven Inf. auf -i
gleichzeitig (aber nicht früher) erscheinenden auf -ier, wie agi-er luudari-er
u. s. w., welche allem Scharfsinn früherer Erklärer getrotzt haben,*) weil
man sie für älter als die erstgenannten hielt, ^) können meiner Ansicht nach
aus dem gewöhnlichen Infinitiv auf -T und dem von den thematischen,
nicht abgeleiteten Verben entlehnten Infinitivsuffix -ere gebildet sein.
Freilich erwachsen diesem Erklärungsversuche Schwierigkeiten, wenn wirk-
lich die Scheidung in Aktiv- und Passivformen des Infinitivs so streng von
Anfang an durchgeführt war, wie von Brugmann angenommen wird; vgl.
jedoch seine Bemerkungen über den^griech. Infinitiv oben S. 178 f. Von
formaler Seite ist die Abstumpfung des ^ere zu -er für die Vulgärsprache
entschieden nachweisbar^) und biber für Fannius Cato und Titinius durch
Charis. bei Keil, Gr. L. 1, 124 bezeugt. Brugmann, Grundriss 2 S. 460
vermutet in dem -er die (dialektische) Präposition ar und vergleicht hin-
sichtlich der Stellung quem ad umbr. asam-az; vgl. jedoch den Nachtrag zu
S. 292. Nach Fick, Gott. gel. Anz. 1883, S. 586 (zustimmend Windisch,
Abh. d. kgl. Sachs. Ges. d. W. X, 508) ist agie-r zu teilen (aber agie- kann
') Lakge, Denkschr. der k. Akad. d.
W. zu Wien 10. 48. 52.
■-) Vgl. die Übereicht der Vereuche bei
Schleicher, Comp. S. 457 f.
^) Auch i.st nicht zu übersehen, dass die
♦) Vgl. die Vorechrift des Caper bei
Keil. Gr. L. 7, 108, 10: bibere non biber
und ScHUCHARDT, Vok. 2, 390. Inschr. nur
haber CIL. 8, 8369 nach Seblhann, Neue
phil. Rundschau 1886, S. 190 und iransferr
Inf. auf -i an Zahl immer tiberwiegen. i (Schüchardt a. a. 0.).
4. Flexion des Verbanus. (§ 118.)
381
nicht Grundform von agi- sein). F. Müller, Orundriss der Sprachwissen-
schaft III 2, 650 f. hält -er für den Passivexponent^n (woher aber dann
das -e-?). Eine neue unhaltbare Hypothese bringt Henry, Mem. d. 1. S.
d. 1. 6, 62 ff. So ist der Ursprung dieser Form immer noch unklar.
118. Partizipien. 1. Das Part. präs. act. wird durch Suffix -nt
gebildet ;') über den Wechsel von -ont und -ent bei den nichtabgeleiteten
thematischen und un thematischen Verben vgl. § 45.
2. Ein Part. perf. act. ist nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Sehr
fraglich sind die von Curtius, Vb.* 2, 250 als deiche angesetzton papa-ver
und cada-^er; mit grösserer Wahrscheinlichkeit hat J. Schmidt, K. Z. 26,
372 f. osk. sipas lat. silms persibus (= urit. *sep^ö8 oder *s?piis) als ein
Part. d. Perf. erklärt: vgl. Bartholomae, K. Z. 29, 540, Bruomann, Orund-
riss 2, S. 417. nteminens ist eine sekundäre Neubildung, wie gr. xaxh]-
yovTsq u. a.
3. Das Part. fut. act. auf ^-turo- ist eine Weiterbildung des Verbalnomens
auf -/ar (vgl. die subst. Bildungen auf -^ura), darunter viele Analogiebildungen,
z. B. oriiurus morituras luiturus nuiturus nach denen auf -Hurus,^)
4. Partizipiale Bildungen mit dem Suffix idg. stärkster Stamm ^mön-,
stark -iwewo- schwach -mno- kennt das Lateinische nur in erstarrter Form, in
der 2. plur. ama-mini u. s. w. (vgl. § 98) oder in substantivischer, bez. ad-
jektivischer Verwendung, z. B. alimönium Al&nwna alumnus. Dazu nach
OsTHOFP auch cleniens vehemens, vgl. oben § 77, 3. Über diese Bildungen
vgl. Bechstein a. a. 0. 387 f. und Bruomann, M. U. 2, 185, der mit Recht
sämtliche von ursprünglichen *fiton-Stämmen aus erklärt.
5) Das Suffix -fo- gr. -ro-, ursprünglich betont und daher an die schwache
Wurzelform tretend, bildet Part. perf. pass., z. B. da-tus gr. So-zog, oc-cultus
Grdf. *Mtö^j tentus Hffiö' (gr. tatog); vgl. darüber jetzt Bruomann, Grund-
riss 2, S. 216 f. Über den Wechsel von t und s vgl. oben § 64, 3. Neben
-to- erscheint vereinzelt in gleicher Verwendung -^wo-, z. B. mortuus aksl.
mritvu, das *mortus, vgl. skr. mrtd^ gi\ ßgotog (für ^ßgatog) verdrängt hat.^)
6) Das sogenannte Part, necessitatis auf -ndo-; über dessen Bildung,
sowie die der verwandten Verbalia auf -bundo- vgl. § 65, 2c; vgl. auch
ira-C'Undus, dessen -c- Bezzenberger, Gott. gel. Anz. 1887, 428 dem -x-
des griechischen xa- Perfekts gleich setzen will, während Bruomann, The
Amer. Journ. of Phil. VIII 443 rubi-cundus u. s. w. aus "^ruhicih-tno- vom
Nominalstamm ^rubicö-, vgl. rubicare, herleitet. Letzteres . klingt viel
wahrscheinlicher.
Zur Litieratur über das lateinische Verbum: G. Curtius, Die Bildung der Tempora
und Modi im Griechischen und Lateinische» sprachvergleichend dargestellt, Berlin 184ü.
R. Westphal, Die Verbalflexion der lateinischen Sprache, Jena 1873. L. 0. M. Aubbbt,
Den ladinske Verbalflexion, Christiania 1875. £ise>'lohb, Das lateinische Verbum, Heidel-
berg 1880 [ohne weitere Bedeutung, vgl. Lit. Centralblatt Jg. 1881, 56 f.]. A Probst,
Beiträge zur lateinischen Grammatik I: Zur Lehre vom Verbum, Leipzig 1883 [verfehlt,
vgl. Wochenschrift f. klass. Phil. 1, 435 f.]. M. ENOfiLHABDT, Die lateinische Konjugation
') Vgl. über dieses Partizip Bechstein
C. St. 8, 338 f.
«) Pauli, Altit. Stud. 4, 47 f.; Engel-
BABDT, Die lat. Konjug. 91 f.
') Nach Osthoff (vgl. Bbugmakk, Rh.
M. 43, 402) ist hier Suffix -^o- von ri-vus
bezogen. Vgl. übrigens auch Brnpey, Gott,
g. N. 1873, 182 f., Bb6al, M^m. d. 1. S. d.
1. t), 127.
382 B. Lateinische Grammatik, o) Lateinische Formenlehre.
nach den Ergebnissen der Sprachvergleichung, Berlin 1887 (vgl. meine Besprechung in d.
Z. f. d. ösfc. G3rmn. 1888, S. 746 f.). Ausserdom vergl. noch Hübvbb, Grundr. § 60 und
G. Meybr, Gr. Gr.* S. 402 f.
Nachträge und Berichtigungen.
S. 244. Eine mir eben zugehende »Grammatica Latina aecondo i metodi piü recenti' von
Luioi Bboccabdi (parte prima: fonologia, Torino 1889) hat einen beträchtlichen
Teil fast wörtlich meiner Darstellung in diesem Handbuche entlehnt.
S. 245 Z. 3 v. o. lies «vor Christus" statt «der Stadt*.
S. 245 Über die sprachbildende und sichtende Thätigkeit der klassischen Lateiner vgl.
die Bemerkungen von Thurnetsün K. Z. 30, 497 f.
S. 247 Z. 6 V. o. Nach einer freundlichen Mitteilung von J. Bär u. Co. in Frankfurt a. M.
scheint die an dieser Stelle erwähnte Arbeit von Loth Oberhaupt bis jetzt nicht
erschienen zu sein.
S. 248 Z. 12 V. o. lies »-ow» statt ,-Mm*.
S. 251 Z. 6 V. o. lies i,koput* statt ^Kapuf^, ib. Z. 17 v. u. Wegen cdlx siehe Nach-
träge zu S. 297.
S. 252. Die Bemerkung über die Scheidung in i pinguis und i tenuis ist selbstverständb'ch
so aufzufassen, dass Lucilius noch einen Unterschied in der Ansprache beobach-
tete (vgl. die Bemerkung S. 273). Richtig bemerkt daher Thubnbysbh K. Z. 30,
498: «Der in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts geborene Lucilius gibt im
9. Buche seiner Satiren Vorschriften, in welchen Wörtern ei, in welchen t zu
schreiben sei. Dies lehrt uns, dass er die alte Aussprache des geschlossenen i
und des offenen ei (ut pinguius fiat IX, 16) selber bewahrte, dass aber zu seiner
Zeit eine Vermischung eintrat, so dass er Vorschriften für nötig hielt Die erste
datierbare Inschrift, welche den Zusammenfall von altem t und ei dokumentiert, indem
sie ei fQr t schreibt in den Genetiven cogendei dissohendei und im Konjunktiv
faxseis ist bereits die Dedikation des Mummius a. 146 oder 145 (CIL. 1, 582)*.
S. 256, 4. Vokale. Vgl. einen später mehrfach zitierten Aufsatz von W. Metbr, in K. Z.
30; 335 ff. ,Zur Quantität und Qualität der lateinischen Vokale." — ib.
Z. 20 V. u. lies ,^*-äio* statt „ — *äio,* ib. § 7: ^dntta stellt 0. Scbrader, K. Z. 30,
481 zu lit. verpili verpti „spinne*, skr. värpas- «List, Kunstgriff". - - Dass lat
pedi'SequoSf wie W. Schulze, Quaest. Hom. spec. S. 54, Note 180 will, das sin-
gulare dialektische gr. nedd enthalte, glaube ich nicht, und wird auch durch ahd.
mitikangun nicht bewiesen, ib. Z. 10 v. u. ist zu quinque zu bemerken, dass
dasselbe sekundär gedehntes t hat, wie später § 4 1 B 2 ausdrücklich hervor-
gehoben wird.
S. 257 Z. 15 v. u. lies „svadha-'^ statt j,8vadhä-*.
S. 258 Z. 15 V. u. ist hinzuzufügen, dass Johaksson K. Z. 30, 422 rös axif*urö8 zurückführt
S. 259 Z. 17 V. o. lies Jista-" statt ,.te<Äd-*. - ib. Z. 25 v. o. lies ^gaiaztü* statt
„gaistü*, ib. Z. 11 v. u. lies j,heitoa'frduja* statt „heiwa-frauja" , ib. Z. 5 v, u.
lies ,t* statt „i*.
S. 260 Z 6 v. o. lies ^*divsus *diieum statt y,*dietis *dieum'^, ib. Z. 23 v. o. lies ,*(fMtiäji'*
statt i,duöu*. ib. Z. 16 v. u. lies y,naan'^ statt »mian*. ib. Z. 10 v. u. ist zu
tilgen „aeris aus *aiesis skr. äyas'^. Vgl. S. 271 Fussnote 4.
S. 261. Bezüglich capis capit schiene es mir immerhin auch jetzt noch möglich, vom
Standpunkte des Lateinischen aus, die bereits in der ersten Auflage gegebeue
und auch von Bbugmann, Grundr. U S. 123 vorgetragene Erklärung als haltbar
zu bezeichnen. Die beigebrachten analogen Erscheinungen scheinen mir doch
nicht so ganz ohne Beweiskraft zu sein, wie Stbeitbbbo meint. Nachdem aber
indessen Johansson De der. verb. contr. 166 f., 181 ff. den Zusammenhang der
baltisch -slavischen t-Verba und der lateinischen auf -io nach Art von capto er-
kannt hat, hat Stbeitbebg P.-B. Br. 14, 224 ff. neuerdings die Entstehung der thema-
tischen Flexion von capto und Eonsorten aus einer ursprünglich untbematischen
nachzuweisen gesucht. Wir hätten demzufolge ursprünglich abstufende Flexion.
Sing.: *-iö *ii8i *iiti, Plur. *-ime8 *-ite *-inti. Im Lateinischen müsste zunächst
die 3. plur., z. B. *capi€nt aus *capi'T}t nach dem Muster der denominativen Verba,
wie (uuliunt umgeformt und vom Plural aus die Umformung auch auf den Sin-
gular ausgedehnt worden sein. Ohne Frage verdient Stbbitbekg's Auffassung
vor der meinen den Vorzug.
Nachträge und Berichügimgen. 383
8. 261 Z. 10 V. o. vgl. wegen södes meine Ausführnngen in der Zeitschr. f. d. öst. Gymn.
1889, S. 220 f. Auch Thxtrnetsen K. Z. 30, 489 Fassnote spricht mit Recht seine
Zweifel über die von Scrweizeb-Sidleb Gramm.' S. 22 angenommene Ansicht
Frördb's aus (K. Z. 12, 158), dass södes für *8T(Bdhe8 stehe und ursprünglicii
«Freund* bedeutet habe.
S. 262 Z. 5 V. o. Nach Thurneysbn K. Z. 30, 502 f. beruht pares auf Kontraktion aus partes.
S. 262 Z. 22, 23 lies /ütdctfa** ^vidMvä" statt ^^vide-^a" ^vidh-ära^,
S. 263 Z 14 V. u. ist wegen -cun-que zu verweisen auf S. 312.
S. 263 Z. 27 V. o. lies ,&-•* statt &.* ib. Z. 29 v. o. beide Male ,2. Hochstufe« statt
3. Hochstufe*, ib. Z. 32 v. o. ,6Äf* statt ,6Äf*.
S. 264 § 16 füge hinzu lena f. *leg'Sna läxus, vgl. I^buomahv oben S. 46. Vielleicht gehört
auch zu dieser Ablauisreihe ah-dö-men gr. dtj-f^og (nicht sicher ob e oder ä ur-
griechisch), vgl. 0. Sghrader K. Z. 30, 471.
S. 265 Z. 24 V. o. ist zu streichen^ „coffnüum aus ^cö-gnätum Grdf. *^<o-*. ib. Z. 27 v.
o. lies ^skaid-* statt ,s£aid-*.
S. 268 Z. 23 V. 0. lies ^{se dulo m[dloY statt ,(se dulo {m[aloy. ib. Z. 28 v. o. lies
«echtlat.* statt „ächtlat*
S. 270 Z. 21 V. o. lies ^ddenio* statt ,,delenio'^,
S. 271 § 30 füge hinzu Aesiona und vgl. Bücheleb, Rh. M. 27, 475.
S. 272 Z. 9 V. o. lies «echf" statt «acht*.
S. 275 Fussnote 2. Nach Thübneysek K. Z. 30, 490 f. gehört pühlicus zu pübes („was die
erwachsenen Männer angeht*), püblicus und poplicus (letzteres natürlich zu alat.
poplus) sind im Gebrauch identisch geworden und haben die Zwitterformen poblicus
und puplicus erzeugt.
S. 278 Z. 10 V. o. lies: ,-ino-* ^-ayo-* , ^o-* für ,-tno* ,a»'o* ^nno'^, ib. Z. 20 v. 0.
„£i>0N* statt „ädon*.
S. 279 Z. 13 V. u. lies ^quotidie* statt „cuotidie'^, — ib. Z. 10 ist zu ms»' hinzuzufügen:
„für totm, entweder nach iussus (vgl. |)crcus«t : p^'cussu«) oder nach Osthopf,
Z. G. d. P. 533. Zur Etymologie vgl. jetzt Buoge, Bezz. B. 14, 58, der das Wort
zu lit. jüsti „in zitternde Bewegung geraten*, skr. yodhämi stellt (Grundbed. von
iubere „anregen*, w&a „die wallende*).
S. 280 Z. 27 V. 0. lies „Lok.* statt „Loc*
S. 281 Z. 12 V. o. lies „sU-mulus'^ statt „sti- mulus'^,
S. 281 § 41, 2 ist zu erwähnen, dass Thubnetsen K. Z. 30, 501 f. die Länge des i in
quinctus qulntus (ebenso wohl auch in qüindecim) für lautgesetzlich berechtigt
hält, vgl. ünctus und inschr. sänctus itincta u. s. w. und von den Formen der
Ordinalzahl aus die Länge auch in die der Kardinalzahl übertragen sein lässt.
S. 284 Z. 19 V. o. lies ^hu-per^pici* statt „am- per^pwi'^. ib. Z. 26 v. o. lies ^*pi-k8k(y
statt „*p2'isko*.
S. 285 Z. 12 V. o. ist wegen idg. -f- = lat. -ir- zu erwähnen Johansson K. Z. 30, 437.
S. 286 Z. 22 V. u. lies „vor f v, m vor p b, n besonders vor «* statt „vor f v m vor
p 6, besonders vor «*.
S. 287. Zu thensaurus u. s. w. vgl. das von Bücheleb, Rh. M. 27, 475 angeführte Chei-
ronensi (Obelli 750) und anderes dort Beigebrachte. — ib. Z. 26 v. 0. lies
„*f>i»gÄw-* statt „pi9^hü'*,
S. 288 Z. 9 \. o. lies „*n-* statt „Ä*.
S. 289 Z. 15 V. o. lies „fe* statt „//. ib. Z. 16 •„%<o- statt „*A-»?i/ö-. ib. Z. 12 ist zu
proximus zu liemerken, dass es vielleicht für *propsitnu8 eingetreten sei nach
*neximus, das nach dem umbr.-osk. nesimo- und dem air. nessam (zu nectn
nexuSf Grdr. 2, 158) zu schliessen, doch auch einmal im Lat. vorhanden ge-
wesen sein muss (Bruomann nach brieflicher Mitteilung).
S. 290 Z. 20 V. u. ist zu streichen: „Regelrecht ist vixi aus *vig%isi neben rivere aus
^'«(.<7)lf ^^^ • Vielmehr ist vixi Analogiebildung (vm : vivere = fixi : fiveie), da
virere nach dem übereinstimmenden Zeugnis der verwandten Sprachen nur -v
im Stammauslaut gehabt hat, vgl. skr. jir- gr. ßi(f)'Og aksl. zivu,
S. 292 ist betreffs der Form ar zu bemerken, dass Thubneysbn K. Z. 30, 498 Fussnote
sie für echt lateinisch hält, da nach seiner Meinung jedes d vor f b konsonan-
tischem V (vielleicht auch 971) zu r geworden ist. Im Verlaufe des zweiten vor-
christlichen Jahrhunderts soll dann in etymologisch klaren Worten ad für ar
eingedrungen sein. In arcesso, alt arger würde demnach ar- auf Übertragung
beruhen; aber warum ist hier nicht *acces8o hergestellt worden? Allerdings ist
es bei der Lückenhaftigkeit der Überlieferung etwas misslich, einen so weit
gehenden Schluss, wie Thurneysen, zu machen. Das einzige Beispiel vor dem
Sc. d. Bacch. ist, so viel ich sehen kann, apur finem der im marsischen Provinzial-
384 B* Lateinische Grammatik, c) Lateinische Formenlehre,
latein geschriebenen Inschrift Sohnbidbr 83; das Sc. d. Bacch. hat neben apud
aedem, arf. arfuisse arvoraum (aber ead fecisent); Schwanken zwischen advor-
sarius und arvarsarius in der Lex Acilia a. u. 631/32, lünst überall advaraus
u. 8. w. Freilich moss aber auch zugegeben werden, daas mit Ausnahme der
beiden oben angeführten Fälle ar stets vor v f b steht, vgl. Cobssen, 1, 238,
Seblmamn 310 f. Die lautphysiologische Erklärung dieses Vorganges yersucht
Sbelmann a. a. 0.
S. 293 Z. 9 V. o. ist zu streichen «westgerm. ^ä*^ bis j^ä-ioerf^, weil westgerm. ä nur =
indog. e sein kann. ib. ^. 24 v. o. lies , Verschlusslaute* statt .VerschloBfiliuite'.
S. 294 Z. 18 V. o. lies t*ueghiä* statt j,*veghia. ib. Z. 15 v. o. lies ^zama'^ statt ^zama*;
Z. 15 ,i^«w statt zasts''; Z. 26 «i/OcT* statt ,i/i*ä".
S. 295 Fussnote 7 lies .Vanicbk" statt .Vahi bk*.
S. 296 Z. 1/2 Y. o. ist j^iübere wegen iussi aus *md-8iUut'8i (Etymon unsicher)' zu streichen
und iubere, dessen -5- = idg. -dh- ist, auf der vorhergehenden Seite einzufügen.
Bezüglich der Etymologie vgl. den Nachtrag zu S. 279.
S. 296 füge man hinzu, dass Thubnbyssbn, K. Z. 30, 491 f. infra imus aus *in8'ra ^ins-mo-
etklärt und das Etymon zu air. is iss «unterhalb', an-is ^von unten' u. s. w.
stellt. Die Erhaltung des f erklärt er durch «Assoziierung des anlautenden m
mit der Präposition und dem negativen Präfix in-'.
S. 296 § 56 Anm. Zur Schreibung FH vgl. die entsprechenden griechischen bei 6. Mbybb
Gr. Gr.* § 166 und 244 Anm. und dieses Handbuch 1, S. 420.
S. 297 § 57. Nach Johansson K. Z. 30, 439 soll calx in der Bedeutung «Stein' ein-
heimisch, aber in der Bedeutung .fiodk' Lehnwort aus dem Griechischen sein,
ib Z. 5 V. o. lies «-V>-a' statt «-^-a-'. ib. Z. 16 v. o. lies »J^o-' statt ,jftlla-'.
S. 298 Z. 22 V. 0. ist zu lesen: «Ein indog. sonantisches z u. s. w.' statt «Ein sonan-
tisches z u. s. w.' ib. Fussnote 4 ist hinzuzufügen: «Auch L. Mbtbr, Vgl.
Gramm. P 805 bringt dieselbe Vermutung über vema*.
S. 300 Betreffs der griechischen Lehnwörter mit spir. asper und der Setzung von etymo-
logisch unberechtigtem h in denselben vgl. auch Thumb, Untersuchungen über
den spir. asper im Griechischen (Strassburg 1889) S. 81 ff.
S. 300 Z. 26 V. o. vgl. wegen mwtuus S. 381 Fussnote 3.
S. 301 Z. 7 V. 0. füge man hinzu Seblmann 265 f.
S. 302 Z. 10 V. o. lies «Schabeisen' statt Schabeisen.
S. 303 Anmerkung 17. Nicht unwahrscheinlich klingt die von Johansson, K. Z. 30, 441 ff.
geäusserte Vermutung, dass die Anlautsgruppe mr- in br- übergegangen sei.
So stünde brevis für *mrevis got. ga-maürgjan «kürzen', dazu wohl auch gr.
ßQaxvg, da auch im Griechischen anlautendes /aq- durch die Mittelstufe /u/9^ zu
ßQ' geworden ist. Freilich muss ausdrücklich bemerkt werden, dass breins das
einzige lateinische Wort ist, welches als Zeuge für diesen Übergang von anl.
mr- in br- angeführt werden kann. Mit dieser Behandlung der Anlautsgruppe
stimmt nach unserer jetzigen besseren Einsicht auch die der gleichen Inlauto-
gruppe, vgl. S. 286. Dazu vergleiche man auch air. mrecht, jünger brecht «bunt',
(WiNDiscB, Kurzgef. irische Gramm. §41), agall. AUo-broges, dessen zweiter Be-
standteil zu air. mruig bruig «Mark, Land' gehOrt Nach dem Gesagten entfällt
natürlich die neuerdings von Schwbizer-Sidleb vorgebrachte Vermutung, dass
rigare für *mrigare stehe (vgl. Gramm. '^ S. 70), was übrigens auch Klugb, s. v.
«Regen' wegen gr. ßQSxeiy nicht für unmöglich hält. Ich habe wegen des un-
mittelbaren Zusammenhanges mit der Lautgruppe ml-, die sich wegen lac am
besten hier behandeln Hess, auch mr- hier eingefügt. Streng genommen würden
beide eine eigene Rubrik «m + Liquida' verlangen, ib. Z. 17 v. u. lies ^siüti^
statt .stinti'.
S. 304 § 63, 3. Um kurz Johansson's Ausführungen hier anzudeuten, bemerke ich, dass
er eine Reihe von mit 8- und il- ql- l- anlautenden Wurzeln durch Annahme
einer gemeinsamen Grundform siel- bez. sql- als verwandt zu erweisen sucht.
So vereinigen sich ihm claudo ahd. skliozan, clingere (= clatidere) Paul. Fbsti
50, 13, ahd. slingan u. s. w.; so soll obliquos licinus Umus (f. *lic-mo-) «schief
auf eine Wurzel sklei- zurückgehen. Auch mit der Anlautsgruppe shi- bez. sqn-
hat es nach J. dieselbe Bewandnis: so sollen lat. nugae anord. snykr, «Stank',
(jrundbedeutung «Schabsei', gr. xyvo) zusammenhängen, W. 8q{h)nug-, J's. scharf-
sinnige Ausführungen verdienen gewiss alle Beachtung, bedürfen aber doch wohl
noch endgiltiger Bestätigung.
S. 305 Z. 22 V. o. lies Jistd- statt ^Ustd-."
S. 306 Z. 23 V. o. lies „*8ued-8co'' statt y,*su^d8co'^ , ib. Z. 24/25 v. o. ist zu streichen
quassum für *quat-8umf das vielmehr gleich *quaHum *quat*tum ist, vgl. S. 307.
Kachträge und Beriohtignngen. 335
S. 308 Z. 20 Y. u. ist das Sternchen vor agellfM zu tilgen.
S. 309 Z. 9 V. o. lies ,*sup'mO'* statt ^^aup-mo"^, Z. 16 v. o. y^ves-lo-'^ statt ,*ves-lo*,
S. 309 Z. 24 V. u. Nach Thübnbysbn, K. Z. 30, 485 gehört annofia zu skr. dpna8 , Besitz
Reichtum" gr. €(g)yog und stünde also fQr *ci|}«no8-na, woraus aber wohl zunächst
*amn(ma sich ergeben möchte.
S. 310 Z. 24 V. o. Die Assimilation von -tl- zu -11- ist doch sehr fraglich wegen § 48 Anf.
Man raüsste eher *capiclum *puclu8 erwarten.
S. 311. Tbübnbysbn erklärt neuestens, anknüpfend an einen Versuch von Havet, M^m.
d. 1. S. d. 1. 6, 6 ff., ferundus aus *feromnO', so dass also dieses sogenannte
Gerundium mit gr. (peQo/Asyog identisch wäre. Er glaubt zur Stütze seiner An-
sicht besonders inde alat. quamde aus Hm-ne *quam-n€ vgl. pone supeme an-
führen zu können. Aber warum sollten nicht nebeneinander -de und -ne möglich
sein? Übrigens vielleicht -de = gr. 9a \ vgl. § 7. Ich halte diesen Erklärungs-
versuch für misslungen und habe daher auch in anderen Punkten mich nicht
bewogen gefühlt von früheren Ansichten abzugehen, vgl. S. 310 antemnae, 312
frendOy das nach Th. aus *fremno hervorgegangen ist. Dass dieses Präsens bil-
dende d kein «Schemen* ist, zeigt der Vergleich mit § 104 Anm. Vor allem
aber wird das vollständig widersprechende contemno durch Th's. Erklärungs-
versuch nicht beseitigt. Über die oskischen und umbrischen Formen spricht
Tb. nicht. Überhaupt bin ich trotz Th's. Ausführungen von der lautphysiologischen
Wahrscheinlichkeit des Übergangs von -mn- in -nd- ganz und gar nicht überzeugt,
ib. Z. 13 V. o. lies Jü. sektincis* statt «sec/tnos* und «auf idg. *-tno *'t^no-'^
statt auf idg. *'t%ino*.
S. 311 Z. 19 V. u. ist zu streichen ^facillimus *facil'Simo-'^ , vgl. S. 354.
S. 313 Z. 27 V. o. lies ,lit. elkstm'^ statt y,elkmi8.* ib. Z. 11 v. li. lies ,*«if»£/o statt
S. 316 Z. 10 V. o. ist nach § 97 hinzuzufügen ,und Nachtrag zu S. 358."
S. 322 Z. 4 V. 0. lies ^quaeaior quaestiis* statt '^ quaestor-us*" .
S. 324 Z. 3 V. u. lies „Asbo'th.*
S. 325 Z. 21 V. u. lies ^iruyamänas* statt ^irdyamänas* .
S. 326 Z. 14 V. o. ist nach «ib. 387 vgl." einzuschalten „oben*.
S. 327 Z. 24 V. o. ist, da der Druck undeutlich ausgefallen ist, zu bemerken, dass 0 von
zweiter Hand über e in hemini geschrieben ist. ib. Z. 18 v. o. lies ,i*'ini*
statt „*ini*. ib. Z. 30 v. o. lies „gräzisierend" statt „gräcisierend."
S. 328 Z. 18 V. o. lies .CIL. 1, 200, 23, itiner" statt^ .CIL 1, 200, 23) üiner\
S. 329 Z. 13 V. u. lies *y,8^adÜ8 ^suäd^t *ti^nÜ8 *<t?V»> vgl. 8Vädü.f svädvi statt ^*8^adu8
u. s. w." ib. Z. 5 V. u. „anmärkningar" statt „anmärkningkar."
S. 330 Z. 10 V. o. ist zu streichen ^^-tuo-, martuua*.
S. 333 Z. 5 V. o. ist nach .hervorgerufen" hinzuzufügen : .Vgl. § 67 Ende und S. 352
und 359."
S. 335 Z. 16 V. o. lies .yv/uy«" ; ib. Z. 23 v. o. lies .idg. *t^og-f/t statt .vö^-iyj". ib. Z. 9
V. u. .*-ww" statt n'i^is'^-
S. 336 Z. 3 V. o. lies .*ped-iw" statt ^ped-f^s". ib Z. 23 v. o. .Stokbs" statt .Stockes;"
desgleichen S. 337 Fussn. 6 und 339 Z. 19 v. u.
S. 343 Z. 24 V. o. lies ^räyä* statt „räyd*.
S. 347 Z. 12 V. o. ist ein Sternchen vor ei-i-us zu tilgen; ib. Z. 15 v. u. das Sternchen
vor ipse. Femer ist zu tilgen ^eis = *eio8, woraus doch nur *eo8 hätte hervor-
gehen können. Nach Bbuomavn ist eis = is, wie eisdem = tsdem, das aus idem
mit Beibehaltung der Länge des i umgeschaffen wurde.
S. 348 Z. 1 v. u. lies .gfuoto-" statt .quoio".
S. 349 Z. 23 V. o. lies .*<rfA^?" statt .*ai/i-?".
S. 350 Z. 19 V. o. lies „mßati* statt „iHninti*,
S. 351 Z. 3 V. o. ist bezüglich quartus zu bemerken, dass mit Rücksicht auf prän. Quorta
^ (S. 258) doch auch *qiiif'iö- als Grundform angesetzt werden könnte. Dann
gehörte quartus zu den § 10 aufgezählten Fällen des Übergangs von -^o- in ^a-,
und müsste das dortselb^t über Quorta Gesagte natürlich gestrichen werden.
ib. Z. 19 V. o. lies .♦st/iif/o-" statt .*t/ifio."; Z. 10 v. u. .*<ni9*«" statt .^nut«".
S. 352 Z. 23 v. o. lies .TiAe-zV-roc" statt ^nXe-Ts-rog'^, ib' Z. 22 v. u. lies ^*mini8'imO''^
statt .fwtVii« -imo". ib. Z. 15 v. u. lies .*j>i-ei-" statt jprei-.
Handbuch deir klus. Altertmuswiasenschaft. n. 2 Aufl. 25
Lateinische Syntax/)
Einleitung.
In der Geschichte der lateinischen Sprache haben wir zwei Erschei-
nungsformen und zwei Entwicklungsphasen zu unterscheiden: es sind dies
die Vulgärsprache, wie sie vom gemeinen Mann gesprochen wurde, und
die Schriftsprache, welche im Munde der Gebildeten und der Schriftsteller
lebte. Die erstere ist nie ausgestorben; wenn sie auch in der Zeit der
Klassizität verschmäht und in vielen ihrer Eigentümlichkeiten in Acht und
Bann gethan wurde, so Hess sie sich deshalb doch nicht unterdrücken,
und so kommt es, dass die älteste lateinische Sprache mit den spätesten
Perioden manche Erscheinungen gemein hat, die uns in der Zeit des Prin-
zipats der Schriftsprache nicht begegnen (vgl. auch oben Stolz S. 246).
Diese letztere beruht selbstverständlich vollständig auf der Volkssprache,
nur wurde sie unter dem sichtlichen Einfluss der griechischen Litteratur
und der römischen Grammatiker sorgfältiger entwickelt, an Wörtern und
Konstruktionen reicher, künstlerisch gestaltet und logisch präzisiert. Das
Hauptverdienst in der alten Zeit darf in dieser Beziehung Ennius für sich
in Anspruch nehmen; er wusste durch engen Anschluss an die griechische
Sprache mit feiner und folgerichtiger Aneignung der Vorzüge derselben die
bis jetzt noch wenig verwerteten Mittel der lateinischen Sprache unter
sorgsamer Schonung ihrer Eigenart auszubilden, ein Streben, welches den
Beifall der Zeitgenossen (so des Pacuvius) und Nachahmung in der Folge-
zeit fand. Ohne dieses Vorgehen des Ennius wäre die bis ins feinste aus-
gebildete Kunst des prosaischen Rhythmus bei Caesar, Cicero und Livius
und die Blüte der Poesie im augusteischen Zeitalter unmöglich gewesen.
*) Vorbemerkung. Auch diese zw eile
Auflage der «Lateinisclien Syntax und Stili-
stik* i^it in dankbarer Verehrung Herrn Pro-
fessor Dr. £ DU ARD WöLFFLiN in München
gewidmet als kleines Scherflein für reich-
liche Belehrung und allzeit bereitwillige Unter-
stützung und Förderung meiner lateinischen
Studien. Zugleich sei ihm und allen Ge-
lehrten, welche in ihren Rezensionen zur | und Stilistik!
Besserung und Vervollkommnung der , Syntax
und Stilistik" beigetragen haben, hiefÜr und
für die aufmunternde Anerkennung bester
Dank ausgesprochen. Möge die zweite Auf-
lage sich derselben freundlichen Aufnahme
erfreuen, welche die erste erfahren, und auch
ihrerseits anregen zur Förderung und Ver-
vollständigung der lat. bistoriachen Sjnlaac
Einleitung. 387
Daneben aber sehen wir in den Komödien des Plautus ein mit der grössten
Treue und Wahrheit wiedergegebenes Bild der römischen Umgangssprache
mit all ihren eigentümlichen Vorzügen und Mängeln. Auch Plautus hat
es verstanden, alle Hilfsquellen des noch sehr ungebildeten römischen
Idioms auszubeuten und hat somit seinerseits viel zur Entwicklung der
lateinischen Sprache beigetragen. Die von den Dichtem nach Ennius und
Plautus fortgesetzten Bestrebungen in Poesie und Grammatik mussten die
zwischen Volkssprache und Litterärsprache sich bildende Kluft immer weiter
ausdehnen; daraus ergab sich, dass die in der Volkssprache aufgewachsenen
llömer nur durch Unterweisung, Lektüre und Umgang mit den Gebildeten
die Sprache erlernen konnten; in litterarisch gebildeten Familien lernte
der junge Römer sofort die Schriftsprache (Cic. Brut. cap. 58), freilich ge-
trübt durch den Einfluss, den minder gebildete äussere Kreise auf ihn aus-
übten. Die feine Sprache der gebildeten römischen Zirkel ergiebt sich aus
einer genauem Vergleichung der Diktion des Terenz mit der des Plautus
einerseits und der des Cicero anderseits; so gross der Unterschied zwischen
der Sprache der gewöhnlich zusammengestellten beiden Komiker ist, so
bedeutend ist anderseits die Ähnlichkeit in der Diktion des Cicero und
Terenz. Die gesellschaftlichen Kreise, in welchen sich Terenz bewegte,
waren sehr bemüht um die Glättung und Abklärung der lateinischen Sprache,
und wenn nach Cicero die Meinung kursierte, Laelius habe die Komödien
des Terenz geschrieben, so liegt ein Körnlein Wahrheit darin : dem Laelius
und Scipio verdankte Terenz wohl zum guten Teil die Eleganz seiner
Diktion. Freilich waren nebenher noch mancherlei Einflüsse zu paralysieren :
ein eigensinniger römischer Nationalstolz, der manche hinderte, die von
Nachahmung der Griechen ausgehende Verfeinerung der Sprache mitzu-
machen, dann aber umgekehrt gewaltsames Eingreifen in die Weiter-
bildung der Sprache, wie nach Ciceros Notiz Sisenna meinte, recte loqui
bestehe im inusitate loqui. Allein die nach natürlichen Gesetzen fortschrei-
tende Entwicklung der Sprache ging über solche Bestrebungen hinweg,
und das rationelle Vorgehen Caesars und Ciceros half der immer mehr sich
klärenden pura et incorrupta consuetudo zur völligen Herrschaft. Doch
die Opposition konnte nicht ausbleiben : die elegante, konzinn gebaute, durch
kunstvollen Numerus sich auszeichnende, alles Vulgäre und Veraltete vor-
nehm abweisende klassische Prosa, die aber ebenso alles Fremde, sofern
es sich nicht durch wohlerworbenes Bürgerrecht eingelebt hatte, fern hielt,
wurde bekämpft von einer mehr demokratischen und in volkstümlich archai-
sierender Weise die Sprache handhabenden Richtung. Hauptvertreler der
Opposition sind Sallust, M. Brutus, Asinius Pollio. Wichtiger aber, als
diese Bestrebungen, ist die jetzt im politischen Leben sich vollziehende
Änderung. Mit Aktium war die Freiheit und damit die lebhafte Beteiligung
am öffentlichen Leben dahin, die Menschen zogen sich in sich selbst zurück,
und es entwickelte sich ein Subjektivismus, der natürlich auch auf das
Organ des Gedankenausdrucks, die Sprache, seinen Einfluss ausübte. Dazu
kam die seit Erteilung des Bürgerrechtes an die Gallier immer sich stei-
gernde Einwanderung fremder Elemente, die inquinate loquentes die Sprache
Nm, dann das Aussterben der alten Familien, welche die Reinheit
25*
388 B. LateiniBche Grammatik, d) Lateinische Syntax*
der Sprache gepflegt hatten, das Eindringen der schlechten, auch die Sprache
infizierenden Moral (talis hominibus fuit oratio qualis vita, Seneca ep. 114, 1).
Die Scheidung zwischen Poesie und Prosa verwischte sich, die Schmeichelei
gegenüber den Kaisern erzeugte Schwulst und Bombast: kurz, die Sprache
hatte mit Cicero und Caesar kulminiert und war nun sichtlich im Nieder-
gange begriffen. So lässt sich schon ein ganz bedeutender Unterschied in der
Syntax des Liv. gegenüber der des Cic. konstatieren, wobei freilich nicht ge-
leugnet werden kann, dass mit Brechung der standen Fesseln des Klassizismus
eine teilweise Bereicherung der Sprache an Konstruktionen (z. B. Partiz. fut.
final, edicto, nuntiato etc. mit ganz. Satz, Abi. abs. part. fut., Obj. bei Abi.
abs. part. perf. depon. u. ä.) eintrat. Von nicht zu unterschätzendem Einflüsse
sind hier auch die Dichter gewesen, welche durch den grossartigen Aufschwung
der Poesie poetischen Strukturen leichter Eingang in die Prosa verschafften.
Seit Lucrez und CatuU, welche mehr noch zur alten Sprache neigen, war
durch Tibull, dann durch Properz, schliesslich durch Vergil, Horaz und den
jüngsten und begabtesten Ovid eine Eleganz der Diktion entstanden, welche
niemand ignorieren konnte und die deshalb auch unwillkürlich stark auf
die Prosaisten wirkte. Die mit Livius zuerst sich zeigende Wendung zum
schlimmeren durch Aufnahme von Archaismen, dichterischen Elementen,
Neologismen , freieren dem Griechischen nachgebildeten Konstruktionen,
Vulgarismen steigert sich immer mehr im silbernen Latein, so namentlich
bei Seneca, welcher alles in pikanter und pointierter Wendung, jedoch mit
völliger Vernachlässigung der kunstvollen ciceronischen Periode, vorbringt
und von wohlgedrechselten Sentenzen wimmelt. Die Reaktion dagegen
musste notwendig kommen: sie wird neben Plin. min. namentlich durch
Quintilian als ihren Hauptvertreter verfochten. Dieser verauchte eine Ver-
söhnung des klassischen Latein mit der Sprache seiner Zeit: aber seine
Sprache bekommt dadurch den Charakter eines erkünstelten Produktes und
steht so schon ziemlich einer toten Sprache nahe. In seiner Jugend schloss
sieh auch Tacitus diesen Bestrebungen an, die er jedoch bald verliess, um
seine eigenen Wege in Schaffung eines grossartig ernsten , pathetischen
historischen Stils zu gehen. Aber die von Quintilian angebahnte Reaktion
nahm bald einen Charakter an, den Quintilian und seine Anhänger nie ge-
wünscht hatten. Was zu Senecas Zeiten schon vereinzelt vorkam (Sen.
ep. 114, 13 miilti ex alieno saeculo petunt verba: duodecim tabulas Joqmmtur.
Gracchus Ulis et Crassus et Curia nimis culti et recentes sunt: ad Appium
usque et ad Caruncanium redeimt), wurde durch die Frontonianer nun syste-
matisch gepflegt : die archaisierenden Schriftsteller brachen vollständig mit
der Sprache des ersten saec. nach Christus und gaben so Anlass zu einer
Regellosigkeit und Verwilderung, die noch durch immer stärker anflutende
landschaftlich-eigentümlichen Elemente bedeutend gesteigert wurde. Auch
die Verbreitung des Christenthums äusserte ihre Wirkung; viele Wörter
mussten einen Bedeutungswechsel durchmachen, der dann auch wieder auf
die Syntax Einfluss ausübte. Dazu kommt, dass den Kirchenschriftstellern
Gemeinverständlichkeit über die Eleganz ging, und wenn der Rhetor,
Grammatiker oder Poet sein Auditorium hatte, musste der Priester sich
auch dem seinen anbequemen. Die Kirchensprache hat einen grossen Be-
Einleitung. 389
stand an altertümlichen Wendungen, wodurch sie dem in seiner Sprache
konservativen Volke sich leicht näherte, und dieser archaische Besitz wurde
ein dauernder durch die Stabilität, welche jeder sakralen Sprache eigen ist.
Unter dem Einflüsse der Vulgata und der von ihr abhängigen Kirchen-
sprache stehen zunächst die Geschichtschreibor der hl. Geschichte, wie z. B.
Sulp. Sev., welche dabei aber doch das Streben zeigen, mit Wendungen,
die sie den Klassikern abgelauscht, ihren Stil zu verzieren, dann spät-
lateinische Produkte, z. B. Romane und Novellen, ähnlich wie eine späte
Schwindellitteratur unverkennbaren Zusammenhang mit den archaisierenden
Bestrebungen der Zeit des Fronte, so namentlich Nachahmung alter Au-
toren, z. B. des Sallust, zeigt. Hier erkennen wir übrigens bereits den
Übergang zum offiziellen und litterarischen mittelalterlichen Schriftlatein,
welches nicht in organischem Zusammenhang mit der lebenden Schrift-
sprache steht, sondern lediglich ein Versuch ist, in Nachahmung der vor-
liegenden Schriftwerke dieselbe wieder zu handhaben, während jedoch das
Volkslatein in ununterbrochener Kontinuität, vielfach freilich alteriert durch
andersprachliche Einwirkung, in den romanischen Sprachen fortlebte. Vgl.
die eingehende Darstellung von Wilhelm Meyer in Gröbers Grundriss der
romanischen Philologie II p. 377—382.
Unsere Aufgabe wird nach dem Gesagten darin bestehen, die syn-
taktischen Gesetze der lebenden lateinischen Schriftsprache in ihrer
Entwicklung zu verfolgen. Dabei aber dürfen wir nie aus dem Auge ver-
lieren, dass die lateinische Sprache ein Glied der indogermanischen Sprachen-
familie ist, deren andere Glieder also auch Berücksichtigung verdienen bei
einer historischen Darstellung; dann ist zu bedenken, dass die Schriftsprache
aus der Volkssprache hervorgegangen ist und dass diese stets einen ge-
wissen Einfluss sich zu bewahren gewusst hat, bis der letztere immer mehr
sich geltend machte und schliesslich vollständig vorherrschte. Selbstver-
ständlich fordert Beachtung die Art der Darstellung, ob Poesie oder Prosa,
und innerhalb der beiden grossen Gebiete die Unterabteilungen, so Epik,
Lyrik, Dramatik, auf der anderen Seite der oratorische, historische, epistolare,
räsonnierende Stil. Wichtig ist ferner die Bildungsstufe, auf welcher die
Schriftsteller standen; wir werden daher das b. Africanum, Hisp., die
Schriften des Vitruv und Petron anders beurteilen, als die des Cäsar und
Livius; ebenso auch der Charakter der einzelnen Autoren, z. B. des streng
nationalen Cato, des vornehm von allem Fremden sich abschliessenden
Lucrez, des gerne mit seiner griechischen Gelehrsamkeit prunkenden Pro-
porz, des immer opponierenden und kritisierenden Asinius Pollio, des allem
Neuen zugeneigten Ovid u. s. w. Dann ist zu berücksichtigen die Ab-
hängigkeit der Schriftsteller von einander, insofern einer dem andern als
Vorbild oder gar als Quelle diente, — man sehe beispielsweise nur, wie viele
Nachahmer Sallust bis in die spätesten Zeiten herab gefunden (vgl. Sellge,
de studiis in Sallustio Crispo a Pomp. Trogo et lustino collocatis, Sagan
1882 p. 6), ferner welchen Einfluss Vergil auf Liv. Tac. u. a. und nament-
lich Apuleius auf die gallischen Rhetorenschulen, auf Claud. Mam., Apoll.
Sidon. u. a. ausgeübt, dann wie sich die augusteischen Dichter an den
früheren, so besonders an Ennius und Lucrez gebildet, und wie die spätere
390 B* Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
Dichtung ganz von den Dichterberoen der aug. Zeit abhängt (vgl. Zinoerles
Abhandlungen über Ovid, Martial und andere Dichter, besonders auch spätlat.,
Trump über Claudian u. s. w.) — . Ferner verdient Beachtung die Vervoll-
kommnung eines und desselben Schriftstellers im Verlaufe seiner littera-
rischen Thätigkeit, wie dies bezüglich der Sprache des Cicero, Sallust,
Livius, Tacitus, später des hl. Hieronymus, des Sulp. Sev. und des Lucifer
Calar. nachgewiesen ist, indem sie anders beim Beginne, anders auf der
Höhe ihrer schriftstellerischen Laufbahn schrieben. Schliesslich wird auch
die Herkunft der Autoren zu untersuchen sein, wie dies die Alten schon
selbst betonten, und es ist sehr wichtig, ob die Wiege derselben am Ufer
des Tiber oder des Quadalquivir stand und ob die ersten Eindrücke des
Knaben rein und echt römisch-urban oder mit gallischen, spanischen, afri-
kanischen, hellenistischen Elementen versetzt waren.
In der Behandlung der Syntax muss man heute die völlig ausgetretenen
Geleise der früheren Grammatiker in Einzwängung des doch historisch Ge-
wordenen in fertige Denkformen und logische Kategorien verlassen und die
Bahnen der historischen Grammatik einschlagen. Freilich ist die Methode
hier noch keine vollständig durchgebildete und fertig dastehende; allein
immerhin ist das bisher Gewonnene der Verwendung wert und daher im
folgenden in Anordnung und Erläuterung nach Kräften benützt. Also kurz:
die syntaktische Erscheinungsform wurde in ihrer Entstehung und Weiter-
bildung genau verfolgt, ivo nötig und thunli^h psychologisch begründet und
zweckentsprechend untergebracht,
Litteratur zur historischen Syntax der lat. Sprache.
1. E. Hübner, Grundriss zu Vorlesungen über die lateinische Grammatik. II. Auflage.
Berlin, Weidmann. 1881 (enthält im zweiten Teile von p. 62 bis p. 101 ein fast
erschöpfendes Verzeichnis der bis 1880 erschienenen, auf die Syntax bezüglichen
Schriften).
2. A. Draeoeb, Historische Syntax der lat. Sprache. In zwei Bänden, I. Band 1878,
II. 1881 in zweiter Auflage. Leipzig, B. G. Teubner (auf vielen Vorarbeiten, um-
fangreicher Lektüre mit kritischer Akribie und sauberer, freilich zum Teil jetzt nicht
mehr anerkannter Methode aufgebautes Hauptwerk).
3. H. KüBNER, Ausführliche Grammatik der lat. Sprache. II. Band in 2 Abteüungen.
Hannover, Hahn, 1878 u. 1879 (sucht auf Draeger und einigen nachher zu besprechen-
den Detailarbeiten fussend eine systematische Grammatik der lat. Sprache für die
Hand der Lehrer zu bieten. Die Beispiele gehen selten über das von Draeger Ge-
botene hinaus, wie auch fast durchw^eg die röm. Litteratur nur im Bereiche der Zeit
von Plautus bis Tac. Berücksichtigung findet).
4. Reisiges Vorlesungen über lat. Sprachwissenschaft mit den Anmerkungen von Fr. Haase
neubearbeitet von J. H. Schmalz und Dr. G. Landgraf, Berlin, Calvary, 1884—1888
in 12 Lieferungen erschienen (der Text von Reisig, sowie die Anmerkungen Haasens
sind unverändert beibehalten; die Noten von Schmalz und Landgraf geben nebst
umfassenden Litteratumachweisen die neuesten Resultate der lat. Sprachwissenschaft
zur Ergänzung oder Berichtigung des von Reisig und Haase Vorgetragenen).
5. Fr. Haase, Vorlesungen über lat. Sprachwissenschaft (II. Teil herausgegeben von H.
Peteb, Leipzig, Simmel &, Cie. 1880). (Hier wird namentlich die Kasuslehre behan-
delt, dann die Bestimmung des Seins durch Adverbia öder cas. obliq. und Adverbia
zugleich, ferner Verba und Verba in ungleichem Verhältnis, wobei die Lehre von
den Tempora, dem Gebrauche der Konjunktionen, von den Modi in interessanter
Weise beleuchtet wird. Bedauerlicher Weise ist die eigentliche Satzlehre nicht mehr
zur Darstellung gelangt).
G. Wölfflin's Archiv für lat. Lexikographie und Grammatik ; bis jetzt sind 5 BAnde voll-
ständig erschienen, Leipzig, 1884—1888 (enthält eine Reihe nGchst
Emleitong. 391
Aufsätze, die auf geuauen und erschöpfenden Sammlungen beruhen und daher manches
in ganz andcrm Lichte erscheinen lassen, als dies bisher der Fall war).
7. W. MsYBB, Die lateinische Sprache in den romanischen Ländern, Gröber's Grundriss
der roman. Philologie II, p. 351 - 382, Strassburg 1886 (dient hauptsächlich der
Laut- und Formenlehre, doch Iftsst sich auch einiges für vulgärlat. Syntax aus dem
Buche gewinnen).
8. K. Hoffmann, Studien auf dem Gebiete der lat. Syntax. Wien, Karl Konegen, 1884
(stellt mehrere bereits früher erschienene Arbeiten zusammen, so über Zeitfolge nach
praes. bist, und hauptsächlich über den ellipt. Gebrauch des Gerundiums; beigegeben
hätte noch werden sollen desselben Verfassers Erklärung des abl. abs. in Neue Jahr-
bücher 1875 p. 783—784, welche mittlerweile bei Lattmann und auch im folgenden
Aufnahme gefunden).
9. A. Gutjahr-Pbobst, Beiträge zur lat. Grammatik; I. Zur Lehre vom Verbum, II. Zur
Lehre von den Partikeln und Konjunktionen, Leipzig 1883; III. Altgrammatisches
und Neugrammatisches zur lat. Syntax, Leipzig, Zangonberg u. Himly, 1888 (sehr
anregende Untersuchungen namentlich über Entstehung und Bedeutung von Tempora,
Modi, Konjunktionen, insbesondere über ttt).
10. H. S. Anton. Studien zur lat. Grammatik und Stilistik, Erfurt, Villaret I. Heft 1869,
II. Heft 1873, III. Heft 1888 (ausserordentlich subtile Untersuchungen namentlich
über den Gebrauch der Pronomina und Konjunktionen, z. B. aliquis und quisquam,
et, ut u. a.).
11. H. RöNscH, Semasiologische Beiträge zum lat. Wörterbuch, 3 Teile, Leipzig 1888/89
(will nicht allein als lexikalische Arbeit angesehen werden, denn die «Beiträge*
bringen auch wichtiges zur Lehre von den Pronomina, Verba, Adverbien und Konjunk-
tionen, namentlich fürs Spätlatein).
Syntax der einzelnen Schriftsteller.
1. H. Jordan, Vindiciae sermonis latini antiquissimi. Königsberg, Lektionskatalog 1882
(bespricht einige interessante Punkte der altlat. Syntax, z. B. fini bis rebus, con-
dicere c. gen. etc.).
2. F. W. HoLTZB, Syntaxis priscorum scriptorum lat. usque ad Terentium. 2 Bände.
Leipzig 1861. 1862 (kann auch jetzt noch nicht entbehrt werden wegen der umfas-
senden Beispielsammlung, während natürlich Anlage und Erklärung nicht mehr be-
friedigt und jede Stelle wegen der seit 1862 erfolgten neuen Textesrezensionen noch
einmal nachgeschlagen werden muss).
3. F. W. HoLTZB, Syntaxis fragmentorum scacnicorum poetarum Romanorum qui post
Terentium fuerunt adumbratio. Leipzig 1882 (nach des Verfassers Tod von W. Teil
herausgegeben, ganz in der Weise des vorhergehenden Werkes, jedoch ohne alle
Regeln angelegt, aber zuverlässig im Text infolge strengen Anschlusses an die Rib-
beck'sche Ausgabe der Fragmente).
4. LüciAN Müller, Quintus Ennius. Eine Einleitung in das Studium der röm. Poesie.
St. Petersburg, Ricker 1884 (enthält im VII. Buche p. 190 -218 Grammatisches zu
Ennius, von p. 208 an Beiträge zur ennianischen Syntax).
5. Jacobus Cobtese, Grammatica Catoniana. Savone, Andr. Ricci, 1882 (bietet im zweiten
Teil höchst dürftige Notizen zur Syntax des Cato ohne jegliche Begründung oder
Schlussfolgerung).
6. 0. ScBÖNDÖRFFER, De syntaxi Catonis, Königsberg 1885 (will an der Syntax Catos
nachweisen, dass Catos Schrift de agr. im wesentlichen unverändert auf uns ge-
kommen sei, da die Sprache derselben zur Sprache der Zeit Catos passe; behandelt
also die ganze Syntax, aber wenig gründlich und ohne Umsicht).
7. L. DiETZE, De sermone Catoniano. Diss. Lips. Tanglimi in libr. Dietziana 1870 (giebt
von p. 22 an in einer Art Ergänzung zu Holtze das spezifisch Catonische im Ge-
brauch der Kasus, der Tempora etc. mit besonderer Betonung der abundantia und
breviloquentia sermonis).
8. C. G. L. Stadler, De sermone Lucretiano. Jena 1 869 typis Ratii (will von p. 27 an
einen Abriss der Syntax mit besonderer Berücksichtigung der Gräzismen aufstellen,
welcher mit einem allgemeinen Urteil Über die Latinität des Lucrez schliesst).
9. F. W. HoLTZE, Syntaxis Lucretianae lineamenta. Leipzig 1868 (mit Benützung von
liachmann s Kommentar in der Weise von 2 und 3 bearbeitet; reiche Stellensamm-
lung, ausführliche Behandlung der Präpositionen, der kopulat. Konjunktionen und
des transitiven Gebrauchs der Verba).
10, H. Reiter, Quaestiones Varronianae grammaticae, Königsberg 1882 (2 Teile; im ersten
wird die sprachliche Verschiedenheit zwischen den Büchern de ling. lat u. de r. rust.
BBtenocht, im zweiten über einige besonders bemerkenswerten Eigentümlichkeiten
392 B. LateiniBohe Orammatik. d) LateiniBohe Syntax.
der varron. Diktion gehandelt; beide Teile bieten eine interessante Darstellung des
Gebrauchs der Partikeln u. Konj. bei Varro).
11. Ph. Tbiblmann, De sermonis proprietatibus quae leguntur apud Comifioium et in primis
Ciceronis libris. Diss. Strassburg, Trttbner 1879 (lichtrolle Darstellung des sprach-
lichen Zusammenhangs der KrsÜingsschriften Giceros und der Rhetorik des Comi-
ficius; Charakteristik der Diktion des letztem).
12. G. Landgbaf, De Ciceronis elocutione in orationibus pro P. Quinctio et pro Sex. R4»c.
Am. conspicua. WUrzburg 1878 (bespricht die Verschiedenheit der Diktion der Erst-
lingsreden u. der später von Cic. gehaltenen, im dritten Teil auch in syntaktischer
Beziehung).
13. H. Hellmuth, De serm. proprietatibus quae in prioribus Cic. oratt. inveniuntur (act.
sem. phil. Erlang. I p. 101—174). Erlangen, Deichert 1878 (behandelt in reicher u.
wohl erschöpfender Weise das gleiche Thema wie Landgraf).
14. A. Köhler, De auctorum bell. Afr. et bell. Hisp. elocutione (act. sem. phil. Eriang. I
p. 367—476). Erlangen, Deichert 1878 (gehaltreiche Behandlung der Sprache des
b. Afr. u. b. Hisp., namentlich insofern durch dieselben unsere Kenntnis des Vulgftr-
lateins bereichert wird).
15. Fköblich, Das bellum Africanum sprachlich und historisch behandelt, Brugg 1872 (hat
viele einzelne sprachliche Bemerkungen, die jedoch nicht erschöpfend und nicht
systematisch gruppiert sind).
16. J. Deoenhart, De auctoris belli Hisp. elocutione et fide historica. Würzburg 1877,
Stuber (enthält im ersten Teile p. 1-43 gestutzt auf die Belegstellen und unter Bei-
ziehung des Sprachgebrauchs andrer Schriftsteller eine Reihe interessanter auf das
Vulgärlatein bezüglicher Wahrnehmungen).
17. G. Landgraf, Untersuchungen zu Caesar und seinen Fortsetzen!. Erlangen 1888
(weist die Autorschaft des bellum Africanum dem Asinius Pollio zu, der auch den
cäsarianisch-hirtianischen Nachlass redigiert habe. Der sprachliche Teil der Beweis-
führung wirft manches für Gramm, u. Stilistik ab).
18. A. Stinner, De eo quo Cicero in epistolis usus est sermone. Oppeln 1879, Franck
(vereinigt drei Programmarbeiten, die zur Charakterisierung der epistolaren Sprache
Ciceros auch in syntaktischer Beziehung viel schätzbares Material beibringen).
19. E. Opitz, Quo sermone ei qui ad Ciceronem litteras dederunt usi sint. Progr. Naum-
burg 1879 (bespricht dio sprachlichen Eigentümlichkeiten der einzelnen Korrespon-
denten, ohne jedoch dieselben nach ihrer Individualität zu scheiden).
20. J. H. Schnalz, Über den Sprachgebrauch der nicht ciceronischen Briefe, Z. f. G. W.
1881 p. 87—141; Über die Latinität des P. Vatinius in den bei Cic. ad fam. erhal-
tenen Briefen, Progr. Mannheim 1881 ; Über den Sprachgebrauch des Asinius Pollio.
Festschrift zur XXXVI. Philol.. Versammlung p. 76 - 101. Karlsruhe, Braun, 1882.
21. K. Schirmer, Über die Sprache des M. Brutus in den bei Cicero überlieferten Briefen.
Progr. Metz 1884.
22. H. Hellmuth, Über die Sprache der Epistel ographen S. Sulpicius Galba und L. Cor-
nelius Baibus, Würzburg 1888.
23. F. "Büro, De M. Caelii Rufi genere dicendi, Leipzig 1888.
24. F. Becher, Über den Sprachgebrauch des Caelius, Nordhausen 1888. (Die unter 20—24
aufgeführten Abhandlungen beschäftigen sich mit den Briefen a n Cicero und geben
ein Bild von der Sprache der betr. Korrespondenten.)
25. G. Landgraf, Bemerkungen zum sermo cotidianus in den Briefen Cic. u. an Cic, Bl.
f. Bayr. G. XVI p. 274—280 u. 317-331 (mit wichtigen Fingerzeigen auf die vul-
gären Elemente in der Sprache der Briefe). ,
26. B. Lupus, Der Sprachgebrauch des C. Nepos. Berlin, Weidmann, 1876 (erschöpfende
Behandlung der Sprache des C. Nepos auf sorgfältigen Studien beruhend).
27. Badstübner, De Sallustii dicendi genere commentatio. Berlin 1863. Progr. des Fr.
Wilh.-Gymn. (Übersicht des Wesentiichsten aus der Syntax des Sallust in gründ-
licher Untersuchung).
28. Constans, De sermone Sallustiano. Paris, Vieweg, 1880 (mit Benützung der Vor-
arbeiten in übersichtlicher Darstellung, aber ohne dass Verfasser die nötige Schulung
zu einer solchen Arbeit mitgebracht; daher viele von Ricmann in revue critique 1881,
Nr. 35 ff. gerügten Fehler).
29. R. Stern, Grundriss einer Grammatik für römische Dichter zum Gebrauch für Schulen.
Arnsberg 1851 (behandelt ausser Fragen der Metrik und Formenlehre auch Syntak-
tisches im Anschluss an Zumpt in einer vorzugsweise die Praxis berücksichtigenden
Methode).
30. C. Hupe, De genere dicendi C. Valerii Catulli Veronensis. Münster 1871 (nur in cap. IV
für die Syntax einige Notizen über Präpositionen und Konjunktionen enthaltend).
Einleitimg. 393
31. G. Otebbolthaüs, Syntaxis Catullianae capita duo. Papenburg 1875 (im Anschluss an
Draeger wird die Lehre vom Gebrauch der Redeteile und vom Satz soweit bebandelt,
als CatuU Bemerkenswertes bietet, unter steter Vergleichung mit andern Dichtern
u. Beachtung von Archaismen, Gräzismen etc.).
32. J. Streifingeb, De syntaxi Tibulliana. WOrzburg 1881 (vollständig von Draeger u.
Kühnast abhängige Aufzählung grammatischer Besonderheiten ohne tieferes Kingehen
in des Dichters Eigenart).
33. J. SchIflbb, Die sogen, syntaktischen Gräzismen bei den augusteischen Dichtern;
Münchner Diss. Amberg 1884, Pohl (sehr umsichtige Untersuchung, in wie fern die
Sprache der august Dichter durch die Vorbilder der Griechen in ihrer syntaktischen
hntwicklang beeinflusst worden).
34. A. Wagneb, De syntaxi Propertiana, Passau 1888 (gedrängte Obersicht über die ganze
Syntax im Anschluss an Dräger ohne Kenntnis der Detailarbeiten, z. B. üörle's
über die Kasus bei Properz, Wölfflin's über est videre, Ziemeb's über aor. Porf.
u. s. w.).
35. J. Pbaun, Bemerkungen zur Syntax des Vitruv mit eingehender Darstellung' der Sub-
stantivsätze. Programm von Bamberg 1885 (ebenso ansprechend geschriebene wie
gründlich durchgeführte Darstellung der Eigentümlichkeit vitruvianischer Diktion
hinsichtlich des Gebrauchs von Inf., Partizip, Gerundium, indir. Fragesätze; anhangs-
weise sind interessante Details aus dem Gebiete der Komparation, der Pronomina
u. der Kasuslehre gegeben).
36. Ph. Ebebhabd, De Vitruvii genere dicendi, J. Pforzheim 1887, II. Durlach 1888 (er-
gänzt Prauns Abhandlung, indem er Vitruvs Vulgarismen im Gebrauche der Parti-
zipien, der Präpositionen, der Temp. und Modi nachweist. Die Stellung Vitruvs in
der Geschichte der lat. Sprache wird durch stete Vergleichung mit dem Sprach-
gebrauch der Autoren vor und nach Vitruv genau angegeben und wohl begründet).
37. L. Kühnast, Die Hauptpunkte der livianischen Syntax. Zweite -Bearbeitung. Berlin,
Weber, 1872 (umfassende Darstellung der liyianischen Syntax mit erdrückendem
Zitatenreichtum; sehr schwer zu studieren infolge eines durch Parenthesen etc. zer-
rissenen Satzbaues. Eigentümlichkeit in der Auffassung: überall Gräzismen).
38. 0. RiEVANN, Etudes sur la langue et la grammaire de T. Live. II. Auflage. Paris 1884
(eine auf genauer Kenntnis des livianischen Sprachgebrauchs basierende Arbeit,
welche namentlich über den Gebrauch der einzelneu Redeteile bei Livius sichere
Resultate giebt und im Appendix ausgewählte Partien der Syntax in Vergleichung
Ciceroe mit Livius ebenso geschickt wie umsichtig behandelt).
39. Fb. Seck, De Pompei Trogi sermone. Zwei Teile. Progr. von Konstanz 1881 u. 1882
(von Eussner u. Georges mit Recht als „sorgfältige Arbeif* bezeichnet, bespricht zu-
nächst die wörtlich überlieferten Fragmente des Trogus, dann die Hauptteile der
Syntax bei Justin, insofern sie auf Trogus zuii^kzuweisen scheint^ immer im Zu-
sammenhange mit den diktionsverwandten Schrimtellern).
40. H. Geoboes, De elocutione Vellei Paterculi. Leipzig, Hahn, 1877 (nur der zweite
kleinere Teil beschäftigt sich mit der Syntax, wo Kasuslehre u. Infinitiv besonders
ausführlich behandelt sind).
41. Fbitsch, Über den Sprachgebrauch des Vell. Pat. I. Teil. Arnstadt 1876 (dieser
I. Teil sucht im Anschluss an Draeger den Gebrauch des Vell. Pat. hinsichtlich der
Redeteile in den auffälligsten Erscheinungen zur Darstellung zu bringen).
42. 0. Lange, Zum Sprachgebrauch des Vell. Paterculus; I. Teil, Putbus 1878, II. Teil
Stettin 1886 (giebt eine genaue Materialsammlung zur Syntax ohne Beachtung des
Einflusses früherer Autoren auf Vell. Pat.).
43. R. Blaum, Quaestionum Valerianarum specimen. Strassburg 1876. Progr. (im ersten
Teil eine übersichtliche Zusammenstellung der grammatischen Eigentümlichkeiten des
Val. Max. enthaltend).
44. Tb. Vogel giebt in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Curtius eine gedrängte Über-
sicht über die sprachlichen Besonderheiten des Curtius, namentlich mit Rücksicht
auf Livius und die übrigen Autoren der silb. Latinität (II. Auflage. Leipzig, Teubner
1875).
45. Kbah, Beiträge zur Syntax des Curtius, Insterburg 1886 und 1887, 2 Teile (stellt
die Bemerkungen der Erklärer hinsichtlich der Syntax des Curtius zusammen im
Anschlüsse an Zumpt und in steter Vergleichung mit Vogel).
46. M. Sander, Der Sprachgebrauch des Rhetors Ann. Seneca. 2 Progr. Waren 1877 und
1880 (verzeichnet im Anschluss an Draeger, aber im II. Teil in beliebiger Auswahl
und ohne die ganze Syntax zu erschöpfen, was ihm bei Sen. rhet. bemerkenswertes
aufgefallen).
47. A. Ahlhbim, De Senecae rhetoris usu dicendi quaestiones selectae, Darmstadt 1886
394 B. Lateiniache Qranunatik. d) Lateinische Syntax.
(ergänzt Sanders Arbeiten, indem er nach Draeoers Schema Genetiv, Ablativ, Priipos.
Partiz. Gerund, und Koordination statt Subordination behandelt).
48. A. Hoppe, Ober die Sprache des Philos. Seneca. Progr. v. Lauban 1873. 1877 (be-
spricht im genauen Anschluss au Draeger die Syntax Seneca's bis zur Kasuslehre,
ohne in den Beispielen erschöpfend sein zu wollen.).
49. Obermeier, Der Sprachgebrauch des M. Annaeus Lucanus, München 1886, Progr. (be-
handelt den Gebrauch der Redeteile, der Kasus, der Tempora und Modi, sowie die
Lehre von der Kongruenz und erweist in Lucan den Nacnahmer der aug. Dichter,
der sich aber auch den durch Sali, und Liv. angebahnten sprachlichen Neuerungen
nicht verschliesst).
50. L. Grasberg ER, De usu Pliniano. Würzburg 1860 (behandelt nicht alle Teile der
Syntax, sondern nur die Kasuslehre, die Moduslehre und den Gebrauch einzelner
Redeteile, ausserdem Stilistisches).
51. J. Müller, der Stil des älteren Plinius. Innsbruck, Wagner, 1883 (verbreitet sich
auch über Syntaktisches, insofeme dies mit Satzbau, Kürze und Fülle, Einförmigkeit
oder Manni^altigkeit des Ausdrucks zusammenhängt).
52. R. TöRNEBLADH, De elocutione Quintiliani. Upsala 1858 (giebt neben interessanter
Entwicklung der Gründe des Verfalls der lat. Sprache wichtiges Material zur Kenntnis
des quintil. Sprachgebrauchs).
53. C. A. Brolen, De elocutione A. Comelii Celsi. Upsala 1872 (bringt im II. Teile das
zur Darstellung, worin Celsus in syntaktischer Hinsicht von der klass. Sprache ab-
weicht, wobei insbesondere die Lehre von den Partikeln ziemlich ausgiebig ausge-
fallen ist).
54. J. Seoebade. Obs. gramm. & crit. in Petronium. Halle 1880 (während Ludwig in
seiner Abhandlung De Petronii sermone plebejo. Leipzig 1870 nur wenig Syntak-
tisches beibrachte, wird hier Pleonasmus, Ellipse, Parataxe und Hypotaxe, Asyndeton
behandelt; im 11. Teil sind die beiordnenden Konj., z. B. et, autem, verum etc. in
ihrem Gebrauch bei Petron. besprochen).
55. J. P. Laoergrbn, De vita et elocutione Plinii Caecilii Secundi. Upsala 1872 (beginnt
erst p. 172 den Abschnitt über die Syntax, der dann besonders die Kasuslehre und
die Partikeln eingehend zur Darstellung bringt).
56. K. Kraut, Über Syntax und Stil des jüngeren Plinius. Progr. Schönthal 1872 (eine
nach Draeger sorgfältig angelegte und ausgeführte Darstellung in steter Vergleichung
der Diktion der früheren Autoren).
57. A. Draeger, Über Syntax und Stil des Tacitus. 3. Auflage. Leipzig 1882 (entspricht
in allen Punkten dem oben über das Hauptwerk gefällten Urteil; vorzüglich und
zuverlässig in der Behandlung aller Detailfragen).
58. E. Wölfflin hat in drei höchst beachtenswerten Aufsätzen im Philologus 25, 26 und 27
die genetische Entwicklung des taciteischen Stiles nachgewiesen und dabei nament-
lich auch die Veränderung auf dem Gebiete der ^ntax gründlich behandelt.
59. L. 0. Kiarr, Sermonem D. Junii Juvenalis certis legibus adstrictum demonstraie co-
natus est; Hauniae 1875 (erörtert ausführlich nach Erläuterungen über Metrik und
Wortstellung den Sprachgebrauch des Juvenal in syntaktischer Beziehung; dabei wird
die Ellipse [p. 108—165] am eingehendsten behandelt, nächstdem die kopulativen
Partikeln).
60. H. Gebbing, De C. Valeri Flacci dicendi gencre quaestiones, Coblenz 1888 (hat zur
Kasuslehre die Beispiele aus Val. Flaccus zusammengestellt und spricht dann über
Adj. pro Adv. sowie umgekehrt in übersichtlicher, das Wichtige hervoi hebender
Darstellung).
61. P. Bagge, De elocutione C. Suetonii Tranquilli; Upsala 1875 (der erste grössere Teil
ist lexikalischer Art; im II. Teil von p. 74 bis p. 108 wird in der bei den nordi-
schen Abhandlungen beliebten Weise dann „de ratione syntactica* gehandelt, wobei
jedoch auf die Eigenart des Sueton und seine Stellung in der Entwicklungsgeschichte
der lat. Sprache gebührende Rücksicht genommen wird).
62. 0. Gorges, De quibusdam sermouis Gelliani proprietatibus Observation es. Diss. Halle
1883 (der II. Teil de syntaxi bespricht die Kasuslehre, die Präpositionen, Gradation,
Partikeln, Koordination, Subordination etc. vielfach Draeger ergänzend und stets
unter herleitender Erklärung der syntakt. Erscheinung).
63. Ad. Ebert, De syntaxi Frontoniana (act. sem. phil. Erlang. II, p. 311—357). Erlangen,
Deichert 1881 (behandelt knapp die gesamte Syntax mit vielen Vergleichen und
zahlreichen Zitaten aus früheren Autoren).
04. H. Kretschmann, De latinitate L. Apulei Madaurensis; Königsberg 1865 (spricht erst
im II. Teile der II. Abteilung von der Syntax; dabei werden Pronomina, Partikeln,
Präpositionen und Kasuslehre eingehend behandelt).
Einleitung. 395
65. H. Becker, studia Apuleiana, Berlin 1879 (weist am Gebrauche der Partikeln nach,
dass Apuleius in den Metamorph, einen ganz andern Stil schreibt, als in den übrigen
Schriften. Der Nachweis bringt interessantes Detail zur Qeschichte der Partikeln).
66. H. KozioL, Der Stil des Apuleius; Wien 1872 (enthält viel Syntaktisches, namentlich
hinsichtlich des Gebrauchs der Redeteile, ist jedoch sehr weitschweifig angelegt).
67. Ferd. Maibr, De Anonymi physiognomonia Apuleio falso adiudicata. Bruchsal 1880
(weist namentlich aus sprachlichen Gründen nach, dass das fragliche Buch nicht von
Apul. verfasst sein kann, wobei auch einiges für Synt. und Stilist, abfällt).
68. THOMi, De Flori rerum scriptoris elocutione; particula 1, Frankenstein i. Schi. 1881
Progr. (zählt im Bereiche dessen, was Draeger H. S. 1. Band enthält, die wichtigsten
Erscheinungen bei Florus ohne Vergleich und Erklärung auf).
69. K. SiTTL, Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache mit besonderer Be-
rücksichtigung des afrikanischen Lateins: Erlangen, Deichert 1882 (Dies mit ausser-
ordentlicher Belesenheit in Litteratur und Inschiiften verfasste Werk giebt von p. 92
an Syntaktisches aus der Africitas; sehr bemerkenswert für die Kenntnis der spätem
Latinität).
70. Urea, Meletemata Porphyrionea, Wien 1885 (gehört wegen cap. III observationes ad
syntaxin Porphyrioneam pertinentes und cap. IV de quibusdam stili Porphyrianei
proprietatibus hieher).
71. Pa ucker. De latinitae Script, bist. Augustae, Dorpat 1870.
72. C. CoTTA, quaestiones grammaticae et criticae de vitis a scr. h. Aug. conscriptis.
Breslau 1883 (bespricht im I. Kap. den Gebrauch der Partikeln d. h. der Adv. Präpos.
Konj. bei den scr. h. Aug. eingehend und zuverlässig).
73. Paucker, Über justinische Syntax Z. f. ö. G. 1883. p. 321—341 (und dazu Sittl b.
Burs. 1877/83 p. 336 f., nach welchem Justin im 111. saec. schrieb und näher dem
Ammian als dem Florus oder Sueton steht).
74. W. Hartel, Lucifer von Cagliari und sein Latein, Wölfflins Archiv III,- 1 p. 1—58
(inhaltsreiche Übersicht über die Sprache Lucifers in 3 Teilen, 1. Lexikalisches.
2. Deklination und Konjugation, 3. Syntaktisches und Stilistisches; auch der 1. Teil
enthält schätzbare Winke für Syntax und Stilistik).
75. C. Paucker, Bemerkungen Über die Latinität des Grammatikers Diomedes; Berlin 1883
Calvary (enthält nur einige eingestreute syntaktische Bemerkungen, ebenso die Ab-
handlung de latinitate Orosii und de latinitate Eustathii).
76. G. Hassehstein, De syntaxi Ammiani Marcellini; Königsberg 1877 (bietet auf 55 Seiten
in vielen Beispielen eine Übersicht über die ganze Syntax Ammians mit gebührender
Würdigung der bei Ammian aus Herkunft, Lebensweise und Zeitalter sich leicht
erklärenden Gräzismen und Vulgarismen).
77. H. GöLZER, Etüde lexicographique et grammaticale de la latinit^ de St. Jeröme; Paris
Hachette 1884. (Nur der III. Teil dieses äusserst fleissigen Werkes behandelt die
Syntax, aber unter stet«r Verweisung auf Draeger in gründlicher mit vielen Bei-
spielen ausgestatteter Darstellung.)
78. Fr. Trump, observationes ad genus dicendi Claudiani eiusque imitationem Vergilianam
spectantcs, Breslau 1887 (giebt im ersten Teil die Hauptpunkte der Syntax Claudians
bezüglich Kasuslchre und Infinitiv in steter Vergleichung mit den früheren Dichtern).
79. Fr. Kaulen, Handbuch zur Vulgata, Mainz 1870, Heiss, Beitr. zur Gramm, der Vulg.,
München 1864, Loch. Materialien zu einer lat. Gramm, der Vulg. Bamberg 1870,
Ph. Thielmann, zu der Vulgata, Philologus 42, p. 319 - 378, enthalten manchen
schätzbaren Wink für die hist. Syntax, namentlich Kaulen, der auch auf die übrigen
Schriftsteller eingeht.
80. H. Gölzer, grammaticae in Sulp. Severum observationes potissimum ad vulgarem la-
tinum sermonem pertinentes, Paris 1883 (untersucht im. III. Teile die Syntax des
Sulp. Sev. namentlich auf ihre vulgären Elemente hin mit scharfem Blicke und sorg-
fältiger Verwertung der Vorarbeiten).
81. A. LöNNEROREN, de syntaxi Sulpicii Seven, Upsala 1882 (in 2 Teilen, wovon der erste
die syntaxis nominum, pronominum, verborum, particularum giebt, der zweite de ca-
sibus, temporibus, modis, secundarüs enuntiationibus unter steter Verweisung auf
Draeger, Kühner und Kühnast abhandelt. Das Ganze vermittelt uns ein anschau-
liches Bild der Sprache des Sulp. Sevenis).
82. M. Mi)LLER, De Aj^ollinans Sidonii latinitate observationes ad etymologiam syntaxin,
vocabnlorum apparatum spectantcs. Halle 1888 (behandelt im II. Teile eingehend
die Lehre von den Kasus, den Präpos. und den Partikeln, bespricht dann einiges
vom Gebrauch der Pronomina und schliesst mit einer kurzen Darstellung der Syntax
des Partie, und des Infinitivs).
83. H. Kretschmann, De latinitate C. Solli Apollinaris Sidoni; pars II; Memel 1872 (be-
396 B« Lateinische Ghrammatik. d) Lateinische Syntax.
schränkt sich auf wenige syntaktischen Notizen, die quasi appendicula ad complendam
comraentationem p. 18-20 einem ziemlich genauen Aufsatz über die copia verborum
angehängt sind und auf Kasuslehre, Präpos. und Infin. sich beziehen).
84. A. Engelbrecht, Untersuchungen über die Sprache dos Claudianus Mamertus, Wien
1885 (will die Stellung, welche Claud. in der Geschichte der lat. Sprache einnimmt,
charakterisieren. Am meisten gewinnt dabei das Lexikon, doch bespricht £. auch
manches Syntaktische).
85. K. RossBEBG, Materialien zu einem Kommentar über die Orestis tragoedia des Dra-
contius, Hildesheim 1888 (enthält schätzbares Detail über Syntax und Stil des spätlat.
Dichters und damit Über Spätlat. überhaupt).
86. 6. Bbdnarz, De universo orationis colore et syntaxi Boethii, Breslau 1883 (unbe-
deutende Abhandlung, die aber doch einiges für Syntax, Wortstellung u. ä. abwirft,
trotz der im ganzen richtigen Kritik in W. f. klass. Phil. 1, p. 145).
87. M. Zink, der Mytholog Fulgentius. £in Beitrag zur röm. Litteraturgeschichte und
zur Grammatik des afrikanischen Lateins, IL Teil: Die Latinität des Fulgentius;
Würzburg 1867 (geht nach einer allgemeinen Charakteristik der Sprache des Fulg.
Über zu einer kurzen Besprechung der Formenlehre und einer ausführlicheren Dar-
legung der syntaktischen Anomalien und stilistischen Eigentümlichkeiten des na-
mentlich von Gräzismen und Neologismen wimmelnden Schriftstellers).
88. G. ScHEPPS, Die Sprache Priscillians, in Wdlfflins Archiv III, p. 309-328 (enthält
von p. 316 — 324 Syntaktisches und Stilistisches des unter die späni sehen Schrift-
steller zu rechnenden Autors).
89. Ph. Thiblmann, Ober Sprache und Kritik des lat. Apolloniusromans; Progr. Speier
1881 (verzeichnet syntaktische Eigentümlichkeiten der genannten spätlat. Schrift mit
Rücksicht auf den Gebrauch der Vulgata und unter Nachweisung, dass die hier ge-
suchten Gräzismen vielmehr meist Vulgarismen sind).
90. M. TscniASSNY, studia Hyginiana, Wien 1888 (weist mit eingehender Besprechung der
wichtigsten syntaktischen Erscheinungen bei Hygin nach, dass dieser Schriftsteller
nicht einmal dem silb., geschweige dem gold. Zeitalter zugeteilt werden darf).
91. W. Kalb, Das Juristenlatein. Versuch einer Charakteristik auf Grundlage der Digesten;
Nürnberg 1888 (will den Begriff , Juristenlatein'' an einer Auswahl und Zusammen-
stellung des jedem Pandektenleser Bekannten geben; enthält viel interessantes Detail,
namentlich aus dem Kurialstil; vgl. id. Über die Latinität des Juristen Gaius in
Wölfflin's Archiv I p. 82—98).
92. K. Meinhold, animadversiones in Justiniani institntiones, Diedcnhofcn 1887 (will nach-
weisen, dass Dorothcus weniger elegant schrieb, als 'fhcophilus, und charakterisiert
die Diktion beider namcntlicb mit Rücksicht auf den Gebrauch der Konjunktionen,
Tempora und Modi).
93. P. Geyer, Beiträge zur Kenntnis des gallischen I^ateins in Wö]fflin*s Archiv 11,
p. 25 — 47 (bringt wichtige Beobachtungen für die Präpos. und Pronomina in ihrem
Übergang ins Romanische).
94. E. WöLFFLiN, Über die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta. Archiv IV, p. 259
bis 276 (betont besonders die Veränderung im Gebrauch der Partikeln im Sp. L.
und giebt ausserdem S3'ntaktische Merkwürdigkeiten dieser eigentQmlichen Schrift);
vgl. dazu Geyer, Archiv IV, p. 611—615.
95. G. Koffmane, Geschichte des Kirchenlateins. Breslau 1879 und 1881 (bis jetzt nur
1 Band in zwei Heften, beschäftigt sich im Cap. V mit den syntaktischen Eigen-
tümlichkeiten der Kirchensprache p. 116-142 unter Beachtung des gricch. vulgär,
und archaist. Einflusses).
Sehr wichtig sind ferner:
96. Ed. Wölfflin, Zum Vulgäriatein. im Pliilol. XXXIV, p. 137-165. Dieser Aufsatz war
grundlegend für die Spezialuntersuchungen auf dem Gebiete des Vulgärlateins.
97. 0. Reblino, Versuch einer Charakteristik der römischen Umgangssprache. II. Abdruck.
Kiel 1882, Lipsius & Tischcr (enthält manche schätzbare Bemerkung zur Beurteilung
auffallender Konstruktionen).
98. A. v. GuERicKE, de linguao vulgaris reliquiis apud Pctronium et in inscriptionibus
parietariis Pompeianis. Diss. Gumbinnen 1875 (weist im II. Teil von p. 50 an ge-
radezu monströse Erscheinungen auf syntaktischem Gebiete aus Inschriften auf).
99. Herm. Rönsch, Itala und Vulgata. Das Sprachidiom der urchristlichen Itala und der
katholischen Vulgata unter Berücksichtigung der römischen Volkssprache durch Bei-
spiele erklärt. Marburg & Leipzig 1869 (der IV. Teil „Besonderheiten der gramma-
tischen Struktur** behandelt in 3 Rubriken „Idiotismen.. Gräzismen und Ilebraismen*
1. Der fkinf&ohe Satz: a« Der BehauptangBeatz. (1—2.) 397
die syntaktischen Eigentümlichkeiten der Itala und Vulgata in reicher, auch die In-
schriften beiziehender Darstellung).
Fflr die Methode:
100. pH. Wkobnbb, Untersuchungen über die Grundfragen des Sprachlebens, Halle 1885
(neben Paul wichtig für die psychologische Beobachtung der Spracherscheinungen).
101. H. Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte, 2. Aufl. Halle 1886 (besonders wichtig
sind in diesem für jeden Sprachforscher unentbehrlichen Buche die Kapp. V, VI,
VII, XVI über Analogie, die syntakt. Grundverhältnisse, Bedeutungswandel auf synt.
Gebiet und Verschiebung der S3mt. Gliederung).
102. ß. DelbbCck und E. Wivdisch, Syntaktische Forschungen. Teil 1 — 4. Halle, Waisen-
haus 1871—1879 (besonders wichtig Band 1 «der Gebrauch des Konjunktivs und
Optativs im Sanskrit und Griechischen'').
103. G. CuBTius, Erläuterungen zu meiner griechischen Schulgrammatik. Prag, Tempsky,
1870.
104. JoLLT, Schulgrammatik und Sprachwissenschaft. München 1874 (giebt von p. 72 an
einige Gesichtspunkte für die Behandlung, namentlich auch für die Einteilung der
Syntax nach der historisch komparativen Methode).
105. H. ZiBMEB, Junggrammatische Streifzüge im Gebiet der Syntax. II. Auflage. Colberg,
Post sehe Buchhandlung, 1883 (besteht aus zwei Abschnitten: a. zur Geschichte der
junggrammatischen Litteratur, b. das psychologische Moment in der Bildung syntak-
tischer Sprachformen ; hier wird nicht ohne Geschick die junggrammatische Methode
auf die Syntax angewendet, und «Sprachfehler* oder auch «falsche Bildungen*" werden
in ihrer Berechtigung nachgewiesen).
Reichhaltige Kommentare, zum grössten Teil unentbehrlich für den Syntaktiker sind:
LoBBNZ und Bblx zu Plautus, Spenoel und Meissneb, sowie Dziatzko zu Terenz, Laoh-
MANN zu Lucrez, Riese zu Catull, Landobaf zu Ciceroe Rosciana, C. F. W. Müllbb
zu Cic. off., Madvio zu Cic. de finibus, Kühnbb zu Cic. Tusc, hauptsächlich Sbyf-
febt-Mülleb zu Cic. Laelius, Stübenbubo zu Cic. p. Archia, Nipfebdey-Lupus zu
Nepos, Hofkann-Ardbesen und Süpfle-Böckel zu Cic. epp., Kbitz und Fabbi, sowie
Dietsch zu Sallust, Weissbkbobn, H. J. Mülleb, Wölfflin, Mobitz- Müllbb zu Livius,
Fbitzsche zu Horaz* Satiren, Mützell zu Curtius, Ntpfebdet und Dbaeoeb, sowie
Andbesen, Baumstabk und Hbbabus zu Tacitus, Dedebich zu Dictys Cretensis,
BOnemann zu Lactanz.
Viel Syntaktisches besprechen auch
Kbebs-Allgayeb-Schmalz im Antibarbarus ^, dann die stilistischen Werke von Näüelsbach-
MClleb, Hand-Schmitt, Klotz, Haacke, Gbysab, Boutkbwek, Seyffbbt in der Pa-
laestra Ciceroniana und in den Scholae latinae.
A. Der einfache Satz.
1. Der Behauptungssatz.
a. Vom Subjekt.
1. Die Verbalform der I. und II. Person enthält in den indogerm.
Sprachen, also auch im Lat., stets ein Subjekt. Tritt noch das Pronomen
hinzu, so wird damit das Subjekt (namentlich im Gegensatz) besonders
hervorgehoben, z. B. bei den Komikern im Imperativ, PI. Pers. 600 adi
eum tute. Auf die Eigentümlichkeit der Volkssprache, welche Abundanz
des Ausdrucks liebt, ist die Beifügung eines unbetonten Pron. Pers., so
namentlich bei Petron, in der Komödie, dann bei Lucr., Sali. u. Catull, bei
den Archaisten, zurückzuführen; den aug. Dichtern besonders eigen ist
unbetontes Pronomen nach non oder neque,
2. Die III. Person des Verbums setzt ein Subjekt voraus. Jedoch
giebt es auch subjektlose Sätze, die nur aus dem Prädikate bestehen; in
denselben gelangt ein Vorgang oder ein Zustand zum Ausdrucke ohne Be-
398 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinisohe Syntax.
Zeichnung des wirkenden Gegenstandes. Diese Fähigkeit absoluter Setzung
des Prädikats ist ein Vorzug, an dem auch die lat. Sprache teilnimmt.
Ist die Form des Verbs des Qenusunterschiedes fähig, so steht natürlich
das Neutrum, z. B. pugfiatum est. Eigentümlich ist, dass subjektlose Sätze
zur Bezeichnung von Vorgängen in der Natur in der klassischen Sprache
selten sind ; Cicero kennt nur fulget und lu^et (letzteres auch Caesar), sowie
luciscit in den epp.; die Passivformen pluitur und ningitur gehören Apul.
an. Leicht erklärlich ist, dass die Script, r. rust. reich sind an diesen
Ausdrücken.
Anmerkung 1. Übrigens können, wie die Geschichte von perpluü beweist, diese
gewöhnlich subjektlosen Verba auch ein Subjekt erhalten, freilich nicht in der klaasiscben
Sprache. Während Cato stigt sictUn perpluit, lesen wir bei Plaut, und Quint parietes per-
pluunt und bei Vitruv (igua perpluit,
Anmerkung 2. Selbstverständlich gehören Ausdrücke wie accidü, necesae estu. S.
nicht hieher, da dieselben ohne Hinzudenkung eines Subjekts oder Subjektasatzes keinen
vollständigen Sinn geben. Von diesen sog. Impersonalien eignen die Incohativformen wie
miserescit, pudescit, sowie die Passivformen misei'etur, pudetur der Vulgärsprache zu
(Komik. Petron. Spätlat.); Cic. hat nur einmal fin. 2, 39 qtios nan est veritum. Auch die
persönliche Konstruktion, z. B. si ptnenitere pösaint gehört nur der vor- und nachklassischen
Zeit an und ist bei den Komikern besonders häufig.
Anmerkung 3. Dem optatum est entspricht als sog. Abi. abs. optato, ,wie ge-
wünscht worden ist.' Derartige Abi. abs. finden sich im Altlat., bei Cicero Caes. und
Sali. Liv. den Archaisten, namentlich aber bei den Juristen; sie sind vielfach zu Adv.
erstarrt, z. B. atispicato, bipartito, testato u. ä. Ähnlich wie mit accidit (§ 2 Anm. 2)
steht es mit der erst in der klass. Zeit aufkommenden, bei Cicero nur vereinzelt, z. B.
off. 2, 42 adiuncto ut haberentttr sich findenden, aber in der silbernen Latinität besonders
ausgebildeten Anfügung eines Sulnektssatzes an solche Abi. abs. Mit Recht sieht Krebs-
Allgayer hierin eine wesentliche Bereicherung der nachklassischen Latinität.
3. Die III. Person Plur. steht oft subjektlos, wobei aber leicht das
Subjekt (homines, wir „man") ergänzt werden kann.
Anmerkung. Bei Liv. Plin. mai. Tac. finden sich dem entsprechend auch Abi.
abs.; so z. B. Tac. h. 2, 50 tempora reputantibus „wenn man in Betracht zieht* zu repu-
tant „man zieht in Betracht**. Indes wird die Auffassung des Partizips als Dat relationis
(§ 85) an den einschlägigen Stellen richtiger sein.
4. Echtlateinisch ist die Verbindung der I. oder II. Person mit Sub-
stantiv. Subjekt, wie Ilannibal peto pacem; dies ist durch Inschriften und
durch die ganze Litteratur (die klassische Zeit jedoch bietet kein Beispiel
dafür oder dagegen) seit Plautus erwiesen. Die Abweichungen bei Va-
tinius (bei Cic. fam. 5, 9, 1) und Nepos Paus. 2, 3 sind teils auf Nach-
lässigkeit der Diktion, teils auf Nachahmung griechischer Vorbilder zurück-
zuführen.
5. Das Subjekt wird nochmals aufgenommen durch is^ manchmal
verstärkt durch demum oder vero; z. B. Plaut. Poen. 1069 j^a/er fuos is
erat frater pairueUs mens, Vitruv 157, 9 docuit unum ex Jus cum e^se
poetam. Dieser Gebrauch gehört der Volkssprache bis herein ins Komanische
(vgl. Diez, Gramm. § 807, 9) an, hat sich jedoch auch in die Litteratur-
sprache Eingang zu verschaffen gewusst, so schon bei Plautus und
Cato, später bei Sallust, ganz vereinzelt bei Cicero und später wieder bei
Livius.
Zu §2 vgl.: Fb. Miklosich. Subjektlose Sätze. 2. Aufl. Wien 1883. — Scbufpb,
W. subjektlose Sätee (mit besond. Rtickaicht auf Miklosich) Z. f. V. PiBYoh. XVI, 8, £. 249
bis 297. Marty in Yierteljahrsschrift f. wiss. Philos Jahrgang VIII. Pü«, Pracr. FIflm-
bürg 1888.
1. Der einfache Sats: a. Der BehauptungsBatE. (§ 3—^10.) 399
b. Vom Prädikat
aa. Allgemeines.
6. Wenn an Stelle der einfachen Verbalforni, z. B. ^tgei^ fert das
Part. Praes. mit esse {eJvai), also fpeQcov iax(v^ ferefis est erscheint, so wird
damit zunächst das Zuständliche oder ein Mittel bezeichnet; diesen Gebrauch
kennt auch die klassische Sprache, z. B. Cic. or. 2, 364 tarn sin despiciens
fuU. Dann aber dient es der umständlichen Erzählungsweise des Volkes
und findet sich so bei Gato Plaut. Ter. Catull bell. Hisp., ganz vereinzelt
bei Cic. (nie in den Reden) Liv. Ovid. Sen. phil. Gell. Apul. Arnob., im
Bibellatein und der davon abhängigen Litteratur, so besonders bei Lucifer
Calar. An einen Gräzismus ist nicht zu denken, weil Vitruv diese Rede-
weise ganz besonders kultiviert.
7. Das Adverb als nähere Bestimmung des. Prädikatswortes esse gehört
vorzugsweise der Umgangssprache an; es findet sich so bei Komik. Sali.
Cic. epp. Catull. Hör. sat. Liv. Plin. min. Tac, bei den Archaisten, beson-
ders bei Gellius. Der höhere Stil hat sich viel engere Grenzen in diesem
Gebrauche gesteckt und, während man im gewöhnlichen Leben schon der
Kürze wegen esse bevorzugte, vielmehr Verba von individuellerer Bedeutung
ausgewählt. So sagen Cic. u. CsLea.^longe abesse^ wo Komik. Flor. u. a.
longe esse gebrauchen, Sali, mala dbunde erant, wo wir aderant erwarten.
8. Das Prädikatswort fehlt manchmal in der Umgangssprache, beson-
ders bei Cato Plaut. Ter. ; doch sind es nur gewisse Kategorien von Verben,
die leicht wegfallen, so die vv. dicendi, faeere, iVc, venire, überhaupt die
vv. der Bewegung und die des Geschehens. Wenn auch diese Ellipse dem
Dialoge und Briefstil vorzugsweise angehört und so ausser bei Cato u.
Komik, in Cic. (namentlich ad Att. und besonders in Sätzen mit sed, verum,
ne, at) und Plin. epp., sowie Cic. philos. sich findet, so dient sie zuweilen
doch auch dazu, der feierlichen Rede den Charakter nachdrücklicher Kürze
zu geben. Caesar u. Vell. kennen diese Ellipse nicht, die übrigen Histo-
riker scheinen sie auf die Reden zu beschränken, nur Tac. macht nach
dem Vorbilde des Plin. mai., bei dem überhaupt Ellipsen aller Art beliebt
sind, umfassenden Gebrauch davon; z. B. ann. 4, 57 tandem Caesar in
Cawpaniam (sc. 2)rofeetus est), ebenso die nachfolgenden Historiker, z. B.
Florus (I, 3, 6 nee diu in fide Albanus sc. mansit),
9. Eigentümlich der Sprache der Komiker ist die Setzung des Verbum
esse in einer uns abundant erscheinenden Weise in Fällen wie Plaut. Trin. 70
numquis est hie alius praeter meatquete? Nemost; uns genügt „niemand**.
10. Umgekehrt ist bei potis und pote die Ellipse von esse häufig bei
Komik. Varro und später bei Fronte, vereinzelt bei Catull. Verg. Hör.
Prep., so Catull 45, 5 qui pote = qui potest. Im übrigen ist aber die
Ellipse von esse viel weniger häufig als man glaubt; sie findet sich
a. im Indikativ in Sprichwörtern und Sentenzen, beschränkt sich
sonst aber in der alten und der klass. Sprache (auch bei Catull) auf ge-
f ormeln der Umgangssprache, Ausruf und Beschreibung. Bei Sali.,
*" chtern, besonders bei Vergil, wird sie häufiger, auch bei Livius
400 B« Lateinüiche GhranuDAtik. d) Lateinische Syntax.
und hauptsächlich bei Tac. ; der letztere lässt, wie schon Cic. Sali. u. Varro m
Nebensätzen es thun, aber ohne aufzufallen, die Kopula in solchen Sätzen in
auffälliger Weise aus. Harte Ellipsen treffen wir auch bei Curtius und Fronte;
b. im Konjunktiv wohl in allen Zeiten im Ausruf, z. B. betie tibif
feliciter sc. sit; sonst nicht vor der klassischen Zeit, bei Cicero selten und
vielleicht nur im indirekten Fragesatz, öfter erst bei Tacitus, namentlich
wenn ein anderer Konjunktiv folgt; nach Tac. nur vereinzelt;
c. im Inf., besonders fut. activi, häufig schon bei Terenz, dann bei
Cic. namentlich in epp., sehr oft bei den Historikern (Inf. fut. act. bei
Nepos u. Vitruv immer), bei Plin. min. Sen. überhaupt im silbernen Latein,
oft nicht ohne eine gewisse Härte, dann bei den Archaisten, z. B. Fronto.
d. Die Ellipse von fuisse erscheint erstmals bei Livius, dann häufig
bei Tacit., vorher vereinzelt bei Val. Max., dann bei Sueton. u. Curt.
Zu § 7 vgl. C. F. W. MüLLEB, in Philol. IX, 617-()2r). || Zu § 9 vgl. Ritschl, Opnac.
II, G08 ff. II Zu § 10 Plew, De elüpsi v. cop. esse apud poet. I^t. Tils 1877.
bb. Von der Kongruenz.
11. Wenn mehrere Subjekte ein gemeinsames Prädikat haben, steht
dasselbe naturgemäss im Plural. Aber die Stellung des Prädikates (vor
oder nach den Subjekten), die Art der Subjekte (Personen, Sachen, Ab-
strakta), die Art ihrer Verbindung (asyndetisch, einfach kopulativ, poly-
syndetisch), ihr inneres Verhältnis (oft Hendiadyoin) und die Stilgattung
(Poesie oder Prosa) bedingen mancherlei Abweichungen. Der Singular über-
wiegt bei den Dichtern, namentlich bei Horaz, gegenüber den Prosaikern,
in den Schriften der letzteren bei voraufgehendem Prädikat, bei sachlichen
Subjekten, bei asyndetischer und polysyndetischer Verbindung und ist fast
ausschliessliche Regel bei dem Hendiadyoin, z. B. oHum ac desidia superavit.
Man bemerke:
a. Ein gemeinschaftliches, aber getrennte Thätigkeit voraussetzendes
Prädikat erscheint in der klass. Sprache im Sing., erst bei Liv. Trog. Tac.
und vereinzelt bei ihren Nachahmern, z. B. Florus, im Plural, z. B. Justin
15, 4, 24 Seleucus Demetrio, Ptolemaeus Lysimacho iunguntur (klass. iungitur).
b. Das Prädikat kongruiert mit einem mit dem Subjekt in Vergleich
gebrachten Substantiv, z. B. Verg. ecl. 8, 67 nihil hk nisi carm'ma desunt.
Zur Anknüpfung des Subst. dienen quam, quantum, nisi, praeter, ^^raeter-
quam; diese Erscheinung wird selten bei Cicero, dann bei Sali. Nepos Liv.
Trog, und den august. Dichtern beobachtet.
c. Wenn ein zweites Subjekt statt durch et durch eum angefügt wird,
so setzen Cato u. Ter., Sali. u. seine Nachahmer bis auf Dictys Cret. herab,
Liv. Nep. Curt. Just, den Plural; z. B. Sali. Jug. 101 Bocchm eum pedi-
tibus invadunt, Cicero ist dieser Gebrauch abzusprechen, Caes. hat nur
eine Stelle im b. civ. 3, 88.
12. Die Synesis des Numerus wird in der alt<5u Sprache, welche der
Volkssprache noch näher steht, mit ziemlicher Freiheit gehandhabt; die
klassische Sprache gestattet sie nur da, wo im weiteren Verlaufe der Dar-
stellung das Beziehungsverhältnis bereits ein lockeres geworden ist und
das zu beziehende Prädikat dem grammatischen Einfluss seines Subjektes
sich entzieht. Ferner sind für den Dichter die Schranken weiter als für
1. Der einfache Satz: a. Der BehauptungsBatE. (§ 11—15.) 401
den Prosaiker gezogen: so finden wir von Ennius und Plautus an die
Synesis bei den Dichtern, bei Horaz freilich ganz vereinzelt, nie bei Tibull,
wohl aber bei Lygdam., bei Yerg. u. Catull. nur dann, wenn ein Plural in
enger Beziehung mit dem Kollektiv im Subjekt steht; in Prosa zeigt Gass.
Heroina P. p. 70 fr. 11 pastm'um volgus imperio aequaliter Remum et Ro-
mulum praefecerunt dieselbe Einschränkung, aber seit Sali., namentlich bei
Liv. u. Tac, ist die Synesis in ausgedehntem Gebrauche, weniger kühn
sind Curtius und Justinus, grössere Freiheit zeigt Sueton, fast übertrieben
sind die Archaisten, zu deren Bestrebungen häufige Anwendung der Synesis
besonders passt.
Für die Synesis des Numerus merke:
a. miUe mit Sing, ist ein Archaismus, den schon des Gellius Zeit
nicht mehr kannte; wir finden ihn bei Quadrig. Lucil. Cato Plaut. Varro
Nepos, ganz vereinzelt bei Cicero; nach der klassischen Zeit kommt diese
Konstruktion nicht mehr vor.
b. Nach einem Zwischensatze siegt in der Fortführung des Gedankens
gewöhnlich die Synesis; im Zwischensatz selbst ist beides möglich, so dass
oft Abwechslung in den numeri stattfindet; dies hat man bei Liv. u. Just,
besonders beobachtet; z. B. cetera muUUudo, in unum cum convenisset, fre-
quenti agmine petunt Thessaliam.
18. Wenn mehrere Subjekte gleichen Geschlechtes verbunden sind,
steht das variable Prädikatsnomen im selben Geschlechte im Plural. Nur
bei Sali. Liv. Tac. Just. Aur. Yict. Lact, folgt auf weibl. Abstrakta das
Neutrum plur. (Cic. fin. 3, 11 u. nat. d. 3, 24 sind anderer Art), z. B.
Sali. Cat. 20 ni virtus fidesque spectata mihi forent.
14. Auf sachliche Subst. verschiedenen Geschlechts wird das variable
Prädikatsnomen im Neutr. plur. bezogen. Naheliegend ist jedoch die Be-
ziehung auf das zunächsstehende Nomen, z. B. Justin 1, 7, 12 arma et
equi ademjitL Indes auch die Beziehung auf ein entferntes Nomen ist nicht
ausgeschlossen, namentlich wenn dasselbe den Hauptbegriff bildet und sozu-
sagen den ganzen Gedanken beherrscht; z. B. Liv. 9, 38 mutta alia castella
vicique aut deleta hostiliter aut intcgra in potestatem venere, wo vicique nur
eine Art Appendix bildet. Vor der klassischen Zeit findet sich dieser Ge-
brauch nicht, auch nicht bei Caes. u. Sali., ebenso nicht im Spätlat.; dagegen
lässt er sich bei Cic. und im silb. Latein (z. B. Val. Max.) nicht abweisen,
und viele Stellen, die geändert waren, sind darnach wieder herzustellen.
16. Eine Synesis des Genus im Prädikat findet nur statt bei capita
und oftmals (nicht z. B. bei Trogus u. Justinus) bei milia. Selbstverständ-
lich siegt in der Fortführung des Gedankens auch in der strengsten Zeit
der Sprache der Sinn über die starre grammatische Form, namentlich wenn
durch einen Relativsatz — dessen Pronomen sich regelmässig ad sensum
konstruiert, z. B. schon Terenz scelus qui — das natürliche Geschlecht an-
gebahnt ist, z. B. Cic. fam. 1, 9, 15 lila furia, qui non pluris fecerat , .,
impunitatem est assecutus.
Den Dichtern eigen, jedoch auch von Nepos Celsus Plin. mai. Suet.
und späteren Prosaikern angewandt, ist die Synesis bei Eigennamen, wo
urbs, fabula^ mons, herba oder ähnliches vorschwebt, z. B. excisa ferro est
Baadbiicb der Umb. AltertumswiflfieDachait. U. 2. Aafl. 2ö
402 B. Lateinisohe Grammatik, d) Lateinische Sjmtax.
Fergamum, Eunuchus bis die acta est Allein auch hier ist, wenigstens bei
Dramen, Angleichung an das Geschlecht der Person nicht ausgeschlossen,
wie Ter. Eun. 653, Val. Max. 8, 7, 12 und besonders Juv. 1, 6 necdum
finitus Orestes zeigen.
16. Die Synesis von Genus und Numerus tritt ein bei Kollektiven;
dies beginnt in der augusteischen Zeit, bei Livius und den Dichtem, und
findet sich fortan bei Dichtern und Prosaikern, so namentlich auch bei
Tacitus, z. B. ann. 4. 62 adfluxere avidi taliiim . . . omnis aetas.
17. Das Prädikat kongruiert mit der Apposition, namentlich wenn
dieselbe durch ut, quasi^ tamquam angefügt ist; dies treffen wir bei Nepos
(Them. 7, 5 illorum urbem ut propugnacultmi oppositum esse barbaris) Cic.
Caes. Sali. Liv. Plin. mai. Tac.
18. Das Prädikat kongruiert statt mit dem Subjekt mit seinem eigenen
Nomen und zwar
a. im Numerus infolge einer Art Ausgleichung, namentlich wenn das
Prädikatsnomen in der Nähe steht oder voraufgeht, z. B. Cic. in Pis. 4, 8
initium fuU ludi Compitalicii, Fürs Altlat. ist diese Konstruktion nur durch
Ter. Andr. 555 Fl. amantium irae amaris inicgratio est erwiesen; sie findet
sich in der klass. Zeit bei Cic, nicht bei Sali. (Jug. 18, 11 quac wohl
fem. attrah. von Numidia), aber bei Liv. Sen. Florus Lactanz;
b. im Genus, ebenfalls durch Ausgleichung; so schon bei Ter. Phorm.
94 paupertas mihi onus visum est; dann bei Cic. Liv.
19. Für die Kongruenz hinsichtlich der Personen ist zu bemerken
a. die lat. Sprache, auch die klass., setzt oft die L oder IL Person,
wo wir die dritte erwarten, z. B. Cic. Lig. 33 Mc non nnlli etiam mira-
bamur, Verr. 5, 68 plerique nostis, Liv. 36, 17, 2 plerosque intcr vos e^se
Video, qui militaveritis. Der alten Sprache ist eigen die Setzung der ersten
oder zweiten Person bei quis, aliquis, quisquam, uter, z. B. Plaut. Epid. 399
cxite huc aliquis, Men. 779 utcr meruistis culpam, Amph. 1071 ncque nostrum
quisquam sensimus.
b. In der Dichtersprache findet, vielleicht nach griech. Vorbilde, ein
Übergang aus der II. in die III. Person statt, so z. B. bei Ennius (und
vielleicht bei Tibull), vgl. Enn. ann. 50 M. vosque lares tectnm nostrum
qui funditus curant; vgl. dazu Hom. Iliad. 7, 159 viitmv ointq iaaiv =
oi'7i6Q satt,
20. Wenn das Subjekt ein Pron. demonstr. oder relativum ist und
im Prädikat ein Nomen steht, so richtet sich
a. das Pron. demonstr. sowie das nicht auf ein Subst. sich beziehende
Pron. relat. nach dem Genus und Numerus des Prädikatsnomens, so schon
Plaut. Athenae istae sunto, vgl. quac iracundia dicitur (für id quod i. d.).
Dies ist die ursprüngliche Konstruktion, und dieselbe hat sich erhalten,
wo das Pronom. eigentlich im Neutrum stehen sollte, während das masc.
oder femin. Pron. bleibt, also Liv. 3, 38, 3 eam impedimentum dilectui fore,
aber Cic. Phil. 7, 14 quamquam legatio illa non est. Man hat beobachtet,
dass dfe spätere Periode der Sprache die Kongruenz oft unterlässt, wo die
alte Sprache sie verlangt; so sagt Tac. bist. 1, 49 ut, quod segnitia erat,
sapientia vocatetur.
1. Der einfache Satz: a. Der BehauptungsBatz« (§ 17—21.) 403
b. das auf ein Substantiv bezogene Pron. relat. regelmässig nach
seinem Beziehungswort, oft aber auch, namentlich wenn es nur einen ge-
legentlichen Zusatz einleitet, nach dem Prädikatsnomen. In der vorklas-
sischen Zeit hat man diese Konstruktion überhaupt nicht beobachtet; eine
konsequente Entwicklung seit ihrem Vorkommen lässt sich nicht konstatieren.
21. Die Kongruenz von Subj. und Prädikat unterbleibt
a. wenn das Adjektiv im Prädikat substantiviert ist; so bei Dichtern,
schon bei Plaut. (Most. 710), hauptsächlich bei Vergil, seltener bei Cic,
der die Umschreibung mit res bevorzugt; vgl. Verg. ecl. 3, 80 triste lupus
stahulis^ Cic. Tusc. 3, 3 est gloria solida qtmedam res;
b. beim Part, praes. act. im Abi. abs. namentlich in den Formen prae-
sente und absente; dies gehört dem Altlat. bis auf Varro u. Cornific. (4, 16)
herunter an und entwickelte sich aus dem bei Aufzählung der Anwesenden
üblichen Verfahren, praesmite vorauszuschicken und dann die Einzelnamen
folgen zu lassen. Ebenso aufzufassen ist asfunte civihus suis auf einer In-
schrift, femer fini his rebus, wie man neben fini luic re bei Plaut, u. Cato
sagte; bei Tibull. Lygd. 6, 55 ebenso nobis merenti [u. Catull. insperanti
nobis (anders Riese 107, 5) |, und Sp. L. bei gall. Autoren mediante, woraus
moyennant hervorgegangen ist;
c. beim Part, perf., z. B. Plaut. Bacch. 726 quae imperamsti factum
ilicost und iustam rem oratiim a vobis volo, also nur im Altlat. und hier
sehr selten. Aus der lombardischen Sprache wird mnnia quae factum ftiit
später zitiert, dabei aber der Akkusativ angenommen (Sittl p. 56);
d. beim Inf. fut. act. in der alten Sprache, auch bei Sallust, vielleicht
auch bei Cic. (Verr. V, 167 nach Gell. 1, 7, jedoch in den neuern edd.
nicht aufgenommen).
Anmerkung 1. Hicher wird auch die Konstruktion facidtas agrorum condonandi
gerechnet. Diese NichtQbereinstimmung des Gerundivs mit seinem Nomen gehört vorzugs-
weise der alten Sprache an, und es mögen Gründe des Wohllauts gewesen sein, die ihre
Beibehaltung auch in späterer Zeit wünschenswert erscheinen Hessen ; denn ausser bei Varro
(principium generandi animalium) sind es Subst. der I. oder II. Deklination, die im Genetiv
stehen. Beispiele treffen wir bei Plaut., Ter., Lucr., Varro, Cic. (firstlingsschriften, Philipp.,
philos.), bei Juristen, Fronte, Gellius, Justin, Dictys. Eine nicht leichthin abzuweisende
Erklärung erblickt jedoch hier einen Ausgleich zweier Konstruktionen (Paul, Princip.'^
p. 134). — Auch die Wendungen mei, Uli nostri etc. ridendi gehören hieher, denn hier
ist ridendi ohne Rücksicht auf Genus und Numerus des Pronomens stabil.
Anmerkung 2. Unmöglich ist eine Kongruenz beim historischen Infinitiv. Die
Anwendung desselben in der lat. Sprache ist sehr alt, wie daraus hervorgeht, dass er vor der
Durchführung des Inf. durch die Tempora des Verb, entstanden ist und sein Subjekt nicht
im Akkusativ, sondern im Nominativ niat. Der Gebrauch des historischen Inf. leitet sich aus
der imperativischen Bedeutung des Infinitivs her, welche in vorhistorischer Zeit in den
italischen Sprachen üblich war und in amamini noch einen Ausläufer aufweist. Darnach
fmdet er sich in bewegter Erzählung, aber auch in lebhaften Schilderungen. In der Regel
folgen sich zwei oder mehr Infinitive; ein einziger steht meist nur dann, wenn die Handlung
wiederholt gedacht wird, z. B. negitare. Der bei Plaut, noch ziemlich beschränkte Ge-
brauch erweitert sich bei Tcrenz, welcher z. B. allein neben Petron ihn auch in der Frage
verwendet; Cicero hat ihn fast nur in den Erstlingsredcn und Briefen, selten Caesar, öfter
Sali, und Liv.; von da ab wird er spärlicher gefunden ausser bei Tac, dem er in Nachahmung
des Sali, besonders sympathisch erscheint. Die epische Dichtung, so Verg., verschmäht
ihn so wenig als die der Volkssprache nahestehenden Dichtungen des Hör. (sat. und epist.).
Zu §11: Anz, Ciceros Sprachgebrauch in der Beziehung des gemeinsamen Prädikats
bei mehreren Subjekten; Progr. Quedlinburg 1884. Ed. Ott, Über die Kongruenz des
Prädikats mit mehreren Subjekten im Numerus bei Horaz, Böhm. Leipa 1887. || Zu §20:
RiEMAKN, remarque sur Tattraction du demonstratif et du relatif en latin, M^langes Renier
p. 311 - 318, Paris 1886. |i Zu § 21: Gbüter, Die Synesis in der lat. und griech Sprache,
2C*
1
■•1
1
404 B. Lateinische Qrammatik. A) Lateinische Sjmtax.
Progr. Münster, 1855; Füistiko, Syntaxis convenientiae, MüDster 183C; C. F. W. Müller,
im Philol. IX, 600 ff.; Jolly, Gesch. d. InfiDÜivB im Indogermanischen, München 1878;
Hübenthal, Der histor. Infinitiv bei Sali, und Tac, HalJe 1881; Wackebnaobl, Über die
Geschichte des histor. Infinitivs, Verhandlungen der XXXIX Phil. Vers. p. 276-283.
cc. Tempora, Modi, Genera Verbi.
Das Prädikat, ausgedrückt durch ein Verb., erscheint in bestimmtem
Tempus, Modus und Genus. Es ist somit hier, nachdem über Person und
Numerus abgehandelt, über die Tempora, Modi und Genera zu sprechen.
Tempora.
22. Wir unterscheiden bei der Lehre vom Gebrauche der Zeiten zu-
nächst die Zeitstufen der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft und
innerhalb jeder wieder die Zeitart des Eintritts, der Dauer und der Voll-
endung. Darnach bezeichnet
Praesens: Eintritt und Dauer in der Gegenwart;
Perfect. log.: Vollendung in der Gegenwart;
Imperfectum: Dauer in der Vergangenheit;
Perf. bist.: Eintritt in der Vergangenheit;
Plusq.: Vollendung in der Vergangenheit;
Futur: Eintritt und Dauer in der Zukunft;
Fut. exact.: Vollendung in der Zukunft.
Unsere Darstellung hat nun zu untersuchen, ob in der Entwicklung
der Sprache keine Übergriffe oder Veränderungen in obigen Gebieten sich
gezeigt haben.
23. Das Präsens war im Altlat. nicht auf den Ausdruck der Gegen-
wart des Sprechenden beschränkt, sondern griff auch in das Gebiet des
Fut. und des Perf. über. Der erstere Gebrauch hat sich in der Umgangs-
sprache erhalten, wo man mane dum parutnper : tarn exeo (statt canbo)
wohl zu allen Zeiten sagt^, während die klass. Diktion das Fut. erforderte;
der letztere erscheint im sog. Praes. bist. Dies dient dazu, in der Er-
zählung vergangene Thatsachen vorzuführen, und ist vorzugsweise geeignet,
das Vergangene uns lebhaft (wie etwas Gegenwärtiges) darzustellen. Wie
bemerkt, treffen wir das Praes. bist, schon bei den Komikern, dann durch
die ganze Latinität, es ist aber selbstverständlich bei den Historikern ganz
besonders vertreten. Sehr häufig wechselt Perf. bist, mit Präs. bist., und
zwar bei Dichtern, besonders Verg., so, dass das Perf. den Grund, das
Praesens die Folge bezeichnet, ferner mit dem historischen Infinitiv und
dies in allen Zeiten.
24. Das Plusquamperfectum mit seiner vollen konsistenten Fonn
(vgl. z. B. fueram gegenüber eram) empfahl sich sehr dem täglichen Ge-
brauche, und so steht, und zwar vorwiegend in der Sprache des gewöhn-
lichen Lebens, also bei den Komikern, Cornif. CatuU. Ovid Vitruv und
Petron, aber auch bei Liv. und in der silbernen Latinität, namentlich aber
im Sp. L., besonders dem afrikanischen, bei Klassikern selten und fast
nur von verb. dicendi das Plusq., wo wir das Perf. oder Imperf. geBetst
hätten, z. B. Ovid. met. 3, 630 Utm dmique Bf^ - BaccJim mim
fuerat — Quid facitis? (vgl. besonders Thiei^^
1. Der einfache Satz: a. Der BehanptnngBBaiz. (§ 22 — 27.) 405
25. Das Imperfekt soll angeblich auch de conatu gesagt werden;
allein diese Bedeutung gehört ebensowohl dem Präsens, als dem Imperf.,
Plusq., dem Konj. Imperf., dem Partie. Präs. an. Die alte Zeit kultiviert
diesen Gebrauch nicht besonders, doch sagt schon Plautus Capt. 233 dum
id impetrant „zu erlangen suchen**; häufiger wird er bei Cic. Caes. den aug.
Dichtern, den Historikern, von denen Liv. namentlich das Part. Präs. oft
so verwendet.
26. Als gnomisches Tempus braucht die lateinische Sprache das
Präsens, z. B. Verg. ecl. 10, 69 omnia vincit amor und noch Hieronym.
ep. 17, 1 Caritas omnia superat. Doch verwendet das Altlat., Terenz indes
sehr selten, auch das Fut., jedoch nur in bedingten Sätzen, z. B. Plaut.
Most. 1041 qui homo timidus erit, in rebus dubiis nauci non erit, Afran. 7
liaut facul femina invcnietur bona; dieser Gebrauch des Fut. erklärt sich
aus der ursprünglich subjunktiven Natur desselben. Femer musste das
Perf. logicum naturgemäss die Bedeutung eines gnomischen Tempus an-
nehmen, z. B. Sali. Cat. 11,3 pecuniam nemo sapiens concupivit. Mit Cic.
und namentlich Sallust und Catull kam dieser Gebrauch auf, den die aug.
Dichter, die Schriftsteller der silbernen Latinität, besonders natürlich der
sentenzenreiche Sen. phil. gern übernommen haben.
27. Die passiven Formen praeccptum est und praece^ytum fuit, p. erat
und fuerat, p. crit und ftierit (ingleichen die der Deponentia) unterscheiden
sich so, dass p, est heisst „es besteht die Vorschrift", p, fuit „es hat die
Vorschrift bestanden", somit letzteres ein Perfekt vom Perfekt ist. Allein
diese Scheidung hat man nicht immer genau beobachtet, jedenfalls nicht
in der Sprache des Volkes. So sagt schon Plaut, oblitus fui ganz ^ ob-
litus sum, offenbar um die Vergangenheit recht deutlich zum Ausdruck zu
bringen, Korrespondenten Ciceros schreiben vata fuerat und licittim fuisset,
sowie rogaius fueris vollständig im Sinne des mit swm, eram, ero gebil-
deten Passivs, das gleiche können wir bei Nepos Sali. u. Spät, konstatieren.
Ja selbst Cic. lässt sich, besonders in den Briefen, manchmal gehen, z. B.
Att. 5, 1, 3 quae fueramus locuti u. Verr. 2, 3, 5, 10 si pauca ante fueri-
mus deprecati. In der spätem Latinität, schon bei Justin, bürgern sich,
begünstigt durch den Vorgang namhafter Autoren wie des Livius, Val. Max.
(nicht Plin. min. und Tac), die Formen mit fui^ ftieram, fuero immer mehr
ein und werden schliesslich so üblich, dass man sie z. B. im Fut. exact.
schon bei Fronte u. a. überwiegen Hess. Vgl. besonders Hartel in
WöLFFLiNS Archiv III, p. 40.
AninerkuDg 1. Die Umschreibung des Perf. mittels habeo und Part. perf. pass.
z. B. PL Pseud. 581 illa omnia missa habeo ist im Altlat. schon sehr gebräuchlich und
bei den Komikern oft nicht vom einfachen Tempus zu unterscheiden. In der klass. Sprache
ist der Begriff des Zuständlichen stets damit verbunden, z. B. 2^^c^^i<^ collocatas habeo,
übrigens ist die Konstruktion bei Cic. nicht gerade häufig. In der Volkssprache hat sie
sich stets erhalten und wurde schliesslich beim Übergang ins Romanische die allein herr-
schende. — Habeo diccfidum „ich muss sagen*^ findet sich zuerst bei Sen. rhet., dann
mit snbetaot. Objekt bei Sen. phil., z. B. iratn castigandam Ivabet; Plin. mai., Plin. min.,
Tac (ftber nur im Dial.), Sueton u. a., dann das afrik. Kirchenlatcin haben die Konstruktion
fibemomnieo, in die roman. Sprachen ist sie nicht übergegangen. Über habeo c. inf.
T^ 1 290.
pirnag 2. Nachdem der Aorist im Perfekt aufgegangen, stellte sich in der
«bebenden Volkssprache das Bedürfnis ein, auf andere Weise das In-
sQg xum Ausdruck zu bringen. Dies geschah auf dem Wege der
406 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
Umschreibung mittels coepi. Das umschreibende coepi finden wir oft bei Plaut, und Ter,
bei Sali., auch bei Caes. und Cic, besonders in epp., bei den Archaisten, bei Hygin und
wo sonst der Volkston zum Durchbruch kommt.
28. Das Fut. exact. war ursprünglich ein absolutes Tempus, welches
das vollendete Sein in die Zukunft verlegte. In diesem Sinne dient es zur
Versicherung des gewissen Eintretens einer Handlung in der Zukunft oder
bezeichnet eine ferner liegende künftige Zeit und wird so im Altlat. sehr
häufig gebraucht; es findet sich daher auch in vielen Stellen, wo ebenso
gut das Fut. T stehen könnte. Mit der Zeit wurden die Grenzen dieses
Gebrauchs immer enger gezogen und, abgesehen von gewissen Formen wie
si potucroy voluerOy Ucuenf, placuerU, erscheint so das Fut. II seit der klass.
Zeit besonders oft nur in der Umgangs- und der Vulgärsprache. So lesen
wir bei Cic. Att. 5, 1, 3 tu invifa mulieres, cgo accivero pucros^ bei Caesar
b. G. 4, 25 ego certe metim officium rei publicae pracstitero; Vitruv ist sehr
für dies Fut. II eingenommen, auch Livius, später selbstverständlich die
Archaisten. — Erst in zweiter Reihe entwickelte sich die Bedeutung des
Fut. exact., dass es die Zeitlage einer Handlung vor einer andern angab.
Doch treffen wir diesen relativen Gebrauch des Fut. II schon bei Plaut.,
z. B. Rud. 755 2)ostea aspicito meum, quando ego tuum tnspectavero. So
wurde es üblich, im Hauptsatze und Nebensatze Fut. II zu setzen, z. B. Plaut.
Pseud. 512 si abstulerit, magnum facinus fecerit. Diese Konstruktion hat
sich auch in der klass. Zeit erhalten, z. B. Cic. Lael. 16 pergratum mihi
feceriSy si de amicitia disputaris. Aus der häufigen Verwendung des Fut. 11
in Vordersatz und Nachsatz zugleich erkennen wir eine besondere Lieb-
haberei der lat. Sprache für dies Tempus. Dieselbe mag vielleicht aus der
Gesetzessprache und dem Juristenlatein sich herleiten, wo das Fut. II noch
spät geradezu dominierte.
29. Die periphrastischen Formen, z. B. acturus sum, cram etc. gehören
der ganzen Latinität au, nur hat man die mit sum, eram, sim, essem gegen-
über denen mit fui, fucram etc. bevorzugt, offenbar weil die letzteren zu
schwerfällig waren; so finden wir z. B. victunis fucro nur bei Sen. phil.,
sonst ist kein Fut. exact. nachgewiesen. Die Verbindung von forem mit
Part. fut. liest man, wie es scheint, nicht vor der klassischen Zeit, zuerst
vielleicht bei Sali., oft bei Liv., auch bei Nepos u. Sen. phil. Ein Infinitiv
venturum fore, wie ihn der Med. bei Cic. Att. 5, 21, 3 bietet, ist mit R^cht
als unklass. verworfen w^orden, fo^c = esse gehört erst dem Sp. L. an.
Um sofort über forem allein zu sprechen, so haben Cic. u. Caesar diese
Form nicht begünstigt; Caesar kennt sie gar nicht, Cic. hat sie nur in
epp. ad Att., z. B. 7, 21, 2; 10, 14, 3. Plaut, u. Ter. brauchen sie oft,
vorzugsweise als Irrealis oder in Bezug auf die Zukunft, auch Catull,
dieser besonders im erhabenen Stile; allein auch Plaut, schon und besonders
Sali, verwenden sie nebstdem in andern Fällen, und bei Liv. und Nepos
lässt sich ein Unterschied zwischen csscm und forem nicht mehr kon-
statieren. Doch damit sind wir bereits angelangt bei der Lehre von den
Modi.
30. Im lateinischen Konjunktiv sind Optativ und Konjunktiv za diifiin
einheitlichen subjektiven Modus zusammengeflossen;
1. Der einfache Satz: a« Der BehaaptnngSBatz. (§ 28 — 31.) 407
selben ebenso der Grundbegriff des Willens wie des Wunsches. Durch
gradweise Abschwächung gelangte er dann zur potentialen Bedeutung und
zur Eigenschaft, eine unbestimmte Annahme oder eine mehr oder weniger
bestimmte Behauptung über eine Möglichkeit ausdrücken zu können. Dar-
aus erklärt sich auch die unten besprochene Verwendung desselben in
Nebensätzen.
31. Als Optativ fungiert der Konjunktiv im Altlat. in allen Personen
des affirmativen präsentischen Satzes ausser der ersten Sing. ; die klassische
Zeit hat auch die letztere z. B. moriar, ita vivam, während sie die zweite
Pers. sing, regelmässig (Ausnahmen bei Cic. nur ad Att.) nur bei der all-
gemeinen 2. Person (= man) zulässt; die nachklassische Sprache geht
jedoch, wie schon die Dichter der klass. Zeit, z. B. Catull, hierin wieder
auf den alten Brauch zurück. — Die sog. synkopierten Formen wie
scrvassmt, capsim u. ä. haben Optative und potentiale Funktion ; sie gehören,
wenige Ausläufer wie ausim und faxim abgerechnet, nur dem Altlat. an;
die Bedeutung der Vergangenheit haben sie nie besessen.
Im negativen Wunschsatz hat die alte Sprache mit vereinzelten
späteren Ausläufern, z. B. bei Prop. 2, 3, 26 ne putes, auch die zweite
Pers. praes. verwendet, z. B. ne nie moneatis; dies kann die klass. Sprache
nur bei der allgemeinen zweiten Person, im übrigen steht, wie bereits im
Altlat. ganz gewöhnlich, regelmässig der Konj. perf., z. B. ne fe^eris,
ne sis admiratus (jedoch selten im Deponens); dieser Konj. Perf. ist der
Rest einer älteren Verwendungsweise des lat. Konj. Perf.; er ist zeitlos.
Die Negation des Wunschsatzes geschieht mit ne; aber man findet schon
in alter Zeit (jedoch ganz selten und noch nicht bei Plautus) non, bei Cic.
nur einmal, häufiger bei Dichtern, aber nicht bei Catull (Riese zu 66, 91),
jedoch bei Iloraz, Properz und Lucan, in der silbernen und späteren La-
tinität, z. B. Sulp. Sev. D. 1, 18, 4 non temptaret aggredi, Apoll. Sidon.
VII, 9, 344 non te terrcat hie nimis perltus; wenn Petron sagt nmi per^
damiis noctem^ so ist die Konstruktion damit genugsam charakterisiert.
Übrigens hat auch die klassische Sprache nemo (statt ne quis)^ nihil, miS'
qtuim etc., wenn das negative Wort als Tonwort an die Spitze des Satzes
tritt, z. B. Cic. Att. 7, 8, 2 nihil incommodo valetudinis feceris, und nofi
bei Gegensätzen einzelner Begriffe. Die Anknüpfung mittels nee, welche
in der vorklass. und klassischen Sprache sehr selten ist, wird mit Catull,
besonders aber mit Liv. und den aug. Dichtern allgemein üblich und erhält
sich auch in der ganzen Folgezeit, z. B. Gell. 20, 1, 22 consideres nee
contempnas.
Im Altlat. steht der Konj. Präs. da, wo die klass. Sprache den Konj.
Imperf. setzen würde. Dies kommt daher, weil bei Plaut, u. Ter. der
Konj. Imperf. noch Präteritalbedeutung besitzt, vgl. PI. Capt. 537 Utinam
te di pritis perderent^ quam periisti e patria tua. Dies verschwindet nach
Terenz und kehrt erst bei den Afrikanern wieder. In der ganzen Zwischen-
zeit bezeichnet der Konj. Imperf. den irrealen Wunsch der Gegenwart. Zur
EinleituDg eines Wunsches dient im Altlatein zunächst qui und ut, ersteres
nur in Verwünschungen und nicht über Lucilius herabgehend, z. B. Ter.
• iUum di omnes perduint!, letzteres in Wünschen aller Art
408 B* Lateinische Grammatik, d) Lateinisohe Bjmtax.
bei Plaut. Cato Ter., dann wieder bei Catull mit Nachahmung bei Horaz,
bei Ovid und in der silbernen Latinität, z. B. Curtius 6, 10, 9 td viveret
adhuc! Das bei Terenz zu ut gesetzte modo hat auch bei Cicero (Verr.
4, 10, vgl. jedoch Nohl praef. p. VIT) und seinem Bruder und damit die
Wendung modo ut Gefallen gefunden, z. B. Qu. Cic. pet. cons. 26 modo
ut intellegat^ im Sinne von dum modo.
Sonst dient gewöhnlich utinam zur Einführung eines Optativs und
zwar in allen Zeitaltern; darnach steht einmal bei Cicero (aber an Attik.
und mit sofort nachfolgendem ne) non, öfters bei Dichtern und den Pro-
saikern der silbernen Latinität, auch bei Quintilian.
32. Als Jussivus erscheint der lat. Konjunktiv schon bei Plaut, und
Ter., hier aber nur der des Imperf.; bei Cic. u. a., auch bei den august.
Dichtern, findet sich ebenso das Plusq.; die Negation dabei ist ne, z. B.
Cic. Verr. 3, 195 nc emisses.
33. Als Potentialis dient der Optativ in allen Zeiten, und zwar braucht
man für die Zeitstufe der Gegenwart Praes. u. Perf., für die der Vergangen-
heit das Imperf. Der potentiale Konj. Perf. war im Altlat. nicht beliebt;
erst mit Cicero wurden die Grenzen seines Gebrauches erweitert, offenbar
unter dem Einflüsse des griechischen Aorists. In ihm erscheinen besonders
Verba der geistigen Thätigkeit, gewöhnlich in der ersten Pers. sing, zur
Vermeidung der Zweideutigkeit, denn dicam und credam sind auch Fut,
selten in der 1. Plur. oder andern Personen, z. B. dixenmus erst seit
Cornific. u. Cic. Im N. Kl. findet sich immer häufiger der potentiale Konj.
Perf., sogar in Finalsätzen und von andern Verben, als den oben er-
wähnten, vgl. Tac. ann. 6, 22 nc longhis abierim. Ebenso wird der Plural
immer mehr gebraucht, z. B. Hieron. more ludaico dixerimus. Über die
sog. synkopierten Formen vgl. § 31. — - Hieher rechnen wir auch den aus
der dubitativen Frage hervorgegangenen hypothet. Konj., welcher selten im
Altlat., von Cic. an häufiger wird, z. B. Cic. nat. deor. 1, 57 roges me,
nihil forta'ise respondeam (Weoener, Grundfr. p. 188).
34. Der Indikativ steht im Lateinischen oft, wo wir den Konjunktiv
setzen, so von possum, dcheo und den übrigen Ausdrücken des ^Müssens",
dann bei prädikativen Phrasen wie longum est, ius est u. ä. Dabei aber
sind doch auch potentiale Konjunktive von possum^ und zwar mehr im
Praes., seltener im Imperf., noch seltener im Perf., dann der Konj. imperf.
als Irrealis und der Konj. plusq. besonders bei Cic. in Sätzen mit negativem
Sinne im Gebrauch; ähnlich verhält es sich mit debeo, oportet u. ä., deren
Konj. aber wohl nur im Präteritum üblich ist. Schliesslich seien non
putaram und mulueram bei Cic. erwähnt; das letztere wird von Lucan und
Tac. angenommen, während Gell. Suet. u. a. maluissem vorziehen.
35. Namentlich in der archaischen Latinität, aber auch bei Catull,
bei Cic. in den Erstlingsschriften und in den Briefen ad Att., dann bei
Verg. und vereinzelt bei Späteren finden wir die dem familiären Ton eigene
Setzung des Indik. präs. an Stelle des dubitativen Konjunktivs, z. B. Catull
1, 1 cui dono novum Ubellum! Ebenso wird im Altlat. der Ind. Fut. ge-
braucht Ter. Hec. 516 quid viro meo respondebo misera? Zu letzterem be-
merke man, dass überhaupt im Altlat. ** ^u eine weite Gebrauchs-
1. Der einfache Sats: a. Der BehauptungSBatz. (§ 32-39.) 409
Sphäre hat, in welcher er grossenteils später vom Konj. Praes. abgelöst
wird. So in der unwilligen Frage, z. B. Plaut. Stich. 599 soltis cctiabo
domi? in der Beteuerungsformel ita me di amdbunt u. ä.
36. Der Imperativ Futuri (Jussivus) hat seine Stelle in Gesetzen,
Verträgen u. s. w. und findet sich so in allen Zeiten. Die Sprache des
Volkes, welche überhaupt die volleren Formen bevorzugt, verwendete ihn
gerne, während die klass. Sprache sich zurückhaltender verhielt und die
passiven Formen, sowie die negierten nicht zuliess; so sagt Gic. nihil
ignoveris neben in sententia permaneto. Doch überwiegt auch in klass.
Zeit dieser Imperativ, wenn der Befehl an eine Bedingung geknüpft ist
und keine unmittelbare Ausführung verlangt. Im Sp. L. verschwindet jeder
Unterschied, und so braucht z. B. Ammian beide Formen nebeneinander,
15, 8, 13 adesto et suscipe.
37. Die Negation beim Imperativ ist ne, also ne timc; allein diese
Konstruktion gehörte nur der Sprache des Volkes an und fand bei Klassikern
keinen Eingang. Die Dichter der aug. Zeit und dann ihre Nachahmer im
silb. Latein suchten mit dem negierten Imperativ in altertümlicher Diktion
eine besonders feierliche Ausdrucksweise zu erzielen, wie schon Servius
zu Verg. Aen. 6, 544 ne saevi erkannt hat. Klassisch ist noli timere oder
ne timueris, Non statt ne beim Imperativ ist nur aus Ovid nachgewiesen,
dagegen findet sich nee in der Fortführung des Verbotes seit der klassischen
Zeit (auch bei Cic. Att.) allenthalben. — Wie man dem verneinten Impe-
rativ ne vorsetzte, so bat man dem bejahenden ut vorausgeschickt; sicher
erhalten ist nur die Formel ut puta, die dem silb. u. späten Latein angehört,
vielleicht aber sind bei Plautus darnach manche Stellen der Überlieferung
gemäss zu gestalten, z. B. Amph. 1,3, 44 ut me ama. Jedenfalls kennt die
klassische Sprache so wenig ein ut ama, als ein ne ama. Vgl. dazu u^n § 31.
Qenera Verbi.
38. Wie in den verwandten Sprachen hat sich auch im Lat. das
Passiv erst aus dem Medium entwickelt; so haben wir iungor^ feror u. ä.
nicht als ursprüngliche Passiva, sondern als Media zu betrachten. Und in
der That haben sich eine ganze Reihe von Verben erhalten, die ihrer Form
nach als Passiva gelten, in Wirklichkeit aber mediale Bedeutung aufweisen.
Ganz wenige derselben gehören der Gesamtlatinität an; viele finden sich
schon im Altlat., mehr in der klass. Sprache, die meisten aber lassen sich
bei den Dichtern und den von diesen beeinflussten nachklassischen Prosaisten
aufzeigen, so z. B. dispertiri sich trennen, pingi sich schminken, poUri sich
glätten u. ä. nur altlat., corrumpi verderben, conteri sich abnutzen bei Cic,
dedi sich ergeben, linqui ohnmächtig werden, porrigi sich erstrecken u. v. a.
bei Dichtern und Spätem.
89. Die sog. Deponentia, welche mit passiver bezw. medialer Form
aktive Bedeutung verbinden, finden sich durch die ganze Latinität. Doch
ist insofern hier eine geschichtliche Entwicklung zu konstatieren, als viele
in klassischer und späterer Zeit deponential gebrauchten Verba im Altlat.
in aktiver Form erscheinen, z. B. imitOy aggredio. auxiliOy minOy potio u. v. a.
Besonders reich an solchen aktiven Verben ist, wie Stünkel nachgewiesen,
noch in klass. Zeit Varro. Bei den Archaisten und im Spätlatein erscheinen
410 B. Lateinische Grammatik, d) Lateiniache Syntax.
viele dieser aktiven Formen wieder, ungewiss ob infolge der archaisierenden
Bestrebungen oder des Eindringens der Volkssprache, z. B. praedo Altlat.
und dann Vulg., praevarico Altlat. und Augustinus u. s. w. Interessant
ist es zu verfolgen, wie die deponentiale Form mit der aktiven konkurrierte,
vgl. bezüglich asscnfio die Notiz des Gellius 2, 25, 9 über Sisenna. Doch
hat umgekehrt auch die alte Sprache manche Deponentien, die in der klass.
nicht vorkommen, wenn sie auch später wieder auftauchen, z. B. comperior^
despolior, impertior, nidiUor; andere Deponentia werden erst von Dichtem
oder den Autoren der silbernen Latinität eingeführt und erhalten sich
dann, z. B. abominor, communicor, eluxuHor u. a.
40. Eine notwendige Folge davon, dass man ursprünglich ifnito sagte,
ist, dass imitatus passive Bedeutung hat. Es scheint, dass die Volkssprache
sich diesen Gebrauch immer erhielt; die klassische Sprache aber ist sehr
sparsam in der pass. Verwendung der deponentialen Form, wie z. B.
adeptus sich nicht bei Cic. sensu passive findet; aber schon zur Zeit Ciceros
drang dieser bequeme Gebrauch in die Schriftsprache ein und wird in
nachklass. Latinität allgemein üblich.
41. Coepi und desino beim passiven Inf. müssen selbst auch im Passiv
stehen. Von dieser fürs Altlat., Cic. und Caes. geltenden Regel weichen
zuerst Cornif., dann Sali. Liv. Vell. Celsus und immer Tacitus ab. Hat
jedoch der Inf. mediale Bedeutung, so kann dabei auch in klass. Sprache
das Aktiv stehen, z. B. Cic. Tusc. 1, 23 ne movcri quidem desinit.
43. Eine interessante Ausgleichung des genus verbi lässt sich bei
possum, queo und neqiico im Altlat., z. B. Cael. Antip. 7 P sine periculo
bellum (jeri poteratur, bei Sali. (Jug. 81, 8 quicquid shw sanguinc civium
uicisci ncquihir) und den Archaisten konstatieren; von Sallust bis Gellius
ist dieser Gebrauch verschwunden.
Zu §22-38: Schneider, De temponiin apud priscos scriptores latinos usu quaest.
sei.; CJlatz 1888. Ley, Verg. Quaestionum spec. prius, de temporum usu, Saarbrücken
1877. II Zu § 22 S. Ehrismann, de temporum et modorum usu Ammianeo, Strassburg 18Ht);
H. Neumann, de futuri in priscor. latinor. vulgari vel cottidiano sermone vi et usu, Breslau
1888. II Zu § 24: Brehme, Linguarum noviciarum laxam temporum significationem iam priscis
linguae lat. temporibus in vulgari elocutione perspici possc, Göttingen 1879. || Zu §27:
Thielmann, Habere mit dem Part. Perf. Pass., Wölflflins Arcbiv II, p. 372 und 509. il
Zu § 29 vgl.: Hoppe, Zu den Fragmenten u. d. Sprache Ciceros, Progr. Gumbinncn 1875;
id, Der Konjunktiv der conjugatio pcriphrastica activa, Progr. Gumbinnen 1879; Ober-
maier, Die Konjug. pcriphrastica und der Inealis im Lat., Stadtamhof 1881. jj Zu §31:
Heidtmann, Die Negation bei dem lat. conj. proliibitivus. Progr. Wesel 1858; || Kibnitz, De
qui localis modalis apud priscos scriptores latinos usu, Leipzig 1879: Schmerl, Der Pro-
hibitiv bei Plautus; Krotoschin 188t). jl Zu §33: Schmalz, Pot<?ntialis perf. act. plur. et
Perf. dcpon., WölflFlins Arch I, 347 f. || Zu §3(5: Loch, Zum Gebrauch des Imperativs bei
Plautus, Progr. Memel 1871 ; Riemann, La Question de Fimperatif latin en to, Revue de
Philologie 1886 p. 161-187. || Zu § 39: Nöltino, Das lateinische Deponens, Progr. Wismar
1859; Stünkrl, De Varroniana verborum fonnatione, Strassbuig 1875. || Zu § 38- -40: G.
Schönfeld, De Taciti studiis Sali., Leipzig 1884, p. 18 f. || Zu §41: über, Quaestiones
aliquot Sallustianae grammaticae et criticac, Berlin 1882 p. 12; Kratz, coepi u. dgl. mit
Infinitiv, N. Jahrbb. 1865 p. 724 flF.; Wölfflin, Liv. Kritik und Liv. Sprachgebrauch, Berlin
1864, j). 21. li Zu § 42: Brünnert, De Sali, imitatoie Catonis Sisennae alionimquae vc-
terum historicorum romanorum, Jena 1873 p. 9; Schultze, De archaismis Sallustianis, Halle
1871 p. 63.
c. Attribut und Apposition.
43. Vereinzelt begegnen uns schon in der vorklassischen und Idassi-
schen Sprache Beispiele für den attributiven Gebrauch der Adverbia; allein
1. Der einfache Satz: a. Der BehaaptungsBatz. (§ 40—47.) 411
eine ausgedehnte Anwendung erfahren dieselben erst bei Livius und Tacitus,
worauf dann im Spätlatein diese Vorliebe wieder abnimmt, ausser bei den
Nachahmern der früheren Autoren, z. B. Sulp. Sev. Dict. scr. h. Aug. u. a.
Manchmal ist es unklar, ob das Adv. zum Subst. oder zum Verb, zu kon-
struieren ist, so z. B. Ter. Andr. 175 eri semper lenitas verehar quorsum
evaderet.
Das substantivische Attribut, z. B. liomo servus, sacerdos anus, gehört
dem Altlat. besonders an, so z. B. Cato, wird selten in der klassischen
Zeit, kommt durch die Dichter z. B. Catull, namentlich durch die Autoren
der augusteischen Zeit wieder auf und erhält sich bei Seu. Plin. Tac. Just.
Hygin und andern Spätem.
Anmerkung. Der poetischen Sprache und der silbernen T>atiniiät., besonders dem
Plin. mai. ist es eigentümlich, persönliche Subst. mit Sachsubstantiven zu verbinden, z.
B. fama anus bei CatuJl, artifict temper amento, indigena vino bei Plin., ultore ferro bei
den Juristen.
44. Das aus Substantiv mit Präposition oder dem adverbialen Kasus
allein bestehende Attribut findet sich durch die ganze Latinität, so schon
bei Cato senien de ciipresso^ jedoch in der klass. Sprache in eingeschränktem
Gebrauche, z. B. Cic. Att. 5, 14, 1 neque scniper mea manu litteras ex-
spectahiSf nat. deor. 2, 74 hominem sine arte, sine litteris: immerhin aber
ist die Konstruktion viel häufiger bei Cicero, als man früher glaubte, na-
mentlich wenn das Attribut den Stoff bezeichnet, z. B. Cic. nat. deor. 2, 87
Solarium vel discriptum vel ex aqua, Signifikant für den Unterschied der
von Livius angebahnten Prosa und der klass. Sprache ist, dass bei Cicero
die Hinzufügung eines stützenden Partizips, z. B. arx in monte sita über-
wiegt, bei Liv. aber als Ausnahme gilt.
45. Die Synesis im Attribut gehört der niedem Sprache an, z. B. is
scelus, hie simia und wird ausser bei Schimpfwörtern nicht angetroffen
(Plaut. Ter. Laber.).
Anmerkung. Das bei der Apposition stehende pronominale Attribut harmoniert
mit dieser, also ipsum cnput belli CarUiaginem; aber die Kongruenz mit dem Beziehungs-
worte ist nicht durchaus ausgeschlossen; so steht Sp. L. bei Flor. 2, (>, 38 Ilispaniam
illam seminarium hostilis exercittis, illam Annibalis eruditricem.
Zu §43 vgl.: Roth, Excurs XXIV u. XXV zu Tac. Agric; Nägelsbach-Müller,
lidt. Stilistik. 8. Aufl. p. 287 fif. || Zu §44: Jänicke, Die Verbindung der Substantive durch
Präpositionen bei Cicero, Wien 1886.
46. Die ursprüngliche Form der Parataxis hat sich auch im Apposi-
tionsverhältnis erhalten, und so erscheint in der Sprache des Volkes, also
besonders im Altlat., bei Cato und Plaut., auch im b. Uisp., dann bei
Lucrez, Varro, Sali, und sehr oft bei Livius, selten jedoch bei Voll. Just.
Curt. Eutrop. eine Apposition, wo wir einen partit. (Jenet. erwarten; z. B.
Plaut. Capt. 232 nam maxuma pars fere morem hunc homines Imhent In
der klass. Sprache ist dies appositive Verhältnis nur bei alter, quisqiw,
unus u. ä. angewendet worden.
Anmerkung. Appositives Verhältnis hat sich in der Vulgärsprachc besonders bei
Zahlangaben erhalten; so schreibt Ncpos Milt., 4, 2 circUer milia i)asfins decem, ähnliches
lesen wir in epp. an Cic, bei Vitruv, vielleicht auch einmal bei Cic. Rah. P. 21.
47. Das Gerundium oder Gerundivum in der Apposition ist selten,
doch hat es schon Terenz Ad. 545 nisi me credo huic esse natum rei,
fo näseriis, vereinzelt Cic. u. Horaz, besonders häufig jedoch Livius.
412 B. Lateinische Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
48. Die Apposition zu einem ganzen Satze steht, der Form nach sich
dem Objekte anschliessend, im Akkusativ, bei passivem Verbum dement-
sprechend im Nominativ, vgl. Sali. ep. Mithr. 8 Eumenem prodiderc An-
tiocho^ Xmcis merccdeni, Tac. ann. 367 maiestatis crimina subdebantur, vinc-
lum et ncccssilas silefidi. Sie findet sich an einigen Stellen bei Cicero
(Madvig fin. p. 268; Fritzsche zu Hör. sat. 1, 4, 110; Nipp, zu Tac. ann.
1, 27; Cic. Phil. 2, 85, Gantrelle rev. d. phil. 6, p. 185—187), dann be-
sonders bei Sali, (aber nur in den bist.), bei Vergil, Horaz und Liv., bei
Curtius und am häufigsten bei Tacitus.
d. Kasuslehre.
49. Von den ursprünglich 8 Kasus der indogermanischen Sprache hat
die lateinische Sprache 6 erhalten; vom Lokativ sind noch einige Spuren
vorhanden, sonst ist er wie der Instrumentalis im Ablativ aufgegangen;
der Ablativ gilt daher als Mischkasus, auch synkretistischer Kasus genannt.
Die sogenannte philosophische und die lokalistische Kasustheorio, von denen
besonders die letztere viel Bestechendes hatte, sind jetzt der von Kumpel
angebahnten Auffassung gewichen, und wenn auch Dativ und Ablativ nicht
als rein grammatische Kasus angesehen werden können, so gilt dies um so
sicherer vom Nominativ, Vokativ, Akkusativ, Genetiv. S. übrigens Brug-
MANN oben S. 201 f.
Vgl. im allgem. über die Kasuslehre: HObschmann, Zur Kasuslehre, München 1875;
KuifPKL, Zur Kasusthcoric, Gütersloh 1866 (id. Die Kasuslehre etc., Halle 1845); Holz-
wBissio, Wahrheit und Irrtum der lokalist. Kasustheorie, Leipz. 1877; Vogrinz, Zur Kasus-
theorie, Progr. Leitmeritz 1882; id. Gedanken zu einer Gesch. des Kasussystems, Leit-
meritz 1884; Bieliok, Do casuum syntaxi a Floro histor. usurpata, Halle 1882; Antoine,
De casuum syntexi Vergiliana, Paris 1882. IIörle, De casuum usu Propertiano Halle, 1887.
Nominativ und Vokativ.
60. Der Nominativ ist der Kasus des Subjekts. Wenn das Subjekt
in einem andern Kasus erscheint, so ist eine der Volkssprache eigentüm-
liche Attraktion daran schuld (oder wohl richtiger, das zum Relativ gehörige
Nomen wurde der Betonung wegen an die Spitze gestellt), z. B. urbew
quam statuo vcstra esty Verg., eig. guam iirbem staüio, ca urbs vcstra est.
Diese Erscheinung gehört besonders den Komikern und zwar mehr dem Plautus
als dem Terenz, sowie Cato an, hat sich aber in die augusteische Zeit hinein
und darüber hinaus ins silb. Latein erhalten, z. B. Sen. Herc. Oct. 411
hunc quem vides levis est. Erst mit dem 4. saec. nach Christ, lesen wir
das Subj. in der Bauernsprache im Akkus., z. B. hie qiiieseunt dtias matres,
61. Es ist aber der Nominativ auch — wie der Name sagt — der
Kasus, der eine Sache oder Person schlechthin benennt. Und so finden
wir denn, entgegen der Regel, dass alle Teile eines Satzes in die Kon-
struktion hineinbezogen werden müssen, bei Dichtern und spätem Prosaikern
den Nominativ, z. B. Prop. 1, 18, 31 resonent mihi ,,Cynthia'' silvae;
ebenso Suct. und Justin, (regelmässig aber vietoriam clamare u. ä.); vgl.
noch Antibarb.6 I p. 39Ö f.
52. So erklärt sich auch, dass bei Dichtern der Nominativ steht, wo
wir den Vokativ erwarten, z. B. Plaut. Most. 311 oeulus meus, ebenso
Verg. Aen. (5, 835.
1. Der einfache Satz: a. Der Behauptnngsaatz. (§ 48—53.) 413
Anmerkung. Umgekelirt treffen wir durch eine merkwürdige Ausgleichung der
Kasus bei den aug. Dichtem den Voc. an Stelle des Nom., z. B. Verg. Aen. 2, 283 quibua,
Hectar, ab oris exspectate venis,
Akkusativ.
53. Der Akkusativ ist ein rein verbaler Kasus und giebt lediglich
die Modifikation des Prädikates. Sein Gebiet war infolge der Mannig-
faltigkeit einer solchen Modifikation oder Determination ursprünglich sehr
ausgedehnt; allein allmählich engte die nach logischer Bestimmtheit strebende
Sprache dasselbe ein, und erst die Manier einer spätem Zeit suchte das
alte Gebiet wieder zurückzuerobern. Der gewöhnlich gemachte Unterschied
zwischen transitiven und intransitiven Verben ist unberechtigt, man kann
nur von einem transitiven oder intransitiven Gebrauch der Verba reden,
vgl. vivo und vitam vivo, noceo und noxam noceo. Die lat. Sprache konnte
alle möglichen Zeitwörter mit einem Akk. verbinden, dies geht aus infitias,
excubias ire^ foras labt, propinqtiare amncni hervor; diese Fähigkeit hat sie
durch ihre indogermanische Abstammung ererbt, aber allerdings nicht gleich-
massig ausgebildet. Der Akk. musste nicht notwendig ein Subst. sein, es
konnten auch Pron. oder substantivierte Adj. eintreten, die letzteren im
Femin. {nmltifariam, alias, obviam), oder im Neutrum, dieses wieder im
Sing, und im Plur.; während das Neutr. plur. selten blieb, entwickelte das
Lat. eine gewisse Vorliebe für das Neutr. sing, der Pronom. Dass die
Neutr. allmählich adverbiell wurden, dieser Prozess vollzog sich im Lat.
wie im Deutschen und in den andern indogerm. Sprachen. Der Akk. kann
nicht allein ein verbales Prädikat determinieren, sondern auch ein aus Adj.
und dem Verb, esse bestehendes, wiepossum =potis sum, so auch utilis sum,
noxius sum {pro-sum, oh-sum); wenn nun bei dem Mangel einer Partizipial-
form von sum das Adj. als Partizip steht, so kann mit solchem Adj. auch
ein Akk. verbunden werden, wie mit den Partiz. selbst (-bundus etc.); eben-
dasselbe gilt auch für Subst. mit verbaler Kraft {domum redifio). Der
Akk. bei Adj. hatte indes bald mit dem Abi. zu rivalisieren, und bei
nudus genu ist es unsicher, ob genu Akk. oder Abi. ist. Auch dieser Akk.
adverbialisierte rasch und schuf so eine reiche Fülle akkusativischer Adv.
Ein durch einen Akk. ergänztes Verb kann mit diesem einen Begriflf bilden
und nun eine neue akk. Determination annehmen, so ludos faccre aliqucw,
linguam docere aliquem; manchmal verwächst das Sachsubst. mit dem Verb.,
ludißcare aliquem, auch circumstare aliquem; bei circumdare aliquem aliqua re
ist gar eine dreifache Bestimmung des Verb. Besonders häufig steht der
dopp. Akk., wenn die Sache ein Pron. neutrum ist. Überhaupt ist das
Gebiet des dopp. Akk. viel weiter ausgedehnt als im Deutschen; so kann
das Verb, zunächst seine Bedeutung durch einen adverb. Akk. erweitern
und von dem so entstandenen Gesamtbegriff einen Akk. der Person abhängig
machen; durch Analogie wurde diese Konstruktion sehr erweitert (cfr.
memhra tnmcare aliquem), Hieher gehört auch der prädik. Akkus., wie
im Deutschen „ich arbeite mich müde, ich gewinne dich lieb*. Schliesslich
sei das Medium erwähnt, welches als indirektes einen Akk. zu sich nehmen
kann; bemerkenswert sind besonders die Verb, des An- und Ausziehens,
so induor vestem, auch suspe^isus bei Horaz, ferner das kausative Medium ,
414 B. Latemiaohe Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
z. B. traiectus lora ^der sich Kiemen hat durchziehen lassen". Das Verbum,
zu dessen Determination der Akk. dient, kann so selbstverständlich sein,
dass es auch weggelassen werden darf, so im Akk. exclamationis, der dann
mancherlei Analogien nach sich zog.
Anmerkung. Im prädikativen Akkus, erscheint auch das Gerundiv und zwar
schon bei Plaut., z. B. Aul. 96 quae utenda vasa semper vicini rogant. In klass. Zeit ist
die Konstruktion nicht besonders hftufig, wird es aber später, wo rogare, curare u. a.
viele Analogien hervorrufen, z. B. im Sp. L. bei eccl. sepeliendos foris iubetf pscUmum
cantandum imperavimus.
54. Der Akk. bei Verben der Bewegung findet sich erhalten in der
Sprache des Volkes, daher Vitruv 131, 18 gymnasium devenit, Apul. hoHum
redire, Cic. Att. 1, 14, 5 rostra advolat, Nep. Ale. 6, 4 a^tu v&nit (klassisch
nur domum und ras); die Dichter seit Ennius verwenden diese Konstruktion
gerne, z.B. Catull. 33,5 cur non exilium itis? Von Ländernamen stehen
im Akk. bei Plaut, nur Capt. 571 Alidem, bei Cic. u. Caes. nur Aegypium;
häufiger steht der blosse Akkus, im b. Hisp., bei Petron, Hygin und über-
haupt in der Vulgärsprache, dann bei Liv. und Tac, bei Ammian, oft bei
Apuleius, bei Justin (Paucker, Z. f. ö. G. 1883 p. 325), den scr. bist. Aug.
Anmerkung 1. Das erste 8upinum in Verbindung mit ire, venire ist als Akkus,
zu erklären. Die Erweiterung des Gebrauches, z. B. Cic. fam. 9, 2(j, 1 dormitum me
conferaifif ist auf Analogiebildung und allmähliches Verschwinden der ursprünglichen Akkn-
sativbedeutung des Supins zurückzuführen. Es findet sich das Supinum sehr häufig bei
Plaut, u. Terenz, überhaupt oft in der alten Sprache, seltener bei Cic. u. Caes., häufiger bei
Sali. u. dann namentlich bei Liv.; vereinzelt sind Beispiele bei Dichtern, welche den finalen
Infinitiv bevorzugen, wie überhaupt diese beiden substantivischen Formen des Verbs sich
Konkurrenz machen, bis schliesslich beide vom Finalsatz zurückgedrängt werden. In der
nachliv. Prosa gehört das Supin fast nur den Archaisteu und den von Sali. u. Liv. abhän-
gigen Schriftstellern an.
Anmerkung 2. Hieher gehört auch der die Ausdehnung in Raum oder Zeit be-
zeichnende Akk. An Stelle des letztern tritt übrigens infolge eines in der Vulgärsprache
herrschenden Gebrauches schon vereinzelt bei Cic. Caes. u. Sali, und dann bei Livius u.
Tac. der Abi., welcher z. B. auf den Inschriften aller Länder, femer bei den eccl. und
überhaupt im Sp. L., z. B. bei Hygin Sulp. Sev. Lucifcr Apoll. Sidon. u. a. sehr üblich ist,
z. B. Rufin. h. monach. 9 iribus diebus permanens apud eos; vgl. noch Paucker. Z. f.
ö. G. 1883, p. 82t).
55. W^enn beispielsweise zu vivo noch das Objekt vitani gesetzt wird,
so nennt man dies ein inneres Objekt; dasselbe besteht also aus einem
dem Verbum stamm- oder sinnverwandten Subst. Diese Konstruktion —
figura etymologica genannt — gehört der ganzen Latiuität an, eignet
jedoch vorzugsweise der ritualen, der Gerichts- und der Volkssprache
(Sprichwörter und Lebensregeln). Plautus wie überhaupt die Dichter sind
reich au dieser Erscheinung, auch Cic. Sali, und Liv. (freilich nur in ge-
wissen Formeln wie bellum lellure u. ä.), dagegen Nepos, Vell. u. Tac.
wenden sie spärlich, Caesar gar nicht an. Selbstverständlich blüht die
figura etymol. bei den Archaisten, besonders bei Apuleius und findet sich,
sogar in neuen Formen, bei Tertull. und Augustin. Wenn auch die Kon-
struktion echtlateinisch ist, lässt sich doch nicht leugnen, dass die Komiker
und später die christl. Schriftsteller ihren griech. Vorbildern manches
nachgeahmt haben.
Anmerkung 1. Ein Attribut beim inncrn Objekt fehlt nur selten, und zwar 1) wenn
ein Adverb als Ersatz eintritt, 2) wenn das Subst. eine prägnante Bedeutung hat (z. B.
dicta dicere), 3) wenn das Subst. seine eigene Bedeutung gewonnen hat (pacem J>ac.i8ci).
Anmerkung 2. Verbindungen wie iuga iungere, rcllera rellere (Catull) gehören
nicht hiehcr; es sind dies bloss Paronomasien, aber sie entlialten keine innern Objekte.
1. Der einfache Satz: a. Der Behauptnngssatz. (§ 54~C0.) 415
56. Ein Adjektiv im Neutrum als Objekt ist vorzugsweise der Dichter-
sprache eigen, aber in der alten Zeit nicht besonders häufig, um so mehr
bei Gatull, den augusteischen und nachaug. Dichtem; bei Cic. sehr selten,
und wenn er auch Tusc. 2, 56 exclcimare malus sagt, zweifelt Wolf, ob er
(wie Plaut, und später Qellius) exclamare magnum gesagt hätte. Die nachliv.
Prosa hat sich diesen Brauch angeeignet; namentlich reich an Beispielen
sind Apuleius und Ammianus, welch letzterer als Grieche besondem Ge-
schmack dai*an fand. Die meisten der so gebrauchten Verba bezeichnen
die Äusserung eines Gefühls. — Der Plural des Adj. ist viel seltener als
der Singular.
57. Die Verbindung eines Akk. mit einem Substantiv gehört besonders
der alten Sprache an, z. B. Plaut. Most. 34 quid tibi me curatio est?,
findet sich aber auch bei Cic. z. B. redittis Romam, Caes. und Liv.
Anmerkung 1. Hieher rechne ich auch die Konstruktion des Supinuins mit Objekts-
kasus, z. B. Liv. 21, 41, 18 oppugnatum patriam nostram veniunt. Die Klassiker meiden
dieselbe sichtlich, nicht so Nep. Liv. Val. Max. Gurt. Gell. Sulp. Sev.
Anmerkung 2. Die Verbindung eines Akk. mit dem Gerundium im Nominativ
ist der alten Sprache schon eigen, findet sich besonders bei Lucrez, Catull und Vano,
selten und nur archaisierend bei Cic, bei Verg. und seinen Nachahmern; dagegen sind
Caes., Sali., Liv., Tac. frei davon, später erscheint sie bei Juristen, z. B. luliani sententiam
ftequefidum est. — Beim Gen. gerundii steht häufig ein Objektsakkusativ, seltener indes
bei Cic, mehr bei Liv.. Curt. u. den Spätem; von dem durch causa oder gratia regierten
Gen. gerundii ist nur in der archaischen Sprache ein Objekt abhängig, bei Plaut. Sali.
(Jug. 04, 1 peiundi gratia viis»ionein) ; beim Dat. gerundii hat schon Plaut, einen Objekts-
akkusativ, später Vitruv, Ovid u. Liv. vereinzelt, beim Akk. gerundii mit ad wohl niemand
vor Liv., dieser aber öfter (WölfFlin, Liv. Krit. p. 1(> anders), dann Sen. phil., Suet., Aur.
Yict., Augustin und andere Sp. L.; beim Abi. gerundii scheint die alte Sprache gleichfalls
ein Objekt gemieden zu haben, ebenso d. klassische, vgl. jedoch Cic Verr. 5, 113 non
posse Verrem testis interfidendo ius exsiinguere, aber nicht Sali., Vitruv, Liv., Tac, Curt.,
die Dichter Uoraz, Ovid u. später Maximin. Eleg.
Anmerkung 3. Die Verbindung eines Akk. an Stelle eines attributiven Genetivs
mit einem Subst., auch Accus abs. genannt, gehört der Vulgärsprache an; so id genus,
hoc genus, quod genus, omne gefius bei Cato (nicht bei Plaut. Ter.), Lucil., nirgends bei
Caesar, bei Cicero nur Att. 13. 12, 3 aliquid id genus^ aber bei Comif., oft bei Varro,
Lucr., Catull. Hör. sat., Petr., Suet., Gell., Apul. und andern Afrikanern, sonst selten im
Sp. L., idy hoCj iUuc aetatis bei Plaut., Ter., Comif., Cic. (selten ausser in epp., KrstUngs-
schriften u. Phil.), Liv., Tac, z. B. Cicero id aetatis duo fdii. Hieher rechnet man auch
virile od. muUebre secus bei Plaut. Sis. Sali. Tac. Amm. u. a.
58. Die Partizipialformen auf bundus werden von Sisenna Sali. Liv.
Curt. Suet. Justin. ApuL mit dem Akk. verbunden, z. B. populabundus agros.
59. Nach Adjektiven findet sich ein Akk. in vorklass. Zeit nur Plaut.
Pseud. 785 R. qui manus gravior siet, nirgends in Prosa der vorklass. und
klass. Zeit, häufig bei den aug. Dichtern, z. B. Tibull, am zahlreichsten bei
Vergil, selten bei Livius, häufig bei Tac, auch bei Apul. und Ammian (bei
letzterem nur nudus, welches überhaupt gern mit Akk. verbunden wird).
Quintilian sieht darin einen Gräzismus (9, 3, 17).
60. Nach medialen Verben, besonders des Bekleidens und Entkleidens,
überhaupt solchen, welche bedeuten, dass das Subjekt an sich eine Hand-
lung vornehmen lässt, steht bei Dichtern gern ein Akk., so bei Ennius,
Plaut. Lucr., oft bei aug. Dichtern wie Tibull (namentlich Vergil) und
spätem; in Prosa zuerst bei Sali, und im b. Afr., dann selten bei Liv,
Plin. mai. Tac. Curt. Flor. Sulp. Sev. z. B. xmlvere caput conspersi. Sicht-
lich gemieden wird die Konstruktion von Caesar (b. Gall. 5, 35, G) Cic.
416 B. Lateinische Chrammaük. d) Lateinische Syntax.
Nep. Quint. Plin. min., bis zum Überdruss kultiviert von Api^Ieius, oft auch
von Ammian gebraucht.
61. Bei manchen Verben wird die Begriffssphäre durch einen Akk.
noch nicht völlig abgeschlossen, und dieselben sind somit imstande, ihre
verbale Kraft auch über einen zweiten auszudehnen; so sagt man infitias
ire aliquid, animum advertere aliquid, und nach Analogie dann itisiurandum
adigere alique^n und ego manum te inicimn. In der alten Sprache ist der
Gebrauch des doppelten Akkus, sehr ausgedehnt, indem beispielsweise neben
den Verben des Verlangens auch die des Qewährens einen persönlichen
und einen sachlichen Akkus, zu sich nehmen können, z. B. Ter. Phorm.
947 argentum, qtwd habes, cmidonamus te. In klass. Zeit beschränkt sich
die Konstruktion auf die Verba docere, poscere, rogare, celare, welche
übrigens hier gewöhnlich nur ein Pron. neutr. als sachlichen Akk. zu sich
nehmen. Es scheint, dass die sakrale, die Gerichtssprache und die Vulgär-
sprache den dopp. Akk. besonders erhalten und gepflegt haben; so vergl.
man z. B. damnare und condemnare aliquem aliquid u. s. w.
63. Der sog. Akk. exclamationis bildet die Determination eines leicht
zu ergänzenden Verbs. Er findet sich in allen Zeitaltern der Sprache, oft
verbunden mit cm (Cic. nur Phil. 5, 15) und ecce (nie bei Cic), beides
vorwiegend bei den alten Dichtern, mit o und heu oder eheu (letzteres
nur Sali. Jug. 14, 9) in der vorklassischen und klass. Zeit, mit hcm nur
bei Komikern, mit pro von Ennius bis Livius (nur mit ßdem), mit edepol
nur bei Plautus, mit vae bei Plaut. Catull und Sen. apocol. {vcte mc, puto,
concacavi me, also ganz vulgär!)
63. Der absolute Gebrauch von Verben, welche sonst nur mit Objekt
aufzutreten pflegen (sog. transitiver Verba), ist der publizistischen, mili-
tärischen und sakralen Sprache (z. B. aves addicunt) besonders eigen.
Dieselben trifft man namentlich bei den Historikern und hier hauptsächlich
bei Livius an.
Zu § 52 vgl. : PiüER, Die sog. Gräzismen im Gebrauch des lat. Acc. Iglau 1879. ||
Zu §53: Richter, De supinis linguae lat. Königsberg 185(>~()0. Progr. || Zu §55: Land-
graf, De tiguris etymolog. linguae lat., act. sem. Erlang. II. p. 1 — 69; Biese, De objecto
interno apud Plautum et Terentium. Kiel 1878. |l Zu §57: Rotter, über das Gerundium
d. lat. Sprache. Cottbus 1871; Wölfflin im Arch. I p. 173; id. Jd genus und Verwandtes
im Archiv V p. 387—398. || Zu § 58: Winckler, De vi et usu vocabulor. bundus finitorum
commentatio. Progr. Colberg 1869. || Zu § 00: Schröter, Der Acc. nach passiven Verben
i. d. lat. Dichtersprache. Progr. Gr. Glogau 1870; Engelhardt, Passive Verba m. d. Acc.
u. d. sog. Acc. graecus b. d. lat. Epikern. Progr. Bromberg 1879. || Zu §62: Richter, De
usu particularum exciamativarum apud poetas Augusti aequales. Progr. Hagenau 1878.
Gen etiv.
W4. Der Genetiv ist ein grammatischer Kasus. Gerade wie der Akk.
zur Determination des Verbs, so dient der Genetiv zur nähern Bestimmung
eines Nomons. Seine mutmassliche Grundbedeutung ist die der Zugehörig-
keit; der Satzteil, für den er sich besonders eignet, ist das Attribut, d. li.
die notwendige Ergänzung des Subst.; hierauf weist auch die Abstammung,
denn der Genet. ist ursprünglich eine Adjektivbildung (vgl. cuius^ a, um
und Gen. cnins). Diese Zusammenfassung des Nomons mit seinem deter-
minierenden Genetiv ist sehr vieldeutig, sie kann das Verhältnis des Be-
sitzers und des Besessenen, des Teiles und des Ganzen, des Wesens und
1. Der einfache Satz: a. Der Behanptimgssatz. (§ 61—66.) 417
der Eigenschaft bezeichnen. Alle Nomina, also Subst. Adj. Pron., und die
aus Kasusformen von Adj. oder Subst. erstarrten Adv. nehmen an dieser
Fähigkeit teil. Sobald eine Verbalform den Charakter eines Nomons erhält,
wie z. B. das Part, praes., oder sobald der im Verb liegende substantielle
Begriff besonders hervortritt, nimmt auch das Verb einen determinierenden
Gen. zu sich. Die Verbindung des Verbs mit dem Gen. ist eine inner-
lichere, als die mit dem Kasus der allgemeinsten Determination des Verbs
d. h. mit dem Akk. (so bei ohliviscor u. ä.). Manchmal schwebt ein nomi-
neller Begriff vor, ohne jedoch geradezu ausgesprochen zu sein; an den-
selben kann sich ein determinierender Gen. gleichwohl anlehnen. Dies ist
der Fall bei den verb. iudic. und beim sog. Gen. exclamationis.
65. Die Grundbedeutung des Gen. tritt am reinsten im sog. Gen. (/e-
finitivtis zutage, welcher, entsprechend der Vorliebe der Lateiner neben
dem Gattungsbegriff den Speziesbegriff im Gen. statt der Apposition anzu-
wenden, sehr häufig ist; so arbor fici bei Columella, bei Dichtem seit Ennius
beliebt in Umschreibungen, z. B. CatuU ca2)ut seri nepotis, oft bei Orts-
namen, nicht bei Cic, denn Att. 5, 18, 1 liest Heraeus Cassim in oppido
Antiochia est, auch nicht bei Caesar, aber im b. Afr., oft bei Vitruv u. bei
Liv. (wo 29, 27, 12 durch die Macht der Analogie promunturium Pulchri),
Verg., auch bei Horaz, Tac. u. Florus, später in der Vulg., bei Sulp. Sev.
Schon mit Beginn des Mittelalters tritt für den Gen. de ein, z. B. villam
de Bertiniaca, ein Gebrauch, der in alle romanischen Sprachen tiberging.
Anmerkung 1. Auch der Gen. gerund. ¥ard definitiv gebraucht» z. B. nomen
carendiy und zwar in allen Zeiten der Sprache. Bei Liv. u. Tac. schliesst sich dieser Gen.
gerund, an substantivierte Adjekt. oder rartizip. an, z. B. Livius 37, 16, 13 omisao Patara
ampUus tentandi.
Anmerkung 2. Offenbare Eigentümlichkeit der Volkssprache sind Verbindungen,
wie die von Lor. zu Plaut, mil. 1422 aufgezählten, z. B. scelus viri, flagitium hominis; Cic.
hat nur Fam. 5, 8, 2 pestes hominum.
Anmerkung 3. Der afrikanischen Latinität ist eigen die Verbindung eines Subst.
mit dem Genetiv eines Synonyms, z. B. ira furoris, taciturnitatis süentium; so bei Apu-
leius, Arnobius, Mart. Capella, Victor Vit. (nicht zu verwechseln mit z. B. vultus furotis,
wo der Gen. defin. wie öfters bei Suet. Sen. phil. Juvenal ein Adjektiv vertritt, während
jedoch der Ersatz des Adj. durch das abgeleitete Subst., z. B. odor suavitatis statt odor
suavis ein offenbarer Hebraismus ist; so oft in Vulg.).
Anmerkung 4. Vielleicht schon bei Vell. 1, 10, 5, jedenfalls aber bei Justin u. Spp.
steht der Gen. defin., um bei Zeitangaben den Ausgangspunkt der Zeitdauer zu bezeichnen,
z. B. Just. 18, 3, 5 Tyron urhem ante annum Troianae cladis candiderunt (Paucker, Z.
f. ö. G. 1883 p. 323).
66. Der Gen. possessoris bezeichnet bei den Namen von Frauen
und Sklaven den Gewaltherrn, z. B. Caecilia MetelU, ebenso bei ausländi-
schen Namen auch den Vater neben dem Namen des Sohns, z. B. Ilannibal
Gisgonis, noch in der Vulg. Judam Simonis (aber nur Marcus Marci filius
bei einem Römer, wenigstens in der alten und in der klassischen Zeit, vgl.
auch Hübner, Rom. Epigraphik in Handbuch I p. 518). Dies tibertrug sich
auf andre Eigentumsverhältnisse, so bei Pollio Gallia Lepidi , besonders zur
Bezeichnung der Hauptstadt eines Stammes bei Caes. Liv. Curt. Flor., etwas
kühner Plin. 33, 81 Mincnmc templum habet Lindos, insulac Rhodiorum,
Anmerkung 1. Der Gen. possess. in Verbindung mit totus findet sich schon bei
Ter. Eon. 1040, bei Cic. in epp., z. B. Fam. 2, 13, 2 me Pompei totum esse scis, bei Hör.
od« 4, S, 21; öfters begegnet man ihm erst seit Livius bei Luean, Seneca, Plin. mai. und
min., s. B. Liv. 3, 36 hominum, non causarum ioti erant.
Anmerkung 2. Das Fron. poss. ersetzt (ähnlich wie cuius, a, um) den Gen, poss.;
Bl^fllmnli äu k]«n. AltertumswisaenschAft. IL 2. Aufl. 27
418 ^* Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
aber die nähere Erklärung wird im Gen. dazu gesetzt, freilich selten bei Cic. rFam. 15,
13, 1 me iuum stttdium adulescentis perspexisse), öfters schon bei Livius, häufig erst im
8p. L., z. B. bei Lncifer.
67. Wie der Akk. sich an Verba aller Art anschliesst, so auch der
Gen. obiectivus an ihre Derivata (wobei sich wieder der Unterschied von
transitiv und intransitiv als willkürlich gemacht bezeugt). Dies gehört der
ganzen Latinität an ; bei Dichtern und poetisierenden Prosaikern sind jedoch
besonders kühne Konstruktionen, sowie die Verbindung des Gen. obi. mit
primitiven Subst. z. B. Tibull. 1, 3, 50 leti mille repente viae anzutreffen.
Der silbernen Latinität ist eigentümlich der Gen. obi. sui, welcher bei Nepos
in admiratio sui bereits sein Vorbild hat.
Anmerkung 1. Statt des Gen. obi. stehen auch Pron. possess., so bei Sali, iniuriae
siiae, bei Nepos suam existimationem^ und was stilistisch wichtig ist, die Pron. demonstr.
oder relat. im gleichen Kasus, so bei Nepos. Caes., Cic, Liv. eam iram, quam veniam.
Anmerkung 2. Im Interesse der Deutlichkeit treten oft statt der Gen. obi. Prä-
positionen ein; dies ist stets der Fall, wenn beim regierenden Subst. eine pronominale
attributive Bestimmung steht. Die präpositionale Wendung ist häufig bei Cic, Liv., Just,
selten bei Nepos.
68. Der Gen. subiectivus hat nur die Eigentümlichkeit, dass eine
bei Cicero u. Sallust vorbereitete Gebrauchsweise, z. B. Phil. 5, 1, 2 coit-
sensus vestfum und Cat. 32, 2 maiores vestrum, in der nachklass. Latinität,
besonders bei Tacitus und Apuleius, in Aufnahme kommt, z. B. Tac. ann.
4, 24 primo sui incessu, u. sich im Sp. L., z. B. bei Sulp. Sev., Jul. Val.
Porphyr, u. a. erhält, vgl. Porphyr, zu Hör. od. 2, 18, 10 gratiam mei
petü (vgl. besonders Rönsch, Semasiol. Beitr. II p. 50).
Anmerkung 1. Die bei Caesar beliebte Verbindung eines Subst. mit Gen. subi.
und obi. zugleich haben die spätem Historiker, so besonders Liv. und Florus, durch den
Gebrauch von Präpositionen zu vermeiden gesucht.
Anmerkung 2. Verhältnismässig selten in der klass. Sprache ist die Häufung von
einander abhängiger Genitive; öfters wird dies im N. KL, z. B. Vitr. 33, 10 tnsequar in-
gressus antiquitatis rerum naturae, bei Liv. u. a. beobachtet.
69. Der Gen. qualitatis gehört der ganzen Latinität an; zumeist
beliebt war er in der Volkssprache, aus welcher Plaut, wie Cicero in epp.
und nach ihm Plin. in epp., ebenso Horaz manches herübergenommen.
Übrigens ist auch die klassische Sprache und Livius reich an Beispielen,
welche vorzugsweise räumliche oder zeitliche Grösse durch Zahlenangaben
oder die Art und Klasse, zu welcher das Beziehungswort zu rechnen ist,
bezeichnen. Sueton wie die script. bist. Aug. variieren nur das schon von
Plaut, u. Cic. Gebrauchte, wie auch Gellius fast nur aus dem Altlat. Gen.
qual. reproduziert.
Anmerkung 1. Die Verbindung eines Gen. qualitat. mit Eigennamen ist ganz
vereinzelt bei Cic. u. Sali, wird häufiger bei Nepos, Hör. Liv. Val. Max., besonders bei
Plin. mai. Tac. Curtius Flor. Just. Ammian Apoll. Sidon. Fest., z. ß. Hör. od. 1, 36, 13
muUi Damalis meri.
Anmerkung 2. Der Gen. qualit. bei einem nicht ausdrücklich gesetzten Nomen
(z. B. Hör. redis mutatae frandis) gehört Nep. Caes. »Sali. Hör. Plin. mai. Sen. rhet. Seu.
Shil. Tac. Suet. an ; ebenso selten ist der Gen. qualit bei einem Pron. und findet sich bei
ep. CatuU Plin. ep. {me huius aeiatis) Val. Max. Just.
Anmerkung 3. Auch der Gen. gerund, erscheint als Gen. qual., so mit einem
Subst. bei CacH. Sali. Liv. Tac. Gell., prädikativ mit esse sogar bei Cic. (Verr. 11 2, 182
quae res ei^ertendae reipuhlicae solefit esse). Kühner wird die Konstruktion, wo der Gen.
gcrund. die prädikative Bestimmung des Objekts bildet, was ausser Ter. nur Sali. Liv. Tac.
(ann. 2, 37 nee ad invidiam ista, sed concüiandae misericordiae refero) und deren Nach-
ahmer aufweisen.
Anmerkung 4. Die schon bei Varro (r. r. 2, 7, 1), dann bei Liv. Fun. fiofli»
1. Der einfache Satz: a. Der BehauptnngsBatK. (§67—70.) 419
and den Jurbten gebrauchte Ausdrucksweise maiores annorum triginta ist Analogiebildung
nach dem noch bei Sulpic. Sev. sich findenden cum esset annorum decem, ebenso natus
decem annorum oder vtocü annorum quaituor, welche Phrasen sftmtlich der Umgangssprache
entstammen; vgl. Übrigens §96 Anm. 1.
Anmerkung 5. Für Cic. Caes. Nep. Liv. hat man die Wahrnehmung gemacht,
dass ein mit einem Pron. oder mit den Adj. par, similis, dissimilis, aequus verbundenes
Subst nicht im Gen., sondern nur im Abi. quäl, erscheint.
Anmerkung 6. Der Gen. quäl, ohne Attribut ist spätlateinisch und findet sich
nicht vor Apul., dann aber bei Symmachus Sulp. Severus, Apoll. Bidon., z. B. litterarum
vir, res commodi (vgl. das französische un komme de lettres, une chose d'avantage). Diese
Konstruktion setzt entweder eine prägnante Bedeutung des Subst. voraus (z. B. in homo
iustus et morum) oder ist durch Analogie nach andern Gen., z. B. poss. gebildet (wie
homo litterarum); dabei ist der fremdsprachliche Einfluss nicht zu übersehen.
70. Der Gen. partitivus findet sich durch die ganze Latinität ab-
hängig von Subst. oder substantivierten Neutr. der Adj. oder Pronom.
oder Zahlwörter (mit Quantitätsbegriff). Jedoch ist zu bemerken, dass
die klass. Sprache sich in der Verbindung der Adj. neutr. mit dem Gen.
part. sehr enge Grenzen gezogen hat; so sagt Cicero zwar sen. 72 vitac
reliquum, Verr. 2, 181 plurimum aetatis und verbindet das Neutrum Plur.
der Kompar. und Superlative mit dem Gen. part., z. B. Att. 4, 3, 3 in
interiora aedium, Fam. 1, 9, 15 summa pectoris \ aber der Positiv ist nir-
gends in dieser Fugung zu finden, Caesar hat ihn nur b. civ. 3, 105, 4
in occultis ac reconditis tempU. Der häufige Gebrauch hievon, z. B. Italiac
plana ac mollia, femer multum diei, media diei oder gar per Europae
plerumque u. ähnliche Verbindungen kommen erst mit Sali, auf, werden
von Liv. aufgenommen u. weitergeführt und sind besonders bei Tac. be-
liebt; vgl. Stilistik § 3. — Der Umgangssprache eigen sind die Gen.
loci, locmi^m, terrarum, gentium nach Ortsadverbien; wir treffen sie daher
bei Plaut. Ter. Cic. epp. (sehr selten in den Reden), bei Sali. Vitr. Liv.
Plin., bei Gellius und am häufigsten bei Apuleius, dann bei den script.
bist. Aug. — Erst seit Sali, (nicht bei Cic. u. Caes.) lesen wir eo mit Gen.
part., ebenso quo^ z. B. eo audaciae^ bei Tac. u. Curt. auch huc, nur bei
Tac. ut (wie das griech. wg); ebenso beginnt seit Sali, die Verbindung einer
Präpos. mit Pron. neutr. und Gen. z. B. ad hoc aetatis. Beide Konstruk-
tionen gehen von Sali. Liv. Trog. Plin. epp. Tac. auch auf deren späte
Nachahmer, z. B. Sulp. Sev. 2, 50, 2 stultitiae eonisque venerat, über.
Anmerkung 1. Das appositive Verhältnis an Stelle des Gen. part. gehört der nach-
lässigen Diktion an, in der man zuerst Subjekt oder Objekt setzt und dann erst den Umfang
durch einen Quantitätsbegriff limitiert; so auf pompei. Inschriften da fridam pusillum, bei
Sali, abunde und affatim (s. § 40).
Anmerkung 2. Adjektiva, die keinen Quantitätsbegriff enthalten, werden in Prosa
in vorklassischer und klassischer Zeit nicht mit dem Gen. part. verbunden; hier wird
überall das appositive Verhältnis vorgezogen. Allein die Analogie von medio diei schuf
schon bei Sali. fr. Orl. 8, 3 incerto noctis, Livius wagte 5, 38, 4 in aequo campi, dann
Tac. ann. 3, 5 asperrimo hiemis u. ä. Bei Livius und Tac, sowie sonst im silb. Latein
wurde die Konstruktion auch durch die Dichter empfohlen; denn die august. Dichter, wie
vorher schon Lucrez (zum Teil in auffallender Weise, z. B. caerula caeli), gestatten sich
dieselben Freiheiten. In der nachtaciteischen Latinität hat sich die Konstruktion ei halten,
besonders bei den Nachahmern der früheren Autoren, und so lesen wir bei Min. Fei. Oct.
9, 7 per incertum sortis und bei Justin 38, 1, 8 incertum belli timens,
Anmerkung 3. Die Verbindung eines Adj. niasc. oder fem. sing, mit dem Gen.
pari, hat Ennius dem Homer nachgeahmt, also dia, magna, sancta dearum, und dem Ennius
Vergil. Häufiger ist der Gen. nach dem Plural, aber nicht vor Liv. u. Hör., besonders
kultiviert von Plin. mai. u. Tac. — Geradezu auffallend ist (wahrscheinlich schon bei
CatnO 66, 9) bei Horaz u. Ovid, dann bei Liv. Plin. mai. u. Tac. der Gen. part. nach
MMkBlf «iA ümmei, offenbar eine Analogie der vorher erwähnten Konstruktion, deren innerer
27*
420 B. LateiniBohe Grammatik, d) Lateinische Syntax,
Grund in dem Streben nach Verstärkung des Ausdruckes zu suchen ist; die ältere Sprache
hat hier ausschliesslich das appositive Verhältnis.
Anmerkung 4. Selten, bei Cic. wohl nur prov. cons. 4 quarum Macedonia und
Brut. 2G8 und 286, ist die Verbindung eines Eigennamens mit Gen. part.; erst Liv. hat
mehrere Beispiele, besonders bei Völkomamen, z. B. extra poenam fixere Jjatinorum Lau-
renteSf ebenso Curtius, z. B. quorum Haustanes, im Sp. L. Dictys, z. B. 1, 0 legatorum
Palamedes; sonst wird die präpos. Wendung vorgezogen.
Anmerkung 5. Bemerkenswert ist noch die Verbindung tum oder tune t em-
pört 8 bei Just. Apul. Vulg, wohl afrikanischen Ursprungs, und semper annarum bei
Apul. — Quod eins gehört der Vulgärsprache an; ausser Cato und Comif. hat es nur
noch Cic. in Erstlingsschriften und in Briefen, und später Gellius ; vgl. unten § 292 Anm. —
Mille mit Gen. part. ist im Altlat. nicht selten, bestritten bei Cic, sicher bei Caes., ofl
bei Liv., vereinzelt bei Sali. Nep. Curt. Flor., selbstverständlich bei Apul. — Unus mit
Gen. part. hat schon Plaut., dann Lucrez, auch Verg. und Horaz, hauptsächlich aber Liv.,
ganz vereinzelt Cic. und Caes. und nur mit quorum oder eorum.
71. Mittels des Verbs esse oder andrer kopulativen Verba können
Gen. quäl. poss. und part. auf ein Nomen bezogen werden. So entsteht
der sog. praedikative Gen., Caes. b. G. 5, 6, 1 quod eum magni animi
cognoverant (wo magni animi = magnanimum). Namentlich bei Dichtern
hat die Analogie nach der Konstruktion von esse c. gen. eine Menge von
Besonderheiten geschaffen, so z. B. Hör. ep. 1, 9, 13 scrihc tui gregis hunc,
ebenso bei Spätem, z. B. Sueton und Justin, beneficii sui aliquid facere.
Anmerkung 1. Wie schon Cato r. r. 38 hoc e^-it signi sagte, so erhielt sich bei
Plaut. Ter. Cic. (Erstlingsschriften) Caes. Comif. die Konstruktion, z. B. Caes. b. G. 1, 21
quid consilii sui sit. Hier hat die Macht der Analogie den Gen. geschaffen, indem man seit
Ennius (ecquid erit praemi?) die Verbindung von quid mit Gen. pari gewohnt war und
somit auch hier den Gen. setzte, als ob er abhängig von quid sei. Ganz ebenso sind
die Phrasen bei Caes. Cic. u. Sali, niliil reliqui facere, sowie bei Sali. Suet. Lact. Sulp. u.
a. nihil pensi habere zu erklären.
Anmerkung 2. Wie bereits § G9 Anm. 3 angedeutet, ist der sogen, finale Gebrauch
des Gen. gerund, auf den prädikativen Gen. zurückzufahren. Wie nämlich Plaut. Lucil.
Nep. Cic. u. A. an Stelle einer Apposition den Gen. praedic. gebrauchen, z. B. Plaut.
Pers. 394 dahuntur dotis tibi inde sescenti logi, so auch Tac. bist. 4, 25 tum e seditiosis
unwn vinciri iubet magis usurpandi iuris quam quia unius culpa foret (hier könnte
statt usurpandi iuris nach § 48 auch usurpationem iuris ^als Rechtsverwahrung" stehen).
Diese dem Tac. eigene vielbesprochene Konstruktion erscheint am auffallendsten in Stellen
wie ann. 2, 59 Germanicus Aegyptum profidscitur cognoscendae antiquitatis (hier
darf man nur facit iter statt })roficisciiur setzen und die Konstruktion ist klar: ,er macht
nach Ägypten seine Reise so, dass sie in den Bereich des cognoscere antiquitatem gehört").
72. Der Gen. nach den Adj. relat. dient lediglich zur Determination
des im Adj. liegenden nominalen Begriflfs. Soll die Verbindung eines Adj.
mit einem Subst. mehr ausdrücken, so ist eine andre Wendung, etwa
mittels Präpositionen, zu wählen (Schönfeld p. 34).
Die alte Sprache kennt ausser den gewöhnlichen Adj. „begierig kundig
eingedenk teilhaftig mächtig voll" nur wenige Adj. relat., wie z. B. incerfus
iners socors vacivos u. ä. bei Ennius und Plaut., exs2)es bei Att., aeger bei
Liv. Andr. ; der freiere Gebrauch, z. B. integer aevi, ist für die alte Zeit
nicht anzunehmen. Bei Lucrez kommt zu den allgemein üblichen noch
orbus und nuntius. In der klassischen Sprache erweitert sich mit der Ver-
mehrung des Wortschatzes auch der Bereich der Adj. relat., allein immerhin
sind die Grenzen noch ziemlich eng gezogen; so finden wir hier nirgends
ein Adjektiv mit einem Gen. subi., z. B. auäax ingenii, ferox scelef^m.
Diese Grenzen werden erst durch Sali, und besonders durch Liv. für die
Prosa, von den august. Dichtern für die Poesie weiter hinausgeschoben;
die nachaugust. Prosa bedient sich, nachdem SalL und Liv, mit ihrem
1. Der einfache Satz: a. Der Behanptimgsaatz. (§ 71—73.) 421
Beispiel vorangegangen, ungescheut aller poet. Wendungen, so Vell. Pat.,
Val. Max., Sen., Plin. mai. und min., am meisten aber Tacitus. Nach Tae.
ist neben Ammian besonders Apuleius an poetisierenden Verbindungen
reich, die übrigen nachtacit. Schriftsteller gehen nicht über das von früheren
Verwendete hinaus.
Wenn irgendwo, so hat in diesem Gebiete der Grammatik die Ana-
logie ihre Macht entfaltet. Sobald einmal phnus c. gen. feststand, lag
opuletittis, diveSy satur, benig^ius, locuples, onustus sehr nahe; ebenso führte
das ursprüngliche inanis und vacivos auf xmuper egenus indigm sterilis.
Selbstverständlich haben hier die Dichter am meisten sprachschöpferisch
gewirkt, und die poetisierenden Prosaiker haben gerne ihre Erbschaft an-
getreten.
Es mag an einigen Beispielen die histor. Entwicklung im Gebrauche
der meisten dieser Adj. gezeigt werden:
Manifestus wird schon von Plaut, mit dem Gen. verbunden, so ma-
nifestus mefidticii; Sali, hat es in die Prosa aufgenommen, Ovid in der
Dichtung reproduziert; dem Vorgange des ersteren folgte Tac., dem letzteren
ahmte Seneca, wie er von Dichtern vieles angenommen hat (z. B. timidtts,
sollicUus, securus c. gen.), so auch hierin nach.
Impos erscheint bei Plaut, nur in Verbindung mit animi; dann ver-
schwindet es, die klassische Sprache hat das Wort überhaupt verschmäht.
Erst Seneca und dann Sueton nehmen es auf, erweitern den Gebrauch und
verbinden es auch mit andern Gen., welche Konstruktion die Archaisten
Fronte und Apuleius und der Dichter Ausonius beibehielten.
Incerius wird von Plaut, und Enn. mit Genetiv verbunden; die klas-
sische Sprache kennt diese Konstruktion nicht; dass sie aber in der Volks-
sprache auch in dieser Zeit fortlebte, geht aus b. Afric. (3 mal incertus
locorum) hervor. Ovid hat es wie vieles in seinen epist. aus der Volks-
sprache herübergenommen, ebenso Liv. und nach beiden Tacitus.
07iu$tu8 c. gen. lesen wir bei Plaut, u. Afran., dann erst wieder im
bell. Afric. und schliesslich bei Tacitus. Es ist somit onustus c. gen. in
der Schriftsprache immer ein Fremdling geblieben.
Anmerkung 1. Bemerkenswert ist auch der Gen. gerund, nach diesen Adj.; die
alte Sprache beschränkte sich auf cupidua und Studiosus (Plautus hat die Konstruktion
gar nicht); albnählich erweiterte sich die Zahl, weniger bei Cicero, als bei Liv. und haupt-
sächlich bei Tac. (in den ann. besonders) infolge ausgedehnter Analogiebildungen. Hieher
gehören auch Fälle, wie ann. 3, 7 erectis omnium animis petendae e Pisone ultionis,
Anmerkung 2. Die Zahl der Partie, praes., welche mit dem Gen. verbunden
werden, weil der substantielle Begriff bei ihnen in den Vordergrund tritt, war im Altlat.
viel grösser, als in der klassischen Zeit; manche dieser Verbindungen wurden geradezu
formelhaft, z. B. negotii gerentes, amans patriae^ ohsen^ans mei; die Ähnlichkeit der En-
dung und Bedeutung verschaffte auch dem Worte infrequens die Konstruktion mit dem
Gen. bei Comif. und Gell. In der nachklassischen Sprache werden die Part, praes. c.
gen. zunächst bei Dichtem wieder häufiger und dann auch in Nachahmung derselben in
der Prosa.
Anmerkung 3. Animi ist in Verbindung mit incertus, lassus u. a. von Haus aus
Lokativ, wurde aber schon frühe als Genetiv angesehen, wie Sali. H. 3, 13 ingefis ipse
virium atque animi zeigt. Vgl. übrigens die Antibarb.^ II p. 246 hiezu gegebene Litteratur.
73. Bei dem stark ausgeprägten juristischen Sinne des römischen
Yolkfis ist 66 selbstverständlich, dass sich frühzeitig viele Phrasen für An-
k Verteidigung, Verurteilung und Freisprechung gebildet haben. Wenn
422 B. Lateinische Chramxnatik. d) Lateinische Syntax.
in diesen Wendungen das gerichtliche Objekt im Gen. erscheint, so ist dies
leicht erklärlich daraus, dass dem Sprechenden das wegen seiner Selbst-
verständlichkeit nicht ausgedrückte cnmine oder iudicio^ iioniine, lege vor-
schwebte. Es ist somit dieser Gen. lediglich ein gen. definitivus, wie es
eine Vergleichung von Cic. off. 2, 51 ne quem innocefUem iudicio capitis
arcessas mit Cornif. 1, 11, 18 Teucer . . inimicum fratris . . capitis arcessit
zeigt. Die zahlreichen Verba iudicialia der alten Sprache wurden nicht
alle in die Litterärspracho herübergenommen; manche aber haben sich doch
in der Gerichts- oder Volkssprache erhalten und erschienen später wieder
auf der Bildfläche. Die von der klassischen Sprache übernommenen Phrasen
erweiterten sich schon in der Zeit des Cic. und Caes., namentlich aber von
Livius ab durch zahlreiche Analogiebildungen ; auch hat Liv. aus alten Do-
kumenten wieder manches hervorgeholt, was zu seiner Zeit nicht üblich
war (z. B. eondieere eartim verum). In gleicher Weise verfuhren auch
Tacitus und andere späteren Schriftsteller, am weitesten ging Apuleius.
Die Macht der Analogie mag aus Cornif. bewiesen werden, bei welchem
das auch in Cic. Erstlingsschriften und Briefen sich findende iniuriarum
agere ein iniuriarum satis facere hervorgerufen hat; sobald einmal Verg.
voti reus gebraucht, holte Liv. das schon von Turpil. u. Titin. und später
von Nepos verwendete voti damnari hervor, und dieses selbst zog wieder
ein voti liherari nach sich, was alles der Sprache Cic. u. Caes. fremd ist.
74. Der Gen. pretii ist ein prädikativer Genetiv. Aus hominemnon
nauci (attribut.) entwickelte sich sumus non nauci und dann non nauci
habere^ z. B. Cic. div, 1, 132 non habeo nauci Marsum augurenh; es be-
zeichnet somit der Gen. pretii die Rubrik des Wertes, in welche eine
Person oder Sache eingeordnet wird. Schon die alte Sprache war reich
an Gen. pretii; die meisten derselben sind nie in die Litterärsprache ein-
gedrungen, während sie in der Volkssprache sich erhielten, wie Cic. ad
Att. bezüglich des vulgären flocci facere zeigt. Nur die von mugnus, parvus
und nihil sich herleitenden Gen. (ausser maioris, was poet. und nachkl. ist)
gehören der ganzen Latinität an; Analogiebildungen, wie das von Catull
gewagte und in den Priap. nachgeahmte assis und i^iZt, konnten sich so
wenig halten, als das von Cato und Plaut. Rud. 381 gebrauchte muUi
facere. Von den Verben scheint existimarc in der klassischen Sprache
des Cic. u. Caes. keine Aufnahme gefunden zu haben, auch pendere (vgl.
Thielmann, Philol. 42 p. 342) und ducerc hatten einen vulgären Bei-
geschmack, taxare wird erst von Seneca mit Gen. pret. verbunden.
75. Bei den Verben des Erinnerns und Vergessen s überwiegt der
Gebrauch des Gen. den des Akk., wenn auch noch nicht im A. L., wo
z. B. Plaut, ohlivisci nur mit Akkus, konstruiert, so doch seit der klass.
Sprache; bei recordari ist jedoch auch da noch der Akkus, üblicher (Gen.
bei Cic. nur Att. 4, 17, 1 u. Pis. 12). Schon bei den Komikern und von
da ab allenthalben werden diese Verba auch mit de konstruiert, wie z. B.
Cic. ausschliesslich recorduri bei Personenbezeichnungen braucht. Venit
in mentem wird in der alten Sprache mit Subst. im Gen. (oder de mit
Abi., selten Nominativ), bei Cic. immer mit Gen., bei Pronom. mit Nominat.
konstruiert. Bei Liv. und Späteren scheint der Nominativ, auch bei Sub-
1. Der einfache Satz: a. Der BehanpinngaBatK. (§ 74—78.) 423
stantiven, zu überwiegen. Wie venit in mentem nach Analogie der V.
reminiscendi konstruiert ist, hat es selbst wieder im Sp. L. bei Claud. Mara.
96, 7 tibi in mentem est cogitationis et amoris tui eine Analogie geschaffen.
76. Der Gen. bei den unpersönlichen Verben miseret, paenitet, pudet,
piget, taedet findet sich schon bei Enn. Plaut. Acc. Ter., gerade wie in der
klassischen und nachklassischen Sprache; ebenso steht auch dort schon,
wie bei Cic. u. Liv., die Person oder Sache, vor der man sich schämt,
im Genetiv. Dem Ter. eigentümlich ist miserescit und commiserescit, bei
Plaut. Cic. Sali, findet sich misereor, bei Gellius conmüsereor, Miserari,
das in der klassischen Sprache transitiv gebraucht wird, konstruiert sich
in dem Altlat. u. dann wieder in später Latinität mit Gen. (Paucker, Z.
f. ö. G. 1883 p. 324).
77. Viele Verba, welche sich mit einem Genetiv verbinden, nament-
lich in der Vulgärsprache und bei Dichtern, sind durch die Macht der
Analogie zu dieser Konstruktion gelangt. Sobald man ctipidus fastidiosus
Studiosus mit dem Gen. konstruierte, lag auch cupio studeo fastidio alicuius
nahe; vereri c. gen. schliesst sich an pudet an und hat sogar einmal, frei-
lieh in einem Brief an Atticus, Aufnahme bei Cicero gefunden; nicht
Wunder nimmt lahorum decipitur (Horaz) neben lahorum ohliviscitur, wie
desipiebam mentis (Plaut.) neben angor und pendeo animi (welches schon
frühe als Gen. angesehen wurde, vgl. § 72 Anm. 3). Auch wird regnavit
populorum bei Horaz, cathoUcorum dominantut bei eccl. nicht auffallen,
wenn man bedenkt, dass regnare = regem esse, dominari = dominum esse ist.
In allen diesen Konstruktionen hat man demnach keine Gräzismen
zu suchen, sondern echt lateinische Wendungen, deren Entstehung sich
psychologisch sehr leicht erklären lässt. Wenn auch die klassische Sprache
sich gegenüber solchen Neuschöpfungen durchaus ablehnend verhielt, so
waren die Dichter um so empfänglicher dafür, und dass hiebei die Anklänge
an die griechischen Vorbilder mitbestimmend gewesen sein mögen, liegt
auf der Hand und kann nicht bestritten werden.
78. Refcrt ist gleich ex re fert, also tua refert 3= vom Standpunkt
deiner Sache bringt es etivas ein. Die dabei schon von Plaut, und Ter.
verwendeten Pronomina mea tua etc. sind demnach Abi. Die klassische
Sprache beschränkt sich auf diese Konstruktion. In der silbernen Latinität
aber wurde zu re ein Gen. definitivus konstruiert, z. B. Quint. 9, 4, 44
plurimum refert compositionis =■ e re compositionis plurimum fert: das gleiche
gilt für Plin. epp. Die persönliche Konstruktion von refert hat Lucrez 4,
984 magni refert Studium atque voluptas, in Prosa wohl nur Plin. mai. und
Fronte.
Das mit refert synonyme, aber erst später ihm zur Seite tretende
interest hat sich der Konstruktion des ersteren vollständig angeschlossen,
also mea interest etc. Nur ist zu beachten, dass schon die klass. Sprache
den gen. bei interest anwendet, z. B. Cic. Fam. 4, 10, 2 suspicarer muUum
Interesse rei familiaris tuae; dieser gen. wurde offenbar ursprünglich als
abhängig von multum empfunden, entwickelte sich dann aber auch zu selb-
ständiger Stellung, z. B. Cic. Fin. 2, 72 interest onmium recte facere. Die
persönliche Konstruktion von interest bei Cic. Att. 3, 19, 1 ist bestritten.
424 B« Lateinische Grammatik: d) Lateinische Syntax«
79. Der Gen. exciamativus ist ausschliesslich der Dichtersprache
eigen, Plaut. Gatull. (vgl. jedoch Riese zu 9, 5) Properz Lucan; in Prosa
nur Tertull. de paenit. 12 pro tnalae tracMionis.
Zu § 64 vgl.: LiBBio, De genetivi usu Terentiano, Öls 1851; Loch, De genetivo apud
priseos scriptores latinos, Progr., Barienstein 1880; Kleine, De gen. usu Liviano, Progr.
Clevc 1865; Görlitz, De gen. usu Sallustiano, Progr. Sclirimm 1879. || Zu §69: Gollikg,
Zur Lehre vom Ablativ und Genetiv der Eigenschaft, Gymnasium 1888, Nr. 1 und 2. i| Zu
§72: Haustein, De gen. adjectivis accommodati in lingua lat. usu. HaJle 1882; Ebdmann
Über den Gebrauch der lat. Adj. mit dem Genetiv, Progr. Stendal 1879. || Zu § 78: Fb
Scholl, Alte Probleme (refert-interest u. ä.), Archiv II, p. 203—218.
Dativ US.
80. Der Dativ bezeichnet die entferntere Beziehung einer Person oder
Sache zur Thätigkeit des Subjekts. Er ist somit nicht Objektskasus, son-
dern drückt aus, was bei vollständig gebildeter Aussage als beteiligt neben
der Handlung hergeht. Mit dem Dativ ist der finale Lokativ (mit Aus-
nahme der alten Lokativformen) zusammengeschmolzen, und so bezeichnet
der daraus entstandene Kasus auch den erreichten Zweck und Ort. Aus
der geschilderten Natur des eigentlichen Dativs geht ferner hervor, dass
esse mit Dativ das okkasionelle Haben und nicht das dem Subjekt eigen-
tümliche (was der Gen. ausdrückt) darstellt. Diese Gesichtspunkte genügen
zur Erklärung aller Erscheinungsformen des lat. Dativs.
81. Es ist selbstverständlich, dass es bei manchen Verben im Belieben
des Sprechenden liegt, ob er eine mit der Handlung in Zusammenhang
stehende Person oder Sache direkt betroffen werden oder nur in entferntere
Beziehung zu derselben treten lassen will. So wird curare bei Plaut, mit
Dativ und Akkus, verbunden (vgl. Brix-Niemeyer zu Plaut. Trin. 1057),
ferner hat vitare bei Plaut, den Dativ = „einem aus dem Wege gehen*,
in der klassischen Sprache den Akk. „einen meiden**. Die in der klass.
Sprache mit dem Dativ verbundenen Verba wie persuadeOy parco etc. werden
in der Umgangssprache und hauptsächlich in der plebejischen Sprache mit
Akk. konstruiert, welcher letztere als Kasus des allgemeinen Objekts in
der Vulgärlatinität stets im ausgedehntesten Gebrauche war und mit dem
Verfall der Sprache eine fast unumschränkte Herrschaft erhielt, so dass
schliesslich carerey egcre, noccrc u. a. sich mit Akk. verbanden. Die per-
sönliche Konstruktion im Passiv ist infolge ihrer Bequemlichkeit auch der
Litterärsprache nicht fremd geblieben, freilich ohne bei Cic. Caes. Liv. Tac.
Aufnahme zu finden (aber bei Cornif. Caecina, oft bei Dichtern u. spät.
Pros.): umgekehrt hat adiutarc in pleb. Sprache den Dat., ebenso ausadtarc
im Altlat. u. in Cic. Erstlingsreden, decet bei Ter., iuheo bei Tac. u. Stat.
in der Vulg. u. bist. Apoll., dominari bei Sen. Claudian u. s. w. Die Verba
des Streitens werden bei Dichtern mit dem Dativ konstruiert, zuerst viel-
leicht schon bei Plautus, dann bei Lucrez, bei Catull, hauptsächlich bei den
august. Dichtern und ihren Nachahmern, auch bei poetisierenden Prosaikern
(Plin. ep. 8, 8, 4 rigor aqiiae piignaverit 7iivibus)] ebenso /«»(/ere im Altlat.,
bei den august. Dichtern, Tac. Plin. min.
Anmerkung 1. Invideo alicui aliquid ist unklassiscb; es findet sich jedoch bei
Verg. Ovid. und Horaz (bei letzterem auch alicui alicuius rei, sat. 2, 6, 84, echon von
Quint. 9, f^, 17 für einen Gräzismus erklärt, mit Unrecht: non invidü = large pradnUt,
also ciceris Gen. part.) und bei Liv ; bei diesem Autor beginnt aaeh mcÜern aüeui äügua
1. Der einfache Satz: a. Der Behanptiingaeatz. (§ 79 -88.) 425
re, was zur Zeit des Quint. bereits aUgemein üblich war und auch bei Lucan., Plin. mai.,
Tac. gelesen wird. Klassisch ist nur der Dativ, zu dem ein Gen. defin. treten kann, z. B.
Cic. Phil. 10, 1 neminem alteriiis virtuti invidere; damit ist jedoch der Akk. eines Fron,
neutr. nicht ausgeschlossen (so schon Acc. und neben Cic, z. B. Mur. 88 quid invidendum
Murenae sit, non video, auch Nepos). Über Entstehung der Konstruktion von invideo vgl.
Reiffbrscheid, Lekt. Kat. Breslau 1885, Amton, Studien I p. 81 ff.
Anmerkung 2. Zum Dativ der entfernteren Beziehung kann auch ein Gerundiv
treten; allein in der alten und in der klassischen Sprache ist dieser Gebrauch sehr be-
schränkt; erst bei Liv. und hauptsächlich bei Tacit. erweitert si«h derselbe, so dass wir
i'etzt auch deesse, sufficere, destinare u. ä. mit Dat ger. finden; die spätem SchriftsteUer
iahen den Gebrauch erhalten, ohne ihn besonders zu kultivieren.
Anmerkung 3. AuchzuSubst. verbalia tritt dieser Dativ, freilich sehr selten, aber
immerhin schon bei Plautus, auch bei Cic. (obtempercttio legibus) und noch bei Hieronymus
{satisfactio omni poscenti rationem).
82. Der Dat. possess. bei esse dient, um den sachlichen Besitz und
zwar den okkasionellen zu bezeichnen. Sallust, der überhaupt für Dativ-
konstruktionen eine Liebhaberei hat, dehnte zuerst den Gebrauch auf
geistige Eigenschaften (also dauernden oder eigentümlichen Besitz) aus,
z. B. lofigc mihi alia mens est, und Verg. Lucan Tac. Curtius folgten ihm
darin nach (z. B. sagt Curtius erat Dareo mite ac tractahile ingetüum).
Anmerkung. Bei mihi est nomen und ähnlichen Phrasen wird im Altlat. infolge
einer Art Kasusausgleichung der Dativ des Namens gesetzt, bei Cic. und Caes. ist der
Nominativ Regel, Sallust hat wieder immer den Dativ (bist. 1, 75 Gen. defin., weil Sache),
Liv. öfter Dativ als Nominativ, ebenso auch Curtius; bei wirklichen Namen hat Vell. zueiBt
den Genetiv; bei Tac. steht nach Nipperdeys von Dräger und Heraeus gebilligter Regel
der Nominativ, der sehr selten durch den Genetiv, und durch den Dativ nur bei Adjekt.
ersetzt wird.
83. Der Dat. commodi findet sich entsprechend der Grundbedeutung
des Dativs durch die ganze Latinität. Besondere Erscheinungsformen des-
selben sind:
Bei den Verben des Abhaltens und Abwehrens haben Plaut. Verg.
Hör. Tibull, Properz den Dativ, ebenso die Verba des Wegnehmens wie
abändere detrahere u. ä., und zwar noch in spätester Zeit (Hieronym.). Die
Annahme eines Gräzismus ist ausgeschlossen, da dieser Dativ den lateini-
schen Sprachgesetzen vollständig entspricht und sich schon bei Plaut, und
noch bei Hieronymus findet.
Aus Ennius (Ann. 107 L. Müller) quod mihi rcque, fide^ regno vobis-
quc, Quiritis, se fortunatim, feliciter ac hene vortat geht hervor, dass die
Dative bei bene, feliciter und analog bei hemj vae, hei (richtiger wohl ei)
hieher gehören. Dieselben haben wie die Phrasen bene, male, recte, peius etc.
est mihi ihren Ursprung in der Volkssprache; wir finden noch spät bei
Sueton und den script. bist. Aug. diese Dative in der Soldatensprache, z. B.
feliciter dontino.
Schon im Altlat. ist häufig der Dativ bei sum mit einem Prädikats-
nomen, oft ziemlich auffallend für den Genetiv, z. B. sodalem me esse seis
gfiato ttw; natürlich kann statt esse jedes andere ein modifiziertes Sein be-
zeichnende Verb eintreten. Dieser Gebrauch ist selten bei den Klassikern,
z. B. Cic. Cat. 2, 5, 11 ducem huic bello me profitcor, öfter schon bei Dichtem,
wie z. B. bei Catull und namentlich bei Tibull, welcher nie huius und cuius,
sondern stets huic und cwi in solchen Phrasen setzt, z. B. cui toga fluit;
hiqfiger wird er bei Liv. Bei Sali., Dichtern wie Tibull. und namentlich bei
t ein solcher Dativ in unmittelbare Verbindung mit dem Beziehungs-
426 B. Laieinische Qrammatik. d) Lateinisohe Syntax.
wort, besonders wenn dies ein verbales Personalsubstantiv ist, z. B. minister
hello, custos saluti. Diese bei Tac. sehr beliebte Konstruktion wird nach-
her seltener, z. B. Suet. nur T. 12 castodem f actis, kommt jedoch später
bei den Autoren, welche in ihrer Diktion von Tac. oder Sali, abhängen,
wieder häufiger vor, vgl. Sulp. Sev. 1, 29, 5 huic hello dux fuit, Oros. 6,
11,1 dux Jus Vercingetorix fuit. Üblich war der Dativ jedoch im offiziellen
Stil und findet sich daher allenthalben, wenn ein Gerundiv, beim Nomen
steht, z. B. Cic. curator muris refichndis.
84. Der Dat. ethicus wurzelt in der Volkssprache, findet sich daher
oft bei Plaut, und Ter., mit und ohne en und ecce, gehört bei Cic. über-
wiegend den Briefen, und zwar denen an Attikus an, ohne jedoch von den
Reden und philos. Schriften ganz ausgeschlossen zu sein; selten ist er bei
den Dichtem der august. Zeit (vgl. jedoch Hör. ep. 1, 3, 15 quid mihi
Celsus agit? also in ep. und sat. selbstverständlich wohl am Platze) und
bei Livius, welcher in direktem Gegensatze zu Cic. zwar en tibi^ aber nie
ecce tibi verbindet.
85. Sehr nahe verwandt mit dem ethischen Dativ ist der Dativ der
Relation, z. B. Catull 86, 1 Quintia formosa est multis; dieser Dativ
findet sich bei Cicero Nep. Tac, namentlich aber bei den Dichtern der
klass. und august. Zeit. Besonders bemerkenswert wird er in Verbindung
mit einem Partizip und bezeichnet dann den örtlichen oder geistigen
Standpunkt der Beurteilung. Es fehlt die erstere Konstruktion in der
altern Latinität und bei Cicero; sie ist so recht eigentlich für Historiker
bestimmt und zeigt sich zuerst bei Caes. (b. civ. 3, 80) und Sallust (fragm.
bist. 4, 37 Kritz), wird häufiger von Livius an, auch Vitruv gebraucht sie
(also an einen Gräzismus nicht zu denken!), und dann ist sie ganz ge-
wöhnlich bei den Historikern und Chorographen der Kaiserzeit. Von Dich-
tern weisen nur Verg. und Ovid diesen Dativ auf, die andern entbehren
die Konstruktion. Selten ist der Sing, des Partiz. (Liv. Tac. Plin. mai.),
seit Verg. liest man von Depon. auch Part. perf. (Liv. Plin. mai. Tac. Agr.
10 (?), Pomp. Mela). Der Dativ des geistigen Standpunktes wird von
Liv. an häufig, namentlich bei Sen. phil. Plin. mai. Tac, findet sich indes
auch bei Horaz.
Wenngleich dieser Dativ manchmal in ziemlich loser Beziehung zum
Verbum des Satzes steht, so ist immerhin eine Relation vorhanden, wes-
halb man wohl mit Unrecht von einem Dat. absolutus spricht.
86. Gerade so wenig wie der eben besprochene Dat. relationis darf
der Dat. auctoris als ein Gräzismus aufgefasst werden, wenn auch der
letztere vielfach den Namen Dat. gr accus führt. Beide ergeben sich aus
der Grundbedeutung des Dativs in ungezwungener Weise. Es bezeichnet
aber der sog. Dat. graecus in der thätigen Person zugleich denjenigen, zu
dessen Vorteil oder Nachteil die Handlung ausschlägt, z. B. Amm. Marc.
22, 8, 42 spatium expedito viatori diehus confmtur qtündecim. Das Gerun-
dium wurde von jeher so konstruiert; dann hat man die Part. perf. pass.
und infolge davon auch die Adj. auf Ulis bei Dichtem mit dem Dativ ver-
bunden, z. B. nulli exorahiJis = qui a nidlo e^oraiur; und wie man bei
Intransitiven Abi. und ab setzte, z. B. schon Cicero Fam. 15, 17, 2 mori
1. Der einfache Satz: a. Der BehanpinngBaatz. (§ 84-88.) 427
a6, so lesen wir bei Dichtem fratri iacet und cui cofisul in armis cecidit.
Manchmal verdankt der Dativ seine Entstehung der Konzinnität, z. B. Sen.
ep. 8, 8 quae philosophis aut dwta sunt mit dicenda.
In der alten Sprache blühte der Dat. graecus nicht besonders, doch
hat ihn schon Ennius und Plaut. Acc. Ter. Lucil.; in der klassischen
Sprache steht der Dativ bei den einfachen Zeiten, ut non solum ab aliquo,
sed etiam alicui res iieri videatur (Madvig fin. 1, 4, 11), Cäsar hat ihn
indes selten; darüber gehen Liv. Plin. mai. Tac., die Dichter und spätere
Prosaiker, z. B. Ämmian und namentlich Sulp. Sev. Sidon. Apoll, u. a.
hinaus. Bei Apul. ist der Dat. graec. sehr spärlich vertreten, häufiger bei
den übrigen Afrikanern, ebenso bei den Kirchenschriftstellern. Dass die
Dichter aller Zeiten — ausser den archaischen — so reich an dieser Kon-
struktion sind, ist wohl vielfach auf den Zwang des Metrums und die Vor-
bilder der Griechen zurückzuführen.
87. Auch der Dativ kann prädikativ konstruiert werden und bildet
dann mit dem Verb, {esse, ducere vertere u. ä.) einen Begriff; dazu tntt
noch ein persönlicher Dativ als Dativ der Beziehung, z. B. laudi vertere
alicui (also ganz wie beim prädikativen Akk., vgl. § 53). Prädikativ er-
scheinen im Dativ ausschliesslich Subst., und zwar Abstrakta, Gradbezeich-
nungen werden adjektivisch gegeben ; Adverbia sind ausser bei cordi höchst
selten. Der prädikative Dativ gehört der Sprache des alltäglichen Lebens
an; er findet sich sehr häufig bei den Komikern, überhaupt im Altlat., bei
den Script, rei rust., bei Sali., bei Cic. vorzugsweise in den Briefen, bei
Hör. namentlich in den Satiren. Reich an dieser Konstruktion sind femer
Tac. und Apul., welche beide besonders die Dative auf ui kultivieii haben,
dann auch Nepos, während z. B. Livius nicht wesentlich über den klassi-
schen Gebrauch hinausgeht.
Anmerkung 1. Fieri mit prädikativem Dativ kommt nicht vor; in Phrasen, nvie
si tuo commodo fieri poteatf ist commodo (welches nie prädikativ im Dat. erscheint)
Abi. modi; ebenso hat man in mancipio dare einen Ablativ zu erkennen.
Anmerkung 2. Die klassische Sprache braucht selten die gewöhnlich im prädikat.
Dativ erscheinenden Subst. in einem andern prädikativen Kasus (z. B. Cic. Tusc. 1, 31
maxumum vero argumentum est), wie sie umgekehrt aber auch andere Subst. von der
Konstruktion des prädikativen Dativ ausschliesst; so sagt z. B. Cic. nur est turpitudo,
dagegen Com. Nepos praef. 5 fuit turpitudini.
Anmerkung 3. Unter den prädikativen Dativ ist auch die Phrase mihi est
volenti zu rechnen. Dieselbe wurde von Sali, offenbar unter dem Einflüsse der Diktion des
Thukyd. und Demosth. ins Lateinische eingeführt, von Liv. nur 21, 50, 11 aufgenommen,
dagegen von Tac. begierig ergriffen und weiter gebildet, z. B. ann. 1. 59 ut quibusque
bellum invitis aut cupientibus ei'at. Im übrigen haben nur Sen. phil. und Macrob.
diesen prädikativen Dativ je einmal probiert, sowie Fronte 228, 5 si tibi libenti est audire,
88. Im prädikativen Dativ war schon die Bedeutung der Richtung zu
erkennen, noch mehr ist dies der Fall beim Dat. finalis, der die Absicht
der Erreichung eines Zweckes bezeichnet. Auch er ist der Volkssprache
besonders eigen, so sagte man induttii oder circumiectui habere, in der
Militärsprache rece2)tui canere, profictsci pracsidio (Sali.) und ebenso viele
andere Verba mit praesidio, in der Bauernsprache alimento serere, conditui
legere, victui ohicere u. ä., in der medizinischen Sprache niel remedio adhibere
u. ä. Darnach ist auch zu bemessen, welchen Schriftstellern der Dat. finalis
besonders zukommt.
Anmerkung 1. Finale Dative in Verbindung mit Substantiven finden sich nament-
428 B* Lateinisohe Grammatik, d) LateiniBche Syntax.
lieh bei Plaut, bei den Script, rei rustic, so satui semeti, turtures farturae (Mastturtel-
tauben), selten in der klassischen Sprache, z. B. Cic. receptui Signum (offenbar eine all-
gemein gebräuchliche, der Soldatensprache entnommene Verbindung, öfter bei Liv. Tac.
und den Späteren).
Anmerkung 2. Auch das Gerund, erscheint im finalen Dativ, selten im alten und
klassischen Latein, häufig bei Liv. Plin. mai. u. Tac; bei den letzteren und spärlich bei
ihren Nachahmern und andern spätlateinischcn Schriftstellern vertritt dieser Dativ geradezu
einen Finalsatz, z. B. Plin. n. h. 15, L35 propitiandis nutninibus accendi altaria,
89. Den Lokativus f in aus erkennen wir im lateinischen Dativ
namentlich in vielen bei Dichtern gebräuchlichen Wendungen, z. B. Acc.
491 mütis leto, ebenso bei Enn.^ namentlich bei den augusteischen Dichtern,
ebenso bei spätem Dichtern und poetisierenden Prosaikern, z. B. Verg.
ii clamor cae/o, Hör. agere Orco; ganz spät noch bei Commodian, z. B.
vertue vos Christo, Sulpic. Sever., z. B. sacerdotlhus exilio deductis, bei
Venant. Fort. Lucif. Calar. Dracont. u. a. Bei Cic. und Caes. lässt sich
nur tendere mnnus aliciii (Caes. b. G. 7, 48) nachweisen. Wenn auch die
in der Volkssprache übliche Konstruktion (so z. B. Hisp. 16, 4 oppido
repressertint, Apul. met. 5, 2 cuhiculo te refer) auf echtlateinischen Ursprung
des Dativs der örtlichen Richtung hinweist, so lässt sich doch nicht leugnen,
dass vielfach griechischer Einfluss, hauptsächlich bei den Dichtern, in der
Empfehlung dieses Dativs mitgewirkt hat. — Bemerkenswert ist indes,
dass derselbe die Beifügung eines Attributs nicht verträgt.
Anmerkung. Über den finalen Gebrauch des Tufinitivs, welcher durch die Dativ-
natur des Infinitivs hieher gewiesen wird, ist unten im Zusammenhang mit den Übrigen
Konstruktionen des Inf. nach Verben gesprochen (vgl. § 218) ; über den Inf. nach Adj. vgl.
jedoch § 90 Anm. 2.
90. Während der Genetiv bei Adi. rel. lediglich den im Adj. liegenden
nominalen Begriff determiniert, giebt der Dativ bei Adj. die Richtung an,
in welcher sich die Eigenschaft äussert, oder das Ziel, auf welche sie ge-
richtet ist. So ist Tac. ann. 3, 88 vetera extolUmus recentlum incuriosl
anders zu beurteilen als Tac. ann. 14, 38 fames adfligchat serendis frugibus
incuriosos. Die Zahl der Adj., welche sich mit dem Dativ verbinden
können, ist nicht gross in der alten und in der klassischen Sprache, auch
Livius hat nicht besonders geneuert, wohl aber Tacitus. Die augusteischen
Dichter verbinden in naheliegender Analogiebildung gerne die Adj. der Ver-
schiedenheit und Uneinigkeit mit dem Dativ, so divcrsus c. dat. zuerst
Horaz, discors c. dat. Ovid, ferner idem c. dat. schon Lucrez, dann Horaz,
Ovid, spätere Dichter, auch Plin. mai. Plin. epp. Just.; bei den eccl. lesen
wir auch ingratus c. dat., lauter Konstruktionen, welche die gute Zeit der
Sprache durch Anwendung von Präpositionen zu vermeiden sucht.
Anmerkung 1. Das sog. zweite Supinum ist ursprünglich ein Dativ, wie aus
Plaut. Bacch. 62 istaec lepida sunt memoratui hervorgeht. Daher kommt es. dass auch
Adjektive, deren Bedeutung sich in irgend einer Richtung äussern kann, mit dem zweiten
Supinum verbunden werden; solche Adj. sind facilis, difficilis, iucundus etc. Nicht alle
Verba erscheinen im zweiten Sup., meist nur die Verba des Sagens, Wahrnehmens, dann
namentlich factu und vereinzelte andere. Diese Konstruktion gehört schon dem AltJ. an,
vgl. Plaut. Bacch. 02. Frühe trat für die Form auf ui die auf u ein, und so hat man bald
im n. Supinum einen Ablativ gefunden; dadurch erweiterte sich die Gebrauchssphäre der
Konstruktion, indem das IL Sup. nunmehr auch als limitierender Kasus verwendbar war.
Das Altlatein ist jedoch noch behutsam im Gebrauch solcher Wendungen, Cato kennt sie
beispielsweise gar nicht. Anders wird es im klass. Latein, wo Cicero viele Beispiele auf-
weist, ebenso liiv., während Caes. und SalL nur ganz wenige Formen haben, wie auch
Varr., Nep., Sen. rhet. Dagegen Sen. phih, Plin. mai., Tac, dann nAtOrlich die Archaisten
1. Der einfache Satz: a. Der BehauptangsBatz. (§ 89—92.) 420
GeU., Fronto, Apul. greifen gierig nach der seltenen Eonsiruktion und biingen mancherlei
Neues, spftter auch noch Macrob. Die Dichter der klassischen, der aug. und der spätem
Zeit mSssigen sich sehr in der Verwendung des zweiten Supinums, denn ihnen steht zur
Verfügung
Anmerkung 2. der Infinitiv in Verbindung mit Adjektiven. Durch seinen
Charakter als Dativ eignete der Infinitiv ähnlich . wie das zweite Sup. sich zur Bezeichnung
der Richtung, in welcher sich eine Eigenschaft äussert. So lesen wir schon bei PJautus
Pseud. 1104 auum qui officium fticere immetnor est (hat kein Gedächtnis für, denkt nicht
an); indes ist das Adj. immer bei Plaut, in diesem Falle mit esse verbunden. Der stili-
stisch sorgfältige Terenz hält sich fem von dieser Konstruktion, er lässt nur parcUtts sum
c. inf. zu und ist darin ganz der Vorläufer der klassischen Sprache, welche alle An-
fügung von Infinit, an Adj. verschmäht. Dagegen erweitern Lucrez, Catull, Verg., Tibull.,
Properz, namentlich Horaz, Ovid und später neben andern besonders Sil. Ital. nach den
vorhandenen Analogien des altera Sprachgebrauchs offenbar unter dem Einflüsse griechi-
scher Vorbilder das Gebiet dieser Strukturen. Zu beachten ist, dass bei allen Dichtem
der Inf. passivi erscheint, wo der Gedanke es verlangt, z. B. niveus videri, horridus
cemi. Die Prosa hat sich bis in die silberne Latinität herab der Konstruktion ferne ge-
halten; hier ist neben Val. Max. Sen. phil. besonders Plin. mai. und ihm folgend Tac.
verhältnismässig reich an Adj. c. inf., ebenso unter den Archaisten Apul., dann Sulp. Sev. —
Ausser durch das Supinum wird das Gebiet des Infinit, im Lat. noch eingeengt durch
Gemnd.; so werden schon
Anmerkung 3. in alter Zeit Adj. und Partiz. mit Dat. gemnd. verbunden, z. B.
nattis, salutaris, scitus (Plaut, und Ter.). Die klassische Sprache verschmäht diese Kon-
straktion ; Cic. hat nur accomodatus, Caes. nur par mit Dat. gerund, konstniiert. Dagegen
finden sich seit Liv. viele Adj. mit Dat. gemnd., eine besonders bei Plin. mai. und Tac.
beliebte Konstmktion. Auch die spätere Latinität scheint, wie die klassische Sprache,
keinen besondem Gefallen an der genannten Verbindung gefunden zu haben.
Zu §80 vgl.: Peike, De dativi apud priscos scriptores usu. Strassburg 1878; Dittel,
De dativi ap. Horaz usu. Landskron 1878. || Zu § 81 : Anton, Studien zur lat Glrammat.
und Stilist. Erfurt 1869 und 1873 p. 81 ff. || Zu § 85: Wölfflin in act. Sem. Erl. II p. 140;
Hauses, Der particip. Dativ des örtlichen und geistigen Standpunktes. Bozen 1878. || Zu
§ 86: TiLLMANN, De dativo graeco, act. Sem. Erlang. II p. 71—139. || Zu § 87: NielIndeb,
Der factitive Dativ i. d. cic. Schriften. Progr. Krotoschin 1874; id.. Der factitive Dativ
b. d. römischen Dichtem und Prosaikem. Progr. SchneidemGhl 1877. || Zu § 89 : Sghbötbb,
Der Dativ zur Bezeichnung der Richtung i. d. latein. Dichtersj^rache. Progr. Sagan 1873. ||
Zu § 90 : Kübler, De infinitivo apud Romanomm poetas a nominibus adiectivis apto. Progr.
Berlin 1861; Lobenz, Beobachtungen üb. d. Dativ, d. Bestinmiung, besonders den Dativ
des Gemndivi bei Livius. Progr. Meldorf 1874 (gehört auch zu §88 Anm. 2); Gollinq
im Gymnasium 1886 Nro. 19 (vgl. dazu meine Anm. 598 zu Reisig-Haasb § 443).
Ablativ.
91. Der Ablativ ist der adverbiale Kasus, d. h. er dient zur Be-
stimmung des Prädikats, indem er auf die begleitenden Umstände, unter
denen sich eine Handlung vollzieht, hinweist. Vermöge dieser seiner Be-
deutung hat er auch lokale und instrumentale Funktionen seinem Umfange
einverleiben können; denn der Instrumentalkasus ist für das Latein schon
in vorhistorischer Periode zu Grunde gegangen, der Lokativ ist nur noch
in wenig Überresten von a und o, zum Teil auch von konsonantischen
Stämmen erhalten. Wenn der Ablativ, der, wie gesagt, ein adverbialer
Kasus ist, zur Bestimmung eines Nomen gebraucht wird, so ist dies nur
möglich auf Grund vorschwebender verbaler Konstruktionen.
Anmerkung. Eine andere Auffassung ist, dass der Ablativ an sich separative
Bedeutung habe und somit in dem historisch gewordenen Ablativ separative, lokale und
instrumentale Funktionen vereinigt seien.
92. Der Abi. causa e bezeichnet eine die That mitbegleitende Ur-
sache; dieselbe kann entweder in unserm Seelenleben oder ausserhalb
desselben gesucht werden. Im ersteren Falle findet sich der Abi. in der
ganzen Latinität, besonders kultiviert von Liv. Tac. und den Archaisten, z. B.
430 & LateiuiBohe Grammatik, d) LateiniBohe Syntax
Fronto ; tritt ein Partizip dazu — was man oft bei Cic. Caes. Nep. liest —
so rückt der Schwerpunkt von der Begleitung auf den Grund über. Im
zweiten Falle ist der Abi. im Altlat. nicht gerade selten (PI. Most. 840
aetate non quis opiuerier)^ in der klassischen Sprache schon weniger ge-
bräuchlich (jedoch bei Caesar verhältnismässig häufiger als bei Cic), öfter
bei Nepos; Sali, hat viele Beispiele (Cat. 6, 6 aetate patres appellabantur),
mehr noch Liv. Plin. mai. Tac, später Fronto und Florus.
Anmerkung. Die Subs. causa und gratia als Abi. caus. werden nur im Altlat,
bei Sali, und den Archaisten, mit Pron. relat. u. dem. verbunden, nicht in der klassischen
Sprache; Tac. schrieb in Nachahmung des SaU. ann. 4, 18 qua causa, ebenso Aur. Vict.,
Caes. 22. Für die Prosa ist causa als der ältere Ausdruck zu betrachten, denn ffraiia
findet sich bei Cato, Van'o, Comif. gar nicht, bei Caes. ganz vereinzelt, oft im b. Afric.
und bei Sallust (hauptsftchlich im lug.), selten bei Cicero (oft nur zur Variation des Aus-
drucks dienend), häufiger wieder bei Quint. In Poesie dagegen ist gratia schon im Altl.
gar nicht selten, allein die Grundbedeutung des Substantivs ist dabei nie ganz erloschen.
— Mei causa statt meä causa lesen wir erst im Sp. L. bei Apul. Tertull. Sulp. Lev. Am-
bros. Apoll. Sidon.: die Stellen Cic. am. 57 und Verr. 3, 121 sind längst geändert, vgl.
Seylfert-Müller. z. Laei. p. 378. — Synonym ist ergo c. gen., welches altertümlichen und
solennen Charakter zeigt und bei Cic. nicht getroffen wird.
93. Der Äbl. modi ist in der Regel mit einem Attribut versehen;
diese Konstruktion ist allgemein lateinisch. Ohne Attribut finden sich im
Altlat. nur bestimmte Substantive, zum Teil in spezieller Bedeutung, so
numero = „zu schnell**; ähnlich verhält es sich in der klassischen Sprache,
wo ordine, fraude, vi u. a. bekannt sind. Der begleitende Umstand durch
Substantiv ohne Attribut ausgedrückt, gehört vorzugsweise der nachklassi-
schen Latinität an, in welcher modale Ablative ohne Attribut immer häu-
figer werden; den Ansatz dazu hat wie in manchem andern, so auch hier
Sali, gemacht (Sallust. Jug. 64, 4); Liv. und Tac, dann Sueton haben die
Konstruktion oft gebraucht, auch Flor. Just. Ammian. Apuleius (met. 1, 21
ad haec ego risu subicio).
Anmerkung 1. Bei den Afrikanern wird nicht selten der Abi. eines abstrakten
Subst. statt des Adverbs des entsprechenden Adjektivs gebraucht; offenbar hat hier der
Umstand förderlich gewirkt, dass die Semiten keino Adv. haben. Vgl. auch Hieronym.
ep. 39, 2 ioti^ hie Über fletihus scribitur.
Anmerkung 2. Beachtenswert ist der modale Gebrauch des Abi. gcrundii. Der-
selbe erscheint im altern Latein noch vereinzelt, nicht bei Cic. und Caes., aber bei Sali.,
bei Cael. ad fam. 8, 15 bellum ambulando confecerunt, b. Hisp. und Yitruv; ist also
vulgär. Ovid hat ihn wie Livius aufgenommen, das Spätlatein wimmelt von solchen Abla-
tiven (z. B. Ammian), die dann auch in die romanischen Sprachen übergingen (Diez 111.
258); vgl. auch Habtel, Arch. 3, 48.
94. Der Abi. respectus enthält eine Einschränkung des Prädikats
auf eine bestimmte Rücksicht, wie Cic. Phil. 2, 23 sagt tcmjyoribus errasii
„in der Chronologie hast du dich geirrt**. Dieser Gebrauch ist allgemein
lateinisch.
Anmerkung. Auch hier verdient der Abi. gerund. Erwähnung, so schon bei Plaut.
(Bacch. 402 cai^e sis te super are siris faciundo betie), auch bei Cicero, bei Senec^, den
Script, bist. Aug.
96. Der Abi. pretii giebt den Preis an, um den ich etwas kaufe oder
verkaufe, oder wie hoch ich etwas anschlage. Er kommt häufig schon im
Altlat. vor, dann bei Cic. u. Caes. Nep. Liv. Tac, auch sonst in der sil-
bernen Latinität und später, z. B. bei Curtius, Florus, Apuleius.
iK>. Als casus comparativus hat die lat. Sprache den Ablativ,
welcher den Gegenstand angiebt, von welchem aus der höhere oder niedere
■
1. Der einfache Satz: a. Der BehanptangBaatz. (§93—98.) 431
Grad der im Prädikat gegebenen Eigenschaft zu beurteilen ist; also filius
minor estpatre = den Vater als Mass genommen, mit Rücksicht auf den Vater
oder von diesem aus betrachtet ist der Sohn kleiner. Der Abi. compar.
erscheint schon in den XII tabb., bei Cato Enn. Acc. Plaut. Ter. In der
klassischen Sprache und später wählte man diesen Abi. in Sätzen nega-
tiven Sinnes, z. B. Cic. nat. deor. 1, 102 nihil cessatione melius existimare,
oflf. 3, 26 errat, quod ullum vitium vitiis animi gravius existimat, Fin. 3, 16
quid possumus hoc agere divinius?, ebenso in Redensarten wie opinione
celerius u. ä., während er in positiven Sätzen anderer Art seit dem klassi-
schen Zeitalter zumeist durch qiuim (siehe unten § 258) ersetzt wird.
Anmerkung 1. Wenn ein Gen. compar.» z. B. Vitruv 5, 1 superiora infertorum
fieri contractiora, femer bei Varro, ApuL, TertulL, Hieron., Symm., Lucif , Porphyr., Apoll.
Sidon. und den Juristen, wo beispielsweise minor iriginta annorum stehend ist, erscheint,
so haben wir darin keinen Gräzismus zu erblicken, sondern eine Nachlässigkeit im Easus-
gebrauch, wie sie der vulgärschreibende Vitruv und die andern genannten Autoren auch
sonst erkennen lassen. Vielleicht ist bei Ammian die griechische und bei den Afrikanern
die semitische Herkunft bei der Wahl des Kasus mitbestimmend gewesen. — Nach Analogie
von par und dispar bildet sich im Spätlat. die Konstruktion des Kompar. mit dem Dativ
aus, vgl. Venant Fort. 1, 15, 4 tu potior reliquis et tibi nemo prior. Namentlich die
gallischen Autoren sind reich an Beispielen dieses Sprachgebrauchs.
Anmerkung 2. Ganz singulär ist der Abi. compar. mit Gerund, bei Cic. off. 1, 47
nullum enim officium referenda gratia magis necessaHum est {gratiae relatio findet
sich erst bei Seneca, daher war hier das Gerund, nicht zu vermeiden).
Anmerkung 3. Wenn Matius bei Cic Fam. 11, 28, 1 schreibt ut par erat tua
singulari bonitate, so hat er damit ebenso wie Sali. H. 4, 14 Kr. und Ovid fast. 4, 306;
C, 804 eine offenbar vulgäre (Plaut. Pers. 834 et me Mud par est) Konstruktion, die übrigens
an aeque und adaeque mit Abi. bei Plaut, und Plin. mai. ihre Analoga hat, aufgenommen.
Alius mit Abi. compar. erscheint zuerst bei Varro, dann in einem Briefe des Brut, und
Cass. bei Cicero, bei Phaedrus, Horaz und Apul.
Anmerkung 4. Auf einer Verschiebung der Vergleichungsgrade beruht es, wenn
im Sp. L. der Abi. comp, auch beim Superl. steht; vgl. Hieron. in £ph. II ad 3, 8 se
Omnibus sanctis infimum dicere,
Anmerkung 5. Die Umschreibung des Abi. compar. durch die Präposition a be
geringem Schriftstellern der Africitas, zuerst vielleicht bei Porphyrie, ist der Anschauung
des Latein nicht widersprechend, wie schon Servius Gramm, lat. 4, 433, 18 k erkannte,
offenbar aber unter dem Einflüsse des Hebräischen besonders aufgekommen. Ganz unab-
hängig davon ist de c. abl., welches spätlat. (z. B. Gromatici 11, 19 si plus de trigintn
pedibus patuerit) sehr sporadisch sich findet und zum teil in die romanischen Sprachen
überging.
97. Der Abi. mensurae entspricht der adverbialen Natur des Abi.
ähnlich wie der Abi. modi und respectus, z. B. Caes. parvo mowento ante-
cedere. Er wird jedoch auch — und dieser Gebrauch ist der häufigere
geworden — zu den Komparativen ohne ausgesprochene verbale Begleitung
gesetzt. Bemerkenswert ist nur das in der Volkssprache stets übliche,
aber von den Klassikern verschmähte nimio, so sagt nach Plaut, der
Triumvir Antonius und noch Qellius nimio est amplior.
Anmerkung 1. Der Akkusativ, z. B. aliquantum aiHdior, ist unklassisch; erfindet
8ich im Altlat., dann wieder bei Liv., Plin. mai. Florus. In der klassischen Sprache ist
der Akkus, wohl nur bei Verben zulässig, aber auch da selten gewesen, z. B. tantum
praestare, quantum excellere.
Anmerkung 2. Der Abi. multo beim Superlativ wurde von Cic. durch longe ersetzt;
nur ganz vereinzelt hat er das vor ihm allgemein übliche multo c. superlat. beibehalten.
98. Der Abi. qualitatis gehört der ganzen Latinität an; er wird
namentlich von solchen Eigenschaften gebraucht, die etwas Singuläres be-
zeichnen und daher keine Begriffsrubrik bilden können; das letztere ist
Aufgabe des Gen., welcher angiebt, unter welche Rubrik etwas unterzu-
432 B. Lateinische Orammatik. d) Lateinische Syntax.
bringen ist. Sehr bezeichnend ist Piso bei Peter fr. 19 p. 82 quia Tar-
quinio nomine esset. Tarquinii nominis würde besagen «ein Glied der Fa-
milie^; der Abi. quäl, aber giebt an, dass schon der Name verdächtigte.
Anmerkung 1. Auch der Abi. quäl, schliesst sich nur selten an einen Eigennamen
an, in klass. Zeit freilich häufiger als der Gen. quäl., z. B. Cic. Sest. 50 C, Marium, summa
senectute, gehört femer selten zu einem zu denkenden Nomen, z. B. Liv. 3, 57 non iuniores
modo, sed emeritis etiam atipendiis . . praesto fuere, und wird schliesslich ebenso wie der
Gen. quäl, auch prädikativ gebraucht.
Anmerkung 2. Nur Liv. 24, 27, 3 praetores dissimulare primo et trahenda re
esse hat den Abi. gerund, in qualitativer Bedeutung; doch ist die Stelle bestritten (wohl
mit Unrecht).
Anmerkung 3. Während ursprünglich der Abi. quäl, nur zur Bestimmung der
Handlung dienen konnte (vgl. Sali. Cat. 6, 2 hi postquam in una moenia convenere dis-
pari genere, dissimüi lingua), fanden in der weitem Entwicklung Obergriffe in das Gebiet
des Gen. quäl, statt, so dass er auch unmittelbar einem Subst sich anschloss. In klass.
Zeit überwie^ der Abi. quäl, den Gen. quäl, bei weitem; der letztere ist hier fast ganz
auf die Bestimmungen nach Mass, Zahl u. s. w., sowie auf Wendungen mit den Attributen
magnuSf tanttis, summus, maximus beschränkt. Anders wird es im nachklass. Latein, wo bei
Teil. Fat. der Abi. quäl, nur vereinzelt erscheint und bei Curtius der Gen. quäl, vor dem
Abi. sogar bei Angabe von Körpereigenschaften bevorzugt wird.
•)9. Der Abi. instrumenti findet sich allenthalben in allen Zeiten.
Hieher gehören auch die scheinbaren Abi. loci, welche dazu dienen, den
Ort zu bezeichnen, über welchen eine Bewegung geht (eine, wie es scheint,
doch erst seit der klass. Zeit bemerkbare Konstruktion), ebenso die Abi.
bei vehi u. ä. Verben, welche bei Dichtern und Nachklass. viele Analogien
hervorbringen, z. B. sagt TibuU: xmppi volet Ire, ebenso bei den Verben
des Sitzens u. ä., z. B. Ovid, TibuU, Liv. (TibuU 1, 43 requiescere lecto,
Liv. carpento sedere), bei eantare u. ä. Verben, so tibiis, fidibus (Plaut.
Properz, Ovid, auch Nep. und Cic, aber ganz selten), bei pluit u. ä. seit
Livius; sudare wird so seit Ennius bei Lucr. Verg. und andern Dichtern,
auch bei Florus gebraucht, manare und fluere auch bei Cic, aber oflfenbar
nur, wo er aus alten Quellen reproduziert (de div. 1, 74; 2, 58).
Anmerkung 1. Bei den Verben des Opferns ist neben der Konstruktion mit
dem Objektsakkusativ auch der Abi. instrumenti üblich; so schon bei Ennius fab. 5 sie
sacrificabat hostiis hcdaniihus (L. Müller), bei Plaut, bei Cicero wohl nur in der Repro-
duktion aus alten Schriftstellern, oft bei den august. Dichtern, bei Liv. Plin. Tac. und ihren
Nachahmern. Das Verbum facere in der Bedeutung „opfern" haben mit Abi. inst. Plautus
und Cato, dann die august. Dichter, z. B. Verg. und Tib., Plin. mai., Colum., aber nicht
Cic, Caes., Nep., Liv. Vielfach ist der Akk. bei den v. sacrificandi wiederhergestelU, wo
man früher den Abi. instrum. las.
Anmerkung 2. Auch der Abi. bei den Deponentien utoTf fruor, etc., welcher den
Schein eines Objektskasus gewinnt, ist instrumentaler Natur. Übrigens ist hier die Kon-
struktion mit dem Objektsakkusativ die ältere; so ist uti ursprünglich ein Transitivum ge-
wesen ; als solches findet es sich bei Plaut, in der Gerundivkonstruktion, in Verbindung mit
Pron. neutr., mit Substantiven |im Akk. vielleicht nicht (Langen Archiv 3 p. 330), jedoch
abutor ist im Altlat. nur transitiv, wird also auch mit substantivischen Obj. verbunden,
z. B. Plaut. Trin. G82 qui tantam abiisus sum rem patriam: ebenso hält es Uato, der abor
neben abutor auch utor mit subst. Objekt verbindet; nach dem Tode des Terenz kam dio
transitive Konstruktion von uti wieder mehr in Aufnahme, aber die klass. Sprache ging
darauf nicht ein. Fruor ist transitiv bei Cato und Ter. vereinzelt, ebenso frunisci bei
Plaut, und Quadrig., fungor bei Plaut. Ter. Varro Nep. Tac. Suet. Just. Apul. Sulp. Sev.,
bei letzterem regelmässig in der Phrase diem fangt: potior Altlat. nicht bei Cicero (nach
Cic. ed. C. F. W. Müller), aber im b. Afr. und Hisp., bei Sali. Tac. Apul. Gell. Just. Sulp.
Sev.; potior c. gen. bei Plaut. Varro Cic. (z. ß. Fam. 1, 7, 5), bei Caes. und Comif.
je einmal, b. Afr. Hisp. Sali. Nep. Liv. Vell. Tac. Curt. Suet Lact.; dieser Genetiv erklärt
sich leicht aus dem in potior liegenden SubstantivbegrifF, denn potior = ,ich werde Herr*
(manchmal auch „bin Herr*).
Anmerkung 3. Wie uti wird auch das davon abgeleitete Verbalsubstantiv in der
1. Der einfache Satz: a. Der BehauptongBaatz. (§ 99—101.) 433
Phrase usus est mit dem Abi. verbuDden und nach der Analogie von usus est richtete sich dann
auch opus est, Besonderheiten, die sich syntaktisch leicht erklären, sind : usus est hat bei Plaut,
und wieder bei Fronto den Nominativ, bei Ovid. und Liv. auch den Genetiv, bei Plaut.
Pseud. 385 R den Akkus, bei sich; opus est wird, selten jedoch bei Cic. Liv., nicht bei
Caes. und Nep., in Verbindung mit Subst., auch persönlich konstruiert, z. ß. Cic. Verr. 3,
196 frumentum non opus est; Regel indes ist die persönliche Konstruktion beim Pron.
neutr., z. B. Caes. b. g. 1, 34, 2 st quid ipsi a Caesare opus esset; femer Iftsst es bei
Properz 3, 1, 12, Liv. Quintil. und Apul. auch den Genetiv zu; der AJckus. findet sich nur
Sp. L. bei Claud. Mam. 65, 15 adtentiorem mihi lectorem opus est (nicht bei Plaut, und
Cato, Fr. Scholl im Arch. 2 p. 212). Opus est mit Abi. partic, z. B. opus est facto, ist
vorzugsweise der alten Sprache eigen, findet sich daher selten in klass. Sprache, z. B.
Caes. b. g. 1, 42, 5, Cic. Mil. 49, häufiger bei archaisierenden Autoren (bei Sali, merk-
würdiger Weise oft im Cat., nicht mehr im Jug.).
Anmerkung 4. Auch Personen können als Werkzeug aufgefasst werden und dem-
entsprechend als Abi. instr. die Handlung begleiten, zunächst bei militärischen Ausdrflcken,
dann auch in naheliegenden Weiterbildungen und Analogien, z. B. testibus convictum esse,
Beispiele sind aus dem Altlat. nicht bekannt, wenige aus Cic. z. B. p. Cael. 34 alienis
viris comitata, mehr aus Sali. Caes. Nep.; noch weiter gehen die Dichter und Liv.
sowie Tacit.
Anmerkung 5. umgekehrt steht manchmal bei Sachen der Abi. instr. mit ab,
doch nicht vor Cicero, bei diesem aber öfters, dann besonders bei Dichtem, hauptsächlich
bei Ovid, bei poetisierenden Prosaikern wie Plin. mai., bald Personifikation, bald den Aus-
gangspunkt der Handlung bezeichnend, z. B. caelum nigrescit ab Äustris und calet a
sanguine,
Anmerkung 6. Bei den Komikern namentlich, in klass. Zeit bei Cic. und Sali., wird
mit esse, facere, fieri der Instrumentalis verbunden, z. B. quid eost argento factum ? (Plaut.
Most. 638). Doch findet sich auch der Dat., z. B. Cic. Caec. 30 quid tu huic homini fadas?
100. Der Abi. instrum. steht ferner bei den verb. copiae et inopiae
und zwar ausschliesslich bei explere, replere, opplere und dbundare (nur
Lucil. hat den Genet.). Der Genetiv hat sich offenbar nach Analogie von
plenas und unter dem Einflüsse griechischer Vorbilder schon frühe bei corn-
plere und iwpUre gezeigt, so sagt Cato: impleio aquae purae, ebenso Lucrez
und Vergil; auch Cicero hat, aber nur in dem absichtlich archaisierenden
Cato maior, in einem Briefe und in or. in Verr. den Gen., Liv. nur bei
implere, nie bei complere. Bei egere ist zwar schon im Plaut, der Genet.
zu finden, allein diese Konstruktion hat sich trotz der Empfehlung des
Sallust, welcher sie sehr bevorzugt, in der bessern Sprache nicht einzu-
bürgern gewusst und kommt so nur ganz vereinzelt bei Cic. Caes. Cornif.
vor, auch nicht oft bei Liv. Dichtern und Tac. Bei indigere hat Cic. den
Qenet. bevorzugt, den auch Sali, verwendet; Caes. und Liv. haben dagegen
den Abi. in ausschliesslichem Gebrauch.
Anmerkung. Unter den Adi. copiae et inopiae hat plenus lieber dem Genetiv
sich angeschlossen, welcher bei Cic. und Caes. das regelmässige ist; der Abi. bei plenus
wird durch b. Hisp. 5 plenus lapidibus gerade nicht besonders empfohlen, in der vor-
klassischen Zeit findet er sich nicht (zuerst Lucret. an drei Stellen, dann Cic, aber nur ad
Att., sonst wie Verr. 4, 126, Sest. 23, de or. 1, 132 unter dem Einflüsse anderer Kon-
struktionen oder aus euphonischen Gründen), wird bei Liv., den august. Dichtem und in
der spätem Zeit bis auf eccl. herab allenthalben getroffen, aber bei weitem nicht so oft als
der Genetiv. Die übrigen hieher gehörigen Adjektiva werden bald mit Gen., bald mit Abi,
konstmiert; der Sprachgebrauch hat sich manchmal für eine Konstmktion besonders ent-
schieden, so überwiegt onustus c. abl , indigus c. gen., orbus c. abl., egenus c. gen.:
inops c. gen. ; manche Konstruktionen erscheinen erst später, so frequens c. abl. häufig, c. gen.
nicht vor Stat. und Tac, t'alidus c. abl. bei Cic. Hör. Liv., c gen. nicht vor Tac; scius mit abl.
Hygin, mit gen. bei Lact, und Macrob. ; es würde zu weit führen, das Einzelne zu verfolgen.
101. Der Abl. der Ortsruhe ist bei den Städtenamen im Plural und
den nach der 3. Dekl. gehenden im Singular allgemein üblich. Der Abl.
der 2. Dekl. an Stelle des Lok. steht schon bei Caes. b. civ. 3, 35 Naupacio
Handbuch der Uaas. AltertumswiaseiiBcbaft. II. 2. Aufl. 26
434 ^* Lateinische Qrammatik. d) LateiniBche Syntax«
(aber durch die Konzinnität bedingt), oft bei Vitruv {Arretio, Chio, HaH-
camasso u. ä.), auch bei Verg. Aen. 4, 36 Tyro, öfters in der spätem
Latinität, so bei Tac. Flor. Just. Hyg. Eutrop. bist. Apoll. Aurel. Vict.
Ampel. (Wagen er, Philol. 42 p. 392); ebenso bei Teilen von Städten,
z. B. Liv. Flor. {Hexapylo). Selten ist die Beifügung von in bei Städte-
namen, z. B. Plaut, mil. 771 in Epheso, in Prosa zuerst vielleicht bei Liv.,
öfters bei Plin. mai. z. B. in Tarso, Sp. L. bei Justin, Hieron. Oros. u. a.
Anmerkung 1. Es ist plebejischer Brauch, wenn der Ablativ der Ortsmhe ohne
in von Ländernamen gesagt wird, so bei Yilruv und Vop. Aurel. (Paucker, Z. f. 5. G. 1883
p. 325 f.)
Anmerkung 2. Appellativa ohne Attribut werden selten im Abi. ohne m auf die
Frage wo? gebraucht; da das b. Hisp., Vitruv, Hygin, femer Hirtius bemerkenswerte
Beispiele bieten, ist der vulgäre CharaktiBr dieser Konstruktion evident, z. B. muris dut-
panunt, cicie constiterunt. Doch sind auch Dichter wie Horaz, Tibull (1, 5, 53 herbai sepul-
cris quaerat), CatuU nicht sparsam mit solchen Abi. loci, die dann mit Liv. Plin. mai. Tac.
Gurt, in die Prosa eindringen; auch die Archaisten Apul. und Fronto kennen die Konstruktion,
z. B. Fronto: antUum alvo repertum, ebenso Aur. Vict. ApoU. Sidon. u. a. Sp. L. Weniger
auffällig ist der Abi. loci mit attributiver Bestimmung; Cicero freilich lässt ihn nur bei
iot%is und teilweise bei mediuA zu, während die Dichter in diesem Falle fast durchweg
ohne in konstruieren (vgl. Fbigbll zu Li 7. 23 p. 32).
102. Bestritten ist der separative Gebrauch des Ablativs, indem
die Bedeutung des Trennens nicht sowohl im Kasus, als vielmehr im
Verbum gesucht wird. Wie dem auch sei, Thatsache ist, dass der Abi.
bei Städtenamen, Ländernamen und Appellativen auf die Frage woher? ge-
braucht wird.
Bei Städtenamen findet sich schon frühe die Beifügung einer Prä-
position, doch gebraucht Plaut, nur die Präpos. ex, nie ab und lässt sie
häufiger weg als er sie hinzufügt. Das gleiche gilt für Ter. und die übrigen
Dichter der vorklass. Zeit. Die Beifügung der Präpos. wird ganz selten
in der klassischen Sprache und findet sich da wohl nur, wenn bei Seestädten
die Küste miteinbegriffen wird, z. B. ab Epheso, Sobald aber Tarso,
Tyro u. ä. ebenso gut „in Tarsus** als „von Tarsus" heissen konnte (§ 101),
war die Beifügung einer Präposition unumgänglich, und so findet sich diese
ursprünglich wohl vulgär abundante Konstruktion bei Sali. Poll. Liv. Plin.
mai. Sueton. Flor. Justin.
Bei Ländernamen ist der Abi. ohne Präposition selten; doch hat
ihn schon Plaut. Most. 440, Capt. 327 u. Truc. 540, ebenso findet man ihn
auf alten Inschriften, nicht bei Klassikern und Sali. Liv., dagegen wieder
bei Vell. Tac. Curt. Florus und andern spät. Historikern.
Von Appellativen hat gleichfalls Plaut, schon Beispiele, so Trin.
265 quasi saxo saliat; in der klassischen Zeit ist der Gebrauch auf nirc
und domo beschränkt {humo dichterisch seit Vergil), abgesehen natürlich
von publizistischen Ausdrücken wie tribu movere, lege solvi, causa cadere
und einigen allgemein üblichen Verbindungen der verba pellerc cedere Uberare
u. ä.; Liv. und Tac. schliessen sich dem von den august. Dichtern einge-
führten freiem Gebrauch an (wobei jedoch Liv. immerhin die präpo-
sitionale Wendung bevorzugt), ebenso die Archaisten, z. B. Apul. theatro
faccssunl,
Anmerkung 1. Ohne weitere Folgen blieb der Anlauf, welclien Cato und Plaut,
nahmen, den Abi. des Supinums in separativer Bedeutung zu brauchen. Cato r. r. 5 sagt
primus cubitu surgat, postremtis cubitum eat: hier sollte offenbar ein Gegenstück zum
1. Der einfache Satz: a. Der BehaaptnngBBatz. (§ 102—104.) 435
Akk. des Sup. geschaffen werden. Wie bemerkt findet sich diese Konstruktion nur noch
bei Plaut., nämlich opsonatu redire, gebildet im Hinblick auf opsonatum ire. Eine spät-
lateinische Nachahmung' treffen wir bei Stat Ach. 1, 119 venatu rediturum.
Anmerkung 2. Hieher gehört auch der Abi. des Ursprungs, so schon be
Ennius sanguen du oriundum, in klass. Sprache besonders bei den Partiz. natiM ortus etc.
N. Kl. auch beim Verb. fin. z. B. Plin. N. h. 8, 29 terra nasci; häufig treten Präpositionen
zum Abi., immer, wenn er ein Pronomen ist, gewöhnlich ah und ex, dichterisch und nach-
klassisch auch de. Bekannt ist, dass der Abi. mit ab die entferntere Abstammung be-
zeichnet.
103. Die Begriflfe von Ort und Zeit sind nahe verwandt, und so ist
es leicht begreiflich, dass der Abi. der Ortsruhe sich auf Zeitbestimmungen
übertragen liess. Es finden sich daher hiente, aestate u. ä. in allen Zeiten
der Sprache. Andere Substantiva als solche, welche einen Zeitabschnitt
bezeichnen, werden nur mit Attributen in dem Abi. temporis gefunden.
Ausnahmen sind selten, jedoch auch in der klassischen Zeit anzutreffen,
z. B. pace, militia (Liv. 5, 12, 4 ed. Zingerle).
Anmerkung 1. Wenn angegeben wird, wie oft etwas in einem bestimmten Zeit-
räume sich wiederholt, so steht der letztere im Abi. mit tn, z. B. ter in anno. Doch ge-
braucht vielleicht schon Cato (bestritten von Keil und Schöndörffer), jedenfalls aber Plin.
mai., Suet. die scriptt. bist. Aug., Hygin daneben auch den Abi. ohne Präposition, z. 6.
Plin. bis anno.
Anmerkung 2. Es ist klar, dass das Bedürfnis nach Deutlichkeit in der Volks-
sprache auch zum Abi. temp. die Präposition tn verlangt; so sagte denn Cato unbedenklich
in hierne, was bei Catull z. B. aliis in annis, dann besonders im Spätlatein, bei den Archa-
isten, bei den eccl., den scr. h. Aug. in allgemeiner Übung ist. Die klassische Zeit lässt
in beim Abi. temp. nur zu bei Angabe der Lebensalter, z. B. in iuventute (aber mit
Attribut ohne tn, z. B. prima iuventute), femer zur Bezeichnung der Zeitumstände, z.
B. tn hoc tempore,
Anmerkung 3. Wenn Cicero ad Att. 2, 19, 3 schreibt populi sensus maxime
iheatro et spectaculis perspectus est, so ist offenbar spectaculis temporal zu fassen;
ebenso verhält es sich mit ludis, gladiatoi^hus, nundinis; diese Abi., femer comüiia bei
Cic. Liv. Flor., triumplm bei Tac, scaena bei Suet., morhis schon bei Cato, und ähnliche
stereotyp gewordenen Wendungen sind Analogiebildungen nach den Abi. temp. Ebenso
erklärlich ist, dass adventu (schon bei Plaut.), discessu u. ä. später z. B. bei Plin. mai.
(successione, dedicatione), Sueton (votorum nuncupatione, eius statione = cum in statione
esset) andere Abi. per analogiam nach sich gezogen haben.
Anmerkung 4. Auch der Abi. gerund, wurde temporal gebraucht, so schon bei
Terenz, wo Donat zu Andr. 938 mirando = dum miror erklärt; ebenso bei Sallust, bei
Cic. (ad Att. 4, 1, 6), Verg. und Liv., namentlich bei letzterem, z. B. 5, 43, 7 cum dis
hominibusque accusandis senesceret, bei Vitrav u. a.
104. Der sogenannte Abi. absolutus ist ein mit prädikativer Be-
stimmung versehener Abi., welcher sich vom Abi. modi dadurch unter-
scheidet, dass der letztere eine attributive Bestimmung bei sich hat. Das
prädikative Wort kann ein Subst. Adi. Pron. oder Partiz. sein. Unter dem
Einflüsse der Ausbildung des Satzgefüges wurde auch diese Konstruktion
weiter entwickelt, so dass sie manchmal einen ganzen Satz zu vertreten
geeignet ist und allerlei andere nähere Bestimmungen noch annehmen kann.
Wie nun häufig das Prädikat einer ausdrücklichen Bezeichnung des
Subjekts entbehrt (vgl. § 2 und § 3), so wird oft der prädikative Abi.
allein gesetzt, z. B. wenn das fehlende Nomen sich von selbst versteht
oder mit Leichtigkeit aus dem Vorhergehenden ergänzt wird; vgl. § 2
Anm. (3 und § 3.
Wie die klassische Sprache das Part. fut. act. überhaupt nicht ohne
esse braucht (Ausnahmen höchst selten, vgl. § 108), so natürlich auch nicht
im Abi. abs.; diese Konstruktion kommt bei Pollio und Livius auf und
28*
436 B. LateüÜBohe Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
war wahrscheinlich durch Sallust vorbereitet (der letztere hat auch zuerst
Part. fut. act. in finaler Bedeutung); Val. Max. Curt. Plin. mai. und be-
sonders Tac, sowie später Ammian verwenden dieselbe gleichfalls.
Die Part. perf. der Deponentia und Semideponentia werden erst seit
der klassischen Zeit im Abi. abs. verwendet, in Verbindung mit einem
Objekt nicht vor Sallust, dem dann die august. Dichter, Liv., ganz be-
sonders Plin. mai., auch Val. Max., ferner Tac. und Nachahmer, sowie
spätere Dichter, wie Lucan und Silius sich anschliessen; ebenso findet sich
die Konstruktion bei Juristen und eccl. und überhaupt bei spätlat.
Schriftstellern, offenbar hervorgerufen durch Nachahmung von Schriften
aus der früheren, namentlich silbernen Latinität, z. B. Hegesipp 5, 5, 7 eos
Ulis secutis.
Da viele Verba, die später als Deponentia auftreten, ursprünglich
aktiv waren, darf man sich nicht wundern, wenn ihre Part. perf. auch in
passivem Sinne vorkommen (vgl. § 40). Cicero freilich und Caesar lassen
so nur emerUuSy pactus und partUus zu, während Sali., die august.
Dichter und Liv., sowie spätere Schriftsteller den Gebrauch sehr ausdehnen
(wobei ich es dahin gestellt sein lasse, ob die betr. Verba in der Volks-
sprache als Aktiva fortlebten und so leicht in die Litterärsprache über-
gingen, oder ob Reproduktion und Analogie wirksam waren). Merkwür-
digerweise hat Tac. nur adepto principatu (wie Sali, adepta libertate) und
ausis codicillis.
Im prädikativen Gebrauche der Adi. und Subst. beim Abi. abs., der
durch die ganze Latinität sich findet und zwar schon im Altlat. sehr häufig,
ist in der Entwicklung der Sprache nichts besonderes hervorgetreten, als
dass seit Liv. auch Adi. neutr. mit ganzem Satz als Subjekt gebraucht
werden, z. B. Tac. ann. 1, 6 hixta pericuhso ficta seu vera promereL
Anmerkung 1. Dieser sog. Abi. abs. erscheint bisweilen auch da, wo wir den
Abi. entbehren und die zu ihm konsbuierte prädikative Bestimmung grammatisch genauer
anderweitig beziehen könnten, z. B. vgl. Cic. Att. 7, 9, 2 haberi Caesar is ratianem
illo exercitum obtinente mit Cic. Att. 7, 9, 3 ut ratio haheatur retinentis exercUum.
Es liegt auf der Hand, daas in solchen Fällen der Abi. abs. die Diktion deutlicher und
kraftvoller macht, als die streng grammatische Konstruktion; wir finden ihn daher auch in
der Umgangssprache (Plaut. Ter.), bei Cic. epp. und in Erstlingsreden, auch bei Caesar,
bei Sali. Pollio b. Hisp., bei Celsus Liv. Tac. Script, bist. Aug., spät, lat., Vulgata.
Anmerkung 2. Selten, doch auch bei Cic. Caes. Liv. Nep. und noch Sp. L. bei
scr. h. Aug. tritt zum Part. perf. pass. ein Prädikatsnomen, z. B. Maxim. 20, 2 quibus a
populo Augustis appellatM, vgl. noch Cic. Tusc. 3, 70, Caes. b. c. 3, 1, 1. Im ganzen
wurde die Konstruktion wegen ihrer Schwerfälligkeit gemieden.
Zu § 91 vgl.: Delbrück, Ablativ Localis Instrumentalis im Altindischen, Lat, Griecli.
und Deutschen, Berlin 1867; Ebbabd, De ablativi locativi instrumentalis apud priscos scrip-
tores latinos usu, Jahrb. f. Philol. X Suppl. 3; Kebn, Zum Gebrauch des Abi. bei Vergil.
Progr., Schweinfurt 1881; Christ, De ablativo Sallustiano, Jena 1883; Schneider, De ab-
lativi usu Taciteo, Breslau 1882. || Zu § 92: Wölfplin im Archiv I p. 169 ff. || Zu §93:
Ott, Zur Lehre vom abl. ßrerundii, Stuttgart 1877. || Zu § 96: Wölpflin, Lat. und roni.
Komparation, Erlangen 1879 p. 49 ff.; Klotz, Lat. Stilistik, Leipzig 1874 p. 15 ff.; Ziemer.
Vergleichende Syntax der indogerm. Komparation, Berlin 1884 p. 64 ff., 103 ff. || Zu § 98:
Stkomann in Neue Jahrb. 132 und 136; J. Golling im Gymnasium 1888, Nro. 1 und 2. ||
Zu § 99: Langen, Die Konstruktion von utor fruor fungor potior im älteren Latein, Archiv III
p. 329—336. II Zu §103: Frobeen, quaestionum Plinianarum specimen; pars II, de abl.
temporalis usu Pliniano, Königsberg 1888. jj Zu § 104: Hoffmann, Der abl. abs. und seine
Definition, Jahrb. 1875 p. 783 f.; Bombe, De ablativi abs. apud scriptores antiquissimos
Roman, usu, Greifswalde 1877; Habtnick, De ablat. abs., qui enormiter usurpati vocantur,
Breslau 1869; Rumpf, Utrum verborum depon. part. perf. in abl. abs. sint vitanda an ad-
1. Der einfache Satz: a. Der Behauptongsaats. (§ 105—106.) 437
mitteDda? Frankfurt 1868; Wölfpun, Philol. 25, 117; 26. 134; bei Bursian 1874/75 p. 759;
Schmalz in Wölfflins Archiv I p. 344 ff.; Adams, De ablaiivi absoluti apud Q Curüuin
Kufum UBU, Marburg 1886.
Lokativ.
105. Wie bereits bemerkt, sind in der historischen Zeit der lat.
Sprache nur noch wenig Überreste des Lokativs erhalten. Die alte Sprache
verwendete die erhaltenen Formen mit besonderer Vorliebe und zwar sowohl
zur Bezeichnung des Ortes, als auch übertragen als Zeitbestimmung. So
hat Plaut, oft teniperi, peregri^ Cato tempori, Plaut, mani; ferner wird von
Gellius für Cato, Cael. Antipat., Claud. Quadrig. die quinti, die crastini^ die
proximi u. ä. bezeugt, was sich auch zum Teil bei Plaut, findet. Erst die
Archaist^n haben diese Formen wieder hervorgeholt, im übrigen waren
dieselben — abgesehen von vesperi und Äeri, für welch letzteres das zwar
schon bei Plautus vorkommende here erst in der silbernen Latinität ge-
wöhnlich ward — seit der klassischen Zeit verschollen; das alte temperi
oder tempori wurde in der klassischen Sprache von dem bei Cic. ausschliess-
lich üblichen tempore ersetzt, während Liv. und Tac. (wie auch schon Plaut,
und Ter.) nur in tempore sagen.
Bekannt ist, dass die Städtenamen mit o- oder o-Stämmen im Singular
den Lokativ auch in klassischer Zeit und weiter hinaus bewahrt haben,
also altlat. Romai, klass. Romae, Deli, Corinthi; ebenso domi meae, tuae^
suae; militiae und belli gewöhnlich in Verbindung mit domi (mllitiae allein
steht Fronto p. 123 N, belli Ter. Heaut. 112, Cic. rep. 2, 56), humi seit
Cicero, terrae schon bei Ennius, dann bei Verg., vielleicht auch bei Vell.
dann bei Ovid. Liv. und spät. Dichtern und Prosaikern, campi bei Vergil
und Sil. Ital.; ruri hat schon Plaut. Auch Städtenamen mit konsonantischem
Stamm haben ähnlich wie ruri den Lokativ erhalten, aber vereinzelt, so
Carthagini schon bei Plaut. Cic. Liv. Vitr. ApuL, Tiburi bei Cic. Liv. Val.
Max. Suet., sonst Laccdaemoni^ Anxuri, Sieyoni ganz selten.
Anmerkung. Hier mögen auch die finalen Lokativformen Erwähnung finden (vgl.
§ 89), nämlich gwo, eo, alio, aliquo, illo, isto, fioc, hi^c, intrOj retro, welche zu Adverbien
erstarrt sind.
e. Participia.
106. Ähnlich wie sich an den Ablativ ein prädikatives Partizip an-
schloss, welches dann selbst wieder Bestimmungen verschiedener Art zu
sich nehmen konnte, fügen sich Partizipien an jeden Kasus attributiv in
der Weise an, dass auch hier eine Erweiterung wie bei einem vollstäfidigen
Satze möglich ist. Dies erklärt sich daraus, dass das Partizip den stoff-
lichen Inhalt des Verbs hat, wie dieses zwischen Aktiv und Passiv scheidet
und die gleichen Ergänzungen und Bestimmungen wie das Verb zulässt.
Auch durch den Unterschied der Zeit zeigt das Partizip seine verbale
Natur; aber das Partizip ist nur geeigenschaftet die Zeitart, nicht die
Zeitstufe zu bezeichnen, die letztere wird immer durch das Hauptverbum
gegeben. Die lateinische Sprache besitzt folgende Partizipien:
1. Partiz. Praes. act. laudans I ^
2. Partiz. Praes. pass. laudandus |
3. Partiz. Perf. pass. laudatus: Vollendung
438 ^* LateiniBohe Oraaunatik. d) LateiniBche Syntax.
4. Partiz. Fut. act. laudaturus: Neigung zur Handlung, Bevorstehen
derselben.
Anmerkung. In klassischer Zeit wird das Part, praes. act auch fürs Medium
gebraucht, wie Cic. exercentes, Nepos circumveheos von circumvehor, ferentem von ferri
bildet; der von Sallust (Jug. 79, 6 gignentia) und Vitruv (161, 15 initianübtts) vorbereitete
Gebrauch, es auch fürs Passiv zu nehmen, entwickelt sich seit der Zeit der Archaist^n
immer mehr, so bei Fronte bist. Aug., Amm. Marcell. Vulg. Hieron. Sulp. Sev. Cassiodor
etc., z. B. hie est filius amantissimus.
107. Die Deponentia verwenden natürlich ihr Part. Perf. in aktivem
Sinne (vgl. jedoch oben § 40). Das auch Gerundivum genannte Part, praes
passivi bekommt in späterer Zeit, z. B. bei Sulp. Sev., bei den scr. h.
Aug. u. a., die Bedeutung des Futurs, vgl. Spart. Carac. 8, 8 cum ad
Palatium traheretur occidendus. Dementsprechend wird es mit esse, z. B.
agendum esse geradezu = actum iri verwendet und von Grammatikern,
z. B. Diomedes förmlich als Inf. fut. pass. abgestempelt. Der Inf. Fut.
pass., mit Sup. und in gebildet, verschwindet daher und zwar so, dass er
beispielsweise aus Symmachus und den gall. Schriftstellern sich nicht mehr
belegen lässt. — Das Part. perf. der Deponentia hat im Verlaufe der Ent-
wicklung der Sprache sich zum Teile seiner Bedeutung der Vollendung
entäussert und wird wie das Part, praes. gebraucht; das Altlatein kennt
diese Verwendung noch nicht, auch die klassische Zeit verfährt sehr vor-
sichtig hierin und an manchen Stellen, wie z. B. Cic. Rose. com. 1, 2 sed
ego copia et facultate causae confisus mde quo progrediar, erkenne ich die
Vollendung („nachdem ich Vertrauen gefasst habe^), nicht die Dauer als
Bedeutung des Part. an. Dagegen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass
die aug. Dichter, so namentlich Vergil, dann Liv. und die silberne Latinität
und hauptsächlich Tacitus nebst Nachahmern das Part. perf. depon. = dem
Part, praes. gebrauchen. Die Verwilderung, welche im Sp. L. im Gebrauche
der Zeiten einriss, dehnte sich auch auf die Partiz. aus, wie z. B. bei Dracont.
moriens für mortuus, bei Apoll. Sidon. redeuntem für reversum u. ä. steht.
108. Das Part. fut. act. kann im Altlat. und in der klassischen
Sprache noch nicht attributiv an einen Kasus angeschlossen werden; nur
futurus erscheint in Verbindung mit res und einer Reihe anderer von
Hoppe (s. 0. § 29) p. 11 aufgezählten Subst., alles, was sonst angeführt
wird, auch Serv. Cic. fam. 4, 5, ist unsicher und unwahrscheinlich. Dagegen
zeigt Sali, in der Zeit seiner vollendeten Diktion die ersten Spuren eines
Gebrauchs, der mit den aug. Dichtern, Liv. Celsus und der silbernen La-
tinität allgemein üblich werden sollte und sich dann wegen der Bequem-
lichkeit und Kürze des Ausdrucks bis herab in die späteste Zeit erhielt;
z. B. Trebell. tr. tyranni. 11 GalUenus pacem cum eo contra Posthumum
piigtiattirus fecit.
109. Im Anschluss an einen Objektsakkusativ treten ganz vereinzelt
im Altlat. (Calpurn. Piso bei Gellius 7, 9, 2), dann öfter in der klassischen
und aug. Zeit Part, praes. ein nach den v. v. der Wahrnehmung, um die
letztere als eine unmittelbare zu bezeichnen; z. B. Sali. Jug. 93, 2 quidam
Ligus animum advortit inter saxa rep cutis cocleas. Dieser Gebrauch ist
bis jetzt nur bei Calp. Piso Cic. Sali. Nepos Vitruv Liv. und Horaz be-
obachtet.
L Der einfache Satz: a. Der Behauptongsaatz. (§ 107—111.) 439
110. Eine wichtige und auffällige Konstruktion des Partizips ist in
Beispielen zu konstatieren wie Tac. ann. 1, 36 augebat metum invasurus
hostis; hier ist nur dem Bestreben der Lateiner ein persönliches Subjekt
zu erhalten die Konstruktion zu danken; denn der eigentliche Haupt- und
Subjektl^griflf liegt in invasurus „der Umstand, dass ein Einfall zu erwarten
war** oder ,ein befürchteter (dies besagt das Fut.) Einfall**. Die bespro-
chene Verwendung des Part, geht in ihrer Entwicklung fast gleichen Schritt
mit der Ausbildung der rhetorischen Bestrebungen der Römer und dem
Eindringen der letztem in die Litteratur. Daraus ist zu entnehmen, dass
die alte Sprache nur wenige Beispiele bieten wird; und in der That ausser
bei optis est und t^us est c. abl. finden wir bei Plautus nichts Derartiges,
z. B. Plaut. Bacch. 749 quid istis usust conscriptis, Terenz hat nicht einmal
diese Konstruktion. Cato schreibt Orig. 5 fr. 10 post dimissum bellum und
geht somit schon weiter, noch mehr gilt dies für Varro, wo wir r. r. 1,
2, 4 propter niare congelatum u. ä. öfter lesen. Cicero ist verhältnismässig
zurückhaltend, so z. B. verwendet er von Präpositionen in dieser Verbin-
dung nur de, post, in; aber die Bestrebungen Varros fanden Nachahmung
bei Sallust und zwar hier schon in auffälligen Verbindungen, wie z. B.
Cat. 43, 3 inter haec parata atque decreta zeigt. Besonders aber sind es
Liv. u. Tac, welchen diese Konstruktion sympathisch erscheinen musste;
denn sie passt ganz vorzüglich zu ihrer rhetorisch-pathetischen Diktion.
So hat Livius, welchen Lübbert unicutn huius structurae patronum nennt,
die von Cic. Caes. Sali, noch nicht gekannte Verbindung des Part. perf.
pass. mit dem Subj., z. B. 28, 11, 6 terruit animos ignis in aede Vestae
exstinctus, eingeführt. Auch die übrigen Autoren der silbernen Latinität
stehen solchen Konstruktionen nicht fern, ebenso die nachtacit. Historiker,
ferner Sp. L. Autoren, wie Sulp. Sev., Min. Felix, Ammian, z. B. Sulp.
Sev. 2, 15, 3 admotus exercitus magno ludaeos terrore perculerat. Das
Partiz. Praes. Pass. (Qerundivum) nimmt an der besprochenen Konstruktion
insofern teil, als es nach Präpositionen erscheint; den Subjekts- oder
Objektsbegrifif zu vertreten ist es nicht geeignet. Mir ist daher nicht be-
kannt, dass dem occisus Caesar ein occidendus Caesar pulcherrimum facinus
videtur = die Ermordung des Caesar zur Seite trete oder dass man novandas
res cupide appetere sagte. Von Präpos. hat Cicero nur in, de, ab, ex u.
pro mit Ablativ, ad u. einmal in mit Akkus., ferner hat er ob in Formeln
wie ob rem iudicandam erhalten, Varro verwendet auch propter, altlat. u.
nachklass. ist inter; super steht zuerst bei Hör. carm. saec. 17, dann bei
Tac., prae im Sp. L. bei Porphyrie, erga bei Ammian u. s. w. Wendungen
wie Liv. 1, 20, 7 iusta quoque funebria placandosque manes ut idem pon-
tifex edoceret u. praef. 6 ante conditam condendamve urbem sind durch
Ausgleich entstanden und beweisen nicht, dass auch condenda urbs als
Subjekt zulässig wäre oder dass das Gerundiv den Objektsbegrifif ersetzt.
111. Eine besondere Auffassung des Verhältnisses des Partizips zu
seinem Beziehungswort wird durch hinzugefügte Partikeln angedeutet;
Cicero lässt jedoch dies selten zu; nur einmal hat er so quamquam, nie
quamvis, öfter quasi, ut, ebenso vorsichtig verhält sich Caesar, auch die
aug. Dichter. Dagegen mit Livius und Celsus kommen diese Konstruktionen
440 B. Lateinische Ghrammatik. d) Lateinische S3rntax.
in weitester Verbreitung vor; hier erscheint erstmals tamquam, ebenso
utpote, häufig ut und velut c. partic, auch nisi' die silberne Latinität
schliesst sich an Liv. an, besonders Curtius, die meisten Beispiele hat Ta-
citus, nach welchem dann ein allmähliches Abnehmen sich bemerklich
macht, wodurch indes die Wiederaufnahme früher gebrauchter Strukturen,
z. B. des von Prop. u. Ovid so verwendeten licet c. part. bei Ammian,
nicht ausgeschlossen ist.
Zu 8 106 vergl.: Näoelsbach-Mülleb, Stilistik. 8. Aufl. p. 307. |i Zu § 107: Leo
Adrian, Über das lat. Part, praes. passivi, Gr. Glogau 1875, Progr.; Weissenboen, De
gerundio et gerundivo ling. lat., Eisenach 1844; Scholl, Über das Gerundium und Gerun-
divum, Bayr. Gymn. 10, 104 fr. i| Zu § 108: Sommer, de usu partic. fut. activi apad aevi
Augustei poetas, Halle 1881. Kupfer, Gebrauch des Participiums auf t^rus bei Curtios,
Cöslin 1887. || Zu § 110: Lübbert, Commentationes svntacticae I, Giessen 1871; Helm,
Quaestiones syntacticae de participiorum usu Tac. Vell. Sallustiano, Leipzig 1879; Tbifel
in Z. f. Gymn. 1858 p. 548 (hat die Stellen aus Cic. gesammelt).
f. Präpositionen.
112. Die Präpositionen sind ursprünglich Adverbia. Ihre Haupt-
aufgabe ist, die Richtung der im Verb ausgedrückten Handlung näher zu
bestimmen; so wurden sie zunächst verbale Begleitwörter und dann auch
nominale Begleitwörter. Die Bedeutung der Präposition wird aus ihrem
adverbialen Gebrauch erkannt und muss mit der Bedeutung des Kasus, zu
welchem sie tritt, harmonieren. Unter den Kasus selbst sind es im Lat.
nur zwei, welche sich mit einer Präposition verbinden, der Akkusativ und
der Ablativ. Aus dem bei Cicero üblichen animum induco, femer aus
amicum adeo, urbe exeo erkennen wir die erste Stufe in der Entwicklung
der Präpos. als Begleitwörter, auf welche dann duco in, eo ad, eo ex oder
induco in^ adeo ad, exeo ex folgt; dabei ist der Kasus von der vereinten
Vorstellung von Verb und Präpos. abhängig, wobei zum Übei-fluss die
Präpos. schliesslich zugleich als verbales und nominales Begleitwort er-
scheint.
aa. Präpositionen mit dem Akkusativ.
113. Ad als Adverb ist in dem Verse des Ennius (ann. 519 L. Müll.)
adquc adqiie accedit mtiros Romana iuventus ^und heran und heran zieht
d. r. Jugend** erhalten. In demselben Verse erscheint es auch mit dem
Verb cedo verbunden. Ad ging gern eine Verbindung mit Verben ein, dies
zeigt sich darin, dass die Volkssprache manche Verba mit ad behielt,
welche die klassische Sprache zurückdrängte, z. B. aduugeo, adcuro, ad-
promiito, addubito u. ä. Für den Kasus, der sich mit den v. compos. ver-
bindet, mag hier im allgemeinen gesagt sein^ dass die alten Dichter und
Lucrez, weniger Catull den Akk., meist mit Wiederholung der Präpositionen,
worin ihnen auch die klass. Zeit nachahmt, setzen, während bei den Jüngern
Dichtern und in der nachklassischen Prosa der Dativ überwiegt; so z. B.
ist accedo mit ad bei Plaut., mit Dat. bei Horaz bevorzugt; adicio ad wird
ausschliesslich von Terenz gebraucht, die aug. Dichter kennen diese Kon-
struktion gar nicht, sondern verbinden immer adicio c. dat.; adplico kon-
struiert Plaut, und Ter. mit ad, die aug. Dichter mit Dat., nur Ovid,
welcher gern neuert oder Altes wieder ans Licht zieht, hat auch adplico
ad gesagt.
1. Der einfache Satz: a. Der Behanptangsaatz. (§ 112—114.) 441
Ais nominales Begleitwort ist ad zu allen Zeiten viel gebraucht. Be-
merkenswert ist ein in der Volkssprache wurzelnder Usus, wonach ad,
welches doch ursprünglich die Richtung wohin? bezeichnete, in der Bedeu-
tung von apud erscheint. So sagt Plaut, ad forum, Cicero in epp. und
Erstlingsschriften ad vilhm, ad te; namentlich in der Gerichtssprache hat
sich ad in dieser Bedeutung erhalten: so schreibt Plaut, ius smim ad
mulieres ohthiere, und in der Vulg. noch lesen wir ne accuses servum ad
dominum suum. Auch die Sakralsprache verwendete ad so, z. B. ad aedem
felicitatis. Seit Terenz lesen wir auch ohne aedem bloss ad Opis, ad
ApolUnis (bei Ter. Cic. Cael. Hör. Liv.), wobei der Gen. schlechthin die
Zugehörigkeit bezeichnet und keine Ellipse eines Subst. gefühlt wurde.
Diese Ausdrucksweise, welche sich bei Plaut, noch nicht findet, entstammt
wahrscheinlich der familiären Sprache des Scipionenkreises.
Auch die nachklassische Zeit, besonders Liv. und Tac., weisen viele
Beispiele solcher Verbindungen auf.
Die Richtung, in welcher ein Prädikat gilt, wird erst mit Terenz
durch ad bezeichnet, z. B. Heaut. 370 patrem novisti quam ad hos res sit
perspicax; von da ab findet es sich allenthalben in der Prosa und bei Dich-
tern. Das modale ad gehört vorwiegend der Volkssprache an; so lesen
wir ad hunc modum oft bei den Komikern, bei Cicero aber fast nur in den
Erstlingsschriften, nie in den Reden, während er jedoch quem ad nwdum
überall zuliess.
Die N. El. und Sp. Latinität hat die Bedeutungssphäre von ad sehr
erweitert; da finden wir kausales, instrumentales und begrenzendes ad,
für letzteres vgl. Oros. 7, 24 Gallias ad perfectum Uheravit, ferner ad =^
adversus u. a. Im ganzen mag festgestellt werden, dass die Präposition
ad in der Vulgärsprache einen viel ausgedehnteren Gebrauch hatte^ als in
der Urbanität und dass sie oft in der Sprache des Volkes beigefügt wurde,
wo die urbane Diktion sich mit dem blossen Kasus begnügte. So macht
sich schon bei Vitruv das Bestreben bemerklich, den Dat. durch den Akkus,
mit ad zu ersetzen, wie er beispielsweise nicht solvendo, sondern ad soU
vendum esse sagt. Dasselbe finden wir später allgemein, z. B. bei Hygin
u. a. Vulgärschriftstellern, und im Übergang zum Romanischen verdrängt
ad mit Akk. allmählich den Dativ.
114. Auch die Präposition apud hat eine weitere Gebrauchssphäre
in der Volkssprache, als in der Diktion der urbanen Litterärsprache. Wir
treffen es daher sehr oft bei den Komikern, hier vielfach = in, z. B. apud
villam; Cicero hat diese letztere Bedeutung nur in den Erstlingsreden,
während er es sonst oft zur Bezeichnung der Nähe besonders einer Person
verwendet. Ganz ebenso verhält es sich mit Livius; Sallust dagegen lässt
apud schon mehr in Vordergrund treten, indem er es bei der Nähe einer
Sache ausschliesslich gebraucht. Am ausgiebigsten jedoch hat Tacitus sich
dieser Präposition bedient, wie apud senatum, apud Suriam, apud urbem
u. ä. bezeugt; auch bei Sueton ist sie beliebt, ebenso bei Gellius, bei Apu-
leiuSy bei den Script, bist. Aug. und den eccl., besonders vor Städte- und
Ländernamen, bei Ammian, Oros. Sulp. Sev. u. a. Viele Phrasen, wie das
von Ter. und Petron gebrauchte apud se esse, dann apud me fuit = „bei
442 B. LateiiÜBche Grammatik, d) Lateinische S3rntax.
mir zu Hause '^ u. ä. lassen den volkstümlichen Charakter von apud er-
kennen; bei den Kunstdichtern ist es jedoch selten, Horaz hat es z. B.
nur einmal.
116. Ante ist = am gegenüber, z. B. Hannihal ante portas, bezeich-
net also, dass man etwas vor sich hat, während pro, z. B. in pro muris
ptigtiare, besagt, dass man die Mauern hinter sich hat und sie schützt. Es
hat sich als Adv. erhalten, seltener in lokaler Bedeutung und dies meist
nur bei Dichtern (und Liv.), häufig als Adv. temp.
Um die Richtung im Räume zu bezeichnen, wird es von den Komi-
kern, Cornif., dann von Ovid und Livius, und noch im Sp. L., z. B. bei
Ammian, aber nicht von Cic. verwendet, z. B. Liv. 8, 10, 2 ante signa pra-
cedere. Ebenso verhält es sich mit ante, wenn es einen Vorzug bedeutet,
eine aus der vorhergehenden leicht sich ergebende Gebrauchsweise; auch
diese ist der Sprache Cic. und Caes. fremd, findet sich aber sonst allent-
halben, z. B. Baibus bei Cic. Att. 8, 15 A. 2 quem ante me deligo, besonders
in Verbindung mit Superl., z. B. Verg. Aen. 7, 55 ante alios pulcherrimus.
Ante, von der Zeit gebraucht, war namentlich im Kurialstil sehr beliebt,
überhaupt in Formeln aller Art. Antea hat Plaut, noch nicht; es findet
sich zuerst Ter. Andr. 52 und wird auch von Cicero nur allmählich gegen-
über ante vorgezogen.
116. Pone hat sich als Adv. erhalten, z. B. ^^owe iacet, als Präpo-
sition ist es nicht häufig, doch schon bei Plaut., von Cicero sichtlich ge-
mieden (nur Tim. 10 2>one quos)^ ebenso auch von Horaz, Caesar und viel-
leicht noch von andern, doch nicht so sehr in der spät. Latinität, z. B.
bei Suet. u. ä. und noch bei Amm.; es war offenbar plebejischer Natur.
An seiner Stelle ward frühe das von ihm sich herleitende j^ost üblich,
welches aber auch wie ante als Adv. loc. et temp. gebraucht wird. Die
lokale Bedeutung der Präp. 2^ost ist in klassischer Zeit nicht gerade häufig
zu treffen, mir ist wenigstens keine Stelle aus Cic. bekannt, dagegen findet
es sich so bei Caesar wiederholt und sonst vereinzelt vor- und nach-
klassisch. Wie ante bezeichnet es den Rang, aber erst seit Sallust, der
auch das adverb. post so verwendet, dann bei Dichtern und Spätem, jedoch
überall selten. Das temporale post mit ilki haben Plaut. Enn. Ter. Cato
und noch CatuU, post quae oft Celsus, dann Tacitus, post hoc Hör. Vell.
Pat. und vulgäre Schriftsteller.
117. Penes wird fast nur mit persönlichen Begriffen verbunden,
mit Sachen erst bei Hör. und Tac. ; auch bezeichnet es das Sein, nicht das
Werden, letzteres nur in einer Art Ausgleichung bei Plaut, und Aurelius
Vict. (epit. 41, 1 imperii iura penes Liciniiim devenere = devcnere ad L.,
ut penes eum essent). Gerne bürgerte es sich in Formeln ein, z. B. Sali.
Jug. 17 fides eins rei pe^ies auctores erit^ worüber Sen. Q. N. 4, 3, 1. Im
afrikanischen Latein, bei Apul. und ganz besonders bei Tertullian wird es
= in, z. B. Tertull. penes Afncam, und - coram, z. B. Tert. idol. 13
2)enes patrem, bei Claud. Mam. = secundum,
118. luxta hat erst in der klassischen Zeit und zwar bei Varro r.
r. 3, 16, 15 iuxta villam, dann bei Caesar, aber nur b. civ. 1, 16, 4 und
Nepos präpositionale Verwendung gefunden, im Altlat. und noch bei Cic.
1. Der einfache Satz: a. Der Behanptmigssatz. (§ 115^121.) 443
und Sali, ist es ausschliesslich Adv. Erst mit Plin. mai. und Tac. tritt
es häufiger auf, hier sowie bei Geliius auch in der von Livius und Celsus
eingeführten Bedeutung der zeitlichen oder unterordnenden Folge, z. B.
Tac. hist. 2, 76 iuxta deos in tua manu positum est; bei letzterem Autor
bezeichnet es auch die Annäherung an eine Zeit, z. B. iuxta finem vitae,
Dass die vielleicht auch schon bei Liv. 39, 9, 6 anzunehmende, sonst aber
seit Apul. dem Spätlatein eigentümliche Bedeutung „gemäss* sich aus der
lokalen entwickelt, ersehen wir aus Tertull. de An. 2 plane non negahinius
aliquando 2>hilosophos iuxta fwstra sen^isse; in der Vulg. wird iuxta ganz
gewöhnlich so gebraucht; ebenso bei Cypr. Lucif. Sulp. Sev. scr. h. Aug.
Eine Form iuxtim wird als Präpos. bei Sisenna und Apul. gefunden,
gewöhnlicher, wenn auch nicht besonders häufig, ist der adv. Gebrauch.
119. Prope wird wohl das adverbial gebrauchte Neutrum eines
Adj. sein; es lässt sich wie propius und proxime, femer propior und pro-
ximus mit einem Kasus verbinden.
Während nun das Adv. 2>^02)e temporal und lokal gleich üblich ist,
wird prope als Präp. ganz selten von der Zeit gebraucht, doch vielleicht
auch von Cicero (ad Fam. 3, 5: Med. propter, edd. pr. Kai.), jedenfalls von
Livius, Sueton und Ammian; der Kasus ist überall der Akk.; prapius ist aus-
schliesslich lokal verwendet, findet sich erst seit Caes. (nicht bei Cic.) und
zwar abgesehen von Nepos und Verg. immer mit Akk.; proxime kommt
nur bei Geis, und Pallad. temporal vor, lokal auch bei Cic, aber zumeist
in den Briefen, konstruiert sich mit Akk., nur bei Caes. b. civ. 1, 72 mit Dat.
Bei den adj. Formen überwiegt die Adjektivnatur, und so herrscht der Dativ
vor; den Akk. haben jedoch neben dem Dat. Caes. Sali. Liv. Tac. Nur
Sali, verbindet proxumus mit dem Abi.
120. Propter ist von prope gebildet und bezeichnet zunächst die
örtliche Nähe; noch bei Cicero hat es adv. Bedeutung, z. B. Pomp. 16
cum duo reges propter adsint; als Präp. finden wir es oft auf Inschriften
der republikanischen Zeit, auch bei Plaut. Ennius Naev. Ter., in Prosa
zuerst bei Sisenna fr. 22 P., dann bei Cicero, doch nicht bei Caesar, Nepos,
Curtius, wohl aber bei Tac. u. Späteren, z. B. Geliius, Jul. Val., Sulp.
Sev. u. a. Das kausale ^>ro2>^er steht adv. vielleicht Sp. L. bei Claud.
Mam. 113, 1 (Engelbrecht p. 99); als Präp. verwenden es schon Plautus
und Ter., dann die Klassiker, auch Cornificius und Hirtius, ebenso die
Späteren in grosser Zahl, z. B. Juvenal, Hygin, Pallad., namentlich aber
die Vulg.; sichtlich gemieden wird dagegen propter von Pomponius Mela,
Vell. Pat. Tac. Flor., später von Ammian, Sulp. Sev. Jul. Val., Dares
Phryg. Die Verbindung von propter mit Subst. und Partiz. in der § 110
besprochenen Weise hat zuerst Varro, dann ist sie häufig in der silbernen
Latinität, so bei Liv., namentlich aber bei Justin zu treffen; mit Gerundiv
lesen wir es zuerst bei Val. Max., dann bei Plin. mai. Apul. und in der
späteren Latinität (bei Cornif. 2, 44 ist vituperandam Adjektiv = „tadelns-
wert"). Propter quod und propter quae ist nachklassisch.
121. Oh hat seiner Abstammung nach zunächst lokale Bedeutung;
so verwenden es denn auch schon Plaut., Ennius, Accius, dann die klas-
sische Sprache (aber nicht Caesar); von da ab findet es sich nur vereinzelt,
444 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische S3rntax.
nicht bei Liv. Curt. Tac, aber bei Verg., bei Sil. It., Apul. — In kausaler
Bedeutung braucht es schon Plaut, (aber nie oh me, te, sondern stets
propter nie etc.), auch Ter., dann Cic. und Caes., der letztere jedoch nur
in den Formeln mit res und causa, ferner die Schriftsteller, welche propter
meiden (siehe § 120). Bezüglich der mit ob gebildeten Formeln ist zu
bemerken, dass ob id, ob eam rem u. ä. schon bei Plaut, sich findet; davon
trat ob id in klassischer Sprache ganz zurück, und zwar so, dass Cic. u.
Caes. ob id und ob ea gar nicht brauchen, erst mit Sali. Liv. Tac. kam
es wieder in den Vordergrund; Sali, bevorzugt übrigens neben ob id noch
ob ea und Tac. ob quae; der Plural qtias ob res gehört, namentlich wo
nur von einem Grunde die Rede ist, dem vulgären Stil an, z. B. Cass.
Fam. 12, 12, 3, wiederholt Vitruv. Ob mit Subst. und Part, wird seit
Liv. beliebt und erhält sich bis herab in die Schwindellitteratur, z. B.
Dict. 5, 14 o6 servatam Helenam; ob mit Gerundiv war schon im archai-
schen Latein üblich, z. B. bei Pacuv. u. Cato, Cic. hat es nur in Formeln,
z. B. ob rem itidicandam; diese Formeln fanden Nachahmung, so bei Sali.,
dann besonders im silbernen Latein und bis in die spätesten Zeiten herab,
z. B. Orosius 3, 22 ob ukiscendam necem.
122. Contra ist bei Plaut, und Ter. noch Adverb und wird erst
mit der klass. Zeit Präpos. So bildet sich aus der Bedeutung des Adv.
co^itra der verschiedene Gebrauch der Präposition heraus, und zwar ent-
spricht dem summa vi contra nititur bei Cato die Bedeutung der Richtung
und hier zumeist der feindlichen, wie sie die Präpos. contra von Cic. Caes.
nb allenthalben in der Folgezeit aufweist; dem plautinischen cedo tris mihi
homines aurichaico contra (Mil. 657, aurichalco ist Abi. pret.) gleicht Varro
r. r. 1, 2, 10 tibi poma veneunt contra aurtwi, welchen Gebrauch noch
Plin. mai. und Petron aus der Vulgärsprache übernommen haben; und
wenn Plaut, sagt Pers. 13 quis illic est qui contra me adstat? so können
wir damit das seit Caesar namentlich bei den Historikern übliche contra
zur Bezeichnung der Lage, z. B. Caes. b. g. 4, 20 regiones quae sunt contra
Gallias in Beziehung setzen.
123. Ultra ist adverbialer Ablativ von uUer, welches selbst sich
von uls herleitet. Uls (die Form ultis ist eine grammatische Fiktion) hat
sich in alten Formeln und in der konservativen Rechtssprache erhalten,
z. B. eis Tiberim et uls Tiberim (vgl. Gellius 12, 13, 8); sonst ist es sehr
frühe verschollen, und es haben sich trans und ultra in seine Erbschaft
geteilt. Das letztere ist in lokaler Bedeutung als Präp. schon bei Cato
p. 10, 20 ultra agrum Ficentium nachgewiesen; von da ab finden wir es
bei Varro Cornif. Cic. Caes. u. a. lokal, seit Livius 41, 10, 13 non uUra
triduum moratus, Celsus (z. B. 2, 8 ultra septimum diem) und Vell. Pat.
auch temporal, besonders in der silbernen Latinität, ferner klassisch und
nachklassisch, um das Überschreiten des Gebührenden zu bezeichnen, bei
Vell. sogar mit persönlichem Objekt, z. B. 2, 88 ultra feminam mollitiis fluens.
Ultra hat sein Gebiet im N. Kl. und im Sp. L. bedeutend erweitert; so
verdrängte e^ praeter ganz, vgl. Capit. Ant. philos. 11, 9 qui ultra vecti-
(ßalia quicquum ab aliquo cxegissent, und wurde oft für supra und super
gebraucht. Es ging auch in die roman. Sprachen über.
1 Der einfache Satz: a. Der fiehanptiuigfiBatz. (122—126) 445
124. Citra leitet sich her von eis. Dies letztere wird lokal schon
in alter Zeit gebraucht (siehe uls), in die Litterärsprache aber ist es in
dieser Bedeutung erst mit Cicero aufgenommen worden. Temporal kon-
struieren es Plaut., dann Sali, und Ovid, hierauf erst wieder spätere Pro-
saiker, z. B. Aur. Victor. Citra wird erst mit der klass. Zeit Präpos.,
lokal bei Cic. Caes. Liv., temporal zuerst bei Ovid, dann bei Colum. und
Späteren. Aus der räumlichen Bedeutung entwickelt sich der mit Liv.
und den aug. Dichtern (Ovid) aufkommende und namentlich im silbernen
Latein, auch bei Quint., weitverbreitete Gebrauch von citra = „ohne",
z. B. Celsus 4, 12 adhihendi glutinosi cibi, sed citra satietateni „ohne sich
damit zu sättigen *"; besonders Quintil. und Plin. mai. sind reich an Bei-
spielen hiefttr, Tacitus aber kam in seinen grösseren Werken ganz von
citra zurück; indes hat es Amm. 22, 7, 5 citra spem veniae noch gebraucht.
Vielleicht darf man aus der Vorliebe der juristischen Sprache (nur Gaius
hat es nicht angenommen) für citra darauf schliessen, dass citra = „ohne**
schon frühe üblich war, aber erst mit der silbernen Latinität in die Schrift-
sprache Eingang finden konnte.
125. Extra, gleichfalls adv. Abi. von exter wird schon bei Plaut,
und Ter. als Präp. verwendet und findet sich so allenthalben, um räum-
lich oder übertragen den Ausschluss zu bezeichnen.
126. Intra ist adv. Abi. von inter. Auch letzteres wurde prä-
positioual verwendet, ja überwiegend, denn sein adverb. Gebrauch ist sehr
beschränkt. Als Präp. hat int er lokale und temporale Bedeutung; in
ersterer bezeichnet es „zwischen zweien oder mehreren Dingen* oder
„innerhalb eines Raumes oder einer Strecke*. Daraus erklärt sich dann,
wie inter den Vorzug, die Gegenseitigkeit u. ä. bedeuten kann. Offenbar
vulgär war inter viam bei Plaut. Ter. Cic. ad Att. Suet. (vgl. Jordan,
Krit. Beitr. p. 271); zuerst bei Sali., dann häufig im silb. Latein, hier
auch mit persönlichen Begriffen verbunden, findet sich inter zur Bezeichnung
der bei einer Handlung obwaltenden Umstände, z. B. Tac. bist. 1, 34
credida fama inter gaudentes et incuriosos {= cum onines gauderent et in-
curiosi essent); nur nachklassisch wurde inter paucos gebraucht (Liv. Curt.
Plin. mai. Quint. Tac), wie auch inter zur Bezeichnung der Bewegung
(seit Verg. u. Liv., z. B. inter patres lectus, auch bei Quint., Gellius,
Ammian). Temporal findet sich inter allenthalben, aber bei Cic. vorzugs-
weise nur in epp., z. B. inter cenam; mit Gerundium treffen wir es wohl
bei Plaut., dann aber erst wieder bei Verg., im silb. und spät. Latein,
z. B. inter agendum. Für interea findet sich seit Celsus und Livius
auch inter haec und inter quae, das letztere besonders bei Tac, Curtius,
Ammian.
Intra mit dem Akk. giebt die Grenze an, innerhalb welcher die Aus-
sage gilt. Dies bezieht sich ebensowohl auf räumliche, wie auf zeitliche
Verhältnisse; in letzterem Falle jedoch wird intra von Cic. nicht gebraucht,
wohl aber von Caes. b. G. 6, 21, 5 intra annum vicesimum, von Sallust
und sonst vor- und nachkl. Dem Kurialstil ist eigentümlich intra = ante,
z. B. si filiiis mens intra pubertatem decesserit. Übertragen finden wir
intra seit der klassischen Zeit verwendet, so intra legefn bei Cic, intra
446 ^- LateinisGlie Grammatik, d) Lateinische 83riitax»
fincm sui iuris bei Livius; häufiger wird der Gebrauch bei Celsus, dem
jung. Plin. Quint. und Späteren.
127. Infra (adv. Abi. = infera) wird vor Terenz nicht gebraucht,
und hier nur Eun. 489 infra infunios; Sisenna fr. 53 infra Vesuvium ver-
wendet es lokal, Lucr. hat es wiederholt als Adv., aber nur 4, 112 infra
sensus nostros als Präp. Mit der klass. Zeit wird es häufiger und dient
zur Bezeichnung des Ortes, der Zeit (nur Cic. Brut. 40), namentlich aber,
wie schon bei Ter. u. Lucr., der Unterordnung; in letzterer Bedeutung
geht es von Cic. u. Caes. an durch die ganze Latinität, tritt jedoch im Sp.
L. sehr zurück, wie es z. B. Apoll. Sidon. und die scr. h. Aug. nur je
einmal haben.
128. Supra (adv. Abi. = supera, in welcher Form wir es auf Inscr.
(Stolz S. 277), bei Lucr. und sogar bei Cic. Arat. trefifen) ist schon frühe als
Präpos. verwendet worden, so bei Plaut. Enn., öfters bei Lucr., hier wohl
zuerst temporal; Caes. hat es wenn auch selten in lok. und temp. Be-
deutung, Cic. nur lokal. Eine vulgäre Verwendung ist auf Inschriften,
bei Vitruv und Curtius darin zu erblicken, dass supra die Aufsicht be-
deutet, z. B. supra coquos. Als Gegenstück zu intra bezeichnet supra auch
seit Cic. über ein Mass hinausgehend, z. B. supra aetatem, bei Celsus und
Livius, während Tac. u. Sueton. super gebrauchen, auch über eine Zahl
hinaus, z. B. supra tres esse non debent Dass es in letzterer Bedeutung
mit ultra konkurriert, darüber vgl. Poll. Gall. 3, 8 supra modum u. Tyr.
30, 15 ultra femineum modum, u. oben § 123; aus klass. Zeit praeter
modum Cic. div. 1, 100.
129. Circum ist der Akk. von circus, circa ein adv. Abi. von der-
selben Wurzel, beide bedeuten »im Kreise herum".
Circum findet sich in lokaler Bedeutung zu allen Zeiten, in tem-
poraler nur bei Vitruv 8, 6, 28 circum vemum tempus; aber nie dient es
zur Bezeichnung übertragener Verhältnisse.
Circa dagegen vereinigt alle diese Bedeutungen in sich, allein es
kommt erst in der klass. Zeit, und zwar zuerst als Präp., dann als Adv.
vor. Caesar wollte an circum festhalten {circa steht vielleicht nur b. c,
3, 31), Cicero jedoch neuerte circa in Analogie von extra, infra u. a., Nepos
und Livius schlössen sich ihm an, und so treffen wir circa in räumlicher
Beziehung seit Hör. und Livius zur Bezeichnung der Zeit und des Un-
gefähren in Mass und Zahl, ebenso seit Her. zur Angabe des Gebietes,
innerhalb dessen sich eine Handlung bewegt, z. B. Fronte p. 132, 5 circa
causas belli diu commoraberis. In der silbernen Latinität schon entwickelt
sich hieraus noch die Bedeutung „inbetreff", z.B. bei Quintil. Gellius und
besonders später in der Vulg. (circa fidem naufragaverunt)^ bei Justin Eutrop
Amm. Sulp. Sev. scr. h. Aug.; spätlat. wird das lokale circa = „neben*",
z. B. Vulg. aliud cecidit circa viam.
Circitcr verrät sich durch seine Endung als Adv., und dies ist auch
sein gewöhnlicher Gebrauch. Als Präpos. findet es sich selten, doch schon
bei Plaut, und nur hier lokal; die temporale Verwendung ist gleichfalls
schon plautinisch, dann klassisch und später noch vereinzelt anzutreffen.
130. Praeter als Adv. hat ausser Lucrez noch Sali., dann Gellius
1. Der einfache Satz: a. Der fiehanptimgsBatz. (§127-133.) 447
und Justin, in gewissen Verbindungen wie 2^^<^^^^Q^^^^ &uch das Altlat.
Als Präposition bezeichnet es in allen Zeiten den Ort, an welchem vorbei
etwas geschieht, und übertragen, was über etwas hinausgeht, z. B. praeter
opinionem, schliesslich den Vorrang, wobei praeter omnes von Horaz allein
nach Plaut, gebraucht wird. In dem Sinn von „ausser*^ lesen wir praeter
auch schon bei Plautus, z. B. Merc. 585, dann aber namentlich in der
klassischen Zeit, auch bei Liv. und Späteren; praeter Jiaec ist unklassisch,
es findet sich seit Celsus im nachklassischen Latein, im Altlat. steht dafür
praeterheic, klassisch nur praeterea (was z. B. Tac. gar nicht hat).
131. Secundum ist der Akk. von secundtiSy einer Partizipialform
von sequar (vgl. anundtis von orior). Es wird zunächst als Adverb., aber
bei Plaut, schon als Präpos. verwendet und bezeichnet seiner Abstammung
entsprechend die Richtung im Räume, in der Bedeutung „längs^ auch bei
Klassikern (die Ortsruhe nur in e. Plautusfragmente und bei Serv. ad Farn.
4, 12.); übertragen auf die Zeit und den Rang gebraucht es das Altlat. und
Cic, nicht Caesar u. Sallust, aber oft Liv., nicht Tac., eigentümlich Fronto
und Apuleius: Ario^i secundum quaestum profectus, aber entsprechend der
Etymologie; in der Bedeutung „ gemäss "" findet es sich bis in die spätesten
Zeiten herab, oft bei eccl., aber nicht bei Amm., welcher secundum gar
nicht kennt. Aus ülpian Dig. 49, 1, 14, 1 secundum adversarium setitentia
datur erkennen wir einen Brauch der Rechtssprache, der sich bis auf späte
Zeiten herab in gewissen Formen erhalten und auch Analogiebildungen
hervorgerufen hat. Das vulgäre secus, welches ähnlich wie trans ur-
sprünglich ein Partizip war, vgl. Zimmermann in Wölflflins Archiv IV,
p. 602, lesen wir schon bei Cato und noch bei Hieronym., auch auf In-
schriften, z. B. corp. inscr. Lat. III Nro. 6418 hie est occisus secus Titum
flunien, Orelli 7170 secus merita dus,
132. Versus, in vulgärer Form versum, kommt erst in klassischer
Zeit als Präpos. vor (vielmehr als Postposition, denn es wird immer nach-
gestellt, z. B. Ttomam versus)^ vor dem Subst. erstmals im b. Hisp. 21, 3
reliquos versum oppidum iussit deduci, auch auf Inschriften, offenbar in
vulgäi'er Stellung. Manchmal geht dem versus ein ad (nicht bei Cicero)
oder in voraus, z. B. Caes. b. G. 6, 33 ad Oceanum versus, Cic. Lael. 96
in forum versus; tritt nun ad und versus zusammen, so erhalten wir die
Präp. adversus. Dieselbe findet sich noch selten im Altlat., öfter bei
Cic. Liv. und Tac, vereinzelt bei Caes. und Sali., häufig bei Celsus, Plin.
mai., Suet. Erst seit der klassischen Zeit, so bei Cic. Liv. Sen. phil.
Tac. bezeichnet es auch die freundliche Richtung oder überhaupt die
Stellung gegenüber jemandem, z. B. Brutus ep. 2, 3, 5 secreto consUio
adversus Pansam^ was dann bei Tac. häufiger wird. Das archaische
exadversum erscheint als Präpos. zuerst bei Cic. und Nepos, von da
ab vereinzelt bis zu den Archaisten.
133. Trans ist eig. ein Partiz. = überschreitend; es wird der ur-
sprünglichen Bedeutung entsprechend regelmässig mit Gegenständen ver-
bunden, welche zwei Seiten darbieten, z. B. trar^ flumen, Alpes u. ä.
Über diese räumliche Bedeutung ging es nicht gerne hinaus, und so finden
wir modales trans^ abgesehen von Hör. ep. 1, 6, 51 Irans pondera nur bei
448 ^* iiaieinische Grammatik, d) Lateiniflohe &3riitax.
Stat. Th. 2, 386 trans legem und Sp. L., z. B. Ps. Quint. decl. 6, 10 poena
trans hominem = eine übermenschliche Strafe. Trans ist frühzeitig zurück-
getreten und in Italien beizeiten ausgestorben.
134. Urga (= ex rega „gegenüber**) findet sich in seiner ursprüng-
lichen Bedeutung ganz selten, sicher nur bei Apuleius. Seine Haupt-
verwendung ist die Bezeichnung der freundlichen Richtung; die feindliche
Richtung wird zwar auch bei Plaut, u. Ter., dann bei Nepos, Liv. Tac.
Gurt. u. Späteren durch erga ausgedrückt, aber nicht bei Gic. Gaes. Sali.
Wie adversus dient es häufig, namentlich bei Tac. und später noch bei
scr. h. A. und Ammian, im Altlat. und bei Gic. ganz vereinzelt, um über-
haupt das Verhalten einer Person oder Sache gegenüber anzugeben, z. B.
Tac. ann. 2, 2 fastu erga patrias epulas.
135. Per bezeichnet eine Bewegung, und zwar ebensowohl im Räume,
wie in der Zeit. Aus der räumlichen Bedeutung entwickelt sich die in-
strumentale und hieraus die modale, sowie die kausale; die erstere ist bei
Sali., dann bei Liv., auch bei Tac. und den von ihnen abhängigen Histo-
rikern beliebt, ebenso bei den Archaisten und im Spätlat., wo es geradezu
mit dem Abi. synonym erscheint, z. B. Hieronym. ep. 58, 3 si loca sanctu
per idola pollument, die letztere findet sich allenthalben bis in die späteste
Zeit, z. B. per amarem, per metum u. ä. Per haec oder quae und über-
haupt die Verbindung von i;6r mit Pron. u. Adi. neutra ist erst in der
nachklassischen Zeit aufgekommen, ähnlich wie inter luiec etc. — Wichtig
ist, dass die Volkssprache schon frühe per statt ab beim Pass. brauchte,
vgl. Q. Met. bei Gic. Fam. 5, 1, 1 fratreni per te oppugnatam in, was
Gic. Fam. 5, 2, 6 in fratrem tuuni a nie oppugnuri korrigierte. Dies pe^r
für ab findet sich häufig im Sp. L. bei scr. h. Aug., Amm., Sulp. Sev.
Oros. Apoll. Sidon. u. a.
bb. Präpositionen mit Ablativ.
136. A, ab, abs heissen „von — her" und bezeichnen die Richtung
im Räume. Im Altlat. ist die Form ab überwiegend, sie steht vor Vokalen
und vor i, s, r regelmässig, häufig vor d, 1, n, t, a ist selten und nur vor
konsonantischem Anlaut. Allmählich aber überwiegt vor Konsonanten a
und seit der aug. Zeit wird regelmässig ab vor Vokalen, a vor Konsonanten
gesetzt; die seltenere alte Form abs wird nur vor q und t und dies nicht
überall, z. B. von Gic. in bester Zeit nur a te an Stelle des vulgären
abs te gebraucht. Daneben erscheint (vgl. oben Stolz S. 293) af auf
Inschriften, und zwar der republikanischen und der Kaiserzeit, aber nur
vor Konsonanten, z. B. af vobeis. Aus der lokalen Bedeutung hat sich die
temporale, kausale und limitierende entwickelt. Die letztere ist im ganzen
selten, doch schon bei Plaut, (mil. 628) und bei Ennius Fab. 79 M. zu
finden, bei Gaes. b. Q. 3, 26 intritac ab labore, bei Sali. Jug. 48, 3 vastus
ab natura, bei Gicero zumeist in den Briefen, z. B. ad Att. 5, 18, 2 locw"
copiosu^ a frumcnto, ebenso in epp. an Gic, später bei Livius, z. B. 1, 32, 3,
Fronte, Gellius. Eine besondere Art entwickelt sich in der Kaiserzeit zur
Bezeichnung der Hofamter, z. B. a libeUis, ab epistulis; dies mochte indes
durch den Usus vorbereitet sein, indem man im gewöhnlichen Leben a manu
1. Der einfache Satz: a. Der Behanpinngssatz. (§ 133—188.) 449
servuSy a pedibus u. ä. sagte. — Zur Bezeichnung der Veranlassung und
des Beweggrundes wird seit Livius ab verwendet, so besonders ab ira, ab
odio; auch dieser Brauch stammt aus der Umgangssprache, wie Hygin
48, 24 ab serpentis morsu obiit und schon Baibus bei Cic. Att. 9, 7 B, 3
me ab singulari amore ac bmevolentia quaecumque scribo scribere zeigt;
dem Cic. ist er jedoch durchaus fremd. — Während Cicero von Rom klass.
= Cicero Romantis ist, finden wir schon bei Varro, dann bei Liv., bei
Dichtern und besonders im Sp. L. ab verwendet, z. B. bei Sulp. Sev.
Narcissus a Nerofiopoli. — Im allgemeinen ist festzustellen, dass in der
Volkssprache die Präpos. ab sehr häufig und zwar im Interesse der
Deutlichkeit gebraucht wird, wo die klassische Sprache sie entbehrlich
findet; die nachklassische Latinität nimmt zumeist die Eigentümlichkeit der
Volkssprache an, die späte Latinität ist geradezu überschwänglich hierin. —
Bezüglich der mit a, de, ex zusammengesetzten Verba gilt für die klassische
Sprache die Regel, dass dieselbe Präposition oder eine synonyme beim
Subst. wiederholt wird, z. B. egredi ex urbe, bei den Historikern steht
gewöhnlich der blosse Abi., z. B. egredi finibus^ der Akk. dabei ist nach-
klassisch, z. B. egredi modum (Hildebrand im Dortmunder Progr. 1858
u. 1859, Anton, Stud. I S. 72 ff.).
137. De hat sich als Adv. erhalten bei Ennius ann. 401 M. de me
hortattir und in der Redensart susque deque; als Präpos. hat es lokale,
temporale und verschiedene adverbiale Bedeutung. Statt des Akk. findet
sich de bei Nepos, z. B. 10, 7 de quo commemoravi, ebenso im b. Afr.,
selten bei Cic. und Caes., oft bei Sali., bei Vitruv namentlich nach dem
Gerundium, z. B. 280, 14 est expli^andum de. Zur Bezeichnung der Her-
kunft einer Person, Sache oder ihres Namens haben Dichter hauptsächlich
de verwendet, z. B. de nomine, ebenso Tacitus und die spätere Latinität,
z. B. noch Hieronym. Paulus apostolus de tribu Benjamin. Schon frühe
konkurriert de mit dem Gen. part., auch in der klass. Zeit, wenn auch
hier auf gewisse Verbindungen beschränkt; schon Vitruv, namentlich aber
die spätere Lat. geht darin viel weiter, so besonders die eccl. De ent-
sprechend dem französischen Teilungsartikel lesen wir erst Sp. L. in der
Peregrinatio ad loca sancta, z. B. de pomis =: des pommes. Ebenso verhält
es sich mit de, wenn es die Materie bezeichnet; auch dieser Gebrauch wird
im Spätlat. aufs ausgiebigste kultiviert, wie überhaupt „de est la prepositio^i
favorite de la laHnife 2>osterieure'' {Ot'ölzer). Dies macht sich auch gegenüber
ab und ex geltend, welche sich sogar nach ihren Kompos. nicht halten können,
z. B. de conspeciu evaniiif^ de regno est ciectus] ja ex wird von de geradezu
erdrückt, da auf die Frage woher? in der Peregrinatio ad loca sancta nur
noch de vorkommt. Ausschliesslich spätlat. ist das instrumental erscheinende
de, z. B. Ammian 29, 3, 8 proteciores de fustibus caesij sowie de = anstatt,
z. B. Dracont. 5, 218 meruit de clade salutem (Rossbero, Progr. Hildes-
heim 1888 p. 7). Die Konkurrenz zwischen Gen. und de macht sich auch
bei Adj. geltend, z. B. securus de sua mente; in den romanischen Sprachen
hat de bekanntlich den Sieg davongetragen und allmählich die Auflösung
des Genetivs herbeigeführt.
138. E, ex hat in V. compos. z. B. ecfari die mit dem Osk. und
Handbuch der klass. Alterluiu5.wi.sscnachaft. II. 2. Aufl. 29
450 B* Lateinischö Grammatik, d) LateinisGlie &3rntax.
Griech. gemeinschaftliche Form bewahrt; ebenso alt ist die Form ex,
welche bis in die aug. Zeit herein überwiegt, später und selten ist e.
Auch ex ist lokal, temporal, kausal und modal. In der Entwicklung ist
nichts besonderes hervorgetreten.
139. Sine ist entstanden aus dem ursprünglich demonstrativen In-
strumentalis si und der Negation ne = „so nicht*; dafür konnte auch
nesi gesagt werden (Festus p. 165). Es findet sich allenthalben gleich-
massig; über die Konkurrenz von citra vgl. § 124.
140. Cum lautete ursprünglich quoiUy so noch bei Plaut, z. B. Rud.
528 quom vestimentis, später wurde cum als Präpos. von quom der Konj.
geschieden, bis schliesslich in cum wieder Präp. und Konj. zusammen-
flössen. Im Gebrauche von cum, welches ursprünglich lokal zu fassen ist,
z. B. vimt cum Balho „da wo Baibus**, hat die Entwicklung der Sprache
nichts besonders geschaffen; es bezeichnet entsprechend seiner Grund-
bedeutung Begleitung, Verbindung, Gleichzeitigkeit u. ä. Nur das ist
bemerkenswert, dass orare cum allquo u. ä., welches sich bei Plautus findet,
erst wieder bei Fronto und Gellius in quaeso tecum auftaucht, dass cum
dis volentibus bei Ennius und Cato allein von Gellius aufgegriffen wird und
dass im Sp. L. sich auch instrumentales cum findet, z. B. Sulp. Sev. 2,
41, 3 propriis cum sumptlbus vivere.
141. Prae hat sich als Adv, im Altlat. erhalten, z. B. abi prar
und taucht dann im Sp. L. bei Sidon. und Claud. Mam. wieder auf, z. B.
moneo praeque denuntio. Als Präpos. in lokaler Bedeutung findet es sich
bei den Kom. und Archaisten in der Phrase prae manu, in klass. Zeit nur
mit V. der Bewegung, z. B. prae se mitfere, nachklass. und Sp. L. z. B.
bei Ammian auch mit V. der Ruhe. Einen Vergleich bezeichnet prae
schon bei Plaut., dann allenthalben, aber selten (nicht bei Sali.), ferner
einen Grund, in klass. Sprache und bei Liv. nur in negativen Sätzen, z. B.
prae Jassitudine nequibant, affirmativ bei Komikern, bei Cornif. 4, 45, Curt.
Suet. Fronto, Anim. Dict. Cret. Sulp. Sev., z. B. 1, 18, 1 prae thnore
inliorruit.
142. Pro hat sich als Adv. nur in den Zusammensetzungen pro quam,
j)ro ut erhalten. Als Präpos. findet es sich in der ganzen Latinität, im
Altlat. nicht in lokaler Bedeutung, aber oft seit der klass. Zeit, ebenso zur
Bezeichnung des Schutzes. Die Stellvertretung, wirkliche oder nur ver-
gleichsweise angenommene, wird durch pro schon bei Plaut, bezeichnet,
ebenso das Verhältnis, z. B. i>/'ö copia, pro viribus; dabei ist quam jvo
nach einem Komparativ erst seit Livius in Übung gekommen. Dem Kurial-
stil gehört 2^^'^ in Verbindung mit iwpcriumy potestas etc. an. Kausales,
finales und instrumentales pro ist Sp. L., z. B. pro amore (vgl. altfranzös.
pro deo amur), Hier. adv. Ruf. 1, 8 Pam2)hili Jibrum pro defensione Origenis.
143. Cor am wird erst seit Cicero als Präposition gebraucht, aber
auch bei ihm, Nepos Sali. u. Plin. mai. ganz vereinzelt; häufiger finden
wir es nur bei Tac. in den Annalen, hier aber immer seinem Subst. nach-
gestellt. Mit dem Gen. lesen wir coram in der Vulg.
144. Pal am kommt erst mit den august. Dichtern als Präpos. auf,
dann findet es sich so bei Liv. u. Petron und vereinzelt bei Spät., auch in
1. t>er einfache Satz: a.Der BehanptnngsaatE. (§139 -148.) 451
der Vulg., z. B. palam ipsis. — Procul wird in der alten und klassischen
Sprache nur als Adv. getrofifen; zuerst verwendet es Lucr. als Präpos.
mit Abi., dann Hör. Liv. Tac. u. Spät. Auch simul wird bei Dichtern
(Hör. Ovid Sil.) und Tac. als Präp. mit dem Abi. verbunden, vgl. Sil. 5, 418
mmlsa protinus Jmsü ore simul cervix. — Usque findet sich erstmals bei
Ter. Ad. 655 als Präp. mit dem Akk. eines Städtenamens; diesen Gebrauch
hat Cic. übernommen, z. B. Q. fr. 1, 1, 42 usque Romam. Andere Orts-
bezeichnungen bei usque haben die nachklass. Dichter, in Prosa Vell. u.
Plin. n. h., aber nicht Tac. u. Suet., vereinzelt die späteren Historiker,
häufig aber die christl. Autoren. Überhaupt mit örtlichen Begriffen hat es
schon Cato r. r. 49, 2 usque radices persequito, dann Celsus, Quint. 11, 3,
131, häufig die Sp. L. Temporales usque findet sich im Datum schon bei
Cic, dann bei Liv., im silb. Lat. (nicht Plin. n. h.), häufig im Sp. L.
145. Tenus ist ein Subst. = »die Strecke"; es findet sich als Präpos.
zuerst in den Aratea des Cic, dann bei Catull, Lucrez und Caelius, hierauf
bei Verg. Ovid und unter dem Einflüsse Verg. in der silb. Lat. bei Val.
Max., später oft bei Apul. Amm. Der Genetiv bei tenus wird zumeist
vom Plural gebraucht, z. B. Cumarum tenus, der Abi. im Sing., z. B.
capulo tenus ; übrigens ist der Gen. bei ten^is vorwiegend poetisch, vielleicht
durch den Zwang des Metrums und die Analogie von /<*^?t besonders her-
vorgerufen. Mit dem Akk. konnte tenus erst verbunden werden, als es
vollständig Partikel = usque geworden war, so bei Val. Flacc, Auson. u. a.,
z. B. Tanain tenus. Erschöpfend behandelt von Wölfflin, Archiv I p. 415 ff.
146. Fine als Präpos. mit dem Abi. haben Plaut, u. Cato, dann erst
wieder die späteste Zeit; mit dem Genetiv findet es sich auch in der Zeit
Ciceros, aber nur im b. Afric, bei Sali, in den Hist.. dann bei Ovid, bei
Hygin, Apul., in übertragener Bedeutung namentlich bei den Juristen,
z. B. fini quadrantis compensabitur, — Foris als Präpos. ist ausschliess-
lich Sp. L., z. B. bei Vict. Vit. Lucif. Cal.
147. Absque ist bei Plaut, u. Ter. auf den Konditionalsatz beschränkt
(vgl. § 208), von da ab verschwindet es aus der Schriftsprache, offenbar
von den litterarischen Kreisen des jung. Scipio in Acht und Bann gethan.
Sehen wir von der Stelle bei Quint. 7, 2, 44 absque sententia ab, so er-
scheint absque erst wieder bei den Archaisten, um aber von jetzt an sich
nicht mehr verdrängen zu lassen. Es ist sehr häufig im Bibellatein und
den davon abhängigen Schriften und lässt sich bis ins VIH. Jahrhundert
herab verfolgen; um so merkwürdiger ist, dass es sich ausser im lombard.
asca sonst in keiner romanischen Sprache erhalten hat.
cc. Präpositionen mit dem Abi. u. Akk.
148. Von in findet sich im Altlat., so in der Gesetzessprache, z. B.
der XII tab., dann bei Ennius, Cato und noch bei Lucrez eine Nebenform indu
und endOf welche durch Anfügung des Suffixes do an in (oder en) ent-
standen ist, z. B. Enn. ann. 298 M. indu foro, Lucr. 5, 102 indu manus.
Indes ist seit Plaut., welcher indu nur in indaudio erhalten hat, in allge-
mein üblich geworden. Im Verlaufe der Zeit traten folgende Eigentüm-
lichkeiten hervor : das lokale in wird in nachklass. Latinität, so schon bei
29*
452 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax«
Phaedrus, dann bei Sen. Flor. Ammian u. a. gebraucht, wo wir ex er-
warten, z. B. hihere in poculis. Wenn in gewissermassen limitierend die
Person bezeichnet, an welcher sich eine Eigenschaft oder Thätigkeit äussert,
z. B. Uheralis in populo, so ist diese Konstruktion von geringen Anfängen
im Altlat. zu einer weiten Verbreitung in kiass. u. aug. Zeit gelangt, um
dann in nachaug. Zeit wieder immer mehr zu verschwinden. Aus der
Umgangssprache scheint in die Schriftsprache übergegangen der Gebrauch
von in, z. B. Cic. Farn. 10, 28, 3 wagnum damnum factum est in Servlo;
so lesen wir in bei Liv. Quint. (z. B. nmltum in Flacco amifiiwtis) Curt.
Flor. Plin. epp. In temporalem Sinn bezeichnet in erst im silbernen Lat.
die Ausdehnung bis zu einer Zeit, z. B. in illum usque diem bei Quint.
und oft bei Fronto. Das sog. konsekutive in ist von Verg. auf Liv. u.
Tac. übergegangen ; namentlich bei letzterem ist es ausserordentlich häufig,
z. B. ann. 4, 45 vulnere in mortem affeeit; das finale in gehört schon Plaut,
an, z. B. calidum bibere in prandium^ aber nicht der klass. Sprache Cic.
u. Caes., und findet sich dann wieder in der silb. Latinität, besonders bei
Quint. und bei Tac.^) Schliesslich sei erwähnt, dass die vielbesprochenen
Verbindungen in m&ntem esse, habere in potestatem, in medium reUnquo u. ä.
nicht zu beanstanden sind ; dieselben sind aus der Umgangssprache hervor-
gegangen und lassen psychologische Erklärung zu, z. B. in thentem mihi
est = mihi in mentem venit et nunc est, also nichts weiter als Ausgleich
zweier Konstruktionen. Bei Cic. sind sie jedoch nur in den epp. anzu-
nehmen. — Im Sp. L. machen sich Akk. und Abi. bei in das Qebiet streitig,
und so ist ein Wechsel von terminus in quo und in quem sehr häufig,
z. B. Sulp. Sev. 1, 12, 6 in Aegypto advenire, 1, 34, 8 in matrimonio
accipere. Doch ist hier die Macht der Analogie nicht zu übersehen, welche
schon bei Livius aus collocatu in domo ein nupta in domo entstehen lässt.
Übrigens fällt auch hier vieles auf die Abschreiber u. bei Inscr. auf die
Steinmetzen (vgl. Seidel, obs. epigr. Breslau 1880 p. 41 sqq.), welche infolge
schlechter Aussprache die Kasus verwechselten.
149. Sub mit dem Ablativ bezeichnet die Lage unter etwas, bei
Dichtern, auch bei scr. h. A., z. B. Carac. 9, 9 quae est sub eius thermis^ Verg.
Aen. 9. 244 sub vallibus, die Nähe, seit der klassischen Zeit die Unterordnung,
z. B. sub legibus mvere, besonders häufig so in der silb. Lat.^) Seit Liv.
und dann namentlich bei den Juristen, ausschliesslich so bei Gaius, ferner
im Sp. L., z. B. bei scr. h. Aug. Tert. u. andern eccl. giebt es die Be-
dingung an, z. B. sub ea condicione; in temporalem Sinne bezeichnet es
bei Caes., nicht bei Cic, dann bei den aug. Dichtern, Liv., oft bei Celsus
u. den Spät, die Annäherung, z. B. sub nocte, und Sp. L. bei Hier. Tert.
Lact. Amm. scr. h. Aug. Claudian Dracont. Apoll. Sidon. u. a. überhaupt
die Zeit, z. B. Hierou. ep. 77, 10 sub una aestate = hi einem Somm/*r,
Der nachklass. Latinität seit Celsus ist eigen sub zur Bezeichnung der
Weise oder des Grundes, z. B. Celsus 5, 26, 31 sub frigido sudore moriuntur;
^) Tn der nachtacit. Zeit trifft man häufig | ^) Die Unterordnung unter eine Person
finales und konsekutives in, so bei Apul. scr. | wird erst seit Liv. bei Val. Max. Tac. Suet.
h. Aug. eccl. u. a., vgl. Oros. 7, 8, 1 Pisonem ■ Just. Tert. Kutrop. Amm. Veg. durch sub
Bibi in filium et in regnum adoptacit. bezeichnet, z. B. Tac. H. 3, 245142) Corbulone.
1. Der einfache Satz: a. Der Behanpinngssatz. (§ 149—152.) 453
dies hat sich ins Sp. L, herein erhalten, vgl. Apoll. Sidon. sub ope Christi^
suh invidia sordidatorum. Bei sub c. acc, welches eine Bewegung voraus-
setzt, ist nichts besonders zu bemerken. Sub t er ist in klass. u. vorklass.
Zeit ganz vereinzelt, häufiger erst seit den aug. Dichtern; mit Abi. steht
es nur bei Catull und Vergil. Subtus scheint ganz vulgär gewesen zu
sein ; wir finden es bei Vitruv (4, 2, 5 subtus canierios), dann in der Vulg.
und bei eccl.; es wurde nur mit dem Akk. verbunden.
150. Super hat sich als Adv. bis in die nachklass. Latinität herein
erhalten, namentlich in der Verbindung satis superque. Als Präposition
findet es sich mit dem Akk. im Altlat. bei Ennius in lokaler Bedeutung,
sonst nirgends in der vorklassischen Zeit, dann von Cic. an allenthalben;
um das Hinausgehen über eine Grenze zu bezeichnen, dient super seit Sali.,
so besonders in Redensarten wie su2)er modum, super cetera; die Wieder-
holung bedeutet super nicht vor Liv., hier aber findet es sich so öfter,
z. B. vulnus super vulnus. Temporales super ist nachkl., z. B. Juven. 15, 14
super cenam, ebenso bei Suet. — Super c. abl. zur Bezeichnung des Ort^s
lesen wir nicht vor den aug. Dichtern, dann in der silb. Latinität, in der
Bedeutung von praeter seit Sali, bei Dichtern und dann im Spätlat. Synonym
mit de gehört super der Umgangssprache an ; so gebrauchen es Plaut. Cato,
Cic. nur in den Briefen ad Att., dann Sali. Liv. und von da ab immer
mehr Autoren, besonders auch Tacitus und die Juristen ausser Gaius, am
meisten wohl Qellius und Ammianus, wie es überhaupt im Sp. L. de in
dieser Bedeutung ganz verdrängt.
161. Clam wird im Altlat. nur mit Akk. verbunden, ebenso im b.
Hisp. an 3 Stellen, dann bei den Juristen und Archaisten. Mit dem Abi.
hat es nur Caes. b. civ. 2, 32 und b. Afric. 11, 4 clam hostibus, Clan-
culuni mit Akk. scheint sich auf Ter. zu beschränken.
152. Abschliessend mag zur Lehre von den Präpositionen noch fol-
gendes bemerkt werden:
1. Die Stellung der Präpositionen hinter dem Subst. ist die ursprüng-
liche in den indogermanischen Sprachen (vgl. Delbrück, Synt. Forsch. IV
p. 151); sie hat sich im Lateinischen noch erhalten bis in die historische
Zeit besonders im konservativen Kurialstil und bei den Dichtern. In der
vorgeschrittenen Sprache trifft man die Nachstellung im allgem. nur bei
zweisilbigen Präpos.; von den einsilbigen wird de gerne dem Relativ an-
gefügt, von Cic. zumeist nur in den Jugendschriften, ferner von Cornif.;
beide haben diese Wortstellung dem Kurialstil entnommen, vgl. Gell. 12,
13, 17; nachgestellt wird ferner ad wie schon von Plaut, u. Ter., so auch
von Cic, z. B. quos ad Cic. nat. deor. 2, 10; dass cum bei Caes. immer,
bei Cic. u. Sali, öfter ans Relativ angefügt, als ihm vorausgeschickt wird,
während später es umgekehrt ist, hat Greef, Phil. 32, 711 flf. nachgewiesen;
im übrigen ist die Nachstellung einsilbiger Präpos. z. B. von per, ab, pro
u. s. w. dichterisch. Von zweisilbigen wird bei Cic. contra dem Relativ
nachgestellt, ebenso ultra u. sin^-, inter wird bei Cic. Caes. Sali., penes,
propter ebenso nachgestellt; sonst ist auch hier die Nachstellung dichterisch.
Tacitus hat die dichterischen Freiheiten in der Anastrophe angenommen,
454 ^* Lateinische Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
aber nur in den grösseren Werken, also in den Hist. und hauptsächlich
in den Annalen.
2. Die Freiheit, eine Präposition unmittelbar auf eine andere folgen
zu lassen, haben sich abgesehen vom Datum und dem adv. Gebrauch der
Präpos., z. B. in ante factis^ sowie von Titeln, z. B. a pro consule zuerst
die Juristen erlaubt, z. B. Gaius in per vindicationem legato, ebenso Ulpian,
Papinian u. a., dann auch andere Sp. L., z. B. Boethius.
3. Doppelpräpositionen finden sich ausser exadversum und insupcr
(Cato Lucr. Vitr. Verg. Colum. Apul.) in klassischer Zeit und überhaupt
vor dem beginnenden Verfalle der Sprache keine, um so mehr im Spät-
latein; übrigens hat gewiss die Volkssprache schon frühe sich solche Zu-
sammenstellungen gestattet, worauf die adverb. Verbindungen circumcirca,
praeterpropter u. ä. hinweisen. Ich erwähne nur de sub von Bass. Jul.
bei Sen. Controv. 1, 3, 11 virgo de sub saxo, ab ante in der Itala, sub ante
ib., contra versum bei Solin. 15 (10), incoram bei Apul. Met. 242, de post
in Vulg. Lucif. u. a. Die Grammatiker, z. B. Sergius, wehrten sich gegen
solche Verbindungen, aber dieselben drangen doch immer mehr in die Litte-
ratur ein. Wichtig ist dieser Punkt für die Entwicklung der romanischen
Sprachen, wie z. B. avant aus ab ante, des aus de ex, dcvant aus de ab
ante, depuis aus de post etc. hervorgegangen ist.
4; Bezüglich der Form vgl. zu endo, indo Stolz S. 256, pos statt
2)ost id. S. 316, quoni u. cum S. 298, sub u. super S. 300, pone u. tratis,
ab, ad, ob, per S. 316, ferner zu indo und poste A. Reichardt in Neue
Jahrb. 1889 S. 119 f.
Zu § 112 verg].: Kampmann, De ab in de ex usu Plautino; Breslau 1842, 1845,
1850. KössNEB, De praepos. Ab De Ex usu Varroniano, Halle 1888. Schüssler, De praepos.
ab ad ex apud Cic. usu, Hannover 1880; id. in c. acc. Hannover 1881. Gründlkb, Cber
den Gebrauch einiger Präpos. (propter ob apud ad) bei Curtius, Tamowitz 1874. Greef, De
praepositionum usu apud Tacitum, Göttingen 18(^9. Gerher, Nonnulla de usu praepos. apud
Tacitum, Gltickstadt 1871. Langen, De usu praep. Tcrtullianeo, Münster 1868. 1869. 1870.
Reinhardt, de praepos. usu apud Ammianum. Cöthcn 1886; Grupe, Die Präpositionen
a, de und ex bei Apoll. Sidonius, Pfalzburg 1888. F. C. U. Müller, De praepositionibus
latinis, Rostock 1871 (1. Teil). Becher, Quacst. graram. ad Quint. X üb.; Nordhausen
1879 (enthält in, ad, de, ex etc. bei Quint.). || Zu § 118: Maue, De praep. ad usu Tacit<^o,
Frankfurt 1870. Bourciez, de praepos. ad usu casuali in latinitate aevi Merovingici, Paris
1887. Ulrich, De verborum compos. apud Plautum structura; Halle 1880. Wölfflin, Genetiv
mit Ellipse des regierenden Substantivs, Archiv H p. 365. || Zu § 117: Hirt, PeiuSf in
WöLFFLiNs Arch. IV p. 88 und 389. || Zu § 121; Wölfflin im Archiv I, 161 ff. || Zu § 123:
Thielmann, Uls Irans und ultra, Archiv IV p. 247 und 358. || Zu § 127 vgl. Wölfflin
im Arch. V p. 294. || Zu § 144: Wölfflin im Arch. IV p. 52. || Zu § 136 f.: Ess, de praepos.
cum abl. apud Plin. sec. usu, Karlsruhe 1888. || Zu §147: Jordan, Krit. Beiträge zur
Gesch. d. lat. Sprache, Berlin 1879, p. 308 ff. Wölfflin, Rh. Mus. 37, 1 p. 98 ff. Brug
MANN, Rh. Mus. 32, 485 f. || Zu'§ 152: Wölfflin im Archiv I p. 437 ff. Hamp, Die zu-
sammengesetzten Präpositionen im Lateinischen, Archiv V p. 321—368. Überhaupt: Hand
im Turscllinus (Leipzig 1845) von ab bis procul.
2. Der Fragesatz.
153. Die Fragesätze zerfallen in Ergänzungsfragen (oder Ver-
deutlichungsfragen) und Bestätigungsfragen. In den Ergänzungs-
fragen werden die interrogativen Pron. u. Adv. von Stamm qui und quo
verwendet. Bemerkenswert ist nur, dass ut bei den Komikern und Horaz,
auch bei Livius in täglicher Rede (z. B. 10, 8, 11 t^ sese in Samnio res
1. Der einfache Satz: b. Der Fragesatz. (§ 153 -158.) 455
hnbent?) in direkter Frage sich findet und dass die von Cic. ausser in den
epp. streng durchgeführte Scheidung von quis und uter von Prosaikern
(Caes. Liv. Tac. und Sp. L.) und Dichtem (Verg. Juvenal) nicht immer
beobachtet wird. — Ausserdem ist zu bemerken, dass seit der klassischen
Zeit in diesen Fragesätzen auch Partizipien verwendet werden, z. B. Cic.
fin. 3, 37 quem factum peteiites scirc cupimus illa? dies hat sich auch in
der Unterordnung der Fragesätze (§214 ff.) erhalten und findet sich so in
der Zeit der klassischen, wie der silbernen Latinität.
154. Die Bestätigungsfi-agen, welche wir durch die Wortstellung als
Fragen charakterisieren, waren ursprünglich im Lateinischen, wie in allen
Sprachen, wohl nur durch die Betonung von dem Behauptungssatz ge-
schieden. So finden wir denn auch, namentlich in lebhafter, affektvoller
Rede, oft in missbilligender Weise, durch die ganze lat. Sprache hindurch,
ganz besonders aber in den Erzeugnissen der volkstümlichen Diktion, Frage-
sätze, die kein Erkennungszeichen ausser dem Zusammenhange aufweisen.
Im Laufe der sprachlichen Entwicklung treten besondere Wörtchen ein,
welche den Satz schon von Anfang an als Fragesatz kennzeichnen. Solche
Wörtchen sind nc, num, titrum, an, nonnc, numne, tUrumne, anne und ^i,
156. Allen diesen Fragewörtern (ausser utt'iwi- an und si) ist die
Negation eigen. Nc ist die ursprüngliche Negation, num ist = „nicht
zu irgend einer Zeit"; an die aus ne entstandenen Wörtchen non (=: wc-
oenum, vgl, Reiciiardt in Neue Jahrb. 1889 S. 120 und Stolz oben S. 274),
num, sowie an utrum und an kann noch nc angehängt werden. Es gehen
somit alle diese mit ne, num, numne etc. gebildeten Fragen von der negativen
Voraussetzung aus (vgl. auch Wegener p. 75).
156. Das mit Vokalkürzung oder -abfall enklitisch gebrauchte nc
wird dem Tonwort angehängt und findet sich in allen Zeiten der Sprache,
jedoch so, dass es mit dem Verfall der Sprache immer mehr zurücktritt
(z. B. selten in der Vulg., Thielmann, Piniol. 42 p. 347). Der archaischen
Sprache eigentümlich mit je einem Ausläufer bei Hör. (sat. 1, 10, 21) und
Catull (64, 180) ist die Anfügung von nc ans Kelativum; die Prosa ausser
spätlat. Panegyr., z. B. esse pudicam nuptam, qunene queat (vgl. Bährens
zu Catull p. 411 u. N. Phil. Rundsch. 1887 p. 301) und alle Dichter ausser
Plaut. Ter. Catull. Hör. kennen diese Konstruktion nicht. Noch seltener
ist die Verbindung des fragenden ne mit einem Pron. ihterrog., sicher nur
an mehreren Stellen bei Horaz (Fritzsche zu sat. 2, 3, 251) und bei
Lucan 7, 301 und 10, 99, oder mit einem Adv. interrog., was nur für
ecquandone bei Properz 2, 8, 15 (Vell. u. Apul.?) feststeht.
157. Durch Anfügung von ne an non entsteht nonnc, welches bei
Plautus noch gar nicht vorkommt und bei Terenz noch sehr selten ist
(dafür genügt angehängtes ne, was Sioismund in comm. Jen. HI, 231 allein
für Plaut, u. Ter., nie nonnc, gelten lässtj, oft aber von Cic. gebraucht
wird. Manche Autoren vorschmähen es ganz, wie Catull u. Tibull, Sen.
rhet., jedoch nicht Properz, Horaz; Spätlat. wie Lucifer gebrauchen dafür
ne, z. B. ne dixisse mcmineras dominum?
158. Num, welches eigentlich ^^ „nicht zu irgend einer Zeit" be-
deutet^ hat wie die Negation n e gleichfalls die Bedeutung eines Frageworts
456 ^' Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
angenommen. Es findet sich von Plautus und Terenz an bis in die sil-
berne Latinität in ziemlich häufigem Gebrauche; von da ab wird es sel-
tener, so hat es z. B. Sen. rhet. gar nicht verwendet, und scheint in der
Zeit des Hieronymus schon untergegangen zu sein. Daher treffen wir hier
ne = minty z. B. Joh. 4, 12 nc tu maior es patre nostro lacob? Die Form
numnc wird von Ritschl op. II, 248 verworfen, dürfte aber bei Cic. doch
zu halten sein, so de nat. d. 1, 88 deum ipsum numne vidisti? Lael. 36
(dazu Seyffert-Müller). Nunnmm ist nur altlat. ; spätlat. steht numquid
oder sogar numquidnam für einfaches num,
159. Durch Anfügung des fragenden ne an die Interjektion e entstand
mit Abwerfung des Schlussvokals das Fragewort c», welches eine affekt-
volle, an der Bejahung sozusagen verzweifelnde Frage einleitet. Dasselbe
gehört den Komikern und Epik. (Verg. Sil.), sowie Liv. in archaisierender
Rede an. — Nur spätlat. ist f^i in direkter Frage, vgl. Vulg. act. apost.
I, 6 und Lucif. 13, 8 H. si non es tu Constuntius Imperator?
160. Die Doppelfrage (auch Wahlfrage genannt) gehört eigentlich
zum „zusammengesetzten Satz"; weil aber oft ein Teil unterdrückt wird
und so auch dabei vom einfachen Satze zu sprechen ist, mag dieselbe hier
angeschlossen werden. Sie wird zunächst so gebildet, dass die beiden Frage-
glieder ohne Fragewort bloss mittels der disjunktiven Partikel an neben-
einandergestellt werden, z. B. maneam an fugiam; diese Form ist Regel
bei Juvenal, sonst im ganzen selten, öfters nur bei Plaut, und Sen. rhet.,
bei Cicero wohl nur, wenn die Negation den Gegensatz bildet, z. B. sortietur
an non? Häufiger ist ne — an, am gewöhnlichsten (jedoch nicht zu finden
bei Catull. Tib. Prop. Hör. Lucan) utrum — an, wobei der zur Partikel
gewordene Akk. neutr. utrum darauf hinweist, dass die Wahl zwischen
zwei Dingen gestellt wird. An utrum wird noch ne angehängt bei Cic.
inv. 1, 51 utrumne tuum vlrum malis an illniSy sonst nicht bei Cic, nicht
bei Caes. u. Liv., aber bei Horaz u. Plin. mai. Curt. Lact. Ferner hat
Cicero an einigen Stellen den beabsichtigten zweiten Teil der Frage unter-
drückt, so dass utrum scheinbar in einfacher Frage st^ht, z. B. Cic. top. 4, 25
utrum igitur huctemis satis est? Ganz vereinzelt ist ne — ne bei Verg. Aen.
II, 126 iusiitinene mirer helline laborum? Nur spätlat. ist utrumnam,
Anmerkung. Nnm^an erscheint nie in disjunktiver Frage (höchstens vielleicht
Plaut. Poen. 1815?); bei Ter. Phorm. 412, Cic. Tusc. 1, 112 num rhetorum epilogum de-
sideramus? an hanc ariem plane relinquimus? Cic. sen. 23 und sonst wird mit an überall
eine neue, selbständige Frage {oder vielmehr) eingeleitet.
161. Unstreitig die wichtigste Fragepartikel ist «n; im vollständig
ausgesprochenen disjunktiven Fragesatze leitet es, wie wir gesehen, den
zweiten Teil der Frage ein. Aber wie wir nicht in vollständigen Syllo-
gismen sprechen, sondern die eine oder andere Prämisse unterdrücken, so
genügt oft auch — wie oben bei utrum bemerkt — ein Teil der disjunk-
tiven Frage, in der Regel der zweite. Und so steht an scheinbar in einer
einfachen Frage. Dieser Gebrauch findet sich schon bei den Komikern,
hat aber seine höchste Ausbildung in der Sprache Ciceros erreicht. So
spielt denn an in der Lehre vom kunstreichen Bau der Rede oder Ab-
handlung eine grosse Rolle; es dient vorzugsweise zur Einleitung der ar-
gumentierenden Frage, ferner in der Widerlegung, in der occupatio und
1. Der einfache Satz. (§ 159- 162.). — 2. Der zaBammengeaetzte Satz. (§ 163.) 457
in der reprehensio (ausführlich behandelt von Seyffert in dessen scholae
latinae). — Verstärkt wird an durch angehängtes ne; anne kommt häufig
im A. L. vor, später seltener, nicht bei Hör. Tib. Prep., bei Cicero nur
im zweiten Gliede einer Frage, nicht wenn an die eben erwähnten stili-
stischen Funktionen hat. Zum Schlüsse sei bemerkt, dass an non in
direkten Fragen bei Cicero regelmässig ist (necne nur Tusc. 3, 19 u. p.
Flacc. 59).
Anmerkung. Nach Hinze ist an durch Apokope aus anne entsfcandon und hatte
ursprünglich seinen Platz in der einfachen Frage, die jedoch an einen vorausgegangenen
Satz sich anlehnt. Es erwartet immer eine negative Antwort, wie an non eine positive. —
Nach Gutjahb-Probst (Beiträge III p. 240) hatte an interrogativ-dubitative Funktion einst
auch im einfachen Satze gehabt; er verwirft demnach die Annahme der Unterdrückung
einer Prämisse.
162. Zu besprechen sind noch die sog. missbilligenden Fragen.
Dieselben erscheinen teils im Konjunktiv ohne einleitendes ut, z. B. vir ego
tuus sim (PI. Amph. 813), oder mit solchem, z. B. Tor. Andr. 263 eine
ego ut advorscr, auch im Akk. c. inf. z. B. Ter. Hec. 613 hine abire mutr&ni!
Alle diese Ausdrucks weisen, wobei ne vielleicht nicht als Fragewort, son-
dern als Versicherungspartikel aufzufassen ist (so Warren in American
Journal of Philol. vol. 2, no. 5), gehören dem täglichen Leben an und sind
von da in die Komödie, in die Briefe und zum Teil auch in die Reden
Ciceros, dann in die Satiren, Epod. und Epist. des Horaz übergegangen;
Caes. u. Sali, haben sie nicht, Verg. u. Liv. vereinzelt in den Reden. Über
den Unterschied in der Bedeutung der drei Konstruktionen bestehen noch
Kontroversen.
Zu §153— ](>2 vergl.: Schmid, Zur Lehre von den Fragesätzen, Ulm 1854; Hinze,
De an particulac apud priscos scriptores latinos vi et usu, Brandenburg 1887. Wolff,
De enuntiatis interrogativis apud Catullum Tibullum Propertium, Halle 1883; Gbabknstein,
De interrogationum enuntiativarum usu Horatiano, Halle 1883 ; Weiss, Gebrauch der Frage-
sätze bei Juvenal, »Stockerau 1882; Kraz, Die sog. unwillige oder missbilligende Frage etc.,
Stuttgart 1862; G. Müller, Über die sog. unwilligen oder missbilligenden Fragen im Lat.,
Görlitz 1875; Riemann, Revue de philol. 1882, p. 168. 0. Ribbeck, Beiträge zur Lehre
von den lat. Partikeln (über ne, num u. ä.), Leipzig 1869.
B. Der zusammengesetzte Satz.
3. Die Beiordnung.
163. Die ursprünglichste Form der Satzbildung beim Zusammentreten
mehrerer selbständiger Oedankenkomplexe ist die Anreihung ohne jegliche
Verknüpfung. Dabei bleibt es dem Zuhörer oder Leser überlassen, selbst
den Zusammenhang der Sätze sich herzustellen. Selbstverständlich ist diese
Ali; des Satzbaus der Umgangssprache ganz besonders eigen; sie findet
sich daher schon bei Ennius, Plaut. Ter., besonders bei Cato, bei Cicero in
den Briefen und in den Erstlingsreden. Während in der annalistischen
Geschichtschreibung dieser Satzbau namentlich am Platze war, verknüpft
der bereits entwickelte historische Stil natürlich mit der Anwendung des-
selben besondere Zwecke; so bedient er sich desselben zur scharf poin-
tierten Gegenüberstellung von Gegensätzen, zur Darstellung rasch sich fol-
gender Handlungen, zur Charakteristik, offenbar um das Nebeneinandersein
der Eigenschaften zu bezeichnen, zur altertümlichen Färbung von Reden
458 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
u. ä. Die silberne Latinität und ihre Nachfolger und Nachahmer sind in
den asyndetischen Fügungen geradezu überschwänglich und oft widerwärtig
manieriert, z. B. Plin. epp. Sen. — Doch finden wir frühe schon den Zu-
sammenhang solcher selbständigen Sätze durch Konjunktionen wie ct^ autetH
scd, nam u. ä. vermittelt, worüber im folgenden genauer abzuhandeln ist.
Anmerkung. Besonders beachtenswert ist die Nebeneinanderstellang der Impe-
rative; hier darf mau das Asyndeton als das ursprüngliche und echtlateinische ansehen.
Krst später wird die freilich schon im Aitlat. sporadisch vorkommende Verknüpfung durch
ei^ wofür Plaut, nach Composita von ire auch atqxie braucht, allgemein, wie z. B. Juvenal
nur diese Konstruktion kennt, während noch Livius regelmässig al;i, renuntia; tte, cansuhs,
redimite civitatem sagt (ganz selten steht et nach ite z. B. 88, 51, 10 ,in weniger knapper
Rede** M. Müller). Tritt nunc zum Imperativ, so haben auch Horaz und Ovid et (aber
nicht Vergil), ebenso Martial, auch Sencca philos. ; der nachlässigen plebejischen Diktion ist
nur die Verbindung mit et geläufig, so Petron sat. 115 ite nunc mortales et magnis cogitatio-
nihus jyectora implete u. ö. Selbstverständlich asyndetisch stehen die zur Interjektion ge-
wordenen Imperative age, agite, z. B. Liv. agitedum, ite mecum; ebenso cedo, aber nur
A. L. und Sp. L., z. B. Claud. Mam. 178, 17 cedo quaeramtM,
164. Hieher gehören auch die Parenthesen, welche gewöhnlich ohne
Bindewort eingefügt werden ; so in der Umgangssprache amabo und aniabo
te^ ohsecro; oft hat Liv. ganze Sätze asyndetisch als Parenthese, manchmal
auch Plin. epp. u. Tac. Die Einfügung mit et wird wohl vor Sali. Jug. 52
{et iam die vesper erat) nicht vorkommen, ist häufig bei Livius, mit neque
bei Verg. (ecl. 3, 102), mit auteni bei Cic. Liv. u. Petron, mit nam schon
bei Terenz, dann bei Cic. Sali. Sen., bei Dichtern nach der Anrede (Uor.
Verg. Ovid), mit namque bei Verg. u. Liv., sowie deren Nachahmern,
z. B. Curtius u. Val. Flacc, mit enim bei Cic. Liv. Curt. Plin. epp. und
Spätlat., mit etenim selten bei Cic. Liv. Ovid, mit sed bei Petron.
165. Die Kopula {et, ac, selten que) mit folgender Negation {iwn,
nihil, nulliis, nemo u. ä.) ist in der alten Sprache noch selten, schon häu-
figer bei Cornific. Cicero und Livius, selten bei Caes. u. Sali., wiederholt
bei Val. Max. Plin. mai. Sueton. Petron u. Curtius, am verbreitetsten bei
Tac, welcher besonders die einen Nachdruck auf das Pronomen legenden
und auch sonst häufigen Verbindungen et nihil und et nullus, gewöhnlich
in unmittelbarer Folge, bevorzugt. Auch in der späteren Latinität be-
gegnet uns diese Verknüpfung, z. B. bei den script. bist. Aug. Lact. —
Beachtung verdient dabei, dass et non und häufiger ae non {atqtie non nur
bei Plin. n. h.) besonders zur Berichtigung oder zur nähern Ausführung
des Gedankens verwendet wird, z. B. si hoe dissumlere est ae non dis-
turbare atque pervertere.
Anmerkung. Umgekehrt steht bisweilen neque, wo et nan erwartet wird; dies
gilt jedoch kaum fürs Aitlat., mehr für Cic, wo es unserm deutschen «ohne zu* entspricht.
In der nachklassischen Latinität, jedoch mit Sali, beginnend, finden wir so nee mit fol-
gendem adverbiellen minus oder magis, so z. B. nee ininus = item, oft bei Vergil und
seinen Nachahmern.
166. Manchmal verknüpft der Lateiner zwei Gedankenkomplexe mit
et, wo unserm Gefühl eine adversative Partikel mehr entsprechen würde.
So schon bei Plaut, u. Terenz, dann bei Caesar, bei Cic. hauptsächlich in
den philos. Schriften, ganz selten bei den august. Dichtern, öfter bei Nepos,
Livius u. Curtius, auch bei Petron, am häufigsten wohl bei Tacitus; an
dieser Eigentümlichkeit nehmen auch afque, que u. neque Anteil, jedoch
so, dass auf que das Wenigste entfällt (z. B. nicht bei Tac, ganz selten
2. Der zuBammengeseiste Satz: c. Die Beiordnang. (§ 164—170.) 459
bei Liv. und im Sp. L., z. B. nur eine Stelle bei scr. h. Aug., aber im
b. Alex. 11 und häufig bei Petron) und neque erst bei Cicero, Caes. Sali.,
hier aber umfänglich, adversativ gebraucht wird.
167. Die Konjunktion et nach einem Imperativ oder Optativ zur
Einführung der aus der Erfüllung des Postulats hervorgehenden Konsequenz
findet sich im Altlat. nur einmal bei Cato (Plaut, nur Bacch. 695 pcrgc:
ac facile ecfeceris), dann erst bei den aug. Dichtem, bei Petron {quidvis
aptu, et vetiiet), Phaedr. Cestius bei Sen. controv. 1, 7, 4, Sen. phil., Lucan
Plin. min. Apul.; übrigens ist auch der silbernen Latinität das in der
klassischen Sprache ausschliesslich übliche Asyndeton nicht fremd, wie
Sen. ep. II, 1, 16 zeigt; dort steht nebeneinander: eofisidera quid vox ista
significet, et intelleges und dann circumspice teeum singulos: ocewre^it
tibi senes.
168. Der später zu besprechende enge Zusammenhang zwischen Para-
taxis und Hypotaxis zeigt sich im Gebrauche von et, wo wir eine Tem-
poralkonjunktion erwarteten; so schon bei Sallust. Jug. 97, 4, dann
namentlich bei Vergil, z. B. Aen. 6, 498 vix agiiamt pavituntem et notis
compellat vocibus ultro, bei Ovid und Lucan, dann bei Liv. einmal, öfter bei
Plin. epp., Tac. Apul. (met. 2, 11 commodum meridies accesserat et mittit
mihi) und sonst im Sp. L., z. B. noch bei Apoll. Sid. Diese Struktur,
in welcher bei Verg. auch qtic statt et erscheint, gehört der nachlässigen
Diktion der Umgangssprache an und bildet eine Übergangsstufe aus der
Parataxis zur Hypotaxis; denn aus vonit simul, ac sol occidit wurde venu,
simul ac sol occidit,
169. In der Bedeutung „auch" erscheint et bei Plautus im Personen-
wechsel, ebenso bei Terenz (z. B. curae est mihi Et mihi curae est),
dann bei Cicero z. B. Q. Rose. 32 at enim tu tuum negotium gessisti bene.
Gere et tu tuum bene. Ferner setzt Cic. c^ in unmittelbarer Verbindung
mit einer Adversativkonjunktion, z. B. S. Rose. 94 fateor me sectorem esse.
Verum et alii mulii. Nach nam und simul erscheint gleichfalls et ^-=
,auch", namentlich wenn ein Pronomen folgt, wobei aber oft ein zweites
et durch Konstruktionswechsel umgangen wurde (wie Cic. oiF. 1, 142).
Caesar hat et = „auch" nicht, selten Sali., oft Liv. Tac. u. Spätlatein, wo
der schon bei Cato r. r. 156 eodetn addito et oleum beobachtete allgemeine
Gebrauch nach langer Einschränkung durch die vorklassische und klas-
sische Sprache wieder vollständig zum Durchbruch kommt (Anton, Stud. I,
S. 26-69).
170. Die Konjunktion quo war im Altlat. sehr gebräuchlich, vgl.
Cato r. r. praef. 4 ex agricolis viri fortissimi gignuntur maximeque piiis
qimestus stabilissimusque consequitur minimeque invidiosus minimeque male
cogitnntes sunt etc. und erhielt sich so namentlich in der publizistischen
Sprache auch der späteren Zeit. Bei Plautus wird que immer dem ersten
Worte des Satzes angehängt, was sich auch in der Prosa erhielt; nur die
Dichter der aug. und der späteren Zeit nehmen von dieser Stellung Um-
gang und erlauben sich Freiheiten, offenbar unter dem Zwange des Metrums.
Bezüglich der Präpositionen ist festgestellt, dass que nie an ob und sub,
selten an a und ad angehängt wird, während es immer an die zwei-
460 B. Lateiniffohe Grammatik, d) LateiniBohe Syntax.
silbigen Präpositionen auf a, auch an sine, Irans, post u. s. w. sich anfögt.
(Näheres im Antibarb.^ s. v. Qtie.) — Die Hauptfunktion der Partikel que
ist die, dass der mit que eingeführte Teil eine zusammengehörige Reihe
als ein Ganzes abschliesst.
Anmerkung. Que -- «auch** erscheint nicht vor Velleias, bei diesem aber, dann
bei Val. Max. Sen. phil. Quint. Plin. mai. häufig im Sp. L., z. B. bei Cypr. Oros. Lucif.
u. a. in Verbindung mit hodie, also hodieque ~ , auch heute noch**.
171. Die Konjunktion atque hat in der Sprache der Komiker de-
monstrative Kraft, so namentlich in der Verbindung atque eecum; ferner
vgl. Epid. 97 sed ego cesso ire obvlam adidescenti . .; atque ipse illic est.
Verwandt damit ist (Ballas p. 31 ,,demonstrationi semper fere admixta
est adseveratio quaedam et adfirmatio^) die Bedeutung der nachdrück-
lichen Versicherung, welche bisweilen durch Partikeln wie ecastor, pro^
fecto, vei'o etc. gehoben wird: Bacch. 85 rapidus fluvius hie est ... atque
ecastor apud hunc fluvium aliquid perdundum est tibi. Später finden wir
atque mit versichernder Kraft bei Cic, namentlich aber bei Sallust, hier
besonders mit Pronomina, z. B. ego^ verbunden. — An die Bedeutung der
Versicherung schliesst sich die der Steigerung an, welche atque namentlich
in Verbindung mit adeo, etiam, quoque, insuper ausübt, so schon bei Plautus
und Ter., dann bei Cic. Caes. Sali. (Cat. 52, 35 intra moenia atque in
sinu urbis) Liv. — Die Bestätigung einer vorausgegangenen Frage giebt
atque besonders bei Plaut, u. Ter., z. B. PI. Stich. 582 sed videon ego
Pamphilum cum fratre suo Epignonio? atque is est „ja er ist es*. Dieser
Gebrauch von atque lässt sich später nicht nachweisen.
172. Eine Häufung der Konjunktion atque findet sich bei Cato (der
überhaujit die Polysyndeta liebt) und in Nachahmung desselben bei den
Archaisten Gellius und Fronto (p. 36 Nah. nam uni Porcio nie dedicavi
atque despondi atque delegavi). Ausserdem begegnet uns wiederholtes atque
bei CatuU u. Vergil, sonst sporadisch und nicht auffallend.
173. Bekannt ist, dass atque nach den Wörtern der Ähnlichkeit und
Verschiedenheit dazu dient, eine Vergleichung zu bilden. Dies geht durch
die ganze Latinität hindurch, selbstverständlich ohne dass alle Verbindungen
zu allen Zeiten getroffen werden; so finden sich idem atque nur in der
vorklass. und klass. Zeit, ita atque erst bei Juristen, iu>xta atque nicht vor
Cic, pro CO ac bei Juristen (Sulp. b. Cic. Fam. 4, 5, 1) u. Cicero, alius
atque selten nach der klass. Zeit, indem hier atque durch quam ersetzt
wird, contra atque erst seit Cicero u. s. w. — Selten im Altlat. und über-
haupt nicht häufig, aber dabei vorwiegend in der klassischen Zeit, wird
atque durch et ersetzt, so nach aeque, 2)ariter, alius, aliter; vgl. Gaelius
bei Cic. Fam. 8, 1, 3 solct cnim aliud senfire et loqui („als er spricht**).
Anmerkung. Nach einem Komparativ folgt atque vor Horaz nur, wenn derselbe
negiert ist, so bei Plaut. Ter. Cic. (ad Att. 5, 11, 2) Catull, Verg.: erst Horaz hat atque
ohne vorhergehende Negation gebraucht und zwar hauptsächlich in den Satiren, weshalb
die Konstruktion vulgär erscheint. Über Cic. Att. 13, 2 mihi quidem x^idelur etiam
diutius afutnrus ac nollem sind die Ansichten geteilt (vgl. Boot z. St. und Ziemeb,
Komp. p. 199 Anm. 1).
174. Ausschliesslich plautinisch mit Nachahmung bei Gellius ist at-
que (Gellius auch et) im Nachsatze, z. B. Epid. 209 quom ad portam
vcnio, atque ego illam illic video praestolarier. Dies ist eine Verquickung
2. Der zusammengeseizte Baiz: c. Die Beiordnimg. (§ 171—178.) 461
zweier Konstruktionen, quam venio video und venia atque video, wie sie im
Munde gemeiner Leute nicht überraschen darf; an einen Gräzismus ist
nicht zu denken.
175. Während die klassische Sprache bei Satzgliedern und Sätzen
von gleichem Werte den Wechsel in den Konjunktionen et atque que ver-
meidet, brauchen die august. Dichter, dann Livius und seine Nachahmer,
hauptsächlich aber Tac., die kopulativen Partikeln in willkürlicher Ab-
wechslung, z. B. Tac. ann. 1, 1 Tiberii Gaii que et Claudii ac Neronis. —
Abschliessend sei bemerkt, dass bei Historikern que und et gleich häufig
vorkommen, während et bei Rednern überwiegt, dass die Volkssprache in
erster Reihe et^ in zweiter que bevorzugte, dagegen atque der Sprache der
Gebildeten überliess. Für die Stellung ist nur noch anzufügen, dass et
zuerst bei aug. Dichtem, dann aber auch in Prosa nachgestellt erscheint.
176. Das kopulative nee (von welchem wohl ein indefinites zu scheiden
ist, welches altlat. ^- non ist, z. B. quod nee manifestum erü und sich
vereinzelt bis Verg. herab erhalten hat, z. B. ecl. 9, 6 qu^d nee vortat bene,
wie auch Liv. und Tac. und im Sp. L. besonders die Afrikaner, auch die
Gallier, z. B. Apoll. Sidon. necdum für nondum sagen) wird durch folgende
Negation nicht aufgehoben, sondern verstärkt, aber nur in der alten Sprache
mit Nachahmung bei Apuleius u. Gollius, z. B. 17, 21, 35 neque haud
longe post, und bei Petron, welcher die Setzung der doppelten Negation
zur Charakteristik der Sprache der Halbgebildeten verwendet. — Den Über-
gang zur Aufhebung der Negationen bemerken wir bei Varro, welcher noch
de r. r. 1, 69, 3 den alten Gebrauch wahrt, sonst aber regelmässig eine
Bejahung durch zwei Negationen giebt. Ständig wird das letztere in der
Prosa zuerst bei Cicero, in der Poesie bei CatuU, welcher erstere indes
neque und nan durch andere Wörter trennt, während Varro, jedoch öfters
in de r. r. als in de 1. 1., nee non zusammenstellt, wie auch die Dichter
seit CatuU (z. B. 4, 3 neque nequisse) und die späteren Prosaiker.
177. Nee in der Bedeutung „auch nicht"* oder „nicht einmal* ist
durch sichere Beispiele bei Plautus Catull Liv. Ovid Quint. Tac. Sueton.
Juv. Lucan Gellius Flor. Just. Tert. Cypr. Serv. Sulp. Lucif. bezeugt, und
bei Hör. sat. 2, 3, 262 und dessen Nachahmer Persius (5, 172) gleichfalls
anzunehmen; dagegen ist diese Bedeutung von nee der klassischen Latinität
abzusprechen. Nee — quidem ist nach Madvigs Vorgang beseitigt ausser
Cic. Fam. 6, 6, 2; sen. 9; Quint. 9, 3, 55: überall sonst wird ae oder
et ne — quidem gelesen. — Ne in dieser Bedeutung ist vulgär, zuerst bei
Petron (jedoch Bücheier nee), dann auch bei scr. h. Aug., freilich hier
gerade so unsicher (vgl. Cotta p. 33). Ne-quoque erwähnt Gell. 17, 2, 18
als eine bei den Alten sehr beliebte Zusammenstellung.
178. Die Verbindung que et ist im Altlat. sehr selten (Ter. Hec. 488
amoque et laudo), findet sich bei Cic. u. Caes. gar nicht, dann im Jug. des
Sali., welcher wie Tac. que regelmässig (Ausnahmen ann. 2, 6 u. 14, 31)
an Pronom. person. anfügt, während Liv. umgekehrt dies meidet und que
an Subst. anhängt, worin ihm Vell. Curt. Plin. mai. Gell, nachfolgen. Bei
Yerg. u. Hör. fehlt diese Konstruktion, findet sich aber sonst bei Dichtern,
2. B, bei TibuU. Dagegen hat Verg. zuerst que ac, das dann auch Ovid,
462 fi* tiAteinuiche Grammatik, d) Lateiniache äyntax.
Liv. Curt. u. Tac. annehmen, z. B. Tac. bist. 3, 63 seque ac liheros suas.
Die Verbindung mit que — que ist alt, scbon bei Ennius zu treffen, je-
docb unklassisch, bei Cic. nur de fin. 1, 51 nociesque diesque als dichterische
Reminiszenz, bürgert sich mit Sali, in die prosaische Litteratur ein; Yergil
hat sie wie vorher schon Catull dem Ennius abgelauscht, und ihm wieder
andere Dichter; Livius, Vell. Sen. phil. brauchen es nur in Anfttgung an
das Pron. relat., ebenso Quint. u. Plin. epp., z. B. Quint. 1, 8, 16 id est
figuras, quaeque A^^^cog quaeque diavo(a^ vocantur; Tac. hat es erst in den
Annalen und hier nur zweimal. Im Sp. L. hat man korrespondierendes
quo nur bei Apoll. Sidon., z. B. 4, 18, 2 fuque fraterque communis be-
obachtet. — Die seltenste Verbindung ist afque — afque, welche ausser
Verg. ecl. 5, 22 nur noch Sil. 1, 9p aufweist. Die Korresponsion et —
atque wird wohl mit Recht für unlateinisch gehalten (Madvig fin. 284);
et — que liest man nicht vor Cicero, bei ihm aber öfter, jedoch nicht in
den sorgfältig ausgearbeiteten Reden der besten Zeit, auch nicht bei Livius,
aber bei Horaz (in den Satiren), vereinzelt in der silbernen und späteren
Latinität, z. B. bei Curtius.
179. Nee — nee „und weder — noch" scheint in Prosa auf die
Historiker Caes. Sali. u. Liv. sich zu beschränken; von Dichtern haben es
Catull und Properz. — Wenn ne^ — nee einen vorausgehenden negativen
Begriff zerlegt, z. B. Cic. Att. 14, 20, 3 nefno unquam neque poeta neque
orator fuit, qui . ., so ist an eine Aufhebung der Negationen nicht zu
denken. Diese Konstruktion hat zuerst Terenz, dann der ihm in der
Sprache sehr nahe stehende Cicero und ausserdem noch Livius, Quint. Plin.
Pan. Justin.
180. Die Verbindung neque — et ist selten im Altlat., oft bei Cic.
und in der nachklass. Zeit, neque — ac kommt erst bei Tac. vor, dann
bei Suet. u. Mart., neque — que nicht vor Cic, überhaupt selten, et —
neque ebenfalls nicht vor Cicero, bei diesem häufig, verliert sich nachher.
Es ist klar, dass die ebenerwähnten Korresponsionen der durch Cicero aus-
gebildeten Konzinnität ganz besonders passten und dass sie deshalb dem
Streben nach ebenmässig gliederndem Satzbau zumeist ihre Entstehung ver-
danken. Mit dem Zurücktreten dieses Strebens verschwinden auch die
meisten der genannten Verbindungen.
181. Die Korresponsion tum — tum bedeutet nur „bald — bald";
wo „sowohl — als auch (ganz besonders)" verlangt wird, ist cum — tum
herzustellen, wie in den neueren Texten überall geschieht. Übrigens liest
man die Verbindung tum — tum nicht vor Cicero, von dieser Zeit an
bis herunter ins Spätlatein findet sie sich allenthalben (nicht bei scr. h. A.,
CüTTA p. 34).
182. Die Partikeln modo, nunc, interdum, mox, simul, iam, intevdum;
ferner hie, illic, hinc, illinc, inde bilden unter sich die mannigfachsten Kor-
responsionen, die jedoch nicht der ganzen Latinität angehören, sondern in
Analogie nach den besprochenen allgemein üblichen Verbindungen von ein-
zelnen Schriftstellern oft in manierierter und affektiert gekünstelter Weise
gebildet wurden und dann sich bald einer längern, bald einer kürzern Exi-
stenz erfreuten. So hat z. B. Lucrez nunc — nunc gebildet, Vergil ihm
d. Der zuaatumengesetzte Satz: c. Die Beiordnung. (§ 179—185.) 463
nachgeahmt, Livius es in die Prosa eingeführt, Vell. Val. Max. Curt. Just,
scr. h. Aug. von diesem herübergenommen; nunc — mox dagegen hat Vell.
aufgebracht, und mit ihm ist es auch wieder verschwunden. — Erwähnt
mag noch werden qua — qua, welches schon Plaut, hat, Cicero nur in
den Briefen ad Att. und ad Q. fr. zulässt, Caesar und Sali, verschmähen,
Liv. nur in der ersten Dekade gebraucht. Nachher erscheint es bloss ver-
einzelt, z. B. bei den Archaisten, einmal auch bei scr. h. Aug.; alias —
alias, welches bei Cato durch aÜeras — alteras ersetzt wird, ist eine der
ältesten Formen der Korresponsion; Cic. verwendete es noch in de inv.,
Hess es aber dann wie alle doppeldeutigen Formen fallen.
Anmerkung. Abschliessend sei zur Korresponsion bemerkt, dass manchmal der
zweite Teil einer solchen korrespondierenden Verbindung unterdrückt wird. Dergleichen
Anakoluthien sind psychologisch leicht zu erklären und finden sich namentlich in der Um-
gangssprache, auch in den pbilos. Schriften Cic, die sich dem leichtem Konversationsstil
nähern (particula pendens); vgl. auch §207.
183. Die Konjunktion sed, die eigentlich einen Gegensatz bezeichnet,
dient bisweilen zur Fortsetzung der Erzählung, so namentlich bei den
Historikern Sali. Liv. Just., zumeist bei Beginn eines Abschnittes, z. B. Sali.
Jug. 28, 6. Ahnlich steht es mit at in den Dichtungen Cic, bei Sali.
Verg. u. namentlich Tac. — Apul. braucht sed mit Wiederholung des
betonten Wortes zur Bekräftigung, z. B. totum me, sed prorsum totum
recepit; überhaupt dient es im Spätlat. (vgl. Dressel im Progr. von Zwickau
1882 p. 20 Anm. 2) oft zur Hervorhebung, z. B. bei Firm. Mat. agricolas,
sed locupletes. — Anaphorisch wiederholtes sed nach vorausgegangener
Negation hat Cic. ganz selten, öfters die aug. Dichter, besonders Ovid,
dann Sen. Petron. Tacitus.
184. Bei at — von welchem die Form ast archaisch und vulgär ist
und sich bei Enn. Plaut. Cic. de legg. und ad Att., oft bei Dichtern, bei
Petron und dann bei den Archaisten bis in die späte Lat. herab, z. B.
noch bei Apoll. Sidon. findet — ist die, der von Jordan gegebenen ur-
sprünglichen Bedeutung „noch dazu, anderseits", nahestehende Bedeutung
„wohl aber, doch** bemerkenswert. Sie wird schon bei Ter., dann bei Cic.
Sali. Verg. Prop. angetroffen; z. B. Cic. Phil. 2, 12 non placet 31. Antonio
consulatm mens. A t placuit P, Servilio, Ebenso mag der Gebrauch von
at (manchmal verstärkt mit certe, tarnen, saltem) nach einem Bedingungs-
satze notiert werden; er ist schon dem Altlat. eigen, findet sich bei Cic.
nach negiertem Satze, auch bei Caes., nicht bei Sali., aber wieder bei den
aug. Dichtern, Liv. und den Späteren. Für Liv. u. Curt. hat man fest-
gestellt, dass nach at sehr häufig ein Pron. pers. folgt, z. B. at ego, at
sibi etc., aber auch at Dareus, at rex mit emphatischem Gebrauche des at.
185. Noch sei erwähnt ein in der Umgangssprache wurzelnder Ge-
brauch von at, wenn dies nämlich ähnlich unserm „aber" in aufgeregter
Rede einen Befehl, einen Ausruf, einen Wunsch einleitet, z. B. Catull 3, 13
at vohis Sit male. So findet sich at bei den Komikern, selten bei Cic. und
überhaupt in der Prosa, öfter bei august. Dichtern. Die Stelle Liv. 1, 12, 5
at tu pater dcum hominumque arce hostes weist auf alten Ursprung, denn
solche sakrale Formeln pflegen wenig unter der Entwicklung der Sprache
zu leiden.
464 ^* LateiniBohe Grammatik, d) Lateinische dyntaz.
186. Die Partikel autem ist bei Cicero sehr beliebt, namentlich in
den philos. Schriften, weniger in den Reden, höchstens in den schon ziemlich
senilen Philippicis; dagegen erfreut sie sich nicht sehr der Gunst der Histo-
riker, von denen es z. B. Tacitus höchst selten gebraucht. Denn autem
eignet sich seiner ursprünglichen Bedeutung gemäss (vgl. Ziemer, Junggi*.
Streifzüge p. 135) weniger für die historische Darstellung, als für den
Konversationston und die philosophische Erörterung. So ist in der Um-
gangssprache unter anderm bemerkenswert die Verwendung von autem in
der direkten Frage; damit werden die verschiedensten Affekt^ ausgedrückt
oder bereits Gesprochenes erklärt, korrigiert u. s. w., z. B. Liv. 21, 44, 7
in Africam trafiscendes, Transcendes aulem dico? u. Cic. Att. 5, 15, 3
quid in re puhlica fiat Fiat autem? Jmmo vero etc. Das letztere, nämlich
die Selbstverbesserung durch die Frage, ist mit Cic. aufgekommen, das
übrige findet sich schon bei den Komikern.
187. Atqui, dessen Nebenform atquin selbst bei Cicero, z. B. Phil.
10, 17, dorn. 12, sonst im ganzen sehr selten und zur Vermeidung des
Hiatus von Stat. Theb. 6, 161 gebraucht wird, dient dazu, allen Ernstes
einem Vorredner das Gegenteil seiner Behauptung zu versichern. So findet
es sich bei den Komikern, in den philosophischen Dialogen des Cic, in
den Satiren des Horaz, bei Liv. Plin. mai. Suet. in eingestreuten Dialogen,
seltener bei den genannten Autoren in zusammenhängender Rede. Ausser-
dem ist bemerkenswert, dass atqui einen Bedingungssatz einleitet bei Ter.
Cic. Hör. und seit Cic. nach einer Frage das Gegenteil versichert, z. B. bei
Curt. u. Flor.
188. Ceterum = unserm „übrigens** lesen wir schon bei Ter., aber
abgesehen von Cic. Q. Fr. 2, 12, 1 nicht bei Cic. u. Caes., häufig bei Sali.
Liv. Petron Curt. Tac. Suet. Um die Wirklichkeit gegenüber dem Scheine
zu versichern, brauchen es Sali. u. Tac, dieser aber erst in den Annalen,
Plin. pan. u. Suet.; vgl. Sali. Jug. 76, 1 sinmlabat sesc negoti gratia pro-
perarCy ceterum prodiUonem timebat (= „in Wahrheit aber**).
189. Vero ist bei Plautus immer blosse Beteuerungspartikel, während
verum bei ihm immer adversative Bedeutung hat; bei Terenz aber wie in
der klass. Sprache wird vero bereits adversativ gebraucht, wenn es auch
hier seine ursprüngliche nachdrücklich beteurende Bedeutung an manchen
Orten bethätigt; bei den Historikern jedoch erscheint es ziemlich abgeschwächt
und nicht von auteln verschieden, ebenso bei Petron, wo es geradezu als
Übergangspartikel fungiert. — Bei Cicero hat man beobachtet, dass mit
der Entwicklung der Diktion, namentlich in den Reden, verum gegenüber
srd zurücktritt,
19(). Ein beachtenswerter Gebrauch der Konjunktion nut ist, dass
sie eine vorausgehende Negation weiterzuführen sich eignet. Dies findet
sich indes erst seit Cic. häufiger, auch bei Caes. Sali., den aug. Dichtern,
Liv. Petron Tac, z. B. ann. 15, 61 nihil triste in verbis eius aut vuJtu.
Ahnlich wird auch vel bei Cic Caes., den aug. Dichtern, Liv. getroff*en
und ve bei Verg. Tibull.
Anmerkung. Übrigens dienen auch die kopulativen Konjunktionen et que atqtte
dem gleichen Zweck und zwar sogar bei Cic. und Caes; hier lesen wir selbst ne et — et
2. Der zaBammengesetzte Satz: c. Die Beiordnung. (§ 186—195.) 465
statt ne aut — aut^ wenn — wie C. F. W. Müllbb sa^ — hervorgehoben werden soll,
dass das Zusammentreffen von beiden zugleich zu verhüten ist.
191. Im Fragesatz steht aut^ wenn nicht eine Ausschliessung der
Frageglieder beabsichtigt ist, sondern die Erweiterung des zweiten durch
das erste, oder wenn in gleicher Weise ein Fragesatz an einen andern an-
geknüpft wird; so bei Plaut. Ter. (Andr. 236 hocinest humanuni factu aut
inceptu?), Cic. Caes. Sali. Petrön Tac. Dagegen ist aut in der Disjunktive
durchaus unzulässig. Korrespondierendes aut — aut im Fragesatz erscheint
erst seit Cicero, z. B. p. Rose. Am. 118 num aut ille lanista aut isie disci-
pulus videtur etc.
192. Die Konjunktion vel, welche die Wahl zwischen mehrern ge-
nannten Begriffen dem Belieben anheimgiebt, bekommt bei Ovid und dann
in der silbernen Latinität auch die Bedeutung von aut, z. B. Tac. ann. 14, 35
wncendum illa acie vel cadendum. — Bemerkenswert ist bei vel die seiner
Etymologie entsprechende Bedeutung „zum Beispiel", welche Plaut, noch
selten hat, ebenso Terenz, dann aber namentlich Cicero, so in den Briefen,
z. B. ad Fam. 7, 24, 1 amoris quidem tui, quoquo me vcrti, vestiffia [videoj,
vel 2>roxime de Tigellio. — Das korrespondierende vel — vel \^t in der
klassischen Sprache streng von et — et zu scheiden; dagegen lässt sich
nicht verkennen, dass an einigen Stellen bei Plautus vel — vel = „sowohl —
als auch'' ist, und dass in der späten Latinität, so namentlich auch im
afrikanischen Latein, wo vel und et durcheinander geworfen werden, vel
— vel vollständig die abgeschwächte Bedeutung von et — et angenommen
hat; ja bei Cyprian findet sich sogar die Korresponsion vel — et.
193. Während das einfache ve der ganzen Latinität angehört, jedoch
so, dass es bei Plaut, und überhaupt im Altlat. mehr kopulative als
disjunktive Bedeutung hat, ist die Korresponsion ve — ve dichterisch; sie
kommt indes schon bei Ennius vor (ann. 302 L. Müller: prudenter quod
dicta loquive tacereve posset), dann bei Verg. Hör. Ovid, öfter bei Tibull,
und bei spät. Dichtern.
194. Sive in der Bedeutung „oder" (also mit Unterdrückung jeder
kondizionalen Färbung) findet sich bei Lucr. u. Lucil., dann bei Cic. (z. B.
Q. Fr. 2, 3, 2 dixit Fompeius sive voluit), nicht jedoch in den rhetor. und
philos. Schriften, fehlt bei Caes. Sali., fast allen Dichtern (Ovid. u. Verg.
je 1 Stelle) und vielen spätem Prosaikern. Häufig brauchen es Vitruv,
Plin. mai. Tac. Aur. Vict. script. bist. Aug. Veget. Macrob. Auch sive hat
im Spätlat. gerade wie vel seine Bedeutung geschwächt, so dass es = et
geworden, die Beispiele siehe bei Rönsch, Semas. Beitr. H, p. 82.
195. Auch das Fragewort an erscheint als Disjunktivpartikel; aus
dem Altlat. ist nur eine Stelle aus Acc. erwähnt, häufig ist der Gebrauch
bei Cic, namentlich in den Briefen, aber auch in den philos. und rhetor.
Schriften, nicht in den Reden, vereinzelt bei CatulL, Sali, und Varro, etwas
häufiger bei Livius, bei Tac. ist es geradezu Lieblingspartikel, jedoch nur
in den Annalen, wie bei Sali, nur in den Historien, z. B. Sali. Hist. U 10 D.
perrexere in Hispaniam an Sardiniam. Zu erklären ist dies als eine vom
Sprechenden an sich gerichtete parenthetische Frage „oder wars nach Sar-
dinien?" Aber bald verschwand dies Bewusstsein, und man fühlte keinen
Hftndbucb der klass. AltertauiBWifleenachafl. n. 2. Aufl. 30
466 B. Lateinisohe (hrammatik. d) Lateinisehe dyntax.
unterschied mehr zwischen aut und an. Nach Tac. wird der Gebrauch
vereinzelt noch gefunden, so bei Suet. Apul.
Anmerkung. Die Willkür im Gebrauche der disjungierenden Konjunktionen
zeigt sich wie bei den kopulativen (vgl. § 175) schon frühe. So verwendet Vitrav OMt
oder sive ohne Unterschied, Plin. mai. unterscheidet kaum zwischen stve^ rel und aut,
ähnlich Tac, hauptsächlich um die Konzinnität zu vermeiden und Abwechselung in d'w
Diktion zu bringen, ebenso Vegetius und Macrobius und die Peregrinatio ad loca sancta.
196. Die Konjunktion nam war ursprünglich blosse Versicherungs-
partikel und hat sich so in der Umgangssprache der späteren Zeit, sogar
bei Cicero in dialogischen Partien erhalten, z. B. Verr. 1, 133 nam weher-
cule^ inquity sie agamus, ja wahrhaftig, so wollen wir es machen. Schon
frühe macht sich im Gebrauche dieses Wortes — welches ausser an einigen
Stellen bei Hör. u. Verg. immer am Anfange erscheint — die begründende
Natur geltend und dabei ist dann vielfach eine Art Brachylogie zu Tage
getreten. Diese wird schon bei Plaut, und Ter. wahrgenommen, hat aber
ihr eigenstes Feld bei Cicero, findet sich jedoch auch bei Sali. Curt. Tac.
scr. h. Aug. in mehreren Erscheinungsformen von stilistischer Wichtigkeit
(in der Figur der Praeteritio und der Occupatio). Vgl. Sali. Cat. 52, 33
ignoscite Cethegi adulescentiae . . . nam quid ego de Gabinio . . loquar?
und meine Anm. — Ganz spät erst tritt eine Entwertung von nam ein,
z. B. bei Commodian ist es fast = rf«, bei Dracont. = ae oder sed; zweifel-
haft bleibt, ob ersteres auch für den Juristen Gaius angenommen wer-
den darf.
197. In Fragesätzen wird nam im Altlat. noch teilweise vorangestellt,
z. B. Ter. Phormio 732 nam quae haec amis est? Doch erscheint es auch
schon bei Plaut, und Ter. und dann in der ganzen Folgezeit an das Frage-
wort angehängt oder (nur bei Dichtern) ihm wenigstens nachgestellt, z. B.
Verg. ecl. 9, 39 quis est nam ludus in undis? — Merkwürdig ist quianam
bei Ennius Naev. Att. Plaut. Lucrez u. Vergil, z. B. Naev. Poen. 18 L. Müller:
stimme deum regnator, quianam me genuisti? Hier hat dasNeutr. plur. quin
die interrogative Bedeutung erhalten ; vgl. Reichardt, Neue Jahrb. 1 889, S. 120.
198. Die Konjunktion namque ist bei Plaut, u. Ter. noch sehr selten
und steht nur vor Vokalen; auch in der klassischen Sprache wird sie wenig
gebraucht (jedenfalls nicht in dem § 196 u. 197 erörterten Sinne), öfter
verwenden sie Varro, Nepos, Catull, Sali. Verg. Liv. Tac, davon Catull u.
Varro zuerst postpositiv, dann auch Livius und namentlich Val. Max. und
Justin öfters, selten Tac, sehr häufig Gell. u. Apuleius, fast regelmässig
Firm. Mat. und immer Florus.
199. Das mit nam eng verwandte enim (wie eheti neben Act/, ehern
neben hem) erscheint im Altlat. (Plaut. Ter.), auch bei Lucrez (6, 1277,
aber Lachmann interpungiert nach pendehantur cnim), dann wieder bei den
Archaisten auch an erster Stelle, was seit der klassischen Zeit sonst nicht mehr
zulässig ist. In der Regel nimmt es die zweite Stelle ein, rückt aber oft,
wenn die ersten Wörter des Satzes eng verbunden sind, an die dritte und
vierte Stelle und noch weiter zurück. In seinem Gebrauche hinsichtlich
der Verbindung der Sätze ist es nicht wesentlich von nam verschieden;
nur ist zu bemerken, dass es bei Plautus ausschliesslich und bei Ter. noch
überwiegend Beteuerungspartikel ist, und dass es im afrikanischen Latein,
2. Der zaBammeiigesetKte Satz: c. Die Beiordnimg. (§ 190—203.) 467
sowie überhaupt im Sp. L., seine Kraft fast verloren hat und in blosser
Aufzählung erscheint.
Anmerkung. Die Ansicht Langen *s, dafis enini bei Plaut, ausschliesslich stark
versichernde Partikel ist, wird von Gutjahb-Pbobst, Beitr. III p. 244 als zu eng bestritten,
aber von Niemeyeb zu Trin. 705 aufrecht erhalten.
200. Etenini ist im Altlat. noch sehr selten (fehlt bei Plautus ganz)
und wird erst seit Varro und Cic. häufiger gebraucht, nachgestellt nicht
vor Horaz, dann bei Plin. mai. Apul. Juristen und eccl. Sein Gebrauch ist
noch in der silbernen Latinität weniger ausgedehnt als der von nam und
enim\ so fehlt es z. B. bei Curtius; dagegen ist es Lieblingspartikel bei
Apuleius.
201. Qui^ype ist ursprünglich Fragewort, an welches die Antwort
ohne weiteres angefügt wurde, z. B. Ter. Phormio 361 ff. nam iam adu-
lescenti nihil est, quod suscenseam, siillum minus norat; quippe hämo iam
grandior ruri fere se continebat „dem jungen Mann kann ich nicht zürnen,
wenn er jenen weniger kannte; warum denn? nun der alte Herr- etc.
Daraus entwickelte sich mit Verwischung der ursprünglichen Bedeutung
der kausale Gebrauch und allmählich wird quippe zum abgeschliffenen Ad-
verb, das bei Cic. p. Mil. 12 movet me quippe lumeti curiae sogar mitten
im Satze stehen konnte. Schon bei Sali., namentlich aber bei Liv. Curt.
u. Justin wird quippe häufig gebraucht vollständig synonym mit ewiw, und
zwar bald an erster bald an zweiter Stelle des Satzes (Paucker, Z. f. ö. G.
1883 p. 333).
202. Ergo (= ex rego „aus der Richtung her, aus dem Grunde,
deswegen^) findet sich häufig im Altlat., manchmal verstärkt durch me-
casior, edepol u. ä. so, dass z. B. bei Plaut, immer der vorhergehende Vers
die causa efficiens dazu bildet; dass dadurch ergo in vielen Fällen eine
versichernde Kraft bekommt, ist selbstverständlich. Bei den august. Dich-
tern (Horaz, Ovid, Properz) drängt sich bisweilen der Satz mit ergo als
Ausdruck einer starken Empfindung seinen Prämissen vor und lässt diese
nicht zu Wort kommen, z. B. Hör. sat. 2, 5, 101 ergo nunc Damo sodalis
nusquamst (vgl. dazu Kiessling). — In der klassischen Zeit wird ergo vor-
zugsweise zur Einleitung der logischen Folgerung gebraucht. In der nach-
klassischen Zeit hat sich ergo namentlich bei Curtius bemerklich gemacht,
sonst erscheint es vereinzelt.*) — Die Stellung von ergo ändert sich je
nach dem Ton, der auf ihm liegt, und der Zusammengehörigkeit der ersten
Worte eines Satzes. — Fast ganz wie ergo wird auch igitur behandelt.
Dies ist = agittir und sollte daher seinen Platz an erster Stelle des Satzes
haben. Allein es findet sich so konstant nur bei Sallust (abgesehen von
den Fragesätzen) u. Vell. Pat. und häufig bei Tac; Cicero dagegen setzt
es gewöhnlich an die zweite Stelle. Igitur wurde von manchen Autoren
sichtlich gemieden, so von Ter. in den letzten Komödien, von Caes. und
seinen Fortsetzern, den beiden Seneca, bei Spartian (scr. h. Aug.). Vgl.
Wölfflin, Archiv III p. 560, Madvig zu Cic. Fin. p. 115 und oben Stolz p. 320.
203. Itaque hat seine ursprüngliche Bedeutung „und so" nie ver-
^) z. B. bei scr. h. Aug., wo es viel häufiger ist als itaque,
30'
468 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
leugnet, wenn es auch ähnlich wie igitur verwendet wurde. Es wird schon
bei Plaut, und dann durch die ganze Litteratur angetroffen. Im Altlat.,
sowie bei Cic. Caes. Sali., erscheint es nur am Anfange des Satzes; an
zweiter Stelle sehen wir es zuerst wohl bei Lucrez, dann bei Cornif., bei
Horaz, häufiger bei Livius, Seneca und Quint., vereinzelt bei Curt. u. Val.
Max., nicht bei Tac. (der es nur an drei Stellen des Dialogus hat) und
Plin., oft aber im Sp. L., z. B. bei Justin Apul. Tert. Boeth. u. a.
204. Zur Verbindung beigeordneter Sätze dienen auch pronominale
Adverbia, wie hinc, inde, eo, ideo, idcirco, propterea, quapropier, proinde;
jedoch findan sich dieselben nicht überall, so eo u. ideo = „deshalb'' nicht
bei Cic. Caes. Sali., idcirco nicht bei Cic. Caes., ebenso propterea; jnomde
dient nur zur Anfügung einer Aufforderung, erst mit Plin. mai. Plin. min.
Tac. Curt. wird der Gebrauch freier; z. B. Plin. n. h. pr. § 20 proinde
occupantihus locum faveo,
205. Wenn von den oben besprochenen beiordnenden Konjunktionen
zwei oder mehrere zusammentreten, so kann man im allgemeinen dies nicht
als Beweis einer besonders feinen und mustergiltigen Diktion ansehen. Die
gesunde Sprache verfahrt haushälterisch mit ihren Mitteln; Abundanz im
Ausdruck verrät entweder geringe Bildung oder wenig Geschmack. So finden
sich denn auch abundante konjunktionale Verbindungen nur in der
Vulgärsprache oder in der Zeit des Verfalls der Latinität. Beispielsweise ist
et — quoque vor Livius nicht zu finden, et — etiam ist bei der steigernden
Bedeutung von etiam eher zulässig und wird daher auch bei Cic. (nicht
bei Caes. Sali. aug. Dichtern) getroffen (anders freilich et etiam bei Apul.);
etiam et ist häufig in der afrikanischen Latinität, nee non et schon bei
Varro, dann bei Verg. Plin. mai. Suet. Florus eccl.; nee non etiam ebenfalls
bei Varro zuerst, dann später in der afrikanischen Latinität, et quoque etiam
Haut. Asin. 184, nee non — quoque bei Plin. mai. Quint; etiam quoque
und quoque etiam schon bei Plaut, u. Ter. (vielleicht auch Cic. Farn. 4,
8, 1? so WöLFFLiN, Cass. Felix p. 427, anders Streicher, Comm. philol.
Jenens. III, 158), dann im afrikan. Latein; verum vero bei Cato Plaut,
(vgl. jedoch § 189), sed autem bei Plaut. Ter. Verg., sed vero bei Plaut,
und Cic. sind etwas anders zu beurteilen, indem autem entweder = „auch**
oder „seinerseits, wieder" und t^ero = „gar noch" bedeutet; cr(fo igitur
lesen wir bei Plaut., dann erst wieder in dem afrikanischen Latein, bei
Apul. nur in Met., ferner bei Claudian, itaque ergo bei Ter. u. Liv.;
quippe eienim und namque enim im afrikanischen Latein (bei Plaut.
Trin. Ol namque enim ist enim affirmativ, nicht begründend, vgl. § 199),
quare ergo Plin. Pan. (jedoch Cic. Rose. Am. 112 ergo idcirco gehört nicht
hieher, vgl. Landgraf z. St.).
200. Anders verhält es sich (zum Teil wenigstens) mit der Zusammen-
stellung ungleichartiger Partikeln, z. B. sed enim, welches schon von Cato,
schwerlich von Plautus und Cicero (Arch. 5, Cael. 60, Attic. G, 1, 11 VV^es.
geändert), sicher nicht von Caes. Sali. Liv., gerne aber von den aug. Dichtern
und den Archaisten, z. B. Fronte, Gellius gebraucht wird; at enim findet
sich von Plautus bis zu den Archaisten herab, et — autem {atque — - autem)
bei den Komikern, nicht in der klassischen Sprache, aber in der silbernen
2. Der zusammengesetzte Satz: c. Die Beiordnaog. (§ 204—207.) 469
Latinität und bei den Archaisten, ncque autem bei Plaut. Lucr., sogar
bei Cic. Farn. 5, 12, 6, dann in der silbernen Latinität, Gell.; verum enim
bei Plaut. Tert., verum enim vero bei Plaut. Ter. Cic. (Erstlingsreden?)
Sali. Liv.; et vero bei Plin. mai.; enim vero bei Plin. mai. Tac. (aber
ausser 1 Stelle in der Germ, nur in den Annalen), namentlich bei Fronto,
meist zur Beteurung, bei Tac, auch adversativ.
207. Es erübrigt noch, die Verbindungen non solum — sed etiam,
non modo — sed etiam mit ihren Variationen zu besprechen. Für Cicero
ist nachgewiesen, dass er in den früheren Reden die Formeln non modo —
verum etiam, non modo — verum und non solum — verum etiam gerne
verwendet, während in den späteren Reden darin verum durch sed ersetzt
wird; verum etiam wird überhaupt in den Erstlingsschriften Cic. sehr be-
vorzugt, indessen es Cornific. Caes. Liv. Tac. sichtlich meiden; erst später
bei Plin. epp. u. Sueton. tritt verum etiam wieder in den Vordergrund.
Non solum hatte seine besondere Verwendung in der Figur der gradatio,
non tantum haben Caes. u. Sali, nicht, Cic. selten und offenbar nur zur
Abwechslung, aber Hirtius im b. Gall. VIII, Liv. Curt. und die silberne
Latinität, sowie die scr. h. Aug. Tritt nach sed, wie manchmal bei Cic.
Liv. und in der silbernen Latinität, quoque ein, so wird damit nur ein
Zusatz, nie eine Steigerung ausgedrückt. Das Fehlen von etiam nach sed
ist Gegenstand eingehender Erörterung gewesen; diese Konstruktion findet
sich bei Cic, aber nur nach non modo, bei Caesar b. G. 7, 54, bei Sali.,
sehr häufig bei Liv. und in der silbernen Latinität, bei Tac. (aber zumeist
in den Annalen); richtig dürfte sein, dass sed ohne etiam da steht, wo das
zweite Glied dem Umfange oder dem Grade nach stärker ist und das erste
umfasst oder in sich schliesst, z. B. Cic. p. Plane. § 76 non modo tacri--
wtilum, sed mulfas lacrima^ et fletum cum singultu videre potuisti; im Sp.
L., z. B. bei scr. h. Aug., findet sich jedoch dieser Unterschied nicht mehr.
Eine beachtenswerte Konstruktion, die Effekt machen musste und auch
darauf berechnet war, ist non solum ohne folgendes sed; sie gehört jedoch
ausschliesslich Liv. u. Tac. an, z. B. Tac. ann. 1, 77 nmi modo e plebe,
etiam militibtis et ccnturione. Unwillkürlich wird man an tantum abest, ut
— Hauptsatz (siehe unten 285) erinnert. — Ebenso kann umgekehrt der
erste Teil unterdrückt oder doch nur angedeutet sein, während der zweite
mit sed etiam oder öfter sed et eingeleitet wird. Dies gehört dem silbernen
und späteren Latein an; z. B. Apul. met. 10, 6 curiam, sed et pUbem
maerens inflam maverat.
Sind beide Glieder negativ, so fehlt die zweite Negation im ersten
Gliede, wenn das Prädikat am Schluss beiden Gliedern gemeinsam ist; im
zweiten Gliede steht meistens ne quidem, selten vix oder doppeltes neque.
Steht aber gleichwohl non modo non in diesem Falle — was höchst selten,
aber doch auch bei Cic. vorkommt — , so erklärt sich dies aus der Bedeu-
tung von non modo „ich will nicht sagen, nicht etwa**. Bei Cicero hat
man noch bemerkt, dass die Formel non modo nofi, verum ne — quidem
sich im ganzen nur viermal findet (dagegen oft mit sed).
Selbstverständlich bot eine so vielfacher Variation fähige Konstruktion
günstige Gelegenheit zur Anwendung mannigfacher Sprachkünste von
470 B. Lateinieche Grammatik, d) Lateinische Syntax.
welcher denn auch manieriert schreibende Schriftsteller, wie z. B. Curtius,
reichlich Gebrauch machen.
Zu § 182 vergl.: Hand, Tursellinus; Ballas, Gramm. Plautina I und II, Berlin 1884
(2. Aufl.); Ringe, Zum Sprachgebrauch des Caesar, GötÜDgen 1880 (et, que, atque); Ahtor,
Studien etc. p. 13 ff. et, p. 7 atque u. s. w. || Zu § 189: Jobdan, Krit. Beitr. p. 290 ff.
(über ast), Seyffbbt, Scholae lat. Leipzig 1870 (an mehreren Orten). || Zu § 195: C. F. W.
Müller, Ober den Gebrauch der Partikel sive, Berlin 1871. i| Zu § 196: Dombabt, Bayr.
Gymn. 1880 p. 40. || Zu § 200: Fbiisoh, nam, etenim, enim, Wetzlar 1859. || Zu §205:
WöLLFFLiN, Über die Latinität des Afrikaners Cass. Felix, Manchen 1880 p. 427. || Zu
§ 207: Wolf, De formularum non modo, non modo non — sed etc. usu Ciceroniano,
Ratibor 1856.
4. Die Unterordnung.
a. Unterordnung ohne Pronomina oder Konjunktionen.
208. Die Behandlung der Satzunterordnung wird in einer historischen
Syntax nicht ohne guten Grund an letzter Stelle gebracht. Denn die Ent-
wicklung des Satzbaus hat offenbar den Gang mitgemacht, den uns folgende
Reihen veranschaulichen:
1. Die Sonne scheint. — Wir wollen spazieren gehen. 2. Die Sonne
scheint; wir wollen spazieren gehen. 3. Die Sonne scheint, deshalb wollen
wir spazieren gehen. 4. Weil die Sonne scheint, deshalb wollen wir spa-
zieren gehen; und
1. Ich höre: du bist krank; 2. ich höre das: du bist krank; 3. ich
höre, dass du krank bist; und 1. Er sagte den Soldaten: gehet weg; 2. er
sagte den Soldaten, sie sollten weggehen; 3. er sagte den Soldaten, dass
sie weggehen sollten.
Es ist eine durch die Natur der Sache gegebene und durch die Re-
sultate der Sprachforschung bestätigte Thatsache, dass aus dem einfachen
Satze durch Anfügung eben eines solchen sich zunächst die Beiordnung er-
gab, und dass erst mit der fortschreitenden Entwicklung der Sprache sich
aus der Beiordnung die Unterordnung herausbildete, indem die eine der
Handlungen als die bedeutendere (Hauptsatz), die andere als die unbedeu-
tendere (Nebensatz) empfunden wurde; als die bedeutendere erschien die-
jenige, welche geeignet war, den Zusammenhang und die Verknüpfung mit
neuen Gedanken zu vermitteln. Wenn nun auch in der vollendeten Periode
der Sprache die Unterordnung überwog und Relativsätze, sowie Konjunk-
tionalsätze zur schärferen logischen Präzisierung des Verhältnisses der
Gedankenkomplexe zueinander an Stelle koordinierter Sätze eintreten, so hat
sich doch die ursprüngliche Beiordnung nicht ganz verdrängen lassen, und
oft tritt sie uns entgegen, wo Unterordnung uns mehr am Platze schiene
oder wo man, wie bei licet, dies Verhältnis ganz verkannt hat. Selbst-
verständlich wird dies überall da der Fall sein, wo die naturwüchsige Sprache
des Volkes zur Geltung kommt, ferner bei den Dichtern, denen die streng
logische Periodisierung weniger entspricht, als die schlichte Anknüpfung
eines Gedankens an den andern (vgl. Horaz sat. 2, 7, 68 cvasit: crcdo,
metues dodusque cavebis ^=^ ut evaseris credo tc . . docfum esse catäurum),
wo also die logische Beziehung der Phantasie des Lesers überlassen bleibt,
dann in der sinkenden Latinität bei den Schriftstellern, welche die Ursprung-
2. Der zuBammengeBetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 208 209.) 471
liehe Einfachheit der Sprache affektieren, d. h. bei den Archaisten, und
schliesslich bei den Kirchenschriftstellern, bei denen die Rücksicht auf ihr
Publikum eine kunstvolle Satzbildung ausschloss.
Die einfachste Art der Zusammensetzung zeigt sich in Sätzen wie bei
Petron 129 crede mihi: nan intellego, und Cic. ad Att. 2, 11, 1 narro tibi,
plane relegatus mihi nideor. Sobald einmal die Sprache in den Modi das
Mittel geschaffen hatte, das Wirkliche vom Gedachten oder Gewünschten
zu unterscheiden, wurde die Anfügung schon mannigfaltiger; so lesen wir
bei Naev. diu vivat volo „er möge lange leben, ich wills", bei Plaut, cedo
bibam, manc sis videam in offenbarer finaler Beziehung, dann iube veniat
in urbeni u. a. So werden nun die mannigfachsten inneren Verhältnisse
zweier Sätze zu einander durch einfache Zusammenstellung angedeutet; ich
erwähne: Plaut, und Ter. absque me esset, faceretn (Jordan, Krit. Beitr.
p. 313 f.) kondizional; Tac. bist. 4, 58 in volkstümlicher Rede sane ego
displiceam: sunt alii legati konzessiv; Plin. ep. 1, 12, 8 dcdisses huic animo
par corpus: fecisset etc. kondizional (d. h. dedisses ist wünschend, aber
„Wunsch und Bedingung sind Zwillinge, die Formen der Bedingung sind
daher naturgemäss die des Wunsches** Wegener p. 188); Catull 66, 18
non Vera gemunt: ita me di iuvennt, wie bei Ter. in der Schwurformel,
später nur mit ut eingeleitet; Varro r. r. 1, 2, 26 est satius dicas, ib. 1,
2, 16 und oft licet adieias, also ein sogen. Inhaltssatz, Petron 61 oro te,
sie me felicem videas, narra, 75 rogo, sk pcculium tuum fruniscaris, ifispue
etc.; Cic. Att. 2, 15, 3 nondum plane ingemueram: „salve*', inquit Arrius,
temporal; PI. Men. 572 morem habent hunc: cluentes sibi omnes volunt esse
multos, konsekutiv etc.
Einen Schritt weiter geht die Unterordnung durch die Personen- und
Tempus- (ev. auch Modus-) Verschiebung. So wird aus dem rogo venias in
der Erzählung rogavi veniret; ebenso erklärt sich Tac. ann. 1, 35 ferirct
hortabantur und alles im folgenden Paragraphen zu Besprechende. Auch
der Acc. c. inf. gehört hieher, denn polliceor: veniam wird polliceor me
vcnturum esse, und noster socer vidco venit zu iiostrum socerum vidco venire.
Tritt zu hortabantur ferirct ein ut, zu nondum plane ingemueram.
„salve*', inquit Arrius ein quom, welche Wörtlein sofort die Unterordnung
und die Art derselben anzeigen, so ist die Hypotaxis förmlich ausgebildet,
und wir haben Haupt- und Nebensatz, d. h. eine Periode.
209. Einfache Parataxe finden wir zunächst bei den v. sentiendi
und dicendi, wenn sie in der I. Person eines präsentischen Tempus oder
in einer Aufforderungsform erscheinen; aber auch hier ist sie auf gewisse
Verba wie credo fateor pufo opinor u. ä. beschränkt, die selbst nicht überall
auftreten, wie z. B. S2)ero und seio nicht bei Cic, opinor nicht bei Ter.,
moneo nur bei Plaut, so konstruiert wird. Allgemein üblich im Altlat.
und überhaupt in der Volkssprache ist die Parataxe, wo sie schwerfällige
Periodisierung vermeiden hilft, z. B. Ter. Hec. 756 quod pol^ si esset alia
ex hoc quaestu, Imud faceret, scio. Dann gehört hieher certum est bei
Plaut., das auch bei Cic. und überhaupt in der klassischen Zeit sich findende
cave, ferner fac bei Plaut. Ter. Cato, Cic. epp., facito bei Varro und
besonders faxo mit folgendem Fut. oder (ganz vereinzelt) Eonj. Praes. bei
472 B. LateiniBche Gr&mmatik. A) Lateinische Syntax.
Plaut. Cato, weniger oft bei Ter., dann nicht mehr. Die V. des Wollens
konstruieren sich so in allen Zeiten, z. B. PI. Pers. 245 noh ames und
Gell. 4, 1 nolo labores, ebenso oportet und nccesse est und wie erwähnt
licet; opus est wohl nur in Plin. epp.; selten operam do, z. B. Pomp, und
Plane, in epp. an Cicero, welche als echte Dokumente der Umgangssprache
überhaupt sehr reich an einfachen Parataxen sind. Dazu kommen die V.
des Bittens besonders bei Cic. epp. Sali. aug. Dichtem und noch spät
bei eccl., wie z. B. Cyprian fast regelmässig in seinen Briefen, ep. 8, 3
sed et vos petimus meniores sitis schreibt; dann die V. des Ratens, z. B.
Cic. Fam. 7, 7, 1 essedum aliquod capias stuideo, auch bei Plaut. Nep. epp.
an Cic. und bei Petron, der selbstverständlich viele Parataxen aufweist,
schliesslich sino, aber nur bei Plaut. Catull. aug. Dichtern Liv.
Der angefügte Satz kann auch negativ sein, z. B. PI. Poen. 909 ita
dei faxint: ne apud lenofiem hunc so-viam; hier ist ne serviam Wunsch-
satz; die weitere Ausbildung dieser Satzform siehe 211 u. 212.
Wir sehen somit die einfache Parataxe auf den Dialog, den Briefstil
und die volkstümliche Rede beschränkt. In epischer Erzählung und histo-
rischer Darstellung hat sie sich nur mittels der Personen- und Tempus-
verschiebung einfuhren können ; die vollendete klassische Diktion bevorzugt
die vollständige Durchführung der Hypotaxe mittels der Konjunktionen.
Anmerkung. Wie mit dem Vordrängen der Konjunktionen immer mehr das Gefabl
und Verständnis ffir die ursprüngliche Parataxe verblasste, ersehen wir aus der Geschichte
von licet, welches allmählich zur förmlichen Konjunktion erstarrte und so wie quamvis bei
Dichtem und später bei Ammian auch mit Adi. und Part, sich verband, z. B. Anm. 21, 3, 8
milites licet numero imparea, oder den Indikativ zu sich nahm, z. B. bei Ulpian, Apul.
Macrob. Ammian. und regelmässig in der Vulg., wo umgekehrt quamquam immer den
Konj. nach sich bat.
210. Die Übergangsform von der Parataxe zur Hypotaxe mittels
Personen-, Modus- und Terapusverschiebung ist vorzugsweise nach
den VV. der Willensrichtung bemerkenswert (wobei wir den BegriflF
„Willensrichtung" sehr weit fassen) und zwar mit positivem oder nega-
tivem Nebensatze und dann in der sogen, indirekten Frage. Wir betrachten
zunächst die erstberührte Konstruktion.
Dieselbe kommt schon im Altlat. öfters vor neben der 209 be-
sprochenen, also sino irattis sit und sivi viverent neben smc te exorem
(„lass es zu, ich möchte dich erbitten**, wo einfache Zusammenstellung,
während bei sivi viverent dies nicht der Fall ist). Beispiele bieten besonders
Plaut, u. Cato, ferner Ennius, weniger Terenz; im Hauptsatz stehen Verba,
welche zumeist ein Postulat oder dessen Verwirklichung bezeichnen wie
curo, dicOy impetro, rogo u. ä.
In der klassischen Zeit und der spätem Latinität erweitert sich die
Zahl der Verba durch Analogiebildung; jedoch entfällt der Hauptanteil auf
die Dichter, die poetisierenden und archaisierenden Prosaiker, so namentlich
Apuleius, welcher viel Singuläres wagt, während Cic. (zumal in den sorg-
fältig ausgearbeiteten Reden), sowie Caesar nur wenig von Belang bieten.
Bemerkenswert ist, dass iubere — dessen einfache Parataxe aus Plaut, in
208 zitiert ist — im b. Alex, und Hisp., dann bei den aug. Dichtern, bei
Liv. und den folgenden Historikern bis zu den script. bist. Aug. herab so
konstruiert erscheint, z. B. Tac. bist. 2, 46 bomim haberet animum iubebant,
2. Der EUBammengesetzte Satz: d. Die ünterordnong. (§ 210—211.) 473
da88 p ermitter e seit Sali, namentlich im publizistischen Stile, welcher,
wie Sali. Cat. 29, 2 senatus decrevit, darent qperam eonsules zeigt, gerne
stehende Formeln in Parataxe anfügt (z. B. Liv. 33, 45 faceret, gtwd e re
publica cemeret esse, permiserunt) so auftritt, und schliesslich dass von den
VV. des Verlangens nie flagitare und poscere so konstruiert werden,
während postulare und petere sogar bei Caesar sich finden.
211. Die mit ne eingeleiteten Nebensätze gehören auch hierher;
denn bei ihnen findet entweder einfache Parataxe statt, z. B. Ter. Haut.
783 ita tu istaec misccto, ne me admisceas (»auf folgende Weise sollst du
mischen: mische mich nicht hinein'') und Caecina bei Cic. Fam. 6, 7, 6
ita eorrigas Ubrum, ne mihi noceat^ oder mit Personen und Tempusverschie-
bung, z. B. Cic. har. resp. 21 quod f rater consul ne fieret restiterat; schon
frühe hat man jedoch die Negation ne zugleich als Konjunktion gefühlt,
weshalb auch ut ne nicht recht aufkam oder — wie bei Cicero — seinen
bestimmt ausgeprägten Charakter erhielt.
Solche Sätze mit ne reihen sich an Hauptsätze an, deren Verbum ein
Machen und Bewirken bedeutet, und zwar in der ganzen römischen Littera-
tur; ferner stehen sie nach VV. des £rreichen8, aber mit ganz vereinzelten
Ausnahmen in der vorklassischen und klassischen Zeit hauptsächlich erst
seit Livius, z. B. Suet. Jul. 23 obtinuit reus ne fieret; dann nach den sog.
VV. impediendi, ganz vereinzelt im A. L., z. B. Plaut. Trin. 87 und Ter.
Eun. 809, häufiger erst seit Cicero, z. B. ad Att. 11, 13 plura ne scribam
dolore impedior, nicht bei Caesar, selten bei Sallust, öfter bei Livius und
in der silbernen Latinität; dann nach itibeo (vgl. auch 210) bei Hirtius b.
Call. 8, 52 und den Script, bist, aug., nach impero sogar bei Caesar (aber
sonst nur noch bei Ter.), ferner nach den VV. des Verbietens vorklas-
sisch, klassisch und nachklassisch, jedoch selten, sogar nach veto bei
Horaz; schliesslich nach den VV. cavendi allenthalben, während mit der
Konstruktion von ne nach temperare Plaut, keine Nachahmung ge-
funden, sondern nur eine Analogie bei Livius (3, 11 eonsules se abstine-
bant ne — offerrcnt) hervorgerufen hat. Daran mag sich das im Altlat.
und nachklassisch selten, bei Cicero um so häufiger gebrauchte video ne
anreihen.
Die Konstruktion der VV. timendi ist hier auch zu besprechen. Metuo
ne veniat — „ich fürchte, dass er kommt', eigentlich „er soll nicht kommen,
ich bin in Angst davor**; aus diesem metuo ne veniat entstand für den
verneinenden Fall metuo ne non veniat in einfacher Ausbildung der Kon-
struktion. Statt ne non steht ut, aber nur nach metuo, timeo, vereor, paveo,
und dies nach paveo nur bei Komikern, nach metuo und timeo auch bei
Cic. und Caes. (ganz selten, z. B. Cic. Plane. 77), nach vereor nur bei Pac.
Ter. Cic; ne non ist ganz selten bei Komikern, häufig bei Cicero, nach
ihm aber nirgends mehr zu finden. Aus dieser Entstehung der Konstruktion
der VV. timendi erklärt sich auch, dass auf sie, selbst bei unzweifelhafter
Beziehung auf die Zukunft, gleichwohl Konj. Praes. oder Imperf. folgt;
Ausnahmen sind selten, z. B. Varro 1. 1. 165 M vereor ne plures sint futuri;
Cic. Verr. 5, 163; Parad. 2, 18; Matius bei Cic. Fam. 11, 28, 8 und im
Sp. L. Sulp. Sev, M. praef. 2 scd vereor ne tu ei iantM sis futurus. — Auch
474 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
die kausativen VV., welche hieher gehören, nämlich „in Furcht setzen*
und »abschrecken'*, werden mit ne konstruiert, aber höchst selten, doch
auch bei Cicero, z. B. Att. 2, 17, 2 solebat enim me pumjere, ne Sampsi"
cerami mcrita in patriam maiora viderentur qtmm nostra; vgl. noch Hör.
od. 1, 2, 4 terruit urbem, grave ne rediret saeculum Pyrrlme.
Im übrigen finden wir mit ne eingeleitete Sätze an alle Sätze ange-
fügt, die eine Handlung ausdrücken, welche in einer zu nennenden Absicht
ausgeführt wird, so namentlich nach VV. der Bewegung u. ä. Dies geht
durch die ganze Latinität hindurch.
212. Schliesst sich ein zweiter Satz mit ne an einen ersten mit oder
ohne ne eingeleiteten Aufforderungssatz an, so wird statt des seltenen et ne
oder des erst im silbernen Latein aufkommenden ae ne gewöhnlich neve
gebraucht und zwar in allen Zeitaltern der Sprache. Ein korrespondierendes
neve findet sich selten, bei Cicero nur — was dann eigentlich nicht mehr
hieher gehört — nach einleitendem xit, aber bei Caesar, einmal bei Liv. 30,
37, 4 bellum neve in Africa neve extra Africam gererent und Hör. ars
poet. 189. — Selten ist die Anknüpfung mit nee statt mit neve; bei Cicero
wird nee nach ne nie angetroffen (vgl. C. F. W. Müller zu Cic. off. 1, 91),
auch nicht bei Caes. und Sali., aber bei Nepos, bei Vitruv, welcher neve
gar nicht kennt, bei Liv. Flor., nach Liv. vereinzelt, häufig bei Dichtern,
so schon bei Plaut., bei Verg. Hör. Ovid u. a.
213. Wenn eine Frage mit einer Aussage in Beziehung gesetzt
werden soll, so geschah dies ursprünglich durch einfache unveränderte Zu-
sammenstellung beider nach der 208 besprochenen Weise, also die: quis
emit? oder quaesivit: cur afuisti? Sobald aber mit dem Fortschreiten der
Sprachentwicklung eine innigere Verbindung beider Sätze als Bedürfnis
empfunden wurde, trat an Stelle des Indikativs der die Unterordnung be-
zeichnende Konjunktiv, also die quis emerit, ferner fand eine Tempus- und
Personenverschiebung statt, also qu<iesivit cur afuisseni; dazu kam in ein-
zelnen Fällen noch die Scheidung im Gebrauche des Frageworts, indem wie
im Griechischen manche Fragewörter der direkten Frage sich vorzugsweise
eignen.
Anmerkung. Kine andere Art von Verbindung ist die vollständige Verschmelzung
beider Sätze zu einem Gedankenkomplex, wobei der Fragesatz als der wichtigere erschien
und den Hauptsatz zu einer Art pronominaler oder adverbialer Bestimmung herabdrückte.
Dies ist vorzugsweise der Volkssprache eigen, findet sich aber auch vereinzelt bei Cic.
namentlich in den Briefen, bei Sali. Liv. Plin. mai. Tac. und ihren Nachahmern; hieher
gehört nescio quis, nescio quo pacto, dann aber sane quam, per quam, admodum quam,
oppido quam, 7nirum quantum, nimium quantum und analog gebildete Wendungen, z. B.
Sali. H. 2, 79 D immane quantum, Plin. mai. infmüum quantum congelat und Justin, in-
credibile quantum gloriae dedit.
214. Im Altlateinischen hat sich der Indikativ in der indirekten
Frage noch vielfach erhalten, d. h. die Stellung des Fragesatzes zum
Hauptsätze ist eine ziemlich selbständige, namentlich in den eigentlichen
Fragen, welche eine Antwort verlangen, dann auch in den Fragen, welche
einen Affekt zum Ausdruck bringen, z. B. inden ut adstat furcifer? (Plaut.
Most. 1172), oder welche mehr den Charakter eines Ausrufs tragen, z. B.
specta quam arte dormiunt (PL Most. 829). Wenn auch manchmal hier
ein Konjunktiv erscheint, so haben wir in demselben nicht sowohl den^
2. Der zasammengesetste Satz: d. Die Unterordnung. (§ 212—215.) 475
unterordnenden Modus zu erkennen, als vielmehr einen eigentlichen Kon-
junktiv (so namentlich dubitativer und potentialer Natur), der auch im
selbständigen Satze stehen müsste, z. B. quid fadam impera (direkt: quid
faciam, was soll ich thun?). Selbstverständlich ist der Konjunktiv, wo der
Inhalt des Gefragten noch zweifelhaft und ungewiss ist, z. B. rcnuntict
mihi velitne an non, oder wo bloss über eine Frage gesprochen wird, z. B.
Cato r. r. 1 praedium quod primum siet, si me rogabis, sie dicam, oder wo
der Fragesatz infolge einer Prolepsis seines Subjektes — welche oft bei
den Komikern vorkommt — die wesentliche und notv^endige Ergänzung
des Hauptsatzes bildet, z. B. Plaut. Fers. 635 patriam te rogo quae sit,
oder wo ein Modusausgleich eintritt, z. B. Plaut Rud. 638 ut mi istuc
dicas negoti quid sit.
In der klassischen Sprache darf der Konjunktiv in der indirekten
Frage als Regel erkannt werden, und hier ist er oft lediglich subjunktiver
Modus. Dagegen kann man doch im Zweifel sein, ob man nicht seit
Lambins Vorgange zu strenge verfahren ist, wenn man alle Indikative
verbannte. Mir scheint es sicher, dass bei Cornificius, bei Varro, bei Cic.
in den Erstlingsschriften und in den epp. ad Att., in den Briefen an Cicero,
überhaupt in all den Schriften auch der klassischen Zeit, welche der Volks-
sprache nahe stehen, der Indikativ der Überlieferung vielfach zu halten
ist, so Cic. Att. 13, 18 mdes propinquitas quid Jiabet; Lambin hat am
Rande v. c. quid Imbct, im Texte aber habeat, was Baiter trotz Med. auf-
genommen.
Die Historiker wie Caes. Nepos Sali. Liv. Tac. brauchen durchaus
den Konjunktiv, nicht so die Dichter wie CatuU Vergil und besonders Pro-
perz. Die Archaisten sowie die plebeische Diktion des Petron, auch Vitruv,
haben oft den Indikativ, der mit dem Überwuchern der Volkssprache all-
gemein aufkommt; so sagt z. B. der Grammatiker Diomedes ncscio quid
facis mit der Bemerkung cruditius enim dicetur y^nescio quid facias**. Die
spätlat. Schriftsteller weisen fast nur den Indikativ auf, z. B. bist. Apoll,
eccl. gramm. u. s. w.
215. Bezüglich der die einfache indirekte Frage einleitenden Frage-
wörter mag folgendes genügen: Quis und qui werden im Altlat., über-
haupt in der Volkssprache, nicht geschieden, weshalb auch bei Sali. Cat. 44, 5
qtä sim und Nep. Them. 8, 6 qui sit zu lesen ist. — Qui kommt öfters im
AltJat. vor, z. B. Acc. (Ribb. tr. 149, 103) fiec quei te adiutem invenio,
auch bei Plaut. Ter., doch nicht allein modal, auch instrumental, selten in
der klassischen Sprache, öfter bei Liv. — Quor ist selten im Altlat., da-
gegen cur in der klassischen Zeit häufig, dann bei Dichtern (nicht bei
Catull und Tibull, aber bei Properz) und in der nachklassischen Prosa;
hier entwickelte sich daraus die in der spätem Latinität, z. B. bei scr. h.
Aug. Hier. Ambros. Sulp. Sev. Apoll. Sidon. Lucifer u. a. nicht seltene
Bedeutung „weil**, z. B. bei Sulp. Sev. D. 2, 5, 8 frendens cur fuisset ad-
missus; ebenso verhält es sich mit qua re, das erst mit Cic, öfter indirekt
auftritt. Beide, cur und qua re, stehen in älterer Zeit vorzugsweise bei
arguere, indignari u. ä., welche wohl anfangs prägnant genommen wurden,
z. B. indignari — unwillig fragen; erst allmählich erweiterte sich der
476 B. Lateinieche Grammatik, d) Lateinische Syntax.
Gebrauch (Rebling N. Jahrb. 121, p. 367, Sittl bei Bursian 1877/83 p. 349),
so dass sie ~ quod werden konnten. — Über ut siehe unten § 278 ff. —
Ne erscheint in indirekten Fragen allenthalben, besonders nach vv. der
Überlegung; nach meiner Ansicht ist dabei unvermittelte Parataxe anzu-
nehmen, z. B. Cic. Fam. 15, 14, 4 considera, ne in alienissimum tempus
cadat advenfus tuusi „dass nur nicht deine Ankunft in eine sehr ungelegene
Zeit fällt: darauf gieb achf" ; allmählich aber bekam ne die Bedeutung eines
Fragewortes und behielt sie durch die ganze Latinität, wenn auch der
Gebrauch kein besonders häufiger ist. — Ntim fehlt bei Gatull, TibuU,
Vitruv, steht einmal bei Properz und wird nach der klassischen Zeit über-
haupt seltener und fast durchweg durch an ersetzt, welches sich vorklas-
sisch und klassisch abgesehen von einigen stereotyp gewordenen Verbin-
dungen mit scio und duhito in einfacher indirekter Frage gar nicht findet;
an nach dublto und duhium ist durch Unterdrückung des ersten Teils einer
Doppelfrage entstanden {duhito num war erst möglich, als das Bewusstf^in
von der Herleitung und Bedeutung von dubito zweifeln schwand, bei Plin.
min. u. Tac); nach dubito an, nescio an folgen in klassischer Zeit nur die
negierten Pronomina u. Adv. (also haud scio an nihil), während mit Beginn
der silbernen Latinität auch die entsprechenden positiven Formen stehen
können, so bei Val. Max. Sen. Quint. Plin. epp., z. B. nescio an ars ulla. —
Nonne in indirekter Frage gehört ausschliesslich Cicero an, und auch er
hat es nur nach quaero, — Neben an macht sich in späterer Latinität
noch ein anderer Ersatz für num geltend, nämlich si. Dies findet sich
schon bei den Komikern, dann bei Properz z. B. 2, 3, 5 quaerebam si<;ca
si posset piscis arena vivere, bei Horaz, ausschliesslich bei Vitruv, der ne,
num etc. gar nicht kennt, bei Livius und zwar nach Analogie der Verba
des Versuchens, Erwartens, bürgerte sich aber namentlich durch den Ein-
fluss der Vulg. ein, überlebte alle andern indirekten Fragewörter und ging
dann auch allein in die romanischen Sprachen über; vgl. Konstantinroman
p. 22, 21 si mortuus sit aut vivat deus seit und bist. Apoll. 43, 9 nescio
si tu possis virgo mauere, Sulp. Sev. D. 2, 11, 3 die mihi, si unquam in
hello fuisti,
216. Die in § 160 besprochenen Sätze werden durch Anfügung an
einen Fragehauptsatz indirekt, also aus nnmeam an abeam wird nescio oder
incertumst maneam an abeam. Diese Form, worin an selten, doch auch
bei Cicero durch anne ersetzt wird, geht von Plaut, an durch die ganze
Latinität. „Oder nicht" heisst in diesem Falle an non (bei Cic. fast nur in
Erstlingsschriften, nicht bei Caes., Sali., selten bei Liv.), necne bei Ter. Cic.
Hör. Quint. Suet. Das zweite Glied mit ne statt mit an eingeleitet findet
sich schon bei Ennius ann. 80 L. Müller certabant urbem Romam licmoramne
vocarent, scheint in kurzen Gegenüberstellungen beliebt gewesen zu sein,
wie der bei Cic. Phil. 2, 41 zu lesende sprichwörtliche Satz albus atcrne
fuerit ignoras beweist, wird aber nicht besonders häufig angetroffen, selten
bei Liv. Hör. Nep. Vell., gar nicht bei Caes. Sali.
Der eben zitierte Satz albus atenie fuerit lautet bei Catull 93 nee
scire studeo, Caesar, utrum sis albus an ater homo: es ist dies die üblichst«
Form der indirekten Doppelfrage; dieselbe gehört der ganzen Latinität mit
2. Der zOBammengeaetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 21(].) 477
einzelnen Ausnahmen z. B. TibuU, Properz an. Selten wird an durch annc
ersetzt; an non kommt nicht in der vorklassischen Zeit und wohl nur mit
eigenem Verb., ev. Wiederholung des im ersten Glied stehenden (ausser bei
den grobkörnigen Skribenten Varro u. Cornif.) vor, also utriim feceris an
non hnprobaris, oder Catull 17, 22 utrum sit aw nan $U ipse ncscit; sonst
steht necne, aber in dieser Verbindung auch erst seit Cicero. — Was oben
§ 160 für utrum in direkter Frage bemerkt worden, gilt auch für die
indirekte, vgl. noch Oros. 6, 17, 2 diu deliberatum est, utrum CapitoUum cum
audoribus caedis oporteat incendi.
Eine interessante Erscheinung ist utrum — ne — an bei zwei Glie-
dern, z. B. Plaud. Pseud. 688 die utrum Spemne an Salutem te salutem?
Eigentlich utrum faciam Spemne, vgl. Cic. div. 2, 129 venu in contentionem,
utrum Sit probabilius, deosne cancursare . . an natura fieri. Bald fühlte
man in utrum nicht mehr das Pronomen, und so dient das vorausgeschickte
utrum dazu, den Satz als eine Doppelfrage zu charakterisieren, die dann
erst mittels ne — an in ihren beiden Gliedern eingeführt wird; so z. B.
Cic. nat. deor. 2, 87 videamus^ utrum ea fortuitane sint an eo statu. Allein
schon Sisenna fr. 123 P. utrumne divi cultu erga se mortaUum laetiseant
an humana neglegant beachtete nicht mehr diese Entwicklung der Bedeu-
tung von utrum und fügte ne an utrum an, wie auch später Catull und
Horaz, die silberne Latinität, Tac. im Dialogus und vereinzelt Spätere,
z. B. Martial 7, 7, 9 ut ipsa magni turba nesciat drei utrumne currat
Passeriniis an Tigris,
Die bei Sallust üblichste Form der indirekten Doppelfrage, z. B. Cat.
1, 5 vine corporis an virtute procederet findet sich allenthalben, schon bei
Ennius ann. 199 L. M., mit negiertem an nur bei Gellius 16, 2 5 respon-
deas dtsierisne facere adulterium an non^ während necne so bei Plaut, und
selbst bei Cic. gelesen wird, z. B. Att. 15, 20, 5 sitne excitata necne tecum
cognoscam.
Die mit doppeltem ne gebildete Frage ist der Poesie eigen (in Prosa
merkwürdigerweise nur Caes. b. G. 7, 14 und im Sp. L. Dict. Cret. 3, 23),
zuerst bei Terenz, dann bei Tibull Verg. Hör. Ovid. Juvenal.
Wiederholtes an — an m disjunktiver Bedeutung ist ebenfalls dich-
terisch, so bei Tib. Verg. Ovid. Juv.; allein die silberne und späte Latinität
nahm die Konstruktion gerne an; vgl. Ovid. met. 10, 254 saepe manus
ojßeri tcmptantes admovet an sit corpus an illud ebur. Ja, im Spätlat. wurde
sogar an — an necne gebraucht, vgl. Tert. adv. lud. 6 quaerendum an
iam renerit an necne. Da jedoch, wie § 215 bemerkt, die nachklassischen
Schriftsteller oft in einfacher indirekter Frage an brauchen, und dies an
dann zur Fortsetzung der Frage wiederholt wird, so hat man in der Fest-
setzung des disjunktiven Gebrauches von an — an bei nachklassischen
Schriftstellern vorsichtig zu verfahren.
Vulgär und sonst aus keinem Autor zu erweisen ist si — necne und
si — seu bei Vitruv, z. B. 53, 12 si sit optima seu vitiosa statim nemo
potest indicare,
Anmerkung. Wo ein Komparativ oder ein komparativischer Begriff z. B. malle
im Fragesatz steht, kann ebenso gut qxuAm wie an das zweite Glied einleiten, z. B. Cic.
478 fi* tateiniftohe (Shrammatik. d) Lateinische fiyniax.
Farn. 4, 7, 4 Romciene an Mytüenis maües vivere u. ib. nonne PMvis sine periculo tuae
domi esse quam cum periculo alienae. Dies findeD wir noch im Sp. L., z. B. Sulp. Se?.
139, 17 H nescio an paene plus fuerit vixisse m profunda an supra maria profunda
transisse.
Vom Infinitiv u. Acc. c. inf.
217. Eine im Lateinischen ganz besonders beliebte Anfügung eines
zweiten Satzes an einen ersten zeigt sich in der Konstruktion des Akku-
sativs mit dem Infinitiv. Diese finden wir nach J. Grimm überall da, wo
ein im Satz ausgedrückter Akk. nicht zum verb. regens, sondern zum ab-
hängigen Infinitiv dergestalt gehört, dass er bei Auffassung des Ganzen
als zweier Sätze den Nominativ des zweiten abhängigen Satzes gebildet
haben wUrde. Um diese merkwürdige Satzfügung richtig zu verstehen,
müssen wir zuerst den Gebrauch des Infinitivs behandeln.
218. Der Infinitiv ist wie oben § 90 Anm. 2 bemerkt der Dativ
eines Verbalnomens. So finden wir ihn denn auch um die Richtung einer
Bewegung zu bezeichnen, also als finalen Infinitiv, nach den v. movendi
bei Plautus, bei Terenz wenigstens noch nach ire und mütere; von späteren
Dichtern brauchen ihn die zu archaischen Strukturen neigenden Lucrez und
Vergil, ferner der in seinen Konstruktionen oft recht kühne Properz, z. B.
1, 1, 12 ibat et hirsutas ille videre feras, auch Horaz in den Oden und
einmal Ovid. Heroid. 1, 37 te quaerere misso^ dann die Epiker der silbernen
Latinität in Nachahmung der früheren Dichter. In Prosa lesen wir ihn
bei Piso (Gell. 7, 9, 5) venisse visere, ebenso bei Cael. Antip. fr. 12 P.
cehcem mittit visere hcum, dann erst bei Val. Max., bei den Archaisten
natürlich, bei Justin, in den Fabeln Hygins, in der Yulgata und bei eccl.,
z. B. oft bei Hieronymus (ep. 11 ipse Salvator non venu iustos vocare, sed
peccatores), bei Sulp. Sev., und so auch in der Schwindellitteratur, z. B. bei
Dictys Cret.
Besonders bemerkenswert ist das Verbum dare, welches bei Plautus,
Terenz, Cato, Cicero, Livius, den medizinischen Schriftstellern mit hibere,
bei den eccl. auch mit manducare konstruiert wird, z. B. Hieronymus in
Osee I ad 1 , 2 dedit ei mel et oleum et simihim manducare. Dieser Gebrauch
erweiterte sich bei Dichtern, wo auch andere Infinitive erscheinen, so bei
Lucrez, Verg., bei diesem als Lieblingsformel dare habere und dare ferro,
bei Tib. Hör. Ovid. Prep. Lucan Val. Flacc. Sil. Ital. ; in Prosa kenne ich
nur Vitruv 180, 23 dabit hnitari. Natürlich wurden bald Synonyma ebenso
gebraucht, sogar Cicero erlaubte sich Tusc. 1, 26 ut lovi bibere ministraref,
Horaz t rädere, Ovid praebere (in dem lässigen Stile der Heroiden V 132
qtiae lotiens rapta est, praebuit ipsa rapi). Seit Vitruv und dem silbernen
Latein finden wir auch in der Prosa das Passiv von dare mit Infinitiv,
auch noch bei eccl. wie Hieronymus, Aug. Lactanz u. a.
219. Sobald einmal die Verbindung von dare mit Infinitiv sich ein-
gelebt hatte, so wurde es selbst auch da mit dem Infinitiv verbunden, wo
eine finale Bedeutung weniger nahe liegt, und so erscheint bei dare und
analog bei seinen Synonymen wie donare, reddere, relinquere, und dem
Gegenteil adimere auch der Infinitiv, freilich nur bei Dichtern, wie Lucrez,
Horaz, Verg. Ovid., z. B. Hör. ep. 1, 19, 9 adimam cantare severis. Nur
2. Der zQS&mmeligeBeizte 6atz: d. l)ie ünterordnnng (§ 21? -222) 470
permitio wird auch in Prosa, sogar einmal bei Cic. (Verr. 5, 9, 22), nicht
bei Caes. und Sali., aber bei Liv., den späteren Historikern und eccl. mit
Inf. konstruiert.
220. War aber einmal der Infinitiv als Objekt verwendet, so
wurde der Gebrauch als ein sehr bequemer besonders kultiviert; er lebte
sich namentlich in der Volkssprache ein, in welcher er sich ununterbrochen
bis in die romanischen Sprachen herein erhielt; vergl. besonders habere,
welches sogar Cicero so verwendet, z. B. habeo pollkeri oder sctibere (nur
in epp. einigemale Jiabeo dicere), und welches dann später als Hilfsverbum
zur Bildung des Futurs verwendet wurde (vgl. Hieronym. in Eccl. 1 quae
nunc fiunt . . hi qui nasci habent scire non poterunt). Nunmehr konnte
der Infinitiv auch mit Präpositionen verbunden werden; das erste Beispiel
hat Cicero fin. 2, 13 inter optime valere et gravissime aegrotare nihil inter-
esse, ihm folgt Sen. ben. 5, 10, 2; die aug. Dichter Hör. und Ovid brauchen
so praeter mit Inf., z. B. Hör. sat. 2, 5, 69 praeter phrare; häufiger aber
wird der Gebrauch erst im Sp. L., welches den Inf. auch von ad^ contra,
iuxia, seamdum u. a. Präp. abhängen lässt, von solchen, die den Ablativ
regieren, wie in, pro, de aber erst seit Anfang des V. saec. — Beim Ob-
jektsinfinitiv sind es namentlich zwei Kategorien von Verben, welche hier
in Betracht kommen, 1. die kausativen, der Analogie von dare und facere
folgenden Verba, bei welchen eine Person als causa die Vollziehung einer
Handlung veranlasst oder zugesteht, und 2. die Hilfs verba.
221. An kausativen Verben, welche mit Infinitiv verbunden werden,
treffen wir bei Plautus schon eine stattliche Reihe, so cogere, subigere,
vielleicht auch orare, agitare, adnuere^ occupare^ persequi u. ä., bei Afranius
invitare, bei Cato und dem vulgärschreibenden, sowie gerne archaisierenden
Cornificius hortarl, dissuadere^ bei Terenz und Jiucrez suader e; auch Cicero
hat sehr viele kausativen Verba mit Infinitiv konstruiert, doch zumeist nur
in seinen Erstlingsschriften, so moneo, praecipio, hortor, postulo (höchst
selten!), concedo, curo u.a. Bei den augusteischen Dichtern erweitert sich
die Zahl bedeutend, so kommt dazu adigo, moveo bei Verg., irrito und con-
cito bei Ovid, compello bei Ovid, impello bei Verg. Hör. Ovid, impono bei
Verg., posco, rogo schon bei Catull, urgeo bei Horaz u. s. w. Die nach-
klassische Latinität übernahm die meisten dieser Konstruktionen, so bei
orarc^ exposcere, hortari^ suadere, persuadere^ dissuadere, praecipere, impeUere,
compellcre; neu kam nur weniges dazu, so praescribo, scribo, mando, nuntio,
perpello bei Tac, dico bei Sueton (z. B. singuUs valere dicebat), provoco
bei Plin. mai.; auch das Spätlatein und besonders die Kirchenschriftsteller
haben viele Beispiele, so Hieronymus das sonst nur aus Plin mai. zitierte
prorocare z. B. ep. 22, 35 provocant magis orare quam cogunt, ebenso Com-
modian ; sonst kommen noch sustinere, compellere, impellere, suadere etc. vor.
— Man beachte übrigens, dass viele unter den genannten Verben eine auf
ein Ziel gerichtete Thätigkeit (z. B. moneo scribere ich mahne zum Schreiben)
bezeichnen und schon deshalb leicht einen Infinitiv annehmen konnten.
222. Die Hilfsverba teilen wir ein in Verba des Wollens und des
Könnens. Beide Kategorien sind durch ausgedehnte Analogiebildungen
ausserordentlich erweitert worden.
480 B. Lateinische Arammatik. d) Lateinische Syntax.
a. Verba des Wollens. Im Altlat. finden wir hier schon viele mit
Inf. konstruierten Verba, neben den eigentlichen VV. des Wollens besonders
cupio, expeto, opto, exopto, gestio, experior^ cogito, meditor (nicht Plaut., aber
Terenz), memini, paro, affecto, propero, certo; ferner gehören hieher gaudeo
bei Terenz, mitor und se comparare ibid. Mit der klassischen Zeit kommen
dazu zunächst aveo, welches zuerst Lucrez, dann öfters Cic. hat, namentlich
in den Briefen ad Att., pracgestio bei Cic, contendo bei Cic. Caes. Sali.,
intmdo bei Caes., labaro bei Cic. und Nepos, aber nur negiert, nioliar bei
Cic, ingredior ib., quaero bei Cic, suscqno ib., persto und persevero ib.,
festino, maturo ib.; daneben haben sich die in der vorklassischen Zeit ge-
bräuchlichen VV. in dieser Konstruktion teils erhalten, wie cupio^ gestio
namentlich bei Cic. in epp., cogito, meditor, memini ebenfalls in Cic. epp.,
paro; andere sind verschwunden, wie expeto^ exopto, experior, affecto. Die
augusteischen Dichter haben hier vielfach die Erbschaft der alten Dichter
angetreten, ja durch neue Analogien erweitert. So lesen wir gaudeo bei
Verg. Uoraz, Prop. Ovid, delector und amo bei Horaz, amo auch bei Ovid,
affecto wieder bei Ovid, ebenso saevio, dann furo bei Horaz; seit Lucrez
treten auch luctor und pugno auf, die dann Lieblingswörter des Ovid sind;
wie malle wird schliesslich von Hör. u. Ovid auch praeferre konstruiert.
Die nachklassische Prosa bedient sich der meisten der genannten Verba in
gleicher Konstruktion, so amo, aveo, Idboro (seit CatuU auch ohne Negation),
enitor, quuero, luctor, memini, maturo. An Neuerungen ist auch hier nur
wenig zu verzeichnen, so compono bei Tac, olstino bei Liv., adnitor bei Liv. u.
Tac Die spätere Latinität bringt nichts besonderes mehr zum Vorschein.
Besondere Erwähnung verdienen opto und tempto. Opto hat nur
in den Formen oj)tatum, optandum und optahile est bei Cic. den Infinitiv,
bei Caes. u. Sali, steht es nicht, aber bei Hirtius b. öall. 8, 9; sonst ist
es vor- und nachklassisch bis auf die Kirchenväter herab im Gebrauche.
Tempto findet sich zuerst bei Lucrez, dann bei den augusteischen Dichtern ;
in Prosa zuerst bei Hirtius b. Gall. 8, 50, dann bei Nepos, hierauf erst
wieder bei Liv. Curt. Sen. phil. Quint. Diese beiden Beispiele beweisen,
wie vorsichtig die klassische Sprache Konstruktionen, die damals üblich
und im Volksmunde allgemein gebräuchlich waren, von sich fernhielt, wenn
dieselben nicht den strengen Ansprüchen der urbanitas entsprachen.
Negative Verba des Wollens, die sich mit dem Infin. verbinden, sind
neben nolo namentlich die VV. metuo, vereor, timeo^ formido, teformido^
pcrtimcsco im Altlat., vereor, fimeo, reformido, horreo, horrcsco bei Cic,
dann pavco bei Ovid, trepido bei Verg. u. Ilor., formido wieder bei Hör.,
cxtimesco bei Ovid, perhorre^co bei Hör., dazu cruhesco bei Verg. u. Ovid;
die nachklassische Sprache nahm die meisten der vorgefundenen, auch vorher
bloss dichterischen Konstruktionen, aber nicht allgemein auf, so metuo Liv.
u. Curt., reformido Liv. u. Plin. min., erubesco Liv. Curt. Sen. phil. und Sp. L.
noch ürosius, ^^av^o Tac, horrcsco Ammian. Die Lieblingswörter der au-
gusteischen Dichter fugere u. miUerc trifft man auch früher schon und zwar im
Altlat. und in der klassischen Sprache, aber sehr selten in der nachklass. Zeit;
dagegen war parco, das im Imperativ besonders bei Ovid beliebt ist, im
Altlat. wolil im Gebrauch, nicht aber in der klass. Zeit, zeigt sich indes
2. Der ziusainmengeBetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 223.) 481
wieder bei Livius und dann namentlich in der a&ikanischen Latinität und
bei ecel., z. B. Min. Fei. 14, 2 parce in eum plaudere, Augustin ep. 43, 24
parce iam dicere. Neghgo ist selten, kommt aber doch bei Plaut. Cic. Hör.
Gell., also allenthalben in der Latinität vor. Ich erwähne nur noch odi,
das bei Plaut., dann bei M. Brutus, Hör. u. Ovid, dedignari, welches ent-
sprechend dem seit Lucrez so konstruierten dignari = velle auch bei Ovid,
und dann bei Sen. Tac. Just, mit Inf. erscheint, fastidio bei Ovid, dann
in der silbernen Latinität, auch im pleb. Latein des Petron, absisto, dessen
Imperativ namentlich in der Äneide = fioli gebraucht wird. — Als Qe-
samteindruck erhalten wir hier, dass abgesehen von wenigen Verben im
allgemeinen die besprochene Infinitivkonstruktion den Dichtern und den
poetisierenden Prosaikern angehört und dass bei den vielen Analogie-
bildungen doch auch sehr oft das griechische Vorbild Veranlassung ge-
geben haben mag.
b. Verba des Könnens und der Möglichkeit. Die VV. des geistigen
Könnens und Nichtkönnens, wie scire und nescire, kommen überall vor; ihnen
analog konstruiert sich calleo bei Pacuv. Lucr. Horaz, novi schon bei Ennius,
dann Cato, Verg. Hör. Prop., vinco = „besser können" bei Properz. Valeo,
welches echt poetisch ist, bürgert sich mit Lucrez ein und wird von fast
allen Dichtern aufgenommen (nicht bei Catull u. Tibull); die klassische
Prosa verschmäht es, die silberne Latinität verhält sich zurückhaltend (nur
Curt. u. Plin. mai. brauchen es), dagegen hat es die Sprache der Juristen
und Theologen bis in die späteste Zeit fortgeerbt; poUeo hat wohl Cic.
einmal, dann aber nur nachklass. Dichter (Lucan, Sil.).
Im ganzen hat in dieser Kategorie die Analogie viel weniger ihre
Macht entfaltet als bei den Verben des Wollens, wenn auch im übrigen
bezüglich der Verbreitung der Konstruktion die gleichen Resultate sich
ergeben werden.
Anmerkung. Die Wahrnehmung, dass durch die Gerundia das Gebiet der In-
fi nitivstrukiuren allmählich eingeengt wurde (§ 90 Anm. 3), bestätigt sich bei einer ge-
naueren Betrachtung der Latinität seit Livius. Während Lucc. ad Farn. 12, 14, 7 schreibt
neqne dcfatiffabor permanere, sagt Apul. flor. 7 fatigaberis admirando. Schon bei Livius
lesen wir cum od ultimum persei'erasset negando, ferner ahsistere 8equendo u. ä. Beson-
ders ist dieser Gebrauch bei den Afrikanern oder den des Africismus verdächtigen Schrift-
stellern häufig zu treffen, also bei Fronto, Gellius, Apul. Tertull., dann bei Commodian,
fiucifer von Calaris, Dictys Cret. z. B. 3, 14 se non pi'ius desinere pemoctando humi,
223. Es liegt nahe, dass der Qebrauch des Infinitivs als Objekt auch
dessen Verwendung als Subjekt herbeiführte. Wir wollen nicht bestreiten,
dass die griechische Litteratur hier mitbestimmend wirkte; denn die Mög-
lichkeit der Verbindung des griech. Infin. mit dem Artikel legte das Ver-
langen nach einer ähnlichen Konstruktion nahe; und hier kam die Volks-
sprache in ihrer freien Verwendung der sprachlichen Mittel sehr entgegen :
sie nahm den Infinitiv geradezu als Substantiv und verband ihn mit Attri-
buten, z. B. Plaut. Cure. 28 tuuni amare, Cic. Att. 7, 11, 2 hoc ipsiim velle,
später Petron menm iniellegere, Persius wiederholt so, z. B. hoc ridere meum^
Macrobius contra suum velle^ seit dem silb. Latein auch mit Genetiven,
z. B. Val. Max. 7, 3, 7 cuius non dimicare vincere fuit Darnach wurde
dann der Infinitiv als Subjekt gebraucht, namentlich bei prädikativem Sub-
stantiv, was sich um so leichter einbürgerte, als bei manchen substantivischen
Handbuch der klam. AltortniuHWiBHcnschaft. \\. 2. Aufl. 31
482 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
Wendungen wie lulido cepit, copia datur sich der Infin. in seiner Ursprung-«
liehen Bedeutung leicht anfügte. So lesen wir consilium est schon bei Plaut.,
dann bei Cic. Sali. Liv.; senientia est seit Cic, besonders bei aug. Dichtem,
hibido est bei Plaut, stuUitiast ib., tempus est allenthalben, mos est bei Cic.
vereinzelt, öfter bei Sali. Liv., consuctudo, his, vitium est erst seit der
klassischen Zeit, ebenso fas est, fatum est; dagegen copia est treffen wir
nicht bei Cic. Caes., aber bei Sali., potestas est zuerst bei Verg., dann bei
Liv., opus est seit Cic, cura est bei Ennius, dann bei den aug. Dichtern
und nachklass. Prosaikern.
Hieher gehört auch est mit Inf., welches wir bei Plaut, und Ter. noch
nicht, aber bei Mumm., Varro und Lucrez und zwar immer in der formel-
haften Verbindung est videre lesen. Erst mit Verg. und Hör. erlangt diese
von der klassischen Sprache schroff zurückgewiesene Konstruktion wieder
Aufnahme, die silberne Latinität (Livius sehr behutsam und nur 42, 41, 2,
Vitruv nur 57, 17) behält sie bei, namentlich Plin. mai., meist mit Negation,
ganz selten Tac; dass Gellius sie sosehr bevorzugt, lässt darauf schliessen,
dass sie im Altlat. doch verbreiteter war, als unsre jetzigen Mittel es nach-
weisen. Später findet sie sich bei eccl. und gramm., z. B. Tertullian,
Priscian; griech. Einfluss ist hier unverkennbar. — Häufiger ist dieser
Gebrauch des Infinitivs bei den sog. V. impersonalia. Im Altlat. sind es
nur wenige dieser Verba, die sich mit dem reinen Subjekts-Inf. konstruieren,
so expedit, refert; weniger auffallend ist es bei licet, lulet, oportet, de^et,
liquet, pudet, taedet, subolet, scilicet, sowie Wendungen mit est, wie certum,
decretuin^ meum, opus e^t u. ä., z. B. Terenz: exsequias Chremeti quibus est
commodum Ire, em tempus est! Die klassische Sprache nimmt den grössten
Teil der vorgefundenen Verba an (nicht z. B. condecet, dispudet, subolei)
und fügt neue bei, so paenitet, dedecet, displicety prodesf^ obest^ attinet; in
nachklassischer Zeit kommen dazu iuvat bei Verg. Hör. Ovid Liv. Sen,,
placet schon bei Sali., dann bei Hör., oft bei Liv., vacat bei Cassius ad
Fam. 12, 13, 2, dann bei Verg. und anderen Dichtern, ebenso in der silb.
Latinität; vincit bei Horaz, cmitingit nicht vor Verg. u. Hör., häufig in der
silb. Latinität, cvenit bei Ovid, rcstat schon bei Ter., dann aber ei*st wieder
bei aug. Dichtern, sufficit nur im silb. Latein, z. B. Suet. Nero 31 suf-
fecerit haec retfulisse.
224. Diejenigen Verba nun, welche imstande waren, sowohl einen
Objektsakkusativ als auch einen Objektsinfinitiv anzunehmen, ver-
banden beide Konstruktionen miteinander; so sagt schon Cato: familiam ne
sieris peccare, vorher die XII tab. qui se sierit tcstarier, und um noch weiter
zurückzugehen steht im Arvallied: ncve lue{m) ruc{m) sins incurrcre mpleores.
Diese Konstruktion war dem Volksmunde sehr bequem und erhielt sich
daher bis in die romanischen Sprachen herein, z. B. bei facere, wovon wir
bei Plaut, schon Beispiele lesen, bei Petron, dann namentlich im Spätlatein,
so bei Tertull. Arnob. Commodian Firm. Hieronymus (z. B. ep. 50, 4
quoiics me istc in circulis stomachan fccit). Soweit sind auch die ver-
wandten Sprachen wie Sanskrit, die germanischen und slavischen gegangen.
Allein in den klassischen Sprachen hat man die Konstruktion schon frOho
über diesen Gebrauch hinaus erweitert. Sobald man Sätie BQsammenf>ey
2. Der znsammengeBeizte Satz: d. Die ünterordnimg. (§ 224-226). 4g3
sah man, dass der abhängige Satz vielfach ähnlich war einem von dem-
selben Verbum abhängigen Acc. c. inf., und so setzte man in dem Streben
nach möglichst enger Verbindung beider Sätze den Nebensatz ebenfalls in
Acc. c. inf. Zunächst geschah dies mit Objektsätzen; allein wie sich aus
dem Gebrauch des Inf. als Objekt der als Subjekt entwickelte, so ging aus
dem das Objekt vertretenden Acc. c. inf. bald per analogiam der Subjekts-
akkusativ mit Inf. hervor. Mit der Konstruktion des Acc. c. inf. als Um-
bildung eines ganzen Satzes zeigte sich auch das Bedürfnis, den Infinitiv
durch die Zeiten und Genera Verbi durchzuführen. Die Konstruktion des
Acc. c. inf. eroberte sich bald im Lat. ein weites Gebiet, so dass bei Be-
ginn der Litteratur uns bereits der Gebrauch dess. vollständig ausgebildet
vorliegt und zwar nicht allein bei den vom Griechischen beeinflussten
Schriftstellern, sondern auch bei dem besonders nationalen Autor, Cato.
Im Verlauf der weiteren Entwicklung der Sprache dehnen sich die Grenzen
immer weiter aus, bis qtwd^ qxda, qu&itiam erfolgreiche Konkurrenz machen
und die allmähliche Auflösung der Konstruktion herbeiführen.
225. Zuerst möge der Acc. c. inf. nach den Verben des Affekts
behandelt werden, weil hier die lateinische Sprache unbestritten ihre eigenen
Wege gegangen ist; denn die griechische Sprache kennt den Gebrauch des
Acc. c. inf. nach den VV. des Affekts nicht. Der Acc. c. inf. entspricht
hier, wie man z. B. neben reprehendo te in eo auch reprehendo id in te
sagt, einem mit dem akkusativischen quod oder dem lokativen quoni ein-
geleiteten Satze. Schon im Altlatein ist die Konstruktion ziemlich ver-
breitet, so gaudeo bei Kom., laetor bei Terenz, laetus sum bei Naev. (vgl.
den bekannten Vers laetus sum laudaH me abs te bei Cic. adFam. 15, 6),
Terenz, rideo bei Naevius, doleo bei Plaut., ebenso maestus sum u, crt^cior
sowie discrucior, ib. lamentor. invideo, miror^ formido und vereor. Dio
klassische Sprache hat sich wenig davon angeeignet, so gaudeo, Jaetor, doleo,
miror und demiror, timeo bei Cic. leg. 2, 57 (jedenfalls Caelius ad Fam.
8, 11, 3, plane timet Caesarem consulem designari, welcher auch wie Cic.
Q. fr. 2, 1, 3 furo mit Acc. c. inf. verbindet), und ebenso wenig zur Er-
weiterung beigetragen; bemerkenswert ist an neuen Verben lugeo bei Cic,
ebenso angor, soUieito und indignor, welches letztere auch in Briefen an
Cic. vorkommt, dann fremo bei Cic, triumpho bei Caesar (Cic Att. 9, IG
meum factum prohari als te triumpho gaudio). Die augusteischen Dichter
haben ebenso wohl frühere Konstruktionen wieder aufgegriffen, als auch
neue hinzugefügt; so lesen wir miseror zuerst bei Verg., fleo Verg. Hör.
Prop. Tib., ^>/öro Hör., gemo Hör., stupeo Verg. Die nachklass. Latinität
bietet nichts Besonderes, ausser dass Liv. oft timeo und Plin. mai. erst-
mals metuo mit Acc. c inf. verbindet; im übrigen ist die Konstruktion
selten anzutreffen.
226. Am ausgiebigsten an Acc. c. inf. ist das Gebiet der VV. sen-
tiendi, cogitandi und declarandi. In der ganzen Latinität findet sich
dieser Gebrauch; bemerkenswert ist dabei nur, dass manche Verba früher oder
später erst mit Acc. c. inf. konstruiert erscheinen, dass manche nur bei
gewissen Autoren auftreten, sonst aber nirgends gelesen werden, oder dass
liar in einer Epoche der Sprache besonders kultiviert werden. Die
31*
i
484 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
klassische Sprache ist auch hier sehr zurückhaltend, so hat sie percipio,
cxperior, rescisco, aspicio, conspicor^ depudo und autumo (letzteres wird je-
doch jetzt und wohl mit Recht bei Cic. Fam. 5, 13, 1 qtiam quidefn laudetn
sapietitiae autumo esse maxiniam, von Streicher aus Y wiederhergestellt)
und manche andere Verba nicht aufgenommen; neue Verba, die erst mit
Cic. in die Konstruktion des Acc. c. inf. eintreten, sind cenio, agnosco, re-
cardor, ohliviscor, iudico und repufOy despero; bei den august. Dichtern finden
wir erstmals prospicio (Verg.), renihmcor (Ovid, doch vorher auch Lucrez),
repeto (Verg.): im übrigen haben sie so wenig als die nachklassischeu
Schriftsteller geneuert. Man kann wohl sagen, dass hier im ganzen die
Entwicklung der Sprache kaum etwas Neues geschaffen hat.
Anmerkung 1. Videor mit dem Acc. c. inf. hat schon Ennius fab. 1 L. Mullkr:
water gravida purere se ardetitem facem visast in somnis Hecuba und in offenbarer
Nachahmung Ovid Heroid. Iti, 287 fax quoque tne terret quam se peperisse cruentam ante
diem partus est ttta t^isa parens; auch in der klassischen Sprache findet sich der Ge-
brauch aber nur vereinzelt bei Cic, nicht bei Caes., dann bei Sali, und schh'esslich bei
Gellius, sowie spät noch im Pastor Hermac simil. 9, 11 videbar mifii veluti iuniorem esse
factum,
Anmerkung 2. Nach memini ist einzig richtig der Inf. des Präsens, also memini
me legere „ich habe im Gedächtnis mein Lesen'. Dies ist denn auch die im Altlat. üb-
liche Konstruktion, vielleicht schon bei Knnius ann. 8 memini me fiere pavom (vergl. jedoch
li. Müller), jedenfalls bei Plaut, und Terenz. Auch Cicero hat sehr oft den Inf. des Pil-
sens, ebenso Verg. und später Tac. Allein selbstverständlich hat das Bedürfnis der Deut-
lichkeit schon frühe den Inf. per f. hervorgerufen, welcher nachdrücklich betonen sollte,
dass das fragliche Eieignis der Vergangenheit angehört. So hat denn auch Cic. oft den
Inf. per f., ebenso Caesar (b. G. 3, G alio se in hihema cansilio venisse meminerat, aliis
occurrisse rebus viderat, wo offenbar venisse unter dem Einflüsse des korrespondierenden
occiirrisse steht), einmal selbst Verg., dann aber die ganze nachklassische Ijatinität (ausser
Tac), welcher das Verständnis für die ursprüngliche Bedeutung von memini ganz abhanden
gekommen war.
Anmerkung 3. Dass bei non dubito und dubium non est der Acc. c. inf.
auch in der alten und klassischen Zeit (jedoch nicht bei Cic. Caes. Sali., wohl aber bei
Varro, Cic. fil., Asin. Pollio, Trebon. in Cic. epp.) zulässig ist, wenn die phrasis dubitandi
eißt nach dem Inhaltssatze folgt, also der Schreibende bei der Setzung des Acc. c. inf.
nur im allgemeinen ein Verb, sentiendi, aber nicht das spezielle non dubito im Sinne hat.
habe ich mit Kikmann's und anderer Gelehrten Zustimmung nachgewiesen (Latinität des
Asinius Pollio p. 88). Sobald aber einmal der Acc. c. inf. sich vorfand, wurde er und
zwar von Nepos und Liviüs ab auch ohne Rücksicht auf die Stellung verwendet ; wir finden
ihn daher in der silbernen Latinität (jedoch nicht bei Vell. und Val. Max.) und dann bis zu
den Kirchenschriftstellern herab.
Anmerkung 4. Bekanntlich steht nach spei'Of iuro, minor und polliceor regel-
mässig der Inf. fut. Nun findet sich aber schon in alter und auch in klass. Zeit, bei Cic.
besonders in Briefen, öfters bei Caes. namentlich im bell, civ., z. B. 3, 8, 3 maqnitudinr
poenae reliquos terrei'i sperans^ wo territum iri besagen würde, man erwarte, dass die
Strafe auch diesmal schrecken würde) und ebenso später der Inf. praes., um zu be-
zeichnen, dass man hofft eine Handlung, von der man noch nicht Kenntnis hat, habe bereitst
begonnen und währe noch. Ein Inf. perf. nach spero, selten im Altlat., öfter bei Cic, haupt-
sächlich in den Briefen, auch bei Caes., nicht bei Sali., aber bei Catull, Liv. und in der
silbernen Latinität, bezeichnet eine Handlung, von der man erwartet und wünscht, dass
sie sich verwirklicht hat, von deren Verwirklichung man aber noch keine Kenntnis hat,
oder auch dass die Hoffnung nicht sowohl auf die bereits geschehene Handlung als auf die
daraus zu erwartenden Folgen gerichtet ist. — Nach inro hat Cato und Plaut, auch den
Inf. praes., nach minor Lucrez z. B. 1, 723 hie Aetnca minantur murmura flammarum
rursum se colli gere iras. Polliceor und promitto mit Inf. praes. lesen wir schon bei
Plaut. Terenz (Heaut. 724 decem minas qiias mihi dare poUicitiist), bei Cornificius und Cic.
in den Erstlingsschriften (p. Quinctio 29 ut P. t^uinctium sisti Sex. Alfenus promitteret),
auch bei Caes. (b. Gall. 4, 21, 5), dann bei Asin. Pollio (bei Sen. rhet.); die silberne Lati-
nität mit Livius eignete sich die Konstniktion gleichfalls an, die sich besonders beim
älteren Plinius ausgebildet findet, ebenso die Archaisten, z. B. Gellius 5, 3, 7 j)ollicebatur
9e id facere, selbstverständlich auch die Vulgärschriftsteller wie Hygin, z. B. Venus He*
2. Der zasammengesetzte Satz. d. Die ünterordnimg. (§ 227—228.) 4g5
Jenam se in coniuctium dare promisü 88, 7. Für die Sprache der Juristen ist zu bemerken,
dass sie regelmässig den Inf. Praes. im Passiv setzen; so erklärt sich auch einfach die
Cicerostelle p. Quinct. 29 als Anlehnung an den Kurialstil. -- £s genügt darauf zu ver-
weisen, dass in diesen Verbindungen der Inf. praes. mit vollständiger Vernachlässigung
der Bezeichnung des Futurischen der Volkssprache entstammt, die unbedenklich neben-
einander die te datururn ut abeat und egon dicam dare (Plaut. Most. 638) sagt.
227. Der Acc. c. inf. nach den VV. desWollens bei gleichem Sub-
jekt findet sich schon im Altlat., z. B. Plaut. Pseud. 167 volo me magnifice
viros acdpercy dann bei Cicero, hier namentlich wie bei Terenz ausschliesslich,
wenn der Infinitiv im Passiv steht oder esse ist; ebenso verhält es sich
mit studeo bei Plaut. Ter. Sali, und selbst bei Cicero, wenn auch vereinzelt,
z. B. de off. 2, 70 gratum se vidcri studet, und mit propero bei Sali.
Cat. 7 se quisque hostem ferire properabat, wo jedoch das quisque beein-
flussend wirkte, mit ojjto im Altlat., selbst bei Cic, aber sehr selten, z. B.
de or. 1, 87 ut ialis, qualem se esse optaret, mdcretur, mit exopto bei
Plaut. Im Hinblick auf den Gebrauch der Komiker, den ich auch bei
Servius ad Fam. 4, 5, 4 nachgewiesen habe (Z. f. 6. W. 1881 p. 101), erachte
ich es als eine der Volkssprache entstammende Bestrebung, im Interesse
der Deutlichkeit sogar die Abundanz des Ausdrucks nicht zu scheuen, wenn
in den genannten Fällen der Acc. c. inf. an Stelle des Inf. gesetzt wird.
Nach all den genannten Verben steht bei verschiedenem Subjekt der Akk.
und Infinitiv, wenn auch nicht bei allen gleichmässig und überall, wie
z. B. opto bei Cic. nur in der Ausgleichung mit andern Inf. oder in Kon-
kurrenz mit confido, spero, malo etc. etc., z. B. Fam. 1, 7, 11 spero et opto
nobis hanc conhmctionem voluptuti fore, bei Caes. u. Liv. gar nicht, häufig
jedoch in der spätem Latinität, z. B. bei Cyprian, dessen Briefe fast regel-
mässig mit opto vos semper bene valere schliessen, gebraucht wird, urgeo
sich zuerst bei Tac. und concupisco nicht vor Suet. mit Acc. c. Inf. findet.
228. Zu den Verben des Wollens rechnet man auch die VV. des
Beschliessens. Diese finden sich selten im Altlat. so konstruiert, sicher
steht nur ccnseo bei Cassius Hemina fr. 16 P. eensuit sese regem Porsennam
occidere, ferner cenio u. delibeyatum est (man vergleiche Afranius bei Ribbeck
fr. com. p. 169 deliberatum est non tacere me amplius mit Cic. pro Rose.
Am. 31 certum est deliberatumque omnia non modo dicere, sed audaeter
libereque diccre zur weitern Bestätigung des im vorhergehenden Paragraphen
Gesagten); öfter treffen wir die Konstruktion seit Cicero, der eemco, decerno
u. scntioy aber nur bei verschiedenem Subjekte, so braucht; von diesen hat
sich censeo auch in der silbernen Latinität, bei den Archaisten und eccl.
erhalten; als Analogiebildung ist bei Tac. ann. 1, 74 iulit absohi reum zu
betrachten.
Verwandt mit diesen Verben sind die des Bittens, Ermahnens,
Forderns. Ovare mit Acc. c. inf. erscheint zuerst bei Tac, dann bei
Suet. Ammian, Cyprian, Hieronymus, bei letzterem auch obseerare v. Hilar.
20 non tarn advcrsarium laedi quam se defendi obsecramt; petere ist viel-
leicht aus der Rechtssprache herübergenommen, wo man z. B. petÜ aes
sibi dari sagte; so findet es sich bei Suet. und von da ab häufig, z. B.
Hygin fab. 32 petiit dari sibi responsum, bei Gellius, Hieronymus Rufin.
Dict. Cret. Sidon. (bei letzterem ep. 1, 11 petis tibi satiram nescio quam
486 B* Latemiflche Orammatik, d) Lateiaiselia Syntax.
transmUti); precari eiogef&hrt von Ovid haben Plin. mai. Suet Gell.
Hieronymns; suader e u. persuadere lesen wir bei Dichtern wie Ter.
Lucr. Verg., in Prosa aber nicht vor Plin. mai., dem dann vereinzelte
Spätere folgen, imperare bei Lncr. u. Ovid, sowie im b. Afr. wiederholt mit
Inf. act., mit pass. Inf. anch in klassischer Sprache (nicht bei Sali.), in nach-
klassischer Latinität (nicht bei Liv. u. Tac.) namentlich oft bei Sueton.
Besondere Beachtung verdient praecipio; dies verbindet schon Cic. Att.
12, 51 quibus parere amties noXiUMoi praecipiunt mit dem Infinitiv; in der
Konstruktion des Acc. c. inf. findet es sich zuerst bei Plin. mai. and
Curtius (nicht bei Tac. und Plin. min.) und geht nachher aber vollständig
in die Bedeutung und den Besitzstand von iübere über; so lesen wir es
oft mit Inf. pass. bei Suet. Justin., dann bei den scripL bist. Aug., bei
Firmicus, Ammianus, Orosius, bei Hieronymus, Gyprian Amob. Lactanz,
z. B. Hieronjrm. v. Paul. 3 aliam iuveniU aetaie floreniem in amoenissintos
hortulos praecepU adduci; mit Inf. act. seltener, aber wiederholt bei script.
bist. Aug. u. eccl., z. B. Hieron. v. Hilar. 22 po&t horam ceteros abire
praecepü. Postulare mit Acc. c. inf. geht von Plaut, bis herab zu den
eccl., jedoch in der Weise, dass es in der klassischen Zeit seltener wird
(bei Gic. nur in Erstlingsschriften), häufiger wieder bei Liv., Plin. mai. u.
Tac., bei Nepos u. Justin vorkommt, dagegen von einzelnen Autoren wie
Vell. Val. Max. Gurt. Suet. Archaisten gemieden wird. Wenn Plaut. Rud.
543 Fl. sagt iam posiulabas ie iotam Siciliam devoraiurum, so beweist dies
um so mehr, dass die zahlreichen Acc. c. inf. nach postulare bei Plaut
sich aus der Bedeutung desselben, die bald = veüe, studere oder == ,das
Verlangen aussprechen", «frech behaupten* ist, erklären lassen. Die andern
verba postulandi, wie expostulare^ exposcere, poscere (zuerst Horaz, auch
noch Sulp. Sev.), flagiiare, exigere gehören in der Konstruktion mit Acc.
c. inf. nur einzelnen Autoren der nachklassischen Zeit an und erweisen
sich so als Analogiebildungen, die gewagt wurden zum Ersatz für die ab-
gebrauchten Verba des Wollens und Wünschens.
229. Die Verba der negativen Willensrichtung, zunächst die
VV. impediendi kommen in der uns erhaltenen Litteratur der vorklas-
sischen Zeit ganz vereinzelt vor, bei Plaut, z. B. prohibeo nur Aulul. 435,
bei Ter. nur Hec. 266 mit Acc. c. inf.; jedoch darf man aus der Grab-
schrift des App. Claudius Caecus pacem fieri cufn Pyrrho rege prohibuit,
sowie aus dem Umstände, dass die Archaisten und die spätlateinische
Litteratur prohibere mit Acc. c. inf. konstruieren, schliessen, dass diese
Konstruktion schon frühe existierte und sich immer erhielt, wenn sie frei-
lich durch die konjunktionale Anfügung des Nebensatzes sehr zurück-
gedrängt wurde. Die klassische Sprache hat gewöhnlich den Inf. act. nach
prohibere, selten den Inf. pass., welch letzterer hauptsächlich bei Liv. und
den Autoren des silbernen Lateins gefunden wird. Ausser prohibere verbinden
sich namentlich in der Dichtersprache einige andere Verba mit Acc. c. inf.,
vereinzelte Prosaiker ahmten die Wendung nach, z. B. dedignari bei Ovid
und dann bei Tac. u. Amobius, dbnuere bei Verg. u. Sil.
230. Schliesslich erwähnen wii* die Verba, welche bezeichnen, dass das
Subjekt entweder selbst etwas veranlasst oder doch eine Handlung zulässt.
2. Der zusammengeBetKie Satz: d. Die Unterordnung. (§ 229—232.) 437
Schon § 224 wurde von facere c. Acc. c. inf. gesprochen; neben dem-
selben wurden auch efficere, offenbar mit vulgärem Beigeschmack, zuerst von
Vitruv, später von Arnobius u. Lactanz, und perficere bei Arnobius Firm. Mat.
u. a. gebraucht. In der Bedeutung »beweisen* lesen wir efficere u. conficere
bei Cic, sonst nirgends. Nach permittere ist der Acc. c. inf. unklassisch,
aber im Altlat, bei Liv. und Tac. und dann im Spätlatein gebräuchlich, nach
ferre „ertragen** (gewöhnlich mit acjre, mofesfeetc. verbunden) selten im Altlat.,
oft bei Cic, den aug. Dichtern, spärlich in nachklass. Zeit zu finden, nach qum-
ccre jedenfalls nicht bei Cic. ad. Att. 7, 9, 2 (wahrscheinlich überhaupt nirgends,
bei Plaut. Most. 1 1 74 u. Gell. 2, 28, 2 steht nur der Inf. in Analogie von
desino), nach neglegere in der Bedeutung von non curare bei Antonius
in Cic. Phil. 13, 33, bei Tibull Hör. Suet., ähnlich wie nihil moror eben-
falls bei Antonius in Cic. Phil. 13, 35 und vorher bei Plautus, beides
offenbare Fügungen der Umgangssprache. Über den Unterschied von
neglego mit Inf. oder Acc. c. inf. vgl. Kiessling zu Hör. od. 1, 28, 30.
231. Der Acc. c. inf. steht infolge naheliegender Analogie
1. nach Phrasen, welche die Bedeutung eines verbum declarandi oder
eines solchen andern Zeitworts haben, nach welchem der Acc. c. inf. zu-
lässig ist, z. B. Phrasen wie nuntius adfertur, pervenit seit der klassischen
Zeit namentlich bei Livius, auctor sum seit Cic, auch bei Verg., bei Liv.
und in der silbernen Latinität (das von Reisig p. 564 als „verwerflich**
bezeichnete Beispiel aus des Attikus Feder bei Cic. Att. 9, 10, 5 ego qui"
dem tibi non sini auctor te quoque profugere erklärt sich als Analogie des
so bei Ter. Lucr. Verg. gebrauchten suadere, vgl. auch Celsus 7, 7, 6 Hera-
clides auctor est subsecare), nach testis sum bei Cicero u. ä.
2. nach Adjektiven gewöhnlich in Verbindung mit esse, z. B. ignarus
sum = nescio, jedoch noch nicht im Altlatein, zum Teil erstmals bei Cicero,
wie ignarus sum, certus sum, non nescius sunt, oder bei Dichtern und Späteren
wie memor, immemor, prudens sum ; manche Bildungen sind ganz vereinzelt,
wie z. B. peritus fortius adversus Romanos aurum esse quam ferrum bei
Florus (Opitz, Pr. Dresden 1884 p. 11).
232. Als Subjekt steht der Acc. c. inf.
1. nach unpersönlichen Verben in allen Zeiten, jedoch so, dass
einige dieser sogen. Impersonalia bald veralten und ausser Gebrauch kommen,
während umgekehrt namentlich von Cicero und dann auch von Späteren neue
eingeführt werden ; wenige wie apparet, decet, licet, expcdit etc. gehören der
ganzen Latinität an.
Altertümlich sind die Komposita von decet, wie addccei und condecet,
dann scilicet und videlicet (doch auch bei Lucrez u. Sali.), mit Cicero treten
SLufaccidit (beiCic. Fam. 6, 11, 1 neuerdings wieder bestritten von Streicher)
conducit, comtat (vgl. hierüber Praun, Synt. d. Vitr. p. 37), existit, fallit,
iuvat, liquet, patet (Cic. Tusc. 1, 54), pertinet, placet, prodest; später erst
enotescit bei Sen., latet bei Vitruv und dann bei Plin. mai., sufficit bei
Quintil., contingit bei Gell, und dann bei Augustin.
2. nach Adi. neutr. mit esse, und zwar ebenfalls in der ganzen Lati-
nität; vereinzelt ist necessum est bei Fab. Pictor, nimium est bei Cato,
stabile est bei Plaut, und volup est bei den Komikern.
488 S* Lateiniflche Qrammatik d) Laieinische Syntax.
3. nach Subst. abstracta mit e^t gleichfalls in allen Zeiten, aber bei-
spielsweise audacia est, confidcfUia est, factum est, nüseria est, molestia est,
negotium est, scelus est nur bei Plautus, fama est, fides est, laus est allent-
halben, proverbium est seit Cic, mos est vor- und nachklassisch, auch ein-
mal bei Cic, o2)inio est seit Cicero; causa est wurde von Vitruv, persmisio
nst, remcdium est, hofios est von Plin. mai., praeceptum est und patrocinium
est von Sen. rhet., usus est und controversia non est von Gellius, rubor est
von Tac. geneuert.
233. Bei aller Vorsicht in der Annahme eines Gräzismus müssen wir
doch jetzt, wo die ausgedehnte Verbreitung des Acc. c. inf. in der latei-
nischen Litteratur dargelegt ist, behaupten, dass an mehreren Stellen der
Dichter seit CatuU (nicht bei Plaut. Asin. 634, wo mit Kienitz datarum zu
lesen ist) sich Gräzismen im Gebrauche des Nom. c. inf. an Stelle eines
Acc. c. inf. finden. So sagt Catull 4, 1 phaselus die ait fuisse namum celer-^
rimu^, ähnlich Verg. Hör. Properz, Ovid, Lucan. Ebenso sind Gräzismen die
Partizipialkonstruktionen bei den VV. des Affekts, wie sie sich bei den
augusteischen Dichtern finden, z. B. Verg. Georg. 2, 510 gaudent pcrfusi
sanguxne fratrum. Wo in Prosa sich derartiges trifft, wie z. B. Cic. Att.
4, 5, 1 senseram, noram inductus, relictus, proiectus ab iis, Cael. 21 laesi
dolent, irati eff'eruntur, pugnant lacessiti ist es anders zu erklären; vgl.
noch Cic. ad Brut. 1, 15, 2 quem cum a me dimUtem graviter ferrem ,da
ich, als ich ihn von mir Hess, sehr betrübt war''.
234. Während wir also in den eben besprochenen poetischen Stellen
nichts weiter als eine Nachahmung der Griechen erblicken, ist dagegen der
Nom. c. inf. beim Passiv der VV. sentiendi und declarandi als eine
echtlateinische Konstruktion zu erklären. Hier ist jedoch zu beachten, dass
abgesehen von ganz wenig Ausnahmen nur die 3. Person der V. sentiendi
oder declarandi mit Nom. c. inf. verbunden wird und dass mit Ausnahme
von vidcor die Verba zumeist nur die einfachen Zeiten mit Nom. c. inf.
vorziehen, während bei den Temp. compos. der Acc. c. inf. zugelassen wird.
Doch gelten diese Wahrnehmungen nur für die alte, die klassische und die
erste Epoche der nachklassischen Zeit.
Im Altlat. finden wir nur wenig Beispiele, darunter auch clueo =
einem Passivum bei Plautus (anders Ennius sat. 31 L. Müller) und noch
bei Lucrez. Mit dem klassischen Zeitalter erweitert sich die Zahl der Verba,
indem jetzt awrf/or, cognoscor (dies Cic. Fam. 1, 5», 1 in erster Person ^it qtuim
gratissimus crga te esse cognoscercf). compenor, eonccdar, defendor, doceor,
excusor^ ludicor, invefiior (in 2. Person Verr. 4, 1, 4 inveniare), liberor, negor,
nuntlor, ostendor, postulor, putor, sinor, trador bei Cic. und zum Teil auch
bei Caes. so gebraucht werden; für Cicero habe ich die Wahrnehmung
gemacht, dass ein gut Teil dieser Verba in die Erstlingsschriften oder in die
Philippicae fallt, so z. B. arguor, dcfoidor^ demonstror, doceor, imperor,
memoror, oste^idor, postulor^ proh'iheor\ dies lässt schon einen Schluss zu:
dass nämlich die Konstruktion des Nom. c. inf. der urbanitas nicht beson-
ders sympathisch war und deshalb von Cicero abgesehen von den Gerichts-
reden (z. B. pro Milone) in der besten Zeit seiner Schriftstellerei gemieden
wurde. Und in der That, schon bei Vitruv, der sogar 26, 27 quod a nobis
2. Der zusammengesetzte Satz: d. Die ünterordnimg. (§ 288—235.) 489
expositi siwt tantum oc(o esse venu wagt, noch mehr aber mit dem Verfall
der Sprache kommen die Nom. c. inf. immer mehr auf; zahllose Analogie-
bildungen überschwemmen seit Sali, und Liv. die Litteratur, und je mehr
wir uns den letzten Zeiten der lebenden Sprache nähern, um so häufiger
begegnen uns persönliche Konstruktionen aller Art. Zum Beweise füge ich
aus der späten Litteratur einige Beispiele bei: Sulpic. Sever. Chron. 1, 46, 5
hie novem azinös reißiasse scrihitur^ sed in Paralipomenis atque etium in
Chronicis novew et viginti annos imperium tenuisse adnotatus est; Hiero-
nymus in Luc. hom. 111 Eva quoqtie, antequam aperirentur oculi eim,
vidisse describitur; Lucifer v. Calaris pro Athanas. II p. 920 c: cum
mendax esse clarueris und Cyprian ep. 30, 8 dum episcopus dari a deo nobis
sustinetur. Am reichsten an solchen Konstruktionen scheint neben Sulp.
Sev. wohl Cassiodor gewesen zu sein.
Neben clueo im Altlat. haben wir in ganz später Zeit so eben noch
claresco mit Nom. c. inf. verbunden gesehen. Ausser den beiden kon-
struieren sich noch einige andere Intransitiva ebenso, im ganzen aber selten,
sowie die Phrasen in susptcioue sum und in suspicionem venia. Immerhin
muss man die Beispiele, bei Cicero wenigstens, sehr vorsichtig aufnehmen,
wie z. B. pro Rose. Am. § 118 ntaleficiis qtuie in illo constat e^sse von Land-
graf und C. F. W. Müller gelesen wird, während jedoch Caelius bei Cic.
Farn. 8, 10, 2 kritisch sicher ist. Ich erwähne appareo bei Cic. Varro, Sen.
phil. Suet., opus esse bei Brut. Cic. Fam. 11, 11, 2 (von Wesenberg wohl
mit Unrecht angezweifelt), pateo bei Apul., dann Dolabella bei Cic. Fam. 9,
9, 1 etsi nullo tempore in susjncionem tibi debui venire partium causa potius
quam tua tibi suadere.
Anmerkung. Der Acc. c. inf. nach dem impersönlich gebrauchten Passiv eines
V. sentiendi oder dcclarandi, z. B. Ter. Andr. 796 in hac habitaase platea dictumst Chnj-
sidem ist im Altlat. sehr selten, vgl. Acc. praet. 19 (Ribb. p. 283) visum est pastorem ad
me adpeUere pecuSy häufiger bei Cicero und Caes , von wo ab die Konstruktion immer öfter
sich findet. Man hat bei einzelnen Schriftstellern Beobachtungen individuellen Gebrauchs
gemacht, z. B. dass Cicero und Caesar den Acc. c. inf. nach dicüur und nuniiatur setzen,
wenn ein Dativ dabeistehe, dass creditur in der klassischen Sprache regelmässig unpersön-
lich, später persönlich konstruiert werde; dass Tacitus nach creditur den Acc. c. inf. nur
bei sachlichem Subjekte oder beim Subj. im Plural setze, während bei persönlichem Subj.
im Singular überwiegend der Nom. c. inf. stehe. Schliesslich mag erwähnt werden, dass
die Konstruktion des Nom. c. inf. in der besten Zeit der Sprache sich nur in unmittelbarer
Verbindung mit dem V. sent. oder die. halten konnte, die Weiterführung des Gedankens
musste im Acc. c. inf. erfolgen. Es ist dies ein Beweis, dass die Fügung des Nom. c. inf.
hier als eine grammatische Fessel empfunden wurde, der man sich möglichst rasch zu ent-
ziehen suchte (ähnlich wie bei der constructio »ard ai^vecty).
235. Zum Abschluss in der Behandlung der Infinitivkonstruktionen
mögen noch folgende Punkte erledigt werden:
1. Der Gebrauch des Infinitiv des Perfekts, wo das Präsens erwartet
wird, findet sich in der ältesten Periode vorzugsweise in Sätzen, die ein
Verbot enthalten, und zwar nach volo und nolo^ z. B. Cato r. r. 5 ne quid
emisse velit, ebenso bei Plaut, u. Ter., sowie in Edikten und Senats-
beschlüssen, z. B. S. C. de Bacan. nei quis Bacanal habuise velet. Die
Erklärung liegt darin, dass das auf Vollendung gerichtete Verlangen sich
einmischt, die berührte Sache möge nicht geschehen sein. Diesen Gebrauch,
der in der Litteratur bald erlosch, während er sich im Kurialstil erhielt,
haben Catull, dann die Schriftsteller der augusteischen und der späteren Zeit
490 B. Lateinische Qrammaiik. d) LateiniBche Syntax.
wieder aufgenommen und erweitert, z. B. Hör. sat. 1, 2, 28 sunt qtU noUni
tetigisse. So schreiben Ovid, Hör. Liv. Verg. Quint. Plin. mal., z. B. n. h.
lOf 30 cum eam nemo velit aUigisse. Wenn Liv. sogar ohne Negation diesen
Infinitiv braucht, so hat er damit den bei den Komikern und in einem bei
Cicero off. 2, 23 erhaltenen Fragment quem quisque odit pensse expetü and
bei Lucrez auch schon sich findenden Brauch wieder aufgenommen. Die
dem griechischen Einfluss besonders zugänglichen Dichter der augusteischen
Zeit, so namentlich Properz, Ovid, Tibull, auch Horaz, ebenso die N. Kl.
Dichter wie Silius verwenden diesen einmal wieder in Gebrauch gekom-
menen Inf. nun auch nach den Verben des Strebens und Könnens, und hier
dürfen wir eine unzweifelhafte Anlehnung an den griechischen Aorist er-
kennen. So lesen wir den Inf. perf. nach decety convenit, iuvat, libet, opariet
und andern unpersönlichen Verben; aus Horaz werden curo, lahoro, tento
zitiert, vgl. auch Ovid met. 14, 571 sed vkissc petunt. Selbstverständlich
hat die metrisch sich leicht fügende Form, z. B. sustinuisse, impasmsse
die Konstruktion den Dichtern sehr empfohlen. Die Prosaiker der silbernen
Latinität, so Val. Max. Plin. mai., seltener Seneca phil., haben sie vielfach
übernommen, z. B. satis est adiecisse, und die Autoren des Sp. L. bei-
behalten, z. B. Justin 5, 4, 15 posulsse cupiunt.
Der Inf. Perf. pass. , meist ohne esse^ steht bei energischen Willens-
äusserungen schon in alter Zeit, in der klassischen Sprache und in der
silbernen Latinität und zwar meist nach volo^ seltener nach it4}lo und
cupiOy .z. B. Plin. n. h. 2, 7, 15 muUis etiam pestibus, dum esse placatus
cupimus etc.
Schliesslich sei erwähnt, dass nach den Praeterita von oportet
{decet, convenit) und aequiim est der Inf. perf. pass. meist ohne esse sich
findet (der Inf. perf. act. nur bei Plaut, zweimal, z. B. Ampb. 544 cavisse
oporttüt) und zwar bei Plaut. Ter. u. Cicero, vgl. PI. Mil. 730 itideni divos
disperlisse vitam humanam aequom fuit und Cic. Cat. 1, 2 quod iam pridem
factum esse oportuit. Hier liegt eine einfache Attraktion zu Grunde, indem
der Infin. sich im Tempus dem regierenden Verb assimiliert hat.
2. Der Subjektsakkusativ wird in der Konstruktion des Acc. c. inf.
oft ausgelassen und zwar, wie dies genau nachgewiesen ist, sehr häufig
bei den Komikern, allgemein bei den Historikern (vgl. besonders Frigell
zu Liv. 23 p. 4ü — 55), im Briefstil ganz gewöhnlich, auch bei Cicero (ad
Fam. 16, 5 1 is omnia pollicitus est, quae tibi opus essent; facturum puto),
selbst in den Reden Ciceros häufiger als man glaubt. Bei den Dichtern,
so namentlich den august., trifft man zahlreiche Beispiele an, die teils in
Anlehnung an die alte Litteratur, teils unter dem Zwange des Metrums
entstanden sind. Ein Gräzismus ist hier völlig ausgeschlossen. — Die
Auslassung des Infinitivs z. B. quid illum censesY sc. f'acere, was in der
Umgangssprache, also besonders bei den Komikern und in den Briefen
üblich ist, erklärt sich nach § 8.
3. Ein mit qu^am sich anschliessender Satz kommt durch eine Art
Attraktion auch in den Acc. c. inf. zu stehen ; doch ist dies nur klassischer
Brauch, bei Cicero sogar in den Briefen ad Att. durchaus beobachtet, z. B.
ad Att. 2, 20, 3 addit etiam se j^^i^s occisum iri quam me violatum iri.
2. Der zuBammengeBetzte Satz: d. Die ünterordnimg. (§ 236) 491
Allein im Altlat., dann wieder bei Sali. Liv., bei Curt. Nepos, selten in
späterer Zeit, tritt der zweite Satz in Konjunktiv, z. B. Tac. ann. 13, 42
omnia j^otius toleraturum quam submUteret. Die Grundform dafür finden
wir im selbständigen Satze schon bei Plautus, z. B. Mil. 311 mussitdbo
potius quam intcream male; vgl. unten § 258 und Biemann, revue de
philol. 1888 p. 47.
4. Das Subjekt des Acc. c. inf. tritt bisweilen mit de voraus und
wird dann mit is, illc oder überhaupt einem Pronomen im Akkusativ wieder
aufgenommen. Diese Konstruktion gehört im ganzen dem attenuatum genus
dicendi an, welches solche lose und bequeme Verbindungen liebt. Sie findet
sich nicht vor Cicero, bei diesem namentlich in den Briefen, doch auch in
den philos. u. rhetor. Schriften z. B. Brut. § 252 sed tarnen de Caesare iudico . . .
illum omnium fere oratorum latine loqui elegantissime; die spätere Latinität
hat sich eine so bequeme Satzfügung erhalten, wie z. B. Gellius; eine Pro-
lepse des Objekts ist bei Jul. Cap. Max. et Balb. 11 de quo saepissime
dicebaty se non contra hominem, sed contra Cychpem bellum gerere.
5. Die sog. oratio obliqua besteht darin, dass die Rede eines andern
einem einführenden V. dicendi untergeordnet wird. Dabei treten die Be-
hauptungssätze in den Acc. c. inf., Aufforderung und Wunsch erscheint
mittels Personen- und meistens auch Tempusverschiebung im Konjunktiv,
der Fragesatz aber steht, wenn er als rhetorische Frage eine Behauptung
in sich schliesst, im Acc. c. inf., enthält er dagegen den Ausdruck eines
Verlangens, Wunsches, Befehls, so muss er konjunktivisch ausgedrückt
werden. Selbstverständlich gehört die orat. obliq. wesentlich den Histori-
kern an und findet sich sonst nur sporadisch.
Zu §212 vergl.: Weissbnhorn, Parataxis Plautina. Burghausen 1884. || Zu §216:
Becker. De syntaxi int<}rrogatioDum obliquarum apud priscos scriptores latinos, Strassburg
1873; GuTscuB, de interrogationibus obli^uis apud Ciceronem, Halle 1885; Olbricht, de
interrogaüonibus disiunctivis et an particulae usu apud Tacitum, Halle 1883; s. oben
WoLFF und Grabekstein nach § 162. || Zu § 220: Thielmann, habere mit dem Infinitiv
u. d. Entstehung de« rora. Futunims in Wöllflins Arch. II, 1 und 2; Wölfflik, Der sub-
stantivierte Infinitiv, Archiv III, p. 70—91; Thielmakn, Facere mit dem Infinitiv, Archiv III,
p. 177-206. II Zu § 235: Jolly s. o. § 21; Herzog. Die Syntax des Infinitivs, Jahrb. 1873,
1—33; G. Müller, Zur Lehre vom Infinitiv im Lat., Görlitz 1878; Barth, de infinitivi apud
sccnicos poetas latinos usu, Berlin 1882; Mbrouet, De usu syntacticö Inf. Lat. maximo
poptico, Königsberg 1863; Reichbkuart, Der Infinitiv bei Lucretius; act. sem. Erlang. IV,
457—526; Senger, Über den Infinitiv bei Catull, TibuU und Properz, Speier 1886; Sork,
Der Infinitiv bei Sallust, Florus, Eutrop und Persius, Innsbruck 1887; Krause, De Vergilii
usurpatione infinitivi, Halle 1878; Schmidt, De usu infinitivi apud Lucanum Val. Place. Sil.
Italicum, Halle 1881; Trillhaas, Der Inf. bei Ovid. Erlangen 1877; Kidenbchink, Der Inf.
bei Corn. Nepos etc. Passau 1877; Fükck, Neue Jahrbb. 1880 p. 725-334 (Ellipse des
Subj.). Bezüglich der Fragesätze in oratio obliqua: Kraz im Progr. von Stuttgart 1862
und dagegen Riemann in der revue de philol. 1882.
b. Unterordnung mittels relativer Pronomina und Konjunktionen.
236. Wir wenden uns nun zu dem Grade der Unterordnung, wo die
Sprache sich nicht mit schlichter Zusammenstellung von Haupt- und Neben-
satz, höchstens unterstützt durch Personen-, Modus- und Tempusverschiebung
begnügt, sondern wo ein Pronomen oder eine Konjunktion die Vermittlung
übernimmt. Zu dieser Funktion sind geeignet die Relativpronomina und
die aus erstarrten Kasusformen des Relativs oder sonstwie, z. B. Ver-
schmelzung von Partikel und Konjunktion wie simul atque, wofür man
492 B. Lateinische Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
auch simul allein sagte, ferner aus erstarrten Verbalformen, z. B. licet,
dann vis und Übet in Verbindung mit quam entstandenen Konjunktionen.
Wir unterscheiden daher
1. Relativsätze,
2. Konjunktionalsätze.
Die letzteren sind aus den ersteren hervorgegangen, und es ist der
Relativsatz als der ältere zu betrachten; aber allmählich hat die Verbin-
dung durch Konjunktionen als die bequemere und deutlichere bei weitem
die durch das Relativ bewirkte überholt. Ferner haben die Konjunktionen
bei ursprünglich weiter Gebrauchssphäre ihr Gebiet immer mehr eingeengt
und präzisiert.
Eine Hauptfrage ist hier die nach Modus und Tempus des unter-
geordneten Satzes. Der Konjunktiv war ursprünglich nur der Ausdruck
für die Subjektivität eines Gedankens, und daraus entwickelte sich sein
Gebrauch als Modus der Abhängigkeit. Er findet sich nun in Relativsätzen
dann^ wenn eine innere Beziehung der beiden Sätze, sei es in konsekutiver,
kausaler oder anderer Weise ausgesprochen werden soll und zwar durchweg
in der Latinität; denn dieser Gebrauch des Relativpronomens ist spezitisch
lateinisch. Dagegen stand ursprünglich in den mit Konjunktionen ein-
geleiteten Sätzen zumeist der Indikativ (abgesehen von den Finalsätzen);
dass auch solche den Konjunktiv annahmen, ist der letzte Schritt in der
Entwicklung dieser Syntax, wie wir es namentlich bei quom konstatieren
können. Wie nun die klassische Sprache den unterordnenden Konjunktiv
sehr ausgiebig verwendet, so dass sogar Nebensätze durch blosse Anglei-
chung an einen konjunkt. Satz selbst in den Konjunktiv treten, so macht
sich in der nachklassisehen Zeit ein Wiedervordringen des ursprünglichen
Indikativs vielfach geltend, und allmählich sehen wir wie früher neben
einander den Indikativ und Konjunktiv. Umgekehrt aber lässt sich und
dies unter offenbarem Einflüsse des griechischen iterativen Optativ ein
Eindringen des Konjunktivs in Satzgefügen erkennen, in denen früher der
Indikativ herrschte; es gelang ihm aber nicht, den letzteren zu verdrängen
und so sehen wir auch hier bis in die späteste Zeit herab beide Modi in
fast gleichmässigem Gebrauch, ja manchmal mit einander wechselnd. In
den Nebensätzen der erat, obliq. steht in klassischer Sprache, ausser wenn
dieselben nicht als Teil der indirekten Rede betrachtet werden, regelmässig
der Konjunktiv. Dagegen bemerken wir im Altlat., wo der Konjunktiv
als unterordnender Modus noch nicht vollständig zum Durehbruch gelangt
ist, ferner seit Sali. Liv. u. Tac, offenbar unter dem Einflüsse der Griechen
und der Volkssprache, welcher jede Reflexion und damit auch die Setzung
des durch dieselbe bedingten Konjunktivs der fremden Meinung fernliegt,
den Indikativ in konjunktionalen Nebensätzen; dies wird im Spätlat. noch
verbreiteter, z. B. bei Justin und besonders bei Ammian.
Das Tempus des Nebensatzes betr. ist festzuhalten: Der ursprüng-
liche Gebrauch der Tempora (vgl. oben § 22) ist der absolute. Erst
einer späteren Zeit war es vorbehalten, mit der Entwicklung der Neben-
sätze auch Ausdrucksformen für die Ordnung der Zeiten unter sich zu
schaffen und so den bezogenen Gebrauch der Tempora einzuführen. Diese
2. Der susammengeBeizte datz: d. Die Unterordnung. (§230.) 493
Umgestaltung der Tempusbedeutung ergab für das Plusq. die Bedeutung
der Vorvollendung in der Vergangenheit, für das Fut. ex. in der Zukunft
u. s. w. Freilich kam diese Ordnung der Zeiten nicht überall zur Gel-
tung; z. B. in den Sätzen mit ut, mW, postqtmm^ quam primum hat sich
aoristisches Perfekt erhalten, während nach quam das bezogene Plusq. ein-
trat. Das gleiche gilt für Sätze wie Liv. 2, 19, 4 quia Tarquinios esse
in eijcercitu Latinorum cognitum est, stistineri ira non potuit, quin extemplo
confligerenty 25, 29, 9 quos fors obtulii, irati interfecere. So werden
wir vielfach absolute Zeitgebung im Nebensatz finden, wo wir ein be-
zogenes Tempus erwartet hätten, vgl. z. B. § 261. — Die Konjunktive
nahmen ursprünglich teil an der Bedeutung der indikativischen Tempora;
eine Verschiebung macht sich erst später bemerklich, wie wir dies bezüg-
lich des Konj. Imperf. in den irrealen Bedingungssätzen, bezüglich des Konj.
Plusq. in der niedrigen Sprache z. B. im b. Hisp. und im Sp. L. konsta-
tieren können. Haben wir oben § 24 ein Vordrängen des Plusquamperfekts
in der gewöhnlichen Sprache festgestellt, also dixeram für dm, so nimmt
daran der Konjunktiv auch teil; daher sagt Cic. Att. 4, 16, 1 Paccius in
intimis est meis^ eum antea non fuisset und 1, 13, 1 nos ipsi, qui Lycurgei
fuissemus a princijuo, cottidie demitigamur {qui fuissemus = antea enim
fiieramus, vgl. § 24). Das Futur hat keinen Konjunktiv, es muss daher
im Bedürfnisfalle zur Umschreibung mittels der Konj. periphrastica oder
zur Ersetzung durch Konj. Präs. oder Imperfekt gegriffen worden; das
letztere findet in klass. Zeit zumeist da statt, wo der regierende Satz schon
einen futurischen Ausdruck enthält. Die Umschreibung tritt regelmässig
da ein, wo der Nebensatz sich möglichst selbständig gegenüber dem Haupt-
satze gehalten hat, so namentlich in Konsekutivsätzen und in indirekten
Fragen.
Was nun das Verhältnis des Tempus im Nebensatz zu dem im Haupt-
satz anbelangt, so ist als unbedingt sicher hinzustellen, dass eine mecha-
nische Abhängigkeit der Tempora des Nebensatzes von denen des Haupt-
satzes nicht vorhanden ist, sondern dass die Wahl des Tempus von der
jedem Satz zu Grunde liegenden Anschauung bestimmt wird, weshalb man
gut thut, auf die ursprüngliche Parataxis zur Erklärung zurückzugreifen,
z. B. Cic. Rose. 92 video causas esse niultns^ quae istum impellerent =
mtdt<ie caufae eum impellerent (Potent. Präterit.), video. Ferner spielt die
Angleicliung der Tempora eine grosse Rolle, vgl. Cic. Lael. 2, Fam. 7, 10, 2
Camino luculento utendum censeo — id&m Mucio placehat — praescrtim
qui sagis non ah un dar es, wie überhaupt die psychologische Betrachtung
auf diesem Gebiete vieles bisher Ungeheuerliche einfach erklärt. Schliess-
lich vergesse man nicht, dass der innere Zusammenhang nicht bei allen
hypotaktischen Verhältnissen derselbe, sondern bald enger (z. B. in finalen
Sätzen), bald lockerer (wie in konsekutiven und temporalen Sätzen) ist.
Nach den entwickelten Grundsätzen gestaltet sich die sogenannte conse-
cutio temporum sehr einfach für die gute Zeit der Sprache, und eine
wesentliche Veränderung derselben lässt sich hier nicht konstatieren. Be-
merkenswert ist nur, dass seit der klassischen Zeit der Koni. perf. in er-
zählendem Gedankenzusammenhange erscheint, dass bei Praes. bist, nunmehr
4d4 B. Lateinische Örammatik. d) Lateinische Öyntax.
verschiedene Tempus- und Moduswahl möglich ist und dass in indirekter
Rede Abwechslung im Tempus an Stelle einheitlicher Durchführung sich
findet. Der Grund liegt dazu in der Raschheit und Beweglichkeit der An-
schauung, welche im Verlaufe der Zeit immer mehr die strenge Gesetz-
mässigkeit und Nüchternheit des altrömischen Charakters verdrängte. Auf-
fällige Verstösse gegen die consecutio temporum gehören erst dem Verfalle
der Sprache an, wo das Gefühl für die feinen Unterschiede der einzelnen
Tempora verschwunden war und manche Verbalformen zurücktraten, wie
z. B. der Konjunktiv des Imperf. gegenüber dem Konj. Plusq. VgL z. B.
Lucifer Cal. 195,2 quomodo in nobis possit Jtabitare Spiritus sanctuSf si tuaw
fecissemus voluntatem und 12, 25 directa est obsecratio ad deum, ne simul
periremus, sed fuissenms segregati Namentlich darf den Juristen der Vor-
wurf nicht erspart werden, dass ihnen die Folge der Zeiten wenig Sorge
machte. Zeigte schon Gaius auffällig wenig Sinn für die cons. temp., so
werden uns bei Ulpian und Späteren Sätze wie intcrest stipulatoris fiett,
quod stipuhtus est^ cum obligatus futurus esset pupillo, si male res gessefit
oder dicitur Augustus quacsisse an possit hoc recipi nee absonans esset
gar nicht wundern.
Hiezu vergl.: Libyen, Die consecutio temporum des Cicero» Riga 1872; Kbamarczik,
Die Lehre von der cons. temp., Heiligenstadt lo55; Reusch, Zur Lehre von der Tempus-
folge, Elbiug 1861; Kluge, Die cons. temporum, deren Grundgesetz und Erscheinung im
Ijat., Cöthen 1883; Gardner-Halb, the sequence of tenses in Latin, Baltimore 1887 und
1888. Wetzel, De cons. temp. Ciceroniana capp. H, Leipzig 1877; id. Beiträge zur Lehre
von der cons. temp. im Lat., Paderborn 1885; Progksch, Die cons. temp. bei Caesar,
Leipzig 1874 (id. Gebrauch der Nebensätze bei Caesar, Bautzen 1870). Hartmanv, Über
den Konjunktiv der Futura, in Wölffüns Archiv HI, p. 337—354; Reiter, de Amm. usu
orat. obl., Aniberg 1887.
aa. Relativsätze.
237. Das lateinische Relativpronomen ist unmittelbar aus dem ad-
jektivischen Interrogativum hervorgegangen und lautet daher qui, quae,
quod — ; allein es erscheint unzweifelhaft, dass die älteste Sprache auch
das substantivische Interrogativum quis und quid statt des später all-
gemein üblichen qui quac quod als Relativpronomen verwendete, z. B. Cato
r. r. 148 dominus vino quid volet faciat und Festus: quis voJet magist) atus ;
nachgeahmt wird dies von Gellius 13, 23, 8 quis erat egregia et inaesianti
fortitudinCy Nero adpcllatus est. Doch beschränkt sich der Gebrauch des
substantivischen Interrogativum als Relativum auf sehr enge Grenzen,
denn als anaphorisches (rückdeutendes) Pronomen wurde nur qui quac quod
verwendet.
238. Die Entstehung des Relativsatzes Ter. Phorm. 947 argc^itum
quod habcs cofidonamus fe haben wir uns so zu denken: argentum, quod
argcntum? hahes! condonamus fe, d. h. der Sprechende beginnt: argtntum,
er wird unterbrochen quod argentum? antwortet darauf hahes und führt
dann den mit argentum begonnenen Satz durch condonamus te zu Ende.
So erklärt sich auch die sog. Wiederholung des Substantivs beim Relati-
vum, hier quod argentum, welche demnach der ursprünglichen Konstruktion
angehört, vgl. § 240. Nach § 5 kann argmtum vor ecndünamus noch
einmal durch id aufgenommen und diA« gehörig auch
2. Der amsammengeBetaste Satz: d. Die tTnterordiiimg. (§ 237— ^dd.) 495
zu ihm gesetzt werden; also argentum id, quod argentum hohes, condonamus
te. Diese schwerfallige Konstruktion wurde nun vereinfacht durch Unter-
drückung des Demonstrativs und des Substantivs beim Relativ oder durch
Beseitigung des Substantivs mit Demonstrativ, also argentum, quod habes
oder quod argentum hohes condonamus te.
So sehen wir, wie das Relativum zu der Befähigung kam, einen ge-
nannten Begriff näher zu beschreiben. Diese Beschreibung kann nun ganz
objektiv sein, wie in dem eben behandelten Satze; sie kann aber auch den
Inhalt einer Reflexion ausdrücken. Daher erklärt sich, dass das Relativ-
pronomen Sätze konsekutiver etc. Art mit dem Hauptsatze zu verbinden
geeigenschaftet ist; dies nähere Verhältnis zu erkennen, bleibt nun ent-
weder dem Leser oder Zuhörer überlassen, oder es wird durch den die
Abhängigkeit dokumentierenden Konjunktiv ausgedrückt.
In finalen und konsekutiven Relativsätzen wird im Altlat. oft vor qui
noch ut gesetzt z. B. Plaut. Bacch. 283 adeon me fuisse fungum ut qui ilU
crederem: hier wäre dann eine im Interesse der Deutlichkeit gebrauchte
Abundanz zu erkennen; vgl. indes Spenoel zu Ter. Andr. 148.
Während in finalen Relativsätzen nur der Konjunktiv steht, herrscht
in den konsekutiven noch das Übergangsstadium; wir treffen manchmal
noch den ursprünglichen Indikativ, wo wir den Konjunktiv erwarteten,
z. B. Plaut. Trin. 91 sunt quos scio amicos esse; auch Ind. u. Konj. neben
einander Men. 457 adfatim hominumst in dies qui singulas escas edint, quibus
negoti nihil est etc.
Die kausativen Relativsätze gehen im Altlat. schon häufig in die sub-
jektive Auffassung über und werden deshalb in den Konjunktiv gesetzt.
Wie bei den konsekutiven, zeigt sich indes auch in diesen Relativsätzen
bei Plaut, das Übergangsstadium: man vergleiche PI. Pers. 75 sumne ego
stultus qui rem curo puplicam? mit PI. Trin. 1057 sed ego sum insipientior,
qui rebus eurem puplicis; bisweilen tritt quippe^ ut oder ganz selten ut^
pote vors Relativ. Das gleiche gilt für den Modus in den relativen Ad-
versativsätzen.
Als letztes Moment in der Entwicklung der relativen Syntax erscheint
der sogen, relative Anschluss; auf Inschriften und bei Cato sind davon
nur wenig Spuren zu entdecken, auch bei Plautus ist er noch selten, bei
Terenz häufiger und bei Lucrez bereits ganz verbreitet.
239. Das aus dem Frageworte quis^ quid, quot sich entwickelnde In-
definitum wird mit dem Frageworte zusammengesetzt, also quisquis, quid-
quid, quotquot, oder es tritt quomque ans Relativ, auch que allein, also
quisque „wer irgendwo** oder »wer irgendwann** (denn que ist Ablativ des
Indefinitums): daraus entstanden die sog. verallgemeinernden Relativa
und die verallgemeinernden Partikeln wie ubiubi, utut, utcumque,
undecumque u. ä. Während nun das Relativ, wenn es eine verallgemei-
nernde Bedeutung annahm, sich mit dem Konjunktiv zum Ausdrucke dieser
Bedeutung verband, brauchte man es bei quisquis etc. nicht, und so werden
denn diese Relativsätze in den Indikativ gesetzt. Dieser Indikativ hat
iioh in der guten Zeit der Sprache erhalten und wo wir im Altlat. oder
"^ ier klass. Latinität in den jetzigen gereinigten Texten noch den Konj.
4dO fi* tiateiniache Grammatik, d) Lateinisciie Synta^t.
finden, ist derselbe durch Attraktion oder eine ähnliche Ursache veranlasst,
z. B. Plaut. Trin. 437 di duint tibi quaequomque optes. Anders wird es
in der nachklass. Zeit und besonders im Spätlat.; denn hier findet sich
gerade wie bei quamquam der Konjunktiv, der jetzt mit Livius und Plin.
mai. (vgl. Frobeen p. 32 ff.) sein Gebiet sehr erweitert und im Sp. L., be-
sonders bei den eccl. ganz gewöhnlich wird,'Z. B. Plin. n. h. 27, 109 pur-
gut cicatrices et nubeculas et quicquid obstet , üieronymus ep. 119, 1 haec
qualincumque sint dictare compellor.
240. In der Zeit der klassischen Sprache haben Comificius, Cicero,
Caes. u. a. Spuren einer alten Struktur gewahrt, welche sich fast überall
im Kurialstil erhalten hat, wenn sie beim Relativ das Nomen belassen, so
namentlich res dies locus, auch andre Substantiva. Daraus, dass der auctor
b. Afric. u. Hisp., dann hauptsächlich Yitruv (z. B. 10, 14, 6 fotamina fiani,
in quibus foraminibus), ferner Petron und Hygin. fab., ja die Peregrinatio
ad loca sancta (IV saec. fin.) mit Vorliebe sich der Konstruktion bedienen,
geht hervor, dass die altertümliche Struktur volkstümlich blieb, vgl. be-
sonders Hygin 145 at luno coeifit eam, ut se in mare praedpitaret^ quod
wäre loniuni est appellatum (eig. quod mare? Antwort: lonium est appel-
latum). Selbstverständlich ist sie besonders häufig im Juristenlatein, hier
oft auch mit Voranstellung des Relativsatzes, z. B. Gaius Dig. 28, 6, 5
pro qua parte — pro ea parte, 41, 1 9 pro qua ratione — eadeni ratione.
Sonst scheint die Konstruktion seit Livius, der sie spärlich verwendet,
zurückzutreten, ausser bei den Archaisten, von denen namentlich Gellius
viele Beispiele aufweist, ebenso Fronte, auch Apuleius. Nicht selten da-
gegen ist bei Livius, wie auch bei Cicero, diejenige Weiterbildung der ur-
sprünglichen Form, wonach beim Relativ das Substantiv bleibt, aber im
Hauptsatz mit oder ohne Demonstrativ wegfällt, z. B. 29, 31, 9 quem
ceperant eusules mo7item, herbidus aquosusque est.
241. Seit Cicero finden wir die ursprüngliche Form des Relativsatzes
auch da angewendet, wo nach der bisher üblichen Erklärung eine Appo-
sition in den Relativsatz gezogen wird; z. B. ad Att. 5, 20, 3 Amanus,
qui mons erat hostium plenus (eigentlich Amanus nions; qui mens = ua^
war wit dem Berge? Antwort: erat hostium plenns). Mit Livius treffen
wir die Voraussetzung der Apposition, die auch Voll, sich erlaubt, und dio
bei den Script, bist. Aug. allgemein üblich wird, z. B. Vop. Aur. 35 ajmd
Caenophrurium, viansionem, quae est inter etc.
Ebenso tritt erst mit Cicero die gleichfalls aus der Urform sich leicht
herleitende Konstruktion ein, welche eine Begründung des Hauptsatzes
giebt, z. B, Cic. Pam. 7, 2, 1 qtwd si mihi 2)ermisisses, qui meus amor in
1e est^ confecissem cum cohercdibus (wo man ersieht, dass es co amore, qiti
mctis amor in te est^ confecissem in vollständiger Struktur heissen müssto;
das von eo amore verlangte quo amore? wird durch Attraktion von fneui^
est in Nominativ gesetzt). Dies lesen wir auch in den Briefen an Cicero,
es darf also als eine damals allgemein übliche Konstruktion gelten. Nach
Cicero finden sich nur vereinzelte Beispiele bis zu den Archaisten herab.
242. Während finale Relativsätze auch in der klassischen und
folgenden Zeit den Konjunktiv haben, erschA'»«^" konsekutive Relativ-
2. Der sEnflammengesetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§240—245.) 497
Sätze hier teilweise im Indikativ, z. B. nach sunt qui bei Cic. inv. 1, 40,
72 u. 2, 55, 167 (also nur in frühester Zeit), dann aber nicht mehr, auch
nicht de oflf. 1. 84 (wozu siehe C. F. W. Müller), während er nach sunt
muUi u. ä. auch den Indikativ zulässt (C. F. W. Mülleb off. 1, 42), z. B.
p. Rose. Am. 48 permultos notn, qui incensi sunt; auch Caesar hat den In-
dikativ z. B. b. Gall. 6, 27 sunt item qui appellantur alces; wiederholt
Horaz, nicht Verg., selten Liv. (z. B. 9, 3, 12 ista quidem sentmtia ea est,
quae neque amicos parat nee inimicos tollit); die nachliv. Prosa weist ver-
einzelte Beispiele mit Indikativ auf, überall aber daneben öfter Sätze mit
Konjunktiv. Man kann somit sagen, dass im ganzen der Gebrauch von
Plautus bis Apul. keine wesentliche Veränderung erlitten hat. Gleichmässig
durch die ganze Latinität ist die Konstruktion von dignus, indignus,
idoneuSj das überall qui c. coni. nach sich hat (vgl. jedoch § 290), für aptf4S
wird nur Cic. Lael. 1, 4 u. Ov. her. 3, 70 zitiert.
243. Seit der klassischen Zeit überwiegt in kausalen Relativsätzen
der Konjunktiv, namentlich wenn durch vorantretendes ut, quippe, utpote
der kausale Charakter besonders betont wird. Bei Cicero ist nach quippe
qui, ut qui u. utpote qui jetzt durchweg an allen Stellen der Konjunktiv
hergestellt, bei Caes. treffen wir nur ut qui und dies mit Konj.; dagegen
ist beachtenswert, dass Sali, quippe qui ausschliesslich mit Indikativ kon-
struiert, utjwte qui indes mit Konj. (Cat. 57, 4). Bei Liv. lesen wir ut qui
sehr oft und immer mit Konj., quippe qui mit beiden Modi, utpote qui ver-
schmäht er ganz; ebenso auch Tac, welcher ut qui u. quipj)e qui, letzteres
nicht in den späteren Schriften, immer mit Konjunktiv verbindet. Bei den
Archaisten treffen wir wieder quippe qui mit Indikativ, auch bei Sulp. Sev.,
ebenso einmal utpote qui bei Apul. Im Sp. L. überwiegt der Indikativ,
ohne jedoch den Konj. ganz verdrängen zu können. Im ganzen erhalten
wir den Eindruck, dass der Indikativ seit der klassischen Zeit entweder
archaisierenden Bestrebungen (so vielleicht auch bei Lucrez u. Catull) oder
dem Einflüsse der Quellen sein Dasein verdankt, oder wie z. B. Liv. 8,
26, 5 der grossen Entfernung des Verbs vom Pronomen oder, wie im Sp. L.,
der Gleichgiltigkeit und Unsicherheit im Gebrauche der Modi.
244. Hier ist die Assimilation des Kasus des Pronomen relativ, in
den Fällen zu besprechen, wo man glaubte, eine griechische Kasusattraktion
annehmen zu müssen, z. B. Hör. sat. 1, 6 14 notante iudice quo nosti po-
pulo; der Kasus des Relativs ist ganz einfach aus der Entstehung des
Relativsatzes zu erklären notante iudice, quo? nosti, populo = welches Rich-
ters? du kennst ihn ja: des Volkes! Solche Beispiele finden sich infolge
instinktiven Zurückgehens auf die alte Ausdrucksweise seit Comificius,
häufig bei Liv. und bei Gellius, z. B. 1, 25, 16 ex his quilms dixi vodbus.
Bemerkenswert ist, dass in dem einen Beispiel bei Cic. (ad Att. 10, 8, 7),
femer im b. Afr., bei Nepos, Gellius das Verb des Nebensatzes stets dicere
ist. Im christlichen Latein finden wir eine Attraktion, welche offenbar
durch das griechische Original der Bibel beeinflusst ist, z. B. Lucif. Cal.
92, 3 retribuat tibi bona pro quibus fecisti nach I Reg. 26, 23.
245. Schliesst sich ein Relativsatz an ein gleichartiges Adjektiv,
seltener an ein Partizip oder eine Apposition an, so muss derselbe im
Bandtraoli der klMs. AltertumBwlflMiucluift. IL 2. Aufl. 32
498 S* Latemische Grammatik, d) Lateinisohe Syntax.
Konjunktiv stehen; dies hat man zuerst bei Yarro, aber nur de re rusi,
und bei Cic, dann bei Livius, namentlich aber bei Tac. bemerkt, z. B. ann.
2, 88 haud dubie liberator Gernmniae et qui . . laccssierit. Aber in späterer
Zeit bei den Script, hist. Aug. findet sich auch der Indikativ mit offenbarer
Nichtbeachtung des konsekutiven Verhältnisses.
246. Auffallig scheint bei Ter. Ad. 306 quem neque fides neque ius
iurandum tjeque illum misericordia repress^it innerhalb desselben Satzes die
Wiederaufnahme des Relativs durch das Demonstrativ. Allein hier
und oft bei Cicero, wo mit Relativsätzen andre Sätze koordiniert werden,
in denen das Relativ zeugmatisch in einem andern Kasus scheinbar zu er-
gänzen ist, oder statt dessen ein Demonstrativ steht (dies auch bei Flaut),
oder in die ein Relativ gar nicht hineinpasst, z. 6. Cic. or. 237 iudicium
quod aut sequere aut tuo stabis, wird die Erklärung leicht durch Zurück-
gehen auf die ursprüngliche Konstruktion gefunden, also Terenz Ad. 306
0 homineni impium . . quem? neque fides neque ins iurandum neque illum
misericordia repressit; Cic. or. 237 iudicium^ quod? aut sequere (id) aut
tuo stabis. Die spätere Zeit bietet hier sehr weniges (vgl. jedoch Phaedrus
5, 1. 10), so dass wir es offenbar mit einer Eigentümlichkeit cic. Periode
zu thun haben.
247. Der in § 238 besprochene sog. relative Anschluss erweitert
seine Qebrauchssphäre in der klassischen Zeit immer mehr. Die mittels des
Relativs in dieser Weise angefügten Sätze gelten als Hauptsätze, weshalb
sie in Orat. obl. gewöhnlich im Acc. c. inf. erscheinen (über Ausnahmen
vgl. Zusätze und Berichtigungen). Schon frühe bilden sich mittels des Re-
lativs beliebte Übergänge, wie quo facto, qua rß, quibus rebus cogfiUis,
welche zum Teil geradezu formelhaft werden.
Zu §247 vergl.: Weokner, Der lat. Relativsatz, Treptow a. d. R. 1874; Partzolt,
Beitrage zur hißt. Syntax der lat. Sprache, Waidenburg 1875 (Neubearbeitung von Paetzolt.
De latini pronominis relativi syntaxi prisca, Breslau 1873); Wölfflin, Die Gemination im
Lateinischen, München 1882 p. 446— 40f3 (äusserst interessante Abhandlung, worin quisquis,
quidquid etc. als geminierte Formen erklärt, ihr Gebrauch, ihre Verbreitung, die Diffe-
renzierung mit quiqiwmque u. ft. untersucht und bezüglich sämtlicher verallgemeinernden
Formen, wie undeunde, utut, ubiubif der Sprachgebrauch festgestellt wird); Bach^ de at-
tractione, quae dicitur in versa, apud scriptores latinos, Strassburg 1888. Debcke, Die
griechischen und lateinischen Nebensätze auf wissenschaftlicher Grundlage neu geordnet,
Colmar 1887.
bb. Konjunktionalsätze.
1. Akkusativische Eonjanktionen.
a. Quod.
248. Quod ist der Akkusativ des Pron. relativum; die Anfügung
eines Satzes mit quod soll also besagen, dass der Konjunktionssatz zu dem
Hauptsatz in demjenigen Verhältnis stehend gedacht wird, welches sich im
Akkusativ verkörpert hat. Nun ist aber der Akkusativ ursprünglich der
allgemeine casus obliquus, somit bezeichnet die Verbindung mit quod eine
dementsprechende Beziehung der beiden Sätze. Daraus erklärt sich auch,
dass quod allmählich Universalkonjunktion werden konnte, indem ja der
Akkus, beim Übergang ins Romanische Universalkasus wurde. Wie quod
ist dann auch sein Nachfolger que im Französischen geeignet, ganz all-
2. Der srasainmengesetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 246—249.) 499
gemein die Beziehung des zweiten Satzes zum ersten zur Anzeige zu bringen.
Erst später wurde dann que durch 6/ew, afin, ^^owr u. ä. näher bestimmt.
Anmerkung. Beachtung verdient die Ansicht (Gutjabr-Probst, III, p. 236)» ob
nicht mit dem akkusativiscben qtwd das ablativische, von Berok zuerst erwiesene qiiod
(z. B. in quod si, vgl. meine Anm. 872 zu Reisig-Haase p. 109) zusammengefaUen und daraus
die weite Ausdehnung des Gebrauches von quod mitzuerklären sei.
249. Die nächstliegende Beziehung des mit quod eingeleiteten Satzes
zum ersten Satze ist die des direkten Objekts. So sagt schon Ennius
Med. 285 Müll, non commemoro quod draconis saevum sopivi impefum und
Cicero p. Cluent 188 2^^<^^^^^(^o Q^od eani s^ibi domum delegit; ingleichem
folgt im Altlat. (aber nie bei Cicero und Caesar) auf adde^ sowie in der
silbernen und späteren Latinität auf adino und adde (seit Asin. Pollio, oft
bei Ovid u. aug. Dichtern, nicht bei Verg.) quod, z. B. Asin. PoU. bei Cic.
Fam. 10, 31 addc huc quod perferri Utterae nuUa condicione potuerunt. Erst
bei Macrobius wird quod in dieser Konstruktion auch durch quiu ersetzt.
Nach den prädizierten Verben des Machens und Bewirkens
steht seit Cic. ein Satz mit quod zur Bezeichnung des Objekts, z. B. Cic.
fin. 3, 4 bene facis quod me adiuvas; dieser Gebrauch erhält sich auch bei
Liv. und Späteren, während Plaut, quia statt quod verwendet.
Ebenso verhält es sich mit den Verben des Affekts, welche jedoch
schon im Altlat. einen Satz mit quod nach sich haben, z. B. Poen. 1373
ne mircre mulieres quod eum sequuntur. Allein hier hat quia dem quod
bei Plautus wenigstens erfolgreiche Konkurrenz gemacht, und erst in der
klassischen Zeit überwiegt quod.
Besondeis bemerkenswert sind Sätze mit quod nach VV. sentiendi
und declarandi. Das einzige Beispiel im Altlat. bei Plaut. Asin. 1, 3, 37
equidem scio iam filius quod amet mens wird jetzt anders erklärt (vgl. Blass,
Rh. Mus. 1882 p. 151 und oben Handbuch I p. 175); darnach wäre quod
amei abhängig von filio quor suscenseam? Durch die, wie oben § 224 ge-
zeigt, sofort in der histor. Zeit der Sprache ausgebildet entgegentretende
Konstruktion des Acc. c. inf. wurden Sätze mit quod zurückgedrängt; allein
sie scheinen doch in der Volkssprache gelebt zu haben, wie z. B. das b.
Hisp. dreimal (10, 2; 18, 5; 36, 1) solche nach renuntio und nuntio auf-
weist. Die klassische Sprache verschmähte diese Konstruktion durchaus.
Allein mit Livius tritt sie unverkennbar auch in die Litteratur ein, taucht
allenthalben in der silbernen Latinität auf, verbreitet sich mit dem Nieder-
gange der Sprache immer mehr, so namentlich in der Africitas, dem Kirchen-
latein und den davon beeinflussten Schriften; die romanischen Sprachen
haben die Erbschaft (französ. que, ital. che) angetreten. Der auctor b. Hisp.
braucht im Satze mit quod den unterordnenden Konjunktiv. In der Zeit nach
Livius tritt, erstmals bei Petron, auch der Indikativ auf, der mit dem Sinken
der Sprache immer mehr den Konjunktiv verdrängt. Interessant ist in dieser
späten Zeit die Verbindung der Konstruktion des Acc. c. inf. mit quod,
z. B. Pseudo-Cypr. mont. Sina 12: diximus quod lignuni . . . habere
inierpretationeni.
Anmerkung. Ahnlich ist auch die vulgäre Ausdrncksweise Jiabeo quod dicere für
das klassische haheo dicere zu erklären; sie gehört dem Sp. L. an (vgl. Pbtschenio, Progr.
Graz, 1885 p. 12).
32*
500 B. Laieinische Oraimwatik. d) LaieiniBohe Syntax.
250. Wie man id excrucior sagte, so konstruierte man schon frühe
auch quod male feci excrucior, und so treten Sätze mit quod zum Haupt-
satze ganz in das Verhältnis, in welchem der sog. freiere Akkusativ zu
seinem Verb steht. Daraus leitet sich auch der Gebrauch von quod =
„was das betrifft, dass'^ her, welcher schon dem Altlat. eigen ist, hier aber
merkwürdigerweise ebenso häufig den Konjunktiv als den Indikativ nach
sich hatte.
Hieraus entwickelte sich der sog. kausale Gebrauch von quod, der
bei Plautus übrigens noch nicht getroffen wird, um so häufiger aber im
klass. Latein sich findet. Manchmal hat quod im Hauptsatze ein Korrelativ,
z. B. eo, ideo, idcirco; ea gratia nur bei Sali., oh hoc nur bei Späteren;
allein es hat sich schon frühe von der relativen Natur emanzipiert, indem
z. B. schon bei Lucrez die Zahl der Stellen mit Demonstr. nur halb so
gross ist, als die Zahl der Stellen ohne Demonstrativ.
351. Haben wir oben gesehen, dass der Infinitiv als Objekt den
Inf. als Subjekt nach sich zog, so können wir hier die gleiche Wahr-
nehmung mit den Sätzen mit quod machen, denn aus non pigritia feci quod
ergiebt sich sehr leicht non pigritia est factum quod. So ging femer ac-
cedit quod aus adde quod hervor und auch est quod aus habeo quod. Mit
dieser Erweiterung seiner Gebrauchssphäre wurde quod allmählich befähigt,
Erklärungssätze aller Art anzufügen, z. B. Cic. Farn. 4, 13, 2 ut id ipsum,
quod mancam in vita, peccare me existimcni, aber auch Cic. de or. 1, 8 hoc
enim uno praestamus feris, quod colloquimur inter nos, und cum eo quod
auf einer Inschrift, bei Cic. ad Att., Celsus und Quint.
352. Sehr interessant ist die Beobachtung, wie der stete Gebrauch
von quod in der spätem Sprache dasselbe zu einer Art Universalkonjunktion
stempelte, ähnlich wie dies früher bei ut gewesen war. So wird quod bei
Vopisc. u. Cass. Fei, dann bei Sidonius ApoUinaris und Salvianus, bei
letzteren gar mit dem Indikativ, in Finalsätzen gebraucht; ferner finden
wir es in der bist. Apoll., namentlich aber im gallischen Latein, zu dessen
auffälligen Erscheinungen es gehört, also bei Salv. Apoll. Sidon. Alcim.
Avit. Claud. Mam., auch in Konsekutivsätzen, z. B. Claud. Mam. 95, 2 E
sie ad illum accedit, quod a te utique non recedit, bist. Apoll. 3, 30 tantam
verecundiam concepit, quod decrevit; statt ne nach den VV. timendi, z. B.
Hieronym. in Matth. 1 ad 10, 29 sqq. non debetis timere, quod ahsque
dei vivatis Providentia; für quin oder quominus nach prohibere, dubitare
u. a., z. B. Ammian 14, 6, 21 illud non dubitatur, quod retentabant; ja
seit Quint. 10, 3, 14 u. Plin. ep. 4, 27, 1 sogar statt quom oder postquam
oder quam, z. B. Hieronym. V. Vilai*. 29 biduum hodie est, quod totua
mundus tali parente orbatus est (letzteres ist vielleicht schon b. Hisp. 37, 3
quarto die navigationis, quod imparati a Carteia profecti sine aqua fuissent,
ad terram applicant anzunehmen?). Wir sehen somit, dass das französische
que als „allgemeiner Nachsatzexponent** (Gröber) lediglich die Funktionen von
quod^ in welchen es namentlich im gallischen Latein erscheint, weitergeführt hat.
253. Dass quod in Verbindung mit Präpositionen tritt, welche den
Akkusativ regieren, z. B. praeter quod, kann nicht befremden, denn der
ganze Nebensatz ist ja weiter nichts als ein Akkusativ; bisweilen tritt ein
2. Der zusammengesetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§250—254.) 501
hinweisendes id dazu, z. B. ad id quod, bei praeter und super ist ausser-
dem in pleonastischer Weise noch quam beigefügt, z. B. ^yraeter quam
quod. Wie man statt neminem vidi praeter te auch sagte nisi te, so hat
sich neben praeter quod schon frühe nisi quod gebildet, was um so leichter
sich einbürgerte, als nisi in der Volkssprache adversativen Charakter hatte.
Es werden nun angetroffen praeter quam quod bei Cato Ter. Cic. Liv. u.
Spät., praeter quod bei den Archaisten und Florus, super quam quod nur
bei Liv., ebenso ad id quod, super id quod nur bei Tac., nisi quod bei
Plaut. Cic. (nicht in den Reden), Sali. Liv., oft bei Tacitus, Sueton und
ApuL, iuxta quod und i^ropter quod in der Vulgata, secundum quod bei
eccl., besonders Hieronymus und Cyprian, sogar prae quod bei Plaut.
Stich. 362.
Ähnlich wie § 213 sane quam u. ä. ist tantum quod zu erklären,
welches ganz selten, aber doch auch in Cic. Erstlingsreden = nisi quod
gebraucht wird, öfters aber, so in Cic. epp., dann bei Vell. u. Suet. = »so
eben'' bedeutet, z. B. Suet. Aug. 98 navis quae tantum quod adpulerat.
ß. Quia.
254. Quia ist Acc. plur. neutr. vom Relativstamm (bestätigt durch
quiaptopter = quapropter, welches sich in der laudatio Scipionis Aemiliani
findet). Als Fragewort hat sich quia ganz spät bei Lucifer Calarit. 218,
17 H. quia haec facit? vorgefunden, in Verbindung mit warn schon bei
Ennius s. § 197 (nach Stolz ist quia Instrumental, s. oben S. 348).
Quia dient als relative Konjunktion fast ganz denselben Zwecken wie
quod. So wird es nach den Verben des Affekts bei Plautus, Ter. u. Cato,
bei Cicero nur in den Briefen ad Att., aber auch von Lucc. ad Fam. 5, 14,
dann bei Liv. und sehr selten bei Sueton u. Tac, aber auch noch bei scr.
h. Aug., bei Dracont. und sonst im Sp. L. gebraucht. Bei den prädizierten
Verben des Machens und Geschehens hat Plautus den Nebensatz durch quia
verbunden, z. B. Aulul. 418 Götz istuc male factum arbitror quia non latus
fodi. Nach den VV. sent. u. declar. mag es schon frühe wie quod ver-
wendet worden sein, daraufhin weisen Stellen wie Plaut. Pseud. 545 L.
quo id sim facturus pacta nil etiam scio nisi quia futurumst. Dann aber
verschwindet es, um erst wieder in der Itala des TertuUian und bei eccl.
aufzutreten; doch wird jetzt der Gebrauch auch bei Profanschriftstellern, z. B.
Macrobius ganz allgemein, bald mit Indikativ, bald mit Konjunktiv, z. B.
Hieronym. ep. 22, 29 mcmmto quia in medio laqueorum amhulas u. Hier.
Orig. in Ezech. hom. 5, 2 drbemus nasse quia noti statim übt fames fuerit
sequatur et mors, ja ähnlich wie bei quod selbst in Konkurrenz mit dem
Acc. c. inf., z. B. Sulpic. Sev. dial. 1, 27, 4 creda quia non defutura tibi
vcrba. Wenn auch hier quia sogar häufiger als qiiad erscheint, hat doch
das letztere den Sieg davongetragen.
Mit entsprechendem Korrelativ {ideo, co, propterea, eaprapter, ab hoc,
welche aber nur zum Teil der klassischen Prosa angehören) oder auch ohne
ein solches wird quia schon frühe als kausale Partikel gebraucht, und
zwar überwiegt es in der Volkssprache und so bei älteren Schriftstellern
über quadj wie dies die scenischen Dichter und Lucrez beweisen, während
502 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
dagegen die Prosa, auch Varro und Nepos und die mehr für Gebildete
bestimmte Poesie quod vorziehen. So hat beispielsweise Caesar nur eine
Stelle mit quia, und diese steht im b. civ. 3, 30. Dagegen wird der
Gebrauch von quia wieder bei Tacitus sehr ausgedehnt, und wir finden
hier oft quia, wo die klassische Sprache unbedingt quod gesetzt hätte;
ebenso zeigt sich beim Juristen Gaius das Bestreben, quod durch quia
zurückzudrängen. Der Modus nach quia ist in klass. Zeit wie im silb.
Latein der Indikativ; erst im Sp. L. finden wir auch den Konj., z. B.
Apoll. Sidon. 7, 14, 10 harbaros vitaSy quia tnali putentur, namentlich bei
den Juristen.
Wie nisi qtwd treffen wir auch nisi quia^ aber nur bei Plaut, u. Ter.
Mit praeter quam u. ä. hat quia nie eine Verbindung eingegangen, woraus
zu schliessen, dass nur nisi quod und nisi quia volkstümlich, die andern
Wendungen aber künstlich nachgebildete waren und deshalb auch sich nur
vereinzelt finden.
Zu besprechen ist noch das zur Bezeichnung eines geleugneten Grundes
gebrauchte non eo quia oder ohne Korrelativ non quia, Plautus kennt
nur eo quia und entsprechend non eo quia, Terenz aber hat zwar noch
häufig eo quia, aber nur non eo quo. Mit Livius bürgert sich das von
allen Schriftstellern der klassischen Zeit verschmähte non quia (bei Cic.
Tusc. 1, 1 will Gebhardi, N. Jahrb. 1886 p. 864 nicht non quia, sondern
'non quin perci))i posset lesen) ein, das bei Quint. Plin. epp. Tac, welcher
non quo, non qtwd^ 7ion quin nicht kennt, und bei Flor, sich erhält. Aus-
schliesslich spätlat. bei Val. Prob, ad Verg. 2, 19 K. findet sich non quo-
niam . . ., sed quoniam. Der Modus bei non quia ist überall der Kon-
junktiv, ausser an einigen Stellen des Celsus, Liv. u. Tac, wo aber wie
bei Cic. p. Plane. 78 der Satz mit quia einen wirklich vorhandenen Grund
bezeichnet. Der mit sed quod oder sed quia eingeleitete Gegensatz steht
naturgeniäss im Indikativ; erstmals bei Justin, dann Capit. Gord. 9 und
öfters dann in der Folgezeit treffen wir den Konj.
y. Quam.
255. Qtiam ist ein Acc. fem. gen. vom Stamme quo und hat inter-
rogative, relative und indefinite Bedeutung.
AlsRelativum entspricht es dem korrelativen tam^ welches gleichfalls
Akk. ist; beide repräsentieren die freiere Anfügung des Akk. und bedeuten
daher „in der Hinsicht, in welcher". So findet es sich in der Sprache
des Volkes, z. B. im Sprichwort t<ifn perit quam ejctrema faha (Festus s. v.
tam perit) „er verkommt wie die Saat am Wege"; in der urbanen Sprache
müsste dies lauten perit tumquam extrema faha. Diese Korrelation t<im —
quam hat sich bei Plaut. Ter., bei Cicero in epp. und Reden, bei Sali., auch
in der silbernen Latinität, so namentlich beim Philosophen Seneca erhalten,
z. B. ep. 18, 15 hie adfeetus tarn ex amore naseitur quam ex odio, dann
auch bei den Juristen, hier geradezu für eum — tum (vgl. § 273).
256. Während tarn — quam in Verbindung mit dem Positiv der
Adj. u. Adv. allgemein lateinisch ist, gehört tarn tnagis — quam magis der
Dichtersprache an, z. B. Ennius fab. 416 L. Müll, quam magis aerummi
2. Der saBammengeseizte Satz: d. Die ünterordnnxig. (§ 255-258.) 503
urget, tarn magis ad mdlfaciendum viget Ähnliches hat man bei Plaut.
Lucr. Verg. beobachtet. Der Superlativ bei tarn — quam findet sich ver-
einzelt bei den Komikern, scheint aber dann der Richtung Cato, Varro,
Sallust (Jug. 31, 14 quam quisque 2^^sume facit, tarn maxume tutus est),
über welche er nicht hinausgeht, besonders eigentümlich gewesen zu sein.
Mit Unterdrückung des demonstrativen Gliedes finden wir qtiam mit
Superlativ seit Ennius allenthalben in der Latinität, während quam mit
Positiv der Volkssprache eigen ist; näheres siehe Stilistik § 11 Anm.
Dem Verfall der Latinität gehört quam mit Komparativ an, z. B.
Hieronym. ep. 130, 5 his et alm quam pluribus inflammata studiis; vgl.
Probus inst. art. p. 93 K: quam plures soni, hoc est, quamplurima nomina.
267. Das negierte non tarn — quam kommt erst mit Varro und Cic.
auf, bei welchem es p. Deiot. 3, 8 durch eine Art Ausgleichung mit der
Komparativkonstruktion verschmolzen ist.
Ausser tarn finden wir auch andere Korrelativa zu quam, z. B. asque
— quam bei Plaut. Liv. Plin. mai. Sen. phil. Quint. Tac. Plin. epp. Suet.
Colum., meist mit vorausgehender Negation, perinde — qtiam bei Tac. u.
Suet., iuxta — quam bei Liv.
258. Der mit quam angefügte Satz wird demnach besagen, in welcher
Hinsicht das im Hauptsatz Gesagte gilt. Dies bemerken wir namentlich
beim Komparativ und bei komparativen Begriffen; wenn somit omnium
opinione celcrius Caesar venu = „vom Standpunkte der allgemeinen Ansicht
aus betrachtet" bedeutet, so bezeichnet celerius venu quam onines opinati
sunt „in Hinsicht auf die allgemeine Ansichf" , welche beide Anschauungen
sich decken (vgl. oben § 96). Vgl. noch Oros. 6, 19, 19 ut duplicia,
quam usque ad id fuerant, possessionum pretia statuerentur (im Vergleich
mit dem früheren Freise).
Beim Komparativ selbst ist zu bemerken, dass auch das Adj. oder
Adv., in Hinsicht auf welches eine andere Eigenschaft in höherem Grade
erscheint, durch eine Art formaler Ausgleichung ebenfalls in den Komparativ
gesetzt wird; dies ist jedoch vor Varro (1. lat. 10, 75 diligentius quam
apertitis) und Cic. nicht nachzuweisen. Nach ihm haben es Liv. und die
von ihm abhängigen Historiker, Tac, der aber nach quam auch den Positiv
zulässt, dann Gellius und mit abundantem magis noch Festus 13, 1 ed.
Wagener: ius oius insulae avariiis magis quum iustius sumus assecuti.
Mit Unrecht wird eine Ellipse angenommen in Sätzen wie Liv. 3,
08, 11 malae rei sc quam nullius duces esse volunt, Plaut. Bacch. 618
inimicos quam amicos aequomst med Juibere, Nepos 14, 8, 1 stutuit c<m~
gredi quam refugere, denn hier liegt im Adjektiv oder Verbum ein Kom-
parativbegriff. Solche Konstruktionen finden sich seit ältester Zeit; so
sagt schon Ennius ann. 13G L. Müller ferro sc caedei quam dictis his se
toUraret, auch Cicero hat ein Beispiel, Att. 12, 37, 3 apud Terentiam gratia
opus est nobis tiia quam auctoritnte, namentlich aber ist die silberne Latinität
reich an solchen Konstruktionen, dann besonders Tac. und die Archaisten,
sowie die eccl., und dieser Gebrauch von qtiam erstreckt sich bis in die
späteste Zeit herab. Hier konnte er sich um so weiter ausdehnen, als
im Sp. L. die Koniparationsgrade sich leicht verschieben; so sind Beispiele
504 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinieche Syntax.
wie bonum est confidere in domino quam confidcre in honüne hier nicht
selten. Allmählich gewöhnte man sich so an quam ohne Komparativ, dass
z. B. bei Tei*tull. Lucif. u. a. magis regelmässig fehlt. Vgl. Paucker, Rh.
Mus. 37 p. 606, Z. f. ö. G. 1883 p. 338.
Der Modus des mittels quam nach einem Komparativ eingeführten
Satzes ist der Indikativ; der Konj. steht dann, wenn etwas Gedachtes zum
Ausdruck gelangen soll, z. B. Cic. Tusc. 2, 52 Zeno perpessus est omnia
potius quam conscios indicaret Während nun das Altlat. nach potius quam
nie ein konsekutives und wohl auch kein finales ut einschob, sondern
lediglich den Potentialis setzte, so wird seit der klassischen Zeit in aus-
gesprochenem konsekutiven Verhältnisse oder, wo zwei Finalsätze ver-
glichen werden, ut eingefügt. Näheres siehe bei Riemann, Revue de philol.
1888 p. 43—59.
259. Komparative Adverbien und Adjektiva können auch einen
Satz mit quam zur näheren Bestimmung annehmen; so steht extra quam
bei Gate, dann namentlich im Kurialstil, ultra quam bei Gic. Asin. Poll.
Liv. Tac. Sen. phil., 2)rae quam nur bei Plaut., super und inmper quam
nur bei Liv., advorsum quam nur Plaut. Trin. 176, cofitra quam seit Cic,
der aber auch, wie Caes. und Sali, ausschliesslich, das anknüpfende
atque braucht.
Nach alius findet sich quam meist nur, wenn ersteres negiert ist,
und auch dies erst seit Sallust; die klassische und vorklassische Sprache
kennt diese Konstruktion nicht. Nach positivem alius treffen wir quam
selten, erstmals bei Liv., dann bei Sen. phil., Plin. ep., Suet. Gell.
Ähnlich verhält es sich mit aliter, das gleichfalls mit Sali, diese
Konstruktion annimmt und sie erst mit Quint. und Sen. nach positivem
aliicr zulässt.
Der Analogie von alius folgt bei Plin. mai. Just. Flor, divcrsus, bei
Lactanz u. Claudian contrarius, Vorläufer von contra quam ist bei Plaut.
advorsum quam. Nach sccus gebraucht die ganze Latinität bis Curtius,
Sen. u. Tac. herunter quam, Gic. freilich nur ad Att. und die meisten
Autoren nur, wenn secus negiert ist; die Verbindung scheint vulgär ge-
wesen zu sein.
Anmerkung. Die Frage, ob nach alius in klassischer Sprache nie quam folgen
könne, ist viel erörtert worden. In Ciceros Reden hat C. F. W. Mülleb überall quam be-
seitigt, bei Cic. Att. 9, 5, 3 billigt er das von Baitcr eingesetzte quam nicht, allein in dem
fragm. ep. ad Hirtium p. 298, 19 ctim enim nohüita^ nihil aliud sit quam cognila virtus
wagt er quam nicht anzutasten. Vgl. C. F. W. Müller zu Cic. oratt. II, p. LXI, Anton,
Studien III, p. 40-45.
260. Quam kann in unmittelbare Nähe zu seinem Korrelativ treten oder
sich geradezu mit demselben verbinden; so wird aus tarn perit quam extrema
faba nunmehr i;m^ tamquam extrema faba; vgl. Cic. p. Sest. 120 Aesopus
semper partium in rej)ublica tum quam (so Halm und C. F. W. Müller, tanquam
Madvig op. acad. 1, 494, Seyfif. schol. lat. 1, 196) in scaena optinmrum. Das
Ursprüngliche ist hier der der Realität entsprechende Vergleich; aber daraus
entwickelte sich naturgemäss die Bedeutung des angenommenen Vergleichs,
und so wird tarn qtmm = „gleich wie*; z. B. Cornif. 4, 29 si lenofies vt-
tasset tarn quam leones „so wie man Löwen meidet** = „als ob es Löwen
2. Der suBammengesetzie Satz: d. Die Unterordnung. (§259-261.) 505
wären*^, öfters bei Petron, Sen. phil. u. a. Sobald man einmal tamquam
als ein Wort ansah, traten damit andere Korrelative in Beziehung; so
tamquam — ita bei Ter. Cic. Liv. Sen. phil., tamquam — sie bei Cic, auch
bei Petron, Sen. phil., in wirklichem und angenommenem Vergleiche, auch
perinde — tamquam bei Liv. ; ja man verband tamquam mit si, so schon
Plaut., dann Cic. Liv. Suet. Spät. Eine bemerkenswerte Bedeutung, näm-
lich „zum Beispiel^, ist für tamquam bei Sen. phil., der es überhaupt sehr
kultiviert, zutage getreten, z. B. Ben. 1, 11, iproxima ab his sunt, quae . . .
tamquam lihertas et pudicitiu et mens bona; dies hat sich erhalten, z. B.
bei Grammatikern wie Diomedes.
Einen eigentümlichen Gebrauch hat tamquam bei Celsus, Quintil. Plin.
min. und besonders bei Tac. und Sueton angenommen, der sich indes leicht
aus der Grundbedeutung herleiten lässt, z. B. Quintil. 9, 4, 53 Cicero
reprehenditur a quihusdam, tamquam orationan ad rythmos aüiget, Tac. bist.
1, 48 servili probro respersus est tamquam scyphum aureum furatus ,in der
Hinsicht, in welcher einer der gestohlen hat** = „weil er gestohlen habe'';
auch geradezu für einen Acc. c. inf. scheint bei Tac. tamquam zu stehen,
z. B. ann. 14, 22, 1 de quo vulgi opinio est tamquam mutationem regni
portendat: ein Beweis, wie Tac. die durch die Sprache gebotenen Mittel
auszunützen wusste, um an die Stelle abgegriffener Wendungen neue Kon-
struktionen zu setzen.
261. In Sätzen wie Just. 26, 1, 10 quinto quam tyrranideni occupa-
verat mense opprimitur bezeichnet der mit quam eingeleitete Satz, in welcher
Hinsicht die Zeitbestimmung aufgefasst werden soll. Dieser Gebrauch von
quam gehört Nepos, Liv. und den nachfolgenden Historikern, jedoch nicht
dem Tac, aber noch den scr. h. Aug. und dem Eutrop an. Er ist der
Grundbedeutung von quam durchaus entsprechend, und wenn er auch ver-
hältnismässig spät in der Litteratur erscheint, doch für ursprünglich an-
zusehen.
Durch Hinzufügung einer entsprechenden näheren Bestimmung im
Hauptsatze, z. B. ante^ post, prius wird der Ausdruck vollständiger, und
so finden wir seit Cato(r. r. 65 post diem tertium quam lecta erit) allent-
halben in der Prosa (immer bei Vell., der nie postquam hat) mit post
gebildete Zeitbestimmungen durch einen ganzen Satz näher bestimmt. Das
Tempus richtet sich darin nach den allgemeinen Bestimmungen. Über
ante, prius . . . quam vgl. § 262.
Wenn nun j^ost und quam sich zu einem Worte postquam vereinigen,
so steht darnach der Indikativ der Hauptzeiten; der Indikativ des Imperf.
und Plusquamperf. ist ausgeschlossen. Sollten aber doch Imperfekt und
Plusquamperfekt nach postquam auftreten, so haben wir absolute Zeit-
gebung des Nebensatzes anzunehmen, d. h. der Grund der Tempora liegt
ausschliesslich in der BeschafTenheit ihrer betrefTenden Handlungen und ist
nicht durch die Relation und temporale Unterordnung unter den Hauptsatz
bedingt. Soll das letztere zum Ausdruck gelangen, so muss der Coni.
imperf. oder plusq. gesetzt werden.
So findet sich denn
1. der Ind. imperf. bei Plaut. Most. 640, sonst nicht im Altlat., bei
506 B. LateiiÜBche Grammatik, d) LateiniBche Syntax.
Cic. nur in den Erstlingsreden und in Briefen, ganz selten bei Caesar, öfter
bei Sali., vereinzelt bei Catuli und den aug. Dichtern, sehr häufig bei Liv.
Tac. und ihren Nachahmern, z. B. Curtius und Florus. Signifikantes Bei-
spiel Catuli 50, 14 posfquam memhra semimortua lectulo iacebant, hoc
poema tibi fccL
2. das logische Plusq. im Ind. (z. B. comaeverat = solehat, circum-
steterat = circumclahat etc.) im Altlat. nur bei Ter. Andr. 177 und CaecU.
Statius, bei Cic. nur in Erstlingsreden und Briefen (auch Cael. Farn. 8, 8, 2),
nicht bei Caesar und Horaz, einmal bei Verg., öfter bei Sali, und Nepos,
häufiger bei Liv. u. Tac. (jedoch nicht in Germ. Agric), selten bei den
Nachahmern der letztern Flor. Eutrop. Aur. Victor.
3. Der Coni. imperf. und plusq., um das zur Haupthandlung relativ
Frühere oder relativ Gleichzeitige zu bezeichnen, wird im Altlat. nicht an-
getroffen, wohl aber öfters bei Cic, freilich sind die Beispiele hier alle an-
gefochten, doch mit Unrecht. Vahlen hat richtig de legg. 2, ßipostea quam
coepissent hergestellt, und vielleicht ist auch Cic. Fam. 2, 19, 1 mit Med.
posteaquam scriheretur zu lesen (TPH jedoch postea cum), jedenfalls Att.
11, 12, 1 posteaquam missae essmit; im b. Afric. ist posteaq^iam im näm-
lichen Satze noch einmal durch cum, welches in dieser Schrift möglichst
ans Ende des Satzes tritt, aufgenommen, aber auch sonst mit Plusq. coni.
verbunden (vgl. jedoch Zusätze etc.); unsicher ist die Konstruktion bei Liv.
und Tac. (Wölfflin, Liv. Krit. p. 6 und bei Bursian 1874/75 p. 757), be-
glaubigt je eine Stelle bei Vitruv u. Val. Max.
Anmerkung 1. Dadurch dass postquam eine Reihenfolge der Ereignisse angiebt,
bekommt es und zwar schon im Altlat. auch kausale Bedeutung, z. B. Plaut. Capt. 487
aheo ab Ulis, postquam video sie nie ludificaricr.
Anmerkung 2. Ganz späilat. \st post =:^ postquam, wie ähnlich simul für simulatqtte
schon klass. gebraucht wird; vgl. Wölffun, Arch. IV p. 274, Wiener Stud. 1 210, 247;
111 300.
262. Ähnlich wie i^os^ wird auch ante und j)nw5 zu qtiam in Korre-
lation gesetzt, z. B. ante rorat quam phiit und oft mit demselben zu ante-
quam und pritisquam verschmolzen.
Das Altlatein bevorzugt ])riusquam {antcqimm steht nur bei Cato r. r.,
bei Cael. Antip. p. 100 fr. 4 u. Varro p. 230 fr. 5 P), welches Nopos aus-
schliesslich braucht; antequam ist ausser bei Vitruv, Tac. und Ammian
überhaupt viel seltener als priusquam. Zulässig sind im Nebensatz beide
Modi aller Zeiten, nur ist der Ind. fut. auf die Zeit vor Ter. beschränkt;
in der Folge findet er sich nur noch Vitruv 108, 10 priusquam dissipabiiur,
sonst wird er regelmässig durch das Präs. ersetzt (aber Cic. Att. 13, 48, 1
si minus, non antequam necesse erit); der Ind. imperf. kommt ganz selten
bei Liv. und einmal bei scr. h. Aug. Jul. 1, 4, der Ind. plusq. nur bei
Cael. Antip. p. 100 fr. 4 P und Cic. de dom. 80 vor. Auch im Gebrauche
der übrigen Tempora und Modi herrscht bei den verschiedenen Schrift-
stellern keine Gleichmässigkeit; so hat z. B. Tac. weder Ind. praes., noch
Fut. exact., Nepos bevorzugt im Prät. den Konjunktiv. Nur bei ihm z. B.
Them. 8, 4 inde non prius cgressus est. quam rcx cum data dextra in fuiem
recipcret finden wir eine Ausnahme zu der durch die bessere Latinität
herrschenden Kegel, wonach im Nebensatz der Ind. perf. steht, wenn der
2. Der snaammengeBeizte Satz: d. Die Unterordnung. (§202-265.) 507
Hauptsatz verneint ist und ein histor. Tempus enthält. Im Sp. L. freilich
sagt Ammian 20, 7, 16 non ante discessü qtuim cenieret und 20, 4, 22 nofi
ante discesserunt quam conspexissent: aber hier werden bekanntlich Tempora
und Modi bunt durcheinandergeworfen.
Hieher gehören auch pridie und postridie quam; ersteres bei Plaut,
u. Cic. (Lael. 12, sonst nur in epp.) mit dem Ind., bei Livius Yal. Max.
und Suet. mit Konj., postridie quam bei Plaut. Cic. (nur in epp.) und Suet.
mit Ind. gefunden, bei Cic. Ac. 2, 3, 9 mit Eonj., sonst nicht erwähnt.
Statim quam gehört den Juristen und eccl. an, mox quam (wofür auch
mox atque und bloss mox gebraucht wird) nur dem späteren Latein.
263. Durch Hinzufügung des indefiniten quam an das fragende ent-
steht quamquam; heisst quam „in welcher Hinsicht**, so bedeutet quam-
quam „in welcher Hinsicht auch nur immer**; es entspricht somit quam-
qu<im in Zusammensetzung und Bedeutung den sog. verallgemeinernden
Relativen und wird daher wie dieselben mit dem Indikativ verbunden. Diese
Konstruktion hat es bei Plaut. Ter. Cic. Caes. Sali. Vell.; wo bei Cic.
der Konjunktiv steht, ist er durch Attraktion oder Modusausgleich entstanden,
oder er ist durch sonst einen Grund veranlasst, wie z. B. auch bei Sali.
Jug. 3 quamquam possis (wo j^ossis = man kann). Allein wie in den ver-
allgemeinernden Relativsätzen schon frühe der Konj. auftritt (vgl. § 239),
so finden wir vielleicht schon bei Varro (Gellius 14, 8, 2, in den erhaltenen
Schriften hat Varro quamquam gemieden, vgl. jedoch Jordan, Krit. Bei-
träge p. 268), sicher bei Nepos Att. 13, 6 den Konj. nach quamquam,
öfter bei den aug. Dichtern, immer bei Juvenal, in der Prosa aber noch
selten bei Liv. Val. Max. Curt. Plin. mai., bis die Freunde Plin. min. u.
Tac. der Konstruktion mit Konj. den Vorzug geben, denen sich Apul. u.
Sueton anschliessen. Auch die eccl. bevorzugen den Konjunktiv, so z. B.
Hieronymus oft, ebenso Cyprian, Commodian, Sulpic. Sev. Minuc. Fei.
Tertullian etc. Über Ammians wunderlichen Gebrauch im Wechsel beider
Modi vgl. Ehrismann p. 60.
264. Die Zusammensetzung quam diu erhält in der späteren Lati-
nität die Bedeutung „bis'^. So finden wir es mit Indik. bei Amm. Marceil.,
öfter aber mit Konjunkt. und zwar bei Macrob. Firm. Mat. Spartian, Cy-
prian u. A., z. B. Spart. Hadr. 21, 1 cuncta tarn diu rcquisivit, quamdiu
reum invcniret. Diese Verschiebung der Bedeutung sogar bei Vorausgehen
des Korrelativs beweist einen bereits weitgehenden Verfall der Latinität.
2Ö5. Quamvis ist entstanden aus quam und vis = „wie sehr du
auch willst" ; in dieser Form von velle hat sich die Verbindung festgesetzt
und ist zur förmlichen Konjunktion erstarrt, während andere Formen ver-
einzelt blieben, z. B. Cic. Verr. 5, 11 exspcctate facinus quam vultis im-
prohum, mncam tarnen omnium cxspectationem. Schon in klassischer Zeit,
selbst bei Cicero, hat quamvis seine ursprüngliche Bedeutung abgeschwächt,
und es ist oft = mag auoh, z. B. Cic. Verr. 5, 168 quamvis civis Eomanus
esset, in crucem tolleretur. In nachkl. Zeit wird es geradezu synonym mit
quamquam.
Fügt quamvis einen ganzen Satz an, so steht bei Plautus der Kon-
junktiv, z. B. Bacch. 82 locus hie apud nos, quamvis subito venias, semper
508 B. Laieinisohe Grammatik, d) Lateinische Syntax.
Über est. Allein dieser Gebrauch ist im Altlat. höchst selten, denn hier
erscheint quamvis meist bei Adj., z. B. PI. Rud. 373 quam vis fasHdiosus
aedilis est, als eigener Satz, so auch bei Ter. Ad. 279, der einzigen Stelle
mit quamvis bei Ter. Lucrez hat nur den Konj., ebenso Caes. Sali., auch
Cicero (jedoch der gleichzeitige Varro verwendet zum Teil bereits den In-
dik., auch Vatinius bei Quintil. 6, 3, 60 quamvis retis sunt), ferner Tac.
Suet. Plin. min. und Spät.; mit dem Indikativ einmal bei Liv. 2, 40, 7, der
den Konjunkt. nach quamvis nicht hat, dann bei Corn. Nepos, den aug.
Dichtern, Celsus, Val. Max., Petron, Sen. phil. Colum und im Spätlatein, i)
Anmerkung. Im Sp. L. hat gt^amm einen Konkurrenten an quamlihet erhalten:
dies quamlihet findet sich bei Min. Fei. und besonders bei Claud. Mam., z. B. 54, 20 £
qtMtmlihei pofidere carnis oneretur, bei Ammian sogar mit Indikativ, z. B. 28, 1, 43 quam-
libet tempestivum est,
2<v6. Durch Anhängung des enklitischen do an qttam erhalten wir
quando; dies hat ursprünglich temporale Bedeutung, aus welcher sich
dann die kausale, kondizionale und adversative leicht entwickelte.
Zur Bezeichnung der Zeit ist quando als relative Konjunktion von
Plautus bis herab ins Spätlatein im Gebrauch gewesen, ohne freilich je zu
allgemeiner Verwendung zu kommen. Es findet sich oft bei Plautus,
manchmal mit korrelat. tum: z. B. PI. Men. 547 at tu, quando habebis,
tum dato. Auffallig ist, dass Terenz und Caesar neben Varro das tempo-
rale quando ganz meiden, ferner dass Cicero es in den Reden nicht zulässt
und überhaupt nur in den Erstlingsversuchen oder in altertümelnder Rede
verwendet; es scheint demnach frühe schon in der eleganten Diktion ausser
Übung gekommen zu sein. Von Dichtern nach Plaut, hat Lucrez einige Stellen,
dann Verg. und Horaz; in Prosa tritt es seit Livius zurück, findet sich
aber noch bei den scr. h. Aug. und zwar = wann und damals als, ja sogar
mit angefügtem etiam oder quidem, ferner bei Orosius 6, 17, 10, hier in
Beziehung auf tum dcmum u. sonst, im Sp. L.
Durch Anfügung des indefiniten quo entsteht quandoque „wenn
irgend* (vgl. jedoch Scherer S. 21 f. Anm. 1); dies findet sich zwar schon
in den XII tabb., wird aber überall selten angetroffen. Cicero hat es in
einer Formel und in dem altertümlich gefärbten Somnium Scipionis, Horaz
wiederholt, ganz selten Liv. und die silberne Latinät, gar nicht Quint. und
Plin., wohl aber Tac. und die spätem Historiker.
Kausales quando hat neben Plautus auch Terenz, femer öfter Lucrez,
freilich häufig mit angehängtem quidem, wie schon teilweise bei PI. und
Ter., nicht Caesar und Varro, aber Sali, und dies besonders in den Hist.,
auch Cicero mit und ohne quidem, letzteres nie in den Reden, ebenso Catull,
dann Verg. Liv. und die silberne und spätere Latinität vereinzelt. Auch
quandoque wird manchmal in kausaler Bedeutung gefunden; bei Cicero
und Liv. wird es so wohl nur verwendet, um der Rede ein altertümliches
Gepräge zu geben (z. B. Cic. Verr. 3, 80, 187; Liv. 8, 7; 9, 10).
Adversative und kondizionale Bedeutung enthält oft das tem-
porale quando, so z. B. Plaut. Men. 422 nunc quando vis, eamus intro.
Anmerkung. Scheber sagt über die Entstehung von quando (de partic. quando
') aber hier nicht allgemein, da z. ß. die scr. h. Aug. nach quamvis ausschliesslich
den Konj. setzen.
2. Der znaammeiigeaetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 266—267.) 509
S. 15): ^quando ortum esse censeo adverhio tempornli *quodö et adverhio modalt quam
ita mter se commixtis, ut quam stirpem quo- loco detnoverit^ über die Form quandoc
Tgl. ib. S. 18, aber auch Zimmermann in wölfflins Archiv Y p. 568.
J. Dum.
267. Dum ist ein Akkusativ und bedeutet „den Tag lang, der Weile".
Dies dum wird in der alten Sprache an alle möglichen Imperative, an qui,
primum angehängt, klassisch nur an age und affite^ und erscheint femer in
Zusammensetzungen wie interdum, vixdum^ nandum, selten etiamdum. Seine
Verwendung als Konjunktion erklärt sich aus dem korrespondierend ge-
setzten dum bei Plaut. Truc. 232, CatuU Epithal. (Quint. 9, 3, 16) dum
innupta manet, dum cara suis est dieweilen sie ledig ist, die weilen gefällt
sie" = „solange als", wie dies schon Quint. 1. 1. erkannt und bei Verg.
Aen. 4, 52 (nach Fr. Scholl); dann wurde das demonstrative Glied unter-
drückt und dum wurde Konjunktion. Die aus der Abstammung sich er-
gebende Bedeutung ist, dass der von dum eingeleitete Satz eine neben
der des Hauptsatzes dauernde Handlung oder Zuständlichkeit ausdrückt,
oder dass er das Endziel des im Hauptsatze gegebenen Zuständlichen hin-
stellt; also entspricht dum dem deutschen „während, so lange als, bis",
und dann in einer aus dieser temporalen sich herleitenden kondizionalen
Bedeutung = „wenn nur", z. B. oderint dum mefuant „sie mögen hassen
dieweilen sie fürchten." — Ursprünglich verband sich dum wohl nur mit
den Zeiten des Präsensstammes und erst später ergab sich die Konstruktion
mit dem Perfekt; daher ist die Zahl der Beispiele für dum c. Perf. im
Altlat. noch eine geringe.
1. Dum in der Bedeutung „so lange als" wird mit dem Indikativ
verbunden ; bemerkenswert ist, dass von den Historikern Sali, in den Erst-
lingsschriften das Praes. (eigentl. u. bist.) bevorzugt, während er in den
Historiae wie Liv. mehr das Imperfekt braucht; letzteres findet sich sonst
selten verwendet, z. B. bei Properz. Der Konjunktiv nach dum = so lange
als gehört dem Sp. L. an, z. B. Ammian.
2. Dum „während" kann, wie Hoffmann treffend nachgewiesen, nur
mit Praes. bist, oder Imperf. coni. verbunden werden. Das erstere treffen
wir zu allen Zeiten, sogar im Altlat. schon bei einem Plusq. im Haupt-
satze, z. B. Ennius ann. 391 L. M. missaque per pedus dum transit, striderat
hastu; das letztere haben Varro, Cornif. Liv. Val. Max. Justin und die
Dichter neben der ersten Konstruktion verwendet; dum c. coni. = „wäh-
rend" hat sich auch in der spätem Latinität bei den Script, bist. Aug. Aur.
Victor, Ammian, bei den ecci. erhalten, z. B. Hieronymus ep. 60, 5 dum
rerum podreniur, terrori gmitihiis erant; ebenso bei Sulp. Sev., Sidon. Apoll.
Gregor Tur.; mit der Entwertung des Plusq. coni. und der Verwischung der
Bedeutungsunterschiede der Tempora der Vergangenheit hängt es zusammen,
wenn Ammian auch Ind. Imperf. und Plusq. und Cassiodor Perf. und Plusq.
coni. nach dum braucht.
Anmerkung. Bezüglich der Stellen, ' welche der obengenannten Regel sich nicht
fügen, vgl. Hoffmann, Zeitpartikeln p. 170 Anm.
3. Dum= „bis" leitet bei thatsächlichen Verhältnissen einen indi-
kativischen Nebensatz ein; der Konjunktiv darnach bezeichnet eine Absicht
510 B. Lateinische Grammatik: d) Lateinisolie Syntax.
oder Erwartung. Selbstverständlich lag es im Ermessen des Schriftstellers,
ob er das letztere zum Ausdruck bringen wollte oder nicht; daher die
scheinbare Willkür in der Setzung der Modi (vgl. Luchs, Erlang. Lekt. 1881
p. 9 und Frigell, Proleg. zu Liv. 23 p. 26). Ausgeschlossen sind Indik.
imperf. und plusq. — Hieher gehören besonders die VV. exspectandi, nach
welchen Cic. selten den Indik. setzt (wohl nur in Erstlingsschriften und
Briefen); auch sonst ist der Konj. häufiger, ausschliesslich, wie es scheint,
bei Caes. und Sali.
4. Dum = „wenn nur** findet sich in allen Zeitaltem und zwar durch-
aus nur mit dem Konjunktiv; denn die von ihm eingeleiteten Sätze sind
ursprünglich finale Willenssätze. Manchmal wird an dum noch der ad-
verbiale Abi. von modus angehängt, also = dummodo, aus dem sich dann
auch das einfache modo in der Bedeutung von dum entwickelte und zwar
zuerst bei Ter., dann bei Cic. Liv. und Späteren, aber nicht bei den Juristen,
die dafür dum tarnen sagen. Bei Tac. hat man die Beobachtung gemacht,
dass er in Dial. und Germ, nur dummodo, von da ab aber ausschliesslich
dum verwendet. Negiert werden diese Nebensätze mit ne ; so z. B. ist Cato
r. r. 5 id faciat saepe dum ne lassus fiat entstanden aus id factat saepe:
faciendo ne lassus fiat, und die von uns durch facietido angedeutete Be-
ziehung drückt dann dum aus. Während dum ne auch bei Plaut, und Ter.
sich findet, tritt erst mit Cic. dummodo ne und modo ne auf. Sobald non
an Stelle von ne in Wunschsätzen Eingang fand, ging es auch in die Sätze
mit dum über, z. B. bei Juvenal 7, 222 dummodo non pereat, bei Celsus
Plin. min. und sonst; z. B. scr. h. A. 6et. 2, 8 sit divus, dum non sit
vivus. Der finale Charakter dieser Sätze führte schliesslich dazu, dass im
Sp. L. dum geradezu finales ut vertritt, z. B. Vict. Vit. 1, 5.
Anmerkung. Nedum «geschweige denn* findet sich erstmals bei Ter. Heaut. 454,
nicht bei Caes. und Sali., bei Cic. wohl nur nach negativem Satze; nachklassisch folgt
nedum auch auf einen affirmativen Satz, so bei den aug. Dichtem, bei Liv. und in der sil-
bernen Latinität, sowie bei Tac. und im Sp. L. bei Sulp. Sev. Schon bei Liv. galt nedum
kaum mehr als Konjunktion, es trat daher ut dazu, z. B. 3, 14, 6 fiedum ut ulla risfieret;
dies haben auch Tac, aber nur im dial. 10, und Apul. angenommen. Nedum ohne eigenes
Verb iÄ mit Liv. in Gebrauch gekommen, wurde von Tac. (nicht von Quint.) Suet. u. a.
auch verwendet.
2. LokativiBche Konjunktionen.
a. Quom.
268. Die Konjunktion quofu ist ein Lokativ vom Relativstamm.
Entsprechend der Konstruktion gratulor tibi in hac re sagte man daher
auch gratulor tibi quom vahs, eine Konstruktion, die sich bis zu Cicero
herab in der Umgangssprache erhalten hat. Wie die Lokativformen auch
auf die Zeit übertragen werden, so wurde quom zunächst dazu verwendet,
um die Reihenfolge zweier Ereignisse in der Zeit zu bestimmen; dabei
ist die Verbindung oft noch eine recht lose, namentlich wenn der Satz
mit quom nachfolgt; dies kann man schon daraus ersehen, dass statt
quom auch que, atqiie oder gar keine Konjunktion steht, z. B. Verg. Aen.
3, 90 vix ea fatus eram: tremere omnia visa repe^ite. Aus dem temporalen
quom entwickelt sich das explikative, z. B. barbarismns est quom verbum
aliquod vitiose effertur (man drehe um: verbum aliquod vitiose effertur: har^
2. Der zasammengesetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§268-269.) 511
barismus est), und aus diesem das kausale. Das letztere ist keineswegs
identisch mit quia und dem später dies zurückdrängenden quod: im Gegen-
teil, die Anknüpfung mittels quod und quia ist eine mehr äusserliche, wäh-
rend quoni eine Kausalverknüpfung innerlicher Art, wo Grund und Folge
in ihrem Gegenstande identisch sind, bezeichnet; z. B. Plaut. Rud. 1234
isto iu's pauper quom nimis sancte piu's. Da das zeitlich Verknüpfte doch
in einem Gegensatze des Wesens stehen kann, geht aus dem temporalen
auch das adversative und konzessive quom hervor. Es ist nun fest-
zustellen, dass zur Zeit des Plautus dieser ganze Gebrauch von quom voll-
ständig entwickelt angetroffen wird, dass aber trotzdem die Modusgebung
immer noch dieselbe wie im Temporalverhältnis geblieben war.
269. Nun ist aber die Modusgebung bedingt durch das von Hoff-
HANN aufgestellte Gesetz: dass der Konjunktiv einzutreten hat, wenn das
Tempus des Nebensatzes ein streng relatives ist, während, wenn das Tempus
dieses Satzes ein absolutes ist, ohne Ausnahme der Indikativ steht. Im
Altlatein überwiegt die absolute Zeitgebung, namentlich wird hier das
Haupttempus der Vergangenheit viel mehr gebraucht als später, wo die
Nebenzeiten zu grösserer Bedeutung emporgehoben wurden und so das Auf-
kommen der Konjunktivkonstruktionen begünstigten. So ist bei Plautus
nach temporalem quom der Coni. imperf. oder plusq. nicht zu finden, der
Coni. praes. aber nur da, wo eine Angleichung an den Modus des über-
geordneten Satzes eintritt. Nach explikativem quom steht bei Plaut, nur
der Indikativ; ebenso ist festzustellen, dass Plaut, die Konstruktion von
kausaladversativem quom mit davon abhängigem Konjunktiv noch nicht
kennt; wo ein Konjunktiv erscheint, ist derselbe semasiologisch und nicht
durch die mittels quom erfolgte Unterordnung bedingt. Ebenso verhält es
sich mit dem konzessiven quom. Mit Terenz tritt jedoch schon ein
Schwanken ein, und der Konjunktiv beginnt dem Indik. sein Gebiet streitig
zu machen, wenn auch bei ihm der Indikativ noch die Regel bildet. Es
ist kein Zweifel, dass der Konj. nach temporalem quo^n sich zuerst Sn den
Aussagen ausbildete, wo momentane Nebenfacta mit Hauptfacta verbun-
den wurden, und mit dem Beginn des VII. saec. scheint der Gebrauch des
temporalen quom mit dem Konjunktiv Sprachregel geworden zu sein. Es
blieb indes in späterer Zeit der Indic. imperf. u. plusq., wo der Bedeutungs-
charakter dieser Tempora gewahrt werden sollte, d. h. in absoluter Zeit-
gebung, z. B. Cic. Cat. mai. 1 5 ceieri senes, cum rem publicam consilio et
auctoritate defendebant, nihil agebant! und — was weniger zahlreich ist
— Cic. Pomp. 19 tum cum in Asia res magnas jyermulti amiserant, scimus
Itomae fidcm concidisse; hier führt das relative Glied in durchaus selb-
ständiger Zeitform eine Situation aus, neben der die im Hauptsatze besagte
Situation einherging oder sich entwickelte. So kann auch der Aorist eine
Zuständlichkeit involvieren, die zur Zeit des Sprechenden bereits ab-
geschlossen ist, z. ß. Cic. Att. 13, 49, 2 Gallo narravi, cum proxime Botnae
fui, quid audissem. Kurz: Bedingung für Anwendung des Indikativs ist
Wahrung der Zeitselbständigkeit der als Bestimmung einer andeni heran-
gezogenen Handlung. — Bezüglich der Verbreitung der Indikativkon-
struktionen mag noch erwähnt werden, dass quom mit dem Plusq. indic.
512 B. Lateinische Orammatik. d) Lateinische Syntax.
sehr selten in der klass. Sprache ist, sich bei Liv. nur in Angleichung an
das Tempus des Hauptsatzes findet, dass Sali, nur quam c. Indio, plusq.
in Fällen der Wiederholung verwendet, während Vell. Flor. Tac. Hör. die
Konstruktion gar nicht, Yerg. einmal aufweist. Auch das Plusq. der
Wiederholung, wo im Hauptsatze Imperf. folgt, verliert sich nach Cic, bei
dem es verhältnismässig am häufigsten vorkommt, immer mehr, so dass
wir beispielsweise bei Verg. Hör. Ov. Vell. Tac. Flor, es nicht belegt finden.
Ähnlich verhält es sich mit qtwm und Perf. Ind., wo im Hauptsatze Präs.
Ind. folgt, z. B. Cic. sen. 51 cum semen excepit^ primum id cohibet; schon
in augusteischer Zeit, z. B. bei Liv. und Vitruv, noch mehr aber in der
Folge wird das Perf. durch das Präs. ersetzt, z. B. Vitruv 226, 27 e tauro
cum ingreditur sol in geminos, magis crescit . . .
270. Ist der Satz mit quoni in loser Weise in Nachstellung an den
Hauptsatz angefügt, so steht selbstverständlich der Indikativ; denn hier
bildet der Satz mit quofn eine durchaus selbständige Aussage; daher tritt
auch in or. obliq. der Acc. c. inf. ein, z. B. Liv. 4, 51 iacere tarn diu «n-
ritas sanctioneSy cum Interim de sanguine ac supplicio suo latam legem
confestim exerceri. Diese Konstruktion hat bereits ihre Vorläufer bei
Terenz, findet sich aber in ausgedehntem Gebrauche nur bei Cicero und
Sali., der sie in den Hist. sehr begünstigt zu haben scheint; seit Liv. ver-
einzelnen sich die Beispiele. Der Konjunktiv ist nur da möglich, wo der
Nebensatz als untergeordnete temporale Bestimmung besagt, dass das im
Hauptsatze Berichtete geschehen sei, während eine gewisse Äusserung ge-
macht wurde, z. B. Cic. or. 129 cum coepisset Curia pater respondere,
subito a&^edit, cum sibi venenis ereptam memoriam dicerct, oder wo über-
haupt der Nebensatz eine untergeordnete Bestimmung enthält und danach
in die relative Zeitform zu setzen ist.
271. Ebenso selbstverständlich ist der Indikativ beim sog. qumn in-
versuni; im Hauptsatze steht Imperf. oder Plusq. mit den Partikeln mw,
nondum, vix, bei Cic. ad Att. auch commodum, bei Liv. u. Tac. und ihren
Nachahmern vixdum, bei Dichtern, so namentlich bei Ovid, vix bene; zu
quom kann subito, repetite oder eines der entsprechenden Adj. wie repens,
subitus, repentinus (hauptsächlich bei Verg. u. Liv.) hinzutreten. Diese
Konstruktion treffen wir — abgesehen von 3 Stellen bei Plaut, u. Ter. —
erst seit Cic. in vollem Gebrauche, auch bei Dichtern, wie Verg., u. Späteren.
Mit Verg. u. Livius tritt bei quom auch der historische Inf. ein, z. B. Flor.
3, 11, 8 itaque vixdum vcfierat Carras, cum undique praefecti regis osten-
dere Signa etc.
272. Nachdem einmal q^uom mit Konjunktiv Sprachregel geworden
war, lag es nahe, namentlich bei den Schriftstellern, welche für griechische
Einflüsse zugänglich waren, diesen Konjunktiv wie den griech. Optativ zum
Ausdruck der Wiederholung zu brauchen. Natürlich hielten sich die Klas-
siker dieser Konstruktion möglichst fem. Sali, vollständig, auch Liv.; da-
gegen im silbernen Latein, so namentlich bei Val. Max. u. Plin. mai.,
kommt dieser iterative Konj. immer mehr auf, der sich dann bei den
Script, hist, Aug. und sonst im Spätlat. ganz und gar einbürgert. Nicht
2. Der znBarnttengesetzie Satz: d. Die tJnterordnniig. (§ 270—276.) 513
zugunsten der Diktion des Nepos spricht der Umstand, dass bei ihm cum
mit Coni. iterat, sehr zahlreich vorkommt
273. Die Korresponsion cum — tum leitet sich von dem lokativen
guofn her und bedeutet daher ursprünglich eigentlich „wo — da**; allmäh-
lich entwickelte sich daraus die Bedeutung »sowohl — als auch", und so
wird quom — tum schon im Altlat. getroffen und zwar hier immer mit Indik.
im relativen Satze, z. B. Ter, Phorm. 187 quom mihi paveo^ tum Antipho
me excruciat animL In der klassischen Zeit mehrt sich die Zahl der Bei-
spiele; auch hier ist der Indikativ Kegel; der Konjunktiv steht ganz selten
und nur da, wo die Handlungen beider Sätze in durchaus verschiedener
Zeit gedacht sind oder wo der Konjunktiv die temporale Unterordnung
unter das demonstrative Olied ausdrücken soll, z. B. Cic. fil. ad Farn. 16,
21 ftam cum maximam cepissem laetitiam ex patris epistula^ tum vero tw-
cundissimae time litterae cumulum mihi gaudii attule^nint. In der nach-
klassischen Zeit ist wenig beobachtet; die Konstruktion findet sich bei
Nepos, Livius, Vell., bei Tac. nur im Dialogus; bei den Juristen ist es
ausschliesslich temporal und bedeutet nie „sowohl — als auch" (dafür sagen
sie tam — quam),
274. Das explikative quom wird auch in der klassischen Zeit mit
Indik. konstruiert, z. ß. Verr. 5, 13, 33 renovabatur prima illa militia,
cum iste e foro abdud, non ut ipse j^rosdicat^ perduci solehat; so nament-
lich wenn Zeitbegriffe näher erkläi't werden, z. B. Cic. Fam. 15, 14, 1
muUi anni sunt, cum ille in meo aere est; soll jedoch hier nicht die objektive
BeschaflFenheit der Zeit, z. B. p. Rose. Am. 50 si iUis temporibus flatus
esses, cum ab aratro arcessebantur^ sondern die aus ihrer Beschaffenheit
sich ergebende Wirkung bezeichnet werden, so steht der Konj., z. B.
Cic. p. Rose. C. 33 accepit enim agrum iis temporibus, cum iacerent pretia
praediarum. In der nachklassischen Zeit scheint das explikative quom
seltener zu werden.
275. Das kausale, adversative und konzessive quom wird seit der
klassischen Zeit ausschliesslich mit dem Konjunktiv konstruiert. Erst im
Sp. L., z. B. bei Ammian Lucif. u. a. folgt darnach auch der Indikativ,
vgl. Ammian 21, 1, 4 ambitioso diademate utebatur, cum inter exordia prin^
cipattis viU cmona circumdatus erat. Vor das kausale quom tritt utjyote
bei Cic. Att. 5, 8, 1, bei Asin. Poll., Val. Max. Cels. Curt. u. Minuc.
Fei., quippe schon bei Ennius u. Plaut., dann bei Cic. Nep. Liv. Florus,
oft bei Apul., ut wohl nur bei Quint. (z. B. 10, 1, 76).
ß, Quoniam.
276. Quoniam ist entstanden aus quom und iam, entspricht also
vollständig dem griechischen ineidi]. Auch bei dieser Partikel ist der tem-
porale Gebrauch der ältere wie bei quom; allein er ist später ausser An-
wendung gekommen, und es blieb nur die kausale Bedeutung erhalten.
Das Altlatein, so namentlich Plautus, hat quoniam noch häufig in tempo-
raler Bedeutung, z. B. Plaut. Mil. 129 qumiiam inspexi muVieris sententiam,
cepi tabellas; allein auch hier sind viele Fälle zu konstatieren, die auf der
Grenze des temporalen und kausalen Gebrauchs stehen, und bei Terenz ist
üandbach der klowi. AltcrtumawisaeDHchaft. n. 2. Aufl. 38
514 B* Lateinische Orammatik. d) Lateinische Syntax.
bereits die temporale Bedeutung kaum mehr wahrnehmbar. Überali aber
im Altlatein wird quoniam mit den Haupttempora verbunden und zwar mit
dem Perf. oder Präs. bist.
In der klassischen und folgenden Zeit ist die temporale Verwendung
von quoniam nicht mehr zu finden; selbst da, wo quoniam unserm «nach-
dem'^ entspricht, ist der Zusammenhang kausaler Art, auch bei Suet. Tib. 23
und Cal. 12 (gegen Trachmann p. 34); höchstens beim Archaisten Gellius
kann noch ein Nachklang gefunden werden 6, 5, 4 eum luctum quoniam
satis vist4$ est eluxisse rediit. Überall ist hier der Modus der Indikativ,
ausser in der orat. obliq. und in Fällen der Modusangleichuug, und zwar
gilt dies für Cic. und die folgende Zeit, auch für Tacitus. Doch bereits
Justin hat Neigung für den Konjunktiv, der dann in der Folgezeit häufiger
auftritt. — Die Zusammensetzung aus quom und iam wurde frühe vergessen
und schon bei Lucrez, namentlich aber in der silbernen Latinität, können
wir oft quoniam verwendet sehen, wo wir quod oder quia erwarteten, und
80 werden dem entsprechend auch Demonstrativa zu quoniam in Korrelation
gesetzt, die nur zu quod oder quia passen, z. B. Lucrez 2, 834, ferner
Gell. 3, 6, 3 propterea in certaminibus palmam Signum esse victoriae
placuit, quoniam ingenium ligni eius modi est. . , Über non quoniam
vgl. 8 254.
Hatte aber quoniam einmal in das Gebiet von qu^d und quia ein-
gegriffen, so setzte es diese Konkurrenz erfolgreich fort und wurde dann
in der spätem Latinität geradezu wie quod und quia nach VV. die. u. sent.
gebraucht, z. B. Hieronym. ep. 147, 1 ignorans quoniam benignitas dei ad
paenitentiam te hortatur; ja quoniam überwiegt in diesem Gebrauche bei
manchen Schriftstellern (aber nicht bei Lucifer, Orosius, Sedulius u. a.)
die sonst sehr häufig verwendeten Konjunktionen quod und quia und wird
wie diese auch mit Acc. c. inf. verbunden, z. B. Pseudo-Cypr. rebaptism. 5:
annuis quoniam niysterium fidei salufem adimere non vosse. Sonst ist
der Modus bald Indik., bald Konjunktiv.
y. Donec (donicum).
277. Die Form donicum, wofür Vitruv doneque cum und im Sp. L.
Hilarius Prolog. Psalm. 2 Migne 234, 4, ebenso Scribon. Larg. 47 in der
ed. princ. und nach dem Zeugnis von Hertz zu Prise. 15, 17 schon Plaut.
Capt. II, 2, 88 in Handschriften donec cum bietet, ist - „da nicht wo",
enthält also im letzten Teil das lokative quom und giebt den Grenzpunkt
an, bis zu welchem eine Handlung sich erstreckt und zwar durch die Ver-
neinung der Fortdauer derselben. Schon frühe hat man cum aufgegeben,
wie wir ja auch „bis* statt „bis dass" sagen infolge einer Art Absehleifung,
und so entstand donique und donec.
Nach einer andern Erklärung (Zimmermann in Wölfflin's Archiv V
p. 567—571) ist donicum aus donecum entstanden, wie undique aus uvde
quc, done cum selbst ist = bis wo, denn done ist eine frühe verschwundene
Präposition. Aus donecum mag dann doyicc cum hervorgegangen sein; dies
Hess sein cum fallen, wie bis dass sein dass; aus do7iec entwickelte sich
dann doneque, wie neque aus nee, u. donique. Eine Form dune kennen
2. Der snsammeiigesetzte 8atz: d. Die Unterordnung. (§ 277—280.) 515
wir nur aus Inschriften ; dieselbe kommt von donicum, dancum, donc, dune;
z. B. CIL. VI, 19683 fruere, dmic vita data est
Donicum heisst ausschliesslich „bis", regiert nur den Indik., gehört
dem Altlat. (Liv. Andr. Cato Plaut.) an mit einem Ausläufer bei Com.
Nepos (hier aber mit Konj.).
Donique steht in der Bedeutung „bis" bei Lucrez und Vitruv 284,
16, vielleicht auch bei Varro sat. Men. 190, 325 B. mit dem Indikativ
(vgl. Lachmann zu Lucr. p. 139), mit dem Konj. Präs. und Perf. an drei
Stellen des Vitniv.
Donec erscheint schon sehr frühe, so in den XII tab., bei Plaut, u.
Cato; in der vorklassischen Zeit hat es nur die Bedeutung „bis" und wird
abgesehen von orat. obliq. und finalem Sinne des Nebensatzes nur mit
Indik. konstruiert. Cicero verwendet donec nur viermal und zwar in den
Erstlingsreden und de fin. 4. 65, wo evaseris fut. exact. ist, überall =
„bis" und mit Indikativ; Caesar u. Sali., sowie Varro in den Büchern de
r. r. enthalten sich dieser Konjunktion ganz. Mit den august. Dichtern
tritt auch die Bedeutung „so lange als" auf und der Konjunkt. nach donea
wird häufiger. Seit Liv. u. Tac, welcher letztere entgegen den Klassikern
donec sehr bevorzugt, findet es sich allenthalben in beiden Bedeutungen,
nur ist zu bemerken, dass Gebrauch und Liebhaberei bei den einzelnen
Autoren sehr verschieden ist; so hat Plin. mai. nie donec = quamdiu und
im Sp. L. verzichtet Ammian ganz auf donec, während die Peregrinatio
ad 1. s. es in der Bedeutung his wiederholt verwendet. Da, wo es =
quamdiu ist, verbindet man es in direkter Rede nur mit Indikativ. Eine
ausschliesslich spätlat. Erscheinung ist finales donec, z. B. Lucifer 58, 27 H
ad hoc te fingis Christinnum, donec vcneno haeresis tuae possis inermes
sauciare.
d. Ut.
278. Die Partikel w^ begegnet uns in ältester Form als utei, welches
dann als nti häufig bei Lucrez und Sali., sonst aber nur vereinzelt sich
findet, während u t schon bei Plautus über uti bedeutend überwiegt. Ut, dessen
Ableitung zweifelhaft ist (vgl. oben Stolz, S. 290), hatte ursprünglich wohl
lokale Bedeutung; in der entwickelten Sprache ist jedoch ut als eino
Modalpartikel anzusehen; die lokale Bedeutung hat sich nur bei Dichtern z. B.
Lucil. Catull, Cic. Arat. Verg. Ovid erhalten, z. B. Catull. 11, 2 sive in
extremos 2>enefrnbit Indos, litus ut longe resonante Eoa tunditur unda.
279. Die relative Bedeutung von tit ersieht man namentlich da, wo
im Hauptsatze die Korrelativa ita, sie, item, itidem, in der älteren Sprache
und bei Dichtern auch aeque, adaeque, pariter, non aliter, non secus, idem
u. ä. entsprechen; häufig jedoch fehlen die Korrelativa. Solche mit ut ein-
geleiteten Relativsätze kommen im altern Latein auch da vor, wo die klas-
sische Sprache einen indirekten Fragesatz setzen würde, z. B. rem ut est
cloquamur oder (was in der Komödie gewöhnlicher) res ut factast eloquar,
280. Die Korrelation ut — ita „zwar — aber" bürgert sich seit
Cic. ein, gehört jedoch mehr der silbernen Latinität und hier hauptsächlich
Quintilian an.
33*
516 B. Lateinische Grammatik, d) Lateinische Syntax.
//a, selten sie mit Optativ, im Altlat. auch mit Indic. Fut., z. B.
Plaut. Poen. 1219 ita me di amdbunt, vgl. § 35, und korrelativem ut wird
in der alten wie in der klassischen Sprache in Schwüren gebraucht. Der Modus
des mit ut eingeleiteten Satzes ist der Indikativ, für den jedoch auch der
Potentialis eintreten kann, z. B. Plaut. Poen. 289 ita me di ament, ut malim,
Cic. Fam. 5, 21, 1 nam tecum esse, ita mihi omnia, quae o2)to, contingant,
ut vehementer velim ; hier würde malim und velim auch in der Parataxe ohne
ut stehen. Über die Parataxe siehe oben § 208.
Ut quisque (Lucr. Plaut. Cato auch quisquis, Tac. auch quis) und
korrelativ ita, gewöhnlich in Verbindung mit Superlativen, jedoch auch mit
andern Vergleichsgraden, findet sich in der ganzen Latinität; jedoch ist ut
quisque c. superl. — ita c. superl. selten im Altlat., während ui quisquc
c. pos. — ita {perindCf proinde, exinde) c. pos. überall öfters (namentlich
aber bei Sallust) getroffen wird.
281. Das relative ut eignet sich auch zur Einleitung einer Parenthese,
so namentlich bei den VV. putandi {ut opinor) oder dicendi {ut dixi). Es
scheint, dass ut fit noch nicht bei Plaut., ut mos est nicht bei Terenz, ut
fere fit nicht bei Liv. getroffen wird. Seit der klassischen Sprache dient
der parenthetische Satz mit ut zur Bekräftigung der Aussage, z. B. Sali.
Jug. 69, 1 primo uti erat res Metellum esse rati. Manchmal ist die Paren-
these hinweisend auf eine momentane Situation, dies aber erst mit den
aug. Dichtern, z. B. Ovid und ihren Nachahmern, z. B. Ovid. met. 12, 324
collo fraxint^, ut casu iacuit resupinus, adacta est. Durch den Zusammen-
hang kann die Parenthese auch kausale Bedeutung annehmen, z. B. Hör.
sat. 1, 9, 42 ego, ut contendere durumst cum Victore, sequor; als reine
Kausalpartikel erscheint ut nur bei den Komikern, z. B. Plaut. Truc. 2, 7, 22
pallidast, ut peperit puerum.
Das relative ut dient auch dazu, den Standpunkt bei der Beurteilung
einer Sache zu bezeichnen; dies findet sich oft in der alten Sprache, aber
auch bei Cic, besonders in epp., bei Horaz z. B. sat. 1, 9, 4 suavite.r
ut nunc est Oft beschränkt es bei Adj. und Adv. die Giltigkeit des Urteils,
seltener in der älteren Sprache, als in der klass. und bei Liv., z. B. 2, 63, G
in urhem Antium, ut tum res erant, opuUntissimam,
282. Beim relativen ut kann auch das Verb fehlen; dabei ist be-
merkenswert das seit Ter. u. Cato übliche ut qui oder ut quom mit Superl.
z. B. Ciceronis, ut qui maxime, amicus, ferner das gleichfalls mit Ter. be-
ginnende ut si. Selten ist ut — iia mit Komparationsgraden ohne Verb,
häufig das parenthetische ut; in seiner kausalen Färbung gehört es vor-
zugsweise der Prosa seit Cicero und hier wieder besonders Liv. an, der es
auch einem Abi. abs. vorsetzt. Ut vor präpositionalen Ausdrücken, nament-
lich vor den mit Vokalen anfangenden Präpos., lesen wir bei Cic. Caes.
Sali., am häufigsten aber bei Liv. u. Tac, z. B. Germ. 22 crebrae, ut intcr
vinolcntos, rixae,
283. Durch Gemination von ut (nach Wölfflin) oder Anfügung von
quomquc entstehen die verallgemeinert relativen Partikeln utut und iitcumque.
Das erstere findet sich oft bei Plaut, und Ter., meist mit Formen von esse
veibunden, ganz selten bei Cic, vielleicht Verr. 2, 1, 5, Att. 15, 25 und
2. Der zusammengesetzte Satz: d. Die ünterordnimg. (§281—285.) 517
15, 26, aber nirgends in sicherer Überlieferung, noch seltener in der Folge-
zeit. Utcumque treffen wir oft bei Cic, aber nur in der Bedeutung je
nachdem, z. B. Fin. 5, 11 utcumque res postularet, ebenso bei den aug.
Dichtern, in der Bedeutung wie auch immer bei Liv., im silb. Latein. Bei
Plaut, und Horaz wird utcumque Temporalkonjunktion == ut primumf z. B.
Plaut. Poen. 754 uiquamquest ventus, cxim velum vortitur (so Wölfflin;
aber Hirschfelder nimmt utcumque bei Horaz lokal, vgl. Z. f. 6. W. 1869
p. 355, und Landgraf bei Plautus vergleichend, vgl. zu Reisig-Haase p. 222).
284. Aus Gell. 2, 29, 4 nidulatur in segetibus id ferme temporis,
ut appetat mcssis sehen wir, wie aus dem relativen ut sich das temporale
entwickelt. Dies erscheint nur in der Form ut und wird im Altlat. zu-
meist mit dem Perfekt, selten mit Präs., Imperf. und Plusq. verbunden; die
meisten Beispiele finden wir bei Plaut., bei Ter. ist das temporale ut sehr
selten; denn allmählich gewinnt quam die Oberhand über das ihm nahe
verwandte und seit Terenz mit ihm konkurrierende ut In der klassischen
Sprache und später nimmt ut teil an allen Eigentümlichkeiten von post
quam; nur das mag bemerkt werden, dass Sali, ut nur einmal und zwar
in den Hist., Tac. es selten braucht, dass Vell. u. Flor, es nur mit Perf.
verbinden, dass dagegen Caes. wiederholt darauf das Plusq. folgen lässt,
wie auch Nepos und Verg. in je einem Falle; die meisten Beispiele für ut
c. Plusq. bietet Liv., der auch, abgesehen von dem vielbesprochenen Ter.
Hec. 378 iam ut limen cxirem ad genua accidit, zuerst ut mit dem Konj.,
aber dem der Wiederholung, verbindet.
Anmerkung. Die Zusammenstellung statim ut ist klass., z. B. Cic. de orat. 2, 313
quae non statim, ut dici coepta est, meliar fiei-i videtur, hat sich aber bis ins Spätlat. er-
halten; dasselbe gilt für simul ut. khev mox ut ist ausschliesslich spätlat., z. B. bei Apoll.
Sidon, in der Peregrinatio ad loca sancta, oft bei Orosius u. sonst.
28Ö. Das konsekutive ut wird mit dem Konj. verbunden; dies
kommt daher, weil nur durch den Konj. im Nebensatz ausgedrückt werden
kann, dass der letztere die Haupthandlung nach den sie begleitenden oder
ihr folgenden Umständen bestimmt. Erst ganz spätlat. z. B. beim Juristen
Dorotheus, besonders nach adco, ferner bei Lucif. Calar. folgt nach konse-
kutivem ut der Indikativ, z. B. 4t), 13 adeo impos mentis fuerat (actus,
ut diabolo servire maluit; dies gehört der Zeit an, wo quia, quoniam, ne
vor den Acc. c. inf. treten, also alles Gefühl für richtige Unterordnung
geschwunden war. Das konsekutive ut findet sich in der ganzen Latinität;
es hat im Hauptsatze mancherlei Korrelative, von denen m tantum vom
silb. Latein bis herab ins Spätlat. gelesen wird, während adeo non nur bei
Sali. Liv. Vell. Curt., nicht bei Cic. Caes. gefunden, usque co bei Ter.
und Cicero, co c. gen. nicht bei Cic. Caes., aber bei Sali. Nep. und oft in
der silbernen Latinität, huc c. gen. ausschliesslich bei Val. Max. Tac. Curt.
angetroffen wird. Sehr häufig aber ist das Korrelativ im Hauptsatze aus-
gelassen.
Die vielbeliebte Verbindung tantum abcst ut — ut findet sich im Alt-
lat. nicht, auch nicht bei Caes. Sali. Tac.; dagegen steht sie öfter bei Cic.
und Liv , vereinzelt bei Val. Max. Suelon. Die vollständige Formel tantum
abest ab eo ut — ut lesen wir nur Cic. Tusc. 1, 76 und Liv. 25, 6, 11;
am häufigsten ist tantum abest ut — ut und zwar unpersönlich (persönlich
518 B. LateixÜBohe Grammatik, d) Lateinische Syntax.
nur b. Alex. 22, 1), selten (dies auch bei Nepos) tmüum absum ab . . .
ut, wo die präpos. Wendung den ersten f/featz vertritt; eine bemerkens-
werte Parataxe hat Cicero und zwar er allein, z. B. Att. 13, 21, 5 tantum
aberat ut binos scriberefit: vix singulos confecerunt
Der Umgangssprache eigen sind Konsekutivsätze mit Ellipse des Verbs,
z. B. Cic. Fam. 13, 1, 5 Attktis sie a me hoc contendU, tU nihü unquam
magis (sc. contenderit).
Während non in Konsekutivsätzen die regelrechte Negation ist, finden
wir doch aber auch ut ne, natürlich nur da, wo in der Parataxe ne stehen
müsste, z. B. Varro r. r. 3, 16, 16 alvos ita conhcant, ut ne affUentur
neve inter se contingant (vgl. oben § 211 f.).
286. Das aus dem konsekutiven ut ohne weiteres sich ergebende
kondizionale ut, z. B. Publ. Syr. 577 rex esse nolim ut esse crudelis velim
gehört der ganzen Latinität an; der silbernen Latinität ist eigen nisi ut,
wobei nisi mit der im Hauptsätze liegenden Negation eine Bejahung er-
giebt, z. B. Suet. Cal. 23 aviae Antoniae secretum petenti denegavit, nisi ut
interveniret Macro praefectus.
287. Das finale ut wird gleichfalls ausschliesslich mit dem Kon-
junktiv verbunden, der hier den Willen oder die Erwartung bezeichnet;
aus dem oben § 208 zitierten >wa«e sis videam wird matie sis ut videam,
wobei ut als relative Partikel den Begriff des Hauptverbums wieder auf-
nimmt „bleibe, durch welches Bleiben ich sehen möchte^. Hieraus erklärt
sich auch, dass Plaut. Ter. Sali. z. B. Cat. 58, 3 quo monerem, simul uti
aperirem^ Hör. Ov., selbst Cic. quo (bezw. qui) final verwenden; es ist dies
quo vollständig = dem aus dem lokativischen uti zur Modalpartikel ge-
wordenen ut, z. B. Ter. Andr. 472, PI. Pseud. 87. Die im Hauptsatze oft-
mals hinzutretenden demonstrativen Ausdrücke wie idcirco, eo etc. sind
später hinzugekommene Zusätze, ohne jedoch auch da unentbehrlich zu sein.
Die Negation nach finalem ut ist ne, und so findet sich ut ne von
Ennius bis Gellius, jedoch nicht bei allen Schriftstellern; viele wie Caes.
Sali. Liv. behalten die ursprüngliche Parataxe, wobei ne allmählich selbst
konjunktionale Bedeutung annahm, bei (vgl. § 211); Cicero macht einen
Unterschied zwischen ne und ut ne, indem letzteres die Absicht als aus-
drückliche, geflissentliche und direkte bezeichnet; daher erklärt sich auch,
dass ut ne in der feierlichen Sprache der Gesetze seine Stelle hat.
Das finale ut steht auch in Parenthesen; bemerkenswert ist, dass die
silberne Latinität (Quint. Plin. Tac.) hier den Potent, perf. braucht, z. B.
ut sie dixerim.
Schliesslich sei erwähnt die Verbindung von Fragesatz und Finalsatz,
z. B. Ter. Eun. 570 quid ex ea re ut caperes commodi? dann Cic. nat. deor.
3, 74 quid ut iudirxtur. Die gleiche Konstruktion treffen wir auch bei Liv.
und Plin. mai. Aber schon bei Cic. Att. 7, 7, 7 lesen wir die Formel ut
quid ohne Verbum, ebenso bei Martial (3, 77, 10 ut quid cfiim?); häufig
aber wird sie erst in der Itala und so bei den eccl., wo der Einfluss des
Iva II unverkennbar ist; hier hat sie geradezu die Bedeutung von warum,
z. B. Hier. ep. 22, 37 ut quid tniJii lemna/zs.^ Vgl. noch Wölfflin, Archiv IV
p. 617.
2. Der zusammengesetzte Satz: d. Die ünterordnnng. (§ 286-290.) 519
288. Aus ursprünglichem iam faxo hie erunt oder iam faxo paeniteat
hat sich faciam ut fateare u. ä. entwickelt. Während nun fa^^ mit blossem
Konj. sich namentlich im Briefstil erhalten, z. B. fac me anies, ist seit
Plaut, facio ut üblich geworden, oft zur Umschreibung oder Vermeidung
eines wenig üblichen Nomens, z. B. fcci ut ekerem = feci ciectionem. So-
bald einmal facio ut aufgekommen war, nahmen an dieser Konstruktion
alle seine Komposita und Synonyma Anteil, jedoch so, dass manche erst
später in der Litteratur auftreten, z. B. ohtineo erst mit Liv., extundo mit
Val. Max., emercor mit Tac, enio mit Justin u. ä. Ganz ebenso verhält
es sich mit fit und den ihm synonymen Impersonalien; dabei ist potest
= „es ist möglich** in der Komöd. und in Cic. epp. zu bemerken, z. B.
Plaut. Pseud. 378 j^otin ut abeiis. Wie das einfache est werden" auch Ver-
bindungen wie jf^ope est, in eo est, abest mit ut konstruiert, freilich selten
in der klassischen Sprache, während dagegen reliquum estj extremum est,
proximum est, tertium est (nirgends jedoch xmmuin est) gerade bei Cic. gerne
einen Satz mittels ut sich anfügen lassen. Auffallend ist ut nach verum,
falsum, vcrisimilc non est u. ä., Konstruktionen, die besonders bei Cic. ge-
troffen werden, selten in der spätem Zeit, ganz vereinzelt im Altlat. ; dies
ist zu erklären, z. B. „credibile est ut der Fall ist denkbar, verum est ut
es ist wirkliche, faktische Thatsache**.
289. Wenn Cic. fin. 4, 80 sagt fuinc primam a te exigam operam, ut
audias nie refelle^item, so ist dies hervorgegangen aus hatte primam operam
exigam: atidias me refellentem, wobei der zweite Satz zur Erklärung von
hanc operam dient. Dies ist nun eine schon im Altlat. sehr verbreitete
Funktion von ut, dass es Sätze anfügt, die einen substant., adj. u. ä. Aus-
druck näher erklären, die Konstruktion hat sich erhalten und ist bei
manchen Schriftstellern, z. B. Livius, besonders häufig. Eine bemerkenswerte
Zusammendrängung zweier Redeformen haben wir, wenn auf sequitur, ad-
diicor, asscntior, concedo ein Satz mit ut folgt, z. B. Cic. leg. 2, 11 assen-
tior, ut, quod est rectum vcrumque, aeternum quoque sit ; übrigens lässt sich
eine gewisse Ähnlichkeit der letztern Satzfügung mit verum est ut u. ä.
nicht leugnen; die Konstruktion selbst ist vorzugsweise Cicero eigen, vor-
und nachklassisch lassen sich kaum vereinzelte Spuren (nicht bei Plaut.,
aber bei Ter., Hör.) nachweisen.
290. Nach den Verben der Willensrichtung ist frühe schon ein Satz
mit ut angefügt worden; die Analogie dehnte sich sogar auf spero (Plaut.
Liv. Sen. Just., nicht Cic. Caes. Sali. Tac), visum est (Cic. nur ad Att. 12,
51, 2), iubco (Plaut. Liv. Hör. Tac, bei Cic. nur im offiziellen Stile), dico,
prohibco bei Capitol. Maxim. 28, 7, Augustin. und anderen Sp. L., impedio
bei Augustin. aus. Nach video ist namentlich bei den Kom. und in Cic.
epp. ein Satz mit ut in der Aufforderung zu finden^ nach eaveo, wenn es
heisst „darauf achten**, so von Plaut, bis Suet., namentlich auch im Juristen-
latein. Wie die VV. merendi kann auch dignus sum mit tU konstruiert
werden; dies findet sich jedoch nur bei Plaut. Liv. Quint. Ebenso unklas-
sisch ist deprccor, comjirecor, veneror (Tac. bist. 4, 58), fatigo (Sali. Jug.
11, 4), posco (mit ut erst seit Liv. konstruiert), exhortor, inelino u. ä. Auch
nach den Subst. der Willensrichtung, z. B. voluntas, cupiditas, spes u. ä.
520 B. Lateinische Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
findet sich allenthalben, namentlich auch bei Cic. ein Satz mit ut. Über td
nach den V. timendi ist oben § 211 gesprochen.
291. Ein Satz mit konzessivem Konjunktiv z. B. sint sane ista bona:
tarnen laetUia turpis est wurde auch mittels ut dem Hauptsatze angefügt,
zuerst bei Terenz (nur Hec. 296), dann aber namentlich bei Cic. Liv. Quint.
Curt. Tac. Flor. Phrasenhaft wurde in der Umgangssprache, so bei Cic.
Att., ut aliud nihil (Att. 7, 3, 1).
€. Ubi.
292. Ubi (altlat. auch ubei und übe) ist ein Lokativ vom Relativ ^
und wird so allenthalben geradezu für das Relativ gebraucht, z. B. Plaut.
Mi. 2, 1, 40 naveni illam, ubi vectus fui. Demgemäss vertritt auch ubiubi
und ubicumque die entsprechenden Formen des verallgemeinernden Relativ-
pronomens. Ubiubi ist altlat. bei Plaut, und Ter. und taucht dann erst
wieder bei den Archaisten, z. B. Fronte, auf und erhält sich vereinzelt im
Sp. L. Ubicumque ging von Plaut, und Ter. auch auf Cicero und Caes.
über und erhielt sich dann im silb. und spätem Latein. Über die lokale
Bedeutung ist weder ubiubi noch ubicumque hinausgegangen.
Entsprechend seiner engen Verwandtschaft mit dem Relativpronomen wird
ubi oft ganz wie das letztere mit dem Konjunktiv verbunden, wie derselbe in
Relativsätzen konsekutiver, finaler etc. Bedeutung üblich ist, z. B. Sali. Cat. 54, 5
sibi magnum Imperium exoptabat, ubi virtus cnitescere posset {= in quo passet).
Dann wurde ubi in gebräuchlicher Übertragung auf die Zeit ver-
wendet, Z.B.Ter. Andr. 631 ubi tempust promissa iam perfici, tum coacti
necessario se a^yeriunt. Daraus entwickelte sich die Bedeutung einer tem-
poralen Konjunktion, welche schon bei Plaut, angetroffen wird. Hier ver-
bindet sich ubi mit Praes., mit Perf., auch mit Imperf. u. Plusq. Indikat.,
jedoch ganz selten mit letzteren beiden; von quam unterscheidet es sich in
der Weise, dass quom da steht, wo der Zeitbegriff stark hervorgehoben
wird, während bei ubi das räumliche Moment der Bedeutung vorwiegt. Bei
Terenz ist der Gebrauch fast ganz derselbe, nur dass hier ubi mit Praes.
seltener als bei Plaut, angetroffen wird. Mit Beginn der klassischen Zeit
treffen wir ubi wieder in gleicher Konstruktion, allein bei Cicero wohl nie
mit Imperf. u. Plusq., bei Caes. je einmal, wiederholt bei Sali., bei Liv. u.
Tac, nicht bei Nepos und Horaz, zweimal bei Vergil. Sonst mag bemerkt
werden, dass ubi mit Präs. der Verba sent. sich oft bei Sali., welcher es
überhaupt sehr bevorzugt, findet, dass Vell. es im verallgemeinernden Sinne
mit Konj. Imp. oder Plusq. verbindet, dass Florus die Liebhaberei des Sali.,
so besonders ubi videt, übernommen hat, dass Tac. sowohl den Indic. als
auch den Konj. Plusq. zur Bezeichnung der wiederholten Handlung ver-
wendet. Im ganzen ist der Konj. nach ubi^ abgesehen von dem mit der
silbernen Latinität sich einbürgernden Iterativus, sehr selten und kaum
irgendwo durch die Unterordnung veranlasst, also in relativer Zeitgebung,
eher in manchen Stellen durch Modusangleichung und oratio obliqua oder
durch das Streben nach Abwechslung und die Unsicherheit im Modusge-
brauch, so im Sp. L., z. B. bei Ammian.
') Vgl. jedoch oben Stolz S. 290.
2. Der zuBammengesetzte Satz: d. Die ünterordnimg. (§291 -294.) 521
t. Quoad.
293. Das lokativische quo ist in Verbindung mit ad zur Konjunktion
geworden quond; doch schrieb noch Afranius ad quo. Die Form qua
ad wird wohl aus quad durch orthographische Distraktion entstanden sein,
und so darf man neben quo ad kein gleichbedeutendes qua ad annehmen
(so Jordan; Keil indes schreibt in seiner Yarroausgabe fast überall qun ad).
Quoad besitzt ursprünglich lokative Bedeutung = bis tvohin = soweit.
Gerade wie unser soweit in gedachten räumlichen Verhältnissen gebraucht
wird, so auch quoad; Vitruv kennt nur diesen Gebrauch, vgl. 99, 6 quoad
jwtui attingere, exposui. Viel häufiger ist jedoch die Verwendung von quoad
in temporalem Sinne, und es ist interessant zu beobachten, wie dum, donec
und quoad, welche sich in ihrem Gebrauche nicht wesentlich unterscheiden,
bald Lieblingswörter einzelner Schriftsteller sind, bald wie es scheint ab-
sichtlich gemieden werden. So findet sich quoad gar nicht bei Plin. n. h.,
quoad = „so lange als* nicht bei Terenz, quoad — „bis** nicht bei Tac;
Varro braucht quo ad ganz vereinzelt in den libb. de 1. 1., sehr häufig in
den libb. de r. r., in welch letzteren er dagegen dotiec nicht zulässt; von
Dichtern haben es ausser den Komikern nur Lucr. und Horaz und der
letztere auch nur in der aus Inschriften als stereotyp bekannten Formel
quo ad vixit (sat. 2, 3, 91) verwendet; während Tac. eine besondere Vor-
liebe für donec hat, bevorzugt Apul. umgekehrt quoad, und Ammian braucht
nur quoad, nie donec. Im ganzen bekommt man den Eindruck, dass die
schon in ihrer Zusammensetzung auffallende Partikel mehr der gewöhnlichen
Sprache angehörte, als der gewählteren Diktion. Die Modusgebung ist wie
bei donec, nur dass in der nachtaciteischen Latinität der Konjunktiv auch
da erscheint, wo bei quoad „bis" an eine Absicht nicht zu denken ist.
Anmerkung. Für quoad eins fieri possit ist vielmehr quod e. f. p, zuschreiben
und bo überall, wo diese Formel oder eine Variation derselben vorkommt; dieses quod
zeigt uns recht eigentlich den Übergang vom Pronomen zur Konjunktion, wie Jobdan, Kr.
Boitr. p. 830, nachgewiesen hat. Über quou8qu£ und quondusque^ vgl. ZusHtze u. Berichtigungen.
1], Quatenus.
294. Quatenus hat, wie schon Festus p. 248, 32 erklärt, die Bedeu-
tung qua fine. Sein ursprünglicher Gebrauch ist daher ein lokaler, und so
steht es vielleicht schon in einer Rede des Scipio Africanus quatenus castra
nostra ita munita erant, ut. Die klass. Sprache kennt diesen Gebrauch
nicht, wohl aber Vitr. und Liv. und in der Folgezeit die Geographen,
Geometer etc. bis ins späteste Latein herab. Dagegen hat Cic. quatenus,
wo eine Handlung als räumlich sich ausdehnend gedacht wird, z. B. Lael.36
videamus, quatenus amor in amieiiia progrcdi dcbeat; hierin folgten ihm
Ovid. Liv. Sen. ep. Quint. Petron und Spätere. Das temporale qua-
tenus treffen wir gleichfalls bei Cic, z. B. Phil. 14, 14 quatenus Imherem;
Nachahmung fand er darin nur bei Val. Max. und im Sp. L. Kausales qua-
tenus (welches die Grammatiker quatinus geschrieben wissen wollten) hat
zuerst Lucrez 2, 927, dann Horaz u. Ovid., Val. Max. zuerst in Prosa,
hierauf Quintil. Plin. min. Tac. Suet. Flor., im Sp. L. die Afrikaner u. a.
Nur der späteren Latinität gehören an quatenus = quomodo bei Tertull.
Lact. Hilar. Firm. Mat. u. a.; für finales quatenm ist gleichfalls Tert. der
erste Gewährsmann, konsekutives quatenus tritt gegen Ende des IV saec.
522 B. LateiniBche Grammatik, d) Lateinisohe Syntax.
auf. Als Ersatz für den Acc. c. inf. kommt quaienus nicht vor dem VI saec.
vor. Wir ersehen daraus, dass quatenns erst im Sp. L. weiter um sich
greift zur Entlastung von ut. Bemerkenswert ist, dass Varro Caes. SaU.
Verg. Sen. rhet. Lucan u. a. es gar nicht kennen, dass es keinen Schrift-
steller giebt, der sich alle Anwendungen der Partikel nebeneinander ge-
stattet hätte und dass die ursprünglichen Bedeutungen von quatentis gegenüber
den neu entstandenen zurücktreten. Über quousque für quatentis vgl. Zusätze.
^. Si.
295. Si ist eine lokative Partikel, ursprünglich sei lautend. Durch
Anfügung des deiktischen ce wird sie daraus. Beide treten in Korrelation,
und zwar so, dass sie in den Nachsatz kommt; diese ursprüngliche Kon-
struktion hat sich in der Sprache des Volkes erhalten, z. B. bei Cic. Att.
12, 38, 2 sie seribes aliquid, si vaeabis, Hör. ep. 1, 7, 69 sie ignovisse
ptitato, si ecjias hodie meeum, Apul. met. 3, 3, 5 sie salvi recedeniuSy si
salvtim in domo neminem reliquerimus; wir brauchen im Deutschen in gleicher
Weise unser so, z. B. ^o du heute mit mir speisest, so darfst du glauben.
Wie nun aber das im Hauptsatze stehende so wegbleiben kann, so auch
sie, also seribes aliquid, si vaeabis. Oder sie wird durch sinnverwandte
Wörter ersetzt, z. B. PI. Asin. 242 si adfers, tum patent; diese Art der
Wechselbeziehung hat sich bis zur augusteischen Zeit erhalten und wird
von da ab nur in Formeln, also z. B. Liv. 22, 53, 115« seiens fallo^ tum
me Iu]}piter pessimo leto afßciat gefunden. Eine Korrelation mit igitur
ist schon in den XII tab. zu treffen und so bis auf Cicero, während sonstige
kausale Partikeln in negativem Hauptsatze erst seit der klassischen Zeit
mit si in Korrelation gesetzt werden. Die Beziehung von si auf ein voraus-
gehendes ita, z. B. Cic. sen. 11 itu cnim senectus honesta e^t^ si se ij^sa
defcndit ist bei Cicero, später nur wenig üblich. So ist auf dem Wege
der Korrelation das ursprünglich demonstrative si zur relativen Konjunktion
geworden, und aus dieser Art der Korrelation zweier Sätze ist die hypo-
thetische Periode hervorgegangen.
296. Wenn in beiden Gliedern der sog. hypothetischen Periode der
Indikativ steht, so sind hinsichtlich der Tempora verschiedene Kombina-
tionen möglich: sehr selten ist si c. Praes. — Iinperf. und nur mehr bei
Ter. und Lucrez, vereinzelt bei Cic. beobachtet; si c. Präs. — Fut. ist vor
und nach Cic. üblicher als .s* c. Fut. — Fut.; letzteres überwiegt bei Cicero
und bei den Verfassern von Lehrbüchern, also bei Cato, Cornificius, Cic. inv.,
Vitruv. Quintil.; si c. Fut. — Praes. ist selten in allen Zeiten, findet
sich nicht bei Varro Sali, und vielen Sp. L. Selten ist ferner si c.
Fut. exact. — Fut. exact., aber doch bei Plaut, schon und dann besonders
bei Cic. vertreten, ebenso si c. Perf. — Fut. und zwar erst seit Cic.
beobachtet; si c. Indic. Imperf. ist bei Cic. wohl nur in den Erstlings-
schriften zu finden, si c. Plusq. — Imperf. ist nur vorklassisch und dann
bei Sali., sowie N. Kl. bei Juvenal belegt, si c. Fut. I oder II — Perf. log.
besonders bei Plaut, u. Ter., ganz selten bei Cic, z. B. Verr. 3, 62 nisi
res illa manifesta erit adlata, vicimus, si c. Fut. II — Präs. bei Plaut.,
z. B. Poen. 671 rex sum, si ego illum ad me adlexero.
2. Der zasammengeseizte Satz: d. Die ünterordnnng. (§ 295-298.) 52B
297. Steht in beiden Gliedern der Koni., so ist folgendes zu bemerken:
Ursprünglich hatten die Konjunktive der einzelnen Zeiten die ihren Judi-
kativen entsprechende temporale Geltung. Daher bezog sich si haberem,
darem nur auf die Vergangenheit als Potentialis der unvollendeten Hand-
lung im Präteritum und si dem, habeam wurde auch für den Irrealis der
Gegenwart gebraucht. Dies können wir noch bei Plautus konstatieren.
Im Interesse der Deutlichkeit aber war eine Verschiebung notwendig; so
konkurrierte bald Konj. Imp. in irrealen Bedingungssätzen mit dem Konj.
Präs., und schliesslich verdrängte er ihn ganz und Hess ihm nur das Gebiet
des Potentialen; damit war das Präteritum ins Präsens verschoben, was
in der klass. Zeit sich bereits vollzogen hatte; was also bei Plaut. Aul. 523
compellarem ego illum^ ni metuam heisst, würde bei Cicero allocutus
cuw essem, nisi mctuerem lauten; demnach trat an Stelle des Konj. Präs.
der Konj. Imperf., an Stelle des letzteren der Konj. Plusq. und beide er-
halten nunmehr den Begriff der Nichtwirklichkeit, der ihrer Grundbedeutung
durchaus ferne lag. Wir finden daher bei Cicero nur noch wenig Anklänge
an präteritales si habcreni^ und noch weiter ist letzteres bereits bei Livius
zurückgetreten. Anders wird es erst im Sp. L., wo die Archaisten die
ältere Sprach weise wieder aufnehmen und die Afrikaner infolge des Ein-
flusses der semitischen Tempora dieselben Formen in präteritalem, präsen-
tischem, ja sogar futuralem Sinne nehmen.
298. Der Indik. Präs. oder Fut. im Nachsatz bei konjunktivischem
Nebensatze findet sich oft im Altlat., wenn der Hauptsatz die Verba posse
und dcbere oder sinnverwandte Phrasen, z. B. sati%4^ est, nielius est enthält
oder wenn der Nachsatz mit besonderem Affekt gesprochen ist, z. B. nugae
siint^ nisi . . dare iam lubeat; vielfach erklärt sich der Konj. des Neben-
satzes aus der ursprünglich engen Verwandtschaft von Ind. Fut. und Konj.
Präs., weshalb Ind. und Konj. Präs., sowie Ind. Fut. leicht vertauscht
werden, oder aus andern Gründen, z. B. wenn si = etiamsi oder der Konj.
ein Potential = man ist u. s. w. Die klassische Sprache stimmt mit diesem
Gebrauche im wesentlichen überein, dagegen nimmt die Zahl der Beispiele
bedeutend ab, das gleiche gilt auch für die folgende Zeit. Tacitus ge-
braucht die Konstruktion wieder häufiger, aber zumeist in Sätzen, die eine
wiederholte Handlung ausdrücken (vgl. § 299). Wo man später noch ähn-
liche Fälle findet, gehen dieselben auf allgemeine Formeln und Phrasen
zurück, z. B. Apul. Apol. 54, dies me deßciet, si omnia velim persequi^
neues wurde nicht mehr geschaffen.
Der Konjunktiv Imperf., welcher mit Aufgebung der präteritalen
Natur den Irrealis der Gegenwart vertrat, zog nun auch den Indik. Imperf.
naeh sich. Sobald in dem Satze si velim, possum für velim das Imperf.
vellem eintrat, musste auch possum sich ändern, und entsprechend velim —
vellcm bildete sich possum — poteram, vgl. Cic. Quinct. 43 s^i velles^ iam
pridem actum esse 2>oterat. Dies fand zunächst nur bei den Verben des
Könnens, Müssens und Wollens statt, welche ja zur Umschreibung des
einfachen Konjunktivs dienen, und bei diesen und ihnen verwandten Phrasen
finden wir den Indik. Präterit. durch die ganze Litteratur von Cicero
bis ins späteste Latein herab, jedoch so, dass bei Cic. passem über
524 B. Lateinische Qrammatik. d) Lateinische Syntax.
poteram überwiegt, während für die V. des Müssens der Indik. die Regel
ist, und dass bei den Historikern der Indikativ die meisten Beispiele
aufweist. Erst dem gallischen Latein war es vorbehalten, auch andere
Verba zu verwenden, z. B. Gregor. Tur. 1, 31 p. 49, 12 si domus wea
digtm esset, praestare non ahmeham, wo abnucbam =: abnuerem =■ Irrealis
der Gegenwart ist. — Der Indikativ an Stelle des Konj. zur Bezeich-
nung des Irrealis der Vergangenheit war gleichfalls ursprünglich auf
die genannten Kategorien von Verben beschränkt. Aber der enge Kreis
erweiterte sich bald, und mit Liv., namentlich aber mit Tac. nahmen alle
Verba des Strebens, Begehrens, Versuchens u. ä. an der Konstruktion teil, z. B.
Tac. Hist. 3, 46 iam castra exscindere parahant, ni Mudanus sextam leffioncm
opposuisset Mit Ammian wird der Gebrauch ganz unbeschränkt, indem von
jedem beliebigen Verbum der Ind. Plusq. oder Imperf. statt des Konj. er-
scheint, z. B. 14, 3, 2 quod si impctrasset, fulminis modo omnia vastaraL
Anmerkung 1. Sobald einmal der Konj. Imperf. durch die Verschiebung der
Tempora seine präteritale Natur aufgegeben, lag es nahe, ihn auch in futuralero Sinne zu
verwenden. Dies finden wir noch nicht bei Plautus, sondern erst mit der klass. Zeit
namentlich bei den Historikern, z. B. Liv. 22, 28, 13 videbntur, si iusta ac recta pugna
esset f Iiaudquaquam impar futura. Der Hauptsatz steht dabei, wenn er ein V. finitum hat,
im Indikativ.
Anmerkung 2. Der Indikativ eines Präteritums im Nachsätze bei konjunktivischem
Vordersatze steht auch in Folge der Teilnahme, welche der Sprechende an der Sache nimmt,
wie wir dies § 298 gleichfalls fürs Präsens festgestellt, und zwar schon bei Plaut. Mit. 5'j
fit hebes machaera foret, uno ictu occideras, dann bei Cic, z. B. Fam. 12, 10, 3, auch im
silb. Latein, z. B. Sen. de ira 2, 33, 6 perierat alter fiUus, si carnifici conviva non pla-
cuisset und später, wenn auch die i3eispicle nirgends häufig sind.
299. Die nahe Verwandtschaft von quom und si (vgl. unser wann
und wenyi) erklärt uns, dass auch ein Satz mit si dazu dienen kann, die
wiederholte Handlung zu bezeichnen. Dass ursprünglich in solchen Sätzen
der Indikativ stand, ist selbstverständlich; er findet sich erhalten bei Cato
p. 35, 3 J si qiiis ströme fecerat, dondbam Iwnestc, Cicero und Caesar ver-
wenden zumeist den Indikativ; doch treten bei ihnen die ersten Spuren
des Konj. auf, z. B. Caes. b. civ. 3, 110, 4 si quis a domino prehenderetur,
consensu miliium eripiebatur. In der nachklass. Zeit überwiegt wie bei
quom (vgl. § 272), so auch bei si der Konj., und mit Sueton erscheint der
Indik. fast völlig vordrängt. Allein im Sp. L., z. B. bei den scr. h. Aug.,
kehrt auch der Indik. wieder und beide Modi werden nun unterschiedslos
verwendet.
300. Zur hypothetischen Periode gehören auch die Sätze, wo im
Hauptsatze ein Optativ oder Polen tialis steht; diese sind in der Umgangs-
sprache besonders häufig, so namentlich in Schwurformeln, z. B. Cic. Att.
4, 16, 8 ne vivani, si scio; gefunden werden sie ausser bei den Komikern
bei Lucr., bei Cic. in epp., bei Horaz in den Sat., bei Juvenal und Martial;
ferner die Sätze mit Imper. im Hauptsatze, auch vorzugsweise der Umgangs-
sprache eigen, so z. B. Caes. b. g. 4, 25 desilite^ nisi vultis aqtälam prodere.
aber von Cic. selbst in den Reden zugelassen; steht dabei si c. Perf., so
erscheint der Gebrauch auf Ter. Sali. Tac. und Juvenal beschränkt, was
gewiss ein blosser Zufall ist; wenn aber si c. Fut. vorausgeht, so ist be-
sonders der Imper. fut. gebräuchlich, namentlich in Gesetzen, Verträgen,
2. Der ziiBammengeaetzte Satz: d. Die Unterordnung. (§299—302.) 525
und dementsprechend in gemessener Weisung, häufiger bei Plaut, als bei
dem feineren Terenz, oft bei Cic, zumeist jedoch nur in epp. ad Att.
301. Die periphrastische Form des Verbs hat ein kondizionales Ele-
ment in sich, und so sagt man statt venissem im A. L. und noch bei Cic.
Liv. Curt. auch eram ventunts, seit Cicero auch fui und seit Ovid auch
fueram venturus. Nach Cicero wird fui venturus häufiger gebraucht, als
die beiden andern Formen. Dass venissem und venturus fui in der Be-
deutung sich vollständig decken, zeigt Cic. Att. 14, 14, 2 quae ille factm-us
non fuit, fiunt verglichen mit 14, 13, 6 quae Caesar nunquam fecisset, ea
nunc proferuntur. Dies ist wichtig für den Fall, dass der Nachsatz einer
irrealen Periode der Vergangenheit zugleich Konjunktionalsatz (eingeleitet
mit quin, ut, cum) oder indirekter Fragesatz ist; im ersteren Falle steht
Coni. Perf. coniug. periphr., z. B. Liv. 4, 38 nee dulnum erat quin, si
possent, terga datuH Iwstes fuerint (von posse etc. also potuerint etc.,
z. B. non duhito quin potuerint „dass sie gekonnt hätten^); im letzteren
Perf. oder Plusq. coni. coniug. periphr. je nach der Zeitstufe des Haupt-
satzes, also die quidnam facturus fueris, aber seieham quidnam fuisset fac-
turus. Diese Konstruktion erscheint erst mit der Zeit der kunstvollen
Ausbildung der Periode, also bei Cicero und Livius, fehlt bei allen übrigen
Schriftstellern der aug. u. klass. Zeit und findet sich ganz vereinzelt bei
Tac. und der von Liv. abhängigen Historiographie. Der Koni, plusq. muss
jedoch stehen bei passiver Form, z. B. duhitatis quin ei vis esset adlata? bei
Cic. u. Liv. kommt er vereinzelt auch in aktiverForm vor, vgl. Cic. inv. 2, 120.
Tritt der Nachsatz der irrealen hypothet. Periode der Vergangenheit
in die Konstruktion des Acc. c. inf., so steht der ausschliesslich als Ver-
treter des Irrealis Praeteriti gebrauchte Inf. auf — urum fuisse, z. B.
Liv. 3, 50 nee se superstitem futurum fuisse, nisi hahuisset. An dieser
Konstruktion haben neben Cic. Liv. Nepos auch Sali. Curt. teil. Selten, aber
auch zweimal bei Cic, ist der Inf. perf., z. B. Cato mai. 82 tanta esse
conatoSy nisi animo cernerent,
Anmerkung. Ob auch tfenturus fuissem zulässig ist fQr venissem, kann nicht
sicher gesagt werden. Madvio op. II p. 227 ff. leugnet es, Thielmann aber (Ar-
chiv II, p. 191) verteidigt facturus fuissem als Modusausgleichung zwischen fedssem und
facturus fui.
302. Seine lokative Natur zeigt si auch in den Sätzen, welche sich
an ein Verb des Affekts oder des Versuchs anschliessen; es giebt hierin
die Sphäre au, worin sich der Affekt äussert oder der Versuch gemacht
wird, bezw. werden soll. So finden wir si nach miror und mirum est
allenthalben, seltener nach andern Verben wie gaudeo und indignor, bei
Nep. Hör. und in nachklassischer Zeit bei satis est oder Jiaheo, z. B. Tac.
ann. 4, 38 satis habere, si locum principem itnpleam.
Dann steht si nach den Verben des Versuchs und der Erwartung, so
schon im Altlat., häufig bei Caesar, bei Cic. fast nur in epp., häufig wieder
bei Livius, auch bei Tacitus, dann aber seltener. Dagegen lässt sich das
fragende si (vgl. oben § 215), welches aus der eben besprochenen Ver-
wendung sich entwickelt hat, in späterer Zeit sehr häufig konstatieren.
Der Modus ist in klassischer Zeit ausschliesslich der Konjunktiv, ebenso
bei Liv. u. Tac; im Altlat. ist der Indikativ als der ursprüngliche Modus
526 fi- Lateinlache Chrammatik. d) Lateinische Syntax.
zum Teil noch erhalten, doch ist bei Plaut, bereits das Übergangsstadium
zum Konjunktiv eingetreten.
303. Der Unterschied von nisi und si non erklärt sich ein&ch an
dem Satze: memoria minuitur nisi eam exerccas und si eam non exerceas;
im erstem Falle erhält eine allgemeine Behauptung einen Ausnahmsfall
angefügt, im zweiten wird die Geltungssphäre einer Einzelbehauptung an-
gegeben. Der Gebrauch beider negativen Konjunktionen geht durch die
ganze Latinität. Ausserdem wird noch sin (aus si ne entstanden, also =:
so nicht, daher si — sin = so . . so nicht) und zwar vorzugsweise im
zweiten Gliede einer Alternative gebraucht, z. B. Cic. Att. 16, 13 b si
pares aeque inter se^ quiescendum; sin, latius manabit; dies findet sich so
im Altlat. und bei Cic. Zu sin wurde auch noch secus (bei Plaut.) oder
minus hinzugefügt, auch aliter und schliesslich ging es in den Gebrauch
einer einfachen adversativen Konjunktion über. Si minus gehört der
klass. und aug. Zeit an. Ni hat bei den Schriftstellern der alten und
der klassischen Zeit sich besonders in Formeln der juristischen und sakralen
Sprache erhalten, neben welchen dann noch Phrasen der Umgangssprache
wie moriar ni, quod ni ita sit, ni ita sc res haberct häufig angetroffen
werden; sonst wird n/ bei Cic. wenigstens selten gefunden, Caes. verwendet
es gar nicht. Den Dichtem war ni eine bequeme Form, daher verwenden
sie es gerne, z.B. Vergil, auch Liv. macht ausgedehnten Gebrauch davon;
bei Tac. ist es stehend in den § 298 besprochenen konjunktivischen Be-
dingungssätzen bei indikativischem Hauptsatze. Die Verbindung nisi si
repräsentiert eine der Volkssprache eigentümliche Abundanz; es wird oft
im Altlat., dann bei Varro, Cornif., Cic. in epp. und Erstlingsschriften,
nicht bei Caesar (vgl. Meusel, Lex. Caesar. II p. 777), Sali. Verg. Hör.,
aber bei Juvenal, bei Tacitus nur in den Annalen, dann im Sp. L. bei den
scr. li. Aug. und sonst getroffen; bei den Kirchenvätern ist nisi si geradezu
Regel geworden.
Ein eigentümlicher Gebrauch von nisi, welcher der Umgangssprache
angehört, ist der, dass es förmlich als Adversativpartikel fungiert. Dies
findet sich besonders nach nescio, aber auch sonst, und zwar von Plaut,
bis in die spätesten Zeiten herab bei allen Schriftstellern, welche mit der
Vulgärsprache in Berührung stehen. Für Cicero ist diese Wahrnehmung
auf die Erstlingsschriften und Briefe beschränkt; dann findet es sich
bei Sali. Liv., vereinzelt im silbernen Latein und dann wieder bei den
Archaisten.
An Verbindungen, die nisi eingeht, sind noch nisi forte und nisi
vero zu besprechen. Ersteres bürgert sich mit Cicero ein, findet sich oft
bei Sali., bei beiden mit Indik.; der Konjunkt. darnach gehört den Afri-
kanern an. JSisi vero, wie nisi forte fast immer ironisch, ist ausschliess-
lich Cicero eigen.
304. An einen Bedingungssatz kann ein zweiter mit sive (wofür
auch seu gesagt wird) sich anschliessen, so schon in XII tab. si quis oc-
centavisset sive Carmen condidisset; diese Satzform beschränkte sich aufs
Altlat. und die Archaisten, bei Juristen, z. B. bei Gaius, haben sich natür-
lich die alten Gesetzesstellen auch in später Zeit so erhalten. Folgt jedem
2. Der znaammengeBeizie &atz: d. Die Ünterordnimg. (g 303 305). 527
Vordei'satz ein besonderer Nachsatz, was zuerst bei Cicero eintritt, so
findet sich auch hier si — sive, aber ganz selten in klass. wie in späterer
Zeit; ebenso wird si — sive mit gemeinschaftlichem Verbum in der klass.
und folgenden Sprache angetroffen.
Dieses st — sive wird im Altlat. auch da gebraucht, wo die klass.
Schriftsteller sive — sive sagen, z. B. Ter. Andr. 215 si ista uxor sive
amicast; die korrespondierende Verbindung sive — sive schliesst nämlich
die beiden Glieder gegenseitig aus. Doch hat auch Cato, nicht jedoch
Plautus und Terenz, sive — sive bereits in diesem ausschliessenden Sinne.
Seit der Zeit des Cicero kommt sive — sive in allgemeinen Gebrauch.
Der Modus ist der Indikativ; allein schon bei Cic. u. Caes. vereinzelt, mehr
bei Liv. Plin. mai. u. Tac, besonders häufig im Sp. L. liest man auch
den Konjunktiv, z. B. bei Oros. Claud. Mam. Apoll. Sid. u. a.
Mit Unterdrückung des ersten sive finden wir auch, vereinzelt schon
bei Terenz, häufig seit der klassischen Zeit einmaliges sive, z. B. Hör. od.
1, 3, 16 tollere seu ponere vuÜ freta, auch sonst öfters bei den aug. Dich-
tern; manchmal wird dies einmalige sive zur Anfügung eines Satzes in der
Bedeutung von „oder* verwendet, so z. B. in der lex lul. munic: is censor^
seive quis alius vmgistratm censum aget, aecipito (= sive censor sive . . .).
Dieser Gebrauch hat sich als ein echtlateinischer ausserordentlich entwickelt
und zwar in engeren Grenzen bei Cicero, ausgedehnter bei Liv. Vitruv Plin.
mai. Quint. Tac, ebenso bei Dichtern, so dass schliesslich ein Satzteil ohne
eigenes Verb mit sive angefügt wird, freilich erst seit Lucil. u. Lucr., von
hier ab aber ausser bei Caes. u. Sali, sehr häufig; vgl. oben § 194.
Die Korresponsion sive — ve findet sich nur bei Dichtern und ganz
spät bei Apoll. Sidon. in Prosa, sive — vel ist auf die Dichter Verg. Juv.
u. Spät, beschränkt; si — ve lesen wir nur Juven. 3, 297. Die mannig-
fachste Abwechslung in der Korresponsion bietet Petron, der allein wohl
sive — seil — aut schreibt.
Neben sive ist auch nive zu erwähnen, welches mit ni oder s/ in
Beziehung gesetzt wird, aber nur bei Plaut, sich findet und in juristischen
Formeln, z. B. Fest. 249, 5 si alium proms, nive etim procas („oder
wenn nicht").
306. Wenn schon das einfache si oft konzessive Verhältnisse re-
präsentiert, z. B. Plaut. Most. 351 nee Salus iam nobis saluti iam esse, si
cupiat, polest, ebenso bei Catull, in Prosa bei Nep. Sali. Flor, und sonst,
so geschieht dies um so mehr, wenn si mit et, etiani, tarnen et zu etsi,
etiamsi, tamenetsi verschmolzen wird. Während etsi auch die losere
Anfügung von Sätzen vermittelt, so schon im Altlat., dann besonders bei Cicero,
z. B. Tusc. 2, 3 viriutem atitem si unam amiseris — etsi amitti non 2)otest — etc.,
oft geradezu wie qtmmquam im Sinne von „freilich", wird etiamsi wohl
nur in der hypothetischen Periode verwendet. Etsi ist im ganzen ziemlich
selten bei Dichtern, findet sich gar nicht bei Sali., welcher tamenetsi oder
mit vulgärer Abkürzung des twncyi in tarn auch tametsi bevorzugt, auch
nicht bei Quint. u. a., dagegen wird es oft von Cicero gebraucht; tametsi
fehlt bei den aug. Dichtern, bei Tac. Curtius, ist überhaupt mehr der
Umgangssprache eigen und findet sich besonders in Komödie und Briefstil
528 B. LateiiÜBche Grammatik, d) Lateinische Syntax.
und bei Varro, hat sich aber bis ins Sp. L., z. B. bei den scr. h. Aug.,
erhalten; die Modi sind wie bei si in Gebrauch; nur scheint bei etsi der
Indikativ in klassischer Zeit zu überwiegen.
Im Hauptsatze steht oft korrespondierend tarnen, sogar nach tametsi,
hier aber in vulgärer Abundanz, so namentlich bei Sali., bei Cic. in Erst-
lingsreden und epp., bei den Juristen, bei den Archaisten, bei Justinus oder
hier richtiger Trogus.
306. Zusammengestellt werden mit si in bemerkenswerter Weise noch
modo, tarnen und quideni; davon kommt si modo erst seit Cicero vor, auch
bei Caes. und seinen Fortsetzern, bei Sali., selten bei Liv. und seinen Nach-
ahmern, überwiegend mit Indik. konstruiert, bei Cic. wohl immer; si tamen
verschmähen die klass. u. vorklass. Schriftsteller, dagegen findet es sich
seit den aug. Dichtem bis in die späteste Zeit allenthalben, hier im Sp. L.
geradezu = si quidem, z. B. bei Apoll. Sidon.
Zu grossen Dingen war das im Altlat. noch gar nicht bekannte si
qtiidem berufen. Cicero verwendet es neben Varro zuerst und zwar mit
dem Indikativ. Allmählich ging si quidem ganz in die Bedeutung einer
kausalen Konjunktion über (den Ansatz dazu vgl. bei Varro r. r. 2, 5, 13)
und wurde so auch mit dem Konjunktiv verbunden, namentlich von den
Script, bist. Aug. und den eccl. Die spätere Latinität hat eine ganz ab-
sonderliche Liebhaberei für si quidem, so Veget. Sulp. Sev. Hieronym.
Cyprian, Lact., daher begegnet es hier unglaublich häufig. Ja es wird hier
sogar nachgestellt und unterscheidet sich nicht von nam oder enim, nament-
lich in Verbindung mit dem Indikativ, z. B. Oros. 3, 5, 1 repente siquidew
medio urhis terra dissiluit, wo siquidem = nämlich.
307. Wenn si mit quam zusammengesetzt wird, so entsteht daraus
quasi (quam si nur bei Tac. ann. 13, 47 u. 49); dies ersehen wir aus
Plaut., der es nach einem Komparativ setzt, Trin. 265 peius perit, quasi
saxo saliat. Die ursprüngliche Bedeutung von quoM ist daher als wefiv.
wie wenn, vgl. noch Lucrez 3, 192 spumat quasi fervescunt undae (hierin
erblickt Wegener p. 102 mit Recht eine Ähnlichkeit mit c»5g ove m
homerischen Gleichnissen); doch beschränkt sich dieser Gebrauch auf das
Altlatein. Dagegen wird es zu allen Zeiten gebraucht, um einen an-
genommenen Vergleich an den Hauptgedanken anzufügen. Im N. Kl.
nimmt es teil an dem oben § 260 besprochenen Gebrauch von taniquam,
vgl. Suet. Tit. 5 unde natu suspicio est, quasi temptasset, Tac. ann. 13, 18
(aber bei Tac. nur in den annales). Wie zu nisi kann auch zu quasi noch
ein abundantes si hinzutreten, jedoch nicht bei Cic. und überhaupt nicht
in der klass. und aug. Zeit, aber bei Plaut. Lucr. und später wieder
bei Florus.
Die Verbindung ut si = quasi ist selten im Altlat., nicht bei Plaut.,
öfter bei Cic, aber nie in den Reden, dann einmal bei Liv., öfter bei Nep.
u. Tac. zu finden. Yelutsi lesen wir nicht im Altlat. und nicht bei Cic,
aber bei Caesar und öfters bei Livius, welcher jedoch wie die Autoren der
silbernen Latinität auch velut allein = velut si gebraucht; bei Tac. ann.
ist velut neben quasi und tamquam Kausal partikel geworden. Ac si = quasi
2. Der znaainmengeBetzte Satz. d. Die ünterordnong. (§ 306—308.) 529
gehört dem Sp. L. an, z. B. Justin Cypr. Tert. u. a.; vgl. Paucker, Z. f.
ö. G. 1883 p. 338, Rönsch, Sem. Beitr. II p. 61.
8. Modale Eonjonktioneii.
Quin.
308. Die Partikel quin ist entstanden aus dem Modalis qui und der
angehängten ursprünglich von non in der Bedeutung nicht verschiedenen
Negation ne. Da qui sowohl interrogativ wie relativ ist, so wird auch
quin an beiden Bedeutungen teilnehmen.
Das interrogative quin zeigt sich zunächst in Hauptsätzen, z. B. quin
ad hunc aggredimur? „warum greifen wir nicht an?" Allenthalben ist mit
der Frage eine Ermahnung und zwar im Sinne eines Tadels oder der Ent-
rüstung verbunden. Eine Art Ausgleich findet statt, wo quin mit dem
Imperativ verbunden wird, eine Konstruktion, die Terenz gegenüber dem
bei Plaut, beliebteren Indik. vorzieht; so ist quin eloquere entstanden aus
quin eloqueris? eloquere! Auch Cicero hat einmal so geschrieben, p. Milone
79 quin sie attendite, während sonst diese Konstruktion ihm fremd ist und
erst später wieder üblicher wird. Aus dem interrogativen quin erklärt
sich auch das steigernde, das in der Umgangssprache sehr beliebt war und
in der Verbindung mit eti<im sich auch in der klassischen Sprache Eingang
zu verschaffen gewusst hat, z. B. Plaut. Truc. 2, 3, 6 quin hercle lassus
iam sum durando miser.
Durch einfache Anfügung im Sinne des § 208 erklärt sich nun: quin
ad dient decedam, nuUn causa est (Cic. Fam. 2, 17, 1), was eigentlich so
ursprünglich zu fassen war: quin ad dient decedam? nulla causa est! „warum
sollte ich nicht auf den Tag weggehen? es ist kein Grund dazu vorhanden!"
Natürlich findet sich diese Konstruktion auch schon im Altlat., z. B. Plaut.
Amph. 559 tarnen quin loquar haec uti facta stmt hie, nunquam ullo modo
me potes deterrere; der Konjunktiv ist dabei der dubitative. Allmählich
aber wurde quin doch als Konjunktion gefühlt und zwar auch deshalb, weil
es nebst der interrogativen wie bemerkt relative Bedeutung hat. Bedenken
wir, dass Plautus, Terenz, Catull, Horaz ne ans Relativpronomen anhängen
und so Fragesatz mit Relativsatz vereinen (vgl. § 156), so wird uns re-
latives qui mit angehängtem verneinenden ne gar nicht absonderlich
erscheinen. So finden wir denn quin als relatives Adverb zu dem Gebrauch
gelangt, dass es die Untrennbarkeit des Hauptsatzes vom Inhalt des Neben-
satzes bezeichnet. Damit ist gleichzeitig gesagt, dass der Hauptsatz immer
negativ und quin immer vom Konjunktiv begleitet sein muss.
Die Konjunktion quin ist im Altlat. schon sehr häufig; bemerkenswert
ist hier die stets in negativem Gedanken mit ironischem Sinne gebrauchte
Formel mirum quin, z. B. PI. Trin. 495 mirum quin tu illo tecum divitia^
fcraSy du wirst doch den lieichtum nicht gar mitnehmen^ oder: das fehlte
noch, dass du etc. Dies mirum quin ist bei Terenz, der quin nicht mehr
so häufig braucht als Plautus, bereits verschwunden. Mit der klassischen
Zeit erweitert sich durch Analogiebildungen der Gebrauch von quin, so
sagt Cicero sogar p. Flacc. 27 quis ignorat quin tria Graecorum genera sint,
Handbuch der klai». AltcrtiuuswiaHonscbaft. II. 2. Aufl. 34
oSÖ S- Lateinische Orammatik. d) Lateinische Syntax
Caesar neuert b. G. 3, 23 non amctandum existimavH quin decertaref,
Vatin. bei Cic. Fam. 5, 10, 1 non desisfnm, quin illum aUquando cruam; in
ähnlicher Weise geht es bei den aug. Dichtern, bei Livius, bei Tac., ebenso
bei ihren Nachahmern, bei den Archaisten, wo überall neue Wendungen
nach Analogie bereits bestehender eingeführt werden. Allein mit dem
Sinken der Sprache wird quin immer seltener. Der hl. Hieronymus suchte
es zwar zu halten, aber auch er verwendet wie Ammian und die scr. b.
Aug. nach non dubifare die Konjunktion quod und beweist damit, dass
seine Zeit von quin nichts mehr wusste. So musste denn quin der Kon-
kurrenz mit der Universalkonjunktion qnod unterliegen.
Auffällig ist, wie schon in der Zeit Caesars (jedoch bestritten von Land-
graf Untersuchungen S. 90) im b. Alex. 7 ut alii morari Caesareni dicereni,
quin fiaves conscendere iuherct sich quin an einen affirmativen Satz an-
schliesst; dies haben später Sen. phil. u. Tac. sowie Apul. auch angenommen.
4. Ablativische Konjunktion.
Quo.
309. Quo ist der Abi. vom llelativum. Derselbe wird synonym mit
ut in Finalsätzen schon von Plaut, und Terenz gebraucht, dann von Sali,
u. Ovid und noch im Sp. L. bei Lucif. Cal., von wo aus es sich mit quod
ins französische que umsetzte. In negativen Sätzen hat man quo nicht
gerne gebraucht, offenbar weil die Form zu sehr an das Relativ erinnerte
und in Relativsätzen ne nicht üblich war. Das erste Beispiel ist vielleicht
Hör. sat. 2, 1, 36 (aber sehr bestritten), dann finden sich solche erst bei
Dictys und Boethius. Mit nachfolgendem Komparativ ist die Konstruktion
in allen Zeitaltern üblich.
Nach vorausgegangenem negativem Hauptsätze mit oder ohne eo
(wobei die Auslassung von co urban ist) wird das relative quo kausal
gebraucht (jedoch noch nicht bei Plaut., der in dem Falle quia verwendet,
Landgr. eloc. p. 42), zuerst bei Terenz, dann bei Cic. Sali. Bei Cic. und
Caes. sehen wir auch mit umgekehrtem Satzverhältnisse den Kompar. mit
quam quo verwendet; also Cic. Fam. 10, 3, 4 aniore magis impuhus quam
quo arbiträrer (= non quo arbiträrer, scd amore imjHihu^); vgl. § 254 a. E.
An quo kann sich minus anschliessen ; der relative Charakter zeigt
sich in Stellen wie Cic. Att. 2, 4, praeter quercum Dodonaeam nihil de-
sideramu.^, quo minus Epirum ipsam possidere videamur, und noch bei
Tac. ann. 1, 14 quo minus idem pro Druso postularetur, ea causa etc.;
dabei hat minus wie in si minus die Funktion eines urbanen non, und
es ist quo minus durchweg = „weshalb nicht". So gebraucht es Terenz
(Plautus kennt quo minus nicht), aber ganz selten und zum Teil noch durch
andere Wörter getrennt. Häufiger wird es seit der klassischen Zeit (aber
nach prohibere und impedire nicht bei Caes., selten bei Cic), am weitesten
wird der Gebrauch bei Liv. und Tac. ausgedehnt; auch Vell. u. Val. Max.
verwenden es. Die Analogie entfaltete in der Verbreitung dieser Kon-
struktion eine grosse Macht, so dass schliesslich nach non desum, quiesco
ein Satz mit quominus in der silbernen Latinitüt folgen konnte. In der
späteren Latinität wird quominus seltener; daraus, dass es bei Plaut, und
2. Der zna&mmengeBeizte Satz: d. Die Unterordnung. (§ 309.) 531
Vitruv gänzlich fehlt, kann man schliessen, dass es der Volkssprache nicht
eigen war. Mit dem Eindringen der letzteren in die Litterärsprache muss
daher quomintis zurücktreten; so findet es sich beispielsiveise bei Ammian
nur 26, 4, 6, gar nicht bei scr. h. Aug., Cyprian, Orosius und vielen
anderen. Bekanntlich ist es auch nicht in die romanischen Sprachen
übergegangen.
Ganz spärlich vertreten ist quo setius; ausser in einem Fragmente
des Afranius lesen wir es noch bei Cornif. und in der Erstlingsschrift Gic.
de inv., die noch stark von Cornif. beeinflusst ist. Cicero Hess es somit
sehr früh fallen, und nach ihm finden wir es gar nicht mehr.
Zu §253 vergl.: Wolpf, de usu coniunctionum apud luvenalem, Amsterdam 1888;
ZiMiiERifAivN, Gebrauch der Konjunktionen quod und quia im Siteren Latein, Posen 1880;
Reichenhakt, Die subordinierenden kausalen Konjunktionen bei Lucrez, Frankenthal 1881 ;
Günther, de coniunctionum causalium apud Quintilianum usu, Halle 1881; Frobeen, Quaest.
Plin., de modorum usu Pliniano, Königsberg 1888; Reuss, De coniunctionum causalium apud
Tacitum usu, Halle 1876; Trachmann, De coniunctionum causal. apud Suetonium usu, Halle
1880 (Reichemhart, Günther, Frobeen, Reuss und Trachmann gehören auch zu quia,
quoniam u. ä.). || Zu §205: Fuhrmann, De particularum comparativarum usu Plautino.
(ifeifswald 1809; Anton, Über die lat. Zeit{>artikeln antequam und priusquam, Erfurt
1871; Ihm, quaestiones s^^ntacticae de elocutione Tacitea, Giessen 1882 (im III. Teile
Über postquatn, priusqtiam etc.); Gerber, De coniunctionum temporis et de coniunctionum
concessivarum usu, GlUckstadt 1874; Hopfmann, Die Konstruktion der lat. Zeitpartikeln,
Wien 1873 (gehört auch zu quem, dum, ubi, ut etc.); Stock, De Vitruyii sermone : de
formis enuntiatorum temporalium, Berlin 1888; C. Rothk, Qu. gramm. ad usum Plauti
potissimum et Ter. spectantes, Berlin 1881 (über quam ut u. ä.); Klussmann, Tul-
liana, Gera 1877 (p. 10 über quam vis); Wölfflin, Gemination p. 450 über quam -
quam und Philol. 24 p. 115 ff. über tamquam; Hellwig, Zur Syntajc des Sallust, Ratze-
burg 1877 (behandelt alle Konjunktionen bei Sali.); Schubert, Zum Gebrauch der Tem-
poralkonj. bei Plautus; Lissa 1881 Progr.; Ott, Beiträge zur lat. Lexikographie, Rott-
weil 1809 (über quam diu). || Zu §200: Schbber, De particulae quando apud vetustis-
simos scr. lat. vi et usu; Strassburg 1888 Diss. || Zu §207: Elste, De dum particulae usu
Plautino, Halle 1882; Richardson, De dum particulae apud priscos scriptores latinos usu,
Leipzig 1880; Lalin, De dum donec quoad particularum usu apud Terentium, Norr-
kopiae 1888. || Zu §275: Lübbert, Die Syntax von quom und die Entwicklung der rela-
tiven Tempora im Latein, Breslau 1870 (neben Hoffmann*s Zeitpartikeln das bedeutendste
Werk in dieser Partie der Syntax); aus fiüherer Zeit stammt: Fabian, De constructione
part quum I. Teil Königsberg 1844; II. Teil Tilsit 1850; Zimmermann, Ist d. Part, quom
ursprünglich nur Zeitpartikel gewesen? Posen 1884. || Zu §291: Dahl, Die lateinische Par-
tikel ut, Kristiania 1882 (fürs alte und klass. Latein sehr wichtig, geht aber nicht Über
Tac. herunter); Schnoor, Zum Gebrauch von ut bei Plautus, Neumünster 1885; Gutjahb-
Probst, Beiträge III, Der Gebrauch von ut bei Terenz (vgl. oben p. 391); Anton, Studien
11. Teil (handelt nur von ut); Naoler, De partic. usu apud Senecam phil. pars II; Nord-
hauson 1880 (ut, velut u. ä.). || Zu § 294: Wölfflin, Quatenus im Archiv V p. 399 -414. ||
Zu §295 ff.: Priem, Die irrealen Bedingungssätze bei Cicero und Caesar, Philol. Suppl. V,
Heft 2. II Zu § 297 if. : Blase, De modorum tempommque in enuntiatis condicionalibus latinis
permutatione. Argentorati. 1885; id. Geschichte des Irrealis im Lateinischen, Erlangen, 1888;
RoTRHEiMER, De euuntiatis condicionalibus Plautinis, Göttingen 1870; C. F. W. Müller,
Über nisi und si non, Philol. 9, p. 599 ff.; Lilie, Konjunktivischer Bedingungssatz bei
indikativischem Hauptsatz im Lat., Berlin 1884 (über sive vgl. § 190); 0. Bruomann, Über
den Gebrauch des kondizionalen ni in der älteren Latinität, Leipzig 1887; Blase, Zur Syntax
der Bedingungssätze im Lat, Strassburg 1889. || Zu §308: Geist, Über den Gebrauch der
Konj. quin, Bayr. Gymnbl. 1870 p. 110 ff.; Kienitz, De quin particulae apud pHscos scrip-
tores usu, Karlsruhe 1878; Bender, Über quin Württemb. Corr. 1801 p. 258 ff., 1802 p. 78 ff.
ä4
Lateinische Stilistik.*)
Die lateinische Stilistik ist hervorgewachsen aus dem Bedürfnisse,
neben der Grammatik noch eine sicliere Anleitung zu einer gutlateinischen
Diktion zu besitzen. Daraus ergiebt sich, dass die Aufgabe der Stilistik
eine vorwiegend praktische ist: wie die Grammatik die richtige Flexions-
form und die echtlateinische Konstruktion der Satzteile und Sätze zu lehren
hat, so soll die Stilistik einen reinen, angemessenen, ja eleganten lateini-
schen Ausdruck an die Hand geben. Da nun aber der Lateinschreibende
vor allem den Massstab seiner eigenen Muttersprache bei der Diktion an-
legen wird, so hat man die Aufgabe der Stilistik bei uns zum Teil dahin
verengert, dass sie dem Deutschen zeigt, in welcher Weise die Darstellungs-
mittel der lat. Sprache denjenigen des deutschen Idioms entsprechen.
Gewiss ist gerade der letztgenannte Zweck vom Standpunkte der
Schule aus unverrückt festzuhalten, wenn der Unterricht in der lat. Sprache
wirklich geistbildend und verstandschärfend wirken soll; daher hat das
Nägelsbach 'sehe Buch bei uns so viel Gutes gestiftet, und derjenige ist
kein guter Lateinlehrer, welcher nicht im Nägelsbach sehen Sinne in seinen
Stilübungen und in der formalen Exegese verfährt. Aber unsere Aufgabe
ist eine andre: hier, wo die Stilistik historisch behandelt werden soll, han-
delt es sich nicht darum, eine praktische Anleitung zur richtigen und ge-
schmackvollen Wiedergabe der Darstellungsmittel der einen Sprache in
denen der andern aufzustellen, sondern vielmehr zu zeigen, welche Mittel
der Darstellung die lat. Sprache besitzt, wie sie dieselben verwendet, ferner
welche Eigentümlichkeiten sich in dieser Verwendung im Laufe der Ent-
wicklungsgeschichte ergeben haben, wie die einzelnen Autoren sich den
*) Die Bearbeitung der vorliegenden möglichsten Vervollkommnung dieser ebenso
Lateinischen Stilistik, welche zum ersten - ' anziehenden wie praktisch fiuchtbringenden
male versucht eine Historische Stilistik ' Behandlungsweise der lateinischen Stilistik
der lateinischen Sprache der bereits I liegt es nun, wenn recht viele Eiuzelunter-
eifrig kultivierten Historischen Syntax zur i suchungen gemacht werden, und dazu bieten
Seite zu stellen, hat den Beifall der sach- | Dissertationen und Programmbeilagen die
verständigen Beurteiler gefunden, und Herr ! beste Gelegenheit. Verfasser glaubt daher
Professor Iwan Müller spricht in der Ein-
leitung zur S. Auflage der Nägelsbach'schen
Stilistik geradezu aus, dass mit unserer
Stilistik „die Epoche der wissenschaft-
den Wunsch aussprechen zu sollen, dass
bei der nächsten Neubearbeitung dieses Gnind-
risses ihm zahlreiche Einzelarbeiten ermög-
lichen, die allgemeinen Umrisse der Darstel-
liehen Begründung der historischen 1 lung schärfer und präziser zu ziehen, als drr
Stiltheorie beginnt". Im Interesse der , derzeitige Stand der Forschung es gestattet.
1. Eigentümlichkeiten im Gebranoh der Bedeteile. (§ 1.) 533
Postulaten der Stilistik gegenüber verhalten und ob sie in all ihren Schriften
dem Sprachstoff die gleiche Behandlungsweise angedeihen lassen.
Wir werden daher im folgenden zunächst untersuchen, welche Be-
sonderheiten sich im Gebrauche der Redeteile von der ältesten Zeit an er-
geben. Dieser Abschnitt hat viele Berührungspunkte mit der Grammatik,
wie überhaupt eine strenge Scheidung beider Gebiete nirgends durchgeführt
und wohl auch kaum durchzuführen ist; aber immerhin gehört die hier zu
behandelnde Materie mehr in die Stilistik, ich brauche nur auf die Verbalia
auf for, io, <e,s, die Diminutiva, Verba compos. u. ä. zu verweisen, was in
einer Syntax wohl kaum Platz findet. Dann gehen wir über zu einer Be-
handlung der Wortstellung und des Satzbaues, welche beide Kapitel für die
Gestaltung der lat. Rede von grosser Wichtigkeit sind. Hierauf wird nach-
gewiesen, wie die einzelnen lat. Schriftsteller sich gegenüber den stilistischen
Postulaten der Reinheit und Angemessenheit der Sprache verhalten. . Zum
Schlüsse folgt eine Erörterung über Sparsamkeit, reichliche Anwendung
oder gar Verschwendung in Handhabung der sprachlichen Mittel, denn
dai-aus ergiebt sich einerseits Einfachheit und Kürze, anderseits Reichtum
und Mannigfaltigkeit, bisweilen sogar Abundanz in der Diktion.
Die meisten der oben S. «^90 ff. erwähnten Abhandlungen enthalten ganze Abschnitte
oder doch einzelne Bemerkungen, welche sich auf die Stilistik der jeweils behandelten
Autoren beziehen; ich hebe besonders die Bücher von Dbaeoer, Kübnast, Riemann, Lupus,
(jiÖLZER hervor. Ebenso sind manche der S. 897 aufgeführten Kommentaro wahre Fund-
gruben der Stilistik, z. B. Madvio de fin., Seyffert zum Laelius, Landgraf zur Rosciana,
C. F. W. Müller zu Cic. off. u. a. An modernen Bearbeitungen der Stilistik verdienen
Beachtung:
1. C. Fr. von Näoelsbach*s latein. Stilistik für Deutsche; VIII. Aufl. von Dr. Iwan Müller;
Nürnberg 1889. (Dieses Werk ist durch die Neubearbeitung von der sachkundigen
Hand Iwan Müllers nunmehr eine zuverlässige Anleitung geworden, dem besten
deutschen Ausdruck den mustergiltigen lateinischen gegenüberzustellen. Die neueste
Auflage zeichnet sich abgesehen von der Umarbeitung der Einleitung und den neu
eingefügten zahlreichen Litteraturnach weisen dadurch vorteilhaft aus, dass der Deut-
sche neben dem klassisch lateinischen Ausdruck auch die Gebrauchsweise der früheren
oder späteren Zeit verzeichnet findet und so die Eleganz der klassischen Sprache durch
eigene Anschauung und Vergleichung erkennen kann.)
2. H. Klotz, Handbuch der lat. Stilistik, Leipzig 1874.
3. F. Hand, Lehrbuch des lat. Stils, III. Aufl. von Dr. H. L. Sghmitt, Jena 1880 (hier sowie
bei Klotz und Näoelsbach ist die stilistische Litteratur früherer Zeit einzusehen).
4. Heimchen, Lehrbuch der Theorie des lat. Stils, II. Aufl. Leipzig 1848.
5. Grysar. Theorie des lat. Stils nebst einem lat. Antibarbarus, II. Aufl. Köln 1843.
6. G. Wickert, Die lateinische Stillehre; Königsberg 1856.
7. Haacke, Lat. Stilistik für ob. Gymnasialklassen, III. Aufl. Berlin 1884.
8. BouTERWEK, Adversaria latina, Berlin 1876.
9. Hense, Lat. Stilistik für ob. Gymnasialklassen; Parchim 1881.
10. Schulze, Admmenta latinitatis, Grundzüge des lateinischen Stils; Tieipzig 1883.
11. Berger, Lat. Stilistik für ob. Gymnasialklassen, VIII. Aufl. von E. Ludwig, Coburg
und Leipzig 188G.
12. Drenckhahn, Lat. Stilistik für die obem Gymnasialklassen, Berlin, Weidmann 1887.
13. Drenckhahn, Leitfaden zur lat. Stilistik, Berlin, Weidmann 1884.
14. B. Schmidt, Kurzgefasste lat. Stilistik. II. Aufl. Leipzig 1884.
15. Heynacher, Lehrplan der lat. Stilistik, Paderborn und Münster 1885.
1. Eigentümlichkeit im Gebrauch der Redeteile.
Substantlva.
1. Eine genaue Betrachtung des Wortschatzes der lateinischen Sprache
und eine Vergleichung des Vorkommens der Begriflfswörter lässt einen auf-
534 B. Lateinische Orammatik. e) Lateinische Stilistik.
fallenden Mangel an Substantiven erkennen, der in der alten und der klas-
sischen Sprache besonders zutage tritt. Diesem Mangel wurde abgeholfen
durch Umschreibungen der mannigfachsten Art, wobei die zahlreich vor-
handenen Verba die besten Dienst« leisteten. Allmählich aber erweiterte
sich der Bestand an Substantiven und schliesslich tritt das Gegenteil des
ursprünglichen Zustandes ein, dass nämlich die Subst. und besonders die
Abst. geradezu überwiegen und andere Wörter z. B. Adverb, verdrangen
(vgl. Syntax § 93).
*i. Im Gebrauche der Subst. ist folgendes Bemerkenswerte hervor-
getreten :
a. In der Sprache des Volkes waren die Subst. abstr. gerade nicht
unbeliebt, wie ein Blick auf den Wortschatz des Plautus zeigt; aber immerhin
ist erst mit Cicero und zwar infolge seiner philosophischen Studien eine
Bereicherung eingetreten. Das silberne Latein that manches hinzu, und so
erweiterte sich z. B. die Zahl der Verbalia auf io von Cicero bis Hadrian
von 859 auf 1447. Bei den christl. Schriftstellern steigert sich das Be-
düifnis nach Abstr. (Tertull. August. Hieron.), und manche gehören aus-
schliesslich dieser Zeit an.
Plautus bevorzugt die Verb, auf io besonders in halb verwunderten,
halb unwilligen Fragen z. B. quid tibi Juinc tactio est? Doch zeigt sich
schon hier der bei Cic. und in der Folgezeit ausgebildete Brauch, wonach
dieselben als Verbalia aktive, passive und mediale Bedeutung und zwar
für die Gegenwart wie für die Vergangenheit aufweisen können. Ferner
bezeichnen sie die Art und die Möglichkeit etwas zu thun, letzteres
namentlich in Verbindung mit esse und habere; seltener drücken sie das
Resultat einer Handlung aus, z. B. inventio = inventum; wenn auch Cic.
in epp. und sonst vereinzeint dies zulässt, z. B. Fam. 9, 18, 4 aesfi-
mationes = „taxierte Grundstücke**, so gehört dieser Gebrauch doch vor-
zugsweise der Geschäfts- und Kanzleisprache, sowie der sinkenden Lati-
nität an.
Bei den Verbal, auf sus und tus verwischt« sich schon in klass. Zeit
der Unterschied, der dieselben ursprünglich von denen auf Io trennte (vgl.
motus u. motio), und beide Arten ergänzten sich gegenseitig, wie z. B. con-
cursio)ics den Plural zu cmicurstis hergiebt und überhaupt der Plur. der
Verbal, auf us namentlich im Dat. u. Abi. durch die Verbal, auf io ei-setzt
wird. In der nachaug. Zeit steigert sich die Liebhaberei für Verbal, auf
us^ so bei allen Autoren des silbernen Latein und dann ganz besonders bei
Apuleius, Tertullian, Amra. und Sulp. Sev.; auch schwindet die Abneigung
gegen Dat. und Abi. Plur., so dass z. B. bei Sulp. Sev. Formen wie coetibus,
plausibus u. ä. häufig sind. Doch nehmen nicht alle Autoren des Sp. L.
hieran teil, wie z. B. die scr. bist. Aug. und ebenso viele eccl. verhältnis-
mässig wenig Beispiele bieten.
Die Neigung zur Abstraktion in den Zeiten des Verfalls zeigt sich
noch in der Zunahme der Subst. auf ta^, ferner in Wiederaufnahme der
nur im Aitlat. üblichen Endung ela und der von den Klassikern vernach-
lässigten, aber bereits von den archaisierenden Schriftstellern der cic. und
der folgenden Zeit gerne aufgegriffenen Bildung mit tudo^ z. B. clariiudo.
1. Eigentümlichkeiten im Oebranch der Bedeteile. (§ 2.) 535
b. Subst. abstr. im Plur. finden sich schon im Altlat, besonders bei
Plaut, in verhältnismässig grosser Zahl; in klass. Zeit erweitert sich die-
selbe wesentlich durch Gic, weniger durch Gaes. und Sali., bei denen der
Gebrauch sehr selten ist; noch mehr aber als Cicero haben die Dichter,
die poetisierenden Prosaiker seit Liv. und die Archaisten geneuert, und
man kann sagen, dass der Gebrauch der Abstr. im Plur. in jeder Epoche
der lat. Sprache zugenommen hat. Nirgends jedoch trifft man diese Plural-
bildungen so häufig und in so auffallenden Beispielen, als in der Vulg. und
bei den eccl., z. B. mstitiae Gesetze, veritates Wahrheiten u. ä. Ohne
Zweifel hat mancher Plural seine Entstehung der Ausgleichung zu danken
z. B. Sali. Cat. 15 neque viffiliis neque quietibm (vgl. meine Anm.) und
Plaut Pseud. 62 nosti amores^ mores, constietudincs. Die Gründe für Setzung
des Plur. der Abstr. sind bekannt; in der Sprache der Dichter hat der
Plur. auch steigernde Bedeutung, wie z. B. Yerg. Aen. 2, 22 regtia = „das
grosse, mächtige Keich^ bedeutet.
c. Schon die alte Sprache hat Abstr. in konkretem Sinne ver-
wendet, wie z. B. Plaut, u. Ter. scclus und Senium zur Bezeichnung von
Menschen gebrauchen, ebenso die klassische Sprache. Kühner sind jedoch
Livius, Gurt. u. Tac. Es scheint, dass die Sprache der Jäger, Landleute,
Soldaten, Advokaten hier manches Eigentümliche hatte, was allmählich
sich Eingang in die Schriftsprache zu verschaflfen wusste, z. B. furtum ^:=
„gestohlener Gegenstand** sog. bei Gic, armatura besonders zahlreich bei
Gaes. Fortsetzern u. ä.
d. Subst. abstr. als Subj. oder Obj., wo wir ein Personalsubstantiv
oder mindestens ein Konkretum erwarten, finden sich namentlich, wenn die
Bezeichnung der Person im Gen. oder durch ein Pron. poss. angefügt ist.
Selten noch im Altlat., z. B. Plaut. Bacch. 5, 2, 57 mea jnetas, wird dieser
Gebrauch von Gic. in eleganter Weise ausgebildet, z. B. Q. fr. 1, 1, 12
videtur potuisse tua liheralitas decipL Schon Liv. lässt ihn in kühneren
Wendungen zu, mehr noch Vell. Val. Max. Tac. u. Plin. min., und so ent-
wickelt sich hieraus die offizielle Titulatur, z. B. vestra serer^itas etc. Vgl.
Schöner, in act. sem. Erlang. II p. 490 ff. Hierin leistete das konstan-
tinische Zeitalter das Mögliche; ja die christl. Kirche eroberte sich nun-
mehr eine Titulatur, und sanctitas tua ist seit Ende IV. saec. stehende An-
rede der Bischöfe. Auch in unsern Kurialstil und Konversationston ist
dieser Brauch übergegangen, wie wir ja von /SV. Majestät, meiner Wenig-
keit u. ä, sprechen.
AnmerkuDg. Im übrigen meidet die lat. Sprache die Setzung eines Abstr. im
8ubj., wenn das Verb, eine Handlung bezeichnet, die nur von einem konkreten Wesen
ausgeführt werden kann, z. B. Rom führte Krieg Romani bellum gesserunt. Aber auch
schon bei Cic. (um wie viel mehr bei Spät.!) tritt ein Abstr. als Subj. auf, z. B. wenn es
motivierende Kraft hat oder wenn es eme besondere Vorstellung involviert, wie z. B. in
(rraecia haec semper summa dtixit das Wort Graecia das eigentümliche nationale Wesen
zum Ausdruck bringen soll.
e. Die Pluralia tan tum bezeichnen BegrifiFe, welche den Eindruck
einer Zusammensetzung oder Vielseitigkeit machen, z. B. scalae, fides^ di~
vitiue u. ä. Die Sprache hatte jedoch nicht immer dieselbe Anschauung
bezüglich der Einfachheit oder Mannigfaltigkeit; daher kommt es, dass
Subst. in einer Periode als Plur. tantum erscheinen, in einer andern nicht.
536 B. Lateinische Grammatik« e) Lateinische Stilistik.
So wird facetia bei Plaut, und wieder bei Gellius im Sing, gebraucht, die
Zwischenzeit kennt nur facctiae; klassisch ist cervices, inimicitiae, divUiae
u. ä., während Dichter, vor- und nachklassische Autoren auch den Sing,
zulassen.
Anmerkung. Auffällig ist der Plural liberi von einem Kinde, sowie patentes
von einer Mutter, weniger jedoch pontes (= die Joche einer Brücke) neben pons von
einer Brücke. Vgl. darüber meine Abhandlung in Z. f. G. W. 1881 S. 121, Ott, Progr.
Rottweil 1869 und Nipp, zu Tac. ann. 2, 8.
f. Die Verbal auf tor kommen schon im Altlat. und in der klass.
Sprache ziemlich zahlreich vor; in der silb. Latinität erweitert sich die
Fähigkeit solche Verbal, zu bilden sehr und wird mit dem Sinken der
Sprache fast unbeschränkt. Während nun Cic. u. Caes. mit denselben den
Begriff einer dauernden Eigenschaft oder eines unterscheidenden Charak-
ters verbinden, verblasst diese Bedeutung seit Liv. immer mehr; der letz-
tere sagt schon corruptores exercitus vollständig im Sinne von ü qui exer-
citum corriq)erunt, und nach ihm bezeichnen die Verbal, auf tor allgemein
eine vorübergehende Handlung oder einen solchen Zustand der gemeinten
Person.
Vgl. Gramer, Über die Verbalsubst. auf tor und triv bei Cic, Cöthen 1848; Schaffbr,
Über den Gebrauch der Derivaten auf tor und trix, Prenzlau 1859, 1860; Dziaüek, De
subst. vcrb. in io eius desinentibus, Trzomessno 1847; J. Schmidt, commentatio de Dominum
verbalium in tor et tn'x desinentium apud Tertullianum copia ac vi, Erlangen 1878; Fr.
LiESEMBERO. Die Sprache des Animian. Marc. I der Wortschatz, Blankenburg 1888; Kin*
DI8CHER, Die Verbalsubstantiva auf tor und trix bei Cicero, Z. f. G. W. 1860; Adolf M.
A. Schmidt, Beiträge zur livianischen Lexikographie, Baden in Österreich, 1888.
Adjektiva.
3. Adjektiva können substantiviert, d. h. wie Substantiva ge-
braucht werden. Die Substantivierung des lat. Adjektivs vollzieht sich auf
doppeltem Wege, entweder durch unbewusstes Einordnen eines persönlichen
oder sächlichen Begriffes unter einen obersten Allgemeinbegriif oder durch
fühlbare Ellipse eines ebenfalls generellen, aber enger begrenzten Begriffes
von weit überwiegend konkreter Natur. Der erste Fall gilt für consularis,
afßniSy amictiSy boniis u. ä.; hier k'Snnen, im Masc. u. Fem. wenigstens, nur
solche Adj. substantiviert werden, die persönliche innere oder äussere Eigen-
schaften, z. B. des Standes, Berufes, Charakters ausdrücken. Begünstigt
wurde die Substantivierung auch durch die Wortstellung, z. B, fera bestia,
wo besiia wegen des vorausgehenden fera leicht entbehrlich wurde. Durch
das Neutrum werden allgemein sächliche, zumeist abstrakte Verhältnisse,
z. B. honcsfum, nisfion, immensum, und im Plural Dinge, die ihrem Wesen
nach eine Eigenschaft besonders hervortreten lassen, z. B. digna, nera, summa
bezeichnet. Die Substantivierung dieser Adjektiva ist durch den inneren
Grund der Bedeutung, bei abgeleiteten Adj. auch durch das Suffix und
schliesslich durch die Geschlechtsendung begünstigt.
Im allgemeinen kann man wohl sagen, dass diese Substantivierung
in der vorklassischen und klassischen Zeit noch ziemlich enge Grenzen hat;
dieselben erweitern sich bereits bei Sali., bei den aug. Dichtern, dann
hauptsächlich bei Liv. u. Tac, noch mehr im Sp. L., wo Beispiele aller
Art in allen Kasus sich finden.
Bedingt ist ferner die Häufigkeit der Erscheinung von Geschlecht
1. Eigentümlichkeiten im Oebranch der Redeteile. (§ 3—4.) 537
und Deklination, Numerus und Kasus. Darnach ergiebt sich: Die
Substantivierung tri£ft mehr die Adj. der II. als der III. Dekl., im Plural
mehr im konkreten, im Sing, mehr im abstrakten Sinne; dabei zeigt sich
öfter der Gen. sing, als der Dat. oder Abi. Bei Präpositionalausdrücken,
4ie mittels des Neutr. sing, gebildet werden, finden wir besonders Adj. der
IL Dekl. substantiviert, z. B. ad extrennim, de publica u. ä.; die der III.
waren wohl nur in der Volkssprache üblich, z. B. in proclivi, in j)raesenti,
haben sich aber auch allmählich in die Schriftsprache eingedrängt; die
komparativen Ausdrücke wie in malus, in mollius u. ä. treten, vielleicht
begünstigt durch die Nachahmung des Thucyd., seit Sali, und Liv. auf,
werden aber namentlich von Tac. und seinen späten Nachahmern, z. B.
Ammian bevorzugt; überhaupt mehren sich solche präpositionale Wendungen,
wie in quantum, de cetera u. ä. seit Livius im N. Kl. und Sp. L. Die
plural. Neutra bewegen sich in der klassischen Sprache am liebsten in den
als neutral erkennbaren Kasus, z. B. amnia, aber amnium verum; mit Sali,
und Liv. wird dies anders; bei ihnen wie auch bei Tac. und Spätem er-
scheint das Neutr. gleichmässig in allen Kasus.
Die Verbindung eines partitiven Genetivs mit dem Neutr. plur.
lassen Cic. u. Caes. selten, Nepos gar nicht zu; ziemlich umfänglich machj;
Sali, davon Gebrauch, mehr noch die aug. Dichter nach dem Vorgang des
Lucrez und dann Liv. u. Tac, z. B. Cic. Fam. 1, 9, 15 summa j^^ctaris,
Liv. 5, 29 per aversa urhis. Bei den Dichtern und Liv. Curt. Tac. ver-
wischt sich oft die partitive Bedeutung des Gen., z. B. sub cansiratis pan~
tium. Das Neutr. sing, ist mit partit. Gen. bei Cic. nur aus den Erst-
lingsreden nachgewiesen, auffällig wird die Konstruktion bei Sali., z. B.
Jug. 21, 2 ubi plerumquc noctis processit^ und pflanzt sich in dieser
Weise bei Liv. Plin. mai. Tac. fort; doch verliert der Gen. auch hier vielfach
seine partit. Natur; vgl. darüber Syntax § 70, Anm. 2. Schliesslich sei er-
wähnt, dass zu einem subst. Adj. ein attribut. Adj. hinzutreten kann,
selten bei Cic. (Madvig fin. S. 234), um so häufiger bei Dichtern, z. B.
Verg. G. 1, 393 aperta scretia, Juv. 7, 30 dives avarus. In Verbindungen
wie quidam docti, nemo sapiens u. ä. bildet das Pron. das subst. Element;
dies gilt für alle Pron. numer. ausser önmi> im Sing, und ullus und nullus
im Nom. und Acc. sing.
4. Die Participia lassen sich in ähnlicher Weise wie die Adj. sub-
stantivieren; auch hier machen sich die gleichen Faktoren wie Genus
und Deklination, Kasus und Numerus geltend. Während schon Ter. das
Part, praes. im Nom. sing, substantivierte, haben die Klassiker und wie
es scheint auch Liv. diesen Gebrauch vermieden; im Zeitalter Neros erst
schreibt Sen. de ira 1, 4, 1 quo distet t intens a timido und Lucan 6, 293
Äetnaeis habitans in vallibus. Die andern Kasus werden im Sing. u. Plur.
allenthalben unbedenklich substantiviert, jedoch so, dass seit Liv. sich eine
Zunahme der Konstruktion wahrnehmen lässt.
Das Part. perf. pass. (oder depon.) kommt in der klass. Zeit im
Masc. sing, kaum substantiviert vor, höchstens mortuus Cic. Mil. 27, 75
kann hieher gerechnet werden. Auch Liv. ist noch sehr behutsam und
erlaubt sich den Gebrauch nur da, wo ein wirkliches Substantiv in der Nähe
588 B. Lateinische Orammatik. e) Lateinisclie StilisiÜL
steht, dem sich das Partiz. angleicht, z. B. 40, 10, 1 disceme itmditUorem
et Petitum insidiis. Nach Liv. jedoch gestatten sich die Autoren wie Sen.,
auch Quint. Tac. Suet. alle Freiheit, und Beispiele wie Suet. Jul. 82 corpus
occisi in Tibet im trahere gehören nicht mehr zu den Seltenheiten. Ähnlich
verhält es sich mit dem Plural; Cicero lässt ihn zwar zu, namentlich um
eine Klasse von Menschen zu bezeichnen, ist aber sonst dieser Art von
Substantivierung wenig geneigt. Anders wird es schon mit Livius; sagte
Cicero off. 2, 66 eorum, qui defetisi sunt^ gratia und nicht dcfcnsorum graiia
oder 2, 81 eos quos ipse restituemt für a se restUtUos, so lesen wir bei
Livius 26, 16, 13 quam nihil in Hannihale ad receptos in fidem tuendos
esset u. ä. öfter. Verhältnismässig sparsam ist Tac. in diesen Sub-
stantivierungen, weniger die spätere Historiographie, wo sie fast unein-
geschränkt werden.
Häufig wird das Neutr. sing, substantivisch gesetzt, namentlich in
präpositionalen Wendungen; auch hierin zeigt Liv. wieder eine besondere
Liebhaberei; ihm hauptsächlich ist eigen das Part, in Stellvertretung eines
ganzen Satzes, z. B. degcneratum in aliis kuie quoque decori offecit und
Wendungen wie praeter crebrius eo anno lapidatum; wenn auch von beidem
ßich Anfänge schon bei Cicero und den aug. Dichtern, sowie Nachklänge
im silb. Latein finden, z. B. Cic. off. 1, 10, 33 nihil habeo praeter auditum
und ante exsjyectatum bei Verg. u. Sen., so tritt dieser Gebrauch bei Liv.
besonders häufig und signifikant auf (vgl. Lübbert, Lektionskatal. Giessen
1871 p, 20). Das Neutr. plur., vorzüglich in Ausdrücken wie dic/a, facta,
acta etc., ist allgemein üblich, doch gesta für res gestae finden wir nur bei
Nepos und dann im Sp. L. (vgl. Wölfflin, Rh. Mus. 1882 p. 89).
Die Substantivierung des Part. fut. lässt sich nicht vor dem silb.
Latein nachweisen, wo Vell. Pat. u. Quint. kühne Beispiele liefern (Quint.
11, 3, 157 mire cnim auditurum dicturi cura delectat); ähnlich ergeht
es dem Gerundiv; dies findet sich substantiviert seit Hör. bei Liv. Vell.
Sen. Plin. min. Beide Substantivierungen sind häufig im Sp. L., vgl.
LÖNNEROREN p. 5.
5. Anders verhält es sich mit der zweiten Art der Substantivierung.
Hier ist der Hergang äusserlich, indem ein allgemeiner Substantivbegriff,
der sich zum Adjektivbegriff verhält, wie das Genus zur Species, weg-
gelassen ist. Hauptsächlich sind es Concreta, Dinge aus dem Alltagsleben
des Menschen, aus Kunst und Gewerbe etc. bezeichnend, welche weggelassen
werden. Hervorgegangen ist diese Substantivierung aus dem Bedürfnis
nach kurzen handwerksmässigen Wörtern. Zumeist ist es sehr leicht, die
Ellipse festzustellen, z. B. vasa bei Corinthia, fabula bei praetewtu, f'ebris
bei tertiana u. ä. Man wird wohl nicht mit Unrecht hieher Wörter wie
aerarium, apinrium, granarium u. s. w. rechnen, wenn auch die Adjektiva
nicht mehr erhalten sind; denn das ursprüngliche Adj. kann mit der Zeit
untergegangen sein, so dass nur das Substantiv im Neutrum geblieben ist.
Unter allen Umständen ist aber notwendig, dass das zu ergänzende Sub-
stantiv ein konkreter, in Unterabteilungen zerlegbarer Begriff sei. Nicht
hieher, sondern zur ersten Art gehören jedoch die Neutr. plur. wie avia,
ardua, summa, abrupta u. ä.
1. Eigentflmliohkeiien im Oebranch der Bedeteile. (§ 5 - 8.) 539
Nach dem Gesagten wird man die Substantivierung der zweitigenannten
Art im publizistischen Stile, z. B. diunia sc. acta, laurea sc. Corona, Latinae
sc. feriae, agraria sc. lex u. ä., dann in der Sprache der Landleute, der
Handwerker, der Künstler, der Seeleute u. s. w. finden; damit ist zugleich
auch nahegelegt, welche Schriftsteller sie vorzugsweise verwenden, d. h.
Varro, Vitr. Plin. mai. Colum. Fall., auch Cic. wie fast alle Schriftsteller
in vereinzelten Beispielen.
0. Ein Adjektiv an Stelle eines Adverbs erscheint schon im Altlat.,
um die Eigenschaft der Handlung zur Eigenschaft des Subjekts oder Ob-
jekts zu machen, z. B. Plaut. Gas. 5, 1, 14 lihens et solem fecero; ebenso
auch bei Ter. Der Grund ist nach Holtze H, S. 202, weil adiecHvo actio
multo mvidius expfimitur. In der klassischen und vorklassischen Zeit stehen
so vorzugsweise Adjektiva des Affekts, z. B. Sali. Cat. 60, 3 Uli haud ti-
midi resistunt, bei Cic. besonders in epp. Allein die Dichter legten sich
diese Beschränkung nicht auf, sie gebrauchten der Analogie folgend auch
andere Adj., namentlich solche, welche eine Zeit bezeichnen (was Cicero
abgesehen von frequens, repentinus und assidutis nur in epp. ad Att. zu-
lässt, z. B. 12, 1, 2 noctuabtindus ad mc venit cum epistula tun tabellarius)
z. B. Hör. od. 1, 2, 45 serus in caelum redeas, und von hier aus ging dec
Gebrauch auch in die Sprache der Prosaisten des Kaiserreiches über, wo
er mit dem Sinken der Sprache immer weitere Dimensionen annahm, wie
namentlich Serv. Sulp, zeigt. Besonders auffallig ist, was sich Livius nach
dem Vorgang des Vergil gestattet, nämlich beim Partizip ein Adjektiv an
Stelle des Adv. zu setzen, z. B. 24, 46, 5 lentior aequaliorquc accido^
am ihm, wie Verg. G. 1, 163 tarda volventia. Manchmal gebraucht ein
und derselbe Schriftsteller Adj. und Adv. nebeneinander, wie z. B. Sali.
Cat. 26, 5 invidiae pros2)cre cessere und omnia aspera foedaque evc-
nerant sagt.
Anmerkung. Der Umgangssprache ist eigen nuüus an Stelle von non. So lesen
wir schon bei Plaut. t8 nuUus venit, ähnlich schreibt Ter. memini tametsi nuUus moneas.
Bei Cicero sind Beispiele nur in den Briefen und Erstlingsschriften zu finden, z. B. p. Rose.
Am. 128 haec bona in tabulas publicas nulla redierunt; auch Liv. nimmt in emzelnen
Fällen teil an der Konstruktion, z. B. 24, 36, 8 postquam ea {occasio) nulla contigerat;
im übrigen ist die Redeweise von der strengen Prosa verschmäht worden (Haupt, obs.
crit. 1841 p. 5). - Auf Nachahmung der Griechen beruht der Gebrauch von prädikativem
inultus bei Sali, und Tac. z. B. Sali. Jug. 84, 1 midtus instare.
7. Die Partie, perf. pass. bezeichnen oft in Vertretung der Part,
praes. einen dauernden Zustand und erhalten so die Bedeutung des Gerun-
divs oder eines Adj. auf ilis. Namentlich ist dies der Fall bei den mit
negativem in zusammengesetzten wie invictus, implacatus, aber auch bei
andern wie co7iteniptus, ahiectus^ optatus u. ä. Die Zahl der so gebrauchten
mit in zusammengesetzten Part, ist schon beträchtlich in der klass. Sprache,
steigert sich aber noch bei Dichtern und Spätem, wo z. B. inaccessus nach
dem Vorgange Vergils bei Plin. mai. Tac. u. ä., ificoncussus bei Sen. phil.,
illaudatus u. ä. vorkommen.
8. Der poetischen und nachklassischen Sprache eigen ist die aus der
Volkssprache (Cornif. 4, 45 pauco sermone, Vitruv 1, 1, 6 pauca manu,
b. Afr. 67 pauco trifici numero) entnommene Verbindung des Sing, der Adj.
multus, paucus, plurinms, omnis, singulus mit Subst. im Sinne einer Mehr-
540 B. Lateinische Orammatik. e) Lateinische Stilistik.
heit. Aus der klassischen Sprache sind nur stereotype, gleichfalls der
Volkssprache entstammende Wendungen wie plurinmm salutcm, ad multam
nocteni, plurima excrcitafio, z. B. Cic. Fin. 3, 50 mrtus plurimae exerdioHih
nis indigct bekannt; dagegen Beispiele wie plurima mortis imago, singuh
numeroj incola rartis u. ä. finden sich nur bei Dichtem und Archaisten.
\\ Die lateinische Sprache ist reich an Adverbien, welche geeignet
sind, zur Steigerung der Adjektiva zu dienen. Doch waren dieselben
nicht alle gleichzeitig und gleichmässig im Gebrauch. Da solche Wörter
sich sehr leicht abnutzen und ein Wort, das jetzt noch einen hohen Grad
anzuzeigen geeignet ist, bald diese Kraft verliert und durch ein anderes
ersetzt wird, so lösen auch die steigernden Adv. vielfach einander ab.
Manche derselben hatten einen so plebeischen oder doch vulgären Charakter,
dass sie nur sporadisch in die Litterärsprache Aufnahme fanden.
Anmerkung 1. Während multum bei Plaut vielfach gebraucht wird, verscbinäbt
es der feinere Ter., Horaz hat es Überwiegend in den Satiren und Ep.. sonst findet es sieb
bei archais. und vulgären Autoren. Valde wurde von Cic. in die lat. Prosa eingeführt,
er hat es namentlich in den epp. oft verwendet, nach ihm scheint es abgestorben, es lassen
sich abgesehen von dem späten llermae past. nur vereinzelte Belege aus Vitr. Peiron Ph'n.
mai. Quint. beibringen. Offenbarer Ersatz für das fehlende valde wird im archaischen
Latein durch sane geboten; dies findet sich indes auch bei Cic, besonders häufig in ad
Att. Das bei Comif. noch sehr beliebte vehementer tritt mit Cic. zurück, dieser wie
Caes. und Sali, setzen es eher zum Verb, während vulgäre Autoren das derbe vehementer,
z. B. Vitruv 9, 1, 16 r. frigidus, gerne beibehielten. Ganz spät erst scheint for titer
aufgekommen zu sein, indes das dem französ. hien entsprechend hene schon bei Plaut,
und Ter., wenn auch vereinzelt, häufiger bei Enn. und Cato, oft bei Cic. namentlich in epp.
vorkommt. Dieser Gebrauch gehört der Konversationssprache an. Male synonym dem
in privativum bevorzugten die Dichter, namentlich wenn die Adj. eine Zusammensetzung
mit in nicht ertrugen, z. B. Ovid. fast. 3, 102 male fortis. Im archaischen Latein spielt
eine grosse Rolle oppido, welches selten noch von Plaut., öfter von Ter. Catull. b. Afr.
Vitr., vereinzelt von Cic, häufiger von Liv. und Apul., ja noch bei Apoll. Sidon gebraucht
wird ; Quiutilian bezeichnet das Wort bereits als veraltet, und in den romanischen Sprachen
hat es sich nicht erhalten. Admodum , völlig" ist häufig auch in der klass. Sprache,
welche adfatim noch gar nicht kennt; dies ist vielleicht bei Publ. Syr. zuerst aufgetreten,
dann vereinzelt nach Liv.; ahundc findet sich auch nicht bei Caes. und in Cic. oratt..
oft aber bei Sali. Voll., auch bei Liv. und im silb. Latein, nimiuvi neben nimio scheint
ausser sane Ersatz für valde im Altlat. gewesen zu sein, klassisch kommt es nicht vor,
spätlat. kehrte nimium wieder z. B. bei scr. h. Aug., dafür sagte man auch nimie und das
klass. nimis. Auf die alte Zeit und die Archaisten sind beschränkt impense und im-
pendio, während satis, das oft einem valde nahe kommt, sich auch bei Cic, besonders
in epp., bei Caes. Sali, erhalten hat und zwar zumeist mit Adj. guter Bedeutung. Bezüglich
der Komposita mit per und prae sei bemerkt, dass die ersteren sich zwar schon zahlreich
bei Plaut, finden, aber ihre Blüte in Cic. epp. haben, während die mit prae bei den Tra-
gikern zuerst auftreten, aber nicht vor dem silb. Latein (Plin. mai.) zur vollen Entwicklung
gelangen.
Anmerkung 2. Die Verbindung von Qualitütsadverbien, welche nicht der Steigerung
dienen, mit Adj. findet sich selten in klass. Zeit, um so häufiger im N. Kl. und im Sp. L.,
z. B. Cic. Tusc. r>, 6 impie ingratus, Liv. 7, 5, 6 und Tac ann. 1, 8 Molide ferox^ Ammian
15, 3 abiectc ignavns.
10. Eine Umschreibung des Komp. u. Superlat. wird von den
besten Prosaikern sehr selten und nur bei zwingendem Grunde angewendet,
während weniger gute Stilisten und die Dichter unter dem Zwange des
Metrums beide Bildungen neben einander gebrauchen. Zunächst finden wir
das im Französischen herrschend gewordene 2)lus zwar schon Ennius Fab.
371 M. plus miscr, dann aber nicht wieder vor dem Sp. L., wo wir es
häufig treffen, ganz besonders im gallischen Latein, z. B. bei Apoll. Sidon.,
weniger oft im afrikanischen; die Beispiele, welche Wölfflin und Sittl
1. Eigentümlichkeiten im Oebrauch der Bedeteile. (§ 9—13.) 541
zusammengestellt, sind vermehrt durch Rönsch, Sem. Beitr. II p. 77; das
in andern romanischen Sprachen erhaltene niagis dagegen wurde frühe
verwendet, wo entweder Begriff oder Form der Adj. eine Steigerung nicht
zuliess. Manche Partizipien, die später als Adj. gelten und unbedenklich
kompariert werden, wurden im Altlat. umschrieben, z. B. Plaut. Amph. 132
maxume cupiens; die klassische Sprache scheute sechs- und mehrsilbige
Wortformen, daher wird wohl auch Sali. Cat. 36, 4 maxume miserabilc
geschrieben haben. Im übrigen weisen die Umschreibungen auf den Verfall
der Sprache hin, während umgekehrt Formen wie piissimus u. ä. eine sehr
nachlässige und vulgäre Diktion verraten.
11. Der Superlativ wird im archaischen Latein mit multo gesteigert,
Cicero hat zuerst dafür longo gesetzt und diese Steigerungsform (mit Aus-
nahme des allitterierenden multo maximus) konsequent beibehalten; auch
Caes. nahm sie an, ebenso Livius; allein Hör. Quint. Tac. u. besonders die
Archaisten griffen wieder nach dem alten multo, welches sich auch als vul-
gärem Brauche entsprechend in den romanischen Sprachen erhalten hat,
während longe spurlos verschwunden ist. Beim Kompar. wird longe zuerst
von Catull 64, 215 lofige iiicundior gewagt, dann von Sali. Hirtius, Verg. Pro-
perz Liv. Yell. Sen. und überhaupt von der silbernen Latinität aufgenommen,
freilich zunächst nur bei irregulären oder eines Positivs entbehrenden Kom-
parativen. Vel beim Superl. u. Kompar. ist nicht vor Cic. zu treffen, facile
mit normalen Superlat. ebenso. Ausserdem dienen zur Steigerung seit
Plaut, omnium und unus omnium^ auch unus allein, bei sächlichen Be-
griffen omnium verum, aber nur im archaischen und archaistischen Latein.
Für die Entwertung der Steigerungsformen ist lehrreich, dass quam
plurimi im Spätlat. kaum mehr als muUi bedeutet.
Anmerkung. Quam zur Verstärkung des Superlativs findet sich zu allen Zeiten.
Aber quam mit Positiv, welches offenbar aus einem Ausrufe in die Bedeutung der Ver-
sicherung eines hohen Grades übergegangen ist, lesen wir nur bei Ter., bei Cic. in epp.
und Erstlingsschriften, z. B. Att. 14, 9, 2 itaque qwim severe no8 M. Curtius ßccusut,
nicht bei Caes. und Sali., bei Cael. in Cic. epp., bei Val. Max., oft seit Apuleius.
12. Die Volkssprache, wie sie in der Komödie besonders, im Briefstil
und im Spätlatein auftritt, zeigt ungewöhnliche Fülle des Ausdrucks da-
durch, dass sie zu einem Adjektiv im Positiv zwei steigernde Adverbia
hinzutreten lässt, z. B. plane bene peculiatus bei Asin. Poll. ad Fam. 10,
32, 1 [oppido perquam pauci im b. Afr. 47) oder doppelte Komparativ- u.
Superlativsuffixe ansetzt oder auch steigerndes Adv. noch zum Suffix ver-
wendet. Während nun dexterior in Verkennung der Komparativendung und
Bedeutung schon zu Cic. Zeit gebildet war und posterius gar schon bei
Plaut, u. Ter. auftaucht, um dann von Cornif. Nepos u. Cic, von letzterem
freilich nicht im edleren Stile, weitergeführt zu werden, hat superius nur
schwer aufkommen können; wenn es auch im b. Hisp. vorkommt, hat es
doch erst im II. saec. weitere Verbreitung gefunden; ähnlich geht es mit
inferius, citerius u. ä., die alle der nachklass. Zeit entstammen. Von
proximiis hat zuerst Sen. einen Komparativ ^^roAiwior, pluriorcs von
plurcs wird spät erst gebildet.
13. Die Steigerung des Komparativs durch magls hat schon
Plautus, z. B. fnagis mollior, der feinere Ter. Hess sie nur an einer Stelle
542 ^* Lateinisohe Orammatik, e) Lateinisohe Stilistik.
zu, Hec. 738 magis cautius; dann lesen wir sie im b. Afr., bei Vitr. und
später namentlich oft bei den Afrikanern seit Apul. Wir sehen also, dass
die ganze klassische Zeit und das silberne Latein (ausser Val. Max.) sich
dieser Abundanz enthalten. Plus beim Komparativ ist in der Sprache
der Vulg. und bei eccl. wie Rufin und Commodian zu finden. Maxime
neben dem Superlativ hat vielleicht Cic. Att. 12, 38, 3 quae waxifue
liberalissima docfoque homine dignissima zuerst geschrieben, dann Columella,
später Gellius, plurimum mit Superlat. wurde von niemand gewagt.
Es ist schliesslich kein Zeichen eleganter Latinität, wenn die mit per
und prae zusammengesetzten Adj. in den Komparativ oder Superlat.
treten; daher lässt sich praenobilior, perpaucissimi u. ä. nicht aus Klassikern
belegen. Bei praeclw'us ist das Bewusstsein der Zusammensetzung und
ursprünglichen Bedeutung frühe verloren gegangen, und so gebraucht selbst
Cicero öfters praeclunssimus. Für die Hinzufügung eines Adv. zum Super-
lativ wird in der klassischen Sprache sich höchstens aus Cic. epp. (Fam.
3, 10, 10 quibus me ornatissimum voluit amplissime) ein Beispiel finden
lassen; auch Sali, hat nur eine Stelle (Jug. 7 difficillumum inprimis), ebenso
ist die archaische Latinität arm daran. Um so mehr wuchert die Unsitte
seit Vell., der bereits 2, 27 penitus infestissimus schrieb, und nimmt mit
dem Verfall der Sprache immer mehr zu; vgl. Spart. Hadrian 14, 8 W-
te^iarum nhnium studiosissimus, Amm. 16, 12, 54 saus prosperrime,
14. Die Komparationsgrade haben nicht zu allen Zeiten ihre
Bedeutung erhalten; es trat schon frühe eine Abschwächung ein, und
zunächst verloren die Superlat. optumus pessumus maxumus minumus ihren
Superlativcharakter. Die Folge davon war, dass man nunmehr den Positiv
und solche entwertete Superlative sich parallel setzen konnte, z. B. opt'mms
et niilis. Die regelmässigen Superl. verbanden sich seit Pollio b. Alex. 3,
ingeniosl atgue aciäissinü, Vitruv und Vell., z. B. Vitr. 24, G c parva
hrevissimoque specfaculo, Vell. 2, 69 acri atque prosperrimo bello mit Posit.
Namentlich das Titel wesen der Kaiserzeit hat die Superl. herabgedrückt,
und jetzt wurde sogar ein invictissimus möglich.
Auch der Komparativ sank schon frül:e im Werte, hier ebenfalls zu-
nächst in den Formen melior peior maior minor. So konnte er im paral-
lelen Satzgliede dem Positiv entsprechen und zwar schon bei den aug.
Dichtern, z. B. Ovid Trist. 4, 8, 2 anni fragiles et inertior aetas, häufiger
freilich im Spätlat.
Auch Komparativ und Superlativ wurden vertauscht, namentlich in
den anormalen Bildungen, z. B. melius u. optivmm, doch auch bei andern
Adj., z. B. setzt Pollio im b. Afr. 56, 3 i^ilustriores notissirnique ein-
ander parallel; derartige inkorrekte Verbindungen sind dann am meisten
im afrikan. u. spät. Lat. zu finden.
Besonders in Verbindung mit quisque zeigt sich die Entwertung der
Komparationsgrade. Regelmässig ist der Superlat. im Sing, mit quisque:
der Plural wird sich wohl vor Cornif., z. B. prinms quasque partes nicht
finden, er nimmt in der nachklass. Litteratur überhand, so dass schliess-
lich bei den Script, bist. Aug. auf 3 Sing. 19 Plur. kommen.
Der Komparativ mit quisque ist namentlich bei den spät. Afrikanern
1. fiigentOmlichkeiten im Gebrauch der fiedeteile. (§ 14 - 15.) 543
ganz an die Stelle des Superl. getreten, z. B. Apul. propiorcs quosque; der
Positiv kommt zunächst in solchen Wörtern vor, welche Superlativbedeu-
tung haben; so sagt z. B. Liv. eximium quemque und Tac. pracdpui quU
que; aber schon Sali, wagt ignavi cuiusque (in den bist.), Tac, in den
ann. invalidus quisque; indes war es auch hier den Afrikanern vorbehalten,
solche Wendungen ins masslose auszudehnen, hauptsächlich Tertull. hat
hier alle überboten.
Vgl. Ott, Die Substantivierung des lat. Adj. durch Ellipse, Rottweil 1874; WGlfflin,
Jjat. und roman. Comparation, Erlangen 1879; Pbnkiosdorf, De quisque et quisquis prono-
minum apud com. lat. usu, Halle 1878; Ott, Doppelgradation und Verwechslung der Gradus,
N. Jahrhb. 1875.
Pronomina.
Reflexivum und Reciprocum.
15. Das Reflexiv sui sibi se deutet die Rückbeziehung zu einem
Gegenstande an, der die Thätigkeit ausübt oder an der Ausführung der-
selben beteiligt ist, suus aber bezeichnet einen Gegenstand als in den Be-
sitz des die Thätigkeit ausübenden Gegenstandes gehörig; is dagegen,
welches hier durchaus als Pron. der III. Pers. anzusehen ist, bewerkstelligt
die Rückbeziehung der Thätigkeit auf jeden andern in ebendemselben oder
im vorhergehenden Satze schon gegebenen Gegenstand. Bisweilen jedoch
giebt der Sprechende die Rückbeziehung mittels des Reflexivs auch auf einen
Gegenstand, der zwar nicht die Thätigkeit vollzieht, aber damit im Zu-
sammenhang steht. Diese Regel gilt für einfache Sätze. In zusammen-
gesetzten Sätzen wird die Rückbeziehung auf das Hauptsubjekt, falls es
eine von diesem selbst gewollte oder nach seinem Sinne stattfindende ist,
durch das Reflexiv ausgedrückt (der Modus des Nebensatzes ist in diesem
Falle der der Vorstellung, d. h. der Konjunktiv); ist sie aber vom Sprechen-
den bloss wahrgenommen und vom Hauptsubjekt nicht beabsichtigt, so wird
sie durch is eingeleitet.
Es ist selbstverständlich, dass obiges Grundgesetz mancherlei Aus-
nahmen erlitt; liegt es ja doch vielfach in der Willkür des Schreibenden,
einem Gedanken subjektive oder objektive Färbung zu geben und die Be-
ziehungen einzelner Satzteile oder auch ganzer Sätze zu einander enger
oder loser zu gestalten; ferner hat die Sprache des Volkes die bei den
Klassikern beliebte Scheidung im Gebrauche der Pron. als eine zu feine
Nuancierung in vielen Punkten ganz unbeachtet gelassen. So ist zu
bemerken :
1. Innerhalb ebendesselben Satzes steht is in Bezug auf das Subjekt;
solche Satzglieder sind ursprünglich als Bemerkung des Redenden zu betrachten,
z. B. Nepos Them. 8, 2 hie cum propter multas eius virtuics magna cum
(Ugfiitate viveret; häufiger findet sich dies erst im Sp. L.
2. Objektive Färbung erhalten Nebensätze durch Setzung von is bei
den Historikern seit Caesar (ganz selten bei Sali. u. Cic, in den Reden
wohl nur Verr. 1, 86 Milesios vavem jwposcit, quae cum praesidii causa
Myndnm p rosequer cfur), z. B. Caes. b. civ. 3, 30 Pompeius ignes fieri pro-^
hibuit, quo oecultior esset eius adventus. Dieser Gebrauch hat sich bei Nep.
544 ^* LateiniBohe Orammatik. e) Laieiniacke Stilistik.
Liv. Tac. Vell. Curt. Just, und in der spätesten Historiographie, z. B. bei
Sulp. Sev. erhalten.
3. Das Pronomen reflex. in objektiven Nebensätzen, namentlich in
Relativsätzen, findet sich seit Plaut., z. B. Poen. 956 eum fecisse aiunt,
sihi quod faciundum fnit, in der Sprache des Volkes, hat sich jedoch auch
in der Litterärsprache Eingang zu verschaffen gewusst^ sogar bei Caesar
(z. B. b. Gall. 6, 9 Caesar duabus de catisis Rhenum transire constituii,
qunriim erat altera, quod auxilia contra se Treveris miserant), bei Cic. nur
in Erstlingsschriften und Briefen, bei Sali, und Liv. und den folgenden
Historikern ausser Tac, in der silbernen Latinität und bei Spät.
4. Suus ist ebensowohl Pron. poss. wie reflexiv. Es kann nun der
Fall eintreten, dass die reflexive Bedeutung gegenüber der possessiven
zurücktritt; dies geht, freilich nur in der Umgangssprache und in den von
ihr beeinflussten Schriften, manchmal soweit, dass suus sein Beziehungs-
wort in einem ganz andern Satze hat, z. B. Cic. Att. G, 2, 5 tnira erant
in chitattbus ipsorum furta Graecorum, qtuie magistratus sui fecerant.
Dies wird ganz besonders da der Fall sein, wo suus seine possessive Be-
deutung prägnant entwickelt hat, vgl. Liv. 4, 58, 2 tantum afuit, nt ex
incommodo alieno sua occasio peteretur. Im Sp. L. wird suus für eius ganz
gewöhnlich, namentlich im gallischen Latein, z. B. ad te revocabis uxorem
suam. Ja in der Kechtssprache hat suus ganz allgemein, sogar von der
ersten und zweiten Person, den Besitz bezeichnet, z. B. si sui iuris sumus
(Dig.); dass jedoch jemals meus suus gesagt wurde, ist nicht anzunehmen
(Kalb p. 57).
5. Wenn i2)se gebraucht wird, um in zusammengesetzten Sätzen die
Rückbeziehung auf das Hauptsubj. zu vermitteln, z. B. Caes. b. G. 1, 40
cur de sua virtute auf de /^>.s/«s diligentia desperarent, so soll damit ein
Gegensatz zwischen den Subjekten besonders hervorgehoben werden. Dies
gilt für die klassische Zeit und noch für Liv.; aber mit der Entwertung
des Pronomens ipse^ welche sich schon bei Curt. bemerklich macht, tritt
eine Vertauschung des Reflex, mit ipse ein, und das letztere bezeichnet
nunmehr weder Gegensatz noch Vergleich, z. B. Curt. 7, 8, 8 nuntiare
iubent rcgi vclle ipsos ad cum mandaia perferre: ja im Sp. L. steht es
geradezu für is und ille, z. B. bei Sulp. Sev. Firm. Mat. Dracont. u. .n.
16. Das reziproke Verhältnis wird im Altlat. und in der klassischen
Sprache durch infer se ausgedrückt, wobei ein weiteres se oder sibi aus-
geschlossen ist, z. B. Nepos Arist. 1, 2 obirectarunt inter se. Das Reflexiv
allein, höchstens verstärkt durch ipse.y genügt, wenn die Subjekte als Ein-
heit gedacht werden, z. B. Caes. b. G. 2, 25, 1 conferfos milite^'i sibi ipsos
ad pugnam esse impedimento = hinderten eiyiander. Beide Konstruktionen
erhalten sich in der Folgezeit, z. B. Curt. 9, 9, 21 congregata vero tot milia
elephantorum ipsa se elidenf. Mit der Kaiserzeit tritt jedoch zu inter sc
noch in vicem, z. B. Liv. 9, 43, 17 in viceni inter se gratantes; sobald eir.-
mal diese Konstruktion im Gebrauch war, konnte inter se wegfallen, und
so finden wir in der That im silbernen Latein und später allenthalben
in vicem zum Ausdruck des rezip. Verhältnisses, z. B. Plin. ep. 7, 20, 7
ut in vicem ardentius diligamus; manchmal nimmt mviccm noch se zu
1. Eigentfimlichkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§ 16—18.) 545
sich, auch verträgt es sich ganz gut mit Präpositionen, z. B. ah, ad, in,
pro invicem, lauter Bildungen, die mit dem Vordrängen von in vicem und
dem Zurücktreten von inter se aufkommen. Doch auch m vicem erhielt
bald einen Eonkurrenten an alter uter. Das Nächstliegende ist, dass alter
utcr als Pronomen auftritt und zwar, indem in alter das Subjekt ruht,
in uter der Kasus obl., also alter utrum, alter utri u. ä. Daraus ent-
wickelte sich der adverbielle Gebrauch, und zwar in der Form alt er -
utrum und alter utro, z. B. Tertull. uxor. e, 8 alterutro docentes,. und in
weiterer Folge zeigt sich aUeruter = mutuus, z. B. Tertull. pudic. 2 aUerutra
oppositio,
17. Ipse. Als Pron. des Gegensatzes tritt ipse in Verbindung mit
dem Reflex, immer in den Kasus, welchen der Gegensatz verlangt, z. B.
Lael. 10 non egeo nwdicina^ me ipse cmisolor (ich selbst u. kein anderer).
Es scheint, dass Ter. Caes. Nep. Sali, sich an diesen Gebrauch halten,
während man für Cic. u. Liv. die Wahrnehmung gemacht hat, dass die-
selben den Nomin. ipse auch da bevorzugen, wo der Gegensatz in einem
andern Kasus liegt, z. B. Cic. Fam. 1, 1,1 ceteris satüi facio omnihus, mihi
ipse nunquam satis facio; in diesem Falle ist der Gegensatz nach innen
gewendet, und es sind Subj. und Obj. einander gegenübergestellt, während
wir Ausdruck des nach aussen gerichteten Gegensatzes erwarten. Für die
Sprache Cic. ist noch zu bemerken, dass it^se, wenn es vor dem Reflexivum
steht, auf das Subjekt bezogen wird, z. B. Cic. Lael. 80 i2)se enim se quis-
que diligit
Wenn ipse zur Verstärkung des Pron. poss. dient, tritt es in den
Kasus, welcher durch den Gegensatz verlangt wird, z. B. Liv. 27, 28, 13
ita inde Hannibal suamet ipse fraude captus ahiit u. Liv. 1, 28, 4 si um-
quam ullo in hello fuit, quod primtmi dis immortalihus gratias ageretis, deinde
vestrae ipsorum virtuti. Aber auch hier kann sich der Gegensatz nach
innen wenden, und so finden wir ipse oft im Nom., wo wir einen andern
Kasus (den Gen.) erwarteten, z. B. Sali. Jug. 31, 8 necesse est suomet ipsi
more praecipites eant. Es scheint daher für Cic. Caes. Sali. Horaz (epod.
16, 2) Tacitus (ann. 6, 14) sich die Kegel zu ergeben, dass sie ipse in
den Nom. treten lassen, wenn die Person des Possess. mit der des Subj.
die gleiche ist. Die silberne Latinität, z. B. Vell. u. Val. Max., begnügt
sich mit ipse und meidet dessen Zusammenstellung mit dem Pron. poss.
AnmerkuDg. Das vielbehandelte et ipse darf für Cicero und Caes. noch nichfc
angenommen werden; erst Liv. und die Späteren gebrauchen dasselbe im Sinne von ^auch'^ \
klassisch ist nur ipse quoque,
Demonstrativa und Relativa.
18. Die Pronomina hie, iste und ille eignen in dieser Reihenfolge
den Pers. verbi zu. Die alte und die klassische Sprache verbinden dem-
nach mit hie immer einen Hinweis auf die erste Person oder eine Beziehung
zu derselben; ebenso lässt sich bei iste eine wenn auch nur schwächere
Beziehung zur zweiten Person nachweisen, wie denn Cicero besonders im
Briefstil und in den philos. Dialogen iste zu feiner Nuancierung des Ge-
dankens verwendet. Aber schon in der silbernen Latinität verwischen sich
die feinen Unterschiede. Während Cicero hie vor qui nur zum Hinweis
Ilaudbuch der klass. Altortuuiswissenscbaft. IL 2. Aufl. 35
546 B« LateiniBclie Grammatik, e) Lateinische Stilistik.
auf das dem Sprechenden Naheliegende zulässt, sonst aber das definierende
?s gebraucht, beachten Vell. Sen. u. die andern Autoren der silb. Latinität,
noch mehr aber die spätlat. Autoren, diesen Unterschied nicht mehr und
verwenden allenthalben unbedenklich hie für is. Das gleiche gilt fOr iste,
welches schon in der neronischen Zeit von Lucan und von Sen. ohne jeg-
lichen Bezug auf eine zweite Person gebraucht wird und dann bei den
Afrikanern, bei denen es Lieblingswort ist, schrankenlose Verwendung findet.
Überhaupt zeigt sich die Verwilderung der Sprache nirgends mehr
als auf dem Gebiet der Pronomina. Is war den Dichtern unbequem, weil
es sich nicht gut in den Vers fügt, und so meiden es Catull Verg. Horaz
Lucan sichtlich. Aber es schliff sich auch als kleines Wörtchen sehr bald
so ab, dass es überhaupt fast ganz ausser Kurs kam, und nun roussten
hie, iste, ilhj ipse, idem für dasselbe eintreten. Dadurch verloren auch
diese an ihrer Bedeutung, und so erklärt sich, dass die Verbindung idem
ipse, die dem Cicero entschieden abzusprechen ist, schon bei Gcilius oft
vorkommt und dann im afrikan. Latein allgemein üblich wird.
Anmerkung 1. Ilic weisfc neben ille auf die dem Sprechenden näherstehende
Person. Die Dichter, zuerst wob] Catull, dann Properz, in Prosa wohl niemand vor der
Zeit des silb. I^atein und hier hauptsächlich Quint. verwendeten es dazu, auf ein erst Ge-
nanntes zurückzuweisen, so dass hie - ille dem griechischen 6 /ley — 6 dt entspricht
Anmerkung 2. Dass hie und nune in orat. obl. durch ille und tunc allgemein
ersetzt werden, galt früher als Regel. Allein es ist nunmehr erwiesen, dass bei Caesar
oft. bei Cic. und Sali, seltener, wiederholt bei Nepos. häufig bei Liv. hie und nunc bei*
behalten werden. Der Ersatz von hie durch is ist bei Caesar über den Gebrauch von
ille überwiegend; ähnlich scheint es bei Liv. zusein, während Sa/I. nnr ille, nie is zolässt
Anmerkung 3. Schon frühe mussten die demonstrativen Pronomina hie und ille
dazu herhalten, den fehlenden Artikel zu ersetzen; selbst die klass. Sprache des Cicero
\ erschmähte diese Aushilfe nicht, vgl. nat. deor. 2, 114 ille ante canem — 6 U^oxvwr.
Später wurde der Gebrauch allgemeiner, namentlich bei den eccl., bei denen übrigens auch
is und ipse mit ille und hie konkurrierten, und aus dem dominierenden ille ging bekannt-
lich der Artikel der romanischen Sprachen hervor.
19. Das zur Anknüpfung dienende quod, z. B. quod si, quod nLv\
gnod uiinnw, quod quia u. ä. ist als Ablativ in der Bedeutung ^daruni,
daher" aufzufassen. Dieses quod findet sich selten bei Dichtern und den
Autoren der nachklassischen Latinität; es gehört vorzugsweise der Sprache
Ciceros an, der allein auch quod vors Relativ setzt (Phil. 10, 9).
20. Das parenthetische quod, welches sich auf einen ganzen Satz
bezieht, lässt sich durch die ganze Latinität verfolgen; daneben findet sich
auch id quod, welches in klass. Zeit besonders bei Cicero beliebt ist; dies
id quod geht gewöhnlich dem Gedanken voraus, auf welchen es sich bezieht,
seltener folgt es nach. Im silbernen Latein überwiegt quod, und id quod
tritt zurück, wie z. B. Curtius nur 3 mal id quod braucht, dagegen oft ein-
faches quod hat. Näheres siehe bei Zander.
21. Nicht genug beachtet ist der Gebrauch von id und quod, wenn
dasselbe zur Zusammenfassung dos Vorhergehenden mit nachfolgender Exe-
gese dient; diese Spracherscheinung tritt besonders in der klassischen
Sprache zutage, selten in der folgenden Zeit, doch auch noch bei Liv. u.
Tac, z. B. Liv. G, 7, 2 ifaqnc novus hostis vefcri adiunciiis commovit aniwos
militis Bomani. Quod ubi acicm iam insfruonti Camillo renuntiavermü^
iurhafas militum mentcs esse, etc.
1. Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Redeteile. (§ 19— 22.j 547
Indefinita.
22. Die Pronomina aliquis einerseits, quisquam und ullus anderseits
unterscheiden sich so, dass das erstere die Qualität, die letzteren die
Existenz in Frage stellen. Es heisst somit aliquis „irgend einer,
gleichgiltig welcher", während quisquam y,ivgend einer, wenn es nur
überhaupt einer ist" bedeutet. Daraus erklärt sich, dass quisquam und
ullus vorwiegend in solchen Sätzen erscheinen, welche negiert sind, einen
Zweifel mit Hinneigung zur Verneinung oder die Ansicht, dass etwas hätte
nicht geschehen sollen, ausdrücken. Diese Wahrnehmung gilt für Plautus
und dann für die Latinität bis Liv. inkl. Im silbernen Latein jedoch,
besonders bei Seneca und Quint., erweitert sich der Gebrauch von quis-
quam, weshalb C. F. W. Müller zu Cic. Tusc. 5, 17 meint, Sen. hätte
wohl qui omnia humana, quae cuiquam accidere possunt, tolerabilia ducat
schreiben können, aber nicht Cicero.
Quisquam ist Subst., sein adjektiv. Gebrauch bei Personennamen
jedoch nicht selten zu finden, weniger häufig bei Sachsubst., wenigstens im
Altlat. und in der klass. Prosa (bei Cic. nur in Erstlingsschriften u. epp.,
z. B. Fam. 3, 10, 6 cuiquam legationi); in nachklassischer Latinität sind
Verbindungen wie Quint. 10, 2, 6 cuiusquam rei oft anzutrefifen. Im Altlat.
wird quisquam auch als Femin. mit Subst. verbunden, z. B. Plaut. Most.
608 Lor. quisquam belua. In späterer Latinität tritt quisquam so wie ullus
immer mehr zurück und wird vollständig durch aliquis ersetzt, auch in
negativen Sätzen.
Aliquis steht seiner Bedeutung entsprechend vorwiegend in affirma-
tiven Sätzen; nach den Konjunktionen si, nisi, ne, fium, an wird es ge-
wöhnlich durch quis ersetzt, für welches die alte Sprache u. Cic. (jedoch
nicht in den Reden) überhaupt eine besondere Vorliebe haben, während
Liv. und seine Nachfolger sich für den Gebrauch von quis viel engere
Grenzen ziehen. Dass aliquis auch nach den genannten Konjunktionen
folgen kann, namentlich wenn es von denselben weit getrennt ist und für
das enklitische quis eine Stütze fehlt, oder wenn das Pronomen den Haupt-
ton hat, und schliesslich bei minder sorgfältigen Stilisten, wurde vielfach
beobachtet und ausgesprochen; für die beste Zeit der Sprache ist jedoch
festzuhalten, dass die Setzung von aliquis immer seiner Grundbedeutung
nach sich rechtfertigen lässt.
Quis2)iam entspricht in seiner Bedeutung dem aliquis, doch hat es
einen grösseren Gebrauchskreis, ja es wechselt sogar mit quisquam und
wird daher auch in negativen Sätzen, selbst bei Cic, wenn schon selten,
gebraucht; vgl. Cic. Lael. 11, 39 ne suspicari quidem possumus qucmqumn
horum ah amico quidpiam contcndisse. Wie quisquam treffen wir es oft
adj. bei Personenbezeichnungen, ganz selten bei Sachsubst., doch sogar bei
Cic, z. B. Fam. 9, 8, 2 aliae quaepiam rationes. Wie manche Schrift-
steller, z. B. Cornific, später Gellius, ganz spät Apoll. Sidon, eine besondere
Vorliebe für quispiam zeigen, meiden es andere, z. B. Trogus, konsequent.
Plautus braucht quispiam in negativen (aber nie nach haud oder fton) und
positiven Sätzen, in letzteren nur nach si oder uhi und in direkten Fragen,
Terenz hat diesen Gebrauch erweitert, indem er quispiam auch in positiven
35 ♦
548 B. Lateinische Grammatik, e) Lateiniaclie Stilistik«
Behauptungssätzen verwendet. Cicero hat es in seinen Erstlingsschriften
umgangen, später aber besonders in der Formel dixerit quispiam mehr bei-
gezogen. Bei den Schriftstellern, welche nach Abwechslung im Ausdruck
streben, finden wir aliquis und quispiam mit einander variierend, z. B.
Liv. 23, 3, 10.
23. Die verallgemeinernden Relativpronomina quisquis und
quicumque nebst ihren entsprechenden Adverbien werden in der klassischen
Sprache Ciceros noch selten, aber immerhin häufiger als man glaubt, in
indefinitem Sinne gebraucht; mit den aug. Dichtern u. Liv. er weitem sich
die Grenzen dieser Gebrauchssphäre, um im silbernen Latein, bei Tac., bei
den Juristen, den scr. h. Aug. und sonst im Sp. L. eine fast uneingeschränkte
Verwendung zuzulassen, z. B. Tac. bist. 1, 11 cuicumque serviHo exposita.
Das gleiche gilt für utcunque, welches mit Liv., für ubicunque, das bei
Hör. Ovid Lucan zuerst die relative Bedeutung aufgegeben hat.
24. Die beiden Formen quisquis und quisque sind ihrem Ursprung
nach synonym; denn quisquis ist entstanden durch Anfügung des indefiniten
quis an das fragende quis, quisque durch Anfügung des Abi. que vom selben
Indefinitum quis. So finden wir denn auch quisquis im Sinne von quisque
namentlich im Neutrum bei Plaut. Ter. Cato, Lucrez, auf Inschriften und
selbst bei Cicero, vgl. Madvio zu Cic. fin. 5, 24 p. 645, nach Cic, wie es
scheint, nicht mehr (Ott, Progr. Kottweil 1869 S. 17); die Formen quoquo
und quaqua, welches letztere wie überhaupt das Fem. von quisquis erst mit
Tac. aufkommt, im Sinne von quoque und quaque sind häufig bei den Ju-
risten. Umgekehrt hat quisque wohl in der Volkssprache zunächst, so auf
Inschriften, und dann in der Litterärsprache vereinzelt, z. B. bei Plautus,
nicht bei Cic. und Caes., bei Liv. offenbar in Nachahmung der Quellen,
die Bedeutung eines verallgemeinernden Relativs angenommen, z. B. Liv.
1, 24, 3 culusquc populi cives tncissent, is alteri popiilo inqyeritweL Dieser
Gebrauch tritt im Spätlatein wieder in Vordergrund, namentlich bei den
christl. Schriftstellern, z. B. häufig bei Min. Felix, Cyprian, Commodian,
Apoll. Sidon., z. B. 9, 9, 15 experietur, quisque cmiflixerit, aber auch bei
Auson. Aur. Vict. u. a. (Rönsch, Semas. Beitr. II p. 44).
26. Quisque wird in den Plural gesetzt, wenn es mit einem Plurale
tantum verbunden ist oder eine ganze Klasse von Menschen oder Sachen
bezeichnet, z. B. Liv. 1, 9, 8 mulU morfales convenere . . maxime proxintl
quiquc. Im übrigen ist der Plural von quisque sehr selten, findet sich
wohl bei Plaut, und Ter. gar nicht, ganz vereinzelt bei Cato, Lucr. Cic.
Sali., wird aber mit Liv. und der silbernen Latinität immer häufiger,
namentlich beim alt. Plin., z.B. 10, 203 quac de quibusquc corum diximus.
Über quisque in Verbindung mit den Komparationsgraden vgl. § 14.
20. üterque tritt regelmässig in Plural, wenn auf beiden Seiten
mehrere Gegenstände sind. Sollen jedoch nur zwei einzelne bezeichnet
werden, so steht der Singular. Nun aber hat die Volkssprache auch im
letzteren Falle den Plural zugelassen, und so lesen wir utrique von zweien
bei Ter., ganz selten bei Cic, in den epp. an Cic, bei Caesars Fortsetzern,
Sali. Nepos, öfter bei Livius, bei Tac, auf Inschriften. Doppeltes ulerque ist
streng genommen unlogisch, richtig kann nur uferque mit alter sein, vgl, Cic,
1. fiigenttlmliohkeiten im Qebraach der Eedeteile. (§ 23-29.) 54g
off. 1, 4 utcrque cmitempsit allerunt. Aber die übliche Zusammenstellung alius
aliuni, alter alieri, sowie uter utri in der Zusammenziehung zweier Fragen,
z. B. Caes. b. G. 5, 44, 14 ut diiudicari posset, titer utri anteferendus
videretur und schon Plaut. Poen. 1242 uter utri det führte auch auf dop-
peltes uterque, was bei Ter. Varro Caes. b. G. 7, 35, 1, b. Alex. 4, 1,
Vitruv 1, 1, 10 u. Hieron. sich findet.
27. Nemo und nullus unterscheiden sich wie Subst. und Adj.; in
Verbindung mit Personenbezeichnungen, z. B. scriptor, amieus, senex etc.
können beide stehen ; dann bedeutet nemo scriptor = nemo scriptor qualis-
cunque est; nullus scriptor aber nullus scriptor quotquot sunt. Nemo bildet
nicht alle Kasus gleichmässig; nemine z. B. hat zwar schon Plaut., von
Prosaikern aber zuerst Tac. gewagt, neniinis gebrauchen nur Plaut. Cato,
Lucil., aber kein Schriftsteller der klass. u. spät. Zeit. Statt nemini findet
sich bei Caesar, besonders aber nach Cic. häufig nulli.
Pronominale Adjektiva.
28. Für die pronominalen Adjektiva iotus, tantus, quantus und
aliquantus, alter und alius ist zu bemerken:
Totus hat schon einmal bei Plaut, (mil. 213 totis horis), dann bei
Caes. b. civ. 3, 44 totis co^nis und im b. Hisp. sowie Alex, für den Plural
die Bedeutung „alle'' angenommen. In Prosa findet sich also toti = omncs
zuerst nur in Verbindung mit Pluralia tantum. Die Dichter wie Verg.
Prop. Juv. Stat. gebrauchten toti freier, in Prosa aber erst Sen., oft dann
Apul. und die spätere, besonders auch die christliche Latinität, sowie die
Juristen. Die besprochene Verwendung ist offenbar vulgär, bei Caesar nur
in dem nicht mehr überarbeiteten b. civ. zu finden und hier durch Flüchtig-
keit entstanden.
Quant i erscheint erstmals bei Propertius in der Bedeutung von quot,
nämlich 1, 5, 10 a^ tibi curarum quantu milia dabit, und dann wieder bei
Statins Silv. 4, 3, 49 0 quantae x)ariter manus lahorant! dann bei Apul.
Tertull. Justin., den eccl. und den script. bist. Aug. Ebenso nimmt in der
august. Zeit auch tanti und aliquanti die Bedeutung von tot und aliquot
an und zwar tand wieder bei Properz 5, 11, 12 quid currus avorum jyro-
fuit aut famae piijnora tanta moae? Ihm schliesst sich Lucan an, ebenso
Manil. Häufig wird dieser Brauch erst in der Bibelübersetzung, bei Tertull.
Hieroym. und andern eccl., namentlich im afrikanischen Latein, so oft bei
Cass. Felix, bei den script. bist. Aug. Amm. bei späten Juristen (nicht bei
den klass. Juristen, die nur tot — quot brauchen) u. a.
29. Älter verhält sich zu alius wie Komparativ zu Superlativ. Die
klassische Sprache hat streng im Gebrauche der beiden Wörter geschieden,
nicht so die Volkssprache. Die Folge davon ist, dass schon frühe beide
mit einander verwechselt werden, so vielleicht schon bei Plaut. Capt. prol. 8
seni huic fucrtint filii n<iti duo: alium quadrimum puerum etc. Jedenfalls
wird alius für alter bei Vitruv und seit dem Eindringen der Volkssprache
in die Litterärsprache nach Liv. gebraucht, wie Curtius z. B. Alius Ale-
xander sagt, und Plin. n. h. 11, 19, 59 duo genera apum, aliarum . . .
aliarum , . . Dasselbe lässt sich bei Apul. und von da ab im Spätlatein
550 B. LateiniBche Grammatik, e) Lateinische Stilistik«
allenthalben konstatieren; umgekehrt steht auch aUcr für aUus, z. B. Vopisc
Firm. 3, 1 Firmo pairia Selciicia fuit, fametsi plerique alteram tradutU
und so oft bei eccl., besonders Hieronym., namentlich auch im Sinne von
„verschieden'*, z. B. Hieronym. nobis vero alter sefisus videtur (während
Sali. Cat. 52 hnge mihi alia nums est schreibt). Der Plural alii = ceteri
ist der Volkssprache eigen, so bei Plaut, u. Ter., bei Cato Sali., selten bei
Cic. Caes., häufiger bei Liv. und Sp.
Vgl. KicHNER, Gebrauch des lat. Reflexivs, Gr. Glogau 1860 und 1869 Progr.: Kitt,
Obs. gramm. ad Caesarem etc., Braunsberg 1875 S. 3— 9; Ott, Neue Jahrbb. 1874 S. 863
(zum Reciprocum) ; Dembitzeb, de ratione quam Plautus potissimum et Terentius in rociproca
actione exprimenda inierinfc, Krakau 1886; Kvicala, Untersuchungen auf dem Gebiete der
Pronomina, besonders der lateinischen, Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissen-
schaften 1870 phil. bist. Klasse S. 77~ir)5 (sehr ivichtig!); Kkokb, Über hie und nunc
in orat. obl., Progr. Bernburg 1881; Röksch, Seraasiologische Beiträge zum lat. Wörterbuch,
Leipzig 1888 (zu hie, ille, ipse als Artikel); Bkbgk, Philol. XIV S. 185 Nr. 72 Ober qnod
in quod si u. ä. Verbindungen; ebenso Joe. Müller, Beiträge zur Kritik und Erkl. des
Tac. III, 8. 40; Zander, De relatione pronominali ea, quae est per qtwd et id quod, Lundae,
1885; Pennigsdorf, quisquis et quisque, Halle 1878; Stürenburg zu Cic. de off. comnt II.
de pronominibus nemo, nullus, quisquam, ullus; Prehn, quaestioncs Plautinae de
pronominibus indcfinitis, Strassburg 1887; V. Vaccaro, alii = ceteri, Palermo 1889.
Numeralia.
30. Zur Bezeichnung einer runden Zahl finden wir, je nachdem eine
unbestimmte grosse oder kleine Zahl bezeichnet werden soll, verschiedene
Ausdrücke. So braucht Plautus tres, z. B. tribtis verbis, ferner sex, aber
auch deeem als typische kleine Zahl, namentlich in Verbindung mit dies und
menses, aber auch entsprechend dem französischen quinze jours schon Plaut.
Trin. 402 quindecim dies: ferner war für eine unbestimmte massige Zahl
das allitterierende Asyndeton sex Septem formelhaft geworden; bei Hör.
lesen wir ep. 1, 7, 1 quinque dies = ein paar Tage. Um eine unbestimmte
grössere Zahl zu bezeichnen, hat man seit Plautus, auch bei Cicero,
sescenfi (z. B. Cic. Sest. 59) verwendet; seltener ist und wie es scheint
auf den Gebrauch der Dichter beschränkt trecenti, so bei Plaut. Catull,
Hör., noch seltener ducenti und quingenti. Ähnlich wie wir „tausend''
als abrundende grössere Zahl gebrauchen, verwenden lat. Autoren mille,
so besonders Hör. Verg. Liv. Lucan, auch Cic; allgemein üblich scheint
mori m Uli es gewesen zu sein, vgl. Cic. Att. 14, ö u. ö. Im Sp. L. über-
wiegt millCf wie z. B. Sulp. Sev. nur mille, nie scscenti braucht.
31. Der Dichtersprache eigentümlich sind Verbindungen wie tcr
felix, ter heati, bei Verg. gar ter quaterque beati. Namentlich sind es
die august. Dichter, welche diesen Gebrauch besonders begünstigen, und
von da scheint er auch in spätere Dichter und Prosaiker übergegangen zu
sein. Die Ausdrucksweise ist eine besonders feierliche und scheint ihre
Heimat in der Sakralsprache gehabt zu haben. — Ebenso ist der Dichter-
sprache eigen, das Distributiv an Stelle des Kardinale zu setzen. Verg.
und Ovid haben diesen von Catull ganz verschmähten, von Tib. vorsichtig
beobachteten Gebrauch, ebenso wie Properz öfter und von da wusste er
sich auch im silb. Lat. Eingang zu verschaffen. Vgl. Zusätze.
32. Es ist bekannt, dass die Dichter im Interesse der Anschaulich-
keit die Zahlen zerlegen, z. B. Verg. Aen. 1, 71 sunt mihi bis Septem
1. Eigentttmlichkeiten im Gebrauch der Bedeteile. (§ 30-35.) 551
Ni/mphae. Ähnlich ist der bei Cic. seltene, häufig aber bei Liv. zu fin-
dende Brauch, decem et tres statt tredecim zu sagen.
33. Das Pronomen aliquis wird zu Zahlangaben gesetzt, um zu
bezeichnen, dass dieselben nur ungefähre seien; z. B. Cic. Att. 4, 4 veltm
mihi miitns de tuis lihrariolis duos aliquos. Dieser Gebrauch ist unstreitig
der Umgangssprache entsprossen; wir treffen ihn daher bei Plautus, Cato,
Varro, bei Cic. in den epp. ad Att., und schliesslich bei Apuleius. Soll
dagegen eine Zahl als genau angeführt werden, so wird ipse dazu gesetzt
z. B. Cic. Att. 3, 21 triginta dies erant ipsi.
Vgl. RiCHTEB, Zum Gebrauch der Zahlwörter bei Livius, Oldenburg 1880 Progr.
Verba.
34. Der absolute Gebrauch transitiver Verba, wenn dieselben
einen reflexiven oder medialen Sinn annehmen, gehört zunächst der alten
Sprache an, wie Gellius (n. att. 18, 12, 6—9) aus Cn. Gellius, Cato und
Varro sedavit, auxit und mutavit in diesem Sinne zitiert. In der spä-
teren Zeit hat sich dieser Gebrauch auf gewisse Formeln beschränkt (vgl.
Synt. § 106 Anm.) oder wurde da zugelassen, wo man der Rede einen
archaischen Anstrich geben wollt«, oder in vulgärer Rede; so scheint
terra movet ein Ausdruck der Sakralsprache gewesen zu sein, Cicero
schreibt nur de sen. 6, 16 cum senattis senteutia inclinaret ad pacetn,
und minus helle habet statt se habet sagt der auct. b. Hisp., sowie Cic. in
den epp. ad Att. (vgl Z. f. G. W. 1881 S. 133 f., Lorenz zu Plaut.
Pseud. 918). Erst ganz spät, z. B. bei Lucifer Dracont. Coripp u. a.
finden wir zahlreiche Beispiele, dass sonst transitiv gebrauchte Verba in-
transitiv erscheinen, z. B. Dracont. de deo 1, 239 haec eadem minuunty
Cynthia dum minuii.
Im übrigen war der absolute Gebrauch der Transitiva, mag man nun
ein bestimmtes Objekt ergänzen wie bei appeUerCy ducere, teuere u. ä. oder
dasselbe nur im allgemeinen fühlen, wie z. B. bei utrimquc clumore sublato
excipit rursus clamor (Caes. b. g. 7, 88), nicht besonders häufig und auf
gewisse Redensarten oder Ausdrücke der Soldaten- und Seemannssprache
beschränkt (vgl. auch Syntax § 63).
35. Die sog. Frequentativa lassen in der alten Sprache nur selten
die Bedeutung der Wiederholung oder einer Intensität des Sinnes hervor-
treten; der grösste Teil dieser Verba wird im Sinne ihrer einfachen Verba
gebraucht. Das Altlatein verwendet dieselben mit einer gewissen Vorliebe
und zwar in Poesie wie in Prosa: in klassischer Zeit schliesst sich Varro
und ganz besonders Sallust, doch mehr in den Bella, als in den Hist., an,
während Caesar und Cicero, der letztere wenigstens in der Zeit der voll-
endeten Diktion, die Frequentativa im ganzen selten und zwar mit Absicht
und vollem Bewusstsein setzen. Livius hat in der ersten Dekade unter
dem offenbaren Einfluss der Annalisten viele Frequentativa gebraucht, in
den spätem Büchern treten dieselben jedoch deutlich zurück. In Nach-
ahmung des Sali, verwendet Tac. und zwar vorwiegend in den Annalen
viele Fr. im Sinne der einfachen Verba, nach ihm die Archaisten und in
geradezu lästiger Manier Ammian.
552 B. Lateiniflche Ghrammatik. e) Lateinische Stilistik.
30. Die mit Präpositionen zusammengesetzten Verba geben
ausser der Handlung noch begleitende Umstände derselben an, z. B. deferre,
transfene, perferre u. ä. Wenn nun an Stelle des Kompos. das Simpl.
gesetzt wird, so wird damit der Phantasie des Lesers überlassen, das selbst
herauszufinden, was sonst die Präpos. besagt. Hieraus erklärt sich, dass
der Gebrauch der Simpl. an Stelle der Kompos. vorzüglich der poetischen
Sprache eigentümlich ist. Somit finden wir Simpl. statt der erwarteten
Kompos. besonders bei den Dichtern der Kunstpoesie und dann bei den
Prosaisten, welche in nachklassischer Zeit ihrer Diktion ein poetisches
Kolorit zu geben bemüht sind. Die klassische Sprache setzt selten Simpl.
für Kompos. und wie es scheint nur dann, wenn das Simpl. sich in einer
Formel, von der man nicht gerne abweicht, eingebürgert hat; hiehergehört
defrimtmhim capere und videre statt detr. acclpcre und providere in der
Formel videant cousules, nc quid detrimcnfi res ptMlca capiat (vgl. Cic. Cat.
1, 4 u. Phil. 5, 34), namentlich aber dare in den Phrasen testes dare,
hidlccs dare, ferner condiciinics ferre, reges pellere, u. ä. Doch wurde
manchmal auch in diesem Falle geändert, offenbar wenn der Ausdruck zu
vulgär war und allzusehr an den Lager-, Schiffs- oder sonstigen Jargon
erinnerte, wie z. B. das im gewöhnlichen Leben übliche exercHum scribere
von Cic. u. Caes. durch conscribere, milites Ugere durch deligere, tepidere
durch contendcre, struere aciem durch insirtiere ersetzt ward.
37. Interessant ist, wie die Verba compos. nicht gleichmässig in
allen Zeiten im Gebrauch sich halten konnten, sondern oft zeitweilig durch
andere abgelöst wurden. Die klassische Sprache war auch hier ausser-
ordentlich peinlich, indem sie solche VV. compos., welche dem urbanen
Geschmack nicht behagten, erbarmungslos ausschloss. Während im Altlat.
occipio ganz gewöhnlich, ja in gewissen Phrasen geradezu stereotyp war,
wiesen Cic. u. Caes. es entschieden zurück und gebrauchten neben coepi
nur incip'w. Sallust verwendet occipio in den Historien (Hauler im Archiv
HI p. 5:3<)) offenbar nach seinem Vorbilde Sisenna, vgl. fragm. 25 P 2^^<^^'
stolari occipiunt; aber erst Liv. verschaffte dem in seinen Quellen gewiss
oft vorkommenden Wort einen sicheren Platz in der Litteratur, den es
dann auch bei Tac. und bei den Archaisten behauptete. Ähnlich erging
es dem Verb, praepcdio; dies hat bereits Plaut, verwendet, dann aber
erst wieder der auct. b. Hisp.; nun ist es auch erklärlich, warum Cic. und
Caes. sich dem Wort gegenüber ablehnend verhielten. Aber Sali, be-
günstigte es um so mehr, und die Augusteer Liv. und Ovid führten es
wieder so nachhaltig ein, dass es in der Folgezeit, bei Plin. min. u. Tac.,
dem von den Klassikern empfohlenen impedio erfolgreich Konkurrenz machte.
Ähnlich ist es manchen andern Kompos. ergangen; besonders scheinen
Kompos. mit dis, de und con in der Volkssprache beliebt gewesen zu
sein, während die ersteren in der klassischen Sprache so gut wie keine
Aufnahme fanden (z. B. discrucior bei Cic. Att., sonst nicht).
3S. Verba compos., deren Simplicia abgestorben waren, konnten
mit einer zweiten Präposition verbunden werden, weil sie nunmehr als
Stammwörter erschienen; so hat schon Cato coopcrio gebildet, welches sich
dann bei Sali. Tac. u. ä. erhalten hat. Ebenso konnte ein Kompos., wenn
JL Eigentümlichkeiten im Gebrauch der Redeteile. (§ 36—40.) 553
es eine neue Bedeutung annahm und sich dadurch von seinem fortlebenden
Stammworte trennte, eine zweite Präposition zu sich nehmen, z. B. ad-
surgo und hisurgo von surgo. Man kann wohl sagen, dass Decomposita
der klassischen Sprache nicht besonders sympathisch sind; um so mehr
wurden sie in der Volkssprache begünstigt, finden sich daher in der alten
Komödie ziemlich zahlreich, z. B. superadduco; mit Verg. u. Liv. dringen
sie in die nachklassische Litterärsprache ein, doch so, dass nur Verba mit
super und m, z. B. superincido, superimpono zusammengesetzt werden. Seit
Plinius werden Decomposita allgemeiner üblich, und Formen wie circum^
adapicio^ exprospicio, circumohruo bürgern sich allmählich immer mehr ein ;
ja wir treffen jetzt Verba wie recofnmonco, welche Art der Zusammen-
setzung die gute Zeit der Sprache verschmähte.
39. Viele Verba composita, namentlich wenn sie mit cupUy ad, ex
und de zusammengesetzt waren, büssten im Laufe der Zeit die in der
Präpos. liegende Bedeutung ein, und so schwand allmählich der Unter-
schied zwischen V. simpIex u. compos. Die Folge davon war, dass die
klassischen Schriftsteller die Präposition fallen Hessen und sich mit dem
einfachen V. begnügten. Ihrem Beispiele folgten auch in der nachklassi-
schen Latinität diejenigen Autoren, welchen der Sinn für den delectus
verborum nicht abhanden gekommen war. Dagegen lebten die Komposita
unbehelligt in der Volkssprache weiter, tauchen daher auch in klassischer
Zeit bei vulgär schreibenden Skribenten vereinzelt auf, um dann mit der
Hochflut der archaisierenden Bestrebungen massenhaft in die Litteratur
hereingeschwemmt zu werden. Natürlich erhielten sie sich nun in der
sinkenden Latinität, welche lieber noch eine weitere Präpos. vorgesetzt als
eine vorhandene fallen gelassen hätte.
Es genüge ein Beispiel. Exaugeo findet sich bei Plaut. Enn. Ter.,
Lucrez u. Cornif. behielten es auch noch bei, Cicero aber und Caesar Hessen
es ganz fallen, und so verschwindet es, um erst wieder bei Symniachus, der
es offenbar in Nachahmung der Alten brauchte (vgl. Schulze, De Aurelii
Symmachi vocabulorum formationibus ad sermonem vulgarem pertinentibus,
Halle 1884), aufzutauchen. Adaugeo dagegen haben Cic. und Caes. wohl
angenommen, aber höchst selten gebraucht und zwar Cic. fast nur in der
von Cornif. sehr stark beeinflussten Schrift de inv. u. Caes. nur im b. civ. ;
besonders begünstigt war adaugeo von Caesars Fortsetzern und namentlich
von Vitruv.
Vgl. WöLFFLiN, Die Verba frequentativa und intensiva, Archiv IV p. 197 222;
Jonas, Zum Gebrauch d. VV. frequentativa und intensiva in der alt. lat. Prosa (Cato, Varro
Sallust), Posen 1879 Progr.; id. die VV. frequentativa bei Livius, 1884. Progr.
Partikeln.
40. Negationen. Ilaud ist seiner Etymologie nach strittig. Die
überlieferten Formen sind haud, haut^ hau; das letzte steht vor Konso-
nanten z. B. hau multum und gehört dem Altlat. u. Verg. an; die beiden
ersten werden vor Vokalen gebraucht. Haud ist sogenannte Begriffs-
negation und wurde dementsprechend ursprünglich nur zur Negation
einzelner Wörter verwendet, z. B. bei Adj. Adv., bei qtiisquam u. ä. Es
findet sich daher nie = tu], welches Satznegation ist. Die klassische Sprache
554 B. LateiniBche Grammatik, e) LateiniBolio StUiaük«
verschmäht haud, bei Caesar steht es nur einmal und zwar in der Phrase
haiid scio an, bei Cicero ausserdem in Verbindung mit gewissen Verbeo,
Adj. und Adv. z. B. haud duhito, haud obscurus, }iaud facile, haud saue,
nie aber braucht er hauddum, und luiud ifu nur in den Obersetzungen
Tim. 6, Arat. 346; auch Sal]. verbindet hnud vorwiegend mit Adj., Adv.
und Partikeln (mit Verbum nur Jug. 110). Horaz hat es in den Oden
nicht zugelassen, öfters aber in den Sat., Epist. und auch Epod. 1, 32; bei
Liv. wird haud Lieblingsnegation und erhält sich bei Tac; jetzt verbindet
es sich öfter mit Verben und wird so auch Satznegation. Aber diese Vor^
liebe für haud tritt nur sehr vereinzelt auf, Celsus braucht es einmal, Quint
zweimal, Seneca rhet. und Plin. min. lassen es ganz fallen, es wird in der
Folge selten und meist nur von den Nachahmern des Sali. Liv. u. Tac.
gebraucht und geht auch nicht in die roman. Sprachen über.
Über non u. ne siehe Syntax § 31 u. 37; über Verbindung mehrerer
Negationen § 170, über mc, welches altlat. = non ist, § 176.
41. Ausserdem ist Bemerkenswertes im Gebrauche folgender Par-
tikeln in der Entwicklung der Sprache zutage getreten:
Adhuc dient in klass. und vorklass. Sprache ausschliesslich zur Be-
zeichnung der Gegenwart des Sprechenden; von der Vergangenheit wird
etiam und etiam tum gesagt; die wenigen Stellen bei Cic, welche zu
widersprechen scheinen, erklären sich aus der Eigentümlichkeit des Brief-
stils oder der Doppel natur des Perfekts. Aber mit Liv. Voll. Curt. Plin.
min. Tac. verliert adhuc seine etymologische Bedeutung und steht nun
auch in der Erzählung vergangener Thatsachen, z. B. Liv. 21, 48 quam-
quam gravis adhuc vulnere erat. Seit Quint. entspricht es unserm y,nocW"
bei Kompar. und wird so von Sen. Suet. scr. h. Aug., namentlich aber von
eccl. verwendet. Im Sp. L. bezieht es sich ausserdem auf die Zukunft und
steht auch im Sinne von praeter ea, z. B. Sulp. Sev. 1, 12, 4 quinque^ adhuc
auvos famcm futuram und D 1, 12, 7 rcfcram adhuc vobis pauca, — Ahnlich
verhält es sich mit mox^ welches seit Liv. auch auf die Vergangenheit
übertragen und überhaupt zur Bezeichnung der Zeitfolge zugelassen wird.
Suhinde wird vor Liv. gar nicht gefunden; dieser Autor hat es in der
Bedeutung „hierauf'' in die Schriftsprache aufgenommen, wo es sich bei
Voll. Suet. u. a. erhalten hat und mit Vell. auch den Sinn von „wieder-
holentUch' annimmt. Dehine wurde bei den Dichtern und im silb. Latein
oft gebraucht; Suet. hat es zuerst im Sinne von deinccps, z. B. Tit. 8 omnes
dehinc Caesares. Alias bezeichnet in klass. Zeit nur alio tcmjwrc; erst
mit Plin. nimmt es die Bedeutung von alio loco und alioquin an. Quando-
que als Synonym von aliqmindo findet sich einmal bei Cic. (fam, 6, 19),
sonst gehört es der silb. Latin., besonders dem Suet. und dem Sp. L., z. B.
dem Sulp. Sev., an. Über die Konjunktion quandoque vgl. Syntax § 266.
Fere und ferme verhalten sich wie Positiv zu Superlativ; doch wird
dieser Unterschied im Gebrauche kaum empfunden. Ferme kommt schon
bei Plaut, u. Ter. vor, selten bei Cic, nicht bei Caes. u. Hör., wiederholt
bei Sali.; bei Liv. u. Vell. ist es Lieblingswort, ebenso bei Tac. in den
Ann., während er im Dial. sich auf fere beschränkt. Im Spätlatein wird
ferme immer beliebter.
1. Eigentttmliohkeiten im Qebraach d. Redeteile. (§ 41.) - 2. Wortstellang. (§ 42.^ 555
Die vorgeführten Beispiele zeigen, wie die Bedeutung der Partikeln
oft im Laufe der Zeit verblasste, ferner wie sich diese meist kleinen
Wörtchen im Gebrauch abnutzten und dann von andern abgelöst wurden,
hierauf wie manche einen förmlichen „Kampf ums Dasein^ führten und
so die eine Form sich erhielt, während die andere dem Untergang ver-
fallen war. Auch hier tritt allenthalben ein feines Gefühl der klassischen
Sprache für die Bedeutung und die Handhabung der Partikeln zutage,
welches jedoch seit Livius ständig abnimmt und schliesslich so geschwächt
ist, dass in regelloser Weise die Partikeln wechseln oder gehäuft werden.
Vgl. zur Lehre von den Negationen: Hand im Tursellinus; Stürbnburg, comment. I
zu Cic. de off.; Mor. Müller, Zum Sprachgebrauch des Livius I: die Negationen haud (non)
haud quaquam (nequaquam), Stendal 1877 Progr.; Sigismund, De haud negationis apud
priscos scriptores usu; comm. philol. Jenens. III p. 217 — 2<)2; Planer, De haud et haud-
quaquam negationum apud scnptores latines usu, Jena 1886.
2. Wortstellung.
42. Ein sehr wichtiger Faktor in der Gliederung der lateinischen
Sätze ist die Wortstellung. Wenn auch die alten Sprachen im Vergleich
mit den modernen eine viel grössere Freiheit in der Anordnung der Wörter
und Gruppierung der Satzteile besitzen, so lassen sich doch auch bestimmte
Kegeln aufstellen, die sie im allgemeinen befolgt haben oder an die sich
eine Zeit oder Richtung der Litteratur gebunden erachtete. Wir unter-
scheiden zwei Hauptarten der Wortstellung: 1) die grammatische, tradi-
tionelle, 2) die durch den besondern Zweck der Hervorhebung oder des
W^ohlklangs bedingte, okkasionelle (vgl. Delbrück, synt. Forschungen
IV, S. 148 fif.). Die erstere besteht darin, dass die beiden Hauptteile des
Satzes, Subjekt und Prädikat, in dieser Reihenfolge (S. P.) gesetzt werden,
und dass die ihnen sich anschliessenden Satzteile, insofern sie mit dem
Subjekt enger zusammenhängen, diesem folgen, während die näheren Be-
stimmungen des Prädikats demselben vorausgehen; dabei ist das gramma-
tisch Zusammengehörige auch zusammenzustellen. So entsteht die richtige
Abrundung des Satzes, der in seiner zweigliedrigen Gestaltung doch eine
wohlthuende Einheit bildet, z. B. Appius inter patres Icctus \\ haud iia
nndto post in principum dlgnationcm pervcnit Durchbrochen wird diese
grammatische Wortfolge durch das Bedürfnis nach Hervorhebung eines
oder des andern Begriffes, z. B. dixit Democritm, credidit Thcophrnstus esse
hetbam etc. Das Bedürfnis nach Hervorhebung aber ist in dem Gegen-
satze einzelner Satzteile begründet, und dass in der Eigentümlichkeit, die
Rede in Gegensätzen fortschreiten zu lassen, ein Prinzip des antiken Stiles
liegt, hat Nägelsbacu richtig erkannt. Man wird also untersuchen müssen,
wie die Hervorhebung des Gegensatzes im Lat. sich vollzieht; es wird sich
ergeben, dass Anaphora und Chiasmus, bald einzeln, bald unter sich
verbunden, die erforderliche Betonung hervorbringen. Schliesslich galt den
Alten fast noch mehr als uns der Tonfall und Wohlklang in der Folge
der Wörter; daher wichen sie von der traditionellen Wortstellung auch da
ab, wo dieselbe einen missliebigen Eindruck auf das Ohr machte. In der
nachklassischen Latinität kommt noch ein weiterer wichtiger Faktor dazu.
Die Periode der klass. Zeit hatte man aufgegeben und hielt sich an eiuQ
556 B. Lateinische Qrammaiik. e) LateiniBclie Stilistik«
aus kurzen Sätzen oft abgerissener Natur bestehende Rede. Die Wort-
stellung war nun berufen, neben der Auswahl der Wörter als Ersatz ein-
zutreten für den kunstreichen Bau der Sätze. Wir finden daher im silb.
Latein eine geradezu gekünstelte, oft gar nicht ins Ohr fallende Wort-
stellung und dies bei einem Inhalt, der dazu gar keine Veranlassung bietet
Die lateinische Sprache hatte somit eine durch die Überlieferung
fixierte Wortstellung, welche sie aber dem Inhalt und dem Wohlklang
zuliebe häufig durchbrechen Hess.
43. Die durch den Inhalt gegebenen Gegensätze finden in der
Wortstellung zunächst durch den Chiasmus Ausdruck, z. B. Cic. de rep.
2, 33 matrcm habemus, ignoranm» patrem. Derselbe beschränkt sich zu-
meist auf zwei Glieder, kann aber auf drei ausgedehnt werden und zwar
bei Cic. Liv., z. B. Liv. 9, 12, 3 ut clnrioreni inter Romanos deditio Postu-
mium quam Pontium incnienta vhtoria inter Samnites faccrct. Ausserdem
ist wirksam die Stellung in der Anaphora; hierunter verstehen wir die
Wiederkehr derselben Wortfolge im nämlichen Satze oder auch in ver-
schiedenen Sätzen, z. B. Caes. b. Q. 2, 27 transire latissimum flunteti^ as-
ccndere altissimas fipas, subire iniquisshnum locum; besonders eindringlich
wird die Anaphora durch Wiederholung des ersten Wortes, z. B. Cic. Lael.
74 dispares mores^ disparia studia seqtiuniur. Wenn auch mit der Wieder-
holung gewöhnlich eine Steigerung verbunden ist, so gehört doch die Ana-
phora keineswegs bloss dem affektvolten Stile an, sondern auch die einfache
Diktion des Caesar bevorzugt dieselbe sehr, z. B. b. G. 7, 33 alio loco,
alio femjwrey 2. 18 artts nuntiis, certis auctoribtis. Ganz besonders von
Wirkung aber ist die Verbindung von Chiasmus und Anaphora und
zwar 1) indem sie einander folgen, z. B. Cic. Farn. 7, 3, 3 discessi ab eo
belh, in quo aut in acte cadendum fuit auf in aliqua^ insidias incidendum
aut dcvcnicndum in vicioris manus aut ad lubam confugiendum, oder 2) indem
sie ineinander greifen, z. B. Verr. 2, 25, 62 et Heraclius die St/racusanus
et hie Bidinus Epierates,
Man wird finden, dass die weitaus grösste Zahl der Fälle, welche
von der grammatischen Wortfolge abweichen, sich auf Anwendung der be-
sprochenen Figuren zurückführen lässt und dass Nägelsbach recht hat,
wenn er dieselben „die den Organismus des lat. Satzes beherrschenden
Mächte** nennt. Die Frage, inwieweit die eine oder die andere Figur bei
den einzelnen Schriftstellern überwiegt, ist nur für wenige Autoren beant-
wortet; z. B. bei Caesar, Sallust u. Nepos erscheint die Anaphora ungleich
häufiger als der Chiasmus verwendet, von Dichtern bat sie am meisten
Vergil gepflegt, bei welchem der Parallelismus überhaupt zu den Stileigen-
tümlichkeiten gehört, beim älteren Plinius neigt die Darstellung mehr dem
Chiasmus zu, der sofort eintritt, wenn irgend ein Gegensatz in den Be-
griffen liegt; bei Tacitus dagegen herrscht wieder die Anaphora vor mit
vollständigem Zurücktreten des Chiasmus, während der jüngere Plinius trotz
Vorliebe für Anaphora doch auch gerne nach einem Chiasmus greift.
44. Der Wohllaut ist für die Wortstellung in vielen Punkten ent-
scheidend. So werden oft syntaktisch zusammengehörige, ja zusammen-
gesetzte Wörter (z. B. jicr mihi (jraium crif, mehr jedoch der Dichtersprache
2. WorteteUung. (§ 43—45.) 557
und der tacit. Diktion eigen, z. B. Verg. Aen. 2, 567 iantque adeo sui)er
unus erant u. Tac. h. 1, 20 ülic vix decumae super portiones erant) getrennt,
um eine rhythmischere Abwechslung von Arsen und Thesen hervorzubringen;
gleichzeitig verliert das Eingeschobene an Kraft und es werden die getrennten
Wörter besonders hervorgehoben. Ähnlich verhält es sich mit dem Zurück-
treten des Relativs von der ersten Stelle, welches man bei Plaut. Lucr.
Cic. Liv. u. PUn mai., in auffallender Weise bei Apuleius beobachtet hat,
z. B. Ascl. 307, 24 sedes religionum quae fuit, ferner mit der Nachstellung
von ut bei vix, paene, nihil u. a. Wörtern, z. B. vix ut dicere possim,
ausserdem mit der Zurückschiebung von cum auch da, wo der Nebensatz
ein eigenes Subjekt hat. Ebenso erklärt sich die bei Cicero beliebte An-
lehnung von est an Pron. relat. demonstr. u. inteiTOg., z. B. quanta esset
hominum admiratio und quae est in we facultas, dann die Einschiebung von
est bei andern Wörtern, z. B. tum est Cato locutus u. ä., die Einfügung
des Vokativs in die Rede, z. B. Cic. p. Deiot. 10 imitari, Castor, potius avi
tui mores debebas (Ausnahmen selten, aber doch bei Cic. Sali. Liv.). Auch
rechne ich hieher die Trennung zusammengehöriger Wörter in beigeordneten
Satzgliedern durch Zwischenstellung des Gemeinsamen, z. B. Cic. Lael. 32
ut usu eius fruantur et moribiL% ferner die Nachstellung des sog. zweiten
Sup., z. B. facile dictu, die bei Caesar regelmässig ist, von Cic. selten auf-
gegeben wird, während freilich Livius hier, wie in vielen andern Punkten
von dem klassischen Brauche abweicht; hat er doch selbst die solennen
Formeln, wie senatum populusque^ ferro ignique umgestellt und aus pro
virili parte ein pro parte virili gemacht. Überhaupt schwächt sich in der
nachklassischen Zeit das Gefühl für eine rhythmische, in die Ohren fallende
Wortstellung; während z. B. Cicero die Trennung von Subst. und Attribut
nur durch einfache oder präpositionale Kasusbestimmungen gestattet und
Caesar davon nur zur Hervorhebung des Adjektivs Gebrauch macht, ohne
jedoch schwerfällige Einschiebungen zuzulassen (vgl. § 45, 3), ist bei Liv.
jede Art von Trennung statthaft, ja der ältere Plin. hat sich bereits so
auffallende Zwischenschiebungen erlaubt, dass man nicht mehr von Wohl-
laut reden kann, sondern vielmehr eine gewisse Schwerfälligkeit der Diktion
erkennen muss, z. B. 21, 89 reliqua volgarium in cibis apud cos herbarum
nomina.
45. Hinsichtlich der Stellung der Satzteile hat man folgende
Wahrnehmungen gemacht:
L Auffälliges Zurücktreten des Subjektes entsprechend dem ver-
balen Satzanfang finden wir oft bei Nepos u. Liv., selten und nie ohne
zwingenden Grund in klass. Sprache; förmlich zur Manier ist diese Stellung
beim älteren Plin. geworden, z. B. 34, 92 u)iam tantum Zenonis statuam
Cypria expeditione non vendidit Cato,
Eingefügt wird das Subjekt in den Abi. abs. schon bei Cic. u. Caes.,
häufiger von Liv. u. Tac, namentlich ist dies bei ipse und quisque der
Fall, z. B. Liv. 4, 44 causa ipse pro sc dictu damnatur. Offenbar soll diese
Stellung die Partizipialkonstruktion ganz eng mit dem Hauptsatz verflechten.
2. Das Verbum verlässt seine traditionelle Stellung und tritt an den
Anfang namentlich bei Historikern und epischen Dichtern in der sich schil-
558 ^* LateiniBohe Orammaük. e) laieiniBohe ÖtÜistik.
dernd ausbreitenden Erzählung, dann zur Herstellung eines engen Zu-
sammenhanges in Wiederaufnahme des vorausgehenden Verbs, was in
Nachahmung des Liv. das silberne Latein kultiviert, z. B. Plin. ep. 8, 8, 6
balineum Ilispellates publice praebent^ praebent et Jiospüium, In Neben-
sätzen besonders, welche sonst regelmässig mit dem Verb schliessen, zieht
Liv. das Verb vom Ende des Satzes weg, der ältere Plin. lässt die VV. dicendi
bei merkwürdigen Angaben vorantreten, Nepos fröhnt diesem verbalen
Satzanfang oft ohne ersichtlichen Grund, Apuleius setzt das Verb in einer
ihm ganz besonders eigentümlichen Weise an die vorletzte oder drittletzte
Satzstelle, letzteres, wenn Subst. mit Adj. oder Präp. folgt, z. B. Met. 4, 19
Jiis Omnibus salubri consilio rede dispositis occurrit scaevus eventus.
Wenn das Verbum in einer zusammengesetzten Zeit steht, so wird
bei Cicero regelmässig am Schlüsse der Sätze das Subjekt zwischen Partiz.
und esse gesetzt, z. B. detrada oratio est; bei Liv. können auch Beklei-
dungen des Subst. und adv. Bestimmungen dazwischen treten, z. B. Liv. 21,
57, 14 inhumavae superbiae editum in miscros exemplum est.
Der Inf. esse schliesst sich bei Cicero gewöhnlich an das Hilfsverb,
z. B. poiest, vult etc. unmittelbar an und hat dann das betonte Wort, Subj.
oder Präd., nach sich, z. B. nt vita deserta ab amicis non possit esse iuctinda;
ähnlich verhält es sich mit den VV. sent. u. decl., z. B. quem putant esse
fkdelissimum. Die Umgangssprache gestattet sich hier grössere Freiheit und
lässt auch esse ans Ende der Sätze treten.
Die Hilfsverba folgen in der Kegel ihrem Inf.; voran treten sie nur
dann, wenn sie als selbständige Verba charakterisiert werden sollen, z. B.
audeo dicere ich habe den Mut zu sagen; dagegen dicere non ausim ich
möchte nicht sagen.
Das Verbum osse wird vorangestellt, um die Wirklichkeit zu ver-
sichern, z. B. sunt ista, oder — wie dies bei den andern Hilfsverben auch
beachtet worden — , um selbständig d. h. als Verb der Existenz gelten
zu können.
3. Das adjekt. Attribut steht regelmässig vor seinem Nomen; so
lautet die indogermanische Hegel, Delbrück, Synt. Forsch. IV S. 150, und
darauf weist auch die Nominalkomposition hin, vgl. muijnanimns fuyaXt-
xpvxog grossmütiy. Besonders ist dies der Fall bei den gebräuchlichsten
Adj., welche mit dem Subst. in enger Verbindung verknüpft sind und bei-
spielsweise im Abi. oder Akk. einen adv. Begi'ifif ergeben, z. B. magvo operc,
ma(/n/x)H partcm. Doch findet sich schon frühe die Nachstellung des Adj.
und wird dann lür manche Arten derselben Regel, z. B. homo Ilomanus^
litterae Uitinac u. ä. Die Tonstelle ist nicht, wie man glaubte, vor dem
Subst.; vielmehr werden Adj. dadurch betont, dass sie aus der gewohnten
Stelle gerissen werden, z.B. Cato erat. 18, 7 Gracco ritu fiebanfur Satut-
nalia; vgl. noch latinae Utterae und urbem aliam statt des gewöhnlichen
littcrac latinae und aliam urbem. Ausserdem erzeugt das Hyperbaton
nachdrucksvolle Betonung; dies finden wir, wenn auch selten, schon im
Altlat., so namentlich bei Sisenna, z. B. 45 V, inopriam capcre non potucint
quidvm^ dann bei Sallust, der jedoch wie die meisten seiner Vorgänger
gewöhnlich nur ein Wort einschiebt, z. B. Hist. 5, 8 necjotia cusequcbantur
2. Wortstellmig. (§ 45.) 550
familiaria, dann in klass. Sprache, vgl. Caes. b. G. 5, 58 magna proponit
his qui occiderint praemia. In der Poesie war die Stellung bei den hexa-
metrischen Dichtern besonders beliebt und ging von da zu spätlateinischen
Prosaisten über, welche sie in geradezu manierierter Weise missbrauchen,
so Boethius und der auctor der Hisperica Famina (vgl. Stowasser, Progr.
Wien Frz. Jos.-Gymn. 1887 p. 17). Am gewöhnlichsten ist das Dazwischen-
treten der Präpos., z. B. magno cum gcmiiu; die Nachstellung des Adj. in
diesem Falle gehört schon dem A. L. an, vgl. Ennius 562 M aequore in
altOy findet sich auch bei Lucilius, dann bei Verg. und ging von da in die
nachklass. Prosa über, vgl. Tae. ann. 3, 10 iudice ab uno. — Hat das Adj.
eine Beifügung, z. B. virtus digna summo honore, oder wird es prädikativ
gebraucht, z. B. VercassivcUaunus Arvernas vivus in fuga comprehenditur,
so steht es im klass. Latein nach; die silb. Latinität jedoch, besonders Plin.
mai., verschmäht auch die Voranstellung des erweiterten Attributs nicht,
z. B. Plin. n. h. 3, 33 muUo GalUartwi fcrtilissimus Rhodanus amnis.
Abgeleitete Adj. zur Bezeichnung der Herkunft stehen abgesehen
von rhetorischer Hervorhebung noch voran in populärer Bezeichnung, z. B.
Phalereus Demetrius; dies gilt für die klass. u. silb. Latinität, aber nicht
für Tac.
Die Pronomina hie u. is treten in klass. Sprache regelmässig voran,
weniger ille, welches, wie immer das Poss., oft nachgestellt wird. Von
den Zahlwörtern folgen die Ordin. dem Subst., während die Card, vor-
ausgehen.
In der Stellung des attrib. Genetivs herrscht grosse Freiheit; es
scheint, dass das Lateinische schon frühe von der Kegel, wonach derselbe
vor seinem Subst. steht, abgewichen ist, weil die sehr alten Amtsbezeich-
nungen, z. B. tribunus plebiSy praefeetus urbis u. ä. bis in die silberne
Latinität (Plin mai. sagt auch z. B. undecimus plebei tribunus) ihre stereo-
type Stellung behalten haben, ebenso die volkstümlichen Ausdrücke wie
orbis ierrarum u. ä. Die silberne Latinität verfährt hier wieder sehr will-
kürlich, indem z. B. Plin. mai. ohne jeglichen ersichtlichen Grund a Syriae
Damaseo u. ä. sich erlaubt.
Tritt zum Gen. und zum Beziehungswort noch ein Adj., z. B. fruetum
magfmm studiorum optimorum, so sind alle mathematisch möglichen Varia-
tionen auch stilistisch zulässig.
Die Apposition tritt in der Regel hinter das Beziehungswort; eine
Ausnahme bilden die Titel rex^ imperator u. ä., z. B. rex Boeche!
Von der gewöhnlichen Reihenfolge der Namen weicht Cic. nur da ab,
wo er durch Voranstellung des Cognomen der Rede den Charakter familiärer
Vertraulichkeit geben will, z. B. Gallus nosfer Caninius; noch seltener als
bei Cic. ist diese Wortstellung bei Caes. u. Sali. Dagegen wird sie mit
Liv. und namentlich mit Vell. allgemein üblich.
4. Die Trennung des Adverbs von seinem Adjektiv ist besonders
bei den Wörtchen tarn und quam beliebt und findet sich so bei Plaut. Ter.
Cic. (besonders ad Att. u. in Verr.) Nep. Curt. Plin. epp., z. B. tarn ab
teuui exitio. Auffälliger ist dies Hyperbaton bei andern Adv., z. B. Cic.
fin, 4, 30 aeque vita iucunda Liv. 2, 20 tanto vi maiore; es wird selten
560 B. Lateinische Grammatik, e) Lateinisohe Stilistik«
bei Cic. und nicht in den späteren Reden, dann bei Pollio, Nepos, liv.
angetroffen.
46. Die dichterische Sprache hat ihre eigene Wortstellung, die
unter dem Zwange des Metrums namentlich in der Setzung der Konjunk-
tionen sich mancherlei herausnimmt, was die Prosa nicht zulässt. FQr die
Prosa ist von Cic. u. Quint. der poet. Rhythmus zurückgewiesen worden;
doch ist es selbst dem Cicero, mehr noch dem Liv. u. Tac. vorgekommen,
dass sie unwillkürlich Verse in ihre Prosa einflochten; ja Cicero hat nicht
einmal in den Reden durchweg den Schluss eines Hexameters, z. B. esac
videbam zu vermeiden gewusst. Mit der Opposition gegen Cicero macht
sich auch ein Eindringen des dichterischen Rhjrthmus in die Prosa be-
merklich; namentlich haben M.Brutus und Asinius Pollio geflissentlich den
Tonfall der Verse in der Wortstellung nachgeahmt.
Vgl. Henbi Weil, De Tordre des mots dans Ics langues anciennes comparees aux
langues modernes, Paris 1879; Gantbelle, ^tude litteraire sur la disposition des mots dans
la phrase latine, Brüssel 1883; Haspe, Die Wortstellung der lat. Sprache, Leipzig 1844;
Dettweileb, symb. ad collocationem verborum, Festschrift zur 38. Phil.- Vers. 1885 p. 82—105;
Jahn, N. Jahrbb. 45, S. 41-59; Mauleb, de pronominum personalium apud Plaatam cd
locatione, Greifswald 187G; Kämpf, de pron. pcrs. usu et collocatione apud poetas scaenkos.
Berlin 1880; Heitzmakn, de substantivi eique attributi apud poetas satiricos collocatione
part. 1. Bonn 1887; Meyeb, Die Wort- und Satzstellung bei Sallust, Magdeburg 1880
Progr. LoBENZ, Dasselbe bei Caesar, Creuzburg 1875 Progr.; von Boltenstebn, Bemerkungen
über die Wortstellung, insbesondere über die Stellung der Präpositionen in Vergils Aenein.
Dramburg 1880 Progr.; Kbafft, Zur Wortstellung Vergils, Altenburg 1887; HObcheb. De
verborum ordine linguae latinae usitato, Rudolstadt 1860, 1866, 1884; A. Rbckzet, Über
grammatische und rhetorische Stellung des Adjektivums bei den Annalisten, Cato und Sallust;
Berlin 1888; Dietebich Robde, Adiectivum quo ordine apud Caesarem et in Ciceron's
orationibus coniunctum sit cum Substantive, Hamburg 1884; id. Adiectivum quo ordine apud
Sallustium coniunctum sit cum Substantive, Hamburg 1887; G. Akdbesen, de vocabuloruni
apud Tacitum collocatione, Berlin 1874.
3. Satz- und Periodenbau.
47. In der Syntax wurde die Gestaltung des einfachen Satzes, die
Verknüpfung mehrerer einfacher Sätze auf dem Wege der Beiordnung, der
Übergang aus ursprünglicher Parataxe in die Hypotaxe und das Fortleben
der Parataxe neben den streng untergeordneten Nebensätzen besprochen.
Es erübrigt noch hier die Form der aus der Hypotaxe sich ergebenden
lat. Periode darzulegen, dann eine Übersicht der Entwicklung der Perioden
überhaupt und der historischen insbesondere zu geben und schliesslich die
auffälligsten Erscheinungen der lat. Satzbildung und -Verknüpfung kurz
zu charakterisieren.
Die einfachste Periode entsteht durch Verbindung von Haupt- und
Nebensatz, wobei folgende Stellungen möglich sind: a: A, A {a) A, A \ n,
a {A) a. Treten zu einem Hauptsatze zwei Nebensätze, so ergeben sieh
folgende Arten des Satzbaus: a: A \ h; a, A (b) A; A (a) A \ b; A (n)
A (b) A und schliesslich a: {b: A); besonders wichtig ist die letzte Fügung,
wo a als Vordersatz zu (/>.* A) zu betrachten ist, z. B. Cic. Div. Caec. 6,
21 cur voUnt, ctiamsi tacmnf, satif^ dicmit. Fügen sich einem Hauptsätze
zwei Nebensätze verschiedener Grade an, so ergeben sich nicht weniger
als 15 Formen für die Gestaltung der Periode; im Deutschen sind alle die-
2. WorUteUnng. (§46.) - 8. Satsban. (§47-48.) 5C1
jeDigen Fälle unmöglich, wo a vor a tritt, z. B. a; a: A quid äff er res novi,
cum ignararem^ servum ad te misL
Mit Beiziehung dieser Grundfonnen lassen sich alle Perioden, auch
die kompliziertesten, erklären.
Es wurde oft schon ausgesprochen, dass die lat. Sprache eine Hin-
neigung zum periodischen Satzbau besitze und dass ein wesentlicher Unter-
schied zwischen der deutschen und der lat. Rede in der überwiegend
periodischen Gruppierung der letzteren bestehe. Dies gilt vorzugsweise für
die Hauptvertreter der lat. prosaischen Litteratur; wenn dieselben vom
periodischen Satzbau absehen und zur einfachen mit oder ohne Konjunktion
erfolgenden Anreihung der Sätze sich wenden, so haben sie ihre bestimmten
Gründe dazu. Diese sind zum Teil durch den Inhalt, zum Teil durch
den Wohllaut gegeben. Sobald aber solche Gründe nicht vorhanden sind,
tritt die Periodisierung ein (vgl. oben Syntax § 208).
48. Die tragische wie die epische Poesie war der Entwicklung der
lateinischen Periode günstig. So ist die Satzbildung des Ennius mannig-
faltig und beweglich; manchmal freilich scheint sie zu umfangreich und
verschlungen, auch ist zu häufig der Gebrauch relativer Fürwörter und
Konjunktionen. Entsprechend der noch kurzen Zeit, seit welcher dem Satz-
bau Aufmerksamkeit gewidmet worden, finden wir nicht selten recht hart
scheinende Asyndeta und eine später zurücktretende Freiheit in der An-
knüpfung relativer und fragender Sätze, z. B. Ennius: ea libertas est, qui
pectus purum et firmum gestitat. Bei Lucrez fällt uns ferner, wie auch bei
CatuU, ein bisweilen nicht besonders poetischer, sondern viel mehr streng
logischer Periodenbau auf; so besteht beispielsweise CatuU 65 aus einer
einzigen schwerfälligen Periode: Vordersatz mit Parenthese, Hauptsatz und
Vergleich. Bei den augusteischen Dichtern, die einem bereits geläuterten
Geschmacke huldigen, liegt die Sache ganz anders; nur ganz ausnahms-
weise stossen wir auf Sätze wie Hör. epist. 1, 15, wo Vers 1—25 eine
einzige durch zwei lange Parenthesen unterbrochene Periode bilden; dies
lässt sich durch den Briefstil entschuldigen. Im übrigen entspricht der
Satzbau den Anforderungen, die man an ein Gedicht stellt, und wie die
Poesie der aug. Zeit überhaupt durch die bewunderungswürdige formelle
Vollendung im Ausdruck und Versbau sich auszeichnet, so auch durch einen
wahrhaft dichterischen einfach grossartigen Satzbau. So vermeidet bei-
spielsweise TibuU lange und gewundene oder schwer zu analysierende Perio-
den und hält sich lieber an einfache Parataxen mit zahlreichen echt dich-
terischen Asyndeta. Geradezu wunderbar im Satzbau ist die Sprache des
Vergil, wo umfangreiche Perioden sich fast gar keine finden, kürzere mit
zwei Nebensätzen nur vereinzelt getroffen werden und sogar die zwei-
gliedrige Satzverbindung noch sehr zurücktritt gegen die einfachen Sätze,
welche bald kürzer, bald durch Appositionen und Partizipialkonstruktionen
erweitert in zwangloser Parataxe und noch öfter asyndetisch an einander
gereiht das ganze Werk füllen. Die Verehrung, mit welcher die Folgezeit
auf Vergil blickte, ist bekannt; ebenso der Einfluss, den seine als muster-
giltig angestaunte Sprache auf die Dichter und Prosaiker der Folgezeit aus-
übte. So lässt sich denn auch bemerken, dass seine Bevorzugung der
Handbuch der klasa. AltertumawlafleDschaft. IL 2. Aufl. 3(ij
562 B. Lateinisohe Qrammatik. e) Lateinisohe StUistik.
parataktischen SatzfUgung gegenüber der Hypotaxe in der nachklass.
Litteratur sich in den Vordergrund drängt, und wenn z. B. Tacitus
weniger kunstreich als Liv. periodisierte, sondern viele Parataxen ein-
treten Hess, so mag dies zum grossen Teile der Nachahmung des Verg. zu-
zuschreiben sein.
Die Prosaiker der vorklassischen Zeit waren noch weit entfernt von
einer kunstreich gegliederten und ebenmässig gebauten Periode; wenn wir
auch bei Cato in dem höchst einfach geschriebenen Buche r. r. Sätze finden,
wie praedium quodprinium siet, si me rogabis, sie dicam, somit Spuren echt-
lateinischer Periodisierung, muss doch im ganzen sein Satzbau als durch-
aus primitiver Natur in ungezwungener loser Parataxe sich bewegend an-
gesehen werden. Ihre Vollendung und kunstvolle Ausbildung erhielt die
Periode durch Cicero. Dieser Meister des Stils verstand es ganz ent-
sprechend dem Inhalte und Zweck der Darstellung bald die einzelnen Glie-
der der Periode kunstreich zu verschlingen, bald lose an einander zu reihen
und in letzterem Falle einmal die Sätze sich förmlich drängen, dann aber
sich bedächtig folgen zu lassen; dabei treten die Hauptgedanken keck in
den Vordergrund, das minder Wichtige wird angehängt, und alles verläuft
im schönsten Flusse und herrlichsten Wohllaut. Das silberne Latein ver-
stand es nicht, sich diesen Vorzug der klassischen Diktion zu erhalten; dem
Geschmacke eines Seneca entsprechen vielmehr kurze Sätze, weil hier sich
die Pointen und der ganze Zierrat eines effekthaschenden Stils viel besser
anbringen Hess. So verfiel denn der Periodenbau im nachklass. Latein
immer mehr, und nur vereinzelte Historiker suchten noch, wie wir sehen
werden, sich am Beispiele der Alten wieder aufzurichten.
49. Die Perioden werden eingeteilt in historische, oratorische
und deskriptive; wir wollen hier nur die erste Art näher ins Auge
fassen, da die zweite unten in der Rhetorik genauere Behandlung findet
und die letzte von untergeordneter Bedeutung ist.
Die Periodenforni, welche den Historikern am meisten zusagte und
80 sich allenthalben bei ihnen findet, ist diejenige, in welcher einem Haupt-
satz ein Nebensatz voraufgeht, z. B. id cum dixisset^ hiistam in hosiium fines
emisit Die nächste Erweiterung, welche diese einfache Periode erfuhr, war,
dass dem Konjunktionalsatz noch ein Partizip vorausging; diese Perioden-
form war besonders bei Liv. und dann auch bei Tac. beliebt, z. B. Tac. ann. 2,
69 mox adversa valetudine Germanici detenhis, ubi recrmltim accepit, plebem
per lictores proturbat. Weniger häufig findet sich die von Nepos besonders
gepflegte Nachstellung des Partizips mit abhängigem Objektsatz, z. B. Theni.
7, 1 dedit 02)eram, tif qtiam longissime tenipus duccret causam interponefis sc
collegas exspectare. In ähnlicher Weise nachschleppend fügen Nepos, Liv.
Plin. mai. T|ic. script. bist. Aug. auch Relativsätze an, die dann öfters den
Hauptgedanken enthalten, z. B. Milt. 1, 2 nam tum Thraeces cos regiones
iencbanty cum quibus armis erat dimicandum.
Eine andere Erweiterung der einfachen Periode entstand durch asyn-
detische Beifügung eines zweiten Konjunktionalsatzes an den ersten, z. B.
Nepos Epam. 6, 3 Epaminondas, cum de ceteris perorasscty postquam od
illa duo opprobria pervenit^ admirari se dixit etc. Dies Hebte besondeis
8. Satzban. (§ 49 -50.) 563
Livius, weniger Tac; auch Nepos hat einige Beispiele. Cicero dagegen
bevorzugt die Unterordnung von Nebensätzen unter Nebensätze.
Beachtenswert ist in der Entwicklung der histor. Periode die Häu-
fung der Partizipien. Die Anfänge davon finden wir bei Caesar,
weniger bei Sallust und Nepos; namentlich aber ist es Livius, der in der
reichhaltigsten Abwechslung, bald auf dem Wege der Koordination, bald
auf dem der Subordination die Partizipien zu gruppieren versteht. Es ist
natürlich, dass die von ihm abhängigen Autoren, wie z. B. Val. Max. und
Curtius, ihm hierin nachahmen; behutsamer ist trotz seines Reichtums
an Partizipien schon Tacitus, der sich im Satzbau mehr dem Sali, als dem
Liv. nähert. Eine vielleicht auf Nachahmung der Oriechen zurückzuführende
Eigentümlichkeit der Partizipialverbindung bei den Historikern Sali. Liv.
Tac. Sueton besteht in der ^rallelsetzung von absol. u. konj. Partiz., z. B.
Liv. 25, 35 inter exercitus ducesque gratulatio ingens facta imperatore ianto
deleio et alteram victoriam exspectantes. Die spätem Historiker haben
kein Verständnis mehr für grössere Perioden, und damit schwindet auch
die Neigung zur Häufung der Partizipien; oder wenn sie einmal einen
Anlauf nehmen, fällt er gewiss ungeschickt aus, z. B. Spart, vit. Hadr.
24, 9: quod cum esset proditum et in Antonini usque notitiam venisset,
ingressis ad se praefectis et filio rogantibusque, ut aeqtw animo necessi-
tatem morbi ferret, dicente Antonio ^)arrw?/dawji se futurum, si Uadrianum
adoptatus ipse pateretur occidi, iratus Ulis auctoretn proditionis iiissit occidi.
Im ganzen gilt für die Entwicklung der histor. Periode: die vor-
klassische Geschichtschreibung bewegt sich zumeist in Parataxen oder in
den einfachsten Perioden ohne jede Häufung und Verschlingung. Caesar hat
einen bedeutenden Schritt vorwärts gethan; immerhin aber kümmert auch
er sich wenig um Abwechslung, wie sich dies besonders in der ihm ge-
läufigen Häufung der Abi. abs. zeigt, ebenso wenig um Abrundung und so
fehlt seinen Perioden die Geschlossenheit. Sallust hat viel von Thukydides
gelernt, aber sein archaisierendes Wesen giebt doch manchmal dem Satz-
bau eine gewisse altrömische Steifheit und Einförmigkeit. Nepos ver-
meidet grössere Perioden, weil er sie nicht zu beherrschen versteht. Da-
gegen hat Livius die bist. Periode zur höchsten Vollendung gebracht; seine
Sätze sind mit wenig Ausnahmen, die sich vielleicht auf die ersten Dekaden
beschränken, bei aller Ausdehnung doch immer einheitlich gebaut, und
namentlich sind die Partizipien geeignet, die Glieder zusammenzuhalten.
Tacitus giebt ihm an kunstvoller Periodisierung wenig nach, ohne sich
jedoch auf schwer zu lösende Komplikationen einzulassen. In der nachtac.
Geschichtschreibung verdient Sueton noch Anerkennung wegen der Sorgfalt,
die er auf Anlage und Ausführung seiner Perioden verwendet. Später aber
wird es immer schlimmer, und man braucht nur eine Seite in den Script,
hist. Aug. zu lesen, um sich zu überzeugen, dass hier das Gefühl für die
bist. Periode vollständig abhanden gekommen ist.
60. Vereinigung verschiedener Konstruktionen. Mit einem
Relativsatz kann noch ein zweiter Relativsatz, ein Konjunktional- oder Frage-
satz in Verbindung treten, z. B. contra quem qui exercitus ducunt; quac
quia non vides; qitae unde sit prolata nescio. Ferner vereinigen sich Kon-
36*
564 B. Lateiniflohe Grammatik, e) Lateinische Stilistik.
junktional- und Fragesatz, z. B. quid ut facerent? Wir finden solche Kon-
struktionen, die vorzüglich geeignet sind, der Rede ein lat. Gepräge zu
geben, in der klassischen Zeit und ebenso bei Liv. u. Tac, später, wie es
scheint, nur noch in Nachahmung. Besonders aber ist es Cicero, der die-
selben und zwar gleichmässig in allen Arten seiner Schriften aufs feinste
ausgebildet hat. Nur eine Eigentümlichkeit sei erwähnt: Lässt der Haupt-
satz vermöge seines Verbs keine Rektion zu, so folgt er unmittelbar auf
das Relativum, z. B. Cic. Vat. 7, 16 quem tu dirumperis si dedilicium vides.
de or. 3, 41 quae nemo est quin effugere cupiat.
Eine elegante, uns unnachahmbare Konstruktion entsteht dann^ wenn
das Nomen, auf welches sich das in obenerwähnter Verbindung vorkom-
mende Relativ bezieht, im Nachsatze nicht steht oder gar nicht gedacht
werden kann, z. B. Cic. Pam. 6, 6, 5 ea sua^i JPompeio, quibus ille si paru-
isset, Caesar tant<is opes non hoher et. Diese Art des Satzbaues zeigt sich in
ihren Anfangen schon bei Plaut., gehört namentlich der klassischen 2ieit
und hier in erster Reihe Cicero an, hat sich aber auch noch bei den Ar-
chaisten, z. B. Fronto erhalten.
Auch mehrere Fragesätze können zu einem einheitlichen Satze ver-
einigt werden, z. B. Cic. Att. 1, 11, 3 quas tu incredibile est quam brevi
tempore quanto deteriores offensurus sis. Diese Konstruktion ist, wie es
scheint, Eigentümlichkeit ciceronischer und livianischer Diktion, findet sich
aber auch bei Corn. Nepos.
61. Attraktion. Der Sprache des gewöhnlichen Lebens gehört die
Art des Satzbaues an, in welcher das Subjekt aus dem Nebensatze als Ob-
jekt in den Hauptsatz genommen wird. Häufig finden wir diese Erschei-
nung bei Plaut, und Ter., selten bei Cicero und in nicht auffalligen Bei-
spielen, so besonders in Fragen (C. F. W. Müller zu Cic. oflF. 2, 7, 25),
aber nicht in Fällen wie Fam. 4, 1, 2, wo Cicero nur res vides quotnodo
se habeat geschrieben haben kann; anders ist es bei Cael. ad Fam. 8, 10
7iosti MnrccUiim quam sit tardus. Eine Angleichung an die vorhergehenden
Akkusati ve ist bei Caes. b. 6. 1, 39 zu statuieren. Selten ist die Kon-
struktion auch bei Livius (wohl nur in Reden, z. B. 23, 10, 3), ebenso
im silb. Lat., z. B. Quint. 10, 1, 62.
Manchmal wird das zur Konstruktion des Acc. c. luf. gehörige Par-
tizip zum Ilauptsubjekte konstruiert, z. B. Caes. b. 6. 5, 39 hanc adepti
Victoria m in 2^(*rpetuum se fore victores confnJehant; dies findet sich bei den
Historikern Caes. Sali. u. Liv. und im Sp. L. noch bei Ammian.
Eine Angleichung des unpersönlichen Hauptsatzes an den Nebensatz
gehört besonders der familiären Sprache an, findet sich auch bei Cicero,
auffällig bei Vitruv, vgl. Cic. Lael. 50 comtituendi autem sunt, qui sint in
amicitia fincs, Vitruv 28, 22 exspectanda est, dum decreseat.
62. Die Parenthesen treffen wir bei Caesar ausseiet selten, häufiger
schon bei Corn. Nepos; eine Eigentümlichkeit des liv. Stiles ist die zahl-
reiche Verwendung derselben, die nur noch von Curtius überboten wird.
Im Vergleich zu diesen beiden zeigt sich Tac. äusserst gemässigt in der
Einfügung von Parenthesen; sehr häufig beziehen sie sich bei ihm, wie auch
8. Saisban. (§ 51-53.)~4. Reinheit imdEorrektheitderDar8tellimg.(§ 54-55.) 565
vorher teilweise bei Liv. u. Val. Max., auf das folgende (Nipp, zu Tac.
ann. 12, 44).
53. Anakoluthe entstehen, wenn eine begonnene Satzform nicht
fortgeführt, sondern mit einer andern vertauscht wird, so dass sich Anfang
und Ende nicht entsprechen. Am seltensten finden wir dies bei Caes. und
Tac, häufig bei Cic, namentlich in längeren Perioden, ebenso bei Liv., am
meisten bei minder sorgfältigen Stilisten wie Varro. Ein Beispiel genüge:
Celsus 3, 7, 1 xmrcius in his agendum est, non facile sanguincm mUtere:
dies mittere setzt ein agcre oportet voraus; vgl. fürs Qriech. Plat. Grit,
p. 51 C.
Anmerkung. Aus einer ursprünglich appositiven Konstruktion (vgl. Syntax §46)
hat sich eine Art Anakoluth gebildet, welche wir besonders im 8p. L. finden» der sog.
Nominativus absolutus; vgl. Piso fragm. 27 p. 84 P hi cantempnentes cum (usurgere ei
nemo voluit, und im Sp. L. üb. de Constant. '21 mane autem fcmto coniuges ipsi evigüantes,
coepit sponso dicere stto. Der Nomin. abs. zog dann auch einen Akkus, abs. nach bei
Ennod. Vict. Vit. Venant. Fort Lucif. und andern Spätlat.
Vgl. Lehmann, Allgem. Mechanismus des Periodenbaus, Danzig 1883; Wesener, De
periodorum 1a\. proprietatibus, Fulda 1860; Weissenborn. Untersuchungen über den Satz-
und Periodenbau in Vergils Aeneide, Mühlhausen 1879 Progr.; Kriebel, Der Periodenbau
bei Cic. und Liv., Prenzlau 1873; Devantier, Über das lateinische sogenannte Relativum
in der Verschränkung oder Konkurrenz. Friedeberg Nm. 1886 Progr.; Back, Über den lat.
Satzton und sein Verhältnis zum deutschen Satzton, Birkenfeld 1885 Progr.; Clemens, E.
de Catulli periodis, Göttingen 1886.
4. Reinheit und Angemessenheit der Sprache.
54. Reinheit der Sprache wird erreicht durch Vermeiden aller
fremden Wörter und Wortformen, sowie durch Ausschluss aller Archaismen
und unnötigen Neologismen; Angemessenheit aber durch die nicht zu
hoch gehende, aber auch nicht zu tief greifende und dem behandelten
Gegenstand entsprechende Wahl des Ausdrucks und der sprachlichen Form
überhaupt.
55. Gräzismen. Bei dem grossen Einflüsse, welchen die griechische
Sprache und Litteratur auf die Ausbildung der latein. Sprache ausübte,
mussten notwendigerweise auch griechische Wörter herübergenommen werden.
Fast selbstverständlich hat man Gegenstände, die aus Griechenland impor-
tiert waren, mit ihrem einheimischen Namen auch auf italischem Boden
bezeichnet, z. B. scyphus, cymba, epityrum; die Künste und Wissenschaften
verpflanzten sich von Griechenland herüber, die ohnehin schwerfällige lat.
Sprache hatte nicht sofort für die neue Errungenschaft ein passendes Wort
bereit, und so musste man bei sonst strenger Abschliessung gegenüber dem
Fremden noch froh sein um den griechischen Ausdruck. Für Schilderung
griechischer Verhältnisse reichte oft die lat. Bezeichnung nicht oder deckte
den Begriff kaum, und so behielt man z. B. rf/ca, ex ephebis excedere, lyra
u. ä. immer bei, wo es sich um Griechenland und seine Einrichtungen han-
delte. Schliesslich führte der höhere Umgangston manche Wörter ein, die
ähnlich wie bei uns viele französischen Ausdrücke Bedürfnisse der höheren
Gesellschaftsschichten benennen. So konnten sich Römer von echtem Schlage,
die mit Verachtung auf alles Fremdländische blickten, z. B. der alte Cato,
der eingebürgerten griechischen Wörter nicht ganz enthalten, und wenn
566 B. Lateinische Grammatik, e) Lateinische StilistÜL
er auch gegen das eingewanderte awygddlum sich durch nt^ graeca zu
verwahren suchte, so blieb ihm doch nichts anders übrig, als trapeiumf
placenta u. ä. Wörter in Wort und Schrift zu gebrauchen. Doch seit
Ennius, der ja der griechischen Sprache einen weitgehenden Einfluss zur
Politur und Bereicherung des Lateinischen einräumte, war man gewohnt
sein römisches Gewissen durch Latinisierung der Endung und soweit mög-
lich auch der übrigen Form zu salvieren; so haben Ennius, Plaut. Caecil.
Pacuv. u. Ter. fast ausnahmslos die griechischen Wörter lateinisch dekli-
niert, ferner wurde amurca aus ccfio^y^j^ Alcumena aus Ukxitirjvij, gumifM-sium
aus Y^*f^^'^^^^^'^ techina aus rc'xvrj u. ä. Nur Acc. wagte es entgegen der
herrschenden Übung stäi*ker zu gräzisieren und, wie Varro sagt, die Wörter
o prisca consuetudine movere et ad formas Graecas verborum nuzgis revocare;
allein er fand wenig Anklang, und wenn auch Lucil. Varro u. Catull viele
griechische Formen aufweisen, so war es doch den aug. Dichtem vor-
behalten (z. B. Horaz in den Oden, nicht in den Satir. u. Epist., Verg. Ovid)
dies für die Dichtersprache als Regel aufzustellen, und mit Formen wie
h^roisin, wofür der Prosaiker heroidibus sagte, hervorzutreten.
Im übrigen kann man sagen, dass die römischen Schriftsteller sorg-
fältig über die Reinhaltung ihrer Sprache gewacht haben. Selbst Plaut,
u. Ter., die doch griechische Lustspiele übersetzten, hielten sich von un-
nötigen Fremdwörtern fern, besonders gilt dies von dem elegant dichtenden
Ter. In der Folge mischte zwar Lucil. gerne Lateinisches und Griechisches
durcheinander; aber er fand damit wenig Beifall, und noch Horaz glaubte
es rügen zu sollen; auch Varro Hess mancherlei griechische Phrasen
in seinen Gedichten mit unterlaufen, doch offenbar nur solche, die all-
gemein bekannt waren. Um so mehr schloss sich Lucrez von allem
Griechischen ab, ja er suchte, soweit dies damals möglich war, sogar die
philosophischen termini durch lateinische zu ersetzen, und so sind grie-
chische Wörter bei ihm sehr selten. Besonders ängstlich war Cicero auf die
Reinheit seines Ausdrucks bedacht; wenn er auch der Gewohnheit der dama-
ligen Konversationssprache in seinen Briefen ad Att. nachgab und vielleicht
manchmal seinem Atticus zuliebe etwas „Attisches*" einfliessen Hess, so hat
er in seinen übrigen Schriften und ganz besonders in den Reden seinen
Grundsatz (Tusc. 1, 15 scis cnim me gracce in latino sermone non plus
solere quam in graeco laiine) streng eingehalten. Ganz ebenso hat es Caesar
gemacht, auch Sallust und Livius. Bekannt ist, dass Tiberius sich als eif-
rigen Puristen erwies, der lieber eine Umschreibung als einen fremden
Ausdruck wollte. Aber die ganze römische Kultur war mit so viel grie-
chischen Elementen durchdrungen und die bessere Gesellschaft so sehr an
die griechische Konversation gewöhnt, dass solche Bestrebungen nicht mehr
aufkamen, namentlich seitdem der Nationalstolz gebrochen und der Sinn
für die Reinheit der Sprache beim Volke getrübt war. Seit der Zeit des
Quint. dringt die von den aug. Dichtern gepflegte griech. Deklination griech.
Wörter auch in Prosa ein; Celsus u. Plin. mai. gebrauchen ohne Not griech.
Wörter, und ihr Beispiel fand nur zu bereitwillig Nachahmung. Eine ehren-
werte Ausnahme in dieser Zeit macht Tac, der z. B. Hist. 5, 23 das von
Liv. 38, 38 gewagte moneris zurückweist und dafür die Umschreibung guac
4. Beinheit und Korrektheit der Darstellung. (§ 55.) 567
Sf'mplici ordine agebantur gebraucht und sogar eingebürgerte Wörter wie
philosophus und philosophia ängstlich meidet. Aber nach ihm zeigen sich
immer mehr fremde Eindringlinge, die lat. Sprache verliert von Stufe zu
Stufe ihren nationalen Charakter und wird zu einer Art Universalsprache,
in welche sich die heterogensten Formen und Strukturen mengen.
Interessant ist es hier den Einfluss des Christentums zu beob-
achten. Die christlichen Schriftsteller waren aus mehrfachen Gründen ge-
zwungen, nach griechischen Wörtern zu greifen, zunächst weil ein lateini-
sches entsprechendes Wort nicht vorhanden war oder bei der Bevorzugung
der griechischen Sprache im liturgischen und homiletischen Gebrauche für
paganisch erachtet wurde, oder weil es die Sache nicht deckte oder zu
wenig umbildungsfahig war (zu Adj. Adv. Verben). Gleichwohl regte sich
auch hier noch einmal die altrömische Energie, um die Gräzismen möglichst
auszumerzen oder doch wenigstens umzuformen; das erstere gelang weniger,
und der Kampf ums Dasein einzelner Wörter fiel sehr ungleich aus, so
zwischen condlium und st/nodus, excommunicarc und ancUhemizare^ dominicum
und ecclesia; man kann sagen, dass die älteste Bibelübersetzung puristischer
verfuhr als die spätere Bearbeitung und die eccl., welche mehr die griech.
Ausdrücke bevorzugten. Die Umformung der letzteren durch Hinzufügen
einer lat. Endung fand besonders bei häufig gebrauchten und volkstüm-
lichen Wörtern statt; war einmal die Umformung vollzogen, so begann so-
fort die Ableitung, und so entstand auf diese Weise ein bedenklicher Reich-
tum der christl. Sprache, z. B. hUtsphanare zog ein blasphcmatio und hlas-
phemator nach sich, wie baptizare ein bai)tizator^ baptizatio, rebaptizator
und rebaptizatio u. ä. Allein wie überhaupt seit dem II. saec. wurden
auch hier vielfach die griechischen Endungen beibehalten ; an dem Verfall
der Kasusendungen beim Übergang ins Romanische nahmen selbstverständ-
lich auch die griechischen Formen Anteil, ja sie wurden als Fremdlinge
vielfach noch häi*ter behandelt.
Schon in der Syntax habe ich vielfach Konstruktionen von dem Ver-
dachte des Gräzismus befreit und als echtlat. nachgewiesen. Gleichwohl
ist sicher, dass die Dichter aller Zeiten, am meisten aber die aug., dann
Livius und andere Prosaiker, namentlich wenn sie nach griech. Vorbildern
arbeiteten oder wie Ammian aus Griechenland stammten, unwillkürlich
Konstruktionen aus der fremden Sprache in die eigene verpflanzten. Selbst-
verständlich fand dies nur da statt, wo die lat. Sprache, ohne dass ihr
Gewalt geschah, die Konstruktion aufnehmen konnte, besonders also wenn
bereits Analogien vorhanden waren. Übrigens sind neuerdings viele der
landläufigen Gräzismen als Vulgarismen nachgewiesen worden.
Von untergeordneter Bedeutung ist der Einfluss der übrigen Sprachen.
Durch die nahe Berührung mit den in Oberitalien wohnenden Galliern und
die starke Einwanderung der letzteren seit der lex Julia verirrten sich
einzelne keltische Wörter in die Diktion mancher Schriftsteller, weniger
der urbanen (vgl. jedoch Landgraf zur Rose. S. 167), als der aus Gallien
gebürtigen, z.B. des Catull, Nepos, Liv. In späterer Zeit wird die semi-
tische Einwirkung mächtig, besonders im Gebiete des sog. afrikanischen
Lateins; sie äussert sich ind^s weniger in der Wahl der Wörter, als in
568 B. Lateinische Grammatik, e) Lateinisohe Stilistik.
der syntaktischen Fügung und einer überreichen Diktion, daher der „tumor
Africus".
56. Neologismen. Bei der eigentümlichen Entwicklungsgeschichte
der lat. Sprache war eine Beschränkung der Autoren auf den vorgefundenen
Sprachschatz geradezu unmöglich. Freilich Bildungen, welche dem Charakter
und den Formationsgesetzen der lat. Sprache nicht entsprechend waren,
wurden selten gewagt, und wenn sie an die Öffentlichkeit traten, wurden
sie alsbald verlacht und dem Spotte wie dem Untergange zugleich preis-
gegeben, so z. B. repandirostrus bei Pacuv., contemnifictis bei Acc, femer
incurvicervicus u. ä. Solches durfte sich nur die Komödie gestatten, der
dann eine späte geschmacklose Zeit in ernster Diktion nachahmte. Dagegen
wusste schon Ennius in richtiger Weise der noch armen und spröden
Sprache aufzuhelfen, ebenso andere alten Dichter, und neben diesen arbei-
teten auch die Grammatiker mit an der Bereicherung der Sprache. Mit
Lucrez und Cicero, welche zuerst philos. Gegenstände zur Darstellung
brachten, zeigte sich das Bedürfnis nach philos. Termini, und so streng
sich sonst Cic. aller Neubildungen enthielt, hier konnte er derselben nicht
en traten. Gleichwohl verfuhr er äusserst bedächtig und behutsam, wie
Lael. 49 zeigt, wo er das neue, dem griechischen mTi^iXetv nachgebildete
redamare durch die Worte ut ita dicam entschuldigt. Ähnlich erging es
dem Verg., besonders aber dem Ovid, bei welchem die Leichtigkeit in
Handhabung der Sprache vielen neuen Wörtern das Leben gab. Die Eaiser-
zeit brachte mit der Schaffung neuer Begriffe auch neue Wörter (darunter
manch schlimme Eroberung, vgl. Tac. ann. 6, 1); ebenso musste der Fort-
schritt in der Kunst und im Handwerk eigene Bezeichnungen zu bekommen
suchen. Aber wenn auch Fachschriftsteller besonders in Zusammensetzung
und Ableitung sich manches herausnahmen, wie sanguisuga, dentidticnmj
rupicapray cucungia u. ä. zeigen, so erkennt man doch immer und wieder,
wie die Sprache sich gegen solche Neubildungen sträubte und lieber wieder
durch Umschreibungen mittels des vorhandenen Sprachstoffs sich zu helfen
suchte. Die silberne Latinität legte die Scheu der klassischen Sprache ab
und that viel für Bereicherung des Wortschatzes; Adj. auf bllis und andere
Ableitungen wagt man jetzt unbedenklich, und das Sprachgefühl weist lange
Formen wie miscrdbilissimum u. ä. nicht mehr zurück. Am wichtigsten
aber wurde der Einfluss des Christentums. Nicht genug, dass ein Bedeu-
tungswandel umfassendster Ausdehnung eintritt, so dass dieselben Wörter
bei Seneca und christl. Autoren ganz anderes bezeichnen, wird die Sprache
durch zahllose Neubildungen bereichert. Selbstverständlich hat sich hier
die Analogie sehr witksam gezeigt, und ein pacificator bei Cic. fand seine
Nachbildung in salvificafor, significator, ein magistratu^ in ancillaUis, cleri-
cafus; inaccessus (vgl. § 7) genügte nicht mehr, dafür wurde in<icccssibilis
gesagt u. s. w.
57. Archaismen. Die Diktion eines Schriftstellers soll der Ent-
wicklungsperiode der Sprache, welcher er angehört, entsprechen; damit
ist gesagt, dass er nicht willkürlich in den Sprachschatz früherer Zeiten
zurückgreifen und denselben in die Diktion seiner Epoche einmischen darf.
Gleichwohl kann entsprechend dem Gegenstand doch der Rede eine alter-
4. Remheit nnd Korrektheit der Darstallnng. (§ 56—58.) 569
tümliche Färbung gegeben werden, ohne dass die Angemessenheit darunter
leidet; allein dazu gehört viel Takt, und diesen haben manche Autoren
nicht besessen.
Schon die alte Tragödie bediente sich zur Erhöhung des Pathos ge-
legentlich eingestreuter Archaismen, noch mehr fand dies im Epos, z. B.
den Annalen des Ennius, statt. Der streng nationale Lucrez verwendete
mit voller Absicht Archaismen, ebenso fügte Gatull, jedoch mit sparsamer
Hand, altertümliche Formen und Wörter zur Erzielung archaischen Kolorits
ein. Ihnen schloss sich Vergil an und zwar dem Stoffe entsprechend be-
sonders in der Äneide. Unter den Prosaikern bediente sich Gic. im Cato
mai., femer in de rep. und de legg, absichtlich der Wendungen und
Ausdrücke aus früherer Zeit; ebenso ahmt Livius in der Erzählung alter
Geschichten mit Geschick die Sprache der früheren Periode nach. Weiter
als diese ging freilich die durch Varro, Sallust, Pollio, Plin. mai. u. Tac.
repräsentierte Richtung der lat. Prosa; doch auch sie wussten, abgesehen
vielleicht von Varro, immerhin noch die Angemessenheit zu wahren, so
dass der altertümelnde Ton bei Sali, vielfach als Vorzug gepriesen wird.
Wirkliche Übertreibung Hess sich erst bei den Nachahmern des Sali.,
z. B. L. Arruntius, konstatieren, welche masslos in der Anwendung von
Archaismen verfuhren und dadurch geradezu Ekel und Überdruss erregten.
Der Kaiser Augustus freilich war den archaisierenden Bestrebungen nicht
günstig; er sprach sehr drastisch von dem „Gestanke verlegener Wörter"
(Suet. Aug. 86 recanditorum vtrborum foctores). Allein hier drang die Macht
des Herrschers nicht durch. Die Sehnsucht nach der guten alten Zeit,
wie sie namentlich von der Opposition in der ersten Kaiserzeit genährt
wurde, pflegte systematisch das Hervorholen altertümlicher Wendungen,
und vielfach suchte man sich im Zurückgehen auf die alte Zeit förmlich
zu überbieten (Sen. ep. 114, 13: Gracchus Ulis et Crassus et Curio nimis
cuUi et recentes sunt: ad Appium usque et ad Coruncanium redeunt^ vgl.
die Einleitung S. 388). Jedoch erst mit den Frontonianern bekamen diese
archaisierenden Bestrebungen in der Litteratur die Oberhand, indes nicht
zum Vorteile der Diktion; denn der Stil des Apuleius ist beispielsweise in
hohem Grade manieriert durch ein förmliches Haschen nach altertümlichen
Phrasen, Wörtern und Konstruktionen. Wenn auch hier manches Vulgäre
aus der Umgangssprache nach längerem Verschwinden wieder auftaucht,
so sind doch andere Wendungen lediglich aus den Alten reproduziert,
z. B. oppido beim Adj. u. ä.
58. Angemessenheit des Ausdrucks. Bei aller Meisterschaft,
mit welcher Plaut, die Sprache handhabt, ist ihm doch nicht gelungen, die
Angemessenheit durchweg zu wahren. Während er offenbar auf eine reiche
Erfahrung gestützt die Denkart und Sprechweise der untern Schichten der
Gesellschaft trefflich wiedergiebt, erreicht er es nicht, die einer höheren
Bildungsstufe angehörigen Personen dementsprechend reden zu lassen. Wir
finden daher bei allen auftretenden Persönlichkeiten die eine derbdrastische
Sprache mit ihren unfeinen, meist dem Sklavenjargon entsprungenen Witzen,
die oft ins Gemeine umschlagen. Bei Terenz dagegen ist der Ausdruck
mehr dem Charakter entsprechend nuanciert, und seine Fabeln sind wie
570 B. Lateiniache Grammatik, e) Laieiniache StUisUk.
Quint. 10 1, 99 sagt in hoc gener c elegantissimae. So weit das grosse
Trümmerfeld der lat. Tragödie ein Urteil zulässt, präsentierte sich die
Sprache der röm. Tragiker in voller tragischer Würde, die nur selten von
plebeischen Wörtern entstellt wurde; besonders gefeilt im Ausdruck ist
Accius, doch stört hier bereits die Grundrichtung der gesamten röm. Lit-
teratur und zwar der pros. wie der poet., nämlich die Neigung zu rhetor.
Darstellung. Die Anfänge des Epos bei Naevius scheinen steif und leblos
wie die Annalistik gewesen zu sein; Ennius dagegen sucht überall Be-
rührung mit Homer, daher ist sein Ausdruck zumeist angemessen und
verirrt sich nur selten. Ganz das gleiche kann man von Lucrez sagen,
der sich durchaus an Ennius anschloss und so für seinen erhabenen Stoff
auch eine entsprechende würdige Form fand. Im ganzen müssen wir jedoch
bezüglich der mit Lucrez abschliessenden Periode sagen, dass die Ange-
messenheit litt unter der noch nicht vollzogenen Scheidung von Prosa und
Poesie ; daher die vielen Abstr. auf to, tos u. tiido, die Adj. auf osus u. biUs,
das Vorwiegen von Kompos. mit ficus u. ä. Dies wurde mit Catull besser;
denn er überwand zuerst die Schroffheit des altertümlichen Ausdrucks und
schlug neue Bahnen bessern Geschmackes ein, ohne sich freilich ganz von
der Tradition emanzipieren zu können. Weniger angenehm aber berührt
aus gleicher Zeit Varro in seinen Dichtungen; wenn auch der Stoff der
Satiren eine ziemlich niedere Diktion ertrug, so widert doch das förmliche
Haschen nach Ausdrücken des gemeinen Lebens wie parvissimus, saÜs-
facitur, in humu u. ä. den Leser an. Wahre Muster der Angemessenheit
dagegen sind Horaz und Vergil. Der erstere bandhabt die Sprache mit
vollendeter Meisterschaft und weiss daher immer die richtige Höhe der
Diktion zu finden; der lyrisch erhabene Schwung der Ode verträgt sich
nicht mit den tagtäglich begegnenden Ausdrücken; während Horaz in den
Satiren und Epist. unbedenklich surrexe statt surexisse, quis statt quihus,
caballus statt equus, haud statt non sagt, meidet er dies alles sichtlich in
den Oden, und hier muss auch das alltägliche Europam dem selteneren
und feierlicheren Europen weichen. Auch bei Vergil ist eine überall
hervortretende Abneigung gegen Worte und Wendungen des gewöhnlichen
Lebens zu erkennen ; die Sprache eines Heldengedichtes zur Verherrlichung
der neugegi'ündeten Dynastie verlangte Schwung und Würde, und diesem
Postulat kam Vergil durch Anwendung seltener Ausdrücke und Konstruk-
tionen, sowie pomphafte Färbung der Rede entgegen. Wenn auch wir
darunter manches gewagt und befremdlich finden, so haben doch die Römer
selbst anders darüber geurteilt. Der jüngste und begabteste Augusteer
Ovid zeigt feinen Sinn für die Angemessenheit der Sprache; in den epi-
stulae u. ä. weiss er den Ton der urbanen Umgangssprache geschickt zu
treffen, während seine Met. u. Fasti je nach der Bedeutung des zu be-
handelnden Stoffes hohen Schwung erreichen.
Die Prosa der vorklassischen Zeit enthält ausser den Schriften Catos
wenig von Belang. Aber gerade dieser Hauptvertret^r des Altlat. wusste
so die Sprache dem Stoffe anzupassen, dass man sogar daran denken konnte,
die gleichmässige Abstammung so verschiedenartig geschriebener Werke
in Zweifel zu ziehen. Das wahre Muster einer angemessenen prosaischen
4. Beinheit nnd Korrektheit der Danitellimg. (§ 58.) 571
Diktion ist aber in den beiden Klassikern Caesar und Cicero gegeben.
Der letztere charakterisiert seinen Standpunkt in den vielzitierten Worten
ad Fam. 9, 21: quid tibi ego videor in epistulis? nonneplebeio sermone agere
tecum? . . . ip.«a iudicia non solemus omnia tractare uno modo; privatas
causas et ea5 tenuis agimus suhtiliuSy capitis axU famae scilicet ornatius;
epistu^as vero cottidianis verbis texere solemus; Caesar aber sagt selbst, im
delectus vcrborum liege origo eloqucntiae, und Cicero urteilt über Caesars
Denkwürdigkeiten (Brut. 261): nudi sunt, recti et venusti omni ornatu ora~
tionis tamquam veste detracta. Wer also nach einer angemessenen lat.
Diktion strebt, der muss auf die Nachahmung Cic. und Caes. verwiesen
werden; für den einfachen historischen Stil sind Caes. commentarii, für
Reden, Abhandlungen, Briefe aber Cic. Schriften massgebend, weil in ihnen
die schönste Harmonie zwischen Inhalt und Form herrscht. Anders wird
dies mit Livius.
Denn hier beginnt bereits das Bestreben, welches in der sog. silbernen
Latinität die Angemessenheit ausserordentlich stört, ja schliesslich ganz
aufhebt. Freilich muss man die Auffassung der Geschichte bei den Kömern,
wonach die historia quasi solutum Carmen ist, berücksichtigen, ebenso die
oben besprochene Neigung zu rhetorischer Gestaltung in Prosa und Poesie,
welche in der beginnenden Kaiserzeit eine bedenkliche Höhe erreicht,
schliesslich den Einfluss, den poetische Quellen auf den Geschichtschreiber
ausüben: immerhin wird man bei allem Zauber der Darstellung des Liv.
doch sagen müssen, dass er die Angemessenheit nicht durchweg zu wahren
gewusst und dass eine rhetorisch-übertreibende oder dichterisch-färbende
Diktion öfters uns an den sinkenden Geschmack mahnt. Doch nach Liv.
wird es viel schlimmer. Es schwindet jedes Gefühl für Angemessenheit
des Ausdrucks, derselbe wird gekünstelt, gewunden und spitzfindig, es
zeigt sich ein förmliches Haschen nach hochtönenden Phrasen, die Figuren
und Bilder werden zu kühn, und die Gemeinplätze überwiegen. Das Wort
des alten Cato rem tene, verba sequeniur galt nicht mehr, das Streben nach
einer pikanten Diktion überwand jede sonstige Rücksicht, und damit schwand
such der Unterschied zwischen den Stilgattungen. Dies sehen wir bei Vel-
leius in den scharf pointierten Charakteristiken, bei Seneca und Plin.
min. namentlich in den Briefen, welche entgegen der einfach natürlichen
Darstellung in Cic. epp. ein bewegtes pathetisches Element einführen, das
eigentlich nur der oratorischen Diktion angehört; dabei darf man freilich
nicht übersehen, dass Seneca nur die epistolare Form für seine Abhand-
lungen gewählt hat. Eine erfreuliche Reaktion wurde von Quintilian
begründet, er sucht sich, soweit dies überhaupt bei dem Menschen, der ja
immer ein Kind seiner Zeit ist, möglich werden kann, von dem schlechten
Geschmack der Autoren des silbernen Latein loszureissen ; sein Lehrbuch
der Rhetorik wahrt auch in der That die Angemessenheit des Ausdrucks
und erhebt sich selten über die Höhe eines lebhaften und anregenden Lehr-
vortrags. Auch die Folgezeit weist einen oder den andern Autor auf, den
das Studium der massvoll schreibenden Alten und eigener guter Geschmack
vor den auffallendsten Verirrungen bewahrte. Hieher rechneten die Römer
selbst den Sueton, den z. B. Vopiscus „emeyidatissimus et candidissimtis
572 B. Lateinische Grammatik, e) Laieinisohe Stilistik«
scriptor" nennt; und wirklich sind seine Bilder nicht zu kühn und der
Ausdruck überhaupt nicht ^o erkünstelt wie bei Gurtius, Florus u. a. 6e-
schichtschreibem, die als echte Kinder ihrer Zeit so schwülstig und über-
trieben als möglich schrieben.
Vgl. Bebbmann, Griech. Wörter im Lat, Leipzig 1874; Tuchhandler, De vocab.
graec. in linguam latinam translatis» Berlin 1876; dann die Arbeiten von Saalfbld, besonders
dessen tensaurus italograecus, Wien 1884.
5. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Darstellung.
59. Wenn der Schriftsteller einen ausgiebigen Gebrauch von den
sprachlichen Mitteln macht und sich nicht auf das absolut Notwendige in
der Darstellung beschränkt, so entsteht dadurch eine reiche Diktion. Vor
allem ist es Eigentümlichkeit der Sprache des Volkes, dann der Dichter
und Redner, nicht in Anwendung der Darstellungsmittel zu kargen; wir
werden somit in allen der Umgangssprache nahe stehenden Schriftwerken,
den Dichtungen, den Reden und in der poetisierenden nachklassischen
Prosa Reichtum der Darstellung finden. Manchmal versteigt sich dieser
zur Verschwendung, was in Komödien begreiflich ist, unangenehm aber in
der Prosa wirkt; daher kommt uns gar manches in der silb. Lat., noch
mehr bei Apuleius und überhaupt im Spätlat. manieriert oder abgeschmackt
vor. So sagt beispielsweise Treb. Pollio trig. tyr. 16 paternae indulgenfiae
affectione permotus für einfaches paterno amore motus. Mit dem Reichtum
der Sprache hängt enge die Mannigfaltigkeit zusammen, welche indes gleich-
falls zur Manier werden kann und uns dann ebenso anwidert, wie ein
zwar kostbares, aber in regelloser unschöner Weise überladenes Gewand;
Beispiele bieten auch hier besonders die silb., arch. u. spät. Latinität.
60. Unter Hendiadyoin verstehen wir die kopulative Verbindung
zweier Wörter, welche dieselbe Sache, aber nur von einer andern Seite
betrachtet, bezeichnen. Die Figur erklärt sich daraus, dass dem Sprechenden
der zweite Ausdruck als zu wichtig erschien, um ihn zur nähern Bestim-
mung des erstem zu machen, und er ihn somit demselben als gleich-
berechtigt koordinierte, z. B. Verg. G. 2 192 patcris libamus ei auro. Das-
selbe Verhältnis kann auch in ganzen Sätzen herrschen, freilich selten bei
klass. Schriftstellern, häufiger bei vulgärschreibenden und spätlat. Autoren,
z. B. Vopisc. Sat. 11, 1 errare quosdam et putare, was klass. nur cum
putent lauten könnte.
Anmerkung. Diejenigen, welche das Hendiadyoin weiter fassen, rechnen unter
dasselbe alle kopulativen Verbindungen, wo zwei Wörter in irgend einem andern Verhält-
nisse als dem zweier von sich unabhängigen Hegriffe zu einander stehen, z. B. festinatio
breinta^que litterarum, wo die festinatio der Grund der breritas ist. Im Altlatein hat sich
das Hendiadyoin in bescheidenen Grenzen bewegt, auch noch bei Cic. in den Erstlings-
schriften, während Cic. in den vollendeten Reden dasselbe sehr kultiviert (Wölfflik,
Archiv IV p. 143).
61. Synonyme Subst. Adj. Verb, und Adj. erscheinen verbunden,
um einen Begriff so voll als möglich zum Ausdruck zu bringen, z. B.
animum mentcmque^ cupidi avidique, relinquere atque descrcre u. ä. Diese
zunächst rhetorische Ausdrucksweise ist in der röm. Litteratur weit ver-
breitet, auch in der klass., erreicht aber ihren Höhepunkt in der vulgären
6. Reichtum und Kaimigfaltigkeit der DarsteUimg. (§ 59-63.) 573
Diktion, so namentlich bei Apuleius und dann im Sp. L. überhaupt; z. B.
Dracontius 5, 218 exsul et extorris, 5, 58 inimlcus et hostis.
Anmerkung. Hieher gehört eine Art des formelhaften zweigliedrigen Asyn-
deton. Dasselbe treffen wir vorzugsweise bei den komischen Dichtem, ganz selten in der
klassischen Zeit, nicht viel häufiger im silb. Lat., dagegen oft bei den Archaisten, wo
Fronto in ceteria aliis rebus, omnes universos, inter duos amhos u. ä. wieder auf-
genommen hat und damit bei Gell, und Apul. bereitwillig Nachahmung findet. Vgl. auch
$205 der Syntax bezüglich quoque etiam, üaque ergOj post deinde u. ä.
62. Gemination nennt man die unmittelbare Wiederholung eben-
desselben Wortes, z. B. niagis magiSy iam iam, auch durch einfache Kopula
verknüpft, z. B. minus mintisque, etiam atqvs etiam. Dieselbe erstreckt sich
auf Nomin. Verb. u. Partik.; sie findet sich besonders in der gehobenen
Poesie, in sorgfältig ausgearbeiteten Reden, bei den Historikern weniger
in der Erzählung, als in den orat. Partien; aber auch die Konversations-
sprache bedient sich dieses Mittels, so oft sie Pathos und Affekt in die
Rede legen will.
Anmerkung. Bei manchen Geminationen hat die Sprache in ihrer Entwicklung
einen Unterschied zwischen asyndetischer und kopulativer Fügung und in letzterem Falle
im Gebrauche der Konjunktionen selbst hervortreten lassen; z. B. ist in magia magisque
die Kopula spfttere Zuthat, ebenso überwiegt iam iam in archaischer Latinität, ali%M aliusque
gehört dem silb. Lat. an, während die klass. und vorklass. Sprache alius atque alius vor-
zieht u. ä.
63. Besonders im Gebrauche der Pronomina zeigt sich vielfach eine
förmliche Verschwendung. Hieher gehört:
1. die Setzung des Pron. poss., besonders des Refl. suus, namentlich
bei Nepos, Vitruv, Vell. u. Spätlat., wo die klass. Sprache die Beziehung
als selbstverständlich nicht zum Ausdruck bringt;
2. die Verstärkung des Poss. durch den Dat. des Pron. pers., z. B.
mens mihi, tuus tibi; Plaut. Cap. 50 suo sibi servit patri. Wir finden dies
bei Plaut. Ter., kaum wohl bei Cicero (vgl. Seyffert-Müller z. Lael. 11),
höchstens Phil. 2, 96 priusqtiam tu suum sibi venderes, in Prosa demnach
zuerst bei Vitruv 207, 18 R, dann bei Petron 66 und Colum. 12, 41, 3,
dann erst wieder bei den Archaisten und im Sp. L. bis in die späteste
Zeit herab, vgl. Rönsch, Semas. Beitr. II p. 52;
3. die Hinzufügung von quisqiiam zu nemc^ ullus, quis, von quidquam
zu nihiL Bei Cicero begegnen wir dergleichen nicht, wohl aber bei den
Kom., Cato, Liv. u. den Archaisten. Zu unterscheiden davon ist die Ver-
bindung von tinus mit quisquam, quivis^ quilibet^ nemo, nullus, quidam^ ali-
quis, welche auch der klass. Sprache angehört (ausser quisquam unus) und
worin unus fast immer seine gegensätzliche Bedeutung bewahrt, z. B.
Liv, 3, 45 cum multi magis fremerent quam quisquam unus recusare
auderet;
4. die Wiederholung des Subj. beim Infin., z. B. Plaut. Stich. 5, 4, 36
haud tuum est istuc vercri te. Die Komiker, die Briefe an Cic, ja Cic.
selbst in den epp. ad Att. weisen hiefür Beispiele auf;
5. die Häufung der Pronom., besonders des Pron. is. Während die
klass. Sprache in der Verwendung von is sich sehr massvoll zeigte und
höchstens im Briefstile dasselbe in abundant scheinender Weise zur Wieder-
aufnahme eines ebengenannten Subj. zuliess, übertreiben vulgäre u. spätlat.
Skribenten den Gebrauch desselben sehr; z. B. b. Hisp. 1, 4 cum aliquis ex
574 fi* Lateinisfvhe Grammatik, e) Lateiniaohe StOiatlk.
ea cimtate optime meriius civis esset, aliqua ei inferehatur causa, ut eo de
medio suhlato ex eins pecunia lutronum largitio fieret
64. Fülle des Ausdrucks entsteht durch Wiederholung des Verbs im
Partizip; dies finden wir noch nicht bei Plaut., wohl aber bei Ter. Andr.
298, bei Cato fr. 19, 2 Jord., bei Sisenna fr. 27 Romanos impetu suo pro-
telant, protelatos 2^(^rseeuntur, bei Lucrez, bei Caes. z. B. b. civ. 1, 28 fiaves
cum militibas reprehendwit, reprehensas excipiunf; bei Cicero wird in der
Regel ein sinnverwandtes Partizip gesetzt, z. B. p. S. Rose. 32 patrem iu-
gulastis, occisum in proscriptorum numerum rettulistis; Liv. u. die folg.
Historiker schliessen sich an Caes. an, so sagt noch Orosius H p. 97, 11 Z
Croesum cepit captumqiie vita donavit. Bei den epischen Dichtem steht das
Partiz. wohl regelmässig zu Anfang des II. Hemistichiums z. B. Ov. Met. 13,
189 nunc equidem fateor fassoque ignoscat Atrides,
66. Adverbiale Ausdrücke treten oft zu einem Verb., dessen Be-
deutung oder Zusammensetzung den Zusatz überflüssig ei*scheinen lässt,
z. B. necessario cogere, ante 2>raedictum est, rursus revertamur, nmgis mirari
prne, crebro ventifare u. ä. Wenn auch die mit rursus gebildeten Phrasen,
z. B. rursus rcddere manchmal etwas Gegensätzliches bezeichnen, und in
crebro ventitare, saepe visitare u. ä. (Lorenz zu Plaut. Pseud. S. 58 Anm. 48)
vielleicht die Iterativbedeutung des Verbs verblasst war, so müssen die
genannten Wendungen doch im ganzen als abundante Ausdrücke bezeichnet
werden, die vorzugsweise der Volkssprache angehören.
66. Auch im Gebrauch der Konjunktionen zeigt sich oft eine Abun-
danz des Ausdrucks, z. B. bei tametsi — tarnen, propterea quia, interea
dum, prlus quam — prius (Plaut. Poen. 321), ideo quod, nihilo minus —
tarnen, nisi st, quasi si u. ä. Bei Cicero findet sich dergleichen höchstens
in Erstlingsschr. u. epp., namentlich ad Att., z. B. 9, 15, 5 ^)rae/erQrtmf«
quod te moveri arbitror ojwrtcre iniuria, j>^(^^^^^^^ ^^ ipsum hie tiolavit.
67. Fülle des Ausdrucks zur Abrundung der Rede liegt vor:
1 . wo V V. des Sagens und Meinens namentlich in indirekten Frage-
sätzen fast pleonastiseh angefügt werden, z. B. Cic. Rose. Am. 153 videte
quem in locum rcmpuhlicam perventuram putctis! Dieser besonders den
Rednern eigentümliche Ausbau der Sätze findet sich schon bei C. Gracchus,
am häufigsten aber bei Cic. und zwar auch ausserhalb der Reden;
2. wenn zu einem speziellen Begriff eine näher erklärende Ausführung
hinzugefügt wird, gleichsam als ob ein allgemeines erst näher zu charakte-
risierendes Wort vorausgegangen wäre, z. B. permitto ut liceat bei
Cic. Caes. Nep., noii velle bei Cic. Nep., genus eiusmodi bei Cic. Varro
Sali. Nep. b. Afr. u. sonst; optio eligendi bei Cic, aditus convcniendi bei
Nep. u. ä.
68. Reich wird der Ausdruck auch durch die Verwendung der Di-
minutiva. Dieselben dienen zur Darlegung der Teilnahme, Zärtlichkeit,
besonders aber des Schmerzes, Spottes und der Verachtung. Sie sind sehr
zahlreich in der Sprache des Volkes und haben sich in derselben zu allen
Zeiten und so auch ins Romanische herein erhalten. Schon Plaut, braucht
Diminutiva in ausgiebiger Weise, Cicero namentlich in epp., dann Catull.
Am auffälligsten werden sie in der archaistischen Zeit und hier von Apul.
6. Reiohtnm nnd Mannigfaltigkeit der Daratellong. (§ 64—70.) 575
verwendet; derselbe treibt förmlich Missbrauch mit den Dim. und giebt so
seiner Diktion oft geradezu einen läppischen Charakter.
Spielerei mit Dim. treiben heisst es, wenn zum Subst. dim. noch ein
solches Adj. tritt. Doch hat dies schon Plaut., dann wieder die silberne
Latinität, z. B. Yal. Max. 8, 8, 1 filioli parvu/i, Apul. und namentlich der
hyperarchaistische Kaiser Hadrian gepflegt; man vergleiche seine Verse
bei Peter scr. bist. Aug. I p. 27 {animula vagulu blandula u. s. w.).
69. Metaphern dienen richtig angewendet ganz besonders zur reichen
Ausschmückung der Rede. Die alte und die klass. Sprache weiss hier
Mass zu halten; so werden z. B. die Ausdrücke des Entbrennens wie exar-
descere, accendi u. ä. bei Cic. nur von der Gewalt eines hervorbrechenden
Affekts gebraucht, z. B. exardescit sive amor sive amicitia. Im Verlaufe
der Zeit aber, besonders im silb. Latein, entwickelte sich eine masslose
Vorliebe für metaphorische Ausdrücke und zwar zum Nachteile der Rede,
wie z. B. Suet. Ti. 34 CoHnthiorum vasomm pretia in immensum exarsisse
schreibt.
70. Reichtum der Diktion wird auch erreicht durch die figura ety-
mologica und hinsichtlich des Klanges durch die damit verwandte All it-
teration und den Reim.
1. Unter der figura etymologica (vgl. Syntax § 55) versteht man
die Verknüpfung zweier Wörter desselben Stammes, wodurch indes nur
ein Begriff, dieser aber in gesteigerter und ausdrucksvoller Weise, bezeichnet
wird. Wir unterscheiden folgende Arten der fig. etymologica:
1. Verbindung von Nomen und Verb, und zwar in nachstehenden
Erscheinungsformen vitam vivere, odio odisse, potestas potest;
2. Verbindung je zweier Nomina oder Verba, z. B. rex regum, ptüchra
ptilchritudo, propero properare;
3. die etymologische Figur in der Komparation, z. B. stalte stultus,
pessimorum pessimus u. ä.
Eine Erweiterung erfuhr die fig. etymologica dadurch, dass an Stelle
des einen Wortes vom gleichen Stamme vielmehr ein Synonym trat, z. B.
actatem vivere statt vitam vivere; pseudoetymologisch heisst aber die
Figur in allen Fällen wie verhis verberare, detUes dentiunt, wo lediglich
Gleichklang herrscht; hierin war besonders die witzige Sprache des Plaut,
sehr fruchtbar.
Überhaupt bildete Plaut, mit grösster Kunstfertigkeit die fig. etymol.
in mannigfacher Weise aus; manche der von ihm eingeführten Formeln
erhielten sich, andere aber verschwanden mit ihrem Urheber. Bei Ter. ist
von der Kühnheit des Plaut, in Gestaltung etymol. Figuren nichts mehr zu
bemerken; er hält sich bereits an die Grenzen, welche nachher die klas-
sische Prosa sich zog und streng beobachtete; Lucil., Lucrez und nament-
lich Catull dagegen gingen wieder viel weiter als Ter. Bei Cic. ist eine
ziemlich gleichmässige Verbreitung der fig. freilich nur der allgemein üb-
lichen und vollständig eingelebten in allen Schriften zu bemerken, Caesar
jedoch, Corn. Nepos, Vell. Pat. u. Tac. verwenden sie sehr selten, während
Sali. u. Liv. ihr grösseren Spielraum gönnen. Wie in Allitteration und Reim,
so hat auch in Bevorzugung der fig. etymol. die archaistische Periode und
576 B. LateiniBohe Orammaiik. e) Lateinische Stilietik.
ganz besonders Apul. Grossartiges geleistet; fast ebenbürtig stehen ihm
auch hier wieder Tertullian und Augustinus zur Seite, die neben Wieder-
aufnahme üblicher Figuren gar noch neue schufen, z. B. paenitentiam
paniitere.
Wenn auch die fig. etymol. eine echtlateinische Spracherscheinung ist,
so lässt sich doch nicht leugnen, dass die Nachahmung griechischer Dichter
und bei den christlichen Autoren das griechische oder hebräische Vorbild
grossen Einfluss ausgeübt hat. Der echtlateinische Charakter der fig. etymol.
geht daraus hervor, dass sie sich in uralten Formeln schon findet und
dass sie in der rituellen, der gerichtlichen und publizistischen Sprache und
hauptsächlich im Sprichwort sowie in Lebensregeln, also in der natur-
wüchsigen Sprache des Volkes, ihre Heimat hat und dass ausser den an-
gestammten und sorgfältig weiter überlieferten Formeln sich im Laufe der
Zeit (abgesehen von besonders kühnen und neuerungssüchtigen Autoren
wie Plautus, Apuleius und Tertullian) keine neuen gebildet oder doch kaum
erhalten haben.
2. Die Allitteration gehört ebensogut der Prosa als der Poesie an;
ja, wir müssen sogar annehmen, dass der Ursprung der Allitteration nicht
in der Poesie zu suchen sei, und zwar weil eine der ältesten poetischen
Urkunden, das Carmen Arvale, keine bemerkenswerte Allitteration zeigt
und weil allitterierende prosaische Formeln über die ersten Dichter Roms
hinaufreichen. Am meisten bemerklich macht sich die Allitteration im
archaischen Latein, wo sie bei Plautus, welcher der Volkssprache überhaupt
und namentlich auch dem Sprichwort, zweien Fundgruben der Alliteration,
breiten Kaum gewährt, noch bedeutend wirksamer ist als bei Terenz.
Gegen das Ende der Republik wird sie weniger beliebt, und dies vererbt sich
auch in die erste Kaiserzeit; hier machen Quintilian und Tacitus, der letztere
wenigstens in den erzählenden Partien, fast gar keinen Gebrauch von ihr.
Erst mit Fronte brachte das Zurückgehen auf die Alten auch die Allit-
teration wieder zur Geltung; neben Fronto war besonders Apuleius und
von den christlichen Schriftstellern Tertullian reich an allitterierenden Ver-
bindungen; ja der letztere scheint noch neue bisher nicht gebrauchte, z.B.
pastus et pofiis und de eacio in caenum, eingeführt zu haben. In späterer
Zeit tritt die Allitteration immer mehr zurück, ihre Wirksamkeit hörte
zusehends auf, manche Schriftsteller verhalten sich ganz ablehnend ihr
gegenüber, z. B. Venantius Fortunatus, allein sie lebte in der Volkssprache
fort und drängte sich daher in besonders beliebten Verbindungen immer
wieder vor. In die romanischen Sprachen ist weniges übergegangen.
Die vokalische Allitteration, gewöhnlich Assonanz genannt, konnte
nicht die Bedeutung erlangen, wie die konsonantische; während regelmässig
nur a und a, e und e etc. assonieren, hat infolge vulgärer Aussprache
auch anrum und oniafns sich entsprochen; ja es scheint, dass der sermo
urbanus sich dem letzteren nicht ganz entziehen konnte, da z. B. auch
Vergil und andere aug. Dichter, in Nachahmung auch spätere, Wörter wie
auium und osfrum assonieren lassen.
Die Alliteration wie auch die Assonanz sind von besonderer Wirk-
samkeit bei syntaktisch koordinierten Gliedern; hier können Nomina, ge-
6. Reichtum und Xannigfaltigkeit der Daratellimg. (§ 70.) 577
wohnlich Subst., auch Adj. oder Adv., seltener Verba oder noch weniger
Partikeln allitterierend beigeordnet sein. Dieselben sind in ihrer Bedeutung
entweder synonym, oder sie ergänzen einander zu einer höheren Einheit
oder sind sich ausschliessende Gegensätze. Die ursprüngliche Form der
Zusammenstellung war die asyndetische, welche sich in Formeln noch bis
in spätere Zeiten erhalten hat, z. B. loca lautia, purns piUus u. ä. Zu-
nächst trat dann die Verbindung mit atque ein, an welcher auch Cicero
in feierlicher Rede festhält und die bei archaisierenden Schriftstellern
wiederkehrt; die jüngere Prosa begnügt sich mit et oder que. Be-
sonders häufig sind die disjunktiven Formeln mit nee — nee z. B. nee eor
nee eaptä.
3. Der Reim. Zu einem korrekten Reim genügt nicht die Gleichheit
einer oder zweier kurzen unbetonten Schlusssilben, etwa ealcaribtis montibtis,
sondern man bedarf dazu mindestens einer langen oder einer langen (be-
tonten) und kurzen Silbe, z. B. natiis und graius. Wenn der Reim als
stilistisches Mittel wirken soll, so ist abgesehen von der Endung noch
Gleichheit eines Buchstabens oder einer Silbe des Stammes zu verlangen,
wie dies in gemens und timens, noch besser in gemens und tremens der Fall
ist. Die reimenden Woi*te können entweder unmittelbar und zwar kopulativ,
seltener disjunktiv, verbunden sein, z. B. nee res nee spes, oder aber sie
bilden den Abschluss paralleler Sätze und Satzglieder, in Poesie von Versen
oder Halbversen; während wir erstere Erscheinungsform „reimende Ver-
bindungen** nennen, bezeichnen wir letzteres als „Gliederreim'' oder
„Satzreim*.
Bei Plaut, finden wir eine Anzahl strenger Reime, die er zum Teil
geschaffen, in der Mehrzahl aber wohl der Volkssprache entnommen hat,
z. B. mel et fel^ spes et opes, weniger bei Ter. und bei Cato; die Frag-
mente der Tragiker und der Annalen des Ennius weisen kein Beispiel auf,
somit waren reimende Verbindungen im höheren Stile gemieden. Dies zeigt
sich namentlich auch in der klassischen Sprache des Caesar und in den
späteren Reden Ciceros; freilich in den Briefen Hess sich Cicero bei seiner
Neigung zu Witzworten mehrfach Reime, darunter sogar rustike wie Att.
14, 19, 6 villam eellamque entschlüpfen. Sallust hat nur weniges, was
wahrscheinlich dem alten Cato entlehnt ist, auch Livius und die Vertreter
der silbernen Latinität, sowie Quint. u. Tac. sind äusserst sparsam im Reim.
Die aug. Dichter wiesen ihn offenbar absichtlich zurück; selbst Ovid bietet
nur Vereinzeltes, wie auch bei Horaz nur verus merus und ridet videt sich
nachweisen lässt. Das gleiche gilt für die nachfolgenden Dichter wie Lucan
Silius Statins u. a. Dagegen dringt mit den archaisierenden Bestrebungen
des Fronto der Reim in vielen neuen und alten Beispielen in die Lit-
teratur ein ; was früher nur in der Komödie erlaubt gewesen und von Cic.
und Quint. energisch zurückgewiesen worden, das glänzt jetzt in öffent-
lichen Vorträgen und in der mustergiltig werdenden Prosa. Die meisten
Reime gestattete sich Apuleius und bei den christlichen Schriftstellern
Tertullian und Augustin (vgl. Archiv III S. 455); Gellius dagegen verhielt
sich sehr zurückhaltend. Die Zeit nach den Afrikanern brachte weder in
der christlichen noch in der heidnischen Litteratur Bemerkenswertes hervor;
Huidbiich der klaoB. AltertnmawiaseMcbaft. II. 2. Aufl. 37
578 S* Lateinieche Grammatik, e) Lateinische Stilietik.
namentlich die letztere kultivierte lieber Allitteration und Assonanz als
den vollen Reim.
Der Satz- oder Gliederreim fand in der archaischen, klassischen
und silbernen Latinität abgesehen von der Zauberpoesie und der Geschmacks-
verirrung einzelner Rhetoren so gut wie keine Verwendung. Anders wird
es auch hier mit den Afrikanern. Apuleius und. in viel höherem Grade
Tertullian bildeten den Gliederreim aufs sorgfaltigste aus; namentlich der
letztere verwendete ihn so häufig in seinen Schriften, dass ein Einfluss auf
die folgenden christl. Schriftsteller unvermeidlich war. und in der That
pflegte auch Augustin den Glieder- und Satzreim, zumeist in den Predigten;
daraus geht hervor, dass der Reim populär war; nur Hieronymus verhielt
sich merkwürdiger Weise ablehnend. Auch das christliche Kirchenlied
neigt dem Reime zu, wenn auch derselbe meist nicht korrekt gebildet oder
nicht regelmässig durchgeführt ist; an moderne Reimkünste erinnert ein
Vers des Nigellus: ncc tua nira colo, ncc tua iura volo.
71. Mannigfaltigkeit im Ausdruck suchen nach dem Vorgange der
august. Dichter Liv. und besonders Tac. dadurch zu erreichen, dass sie in
parallelen Satzgliedern verschiedene Konstruktionen, z. B. Sing, statt Plur.
u. ä. eintreten lassen, z. B. Verg. Aen. 6, 858 Poenos Gallumque reheUem,
Damit ist die Konzinnität, welche die klassischen Schriftsteller so hoch
stellen, verletzt. Es steht fest, dass für Cicero eines der höchsten Ge-
setze des Ausdrucks war, korrespondierende Satzglieder gleichartig zu
gestalten und gleichmässig auszubauen; so sagt Cic. pro Sest. 14 ut eos,
quorum sceleris furore molatus esscm, vocis libcrtate perstnngerent
nur der Konzinnität wegen sceleris furore statt scelere. Offenbar war
schon zur Zeit Ciceros eine gewisse Abneigung gegen diese Gleichmässig-
keit, welche in ungeschickter Handhabung ermüdend und abschreckend
wirken muss, entstanden. Die ersten Autoren nun, die gegen die klassische
Konzinnität Widerspruch erhoben und an ihre Stelle die Abwechslung
im Ausdiuck zu setzen suchten, waren Asinius Pollio und Sallust; der
letztere ging bereits soweit, dass er von ein und demselben Worte, z. B.
experSy neben einander den Gen. und den Abi. abhängig sein Hess. Mit
den aug. Dichtern u. Liv. stiegen diese Bestrebungen immer mehr, und mit
Tac. erreichten sie ihren Höhepunkt, namentlich in den Annalen; beispiels-
weise lässt Tac. erst in den Annalen Part, praes. u. Abi. gerund.. Dat. u.
Gen. gerund., das Gerund, und Finalsatz, Bedingungs- und Finalsatz, z. B.
ann. 11, 28 sed in eo discrimen verti, si defensio audirctur, utque clmisae
aures etiam confitenti forent, abwechseln.
Anmerkung 1. Bei Dichtern, namentlich bei Properz, werden zwei Verba, die
parallel stehen und von der nämlichen Konjunktion abhängen, in verschiedenen Modus
gesetzt, z. B. Prep. 5, 4, 10 quid tum Roma fuit, cum q unter et saxa lovis tuhicen otqM
stahant Romano pila Sahina foro? In der Prosa der bessern Zeit, namentlich bei Cicero,
sind alle Beispiele nach Madvig's Vorgang geändert; im Sp. L. aber ist die Abwechslung
zwischen Indik. und Konj. nicht zu beanstanden, z. B. Hygin. 51, 12 Argonautae dum
ajmd Lycum morantur et stramentatum exissent; dasselbe gilt für Ammian. Sulp. Scv. u. a.
Anmerkung 2. Abwechslung im Ausdruck entsteht, wenn in entsprechenden Satz-
gliedern ein aktiver und passiver Infinitiv von einem impcrsonellen Verb abhängig gemacht
werden, z. B. Cic. fat. 23 id fuit defendi melius quam introducere declinationem ;
Cic. und Caes. haben dafür trotz ihrer Vorliebe für Konzinnität viele Beispiele. Weniger
auffallend ist der Übergang von einem Genus verbi ins andere beim Anschluss des aktiven
Infinitivs an ein personliches Verb, z. B. Sali. Cat. 8.
5. Reichtum und Mannigfaltigkeit der Daretellnng. (§ 71—73.) 579
Anmerkung 3. Den Historikern ist eigen in parallelen Satzgliedern Adj. und
Adv. wechseln zu lassen, vgl. Sisenna fr. 15 occulte tacitique advenientiam cohörtium prae-
stolari occipiunt. Hier mag das Vorbild des Thukyd., vgl. 3, 4, 1 cenaQaaxevoi, xnl i^-
tti(pvrjg und so oft, viel beigetragen haben. Dem Sali, haben diese Konstruktion seine
späten Nachahmer abgelauscht, z. B. Dict. cret. 5, 12 foede atque inultos obtruncari (Cic.
Fam. 13, C9 nan vulgare nee ambitiöse ist korrupt).
72. Mannigfaltigkeit im Ausdruck entsteht dadurch, dass die Schrift-
steller einen in kürzerer Frist öfter sich wiederholenden Begriff auf ver-
schiedene Weise zur Anschauung bringen. Massvoll und rechtzeitig an-
gewendet wird dieser Wechsel im Ausdruck Einförmigkeit vermeiden und
somit ein Vorzug sein ; dies ersehen wir aus den Schriften Ciceros, Caesars,
des Liv. u. Tacitus und anderen Autoren, die wenn zum Teil auch pathetisch
und rhetorisch, doch nicht manieriert schreiben. Dagegen hat die silberne
Latinität, besonders Vell. Plin. mai. u. Curt. und von den Archaisten Apu-
leius im Wechsel der Wörter fast Unglaubliches geleistet. So braucht Vell.
zur Abwechslung cupiditas neben cupido, eloqiuum neben eloquentia, prae-
validus neben praevalms und vieles Ähnliche; Plin. mai. in defectibus s/-
derum neben deliqtiio solis, summa fluminum neben amnc reliquo u. ä.;
ferner zählt Vell. für den Begriff „sterben'^ nicht weniger als 25 mehr oder
minder verschiedene Phrasen, für „töten*' 13 eben solche u. ä.; Plinius mai.
hat für „heilen" mehr als 30 Ausdrücke etc.
Umgekehrt müssen wir es als eine Nachlässigkeit bezeichnen, wenn
in geringem Zwischenraum eben dieselben Worte wiederholt werden. Wenn
bei den guten Schriftstellern dies sehr selten vorkommt (vgl. z. B. Caes.
b. G. 1, 3, 2 u. 3 ad eas res conficiend(zs), so ist es dagegen häufiger bei
geringeren Stilisten, wie Nepos u. Curtius. In den Schriften des älteren
Plin. können solche Wiederholungen bei dem bedeutenden Umfange seines
Werkes und der Anlage und Behandlungsweise seines Stoffes nicht beson-
ders auffallen, namentlich da sie gegenüber dem sonstigen Streben nach
Mannigfaltigkeit und Abwechslung nicht sehr hervortreten.
Anmerkung. Geradezu tadelnswert ist der bei vulgärscbreibendcn Autoren sich
findende masslose Gebrauch des Helativs zur Einleitung der Sätze, vgl. Hygin 53, 23 und
Priscillian 46*^ (Archiv III p. 323), oder eben derselben Konstruktion in aufeinanderfolgenden
Sätzen, vgl. Yitruv im Prooem. bezüglich quom.
Vgl. Hatz, Beiträge zur lat. Stilistik (Zur Hendiadys in Ciceros Reden), Schweinfurt
1886; Roth. Comm. qua Taciti aliquot per figuram ^»^ cfice dvoTy dicta . . . colliguntur et
digeruntur, Nürnberg 1825; id. de Taciti synonymis et per figuram ^y dia dvoTy dictis,
182G; C. F. W. Müller im Philol. VII 297 ff.; Ulbricht, Taciti qui ad figuram iy did
&voTy referuntur ex minoribus scriptis locos congessit atque interpretatus est, Freiberg 1874 ;
Pbeüss, De bimerobris dissoluti apud scriptores Romanos usu sollemni, Edenkoben 1881
(vgl. meine Rec. in Phil. Rundsch. I, 1053 ff.); Wölfflin, Die Gemination im Lat., S. Ber.
d. bayr. Akad. 1882 S. 422 ff.; Müller, De diminutivis 1. lat., Leipzig 18G5; Wölfflin im
Philol. 34, S. 153; Lorenz zu Plaut. Pseud. S. 58 ff.; Landgraf, De figuris etyniologicis
ling. lat., act. sem. philol.Erlang.il S. 1—70; Wölfflin, Die allitterierenden Verbindungen
der lat. Sprache, S. Ber. d. bayr. Akad. 1881, 1 ff.; id. der Reim im Lat., Archiv 1 S. 350
bis 389; id. Zur Allitteration und zum Reime, Archiv III p. 443—457; Ebrard, Die Al-
litteration in der lat. Sprache, Bayreuth 1882 ; Bötticher, de allitteration is apud Romanos
vi et usu, Berlin 1884; Bintz im Philol. 44, p. 62-278. Reiche Litteratumachweise zum
Gebiete der Metapher siehe bei Nägelsbach-Müller, 8. Aufl. p. 504.
6. Einfachheit und Kürze des Ausdrucks.
73. Die Geschichte des römischen Volkes wird uns für das Vorkommen
der Einfachheit und Kürze des Ausdrucks den Weg zeigen. Die alt-
37*
580 B. Lateinische Grammatik, e) Lateinieche Stilistik.
römische Sprache jener prisci et casci viri kann nur einfach gewesen sein;
die klassische Zeit verliert infolge des Eindringens rhetorischer Bestrebnngai
und der immer mehr sich entwickelnden Periodenbildung einen Teil der.
alten Einfachheit, weiss aber immer noch zu rechter Zeit die Kürze des
Ausdrucks zu wahren. Freilich zeigen sich hier schon gegenteilige Be-
strebungen; ihnen arbeiten Sali. Pollio und Varro entgegen. Die Eaiser-
zeit verliert das Gefühl für die konzise und prägnante Sprache, um so
mehr giebt sich Tac. Mühe, seine Diktion einfach und kurz in der Weise
des Thucydides zu gestalten. Nach ihm aber kommt der Wortschwall
immer mehr auf, wie uns namentlich die Schriften des Apul. zeigen, oder
aber die Kürze des Ausdrucks ist gesucht und affektiert und wirkt infolge-
dessen abstossend.
74. Kürze des Ausdrucks entsteht zunächst durch die Ellipse; vgl.
darüber Syntax § 8 u. 10. Dieselbe ist von besonderer Wirkung in der
Charakteristik und Schilderung (vgl. meine Anm. zu Sali. Cat. 5, 8) und
findet sich so besonders bei Historikern. Ferner ist sie geeignet, den
polternden Charakter des Redners oder Schriftstellers zum Ausdruck zu
bringen, wie wir dies noch Sp. L. bei Lucifer sehen. Neben der eigent-
lichen Ellipse ist noch die Spracherscheinung bemerkenswert, wo ein oder
mehrere Wörter sich leicht aus korrespondierenden Satzteilen ergänzen
lassen, z. B. Cic. Phil. 2, 25 si te municipiorum nan pudebat, ne veterani
quidem exercitus? So wird namentlich aus einem negativen Wort ein
positives ergänzt, z. B. fehlt dicere nach negare, quisqt^ nach nemo,
iubere nach vetare, scire nach nescire u. ä. Dies letztere finden wir bei
den klassischen Schriftstellern, den august. Dichtern, Nep. und Liv. Der
umgekehrte Fall, dass aus einem im zweiten Gliede stehenden negativen
Worte fürs erste Glied ein positives ergänzt wird, darf für Cicero nicht
angenommen werden.
76. Kürze des Ausdrucks erkennen wir, wenn in der Verbindung
zweier Verba, welche ein verschiedenes Objekt verlangen, dasselbe beim
zweiten ausgelassen wird, z. B. Cic. de orat. 1, 72 apparet utrum simus
earum rüdes an didicenmus. Dies ist klassischer Brauch; vulgär dagegen
erscheint die Wiederholung, welche Hygin sogar bei gleichem Objekt an-
wendet, z. B. 129, 16 Archclaus regem arrcptum in fovcam coniecit atque
ita cum perdidit, vgl. § 63, 5. Bei Sali. Liv. Curt. u. Juv. wird das Ob-
jekt erst zum zweiten Verb gesetzt, z. B. Sali. Cat. 51, 38 imiiari qtmfn
invidere bonis malebant,
76. Kürze des Ausdrucks findet statt in Vergleichungen, indem die
Eigenschaft, Handlung etc. eines Gegenstandes mit dem andern Gegenstand
direkt verglichen wird, z. B. Cic. orat. 230 sunt ctiam qui in quoddam genus
abiectum incidant Siculorum siniiUimum, Man nennt dies comparatio
compendiaria. Dieselbe treffen wir auch bei Cic. u. Caes.
77. Eine bemerkenswerte Kürze des Ausdrucks entsteht, wenn an
Stelle des Urteils über eine Sache diese selbst gesetzt wird, z. B. ratio
cogit verum esse statt ut verum esse existimemus, oder adducor ut sit verum
für adducor ut verum esse existimem, wofür man auch sagen kann adducor
verum esse. Das erste Beispiel dieser kurzen Ausdrucksweise scheint sich
6. Einfachheit nnd Kürze des Ansdniclui. (§ 73—82.) 5g 1
bei Lucr. 5, 1341 zu finden; oft begegnen wir ihr bei Cicero, namentlich
in den philosophischen Schriften, vereinzelt auch bei Golum. und Curtius.
78. Kürze des Ausdrucks ist da zu konstatieren, wo die Adverbia
ein Urteil über die Handlung statt der Art und Weise der letztern an-
geben, z. B. Cic. Tusc. 3. 34 tiiale repreJiendunt „&\e haben Unrecht, wenn
sie tadeln **. Diesen Sprachgebrauch finden wir in eleganter Weise bei
Cicero und den aug. Dichtern gehandhabt; Livius aber und die meisten
nachklassischen Schriftsteller gehen auch hierin weiter. Während der
jüngere Plin. ganz in den Fusstapfen Cic. wandelnd melius omnibus quam
singulis crcdUur schreibt, lesen wir in den Quint. decl. 6, 10 excusaiius
aliquid fit ,es ist eher zu entschuldigen **.
Schon im Altlat. ist eine ähnliche Kürze in den mit qu^im mox und
quam dudum eingeleiteten Sätzen bemerkbar: dies hat auch Cic. (ad Att.
14, 12, 3) namentlich in Briefen und Erstlingsreden (ebens. Liv.) an-
genommen und analog noch quam pridcm in denselben Schriften verwendet,
z. B. Verr. 1, 126 quam pridem sibi herediias venisset „wie lange es her
sei, dass etc.*
79. Gedrungen wird der Ausdruck durch die Zusammenstellung zweier
Pronomina, von denen das zweite regelmässig ein Demonstrativ ist, z. B.
hie nie, quis hie, quis iste, quicunque ille^ quisquis ille u. ä. Wir finden
dies schon in klass. Zeit, besonders aber bei Dichtern, z. B. Hör. epod.
3, 5, bei Tac. Apul. Sulp. Sev. Min. Fei. u. sonst im Sp. L., vgl. Min.
Fei. 10, 2 cur etenim occullare, quicquid illud colunt, magtiopere nituntur,
wo quicquid illud colunt = quicquid illud est, quod colunt; vgl. noch Tac.
ann. 1, 12 quidquid istud sceleris imminet. Diese Ausdrucksweise lässt
sich durch Vergleich mit hie unus restitit u. ä. leicht erklären.
80. Ein persönliches oder mindestens substant. Obj., wo wir eine
präpositionale Wendung erwarten, giebt dem Ausdrucke den Charakter der
Gedrungenheit; z. B. Cic. parad. 6, 50 ne semper Curios et Luscinos loquamur,
vgl. noch Tac. ann. 6, 4. So werden die W. audire, legere, narrare, loqui,
ingredi, ificohare, hortari u. a. konstruiert, auch in der klassischen Sprache,
vorwiegend aber im familiären Ton, also in epp., dann bei Nepos, Tac.
und spätem Historikern. Der Zusammenhang mit der Vulgärsprache wird
durch die bei Vitr., im b. Hisp. und auf Inschr. sich findende pass. Kon-
struktion erwiesen, z. B. fons supra scriptus.
81. Auf dem Streben nach Kürze beruht die Angleichung des Kasus
an den Akkusativ einer vorausgegangenen Orat. obliq., wo der Gedanke den
Nominativ verlangt, z. B. Cic. Att. 13, 45, 1 dies feriarum mihi addifos
Video, sed quam multo'i fac sciam; wir erwarten quam midti additi sint;
von dieser Konstruktion finden wir Beispiele bei Ter. Cic. Liv.
82. Mit der Kürze der Darstellung hängt auch das formelhafte
Asyndeton zweier Satzglieder zusammen, z. B. nitro citro, coniuges liberi,
ire redire u. ä. Dasselbe gehört vorzugsweise der Umgangssprache, dem
Kurialstil, den Formeln der rituellen Sprache und dem Sprichwort an und
hat sich hier am längsten erhalten. Im Altlatein findet es sich viel häu-
figer als bei den klassischen und nachklassischen Schriftstellern und dies
vorzugsweise bei den scenischen Dichtern. Schon Varro beschränkt den
582 B. Lateinische Grammatik, e) Lateinische Stilistik.
Gebrauch, Cicero hat in vielen asyndetischen Verbindungen eine Konjunktion
angefügt, Caesar vollends verschmäht das Asyndeton fast ganz; ebenso
sind die aug. Dichter sehr sparsam in der Verwendung des formelhaften
Asyndeton. Um so beliebter ist es bei Livius, den jedoch der Philosoph
Seneca, zu dessen Stil es vorzüglich passt, noch überholt hat; die beiden
Flinius u. Tac. verfahren dagegen um so vorsichtiger, während umgekehrt
bei den Archaisten viele Beispiele aus Plaut, u. Ter. wieder zum Vorschein
kommen. Im übrigen Spätlatein dagegen, z. B. bei Ammian, Gyprian,
Min. Fei. u. a. wird man ausser den allgemein üblichen kaum ein formel-
haftes Asyndeton finden, vgl. z. B. Cypr. ep. 66, 4 cum publice legereiur:
si quis tcnct possidct de honis Cypriani,
Man unterscheidet zwei Arten des formelhaften Asyndeton, 1. wenn
zwei Wörter entgegengesetzter Bedeutung, z. B. ultra citro, sursum deor-
sum^ clam palaniy und 2. wenn zwei Wörter verwandter Bedeutung, z. B.
victiis vestitus^ arma tcla, oro ohsccro zusammengestellt werden. Zur
ersten Art, welche allein hieher zu rechnen ist (vgl. oben § 61 Anm.),
gehören auch die disjunktiven Formeln wie velim nolim, xAus minus, scrius
ocius u. ä.
83. Dem Streben nach Kürze verdankt das Zeugma seine Ent-
stehung. Unter Zeugma verstehen wir die Beziehung ebendesselben Wortes
in verschiedener Bedeutung auf zwei Satzteile. Solche Konstruktionen hat
schon Plautus öfters, sehr selten sind sie bei den klassischen Schriftstellern
(vgl. jedoch Cic. Att. 10, 4, 4 fortuna qua Uli florentissima, nos duriore
conflicfnti vidcmw); häufiger treffen wir sie bei Nepos, den aug. Dichtern,
bei Livius, Vell., verhältnismässig selten bei Plinius mai., zahlreicher aber
als bei allen genannten Autoren bei Tacitus; nach ihm nehmen sie ab, auch
bei den Archaisten, z. B. Apuleius ist nur weniges (und dies ist grossen-
teils bestritten) zu verzeichnen. Ein recht signifikantes Beispiel für die
durch das Zeugma hervorgebrachte Kürze des Ausdrucks bietet Plin. n. h.
11, 58 dua^s acies contrarias duosque Impcratores Instruunt.
84. Hieher gehört auch die Konstruktion ano xoirov. Wir verstehen
darunter die gleichmässige Beziehung eines Satzgliedes auf zwei andere,
z. B. Ncp. Thras. 2, 4 ncqiie tarnen pro opinionc ThrasybuU auctac sunt
opcs^ wo Thrasyhdi ebensogut zu opcs wie zu opinionc gehört; die Stellung
des gemeinschaftlichen Satzteiles ist gewöhnlich wie hier in der Mitte,
ohne dass jedoch Vor- oder Nachstellung ausgeschlossen wäre. Diese
Struktur wird wohl bei Cic. u. Caes. nur sehr sporadisch auftreten; öfter
schon ist sie bei Sallust u. Nepos, daim bei Catull und den aug. Dichtern
und hauptsächlich bei Livius.
Vgl. Wickert, Über die Ergänzung cllipt. Satzteile aus korrespondierenden, Ciuben
18^1 Progr. ; Aken, De figurae (ino xoivov usu apud Catulluni, 'IMbullum, Propertium;
hfchwerin 1884 Progr.
Nachträge und Berichtigungen.
S. IV.)0. Zu Nr. r»: Von Wölfflins Archiv ist jetzt auch VT, 1 und '2 ei-schienen.
S. 3y0. Die von Stolz oben S. 247 und S. 382 verraissto Abhandlung von Lotu ist auch
Nachtr&ge und Berichügnngeii. 5g3
mir trotz Ribmakns Vermittlung noch nicht zu Gesicht gekommen; sie scheint
noch nicht gedruckt zu sein.
S. 391. Zu Nr. 4: Al. Reichabdt, de Q. Ennii annalihus, Neue Jahrbh. 1889, S. 81—122
(untersucht, was in den Annalen des Knnius hinsichtlich des Wortschatzes dem
Ennius und seiner Zeit eigentümlich ist. In die Syntax schlägt die Behand-
lung der Adverbia und Prftpos. ein, vgl. poste, quianam, noenunif indo, quamde),
S. 392. Zu Nr. 30 und 31 fQge bei: Adolf Reeck, Beiträge zur Syntax des Catull, Brom-
berg 1889 (bespricht die koordinierenden Partikeln, das Asyndeton, die Neben-
sätze, Partiz. Gerund, und Supinum im Anschluss an Dracger).
S. 395. Zu Nr. 71 und 72 fQge bei: Kabl Lessikg, Studien zu den scriptores historiae
Augustae, Berlin 1889 (sehr gediegene Arbeit, welche neben interessanten Streif-
lichtem auf den Gesamtsprachgebrauch der scr. h. Aug. eine zuverlässige Kasus-
Syntax derselben giebt).
S. 396. Zu Nr. 85 ist Ostern 1889 der Schluss erschienen.
S. 396. Zu Nr. 90 vgl. Pbtschenio Z. f. ö. G. 1889 S. 474, wonach Hygin ins IV— V saec.
nach Christus zu setzen ist
S. 396. Auch die Indices der Ausgabe der scriptores ecclesiastici Latini, Wien, Gerold*s
Sohn sind Fundgruben für die Syntax des Spätlateins, so namentlich von Habtel
zu Cyprian, Ennodius und Lucifer, von Zanoemeistbb zu Orosius, von Huemeb zu
Sedulius, von Engelbrecht zu Glaudianus Mamertus, von Petschenig zu Cassian
u. Victor Vit. u. a.
S. 398. Die Abhandlung von Puls über das Wesen der subiektlosen Sätze liegt im Progr.
von Flensburg 1889 vollständig vor. Puls beharrt bei seiner Ansicht, ,dass die
subjekts(inhalt8)lo8en Sätze der adäquate (wenn gleich bedeutend abgekürzte)
Ausdruck des bei der Wahrnehmung im Intellekt vorsieh gehenden Denkaktes sind.*^
S. 404. Zu Anm. 2 vgl. Petschenig in Z. f. ö. G. 1889 S. 474, wonach auch Lucif. Juvenc.
Vict. Vit. die Umschreibung mit coepi häufig brauchen.
S. 405. Zu § 29 ist beizuziehen 0. ühlig im Progr. von Schneeberg 1889 Fore, foret un«!
forent bei Tacitus. Damach unterscheidet sich foret bei Tac. von esset meist
durch seine futurische Bedeutung, und nur in verhältnismässig wenig Stellen deckt
sich forety namentlich in Verbindung mit Part. Perf. Pass., mit esset.
S. 415. Zu § 02 vgl. A. Köhleb in Wölfflins Archiv VI S. 32 f. Damach steht der
Akk. bei em (oder en) auch Cic. Verr. 1, 93 ern memoriam, em metum, Cic. Verr.
5, 55 efi intei'preteSf zweifelhaft ist Deiot. 17. Bezüglich der Formen em und en
meint Köhler, es sei möglich, dass beide Formen in Cic. Zeit sich so nahe ge-
kommen waren, dass man anfing, sie promiscue zu verwenden. Femer sagt er
S. 39, dass sich die akkusativische Fügung bei en länger als bei ecce gehalten hat.
S. 423. Zu § 78 bemerke ich wegen Stolz oben S. 340 und in Z. f. ö. G. 1889 S. 502,
dass ich die REiFPERsciiEiD'sche Erklärung, wonach mea bei refert als Dativ an-
zusehen wäre, mit Rücksicht auf Fb. Sghölls überzeugende Darlegung in Wölff-
lins Archiv II S. 213—218 aufgegeben habe. Bezüglich interest mag aber doch
darauf verwiesen werden, dass die Abhandlung von Ehm. Hoffmann (Studien
S. 127—134) mit der Erklärung patris interest es gehört unter das den Vater
angehende^ mea interest = inter mea est es gehört unter das meinige = es geht
mich an auch nach Sohölls andrer Herleitung der Konstruktion von interest volle
Beachtung verdient
S. 433. Zu § 99 Anm. 3 füge bei, dass auch AI. Sev. 50, 2 longae eloquentiae opus non
est und 5G, 8 eloquentiae opus non est sagt.
S. 439. Zu § 110 füge bei, dass Cicero auch ante mit Partiz. konstraiert, vgl. Cic. Fam.
13, 30, 1 erat enim adsaiptus in id municijnum ante civitatem sociis et La-
Unis datam,
S. 440. In § 113 ergänze, dass auch die scr. h Aug. wie überhaupt das Spätlatein die
dativische Wendung bei den verba composita der Wiederholung der Präpo-
sition vorziehen.
S. 451. Zu absque besitzen wir jetzt eine erschöpfende Monographie von Pbaün in Wölff-
lins Archiv VI S. 197—212. Nach seiner Ansicht ist absque bei Cic. Att. 1, 19, 1
mit Unrecht verdächtigt worden.
S. 451. Usque wurde in § 144 wegen der Übereinstimmung mit der I. Aufl. belassen, trotz-
dem es zu den Präpos. mit Akk. gehört. Über seine Verbindung mit den Präpos.
abj ex und de vgl. Thielmann in Wölfflins Archiv VI S. 71 ff.
S. 453. In § 151 fällt die Stelle b. Afr. 11, 4 dum hostibus nach Wölfflin im Archiv VI
S. 100 weg, da Codex L hostibus nicht hat und clam im b. Afr. sonst nur als
Adv. vorkommt.
S. 454. Vgl. noch Loewe, Über die Präpositionen a, de, ex bei Ovid, Strehlen, 1889.
584 B, Lateinische Grammatik, e) Lateinische Stiliatik«
S. 475. Zu § 215 füge bei, dass Liviua die in § 159 charakterisierte Art von Fragesätzen
auch indirekt setzt, z. B. Liv. 24, 14, 3 quaerentium, en umquam Uberi mäi-
taiuri essent,
S. 491. Füge bei: Adolf Cbambb, Der InfiDitiv bei Manilius, Strassborg 1889.
H. 494. Füge bei: Jos. Kühl, Die Zeitenfolge im Lat. und Deutschen, Jülich 1889.
S. 498. Durch Miodomski in Wölfflins Archiv VI S. 291 werde ich darauf aufmerksam
gemacht, dass R. Mbngb in seinem Programme «über das Relativuro in der Sprache
Caesars* Halle 1889 S. 18 ff. auch den Konjunktiv in Hauptsätzen der orat. obliqoa
mit relativem Anschluss nachgewiesen hat. Da Hr. Menge nicht die Freundlich-
keit hatte mir sein Programm zu schicken und Teubner die Osterprogramme noch
nicht versandt hat, muss ich mich mit diesem Hinweis begnügen.
8. 499 ff. Die Abhandlung von G. Mayen, De particulis qiMd quia quaniam quomodo ui
pro acc. c. inf. post verba sent. ct. decl. positis, Diss. 62 S. Kiel, Lipsius und
und Fischer, 1889 konnte nicht mehr berücksichtigt werden.
S. 50G. Zu § 261, 3 ist nach Wölfflin im Archiv VI S. 103 zu bemerken, dass b. Afr.
50, 4 im codex L postquam fehlt; damit würde b. Afr. 50, 4 aus der Lehre von
postqtuim ausgeschieden sein.
S. 509. Usque wurde zu dum in Beziehung gesetzt, ebenso zu donec, quoad. Ursprünglich
schliesst es den Hauptsatz ab, z. B. Priap. 82, 34 tereris usque, donec . . . com-
pleas, dann tritt es in engste Verbindung mit dum etc. und schliesslich ist es
ohne dum, donec, quoad allein im stände, konjunktionalc Funktion zu Übernehmen;
doch gehört dies nur der spätesten Zeit an, vgl. Thielmann in Wölfflins Archiv VI
S. 63. £s hat sich somit ganz spät mit usquc derselbe Prozess vollzogen, der
schon frühe bei simul (vgl. § 236), später bei post (vgl. § 261 Anm. 2) und bei
mox (vgl. § 262) zutage getreten ist.
S. 521. Das von Cicero nur in direkten Fragen und nur temporal gebrauchte quo usque
hat der Analogie von quoad folgend im silb. Latein seinen Gebrauch erweitert;
es wird zunächst in indirekten Fragen und Relativsätzen verwendet und übernimmt
dann auch konjunktionalc Funktionen zur Entlastung von quatenus, Quoad usque
findet sich erst bei eccl., gewöhnlich = bis, seltener = so lange als. Näheres
bei TuiELM ANN in Wölffuks Archiv VI S. 66 fif.
S. 529. Vgl. zu Fam. 2, 17, 1 noch Cic. Fam. 5, 20, 9 Juinc epistulam cur non scindi
velim, causa ntUla est.
S. 531. Zur Litteratur von § 275 füge bei: William Gardner Halb, The cum-construc*
tions : their histor^ and functions, part. I critical, Ithaca, N.. Y. 1887; part. H con-
structive, 1889 (eme deutsche Übersetzung dieses von Sittl in Wölflflins Archiv VI
S. 285 als anregend empfohlenen Werkes wird demnächst erscheinen und dann
auch bei uns Haies gegen Hoffmann, Lübbert u. a. polemisierende Auffassung der
Modusvcrhältnisso zur Diskussion bringen).
S. 536. Die Abhandlung von Liesenbebg wird im Progr. von Blankcnburg 1889 abge-
schlossen und unterrichtet nunmehr vollständig über den Wortschatz bei Ammian.
8. 544. Über die Art, wie Caesar das reziproke Verhältnis zum Ausdruck bringt, ver-
breitet sich RuD. Menge in Neue Jahrbb. 1889 S. 265—274. Vgl. dazu auch
GoEBEL in Neue Jahrbb. 1888 S. 271 f. Besonders bemerkenswert ist, was Mengk
1. 1. S. 268 entwickelt. Es wäre wünschenswert — was auch Menge S. 274 an-
deutet — dass die Art des Ausdrucks der Reciprocität bei Cicero, Sallust und
Livius genau untersucht und so die Aufstellung fester Regeln ermöglicht würde.
S. 550. Der Gebrauch der Distributiva für die Kardinalia in der Prosa, namentlich der
klassischen, ist noch nicht genügend erforscht. Vgl. meine Abhandlung über den
Sprachgebrauch des Asinius Pollio S. 93, Landgrafs Untersuchungen S. 36, Halm
und Richter zu Cic. Verr. 4, 32.
S. 579. Die Abhandlung von Paul Hellwio, Über den Pleonasmus bei Caesar, Berlin
1889 Progr. ergiebt für die Entwicklung des cäsarianischen Stiles ausser vielen
interessanten Details das wichtige Ergebnis, dass Caesar die Vorliebe für pleona-
stische Ausdrucksweise, z. B. pof^tridie eins diei, später fast ganz abgelegt hat.
Postridie eins diei findet sich zuletzt b. G. 5, 10, 1, im b. civ. gar nicTit.
Soeben (10. VH. 89) geht mir noch zu: Joannes Benescii, de casuum obliquorum
apud M. Junianum Justinum usu, Wien 1889, Diss. (gediegene Abhandlung, welche
von Hartel angeregt die Kasussyntax des Justin in ihren wichtigsten Erschei-
nungen unter steter Verglcichung mit dem Sprachgebrauch der anderen Autoren
behandelt).
c.
Lexikographie
der griechischen und lateinischen Sprache
neubearbeitet von
Dr. G. Autenrieth, und Dr. F. Heerdegen,
Rektor am MolaiKlithons-GyninaHliiin zu Nürnberg. Prufemor an ilcr Univernität Erlangen.
Inhalt.
a) Griechische Lexikographie, bearbeitet von Rektor Dr. CJ. Autenrieth.
1. ÜCfM'liichtc uud Littcratur der griocliittchcn Lexikographie.
L*. Aufgabe der heutigen Lexikographie.
b) Lateinische Lexikographie, bearbeitet von Professor Dr. V. llcerdegcn.
1. OcKchichte und Littcratur der latciuLsf;hen Lexikographie.
2. Theorie der lateiuiHchen Lexikographie.
Griechische Lexilcographie.
1. Geschichte und Litteratur der griechischen
Lexikographie.
1. Kein Volk hat so frühzeitig, so systematisch und so vielseitig seine
Sprache lexikalisch behandelt, wie das griechische. Es ist staunenswert,
welche Menge von Schriftstellern auf diesem Gebiete vom fünften Jahr-
hundert V. Ch. an thätig gewesen sind; andrerseits ist freilich zu bedauern,
dass, zum Teil eben durch diese vielfache Thätigkeit, ihre Arbeiten so
verstümmelt und entstellt, sehr Vieles gar nicht auf uns gekommen ist.
Denn man kann sagen, dass eigentlich keine lexilogische Schrift des Alter-
tums in echtem Zustand überliefert ist; weshalb besonders in der neuesten
Zeit auf diesem schwierigen Gebiet eine Reihe von Forschern ^) allen Scharf-
sinn aufbietet, um den Weizen von der Spreu zu sichten. Ihre Arbeiten
sind die Quellen der folgenden Darstellungen.
2. Den ersten Anstoss zur Begründung von Glossarien gab das
Studium Homers; die Jugend wurde darinnen unterwiesen, die veralteten
oder dialektisch verschiedenen oder vom gewöhnlichen prosaischen Sprach-
gebrauch abweichenden Wörter oder Ausdrücke (yXwaaai) zu verstehen, so
entstanden zunächst Sammlungen durch yXoiaaoYQaifoi^ welche kunstlos
freilich oft auch ungenau in der Erklärung verfuhren, weshalb die späteren
mehr wissenschaftlichen als dxQtßtavsQoi bezeichnet wurden.
Die Anordnung dieser Glossen war zuerst die zufallige des gelesenen
^) Von älteren Werken sind zu nennen
J. A. Ebkesti, De glossarior. graec. vera
indole, Leipz. 1742, 4<> = Opusc. 1793, p.
01-93. Hesycbius ed. Alberti, Lugd. Bat.
1740. Neuere: M. H. £. Mkieb, Opuscula II,
p. 74 ff. Photius, Lexikon cd. Nabeb, prac-
fntio. £in corpus gram mati cor. graecor., von
DiKDOBF 1823 begonnen, ist nach neuem
Plane unter Uhligs Leitung mitR. Schneidbb,
A. Lentz, A. Hilgabd, Egenolff, Lp. Cohn,
K. SciiÖLL fortgesetzt (noch nicht vollendet);
auch das Corpus glossariorumlatin. L Loewe,
Prodromus 1876. U. G. Götz et Gtth. Gün-
debmakn 1888 (noch unvollendet) sind bei-
zuziehen, ausserdem eine Menge von Mono-
graphien, dann die Ausgaben von Scholien-
sanimlungen und Schriften wie die Anekdota
von J. Bekker, Gramer, Bachmann u. a.
Selbstverständlich bietet auch die Geschichte
der griech. Litteratur reichlichen Stoff; K.
Nicolai, Magdeburg 1873-78 ist in manchen
Detailfragen bereits überholt. Hier wird
öfters auf die bei aller Bündigkeit vortreff-
liche Gesch. der griech. Litt von W. (/HBIst
Bezug genommen (dieses Handbuchs B. VH),
indem die Seitenzahl beigesetzt ist.
588
Ca) Griechische Lexikographie.
Gesanges oder Buches, vergleichbar einer modernen Glavis oder Präparation
zu einem Schriftsteller. Provinzialismen ^evtxd,^) Barbarismen ßa^ßaqa oder
id-vixd ovoixaxa, lokale vulgäre Ausdrücke {xvdai'au\ xvdawXoy(a) sammelte
man, besonders in der Alexandrinerzeit; überhaupt verglich man dann die
Umgangssprache, avvr^^iafitvij At'Jig, mit der Schriftsprache, Texvunj i*?i$,
und da die Glossographie von Homer an die Dichter und Prosaiker be-
gleitete, andererseits Sophisten und Philosophen durch ihre Studien über
die Sprache den Orammatikem vorarbeiteten, wurde allmählich teils Gram-
matik, Flexion und Formenlehre, Wortbildung und Lautafifektionen {nd&ij\
Etymologie, Syntax, Synonymik, Stilistik begründet, teils wurde der reine
Hellenismus und der Attikismus beobachtet und gepflegt. Alles dies sind
rein sprachliche Arbeiten; aber auch Real-, Fach- und endlich allgemeine
Wörterbücher wurden allmählich angelegt. — Wie verschieden die An-
ordnung allmählich wurde, zeigt Nicolai, griech. Literaturgesch. VI, 325.
3. Die Titel lauteten sehr verschieden; X^^ixov ist ein spätes Wort;
Xä^ig hat bei Aristot. die Bedeutung vocabulum {yXwtrtra von der gewöhn-
lichen Sprache abweichendes Wort), aber schon bei den Stoikern bezeichnet
es 1) jeden artikulierten Laut 2) jedes Wort 3) Redensart; dann übh. im
klass. Griechisch: 1) dictio 2) dictio sollemnis oder accurata 3) locutio.
(Wir verstehen jetzt unter Glosse das seltene der Umgangssprache fremde
Wort, unter Xt'^ig erklärungsbedurftige Ausdrücke von Schriftstellern.) Die
Alten waren in der Unterscheidung nicht immer genau.
Verzeichnis der Hauptschriftsteller.
4. Demokritos (c. 4G0— 373), welcher ionisch negl "^OnirjQov, nfgl
0Q(>0€ntirfi xal ykwaat'wv, TitQl Qr^/idiwv, ^Orofnaatixor schrieb, ist wohl
einer der ältesten. 2) Hieher gehört Neoptolemos aus Parium 6 yXonaco-
YQdtfog^ auch Dichter, er schrieb rkwaam zu Homer u. a. Dichtem, Apol-
lo nios Archibiu, vielleicht der Gründer eines aiphabet. Homerlexikons,
n€Qi kt^fwv'OfiriQixwr; Apions yXwaaai 'Oju/^^/xm (Christ p. 50) in schlechtem
Auszug erhalten in Sturz, Et. Gudian. p. 601; vor allem c. 100 p. C.
Apollonios Sophista, Aristarcheer, welcher in seinem Xtl^ixor (ed. J. Bekker,
Berol. 1833) auch Apion benützte, sowie den Zenodoros, von dessen im-
Toiir] Twv TTfQl avrr^^fiag, d. h. Abweichungen Homers von der gewöhnl.
Sprache, ein Bruchstück Miller, Melanges p. 407—411 veröffentlicht hat
(Christ p. 50), Basilides n. '0/ti;^ixrJg Xt^foyg, wovon Kratinos eine
Epitome verfasste. Einem Philetas (ob dem Dichter aus Kos ca. 300.^)
wird ein lexikalisches Werk "AtaxTce, oder diaxzoi yXwaacci, zugeschrieben.
— Die Sophisten und später die Stoiker beachteten die Sprache: Prota-
goras benannte die verbalen Modi zuerst; die Sprache des Plato, wie die
des Hippokrates gab zu Erläuterungen Anlass; besonders aber wurde in
der Zeit der Alexandriner viel gesammelt und glossiert.
M z. B.Dorotheos Ascalon. (sec. \)7ieQl
rtSy ^fVw^ XeyofAtyioy Xe^etoy. Kallimachos
Alexandr. ii^yixm oyofjtaalai, nach Stoffen
geordnet, doch nicht ein ganzes Onomastikon :
J. ScHOEüEMANN, De lexicographis antiquis
qui rcrum ordin. sec. s. Quaestt. Diss. Bonn.
1886 cap. II, 1.
-) Wo nichts besonderes hier bemerkt
wird, sind die erwähnten Schriften nicht
auf uns gekommen.
1« GoBchichte und Litteratnr der griechischen Lexikographie.
589
Zenodotos Ephes. (ca. 287, s. Christ p. 446) legte sich ein homer.
Glossar an; dann Xä^eig id^ixag^ daraus wohl iiatpoqä iffovrfi^) stammten.
Aristophanes Byz. (Christ p. 451) Schüler desselben, ca. 202 f 185,
sammelte *AtTixdg Xä^eig^ ^axwnxäg yXdctsaq und schrieb nsQi ovo/naaiag
tjXixidivj n€Ql avyyerdiv ovofiarav; ein unbedeutendes Fragment aus cod.
Athous ed. Miller.^) Artemidoros (I. sec. a. Ch.) Xä^eig iipaQTvxixai;
sammelt übh. Vokabeln nach Gegenständen geordnet.^)
Früher schon Herakleides Pontic, Schüler des Piaton und Aristo-
teles neql irvfioXoymv.*) — Des koischen Arztes Hippokrates Schriften
veranlassten die Erläuterung von Glossen durch Glaukias, Epikles,
Dioscorides d. J., auch Xenokrates von Kos, Herophilos u. Bakchios
lieferten solche, auf letzterem beruht wohl des Erotianos (c. 100 p. C.)
Glossar tüv naq' ^iTrTroxgdrei lä^€(üv awaytayri^ welcher in seinem Proömium
noch ältere nennt; streng alphabetisch Galenos (f c. 271 p. C.) t&v '^Inno-
xQOTovg yX(o(fadiv e^ijyrjmg.^) — Zu Piatons Schriften: Ammonius ncQl x&v
vno nXatwvog (i€%€vrpf€ynsv(av i^ ^OfAjjgov^ Harpokration kä^eig nXaravog,
Didymos Areios (z. Z. Augusts), des sorgfältigen Boethos (2. Jahrhdt.)
Xt^ewv nXaTwvixwv avvaywyr xatd aroix^Xov teilweise auch nach Pamphilos;
TheonSmyrn.; zwei nicht umfangreiche Lexika desTimaios (3. Jahrhdt.)
neql TtSv naqd UXdtfüVi Xe^ecov xard atoix^Tov;^) musikalische Glossen zur
Politeia von Dionysios Halicarn., medizinische zu Timäos von Galenos,
mathematische von Theodoros aus Soloi.
6. Über Dialekte: Demetrios o Jlvxrr^g: neQl diaXäxtov; Philoxenos
aus Alexandria (vor August) in Rom berühmter Dialektforscher und Ety-
molog.'') Apion hat römische Glossen; Tryphon (z. Z. Augusts) Dialekt-
forscher in Rom, s. Nicolai II, 343, auch Verfasser eines Realwörterbuchs,
sowie ^OvofAaauxdy ^vvixd^ neqi ^u^iav von ihm herrühren, abgesehen von
vielen grammatikalischen Schriften.^) Moschos ^Podiaxal Xä^eig; Parmenon
n€Qi diaXäxToVy Timachidas von Rhodos und Amerias sammelte make-
donische Glossen, Hermonax yXoitrtrag Kgri^ixag^ Apollodoros Cyren.
paphische, Diodoros yXwaaag 'ItaXixdg, Demetrios Ixion negl rf^ UXs-
^avdgewv dtaXextov, Artemidoros dorische, Kleitarchos phrygisehe.
Attische Sprachstudien von Aristophanes Byz. UzTixai Xä^eig^ aber auch
achäische und lakonische, Erates Mallota nsgl ^AzTtxfjg diaXtxxov (c. 170
*) ed. Studemund, Anecd. gr. p. 103.
287 ff.
•) vgl. Leop. Cohn in Fleckeisbn N.
Jbb. SuDplmt. 12, 285 ff.
•) So Nikandros Koloph. nBQi XQV'
anjQiiay ßißX, y\ P h i 1 e m o n Aexonensis n,
nayxo&cmtay XQV^^VQ^^^- Tryphon n. oyo-
fittauaVf n. dy&Qoiniyoiy fisXuiy; s. ScHOENE-
MAVVf De lexicographis cap. 11.
*) Dessen Fragmente hat aus £. M.,
Ei Orion. Theb., Et. Gud., Zonar. zusammen-
gesteUt Leop. Cohn in ^Commentationes philo),
in honor. A. Reifferscheidii**, Vratisl. 1844:
De H. Pontico Etymologiamm scriptore an-
tiquissimo; „von der Philosophie gingen die
ältest. etymolog. Studien aus** p. o9.
^) Ilberg, De Galeni vocum Hippocra-
ticar. glossario (in Comraentationes philol.
quibns 0. Ribbeckio congr. disc. Lipsienses,
Tbübneb 1888 p. 227-355).
«) Ausgb. V. RüHNKBN, L. Bat 1789;
hinter dem Teubner. Text in der Appendix
Lips. 1853.
^) Nicolai II 337 f. Reste seiner Sehr, und
Excerpte bei Orion u. a. Er ist jedoch nicht
zu verwechseln mit einem späteren angeb-
lichen Philoxenos, s. u.
*) Tryphonis Frgmta. coli. A. deVelsen,
Berol. 1853. Sein '^ktat nsgl nyevfidttav
findet sich in cod. Ambros. d. 30 sud. (chart.
sec. XVI), fol. 51 ff. L. Cohn. ap. Eoenolff,
Heidelbg. Gyran. Progr. 1888, S. 32 ff.
590 Cl.a) Griechische Lexikographie.
in Rom), Demetrios Ixion (z. Z. Augusts in Pergamum) A^"^«'^, darunter
auch Uttixüi, Dorotheos Ascal. cvraycoyt] Xä^scov 'Arnxdivy Theodoros
attische; ferner Philemon,*) Nikandros von Thyateira.
6. Andere Stoffe, sowohl sprachliche als sachliche.
Didymos Chalkenteros (Zeitgenosse Ciceros; Christ 459) A*j6i$ r^ayi-
xat\ xwfiixat\ ^innoxQccrovg. Theon Alexandrin. verfasste darnach wahr-
scheinlich ein alphabetisches Gesamtlexikon.
Zu den attischen zehn Rednern ist als Erklärer zu nennen Caecilius
von Kaiakte, Schüler des ApoUodoros, z. Z. des Pompeius, er schrieb eine
^ExXoyij Xt^scov xatd avoixsTov, eigentlich: KakXiQQrifiaavvrjy ein Rednerlexikon,
von dem sehr verderbte Glossen übrig sind.*) Von einem Fragment eines
Lexikons zu Demosthenes* Aristokratea ist eine interessante Abschrift auf
einem Papyrus in Ägypten (Arsinoe) entdeckt worden;^) andere a*?«i$ fistk*
latoqmv ix tc3v JtjfwaO^ivovg Xoywv aus einem cod. Patm. sec. X hat Sak-
kelion ediert, dabei auch einige Glossen zu Aischines.*^) Ailios Dionysios
(z. Z. Hadrians) verfasste 'Avuxd ovoiiata^ ein Xe^ixuv ^r/roQix6v, 5 Bücher
in zwei Ausgaben; ebenso der Zeitgenosse des Galenos, Pausanias;^) der
letztere hatte eine strengere alphabetische Ordnung, beide aber gaben nur
die attische reine Diktion wieder und waren Muster für spätere rhetorische
Lexika, in byzantinischer Zeit wurden sie vereinigt ^) und dienten so wieder
Eustathios und Photios als Quelle. — Am wichtigsten ist Valer. Harpo-
kration aus Al^xandria, vielleicht der Lehrer des Antonin. Yerus,^) seine
Xs^eig xmv dtxa ^r^oquav waren nach streng alphabetischer Ordnung an-
gelegt,^) in einer längeren und kürzeren Gestalt überliefert, aber beide sehr
entstellt;^) Harpokration sammelte zuerst die Glossen der zehn Redner und
attische Benennungen, sucht dann die Erklärungen dazu in den rhetorischen
Lexicis und dann aus verschiedenen Quellen, Zeugnisse von Autoren und
gelehrte Notizen aus Antiquaren.*^) Hauptquellen waren ihm Ailios Dio-
nysios, Pausanias und indirekt Didymos Chalkenteros.*') Ein ähnliches
Rednerlexikon, At^eig ^r^TOQtxat\ ist Quelle des erhaltenen Lex. Bekker.
VI**). Ein Kollege des Harp., Telephos aus Pergamon, Lehrer des
Kaisers Marcus, Anhänger des Krates, studierte gleichfalls eifrigst die atti-
schen Redner, unter seinen zahlreichen grammatikalischen Schriften nennt
Suidas auch nfQi avvra^ewg Xoyov ^Attixov 5 Bände und nsQi xqi]a€(ag i'^To^
ovondrwv iaO'rJTog xal twv aXkwr oig xQwiieO^a {iati St xard aroixfi'ov). Seine
') Weber, De Philemone Atheniensi
glossographo (in Comtnentationcs philol. quib.
O. Ribbcckio . . congraiul. discipuli Lipsiens.
Teubn. 1888 p. 441—51.)
'^) Im Lex. Seguerian. IV; s. Carnüth
in Buisians JB. 187G p. 133.
3) S. BLASS in Hermes Bd. XVII, 148 ff.
*) Nach Leop. Cohn (Fleckeisen, N.
Jbb. Supplm. 13 p. 828) aus gleicher Quelle
geflossen, wie Lex. Bekkeri V"*".
^) Rindfleisch, De Pausaniae et Aelii
Dionysii lexicis rhetoricis Regiom. 18GG und
dazu Schoenemann, De Lexicographis, cap. II.
^) Lex Seguerian. V*"" gibt Glossen,
welche am Anfang Pausanias (auch Caecilius),
in der Mitte Diogenian und Ail. Dionysios,
am Plnde Caecilius als Quelle verraten.
Carnutii in Bursians JB. 187() p. 135. Vgl.
p]oK>'OLFP ib. VII, 100 ff.
') Vgl. Christ p. 507 f. Ausg. v. I.
Bekker, Berol. 1833, v. G. Dindorf, Oxon.
1853.
^) C. BoYSEN, De Harp. lexici fontibus etc.
Kiliae 1870 § 2.
») Vgl. BLASS, Hermes 17, 100.
'^') Rindfleisch, Carkuth, (Bursian JB.
a. 0. 138); vgl. Leop. Cohn in Fleckeis.
N. Jbb. Suppl. 13, 820.
^») Rindfleisch, Carnuth ib. 132.
'2) Leop. Cohn, N. Jbb. Suppl. 13, 827.
1. Qeschichte nnd Litteratnr der griechischen Lexikographie.
591
Wörterbücher bewiesen genaue Lektüre der attischen Musterschriftsteller;
sein (oxvToxiov (iati dh cvvaYoyyrj smO^tTwv etg to avTo nqayiia dg/io^ovTwv
TtQog hToifiov fVTioQtav (pgdafMg ßißh'a dtxa) ist ein lexikalisches Nach-
schlagebuch für Redefertigkeit. Im allgemeinen gilt von den Rednerlexika,
dass dieselben „durchaus getrennt und unabhängig von der übrigen lexiko-
graphischen Literatur entstanden sind. Die Ähnlichkeit beruht nur darauf,
dass sie auf denselben Arbeiten der Alexandriner beruhen wie die Spezial-
Schriften zu anderen Schriftstellern und die grammatisch-lexikalischen Werke
allgemeineren Inhalts** (Leop. Cohn, N. Jbb. Suppl. 13, 826).
7. Attikisten ^) nannte man zuerst die Bearbeiter des attischen Dialekts,
welche glossatorisch verfuhren (vgl. oben N. 5 a. E.), aber dann die Be-
obachter des rein attischen Sprachgebrauchs und Stils, welche also schieden
1) was altattisch, 2) was im Attischen selten, 3) was nach Zeiten oder
Autoren die Bedeutung wechselte, 4) wo die attische Bedeutung weiter,
5) wo sie genauer geschieden war als in der xoivij, 6) was in letzterer
gut, aber im Attischen unbelegt war. — Hiezu gehören ausser den unter
N. 5 oben genannten (aus N. C) Caecilius Kalaktin., Ailios Dionysios, Pau-
sanias, Telephos, Harpokration, insbesondere noch Philemon aus Athen^)
Julius Vestinus, Geheimschreiber Yespasians, exkayf] ovo/xdtwv aus Demo-
sthenes, Thukydides, Isaios, Isokrates, Thrasymachos; Eirenaios^) aus
Alexandria, lat. Minucius Pacatus (nach Hadrian) Schüler des Heliodoros;
Valerius Pollio, avvaywyr^ 'Avttxdv kb^ewr, und sein Sohn Val. Diodoros,
Verfasser eines Lexikons, wie auch Philostratos o TvQiog; auch ein ge-
wisser Julianos; ein Epitherses (= Thersis?) schrieb (ca. 70 p. C.) tisqI
Xt^soav UvTtxMv xai xwfuxdv xai TQayixiav ein Wörterbuch. Gegen Ende
des zweiten Jahrh. p. C. schrieb Ailios Moiris UtuxiaTj^g nicht streng
alphabetisch A*?«g ^Axtixai\ immer in Parallele mit den zu seiner Zeit üb-
lichen (iXXrivixmg^ xoivwg) unter genauer Hervorhebung der Unterschiede
in Wort, Form, Genus, Accent und Bedeutung, also vorwiegend eine sprach-
liche Studie, welche freilich in einem alterierten Zustand überliefert ist,*)
indem wohl manches aus Diogeneianos herüberfloss.^) Phrynichos, 6 Agd-
ßtogy in Bithynien, schrieb mit einer an Kaiser Commodus gerichteten Wid-
mungsepistel ein grosses Werk 2o(fiavixr] Ttaqaaxevrj, 37 Bände, wovon aber
nur zwei dürftige Auszüge auf uns gekommen sind: ix täv ^qvvixov tov
^ÄQaßiov rr^g ao(ftaTixi]g Tragaaxevrjg und 'Exkoyrj ^rj/idTfüv xai ovoiidzünv !4r-
r/xwi'.«) Als Gegner des Phrynichos schrieb Oros unter Belegung mancher
von jenem verpönter Ausdrücke aus guten Autoren. Ob der noch über-
') Vgl. auch unedierte Fragmente aus
der attikistischen Litteratur von Leop. Cohn
(Rhein. Mus. 43 p. 405-18): Pseudo-HERO-
dian: itsQL i^fAttQTtjfieytoy Xe^stoy und Ps.-
Philetatros (aus d. späten Kaiserzeit) viel-
leicht vom Krateteer Cornelius Alexander. —
Von Leop. Cohn und R. Scholl wird eine
Neubearbeitung der Attikisten erscheinen.
2) Weber, Rhein. Mus. 43, 441-51.
') Zu diesem u. d. folgdn. s. Christ
p. 5t>7.
**) Ausgb. V. Hudson, Oxon. 1712. Ruhn-
ken-Fischer Lips. 175G, beide gegen die
H9ss. streng alphab.; getreuer Pierson, L.
Bat. 1759. Jacobitz Lps. 1830, 31 ; A. Koch,
Lips. 1830—31; J. Bekker, Berol. 1883 (mit
Harpokration).
^) R. Rbitzbnstein, Rhein. Mus. 43 p.
447, 3.
^) Gesamtausgabe mit reichem litterav-
histor. Kommentar von Lobeck, Lips. 1820;
die ixXoyij The new Phrynichos . . with
Introductions and Commentary by W. Gunion
Rutherford, London, Macmillan 1881.
592
Ca) Griechische Lexikographie.
lieferte ^ArratTixiaTr^g jene Schrift ist, bleibt zweifelhaft. Julius Pollux
{UoXvdsvxrfi) aus Naukratis, Schüler des Rhetors Adrianos, Professor der
Sophistik in Athen, ca. 180 p. C, verfasste ein ^Ovofiaanxov in zehn übri-
gens unglcichmässig 1) gearbeiteten Büchern, nach Kategorien sachlich ge-
ordnet (s. Christ p. 568). Er erklärt übrigens ausdrücklich, dass er nur
den Rednern und Deklamationen habe dienen wollen, nicht der Exegese
der Alten, auch nicht einen thesaurus graecus zu schaffen, war seine Ab-
sicht,^) sondern zu lehren, wie ein Gegenstand zu loben oder zu tadeln sei,
ob ein Ausdruck hart, gewaltsam, keck oder doxiiiov^ tixsltg^ asfgvoteQov
u. s. f. sei. Gleichwohl ist sein sprachlicher und sachlicher Inhalt für uns
von hohem Werte.
8. Allgemeine Wörterbücher gab es von den Aristarcheem an, und
selbst unter den bisher genannten sind manche nicht rein sprachliche. Das
bedeutendste der römischen Kaiserzeit ist von Pamphilos aus Alexandria
(I. Jahrhdt. p. C), betitelt ^eijuoiv oder negi ykioaciav i'itot kt^emv. Dieser
letzte aristarchische Grammatiker^) fasst die Leistungen desDidymos, Apion,
Aristoph. Byz., Diodoros^ ApoUodoros Kyren., Epainetos, Herakleon, Hippo-
nax, Artemidoros zusammen. **) Im ersten Teile nsqi ylfoaaoiv waren die
Spezialglossare zu einzelnen Autoren, zu Tragödie und Komödie, aus Mund-
arten, zusammengefasst; im zweiten neqi ovofiarcav andere sachliche Glossaro
z. B. über Koch-, Schiffbaukunst u. s. f. überall mit reichen Gitaten, deren
Reste im Athenaios^) noch vorliegen. Der Plan rührte aber von dem
gleichzeitigen Grammatiker Zopyrion her, welcher auch A—J vei-fasste.
— Vestinus (ca. 100 p. C.) ordnete sein Exzerpt daraus in 4 Büchern
nach den Gegenständen.^) Dagegen der etwas jüngere Diogeneianos zog
das Werk aus in 5 Büchern, welche er streng alphabetisch ordnete unter
Weglassung von Citaten und sonst entbehrlich scheinenden Notizen. Ob
dies die TifQieQyoTttrr^ztg sind, welche Hesychios benützte, ist nicht sicher;')
von seinem echten Auszug finden sich noch Exzerpte vor.*)
9. Noch sind zu nennen: Herennios Philon (Egevriog) aus Byblos
(ca. 200 p. C.) Ttegl diaqoQwv ai]iiaivoiibY(üi\ Hauptquelle für Eustathios,
wo er von iia^ogal ovo/naTcov spricht;^) negt dtaifoqäg atj/iaaiag waren die
dem Eustathios vorliegenden Exzerpte betitelt; daraus hat auch Ammonios
mit Lücken*^) abgeschrieben. Das Werk war äraxtov, wurde jedoch von
Kompilatoren und Epitomatoren hernach in alphabetische Ordnung gebracht.
^) Althaus, Quaestionum de Jul. Pol-
liicis fontibus Spec. Diss. Beiol. 1874.
*) Jul. Scüoenemann, De lexicograpbis
etc. Diss. Bonnae 1886 p. (30.
^) Das folgende hauptsächlich nach
Reitzenstein im Rhein. Museum 43 (1888)
S. 455 ff. Vgl. J. ScHOENEMANN, De loxico-
graphis antiquis qui rerum ordinem secuti
sunt quaestionos, Diss. Bonnae 1886 c. III.
A. Blau, de Aristarchi discipulis. Diss. .Tenae.
1883.
**) Vgl. Leop. Cohn in Fleckeisen N.
Jbb. Suppl. 12, 343.
^) Aus diesem lässt sich teilweise man-
ches herstellen; auch in den griechisch-
lateinischen Glossaren sind dürftige Reste
aus Pamphilos cntlialten. Vgl. Schoenemann
a. 0. cap. V.
^) SCHOENKMANN, a. 0. p. 69 f.
') Vgl. Christ p. 618.
^) In der vierten Sammlung der Papier-
handsohr, vom Athos, welche Em. Milleb
in M Klanges grecs p. 376 ff. veröffentlicht
hat. Lp. Cohn in Fleckeis. N. Jb. Supplm.
13 p. 839 nota. Ka war noch benützt von
einem Scholiasten zu Piaton: Lp. Cohn ib.
p. 783 f.
®) Leop. Cohn, De Heraclide Milesio
p. 11.
^.^) S. Lp. Cohn, De Heraclide Miles. p. 12.
1. Oesohichie nnd Litieratnr der grieclÜBchen Lezikocpraphie.
^93
- Aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts Interpretamenta — Pseudo-Do-
sithei Magistri*) — Montepessulana vel Leidensia'), zuerst ediert durch
H. Stephanus, Paris 1573 Glossaria duo etc. p. 237—281. Ähnliche führt
LoEWE an.*) — Eudemos (unbest. Zeit), Verfasser der avvaywyi] Xt^etov
XQfjfTififov, hatte das sog. Lex. Bachmanni =: Goislin. 345 (wie schon Metho-
dios) benützt und Glossen von Tiroaios dazu ; so wurde er später von Suidas
benützt. — Zenobios schrieb einen Kommentar zu dem ^rjfiatixov des
Apollonios Dyskolos; er hat aber ausser diesem und einer in^zoiir] ix rm*
TaQqaiov xai Jiivfiov nagoifiuiv noch nccqsxßoXal slg to ^ijficc u. a. ge-
schrieben.^) Die drei ersten Sammlungen in Miller, M^langes p. 349—375
stellen die echte ursprüngliche Form des Zenob. Werkes dar.*) — Theo-
doretus, OsoiiOQitov (sie) neql nveufidrwv^ ein Lexikon über die Spiritus,
das bis auf Moschopulos viel im Unterricht gebraucht wurde. Dieses Lexikon
ersetzt uns den zweiten Teil des zwanzigsten Buches von Herodians xaO^o-
lixr^ und ist^) in 9 Hdss. überliefert (meist sec. XV); dasselbe 20. Buch
ist aber auch in einer anderen Form auf uns gekommen, nämlich unter
Benützung und Abänderung des Theodoret in dem sog. Mischlexikon, ^)
und endlich das Lexikon des Georgios Zegabenos de septem vocalibus et
reliquis litteris consonantibus, über welches, wie über das des Theodoros
Ptochoprodromos (sec. XII) ebenfalls Egenolff handelt.^) Letzteres ist
aus einem cod. Smymaeus veröffentlicht von Papadopulos und Miller. —
Unter dem Namen des Ammonios (Ende des IV. sec.) ist überliefert ein
synonym. Lexikon negi oixoiwv xai iia^oqtav Xt^enDv;^) dies ist aber mit
Lücken abgeschrieben — aus nsQl Staffoqag atjixaafagy Exzerpt aus Herennios
Philon — und zwar von einem christlichen Byzantiner.*®)
10. Vom fünften Jahrhundert an sind lediglich Sammelarbeiten zu
nennen. Helladios aus Alexandria (Anfang d. 5. Jahrb.) grosses Lexikon
^t^swg navToiag x^r^crig, von Photios und Suidas benützt; Timotheos von
Gaza, Schüler des HorapoUon: at xavd axoixeXov ddfd^oyyoi^ ein Teil des
allgemeinen Werkes neqi oQi^oyqafpiag^^^) zugleich Quelle für das avxiaioi-
XUQiov Tiüv xd" atoix^ioiv (sec. XII), welches auch eine ältere Etymologien-
sammlung benützte. Orion von Theben (ca. 450), in Konstantinopel und
in Cäsarea, dessen Hauptlexikon nsqi hvfioXoyiwv auf Älteren,* 2) besonders
Herakleides Pont., Philoxenos, Soranus, Herodianos und Oros Miles. ruht
*) Von dem Herausgeber (Böcking 1832,
BoDD.) fälschlich Dos. gcDannt.
*) Vgl. Kbumbachbr, De coüicibus quibus
Interpretamenta Pseudo-Dositheana nobis tra-
dita sunt. Progr. d. Ludwigsgymn. Mtinchen
1883.
*) Prodromus Corporis glossar. Lat. p.
203-8.
*) G. ScHOEMANV, De Etymologi Magni
fontib. II. De Zenobii scriptis verisimm.
Progr. d. Stfidt. Gymn. Danzig. 1887.
^) Warnkboss, De paroemiographis ca-
pita duo. Gryphisw. 1881, vgl. Leop. Cohn,
Fleckeisen N. Jbb. Suppl. 13, 839.
*) Aus Barocc. 08 abgeschr. in cod. 447
zu Caen (chart. sec. XVII) nach Koenolff,
Heidelbg. Gymn. Progr. 1888 S. 32 zu 11 und
14. Überhaupt ist dessen Mannheimer Progr.
1887 S. 10 ff. und Uhlio in Fleckeisens N.
Jbb. 121, 789 ff. über Theodoret u. a. zu
v^rffi eichen
') Egenolff 1887 S. 17 ff. und Nachtrag
(1888) zu S. 19. 20. Zwölf Hdss. XIV.-XVI.
sec. Zuerst von Valckenaer hinter dem Am-
monios p. 207 ff. ediert (L. B. 1739) aus cod.
Voss. 20.
8) Mannheimer Progr. 1887 S. 22 f. u.
Nachtrag im Heidelbgr. Progr. 1888. Vgl.
Bursian JB. 46, 156.
«) Christ § 568.
***) Leop. Cohn, De Ileraclide Milcsio
gramm. Berol. 1884 p. 10.
>•) S. Egenolff. 1888 Progr. S. 34.
") Lp. Cohn, de Heraclide Pontico p. 84.
Handbuch der klam. AlterttimMWimeuBcbait. II. 2. Aufl.
38
594 ^»f^) Chrieohische Lexikographie.
und selbst wieder Quelle für die sog. Etymologica (nachher § 11) wurde.
— Das sog. Lexikon des Kyrillos (wohl nicht des alexandrin. Patriarchen,
431 Concil von Ephesos) ist im Et. Magn. zum Teil erhalten, aber entstellt
und erweitert, in vielen Hdss. >) verbreitet und grösserenteils auch gedruckt
Darein waren auch Notizen eines Stephanos- Glossars') verarbeitet und
beide hinwieder sind von Hesychios von Alexandria (V. Jahrh.) benutzt
worden. Dieser wollte eigentlich nur eine neue Auflage der ne^fQyoTiävtjTig
des Diogeneianos ^) geben, hat aber noch insbesondere das Homerlexikon
des Apion, des Apollonios und Didymos hineinverarbeitet. So entstand das
reichhaltigste der uns erhaltenen Glossare, welches auch für die Kritik
gute Dienste gethan hat, ausserdem Lokaldialekte vielfach berücksichtigt.
Dagegen Hesychios Milesius Ulustrius (VI. sec.) hat hauptsächlich nach
Ailios Dionysios und Herennios Philon sein wichtiges litterarhistorisches
Wörterbuch ^OvoixaxoXoyog i; niva^ twv iv naiisltf ovo^iaatiav zusammen-
gestellt. Des Grammatikers Romanos Schüler Joannes grammaticus
^iXonovoq aus Alexandria wird als Verfasser einer avvaywyrj t£v nQog
diaifoqov aij/iaatav Jia^oQwg Tovov^bvvov kk^enav von Eustathios zitiert.'*) —
Eudemos aus Augustopolis in Phrygien gründete ein rhetorisches Lexikon,
welches Photios benützte, wie Suidas seine Sprichwörtersammlung.*) —
Nachdem Kleitarchos aus Aegina (schon vor Nero) ein geographisches
Lexikon angelegt hatte, war ein grösseres von Stephanus Byz. iun. (nach
400 p. C.) unter dem Titel 'Ex^rixä verfasst, ein sehr reichhaltiges auch an
historischen Notizen reiches Werk, uns nur in dem dürftigen Auszug des
Hermolaos (z. Z. Justinians) erhalten.^) — Georg. Choiroboskos ist hier
wegen seines Wörterbuches tisqI nvevfjrcnwv zu nennen.'')
11. Photios, Patriarch von Konstantinopel 857—879, verfasste das
sprachliche Lexikon At^emv awayiayr^,^) in welchem die Sammlung des
Diogeneianos unter Zuziehung von Speziallexika zu Plato, den attischen
liednern (bes. das des Julianus), Homer u. a. verwertet wurde; Eudemos
und das sog. lex. Bachmanni^) ist nicht von ihm benützt, sondern ein
anderes vollständigeres (C. Boysen, Carnuth Bursian JB. 1876). — Dieses
sog. Lexic. Bachmanni (in cod. Coislin. 345 u. 347, sec. X, XI) avvaywyi]
•) S. Nicolai, Gr. Litt. Gesch. III, 182 | Vgl. übrigens auch Reitzenstrin, die Über
und EoENOLFF, Progr. Heidelbg. 1888 S. 33.
I/OKWE, Trodromus § 12, Goetz, Corp. Gloss.
Lat. II praef. p. XX ff. Das Cyrill-Glossar
ist auch von Photios und Suidas als Quelle
arbeitung des Lex. des Hesychios, im Rhein.
Mus. 43, 443-4(50.
*) Zu Od. X 227, 1880 von Eoenolff
herausgeg. u. d. T. negl nav dia^oQta^ lo-
benützt; selbst aber teilweise durch Um- I yovfAivutv xtti duitpoga atj^myoyttoy.
kehrung aus Philoxenos geflossen: Loewe, , *) Nach Ritschl Opusc. I, GÜ9 schon ins
Prodrom US p. 193. 3. Jahrhdt. zu setzen.
2) R. Reitzenstein im Rhein. Mus. 43,
443 -ÜO.
3} Ob dessen eigenes Werk oder den
Auszug aus Pamphilos, ist noch nicht aus-
gemacht. Weber, De Hesychii ad Eulogium
Epistola, Weimar 1805 und Fleckeisen N.
Jbb. Suppl. 111 449-625. Hauptausgabe v.
Maur. ScDMiDT, 4 voll. Jena, Mauke, 1858 —
04, 4*^ mit ausf. Quaestiones, ein Werk deut-
schen Fleissos; in der Editio minor 1804.
4^ sind die Diogeneianos-Glossen geschieden.
«) S. weiteres b. Christ § 540.
') Egenolff, Mannheimer Progr. 1887,
S. 20, im Heidelberger 1888 S. 32 f.
**) Hauptausgabe von Naber L. B. 1800,
zwei Bde. mit ausf. Prolegomena.
•) Über das Verhältnis der üwayotyi]
zu anderen derartigen Sammlungen s. Lp.
CoHN inFlcckeisen N. Jbb. Suppl. 13, 813 f,
827 und dagegen Brachmann, ib. Supplmtb.
14, 395.
1. Qeschichte und Liiteratnr der griechisclieii Lezikocpraphie.
595
Xs^siov x^i;(r//i(i)i' ix iiatfOQtov aoipwv ts xal ^tjtoqwv noXlciv (dessen Anfang
lit. a in Bekkers Lex. VI sich befindet) von lit. ß — w findet sieh in Photios
und Suidas wieder, aber letzterer hat nicht den Photios benützt. Es ist
Grundlage für Methodios,') welcher nur andre Glossen aus Harpokration,
Timaios, Ail. Dionysios, Pausan. damit versetzte; dann für Eudemos und
Photios.*) — Das umfangreichste encyklopädische Wörterbuch hat Suidas
(sec. X) verfasst, s. Christ § 572, ein gründliches sprachliches und sach-
liches Lexikon. Dass Eudokia's Vcoria, Violarium, dann des Philoxenos')
und Gyrillus^) sog. Lexika Fälschungen sind: vgl. Loewe, Prodrom. § 11, 1,
Christ p. 620 f. Etwa ein Fünftel der Cyrillusglossen ist im Hesych. er-
halten ; die Codices bieten griechisch-lateinische Glossen, die eigentlich mehr
Wert für das Vulgärlatein haben; vieles dazu aus Charisius entlehnt. —
Des Philemon li^ixov TsxvoXoyixov ist nun gleichfalls als Fälschung (des
16. sec.) erkannt.'^) Wie Glossare entstanden, zeigt anschaulich ein im
9. Jahrhundert angelegtes homerisches, in welcliem wahrscheinlich aus
einem alten Homercodex — ähnlich wie in Venet. A — nur Lemmata und
Randscholien bes. in Kolumnen neben einander ausgeschrieben wurden. Der
von Sittl^) besprochene cod. graec. 6 der röm. Nationalbibl. (sec. IX) ist
eine Kopie davon.
12. Im tieferen Mittelalter sind zu nennen einzelne anonyme oder
Pseudonyme Lexika, welche von Bekker (Anecd. gr.), Gramer (Anecd. Paris,
und Oxoniens.), Bachmann (A. gr.), Matthiae (Gloss. graeca min.), Loewe
und Götz (Prodrom, u. Corpus glossarior. latinor.), Nauck Lex. Vindobonense
(cod. Vind. 169) u. a. veröffentlicht sind. Liber glossarum,^) der den
apokryphen Namen Ansileubi führt, liegt zu gründe dem 1) Glossar. Salo-
monis (f 919), 2) Papias und Vincentius Bellovac, 3) Osberni Panormia
(sec. XII), 4) Hugutionis lib. derivationum (c. 1192), 5) loannis de Janua
summa s. catholicon (1286). — Neben dem grossen sog. Philoxenos*)
und Cyrillus,^) gab es auch kleine Lexika, z. B.
I. Idiomata codicis Harleiani 5792.**^)
II. Servii gramm. gloss.
III. Idiomata nominativa, quae per genera asseruntur. > i)
^) VoD dessen sog. JlfAODifiTy-Lexik. einen
Auszug publizierte Sturtz hinter dem Et.
(iud. p. 617 £f.; cf. Bachmanni Anekd. gr. 1,
1-422.
*) CiRHXJTH in Burs. Jb. 187G.
^) Die Lexika des Philoxenos: Carntith
in Bursians JB. 1876 p. 345; Loewe, Pro-
dromus § 11 p. 180 ff. 210 ff. Das Pseu-
donyme aber weitaus beste, m. 9652 Glossen,
Ed. pr. H. Stephan! 1573. Vgl. Jos. Klein
im Rhein. Mus. 24, 299-302.
*) Götz, Corp. gloss. lat. II, praef. p. XX
sqq. (übrigens s. oben § 10, G). Der gricch-
lat. Cjrill bei H. Stephanus p. 303 ff. hat
ca. 15,800 Glossen.
*) Christ S. 621 ; vgl. auch Weber, De
Philemone Atheniensi glossographo.
^) Sitzungsber. der k. b. Ak. d. Wiss.
Phil. Cl. 1888. II p. 255 ff.
^) Von Usener eingeführter Titel; vgl.
übh. LoEWE, Prodrom, p. 222 § 13 und dazu
Bursians JB. 1876 p. 348.
*) CGI. Lat. vol. II praef. p. VII; beginnt:
j4, ano . anoTov ' vnegrov .vnegtf]g . | ab «no.
TtttQa xtti vTfo I abalieno anaXXorgno. und
schliesst : Uxorius * yvyaixofiayrjg . yvyaixo-
xgttTovfAsyog \ uxoriosus * o Tfjy ' idlay . yv-
yaixtt (piXüiy . Expliciunt glosae perelementü.
®) CGI. Lat. vol. II. praef. p. XX.; be-
ginnt: JßaxxovTog inbauchatus | ^^«1 ' aba-
gus I ttßaQTjg nongravis | und endet toxQorrjg
palliditas | (nxvQtafiByog uallatus. — Von H.
Stephanus Ausgb. 1573 hängt Vulcanius und
Labbaeus ab.
^") In Corpus gloss. ed. Labbaeus p. 199
bis 205. Anf. : suntquedam * iiaiy jtya \ no-
minaque oyofiara aiiya \
^ ^) e cod. Neapol. Charisii. Anf. : hie ad-
ventus rj naQovaia.
38
596
Ca) Chriechische Lexiko§praphie,
IV. Idiomata codicis Paris. 7530.*)
V. Glossae cod. Laudun. 444.
VI. Fragmenta papyracea antiquissiroa.
Die Beziehungen dieser verschiedenen Sammlungen unter sich und zu
bekannteren sind noch nicht hinreichend erforscht, da man immer noch
auf neues Material ausgeht. — Von Joannes Zonaras (XII. Jahrh.) trägt
ein reichhaltiges Glossar avvaYooyr- Xä^ewv den Namen, welches alphabetisch
kurze Notizen, auch aus alt- und neutestamentlicher Litteratur, aufführt.^)
Vom Etymologicum Magnum oder 'EvvfioXoyog iityaq (XI. Jahrh.) einer
guten anonymen Kompilation, dessen Hdss. sehr abweichen, hat man all-
mählich einige Quellen gefunden. 3) Das mit demselben verbunden (von
Sturz) herausgegebene Etymologicum Gudianum^) ist eine Umarbeitung
davon, bald erweitert, bald gekürzt unter Zuziehung von Ammonios u. a.
synonymischen Sammlungen. Et. Angelicum (sec. XV) in Rom^) und
Et. Parvum^') sind mehr dem Gudianum als dem E.M. ähnlich; Lex. Yindo^
bonens. (sec. XIII extr.) gibt spärliche Glossen.^) „Die späteren Ge-
schlechter von Grammatikern und Rhetoren fanden sich durch die Gelehr-
samkeit und Umfänglichkeit der alten Leistungen beschwert und gehemmt
und das in immer steigendem Masse, so dass jedes neufabrizierte Handbuch
einen Teil Ballast weniger hatte.**®)
13. Ebenso wurde auch der Kreis der Lektüre immer enger; man
half sich auch da mit Chrestomathien und Auszügen. So feierte in der
Byzantinerzeit das Griechentum wenigstens eine Nachblüte, im Occident
aber ging es in einer überraschenden Weise unter; wenn auch einige
wenige Ausnahmen^) zu bemerken sind, so herrschte doch als Regel eine
tiefe Unwissenheit,^^) bis, nach dem Wiederaufleben des Humanismus
') Verwandt mit dem vorigen cf. H. Keil,
Gramm. Lat. IV 503 [hie accentus] 17 ngoa-
(Office \ hie adventus [t; nagovaia] \ arcus 17
2) Zonarac lexicon ex tribus codd. mss.
nunc pnm. ed. H. Tittmann, 2 Tomi Lips.
1808 (auch Photios enthaltend).
*) BüYSKN, Rindfleisch, Carnüth in
Dursian JB. 187(>, 137. Die rhetor. Glossen
sind nicht aus Dionys. oder Pamphilos, son-
dern aus Photios, Diogeneianos, Lexic. Se-
guerian. V (aber einem vollständigeren
Explr.) und Scholien zu Homer und Aristo-
phanes. — Ilauptausgabo v. Stübz Lips.
1816 — 20; eine neue wird von Carnuth er-
hofft. Wichtig ScHOENEMANN Dc K. M. fon-
tibus I De Zcnobii comm. Frgmenta Zenobii.
Danzig stödt. Gymn. Progr. 1881. H De Ze-
nobii . . scriptis verisim. ib. 1887. Vgl.
Heitzenstein, Bericht üb. d. von ihm in
Paris f. d. K. M. gemachten Studien, in d.
Sitzung der k. pr. Ak. d. Wiss. Berlin 15. Nov.
1888.
*) Carnuth, Quellenstudien zum Et Gud.
Danzig 1880. Die Wolfenbüttler Hds. ge-
hörte ehemals Gude.
'^) RiTSciiL Opusc. T, 074- 92.
^) Ed. E. Miller, M^Ianges de litt^ra-
ture grecque, Paris 1868.
^) Meist aus Harpokr., dann aus Aristid.,
Libanios, Synesios etc. Ed. A. Naück, Petrop.
1801. 8.
*•) BLASS im Hermes 17, 100.
®) Theodorus v. Tarsus, Erzbiscb. v. Can-
terbury ca. 670; 712 Erzb. Egbert v. York.
Gründer der Schule Alcuins, der dann weit-
reichenden Einfiuss übt; ca. 80O am Hofe
Karls des Kahlen Mannen u. Jo. Scotas Eri-
gena, Übersetzer des Pseudo-Dionys. Areop.;
ca. 950 Dunstan in England; 1050 Lanfranc
in der Normandie. Vgl. auch Hodius, Dc
Graecis illustrib.
'") Selbst Gregor d. Gr., der viele Jahre
päpstl. Apokrisarius in Constantinopel war,
verstand das Griechische nicht (Gramer, De
graecis medii aevi studiis I, 24); auch die
Beziehungen der Ottonen zu Byzanz batton
keine tiefere Wirkung (Eckstein, Analekten
z. Gesch. der Pädagogik, 1805). Seit der
Kirchentrennung 1054 hörte die Einwirkuni^
von Osten auf. Auch die grössten Schola-
stiker verstanden Aristoteles und Plato nicht
im Original zu losen. Anf. 13. saec. des
„Gräciata* f]berhard v. Bcthuno , Graecis-
1. Qeschichte und Littoratnr der grieohischen Lexikographie.
597
in Italien, in Deutschland zunächst durch die Brüder des gemeinsamen
Lebens das griechische Studium wieder erwachte. ,,In dieser Zeit bot die
Einführung des griechischen Unterrichts grosse Schwierigkeiten ; man hatte
nur griechisch geschriebene Grammatiken und die Texte der Autoren waren
so selten, dass z. B. Melanchthon in Wittenberg seinen Zuhörern Homer
und Demosthenes diktieren musste, um darüber lesen zu können. Darum
ist auch in dem sächsischen Schulplan 1528 das Griechische ausgeschlossen,
sicher auch deshalb, weil man keine Lehrer hatte, die diesen Unterricht
hätten geben können. . . Auf den weiter ausgebildeten Anstalten wie
Nürnberg fand er natürlich seine Stelle.''^) Man hatte die alten Glossare
und Lexika durch Abschriften fortgepflanzt; seit der Einwanderung von
Griechen hatte man ein grösseres Bedürfnis nach praktischen Elementar-
grammatiken; ^) indes hatte allerdings der florent. Staatskanzler Salutato
(saec. XV med.) gut gefunden, dem Giacomo de Scarparia, der griech.
Handss. von Byzanz bringen sollte, einzuschärfen, er solle Vokabularien
nicht vergessen.*)
14. Lexika der Inkunabeln- und Reformationszeit.
1478. Dictionarium gr. Milani.
1480. J. Cbabtomus L. gr.-lat. Milani.
1483. *EXXr]vixoQü}fiatoy Xe^ixov ed. Joa. Ereston (oder Kraston, Carm eliter) in denselben
Lettern zu Mailand gedr. wie der Homerus Florentinus 1484.^)
1486. Melancbthomis Yocabularius breviloquiis triplex alphabetus. Coloniae.
1496. *Ex Tijjy Evara^iov xai icXXoDy iydo^toy yQafifiattxaiy Baqiyov Ka/urjQtog^) ixXoyai
xard ajoixetoy, 270 foliierte Blätter, Venetiis in domo Aldi Romani summa cura
mus* ist nur eine latein. versifiziert«
Gramm.» welche die aus dem Griech. stam-
menden Wörter berücksichtigt. Um 1360
weiss Petbarca in ganz Italien nur c. 8 grie-
chisch Verstehende aufzuzählen (Voigt II,
107), in Rom keinen ; Lionardo Bruni ( 1370 —
1443) bemerkt: seit 700 Jahren hat niemand
in Italien griechisch verstanden (Leon. Are-
tini Comment. ap. Muratori Script. XIX 920);
noch um 1423/27, wo Aurispa u. Francesco
Filelfo von Byzanz viele Hdss. mitbrachten,
verstanden nur sehr wenige Glückliche grie-
chisch (Voigt, Wiederbeleb, p. 143). Vollends
in Deutschland konnte Wimpheling in s.
Isidoneus (a. 1496) c. 25 nur fünf des Grie-
chischen kundige Gelehrte nennen.
') So Ecksteim-Heyden, Griech. Unterr.
S. 381. In Nürnberg durch die Ratio scholae
1526 eingeführt; s. Heerwagen im Programm
Nürnberg 1860 p. 27. 29.
') Der erste griechische Druck waren
des Laskaris auf Gaza basierte Gramm,
und Erotemata 1476 Milani; darauf folgte
cbdas. 1478 Dictionar. graec, 1484 Ero-
temata des Cbrysoloras, 1493 des Chal-
KONDiLAS, 1495 des Theodoros Gaza; 1496
Theod. Gaza ygafifiatixt} eiaaytoytj 4 Bd.
mit Apollon. Dysk. und Herodian ap. Aldum :
1496 Aldus Manutius Cornu cojpiae s. Horti
Adonidis, fol. 204 nagaytoyai dvaxXirwy
^rjficcTijy aus Heraclides Miles.; 1501 wurden
die des Guariki (t 1460) in Rhegium ge-
druckt; 1501 der erste griech. Druck in
Deutschland v. Wolfg. Schenk in Erfurt:
eiaaytoyij Tigog ttoy ygafifiartoy 'EXXfjyaty,
1512 Sihleri, Isagogicon in literas graecas
(Lehrer und Muster Melanchthons). 1516
des Engländers Rioh Crocus, Tabulae graecae
u. Theodori Gazae lib. IV latine. 1516 Fro-
BENii (Basil.), Alphabetum graecum d. i Lese-
fibel mit Vokabular; 1518 Melanchtbonis,
Institutiones gr. gramm. (bis 1622 vierund-
vierzig Neudrucke; Corpus Reform. XX,
15—179); 1521 Oekolampadii (1482—1531).
Dragmata graecar. litterar. [Grammatisches:
1532 JoA. Varenvius (Mechliniensis) Syn-
taris linguae graecae. Louanii; 1536 Joa.
Vareknius id. c. annot. Camerarii Basil. 8^;
1549 Akt. Vessodi Rutheni grammaticar.
Institutionum libri V graeci et latini. Ad
Petr. Ramuh Veromaudunum praelorum
yvfiyaaittQXV^' Paris, ap. Lod. Begatium sub
Phoenicc. 8^ 76 pp.; 1554 Th. Bezab (1519
bis 1603) Alphabetum gr.; 1555 Cominii Hel-
lenismus; 1562 Petr. Rami (1515 —72) Gramm,
et Syntax.].
*) F. Mebus, Vita Ambros. Traversarii
p. 356, 358.
^) Neue Aufl. 1483 in Vicenza; Auszug
V. Accursius, Milani 1480. 4^.
^) GuARiNus aus Favera bei Camerino
in Umbrien, Schüler des Jo. Laskaris und
Angelo Politiano. Benediktiner, Lehrer des
P. Leo X., 1514 Bisch, v. Nocera, t 1537
in Spoleto. Sein Lexikon wurde noch 1712
in Venedig neu aufgelegt.
598
Ca) Qriechische Lexikographie.
1497.
1497.
1499.
1 502.
1505.
1512.
1516.
(1517.
1519.
1524.
1530.
1532.
1533.
1530.
1537.
1537.
1537.
1 539.
1539.
laboreq. praemagno MIIIID. — Weiterhin (VariDi-) Phavorini Thesaur. comucopiae
et horti Adonidis. Yenet. Aid. 1504 fol. u. Mäya xai nayrtiHp^hfioy Xe^ueoy om^
FttQivog ^(tßoiQiyog Kttfiijgg^ 6 NovxMQLag iniaxonog . . . avyM^ato imprees. per
Zach. Kaliergi Cretensem Romae 1523; repet. 1525 foL, 1538 Basil. fol.
Das Hauptwerk Dictionarium graec. copiosissim. ordino alphabeti com interpretalione
latina. — Venetiis in aedib. Aldi Manutii Komani Decembri mense MIIID.')
ViKCEMTii, vocabular. Regii.
Berthorii Dictionarium Norimbergae fol.
Calepini (f 1510) Dictionarium Xf Hnguarum, oft aufgelegt bis 1778.
Primogeniae voces s. Radices linguae gr. separat, excus. Coloniae ap. Wal-
ther. 8^^) dahinter Paedomachia graecanica d. i. gramm. Fragen und Antworten,
unter bes. Tit. 1620. 8^
Hieron. Alsandri') Mottensis Lex. graeco-Iat multis et praeclaris additionibas
complet. ap. Matth. Bolsenum in vico decretor. Lutet. Paris. 1512. Daraus wurde
später durch Schüler desselben Ae^ixoy TjXXrjyoQtofÄaixoy op. Budaei, Tusani^ Gesneri,
IL Juni. Basil. 1568 u. A. 'EXX. ray intti*) Basil. 1572, zu denen in der Ausgabe Basil.
Henric petri 1584 noch drei weitere Namen ^) auf dem Titel genannt sind.
Dictionar. gr. a. Thbod. Gaza, Basil. Proben.
Colloquiorum familiär, incerto auctore libellus ed. Beatus Rhenanus. Lovanii, Th.
Martin, 4»).
Diction. gr. ultra Ferrariensem edit. locupletatum locis infinitis. Basil. Cartandri offic.
Dictionarius graecus praeter omnes superiores accessiones ingenti vocabulor. nnm.
locuplet. p. JoA. Ceratinum^). Basil. Proben, mit Praef. Desideri Erasmi, der einen
Vorläufer Gurmuntius erwähnt.
Seb. Münsteri, Dict. trilingue 1. gr. hebr. Basil.
Petri Gillii') Albiens. Lex. gr. lat. Basil. offic. Val. Curionis
Gybert Lonoolius Ubricensis Lexic. gr. lat. Colon. Prael. 8^.
Thesaur. linguae utriusque mit onomasticon vocum latino-graecar. v. Bonaven-
tura Vulcanius Argentor.")
Lex. gr. lat. Basil. officin. Jac. Walderi.
Gelenii (t 1555) Lex. quadrilingue.
CoNR. Gesneri, Lex. gr. lat. Basil., iter. 1545.
Simon. Grynaei^) lex. gr. Basil. ap. Joa. Walder.
Lex. gr. lat. opera Petri Dasypodii ^°) Argentor. Wendelin Richel.
') Inhalt: fol. P Cyrilli opusculum de
dieiionibus quae variato accentii mutant
significationom, fol. 181 Ammonius de diff.
dictionum per literar. ord.; f. 198 Vetus in-
structio et donominationes praefcctorum mi-
litum: fol. 200 Significata rov rf^ signif. rov
lo; fol. 201 Index oppidoquam copiosus do-
cens latinas dictiones fere omnes graece
dicere. (1 pjxemplar dieses W^erkes besitzt
die Erlanger Universitätsbibliothek; auf der
Mtinchcner Staatsbibl. habe ich keines ge-
funden). — Bemerkenswert ist Conr. Gesners
pracfatio zu s. Lex. Basil. 1543: Lexicon
gracco-latinum, ut vocant, niescio a quo primo
inceptum paulatim per diverses a minimis
initiis auctum ad hoc fastigii pervenit, in
quo nunc conspicitur. Plerique autem qui
hanc provinciam susceperunt, non tam eru-
diti quam laboriosi et diligentes fuerc. Qui
morcedc typographorum conducti ex com-
mentariis doctorum et collatione Latinorum
quac ex graecis traducta fuerant vocabula
et interpretationes collegerunt atque isti ob
inipeiitiam linguae cum alios errores ad-
miscrunt tum per absurdas interpretationes,
orthographiam corruptam, themata verborum
inepta et ordinem confusum Lexicon con-
taminarunt. Hi vero vel ipsi conscii inscitiae
suae nomina non addidere vel per typo-
graphos eis addere non licuit, ne inerudita
nomina emptores arcerent. - Gesner selbet
hat übrigens unter anderen besonders aus
Varinus Camers u. Hieron. Guntius geschöpft.
-) Ks ist ein alphabetisches Vocabular:
«, (IdCo), dßdXc utinam, «i?«l, aßag ek.
Spätere Ausgaben Paris 1612. Col. Agripp.
op. Walther 1620, 8; ob von Scapüla? wie
Biographie universelle s. v. meint.
^) Hieron. Aleander sen., Cardinal aus
Motta in der Tarviser Mark, 1508 nach Paris
berufen; als päpstl. Nuntius in Deutschland
geg. d. Reform.; 15^38 Cardinal, f 1542.
*) GuiL. Büdaeüs t 1540, J. TüSANUs
t 1546, CoNR. Gesner f 1565, Henr. Jünius
1 1575, RoB. CoNSTANTiNus f 1605, Joa. Här-
tung t 1576, Max. Hopper t 1565.
*) GuiL. Xylander t 1576, Jac. Cbl-
LARius t 1542? et Nie. Höniger f 1596.
®) Eigentl. Teyno aus Hoom, Prof. in
Leipz. u. Löwen f 1530.
') Dictionaiium gr. 1. Septem virorum.
Pierre Gilles v. Albi 1490, t in Ronen
1555. Dasselbe Lex. Basil. Valder. 1541.
®) Bonav. Vulcanius aus Brügge 1538
bis 1614. Prof. in Leyden.
^) T« uoy Xi^etov iXktjyixtov arj/uayrutd
x«T« axotxiloy, ist ein Glossar ohne Index.
'^) Kigentl. auch nur Glossar, Pbt. Dasy-
P0DIU8, Rauchfuss, aus Frauenfeld, Prof. in
Strassburg. 1554 griech.-lat.-deutsches WU.
1. Qeachiohte nad Litteratnr der grieohisohen Lexikographie.
599
1540. JoA. Habtumoi, Lex. gr. lat. Antverp.
1543. Lex. gr. lai a Conr. Gesnebo/) Basil. HieroD. Curio; wiederh. Basil. 1545 fol.;
Tiguri Helv. 1545; Jo. Hartuo^, Basil. 1560 fol.
1548. L. gr. 1. jp. Hadr. Junium, Noviss. anctum BasU. 4^ — Id. denuo impressum nuper
p. CoDr. Gesnemm et Arnold Arleninm auct noviss. per Adrian. Junium, in graecis
secund. Budaeum locopletatum et absolutum Basil. — Id. postrerao nunc non
mediocriter auctum p. Jo. Joa. Hartungum, Basil. Henrich Petri 1550.
1554. C. Stephanus, Dict. 1. gr. Paris. 4^ — Lex. gr. 1. ex ipsius denuo G. Budaei
mannscripto lexico auctum apud Joa. Crispinum et Nicof. Barbirium. fol. Vgl.
Basil. 1565. 1568 fol.
1562. RoB. Comstantini, L. gr. lat. Genevae (s. u. 1592).
1568. Calepivi, Diction. hexaglottum c. C. Gesneri onomastico. Basil. fol.^).
1571. Mart. RuLAivDi Synonyma. Copia gr. verhör. Aug. Vind. 1571. 8 (ein lai-griech.
Vocahular).
1573. Glossaria duo e situ vetustatis eruta ad utriusque Hnguae cognitionera et locu-
pletationem perutilia. Henr. Stephavus. Paris. (Philoxenus) , d. i. 1) Lex. xttttt
a%oix^toy compos., 2) in capita digestum, 3) cotidiana conversatio.')
Nach H. Stephani Thesaurus erschien noch:
1583. Lex. gr. lat. recens constructum (m. Anhang de dialectis, themata obscuror. etc.).
Genevae ap. Guillielm. Leimarium.'*)
1584. AB^ixoy iMrjyoQ(üfÄaix6y (s. oben 1497. Aleandri) Basil. Sehast. Heoricpetri.
1592. RoB. CoKSTANTiNi, Lex. gr. lat. sec. edition. partim Francisci Porti additionibus
auctum. Vignon et Stoer. 1592.
15. Die früheren Lexika s. Dictionaria beschränkten sieh im ganzen
darauf, ihre Vorgänger mit einzelnen Zusätzen zu wiederholen; wenn auch
ein Index auctorum nach dem Muster der Aldiner hinter dem Titel prangt,
waren es doch eigentlich nur kritiklose Glossare, welche eine oder einige
lateinische Bedeutungen dem Lemma beifügten. Original waren dagegen
die Arbeiten der beiden Stephanus.*) Heinrich (1528—98) hatte als Erbe
und Fortsetzer des väterlichen Geschäfts viele Autoren ediert, auch ein
Lex. Ciceronianum graeco-lat., und bis 1571 immer fort an dem Thesaurus
gearbeitet; er hatte keine Beihilfe ausser von L. Budaeus und vereinigte
nun über 100,000 griechische Wörter mit ötellennachweisungen in den 5 voll.
Dieselben waren nach etymologischen Klassen geordnet, dahinter aber war ein
Index alphabeticus und zahlreiche opuscula zur Rechtfertigung der kriti-
schen Arbeit, dazu alte Glossare und ein tractatus de dialecto Attica. Dieser
Thesaurus (1572) war bahnbrechend und massgebend bis vor sechzig Jahren;
leider sollte der Verfasser nicht einmal die Frucht seines Riesenfleisses
ernten,^) sondern wurde durch die Unehrlichkeit seines Korrektors Joa.
^) CoivR. Gesüer aus ZQrich, Prof. litt,
gr. in Lausanne, 1541 Prof. Ethices et pbys.
in Zürich f 1565.
2) Calbpinüs Dict. XI linguar. Ed. VII
Basil. 1627. Calkp. Dict. VII linguarum. ed.
J. Facciolatti Ed. VIII. 2 voll. Patavi 1758 fol.
*) Ursprttngl. ca. Anf. des III. Jahrb.
p. Ch. zusammengestellt und dann ein Arche-
typus der S. Galler (Q/AtjyevfjKtra, mit dem
Pseudo-Dositheos ediert. Dies wiederholte
verschlechtert Bonaventura Vulcaniüs in s.
Thesaurus utr. lingu. Lugd. Batav. 1600 fol.
dann mit Bon. Vulcanii Brugensis Notae
et Castigationes (welche vielm. v. Scaliger
stammen). Dritte Ausgb. v. C. lisbbaeus
durch Du Cangius. Paris 1679.
*) Dass. ad formam ab H. Stephane et
post hunc a Jo. Scapula observatam etc.
ibid. 1593.
^) Vgl. Auguste Bernard, Les Estienne
et les Types grecs de Fran^ois I. Paris 1856.
Der Thesaurus Lat. des Robert Stephanus
war 1581 erschienen; über die Studien des
Henr. St. vgl. auch E. Egoer, L'Hell^nismo
en France. Paris. Didier u. Co. 1^69, I,
S. 203-12.
^) At Thesaurus me hie de divite reddit
egenum Et facit ut iuvenem ruga senilis
aret, klagt er in der 2. Aufl. 1580; diese
ist wenig verändert, nur vol. I bis p. 1825
(s. Passow in Raumers Hist. Taschenb. 1831
p. 598); öfters ist die Appendix in vol. V,
dann die Glossaria vett. in IV enthalten.
Er starb in höchster Armut, 70 J. alt, in
Lyon 1598.
600
Ca) Griechische Lexikographie.
Scapula darum betrogen und finanziell ruiniert: dieser hatte heimlich die
DruckabzUge benützt und sein Lex. Or. lat. Basel 1579, 4^, einen prakti-
scher angelegten Auszug davon, ediert, in welchem besonders der Index
alph. dem Werke selbst einverleibt war. Das Störende der etymologischeD
Anordnung hatte St. selbst nachher eingesehen; andere Übelstände (vom
modernen Standpunkt aus) macht G. Hermann bemerklich. i)
16. Scapula's Lex. wurde noch oft aufgelegt;^) andere, ausgenommen
einzelne Spezial Wörterbücher,^) fussten ganz auf Stephanus, und ein Fort-
schritt ist bis auf die Zeit J. G. Schneiders und Passows eigentlich nicht
gemacht worden.^) Handlich eingerichtet nach Scapula ist das Nov. lex.
*) In der Rezension der engl. AoBgabo
Ed. nova Londini 1815 — 28 — tom. I — X Lon-
dini in acdib. Yalpianis; dazu tom. XI mit
G. Hermann, De partic. rcV und Index. Zu-
gleich C. Labbaei Glossaria, ib. 1810—26 u.
noch ein Band 1815 Isagogica. bes. über
Dialekte. — Die Rezension G. Hermanns findet
sich im Classical Journal 1818 N.85 = opusc.
H, 22^^: ErgSnzung der Artikel, bessere for-
male Darstellung, Fachdisziplinen, auch der
Grammatik angeböriges, genaue Quantitäts-
bezeicbnung, Beifügung der Eigennamen, An-
gabe der im einzelnen benutzten Gelehrten,
praktische An- und Einordnung der Nach-
träge, fremden Dialektwörter und vieler
Stammwörter vemiisst er. — Osann, F. Auc-
t^irium Loxicor. gr., praes. thesauri 1. gr. ab
11. Stephane conditi. Darmstadt 1824. 4.
2) Basil. 1580. 89. 94. IGOO. 5. 28. fol.
Cum Mcursii gloBsario aliisquo opusculis s.
1. 1593. 1598. 40 Lond. 1037 fol. Amst.
LB. 1(152, Basil. 1GG5 fol. mit Index, voca-
bul. graec, dictiomim latt., Jag. Zuingeri
(1«)I»4- 9<i) Hypotyposis gr. dialoctorum,
Appendix für Excurse, Ammonii, de sim. et
difT. vucc. Verhör, themata, Hadb. Amero-
TI18 (t 15(»0) de Graec. notis arithm., de
veteri et recta linguae gr. pronuntiatione.
Jo. Harmari (t 1<)70) Lex. etymol. gr., Jo.
Meuksii (1579 — 1041) Gloss. gr. barbar.
abbrcv. — Eiu Auszug aus Scapula: Greg.
Blech, Lex.gr. I. Francofurti.Cubach 1G57. 551
S. 8. Ebenso Gg. Constantinus Joanninensis
mit lat. u. Italien. Erklärungen Venet. 1754.
4 ' \\, o. - Ed. nova acc. mit Dorvillii ani-
madv., D. Scotti append. Askewina cura
.1. Bailay, op. .T. R. Major, Lond. 1820. 4^
3) Z. B. 1(303 Aem. Porti (1550-1014)
Dict. ionicum gr.-Iat. in Herodotum, Frkf.;
Lond. 1825; 1003 eiusd. Dict. doricum gr.-
lat. in Theocritum, Mosch. Bion. et Sim-
miani, Frcof. ; 1000 eiusd. Lex. Pindaricum,
llanov.; 1004 Wolfg. Seberi (1573 1034),
Index vocabulorum in Homer. Heidelb. 1004,
blosc Titelausgabe dav. m. Vorw. v. G. A.
Richter: Argus Homeric. Amsteld. 1049;
Oxonii 1780. — 1705 u. 74 Dammii, Nov.
Lex. gr. otymol. et reale: dann als Lex.
Ilomeiico-Pindaricum, neu v. Düncan, Lond. |
1827. 4«; von Rost, Lips. 1831-38. 4«. -
1705 J. J. Reiskb, Theocriti rell. c. indi-
cib. verhör. 4*^; 1746 C. C. Rsizii, Index
verb. Luciani Ultraj. 4**; 1835 Wtitbrbacb,
Ind. Graecitatis in Plutarchi opera (in s.
Moralia, Oxf. 1795—1830 Bd. XV) als Lexic.
PJuUrch. 1843 Oxon.; 1801—4 Stubz, Lex.
Xenonhonteum ; 1824 Schwbiguavseb, Lex.
Herodot. Argentor. 8^ u. a.
*) Die wichtigsten Erscheinungen bis
1820: 1589 Dictionar. 1. gr. s. Synonymomm
copia olim a D. M. Rulando congeri coepta
op. Dav. HoESCHBLii Augustani. Aug. Vindel.
M. Manger. p. I bis Kalendae. 1596 Jac.
Gbetsebus S. J. Nomenciator latino rz= graecus
in gratiam tironum coli. Ingolst. Sariorius
S^ bis S. 206 in 30 + 6 Kapiteln ein sach-
lich geordn. Vocabular; dazu ein reicher lat
Wort-Index. 1015 Jo. Crispiki, Lex. gr.-lat,
ein aipbab. Auszug aus H. Stephanus mit In-
dex der Derivata u. lat. Index; 1580 Fbiscb-
LiNi (1547 — 90) Nomenciator trilinguis, Fran-
cof.; 1592 RoB. Constantini (1502—1605),
Dict. 1. gr. ed. 2. Vign. (später öfters auf-
gel.); CoRN. ScHREVELii (1615—64 oder 07)
Lex. man. gr.-lat. LB. 1055. ed V» 1070. 8^
Lips. et Budissae 1673. Lond. 1676, Amster-
dam. 1082, Dresd. et Lips. 1714. Durch
.los. Hill um 8000 Wörter verm. Lond. 1781;
Aug. Vind. 1790; ed. XVII. aucta. (Es war
1082 ein alphab. u. sachl. geordn. Vocabnl.
mit lat.-gr. Index.) Ed. XVII aucia a. Jos.
Hill, J. Entiek et G. Bowyer, Glasg. 1797.
Ed. locupletior cur. J. P. Jannet, Par. 1806;
Löcluse, Paris 1820. Von Schrevel. auch Ed.
des Scapula 1064; des Hesychios 1008. -- 1670
Robertsoni, Thes. 1. gr. in epitomen redactus
Cantabr. — 1083 Jo. Casp. Sciceri (1020 ff.),
Lex. gr.-lat. et lat.-gr. Tigur. 4. Thesaur.
ecclesiast. 1082 aus der Patristik. — 1088
Ch. du Fbesne, sieur Du-Cange (1010—88).
Gloss. ad. scHptores mediae et infimae grae-
citatis. 2 voll., ein ausgezeichnetes und selb-
ständiges Werk ; gegenw. Neudruck in Breslau.
— 1718 Blanoard, Lex. medic. gr. lat.-gerni.
Halael718 und48; 1750 eiusd. L. med. renov.
Lugd. Bat. ed. nov. cur. Isenflamm, Lips. 1777
3 partt. — 1771 Chr. Zimmermann, Nov. Lex.
man. gr.-lat. et lat.-gr. Stuttg. — Lbnnepii,
1. Qeschichte und Litteratnr der griechischen Lexikographie.
601
man.'gr. 1. et 1. gr. von Benjamin Hederich (1675 — 1748),') welches bis
in unser Jahrhundert hereinreicht. Hederich hatte nebenbei auch ein Real-
wörterbuch und ein mythologisches ediert, beides suchte für Homer und
Pindar Damm zu vereinigen (S. 600 not. 3) und Ernesti gab 1795 ein
Lexic. technolog. Graecor. rhetoricae heraus.
17. Ohngefahr mit dem 10. Jahrhundert erwacht ein neuer £ifer für
Lexikographie;^) bisher hatte man so ziemlich auf dem alten Standpunkt
seit Stephanus verharrt, so dass Joa. Franz, De lexicis latino-graecis
dissert.^) eine Reihe von Ausstellungen veröffentlichte; erst Jo. Go. Schneider
Saxo macht „einen bedeutenden Fortschritt bezüglich Kritik, Stpffreichtum
und Methode; sein Wörterbuch ist überhaupt die erste umfassende selbst-
ständige Arbeit auf diesem Gebiete seit H. Stephanus; besonders verdienst-
lich war die Sammlung und Erklärung der bisher sehr vernachlässigten
technischen und naturwissenschaftlichen Ausdrücke". Aber Franz Passow
(1786—1833), „der durch feinen Sinn für das Schöne in Poesie und Kunst,
durch gründliche Sprachkenntnis und methodischen Sammelfleiss gleich aus-
gezeichnet war"", fasste die Aufgabe einer wissenschaftlichen Lexikographie
höher. ^) In der 4. Auflage des Schneiderschen Handwörterbuches, die
Etymol. l.-gr. in Deaer Aufl. v. £v. Scheid,
Traj. a./Rh. 1790; ed. alt. 1808 ibid. — 1784
J. C. Vollbeding, Gr. dtech. WB. Lpzg., mit
Supplement 1788. — 1798 Bobnii, Nomen-
clator 8. Lex. man. 1. gr. Ups. 2 partt.
') Erschien Lips. 1722; dann cura Eb-
wESTi, 2 voll. 1767. Lips. 1788; ed. Wendlbb,
Lips. et Lond. 1796; ed. auct. T. Mobell,
Lond. 1778. 1790. Ed. auct. M. Taylob,
ib. 1803; endlich Nov. L. man. gr.-lat. et
lat.-gr. post curas Patricii J. A. Ebnesti,
C. C. Wevdlebi, T. Mobellii, P. H. Lab-
chebi, f. J. Bastit, C. J. Blomfildii, denuo
cast. cm. aux. Gust. Pinzgeb recogn. F.
Passovio, Ed. V»Tom. I IIL Lips. 1825—27.
^) Vorher noch Dillenius griech.-dtsch.
WB. f. die Jugend 1784. 92. 1807 in I^ip-
zig; nach Schellerschem Plane, in der Ein-
teilung strenge nach Scapula, aber zu viele
Belege und zu wenig Scheidung. Reichen-
BACH, Allg. gr.-dtsch.Hand-Wb. Lpz. 1801—2.
2 Bde , dtsch-gr. HandWb. Lpz. 1818. —
Stubz, s. 8. 600 not 3. — Jo. Gottlob Schivbi-
deb, Saxo (1570-1822) Kritisches gr.-dtscb.
Wb. Züllichau 1797—98, 2 Bde. 8«; 2. Aufl.
Jena 1805/6. 2 Bde. 4"; 3. Aufl. Lpzg. 1819;
Supplemt. 1821; einen willkürlich veränderten
Auszug davon lieferte F. W. Riemeb, (1774
bis 1845), im Jahre 1802— 5. II. Ausg. eigenes
Werk gr.-dtscb. Hd.-WB. Jena und Leipz.
1814- 15; HL 1819-20; IV. 1823-25. —
1808 Niz, Kl. gr. "Wb. in etym. Ordnung.
Berl. u. Strals. 1808. verbess. v. Imm. Bekkeb,
Berl. 1821. - 1817 J. R. J. Beckii Lex.
l.-gr. man. Acc. index prosodicus. Lips. 1817.
8. — C. Labbaei, Glossaria gr. 1. et l.-gr.
Ed. nov. auct. Lond. 1817 f.
^) Acta philologorum Monacens. ed.
Fb. Thibbsch tom. IV fasc. 1 1829. N. II
p. 53— 80, bes. dass die Zeiten und Dialekte
nicht unterschieden wurden ; vgl. Beck, Lex.
l.-gr. manuale. Lips. 1817; id. Auctarium
lexici l.-gr. ex optimis scriptoribus. Lips.
1828; Hederici Lex. sei wenig besser z. B.
«animus: ^fÄog Demosth., tffvxrj Isoer., (p^fjy
id., (pQoytjaifid.ffpQoyrjfiaid., yovgid.* Sosmd
die Autoren oft ganz lächerlich angeführt
z. B. ^amnis: norafiog Demosth.*, poetischer
u. prosaischer Sprachschatz durcheinander ge-
worfen. Während das Attische als Norm zu
gelten habe, seien Dramatiker vorsichtig nur
im Notfall beizuziehen neben att. Histori-
kern und Rednern; nicht gerade Plato zu
bevorzugen u. s. f.
*) In dem zweiten Programm des Con-
radinum, Berlin 1812, Über Zweck, Anlage
u. Ergänzung gr. Wörterbücher, scheidet er
S. 5 zunächst sehr richtig die Aufgabe des
Lexikons und der Grammatik hinsichtlich
Irregularitäten der Formen (im Interesse der
Schule thut dasselbe neuerdings sehr gut
A. Kaeoi im Vorwort zu u. in seiner treff-
lichen gr. Schulgr. Berlin Weidmann 1884),
behandelt die Beiziehung von Dialektformen,
vom besondem Sprachgebrauch der Autoren ;
er fordert dann insbes. vollständige Auf-
führung der vorhandenen Wörter nebst geogr.
u. menschl. Eigennamen ; etymologische An-
ordnung des gesamten Wortvorrats, durch-
gängige Anführung der Gewährsmänner für
die aufgenommenen Wörter in chronolog.
Reihenfolge; Ausscheidung aller falschen u.
ungriechischen Wortformen. Dazu übt er
eine eingehende Kritik an einzelnen Bei-
spielen und liefert ein Verzeichnis von fälsch-
lich angezweifelten Wörtern nebst Fundori,
sowie eine reiche Nachlese aus Oppianos
S. 75—116 ; endlich vergessene Adjj. auf -et'cfi^?
602 C.a) QriechiBohe Lezikocpraphie.
Passows Namen trug, ist der Sprachgebrauch Homers und Hesiods,' Ety-
mologie, Quantität u. s. f. in hervorragendem Masse berücksichtigt, die
übrige Gräcität ausser N. T. freilich zu kurz gekommen. Beigaben über
die Chronologie von Ideler und über die Quantität etc. von F. Schultze
erhöhten die Brauchbarkeit des Wörterbuchs.
18. Indes war nun eine neue Ausgabe des Thesaurus von H. Stephanus
durch englische Gelehrte: Ed. nova auctior et emendatior, Londin. I— VII.
1818 --20 erschienen, welche ' jedoch in manchfacher Beziehung nicht ge-
nügen konnte, trotz vieler Mehrungen und Besserungen,^) insbesondere
wegen der etymologischen Anordnung und der Abhandlungen innerhalb der
Artikel. — Ohngefähr zu gleicher Zeit erschien Joh. Franz, Deutsch-
griech. WB. zunächst zum Schulgebrauch ^) und die ersten Ausgaben der
griech. Lexika von Val. Chr. Frdr. Rost (1790—1862), welche in einer
gleichmässigeren Durcharbeitung des beschränkteren Materials mehr dem
Schulzweck dienten.^)
19. Eine neue Ausgabe des Thesaurus von H. Stephanus war durch
Firmin Didot in Paris von 1831 an unternommen imd unter vielseitiger
Unterstützung namentlich von deutschen Gelehrten weitergeführt und voll-
endet worden.^) Sie unterscheidet sich von der alten natürlich vielfach
vorteilhaft durch Vollständigkeit, alphabetische Ordnung, Ziffemcitate, Auf-
nahme von Eigennamen (nur massig), Beachtung der Bedeutungsentwick-
lung und syntaktischen Eigentümlichkeiten, Prosodie; reicht jedoch nicht bis
auf die Byzantiner herab; auch sonst ist sie durchaus nicht so vollständig
in ihren Angaben (z. B. Herodot), als viele meinen.
und -wtfj;^ S. 117-132. — Passow suchte Rochette, Thurot über die 1 . Lieferung. Die
dann diesem Ideale, doch unter Aufgeben Univers. Oxford, stellte D. Cramrr's Auszüge
der etymol. Anordnung, näher zu kommen;
er bearbeitete •!. G. Schneideb's Hand-Wb.
nach der 3. Ausg. des grösseren griech. -
deutschen Wb. mit besonderer Berücksich-
tigung des Homerischen und Hcsiodeischen
Sprachgebrauchs und mit genauer Angabe
der Silbenlängen 2 Bde. Lpzg. 1819-23;
2. Aufl. 1825; 3. Aufl. 1827; 4. Aufl. v.
aus Valpy's Thesaur. zur Verfügung; Passow,
Hase, 0. Müller, Weber, Loewb u. Fran-
zosen u. Engländer lieferten Beiträge; Tafel,
Rost u. Passow arbeiten am A, L. u. W.
DiNDORF am B mit. Der Titel lautet auf
vol. I 1831: Thes. gr. 1. ab H. Stephano
construcius. Post editionem anglicam novis
additam. auctum ordineque aiphabet dige-
Iland-Wb. der griech. Spr. von Fr. Passow, ; stum tertio edidcrunt C. B. Hase, L. de Sinneb,
2 Bde. Lpz. 1831. ' Th. Fix; von vol. 1,. (1831-56) an: C. B.
') Vergl. hierüber Hermann, Opusc. II, | Hase, Guil. Dindorfius et L. Dimdorfiub,
219 flF. und die Vorrede zur Pariser Aus- i Secundum conspectum ab Acad. regia Inscr.
gäbe S. 8 ff. u. d. Avis v. Didot iun. v. et human, litt, die 29. Maii 1829 approbatum.
1(). März. 1865 p. IV f. ; auch oben S. 600 not. 1. l Paris. Firm. Didot fratres 1831 ; voll. II VIII
'^) Möglichst vollständig nach den besten i erschienen bis 1865; Firm. Didot pfere war in-
Quellen bearbeitet u. mit klass. Beispielen des gestorben, wie auch Hase u. a. Förderer
att. Redeweise ausgestattet. Manches war i des Werks. Weiteres lese man in der Vor-
aus der neugriech. Sprache ergänzt; das Werk, rede p. 12 ff. u. bes. den Avis des jüngeren
seit 1834 fertig, durch Dr. G. Aen. Koch ^ Didot vom 16. März 1865 p. VI f. m vol. I
herausgegeben Leipz. Hahn 1838. 2 Bde. P. 2. — Anz. der 1. Lieferung von Passow,
Lex. 8. Berlin. Jbb. f. wiss. Krit. 1831 Nr. 89-91;
3) Deutsch-gr. Wb. Götting. 1818, bis ' spätere v. Ch. Jahn, N. Jbb. XH (1829) 215 ff.
1874 zehnmal aufgel., u. gr.-dtsch. Schul-Wb. i J. A. E. Schmidt in der Z. f. d. G.W. 1852,
Gotha 1820 bis 1871 sieben Abdrücke. , X 593 ff.; gelegentl. F. IIultsch, Zur gr.
*) Am 7. Okt. 1831 las in der Acad. d. | Lexikogr. N. Jbb. 1873. 223 f. J. E. B.
bell, lettr. ihren Rapport la Commission com- Mayor on Greek Lexicogr. I - III im Jour-
posöe de M. M. BoissoNADE, Letronne. Raoul- \ nal of Philol. VI 88 ff., VII 20 ff., 177 ff.
1. Gesohichie und Litteratnr der griechischen Lexikographie. 603
20. Der Zeit nach sind sodann die Arbeiten von W. Pape,') dann
von Jacobitz und Seiler^) zu erwähnen, welche sich grosse Verdienste um
den Handgebrauch erwarben hauptsächlich durch konsequentere Verfolgung
des Sprachgebrauchs bis auf die Kirchenschriftsteller und Byzantiner, durch
Beisetzung der Schriftsteller (auch mit Zahlenzitat) oder der Litteraturgattung
und Zeit, durch Rücksicht auf Etymologie, Quantität, Bedeutungsent-
wicklung.
Eine neue Bearbeitung des Passowschen Handwörterbuchs übernahm
nach dem Wunsch des t Verf. Rost; er fand es aber wegen des Umfangs
der Aufgabe, die sehr viel neue eigene Studien erheischte, nötig, sich an
Fr. Palm, 0. Ereussler, K. Keil, Ferd. Peter, G. E. Benseler tüchtige
Mitarbeiter zu verschaffen und so wurde das Werk von 1841—57 in 2 Bdn.
4 Abt. vollendet. Hier ist der Sprachschatz bis zu den Byzantinern 3) voll-
ständig dargelegt, die Forschungen anderer Gelehrten sind gut verwertet;
besonders gut (besser als irgendwo sonst) sind die Partikeln und Präpo-
sitionen (meist von Rost selbst) behandelt; im ganzen ist hier ein Werk
geschaffen, welches für die allermeisten Fälle den Thesaurus überflüssig
macht; nur in der Etymologie steht es auf veraltetem Standpunkte. Die
Gegenwart hat jedoch noch nichts Besseres als den neuen Passow, obwohl
nach dem Fortschritt der Wissenschaften etwas Besseres nunmehr wün-
schenswert ist.
21. Die neueste Erscheinung ist das übersichtliche gr.-dtsche Hand-
Wb. f. d. ganze griech. Litteratur von B. Suhle und M. Schneidewin Lpz.
1875. Hier ist der Thesaurus 1. gr. Stephani und Passows Ed. Va mit
einer fast raffinierten Weise der Abkürzung und Raumersparnis auf 60 V2
Bogen zusammengedrängt, in der Absicht, Vollständigkeit, Zuverlässigkeit,
gründliche Erklärung, richtige Ordnung und Übersicht mit präziser Kürze
zu vereinigen. Durch die vielen Zeichen und Kürzungen wird das sehr
verdienstliche Werk etwas schwer benutzbar.
22. Anhangsweise mag hier noch erwähnt werden a) bezüglich No-
mina propr. OpoRiNi (1507 — 68) Onomasticon ca. 1540; Conr. Gesneri
^ •) W. Pape, Etymol Wb. der gr. Spr.
z. Gbersicht der Wortbild, nach den End-
eilben geordn. Berlin 1SS6. 8«; 1842-45
Handbuch der griech. Spr., 1859. 72, 3. Aufl.
V. Max Senokbusch. (t 1881) Braunschweig
1880. 2. Bde. Deutlichkeit, Korrektheit und
eine lange Reihe von Artikeln, wie sie kein
anderes WB., auch H. Stephanus nicht, auf-
weist, zeichnen diese Arbeit aus; auch ist
dessen 3. Teil, WB. der griech Eigennamen,
Berl. 1842 sehr verdienstlich; aber erst recht
brauchbar und vervollständigt durch G. E.
Beksbler (1806-68), 3 Aufl. 2. Bde. Braun-
schw. 1875, „ein Werk, um welches Deutsch-
land von allen Kulturvölkern beneidet werden
kann* (Richter), freilich aus den Inscriptiones
nun vielfacher Nachträge bedürftig. Den
*) K. Jacobitz und E. E. Seiler, Hand-
Wb. der gr. Spr. 2 Bde. in 4 Abt. Loipz.
1839—46, eigentl. an Stelle und als Fort-
setzung eines von Pihzobr (bis A extr.) be-
gonnenen Schul-Wb. Wegen der Erweiterung
des Planes gaben dann die Verf. seit 1850
(3. Aufl. 2. Abdr. 1880 Leipz.) ein vorzüg-
liches gr.-dtsch. Wb. zum Schul- und Privat-
gebrauch heraus (leider f Seiler 1875), wel-
ches in knapper Form in wohlbemessener
Proportion ein verlässiges und bequemes Wb.
für die ganze Gräcität, selbst Kirchenschr.,
LXX, Grammatiker u. Scholiasten, darstellt,
das in seiner Art unerreicht ist.
') Neuerdings erschien : Kumanudbs hw-
aytjytj Xf^Sfoy a&fjaavgiar(oy iy toTg iXXrj-
yixoTg Xe^txoTgy Athen 1883. 8® u. Sophocles,
deutsch-griech. Teil hat in neuer Aufl. Max E. A., A glossary of later and Byzantine
Senoebusch besorgt 1859 u. demselben s. | Greek. Cambridge n. Boston 1860. 4^.
Polemik gegen Rost beiheften lassen. ,
604 Cl.a) Qriechische Lexikocpraphie.
Onom. proprior. nomin. 1514 (auch Anh. zu Calepini Lex. VII lingaarum,
Basil. 1579). Vollbedino, Geogr. Zusätze u. Erläut. zum gr. Wb. Leipz.
1787. — Pape-Benseler s. vor. S. b) Bezügl. Prosodie: Anhang in Passow,
Wb. 4. Aufl.; Indices attici oder Anl. z. Messung u. Ausspr. der griech.
Paenultima, nach d. Engl., v. A. Baumstark, Freiburg 1833; Bbassh, Gradus
ad Parnassum ed. 2, Londin. 1832, in Germania ed. et emend. C. F. W.
SifiDHOF, Gotting. 1839—40, 2 voll. — c) Bezügl. Synonyma: Dav. Hoe-
scHELii, Dict. 1. gr. synonymer, copia, 2 voll., Augsbg. 1590. 8. — J. Th.
VoEMEL, Synonym. Wb. d. gr. Spr. Frkft. 1819 (== Hess und Voemel,
Übungsb. 3 T.). — J. H. Heinr. Schmidt, Synonymik der gr. Spr. Leipz.
1—4. 1876—88. — d) Bezügl. Barbarismen: J. Meursh, Gloss. graec.
barb. Lugd. B. 1614 (s. S. 600). Sim. Portii, Dict. lat. graeco-barb. et
litterale, Lutet. Par. 1635. 4. (Du Fresne S. 600 f.). — e) Bezüglich des
Nov. Testam.: Go. Pasor (1570—1637), Lexicon gr. 1. in N. T. 1636,
1648 ed. V», ed. J. F.Fischer, Lips. 1767; dess. Manuale voc. gr. N.T.;
Gualtherii (t 1624) Syllabus vocum exoticarum N. T.; Pasoris, Sy Ilabus
gr. 1. omnium N. T. vocum, Amstelod. 1632 mit Anhang über Dialekte.
Jo. Casp. Süicerus, Thesaur. gr. 1. eccles. Amstelod. 1682 u. ö. Chr. A.
Wahl, Clavis N. T. philol. 1819. Lpz. 1853. J. Ch. Schirlitz, Gr. dtscfa.
Wb. zum N. T. 1851; 1858. Erasm. Schmidii, rafiuTov ttav rrjg K, J,
Ihl^Biüv, ed. V«. H. Bruder, Lips. Bredt 1880. Wilke, Clavis N. T. philol.
ed. W. Grimm, Lips. Arnold 1868, 77—79. H. Cremer, Bibl.-theol. Wb.
der nt. Gräcität. Gotha, Perthes, 3. Aufl. 1881—83. — Endlich ^ bezügl.
einzelner Autoren Speziallexika neuester Zeit: zu Homer: E.E.Seiler,
Vollst, gr. dtsch. Wb. über die Ged. des Homeros u. der Homeriden Lpz.
1850, 9. Aufl. v. C. Capelle 1889; dann das treffliche Lex. Homer, comp.
C. Capelle, H. Ebeling etc. Lpz. 1871 ff.; zu Sophokles: Ebelino Lpz.
1869 mehr ein Glossar, wie auch W. Dindorf Lpz. 1870 f. besser, F. El-
LENDT, 1834, Ed. II em. H. Genthe, Berol. 1872; Pindar: Concordantia v.
Bindseil 1875; Thukydides: v. Betant, 2 voll. Genev. 1843. 47. Plato:
Ast, 3 voll. Lips. 1835—38; Aristoteles: Index v. Bonitz Bcrol. 1870;
Theokrit: Kumpel, Lips. 1879. — g) Neugriechen. Lampros Photiades
aus Joannina iv BovxaQeazioig (nach 1800) legte sich zuerst die Frage vor:
Wie muss ein Lex. für Griechen geschrieben werden? "Avv^t/nog 6 Fa^i^g
Xt^ixov iXXtjvtxov nach Schneider gearbeitet. 1804, Venet. 1809 — 12. 16.
3 Bde. gross 4*^ enthält nur A—Jl, Ein Manuskript von 'Iwdmjg o e^
'AyQciff 0)1' iv laaiM war nur ein Xf^ixov Tcwr ^ij/ioTon' fit Ixart^v extaaiv ff-
r^yi]lxkvo%f^ dies wurde benützt zu dem sonst nach H. Stephanus gearbeiteten
Ktßu)Tog (tu xovQoviaecr/nf-Tov fitycc Xf^ixdr) von BXaarog, Arzt aus Kreta
L {A—J) 1819, IL 1821; dann Unterbrechung durch den Krieg; Georgios
und Fa^ijg und Spyridon BXavirjg, Venet. 1821 arbeiteten weiter. —
KovaiaviTvog MtxctrjX Kovfiag^) kf^ixov Sid tovg fieXfimrag r« twr na-
kaiMv "^EXXr^royv (rvyyQccfiinccra, sv Biivvi] rtfi AvazQiccg (A. v. Haykul) 182G.
I. II. — ^. fXL xaice To lov Ilaaaoßiov vno IltiQov X, Btqov xai
^) rjymnasialrektor in Smyrna, studiert« I dem Rieher 3. Aufl., Schneider 3. Aufl. u.
in Deutschland, auf den Hat F. A. Wolfs Passow.; 1820 in Smyrna, im Krieg nach
auch
nahm er nicht Dillenius zum Muster, son-
Triest geflüchtet.
2. Aufgabe der heutigen Lexikographie der griechischen Sprache.
605
*Ifoavvov M, ^lavvovXtj iv MovdxV "^^^ Bavaqiaq, KaqoX. BoX(p. 1828. 8.
I (bis S. 671 7«y; ob mehr erschien?) — Von 2xaQXatog J. 6 Bv^avTiog
verfasst: 1) neu- und altgriech. u. französ. Lex. Athen 1835 mit alten
und neuen geogr. Namen., 3. Aufl. Athen, Eoromela 1874. 2) griechisch-
franz. Wb., Kg. Louis Philippe gewidm. Athen, Eoromela 1846. 3) griech.
Wb. bes. nach H. Stephanus Thesaur., Kg. Otto v. Griechenld. gewidmet.
Athen, Koromela 1852. Lex.-8®. 1882 S. und Anhänge mit Eigennamen
197 S. Griech.-franz. nach Schneider: Planche 1809. 17. 23 und Beche-
relle u. PoiTEViN ins Griech. übersetzt -^«f. y^^^^^^W^^'^'i *''^^ 2xiva xal
AeßttSäwq. Athen, Koromela 1861. Femer KovtonovXog, vtov Xe^. «A-
Xrivoayyhxw {ixS. 3) und äfyXosXXrjfvixov {sxS. 2). Athen 1880. 82. 8^*.
2. Aufgabe der heutigen Lexikographie der griechischen
Sprache.
23. Um Wiederholungen zu vermeiden, sei an dieser Stelle zunächst
auf den 2. Teil des nächsten Artikels von Prof. Dr. Heerdegen hingewiesen,
von dem das meiste mutatis mutandis auch auf die griechische Lexiko-
graphie Anwendung leidet. Wir lassen daher die (durch die früher aus-
bedungene Kürze veranlassten) kurzen Andeutungen fortbestehen. — Wenn
es sich nun darum handelt, einen Thesaurus graecitatis nach den An-
forderungen der heutigen Wissenschaft herzustellen (von Schullexika und
Handwörterbüchern sehen wir hier ab aus Mangel an Raum), so würden
bei bedeutender Arbeitsteilung folgende Punkte zu erwägen sein: 1) welche
Wörter wären aufzunehmen? 2) nach welcher Anordnung? 3) mit
welchen Nebenangaben? 4) mit welchen Belegen?
24. Was aufzunehmen? a) nicht Barbarismen, welche nicht in der
Litteratur bis ca. 1453 vorkommen;*) b) nicht das Mittel- oder Neu-
griechische; *) c) wohl aber alle Wörter, die sich in der Litteratur oder
anderen Denkmälern vorfinden; also alle technologischen Ausdrücke der
Rhetorik, der Grammatik, der Scholiasten, der Septuaginta, der Gewerbe etc.
ebenso das gesamte Inschriftenmaterial inclusive das der Vasenbilder etc.^)
Daraus ergibt sich von selbst d) dialektologisch-es so vollständig als
möglich ; ^) e) die ana^ Xsyofxeva wären mit Stellenangabe besonders zu be-
zeichnen.
^) Hieffir wäre Du Fresne Du Gange
vorhanden oder andere Speziallexika. Da-
gegen dürften solche des N. T. nicht fehlen
wie z. B. yeeyya, das im franz. göne, g^ner
bis heute fortlebt, wenn auch die etymolo-
gisch-sachliche Erklärung durch Hinweis auf
WiLKE, SoHiBLiTz etc. crspart werden müsste.
'^) Es ist zwar wunderbar, wie zähe ein-
zelnes in Dialekten der Tzakonen und Insel-
griechen, aber auch anderwärts, selbst von
Homerischer Zeit an, sich erhalten hat; hier-
über ist lehrreich K. KoyronovXog, 'A&tt-
raaitt tijg 'EXXfjyixijg yXuiaarjg rj tiyevQcaig
Tfjg 'OfÄTjQixf'jg yXviaarjg iy raig drjfitoifeai dt«-
Xixioig TTJg avy)[Q6yov 'EXXyytxijg. txdoatg
devriga, iy 'j&ijyaig, ix tov TvnoyQatpeiov
trjg iyi6ae(og 1884. Dergleichen könnte mit
Vorsicht in der Bedeutungsentwicklung be-
nützt werden.
^) Hiefür ist in den neuen Bearbeitungen
der Grammatiker z. B. Herodian von Lentz,
in denen von Uhlio u. a., in Blümners Tech-
nologie, Helbio das Homer. Epos u. a., in
den Sammlungen von Inschriften, anfangend
vom CIA, in den dialektischen Monographien,
LoEWT, Inschriften griechischer Bildhauer
u. a. neuerdings reiches Material geboten,
das der Aufnahme würdig wäre.
*) Dabei müssten natürlich ausser den
Monographien auch die Abhandlungen in
606
Ca) Ghrieohische Lexikographie.
25. In welcher Anordnung, folgt hieraus von selbst. Es könnte
nur eine etymologische nach Stämmen, Derivaten und Gompositen sein,
wenngleich diese ihre nicht bloss praktischen, sondern auch theoretisebeD
Schwierigkeiten hat.')
26. Nebenangaben sind zu den Hauptbedeutungen : die über Quantität, *)
Zeitachrilten , wie der fQr vergleichende
Sprachwissenschaft, Cvrtius' Studien, Bezzen-
BEROBRS Beiträgen, sowie die Schriften von
G. CuKTius, G. Mayeb, Jo. Schmidt. Kaibrl,
Meistekhans, Brugmann u. V. a. heigezogen
werden; vor allem auch, mit Ergänzungen,
Veitch, Greek Verhs irregulär and defective.
New. edition. (Titelausgabe) Oxford Clarendon
Press Series. 1887 (denn aus Appian u. a. Au-
toren ist noch manches nachzutragen und dass
er in Beurteilung rein attischer Formen öfters
irrt, weist Rutherford [und Funk] nach in N.
Jhh. Supplementb. 13 p. 385 - 396); ausserdem
müssen Konkordanzen u. SpezialwörterbQcher
wie Bonitz zu Aristoteles, Dindoif zu Aeschyl.
Sophokl., Kumpel zu Pindar, Ast zu Plato,
Betaut zu Thukyd., Wilke zum N. T. beige-
zogen werden. Das I^exikon über die For-
men der gr. Verba von Traut, Giessen 1867,
ist sehr unzureichend für diesen Zweck.
') Dass für Handlexika, welche mehr
einem augenblicklichen Bedürfnis dienen, die
alphabetische Reihenfolge und somit Zer-
reissung der Wortfamilien sich empfiehlt,
ist kein Zweifel. Die Ableitungen am Ende
des Stammworts aufzuführen, geht in be-
schränkterem Kreise wie auf dem Homeri-
schen Gebiet (bei Ebeling, Capelle, Eber-
hard) wohl an, bei einem Thesaurus totius
Graecitatis, welcher auf die übersichtliche
Erkenntnis einer ganzen Wortfamilie ge-
richtet sein muss, würde ein solches Ver-
weisen a Pontio ad Pilatuni sehr unpraktisch
sein, abgesehen von dadurch nötigen Wieder-
holungen. Oder sollte man z. B. sämtliche
Formen von (hl (vgl. Volkmann, Quaest. d.
dial. aeolica capita II. Diss. Halis. Sax. 1879
p. 22 ff. und Gramer An. Ox. II, 2, 32. An. Par.
111, 381,1». Epimerism. Hom. in An. Ox I,
71, 19. Et. Gud. 9. 45. Bast ad Gregor. Cor.
p. 347) auseinander reissen, um bei jeder
wieder auf die anderen zu verweisen und
vielleicht dann bei der letzten oder bei allen
auf aittiy und bei diesem auf die Derivata
und Dekomposita? Dies geht selbst in einem
Hand-Wb. nicht an. Man wird vielmehr,
um bei diesem Beispiel zu verweilen, im
(iriech. bis zu einer W^urzel ^IF zurück-
gehen dürfen ; höchstens noch andeuten, dass
wahrscheinlich die Urwurzel I oder Ja ist;
auf indogermanische und Ursprach wurzeln
allerdings muss man schon der Sicherheit
wegen verzichten.
Man wird nur griechische Wurzeln, Ähn-
lich wie G. CuRTiüs in seinen Giiindzügen
der gr. Etymologie, ansetzen dürfen; also
z. B. JIF, eigentl. Gang, in der Stammfonn
a) auf -i: aiwi, vgl. goth. aivs, Gen. aivis,
lat. ae(vi)ta8, b) auf -es, -ob: ai^ef, ttifos.
Zu a) gehört 1. der Lokativ aiij (tarenün.i,
2. der Akk. ntr. ah (lesbisch, inschr. at),
böot. j;/? Zu b) 3. Lok. {m/sai) aifi^, lakon.
ttiig, txUy dor. tUi, «/, dann 4. mit y iipeXx.
homer. (tiiyi ftol. auy, au, aty, äl, böot
argiv. t;(? «5. aifeai Tiokat. homer. ttiffif
att aei, ^ _ [diy ist Schreibfehler]. De-
nominativa zur Form a: afi-diog ewig, zur
Fonn b : in-rj^e-tayog auf die Dauer reichend :
subst. aifog Acc. ätii; Nom. wieder aüiy
pl. N. T. ßÄJw die Welt (vgl. f. d. Be-
deutung w^rolt d. i. Menschenalter, engl.
World) Compos. adj. dtj&-, «fwr-, «ii-, fiax^
aiiay; deriv. adäy^o^y ngoauSyiog; deriv. Vb.
di-aifoyiCto. Nominalform AXpm, aytoq.
Aber manche Forscher werden mit obiger
Kasusdeutung nicht einverstanden sein; ist
man ja heute noch über die Genesis der
Deklination von nohq nicht einig (vgl. z. B.
Jo. Schmidt in Kuhn's Zeitschr. 27, 290,
300 f.); aus diesem Grund muss im Bedarüs-
fall die Autorität angeführt werden, der man
folgte. Dies wird freilich bei dem viel-
fachen Dissens der Junggrammatiker sein
Missliches haben und noch schwieriger wird
die Sache dadurch, dass man von gar vielen
Vokabeln keine W^urzel aufstellen kann. Sog.
Heische-(DoEDERLEiN) oder fingierte Formen
wie 4»EySi und dergl. sind unstatthaft als
Stammwörter; hier stelle man getrost Wur-
zeln auf wie /?«*, ߀y&, ya. ycy, ^«, /niy,
7i€c&j Tiey^, rd, rcy {recy). (pa, ffcy, /«, /«*'•
Aber im Ernste wird man doch nicht zu-
warten wollen, dum deiiuat amnis — bis eine
Einheit der Anschauung erzielt ist? Hier
werden nun auch die verschiedenen Gestalten
der Wurzeln in eine Familie vereint und
besonders die konsonantische Weiterbildung
(FicK, W^örterb. IV^ 44 ff., vgl. G. CuRTiirs.
G.Z.^ 59 ff. und die Forschungen von Pott)
wird dabei beachtet werden müssen. So wird
z. B. <3P«, (ftcf, (fay, (fteX] axa, axaf, atu'A
(arsXy ajyfky <m>A), ornQ etc. dann die Ab-
lautsreihcn und Affektionen der Liquidae u.
Spiranten nebst Derivaten u. Compositis ein
helles Licht auf die Bedeutungsentwicklung
werfen: freilich eine Semasiologie, wie
sie Heerdegen für das Lateinische begründet
und nach dem Grundsatz der Analogie Zrbet-
MAYR in seinem stoff- und gedankenreichen
Analog, vgl. Wh. Lpzg. 1879 für das Ind«>-
germ. durchgeführt hat, ist trotz G. Curtu s,
G.Z., Vanicek und Hecht noch nicht für das
griechische vorhanden.
^) Es bedarf also jedenfalls eines etymo-
1. Geschichte nnd Litieratnr der griechischen Lexikographie.
607
Synonymik, 0 besonderen Sprachgebrauch, sei es einzelner Schriftsteller
oder Stilgattungen oder wirkliche Besonderheiten in Konstruktion, Phra-
seologie, Terminologie u. s. f.
27. Belege sind natürlich nicht in voller Zahl möglich, was Sache
der Konkordanzen ist; aber es dürfen die der S/raJ Xsyifieva^) nicht fehlen
und die der eben erwähnten Besonderheiten; bei den regelmässigen Er-
scheinungen sind sie wo möglich so zu geben, dass die älteste Belegstelle
und die späteste, dazwischen zur Verfolgung des Worts durch verschiedene
Litteraturgattungen und Zeiten die signifikantesten erscheinen.
Wird die etymologische Anordnung gewählt, so muss ein alphabetischer
Index der Wörter, wo möglich mit Seiten- oder Kolumnenzahl, natürlich
den Schluss bilden. Das Oanze, wie man sieht, periculosae plenum opus
aleae, ist nur mit vereinten Anstrengungen zu lösen.
logischen Planes, welcher der Arbeit zu gründe
zu legen ist. Daran reiht sich bei Erwäh-
nung der Foim zugleich die Bezeichnung
oder Besprechung der Quantität, welche
nicht ohne linguistisch-phonetische Kenntnis
nach alter Weise zu behandeln ist, z. B. die
Verkürzung der Diphthonge oi in roTog noua
etc. bei Titigikem ist ein Unding (anstatt
Konsonantierung des iota töjos), die Ver-
längerung der Silbe t in TeXevrayiog So. Ai.
210 beruht auf der Natur der liquida X,
welche ja länger tönen kann, daher als Not-
behelf die Schreibung Bbktley's TeXXevt,
zwar nicht unrationell, aber eben so über-
flOssig ist, als wollten wir schreiben Ein
feeste Burg ist unser Gott.
Aber der Raumersparnis halber wird
auch die Entwicklung der Bedeutungen
sich an die Formerwähnung anschliessen
müssen. Ist vorhin Linguistik, Phonetik,
Metrik vereint, so muss hier die fbcegese
die Phonetik und Etymologie benützen. Ohne
Kenntnis der NasaJierung würde man die
Formen mit a neben crv, ey (fdu neben fday,
8. zu Nägclsb. Anm. z. Ilias 3 S. 45 f.) nicht
verstehen, vgl. Joe. Schmidt, Z. Gesch. des
indogerm. Vokalismus I 116 f.; aber ebenso,
wenn mau bloss am hergebrachten haftet,
manches andere verkennen; z. B. tptoQau}
von fpioQ abgeleitet, bieten alle Lexika; nie-
mand aber denkt daran, dass nach der Ana-
logie von yifAia: ytofitiu}, r^e/co: XQiaj^aia,
TQtTHo: TQiandia (Leo Meter, Vgl. Gr. II 20),
auch fpiogätM in dem schönen Gleichnis
Demosth. Ol. 2. 10 vorliegt: Die Blätter u.
Blüten verflattern im Winde und fallen
rings ab. Was soll hier: auf frischer That
ertappt oder entlarvt werden?
Die Subordinierung der Einzelstämme
unter die Wurzel und der Worte unter die
Stämme müsste im allgemeinen nach dem
Prinzip der primären und sekundären Bil-
dungen stattfinden; von den Bedeutungen
dagegen in der Regel die älteste oder im
Zweifelsfalle die konkreteste als Grund-
bedeutung voranstehen. Bei Feststellung
der Bedeutungen aber wäre auch sorgfältig
rücksicht darauf zu nehmen, wo die Alten
selbst stichhaltige Angaben liefern; dies gilt
natürlich vor allem bei technischen Aus-
drücken wie vXtjy eldog, iy^eXi^Bia; ebenso
bei denen der Rhetorik z. B. unter angenig
würde auf Zenodot und Aristarch abweisend
bezug zu nehmen sein.
0 Hieran reiht sich ganz von selbst,
gegebenen Falls, die Synonymik. Z. B.
Hir Homer ist bei qwijy eidogy oifiag Gelegen-
heit gegeben auf Nagelsbach, Dobdeblbin,
Ph. Mayer, sonst auch auf J. H. Heine.
Schmidt zu verweisen (Wuchs, Aussehen,
Körperbau). Bei voog, yavg ist ausser Homer
(Naoelsbach, Fulda, Schrader) insbesondere
an die Geschichte der gr. Psychologie zu
denken (Anaxagoras, Aristoteles, Ttoitjnxog,
na&fjxixog; unter diesen Wörtern ^auf yovg
zu verweisen). — Er sagte heisst eine, sagt'
er e<ptj, eXe^e {loidde) er hielt (folgende)
Ansprache oder Rede.
-') Die «7r«| Xeyofjteya oder seltene For-
men erfordern natürlich die Fundstätte und
dazu die Stelle, wo dieselben wissenschaft-
lich behandelt sind. Z. B. unter W. III lat.
icere, lAII iactare, ji-iän-t(o, ianto) ....
3. s. Aor. Pass. i€(<p9fj Hom. S 543. 5419
in ttvto) (Ebel in Kuhns Ztschr. 4, 1C7;
dagegen v. W. fan Fröhde in Bbzzbnb.
Beitr! 3, 24, vergl. G. Curtiüs, Verb. II 3G4;
andere v. inofiat oder tinxia) ^fiel ihm nach
oder mit ihm*.
Lateinische Lexiicographie.
1. Geschichte und Litteratur der lateinischen
Lexikographie.
1 . Wie in der Sprachforschung überhaupt, so stehen auch in der Lexiko-
graphie die Leistungen der Römer hinter denen der Griechen an Umfang,
Wissenschaftlichkeit und Selbständigkeit der Forschung weit zurück. ^) Wie
weit sich die lexikalischen Studien des Begründers der römischen Philologie,
L. Aelius Praeconinus Stilo, erstreckten, lässt sich aus den uns über-
lieferten geringen Resten seiner litterarischen Thätigkeit nicht entnehmen;
dasselbe gilt von seinem jüngeren Zeitgenossen Aurelius Opilius. Dass
es der -eifrige Schüler und Fortsetzer des Aelius, M. Terentius Varro,
neben seinen etymologisch-grammatischen auch nicht an semasiologisch-
lexikalischen Studien fehlen Hess, davon geben die uns erhaltenen Teile
seines Werkes De lingtia Laiina Zeugnis; ob sich unter seinen verlorenen
Werken auch ein solches rein lexilogischen Inhalts befunden habe, lässt
sich nicht entscheiden. Aus der augusteischen Litteratur ragt der Name
des Grammatikers M. Verrius Flaccus hervor, des Verfassers eines
Werkes De uerhorum signißcatu, in welchem übrigens nicht bloss rein
lexikalische, sondern auch realencyklopädische Erklärungen in alphabetischer
Reihenfolge vereinigt waren. Eine nur sehr abgeschwächte Vorstellung
von dem Werte dieses Werkes gewähren die beiden auf uns gekommenen
Auszüge: der des vielleicht der Mitte des 2. christlichen Jahrhunderts an-
gehörigen Sex. Pompeius Festus, wovon jedoch gleichfalls ein Teil (bis
zur Mitte des M) verloren ist, und der aus diesem Auszuge abermals ex-
') Bezüglich der hier gegebenen Notizen
über die Lexikographie des Altertums, wel-
chen ebenso wenig, wie denen über die Glos-
Bographen des früheren Mittelalters eigene
Untersuchungen zu Grunde liegen, genügt es
für den Zweck dieses Abrisses, auf die bo-
treffenden Abschnitte der gangbaren römi-
schen Litteraturgeschichten zu verweisen,
sowie auf A. Kbeut s Allgemeine Geschichte
der Litteratur des Mittelalters im Abend-
lande, Bd. I. II. Leipz. 1874. 1880. Nur
mit grösster Vorsicht ist noch zu gebrauchen
A. Gbäfenhan, Geschichte der klassiscften
Philologie im Alterthum, wovon der II. Bd.
(Bonn 1844) S. 819 ff. und der IV. Bd.
(Bonn 1850) S. 205 ff. die Jiexilogie- der
Römer enthält.
1. Geschichte und Litieratur der lateiniBohen Lexikographie. (§ 1 -8.) QQQ
zerpierte Auszug des Paulus (wahrscheinlich Paulus Diaconus) aus der
Zeit Karls des Grossen.*)
2. Im Vorbeigehen zu erwähnen ist der Allerweltsammler A. Oellius
(2. Jahrb.), dessen zwanzig Bücher Noctes Atticae zwischen vielem andern
für uns wichtigen Material auch zahlreiche lexikalische Bemerkungen ein-
gestreut enthalten. Ein Afrikaner von Oeburt und, wie es scheint, dem
Ende des 3. oder dem Anfange des 4. Jahrhunderts angehörig ist Nonius
Mar cell US. Sein auf uns gekommenes lexikalisches Werk führt den Titel
De compendiosa doctrina und ist ebenso wertvoll für uns durch den darin
erhaltenen, aus guten älteren Grammatikern geschöpften Stoff, als in der
Verarbeitung und Durchfuhrung desselben geist- und verständnislos. Auch
hier geht der realencyklopädische Gesichtspunkt Hand in Hand mit dem
lexikalischen, was sich schon äusserlich in der gewählten Kapiteleinteilung
kundgibt.^) In noch höherem Masse gilt diese herkömmliche Verbindung
von dem rein sachlich geordneten, unvollendet gebliebenen Werke des
Isidorus (um 570—636), Bischofs von Sevilla: Etymohgiarum lihri XX,
worin ebenfalls alte, uns jetzt zum Teil verlorene Quellen benützt sind;^)
auch das ganze spätere Mittelalter hindurch blieb diese (uns höchstens
noch bei Eigennamen geläufige) kombinierte Wort- und Sacherklärung im
Schwange.
3. Das Mittelalter schuf dem Altertum gegenüber auf dem lexi-
kalisch-glossographischen Gebiete wenig Neues. So zahlreich die uns er-
haltenen mittelalterlichen Glossare und Vokabularien sind, so schöpfen
sie doch alle mehr oder weniger aus der seit dem 7. Jahrhundert nach-
weisbaren Tradition.^) Die Hauptrepräsentanten dieser Periode sind: der
Lombarde Papias, genannt Vocabulista, mit seinem um 1063 vollendeten
Elementarium doctrinae erudimentum^^) einer Schulencyklopädie, in welcher
zweierlei Quellen verarbeitet sind: einerseits die traditionellen Glossarien,
1) Ausgabe von C. 0. Müller, Lips. 1839
(wovon neuer Abdruck ebd. 1880).
^) Neueste Ausg. von Lucian MÜllbb,
Pars. I. II. Lipsiae 1888; zitiert wird ge-
wöhnlich nach der Ausg. von J. Mbbcieb,
zuletzt nach der Pariser Ausgabe von IG 14
abgedruckt Lips. 1825.
^) Hauptausgabe (des ganzen Isidor)noch
immer die von F. Arbvalo, Rom. 1797—1803,
in 7 ßdn.; daraus der Abdruck bei Migne,
Bd. 81-84.
^) Entlehnt sind diese Angaben teils der
inhaltreichen Schrift Fb. Haasens, De medii
aeui studiis philologicis dispuiatio, Ind. lect.
Vratisl. 1856, p. 31 sqq., teils dem für die
wissenschaftliche Bearbeitung der Glossen
bahnbrechenden Werke von G. Löwe, Pro-
dromus cwporis glossariorum Latinorum,
Lips. 1876, wo besonders das genealogische
Verhältnis der einzelnen Glossarien zu ein-
ander ins Licht gestellt ist; vom Corpus
selbst ist einstweilen der II. Band: Glossaie
Latinograecae et Graecolatinae, ediderunt
Georgius Goetz et Gottholdus Guudermann,
Ilaudbucb der kliu». AltertumswlBsenflcbaft. ü. 3.
Lips. 1888, erschienen. Eine Sammlung von
Vorarbeiten Löwb*8 enthalten die ^Glossae
nominum*, nach dessen Tode herausg. von
G. Goetz, Lips. 1884. Benützt habe ich
femer den Artikel Fr. Aüg. Eckstein'»,
Lateinischer Unterricht^ in Schmid's Encykl.
des gesamten Erziehungs- und Unterrichts-
wesens, 2. Aufl. Bd. IV, Gotha 1880 (Separat-
abdr. S. 32), sowie F. A. Specht, Geschichte
des Unterrichtswesens in Deutschland von
den ältesten Zeiten bis zur Mitte des drei-
zehnten Jahrhunderts, Stuttg. 1885, S. 104.
Die Schrift Schbler's, Ijexicogruphie Latine
du XII. et du XIII. siede, Lpz. 1867, enthält
kommentierte Abdrücke des ^Dictionarius" des
Johannes de Garlandia nebst zwei an-
dern Vocabularien ; Proben aus mittelalter-
lichen Glossatoren überhaupt gibt Baebler.
Beiträge zu einer Geschichte der lateinischen
Grammatik im Mittelalter, Halle 1885, S. 170 ff.
') So {erudimentumf nicht rudimentuni)
-gibt den Tit«l die Vorrede der mir vor-
liegenden Papias-Ausgabe, Venedig 1491;
vgl. auch Löwe a. a. 0. p. 235.
Aun. 39
610
C.b) Lateinische Lexikographie.
welche aber für sich allein schon deshalb nicht genügen konnten, weil sie
ihr Hauptaugenmerk mehr auf seltene, zweifelhafte oder dunkle Wörter
gerichtet hatten, nicht auf den lat. Sprachschatz überhaupt, andererseits
das Nötigste aus den damaligen Kompendien der sieben freien Künste; —
ferner um etwa hundert Jahre später Osbern, ein Mönch von Qlocester,
mit der Panormia, einem für seine Zeit achtungswerten Versuche genea-
logisch-etymologischer Worterklärung; ^) — wieder etwas jünger Hugutio,
ein Pisaner, Bischof von Ferrara bis 1210, Verfasser eines Über denua-
tionum (ungedruckt), ebenfalls vorzugsweise etymologischen Inhalte, *) und
viele andere.
4» Ein für jene Zeit verdienstliches Sammelwerk, welches sich haupt-
sächlich auf Papias und Hugutio stützte, daneben aber doch auch eigene
Zuthaten aufwies, war das CathoUcon des Dominikanermönches Oiovanni
de Balbi aus Genua (Joannes Januensis).^) Vollendet wurde es, wie
die Subskription des Verfassers lehrt, im Jahre 1286; es blieb dann die
beiden folgenden Jahrhunderte hindurch in Gebrauch und war eines der
ersten Werke in lateinischer Sprache, welches gedruckt wurde, nämlich zu
Mainz im Jahre 1460.^) Der Inhalt des Werkes ist nicht das Lexikon
allein, sondern es geht demselben noch ein Abriss der Grammatik, Stilistik
und Rhetorik vorher, welcher zu jenem gleichsam die systematische Ein-
leitung bildet; als Aufgabe des Vokabulars selbst wird dann bezeichnet die
„orthographia, prosodia, significacio, ofigo, ethymologia quarundam diccionumj
que frequenter inueniuntur in hihlia et in dictis sanctorum etpoetarum'^; die
*) Gedruckt (unter willkürlichem Titel)
in A. Mai*8 Classicorum auctorum tom,
Vlll, Romae 1836. Ausführlicheres bei
Löwe a. a. O. p. 240 sqq.; über Mai's Aus-
gabe W. Meyer im Rhein. Mus. 29 (1874)
S. 179 ff.
2) Als Probe für die halsbrecbendc Art,
wie man im Mittelalter etymologisierte, teilen
wir aus dem sogleich zu nennenden Catho-
licon s. V. bellum folgenden aus älteren
Quellen entlehnten Versuch mit: Bellum di-
citur a honum per antifrasim. Dazu fügt
der spätere Vocabularius Breviloquus unter
demselben Artikel einige Analoga in ver-
siiicierter Fassung: Ista per antifrasim dt-
cuntur nomina quinque: Lucus et officium
bellum libitinaque mundus (nämlich hwus
^pei' contrarium a lucendo'^ u. s. w.); auch
der berüchtigte canis a non canendOf der
in diesem Verse vergessen scheint, fehlt
doch an seinem Platze nicht: canis y^dicitur
a cano, canis, rel canor, canoris*. Wie weit
dergleichen Versuche lateinischer Wortab-
leitung zurückgehen, beweisen Beispiele wie
Paul. p. 122 M: Müitem Aelius a mollüia
xttTte €(yji(pQ€taiy dictum putat, eo, quod
nihil molle, sed potius asperum quid gerat;
sie ludum dicimus, in qiio minime luditur.
*) Die u berschrift lautet in der Ed. princ. :
Incipit summa que uocatur catholicon^ edita
a fratre iohanne de ianua^ ordinis fratrum
predicatorum ; etwas genauere Auskunft über
seine Person gibt der Verfasser in dem lexi-
kalischen Teile seines Werkes selbst unter
dem Artikel Janua: Item a ianua porta
dicta est quedam ciuitas potens nobilis pul-
chra et diues, iuxta mare sita. ICt est quasi
introitus et porta lombardie, tuscie prouincie.
Huius ciuitatis onundus fuit conpilator pre-
sentis libelli qui dicitur prosodia uel catho-
lico7i. Conpilatoi' siquidem istius operis
dictus est frater iofiannes ianuensis de bal-
bis de ordine fratrum predicaiorum modicus,
worauf dann die übrigen von ihm verfassten
Werke aufgezählt werden. Über die Be-
zeichnung des Werkes sagt der Verfasser in
der Vorrede: Unde tractatus iste tanquam
a jyrincipaliori intento si placet prosodia
nuncupetur, uel si magis placet Über iste
uocetur catholicon eo quod sit communis et
uniuersaliSt ualet siquidem ad omnes ferme
scientias.
*) Wie es in der Subskription des Druckers
heisst: Alma in urbe maguntina nacionis
inclite germanice. Von den späteren Aus-
gaben liegt mir noch die Nürnberger vom
Jahr 1483 vor: Impensis anthonij koburger
Nurenberge. (Über Umfang, Ausstattung und
tynographische Eigentümlichkeiten jenes wert-
vollen ersten Druckes sehe man z. B. die
Notizen in Jacobs' und Ukert's Beiträgen zur
altern Litteratur oder Merkwürdigkeiten der
Uerzogl. öffentlichen Bibliothek zu Gotha,
Bd. I. Leipzig 1835, S. 331 f.)
1. Geschichte und Litteratnr der lateinischen Lexikographie. (§4-6.) 61 1
Berücksichtigung der klassisch-römischen Litteratur ist neben der späteren
christlichen noch sehr dürftig.
5. Dass die italienischen Humanisten des 14. und 15. Jahrhunderts
sich mit der lexikalischen Registrierung des lateinischen Wortschatzes in
ausgiebigerem Masse beschäftigt hätten, lässt sich nicht beobachten. Die
Fülle des neuen Stoffes, der auf sie eindrang, die schwärmerische Be-
geisterung, mit der sie ihn aufnahmen, das oft übereifrige Bestreben, selbst
Meister in der Handhabung lateinischen Stils und lateinischer Redekunst
zu werden, das alles waren für die mühsame, nüchterne, kritische Aufgabe
der Lexikographie keine förderlichen Umstände. Doch fehlte es nicht ganz
an solchen, welche wenigstens über einzelne Wörter und Ausdrücke nach
Bedeutung und Gebrauch synonymisch-stilistische Forschungen anstellten,
wie namentlich Lorenzo Valla (1407—1457) in seinen Eleganüarum lin-
guae Latinae ühri VL^)
6. Ebensowenig wie der italienische hat auch der deutsche Humanismus
des 15. Jahrhunderts eine selbständige zusammenhängende Leistung auf
dem Gebiete der lateinischen Lexikographie aufzuweisen. Der eine Zeitlang
vielgebrauchte Vocabulanus Bremloquus, eine Jugendarbeit Johann Reuch-
lins (zuerst erschienen 1475 oder 1476 in der Amorbach'schen Druckerei
in Basel, und zwar hier wie in allen folgenden Ausgaben anonym) ist trotz
der neuen Einteilung — es werden in drei Abteilungen zuerst die Nomina,
dann die Verba, zuletzt die Adverbia und Partikeln alphabetisch behandelt
— doch nur zu einem verhältnissmässig geringen Teile des Herausgebers
eigenes Werk und fusst, wie eine Vergleichung ausgewählter Stichproben
lehrt, zunächst und hauptsächlich auf dem Catholicon.^) Erwähnung
verdient auch die von Erasmus veranstaltete Epitome in Elegantmrum
Ubros Laurenüi Vallae in alphabetischer Ordnung.
') Im Vorbeigehen darf auch ein Werk
nicht ungenannt bleiben, welches, obwohl
an sich nicht lexikograpbischer Natur, doch
seinem Hauptinhalte nach sehr viel lexika-
lisches Material enthält: dies ist der Kom-
mentar des NiccoloPebotti (f 1480), Bischofs
von Siponto, zum I. Buche des Martial, nach
seinem Tode von seinem Neffen Pntvo Febotti
unterdem Titel Cornucopiae siue linguae
latinae commentarii herausgegeben; die
mir zu Gebote stehende Ausgabe ist die Ve-
netianer vom Jahr 1489. Zu jedem Worte
des Dichters wird alles Erdenkliche an
sprachlichem Material beigebracht, was sich
nur irgendwie anknüpfen lässt: Etymologien,
Derivata, Composita u. s. w., so dass z. B.
die Erklärung des aus 10 Worten bestehen-
den ersten Distichons allein sechs und eine
halbe Seite in folio einnimmt. Ein voraus-
geschickter alphabetischer Index ermöglicht
den lexikalischen Gebrauch des um die
Förderung und Verbreitung einer reineren
Latinität für seineZeit wohlverdienten Werkes.
^) L. Geiger, Johann Reuchlin, sein
Leben und seine Werke, Leipzig 1871, S.
68 ff. und ihm folgend Bubsian, Geschichte
der class. Philol. I S. 121 f., hat das selb-
ständige Verdienst Reuchlins um den Voca-
bularius Breviloquus doch wohl zu hoch an-
geschlagen, und zwar infolge davon, dass
dort zwar eine Vergleichung des Vocabularius
mit Papias, nicht aber auch mit dem Catho-
licon vorgenommen ist. (Als Stichproben
habe ich hier, wie auch bei allen folgenden
Vergleichungen, aus dem ersten und dritten
Drittel des Alphabets sieben gebräuchliche
Wörter von Qbersichtlichem lexikalischem
Umfang gewählt: acies, bellum, capuf, do-
mus, orare, rogare, itteri.) ähnlich wie wir
urteilt über die direkte Abhängigkeit des Bre-
viloquus vom Catholicon auch schon Haase
a. a. 0. p. 35. Wie gross übrigens das lexi-
kalische Bedürfnis damals in Deutschland
war, ergibt sich aus der (von Geiger a. a. 0.
mitgeteilten) Thatsache, dass der Breviloquus
bis zum Jahre 1504 nicht weniger als 25
Auflagen erlebte (die von mir benutzte Aus-
gabe ist eine Strassburger vom Jahre 1489) ;
man begreift heutzutage freilich kaum mehr,
wie man damals mit einem so bescheidenen
Wörterbuche auskommen konnte.
39'
612
Cb) Lateinische Lexikographie.
7. Überschreiten wir die Schwelle des 16. Jahrhunderts, so tritt uns
wiederum auf italienischem Boden ein neues reichhaltiges Werk entgegen,
das Dictionarium des Augustinereremiten Ambrogio da Calepio, Ambrosius
Calepinus (oder auch Calepinas) Bergomas, f 1511; erste Ausgabe: R^ggio
in Oberitalien 1502.') Was dieses Werk vor dem Catholicon auf den
ersten Blick auszeichnet, ist eine bedeutend grössere Zahl von Belegstellen
aus der klassischen römischen Litteratur; freilich aber scheint der Ver-
fasser nur sehr wenig von diesem Reichtum an den originalen Quellen
geschöpft zu haben: er selbst erklärt wenigstens in der Vorrede, dass
er sich seit Jahren damit beschäftigt habe, uel a prqphanis tum ueteribus
tum recentibus uel a catholicis et iis sane doctissimis sanctissimisque uiris
complurimcts dictianum interpretationes excerpere atque in unum cogere, was
man doch wohl nicht von eigener Interpretation, sondern nur von der
Kompilation fremder, ihm schon vorliegender wird verstehen müssen.
8. Einen wirklichen Anfangt) wissenschaftlicher, auf eigener Quellen-
forschung beruhender Lexikographie bezeichnet der Thesaurus Unguae La-
thiae des gelehrten französischen Buchdruckers und Philologen Robert
EsTiENNE (t 1559), latinisiert Robertus Stephanus, des „princeps lexico-
graphorum".^) In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts hatte man
ihn aufgefordert, den Calepinus neu herauszugeben; er lehnte dies jedoch
aus verschiedenen Gründen ab und legte vielmehr seitdem eigene lexi-
Icalische Sammlungen an, die er auch nach dem Erscheinen der ersten
Ausgabe seines Thesaurus (Paris 1531 in Einem Bande) mit unge-
schwächtem Eifer fortsetzte.*) Was er hier in der Vorrede über die Art,
') Die Untei Schrift des Druckers lautet:
Impressum Rhegii lingohardiae [so!] in-
dusiria preshytei'i Dionysii Berthochi im-
pressoris. MUH. Die zweite Ausgabe, Ve-
nedig 1509, scheint ein blosser Abdruck der
ersten; dann folgten im Laufe des 16. 17. u.
18. Jahrb. eine Menge (zum Teil vermehrte)
Ausgaben, namentlich in Basel, sowie auch
1573 ein „Sujypleynentum Unguae Latinae
seu J>i'ciinnarinm abshiisorum vocahulorum
a Mob. Constantino coUectum*, wie es auf
dem Titel, und y,ad Amhrosii Calepini Dic-
tionarium postremo editum*^, wie es in der
Überschrift des Textes heisst.
'^) Als ältere Darstellungen der Geschichte
der lateinischen Lexikographie vom Ausgange
des Mittelalters bis ins 18. Jahrhundert
nennen wir: Jo. Georoii Walcdii Historia
critica latinae linguae, (zuerst Lipsiae
1710), Caput V.: De lexicis latinis eorun-
demque usu ; D. G. Mobhofii Polyhistor,
wovon mir die 8. Ausgabe, Lubecae 1732,
mit einer Praefatio des Jo. Albertus Fabri-
cius vorliegt, Tom. I. Lib. IV. Cap. IX.: De
Latina Lingua : besonders aber die aus-
führliche Praefatio der Londoner Ausgabe
von R. Stephani Thesaurus linguae Latinae
vom Jahr 1734: De praecipnis Lexicis La-
tinis eorumque Auetoribus. \
^) In der Familie dieses neben seinem |
berühmteren Sohne Henii nicht immer nach
Gebühr geschätzten Gelehrten war die Be-
schäftigung mit den alten Sprachen von mehr
als Einer Seite her traditionell : er selbst war
der Sohn jenes Henri, welcher die Pariser
Druckerei gegründet hatte, und der Schwieger-
sohn des (von Lyon nach Paris fibergesie
delten) Druckers Jodocus Badius Ascensius.
dessen Tochter das Latein fast wie ihre
Muttersprache gebrauchte; in Roberts Hau^e
arbeiteten femer nicht weniger als 10 Ge-
lehrte aus allen Ländern, für welche das La-
teinische das Verkehrsmittel bildete, und so
gewöhnte sich sogar das Gesinde, das Ii;i-
teinische das es fortwährend hörte, zu ver-
stehen, auch wohl selbst zu gebrauchen. Es
war ein förmlicher kleiner lateinischer Frei-
staat: gewiss der beste Boden, auf welchem
ein Thesaurus linguaeLatinae gedeihen konnte !
Vgl. Franz Passow in Fr. v. Raumer*s Hi-
stor. Taschenbuch, II. Jhrg. 1831, S. 553 f..
sowie die der Londoner Ausgabe des The-
saurus vorausgeschickte Vita.
**) Vollständiger Titel der ersten Aus-
gabe: Dictionarium^ seu Latinae linguae
Thesaurus, Kon singulas modo dictiones
continefis, sed integras quoque Latine et
loquendi, et scribendi formulas ex optimis
quibusque authoribus accuratissime collectas.
Cum Gallica fere interpretatitme, Parisiis
1 Geschichte nnd Litteratur der lateinischen Lexikographie. (§7—9.) 613
wie er seine Sammlungen begann, bemerkt, enthält einen wahrhaft metho-
dischen Grundgedanken: er habe, sagt er, unter den lateinischen Autoren
zunächst die zwei ältesten, Plautus und Terenz, als et copia et elegantia et
verborum proprietate praestantissnmi herausgegriffen: in quibus etiam minur-
tissima quaeque adeo scrupuhse annotaui, ut nullum fere vcrbum praeter-
miserim, qtwd ad Latine tum hquendum tum scribendum eommodum esse
existimarcm; diese annotationes, alphabetisch geordnet, hätten ihm dann
den feststehenden Rahmen, gleichsam die Cadres, gebildet, in welche er die
ex omni scriptaruni genere gesammelten dictiones cum suis interpretametitis
eintrug. 0 Aber nicht nur dem Stoffe nach bezeichnet Stephanus' Werk einen
wahrhaft wissenschaftlichen Fortschritt, sondern ganz besonders auch in der
Darstellung und Behandlung. Denn Stephanus macht zum erstenmale die
Bedeutung und ihre auf syntaktische und phraseologische Verbindungen
gestiitzte Interpretation zum Mittelpunkte seiner Darstellung, wogegen jene
etymologischen Versuche bei ihm völlig in den Hintergrund treten und
die Derivata und Composita, welche man bisher dem Grundwort unterzu-
ordnen liebte, bei ihm, wie sich's gebührt, als selbständige lexikalische
Individuen behandelt werden und als eigene Artikel erscheinen. Bei der
Interpretation selbst, welche in der ersten Ausgabe in französischer Sprache
gegeben ist, verfahrt er mit ausserordentlicher Sorgfalt; nur die Bezifferung
der Citate lässt bisweilen noch zu wünschen übrig, insofern er sich hie
und da mit blosser Angabe des Autors (z. B. Virg.) oder des Autors und
seiner Schrift (Virg. Georg.) begnügt, vermutlich weil er solche Stellen
aus älteren Quellen nahm, welche auch nichts weiter angaben.
9. Einen wesentlichen weiteren Fortschritt bezeichnet die im Jahre
1543 erschienene, ebenfalls noch von R. Stephanus selbst bearbeitete Aus-
gabe des Thesaurus in 3 starken Foliobänden, welche auf dem Titel als
Editio secunda bezeichnet wird.^) Dem Stoffe nach ist diese Ausgabe,
gering angeschlagen, um das Fünf- bis Sechsfache vermehrt; besondere
Sorgfalt ist den Ci taten gewidmet, unter welchen jetzt fast nirgends mehr
ein unbeziffertes, selten ein mangelhaft beziffertes vorkommt; viele Artikel
sind neu hinzugekommen; noch grösser aber ist der Fortschritt in der Be-
handlung. Mit sichtlicher Liebe ist jeder etwas grössere Artikel in ver-
schiedene einzelne Unterabteilungen (Paragraphen), doch ohne Zählung zerlegt.
Ex officina Roberti Stephani. 3IDXXXI,
Von den zunächst folgenden Ausgaben habe
ich gesehen eine kleinere (ohne Citate) unter
dem Titel Dictionanum Latinogallicumt Pn-
risiift MDXXXVIU, und die grosse drei-
bändige PaHsiis MDXLIIL
*) Der Verfasser selbst bezeichnet in
dieser Vorrede sein Werk, namentlich dem
Calepinus gegenüber, mit Recht als ein
omnino recetis oj)iis, ohne doch die von ihm
benutzten alten und neuen Vorgänger zu
verschweigen ; als solche nennt er in alpha-
betischer Reihenfolge: Acro, Asconius Pae-
dianus[so!], Aulus Gellius, Budaeus, Cale
Marcellus, Pandectae iuris ciuilis, Perottus,
Plinius maior, Porphyrie, Priscianus, Probus,
Quintilianus, Seruius, Varro, Vegetius. ^Ex
ipso autem Budaeo — heisstes dann noch --
quem nostra aetate praecipuum omnis eru-
ditionis lunien optimus quisqite iudicat, tarn
muita ad verbum transcripsimus, ut pene
omnia ei rara et exquisita Uli in hoc apere
debeantur'^ : Guillaume Bud^ (Budaeus) 1 1540.
'^) Der Titel dieser Ausgabe stimmt mit
dem der ersten überein, jedoch mit dem viel-
sagenden Zusätze: ea quidem nunc acces-
sione, ut nihil propemodum obseruatu dig-
num sit apud Oratores, Historicos, Poetas,
pinus, Caper, Cato, Cicero, Columella, Dio- j omnis denique generis scriptores, quod hie (sc,
medes, Donatus, Erasmus, Festus Pompeius, I ThesAuruB) nonpromptumparatumqueliabeat,
Laurentius Valla, Linacer, Macrobius, Nonius |
6U
C.b) Lateinisohe Lexikographie.
unter welchen die dazu gehörenden phraseologischen Verbindungen n. dgl.
wiederum je in alphabetischer Reihenfolge vorgeführt werden, so z. B. der
Artikel acies in 10, der Artikel bellum in 7, der Artikel caput in 19 Ab-
teilungen u. s. f. Die Interpretation ist knapper gefasst und in dieser Aus-
gabe — auch dies ein Fortschritt — nicht mehr in französischer, senden)
in lateinischer Sprache gegeben. Hervorzuheben ist endlich noch die Hin-
zufiigung zahlreicher Eigennamen, worauf die Vorrede ausdrücklich hinweist
10. Auf dieses grundlegende Werk, ein seinen Namen mit Recht
führendes „ Schatzhaus ^ der lateinischen Sprache, geht eine Reihe lexiko-
graphischer Erscheinungen des 16. wie auch der beiden folgenden Jahr-
hunderte teils direkt teils indirekt zurück. ^) Wir nennen 1) des Theodosius
Trebelliüs Foroiuliensis Tjaüfiae lingtuie uniuersae Pramptuarium, 2 Teile,
Basel 1545, der in seiner vorausgeschickten „Epistola nuncupatoria' den
Thesaurus des Hob. Stephanus zwar nicht als einzige, aber doch als Haupt-
quelle rühmt; — 2) des Caelius Secündus Curio zuerst 1561 ebenfalls
in Basel erschienenen Thesaurus linguae Latinae sive Forum Romanum,
3 Bände, der als seine beiden Oewährsmänner nur Stephanus und den
weiter unten noch zu nennenden Marius Nizolius angibt; eine zweite Auf-
lage erschien 1576 — 78 unter dem Namen des Albertus Burerus; — endlich
3) den Thesaurus erudltionis scholasticae des Erfurter Rektors Basilivs
Faber Soranus (d. i. aus Sorau): wie schon der Titel angibt, ein Schul-
wörterbuch, und insofern eigentlich ausserhalb unserer Darstellung liegend,
aber beachtenswert wegen der darin zusammengestellten Phraseologie; als
seinen hauptsächlichsten Gewährsmann nennt Faber in der Vorrede der
ersten (einzigen von ihm selbst besorgten) Ausgabe, Leipz. 1571,*) den
Caelius Secündus Curio, d. h. indirekt wieder Stephanus.
11. Auffallend arm an neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der
lat. Lexikographie ist das 17. Jahrhundert. Die letzten Jahrzehnte des
vorigen und die ersten dieses Jahrhunderts sind die Zeit, in welcher die
mehrsprachigen Wörterbücher üblich werden; so z. B. der sechs Sprachen
(Lateinisch, Griechisch, Hebräisch, Französisch, Italienisch und Deutsch)
umfassende Thesaurus Imguarum des gelehrten Pastors Henricus Deci-
mator, Lips. 1606. Schulmässig und wieder mit besonderer Rücksicht
auf Phraseologie abgefasst ist Andreae Reyheri Theatrum Romano- Ten-
ionicum, als Erweiterung eines ähnlichen kleineren Werkes desselben Ver-
fassers (des Thesaurus sermonis Ijatini elegantioris) zuerst Gotha 1668 und
dann wiederholt herausgegeben. Einen vorwiegend stilistischen Zweck ver-
folgte auch Philipp Pareus mit seinem Leancoii criticum, Nürnberg 1645,
r\ehsi Mantissa, ebd. 1646. Eine selbständige und bahnbrechende, den spät-
') Über die Art, wie manche „Neu-
bearbeiter* des Stephanus bei der Einreihung
neuer Artikel in dessen Wörterbuch bisweilen
zu Werke gingen, erzählt eine hübsche Ge-
schichte Henri, der Sohn, die man abgedruckt
lesen kann bei Morhof a. a. 0. p. 822 sq. (es
ist wohl Nizolius' Ausg. gemeint, Ven. 1551).
"^) Die zweite Ausgabe dieses vielge-
brauchten Buches wurde von des Verfassers
beiden Söhnen, Philipp und Christoph,
besorgt 1587. Eine (nicht ganz vollständige)
Übersicht tiber die vielfach vermehrten Aus-
gaben aus dem 17. und dem Anfange des
18. Jahrh. mit Bezeichnung ihrer Bearbeiter
gibt BuRsiAN, Gesch. d. class. Philologie, I
S. 215 Anm. 2: eine vermehrte und verbes-
serte Ausgabe besorgte zuletzt J. M. Gesner
1726 ff., bevor er seinen eigenen Novus
Thesaurus herausgab (1749).
1« Geschichte und Litteratur der lateinischen Lexikographie. (§ 10—12.) 615
lateinischen Sprachschatz zusammenfassende Leistung ist das Glossarium
ad Scriptores mediae et infimae Latinitatis, auctore Carolo du Fresne,
Domino du Gange (1610-1688), Paris 1678 in 3 Bänden (verbreitetste mo-
derne Ausgabe die von Q. A. L. Henschel, 7 Bände, Paris 1840—50).*)
12. Aber auch noch die ganze erste Hälfte des 18. Jabrh. beherrschte
der Thesaurus des Stephanus. Es ist eine ganze Gruppe unmittelbarer
Neubearbeitungen dieses Werkes, welche uns hier kurz nach einander ent-
gegentreten; wir führen sie mit genauer Bezeichnung ihrer Titel an:
1) Roberti Stephani Thesaurus linguae Latinae, editio nova priorihus multo
auctior et emendatior, Tom. I— IV, Londini 1734—35; als Herausgeber
nennen sich unter der vorausgeschickten Widmung vier Gelehrte: Edmun-
dus Law, Joannes Taylor, Thomas Johnson, Sandys Hutchinson,
Cantabrigiae. — 2) Diese Ausgabe wurde sehr bald überholt durch die
1740 — 43 erschienene Baseler des Antonius Birrius, ebenfalls IV Tomi;
der Titel hat den Zusatz: Accesserunt nunc primum Henrici Stephani Bob,
F. annotationes autographae ex codice biblioth. p, civit, Genev.; als einen
Haupt Vorzug seiner Ausgabe vor der der englischen Gelehrten bezeichnet
ausserdem Birrius, dass er die letzte von Stephanus selbst herrührende
Ausgabe (von 1543) zugezogen habe, während sich jene nur an die unzu-
verlässige Leidener (1573) gehalten hätten. — 3) Aber auch des Birrius
verdienstliche Ausgabe wurde bald aus dem Felde geschlagen durch Johann
Matthias Gesnbr*s: Novus linguae et eruditionis Ronianae Thesaurus post
Ro. Stejyhani et aliorum nuper etiam in Anglia eruditissimorum hominum
curas digestus, locupletatus, emendatus, 4 Bände, Lips. 1749. Die vortreff-
liche Vorrede dieses Werkes wird man noch heute nicht ohne Nutzen
lesen; sie lehrt, dass Gesner zwar die Londoner Ausgabe zur Grundlage
genommen, jedoch auch die Baseler Ausgabe dazu benützt hat; die Haupt-
sache jedoch hat er selbst gethan, indem er den lexikalischen Stoff nach
festen Grundsätzen teils kürzte, teils berichtigte, teils ergänzte. Seine
Kürzungen bestanden darin, dass er eine strenge Sichtung der dem römi-
schen Altertum nicht unmittelbar angehörigen Artikel vornahm, innerhalb
der grösseren Artikel selbst aber die Bedeutungsentwickelung vereinfachte ;
die Zitate ferner berichtigte er durch sorgfältige Kontrole derselben nach
den besten Ausgaben; die Interpretation ergänzte er durch Zuziehung einer
Menge von erklärenden Ausgaben, wie er es denn als ein Ideal der Lexiko-
graphie bezeichnet, dass sie die Ergebnisse der Schriftstellererklärung so
viel als möglich zu konzentrieren habe. In demselben Sinne legt er auch
grossen Wert auf die sachliche Seite der Worterklärung; für die Zwecke
der Etymologie endlich ist am Schlüsse ein eigener 292 Spalten umfassender
^) Als SupplemeDto zu dieser Ausgabe | (siehe die Bemerkungen Wölfflin*s im
dienen das Glossarium Latin o-Gemianicum . Arch. f. lat. Lex I 128 ff., II 619, III 304).
mediae et infimae aetatis, Frankfurt a. M. { Einen modernen handlichen, aber freilich
1857, und Novum glossarium Latino-Ger- \ auch dürftigen Auszug aus Ducange gibt
manicHm mediae et infimae aetatis, ebd. 1867,
beide von L. Diefenbach; ein etwas ver-
mehrter Abdruck des Ducange aus neuester
Zeit ist der von L. Favbe, Niort 1883 ff.
es u. d. T.: Lexicon manuale ad scriptores
mediae et infimae Latinitatis, par Maigne
d'Arnis, publii par Mionb, Paris 1866.
616
C.b) Lateinische Lexikographie.
Ijah'nitatis index etymologicus hinzugefügt. Das Gaoz^ bezeichnet Gesner
als eine Frucht zwölfjähriger Arbeit.')
13. Unsere Berichterstattung wendet sich nun der neuesten Periode
zu,^) innerhalb welcher das Lebenswerk Eoidio Forcellini's (1688 — 1768)
eine ähnliche massgebende Rolle spielt, wie bisher das des Stephanus.
Schon in jungen Jahren widmete sich dieser Zögling des Seminars zu Padua
unter Anleitung seines Lehrers J. Facciolati der lateinischen Lexikographie
und blieb bis zu seinem Tode mit kui*zer Unterbrechung etwa 40 Jahre
lang dieser Thätigkeit treu. Als Ergebnis seiner Lebensarbeit erschien
1771 zu Padua ^) das Totius Latinitatis Lexicon, consüio et cura JacoU
Facciolati^ qpera et studio Aegidii ForcelUni^ alumni seminarii PcUavinif
lucubratum. Das Werk beruht seinem Stoffe nach auf eigenen Forschungen,
nicht nur aus den Autoren selbst, sondern auch aus Kommentaren und
Hilfswerken; von besonderer Bedeutung ist das aus Inschriftensammlungen
geschöpfte neue epigraphische Material. Die Bedeutungsentwickeluug lässt
noch zu wünschen übrig; immerhin ist auch in diesem Punkte ein Fort-
schritt unbestreitbar; in der Unterscheidung der Bedeutungen von einander
hat der Verfasser jedenfalls selten zu wenig, in der Regel zu viel gethan«
Die gewählte Interpretationssprache ist die italienische; auf die Phraseologie
erklärt der Verfasser besonders behufs praktischer Sprachübungen der
Studierenden des Paduaner Seminars Gewicht gelegt zu haben. — Mit
Recht ist denn auch dieses Seminar auf das Werk seines früheren Zöglings
von jeher stolz gewesen und hat es nicht unterlassen, für dessen weitere
Vervollkommnung Sorge zu tragen. Drei spätere Zöglinge und Lehrer
') Auf Gesneb's Thesaurus stützte sich
dann wieder (der Vorrede zufolge) das, wie
es scheint, nur zu geringer Verbreitung ge-
langte y, Lexicon catholicon Latinae linguae,
coninncta quorundam doctorum hominum
opera adornaium* , 2 Tomi, Lips. 1784; die
Namen der Bearbeiter sind nirgends ge-
nannt. Kurz vor seiner Vollendung war
Scheller's Ausführliches Lexikon (s. unten)
erschienen, mit welchem das namenlose Werk
die Konkurrenz offenbar nicht zu besteben
vermochte.
■-) über die neuere Litt^ratur vom Ende
des 18. bis gegen die Mitte des 19. Jahrh.
ist noch immer lesenswert der Abschnitt
Lexikologie in F. A. Wolf's Vorlesungen
über die Encyklopädie der Altertumswissen-
schaft, hrsg. V. GüBTLER, Leipz. 1839, S.
229 ff. ; desgleichen für die ersten Jahrzehnte
unseres Jahrhunderts die beiden Artikel von
K. E. Geokoes, Lateinische Lexiko-
graphie, in der Neuen Jenaischen All-
gemeinen Litteratur-Zeitung, III. Jhrg.
(Leipz. 1844) S. 955 ff. und IV. Jahrg. (Leipz.
1845) S. 493 ff, woran sich aus der neuesten
Zeit die reichhaltigen, auch durch viele Nach-
träge zu den recensierten Schriften wert-
vollen Jahresberichte des nämlichen Ver-
fassers in Bursian-Müller's Jb. flb. d. Fort-
schritte der class. Altertumsw. seit dem Jahre
1873 anschliessen. Endlich sind die biblio-
graphischen Zusammenstellungen beachtens-
wert, welche E. Hübneb in seinem Grund-
riss zu Vorlesungen tlber die latei-
nische Grammatik, 2. verm. Aufl. Ber-
lin 1880 S. 19 ff., gibt, wo nicht nur die
Gesamtwörterbücher bis auf die neueste Zeit
herab genannt werden, sondern auch zahl-
reiche Spezial Wörterbücher zu einzelnen Schrift-
stellern, sowie monographische Darstellungen
einzelner Wörter und Wortbedeutungen (8.
19 ff.. 36 f., 69 f.).
^) Leider habe ich nicht diese, sondern
nur die vermehrte zweite, 1805 in 4 Bänden
zu Padua erschienene Ausgabe benützen
können; eine umfängliche Appendix dazu
von J. FüRLANETTO erbchicu ebd. 1816. Über
die in Deutschland vielgebrauchte Schnee-
berger Ausgabe (1831 ff., in 4 Bdn.), welche
von mehreren sächsischen Schulmännern
nach der dritten italienischen (s. u.) neu
bearbeitet wurde, jedoch nicht mit gleicher
Solidität bis zum Schlüsse durchgeführt werden
konnte, siehe Näheres bei Georoes, Neue Je-
naische Allgemeine Litteratur-Zeitung, III.
Jahrg. S. 956. Eine englische Ausgabe von
J. Bailey, London 1827, 2 Bände, deren
Herausgeber manches eigene hinzugeJPügt ha-
ben soll, ist mir bis jetzt noch nicht näher
bekannt geworden.
1. Geschichte nnd Litteratnr der lateinischen Lexikographie. (§ 13—14.) 617
haben ihre Kraft dieser Aufgabe gewidmet: J. Furlanetto, der die III.
vermehrte und verbesserte Auflage herausgab (Padua 1827 ff., 4 Bände,
nebst Appendix, ebd. 1841); — ferner Franc. Corradini, welcher seit 1858
an einer Ergänzung des Werkes aus den lexikalischen Arbeiten von Klotz,
Freund, Doederlein u. a. arbeitet (Tom. I. Patavii 1864; bis jetzt sind
3 Bände nebst Fase. I. des 4. Bandes bis zum Artikel retnoueo erschienen); —
endlich liegt vollständig die vermehrte Bearbeitung von Vinc. de- Vit vor
(Prato 1858 ff. in 6 Bänden; nur das den zweiten Teil bildende Onomasticon
ist noch nicht ganz erschienen), welch letzterer Bearbeiter es aber leider
versäumt hat, durch erschöpfende kritische Vergleichung der Zitate mit
den neuen massgebenden Autorenausgaben seine Bearbeitung auf die Höhe
der philologischen Forschung zu bringen.
14. Mit Immanuel Johann Gerhard Scheller's Ausführlichem und
möglichst vollständigem latcinisch^deutsclien Lexikon (zuerst Leipz. 1783 in
2 Bänden) beginnt eine zusammenhängende Reihe höchst verdienstlicher
und in ihrem letzten Ausläufer, Georges, noch jetzt den Markt beherrschender
Handwörterbücher. Scheller selbst gab einen mit eigenen Zuthaten
versehenen und neu geordneten Auszug^) aus Forcellini; von Auflage zu
Auflage verbesserte und vermehrte sich dann derselbe; zuerst noch unter
den Händen Scheller's, dann (auszugsweise) unter denen seines Nachfolgers
6. H. Lünemann,^) endlich ganz besonders durch die fortgesetzte hin-
gebende Thätigkeit des dritten Bearbeiters K. £. Georges, welcher das-
selbe zuletzt mit Recht ausschliesslich unter seinem Namen erscheinen
liess. Auch dieses Ausführliche lateinisch-deutsche Handwörterbuch Georges*,
von welchem die 7. neubearbeitete und sehr vermehrte Auflage (Leipzig
1879 f.) in 2 Bänden erschienen ist, muss in seiner Art als ein Lebenswerk
bezeichnet werden, in welchem an Reichhaltigkeit, Handlichkeit und Genauig-
keit alles geleistet ist, was von der Kraft eines Einzelnen überhaupt ge-
leistet werden kann.
^) £in wesentlich auf Forcellini beruh-
ender Auszug ist auch W. Freukd s Wörter-
buch der Lateinischen Sprache nach
historisch-genetischen Prinzipien u.
8. w., 4 Bände, Leipz. 1834 fif., auf dessen
ausführliche und in methodischer Hinsicht
wichtige Vorrede wir weiter unten zu sprechen
kommen werden ; von demselben Gelehrten er-
schien kurz darauf ein ^ Gesamtwörterbuch
der lateinischen Sprache, zum Schul- und Pri-
vatgebrauch*, Breslau 1844 f., worin auch
auf das «Mittel- und Neulatein " besondere
Kücksicht genommen ist. — Fretnd's Wörter-
buch bildete wieder die erste Grundlage fQr
ein inzwischen neu bearbeitetes amerikani-
sches Werk, bekannt unter dem Namen Har-
per's Latin Dictionary, ed. by E. A. An-
drews (s. über dieses wie überhaupt über
die Erscheinungen der ausser deutschen Lit-
teratnr Georges in seinen Jahresberichten).
^) Das Verhältnis der Bearbeitungen
Scheller'Sy Lünemann's und Georges* (vgl.
Georges' eigene Bemerkungen, Jbb. f. klass.
Philol. 1882 S. 593 f.) ist folgendes: auf die
dreibändige zweite Auflage seines Ausführ-
lichen und möglichst vollständigen Lexikons
(1788) liess Scheller 1804 noch eine dritte
,von neuem verbesserte und sehr vermehrte
Auflage* in fünf Bänden folgen; zwischen
beide hinein fällt sein aus der zweiten Aufl.
verkürztes «Handlexikon** 1792, und dieses
war es, welches Lünemann zuerst 180G und
dann in mehreren weiteren Auflagen be-
arbeitete; für dessen 7. Aufl. (1831 er-
schienen) trat im Herbste 1828 Georges zum
erstenmale als Mitarbeiter ein. — Was wir
an Lünemann 's und Georges' Bearbeitungen
ungern vermissen, ist eine durchgängige
ziffermässige Citierweise (meist wird nur der
Name des Autors genannt), wodurch freilich
der Umfang des Werkes erheblich vermehrt
worden wäre; ein wissenschaftliches Hand-
wörterbuch der Zukunft wird sich der Er-
füllung dieser zur Kontrole der Zitate un-
erlässlichen Forderung aber gleichwohl nicht
entziehen dürfen.
618
C.b) Lateinische Lexikographie.
15. Als ausserhalb dieser Reihe liegend und zum Teil auf selbst-
ständigen Sammlungen beruhend sind schliesslich folgende zwei Werke
hinzuzufügen: Thesaurus der classischcfi Latinität, ein ,, Schulwörterbuch, mit
besonderer Berücksichtigung der lateinischen Stilübungen*, begründet von
K. E. Georges, vom Buchstaben D an fortgesetzt von G. Mühlmann,
Leipzig 1854 — ü8, auf 2 Bände berechnet, aber nur bis zum Buchstaben K
(= Zweiten Bandes erste Abteilung) durchgeführt; — und Keikhold Klotz,
Handwörterbuch der lateinischen Sprache, 2 Bände, Braunschweig 1853—57
und seitdem öfter, ein Werk, welches der Herausgeber freilich auch nicht
in der von ihm anfangs beabsichtigten Weise durchzuführen vermochte,
sondern unter dem Drucke äusserer Verhältnisse mit Hilfe zweier Mit-
arbeiter, Fr. Lübker und E. E. Hudemann, zu Ende bringen musste,»)
worunter der einheitliche und selbständige Charakter der späteren Teile
gelitten hat.
16. Anhangsweise seien neben den Gesamtwörterbüchern aus der
übrigen lexikographischen Litteratur«) noch einige hervorragende Erschei-
nungen genannt, und zwar
a) unter den Spezialwörterbüchern zu einzelnen Schriftstellern die
Ohscrvationes in Ciceronem ordine litterarum digcstac des Mario Nizzoli
(NizoLius) (t 1566), zuerst erschienen, wie es scheint, 1535, dann zu einem
vollständigen Thesaurus Ciceronianus erweitert und oft herausgegeben,
zuletzt von Facciolati, Padua 1734 (die dreibändige Londoner Ausgabe
V. J. 1820 ist davon ein Abdi*uck); auf demselben Gebiete H. Merouet's
Lcxikmi zu den Beden des Cicero, 4 Bände, Jena 1873 (1877)— 1884; femer
E. BoNNELLs Lexicon Quintilianeuni, als Vol. VI. der Spalding'schen Quin-
tilianausgabe, Lips. 1834, u. s. w.; — andere (zu Tac. Caes. Cicero *s philos.
Schriften u. s. w.) sind im Erscheinen begriffen.
b) Unter den ein bestimmtes Gebiet der lateinischen Sprache um-
fassenden Wörterbüchern: Ferdinandi Handii Tursellinus seu de particulis
Latinls comnmitarii, Vol. I— IV. (reicht bis zum Ende des Buchstaben P),
Lips. 1829 — 45, ein trotz aller Mängel noch immer unentbehrliches Nach-
') Das Werk sollte (nach der Vorrede
zur ersten Auflage) die Mitte halten zwischen
den grösseren Thesauren und den kleineren
Hand- oder Schulwörterhüchein der lateini-
schen Sprache. Eine vorübergehende Unter-
stützung wurde, nachdem die drei ersten
Lieferungen schon im Jahre 1847 rasch hinter
einander erschienen waren, die weitere Aus-
gabe aber ins Stocken geriet, dem Heraus-
geber durch die Doktoren Geier und H User
zu Halle zu Teil, von denen die mit ihren
Namenschi flfren (if., bezw. G.) bezeichneten
Artikel concedo-conclamo und constitutio-
consuefacio herrühren; in nachhaltigerer
Weise trugen dann die beiden oben ge-
nannten Gelehrten, deren Namenschiffren L.y
bezw. Hn. sich von den Artikeln contendo,
bezw. credibilis an, mit Artikeln des Heraus-
gebers untermischt, vorfinden, zur Vollendung
de8 Werkes bei. Von den folgenden Auf-
lagen unterzog der Herausgeber die dritte
(nach dem Vorwort i. J. 1861 erschienene)
einer eingreifenden Revision; die vierte und
(1874) fünfte sind unveränderte Abdrücke
der dritten.
-) Zur etymologischen Litt-eratur ge-
hört Seb. Zeuetmatr^s Analogisch- verglei-
chendes Wörterbuch Über das Geg amtgebiet
der indogermanischen Sprachen, Lpz. 1871»,
worin das Lateinische voransteht; — zur sti-
listisch en die Antibarbari, von denen der
„Antibarbarus der Lateinischen Sprache*^ von
Krebs und Alloater der bekannteste und
durch die durchjjreifende Neubearbeitung von
J. H. Schmalz, 2 Bände. Basel 188(5-88.
besonders wertvoll geworden ist; — zur
Litteratur der wissenschaftlichen Flexi ons -
lehre das im Erscheinen begriffene «Lexi-
kon der lateinischen Wortformen* von K.
E. Georges, Lpz. 1888 f., welches den un-
zulänglichen früheren Versuch von G. Koff-
MA5E (Göttingen 1874) ersetzen wird.
2. Theorie der lateinischen Lexikographie. (§ 15—17.) 619
schlagebuch; L. Quicherat\s Thesaurus poeticus Unguae Latifiae, Paris,
zweite verbesserte Ausg. 1875; für die juristische Sprache bis jetzt noch
das Manuale Latinitatis fontium iuris cimlis Ronmnarum, auctore Henrico
Eduardo Dirksen, Berlin 1837, und das Ilandlexicon zu den Quellen des
römischen Rechts von H. G. Heumann in verschiedenen Auflagen (5. von
Ch. A. Hesse, Jena 1879); endlich für das Bibellatein die Concordantiae
Bibliorum (Konkordanzen), sowie die betreflfenden Abschnitte des Werkes
von H. RöNSOH, Itala und Vulgata, 2. Ausg. Marburg 1875. (Ein „namen-
loses, nicht unnützes "" Glossarium eroticum, Paris 1826, erwähnt Bücheier
im Arch. f. lat. Lex. II S. 117, womit zusammenzustellen ist C. Rambach,
Thesaurus eroticus linguae Latinae, Stuttgart 1833.)
c) Unter den Arbeiten über die Fremdwörter im Lateinischen die vor-
treflniche lexikographisch-kulturhistorische Preisschrift F. 0. Weise's, Die
(jriechisclhen Wörter im Latein, Leipz. 1882, und der umfassende, aber zu
wenig selbständige und im einzelnen nicht genug durchgearbeitete „Ten-
saurus'* Italograecus von Q. A. Saalfeld, Wien 1884.
d) Auf synonymischem Gebiete: L. Döderlein's lateinische Synonyme
und Etymologien, 6 Teile, Leipzig 1826 ff., in etymologischer Beziehung
veraltet, in semasiologischer aber von unverwüstlicher Frische; L. Kams-
horn's gründliche Lateinische Synonymik, 2 Teile, Leipz. 1831—33; die gute
Schulsynonymik von Ferd. Schultz, Paderborn, seit 1841 in vielen Auf-
lagen; und vieles andere.
e) Unter den lexikographischen Einzelbeiträgen grösseren Umfangs
die Addenda lexicis Latin is, inuestigauit collect digessit L. Qüicherat,
Parisiis 1862, der in der Praefatio beklagt, dass namentlich die Kirchen-
väter von den Lexikographen bis dahin so sehr vernachlässigt worden
seien, und hiezu, wie überhaupt zum späteren Latein allerlei Nachträge
liefert; dann die umfangreichen, aber unkritischen Materialsammlungen auf
demselben Gebiete von C. Paucker, darunter besonders das Supplementum
lexicorum Latinorum, Vol. I. Berol. 1883 — 85, und die Vorarbeiteti zur
lat. Sprachgeschichte, herausg. von H. Rönsch, 3 Teile, Berl. 1884, u. v. a.
Dazu eine Menge kleinerer wertvoller Beiträge vieler Gelehrter in Zeit-
schriften, Programmabhandlungen und Rezensionen, auf deren Aufzählung
wir hier verzichten müssen; über die Arbeiten in Wölfflin's Archiv f, lut.
Lexikographie wird unten in anderem Zusammenhange zu berichten sein.
2. Theorie der lateinischen Lexikographie.
17. Indem wir nach dem vorstehenden litterarhistorischen Überblick
dazu übergehen, die theoretischen Ziele und Grundsätze der lateinischen
Lexikographie darzustellen, wird man es bei dem Interesse, welches sich
gerade in den letzten Jahrzehnten diesem Zweige der lateinischen Sprach-
wissenschaft zugewendet hat, nicht unangemessen finden, wenn wir uns
darüber etwas ausführlicher verbreiten. Und zwar gedenken wir zur Orien-
tierung zuerst die Gesichtspunkte vorauszuschicken, welche auf diesem
Gebiete überhaupt in Betracht kommen, und alsdann diejenigen lexiko-
logischen Untersuchungen und Vorarbeiten in geschichtlichem Zusammen-
hange zu verfolgen, welche im Laufe unseres Jahrhunderts namentlich im
620 ^M Lateinische Lexikographie.
Hinblick auf das Ideal eines allen wissenschaftlichen Anforderungen ent-
sprechenden Thesaurus linguae Latinae in die Öffentlichkeit ge-
treten sind.
Die Aufgabe der Lexikographie kann im allgemeinen unmöglich eine
andere sein als die, jedes einzelne Wort einer Sprache als eine für sich
bestehende Einheit, als ein sprachliches Individuum ins Auge zu fassen
und dasselbe io monographischer Weise darzustellen. Daraus ergibt sich die
Frage, welches denn die verschiedenen Seiten oder Gesichtspunkte sind, die
ein solches Wortindividuum je nach seiner Beschaffenheit fUr die lexiko-
graphische Darstellung überhaupt darbietet, und wir glauben im ganzen
sieben solche Seiten oder Gesichtspunkte unterscheiden zu dürfen: den
historischen, den etymologischen, den ilexivischen, den semasiologischen,
den syntaktischen, den phraseologischen und den stilistischen. Mit diesen
Gesichtspunkten haben wir uns nunmehr im einzelnen zu beschäftigen.
18. 1) Weitaus der erste und wichtigste, weil für alle übrigen
grundlegende Gesichtspunkt ist der historische. Wie die Sprache als
Ganzes genommen, so hat auch jedes einzelne einigermassen bedeutungs-
volle Wort seine bestimmte historische Entwickelung, und diese gilt es
nach dem Masse der uns zu Gebote stehenden Mittel von Anfang an zu
verfolgen. Nach dem Masse der uns zu Gebote stehenden Mittel: denn
allerdings sind wir ja bei einer sogenannten toten Sprache nie im stände,
die Individualität eines Wortes, geschweige denn seine gesamte historische
Entwickelung unmittelbar aus dem Leben der Sprache selbst kennen zu
lernen, sondern wir sind angewiesen auf die Ausbeutung der oft sehr un-
gleich fliessenden, uns zufallig zugänglichen Quellen. Der Jlinblick, welchen
die auf uns gekommenen litterarischen Urkunden in die Geschichte eines
Wortes gestatten, wird, wie in allen historischen Dingen, oft ein mehr
oder weniger lückenhafter sein, und der wissenschaftliche Lexikograph
wird sich stets bewusst bleiben, welche Schranken seiner Thätigkeit ge-
setzt sind. Was nun aber wirklich überliefert ist, das muss eben darum
auch um so sorgfaltiger registriert und verwertet werden. Nicht als ob
es nötig wäre, jede Stelle, wo das Wort überhaupt vorkommt, in den
Thesaurus aufzunehmen (das würde, zumal bei sehr gebräuchlichen Wörtern,
gerade das Gegenteil einer klaren Anschauung ihres individuellen Lebens
hervorrufen), sondern nur die charakteristischen Stellen, d. h. diejenigen,
welche nach irgend einer Seite hin zur Kennzeichnung seiner historischen
Entwickelung beitragen. Um diese charakteristischen Stellen ausfindig zu
machen, ist es aber nötig, dass irgend jemand in der lexikographisclien
Welt, so zu sagen, als jeweiliger Vertrauensmann aufgestellt werde und
als solcher einmal wenigstens alle Stellen, an welchen das Wort vorkommt,
im Zusammenhange zu überblicken im stände sei; denn anders ist es nicht
möglich, in jedem Falle endgiltig zu entscheiden, welche Bedeutung einer
einzelnen, an sich oft gleichgiltig scheinenden Stelle für die divinatorischc
Erkenntnis der historischen Gesammtentwickelung des Wortes beiwohnt
und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können.
Von besonderem Interesse sind, innerhalb dieses allgemeinen histo-
rischen Rahmens, noch folgende Einzelmomente. Eine hervorragende
2. Theorie der laieiniBchen Lexikographie. (§ 18.)
621
Wichtigkeit hat unter allen Umständen zunächst diejenige Stelle, an welcher
das Wort in der Litteratur zum ersten male vorkommt. Man wird sieh
zwar auch hier vor übereilten Schlüssen hüten müssen: es kann ein Wort
oder eine Wortbedeutung schon längere Zeit im Munde der Nation gelebt
haben, ehe sich Gelegenheit dazu fand, es in einem der uns gerade über-
lieferten Litteraturwerke schriftlich anzuwenden. Aber in vielen Fällen
ist doch ein sicherer Schluss ex silentio möglich. Wenn an Stellen
älterer Werke, an welchen man gerade dieses Wort unbedingt gebraucht
zu sehen erwarten darf, z. B. im Gegensatze oder in der Ableitung,
eben nicht dieses, sondern ein anderes von naheverwandter Bedeutung
vorkommt, so ist dies immerhin ein Indicium, dass man das Wort noch
nicht gebrauchte, weil man es noch nicht gebrauchen konnte; und wenn
sich solche Indicien häufen, so gewinnt der daraus zu ziehende Schluss
oft die grösste Wahrscheinlichkeit. Um ein Beispiel anzuführen, so scheint
es, dass das Wort adorare (als Kompositum) dem älteren Latein noch
völlig fremd war. Denn die ältesten Stellen, wo es mit Sicherheit nach-
zuweisen ist, finden sich erst bei Vergil und Livius; und doch hätten
Plautus, Lucrez, Yarro und vor allem Cicero sehr oft Anlass dazu gehabt,
es zu gebrauchen, wenn sie es eben gehabt hätten.^) Solche Schlüsse ex
silentio nach rückwärts sind also, wenn sie mit Vorsicht gezogen werden,
für die Wortgeschichte von der grössten Wichtigkeit.
Ahnliche Schlüsse ex silentio gibt es aber auch nach vorwärts,
in der absteigenden Richtung der Wortgeschichte. Gerade im Bereich der
lateinischen Sprache nämlich lässt sich bei vielen Wörtern, wie vorhin der
Anfang, so hier das Ende beobachten, d. h. das bald frühere bald spätere
Absterben eines Wortes oder einer Wortbedeutung und, was damit eng
zusammenhängt, seine Ersetzung durch ein Synonymen. Wenn beispiels-
weise weinen im Französischen pleurer {plorare) heisst und ein dem lat.
flere entsprechendes Wort nicht mehr vorkommt, so scheint letzteres Wort
in der That schon vor der Entwickelung der romanischen Sprachen aus der
lateinischen Volkssprache verschwunden zu sein und piarare schon hier seine
Stelle vertreten zu haben. Oder wenn fille im Franz. nicht nur die Tochter,
sondern auch das Mädchen heisst, so liegt auf der Hand, dass nach dem
Untergange des lat. puella das Wort filia dessen Funktion mitübernahm.
In diesen Beispielen sind es die Wörter selbst, welche verloren gingen;
um einen Bedeutungswandel handelt es sich z. B. im Italienischen bei dem
Worte cctsa (Haus) gegenüber lat. domus^ welch letzteres auf ital. Sprach-
gebiet nur noch in einer sehr eingeschränkten (determinierten) Bedeutung:
duomo (Dom) erhalten blieb. Ich habe für diese ganze Erscheinung, die sich
bereits im klassischen Latein im Verhältnis zum archaischen an zahlreichen
Beispielen erweisen lässt, den Namen Stellvertretung oder Substitution
vorgeschlagen^) und glaube z. B. gezeigt zu haben, wie orare seine alte
') Siebe das Nähere in meinen Unter-
suchungen zur lat. Semasiologie, Heft III.
Erlangen 1881, S. 101.
^) S. das Nähere in meinen Untersuchun-
gen zur lat. Semasiologie, Heft 11. Erlangen
1878, S. 28 (und vgl. 100); ich halte jetzt den
Ausdruck »Substitution*, welchen ich eben-
daselbst (Zeile 3 v. u.) neben dem Ausdruck
, Ersatz" (Z. 7 und 13 v. u.) bereits gebraucht
hatte, für den bezeichnendsten. Hiedurch
erledigt sich der Einwand Wölpplik's, Arch.
f. lat. Lex. II S. 484 (wo ausserdem auf den
C22
C.b) Lateinische Lexikographie.
Bedeutung reden^ die noch im ältesten Latein lebendig war, in der klassi-
schen Periode mit unerheblichen formelhaften Ausnahmen aufgab und sich
auf die Bedeutung biUm einschränkte, wogegen dicere, absolut gebraucht,
seine Stelle einnahm. Wird in einer späteren archaisierenden Periode oder
zu technischen Zwecken (Terminologie) ein solches veraltetes Wort oder
eine Wortbedeutung wieder aufgenommen (Quint.: ars orandi = ars dicendi
u. dgl.), so ist dies natürlich wieder eine Sache für sich und thut unserer
obigen Behauptung keinen Eintrag.
Aber noch ein weiterer Gesichtspunkt ist dem historischen unter-
zuordnen: der geographische. Seit der Ausbreitung der römischen Herr-
schaft über so viele Provinzen nahm die Entwickelung des Lateinischen
natürlich nicht überall den gleichen Oang, und die einzelnen Wörter und
Wortbedeutungen hatten nicht überall die gleichen Schicksale. Ist dies in
erster Linie ein Gesichtspunkt, welcher den Romanisten interessiert, so darf
doch auch der Latinist gegen die hier sich darbietenden Erscheinungen
(Provinzialismen) nicht gleichgiltig bleiben, ja schon in der klassischen Lit-
teraturperiode entgingen derlei Unterschiede der Aufmerksamkeit feinhöriger
Römer nicht, wie die bekannte Erzählung Cicero*s Brut. 171 andeutet.
Hier ist die Litteraturgeschichte die Bundesgenossin der Lexikographie, wie
sonst die Grammatik, und es spiegelt sich hier in der Sprach- und
Wortgeschichte der Gang der politischen und Kulturgeschichte wider,
welcher die Entwickelung und den Verfall der römischen Litteratur be-
dingt hat.
Fragt man endlich noch nach der Art, wie denn in einem wissen-
schaftlichen Thesaurus alle diese Momente des historischen Gesichtspunktes
darzustellen seien, so ist es freilich schon aus äusseren Gründen eine Un-
möglichkeit, von jedem einigermassen bedeutungsvollen Wort eine zusammen-
hängende historische Monographie zu geben. Der Lexikograph ist vielmehr
gezwungen, ein abgekürztes Verfahren einzuschlagen, indem er in herkömm-
licher Weise nach chronologischer Reihenfolge diejenigen Stellen in wohl-
berechneter (auch die wichtigeren Lesarten berücksichtigender) Fassung
ausschreibt, in welchen sich ihm der historische Entwickelungsgang am
deutlichsten zu kennzeichnen scheint. Aber ein solches abgekürztes Ver-
fahren setzt freilich Leser voraus, welche nicht nur auf, sondern auch
zwischen den Zeilen zu lesen verstehen, und welche im stände sind,
diejenigen historischen Kombinationen selbständig zu vollziehen, für welche
ihnen der Lexikograph das gesichtete Material darbietet, — Leser endlich,
welche bereits geübt sind, nicht nur aus dem vorhandenen, sondern auch
aus dem nichtvorhandenen Material ihre Schlüsse zu ziehen, d. h. aus dem
Fehlen eines Wortes zu einer Zeit und an einem Orte, wo man mit Be-
stimmtheit erwarten durfte, dasselbe gebraucht zu sehen. Die Zusammen-
fassung bestimmter Zeiträume seitens des Lexikographen und kurze Bc-
Fall hingewiesen wird, dass auch mehrere
Wörter um die Erbschaft eines sterbenden
, konkurrieren** können); -- ich meine, dass
man auf diesen Ausdruck sich recht wohl
vereinigen könnte, da derselbe das Miss*
Verständnis, als ob dabei nur an etwas vorüber-
gehendes zu denken wäre, wohl nicht mehr
aufkommen Ifisst.
2. Theorie d|(r läteinisclieii Lexikographie. (§ 19-21.) 62*^
Zeichnung derselben durch übliche Schlagwörter (arch. klass. silb. Lat. u.
8. w.) ist aber hiebei unstreitig ein nützliches orientierendes Hilfsmittel.
19. 2) Der etymologische Gesichtspunkt (mit Inbegriflf der Wort-
bildung) beschäftigt sich zunächst mit der Frage nach der genealogischen
Herkunft des Wortes seiner lautlichen Form nach. Eng verbunden damit
sind die Fragen nach der Orthographie und nach der Prosodie des
Wortes; allerdings sind aber Schreibung und Aussprache keineswegs durch-
aus durch die Etymologie bedingt: gewisse Anomalien des Usus (vgl. schon
Gic. Or. 159 f.) sind oft mächtiger als die etymologische Regel. Für die
Etymologie selbst ist natürlich Vertrautheit des Lexikographen mit den Er-
gebnissen der vergleichenden indogermanischen Sprachforschung unerläss-
lich; kein klassischer Philologe wird heutzutage noch die früheren Vorurteile
gegen die Verwertung derselben fUr die griechische und lateinische Gram-
matik hegen. Aber auch die vergleichende romanische Sprachforschung
ist dem Latinisten bis zu einem gewissen Orade unentbehrlich, besonders
dann, wenn es sich um den Nachweis von Wörtern oder Wortbedeutungen
handelt, welche die uns erhaltenen lat. Sprachquellen nur mangelhaft oder
gar nicht überliefern. In solchen Fällen ist nicht selten eine Rekonstruktion
der verlorenen lat. Grundform oder Grundbedeutung nach derselben Methode
möglich, wie in der ig. Sprachvergleichung die Rekonstruktion einer Grund-
form oder Grundbedeutung der ig. Ursprache.
20. 3) Der flexivische Gesichtspunkt enthält die Bestimmung der
gi-ammatischen Wortgattung, welcher das Wort vermöge seines Formen-
wandels im Satze (Deklination, Konjugation u. s. w.) angehört. Ist dieser
Formen wandel ein regelmässiger, so genügt nach der bekannten Sitte
unserer Lexika ein einfacher grammatischer Hinweis (Angabo des Genetivs,
des Genus, des Perfektstammes, der Konjugationsklasse u. s. w.) ; ist er aber
unregelmässig, so sind hiefür genauere Angaben nötig. Zweierlei Momente
verdienen hiebei besondere Beachtung. Einerseits das Vorkommen von
Doppelbildungen in Bezug auf Kasusbildung, Genus, Pluralbildung,
Tempusstammbildung u. s. w., also ipcinoris neben iecoris; loci neben
loca; pepigiy pegi, panxi; lauatum, lautum, lotum u. dgl.; bisweilen, aber
nicht immer ist auch eine Differenzierung der Wortbedeutung damit ver-
bunden. Dass solche Doppelformen durchaus nicht immer als gleichzeitig
und gleichwertig, sondern stets unter dem Gesichtspunkt historischer und
geographischer Verschiedenheit zu beurteilen sind, versteht sich nach dem
oben Gesagten von selbst. Das andere Moment ist das Ausbleiben, das
Fehlen gewisser Flexionsformen, deren Gebrauch man aller Analogie zufolge
erwarten sollte. So z. B. wenn, um ein klassisches Vorbild zu gebrauchen,
bei Cic. Top. 30 die Formen von species: specierum und speciehus aus-
drücklich vermieden und durch die entsprechenden Kasus von forma: foi'-
niarum und formis vertreten sind; — eine Erscheinung, welche wir nach
dem, was wir oben über den Begriff der Substitution sagten, wohl mit
dem Ausdruck flexivische Substitution bezeichnen dürfen.
21. 4) Der semasiologische Gesichtspunkt betrifft die Feststellung
der Bedeutung oder der Bedeutungen eines Wortes und, falls es sich um
mehrere Bedeutungen handelt, den Nachweis der gesetzmässigen Ent-
624 C.b) Lateinisohe Lexikograptde.
Wickelung der jüngeren Bedeutungen aus der älteren. Hieher gehört also z.B.
die gesamte Lehre von den Übertragungen (Metaphern und Metonymien) im
Lateinischen, deren Gebrauch bekanntlich von dem deutschen in sehr vielen
Fällen abweicht; hieher ferner die Fälle der Determination, d. h. der Ver-
engerung oder Spezialisierung einer Wortbedeutung, wie z. B. von hasVs:
Fremder — Feind, u. dgl. Ein sehr wichtiges semasiologisch-lexikalisches
Hilfsmittel ist die Synonymik, welche den Bedeutungsumfang und den Be-
deutungsinhalt mehrerer sinnverwandter Wörter mit einander vergleicht,
dabei aber selbstverständlich wiederum den historischen Gesichtspunkt nicht
ausser Acht lassen darf. Denn wie wir oben bei der Substitution sahen,
findet im Laufe der Sprachgeschichte sehr häufig eine förmliche Ver-
schiebung der zuerst scharf von einander getrennten Synonyma unter
einander statt: rogare z. B. (in der Bedeutung bitten) schiebt sich schon
im silbernen Latein allmählich an die Stelle des jetzt auch in dieser Be-
deutung veraltenden orare u. dgl. Eine notwendige Ergänzung zur Syno-
nymik ist endlich die Angabe der Gegensätze (Antitheta), wo solche vor-
handen sind, wie sie z. B. Georges in seinem Handwörterbuche in dankens-
wertester Weise angibt.
32. 5) Der syntaktische Gesichtspunkt betrifft die Feststellung
derjenigen Verbiudungsweisen eines Wortes, auf welchen das GefQge des
Satzes (und der Periode) beruht, wozu wir auch die Lehre von der Wort-
stellung, soweit sie am einzelnen Worte haftet, und mit derselben Ein-
schränkung auch wohl die Ellipse rechnen dürfen. Hier handelt es sich
also um Fragen wie: wann und wo tritt diese oder jene Konstruktion des
Wortes zum ersten- (oder letzten-)male auf? ist der absolute Gebrauch
gestattet, ist das Verbum ein transitives, ist das Adjektivum ein relatives
oder nicht? u. dgl. Dass solche Fragen oft in erster Linie von der Wort-
bedeutung abhängen, liegt ohne weiteres auf der Hand, wird aber besonders
deutlich an Erscheinungen wie der sog. constructio xavd avvsaiv: capita cm-
iurationis caesi sunt, insofern in solchen Fällen durch Assoziation der Vor-
stellungen eine andere Bedeutung die gewöhnliche syntaktische Regel durch-
kreuzt, als nach welcher das Wort ursprünglich behandelt ist (capHa übtr.
= principeSy duces, und darnach wie ein Masculinum behandelt).
a*i, 6) Der phraseologische Gesichtspunkt hat es zu thun mit den-
jenigen Verbindungen eines Wortes, welche (im Unterschiede von den bloss
momentanen syntaktischen) als dem Sprachgebrauche ständig angehörend
empfunden werden: Formeln und Wendungen, welche der nationale Sprach-
geist sich (meist in bestimmter Stellung) ein für allemal zurecht gelegt hat,
sei es aus rhetorischen oder ästhetischen Gründen (Gleichklang, Allitteration),
sei es aus Gründen des in den Wortbedeutungen selbst liegenden korre-
spondierenden Gegensatzes oder der Bedeutungsverwandtschaft. Ersterer
Art sind z. B. Verbindungen wie Caput et ceruices^ oro atque obsecro, letz-
terer Art z. B. domi bellique, tueri ac defendcre. Aber auch Verbindungen
verschiedener Redeteile gehören hieher, welche in dem Verhältnis syn-
taktischer Unterordnung zu einander stehen und als besonders bequem
oder als besonders präzis und schlagend beliebt und unabänderlich (formel-
haft) waren, wie bellum gerere, se^üentiam rogare u. s. w.
2. Theorie der latemisclieii Lexikographie. (§22-25.) 625
24. 7) Als stilistischen Gesichtspunkt bezeichnen wir schliesslich
denjenigen, der die Sphäre feststellt, welcher der Gebrauch eines Wortes,
einer Wortbedeutung oder einer Konstruktion ganz oder doch vorzugsweise
angehört, selbstverständlich wiederum mit Berücksichtigung der historischen
Entwickelungen oder Wandlungen, welche sich in dieser Hinsicht mit einem
Worte oder einer Wortbedeutung vollzogen haben. Diese Sphäre kann
entweder eine allgemeine sein: poetischer oder prosaischer Stil, Schrift-
sprache oder Volkssprache (Vul^rlatein), rhetorische, historische, philo-
sophische, technische Redeweise u. s. f., oder aber eine rein persönliche,
insofern ein bestimmter Autor ein bestimmtes Wort oder eine Wortver-
bindung liebt, die bei anderen wenig oder gar nicht vorkommt, oder auch
insofern bisweilen ein und derselbe Autor in seinen Jugendschriften einer
andersartigen Stilrichtung ergeben war als in seiner späteren Zeit, wie
z. B. Cicero in seinen Jugendreden, Tacitus u. a. Ein wichtiges Stilmoment
eines Autors oder einer ganzen Litteraturperiode ist die Nachahmung von
Vorgängern, insbesondere das Archaisieren, worauf bereits oben gelegentlich
hingedeutet wurde; bekannt sind die Andeutungen, welche schon Quintilian
im Vm. Buche seiner Institutio oratoria darüber gibt. Insofern ist der
stilistische Gesichtspunkt derjenige, der sich ganz besonders eng mit
dem von uns an erster Stelle betrachteten historischen durchdringt oder
berührt: wie denn überhaupt die hier von uns unterschiedenen Gesichtspunkte
auch sonst zwar der Theorie nach sich deutlich gegen einander abgrenzen,
in der Praxis der lebendigen Sprachentwickelung aber natürlich stets in
engster Verbindung mit einander stehen und eine fortwährende Wechsel-
wirkung auf einander ausüben. —
25. Nach dieser orientierenden Übersicht wenden wir uns nun zu
der Besprechung derjenigen lexikologischen Vorarbeiten, Untersuchungen
und Vorschläge, welche zur Herstellung eines wissenschaftlichen Thesaurus
linguae Latinae in neuerer Zeit gemacht worden sind.
I. Wir beginnen*) mit dem Begründer der modernen klassischen
Philologie, mit Friedrich August Wolf. Dieser auf fast allen Gebieten
schöpferische Geist hat nicht verfehlt, auch der lateinischen Lexikographie
sein Augenmerk zuzuwenden: Zeugnis hievon gibt ein Plan, welchen er
auf der Höhe seines Ruhmes stehend fasste, später freilich wie so manches
andere nach vielversprechendem Anlauf wieder fallen Hess. ,yDer Haupt-
gedanke — so äussert er sich darüber an dem sogleich näher zu be-
zeichnenden Orte — ging dahin, teils in Deutschland teils in Holland,
Frankreich, Italien und England, eine Zahl von zehn oder mehreren Ge-
lehrten zu vereinigen, die sich in die sämtlichen Schriftsteller bis auf die
Zeit, wo das Latein als lebende Sprache verschwindet, nach Neigung und
Vorkenntnissen teilen und dann ihre Vorräte zweien selbstgewählten Re-
daktoren überlassen sollten. Der Plan gefiel etlichen verbundenen Freunden,
') Eine kleine Schrift G. H. Lünek ai919*8,
welche unter dem wunderlichen Titel: Pri-
mae lineae theoriam lexicographiae latinae
sistentes im Jahre 1807 in Qöttingen erschie-
nen sein soll, habe ich noch nicht gesehen; sie
handelt, wie es scheint» besonders von der
BerOcksichtigung der Etymologie im Ijexikon
(vgl. Lünemann*s Vorrede zu seiner ersten
Bearbeitung des Scheller^schen Handlexikons
I Anm. b).
Handbuch der klass. Alter luma Wissenschaft. II. 2. Aufl. 40
626
C.b) Lateüiisohe Lexikographie.
und besonders dem damals mit der Holländischen Redaktion des Scheller-
schen Wörterbuches beschäftigten Ruhnkenius so wohl, dass er noch etliche
Jahre hindurch gepflegt und in Gesprächen und Briefen besprochen wurde,
bis zu dem Zeitpunkte, wo nur Jüngern und Begünstigtem vergönnt war,
ein litterarisches Leben wie von vom anzufangen." Der Ort, an welchem
Wolf diese Mitteilung von seinem „vor 20 Jahren' gehegten ProjdLte
macht, ist die Schlussnote zu einem grossen Aufsatze üeber die Einrich-
tung eines Thesaums der Lateinischen Sprache in den IMterarisehen Ana-
lekten^ vorzüglich für alte Litteratur und Kunst, deren Geschichte und Me-
thodik, herausgog. von Friedr. Aug. Wolf, IV. Heft Berlin 1820 S. 307 ff.
(Kleine Schrr. II. S. 1192 f.). Der Verfasser dieses interessanten und
früher öfter zitierten Aufsatzes ist zwar nicht Wolf selbst, sondern, wie
in einer einleitenden Note von diesem bemerkt wird, „ein im vorigen Jahre
verstorbener gelehrter Schulmann Westphalens**, unterzeichnet als 0. D. E.
in D. (d. i. Georg David Koeler, Rektor in Detmold); ünmerhin aber be-
kennt sich Wolf ausdrücklich und wiederholt dazu, diesen Aufsatz „redigiert"
zu haben, und wir dürfen denselben daher durchaus als aus seinem Sinn
und Geist geschrieben ansehen. Es verlohnt sich, auf die darin ausge-
sprochenen Gmndgedanken , nach welchen ein künftiger Thesaurus der
lateinischen Sprache „seiner würdigt behandelt werden müsse, hier etwas
näher einzugehen.
Der Verfasser beginnt seine „Betrachtungen über bessere Einrichtung
der Wörterbücher der alten Sprachen *" S. 311 damit, die „Hauptmängel
der Behandlung eines Thes. L. Lat. im einzelnen darzulegen^, um alsdann
„summarisch zu zeigen, was geschehen müsse, um jene zu heben und die
letztere einer wenigstens verhältnismässigen Vollkommenheit näher zu
bringen". Seine Kritik wendet sich in erster Linie gegen Gesner und
Forcellini; die summarische Zusammenfassung erfolgt S. 359 ff. Jeder
Artikel, heisst es hier, solle, mit Ausnahme nur weniger, in drei Haupt-
teile zerfallen, von denen der erste die Formenlehre, der andere die Be-
deutungslehre oder Hermeneutik, der dritte die Verbindungslehre oder
Syntaxis betrifft. In der Formenlehre ist das erste das Wort selbst iö
seiner Hauptform nebst den übrigen Formen und Schreibarten in genea-
logischer Folge mit Bemerkung der Zeitalter und mit grammatisch-kritischer
Würdigung in orthographischer Hinsicht; darauf sollen die Formen folgen,
in denen es „in den besseren Handschriften" vorkommt, in „artistisch-
mechanischer" Hinsicht 0 »nebst den Zeichen, Abkürzungen, Monogrammen
und der Anzeige der übrigen Wörter, mit denen es der Ähnlichkeit wegen
leicht verwechselt wird ; endlich die nötigen Angaben in prosodischer Hin-
sicht. Daran reihen sich die wichtigsten Flexionen; bei den bekannten
und vollständigen Wörtern wäre es aber unnütz, alle Biegungsformen mit
Beispielen zu belegen; bei diesen wird es nur da der Belege bedürfen, wo
einzelne zweifelhaft sind; alle selteneren Abweichungen von der gewöhn-
lichen Form dagegen müssen nicht allein mit Beispielen, sondern sogar
^) Es köiiDen hier wohl nur paläo-
graphische Verschiedenheiten gemeint sein,
welche heutzutage freilich Niemand mehr
dem Lexikon aufbürden wird.
2. Theorie der lateinischen Lexikographie. (§ 25.) 627
mit allen vorhandenen Beispielen begründet werden, um den Wert und
die Giltigkeit des Wortes richtig zu schätzen.
Im zweiten Hauptteil, der Bedeutungslehre, solle sorgfältig darauf
geachtet werden, dass die Bedeutungen gehörig gestellt und aus ein-
ander entwickelt werden (S. 361). Es müsse daher das Allgemeine
vorausgehen vor dem Besondern, das Eigentliche vor dem Uneigentlichen,
das Sinnliche und Konkrete vor dem Intellektuellen und Abstrakten, dem
Entwickelungsgange des menschlichen Geistes gemäss. Alle Bedeutungen
sollen so richtig, bestimmt und deutlich als möglich dargestellt werden;
hiezu sei notwendig, dass die Bedeutungen nicht bloss absolut, sondern
auch relativ, d. i. ihre Unterschiede von gleichbedeutenden oder von ver-
meinten Synonymen genau angegeben werden, zu welchem Ende alle
diese Wörter hie und da unter Einen Artikel zusammenzufassen seien.
Dazu müssten den Weg bahnen 1) die Etymologien, die als die Orund-
lagen des Bedeutungssystems von keinem Artikel wegbleiben dürften; hie-
rauf müssten 2) die Bedeutungen selbst folgen in folgerichtiger Ableitung
aus einander, mit Beifügung der treffendsten Stellen, und zwar sowohl
derjenigen, durch welche oder in welchen die Alten die Bedeutung selbst
erklären oder bestimmen, als auch solcher, in welchen dies indirekt durch
Vergleichung, Entgegenstellung^ Verbindung und Beziehung geschieht. Diese
Stellen müssten möglichst chronologisch gestellt und die Belege durch
ganze Zeitstrecken durchgeführt werden, um daraus entweder auf die
Festigkeit und Häufigkeit oder auf die Vergänglichkeit und Seltenheit
einer Bedeutung zu schliessen. Endlich nennt der Verfasser 3) die Be-
stimmung des Geschlechts und der darauf bezüglichen Besonderheiten,
als schicklichen Übergang zum dritten Hauptteil, zur Syntaxis.
Der syntaktische Hauptteil (S. 363) legt es darauf an, alle wesent-
licheren Verbindungen, in welche ein Wort mit anderen treten kann, zu-
sammenzustellen. Hiebei soll 1) die Stelle, welche ein Wort in Sätzen
oder mit anderen Wörtern verbunden einnehme, und bei einem Pronomen
die Fälle, wann es sich einem mit einem Adjektiv verbundenen Substantiv
zugeselle, beachtet werden; sodann 2) mit was für anderen Wörtern ein
Wort verbunden vorzukommen pflege, wobei die Natur der Wörter (Sub-
stantiv, Adjektiv u. s. w.) mancherlei feine Unterschiede mache; 3) das
Verhältnis der Rektion zu anderen Wörtern oder Sätzen; 4) alle be-
sonderen, seltsamen, sprichwörtlichen Redensarten; zuletzt 5) der ellip-
tische, und auch wohl der pleonastische Gebrauch, bezw. Nichtgebrauch
eines Wortes. Der Verfasser schliesst diese Auseinandersetzung (S. 365) mit
den Worten: „Überall muss das chronologische Prinzip in dem ganzen
Thesaurus und in jedem Teile jedes Artikels durchherrschen, weil dadurch
die Charakterisierung der Stil arten jedes Zeitalters so sehr gefördert wird."
Die ganze Darlegung, die wir hier im Auszuge wiedergegeben haben,
wird man noch heutigen Tages nicht ohne Interesse lesen. Den skizzierten
neuen Bau selbst aufzuführen, lehnt der Verfasser freilich aus triftigen
Gründen ab; er richtet vielmehr in den Schlussworten an Wolf die Auf-
forderung, in Verbindung mit Männern wie Schneider, Hermann, Jacobs
der Idee näher zu treten, worauf dann Wolf in der oben von uns wieder-
A{\*
628 C.b) Lateinische
gegebenen Schlussnote ablehnend antwortet. Indessen, fährt Wolf fort,
was sich nicht auf einmal zustande bringen lasse, möchte sich wohl all*
gemach, auch bloss in Deutschland, bewirken lassen. »So drängt sich der
Gedanke auf, welche schöne Vor Sammlungen zusammenkommen müsstra,
wenn nur in einem und anderm Teile unseres Vaterlandes die gelehrtesten
Schulmänner von einsichtigen Aufsehern aufgefordert ¥rürden, zu ihren
Programmen den Stoff aus der Lexikographie beider Sprachen planmässig
zu wählen. Leicht Hessen sich so alljährlich ein paar Dutzend solcher
Schriften erwarten, worin bald ganze kürzere Autoren ffir den Thesanrus
erschöpft, bald einzelne schwierige Artikel nach einem hohem Ideal als
bisher behandelt, bald die Lücken, die O(esner) und F(orcellini) gelassen
haben, ausgefüllt werden könnten.' ^)
26. IL Eine vorübergehende Erwähnung verdient die im Jahre 1826
erschienene kleine Schrift E. Kärcheb's: De optima Latini lexid eandendi
ratione, Carohruhae, in welcher vor allem einer sorgfältigeren Berück-
sichtigung der Etymologie das Wort geredet wird, sowie auch einer Ab-
leitung und Oliederung der Bedeutungen nach festen Grundsätzen, so dass
namentlich jedesmal dem Verbum die Priorität vor dem Nomen eingeräumt
werde und bei dem Nebeneinanderstehen zweier Bedeutungen, einer allge-
meinen und einer besonderen, immer die erstere als die ältere und ur-
sprüngliche, die zweite als die jüngere und abgeleitete anzusehen sei, —
Grundsätze, welche schon in der erwähnten Schrift selbst, noch eingehender
aber in der Vorrede zu dem Stuttgart 1842 erschienenen Handwörterbuch
desselben Verfassers an zahlreichen Beispielen erläutert werden. Leider
sind die etymologischen Anschauungen des mit der indogermanischen Sprach-
vergleichung noch unbekannten Verfassers an beiden Orten so durchaus
willkürlich und dilettantisch (so sollen z. B. die Wörter sol, r^hoq und
GtXr^vri mit dem deutschen hell zusammengehören!), dass auch der gesunde
Kern seiner semasiologischen Anschauungen ihn fast immer nur zu miss-
glückten Versuchen führt und bei der Unsicherheit der etymologischen
Grundlagen bleibende Ergebnisse nur selten erzielt werden.
27. III. In der ausführlichen Vorrede zu seinem Wörterbuch der Latei-
nischen Sprache S. I— XXXIV, geschrieben 1834, spricht W. Freund in
sechs Abschnitten L Von dem Begriffe und den Elementen der lateinischeti
Lexikographie. IL Von dem Umfange vorliegenden Wörterbuches, LLL, Von
der Darstellung der einzelnen Artikel. IV. Von der Ordnung der Artikel.
V Von der im Werke herrschenden Technik. VL Von den Hilfsmitteln.
Die Grundgedanken, welche hier entwickelt werden, waren zu ihrer Zeit
zum Teil neu und fanden ausserordentlichen Beifall, ja sie waren die Ur-
sache, dass das Wörterbuch selbst beim Erscheinen des ersten Bandes an-
fangs mit einer seinen originalen Wert weit übersteigenden Anerkennung
begrüsst wurde. ^) Wir deuten im folgenden das Wesentlichste dieser
Grundsätze in Kürze an.
') Ganz ähnliche Vorschläge macht für
das griechische Lexikon bereits Passow in
der Schrift: Üba' ^tceck, Anlage und Er-
1812, S. 64 ff.
^) S. darüber u. a. Georges in seinem
Jahresbericht über lateinische Lexikographie
(fänzung Griechischer Wörterbücher, Berlin | für 1879 und 1880, S. 393 f.
2. Theorie der lateinisohen Lexikographie. (§ 26—27.) 629
Im I. Abschnitte definiert der Verfasser die Lexikographie als „die-
jenige Wissenschaft, welche die Darstellung des Wesens eihes jeden ein-
zelnen Wortes einer Sprache durch alle Perioden der Existenz desselben
zur Aufgabe hat' und bezeichnet demnach als Objekt der lateinischen
Lexikographie „die Geschichte eines jeden einzelnen Wortes der lateinischen
Sprache/ Diese Geschichte eines Wortes setze sich zusammen aus folgenden
sieben einzelnen ,»Elementen der Lexikographie'': aus dem gramma-
tischen hinsichtlich der Formenbildung und syntaktischen Konstruktion;
aus dem etymologischen hinsichtlich der Abstammung (Oenealogie); aus
dem exegetischen hinsichtlich der Bedeutung; aus dem synonymischen
hinsichtlich der Unterschiede der Bedeutung; aus dem speziell-histori-
schen oder chronologischen hinsichtlich der Dauer des Bestehens der
Wörter, Wortformen und Wortbedeutungen; aus dem rhetorischen [so!]
hinsichtlich des Oebrauches der Wörter, Wortformen und Wortbedeutungen
in den einzelnen Redegattungen ; endlich aus dem statistischen Element
hinsichtlich des häufigen oder seltenen Vorkommens der Wörter (Lieblings-
wörter einer Sprache u. dgl.).
Im IL Abschnitte wird der Umfang des Wörterbuches dahin bestimmt,
dass darin die „ Geschichte aller derjenigen Wörter geliefert werden solle,
welches sich in den schriftlichen Überresten der Römer von der ältesten
Zeit bis zum Untergange des weströmischen Reiches vorfinden^, sowie
dass auch die ihrem nationalen Ursprünge nach fremden, ihrem Gebrauche
nach aber im Lateinischen eingebürgerten Wörter darin aufzunehmen seien.
Im III. Abschnitte wird gezeigt, wie die Darstellung der einzelnen
Artikel in vorliegendem Wörterbuche bemüht gewesen sei, der Idee einer
9 Monographie* der einzelnen Wörter mit Berücksichtigung der zuvor auf-
gestellten sieben Elemente zu entsprechen. Hier verdient, wie uns scheint,
noch heute ganz besondere Beachtung, was S. XV ff. über das von Freund
so genannte exegetische Element, d. h. über die Darstellung der Be-
deutungen eines Wortes hervorgehoben wird. Als „Leitpunkte* werden
festgestellt: 1) es sei unter mehreren Bedeutungen eines Wortes immer
die durch die Etymologie gewonnene als die erste anzunehmen ; 2) es müsse
in der Reihe der Bedeutungen die eigentliche, als die ursprüngliche, der
tropischen, als der erst abgeleiteten, vorangehen; übrigens sei es notwendig,
den Begriff des Tropischen, der in seiner Allgemeinheit die Sphäre der
Bedeutung zu unklar bezeichnet, in Unterabteilungen zu zerlegen, wozu
dann die ausführliche Entwickelung der verschiedenen Bedeutungen des
Wortes ,,arena*' (Sand, Kampfplatz des Amphitheaters, Tummelplatz für
irgend eine Thätigkeit) als Musterbeispiel vorgeführt wird; endlich müssten
3) die Nebenbegriffe angegeben werden, durch deren Hinzutritt zu den
ursprünglichen Bedeutungen die abgeleiteten entstanden sind, z. B. „die
Sphären des Subjektiven und Objektiven, des Allgemeinen und Besonderen,
des Raumes, der Zeit und der Zahl, der Absicht, des bestimmten Zweckes,
des Prägnanten, des Feindlichen u. dgl.** Ausser diesen auf das semasiologische
Element bezüglichen Leitpunkten ist von besonderem Interesse für uns
noch S. XXII die auf die Synonymik bezügliche Bemerkung, dass der Unter-
schied zwischen mehreren sinnverwandten Wörtern oft ein rein histori-
630 Cl.b) Lateinische Lexikographie.
scher sei, insofern das eine Wort ausschliesslich in dieser, das andere in
jener Periode zur Bezeichnung eines und desselben Begriffes gedient habe.
Im IV. — VI. Abschnitt endlich werden die verschiedenen Anord-
nungsweisen der Artikel: die alphabetisch-genealogische, die alphabetisch-
etymologische und die rein alphabetische gegen einander abgewogen und
die letztere als die bequemste und zweckmässigste anerkannt; femer werden
gewisse, in der äusseren Einrichtung des Wörterbuches getroffene
Massregeln und angewandte Zeichen erklärt und hervorgehoben; schliess-
lich werden die Hilfsmittel namhaft gemacht, wobei der Verfasser, bevor
er zur Ausarbeitung des Wörterbuches schritt, den Stoff der ältesten (vor-
ciceronischen) Latinität in sechs einzelnen Speziallexika (Vorplautinisches,
Plautus, Terenz, Lucrez, poetische Fragmente, Prosa) sich zurechtgelegt
zu haben versichert, aus welchen er dann die wichtigsten und kritisch
sichersten Stellen in sein Wörterbuch übergetragen habe; fQr die klassische
und nachklassische Latinität habe er nur die Ausbeute mehrjähriger Lektüre
zusammengestellt, überall unter Zugrundelegung der besten kritischen
Ausgaben.
Man wird den von Freund aufgestellten Gesichtspunkten, nament-
lich den in Abschnitt I— III vorgetragenen, die Anerkennung nicht versageo,
dass sie viele Momente enthalten, welchen eine bleibende Bedeutung zu-
kommt, so dass das Aufsehen, welches dieser Teil seines Wörterbuches
machte, durchaus gerechtfertigt war. Ob und wie weit diese theoretischen
Grundsätze in der Praxis wirklich durchgeführt und auf die Lexikographie
der nächstfolgenden Jahrzehnte von förderlichem Einfluss gewesen sind, lässt
sich ohne eingehende Untersuchungen und Vergleichungen nicht feststellen.
28. IV. Einen „schlichten Bericht" über eine in den fünfziger Jahren
in Aussicht genommene Begründung eines wissenschaftlichen Thesaurus
linguae Latinae erstattete Karl Halm in seinem Vortrage auf der 18. Philo-
logenversammlung zu Wien im Jahre 1858 (s. die Verhandlungen dieser
Versammlung, Wien 1859, S. G flf.). Er teilte mit, dass sich zur Ent-
werfung des Planes, zur Bestimmung der nötigen Spezialarbeiten, zur Wahl
der Mitarbeiter, sowie für die zahlreichen übrigen Anordnungen ein Komitee
gebildet habe, bestehend aus Ritschi, Fleckeisen, Bücheier (als dem künftigen
Hauptredakteur des Unternehmens) und dem Vortragenden. Seinem Um-
fange nach solle das Werk den ganzen lateinischen Sprachschatz umfassen
mit Inbegriff der Lehn- und Fremdwörter; der Anfangspunkt sei durch die
uns überkommenen Sprachdenkmale von selbst bestimmt; als Endpunkt solle
im allgemeinen die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts festgehalten werden.
Für den Kern der Latinität, d. h. für die Litteratur bis zum zweiten Jahr-
hundert n. Chr. bedürfe man fast durchweg genauer Speziallexika der
einzelnen Schriftsteller als Grundlagen des Thesaurus;*) für die
') Siehe auch Boeckh, Encykl. u. Metho- ' Spezialforechung ermitteln lässt." Vgl. F. A.
(lol. der philol. Wissensch.'^ Lpz. 1886, S. | Wolf S. 625. Referent ist der Ansicht, dass
790: „Die Lexikographie muss immer gute diese von Halm-Bücheleb und Boeckh mit
Glossare und Speziallexika zur Grund- ; gleichem Nachdruck empfohlene Zwischen-
lage hahen, da sich der allgemeine Sprach- 1 stufe sich auch in Zukunft nicht wohl un-
gebrauch nur historisch durch die genaueste ; gestraft wird überspringen lassen.
2. Theorie der lateiniBchen Lexikographie. (§ 28—29.)
631
spätere Kaiserzeit kämen zum Teil mehr die einzelnen Gattungen (Gram-
matiker, christliche Dichter, Rechtsquellen u. s. w.) als Ganze in Betracht.
Zur Bearbeitung dieser einzelnen Autoren und Gebiete seien zahlreiche,
aber mit Strenge ausgewählte Kräfte nötig, welche nach festem Plane und
mit Ausschluss alles eklektischen Verfahrens je ihren Spezialbezirk
zu erschöpfen hätten. Ein eigenes Onomastiken solle schliesslich einen
besonderen Teil des Thesaurus bilden.
In der Behandlung der einzelnen Wortartikel wurde dem Redakteur
eine möglichst vollständige Geschichte jedes Wortes nach Form wie Begriff
zur Aufgabe gestellt: ^) zu diesem Zwecke müssten einerseits die verwandten
Sprachen beigezogen werden, vor allem das Altitalische, sodann das Grie-
chische und Sanskrit, wobei jedoch alle etymologischen Kontroversen grund-
sätzlich auszuschliessen seien; andererseits sei ausser dem Ursprung und
der Geschichte auch das Fortbestehen in den Töchtersprachen nachzuweisen,
weshalb alle Umwandlungen, welche lateinische Wörter in den verschie-
denen romanischen Sprachen erfahren haben, aufzunehmen seien. Einige
praktische Mitteilungen, sowie Andeutungen über die beabsichtigte äussere
Organisation des Unternehmens im einzelnen bildeten den Schluss dieses
von der Versammlung mit lautem Beifall aufgenommenen und auch jetzt
noch höchst lesenswerten Vortrages. Eine Erfüllung fanden die damals
an dieses Unternehmen geknüpften Hoffnungen freilich nicht; über die
äusseren Umstände, welche die Ausführung des Planes verhinderten, sehe
man die Mitteilungen Wölfflin's in seinem Archiv fUr lateinische Lexiko-
graphie, Bd. I Vorwort S. 2 f.; eine weitere Notiz ebendaselbst Bd. II
S. 485.
29. V. Im Jahre 1882 Hess Eduard Wölfflin im Rhein. Mus. Bd. 37
S. 83 — 123 einen Aufsatz erscheinen, welcher den Titel führt: Ueber die
Aufgaben der lateinischen Lexikographie, Nach einer Einleitung, welche
darauf hinweist, dass der Ausbau der Lexikographie und Grammatik eine
gerade jetzt zeitgemässe Aufgabe der klassischen Philologie sei, werden von
S. 86 an die einzelnen Forderungen formuliert, welche ein auf geschicht-
liche Prinzipien gegründeter Thesaurus der Latinität zu erfüllen habe.
Eine kurze Vorbemerkung gilt der Orthographie; hierauf wird
1) als eine notwendige Ergänzung der Grammatik durch die Lexiko-
graphie bezeichnet, dass letztere genau anzugeben habe, ob alle Formen
eines Wortes gleichmässig im Gebrauche seien, ob alle Kasus {satias, satie-
tatis), ob Komparativ und Superlativ (ferus, ferocior, ferocissimus)^ ob alle
Verbalformen {incipio^ coept). So sei z. B. das Part. Präs. von nolo zu-
erst nur in den casus obliqui gebildet oder gebraucht worden, zuletzt im
<) Vgl. die Bemerkungen Büchblebs in
seiner zwanzig Jahre später (Bonn 1878) ver-
öffentlichten Schrift .Philologische Kritik«
S. 16: »Sehr im Rückstand sind wir, was
beide Sprachen betrifft, in lexikalischer und
syntaktischer Kenntnis derselben; wir brau-
chen die Geschichte jedes Wortes,
durch deren Mangel auch die linguistische
Forschung sehr beeinträchtigt wird, da aus
falschen Prämissen Qber Grundform und Be-
deutung kein richtiger Schluss auf das Ety-
mon eines Wortes gezogen werden kann;
wir brauchen eine genaue Statistik und Ge-
schichte aller Eons&uktionsyerhältnisse und
stilistischen Erscheinungen, welche uns be-
fähigt, im Sprachgebrauch und in der Phra-
seologie jedes Schriftstellers Ererbtes und
Eigenes, Gemeinübliches und Freierfundenes,
Notwendiges und Beliebiges strengstens zu
unterscheiden."
Q32 Cl.b) Lateinische Lexikographie.
Nomin. Sing, fwle^is (= inuitus), was dann an der modernen Redensart
fwlens uolens in ihrem Verhalten zum Sprachgebrauche der guten und der
spätem Latinität näher erwiesen wird; im gleichen Sinne wird (S. 89 f.)
die Frage behandelt, ob gesta = res gestae in gutem Latein gesagt worden
sei oder nicht.
2) Über den wichtigen Gesichtspunkt der Wortbedeutung, welcher
von S. 90 an besprochen wird, erwartet man, dem Zwecke des Aufsatzes
entsprechend, etwas ausführlicheres gesagt zu sehen; der Verfasser be-
schränkt sich jedoch auf einige wenige Bemerkungen: »Wir haben darüber
nichts neues von allgemeiner Bedeutung zu sagen und glauben, dass nach
dieser Seite mit Ausnahme des Spätlateins, verhältnismässig wenig zu thun
sein werde, so leicht es auch wäre, Berichtigungen im einzelnen zu machen.* >)
Doch werden dann immerhin einige interessante Fälle von Bedeutungs-
wandel beigebracht: situs = Geographie oder Topographie; üUeratura im
modernen Sinne = Litteratur; Ersatzwörter wie uitium und infirmitas für
das absterbende morbus^ nintius für magnus, auricula für auris.
3) Es folgt nun (S. 92 flf.) der Nachweis, wie wichtig es für den
Lexikographen in historischer Hinsicht sei, überall vor allem die älteste
Belegstelle zu geben (Beispiele: in/osu^; persaepe, idcirco, modernus, Cyprius
= cupreus) und andererseits die Symptome des Kränkeins und Absterbens
solcher Wörter schon im Lateinischen festzustellen, welche den romanischen
Sprachen abhanden gekommen sind {actutum, prosapia), oder aber die Er-
scheinungen solcher Wörter zu verfolgen, welche im klassischen Latein
zwar zurückgedrängt, im Spätlatein aber wieder aufgenommen worden sind
und auf diese Weise sich ins Romanische irgendwie hinübergerettet haben
{absque). Hieran schliesst sich
4) die nicht minder wichtige Aufgabe (S. 100 flf.), das Fehlen solcher
Wörter bei bestimmten Autoren sorgfältig zu beobachten, welche von an-
deren gleichzeitigen unbedenklich gebraucht worden seien. So wird z. B.
gezeigt, wie eist, necopinans bei gewissen Autoren der klassischen Zeit
nicht zu finden und welche Ersatzmittel von diesen dafür angewendet sind:
allseitig durchgeführt biete dieser Gesichtspunkt gar oft sichere Anhalts-
punkte dar für die Kritik der Echtheit oder Unechtheit, bezw. für die Be-
stimmung des Verfassers einer Schrift, was dann in Bezug auf den ver-
schiedenen Charakter gewisser Teile der Vulgata an zahlreichen Beispielen
nachgewiesen wird. Aber auch geographische Unterschiede seien hier oft
von Belang; gewisse Wörter treten in bestimmten Ländern zurück, wie
z. B. ioti statt omnes in Gallien ausschliesslich die Oberhand gewann, wo-
gegen in Italien wenigstens der Singular omnis in ogm\ ognuno neben dem
Plural tuiti stehen blieb; bisweilen hätten in solchen Fällen auch noch
M Die stiefmütterliche Behandlung, wel- | schienenen Bänden des Archivs (s. unten) zu
che dieser wesentlichen Seite der lat. i teil geworden ist, müssen wir wiederholt be-
Lexikographie von Seiten Wölfflik's so- I dauern : auch der nachträglich auf der Philo
wohl in seinem oben besprochenen Aufsatze
(wofür die im Arch. II S. 485 Z. 10 ff. v. u.
ausgesprochene Entschuldigung doch wohl
nicht genügt) als auch in den bisher er-
logenversammlung zu Zürich 1887 gehaltene
Vortrag ^über Bedeutungswandel*' (Ver-
hdlgn. S. 61-70) kann dafür nicht als aus-
reichender Ersatz gelten.
2. Theorie der lateinischen Lexikographie. (§ 30.)
633
andere Synonyma (cuncti) eine Zeitlang um den Vorrang konkurriert.
Schliesslich kommen
5) der syntaktische und der phraseologische Gesichtspunkt, wie
wir uns kurz ausdrücken dürfen, zur Sprache: zunächst der letztere (S.
110 flf.), wozu einige Verbindungen präpositionaler und adverbieller Art als
Beispiele vorgeführt werden {praeter, supra^ ultra modum u. s. w., recens
als Adv. beim Part. Perf. Paas.); sodann probeweise einige syntaktische
Konstruktionen (S. 114 ff.), wie die von diflnas mit Gen. und Dat., persuor
dere mit Acc, nieder i mit Acc., ebenso bene und male dicere. Zum Schlüsse
des Ganzen (S. 119 ff.) wird endlich noch die Stellung erörtert, welche
die regelmässig verbundenen Wörter zu einander einzunehmen pflegen;
hiebei werden einige Andeutungen gemacht über die Wortverbindungen
recta uia, uersa uice, dare operam und operam dare, senatus populusque
Uotnanus u. dgl.
Fassen wir unser Urteil über das, was in diesem Aufsatze geleistet
ist, kurz zusammen, so können wir eine erschöpfende Darstellung dessen,
was zu den Aufgaben der lateinischen Lexikographie gehört, darin aller-
dings nicht erkennen. Auch hinsichtlich der einzelnen Gesichtspunkte,
welche darin behandelt sind, sowie hinsichtlich der historischen Beispiele,
welche dazu beigebracht werden, hätten wir gewünscht, dieselben in einer
weniger skizzenhaften Weise dargestellt zu sehen, als dies meist der Fall
ist. Für den Zweck aber, welchen der Verfasser offenbar zunächst im
Auge hatte, nämlich in weiteren philologischen Kreisen Propaganda zu
machen und sein sogleich näher zu bezeichnendes periodisches Unternehmen
dadurch vorzubereiten, mit Einem Worte: gewisse lexikographische Ideen
zu popularisieren, ist der Aufsatz unstreitig vortrefflich und verdient un-
geteilte Anerkennung.
30. VI. Schon ein Jahr später nämlich, im Herbste des Jahres 1883,
Hess WöLFFLiN das erste Heft eines vielversprechenden Unternehmens folgen,
dessen Titel lautet: Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik
mit Einschluss des älteren Mittellaieins , als Vorarbeit zu einem Thesaurus
linguae Latinae mit Unterstützung der k. bayerischen Akademie der Wissefi-
schuften herausgegeben, Erster Jahrgang, Leipzig 1884. Von dieser Zeit-
schrift, welche ihren Wert behält, auch wenn man von ihrer ursprüng-
lichen Bestimmung als Vorarbeit zu einem Thesaurus linguae Latinae zu
dienen absieht, liegen bis jetzt fünf vollständige Jahrgänge (1884 — 1888)
vor,i) worin eine wahre Fülle lexikalischen, grammatischen und stilistischen
Materials in Abhandlungen, Miszellen und Rezensionen verarbeitet ist;
einen Begriff von diesem Reichtum bekommt man, wenn man die von dem
Herausgeber den „Sammlern" nach und nach vorgelegten „Fragezettel *"
überblickt, aus denen wir nachstehend diejenigen Fragen herausheben,
welche rein lexikalischer Natur sind und somit in unsem Bereich fallen.
Sind diese Fragen auch noch nicht alle in den vorliegenden Jahrgängen
bearbeitet (in dem folgenden Verzeichnis sind diejenigen, bei welchen dies
') Nach AbächJuss obigen Referates
kommt UD8 noch das Doppelheft 1—2 des
Jahrganges VI (= 1889) zu, welches die
Verarbeitung des aufgespeicherten Zettel-
materials wieder in einigen wichtigen Punkten
weiterführt.
634 O.b) Lateinische Lexikographie.
der Fall ist, durch einen * hervorgehoben), so treten dafür noch eine Reibe
weiterer höchst wertvoller Einzelbeiträge hinzu, deren Thema von den
betreifenden Verfassern selbständig gewählt ist, auf deren Aufzählung im
einzelnen wir hier jedoch verzichten müssen. Bemerkt sei nur noch, dass
die Ergebnisse dieser Arbeiten, der Tendenz des ganzen Unternehmens
entsprechend, meist in gleichem oder in noch höherem Grade der Geschichte
der romanischen Sprachen als der der lateinischen zu gute kommen;
besonders ist in dieser Beziehung auf die wichtigen und interessanten Bei-
träge G. Gröberes: Sprachquellen und Wortquellen des lateinischen Wörter-
buchs (I 35 flf.) und Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter (durch
die fünf Jahrgänge in alphabetischer Anordnung sich hindurchziehend und
jetzt bis zum S reichend) hinzuweisen.
Frage 1-10. 41-50. 80-109. 120-150. 160-198. 201-360: sämtliche Stellen flBr
die Wörter cibacus — adhcLereo und adfuieresco (nebst Ableitungen).*) — 11. 12. •Sub-
stantivs auf Of onis, welche Personen bezeichnen, wie cUeo, huccOy fahtdo, ganeo u. s. w. —
13. *Alle Substantivs und Adjektiva auf aster {astrum, asteüus). — 14. ♦Alle Verba
auf urio, — 15. Die mit satura gebildeten Redensarten» saturam agere, per saturam
u. ä. — 16. *Medieta8 a) in der Bedeutung Mitte, b) in der Bedeutung Hälfte. —
17. *Facere mit Inf. Praes. Pass. = iubere. — 18. * Pandas und Wortfamilie. —
19. *Curuu8 und zusanmiengesetzte Adjektiva. — 20. *üncii8 und Composita. — 21.
* Trans, — 22. * Ultra (als Präposition). — 23. *Fine (fini) mit Gen. und mit Abi. —
24. *Tenus. — 25—29. ^Usque (alleinstehend und mit Präpositionen verbunden oder
zusammengesetzt). — 30. 31. *Alle Doppelpräpositionen (in der Funktion von Prä-
positionen, bezw. von Adverbien). — 32. *Die Verba inchoativa. — (Die Fragen 33—40
sind grammatischer, stilistischer oder sonst sprachlicher Natur.) — 51. *Deminutiva
mit verändertem Genus. — 52. * Die mit in privativum zusammengesetzten Substantiva,
von denen das vorauszusetzende Adjektiv nicht vorkommt. — 53. *Die von Superlativen
abgeleiteten Verba und ihre Composita und Derivata, z. B. infimare, intimare u. s. w. —
54. Adjektiva auf bilis mit aktiver Bedeutung. — 55. Was heisst das Pferd? —
50. Was heisst die Kinder? — 57. Was heisst die Leute? — 58. Was heisst rot? —
59. *Was heisst umsonst? — 60. *Was heisst hold . . . bald? - 61. *Alle Stellen von
litteratura nebst Angabe der Bedeutung. -- 62. *Alle Stellen von instar und Com-
posita. — 70. *A]le Beispiele von quatenus. — 71. *Die Beispiele von prorsus ut im
Konsekutivsatze und ftrorsus quasi. — 73. Alle Ausdrücke, welche von dem Autor als
vulgär oder volkstümlich bezeichnet werden. ~ 74. Alle Wörter, deren £t3nnologien
von dem Autor angegeben oder angedeutet werden, mit Ausnahme von Varro und
Isidor. — 75. 76. Alle Bemerkungen über Synonymik. - 77—79. Wörter, welche in
dem Lexikon von Georges, 7. Auflage, * fehlen, bezw. als in den neuesten Texten be-
seitigt zu streichen sind. — 110. * Sämtliche Stellen des Adjektivs satur, des Vorbums
saturare nebst Familie (Ergänzung zu Fr. 15 K 111. Präpositionen, welche im Sinn von
Irans gebraucht werden können (Ergänzung zu 21. 22). — 112. 113. * Sämtliche Adjektiva
auf icius (itius), — 114. * Präposition |)encÄ. — 115. * Die Verba auf mar« und trar«. —
151-153. Die Adverbia aufm. - 154. *Die Verba auf illare. — 199. Sämtliche Stellen
von en und *ecce. — 200. Wie wird der Reziprozitätsbegriff ausgedrückt?
So reich und mannigfaltig dieser Inhalt ist, so möge es doch ge-
stattet sein, für den höchst wünschenswerten Fortgang des Unternehmens
im Hinblick auf das Ideal eines künftigen Thesaurus linguae Latinae folgenden
speziellen Wunsch zu äussern. Im Mittelpunkte aller lexikographischen
Thätigkeit steht doch immer die Bedeutung eines Wortes und ihre
erschöpfende Interpretation. Wo bei einem umfangreicheren Artikel mehrere
Bedeutungen vorliegen, da erstreckt sich diese Interpretation notwendig
auch darauf, die richtige Anordnung und Ableitung (Genealogie)
dieser Bedeutungen von einander festzustellen. In dieser Beziehung Klar-
') Von diesen Wörtern sind bis jetzt im dieser, sowie der übrigen Artikel der Zeit-
Archiv lexikalisch bearbeitet *ahacus (nebst schrift rührt vom Herausgeber selbst her.
Ableitungen) — *ahsoluo. Ein grosser Teil j
2. Theorie der lateinischen Lexikographie. (§ 30.) (335
heit zu schafifen, halten wir für eine wesentliche Aufgabe eines künftigen
Thesaurus. Denn wie der Augenschein lehrt, gehen gerade in dieser Be-
ziehung die bisherigen Lexika oft in der auffallendsten Weise auseinander,
und doch kann, wie bei aller Interpretation, so auch hier naturgemäss
immer nur Eine die historisch richtige und logisch notwendige sein. Frei-
lich wird hiebei derjenige Zweig der wissenschaftlichen lateinischen Gram-
matik, welcher von den Analogien der Bedeutungsentwickelung handelt:
die Bedeutungslehre oder Semasiologie, zu Rate gezogen werden müssen.
Es gibt einen gewissen Naturalismus der Lexikographie, welcher darin be-
steht, dass man sich begnügt, bei jedem Wortartikel die Gliederung der
Bedeutungen willkürlich und nach augenblicklichem Gutdünken oder höchstens
nach einem hergebrachten konventiotiellen Schema vorzunehmen. Diesem
naturalistischen Verfahren von Fall zu Fall steht gegenüber das metho-
dische, welches darin besteht, dass man allgemeine und durchgreifende
Analogien oder Prinzipien des historischen Bedeutungswandels aufsucht
und diesen gemäss bei jedem einzelnen Worte die Bedeutungsgliederung
vornimmt. Solche Prinzipien also für das Lateinische festzustellen ist die
Aufgabe der lateinischen Semasiologie, und die Berücksichtigung dieser
Disziplin halten wir deshalb von Seite einer wissenschaftlichen Lexiko-
graphie für ganz unerlässlich. Dass dergleichen Untersuchungen, wie man
bemerkt hat, viele Mühe und Raum in Anspruch nehmen, ist allerdings
wahr; aber folgt daraus, dass man um so länger von diesem Teile sich
»möglichst fernzuhalten" habe? Wir denken, im Gegenteil: es folgt viel-
mehr, dass man nur um so energischer, um so nachhaltiger und um so
vielseitiger diese so lange vernachlässigte Seite der wissenschaftlichen Lexiko-
graphie nun endlich in Angriff nehme! In diesem Sinne gemeint ist es auch^
wenn bereits K. Reisig, der Begründer jener Disziplin, in seinen Vorlesungen
über lateinische Sprachtmssenschaß, herausgegeben von Fr. Haase, Leipzig
1839, S. 286, sich über wissenschaftliche Bedeutungsgliederung der Lexika
folgendermassen ausspricht: „Die Entfaltung der Gedankenreihe in betreff
der Bedeutung der Wörter ist ein anziehendes, anmutiges Geschäft für einen
jeden, der rein menschliches Interesse besitzt. Die Lexika aber sind hierin
sehr mangelhaft und unvollkommen, indem bei ihnen an systematische An-
ordnung und richtige Ableitung der Bedeutungen von einander selten zu
denken ist; eine Herleitung der übrigen Bedeutungen von der ersten, lo-
gisch und historisch geordnet, ist vielen ganz fremd; denn wer da glaubt,
eine richtige Ordnung getroffen zu haben, wofern er 10 oder 12 Bedeu-
tungen hinstellt nach 1, 2, 3, 4 u. s. w., der ist in grossem Irrtum. Denn
die arithmetische Anordnung nach Zahlen ist bloss etwas Äusserliches und
kommt gar nicht in Betracht, wenn nicht auch eine innere Ordnung herrscht."
Es ist in der That an der Zeit, diese vor fünfzig Jahren ergangene, wohl-
begründete Mahnung in zusammenhängender Weise zu berücksichtigen
und damit eine Schuld der klassischen Philologie endlich einzulösen.
D.
Rhetorik
der Griechen und R5mer
neubearbeitet von
Dr. Richard Volkmann,
Oymnaslal-Direktor lu Jauer.
Inhalt.
Rhetorik, bearbeitet von Gymnasial-Direktor Dr. Richard Volk mann.
1. Geschichte und EiDtcilung der Rhetorik.
2. Die Lehre von der AuMnclung des rcdnerlHcheu Stoffes.
3. Die Lehre von der Ordnung und Dlspoeition de« Btoff«^.
4. Die Lehre vom rednerischen Ausdruck.
5. Die Lehre vom Oedichtnis und dem Vortrag.
1. Geschichte und Einteilung der Rhetorik.
1. Zur Geschichte und Quellenkunde. Unter Rhetorik verstehen
die Alten die Anleitung zur Abfassung geschriebener und gesprochener
Reden, somit die Theorie der Beredsamkeit, richtiger der Kunst zu über-
reden. Denn fast alle Definitionen der Rhetorik, welche im Laufe der
Zeit aufgestellt sind, geben sämtlich mehr oder weniger eine Umschreibung der
alten auf Oorgias und seine Schüler zurückgehenden ^ijroQiKrj iau nsid^ovg
drj^iovQyoq >) und gingen eigentlich nur darin auseinander, ob man sie selbst
als Feiiigkeit, Kunst oder Wissenschaft zu betrachten habe. Thatsächlich
wurde sie immer als das betrachtet, was wir unter einer Kunstlehre
verstehen. Im Kulturleben der alten Welt hat die Rhetorik eine ausser-
ordentlich wichtige Stellung eingenommen. Kaum dass sie in den Anfangen
des Peloponnesischen Kriegs aus ihrem Heimatlande Sizilien nach Athen
verpflanzt war, so kam ihr die allgemeine Ounst der Oebildeten entgegen,
aus welcher die zeitweiligen Angriffe Plato's sie nicht zu verdrängen ver-
mochten. Schon in der Attischen Zeit beherrschte sie die gesamte Litteratur.
Seit dem Anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. aber wurde sie als un-
erlässliches Unterrichtsmittel für alle, die auf eine höhere Bildung Anspruch
machten, betrachtet und als solches galt sie noch in den letzten Zeiten des
untergehenden Hellenismus. Zahlreiche technische Schriften rhetorischen
Inhalts sind auf uns gekommen, trotzdem aber ist unsere Kunde von der
geschichtlichen Entwicklung der Rhetorik im Altertum ausserordentlich
lückenhaft und unvollständig, und es wird noch zahlreicher Detailforschungen
bedürfen, ehe es möglich sein wird, eine pragmatische Oeschichte der
Griechisch-Römischen Rhetorik zu schreiben und die allgemeinen Angaben,
die wir über diese Geschichte in der älteren Zeit haben,*) mit positivem
Inhalt sachgemäss und in allen Punkten richtig auszufüllen.
Als Erfinder der Rhetorik galt dem Aristoteles der Philosoph Em-
pedokles, der in den politischen Wirren seiner Vaterstadt Agrigent sich
durch ungewöhnliche Beredsamkeit hervorgethan hatte. Als die ersten
Techniker oder Verfasser von Lehrbüchern werden bald nach Empedokles
die Syrakusaner Tisias und Korax genannt. Gorgias, der als Schüler
des Empedokles bezeichnet wird, verpflanzte die Rhetorik nach Athen, und
0 Sext. Empir. adv. rhet. 61 p. 687.
2) Hauptstellen Cic. de inv. II, 2, 6 ff. Quintil. III, 1, 8 ff.
640
D. Rhetorik.
bald hören wir, dass auch Athener, wie Antiphon, Lysias, Isokrates und
seine Schüler rhetorische Lehrbücher, sogenannte T*^ra*, verfassten. Von
ihnen hat sich bis auf geringfügige Fragmente nichts erhalten, doch können
wir uns einen Begriff von ihrem lediglich auf praktische Routine abzielenden
Inhalt aus der Rhetorik an Alexander machen, welche im Corpus der Ari-
stotelischen Schriften schon seit alter Zeit mit Unrecht einen Platz ge-
funden hat. Man pflegt dieselbe nach einer auf Grund von Quintilian III, 4
zuerst von P. Victorius ausgesprochenen, neuerdings von L. Spengel
nachdrücklich vertretenen, freilich auch nicht ohne Widerspruch gebliebenen
Vermutung gegenwärtig fast allgemein dem Anaximenes aus Lampsacus,
aus der Zeit Philipps und Alexanders, beizulegen. Doch muss die Frage
nach dem Verfasser dieser Schrift zur Zeit als eine noch offene betrachtet
werden, und wenn derselbe auch zweifellos im ganzen und grossen auf
dem Standpunkt der sophistisch-isokrateischen Rhetorik steht^ so ist doch
auch bei ihm eine Beeinflussung durch die fortgeschrittneren Ansichten des
Aristoteles keineswegs ausgeschlossen.
Plato hat bekanntlich die Rhetorik seiner sophistischen Zeitgenossen,
sowohl nach ihrer theoretischen wie praktischen Seite, im Phaedrus und
Gorgias einer herben Kritik unterzogen, zu einer Zeit, als er noch hoffte,
den Isokrates vielleicht ganz für die Philosophie gewinnen zu können. Er
verlangt vor allen Dingen eine philosophische, auf psychologischer Erkenntnis
beruhende Vertiefung der Rhetorik, wenn sie darauf Anspruch machen
wolle, in Wahrheit eine Kunst und nicht bloss eine rein empirische Fertig-
keit, eine blosse Karikatur der Staatskunst zu sein. Einen Versuch nun,
diesem Platonischen Verlangen gerecht zu werden, machte Aristoteles
in seiner in durchaus philosophischem Geiste geschriebenen Rhetorik in zwei
Büchern. Ihm ist die Rhetorik lediglich die Fertigkeit, an jedem Dinge
das, was Glauben erwecken kann^ wahrzunehmen i), ihr eigentlicher Inhalt
sind die Überzeugungsmittel, ihre Aufgabe ist nicht zu überreden, sondern
zu erkennen, was an jeder Sache zur Gewinnung des Glaubens tauglich
und vorhanden sei. Sehr genau geht Aristoteles auf die Affekte sowie
die Mittel ein, sie zu erregen und zu beschwichtigen, auch gibt er eine
psychologische Charakteristik der verschiedenen Altersstufen und Lebens-
stellungen. In einem dritten Buche, einer ursprünglich selbständigen Schrift
ntQi Xt^eo)g xai jd^scog,^) die mit der Rhetorik bloss äusserlich zusammen-
hängt, wird die Lehre vom sprachlichen Ausdruck und den Teilen der Rede
in mehr empirischer Weise behandelt. Dieser Rhetorik zur Seite ging eine
leider verloren gegangene tex^'^'^' (Jvvayoayii]^ eine Zusammenstellung alles
dessen, was in den bisherigen rhetorischen Lehrbüchern Wissenswertes ent-
halten war. Gerade dieses Werk hat wohl mit den frühzeitigen Untergang
der in ihm berücksichtigten Originalschriften veranlasst.
Von den älteren Peripatetikem haben sich namentlich Theophrast
und Demetrius der Phalereer mit Rhetorik beschäftigt und zwar behandelte
') Rhet. I, 2: dvya/Aig nsgi exacroy tov
(^etoQtjaai to iyde/oineyoy 7ii9ay6y.
'^) Dies ist die Ansiclit von 11. Dikls.
Nach 11. Sauppr, dem nächst anderen auch
J. Bernays zustimmte, ist das dritte Buch
ein von einem älteren Peripatetiker nach
einer Aristotelischen Vorlage gearbeiteter
Zusatz.
1. Gesohiohte und Einteilung der Rhetorik. (§1.)
641
ersterer in seiner Schrift tisqI Xt^ecog die Lehre vom rednerischen Ausdruck
in sehr eingehender Weise. Namentlich wurde die bereits von Antisthenes
aufgestellte Lehre von den drei Stilarten {x^QaxrrJQtg tov Aoyor), der erhabenen,
mittleren und niederen, aufs neue behandelt und weitergeführt. Auf Aristoteles
und Theophrast geht auch das Wertvollste und Wichtigste in der Schrift des
Demetrius nsgl eQfjirjveiag zurück, die wohl von einem sonst unbekannten
Rhetor oder Philosophen dieses Namens etwa um 150 v. Chr. verfasst ist.
Sonst hat Aristoteles auf die Rhetorik der Folgezeit einen geringeren
Einfluss ausgeübt als man dies bei der Gediegenheit seines Werkes an-
nehmen sollte, das freilich den praktischen Bedürfnissen der Rhetoren-
schulen, wie sie nach dem Untergange der Attischen Beredsamkeit an ver-
schiedenen Punkten der Griechischen Welt in Aufnahme kamen, nur wenig
dienen konntet) Desto grösser war der Einfluss der Stoiker, die sich
seit dem Vorgange Zeno's eifrig mit Rhetorik befassten. Sie betrachteten
dieselbe neben der Dialektik als Unterteil der Wissenschaft der Logik.
Alle diejenigen Teile der Rhetorik nun, die irgendwie die Einzwängung
in einen allgemeinen logischen Schematismus vertrugen, namentlich also
die allgemeine Einleitung, ferner die Invention und Disposition, tragen
denn auch bei den Späteren durch und durch den Stempel ihres Einflusses.
Weniger ist dies in der Lehre vom Ausdruck der Fall, obschon auch hier
diese Spuren nicht fehlen. Über Rhythmus und Komposition allerdings
scheinen sie nichts gelehrt zu haben. Leider sind wir aber über die Einzel-
heiten der Stoischen Rhetorik sehr wenig unterrichtet, und über ihr Ab-
hängigkeitsverhältnis zu den Aristotelikern und den Isokrateern andrerseits
wissen wir gar nichts. Unter solchen Umständen ist es für uns ein grosses
Glück, dass sich unter den Lehrbüchern der späteren Lateinischen Rhetoren
zwei erhalten haben, von denen das eine ganz, das andere wenigstens zum
Teil, unzweifelhaft aus einer älteren Stoischen Quelle geschöpft sind, die
Lehrbücher des Chirius Fortunatianus und des Sulpitius Victor,
aus denen wir uns wenigstens von dem zwar scharfen und klaren, aber
auch erstaunlich dürren Formalismus Stoischer Schriften über Rhetorik
einen annähernden Begriff machen können. Was sich aus Griechischen
Rhetoren als Stoisches Eigentum ausscheiden lässt, ist nicht bedeutend.
Einfluss auf die Litteratur haben die Stoiker bekanntlich erst in Per-
gamum gewonnen. Hier haben sie die. Verbindung der grammatischen
und rhetorischen Studien zu Wege gebracht, welche die Pergamenischen
Gelehrten vor den Alexandrinischen voraus hatten. Als Blüte gramma-
') Charakteristisch für die Ansicht des
Aristoteles von der Aufgabe des rhetorischen
Unterrichts ist der Umstand, dass er seine
Schüler lediglich in der Bearbeitung von
Thesen übte und sie mit einer für die da-
bei nötig werdende disputatio in utramque
partem erforderlichen Topik versah. Cic.
or. 14, 4G: quaesiio a propriis personis et tem-
poribus ad universi generis orationetn tra-
ducta appellatur &iaig. in hac Aristoteles
adulescentes non ad philosophorum morem
tenuiter disputandi, sed ad copiam rhetorum,
in utramque partem ut omatius et uberius dici \
posset, exercuit: idemque locos, sie enim ap'
pellat, quem argumefitwum notas iradidit^
unde omnis in utramque partem traheretur
oratio, Tn den Rhetorenschulen wurden die
Schüler nur in der Bearbeitung von Hypo-
thesen geübt. Sie erhielten Themata über
fingierte Fälle, wie sie aber im wirklichen
Leben immerhin hfitten vorkommen können,
teils vom genus deliberativum {suasorias),
teils vom genus iudiciale (controversuie). Die
Thesen wurden nur noch als nQO)*vfjiyaafji(t,
d. h. als rhetorische Vorübung, bearbeitet.
Bandbuch der Uass. Altertumawlsaenachaft II. 2. Aufl.
41
642 !>• Rhetorik.
tischer Thätigkeit wurde in Pergamum die litterarisch-ästhetische Kritik
der Autoren und die Würdigung ihrer stilistischen Eigentümlichkeiten be-
trachtet. In Pergamum ist die Zehnzahl der Attischen Redner aufgestellt
worden und die rednerische Überlegenheit des Demosthenes zur unbedingten
Anerkennung gekommen. Auf die Pergamenischen Grammatiker geht aller
Wahrscheinlichkeit nach der Kursus der rhetorischen Progymnasmata zurück. '}
Die Pergamener endlich, und nicht die Alexandriner, haben die Bekannt-
schaft der Römer mit grammatischen und rhetorischen Studien vermittelt.
Es ist wahrscheinlich, wenn auch für jetzt noch nicht zu erweisen,
dass auch Hermagoras von Temnos (um 150 v. Chr.) zu dem Perga-
menischen Gelehrtenkreis in Beziehung gestanden hat. Er war nach langer
Zeit wieder der erste namhafte Techniker aus dem Kreise der berufsmässigen
Rhetoren, in denen wir wohl die letzten Ausläufer der Isokrateischen Schule
zu erkennen haben, und zwar derjenige, welcher die empirische Richtung
mit der philosophischen in eklektischer Weise geschickt zu verbinden wusste
und damit den praktischen Interessen der Schule in gleicher Weise wie
den höheren Anforderungen der Wissenschaft entgegen kam. In seiner
Techne stellte er ein vollständiges rhetorisches System auf, wenn auch die
Ausführung desselben sich vielleicht nur auf Invention und Disposition be-
schränkte, dessen Abhängigkeit von den Stoikern auf das bestimmteste zu
Tage tritt. Das Charakteristische dieses Systems liegt in der sorgfältigen
Behandlung der sogenannten Statuslehre und ihrer ins einzelne gehenden
Diärese, d. h. ihrer Zerlegung in besondere stehende Topen, die von den
allgemeinen Topen für beweisende Enthymeme wohl zu unterscheiden sind.
Dieses System, welches seinem Urheber zu grosser Berühmtheit bei den
Zeitgenossen verhalf, ist fortan bei Griechen und Römern die eigentliche
Grundlage für alle fernere Rhetorik geblieben. Auch ist man in der Haupt-
sache über dasselbe nicht weiter hinausgegangen, wenn sich auch manche
Rhetoren auf ihre Selbständigkeit in untergeordneten Nebenpunkten etwas
zu gute thaten, oder durch monographische Behandlung einzelner Teile
sich verdient machten. Wir finden nun dieses System zunächst bei den
Lateinischen Rhetoren, beim auctor ad Ilerefiniuw, als welcher jetzt all-
gemein Cornificius betrachtet wird, bei Cicero in seiner wertvollen
Jugendschrift rfe invcntiotie,^) dem späteren ora^örund den partiiiones oratoriae,
sowie seinen übrigen rhetorischen Schriften, soweit sie das Technische
berühren und nicht, wie die Bücher de oratorc, die Encyklopaedie und
Methodologie des rhetorischen Studiums zum eigentlichen Gegenstand der
Behandlung genommen haben, oder, wie der Bndus^ mehr die Geschichte
der Beredsamkeit ins Auge fassen. Wir finden es ferner im technischen
Teil der institatio oratoria des Quintilian, bei den späteren Römischen
Rhetoren, endlich bei den Griechischen Rhetoren der sophistischen Periode,
^) In der sophistisclien Zeit wurden die ! sich noch deutlich aus Theon erkennen.
Prog}'muasnien in folgender stehenden Reihe j ^) Beachtenswert ist die Ansicht von
behandelt: fiih'^oi, dijj)%u€ey XQ^^^\ ;'»;w>v> R. Philippson in den N. Jahrb. 1886 S. 417 ff.
uruaxevt], xttritaxevtj, xotyog röno^, iyxta/Aioy, \ dass Cicero in der Vorrede zu de inv. I dem
%p6yog, avyxQiatg, ij^oTioiUc, tx(fQ€(nigj &tatg, Posidoniua gefolgt sei, wohl auch in seiner
rofiov (tarfoQit. Dass dies aber nicht die Polemik gegen Hermagoras.
ursprüngliche Zahl und Reihenfolge ist, lässt '
1. Geschichte und Einteiliing der Rhetorik. (§ 1.) 643
vor allen bei Hermogenes, der die Statuslehre auf der von Hermagoras
geschaffenen Grundlage einer Revision unterwarf und zum endlichen Ab-
schluss brachte. Redet man daher im allgemeinen von der Rhetorik der
Griechen und Römer, so kann man eigentlich nichts anderes als diese
Stoisch-Hermagoreische Rhetorik meinen.
Bald nach Hermagoras nahmen Pergamenische Rhetoren ihren blei-
benden Wohnsitz in Rom. Die bedeutendsten unter ihnan waren weiterhin
ApoUodorus, der Lehrer des Augustus, und der etwas jüngere Theo-
dorus, der Lehrer des Tiberius. Sie bauten das System des Hermagoras
im einzelnen weiter aus und erweiterten es nach der litterarisch-ästhetischen
Seite der Betrachtung hin, mit besonderer Betonung des Attizismus und
einer auf eingehender Kritik der bedeutendsten Redner beruhenden Ver-
vollständigung resp. Umbildung der überlieferten Lehre von den drei Stil-
arten. Für uns sind die ersten Vertreter des ausgesprochenen Attizismus
in der Litteratur Dionys von Halikarnass und sein jüngerer Freund und
Zeitgenosse Caecilius von Kaieakte. Von ersterem sind uns wertvolle
Schriften erhalten teils technischen Inhalts (verschiedene, allerdings mit
unechten gemischte kleinere Abhandlungen in der rtxvrj ^ijtoQixt]^ sowie
7T€Qi avvO^hcewg ovoficcTcov), teils eingehende Charakteristiken der Attischen
Redner (namentlich des Lysias, Isokrates, ferner nsQi rrg XexTixf^g dHVüvrirog Jtj^
/iioc^bvovg) und der stilistischen Eigentümlichkeiten des Plato und Thucydides.
Über eine Schrift des Caecilius vom Erhabenen erfahren wir einiges in
der wahrscheinlich von einem Theodoreer herrührenden vortrefflichen, leider
sehr lückenhaft überlieferten Abhandlung ne^l vipovg aus den Anfängen
der Kaiserzeit, die man eine Zeitlang fälschlich dem Longin us beigelegt
hat. In ihr wird die Schrift des Caecilius teils berichtigt teils ergänzt.
Den Höhepunkt der rhetorischen Leistungen in sophistischer Zeit be-
zeichnet der bereits genannte Hermogenes unter Kaiser Marcus in seinen
Schriften nsgi zdov ardaecov (s. oben), ncQi evQi-aeoog in vier Büchern, in
deren viertes aber manches aufgenommen ist, was nicht sowohl in die Lehre
von der Auffindung des Stoffes, als vom sprachlichen Ausdruck gehört —
7i€Qi Idawv in vier Büchern, von den verschiedenen stilistischen Grundformen
der rednerischen Darstellung, eine bedeutende Verbesserung der dem gleichen
Gegenstande gewidmeten Abhandlung des Aristides negl noXntxov xal
uifkXovg Xoyov — endlich der an Wert bedeutend geringeren Schrift negi
lied^odov dcivoTTjTog, über die Art und Weise, in welcher der Redner« um
öeivoTTjc, d. h. möglichste Wirksamkeit durch vollendete rednerische Dar-
stellung zu erreichen, den enthyniematischen Stoff namentlich durch An-
wendung und geschickte Behandlung der Sinnfiguren zu gestalten hat.
Die Figuren waren bereits vom jüngeren Gorgias, in der Zeit Cicero's,
einer monographischen Behandlung unterzogen worden. Von einer Über-
setzung dieses Werkes durch Rutilius Lupus aus den Anfangen der
Kaiserzeit sind uns zwei Bücher über die Wortfiguren erhalten. Auch
Dionys von Halikarnass und Caecilius hatten über Figuren geschrieben und
aus der bezüglichen Schrift des letzteren findet sich einiges bei dem späteren
Rhetor Tiberius. Mit Benutzung des Caecilius und der sonst vorhandenen
alteren Litteratur behandelte unter Hadrian Alexander, der Sohn des.
41*
644 !>• Hhetorik.
Numenius, die Figuren. Die seinen Namen fahrende Schrift rregl {fxrjfÄdrmv
ist aber, wie die Vergleichung mit der Lateinischen Bearbeitung des Aquila
Romanus ergibt, nur ein Auszug aus dem Original. Derartige Auszüge
wurden auch von andern Rhetoren und Grammatikern angefertigt, wie
solche unter den Namen des Herodian, Apsines, Phoebammon, Tiberius,')
Zonaeus auf uns gekommen sind. Über die Tropen besitzen wir eine Ab-
handlung unter detp Namen des Grammatikers Tryphon.
Mit Hermogenes war die Produktivität der Alten auf dem Gebiete
der Rhetorik erschöpft. Hatte doch dieser selbst seiner Kunst keine neuen
Bahnen eröffnet, sondern nur das bereits Vorhandene teils mit praktischem
Blick gesichtet, teils anders gruppiert und in neue Formen gebracht. Von
den Rhetoren des dritten Jahrhundei*ts geht keiner über Hermogenes hinaus.
So bietet die erhaltene Techne des Apsines von Gadara, sowie die Trümmer
einer Abhandlung neQi iaxr^natiaiiävvav nQoßh^fKxvfov nicht gerade Neues.
Dasselbe gilt im Grunde von der Abhandlung des Genethlius iuciQsatq
T(üv emdHXTixdiv^ die nur darum für uns von Wert ist, weil keine ältere
Schrift von gleicher Ausführlichkeit über diesen Gegenstand auf uns ge-
kommen ist. Noch wertvoller und nicht ohne Geist geschrieben ist die
Abhandlung des Rhetor Men ander ntQi imdeixTixm», die uns einen er-
wünschten Einblick in die Thätigkeit der mit Vorliebe auf dem Gebiet
epideiktischer Gelegenheitsreden sich bewegenden späteren Sophisten ge-
stattet. Derselbe Menander hat auch Diaeresen, d. h. rhetorische Analysen
auf Grund der Statuslehre, von den Reden des Demosthenes geliefert,
welche den Grundstock zu den uns erhaltenen Demosthenesscholien gegeben
haben. Bruchstücke aus einer Techne des Longinus sind ohne Belang.
Dagegen machen gute Kommentare zu den Schriften des Hermogenes von
Sopater, von Porphyrius, Marcellinus und Syrianus, die letzteren
nur noch im Auszug vorhanden, einen würdigen Beschluss der Jahrhunderte
langen Thätigkeit der Alten auf dem Gebiete der Rhetorik. Byzanz hat
sich mit Anfertigung dürrer, geistloser Kompendien, oder durch ihre Weit-
schweifigkeit ermüdender Paraphrasen und Kommentare älterer Werke be-
gnügt. Nur der gelehrte Polyhistor Maxinius Planudes aus der zweiten
Hälfte des XHI. Jahrhunderts verdient als verständiger Excerptor der vor-
handenen Kommentare zu Hermogenes ehrenvolle Erwähnung.
Über die praktische Thätigkeit der Rhetoren beim Unterricht geben
uns teils die Progymnasmatiker, teils die Suasorien und Kontroversien des
Seneca und die Deklamationen Quintilians einigen Aufschluss.^) Unter den
') Er ist jünger als Aristides, dessen | and damit den Grand zu den Obangen der
Tt'xytj er bereits benutzt hat. Deklamatoren und zur zweiten Sophistik legte:
^) Die Deklamationen gehen auf die rovg nertjKtg vnBXvniaaaxo xai rovg nXovalovg
Zeit, wenn auch nicht, wie einige glaubten, ' xnl lovg itQiariag xat rovg rvQtiyyovg xai riig
auf die Person des Demetrius Phalereus i eig ovoua vno&iaBigy i(p lig rj hioQiaayei. --
zurück. Quintil. II, 4, 41, vgl. F. Blass,
Die griech. Hereds., Berl. 18()5, S. 57 iF.
Vielmehr war es nach einem Zeugnis des
Philostr. vit. soph. I, 5, das zu bezweifeln
Über die Themata der Deklamationen wäre
eine monographische Untersuchung erwünscht.
Mehrere der bei Seneca und Quintilian be-
handelten kommen auch bei Philostratus und
wir nicht berechtigt sind, Aeschines, der i den Griechischen Rhetoren gelegentlich vor.
nach seiner Verbannung aus Athen, in Karien | Dies lässt das Vorhandensein einer Samro-
und auf Hhodus fingierte Reden typischer : lung derartiger Themen vermuten, deren
und historischer Persönlichkeiten aufbrachte ; Alter und Ursprung noch zu ermitteln wäre.
1. CtoBchichte und Einteilung der Rhetorik. (§ 1.) 645
Progymnasmatikern ist Theo unter Tiberius der bedeutendste, aus späterer
Zeit Nikolaus, ein Schüler des Plutarch und Proklus. Dazwischen liegen
zwei kleine Kompendien, von Hermogenes, lateinisch übersetzt von Pri-
scian, und Aphthonius. Für die Theorie der Rhetorik geben diese
Schriften nur geringe Ausbeute.
QnellenBchriften und Monographien: Rhetores Graeci ed. Chr. Walz, Stuttg.
1832— 3B. Vol. I — IX (in kritischer Hinsicht ungenügend. Über die Pariser Haupt-
handschriften griechischer Rhetoren W. Stuobmund in Jahrb. f. kl Phil. 1885, S. 757 ft.)
Auswahl der wichtigsten: Rhetores Graeci ex recx)gn. L. Spbnobl. I — III. Lips. 1853— 56.
Rhetores latini minores emend. C. Halm. Lips. 1863. — AnAxiroenis ars rhetonca quae
vulgo fertur Aristotelis ad Alexandrum rec. et ill. L. Spenoel. Turic. 1844. vgl. Finckh,
comment. de auct. rhet. quae dicitur ad Alexandrum. Heilbr. 1849. H. Usbneb, quaesti-
ones Anaximeneae. Gottg. 1856. — L. Spenoel. <rvyayioyrj rexytoy s. artium scriptores ab
initiis usque ad editos Aristotelis de rhetorica libros. Stuttg. 1828. Ober Korax u. Tisias
Usener im Rhein. Mus. 1873 S. 434. Spenoel, Über Definition und £intheilung der Rhetorik
im Rh. Mus. XVIII S. 482 if. J. V. Noyak, Piaton und die Rhetorik, Leipz. 1883. M. Lechner,
de rhetorico usu Sophocleo, Berol. 1877. De Euripide rhetorum discipulo. Onold. 1874. Th.
Milleb, FiUripides rnetoricus dissert Gotting. 1887. — Aristotelis ars rhetorica c. adnot. L.
Spekgel. Lips. 1867. Engl. Kommentar von Cope und Sandys. III. Cambridge 1877. revi-
dierter Text von Roemeb. Ders. Zur Kritik der Aristot. Rhet. Rh. Mus. 1884, S. 491 ff.
L. Spenoel, Über d. Rhetorik des Aristoteles, Münch. 1851. Über das dritte Buch:
H. Sauppe, Dionysius und Aristoteles, Gott. 1863. — M. Schmidt, Commentatio de
Theophrasto rhetore, Hai. 1839. — H. Liebs, De aet. et Script, libri, qui fertur Dc-
metrii Phalerei negl iQfitjyela^, Bresl. 1880. C. Hanmeb, Demetrius n, ig/A. Landshut
1883. Bbzoska, De canone decem oratorum, Vratisl. 1883. J. Stbillbb, de Stoicorura
studiis rhetoricis, Bresl. 1886 (Bresl. phil. Abhandl. I, 2, vgl. Wochenschr. f. klass. Phil.
1887, S. 747). W. Piderit, De Hermagora rhetore, Hersf. 1839. De Apollodoro Perga-
meno et Theodoro Gadarensi rhetoribus, Marb. 1842. L. Mabtens, De libello ttcqI vipovg,
Bonn 1877. F. Blass De Dionys. Hai. scriptis rhetoricis, Bonn. 1863. Roessleb, Dionys.
Halic. scr. rhet. Lips. 1873. G. Mestwerdt, De Dion. Hai. in libro de comp. verb. studiis,
Gott. 1868. De Dion Hai. et Hermogenis in aest. vet. Script, inter se ratione, Cleve 1872.
H. Usener, De Dionys. Halic. libris manuscriptis. Bonn 1878. Dionys. Halic. ad Am-
macum epistula. Bonn 1889. Dionys. Halic. do imitatione librorum reliquiae. Bonn
1889. Th. Burckhardt, Caecilii Cafactini fragmenta. Basil. 1863. R. Weise, Quaestt.
Caecilianae. Berol. 1888 (sehr beachtenswert). — C. Bürsian, Der Rhetor Menandros
und seine Schriften, MQnch. 1882. W. Nitsche, Der Rhetor Menandros und die
h)cholien zu Demosthenes, Berl. 1883. F. Altinoer, de rhetoricis in orationes Thucydideas
scholiis, Progr. MOnchen 1885. — Comificii rhet. ad C. Herennium rec et interpr. est C.
L. Katser, Lips. 1854, verbesserter Text von W. Friedrich, Leipz. 1884. Wert-
volle Schulausgaben von Cicero de oratore und partitiones oratoriae von W. Piderit
(de orat. in sechster Auflage von 0. Harneckkr I. II. Leipz. 1886—89). — Rutilii Lupi
de figuris sententiarum et elocutionis rec. et annot. adi. D. Ruhnken. Lugd. 1768. G.
Dzialas, quaestioncs Rutilianae Vratisl. 1860. B. Steusloff, quibus de causis Alexandri
Num. liber-putandus sit spurius Vratisl. 1861. H. Krupp, De carm. ine. auct. de figuris,
Jen. 1874. C. Mueller, De figg. quaestt. crit. Gryph. 1880. — Annaei Senecae orator.
et rhetor. sententiae divisiones colores rec. C. Bürsian, Lips. 1857. rec. A. Kiesslino, Lips.
1872. ed. II. J. Müller, Lips. 1887. — Quintiliani institutionis oratoriae 1. XII. rec. et
cxpl. Spaldino. l— VI. Lips. 1798-1834. rec. C. Halm, Lips. 1868. rec. F. Meister, Lips.
1886. C. Ritter. Die Quintilian-Declamationen, Freib. 1881. Quintiliani declamationes rec.
C. Ritter, Lips. 1884. A. Reuter, Zu dem Augustin. Fragmt. de arte rhetor Leipz. 1888
(Abdr. aus den Kirchengcsch. Studien;. Ders. Der Cod. Bern. 363 und sein Wert für die
Kritik des Chir. Fortunatian. Hermes 1889 S. 161 flF.
Allgemeine Hilfsmittel: G. J. Vossius, Coromentariorum rhetoricorum 1. VI. ed.
quart. Lugd. 1643. J. Ch. Th. P]rnesti. Lexicon technologiae Graecorum rhetoricae, Lips.
1795. Lexicon technologiae Romanorum rhetoricae, Lips. 1797. R. Volk mann, Hermagoras
od. Elemente der Rhet, Stett. 1865. Die Rhetorik d. Griechen u. Römer in System. Über-
sicht dargestellt. Berl. 1872. 2. Aufl. Leipz. 1885. — - J. E. Nixon, a few notes on latin
rhetoric with tables and illustr. Lond. 1876 (diese kleine Schrift bezeugt das auch in Eng-
land erwachte Interesse für das System der Rhetorik). A. E. Chaionet la rhötorioue et
son histoire, Par. 1888 (nicht von Belang). H. Ortlofp, Die gerichtl. Redekunst Th. 1,
Anwendung der Regeln der Rhetorik auf die gerichtl. Redekunst, Berl. 1887 (der Jurist.
Verf. kennt bloss Cicero und Quintilian und hat von den philolog. Arbeiten Qber seinen
Gegenstand keine Ahnung).
646
D. Rhetorik.
2. Einteilung: der Rhetorik. Die Rhetorik unterscheidet zunächst
verschiedene Gattungen oder Arten der Beredsamkeit, die sie in den Kreis
ihrer Betrachtung zieht. Am einfachsten und richtigsten wäre es gewesen,
von der praktischen Beredsamkeit, die im öffentlichen Leben vor Ge-
richt und in den Volksversammlungen zur Anwendung kömmt, die Eunst-
beredsamkeit, die auf Festversammlungen oder kleinere Kreise von
Kunstverständigen, auch wohl auf blosse Lektüre berechnet ist, zu unter-
scheiden, und demnach zwei Gattungen der Beredsamkeit aufzustellen: ein
yh'rog TiQaxrixov, in negotiis^ und ein y«ro$ enidsixtixov^ in ostentationeposiiunf,
gerade so, wie Aristoteles Rhet. III, 1 hinsichtlich des rednerischen Aus-
drucks die yQccffixri Xe^ig von der aytaviarixt] unterscheidet. Doch finden
sich von dieser sachgemässen Einteilung bei den Alten nur vereinzelte
Spuren^) und sie war keineswegs allgemein giltig. Auch ist dies leicht
erklärlich. Denn wenn auch thatsächlich die epideiktische Beredsamkeit in
der Litteratur die ältere war — schon längst hatten Gorgias und seine Schüler
Lob- und Tadelreden veröffentlicht, ehe Antiphon daran dachte, gerichtliche
Reden als Studienmuster einem grösseren Kreise zugänglich zu machen — ,
so hat sich doch die rhetorische Theorie anfangs nur mit der politischen
Beredsamkeit und zwar der gerichtlichen Art beschäftigt. Die ältesten
Lehrbücher gaben bloss Anleitung, wie man sich vor Gericht zu verhalten
habe. Isokrates, dem wir diese Nachricht verdanken,^) tadelt dies als ein-
seitig, da die Rhetorik, soweit sie lehrbar sei, nicht bloss auf Gerichts-
reden, sondern auf alle Arten von Reden sich anwenden lasse, doch werden
diese Arten selbst von ihm nicht weiter angegeben. Bekanntlich bewegt
sich seine eigene Kunstberedsamkeit mit Vorliebe auf dem beratenden
Gebiete. Noch Anaximenes berücksichtigt in seiner Techne bloss Xöyoi
noXttixot, also Reden des öffentlichen politischen Lebens. Er teilt sie in
ein ytvog dr^juiijyoQtxov und dtxavtxöv und beide wieder in sieben Unterarten,
darunter auch ein et Sog eyxwfiiaaiixov und ipsxiixov. Erst Aristoteles zog
auch die Kunstberedsamkeit in den Kreis der technischen Betrachtung und
fügte demnach zu dem ytvog avjußovkevtixovj wie er es nannte, und ^Ma-
vixov noch das yerog sniäeixxtxov hinzu. Diese Einteilung, oder richtiger
Nebeneinanderstellung, erhob sich zur herrschenden, und sowohl Stoiker,
als Hermagoreer und Hermogenianer hielten an derselben fest.^) Aristoteles
gewinnt seine drei Arten von Xoyoi ^tjtoQixot zunächst aus der Verschieden-
heit der Zuhörer, vor denen gesprochen wird. Der Zuhörer ist entweder
kunstliebender (tl/fw^o?) oder beurteilender Zuhörer {xQiri^g), und zwar
letzteres über Geschehenes oder Zukünftiges. Über Zukünftiges urteilt er
als Mitglied der Volksversammlung, über Vergangenes als Richter, als
') Syrianus Rh. Gr. IV, 60. Plat So-
phist, p. 222 C.
2) Isocr. adv. soph. 19.
3) Arist Rhet. 1, 3. für die Stoiker Diog.
Laert V[I, 42. für Hermagoras Rh. Gr. IV,
63. ferner Cornif. I, 2, 2. Cic. de inv. l,
5, 7 Dionys. de Lys. iud. 16 p. 253. Ale-
xander Rh. (ir. 111, 1 Sp. Sopater Prolegg.
Arist p. 757. Den verunglückten Versuch
einer logischen Korrektur dieser Einteilung
macht der in manchen Punkten den Stoikern
sich anschliessende anonyme Verfasser der
TiQoXeyofjieya rtoy atäaetoy Rh. Gr. VII, 1
p. 2. Kr geht aus vom Xoyog. Derselbe ist
ivSid&BTog oder nqotpoQtxog. Der letztere ist
wieder entweder &۟}Qt]Ttx6g oder 7tQaxztx6<;.
Ersterer umfasst die S^^atg; sie zerfällt in
iyx(afjtioy und \p6yo<;. Letzterer umfasst die
vnoy^eaig. Sie zerfällt in den Xöyog ffv/ußov-
Xevnxog und dixayixog.
1. Qeschichte und Einteilung der Rhetorik. (§ 2.)
647
bloss kuDstliebender Zuhörer urteilt er über die Kunstfertigkeit des Redners.
So kommen also drei Arten von Reden zu stände. Die beratende Rede
zerfällt in nQovQonij und aTroTQOTrtjy sie will zu etwas zureden, oder von
etwas abreden, die gerichtliche in xairjogia und dnoXoyia^ die epideiktische
in Lob und Tadel. Der beratende Redner hat es mit der Zukunft zu thun,
der gerichtliche mit der Vergangenheit, der epideiktische überwiegend mit
der Gegenwart, doch erinnert er auch an Vergangenes und deutet er im
voraus auf Zukünftiges hin. Ziel und Zweck (ttkog) ist für den beratenden
Redner das Nützliche und Schädliche, für den gerichtlichen das Gerechte
und Ungerechte, für den epideiktischen das Schöne und Hässliche, doch
nehmen sämtliche Redner in zweiter Linie auch die übrigen TcXtj zur Hilfe,
der beratende also auch das Gerechte und Ungerechte, das Schöne und
Hässliche, und in entsprechender Weise die beiden anderen. Statt em-
dfixTixov sagte man später auch iyxfaiiiaarixov (so die Stoiker) oder navrj"
yvQixov ytvoq^ daher denn auch die Lateiner neben dem getius deliberativum
und iudkiak bald von einem laudativum, bald demonsirativum genm sprachen.
Widersprüche gegen die Richtigkeit der Aristotelischen Einteilung blieben
nicht aus,i) denn dass die epideiktische Beredsamkeit als Kunstberedsam-
keit sich keineswegs auf Lob und Tadel beschränkte, sondern auch be-
ratende und gerichtliche Themen behandeln konnte, blieb nicht verborgen
— doch blieben sie ohne Folgen. Aristoteles hatte die beratende Bered-
samkeit als die wichtigste vorangestellt, die Stoisch-Hermagoreische Rhetorik
dagegen wies der gerichtlichen Beredsamkeit den ersten Platz an.
Die Rhetorik gibt nun Mittel und Wege an die Hand, diese drei
Arten der Beredsamkeit kunstgerecht zu behandeln. Wie aber jede Rede
aus Inhalt und Form besteht, so zerfällt demgemäss auch die Rhetorik in
zwei Teile. Der eine beschäftigt sich mit der Auffindung des redneri-
schen Stoffes, der andere mit der künstlerischen Gestaltung seines
sprachlichen Ausdrucks. Diese alte ursprüngliche Einteilung^) finden
wir noch bei Dionysius von Halikamass,^) welcher einen TiQayfiaTixdg xonoq
vom XsxTixoq Tonog unterscheidet, und den ersteren wieder in die evQcaig
oder naqaaxBvi] und die XQ^fCig tdv naQ^axavaaubvoav^ die sogenannte olxo^
vofiia, den letzteren in die ixXoyi] tdv ovoficcTtov und die avvO'saig tSv
fxXey€VT(ov einteilt. Es lag aber nahe neben die Auffindung des Stoffes
als Nebenteil die Anordnung desselben zu stellen. So behandeln auch
Anaximenes und Aristoteles, die zwar von Teilen der Rhetorik nicht
sprechen, doch den Stoff derselben in der Reihenfolge von eigecig^ Xä^^g^
id^ig. Letzterer kenntauch bereits die v7t6xQi(ngy den Vortrag, als vierten
Teil, bemerkt aber ausdrücklich, dass sie zu seiner Zeit noch kein Gegen-
stand der rhetorischen Technik gewesen sei. Eingehend wurde sie in einer
besonderen Abhandlung erst von Theophrast behandelt. Liess man die
vTiöxQiaig etwa als vierten Teil oder als Anhang auf die Xä^ig folgen, so
musste man noch einen besonderen Teil als iiivi]/jirj oder Lehre von der
Mnemonik voraufgehen lassen. Man konnte aber auch von der Auffindung
des Stoffes noch die vorherige Betrachtung und Prüfung des Themas trennen.
0 Philodem. rhet. 38, 7. Quintil, 1. 1.
2) Thucyd. II, 60. VIII, G8. laocr. IV, 9.
V, 94.
^) JDionys. de Isocrate iudiciuro.
648 ^- Rhetorik.
Und so betrachteten denn ein Teil der Stoiker vorhat g, evgeaig, iia&€<ng
{rd^ig, oixovofjiia) als Hauptteile der Rhetorik, oder als Aufgaben {^Qyo)
des Redners, und befassten Xt^ig und vnoxQiaig mit unter der Sid&eaigJ)
Andere fügten zu diesen dreien die vTroxgiatg als viertes igyov hinzu, wieder
andere begnügten sich mit evQstng^ to^ig, (pQMig, vnoxQia^g. Die Ansicht
des Hermagoras über die Teile der Rhetorik ist nicht direkt überliefert.
Wir wissen bloss, dass er iudicium^ partitio^ ordo^ elocutiOy also xgifng,
dtaigeaig, rd^ig^ It^ig unter die oixorojuiia befasste. Unter dem iudicium
ist die kritische Prüfung und Sichtung des durch die inventio zusammen-
gebrachten Stoffes je nach* Bedarf der gerade vorliegenden Hypothesis zu
verstehen. Ob er die vorflig von der evqeaig abgezweigt, oder mit ihr ver-
bunden hat, ist nicht recht ersichtlich. Dass er neben evqeaig und omo-
ro/im auch firilfurj und vTioxQiaig als Teile gelten Hess, ist höchst wahr-
scheinlich. Sonst hielten die römischen Rhetoren Gomificius, Cicero, Quin-
tilian, auch Fortunatian und die griechischen Rhetoren der sophistischen
Zeit an den fünf Teilen inventio, dispositio, clocuüo, memoria, actio^ also
fVQftfig, ra^tg oder olxovofua^ ^^'^tg^ f^^'^if^^t vnoxqimg fest.
Wie alle Bildung, so wird auch die rednerische Fertigkeit und somit
die Beherrschung der fünf Teile der Rhetorik durch dreierlei bedingt.,
durch natürliche Anlage ((fvaig^ natura), theoretische Anleitung
{TiXvr^^ jmdO'r^cig oder iniarr^ßii^ doctrifia), Übung {aaxr^tng, fieXetrj, exerci-
fatio). Einige fügten als viertes Erfordernis die fiifutjaig oder imikUio
hinzu.2) Die Aufgabe des Redners aber ist eine dreifache, er soll be-
lehren, ergreifen, ergötzen {docere, movere, delectare).^) Wahrschein-
lich geht auch die Aufstellung dieser drei Punkte auf die Stoiker zurück.
2. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes.
a. Die gerichtliche Beredsamkeit.
Intrllectio (ror^aig), Quacstio^ causa {^trrtg, vnoO^faig),
3. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes gliedert
sich in drei Abschnitten nach den drei Arten der Beredsamkeit und inner-
halb dieser Abschnitte wieder nach den Teilen der Rede. Voraufgeschickt
werden aber einige allgemeine Erörterungen über die rednerischen Themen
selbst, welche den Inhalt der sogenannten vöi,(Sig oder intellectio ausmachen.^)
Jedes Thema, welches dem Redner vorliegt, ist entweder in Form einer
Frage gegeben, oder lässt sich doch leicht in Form einer oder mehrerer
Fragen bringen. Diese Fragen, als matcria artis, und somit als Ausgangs-
punkt der gesamten Rhetorik, nannte Hermagoras nach dem Vorgang der
») Vgl. Spenoel, Rh. Mus. XVIIT, 503. ! de orat. IT, 27, 115. Quint. 1. 1.
Rh. Gr. V, a 217. VI, 35. VII, 15. Für ; -•) Sulp. Victor p. 315: causa proposita
Hermagoras Quint. III, 3, 9, vgl. Strillkr, primum inteVegei'c debemus, adusmodi causn
do Stoic. stud. rhet. p. 39. sit. wtellegendum primo loco est, thesis
'^) riat. Phaedr. p. 269 D. Isoer. or. XIII. sit an hypothesis. cum hypothesin esse in-
14—17. XV, 187. Rh. Gr. IV, 41. Aristid. tellexerimxis, id est controversiamj inteUegeft'
XLV, 114. Quint. III, 5, 1. Cornif. I, 2, 3 . dum erit, an consistat, tum ex qua speeie
nennt auffallenderweisc ars, imitatio, exer- sit, deinde ex quo modo, deinde euma tkihut,
citatio. , postremo ctiius figurae, V^ Rh. Qr. V, 217.
^) Cic. de opt. gen. 1, 3. orat. 29. 101. , VI, 34. VII, 15.
2: Die Lelure von der Auffindung des rednerischen StolfeB. (§ 8.) 649
Stoiker ^r^rrjiJiaTa TioXirtxd und zwar noXiuxd deshalb, weil zu ihrer Be-
antwortung die allgemeine Bildung jedes Staatsbürgers ausreicht, z. B. ob
etwas gerecht oder ungerecht, sittlich, löblich, nützlich, strafwürdig sei
oder nicht, und deren Beantwortung unter Umständen von jedem im poli-
tischen Leben vor Gericht oder in der Volksversammlung verlangt werden
kann, im Unterschied von solchen Fragen, zu deren Beantwortung besondere
Fachkenntnisse erforderlich sind; mit denen der Redner nichts zu thun hatJ)
Diese ^rjrjfiata nohnxd zerfallen nun weiter in xhtaic^ qunestio und v/ro-
d^saiq^ catisay je nachdem die Fragen ganz allgemeiner oder spezieller Art
sind, d. h. sich auf eine bestimmte Person, Zeit, Ort u. dgl. beziehen.
Es ist für uns nicht recht klar, was die Philosophen, denen sich späterhin
auch Cicero eine Zeitlang und diesem folgend Quintilian anschlössen, ver-
anlasst hat, den Hermagoras anzugreifen, dass er ganz allgemein die Thesen
dem Redner überwiesen und damit dessen Kompetenz ungebührlich er-
weitert habe, da es doch nach dem Zusammenhang seines Systems ersicht-
lich war, dass er bloss politische Thesen, in dem angegebenen Sinne des
Wortes, meinte. Jedenfalls aber veranlasste dies seine Anhänger aus-
drücklich ihrem Inhalt nach theoretische Thesen {qtiaestiones cognitionis),
allgemeine wissenschaftliche Fragen — ihre Behandlung ist Sache der
Philosophen und nicht der Redner — von den praktischen Thesen
{quaestiones actionis)^ auch O^tasiq noXirixai genannt, zu unterscheiden,
deren Behandlung aber auch wieder nur insoweit Sache des Redners ist,
als jeder Hypothesis allemal eine Thesis zu Grunde liegen muss, daher
schon Athenaeus, der Zeitgenosse und Nebenbuhler des Hermagoras, die
^kmg geradezu als iitqoq vfiox^taeatg bezeichnet hatte.*) Denn Thesis und
Hypothesis unterscheiden sich im Grunde nur durch einen Komplex be-
stimmter Umstände, der dort fehlt, hier vorhanden ist. Diese Umstände
heissen mit einem der Stoischen Philosophie entlehnten Ausdruck ntQi-
atdaetg oder TteQiarauxd^ circumstantiae, auch wohl CTOixtTa xov TtQdyfJiccTog
oder d(fOQjnai. Hermagoras nahm deren sieben an: TtQoaumov^ ngd^ig^ XQovog^
lonog, ahia^ TQOTiog, difoQiial iQywv. Die späteren setzten diesen oder
jenen hinzu, Hessen auch wohl den einen oder anderen aus.**) Wichtiger war es,
dass man später, in sophistischer Zeit, die f i/rij/iar« noXinxd mit Ausschluss
der Thesen auf Hypothesen vom genus iudiciale und deliberativum beschränkte.*)
Nach ihrem Inhalt teilte Hermagoras ferner die noXiTixd ^r^xri^iara
in ein ytvog Xoytxov und ein ytvog ro/iixcn', je nachdem sie es mit einer
Sache oder That zu thun haben, über die mittelst logischer Operationen
zu urteilen ist, oder ieine schriftliche Urkunde, ein ^r/iov^ meist eine gesetz-
liche Bestimmung, ihren Ausgangspunkt bildet. Diese Unterscheidung eines
genus rationale und legale wurde allgemein beibehalten, nur dass man sie
*) Aug. c. 4: sunt autem civiles quae-
stioneSf quarutn perspectio in comtntmem
animiconceptionem potestcadere,quod Graeci
xoiyrjy tvvoiav rocant. — omnia quaecunque
eiusmodi sunt^ ut ea nesdre pudori sit, et
quae vel ignorantes, quasi sciamuSf tarnen
cum iimükUiane prae nobis ferimus, quoties-
cunque in dubüatiofiein rocantur, efficiunt
ckmtm q^aestionem.
^) 8. Stbilleb, de Stoic. stud. rhet. p.
20-26.
») August, p. 141. Rh. Gr. IV. 150, 164.
288. VI, 48. 165. 316. Plut de vit. et poesi
Homeri c. 74. QuintiJ. 111, 5, 17 ff. MitteJ-
alterlicher Memorialvere: quiSy quid, uhi,
quihus auxiliis, cur, quomodo, quando.
♦) Hermog. U, 133 Sp.
650 !>• Rhetorik.
späterhin mit Ausschluss der Thesen und sonstigen Hypothesen lediglich
auf das genus iudiciale beschränkte.^)
Status {avaatg) oder aythstitutio causae,
4. Der Redner hat nun im weiteren zuzusehen, ob die ihm vor-
liegende Frage in sich Bestand hat, oder nicht. Nur im ersteren Falle ist
sie überhaupt zu einer rhetorischen Behandlung geeignet. Da nun die
^rftt-pLaxa noXiTixd immer streitige Fragen sind, bei denen einer bejahenden
Antwort immer auch eine verneinende Antwort wenigstens der Möglichkeit
nach gegenübersteht, so dass der Redner, wenn er sich selbst für die eine
Alternative entscheidet, immer auf entgegengesetzte gegnerische Einwen-
dungen gefasst sein muss, so sind xaxdffaaig^ affirmatio, Bejahung und
n7T6(famg, negatio, Verneinung nächst den Peristasen die eigentlich kon-
stitutiven Elemente einer Hypothesis, aus deren Betrachtung sich die atäaig^
Status, der eigentliche Bestand der Frage, und somit dasjenige, was der
Redner zu beweisen hat, ergibt. Nur wenn die Peristasen in ausreichender
Anzahl vorhanden sind, und xataipaaig und änwpaaig nichts Widersinniges
enthalten, ist das C^jrtjfxa ein aweatog^ andernfalls ein daiazarov und zur
weiteren rednerischen Behandlung ungeeignet. Demnach definierte Herma-
goras den Status einer rednerischen Aufgabe als dasjenige, wodurch die-
selbe klargestellt wird und worauf die Beweise in den Teilen der Rede
zurückgehen, also den eigentlichen zu beweisenden Kernpunkt der Frage. ^)
Ilermagoras fand den Begriff des status bereits vor. Er hat ihn von
den Stoikern entlehnt und diese haben ihn wieder von den Isokrateern
überkommen. Die ältesten technischen Lehrbücher einschliesslich der
Techne des Isokrates kannten ihn nicht. •'^) Auch dem Anaximenes und
Aristoteles ist er fremd. Er sollte zuerst von Naukrates, einem Schüler
des Isokrates, oder von Zopyrus von Klazomenä, einem Rhetor des dritten
Jahrhunderts, aus der Zeit des Dichters Arat und des Timon von Phlius,
also der älteren Stoiker, aufgestellt sein.^) Im zweiten Jahrhundert findeu
wir ihn bei dem Stoiker Archedemos von Tarsos,'^) wohl einem älteren
Zeitgenossen des Hermagoras. Wenn nun aber Anaximenes c. 4 von drei
Methoden der Verteidigung handelt, die genau drei späteren Status ent-
sprechen, und Aristoteles an einer Stelle seiner Rhetorik von einer Art
der Verteidigung spricht, die im sogenannten Status definitivus sich
wiederfindet, so ergiebt sich, dass die Statuslehre ursprünglich von den ver-
schiedenen Fällen der Verteidigung im genus iudiciale ausgegangen ist,
durch welche auch dem Kläger erst der eigentlich springende Punkt seines
Beweisverfahrens gegeben wurde, und dass sie erst späterhin auch auf die
') Quint. III. 5, 4. Cic. de inv. I, 12, 17. Ähnlich Syrianus IV, 200: üidmg i<ni tiqö-
orat. 34. 121. Hermog. p. 139.
-) Quint. III, 6, 21 : Hermagoras statum
rocutf per quem subiecta res intellegitiir et
ad quem probationes etiam partium refe-
runtur. Rh. Gr. V, 78 wird als Definition
Taaig artkij ^t]TOQixrj ngog anodet^iy xotii-
^ofAiVT} fÄueg fpiiaetog rtüy iy no TroAirixro C^r
TijfÄaxi xet/ueytor. xa&' rjy rj diaiQ^aig ylyfrni
rtav XEffaXttlüjy ttuy ngog nlariy xoftil^o/^eytoy.
3) Sopater Rh. Gr. V, 7.
des Hermagoras angeführt: (pdatg jioXiit^xtj \ *) Quint. III, 6, 3. über Naukrates vgl.
TiQog (cnodet^iy (psgofAtyjj rov ^r^ttjuarog. i Dionys. de Isaeo 19. über Zopyrus Diog.
Vielleicht lautete sie vollständig: aiaaig iail \ Laert. IX, 114.
(fdatg noXiTixtj [xa&' rjy (tynXufAßctyöfAel^a rov •') Quint III, 6, 31.
vnoxeifieyov Ti^ayfiatog] nQog (inoX. xtX. |
2. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes. (§ 4.)
651
Gesetzesfragen des genus iudiciale, dann auf andere genera und schliesslich
selbst auf die Thesen übertragen ist, was aber nur dadurch möglich wurde,
dass man eine wesentliche Verschiedenheit der einzelnen Hypothesen und
eine Homonymie im Begrifl der ardaig übersah. Lediglich bei den That-
fragen vom genus iudiciale tritt an die Stelle von xata(faaig und dnotfaaig
der Widerstreit zwischen der Behauptung des Klägers und der Entgeg-
nung des Verklagten und erst aus diesem Widerstreit ergiebt sich, unter
der weiteren Voraussetzung, dass Kläger und Verklagte ihre Behauptungen
begründen können, der eigentliche Gegenstand der Frage und der richter-
lichen Entscheidung, das xQivofxevov oder die iudicaiio. Wenn nun die
meisten späteren Rhetoren den status nicht wie Hermagoras aus xardtpaaiq
und dnoifaaiq schlechthin, sondern aus dem Konflikt zwischen accmatoris
intentio und dcfensoris depulsio herleiteten >) und dann die hierbei sich er-
gebenden Fälle in Arten und Unterarten zerlegten, so durften sie nicht
behaupten, dass diese Status auch für Hypothesen vom genus deliberativum
und demonstrativum ihre Gültigkeit hätten, bei denen es ja accusator und
defensor nicht giebt. Andererseits ist klar, dass die verwaschene Defini-
tion und Herleitung des Status, wie sie Hermagoras giebt, zwar auf alle
^rjT'fxaTa nolirixä Anwendung findet, aber die charakteristische Eigentüm-
lichkeit der Thatfragen vom genus iudiciale und die praktische Wichtig-
keit des Status gerade bei diesen Fragen nicht zur Geltung kommen lässt.
Denn nur bei ihnen ist die Auffindung des rednerischen Stoffes vom Status
abhängig, keineswegs bei den übrigen Hypotliesen. Man musste eben den
allgemeinen Status sämtlicher Hypothesen von dem besonderen Status ein-
zelner unterscheiden. Sämtliche Hypothesen sind entweder ^iiTr'maTa dav-
arccra oder avvfatmxa^ unter den avvfarwta sind wieder die einen axaaia-
^ofifvay die andern dagegen dataaiaaxa.
Erst mit dieser Unterscheidung kömmt Klarheit in eine Lehre, die
weniger in ihrer Anwendung auf konkrete Fälle, als in ihrer allgemeinen
Herleitung und Entwicklung in den Schriften der Rhetoren mit mannich-
fachen Widersprüchen und Unklarheiten behaftet ist und über welche un-
endlicher Streit geherrscht hat. Am übersichtlichsten ist sie verhältnis-
mässig bei Hermogenes. Bei ihm beschränken sich die Status auf das
genus iudiciale und einen Teil der Fälle vom genus deliberativum. Die
paränetischen Suasoiien und das ganze genus demonstrativum sowie die
Thesen sind dataaiccara,^) Im übrigen ist die Terminologie des Herma-
goras im ganzen beibehalten. Wir haben zunächst vier Grundstatus: 1. cto-
Xccai^iog, Status coniecturaUs, 2. oQog^ Status finitivus^ 3. noiozrjgy Status qua-
lifatis oder iuridicialis, 4. [nerdkr^ipig^ translatio. Im ersten Falle leugnet
der Angeklagte die ihm vom Kläger schuldgegebene That, der Kläger hat
') So Cornif. I, 11, 8. Cic. de inv. I, 8,
10. Top. 25, 93. Quint. III, 6. 7. August,
p. 143. Dasselbe thun auch alle diejenigen
griechischen Rhetoren, welche den Status aus
dem Konflikt von aXiioy und avvixoy her-
leiten, aitioy ist nämlich dasjenige, womit
der Kläger seine Aussage begründet, das
causatioum lüia cvyixoy dagegen oder fir-
mamentum dasjenige, worauf der Verklagte
sich stützt. Fortunat. p. 82. August. 1. 1.
*) Darauf weisen die Kommentatoren des
Hermogenes mehrfach ausdrücklich hin. Rh.
Gr. III, 480. IV, 35. 226. 704. 721, V, 226.
398. VI, 32. 40. Sopater proleg. Arist. de
quattuörviris p. 753.
652 D. Rhetorik.
infolgedessen den Konjekturalbe weis zu liefern, dass der Angeklagte die
That wirklich verübt hat; es wird gefragt nach dem an sit {negl ovaiag).
Im zweiten Falle gibt der Angeklagte die That zu, bestreitet aber die
vom Kläger gewählte Bezeichnung derselben als richtig; es wird nach dem
quid Sit {7r€Qi trjg iSi6vi/iog^ negi tov avrov xai xJ-aregov) gefragt. Im dritten
Falle gibt der Verklagte die That, auch die vom Kläger gewählte Be-
zeichnung derselben zu, behauptet aber ihre Rechtmässigkeit, oder bringt
Milderungsgründe vor; es wird nach dem quäle sit gefragt. Im vierten
Falle bestreitet der Verklagte dem Kläger das Recht zur Erhebung der
Klage an diesem Orte, zu dieser Zeit oder aus sonst einem Grunde und sucht
damit um die Verteidigung herumzukommen. Der statte qucHitatis wird nun
weiter eingeteilt. Hermogenes unterscheidet zunächst eine noimr^g Xoyixrj und
voiiuxt'i. Erstere fragt auf Grund einer That, letztere auf Grund eines ^r/Tor,
einer Urkunde oder gesetzlichen Bestimmung. Ist die That, um die es
sich handelt, zukünftig, so gibt dies die Ttoiorrjg ngayiiiauxi]^ meist bei
Aufgaben des genus deliberativum, aber auch bei den gerichtlichen ygatf^i
nagaroficov. Die bereits geschehene That gibt die Stxaiokoyia^ constitutio
iundiciaUs, den eigentlichen Qualitätsstatus. Gibt der Angeklagte seine
That als kein Vergehen zu, sondern erklärt er sie für eine erlaubte Hand-
lung, so gibt dies die avTiXrjxpig^ die constitutio iuridicialis absoluta. Gibt
er sie als ein Vergehen zu, das er aber durch Herbeiziehen von Neben-
umständen zu rechtfertigen sucht, so gibt dies die ärriO-fatg^ die consti^
tutio iuridicialis assumptiva. Behauptet er, dass der anderweitige Nutzen
der That das Gesetzwidrige und Strafbare derselben überwiegt, so gibt
dies die arriaraaig^ comparatio oder compensatio. Behauptet er, zu seiner
That durch den, zu dessen Gunsten der Rechtshandel eingeleitet ist, ver-
anlasst oder gezwungen zu sein, so entsteht chrtyxXr^fict^ relatio criminis.
Überträgt er die Schuld auf andere Personen als den Beeinträchtigten, so
entsteht in^Tdaraaig^ remotio criminis. Entschuldigt er endlich die That mit
Zufall, Unwissenheit oder notwendigen Umständen, so gibt dies die (fvy-
yvo')jnr^^ purgatio oder deprecatio. Auch bei der ttoioti^c rofiixt^ werden vier
Fälle unterschieden, die aber in der Beschaffenheit des zu gründe liegenden
Gesetzes u. s. w. selbst ihren Grund haben. Scheinen sich Buchstabe und
beabsichtigter Sinn der schriftlichen Urkunde entgegenzustehen, so gibt
dies die aidaig xard ^ijor xai vTif^aigaaiv (oder dutvoiav)^ constitutio scripti
et voluntatis. Soll sich aus einer positiven Bestimmung der schriftlichen
Urkunde eine andere nicht ausdrücklich vermerkte als Konsequenz ergeben,
so erhalten wir den avXXoyiafiog, constitutio ratiocinativa. Enthält die Ur-
kunde eine Zweideutigkeit im Ausdruck, so führt dies zur d^iifißoh'a^ am-
biguitas. Findet endlich zwischen zwei oder mehreren Gesetzesstellen ein
Widerspruch statt, so gibt dies die avnvoiAia^ Jeges contrariae,^)
zu. Die Zerteilung der dixaioXoyifc ist die-
selbe wie bei Hermogenes: wenn bei letz-
terem die n^fcyfiartxij fehlte, so wäre alles
Unterarten des genus legale eigentlich mit i in schönster Ordnung. Cornificius, Cicero,
dem Status gar nichts zu thun haben. Die j Quintilian erkannten das Fehlerhafte in der
-noiÖTtjc: teilte er dann weiter ein in n. cru- Einteilung des Ilermagoras, nicht aber den
^ovXfvKxtj, inideixTix^. dtxntoXoyU( und Tiquy- eigentlichen Sitz des Fehlers.
uuTixtj. Letztere kömmt allein den Thesen
*) Hermagoras stellte von vornherein das
yt'yog vofAixüv dem Xoytxoy zur Seite, wäh-
rend schon Cicero richtig erkannte, dass die
2. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes. (§ 5.) 653
Der scholastische Scharfsinn der späteren Rhetoren gefiel sich in einer
Spaltung dieser dreizehn Status in eine Menge von Unterarten, die hier
nicht weiter aufzuzählen sind. Praktisch verwertet aber wurde die Status-
lehre nicht bloss bei der Anfertigung von Kontroversien in den Rhetoren-
schulen/) sondern auch bei der Interpretation der klassischen Redner (sowie
der Reden des Thucydides), und hier mit Recht. Denn es unterliegt keinem
Zweifel, dass die Theorie von der längst geübten Praxis der Redner ab-
strahiert ist. 2) Die meisten der aus dem Altertum überlieferten Gerichts-
reden gehören dem status coniecturalis an. So Antiph. I. VI. Isae. III--IX.
Lys. III. XX. Demosth. de falsa leg. Cic. pro Rose, pro Sulla, pro Plancio,
pro Cluent., pro rege Deiot., pro Archia. Definitionsstatus hat Demosth. in
Mid. Isae. de Cleon. hered. Lycurg. adv. Leoer. Qualitätsstatus, und zwar relatio
criminis Cic. pro Mil. Antiph. Tetr. III, relatio und compen satio Cic. pro Sestio.
Remotio Lys. or. XII. Reine iuridicialis absoluta Lys. or. I. Isae. or. IL Trans-
lationsstatus endlich, in der Regel mit Konjekturalbeweis verbunden, Lys. or.
XXIII. Isoer. or. XVIII. Demosth. or. XXXII- XXXVIII. XLV.
Vgl. Volkmann, Rhet. S. 38 ff. Netzkrr. Hermagoras Cicero Cornificius quae do-
cuerint de statibus. Eil. 1879. Dero, über die constitutio legitima des Cornificius in
Jahn's Jahrb. 1886 S. 411 ff.
Asystata, Genera und figurae catisarum,
5. Asystata sind, wie bereits bemerkt, alle diejenigen Aufgaben, die
an einer Widersinnigkeit leiden und demgemäss zu einer rhetorischen Be-
handlung ungeeignet sind. Bei ihnen fehlt entweder etwas an den not-
wendigen Bestandteilen jeder Hypothese, also irgend eine unerlässliche
Peristase, oder es machen bei Themen vom genus iudiciale Kläger und
Verklagter dasselbe für sich geltend, so dass cutiov und avvtxov (oben S. 651
Anm. 1) identisch sind, oder es fehlt das avvtxov^ so dass keine Verteidigung
möglich ist, oder es fehlt an ahiov und avvtxov und somit an einem eigent-
lichen xQivo/^uvov.^) Für die Praxis war die Beachtung der Asystata insofern
von Wert, als sich ohne Beachtung der hiehergehörigen Punkte angehende
Deklamatoren leicht zur vergeblichen Bearbeitung eines widersinnigen, oder
doch unfruchtbaren Themas konnten verführen lassen.
Hat sich der meditierende Redner überzeugt, dass er es mit einer
avv8<TTwaa vno&eatg^ und falls sie nicht aaxaaiaaxog ist, mit welcher Art des
Status er es zu thun hat (die etwaige Einrede des Gegners ist ihm aus der
Voruntersuchung bekannt), so hat er im weiteren das genus und die figura
causae in Erwägung zu ziehen. Ersteres ist zunächst für die Anlage des
Prooemiums von Wichtigkeit. Je nach dem Inhalt der Hypothese unter-
scheidet man ein ytvog svSo^ov, genus honestum, wenn der Gegenstand all-
') Quint. declam. 320 (p. 255). Parteien dasselbe für sich geltend machen,
'^) iSopater Rh. Gr. IV, 446. Planud. p. die bekannte Geschichte von Protagoras und
225. Aoon. VII, 44. Von besonderem In- ' seinem Schüler Euathlus bei Gell. V, 10 u. a.
teresse ist Lys. or. Xlli, 51 ff. Cornificius, Cicero, Quintilian erwähnen die
^) Die verschiedenen Arten der davararit davatattt nicht und behandeln infolgedessen
behandeln Fortunat. p. 82. August, p. 144
(nach Hermagoras, der vier Arten unter-
schied). Hermog. d. 135 ff. ed. Sp. Stehen-
des Beispiel des aavaT(troy und zwar des
ixyxiaj^i(foyj bei welchem die streitenden
die Begriffe des attioy, avyexoy und xgiyo^
fxByoy nach Absolvierung der Statuslehre in
sehr vei^worrener Weise. Vgl. Volkmann,
Rhet. S. 100 ff*.
654 I>* Blietorik.
gemein der Bekämpfung oder Verteidigung wert scheint; ein yävog aio^ov
oder huniile, wenn die Personen, die wir anklagen oder verteidigen, gemeine,
niedrige Leute sind, die wie der Gegenstand ihres Streites kaum der Be-
achtung wert erscheinen; ein y^'^'<*^ dfi(p{So^ov oder ambiguum, anceps, wenn
der Gegenstand gemischter Art ist, anständige Person und unanständige
Sache oder umgekehrt; ein ytrog naqdSo^ov oder admirahih, wenn der
Gegenstand derartig ist, dass man sich überhaupt wundert, wie jemand es
wagt, ihn verteidigen zu wollen ; endlich ein yevoq SvanaQaxoXovi^ijtov oder
obseurum, wenn der Gegenstand sehr komplizierter Art und deshalb schwer
verständlich ist. Diese genera causarum kommen bei Hypothesen aller
drei Arten von Beredsamkeit vor, so dass also auch der epideiktische Lob-
redner einen paradoxen, ja adoxen Gegenstand behandeln kann. Von an-
deren Gesichtspunkten aus, z. B. ob das Thema eine Kontroverse über einen
oder mehrere Punkte enthält, ob Ethos oder Pathos bei ihm zur Anwen-
dung kömmt, werden noch andere genera causarum aufgestellt, die aber
von geringerem Belang sind. Die figura causae, der axrjfxuTKTfiogy oder
dudus einer Rede ist die ganze Art und Weise der Behandlung des Themas,
welche der Redner in seiner Rede von Anfang bis zu Ende in Anwendung
bringt. Gehört das Thema der Vergangenheit an, so ist die Absicht des
Redners von seinen Worten nicht verschieden, er spricht seine wahre Mei-
nung geradezu aus und redet im ductus Simplex. Gehört das Thema da-
gegen der Gegenwart oder Zukunft an, so ist die wahre Absicht des
Redenden von seinen Worten nicht selten verschieden, er spricht alsdann
im sermo ßgtiratus und behandelt sein Thema als TtQoßktj/xa iaxr^^cniaiAhvo%\
Beim axr^luiccTiafiog ivavxiog^ dem ductus suhtilis, beabsichtigt der Redner
gerade das Gegenteil von dem, was er sagt, lässt aber in der Art wie er
sein Thema behandelt, seine wahre Meinung deutlich genug durchblicken.
Beim axiinaxianog nkdytog^ dem ductus obliquus, bringt der Redner ausser
der Durchführung des Gegenteils von dem, was er sagt, in seiner Rede
noch etwas anderes zu stände, daher man in diesem Falle auch von einer
Verflechtung verschiedener Hypothesen sprechen kann. Beim «r^V/^^^'^i"*'^
xar' ^/lyacii', dem eigentlichen ductus figuratuSy wird der Redner durch
irgend einen, meist sittlichen Grund verhindert, seine Meinung geradeheraus
zu sagen, lässt sie aber im Verlauf der Rede durch allerlei Zweideutig-
keiten des Ausdrucks für den Zuhörer verständlich genug durchblicken.
Wird die figurierte Redeweise nicht in einer ganzen Hypothese, sondern
nur in dem einen oder andern Teile einer Rede angewandt, so redet man
in diesem Falle nur von Xoy^g taxi^^aziankvog oder XQ^^l^^^ color. Ein
merkwürdiges Beispiel von sermo figuratus giebt die Rede des Herodes
Atticus neQl nohrsiag. Aber auch die Pseudo-Demosthenische Rede über
die Verträge mit Alexander ist figuriert, und dass wenigstens der Begriff"
des sermo figuratus dem Isokrates nicht fremd war, beweist der Panathe-
naicus § 239 — 2G5. Der Ausdruck cx^/,««« aber für eine derartige Dar-
stellung scheint auf Zoilus, den Schüler des Polykrates, zurückzugehen.*)
^) Über sermo figuratus vgl. Dionys. ed. Sp. Anon. p. 118. Fortunat. p. 84. Mart.
Rhet. c. 8. 9. Ileruiog. de iriv. IV p. 258. Cap. p. 401).
2. Die Lehre von der Anf&ndnng des redneriflohen fttotfes. (g 6.)
65S
Die Teile der Gerichtsrede,
i>. Soweit die vorjaigy oder die Betrachtung des Themas. Die Rede
selbst zerfällt nun naturgemäss in zwei Teile, nQod^eaig^ Darlegung des
Gegenstandes, und niartg^ Beweis. Doch sagt Aristoteles, der dies des
weiteren auseinandersetzt, dass man gewöhnlich ein ngooifiiov voraufschickte
und einen Epilog folgen liess.^ Zum Beweis gehört natürlich auch die
Widerlegung des Gegners {kvaig, tä jiQog dvTiStxov). Weiter trennte man
die nqoxhsaig als propositio oder Ankündigung des zu behandelnden Gegen-
standes, meist mit zugefügter Dispositionsübersicht, partitio, von der eigent-
lichen Sn^yi^aig^ der Erzählung, und so galten in der Stoisch-Hermagoreischen
Rhetorik prooemium, narratio, traciatio oder probatio, refutatio, epilogtis
als die stehenden fünf Teile der Rede. Propositio und partitio sind nicht
Teile, sondern nur Bestandteile derselben. An beliebiger Stelle lassen sich
noch eine oder mehrere egressiones, naQexßdasig anbringen. Da nun der
Redner nicht bloss beweisen, sondern auch überzeugen will, so fasste man
die Teile der Rede wieder in ein TtQayfxaTixov elSog — Erzählung und Be-
weis — und ein na&7^rix6v €?Sog — Prooemium und Epilog — zusammen.*)
Die Einleitung, ngooifiior^ principium oder exordium, will die Zuhörer
auf die zu behandelnde Sache vorbereiten. Zu diesem Zwecke ist es ihre
Aufgabe, den Zuhörer wohlwollend, aufmerksam und gelehrig zu
machen. 3) Sie nimmt ihren Ausgang entweder von der Person (Redner,
Kläger, Gegner, Richter), oder von der Sache, oder von beiden. Beim
ytvog dfitfiSo^ov muss sie den Richter hauptsächlich wohlwollend, beim
6vanaQaxoXov&f]Tov gelehrig, beim ado^ov aufmerksam machen. Das ivdo^ov
genügt schon an sich, den Redner zu gewinnen, oft ist daher bei ihm ein
ausführliches exordium gar nicht nötig. Beim y^Vo^ nagado^ov muss der
Redner sich das Wohlwollen der Richter vorsichtig und wie auf einem
Umwege zu verschaffen suchen. Hier redet man daher nicht von einem
TTQooi/iior^ sondern einer i(poSogy insinuatio. Der Umfang der Einleitung
richtet sich nach der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache. Ihren
Schluss bildet immer dasjenige, woraus sich ein ungezwungener Übergang
zum folgenden ergiebt. In der späteren Rhetorik (Hermogenes, Apsines,
Menander) teilte man das Gesamtprooemium der Rede in mehrere Spezial-
prooemia, die jedes für sich der Reihe nach die Punkte behandeln, auf die
es bei der Einleitung ankömmt.^)
Die Erzählung, Sirjyrflig^ narratio, teilt dem Richter, nachdem er
durch die Einleitung hinlänglich vorbereitet ist, die Sache, über die er sein
Urteil fällen soll, im Zusammenhang mit. Handelt es sich lediglich um
eine Rechtsfrage, so kann sie wegfallen, desgleichen, wenn dem Richter
bereits alles hinreichend bekannt, vielleicht schon in einer früheren Rede
richtig auseinandergesetzt ist. Im Anschluss an Isokrates verlangten die
meisten Rhetoren von der Erzählung, dass sie deutlich (aaffijg^ hicida,
') Arist. Rhet. ITI, 18.
2) Apsin. c. 12 p. 304 ed. Sp.
^) Anon. T. I p. 321: sgyoy ngooi/Aitoy
evyot(( TiQoüe^tg svfÄadeia. An Seg. p. 428.
Dionys. de Tas. c. 17. Cornif. I, 4, 6. Cic.
de inv. J, 15, 20. Top. 26, 97. Quint. IV,
1, 5: id fieri tribus maxime rebus inier
auctores plurimos constat, si henivolum,
attentum, docilem fecei^nius.
*) Quint. IV. 1. Cornif. I, 4-7. Cic.
de inv. I. 15—18. Hermog. de inv. I. Aps.
1-3. An. Seg. p. 427 ff.
656
D. Rhetorik.
perspicud), kurz {avvTofiog, brevis), wahrscheinlich (ni^ainf]^ verisimilis,
prohabilis) sei. Deutlich wird die Erzählung durch sorgfältige Beachtung
der neQiatavtxd^ hinsichtlich der Form durch Significanz und Proprietät des
Ausdrucks. Kurz, wenn wir sie von dem Punkte aus beginnen, von wo
an sie für den Richter von Belang ist, wenn der Redner nichts sagt, was
nicht zur Sache gehört, wenn er alles weglässt, was unbeschadet des Ver-
ständnisses und seines Nutzens fortbleiben kann. Wahrscheinlich wird sie,
wenn sie innerlich zusammenstimmt, keine Widersprüche, überhaupt nichts
enthält, was gegen die Natur der Sache verstösst.^
Der Beweis, argumentatio, prohatio^ tractoHo^ Griechisch gewöhnlich
niateig oder äydveg, seltener anodsi^ig^ bei Hermogenes auch xcczaciuvi]
x€(paka{(ov genannt, ist der wichtigste Teil der Rede, der natürlich nie
fehlen darf. Seit Aristoteles teilte man die Beweise allgemein in maretg
attxvoi^ den unkünstlichen Beweis, und maretg ivtexvoty den künst-
lichen Beweis. Die ersteren liegen dem Redner bereits vor, er hat sie
bloss zu gestalten und anzuwenden, die letzteren hat er selbst aufzufinden.
Zu ersteren gehören nach Aristoteles Gesetze, Zeugen, Verträge, Folter-
geständnisse, Eidschwüre. Dazu fügte man später Provokationen, Prae-
iudicien, Gerüchte, Urkunden. Die künstlichen Beweise dagegen beruhen
auf logischen Operationen, die mittelst des Gewissen oder Wahrscheinlichen
dem Ungewissen eine nicht leicht zu bezweifelnde Glaubwürdigkeit zu ver-
schaffen suchen. Wie nun in der Logik alle Beweise, die subjektive Ober-
zeugung hervorbringen, auf Induktion oder Syllogismus beruhen, so auch
in der Rhetorik, nur dass hier an die Stelle der Induktion das Beispiel,
TtaQudHyfia^ an die Stelle des Syllogismus das Enthymem, iv&vfAijfxa, tritt.
Wie das Beispiel abgekürzte Induktion, so ist das Enthymem ein abgekürzter
Syllogismus, meist bloss ein behauptender Satz mit seiner Begründung. Ist
der rhetorische Schluss aber vollständig, aus drei, oder gar, wenn Ober- und
Untersatz erweitert sind, aus fünf Sätzen bestehend, so heisst er in der
späteren Rhetorik Epicheirem, inixeiQt^na, Doch wurde dieser letztere
Ausdruck auch wohl synonym mit niatig tvitxvog gebraucht. Gebildet
werden die Enthymeme aus Wahrscheinlichem und aus Indicien oder Merk-
malen — ^J tlx(n(av xul (r>//tfi'cor.^) Sind letztere zwingend, so dass aus
ihnen apodiktisch Wahres zu folgern ist, so heissen sie %ax^t]Qia oder ukviu
aijfuTa, Die späteren Rhetoren halten den Unterschied zwischen tlxoia
und Ttxfit'jQia nicht recht inne.
An dieser Stelle gibt die Rhetorik eine Topik der Beweise, d. li.
sie gibt die allgemeinen Fundörter {tonoi, loci) an, von denen aus Be-
weise gewonnen werden, und erteilt dem künftigen Redner den Rat, sich
dieses ganze Gebiet durch fortgesetzte Übung vollkommen zu eigen zu
machen, um es in jedem einzelnen Falle sofort in Anwendung bringen zu
können. Eine solche Topik finden wir bereits bei Aristoteles, 3) doch fehlt
es ihr an Übersichtlichkeit. Sie wurde vereinfacht und verbessert durch
des Aristoteles Schüler Eudemus. Auf Aristoteles und Eudemus beruht
0 guint. IV, 2. Cornif. I, 8. 9. Cic.
de inv. I, 19—21. Herinog. de inv. II, 1. 7.
Aps. 5. An. Seg. p. 433 ff.
2) Arist. Rhet. 1,2. vgl. Analyt. pr. 11, 27.
3) Arist. Rhet. II, 23 ff.
2. Die Lehre von der Auffindung des rednerischen Stoffes. (§ 6.)
657
die Topenreihe des Neokles, vermutlich dem zweiten Jahrhundert angehörig,
die wir in der auch sonst höchst wertvollen Rhetorik des Anonymus Segueri ^j
finden. Aus demselben Neokles schöpfte auch Maximus Planudes und der
anonyme Scholiast zu Hermogenes de inventione.^) Die Stoiker haben
nach dem ausdrücklichen Zeugnis Cicero's die Topik nicht behandelt.^)
Wohl aber Hermagoras.^) Die Vermutung liegt nahe, dass die Topik, wie
sie Cicero in seiner Jugendschrift de inventione und weiterhin Quintilian^)
aufstellen, auf Hermagoras zurückgeht. Danach werden unterschieden
Topen der Person und Topen der Sache. Die letzteren zerfallen wieder
in Topen, welche den Peristasen der Sache, also der vTi6y>€aig^ und Topen,
welche der Sache an sich, wie sie sich in der der v/roO-saig zu gründe
liegenden d-saig darstellt, entlehnt sind.^) Am übersichtlichsten ist die
Topik bei Portunatian und Julius Victor. Die Topen werden eingeteilt in
loci ante reni, in rc, circa rem, post rem. Davon befassen sich die Toci
ante reni mit den Peristasen (a persona, a rc, a causa, a tempore, a loco,
a modo, a materia; der locus a re fehlt bei Julius Victor), die übrigen
gehen auf die jeder Hypothese zu gründe liegende These zurück und sind
daher mehr abstrakt logischer Art. Hierher gehört also der Schluss vom
Ganzen auf die Teile und umgekehrt, Beweise aus der Definition und Ety-
mologie eines Begriffs, Beweise aus Ähnlichem und Unähnlichem, aus
Gleichem und Ungleichem oder Widersprechendem, aus Grösserem oder
Kleinerem, aus dem was einer Sache vorhergeht, was auf sie folgt, oder
irgendwie mit ihr zusammenhängt, ferner Beweise aus dem Erfolg einer
Sache und den über sie bereits gefällten Urteilen. Endlich giebt es auch
Beweise von einem bloss angenommenen Falle aus. Jedenfalls haben wir
es hier mit einer späteren Umbildung der Hermagoreischen Topik zu thun,
denn sie für die ursprüngliche zu halten, geht bei dem sonst unerklärlichen
Schweigen Cicero's und Quintilians über dieselbe nicht an.') Übrigens
gehen die Rhetoren hinsichtlich der Verteilung, der Reihenfolge und Auf-
zählung der Topen, auch wo sich eine gemeinsame Grundlage ihrer Über-
lieferung erkennen lässt, im einzelnen sehr auseinander. Auch Cicero stellt
in seinen späteren rhetorischen Schriften eine von der früheren durchaus
abweichende Topik auf.
Ist der Beweis der wichtigste, so ist die Widerlegung des Gegners,
mag sie vom Beweise getrennt sein, oder nicht, der schwierigste Teil der
') Rhet. Gr. Sp. 1, 448.
■-) Rh. Gr. W. V, 404. VII. 761 ff.
') Cic. de fin. IV, 10. cf. de orat. II,
159. Top. 0.
') Tac. dial. 19.
^) Cic. de inv. I. 24. Quint. V, 10 flf.
^) Quint. V, 8: neque esse argumen-
iorum loci possiint, nisi in eis, quae rebus
(tut personis accidunt. - argumenta vero re-
periunfnr aut in quaestionibus, quae etiam
separat ae a complexu verum personarumque
spectari per se 2>ossint, aut in ipsa causa,
cum inrenittir aliquid t>i ea non ex com"
muni ratione ductum, sed eins iudicii, de
quo cognoscitur, proprium.
Uaudbuch der klaas. AltcriurnnwlBseDBcbAft. IL 2.
^) Strillbr, De Stoic. stud. rbet. p. 45.
Die Kategorien ro jiQfeyiua xttl rd ngo rov
7iQ€ty/4aTog xai td fiBtd 16 nQnyfA« sind
übrigens bereits von Isokrates bei der xard^
araaiSy der schlichten Art der Erzählung,
angewandt, Rh. Gr IV, 712. Ebenso unter-
scheidet Anax. c. 12 atjfzsTa tiq6 tov Ttgtc^
y/Atttog, lifÄtt Ttü nQr'ty/4ttn, fi$tit to ngayfia,
cf. Cic. de inv. I, 48. Bei Theon Rh. Gr.
Sp. II, 122 bilden diese Kategorien die Ein-
teilung der TteQioxij. In der Topik des Anon.
Seg. endlich die drei Arten des nftgenofjeyoy,
cf. Cic. Top. 51. Quint. V, 8, 5. Aber die
Kategorie circa rem finden wir sonst nirgends,
Strilleb 1. 1.
Aufl. 42
658 I>* RHetorik.
Rede. Alles, was der Gegner gegen uns aufstellt, oder doch aufstellen
könnte, heisst ävTixß^eaig. Sie' bedarf der kvatg^ die entweder das ofiateiiale,
oder das formale der Aufstellung, oder beides zugleich angreift, und ent-
weder mit einem Gegenschluss {avuavkXoytajAog) oder mit Vorbringung von
Instanzen {ivt^iMeig) operiert. Die Topik ist ganz dieselbe wie bei der
Beweisführung, nur dass sie immer zu umgekehrtem Zwecke verwandt
wird. Die späteren Rhetoren unterscheiden die direkte Widerlegung {Itatg
xai* h'avaaiv oder xav* dvatQonrjv), die in der Hauptsache auf Konjektur
und Definition hinausläuft, von der indirekten {kvatg xavd fuO^odoi')^ die
es mit Qualität und Translation zu thun hat, und bei letzterer wieder ver-
schiedene Arten, z. B. die latO^odog xard neQiTQonijVy bei der man das Haupt-
argument des Gegners gegen diesen selbst kehrt, die [tuthoSog xard avy-
xQovaiVy bei der man die gegnerischen Behauptungen, ohne sie einzeln zu
widerlegen, zusammenstellt und als widerspruchsvoll nachweist, die fiä^odog
xaxd fisicoaiv^ bei der man die gegnerische Behauptung zu verkleinem
sucht, die fitd^oSog xat* av^tjatv^ bei der man die Sache, die der Gegner in
seinem Interesse als geringfügig dargestellt hat, vergrössert, endlich die
[tu'&odog xard dvrmaqdaTaaiv^ bei der man der gegnerischen Behauptung
eine andere sie wesentlich entkräftende gegenüberstellt. Lässt sich aber
gegen die gegnerische Antithesis weder direkt, noch indirekt ankommen,
so muss der Redner sich zu helfen suchen, so gut es eben geht, und zur
List und allerlei Sophismen seine Zuflucht nehmen, wie dies ja auch Demo-
sthenes zu seiner Zeit vielfach gethan hatte, i)
Der Epilog, iniXoyog^ peroraUo oder coficlusio, wiederholt zunächst
in einer dvaxtifaXaicoaig oder endvoSog^ verum repetliio, mumeratio, nochmals
die Hauptpunkte des voraufgegangenen Beweises und der Widerlegung,
um dem Gedächtnis der Richter zu Hilfe zu kommen. Dies galt zu allen
Zeiten als seine Hauptaufgabe. Demnächst aber hat er die That, oder
den eigentlichen Gegenstand der Verhandlung mittelst eines Gemeinplatzes
(xonog loTTog, locus cmmmmis) zu amplifizicren, d. h. alles das anzubringen,
was sich gegen dieselbe, so oft sie vorkömmt, sagen lässt, vor allem aber
die Affekte der Zuhörer für oder gegen den Ankläger zu erregen. In der
Hauptsache also handelt es sich dabei um tXkov eiaßoXt] und ixßoXt],
In der Erregung und Beschwichtigung der Affekte zeigt sich die eigent-
liche Kraft der Beredsamkeit. Gilt es das Mitleid zu beseitigen, so ist die
Kunst durch Scherz und Witz die Richter vom Ernst zum Lachen zu
bringen, von grosser Bedeutung.^)
Propos itio und partitio , Thema und Einteilung der Rede, meist im An-
schluss an die Erzählung, bisweilen aber auch derselben voraufgeschickt, fasst
Hermogenes unter dem Namen der nQoxavaaxtvi] zusammen. Die Einteilung
beschränkt sich meist auf drei Punkte. Eine zur rechten Zeit angewandte Ein-
teilung wirkt für die Rede lichtvoll und angenehm, doch ist sie entbehrlich.
Wird sie aber angewandt, dann muss sie auch genau durchgeführt werden.
') Quint. V, 13. Apsin. c. 6 ff. Gewöhn- I ncQi «Av'rwr (tyn&eaetüy Uh. Gr. V, 577 flf.
lieh werden Beweis und Widerlegung zu- *) Arist Rhet. III. 19. Cornif. II, 30. Cic.
sumniengenoniinen. So bei Aristoteles, Cor- de inv. I. 52. Quint. VI, 1 ff. Ober Ijacben und
nificius. Cicero, auch An. Seg. p. 451. Her- Witz Arist bei Cramkb, Anecd. Paria I p. 403.
mog. de inv. III. p. 201 ff. Maximus Cic. de orat. II, 58 71. Quint VI, 3.
2. Die Lehre von der Auffindang des rednerieohen Stoffes. (§ 7.) 659
b. Die beratende und epideiktische Beredsamkeit.
7. Die meisten der im bisherigen über die Invention der Gerichts-
reden gegebenen Regeln und Vorschriften haben auch für die beiden andern
Arten der Beredsamkeit ihre Giltigkeit, so dass nur wenig besonderes für
dieselben hinzuzufügen ist. Die beratende Rede, dtj/xrjyoQia, stuisoria,
handelt von Religionsangelegenheiten, von Gesetzen und der inneren Staats-
einrichtung, über Krieg und Frieden, Bündnisse und Staatsverträge, Landes-
verteidigung, Staatseinkünfte, Ein- und Ausfuhr u. dgl. Im ganzen und
grossen hat sie dieselbe Einteilung wie die Gerichtsrede, doch liegt es in
der Natur der Sache, dass die Einleitung viel kürzer gehalten ist. Die
Sache, um die es sich handelt, ist ja den Zuhörern bekannt, und noch
besonders ihr Wohlwollen zu erwerben, ist kaum nötig. Ebenso wird die
Erzählung meist in Wegfall kommen. Der Epilog wird nur selten Gelegen-
heit haben, das Mitleid zu erregen und kann sich meist mit einer Rekapi-
tulation begnügen. Eine Aufforderung an die Anwesenden im Sinne des
Antragstellers zu stimmen, oder das von ihm gesagte wohl zu erwägen,
im übrigen aber so zu stimmen, wie es nach ihrer Überzeugung dem
wahren Nutzen des Staates, oder ihrem wohlvei*standenen Interesse ent-
spreche, macht für gewöhnlich den Beschluss.
Den Stoff für die beratende Rede, die partes sundendi, geben die so-
genannten Tskixd x€(pdXaia, capitulu finalia, d. h. diejenigen Gesichtspunkte,
welche von den von Aristoteles für die drei Arten der Beredsamkeit auf-
gestellten Tthj entlehnt sind. Will der Redner einen Gegenstand empfehlen,
so zeigt er, dass er gerecht, nützlich, ehrenhaft ist, will er von etwas
abraten, so zeigt er, dass es ungerecht, schädlich, unehrenhaft ist.
Auf die Hervorhebung des Nützlichen und Schädlichen kömmt es vor allem
an.^) Diese drei Hauptgesichtspunkte wurden nun wieder in verschiedene
Unterarten zerlegt. Das Gerechte also in das Gesetzmässige, Billige, das der
Sitte und dem Herkommen Entsprechende. Das Nützliche in das Em-
pfehlenswerte, Notwendige, Mögliche, Leichte, Erfolgreiche. Das Ehren-
hafte in das Schickliche und Rühmliche.*) Dass die rednerische Praxis
sich in der That dieser Gesichtspunkte bedient hat, das zeigen ebensowohl
die Suasorien des Isokrates, als die Divisionen der römischen Deklamatoren
bei Seneca.
Die epideiktische Rede, die es als solche mit Lob oder Tadel zu
tliun hat, kann sich auf die verschiedensten Gegenstände erstrecken, denn
loben oder tadeln lässt sich schliesslich alles mögliche, lebende Wesen,
wie Götter, Heroen, Menschen, Tiere, und leblose, wie Pflanzen, Berge,
Flüsse, Länder und Städte, demnächst auch Berufsarten und Künste, ein-
zelne Tugenden, grössere und kleinere Zeitabschnitte u. s. w. Überwiegend
bleibt das Lob von Göttern und Menschen, demnächst von Ländern und
Städten. Reine Tadel reden sind nur von sehr bedingter Zulässigkeit, meist
aber wird Tadel des gegenteiligen mit dem Lobe eines Gegenstandes ver-
') Arist. Rhet. I, 3.
^) Cornif. III, 4. Cic. de inv. II, 51.
de orat. II, 82. Quint. III. 7. Hermog. T.
11 p. 104. Planud. Rh. Gr. V, 335. £inpor. | eile, poaaibile, neceaaarium,
42*
p. 571 giebt zwölf Topen oder elementa:
legitimum, iustutn, aequum, cont^eniefis, ho^
nestum, utile, religiosum, pium, civile, fa-
660 ^* l^etorik.
bunden. Es kömmt nun darauf an, mit Hilfe der allgemeinen peristatischen
Topen so viel als möglich Gesichtspunkte zu gewinnen, von denen aus der
betreifende Gegenstand sich loben lässt, mag man nun wirklich lobenswerte
Eigenschaften nennen, oder solche, die dafür gehalten werden, oder wenig-
stens dafür ausgegeben werden können, die einzelnen Gesichtspunkte zu
amplifizieren und auszuschmücken, am ausführlichsten aber gerade den
Punkt zu behandeln, welcher der Natur der jedesmaligen Aufgabe nach
der eigentümlichste und wichtigste ist. Eine spezielle Topik lässt sich für
die epideiktische Beredsamkeit nicht geben. Das Prooemium kann sich viel
freier bewegen als bei der Gerichtsrede, daher sagt Aristoteles ^) geradezu,
man könne in ihm ohne weiteres anbringen, was einem gerade in den Sinn
komme, und es dann durch irgend eine Wendung mit dem eigentlichen
Gegenstande in Verbindung bringen. Eine Erzählung ist von der epi-
deiktischen Rede selbstverständlich ausgeschlossen. Ebenso eine Wider-
legung, es sei denn, dass man das ado^ov oder u/x^fdo^ov durch seine
Beschönigung in Lob verwandelt. Für den Epilog ist eine eigentliche
ävax€(faXa((ü(Siq ungeeignet.^)
3. Die Lehre von der Ordnung und Disposition des Stoffes.
8. Da mit der konstanten Reihenfolge der Teile der Rede die all-
gemeine Disposition derselben schon gegeben ist, so bleibt für die Dispo-
sition im eigentlichen Sinne nur noch wenig übrig. Zunächst kann der
Redner aus irgend einem Grunde unter Umständen von der konstanten
Reihenfolge der Teile abweichen. Er kann seine Rede ohne Prooemium
gleich mit der Erzählung eröffnen, er kann die Erzählung erst nach dem
Beweis folgen lassen, er kann die Widerlegung der Gegner seinem eigenen
Beweise voranschicken. In diesen Fällen tritt an die Stelle des ordo natu-
ralis ein ordo artlficiosus. Darüber aber, wenn letzterer einzutreten hat,
lassen sich bestimmte Regeln nicht geben. ^) Hinsichtlich der Materialien
für den eigentlichen Beweis wird allgemein empfohlen, die stärksten Be-
weismittel an den Anfang und ans Ende zu nehmen, die unbedeutenderen
dagegen, die nur im Verein mit anderen einigermassen von Bedeutung
werden können, in die Mitte zu setzen. Mit Bezug auf Hom. II. J 291»
nannte man diese Stellung den ordo Ilomcricus, Bei der W^iderlegung des
Gegners soll man das leicht zu Widerlegende vorwegnehmen und zu dem
Schwierigeren aufsteigen.^) Unkünstliche Beweismittel müssen immer den
künstlichen voraufgehen. Im einzelnen niuss immer dasjenige ans Ende
gesetzt werden, wodurch der folgende Beweisgrund vorbereitet wird, so
dass die Kontinuität der Beweisführung nicht unterbrochen wird.'»)
') Arist. Rhet. III, 14. ■ genheitsrcdonCKonigsreden^Begrüssungs-und
^) Lobreden auf Menschen Anax. c. 3. 35. I Abschiedsreden, Reden auf Vorkommnisse des
Arist. Rhet. I, 9, Comif. 111, 0. Cic. de Famih'enlebens) Menander negl enideixrtxait'
inv. II, 59. Quint. III, 7. auf Götter Quint. T. III. p. 308 ff. Vgl. Volkmann, Rhet.
1. 1. Alexander Rh. Gr. T. III. p. 4 ed. Sp. S. 314 -3()1.
Genethl. T. III. p. 333 ff. Lob eines Landes
ib. p. 344 ff., einer Stadt p. 340 ff. Lob von
Tieren und Pflanzen Ileimog. progymn. p. 13.
Pionys. Rhet. c. 0. — Epideiktische Gele-
3) Quint. VII, 10, 10 ff. Comif. III, 9,
10. Dionys. rhet. 10, 0.
^) Apsin. p. 371.
'-) Hermog. de inv. IIL 13, p. 228.
8. Die Lehre von der Ordnong und Disposition des StoiTes. (§ 8.) 66 1
Als ohovoiua aber, d. h. als Lehre von der Verwendung und kunst-
mässigen Behandlung des durch Invention zusammengebrachten Stoffes, hat
es der zweite Teil der Rhetorik nicht bloss mit der eigentlichen rfff/c,
sondern auch mit e^fgyaai'a und diaiqeaig zu thunJ) Die e^egyaafa be-
handelt die Ausführung der Gedanken nach denjenigen Gesichtspunkten,
welche aus Aphthonius als expolUio der Chrie bekannt sind. Man fügt zu
einem Gedanken seine Begründung. Man spricht ihn mit oder ohne Be-
gründung nochmals mit anderen Worten aus. Man erläutert ihn durch
das Gegenteil, durch ein Gleichnis, ein Beispiel, und giebt endlich der Aus-
führung noch einen besonderen Abschluss.*) TeXixd xeifdXaia^ die zum
Beweise verwandt werden, lassen sich durch Eingehen auf die Peristasen
ausführen. Sagt man also, es müsse etwas geschehen, weil es ehrenhaft
sei, so wird weiter gezeigt, dass es ehrenhaft sei für die betreffende Person,
den Ort, die Zeit, die Art und Weise, die Sache selbst. Jedes dieser ein-
zelnen Epicheireme kann nun wieder durch Expolitionstopen erweitert
werden. Eine andere Art der Ausführung gewinnt man durch Zerteilung
und Spaltung der einzelnen bei einer Sache in ihrem ganzen Verlaufe vor-
kommenden Wörter und Begriffe [vnodiaiqeaiq twv an* dgxfjg axQi reXovg).
Es handle sich beispielsweise um jemand, der, um sich einen unrecht-
mässigen Vorteil zu verschaffen, seine drei Söhne ohne Urteil und Recht
getötet hat. An dem Punkte der Rede, wo auf die Sache selbst in ihrem
Verlaufe eingegangen wird, ist zu teilen: er hat seine Söhne getötet; wenn
er sie doch Verstössen hätte: er hat drei Söhne getötet; wenn es einer
gewesen wäre: er hat seine Söhne getötet; wenn es fremde Kinder gewesen
wären u. s. w. Auf diese Weise gewinnt man Stoff zu mannigfachen Epi-
cheiremen, die wieder ihrerseits durch Eingehen auf die Peristasen und
Zuhilfenahme von Expolitionstopen sich beliebig ausführen lassen.^) Gerade
die stärkeren Beweismittel, die man einzeln aufzuzählen hat, verlangen zur
Erhöhung ihrer Wirksamkeit noch einer besonderen Ausführung, weniger
die schwächeren, die man zusammenhäufen muss, damit sie sich gegen-
seitig stützen und durch ihre Menge ins Gewicht fallen.*)
Die diaigeaig erfolgt im engsten Anschluss an die Statuslehre und
zerlegt die Status in eine bestimmte Reihe von Topen, richtiger Beweis-
abschnitten {x€(fdXaia)^ welche Kläger und Verklagter nach einander zu
behandeln haben, um ihr Thema erschöpfend zu erledigen. Sie ist von der
wirklichen Praxis der Redner abstrahiert, durch die Praxis der Deklama-
torenschulen erweitert und für die Ökonomie der Beweisführung ausser-
ordentlich lehrreich und wertvoll, nimmt aber in der Stoisch-Hermagorei-
schen Rhetorik, noch mehr bei Hermogenes und seinen Kommentatoren,
einen un verhältnismässig breiten Raum ein.^)
^) Dionys. de
') Cornif. IV,
Thuc. iud. c. 8.
42, 54: de eadem re cum
dicemuSj jduribus utemur commutationibus ;
Harn ciiin rem simpUciter jyronuntiaverimus,
rutionem jwterimus subicere; deinde dupli-
citer rel sine ratwnihus vel cum rationibus
pronuntutre; deinde aff'erre contraHum, de-
inde simile et exemj)lum, deinde conclusionem. bei der diaigetn^ einzuschlagende Verfahren
Bekannter Memorialvers: quis, quid, cur, beschreiben und aus der Natur der jedes-
contra, simüe et paradigmata, testes.
*) Uermog. de inv. p. 219 ff.
') Quint. V. 12, 4.
') Cornif. II, 2-18. Cic. de inv. II,
5-59. QuiniVII, 2, 27-9. VV^ährend diese
Rhetoren, ohne sich ängstlich um eine be-
stimmte Terminologie zu kümmern, mehr das
662 D. Rhetorik.
4. Die Lehre vom rednerischen Ausdruck.
Die Grunderfordernisse der rednerischen DarsteUungr«
9. Die Lückenhaftigkeit unserer historischen Überlieferung macht
sich bei diesem dritten Teile der Rhetorik besonders fühlbar. Am voll-
ständigsten und lehrreichsten wird derselbe von Quintilian behandelt, doch
ist die Anordnung des Stoffes bei ihm keine glückliche. Eine bessere
wenigstens als die von ihm befolgte giebt Dionysius und diese geht in der
Hauptsache auf Theophrast zurück. *) Theophrast ist natürlich von Aristo-
teles abhängig. Wie weit aber diesem bereits Isokrates vorgearbeitet hatte,
wissen wir nicht. Noch weniger freilich, wie weit die späteren Isokrateer
von Aristoteles, und von ersteren wieder die Stoiker beeinflusst sind, deren
Eigentum überhaupt auf diesem Gebiete am schwierigsten auszuscheiden
geht. Theophrast hatte seine Schrift negl kä^soog mit einer Besprechung
der Redeteile eröffnet, und darauf eine Behandlung der Grunderfordernisse
einer guten Darstellung [ägetal rrjg Xt^fcog) im allgemeinen folgen lassen.
Nach Stoisch-Hermagoreischer Rhetorik ist das erste Erfordernis derselben
völlige grammatische Korrektheit, die Abwesenheit aller Barbarismen
und Soloecismen, aller Vertösse also gegen Formenlehre und Syntax, weiter-
hin eine reine Diktion, deren Grundlage die Sprache des gewöhnlichen Lebens
sein muss. Das zweite ist Deutlichkeit des Ausdrucks, welche vor
allem auf seiner Proprietät, d. h. möglichsten Significanz beruht. Alle
Dunkelheit des Ausdrucks, mag sie durch den Gebrauch veralteter Wörter
und Wendungen, durch Provinzialismen, durch entlegene Kunstausdrücke,
durch unübersichtliche Länge der Rede, durch allzu verschränkte Wort-
stellung, durch grammatische Zweideutigkeit, weitschweifige Umschreibungen,
affektierte Kürze oder sonst wie veranlasst sein, ist fehlerhaft. Der Redner,
sagt Quintilian,*) muss nicht bloss so sprechen, dass man ihn verstehen
kann, sondern dass man ihn schlechterdings verstehen muss. Das dritte
ist Angemessenheit des Ausdrucks, bei welcher alles Anstössige, allzu
niedrige wie allzu hochtrabende Wörter, Tautologie, Monotonie, Pleonasmen,
vor allem alles Manirierte und Frostige {xaxo^r^koi) sorgfältig zu vermeiden
ist. Meist ist die Angemessenheit des Ausdrucks durch die Angemessen-
heit des zu gründe liegenden Gedankens bedingt, und dieser wieder durch
die verschiedenen Arten der Beredsamkeit.
Erst wenn der Redner diesen Grunderfordernissen genügt hat, und
seine Rede demnach cmendafu und prohabilis '^) ist, kann und muss er daran
maligcn Aufgabe herleiten, ist es den spä- , Thuc. iud. c. 22.
teren, vor allen dem Hermogenes und seinen '^) Quint. VIII, 2, 24: quare noft^ nt in-
Konimentatoren vielmehr um eine bestimmte, 1 tellegere possity sed, ne omnino possit nofi
ein für allemal feststehende Topik und deren i intellegcref curandum.
möglichst präcisc Erläuterung zu thun. For- ^) Quint. VIII, 3, 42: iyitur ante omnin
tunat. p. 105—108. Sulpic. Vict. p. 325 — 352. , ne speremtis ornatam orationem fore, quae
Jul. Vict. p. 386 394. Bei Hermogenes be- prohabilis non erü, probahile autem Cicero
handelt die ganze Schrift negi ardaetoy von id gemis dicit, quod nnti plus minusre est,
c. 2 an lediglich die tfinlgfatg. Dazu die i quam decet. Vgl. Cic. part. orat. 6, 19.
Kommentatoren Rh. Gr. V. VIII. , Arist. Rhet. III, 2.
') Dionys. de Isoer. iud. c. 3. vgl. de
4. Die Lehre Tom rednerischen Aasdmck. (§ 9 - 10.) 663
denken, dieselbe zu schmücken. Er wird sich zunächst bemühen in an-
genehmer Weise Abwechslung und Mannigfaltigkeit in die Darstellung zu
bringen. Durch vorsichtige Anwendung altertümlicher Formen und Aus-
drücke lässt sich der Rede ein gewisser Anstrich von Würde verleihen.
Bisweilen können sprachliche Neubildungen die Sprache originell erscheinen
lassen. Anstössige Dinge sind in geschickter Weise unbeschadet der Deut-
lichkeit durch Xoyov asfirorrfi ») zu verhüllen. Erzählende und beschrei-
bende Partien müssen sich zur lebendigen Schilderung erheben, und es
muss ihnen der Reiz der fi'a^yfm,^) der malerischen Anschaulichkeit, ver-
liehen werden. Ein vorzügliches Mittel, um den Gegenständen Licht und
Klarheit zu verschaffen, sind Bilder und Gleichnisse. Die Rede kann ferner
unter Umständen durch nachdrückliche Kürze, durch natürliche Anmut und
Einfachheit, durch geschickte Amplifikation und Steigerung des Ausdrucks,
endlich durch nachdrückliche Sentenzen gewinnen. Ganz besondere Kunst-
mittel aber zum Schmuck der Darstellung sind Tropen und Figuren.
Tropen und Figuren.
10. Ein von dem Begriff, den er eigentlich bezeichnet, auf Grund
einer gewissen Ähnlichkeit im uneigentlichen Sinne auf einen andern Begriff
übertragener Ausdruck ist ein Tropus.^) Man unterscheidet verschiedene
Arten und Unterarten derselben, und die Rhetoren stimmen in ihrer Be-
nennung, Aufzählung und Einteilung keineswegs überein. ^) Der häufigste
und schönste, dabei allgemeinste Tropus, so dass sich die meisten übrigen
im Grunde genommen als seine Unterarten betrachten lassen, ist die Me-
tapher, im allgemeinen ein kürzeres Gleichnis, bei welchem der zur Er-
läuterung eines Begriffs herbeigeholte Ausdruck für diesen selbst gesetzt
wird. Die schönsten Metaphern sind diejenigen, durch welche empfindungs-
losen Dingen Leben und Bewusstsein beigelegt wird. In ihrer Anwendung
ist Homer, wie für die übrigen Dichter, so auch für die Redner unüber-
troffenes Muster.^) — Bei der Synekdoche wird der Teil durch das Ganze,
oder umgekehrt, durch die Art die Gattung, durch das Vorhergehende das
Folgende bezeichnet. Man redet beispielsweise von Gold und Silber, wo
goldne und silberne Gefasse gemeint sind. Eine Erweiterung der Synek-
doche ist die Metonymie oder Hypallage, bei der die erfundenen Dinge
nach ihren Erfindern, die unterworfenen nach ihren Beherrschern, das Be-
wirkende aus dem was bewirkt wird, bezeichnet werden, im allgemeinen
also ein Hauptwort für ein anderes gesetzt wird. Hierher gehört es, wenn
etwa Homerische Helden als typische Repräsentanten für ihre Fertigkeiten,
') Herniog. p. 255.
Scbultradition seiner Zeit und zählt nur die
'^) Quint. Vlil, 3, 61 ff. Dionys. deLys. wichtigsten auf. Die griechischen Rhetoren
iud. c. 7. gehen auf Trypho zurück.
") Trypho bei Sp. Rh. III, 191: Toonog \ *) Dies bemerkt schon Arist. Rhet III,
itjil Xoyog xara jtaQttTgontjy zov xvgiov Xeyo- 11, der folgende Beispiele anführt: avti^ int
fifyog xard xtvit dijXüHJiy xoCfAiiaxigay rj dttnedoyde xvXiydeto Xaag äyatdijgj Od. X 598.
xard t6 ayayxaToy. Vgl. Greg. Cor. ib. p. 215. tnxat oiaiog, II. A' 588. ininxea^ai /Aeyeai-
Charis. p. 272: tropus est dictio translataa ytuy, J 126. iyyain tütayto XiXaiofieya XQoog
propHa significatione ad nan propriam [per] \ uaai, A 574. a^//w»J ^^ ütigyoio miaavro fim-
simüitudinem necessitatis aut cuUu$ gratia. fiaitoaa, 0 542. vgl. Demetr. 81 ff. Die Chrys.
*) Quintilian giebt über die Tropen die or. XII, 409.
664
D. Rhetorik.
Tugenden oder Fehler genannt werden, oder wenn man einem Feldherm
das beilegt, was sein Heer gethan hat, wenn man den Dichter, wie das
ganz gewöhnlich ist, statt seiner Gedichte nennt. Bei der Antonomasie,
die aber in der Prosa sehr selten ist, wird statt eines Eigennamens ein
ihn kennzeichnendes Epitheton, oder eine ihn nach seinen Thaten oder be-
sonderen Eigenschaften bezeichnende Umschreibung gesetzt, wenn also statt
Cicero Romanae cloquentiae pHnceps gesagt wird. Fast nur dichterisch ist
die Metalepsis, Irmissumptio, derjenige Tropus, bei welchem für ein Wort
ein mit seinem Homonymon synonymes anderes gesetzt wird, wenn also
Hom. II. 0 164 iQQ€ xaxr] ylrjvrj für igge xaxr] xoqi] sagt, denn xoqy Mäd-
chen und xoQti Augapfel sind homonym, synonym aber mit xoqr^ Augapfel
ist y^r^vY^. An die Stelle eines synonymen kann auch ein metonymes Wort
treten, so dass die Metalepsis sich schliesslich als Doppel metapher ent-
puppt.^) Wenn hinter dem wirklichen Sinn eines Ausdrucks ein anderer
tieferer Sinn verborgen ist, so giebt dies den Tropus der Allegorie, die
hiversio. Sie zeigt sich in allen bildlichen, sprichwörtlichen Redensarten,
auch wohl in historischen Beispielen, die zu sprichwörtlicher Bedeutung
gelangt sind, z. B. Dionysium Corinihi esse^ aliqucm suo gladio iugülarc.
Fehlerhaft ist die Allegorie, die zum dunkeln Rätsel wird. Bedeuten aber
die Worte gerade das Gegenteil von dem, was sie zu besagen scheinen, so
haben wir es mit der Ironie, iUusio zu thun. Besonders häufig ist bei
den Rednern die ironische Anwendung von Lob und Tadel. Die mit Bitter-
keit und Hohn getränkte Ironie giebt den Sarkasmus. Die Bezeichnung
eines Begriffs durch die Negierung seines Gegenteils heisst Antiphrasis,
auch wohl Litotes, wie non mediocris für insignis. haud 2^atici für plurimu
Zur Antiphrasis gehört auch die Verbindung eines Subjekts mit einem
sein Wesen negierenden Prädikat, wie bei Dichtern vnvoq avnvog^ ^X^Q'<
Xa^ic, oder in Prosa ni'aitg amarwraiti bei Andoc. I, 67, insepultu sepuU
iura Cic. Phil. I, 2, 5, von späteren Scholiasten auch Oxymoron genannt,
worunter man im weiteren Sinne jede witzige Verbindung disparater Be-
griffe versteht, z. B. ^x Yr^q ivaviidxovv^ anö vfwv fTts^ofnixovv Thuc. IV,
143, cum taccnt, clamant Cic. Cat. I, 8, 21. Verwandt mit der Antiphrasis
ist ferner der Euphemismus, die Vermeidung eines anstössigen Begriffs
durch eine beschönigende minder anstössige Bezeichnung, wie fvrjO^i^g statt
fKOQog, bisweilen geradezu durch Nennung seines Gegenteils wie noitoc
fv^fivog statt fi^eirog, Evjueviöeg statt 'Egirveg. Die blosse Umschreibung
eines Ausdrucks durch mehrere Worte, sei es zum Schmuck oder zur Am-
plifikation, heisst periphrasis, circumlocutio, so wenn Cicero, statt
einfach den Cethegus zu nennen, von Ceihegi furiosa tcmcritas spricht, oder
wenn Horaz c. I, 12, 49 den Juppiter als geniis hiimanne pater atquc
cnstos orte Satiirno anredet. Eine zierliche und dabei ein gewisses Mass
nicht übei-steigende Übertreibung der Wahrheit, um eine Sache zu ver-
grössern oder zu verkleinern, heisst Hyperbel. Sie sucht sich gern noch
durch andere Tropen wie Metaphern, Synekdoche, Antiphrasis und Ironie
') Ein modernes Beispiel würde folgendes
sein: Böhmische Musikanten für Bettel-
musikanten. Denn Böhmische M. wird, me-
tonymisch für Prager Musikanten gesagt.
Letzteres aber (M. aus Prag) ist homonym
mit Prager M. = Bettelmusikanten.
4. Die Lehre tohl redneritchen Aasdnick. (§ 10.)
665
zu verstärken und ist namentlich dann verstattet, wenn die Sache, von der
wir sprechen, wirklich das gewöhnliche Mass überschreitet. Man redet
von „bimmelhochragenden'' Felsen. Verg. Aen. I, 162: geminique minantur
in coebim scopuli, Horaz sagt carm. I, 1. 26, um einen hohen Grad seiner
Freude auszudrücken, sublimi fcriam sidera vertlce.
Manches wurde zu den Tropen gerechnet, was, da dadurch nichts am
Sinne geändert, auch kein Wort an die Stelle eines anderen gesetzt wurde,
eigentlich nicht darunter gehörte. So das Hyperbaton, eine freiere Wort-
stellung, in der Kegel also die Hervorhebung eines bedeutsamen Begriffs
durch seine Stellung zu Anfang oder am Schluss des Satzes, z. B. Cic. pro
Mil. 4: silent leges intar arma. De off. HI, 11: est hominum naturne, qimm
sequi debemus, maxime inimica crudelitas, Anastrophe, Tmesis, Paren-
thesis sind lediglich grammatische Begriffe. £benso die Synchysis,
d. h. ein Hyperbaton, unter welchem die Deutlichkeit des Sinnes leidet. In
der Prosa ist sie als fehlerhaft zu vermeiden. Auch die Hysterologie,
oder das nQmO-vaxeQov^ der sensuum ordo praeposterus, z. B. Verg. Aen. II,
353: nioriamur et in media arma ruamus, oder Hom. II. ^ 251: afjia
TQccfffv i)6* iyivovzo^ ist kein eigentlicher Tropus. Ebensowenig die Ono-
matopoeie, mag man darunter die Neubildung eines Wortes, oder die An-
wendung eines in der Sprache bereits vorhandenen verstehen, durch welches
ein gewisser natürlicher Laut veranschaulicht werden soll, wie die Worte
zur Bezeichnung der Stimmen verschiedener Tiere. Oder die Katachrese,
bei der man durch ein vorhandenes Wort ein nicht vorhandenes ersetzt,
also eine sprachliche Lücke ausfüllt, wenn man also lapidare auch in den
Fällen sagt, wo nicht mit Steinen, sondern mit Erdschollen geworfen wird,
oder wenn parricidmm nicht bloss den Vatermord, sondern auch den Mutter-
niord bezeichnet, weil matricidium ungebräuchlich ist.
Wie sich unter den Fehlern der Soloecismus zum Barbarismus ver-
hält, so verhält sich auf dem Gebiete der exomationes das (rxwcc, die
Figur, zum Tropus. Letzterer hat es mit einzelnen Wörtern zu thun,
erstere dagegen mit der inneren Verbindung mehrerer Wörter im Satze.
Man teilt die Figuren ein in axT^fiara Xoyov und axiqixaia Siavotaq, in Wort-
und Sinnfiguren. Erstere lassen sich verändern und beseitigen, ohne
dass der Sinn des Ausdrucks dadurch geändert oder beeinträchtigt würde,
letztere nicht. ^) Die Wortfiguren zerfallen wieder in grammatische und
rhetorische. Erstere sind nichts weiter als durch den usus gerecht-
fertigte Soloecismen, allerlei Abweichungen vom herkömmlichen Gebrauch
der Kasus, Tempora, Personen und Modi, Wendungen also wie gladio jni-
(fimcissima gens Uomani, saueius pectus, nuda genu, lüus mfis statt plus
quam safis u. dgl. Auch diese rein grammatischen Figuren können massig
an dem gehörigen Orte angewandt eine angenehme Abwechslung in das
regelrechte Einerlei des Ausdrucks bringen und somit in der That zu seinem
') Alex. p. 10: ro dt fijg Xe^eotg <r/^/ua
ToO jijg diayoing dtatpegei^ oii t6 fiiy xiyij-
%^eiaf]g rijg Af^eco^ rijg avaj^ovcrjg xo aj^ijfia
uTiäXXvTcti, jov de irjq diayoiag ayrjfiajog,
xiiy TU oyofÄUTu xiyj rtf, xtiy ktiqoig oyofiaaiy
i^eyeyxn, i( avro ngüyfia fjtiyBi, ofioitog de
xay ij avyrtt^is xiyf]&j rj TtQoaTe&g xai ntpai-
ge^j Ti, Xverai to <r/i7/un i^c Xe^ewg. Vgl.
Aq. Rom. p. 28. Fortuoat. p. 126. Kh. Gr.
V, 456.
666 !>• Rhetorik.
Schmucke beitragen. Bei den rhetorischen Wortfiguren handelt es sich aber
nicht mehr um die grammatische ratio hquendi, sondern um eine absicht-
lich gewählte Gestaltung des Ausdrucks. Sie entstehen zunächst durch
Hinzufügung oder Wiederholung. Man setzt also dasselbe Wort zwei-
mal hintereinander, um dem Ausdruck einen pathetischen oder amplifizie-
renden Anstrich zu verleihen, die sogenannte ävaiinXcoaig oder naXiXXoyia^
canduplicatiOf iteratio, z. B. Sapph. fr. 109: nagO^cvia, naqO^evia^ not fu
Xinoia* anoi'xfi; Horat. carm. II, 14, 1: eheu fugaces Postume, Postume,
labuntur anni. Erhöht wird die Wirksamkeit dieser Figur durch das Da-
zwischentreten eines Wortes, wie eixri ydq^ tlaiv Dem. Ol. IV, 18. suscepi
causam, Torquato, suscepi et feci libenter Cic. pro Süll. 6, 20. Die Wieder-
holung desselben Wortes am Anfang mehrerer aufeinander folgender Satz-
glieder {xwXa), eine Figur, deren sich namentlich Demosthenes und Cicero
sehr häufig bedienen, giebt der Rede den Charakter nachdrücklicher, ja
heftiger Lebendigkeit. Dies ist die Anaphora oder Epanaphora, repc"
titio. Cic. Phil. XII, 12, 29: credunt improbis, credunt turbulentis, credutU
suis. Doppelte Anaphora Dem. Mid. 72. Cic. pro Süll. 5, 14. Seltener
findet sich die Umkehrung der Anaphora, die Antistrophe, die Wieder-
kehr desselben Wortes am Schlüsse mehrerer auf einander folgender Glie-
der. Cic. Phil. I, 10. 24: de exilio reducti a mortuo, civitas datu a mortuo,
sublata vcctigalia a mortuo. Die Vereinigung von Anaphora und Anti-
strophe giebt die Symploke, complexio. Aesch. Ctes. 202: inl aavtov
xaXeTg^ inl tovg vofiovg xaXsTg^ ini tijV StjfioxQartav xaXfTg, Cic. de leg.
agr. II, 9, 22. Eine Wiederholung desselben Wortes in verschiedenen
Kasus, wie Isoer. XVI, 41: ex navxog tqottov xivSvvfvwv r« /i*r v(p' vfion^
1« dt /i6i>' r/iftii', r« dl 6i' vfiag^ rd 6* vntQ r/ioTr heisst Polyptoton.
Werden zur deutlicheren Bezeichnung einer Handlung oder eines Zustandes
verwandte Begriffe aneinandergereiht, so ist darauf zu sehen, dass die Be-
deutung der einzelnen sich womöglich steigert, wie Cic. Cat. II, 4: abiity
excessit^ evasit, erupit Phil. II, 32: nihil qucror de Dolabclla, qui tum Cf^f
imptilsHS, inductus^ clusus. Man spricht in diesem Falle von (TtnaO^QOKrinoc,
congerieSy incrcmcnium, ohne dass damit eine eigentliche Figur bezeichnet
wird. An Kraft und Eindringlichkeit gewinnt die Reihenfolge der Begriffe
durch die Weglassung der Koniunktionen, das davrSttov^ während dessen
Gegenteil, das noXvavvöeTov^ die Rede würdiger und grossartiger erscheinen
lässt. Zur wirklichen Wortfigur wird die Steigerung erst bei der xXTfxa^,
gradatioy bei welcher der vorangehende Begriff immer erst wiederholt wird,
bevor der nächste sich anschliesst, eine Figur, die wegen ihrer zu grossen
Künstlichkeit nur selten zur Anwendung kommen kann. Das berühmtest«
Beispiel Dem. de cor. 179: ovx tlnov fitv ravta, ovx eyQaipa St, ov6' eyQa^ta
/tfc'i', ovx inQsaßevaa 6t\ ovd* inqtaßsvaa /u'r, ovx ^n&iaa 6t Oiißafovgy dXX*
lino xT^g dq^f^g 6id Tidvrwv ItxQi trfi reXsvTifi äu^ijXO^ov.
Wie durch Hinzufügung und Wiederholung, so lassen sich Wort-
figuren auch durch Weglassung bilden, doch sind dieselben, wie die
Ellipsen, desgleichen das ebengenannte Asyndeton, eigentlich mehr grammati-
scher Art. Als rhetorische Figur lässt sich eigentlich nur das Zeugma oder
avyt^evyf^it'vov, die admnctio betrachten, bei welcher ein Begriff, der genau
4. Die Lehre tohl redneriBchen Aasdraok. (§10.) 667
genommen nur zu einem dabei stehenden Wort oder Satzteil passt, in der
Weise einmal gesetzt wird, dass für die übrigen Wörter oder Satzteile ver-
wandte oder modifizierte Begriffe daraus zu ergänzen sind, z. B. Hes. Theog.
640: vhxxaQ t* ci/ißQoaitjv te, tansq 0-eoi avroi edovai. Soph. Oed. tyr. 371:
TVffXoq td x' oira, xov x€ vovv^ xd x' ofifiax* si. In rednerischer Prosa sind
derartige Beispiele jedoch selten, Cic. pro Rose. com. 10, 28: nemo illum
ex frunco corporis spectabat^ sed ex artißcio comico aestimahat, wo aus
nemo im zweiten Gliede quisque zu ergänzen ist. Häufiger sind Fälle, in
denen ein Verbum oder anderes Wort mit einem dazugehörigen Substan-
tivum im eigentlichen, mit einem andern im übertragenen Sinne zu verbin-
den ist, wie Cic. pro SuU. 11, 33: erigite mentes auresque vestras. Jedes
derartige avvt^tvyntvov lässt sich natürlich in ein iie^evyixbvov auflösen.
Eine dritte Klasse von Wortfiguren entsteht durch eine kunstvolle
Gegenüberstellung teils gleicher, teils ähnlicher, teils auch entgegengesetzter
Wörter, wodurch allerlei Klanggebilde und Wortspiele zustande kommen.
Hierhin gehört zunächst die Paronomasie mit ihren Unterarten. Die ein-
fachsten Arten sind die absichtliche Gegenüberstellung aktiver und passiver
Formen desselben Verbi, wie fx^j ^^^ ^oiiai im bekannten Ausspruch des
Aristipp, die absichtliche Einführung eines compositi nach seinem simplex —
Aesch. Ctes. 83: od* dirrjyoQevs firj Xafißdveiv, ei SiSvaatv^ dXXd iit] diiodiöwai^
der Wechsel der Praepositionen in Kompositis — Cic. Cat. I, 1 1 : ut als te
non emisstis e-x urhe, sed immissus in urbem esse videatur, ib. 10: ut cxul
potiiis temptare, quam consul vexare rem publicam jwsses. Ferner das so-
genannte (fx^ificc hvfiaXoyixov, die Verbindung eines Verbi mit einem von
demselben Stamme abgeleiteten Substantivum, häufig im Griechischen, ver-
hältnismässig selten im Lateinischen. Endlich die dvxavdxXamg oder diti-
furdO^f^fTtg^ die Wiederholung desselben Wortes mit verschiedener Bedeutung,
z. B. Isoer. IV, 119: d/ia ydg iifieTq xd xijg dgx^^ dn€(fx€Qovfifx^a xai toTg
"EXh^aiv aQXf] ^«'^'' xaxwv syiyvtxo. — Eine weitere Gruppe hierhergehöriger
Figuren sind diejenigen, bei denen ein Gleichklang, oder wenigstens eine
Konformität ganzer Satzglieder beabsichtigt wird. Bestehen zwei Glieder
einer Periode im ganzen und grossen aus gleich viel Silben, so giebt dies
die Figur des iaoxoiXov oder ndqiaov. Enthalten die gleichen Glieder auch
noch ähnliche Wörter, besonders am Anfang oder Ende, so wird das
TidQiaov zum nagoiioiov. Isoer. Hei. 17: xal xov fuv imnovov xal im-
xd'dvvor xov ßiov irtoirfls^ xijg dh neqißXsnxov xal nsQifidxt^xov xi]v (pvtnv
xctxiaxrflev, or. IV, 65: ext i* dywvag idetv firj iiovov xd%ovg xal ^wfxrfi^ dXXd
xfd XoycDv xal yi'oifit^g. Unterarten des nagofioiov sind das ofjioioxäXevxoVy
die Wiederkehr gleicher Wortlormen am Ende der Kola, z. B. Cic. pro
Quint. 23, 75: ut si veritatem volent retinere, gravitafem possint obtinere,
und das ofxoioTxxMxov^ die Wiederkehr gleicher Kasus am Ende der Kola
oder innerhalb einer Periode. Die ofioioxeXevxa^ also eine Art Reim, finden
sich in der Poesie ziemlich häufig, sind jedoch in der Prosa nur selten, wie
denn überhaupt alle diese Figuren, die man unter dem gemeinschaftlichen
Namen der Paronomasie befasst, und welche eine charakteristische Eigen-
tümlichkeit der unter dem Einfluss des Gorgias stehenden älteren sophistischen
Prosa ausmachen, in der dywviaxixfj Xe^ig von sehr beschränkter Zulässigkeit sind.
668 D. Rhetorik.
Die letzte Klasse der Wortfiguren endlich sind die sogenannten Anti-
thesen, welche durch die kunstvolle Gegenüberstellung entgegenstehender
Wörter, mit denen zugleich ein Gegensatz im Gedanken verbunden ist,
gebildet werden. Sie bilden den Übergang zu den Sinnfiguren. Cic. de
am. 1, 5: sed ut tum ad senem senex de senectute, sie hoe libro ad amicum
amieissimus serlpsi de amieitiu. Dem. de cor. 265: ididaaxsg YQdfifuna,
eyto Sh €(foh(i)V • itbXfig^ eyvi Ü ereXovfiijv • itQirayioviateig^ eyoi i^ iO-eiiqovv '
fygafifidtfvfgy iyw dk exxXrjaia^ov • H^ämmeg^ iyd i^ iavQnrov. Über die
Unterarten der Antithesen herrscht bei den Rhetoren keine Übereinstimmung.
Noch wirksamer aber als die Wortfiguren sind die Sinnfiguren, deren
geniale Behandlung mit zu den charakteristischen Eigentümlichkeiten der
Demosthenischen Beredsamkeit gehört. Zuerst ist hier die rhetorische
Frage zu nennen, welche angewandt wird, um den Gegner zu drängen,
um Unwillen oder Verwunderung auszudrücken, um Gehässigkeit oder Mit-
leid zu erregen. Bisweilen folgen ganze Reihen von Fragen ununterbrochen
auf einander. Gibt der Redner auf eine aufgeworfene Frage gleich die
Antwort — auch diese kann wieder in Frageform gekleidet seiif — oder
schiebt er einer an den Gegner gerichteten Frage seinerseits eine Antwort
unter, so gibt dies die Figur der Hypophora oder Anthypophora.
Sucht er einem etwaigen Einwurf des Gegners zuvorzukommen und ihn im
voraus zu entkräften, so gibt dies die Figur der Prokatalepsis, prae-
sunipüo. Eine entschuldigende Wendung, mit der man dem etwaigen niiss-
liebigen Eindruck einer nachfolgenden gegen den Gegner gerichteten Be-
merkung vorbeugen will, wird als ngoSiogO^coaig oder nqod^sqaneia bezeichnet.
Ihr Gegenteil, also die nachfolgende Verbesserung oder Einschränkung
einer voraufgegangenen Behauptung, heisst emSwQiJ^ioaic. Beide zusammen
geben die diKfiöioQO^maig^ durch die man einen doppelten Anstoss zu be-
seitigen sucht. Macht man einen etwaigen Einwurf des Gegners dadurch
unwirksam, dass man die Sache, um die es sich handelt, wenn auch in be-
schönigender Weise selbst zugesteht, so giebt dies die Figur der (Tvyx(OQr^^tc^
confessio. — Den Eindruck der Glaubwürdigkeit gewinnt unsere Rede
durch die Figur des Zweifels, der Sianoqriaig^ bei der wir scheinbar in
Ungewissheit sind, von wo wir anfangen, wo wir aufhören, was wir über-
haupt sagen sollen. Fragt man scheinbar die Richter, oder wohl selbst
den Gegner um Rat, was man thun soll, so wird dies als dvaxoivfaaig^
xoironia, communicatio, bezeichnet. Sehr geeignet, um Mitleid zu erregen,
ist es, wenn man eine Sache völlig dem Ermessen der Richter, auch wohl
der Gegner, anheimstellt, die inixQOTit]^ permissio, — Andere Figuren geben
der Rede den Anstrich des Leidenschaftlichen. So die Ausrufungen, Be-
teuerungen, Schwüre. Oder sie erhöhen das ijO^og des Redenden durch frei-
mütige Äusserungen, wie denn die naggt^ata, liccnfia, als besondere Figur
genannt wird. Wendet man sich im Verlauf der Rede von den Richtern
plötzlich an die Gegner, oder andere Personen, so wird dies als dnoarQOffi]^
aversus a ludice sermOf bezeichnet. Unterbricht man plötzlich seine Rede,
im Zorn, oder aus Furcht und Scheu etwas Anstössiges, Verletzendes zu
sagen, auch wohl zum Ausdruck des Unwillens und der Entrüstung, so
gibt dies die Figur der Aposiopese. Dem. de cor. 12: «A/' inol iluv — ov
4. Die Lehre tohl rednerischen Ansdrnck. (§11.) 669
ßovXofiai 6t Svax^Qtg flneTv ovShv, ib. 22: eh* co — xi av htcojv at tig
oQx>(t}q TtQoaeinoi; nennt man etwas, unter dem Schein es zu verschweigen,
so wird dies als nagccXenlug oder naQaaifaTviflig^ occultatio, omissio, bezeichnet.
Es ist klar, dass sich die Anzahl derartiger Figuren noch beträchtlich ver-
mehren lässt.
Über Tropen und Figuren sind eine Menge Dissertationen und kleinere Abhandlungen
vorhanden. Hervorzuheben sind : J. Straub, De tropis et figuris quae inveniuntur in oratt.
Demosth. et Ciceronis, Aschaffenb. 1883. 6. Radtke, De tropis apud tragg. Gr. Berl. 1865,
HoppB, De tragg. Gr. translationibus, Berl. 1859. - Über Gleichnisse und Sentenzen bei
Demosthenes J. Lunak, Observv. rhett, in Demosthenem, Petersb. 1878. — 0. Ph. G.
Willmann, De üguris grammaticis, Berl. 1852. G. Dzialas, rhetor. antiquor. de figuris
doctrina, Bresl. 1869. E. Wölfflin, Die geminatio im lateinischen, Sitzungsb. der Bayr.
Akad. der Wissensch. 1882, S. 420-491. Das Wortspiel im Lateinischen, ebend. 1887, II, 2
S. 187- 208. L. Buchhold, De paromoeoseos ap. vett. Romanor. poetas usu, Leipz. 1884.
H. MoNSE, Vetenim rhett. de sententiarum figuris doctrina, Bresl. 1869. Waldenb. 1874.
R. Kühnlein, De vi et usu precandi et iurandi formul. apud dec. oratt. Att, Neustadt a. H.
1882. G. Gebauer, De praeteritionis formis apud. oratt. Att., Zwickau 1874. R. Majbwski,
De subiectionis et occupationis formis — apud Demosthenem, Königsberg 1887. C. Wey-
MAN, Studien Ober die Figur der Litotes, Leipz. 1886. L. Eggeb, Die Parenthese bei den
Attischen Rednern, Wien 1887. R. Schulze, De fig. etym. apud oratt. Att. usu, in Com-
meutatt. Ribbeck. Lips. 1888 S. 153-171.
Komposition und Rhythmus der Rede.
11. Frühzeitig wurde von den Stilisten der älteren sophistischen Zeit
— Thrasymachus, Isokrates — erkannt, dass auch der prosaischen Rede
ein gewisses musikalisches Element innewohne, dass dieselbe zwar nicht,
wie die poetische A*?«^, ein sprachliches ^vO^fii^ofiivov sei, aber doch keines-
wegs gänzlich des Rhythmus entbehre, und dass durch gehörige Berück-
sichtigung dieses musikalisch-rhythmischen Elements eine kunstmässige
Durchbildung der prosaischen Rede möglich sei, durch welche dieselbe,
auch abgesehen von dem Schmuck durch Tropen und Wortfiguren, auf
das Ohr einen in seiner Art nicht minder befriedigenden Eindruck mache,
als die Sprache der Dichtkunst. Diese Erkenntnis und mit ihr das Streben
nach Wohlklang, symmetrischem Bau und rhythmischer Färbung der Prosa
ist nun das ganze Altertum hindurch von der rhetorischen Theorie fest-
gehalten und von der rednerischen Praxis in bewundernswerter Weise
bethätigt worden. Uns kommen die darauf bezüglichen Vorschriften, die
ja alle nur auf eine gewisse Analogie zwischen der prosaischen und
poetischen Rede hinauslaufen, freilich etwas vag und unbestimmt vor, weil
wir gewohnt sind, bei der Betrachtung der Prosa vom grammatischen Be-
griff des Satzes auszugehen und in der geschickten Verknüpfung ver-
schiedener Arten von Sätzen zu einem grösseren, wohlgefügten Ganzen die
Kunst der prosaischen Rede zu erblicken, ein Gesichtspunkt, welcher der
alten Rhetorik völlig fremd ist.
Die prosaische Rede ergeht sich entweder in fortlaufenden Reihen,
deren Ruhepunkte ohne bestimmte Begrenzung durch die Sache selbst, über
die geredet wird, zustande kommen, oder aber sie ist in sich abgerundet
und periodisch. Man unterscheidet demnach eine Xt^ig HQOfitvrj und eine
kt^ig xaveaxqanntvt]^ er TrsQioioig.^) Eine Periode zerf&llt, wie in der Metrik
>) Arisfc. Rhet. III, 9.
670 !>• Rhetorik.
das System, in xdiXa^ membra, und diese wieder in xofifxaTa oder incisa.
Genaue Definitionen dieser Begriffe werden von den Rhetoren nicht ge-
geben. Ein Kolon hat die ungefähre Länge eines epischen Hexameters.
Werden drei oder vier Kola durch den Sinn zur Einheit einer Periode ver-
bunden, so übertrifft gewöhnlich das letzte die voraufgegangenen an Länge
und hat noch eine besondere Abrundung am Schlüsse, eine xa/i/r?;, voraus.
Mehr als viergliedrige Perioden waren selten. DafDr gab es auch ein-
fache, oder eingliederige Perioden, neqiodoi fiovoxcoXot, änXat, d^sXeTg^
in denen natürlich das eine Kolon in Kommata zerfallen muss, während
dies bei der zweigliedrigen Periode nicht nötig ist. Als Beispiel einer ein-
gliedrigen Periode mag der Satz des Annius Florus gelten: staUm par
Iwrrore, par vertice, par ille nivibus Aljnnis Pyrenaeus excepü. Als Beispiel
einer zweigliedrigen Periode bei Demetrius — ov yaQ ro elneXv xakwg
xaXoY^ aXXd %d dnivra igdaat %d eiQrj^uva. Viergliedrig Dem. Ol. IT, 3:
o ju^i' Y^Q o(f(ii nXciova vnlq ti]v d^iav nsnohixe rrjv avTOV^ tocovrfjt xP^av-
liaavovfQoq nagd ndai vofit^etaiy vfieXg S' ocr») x^^Q^^' ^ nQocijxe xtxQifiO-B
%oTq ngdfiiaai^ TotfovKi) nXeiova alaxvYYiV (Oiß>XrjxaxB,
Die Xb^ig dycovianxt]^ also die wirkliche Beredsamkeit, verlangt nun
eine Mischung der Xä^ig eiQoinbvrj und xccTeargafiiibvr]^ denn die rein perio-
dische Ausdrucksweise ermüdet durch ihre Künstlichkeit. Innerhalb der
periodischen Reihen sind aber die Wörter kunstmässig zusammenzustellen,
und zwar ist dabei auf ihre Ordnung, ihre Verbindung und den Rhythmus
zu achten. Die Ordnung anlangend, so ist überall auf Steigerung der
Rede Bedacht zu nehmen, auf das weniger Deutliche muss immer das
Deutlichere, auf das Kleinere das Grössere folgen.*) Soweit es irgend an-
geht, muss der Satz immer mit einem Verbum schliessen, weil in den
Verben die eigentliche Kraft der Rede liegt. An die Stelle des Verbi kann
aber auch ein anderes Wort treten, dem der Sinn einen besonderen Nach-
druck oder Wert verleiht. Die Verbindung anlangend, so dürfen zu-
nächst die Schlusssilben eines Wortes mit den Anfangssilben des darauf
folgenden nie ein unschickliches, obscönes Wort bilden. Zweitens ist nach
Möglichkeit der Hiatus zu vermeiden, um nicht bei der Aussprache eine
Pause eintreten zu lassen, wo dieselbe sinnstörend wirken könnte, nament-
lich also der Zusammenstoss von Vokalen, die mit verschiedener Mund-
stellung hervorgebracht werden. Ebenso ist der Zusammenstoss harter
Konsonanten zu vermeiden, also s vor nochmaligem s oder x, ferner alle
sogenannten frcni (xakivoi) und dvanQoifOQu^ also eine Reihe Wörter, die mit
demselben Buchstaben anfangen, oder gleiche Flexionsendungen aufweisen.
Ebenso fehlerhaft ist die Wiederholung ein und desselben Wortes rasch
hintereinander, ausser wenn eine bestimmte Wortfigur damit beabsichtigt
wird. Noch weniger dürfen die Schlusssilben eines Wortes als Anfangs-
silben des nächsten Wortes wiederkehren. Sorgfältig hat man ferner eine
längere Reihe einsilbiger Wörter zu vermeiden.-) — Den Rhythmus an-
') Demctr. de eloc. 50. und unschöne findet, ist nicht zu verwundern.
'^) Dass sich trotz sorgfältiger Berück- Hierüber ein interessanter Aufsatz von 11.
siehtigung der rhetorischen Regeln über den I Kraffert, Kakophonie im Lateinischen, iu
Wohlklang der Rede, selbst bei guten Au- Zeitachr. f. Gymnasialw. 1887 S. 713 fF.
toren hier und da einzelnes übelklingende
4. Die Lehre Tom rednerischen Ansdmck. (§12.) . (>71
langend, so ist darauf zu achten, dass der Anfang und der Schluss einer
Periode einen oder auch mehrere, dann aber nicht gleiche Versfüsse deut-
lich zu erkennen giebt und dass damit auch der Schluss der Kola, also
die Mitte der Periode, in gewisser Übereinstimmung steht. Im allgemeinen
sind die volleren aus langen Silben bestehenden Füsse nachdrucksvoll, die
kurzen rasch und beweglich. Es ist daher fehlerhaft, wenn man langsame
Füsse nimmt, wo die Rede den Charakter der Schnelligkeit verlangt, und
umgekehrt. Als besonders geeignet für Anfang und Schluss empfiehlt
Aristoteles den Päonischen Rythmus, *) und zwar für den Anfang — ^ ^ ^
für den Schluss ^ ^ ^ — . Aber auch Dichorei, Molossi, Cretici, Palimbacchien
sind für den Schluss geeignet. Nie aber dürfen deutlich erkennbare Vers-
teile oder gar ganze Verse die Rede verunzieren. Eine Hauptregel für gute
Komposition ist es dabei, allen Anstrich des Gemachten sorgfältig zu ver-
meiden, daher darf man sich zu Gunsten des Rhythmus auch keine zu langen
und auffälligen Hyperbata erlauben, noch weniger die Rede mit unnützen
Flickwörtern überladen.*)
C. Steinkb, De numero oratorio, Pos. 1850. Devocismotu oratorio sonorumque con-
sonantiis a Graecis in die. adhibitis, Pos. 1864. A. Schmidt, Zur Lehre vom orat. numerus,
Mannheim 1858. G. Amsel, De vi atque indole rhvthmorum quid veieres iudicaverint,
Bresl. 1887. J. V. Fbitzsche, De numero pedestri (Lucian. III, 2 p. LXXXII sqq.). Für
Isokrates: K. Peters, De Isocratis studio numerorum, Gratulationsschr. Parchim 1883.
Für Demosthenes: Blass, Att. Bereds. III, 1. S. 114 IF. (Demosthenes hat die Anhäufung
von mehr als zwei Kürzen möglichst vermieden). Demosth. Studien im Rhein. Mus. 1888
S. 268—290. C. JosEPHY, der orat. numerus hei Isokrates und Demosthenes mit Berück-
sichtigung der Lehren der alt. Rhetoren, Zürich 1887 (behandelt vornehmlich die Perioden-
schlüsse). Für Cicero : G. Wuest, De claus. rhet. quae praecepit Cicero quatenus in oratt.
secutus sit (Dissert. philol. Argentorat. sei. V p. 227 sqq.) Argentor. 1882. (mit dem inte-
ressanten Ergebnis, dass Theorie und Praxis bei Cicero so ziemlich übereinstimmt). E.
Müller, de numero Ciceroniano (Kieler Dissert.) Berol. 1886. — Ober die griechische
Periode im allgemeinen: Bernhardt, Begriff und Grundform der Griech. Periode, Wiesb.
1854. L. DissEN in der Einleitung zu Dem. de cor. Götting. 1837. — Iliat.: G. E. Bek-
HELER, De hiatu in orator. Atticis et historicis Graecis, Friberg. 1841.
Die Stilarten.
12. Die Anwendung dessen, was über den Schmuck und die Kom-
position der Rede gesagt ist, wird nun aber, wie dies schon Aristoteles
gelehrt hat, 3) nach den verschiedenen Arten der Beredsamkeit eine ver-
schiedene sein. Er selbst unterscheidet dabei die yQatpixjj Xe^ig der epideik-
tischen Beredsamkeit, von der äyioviarixrj Afc?ig, der Beredsamkeit vor Ge-
richt und vor der Volksversammlung. Erstere ist ihm die äxQißeavaTij,
Bei ihr hat man nun wieder verschiedene x^Q^^'^^jQ^^ oder Stilarten unter-
schieden und zwar ist das zuerst, so viel wir wissen, durch Antisthenes
geschehen.'*) Ausführlicher behandelt wurden sie dann von Theophrast in
der Schrift Tragi Xt^swg, welcher eine erhabene, mittlere und niedrige
') Arist. Rhet. III, 8.
2) Cic. orat. 69, 231. Fortunat. p.l28.
3) Arist. Rhet. III, 12 : M d^ fitj XeXfj-
&tyfa, ort ukXt] ixaaxM yiyn uqfAoxxBt Xe^i^.
ov )'((Q ij «i'TiJ ygafpixij xai aytjyiarixfj, ovdi
dr]/A7]yoQtxt] xnt dixayixy. afi(f(o di ayayxtj
ei&t'ycd. Tu uiy ydg iatiy eXXfjyiieiy iniatayai,
10 (fe tit] uyKyxd^eaSai xuTaananäy, «V Ji j
ßovXtjTttt uSTudovyai roTs ciXXoigj oTieg tt«-
d^ovaiy ol fitj inicjttfieyoi ygatpeiy. ean cT^
Xi^ii ygnfpixij fjiky t) axQißeaiiat}, ayotyiaiixi}
6k ij vnoxQinxonürrj. ravrtjg ifk dvo sidtj'
y fiiy yaQ ^Oix^, ij di Tta^tjrixij.
■*) Seine Schrift negl Xik^tag tj negi /«-
QaxxrJQiay erwähnt Diog. Laert. VI, 16.
672 !>• Bhetorik.
Stilart unterschied, für welche bei den Späteren — und wohl schon bei
ihm — gewöhnlich die Bezeichnungen digov^ luaov, hxrov (nämlich y^vog),
bei den Lateinern giande oder sublime, medium, tenue üblich waren.')
Wenn wir bei Dionysius von Halikarnass lesen, dass nach Theophrast die
erhabene Stilart durch dreierlei zu stände kömmt, durch die Wahl der
Worte, die aus ihr sich ergebende Harmonie und die sie umfassenden
Figuren,-) so dürfen wir wohl annehmen, dass er auch bei den anderen
Stilarten dieselben Elemente ins Auge gefasst hat. Ebenso ist es wahrschein-
lich, dass bereits er, wie dies nach ihm Varro bei öellius thut,*) den drei
Stilarten drei fehlerhafte Ausartungen, gleichsam Parekbasen, zur Seite ge-
stellt hat, dem grande das inflatum ac tumidum, dem tenue das aridum ei
siecum, dem medium das dissolutum, guod est sine nervis et articults. Es
hatte nicht viel auf sich, dass man die ursprünglichen Bezeichnungen der
drei Stilarten hie und da durch andere, scheinbar oder auch wirklich zweck-
mässigere ersetzte. So finden wir, dass man statt aSgov auch vipr^kov,
asi^ivov, ntQiTiov, avan^Qov, ßaqv^ fieyaXonQeTTtg, statt Itfx^ov auch a^eXtc
oder XiTov sagte. Wichtiger war es, dass man den unbestimmten Begriff
des lühaov durch ävO^r^gov und yXaifVQov, also eine bestimmtere Bezeichnung
ersetzte.^) Noch wichtiger, dass man innerhalb jeder Stilart eine doppelte
Schattierung, so zu sagen, unterschied, je nachdem die charakteristische
Eigentümlichkeit derselben stärker oder schwächer hervortrat.^) Das aller-
wichtigste aber war, dass man sich allmählich dazu entschloss, die Lehre
von den Stilarten auch auf die äycovKfTixrj Xi^ig anzuwenden. Dazu wirkte
einerseits der Umstand, dass die Anleitung zur praktischen und nicht zur
Kunstberedsamkeit den eigentlichen Unterrichtsgegenstand der Rhetoren-
schulen in den Zeiten der Asianischen Beredsamkeit ausmachte, anderer-
seits die seit Kleochares allgemein werdende Anerkennung des Demosthenes
als des eigentlichen vollendeten Meisters der wirklichen Redekunst. Der
praktische Redner hat aber vor allen Dingen praktische Zwecke zu ver-
folgen. Je nach seiner Individualität wird ihm die eine Stilart mehr, die
andere weniger zusagen, aber er kann sich an keine ausschliesslich binden,
sondern er wird immer sein Augenmerk darauf richten, durch Anwendung
aller verfügbaren Mittel der Kunst, vor allen von ij^og und naO^og^ seine
Zuhörer zu überzeugen, ja zu überreden, und in der Erreichung dieses
einen Zieles feiert er den Triumph seiner rednerischen Gewalt, seiner denoii^^.
Ohne dttroii^g giebt es im i^oyog noXiTixog^ d. h. der agonistischen Rede,
keinen Erfolg. Wir wissen nicht, wann und durch wen dieser Begriff zu-
erst in der Rhetorik Eingang gefunden hat. Mit der vorhandenen StiN
') BLASS, die Griech. Bereds. S. 81. | Jul. Vict. p. 4:^8.
'') Dionys. de Isokr. iud. 8: x€t»6Xov 6h \ *) Quintil. XII, 10, 58: altera est diri-
TQitoy oyTüty, wV q>f]ai SeotpQttaTog, ic <ov ' sio, quae in tres partes et ipsa discedit, ijua
yiyertd t6 ^tya xal aefAvoy x(u TieQijtoy fV I discerm posse etiam recte dicendi gmera
Xe^€tf Tfjg r* ixXoyrjg riöy oyo/naTtoy xal rijg
ex Tovtwy uQfÄoylag xal rtüy nsQiXa^ßayoyrtoy
iivT(< a/tjf4((T(oy,
5) Gell. VI, 14. vgl. Cornif. IV, 8, 11.
inter ne ridentur, namque unum subtile,
quod iaxyoy vocant, alterum gründe atque
robustum, quod d^Qoy dicunt, cotistituutit :
tertium alii medium ex duobuSf alii floridum
Cic. orat. 21, (19. de orat. III, 52, 199. 55, ' {namque id dyt^goy appellant) addiderunt.
212. Quiut. XII, 10, 58. Fortunat. p. 125. j ^) Cic. or. 5, 20. Fortunat. p. 125.
4. Die Lehre vom rednerischeu Aasdrnok. (§ 12.) 673
lehre Hess er sich aber in doppelter Weise verbinden. Entweder man
setzte die ieivotrjg als gleichberechtigte vierte Stilgattung neben die drei
älteren, oder aber, und das war das richtige, man ordnete die Seivvnjg den
älteren Stilgattungen über und betrachtete als ihre charakteristische Eigen-
tümlichkeit die gleichmässige Beherrschung sämtlicher Stilarten und ihre
durch das jeweilige Bedürfnis der Rede bedingte Verwendung. Das erstere
hat Demetrius in der Schrift nsgl iQfirjveiag gethan, das letztere Dionysius
von Halikarnass, besonders in der Abhandlung über die Xexuxi] deiv&irjg
des Demosthenes. Die von ihm vorgetragenen Ansichten sind wohl als die
Summe dessen zu betrachten, was in der Stoisch-Pergamenischen Rhetorik
über die Stilarten giltig war, daher wir sie in der Hauptsache, d. h. in
der Hervorhebung einer Notwendigkeit, die verschiedenen Stilarten in der
Rede abwechseln zu lassen und mit einander zu vermischen, bereits bei
Cornificius und Cicero antreffen.
Sobald die rednerische Superiorität des Demosthenes zur allgemeinen An-
erkennung gekommen war, und es als Aufgabe einer vollkommenen redneri-'
sehen Darstellung betrachtet wurde, es nicht zur Virtuosität in Handhabung einer
einzelnen Stilart zu bringen, sondern je nach dem rednerischen Objekt und
seiner Behandlung in den einzelnen Teilen der Rede (Cic. orat. 21, 69) die
jedesmal angemessene Abstufung und Spielart des Ausdrucks zu finden,
wurde die Behandlung und Charakteristik der Stilarten an sich für die
Rhetorik überflüssig. So tritt denn in der sophistischen Zeit an ihre Stelle
eine eingehende Betrachtung der ihnen zu gründe liegenden tiäai xov Xoyov,
d. h. der stehenden Grundformen des rednerischen Ausdrucks. Schon
bei Theophrast sind ISäa^ toi Xoyov gleichbedeutend mit dgcTai und x^Q^'
xTTjQeg.^) Die dgetai zerfallen in dvayxccTaiy d. h. solche Eigenschaften,
welche keine rednerische Darstellung entbehren kann, und im&exoiy acces-
sorische, welche eben durch ihre A^iwendung der Darstellung ein bestimmtes
Gepräge, einen besonderen xaqaiar^Q verleihen. Auch Dionysius weiss neben
den Stilarten und Harmonien des Ausdrucks von den aQexal und litai tov
Xoyov mancherlei zu berichten. Diese bereits vorhandene Lehre wurde also
jetzt wieder aufgenommen und weitergebildet. Der erste, der unter den
erhaltenen Rhetoren die Ideen systematisch behandelt, . ist Aristides.
Bei ihrer Ordnung und Aufzählung hält er sich an die Stilarten. Denn
wenn er in seinen rtxva^ ^rjvoQixal neql nohttxQV Xoyov folgende zwölf
Ideen aufstellt: (fsfivotrfi, ßccqvxrig^ neqißoXrjy ä^iontaua, affodqinrfiy ifi(fa(fig,
deivofrjg^ cTTifiäXeiay yXvxvvijg^ aaiptjvsia xal xa^aQorrjg, ßQCcxvvrjg xal avvTOf^uay
THiXaaig — , so ist unschwer zu erkennen, dass die ersten sechs dem ytvog
uSqov^ enifAeXeia und yXvxvxrfi dem y^vog dv&ijQoVy ßQCcxvxrjg xal avttofua
und xoXaaig dem yt'vog Itrxvov zukommen, aa^rjvcia xal xux^aq^rfi aber ala
dQaxal dvayxaXai allen yhvr^ gemeinsam sind. Die ieivoxrjg wird den übrigen
Ideen einfach koordiniert, gerade so wie sie Demetrius neben die drei Stilarten
als vierte stellte. Sie besteht bei Aristides nur im Gedanken, und er po-
lemisiert ausdrücklich gegen diejenigen, die sie noch in etwas anderem
suchen. 2) Sie tritt hervor in der klugen und sorgfältigen Vorbereitung
0 Simplic. in Aristot. categ. p. 3.
^) Anstid. p. 497: deiyotfjg ai yivBXM
Huidbucb der kUaa. Altertumawiuenachaft. II. 2. Aufl. 43
xtttd yytifirjy [Aoyax*»i£y bI di rig xat aXXo
Ti oSrrai, nXetatoy diafjia^jdyBi, ^
674
B. Rhetorik.
dessen, was der Redner zu zeigen sich vorgenommen hat, ebenso in der
vorhergängigen Vermeidung dessen, was man ihm etwa als Einwand ent-
gegenhalten könnte. Auch bei Hermogenes, dessen Schrift ne^ iSswv viel
sorgfältiger und gründlicher als die des Aristides ist, ist die ieivarr^g eine
Idee wie alle anderen, >) aber sie besteht, wie bei Dionysius, im richtigen
Gebrauch aller übrigen Ideen, überhaupt aller Mittel der rednerischen Dar-
stellung. Solche Ideen giebt es ausser der Seivotr^g bloss sechs: (fagnjvetaj
fuye&og, xdXXog^ yoQyottfi^ r-&og^ aXtid-tia. Aber die (fa(prjvfia kömmt zu
stände durch evxQiveia und xaS'aQorrjg^ das iitysO^oq zerfällt in die Unter-
arten der (fefivotrfiy 7i€Qißoi,ijy TQaxvrijg^ Xa^nqinrfi^ äxfiij und (f^odQovi^.
Die Ideen beruhen auf acht verschieden zu behandelnden Elementen: i\n*ota^
fu&o6og (d. h. die Ausführung des Gedankens, im Grunde die Sinnfigur),
Afcfi^, crx^yjua, xtoXov^ avv&rjxrj^ ^vO-fiog^ avanavaig. Die letzteren fünf bilden
zusammen die xaxanXoxfi xrfi aQfiovtag.^) Sie sind übrigens die Grundformen
aller prosaischen, ja selbst der poetischen Darstellung (wobei freilich über-
sehen wird, dass doch dem ^v^fnog in der Poesie eine ganz andere Bedeutung
als in der Prosa zukömmt). Durch die konkrete Anwendung der iaviTr^c
aber auf das Gebiet der rednerischen Prosa, d. h. also durch die Ver-
mischung sämtlicher Ideen (natürlich nicht aller zu gleicher Zeit) entsteht
der Xoyog noXitixog, die vollkommen kunstmässige Beredsamkeit, wie sie
im öffentlichen Leben in den drei Gattungen der gerichtlichen, beratenden
und epideiktischen Rede zur Geltung kömmt. Bei der beratenden Bede
überwiegt die Idee der Grösse, das Ethos tritt zurück. In der eigentlichen
Gerichtsrede überwiegt das Ethos, ätpeXeia und imeixtm: die ßaQvrtjg tritt
zurück; die Grösse liegt in der Ausführlichkeit der Gedanken. Im eigent-
lichen Panegyrikus tritt die Grösse mit Ausschluss der Schroffheit und
Heftigkeit in den Vordergrund, überall durchwebt mit Naivität und Lieb-
lichkeit. Er ist fast ganz Erzählung, daher fällt die Lebhaftigkeit der Dar-
stellung fast ganz weg. — Auf die späteren Römischen Rhetoren ist die
Idcenlehre ohne Einfluss geblieben.
Vgl. Volkmann, Rhetorik S. 532 — 562. Gegen den Zusammenhang der Ideenlehre
mit der Lehre von den Stilarten polemisiert H. Liers, Zur Geschichte der rhetorischen Ideen-
lehre in Jahn's Jahrh. 1885 S. 577 589. Doch s. C. Josephy, der orat. Numerus S. 1—28.
5. Die Lehre vom Gedächtnis und dem Vortrag.
13. Mit den Vorschriften über Invention, Disposition und rednerischen
Ausdruck hat die Rhetorik im wesentlichen ihre Aufgabe erschöpft. Was als
vierter und fünfter Teil sich anschliesst, ist nichts als ein Anhang praktischer
Bemerkungen. Zunächst für das Memorieren der Rede, worunter das wört-
liche Auswendiglernen einer vollständig fertiggestellten schriftlichen Aus-
arbeitung zu verstehen ist. Die Einführung der Mnemonik in den Bereich
der Technik ist nacharistotelisch. Es wird bei Cornificius und Quintilian -)
') Hermog. p. 268. 274. So auch bei
den Kommentatoren, vgl. Rh. Gr. V, 4()0.
Es ist durchaus irrig, wenn Baumoart, Ari-
stid. S. 224 behauptet, dass der Begriff der
deiyoTt]^ bei Hermogenes eine MittelsteUung
zwischen den Ideen und dem Xoyog noXtnx6<:
einnimmt. Es sollte dies der Fall sein, ist
aber nicht wirklich der Fall.
2) Rh. Gr. V, 440.
^) Comif. 111, 16—24 (auch in einer
5. Die Lehre vom Gedächtnie und dem Vortrag. (§ 13.) 675
die Verwendung von öedächtnisörtern, die man sich zu jeder beliebigen
Zeit vergegenwärtigen kann, und die Verbindung des zu lernenden Stoffes
mit den Örtern durch Gedächtnisbilder empfohlen, dasjenige Verfahren
also, dessen sich die Mnemonik noch gegenwärtig bedient. Für solche,
die sich dieses Verfahrens als eines zu umständlichen nicht bedienen wollen,
giebt Quintilian noch allerlei sonstige Ratschläge, die sich freilich im Grunde
alle von selbst verstehen. Man soll eine längere Rede nach kleineren Teilen
lernen, immer nach dem Konzept, sich dabei womöglich Seiten und Zeilen
merken, auf denen das einzelne steht, um dann beim Hersagen das Ganze
gleichsam abzulesen; man soll femer mit halblauter Stimme memorieren.
Je besser die Rede disponiert, je sorgfältiger sie ausgearbeitet und kom-
poniert ist, desto leichter lernt sie sich auswendig. Dem frischen Ge-
dächtnis soll man nicht allzuviel trauen. Viel besser sitzt das, was man
abends zuvor, als was man erst im Laufe des Tages gelernt hat.
Auch der Vortrag, vnoxqiai^^ actio, ist erst spät, d. h. seit den
Zeiten der Stoiker, von der Technik berücksichtigt worden, und auch hier
sind es wieder Cornificius und Quintilian, welche einigermassen ins einzelne
gehen. *) Der Vortrag ist die äussere Beredsamkeit, die auf Ohr und Auge
der Zuhörer wirkt und nicht minder als die innere, durch kunstmässige
Gestaltung den Zuhörer gewinnen, überzeugen und belehren will, und des-
halb von grosser Wichtigkeit. Ein guter Vortrag verlangt zunächst eine
vollkommen deutliche, fehlerfreie Aussprache, unterstützt durch ein klang-
reiches Organ und richtige Verteilung des Atems, ferner durch passende
Minen und Gesten, die nichts affektiertes haben dürfen, und eine richtige
Körperhaltung. Schon Chrysippus teilte die vnoxQiaiq ein in ndi^ri {tdaatq)
T/yc: (fonn^g und axtif-iura xov tfüifiarog. In der That sind vox, vultus, gestus
und corporis hahitus die wesentlichen Stücke, auf welche beim Vortrage
zu achten ist.
Morgenstern, commentat. de arte veterum mnemonica Dorp. 1835. — P. Franzius,
Eloquent, exter. spec. ad orat. Cic. pro Archia accommodat. (ed. Levezow, BerJ. 1823). --
Volkmann, Rhetonk S. 567- 580.
Die Leistungen der Alten auf dem Gebiete der Rhetorik verdienen
im ganzen und grossen unsere volle Anerkennung. Sie geben uns ein gut
gegliedertes, übersichtliches System von Kegeln und Vorschriften, welches
auf einer klaren Einsicht in Mittel und Zweck der Beredsamkeit beruht
und von dem Bewusstsein durchdrungen ist, „dass die Beredsamkeit eine
Kunst, der Redner ein Künstler, jede gute Rede endlich ein Kunstwerk
sei, und als solches von uns müsse betrachtet und gewürdigt werden^.
Die wissenschaftliche Behandlung des technischen Materials der alten Rhe-
torik, der Nachweis ihrer allmählichen Entwicklung, ihres Einflusses auf
einzelne Autoren wie ganze Litteraturgattungen, die Analyse rhetorischer
Griechischen Obersetzung des Maximus P)a-
nudes vorhanden). Quint. XI, 2 17—22.
27 49. Vgl. Cic. de or. II, 86. Aus Quin-
tilian scbdpften Fortunat. p. 128 ß. Mart.
Cap. p. 483.
>) Cornif.III, 11 flF. Quint. XI, 3 ff.
43*
676
D. Rhetorik.
Kunstwerke mittelst des von der Technik gebotenen Massstabes, i) ifare
Verwertung für die Exegese der Schriftsteller, namentlicfa der Historiker
und Dichter, die Verifizierung ihrer Regeln durch monographische Einzel-
untersuchungen, vor allem über die rhythmischen Kompositionsgesetze an-
erkannter Stilisten, bieten der philologischen Forschung noch gegenwärtig
ein weites, ergiebiges Arbeitsfeld.
*) In dieser Hinsicht sind als lehrreich
zu empfehlen die betreffenden Abschnitte
aus E. W. Wkbeb's Kommentar zu Demosth.
in Aristocr. Jen. 1845, sowie W. Fox, Die
Kranzrede des Demosthenes, Leipz. 1880.
E.
Metrik der Griechen und Römer
mit einem Anhang über die Mnsik der Grieclien
neubearbeitet von
Hugo Gleditsch,
ProfeKor uud Oberlehrer am Wllhelms-Oymnasiimi zw Berlin.
Inhalt.
a) Einleitung in die Metrik.
1. Begriff nnd Einteilung.
2. BhjthmiBche und metrische Theorie der Alten.
3. BearbGltungen durch die Neueren.
b) Rhythmisohe Fnndamentaltheorie.
1. Bbythmus und Bhythmlzomcnon.
2. Cbronoi und Silben.
3. Die Füne.
4. Die Kola.
5. Die Perloden.
6. Bysteme und Strophen.
7. Poetische Kompoeitionaform.
c) Metrik der Griechen.
1. EntWickel ung der metrischen Kunst bei den Oriechcn.
2. Die Metra der Griechen.
I. Die einfachen Metra.
II. Die zusammengesetzten Metra.
IIL Die gemischten Metra (Logaoeden).
IV. Die Dochmicn.
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen
d) Metrik der Bömer.
1. Entwlckolung der metrischen Kunst bei den Römern.
2. Die Metra der Römer.
I. Die uaiiouale Form der italischen Dichtung.
II. Die freiere Nachahmung der griechischen Metra,
nr. Die strengere Nachbildung der griechischen Metra.
e) Anhang. Mnsik der Griechen.
Einleitung in die IMetril(.
1. Begriff und Einteilung.
1. Metrik als Kunst hat die rhythmische Gestaltung des poetischen
Kunstwerks zu ihrer Aufgabe, sie ist also ein Teil der Dichtkunst. Gleich-
zeitig ist sie aber auch ein Zweig der rhythmischen Kunst, nämlich der-
jenige, welcher den Rhythmus in der menschlichen Rede {^t'^tg) zum Ausdruck
bringt, und ist als solcher der Harmonik und der Orchestik koordiniert,
von denen die erstere die Darstellung des Rhythmus in den Klängen der
Musik {jieXog), die letztere in den Bewegungen des menschlichen Körpers
{xivrflig awiictvixrj) zum Gegenstande hat.
Metrik als Wissenschaft ist die Lehre von den rhythmischen
Formen der Poesie. Sie zerfällt in einen allgemeinen Teil, welcher die
Prinzipien aufstellt, nach denen diese Formen gebildet sind, und in einen
speziellen, worin sie einzeln vorgeführt und in ihrer historischen Entwicke-
lung betrachtet werden.
Die Quellen für eine Darstellung der antiken Metrik sind teils die
theoretischen Schriften der Alten über Rhythmik und Metrik, teils die
Dichtwerke selbst, welche aus dem Altertume erhalten sind.
Die vorliegende Darstellung der Metrik der Griechen und Römer
giebt zunächst einen kurzen Überblick über die theoretische Behandlung dieser
Disziplin bei den Alten und Neueren; dann eine allgemeine rhythmisch-
metrische Fundamentaltheorie mit besonderer Berücksichtigung der griechi-
schen Dichtung. Die nachfolgende spezielle Behandlung der Metra sondert
sich nach den beiden Völkern in zwei Hauptteile, da die Entwickelung der
römischen Metrik eine besondere Betrachtung erfordert, weil sie teils ganz
unabhängig von der griechischen, teils abhängig von ihr — anfangs in ge-
ringerem, später in höherem Grade — erfolgt ist.
Jedem dieser beiden Hauptteile geht eine gedrängte Übersicht über
den Entwicklungsgang voraus, den die metrische Kunst einerseits bei den
Griechen, andrerseits bei den Römern genommen hat.
Die spezielle Metrik der Griechen ordnet sich in der Weise^ dass
zuerst die einfachen Metra nach den verschiedenen Rythmengeschlechtern,
dann die zusammengesetzten und gemischten, endlich die Dochmien behandelt
680
E. Metrik, a) Eiideitimg in die Metrik.
werden und jedesmal von den einfacheren Formen zu den kunstvolleren
Bildungen aufgestiegen wird. Daran schliesst sich eine kurze Darstellung
des metrischen Baues und des Vortrags der epischen, lyrischen und drama-
tischen Dichtungen der Griechen.
Die spezielle Metrik der Römer zerfallt, dem Verbältnisse der römi-
schen Dichtung zu der griechischen entsprechend, in drei Abschnitte: die
nationale Entwickelung der italischen Dichtungsform, die freiere Nach-
ahmung der griechischen Metra, die strengere Nachbildung der griechischen
Kunstformen.
2. Rhythmische und metrische Theorie der Alten.
3. In der Blütezeit der musischen Kunst ging die Theorie derselben
mit der Praxis Hand in Hand, und die älteren Meister unterwiesen durch
Anleitung und Vorbild die jüngeren Männer in den Regeln der Kunst.
Entsprechend der Weise des künstlerischen Schaffens wurde in dieser Zeit
die Metrik im engsten Anschlüsse an die anderen musischen Künste, die
Harmonik und Orchestik, behandelt: sie war eine auf die Sprache ange-
wandte Rhythmik. 0
Schon in früher Zeit, nicht lange nach den Perserkriegen, traten
Techniker ^) auf, welche sich nicht sowohl als schöpferische Künstler als viel-
mehr als Lehrer der Kunst Ansehen erwarben, wie Lasos, Lamprokles,
Dämon. In diesen Kunstschulen, als deren Mittelpunkt Athen erscheint,
bildete sich allmählich eine Theorie der Te'xvrj ixovaixrj aus, und einzelne
von diesen Kunstlehrern schrieben für ihre Schüler als Grundlage des
Unterrichts praktische Kompendien.^)
Der erste' Theoretiker, welcher eine wissenschaftliche Darstellung der
rhythmischen Theorie gab, war Aristoxenos aus Tai-ent, der in seiner Ter-
minologie und Systematik oflfenbar auf den mündlichen Lehren der älteren
Meister fusst und selbst für die nachfolgenden Theoretiker die wichtigste
Quelle geworden ist. Aus einer Musikerfamilie stammend und in Athen,
Theben, dem Peloponnes gebildet, einer der ausgezeichnetsten Schüler des
Aristoteles, war er im Besitze aller der praktischen und theoretischen Kennt-
nisse, welche die Darstellung der musikalischen und rhythmischen Gesetze
erforderte. Von seinen zahlreichen Schriften kommen für die Metrik am
meisten seine „Rhythmischen Grundzüge" (Pvd^nixd axoix^Ta) in Betracht,
von welchen leider nur Bruchstücke erhalten sind, zum teil in byzantini-
schen Excerpten (bei Michael Psellos).
Als in der Zeit nach Alexander d. Gr. das innige Band sich löste,
welches früher die drei musischen Schwesterkünste verknüpft hatte, und
man anfing bloss für Lektüre und Rezitation zu dichten, trennte sich auch
die Metrik als selbständige Disziplin von der Rhythmik und Harmonik.
Während die musikalische Theorie die Mathematiker übernahmen, fiel die
Metrik den Grammatikern anheim, die sie für die Behandlung der alten
0 Vgl. Plato Reip. III. p. 398 D. E. Legg.
II, p. 655.
2) PJato Cratyl. p. 424 C.
^) Suid. V. Atiaog, -n^torog ovrog ne^i
fÄOvaixijg Xoyoy eyQatpe.
2. BhythmiBohe tind metrisohe Theorie der Alten. (§ 2.)
681
Dichter brauchten. Diese stellten ein metrisches System auf, welches
zwar in seinen Grundlagen auf die rhythmische Tradition der klassischen
Zeit zurückgeht, aber nicht mehr auf einer gründlichen Kenntnis der
Rhythmik im einzelnen beruht. Denn sie vernachlässigten das Studium
der alten Rhythmiker und Musiker und kümmerten sich nicht um das Melos
der lyrischen und dramatischen Dichtungen, sondern begnügten sich mit
einer allgemeinen Kenntnis der überlieferten metrisch-rhythmischen Nomen-
klatur, hielten sich aber im übrigen an den überlieferten Text der Dichter.
Je mehr ihnen im Laufe der Zeit das klare Bewusstsein von der eigentlichen
Bedeutung der alten Termini schwand, desto mehr gerieten sie in Missver-
ständnisse des Überlieferten und Verkehrtheiten, wo sie Neues selbständig
hinzufugten. Wer dieses metrische System aufgestellt hat, ist nicht bekannt.
Aristophaues von Byzanz und Aristarch beschäftigten sich zwar auch mit
Metrik und Kolometrie (Dionys. de comp. 22. 26), aber von besonderen
Schriften derselben über Metrik erfahren wir nichts.
Die erste Darstellung der Metrik, von der wir hören, ist die des
Römers M. Terentius Varro (geb. 116 v. Chr.), welcher im vierten Buch
seines Werks De sernione latino die Theorie der Metrik behandelte.
Unter den Metrikern der römischen Kaiserzeit treten drei Männer in
den Vordergrund, deren Schriften vor andern von den späteren vielfach
benutzt und ausgeschrieben wurden, der Römer Gaesius Bassus und die
beiden Griechen Heliodoros und Hephaestion. — Caesius, der zur Zeit
Neros lebte, ein Freund des Persius, galt für einen vir doctus atque eruditus
und war selbst Dichter; von seinem wertvollen Werke „De metris** sind
umfangreiche und wertvolle Bruchstücke vorbanden (Gramm. Lat. VI,
p. 255 — 71 K). — Heliodor, ein alexandrinischer Grammatiker im Zeit-
alter Hadrians, 6 fxcTQixog genannt,^) schrieb ein Werk Ttegi luxqoav und
veranstaltete eine metrische ixdoaig des Aristopbanes mit Kommentar. —
Hephaestio, gleichfalls alexandrinischer Grammatiker, Zeitgenosse des
Antoninus Pius, verfasste ein umfangreiches Werk über die Metrik in 48
Büchern, woraus sein 'Eyx^iQfSiov negi fiärgcov xal negi noirjiiaTog ein
von ihm selbst angefertigter Auszug ist. Es ist das vollständigste Handbuch
der Metrik, welches uns aus dem Altertum erhalten ist, und eine der wich-
tigsten Quellen der Metrik.
Varro und Caesius sind Vertreter der sogenannten Derivations-
theorie, welche alle Metra aus dem daktylischen Hexameter und iambischen
Trimeter durch adiectio, detractio, condnnatio, pennutatio Meitet.^) Dieses
metrische System, welches man als „das ältere'* zu bezeichnen pflegt,
hatte wesentlich praktische Zwecke, es war für die imitatio bestimmt und
sollte zu eigener Produktion befähigen. Offenbar geht diese Theorie auf
einen griechischen Grammatiker zurück, dies zeigen namentlich auch die
überlieferten griechischen Termini iiäxqa naqaywyd^ ^QX^^Y^va^ xofifiaTa,
') Mar. Victor, in Gr. L. VI, p. 94 K.
inter Graecos huiusce ttrtis aniistes aut pri-
mu8 aut 8olu8.
^) Varro bei Caesius in Gramm. Lat. VI,
p. 271 E.: amnia metra varianiur aut ad-
iectione aut detractione aut eoncmnatione
ßut permuttttione.
682 B- Metrik, a) Einleitang in die Metrik.
aQXTfxd, teXtxa; wer dies gewesen, ist unbekannt. Fr. Leo (Hermes XXIV,
S. 286 if.) denkt an den Pergamener Krates von Mallos.
Heliodor und Hephaestion sind die Vertreter eines anderen (des
sog. jüngeren) Systems, welches unzweifelhaft alexandrinischen Ursprungs
ist. Es ist das System der fie'tQa nqwxotvna und wird charakterisiert
durch die Antispastentheorie, welche nicht auf alter rhythmischer Tradition,
sondern auf grammatischer Reflexion beruht und viel Verwirrung in der
Behandlung der Metrik erzeugt hat. Ihr Urheber ist wahrscheinlich Heliodor.
Die späteren lateinischen Metriker schlössen sich in ihren Kom-
pendien vorwiegend an Caesius und an Heliodor an. Es sind unter ihnen
hervorzuheben: Juba (im 3. Jahrb.), der Verfasser eines umfassenden
metrischen Handbuchs, das von den Späteren viel benützt wurde, ^ uns
aber nicht mehr erhalten ist, ein Anhänger des Heliodor {insistetis Heliodari
vesHgiis) ; er führte die 8 metra principalia bei den Römern ein, hat aber auch
Caesius' Werk benützt; Terentianus Maurus (im 3. Jahrb.), von dem
ein versifiziertes Lehrbuch der Metrik unter dem Titel „De lUteris de syU
lahis de metris lihri III'' auf uns gekommen ist, worin sich Abhängigkeit
von Caesius zeigt; der Rhetor C. Marius Victorinus (4. Jahrb.), der
in seiner „Ars grammatica de orthographia et de metrica raihne*' den
Aphthonius, einen jüngeren Zeitgenossen des Juba, ausgeschrieben hat.
Bei ihm und ebenso bei Diomedes (4. Jahrb.) im 3. Buche seiner „Ars
grammatiea*' zeigt sich eine Vereinigung der beiden Systeme, indem sowohl
die Theorie der nQwxinvna als die der derivata vorgetragen . wird. — Die
Schriften der lateinischen Grammatiker, welche sich auf die Metrik beziehen,
sind gesammelt in H. Keils Grammatici latini, s. S. 686.
Die griechischen Metriker der römischen und der byzantinischen
Zeit stehen fast alle im Abhängigkeitsverhältnisse zu Hephaestio. Unab-
hängig und in einzelnen Punkten abweichend von ihm ist der Abriss
der Metrik in der encyklopädischen Schrift negl ^lovatxr^g des Aristides
Quintilianus,^) welcher manches Eigentümliche enthält und für uns die
ausführlichste Quelle über die Caesuren ist. Dagegen ist der Grammatiker
Oros ein Kommentator des Encheiridions, ebenso der neuplatonische Philo-
soph Longinos (3. Jahrb.), von dem in den Schollen zu Hephaestio
die Prolegomena und andere Bestandteile herrühren. Diese Scholien-
sammlung^) ist eine der wichtigten Quellen für die metrische Forschung,
weil sie vielfach auf die grösseren Werke des Hephaestio und ältere Me-
triker zurückgeht. — Die byzantinischen Kompilationen und Machwerke
eines Tricha, Isaak Monachos, Manuel Moschopulos (Pseudo-Drako) und der
Gebrüder Tzetzes sind für die metrische Forschung von geringem Werte.
Neben der mehr äusserlichen Behandlung der Metrik durch die Gram-
') Mar. Victor, in Gramm. Lat. VI, p. 94 K. 1 ^) Sie zerlegt sich nach W. Hörschkl-
qni inter metricos auctoritatem primae em- I kann in folgende Bestandteile: 1) Longins
ditionis obtinuit. I Kommentar (Schol. B. 1), 2) Schol. A. (nach
0 Freigelassener des Fabius Quintilianus ' Longin); 3. Orus' Kommentar (Schol. B. IV);
nach A. Jahn p. XXIX sq.; nach J. Caesar, 4) Chobroboscus' Exegesis; 5) Schol. B. II:
De Aristidis aetate. Marburg 1882 dem 3. , (>) "E/reroM?; tcüi/ ii'>'6a ^e'r^w»' (Schol. B. III);
.lahrh. angehörig. Wg]. Fr. Blass, Über 7) Ein byzantin. Kompendium (Schol. B. V.)
die Aussprache des Griech. Berlin 1888. S. 67. ,
8. Bearbeitungen dnroh die Neueren. (§ 3.) 683
matiker ging die rhythmische Theorie der Musiker einher, welche in Ale-
xandria und Rom gelehrte Vertreter fand. Insbesondere machte der jüngere
Dionysios von Halikarnass (unter Hadrian), o fiovaixog genannt, auch
die Rhythmik zum Gegenstände eines eifrigen Studiums. — Erhalten ist
uns eine Darstellung der Rhythmik als Teil eines grösseren Werks über
Musik von dem oben erwähnten Aristides Quintilianus, welche, obgleich
sie selbst nur als Kompilation gelten kann, doch von grosser Wichtigkeit
für unsere Kenntnis der Rhythmik ist, wertvoll insbesondere auch durch
die im 2. Buche enthaltenen Notizen über das rjx^og der verschiedenen
Rhythmen. Eine Übersetzung von Aristides' erstem Buch bietet Mar-
tianus Capeila lib. IX. — Ausserdem liegt eine kurze Darstellung der
Rhythmik vor in der Eiaaywytj re'xvrjg fiovtnxijg von Bakcheios und ein
rhythmischer Abschnitt in der von Bellermann edierten Schrift eines
Anonymus negl ^ovcrrx^^; ferner Exzerpte aus Aristoxenos in den JlgoXaii*
ßav6^i€va des Byzantiners Michael Psellos und ein rhythmisches Fragment
in einem Pariser Kodex 3027. — Alles dies ist zusammen herausgegeben
von R. Westphal (18C1 und 1867).
3. Die Bearbeitungen der Metrik durch die Neueren.
3. Zu einem gründlicheren Verständnis der antiken Metra und einer
klareren Einsicht in ihren Bau, soweit es sich nicht um die allergewöhn-
lichsten Versarten handelte, hat sich die philologische Forschung der Neueren
erst verhältnissmässig spät erhoben. Richard Bentley (f 1742) war der
erste, welcher die Kunstform der antiken Dichtung wieder in ihrem wahren
Wesen zu erkennen begann. Er hat zwar seine Erkenntnis derselben nicht
in ausführlicher Weise dargestellt, aber doch in seinen kritischen Ausgaben
und vielen metrischen Bemerkungen zu lateinischen und griechischen Dichtem
bekundet und besonders in seinem „Schedidsma de metris Terentianis'' (zu-
erst Cambridge 1726) die Gesetzmässigkeit des Versbaues auch in der
römischen Komödie nachgewiesen. Nach ihm stellte der Engländer R. Per-
son (f 1808) für die einfacheren Versmasse des dramatischen Dialogs die
metrischen Grundregeln mit feiner Beobachtung im einzelnen fest in der
Vorrede zu seiner Ausgabe von Euripides' Hecuba, ohne sich indes um die
lyrischen Masse zu kümmern.
Gleichzeitig hatte sich in Deutschland unter Anregung von J. W.
Reiz, einem Verehrer Bentleys, Gottfried Hermann zum Metriker heran-
gebildet. Ausgerüstet mit feinem Gefühle für Rhythmus wurde dieser,
indem er von den Lehren der alten Metriker, besonders des Hephaestion,
ausging und sie stets an den Werken der antiken Dichter selbst mit
kritischem Scharfblick prüfte, der Neubegründer einer wissenschaftlichen
Metrik, die er am reifsten und vollkommensten in seinen epochemachenden
y.Elementa doctrinac mctrica&^ (1816), einem noch heute höchst wertvollen
Werke, in systematischer Form zur Darstellung brachte.
J. A. Apel und J. H. Voss erwarben sich das Verdienst, dass sie
auf die Mängel des Hermannschen Systems hinwiesen und rhythmische
Prinzipien auch für die antiken Metra geltend zu machen versuchten, wo-
684 B> Metrik, a) Einleitung in die Metrik
bei sie allerdings nicht auf die alten Rhythmiker zurückgingen, sondern
die Lehren der modernen Musik im Auge hatten.
Einen weiten Schritt über G. Hermann hinaus in der Förderung der
metrischen Wissenschaft that August Boeckh, der, durch seine pindari-
sehen Studien zu eindringender Beschäftigung mit den griechischen Musi-
kern und Rhythmikern geführt, die Metrik wieder in ihrem Zusammenhange
mit den anderen musischen Künsten auffassen lehrte. Er war der erste,
welcher auf die grosse Bedeutung des Aristoxenos und der Rhythmiker für
die metrische Forschung hinwies und damit die sichere und bleibende
Grundlage dieser philologischen Disziplin legte. Sein Werk „De metris
Pindari'^ (1811) wurde gleichfalls epochemachend.
Auf Boeckh's Forschungen fussend, lieferte August Rossbach in
selbständiger Durcharbeitung der Quellen eine Rekonstruktion der antiken
Rhythmik in ihrem ganzen Umfange nach Aristoxenos (1854), und an
dieses grundlegende Werk schlössen sich die teils von ihm in Gemeinschaft
mit Rudolf Westphal, teils von letzterem allein bearbeiteten Darstellungen
der griechischen Harmonik, Rhythmik und Metrik nach den Quellen und
eine Reihe verwandter Arbeiten an, insbesondere eine Sammlung und
Erläuterung der Fragmente des Aristoxenos und der anderen Rhythmiker
von Westphal.^) Die glänzenden Leistungen dieser beiden Männer sind
für alle metrischen Studien die unentbehrlichsten Hilfsmittel.
Von den Ergebnissen der Rossbach- WestphaFschen Forschung aus-
gehend, unternahm es J. H. H. Schmidt in einem voluminösen Werke
von vier Bänden (1868 — 1872) „die Kunstformen der griechischen Poesie
und ihre Bedeutung'^ ohne Berücksichtigung der antiken Theorie «aus den
Meisterwerken der griechischen Dichtkunst selbst" zu erschliessen. Er er-
strebte anfangs nur eine Fortführung und Berichtigung der Annahmen
seiner beiden Vorgänger, fühlte sich aber unter K. Lehrs* einflussreicher
Empfehlung und Förderung später dazu berufen, als Eröflfner neuer Bahnen
aufzutreten. Er stellte die „Eurhythmie* d. h. die Gliederung der Strophe
nach den Gesichtspunkten einer rein äusserlichen Symmetrie, welche von
Rossbach und Westphal früher angenommen, später aber von dem letzteren
wieder aufgegeben worden war, in den Mittelpunkt seines Systems und
schematisierte die Pindarischen Oden und die Ivrischen Partien der drei
Tragiker und des Aristophanes nach diesem Prinzipe. Es ist unleugbar,
dass er mit feinem und entwickeltem Sinne für rhythmische Dinge manches
Beachtenswerte geleistet und in weiteren Kreisen anregend gewirkt hat;
aber infolge der Unwissenschaftlichkeit und Willkürlichkeit seines Ver-
fahrens hat er unter den Philologen nur einen beschränkten Anhänger-
kreis gefunden.
Um die Erforschung der metrischen Technik der römischen Dichter
erwarben sich nach Gottfr. Hermanns grundlegenden Arbeiten besondere
Verdienste C. Lachmann, M. Haupt und Fr. Ritschi. Die Thätigkeit
^) Westphal hat sich auch das Verdienst f sammeDhaDg des griech. u. ital. Versbaus
erworben, in seinem Aufsatz: Zur vergleich. mit dem alten Erbgut der indogerman.
Metrik d. indogerm. Völker in Kühn's Ztschr., [ Völkerfamilie nachzuweisen,
für vergl. Sprachf. IX (1860) p. 437 ff. den Zu- ,'
8. Bearbeitongeii durch die Neueren. (§ 3.) 685
der beiden ersten war vornehmlich den daktylischen Dichtem zugewendet,
deren metrische Observanzen bezüglich der Caesuren, Elisionen, Synizesen
und dergl. durch gewissenhafteste Beobachtung festzustellen sie bemüht
waren. Ritschi hingegen erforschte in kritischer Arbeit am Plautus die
Regeln des Versbaues der lateinischen Komiker und suchte die Quan-
titätsverhältnisse der scenischen Dichtung in methodischer Weise zu be-
stimmen.
An Lachmanns und Haupts Forschungen anknüpfend lieferte Lucian
Müller in seinem bedeutenden Werke De re metrica poetarum Lati-
norum praeter Plautum et Terentium libri Fi/ (1866) die erste selbständige
Darstellung einer Metrik der Römer, worin er das ganze Gebiet der latei-
nischen Dichtung bis in die spätesten Zeiten — mit Ausnahme der älteren
Sceniker — umspannte und, der Richtung seiner Vorbilder getreu, die me-
trischen Erscheinungen vom grammatischen Standpunkte aus betrachtete.
An dieses Werk schlössen sich zahlreiche Spezialarbeiten desselben Ge-
lehrten über den metrischen Gebrauch einzelner Dichter in den von ihm
besorgten Ausgaben derselben und andere wertvolle Beiträge zur lateinischen
Metrik, unter welchen die als „Einleitung in das Studium der römischen
Poesie" bezeichnete Schrift über Quintus Ennius hervorzuheben ist; auch
kompendiarische Darstellungen der Metrik und Prosodik in lateinischer und
deutscher Sprache.
Eine das bisher Geleistete zusammenfassende und zwischen den ver-
schiedenen Richtungen vermittelnde, aber auf ausgebreiteter selbständiger
Forschung ruhende übersichtliche Bearbeitung der metrischen Disziplin bot
in seiner „Metrik der Griechen und Römer** (1874, 2. A. 1879) Wilhelm
Christ dar, welcher sich auch durch eine grosse Anzahl von Einzelunter-
suchungen auf metrischem Gebiete verdient gemacht hat.
In den letzten Jahren haben die metrischen Studien — auch ausser-
halb Deutschlands — einen lebhaften Aufschwung genommen und sich den
verschiedenen Gebieten der Forschung mit regem Eifer zugewendet. Unter-
suchungen über die antike Theorie und ihre Vertreter, namentlich durch
W. Studemund und seine Schüler, über verschiedene rhythmische Probleme
und prosodische Fragen, über den Einfluss des Wortaccents resp. der Be-
tonung auf den Versbau, über die Entstehung und Technik des epischen
Verses der Griechen, über den Strophenbau bei Pindar und den Drama-
tikern, über den altgriechischen und den altitalischen Versbau, über die
Versbildung bei den lateinischen Komikern und die Komposition ihrer
Cantica und mancherlei andere Gegenstände zeugen von dem Interesse und
der Ausdehnung dieses Studiums.
Die Gesichtspunkte, von denen die nachfolgende Darstellung der Metrik
ausgeht und die sie als wesentlich für ein erfolgreiches Betreiben dieser
Disziplin ansieht, sind folgende:
1 . Die metrische Forschung hat nicht nur auf die aus dem Altertume
überlieferten Dichterwerke zurückzugehen, sondern ebenso sehr auf die
Lehren der alten Theoretiker, soweit diese aus guter Quelle, insbesondere
aus Aristoxenos, geschöpft sind, und hat diesen gegenüber alle individuellen,
auf modernem Taktgefühl beruhenden Ansichten und Meinungen unter-^
6g6 fi. Metrik, a) Einleitung in die Metrik.
zuordnen; doch wird einer blinden Überschätzung des Aristoxenos damit
nicht das Wort geredet.
2. Da die griechischen Metra fast ausnahmslos in engster Verbiiidung
mit dem Qesange entstanden sind, so ist zu ihrem vollen Verständnis die
Kenntnis der rhythmischen Gesetze unentbehrlich; insbesondere gilt dies
von den Massen der ausdrücklich fQr den Gesang bestimmten Dichtungen.
3. Diejenigen Metra der Griechen, welche aus ihrer Verbindung mit
dem Gesänge sich gelöst hatten und der blossen Deklamation dienten, und
ebenso die sämtlichen Versmasse der Römer, welche sie von den Oriechen
übernommen hatten, haben es allerdings nur mit dem Gegensatze von metri-
scher Länge und Kürze zu thun, aber bei ihnen kommt ausserdem die fSr
den Vortrag unerlässliche Rücksicht auf die Wortbetonung in Betracht, da die
Versbetonung zwar gewisse Abweichungen von der gewöhnlichen Aussprache
sich gestatten, aber nicht in einen grellen Widerspruch mit ihr treten
durfte. In besonderem Grade gilt dies von den Versmassen der lateinischen
Sceniker, in denen die unleugbare Übereinstimmung von Wortbetonung und
Versiktus auf ein naturgemässes Bestreben der Dichter zurückzuführen ist.
4. Auch eine typisch gewordene Vers- oder Strophenform ist darum
noch keine völlig erstarrte und durchaus unabänderliche, sondern unterliegt
immer noch der Weiterbildung und dem Wechsel, welchen Zeiten und Per-
sonen herbeiführen. Es ist die Aufgabe der metrischen Forschung, diese
Entwickelung in ihrem Verlaufe zu verfolgen, den wechselnden Gebrauch
der verschiedenen Zeiten und Dichter festzustellen und die Gründe dieser
Wandelungen aufzusuchen.
Griechische Rhythmiker und Metriker: Die Fragmente und die Lehrs&tze der
griech. Rhythmiker von R. Westphal. Suppl. z. griecb. Rhythmik von Auo. Rossbach.
Leipz. 1861. — Die Fragmente der Rhythmiker und die Musikreste der Gr. von R.
Wesphal. Suppl. zum 1. Bd. der Metrik von Rossbach und Westphal. 2. A. Leipz. 18C7.
~ Scriptores metrici Graeci ed. R. Westphal. vol. I. Hephaestionis de metns enchi-
ridion et de poemate libellus cum scholiis et Trichae cpitomis. Adiecta est Prodi chresto-
mathia grammatica. Lips. 1866. — Anecdota varia graeca et latina edd. R. Schoell et i».
»Studemund, vol. I. Anecd. gr. musica metrica gramm. Berol. 1886. — Abistoxbnus* Har-
monische Fragmente. Griech. u. deutsch mit krit. u. oxeget. Commentar u. einem
Anh. die rhythm. Fragm. d. A. enthaltend. Hgg. von V. Mabquard. Berlin 1868. Abi-
stoxenus von Tarent Melik und Rhythmik des class. Hellenentums, ühers. u. erl. von R.
Westphal. Leipz. 1883. — Abistidis Quintiliani de metris commentarius emendatus et anuot,
crit. instr. a J. Caksabe. Marburg. 1862. Ind. lect. J. Caesar, Die Grundzöge der giiech.
Rhythmik im Anschluss an Arist. Q. (Text. p. 39—61). Marb. 1861, — Abistidis Quin-
tiliani de musica libri III ed A. Jahmus Berol. 1882. — Heliodobi Colometriae Aristo-
phaneae quantum superest ed. Cabol. Thiemakn. Halle 1869. — Hephaestionis Alex. En-
chiridion nsQi /jtxQtoy xtd noirj/iAcaejy iterum ed. Th. Gaisfobd. Accedunt Tebbktiakis
Maurus de syllabis et metris et Pbocli chrestom. gramm. 2 voll, Oxon. 1855. Scholia
H cphaestionea altera ed. W. Höbschelmann. Dorpat. (Ind. lect.) u. Lips. 1882. — Scholia
Hephaest. Ambrosiana ed Studemund, Anecd. Var. I. p. 118-152. — G. Choebobosci
Exegesis in Hephaest. enchiridion ed. W. Hörschelmann, in Studemund. Anecd. varia I, p. 31
bis 96. - Tractatus Harleianusqui dicitur de metris. ed. G. Studemund, Vratisl. 1887 Ind.
lect. — Michael Psellos Prolambanomena hg. v. J. Caesar. Rh. Mus. N. F. I, S. 620 ff.
Lateinische Metriker: Scriptores Latini rei mctricae ed. Th. Gaisfobd.
Oxonii 1837. — Scriptores artis metricae. Marius Victorinus. Maximus Victorinus. Caesius
Bassus. Atilius Fortunatianus. Terentianus Maurus. Marius Plotius Sacerdos. Rufinus.
Mallius Theodorus. Fragm. et excerpta metr. ex rec. Henb. Keilii (Grammatici Lat. ex.
rec. H. Kejlii vol. VI). Lips. 1874. — Tebentianus Maubus e rec. L. Santenii ed. v.
Lennep. Trai. ad Rh. 1825. — rec. C. Lachmann. Berol. 183(). — Diomedis Artis gramma-
ticae libri III in Keil. Grammat. Lat. I, 298 ff. — Sebvii Marii Honorati De centum metris
in Keil. Gramm. Lat. IV, p. 456.
8. Bearbeitnngen durch die Neueren. (§ 3.) 687
Vgl. im AUg. R. Westphal, Die Tradition d. alten Metriker. Philol. XX (1863)
p. 76 flf. p. 238 ff. Ders. in Rossbach-Wbstphal, Gr. Metrik II, 2 (1865) p. 4-172: ,Dio
Quellen d. Metrik" und in: Gr. Metrik I, 2. A. 1867 p. 24—232. — Fr. Leo, Die beiden metr.
Systeme des Altertums in: Hermes XXIV S. 380 ff.
Über die griechischen Rhythmiker und Metriker handeln: A. Rossbach, De He-
phaestionis Alex, libris et de reliquiis, quae aetatem tulerunt, metr. Graecorum scriptis
disputatio. p. I. Vratisl. 1857 (Progr. acad.). De metricis Graecis disp. II. ib. 1858 (Ind.
lect.). — H. Keil, Quaestiones gramm. Hai. 1860. — Fb. Susbmibl, De fontibus rhythmicae
Aristidis Qnintiliani doctrinae commentatio. Gryph. 1866. Ind. lect. — 0. Hensb, Helio-
dorische Untersuchungen. Leipz. 1870. — J. Cabsab, De Aristidis Quintiliani aetate. Mar
bürg. Ind. 1882. — W. Höbschelmakn, Untersuchungen z. Gesch. d. griech. Metriker.
Die Komposition der Hephaestio-Scholien, Rh. Mus. 36. Bd., p. 260 ff. 1882. Ders., Ein griech.
Lehrbuch der Metrik. Dorpat 1888. — L. Voltz, De nelia Monacho, Isaaco Monacho,
Pseudo-Dracone, scriptoribus metr. Byzantinis. Argent. 1866. (Diss. phil. Argent. XI.) —
G. Rauscheb, De scholiis Homericis ad rem. metr. pertinentibus. Argent. 1886. (ibid.)
H. Gbossmasn, De doctrinae metr. reliquiis ab Eustathio servatis. Argent. 1887.
Über die latein. Metriker: H. Keil, Quaestiones grammaticae, Hai. 1860. 1871.
1873 (Ind. lect). — A. Wilmanks, De M. Terentii Varronis libris ^mm. Berol. 1864. —
H. Wentzel, Symbolae criticae ad historiam scriptorum rei metr. latm. Vratisl. 1858 (diss.).
— J. Caesab, De nonnullis metric. lat. locis. Marburg 1874. — 0. Hbkse, De Juba arti-
grapho adjectis Artis reliquiis in Acta soc. phil. Lips. IV. (1875). — H. Wentzel, De Juba
metrico p. I. Oppeln 1881. Progr. — Gebe. Schultz, Quibus auctoribus Aelius Festus
Aphthonius de re metr. usus sit. Vratisl. 1885. Ders. Das Kapitel de versuum generibus
bei Diomedes in : Hermes XXII, S. 260 ff.
Die neueren Darstellungen der Metrik: G. Hebmann, De metris poetarum Grae-
corum et Romanomm, Lips. 1796; Handbuch der Metrik^ Leipz. 1799; Elementa doctrinae
metr. Lips. 1816; Epitome doctrinae metr., Lips. 1818. 4. A. 1869. — J. H. Voss, Zeit-
messung d. deutschen Sprache. Königsberg 1802. — J. A. Apel. Metrik, Leipzig. 2 Bde.
1814. 1816. 2. A. 1834. -- A. Boeckh, Über die Versmaasse des Pindar^s, Heidelberg 1809
und in Wolf und Büttmann's Museum f. AW. II.; De metris Pindari libri III. Lips. 1811
in d. Pindarausg. vol. I. — £. Munk, Die Metrik der Griechen u. Römer. Glogau 1834
(nach Boeckh's Ansichten). — E. v. Leutsch, Grundriss z. Vorlesungen über d. griech. Metrik.
Göttingen 1841. (Quellen- und Beispielsammlung.) — A. Rossbach und R. Westphal, Me-
trik d. griech. Dramatiker und Lyriker nebst d. begleitenden musischen Künsten. I. Griech.
Rhythmik, v. A. R. Leipz. 1854. II. 1. Harmonik u. Melopöie d. Gr. von R. W. 1863.
II. 2. Allgem. griech. Metrik v. R. W. 1865. III. Griecn. Metrik nach den einzelnen
Strophengattungen u. metr. Stilarten von A. R. u. R. W. 1856. Supnlement z. griech.
Rhythmik: Die Fragm. u. die Lehrsfitze d. griech. Rhythmiker v. R. W. 1861. — Zweite
Aufl. besorgt von R. Westphal in 2 Bdn. Leipz. 1867. 68. I. Rhythmik u. Harmonik nebst
d. Geschichte d. musischen Disciplinen. II. Die allg. und spec. Metrik. — Dritte Aufl. u.
d. T. : Theorie der musischen Künste der Hellenen von A. R. und R. W. I. Griech. Rhyth-
mik v. R. Westphal. Leipz. 1885. II. Griech. Harmonik u. Melopöie v. R. W. Leipz. 1886.
III. 1. Allg. Theorie d. gnech. Metrik v. R. Westphal u. H. Gleditsch. L. If^Sl. IIL 2. Spe-
zielle griech. Metrik v. A. Rossbach ist demnächst zu erwarten. — L. Mülleb, De re
metrica poetarum latinorum praeter Plautum et Terentium libri VII., Lips. 1861. Rei
metricae poetarum latinorum summarium. Petropoli (Lips.) 1878; Metiik d. Griechen u.
Römer (f. Gymnasien) mit einem Anhang: EntwicKlungsgang d. antiken Metrik. Leipz. 1880
(2. A. 1884). — J. H. H. Schmidt, Die Kunstformen d. griech. Poesie und ihre Bedeutung.
4 Bde. I. Die Eurhythmie in den Chorgesängen der Gr. Leipzig 1868. II. Die antike
Kompositionslehre 1869. III. Die Monodien und Wechselgesänge der att. Tragödie. 1871.
IV. Griech. Metrik. 1872. Leitfaden in d. Rhythmik und Metrik. Leipz. 1869. — W.
Chbist, Metrik der Griechen und Römer. Leipz. 1874. 2. A. 1879. — A. M. Alexandeb-
soN, Grckisk Metrik. Stockholm 1877 (mit Chbist meist übereinkommend). — Fb. Zav-
BALDi, Metrica greca e latina. Torino 1882. — L. Havet et L. Düvau, Cours ^l^mentaire de
metrique grecque et lat. Paris 1886. — A. Ed. Chaignet, Essai de m^trique grecqnc.
Paris 1887.
Über die neueren Erscheinungen auf d. Gebiete d. gr. u. röm. Metrik, handelt ein-
gehend Rich. Klotz im 14. Jahrg. d. Iw. MüLLEBSchen Jahresber. über die Fortschr. d.
klass. Altertumswissensch. 1886. S. 55—160.
Rhythmische Fundamentaltheorie der Metrik.
1. Rhythmus und Rhythmizomenon.
L Rhythmische Gliederung.
4. Das Wesen des Rhythmus besteht in der wahrnehmbaren Gliederung
der Zeit, in welcher eine Bewegung zur Erscheinung kommt. Der Gegen-
stand, an welchem er zur Darstellung gebracht wird, ist das Rhythmi-
zomenon.
Die der rhythmischen Gliederung zu gründe liegende Zeiteinheit heisst
Grundzeit, XQ^'^9 TiqmTog^ Aristox. Rh. § 10 flf. W. Aristid. p. 32. Das
Zeichen dafür ist ^ . Sie hat nicht eine absolute Dauer, sondern einen
nach der grösseren oder geringeren Schnelligkeit der Bewegung (dem Tempo,
der ctyuiyii) wechselnden, nur im Verhältnis zu den anderen Bewegungs-
momenten festbestimmten Zeitwert. (Porphyr, ad Ptol. p. 255).
Wahrnehmbar wird die Gliederung der Zeit erst dadurch, dass in
einer Reihe von Zeiteinheiten in regelmässiger Folge eine vor den anderen
stärker hervorgehoben wird. Diese Hervorhebung geschieht durch orry/iacn'«,
percussio, ictus.
Der dadurch kenntlich gemachte Zeitteil wird o xcnw x^o^'o^? ^^ xarw,
ßaaig^ x^taig^ posüio, die anderen im Gegensatze zu diesem 6 avoa xqovoc^
To aiw, aQ(ng, sublatio^ levatio, genannt,') indem man bei O-taig und ligaig an
das Niedersetzen und Auflieben des Fusses^) denkt oder an den Nieder-
und Aufschlag der Hand des Taktschlagenden. 3)
Die kleine Gruppe von Grundzeiten, welche durch eine or/y/mcria zur
Einheit verbunden werden, bildet einen Fuss, norg, j>cs. Jeder Fuss be-
steht also aus der Thesis, dem schweren Taktteile, der „Hebung**, und der
Arsis, dem leichten Taktteile, der „Senkung".'*) Aristox. § IG. Aristid. p. 34.
') Aristox. Rh. § 12. 17. Aristid. p. 31 | ») Hör. c. IV, 0, 31 Lesbium servatd
M. uQGig fiky ovy iari (poQct fifgovg awfjiuxog \ pedem meique pollicis ictum. Terent. M.
im 10 uyu), &eaig ef^ im to xdrut raviov \ v, 2254 pollicis sonore vel plausu pedis dis-
fieQovg. Psell. Prolarab. § 8. 12. 1 criminare, qui docent artem, solent cf. Quint.
2) Mar. Vict p. 44 K. in percussione | instit. IX, 4, 51.
metrica pedis pulsus ponitur tolliturque. i *) In diesem Sinne werden die Ausdrücke
1. BbythmuB und Bythmizomenon. (§ 4—5.) 689
Durch Vereinigung mehrerer Füsse zu einer höheren rhythmischen
Einheit entsteht die rhythmische Reihe, xdlov, membrunt, ordo, indem
eine der Hebungen ißäaeig) durch stärkere aijfiaaia vor den anderen kennt-
lich gemacht wird.
Werden zwei oder mehrere Kola nach rhythmischen Gesichtspunkten
zu einer Gruppe verbunden, so entsteht eine rhythmische Periode, Tie-
Qi'oiog, Diese ist nach der Zahl ihrer Glieder zweigliedrig, iUwkog^ drei-
gliedrig, TQix(aXog, viergliedrig, reTQaxwkoc; u. s. w.
Die Vereinigung von zwei oder mehreren Perioden zu einem grösseren
Ganzen heisst System {(fvaTi^ fia). Doch wird dieser Name auch schon für
eine einzige Periode von grösserem Umfange gebraucht.
Die rhythmische Gliederung erfolgt also in der Weise, dass sich
mehrere Grundzeiten zu der höheren Einheit des Fusses, zwei oder mehrere
Füsse zu der des Kolon, zwei oder mehrere Kola zu der der Periode, end-
lich zwei oder mehrere Perioden zum Systeme verbinden.
IL Die Sprache als Rhythmizomenon.
5. Das Rhythmizomenon in der Poesie ist die menschliche Rede
{Xt^ig) ; die Gliederung dieser nach rhythmischen Prinzipien ist die Aufgabe
der metrischen Kunst. Die Darstellung des Rhythmus in der Xt^ig heisst
Metrum.
Die menschliche Rede, als Stoff für den Rhythmus betrachtet, bietet
einerseits eine der eben besprochenen rhythmischen Gliederung ähnliche
dar in den Silben, Wörtern, Sätzen und Satzgefügen, andererseits ein der
(Ti^fiaata entsprechendes Mittel der Gliederung in der Wort- und Satz-
betonung.
Die Gliederung der Rede nach Sätzen und Satzgefügen ist bei
Griechen und Römern in dem rhythmischen Bau der poetischen Kunst-
werke wenig zur Geltung gekommen : die Dichter beider Völker haben sich
vor einem Widerstreit zwischen der Satzgliederung der Rede und der
rhythmischen Gliederung nach Kola und Perioden — mit wenigen Aus-
nahmen — nicht gescheut. Auch die Übereinstimmung von „Wort* und
„Fuss" wurde nicht gesucht, sondern im Gegenteil ein Widerstreit von
Wortende und Fussende in gewissen Fällen angestrebt.
Dagegen hielt sich die griechische Metrik an die in der Sprache ge-
gebene Unterscheidung längerer und kürzerer Silben, an die Zeitdauer
oder Quantität der Silben, und benützte das nach Länge und Kürze
gesonderte Silbenmaterial für den Bau der metrischen Gebilde. Die latei*
nische Dichtung ist ihr, soweit sie unter griechischem Einflüsse stand, hierin
im wesentlichen nachgefolgt. Die griechische und — in dieser Beschrän-
kung — auch die lateinische Metrik heissen darum quantitierend.
Arsis und Thesis im Folgenden immer ge- | Hermann üblich geworden ist, lässt sich nur
braucht werden, da der technische Aus- bei Priscian de accent. p. 1289 und bei Mar.
druck der Griechen in sein altes Recht ein- | Victor, in dem Kapitel d« ar«i e^ thesi'pAOK.
gesetzt werden muss. Der leider immer noch ' nachweisen. — Bei den deutschen Termini
vielfach festgehaltene Gebrauch Arsis fQr i ^Hebung* und f,Senkung* ist an die Stimme
den schweren, Thesis für den leichten Takt- gedacht: Hebung entspricht also dem grie-
teil anzuwenden, der seit Bentley und 6. chischen ^eatg, Senkung dem griech. ä^ig,
Handbuch der klam. AltertumswlsRenscliatt. IL 2. Aafl. 44
690 E. Metrik, b) Rhythmische Fnndamentaltheone.
Auf die Wortbetonung hat die griechische Dichtung, soweit sie ßr
den Oesang bestimmt war, keine Rücksicht genommen, wohl aber in ge-
wissem Grade, soweit sie eine bloss recitierende war. Erst in der byzan-
tinischen Zeit, als die quantitierende Verskunst unterging, trat die Rück-
sicht auf die Wortbetonung in den Vordergrund.
Die lateinische Dichtung hat, als sie vom griechischen Einflüsse noch
unberührt war, wahrscheinlich die Rücksicht auf Wortbetonung zum Prin-
zipe des Versbaues gemacht. Als sie die griechischen Metra in freierer
Weise nachbildete, erstrebte sie eine Vermittelung zwischen dem accen-
tuierenden und quantitierenden Prinzipe unter Bevorzugung des letzteren;
so lange sie sich einer strengen Nachbildung der griechischen Versmasse
befleissigte, war sie quantitierend wie die griechische, konnte aber, da
sie fast ausschliesslich der Recitation, nicht dem Gesänge diente, die Rück-
sicht auf die Wortbetonung nie völlig aus den Augen verlieren.
2. Chronoi und Sprachsilben.
L Die rhythmischen Chronoi.
6. Xqovoi ^tjtoi. Der einzelne x^oro^ ngdrog erscheint nicht immer
als aavvd^sTog d. h. in seiner Sonderung von anderen, sondern oft sind
zwei oder mehrere x^o^'o* ngStoi miteinander eng zu einer Einheit verbunden.
Eine solche Verbindung heisst arvO^etog XQovog (Aristox. § 10 u. 14 W.
Aristid. p. 33), und man unterscheidet Si'tffjioi^ tQiaijiiioi, Tergdar^inot, ncvtu-
(ft^fioi xpo^'O'j je nachdem die betreflfende Zeitgrösse zwei, drei, vier oder
fünf XQ^^'^^ TtQWTot umfasst. Für diese zusammengesetzten Zeiten dienen
die Zeichen : *)
- 6i(n^fiog. «-J TSTQaarjiaog,
I— TQiatjfiog. "-^ TtevTacfrjiiiog,
7. Xqovoi uXoyot,^) In der Praxis der Rhythniopöie giebt es aber
auch Chronoi, welche nicht ein genaues Multiplum der Grundzeit bilden.
Diese durch den XQ^^'^^ nQanog nicht messbaren Chronoi heissen irratio-
nale, (ikoyoi, und stehen als solche den vorher besprochenen rationalen
i^tjot) gegenüber. Es giebt nämlich Chronoi, die das Mass des cJ/Vi^/ioc
nicht erreichen und doch über das des novoa^^iiog (ttqou og) hinausgehen
(l'/2- und l*3zeitigo), aloyoi schlechthin genannt. Es giebt ferner solche,
welche unter das Mass des einzeitigen Chronos hinabsteigen, ßQctxi:'og ßgu-
XvitQoi (= =* 4 x^öro/). Es giebt endlich auch Chronoi, die über das Mass
des zweizeitigen Chronos hinausgehen, ohne das des dreizeitigen völlig zu
erreichen (2* '3 zeitige):
/icexQov jiiaxQoitQog 2-, azeitig
pQuxtog iiitxQVfieQog J °
ßquxiog ßQaxvTf(jog ^ü zeitig.
8. Xqovoi xtvoi. Zuweilen wird in der Metropöie gerade wie in
*) Anonym, de nms. § 83 sq., wo die i werden. Schol. Ileph. p. 98.
Ausdrücke tfixQoyoc, jQixQoyoc, rer QaxQoyog, j '^) Bacoli. p. 23 M. Mar. Victor, p. 39 K.
7iiyi((XQoyog für die lange Silbe gebi-aucht
2. Chronoi und Spraohsilben. (§ G 9.) 601
der Melopöie ein Chronos {avvd^exog oder dtrvvO-sTog), den der Rhythmus
erfordert, nicht durch einen Teil des Ilhythniizoraenon zur Darstellung ge-
bracht, besonders am Schlüsse eines grösseren oder kleineren rhythmischen
Abschnitts. Diese Chronoi heissen xavot {inania tempora), weil sie zwar
für den Rhythmus vorhanden, aber nicht mit Xil^ig oder iiti.oq ausgefüllt
sind. Entsprechend dem verschiedenen Umfange der Chronoi selbst giebt
es folgende XQ^^'^'' xsvoi (Pausen):')
XQovog xevog jiioviarjixog, XsTfiititt, a
— 3iat]fiogf TiQoffd-eaig ^
— TQi(frjg.iog ^
— T€TQaCfljfJLOg ^
Wenn man den Chronos protos dem Achtel unserer Musik gleichsetzt, so
entsprechen diese Chronoi xavoi der Reihe nach der Achtel-, Viertel-, Drei-
achtel- und halben Pause.
IL Die Sprachsilben als Chrono!.^)
9. 1. Lange, kurze, mittelzeitige Silben. Der in der Sprache
selbst gegebene Unterschied zwischen langen und kurzen Vokalen,
welcher im Griechischen sogar teilweise in der Schrift seinen Ausdruck
gefunden hat, liegt in erster Linie der Quantitätsbestimmung der Silben zu
gründe. Die mit kurzem Vokale auslautende Silbe, z, B. ro, r*, gilt als
Kürze {ßQuxticcy hrevis); die Silbe mit langem Vokale, gleichviel ob kein
oder ein Konsonant oder mehrere auf diesen folgen, z. B. r}, Ti]g, xrcrf*, gilt als
Länge (jiaxQct, Io}iga)und zwar als Naturlänge {(fvtrei i^iaxQa, natura longa).
In zweiter Linie kommen die konsonantischen Elemente der
Silben in Betracht. Eine kurzvokalische Silbe wird, wenn ein einfacher
Konsonant sie schliesst, gewöhnlich, wenn er nachfolgt, immer als Kürze
gerechnet. Eine kurzvokalische Silbe, welche mit zwei Konsonanten
oder einem Doppelkonsonanten schliesst, gilt immer als Länge; wenn
ihr aber diese beiden Konsonanten folgen, nach Beschaffenheit derselben
teils als Länge (Positionslänge, vß^t'aei [naxgccy posifione longa), teils als
Kürze. — Eine kurzvokalische Silbe wird, wenn drei oder mehr als
drei Konsonanten dem Vokale nachfolgen, regelmässig als Länge (gleich-
falls als Positionslänge) betrachtet.
Tritt bei einer und deraelben Silbe ein Schwanken in der Quantitäts-
messung ein, so dass sie bald als Kürze, bald als Länge gerechnet wird,
so heisst sie xoivji]^ communis.
Nähere Erörterungen über die Quantitätsunterschiede der Silben, ins-
besondere über die im Laufe der Zeit in der griechischen wie in der latei-
nischen Sprache hervortretenden Wandelungen in der Bestimmung der Po-
sitionslängen gehören in die Quantitätslehre oder Prosodik.
2. Die kurze Silbe wird in der Metropöie im allgemeinen dem Chronos
protos an Wert gleichgestellt und gilt also als fiovoatßiog. Die lange
Silbe wird zunächst und bei weitem am häufigsten als zweizeitig gerechnet,
gilt also als /mx^« öixQovog oder 3t(frjinog; aber sie muss auch für die
') Anonym, de mus. § 83 sq. Aristid. ^) Hepfa. p. 4 sq. Scfaoi. Hepb. p. 95 ff.
p. 41 M. p. 114 sq.
44*
692 B. Metrik, b) Bythmische Fandamentaltheorie.
gi*össeren Zeitwerte, für den TQtffrjfiog, veiQÜarifiog und neviaai^ixog x^'*^?
eintreten und gilt dann entsprechend als fiaxQa TQi'xQovog^ rtTgaxQovog,
nerTaxQovog. Diese Verwendung der langen Silbe wird ermöglicht durch
Dehnung, tovij. — Von den § 7 aufgezählten rhythmischen aXoyoi wird
der 2^/3zeitige durch sprachliche Längen, der ^'4zeitige durch sprachliche
Kürzen, der P/» zeitige bald durch Längen, bald durch Kürzen gebildet.
Der Ersatz einer rhythmischen Länge durch eine metrische Kürze
beschränkt sich auf gewisse Ausnahmefalle. Insbesondere kommen hierbei
der Anlaut und der Schluss der rhythmischen Periode (§ 19) in Betracht: regel-
mässig gestattet ist es nur am Periodenschluss, für den mehrzeitigen Chronos
eine kurze Silbe eintreten zu lassen {ädtdg^oQog (rvXXaßi^^ syllaha anceps),
Anmerkung. Die streng rhythmische Silbenmessung kam nur fQr die meliscben
Metra in Anwendung, nicht aber auch für die bloss gesprochenen Verse; die Länge
in letzteren liess sich nicht mit dem Masse des xQ^^^^ nQvÜxo^ messen, sondern entzog sich
der rhythmischen Massbestimmung; vgl. Westphal IIF, 1 p. 8 ff.
10. Hiatus und Vokalverschleifung.^) Von grosser Bedeutung
für die Silbenmessung ist der Zusammenstoss auslautender und anlautender
Vokale, xaaiKiiiia^ hiatiis^ der in der gebundenen Rede nach Möglichkeit
gemieden und nur unter gewissen Bedingungen zugelassen wurde. Ausser
den beweglichen Endkonsonanten diente als Mittel gegen denselben die
Verflüchtigung des einen der beiden Vokale, zumeist des auslautenden,
(TvvaXoi^rj, ^xt^Xitf'tg^ elmo, seltener des anlautenden, aifaiQ^aig^ elisio inversa;
doch beschränkte sich dieses Mittel bei den griechischen Dichtern fast aus-
schliesslich auf die kurzen Vokale. In den meisten Fällen trat eine Ver-
schmelzung der beiden Vokale ein, welche man mit verschiedenen Nameu
bezeichnet: Synizesis, Synecphonesis, Krasis. Eine Form der Vokal-
verschmelzung besteht darin, dass der auslautende lange Vokal oder Diph-
thong zum Werte eines kurzen herabsinkt (TrXayx^^h ^^*'? ^^g. schwacher
Hiatus); in anderen Fällen aber werden beide so eng verbunden, dass sie
metrisch als einer gezählt werden, z. B. i] ov. — In der lateinischen Dich-
tung unterlagen die mit m auslautenden Silben einer ganz entsprechenden
Behandlung, wie die vokalisch auslautenden.
Hiatus ohne Vokalkürzung oder Verschmelzung wird in der Regel
nur am Schlüsse der metrischen Periode (s. § 19) zugelassen; doch tritt
er ausnahmsweise auch zuweilen am Ende eines metrischen Kolons (vor der
Caesur, s. § 24) ein; ebenso bei einer Redepause (Interpunktion) oder beim
Wechsel der Sprechenden; auch Interjektionen gestatten eine grössere Freiheit.
Die Regeln über Vokalausstossung resp. Verschmelzung und Hiatus
waren bei Griechen und Römern verschiedene und nicht zu allen Zeiten
die nämlichen und wurden besonders von den lateinischen Dichtern der
Kaiserzeit mit grosser Strenge gehandhabt.
3. Die Füsse.^)
I. Die rationalen Füsse (rroJtc ^\to(),
11. 1. Die gebräuchlichen einfachen Füsse sind aus drei, vier, fünf
') Heph. p. 10 f. Schol. Heph. p. 118 ff. | Füsse vgl. ausser Gaisford z. Ileph. ,UDd
'^) über die Namen der metrischen \ Boeckh. M. P. p. 21 Studemund, Anecd. I
2. Chronoi und Silben. (§ 10) — 8. Die Füsse. (§ 11.)
693
oder sechs Grundzeiten {xQovoi nQWTot, morae) gebildet, also dreizeitige
(xQiar^Hoi)^ vierzeitige {TciQaarj/ioi), fünfzeitige {TtevTcem^fioi) und sechs-
zeitige (fJaoTy/toi).')
I. Dreizeitige:
^ Kj \y TQißgaxvg,
II. Vierzeitige:
TtQOXfXs vcfiarixog.
iaxTvXog.
III. Ftinfzeitige:
'^ w \^ w
_ w *^
_ w
TQOXCClOg
w v-' _
^ - lafißog,
anovdeiog,
dvanaiCTog.
\^ "^ ^ \J KJ
V^ _ —
— KJ
N.>S->
^^>^-•
\J _
— _ V^
Ky — W^^
ßaxx^Tog,
Ttakifißdxxfiog,
_ w _
— w w
_ - - fioXoaaog.
Ttsvrdßgaxvg.
naiMV TTQ&Tog.
Tiaiwv T€TaQTOg.
XQTjTlXOg.
IV. Sechszeitige:
w ^^ _ _ Iwvixog an* iXdacovog,
- w v^ l(ovix6g an 6 juiet^ovog.
EineuTToiV rf/'crr;juoggiebt es nicht. Der Pyrrhichios (^ ^)i8t, wo er vorkommt,
ein tQt(n-fiog, welcher durch zwei sprachliche Kürzen ausgedrückt erscheint.
2. Bei den dreizeitigen Füssen gelten die Formen des Jambos und
Trochaios als Grundformen (xvqivi noSeg), der Tribrachys als aufgelöste
Nebenform. Der Iktus ruht beim Trochaios auf der ersten, beim Jambos
auf der zweiten Silbe, indem er sich naturgemäss mit der Länge verbindet;
im Tribrachys, je nachdem er dem Trochaios oder dem Jambos entspricht,
auf der ersten oder zweiten:
W J.
_ V-A^
Das Verhältnis der beiden Teile des Fusses (der Xoyog noSixoc) ist das
von 2 : 1 resp. 1 : 2 (Xoyog Stnkdmog), die Thesis beträgt das Doppelte der Arsis.
Unt^r den vierzeitigen Füssen gelten der Daktylos und der Ana-
paest als Grundformen, der Prokeleusmatikos als aufgelöste, der Spondeios
als zusammengezogene Nebenform. Der Iktus ruht auch hier in beiden
Grundformen auf der Länge
J. ^ KJ
V^ W _1
und dementsprechend in den Nebenformen:
(yL^^ \y Ky \
KJ \-/ '--v^.
_ v>^
Das Verhältnis der Thesis zur Arsis ist das von 2 : 2, der Xoyog laog.
Die fünfzeitigen Füsse werden in der Weise in Thesis und Arsis
zerlegt gedacht, dass jene aus "drei, diese aus zwei Chronoi besteht, also
beide in dem Verhältnis von 3 : 2 zu einander stehen:
± o
^ki^^
ww
w ±
w ^ _
Dieses Verhältnis heisst Xoyog i^gxtoXwg.
p. 57 sq. (Choeroboscus), p. 128 sq. (Schol.
Ambros.), p. 161 (Dionys. de ped.), p. 222
(Anon. Ambros.), p. 293(Anoii. BeroL); ferner
Schol. B. ed. Hörscbelm. p. 27 u. Tract. Harl.
ed. StuDEM. p. 9 sq. uud die Lateiner Diomed.
p.475, Mar. Vict p. 44, Terent. M. v. 1335 ff.
^) Aristox. §31 sq. W., Aristid. p. 36 M.,
Hephaestio und die Metriker sagen r^ixQoyot,
retQaxQoyoi, nevxttXQovoi,
694
E. Metrik, b) Bhythniisohe Fondamentaltheorie.
Die sechszeitigen Füsse werden den dreizeitigen entsprechend so
zerlegt, dass die Thesis das Doppelte der Arsis umfasst (4 : 2 resp. 2 : 4,
Xoyog 6i7iXa(fiog):
J. — Mw/ V^
KJ *^ \ J. ^
3. Aus dem verschiedenen Verhältnisse, in welchem Thesis und Arsis
zu einander stehen, ergeben sich drei Rhythmengeschlechter {^v&fuxtt
yt'vr^^ genera rhythmica):^)
das yävog taov^ gmus par, wozu Daktylen und Anapaeste,
das yävoq SiTtldaioVj genus duplum, wozu Trochäen, Jamben und
Joniker,
das yävoq rjfxioXiov, genus sescuplum, wozu die Paeonen, Kretiker
und Bakchien gehören.
Anmerkung. Ausser diesen drei primären Rhythmengeschlechtern giebt es noch
zwei seeundäre, das y^yog TQiTtXaaioy und das ye'yos inlrgiroy, in denen der Xoyoi
Tiodixog 1 : 3 und 3 : 4 ist,
w — w — w _ _ oder — — w _
aber diese eignen sich nicht zur avyexrjg ^v&fionoUa.^)
4. Nach der Stellung der Arsis nach oder vor der Thesis zerfallen
die Füsse in solche mit fallendem Rhythmus {noSeg ano d-ecstog) und
solche mit steigendem Rhythmus {nodeg an* agcfewg):
I. ^ - IL
Z v^ w
Z _ ^-/ w
z _ w
W J.
'o' W _1
KJ KJ J. ^
i>Ki«f W J.
\J J. ^
Die Füsse mit fallendem Rhythmus haben einen ruhigeren, die mit stei-
gendem einen erregteren Charakter. Die Zusammenziehung der zweisilbigen
Arsis in eine Länge steigert die Ruhe, die Auflösung der Länge erhöht
die Erregtheit.
5. Die verschiedenen Formen {axii^iata), welche die einfachen Füsse
durch Zusammenzieliung zweier nebeneinander stehenden kurzen Silben
(IvwaiQ^ avva(Qe(Sig^ contractio), durch Auflösung einer langen Silbe (Aikric,
diaiQffjic, soliäio), durch Dehnung einer Länge über das Mass der Zwei-
zeitigkeit hinaus {rovr^, nccQtxTaaic) erhalten können, sind folgende:
vierzeitige:
J. ^' \y \J Kj JL
(-
'v^' V^ I \J K^ V_*^
_ ^-»^
dreizeitige:
I
\y
v»^ '^-A^
fünfzeitige :
_L w _
± w
K.A^ \J _
V->^ V> V>*s>
w Z _
sechszeitige:
j. — ^.^ <y
'<.^^ _ v^ v^
\^^ K^ V-/
v.^^ _ _.
_£^ _
IL Die irrationalen Füsse {noifg aXoyot),
12. Es giebt aber auch Füsse, in denen Arsis und Thesis in einem
irrationalen Verhältnis stehen. Hierher gehört der irrationale Trochäus,
{xoQfTog ciXoyog) und der irrationale Jambus {lajußog akoyog)^ welche
eine zweizeitige Thesis, aber eine 1 */2zeitige Arsis (§ 7) haben. Beide
') Aristox. § 30 W. p. 300 M. Aristid.
p. 35 M.
PtoJ
-) Psell. § 9. Dionys. ap. Porph. ad
. p. 219. Aristid. p. 35 M.
8. Die Fttsse. (§ 12.) 4. Die Kola. (§ 13.) 695
sind der metrischen Form nach Spondeen: -i .1 « - . Vgl. Bacch.
p. 25 M. Wird die zweizeitige Thesis durch zwei Kürzen ausgedrückt, so
erhalten sie folgende Formen: ^E x^Q^^^^ aXoyog xQoxaioeidifi und sl^
XOQ^f'og aXoyog iaf.ißo€idr]g.^) — Hierher gehören ferner der irrationale
Baccheios, der die Form SL jl - hat, und die beiden irrationalen loni-
ker üw z - und ± - ^ «_,
4. Die Kola.
I. Umfang und Gliederung der Kola.^)
13. 1. Eine Gruppe von zwei oder mehreren durch einen Haupt-
iktus zur rhythmischen Einheit verbundenen Füssen bildet eine rhythmische
Reihe (novq avvO^etog nach Aristoxenos) oder ein xwkov. Sie heisst nach
der Zahl der in ihr verbundenen Füsse Di podie, Tripodie, Tetrapodie,
Pentapodie, Hexapodie. Mehr als sechs Versfüsse können nicht zu
einem einheitlichen xuiXov verbunden sein; alle grösseren rhythmischen
IxsytO^i^ müssen in mehrere xwAa zerlegt werden.
Von dreizeitigen Füssen werden Kola bis zum Umfang von sechs
Einzelfüssen oder achtzehn Chronoi gebildet, also dipodische, tripodische,
tetrapodische, pentapodische und hexapodische.
Von vierzeitigen Füssen werden Kola bis zur Grösse der Penta-
podie oder dem zwanzigzeitigen Megethos gebildet; hexapodische (vierund-
zwanzigzeitige) sind ausgeschlossen.
Von fünfzeitigen Füssen werden Dipodien, Tripodien und Penta-
podien, also zehn-, fünfzehn- und fünfundzwanzigzeitige Gliedformen gebildet.
Von sechszeitigen Füssen werden nur dipodische und tripodische
Reihen, also nur zwölfzeitige und achtzehnzeitige, gebildet.
2. Die antike Metrik zerlegt und benennt das Kolon, gleichviel ob
es steigenden oder fallenden Rhythmus hat, nach den Füssen, aus denen
CS gebildet ist. Die modernen Metriker hingegen sind seit Bentley's Vor-
gang geneigt, wenn der Rhythmus steigend ist, die erste Arsis als Auftakt
oder „Anakrusis""^) abzusondern und z. B. ein iambisches Kolon als tro-
chäisches mit Anakrusis darzustellen.
3. Rhythmisch gliedert sich das Kolon gerade wie der Einzelfuss nach
Thesis und Arsis und heisst darum auch geradezu wie dieser noig (avvO^exog),
Nach dem Verhältnisse, in welchem die Teile der Kola zu einander stehen,
sind' sie gradteilige, dreiteilige und fünfteilige, und zwar sind die
Dipodien und Tetrapodien gradteilige Reihen, die Tripodien und Hexapodien
dreiteilige, die Pentapodien fünfteilige.
A. Kola aus dreizeitigen Füssen:
I. gradteilige:
a) t^Mtjfia (Dipodien) b) dwdexdatjfxa (Tetrapodien)
troch. -v^l-y _v^_w|_vy_w
iamb. w_;w_ w_w_|w_w«
' ) Aristid. p. 39 M. lafißoeidfjg, ög avyia- *) Aristox. p. 302 M. § 31 sq. W. Psell.
rt}X(y ix fxaxQug agaetog xal &vo &(ac(oy xai Prol. § 12. Aristid. p. 35 M.
Toy ^v&fnoy loi^xB ^ttxxvXM, ... 6 ^k TQoxaio- \ ^) Der Ausdruck rührt von G. Hermann
eirdr]g ix dvo uqaetüy xtd ftiax^iig &eae(os. \ her. Eiern. D. M. p. 11.
696
E.
ik. b) Rhythmische Fandamentaltheorie.
I I
II. dreiteilige:
a) ewedar^fta (Tripodien)
troch.
iamb.
III. fünfteilige:
nevTsxaiSsxaarjiia (Pentapodien)
troch. - ^
iamb. ^ -
b) oxTwxaidexdatjfia (Hexapodien)
— <^ _ w
V^ _ v^ _
_ V^ _ W
_ Vy — V^
_V>'__W_^s>'— W
W—'V^—'v-/— ^^_
daktyl.
anap.
daktyl.
anap.
daktyl.
anap.
B. Kola aus vierzeitigen Füssen:
I. gradteilige:
a) oxtdar^fta (Dipodien) b) exxmdexdarnia (Tetrapodien)
II. dreiteilige: diaSexdar^fia (Tripodien).
I I
I i
III. fünfteilige: elxoadarjfia (Pentapodien).
C. Kola aus fünfzeitigen Füssen:
I. gradteilig: dexdarjfiov (Dipodie).
paeon.
paeon.
paeon.
w _
II. dreiteilig: TxsvxsxaidBxdarmov (Tripodie).
I I
III. fünfteilig: nsvrsxaieixoadar^iiov (Pentapodie).
^
\j
Ky
ionisch.
I
t
D. Kola aus sechszeitigen Füssen:
I. gradteilige: dmdfxaorjiia (Dipodien).
1
I _ v>*^
II. dreiteilige: oxtojxmdsxdarjfia (Tripodien).
ionisch.
N-.«>^ _ _
«^>\^
V>«^ — _ VyN^ _
^^>^>y
Gradteilige oder ev laoj Aoyq) gegliederte iifytd^r^ giebt es also' elf,
nämlich zwei i^daijfia^ zwei oxidatjixay ein dexdaijfxov^ vier SwSexdtXfjfia
und zwei exxaidsxdatjfia. Dreiteilige oder €v SiTiXatrio) Xoyo) gegliederte
giebt es neun, nämlich zwei ivvedarjfxay zwei dwdsxdtrijjuia, ein 7r*iTf-
xccifixocrdarjiiiov und vier dxKaxaiSexdatjfxa. Fünfteilige oder ev rjixioXui}
Xoyff} gegliederte giebt es fünf, nämlich zwei nevTexauixotrdtrrjfia, zwei eixo-
adaiiim und ein nsvtexaieixoadarjixov. Vgl. Aristid. p. 35.
4. Zu den nodsg avvO^etoi gehören auch die vier als /ifiXovfg TioSeg
bezeichneten rhythmischen ixsyäx^rj
anoväeiog f^iet^wv oder dmXoig : lJj lj,
welcher (Aristid. p. 37) aus einer vierzeitigen Thesis und einer vierzeitigen
Arsis sich zusammensetzt, also oxrdarjfiog ist.
4. Die Kola. (§ U-15.) 697
Ferner der tQoxccTog ar^fiuvrog und der oQx^iog^ von denen der
erstere aus einer achtzeitigen Thesis und einer vierzeitigen Arsis, der zweite
umgekehrt aus einer vierzeitigen Arsis und einer achtzeitigen Thesis be-
steht. Beide sind also Sojdexaarjfxa.
1) lIj l_J LJ 2) '-' l-^ *-^
Endlich der naiwv inißaxog (Aristid. p. 38 f.), der ein dexaarjfiov
^€y€&og ist und aus vier Teilen besteht, einer zweizeitigen Thesis, einer
zweizeitigen Arsis, einer vierzeitigen Thesis und einer zweizeitigen Arsis:
&, a. x^. a.
IL K(oka Ttax^ccqd und fiixtd.
14. Nicht immer setzen sich die Kola aus Füssen desselben y^vug
zusammen, sondern es tritt auch der Fall ein, dass in demselben Kolon
Füsse verschiedener yevtj vereint sind, besonders ist dies der Fall mit
Füssen des dreiteiligen und des geraden Geschlechts, z. B.
_i »^-«^ JL ^ s ^ — <^ oder j. '^ j. v>^^ JL ^ j. \j
Solche Kola heissen gemischte, ftixtd^ während die aus gleichartigen
Füssen gebildeten Kola xaO^aqd oder fiovo€i6^ heissen. Die aus dakty-
lischen und trochäischen Füssen gemischten Reihen heissen im allgemeinen
logaödische. ') Man unterscheidet fxixTti mit einem oder mehreren Dak-
tylen (resp. Anapaesten), ixovodaxxvXixd (resp. fxovavanaianxd) und koya-
oidixd TiQog dvolv, nqog xqiaiv u. s. w. Die Einheit des Rhythmus ist auch
in solchen xwXa insofern gewahrt, als die Füsse des geraden Geschlechts
den dreiteiligen durch das Tempo (dytüyr]) zeitlich gleichgestellt werden,
während sie allerdings in der Gliederung verschieden von ihnen sind.
III. Eatalektlsche Kola.«)
15. 1. Zuweilen sind in der metrischen Form des Kolon nicht sämtliche
Chronoi, welche der Rhythmus erfordert, durch Silben ausgedrückt; am
häufigsten fehlt bei den mit der Thesis beginnenden Kola für die letzte
Arsis eine besondere Silbe in der i^^ig^ z. B.
Solche Kola heissen katalektische (xaraAijxinxa, imperfecta).^) Sie wären
arrhythmisch, wenn die in der Xi^ig fehlende Silbe nicht im Rhythmus
ersetzt würde. Der Ersatz erfolgt durch Pause oder durch Dehnung der
vorausgehenden Länge. Bei Kola aus dreizeitigen Füssen ist die Pause
einzeitig {kaififia)^ in vierzeitigen Füssen ist sie zweizeitig. (Tr^ocr^^cre^);
die gedehnte Länge ist im ersten Falle eine dreizeitige i— (tQiarjfAog), im
zweiten eine vierzeitige ^ {tetQdarjfxog) s. § 8 u. 6.
— >^_w_w_A — wv-/ — v/v^— TT
— W — W — Wl _v^W«.V^v^UJ
Im Innern eines Wortes ist nie Pause, sondern nur Dehnung zulässig.
') Schol. Heph. p. 163,is W. ») Hephaest. p. 14 W. Aristid. p. 50.
^) Heph. p. 14 f. W. Schol. Heph. p. £in katalektisches xtoXov heisst auch xofAfAu
141 f., Choerob. in Anecd. Yar. \, p. 63. oder (nach Aristides p. 56) ro^i;.
d98
E. Xetrik. b) Rhythmische Fundamentaltheorie.
Ist hingegen der letzte Versfuss eines Kolon seinem Zeitumfange
nach vollständig durch Sprachsilben ausgedrückt, so wird es als akata-
lektisch {axaxdhjxvov^ perfectum) bezeichnet. 0
Die mit der Arsis (Anakrusis) beginnenden iambischen und ana-
paestischen Kola bilden die Katalexis, indem sie die fehlende Arsissilbe
durch Dehnung der vorletzten Thesissilbe zum rgiar^ftog oder TeTQoxrrjfio^
ersetzen, z. B.
w ^ w /. v^ LL J.
\.As^ J. V>N-/ J. V>^ l_fj
Die gedehnte Länge umfasst hier Thesis des vorletzten und Arsis des
letzten Fusses zugleich.
Die aus sechszeitigen Füssen bestehenden (ionischen) Kola erhalten
folgende Formen durch Katalexis (a. durch Pause, b. durch Dehnung):
S - <^ J. - Ä
b. v>^^ J. _ w^lIj
J. — v>^^ J.
Bei den aus den fünfzeitigen Füssen gebildeten (päonischen, bat
cheischen) Reihen ergiebt die Katalexis eine zweisilbige Schlussform:
^ w _
Z w _ Z w A
\y S — W Lii
W Z _ KJ J. 7^
2. Wenn nicht bloss die letzte, sondern auch die vorletzte Arsis
eines Kolon in der le^ig nicht durch eine besondere Silbe zum Ausdruck
gebracht, sondern durch Dehnung resp. Pause ersetzt ist, so dass dem Kolon
ein ganzer Fuss zu fehlen scheint, so heisst dasselbe brachykatalektisch:^)
iL J. A
J. ^ J.
\J 1. w
Beide Formen der Katalexis sind auch bei den gemischten Kola (§ 14)
anwendbar, z. B. a. katalektisch, b. brachykatalektisch :
a. ± <^^ ± ^ ±
b. — ^-^ J. \j vL
± A
± A
a. w _i vw-A-/ ± \y lL ±
b.
■^ _1 »^^^^ L_-
\}i. Die Katalexis kann nicht nur am Schlüsse des Kolon eintreten,
sondern auch im Inlaute oder Anlaute desselben, und zwar sowohl in Ver-
bindung mit der Schlusskatalexis, als auch ohne diese, z. B.
w
/
W Li
/
^U
1
J_
w i_L
/
\J
t
w
»^>s_/
1
\y^ i_ii
/
>^>^-/
/
t
V>A^ >Jj
/
^^y^~j
/
^v>^^
v_' \-L ± KJ
J- W
w^lL ±
L \j ^ A
± 7{
Die Glieder mit Katalexis im Inlaut heissen prokatalektisch, diejenigen
mit Katalexis im In- und Auslaut heissen dikatalektisch.'') Prokata-
lektisch ist ein Glied auch dann, wenn seine anlautende Arsis fehlt, was
in der Regel nur, wenn ihm ein anderes Glied in derselben Periode voran-
geht, vorzukommen pflegt.
w _ w
— : /
v_/ __
A ^v^_v>_v^_
Durch noch weitergehende Ausdehnung der Katalexis entstehen Glied-
formen, in welchen drei oder mehr Arsen unterdrückt sind, z. B.
l'_ Li
_'- A
*) Hephaest. p. 14 W. {txaraXtjxTtt x«-
Xeiiffi, oVt« Toy ifXevTdcioy Trdcf« oXöxXr^Qoy
tj^si. Aristid. p. 50. ocn xaTg ivovaais ovkXa-
ßatg avyccTiaQTiCfi' tovg rrodag.
2) Hephaest. p. 15,9 W. Aristid. p. 50.
^) Vgl. Hephaest. p. 5G,is.
5. Die Perioden. (§ 16—17.)
699
4. Hyperkatalektisch*) heisst ein metrisches Kolon, wenn es die
dem folgenden Gliede fehlende erste Arsis ( 1 a) oder die dem vorhergehenden
Gliede fehlende Schlussarsis (2b) mit sich vereint hat:
1, \y J. \y J. Kj ± \j ± \^
± ^ ± \j ± ^ ±
O
S. <^<y J. v.-«w» s
v>^> S v>N^ S v>^> JL <^-^^ -1 *>-'*>-',
Die anlautende Arsis des zweiten Kolon wird (in 1) durch die überzählige
Silbe des ersten und die auslautende Arsis des ersten (in 2) durch die Ana-
krusis des zweiten ersetzt.*)
5« Die Perioden.
I. Die rhythmische Periode.
16. Begriff. Die Vereinigung zweier oder mehrerer Kola zur
Periode (§4) wird nicht wie die mehrerer Füsse zum Kolon durch
stärkeres Hervorheben eines Iktus zu stände gebracht, sondern sämtliche
Hauptikten der in ihr verbundenen Kola sind in Bezug auf ihre Stärke
koordiniert. Das Band, welches die Kola zu der Einheit der Periode ver-
knüpft, ist — abgesehen von einer scharfen Absonderung von den der
folgenden oder vorhergehenden Periode angehörigen Gliedern — eine Modu-
lation der rhythmischen Bewegung, wodurch die nebeneinander gestellten
Glieder als Anfang, Mitte und Ende eines Ganzen sich gegenseitig be-
dingend und erfordernd erscheinen. Beim Vortrage einer Periode erfordert
das erste Kolon eine Steigerung, das zweite oder die mittleren eine gleich-
mässigo Weiterbewegung, das letzte eine Abnahme des Sprechtons der
Stimme (vgl. Arist. Rhet. 111,9).
17. Der Umfang der rhythmischen Periode beschränkt sich meist
auf zwei bis vier Glieder und geht nur in seltneren Fällen über diese Zahl
hinaus.^)
Die einfachste und häufigste Periode ist die zweigliedrige (Sixwkog),
welche aus Vordersatz {dQtateQov xwAor, Tr^oTaeri^) und Nachsatz (Ss^iov
xoUor, aTioSoaig) besteht und in den gebräuchlichsten Versformen, z. B.
dem heroischen Hexameter, dem elegischen Verse (sog. Pentameter), dem
iambischen, trochäischen und anapaestischen Tetrameter, dem kleineren
asklcpiadeischen Verse und sonst erscheint. Bei diesen sind zwei rhythmisch
gleich grosse Kola, entweder zwei tripodische oder zwei tetrapodische,
periodisch verbunden. Es gibt aber auch dikolische Perioden aus ungleich
grossen Gliedern, insbesondere folgt zuweilen ein kürzeres Glied einem
längeren nach (epodische Periode), z. B. im bukolischen Hexameter:
ctQxeie ßovxokixäg^ Moiaai g)ilai, \ ccqx^t äoiSag, wo sich mit einem tetra-
podischen Gliede ein dipodisches epodisch verbindet, oder in dem Verse des
Eupolis, wo Tetrapodie und Tripodie vereint sind:
eJ xaXXiattj TioXi naawv^ \ oüag KXäwv €(pOQ$.
Dreigliedrige Perioden bestehen aus Vordersatz, Mittelsatz (fxäaov
^) Hephaest. p. 15,i4.
^) Die Hyperkatalexis ist also kein «Un-
geheuer**, wie noch jüngst (Hermes XXIII,
609) versichert wurde.
') Bei Mar. Vict. p. 54 K. maximum rero us-
que ad periodum decametrum parrigetur ist
diese Grenzbestimmting von Hör. carm. III,
12 entnonunen.
700 E« Xetrik. b) RhythnÜBche Fondamentaltlieorie.
xoiXor) und Nachsatz. Die drei Glieder sind auch hier meist von gleicher
rhythmischer Ausdehnung, z. B. sämtlich Tetrapodien (a) oder sämtlich
Tripodien (b); zuweilen aber auch von verschiedener Grösse, indem zu zwei
gleich grossen Gliedern ein drittes als fieafpSixov (c) oder ino^dixov^ seltener
als nQ0((tdix6v hinzutritt:
a) 'AxT)g äektoiOy xdX\haTOV imanvXff» tfavhv \ Orjßtf xtav TtQOTäqmv
ifdoq (4+4+4);
b) oiQa viv cteXXddwv \ inntav aO-evaQcireQOV \ (fvy^ noda ra)fxd%\ (3+3+3).
c) juijrf*!' aXXo (pvi€v\aijg nqovsqov \ dtvdqiov dfiTit'Xa). (3+2+3).
Mehrgliedrige Perioden aus gleich grossen Gliedern stellen am
häufigsten eine längere Zeit anhaltende gleichförmige rhythmische Bewegung
dar, z. B. in Marschliedern; aber auch in der melischen Poesie sind sie
nicht selten, z. B. bei Anakreon fr. 1., wo die zweite Periode der Strophe
aus fünf Tetrapodien bestoht:
1^ xov vvv inl Arid-aiov \ äivrfii, t^Qaavxagdiwv \ dvögciv iaxaxoQ^q noXiv
XccfQOva • oif ydq dvt^/aeQovg \ Troiftaiveig noXirjtag,
18. Fügung. Die Verbindung der Kola zur Periode ist eine
dreifache: erstens die einzelnen Glieder werden scharf von einander ge-
sondert, metrisch durch Zusammentreffen eines Wortendes mit dem Schlüsse
des vorderen Kolon, das entweder katalektisch ausgeht, wie im elegischen
und kleineren asklepiadeischen Verse, oder akatalektisch, wie im iambischen,
trochäischen und anapaestischen Tetrameter; zweitens die Kommissur
zweier Kola wird in das Innere eines Wortes gelogt und so die Glieder
auf das engste zusammengeschlossen; drittens endlich die Kommissur
der rhythmischen Reihen fällt zwar in das Innere eines Wortes, aber
metrisch zerlegt sich die Periode durch einen Einschnitt an anderer Stelle,
wie im heroischen Hexameter:
1) x«/ifi>« Toig xf/Vwr j ^i]ixaai nsiO^oiievoi,
2) 7iu>g TTOTfj 7i(og rnn d/Ji(f^i7rXtj\xio)i' ^o^twr fiovog xXviav;
3) f.ii]rn' cisiSe^ K^edyinijXrjiddtu) *AxiXijog,
Die zweite Art der Fügung ist besonders bei Katalexis des ersten Gliedes
und Tovij der auslautenden Silbe beliebt.
Der enge Zusammenhang, in dem die Glieder einer Periode miteinander
stehen, heisst avvdifein (continuatio),^) — Perioden, in denen die Con-
tinuität am Schlüsse des einen Kolon fehlt, nennen nach Bentley (zu Horat.
epod. 11) neuere Metriker asynartetische.
19. Der Schluss (aTroO^faig)^) der Periode hat sowohl bei stei-
gendem, als bei fallendem Rhythmus eine besondere Vorliebe für kata-
lektischen Auslaut. Katalektische Schlussglieder haben z. B. der iambische,
trochäische und anapaestische Tetrameter und fast die sämtlichen hyper-
metrischen Perioden, die sogenannten Systeme; brachykatalektischen Schluss
hat das grössere mctnim Sapphicum und zahlreiche Perioden in den Strophen
der Dramatiker.
') Terent. Maur. v. 151H f. u. 2071 mit i '^) Hephaest. p. 15,24. — Ein moderner
Bezug auf Joniker und Anapaestc. | Ausdruck dafür ist Fermate.
6. Die Perioden. (§ 18-21.)
701
II. Die metrische Periode.
Metron. Stichos. Hypermetron (System).
20. Die metrische Periode muss stets mit einem vollen Worte
{xtXeia It'^ig) *) schliessen, und das Übergreifen eines Wortes aus einer
Periode in die andere wird streng gemieden. Vom Inlaut der Periode
ist Hiatus und Syllaba anceps mit seltenen Ausnahmen ausgeschlossen, der
Schi u SS derselben gestattet beide Freiheiten.*) Sie ist bei weitem am
häufigsten eine zweigliedrige; aber auch die einzelne rhythmische Reihe,
wenn sie nicht als Glied einer Periode, sondern selbständig auftritt, unter-
liegt denselben Regeln bezüglich des Schlusses wie die Periode. Selbständig
erscheinen indes in der Regel nur die längeren Reihen, z. B. das iambischo
dxro)xaid€xdar^liiov (der Trimeter). Der gemeinsame Name für diese selbständig
auftretenden monokolischen Reihen und die zwei- und mehrgliedrigen metri-
schen Perioden ist utrqov.
Da sowohl die fiovoxwka als die dtxwXa fierga in der Schrift den
Raum einer Zeile einnehmen, so wird für sie die Bezeichnung auxog^) ge-
braucht, womit das lateinische versus^) im wesentlichen dasselbe bezeichnet.
Doch wird gelegentlich auch eine dreigliedrige Periode, wie das grössere
Asklepiadeion, als Vers aufgefasst, und andererseits nannte man nrixog
auch ein einzelnes xmXov oder zwei in eine Zeile geschriebene xwXa einer
grösseren Periode. Die Forderung der teXtia Xt^ig und die Freiheiten des
Schlusses gelten aber nur für atixog resp. versus als selbständige Metra.
Die Beschränkung der Bezeichnung furgov auf den Umfang von 30
resp. 82 Chronoi (Heph. p. 43,i, Schol. Heph. p. 182,22. 199,i3 W.) und auf
die iioroxwXu und 6ixo)Xa ist von den gewöhnlichsten Versformen entnommen
und beruht auf einer Verwechselung mit dem Begriffe atixog.
Die den Umfang der zweigliedrigen Periode überschreitenden perio-
dischen Verbindungen^) nennt man (nach Westphal) zweckmässig Hyper-
nietra (Heph. p. 20,2i und Schol. Heph. p. 157,22)^), andere ziehen (nach
Hermann) den weniger zweckmässigen (s. § 4 u. 25) Namen Systeme
(im Gegensatze zu axixoi) vor. Für das der komischen Parabase folgende
Hypermetron sind die stehenden Ausdrücke fxaxQov (Heph. p. 74) und nvTyog,
Einteilung der Metra.
21. Ein Metron kann seiner Zusammensetzung {avvra^ig) nach ent-
weder aus gleichartigen oder aus verschiedenartigen Füssen bestehen und
zwar sind entweder alle Füsse des Metrums — von stellvertretenden Füssen
wird hier abgesehen — gleichartig, z. B. sämtliche Daktylen (resp. Spon-
deen), oder sie sind innerhalb jedes Kolon gleichartig, übrigens aber ver-
') Heph. p. 10,8 W. 77«*' fiixQoy eig
TBXeiay nBQttrovxai Xihv.
'^) ibid. p. 10,1 W. -JiayTog fiirqov itdia-
(fOQog iany i) jeXevrain avXXaßij xtX.
^) Heph. p. 64 nimmt auf die Zahl der
vereinigten Küsse Rücksicht: ovre iXatTov
jQiüjy ov^vyiuiy ovre fi€iCoy reaauQtoy,
*) Mar. Victor, p. 55 K. omnis versus
xattt ro nXeiatoy in duo cola dividitur.
*) Schol. Heph. p. 182,2o u. Mar. Victor,
p. 5«'3 u. 77 K. gebrauchen für sie die allge-
meine Berechnung neglodog, wie Heliodor
(Schol. Arist. Equit. 821).
^) Vgl. Tzetzes n. Uiyd. fAirg. p. 03 Cr. :
€ial ii fAijxiatoi tiyeg xal vnig fjLixgoy
axixoi.
702
£. Metrik, b) Rhythmische Fandamentaltheorie.
schiedenartig, z. B. in dem einen Kolon daktylisch, in dem anderen
trocbäisch, oder endlich sogar innerhalb der Kola selbst verschiedenartig,
z. B. t^ils iambisch, teils anapaestisch. Die erste Klasse der Metra heisst
fiovoeiSfj oder xax>aqd^ einfache; die zweite imaivd-sta^ canipositay zu-
samnriengesetzte; die dritte /«xrd, mixta^ gemischte. Vgl. § 14.
imavv&evov -
'^>^^ ^ v>^^ J.
V.>w»
/ÄlXTOV
^ -, JL ^>^
J. w
J. "U^J
± w
^ W JL w ^
^ w -L
Die einfachen Metra werden nach der Form (dem eldog) der Füsse,
aus denen sie besteben, eingeteilt in: daktylische, anapaestische, tro-
cbäische, iambische, ionische, choriambische, paeonische.
Monopodische und dipodische Messung.
22. Die Metra werden teils nach Einzelfüssen, teils nach Doppel-
fQssen (Dipodien, av^vy{m, Heph. p. 71,5 W) gemessen, und zwar gilt im
allgemeinen die dipodische Messung für die iambischen, trochäischen und
anapaestischen Metra, die monopodische für die daktylischen, ionischen,
choriambischen und paeonischen als Regel (Mar. Vict. p. 53 K). Doch
giebt es mancherlei Ausnahmen (Schol. Heph. p. 141, p. 174 f. W. Mar.
Vict. p. 75. Aristid. p. 52).
Diese verschiedene Messung hängt mit der verschiedenen Praxis des
Taktschiagens zusammen. Der Abschnitt eines Metrums, auf den ein Takt-
schlag kam, hiess ßdatg ; i) eine ßdaig umfasste entweder einen Fuss (mono-
podische ßdaig) oder zwei (dipodische ßdaig Schol. Heph. p. 124 W. Mar.
Vict. p. 47 K). Nach der Zahl der ßdaeig hiess das Metrum Dimetron,
Trimetron, Tetrametron, Hexametron. Der daktylische Hexameter ist z. B.
xazu novü7To6iav gemessen (Schol. Heph. p. 163,23 W.), also hat er sechs
ßdcffrig, der iambische Trimeter xard dinodiavy also hat er nur drei ßdaeic
(Mar. Vict. p. 53,2o K.).
Eine dritte Art der Messung ist die nach ntQiodot, bei welcher wie
dort ein Fuss oder zwei Füsse, so hier drei oder mehr den Einzeltakt bilden.-)
Katalektische Metra.
23. Ein Metrum heisst akatalektisch («xaraAiyxror, okoxhjQoi),
wenn der letzte Fuss vollständig d. h. seine Arsis durch Sprachsilben aus-
gedrückt ist, wie im heroischen Hexameter und iambischen Trimeter. Ist
hingegen der letzte Fuss unvollständig, d. h. ist seine Arsis durch Pause
oder Dehnung ersetzt, wie z. B. im iambischen, trocliäischen und anapästi-
schen Tetrameter, so heisst das Metrum katalektisch. Ist ausser der letzten
Arsis auch die vorletzte unterdrückt, so dass dem Metrum ein ganzer Fuss
zu fehlen scheint, so heisst es brachykatalektisch. Ist ausser der letzten
Arsis auch eine inlautende, insbesondere in zweigliedrigen Metren die
Schlussarsis des ersten oder die erste des zweiten Gliedes nicht durch eine
besondere Silbe ausgedrückt, so heisst das Metrum dikatalektisch (vgl.
^) Heph. p. 47, Schol. Heph. p. 201,ii W.
Mar. Vict. p. 103,i3. 105,'.u. K.
2) Aristid. p. 35 u. 37 M. Schol. Heph. p.
218,1.2. Tüiy ^ttQU)v T(<fAiy vno no^og, tu d^i vnu
arC'T'«^, Tftds vtio n SQiotfov xatafjerQeTtat.
71 SQloöog tft iariy i) ix dtafpogioy noduiy fV
Tol ^Ti^M avyf^eaig. und Z. IG f. Tieglodos
ian no^ixi) iy T(Jtol noai xaT«(>i^^iAr^atg xrX,
5. Die Perioden. (§ 22 -24.) 6. Systeme und Strophen. (§ 25.) 70P>
Heph. p. 56, 14), wie z. B. der elegische Vers und das kleinere Askle-
piadeum. Ist nur im Inlaute, nicht aber am Schlüsse eine Arsis unter-
drückt, so wird es prokatalektisch genannt (vgl. Heph. p. 54). Metra
mit inlautender Katalexis heissen asynartetisch. Vgl. § 15 u. 18.)
Cäsur und Diairesis der Metra.
24. Für die Gliederung einer grossen Zahl der gebräuchlichsten
Metra ist die Zerfällung derselben durch regelmässiges Eintreten eines
Wortschlusses an bestimmter Stelle von grosser Bedeutung, weil sie eine
kleine, rhythjnisch unmerkliche Pause für den Vortrag bietet und in vielen
Fällen die Einförmigkeit völlig gleich grosser Versglieder beseitigt, oft
auch durch den Wechsel von Gliedern mit steigendem und fallendem
Rhythmus und verschiedenartigem Auslaut eine grössere Mannigfaltigkeit
hervorruft.
In manchen Metris fallt die metrische Gliederung mit der rhythmischen
zusammen, z. B. in den anapästischen, iambischen und trochäischen Tetra-
metern und Hypermetem. Diese Art der Zerfällung, bei welcher das
Wortende mit dem Schlüsse des rhythmischen Kolon zusammentrifft, heisst
Diairesis.^) Sie ist besonders nachdrucksvoll, wenn das Vorderglied
katalektisch auslautet, wie im elegischen Pentameter und den asklepia-
deischen Versen.
In andern Fällen tritt die metrische Gliederung in absichtlichen
Widerspruch mit der rhythmischen, indem das Wortende in das Innere des
rhythmischen Kolon fällt und so einen Fuss zerschneidet, wie z. B. im
daktylischen Hexameter der Einschnitt nach der Thesis des dritten Fusses
(7rfri>^/ii/«f^rJ$):
Mfjriv ixeide, &€d, | Ilrjhjiddew ^Ax^^^og
und in dem zwar nur ein Kolon bildenden, aber rhythmisch nach Dipodien
gegliederten iambischen Trimeter der Einschnitt nach der Arsis des 3. Fusses:
crZv^—. \r \ JL "^ —. , Z7 JL y^ ^
Diese Art der Zerfällung heisst Caesur, rofiij schlechthin.
6. Systeme und Strophen.
25. 1. Jede Periode, welche den Umfang eines (fTixog, also in der
Kegel zweier, ausnahmsweise dreier Kola überschreitet (§ 20), bildet ein
System (<ri;<rrt;/i«). Dieser Name gilt also zunächst für alle Perioden,
welche nicht in dem Räume einer Zeile untergebracht werden können.
Er wird aber auch für eine Gruppe von zwei oder mehreren Perioden
gebraucht, wenn sie zu einer rhythmischen (melodischen) Einheit ver-
bunden sind.
2. Ein System wird als Strophe bezeichnet, mag es nun aus einer
oder aus mehreren Perioden bestehen, wenn es in völlig gleicher Form ein
zweites Mal oder öfter wiederholt wird. Diese Wiederholung heisst aiTa-
nodoaic oder ävaxvxh^atg (Heph. p. 66,9 W.). Von zwei gleichen Systemen,
') Aristid. p. 52 M.
704 £• Metrik, b) Bhythmische Fundamentaltheorie.
welche einander gegenüberstehen, heisst das erste die Strophe, das zweite
die Gegenstrophe. Aesch. Pers. 685 f.a)691 f.
atßofiai 6* ävTia Xä^at diefiai d* avviu g^aa^i
Die für die Periode geltende Forderung der tsvvdipeia (§ 18) gilt för
das System (resp. die Strophe) nur, wenn es aus einer Periode besteht;
der Periodenschluss gestattet auch innerhalb des Systems die Freiheiten
des Hiatus und der Syllaba anceps.
Ein aus zwei Perioden zusammengesetztes System erscheint im Ele-
geion (§ 38), welches aus zwei zweigliedrigen Perioden von rhythmisch
gleichem Umfange besteht (Form: 3+3, 3+3). Dagegen sind die beiden
Perioden ungleich ihrem Umfange nach in der kleinen Strophe Ant
853 f. —872 f. (Form: I. 4+4+4. II. 6):
I. TiQoßäa' in* faxaxov O-Qaaovg
vil)i]X6v ig Jixaq ßäO'QOV
nQoaineaeq^ w taxi'oi', ndXiw
IL naTQ(i}av d* ixthsig tiv* avav.
3. Dem dreigliedrigen Bau der Periode (§ 17) entsprechend giebt es
auch Systeme aus drei Perioden. Für diese ist die beliebteste Form die-
jenige, bei welcher die beiden ersten einander ähnlich gestaltet sind, die
abschliessende dritte aber eine abweichende Bauart hat (vgl. Stollen und
Abgesang der deutschen Lyrik), z. B. Soph. Antig. 100 ff., wo auf zwei
trikolische Perioden aus tetrapodischen Gliedern eine dritte tetrakolische
folgt. Zuweilen folgen aber auch umgekehrt zwei rhythmisch ähnlich oder
gleich gestaltete Perioden der ungleichen nach, z. B. Soph. Trach. 112 ff.
(I. 4 Tripodien, IL 3 Tetrapodien, III. 3 Tetrapodien). In anderen Fällen
sind alle drei Perioden verschiedenartig, z. B. Soph. Ant. 134 ff. (I. 6 6,
n.4 4, III. 4 4 4 4). Vgl. d. Verf. Cantica d. Soph. Trag. p. 100, 141 f., 101.
Doch hat sich die griechische Dichtung nicht auf diese einfacheren
Formen der Strophenbildung beschränkt, sondern eine unerschöpfliche Fülle
der verschiedensten Gebilde geschaffen, deren kunstvollen Bau im einzelnen
zu erkennen zum Teil noch eine ungelöste Aufgabe der metrischen For-
schung ist.
4. Innerhalb des Systems resp. der Strophe wird meist eine rhyth-
mische Grundform festgehalten und alloiometrische Elemente in der Regel
nur im Anfange und Schlüsse zugelassen; manchmal aber stehen sich die
verschiedenen Rhythmen dem Umfange nach gleichberechtigt gegenüber, so
dass man z. B. von iambisch-logaödischen, iambisch-dochmischen, trochäisch-
päonischen Strophen spricht.
In einzelnen Fällen zerlegt sich die Strophe in zwei oder mehrere
durch ihren rhythmischen Charakter scharf gesonderte Abschnitt« (zwei-
teilige, dreiteilige Strophen). Vgl. Aesehyl. Sept. 270cio287. 328 f.cc340 f. K.
Dies ist namentlich dann der Fall, wenn ein den Abschluss der
Strophe bildendes alloiometrisches Ephymnion grösseren Umfang annimmt
(vgl. Heph. p. 73 W.), wie Aesch. Choeph. 770 f. ex 780 f. Eum. 343 f.x354 f.,
363 f. X 372 f.
7. Poetische 2ompoBition8form. (§ 26—28.) 705
5. Die Anfauge der Strophenbildung liegen bei Archilochos vor, der
sich auf zwei oder drei Glieder beschränkte. Freilich ist wohl richtiger
anzunehmen, dass sich je zwei der archilochischen Distichen zu einer Strophe
gruppierten.*) Das Elegeion erreichte den Umfang von vier Gliedern; auch
die äolischen Lyriker und Anakreon beschränkten sich noch auf kleinere
Strophen von wenig Reihen (Dionys. de comp. c. 19), wie sie dem Einzel-
liede entsprachen. Umfangreichere Strophengebäude schuf erst die chorische
Lyrik, insbesondere zuerst Stesichoros (Dionys. 1. c), und das Drama; doch
liebte die Komödie, ausser wo sie die Lyrik und die Tragödie parodiert,
die einfacheren, an die Volksweise anstreifenden Formen.
7. Die poetische Kompositionsformr)
26. Die Komposition eines Gedichtes ist entweder stichisch {xani
aiixov) oder systematisch {xccrd avCTtjfia)^^) je nachdem ein und derselbe
Vers {au'xog) beständig wiederkehrt, ohne durch andere Versformen unter-
brochen zu werden, wie im Epos der Hexameter (Heph. p. 59,i8 ff.), oder
die Dichtung sich aus Systemen resp. Strophen zusammensetzt, wie in der
lyrischen Poesie.
Die Dichtungen xard avatijj^ia {({ySai, ^cr/iarcr) gliedern sich teils so,
dass gleiche Systeme wiederkehren (antistrophisch, xara <rx*ö'n'), teils
so, dass sämtliche Systeme verschieden sind {aTiokekvfitva, freie Kompo-
sitionen) (Heph. p. CO,is. 66,8 ff.).
27. Die miteinander in Kesponsion stehenden Systeme sind ent-
weder sämtlich einander gleich, dann ist das Gedicht monostrophisch
gegliedert (Form: a a a" d" u. s. w.) oder teilweise gleich, teilweise ver-
schieden, dann ist das Gedicht nach Gruppen von je zwei oder mehreren
Systemen, sogenannten Perikopen, gegliedert (Form a a ß ß' oder a ß a ß')
(Heph. p. 61,18. 68).
Innerhalb jeder einzelnen Perikope können die Systeme durchweg
gleich (« a) oder durchweg verschieden (a ß y) oder teils gleich, teils ver-
schieden (a a ß, a ß ß') sein. Die Dichtungen der ersten und dritten Art
werden xaxd ntqixonriv ojtioiofisQtjy die der zweiten xata negixoTirjv dvo^oio-
iitQt^ genannt.
Zu jenen gehören die Formen a a\ ß ß'; a a ß (epodische Form), cc ß ß
(proodische Form), a ß a (mesodische Form), a ß ß> a (palinodische),
^ ß ß y (periodische Form) s. Heph. p. 61,24. 68,9 ff.
Die dvof.ioioin€Qij (Heph. p. 62,i2. 69,6 ff.) sind gegliedert nach den
Formen aß aß' (dvaSixd) oder a ß y d ß' y (rgiadixa) u. s. w.
28. Die der antistrophischen Responsion entbehrenden Cautica {aTro-
ktXvjiura (Heph. p. 70,io ff.), freie Kompositionen) sind entweder aus
gleichartigen Gliedern aufgebaut, wie die anapästischen Systeme, und heissen
dann ovatijinaTa €^ ofioim' (Heph. p. 60,2i. 71,2 ff.), oder aus ungleichen
*) Gevaert. Hist. et thäorie de la mu-
sique II, 387.
'^) Hephaest. n. noirjfA. p. 59 ff. W. Schol.
Heph. p. 216 ff. W. Arisbd. p. 58 M. Mar.
Handbuch der klass. AlterlumswlaseDSchaft. II. 2. Aull. 45
Vict. p. 58 ff. K.
') Heliodor und seine Nachfolger sagen
70G £• Metrik, b) Rhythmisohe Fnndamentaltheorie.
(e^ ürofnoiwv) zusammengesetzt. Bildet das ganze Ganticum ein einziges
aiHTirjfia €^ ofioicov^ so heisst es aTieQioQiaTov; sind mehrere Systeme darin
vorhanden, so ist es xard TteQtoQtafnovg äviaovg gegliedert. — Die asioJa-
Xvfiuva i^ ärofiotwv sind ietfiyTa, wenn sie aus einem einzigen System
bestehen; uvoiioi6avqo(fa^ wenn aus zwei oder mehreren verschiedeneo
Systemen, und die letzteren im ersten Falle heqoatqoipa^ im zweiten
dkXoiwXTQo^a (Heph. p. 70,i6 flF.).
Anmerkung. Als xoivd werden diejenigen ^afAaxa bezeichnet, welche zwar aie
lauter gleichen Gliedern bestehen, aber doch eine antistrophische Komposition haben, also
xntd aTL^oy komponiert scheinen, aber x«ra avaTrjfia resp. xaxd ax^^i'^ komponiert sind,
wie die Gedichte im 2. und 3. Buche der Sappho (Heph. p. 60,8 ff.); als xo^yd xmü
<r/£<T<r diejenigen, welche zwar aus lauter gleichen Strophen bestehen, aber doch xatu
TtBqi^xonrjy sich gliedern, z. B. xaxii xQidda (Heph. p. 63,8). So besteht Hör. carm. I, 12
aus 5 Perikopen von je 3 gleichen Strophen. Mixtd sind die Dichtungen, in denen die
stichische und die systematische Kompositionsform neben und nacheinander zur Anwenduoe
kommen, wie im Drama.
29. Die stichische Kompositionsform ist eigentümlich der epischen
Dichtung und dem dramatischen Dialog; die systematische der Lyrik
und den Gesängen des Dramas. Die monostrophische Form findet ihre
Anwendung in der monodischen Lyrik der Äolier und lonier und bei ihren
Nachahmern in alexandrinischer und römischer Zeit, die Perikopenkompo-
sition in der chorischen Lyrik und im Drama. Die epodische Anordnung
(flf a ß) ist in Pindars Epinikien die weitaus vorwiegende, aber auch im
Drama, besonders in der Parodos, oft zu finden; sonst herrscht in diesem die
Anordnung a a ß' ß' (y /). Die anoX^Xv^iäva fanden ihre besondere Pflege
in dem Nomos und Dithyrambos, sowie in den Bühnengesängen der spä-
teren Tragödie.
A. BoECKH, De metris Pindari lib. I. — A. Rossbach, Griech. Rhythmik. Leipz. 1854.
— R. Westphal. System d. antiken Rhythmik. Bresl. 1865. Ders. Allg. Theorie der musikal.
Rhythmik seit S. Bach auf Grundlage aer antiken Leipz. 1880. Ders. Aristoxenus (Leipzig
188:5) p. 3—104 Aristoxenus' Theorie des Rhythmus. Ders. Griech. Rhythmik. 3. A.
Leipz. 1885. — J. Caksar, Die Grundzüge der griech. Rhythmik im Anschlüsse an Aristides
Quintil. Marburg 18G1. — Fr. A. Gevaert, Histoire et theorie de la musique de Tantiquite.
Gand 1875. 81. vol. H.
Einzelne Punkte behandeln: H. Weil, Über Zahl und Anordnung der Arsen und
Thesen in d. yeischiedenen Rhythmengeschlechtern, in Jahrb. f. Phil. 1855 p. 396 ff. —
K. F. Baumoart, Über d. Betonung d. rhythm. Reihe b. d. Griechen. Breslau l8t)9 (Progr.).
- R. Westphal, Die stichische u. systemat. Komposition der Metra in Griech. Metrik 11 ^
p 253-82:i - IIP, 1 p. 190 207; Prolegomena zu Aeschylus' Tragocdien, Leipzig 18l»9.
— B Brill, Aristoxenus' rhythm. u. metr. Messungen, mit einem Vorworte von K. Leurs.
Leipz. 1870. W. Brambach, Metrische Studien z. Sophokles Leipz. 18r>9 p. I XL und
1 - liii; Rhythmische u. metr. Untersuchungen. Leipz. 1870. — J. Caesar, De verb.
arsis et thesis ap. scriptores artis metr. lat. significatione. Marburg. 1885. Ind. lect. — G.
Amsel, De yi atque iudole rliythmorum quid veteres iudicaverint. Vratisl. 1887 (Bresl. pbil.
Abhd. 1, W).
Metrik der Griechen.
1. Die EntWickelung der metrischen Kunst bei den Griechen.
30. 1. Dem glücklichen Genius des hellenischen Volkes war es be-
schieden, auch auf dem Gebiete der musischen Kunst die seinem idealen Schön-
heitssinne entsprechenden Formen in freier und naturgemässer Entwickelung,
wenn auch nicht völlig ohne Einfiuss von aussen, so doch in voller Selbst-
ständigkeit und frei von jedem Zwange zu finden und allmählich zu immer
grösserer Fülle und Schönheit auszugestalten; und trotz der grossen Ver-
luste, welche namentlich die lyrische Litteratur der Griechen betroffen
haben, ist es uns auch heute noch möglich, den Verlauf dieser Entwicke-
lung fast vollständig zu überschauen und in einem abgerundeten Bilde uns
vor Augen zu führen von den ersten eigentlich künstlerischen Anfangen
im homerischen Epos an durch die Zeit des kräftigen Aufblühens der ele-
gischen, iambischen und melischen Poesie hindurch bis hinein in die reiche
und herrliche Blüte während und unmittelbar nach den Perserkriegen, wo
im Drama wie in der chorischen Lyrik das Höchste und Vollkommenste er-
reicht wurde; dann den allmählichen Niedergang, anfangs noch in langsam
absteigender Richtung, indem die schöpferische Kraft und der feine Sinn
für die Bedeutung der rhythmischen Formen abzunehmen begannen; später
aber in grösserer Schnelligkeit, als Masslosigkeit überhand nahm und
durch Aufwand äusserlicher Mittel der Beifall erstrebt wurde; dann die künst-
liche Nachblüte während der alexandrinischen Zeit, wo äussere Korrektheit
und Formenglätte den Mangel originaler Kraft und richtigen Empfindens
ersetzen sollte; endlich die römische und byzantinische Periode, wo das alte
hellenische Wesen erstorben war und an Stelle der lebensvollen Mannig-
faltigkeit und Fülle Einförmigkeit und Starrheit oder geistlose Spielerei
trat und schliesslich durch Einführung eines wesentlich anderen Prinzips
eine völlige Umgestaltung der metrischen Kunst herbeigeführt wurde.
2. Auf die metrischen Formen, deren sich die griechische Dichtung
der vor homerischen Zeit bediente,^) ist nur ein Rückschluss aus den
') Den geschicfatHchen Zusammenhang Inder, Germanen, Italiker) hat zuerst nach-
der griechischen Verskunst mit den Formen gewiesen R. Westphal, Zur vergleichenden
der Dichtung der verwandten Volker (Iranier, j Metrik der indogerman. Völker (1860) in
45*
708 £• Metrik, c) Metrik der QriecheiL
rhythmischen Gebilden der späteren Zeiten möglich. Wenn wir auch in
der frühesten Periode, in die unsere Kenntnis zurückreicht, nur ein ein-
ziges Metrum, den daktylischen Hexameter, in Anwendung finden, so ist
es doch unzweifelhaft, dass er nicht das Urmass der griechischen Poesie
gewesen ist, da er in seinem feinen und künstlichen Bau die Spuren einer
langen Entwickelung an sich trägt und auf vorangehende einfachere Bil-
dungen zurückweist; dass vielmehr vor ihm und neben ihm noch andere
rhythmische Formen im volksmässigen Gebrauche 0 waren, welche erst
später in der kunstmässigen Dichtung Eingang und Bürgerrecht erhalten
haben. Auch wird für die ältesten Oesänge der volksmässigen wie der
hieratischen Dichtung eine primitive Form der Periodisierung, ein Anfang
der Strophenbildung, nicht in Abrede zu stellen sein.^)
3. Das erste Versmass aber, welches eine künstlerische Ausbildung bei
den Griechen erhielt, ist der daktylische Hexameter. Ursprünglich der
religiösen Dichtung angehörig, wurde er dann auf das weltliche Epos über-
tragen und tritt uns in den homerischen Dichtungen bereits in vollendeter
Ausbildung gegenüber; er übte in der epischen Poesie eine ausschliessliche
Herrschaft, behauptete sich aber auch im lyrischen Gebrauche noch lange
Zeit, bis er hier durch andere Formen verdrängt wurde.
4. Die Verbindung des sog. Pentameters mit dem Hexameter im ele-
gischen Distichon war der erste Schritt zu einer kunstmässigen Strophen-
bildung. Das Auftreten des elegischen Masses knüpft sich an den Namen
des ionischen Dichters Kallinos, welcher es bereits mit vollendeter Meister-
schaft handhabte und nicht als sein erster Erfinder gelten kann. Das
Elegeion hat, wie es in seiner Form sich eng an das Epos anschliesst,
neben demselben in weiterer Entwickelung bis in die späteste Zeit seinen
Platz behauptet.
5. Eine neue Epoche in der Geschichte der metrischen Kunst beginnt
mit dem lambographen Archilochos von Paros. Seine Bedeutung besteht
darin, dass er Schöpfungen, welche bisher nur der Volksdichtung angehörten,
in den Kreis der kunstmässigen Poesie hereinzog und ihnen neben Hexa-
meter und Elegeion eine gleichberechtigte Stellung errang. Er führte den
dreizeitigen Rhythmus, den iambischen wie den trochäisclien, aus den
volkstümlichen Gesängen der dionysischen und demetrischen Feste in die
Kunstdichtung ein; er verband ferner die beiden rhythmischen Geschlechter,
das /cror und das dinXciaiov^ miteinander, allerdings noch nicht innerhalb
desselben Kolon, ja noch nicht einmal in derselben Periode, und brachte
dadurch ein Prinzip der Khythmopöie zur Geltung, das in der Folgezeit
Ai). KuuNS Ztschr. f. vgl. Sprachforschung ' sehen Langverse aus Kurzzcilcn von je 4
IX, p. 437 ff.; vgl. IL UsENER, Altgriech. Hebungen nachzuweisen unternimmt. Vgl.
Versbau p. 55 f. besonders p. 102.
') Als Vorläufer des Hexameters be- *) Mit Recht sagt Useneb p. 112: „Stro-
trachtete Tu. Berqk (Über das älteste Vers- phenbildung ist so alt als menschlicher (le-
mass der Griechen, Freiburg i.'B. 1854.) den sang.** Auch in dem von ihm p. 81 als ^al-
Knoplios - _ ^^ _ v.^^^ - und den Paroe- i testes Denkmal griechischen Versbaues* bc-
miakus. Bezüglich des letzteren ist ihm bei- zeichneten Tempelgesang der elischen Frauin
getreten IL Usener. der in seiner Schrift (BkROK. PLlL 111, p. (•5t; f.) ist die Periodi-
über den altgriech. Versbau die Entstehung «lerung nicht zu verkennen,
des Hexameters und der anderen griechi-
1. Entwickelang der metrischen Kunst bei den Oriechen. (§ 30.) 709
eine Fülle edler Formen erzeugte; er gruppierte endlich auch Glieder von
ungleicher Grösse, während im elegischen Masse nur gleichgrosse rhyth-
mische fifye'd^rj verbunden waren, und wurde so der Schöpfer der epo-
dischen Systembildung.
6. Den ganzen Reichtum rhythmischer Formen aber entwickelte erst
die eigentliche Lyrik, welche teils in monodischer, teils in chorischer Form
eine unendliche Fülle neuer Bildungen ins Leben rief. Die Anregung ging
von den Inseln Lesbos und Kreta aus, alten Sitzen musischer Kunst, von
denen jenes dem Einzelliede, dieses dem Chorgesange besondere Pflege
widmete. Die höhere Ausbildung der chorischen Lyrik gehört aber dem
Peloponnes an, wo in dem sangreichen Sparta^ das lange Jahre den Mittel-
punkt der musischen Bestrebungen bildete, berühmte Meister eine nach-
haltige Wirksamkeit ausübten. Hatte die älteste Lyrik noch mit Vor-
liebe am daktylischen Hexameter und dem elegischen Masse festgehalten,
so führte ein weiterer Fortschritt auf die Bahnen des Archilochos. Ter-
p an der bediente sich in seinen kitharodischen Nomen zwar noch vor-
wiegend des epischen Masses und des geraden Khythmengeschlechts, aber
er brachte doch schon vereinzelt andere Rhythmen zur Anwendung. Tha-
letas von Kreta, welcher auch die chorische Poesie in den Kreis der
Festagone hineinzog, brachte auch den fünfzeitigen (päonischen und
kretischen) Rhythmus im Hyporchem und Päan in Gebrauch und führte
die Systembildung zu einer kunstreicheren Entwickelung weiter. Bei AI km an
von Sardes begegnen zum erstenmale die jtihTQa fuxrd (§ 21) und die loniker,
ohne jedoch schon eine hervorragende Rolle in seinen Dichtungen zu spielen;
auch wird an seinen Namen wohl mit Rechte die Einführung der tricho-
tomischen Strophengliederung nach Strophe, Gegenstrophe und Epodos (§ 27)
geknüpft; bei Tyrtaios, der in seinen Elegieen sich an Kallinos anschloss,
erscheint der anapästische Rhythmus, ofifenbar der volksmässigen Poesie
entlehnt, zum erstenmale selbständig in seinen Embaterien.
7. Stesichoros aus Himera förderte die künstlerische Ausbildung
des Chorgesangs durch kunstvolleren Ausbau der Einzelstrophe, bildete das
xaid SitxrvXov €i6og weiter und verschaffte der daktylo-epitritischen
Strophengattung eine hervorragende Stellung, während Ibykos sich zuerst
unter den chorischen Lyrikern dem logaödischen Metrum mit Vorliebe
zuwendete. Durch Arion erhielt der Dithyrambos seine Kunstform.
8. Die monodische Odenpoesie wurde in die Litteratur eingeführt
und erhielt ihre typische, für die spätere Zeit giltige Form durch die
Lesbier, namentlich Alkaios und Sappho. Sie beschränkten sich im
Gegensatze zu der reichen Formenentwickelung der chorischen Dichtung
auf eine sehr einfache (distichische und tetrastichische) Strophenbildung
und monostrophische Komposition, und zeigten besondere Vorliebe für
die logaödischen und daktylischen Metra, denen sie einen bestimmten Typus
aufprägten. 2)
^) Vgl. O.Crüsiuö, Stesichoros u. die epo- i *) Über die charakteristischen Eigen-
dische Komposition in d. griech. Lyrik, in den | tümlichkeiten des lesbischen Versbaues vgl.
Commentationes pfiilol. Mtbheck lAjpsASSS, \ Usener p. 120, wo von den Formen der
710 IS- Metrik, o) Metrik der Griechen.
9. Eine Bereicherung erfuhren die Formen der Liederdichtung durdi
den lonier Anakreon, der neben den Logaöden, welche er abweichend
von den Lesbiern (glykoneische Systeme) behandelte, zuerst die loniker,
auch in der anaklastischen Form, in ausgedehntem Masse gebrauchte und
neue Strophenformen mit innigerer Verknüpfung der einzelnen Glieder
schuf, übrigens aber an der Einfachheit der Systembildung und an der
monostrophischen Kompositionsform festhielt
10. Die späteren lambographen Hipponax und Ananios bildeten in
den sogenannten Hinkversen neue Formen der skeptischen Poesie, welche
in spaterer Zeit viel Nachahmung fanden; auch ist der katalektische iam-
bische Tetrameter, welcher in der Komödie eine grosse Beliebtheit erlangte,
zuerst bei Hipponax nachweisbar und vielleicht von ihm in die Kunst-
dichtung übertragen worden.
11. Als rhythmischer Neuerer auf dem Gebiet der chorischen Dich-
tung wird Lasos von Hermione, der erste Musiktheoretiker der Griechen,
bezeichnet, und es scheint, als sei auf ihn die alloiostrophische Komposition
des Dithyrambos, vielleicht auch die reichere Ausbildung des Logaödenstils
zurückzuführen.
In Simonides von Keos und Pin dar erreichte die Ghorlyrik ihre
höchste Blüte. Zwar sind beide nicht durch geniale Neubildungen aus-
gezeichnet, aber sie herrschen mit vollkommener Meisterschaft über den
ganzen Reichtum der vorhandenen Kunstformen und verstehen sie in un-
erschöpflicher Mannigfaltigkeit zu rhythmischen Kunstwerken von grösster
Vollendung zu verbinden. Bei beiden erscheinen Logaöden und Daktylo-
Epitriten als die Hauptformen des Strophenbaues, aber Simonides bevor-
zugt die ersteren und verleiht ihnen durch seine Behandlung den Charakter
des Weichen, Milden und Anmutigen im Gegensatze zu dem Energischen.
Schwungvollen und Feurigen des pindarischen Logaödenstils; bei Pindar,
an den sich Bakchylides eng anschliesst, überwiegen die Daktylo-Epitriten,
welche durch plastische Ruhe und feierlichen Ernst charakterisiert sind;
nur vereinzelt treten bei ihm auch päonische und trochäisch-ithyphallische
Strophen auf.
12. Nach dem glücklichen Ausgange der Perserkriege übte Athen,
das nunmehr der Mittelpunkt des griechischen Geisteslebens geworden war,
einen mächtigen Einfluss auf die Weiterbildung der poetischen Kunstformen.
Hier entwickelte sich von ihren ersten Anfangen an die Tragödie und
erlangte auch die Komödie, welche schon vorher in Sicilien durch Epi-
charmos eine regelrechte Gestaltung erhalten hatte, ihre klassische Form.
Beide schöpften aus dem reichen Schatze rhythmischer Bildungen, welche
in der chorischen Lyrik und der Volksdichtung vorlagen, und fast alle
Formen, welche die griechische Poesie bis dahin geschaffen hatte, fanden
in ihnen ihre Verwertung und durch sie ihre Weiterbildung. Dem drama-
tischen Dialog diente anfangs der trochäische Tetrameter, welchen die
älteste Tragödie wie die sicilische Komödie bevorzugte, dann fast aus-
äolisclien Lyrik gesagt wird: „gestaltet sind | Rhythmus war und die Senkungen nicht ge-
sie worden in treuer Anlehnung an einen ' messen wurden.**
Versbau, in dem die Hebung Trägerin des ',
1. Entwickelang der metrischen EmiBt bei den Griechen. (§30.) 711
schliesslich der ianibische Trimeter, in dessen verschiedenartigem Bau der
Gegensatz des tragischen Ernstes und der Ausgelassenheit der Komödie
zum Ausdruck kam. Derselbe Gegensatz kam zur Geltung in der Auswahl
und Behandlung der anderen Rhythmen, von denen z. B. die anapästischen
Ilypermetra der Tragödie und Komödie gemeinsam sind, der iambische und
anapästische Tetrameter hingegen der letzteren eigentümlich blieben; be-
sonders aber in den lyrischen Teilen des Dramas, denn während die Ko-
mödie sich mit Vorliebe den einfacheren und schlichteren Formen der älteren
und volksmässigen (ionischen) Lyrik zuwandte -— ausser wo sie parodische
Zwecke verfolgte — , namentlich aber trochäische, päonische und glyko-
neische Bildungen bevorzugte, traf die Tragödie, zumal die ältere, aus der
grossen Fülle der chorischeu Stilarten ihre Auswahl mit Rücksicht auf den
jedesmaligen Gegenstand und die darzustellende Empfindung und gestaltete
die lyrischen Formen den Bedingungen und Zwecken des Dramas gemäss
in eigenartiger Weise um. Als neue rhythmische Bildungen erscheinen
im Drama die dem tragischen Pathos vor anderen entsprechenden doch-
mischen Strophen. — In der ältesten Tragödie nahmen die Gesänge des
Chores noch einen breiten Raum ein und Aeschylus, der Meister der tra-
gischen Rhythmopöie, gebietet über eine grosse Menge rhythmischer Formen,
die er mit Strenge der Technik und feinem Gefühle für ihren ethischen
Charakter handhabt; ihm hat der trochäische und iambische Strophenstil
seine besondere Ausbildung zu danken. Sophokles und Euripides be-
schränkten den Umfang des Chorliedes und den Reichtum seiner Formen,
bei ihnen wurden die Logaöden mehr und mehr das Universalmass der
Chorlieder und musdten den verschiedenen poetischen Stimmungen entsprechen ;
alle übrigen Strophengattungen traten bei ihnen zurück ausser den daktylo-
trochäischen und iambischen bei Euripides, nur vereinzelt finden sich
ionische und daktylo-epitritische Strophen. In den Kommoi und Bühnenge-
sängen zeigte sich grössere Mannigfaltigkeit: hier kamen neben den Dochmien
die Klaganapaeste in vorwiegend spondeischer Form, die Daktylen und die
Jambo-Trochäen durch Euripides in Aufnahme. — Seit dem Frieden des
Nikias (Ol. 89, 4) ist ein Nachlassen der früheren Strenge und Sorgfalt
in der Technik des Dialogverses wie der Cantica wahrzunehmen: die Bühnen-
gesänge streiften die Fessel der antistrophischen Responsion ab und ent-
arteten immermehr in Freiheit und Zügellosigkeit. — Die spätere Komödie
entbehrte völlig des Chors, die lyrischen Elemente sind daher in ihr nur
von geringer Bedeutung.
13. Auch die lyrische Kunst selbst neigte sich gleichzeitig dem Ver-
fall zu und verliess die Strenge der klassischen Muster: im jüngeren Di-
thyrambos wurde die strenge Regelmässigkeit aufgegeben und die freie
Form der artoXsXviiiva angenommen, womit sich eine masslose und will-
kürliche Polymetrie verband.
14. Mit der glänzenden Epoche Alexanders war die schöpferische
Kraft des Griechentums erloschen: die alexandrinische Zeit besass keine
rhythmische Erfindungsgabe mehr und keine Fähigkeit zu Neugestaltungen ;
man beschränkte sich auf die Nachbildung und Ummodelung der metrischen
Formen früherer Zeiten. Auch das sotadeische und das galliam bische
712 £• Metrik, o) Metrik der Griechen.
Metrum, die in der alexandrinischen Periode zuerst in der Litteratur auf-
treten, sind nicht als originale Bildungen dieses Zeitalters zu betrachten J)
Doch entwickelte dasselbe eine schulmässige Fertigkeit und sorgfaltige
Technik in der Reproduktion einer Anzahl einfacher Metra und Strophen,
besonders der der Lesbier und des Archilochos, ausser dem epischen und
elegischen Masse und dem iambischen Trimeter vornehmlich der Choliamben,
Hendekasyllaben, Asklepiadeen, Hemiamben und Anakreonteen.
15. Der römischen Periode des Hellenismus gehört der Choliamb
des Fabeldichters Babrios an (3. Jahrb.), ein merkwürdiges Denkmal des
Übergangs von der quantitierenden Verskunst zu der accentuierenden. Obwohl
hier die alte Technik noch festgehalten wird, macht sich doch schon ein neues
Prinzip des Versbaues geltend: neben der strengen Beachtung der Silben-
quantität gilt die Regel, dass die vorletzte Silbe des Verses eine accen-
tuierte sein muss. — Im Anfange des 5. Jahrb. erfuhr die Technik der
hexametrischen Dichtung eine neue mechanisierende Regelung in der ägyp-
tischen Schule des Nonnos und seiner Anhänger, wodurch dem Verse zwar
Wohlklang, Weichheit und Lebhaftigkeit verliehen, aber die individuelle
Freiheit des Dichters in hemmende Fesseln geschlagen wurde. Auch hier
trat neben den peinlichen Regeln über Cäsur, Elision, Hiat, Position, Län-
gung u. dgl. die Rücksicht auf die Wortbetonung am Vers- und Cäsuren-
schluss deutlich zu tage.
1 G. Der erste Dichter, welcher die Rücksicht auf Quantität völlig bei
Seite setzte, ist Gregor von Nazianz (f 389). In zwei Oedichten des-
selben ist jede prosodische Rücksicht geschwunden und die Betonung der
vorletzten Silbe des Verses zur Regel geworden. Die spätere Anakreonteen-
dichtung folgt ähnlichen Prinzipien des Versbaues, und seit dem 7. Jahrb.
hat sich der Übergang von der silbenmessenden Metrik zu der silbenzählen-
den der Byzantiner vollzogen, bei der nur darin der Wortbetonung genüge
geschieht, dass der Ausgang des Verses, resp. Halbverses das Zusammen-
fallen des metrischen Iktus mit dem Wortaccente fordert. Während die
weltliche Lyrik sich des achtsilbigen anakreonteischen Masses bediente und
kleinere sechs- oder achtzeilige Strophen bildete, blühte im 6. und 7. Jahrb.
die Hymnodie der christlichen Kirche auf, welche neue, zum teil kunst-
reiche Strophenformen schuf. Nach dem Jahre 1000 gewann der sogenannte
politische Vers, eine Nachahmung des iambischen Tetrameters, die Herr-
schaft und wurde allmählich das Universalmass der gesamten Poesie der
Mittelgriechen.
G. Bernhardt, Grundriss d. Griech. Litteratur. I. 4. Bearb. Halle 1876. II. 1. 2.
3. Bearb. 1807. 72. — Fr. Ritöchl, Zur Geschichte d. griech. Metrik. Opuac. I. 270 ff. -
H. Westphal, Griech. Metrik IP 2, 53-58, 271-295 (lll,« 1. p. 35 ff. 207 ff.) uod Ge-
schichte der alten und mitteJalterl. Musik, Breslau 1865, p. 57 ff. ~ A. Böckh, Ency-
klopädie und Methodologie der philol. Wissensch. 2. Aufl. v. R. Klussmann. Leipz. 1886.
— Tu. Berok, Griech. Litteraturgeschichte. 4 Bde. Berlin 1872-88. - F. A. Gevaert,
^) Anders U. v. Wilamowitz, Hermes | lers Jahresber. XV (1887) p. 237 f. — Er-
XIV, 194 ff. und Philol. Untersuchungen I findungen der alexandrinischen Zeit sind das
9. lieft p. 140. „Auch noch zu Sotades' Zeit | e^tiueiQoy xoQi(tf^ß(x6y des Philikos (Hepb.
erfand Kallimachos sich als Mass für sein p. ol.s« W.) und das iambische Octamefrnm
lyrisches Attislied den steigenden ionischen catalecticum des Boiskos (Mar. Vict. p. 82 K.
katalektischen Tetrameter mit Diaeresis" I Rufin. p. 564 K.).
u. s. w. Doch vgl. H. Magnus im J. Mül- I
2. Die Metra der Griechen. (§31—32.) 713
•
Histoire et thöorie de la musique de Fantiquit^. Gand. 1875, 81 im 2. Bde. — H. Flach,
Gesch. d. griech. Lyrik. 2 Bde. Tübing. 1883. 84. — W. Christ, Griech. Litieraturgeschichte =
Handbuch Vll. Nördl. 1888.
K. Deutschmakn, De poesis Graec. rhythmicae priinordiis. Malmedy 1883. Progr.
Ders. De poesis Gr. rhythra. usu et origine. Koblenz 1889. Progr. — W. Meyer, Anfang u.
Ursprung d. lat. u. griech. rhythm. Dichtung. München 1885 (Akad. Abb.). — H. Useneb,
Altgriech. Versbau, ein Versuch vergleichender Metrik, Bonn 1887.
2. Die Metra der Griechen.
I. Die einfachen Metra.
Die daktylischen Metra.^
31. ImDaktylossind vier Grundzeiten {xQovoi tiqwtoi) zur Einheit
eines Fusses verbunden, von denen zwei die Thesis, zwei die Arsis bilden.
Der Daktylos gehört also dem ysvog taov an (§ 11).^)
Der daktylische Rhythmus hat den Charakter des Würdevollen, Feier-
lichen und Gemessenen (Dionys. de comp. c. 17, Aristid. p. 51 M.); die Zu-
sammenziehung der beiden Arsissilben steigert den Eindruck der Ruhe und
Gemessenheit und bringt bei mehrfacher Wiederkehr die Empfindung des
Schwerfalligen und Mühseligen hervor, während beständig wiederholte Dak-
tylen zum Ausdruck grösserer Beweglichkeit und Lebhaftigkeit dienen.
Die gewöhnlichen Formen des daktylischen Fusses sind 1) der
Daktylos selbst -^ ^ ^ , 2) der daktylische Spondeus -^ - . Wird die
Arsis durch Dehnung ersetzt, oder durch Pause ergänzt, so erhält der Fuss
die Form ^ oder - '^ , Der Prokeleusmatikos (^^ ^) tritt als Stell-
vertreter des Daktylos nur sehr selten-^) ein (vgl. Aristoph. Av. 1753 6iä
et td ndvta xQatr^aaq),
32. 1. Die daktylischen Kola haben eine vierfache Ausdehnung:
Dipodie (8 zeitig), Tripodie (12 zeitig), Totrapodie (16 zeitig), Pentapodie
(20 zeitig). Verbindungen von mehr als fünf daktylischen Füssen (20 Chronoi)
zerlegen sich in zwei Kola (§ 13).
Sie lauten akatalektisch aus auf einen Daktylos oder einen Spon-
deus; katalektisch auf die blosse Thesissilbe, indem die Arsissilben
durch zweizeitige Pause oder Dehnung der Schlusslänge zum Tetrasemos
ergänzt werden; endlich brachykatalektisch auf zwei Längen, wenn die
beiden letzten Arsen nicht durch besondere Silben zum Ausdruck gebracht,
sondern durch Pause oder tovtj ersetzt sind (§ 15):
akat^l. j^v^wj^v^w-iww^ c?=? {±<J\^±KJKJ\J^ j. Ä
katalekt. ji*^*-^ — wwZwv^zt^ ^ *|zwwzwwlIi lL
Durch Unterdrückung einer oder mehrerer Arsen im Inlaute der
Reihe entstehen asynartetische Bildungen (§ 15 u. 23). Die daktylischen
Asynarteta mit dipodischer Katalexis haben eine äussere Ähnlichkeit mit
Choriamben, von denen sie sich jedoch rhythmisch unterscheiden:
) Uephaest. p. 22 W. Schol. Heph. p. 1 die kürzer war als die zweizeitige. Dieser
1()1 W. Aristid. p. 51 M. Mar. Victor p.
70 K.
^) Nach Dionys. de comp. c. 17 u. 20
hatte allerdings im Vortrage der Rhapsoden
der Daktylos des Hexameters eine Lftnge,
Daktylos, der nicht vierzeitig ist, ist der sog.
kyklische. Vgl. G. Hermanv Ei. D. M.
p. 318. Westphal, lUiythm.* p. 50.
^) Aristid. p. 51 to daxtvXixoy inidi-
XStai .... nQoxeX$vc(4ttnxCy ovdagitSg,
714
ik. c)
der Griechen.
daktylisch -v^lj _^^l_i (16 zeitiges xwXor)
choriambisch _ v>^ _ _v^_ (12 zeitiges xwAor).
Zwar ist die roonopodische Messung (§ 22) bei den Daktylen die
gewöhnliche, doch ist die dipodische bei ihnen keineswegs ausgeschlossen,
sondern wird ausdrücklich bezeugt von Aristides p. 52 und Schol. Hepb.
p. Ml,ii), 174,25 W., Mar. Vict. p. 70, p. 76,26 K.
2. Die daktylischen Kola in ihren gebräuchlichsten Formen sind
folgende:
Dipodie: Tripodie:
.. , akatal. \ , , ,
( J. v-^^ t_J ( ± s.^^ _'. »^.A^ L^J
) ^ w^ - A katal. I j.^^ ±.^ j. t:
akatal.
katal.
akatal.
katal.
brachykat. }
1 ^
dikat.
akatal.
katal.
1 ^
Tetrapodie :
v>»w _ s.>\^ _ v.^^ _ \^^>^
J. '^•^ _ _
0>^ _ V.-*^» ^ V^^w'
>wA»> _ W,^ _i V.A_/ _ Ä
- 7^
s^v> _ v>^^
VA^ ' I
J. v.^^
Pentapodie:
Anmerkung. Wenn am Schlüsse eines daktylischen Kolun der Spondeus stell-
vertretend eintritt, kann, wo Syllaba anceps zulässig ist (§ 20), dieser auch in der Form
des Trochacus ereclieinen. Irrtümlich betrachteten dies die Metriker als eine besondere
Form der Katalexis (t«c dtavXXaßoy) Heph. p. 22,2i. Schol. Ilcph. p. 141,i4 W.
33. Unter den daktylischen Vorsbildungen nimmt den hervorragend-
sten Platz der Hexameter ein.
Der daktylische Hexameter überschreitet den Umfang einer ein-
heitlichen Reihe, ist also ein zusammengesetzter Vers. Er besteht entweder
aus zwei tripodischen resp. tetrapodischen ') Gliedern oder aus einem tetra-
podischen und einem dipodischen Kolon und prägt seinen Ursprung deut-
lich in seiner verschiedenen Gliederung durch Caesuren'^) aus. Auf die
Entstehung aus zwei gleich grossen Kola weist die rffftf] xaid ighov iqoxccTov
(1) und die nev0^t^iuiuQi]q (2), auf die Zusammensetzung aus Tetrapodie und
Dipodie die toßti ßovxohxrj (3) und die Zerlegung durch iqj^r^inifieQijg und
TQiO^rjfiiinfQi^g (4):
1)
2)
v>^-> _1 »^>v> J. \^' ' ^y _
J. <^^ _1 il
S. \^^ 1. v.^^ _i «^-^^ JL ^.^^ — <^>^^ — ir^
') Vgl. H. Seiling, Ursprung u Mes-
sung d. homer. Verses p. 4 ff. über die tetra-
podischo Messung.
^j Aristid. p. 52 M. Mar. Victor, p. G4 sq.,
p. 70, p. 114 K. Anonym, in Keil. Gramm.
Lat. VI, p. (>45. Anonym. Ambros. in Stcde-
MUND, Anecd. Var. I, 215 sq.
2. Die Metra der Griechen. (§ 33.) 715
_L v>s^ _1 v^^-' J. vA^ JL
J. V-N^ _i i£
3) ^-^±
Die fortgeschrittnere Verskunst hat von dieser verschiedenartigen Gliederung
nach freiem Ermessen Gebrauch gemacht, um dadurch in die Einförmigkeit
des langen Verses Abwechslung und Mannigfaltigkeit zu bringen.
1. Die trochäische Caesur des drittenFusse8,ro^r) xaTcctQiTovTQoxcciov,
steht der Zerfällung des Hexameters in zwei gleich grosse Teile am nächsten:
A 17. 'AxQeTdaC re xai akkoi | evxvi^fitieg *Axaio(.
Sie giebt dem Verse einen weicheren Charakter {Jenis'^ G. Hermann) und
wird daher die weibliche genannt; aber der gleiche Tonfall beider Vers-
glieder hat bei häufigerer Wiederkehr durch seine Einförmigkeit etwas Er-
müdendes. — Bei Homer ist diese Gaesur so gebräuchlich, dass sie die Penthe-
mimeres noch überwiegt ; ^) mit grosser Vorliebe wenden sie die Epiker der
späteren Zeit an, bei Nonnos und seinen Nachahmern ist sie zur regel-
mässigen Gaesur des Verses geworden unter Vermeidung eines Wortendes
nach dem vierten Trochäus. — In der trochäischen Gaesur findet sich nicht
selten Hiatus nach kurzem Vokale, z. 6. A 565:
äXX dx€ov(fa xaO-tjffo, i/jui) S^imneiO^eo fivO-fi)
und andere Freiheiten des Versschlusses. 2)
2. Die Gaesur nach der Thesis des dritten Fusses, tofirj nsv&rjiiiiie-
Qi;gy ist die beliebteste Teilung des Hexameters:
A. 1. Mfjriv aeiie^ t^ed, \ IlrjXrjiddsu) ^AxtXi^og,
Sie giebt dem ersten Gliede einen kräftigen, energischen Abschluss (daher
„männlich*' genannt, „gravis'''' G. Hermann) und dem ganzen Verse durch
die Abwechslung im Anlaut und Abschluss der beiden Glieder grosse Man-
nigfaltigkeit der rhythmischen Bewegung; denn das erste hat fallenden
Rhythmus und lautet mit der Thesis, das zweite hat steigenden Rhythmus
und lautet mit der Arsis aus. — Die Penthemimeres ist zu allen Zeiten be-
sonders bevorzugt worden, ausser bei Nonnos und seinen Nachfolgern.
3. Die Entstehung des Hexameters aus einem tetrapodischen und einem
dipodischen Kolon findet ihren Ausdruck in der bukolischen Gaesur,^)
rnur] ßovxoXixr, welche zwischen dem vierten und fünften Fusse eintritt,
wobei das erste Glied gern mit dem Daktylos schliesst:
^ 424 f. TToiTf») iiBv T€ TTQiara xogvatferaij | avvoq iTieiza
X^Q^^t^ ^rjyvif/xevov fieydXa ßQ€/Ji€i^ | dfi^i dt % dxqag . . .
Sie ist im Epos von untergeordneter Bedeutung und nur selten Hauptein-
schnitt, meist dient sie als Nebencaesur des zweiten Gliedes nach der tro-
chäischen oder der Penthemimeres:
a 1. "Aviga (loi ivvene, fiovtfaj |j nolvvQOTVOv, \ og fxdXa noXXd,
A 68. ryroÄ o yoig elnwv \\ xa% aq V^bxo^ \ ToTai S^drsaTij.
Bei den bukolischen Dichtern 3) geniesst sie eine grosse Beliebtheit, jedoch
tritt sie auch hier nur in Verbindung mit einer Gaesur des dritten Fusses auf:
Theoer. I, 64. agxere ßovxoXixdg^ \ MoTaai (piXai^ | apx*^' doiidg.
') Diese Gliederung haben auch die Theo- J im Sinne, s. Wbstphal, Aristoz. p. 77.
retiker bei Aristot. Metaph. N 6, p. 1093a \ ») Vgl. üsknkk, Altgr. Versbau p. 17 ff,
(ro tnog) ßreiyerai iv fikv (fflt^ ivvia ifvlXa- \ ') Mar. Victor, p. 114 K,
ßttig, iv di TM ctQKfieQM oxjoi als die übliche |
716 S* Metrik, c) Metrik der Ghrieohen.
]. Die nach der Thesis des vierten Fusses eintretende Hephtliemi-
meres ist fast regelmässig mit einer Nebencaesur im zweiten Fusse, am
häutigsten unmittelbar nach der Thesis (r^ivAijjUi^f^i;^), seltener nach
dem zweiten Trochäus {xavd istrteQor tgoxatov), verbunden, welche dem
ersten (tctrapodischen) Kolon zur Gliederung dient:
t 19. «V 'Oiv(f€vg j ^aegtidirjg, I! og naai SoXoiai —
A 7. 'ÄTQeiif^g te \ civa^ äv^gtSv \\ xal itog ^AxiXksvg.
Diese kunstvollere Gliederung des Verses ist schon bei Homer sehr häufig,
besonders in der Ilias, und trotz einer Gaesur des dritten Fusses überall
da zur Geltung zu bringen, wo sie durch Satzbau und Interpunktion ge-
stützt wird, z. B. A 19, 20, 35, 48, 61, 66 u. s. w. Die alexandrinischen
Dichter liebten sie wenig.
34. In Betreff der Formen (Schemata) des daktylischen Fusses an
den einzelnen Stellen {xoyqai) des Verses') gilt von dem letzten Fusse
als ausnahmsfreie Regel, dass hier nie der Daktylos, sondern stets ein Spon-
deus oder wegen der Freiheit der letzten Silbe ein Trochäus eintritt. Die
Arsis fehlt also auch in diesem Fusse nicht, und der Vers wird mit Unrecht
für einen katalektischen ausgegeben.*) Vgl. § 32,2 Anm.
Der vorletzte Fuss ist in der Regel ein Daktylos, nur ausnahms-
weise ein Spondeus, insbesondere fast nie durch ein spondeisches Wort ge-
bildet (auch in Fällen wie ijw STav^ Arftovg viog u, dgl. sind die daktyli-
schen Formen r^oa^ Ar^xoog herzustellen). Hexameter mit Spondeus an
fünfter Stelle {anovdeid^ovxfg oder anovdsiaxoi) machten wegen der beiden
Schlussspondeen den Eindruck des Schwerfälligen und wurden daher zu-
weilen — keineswegs immer bei Homer — absichtlich angewendet, mit
besonderer Vorliebe von den Alexandrinern, welche selbst mehrere Spon-
diaci hinter einander folgen liessen (Callim. hym. 3, 222 ff. Theoer. XIH.
42 ff. XXV, 29. Apoll. Rh. IV, 1189 ff.); man wählte dann gewöhnlich
viersilbige Wörter zum Versschluss. Nonnos dagegen mied dispondeischen
Ausgang geflissentlich.
Der vierte Fuss verschmähte den Spondeus, wenn der fünfte ein solcher
war; vor der bukolischen Caesur pflegte der Daktylos zu stehen.
Der dritte Fuss liebte den Spondeus nicht wegen des spondeischen
Auslauts der zweiten Vershälfte; der erste Fuss bevorzugte ihn wegen
des kräftigeren Eingangs, welchen er dem Verse verleiht.
Verse, die ausj auter Spondeen^) bestehen, öXoaTrovSeiot, auch arrov-
deicc^ovteg genannt, sind selten, jedoch nicht völlig gemieden (z. B. B 544,
A 130) und nur zum teil von berechneter Wirkung (^^ 221, o 334, 9 15,
X 175, 192); Verse mit fünf Daktylen {oXoddxrvXoi) machen den Ein-
druck grosser Eilfertigkeit und Geschäftigkeit und bezwecken oft einen
rhythmischen Effekt, vgl. E 745, N 158, ^ 421, <V 235, ^^ 116, « 149, X 598.
Nonnos und seine Anhänger vermieden Spondeen in zwei aufeinander-
') Über die verachiedenen -nfi&tj und | -) Dionys. de comp. 4, p. 48 nennt ihn
a^tjfjara des riqmixöv vgl. Schol. Heph. richtig xiXuoi;.
p. IHT ff. Stüdkm., Anecd. Varia I, p. 18(5 f. ^) Dionys. de comp. c. 20. Eustath. zu
21:] ff. u. L. VoLTZ in Comm in hon. Stude- y, 15. 11,112. Mar. Victor, p. 71, 33.
MUND p. 79 sq. '
2, Die Metra der Griechen. (34—37.)
717
folgenden Füssen, so dass ein regelmässiger Wechsel von Daktylen und
Spondeen das gewöhnliche war (d s d s d s).
36. Der daktylische Hexameter, ursprünglich dem religiösen Liede
und dem kitharodischen Nomos angehörig, wurde dann das Versmass des
heroischen Epos (daher yQcaixov ixerQov, rjQowv, inoq genannt), behauptete
aber auch später in Hymnen, Nouioi und Orakeln seinen Platz. Der didak-
tischen Poesie diente er neben dem elegischen Masse; die Lyrik und das
Drama machten von ihm einen sehr beschränkten Gebrauch. Auch die
bukolische Poesie bediente sich seiner, wie es scheint, nach dem Vorbilde
alter Volksdichtung.
Der Charakter des Verses ist der einer gleichmässigen Ruhe und
Würde; vorwiegende Spondeen verleihen ihm grössere Feierlichkeit, selbst
ein gewisses Pathos, vorwiegende Daktylen grössere Lebendigkeit und Be-
weglichkeit. Arist. Rhet. HI, 8. Poet. c. 24.
Anmerkung. Während Th. Bbbgk den Hexameter aus dem ivonXiov ( - - ^^ - ^^^ - )
und TiaQot/Liiaxoy entstanden sein liess, hat jüngst Usbneb ihn als eine ^Doppelung des
Paroemiakus* ~ jl^^^Zv^^^z ^li^ - ^-^ - ^^^ - ^ ^^^ »Schwund des Auftakts* darge-
stellt und die ursprüngliche Selbständigkeit der beiden Glieder nachgewiesen. Demgegen-
über ist darauf hinzuweisen, dass die Gliederung des Hexameters durch die anderen
Cäsuren deutlich zeigt, dass der Ursprung des Verses nicht aus dieser einen Quelle abzu-
leiten ist. Die Zusammensetzung einer vollen daktyl. Tetrapodie -i v.^ z ^^-^ -t v^^ -^ ^^'
mit einem dipodischen im^dixov, dem bekannten Adonius, ergab auch einen daktylischen Lang-
vers mit 6 Hebungen, aber in ganz wesentlich anderer Gliederung, die sich in der chorischen
Dichtung noch oft genug zeigt (Soph. OR. 157qo167). - Auch die Gliederung des Hexameters
durch die Ttey&rjfiifÄB^rjg weist offenbar auf einen andern Ursprung hin, als den von U. an-
genommenen und macht die Entstehung dieses ildog aus der Verbindung von je zwei
TiQoaodiaxa (iyoTtXitt) wahrscheinlich:
•^ J- \^^
J~ »^>»>-' -t v-* _t v^v>
1. V-*^ _£. v-/ 1. "^^^ — Vi^N^ J.
\^ JL \^^ S v>^^ _1 v^
P^ndlich tritt bei der Doppelgliederung durch k(p&rifiifiB^g und tQi&tjfiifieQfjg die anapaesti-
sche Dipodie als der Grundrhythmus so offen zu Tage, dass man für diese Vei*sform auf
eine Entstehung wie die folgende geführt wird:
— _1 V.A_/ _ VA^ J. S^V^ _ N-**-' J.
V>w» _ _
3C. Der sogenannte Pentameter,*) eine Verbindung zweier katalekti-
schen daktylischen Tripodien, findet fast ausschliesslich seine Anwendung
in dem elegischen Distichon, s. § 38.
Auch die Tripodien, Tetrapodien und Pentapodien erscheinen
in der Hegel nur als Teile eines Systems (Strophe), worüber § 37 — 40.
Die daktylischen Verse der äolischen Dichter (Nachahmung bei
Theokrit 29) haben die Eigentümlichkeit, dass sie im ersten Fusse statt
des Daktylos nicht nur den Spondeus, sondern auch den Trochäus, den
Jambus und den Pyrrhichius als Stellvertreter zulassen („Äolische Basis").
(Ilephaest. p. 24.) Von diesen Bildungen (sog. atohxa) sind Tetrapodien,
Pentapodien*) und Hexapodien mit verschiedenem Auslaute nachweisbar.
Sapph. fr. 40. "EQog d* avxt fi' 6 XvameXvfi divei,
fr. 33. rjQccfiav fUv ^yco (fäd'ev, "Ati^i^ naXai noxa,
Ale. fr. 45. xkXof.i(xi tiva tov xaQievxa Mävcova xaXäatfai,
37. Daktylische Strophen der einfachsten Art sind die folgenden
•) Der Name schon bei Hermesianax
(Athen. XITI, p. 598a).
^) Heph. p. 25,3 W. rd (nky neyjä/ieTQoy
xttXeTrai lanffixoy Teaa{(Qeax{adexaavXXaßoy,
Ol t6 devTSQoy oXoy Inntpovg yiyQanim.
71 8 £• Metrik, o) Metrik der Ghriechen.
zwei epodischen Systeme des Arcbilochos, welche aus der Nachahmung durdi
Horaz bekannt sind: Hexameter und katalektische Tripodie^) (Hör. c. lY, 7):
± v>C7 ± s3S3 ± |c?0 ± CTO ± \y^ ± iif
und Hexameter und Tetrameter, beide mit spondeischem Schlüsse (Hör.
c. I, 7. 28. ep. 12):
1 y.^ ±
Vgl. Hephaest. p. 23 W. Mar. Vict. p. 116 K.
38. Während in diesen archilochischen Systemen drei Kola verbunden
sind, ist das Elegeion oder elegische Distichon^) aus vier Kola zu-
sammengesetzt:
1. c^? L <:j^ L ^ — ^-^^ — ^"^^ — ^
Der erste Vers desselben ist der daktylische Hexameter, der zweite
der sog. Pentameter (s. § 36), der erstere aus zwei vollständigen, der
zweite aus zwei katalektischen Tripodien {n€v&rjfiifi€Q€Tg daxrvXixm) zu-
sammengesetzt:
ß ^tiv\ ayyhXXHV ^axeimfiovioigy ort vf^de
xsi^Ux^a ToTg xsivtov Qrjfxaai neid^o^isvoi.
Der erste Vers ist als selbständige Periode durch Hiatus und Syllaba an-
ceps vom zweiten getrennt und Übergreifen in denselben nur sehr selten
zugelassen (Simonid. frg. 134 'AQiai;o\'ys(T(üv, Callim. epigr. 43 ovx oidWsn
^Qog . . .). — Der Pentameter gestattet diese Freiheiten am Schlüsse des
ersten Hemistichion nicht (Ausnahmen erst bei späteren Dichtern); Wort-
ende tritt hier fast ausnahmslos ein (Ausn. Eur. Cycl. 74). Der Spondeus
als Stellvertreter des Daktylos ist im 2. Kolon des Pentameters ausge-
schlossen, lanibische Schlusswörter und trochäische Wortschlüsse im 5. Fusse
sind zahlreich, aber einsilbige Schlussworter werden gemieden.
Im Gegensatze zu dem ruhigen und gleichmässigen Rhythmus des
Hexameters bringt der Pentameter mit seiner zweimaligen Katalexis und
der scharfen Scheidung der beiden kurzen Glieder die Unruhe und Auf-
regung der Seele, den Wogenschlag stärkerer Gemütsbewegung zum Aus-
druck. Die Verbindung beider Verse im Elegeion wird somit eine geeignete
Form für den Wechsel der Empfindungen, welche die Elegie zu ihrem
Inhalt hat, vgl. Hör. A. P. 75. Terent. M. v. 1800. Mar. Vict. p. 110 K.
Das Elegeion, eine Kunstschöpfung des ionischen Stammes, war das
Mass der Totenklage. In die Litteratur eingeführt wurde es durch Kallinos
und blieb seitdem ein häufig gebrauchtes lyrisches Versmass zunächst bei
Tyrtaios, Archilochos, Selon (politische Elegie), dann bei Mininernios (ero-
tische Elegie), bei Simonides (in threnetischer u. epigramm. Anwendung),
bei Theognis und Phokylides (in gnomischer Poesie). In der Tragödie war
es nur in sehr beschränktem Gebrauche (Eurip. Andrem. 103 ff.); dagegen
sehr beliebt bei den alexandrinischen Dichtern in sympotischer, erotischer
und paränetischer Dichtung und im Epigramm.
') Inschriftlich bei Kaibkl, 800.
■') Heph. p. 52 f., Schol. Heph. p. 171 S. Aristid. p. 52.
2. Die Metra der Griechen. (§38-40.) 7 10
39. Systeme aus lauter Hexametern finden sich vereinzelt in der
Tragödie, z. B. Soph. Phil. 839 fF., Trach. 1010 fF., 1018 fF. Eurip. Troad.
595 fF., 601 fF. Auch im Epos hat man strophische Komposition finden
wollen ß 748—759 (Threnos auf Hektor); ebenso in den durch Refrain
gegliederten Gesängen der bukolischen Dichtung, z. B. bei Theokrit VIII,
63 — 70, 72—80 vier vierzeilige Strophen. — Systeme aus Tetrapodien
mit spondeischem Ausgange bildete Anakreon (Heph. p. 23).
40. Die umfangreicheren und kunstvolleren Strophen der chori-
schen Lyriker und Dramatiker haben als Grundelemente die daktylische
Tetrapodie, sowohl in akatalektischer Form (daktylisch und spondeisch aus-
lautend) als auch (seltener) katalektisch und brachykatalektisch; daneben
erscheint die daktylische Tripodie in denselben Bildungen und dieDipodie;
selten ist die Pentapodie. Die alloiometrischen Kola beschränken sich be-
sonders bei den Dramatikern auf die (akatal. und katal.) anapaestische
Tetrapodie und die (seltnere) anapaestische Tripodie, endlich auf vereinzelte,
besonders in proodischer und epodischer Anwendung vorkommende trochäi-
sche, iambische und logaödische Reihen.
Eur. Heracl. 608-617.
I. ovTivd (fv^iu x^edv arcQ oXßiov^
ov ßaQVTTOTfiov ccv^Qa yevilffO^ai,
II. ovdt TOI' avrov äel ßeßavai do^ov
€vTvxf'i^ ' nagd ä' ixXXav aXXa jÄofga iidxei,
III. TOI' fx^v d<p^ vkprjXiov ßgaxvv ^ixiae^
TOI' rf' djixav aidaiiiova tsv^si,
IV. /nogaijua rf' ovri ipvyeiv x/'^fiig, ov ao<pi<f ug ändaetai^
äXXd fidtav 6 nqoO'Vf.ioq dsl novov i'-^ei,
I. 4 4. II. 4 4 2. III. 4 4. IV. 4 4 4.
Die Lyriker Alkman (Heph. p. 24 W.), Stesichoros und Ibykos wen-
deten die daktylischen Strophen des xaxd ddxvvXov dSoq in Nachahmung
der auiodischen Nomendichtung mit Vorliebe an, ebenso die jüngeren Di-
thyrambiker.
Alcm. fr. 45 B.
Mioa ay€, KaXXiona, x^-vyaxeq Jiog,
ixQx igccxm* crtätav^ inl 6* i\i€QOv
r/ti'f») xal ;fap/£i'Ta xid-Bi xoqov.
Das Drama gewährte ihnen keine hervorragende Stellung, sie er-
scheinen hier als Nachklänge der älteren Lyrik, besonders bei Aeschylos
in Chorliedern von feierlichem Charakter und andachtsvoller Stimmung
(Aesch. Ag. 104. Pers. 852. Eum. 373. Soph. 0. R. 151. Eur. Phoen. 784. 818.
Hei. 164. Heracl. 608). Ähnlichen Charakter haben auch die (parodischen)
Gesänge bei Aristophanes Nub. 275. Av. 1748. Ran. 814. 875.
Dagegen tragen bei grosser Ähnlichkeit im metrischen Bau einen
wesentlich anderen Charakter die besonders in der späteren Tragödie üb-
lichen daktylischen Systeme der monodischen und kommatischen Klage-
gesänge, z. B. Soph. El. 129. Phil. 1196. 0. C. 228. 241. Trach. 1010.
Eur. Andr. 1173. Phoen. 1485. 1546. 1570. Suppl. 271. Troad. 595. Hei. 875.
720 S* Metrik, c) Metrik der Chrieohen.
Soph. El. 129 flf.
w ysvbx^Xa yervai-tov^
rjxst* i^imv xa/iartov naqaiivO-iov,
olid tt xal ^vvif^iii tdd\ ov ri fi€
(fvyydvki^ ovd* ed-tXa) nQoXintTv lorft,
/i/; ov ror efiov av€vdx€iv ncntq dx^hov,
ccXk*' «- naV'Vo(-ag ifiXairfiog dfxsißofisvai X^^*'»
iure fi cücf' ccXv-eir-^ al-ai^ ixyov^fxai,
A. BoKCKH, Metr. Find. p. 120. - G. Hermann, Eiern. D. M. p. 318. Epit §286 sq.
— Westphal II*. p. 145 ff. — Christ*. 325 ff. — Fr. Hbimsoeth, De daplici qaod fertor
dactylorum et anapaestorum genere. Bonn. 1875. Ind. lect
Hexameter. Allgemeines. G. Hermann, De aetate Script. Orphei Argon. Lips.
1805; ders. Eiern. D. M. d. 331 ff. Epit. § 306 ff. — Fr. Spitznbr, De versa Graec. h^
roico, maxime hom. Lips. 1810. — Fr. Thibrsch, Griech. Gramm. 3. A. Leipz. 1826. p. 204 S.
— C. A. J. Hoffmann, Quaest. hom. Clausthal 1848. — K. Lbhrs, De Aristarchi afcndiis
liom. ed. rec. et epinietris aucta. Lips. 1865. — Westphal, II*, p. 333 ff. — Christ^
p. 157—201. — E. Eberhard, Metr. Beobachtungen z. d. homer. Hymnen. Magdeboi^
1887, Progr. — J. Paulson, Studia Hesiodea I. Lundae 1887.
Speziellere Fragen behandeln: H. L. Ahrens, Homer. Excurse Rh. Mos. II (1843).
p. 101 u. Philol. IV, p. 592 ff. VI, p. 1 ff. - K. Lehrs, Zur Cäsur d. H. in: Jhbb. f. Pbil.
81. Bd. 1800 p. 513 f. - J. Bekker, Homer. Blätter. I, 138 ff. 149 ff. — Fr. Chr. Kirch-
HOFF, Betonung d. heroischen Hexam. Altona 1860. — A. Ludwich, De hexam. poet. graec.
spondaicis. Halle 1866. diss. — W. Studemund (Tractat über die etdt] d. Hexaro.), Jhbb.
f. Phil. 1807 p. 009ff. ~W. Hartel. Homer. Studien I-IIL Wien 1871— 74. Akad. Abli.
J. HiLBERO, Gesetz d. troch. Wortformen im dakt. Hex. u. Pent. Wien 1878. Ders.
Princip d. Silbenwägung. ebd. 1879. — H. Draheim, De arseos. vi hom. N. Jhbb. 188<>.
p. 067 ff. — G. Straehler, De caesuris versus Hom. I, Vratisl. 1889.
über den Ursprung des Hexam. handeln: Th. Berok., Progr. v. Freiburg 1854.
(Kleine phil. Schriften II, 392 ff.) - E. v. Leütsch, Philol. XII, 25. — Fb. Allen, Ztschr.
f. vgl. Sprach. N. F. IV, 556-92. - Rösch, Korresp. f. d. Schulen WQrtembg. 1881.
p. 208 f. — H. UsENER, Altgriechischer Versbau. Bonn. 1887. — H. Seilikg, Ursprung
und Messung des homerischen Verses. Nördlingen 1887. Progr. v. Münster R. G.
Zum Hexam. der späteren Dichter: E. Gerhard. Lectiones ApoUon. Lips. 1810. —
A. Wkrnicke, Aduot. z. Tryphiodor. Leipz. 1819. — C. L. Struve, De exitu versuum in
Nonni carminibus. Regim. 1834. Progr. — C. Lehrs Quaest. epicae. Lips. 1837. — K.
Merkel, Üb. Apoll. Rhod. Magdebg. 1844. Progr. — H. Köchly, Prolegg. zu Quintus
Sinym. Leipz. 1850. - R. Volkmann, Paralipom. metrica in Commentat. epic. Lips. 1854.
A. Ludwich, Beitr. z. Kritik d. Nonnos. Königsbg. 1873. Ders. Hexametr. Unters.
I. II. Jhbb. f. Phil. 109. Bd. (1874) p. 223 ff. p. 441 ff. u. Schade's Monatsbl. VII. (1879)
p. <iO tt. — Tiedke, Quaest. Nonnian. Beri. 1878. u. Hermes. XIH, 59 ff. 200 ff. 351 ft.
XIV, 219 ff. 412 ff. XV, 41 ff. 433 ff. Ders. Nonniana. Berl. 1883. Progr. — A. Rzac».
Studien z. Technik d. nachhom. Verses. Wien 1880. Neue Beitr. z. Technik d. nachhoni.
Hexam. Wien 1882. u. Wiener Stud. III. (1881) p. 43 ff. - A. Scheindler, Quaest. Noii-
nianae. Brunae 1878. — Ders., ZuNonnosWienerStud.il. 33 ff. III. 08 ff. — W. Meyek.
Z. Gesch. d. griech. und iat. Hexam. MUnchen 1884 (Akad. Abb.). - C. Kunst, De Theo-
criti versu heroico. Vindob. 1887 in Diss. phil. Vindob. I, 1 -124.
Eleg Distichon: G. Hermann. Klein, p 350-00; Epit. § 334 sq. Westphal II -.
351 ff. Christ- 200 ff. - J. Caesar, De carminis elegiaci origine et notione. Marburg
1S37 (1841. — H. Weil, über Spuren stroph. Comp. b. d. griech Elegikern. Rh. Mus.
XVII. (1802) p 1 — 13. - A. Langen, De disticho Graecorum elogiaco. V^ratisl. 1808. -
F. IIultoren, Observat. metr. in poetas eleg. graecos et Iat. 2 partt Leipz. 1871. 72 Progr.
H. Uskneb, zum Hexam. d. Theognis. N. Jahrbb. f. Phil. 117. Bd. (1878) p. 08. — J. Hil-
RKRO, Diis Gesetz d. troch. Wortformen. Wien 1878. Das Princip der Silbenwägun;?.
Wien 1879 p. 192 ff.
Die anapaestischen Metra.^)
41. Im Anapaest sind wie im Daktylos vier Chronoi, zwei als Arsis
zwei als Thesis, verbunden, hier jedoch so, dass die Arsis der Thesis voran-
') Hephaest. 25 ff. W. Schol. Heph. p. 173 ff. Studemund, Anecd. Var. I, p. 72. 141 tf.
Aristid. p. 5'2 f. M. Mar. Victor, p. 74 sq. K.
2. Die Metra der Griechen. (§ 41 -44.) 721
geht. Da Arsis und Thesis im geraden Verhältnisse zu einander stehen,
gehört der anapaestische Rhythmus dem ytvog i<rov an (s. § 11).
Die Formen (axr^iiiccta) des anapaestischen Fusses sind 1. der Ana-
paest selbst ^ ^ jl , 2. der anapaestische Spondeus - ^ , 3. der anapae-
stische Daktylos - ^, 4. der (anapaestische) Prokeleusmatikos ^ w v!*^.
Wegen des Beginns mit der Arsis trägt der Anapaest den Charakter
grösserer Energie und Lebendigkeit; die Zusammenziehung der beiden Arsis-
silben giebt dem Rhythmus mehr Ruhe und Ernst, die Auflösung der Thesis
in zwei Kürzen mehr Feuer und Leidenschaftlichkeit. Vgl. Aristid. p. 97 M.
Dionys. de comp. c. 17. p. 226 Seh.
42. Das anapaestische Kolon darf, da es aus vierzeitigen Füssen
besteht, das pentapodische Megethos nicht überschreiten (§ 13, 1); es sind
also nur die Dipodie (Szeitig), dieTripodie (12zeitig), die Tetrapodie (16zeitig)
und die Pentapodie (20zeitig) zulässig. Von diesen Gliedformen ist die
Tetrapodie weitaus am gebräuchlichsten und das Grundelement in allen
anapaestischen Perioden- und Systembildungen.
Das Kolon kann akatalektisch, katalektisch und brachykatalek-
tisch auslauten (§ 15). Der Auslaut ist akatalektisch, wenn sämtliche Arsen
durch besondere Silben ausgedrückt sind , z. B. ^^^ ^^- ^^ ^ ^^-
Jbxaxov fikv iTog %66\ ensi IlQidfxov, katalektisch, wenn die letzte Arsis
durch Dehnung {torrj) der vorhergehenden Thesis (der vorletzten) ersetzt
wird: v^^ v^- v^lZj « mrjvi]g wg ofifia nekei-ag; endlich brachykatalek-
tisch, wenn die beiden letzten Arsen durch Dehnung der beiden vorher-
gehenden Thesissilben ersetzt werden: v^-t v^i-j lZj _ , wie Soph. Trach.
849 Tt'yyei daxQvcov- aX'Vav.
43. Die anapaestischen Metra werden in der Regel nach dipo-
dischen Basen {xard iinodiav)^) gemessen (§ 22). Zwei anapaestische
Füsse bilden alsdann eine ßäaig dvanaiarixr^^ und die Tetrapodie gilt als
Dimetron, die Dipodie als Monometron, die Verbindung zweier Tetrapodien
als Tetrametron. Auch die Tripodie ist zuweilen als brachykatalektisches
Dimetron aufzufassen, in den meisten Fällen aber entzieht sie sich der
dipodischen Messung.
Wenn im Inlaute eines anapaestischen Metrums eine oder mehrere
Arsen nicht durch besondere Silben ausgedrückt, sondern durch Pause oder
Dehnung ersetzt werden, entstehen asynar tetische Bildungen (§ 23),
z. B. Soph. Trach. 850 f. d 6* iqxoiiäva- fioTga nqofpai'-vsi doKav xtX,
44. Die einzelnen anapaestischen Metra.
1. Das Dimetron in akatalektischer Form bildet den ersten Bestand-
teil des Tetrameters (§ 45) und das Grundelement der anapaestischen Sy-
steme und Strophen (§ 46 f.).
Es gestattet an allen Stellen Zusammenziehung und Auflösung; auch
Dimetra aus lauter Spondeen und aus lauter (anapaestischen) Daktylen
finden sich; der Prokeleusmatikos (^ ^y!^) ist nur in melischen Partien
gestattet, die Verbindung - v^ v^ ^ _ wird gemieden. An der zweiten Stelle
^) Scliol. Hepb. p. 174 ff. 177 ff. Mar. Victor, p. 75,«6ff.: percutitur . . . praecipue
per dipodimiy interdum et per singulos pedes.
Haudbuch der klasa. AltertaiuBWineoBchafL II. 2. Aufl. 46
722
E. Metrik, c) Metrik der Griechen.
der Dipodie wird der Daktylos nur zugelassen nach vorausgehendem
Daktylos. ^) Gewöhnlich tritt Caesur nach der ersten Dipodie, seltener nach
der folgenden Kürze ein:
Soph. Ai. 201. Naog dgiayol \ tr^g Aiavuoq,
Aesch. Ag. 52. meqvyoav iqstiioTaiv \ €Q€(f(f6fA€voi.
2. Der katalektische Dimeter oder das anapaestische Pa-
roimiakon
V-A^ ± w«^ « v^v^lL bi
trägt seinen Namen von dem häufigen Gebrauche in Sprichwörtern
(naQoifiiaijj^) wofür er das allgemein übliche Metrum war, und gilt mit
Recht als eine der ältesten Versformen der Griechen und „Yoriäufer des
Hexameters ''.3) Er bildet das Schlussglied des Tetrameters (§ 45) und der
strengeren Systeme (§ 46), in den freieren erscheint er auch an anderer
Stelle und wiederholt. Stichisch gebraucht wurde er in Embaterien bei
Tyrtaeus (frg. 15 B.) und in der Komödie (Cratin.fr. 149), auch in Hymnen
(Mesomedes bei Bergk Anthol. lyr. p. 522). Die vorletzte Länge ist vier-
zeitig und nicht auflösbar; die Zusammenziehung ist frei, nur vom dritten
Fusse ist der Spondeus in den strengen Systemen fast ganz ausgeschlossen,
ebenso im zweiten Kolon des Tetrameters. Der Daktylos ist im ersten
Fusse statthaft, im zweiten gemieden, im dritten unzulässig. Eine regel-
mässige Caesur fehlt.
Tyrt. fr. 15. ^Uy€t\ w STtccQtag evdv-Sqov
xovQOi TtarsQcov noXia-'tav.
Soph. Ai. 136 a^ iihv ev nQccaaovv' iTnxai-QOD.
140 mi^^vijg oJg ofifia nsXsi^ag,
3. Die anapaestische Tripodie erscheint in akatalektischer und
katalek tischer Form:
^^ ±^^ ±^^^ ± Tov ^ElXddog dya&eag.
Sie führt die Namen nQoaodiaxog und ivonXiog von ihrem Gebrauch in
Märschen und Prozessionsliedern. (Xenoph. Anab. VI, 1, 11. Schol. zu
Aristoph. Nub. G51. Bacch. p. 25 M.)
Die spondeischen Tripodien, welche neben Dimetem sich finden,
unterliegen wahrscheinlich gleichfalls dipodischer Messung, z. B. Eur. Iph.
T. 126 ff. Vgl. § 43 u. 47.
45. Der anapaestische Tetrameter, das sogenannte ^^picrroycrreioi',
setzt sich aus einem akatalektischen und einem katalektischen Dimeter
zusammen. Arist. Vesp. 346:
^^::3 I. c?3 _ cä:p ± C50 _
o-c? J. c?^ _ \.A^
*AXX* ex TOVTiov ioqa rivd aoi \ ^i^tsTv xaivrjv inivoiav.
Er hat seine regelmässige Caesur nach dem ersten Gliede und häufig auch
nach der ersten Dipodie noch einen Einschnitt.
*) Elmsley, zu Eurip. Hec. p. 242.
R. Klolz, De nuniero anap. p. 14 ff. A.
Naück, Mölanges Gr^co-Rom. V, 208.
*) cf. Hephaest p. 27 f. Zusaninien-
stellungcn bei A. Meikeke zu Thcocr. p.
454 ff., A. Nauck, Mel. Greco-rom. III, 151,
M. Haupt, llerraes V, 320 und Usekeb,
Altgr. Versbau p. 45, Anm. 3.
3) Über sein Verhältnis zum daktylischen
Hexameter s. Usener a. a. 0. p. 43 ff. 90.
2. Die Metra der Griechen. (§ 45-46.) 723
Im vierten Fusse, am Schlüsse des ersten Kolon, wird der Daktylos
meist vermieden, ebenso der Spondeus im siebenten Fusse bei Aristophanes,
nicht bei den älteren Dichtern:
Tyrt. fr. 16: ay€t\ w ^nccQtag ivoTiXoi xovqoiy noxi fdv^Aqeoq xivaaiv.
Der Prokeleusmatikos ist ausgeschlossen; auch Daktylos und Anapaest
(lintereinander ( - ^^^ v^ - ) werden vermieden, ausser wo Caesur sie trennt.
Der Tetrameter wurde gebraucht in den Embaterien der Dorier (Tyrt.
fr. 16) und bei Epicharm (vgl. Hephaest. p. 26,i6 W.) in ausgedehntem
Grade; in der attischen Komödie beim Einzug oder Abzug des Chors oder
eines Schauspielers, in der Parabase („ot ava/ratoToe") und in Streit-
scenen („Kampfanapaeste"), z. B. Equit. 761 flf., Nub. 959 flf.
46. Die anapaestischen Hypermetra haben teils einen einfacheren und
strengeren Bau (strengere Systeme), teils eine freiere und mannigfaltigere
Bildung (freiere Systeme, Klaganapaeste).
Die strengeren Systeme {„legitima'^) besteben aus einer grösseren
oder geringeren Anzahl von akatalektischen Dimetern, denen hin und wieder
ein Monometer beigesellt wird, und einem Paroimiakon als Schlussglied.
Aesch. Ag. 40 flf. Jtxaxov jU^v ixog T6d\ inei Jlgiafiov
fiäyag dvtidixog,
MavhXaog äva^ rji' UyafjLäfivoav,
iiO^QOvov Jiod-ev xal dufxrjnvQOV
Tififjg oxvQov Cevyog 'Argedaiv,
aToXov 'AQyeitov xiliovccvTiiv
irfiS* dno xtoQccg
TjQccv^ atQatiwTiv ccQtoyi^v.
Die einzelnen Glieder sind regelmässig durch Caesur von einander gesondert,
aber durch Synaphie (s. § 18) zur periodischen Einheit verbunden, und
Hiatus und Syllaha anceps im Inlaute des Systems nur ausnahmsweise
(bei Personenwechsel, bei stärkerer Interpunktion, vor Interjektionen und
in anderen entschuldigten Fällen) zugelassen. Die Anwendung des Spon-
deus und Daktylos unterliegt denselben Regeln wie im Tetrameter; der
Prokeleusmatikos ist in der Tragödie ausgeschlossen, in der Komödie sehr
selten (Arist. Nub. 946). Die Kompositionsform ist meist xard nsQioQKf/xovg
dviaovg (s. § 28), doch liegen zuweilen deutliche Anzeichen einer genaueren
antistrophischen Responsion vor, besonders wo die Hypermetra zwischen
lyrische Strophen eingeschoben sind, z. B. Aesch. Ag. 1462 flf. c» 1475 flf.,
1488 flf.o) 1513 flf., Soph. Ant. 110 flf. o:) 126 flf., 141 flf.03l55 flf.
Die Gleichheit der rhythmischen Glieder und die Regelmässigkeit
seines Baues verleiht dem anapaestischen Hypermetron eine gewisse ruhige
Würde und Feierlichkeit und macht es überaus geeignet zum Rhythmus
langsamer, feierlicher Märsche. Es findet daher im Drama *) seine typische
Anwendung zur Begleitung des Eintritts und Abzugs sowohl des Chors
als auch der Schauspieler, besonders in der Parodos der Tragödie*) vor
^) Vgl. R. Klotz, De numero anapaesticp
p. 6 f.
^) Während meist angenommen wird,
die Anapaesto der Parodos trage der Chor-
führer vor, spricht sich unter einleuchtender
Begründung für Vortrag durch den ganzen
Chor aus Guhbauer in J. Müller, Jahresb.
1885, p. 33 f.
46*
724 E. Metrik« c) Metrik der GhriecheiL.
den lyrischen Strophen (Aesch. Suppl. 1—40, Pere. 1—66, Ag. 40—103,
Soph. Ai. 134—171) oder zwischen ihnen (Soph. Antig. 110. 126. 141. 155.
Phil. 144. 159. 191. Eur. Med. 139. 160), aber auch sonst zwischen Strophen
eines Gesanges eingeschoben (^Zwischensysteme*'), und in der Exodos,
z. B. Soph. Ant. 1347 flf.; seltener in der Komödie wegen des erhabenen
Ernstes, der ihm eigentümlich ist, hier namentlich aJs Abschluss einer
Gruppe von anapaestischen Tetrametem, besonders in dem 7n%yog der
Parabase, das äirvetHTTi vorgetragen wurde (z. B. Av. 725 — 736, Fax
705—774); beim Eintritt eines Schauspielers Equit. 1316 flf., Av. 658 £,
Lysistr. 1073 ff., 1108 f.; femer am Ende des Stückes oder eines Epei-
sodion, endlich in parodischer Anwendung, z. B. Av. 209. Lys. 954.
47. Die freien anapaestischen Systeme und Strophen be-
schränken sich in ihrer Zusammensetzung nicht auf akatalektische Dinieter.
Monometer und Paroimiaka, obwohl diese Gliedformen auch in ihnen die
Hauptbestandteile ausmachen, sondern es erscheinen hier vereinzelt auch
andere Elemente, wie Prosodiaka und katalektische Dipodien (Aesch.
Pers. 952 f. vvxiuv nkdxa xsQaafievog | Svcdaifiovci t' ox-tccv. Eur. Ale. 106
tC rod' av'S^q), Reihen mit mehrmaliger Katalexis (Eur. Iph. T. 126 f.
ß Traf- räq- Au-Tovg^ Jixrvvv'' ov-qh-^c) und besonders in epodischer und
proodischer Verwendung alloiometrische Glieder: trochäische, iambische,
logaoedische und dochmische (Soph. El. 200 \v 6 tavra ngaa^av. El. 243
o^vTovwv yoiüv. Trach. 1009 avaTixQotfccq o ri xal fivfT}]).
Die Gliederung des Dimeters durch Caesur nach der ersten Dipodie
ist oft vernachlässigt, die Anwendung der Spondeen und Daktylen viel
unbeschränkter als in den strengen Systemen, so dass sich selbst mehrere
rein spondeische Reihen hintereinander finden; der Prokeleusmatikos ist
häufig und zuweilen sogar wiederholt in einem Kolon gebraucht (Arist. Av.
327. 400). — Der Paroimiakos dient nicht ausschliesslich als Schlussreihe,
sondern kommt auch im Innern des Systems vor und mehrmals nachein-
ander; dagegen erscheinen auch andere Formen als Schlussglieder nicht
selten, z. B. der akatalektische Dimeter. — Die Kompositionsform ist teils
antistrophisch, teils alloiostrophisch :
Aesch. Pers. 931. öTp. Ä. od* eyco^ oioT^ cdax-tog
(antistr.) lu'Xeog yevv^t y(t te rrar^jrj«
xaxor ccQ* eysvoinav,
Xo, 7TQ(KS<f\yoyy6v aoi voavov^ rctv
xaxoffdtida ßodv xaxo/tuXfroi' teil'
MaQvavdvvov ^Qi^rt^ir^Qog
nifiipm TioXvdaxQVV iax-xdw
Soph. El. 234. Xo. «AA* oi v evvoiff y* av-dio,
(alloiostr.) iicivr^Q toaeC tig Tri-cra,
fif'j tixzeiv a' tttccv ci-ratg.
Der Charakter dieser anapaestischen Bildungen ist bald dumpfe Schwer-
mut, bald leidenschaftliche Aufregung; jener dienen die spondeischen, dieser
die aufgelösten Formen des Fusses zum natürlichsten Ausdruck. Ihre An-
wendung finden sie in Klagegesängen der Tragödie, sowohl in Kommoi
wie Aesch. Pers. 930 ff. Soph. El. 193 ff. (kommat. Parodos), als in Bühnen-
2. Die Metra der Qrieohen. (§ 47—49.) 725
gesängen wie Soph. EI. 86 flF. (Anfang), seltener in Chorika der Tragödie
(Aesch. Choeph. 1007 flf.o) 1018 flF.); am häufigsten sind sie bei Euripides.
Die Komödie gebraucht sie in Parodien der Tragiker, aber auch in Nach-
bildungen prosodischer Gesänge der älteren Lyrik und in Ghorliedem von
besonders erregter Stimmung (Ran. 372 ff. od 377 ff. Av. 327 ff. 400 ff.
1058 ff. Lysistr. 476 ff. Thesm. 667 ff. Pax 459 ff.).
Aristoph. R^n. 372 ff. xiaqei, vvv nag avÖQstcog
elg Tovg svavx^eTg xoXnovg
Xeiiifivwv iyxQOViov
TtaniaxiOTtTfav
xal nai^tav xai xXevd^mv.
Aristoph. Av. 327 ff. ^a ^a,
(antistr.) TtgoSedofisO'' ävtknd %' indd^ofiev • og ydo
(pilog rjv, ofiOTQOtpd &* riiitv
€vt'jiA€to nsdia naq* rj^iv xtX,
R. Bektlet, epist. ad Millium p. 24 L. ; diss. de Phalar. p. 181 R. — R. Porson,
praef. ad. Eurip. Hec. p. 45 8q. ~ Gaisfobd zu Heph. 276. — Boeckh, M. F. p. 180 sq.;
Antig. p. 229, 253. -- G. Hermann, EJem. p. 369- 421. Kpit. §389-401. — Rossbach-
Westphal IP, 325 ff. 397—440. — J. H. Schmidt, II, 474 ff.; III, 159-170; Leitf.
p. 120 ff. — Christ'* p. 239-75. - Ritsohl, Rh. Mus. 1841. p. 277 ff. = Opusc. I, 271 ff.
— F. V. Fritzsche^ De numero qui x«r* ivonXiov dicitur. Rostoch. 1849. Ind. lect. — A.
Kossbach, De metro prosodiaco. Vratisl. 1857 Ind. lect. — H. Buchholtz, De Eurip. ver-
sibus anapaesticis. Cottbus 1864. Progr.; ders. Rh. Mus. XXII (1867) p. 32 (überakat. Tri-
podien). -- R. Nieberdino, De anapaestorum ap. Aeschyl. et Soph. ratione antisystematica.
Bcrol. 1867. diss. — R. Klotz, De numero anapacstico quaestt. metr. Lips. 1869. diss. —
Fr. IIeimsoeth, de duplici quod fertur dactylorum et anapaest. genere Bonn. 1875. Ind.
lect. - H. Reimann, Quaestioncs metr. Vratisl. 1875 (anap. Prosod.). — J. Stippl, Zur
antistroph. Responsion d. anap. Hypermetra bei Aeschylus. Eger 1878; bei Soph. u. Euri-
pidcs Eger 1879. Progr. — C. Baier, Bemerkgg. zu d. strengen anap. Systemen, d. Soph.
u. Eurip. Elberf. 1881. Festschr. p. 12 ff.
Die trochäischen Metra.^
48. Im Trochäus {rqoxaXog) sind drei Chronoi zum Fusse vereint,
von denen die zwei ersten die Thesis, die dritte die Arsis bilden; der Fuss
ist also ein diplasischer (Verhältnis 2 : 1). Gewöhnlich wird die Thesis durch
eine Länge ausgedrückt -^ ^ , sie kann aber auch durch zwei Kürzen ge-
bildet sein ^ ^ . Die zweisilbige Form ist der eigentliche Trochäus, die
dreisilbige (tribrachische) wird gern mit dem Namen Choreus {xoqsTog) be-
zeichnet. Wird die Arsis durch Dehnung oder durch Pause ersetzt, so er-
hält der Fuss die Form «- oder - a . Vgl. § 11.
Das Ethos des trochäischen Rhythmus 2) ist durch die Namen r^o-
X«?og und x^Q^^^^ angedeutet: er hat einen schnellen, eiligen Gang und
eignet sich besonders zur Begleitung der Tanzbewegung. Die Anwendung
der Auflösung (^w) steigert die Lebhaftigkeit und Beweglichkeit. Dem
Jambus gegenüber fehlt ihm wegen des Mangels der Anakrusis das Kraft-
volle und Energische des Auftretens. Vgl. Dionys. de comp. c. 17 p. 220.
Aristid p. 38. 97 f.
49. Die Ausdehnung der trochäischen Kola ist eine fünffache:
') Hoph. p. 19 ff. W. Aristid. p. 53. Mar. Studem. Anecd. Var. I, 70 f. 134 ff.
Victor, p. 83 f. Schol. Heph. p. 150 ff. W. ^) Vgl. Amsel, De vi rhythm. p. 90ff.
726 ^ Metrik, c) Metrik der Qrieohen.
Dipodie (Gzeitig), Tripodie (9zeitig), Tetrapodie (12zeitig)9 Pentapodie (15-
zeitig), Hexapodie (ISzeitig). Grössere fieyäd^rj als ISzeitige zerlegen sich
in zwei xtöka. Vgl. § 13, 1.
Das trochäische Kolon ist im Auslaute vollständig, akatalektiscb,
oder unvollständig, katalektisch, je nachdem die Arsis des letzten Fasses
durch eine besondere Silbe ausgedrückt ist oder nicht. Im letzteren Falle
wird der Rhythmus durch einzeitige Pause (XsTfifia) oder durch Dehnung
der vorangehenden Thesissilbe (zur dreizeitigen Länge) vervollständigt
s. § 15, 1.
akat. -iv-' — v^jj.v^ — ^ [zw — wj.<^_A
^''**'- J z w _ w ^ w ._ (Tetrapodie)
akat. Zw — w zw_wjj.w_w
katal. -iw-.zw.wzw.A (Hexapodie)
Die katalektische Tetrapodie wird Evqimdsiov oder ^rjxv^^iov genannt (Hepb.
p. 20. 53,2i).
Wenn die beiden letzten Füsse eine solche Unterdrückung der
Arsissilbe erfahren, heisst das Glied brachykatalektisch, z. B. TrQma
xoirov m-ag (§ 15, 2). Hier ist beim vorletzten Fusse stets Dehnung der
Länge, nicht Pause nach derselben anzunehmen:
Di0 brachy katalektische Tetrapodie führt den Namen Ithyphallikon (Heph.
p. 21,5).
Ersatz der Arsissilbe tritt auch im Inlaute der Reihe ein, z. B. im
zweiten Fusse der Tetrapodie, im zweiten und vierten der Hexapodie, be-
sonders in Verbindung mit Schlusskatalexis:
noXXd fitV' yä TQt(f€i j. w l_ j. w - a
TTorriaf' x dyxdXai- xvu)dccXü)i\ -iwi_ _iwL_ zw»a
Er kann aber auch die erste und zweite Arsissilbe gleichzeitig treffen, z. B.
^la'iKX'VrjQ x>8d^ (fra-^ei- J' ^v xß^ vrivfi) uqo xaqdiac-
lII— _iw_A Li t_ Z^-wJLw— A
ja sogar sämtliche Arsen der Tetrapodie, vier oder sechs in der Hexapodie:
oV T^J- eq-deiy In-Tifi-o} yävfi noXev-ov^ yai-ag- e^-aiX'ßQV-öai, Solche
Glieder werden nach der Zahl der unterdrückten Arsissilben dikatalek-
tisch, trikatalektisch u. s. w. genannt. Vgl. § 15, 3.
Durch die Katalexis der inlautenden Arsen und die Dehnung der Thesis-
silben verliert das trochäische Mass seine Leichtigkeit und Beweglichkeit
und erhält eine grössere Gemessenheit, Würde und Erhabenheit. (Aristid.
p. 50 M.)
60. Die trochäischen Metra werden dipodisch gemessen: zwei
trochäische Füsse bilden eine unter einem Hauptiktus verbundene Einheit,
eine trochäische Basis (Dipodie), also die Dipodie ein Monometron, die
Tetrapodie ein Dimetron, die Hexapodie ein Trimetron, die Verbindung
zweier Tetrapodien ein Tetrametron, s. § 22.
In den dipodisch gegliederten trochäischen Massen wird als Schluss-
arsis jeder Dipodie statt der rhythmisch erforderlichen Kürze auch eine
Länge zugelassen, es tritt also an den geraden Stellen (2, 4, 6 u. s. w.)
2. Die Metra der Griechen. (§50-51.)
727
der irrationale Trochäus ^ü (xoQsTog aloyog) oder bei Auflösung der
Thesis der x^Q^^^9 akoyog TQOxaiosidrjg (^«.) ein. Vgl. § 12.
Z. KJ ^ \J J. \J
\^ ^. \^
Z w ii A
'Q ndxqag Grjßyg ivoixoi, \ X€V(f<f€z, Oldinovg ods,
61. Unter den trochäischen Versen nimmt den ersten Platz der
Tetrameter ein. Er besteht aus zwei Dimetern, einem akatalektischen
und einem katalektischen :
JL \J ^ \J ZV-/-.C7
^w_C7 JLw^A
Aesch. Pers. 155 f. ß ßad'V^wvcov avaaaa nsQaidtav vTtsQtcitrj^
/iU]T€Q ij SsQ^ov ysQaid, X^^Q^t ^ccQefov yvvai.
Eine Cäsur sondert die beiden Kola; sie wird von den Lyrikern und Tra-
gikern streng beobachtet (Ausnahmen sind sehr selten), von den Komikern
hingegen oft vernachlässigt. Vor der Schlussdipodie meiden die ersteren
einen Einschnitt nach spondeisch auslautendem Worte, nicht die letzteren.
Die trochäische Grundform ist bei den Lyrikern mehrfach zu finden,
selten bei den Dramatikern, welche die irrationalen Arsen an den geraden
Stellen (§ 50) bevorzugen und dadurch dem Verse einen ruhigeren Gang
verleihen. — Die Auflösung der Thesis ergiebt an den ungeraden Stellen
stets einen Tribrachys, an den geraden bei Irrationalität der Arsis einen
auf der ersten Kürze betonten Anapäst ^- (s. § 12 u. 50); sie tritt
häufiger an den ungeraden ein und wird im sechsten Fusse fast immer
gemieden. Die Lyriker haben viele Auflösungen, die ältere Tragödie eine
massige Anzahl, in der jüngeren Tragödie und der Komödie nimmt ihre
Häufigkeit bedeutend zu.
Die Licenz den Trochäus durch einen Daktylos (Heph. p. 21,2o) zu
ersetzen gestatten sich die älteren Dichter nur in Eigennamen, welche dem
trochäischen Metrum widerstreben, Euripides und Aristophanes auch in
anderen; in Wörtern, die nicht Eigennamen sind, nur die Komiker und
auch sie nur ausnahmsweise.
Der trochäische Tetrameter wird von den Alten selbst als rgoxeQog
und dysvt^g charakterisiert, er ist wegen der Raschheit und Flüchtigkeit
seines Rhythmus zur Begleitung einer schnelleren und lebhafteren Bewe-
gung und zum Ausdruck einer aufgeregteren Stimmung wohl geeignet, im
Vergleich mit dem iambischen Tetrameter (§ 61) aber wegen des thetischen
Anlauts weniger energisch. Vgl. Aristot. Rhet. III, 8. Schol. zu Aristoph.
Ach. 203. Mar. Vict. p. 44. 84.
Entstanden bei den dionysischen Festfeiem fand er zunächst bei
Archilochos besonders in skeptischer und erotischer Dichtung, dann bei
Solon (fr. 32 — 35 B.) seine Anwendung. Epicharm gebrauchte ihn als
hauptsächlichstes Metrum und die ältere attische Komödie häufig, besonders
in den Parodoi (Ach. 204 ff., Equit. 242 ff., Pax 299 ff., Av. 268) und im
Epirrhema und Antepirrhema der Parabase; 0 die mittlere und neuere mit
Vorliebe im Monolog. In der ältesten Tragödie (Phrynichos) war er vor-
') Über die Yerschiedenbeit im metri-
schen Bau der Tetrameter s. Th. Zielinski,
Die Gliederung der altattischen Komödie,
p. 298, wo er den lyrischen Tetrameter (Pax.
349 f., 357, 395 = 588, 595. Lys. 619,
622 = 640; 645,661-663 = 685-687) von
dem , epischen* unterscheidet.
728 B* Metrik, o) Metrik der Qriechen.
wiegend das Mass des Dialogs, auch in Aeschylos' Persern noch häufig;
später tritt er bei den Tragikern zurück (Agam. 1649. O.R. 1514) und erat
nach Ol. 90 wieder mehr hervor, z. B. Phil. 1402. Eur. Phoen. 588. Orest. 728.
62. 1. Der Tetrameter skazon (terQccfierQov xcoAov Heph. p. 20,i7 W.)
unterscheidet sich von dem regelmässigen katalektischen Tetrameter durch
die Länge der vorletzten Silbe:
— w-lw — w Zvy_v^_l_b::f
Xdßert fiov y}oiiicnia^ xdipco BovndXov rov o^d'aXfiov •
diiifidä^iog yaQ slfii xovx dfAaQtdva) xomwv, Hippen, fr. 83.
Abgesehen von der absichtlichen Störung des Rhythmus durch die an das
Hinken erinnernde, auf einen komischen Effekt berechnete UnterbrechuDg
desselben am Schlüsse des Verses (vgl. den Choliamb § 60) stimmt der
Bau des Verses mit dem seines regelrechten Vorbilds überein, nur wird die
Irrationalität der sechsten Arsis möglichst gemieden.
Angewendet wurde dieses Versmass zuerst von Hipponax (daher
Hipponadeum) und Ananios in skeptischer Dichtung, dann von den späteren
Jambographen.
2. Akatalektisch erscheint der Tetrameter bei Anakreon (fr. 76):
xXvd-l H€V ysQOVtog^ €vä\&€iQa XQ^<fo7r€7€X€ xovqa^
brachykatalektisch in der Komödie:
doch beide wohl nicht als selbständige Verse, sondern nur als Glieder eines
grösseren Systems, wie der dikatalektische Tetrameter bei Aristophanes
z. B. Aves 1476 f.:
Xqr'amov iihv ovdl%\ aX-liog d^ deiXov xai iiäya.
Die Verbindung zweier Ithyphallika d. h. brachykatolektischer
Dimeter (§ 40):
.^frVQO dijVre MoT-aui \ xqvaiov XiTTOi-aai.
und die eines akatalektischen Dimeters mit dem Ithyphallikon :
2. KJ — -^ Z. ^-/ _ •" 11 v^ « \^
Eaii fxoi xdXa nmg x^i/c/'ocern' dvd-tfxoi-aiv
werden als Verse der Sappho (fr. 84. 85) angeführt.
53. Durch die Verbindung zweier oder mehrerer akatalektischer Di-
meter, denen hin und wieder, besonders als naQartXfvtov^ ein Monometer
sich beigesellt, mit einem abschliessenden katalektischen Dimeter entstand
das trochäische flypermetron, eine dem strengen anapaestischen Systeme
(§ 46) analoge periodische Bildung der Komödie, z. B. Arist. Pax 339 ff.
xai ßoars xal yeXdx * »^J/; ydq s^eatai toO-^ v^uTv
TtXeTvy fitvetv^ xivsTr^ xa&evdeiv^
ig 7tavi]yifQ€ig O-etüQsTv^
ianäa^cci^ xoixaßi^siv^ (fvßctQi^eiVy
iov lov xexQaytvm,
Aus denselben Elementen setzt sich folgende distichische Strophe
des Anakreon (fr. 75 B.) zusammen:
ndXs Qqrjxir-^ ri di] fxe Xo^ov ofiiiaaiv ßXtnovaa
vtiXswg ^evyeig^ doxt€ig Se fi ovdtr tidtrai (fotfor;
—
w
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V^
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V-»
_ \J
JL w
—
A
W — w ^ w ii
w — w L "u "^
2. Die Metra der Griechen. (§ 52-54.) 729
ebenso auch die sechsgliedrige Periode aus einem Skolion des Timokreon
fr. 8 B. und manche Strophen des Aristophanes, welche aus mehreren
strenggebauten Hypermetra gebildet sind, wie Ran. 534 flF. Thesm. 459; in
anderen Strophen der Komödie tritt das katalektische Kolon nicht bloss am
Schluss der Periode, sondern auch im Innern derselben ein, wie Av. 1470 flf.c»
1482 ff.a)1553 ff.a)1694 ff., und es kommen daneben auch andere Elemente
vor, wie Ran. 1482 ff. Thesm. 434 ff.
Aristoph. Av. 1470 ff.
ctQ.d, JL \j — ^ ±Kj^^j.\j^Kj jj.wL- ± \j ^ Kj ± \j ^ 4-|-4-{-4.
4+4+4.
4+4.
4+4.
4+4.
noXXd dri xal xaivd xai ^avlfiMT inentonead-a xcd \ deivd nqdyfiax^ sidoiisv.
^ati yccQ därdgov netpvxog \ ixToniv ri, xaqSiag aj/rcorfi^a), KXem'VfioCj
XQY^aiiiov fi^v ovit'Vy ak\l(og i^ dstlov xal fit'ya.
TOVTO xov ^kv rJQog äei | ßXadtdvBi xal avxoifavTst^
xov 6t x^ijuwi'o^ ndhv vdg \ damdag (fvXXoQQoeX,
54. Die trochäischen Strophen der Tragödie tragen ein wesent-
lich verschiedenes Gepräge: zwar sind auch hier die trochäischen Tetrapodien
die vorwiegenden Elemente jeder Periode, aber sie erscheinen ebenso wie
die neben ihnen auftretenden Hexapodien nicht nur fast durchweg mit
Schlusskatalexis, sondern auch mit vielfacher Unterdrückung der inlautenden
Arsen, so dass neben den katalektischen und brachykatalektischen Formen
auch die di- und trikatalektischen eine grosse Rolle spielen. Nur selten
treten daneben akatalektische Tetrapodien oder katalektische Tripodien auf;
als alloiometrische Elemente finden sich daktylische, iambische, logaoedische
Reihen, besonders am Periodenschlusse. Die trochäischen Glieder meiden
durchaus die Irrationalität der Arsis und haben nur selten Auflösung der
Thesis, niemals für die dreizeitigen Längen. — Die periodische Verbindung der
Reihen erfolgt sehr gewöhnlich, besonders bei Aeschylos, so, dass die Kom-
missur in das Innere eines Wortes verlegt wird (§ 18), wodurch die Ver-
kettung eine engere und die Zahl der TQiari^oi eine grössere wird.
Der Charakter dieser Strophengattung ist tiefer Ernst und würdevolle
Gemessenheit. Sie treten zuerst bei Aeschylos auf und werden von ihm
häufig (Pers. 114 ff. 126 ff. Ag. 160 ff. 176 ff. 681 ff. 975 ff. 1001 ff.
Choeph. 585 ff. 603 ff Eum. 321 ff. 347 ff. 490 ff. 508 ff. 526 ff.), aber
ausschliesslich im Chorgesange gebraucht; Sophokles meidet sie, dagegen
erscheinen sie in etwas veränderter Gestaltung wieder bei Euripides (Phoen.
239 ff. 638 ff. 676 ff. Iph. A. 231 ff. 253 ff. 277 ff)
Eum. 321 ff. I. McasQ^ a fi hixTsg^ w- fia-teQ
Nv^y dfxav^ QoXaif xal dsdoQxofSiv- noi-vdvj
II. xkvi^ • 0 Aa^TOvg ydg l-vig fi aii-fiov ri&rj(fiv
t6v6^ d(pai-Qovfi€vog
TiTiüxa^ fia^TQflwv a-yviiffia xvqiov (povov.
III. inl d^ Tff}- tsd-vfie'vfi}' rode fielog- naqaxond'
naqaffoqd (pQevoda-Xrjg,
730 £• Metrik, c) Metrik der Griechen«
IV. viivog «f ^EQivvioV' däfffiiog y>Q€VWVy äy>6^
fiixtoq, avovd ßQtnotg.
Allgemoines: Boeckh, M. P. 111. — G.Hkbmann, Eiern. 77—95. Epit § 111—131.
— Westphal II«, 440-477. — Chbiöt* 275-312. — Dikdorf, De metris poet scen.
p. 42 ff.
Vom Tetrameter: Porson, praef. Hecub. p. XLIII sq. — Reibio, Coniect in Ari-
stoph. Lips. 1816, p. 127. — J. Rcmpel, Die Auflösungen im troch. Tetram. bei Lirrikern
u. Dramat. Philo!. XXVIII (1869) p. 425-437. — J. Hilbebo, Princip d. Silbenwfigmig.
Wien 1879, p. 254-258. — v. Wilamowitz, Philol. Unters. IX, p. 7 f.
Die iambischen Metra. i)
55. Im Jambus sind drei Chronoi zur Einheit eines Fusses ver-
bunden, der er^ bildet die Arsis, die beiden folgenden, gewöhnlich zur
Länge vereint, die Thesis. Die letztere hat also den doppelten Zeitumfang
der Arsis, und der iambische Rhythmus gehört zum yävog dinXamov (s. § 11).
Die Normalform des iambischen Fusses ist ^ -^ ; doch können für
die Länge auch zwei Kürzen eintreten, von denen die erste den Iktus trägt:
^^ (Tribrachys).
Der iambische Rhythmus ist, weil die Arsis der Thesis vorangeht,
lebendiger und schwungvoller als der trochäische, bei dem sie nachfolgt-,
und hat wegen der Ungleichheit der Taktteile einen rascheren Gang und
erregteren Charakter als der gleichfalls aufsteigende anapaestische. Aristid.
p. 97 sq. Hör. A. P. 81.
56. l. Die iambischen Kola haben eine fünf fache Ausdehnung: 1) Di-
podio (6 zeitig), 2) Tripodie (Ozeitig), 3) Tetrapodie (12zeitig), 4) Penta-
podie (15 zeitig), 5) Hexapodie (18 zeitig). Ein grösseres xwXov als das
oxTwxaiiexmr^fiov ist im diplasischen Rhythmengeschlecht nicht zulässig
(s. § 13).
Im Auslaute ist das Kolon vollständig oder akatalektiscli, wenn
die letzte Arsis durch eine besondere Silbe zum Ausdruck kommt, z. B.
v^-^^-^^w- TiQoßäa* in* ^(Tx^x^ov O^qdaovg, Wird aber die letzte
Arsis durch Dehnung der vorhergehenden Thesissilbe zum xqiai^ijLog ersetzt,
so heisst es katalektisch, z. B. ^ ± ^ - ^ \± ~ o nayxQaTTfi Kqovov^ neue.
Sind in den beiden letzten Füssen die Arsissilben durch tovn] ersetzt»
so heisst das Glied brachykatalektisch, weil ein ganzer Fuss zu fehlen
scheint, z. B. nqoQQi^og ix-QKf-O^ffg ^ i ^ \— lL _ . Vgl. § 15.
2. Die Möglichkeit, die Arsis durch Dehnung der vorangehenden Länge
auszudrücken, findet aber auch auf die übrigen Füsse im Inlaut des iambischen
Kolon Anwendung, nämlich erstens bei der ersten Arsis jeder Dipodie:
l'xati fjuV' daifioviov Choeph. 436.
- at' TOI Xb-yco-j Jryyfvoi', ncneQ^ (fiXoig Choeph. 456.
ji v> _ nqtnei dt ywg-, alvokaju-nägy ah'og Ag. 389;
hier gern in Verbindung mit katalektischem Versschlusse:
nvoal 6* «/ro- ^TQVfiovog ^lokov-aca Ag. 192.
Ferner bei der zweiten Arsis eines Gliedes unter gleichzeitiger Unter-
drückung der Arsis des dritten Fusses:
') Hephaest. p. 17 f. W. Schol. Heph. p. 145 W. Choerob. Anecd. Var. I, p. i^ f.
Mar. Vict. p. 79 p. 132f. K.
\j j. \^ [ ± \j ^
\J ± \J \ ± \^ ^ \J J. KJ
2. Die Metra der Grieohen. (§ 55—58.) 731
W LL L_ ^ V^ —
fieXafi'Tia'Yrjg näXei Ag. 892.
wlL I— jiw-w^w« nonoi" Ja-, v€qt€qwv TVQuvvfSeg Ghoeph. 405.
und zwar in Hexapodien besonders häu6g mit der Schlusskatalexis zu-
sammen :
no&mV" 6' ovx- a^m y>a%^^vai. Soph. El. 172.
Ja sämtliche Arsen mit Ausnahme der anlautenden können so unterdrückt
werden, z. B. in der Tetrapodie:
^ Li L_ lL - ovToi' (To«- fiov'Vif Soph. El. 154.
3. Endlich ist auch für die anlautende Arsis eines iambischen Gliedes,
wenn es das Mittel- oder Schlussglied einer Periode bildet, der Ersatz durch
Dehnung oder, was hier oft vorzuziehen sein wird, durch Pause zulässig:
rov fAVQOTtoiov i^QOfirjv StgatTiv^ st xofArj-üsi. Anacr. fr. 30.
dl' wtog av" navQ(x y' oJg- finlwq- ivväneiv, Soph. El. 1438.
di* at'd^vog 6* ivy-fioiüi ßwsxsxai xäaQ. Aesch. Choeph. 26.
Derartige Bildungen werden asynartetische genannt (§ 23).
57. Die meisten iambischen Metra werden nachDipodien gemessen,
ebenso wie die meisten trochäischen. Die iambische Dipodie gilt dann
als Monometer, die Tetrapodie als Dimeter, die Hexapodie als Tri-
meter, die Verbindung zweier Tetrapodien als Tetrameter (§ 22).
Bei den dipodisch gegliederten iambischen Massen tritt oft die Ir-
rationalität der Arsis ein (§ 12). Jede erste Arsis der Dipodie kann
nämlich auch durch eine metrische Länge ausgedrückt werden:
w Z w _ I
C/ jj. v^ _
ZW__ j vJZw— I OZw_
»
jedoch wird bei katalektischem Ausgange die der gedehnten Länge vorher-
gehende Arsis rein erhalten:
C7 Z »^ — W lL
Die Irrationalität der Arsis ist auch dann zulässig, wenn die Thesis
durch zwei Kürzen gebildet wird. Der iambische Fuss kann also ausser
den beiden rationalen Formen (^ - und ^^) auch folgende irrationale
Gestalten annehmen (§ 12):
die spondeische - -^
die daktylische -^.
Als eine Abweichung von der strengen rhythmischen Messung ist es
zu betrachten, wenn in einigen iambischen Massen statt des Jambus der
Anapaest eintritt. Es geschieht dies auch an den geraden Stellen, aber
nur in dem Dialog der Komödie mit grösserer Freiheit, sonst mit Be-
schränkung auf den Anfang des Verses und besonders entschuldigte Fälle,
wie Eigennamen.
58. Der akatalektische Dimeter findet sich in älterer Zeit nicht
in selbständiger (stichischer) Anwendung, sondern nur als Glied einer
Periode oder eines Systems, s. § 61—64.
732 £• Metrik, o) Metrik der Griechen.
Der katalektische Diineter {t6 xaXovuevov *AvaxQ€6t*r€$ov Heph.
p. 18, 3 W.) wird gleichfalls ursprünglich nur als xciXov einer Periode,
insbesondere als Schlussglied, z. B. im Tetrameter und im Hypermetron,
seltener in mehrfacher Wiederholung gebraucht, z. B. Anacr. fr. 92. Erst
in späterer Zeit tritt er als Hemiamb in stichischem Gebrauche häufig
auf, z. B. Herodas fr. 10 B.:
<p€ifyo)fi€v ix TtQfKfwnov^
[iri a' ixTtSQWv 6 nQ€(fßvg
oiXr. xazi&v . . .
ßarr^Qijj xaXvipr].
und bleibt auch bei den Byzantinern noch ein gebräuchliches Metrum; je-
doch verliert er bei diesen durch Zulassung der irrationalen Länge an
zweiter Stelle und zweisilbiger Anakrusis seinen ursprünglichen Charakter
und nähert sich dem anakreontischen Verse (Anakreontea n. 45).
59. Das gebräuchlichste iambische Versmass ist der akatalektische
Trimeter, gewöhnlich iambischer Trimeter schlechthin genannt. Er be-
steht aus sechs vollständigen iambischen Füssen, deren je zwei eine Dipo-
die bilden, also aus drei vollständigen Dipodien; er lässt eine irrationale
Länge als Arsis an den ungeraden Stellen d. h. im 1., 3. und 5. Fusse zu;
er gestattet Auflösung der Thesis in zwei Kürzen überall, nur nicht im
6. Fusse; ebenso den Anapaest, aber nur mit gewissen Beschränkungen,
am häufigsten im 1. Fusse. Er hat seine regelmässige Caesur nach der
Arsis des dritten Fusses {TtevO^rjjiAtfUQtjg) oder nach der des vierten («y^'J"
fiifisQijg). Seine letzte Silbe ist als Schlusssilbe des Verses ädia^oQog^
kann also auch eine Kürze sein.
C7JL^_ i^l^w- C7Zv^^
~_lv^_ C7_£.V-/__ CTj.v^'^
Ov fioi id rvyfu) I Tov nolvxQvaov lu'Xfi. Archil. fr. 25.
'Ä xoivov avTudil(fov \ * I(Xfit'^vt]g xclqix, Soph. Ant. 1.
Anmerkung. Westphal verlangt auf Grund der Zeugnisse der Alten über die Per-
cussion des Trimeters (Anonym, de mus. § 97. Juba bei Priscian p. 1321 ; Caes. ßass. bei
Rufin. VI, p. 555 f. K. Terent. M. v. 2249. Atil. Fort. p. 28<) K.) die Hervorhebung der
2. Hebung jeder Dipodie durch stärkeren Iktus:
Der Vers hat, verglichen mit dem trochäischen Tetrameter, durch die
anlautende Arsis grössere Lebendigkeit und Energie; die irrationalen Längen
dienen dazu, die Lebhaftigkeit zu massigen und ihm grössere Ruhe und
Gemessenheit zu geben. Er ist eines der häufigsten Masse in der ganzen
griechischen Dichtung und nächst dem Hexameter am meisten im Gebrauch.
Dem Archilochos als seinem Erfinder zugeschrieben erscheint er zunächst
bei diesem und den andern Jambographen im Spottgedicht (daher der
Name laiißog von tcimtiv), demnächst in der Komödie als vorwiegendes
Metrum des Dialogs und in der Tragödie und dem Satyrdrama gleichfalls
als regelmässiger Dialogvers; in der Lyrik ist er nur in beschränktem Ge-
brauch. Der mannigfaltigen Anwendung entsprechend weist er in seinem
Bau gewisse Verschiedenheiten auf.
1. Der Trimeter der Jambographen hat die Irrationalität der Arsen
seltener, gewöhnlich nur einmal in jedem Verse, Anapaeste noch gar nicht,
2. Die Metra der Qriechen. (§ 59.)
733
Auflösungen nicht häufig, meist nur bei den Anfangssilben mehrsilbiger
Wörter, höchstens einmal im Verse; als Caesur dient die navO-rimiieqrfi bei
Archilochos etwa noch einmal so häufig als die itp&rjfjtifUQr^g.
2. Der tragische Trimeter zeigt bis Ol. 89, 4 eine grössere Strenge
in seinem Bau, später lockert sich diese und allerlei Freiheiten finden
Eingang. Dem Charakter der Tragödie entspricht eine häufigere Zulassung
des Spondeus, durchschnittlich zweimal in jedem Verse. Die Zahl der Auf-
lösungen ^) ist gering in der älteren Tragödie: Aeschylus hat nur selten zwei
in einem Verse, Sophokles ist freier, besonders in den jüngeren Dramen,
Euripides hat zahlreiche Auflösungen nach Ol. 89, 4. — Der Anapaest ist
bloss bei Eigennamen erlaubt, zumal bei solchen, die der strenge Bau des
Verses verschmäht, nur im ersten Fusse auch bei andern (anapaestisch
anlautenden oder eng zusammengehörigen) Wörtern.
Die Penthemimeres ist die häufigste Caesur, nächst ihr kommt auch
die Hephthemimeres vor, aber es giebt auch Verse, die mitten (nach dem
dritten Jambus) geteilt sind, wie Soph. El. 1036: dufiiag fitv ovy nQOfitjO'iag
J^ aov. Doch schwindet das Anstössige der caesura media, wenn eine
Elisionssilbe über den dritten Fuss hinausgreift; wie Aeschyl. Ag. 20:
vvv d* evTvxrjg yevoiT \ anaXlayr} noviov.
Ist der 5. Fuss ein Spondeus, so darf dessen Arsis nicht Schlusssilbe
eines mehrsilbigen Wortes sein. — Elision am Schlüsse des Trimeters ist
nur bei Sophokles („cx^M« 2o(f6xX^ov'^) mehrmals zu finden (0. R. 29. 332.
785. 1184. 1224. 0. C. 17. 1164. Antig. 1031. El. 1017).
3. Der Trimeter der Komödie entbehrt häufig der Caesur, giebt
der Auflösung eine grosse Ausdehnung, so dass die dreisilbigen Füsse tiber-
wiegen, schliesst den Anapaest nur vom 6. Fusse aus und lässt ihn sonst
ohne Einschränkungen zu, oft mehrmals hintereinander, nur wird die Tei-
lung desselben ( v> | w _ oder ^ ^ | - ) gemieden; selbst der Prokeleusmatikos
statt des Jambus (^ ^^yUJ) ist vereinzelt zugelassen. — Vor der 5. Thesis
kann auch ein mehrsilbiges Wort mit langer Ultima stehen.
Anmerkung. Auf die Unfcerschiedo im Bau des Trimeters in den verschiedenen
Teilen der Komödie macht Tu. Zielinski aufmerksam, namentlich findet er bei den vom
Chore in den Epirrhemen gesprochenen Trimetern den strengen Bau der Tragödie.
4. Der Trimeter des Satyrdramas nimmt eine Mittelstellung ein
zwischen dem der Tragödie und dem der Komödie und zeigt überdies je
nach dem Charakter der Sprechenden eine grössere oder geringere Strenge
des Baues. Die Auflösungen sind zahlreicher als in der Tragödie, die Zu-
lassung des Anapaests beschränkt sich nicht nur auf Eigennamen und den
ersten Fuss.
Anmerkung, üsekeb schreibt auch dem iambischen Trimeter eine Entstehung aus
zwei ursprünglich selbständigen Kurzversen zu, entweder aus einer katalektischen iam-
bischen Tetrapodie und einer trochäischen Tripodie:
\J JL ^^ J. \J ^ C7 J.
oder aus zwei trochäischen Tetrapodien:
-^ w Jl >^ -i w ^
\J J. \J JL
J. \J JL _
*) J. Oberdick, Krit. Studien I, p. 35 ff.
weist auf den Zusammenhang der Auflösungen
mit den Cäsuren hin und zeigt, dass die auf-
gelöste Thesis nach der Penthemimeres ebenso
wie nach der Hephthemimeres im tragischen
Trimeter durchaus gesetzmässig und die Auf-
lösung im 1. Fusse ohne Anstoss ist.
734 S* Metrik, c) Metrik der Qriechen.
Auf dio eine Bildung weise die Hephthemimeres, die sich in den ältesten iambischea Tri-
metem noch häufig vorfände, auf die andere die Vorliebe fOr spondeischen Anlaut des
durch die Pentheniimeres gegliederten Verses bei Archilochos.
60. 1. Der Trimeter skazon/) auch Choliamb und Hipponakteischer
Vers genannt, gehört zu den x^^^^ (§ &2) und unterscheidet sich von dem
TQffACTQov oqO^ov durch die Länge der letzten Arsis (der vorletzten Silbe):
Tt T^} raXavTi BovndXfri avvoixrfiaq; Hippon. fr. 12 B.
Er lässt die irrationale Länge nicht nur im 1. und 3., sondern auch
im 5. Fusse^) zu, die Auflösung nur selten bei der 4. Thesis, nie bei der 5.;
den Anapaest nur im 1. Fusse und erst seit Babrios.
Der Vei^, welcher durch den gebrochenen Rhythmus seines Ausganges
den Eindruck des Hinkens hervorruft (vgl. den Tetrameter (fxd^wv § 50) diente
seinem Charakter entsprechend anfänglich bei den älteren Jambographen dem
Spottgedichte, so bei Hipponax und Ananios, die als seine Erfinder gelten;
bei den Alexandrinern und in späterer Zeit war er ein sehr beliebtes Mass
für die erzählende und didaktische Poesie, besonders fQr die Fabeldichtung.
2. Der Choliamb des Babrios zeigt den Übergang von der quanti-
tierenden Verskunst zur accentuierenden und beobachtet die Regel, dass die
vorletzte Silbe des Verses vom Accente getroffen wird:
*Avr^Q 'A&ip'atog rig ävögi &rjßai(i)
xoivwg oÖBVfav &an€Q elxog (OfifXei.
Doch wird der Circumflex auf der vorletzten gemieden; auch ist für sie
blosse Positionslänge nicht gern gesehen.
Aus dem Trimeter axftCcov entwickelte sich in spätester Zeit der zwölfsilbige po-
litische Vers, der der prosodischen Bestimmtheit völlig entbehrt und regelmässig eine
accentuierte Silbe an vorletzter Stelle hat, z. B. Tzbtzes' arixoi xXtfiaxtarol (Ritschl,
Op. I, 227):
üycc^ ßactXevj aov necovrog ov g:iQ(o
Xfd fAtj (ptQCjy t6 ndd^og avrog daxQV(o
xai daxQviüy to (fiXtQoy eig <rk daxyvü).
3. Der katalektische Trimeter ist nachweisbar bei Archilochos (fr.
101. 102) und Alkman (fr. 74 B. 75), bei Alkaios (fr. 102) und Sappho
(fr. 103), bei den letzteren offenbar als Glied eines Systems; ebenso in der
Tragödie, z. B. Soph. El. 1276 f.
t( fxi] nou]a(ü; /tr; /t* d7roaT€Qrj'ai]g
Twv (X(t)v nqodatnwv ddovdv iied-b-a&ai,
und in der Komödie, z. B. in dem Jakchosliede Ran. 398 f. 404 f. 409 f.
"/ax/f 7ioXvTiixr^T€y fii'log ioQ-T/jg.
61. Der akatalektische Tetrameter ist dem Drama im stichischen
Gebrauche fremd, dagegen bei den Lyrikern (Alcm. fr. 9. 10. Ale. fr. 56)
und in den gesungenen Partien der Tragödie nachweisbar.
Der katalektische Tetrameter {juiqov AQi(XTO(fccv€iov) gehört zu
den beliebtesten Massen der griechischen Poesie und hat seinen Ursprung
in der Volksdichtung, aus der ihn Hipponax in die Litteratur einführte
(daher auch '^InnwvccKteiov), Ausgedehnte Anwendung fand er in der Ko-
mödie (in denParodoi, denExodoi und denEpirrhemendes Agon); fremd blieb
') Hephaest. p. 18,ii W. Schol. Heph. p. | Caesius 1. c: hie scazmi pessimus ertt, qui
151. Anecd. Var. 1, 69. Caes. Bass. Gr.
Lat. VI, p. 257 K. Mar. Vict. p. 136 K.
'-') Den Spondeus an 5. Stelle verbietet
hahuerit alinm quinto loco quam iambum:
quo tarnen sine religimie usus est Hippo-
nax. Ebenso Terent. M. v. 2408.
2. Die Metra der Qriechen. (§ 60- 63.)
735
er der Tragödie. Er besteht aus zwei Oliedern, einem akatalek tischen und
einem katalektischen Dimeter, die durch eine regelmässige Caesur ge-
trennt sind:
Et fAoi ytvoiTO TcaQ&b'vog \ xalrj tb xal rsQsiva, Hippon. fr. 90 B.
Die vorletzte Länge ist eine dreizeitige (§ 56), daher nicht auflösbar; die
vierte Thesis wird nur selten aufgelöst. Der Spondeus und der Daktylos
sind zulässig an erster, dritter und fünfter Stelle, ausgeschlossen von der
siebenten. Der Gebrauch des Anapaests ist in den Dialogpartien der Komödie
weniger beschränkt als im Trimeter: er findet sich im 1., 2., 3., 5. und C.
Fusse ohne Einschränkung, im 4. nur ausnahmsweise, im 7. nur Arist.
Thesm. 547 in einem Eigennamen. Die Caesur wird nicht selten vernach-
lässigt, besonders im dialogischen Tetrameter. ^)
Ran. 941. taxvava filv nQdxiaxov avvrjv \ xal %6 ßdgog ä(p€tXov.
Aus dem katalektischen Tetrameter bildete sich in der byzantinischen Periode der
fünfzehnsilbige politische Vers, der auf Prosodie keine Rücksicht mehr nimmt, wie
der oben erwähnte 12silbige, aber auf der vorletzten Silbe des zweiten und auf der dritt-
letzten oder letzten des ersten Gliedes den Accent fordert Er war das Universalmass für
die verschiedenartigsten Stoffe; vgl. Tzetz. Chiliad. XII, 247:
rd xtüv ßaQßaQüty yQatpovav \ Xoyv&Qia ratg ßlßXoig.
62. Die iambischen Hypermetra oder „Systeme** (vgl. § 20) werden
wie die anapaestischen aus zwei oder mehreren akatalektischen und einem
abschliessenden katalektischen Dimeter gebildet; vereinzelt tritt, besonders
als naQavhXevTov, zwischen die Dimeter ein Monometer, z. B. Aristoph.
Nub. 1103 flF.:
i^tti^fied-^ CO xivovfASvoiy
TiQoq t(j5v d-Bfüv ' dt'^a<x&€ piov
i^aüTOfiold TtQog vfiag.
Die einzelnen Kola stehen durch avvdtfHa (§ 18) miteinander in Verbindung,
sind jedoch in der Regel durch Caesur getrennt. Auflösung der Länge ist
häufig, ja sogar im 4. Fusse des Kolon gestattet; der Anapaest ist zu-
lässig wie im Tetrameter.
Im Dionysos- und Demeterkult erwachsen, ging diese rhythmische
Form in die Komödie über, wo sie am gewöhnlichsten in engem Anschluss
an eine Gruppe iambischer Tetrameter erscheint, besonders in Streitscenen
(Arist. Eq. 367 ff. 441—56. 911—40. Nub. 1089-1104. 1385—90. 1446—52.
Lysist. 382-86. Ran. 971—91).
63. Die iambischen Strophen der Lyrik und der Komödie beschränken
sich meist auf eine sehr geringe Zahl von Grundelementen (trim. und dim.
cat. u. acat., monom.). Archilochos vereint Trimeter und Dimeter zu
einem epodischen Distichon (Heph. p. 71,2o), z. B. frg. 86 f. 88. 97 B.
Q Zsv TtazBQ, ZsVy aol fihv oiqavov xqaTog^
Nachgebildet von Horaz. epod. 1 — 10.
*) Näheres ttber die verschiedene inetri<
sehe Behandlung der dialogischen, chorischen
und lyrischen Teirameter bietet Tb. Zie-
LiNSKi, Qliedening der altattischen Komödie
p. 296 ff.
736 E. Metrik, o) Metrik der Griechen.
Einfach in ihrem Bau sind auch die Nachbildungen alter volks-
mässiger und religiöser Lieder in der Komödie, so sind z. B. drei
Glieder (2 kat. Dim., 1 akat. Trim.) vereint in der 8mal wiederkehrenden
Strophe bei Aristoph. Ran. 416 ff.; vier Glieder (je 1 akat. und 1 prokat
Dim.) Av. 1755 ff.c»1759 ff. Ein fünfgliedriges Hypermetron bildet jede
Strophe in dem Demeterlied Ran. 384 ff. co 389 ff. Je fünf Glieder haben
die Strophen des Jakchosliedes Ran. 397 ff.
Umfangreichere Strophen aus mehreren Perioden bildet Aristophanes
selbst. Das vorwiegende Element ist auch hier stets das Dimetron, teils
akatalektisch, teils katalektisch, bald in drei- oder mehrgliedrigen Perioden
(Acharn. 1008 ff. Equit. 756 ff.), bald in der zweigliedrigen Form des Tetra-
meters; selten prokatalektisch in asynartetischen Perioden, wie Lysist. 256.
Der Trimeter und der Monometer sind seltener. Als alloiometrische Glieder
finden sich das logaoedische Prosodiakon (Ach. 841, 847, 853, 859. Thesm.
972, 980. Pax 856, 858, 909) und das anapaest. Monometron. Die Kom-
position ist meist antistrophisch (Ach. 929 <j> 940. 1008 cr> 1037. Ran. 383 od
389. Thesm. 969 od 977. Pax 856 od 921. 1305 co 1311. Nub. 1345 cd 1391.
Plut. 290 CD 296. Equit. 756 cd 836. Lys. 256 cd 271. Eccl. 483 cd 493); nur
einigemale alloiostrophisch (Ach. 263. Pax 508).
Ach. 1008—1017 (cr^.).
X, ZrjhS (f€ rf^g evßovXiag^ fiällov it rijg eimxiag^
avO-QcoTts, rr^g naQoif-ar^g.
J, t( SfjTy ineiSuv tag xt'x^ag oTttcofUTag idi]t€:
X. oifxai as xai tovt ev Xtyeiv, J. lo nvq tmoaxdXeV'S.
X. tjxovaag «$ (laysiqixtag xo(.iipwg re xal deiTTrr^nxcog
a vT(p dl axovti'xai ;
I. 4 4 4. II. 4 4. III. 4 4. IV. 4 4 4.
64. 1. Die jambischen Strophen der Tragödie erhalten ihr eigentum-
liches Gepräge durch die häufige Unterdrückung der Arsen (s. § 56) sowohl
im Auslaute als im In- und Anlaute der Glieder, durch das seltene Vor-
kommen irrationaler Längen und die Häufung der Auflösungen bei beson-
ders erregter Stimmung. Die vorwiegenden Bestandteile sind die iambische
Hexapodie und Tetrapodie in ihren mannigfachen Formen (s. oben § 56. 57),
daneben treten als sekundäre Elemente die Pentapodie und die Tripodie,
und als alloiometrische besonders trochäische und logaoedische Tetrapodien,
seltener daktylische, anapaestische und ionische Kola auf. Von den tetra-
podischen Gliedern werden meist zwei oder drei, selten vier zur Periode
verbunden; die Hexapodie bleibt teils selbständiger Vers, teils tritt sie in
Verbindung mit der Tetrapodie. In der Kommissur zweier Kola wird die
anlautende Arsis gern unterdrückt.
Die iambischen Strophen sind bei Aeschylos (Ag. 192 ff. 218 ff. 238 ff.
367 ff. 403 ff. u. oft) und Euripides (Ale. 213 ff. Suppl. 71 ff. Andr. 464
u. s.) in häufigem Gebrauch, aber fast ausschliesslich im Chorliede und im
Kommos (monodisch bloss Eurip. Orest. 900 ff.), seltener bei Sophokles
(0. R. 190 ff. Trach. 132 ff 205 ff. El. 472 ff. 504 ff 0. C. 534 ff.) und in
parodischer Anwendung bei Aristophanes (Ach. 1191 ff. Aves 410 ff. 851 ff.
Nub. 1155 ff. 1206 ff.). Sie tragen den Charakter ernster Würde und eines
2. Die Metra der Griechen. (§ 64.) 737
hohen Pathos, sind bewegter als die trochäischen, aber ruhiger als die
Dochmien und dienen mannigfachen Stimmungen zum Ausdruck.
Aesch. Agam. 1530 — 1536.
äfirjxavd' (pQOVTidog (fteQr^-O'elg evTiaXdiiiov fi^Qi-firäv,
ona tQancO'fiai, mtvovtog oi-xov,
ötioixa 6' ofi'ßgov xrvnov dofioiftpalij
tüv atfAUfrj^Qov • xpaxdg d^ Xij^yei,
^ixa d' in aXXo rrgayina vl^jjyar«* ßXaßag
TtQog aX^laig- d^rjydvaig fidxai-Qav,
I. 6 4 6. II. 6 6. III. 6 6.
Soph.^El. 504 ff.
Si mXoTiog ä' nQO'ffO-ev noXvnovog in-nel^a^
(ig ^fioXsg a*-a-i'/yg- rprff yp.
€tft€ yuQ 0 noV'XirCd^Big MvQtiXog exoi^fid-^rj
nayxQV(f6(ov^ 6C'<pq(av ivaxavog al^xi-aig
TtQOQQi^og ix'Qi^tp-O-si'g'y oi ri noi
iXsmc tovaS^" ot-xovg noXvnovog al-xi-a.
I. 4 4 6. IL 4 4 4 4. III. 6 4 4.
Arist. Ach. 1190 ff.
dTTttTat^ dxxaxat.
CTvysqd tdds ys xQVSQa ndO-ea ' rdXag iyci SioXXvfiat
doQog vno noXcfiiov xvnsig.
€x€ivo d' ctUaxTov av yävoiro (loi^
JixaionoXig av ei /t* Tdoi, TevQiofie'vov
x^x eyxdrot^ xaTg ifiaig xvxcci'tnv.
2. Wesentlich verschieden von diesen iarabischen Strophen der Tragiker
sind die aus der Vereinigung von iambischen und trochäischen Elementen
gebildeten Strophen und Systeme, welche in der späteren Tragödie auftreten
und wie es scheint dem Euripides ihren Ursprung verdanken. Sie finden
ihre Anwendung mit seltenen Ausnahmen in Monodien und Wechselgesängen
und weichen in der Behandlung der iambischen und trochäischen Glieder
von dem in iambischen und trochäischen Strophen üblichen Bau durch seltenere
Anwendung der gedehnten Längen und sehr häufigen Gebrauch der Auflösungen
ab; auffällt ferner die akatalektische Bildung der trochäischen Bestandteile.
Bei Euripides erscheinen die Jambo-Trochäen antistrophisch gebildet
im Chorlied Helen. 1 67 (Parodos) und Phoen. 101 9 (Stasimon), ebenso bei Sopho-
kles im Kommos O.C. 1677a)1704, 16880^1715, 1724od1737; in allen andern
Fällen ist der Bau alloiostrophisch (Helen. 330. Orest. 982. Iph. A. 1475.
Phoen. 1710 und in der Parodie Arist. Thesm. 1022. Beispiel: Phoen. v. 1732 ff.
2(fiyy6g dva<fbQ€ig oveiSog; -twv>^wjj.w-w
unaye xd ndgog f «}ri^;f*yjU«ir' av-iSv. v^^wv^^^Zv^-v^lL _a
xdde a int'ixsve iitXea ndO-ea ^wv.^wv!^wv^^w
(fvydda naxgidog ano yevofievov, v>^v^v>^wv>^w^^w
(6 ndx€Q^ x^aveTv-nov, ± ^ ^ ^ iL _ a
no&aivd Sdxqva naqd (piXot(fi naqO'ivoig wZw*.^wv^^-wZv^«
Xmova* ansii^u naxqidog dnonqo yai-ag oZo-wv!»^w*.^wlL «
dnaqd^kvsvv aXcofieva. ^jls^^s^±^-
Handbuch der klui. AltertanuiwiflseDaclmft. II 2. Aufl. 47
738 B* Metrik, o) Metrik der Griechen.
Allgemeines: Bobckh, M. P. p. 120 sq. — G. Hbrmanh, Elem. p. 96 — 158. Epü
§ 132-183. - Westphal IP 441-48 u. 478-544. — Christ« p. 313 -365. — Ddtoif.
De metris poet. scen. p. 31 sq.
Zum Trimeter: R. Pobson, praef. ad Hecub. p. XX sq. (1790). — G. Rbisio, Coo-
iectanea in Aristoph. Lips. 1816. — O. R. Hanow, Exerc. crit in com. Graecos. Hai. 1830.
— Fbitzschb, De trim. Graec. comico. I. Rostoch. 1831. — Fb. W. Eoblravsch, De diae-
resi in medio trim. iamb. ap. Soph. GOtt. 1838. — Gotthold, Schlosscreticiis des iamb.
Trim. d. Gr. u. Rom. Ztschr. f. GW. VIII. 1854. 695 ff. - Pbeüss, De senarii Graeci cw-
suris. Regim. 1859. — A. Schmidt, De caesuia media in Graec. trim. iamb. Bonn. 1865.
diss. — C. F. Müller, De pedibus solutis in dialogomm senariis Aeschyli, Soph. Enrip.
Berol. 1866; ders. De ped. sol. in trag, minor, trim. iamb. Berol. 1879. — J. Bukpil,
Die Auflösungen im Trim. des Soph. u. Aeschyl. Philo!. XXV, (1867) p. 54 ff. — Ders.
(rein. iamb. Trim.) Philol. XXV. p. 471; Der 'fem. des Aristoph. PhüoL XXVIU. p. 599 ft
De trimetri Graeci exitu, Insterburg 1872. — W. Hakacheb, De anapaesto in trim. Aeschyl.
Trier. 1867. Pr. — E. Szbunski, Die Auflösungen im Trim. des Aesoh. u. Soph. Hoheisi
1868. Progr. — G. Widboben, De numero et conformatione pedum solutorum in senariis
Aristoph. Upsal. 1868. — C. Bebnhabdi, De incisionibus anapaesti in trim. com. in Adi
soc. phil. Lips. I, p. 245 ff. (1872). — N. Weoklein, Studien z. Aeschyl. Berlin 1872 p. 130
(ttber d. 5. Fuss). — B. Bbill, Über dipod. od. trip. Messung u. Qber d. Cfisnr d. iamb.
Trim. Königsbg. 1873; ders. De Aristoxeni fragm. quibusd. atque senarii graeci caesma
inde diiudicanda. Jena 1876. — R. Röding, De graec. trim. iamb. caesura penth. et hephth.
carentibus. Upsal. 1874. — 0. Naumann, Die Cäsuren im Trim. d. soph. El. Beigard. 1877.
Progr. — S. Mekleb, Zur Revision der Frage der caesura media im iamb. Trim. des Eurip.
Wien 1878. Progr. Nachlese z. Frage der caestira fnedia. Wiener Stud. 1881 S. 37 ff. —
M. W. Humphrets, On certain effects of elision. in: Transact of Amer. Phjl. Aasodat
Baltimore 1879. — J. Hilbebg, Princip d. Silbenwägung. Wien 1879. p. 206 ff. - E.
Philipp, Der iamb. Trim. u. sein Bau bei Soph. Prag 1879. Progr. — J. Obbrdick, Ober
die Auflösungen im dialog. Trimeter der Trag, in: Kritische Studien I. Münster 1884 p. 35 ff.
und N. phil. Rundschau 1887 p. 165 ff. — W. Meteb, Üb. d. Wortaccent in d. altlat Poesie
München 1884. p. 30 ff. 66 ff. 110 ff. — Th. Zielinski, Die Gliederung der altattischen
Komödien Leipz. 1885 p. 292 ff. — H. Useneb, Altgriechischer Versbau. Bonn 1887. p. 104 ff.
(über d. Trim. des Archilochos). - Fb. Polle, Fcstschr. d. Vitzt. Gymn. (f. Zittau) Leipz. 1886.
Chaionet, Le vers iambique. Paris 1887.
Zum Choliamb: C. Lachmann, praef. ed. Babrii. Berol. 1845 p. XII sq. — A. Eber-
hard, ])raef. Babrii. Berol. 1875. - Fbiedb. Hanssen, Ein musik. Lautgesetz in d. quan-
titierenden Poesie d. Gr. Rhein. Mus. 38. Bd. (1881) S. 222 ff.
Zu den politischen Versen: L. Stbuve, Über d. metr. Gesetz d. accent. Trimeter.
Königsbg. 1820. Pr.; ders.. Der polit. Vers der Mittelgriechen. Hildesh. 1828. — F. Hkx-
richsen, Über die sog. polit. Verse bei d. Gr. Aus d. Dan. übers, v. Friedrichsbn, L. 1839
— Fr. Ritscul, Accentuierte Verse. Opusc. I, 289 ff. — Westphal, IIP, 1, p. 84 ff.
Die ionischen und choriambischen Metra.*)
65. Im lonikus sind sechs Chronoi zu einem Fusso vereint, zwei
davon gelten als Arsis, vier als Thesis; das Verhältnis von Thesis zu
Arsis ist also 2:1, und der lonikus gehört dem diplasischen Genos an
(s. § 11).
\y ^ KJ 'V V_/ ^/ W W VV V-/ v^ W
Geht die Thesis voran und die Arsis folgt nach ( - - ' ^^ ^ ), so
heisst der Fuss toovixog cctto ixei^ovog, ionictis a nmiore, fallender loniker;
geht aber umgekehrt die Arsis der Thesis vorauf ( ^ ^ -^^ - ), so heisst er
liüvixog an iXaaaovoq^ ionicus a minore^ steigender loniker.
Mit dem Ionicus gehört dem rhythmischen Zeitwerte nach eng zu-
sammen der echte Choriambus, bei dem gleichfalls sechs Chronoi zu einem
Fusse vereint sind:
z w w I _ und - v^ w ! _i
') Ileph. 30 f., 35 f., 37 f. Schol. Heph. p. 189 f. Mar. Vict. p. 89 sq. K.
2. Die Metra der Griechen. (§ 65 - 66.) 739
und der Iktus entweder auf der ersten oder auf der letzten Länge steht,
je nachdem der Rhythmus fallend oder steigend ist:
±~^^±~^kj1 -ww liav, and ^«i'forog,
XOQfafißoi,
iwv. an iXda^ovog,
Verschieden von dem echten sechszeitigen Choriamb ist der aus Eatalexis
der daktylischen Dipodie entstandene ±^^^, der nur die äussere Form
desselben hat (s. § 33).
Der Charakter^) des ionischen Rhythmus wird als weichlich und
schlaff bezeichnet, doch kommt der Gegensatz des steigenden und des fallen-
den lonikers auch im rid-oq zur Geltung: die Anakrusis giebt dem Rhyth-
mus mehr Schwung und Erregung.
66. 1. Als Grundformen der ionischen Füsse gelten:
z - w w und w w z - .
Die selteneren Nebenformen entstehen durch Zusammenziehung der beiden
Kürzen oder durch Auflösung einer Länge:
oder auch beider in Verbindung miteinander, z. B.
K^KJ _ _ ^ Z. <^<jt
Beide Längen zugleich aufzulösen war nicht üblich; auch die molossische
Form war nur selten (Sapph. fr. 57).
Eine irrationale Länge (§ 7) statt der einen Kürze giebt dem ioni-
schen Fusse die Formen:
z. B. Aeschyl. Suppl. 1021 : n€Qiratov\Ta$ naXaiov.
1030: ToSs ix€iX(a\aovxBg ovSag.
Vgl. Pers. 950. Aristoph. Ran. 328. 336. 346. Thesm. 107. 116, 117. 123.
2. Zum Kolon vereinigen sich entweder zwei oder drei lonici; ein
Megethos von vier ionischen Füssen tiberschreitet den zulässigen Umfang
der diplasischen Kola (§ 13):
j.^Kj^j.-^'^] . (a maiore.
/ dimeter lon. j ^
wwz_v^wz_j (a mmore.
z-wv^^-wwz_wwi , Ja maiore.
, , , ( tnm. lon. J
wwz-ww^-wwz-) (a mmore.
Die katalektischen Kola aus fallenden lonici ersetzen die beiden
Arsissilben des letzten Fusses durch zweizeitige Pause (s. § 8 u. 15):
die aus steigenden lonici ersetzen die zweite Länge des letzten Fusses
durch Dehnung der vorhergehenden zum xpoi'og retQciar^nog oder durch zwei-
zeitige Pause:
v> o» j. — w w lJj oder v-/w^_wwz a.
*) Aristid. p. 37 M. iiayixdg &k &ia to tov
^v&uov (fOQTtxoy, i(f bi xat ol ^liavEq ixo)-
fiiüOijBfjaay. — Schol. Heph. p. 190 /«wv«
eiai rd iüirixti. — Caes. Baas. p. 274 K.
ionican uno fABiZovoq aptutn . . . moUibus
versibus. Mar. Vici p. 90 K.
47*
740
E. Metrik, o) Metrik der Griechen.
Auch im Inlaute der steigenden lonici ist Ersatz der zweiten Länge durch
Dehnung zulässig, z. B.
\-/ w
Ky \j J. ^
v^vlIj wv^2._vyvyZ7^
Aesch. Pers. 70 ^Ad-afiav-riiog ''EXkag. ib. 72 ^vyov äfi-(pißaXciv avx^'vi noiTov.
67. Eine besondere Eigentümlichkeit des ionischen Versmasses ist die
sogenannte Anaklasis, bei welcher eine kurze Silbe mit der vorhergehen-
den langen ihren Platz vertauscht, zunächst beim ZusammentreflFen zweier
Füsse
rein: wv^-i — wwjl— \^kj±^^^±'k
anaklastisch: ^v^^w-^-^z« wo^v^-v^^ä"
(fTVYeQiov TihXoi %6d* ad-Xov noXewv % dvaardtreig
oder mit anderer Form der Eatalexe ^ ^ ± ^ ± ± ngodixotg Urgeiimg (Ag.
451), (fv d^ avxd fi atT«r^ ( Arist. Vesp. 303). Hier findet für den Eintritt der
irrationalen Silbe des zweiten Fusses ein Ausgleich im ersten statt.
Aber auch im Innern des Fusses gestatten die freier gebildeten loniker
den Umtausch von Länge und Kürze, so dass für den lonikus a maiore
ein Ditrochaeus, für den lonikus a minore ein Diiambus eintritt l
-i — ovyJl— ^^v-/
JL ^ KJ KJ J. ^ 7^
Z w « v-» Z - A
...
...
\y \^ JL ^ \j \j J,
v^ ..
— V-/ W JL _
'^ y^ JL ^ \j ^ \j ^
v-«wJL_vy<^Z7f
lonici a maiore.
6S. 1. Aus fallenden lonikern sind akatalektische und katalektische
Trimeter gebildet worden von Sappho (fr. 54. 53), beide mit Zulassung
der Anaklasis:
I.^\jkjI.\j^\jJ.^ ä
nXt^Qtjg /t^r itpairsv^* d (fsXdva.
Die letzteren führen den Namen ÜQa^iXXeia (Heph. p. 36. Schol. Heph. 191).
Den akatalektischen Tetrameter hat Sappho fr. 76. 77. 78. (Heph. p. 37.)
2. Das gebräuchlichste Metrum in fallendem ionischen Rhythmus ist
das Sotadeion,^) so genannt nach dem Alexandriner Sotades, dem Haupt-
vertreter der liovixol Xoyoi (Athen XIV p. 620 c).
Der sotadeische Vers ist die Verbindung zweier ionischer Dimeter,
eines akatalektischen und eines katalektischen, also ein katalektischer ioni-
scher Tetrameter. Er wird mit grosser Freiheit im Gebrauche der Auf-
lösung, Zusammenziehung, Irrationalität und Anaklasis behandelt. Der Ein-
schnitt nach dem ersten Kolon gilt zwar als Regel, wird aber häufig nicht
beobachtet. Reine Form:
l.-.\j\^J.^\^\j\J.^'<j^^J.'^'K
^HqtiV noTb (faaiv Jia | lov %eQnix€Qavv6v, Sotad. b. Heph. p. 37.
») Hephaest. p. 36 W. Schol. Heph. p. 192. Cae8. Bass. p. 255. Mar. Vict. p. 131.
2. Die Metra der Griechen. (§ 67—69.) 741
Der Ditrochäus kann an 1., 2. oder 3. Stelle, auch an 1. u. 2., an 1. u. 3.,
an 2. u. 3. zugleich, ja an 1 ., 2. u. 3. Stelle gleichzeitig eintreten. So er-
geben sich folgende Formen:
b, Z — WV^_tW — C7
C, Z — wwZ—ww
d. Z^s^ — CJJLv^ — v^
9, Zw — nUZ — w>^
f, Z — WV-fZW — W
Z - w v^ Z ii
-1 - W W Z irf
Z W - W Z irf
J. - K^ KJ J. b^
-1 w — w Z i=f
^ w — w Z iii
^ w — w Z ^
ff. Zw — wZW — ^17
(c) crciwr fieXiTjV Drjhdda \ de^iov xar cDfiov. Sotad. bei Heph. p. 11.
(f) €x ÖBVÖQOipoqov (pdqayyoq \ i^kwas ßgovTfjv. Athen, p. XIV. 621.
(g) (fagxixov ydq €1%^ XQ^'^^ \ ^^* ^^ ihQfA ofioiov. Schol. Heph. p. 190 W.
3. Das Kleogxaxsiov (Heph. p. 36 W.) ist ein akatal. Dimeter, der
Anaklasis zulässt: z - w w | z — oder z w - w | z — mit regelmässiger
Zusammenziehung an 2. Stelle: r(g rrjv vigirjv vfidv \ iipotprfi*; iyd nivwv.
Er bildete wahrscheinlich das Glied grösserer Systeme, wie sie Laevius und
Varro als Vorbild dienten.
lonid a minore.^)
69. Der anakreontische Vers, das beliebteste Metrum der erotischen
und sympotischen Dichtung (Heph. p. 40), ist ein akatalektischer ionischer
Dimeter, welcher gewöhnlich Anaklasis hat. Seine beiden Formen sind also :
wwZ-wwZi£ und wwZw — wZ^ri
Er erscheint bei Anakreon noch als Glied eines Systems, z. B. fr. 62 tpiq
vdiog, g>€Q' oivov^ w nat^ \ (p€Q€ i* dvO-efievvtag rjfilv \ (Sxsipdvovq^ iveixovy
o)q 6ij I TTQog ^'Egtara nvxTaki^Wy in reiner Form fr. 63, 11 vnonivovxsg
€v vfiroig. Ebenso bei den Dramatikern z. B. Arist. Thesm. 104 rm iai-
fiovwv 6 xwfiog; mit irrationaler Silbe (§ 66,i) im 2. Fusse v. 123 aeßofiai
AaxiA % (irafTiravy in beiden Füssen v. 111 f.: x"*!?* xai,ki\(fTaig äoiiaTg.
Vgl. Eurip. Cycl. 495 flf. — In der späteren Zeit gelten die einzelnen Kola als
selbständige arixoi, so z. B. in den sog. Anakreontea, wo die Schlusssilbe
anceps ist und andere Freiheiten im Versbau einreissen. Anakreont. 2 B.
ciye ^(ayqdipmv aQKfTe, \ kvgixrjg axove fiovarjg xtL — Über das Verhältnis
des anakreontjschen Verses zu dem Hemiamb. s. § 58.
Aus dem anakreoDtischen Verse bildet sich in der bvzantiiuschen Zeit der achtsilbige
politische Vers, der die Rücksicht auf Prosodie aufgiebt und den Wortaccent auf der vor-
letzten Silbe fordert: ei nXeianexis ttfÄaQjtjuicg \ jocavTaxig vmax^^rju \ anwfx^ff^M ^ijs ««-
xiag u. 8. w. (BoissoNADE, Anecd. Gr. III p. 456 ff.); vgl. Anacreont. 38. 39 B.
Der katalek tische Dimeter in reiner Form (Heph. p. 40 W.) wurde
von Timokreon (fr. 6) gebraucht:
2ix€Xdg xofiipog dvqg woz-wwz?^
ttotI rdv fiaväg' itpa, wwZ-ww^a
Mit irrationaler Silbe im Anlaut (§ 66,i) und Auilösungen erscheint er als
Schlussglied bei Aristophanes, z. B. Thesm. 106. 119. 125:
iaffiovag ix^t (fsßitfai «^wot«wwza
y^Qccg legov ngoffägwv ^ ^^ ^ kj \j j. a
iiavsvfiata Xagittav ^ ^ zc^ww ± ä
0 Heph. p. 37 sq. W. Schol. Heph. 193. Mar. Vict. p. 93 K.
742 £• Metrik, c) Metrik der Orieohen.
Der akatalektische Trimeter findet sich in stichischer Anwendung
teils rein, teils mit Anaklasis bei Sappho (fr. 87. 88) und Anakreon (fr.
50 — 54), z. B. %i (A€ IJaviiovig, w ^'gavva xsKdtav; mit anlautendem Düambus
(§ 67,2) bei Alkman fr. 83. 84:
v-»_v-/— vyvy — _ V^W___
nsQiacov * cit ydq *Än6XX(av o yivxrjog
und (anaklastisch) bei Sappho fr. 59
^^a7t(poi, Ti tdv noXvoXßov UfpQoiiTav.
Der katalektische Trimeter bei Anakreon fr. 55:
Jiovvaov aavXat BaaaccQldsg.
Der katalektische Tetrameter i) heisst wegen seines Gebrauchs in
den Gesängen des Kybelekults fitjTQtiiaxov oder yaXhapLßmxov f^er^v. Er
besteht aus einem akatalektischen und einem katalektischen Dimeter und
gestattet die Anaklasis in beiden Gliedern, ebenso Auflösung und Zu-
sammenziehung in grosser Freiheit. Grundform:
FaXXai fijjTQog oqsirfi
g>iX6d'VQ(Toi dQOfiddeg.
Einen in stichischer Wiederholung von Anakreon gebrauchten
brachykatalektischen Tetrameter führt Hephaestio (p. 39 W.) an:
v^^s^__ vywL-ivy — »^ — V-/— —
HsydX((i J' r^vrä fJL ^Egtog ixotpsv mavs xaXx€vg. fr. 47.
70, Längere hypermetrische Perioden und Systeme (g 20) werden
aus reinen Dimetern und ccvaxXcifievoi gebildet. Ursprünglich herrschte
innerhalb derselben Synaphie (§ 18), so bei Alcm. fr. 85, bei Ale. fr. 59 B.
und seiner Nachahmung bei Horaz. c. III, 12, wo zehn ionische Füsse zu
einem Hypermetron vereint sind; bei Anakreon fr. 41. 42. 43. 51. 62. 63.
65 und im Paean des Isyllos, der xard TtsQioQiafiovg dviaovg (§ 28) von je
6 — 13 Füssen gegliedert ist. Auch die katalektischen Dimeter bei Timo-
kreon fr. ü werden als Glieder einer Periode zu gelten haben. — In der
späteren Zeit lockerte sich das Band der Periode und die einzelnen Kola
erschienen als selbständige (Sxixoi^ s. § 69.
71. Die kleineren Strophen der Lyriker und Dramatiker sind
eigentlich nur Systeme von einfachem Bau, die zwei- oder mehrmals wieder-
holt werden. Hierher gehört das oben erwähnte dekametrische System des
Alcaous (fr. 59), welches antistrophisch ^) wiederkehrte; ebendahin die vier-
gliederigen Strophen des Anakreon fr. 43 und 62 (s. § 69); die kleinen
Strophen in der Exodos von Aeschylos' Supplices v. 1018 = 1026, 1022 =
1031, 1053 = 1058; die drei- und viergliederigen im Musenlied 3) bei Arist.
Thesm. 102 flf., welche mit katalektischem Dimeter schliessen, z. B. v. 111 ff.:
XCUQS xaXXiaxaig doiiaTg, ^wz_c7w_i_
(PoTß\ iv 8vpL0V(Saiai riiiaig ^wz-^wz-
yäQCCg ISQOV TtQO^b'QCOV. v^wv!^j_wwJ.Ä
Vgl. auch Vesp. 291 = 304 (Parodos).
0 Heph. p. 38 sq. Schol. Heph. 194.
Caes. Bass. p. 261 K. Mar. Vict. p. 95 K.
Terent. M. v. 2890. Diom. p. 514.
') Dass hier eine antistrophische Ent- Gliederung d. Kom. p. 88.
sprechuDg stattfand, sagt unzweideutig Heph.
71. not 'fi. p. 67 W. : tjfieis — xard o)[iCiv
avTo (rö ifOfxa) yeyQttg)9ai (pafABy,
') Vgl. über die Responsion. Zielimski,
2. Die Metra der ariechen. (§ 70-73.) 74
o
Die späteren Griechen bildeten aus (meist 6) Anakreonteen und (meist 2) ionischen
Trimetern die sog. oixoi und xovxovha. Vgl. Schol. Heph. p. 158.
Die grösseren Strophen, welche sowohl die Tragödie als die Ko-
mödie bietet, haben zwar als Grundelemente auch die ionischen Dimeter
und Trimeter, doch treten zu diesen noch andere Glieder hinzu, namentlich
als proodische oder epodische Bestandteile, z. B. der choriambische Tetra-
meter Soph. O.R. 483 flf.:
Jsivd (ihv ovVy deivd tcqi^^si (fo(p6g omvo&ttaq
ovv€ doxoinT' ovt' and [<^6jij$] ' ort Xb^üh d* änoqfa,
7T£T0fim d' iXnlaiv eh' ivd-dd' oQtov eh' oniaw,
fj rq) üoXvßov vetxog ixeit'; ovrs nccgoid-ev
noT* iymy' ovtc %d vvv noa u. s. w.
In einigen Strophen des Dramas treten die Tonika nur als nebenge-
ordnete Bestandteile auf, wie Aesch. Ag. 691 = 709. 744 = 757. Soph.
Phil. 1175. 0. C. 212. El. 1058.
73. Die loniker waren ein beliebtes Mass in den Liedern des Dionysos-,
Demeter- und Eybelekults, wurden aber frühzeitig schon im Hyporchem,
im Trink- und Liebesliede angewendet, so von Alkman, Alkaios und Sappho,
besonders aber von Anakreon ; dem letzteren schloss sich die spätere sym-
potische und erotische Lyrik an, welche die SifieTqa avaxXoifieva bevor-
zugte, ein bis in die späteste Zeit vielbeliebtes Mass.
Von dem Gebrauche der loniker in der Chorlyrik zeugen Pindar fr. 189
und 203, Simonides fr. 32. 37. 53, Timotheos fr. 12. 14. Telestes fr. 5.»)
Das Drama gebrauchte sie in dionysisschen Gesängen und Liedern orgia-
stischen Charakters, z. B. Eurip. Bacch. 64 flf. 370. 519. 556. Arist. Ran.
324 (Tanzlied des Mystenchors) Eur. Cycl. 495 (Trinklied)" und in weh-
mütigen Klageliedern,^) sowohl chorischen als monodii^hen (Aesch. Pers.
C5. 81. 102. 648. 959. Choeph. 323. 789. Soph. O.R. 483; Phil. 1170. Eurip.
Suppl. 42 flf. 55 fif.). /
Allgemeines: Boeckh, M. P. p. 153 ff. — G. Hermani^ Elem. p. 421 ff. 438 ff.;
Epit. § 402—444. — Rossbach-Wkstphal III», p. 290-333. 4 Westphal P 616. 661 ff.
690 ff. 11* 152. 155. 207. 222. 864. — Diwdobp, De metris poei scen. p. 57 ff. — Christ^
458-508. — J. H. Schmidt, Kunstformen IV, 469. 580. — Heimsüth, De versuum ionicorum
mcnsura. Bonn 1871. — L. Tichelmakn, De versibus ionicis a". minore ap. poetas gr. ob-
viis. Regim. 1884. diss. — ü. v. Wilamowitz, loniker bei d. LyH^em in: Fhilol. Unter-
suchungen IX, p. 19 ff. u. 125 ff. (Berl. 1886). \
Einzelne Versarten: C. Lachmann, De versibus Sotadeis etc. Ind. lect. Berol.
1849. 50. = Kl. Sehr. II, 67 ff. — Guil. Velkb, De metrorum polyschematistorum natura
atq. legibus. Gott. 1877. diss. — U. v. Wilamowitz, Die Galliamben des Kallimachus u.
Catull. Hermes XIV, 194 ff. — Fr. Hanssbn, Accentus gramm. in roetr. anacreontico- et
hemiambico quae sit vis et ratio expHcatur. Philologus. Suppl.-Bd. V, p. 197 ff. — West-
phal IIP 1, p. 86 ff. über die Anakreonteen.
Paeone und Kretiker.^)
73. Der päonische Fuss besteht aus fünf Chrono! [^ ^ ^ ^ ^)^ ist
also ein Ttsvrdtrr^fiog novg. Er zerfällt in eine dreizeitige Thesis und eine
*) Vgl. Wilamowitz, Philol. Unters. ! rorr^, a)X iy jots ^QrjytjnxoTg.
IX, p. 141 ff.
*) Schol. Aeschyl. Prom. 128 6 ^v^/äo^
'AvttXQBovxeiog i<ni xBxXaa^ivog jiQog to &Qrj'
ytjtixoy .... ixQ^y^o de avioig ovx iy nayti
^) Aristid. p. 38 sq. Dionys. de comp,
c. 25. Heph. p. 40 W. Schol. Heph. p. 125.
196 ff. Mar. Vict. p. 96 sq. K.
744
E. Metrik, c) Metrik der Oriechen.
zweizeitige Arsis ( w w w [ w w oder w w | w o w ) ; das Verhältnis der Takt-
teile ist also 3 : 2 oder 2 : 3, ein koyog r;fii6kwg, der päonische Rhythmus
gehört demnach dem y^'^'^Q rjfiiohov (genus sescuplex) an, s. § 11.
Durch Zusammenziehung zweier Chronoi von den fünf entstehen fol-
gende vier Fussformen:
- w^^paeonL, ^ -^^paeonlL, ^^- w paeon IIL, ^^^ -paeonIV.
Die gewöhnliche Form des Fusses ist aher diejenige, in der die beiden
ersten und die beiden letzten Chronoi durch je eine lange Silbe ausgedrückt
sind, wobei der Hauptiktus entweder die erste odei die zweite Länge triSL
Diese Form heisst xgrjTixdg, amphimacer, -i w _ oder - w ^ .i)
Andere Formen des fünfzeitigen Fusses sind der Bakcheios ^ s -
(früher avrißdxxsiog) und der Palimbakcheios j. ^ ^ (früher ßaxx^Tog
genannt).
Der päonische Rhythmus^) ist enthusiastisch; er hat einen raschen,
ungestümen, ja feurigen Gang und eignet sich für lebhaften Tanz. Der
Name naicov weist auf seine Entstehung im Apollodienste hin, der Name
xQijTtxog auf seine älteste Pflegestätte. Von Kreta soll ihn Thaletas nach
Sparta gebracht haben. Dieser, Xenodamas, Alkman (fr. 38), Pindar (Ol. 2)
und Bakchylides gebrauchten ihn in hyporchematischen Dichtungen. Von
der Lyrik übernahm ihn die Komödie und brachte ihn häufig im Ghorlied,
zuweilen auch im Einzellied zur Anwendung (Acharn. 971. Vesp. 1060.
Pax 1127. Lysistr. 614). In der Tragödie finden sich kretische Lieder nur
selten (Aesch. Suppl. 419 fi^. Eur. Or. 1415 fif.).
74. Im päonischen Rhythmengeschlechte kommen Kola in der Aus-
dehnung von 10, 15 und 25 Chronoi vor, also Dipodien, Tripodien und
Pentapodien; Tetrapodien zerlegen sich in zwei dipodische Glieder (s. § 13).
Die gewöhnlichste Gliedform ist die Dipodie:
1. kretisch: 2. bakcheisch: 3. palimbakcheisch:
_1 ^^ _ I _1 w _
vy
_ , v^ J. —
— -_ v^
Die letzere wird gewöhnlich als kretisch mit Anakrusis aufgefasst:
^ -1 w _ _i ^
Katalektische Kola aus kretischen Füssen (s. § 15, 1) lauten auf
einen 5zeitigen Spondeus aus, z. B. xar' skayo0^i]'QBi^ indem entweder Deh-
nung der vorletzten Länge (l- -) oder Ersatz der letzten Silbe durch
2zeitige Pause ( - ^ '^ ) anzunehmen ist.
Dieselbe Unterdrückung der kurzen Mittelsilbe des Kretikus kommt
auch im Anlaute der Kola vor (vgl. die Trochäen § 49), z. B. Tf-ficov r^v r/c
äiÖQViog äßcaoiaiv er xiL Arist. Lysistr. 808 f. Li--iwv.v.zwv>^^w_.
75. 1. Die gewöhnlichste Versform ist der akatalektische kre-
tische Tetrameter, der als Verbindung zweier Dimeter gelten muss und
infolge dessen auch meist eine Cäsur zwischen beiden Gliedern erhält. Er
wird bei den Komikern auch stichisch angewendet, z. B. Arist. Ach. 976 ß,:
ctvToiiara navr* ayad'ä \ trpdä ye nogi^ftai,
ovdinoT* iym lloXsfiov \ oixad* vnoiä^ofiai.
') Aristid. p. 39.
'^) Aristid. p. 88 M. tovg iy i^fAioXito Xoyip
dewQovfÄf'yovg iv^ovaiaaxixta xiqovg elvM av/4-
ßeßtjxcy. Strabo X p. 480 c. {avyroywTato^)'
Anon. Ambros. in Anccd. Var. 1. p. 22S{6q6-
fjiiog, vnoQXtifJiarixog),
2. Die Metra der Griechen. (§ 74-77.) 745
und später von dem Alexandriner Simmias oft gebraucht, teils ganz ohne
Auflösungen (fr. 4), teils aus lauter Kürzen (fr. 6) gebildet:
fiSveg 0) notvia, xXvd-iy vvfiyäv dßgav,
(fä mne Jiog avd nvfiata | veag^ xoqs reßgoxf^iov.
2. Der seltenere katalektische Tetrameter dient meist als Schluss-
vers eines Systems, z. B. Arist. Lysistr. 792. Av. 246:
3. Häufig verbinden sich kretische Kola, meist Dimeter, zu einer hyper-
metrischen Gruppe (s. § 20), welche teils mit einem vollen, teils mit einem
katalektischen GHede schliesst (kretische Systeme), z. B. Alcm. fr. 38:
'AfpQodixa iihv ovx | iaUj ^idQyog d* ^Eqwg \ ola naig naia-isi.
Zwei Dimeter und ein Trimeter sind verbunden bei Aristoph. Av.
1069 flf. h'qnBttt ts xal ddx€%a \ ndvx^* offansQ iCTiv vn* dfJiäg mäqvyog \ iv
(fovaig oXXütai. Vgl. Aristoph. Pax 358=596. 1131=1163.
76. Der Komödie eigentümlich sind die trochäisch-paeonischen
Bildungen, in denen trochäische und paeonische Kola miteinander zur perio-
dischen Einheit verbunden werden. Hierher gehört der trochäisch-paeonische
Tetrameter, stichisch wiederholt bei Aristoph. Lysistr. 1014 flf.
ovdbv icxi x^f]Q{ov yv|ra*x(>^ dnaxdxeqov
ovdh nvQ ovd* (od* ävaiir^g ovdefita noQiaXig.
Die kretischen Kola gehen voran und ein trochäisches folgt nach,
z. B. bei Arist. Pax 351 flf.:
dXX' dnaXdv dv fi' Tdoig xal noXv vamvsQov drtaXXayävra nQayfJidvfov.
77. Die päonischen Strophen sind nur selten aus reinen Kretikern
gebildet, meist mischen sich kretische und trochäische Glieder; oft bilden die
Kretiker nur eine oder mehrere Perioden, während die anderen trochäisch
sind. — Die Bestandteile sind der kretische Dimeter, teils akatal., teils
katalektisch, und der Trimeter; ferner die trochäische Tetrapodie (Dimeter)
mit irrationalen Arsen. Meist verbinden sich sowohl kretische als trochäische
Glieder zu hypermetrischen Perioden; Cäsur zwischen denselben ist häufig,
aber nicht notwendig; die Auflösung triflft im Kretikus häufiger die zweite
Länge, die Trochäen meiden sie. In antistrophischer Responsion steht Päon
I und IV dem Kretikus, und beide einander gegenüber, zuweilen auch die
trochäische Dipodie dem Kretikus.
Rein kretisch sind Aesch. Suppl. 418=423 (Hypermetron aus vier
Dimctern), Arist. Ach. 665=692; nur als Epodika treten Trochäen hinzu
Arist. Vesp. 1275=1284. Ach. 971=988. — Trochäisch-päonisch sind
Lysistr. 781=805, 1043=1059=1188=1204. Equit. 303=382. Ach. 204=
219, 284=335. Pax 346=582.
Aesch. Suppl. 418 flf.: tpQovxiaov xal yevov navdlxwg \ svtfeßrjg nQo^evogJ
tdv (fvydda pirj ngoi^g \ %dv l'xad-sv ixßoXatg | iv(T&äoig oQfiävav.
Bei Pin dar Ol. 2 geht den Paeonen eine Anakrusis voran und Lo-
gaoeden bilden den Schluss. M. Schmidt, Über den Bau der Pindar. Strophe
misst die paeonischen Takte folgendermassen :
746
E. Metrik, o) Metrik der Griechen.
w Z w -
W —
?^ A _ Jf. w -
7^ A — _£. w v>^
^ . o v^-^y
^ W v>^^
Z. w _
± \J ^^-<^^
^ v^ _ v^ vy _ Z vy —
LU
JL \J v-*^
Z w _
7^ w «
-1 w ^
^ v^ v>v>
r 9
J. \J ^ Z. <J v>k-» vy _
z w —
Jl \^ _
ijjroi //«'(Xa I n^iv Jiogy '0\i,vfiniäia\i' i\ aiaasv *H\Qaxlärfi j äxfa&i\va rrolsfLov.
&rj\Q(ova d^ T€\tQao(}{ag \ ivexa vi\xag)6Qov \ y€y(o\vT^€OV o\mv dixa$\ov ^e'vmv,
BoECKH, M. P. p. 141 sq. — G. Hebxann, Eiern, p. 191 sq. 506 ff. Epit § 195 sq.
445 sq. - Wbstphal I*. 617 ff. 649. 660. 696. 736. II«, 846 ff. — J. H. Schmidt IV.
497 ff. — Christ' 384' ff. ~ M. Schmidt, Pindars olymp. Siegesgesftnge. Jena 1869. p. LIII
u. Bau. d. pindar. Stroph. Leipz. 1882 p. 18. p. 53. — W. Bbambach, Rhythm. Unter
suchungen (1871) p. 153 ff. — ti. Klotz, De numero dochmiaco p. 9 ff. — M. Seligbb, De
versibus creticis s. paeonicis poetarum graec. Regim. 1885. (diss.). — K. Stbioeb, De versäum
paeon. et dochm. ap. poetas gr. usu ac ratione p. I. Lips. 1887. Progr.
IL Die zusammensetzten Metra«
78. Ein Metrum heisst zusammengesetzt, enKfvv&ecov,^) wenn es
in sich Kola verschiedener rhythmischer yei^r] vereint, insbesondere dak-
tylische und trochäische oder anapaestische und iambische (s. § 21). Es
ist hierbei gleichgültig, ob das daktylische oder das trochäische, ob das
anapaestische oder das iambische Glied vorangeht.
Die Kola, welche sich zu iniavvd'STa verbinden, sind dieselben, welche
früher bei den daktylischen, anapaes tischen, trochäischen und iambischen
Versmassen aufgeführt wurden. Vor andern aber kommen in Betracht
von daktylischen: die akatalektische Tetrapodie, die akatalektische
und die katalektische Tripodie (s. § 32);
von anapaestischen: die Tetrapodie sowohl in akatalektischer Form
als besonders in der des Paroimiakon (s. § 42);
von iambischen: die Tetrapodie und die Hexapodie in ihren beiden
Hauptformen (s. § 57);
von trochäischen: die katalektische Tetrapodie und die brachy-
katalektische, das sog. Ithyphallikon (s. § 49 f.).
Die Auswahl, die metrische Gestaltung und die periodische Verbindung
dieser Gliedformen ist mancherlei Verschiedenheiten unterworfen. Einen
hervorragenden Unterschied bewirkt die verschiedene Behandlung der tro-
chäischen (resp. iambischen) Elemente. Diese werden teils mit vorwiegend
oder durchweg reinen Arsen und grosser Freiheit in Auflösung und An-
wendung der Katalexis gebildet, teils regelmässig mit irrationalen Arsen
(s. § 50 u. 57), seltenen Auflösungen und grosser Beschränkung der Kata-
lexis. Die erste Klasse der Episyntheta wird als Daktylo-Trochäen,
die zweite als Daktylo-Epitriten bezeichnet.
Die Daktylo-Trochäen.
79. Der erste, welcher Kola verschiedener rhythmischer ytvv^ mit-
einander verband, war Archilochos.*) Er Hess bei dieser Verbindung jedem
einzelnen Elemente die Freiheiten des Versschlusses. Daher nennen die
Neueren diese archilochischen Systembildungen, wenn zwei Kola in eine
') Heph. Schol. p. 206,1* W. imavy- 1 diavXXaßwy xai XQiavXXdßiov, vgl. p. 201 sq.
f^sroy «ff ro ix dutfpoQioy Tiodtjy avyxeifjisvoy , '^) Heph. p. 47 W.
(IcvibKpioytoy itXXtjXois xatd rrjy noaorrjrcc \
2. Die Metra der Griechen. (§ 78—80.) 747
Zeile geschrieben werden, asynartetische Verse, s. § 18. Über die wahre
Bedeutung des Namens s. § 23. Von den Episyntheta des Archilochos sind
folgende nachzuweisen:
1. Das anapaestische Paroimiakon und das trochäische Ithy-
phallikon: 'EgatTfiordr] XaqiXae^ XQV/^^ ^^* yäXoiov. fr. 79. 80 B:
2. Der iambische Trimeter und die katalektische daktylische
Tripodie,») fr. 89 B:
€Q€(a xiv' vfiTv alvovy ci KrjQVxidrjy
äxw^iärrj (fxvTCcXr].
3. Der daktylische Hexameter und der iambische Dimeter,
fr. 84 B,:
nenagfiävog di' otfräcav.
4. Der iambische Trimeter, die daktylische Tripodie und der
iambische Dimeter,^) vgl. das unvollständige fr. 85:
dkkd fi o XvaifJLeXrjg^ o) \mQ€, idiAvatat nod-oq
und vollständiger Horaz epod. 11, PetH^ nihil me sicut antea iuvat Scribere
versiculos amore percussum gravi,
5. Der .archilochische Vers^) (d. h. daktylische Tetrapodie und Ithy-
phallikon) und der katalektische iambische Trimetef, z. B. fr. 103
(vgl. fr. 100. 114. 115):
ToTog yccQ ipiXvtrpcog igwg vno xaqdirjv iXvad-slg
TioXXtjv xat' dxXvv ofifxdTtov ^xsvsv.
Episyntheta ähnlicher Art oder geradezu Nachbildungen der archi-
lochischen Systeme finden sich bei Anakreon (fr. 87), Simonides (fr. 187
= Anthol. XIII, 11), Anthol. XIII, 28, Kritias (fr. 3), bei Kallimachos
(ep. 41), Theokrit (epigr. 17. 18. 20. 21.), Horaz c. I, 4. epod. 13. 14.
15. 16, Ausonius, Prudentius.
6. Einen ausgedehnten Gebrauch von den daktylo-trochäischen Bildungen
machte die Komödie. Hier erscheint das nqoaodiaxov inoqxw^'''^^^ (ana-
paest. Prosodiakos *) und katal. iambischer Dimeter, vgl. § 79,i), z. B. Arist.
Vesp. 1528 flf.
C7 _i v>^ _ V>s-^ _ ^ Z W _ Vy
(TTQoßeiy naqdßai,v€ xvxX(f \ xai ydatqi>aov aeavxov.
Ferner die spondeisch auslautende daktylische Tetrapodie^) mit dem Ithy-
phallikon (sog. i^dfisTQov nsqnvoavXXaßäg s. n. 5) bei Kratinos fr. 211.
325 K. in stichischer Anwendung:
XcciQ€T€ TidvTsg wtoi 7toXvß(oTov \ Tiovtfav 2sQig>ov.
80. Gegenüber dem einfachen Bau der archilochischen Systeme erhob
sich die Hyporchemendichtung zu kunstvolleren Bildungen. Belege
bieten die Bruchstücke von Pratinas (fr. 1) und Pindar (fr. 84) und die
') Ileph. p. 23,48, 71,r2 W.
•") Heph. p.51,6 W.
3) Heph. p. 21. 23. 50.
*) Heph. p. 48.
5) Heph- p. 51.2 W.
748 B* Metrik, o) Metrik der Griechen.
Tanzlieder bei Aristophanes (Lysistr. 1247. 1279. 1297. Av. 737. Pax 775.
Ran. 675) und Euripides (Bacch. 576. Cycl. 356 flf. 608 flf.).
Die ältere Einfachheit zeigt noch Alkman fr. 1:
M&a* ays^ M(S(fa Xiyeia^ noXv^iiei^g
aUvdoids fxäXog
veoxfiov aQxe nagträvoig äeiiev.
Die spätere Kunst zeigt umfangreichere Systeme aus wechselvolleren Gliedern,
zwar sind es immer noch dieselben Elemente, besonders die tetrapodi-
schen, aber bald durch zahlreiche Auflösungen, bald durch gedehnte Längen
variiert: in den trochäischen und iambischen nur sehr selten irrationale
Arsen und Katalexis gewöhnlich nur am Schluss der Verse; in den dakty-
lischen nicht selten Spondeen, in den anapaestischen mehrfach Prokeleus-
matiker; als alloiometrische Glieder besonders Logaoeden. Es sind Tanz-
weisen voll Feuer und Lebendigkeit und reich an scharfen Kontrasten. Vgl.
Arist. Lysist. 1279 flf. (Anfang):
Ilqoaays XOQOV^ ^nays re xaqnaq^ \ im il xaXsaov ^A^efiiv.
€711 dh iiivfiov ayBaixoQOV ^itjiov \ €v(pgov'y im d^ NviTioVy
og fxsTcc Matvaai Bdxxt^og ofi^aai daletai^
/lia x€ nvgl (pXeyofievov^ im re \ novnav aXoxov oXßiav,
€?ra 6i dai'iAOvag^ olg impaQtvtfi \ XQ^^fofied-* ovx imXrj(ffio(f$v
rfivxiccg nhqi rrfi fieyaXoygovog^ \ r]v inoirfS% &€d Kvjtqig^
81. Auch die Tragödie, insbesondere die spätere, hat von der Ver-
bindung trochäischer und iambischer Gliedformen mit daktylischen und ana-
paestischen Gebrauch gemacht; seltener Aeschylos (Eum. 526. Sept. 778.
Prom. 159. 425) und Sophokles (El. 21—192. 0. R. 167. Trach. 497).
häufig Euripides, der die Daktylo-Trochäen mit grosser Vorliebe in seinen
Chorliedern — selten monodisch — anwendet.
Die iambischen und trochäischen Kola sind meist tetrapodiscfa,
seltner hexapodisch, meist mit reiner Arsis, oft mit Katalexis im An-
laut, Inlaut und Auslaut und ohne Beschränkung in den Auflösungen
gebildet; die daktylischen und anapaestischen vorwiegend Tetrapodien,
seltner Hexapodien und Tripodien, mit Vorliebe für die dreisilbigen Fuss-
formen.
Soph. El. 164 o) 185. Vgl. des Verf. Cantica d. Soph. Trag. p. 43.
dXX' ifiii ^^1» 0 noXvg dnoXkXoiTi€V r^-dr^
ßiotog dvkX'TiiatoVj ovS* et' (xq-xw,
drig arsv lexkwv xaiardxofiai^
ccg (fiXog ovrig dvt^Q vneqicxccTai^
dXX* dneQsi %ig ^noixog drcc^ia
oixovofido d'aXdjiovg naxQog o)6€ fitv
dfi'Xfi' avv aroX^j
xoivdg- 6* i^'ictctfxca XQant-^ag,
Eurip. Hipp. 1119 (ry^llSl).
OvxtTi ydg xaO-aqdv (fQsY ^x^ ^^ tt«^' iXmSa AfiWwr,
e.Tfl tov 'EX-Xaviag \ ifavsQiovaxov dcttq UO^d-vag,
tiöoixev ix nccxQog oqydg | dXXccr in* ai'av linsvov.
2. Die Metra der Griechen. (§ 81-83.)
749
0) xpdfiad-oi noXiTjudog äxvSg \ iQVfiog r' oQeiog^ Ox^i xvvciv
(üxv7i6i(av fAsva -OrjQag MvaiQBv | Jixvvvvav dfitpi atii^rav.
Vgl. Eurip. Ale. 86 = 98. 112 = 122. 266. 903 = 920. Andr. 135= 141.
274 = 284. 294 = 302. Med. 204. 990 = 996. Hipp. 1102 = 1111. Hec.
923 = 933. El. 476 = 486.
Die Daktylo-Epitriten.
83. Diejenige Klasse der Episyntheta, bei welcher die trochäischen und
iambischen Glieder die irrationale Form der Basen (-^ — , — ^-)
zur Regel machen, heissen Daktylo-Epitriten. Die irrationale Form des
Ditrochäus und des Diiambus wird nämlich von den Metrikern als Epitrit
bezeichnet, ^ v^ - - als inlxQixog dsvvsQog^ - z ^ - als iniTqnog tqizog^
indem das Verhältnis des reinen Fusses zu dem irrationalen wie 3 : 4
angesetzt wird, obwohl (s. oben § 12) die irrationale Länge nicht den Wert
einer zweizeitigen Silbe hat, sondern zwischen dem fiovocfjfiog und diariiiog
XQovog die Mitte hält. — Da diese Gliedformen aber rhythmisch dem dipla-
sischen yav'og zugehören und nur der metrischen Gestalt nach aus Epitriten
bestehen, so können sie bis zum achtzehnzeitigen fitye^og ausgedehnt werden.
Es giebt also epitritische Monometer, Dimeter und Trimeter.
2. Epitrite. 3. Epitrite.
-1 w — —
J. \y
J. w
Z ^
— _l w —
v^
V-'
J. w
V-' _
vy
W -.
Bei den trochäischen Gliedern ist die übliche Form im Perioden-
Schlüsse die katalektische:
Z w _ A
Zw--Zw-A
dagegen tritt inlautende Eatalexis nicht oft ein; öfter die brachykatalek-
tische Formation. Auflösung ist von den epitritischen Reihen fast ausge-
schlossen. — Neben ihnen erscheinen die daktylischen Glieder in koordi-
nierter Stellung, am häufigsten die spondeisch auslautende und die katalek-
tische Tripodie:
Zv-'v-/_v^v-/-.ii
Zwv>-.ww — 7^
seltener die Tetrapodie und Dipodie in der nämlichen Formation:
die erstere auch mit daktylischem Auslaut und in brachykatalektischer Form :
^v-/w_*^vyLij— TT,
Die anapaestischen Glieder sind seltener als die daktylischen. — Als
alloiometrische Kola werden vornehmlich Logaoeden gebraucht.
83. Die Verse setzen sich meist aus zwei oder drei Gliedern zu-
sammen, nicht häufig sind sie tetrakolisch und pentakolisch, zuweilen aber
bildet ein Kolon auch selbständig einen Vers. Die häufigsten Versformen
sind folgende :
750 ^* Metrik, o) Metrik der Qrieohen.
1. Zweigliedrige:
zww_wv^_- I zw_^ iyxtafiUoloYixdv ^) genannt, z. B. Find.
Ol. 6, 15 ovTs naq avdqMiv otn* iv vaval xoikaig.
«Zw- I -zow^v^w^ ta/ißäXsyog^) genannt, z. B. Soph. Ai.
179: ?; xaXxoO-dqa^ coi %tv* *£vvaXiog.
zw__| jLv^o-oo^T^^z. B. Find. Pyth. 3, 1 ijx^eXoy XsiQmva
zww_ww — I JL ^ — -tv^^,z. B. Find. Fyth. 1, 25 ocaa ii
fjir 7i€(pikr]x€ Zevg^ drv^ovtai ßoav.
■!- ^ J- ^ I -tww-wwi:^A,z. B. Find. Fyth. 1, IXqvaia
y^oQfiiY^, *An6Xk(ovog xai lonXoxafiwv.
2. Dreigliedrige:
jLww_ww__|jLo«_|j^v^w«wv-^^ nXaviovixov ^) genannt,
z. B. Find. Ol. 3, 1 Tvvdaqidaig zs ^iXo^elvoig adeXv xakhnXoxafnp &' ^EXävtf,
Zw«- I zww-ww__ I zwvfjZ. B. Find. Ol. 8, 1 iiavsq a
XQV(fO(fT€(pav(ov ääd-Xcov OvXvfinia.
± \ jL Kj Kj ^ Kj yj — 1-^^ — ^^-,z. B. Find. Fyth.
3, 2 sl xQ^fiv Tovd'* äfi€xäqag and yXwaaag xoivov ev^aaS-ai inrog.
Doch giebt es ausser diesen Kombinationen zahlreiche andere. Nie-
mals aber erscheinen die daktylo-epitritischen Verse in stichischer Anwen-
dung, sondern sie bilden ste^ die Teile eines grösseren oder kleineren
Systems oder einer Strophe und zwar meist in kunstvollerem (trichotomi-
schem s. § 27) Aufbau.
84. Der Charakter der daktylo-epitritischen Strophen ist gemessener
Ernst und feierliche, würdevolle Ruhe; alle Aufregung und Leidenschaft-
lichkeit widerstrebt ihm. Sie eignen sich daher besonders als Dichtforra
für die ernsteren Gattungen der chorischen Lyrik: Hymnen, Paeane, Enko-
niien, Epinikien und Dithyramben.
86. Zuerst tritt diese Strophengattung bei Stesichoros auf, jedoch
ist er nicht als ihr Erfinder zu betrachten, sondern hat sie wahrscheinlich
aus der Nomendichtung übernommen. Ihr Hauptvertreter ist Findar, der
sie in seinen Epinikien mit besonderer Vorliebe anwendete (Ol. 3. 6. 7. 8.
10. 12. Pyth. 1. 3. 4. 9. 12. Nem. 1. 2. 5. 8. 9. 10. 11. Isth. 1. 2. 3. 4. 5.),
aber auch sonst häufigen Gebrauch von ihr machte (fr. 57. 99).
Seltener treten sie bei Simonides auf (fr. 7. 8. 17. 57. 65 f. 70 f.),
dagegen sehr häufig bei Bakchylides und bei den Dithyrambikern
der älteren Zeit und einigen der jüngeren (Melanippides, Fhiloxenos und
Telestes). — In der Tragödie kommen sie nur in einzelnen Fällen zur
Anwendung, und zwar nie in Monodien, sondern stets im Chorliede, bei
Aeschylos nur im Prometheus (526 ff. 887 flf.), bei Sophokles nur Ai. 172 ff.
(Farodos), Trach. 94 ff. (Parodos), 0. R. 1086 ff. (Paean), Tereus frg. 530 flf.,
häufiger bei Euripides Andr. 766 flf. 1009 flf. El. 859 flf. (Siegespaean), Med.
410 flf. 627 flf. 824 flf. 976 flf. Troad. 794 flf. Rhes. 224 flf. — Die Komödie,
welcher der ernste Charakter der Daktylo-Epitriten widerstrebte, gebrauchte
') Heph. p. 51,10, nach dem es aus einer
daktylischen und einer iambischen Penthemi-
meres zusammengesetzt sein soll.
'^) Heph. p. 51,19.
3) Heph. p. 52,2.
2. Die Metra der Griechen. (§ 84-^85.) 751
8ie nur in Parodien auf bekannte lyrische Dichtungen, z. B. Eq. 1264 ff.
Nub. 457 ff. Vesp. 273 ff. Pax 775 ff. Eccl. 571 ff.
Find. Ol. 3. str.
Tvvdaqdaiq T€ y>iXo^€ivoig ädetv xaXhnXoxdiKiy ^* 'Ekävif
xXeivttv ^Axgayavra ysqaiQfov evxofAai,
GiJQtorog ^OXvfimovixav vfivov oQ&oiaaig, äxafiavronodwv
Ittticov acoTov. MoXaa d' ovtod noi naqtata fioi veoaCyaXov avqavxt XQonov
JwQÜp (piovav ivagjuio^m nediXfp,
J. «^>s^ — «^>s^ — — I J. <J ^ —. J. «^>s^ -_ ^w-^^ ^
JL y.^^ — v>^> — I _ Z vy i:^
I
Eurip. Med. 627 ff.
"EgwTeg vnhq [lUv ayav cX^otTeg ovx €vio^(av
ovd' äqexdv nagädtoxav ävdqaatv * €l d* aXig iXx^oi
KvTtQig^ ovx aXXa 'd'cog evxccQig ovtfog,
firjnoT*, 0) dätfnoiv'j in' ifioi xqv(Sä(üv
To^cov iifshfi tfxeQCi) x^iVracr' atpvxTOV ol-arov.
V-J
J- V>^ — v>s^
—
—
_/
V-'
—
—
_/
\J
JL V^N^ — «fc>S^
—
\^
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w^>
—
^w-^^
—
-
J. W _ _
_/
\^^
—
<^-N^
—
—
-£. v^ _ -_
J_
v>^^
—
'^^S-'
—
^^
-i v^ _ —
J_
vy
_
_
_/
^s^
_
_
RhythnÜBche Messung. Wie leicht uch auch die Bestandteile der daktylo-epitri-
tischen Strophen in den meisten Fällen erkennen und sondern lassen, so herrscht doch
über den rhythmischen Wert sowohl der einzelnen Füsse resp. Dipodien als auch der
Glieder (Kola) eine bis heute noch nicht zum Austrag gebrachte Meinungsverschiedenheit.
BoECKH setzte den Spondeus im Epitrit dem Trochäus an Zeitwert und Gliederung voll-
ständig gleich und den Daktylus dem ganzen Epitrit, ebenso den Schlussspondeus der dak-
tylischen Tripodie _w->_ «wv-» -ww--
2 1 >«/i »/i 3 »/t »/a 3 »/« »/t 3 3.
G. Hermann setzte (nach seiner späteren Auffassung) den Spondeus im Epitrit 4zeitig an,
den Trochäus 3zeitig, also - ^ - > 2122; Rossbacb in seiner Rhythmik mass:
- w - - 2 IV2 2 2;
die zweite Auflage der RossB.-WESTPHAL'schen Metrik (1868) stellte S. 609 ff. folgende
Messung auf:
T T "T^ "TT" 4 4
Sic fasst also den Trochäus und den Spondeus im Epitrit beide als vierzeitig und gleich-
wertig mit dem Daktylus auf, ebenso den Tribrachvs als Vertreter des Trochäus; den
Spondeus am Schluss der daktylischen Tripodie durchweg als Szeitig; genauer:
2 112 114 4 Vs^/s^/s
Der Trochaeus behält demnach seine rhythmische Gliederung als diplasischer Fuss,
kommt aber an Zeitdauer dem vierzeitigen Daktylos gleich, d. h. ist ein
xQoxaTog TetQctcrjfÄog. — Auch Christ spricht sich für Ausgleichung der Einzel ffisse aus
und drückt dieselbe nach J. H. Schmidt durch Anwendung des Zeichens l_ w für den-
Trochäus aus.
Grössere Schwierigkeiten macht die Frage nach dem Zeitwerte der einzelnen Kola,
insbesondere der daktylischen Tripodie. Dass der beständige Wechsel von dipodisch
gegliederten Epitriten und tripodischen Daktylen eine dem Charakter der Strophengattung
widersprechende Unruhe hervorruft, ist nicht abzustreiten, und die Annahme der tetm-
«/8*/3 2 2
752 ^' Metrik, c) Metrik der Griechen.
podischen Messung der daktylischen Tripodie liegt daher sehr nahe nnd ist deon anch tod
Westphal mit vollster Konsequenz durcngefOhrt worden. Aber wie bequem auch die Sadie
sich stellt für die spondeisch auslautende Form der Tripodie -ovy-ww— «^ welche
sich durchwegalsbrachykatalektischeTetrapodie auffassen lässt: ^ w w . w ^ lIii^i^ so be-
denklich ist es, die trochäisch schliessende Tripodie derselben Messung untenraordnen, da die
kurze Silbe dann als 4zeitige Länge gelten mOsste; und nicht viel weniger anstfiedg er-
scheint die Auffassung der katalektischen Tripodie -ww.wv^_ als Tetrapodie ia
den Fällen, wo Pause nicht zulässig ist, sondern Dehnung der letzten Länge zum oxTaefjfios
angenommen werden mtisste.
A. BoECKH, Über die Versmasse d. Pindaros. Berlin 1808 ; De metris Pindaii Lips.
1811. p. 105. 268. 280. - G. Hermann, De metrorum quorundam mensura rhythm. Ups.
1815. De epitritis Doriis. 1824 (= Opusc. II, 105sq. 111,83); Eiern. D. M. p. 6i4 sq. 6988q.
— R. Westphal, Metrik IP, 553-706. I», p. 134 ff. 285 ff., III», 1, p. 256 f. 337 f. 365.
Aristoxenos p. 145 ff. — W. Bbroeb, De Soph. versibus logaoed. et epitrit, Bonn 1864.
p. 41 sq. — J. H. Schmidt, Kunstformen II, p. 80 ff.; IV, 477; 453 ff. — M. Schmiot.
Pindars Olymp. Siegesgesänge. Jena 1869. p. I— LXXXIY. — W. Beambach, Rhythm.
Untersuchungen. Leipz. 1871 p. 17 und Rh. Mus. XXI, 232-52. — F. Voot. De metris
Pindari in: Dissert. argent. IV, p. 203 I. De continuatione rhythmi in sirophis doricis.
IIL Die gemischten Metra (Logaoeden).
86. Ein Metrum heisst gemischt, fiixTov, wenn es Füsse verschie-
dener ytrrj in demselben Kolon vereinigt, insbesondere trochäische und dak-
tylische, iambische und anapaestische, z. B.:
z^>^_v^zw -wjj. _ jiov xvQsT ixtoniog (fvO'slg 6 TidtTfov;
oder:
- z^^-*.^- w s Kj 1 _ sida(fAOV€g ot(n xaxmv äy€VCTog cciiov.
Die moderne Metrik bezeichnet alle diese gemischten Bildungen mit dem
gemeinsamen Namen Logaoeden (§ 14). i)
Die rhythmische Einheit innerhalb der x£i,a fuxTÜ wird dadurch her-
gestellt, dass die zweisilbigen und die dreisilbigen Füsse in zeitlicher Aus-
dehnung einander gleichgestellt werden, indem der XQ^'^'^^ nqmxog im drei-
silbigen Fusse durch verschiedene aymyi] (Tempo) eine etwas kürzere Zeit-
dauer erhält als im zweisilbigen. Der Daktylos bleibt also ein Daktylos
seiner Gliederung nach, ebenso der Anapaest ein Anapaest, aber beide stehen
dem zeitlichen fuyed^og nach den zweisilbigen Füssen, dem Trochäus resp.
Jambus, gleich. Wenn der Trochäus als dreizeitiger Fuss die Messung
2 + 1 hat, so hat der ihm gleichwertige Daktylos {Sdxrvlog tQtafjuog) die
Messung 1^/2 + ^/4 + ^,4 und der Anapaest, der dem Jambus gleichsteht, die
Messung ^'4 + ^/4 + l\'2.
Anmerkung. Die heutzutage am meisten verbreitete Auffassung der Logaoeden
ist die von Apel (Metrik § 138. ()(>4) lierrühreudo, von Fr. Bellermann nachdrQcklich
empfohlene, wonach der als kyk lisch bezeichnete Daktylos dem dreizeitigen Trochaeus
gleichwertig gilt und die Messung erhält: l'/«, '/-«» 1» so äass, wenn die letzte Kürze des
Daktylos unserem Achtel entspricht, die Länge einem punktierten Achtel, die erste Kürae
aber einem Sechzehntel gleichsteht.
87. Der Umfang des gemischten Kolons überschreitet nicht das
hexapodische fieyex^og, es giebt also logaoedische Dipodien, Tripodien,
Tetrapodien, Pentapodien, Hexapodien. Innerhalb dieser Gliedgrössen
ist je nach der Stellung und Zahl der dreisilbigen Füsse eine grosse Menge
von verschiedenen Formen möglich; jedoch gilt es als eine wesentliche
^) Schol. Heph. p. lG3,is W. Aoyttoi^ixtt ravra xakettai, an 6 fiiv dttxrvXog aoidoiq
IU€(XXoy ininjdeiosj 6 oi rgox^tos XoyoyQ«(foig,
2. Die Metra der Grieohen. (§ 86—88.) 753
Beschränkung, dass die dreisilbigen Füsse innerhalb desselben Kolon nicht
durch zweisilbige getrennt sein dürfen; dagegen können sie ebenso gut die
ersten Stellen des Kolon einnehmen, wie die folgenden, nur den letzten
Fuss bildet der Daktylos nicht, ausser in den sogenannten äolischen Dak-
tylen, welche richtiger zu den Daktylen gerechnet werden (s. § 36).
Nach der Zahl der dreisilbigen Füsse unterscheidet man fxixtd mit
einem und mit zwei oder mehreren Daktylen. Die Glieder mit einem
Daktylos heissen entweder logaoedisch schlechthin oder werden mit beson-
deren Namen als Glykoneen, Pherekrateen u. s. w. bezeichnet; die Glieder
mit mehreren Daktylen nennt man äolische Daktylen (§ 36), wenn
nur der erste Fuss kein Daktylos ist; wenn dagegen die Daktylen den
Anfang des Kolon bilden, logaoedische Daktylen.^) Die Zahl der Dak-
tylen wird durch Zusätze wie JtQog ävotv, nqog tqiaiv {SuxxvXoiq) bezeichnet.
88. Auch in den logaoedischen Reihen kann sowohl im Auslaute als
im In- und Anlaute Ersatz für eine oder mehrere Arsissilben durch Deh-
nung oder Pause eintreten. Die Katalexis der Schlussarsis ist bei den
thetisch anlautenden Kola, gerade wie bei den trochäischen, sogar zur vor-
wiegenden Form geworden, z. B. :
J. v-^o» _v^Zvy — A Zv^_ \^K^ JL \y ^ A
Vgl. Soph. Ant. 332 f. noXXcc %d deivd xovdiv dv-d-qdnov deivoteqov ntXti,
Aber auch anakrusische Formen mit Katalexis sind üblich, z. B.:
vgl. Ant. 615 d ydg noXvnXayxrog iX-nig, ib. 336 x^Q^^ nsQißqvxioi-atv,
Auch brachykatalektische Formen, d. h. solche, bei denen die
beiden letzten Arsen unterdrückt sind, sind nicht selten, z. B.:
Soph. Ai. 194 dXX^ avay e^ ÜQdvcoVy onov fxaxQa^'tav.
Katalexis im Inlaute ist sowohl bei thetischen als bei anakrusi-
schen Reihen möglich, z. B.:
_iv^L_ jL ^ ^ A (o ^tvoi al-i6(pQ0V€g Soph. 0. C. 237.
zv^i— lL _ a 0) naXd/iiai- ^viy-Tdor Phil. 177.
w z w L_ _i ^^ - ^EQoog dvi'xa%s fidxav Ant. 781.
v^ -t^^i— -^ w - oQU • Tig ixQ rjV; nov xvqsT; 0. C. 117.
Nach der ersten Thesis tritt sie meist nur bei anakrusischem An-
laut ein:
vy Li ^ w z v^ _ ig)dv-&t]g n(n\ o) XQ^^^'^Q Ant. 103,
selten bei thetischem Anlaute der Reihen:
lL _^^z w _ a t-(o y^rtai ßQOTcSv 0. R. 1186.
Li -v^Li _ A ovMv ^laxuQi-J^w 0. R. 1195.
Katalexis der anlautenden Arsis (Anakrusis) kommt öfters vor
im Inlaute einer periodischen Verbindung, z. B. Ant. 785:
(foiT^g vnsQ-novxiog iv- ^* dyQovofioig' av^Xatg,
Solche Bildungen gehören zu den asynartetischen (§ 23), ebenso wie
') Heph. p. 25 Xoyaoidixa xaXovfisya daxrvXovg l/ft, reXBvtaiay d^ JQox«iXfjy av-
(faxTvXixdf iineQ iy fjihv ittTg äXXMg j^to^aig
^vyiccy.
Handbuch der klun. AltertumswiBBenflcbaft. IL 2. Aufl. 4^
754
E. Metrik, o)
der Qriechen.
diejenigen, bei denen die auslautende Arsis des ersten Gliedes nicht dartb
eine Sprachsilbe ausgedrückt ist, z. B. Soph. Phil. 687:
Die Auflösung der Thesis wird in den dreisilbigen Füssen — mit
sehr seltenen Ausnahmen — gemieden; im Trochäus und lambus ist sie
mit Mass zugelassen, am häufigsten im anlautenden Trochäus (sogen,
tribrachische Basis), z. B. Ant. 108:
if>vydda ngoigofiov o^vvegrii '-^ ^^ ^^^ ^ ^^ « ,
Die Zusammenziehung der beiden Kürzen ist vom Daktylos (resp.
Anapaest) ausgeschlossen.
89. 1. Während sich die Zulassung einer irrationalen Länge statt
der Kürze (des äXoyog XQ^^'^^ statt des ßgccxvg) bei den trochäischen Massen
auf die geraden, bei den iambischen auf die ungeraden Stellen beschränkt,
haben die Logaoeden eine grössere Freiheit. ') Ausser den normalen Formen
der Tetrapodie:
— ( ~ j J, ^^^ _ C7 Jl W _ A
Z V^ — CT Z <^^
~ -i vy — s^ JL v>^^ _
•^ J. Vrf*^ _ >w ^ vy _
finden sich auch die nicht normalen mit aXoyog XQ^^ ^^ erster und dritter
Stelle bei thetischem Anlaute und an zweiter und vierter bei anakrusischeiD
{anovdeioq naqu %a^iv nqo(sXai.ißav6^i€Vog),^)
z — » — z
-(-)
\-> JL v^ _ v^ _£. v^*«^ _
J- V^N-» ^ \^ 2.
^y J. <A^ _ \^ _t v-/
-(-)
Freilich ist in vielen Fällen die Messung zweifelhaft und eine sichere Ent-
scheidung über die Grenzen dieser Freiheit noch nicht gewonnen. Dieselbe
Behandlung erfahren auch die mit den Logaoeden verbundenen iambischen
und trochäischen Kola (s. unten).
2. Am deutlichsten zeigt sich dieselbe im ersten Fusse, der ausser
der trochäischen und tribrachischen Form sehr oft auch die spondeische
hat, so dass selbst in antistrophischer Responsion Spondeus und Trochäus
einander entsprechen, z. B. Ant. 334a)344:
Toifio xcd noXiov ntgav od xai O-ijQm' üyQi(ü%* iO^vtj,
Die Freiheit erstreckte sich aber auch auf die erste Silbe des ersten
Fusses, welche nicht bloss durch eine Länge, sondern auch durch eine
Kürze gebildet werden konnte. Der erste Fuss konnte also nicht nur ein
Trochäus oder ein Spondeus oder — durch Auflösung — ein Tribrachys,
sondern auch ein Pyrrhichius und ein lambus, ja in seltenen Fällen
auch ein Anapaest sein : ^)
_i _ V>^-» v>
» > > V /»
Die Anwendung des Pyrrhichius ist aber auf die äolischen und alexandri-
nischen Dichter beschränkt und von der dramatischen Poesie ausgeschlos-
sen, vgl. Sapph. fr. 45 ciye 6rj x*^<^ <^'*« ,««'• Theoer. 29. 39. 40; die des
Anapaests ist der späteren Tragödie eigentümlich, welche auch den Tri-
brachys anwendet. Eur. Iph. T. 1120 fifzaßdXXei dvada^iovia.
p. 21 r,
') Scbol. Heph. p. 211.
2) Heph. p. 55. 57 sq. Schol. Heph.
) G. Hebmakn hat den ersten Fuss der
logaoedischen Kola Basis genannt und von
dem zweiten Teile des Kolons abgesondert.
Der Name Basis wird auch heute noch von
Vielen so gebraucht.
2. Die Metra der Griechen. (§89-90.) 755
Der Silbenwert in diesen verschiedenen Formen des dreizeitigen Fusses
ergiebt sich aus folgender Übersicht: .
/
t
^ \J JL — K^<^ <J ^ \J
2 1 IV2IV2 11 1 IV2IV2 1 2
Vgl. Westphal, Rhythmik. 3 A. p. 292 flf.
Der anlautende lambus läset in manchen Fällen eine doppelte rhythmische Auf-
fassung zu, nämlich : >^ - oder w l1 ^ indem entweder die Kürze als Thesis und der
Rhythmus als fallend oder die Kürze als Arsis und die folgende Länge als dreizeitig, der
Rhythmus aber als steigend betrachtet wird. Die erste Auffassung erscheint notwendig,
wenn der anlautende lambus antistrophisch einem Trochäus gegenübersteht, die letztere
empfiehlt sich meist bei dem ersten Kolon einer Periode, z. B. Pind. Ol. 1, 1 "AQi-atov fuey
vdtüQf 6 ife ;jf^rffo? tti^o^Bvoy nvQ. Soph. Ant. 103 i<pdy'&fjg nor', tu ^Qvaiag xrX.
3. Die Irrationalität der letzten Arsis katalektischer Kola, besonders
der Glykoneen, kommt erst in der spätem Tragödie vor, z. B. Soph. Phil.
1151 xal TtQWfO-sv ßsXhfüv dXxdv. Eurip. Hipp. 741 t«$ rjX€XTQO(fasTg aryng.
Viele Fälle, welche mit Unrecht hierher gezogen werden, finden ihre ander-
weitige Erledigung, z. B. Phil. 177 oJ naXd^iai x^vr^-xdv ist tetrapodisch
zu messen -i^^i— ul -.
90. 1. Die logaoedischen Gliedformen. Als logaoedische Dipodie
wird das Adonion -i ^^ - - w tov "ASwviv angesehen, welches indess ebenso
gut für eine daktylische Dipodie gelten kann.
Die logaoedische Tripodie erscheint I. mit anlautender Thesis als
Pherekrateion^) sowohl akatalektisch als katalektisch, und wird je nach
der Stellung des Daktylos als erstes oder zweites bezeichnet.
akatalektisch katalektisch
1. z ^^ « ^ _ - imanvkaiai &rßaiq. ^ ^^ _ w _ a o) x^^'*«* O-sai,
2. -1 - _ v^ _ _ i^€VQi]iiaTi xaiv^, _i — _ n — . _ a r^X&tq ix 7i€QdTU)V.
II. mit anakrusischem Anlaute als logaoedisches Prosodiakon:^)
akatalektisch katalektisch
1. — z ^^ _ v^ _ El'rjV od-i äatiov. — z v^l_- ^
2. — .1 w _ v^>x — otrag KXifüv i(poQ^. ^^Y^ noSa i'eo-juar.
Das akatalektische Pherekrateion ist in den meisten Fällen nicht als Tripodie, sondern
als brachykatalektischc Tetrapodie aufzufassen, s. unten.
2. Logaoedische Tetrapodien mit einem Daktylos nennt man im
allgemeinen Glykoneen 3) und unterscheidet nach der Stellung dieses Fusses
erste, zweite und dritte Glykoneen.
I. Mit anlautender Thesis:
1. a. .'- ^-- - V- - w - - viv ydq efioi fu-Xei x^qtvaai.
b. Zv^_w«w_A jnaXd-axov 6f.ifidTü)v ßhXoq,
2. a. z-_v^_w_c7 irj^iO^vfiov iQiOTog dvO^og.
b. z-_v.^-v-'«A ®^ißv^ '^^v TiQOTkQtav (fdog.
3. a. -i ~ - ~ - ^^^ - —
b. _^ — -~_^A^_A yeoTflf ßdrra 7iavaay((ji.
II. Mit anakrusischem Anlaute:
1. a. ~ 2 v^ - w ji w >ir ;^^ i^ora AaxaTov %' dxrdv xoqag.
b. ~ - ^-^ - ^ «-^ ^ el fu] lode ff de na ^'v^xtog.
1) Hoph. p. 33,5.
2) lieph. p. 48,16 W.
») Heph. p. 33,9.
48"
• •
v^ J. *^ I . V>^/ .
t
756 E.iMetrik. o) Metrik der Orieohen.
2. a. ^-~-^^-^- ä JeiPoTg xQvmofisva Xoxoig.
b. ^-^^-^^«-^ ^ ansiqaiai, iixvvoxXtO'^Totg.
3. ii2--w^v^- itixTev ovih fiijnore Xal&a .
Die beiden katalektischen Formen der anakrusischen Tetrapodie (ü,
1, b. 2f b.) heissen logaoedische Paroimiaka.
3. Brachykatalektische Formen der thetisch anlautenden 61y-
koneen (I) sind den akatalektischen Tripodien ganz ähnlich und heissen
wie diese Pherekrateen; anakrusische Brachykatalekta (II) ähneln deo
anapaestischen Prosodiaka, wenn die anlautende Silbe eine Länge ist.
I. 1. z^^-wi_ i:fA Kaaraltag t€ vä-fjia. Ant. 1130.
2. -^ ^ -^-L-- ^ A d navävQTog mj6(6r. El. 1076.
IL 1. C7 zv^-L_ lL Vi o Jdkiog €v-yvaMrvog. Ai. 704.
Von den tetrapodischen Formen mit inlautender Katalexis ist
besonders gebräuchlich das anakrusische dritte Glykoneion in dieser Gestalt:
^Egcog ävt-xare (idxccp.
Dreifache Katalexis zeigen Bildungen wie Phil. 117 a> naldpLm"
d^vtj'Twv -t^-^-L_ lL _ a (erstes Pherekrateion) und 0. R. 469 rf«-m
rf'a/i' l'nov'tai l1 _ v^ lL - a (zweites Pherekrateion).
4. Von logaoedischen Tetrapodien mit zwei Daktylen ist bemerkens-
wert das zehnsilbige Alkaikon (AXxaixov iexaavllaßov),^) das Schluss-
glied der alkäischen Strophe (s. § 98, 5):
±^^ jLs,^ ± ^ 1 - ofvov iveixafiävoig fied'vad'rjv. Alc. fr. 35.
91. Die verschiedenen Formen der logaoedischen Tetrapodie ent-
sprechen sich zuweilen antistrophisch oder bei stichischer Repetition ge-
wisser Versarten. So respondieren das 2. und 3. Olykoneion mit einander
Soph. Phil. 1124 OD 1147 novrov ^irög €ifi]ix6vogcr>^d^vrj dr^Qdv^ ovg ScT ix^t
(vgl. ib. 1082 Go 1103. Eurip. Phoen. 210 od 222. Iph. T. 421 od 439. 1097
OD 1114 u. sonst); das erste und zweite Paroimiakon 0. C. 511 go 523 ofioag S'
igafAm nv&b-aO-ai co tovtwv J' aifd-afgerov ovSev; ferner das erste Olykoneion
mit dem choriambischen Dimetron Phil. 1 138 cz) 1161 fivgi' an aiaxQ(or dra-
TkX\Xovd^ colli ^xbvi lu^dbvog xQaTv\Y(M)v (vgl. Arist. Nub. 955 od 1030) und mit
dem iambischen Dimetron Anakreon fr. 21 daniSog dqxondhaivcnxaXv^'
fiav €(T<fi^x(oin6va; das erste Pherekrateion mit dem katal. iamb. Dimetron
Arist. Lysist. 326 o) 340 vaxtQonoi^g ßoij-O^co od yvvaixag dv^Qaxstf'Siv ; das
anakrusische dritte Glykoneion - - ^ l_ _ ^^ _ mit dem choriambischen
Dimetron Arist. Vesp. 526 o) 631 rvv dt tdr ix x^r^fiethQov cn ovriciTroxP*
ov-TO) xc<0^aQ(jog, Doch beschränken sich diese und ähnliche Freiheiten (vgl.
das Priapeion, Kratineion und Eupolidoion § 96) abgesehen von Anakreon
auf die Komödie und spätere Tragödie.
Anmerkung. Eine andere Auffassung der ohenbesprochenen Glied- und Yeis-
formen liegt der Terminologie zu gründe, die Ilephaestio und andere Metriker anwenden.
Sie zerlegen jene xtuXa in ionische resp. choriambische Füsse und nennen
das 1. (olykoneion - ^-^ - I ^ - ^' - i w ^oQta/ußtxov ^ixxov
das 2. Glykoneion _ _ _ |^^^ _ w I _ w itovixov an iXdaaoyog
das 3. Glykoneion _ w _ w | _ v^^ _ ^ w iTtixoQittfußixoy fiixioy,
d. anakrus. 1. Glyk. ~ - ^^^' _ w _ w _ tojytxov and fisi^oyog.
^) Heph. p. 25. Mar. Vict. p. lll,8i. 12C,iö K.
2. Die Metra der Griechen. (§ 91—95.) 757
das anakrus. 2. Glyk.
das anakrus. 3. Glyk.
C/ — V^ _
v>^ w _ I - initüyixoy an* iXaaaovog.
__ J _ ^
initapixoy ano fieiCoyog,
92. Unter den pentapodischen Logaoedika sind die üblichsten:
I. fiopoäaxTvlixa:
1. Das ivisxaavXXaßov OaXa(xeiov^) mit Daktylos an zweiter Stelle:
± - ±^^ ± K^ ± Kj ± — X^^q\ ^ XQvaoxäQfag^ ßäßaxta, xr^Xcov.
2. Das hisxaavlXaßov 2ang>ix6v^) mit Daktylos an dritter Stelle:
-^^-^^^^-w_c7 ipaivstai fnoi xrjvog taog d-äoKSiv. Sapph. fr. 2.
3. Das hdexaavXXaßov ^AXxdixov^) mit Anakrusis und Daktylos an
dritter Stelle:
^ ± ^ - ^ ±^^ - K^ ^ ov XQ^ xdxoKXi xZ-vfiov iniTQänrjv. Ale. fr. 35,
n. mit mehreren Daktylen:
Das Praxilleion*) j.<^ ^^^ j.^^ - ^ - ^
0} äitt T(üv d^vqCSwv xaXov ifißXsnoiaa, Prax. fr. 5.
Bei den trochäisch ausgebenden unter diesen Formen scheint die hexapodische
Messung die ursprüngliche gewesen zu sein.
93. Die logaoedischen Hexapodien mit einem Daktylos erscheinen
als Erweiterungen des Glykoneion oder Pherekrateion und haben den dipo-
dischen Zusatz entweder am Schlüsse oder am Anfange, ersteres besonders
bei thetischem, letzteres bei anakrusischem Anlaute, z. B.
SovTtoi xal noXiccq ccfxvyficc xaC-taq, Soph. Ai. 633, vgl. Phil. 1140.
1145 (äusserlich gleich dem phalaekischen Hendekasyllabon).
ifxoi ^vvei'i] Sia navrog €V'(pQ(ov, Soph. Ai. 705.
^X^i filiv ^AvdQOfiäSa xdXav dfioi-ßav. Sapph. fr. 58.
Mit mehreren Daktylen sind bemerkenswert die Formen:
dvTiTVTii^ ä^ inl ya näas tavTaXco-O^sig. Soph. Ant. 134.
xard (f^ Taxonevoi fväXeoi fieXmv ndd-av, ib. 979.
dyerm d-eog, ov ydq M^fo i(x^ twJ' deiSeiv. Das sog. Archebuleion
(Heph. p. 29 W. Caes. Bass. 256 K. Mar. Vict. p. 126,9).
94. Als selbständiger Vers in stichischem Gebrauche tritt von
den oben erwähnten Kola das phalaecische Hendekasyllabon auf bei
Sappho und Anakreon, besonders aber bei den alexandrinischen Dichtern,
vgl. Kallim. fr. 73. Theoer. ep. 22 Z. Der erste Fuss ist spondeisch, tro-
chäisch oder iam bisch; ein Pyrrhichius ist nicht nachweisbar.
95. 1. Aus zwei Gliedern zusammengesetzt ist der kleinere askle-
piadeische Vers {^AaxXrjniddeiov):^)
r]Xd'€g €x nsqdrtüv ydq iXsifavTivav
Xdßav TW ^i(f€og xQ^f^oSäTav ix^'^'* A.lc. fr. 33 B.,
der aus zwei katalektischen Pherekrateen, einem zweiten und einem ersten,
besteht, die nicht immer durch Caesur gesondert sind.
2. Von ihm unterscheidet sich der grössere asklepiadeische Vers^)
(2anffix6v ixxaidexaavXXaßov) durch Einfügung eines dipodischen Mittel-
gliedes von choriambischer Form (katalektische daktylische Dipodie):
*) Heph. p. 33,19. Mar. Vict. p. 118,io.
148,9.
'-') Heph. p. 43,20.
^) Heph. p. 45,9.
-*) Heph. p. 25,19.
^) Heph. p. d4,t.
^) Heph. p. 35,6.
758
E. Metrik, c) Xetrik der Griechen.
V
_ W i:^
jir^ätv aXXo (pvTev-tft^g TtQotfQov^ 66vSqiov dfinäXfo, AIc. fr. 44.
Beide kommen bei Alkaios und Sappho in stichischer Anwendung und als
Strophenelement (s. unten § 98) vor, in alexandrinischer Zeit bei Kalli-
machos, Theokrit 28. 30, Asklepiades und in Nachahmungen römischer
Dichter (CatuII 30. Hör. c. I, 11. 18. IV, 8).
3. Dem letzteren ähnlich ist das sogenannte Alkaikon:^)
_?. _ _ *^-A^ t _1 «^>»s^
Kavd-vdaxsi^ Kv&SQify aßgog *'Aäo}~vig^ ti xe d-sTficv:
bei Sappho fr. 62 und Alkaios.
4. Zweigliederig sind hingegen das Anakreonteion:
JL ^^^ _
L_
({noxosi d' dfi^inoXog fieh-xQor. Anacr. fr. 32,
und das ähnlich gebaute Sapphikon:^)
s >^^^\
y^y^> I
— KJ
dtv%h viv a-ßqai XdqiTsg- xaXXixoixoi t€ Mot-acci.
Sappho fr. 60. vgl. Anacr. 28. 29.
96. 1. Zweigliederig ist auch das Priapeion,^) das sich aus einem
Glykoneion und einem Pherekrateion zusammensetzt und nach der ver-
schiedenen Stellung des Daktylos in beiden Gliedern verschiedene Formen
haben kann; vgl. §91:
_ W _ V> l ', J. V.A-/ _ KJ
a.
b, ji ~ _ \^>v^ -. v^ I —
c.
d.
/ .— r
_ \-^-^ — «^
± ^ ^ «^^s-»
Z C7 _
_ *^>N^ _ V^
a. fx noTafxov inavtQXOiiai ndvva (phQovtXa kafi-Tigd. Anacr. 23.*)
b. ij-fakko) TtYjxtidct tJ* ifihj xcofid^ojv nccid' d^ßgf^. Anacr. 17. 3.
c. ov ßkßr^Xog^ o) TeXexui %ov väov Jiovv-aoiK Euphor.
Sticliisch gebraucht von Auakreon und andern Liederdichtern, auch in der
Komödie (Eupolis fr. 159 K.), beliebt bei den Alexandrinern, nachgeahmt
von den römischen Dichtern (Catull 17). ^Lusihus axHum'^ ,
2. Das Kratineion^) ist aus einem ersten Glykoneion und einer kata-
lektischen trochäischen Tetrapodie zusammengesetzt, z. B. Cratin fr. 324 K.:
I
I»'
m * ■»'
Eine xiaaoxcch orrorj, x^^Q > ^ifccax Ex(favi(di^g.
In der Komödie üblich; vgl. Eupolis fr. 37. 88 K.
3. Das Eupolideion^) verbindet ein drittes Glykoneion und eine
katalektischc trochäische Tetrapodie:
\-/ Vo^^
_ -^ —
o (TooifQwv t€ x'^ xata7Tv\yo)v a()t(n rjxovtTdri^v.
evifqdvccg vfidg dnoneiin | oi'xad^ cikkor aXXoae.
Gleichfalls der Komödie eigentümlich (Arist. Nub. 518 ff. Cratin fr. 98 K.)
und besonders beliebt bei Diphilos und Menander.
') Heph. p. :34,n. Senilis 1823.
*-) Heph.p..*n,r.W. Schol. Heph. p. 181,1 2.
j Heph. p. 34,15, '57,u.
^) Heph. p. 31,10 W.
••) Heph. p. 55,8. 59,7.
ß) Heph. p 59,1 . Mar. Victp. 147,7. 145,56.
2. Die Metra der Griechen. (§ 96 98.) 759
4. Das iniwvixov noXvcxriiiofiatov ^) besteht aus einem (2.) Paroimiakon
und einem Prosodiakon:
— J. _ _ ^.^s^ I _ v^ JL v^ _ v-A^ —
0} xakXiaTrj noXi Tra-orwr, wsaq Kkewr iifoq^. Eupolis fr. 290 K.
97. 1. Aus der Verbindung mehrerer Glykoneen und eines als Ab-
schluss dienenden Pherekrateion entsteht das sog. glykoneische System
oder Hypermetron. In ihm sind die einzelnen Kola durch Synapheia (s.
§18) mit einander verbunden und Wortbrechung zwischen zweien nicht selten.
Die Zahl schwankt zwischen zwei und sechs Gliedern. Anacr. fr. 8.
ßovkotfiijv xtgag ovr Heu
\ c
nevfr^xovxa xe xai exatov
TaQTTjacFov ßaaiXev-aai,
Bei den Lyrikern wird es als selbständige Strophe wiederholt, besonders bei
Anakreon, bei den Dramatikern als Strophenteil, z. B. Soph. 0. R. 1186.
Phil. 687. Eur. Herc. f. 667 flf. Arist. Eq. 551.
nwq 7iot€y ncog no% afiffinXri^xtiüV ^o&iwv fiovog xXvu)}'^
Tiwg aqa nccvdctxQVTOv oS-ro) ßioxdv xav€-axsv\
2. Das Prosodiakon (§ 90) wird gleichfalls in mehrmaliger Wieder-
holung mit einem katalektischen Schlussgliede in hypermetrischer Anwen-
dunggebraucht, häufig in der Komödie als Bestandteil logaoedischer Strophen,
seltner in der Tragödie. Es eignet sich besonders für Prozessionsgesänge.
Arist. Ran. 450 ff. %ov tjfUhTSQov T^67roi',JT(Jr xaXXixoQ(üjaTov\nai^ov%f:g^
ov oXßtmlMoTQM ^vvdYov-aiv; vgl. Eccl. 290 flf. Av. 1731 flf. Eq. 1111 flf.
Pax856flf. 909 flf. 1333 flf.
Soph. 0. R. 466 flf. MQa vir ä€XXdS(ov\i7i:7t(ov a&svaQoksQov \ (pvy^
nodct roo-^uav. vgl. 0. C. 1044 flf.
98. Der Bau der logaoedischen Strophen weist eine grosse Fülle
der mannigfaltigsten Formen auf, die sich sowohl durch ihren Umfang als
auch durch den Wechsel der Grundelemente und ihre Fügung unterscheiden.
Die monodischen Lyriker bilden einfache Strophen von zwei, drei
oder vier Stichoi; die meisten davon bestehen aus einem mehrmals wieder-
holten Kolon, dem ein etwas verschiedenes als Schluss (Epodikon) folgt;
zum Teil fehlt sogar dieses und alle Verse der Strophe sind gleich, wie es
in Sappho's Liedern des 2. und 3. Buches der Fall war. Grössere Strophen
bestehen aus zwei hypermetrischen Perioden, wie Anakreon fr. 1.
1. Distichische Strophen liegen vor in folgenden Fragmenten der
Sappho :
JL ^*.A«> _ »^ _ _
J. <^>v-/ — vy _> vir
1 v^/ _ w - bi
_1 WS-» — Vy — '^
OXßt€ ydi^ißqe^ aol nhv Srj ydnog^ mg aqao^'^)
€XTfTtX€(XT\ ^x'/S ^^ ndQd-evov, av icQuo. fr. 99.
Ilagd-fvia, naqS-evia, noX fi€ Xinoia dnofxf]',
oixtii r^^co TfQog <X€\ ovxtri ^-fw. fr. 109.
'} Heph. p. 58,17 W. | «) Heph. p. 57, W.
760 £• Metrik, c) Metrik der Griechen.
_£."—, ^--^-y I , JL V-A^ l _t >^>*^ _ v^ ^
J. C7 — v>^I _i ^^-^^^ ± <J<y _ vy _
iatieax^ai tfo^iav- naQ&evov elq- oviäva nw x^w^i». fr. 69.
d. i. das grössere Asklepiadeion (§ 95, 2) zweimal wiederholt.
Von Alkaios gehört hierher fr. 55 B.^
^^ -i vy — — ^ y>^<y ^ <J lL —
V> Z V^ _ _ _! v-/^^ _ wv^lL _
'lonXox ayva iieXh^o^isiSe 2d7rg>oi,
Von Anakreon fr. 19.*)
_L \^ _ \^/^ — <J
J. _ _ v.^^! J. v>^^I ^ ^^>«^ _ \.' _ i£
'AQ&fig di]VT ano AsvxdSog
Tthxqrfi ig noXiov- xvfia xoXvii-ßw fu&vcov ^qtaxi.
2. Tristichisch ist die aus fünf Gliedern gebildete Strophe des Ana-
kreon (fr. 21), in welcher die § 91 erwähnten Freiheiten des Polyschema-
tismiis zur Anwendung kommen.
_t <^\j t jL v>^/ I S. VA--» _ vy JL v^ _ A
^ \J \J \ J. Ky<^ _ iridJv^ — vjZvy —
noXkd fikv €v~ dovQi 66&€}^ av^kva^ noX}.d S* iv t^xV»
nokkd 6i vio^Tov Cxvxhnß fidcFTiyi x^tüfxixd^eig^ xofirjv
ndybüvd t' ixTSTiXfitvog.
3. Vi er Zeil ig ist die aus lauter logaoedischen Paroimiaka bestehende
Strophe der Sappho fr. 52:
Jädvx€ ^ir d aeXdvva
xal IlXrjiadeg^ fiätyai 6^
fyo} J^ fiova xaTsvSco,^)
4. Ferner die berühmte sapphische Strophe, welche aus drei sapphi-
schen Hendekasyllaben und einem durch (rvidtpeia mit dem 3. Verse ver-
bundenen adonischen Epodikon besteht:
_/
w
—
w
1 ^^ ^
KJ
_ V
/
w
—
C7
Z w^ _
W
— ^
/
'k-^'
—
vU
1 ^^ -
CT
— •'
UoixiXö&QOV d&dvat* ^AffQodiTa^
71 aT y/iog^ SoXoirXoxf^ Xiadof-iai (Tf,
liTj {.i ixacuai firjt' ovicciai Sajura,
noTvia, O'V/.iov. Sapph. fr. 1.
Bei Sappho (fr. 1. 2. 3. 4. 5. 26), Alkaios (fr. 5. 36) und späteren
Nachahmern; ihrem Charakter nach sanft und ruhig und für gleichraässige,
leidenschaftslose Seelenstimmung geeignet.
5. Die nicht minder berühmte alkäische Strophe ist aus zwei alka-
Xaßoy.
') Heph. p. 45,2 4 'JXxatxoy övDdexaavX- '^) Heph. p. 72,i W.
^j bei Uepli. p. 37, 17.
2. Die Metra der Oriechen. (§ 99.) 761
ischen Hendekasyllaben, einem Enneasyllabos und einem Dekasyllabos ge-
bildet, von denen nur die beiden letzten in Synaphie stehen. Bei Alkaios
fr. 9. 18. 19. 34. 35, bei Sappho fr. 28.
O" JL W « vI7 ^ V-A^ . v^ _
\J J, ^ ^ \^ J. V>^/ _ w .
vir Z <w/ _ O" jf. vy
J. V-N-» — V-/^^ _i V^ -_ ^
'AavväTTjfjLi TftJr aväfitov (fratfiv '
t6 fi^v ydq ivd'sv xvfia xvXiviexai,^
t6 d* ivd'sv ' afifieg 6' dv t6 fiäatfov
väi ifoqrjiisx^a avv fieXmvif. Ale. fr. 18.
Schwungvoll und energisch, kräftiger und mannigfaltiger als die sap-
phische Strophe.
6. Umfangreicher, aber noch sehr einfach in ihrer Bildung ist die aus
zwei glykoneischen Hypermetra gebildete (achtgliedrige) Strophe des Ana-
kreon fr. 1:
Fovvovfiai (s\ iXa^rßokB^ \ ^avd^ij nat Jiog, dyQttov
däanoiv ^'AQT€fii ^rpQwVj
fj xov vir im Arjd'cchv \ Sivrjai x^qctavxaqdiwv
dvdqwv iaxaxoQ^g noXiv \ xaiqova ' ov ydg dvtjfieQovg
notpaiveig nohrj-vag,
t>9. In den Strophen der Komödie bilden Prosodiaka und 61y-
koneen die Hauptbestandteile, seltener sind Hexapodien und tetrapodische
Kola mit mehreren Daktylen. Meist ist der Bau der Strophe einfach und
ihr Umfang gering, wie in der Liederdichtung; in seltneren Fällen ist eine
kunstvollere Gliederung vorhanden.
Zu den einfacheren Strophen gehören die aus lauter Prosodiaka
bestehenden der Prozessionslieder, zumeist nur Hypermetra in antistrophischer
Wiederholung (Eccl. 289 flf. Equit. IUI flf. Aves 1731 flF. Ran. 448 flF. Pax
1379 flF.). — Von ähnlicher Einfachheit sind die glykoneischen Strophen
Equit. 973 flf. (6 mal wiederholt) und Aves 676; vgl. Equit. 551 flf. Ran.
1251 flf. — Anakrusische Glykoneen mit Katalexis und choriambische
Glieder wiegen vor Lysistr. 321 flf. Vesp. 1450 flf. Nub. 950 flf. 700 flf. Eccl.
969. — Weniger einfach und von grösserem Umfange sind Nub. 563 flf.
Thesm. 352 flf. Ran. 1309. Vesp. 526 flf.
Beispiele. Equit. 1111 flf. (zwei Hypermetra von 4 und 6 Kola):
w Jrjfiey xaXrjV y ^xeig \ ciqxi^v, ot€ ndvtsg av\\^Q(anoi> dedlaai a wer- |
nsQ ccvdqcc rvQav-vov.
dXa evnaQaycoyog el, \ x^consvofievog re %ai Q€ig xd^anaToifxsvog,
nqog xov re Xhyovx dsi | xi%r(vag • o vovg i4 (Xov \ nagdp dnodrj^fieT,
J, _ Z <^-^-^ _ w _ ^ J. <y>^ _ w — .
II. -
»«-^s-» _ V-/ —
— S. v>^ — W —
_ S. v^y^-» — Vy — Mo/ ^ \.^\^
_ «^ —
_ -i v^»^ _ "^ — , W _i v-.V> _ W _ W _i V>^-^ I '^
Lysistr. 321 flf. Anfang.
nätov näroV'y Nixodfxrj^ \ nQiv sfinerTQ^^ad^ai KaXvxrjVj
T€ xai KQtTvk'lav TTeQi^v-^frj-Tw
vno TS voficov' d^yakätov | vno tc /«^ov-tcöv oXä&QCov,
762 S* Metrik, c) Metrik der Griechen.
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J. w l_
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1 V^N^1_
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w l_-
J. V,-^ _
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v^ -^ L_
Z ^>^ -
1(M). In der Tragödie, insbesondere bei Sophokles und Euripides,
spielen die logaoedischen Strophen eine sehr hervortretende Rolle und ent-
wickeln einen grossen Reichtum verschiedenartiger Bildungen, wenn auch
allenthalben die Grundformen der logaoedischen Kola als Elemente wieder
erscheinen. Im Vordergrunde stehen die glykoneischen Gliedformen, sowohl
die thetisch als die anakrusisch anlautenden, und die tetrapodisch zu messen-
den akatalektischen Pherekrateen; weniger häufig, aber nicht selten sind
die längeren (hexapodischen) Formen, dagegen nur vereinzelt die Logaoi-
dika ngog SvoTv und nqog xqksCv; die tripodischen Kola (katalektische Phere-
krateen und Prosodiaka) nehmen einen verhältnismässig nur beschränkten
Raum ein. Neben den logaoedischen Gliedern aber gewinnen die iambischen,
daktylischen und anapaestischen in den tragischen Strophen eine grosse
Ausdehnung, so dass sie nicht selten einen selbsändigen Teil derselben
bilden und zuweilen sogar das Übergewicht über die Logaoeden selbst er-
langen: man nennt solche gemischte Strophen iambisch-logaoedische
und anapaestisch-logaoedische.
Das GlykoneioD ist in allen seinen Formen vertreten, welche sogar innerhalb de^
selben Periode neben einander erscheinen, z. B. Ant. 332 ff. noXkd tu deiyd^ xovdev uy-
^Qüinov deiyÖTSQoy neXei, ja in der späteren Tragödie selbst antistrophisch einander ent-
sprechen, z. B. Phil. 1082 CO 1103 ^SQuoy xal nayervSdegj tugcoxal fio^^t^ Xtoßaxog, 6g rj dt;,
1124 cz) 1147, 1138 cz) llGl (choriamb. Dimeter co Glykoneus). — Der Anlaut des Glykoneion
lässt den Pyrrhichius nicht zu, wohl aber ausser dem Trochäus und Spondeus auch den
Jambus und Tribrachys; der Anapaest (einige Male bei Euripides) wird als fehlerhaft von
Aristophanes Ran. 1322 verspottet; Jambus und Trochäus stehen nur selten in antistrophi-
scher Kesponsion, Jambus und Spondeus öfter.
Das anakrusische Glykoneion ist häufig in der Form einer iambischen Dipodie
mit folgendem Choriamb (s. oben § 90, 3) :
~ _ s^ L_ /. v>»»> _ und ~^ ^■^'^ ^^ i_ J. \^^^ —
also mit Katalexis nach der 2. Thcsis, z. B. Soph. El. 823 tiov tioxb xegccv-yol Jiog tj.
Das logaoedische Paroimiakon (§90,2) bildet am häufigsten Periodenschluss,
z. B. Antig. 330 {^= 3511) X^Q^^ neQtßQvxlocaiy, findet sich aber auch im Innern der
Periode und mehrmals wiederholt, wie Antig. (J15. 783.
Auch das akataicktische Pherekrateion kommt nicht bloss als Schlu.ssglied
vor, sondern ebenfalls wiederholt nacheinander; so Aesch. Sept. 295 ff. Pere. 5l>9 ff. Ag.
392 ff., 409 ff., 425 ff., 459 ff. Choeph. 465 ff., Soph. Ai. 031 ff. &Qf]in)aH, x^QonXaxioi cf'
fV art'Qyoiai nsaovy-rat ; zuweilen auch mit Katalcxis nach der zweiten Thesis gebildet, wie
Trach. 030 MfjXida tiuq- ! Xl^u-y€(y, El. 1092 yvy vnoxetQ- yal-sig.
Die Tetrapodien mit mehreren Daktylen dienen fast stets als Proodika odi-r
Epodika einer Periode, z. B. Aesch. Choeph. 315. Soph. El. 1061 - 1069. ei'lQwai, r«V
ovx in* icag xeXov/ney; Trach. 521 nXijyfxara xal atoyog dti-cfoiy.
Die katalektischen Pherekrateen bilden gewöhnlich eitie besondere Periode
in der Strophe, meist drei oder vier miteinander verbunden, z.B. Soph. O.G. 1556 et ^f'/i/c
iaii fjioiy Tay itffayij 9e6y \ xcd ak Xirccig aeßety, j iyyvx'i^v (cya^, vgl. Ai. 627 f. El. 245 ff.
Aesch. Ag. 1448.
Ebenso gruppieren sich in der Regel mehrere Prosodiaka zu einer selbständigen
Periode, wie 0. R. 466 cjqcc yiy deXXddojy \ Xnrnoy a&eyaQiureQoy \ (fvy(c noda yta-fidy. Vgl.
0. C. 1043.
Die iambischen und (seltner vorkommenden) trochUischen Glieder werden wie
in den entsprechenden Strophen der Tragiker (s. § 64 u. 54) behandelt und haben viel-
fach Dehnung und Katalexis. Bemerkenswert ist die brachykatalektische iambische Tetra-
podie mit aufgelöster erster Thesis, - «^ o lL lL -i , z. B. Trach. 827 ff. efiTteda xn-
rov-Qi-Cfi.
Die daktylischen Reihen sind teils akatalektische Tetrapodien, teils Tripodien mit
spondeischem oder katalektischem Schlüsse, wie Trach. 112—122 wr ini/ASfjKfofjieya a
2. Die Metra der Griechen. (§ 100.) 763
«tjcfor« ^fV, aytia 6* oe'ffoi* 1 (paul ydg ovx anoTQveiy \ iXnl6a xdv nya&civ\ teils tragen
sie infolge dipodischer Katalexis choriambische Formation, z. B. Ant 139 tiXXa d* in
(iX-Xoig ineviä-^a atvcpeXi-CtJy /ueyng "JQtjg; vgl. Phil. 1100. 1182.
Die anapaestischen Glieder sind teils nach Analogie der freien anapacstischen
8yFt«me (s. oben § 47) behandelt und reich an spondeischen Formen, z. B. Soph. Ant. 845
ioß JiQxmm xg^-vm xtX.; teils wie die daktylischen mit dipodischer Katalexis, so dass sie
als Choriamben erscheinen, z. B. Soph. Trach. 850 flf. « cf' i^jjfo^cVa- laoTga 7iQo<pal-y€i (fo-
Xtay- x(d jbteyctXtty- a-ray.
Aesch. Choeph. 330 flf.
KXvd'i vvv^ 0) nuTSQ^ iv fieQ€i- noXvdaxQvxa ntv-O-i^'
SiTiaig- toi a iTTiTVfißiog- x^g^vog avatfreva-^ei.
Tci(fog J' Ixätag däde-xTai ^vyddag &' ofioi-cog,
ti reorcT-ti;; ti cT atfQ xuxcov-; ovx ärQiaxxog a-ta;
JL \^A^ _ v-*w» S ^^ \ »^>-^ v^ _ v-' lL —
w lL _ v.^^ 1 \y \ I JL ^>^ _ "v^ i_L _
7f Vw/ _ «^-A^ jJ. v_/ I JL ^^.A^ _ vy lL _
Soph. 0. R. 463 flf.
tig ovTiv a- d'eaniäneia JaXtplg eins nk^tga
aQQTjft' aqQTfiwv tsXtaavra ffoiviaiai X^Q-Civ;
o)Qcc nv d€kXdSiov \ lnn(ov (Xd-eraQohtQov | (pvy^ noda vco-fiar.
fvonXog ydq irc avrov infvO-QWCxsi
-rrvQi xcci aTSQonccTg 6 Jiog yevetag.
Ssi'Vai cT Sjii i'nov^tm- xrJQcg dvanXdxr^Toi,
I. w JL w L_ ± \^^ _|w'^_ wlL —
I '
_ — Z «^.A^ _ W ' v^ — V^ LÜ
II. - ^
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_ JL \.^^ __ v> _ »^v ^ v-N^
_i <^>«--' __ K.A^ 2. —
v>^> _£. \.y^^ >^ys^ J^ v.^*-/ __
_ v.>«_> l_L I J. w ^A.> w lL
Soph. Ant. 332 flf.
IloXXd rd Sfird xovitv dv-d-qo^nov SeivofSQOv ntXer
TOVTO xal TioXiov nsQttv novTov X^'i^*?'V '^^V
XO)Q€T 7i€QißQvxioi-aiv
7T6Qä)V im* orSflCKTlVy &€(av T€ TUV VTtSQzdTaV- FttV
ciifxhTüv dxafidtav dnoxQverai \ iXXofievcov dQ0TQ0)V stog Hg ixog
i7T'7i€i'(») yävei noXev^ov,
Z «. _ V^N-/ J. w _ A
Jl ~ _ ^-A^ J. W I I _i — — V.A^ Z V-/ —
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_. Z V-/ _ ^>^ Li ^
II.
w Z v^ — w
v-z-l'^ — v^ — v-/ —
lL L_ JL^-V^lL i:i
Eurip. Androm. 501 flf.
AN. dd* syoi xtQCcg atixaxr^qdg ßqoxoiCi xexXeifiäva
Tte'iHTiofAai xavd yai-ag
MO, (xdvsQ f.idT€Q^ iyta dh a^- mtqvyi avyxaxaßai^vu}.
AN. xJ^vficc SdtoVy 0) x^o^'o^- (P^iag xQdvTogeg. MO. (6 ndzeg,
fioXs (fiXoig imxou-Qog.
AN. xeiaei Sij^ TtxroVj o) if(Xog^ ixaaxoTg ^laxtQog d/Aifl adg
vexQog 1710 x^^W <xvv vexQOig.
764 E. Metrik, c) Metrik der Orieohen.
I, _i V_' _ V.A^ Z W I
± KJ ^ K^f^ JL KJ ^
JL \^ ^ v-^-• Li _ A
in, Jl W - w^ Jl v-/ L_ I Jj. — - v-/^^ Z W 1—
*^>^ W — v-Aw lL — A
IV. JL - - v^^ ^ ^ L_ I ^ _ - v>^ ± <J L-
\^K^ <j _ v-*^/ Z v> — A
101. Auch in der chorischen Lyrik nehmen die logaoedischen
Strophen einen breiten Raum ein, insbesondere bei Simonides, Pindar und
Bakchylides, aber auch schon bei Alkman und Ibykos sind sie vertreten,
selten bei Stesichoros. Die chorischen Strophen stehen nicht nur durch
ihren grösseren Umfang, den reicheren Wechsel der Formen und den kunst-
reicheren Bau im Gegensatze zu den einfacheren Strophenbildungen der
äolischen und anakreontischen Dichtung, sondern weisen auch unter sich
deutlich hervortretende Unterschiede auf nach den Dichtem, denen sie an-
gehören. Alkman, Ibykos und Simonides bevorzugen die längeren, den
Umfang der Tetrapodie überschreitenden Kola und unter den logaoedischen
die mit mehreren Daktylen, und bringen die daktylischen und anapaesti-
schen Elemente mit besonderer Vorliebe zur Anwendung, seltener die tro-
chäischen. Bei Pindar hingegen und bei Bakchylides überwiegen die kür-
zeren, tetrapodischen und tripodisohen Gliedformen, insbesondere das (zweite)
Glykoneion und die Pherekrateen, ferner die trochäische Tripodie und Di-
podie, die Logaoidika ngog dvoXv und nqog tqkxiv und die daktylischen
Kola treten sehr zurück; anakrusische Formen sind häufig und die Auf-
lösung in den trochäischen Elementen beliebt.
Simonid. fr. 41.
Ovdii yccQ €vvoa((fvXXog m^-ia %m (oqt dvefKov,
ci Tig xatfxookvf xiSvafierav
HsXiadäa ya^qvv aQctqelv äxoaiat ßgorwr.
_ \^*^ __ <A^ _
Pindar Ol. 1.
I. ^ÄQi-tSrov ntv vScoQ, 6 dt \ XQ^tJog ald-onfvov- nvq
ax€ dianQtnai' vi^x\tI fi&ycivoQog ^'Jo/a nkov-rov.
II. fl rf' cif&Xa yaQvsiv \ ^Xdeai^ ifiXov rj-zoQ, | firjxtT dsXtov axoTiei
(ikko d^aXnvoTeQOV iv dfX6\Q^ (fasrvov ccarqov f^r^-|jUff^ SC ai&tQog^
III. iirjS' 'OXviiimag dywvcc \ (fhqxsqov av-ddaoiuv*
oO-ev 6 noXv(faTog viivog dfKfißdkXexm
KQm'ov- naTS^ f$ d^vadv- ixontroig,
lidxai'Qav '^ItQwvog iatiav.
I, -^ lL _ ^^-^ J. yj [—\ JL w _ k-^^lL ^
II, J.o_v^ ZwiiA|^w_ v^^lL ^A\J.^^^±\^^A
2. Die Metra der Grieoheo. (g 101-102.)
765
III.
-l*^ — v^-iv^ — V-'
Ky ^A^ KJ V><^ \J JL \^ ^ <J
W Li
<J
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_i W L_
_ *^ _1 O
y.^^ w — v_/
JL v>^L_
v^ }=^
v><-» W ii
^u^ vy iii
W :i
^ w ii
Allgemein 68: Bobckh, M. P. p. 131 sq. 284 sq. — G. Hjebmann, Eiern p. 517—585.
Epit. § 454-524. - Westphal, IP p. 707—845. I» p. 285 ff., m^ 1, p. 350 ff. — J. H.
H. Schmidt, II, 273. 281. 380. IV, 459 ff. 553 ff. — Dindobp, De metris poet. scen. p. 54 sq.
- Christ« p. 459-84 u. 508-563.
Spezielleres: Selkkakn, De versu glycoD. Berlin 1834. 4. — Geppskt, De versu
gly con. Berl. 1834. — H. Weissenbobn, De versibus glycon. 2 ptt. Lips. 1840. 41. — F. V.
Fbitzschb, De versu Eupolideo, Rost. 1855. 4; de Eorip. choris glycon. polyschem. scriptis.
Rost. 1856. 4. u. Philol. XII (1857) p. 67-91. — W. Bbrokb, De Sophoclis vereibus lo-
gaoedicis et epitr. Bonn. 1864. diss. — W. Bbakbach, Metr. Studien z. Soph. p. 85 ff. p.
140 ff. Rhythm. Unters, p, 168 ff. — Gu. Velkb, De metronun polyschem. natura atq.
legibus. Gott. 1877. — J. Lutbkeb, De choriambo et ionico a minore diiambi loco positis.
Argent. 1884 (Diss. Argent. VIII.) — F. Spibo, Der kyklische Daktylus u. d. lesbische
Lyrik in: Hermes XXIII, p. 234 ff. (1887).
IV. Die Dochmien.
102. Der Dochmios ist nach Angabe der Altena ein oxTMtjfiog
novg; von den acht Chronoi, aus denen er besteht, sind der 2. und 3., der
4. und 5., der 7. und 8. gewöhnlich zu einer Länge vereint, so dass als
Grundform diese gilt:
w _ _> w —
Ausserlich betrachtet erscheint er also als die Verbindung des Bakcheios
und lambos w _ _ | v, _ oder des lambos mit dem Kretikos w _ | « w . .
An Stelle jeder der beiden Kürzen der Grundform kann auch eine irratio-
nale Länge treten:
~ - - ~ « oder ^ - — »^ - und ^ - ^ ^ —
Durch verschiedene Kombination von Auflösung der Längen und Zu-
lassung der irrationalen Chronoi ergeben sich eine grosse Menge von Formen
des Dochmios:
A. Ohne Auflösungen:
a) ohne irrat. Länge, b) mit irrat 1. L. c) mit irrat 2. L. d.) mit irrat. 1. u. 2. L.
1. w _ _ w _
»o/ _ — ^ —
2. - - - w - 3.
B. Mit Auflösungen:
5. ^ ^^-^ _ v-/ _
9. ^ — v.^^ w _
13. ^ - _ v^ v^^
9(1
(5, v-' v^^ _ w — . 7. *^ ^"^^ — <^ —
10. ~ ^ \.A^ KJ _ 11, *^ _ V>^/ C7 _
14. - - - v^ > — ' 15. v> - -
18. -^v^w - 19. ^
22. ~ ^-^^ — ~ ^-^^ 23. ~
v^
V-/ V-A^
26. - -
30. -
^.A^ V-/ v>^y
V^ \^<^
27.
31.
K^ — y-A^ \^ VrfV-»
\^
\^ v>s^
4. ~ - - " -
12. ~ - ^^ ~ -
16. ~ — — ~ <^>^
20. -
24. -
2o. ~ — '''^^^ ~ v-A-/
32. -
Vrf^^V.>V> s-J _
Von diesen 32 Formen sind indess keineswegs alle üblich, sondern nur
einige werden mit Vorliebe gebraucht, andere hingegen finden sich äusserst
selten oder gar nicht. Nächst den Normalformen (1) w - - w « kommen
am häufigsten vor die beiden ersten Formen mit aufgelöster erster Länge
*) Aristid. p. 39. Dionys. de comp. c. 11
p. 130. Quintil. IX, 4, 97. Schol. Heph. p. 186.
Schol. z. Aesch. Sept. v. 103. 128. Schol.
z. Arist. Av. 407. Etym. M. p. 285.
7GG £• Metrik, c) Metrik der Grieckeü
V_A^ _ V^ «.
(5) w ^^ _ .. _ und (6) -
hv/iog ayybXoq atO-egicc xovig.
Nicht selten sind auch die Formen mit Auflösung der ersten und zweiten
Länge zugleich (17. 18):
vdavog oqotvtiox^ ^tt noXtg oSe Xsiig,
Auch Formen mit Auflösung sämtlicher Längen, also achtsilbige (29. 30)
finden sich (noch nicht bei Aeschylos), z. B. Soph. 0. R. d61. 1314:
(29) atfiXog ort nvfxaTOV. vbifog ifidv anotqonoVj
besonders in den späteren Stücken des Euripides; vereinzelt auch die Form
-^^- v>^^(22) Soph. 0. R. 1345 tov xaTagatoratov. Dagegen werden
Dochmien, bei denen die zweite Länge aufgelöst ist, nicht aber die erste
(9 — 12. 25-28), mit Recht als zulässig bestritten (Enger, Klotz); vgl.
Aesch. Sept. 80 {hgfievov). 126. 164. Ag. 1111. Soph. Ai. 879.
Die Irrationalität der ersten Silbe ist häufig bei Auflösung der
ersten Länge (6. 18), z. B. Aesch. Sept. 172 x^'Q^^^'^^^ Xirdg (6), selten
ohne diese (2. 10. 14. 26), wie Soph. 0. C. 836 eigyov • aov fikv ov (2).
Die der zweiten Kürze ist häufig bei Euripides, selten bei Aeschylos (Choeph.
935 <x> 947) und Sophokles. Dochmien mit zwei irrationalen Längen finden
sich nicht bei Aeschylos und Sophokles, bei Euripides nur Hei. 676 Xovj^y
xai xqi]vm\
Von den drei langen Silben trägt die zweite den stärksten Iktus
(Christ, Klotz) und der Dochmios zerlegt sich demnach in eine Arsis von
3 und eine Thesis von 5 Chronoi:
Kj — j. '-• _ und ^-^ ^^^^ ^-^^ "^ — .
Anmerkung. Die Messungen des Dochinios als eines kataleküschen bakcheischen
Dimeters:
V. z _ ^ JL Ä (Westphal II^ p. 854 = P, p. 182.j
oder als einer iambischen Tripodie mit Unterdrückung der 2. Kürze:
w ! _ _ w _ (Pickel)
oder als einer katalektischen trochäischen Tripodie mit Synkope des 1. Kusses:
___./_ A (Brambach)
führen zu allerlei Unzuträglichkeiten (Annahme einer Pause mitten im Worte, Auflösung
^'edehnter Länge u. dgl.). — R. Klotz glaubt der achtzeitige Dochmios sei durch eine Art
von Anaklasis aus der gradegegliederten anapaestischen Dipodic entstanden:
103. Die Dochmien haben infolge der ungleichen Verteilung der acht
Chronoi auf die beiden Taktteile den Charakter des Unruhigen und Hin-
und Herschwankenden. Sie sind daher das Mass leidenschaftlicher Erregung,
^plenum metus et agifationis'' , indem sie gewissermassen das Auf- und
Niedergehen der Wogen der Gemütsbewegung vor Augen führen. Die
Auflösung steigert den Eindruck der Unruhe und Erregung, die irrationalen
Längen wirken mässigend und beruhigend.
Seine fast ausschliessliche Anwendung findet der Dochmios in der
Tragödie, zu deren Hauptmassen er gehört, und zwar vornehmlich in
monodischen oder amöbäischen Bühnengesängen und in Kommoi,») nur
selten in Gesängen des Gesamtchors, wie Soph. El. 1384; besonders in thre-
') Schol. z. Ae^ch. Sept. 103 o ^v&iaog ovxog noh^g icxiv iV &(}ijytodUc xai initi^deios
iQog d^i'jvovg xai atevayfjiovg.
2. Die Metra der Griechen. (§ 103 -105.) 7G7
nodischen Partien, aber auch sonst wo die Erregung einen hohen Grad
erreicht hat (Choeph. 935. Sept. 78 flf.). In der Komödie hat das doch-
mische Mass eine untergeordnete Stellung und kommt nur in der Parodie
tragischer Partien vor, z. B. Aves 1188 fif., Thesm. 700., Vesp. 730 flf. Ach.
490 flf. 506 flf.
Der Vortrag war überall Gesang, begleitet von lebhafter Aktion und
orchestischer Bewegung.
104. Der einzelne Dochmios bildet nur selten einen Vers für sich,
weit häufiger werden zwei, oft auch drei zur Verseinheit verbunden; aber
auch eine noch grössere Zahl von Dochmien finden sich in systematischer
Vereinigung als dochmische Hypermetra. Die Cäsur zwischen den einzelneu
Gliedern ist häufig, aber nicht notwendig.
Dochmische Monometer finden sich besonders als alloiometrisches
Element epodisch anderen Rhythmen zugesellt, z. B. Eurip. Phoen. 137
dfioYocfiog xvQsT, 149 ndvonXog diiiftnei.
Dochmische Dimeter:
Aesch. Ag. 1426 nsyakoixrjfiig f?, | neqifpQova S^iXaxsg,
Soph. El. 1385 SoXioTiovg dgcolyog sTaw attyag.
Dochmische Trimeter:
Aesch Sept. 85 notdrai^ ßQtjuei \ cT dfxax^Tov dixav \ vdaxog oqotvtiov,
vgl. Sept. 171 f. Suppl. 392 flf. Choeph. 935 f. Soph. El. 1387 f.
Dochmische Hypermetra:
(fovor oT em
ifidg naTtQOg,
Eur. Or. 162. adixog adixa %öx aq \ fkaxev iXaxev dno
TQtnodi I Qb^udog tig idixaas | (fovov o Aol^iag
vgl. Aesch. Sept. 203 flf. Eur. Med. 1258 flf.; mit logaoedischem Sclüuss-
kolon Aesch. Sept. 219 flf. 686 flf. 698 flf.
Dochmisch-logaoedische Verse. Die Annahme, dass der Doch-
mios durch allerlei Zusätze am Anfange, am Ende oder gar in der Mitte
erweitert werden könne, hat sich als irrig erwiesen. Auch einen hyper-
katalektischen Dochmios giebt es nicht. Dagegen werden mit den Doch-
mien zu periodischer Einheit einzelne Kola anderer Rhythmen, am häufig-
sten logaoedische, verbunden. Der sog. hyperkatalektische Dochmios ist
in der Regel eine logaoedische Tripodie resp. brachykatalektische Tetra-
podie und findet sich besonders häufig im Periodenschluss, z. B. Aeschyl.
Sept. 567 tovaS* oXtaeuv iv y^ j. ^^ _ ^ Li - a , vgl. eb. 688 ^nßal*
^Qonog (ioxdv und Suppl. 405, wo er ohne Wortbrechung mit dem voraus-
gehenden dochmischen Dimeter verbunden ist: ri twvS' i^ Ttxov \ Qtnoiitvtüv
fUTakyfTg lo dixawv ^Q^ca;
105. In den dochmischen Strophen bildet der dochmische Dimeter
und nächstdem der Trimeter das Hauptelement; doch läuft manchmal der
dochmische Rhythmus ohne Periodenschluss bis zu Ende der Strophe hin-
durch. — Alloiometrische Bestandteile sind iambische Kola, insbesondere
Dimeter und Trimeter in allen Formen, welche sie in den tragischen Stro-
plien anzunehmen pflegen, zuweilen proodisch auch Monometer; ferner
logaoedische Kola, namentlich am Schlüsse der Strophe als Epodika,
z. ß. Soph. 0. C. 1465 Zev cira, aol yw-rw. Aesch. Sept. 567. 688. 701.
Suppl. 405.; seltener päonische und bakcheische Glieder, z. B. Soph. El.
7C8 ^ Metrik, c) Metrik der Qriechen.
1384 iSed-' on(f nqovifuxai (kret. Dimeter). El. 1248 ovdä nore Xr^tf^tw
aiAsxeqov (kret. Trimeter).
In einzelnen Strophen treten die iambischen und die dochmischeo
Elemente als gleichberechtigt nebeneinander, so dass sie den Charakter
iambisch-dochmischer Strophen tragen; in manchen Fällen nehmen die
dochmischen Glieder sogar nur eine untergeordnete Stellung ein.
Der Bau der dochmischen Partien ist bei Aeschylos und Sophokles
durchweg antistrophisch, bei Euripides entbehren sie mehrfach der Re-
sponsion.
Aesch. Suppl. 392—396 od 402—406 (Chorgesang):
arq, g.uj Ti not' ovv yevoinav v/ioxfiQiog xQccveaiv a^äviov,
vnaaxQov it rot fii^X^Q o^tXofiai yäfAov Svtr^QOVog
(fVY$ ' ^Vfifiaxor d* fXo^evog i(xav xQive tftßag ro TTQog ^ccur.
-v^^z w «!_^-^^2 -j ^ \- <^ 1 w - trim. dochm.
w _ 2v^_jv^^^zw_|w- -lo- trim. dochm.
w»zw»|wv^^zv^-|2v^-wl1« dim. dochm., pherecrat. I.
Reine Dochmien mit logaoedischem Schlusskolon.
Soph. El. 1384 S. CD 1397 g. (Chorgesang):
axq, ^'I6€&^ ontf nqovtiistat
6 SvaäQKfTog affia (pvcFtop ^Agrjg,
ßeßatSiv ccQTi SiofioTcov vTtoateyoi
lH€vdSQOfioi xaxwv TtavovQyrjfiarcov ag>vxvai xt;v£^.
MCFT ov fxaxQccv Ix äfifievei
Tovfidv ^QercSv oveigov at(OQOvfi€Vov,
v!w ^ _ v>^ w _ dim. cret.
w^^zw_|w_zw- dim. dochm.
w 2 v^ _ . z - _ w JL v^ _ trim. iamb.
^ trim. dochm.
dim. iamb.
_zw-wz.y-_jLw^ trim. iamb.
lanibisch-dochmische Strophe mit päonischem Proodikon.
Eurip. Iph. T. 842—849 (Monodie):
uTonov aSovdv ^Xaßov^ w (piXai.
dtdoixa cT, ix xsQtav (xe fiij nqog alx^kqa
dfiimdjxtrog ffvyih
1(6 KvxXwmg icxxia, im navqig^
Mvxi^ra (f>iXa,
xdgiv ^x^^ C^«^5 X^Qf'^' ^X^ TQO(fag,
ort fioi awoi^im^iova r&i'St d6jnoi\(nv e^ed-gtipio ffuog,
K^^^ j. w -w^^z w _ (Jim, dochm.
- -' -^ - w 2 V. _ :j z -. _ trim. iamb.
-^^ j. -.j _ nionom. dochm.
v^ z w _ o ^ w _ ^ .'_ v^ _ trim. iamb.
- - - ^ - nionom. dochm.
^ ^^ ^ v^ _ .. ^^ / w « (lim. dochm.
v^ / ^^ _ ^^ 2 ^^ _ |w _' v^ L_ .'. w V dim. anap.; dim. iamb.
lambisch-dochmisches System (alloiostrophisch).
I
2. Die Metra der Griechen. (§ 105.) 760
Zum Dochmios: A. Sbidler, De versibus dochmiacis tragicoruin graec. 2 partt.
Lips. 1811. 12. — BoECKH, Metr. Find. p. 147 sqq. — G. Hermann, Elem. p. 240—277.
Epit. § 225-274. — Rossbach-Westphal P, 696 ff. IP, 853 ff. - Chkist« p. 427-457. —
J. H. H. Schmidt, I, p. 133 ff., IV, 509 ff. - R. Enoeb, PhiloJ. XII (1857) p. 457 ff. —
\V. Kühne, De dochmio quid tradiderint vcteres. Hai. 1863. diss. ~ M. Lortzino, De
numero dochm. Berol. 1863. diss. — Fb. Goldmann, De dochmiorum usu Sophocieo. Hai.
1807. diss. — W. Brambach, Metr. Studien z. Soph. p. 59ff.; Rhythm. u. metr. Unters,
p. 161 ff. - A. Gbabow, Numeri dochm. usus Sophocl. Lips. 1869 diss.; De num. dochm.
usu Sophocieo. Lemgo 1870. Frogr. — M. Schmidt, Jhbb. f. Fhilol. 101. Bd. (1870) 405—
70. — Fritzsche, De numeris dochm I— VIII. Rostock 1874 ff. — F. Ed. Schulze, De dochmio.
Berol. 1870. diss. - Vooelmann, Über Taktgieichh. mit bsd. Bertlcksichtigg. d. Dochraius
Stuttg. 1877. Tübing. Festschr. - L. Drbwes, Zur Theorie d. D. in Jhbb. f. Phil. 121. Bd.
(1880) p. 409 ff. — R. Klotz, De numero dochmiaco observatt. Zittav. 1881. Ders. Jahresber.
f. 1888 p. 301 f., f. 1886 p. 59 ff. — C. Pickel, De versuum dochmiorum origine in Diss.
argent. III. (1881) p. 139 ff. — K. Steiger, De versuum paeon. et dochmiacorum ap. poetas
graecos usu ac ratione. Lips. 1887 ff. 3 partt. Progr.
Wir stellen im Folgenden Schriften zur griechischen Prosodik und zur
Metrik der einzelnen Dichter zusammen.
Zur griechischen Prosodik. (Quantität. Elision. Synizese. Hiatus.) Allgemeines: G.
Hebmann, Elem. d. m. cap. X.,* Epit. §74-101. — Fr. Spfizner, Versuch einer kurzen
Anweisung z. griech. Prosodie. Gotha 1823. 3. A. 1829 (Anhang in Rost, Griech. Wörterlr.).
— Fr. Passow, Die Lehre v. Zeitmasse d. griech. Sprache. Bresl. 1826. (Anhg. in s. Hand-
wörterb.) — Wbstphal, Gr. Metrik ^^ 66-110; III,» 1 p. 95—137 von dem Verf. — .1. H.
Schmidt, Kunstformen IV, 17- 231. - W. Christ, Metrik« p. 7 ff. — R. Kühner, AusfUhrl.
Grammatik d. griech. Sprache. 2. A. 1869. I, 150-197. 233-42.
Spezielleres: A. Hoffmann, Quaestiones Homer. Clausthal (1843) 1848. - II. L.
Ahrens, De hiatu ap. eleg. Graec. poetas. Philol. III. (1848) p. 223 ff.; De hiatus Hom.
legit. quisbusd. generibus. Hannov. 1851. - J. Rumpel, Quaestiones metr. (über Muta c.
liq.) I. II. Insterburg 1805. 60. Progr.; Philol. XXV (1807). p. 470 (über ^); ib. XXVI.
(1808) p. 291 ff. (Synizesis bei d. Trag.). — J. v. Laroche, Hom. Untersuchungen. L.
1809. — W. Hartel, Homer. Studien I-IIL Wien. 1871— 74 (Akad. Abb.) — N. Wecklein,
Studien z. Aeschylus. Berlin 1872. p. 10 ff. (Krasis u. Synizesis). — Chr. Baier, Animadv.
in poet. trag. Gr. Cassel 1874 (über Synizese). — C. Goebel, De correptione attic. Bonn
1870. — 0. Grulich, De quodam hiatus genere in Hom. carm. Hai. 1876. — J. Hilbbrg,
Das Prinzip d. Silbenwägung und die daraus entspringenden Gesetze d Endsilben in d.
griech. Poesie. Wien 1882. — Al. Rzach, Studien z. Technik d. nachhom. heroischen Verses.
Wien 1880. Neue Beiträge z. Techn. etc. Wien 1882. — A. Buth, Zur Positionsbildung im
Homer. Philol. XXXIX. (1880) p. 551. — Fr. Benecke, Beitr. zur Metrik der Alexandriner.
I. II. Bochum 1883. 84. — A. Lucius, De crasi et aphaeresi. (Diss. Philol. Argent.) 1885. —
J. Menrad, De contractionis et synizeseos usu Homerico. Monach. 1886. — A. Kopp, Über
positio (lebüis u. correptio attica. Rh. Mus. 41. Bd. S. 247 ff, (1886). — J. Draheim,
De hiatu debili Homerico. Jahrb. f. kl. Ph. *1888 p. 609 ff. — G. Voorinz, Gramm, d.
homer. Dialekts. Paderb. 1889. p. 12-56.
Zur Metrik der griechischen Dichter. Elegiker: J. Caesar, De carminis graec.
olegiaci origine et notione. Marburg 1837. — F. C. Hultgren, Observatt. metr. in poStas
eleg. graecos et lat. 2 ptt. Lips. 1871. 72. Progr.
Lyriker: J. H. Härtung, Geschichte der Rhythmenschöpfung in: Griech. Lyriker.
5. Bd. Leipzig 1858. — Foeiae hjrici graeci ed. Th. Bergk ed. IV. 1878-82. 3 Bde. —
W. Christ, Beiträge zur Metrik d. griech. Lyriker u. Dramatiker. München 1869. (Abh.
d. Ak.). — A. BoECKH, Über die Versmaasse des Pindaros. Berlin 1809. De metris Pindari
Leipz. 1811. De Doriis epitriiis. 1825. — W. Christ, Die metr. Überlieferung d. pindar.
Oden. MOnchen 1868. — J. II. Schmidt, Schemata zu Pindars Gesängen in , Kunstform en**
I, p. 382—429. Leipzig 1868. — M. Schmidt, Pindars olymp. Siegessänge mit Prolegom. über
pindarische Kolometrie u. Textkritik, I. Jena 1868, p. VlI— LXXXIV. Ders. über den
Bau der pindar. Strophen. Jena 1882. — F. Vogt, De metris Pindari quaest. in: Diss. phil.
Argent. vol. IV, 203-312 ff. — A. Heimer, Studia Pindarica. Lundae 1885. 4.
Dramatiker: C. Lachmann, De choricis systematis trag. Berol. 1819. De mensura
tragoediarum. ib. 1822. — G. Dindorf, Metra Aeschyli Sophoclis Euripidis et Aristophanis
dcscripta. Oxonii 1842. De metris poetarum scenicorum in Poet. scen. graec. ed. V. Lips.
1809. p. 31—50. — M. W^ilms, De personar. mutatione in versibus dialog. usurp. DOsseldf.
1855. ~ G. Jacob, De aequali stropharum et antistr. in trag, graecae canticis conformatione.
Berol. 1800. diss. — W. Christ, Wert der überlieferten Kolometrie in d. griech. Dramen.
Uaudbuch der klass. Altert ums wiAseniicbaft. II. 2. Aufl. 49
770 ^' Metrik, c) Metrik der Griechen.
München 1871. 8 (Abh. d. bayr. Akad). - Witten, De tragicorum graec. stichom^-tlik
Helmstadt. 1872. Pr. — L. Mybiantheus, Die Marechliedor des griech. Dramas. MOndm
1873. — W. Christ, Die Parakataloge im griech. u. röm. Drama. Mttncheu 1875. (Abk.
d. b. Ak. XIII.); Teilung des Chors im att. Drama mit Bezug auf d. metr. Form der Chor
liedcr. München 1877 (Abh. d. b. Akad. XIV.). - C. Conbadt, Die AbteiloD^ lyr. Vene
im griech. Drama u. s. Gliederung nach d. Verszahl. I. Berlin 1879. — S. Rbitbb, De
syllab. in trisem. longitudinem productarum usu Aeschyloo et Sophocleo. Lips. et Prag. ISiTT.
Aeschylos: R. Enger, De Aeschyliis antistrophicorum responsiouibas VratisJ. 188(>.
diss. — J. H. H. Schmidt, Schemata sämtl. Chorica des Aesch. in: Kunstforraen I, 14(5—429.
Leipz. 1868. — K. Bbrnhardi, De royijg in mediis syncopatis usa Aeschvleo. Chemnitz
1879. Progr. - Tn. Heidler, De compositione metr. Prom. Aeschyl. Vraiisl. 1884. diss. —
C. CoNRADT, Metrisches in s. Ausg. v. Aeschyl. Perser. Berlin 1888.
Sophokles: L. Bellermann, De metns Soph. veterum rhythmic. doctrina expL'can-
dis. Berlin 1804. Progr. -- W. Beboeb, De Sophoclis versibus logaoedicis et epitrit. Bonnae
1864. diss. — H. Gleditsch, Die sophokl. Stiophen metr. erkl. Berlin 1867. (J8. Progr. —
W. Bbambach, Metrische Studien z. Soph. Leipz. 1869. Die Sophokleischcn Gesänge f. d.
Schulgebr. metr. erkl. Leipz. 1870. 2. A. 1881. — J. H. Schmidt, Die lyr. Partien in d.
Trag. d. Soph. rhythm. geordnet in: Kunstformen II, p. I— CLXXXIII. Leipz. 1869. — - M.
Schmidt, Die Sophokl. Chorgesänge rhythmirt. Jena 1870. — J. Sebbass, De versuam ly-
ricorum ap. Sophocl. responsione. Lips. 1880. diss. — M. Schmidt, Do numeris in cborids
systematis Aiacis. Jena 1881. Ind. lect. — H. Gleditsch, Die Cantica d. soph. Tragödien
nach ihrem rhythm. Bau bespr. Wien 1883.
Euripides: F. X. Fbitzsche. De Eurip. choris glyc. polyschemat. scriptis. Roatoch.
1850. u. Philol. XIL (1857) p. 67-91. Ders. De canticis Eurip. Rost. 1869. u. PhiloL XI.
315 ff. — H. BucHHOLTZ, De Eurip. versibus anap. Cottbus 1864. Pr. Ders. De Eurip.
vers. dactyl. ebd. 1865. — J. H. Schmidt, Die lyr. Partien in d. Dramen, d. Earip. in:
Kunstformen III. p. I— DCXXXVII. — Ch. Bally, De Eurip. trag, partibus lyr. Berol. 188».
Aristophanes: J. H. Schmidt, Die lyr. Partien bei Aristoph. rhythm. geordnet in:
Kunstformen II, p. CLXXXV sqq. — Th. Zielinski, Die Gliederung der altatt Komödie.
Leipz. 1885 p. 291 ff.
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen
Dichtungen.
106. Alle Dichtung der Griechen war, so lange die poetische Kunst
in ihrer Blüte stand, für den lebendigen Vortrag bestimmt: erst in der
alexandrinischen Zeit, als die originale Schaffenskraft bereits versiegt war.
begann man für die blosse Lektüre zu dichten und deswegen die Rücksielit
auf den Vortrag aus dem Auge zu verlieren.
Der Vortrag des Dichtwerks aber war in seinem ersten Ursprung
Gesang, zunächst eines Einzelnen, fxorftidfa, dann einer Mehrheit, eines
XOQoc; auch die Verbindung von Einzel- und Chorgesang trat schon früh
ein, zunächst indem der Chor nach dem Vortrage des Vorsängers mit dem
Refrain {entif^aYjucCj sifviiivioy) einfiel.
Zum Gesänge des Einzelnen wie des Chors gesellte sich ein beglei-
tendes Instrument, Zither oder Flöte, je nach dem verschiedenen Charakter
desselben, auch beide im Verein. Beim Chorgesang trat noch die orche-
stische Bewegung hinzu, zuweilen in der Weise, dass abwechselnd nur
der eine Teil des Chores sang, während der andere tanzte.
Neben dem wirklichen Gesänge entwickelten sich auch die anderen
Arten des Vortrags, nämlich der gesangähnlichc Vortrag unter Instrumen-
talbegleitung, den wir als Rezitativ zu bezeichnen pflegen; ferner die
nu()itxctiakoyii]^ deren Einführung dem Archilochos zugeschrieben wird,')
*) IMut. de mus. c. 28. 'jQxl^o/og TiQoae^evQS . . . riyV 7H(QaxaT{eXü)n/jt' xal xfjy
n((fl ravKt xgoiaiy.
8. Metrischer Ban und Vortrag der griecluschen Dichtungen. (§ 106— -107.) 771
d.i. die melodramatische Vortragsweise, bei welcher der Ausdruck des
gesprochenen Worts durch die Töne eines Instruments gehoben wird,*)
und endlich die blosse Deklamation {ipiXr^ ^^i^).
Es ist ersichtlich, dass die Bestimmung einer Dichtung für Chor-
oder Einzelgesang nicht ohne Einiluss auf ihre metrische Gestaltung sein
konnte und dass den verschiedenen Vortragsarten meistenteils auch ver-
schiedene metrische Formen zu entsprechen pflegten.
1. Die vorhomerische Dichtung.
107. 1. Zu dem gemeinsamen Erbgut der indogermanischen Völker
gehörte als Anfang poetischer Eunstform ein Vers von vier IJebungen mit
unbestimmten Senkungen und die Gruppierung von vier solchen Versen zu
einer strophischen Einheit. Diese Grundlage darf man auch für die älteste
Dichtung der Griechen voraussetzen, ebenso für die religiösen Gesänge wie
für das weltliche Lied.
Einer frühen Entwickelungsstufe angehörig ist die Verkürzung des Satzes
von vier Hebungen durch Herabsinken der letzten Hebung zur Senkung
und die Halbierung des ganzen Satzes.
2. Eine allmähliche Regelung in dem Verhältnis von Arsis und Thesis
bewirkte die Pflege der Dichtung und des Gesangs durch Sänger, die ihre
' Kunst traditionell fortpflanzten, besonders im Dienste des Apollo. So bil-
deten sich aus dem alten Grundmass, das als doppelter (XTiordttog fxd^(jDv
lIj i_j lIi L-l
in schwerfalligster Form erschien, die anapaestische und die daktylische
Tetrapodie in ihrer vollen und ihrer abgestumpften Form:
v>^> JL \.a^
\.^>~/ JL \.y<y JL
Z. \.y<y J. »^-»o» J,
y f ±
-i y.J^ 1. V-N^ J. —
JL ^.J^ JL
Daneben traten die halbierten Sätze in entsprechender Formation:
^->^ JL ^.^^ -i und — ^^^ — '^^^ oder — ^-^^ — —
und die verkürzten Sätze:
^^:^^ 1. wv^ JL \^Kj L und — ^^^^ — ^^^ — •
3. Das nach bestimmten Kunstregeln gestaltete Kultuslied, der Nomos,
wurde am Altare des Gottes bei festlicher Feier von einem einzelnen Sänger
vorgetragen, der sich selbst mit den Klängen der Phorminx begleitete.
Man wird kaum fehlgehen, wenn man für diese hieratischen Lieder eine
ähnliche strophische Gliederung voraussetzt, wie sie sich später im elegi-
schen Distichon zeigt, also eine Verbindung von vier Gliedern, in denen
eine Melodie zum Abschluss gebracht wurde.
4. Auch das epische Einzellied, welches die weltlichen Feste
verschönte, nahm allmählich eine kunstmässig geregelte Form an. Es waren
^) Eine abweichende Auffassung von
Parakataloge — als .begleitetes Rezitativ*
im Unterschiede von melodramatischem Vor-
trag — vertritt Th. Zielifski, Altatt. Komödie
p. 313 f., welcher für den letzteren den Aus-
druck xaraXoytj in Anspruch nimmt nach
Hesych. s. v. (to t« ^afiata fitj vno fxiXn
UyHv) vergl. mit Xenoph. Symp 6.
772 S* Metrik, c) Metrik der Griechen.
berufsmässige Sänger, aoiioi\ welche die xXta aviqfav unter Phorminx-
begleitung vortrugen; ihr Vortrag war Gesang, aoiiriy nicht blosse Dekla-
mation, und eine bestimmte Melodie wiederholte sich in regelmässigen Ab-
sätzen.
5. Das Ergebnis der frühesten kunstmässigen Regelung der Dichtfonn
war der aus zwei früher selbständigen Gliedern zusammengef>e dakty-
lische Hexameter, welcher ebenso im heiligen Liede des Priestersängers
wie im weltlichen Heldengesange, der an den Höfen der Fürsten erklang,
allmählich die Herrschaft erlangte, während die volksmässigen Lieder noch
ihre freie, fester Regelung entbehrende Form bewahrten.
2. Die epische Dichtung.
108. So lange die epische Dichtung sich in der Form des kurzen
Einzelliedes bewegte, entsprach der Versbau der ältesten Zeit mit seinen
kurzen Gliedern und der schlichte Gesang der doiioC dem Charakter der-
selben. Als sich aber das Epos im grossen Stile entwickelte und der
grössere Umfang der Dichtung, die Fülle des darzustellenden Stoffes eine
angemessene Form erheischte, wurde der in der hieratischen Poesie aus-
gebildete daktylische Langvers das ausschliessliche Yersroass für das
Epos. An Stelle des Sängers aber trat nunmehr der Rhapsode, welcher
nicht mehr die Phorminx schlug, wie der alte aoidog^ sondern mit dem
Stabe in der Hand auftrat. Der Gesang wich der blossen Rezitation. Nur
ausnahmsweise wurde von den Terpandriden an öffentlichen Festfeiem ein
Abschnitt aus dem homerischen Epos als Gesang vorgetragen.
Eine strophische Gliederung, wie sie der Gesang erfordert hatte, wurde
entbehrlich, sobald der Rhapsodenvortrag aufkam. In diesem folgte ohne
systematische Gruppierung Vers auf Vers. „Wie (im Epos) Thatsache an
Thatsache gleichförmig und ohne bedeutende Gliederung aneinander ge-
reiht wird, ebenso einförmig und atomistisch reihen sich Vers an Vers
ohne eine weitere Einheit als die Wiederholung eines und desselben. Diese
stichische Komposition ist die epische Form des Altertums.**^)
3. Die Elegie. 2)
109. Die Elegie ist ihrem Ursprünge nach ein zur Flöte vorge-
getragenes Lied, vornehmlich ein Klagelied. Der metrische Bau des eli»-
gischen Masses (§ 38) weist auf Gesang hin : die vier Glieder, aus denen
es sich zusammensetzt, bilden eine Strophe, die Unterdrückung der Arsen
am Schluss der beiden letzten Glieder und die Dehnung der Schlusssilben
kommt erst im Gesänge zur rechten und vollen Geltung.
Für die ältesten Elegien ist denn auch der Gesang bezeugt;^) aber
die spätere Entwickelung führte zum bloss rezitierenden Vortrag unter
Flötenspiel. Dass schliesslich auch auf die musikalische Begleitung, ja auf
*) BoECKH, Encyclop. d. philo]. Wissen- ' fjejueXonoitJiLtsya ol uvXtüdol ^Jcfor . . . ytyori
Schaft p 017. (ff x(u l'axdtfag oUgyeiog noiminq ueXaiy Xtti
'') Prool. Chrestoin. p. 242 W.
^) Flut, de mus. 8** iy €iqxu i^fytia
iXeyeiioy fie^sXononj^iytoy.
8. Metrischer Ban nnd Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 108—110.) 773
den Vortrag überhaupt verzichtet wurde, brachte der veränderte Charakter
der elegischen Dichtung mit sich.
Für die threnetische und sympotische Elegie ist Oesang und be-
gleitendes Flötenspiel (Praeludium und Zwischenspiel) nicht zu bezweifeln;
auch die kriegerische Elegie des Kallinos und Tyrtaios konnte, wenn
sie wirksam werden sollte, des musikalischen Vortrags nicht entbehren.
Für Solons Elegie Salamis bezeugt Plutarch^) den Oesang; für die spä-
tere politische Elegie aber ist Rezitation ohne Musikbegleitung wahr-
scheinlich. Die gnomische Elegie war gleich in ihrer Entstehung nicht
für musikalische Darstellung bestimmt,^) die Elegien der Alexandriner
waren auf blosses Lesen berechnet.
Anmerkung. Eine perikopenähnlicho Verbindung mehrerer elegischen Distichen
zu einem grösseren Ganzen glaubte H. Weil, Rh. Mus. XVII, p. 1 ff. annehmen zu müssen.
4. Die iambische Dichtung. 3)
110. Die iambische Dichtung hat ihren Schöpfer an Archilochos
von Paros,0 welcher dem ungeraden Rhythmus (§ 11. 30,5), den bis dahin die
kunstniässige Verstechnik verschmäht hatte, einen gleichberechtigten Platz
neben dem geraden verschaffte. Er gab den Formen des skoptischen Volks-
liedes eine festgeordnete Gestaltung, wie sie den Ordnungen der fortge-
schritteneren musischen Kunst entsprach, durch Regelung des Verhältnisses
von Thesis und Arsis, durch Beschränkung der unreinen Senkungen auf
Anfang oder Schluss des einzelnen (dipodischen) Taktes, durch Vereinigung
zweier kurzer Reihen zum Verse (Periode) und ungleich grosser Glieder
zum epodischen Systeme. Durch ihn wurden der iambische Trimeter
(§ 59, i) und der trochäische Tetrameter (§ 51) in stichischer Wieder-
holung und das iambische Distichon (§ 63) die festen Formen, deren
sich die skeptische Poesie bediente. Nach ihm erscheint der katalektische
iambische Tetrameter im Spottgedichte und die neuen Bildungen der
Hinkverse, der (iambische) Trimeter skazon und der (trochäische) Tetra-
meter skazon; auch sie wurden in stichischer Folge gebraucht.
Dass für die epodischen Formen der lambendichtung Gesang als ur-
sprüngliche Vortragsform anzunehmen ist, zeigt der Name o empdog. Aber
auch für die stichischen Formen, trochäische wie iambische, war in Archi-
lochos' Zeit der Gesang nicht ausgeschlossen, indess erfand dieser eine
Art des Vortrags, die naQaxaxaXoyri^ das Xäyeiv naqd tijv xqovaiv^^) deklama-
torischen Vortrag mit gleichzeitiger Instrumentalbegleitung (§ 106,3), welche
er abwechselnd mit dem Gesänge zur Anwendung brachte. Als begleitendes
Instrument diente beim Gesang der iambischen Gedichte die lambyke,
bei der Parakataloge der Klepsiambos.^)
') Plut. Selon. 8 loXfav . , ayaßag inl
xov rov xiJQvxog Xi&oy iy (odj du^^X^e rrjv
cXcyBitty.
0 Athen. XIV, p. 632'* Seyofpdy^g di
xai £6X(oy, Seoyyig xal 'PcnxvXidijg, exi di
JJBQlctydQog 6 KoQiy&iog iXeyeionoiog xal rtay
XoLTJcjy ol firj TiQoanyoyreg TTQog t« notijfAixTtt
fiBXtodiay xtX.
* ») Procl. Chrestoni. p. 242»'.
*) Plut. de mos. 28. 'j4Qx^Xoxog rtjy xiav
TQifXBXQOiy ^v^fJtonoUay nqwSB^BVQB,
*) Plut. de mus. 28. hi di X(oy la/ji-
ßeltay ro ra fiiy XäyBff&ai nagd rtjy xQovffiy,
tu d* ^de€f&ai 'Ao^iXo^oy (pttai, xatadcT^av,
«) Athen. XlV, 5. 636^». iy olg . . rovg
ittfAßovg jjdoy, iaußvxag ixdXovy, iy olg di
naqeXoyl^oyxo r« iy xovg fAitqoig, xX€\ffi>df4ßovg,
774 S- Metrik, c) Metrik der Griechen.
In der späteren Zeit wurden die lamben ebenso wie die Elegie mdit
mehr gesungen und von Musik begleitet; daher rechnete man sie zu dei
inr^. In der Tragödie hat sich für sie der Gebrauch der Parakataloge noch
erhalten (Plut. 1. c).
Anmerkung. Der singende Vortrag des iambischen Gedichts legt die Fiage sich
strophischer Gliederung nahe. Der volksmässigen Weise des Archilochos entsprach, znmil
bei eintretendem Refiain, eine s^-stemartige Verbindung mehrerer Verse, wie sie aadi ii
der Tragödie bei den zwischen lyrischen Strophen stehenden Trimetem sich zeigt D«
Nachweis einer solchen Gliederung ist heute nicht mehr möglich. Vgl. Wbstphal, Ge-
schichte der alten und mittelalt. Musik p. 133 f.
5. Die lyrische Dichtung.
111. Wenn sich das Epos und die elegische und iambische Dichtung
noch auf einen sehr engen Kreis von rhythmischen Formen beschränkt
hatten, so führte die eigentliche Lyrik, indem sie aus dem unversiegbaren
Quell des Volksliedes schöpfte, eine überschwänglich reiche Fülle von neuen
Gebilden in die Eunstpraxis ein. Charakteristisch ist für sie im G^ensatz
zum Epos und zu der lambendichtung der mannigfache Wechsel ebenso in der
Form der Füsse wie in der Ausdehnung und Formation der Kola und ihrer
Verbindung zu Perioden und Systemen.
Die lyrische Poesie ist ihrem Voi*trage nach entweder monodisch
oder chorisch, je nachdem sie von einem Einzelsänger oder von einer
Mehrheit von Sängern und dann in der Regel mit orchestischer Bewegung
ausgeführt wurde.
A. Die monodische Lyrik.
112. In der monodischen Lyrik tritt uns der Gegensatz des im Dienste
der Gottheit und beim festlichen Agon erwachsenen religiösen Gesangs,
des Nomos, und des weltlichen Liedes (^)c^i^, ^0*/*«), das meist erotischen
und sympotischen Charakter trägt, entgegen. Jener fand vornehmlich an
den Kultusstätten des Apollo, besonders in Delphi, dieses hauptsächlich
unter den lebhaft angeregten, leidenschaftlichen Aeoliern und den auf hei-
teren Lcbensgenuss bedachten loniern seine Pflege.
a. Der Nomos.')
113. Die Nomosdichtung weist, soweit die metrische Seite der
Lieder in Betracht kommt, in der früheren Zeit nur sehr einfache Formen
auf, da die musikalische Leistung in den Vordergrund trat.
Im kitharodischen Nomos,^) welcher unter Begleitung der Kithara
von einem einzelnen Sänger zu Ehren des Gottes vorgetragen wurde, be-
stand der poetische Text zuweilen aus durchgängig langen (vierzeitigen)
Silben, deren je zwei zu einem achtzeitigen anovdsToq fx€tXo)v oder je drei
zu einem zwölfzeitigen rgoxaTog atjuccvrog (lIji_jl_j) oder tatußoc oq&ioc
(lj i_L Lj) sich verbanden ; vgl. § 13,4. So z. B. in dem tgoxccTog vo^ioq und dem
oQO^iog des Terpander.3) Das gewöhnliche Metrum des terpandrischen Nomos
') Procl. chrcstom. p. 244 f. W. i des Terpandcr, der nach seiner Meinung in
-) Plut. de mus. c. G. Suid. s. v. rojnog. Hexametern abgefasst war und den Namen
') Plut. de mus p. 28. E. Ciraf, Rhein. oQ^hto^' von der hohen Tonlage hatte. Vgl.
Mus. 4'^. Bd. p. 512 flf. bestreitet die An- | 0. Crusius, Wochenschr. f. klass. Philol.
Wendung der laußot oQfhiot im yofiog oQdcog j 1887, p. 1389.
8. Metrischer Bau nnd Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 111—114.) 775
und der älteren kitharodischen Nomosdichtung überhaupt war der Hexa-
meter. ^) — Der Gesang setzte eine strophische Gliederung voraus, und wohl
nicht mit Recht wird eine solche schon den Nomoi des Terpander abgesprochen.
Erst die spätere Zeit der monodischen Agonistik (seit Timotheus) gab die
systematische Komposition auf^) und nahm die Form des ctnoXsXvi^isvov
an, auch führte sie einen dem alten Nomos fremden Wechsel der Rhythmen
ein, wie ihn die tragische Monodie uns vor Augen stellt.
2. Der aulodische Nomos, ein Gesang, welcher von einem Einzel-
sänger unter der Begleitung eines Flötenspielers vorgetragen wurde, zeigt
in metrischer Beziehung grössere Mannigfaltigkeit. Ausser dem Hexameter
kam hier das Elegeion zur Anwendung, aber auch die anderen Gestal-
tungen des daktylischen Rythmus, so namentlich das sog. eiöoq xaxd ddx-
TvXov^^) welches Stesichoros aus den aulodischen Nomoi übernahm; ferner
das xar ivönXiov fidog^) (s. § 44); auch der naicov enißccxoq^) und der
bakchcische Rhythmus wurden schon in der älteren Aulodik gebraucht.
Die Gliederung, welche der kitharodische Nomos durch Terpander er-
hielt'O und welche auch im wesentlichen der aulodische annahm, zerlegt
ihn in 7 Teile, einen einleitenden, das ngooffiiov, und einen abschliessenden,
f^odiov oder iniXoyoq^ zwischen denen der eigentliche Nomos in der Mitte
steht. In ihm gruppieren sich um den ofiKpaXog, den epischen Hauptteil,
welcher der Verherrlichung des Gottes dient, einerseits die etQxci (Eingang)
und xaraTQOTid (Übergang), andrerseits die jueraxavaTQOTtd (Rückkehr) und
die atfQccyig (Schluss).
b. Das aeolische Lied.
114. 1. Die aeolische Liederdichtung, deren Repräsentanten für uns
Alkaios und Sappho sind, knüpft ebenso wie der Nomosgesang an den
Kitharoden Terpander an, der selbst auch schon heitere Lieder dichtete. Der
Singende begleitete sich selbst mit Saitenspiel, zu dem die lesbische Bar-
bitos^) gebraucht wurde. — Der Rhythmus, dem das aeolische Lied
vorzugsweise sich zuwendete, ist der logaoedische, welcher in einer reichen
Fülle von Einzelformen zur Anwendung kam, nächstdem der daktylische,
der choriambische und ionische. Die Strophenbildung ist dem Charakter
des leichten Liedes entsprechend überaus einfach und erinnert an die
schlichte Form der volksmässigen Dichtung. Die Strophen *) sind distichisch
oder tetrastichisch: die kürzeren sind isometrisch^) d. h. sie wiederholen das-
selbe Mass; aber auch in den tetrastichischen kehrt zum Teil derselbe Vers zwei
oder dreimal wieder und nur das epodische Schlusskolon bringt eine Ab-
') ProcI. ehrest, p. 245 \V. »J^ww fiiiQo)
XQtjai'(i.t€yog. Plut. de mus. c. 4.
-) Aristot. Probl. XIX, 15. Plut de mus.
c. 6.
^) Plut de mus, c. 7.
*) Plut. do mus. 29.
5) Plut. de mus. 10.
') Athen. IV, p. 175 D. 182 F.
®) Dionys. de comp. c. 19, p. 131. fiixgag
inotovyro argotpag, üi<ne iv oXlyoig xoiXoig
ov noXXdg Bhijyoy tag jLtexttßoXag, int^^olg
^k ixQtoyro oXiyoig,
ö) Heph. p. 60, 65 W. old iait^ r« iy
ro> ^evxiqi^ xai tgltio Santpovg, iv oig xara-
^) Poll. IV, 6(j, wo die Teile heissen: | fiergeiTat fiiv t^no ihauxloSy avtrj <fl rj
6u(f(tX6g. üffQttylg, iniXoyog.
77G ^ Metrik, c) Metrik der Qrieohen.
wechselung. — Die Qliedening des Gedichts ist monostrophisch (§ 27) und
sein Umfang ein massiger; vgl. Sapph. fr. 1.
2. Charakteristisch für den Versbau der Lesbier ist 1. die Vermei-
dung der Zusammenziehung in daktylischen und der Auflösungen in dak-
tylischen wie in diplasischen Füssen; 2. die freie Gestaltung des ersten
Fusses im Verse, welcher sowohl bei daktylischen als auch bei logaoedischen
Bildungen die metrische Form des Spondeus, des Trochaeus, des lambos
und des Pyrrhichius annehmen konnte (§ 36);^) endlich 3. die Häufigkeit des
rein daktylischen Auslautes.*)
3. Beliebte Vers formen der äolischen Lyrik sind ausser dem sap-
phischcn, alcäischen und phaläkischen Hendekasy Ilabus (§ 92) und dem
kleineren und grösseren Asklepiadeus (§ 95) das akatalektische Tetrametron
aiolikon (Heph. p. 25,7 W)
'Egog J' avT€ fi o XvtfifieXijg Sovel ,
das logaoedische Praxilleion (Heph. p. 25,io)
o) iid T(üv d-VQÜfdv xaXov ,€/ißX^7ioi(fay
das ionische Praxilleion (Heph. 36,6)
nXT^QTjg [uUr itpaivex^ ä asXdva
und das akatalektische ionische Trimetron (Heph. p. 36,i4)
KQrjatJai vv no-O^ oai* ififieXeoDg TroJfCCiv.
4. Die beliebtesten Strophenformen sind unter den vierzeiligen die
sapphische (§ 98,4), welche die Dichterin in den Gedichten des ersten
Buchs ihrer Sammlung gebrauchte, und die alcäische (§ 98,5)» beide
von Alkaios erfunden (Mar. Vict. p. 161,1?). — Von den distichischen heben
wir hervor die aus zwei daktylischen Pentapodien bestehende, welche im
ganzen zweiten Buche, ^) und die aus zwei grösseren Asklepiadeen ge-
bildete (§ 08,1 fr. 69), die im dritten Buche der Sappho (fr. 64 — 74) zur
Anwendung kam. — Hypcrmetra aus reinen lonikern a minore, je
zehn Füsse zu einer Periode (einem avar^^iia ff oixoimv) verbunden, ge-
braucht Alkaios in strophischer Wiederkehr {xard cx^o"«'),*) Hypermetra
aus vier logaoedischen Paroemiaka Sappho fr. 52. (vgl. § 98,3); ähnlich ge-
baut ist ferner die gleichfalls viergliedrige Strophe der Sappho fr. 90:
rXvxsTa fxccTfQ, oihoi
6vvajiiai xQt'xrjv tov T<yio\\
TToO^fl) Scififiaa nmdoq
ßqadivar dC ^AifQodiictv.
Bemerkenswert erscheint endlich die in einem Stasiotikon des Alkaios an-
gewendete Verbindung des zweiten Glykoneion mit einer glykonischen
Ilexapodie zu einer Periode, die, wie es scheint, zweimal gesetzt eine Strophe
bildete, fr. 15:
Jl _ _ ^.^^ J. K^ [ \ ± ~ _ \^^- Zw — 'S J. \^ — A
MaQfiaiQfi dt^ fity^g 66/iiog \ x«^^<J> ' natrcc 6* Aqij xfxwSfxi^tm ciäya
h'tiiTiQaiaiv xvviaiaij xaz-idv Xevxoi xaivni-Q(}tv Innioi Xoifoi,
M Hopb. p. 24. *) Heph. p. i>5,if. und p 65,5.
') Heph. p. 24,11 f. 25,7 f. *) Heph. p. 00 f.
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 115—116.) 777
c. Das ionische Lied.
115. Das ionische Lied geht in den meisten seiner Kunstformen
auf Archilochos zurück, welcher den Wechsel längerer und kürzerer
Glieder (epodische Bildungen) und die Verbindung des geraden und un-
geraden Rhythmus (Daktylo-Trochäen) einführte.
Epodische Distichen aus gleichartigen Gliedern sind die Zusammen-
stellung des daktylischen Hexameters mit der katalektischen daktylischen
Tripodie und desselben mit der akatalektischen spondeisch ausgehenden
Tetrapodie (§ 37) und das iambische Distichon (§ 63).
Für die daktylo-trochäischen Bildungen dienen als Elemente 1) von
daktylischen Formen: der Hexameter, die akatalektische Tetrapodie, so-
wohl mit spondeischem als mit daktylischem Ausgang, die katalektische
Tripodie; 2) von anapaestischen: das Paroimiakon; 3) von iambischen:
der Trimeter, sowohl akatalektisch, als katalektisch und der Dimeter ; von
trochäischen: das Ithyphallikon. Diese Elemente aber weiden bei
Archilochos noch nicht zu periodischer Einheit verbunden, sondern sie stehen
noch selbständig nebeneinander und sind nicht nur durch Caesur, sondern auch
durch Hiatus und Syllaba anceps von einander getrennt; vgl. § 79. Die Zahl
der so mit einander verbundenen Glieder übersteigt nicht die drei, doch lässt
sich vermuten, dass erst durch ihre Wiederholung die Strophe gebildet
wurde. ^)
Von lonikern findet sich in den archilochischen Dichtungen noch
keine Spur.
116. Den Einfluss der lesbischen Liederdichtung zeigt das ionische
Lied bei Anakreon. Bei ihm treten neben den lamben, Trochäen und
Daktylo-Trochäen, welche Archilochos* Poesien zeigen, die Logaoeden und
die loniker in den Vordergrund; doch behandelt er die Logaoeden in
wesentlichen Stücken anders als die Lesbier, indem er die Auflösung zu-
lässt und die Freiheit des anlautenden Fusses (die sog. äolische Basis) be-
schränkt. Bei ihm ist der Spondeus am häufigsten, der Trochäus nur selten
zugelassen, der Pyrrhichius niemals, der lambus am Periodenanfang. Die
daktylischen Verse des Anakreon lassen neben dem Daktylos nur den
Spondeus im Anlaut zu. Vgl. § 89,2 und 36.
Dagegen gestattet er sich die Freiheit des Polyschematismus in dem
Wechsel verschieden gestalteter Formen der logaoedischen Tetrapodie bei
stichischer und antistrophischer Entsprechung. (§ 91 Anm., 96, 97,2).
Die loniker werden von ihm vorwiegend mit Anaklasis gebildet und
erscheinen akatalektisch, katalektisch und brachykatalektisch, am häufigsten
als Dimeter, aber auch als Trimeter.
Bei der Systembildung bevorzugt Anakreon die Gruppierung gleich-
artiger Glieder, so dass (Xvarrjfiara i^ ofjioicov entstehen (s. § 28), doch
pflegen diese nicht ccTtsQioQiara zu sein, sondern sich antistrophisch zu ent-
sprechen.
Die Strophe überschreitet oft schon den Umfang der lesbischen, zu-
*) Gevaert, Hist. de la mus. II p. 337 I stiques se groupaient deux ä deux de ma-
L^opinion la plus probable est que les di- | niere ä former une suüe de quatrains.
778 £• Metrik, c) Metrik der GriecheiL
weilen besteht sie aus zwei (ungleich grossen) Hypermetern. Die Kompo-
sitionsform aber ist wie bei Sappho und Alkaios die monostrophiscbe.
Trochftisclio llypormetra in ihrer Entstehung zeigt fr. 75, wo je drei mkiitalek-
tiBcho und ein katalektiscnor Dimeter verbunden sind, jedoch am Ende des zweiten Gliedes
Hiatus eintritt — lambischo Dimeter akatalektisch in stichischer Folge fr. 89, 90
(Heph. p. 17); katalektisch fr. 92. - lambotrochäisch ist fr. 88 (iambischer Trimeter
und Ithyphallikon). - Daktylotrochäisch ist fr. 87 (iambischer Trimeter und daktyliscke
Penthemimeres). - Das Priapeion erscheint fr. 17. 18 (2. Glykoneion und 2. Pfaere-
kratoion § 97,i) und (1. Glykoneion und 1. Pherokrateion) fr. 23. — Glykoneische
Hypermetra aus vier Gliedern (§ 97,i) sind fr. 4. 8. 14. Glykoneische Strophen
(§ 98) aus zwei Hypermetern (3 und 5 Glieder) fr. 1. u. 2. — Choriambisch-logaoedi-
sche Strophe aus 4 Gliedern (4 + 4, 4 -f- 4) fr. 24 und aus f&nf Giiedem (4 +4,
4 -f 4, 4) fr. 21. — Ionische Strophe aus vier tlyaxhufieytt fr. 43. 62. Ionische
Trimeter fr. 50-54, katalektisch fr. 55, ion. Tetrametcr fr. 47.
B. Die Chorlyrik.
117. Das Chorlied trägt seiner Entstehung nach vorwiegend reli-
giösen Charakter, es dient den Zwecken des Gottesdienstes und erschallt
bei den Götterfesten, es ist ein Lob- und Danklied, ein Gebet um Hilfe
und Beistand in der Not, ein frohes Jubellied über die Macht und Grösse
der Gottheit, über Segen und Rettung, die sie verliehen hat. Auch das
weltliche Chorlied verleugnet den Zusammenhang mit dem Kultus nicht
gänzlich, ob es nun ein fröhliches Hochzeitslied oder eine schwermütige
Totenklage ist oder auch ein Preislied auf einen rühmenswerten SterblicbeD.
Der Chor besteht aus Männern oder Knaben, aus Jünglingen oder
Jungfrauen, auch zwei Chöre treten neben einander auf. Der Führer des
Chores ist nicht bloss Leiter und Vorsänger, dem die anderen im Gesänge
sich anschliessen, sondern führt zuweilen mit jenen einen Wechselgesang auf.
Zur Begleitung des Chorliedes, welches stets einstimmig gesungen
wurde, dienten die Zither oder die Flöte, auch beide im Verein mitein-
ander. Den Vortrag begleitete fast stets eine schreitende oder tanzende
Bewegung des Chors, oft auch eine lebhafte Mimik.
Die Wahl der Rhythmen bestimmte sich durch den Charakter des
Liedes und die begleitende Orchestik; die Rücksicht auf Chorgesang und
Tanz bewirkte einen grösseren Umfang der Strophen, eine reichere Glie-
derung und kunstvollere Anordnung derselben, als beim monodischen Liede.
Die triadische Kompositionsweise nach Strophe, Gegenstrophe und Epode
wurde seit Stesichoros für die wichtigsten Arten der Chordichtung die
herrschende Form, neben der die monostrophische zurücktreten musste. Erst
die späteste Entwickelung (im jüngeren Dithyrambus) vertauschte die strenge
Regel mässigkeit der Responsion mit der Ungebundenheit des anoXfXvfAtrov.
Unter den verschiedenen Gattungen der Chorlyrik sondern sich ihrem
ethischen Charakter nach von einander
1) Die ernsten und feierlichen Lieder zum Preise der Götter und
Menschen: Hymnen, Paeane, Prosodien, Parthenien, Enkomien, Epinikien u. a.
2) Die heiteren und aufgeregten Tanz- und Jubellieder, vnoQxrjiiaia,
nvQQi'xcii u. dgl.
3) Die schwermütigen Klagelieder, O^Qf^roi, olxroi, emxt'jdsia.
IIS. Hymnen sind ihrem Ursprung nach religiöse Gesänge zu
Ehren einer Gottheit am Altare gesungen unter Saitenspiel ohne eigent-
3. Metrischer Bau nnd Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 117—120.) 770
liehen Tanz.^) In der ältesten Zeit bewegten sie sich wie die Nomoi in
langgedehnten Rhythmen (vgl. Arist. Aves 1058), später wurde das dakty-
lische Mass üblich und bei weiterer Entwickelung kunstvollere Formen
eingeführt.
Einen mehr weltlichen Charakter trugen die an den Stil des Epos
erinnernden hymnodischen Dichtungen des Stesichoros, welcher in ihnen
die unter dem Namen to xard ddxtvXov eldog bekannte Strophenart ^) und
die daktylo-epitritischen Bildungen^) zur Anwendung brachte und damit
in die Chorlyrik einführte. Er schuf umfangreiche Strophengebilde und
ordnete sie regelmässig xard tgidda. Die Reste der Hymnen des Simonides
(fr. 123), Pindar (fr. 29 flf.), Bakchylides (fr. 11) sind daktylo-epitritisch.
119. Die Paeane waren ursprünglich Gesänge zur Verehrung des
Apollo,^) welchem das regelmässig wiederkehrende Epiphonem Irj Jlaidv^)
oder lr^i€ Ilaidv galt, teils Bittgesänge um Hilfe und Abwehr in der Not
(vgl. Soph. 0. R. 186), teils Danklieder für Sieg (vgl. Hom. IL A'391) und
Rettung aus Gefahr; daher oft freudig und lebhaft in ihrem Charakter,
aber stets ernst und feierlich, gemessen und leidenschaftslos,^) nur von mas-
siger Orchestik begleitet. Später wurde der Name Paean auch auf Lieder
zum Preise anderer, besonders hilfebringender Gottheiten angewendet.'')
Eine besondere Art des Paean ist der sympotische,®) welcher zu Ehren
von Göttern oder Helden bei Gastmahlen von den Gästen zusammen ange-
stimmt wurde.
Dem apollinischen Kultus entsprach am meisten die Begleitung des
Gesangs durch Zitherspiel, doch trat allmählich das Flötenspiel immer mehr
hervor und ist für den sympotischen Paean das übliche gewesen.^)
Die ältesten Paeandichter Thaletas und Xenodamos bedienten sich
des paeonischen und anapaestischen Rhythmus, später waren die Daktylen
und Daktylo-Epitriten am gebräuchlichsten. Paeonisch gehalten ist Simo-
nides fr. 26, Pindar fr. 53, daktylisch die paeanische Parodos in Soph.
0. R. 151-166.
120. Nahe verwandt mit den Paeanen sind und werden oft sogar
geradezu als Paeane bezeichnet die Prosodien,^^) nqoaoiia, Prozessions-
lieder, welche bei feierlichen Aufzügen {nofinm) zu den Altären und Tem-
peln von dem in langsamem, feierlichem Marsche einherschreitenden Chore
gesungen wurden. Speziellere Namen sind rfayrry^opixa, waxoffOQixd^ naq-
i}bVHa^^) Das begleitende Instrument war bei ihnen die Flöte. ^*)
') Procl. ehrest, p. 243 sq. W. o xvQitas
r/nyog TiQog xi^aQay ßtfero iarojtaty.
') In den a&Xa ini IleXltf und in der
rrjQvoyig.
^) In der 'OQiüXBia, der 'iXlov nigaig und
der 'EXeya.
*) PiUstath. z. Hom. A, 473 vfiyog ris
eig 'AnvXX(x)y€t ov fiovoy ini naviSH Xoifjiov
tidofisyogy (cXXri xtd ini Tiavoei noX^uov,
") Hcph. p. 72,1« W. Athen. XV, G96«.
*) Pliit. Mor. p. 389. rerayfiiy^y xal
atüffQoyct fxovaay,
"') Procl. ehrest, p. 244 W. Bi^og i^&rjg
eig Tiäyrag yvy yQ<xg>6fAeyog ^sovg * to di
naXaioy iditjg aney^fiezo r^ AnoXXtayi xai rj
*AqxifAi6i,.
8) Alcin. fr. 22. Plat. Symp. p. 176*.
Xenoph. Symp. 2,i.
») Archil. fr. 76. Plut. Lys. 11.
'*) Procl. Chrestoni. j. 244 W. nqoao-
6ioy, inet'ddy nQoalüxn roig ßcjfiotg ij yaoig.
Vgl. Etym. M. 690.
^^ Procl. ehrest, p. 247-249.
**) Procl. p. 244 iy r^ nQoaieyai ßdero
TfQog ttvXoy.
780 S- Metrik, c) Metrik der Griechen.
Die Wahl der Rhythmen war bedingt durch die schreitende Bewegung
des Chores. Daher sind die Marschrhythmen fast ausschliesslich als Mass
der Prosodien angewendet, insbesondere das anapaestische ProsodiakoD
(§ 44) und das logaoedische Prosodiakon (§ 90), beide in ihrer vollstän-
digen und (im Periodenschluss) in ihrer katalektischen Form und meist in
hypermetrischer Verbindung. Die Verbindung zweier Prosodiaka fQhrt
daher Mar. Victor. VI, p. 145,i9 K. als Metrum Thesmophorion auf in
der Form
_ ^ __ I . _ -^^^-^ _:. v>^ _
und in katalektischer Form p. 77,i7 K.
_ J. «^^^^ Z. — Jl K-*^ _ v>>-» _ is_
Auch daktylischer Rhythmus kam oft in den Prosodien vor, so in dem
Fragment des Eumelos und den Nachbildungen in der Tragödie und Ko-
mödie. Die der kunstmässigen Lyrik angehörenden Prosodia von Pindar
(fr. 87—93) und Bakchylides (fr. 20. 21) zeigen für die Daktylo-Epitiiten
besondere Vorliebe.
Ans anapaest. Prosodiaka besteht der naniy nqwso^wxo^ auf Ljrsander (Bebge
V\A\. II, p. <)73); aus logaoodischcn der Prozessionsgesang der Frauen Arist End.
290—299 -^ 300—310; der Mystenchor der Frösche (nach iambischem Beginn) v. 450 ff. =
456 ff., das Festlicd der Thesmophoriazusen (teilweise iambisch) 969 ff. = 977 ffl ; der Wecfase^
gcsang Equit v. 1111 ff.
DaKtylisch ist die Exodos von Acschylos* EumeDiden v. 1032 ff., wo nach daktyl.
Tetrapodien und Hexapodien der Refrain die r orm des Paroemiakos hat. Die Proiession
besteht aus Tempeldienerinnen, welche das Lied singen, den Areopagiten und den Erin-
nyen, welche beim Ephymnion einfallen.
Anapaestiscn ist das Prosodion bei Aristoph. Ran. 372 ff. = 377 ff. (lauter spon-
deische Füsse).
Ionische Strophen bilden das Sclilusslied in Aeschylos Suppl. 1018 — 62, das die
Form eines Wechsolgcsangs trögt. Aus ionischen Hypermetra besteht der prosodiscbe
Pacun des Isyllos.
iambisch \ai das Phallophorenlied bei Aristophanes Ach. 263 ff. und z. Teil
Thesm. 9« 19.
121. Dem rhythmischen Charakter nach stehen den Prosodien sehr
nahe die EmbaterienO (ßf-ißccii]Qia (.uXt^), Marsch- und Kriegslieder,
welche vornehmlich bei den Spartanern gebräuchlich waren. Sie wurden
beim Auszuge in den Kampf und beim Angriff auf den Feind gesungen
und waren oft mit einem paeanischen Gesänge verbunden. Die Flöte
war das zur Begleitung übliche Instrument, doch rühmt Alkman fr. 35
auch das Zitherspiel für den Kriegsgesang.
Der eigentliche Marschrhythmus, der anapaestische, liegt in den
beiden Bruchstücken von Embaterien vor, welche dem Tyrtaeus zuge-
schrieben werden, fr. 15 (katalektische Dimeter):
ay€T\ ü) ^Tidgrac fvcivdQov
xovQoi nateqoav noXiarav
und fr. IG (Tetrameter):
ctyf^T\ 0) ^näqiag honXoi xovqoi^ not) rciv "AQ€wg xivadv.
Ausser den dipodisch gegliederten Anapaesten wird auch der Prosodiakos
*) Athen. XIV, p. G30 f. efijiariJQiafieXTj, in proeliis ad inccniirum virium per tibias
itTiBQ xui frÖTfXifc xidemu. Mar. Vict. p. 77,s4 canunt incedentes ad ped^m ante ipsum
idem {metrum) et cmbaterion dicitur, quod \ pugnac initium. Gemeint ist hier das Mff-
est proprium Carmen Laccdaemouiorum. Id ■ seniacum (katal. anap. Trimeter).
8. Metrischer Ban nnd Vortrag der griechischen Dichtnngen. (§ 121—123.) 781
oder das fVoTr/ior im Marschliede gern gebraucht. Xenoph. Anab. VI, l,ii.
l^taav €v ^vd^fi^ nqog xov ivonXiov ^v^pidv avXovfievoi. Auch der dakty-
lische Rhythmus kam in den Marschliedern zur Anwendung, z. B. in den
Kriegselegien des Tyrtaeus. — Die beliebteste Kompositionsform ist die
der avatr-fiara e^ ofxoioav,
Nachbildungen von Marschliedern bietet das Drama, namentlich in
den Parodoi, wo die anapaestischen Hypermetra in der Tragödie die typische
Form für das Auftreten des Chors sind, wie die Tetrameter in der Komödie.
Anklänge an die Weise des Kriegslieds finden sich bei Aristoph. Av. 400
bis 405 (anap.), Soph. 0. R. 466 flf. (log. Prosodiaka), 469 flf. (anap.), Oed.
Col. 1044 flf. (Prosodiaka).
122. Auch die Hymenaeen,^) Hochzeitslieder, welche die Braut in
das Haus des Gatten geleiteten, von Jünglings- und Jungfrauenchören unter
Begleitung von Auloi und Phormingen (II. XVHI, 493 flf.) gesungen, be-
rühren sich in ihrem rhythmischen Charakter mit den Prosodien. Als Bei-
spiele können die beiden Hymenaeen in Aristoph. Pax v. 1329 flf. und Av.
1731 flf. dienen. Der Rhythmus ist in beiden der prosodische, je drei oder
mehr (logaoedische) Prosodiaka sind zu einem Hypermetron verbunden,
welches mit katalektischer Reihe abschliesst. Der Refrain ist T/«/Jr ^Yfitvat
ci oder '^yiurjv d "^Yfitvau,') Der Vortrag ist amöbäisch.
Die Epithalamien, Gesänge, welche dem neuvermählten Paare zu
Eliren vor dem Brautgemache angestimmt wurden, 3) haben den Charakter
des Prosodions nicht.
Die Hochzeitlicder der Sajppho (fr. 91 — 117) sind nicht für Chorgesang bestimmt ge-
wesen. Von den Catull sehen Hochzeitsgedichten (61. ()2) ist das hexametrische Epithu-
lamium (n. 62) ein Wechselgesang zweier Chöre (iuvenes und virginea) und in strophische
Versgruppen geteilt, die mit dem Refrain Uymeti o Hymenaee, Hymeti ades o Hymenaee
schliessen (v. 1- 19 Prolog; v. 20 - 59 Wechselgesang; v. CO— 67 Epilog.). Nr. 61 be-
steht aus glykoneischen Systemen von je 5 xcJAa.
123. Die Tanzlieder. Athenaeus XIV, p. 630 unterscheidet drei
Arten der lyrischen oqx^]^^^^ nämlich erstens die kriegerische ^vqqix^j^
welche von Jünglingen im Waffenschmuck getanzt wurde und sich durch
ihr schnelles Tempo auszeichnete;^) zweitens die yviivonaiiixri^ die er
wegen des Ernstes und der Gemessenheit (ßaqv xal ae^iviv), die ihr eigen
war, mit der tragischen «jUjUe'Aaa vergleicht;^) drittens die vTtoQXf^if^ccrixij,
einen heiteren, von Jünglingen oder Jungfrauen aufgeführten Tanz, der
von fröhlichem Gesänge und lebhafter Mimesis begleitet war.^) — Die
Pyrrhiche ist kretischen Ursprungs, die Gymnopaidike spartanisch, das
Hyporchema wahrscheinlich wie der xoQda^ ionisch, doch wurde es auch
in Kreta und Sparta eingeführt und allgemein üblich, besonders durch die
Partheneia (Tanzlieder für Jungfrauenchöre) des Alkman.
Von dem pyrrhichistischen Tanz und der rhythmischen Form des
M Procl. ehrest, p. 247 W. Athen. XIV, etyai ij nvQglxfj, eyonXoi yuQ avrijy Ttaideg
p. Gl 9'*. oQxovvxtti.
*) Über den Hymenäusruf vgl. A. Riese ^) Athen. 1. c. 17 yvfxyfmtd^ixiij nagsfi-
zu Catull 61,4 f. I ^pBQTJg t^ XQttyix^oQxv^^i. ib. p. 031» yvfiyol
') Procl. ehrest, p. 246 W. r« int&aXa- oqxovyxm ol nwdcg Ttäyreg,
(jiui xoTg ((QTi x^aXafiBvofiiyoig ü/Att ol rjt^BOi ^) Athen, p. 63P ij vnoQxtjfittxtxrj iaxiy^
xai (tl Tja^f^t'yot inl xtHy &aXdfj(oy ^doy. iy ^ ^tdoiv o x^Q^S oqx^^^^m .... xai iany
*) Athen. XIV, p. 630^. noXefiixtj doxet oqxv^^^ ayd^foy xai yvyiaxioy.
7g2 S« Metrik, c) Metrik der Qriecheil.
ihn begleitenden Lieds gibt Aristoph. Aves 327—335 = 343 — 351 me
Vorstellung, wo der erste Teil der Strophen anapaestisch, der zweit«
päonisch ist und in beiden Füssen zahlreiche Auflösungen zur Anwendung
kommen.
Für das Hyporchem ist am beliebtesten der durch Lebhaftigkeit und
Bewegung ausgezeichnete päonische Rhythmus, welcher schon f&r die
hyporchematischen Dichtungen des Thaletas und des Xenodamos bezeugt ist
und auch von Alkman (fr. 38) und Bakchylides (fr. 23. 3L) angewendet
wurde. In der späteren Zeit waren im Hyporchem besonders die Daktylo-
Trochäen gebräuchlich, während die ihrem ethischen Charakter nach ganz
verschiedenen Daktylo-Epitriten nicht vorkamen.
Die antistrophische Kesponsion war im Hyporchem, wenn auch nicht
völlig ausgeschlossen, so doch nicht üblich, weil sie für die Mimesis hin-
derlich war.
Der Vortrag dos Hyporchems war in der ältesten Zeit von der
Zither begleitet; in der Blütezeit des griechischen Chorlieds aber war die Flöte
das übliche Instrument, doch kam auch eine Vereinigung von xi^ccQa und
uvXoi vor. Die Vereinigung von Tanz und Gesang erfolgte anfangs so,
dass dieselben sangen und zugleich tanzten, später tanzte der eine Teil
während der andere den Gesang vortrug.')
In dem von Athen. XIV, p. ()29 erhaltenen sog. Anthemalied (Blumentanz) ist der
Rhythmus der iam bische:
7t ov fioi Ttt ^oda. 71 ov fioi Tii Ut, 7t ov uoi td xaXd aehya;
Tttdi TOT ^oiftCf radi ni ta, jadl rd xaX(^ aeXiya.
Auch das alloiostrophische Tanzlied hei Sophokles Trach. 205—221 ist fast aasschliesslich
iambisch gehalten, nur eine daktylische Reihe eingemischt.
Daktylo-trochäisch sind die Hyporcheme von Alkman fr. 1. Pratinas fr. 1.
Pindar fr. 111. Simonides fr. 30. Eurip. Bacch. 570. Aristoph. Lysistr. 1247, 1279, 1297.
Avos 737.
Logaoedisch sind Sophokles Ai. 693 ykpgt^' tQourt, 7t€Qix^Q^S d' ayeTTnefiav und
Antig. 1115, beide antistrophisch gebaut.
Trochäische und logaoedische Glieder verbinden sich in dorn Partheneion des
Alkman auf die Dioskuren fr. 23, welches die Anfänge der triadischen Komposition zeigt,
indem auf zwei gleich gebaute Perioden eine dritte ungleiche als Nachgesang folgt. Die
ganze Torikope besteht aus 14 Gliedern, der Nachgesang aus 0.
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dittcpudctv ri rot Xfyo); — \iyi]aij(6Qi(. fxty nvrn.
') Lucian de salt. IH. Ttcutttoy /o^oi ] /oriTo* fir\ irtenftj xiyov^tyuiv xo aa^uR
irrfÄt^üiTfc V71* uvXm xai xixfaQtt ol fAty ' tijy todt]y iiÜQaTreyj dfjteiyoy tdo^ey ttXXovi
h/ooevor. viuüQYovyto 6t ol uQtaroi. ibid. ', rrtiidety.
30. 7t(ik((t — ol €tvToi xai [idoy X(U ü}Q-
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 124.)
783
l'nnog eißijyu) KoXa^aTog dgaueirai.
ral TteXeittdeg yag dfily X)Q&i^t (pagog tpegolaaig
yvxra di dfißgoaiay kxb aiqqioy
KüXQoy avHQOfi^yai fda^oytai.
124. Der Dithyrambos,^) ursprünglich ein bakchisches Festlied zu
Ehren des Gottes von dem schwärmenden O^iaaog gesungen, erhielt seine
kunstmässige Gestalt durch den lesbischen Kitharoden Arion,^) welcher
in Korinth um 600 v. Chr. den kyklischen Chor ordnete, dem er selbst
als Vorsänger (^^agxog) vorstand. Seine weitere Ausbildung erhielt er in
Athen durch Lasos,^) an dessen Namen sich die Stiftung des dithyram-
bischen Agon knüpft. Der Chor bestand aus 50 Sängern, welche um den
Altar des Gottes ihre Tänze aufführten.*) — In dem jüngeren Dithyramb
wurden, als das mimetisch-dramatische Element mehr zur Geltung kam,
zuerst von Philoxenos zwischen die Gesänge des Chors auch Einzel-
lieder''*) {fithj), welche ein Mitglied des Chors vortrug, eingeschoben, so
dass das Ganze einem Oratorium ähnlich wurde. Krexos führte sogar die
Parakataloge d. h. die Deklamation unter Begleitung eines Saiteninstruments
in den Dithyrambos ein.^)
Der Kitharode trat offenbar mit der Zither unter seinen Chor; später
wurde die Flöte das leitende Instrument; in den Zeiten reicherer Instru-
mentation wirkten avXoi und xiO^dqa zusammen bei den dithyrambischen
Aufführungen. Der begleitende Tanz hiess tvqßaaiaj)
Da in seiner früheren Entwickelung der kunstmässige Dithyramb noch
nicht den erregten Charakter trug,*) welcher ihm später eigentümlich wurde,
war das allgemein übliche Metrum bei den Hauptvertretern desselben das dak-
tylo-epitritische, wie es noch in den Fragmenten von Pindars, Lamprokles',
Likymnios' Dithyramben sich zeigt.®) Auch Melanippides wendet es noch
in den Danaiden und im Marsyas an, wenn auch mit einigen Abweichungen
von dem älteren Stil; ebenso Philoxenos im Deipnon.
Der jüngere Dithyrambos aber liebte grösseren Wechsel und aufgeregtere
Rhythmen :i<^) seit Melanippides wurde der antistrophische Bau aufgegeben
und an Stelle desselben die Gliederung durch avaßoXaC eingeführt.*^) Für
den dithyrambischen Stil dieser Periode dürften die Bakchen des Euripides
als Beispiel dienen. Der ionische Rhythmus kommt auch bei Timotheus
') Proci. ehrest, p. 244,^» W. o di&v-
Qctfxßog yQ(((fBTat, fi^y eig Jioyvaoy, ngoüa-
yoQ€v€rca cf^ £| (tvrov. — Fiat. Legg. III,
p. 700B.
'^) Herod. I, 23. \4giova toy Alrj^vfi-
yfdoy . . . dcßvQajußoy ngtutoy-noiriaayTu xe
X(d ovyofAiiaayrrc xctl (fidu^(cyT€( iy Kogly&(0,
Procl. 1. c. (Jgliüy), ög Jigiürog toy xvxhoy
TJyctye /ogoy.
^) Plut. (lo mus. 29. Clem. Alex. Strom.
I, p. 3G5. Schol. Arist. Av. 1403.
^) Schol. Aesch. Tim. 10. lüxnoay ney-
TtjxoyT(( TJcdöüjy ^ogoy fj uvdgiay. — iy xol^
Xogo7g roTg xvxXioig fÄsaog laxuxo avXt]Xijg;
^) Plut. de mus. 30. Ugicxofpaytjg 6
xcjfAixog fjyi'jfjoyevei 4'iXo^iyov xai (pfjaiy, öxi
cig xovg xvxXiovg jjfo^ot;? /niXtj ehijyiyxaxo.
«) Plut de mus. c. 28.
') Pol!. IV, 104. Hesych. s. v. /o^wv
dytoyij xtg di&vgafjßixuiy.
*) Dionys. de comp. 19. nagd ys xoTg
ugxüioig xexay/ndyog tjy 6 dt&vgafißog.
») Find. fr. 72. 74. 77. 78. 79. 81; loga-
oedisch ist fr. 75. Lamprocl. fr. 1. Licymn.
fr. I. 3.
»0) Procl. Chrestom. p. 245,i4 W. saxiy
6 di&vgafjßog x€xi>yi]f4^yog xai noXv x6 iy&ov'
ciüideg fiexti x^geiag ifAfpalytoy — xai ceno-
ßtfxai (ihy Xfft TOM? §v&fioTg xxX,
**) Aristot. Rhet. III, 9,6, vgl. Arist. Av.
1385, Pax. 830.
784 B- Metrik, c) Metrik der GhrieoliMi.
fr. 11. 12 und Telestes (mit grosser Freiheit in den Auflösungen) zur An-
wendung.
125. Das Enkomion*) ist ein Preisgesang auf ausgezeichnete Männer
und hat seinen Namen von dem xcjfnog^ bei dem es gesungen wurde. Eine
Abart desselben ist das Epinikion,^) das Siegeslied, welches bei dem fest-
lichen Einzug des Siegers in einem der Festspiele oder auch nach seiner
Rückkehr beim Festmahle vorgetragen wurde.
Simonides gab dem Epinikion seine litterarische Gestaltung; ihm folgte
Pindar und Bakchylides. Der metrische Bau war in der Regel der triadis(^.
nur wenige der pindarischen Siegeslieder sind raonostrophisch gebaat.
(Ol. 14. Pyth. G. 12. Nem. 2. 4. 9. Isthm. 7.)
Der Rhythmus in den Epinikien des Simonides und Pindar ist vor-
wiegend der daktylo-epitritische und der logaödische. Nur Ol. 2 ist pä-
onisch und Ol. 5 daktylo-trochäisch. Über die Unterschiede im Stil der
Dichter vgl. 8 85 u. 101.
Der Vortrag der Enkomien und Epinikien war Chorgesang begleitet
von Phorminx oder Flöte, oft auch von beiden zusammen. Vgl. Arist
Nub. 1354 f.
126. ^Das Skolion^) war ursprünglich kein Chorlied, sondern ein voc
einzelneu Gästen beim festlichen Mahle zur Lyra gesungenes Lind, das auch
in seiner metrischen Gestalt den Charakter der monodischen Dichtung an-
sich trug. Terpander wird als „Erfinder" {evQ€Ti}g) dieser Art Skolion
genannt*) und die Rhythmen der erhaltenen Skolien (Bergk, PL6. III*
p. 043 ff.) erinnern an die äolische Melik.
Das für den Vortrag durch einen Chor bestimmte Skolion nähert sich
in hohem Grade dem Enkomion. Pindars Skolien (fr. 122 fF.) sind fast
ausschliesslich im daktylo-epitritischen Masse gehalten und zeigen anti-
stro]>hische, resp. triadischc Gliederung; ebenso Timokreon fr. 1. Das
Paroinion des Bakchylides fr. 27 ist gleichfalls daktylo-epit ritisch, aber
nionostrophisch gebaut und sehr einfach in seiner Zusammensetzung.
127. Der Threnos-») ist in seiner alten volkstümlichen Gestalt ein
Wechselgesang einzelner Sänger und des in den Klageruf einstimmenden
('hors, wie ihn die homerische Ilias Ä 718—776 schildert. An diese kom-
matische Form des Klagegesangs hat sich die Tragödie in ihren Kominoi
und Threnoi angeschlossen; dagegen ist in den Threnoi der klassischen
Lyriker, soweit die wenigen Keste ein Urteil gestatten, eine Verteilung des
Gesangs unter den Chor und Einzelsänger nicht angewendet worden.
Für die den Trauerzug geleitenden Gesänge eigneten sich vornehmlich
die Klaganapaeste als Metrum, wie sie z. B. Euripides in der threnodischen
Parodos der Troades gebraucht hat. Die dorische Kunstlyrik liat sich im
*) Etyni. <Jud. j>. 540. « /nsy v/jvof irii XV, p. ^>49.
»9for Xtyei((i, Tu &i iyxoijuioy fjil ((yfh(}(07iov. \ *) Pliit. de imia. c. 28.
Vgl. riüd. ehrest, p. 24.%<o W. | ^') rrocl. Chrcstom. p. 247 W. dtatftQV
■•') Procl. p. 240,14 W. o tnh'ixog vn' ' rov iriixtjdsiov 6 ^^Qijyog, ort tv fd^y i:itti-
uvfot' tot' xatQoy T?;c t'ixtj<; toiV 7i(}oTe(}ovaiy , (feioy tkkq avro t6 xijdog tri rov aoitAaföi
(y toTk tiyo)(riy FyQ(((f€To. 'iQOXfiut'yov Af'yfrai, 6 tff y^Qt^yog ov 7i(M-
■'•) Piocl. ehrest, p. 24<l,irt W. Athen. y^ihferca XQ^^'^i^-
d. Metrischer Bau und Tortrag der grieohiachen Dichtongen. (§ 125—128.) 785
Threnos mit Vorliebe der Daktylo-Epitriten und der loniker bedient, vgl.
Simonides fr. 32 (lonici) und 57 (Daktylo-Epitriten mit schliessendem
Ithyphallikon); Pindar fr. 129-139.
Der Threnos schloss die Lyra aus; der Aulos war das seinem Charakter
entsprechende Instrument.
Litteratur. Allgemeineres: Westphal, Geschichte der alten und mittelalterl.
Musik. Breslau 1865. — Th. Bebgk, Griechische Litteraturgeschichte, I. II. Berlin 1872.
83. — W. Christ, Die Komposition und der Vortrag antiker Dichtungen in : Metrik'' p. 597 ff.
— F. A. Getaert, Historie et thäorie de la musique de l'antiquit^. II. Gand. 1881. —
H. Flach, Gesch. d. griech. Lyrik. Tübing. 1883. 84.
Spezielleres: H. Useneb, Altgriech. Versbau. Bonn 1887. — H. Walthbr, De
graec. poesis melicae generibus. Hai. 1866. diss. — Westphal, Die metrische Komposition der
lyrischen Dichtungen in: Metrik H*^ P. 271 ff. = IIP, 1 p. 207 ff. Ders. Der Terpandrische
Nomos in: Prolegomena zu Aeschyl. Tragoed. Leipz. 1869. p. 69 ff. — Guhbauer, Zur Gesch.
der griech. Aulodik. Waidenburg i/Schles. 1879. — H. Keimann, Studien z. griech. Musik-
geschichte. A. Der Nomos. Ratib. 1882. — 0. Cbusius, Üb. die Nomosfrage in : Verhandigg.
der 39. Philol. Versammig (Zürich). Leipz. 1888 p. 258—76. u. Wochenschr. f. klass. Philol.
II, p. 1293 ff., IV, p. 1380 ff. — H.Reimank, Die Prosodien der Griechen. Glatz 1885 Progr. - -
H. Walther, De Graecorum hyporchematis. I. Bochum 1874 Progr. — W. Körber, De
Graec. hymenaeis et epithal. VratisL 1877. — Engblbbbcht, De scoliorum poesi. Wien 1882.
6. Das Drama.
128. Im Drama vereinigt sich das lyrische Element des Chorliedes
mit dem epischen des rezitierenden oder deklamierenden Einzel Vortrags
zu einem noirnxa (iixrov : der dionysische Lobgesang des Dithyrambos einer-
seits, die phallophorischen Prozessionslieder andererseits bildeten den Grund-
stock, um welchen sich die anderen, insbesondere die dialogischen Bestand-
teile des Dramas gruppierten.
Im Vergleich mit der Grösse, welche der dithyrambische Chor be-
sass, erscheint die Zahl der Sänger im Chor des Dramas herabgemindert,
auf 12 oder später 15 in der Tragödie, auf 24 in der Komödie. Die Auf-
gabe des Vorsängers (ß^c^QXOiv) oder Chorführers (iJyfjuoJi', xoQVffaXog) wird
im Drama eine grössere und wichtigere, als im lyrischen Chor; ihm gegen-
über stehen als selbständige Sprecher oder Sänger die Schauspieler, v/ro-
xQiTui oder aytaviaxai, ursprünglich nur einer, später zwei, endlich drei,
mit denen der xoQvtfalog im Namen des Gesamtchors den Dialog zu
führen hat.
Den Gesang des Chors und der Schauspieler, aber auch vielfach die
Deklamation derselben begleitete der beim dionysischen Festlied übliche
Flötenspieler; nur ausnahmsweise diente monodischem Gesang die Zither
zur Begleitung.
Der Chorgesang schliesst sich in seiner metrischen Gestaltung vor-
zugsweise den Formen der dorischen Kunstlyrik an, nur ist im Drama der
Umfang des einzelnen Chorliedes geringer, als im lyrischen Hymnus oder
Paean; daneben aber dienen auch die volksmässigen Gesänge des ionischen
Stammes den Dramatikern, insbesondere den Dichtern der Komödie als
Quelle, der sie die Vorbilder ihrer lyrischen Partien entnehmen.
Der dramatische Dialog bedient sich der seit Archilochos üblichen
Versmasse der ionischen Dichtung, des trochäischen Tetrameters und des iam-
bischen Trimeters; an pathetischeren Stellen und zur Begleitung des feier-
lichen Schritts der Choreuten oder Schauspieler beim Ein- und Abtreten
Handbuch der klan. AltertiimswiaRenflclult. n. 2. Aafl. 50
786 E. Motiik. o) Metrik der Griechen.
dienen anapaestische Masse. Der iambische Tetrameter ist auf die Komödie
beschränkt, von der Tragödie ausgeschlossen.
A. Die Tragödie.
129. 1. Den ursprünglichsten Bestandteil der Tragödie bildete der
Vortrag des Chors; dieser nahm daher in der ältesten Tragödie einen be-
sonders grossen Raum ein. Der zwölf, seit Sophokles fünfzehn Personen
zählende Chor tritt bei weitem am häufigsten in seiner Gesamtheit singend
auf; aber er löst sich auch nach Bedürfnis in einzelne Abteilungen auf,
in Halbchöre {i]fiixoQicc), in atotxoi und fr/«, und ausser dem Chorführer
{xoQV(faTog), welcher gewöhnlich den Verkehr mit der Bühne vermittelt
kommen auch die Führer der Halbchöre, die Nebenmänner {TraQaatdTai)
des Chorführers, in seltneren Fällen auch andere Choreuten teils singend,
teils sprechend zum Vortrage.
2. Wie der Chor sich nicht auschliesslich auf den gemeinsamen Ge-
sang beschränkt, sondern auch am Dialog durch den Koryphaios oder an-
dere einzelne Sprecher beteiligt ist, so nimmt andererseits auch die Buhne
an den lyrischen gesungenen Partieen der Tragödie Anteil durch Bühnen-
gesänge, /li'Ar; ano axhvijg^ namentlich an solchen Stellen, wo der Schmerz
oder die Freude einen besonderen Grad der Steigerung erfährt. Diese Ge-
sänge sind teils Einzelgesänge, nov((idiai, teils solche, an denen sich ab-
wechselnd zwei oder mehrere Bühnenpersonen beteiligen, scenische Wechsel-
gesänge, ccfioißaia an 6 axrp'ijg.
3. Nicht nur in der Form des von dem Koryphaios mit den Agonisten
geführten Dialogs verkehrt Chor und Bühne miteinander, sondern auch in
Gesängen, an welchen beiderseits Anteil genommen wird, in den Kommoi
und Threnoi, Wechselgesängen zwischen Bühne und Chor.
4. So unterscheiden wir denn unter den lyrischen Bestandteilen
der Tragödie: 1. Gesänge des Chors, /o^^xa. 2. Gesänge von Bühnen-
personen, jutlr^ ttno (Txr^vfjg, 3. Gesänge, Avelche von Chor und Bühne ge-
meinsam vorgetragen werden, xojuinoi; und unter den Chorika vollstimmigen
Chorgesang, /Jit'hj oXov xoQoif^ und Einzelgesang resp. Wechselgesang von
Gliedern des Chors; unter den Bühnengesängen monodischen und amö-
bäischen Gesang. Die xofxfwC sind Wechselgesänge zwischen dem Chor-
führer oder einem andern Choreuten und einem oder mehreren Agonisten,
seltener zwischen dem ganzen Chore und einer oder mehreren Bühnen-
personen.
5. Der Aufbau der Tragödie aus den erwähnten Bestandteilen
vollzieht sich in der Weise, dass vier Chorlieder — wenigstens in der
älteren Tragödie — gewissermassen das Schema bilden, an welches sich
die Dialogpartien und die Kommoi und Bühnengesänge anschliessen. Das
erste Hauptchorlied führt als Einzugslied des Chors den Namen Parodos,
naQodüc, die anderen heissen im Gegensatze zu diesem Standlieder,
ardaifia; der dialogische Teil, welcher dem Einzugslied vorausgeht, heisst
Prologos, TTQoXoyog, der dem letzten Stasimon folgende Exodos, i^odog;
die zwischen je zwei Chorliedern stehenden Epeisodia, eTretaodia. Das
Normalschema der Tragödie ist demnach;
d. Metrischer Bau nnd Tortrag der griechiBohexi Dichtungen. (§ 129—131. 787
nAP0J02.
€TT€l(f6SlOV a.
2TA2IM0N A:
STlSKXodlOV ß'.
2TA2IM0N b:
ineiaoSiov y.
2TA21M0N r.
Die Tragödie setzt sich also, soweit diese Normalform aufrecht erhalten
wird, aus fünf dialogischen Partien und vier Hauptchorliedern zusammen;
die übrigen Bestandteile werden als eingelegte Teile der Epeisodia resp.
des Prologs und der Exodos betrachtet.^)
Wir besprechen im Folgenden zunächst die Chorika, dann die Kommoi
und Threnoi; ferner die Bühnengesänge, endlich die dialogischen Teile
der Tragödie.
I. Die Chorika.
130. 1. Die Qesänge des Chors tragen wie in ihrer Sprache so
auch in ihrer rhythmisch-metrischen Form das Gepräge der dorischen Chor-
lyrik an sich. Nicht nur der Dithyrambos diente ihnen als Vorbild, son-
dern auch die anderen Kunstformen wurden nachgebildet: Hymnen, Paeane,
Prosodien, auch die heiteren Tanzlieder des apollinischen Kultus. — Der
Umfang des Chorliedes ist in der ältesten Tragödie noch ein verhältnis-
mässig bedeutender und die Mannigfaltigeit der rhythmischen Formen eine
grosse; teils werden die bekannten Strophenformen der älteren Lyrik er-
neuert, so das xard ddxrvXov eidogy die daktylo-epitritischen, logaoedischen,
ionischen Strophen, teils neue Strophenstüe geschaffen, wie der tro-
chäische und iambische (Aeschylos) und der daktylo-trochäische (Euri-
pides). Die spätere Tragödie beschränkte den Umfang des Chorliedes zu
Gunsten der Monodien und Wechselgesänge und räumte einer rhyth-
mischen Bildung, den Logaoeden, eine alle anderen weitaus überwiegende
Geltung ein.
2. Unter den Chorika sind zu unterscheiden die Hauptchorlieder,
welche — wenigstens in der älteren Tragödie — den Einzug und den Abzug
des Chors begleiten und an den Ruhepunkten der dramatischen Handlung
eintreten und zwei Epeisodien von einander trennen, und die kleineren,
innerhalb eines Epeisodion stehenden Vorträge des Chors. Jene heissen
Parodoi, Exodoi und Stasima, diese bezeichnet man zweckmässig als
epeisodische Chorika.
131. 1. Die Parodos war ursprünglich ein wirkliches Einzugslied, ^)
welches während des Einmarsches in die Orchestra von dem Chore vor-
getragen wurde: später aber ist sie nicht selten — und so schon öfters
*) Aristot. Poet. c. 12 werden als xoiva
fASQT] jQayt^dlag aufgeführt ngoXoyog, inei-
aodioy, t^odog und x^Q^^^^ ^^^ ihnen als
Xdf,a gegenüberstellt x« dno axijy^g und
XOfifAOl.
^ Schol. zu Eurip. Phoen. 202. ndqoSog
de ianv lodtj x^9^^ ßatdl^oytog ifdofiiyij tifia
Tj eiaodt^.
1
788 £• Xetrik. o) Xotrik der (hieolien.
bei Sophokles — das erste nach erfolgtem Einzug gesungene Lied des
Chors. »)
Dieser erste Vortrag des auftretenden Chores wurde, zumal in der
älteren Tragödie, auch seinem äusseren Umfange nach im Vergleich mit
den anderen Chorgesängen weiter ausgeführt und reicher ausgestattet noi
zeigt eine grosse Mannigfaltigkeit in seinem Bau. Da die Parodos ihren
Ursprünge nach dazu bestimmt war, den Einmarsch des Chors zu begleiteo.
so hat sie häufig eine grosso Ähnlichkeit mit den Prosodien und den
Paeancn, zuweilen erinnert sie auch an den Threnos.
2. Die älteste Form der Parodos zeigt sich bei Aeschyios Suppl. v. 1 £,
Fers. V. 1 ff. und Agam. v. 140 ff. und bei Sophokles Ai. 134 ff.: hier gehen
den Strophen des Chorgesangs anapaestische Hypermetra in grösserer An-
zahl voraus, welche offenbar dazu bestimmt waren, während des Einmarscbeä
selbst vorgetragen zu werden. Sie bilden den ersten Teil der Parodos.*)
Eine spätere Entwickelung zeigt sich in der Einschiebung der ana-
paestischen Systeme zwischen die Strophen des Qesangs. Diese Form der
Parodos findet sich bei Sophokles Antig. v. 100 ff. so angewendet, dass
auch die Hypermetra dem Chore angehören:
AI Ä 7 B 1 BT.
Aber in anderen Fällen werden die anapaestischen Verse nicht dem Chore,
sondern einem Schauspieler zugeteilt, wodurch die Parodos einen komma-
tischen Charakter erhält, so z. B. bei Aeschyios im Prometheus v. 128 £,
wo Prometheus sie vorträgt:
A 1 Ä 1 B (?) B 7.
Ahnlich auch im Sophokleischen Philoktet, wo sie Neoptolemos (und der
Chorführer) übernimmt:
A <3 +> 7 ^' 3 + 7 B B' \Q r r
Vgl. auch 0. C. 117 ff. und Eurip. Med. 9(3 ff.
Die dem melisclien Teile der Parodos vorausgehenden Anapaeste sind
nuxa ntQioQia/iovg cirfaovg (Heph. p. 76,i8) gegliedert, für die Zwischen-
systeme hingegen ist eine Responsion kaum in Abrede zu stellen.^)
Statt der Zwischenhypermetra treten in einigen Parodoi lyrische Ge-
sänge eines Schauspielers ein, so dass Oesang des Chors mit Bühnengesang
abwechselt. Ein Beispiel dieser Form der Parodos bietet Sophokles in der
Elektra v. 121 ff., wo die Anordnung folgende ist:
A B Ä B' r J r J E c; E' q' \ Z H.
Xo, FIL Xo. 'Hk. I Xo. *m. Xo, 'HL Xo, '£/A. Xo. ^HL ] Xo. *HX.
Diese kommatische Form des Wechselgesangs zwischen Chor und
Bühne wendet Euripides wiederholt an: Troad. v. 152 ff. (Chor und Hekabe),
Electr. 167 ff. (Chor und Elektra), Ion v. 185 ff. (Chor und Ion), Hei. v.
164 ff. (Chor und Helena), Iphig. Taur. v. 183 ff. (Chor und Iphigenie).
Orest. V. 140 ff. Chor und Elektra).
3. Aber auch in d e n Parodoi, in welchen nur der Chor ohne Bühnen-
*) Aribtot. Poet. c. 12 TidQodog fjikv ij I nagodio 6 /opos' XeyBi.
TiQtüjrj Xt^tq oXov (nach Wkstphal oXtj rov) i ^) Vgl. Zielinski, Gliederung der ilt-
XOQov, attischen Komödie p. 378 ff,
'*) Heph. p 76,19 uynnniajixd, « dij iv ^
8. Metrischer Bau nnd Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 131.) 789
Personen beteiligt ist, wird nicht selten eine kommatische Gliederung be-
wirkt durch Verteilung des Gesangs unter Chorteile resp. einzelne Cho-
reuten. In Aeschvlos' Eumeniden z. B. ist die Parodos — nach einem ein-
leitenden iambischen Tristichon der Chorfiihrerin — ein Wechselgesang
der beiden Halbchöre in den beiden ersten Strophen paaren, erst im dritten
voller Chorgesang:
A A' B B' r r'
rill, a ß a ß a ß a ß aß aß Xo. Xo.
Im Agamemnon ist nach der anapaestischen Einleitung (v. 40—103)
zuerst ein monodischer Vortrag des Chorführers (v. 104—159) mit Ephym-
nien des ganzen Chors (cuXivoVy aihvov xtA.) und dann erst (v. 160—246)
vollstimmiger Chorgesang anzunehmen:
I. Anapaeste. II. ^ A' B, III. V V J J' E E^ ^ Z Z
Chor. Chorführer. Gesamtchor.
Insbesondere hat dann, wenn der Chor nicht in geordneten Reihen,
sondern ohne Ordnung {(xnoQddrjv) und in grosser Erregung die Orchestra
betritt, die Verteilung des Einzugsliedes unter Chorteile oder einzelne Sänger
grosse Wahrscheinlichkeit; freilich ist eine sichere Feststellung selten zu
erreichen. Für die Parodos in Aeschylos' Septem, welche aus einem
alloiostrophischen und einem antistrophisch gegliederten Teile besteht, nimmt
man Vortrag einzelner Sänger im ersten Teile (v. 78—108) an, im zweiten
wechselnden Gesang zunächst der drei aroTxoi (v. 109—150), dann der
beiden Halbchöre (151 — 165), endlich vollstimmigen Chorgesang (v. 166—181):
A. B B' r t J J'
Einzelne. arotxoi. T^fiixoQia. XOQoq.
1. 2.3. 1.2. 3. aß aß
Die Parodos in Sophokles' Oedipus auf Kolonos v. 117—169 ist vielleicht
auch an Halbchöre resp. deren Führer verteilt zu denken, sicherlich aber
nicht an sämtliche 15 Choreuten. — Bei Euripides nimmt Arnoldt, Technik
p. 116 vollstimmigen Chorgesang für die ganze Parodos nur Iphig. A. v.
162—296 an; Vortrag durch Halbchöre Andrem, v. 117—146, Wechsel-
gesang der drei (Xtotxoi Suppl. v. 42—87, der Halbchöre und des Chor-
führers Herc. f. V. 107, der Halbchöre, ihrer Führer und des Koryphaios
Ale. V, 77—83, des Gesamtchors und der Halbchöre Phoen. v. 202 flF. der-
selben und des Chorführers Hippel, v. 120 flF., Bacch. v. 64 flF.
Auch für die anapaestischen Hypermetra, sowohl die dem Gesänge
vorangehenden, als die zwischen die lyrischen Strophen eingeschobenen
nimmt man gewöhnlich Vortrag nicht des ganzen Chors, sondern des Kory-
phaios an, so dass z. B. in Prom. v. 128 flF. Antig. v. 100 flF. ein Wechsel
zwischen Chor und Chorführer stattfände. Dagegen macht aber mit Recht
GüiiRAUER in I. Müller's Jahresberichten 1885, p. 33 f. geltend, dass dem
Chor bei seinem ersten Auftreten vollstimmiger Vortrag zieme.
4. Der Bau der Parodoi ist meistenteils antistrophisch ; zuweilen bildet
eine Epode den Abschluss des ganzen Gesangs oder eines Teils desselben;
nur selten fehlt die antistrophische Gliederung (Eurip. Hec. v. 96 flF., Iphig.
T. V. 123). Die umfangreichen Parodoi in Aeschylos' Agamemnon, Supplices
790 E. Metrik, o) Xetrik der Griechen.
und Persern und in Sophokles' Elektra umfassen 11 — 16 Strophen, also
5—8 volle Syzygien und zum Teil noch eine Epode, die kleinsten nur ein
einziges Strophenpaar (Eurip. Heracl. 73. El. Iü7, mit anapaestischen Hype^
metra Soph. 0. C. v. 117, Eurip. Rhes. 1); am häufigsten bilden zwei Strophen-
paare die Parodos (Eurip. Ion. 185. Andr. 117. Troad. 152. Orest. 140 uni
mit hinzutretenden Anapaesten Aesch. Prom. 128 u. Eurip. Ale.) ; zwei Stropheih
paare und schliessende Epode sind vereinigt Soph. Trach. 94. Eurip. Hipp.
120, Helena 167; drei Strophenpaare Aesch. Eum. 143, Soph. OK. 151.
Eurip. Suppl. 42, mit Zwischensystemen Soph. Phil. 135. mit Prood«
Aesch. Sept. 78, mit Epodos Aesch. Choeph. 22; ein einziges Strophenpaar mit
Epodos bildet die Parodos in Eurip. Herc. 117 und Cycl. 117 (nach Aus-
scheidung der Interpolation auch Iphig. A. 162); in Soph. Ai. 134 gehen
diesen drei Strophen noch anapaestische Hypermetra voran ; Proodos und
Epodos zugleich haben die Parodoi der Med. 133 {ABB' P) und der Bac-
chai {A B B' FF' J), — Die in den Parodoi angewendeten Metra zeigen
entsprechend dem verschiedenen Charakter der Einzugslieder selbst eine
grosse Mannigfaltigkeit. Wird von den einleitenden oder eingeschobenen
Anapaesten abgesehen, so finden sich daktylische Strophen im Agamemnon
und König Oedipus und in der Proode der Medea-Parodos, Daktylo-Epi-
triten in Sophokles* Aias v. 172 und Trachinierinnen v. 94; trochäische
Strophen bilden den mittleren Teil der Parodos im Agamemnon und den
Schluss der der Supplices und der Perser des Aeschylos, der Phoenissen des
Euripides; iambische Strophen bilden das ganze Einzugslied der Choephoren,
den zweiten Teil desselben in den Suppl. und den Schlussteil im Agam., 0. R,
den Trach. und den Suppl. des Euripides; aus Daktylo-Trochäen besteht
die Parodos der Sophokleischen Elektra in ihrem ersten Teile, das zweite
Strophenpaar im 0. R. und im Prometheus, beide strophische Syzygien in
der Andromache, die Epode in der Medea.
Besonders häufig sind die Logaoeden in den Parodoi vertreten: l>ei
Aeschylos in den Supplices, bei Sophokles in der Antigene, dem Philoktet.
dem Oedipus auf Kolonos und in den Schlussstrophen im Aias und der
Elektra; bei Euripides in der Elektra, dem Rhesus, Ion, Hippolyt., Phoenissen.
Iphig. A., Medea, Bakchen (2. Strophenpaar).
loniker nehmen den aus drei Strophen paaren und einer Epode be-
stehenden ersten Teil der Perserparodos, zwei Strophen im Prometheus, in
Euripides' Bakchen und zwei Strophenpaare in dessen Supplices ein.
Threnodische Anapaeste erscheinen in Euripides' Hekabe, Troades und der
taurischen Iphigenie, Dochmien in der Parodos der Septem, des Orest
und der Herakliden, lambo-Trochäen endlich in Euripides* Helena und
Herc. für.
In den umfangreicheren Einzugsliedern findet also zuweilen ein wieder-
holtor Wechsel des Metrums statt. Im Agamemnon z. B. folgen auf
die anapaestischen Hypermetra drei daktylische Strophen {A A' B), dann
zwei trochäische und zum Schluss drei iambische Syzygien:
Anap. A A B \ F F J J \ E e\ c;' Z Z'
daktyl. trochaeisch iambisch.
In den Persern, wo gleichfalls anapaestische Hypermetra (v. 1 — 64) den Ein-
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 132—133.) 791
marsch des Chors begleiten, folgen v. 65 ff. drei ionische Syzygien und eine
ebensolche Epode. und zwei trochäische Strophenpaare bilden den Schluss;
in Sophokles' König Oedipus v. 151 ff. ist das erste Strophenpaar dakty-
lisch, das zweite daktylo-trochäisch, das dritte iam bisch; in den Trachi-
nierinnen v. 94 flF. der Anfang daktylo-epitritisch, der zweite Teil loga-
oedisch, die Epode iambisch; in Euripides Medea v. 133 flF. die Proode dak-
tylisch, die Syzygie logaoedisch, die Epode daktylo-trochäisch.
5. Die Vortragsweise der Parodos ist, wie oben bereits angedeutet
wurde, teils Chorgesang, teils Einzelgesang des Chorführers und der naga-
atdrai; der Chorgesang ist nicht überall voUstimmig, sondern manchmal
nur mehrstimmig, Gesang eines Halbchors oder eines Stoichos. Bühnen-
personen beteiligen sich teils durch den Vortrag anapaestischer Hyper-
metra (s. p. 788), teils — noch nicht bei Aeschylos — mit lyrischem Ge-
sänge. Zur Begleitung des Gesangs dient die Flöte, nur in einzelnen Fällen
bei monodischem Vortrage die Kithara, wie Aesch. Ag. v. 104 flF., worauf
Aristoph. Ran. v. 1285 schliessen lässt. Für die anapaestischen Hypermetra
wird meist naQaxatakoyrj oder melodramatischer Vortrag angenommen,
wahrscheinlicher aber ist rezitativischer Gesang sowohl bei den dem Chore
als den den Schauspielern angehörigen Anapaesten.
132. Mit dem Namen Epiparodos wird das Chorikon bezeichnet,
welches bei einem zweiten Einzug des Chors vorgetragen wird, nachdem
er vorher aus irgend einem Grunde abgetreten war. 0 Fälle dieser Art liegen
vor in Aeschylos' Eumeniden v. 244 flF., Sophokles* Aiax. v. 86G, Euripides'
Ale. V. 918 flF., Helen, v. 515 und Rhesos v. 666.
In den Eumeniden war der Chor v. 229 ff. abgetreten und erscheint v. 244 ff .
wieder und zwar anogadrjy den Orest verfolgend. Hier dienen 10 iamb. Trimeter als Ein-
leitung (v. 244—54), dann folgen dochmische und iamb. Verse (ohne antistr. Responsion).
Im Aias erscheint der Chor nach seinem Abtreten v. 812 f. von zwei verschiedenen
Seiteti her v. 860 wieder, in zwei Halbchöre geteilt. Der Vortrag der iamb. Verse (dim.
trim.) fällt den Halbchorführern resp. dem Eoryphaios zu und ist nicht Gesang, sondern
Parakataloge.
Eur. Ale. V. 861 ff. kehrt der Chor mit Admetos, während dieser anapaestische
Dimeter vorträgt, in die Orchestra zurück; darauf folgt ein Eommos v. 872 ff.
Eur. Hei. 515 erscheint der Chor, welcher v. 385 mit Helena abgetreten war,
wieder mit einem logaoedischen Eintrittslied.
PiUr. Rh es. zieht der vorher (v. 564) abgetretene Chor in die Orchestra unter Tro-
chäen stürmisch ein, um Odysseus und Diomedes zu verfolgen.
133. Als Stasima*) werden diejenigen Hauptchorlieder bezeichnet,
welche zwei Epeisodia von einander trennen, also am Schlüsse eines Akts
eintreten, wo die Handlung zu einem Ruhepunkte gelangt ist. Sie führen
iliren Namen im Gegensatz zu naqodoq und ^odoq, nicht weil der Chor
unbeweglich stillstehend sie singt, ^) denn Orchestik, selbst lebhafte, ist
bei ihrem Vortrage nicht ausgeschlossen, sondern, wie G. Hermann El. D.
M. § 665 sagt: y,quod a choro non accedente primum et ordines explicante,
') l'ollux IV, 108 y dt xartt X9^^^^ I ') ^gl» Aristot. Poet. p. 12 ajäaifioy
t^o(fog wi TiaXiy eiaioyrwy fÄfrftaTaaigxa'AeTjai, fieXos x^Q^^ "^^ ayev «yanaiarov xttl tqo-
fj ö'e fAera Tctvrtjy etüodog ijtiJt (igodog; , ^alov.
vgl. Schol. zu Soph. Ai. 813 und zu Eurip. *) Fälschlich so gedeutet z. B. v. Schol.
Ale. SUl dvyarai ynQ 6 ;|ro^ö? i^laiaadtti , Eur. Phoen. 202 oxay 6 yoqog fierd rtjy na-
jTJg oxt]y7Jg wV xal iy Jucyti fjiaarvyofpoQt^. Qodoy Xiyji n fiiXog avrjxoy rj vno^iaet
918. Helen. 515. { uxivr^tog fxivoiVy axaatfAov xaXsTfM to ^afia.
792 ^ Metrik, o) Metrik der
sed iam ienonie sfationes 8u<i8 canutUfir'', weil sie nicht im Schreitenge
sungen wurden.
2. Gegenüber der grossen Mannigfaltigkeit, welche die Parodoi zeiges,
herrscht in den Stasima eine auffallende Gleichförmigkeit in Anlage, Bu
und Vortrag; auch in Bezug auf den Umfang stehen sie hinter den Ed-
zugsliüdorn zurück.
Gewöhnlich umfasst bei Aeschylos das Stasimon drei Strophenpaire
in der Anordnung A A' B B' F r\ zn diesen tritt einige Male eine Epode
am Schlüsse des ganzen Gesangs (Pers. v. 633 ff. 852 ff.), doch sind Sti^inu
von vier Syzygien nicht selten, ja einige dehnen sich bis auf 10 Strophen
aus (Sept. V. 720, Suppl. v. 524): nur zweimal — wenn von Prom. II v.
52G, III V. 887 abgesehen wird^ — beschränkt sich der Umfang des Lieds
auf zwei strophische Syzygien (Sept. v. 832, Ag. v. 975).
Bei Sophokles bilden gewöhnlich zwei Strophenpaare (A Ä B B)
das Stasimon, zuweilen tritt die epodische Form {A A' B) ein, wie Elect.
I, v. 472, Trach. I, v. 497, 0. C. III, v. 1211, Phil. II, v. 827; nur selten
aber beschränkt sich der Dichter auf ein einziges Strophenpaar, wie Ai. II
V. 693 (Tanzlied), Elect. III, v. 1384, Ant. III, v. 781, O. C. v. 1556.
Bei Euripides ist ebenfalls die Form A A' B B' die gewöhnliche,
nur hin und wieder umfasst ein Stasimon bei ihm drei Syzygien; häufig aber
ist die epodische Form, besonders in den späteren Stücken, im ganzen
18 mal ^) angewendet; ein einziges Strophenpaar erscheint Herakl. v. 608,
Suppl. v. 078, Elect. v. 857 (Tanzlied), Iph. T. v. 1208, Phoen. v. 308,
Rhes. V. 516 und 682.
Nur in Ausnahmefallen erhält das Stasimon eine kommatische Glie-
derung oder wird durch einen Kommos vertreten. So werden in Aeschylos*
Eumeniden v. 916 flf. die Strophen des Chors durch anapaestische Hyper-
metra der Athene getrennt:
A anap. A' anap. B anap. B' anap. F anap. r\^)
In Sophokles' Phil. v. 827 ff. unterbricht der Vortrag des Neoptolemos (dak-
tylische Hexameter) die drei Chorstrophen:
A a A' <«> B
und in demselben Stücke v. 1081 ist ein Wechselgesang zwischen Philoktet
und dem Chor an Stelle eines Stasimon getreten:
A B A' B' F J F' J'
d^ik, Xo. <PiA. Xo. (PiL Xo. (P/A. Xo.
3. Was die Wahl der Khythmen betrifft, so zeichnet sich bei Aeschy-
los das Stasimon nicht nur durch grossen Reichtum der Formen aus, welche
es zur Anwendung bringt, sondern auch durch Wechsel innerhalb desselben
Gesangs, ja innerhalb derselben Strophe. Eine grosse Vorliebe zeigt
*) über die liesonderheiten dos Prome-
theus vgl. Wecklein, Technik der Chor-
gesänge des Aeschyl. p. 2'iiS und Textübcr-
liefening des Aeschylos p. 3'^i) ff.
'-) In Iphig. A. und Bakch. je dreimal,
in Hek., Ion und Phoen. je zweimal.
^) Von den anapaestischen Partien be- > sehen J und J' allein steht,
stehen die 2., 3. und 4 aus je 14 FOssep {
oder 7 xtoXa, die erste aus 20, die letzte an?
21 Füssen. Ziklinski, Altatt. Korn. p. :5S0 will
die 5. (ilruppe auf 14 Fössc reduzieren (durcii
Umstellung von v. 1010 ff. hinter v, 10:31 .
so dass die S^'mmetric für 2. u. 3., 4. u. •» .
hergestellt wird, die erste I^artie aber zwi-
3. Metrischer Bau und Vortrag der griechiachen Dichtungen. (§ 133.)
793
Aeschylos für die dem tragischen Pathos in besonderem Grade entspre-
chenden trochäischen Strophen (§ 54) und für die bewegteren, oft leiden-
schaftlich erregten iambischen (§ 64); häufig sind bei ihm auch die loga-
oedischen und iambisch-logaoedischen Bildungen (§ 100), dagegen erscheinen
die feierlichen Daktylen,*) die ernsten Daktyloepitriten,^) die wehmütig
klagenden loniker {§ 72)'*) und die aufgeregten Dochmien*) nur vereinzelt
im äschylischen Stasimon. — Nur in wenigen Fällen wird bei ihm der ganze
Gesang aus Strophen desselben Rhythmus gebaut, wie das 3. Stasimon der
Perser (v. 852 flf.) aus daktylischen, das erste des Agamemnon (v. 367),
das dritte der Septem (v. 832 flf.) und das dritte der Supplices (v. 776 ff.) aus
iambischen, das dritte der Choephoren (v. 935 flF.) aus dochmischen Strophen;
gewöhnlich findet ein Wechsel verschiedener Strophengattungen innerhalb des
Canticum statt, wobei die Neigung hervortritt den iambischen Strophen die
letzte Stelle zu geben; so schliesst z. B. das zweite Stasimon der Septem
(v. 720 ff.) nach Beginn mit lonikern mit iambischen Strophen, ähnlich
das zweite Stasimon des Agamemnon, das erste der Choephoren, das erste
der Eumeniden, alle drei der Supplices.
Auch innerhalb derselben Strophe tritt öfters ein Wechsel des Metrums
ein, so ist z. B. Sept. v. 345 ff. der erste Teil der Strophe logaoedisch, der
zweite trochäisch, Eum. v. 347 der erste daktylisch, der zweite trochäisch,
Choeph. V. 783 der erste trochäisch, der zweite ionisch, ebenso v. 819 ff. —
Eigentümlich sind dem äschylischen Chorliede die sogenannten rhythmischen
Ephymnien, ein aus einigen Kola bestehender Nachgesang, welcher am
Schlüsse mehrerer (übrigens verschieden gestalteter) Strophen wiederkehrend
diese rhythmisch und musikalisch enger mit einander verknüpft. Suppl.
V. 639 ff. und Agam. v. 381 ff. besteht dieser Nachgesang aus folgenden vier
logaoedischen Kola:
^ C7 _ WV^LL
J. ~ — v-^^ -1 W
2:i Z C7 — v^^lL
Z C _ \^^lL
und wiederholt sich an beiden Stellen sechsmal (in drei Strophenpaaren).
Bei Sophokles herrschen die logaoedischen Strophen im Stasimon,
allerdings in mannigfacher Bildung, so sehr vor, dass kaum hin und wieder
eine andere Strophenform sich nachweisen lässt, wie die ionischen in 0.
R. v. 483 (1. Stas.), die iambische Epode in Elect. v. 504 ff., die dochmi-
schen El. V. 1384.
Bei Euripides überwiegen ebenfalls die Logaoeden, doch treten die
übrigen Strophenarten nicht so völlig zurück wie bei Sophokles; ziemlich
häufig sind die daktylo-trochäischen und daktylo-epitritischen ; die iambi-
schen sind vertreten Suppl. v. 366. 599. 782, Andr. v. 463, Herc. f. v. 348,
Troad. v. 513; die trochäischen Phoen. v. 639, 676; die daktylischen
Herakl. v. 608, Phoen. 818, die ionischen Bakch. v. 363. 508, die dochmi-
schen Hipp. V. 1257, El. V. 1147, Ion v. 688, Or. v. 368, Bakch. v. 978,
Rhes. v. 682.
^) Fers. V. 852 (3. Stasimon), Eum. v.
378 (1. Stasimon).
2) Prom. V. 526 (2. Stas.), v. 887 (3.
Stas.)
») Pere. V. 648 (2. Stas.), Sept. v. 720 (2.
Stas ), Ag. V. 691 (2. Stas), Choeph. v. 789
(2. Stas.), V. 827. Prom. v. 396 (1. Stas.).
*) Choeph. V. 935 (3. Stas.)
794 ^* Metrik, c) Metrik der GMechen.
4. Dass der Vortrag des Stasimon — von einzelnen Ausnahmen abge
sehen — dem Gesamtchor zufiel, ist trotz aller Versuche Halbchöre, Stoichol
Zyga und Einzelchoreuten heran zu ziehen, immer mehr zur Anerkennaog
gekommen.*) Wir nehmen daher vollstimmigen Chorgesang im Stasimon
als Regel an und sehen etwaige Abweichungen davon als seltene Aus-
nahmen an; auch das Vorhandensein von Ephymnien kann an sich nod
nicht als zwingender Beweis gelten für die Annahme, dass der vorangehende
Gesang Chorteilen oder Einzelsängern zukomme. 2)
Abweichungen liegen vor — ausser in den oben erwähnten komma-
tischen Liedern, wo Bühnenpersonen den Chorvortrag unterbrechen —
in wenigen Stasima des Euripides, welche deutliche Spuren chorischen
Wechselgesangs an sich tragen. Das zweite Stasimon der Suppl. (v. 599 ff.)
ist ein Wechsellied der Mütter und ihrer Dienerinnen; in dem 2. Stasimon des
Ion V. G88 ff. gehört nur die Epode dem ganzen Chor, während sowohl die
Strophe als die Antistrophe, welche in je 5 Kommata zerfallen, auf Einzel-
vortrag schliessen lassen. Auch Rhes. v. 527 ff. und v. 692 ff., wo sich
an die Chorstrophen dialogische Partien anschliessen, zeigen kommatische
Gliederung.-^)
Die Vortragsform war seitens des Gesamtchors überall Gesang; wo
Zwischenanapaeste eingeschoben sind, wie Eum. v. 916 ff., dürfte für diese
recitativischer Vortrag und für die Daktylen in Soph. Phil. v. 827 ff. Dekla-
mation unter Instrumentalbegleitung anzunehmen sein.
134. Wie den Einzug des Chors — wenigstens anfangs — ein x^^'^r
fiäXog zu begleiten pflegte, so geschah ein gleiches ursprünglich auch bei
dem Abzug des Chors: die Exodos war also zunächst ein Chorlied, der
Abzugsgesang des Chors. ^) Insbesondere war, so lange die trilogische Kom-
position bestand, für das letzte Stück der Trilogie eine chorische Exodos
der naturgemässe Abschluss, während die Anfangs- und Mittelstücke eines
Schlussgesangs leichter entbehren konnten. So hat denn auch das Schluss-
stück der Orestie, die Eumeniden, ein Chorlied als Exodos und in den
Septem bildete ursprünglich der Threnos des Chors den Schluss;'\) aber
auch die Supplices, obgleich kein Schlussstück, haben eine chorische Exodos
in breiterer Ausführung und in den Persern ersetzt sie der Kommos zwi-
schen Xerxes und dem Chore v. 908 ff. — Die jüngere Tragödie ver-
zichtete auf einen kunstvoller ausgeführten Schlussgesang und Hess das Ab-
zugslied meist auf ein kurzes anapaestisches Exodikon zusammenschrumpfen:
der Name Exodos wurde jetzt die Bezeichnung des letzten Bühnenteils.^l
') In diesem Sinne hat sich sclion im .1. | ^) Arnoldt p. 220 f. nimmt fiir die
1878 KicH. Arnoldt, Chor. Technik des Eurip. 1 Strophen Vortrag durch Hemichoria, für den
p. VJII, 17li und p. 212 (gegen Chr. Muff
und 0. Hknsp:) bezügl. Kiiripides und Sopho-
kles ausgesprochen: später hat Guiirauer in
J. MüLLEu's Jahresber. f. 1SN5 p. 33 f. die
Frage vom musikalischen Stand])unkte be-
leuchtet und jüngst wieder Th. Zielinski,
Altatt. Komödie p. 277 die Gründe, welche
gegen Hemichorienvortrag und Eiuzelgesang
sprechen, entwickelt.
-j Vgl. GüHBAüEB a. a. 0.
Dialog Vortrag durch die Halbchorführer ao.
'*) Vgl. Poll. IV, 53, wofcocTo? neben ntr-
Qo&o<:, ainai^op und andern lyrischen Teilen
aufgeführt wird, und Tzetzes n. iQity, n v.
24 f. 71 ff.
•'') über den spUteren Ursprung des fol-
genden Bühnengesangs (Antigone u. Ismene)
vgl. Berük. Lit. Gesch. Ill, p. 304 f.
^') Aristot. Poet. c. 12. t^odog «fc ftt^o;
6Xoy TQ((yM&U(g; fie&* ö ovx lau- j^oqov fiiXog.
8. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 134 — 185.) 795
Der Schlussgesang der Eumeniden v. 1032-47 ist ein Lied von prosodischem
Charakter (§ 120) in daktylischem Rhythmus mit Ephymnien am Schlüsse jeder der vier
Strophen (Form J A' B B'); der Vortrag des Gesang fällt dem Nebenchor der TigonofiTioi
zu, nur in die Ephymnien stimmen auch die Eumeniden (der Chor) mit ein. An dem Auf-
zuge nehmen auch die Areopngiten teil. — Der Schluss der Supplices v. 1018 fF. wird
gleichfalls von zwei Chören vorgetragen, den Danaideu (Hauptchor) und den Dienerinnen
(Nebeuchor). Er besteht aus vier Strophenpaaren in ionischem Rhvthmus und in der An-
ordnung A A' B B' r r' J J'; A 'A' singen die Danaiden, B B' die Dienerinnen (6nadot)j
r r' wird amöbäisch von beiden Chören vorgetragen, J J' von beiden zusammen. — In
dem Schlussthrenos der Septem v. 874 — 900 ist wahrscheinlich (mitZiELiNSKi p. 286)
aniöbäischer Gesang zweier Chöre anzunehmen, des Hauptchors und des Nebenchors der
TiQÖTiofATioif nicht aber Halbchor Vortrag; am wenigsten ist an eine Verteilung unter einzelne
Choreuten zu glauben. Die Komposition ist antistrophisch (vier Syzygien), der Rhythmus
teils iambisch, teils logaoedisch.
Der Vortrag der anapaestischen Exodika wird gewöhnlich dem Chor-
führer zugeschrieben, ebenso der der trochäischen Tetrameter, welche
Soph. 0. R. V. 1524 und Eurip. Ion. v. 1619 den Schluss des Stückes
bilden. Wahrscheinlicher ist es aber, dass sie ebenso wie die Einzugs-
anapaeste (S. 789) dem Gesamtchore zufielen.
136. Die kleineren Chorlieder, welche, weil sie innerhalb der Epei-
sodia stehen, als epeisodische Chorika bezeichnet werden (§ 130, 2), finden
ihren Platz besonders da, wo eine stärkere Erregung der Affekte stattfindet,
und sind daher meist in dochmischem oder iambischem Rhythmus gehalten.
Ihrem Bau nach sind sie sehr mannigfach gestaltet, teils antistrophisch,
teils alloiostrophisch, bald zusammenhängend, bald durch zwischengeschobene
Dialogverse getrennt; zuweilen von hyporchematischem Charakter, oft deut-
liche Spuren des Wechselgesangs an sich tragend, so dass an eine Vertei-
lung unter einzelne Sänger zu denken ist.
Bei Aeschylos finden sich derartige kleinere Chorika in antistrophi-
scher Bildung Pars. v. 694—96 = 700—702 atßofiai fxiv ngoaiiea&m xtX.
(2 ionische Strophen getrennt durch drei Dialogverse: A 3 A'); Agam. v.
1407—11 =^ 1426—1430 ti xaxov^ (o yvvai (ein dochmisches Strophenpaar,
durch 14 Trimeter der Klytaemnestra getrennt: A 14 A'); Choeph. v.
1007 — 9 = 1018—20 cdaX alaX ^leXtoyv egycov (eipe anapaestische Syzygie,
zwischen den Strophen 8 Trimeter des Orest); Suppl. v. 418 — 437 (pQüv-
Tiaov xai yevov xtA. (zwei paeonisch-dochmische Strophenpaare ohne Unter-
brechung AA' BB' als Abschluss eines Kommos), Septem v. 874 — 960
(1. Teil des Threnos,^) vier Strophenpaare, iambisch-anapaestisch und
iambisch-logaoedisch; vgl. § 134). Dagegen sind alloiostrophisch Agam.
V. 475 — 487 (iambisches Chorikon aus vier Kommata, von verschiedenen
Stimmen vorgetragen); Choeph. v. 152 — 162 isrs ddxqv xavaxeq xrX.
(paeonisch- dochmisch; zwei Kommata); Eum. v. 255 — 275 oga, oga fiaX*
av (dochmisch-iambische Epiparodos, s. § 132); Prom. v. 687 — 95 ia la
a7T€X€, (ftv (dochmisch-anapaestisches Chorikon).
Sophokles hat im Philoct. v. 391—402 = 507—518 ein anti-
strophisch gegliedertes) Chorikon (ein ekstatisches Gebet an die phrygische
Göttermutter), welches aus einem durch 105 Dialogverse getrennten doch-
misch-iambischen Strophenpaar besteht; dagegen ist das paeanische (iam-
') Andere sehen darin einen Kommos und verteilen ihn unter Antigone, Ismene
und den Chor; s. Kirchhoff, Ausg. p. 99 flf.
796 £• Metrik, c) Metrik der Griechen.
bische) Tanzlied Trach. v. 205—224, welches, wie der Scholiast zu v. 216
richtig bemerkt,^) kein Stasimon ist, alloiostrophisch (3 Teile: 205—215
Chorführer, 216-221 Chor, 222—24 Chorführer). Die beiden anderen '
Hyporcheme bei Sophokles Antig. v. 1115—54 und Ai. v. 693 — 718 scheidea '
zwei Epeisodien und vertreten die Stelle von Stasimen; ebenso fasst man '
das heitere Chorikon 0. R. v. 1086 — 1109 in daktylo-epitritischem Rhyth-
mus als Ersatz für ein Stasimon auf. — Auch die (iarobische) Epiparodos
im Aias v. 866—878 (vgl. § 132) gehört zu den epeisodischen Chorika.
Bei Euripides sind die Chorlieder, in denen sich Einzelstimmen
unterscheiden lassen und amöbäischer Vortrag anzunehmen ist (Wechsel-
gesänge des Chors), ziemlich zahlreich. Sie sind fast durchgängig
alloiostrophisch; xarü axtaiv nur Ale. v. 218 — 245 K., Med. v. 1240—81
(zwei Syzygien), Herc. f. v. 732—54, Phoen. v. 1291 — 1302, Orest v.
1345—1545. Die meisten unter ihnen sind dochmisch resp. iambiscli-
dochmisch^) entsprechend der erregten Stimmung des geteilten Chors und
haben ihre Stelle gewöhnlich im Schlussteile der Tragödie. Sie zerlegen
sich meist zwanglos in drei oder fünf Abschnitte, so dass es nahe liegt in
dem einen Falle Vortrag des Chorführers und seiner beiden naQaaxaim,
in dem andern Vortrag der fünf nQWToaTccrai anzunehmen. Die Dreiteilung
liegt vor Med. v. 1240—81 K., Herc. für. v. 732—54. Phoen. v. 291— 3(HJ,
1291—1312, Orest. 1345—1545. El. 585-94. Troad. v. 1240—50; die
Fünfteilung Ale. v. 218—245, Hipp. v. 363-374, Hec. v. 1004—21, Herc.
f. V. 866—98, V. 1006—30, Ion v. 1231—51 Bacch. v. 1142 flF. Suppl.
v. 273—86. Näheres s. bei R. Arnoldt, Die chorische Technik des Eu-
ripides, p. 223 ff. — Das Tanzlied bei Eurip, El. v. 857—63 = 873-77
vertritt die Stelle eines Stasimon, wieSoph. Ai. v. 693 ff. und Antig. v. 1115S.
II. Die Eommoi und Threnoi.
136. Die Gesänge, an welchen sich der Chor und Personen der Bühne
geraeinsam beteiligen, heissen im allgemeinen Kommoi^) (§ 129, 4J. Es
sind durchweg Lieder von unruhigem, erregtem, ja oft leidenschaftlichem
Charakter und bringen diesen auch in der Wahl der Rhythmen und in ihrer
metrischen Form zum Ausdruck. Vorzugsweise sind es Dochmien, threno-
dische Anapaeste, lambo-Trochaeen, seltener Daktylen und Logaoeden,
welche in ihnen zur Anwendung kommen. Zwischen die lyrischen Teile
des Kommos treten aber oft Dialogverse, iambische Trimeter oder ana-
paestische Hypermetra. In der älteren Tragödie wird die antistrophische
Gliederung festgehalten und sie ist in den Aeschylischen und Sophokleischen
Kommoi durchgehend beobachtet, in der späteren herrscht die freie Kom-
positionsform vor.
Der Vortrag verteilt sich unter den Chor und die Schauspieler in
') 8cliol. zu Soph. Trach. 21G ro fieXc \ tylisch Siippl. v. 273 -28<).
6(toioy ovx tan ardctuov, «AA' vno lijg
fjdor^g oQxovvKu; vgl. T^i. Hekok, Giiech.
Litt. 111, p. 1(14.
•^) Aristot. Poet. c. 12 xouuS^ cf^ Oq^vo;
XOQOV xai €(710 (fxrjvrjg, wo Ariioldt hintt'r
/o(>oi; einschieben will xra i577ox(>irüjr. Tatetzes
'^) lanibisch ist Ale. v. 218 24r), loga- tt. iQcty.Q^h 6 xoufAog tov /oqov . . . r.-io-
ocdisch Ion v. 1231— 1245, anapaestiscli Ion xQuaTq i]u m^ noXv üvviiyfjLivog. — Der Nauie
V. 1246 —41) und Troad. v. 1240 50; dak- xofAfAog bei Aesch. Choeph. v. 423.
8. Metrischer Bau und Tortrag der griechischen Dichtungen. (§ 136.) 797
verschiedener Weise: nur selten wird der Einzelstimme des Agonisten
gegenüber vollstimmiger Chorgesang erklungen sein oder sich Chor und
Bühnenpersonen zu gemeinsamem Gesänge vereint haben, wie Aesch. Choeph.
V. 458 ff.; häufiger ist im Kommos der Chor in seinen einzelnen Gliedern
thätig. Der Bühnengesang ist ihm gegenüber in der älteren Zeit nur durch
eine einzige Person vertreten, durch Xerxes in Aeschylos' Persern und Kas-
sandra im Agamemnon; doch treten auch schon zwei Sänger der Bühne
im Kommos bei Aesch ylos auf, z. B. Choeph. v. 306 ff. Elektra und Orest;
später sind sogar zuweilen drei Agonisten in kommatischen Gesängen
thätig, wie in Sophokles' König Oedipus v. 649 Oedipus, Kreon und Jokaste
und in der Electr. v. 1398 Orest, Elektra und Klytaemnestra, allerdings nicht
sämtlich als Singende.
Die Grösse der Kommata, in welche der Kommos sich auf die ein-
zelnen Vortragenden verteilt, ist sehr verschieden: je mehr die Leidenschaft
und Erregung sich steigert, desto häufiger tritt ein Wechsel der Pei*sonen
ein und desto kleiner werden die Kommata, so dass oft sogar mitten im
Verse die Vortragenden sich ablösen. Jedoch findet bei antistrophisch
gebauten Kommoi der Personenwechsel stets genau an denselben Stellen
in Strophe und Gegenstrophe statt und kommt in der Regel derselben
Person das entsprechende Komma in beiden zu; nur ausnahmsweise über-
nimmt eine andere Person das Komma der Antistrophe als in der Strophe.^)
Bezüglich der Vortragsweise herrscht ebenfalls eine grosse Mannig-
faltigkeit: Arioso wechselt mit Recitativ und melodramatischem Vortrag;
teils stellt die Bühne die Sänger, während der Chorführer oder ein anderes
Chormitglied die den Gesang unterbrechenden Trimeter zur Flöte deklamiert,
teils ist das Umgekehrte der Fall. Zuweilen steigert sich die Erregung,
so dass einer der Vortragenden von der blossen Rezitation zum vollen
Gesänge übergeht; das Gewöhnliche aber ist es, dass wo der Kommos aus
lyrischen und dialogischen Versen sich zusammensetzt, Gesang und Dekla-
mation durchweg auf verschiedene Personen verteilt bleibt.
2. Bei Aeschylos sind die Kommoi oft sehr umfangreich, insbesondere
die eigentlichen Threnoi oder Totenklagen. Die Hauptleistung übernimmt
bei ihm meist der Chor, seltener ein Schauspieler; zuweilen fällt beiden
Teilen Gesang zu, wie im Threnos der Perser, häufiger nur dem einen
Gesang, dem andern melodramatischer Vortrag oder Rezitativ. Die anti-
strophische Formation ist durchgehend angewandt.
Der Perserthrenos zwischen Xerxes und dem Chor v. 908—1076 ist in seinem
ersten Teile ( —1001) anapaestisch, im zweiten iambisch und in letzterem aus lauter kurzen
Kommata gebildet; er besteht aus 7 Strophenpaaren und einer Epode am Schluss; der Chor
ist, wie es scheint, sowohl in seiner Gesamtheit (im 1. und 4. Strophenpaare) als auch in
Einzelstimmen thätig.
Der Gesang gehört dem Chore an, während der Schauspieler ein ana-
paestisches Epirrhema vorträgt, in dem Kommos Eum. v. 916—1020,
M Beispiele dieses Wechsels sind Soph.
Ai. V. 8()4 ff. (Chorführer f. Tekmessa und
umgekehrt), 0. R. v. 649 ff. (Jokaste für
Oedipus), Antig. v. 1261 ff. (Chorführer für
den Exangelos), 0. C. v. 510 ff. (Oedip. fOi
Chorführer), v. 1724 ff. (Chorführer für Anti-
gene. Antigene für Ismene), Elect. v. 1398 ff.,
(Orest resp. £lektra für Klytaemnestra, der
Chorführer für Elektra).
708 ^ Metrik, o) Metrik der Grieohen.
welcher als Stasimon dient (§ 133; p. 792), in der kommatischen Parodoe
des Prometheus v. 128 ff. (§ 131 p. 788) und in dem Tfarenos Agam. v.
1448—1576, in welchem die Strophen dem Chore, die Anapaeste d»
Klytaemnestra zugeteilt sind:
A a A' a\ B ß D' ß \ T y t y J)
Dagegen sind die Epirrheme aus iambischen Trimetem gebildet in
folgenden Kommoi des Aeschylos:
Eum. V. 117 — 130 (Chor und Klytaemnestra):
A 2 A' 2\ B 2 B' 2\ r y
wo AA' und BB' durch {ivy^iog und (oyiiog ersetzt sind.
Pers. V. 256—289. Chor und Bote. Drei Strophenpaare (1. iam-
bisch, 2. iambisch-Iogaoedisch, 3. iambisch):
A 2 A' 2 B 2 B' 2 F 2 r\
Suppl. V. 734—762. Chor und Danaos. 2 Strophenpaare (1. iam-
bisch, 2. dochmisch):
2 vi, 2. 2 ^', 2 I 2 B, 2. 2 B\ 2.
Suppl. V. 347 ff. Chor und König. Drei Strophenpaare (1. doch-
misch, 2. iambisch, 3. dochmisch):
A 5 A' 5\ B 5 B b\ r 5 F.
Suppl. V. 863—77. Chor und Herold,
B 3 B' 3 r 2 r 2 /t 2 J' 2.
Sept. V. 203—48. Chor und Eteokles. Drei dochmische Strophen-
paare:
A3 A' 3\ B 3 B' 3\ r 3 r 3,
Sept. V. 683—712. Chor und Eteokles. Zwei dochmische Strophen-
paare:
3 A 3 A' 3 B 3 B 3.
Sept. V. 375—675. Chor, Bote, Eteokles. Drei dochraische Strophen-
paare:
Trim. A Trim. A' \ Trim. B Trim. B \ Trim. r Trim. r' Trim.
B. Et. Ch. B. Et. Ch. B. Et. Ch. B. Et. Ch. B. Et. Ch. B. Et. Ch. B. Et.
Eum. V. 778—891. Chor und Athene. Zwei dochmische Stropheo-
paare :
A Trim. A' Trim. B Trim. B Trim.
Die Symmetrie in der Verszahl der Epirrhemen ist in den beiden letzten
Beispielen gestört.
In der Kassandraklage Agam. v. 1072—1177 fällt die Hauptrolle
der Bühnenperson zu, der Chor erwidert anfangs in Trimetern, geht aber
später vom melodramatischen Vortrage auch zum Gesänge über.
A 2 A' 2\ B 2 B' 2\ r 2 F 2 J 2 J 2
Et E' t \ q g q' g \ Z ^ Z' ^'.
Der Threnos der Choephoren v. 300—478, den Orest, Elektra und
der Chor am Grabe des Agamemnon singen, besteht aus vier Teilen, denen
^) Jede der Strophen A A' u. s. w. be- i dischen (Chor); für die Anapaeste der Kly-
steht aus drei Teilen, einem logaoedischen | taemnestra ist, wie es scheint, Responsion
(Chor), einem anapaestischen (Chorführer) , in der Zahl der xütXn anzunehmen,
und einem iambischen resp. wieder logaoe-
d. Metrischer Bau und Vortrag der griechischen Dichtnngen. (§ 136.) 799
eine anapaestische Einleitung vorausgeht und ein anapaestischer Epilog
(Chorführer) nachfolgt. Im 1. Teile
A B A' sy. r B' r 2 sy. J E J' sy. ^ E' er'
singt Orestes die Strophen A, r, J^ cj, Elektra die Gegenstrophen A' r'
J' <?', der Chor die Zwischenstrophen B B' E E\ der Chorführer trägt
die anapaestischen Hypermetra rezitativisch vor. Im 2. Teile (v. 433 — 455),
wo die Strophen in der Ordnung Z H 0 0' Z' H' aufeinanderfolgen, ist
die Reihenfolge der Vortragenden eine andere: Xo. 'HX, 'Oq. Xo. ^HX. Xo,
[Xo = Chorführer). Im 3. Teile (v. 456 — 465) findet in Strophe und Gegen-
strophe eine gleichmässige Verteilung unter Orest, Elektra und den Chor
statt; die beiden Schlussstrophen {K K') werden von allen Sängern gemein-
schaftlich vorgetragen. Die Metra sind teils Logaoeden, teils Jamben, in
B B' teilweise loniker.
3. Bei Sophokles tritt der Schauspieler allein als Sänger hervor Ai.
V. 348 flf. (Aiax), Antig. v. 1261 «F. (Kreon), v. 806 flf. (Antigene), 0. R.
V. 1307 (Oedipus) und neben dem Gesänge des Chors in der kommatischen
Parodos der Elect. v. 121 flf. (Elektra), v. 823 flf. (Elektra); Phil. v. 1081 flf.
(Philoktet), Phil. v. 1169 flf., Antig. v. 856 (Antigene), 0. C. v. 510, v.
1070; in den übrigen Kommoi fällt der Gesang dem Chore resp. dem Führer
oder andern Gliedern desselben zu. Die Bauart ist fast ausschliesslich
antistrophisch; die Form des anoXsXviitvov erscheint nur Trach. v. 871
und in den Schlussteilen der xaxd ax^aiv gegliederten Kommoi, wie 0. C. v.
207—236, El. v. 233—250, PhU. v. 1169 flf. Die Metra der Sophokleischen
Kommoi sind Dochmien und Paeone (Ai. v. 348 flf., 0. R. v. 649 flf., 1312 flf..
Antig. V. 1261 ff., 0. C. v. 883 flf., v. 1477), lamben (Antig. v. 853 flf.,
Trach. v. 888 flf., Phil. v. 1169, 0. C. v. 1447 flQ, lambotrochäen (Ai. v.
401 flf.. Antig. V. 876 flf., 0. C. v. 1677, 1688, 1724), Logaoeden (Ai. v.
372 flf., El. 824 flf., Antig. v. 806 flf., Trach. v. 881 ff., Phil. v. 1081, v.
1188 flf., V. 1213 flf., 0. C. V. 1693 flf.). Innerhalb desselben Kommos findet
ein häufigerer Wechsel des Metrums statt besonders in den der antistro-
phischen Responsion ermangelnden Schlussteilen, wie 0. C. v. 207, El. v.
233, Phil. V. 1169 flf.
Die epirrhematische Komposition ist auch bei Sophokles häufig: in
den Epirrhemen erscheinen anapaestische Hypermetra, iambische Trimeter
(zuweilen auch ein Dimeter) und (Phil. v. 827 flf.) daktylische Hexameter.
Sie bestehen aus Anapaesten Ai. v. 221 flf. (Tekmessa), Antig. v. 816 flf.
(Chorführer), 0. C. v. 134 flf. 0 (Oedipus und Chorführer), Phil. v. 135 flf.i)
(Neoptolemos); aus Trimetern Ai. v. 348 ff., v. 879 ff., 0. R. v. 649 ff.,
V. 1307 flf., Antig. v. 1261 ff., 0. C. v. 1447 ff.
Ai. V. 348 fif. Aias, Chorführer, Tekmessa.
A 2 A' 2 ß4 r2 B'4 r'2 J 2 J 2.
Ai. V. 879. Chor, Chorführer, Tekmessa.
A 9 B 4 r 10 A' 9 B' A r 10 (?).
0. R. V. 649. Chor, Chorführer, Oedipus, Kreon, Jokaste.
A 2 B 9 A 2 B' 9?
0. R. 1307 ff. Oedipus, Chorführer.
A4: B 2 r 2 A' 4 B 2 T 2.
Beides sind kommatische Parodoi, vgl. oben § 131.
800 E. Metrik, o) Metrik der Grieclien.
Antig. V. 1 201 ff. Kreon, Chorführer, Exangelos.
^1 B 5 ^'1 B' 5 I r 5 J 2 r 5 J\
0. C. V. 1447 ff. Chor, Oedipus, Antigone.
A h A' h B h B' h.
In manchen Fällen treten die lyrischen Partien gegenüber den iam-
bischen Versen, welche den Hauptteil des Eommos ausmachen, sehr zurüd
und bilden dann meistens nur den Abschluss der einzelnen Abschnitte.
Klect. V. 1398 ff. zerfällt jede der beiden Strophen {A A') in drei dialogische aid
drei lyrische Gruppen:
6 Trim. « 6 Trim. ß 2 Trim. y
a singt Klytaemnestra, ß der Chor, y desgleichen.
0. U. V. 883 ff. zerfallen die Strophen ^ ^' in zwei durch je 4 Trimeter getrennte
dochmische Systeme (a 4 ß a 4 /?').
Auch in dem astrophischen Kommos Trach. v. 871 Überwiegen die Trimeter.
In andern Kommoi zerlegen sich die lyrischen Teile selbst in kurze
Kommata, z. B. 0. K. 649 ff. im ersten Strophenpaar, El. v. 823 fiT. (Elektra
und Chor), 0. C. v. 170 ff., v. 510 ff. (Chor und Oedipus), v. 1724 ff., PhiL
V. 1169 ff. (Chor und Philoktet).
4. Die Euripideischen Kommoi sind zum grössten Teile aus lyrischen
und dialogischen Versen ohne Aufrechthaltung streng epirrheniatiscber
Form, wie sie Aeschylos und Sophokles beobachten, gemischt. Die anti-
strophisch gegliederten sind in der Minderzahl, häufiger ist die freie Kom-
positionsform angewendet, bei welcher indes nicht selten eine grosse Ähn-
lichkeit in der metrischen Gestaltung der einzelnen Abschnitte bemerkbar
wird, welche leicht zur Annahme antistrophischer Responsion verleiten
kann. — Die Metra sind hauptsächlich Dochmien, lamben, lambo-Trochäen.
Anapaeste und Logaoeden.
Der Gesangsvortrag fällt bald dem Chore, bald einem Schauspieler
zu, nur in seltneren Fällen beiden. Dem Sänger sind in den gemischten
Kommoi zuweilen auch Dialogverse (Trimeter) zugeteilt, niemals aber dem
andern auch Gesangstücke. Die Chorpartie übernimmt nur ausnahmsweise
der ganze Chor, meist einzelne Chormitglieder, insbesondere der Koryphaios.
Besonders häufig lassen sich, wie in den Wechselgesängen des CJhors, auch
hier fünf oder drei Stimmen des Chors unterscheiden, so dass an Vortrag
der nQWToaiccTai und naQuatccxai gedacht werden kann.
Antistrophisch rcsp. epodisch gebaute Kommoi bei Euripides sind — die kom-
matisehen Parodoi mitgerechnet — Suppl. v. 1123-1164 (Chor und die Sdhne der Ge-
fallenen) und Electr. v. 1177-1232 (Chor, Orest und Elektra), jeder aus drei Strophen-
paaren (AA' BW rV) gebildet. Aus zwei Strophenpaaren bestehen die kommatischeo
Parodoi Troad. v. lo2— 231 (Chor und Hekabe), Orest. v. 140-197 (Chor und Elektra),
Ion V. 185—236 (Chor und Ion), diese in der Anordnung AA' BW; dagegen Hippel, v.
811—855 (Chor und Theseus) in der Form A B 2 B' A'; in der Parodos der Hei. (Chor
bis 837 (Chor und Adrast) und Orest v. 1246—1310 (Chor. Elektra, Helena): ein einziges
Strophenpaar bildet die kommatischen Parodoi der Heracl. v. 73 — 110 und des Rh es.
V. 1 (hier freilich treten Anapaeste hinzu) und die Kommoi Andr. v. 1107 — 1228 (Chor
und Peleus), Bacch. v. 1168—111*9 (Chor und Agaue). Eigentümlich sind angeordnet die
Parodos der Medea v. 131 (Chor, Amme, Medea): A a B a B'a r und der Eommos
Troad. v. 1287 (Chor und Hekabe): A B F r.
Dochmische resp. i am bisch- dochmische Kommoi sind Ale v. 873 ff., Bacch. v.
1030 ff.. V. 1168 ff. (log. bacch.), lleracl. v. 73 ff. (Parodos), Hipp. v. 569 ff., v. 811 ff.,
Herc. f. V. 909 (log.), v. 1031 ff., Ion v. 763 ff., 790 ff, Iph. T. v. 643 ff, Orest. v. 140 ff.
(Parodos), v. 1240 (1. Teil), Phoen. v. 1345 ff., Suppl. v. 1072 ff., Troad. v. 1205 ff.
8. MetriBcber Bau und Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 136--137.) gQl
lambische Kommoi: Androm. v. 1197 ff., El. v. 1177, Suppl. v. 798 ff., v. 1123 ff..
Troad. v. 1287 ff.
lambotrochäische: Hei. v. 330 ff., Iph. A. v. 1475 ff.
Anapaestische: Iph. T. 123 ff., Troad. v. 123 ff. (Parodos).
Logaoedische: Electr. v. 167 ff., Ion v. 184 ff. (Parodoi).
Daktvlo-trochäisch ist Bacch. v. 576 ff., Ale. v. 873 ff. (2. Teil).
Die Gesangrolle erhält der Schauspieler Hec. v. 681 ff. (Ilekabe), Ion v. 763
(Kreusa), Phoen. v. 1340 (Kreon), dagegen der Chor Iph. T. 643 ff., Bacch. v. lO-SO, Hipp.
V. 565 ff., Herc. f. v. 909 ff., Siippl. v. 1075 ff.; Chor und Bühne beteiligen sich am
Gesänge Bacch. v. 1168 ff. (Ch. und Agaue), Hipp. v. 811 (Ch. und Theseus), Suppl. v. 798
(Ch. und Adrast), v. 1123 ff. (Ch. und die Ttaides), EL v. 1177 ff. (Ch., Orest, Elektra),
Troad. v. 1287 ff. (Ch. und Hekabe), Hei. v. 330 (Ch. und Helena), Orest V..1246 ff. (Ch.
und Elekra) u. s.
III. Die Bühnengesänge.
137. In den Bühnengesängen, fitXr] and axrjvtjg (§ 129, 2), sind es
ausschliesslich Schauspieler, welche als Sänger thätig sind, so dass also der
Chor völlig zurücktritt. Das Bühnenlied ist entweder ein monodisches
(jxovo^dia) oder ein Wechselgesang {äfioißaiov) zweier oder mehrerer
Agonisten. In der älteren Tragödie beteiligen sich die Bühnenpersonen
am Gesänge nur im Wechsel mit dem Chor und der Threnos der Schwestern
in Aeschylos' Septem wird daher verdächtigt. Die Anfange der Monodie
zeigen sich im Prometheus v. 88 ff. und v. 561. Bei Sophokles ist sie nur
im Prolog der Elektra (v. 86 — 120) und als Abschluss eines Eommos im
0. C. V. 237 — 253 zu finden; auch ein scenisches Amoibaion bei ihm nur
El. V. 1232—1287 und Trach. v. 971 ff. In der Euripideischen Tragödie
aber drängt sich das fieXog and axrjvljg mehr hervor und gewinnt auf
Kosten des chorischen Gesangs immer grössere Ausdehnung.
Der Vortrag der Monodie und des Bühnenduetts war kunstmässiger
Gesang und wurde vom Flötenspiel, vereinzelt auch von der Eithara be-
gleitet. Nur für die dialogischen Verse, welche zwischen die lyrischen
Teile wie im Eommos eingeschoben werden, ist melodramatischer oder
recitativischer Vortrag anzunehmen.
Die antistrophische Anordnung, welche in der Monodie der lo im
Prometheus und bei Sophokles noch beibehalten ist, weicht später der freien
Kompositionsform,*) wie im jüngeren Nomos und Dithyrambos.
In der Mitte der Monodien, also bei den antistrophisch gegliederten
zwischen die beiden Strophen, werden häufig einige Verse des Chorführers
oder einer anderen Bühnenperson eingeschoben, um dem Singenden eine
Ruhepause zu gewähren, z. B. Suppl. v. 1009—1011 N. Rhes. v. 904 fg.
Hec. V. 1085 f. Den Abschluss der Amoibaia and axT^vf^g bildet mehnnals
ein länger ausgedehnter monodischer Vortrag des einen Sängers.
Beobachtet ist die antistrophische Responsion in den Monodien der loin Aeschylos'
Prom. V. 561—607 (Form: J B B) und der Elektra in Sophokles Elektr. v. 86-- 120
{A A'), ebenso in den Wechselgesfingen in Aeschylos Septem v. 960 — 1004 (A A' B),
Sophokles' Elektr. v. 1232-87 {A A' B) und Trach. v. 971 flF. {A aß A' ß' B a ß" B\ wo
AA' BB' die melischen Teile, « «' Anapaeste, ß ß' daktylische Hexameter bezeichnet;. —
Euripides hat nur vier Amoibaia ano axtjyrjg und acht Monodien mit antistrophischer Glie-
derung: Ale. V. 244 flf. N. (^ ^' B B' r); Androm. v. 501 ff., Terzett von Andromache, Molossos,
Menelaos (A A' mit anapaest. Zwischensystemen); Troad. v. 577—594, Wechselgesang von
Androraache und Hekabe {AA' BB') und Phoen. v. 1485 -1581 (4 Strophenpaare; Antigone
^) Aristot. Probl. XIX, 15. td fiiy ano dvxiaxgoqia . 6 fdiy ydg vnoxQiri^g dytoytcrijg
r^g oxtjy^g ovx dyxlctQoq)a, ra di rov x^^^ '^^^ f**'f*V'^^Si o 6i X^^^ rjrroy fii/LteiTai,
Handbuch der klAn. Altertunwwiaaenaoluift. IL 2. Aufl. 51
g02 E. Metrik, o) Metrik der Ghrieclien.
und Oidipus); Ale. v. 893 ff. = 406 ff. (Eumeloe). Andr. v. 1173—1186 (Peleuß). Elektr. t.
112 ff. = 126 ff, 140 ff. = 157 ff. (Eloktra JA' Bh), Snppl. v. 990 S. = 1012 «f. (Emdnej.
Ion V. 112 ff. r= 128 (Ion), Troad. v. 308 ff. = 325 ff. (Kassandra), Rhes. v. 895 £ =
906 ff. (Musa), Orest. v. 960 ff. = 982 ff.
Als Metra' dienen in den Bühnengesängen vornehmlich die Docbmien.
die Klaganapaeste und Daktylen, ferner Logaoeden und Jambotrochaeoi:
aber es wurde keineswegs immer ein Metrum während des ganzen Gtosangs
festgehalten, sondern, um die verschiedenen Stimmungen zum Ausdruck zo
bringen, wurde oft und schnell das Metrum gewechselt und selbst eine
bunte Mannigfaltigkeit nicht gescheut.
DochmiBch sind die Monodien Aesch. Prom. v. 561 ff. (lo), Eur. Ale. v. S9S ff. N.
(£umelos). Troad. v. 308 ff. (Kassandra), Hek. v. 1056 ff. (Polymestor) ; die Amoibaia So|^
Elekt. V. 1232 ff. (Eleküa und Orest), Eurip. Phoen. v. 1485 ff., Andr. v. 825 ff., HeL v. 625 i.
Herc. f. V. 1178 ff., Iph. T. v. 827 ff., Phoen. v. 103 ff., Troad. v. 239 ff.
Anapaestische Monodien: Aesch. Prom. v. 88 ff., Soph. El. v. 86 ff., Eur. Hek.
V. 59 ff. Ion V. 144 ff. v. 859 ff. Troad. v. 98 ff. Hipp. v. 1347 ff. Wechsellieder:
Hek. V. 154 ff.
Daktylische Monodien: Soph. 0. C. 241 ff., Enrip. Andr. y. 102 ff., y. 1173 £,
Troad. v. 595 ff. v. 601 ff., Orest v. 1005 ff. Wechselgesang: Phoen. v. 1485 ff.
lambotrochäiBche Monodien: Eurip. Troad. v. 308 ff., Orest. v. 960 ff., HeL r.
1056 (2. Teil). Iph. A. 1279 ff. Amoibaia: Phoen. v. 1710 ff.
Logaoedische Monodien: Soph. 0. C. v. 237 ff. (Anfang); Eurip. EU. v. 112 ff.,
Suppl. V. 990 ff., Ion v. 112 ff, Rhes. v. 895; Amoibaia Andr. v. 501 ff., v. 825 ff., Hipp.
V. 58 ff.
Wechselnde Metra: Aesch. Prom. v. 561 ff., Soph. 0. C. v. 237 ff., Eur. Hek. t.
1056. Iph. A. V. 1283, Phoen. v. 1485, Ion v. 1439 ff., TVoad. v. 308, Orest v. 960 ff.
IV. Die dialogischen Teile.
138. Diejenigen Teile der Tragödie, welche dem ersten Gesänge des
Chors vorangehen, zwischen zwei Hauptchorliedern in der Mitte stehen und
dem letzten nachfolgen, fassen wir unter der gemeinsamen Bezeichnung
dialogische zusammen, die speziellen Namen für sie sind Prolog, Epei-
sodia und Exodos.^) Sie dienen allerdings in erster Linie dem schlichten
Dialog, doch sind sie vielfach von lyrischen Einlagen unterbrochen, nämlich
von den epeisodischen Chorika, den Kommoi und den Bühnengesängen, welche
vorher (§ 135 flf.) besprochen wurden.
Am Dialoge beteiligt sich die Bühne durch die Schauspieler, soweit sie
nicht stumme Personen, x(o(fa TiQoaoma, sind, und der Chor durch seinen
Führer, den Koryphaios, hin und wieder auch durch andere seiner Glieder
(Führer der Halbchöre, der Stoichoi u. a.), nur in ganz seltenen Fällen aber
kommen alle Choreuten nacheinander zu Worte.*) Der Gesamtchor als
solcher bleibt dem Dialog fern.^)
Als Metrum des Dialogs gebrauchte die älteste Tragödie vielfach den
trochäischen Tetrameter (§ 51), und so erscheint er in häufiger An-
wendung noch in Aeschylos' Persern; später wurde er durch den iambi-
schen Trimeter verdrängt und nur noch an bewegteren Stellen, besonders
in der Exodos, benützt, seit Olymp. 90 aber gewinnt er wieder mehr R>aum
in der Tragödie. Das übliche Versmass des tragischen Dialogs aber ist
der iambische Trimeter (§59,2), welcher schon von Thespis eingeführt,
') Arist. Poet. c. 12. i nons Ermordung stattfindet.
-) Sämtliche Glieder des Chors sprechen ^) Aesch. Pers. v. 155 fF. begrüsst der
nacheinander Aosch. Agam. v. 1342 ff., wo Gesamtchor die Atossa in trochäischen Te-
eine Beratung des Chors während Agamem- trametern.
8. Metrischer Bau und Tortrag der griechiachen Diohtimgen. (§ 138—139.) 803
immer mehr zur Herrschaft gelangte, weil er der gewöhnlichen Rede am
nächsten kam. Beide Metra, der Tetrameter und der Trimeter, erhalten
in der Tragödie durch ihren Bau einen gemesseneren Gang und grössere
Würde, als sie bei den lambographen und in der Komödie besitzen. — Für
einzelne Teile des Dialogs dienen die anapaestischen Hypermetra als
stehendes Metrum, vornehmlich in Vorträgen des Chorführers: sie erscheinen
in typischer Anwendung beim Auf- oder Abtreten von Schauspielern, ferner
aber öfters auch an Stellen, welche sich über den schlichten Dialog einiger-
massen erheben, z. B. nicht selten in Dialogpartien, welche lyrische Ge-
sänge unterbrechen.
Über die Vortragsweise der Dialogverse in der Tragödie, insbeson-
dere der iambischen Trimeter, gehen die Meinungen auseinander, indem die
einen blosse Deklamation für denselben annehmen, andere melodramatischen
Vortrag, noch andere endlich Recitativ. — Plutarch de mus. c. 28 berichtet,
dass die Tragiker beim Vortrag der Trimeter ähnlich verfahren sind wie
Archilochos, welcher sie teils unter Instrumentalbegleitung deklamiert, teils
gesungen habe:^) er bezeugt also für die Tragödie zwei verschiedene, neben-
einander hergehende Vortragsarten, den singenden und den melodramati-
schen, jenen wird man mit Recht als recitativischen Gesang^) auffassen und
vorzugsweise für alle die Fälle annehmen dürfen, wo sich die Trimeter mit
lyrischen Gesängen verbinden.
Derselbe Wechsel wird auch bei den trochäischen Tetrametern und
den anapaestischen Hypermetem zur Anwendung gekommen sein, für welche
beide Vortragsarten, je nach Bedürfnis angewendet, sehr angemessen er-
scheinen. Der melodramatische Vortrag ist überdies für den Tetrameter
ausdrücklich bezeugt^) und für die Anapaeste kaum von jemand bestritten
worden.
Deklamation ohne Musikbegleitung wird am ehesten im Prolog zur
Anwendung gekommen sein, ehe der Flötenspieler erschien. Allgemeiner
scheint in den Zeiten, wo der Bau des Trimeters grosse Freiheiten zeigte,
statt des melodramatischen Vortrags das blosse Deklamieren üblich gewor-
den zu sein.
139. Der Prolog, nqoloyoq^ der Teil der Tragödie, welcher der Pa-
rodos (§ 131) vorangeht,^) fehlte in den ältesten Dramen völlig, so dass
die Aufführung gleich mit dem Auftreten des Chors begann, wie z. B. in
Aesehylos* Supplices; doch war er schon bei Phrynichos (Phönissen) vorhanden
und fehlt bei Sophokles und Euripides (auser im Rhesos) nirgends. Er
beginnt entweder mit einer längeren zusammenhängenden Rede eines ein-
zelnen Sprechers, wie in Aeschylos* Agamemnon (Wächter) und Septem
^) Plut. de mus. c. 28 r^v iafißeitoy ra
fikv Xiyeodai nagd rrju XQovaiy, tu di ^(fftf-
&M 'jQ/iXoxoy ffuov xaxadel^at ' eid'' ovrto
XQ7Ja{(obai> rovg xgayixovs noitjidg.
^) Auf diesen ist zu beziehen Aristoph.
Acharn. v. 1183 ff. ifeiyoy ihjvtfa fiiXog und
Nub. V. 1371 od' 6v9vs fio EvQinidov ^oiv
UV.
3) Xenoph. Symp. IV, 3. »; ovv ßov-
Xea&e, ücneq yixoaxqitxog 6 vnoxQittjg tttQd^
fiBXQtt ngog xov avXoy xaxiXeyeyy ovxto xal
[iyoi] vno xoy avXoy vfiiy diaXiytüfiai ;
*) Aristot. Poet. c. 12 eaxt di ngoXoyog
fi^y fjt^Qog oXoy XQttyt^diag x6 nqo xoQov na-
Qodov. Vgl. Arisiopb. R«n. y. 1120 x6 ngta-
xoy xijg xqayt^diag fitgog. Tzetzes tt. xgay,
Tfoiija. V. 21 TTQoXoyog iaxi f^^XQ^ /o(>ot;
eiaodov.
51*
804 S* Metrik, o) Xetrik der Griechen.
(Eteokles) oder alsbald mit einem Dialog, wie in Sophokles Aiax und An-
tigone. Die erstere der beiden Formen ist bei Euripides die übliche. Nicht
selten enthält er anapaestische oder lyrische Einlagen, wie in Aeschylo«'
Prom. V. 93—100 und v. 115 ff., bei Sophokles die anapaestische Honodie
der Elektra (El. v. 86—120), bei Euripides (Anapaeste) Ale. v. 28—37, Med.
V. 96—130, Hec. v. 59—97,0 Ion v. 22—111, Troad. v. 98 — 152; (melisdie
Verse) Ion v. 112—183, El. v. 112-166, Hipp. v. 58 flF., Phoen. v. 103
— 192; (elegische Distichen) Andr. v. 102—116.
140. Epeisodia nennt Aristoteles^) die Teile der Tragödie, wdcbe
zwischen zwei Hauptchorliedem in der Mitte stehen. Der Name bezeidi-
nete zunächst den Vortrag des zu dem bereits eingetretenen Chore hiozo-
kommenden Schauspielers. Ursprünglich von geringem Umfange entwickelt
sich der zunächst nur als Zwischenspiel dienende Dialog zu immer weiterer
Ausdehnung. Die Zahl der Epeisodia ist keine feststehende, sondern der
der Stasima entsprechend verschieden, in der altem Tragödie, welche ge-
wöhnlich drei Stasima hatte, meist drei, in der späteren nicht selten eine
grössere.
Seine Gliederung erhält das Epeisodion teils durch lyrische Eünlagen,
teils durch Zwischenreden des Chorführers. Zu jenen gehören die früher
besprochenen epeisodischen Chorika (§ 135), die Kommoi (§ 136) und die
Bühnengesänge (g 137). Die Zwischen reden des Chorführers sind entweder
iambisch oder anapaestisch (Hypermetra) und dienen besonders häufig zur
Ankündigung neu auftretender Personen; vgl. Aesch. Ag. v. 747 (Agamem-
non), Sept. V. 840 (Antigene, Ismene), Pers. v. 140 (Atossa); Soph. Ant
V. 155 ff. (Kreon), v. 375 flf. (Antigene), v. 626 ff. (Haemon), v. 801 ff.
(Antigone). Zuweilen begleiten den Eintritt einer Bühnenperson auch
trochäische Tetrameter, die teils von dem Chorführer, teils von dem Eintreten-
den selbst vorgetragen werden; vgl. Aesch. Pers. v. 246 flf., Agam. v.
1649 ff., Soph. 0. C. V. 880, Eur. Ion v. 510—14.
Den Abschhiss des Epeisodion bildet öfters ein den folgenden Chor-
gesang einleitende Aufforderung oder Ansprache des Chorführers gleichfalls
in Anapaesten, z. B. Aesch. Pers. v. 532—547, v. 623-632, Sept. v.
822-881, Agam. v. 385-366, Suppl. v. 625 ff., Eum. v. 307—320.
141. Die Exodos, welche ursprünglich das den Abzug des Chors be-
gleitende Chorlied war (§ 134), ist später ein Bühnenteil geworden, näm-
lich der ganze Schlussteil der Tragödie, welcher dem letzten Stasiroon
folgte;^) sie entsprach also nicht mehr der Parodos, sondern dem Prolog
und den Epeisodien.
Sie nimmt oft einen verhältnismässig grossen Umfang an, namentlich
in der Euripideischen Tragödie, wo häufig die Peripetie und die Katastrophe
in sie verlegt wird, und enthält dann als lyrische Einlagen Wechselgesänge
des Chores und der Bühne, bei Aeschylos im Agamemnon sogar zwei grosse
Kommoi. Vgl. § 135-137.
^) Va. 73 f. und 91 f. sind daktylische ' xoJr tieXtov.
Hexameter. | ^) Aristot. Poet. c. 12. t^odog d^ fifQf^
') Aristot. Poet. c. 12: inei^xodiou di [ oXoy igayioduti;, fte9^ o ovx ecri ^oqov uiXoi.
8. XetriBoher Bau und Vortrag der grieohiBchen Diobtnngen. (§ 140—142.) g05
Den Abschluss der Exodos bildet in der Regel als Ersatz des früher
weiter ausgeführten Abzugsliedes des Chors ein anapaestisches (Soph. 0. R.
V. 1524 und Eur. Ion. v. 1605 ff. trochäisches) Exodikon, welches ent-
weder ausschliesslich vom Chore vorgetragen wurde oder unter ihn und
Personen der Bühne geteilt 0 war. Der Vortrag desselben war wahrschein-
lich Recitativ unter Begleitung der Flöte und man schreibt ihn gewöhnlich
(nach Westphal, Arnoldt, Muff u. a.) dem Chorführer zu, doch sind
Zweifel an der allgemeinen Richtigkeit dieser Annahme wohl ebenso be-
rechtigt, wie bezüglich des Vortrags der Anapaeste der Parodos s. § 131,5.
142. 1. Dasselbe Streben nach Ebenmass und Symmetrie, welches
sich in den lyrischen Teilen der Tragödie in der antistrophischen Respon-
sion offenbart, kommt auch In der Gliederung und Anordnung des tragischen
Dialogs vielfach zur Erscheinung. Insbesondere sind es Dialogpartien,
welche zwischen die Strophen eines Gesanges eingeschoben werden, bei
denen eine symmetrische Entsprechung der einzelnen Gruppen oft ganz
unzweifelhaft zu Tage tritt; vgl. § 136. Es ist ersichtlich, dass der Grund
dieser Übereinstimmung in der musikalischen Begleitung zu suchen ist,
welche gerade für diese Dialogverse mit Sicherheit anzunehmen ist. Es
sind aber teils anapaestische Hypermetra, teils iambische Trimeter, welche
als Epirrheme an die Strophen des Gesangs sich anscKliessen, und es scheint,
dass sie entweder melodramatisch oder als begleitetes Recitativ vorgetragen
wurden. Die in Betracht kommenden Fälle sind früher bei den Kommoi
(§ 136) und den Parodoi (§ 131) aufgeführt worden.
Anmerkung. Die von Th. Zielinskt a. a. 0. p 378 ff. angestellte Untersuchung
führte zu dem Ergebnis, dass die Symmetrie der anapaestischen Epirrheme zu häufig und
zu auffallend ist, als dass man annehmen könnte, sie hätte ganz ausser der Absicht des
Dichters gelegen; für die iambischen Trimeter aber als unverbrOchliches Gesetz gelten
muss, so weit es sich nicht um umfangreiche Teile der Epeisodia handelt, wie Aeschyl.
Sept. V. 369-719, Soph. Phil. 220-507, sondern um kleine, leicht übersehbare Vers-
gruppen.
2. Auch ohne alle Beziehung auf gesungene Teile und Musikbegleitung
findet ferner eine symmetrische Gliederung des Dialogs statt in den soge-
nannten Stichomythien^) und Distichomythien. Es erscheint nämlich
häufig eine — längere oder kürzere — Dicdogpartie so angeordnet, dass
von den beiden sich unterredenden Personen jede stets nur einen oder nur
zwei Verse vorträgt, wie z. B. Aesch. Ag. v. 268—280 (Stichomythie),
Agam. V. 620—635, Eum. v. 711—730, Choeph. v. 1051 ff. (Distichomythien).
Eine solche Responsion, zumal wenn sie von einem Parallelismus der Worte
begleitet wird, konnte auch ohne Unterstützung durch die Töne der Musik
leicht empfunden werden. Sie wurde übrigens in der Regel nur da ge-
braucht, wo das Gespräch einen lebhafteren Charakter annimmt, so dass
') Aesch. Prom. v. 1040 flf. (Prometheus,
Hermes. Ch.), Soph. Ai. v. 1402 ff. (Teukros
u. Ch.), Trach. v. 1259—79 (Herakles u. Ch.),
Phil. V. 1445—71 (Philoktet, Neoptolemos,
Ch.), 0. C. V. 1760 (Theseus, Antigone, Ch),
Eurip. Med. v. 1389 (Jason, Medea, Ch.),
Klektr. v. 1292^1359 (Orest, Elektra, Ch.),
Orest. V. 1682—93 (Apoll, Ch.), Bacch. v.
1377 ff. (Agaue, Kadmos, Chor).
*) Poll. IV, 113. crixofAv&eiy fUXsyoy
to nag Ey iafißsTor ayriXiyeiy xal x6 ngäyua
crixofAv&iay, Doch beschränkt sich die Sti-
chomythie nicht auf iambische Trimeter; vgl.
Aesch. Pers. v. 232—245, v. 715—738, wo
trochäische Tetrameter dabei gebraucht sind.
806 E. Xetrik. c) Xetiik der Chriechen.
Rede und Gegenrede rasch aufeinander folgen müssen. Zahlreich sind die
Beispiele der Stichomythie vomehmlich in den Tragödien des Euripides.
3. Noch einen Schritt weiter geht der Dichter, wenn er selbst die
einzelnen Verse unter die Sprechenden teilt, so dass jeder von ihnen jedes-
mal nur einen Halbvers erhält. Diese Zerteilung des Verses ist dem Dialog
der äschyleischen Tragödie noch fremd/) erst die spätere Tragödie nahm
sich diese Freiheit. Der Name daf&r ist dvt^Xaßai,^). Beispiel Soph. Ai.
V. 591 flf.:
TE, evipr^fia ^xiivei. AI. toTg äxovovaiv käys,
TE. (fv i' ovxl nsiaei; AI. noXX' ayav fjirj &QO€ig.
TE. raqßfi yaQ^ (ova^. AI. ov ^vvtQl^ed^ (og vcexog:
TE. nQog d-eiov, fiakdaaov. Ai. iiwqd (loi ioxetg ffQoveTv
€1 tov/iov rjd-og ccqti naiSeveiv vosTg.
In trochäischen Tetrametern Soph. Phil. v. 813 ff. und häufig bei Euripides.
4. Die Versuche, eine künstliche Zahlensymmetrie im Bau ganzer
Tragödien (die sogenannte ^grosse'* oder „konstruktive Responsion*) nach-
zuweisen, sind in ihrer Unhaltbarkeit vor kurzem wieder beleuchtet worden
von Fr. Zielinski, Gliederung d. altatt. Komödie p. 387 ff.
B. Die Komödie.»)
143. 1. Wie in der Tragödie, so bildete auch in der Komödie ur-
sprünglich der Vortrag des Chors den Kern des ganzen Dramas, zu wel-
chem der Dialog erst später hinzutrat, um die Pausen zwischen den Ge-
sängen auszufüllen. Der komische Chor bestand aus 24 Mitgliedern, aber
er sang nur selten in seiner Gesamtheit gleichzeitig, wie der tragische
gewöhnlich, sondern in der Regel in zwei Halbchöre geteilt, welche ein-
ander ablösten, so dass der eine die Strophe, der andere die Gegenstrophe
vortrug. Öfters trat ausser dem Hauptchore für einzelne Teile der Komödie
auch noch ein Nebenchor auf, z. B. in der Parodos der Frösche und der
Wespen, in der Lysistrata u. s. — Wo nicht Chorgesang statthaft ist,
sondern ein einzelner den Chor zu vertreten hat, also einerseits im Dialog,
andrerseits in antistrophischer Entsprechung mit einem Gesang diro axr^rijg
tritt der Chorführer oder die Führer der Halbchöre ein, deren Auf-
gabe in der Komödie eine umfangreiche ist. Ein wechselnder Einzelvortrag
der Choreuten ist unwahrscheinlich.
Die Schauspieler treten wie in der Tragödie nicht bloss als Spre-
chende im schlichten Dialog auf, sondern auch als Singende, teils im
Einzelgesang, teils im Wechselgesang.
Als Begleitung diente das Flötenspiel sowohl beim Chorgesange,
als beim Gesänge der Einzelnen, doch war bei letzterem auch die Lyra
nicht ausgeschlossen.*)
Ausser dem eigentlichen kunstmässigen Gesänge und der einfachen
^) Aesch. Sept. v. 217. Prom. v. 980 sind
beseitigt durch Emendation. In äschyleischen
Kommoi ist die Teilung zu finden z. B. Fers.
V. 1059 -= 1065.
'^) Hesych. s. v. ^taXoytxal ^ijaeig i^
fjfÄtOTi^Uoy XeyofAcyat- xara fAix^ov Tiftgd
TQttytxotg.
') Die folgende Darstellung versucht die
Ergebnisse der verdienstlichen Forschungen
von Th Zielinski in kurzer Übersicht zu-
sammenzufassen .
*) Vgl. Aristoph. Thesm. v. 327 ff.
8. Metrischer Bau and Vortrag der griechischen Dichtungen. (§ 143.) 807
Deklamation kam das Recitativ und der melodramatische Vortrag häufig
zur Anwendung.
2. Die Bestandteile, aus denen sich die Komödie zusammensetzt, zer-
fallen in metrischer Hinsicht in melische ifi€^) und epische (iTirj): zu
jenen gehören die für den Gesang, sowohl den chorischen als den monodi-
schen, bestimmten Lieder, zu den epischen die stichisch gebrauchten Maasse
des Dialogs, insbesondere die trochäischen, iambischen und anapaestischen
Tetrameter und Hypermetra {intj im engeren Sinne) und die iambischen
Trimeter (int] im weiteren Sinne).
In den melischen Teilen der Komödie tritt der Gegensatz der volks-
mässigen Liedformen, welche an Archilochos' und Anakreons Dichtungen
erinnern, und der kunstvolleren Bildungen, wie sie die dorische Lyrik ent-
wickelt hat, hervor. Jene charakterisieren sich durch die grössere Schlicht-
heit und Einfachheit der Strophenbildung, indem meist Reihen von gleicher
Ausdehnung sich zur Periode verbinden und nur epodische Gliederung Ab-
wechselung hervorruft, ferner durch die seltene Unterdrückung der Senkung
und Anwendung der gedehnten Länge; es sind vornehmlich iambische,
trochäische und logaoedische Bildungen. Die dorischen Strophen hingegen
zeigen einen reicheren Wechsel in der Ausdehnung der Reihen und der
Taktformen und eine grössere Freiheit im Gebrauch der Katalexen und Deh-
nungen. Ihnen dienen die rhythmischen Formen der Lyrik und der Tra-
gödie, Prosodien, Hymnen, Hyporcheme, monodische Gesänge, zum Vorbilde,
welche die Komiker oft mit unübertrefflicher Gewandtheit zu parodieren
verstehen.
3. Bei der Anordnung der melischen und dialogischen Teile ist die
epirrhematische Kompositionsform in der Komödie fast durchgängig
zur Anwendung gebracht, so dass kaum irgend ein wichtigerer Teil der-
selben sich ihr gänzlich entzogen hat. Das Charakteristische dieser Kom-
positionsform ist, dass fi^Xog und ^rjaig sich in der Weise ineinander schie-
ben, dass die Strophen eines gesungenen Liedes nicht unmittelbar aufein-
ander folgen, sondern an die Strophe eine bestimmte Zahl stichisch geord-
neter Verse sich anschliesst und dann ebenso eine gleiche Zahl solcher
Verse an die Gegenstrophe. Diese Verbindung von Strophe (A) und Epir-
rhema (a), Antistrophe {Ä) und Antepirrhema {a) bildet eine epirrhe-
matische Syzygie:
A a Ä a,
oder in anderer Anordnung:
a A a A\
Alle Hauptteile der Komödie sind nach dieser Form geordnet und
gegliedert; auch die später entstandenen Teile haben demselben Schema
sich fügen müssen und nur in bescheidenem Umfange ist die epeisodische
Gliederung zur Geltung gekommen.
4. Die drei ältesten Bestandteile und Hauptgebilde der Komödie sind
die Parodos, der Agon und die Parabase, welche ursprünglich in dieser
Ordnung sich aneinander anschlössen. Alle übrigen Teile, insbesondere die
dialogischen, welche ihnen vorangehen und zwischen sie eingefügt erscheinen,
sind späteren Ursprungs.
808 £• Metrik, c) Metrik der Griechen.
144. 1. Die Parodos umfasst die Vorträge des Chors von seinem
ersten Erscheinen an der eiaoiog bis zum Stillstand in der Orchestra. Sie
hatte anfänglich eine rein chorische Form, so dass die Schauspieler in ihr
gar nicht thätig waren; später nahmen sie am Vortrage der Epirrheme teil
oder übernahmen sie gänzlich. Tritt ausser dem Hauptchor noch ein Neben-
chor auf, so bildet der seinen Eintritt begleitende Vortrag eine Neben-
parodos, wie Vesp. v. 291 ff. — In der Entwickelung der Parodoi zeigen
die in der Zeit vom J. 422—405 entstandenen Stücke (Wespen, Friede,
Vögel, Lysistr., Thesmoph., Frösche) die grösste Ausdehnung nnd den
reichsten Ausbau, während die letzten, nach dem J. 405 gedichteten (B!k-
klesiazusen und Plutos) eine dürftige Anlage der Parodos haben.
2. Die regelmässigen Teile der Parodos sind Ode und Antode, Epir-
rhem und Antepirrhem; vereinzeint finden sich M^oden ^) und Prooden')
oder ein Epirrhemation') d. h. zwei durch Parallelismus auch des Gedanken-
inhalts charakterisierte Tristichen, ferner auch ein nriyog*) oder fiax^
d. h. ein Hypermetron als Abschluss der vorhergehenden Tetrametergruppe,
und zuweilen auch ein anXovv d. h. eine Partie ohne entsprechendes Gegen-
stück, insbesondere ein — aus der Parabase entlehntes — KOfA/Äoriov;^) nur
selten sind die der Parodos ursprünglich fremden, dem Agon eigentümlichen
xaraxeke vfXjnoi, ^)
3. Die Ordnung, in welcher Oden und Epirrheme aufeinander folgen,
ist teils A a Ä a (Vesp. II. v. 333 ff., III. v. 403 ff. Lysistr. I. v. 255 ff.
Eccl. II. v. 428 ff.), teils a A a Ä (Acham. I. v. 204 ff. Nub. I. v. 263 ff.
Eccl. I. V. 285 ff.), nur vereinzelt A a a Ä (Acharn. 11. v. 280 ff.), a A
Ä a (Pax v. 299 od 656) und a a A A' (Vesp. I. v. 230 ff.).
4. Die Metra der Epirrheme sind trochäische, iambische und ana-
paestische Tetrameter: trochäische z. B. Vesp. III. v. 415 — 462 = 472 — 515,
Ach. I. v. 204 ff.. II. v. 280 ff.; iambische z. B. Vesp. I. v. 230-34 =
235—239; anapaestische z. B. Nub. I. v. 263 ff.
Die Pnige bestehen aus trochäischen, iambischen oder anapaestischen
Hypermetern (1. Equit, v. 284 ff. Pax v. 339 ff., 571 ff., 651 ff. 2. Ly-
sistr. V. 382 ff. 3. Vesp. v. 358 ff.).
Die Epirrhematien richten sich ausser Eccles. v. 514 ff. nach dem
Versmasse der Epirrhemata; ebenso die äriXa,
5. Die Übereinstimmung der sich entsprechenden Epirrheme in der
Verszahl („Symmetrie") ist meist ungestört, nur Vesp. II. v. 346 ff. o) 379 ff.
ist das eine Epirrhem noch einm^ so gross als das andere. Der Gliede-
rung des einzelnen Epirrhems zeigt eine Verbindung von tetradischen Vers-
gruppen („Strophen"), so sind z. B. Acharn. IL v. 284 — 346 32 Tetrameter
oder acht, Nub. I. v. 263 ff. zwölf anapaestische Tetrameter oder drei
tetradische Gruppen vereinigt.
') Vesp. V. 336, 338, 340 f., 367 f., 369, j Aves. v. 387-399. Pax v. 339, 571, 651 ff.
371. Lysistr. 387.
'-) Lysistr. v. 256 f , 270 f. | *) Acham. v. 280—83 (troch. paeon)
^) Ach. V. 234-41. Lysistr. v. 1037 ff.
Ecd. V. 514 ff.
*) Kquit. V. 284 302. Vosp. v. 358-364.
Lysistr. v. 254 f.
«) Pax V. 299, 553, 601.
8. XetriBober Bau und Vortrag der griechiBchen Diohtnngeii. (§ 144—145.) g09
6. Die Vortragenden sind in den Oden und Antoden die Halbchöre,
in den Epirrhemen teils die Halbchorftthrer, teils Agonisten (ausschliesslich
Schauspieler nur Nub. I. v. 263 ff.); das Epirrheniation fallt in der Regel
dem Chor (den Halbchorführem) zu, nur Eccl. ü. v. 514 ff. macht eine
Ausnahme (Praxagora und Chor).
Die Vortragsform für die Oden der Parodos war Gesang, für die
Epirrheme Recitativ. Den Tanz führte jedesmal der nicht vortragende
Halbchor aus.
Das Auftreten wichtigerer BQhnenpersonen begleiten wie in der Tragödie
anapaestische Hypermetra (§ 46) so hier anapaestische Tetrameter, z. B. Eqnit. v. 1316
bis 1334, wo der verjüngte Demos auftritt (3 + 16 Tetrameter), Aves v. 658—660 beim
Erscheinen der Nachtigall (4 Tetrameter), Lysistr. v. 1073 f. beim Auftreten der spartani-
schen nqeitßBig (2 Tetrameter) und v. 1108—11 zum Empfang der Lysistrate (4 Tetra-
raeter). Ein anapaestisches Hyperroetron begleitet nur den feierlichen Aufzug des Trygaios
Pax V. 82 flf. und 184 ff.
146. Das zweite Hauptstück der Komödie bildet der Agon,^) ein oft
mit grosser Heftigkeit und Erbitterung geführter Streit zweier Agonisten,
welche entgegengesetzte Ansichten vertreten, wie in den Rittern v. 763 flF.
Kleon und der Wursthändler, in den Wolken v. 961 ff. der Logos dikaios
und adikos, in den Fröschen v. 1006 ff. Euripides und Aeschylos. Der Chor
leitet den Kampf ein, macht auf seine Wichtigkeit aufmerksam, erteilt den
Streitenden das Wort, wünscht Glück zum Streit, mahnt zur Ausdauer und
spricht schliesslich seine Entscheidung aus. Regelmässig geht dem Agon
eine vorbereitende Scene, eine Art Proagon voran, welcher zum Teil mit
dem letzten Teile der Parodos zusammenfallt und dazu dient, die Gegner
vorzustellen und den Gegenstand des Kampfs zu bestimmen.
Der Agon besteht, wenn er vollständig ist,*) aus neun Teilen, welche
sich nach den Normen der epirrhematischen Komposition aneinanderreihen:
Ode, Katakeleusmos, Epirrhema, Pnigos, Antode, Antikatakeleus-
mos, Antepirrhema, Antipnigos, Sphragis. Nicht regelmässige Be-
standteile sind Prooden, Mesoden und Epirrhematia (Lysistr. v. 608 — 613.
Equit. V. 461—466. Acharn. v. 620—625). Fast alle Teile sind dinXci, nur die
Sphragis ist ein ärtlovv; doch fehlt in den Ekklesiazusen und im Plutos
die zweite Hälfte der ganzen Komposition (das Antisyntagma) völlig. —
Als Beispiel diene der Agon der Wespen:
Ode V. 526—545. Antode v. 681—647.
Katakeleusmos v. 546 f. Antikatakeleusmos v. 648 f.
Epiri^hema v. 548—620. Antepirrhema v. 650—718.
Pnigos V. 621-630. Antipnigos v. 719—724.
Sphragis v. 725—27.
Die Oden wurden vom Chore gesungen und zwar sang der rechte
Halbchor die Ode, der linke die Antode. Sie sind in lyrischen Massen
abgefasst.
Die Katakeleusmoi gehörten den beiden Halbchorführern, welche sie
^) Vgl. Aristoph. R«n. v. 883 yvy ycIq
ttyutu aofflag 6 fiiyag X^Q^^ ngog SQyoy tjdij.
Vesp. V. 532 f. oQ^g ydg tog aol fiiyag im*
dytov xtA. Westphal IP p. 401 f. wendet
statt Agon den Namen Syntagma an.
') Der Agon fehlt in den Thesmophoria-
zusen und der Eirene, dagegen haben die
Ritter (v. 303-460) nnd die Wolken (v.
1345-1451) einen Neben agon.
glO Eh Metrik, o) Metrik der Ghiechen.
recitativisch vortrugen. Sie bestehen regelmässig aus zwei iambischoi
Tetramet^rn wie Equit. v. 333 f. 407 f. 841 f. Nub. v. 1034 f. 1397 f. Ran.
V. 905 flF., oder aus zwei anapaestischen wie Equit. v. 761 f., Vesp. v. 546 f.
648 f. Die Sphragis kam dem Chorführer zu; vgl. Vesp. v. 725 flF., Aves
V. 627 flf.
Die Epirrheme des Agon wurden von Schauspielern melodramatisch
vorgetragen, während der Chor den Zuhörer spielte. Die Metra sind eben-
falls teils iambische, teils anapaestische Tetrameter; in einigen Agonen ist
das eine Epirrhem iambisch, das andere anapaestisch (Nub. v. 961 ff. Ran.
V. 907 ff., Equit. v. 761 ff., 841 ff.).
Die Pnige richten sich im Rhythmus nach dem vorausgehenden
Epirrhem, dessen Abschluss sie bilden, und sind also teils iambische, teils
anapaestische Hypermetra; vgl. Equit. v. 367 ff. und 824 ff.
Die Epirrhem atien, in welchen die Gegner noch einmal jeder in
drei Versen ihre Meinung kund thun, bestehen aus iambischen Trimetem.
Die Gliederung der Epirrheme ist auch im Agon wenigstens in meh-
reren Fällen eine tetradische und zwischen Epirrhem und Antepirrhem
herrscht gewöhnlich Übereinstimmung in der Verszahl, zuweilen ist das
eine um eine Perikope von 16 Versen grösser als das andere. Auch für
die Pnige stellt sich eine auffallende Symmetrie heraus.
146. Die ParabaseO war ihrer ursprünglichen Bestimmung nach
nicht ein Zwischenspiel, sondern sie bildete den Epilog der Komödie, in
welchem der Dichter auf seine persönlichen Verhältnisse zu sprechen kam,
der Chor das Lob der Götter sang und ihren Segen erflehte, daneben aber
auch die Fehler und Schwächen der Zeitgenossen verspottete. — Die Ge-
staltung der Parabase hängt mit der Entwickelungsgeschichte der Komödie
eng zusammen: die ältesten sechs Stücke des Aristophapes (vor dem J. 415)
repräsentieren die Blüte der alten Komödie, sie haben sämtlich noch eine
Nebenparabase;2) die folgenden drei, Lysistrate, Thesmophoriazusen und
Frösche, zeigen bereits den Verfall der Parabase ; die letzten beiden Stücke.
Ekklesiazusen und Plutos, haben kaum noch einen Rest der alten Einrichtung.
Die Parabase setzt sich aus zwei Hauptteilen zusammen. Der erste
hat keine antistrophische Gliederung, sondern besteht aus lauter «TrÄa, der
zweite ist antistrophisch (xazd ax^'aiv) komponiert. Die dnXa führen die
Namen xojnfianovy nagaßaaig, fiaxQov (auch nvTyog genannt); die dinla
sind die ({^^rj, das imQQma^ die dvTo^dri und das ävxsniQqrjua^ sie bilden
zusammen eine eTtiQQrjfxaTixij av^vyia, —
Der erste Hauptteil ist ein zusammenhängender Vortrag des Chor-
führers und zerfällt 1. in das kurze xof^iixdxiov^ welches, weil es für Gesang
bestimmt war, aus lyrischen Massen gebildet wurde, 2. die eigentliche
naQaßaaiQ^^) welche meist in anapaestischen Tetrametern,*) zuweilen in
M PoUux IV, 111 sq. Hcphaest. p. 73 sq.
AV. Suid. s. V. nctqdßaaig. Hesych. s. v.
(ipdnmaxu. Prolegg. de com. p. aXXIX ed.
Berok.
-) Acharn. v. 625 flf. und 971 ff. Equit.
V. 498 ff. u. 1263 flf. Nub. v. 510 flf. und
1113 ff. Vesp. V. 1009 ff. und 1265 ff. Pax | Acharn. v. 628.
V. 729 ff. u. 1127 ff. Aves v. 676 u. 1058 ff.
^) Heph. p. 73 W. xa%Birm Si naQt't-
߀(aig, ineidtj eiaeX&oyiBg eis to S^eargoy xai
a yr in Qoa 0)7101 ardvxeg ol xogevral TtttQtßairov
X(u elg TO &6ttTQoy (CTtoßXenoytes eXeyoy n**«.
^) Daher auch ol aydnattTro^ genannt
8. MetriBolier Bau und Vortrag der grieohischen Diohtiingen. (§ 146—148.) 811
Eupolideen (Nub. v. 518 flf.) oder Priapeen (Amphiar. fr. 20) gehalten war;
3. das inaxQov {nvTyog) d. i. ein anvsvaxC vorgetragenes (anapaestisches)
Hypermetron. Der Vortrag war Gesang beim KOfifianov, übrigens beglei-
tetes Recitativ.
Die epirrhematische Syzygie ist in ihren Oden, welche von den Halb-
chören gesungen wurden, aus melischen Massen gebildet und mehrfach die
Nachbildung einer allbekannten lyrischen Dichtung, z. B. in den Rittern
V. 1264 die eines pindarischen Prosodions, in der Eirene v. 775 flf. nach
Stesichoros' Oresteia; übrigens herrschen die dem hyporchematischen Cha-
rakter der Parabase entsprechenden paeonischen, paeonisch-trochäJschen
und daktylo-trochäischen Bildungen.^) — Die für den recitativischen Vor-
trag der Halbchorführer bestimmten Epirrheme sind aus trochäischen
(oder kretischen) Tetrametern gebildet und gliedern sich, da sie von
Musik und Tanz begleitet waren, in tetradische Gruppen, meist bestehen
sie aus 2, 4 oder 5 solcher Tetraden ^) und entsprechen sich gegenseitig
in der Verszahl. ^)
147. Wenn ein Chorikon ohne Unterbrechung durch zwischengescho-
bene stichische Partien (des Koryphaios oder der Schauspieler) zur Tren-
nung zweier grösseren, einander nicht entsprechenden Dialogstücke dient,
wie Acharn. v. 836—859, Equit. v. 973—996 und 1111-1150, Vesp. v.
1450 — 1473 u. s., so ist das der Komödie sonst eigentümliche epirrhema-
tische Schema aufgegeben und die Bezeichnung eines solchen Chorikon als
Stasi mon der Analogie der Tragödie gemäss. Derartige Chorika er-
scheinen nur in dem der Parabase folgenden Teile der Komödie und
überschreiten nie einen massigen Umfang, meist bestehen sie aus Strophe
und Gegenstrophe, wie die trochäischen Chorika der Lysistrate v.
1043—1058 = 1059—1072 und v. 1189—1204 = 1205—1215, zuweilen
sind sie monostrophisch, wie die aus vier gleichen Strophen bestehenden
Lieder Acharn. v. 836 — 859 und Ran. v. 814—829; einzelne von ihnen
entbehren der antistrophischen Responsion, wie Ran. v. 1251 — 1260 und
V. 1370—1377.
148. Auch für die Anordnung der Dialogpartien, in welchen der
iambische Trimeter das vorwaltende Metrum bildet, ist das in der Komödie
so beliebte epirrhematische Schema oft zur Geltung gebracht worden, in-
dem zwei einander entsprechende Strophen den trimetrischen Dialog gliedern,
insbesondere überall da, wo der Stoff selbst eine Teilung in zwei Parallel-
scenen nahe legte oder ermöglichte. Beispiele bieten Acharn. v. 347 — 392
und V. 393—571:
a V. 347—357 A v. 358—365
a V. 366—384 Ä v. 385-392,
') Paeonisch sind die Oden der Para-
basen Ach. I, v. 665 = 692. II, v. 971 =
988, Fax 11, v. 1127 = 1159; trochäisch-
paeonisch Vesp. II, v. 1265—74 (Antode
fehlt, Lysistr. I, v. 614 = 636, II, v. 658 =
682; daktylo-trochäisch Aves I, v. 737
= 769; logaödisch Equit. I, v. 551 = 581,
Nub. V. 563 = 595.
*) He^h. p. 74,14 ro inlgQt^fAa . . . <Jf
inl t6 nXeimoy ixxaidexa atiytoy, Schol. zu
Arist. Vesp. v. 1071 t6 cf# iniQ^ij/Aa tag ini-
nay oxtta atixoty rj iß' rj ig , iy&tide di
etxoüi,
^) Heph. p. 74,1« to xaXovfieyoy ayre-
niQQtjfAa^ onsQ ^y raiy tatoy xiaXtoy rtf htiq-
^tjfiaTi,
812 E* Metrik, c) Xetrik der Grieclien.
wo das Schema a A a Ä in beiden Fällen zu Grunde liegt. Ebenso ist
dies der Fall Nub. v. 627—813, v. 814—888. Pax v. 819—921, v. 922-
1038. Aves. v. 801-902, v. 1118—1268, v. 1494—1705. Thesm. v. 372
—530. Ran. v. 460—604. Dagegen stehen die Oden voran und die Epir-
rheme folgen nach {A a Ä a) Acharn. v. 1000—1068. Equit. v, 611—765.
Nub. V. 1214—1302. Vesp. v. 729—1008. Pax v. 459. 507. Solche Dialog-
partien bezeichnet man mit Zielinski p. 377 zweckmässig als trimetrische
Syzygien. —
Die Oden wurden entweder von den Halbchören oder von den Führern
der Halbchöre recitativisch vorgetragen; die in ihnen angewendeten Metra
sind Jamben, Trochäen, Paeone, lambo-Trochäen, Dochmien.^) Die als
Epirrheme dienenden Trimeter wurden ohne Musik- und Tanzbegleitung
einfach deklamiert und entbehren infolge dessen der strophischen Oliederung
und Übereinstimmung in der Yerszahl.
149. 1. Unter den dialogischen Bestandteilender Komödie, welche die
epirrhematische Gliederung nicht an sich tragen, ist zunächst der Prolog
zu nennen d. h. der Teil der Komödie, welcher dem Auftreten des Chors
vorangeht und darum ohne seine Beteiligung vorgetragen werden musste.
Er ist einer der spätesten Teile der Komödie und fehlte in der ältesten
Zeit gänzlich; er ist im allgemeinen in iambischen Trimetern gehalten, doch
gestattet er Einlagen in anderem Metrum, wie z. B. den Orakelspruch in
5 Hexametern Equit. v. 197 — 201, die anapaestischen Hyperraetra in der
Eirene v. 82 und 154 beim Auftreten des Trygaios und in den Thes-
mophoriazusen v. 39—62; auch lyrische Vorträge wie den Chor der
Frösche Ran. v. 208—267, das (ionische) Amoibaion Thesmoph. v. 101 — 129
(Agathon und Musenchor), die Monodie des Epops in den Aves v.
227-262.
2. Ferner entziehen sich der epirrhematischen Anordnung diejenigen
Trimeterscenen, welche zwischen zwei Syzygien in die Mitte eingeschoben
sind, z. B. zwischen die beiden Teile der Parodos (Acham. v. 241-279.
Eccl. V. 311 — 477) oder zwischen die Parodos und den Agon (Aves v.
400—450), zwischen Parodos und Parabase (Thesm. v. 728—784). Solche
Zwischenscenen, wie sie Zielinski genannt hat, bestehen entweder aus
lauter Trimetern, wie Equit. v. 461—497, oder enthalten ebenfalls lyrische
Einlagen, wie der Prolog. So enthält die Zwischenscene der Achamer v.
241 ff. den Phallophorengesang v. 263 flf., die der Wolken v. 1131—1213
die Freudenlieder des Strepsiades. In einigen Fällen beginnen sie mit einem
Chorikon, an welches sich die Trimeter anschliessen, gleichen also einer
halben Syzygie {A a), z. B. Pax v. 512—519, Aves v. 400—405, v. 609—
636. Diejenigen Zwischenscenen, welche dem Agon vorangehen, dienen als
Proagon (s. § 145) v. Acharn. v. 572—592, Nub. v. 889—948, Aves v.
400-450, Lysistr. v. 387-466, Eccl. v. 529—570.
3. Denselben Charakter tragen die Teile des trimetrischen Dialogs,
M I am bisch sind Acharn. v. 1008
= 1037. Nub. V. 1200 1213. trochäisch:
Kquit. V. OKI = 633. Pax. v. 385 ff., trochä-
459 = 520. Ran.534 = 590, anapaestiscb:
Pax V. 459 = 486, v. 939 == 1023, doch-
raisch: Acham. v. 358 = 385, v. 490 =
isch-paconisch: Thesm. v. 433 = 510, v. i 566, Aves v. 1188= 1262ff.
8. Xetriflcher Bau und Vortrag der griechiBchen Diohtimgen. (§ 149—151). 813
welche von einem der ungeteilten Chorika, die oben (§ 147) Stasima ge-
nannt wurden, begrenzt werden und sich ebenso wie die entsprechenden
Teile der Tragödie als Epeisodia bezeichnen lassen. Sie finden sich nur
im zweiten Teile der Komödie nach der Parabase und schliessen sich ent-
weder unmittelbar an diese an, wie das erste Epeisodion der Acharn. v.
719—835, der Wespen v. 1122—1264, der Lysistrate v. 706—780, der
Thesmophoriazusen v. 846—946, der Frösche v. 738 — 813, oder an ein vor-
angehendes Stasimon, wie Acham. v. 860—970, Equit. v. 997—1110, v.
1151—1262, Nub. V. 1321—1344, Vesp. v. 1292-1449, Aves v. 1335—
1469, Lysistr. v. 829—1013, v. 1072—1188, Thesm. v. 1001—1135, Ran.
830—894, V. 1119—1250, v. 1261—1369; seltener an den Agon wie Equit.
V. 941—972, Plut. V. 627—770 oder eine trimetrische Syzygie, wie Acharn.
V. 1069—1142, Aves v. 1269—1312 an. Lyrische Einschaltungen, 0 Ana-
paeste,*) Hexameter^) unterbrechen die Trimeter auch in diesen Teilen des
Dialogs, gerade wie die des Prologs und der Zwischenscenen.
150. Die Exodos*) besteht in der Regel aus einer Scene in iambi-
schen Trimetern und dem Abzugslied {fieXog aifoiixiv) des Chors, welches
durch anapaestische, iambische oder trochäische Tetrameter eingeleitet wurde.
So bilden in den Wespen die Trimeter v. 1474—1515 den ersten Teil der
Exodos, dann folgen zwei anapaestische Tetrameter v. 1516 f. und zum
Abschluss ein daktylo-trochäisches Tanzlied, das teils antistrophisch (v.
1518 — 1522), teils stichisch gebaut ist. In den Aves und der Eirene
bilden Hymeuäen^) die Schlussgesänge, in den Ekklesiazusen das iiäXog
fieXXoScmvixov v. 1 1 68 flf. ; in mehreren Stücken aber fehlen die Exodia des
Chors, so in den Rittern, die am Schluss verstümmelt sind, aber auch
in den Wolken, den Fröschen, den Thesmophoriazusen und dem Plutos,
wo bekannte Hymnen beim Abzug des Chors gesungen worden sein
werden.
151. Die mittlere und neuere Komödie erhielt durch das Zurück-
treten des Chors und den veränderten Charakter der Dichtung auch in ihrer
metrischen Form eine ganz andere Gestalt.^) Die Mannigfaltigkeit der Metra,
welche in der altattischen Komödie hervorgetreten war, ging ihr verloren,
lyrische Masse kamen nur in beschränktem Umfange zur Anwendung; das
Hauptmetrum warder iambische Trimeter,^) neben ihm wurde der trochäische
Tetrameter mit Vorliebe benützt.*) Auch die anapaestischen Hypermetra
spielten in der mittleren Komödie eine gewisse Rolle, indem sie zu effekt-
*) z. B. das iambische Amoibaion Acharn. | *) Proleg. de comoed. I. p. XXX ed.
V. 929—951. I Bebok: ol d? ti}^ fi^crjg xtüfAM^iag noiijrai
') Lysistr. v. 954 ff.
3) Die Orakelsprüche Equit. v. 1030 ff
Lysistr. v. 770 ff.
^) Poll. IV, 108 fieXos - «ocftoj/, 6'
i^iortsg H^oy, Schol zu Arist. Vesp. v. 270
T« di i^o&ixd ij vno)(tüQtjtixaf ansq inl Tp
i^o&ü) rov dQttfiaros ^derai. ~ Anon. in
Cbamer, Anecd. Paris I, p. 405 i^otfos i<m
ro inl tfXei Xeyofieyov [fifXog] rov j^oqov.
") In den ^Vögeln"* folgt noch ein dak-
tylisches Preislied auf Zeus.
xal rag vno&Baeig rjfisiiffay xal ta /o^ixrc
fiiXt] naqihnoy.
^) Proleg. de com. V, p. XXXIV if fikv
via xaxd tö nX$l<fXov atgefperat neql ro iafi-
ßixoy, onaymg di fihgoy itSQoy, iy di na~
Xttiif 7ioXvu€TQlif ro anovdaJ^ofAByoy. Vgl. ib.
V, p. XXX VIL
") Hephaest. p. 65.26 W. n^ fikv . . t£-
rgäfierga iy r<a avrt^ noiijfian (raig Meyay-
dgov xtofitadiatg), nfi di TgifAerga evQiaxetat,
&
gl4 £. X«trik. o) Xetrik der Orieohen.
vollen SchilderuDgen verwendet wurden; vgl. Anaxandridas bei Atbeo. lY,
p. 131.
Litteratur.O Allgemeineres zamDrama: G. Hebmakk, Eiern, doctr. metr. Ups.
1816. p. 714 sqq. — Heimsobth, Vom Vortrage des Chors io d. griech. Dnunen. Bodo
1841. — M. Wiuis, Quaesiiones metr. p. I. De personarom mutatione . . . Diteeldoif.
1855. ~ R. Westphal, Die metr. Komposition d. dramat. Dichtangen in Metrik ^^ p.
290— 315 = IIP, 1 p. 232-251. — L. Mtbiaktheus, \i\^ Marschlieder d. griech. Dianu.
München 1873. — W. Christ, Die Komposition u. d. Vortrag antiker Dichtungen, in:
Metrik d. Griech. u. ROmer. Leipz. 1874. 2. A. 1879. S. 596 ff. Ders. Die Parakataloge
im griech. u. röm. Drama. Abh. d. bayr. Akad. XIII, 3. München 1875. — Die Teflung
des Chors im att. Drama mit Bezug auf d. metr. Form der Chorlieder. Abh. d. b. Akad.
XIV, 2. München 1877. - Zacheb, Über die Darstellung antiker Dichtwerke mit bes. Be-
rücksichtigung des Chors, in: Vhdigg. d. 33. Philol. Vslg. (Gera) 1878 p. 64 - 73. — B.
Arnold in Baumeister's Denkmäler des klass. Altertums I, p. 383—395. — Th. Bbboc.
Griech. Literaturgeschichte III, p. 106—167 (Beriin 1884). — A. MOllbr, Die griech.
Bühnenaltertümer in: K. F. Hermakn, Lehrb. d. griech. Antiquitäten (2 A.) lü, 2.
Freiburg i/B. 1886. bes. § 15. 16.
Zur Tragödie: G. Hermann, De usu 'antistrophicorum in Graec. tragoed. Lips.
1810. Dissertatio de choro Eumenidum 1816. Opusc. II, p. 130 ff. VI, 2, 136 ff. — F.
Bamberger, De carminibus Aeschvleis a partibus chori cantatis. Marburg 1832 == Opusc.
p. 28 sq. — 0. Mt^LLER, Aeschylos Eumeniden. Göttingen 1833. 4. p. 69 ff. u. Anhang dazu
Gott. 1884. 4. Ders. Geschichte d. griech. Litt. 2. Bd. u. Kl. Schriften I. - Th. Kock,
Über die Parodos der griech. Tragödie. Posen 1850. — Lbop. Schmidt, De parodi in trag.
Graec. notione. Bonn 1855. — F. Ascherson, De parodo et epiparodo trag. Graec. Berol. 1856.
diss. Ders. Umrisse der Gliederung d. griech. Drama m N. Jahrbb. f. PhiL Suppl. IV,
. 423 ff. (1862). — A. Rossbach, De Eumenidum antichoriis. Ind. lect. Vratial. 1§60. —
. Westphal, Prolegomena z. Aeschylns' Tragödien. Leipz. 1869. — Chr. Muff, Die cho-
rische Technik des Sophokles. Halle 1877. Ders. De choro Persarum fab. Aeschyl. Halle
1878. D. Chor in d. Sieben d. Aeschyl. Stettin 1882. 4. — 0. Hbnsb, Der Chor des So-
phokles. Berlin 1877. Ders. Rhein. Mus. XXXII, p. 485 ff. — R. Arnoli>t, Die chor.
Technik des Euripides. Halle 1878. Ders., Der Chor des Agamemnon d. Aeschyl. Halle
1881. — G. Oehmichen, De compositione episodiorum trag, graen. externa. Erlang. 1881.
— N. Wecklein, Über d. Technik u. den Vortrag d. Chorgesänge d. Aeschylus. Jahrb.
f. Phil. Suppl. (1882) XIII, 215 ff. ~ H. Gleditsch, Die Cantica der Sophokl. Tragödien
2. A. Wien 1883. — J. Abchaüeb, Cb. d. Parodos u. Epi parodos in d. gnech. Trag. Ober-
hollabruDn 1887. Progr. — Ch. Bally, De Euripidis tragoed. partibus lyricis quaestt. Berol.
1889. diss.
Zur Komödie: G. H. Kolster, De parabasi, veteris comoediae parte antiquissima.
Altona 1829. — C. Kock, De parabasi, antiquae comoed. att. interludio. Anclam 1850. —
H. T. Hornung, De partibus comoediae graec. Berol. 1861 diss. — E. Nesemakn, De epi-
sodiis Aristophaneis. Berol. 1862. diss. — C. Agthe, Die Parabase u. die Zwischenakte d.
griech. Kom. Altona 18G6. Anhg. 1868. — Chr. Müff, Über d. Vortrag d. chorischen Par-
tien bei Aristophanes. Halle 1872. — Rich. Arnoldt, Die Chorpartien b. Aristophanes
scenisch erl. Leipz. 1873. — Th. Zielinski, Die Gliederung der altaf tischen Komödie.
Leipz. 1885.
Über Symmetrie der Dialogpartien. Allgemeines: G. Hermann, £lem. D. M.
p. 718 sq. 735 sq. — 0. Ribbeck, Die symmetr. Komposition in d. antiken Poesie in:
N. Schweiz. Mus. I, p. 203 ff. 1861. — Oeri, Christ, Prien, Thesen üb. d. Responsion b.
d. Trag, und Aristoph. in Verhdlgg. d. 32. Phil. Vers. 1877 p. 142 ff. — W. Corist. Me-
trik^ p. 003 ff. — Th. Bergk, Griech. Litgesch. III, p. 155 ff.
Tragödie: Heiland, Metr. Beobachtungen. Stendal 1855. Progr. — F. Ritschl, Der
Parallelismus der 7 Redenpaare in Aeschyl. Sept. N. Jhbb. f. Phil. 77. Bd. p. 761 ff.
(1858), 79. Bd. p. 96 ff. u. Opusc. philol. I p. 300— 364. — H. Weil, Die Gliederung d.
dramat. Recitativs bei Aeschylos. N. Jhbb. f. Ph. 79. Bd. p. 721 ff., p. 835 ff. (1859).
Ders. De la compos. symmetr. du dialogue dans Ics trag. d'Eschyle. Paris 1860. Ders,
N. Jhrbb. f. Ph. 83. Bd. p. 377 ff. (18G1). 87. Bd. p. 389 (1863). - E. Martin, De ro-
sponsionibus diverbii ap. Aeschyl. Berol. 1862. — B. Nake, über Symmetrie im Bau d.
Dialoge griech. Trag. Rhein. Mus. 17. Bd. p. 502 ff. 1862. — H. Hirzel, De Euripidis in
componendis diverbiis arte. Lips. 1862 (diss. Bonn). — H. Behrns, De stichoroythia Euri-
pidca. Wetzlar 1864. Progr. — J. Czwalina, De Eurip. studio aequabilitatis. Bonn. 1867.
N. Wecklein, Über symmetr. Anordnung des Dialogs und die Stichomythie bei Sopho-
') Vgl. auch die Litteratnrübersicht auf S. 769 f.
8. Metrisclier Bau und Vortrag der gpriechisohen Dichtungen. (§ 151). gl5
kies. Würzburg 1868 in; Festgr. d. philol. Gesellscfa. — P. Wesekeb, Über Störungen d.
Stichom. b. Eurip. Jnowraclaw. 1871. Progr. — R. Niebebdino, De senariis a Soph. inter.
carm. melic. partes collocatis., Neustadt i/Schl. 1871. Prgr. — Fb. Witten, De tragic.
graec. stichomythia. Heimst. 1872. Progr. — A. Schmidt, Die symmetr. Gliederung d.
Dialogs in Eurip. Herakl. Parcbim 1877. — L. Drbwes, D. symmetr. Komposition d. sopb.
Trag. König Oed. Helmstedt. 1880. — J. J. Oebi, Die grosse Responsion in d. spät Soph.
Trag. Berlin 1880. Ders., Interpolation u. Responsion in d. iamb. Partien d. Eunp. Berlin
1882. - R. Klotz, Studia Aeschylea. Lips. 1884. Progr. — Th. Zielinski, Gliedenmg d.
altatt. Kom. Leipz. 1885, p. 878 fF. — N. Wecklein. Textüberlieferung d. Aeschyl. München
1888. (Sitz. Ber. d. bayr. Ak.) p. 331 ff.
Komödie: J. Oeri, De responsionis ap. Aristoph. rationibus. Bonnae 1865. Ders.,
Die Responsion bei Aristoph. in Jhrbb. f. kl. Phil. 101. Bd. p. 352 ft. 1870. Ders.,
Novae in respons. Aristoph. animadv. Schaffh. 1876. — F. Witten, Qua arte Aristophanes
deverbia composuerit. Halis 1878 diss. — Th. Zielinski, Gliederung d. altatt. Komödie.
Leipz. 1885, p. 348 ff.
Metrik der Römer.
1. Die Entwickelung der metrischen Kunst bei den Römern.
152. 1. In der frühesten Periode entwickelte sich aui italischem Boden
sowohl die religiös-sakrale Dichtung, wie die rein volksmässige der Fes-
cenninen, Sprüche, Triumph- und Klagelieder unabhängig von griechischem
Einflüsse auch in der äusseren Form, und was an Resten davon auf uns
gekommen ist, fügt sich nicht den Normen griechischer Metrik. Aller
Wahrscheinlichkeit nach schloss sich der älteste italische Versbau mit
den Hebungen so viel als möglich an die betonten Silben der gewöhnlichen
Rede an und nahm auf die Quantitätsverhältnisse wenig oder gar keine
Rücksicht, hatte sie jedenfalls nicht zu seinem ordnenden Prinzipe.
2. Die frühesten Erzeugnisse der Kunstdichtung und die ältesten In-
schriften tragen in ihrer metrischen Form, dem sogenannten metrum Sa-
Uirnium, noch den Stempel dieser nationalen Entwickelung: so die
Odtjssia des Livius Andronicus, das Bellum Puniaim des Naevius, die Elog'm
der Scipionen und andere Inschriften in saturnischem Masse, wenn auch in
dieser Zeit schon griechische Einflüsse in der Versbildung sich geltend ge-
macht haben können. Aber, da dieselben Dichter im römischen Drama die
griechischen Metra zur Anwendung brachten, wurde allmählich die natio-
nale Form der Dichtung zurückgedrängt und kam in der Litteratur zu
keiner weiteren Entwickelung; jedoch lebte die alte Dichtweise im Volke
weiter, bis sie in der sogenannten rhythmischen Poesie ihre Auferstehung
feierte.
3. Mit der Einführung der griechischen Metra im Drama durch
Livius, Naevius und Plautus beginnt eine neue Epoche der römischen
Dichtungsform. Die erste Periode dieser gräcisierenden Verskunst der
Römer zeigt noch eine gewisse Selbständigkeit und Freiheit in der Aneig-
nung der fremden Kunstformen und lässt die nationalen Eigentümlichkeiten
und Gewohnheiten noch in ausgedehntem Grade zu ihrem Rechte kommen.
Sie lässt sich als die Periode der freieren Nachahmung der griechi-
schen Metra bezeichnen. Nachgebildet wurden die Metra der scenischen
Dichtung, vor allem andern der iambische Trimeter (§ 59), dann die
iambischen, trochäischen und anapaestischen (zweigliederigen) Langverse
1. Die Entwickelang der metrischen Kunst bei den Römern. (§152.) gl7
(s. § 61. 51. 45) und die entsprechenden hypermetrischen Verbindungen
(§ 53. 62. 46). Für die dramatischen Cantica (im engeren Sinne des Worts)
kamen auch Eretiker, Bacchien, Choriamben, vielleicht auch daktylische
und logaoedische Formen zur Anwendung.
Vielfache Übereinstimmung des rhythmischen Iktus mit dem gram-
matischen Accente und die deutlich hervortretende Abneigung in gewissen
Fällen nicht betonte Silben in die Hebung und betonte in die Senkung des
Verses treten zu lassen, Schwanken und Unsicherheit in den Quantitäts-
verhältnissen, Vorliebe für Allitteration und Gleichklang, Häufigkeit aller
Arten von Vokal verschleif ung, geringe Empfindlichkeit gegen den Hiatus,
grosse Freiheit in der Behandlung der Senkungen des Verses, welche meist
ebenso wohl durch eine Länge oder zwei Kürzen wie durch eine einzelne
Kürze gebildet werden können, charakterisieren diese Periode im Gegen-
satze zu der späteren römischen Dichtung.
Ihre Hauptrepräsentanten sind die älteren scenischen Dichter;
jedoch bewahrte die scenische Poesie bis in die ciceronische Zeit viele
Eigentümlichkeiten dieser Periode sowohl in der Komödie wie in der Tra-
gödie, freilich mit gewissen Modifikationen, wie sie die fortschreitende Ent-
wickelung mit sich brachte.
Auch in der nationalen Dichtgattung der Satire kam die freiere
Nachahmung der griechischen Masse, namentlich bezüglich der Senkungen
in den iambischen und trochäischen Versen, noch bei Ennius, Lucilius und
Varro zur Geltung; ebenso in den mimi des Publilius Syrus und sogar
noch im 1. Jahrb. n. Chr. in den Fabeln des Phaedrus.
4. Von der bisherigen Freiheit der Nachahmung ging die römische
Dichtung zu strenger Nachbildung der griechischen Metra über durch
die Einführung des daktylischen Hexameters. Der Unsicherheit und
dem Schwanken der Silbenquantität wurde nunmehr ein Ende gemacht,
die Rücksicht auf den Wortaccent wurde mehr und mehr aufgegeben, die
grosse Freiheit in der Behandlung der Verssenkungen und in der Auflösung
der Hebungen wesentlich beschränkt, auch die Menge der Vokalverschlei-
fungen herabgemindert, die Empfindlichkeit für den Hiatus aber gesteigert.
Ennius, der den epischen Vers der Griechen in seinen Ännales zuerst
zur Anwendung brachte und gleichzeitig auch dem elegischen Disti-
chon einen Platz in der römischen Dichtung verschafObe, wurde dadurch
der Begründer einer neuen Epoche der römischen Metrik. Zwar bestand
in der scenischen Poesie auch nach ihm noch die ältere Freiheit fort bis
an das Ende der Republik, ebenso in den lamben und Trochäen der Satire,
zu deren Versformen Ennius noch den vielgestalteten sotadei sehen Vers
hinzufügte; aber der daktylische Hexameter ist von nun an das Haupt-
metrum der römischen Dichtung geblieben, und auf dem damit geschaffenen
Boden ruhte die ganze Entwicklung der Folgezeit.
Ennius' nächster Nachfolger in der Technik des daktylischen Masses
war nächst Hostius, dem Fortsetzer seines Epos, der Satiriker C. Lucilius,
der sich auch des Distichons bediente. C. Lucretius, welcher den Hexa-
meter zuerst im didaktischen Gedichte anwandte, wandelte gleichfalls noch
ganz in Ennius' Bahnen, wenn er auch einen unverkennbaren Fortschritt
Handbuch der klaas. AltortumswisBeDschaft. H. 2. Aufl. 52
818 B. Metrik, d) Metrik der aomer.
in der Technik verrät; ebenso auch P. Varro Atacinus in seinen altera
Epen und Satiren.
5. Aber die jüngere Generation that einen weiteren Schritt vorwirts.
Hatten sich Ennius und seine Anhänger fast ausschliesslich auf den Hexa-
meter beschränkt — denn das Distichon fand noch wenig Pflege — , so
versuchte es Laevius nun auch die Formen der lyrischen Dichtkunst der
Griechen in strenger Korrektheit nachzubilden, und der gelehrte M. Teren-
tius Varro, der erste metrische Theoretiker der Römer, führte in seinen
Saturae Menippeae neben den früher gebräuchlichen Versformen eine nicht
geringe Anzahl bisher noch fremder oder nach griechischem Muster um-
gestalteter Bildungen seinen Landsleuten vor, wie Glykoneen, Hendeka-
sy Haben, loniker, streng gebaute lamben und Trochäen.
6. Diese beiden Männer wurden die Vorgänger des jüngeren Dichter-
kieises, der in bewusstem Gegensatze gegen Ennius und seine Nachahmer
sich an die damals vielgelesenen Alexandriner anschloss und in strenger
Beobachtung ihrer Technik die bei ihnen besonders beliebten Versmasse
nachbildete und bei den Römern in Aufnahme brachte. Auch der Hexa-
meter wurde von ihnen nach alexandrinischem Muster behandelt, das bis-
her wenig kultivierte elegische Distichon kam im Epigramm und in der
Elegie in ausgedehntem Masse zur Anwendung, die iambischen und tro-
chäischen Verse wurden nach strengen Grundsätzen gebaut, die Choliamben,
Hendekasyllaben, Priapeen wurden beliebte Formen; auch von Anakreon
und den Lesbiern wurden z. B. die glykoneischen Systeme und die sap-
phische Strophe übernommen. Die Hauptvertreter dieser Richtung sind
Catullus, Calvus, Cinna, Bibaculus und in seinen späteren Jahren P.
Varro von Atax.
7. Ihre höchste Blüte und Vollendung erreichte bei den Römern die
poetische Kunst überhaupt und die metrische Technik insbesondere in der
augusteischen Zeit. In ihr wurden die früher eingeführten Metra, vor
anderen der heroische Vers und das elegische Mass, mit feinem Kunstver-
ständnis und geläutertem Geschmacke dem Charakter der lateinischen Sprache
gemäss weiter fortgebildet und vervollkommnet durch Vergil, Tibull, Pro-
porz und Ovid, von denen der letzte als das vollendetste Muster in der
Technik des römischen Versbaues gilt. Horaz schloss sich in der Nach-
bildung griechischer Metra nicht mehr wie Catull vorwiegend an die Ale-
xandriner an, sondern ging auf die älteren griechischen Vorbilder zurück,
in den Epoden auf Archilochos, in den carmina auf Alkaios, und passte die
neugewonnenen Formen frei von sklavischer Abhängigkeit den Eigentüm-
lichkeiten seiner Muttersprache mit feinem Takte und glücklichem Erfolge
an. 9 Auch dem Hexameter Hess er in seinen Sermones eine Behandlung
zu teil werden, die als entschiedener Fortschritt gegenüber den Härten des
Lucilius gelten muss, wie dies besonders in den Episteln hervortritt. — In
dieser Zeit verliess auch das Drama, wenigstens in der Tragödie, die alten
-) W. Christ, Die Yerskunst des Horaz | schauungen der metrischen Doktrin nach:
im Lichte der üherlieferung, München 1866, ' vgl. auch A. Kiesslino, Die metrische Kaost
vfeisi die Übereinstimmung des horazischen . des H. in s. Ausgabe I. Bd. (Berlin 1884)
Versbaues mit den damals herrschenden An- | p. VII u. XfV.
1. Die Entwickelang der metrisclien Kunst bei den Römern. (§ 152.) gl9
Formen der scenischen Poesie: auch hier wurde der strenge Bau der iam-
bischen und trochäischen Verse üblich und in den Gesängen neben den
anapaestischen Systemen die neugelernten lyrischen Metra angewendet.
8. In der nachaugusteischen Zeit trat keine Bereicherung der
metrischen Formen mehr ein, sondern man beschränkte sich auf die bis-
her überkommenen und strebte nur nach vollkommener Beherrschung ihrer
Technik. Die Dichter gingen nicht mehr auf die griechischen Originale
selbst zurück, sondern hielten sich an die grossen Muster der eignen Nation,
insbesondere an Yergil und Ovid für den Hexameter und das Distichon,
an Horaz in der Satire und der Lyrik. Die Strenge im Versbau, auf den
eine grosse Sorgfalt verwendet wurde, artete zuweilen in Pedanterei aus,
aber das feine Verständnis für den geistigen Inhalt der Form ging mehr
und mehr verloren; geradezu Geschmacklosigkeit verrät der Versuch des
Seneca in einzelnen seiner Cantica aus den Teilen horazischer Metra neue
Systeme zusammen zu setzen.
Infolge der gelehrten Bestrebungen unter Hadrian und den An-
toninen machte sich im 2. und 3. Jahrh. eine hervortretende Neigung
für die ältere Litteratur und ein Zurückgreifen auf die Formen der vor-
augusteischen Dichtung geltend. Florus und Annianus, Septimius Serenus
und Terentianus Maurus sind Vertreter der Polymetrie, wie einst Laevius
und Varro; auch iambische und trochäische Verse mit unreiner Senkung
traten wieder auf.
9. Die spätere Kaiserzeit bewahrte sich in engem Anschlüsse an
die klassischen Muster zwar noch lange eine grosse Korrektheit der Form,
aber das Gefühl für das Ethos der verschiedenen Metra ging immer mehr
verloren und Missgriflfe in der Wahl derselben wurden immer häufiger,
Verskünsteleien und metrische Spielereien kamen sehr in Aufnahme. Ausser
dem Hexameter, dem Senar und dem elegischen Distichon waren besonders
der trochäische Septenar, der iambische Dimeter und zeitweise der pha-
laecische Hendekasyllabus beliebte Versformen.
10. Je mehr aber die Quantitätsunterschiede in der Aussprache des
täglichen Lebens unter dem Einflüsse des Accents sich abschwächten und
das Bewusstsein für sie den Dichtern abhanden kam, desto natürlicher war
es, dass die Alleinherrschaft der aus dem Griechischen entlehnten Verskunst
erschüttert wurde. Seit dem 3. Jahrhundert kam allmählich das alte na-
tionale Prinzip des Versbaues, welches das Zusammenfallen des Versiktus
mit den betonten Silben forderte, von neuem wieder zur vollen Geltung.
Besonders waren es die christlichen Dichter, welche auch in dieser
Hinsicht den Bruch mit der heidnischen Litteratur nicht scheuten und das
naturgemässe, in der Volksdichtung wahrscheinlich nie völlig erstorbene
Prinzip des Versbaues wieder zu Ehren brachten. Das Schwinden des Ge-
fühls für die Quantitätsverhältnisse zeigt sich schon bei Commodian
(c. 250 n. Chr.), in Augustinus' Psalmus contra partem Donati aber hat
die Quantität der Silben bereits keine Bedeutung mehr für den Versbau.
Vgl. L. MöLLEB. De re metr. lib. I. p. 65—103; Summarium cap. I. §3—9; Metrik
p. 71— 80; Q. Ennius, eine Einleitung in d. Stadium d. rOm. Poesie. St. Peteisburg
1884. — W. S. Teüffel, Geschichte d. röm. Litteratur. 4. A. v. L. Sohwabb. Leipz. 1881.
82. — R. Westphal, Griech. Metrik II*, 36-63. — Fr. Ritschl, Opusc. IV, p. 401 ff. —
52*
g20 £• Metrik, d) Metrik der Bömer.
W. Mbyek. Anfang u. Ursprung d. lat u. griech. rhythm. Dichtong. München 1885 (aka^
Abb.) — 0. Ribbeck, Gescbichte d. rOm. Dichtung. Stuttgart. 1887/89. 2 Bde.
2. Die Metra der Römer.
m
1. Die nationale Form der italischen Dichtungr.
153. Die ältesten Reste italischer Poesie, wie sie uns in sakralen
Cfesängen und religiösen Liedern vorliegen, haben, soweit sich auf einem so
unsicheren Gebiete überhaupt ein festes Urteil bilden lässt, einen rhyth-
mischen Bau, bei welchem die erst in späterer Zeit aus der griechischen
Metrik überkommene Rücksicht auf die Silbenquantität nicht zur Geltoog
kommt (yfiumerus italicus^).
Es sind Reihen von je vier Hebungen, meist je zwei oder drei zu
einem Langverse vereint, zuweilen aber auch in ihrer Vereinzelung als
selbständiger Vers dienend, bei denen die Hebung nicht an die Länge ge-
knüpft und die Senkung nicht immer durch eine besondere Silbe ausge-
drückt ist, sondern durch längeres Verweilen der Stimme auf der Hebungs-
silbe ersetzt wird. Dazu kommt eine nicht fest geregelte, aber doch ziem-
lich häufige Anwendung der Allitteration, indem zwei oder drei Wörter im
Verse, auf denen ein besonderer Nachdruck ruht, denselben Anlaut haben.
Vgl. das Gebet an Mars bei Cato de re rttst c. 141:
Mars pdter ie precor \ quaesoque üti sies \ völens pröpiHüs
mihi domo \ fdmilideque nöstrde. u. s. w.,
das Gebet an Jupiter Dapalis ebend. c. 132:
Jupiter Dapalis \ quöd tibi fieri \ oportet in domo
familid med \ cidig'nam vini ddpi \
eins rei ergo \ mdcte illdce ddpe \ pöllucenda estö.
Hierher gehören ferner das stark allitterierende Gebet der Tafeln von
Iguvium (VI. B., 54): Terfe Martie u. s. w. und andere ,carmina preca-
tionum' bei Westphal, Gr. Metrik II, 36 flf. = IIP, 1, p. 66 «. und ß.
Peter, De Komanorum precationum carminibus p. 71 flf. (in Comment. phi-
lolog. in honorem Reiflferscheidii Vratisl. 1884).
154. Eine weiter fortgeschrittene Entwickelung italischer Versbildung
stellt sich dar in dem saturnischen i/Letrum (versus satumius oder Fan-
niiis), welches nicht bloss in alten Liedern und Sprüchen, sondern auch
in Inschriften und litterarischen Erzeugnissen der vorennianischen Kunst-
dichtung zur Anwendung gebracht ist, z. B. in der Grabschrift des Scipio
Barbatus:
Cornelius Lucius Scipio Barbatus,
Crnaivod patre progyiatuSy fortis vir sapiensque,
quoius forma virtutei parisuma fuit,
consol censor aidilis quei fuit apud vos,
Taurasia Cisauna Samnio cepit,
Subigit omne Loucanum opsidesque ahdoucit
Die spätere Zeit hatte nach Einführung der griechischen Verskunst das
Verständnis für den Bau dieses nationalen Masses [.numerus horridus' bei
Horat. Epist. II, 1, 157) verloren und suchte es in die Schablone griechi-
2. Die Metra der ROmer. (§ 153.)
821
scher Regeln zu zwängen (Caes. Bassus bei Keil, G. L. VI, 265), und die
Neueren haben trotz eifriger Forschung sich noch nicht über die wesent-
lichsten Punkte in betreff seines Baues einigen können.
Ziemlich allgemeine Übereinstimmung herrscht darüber, dass der Vers
aus zwei Gliedern (Hemistichien) besteht, welche eine Cäsur von einander
scheidet, dass in der Kommissur dieser beiden Glieder Hiatus vorkommt,
dass in der Yerssenkung bald eine Länge, bald eine oder zwei Kürzen
stehen, aber auch zuweilen fehlen, dass endlich als Schmuck des Verses
sich hin und wieder AUitteration in zwangloser Weise vorfindet. Aber
über das Prinzip des Versbaues, über Zahl und Beschaffenheit der Hebungen
besteht grosse Meinungsverschiedenheit: die einen lehren, die Hebung könne
nur durch eine lange oder zwei kurze Silben dargestellt werden, der Vers
sei also nach den Normen der quantitierenden Metrik gebaut; die andern
hingegen behaupten, die quantitierende Messung sei ohne arge Gewaltsam-
keit in der Silbenmessung und ohne grosse Abweichungen von dem sonst
üblichen Werte der Silben nicht durchführbar, und treten unter Hinweis
auf das augenfällige Zusammentreffen von Wortaccent und Versiktus in der
zweiten Vershälfte mit voller Entschiedenheit für die accentuierende
Messung ein. — So stehen zwei wesentlich verschiedene Auffassungen ein-
ander gegenüber.
Die Vertreter der Quantitätsmessung (Ritschl, Havet, Christ,
L. Müller u. a.)0 erklären im Anschluss an die Theorie der römischen
Metriker den Saturnius für einen sechsfüssigen Vers mit Anakrusis und
Cäsur nach der 4. Senkung oder selten nach der 3. Hebung (dimeter iam-
bicus catal. und troch. ithy phallicus) :
KJ JL ^<J J. \^ ±
w
± \y ± \J J. ^
Dabünt malüm Metelli Ndevio poetae.
Sie lehren — von unwesentlicheren Verschiedenheiten abgesehen — : die
Hebung wird ohne Rücksicht auf den Wortaccent durch eine Länge oder
zwei Kürzen gebildet, die Senkung durch eine Kürze, eine Länge oder
— jedoch nicht am Schlüsse der Halbverse — durch zwei Kürzen; auch
völlige Unterdrückung der Senkung ist statthaft, am häufigsten nach der
2. Hebung des zweiten Halbverses, seltener nach der 2. des ersten, nie an
1. und 4. Stelle, nicht leicht zweimal in einem Verse, nie zweimal in einem
Halbverse. — Hiatus kommt öfters vor in der Cäsur, aber er wird auch
sonst nicht völlig gemieden. Kurze Schlusssilben werden unter dem
Einflüsse des Iktus als Längen behandelt, z.B. tuqt^y neque, patrii,
omniä, insecc. Sie messen also:
Cornelius Luctus \ Scipio Barhdtus,
Virüm mihi, Camena, \ insed versütum.
Eorüm sectdm sequüntur \ mülti mor-tdles.
noctü Troidd exibant \ cdpitibüs operiis.
Anmerkung. Mit Recht wird diesem YerRschema gegenüber die Notwendigkeit
*) Auch Westphal, welcher den Satur-
nius als Übergang von der nicht quantitie-
renden Veiskunst zu der quantitierenden be-
trachtet, nahm in seiner Metrik vom J. 1867
an, dass wenigstens in den Hebungen des
Verses der Prosodie Rechnung getragen sei,
hat sich aber in der 3. Auflage der accen-
tuierenden Theorie zugeneigt»
822 E* Metrik, d) Metrik der Römer.
hervorgehoben, der letzten Silbe jedes Haibverses die rhythmische Geltung einer Hebmg
zuzugestehen, also vier Hebungen in jedem Gliede anzuerkennen:
Vgl. K. Babtsch, De satum. Vers und die altdeutsche Langzeile Leipz. 1867 p. 35 und 44.
Die accentuierende Theorie, welche an 0. Keller und R. Thub-
NEYSEN ihre Hauptvertreter hat, lautet bei ersterem — unter Berufung auf
den Schol. zu Yerg. Georg. II, 385 und Unterscheidung einer älteren roheren
und jüngeren strengen (epischen) Form des Satumius, die in der 3. u. 4.
Scipioneninschrift und in den Fragmenten des Livius und Naevius ange-
wendet sei — in ihren Hauptpunkten: Der Vers besteht aus abwechselnden
betonten und unbetonten Silben, auf deren Quantität gar nichts ankommt
Er zerfällt durch Cäsur in zwei Halbverse, deren jeder sich durch eine
Nebencäsur in der Regel wieder in zwei Teile zerlegt. Der erste Halbvers
hat drei Hebungen, der zweite gewöhnlich auch drei, zuweilen aber nur
zwei und dann meistens einen tonlosen Vorschlag. In der Regel werden
je zwei Tonsilben durch eine unbetonte getrennt, nur zwischen die 2. und
3. Hebung fallen immer zwei unbetonte, aber auch anderweitig kann die
Senkung aus zwei Silben bestehen, selbst am Schlüsse. Das Zusanunen-
stossen betonter Silben wird durchaus gemieden. Die Zahl der Silben im
strengen epischen Saturnius ist am häufigsten dreizehn, 7 in der ersten,
6 in der zweiten Vershälfte. Der Hiatus ist innerhalb der Halbverse nicht
zugelassen, aber am Schlüsse derselben erlaubt. Beispiele:
Ddhunt mdlum Metelli \ Naeviö poetae.
Virum mihi, Cameiia, \ insece versiitum.
Eörum sectam sequüntur \ tntiUi mortdles,
Anmerkung. Nach des Verf. Meinung ist der Satumius ein quantitätsloser Yen
von trochäischem Rh^-thmus mit vier Hebungen in beiden Gliedern und unterdrQckbarec
Senkungen :
Ddbunt mdlum MStelli \ Naeviö poitai.
Eorum sectam sequüntur \ mülti mörtäles.
Vgl. Wochenschr. f. klass. PhiJol. I (1884) p. 43 ff.
Die Schriften über den Saturnius stellt zusammen L. Hatet, De Satumio La-
tinorum versu. Parisiis. 1880. p. 440-448; wir heben hervor K. 0. Müllbr zu Festus
p. 397. — F. RiTSCHL, Opusc. IV, p. 83. — A. Spengel, PhiJol. XXIII, p. 80 ff. — F. Büchiler,
Jhrbb. f. Philol. 87. Bd. (1863) 330 und dessen Anthol. epigT.Jat.spec. III. Bonn 1876.4.
Nachzutragen ist Euo. Misset, Le rhythme du vers satumien in: Lettres chr^t. III,
p. 88 — 108, Paris et LiJJe 1882. — 0. Kelleb, Der satum. Vers aJs rhythmisch erwiesen.
Leipzig u. Prag 1883. — R. Klotz, Jahresber. XI (1883), 387 ff. — L. Müller, Quaestiones
Naevianae cap. II in s. Ausg. d. Ennius. Petrop. 1885. Ders. Der saturo. Vers u. s.
Denkmäler. Leipz. 1885. — R. Tburnetsen, Der Satumier u. s. VerhäJtn. z. sp&t. röm.
VoJksverse. HaJJe 1885. — 0. Kelleb, Der saturn. Vers, zweite AbhdJg. Prag 1886. —
Fel. Ramobimo, DeJ verso satumio. MiJano 1886. 4. — E. Baehbbns in: Fragmenta poet
Roman. Lips. 1886 p. 6 sqq. — H. üseneb AJtgr. Versbau. Bonn 1887. p. 76 ff.
II. Die freiere Nachahmung* der grriechischen Metra bei den älteren
Seenikern und Satirikern.
155. Die nationale Form der italischen Dichtung wurde verlassen
und allmählich völlig zurückgedrängt, seit Livius, Naevius und Plautus bei
der Einführung des griechischen Dramas auch die griechischen Metra
und deren Technik zur Anwendung brachten. Die Regelung des Versbaues
nach dem der griechischen Metrik entlehnten Quantitätsprinzip stand in
einem sehr bestimmten Gegensatze zu der früheren Dichtungsfonn, und die
Schwierigkeit die Sprachsilben in feste Quantitätsregeln einzuordnen war
2. Die Metra der RiVmer. (§ 154 ~ 156.) 823
um so grösser, als die griechischen Regeln für die fremde Sprache sich in
vielen Fällen als unpassend erwiesen.
Andererseits konnte die Rücksicht auf die Wortbetonung (den gram-
matischen Accent), welche früher den Versbau im wesentlichen bestimmt
hatte, nicht völlig schwinden, zumal in der scenischen Poesie, in welcher
die Sprache des gewöhnlichen Lebens gehört werden sollte. ^) So blieb die
Nachahmung der griechischen Metra zunächst eine freiere und trug noch
viele Spuren der alten Dichtform an sich.
156. 1. Die Silbenmessung der scenischen Dichter, welche sich in
dieser Periode eng an die Aussprache des gewöhnlichen Lebens anschloss
und den Nachlässigkeiten und Schwankungen der Volkssprache in vielen
Beziehungen Rechnung trug, hatte vieles unsichere und Schwankende und
weist sehr wesentliche Unterschiede gegenüber der festgeregelten Prosodie
der späteren (nachennianischen) Verskunst auf. Charakteristisch sind für
sie vor anderem die Abstossung des anlautenden s nach kurzen Vokalen,
die pyrrhichische .Messung iämbischer Wörter und Wortverbindungen, die
Kürzung einsilbiger Wört<er, die häufige Zusammenziehung zweier Vokale
sowohl innerhalb eines Wortes als bei der Berührung zweier. Der Hiatus
hatte noch ein sehr weites Feld und wurde vielfach bei Verseinschnitten
und Sinnespausen unbedenklich zugelassen.
2. Dass die Sceniker bei ihrer Versbildung auf den Wortaccent eine
grosse Rücksicht genommen haben, ohne doch ein Zusammenfallen mit dem
Versiktus zur Grundlage für ihren Versbau zu machen, hat schon Bentley
{Schediasma p. XVII sq.) bemerkt, und G. Hermann (El. D. M. p. 141. 151)
sowie RiTscHL (Prolegg. zu Plautus p. CCVII sq.) haben seine Beobachtung
bestätigt. Von anderer Seite ist gegen diese Theorie entschiedener Ein-
spruch erhoben und der Nachweis versucht worden, dass die Übereinstim-
mung von Wortaccent und Versiktus keine beabsichtigte sei, sondern in
den Gesetzen der lateinischen Betonung und der BeschafiTenheit der in Be-
tracht kommenden Versteile ihre natürliche Erklärung finde. Als Resultat
des noch heute fortwährenden Streites hat sich so viel ergeben, dass, wenn
auch ein Auseinandergehen von metrischem Iktus und grammatischem
Accent oft genug unvermeidlich war, besonders bei iambischem An- und
Auslaute der Verse und Versteile, doch die Thatsache einer vielfachen
Übereinstimmung feststeht und es anerkannt werden muss, dass gewisse
Differenzen zwischen Iktus und Accent geflissentlich gemieden wurden, also
die Behauptung sich nicht aufrecht erhalten lässt, die Dichter hätten sich
um den Wortaccent überhaupt nicht bekümmert oder gar den Widerstreit
zwischen ihm und dem Versiktus gesucht.
AnmerkuDg. Die beiden kurzen Endsilben eines drei- oder mehrsilbigen Wortes
eine Hebung bilden zu lassen wird gemieden; nur im 1. Fusse iämbischer Verse werden
daktylische Wörter mit dem Iktus auf der 2. Silbe geduldet. Femer wird in die 2. Sen-
kung der iambischen und die 1. der trochftischen Dipodie nur in Ausnahmefällen die Ton-
silbe eines spondeischen oder anapaestischen (resp. so auslautenden) Wortes gestellt.
1) Über den Urheber dieser Regelung
Tgl. 0. Ribbeck, Gesch. der röm. Dichtung
I, p. 18 : pAndronikus muss es gewesen sein,
der namentlich fOr die iambischen und tro-
chäischen Verse Grundgesetze, wie sie der
Natur der lateinischen Sprache, ihrer im
Munde gebildeter Zeitgenossen üblichen Aus-
sprache, Messung und Betonung gemäss
waren, feststellte.*
824
E. Metrik, d) Metrik der BOmer.
157. Eine wesentliche Abweichung von dem Versbau der griechischen
Vorbilder zeigt sich in der Unreinheit der Senkungen^ welche eine
weit grössere Ausdehnung erlangte, als sie bei den griechischen Scenikem
gehabt hatte, und namentlich in den iambischen und trochäischen Massai
mit geringen Beschränkungen auf alle FQsse des Verses resp. Kolons mit
Ausnahme des letzten sich erstrecken konnte, aber auch in den kretischen
und bakcheischen Versen mehrfach zur Geltung kam. Zwar waren die
griechischen Komiker in dieser Freiheit rQcksichtlich der stellvertretenden
Anapaeste im Dialogverse vorangegangen, jedoch in der Zulassung d^
Spondeus hatten sie sich auf die bestimmten Stellen beschränkt, während
von den lateinischen Scenikem auch diesem eine fast unumschränkte Gel-
tung eingeräumt wurde.
Eine zweite Abweichung besteht in der Ausdehnung der Auflösung
auf solche Längen, welche nach griechischer Norm als dreizeitige resp.
vierzeitige galten und darum nicht durch zwei Kürzen ersetzt werden
durften, wie die siebente Hebung im iambischen und anapaestischen Tetra-
meter, die dritte in den entsprechenden katalektischen Dimetem. Vgl.
§ 61 und 44.
Man darf aber trotz dieser Eigentümlichkeiten den Versbau der latm-
nischen Sceniker nicht als nachlässig bezeichnen; denn es zeigt sich bei
ihnen eine nicht geringe Strenge in der Beobachtung einer festen Technik
und ein feines Gefühl für den der lateinischen Sprache angemessenen Rhyth-
mus und Klang der Verse. 0 Dahin gehört die strenge Durchführung der
Gäsuren, die Vermeidung einsilbiger Vers- und Gliedschlüsse, die Berück-
sichtigung des Wortaccentes, namentlich die Abneigung gegen betonte Wort-
Bchlüsse an gewissen Versstellen.
158. Was die Auswahl der aus dem Griechischen übernommenen
Metra betrifft,^) so werden vor anderen zwei Versarten in grösserer Aus-
dehnung gebraucht, nämlich die beiden Hauptmasse des griechischen Dia-
^ logs, der iambische Trimeter und der trochäische Tetrameter. Minder häufig
sind die beiden iambischen Tetrameter, der katalektische und der akata-
lektische. Ausserdem erscheinen in den lyrischen Partien der anapaestische
Tetrameter und der trochäische üktonar, von welchen letzterer auf die grie-
chischen Hypermetra zurückzuführen sein wird, und kretische und bak-
cheische Verse, insbesondere Tetrameter. Hin und wieder treten in den
Ganticis auch kürzere iambische, trochäische und anapaestische Verse auf,
namentlich Dimeter, vereinzelt Choriamben, vielleicht auch Daktylen und
Logaoeden; endlich einzelne zusammengesetzte Versbildungen, z. ß. kre-
tisch-trochäische und iambisch-anapaestische, jedoch nur in beschränktem
Umfange.
PI au tu s zeichnete sich durch die grosse Mannigfaltigkeit seiner Metra
und den sicheren Takt in ihrer Auswahl sowie durch eine streng durchge-
führte Technik aus. Terenz begnügte sich mit einer geringeren Zahl von
Massen, fast ausschliesslich iambischen und trochäischen; die anapaestischen
kommen bei ihm gar nicht zur Anwendung, Bakcheen, Kretiker und andere
*) Von anderem Standpunkte aus fällt
Horaz A F. v. 270 ff. ein ungünstigeres Urteil
über die numeri Plautini,
2) cf. Mar. Victor, p. 78 K. Rufin. p. 5o8.
2. Die Metra der Bömer. (§ 157-160.)
825
lyrische Masse nur ganz vereinzelt. Die späteren Sceniker beschränkten
sich immer mehr in den metrischen Formen und begnügten sich schliess-
lich mit dem iambischen Senar und trochäischen Septenar.
169. Die Unterscheidung von Diverbium (DV) — nach Dziatzko
Deverbium — und Canticum (C) bezieht sich auf den Vortrag der ver-
schiedenen Teile des Dramas, der teils blosse Deklamation, teils melodra-
matisch, teils eigentlicher Gesang war. Die Diverbia bilden die Scenen in
iambischen Senaren, welche ohne musikalische Begleitung einfach gesprochen
wurden ; Canticum im weiteren Sinne bezeichnet auch die mit Musikbeglei-
tung vorgetragenen Scenen in trochäischen und iambischen Septenaren und
iambischen Oktonaren; Canticum im engeren Sinne die in wechselnden
Metren gehaltenen Partien (,mutatis modis cantica'), welche zur Flöte ge-
sangartig vorgetragen wurden, sowohl monodisch als in der Form des
Duetts, Terzetts u. s. w.
A. Die stichisch grebrauchten Metra.
160. Der iambische Senar, die Nachbildung des iambischen Tri-
meters der Griechen (s. § 59), gestattet auch an zweiter und vierter Stelle
den Spondeus resp. Daktylus ( > ^) und schliesst ihn nur von der letz-
ten aus:
Plaut. Trin. 797 quamvis sermones pössunt longi texier.
Ter. Heaut. 139 Labörans qtuierens pdrcens Uli serviens.
Ter. Andr. 53 qui scire posses aiU ingenium mscere.
Er lässt ebenso den Anapaest überall zu ausser im ö. Fusse, auch in ge-
teilter Form (^^|-, ^1^-)^
Plaut. Trin. 140 Subigis maledictis me tuis, Megarönides;
Ter. Andr. 155 Si uxörem propter amörem nolit dücere.^)
allerdings aber beide Füsse an 2. u. 4. Stelle gewöhnlich nur, wenn sie
nicht durch spondeische *) resp. anapaestische Wörter oder Wortschlüsse ge-
bildet sind; er gewährt der Auflösung grosse Freiheit:
Trin. 119 £i rei öperam dare te füerat aliquanto aequius
und meidet auch den Proceleusmatikus als Stellvertreter des lambus
(v^ yUSj nicht, und zwar nicht bloss im 1. Fusse, sondern auch im Inlaute
des Verses:
Plaut. Trin. 66 Sed hoc dnimadvorte atque aüfer ridiculdria.
Ter. Phorm. 276 qui saepe propter invidiam adimunt diviU.
Die Gliederung des Verses durch Cäsur wird streng beobachtet, und
zwar tritt die am häufigsten nach der 3. Senkung ein als Semiquinaria,
seltener nach der 4. als Semiseptinaria:
Trin. 151 occlüsti linguam: \ nihil est quod respöndeam.
Trin. 53 credo hercle te gaudere^ \ si quid mihi malist.
Die letztere ist häufig mit einem Einschnitt nach dem 2. lambus verbunden.
Cäsurlose Verse sind selten. Hiatus in der Cäsur ist gestattet bei Personen-
wechsel, z. B.
^) Vgl. jedoch Spengel z. d. St.
^) Betonte lange Silbe wird also in der
2. und 4. Senkung, wo der griechische Tri-
meter die Kflrze fordert, gemieden.
826 ^* Metrik, d) Metrik der Römer.
Plaut. Trin. 432 PH. Tempüst adeundi. \ L£. Esine hie PhiUo ^
ddvenU?
Der 5. Fuss wird nicht leicht durch ein iambisches oder iambisch auslaotendes
Wort gebildet (doch vgl. z. B. Plaut. Trin. v. 5B3 und Men. 750 und s. J. VAHLEir, Ind.
schol. aest. Berol. 1878 p. 10), hftufig durch ein spondeisches oder anapaestischBS Wort
oder solchen Wortschluss, z. B. moris malt, sani velim, facidm fides, alid via. —
Am Schlüsse des Verses werden Elisionen gemieden und einsilbige Wörter nur dann
zugelassen, wenn sie eng zum vorhergehenden gehören, wie est, es, sutn, sunt, — Der
erste Fuss hatte besondere Freiheiten auch in prosodiaoher Beziehung.
161. Der trochäische Septenar. Der trocbäiscbe Tetrameter der
Oriechen (s. § 51) gestaltet sich im altlat^inischen Septenarius troehaicus
oder versus qtMdratus folgendermassen um:
± \u ^ ^\ ± \J ^ \J^ ± \J ^ \J ± yj t:^
Er hat regelmässig seine Gäsur nach dem 4. Fasse, nur ausnahmsweise
nach dem 5., und nicht selten für das erste Glied noch eine Nebencäsnr
nach dem 2. Fusse:
Trin. 308 Si dnimus hominem pepulit actumst, | dnimo servit, ndn sibL
ib. 364 Hö nonnndta quae nevoU eveniunt, \ nisi fictor malust, vgl. 1145.
ib. 390 Ddbitur opera. \ Lepidus vivis, \ hdec sunt aedes, hie habet.
Hiatus in der Cäsur ist bei Plautus besonders bei einer Redepause nicht
selten (s. Trin. 907, Men. 219, 399, 435, 667, Capt. 449. 846. 861), für
Terenz (Ad. 697. Phorm. 528) wird er bestritten.
Im Gegensätze zu dem griechischen Versbau steht die Zulassung des
Spondeus (resp. Anapaest ^-) auch an den ungeraden Stellen mit
Ausnahme der 7., so dass auch der erste, dritte und fünfte Fuss als Sen-
kung eine Länge haben kann: Trin. 1037 Mores leges pSrduxerunt tarn in
potestatem suam, vgl. oben Trin. 364 eo non (1), v. 390 hdee sunt (5),
V. 308 dnimo (5).
Auch der Daktylus wird unter gewissen Beschränkungen als Stell-
vertreter des Trochäus zugelassen, besonders im 1. Fusse, nicht aber vor
der Cäsur und im 7. Fusse:
Trin. 320 Bmefacta benefdctis aliis pcrtcgitOy ne perpluant;
dagegen Terent. Andr. 607 qui me perdlt (Speugel) oder qui perdidit me
(Dziatzko). Aber im 3. u. 5. Fusse steht in der unreinen Senkung (-
oder ^ nicht leicht die Accentsilbe eines spondeischen oder anapaestischen
Wortes (resp. Wortschlusses); im ersten Fusse ist diese Möglichkeit zuge-
lassen, z. B. Trin. 1082 'Argenti nnnis . . . Trin. 1056 quoi dcdcram ...
Trin. 1169 quid cassas capüt?
Auflösung ist häufig und mit grosser Freiheit angewendet, der Pro-
celeusmatikus aber nicht für einen den Trochäus vertretenden Daktylus,
sondern nur für einen den lambus vertretenden Anapaest zulässig [^^ ^,
nicht ^^ ^:
Trin. 334 Practerea aliquantum dnimi causa in deliciis disperdidit.
Diiambischer Versschluss dieser Form w - ^ w :i wird gemieden wie im
Senar (s. § 160 Anm.). — Der Daktylus darf nur im 1. Fusse durch ein daktylisches Wort
gebildet oder nach der 1. Kürze ( - ^ | '^ ) geteilt sein, wie Trin. 1010 ddde gradum, ad-
proper a ... — Der erste Fuss hat wie im Senar grössere Freiheiten.
162. Der iambische Septenar ist die Nachbildung des katalek-
tischen iambischen Tetrameters der älteren griechischen Komödie (s. oben
2. Die Metra der ROmer. (§ 161-163.)
827
§ 59) und hat ~ von den Auflösungen abgesehen — folgende Gestalt an-
genommen:
v^ ^ v> _
kJ S yj —
V> J. \^ ^m
v7 JL ^
Er wird regelmässig durch eine Gäsur nach dem 4. Fusse in seine beiden
Glieder zerlegt, z. B. Plaut. Mil. 354:
Fraecepta facito ut meniineris. f Totiens monere niirumsL
Seltener tritt die Cäsur nach der 5. Senkung ein, besonders bei Terenz,
z. B. Eun. 288. 1009:
Facete dictum: mira vero \ militi quae pldceant.
Numqudm pol hominenx stüUiorem \ vidi nee mdeho. ah.
Jede Senkung kann durch eine lange oder zwei kurze Silben gebildet
werden, es ist also der Spondeus auch an den geraden Stellen und im
7. Fusse, und der Anapaest allenthalben als Stellvertreter des lambus
gestattet; nur der 4. Fuss ist, wenn unmittelbar nach ihm die Cäsur ein-
tritt, ein reiner lambus. Plaut. Mil. 374. Ter. Andr. 706:
Non pössunt tuis mindciis \ hisce öculi mi ecfodiri.
Ad agmdum: ne vacuom esse me \ nunc ad narrandum crcdas.
Doch werden an der 2. und 6. Stelle spondeische und anapaestische
Wörter oder Wortschlüsse möglichst gemieden, ebenso bei einsilbigem Vers-
schlusse im 7. Fusse. Vgl. z. B. Plaut. Mil. 1227 s. unten. Mil. 363:
Age nunc iam^ quandö lubet Quid agdm? Peri praepröpere.
Jede Hebung mit Ausnahme der achten, die hier als Senkung ange-
sehen wird, kann durch zwei Kürzen ausgedrückt werden, auch die siebente,
welche im griechischen Originale als dreizeitige Länge unauflösbar ist.^)
Plaut. Mil. 1263:
Non edepol tu illum mdgis amas \ quam egomet, si per te liceat
Einsilbiges Schlusswort des Verses ist zulässig. Plaut. Mil. 1227:
Ut tu inclutus aput mülieres, Patidr, quando Venus voÜ.
Hiatus und Syllaba anceps sind bei der Cäsur nach dem 4. lambus
gestattet. Plaut. Mil. 1216. Asin. 651 flf.
Era, eccum praesto militem \ Ubist? Ad laevam videdum.
Sed tibi si viginti minae argenti proferentur,
quo nos vocabis nomine? Libertos. Non pairönos?
Hiatus bei Terenz allerdings nur Hec. v. 830 (Myrrhina \ in digito) und
Heaut. V. 688 (CUnia \ age . .).
Der Vers blieb der römischen Tragödie fremd, für die er seinem Charakter
nach sich wenig eignete {,iocosis motibus emolUtum gestibusque agentium
satis accommodatum' Mar. Victor, p. 135 K).
163. Der iambische Oktonar entspricht dem nicht häufigen akata-
lektischen Tetrameter der Griechen, ist aber wahrscheinlich auf das iam-
bische Hypermetron zun)ckzuführen (s. § 61. 62). Sein Bau ist verschieden
je nach der Stellung der Cäsur: er besteht entweder (a) aus zwei völlig
gleich gebildeten Dimetern, z. B. Plaut. Amph. 153:
Qui me alter est auddcior 1 homo aüt qui confidentior,
^) Die Vorbilder dieser Praxis scheint
Hephaestio zu kenneD, wenn er vom iam-
bischen Verse schreibt p. 17,i8 W.: w di
xataXtjxrixoy, toy Xafjipoy naQaXijyovra {di-
/rr«i) 17 anayiiog tgißQaxvy,
828 E* Metrik, d) Metrik der Römer.
oder er gliedert sich (b) in zwei ungleiche Reihen durch einen Einschnitt
nach der 5. Senkung, z. B. Plaut. Amph. 996, Terent. Andr. 594:
Quod ömnes homines fdcere oportet, \ dum modo id fidt hono,
Domüm modo ibo, ut dpparentur | dicam atque hue renüntio.
Bei der ersten Gliederung lässt Plautus vor der Cäsur die Freiheiten des
Versschlusses zu, Syllaba anceps auch (Terenz Andr. 612 modö^ 957 Paw-
philüs). Die zweite Formation ist bei Plautus weniger gebräuchlich (vgl.
Asin. 830 ff.), hingegen weit beliebter bei Terenz, der die erste wegen ihrer
Einförmigkeit meidet.
Rücksichtlich der Auflösungen und der Behandlung der Senkungen
gelten im allgemeinen dieselben Regeln wie beim Senar und Septenar. Der
8. Fuss ist stets rein gehalten, ebenso der vierte bei der ersten Cäsur (a).
Spondeische Wörter und Wortschlüsse werden möglichst gemieden im 2.
(4.) und 6., iambische im 7. und (bei Cäsur a) im 3. Fusse, vgl. Amph. 995:
Arndt? sapit: recte facit, animö qtiando opsequUür suo.
Der Oktonar ist seltener als die anderen stichisch gebrauchten
Versarten und findet sich etwa nur SOOmal bei Plautus, 500mal bei
Terenz.
Überall wo die Überlieferung für Zerlegung der ersten Art der Oktonare spricht,
will KiEssLiNU (Anal. Plaut, p. 6) Dimeter herstellen, so z. B. Merc. 133 ff. Men. 1004 f.
B. Die lyrischen Versformen.
Trochäische Verse.
164. 1. Der Oktonar, ein akatalektischerTetrameter, aber wahrschein-
lich auf die griechischen Hypermetra (§ 53) zurückzuführen, setzt sich aus
zwei akatalektischen Dimetern zusammen und folgt in der Hauptsache den-
selben Kegeln, wie der Septenar in seinem 1. Oliede. Er hat fast durch-
weg eine Cäsur nach dem 4. Fusse und lässt an der Cäsurstelle Hiatus
und Syllaba anceps zu; er meidet spondeische und anapaestische Wort-
schlüsse in der 4. und 6. Hebung und hat einsilbigen Versschluss nur ganz
ausnahmsweise. Er findet sich in den Canticis und freieren Scenen .teils
mehrmals nacheinander, z. B. Plaut. Pseud. 161 flf.
l'ibl hoc praeapio ut niteant aedes: \ hdhes quod facias, pröpera, ahi intro.
Tu esto Icctistcrniator, \ tii argenium eliiito^ itidem extruito,
Ilacc, quam ego a forö revortar, \ fdcito ut offenddm parata,
Versa sparsa tersa strata \ laüta stnictaque ömnia ut ^int;
und Terent. Eun. 739—746; teils vereinzelt neben anderen Versformen,
z. B. Stich. 281. 292. 302. Merc. 341. 356. 359. Terent. Andr. 301. 305.
307. 608. Eun. 558. 654. 748.
2. Der katalektische Dimeter kommt entweder einzeln zwischen
Tetrametern vor, wie Pseud. 222. 224 fdcis ecfecta quae loquor, oder mehr-
mals wiederholt, z. B. Epid. 3 flf.:
Rcspice vero^ Thesprio,
£pidicumne cömpicor?
Sdtis recte oculis titeris.
Salve, di dent quae velis.
2. Die Metra der Römer. (§ 164-166.) 829
Vgl. Plaut. Epid. 97 flf. Pseud. 211 fif. 216 f. Gas. V, 3, 14 flf. Terent. Andr.
246. Eun. 707. Phorm. 729.
3. Der Ithyphallicus (akatalektische Tripodie) erscheint als Klausel
am häufigsten neben Kretikern, so Gas. II, 2, 37:
quem mdes? vir eccum iL
Vgl. Gas. IV, 4, 10. Epid. 172.
4. Die katalektische Tripodie steht meist zweimal nacheinander:
Pseud. 259 heu heu, quam ego malis \ perdidi modis. ib. 1293 vir malus
viro I öptumo ohviam iL
5. Der akatalektische Monometer dient als Klausel kretischer
Tetrameter, z. B. Rud. 681 Nimis inepta's, Amph. 247 Iure «wewstos.
lambische Verse,
166. 1. Der akatalektische Dimeter (quatemarius), ein häufiger
Bestandteil der Gantica, wird nach denselben Normen gebaut, wie der Aus-
gang des Senars und Oktonars. Er ist bei Plautus oft aus Oktonaren her-
zustellen, z. B. Trin. 254 f. Raptöres panis et peni. \ Fit ipse dum Ulis
cömis est...; Amph. 1053 flf. Men. 1004 f. Merc. 133 flf.; wird aber von
Terenz immer nur nach iambischen Oktonaren oder trochäischen Septenaren
als Klausel gebraucht. Eun. 213 sed mimquid aliud imperas? 215 quod
pöteris, ab ea pellito. Vgl. 299. 301. 306. 647. 652. Phorm. v. 163. 183.
191. Andr. 240. Vgl. die Anmerkung zum iambischen Oktonar § 163.
2. Der katalektische Dimeter dient besonders als Klausel bak-
cheischer Tetrameter, so Gapt. 784 Neque id perspicere quivi. Most. 90 id
repperi iam exemplum; nach iambischen Septenaren Pseud. 187; bei Terenz
nur einmal zwischen Oktonaren und Septenaren Hec. 731.
3. Vereinzelt finden sich noch kürzere Formen: die katalektische
Tripodie Trin. 256 inops amator. Rud. 675 par est moriri; die akatal.
Dipodie Bacch. 660 f. bonus sit bonis, \ malus Sit malis.
Anapaestische Verse.
166. Von anapaestischen Massen erscheint bei den Scenikem der
Septenar, welcher dem katalektischen Tetrameter der Griechen (s. oben
§ 45) entspricht; ferner der Oktonar, der ein genau entsprechendes grie-
chisches Vorbild nicht besitzt und wahrscheinlich an die Stelle der griechi-
schen Hypermetra getreten ist; dann der katalektische Tr im eter, endlich
der Dimeter, sowohl der akatalektische als der katalektische, der sog.
Paroemiacus, beide teils vereinzelt, teils in systematischer Verbindung.
1. Beide Tetrameter, der Septenar wie der Oktonar, haben ihre regel-
mässige Gäsur nach dem vierten Fusse, also am Ende des ersten Gliedes.
Plaut. Mil. 1011 (Septenar), Pers. 753 (Oktonar):
Erit et tibi ^xoptatum obünget: \ bonum habe dnimum, ne farmida.
Hostibus victis, civibtis salvis, \ re pldcida, pacibus perfectis.
Zuweilen ist sie mit den Freiheiten des Versschlusses verbunden, wie Plaut.
Pseud. 597 (Hiatus), Pers. 792 (Syllaba anceps):
Septumds esse aedis d porta, \ ubi ille hdbitat leno quoi iussit.
Locus hie tuos est. hie dccumb^. \ fer aquäm pedikus. praeben, puere?
g3Ü £• Metrik, d) Metrik der ftOmer.
Vgl. Mil. 1014 (Hiatus), 1012. 1020 (Syllaba anceps). Die VernacblSssigang
dieser Cäsur ist selten; Ersatz für sie bildet ein Einschnitt im 5. Fasse.
Plaut. Bacch. 1097:
Omniaque ut qukque actumst memoravit: \ eäni sibi hune annum conduäam.
Für die Auflösung herrscht grosse Freiheit: der Proceleusmaticos
ist gestattet (s. oben Mil. 1011 bonum habe dni-nivfn und Pseud. 597 nii
nie hdbitat), das Zusammentrefifen von Daktylus und Anapaest wird nicht
gemieden (Mil. 1024 nullmnst hoc stolidius sdxum). Auch die 7. Hebung
des Septenars lässt die Auflösung zu (vgl. § 112 u. 117). Pseud. 231:
Quid mihi 8 auctor huic üt mittam, ne amicam hie meam prosiituat?
Dagegen wird die Auflösung der schliessenden Länge im Oktonar ge-
mieden. — Für die Zusammenziehung bestehen keine Beschränkungen,
vgl. Pseud. 237 In rem quod sil praevörtaris quam re ddvorsa animo auseüUes,
Mil. 1042.
2. Eine entsprechende Behandlung erfahren die seltenen katalektischen
Trimeter, z. B. Cure. 155 — 157:
Perspieio nihili medm vos gratiam fdeere.
St! tdee taee! Taeeo herele equidetn, Sentio sönitum.
Tandem edepol mihi morigeri pessuli fiunt
und die beiden Arten des Dirne ters, von denen der akatalektische die
Auflösung der 4. Hebung meidet, aber eine einzelne Kürze am Scbluss duldet
z. B. Stich. 40 Suum officium aequomst colere et facerif, der katalektische
die Auflösung der 3. Hebung gegen den griechischen Gebrauch gestattet,
z. B. Stich. 16 faeit iniurias immerito, und andrerseits wieder durchweg
Zusammenziehung haben kann, wie Stich. 38. Cist. H, 1, 9:
Posthäc ex te, Nam quid iam?
Quod ddt, non dat, delüdit.
3. Die Systeme im strengeren Sinne des Wortes bestehen aus meh-
reren akatalektischen Dimetern resp. Monometern und einem katalektischen
Schlussgliede, z. B. Menaech. 361 flf.:
Animüle ml, mihi mird videntur
te hie stdre foris, fores qtwi pateant
mngis, quam domus tua, domus quam haee tua sit.
Omyic paratumst,
Ut iilssisii atque ut voluisti:
neque tibi iamst uUa mora intus.
Im weiteren Sinne nennt man Verbindungen mehrerer Dimeter auch
ohne abschliessenden Paroemiakus Systeme, wie Trin. 1115—19:
Hie homöst omnium Jtominiim pravcipuos,
voIujMtibus gaudiisque dntepotey^s.
Ita cömmoda quae eupio cveniuntj
Quod agö subita adsecue sequitur.
It<i gaildiis gaudia Siqypeditant,
Bakchien.
167. Der Bakchius gestattet die Auflösung jeder der beiden Längen
eonsilium, eon\sili cape\re, jedoch nicht beider gleichzeitig. Die Senkung
2. Die Metra der Römer. (§ 167—168.) 831
wird oft durch eine lange Silbe, nicht häufig durch zwei Kürzen gebildet,
am häufigsten im 1. Fusse des Verses, z. B. Pers. 810 PeriipercuUt Bacch.
1129 vetulae sunt; nie durchweg in einem Vers.
1. Der gebräuchlichste bakcheische Vers ist der Tetrameter, z. B.
Plaut. Capt. 922 «.
Jovi disque agö gratids merito mdgnas,
quam reducem tuö te patri reddiderunt
quomque ex miseriis plurimls me exemerunt.
In diesem tritt eine Cäsur bald nach dem 2., bald nach dem 3. lambus
ein, seltener nach dem 2. Bakchius. Die Senkung ist im 2. und 4. Fusse
rein, d. h. eine Kürze, wenn die folgende Länge ein Wort schliesst. Nie
finden sich mehr als zwei zweisilbige Senkungen in einem Verse; aufgelöst
werden nie mehr als drei Längen, nur selten zwei. Häufig bei Plautus,
bei Terenz Andr. 481—484. 637. 638.
2. Der bakcheische Dimeter hat einen sehr beschränkten Gebrauch,
meist als Abschluss eines bakcheischen Systems beim Übergange zu anderem
Rhythmus, z. B. Plaut. Trin. 232 als Klausel: ad aetatem agündam; vgl.
Capt. 503. 509. Rud. 263.
3. Der bakcheische Hexameter erscheint Amph. 633—642 neun-
mal nacheinander (Monolog der Alemena):
Satin parva res est voluptatem in vita, atque in aetate agünda^
praequdm quod molestumst? Ita quoiquest in aetate honiinum
c&mpardtum e. q, s.
4. Hypermetrische Verbindungen (Systeme) von Bakchien finden
sich z. B. bei Plaut. Men. 571 flf.:
Ut Mc utimür ma^xume more möro
molestoque mültum atqme uti quique stlnt optume mtzxime morem
habent hunc e, q. s.
Ebenso bei Varro Sat. Men. p. 195 R. (401 B.):
quenmdm te esse dicam, ferd qui manu corporis fervidds fontium
dperis lacüs sanguinis teque vita levds ferreo ense?
Da die Griechen nur ganz vereinzelt bakcheische Verse zur Anwendung bringen, so
hat den Bakchien der Römer offenbar ein anderes griechisches Metrum als Vorbild gedient.
Schwerlich ist dieses aber, wie Fb. Leo, Rhein. Mus. XL (1885) p. 171 meint, das doch-
mische gewesen, das einen sehr yerschiedenen Charakter hat, sondern aller Wahrschein-
lichkeit nach das aufsteigende ionische, das mit dem Ethos der lateinischen Bakchien im
wesentlichen übereinkommt, welche der bekümmerten Klage, der eindringlichen Bitte und
der ruhigen Betrachtung zum Ausdrucke dienen; vgl. Pseud. 1274.
Kretiker.
168. Der kretische Fuss ^ w _ (s. § 73) gestattet zwar die Auf-
lösung jeder der beiden Längen, z. B. ^^ - redpias, viduitas, jl ^^^
nöstra supe-rdt manus; doch tritt die Doppelkürze nur ausnahmsweise mehr
als einmal in einem Verse und nie zweimal in demselben Fusse an Stelle
der Länge. — Die Mittelsilbe ist manchmal eine Länge, aber nie im letzten
Fusse des Verses und nicht leicht die erste (betonte) Silbe eines spondei-
schen Wortes (nös nostrasj. Unzulässig ist der Ersatz des Kretikus durch
den Choriamb (Spengel Ref. p. 21).
1. Die häufigste Versform ist der akatalektische Tetrameter. Er
832 £• Metrik, d) Metrik der BOmer.
hat regelmässig eine Cäsur (1) nach dem 2. Fusse, selten statt dieser einen
Einschnitt (2) nach der ersten Hebung des 3. Fasses:
(1) Amph. 220 Dfspertiti viri, \ dispertiti ördines.
(2) ib. 223 Dmide uterque Imperator \ in medium exeunt.
Die Auflösung ist ausgeschlossen bei der letzten Länge des 4. und des
2. Fusses unmittelbar vor der Cäsur. Die diesen beiden Längen voraus-
gehenden Senkungen (die 2. und 4.) werden regelmässig durch eine Kürze
gebildet; die lange Mittelsilbe ist also auf den 1. und 3. Fuss beschränkt
und auch hier nur sehr selten in Fällen wie Amph. 221 nos nostras (s.
oben!). — Der Tetrameter ist eine sehr beliebte Versbildung der Komödie
und wird öfter in systemartiger Wiederholung gebraucht, wie Plaut. Rud.
232 fr. 274 flf. 664 flf. Cure. 147 flf. Terent. Andr. 626—34.
2. Der Dimeter findet sich besonders als Abschluss eines längeren
kretischen Systems, wie Pseud. 262 Nosce saltem hünc quis est, oder neben
trochäischen Septenaren, wie Epid. 85. 87. 89. 92. 96. 98. Er befolgt
ähnliche Regeln wie der Tetrameter: die Mittelsilbe des 2. Fusses ist stets
eine Kürze, die schliessende Länge duldet die Auflösung nicht.
3. Kretische Hexameter sind nicht mit Sicherheit nachgewiesen;
die Annahme von Trimetern stützt sich nur auf wenige Stellen: Trin.
267 dmor, amicüs mihi ne fuas, ib. 269. 271. Pseud. 119. Most. 338.
Cas. II, 1. 7.
4. Katalektische Kretiker bestreitet Spengel für die lateinische
Poesie, doch werden von anderen Tetrameter, Trimeter und Dimeter an-
genommen, z. B. Tetrameter Trin. 243—251. 258. 272—74. 279. 280. 283.
284. 293. 295.
Da mihi hoc mel meum, sl me amas, si dudes,
und mit Auflösung der vorletzten (dreizeitigen) Länge:
£t istuc et si dmplius vis dari ddbitur.
Trimeter Trin. 275 quam improhis vlvere vanidicis, ib. 294. 296. 298. 300
und Dimeter Truc. 121 Sdlva sis. Et tu.
Choriamben. Daktylen. Logaoeden.
169. Choriamben scheinen vorzuliegen bei Plaut. Men. 110:
2^1 mala ni stidta sies ni indomita impösque animi.^)
und bei Terent. Adelph. 611 — 613 (mit trochäischem Ausgang) :
Ut neque quid me factum ncc quid agam certüm sit,
Membra mefu dehilia sunt, animus fimöre
Obstipuit, pMore consistere nil consili quit
Vgl. G. Hermann Epit. § 413.
Daktylisch sind vielleicht zu messen Plaut. Cure. 96 f.
cius amor cupidam me hiic prolicit per tenebras,
Cas. III, 6, 19. Men. 110. Cure. 135; bei Terenz Andr. 625 höcine crvd-
bile aut memordbile (vor Cretici).
Logaoeden glaubt Fr. Leo zu finden Plaut. Cas. IV, 3. 3. 10:
10 hymen hymenace io,
') Andere sehen hier Anapaeste.
2. Die Metra der*ROmer. (§ 169-171.) 833
und Bacch. 989:
ut scicLS quae hie scripta sient.
nil moror neque scire volo.
tarnen ades. quid opust? taceas.
Zusammengesetzte Versbildungen.
170. Von den aus verschiedenartigen Teilen zusammengesetzten
Versen verdienen besondere Beachtung: 1) der sogenannte Versus Rei-
zianus, welcher aus einem akatalektischen iambischen Dimeter und einem
katalektischen Prosodiakus (vgl. § 44 u. 90) besteht, der folgende Formen
haben kann:
z. B. quia nön latt^s födi — iam nöscere pössis — novi ego illas mt^rces —
si lübeat fdciam — quam tüa tibi cdrast — at p6l malum metuo, ja sogar
zuweilen in der Gestalt einer katalektischen iambischen Tripodie auftritt:
~^ W -£. i:i ,
Stich. 3 fF. De nöstris f actis nöscimus, \ quarüm viri hinc dbsunt,
Quorümque nos negötiis \ absentum ita ut aequomst
Sollicitae noctes et dies \ sorör sumus semper.
ib. 7 f. Sed hie, mea soror, adsidedum: \ multd volo tecum
hqui de re nostra et virum, \ Salvaene, amdbo?
Vgl. Plaut. Aul. 415-446. Gas. III, 6, 22—25. Most. 892 f. 899 f. Bacch.
1124. Terent. Ad. 610b Dz.
2) Die Verbindung eines kretischen Dimeters mit einer kata-
lektischen troch. Tripodie, welche meistens, aber nicht immer, durch
Cäsur getrennt sind. Plaut. Pseud. 1285. 1287:
Vöx viri pessumi me exciet foras.
Cum Corona ebrium Pseüdulum tuum.
Vgl. ebend. 1292. 1294. 1311. 1314 und sonst.
3) Der Vers -^w. jlw-|-ww..c7,z. B. Most. 693. Rud. 209:.
Nunc dormitüm iubet \ me {re minume.
Quae mihist spes qua me vlvere velim?
den manche als katalektischen kretischen Tetrameter auffassen:
_iw_ ji.W— ± \J oo «
C. Die Cantica und ihr Bau.
171. 1. Die Grundsätze, nach welchen die verschiedenen lyrischen
Versbildungen im Canticum zu einer kunstmässig gegliederten Einheit ver-
bunden werden, sind bis jetzt noch nicht erkannt; ja selbst eine scharfe
Scheidung der Cantica von den Diverbien ist noch nicht überall mit Sicher-
heit gewonnen. Dass ein jedes Canticum aus kleineren Versgruppen oder
Systemen sich zusammensetzt, ist mehr als wahrscheinlich, und dass unter
den für uns erkennbaren Systemen sich hin und wieder eine gewisse Sym-
metrie und Übereinstimmung im Umfang vorfindet, nicht bestreitbar; ') aber
^) Eine symmetrische AnordnuDg.. bei
welcher vornehmlich 4 und 6 Averse za einer
Gruppe sich vereinigen, weist R. Klotz, Über
Allitt. u. Symmetrie hei Plautus. Zittau 1876,
in einer grösseren Anzahl von Scenen, na-
mentlich Monodien, bei Piautas nach unter
Handbuch der klMs. Alteriumswiasenschaft IL 2. Aufl. ^^
834
£. Metrik, d) Metrik der BOmer.
die Annahme einer regelmässig durchgeführten antistrophiscben Gliederong,
ob nun nach dem Schema ABB (Gokbadt) oder dem anderen A B A
(Meissner), ist wenig glaublich. Wahrscheinlicher ist es, dass die Cantica
der Komödie freie Kompositionen, änoXelv^tva im Sinne der Griechen
(§ 26. 28) sind, umsomehr als sie keine Chorlieder sind, sondern Monologe
oder dialogische Stücke, und zum grossen Teile nicht wirklich gesungen,
sondern nur melodramatisch vorgetragen wurden.
2. Nur in wenigen Ganticis kommt ein einziges Metrum aosschliess'
lieh oder in stark vorwiegendem Grade zur Geltung, in den meisten folgen
verschiedene Masse in scheinbar regellosem Wechsel aufeinander.
Der kretische Rhythmus herrscht fast durchweg in den Monodien
Plaut. Amph. 219—247 und Asin. 127—138; ebenso ist Menaechm. 7o3—
774 bis auf den Schlussvers aus lauter Bakchien gebildet. Viel häufiger
aber treten neben die kretischen und bakcheischen Bestandteile auch noch
andere Versformen.
Für den Wechsel der verschiedenen Versmasse bestimmte Regeln auf-
zufinden sind mancherlei Versuche gemacht worden. Es ist bis jetzt nach-
gewiesen, dass bei Terenz auf trochäische Oktonare stets wieder trochäische
Verse folgen (Bentlet zu Terent. Andr. II, 1, 7) und als besonders häufige
Anordnung diese erscheint:
troch. Oktonar, troch. Septenar, iamb. Oktonar
(Terent. Andr. 301—317, 607-615. Eun. 207—223, 615—622. Heaut.
562—589. Phorm. 179—196, 465—503, 728-747. Adolph. 517—539).
welcher als minder häufig die folgenden Variationen sich anreihen:
troch. Oktonar — trochäischer Septenar
(Heaut. 175-180 und Hec. 281—292);
troch. Septenar — iambischer Oktonar
(Adolph. 288-294);
iamb. Oktonar — troch. Septenar
(Andr. 178-182. Heaut. 1003-1033. Adolph. 299-319).
Bakcheisch-trochäisches Ganticum. Plaut. Merc. 335—363.
I. llomö me miserior nullüst aeque, opinor,
Neque ddvorsa quoi plura sint sempitema^
IL Satin qulcquid est quam rem agere öccepi,
proprium nequit mihi esse id qu6d cupiö?
ita mihi mala res aliqua öbicitürf
honum quae meum cömprimit cönsiUüm. 340
in. Miser amicam mihi paravi, \ dnimi causa pretio eripuL
IV. Ratüs clam patrem meum me edm posse habere:
is resdvit et vidH et perdidit me,
Neque is quam rog6t, quid loqudr^ cogitdtumst:
Ita dnimi decem in pectore incerti certant, 345
Nee quid corde nunc consili capere pössim,
besonderer Berficksichtigung der Allitteration
und des Gleicbklangs. £r findet vierzeiJige
Versgruppen z. B. in den Monologen des
Cbannides Trin. v. 820 840, des Gripus
Rudens v. 920->935, des ChiysaloB Bacch.
925—952. des Pyrgopolinices Mil. v. 1--12.
£ine solche Gnippierang bat f&r melodra-
matische Yortrftge viel Ansprechendes.
2. Die Metra der Römer. (§ 171.) 835
seid: tantus cum cura meöst error dnimo,
dum servi mei perplacet mihi consüium,
dum rürsum haud placet nee pater potis videtur
indtici, ut putet matri ancÜlam emptam esse Ülam. 350
Nunc s{ dico, uti rest, atque Ülam mihi me
emisse indicö^ quem ad modum existumet me?
atque ülam abstrahdt, trans mare hinc venum aspörtet.
Sci6 saevos quam sit, domo doctus dico, 355
V. Böcinest amäre? arare mdvelim quam sie amare.
VI. lam hinc 6Km me invitum domo extriAsit ab se:
mercdtum ire iussH: ibi höc malum ego inveni.
VII. Vbi voluptatem aegritudo vincat, quid ibi inest amoeni?
VIII. Nequiqu^m abdidi^ dbscondidi, dbstrusam habebam: 360
muscdst meus pater, nil potest clam illum haberi,
IX. Nee sacrum nee tdm profanum quicqtuimst, quin ibi ilico adsit,
nee qui rebus meis confidam, mi ülla spes in cörde certast
I. 2 tetram. bacch. II. 4 dim. anapaest.
III. 1 octon. troch.
IV. 13 (14?) tetram. bacch.
V. 1 octoD. troch.
VI. 2 tetram. bacch.
VII. 1 octon. troch.
VIII. 2 tetram. bacch.
IX. 2 octon. troch.
Trochäisch-iambisches Canticum. Terent. Phorm. 153—178 Anfang.
A. A N, Adeon rem redisse^ ut qui mi cönsuÜum optume velit esse,
Phacdria, patrem ut extimescam, ubi in mentem eius adventi veniat!
Quöd ni fuissem incögitans, ita expectarem, ut pdr fuit. 155
FH. Quid istiic est? AN, Rogttas qui tamaudacisfdcinoris mihi cönscius?^)
B. Quöd utinam ne Phörmioni id suddere in mentem incidisset
Neu me cupidum eo impulisset, quöd mihi principiümst mali!
Nön potitus essem: fuisset tum Ülos mi aegre aliquot dies,
At nön cottididna cura haec dngeret animum, PH, Audio, 160
AN, Dum expecto qiuim mox veniat qui adimat hdnc mihi eonsuetüdinem,
PlI, Aliis quia defit quöd amant aegrest; tibi quia superest dolet:
amöre abundas, Antipho. 163
A. 2 troch. Okton. 1 troch. Sept. 1 iamb. Okton. | B. 1 troch. Okton.
2 troch. Sept. 3 iamb. Okton. 1 iamb. Quatern.
Allgemeines: R. Bentley, Schediasma de metris Terentianis in s. Ausg. d. T.
(zuerst Cantabr. 1726. 4.). — G. Hermann, Elem. p. 64 f. 87 f. 90 f. 102 f. 131 f. 141 f.
149—191. 205-22. 294-316. 385 f. 405 f. u. De cantic. in Rom. fabulis scenicis. 1811.
— Fr. Ritschl, Prolegom. de rationibus crit. grarom. prosod. metr. emendationis Plautinae
in s. Ausg. d Trin. Elberf. 1849. (Opusc. V, 285 flf.) u. viele kleinere Abb. s. Opusc. -- J.
Brix, Einleitung zu Plautus Trinummus. Leii>zig 1865, 4. A. 1888. p. 13—23. — A. Spevobl,
T. Maccius Plautus. Kritik, Prosodie, Metrik. Gott. 1865. — W. Christ, Die Gesetze d.
plautin. Prosodie. Rh. Mus. XXIII (1868) p. 559-581 u. an vielen Stellen s. Metrik. —
C W. Müller, Plautin. Prosodie. Berlin 1869; Nachtr. z. Plautin. Prosodie ebd. 1871. —
^) SonachScHLEEp. 16, dem auchDziatzko gegen R. Klotz, in J. Müllers Jabresber.
in 8. Ausgabe des Phormio (1885) folgt; da- XIV. Jhg. (1886) p. 63.
&
836 ^' Metrik, d) Metrik der BOmer.
A. Spenobl, Einleitung zu Terenz' Andria. Berlin (1875) 1888. p. XXV ff.; RefonnyorBclü&ge
z. d. Metrik d. lyr. Versarten de8 Plautus u. d. flbrigen Sceniker. Berlin 1882. — R. Klotz,
Zur AUitteration und Symmetrie b. Plautus. Zittau 1876. Progr. — A. Lucbs, CommentAt.
prosod. Plautinae. I. II. Erlang. 1883. 84. - W. Mkteb, Cber die Beobachtung des Wort-
accents in d. altlat. Poesie. München 1884 (Akad. Abb.). — E. Dziatzxo, Einleitung zu
Terenz Phormio. 2. A. p. 25 ff. (1885). — Angekfindigt sind «Grundzüge altrOmischer
Metrik* von Rice. Klotz, worin die plautin. und terenz. EomOdie den Mittelpunkt bilden
und die röm. und hellen. Elemente der Prosodie und Metrik des römischen Dramas ge>
schieden werden sollen.
Cantica: Quil. Stüdbmüvd, De canticis Plautinis. Berol. 1864. diss. — M. CnAiir,
Über die Composition der Plautin. Cantica. Berlin 1865. -• W. Christ, Metr. Bemerkungen
z. d Cantica des PI. München 1871 (Akad.); Metrik p. 660. 677 ff. 697. A. Spbhoki.,
Die Akteinteilung d. Kom. des Plautus. München 1877 (Progr.). — C. Conradt, Die metr.
Komjposition d. Komödien d. Terenz. Berlin 1876. u. N. Jhbb. f. Philol. 1878 p. 401 ff. —
Fr. ochleb, De versuum in canticis Terent. consecutione. Berol. 1879. — J. Winter, D.
metr. Reconstruktion d. Plautin. Cantica. München 1880. Progr. - C. Meissner, Die Can-
tica des T. u. ihre Eurythmie. Leipz. 1881 (= 12. Suppl.Bd. d. Jhbb. f. Philol. p. 467—5881.
Spezielleres: J. Kraüss, Ob. d. iamb. Tetram. bei Terenz. Rh. Mus. VIII (1855)
. 552 ff. — A. Spengbl, De versuum cret. usu Plautino. Berol. 1861. diss. — 0. Sbtffert,
e bacchiacorum vers. usu Plautino. Berol. 1864. — Th. Berge, De elisione et aphaeresi
in vocab. Plaut. Hai. 1866. 67. Ind. — W. Waomer, Zur Prosodie Rh. Mus. XXIL (1867)
p. 111 ff. p. 423 ff. — B. Born, De diverbii ap. Ter. versibus. Magdeb. 1868. Progr. —
C. CoNRADT, De vers. Terent structura. Berol. 1870. diss. u. Hermes X, 101—110. — A.
Luchs, Quaest. metricae. Oryphisw. 1872 u. in Stüdexitnd, Studia in prisc. Script lat I. —
P. MoBR, De iamb. ap. Plautum septenario. Lips. 1873. diss. — 0. Bruomann, Quemad-
modum in iamb. senario Rom. veteres verborum accentus cum numeris consociaverint
Bonnae 1874. - - 0. Sachse, De pedibus trisyllabis qui in senario substituuntur trochaeo
et iambo. Grünbg. 1876. — H. Köhler, De verborum accentus c. numerorum rationibos in
troch. sept. Plaut, consociatione. Hai. 1877. — 0. Schubert, Symb. ad Terent emend.
(Cäsur.) Weimar 1878. Progr. — A. Kiesslino, Analecta Plautina. Gryphisw. 1878. Ind. lect —
J. Draheim. De iambis et trochaeis Terentii. Hermes XV p. 238 ff. — G. Voss, De veisibus
anapaest Plaut Lips. 1881. Progr. v. Diedenhofeh. — P. E. Sonnenburo, De versäum
Plaut, aiiap. proßodia. Bonn. 1881 in Exerc. gramm. spec. sem. philol. Bonn. p. 16 ff. —
0. PoDiASXi, Quomodo Ter. in tetram iamb. et. troch. verborum accentus c. numeris con-
soc Berol. 1882. — C. Meissner, De iamb. ap. Terent septenario. Bemburg 1884. — Fr.
Leo, Ein Kapitel plautin. Metrik. Rh. Mus. XL, p. 161 ff. — £ Bblow, De hiatu Plautino
p. I. Berol. 1885. diss.
III. Die strengere Nachbildung der griechischen Metra bei den
soglBnannten daktylischen Dichtern.
Yorbemerkniigeii.
172. Die Technik des Versbaues wurde eine strengere, als Ennius
(§ 106, 4) den daktylischen Hexameter und das elegische Distichon in
engem Anschlüsse an die griechischen Muster nachzubilden begann. Die
Unauflösbarkeit der Hebungslängen und die feste Bestimmtheit der Senkungen
(entweder zwei Kürzen oder eine Länge) erforderten auch für die Quanti-
tätsverhältnisse eine strengere Regelung und eine grössere Beschränkung
der Elisionen und Vokalverschleifungen.
Die strenge Technik wurde demnächst auch — ausser im Drama und
der Satire, welche erst später nachfolgten — auf die iambischen, trochäischen
und anapaestischen Metra übertragen, und iambische Senare und Quaternare,
trochäische, iambische und anapaestische Septenare, auch iambische und
trochäische Skazonten nach griechischer Norm gebildet; daran schlössen
sich ionische und logaoedische Metra, insbesondere das Sotadeum, das
Galliambicum, Asklepiadeen, Glykoneen, Pherekrateen und Hendekasyllaben,
anakreontische Systeme und äolische Strophen.
2. Die Metra der Römer. (§ 172-173.) 837
Obwohl die neuere Verskunst sich also keineswegs bloss auf dak-
tylische Metra beschränkte, pflegt man doch, weil an die Einführung dieser
sich die Neugestaltung knüpft und sie vor allen andern die Herrschaft
in der späteren Dichtung behaupten, im Gegensatze gegen die älteren
Sceniker und Satiriker die Dichter, welcher der strengeren Nachbildung
der griechischen Metra sich befleissigen, als Daktyliker zu bezeichnen.
Wir sondern im folgenden die stichischen Formen und die Sy-
steme und teilen die letzteren in distichische Systeme, Hypermetra und
vierzeilige Strophen. Zum Schlüsse folgen einige Bemerkungen über die
Cantica des Seneca.
A. Die stichischen Versmasse.
173. Der daktylische Hexameter. 1. Ennius führte den Hexa-
meter {verst48 longtis) in die römische Litteratur ein als ausschliessliches
Versmass in seinen Annales und neben anderen in seinen Saturae. Er
blieb seitdem bei den Römern das Versmass der epischen Dichtung, wurde
durch Lucilius und Horaz in der Satire üblich, aber auch im Lehrgedicht
(seit Lucrez), in der poetischen Epistel (seit Horaz), in der bukolischen Poesie
(Vergil) und in der späteren Tragödie (hymnodisch oder als Orakelvers
Senec. Oed. 403 f. 429-31. 445 flf. 466. 504 ff. Med. HO ff.) fand er seine
Anwendung. — Lucilius und Lucretius schlössen sich in der Technik enger
an Ennius an, Catull und seine Zeitgenossen gingen direkt auf die Alexan-
driner zurück. Zur Vollendung gelangte seine Technik durch Vergil und
Ovid, von denen jener sich insbesondere durch die Kunst der rhythmischen
Malerei auszeichnete (vgl. Aen. VUI, 596. 452. HI, 290. I, 81-91. 102—
123), Ovid durch die Glätte und Eleganz des Versbaus. Horaz, der in
den Oden und Epoden die Manier der Alexandriner nicht verschmähte
(c. I, 28, 21. epod. 13, 9; 16, 17. 29), folgte übrigens mehr dem Vorbild
des Lucilius und erlaubte sich namentlich in den Satiren, weniger in den
Episteln, grössere Freiheiten. Die späteren Dichter schlössen sich teils an
Ovid, teils an Vergil an, die Satiriker an Horaz.
2. Ein Hauptstück der römischen Technik war die Gliederung des
Verses durch die Caesur (s. § 33). Weitaus die häufigste Caesur ist schon
seit Ennius die semiquinaria {nsvxhjiiiiinsQrfi):
Arma virumque cano, | Troiae qui primus ah oris.
Demnächst ist die semiseptenaria {icpd^tjfAt^fisQi^g), besonders in Verbindung
mit der semitemaria {yqixhiiiiixsQrjq), bei den lateinischen Dichtern beliebt:
Italiam \ fato profugtis \ Lavinaque venu.
Meist trat zu diesen noch ein Einschnitt nach dem dritten Trochäus hinzu:
quidve dolens \ regina ; deum \ tot volvere castis.
insignem \ pietate \ virum, \ tot adire labores.
Fehlte die Trithemimeres, so trat gewöhnlich als Nebencaesur die tro-
chäische des 2. Fusses ein.
Die trochäische Cäsur des dritten Fusses {xard xqitov tqoxaXov)
ist bei den lateinischen Dichtem selten,^) namentlich bei den augusteischen
^) Nach Walseb kommt auf etwa 200 Verse mit Pentfaemimeres oder Hephthemi-
mcres ein Vers mit trochäischer Caesur.
838
E. Metrik, d) Metrik der BOmer.
und später; sie war noch ziemlich häufig bei Gatull, Lucilius und Lucretius,
kam aber im Laufe der Zeit immer mehr ab und ist nur bei Horaz in den
Sermones häufiger zu findend) Vermieden wird es bei dieser Cäsur, ein
Wortende nach dem 2. oder 4. Trochäus eintreten zu lassen; dagegen wird
gern ein Einschnitt nach der 4. oder 2. Hebung daneben angewendet
Verg. Aen. I, 199 0 passi ; graviora, \ ddbit deus his quoque finem.
Ovid. Met. I, 260 Poena placet dwersa, | genus - mortale sub undis.
Verg. Aen. III, 707 hinc Drepani me portus \ et inlaetiihiüs ara.
Vgl. Verg. Georg. I, 357. Aen. II, 9. IV, 486. V, 591. 856.
Die bukolische Gäsur ist im allgemeinen nicht beliebt, auch bei
den bukolischen Dichtern nicht oft zu finden, jedoch wird sie nicht völlig
verschmäht, vgl. Verg. Buc. 1, 75:
ite meae, felix quondam pecus, \ Üe capeUae.
Besonders erscheint sie neben der Penthemimeres, z. B. ib. 5, 87:
haec eadem docuit: | cuium pecus? \ an MeUboei?
vgl. ib. 7, 4. 44; mit Vorliebe hat sie so Seneca angewendet.
Gäsurlose Verse finden sich nur sehr selten, einige bei Ennius und
Lucilius (s. Lachhann z. Lucr. VI, 1067), z. B.
sparsis hastis langis eampus sphndet et han-et,
mit Absicht bei Hör. A. P. 263:
non quivis videt imtnodulata poemata iudex.
Einsilbige Wörter am Versschluss wurden meist nur zum Zwecke
eines besonderen Effekts gebraucht (vgl. Verg. Georg. I, 181 exiguus mus.
Aen. V, 481 humi bos. X, 361 viro vir. Hör. A. P. 139 ridiculus mus)^
ausser wenn ein anderes einsilbiges vorhergeht oder Enklisis eintritt. —
Am beliebtesten sind zwei- und dreisilbige Versschlüsse, viersilbige wurden
gemieden, fünfsilbige sind selten. Abweichungen von dem gewöhnlichen
Gebrauch machen Fremdwörter oder Eigennamen.
Auch vor der Hauptcäsur wurde ein einsilbiges Wort sorgßUtig ver-
mieden. Ausnahmen sind selten ausser bei Horaz (epod. 14, 1 und öfter
in den Satiren und Episteln).
3. Was die Schemata des Verses betrifft, so wird Abwechslung
zwischen Daktylen und Spondeen erstrebt, doch überwiegen der Natur der
lateinischen Sprache entsprechend die Spondeen.
Spondiaci (s. oben § 34) sind von Ennius und Lucrez nur ausnahms-
weise angewendet, bei Catull dagegen und den anderen cantores Eupho-
rionis (Cic. ad. Att. VH, 2, 1) in Nachahmung der alexandrinischen Dichter
häufig ^ornandi poematis gratia*^^ auch mehrmals hintereinander (64, 78 — 80),
selbst bei einem Spondeus im 4. Fusse (64, 3. 44; 68, 87).
Seltener sind sie bei Vergil, Ovid und Horaz (nur einmal A. P. 467;
sonst epod. 13, 9. 16, 17. 29; c. I. 28, 21.); nie angewandt von TibuU. Bei
den strengeren Dichtem ist der 4. Fuss der Spondiaci stets ein Daktylus.
Der Versschluss derselben wird meist durch viersilbige (so stets bei Horaz),
*) Horaz bat in den Epodi nnd carmina
den Hexameter fiberhaapt wesentlich anders
Gehandelt als in den Sermones; die tro-
chftische Cäsur findet sich nur c. 1, 28,is
und ep. 15|0.
2. Die Metra der Bömer. (§ 174.) 839
seltner durch dreisilbige, nie (ausser bei Prudentius) durch zweisilbige
Wörter gebildet, sehr selten (Ennius) durch ein einsilbiges.
Durchgängig spondeisch gebaute Hexameter i) finden sich bei
Ennius (Ann. I, 66 M. olU respondit rex Älbai longai) und in einem Distichon
bei Catull (116, 3), qui te hnirenp nobis, neu canarere.
Auflösung der Länge des Daktylus hat Ennius dreimal im 1. Fusse
(Ann. 267 capitibus . . , Sat. 53 Mytilenaest . . , 59 melanurum . . .).
4. Versus hypermeter heisst ein Hexameter, der durch Elision
der Schlusssilbe mit dem folgenden verbunden ist, wie Lucr. V, 846 multa
videmus enim rebus concurrere debere^ | ut propagando e. q. s. Am häufig-
sten steht in diesem Falle que oder ve, seltner eine Flexionsendung am
Versschlusse, vgl. Catull 64, 298. 115, 5. Verg. Georg. I, 295 f. Aen. I,
332. Hör. Sat. I, 4, 96. 6, 102. Ovid. Met. IV, 11. 780. VI, 507.
Gruppierung mehrerer Hexameter zu einem Systeme findet sich nach
griechischem Vorbilde bei Catull 62. 64, v. 323 flf. (in Epithalamien), Verg.
Bucol. 3, 60 flf. 7, 21 flf. 8, 17 flf.
5. Das häufige Zusammenfallen von Wortaccent und Versiktus in den
ersten und besonders in den letzten Füssen des Hexameters hat allerdings
in der Betonungs weise des Lateinischen seinen äusseren Grund (s. Corssen
II, 969 ff.), doch wäre es unrecht zu behaupten, dass die Dichter bei ihrer
Vorliebe für zwei- und dreisilbige Versschlüsse keine Empfindung gehabt
hätten für den Wohlklang solcher Übereinstimmung.
174. 1. Der iambische Senar nach griechischem Muster mit Aus-
schluss der unreinen Senkungen an den geraden Stellen wurde zuerst von
M. Varro und Catull gebraucht, dann von Horaz und Vergil (Catalecia),
von Petronius, Martial, den Tragikern der Kaiserzeit und späteren Dichtem.
vZTjiw— wj£,w_ erZwiii
Catull. 52, 3 In consulatum \ peierat Vatinius,
Er hat seine Cäsur vorwiegend nach der Senkung des 3. Fusses
(semiquinaria), die Semiseptenaria immer nur in Verbindung mit jener oder
einem Einschnitt nach der 2. Hebung:
Hör. ep. 17, 60 Quid proderat ditctsse | Paelignas anus?
In der 5. Senkung wird spondeischer Wortschluss gemieden.
Auflösungen sind nicht häufig; im 5. Fusse ganz ausgeschlossen
bei Horaz, nur sehr selten bei Seneca. Der Proceleusmatikus findet sich
nur bei Seneca und Terentianus. Anapaeste im 1. Fusse sind ziemlich
häufig (3 bei Horaz), im 3. Fusse gemieden, im 5. selten (Hör. epod. 2,
35. 5, 79.* 11, 23).
Der vorletzte Fuss ist bei Catull ein reiner lambus, aber fast stets
ein Spondeus bei Seneca und Petronius (cf. Quintil. IX. 4, 111). Längen
an geraden Stellen finden sich gegen die Regel bei Avien, Ausonius, Pau-
linus und Martianus Capeila.
Catull braucht den Senar in dieser Form nur c. 52, Horaz stichisch nur epod. 17,
mit dem iamb. Dimeter zusammengestellt epod. 1—10, mit dem daktyl. Hexameter epod. 11.
2. Der iambische Senar in völlig reiner Form {Senarius purus), ohne
lange oder zweisilbige Senkungen und ohne Auflösungen, wird zuerst von
1) Vgl. Mar. Vict. p. 71,88 K = Juba fr. 44.
g40 S* Metrik, d) Metrik der Bömer.
CatuII (c. 4. u. 29) angewendet, nicht nach Archilochos, sondern nadi
alexandrinischem Muster:
Fhdselus nie, quem videtis, hospites,
ait fuisse naviutn celerrimus.
Die Cäsur ist meist die semiquinaria, seHner die semiBeptenaria :
Catull. 29, 1 quis hoc petest videre, \ quis potest poH?
Ausnahmsweise tritt die Länge im 1. F. in einem Eigennamen ein Catull. 29,3.
— Er findet sich ausser bei Catull noch bei Horaz epod. 16 als 2. Vers
eines distichischen Systems und bei Verg. Catal. 3. 4. 8 und Priap. 82. 84.
3. Der Senar des Phaedrus lässt wie der der alten Sceniker den
Spondeus an allen Stellen zu mit Ausnahme der letzten:
I, 13, 13 0 me infelicem! qui nunc demum inteUego,
ebenso den Anäpaest, der jedoch nur im 1. und 5. Fusse häufiger ist:
IV, 23, 1 Honw doctus in se semper divitias habet.
Die Auflösung ist im 5. Fusse nur gestattet bei 4- oder mehrsilbigem
Versschlusse (Ausnahmen V, 7, 22. app. 9, 6); der Daktylus (-^ wird
vorwiegend im 1., 3. und 5. Fusse gebraucht, aber im 2. und 4. nicht
gemieden. Der Proceleusmatikus {^^^) ist nur im 1. Fusse zu finden
(bezweifelt von A. Nauck, Melanges greco-rom. III, p. 203).
Der 2., (3.) 4. Fuss wird nicht durch ein spondeisches, anapaestisches
oder daktylisches Wort (resp. Wortende) gebildet, der 5. nicht durch ein
iambisches.
176. Der iambische Septenar nach griechischer Norm mit rein
gehaltener Senkung an den geraden Stellen (§ 61) erscheint bei Varro
(z. B. p. 181, 7 R.) und Catull.
Catull. 25, 1 Cinacde Thnlle, mollior cunicuU capillo
mit regelmässiger Cäsur nach dem 4. Fusse und seltener Auflösung (Cat. 25,o).
176. Der trochäische Septenar in strenger Form (§ 51) vermeidet
die Länge in der ersten Senkung jeder Dipodie:
Gras amet qui numquam amaiit \ quique amavit cras amef,
und folgt in Rücksicht der Auflösungen den Normen des strengen Senars.
Die Cäsur nach dem 4. Trochäus wird streng beobachtet (Ausnahmen nur
bei Terentianus Maurus v. 1329. 1411. 2343).
Der Vers erscheint in dieser Bildung schon bei Porcius Licinus (Gell.
XVIl, 21, 45):
Poenico hello secundo Musa pinnato gradu
iniulit se bellicosam in Romuli gentem feram, •
und M. Varro (neben der freieren Form) ; im Spottliede auf Cäsar bei Suet
Jul. 49 (dagegen die alte Form Suet. Jul. 51. 80); bei Seneca Phaedr.
1201 — 12. Oed. 223—32. Med. 740— 51 j und oft in der späteren Dichtung:
Pervigilium, Terent. Maurus, Tiberianus, Ausonius, Prudentius u. sonst,
z. t. mit einzelnen Freiheiten, besonders im 1. Fusse.
177. Den anapaestischen Septenar [versus Aristophanius s. § 45)
in strenger Nachbildung haben nur Varro und Septimius Serenus.
Varro Sat. p. 155, 3 R.
Haec Idnigeras defönderi \ docuit iunicareque homüllum.
2. Die Metra der Römer. (§ 175—179.) 841
Paroemiaci in stichischem Gebrauche finden sich bei Annianus und
Serenus; von jenem z. B. bei Terent. M. v. 1818 (Q. L. VI, 379) und Mar.
Victor, p. 123,18 flf.:
uva, uva sum et uva Falerna
et ter feror et quater anno.
Akatalektische Dimeter kommen stichisch erst bei Ausonius, Lu-
xorius und Boethius vor.
178. 1. Der Choliamb^) {trimeter claudas, versus hipponadeus, s. § 60)
lässt eine lange Silbe in der Senkung nur an 1. u. 3., nicht an 5. Stelle
zu; die Auflösung ist nicht häufig (in mehrsilbigen Wörtern), der Vers-
schluss duldet kein einsilbiges Wort ausser est. Die daesur tritt vor-
wiegend nach der 3. Senkung ein:
Miser Catulle, \ desinas ineptire;
seltner ist die Uephthemimeres, meist mit einem Einschnitt nach der 2.
Hebung verbunden:
et quod mdes perisse, \ perditum ducas.
Eingeführt wurde der Choliamb in Rom durch Cn. Matius, Laevius und
M. Varro, viel gebraucht von CatuU (8, 22, 31, 37, 39, 44, 59, 60) und
seinen Freunden und war auch in späterer Zeit beliebt (Persius, Petro-
nius, Martialis) bis ins 2. Jahrh. nach Chr.
2. Den trochäischen Hinkvers {tetrameter claudus, s. § 52) hat wie
es scheint nur Varro in seinen Saturae Menippeae nachgebildet, z. B.
Manius fr. XVI. p. 159, 6 R.:
Nunc Ceres, cibi ministra, frugibus suis porcet
179. 1. Der akatalektische iambische Dimeter^) (qtuiternarius)
tritt zuerst in strenger Form auf bei Laevius (fr. 1—4 M.) und Varro
p. 221, 10 ff. R.), in stichischem Gebrauche; bei Horaz nur als Epodus in
distichischen Systemen (§ 186, I u. VII); beliebt wird er bei späteren
Dichtern, insbesondere Alfius Avitus, Marianus, Prudentius. — Hadrian bei
Spartian 25:
Animula vagula blandula,
hospes comesque corporis,
qime nunc abibis in loca
pallidula rigida nudula
nee ut soles dabis iocos.
2. Der katalektische iambische Dimeter») gehört gleichfalls erst
der späteren Zeit an, wo er als Hemiamb mit dem anakreontischen Verse
wechselt, vgl. § 58. Zuerst bei Petronius (p. 212 B):
Memphitides puellae
sacris deum paratae.
tinctus colore noctis
manu puer loqimci.
Vgl. Anthol. lat. ed. Riese I, 309. H, 903.
*) Mar. Vict p. 81,6. 136,i8. Caes. Bass.
p. 257. Terent. Maur. v. 2398—2415.
«) Mar. Vict. p. 137,n.
«) Mar. Vict. p. 128,8s.
842
£. Metrik d) Metrik der BSmer.
3. Der anakreontische Vers (§ 69),^) wegen seiner Ähnlichkeit mit
dem eben erwähnten katalektischen Dimeter auch Hemiamb genamit, findet
sich zuerst bei Laevius fr. 13 M:
Venerem igitur dlmum adorans,
seu femina isve mos est,
ita ut alba NocHlucast;
später bei Seneca (Med. 849 ff.), Petronius (bei Terent. M. 2862 ff.), Pru-
dentius (Gath. VI), Glaudian, Luxorius.
180. Das sotadeische Metrum') (§68) wurde schon von Ennios
eingeführt und gewann eine grosse Beliebtheit bei den Römern. Die
älteren Dichter wandten es mit allen Freiheiten der griechischen Vorbilder
an, so Accius in seinen Didascalica und Varro in den Satureie.
Vgl. Accius Didasc. p. 305 M.:
natn qtAam varia \ sint genera po\ematarum, Baehi,
qtAamque longe \ distincta ali\a ah aliis, sis, nosce.
In späterer Zeit wurde eine strengere Technik beobachtet von Petronius,
Martialis, Terentianus Maurus. Ausser der reinen Form des absteigenden
Jonikus wenden sie mit sehr wenigen Ausnahmen (Terent. 1545. Petr. 23)
nur die Formen mit einer Auflösung und den Ditrochäus an
W^ — V-/ w
_ \^<^ w v^
— w — w
und schliessen alle anderen aus. Besonders beliebt war das Schema:
^ _ w v^
Z — N-. W
-1 V^ — V^
Vgl. Petron. p. 25 und 184 B.:
molles vete
ter corripu
res DeUa\ci manu re\cisi.
i terribi\lem manu bi\pennem.
181. Der galliambische Vers') (§ 69) erscheint bei M. Varro in
den Saturae (Marcip. 275. Cycn. 79. Eum. 131. 132B; p. 114, 3. 132,
4—6. 7. 164, 5. 228, 1 sq. R.) und bei GatuU 63 nach Eallimachus' Muster
und wurde auch von Maecenas gebraucht:
ÄdeSy inquit, o Cybebe, fera mantium dea.
Bei GatuU ist die Anaklasis (§ 67) regelmässig im 1. Oliede angewendet
(ausser v. 18, 54, 75) und die vorletzte Länge fast durchgängig aufgelöst,^)
also die gewöhnliche Form:
ww JL \^ _v-/ J. ^ \ \j \j JL \j v-A-' \J Ü
Super alta vectus Ättis \ celeri rate maria.
Die Gaesur zwischen beiden Gliedern ist streng beobachtet; Zusammen*
Ziehung der beiden Kürzen findet sich im 1. Jonikus lOmal, im 3. 6 mal;
Auflösung der Länge nicht selten (nur einmal v. 91 bei der ersten des
2. Gliedes), aber nicht zweimal in demselben Halbvers (ausser v. 63 ego
mulier, ego adulescens . . .).
182. Der phalaecische Hendekasyllabus^) {versus phalaeeet€s\
0 Mar. Vict. p. 153,s2. Tereni Maar.
V. 2862.
«) Mar.Vict.p.77,8o.l28,u. 181,5. Caea.
Baas. p. 255,1.
*) Mar. Viel p. 154,i8. Terent Maar.
V. 2889 ff. Caes. Base. 261,i7. Diomed. p. 514.
^) Caes. Bass. VI, p. 262 K. quo magis
hie versits . . . vibrare videcUuTy proximu»
ab ulttmo pedem brachysyücibon fecerunt
et Graeci et hie ipse Mc^ecenas et Catulltu.
») Mar. Vict. p. 148. Caes. Baas. p.258,ii.
Terent M. v. 2545.
2. Die Metra der Römer. (§ 180—185.) 843
gewöhnlich schlechthin Hendekasyllabus genannt (s. CatuU 12, 10; 42, 1),
wurde von den Alexandrinern übernommen durch Varro und Laevius.
:siv7_v-»w-iw — oJLvI/
Catull. 1, 1 f. Quoi dono lepidum novum libellum
arida modo pumice expolitum?
Der erste Fuss („Basis*) ist bei Catull meist spondeisch, nie pyrrhichisch,
zuweilen trochäisch und iambisch, bei Martial nur spondeisch. Der zweite
Fuss, regelmässig ein Daktylus, wird von Catull ausnahmsweise in c. 55
in malerischer Absicht 16 mal (neben dem Spondeus im 1. Fuss) durch
einen Spondeus gebildet. •— Eine regelmässige Caesur ist nicht vorhanden.
Das Metrum war seit Catull, der es in 40 Gedichten angewendet hat, sehr
beliebt und bis in die späteste Zeit im Gebrauche.
183. Der Priapeus^) (§ 96) in der bestimmten Form:
d. h. als Verbindung des 2. Glykoneus und des 2. Pherekrateus findet sich
bei Catull c. 17 und Priap. 85:
0 Colonia, quae cupis ponte ludere longo.
Hunc lucum tibi dedico consecroque, Priape.
Die Caesur zwischen den beiden Versgliedem ist nie vernachlässigt,
Hiatus und Syllaba anceps am Schlüsse des Glykoneus nicht gestattet.
Die sog. Basis ist meist trochäisch, weit seltener spondeisch. — Der Vers
wird als mollis et delicatus charakterisiert.
184. 1. Der Asclepiadeus minor*) (§ 95, 1) tritt zuerst bei Horaz
auf, in stichischem Gebrauche c. I, 1; III, 30; IV, 8; öfter in Systemen
(s. § 186, X u. 191). Er hat seine regelmässige Caesur nach dem 1. Gliede
(fehlerhaft ist IV, 8, 17) und stets spondeischen Anlaut (Basis):
c. I, 1 Maecenas atavis edite regibiAS.
c. III, 30 Exegi monumentum aere perennius.
Man verbindet nach Meinekes Vorgang bei ihm je vier Verse zu
einem System. — Nach Horaz bei Seneca und Späteren (Prudentius, Lu-
xorius).
2. Der Asclepiadeus maior^) (§ 95, 2) ist zuerst nachgebildet
worden von Catull (c. 30), dann von Horaz (c. I, 11. 18; IV, 10) später
von Terentianus M. und Prudentius. — Horaz vernachlässigte die Trennung
der drei Glieder durch Caesur niemals (I, 18, 16 Tmesis):
Nullam VarCy Sacra \ vite prius \ severis arborem,
Catull nach Vorgang der Griechen mehrfach.
Die sog. „Basis^ ist bei beiden stets spondeisch. — Die drei horazi-
schen Gedichte zerlegen die Herausgeber in vierzeilige Strophen, das catuU-
sche in zweizeilige, s. § 191 Anm. u. 186 Anm.
B. Die Systeme und Strophen.
a. DiBtichiBche SyBteme.
186. Das elegische Distichon (§ 38),*) welches schon Ennius in
') TereDt. Maur. v. 2755.
2j Mar. Victor, p. 165,7. Terent. Naur.
V. 2666-2689.
») Terent. Maur. v. 2714 f.
*) Mar. Vict. p. 107,6—110,19. Terent.
Maur. Y. 1721 ff.
844
E. Metrik, d) Metrik der BOmer.
die römische Dichtung einführte, bewahrte nicht nur die griechische Technik
mit grosser Strenge, sondern erfuhr auch in seiner Entwickelung anf römi-
schem Boden noch eine weitere kunstmässige Ausbildung.
Im Pentameter wurde die Gaesur nie vernachlässigt, Syllaba anceps
und Hiatus vom Schluss des 1. Gliedes stets fem gehalten, Elision dagegcm
vereinzelt zugelassen (Catull. 68, 82, 90. Prop. I, 5,s2. IV, 22,io. MartiaL
XI, 90,4), der Spondeus vom 2. Oliede ausgeschlossen.
Ennius Epigr. p. 85 M.
Netno me dacrumis decoret nee funera fietu
faxit cur? volüo vivo' per ora virum.
Catull 68, 17 f.
MuUa satis lusi: non est dea nescia nostri,
quae dulcem curia miscet amaritiem.
Die feinere Technik (Ovid) mied im 1. Gliede zwei Spondeen und be-
vorzugte die Form j.^^ j. ^ j- , wandte im 2. Gliede zweisilbige Schluss-
wörter mit grosser Vorliebe an, vermied dagegen drei- und mehrsilbige
und liess einsilbige am Ende beider Glieder nur ausnahmsweise zu; sie
schloss den Vers nicht mit offener kurzer Silbe, mied harte Elisionen in
der Gaesurstelle und dem 2. Hemistich und liess den Sinn von einem Di-
stichon in das andere nicht übergreifen. Auch für die Wortstellung ent-
wickelte sich eine besondere Technik. Prop. IV, 2, 15:
Fortunafüy meo si qua es celebrata libello:
carmina erunt formae tot monimenta tuae.
Das Distichon wurde, nachdem es Ennius im Epigramm eingeführt
und Varro in s. Saturae (p. 130, 8 f.; 151, 5 f. 165 f. 183, 6. 217, 1 f. R.)
gelegentlich benützt hatte, in der Elegie zuerst von Catull (c. 65. 66 — 68)
gebraucht. Bei diesem ist die Technik desselben noch in den Anfangen,
erst durch Cornelius Gallus, TibuU, Properz und Ovid (Trist IV, 10, 53 f.)
erhält sie ihre weitere Fortbildung und Vollendung in elegischer, didak-
tischer und epigrammatischsr Dichtung.
186. Die distichischen Systeme des Horaz. I. Das iambische
System^), eine epodische Bildung aus iambischem Senar und Quatemar
nach Arcbilochos (§ 63), z. B. epod. 2, 1 f.
Beatus ille qui procul negotiis,
ut prisca gens mortaUum.
Bei Horaz in den ersten 10 Epoden; später bei Seneca Med. 771, Pru-
dentius, Paullinus und anderen.
II. Das sog. alkmanische System,*) daktylischer Hexameter und
spondeisch auslautender Tetrameter {versus alcmanius), c. I, 7. 28. epod. 12.
Laudabunt aUi claram Rhodon aut MUylenen
aut Epheson bimarisve Corinthi.
III. Das erste archilochische System,^) daktylischer Hexameter
und katalektischer Trimeter {penthemimeris dactylica), c. IV. 7.
»I Mar. Vict p. 57,8, 137,8.
*) Mar. Vict. p. 165,t5. 170,i4. Caes.
Bass. p. 269,2».
s) Terent. Maur. v. 1801 ff. Atü. ForL
p. S03,6.
2. Die Metra der Römer. (§ 186.)
845
Diffugere nives, redeunt mm gramina campis
arboribasque comae.
IV. Das zweite archilochische System, *) daktylischer Hexameter
und iambelegischer Vers, epod. 13.
Honrida tempestas caelum contraxit et imhres
nivesque deducunt lovem; nunc niare nunc silüae.
Der zweite Vers, eine Zusammensetzung aus dem iambischen Quaternar
und der daktylischen Penthemimeres, hat zwischen beiden Gliedern Caesur
und am Schlüsse des ersten Syllaba anceps.
V. Das dritte archilochische System,^) iambischer Senar und
elegiambischer Vers, epod. 11.
Petti, nihil me sicut antea iuvat
Scribere versiculos amore percussum gravi.
Auch hier treten im 2. Verse (daktyl. Penthemimeres und iamb. Qua-
ternar) am Ende des 1. Gliedes die Freiheiten des Versschlusses und regel-
mässige Caesur ein.
VI. Das vierte archilochische System,^) versus archilochius maior
und katalektischer Senar (§ 79, 5), c. I, 4.
KJ
~ jt W
Solvitur acris hiems grata vice veris et Favoni
trahuntque siccas machinae carinas.
Der erste Vei-s besteht aus einem akatalektischen daktylischen Tetrameter
und eiirem Ithyphallicus und hat bei Horaz eine Caesur nach dem 4. Fusse,
ausserdem aber auch noch die Penthemimeres, welche ihm als Hauptcaesur
des Verses zu gelten scheint. Im 4. Fusse ist der Daktylus erforderlich,
im 3. der Spondeus abweichend von dem griechischen Vorbild häufig, im
1. u. 2. letzterer v. 7 alterno terram . . in malerischer Absicht angewendet.
Bei Prudentius (Perisi 18) erscheiDt der archilochische Vers in einem längerem
Gedieht stichisch gehraucht.
VII. Das erste pythiambische System,*) daktylischer Hexameter
und iambischer Quaternar, epod. 14 u. 15.
Nox erat et caelo fulgebat Luna sereno
inter minora sidera.
Nach Archilochus frg. 84 (§ 79, 3). Nachbildung bei Ausonius (epist. 3).
VIII. Das zweite pythiambische System,^) daktylischer Hexameter
und iambischer Senar (^wrtis* § 174, 2), nur epod. 16.
Altera iam teritur bellis civiliius aetas
suis et ipsa Roma viribus ruit.
Bei Archilochus nicht nachweisbar.
IX. Das hipponakteische System,®) trochäischer Dimeter und iam-
bischer Senar, beide katalektisch, carm. II, 18.
^) Mar. Vict. p. 170,28. Terent. Manr.
V. 2976.
2) Mar. Vict. p. 170,?. Terent. Maur.
V. 2969.
^) Mar. Vict. p. 163,ji. Caes. Bass. p.
268,«7. 270,25. Terent. Maur. v. 2920 ff.
*) Mar. Vict. p. 171,i8. Terent. Maur.
V. 2960.
*) Mar. Vict. p. 171,8. Tereni Maur.
V. 2955.
^) Caes. Bass. p. 270,i9 sumptum ah
Alcaeo.
846
fi. Metrik, d)
der ftOmef.
Non ehur neque aureum
mea renidef in domo lacunar.
Vgl. Asklepiades in Anthol. gr. XIII, 23.
X. Das asklepiadeische Distichon i) (^asclepiadeum terUum*) setzt
sich aus dem Olykoneus und dem kleineren asklepiadeischen Verse zu-
sammen:
Sic te diva potens Cypri,
Sic fratres Helenae ludda sidera.
Hör. c. I, 3. 13. 19. 36. lU, 9. 15. 19. 24. 25. 28. IV, 1. 3. — Der Gly-
koneus hat im 1. Fusse stets den Spondeus («spondeische Basis*) und am
Schlüsse Syllaba anceps.
XI. Das grössere sapphische Metrum^) besteht aus dem sog. ari-
stophanischen (1 . Pherekrateus) und dem grösseren sapphischen Verse d. h.
der Verbindung eines 3. Olykoneus mit einem 1. Pherekrateus (s. § 90. 91.):
j. \^^ — <^ — ü
JL v^ _ . . \^ß^ . J. V-A^ .' v> . ü
Lydiay die, per omnes
te deos oro, Sybarin cur properes atnando.
Der zweite Vers hat eine Caesur nach dem 1. Gliede und nach der
3. Hebung. Nur bei Hör. c. I, 8. Als Vorbild diente, wie es scheint, das
§ 95, 4 erwähnte Sapphikon.»)
An diese horazischen Disticha wftre anzuschlieasen das von Gatoll wahrschetnlieli
distichisch gebrauchte grössere Asclepiadeum (§184, 2). Ausserdem gehört hieher das
aus dem Choliamb und iambischen Quaternar gebildete Distichon bei Martial I, 61:
Verona docti ayüabaa amat vatiSy
Marone felix Mantua est.
b. HypermetriBohe Bildungen.
187. Die ionischen Hypermetra. 1. M. Varro in den Scdwrae
(BücHELEB, N. Jahrb. f. Ph. 1875, p. 306) und Laevius in den Eratopctegma^)
bildeten Systeme aus lonici a maiore mit Anaklasis (§ 68).
I. Venus amoris \ altrix gene\trix cuppidi\tatis, mihi
quae diem se\renum hilarula \ praepandere
cresti opsecu\lae tuae oc mi\nistrae.
U. etsi ne uü\quam quid foret expavida gra-
vis dura fe\ra asperaque fa multas potu\i dominio ego
accipere su\per})o. Laevius frgm. 6 M.
I.
IL ±
— o w
— w w
JL \J^^ \^ \J
i _ V-/ V-'
± \y -, \j
Jl . w v^
JL .vywKL .v^«^
i « w w
— v> w
J, v>^ w <^
2. Horaz carm. III, 12, die Nachbildung eines Liedes von Alkaios^)
») Mar. Vict. p. 163,3.
*) Gaes. Bass. p. 270,4. Mar. Vict. p.
165,38.
') Caeslus 1. c. : Horatius primum cho-
riambum durissimum fecU pro iambo ^on-
deum inftdciendo d. h. . w . . statt
- v-/ W - .
*) Charis. p. 288 K.
^) Mar. Victor, p. 129,2t. Terent Maur.
V. 2061 -71.
2. Die Metra der Bömer. (§ 187-189.) 847
besteht aus vier antistrophisch respondierenden Hypermetra von je 10
aufsteigenden lonikem (s. § 70):
Miserarum est neque amori dare ludum neque dulci
mala vino lavere aut exanimari
metuentes patruae verbera linguae.
vyv^_t— . \J <j J. ~~ v/v/Z —
Die hypermetrische Periode (§ 20) setzt sich, wie es scheint, aus zwei Di-
metern und zwei Trimetern Ö zusammen, die zwar durch Caesur getrennt,
aber durch Synaphie (§ 18) streng verknüpft sind. Anaklasis, Auflösung
und Zusammenziehung sind ausgeschlossen.
188. Hypermetra aus Olykoneen mit schliessendem Pherekrateus
hat Catull in antistrophischer Wiederholung nach dem Vorbilde Anakreons
(§ 97) in zwei Hochzeitsgedichten (c. 34 u. 61):
I. 0 Latonia^ maximi
magna progenies lovis^
quam mater prope Deliam
deposivit olivam, c. 34, 5 flf.
IL Collis 0 Heliconii
cultor, üraniae genuSj
qui rapis teneram ad virum
virginem, o IJymenaee Hymen,
0 Hymen, Hymenaee. c. 61.
Das erste ist viergliederig, das zweite fUnfgliederig, beide bestehen
aus zweiten Olykoneen resp. Pherekrateen (§ 91). Die einzelnen Glieder
sind durch Caesur getrennt (Wortbrechung nur 61, 82 in einem Eigen-
namen), aber durch Synaphie verbunden. Der in II. am Schluss des 3.
Gliedes eintretende Hiatus (c. 61, 119. 139. 164. 169. 179 M.) und die Syl-
laba anceps an gleicher Stelle (ib. v. 149. 154. 159. 174 M.) sind entschul-
digt und nötigen nicht zur Zerlegung des Systems in zwei Teile.
Der erste Fuss („Basis") ist in der Regel ein Trochäus, nicht häufig
ein Spondeus, ein lambus nur 34, 2 und 4, nie ein Pyrrhichius oder Tri-
brachys. Der zweite Fuss des Pherekrateus ist einmal (61, 25) ein Spon-
deus, was als metrische Inkorrektheit anzusehen ist.
c. Die vierzeiligen Strophen.
189. Die sapphische Strophe*) (§ 98, 4) wurde zuerst von Catull
c. 11 u. 51) nach Sappho's, dann von Horaz (in 26 Gedichten) nach Alkaios'
Vorbild gebraucht; sie blieb auch in späteren Zeiten ein beliebtes Metrum.
Die Hendekasyllaben haben bei Catull an zweiter Stelle zuweilen den
Trochäus (11, 6; 51, 13) und keine feste Caesur; dagegen ist bei Horaz
die 4. Silbe überall eine Länge und tritt nach der 5. Silbe regelmässig eine
Caesur ein, welche auch fQr die späteren Dichter (Seneca, Ausonius, Paul-
JL ^ — . \-^^ _ W _
W .. ^^mlf —. \^ ^
^ — V-^^ — v-» ^
JS. ^ — v-^^ . V> _
Jl 7 . VA^ _ v^ _
0 Möglich wäre auch eine Zerlegung 1 ^) Caes. Baas. G. L. VI, p. 266. Mar.
des Systems in 5 Dimeter (2 -f 2, 2 + 2, 2). | Vict. p. 161,i7. 167,io.
1
848
S. MtftrÜL d) Metrik dar BAmer.
linus u. a.) massgebend blieb; nicht hänfig ist der Einschnitt Da<^ der
6. Silbe (selten in c. I — HI; häufiger in c. IV and cann. saec.).
CatuU, 61, 1 ff.
lUe mi par esse deo videtur,
nie, si fas est, superare divos,
qui sedens adversus identidem ie
spectat et audit.
Hör. c. I, 2, 1 ff:
lam satis terris nivis alque
grandinis misU pater ae rubente
dextera sacras iaculatus €urc€S
terruU urbem»
Bei Catull besteht Synaphie zwischen allen vier Zeilen (s. 11, 19.
22); von Horaz wird Hiat und Syllaba anceps am Versende zugelassen,
auch am Schlüsse des 3. Verses (I, 12« 7. 31; I, 22, 15), trotzdem dieser
bisweilen durch Elision der Schlusssilbe (IV, 2, 23; c saec. 47) and
Wortbrechung (I, 2, 19; 25, 11; II, 16, 7; DI, 27, 59) mit dem vierten
eng verknQpft ist (Synaphie zwischen 2. und 3. Verse 11, 2, 18; 16, 31:
IV, 2, 22).
190. Der alcäischen Strophe 0 (§ 88, 5) hat Horaz ihren Plafz
in der römischen Poesie verschafft; er folgte dem Vorbilde des griechischen
Erfinders nicht ohne Selbständigkeit und hat dieser von ihm am häufigsten
(37mal) gebrauchten Strophenform durch gewisse Eigentümlichkeiten ihres
Baues einen besonderen Charakter aufgeprägt; vgl. c. II, 1:
JUotum ex Metello cansule civicum
bellique causas et vitia et modos
ludumque fortunae gravesque
principum amicitias et arma.
Die Anakrusis der Hendekasyllabi (1. 2) und des Enneasyllabas (3)
ist bei ihm regelmässig eine lange Silbe, ausnahmslos in c. IV, nur 1 7 mal
eine Kürze in I— III. Auch die 5. Silbe in diesen drei Versen ist lang
(ausgen. lU, 5, 17 si non perir^t, woperires und perirent vermutet wird). —
Caesur tritt regelmässig nach der 5. Silbe ein; Ausnahmen sind I, 16, 21;
37, 14; IV, 14, 17.
Die Verse der Strophe stehen nicht in Synaphie, sondern lassen die
Freiheiten des Versschlusses zu; doch findet Elision statt am Schlüsse des
3. Verses II, 3, 27 und HI, 29, 35.
Nach Horaz gebrauchte Statins silv. IV, 5 diese Strophenform.
191. Die beiden asklepiadeischen Strophen^) selbständige Bil-
dungen des Horaz aus Versen des Alkaios, haben den kleineren Asklepiadeus,
den Glykoneus (a 4, b 4) und den Pherekrateus (b 3) als Bestandteile:
a. ^ - -^>v^-
o*^
J. S.A^ _ S^ ii
\^f<^
b.
± V.A^ — W ii
A Wk> « ^ ^
\^Ky
V>
J. _ - ^A^ - W isf
— W ii
Seriberis Vario fortis et hostium 0 navis referent in mare te novi
mctor Maeonii carminis alite^ fluctus. 0 quid agis? fortiter oecupa
quam rem cunqueferoxnavibusautequis portumi nonne indes ut
miles te duce gesserit. c. I, 6. nudum remigio latus. c. I, 14.
') Caes. BasB. p. 268,i7. Mar. Vict. p.
166,10.
^) Caes. Baas. p. 267. Mar. Vici p.
164,28. Terent: Maur. v. 2700 ff. 279;l
Diomed. p. 51^ ff.
2. Die Metra der BOmer. (§ 190-192.) 840
Die erste ist neunmal (I, 6. 15. 24. 33; 11, 12; III, 10.16; IV, 5. 12)
die zweite siebenmal (I, 5. 14. 21. 23; III, 7. 13; IV, 13) gebraucht. Über
die Bildung des Asklepiadeus und Glykoneus vgl. § 184 u. 186, X.; auch
der Pherekrateus (b. 3) hat im 1. Fusse den Spondeus.
Nach Horaz hat Severus die erste der beiden Strophen angewendet,
s. Anth. lat. II, 893.
Anmerkung. Ausser diesen vier vierzeiligen Strophen erscheinen in den meisten
Ausgaben des Horaz seit Mbinbkb noch sieben andere, nämlich noch drei asklepiadeische,
eine zweite sapphische, c. I, 8, eine alkmanische, c. I, 7. 28, eine archilochische, c. I, 4
und eine hipponakteische, c. II, 18, welche teils aus vier gleichen Versen (kleineren oder
grösseren Asklepiadeen § 184), teils aus je zwei gleichen Distichen (sapphischen, alkma-
nischen, archilochischen, hipponakteischen, asklepiadeischen, s. § 186) bestehen Es lassen
sich nämlich sämtliche Oden des H., in denen derselbe Vers wiederkehrt, mit Ausnahme
von c. IV, 8, und ebenso alle, welche aus jenen Distichen gebildet sind, in Gruppen von
je vier Versen zerlegen, und in c. III, 9 hat Horaz selbst offenbar jedesmal zwei Distichen zu
einer Strophe vereint. Aber die latein. Metriker wissen nichts von diesen vierzeiligen
Strophen und die Satzgliederung und Interpunktion empfiehlt ihre Annahme sehr wenig.
Daher ist auch neuerdings wieder Einspruch gegen sie erhoben worden (C. Bock, De
metris H. lyricis p. 41 ff. Petschemig, praef. ed Horat. p. II sq.). In besonderem Grade
unwahrscheinlich ist die Verbindung von vier grösseren Asklepiadeen zu einem Systeme
der äolischen Lyrik. Warum sollten nicht zwei grössere Asklepiadeen bei Horaz ein System
gebildet haben, wie bei Sappho und CatuU? warum nicht zwei kleinere nach Analogie des
£Iegeion? Als erwiesen können jene vierzeiligen Strophen nicht gelten.
C. Die Cantlca der späteren Tragödie.
192. Die Cantica in den Tragödien des Seneca, sowohl die Chor-
lieder als die Monodien und Wechselgesänge, sind grösstenteils in Ana-
paesten abgefasst, aber zum Teil auch in anderen Massen, unter denen die
Logaoeden am meisten hervortreten.
1. Die anapaestischen Cantica sind Nachbildungen der griechi-
schen Kompositionen in Hypermetem (§ 46), von denen sie sich jedoch
wesentlich dadurch unterscheiden, dass nicht der Paroemiacus den Ab-
schluss jedes Systems zu bilden pflegt, sondern dafür häufig ein Monometer
eintritt, aber nicht notwendig, und dass die Synaphie der einzelnen Glieder
untereinander nicht streng aufrecht erhalten wird. So erscheinen denn
diese Cantica als zusammengesetzt aus Gruppen von lauter Dimetern
und Monometern, die sich zwar systemartig aneinanderreihen, aber die
Freiheiten des Versschlusses haben. Die Dimeter sind regelmässig durch
eine Caesur in der Mitte geteilt; der Daktylus als Vertreter des Anapaests
ist häufig im 1. und 3. Fusse; besonders beliebt der Ausgang -v^^ — .
Vgl. Herc. Oet. 1983 flF.
Numquam Stygias fertur ad umhras
hiclita virtus: vivunt fartes
ncc Lethaeos saeva per amnes 1985
vos fata trahent, sed cum sunimas
exiget horas consumpta dies,
iter ad superos gloria pandet
sed iUy domUnr magne ferarum
orhisque simul pacafor, ades; 1990
nwic quoque nostras respice terras,
et si qua novo belua volhi
Uandbuch der klass. AltertumswisBenscbaft. IL 2. Aufl, \)V
g50 ^' Metrik, d) Metrik der ROmer.
quatiet populos terrore gravi,
tu fulminibus f ränge trisulcis:
fortius ipso geiiitore tuo
fxdmina mitte. 1995
Vgl. Herc. für. 125-203. 1054-1137. Troad. 67—164 (Wechselgesang);
705—735 (Monodie) u. a. — Dagegen wechseln Agam. 310 — 407 Dimeterund
Monometer regelmässig miteinander:
Canite, o pubes incKta, Phoehum!
tibi festa Caput
turba coronaty tibi virgineas
laurum quatiens
de more comas innuba fudii
stirps IfMchia. u. s. w.
2. In ganz entsprechender Weise werden iambische Dimeter teils
stichisch, teils im Wechsel mit Trimetern (distichisch s. § 186, J) ge-
braucht Agam. 759—774. Med. 771-786:
Instant sorores squalidae,
sanguinea iactant verbera,
fert laeva semustas faces,
turgentque palhmtes genae. u. s. w.
Tibi haec cruenta serta texuntur manu,
novena quae serpens ligat,
tibi haec Typlweus membra quae discors tulit,
qui regna concussit lovis, u. s. w.
3. Systeme aus Hemiamben oder Anakreonteen (§ 179, 2. 3) mit
katalektischem Schlussverso finden sich Med. 849 — 878:
Quonam cruenta maenas \ praeceps amore saevo \ rapitur? quod impo-
tcnii ! facinus parat fiirore? \ vultus citatiis ira \ riget et caput feroci I qua-
tiens supcrba motu \ regi minatur nitro. \ quis credat exulem?
4. In stichischer Wiederholung erscheinen sapphische Hendekasyl-
laben oft, z. B. Herc. f. 830 ff., hin und wieder unterbrochen von einem
Adonius (Troad. 814 ff. Phaedr. 736 ff. Üed. 110 flf.); kleinere Askle-
piadeen (Med. 56 ff. 93 ff. Phaedr. 753 flf. 764 flf. u. sonst); Glykoneen
(Med. 75 flf. Herc. f. 875 ff. Oed. 882 ff. u. öfter); daktylische Tetra-
meter (Oed. 449 ff. Herc. ()ct.l947 ff.); daktylische Hexameter selten
(Med. 110 ff. Oed. 233 ff. 403 f. 429 ff. 445 ff. 466. 504 ff.); trochäische
Septenare (Phaedr. 1201—12. Oed. 223—32. Med. 740—51).
Eine strophische Gliederung zeigt sich in dem Canticum Med.
579—669, welches sieben sapphische Strophen und sieben neunzeilige
Strophen aus sapphischen Hendekasyllaben und Adonius umfasst:
A A^ A2 A3 A^ A' A6 I B B^ B^ B» B^ B^ B«.
5. Einen besonderen Charakter tragen die vier polymetrischen
Cantica Oed. 403—508, 709—763 und Agam. 589—636, 808—866. Ihre
Elemente sind die Glieder der horazischen Strophen, teils ganze Verse,
teils Versteile in wunderlichen und geschmacklosen Zusammensetzungen,
wie sie die in jener herrschende Schultheorie der naQaywyn] {derivatio
pictrorum s. § 2) hervorbrachte. Ein Prinzip der Verbindung dieser disiecta
2. Die Metra der Römer. (Litteratur.) g5l
memha ist nicht vorhanden, auch von antistrophischer Responsion nichts
zu entdecken.
Litteratur zur lateinischen Prosodik und zur Metrik der daktyl. Dichter:
ProBodik (Quantität, Hiat., Elision u. dgl.) der röm. Dichter. Allgemeineres:
W. CoBSSEN, Aussprache, Vokalismus u. Betonung d. lat. Spr. Leipzig 1857. 58. 2. A.
Leipz. 1868. 1870. 2 Bde. - L. MOlleb, De re metrica Hb. IV. V. VL (p. 242—374) ;
ders. Orthographiae et prosodiae lat. summarium. Petrop. 1878. p. 25 ff.; Rci metr. poet. lat.
summariura. Petrop. 1878. p. ^3 ff. — R. Kühnes, Ausführl. Gramm, d. lat. Spr. Hann. 1877.
I, 88—101. 134 — 155. — Neue, Formenlehre der lat. Sprache. I. — Chbist, Metrik*
p. 6 --40. — R. BoüTERWEK und A. Tegge, Die altsprachl. Orthoepie. Berlin 1878. — A.
Mark, Hilfsbüchlein für die Ausspr. d. 1. Vokale, in positionslangen Silben. Berlin 1883. —
£. Seelmann, Die Aussprache des Lat. nach physiol.-hist. Grundsätzen. Heilbronn 1885,
bes. p. 65-108 u. 353 ff.
Spezielles (die auf die Sceniker bezüglichen Schriften s. S. 835 f.): M. Haupt, Ob-
servationes criticae. Lips. 1841. — C. Lacbmann, Commentarius in T. Lucretii libros. Be-
rol. 1850. — Bockemüller, De elisione in versu Rom. hexam. Stade 1860. Progr. — R.
BouTERWBKj Lucretianae quaest. gramm. et criticae. Hai. 1861. diss. - F. C. Hermann, Die
Elision b. röm. Dichtem. Berlin 1863. Progr. — J. Schulz, De prosodia satiricorum Rom.
(de muta c. liq. et de synaloephe). Regim. 1864. — £. H. Bielino, De hiatus vi atque usu
ap. poetas epicos, qui Augusti aetat« floruerunt. Berol. 1860. diss. Lips. — J. Conrad, Po-
sitionsgesetz in d. röm. Poesie und Geltung d. Endkonson. im Hochlatein. Coblenz 1868.
Progr. — F. LoRET, De vocalibus irrationaliter enuntiandis ap. poetas dactyl. Lat. Gotting.
1864.; ders. Die Schwierigk. d. griech. Metrums f. d. lat. Sprache. Hameln 1874. Progr. —
H. Helbio, De synaloephae ap. epicos lat. primi post Chr. saeculi ratione. Bautzen 1878.
Progr. — J. Stadelmann, De quantitate vocalium lat. terminantium Luzern 1884. diss.
Über Allitteration und Reim: F. Näkr, De allitteratione serm. lat. Rh. Mus. III.
(1829) p. 324. - J. Mähly, N. Schweiz. Mus. IV, 207 (1864). — E. Loch, De allitterat.
usu ap. poet. lat. Hai. 1865. — H. Usener, Reim in altlat. Poesie. Jhbb. f. Philol. 1873, p. 174.
— H. Jordan, Beitr. z. Gesch. d. lat. Spr. Berlin 1879 p. 167 ff. — E. Wölfflin, Der Reim
im Lat. Archiv f. lat. Lexikogr. I, 350 ff. — W. Kbrard, Die Allitteration in d. lat. Spr.
Bayr. 1882. Progr. — L. Buchhold, De paromoeoseos ap. poet. Rom. usu. Lips. 1883. —
C. Bötticher, De allitter. ap. Rom vi et usu Berol. 1884. — H. Habenicbt, Allitter. b.
Horaz. Eger 1885. Progr.
Die einzelnen Metra werden in folgenden Schriften behandelt:
Hexameter. Allgemeines: G. Hermann, EL D. M. 331 sqq. Epit. §306. 331. --
L. Müller, De re metr. 105. 137. 183 ff.. 207 ff. 231 ff. Summar. p. 17 sqq. 29. 36 f. 42 f.
— W. Christ, Metrik« 157—201. — Drobisch, Üb. d. Formen d. lat. Hexam. L. 1866. Über
die Unterschiede in d. Grundlage d. lat. u. griech. Hexam. L. 1873 (Sftchs. Ges. d. W.). —
C. F. HuLTOREN, Observat. metr. I. II. Lips. 1871. 72; Technik d. röm. Dichter im ep. u.
eleg. Versmasse in Jhbb. f. Phil. 107. Bd. 1873), p. 745 ff. — Th. Birt, Ad historiam
hexametri latini symbola. Bonn 1877. — W. Meter, Zur Geschichte d. griech. u. lat. Hexam.
München 1884 (Akad. Abb.).
Einzelnes: M. Crain, PhiloL X (1855) p. 251-62. ~ F. Fböhdb, Philol. XI (1856)
p. 533-43. — KocKS, De hexam. caesura post V pedis arsim. 2 pts. Köln 1862. 73. 4. —
C. Schaper, De tertio hexam. lat. ordine. Insterb. 1862, Progr. — A.Viertel, Deversibus
poetarum Rom. spondiacis. Lips. 1863. diss. u. Jhbb. f. Philol. 1862 p. 801 — 11. — E.
Plew, 4silb. Versschluss des Hex. Jahrbb. f. Philol. 93. Bd. (1866) p. 631 ff. — Drobisch,
Weitere Unters, üb. d. Formen d. Hexam. b. Vergil, Horaz u. Hom. L. 1868. — H. Klapp,
Üb. die Hephthemimeres des lat. Hex. Posen 1868. Progr. — M. W. Humpbreys, Quaest.
metr. de accentus momento in versu heroico. Lips. 1874 diss. — E. P. Schulze, Hochton
u. Vershebung in d. letzten Füssen des lat. Hex. Ztschr. f. G. W. XXIX (1875) p. 590-597.
— J. M. Stowasser, D. Hexam. d. Lucilius. Wien 1880. — Th. Franzek, Üb. d. Unter-
schied d. Hexam. bei Vergil u. Horaz. Crefeld. 1881. 4. -— J. Baumann, De arte metrica Ca-
tulli. Landsberg a. W. 1881. p. X sq. -- J. Walser, Zur caesura x. tqIxop rgo/. im lat.
Hexam. Ztsch. f. ö. G. 1882. 1—29. 885—90. - P. Kleinecke, De penthem. et hephthero.
caesuris a Vergilio usurpatis. Hai. 1882. diss. — K. Brandt, De re metr. qua usus est
Verg. in eclogis. Salzwedel 1882. Progr. — J. Draheim, De Vergilii arte rhythmica. in N.
Jhrb 8. Philol. 1884 p. 70 ff. — Hilbero, Mitteilungen üb. d. Tektonik d. lat. Hexameters
in Vhdlgg. d. 39. Phil. Vers. (Zürich) Leipz. 1888 p. 231-246.
Die übrigen stichisch gebranchten VerBformen.
Jambische Verse. L. Müller, De re metr. p. 107. 148. 154. 203. 226. Christ«
54*
g52 S* Metrik, d) Metrik der Bömer.
p. 318. 330. 339. 362. — P. Langkn, Qaaest metr. Bonn 1851. — W. Mktkb, Derspitkt
Senar in: Wortaccent in d. altlat. Poesie p. 112 ff. — J. Dbahbim, De Phaedri senaiia.
N. Jhbb. 1889. p. 429 ff.
Trochäische Verse. L. Müllbb, De re metx. p. 108. 148. 204. 228.
Anapaestische Verse. L. Müllkb, De re metr. p 106. 115. 146. 203.
Sotadeus. G. Hermani?, Elem. p. 453. — C. Laobmakit, Kl. Schriften 11, 67. -
J. Vahlen, Knnius p. 158. — L. Müller, De re metr. p. 68. 110. 161. 415. — Christ' p. 49«).
Gnlliamb. G. Hermakn, Elem. p. 504 ff. Epit. §444. — L. Müixer, De re metr.
p. 159. 204. — ü. V. WiLAMowiTZ, Hermes XIV (1879) p. 194 ff.
Hendekasyllabus. G. Hermann, Elem. 368. Epit §356.-- L. Müller p. IM
162. 166. 229. — Christ» p. 528.
Priapeus. G. Hermann, Elem. 576. Epit. § 502. — L. Müller, De re metr. p. 112.
_ Christ n 526
Asklepiadeen. G. Hermann, Epit. § 422. — L. Müller p. 112. 165. 214. 229.-
Christ' p. 468. 479.
Elegischrs Distichon. Allgemeines; G. Hermann, Elem. 356 sq. Epit. § 334 sq.
— L. Müller, Do re metr. 145. 202 f. 224-226. — W. Christ« p. 206 flf. — Drobkch,
Classific. d. Formen d. Distichon. Leipz. 1871. 1872 (Sachs. Ges. d. W. 23. Bd.). - C. F.
Hultoken, Observ. metr. in poet. eleg. Graec. et Lat. Leipz. 1871. 72. Progr. Die Technik
d. röm. Dichter im ep. u. eleg. Versmasse. Jhbb. f. Phil. CVII (1873) p. 745 ff.
Spezielleres: E. Eichner, De poetarum Lat. usque ad Aagusti aetatem distichi^.
Soraviae 1860 (diss.) u. d. metr. n. rhythm. Bau n. Gebrauch d. Homoioieleuta in d. Di-
stichen d. Catull, Tibull. Properz u. Ovid. Gnesen 1875. Progr. — W. Gkbharoi, DeTi-
bulii, Propeitii, Ovidii distichis. Regim. 1870. diss. u. z. Technik d. röm. Dichter im ep.
u. eleg. Vers in Jhbb. f. Phil. CIX. (1874) p. 647 ff. - C. Pribn, Die Symmetrie und Be-
sponsion d. röm. Elegie. Lübeck 1867. Progr. — G. H. Bubbndby, Die Symmetrie d. röm.
pjlegie. Hamburg 1876. Progr.
Die übrigen Systeme nnd Strophen.
Distichische Systeme des Horaz Bentley, zu Hör. ep. 11. — G. Herkavk,
Elem. p. 671. 776. 795. — Westphal H«, 566 ff. L. Müller, De re metr. 117. - J.
H. Schmidt. Leitf. p. 100 ff. - Christ Metrik* p. 565 ff. und Die VerskaDst des H. im
Lichte d. Überlieferung. München 1868. — H. Schiller, Die lyr. Versmasse d. Horu.
Leipz. 1877 p. 11 ff. - C. Bock, De metris Horatii lyricis. Rendsbg. 1880 p. 35 ff.
Glykoneische Systeme. G. Hermann, El. D. M. p. 524, Epit. § 165. 578. -
M. Haupt, Quaest. CatulT. p. 25 sq. — Westphal ll\ 770. — L. MCllbb p. 112. 117.
161 f. 181. 204. — Christ- p. 527. — Baümann, De arte Catulli p. LX.
Ionische Systeme. R. Bentley zu Hör. carm. III, 12. — G. Hermann, Elem.
p. 375. 472. — C. Lachmann, Kl. Sehr. II, 84. — Rossbach HP 308. — Schüler p. 14.-
C. Bock p. 23. 62.
Vierzeilige Strophen. G.Hermann, Elem. p. 675 sqq. Epit. p. 578. — Mei5E£K,
praef. Hör. Lachmanx, Kl. Schriften II, 84. — L. Müller p. 117. 182. — H. Schillek
p. 21 ff. - Christ- p. 481. — C. Bock p. 41. 59.
Sapphische. G. Hermann, El. 681 ff. Epit. § 583 ff. — Westphal IP, 759. - L
Müller p. 113. 205. 228. 26^1. -- Christ^ p. 545 f.
Alcäische. G. Hermann, El. p. 690 ff. Epit. § 555. — Westphal IP, 277. — L.
Müller p. 113. 164. 205. - Christ^ p. 545 f.
Asklepiadcische. G. Hermann, El. 675. Epit. § 552. — Westphal IP, 764. —
Christ^ p. 479 f.
Die Cantica. B. Schmidt, De cmendand. Senecae tragoed. rationibua. Berol. 18(>'X
- L. Müller, De re metr. p. 118 ff. u. Jahrb. f. Phil. 89. Bd. p. 473. — M. Hochb, Die
Metra dos Trag. Seneca. Hai. 1862. — Fr. Leo, In Senecae trag, observat. crit. Berol. 187«?.
vol. I. der Ausg. d. Seneca. p. 98 ff. 135 ff.
Die Schriften zur Metrik der einzelnen Dichter sind zusammengestellt bei E.
IIÜBNER, (Irundr. z. Vorlesungen üb. d. röm. Litt.Gesch. 4. A. Berlin 1878 u. W. S. Teuffei,
Gesch. d. röm. Lit. 4. A. bearb. v. L. Schwabe. Leipz. 1881. 82. Nachzutragen ist: L-
Müller, Quintus Eniiius. Einltg. in d. Studium d. röm. Poesie. Petersbg. 1884. — A.
KiEssLiNO, Die nictr. Kunst des Horatius in s. Ausgabe des Horaz. Berlin 1884. 1. Bd.
p. VI[— XXVIII. — R. KöPKE, Die lyr. Versmasse des Horaz. Berlin (1883). 1885. — E.
Ukban, Vorbcmeikungen z. einer llorazmetrik. Instcrburg 1885. Progr.
Anhang.
Die Musik der Griechen.
Einleitung.
193. Begriff. Der Name Musik, /novaixrj rixvr^^ hatte bei den
Griechen eine umfassendere Bedeutung als bei uns, denn er begriff ausser
der Tonkunst zugleich auch die Dichtkunst und die Tanzkunst in
sich, also die drei durch das gemeinsame Band des Rhythmus verbundenen
Künste der Bewegung.') Der Teil der musischen Kunst, welcher es mit
den Klängen der menschlichen Stimme und den Tönen musikalischer In-
strumente zu thun hat, führte den spezielleren Namen Harmonik; vgl. § 1.
Die praktische Verwendung der Töne zur musikalischen Komposition hiess
194. Quellen. Als Quellen unserer Kenntnis der griechischen Musik
dienen ausser den sehr unbedeutenden Resten antiker Kompositionen
(s. § 195) und vereinzelten Mitteilungen und Notizen älterer Schriftsteller,
namentlich des Plato^) und Aristoteles^), die in ziemlich grosser Zahl
erhaltenen musiktheoretischen Schriften der Alten, unter welchen die des
Aristoxenos, des Aristides und des Kla u dies Ptolemaios den hervor-
ragendsten Platz einnehmen.
Von Aristoxenos, dem eigentlichen Begründer der Musikwissenschaft
(s. § 2), sind aus einer grossen Anzahl musikalischer Werke Bruchstücke von
drei Schriften über das Melos und einer über den Rhythmus unter den Titeln
UQjuiovixd (TToix^Ta und ^Pv&fiixd axoix^Ta erhalten. — Aristides' Werk
nfQi liiovaixrjg (s. § 2) ist, da er selbst nicht Musiker von Fach war, wichtig
durch die Ausführlichkeit seiner Auszüge aus älteren Musikern, insbesondere
dem jüngeren Dionysios von Halikamass. — Der berühmte Mathematiker
und Astronom Klau dies Ptolemaios von Alexandria (im 2. Jahrh. n.
^) Aristid. p. 32. ^v^filCfrai <f^ iy
fÄOvaixj xiytjaig a(6fJiaxog, fABXwdlay X^^ig,
2) Resp. III, p. 398 ff. Leges VII, p.
812. Lach. p. 188.
') Polit. VUI, 5. Probl. XIX.
g54 B. Metrik, e) Anhang. Die Musik der
Chr.) schrieb vom Standpunkte des Akustikers ein Werk rregi rtüv iv a^p-
vixf^ xQiTi^Qicov in drei Büchern, wozu auch ein Kommentar von Porphyrios
(3. Jahrh.) vorhanden ist. — Die der späteren Kaiserzeit angehörigen
Schriften des Alypios, Gaudentios und zweier Anonymi sind Einlä-
tungen in die Musik und besonders für unsere Kenntnis der Notenschrift
von Wichtigkeit. — Die Harmonik des Byzantiners Manuel Bryennios
(14. Jahrh.) "AqjiovixüSv ßißXia xQia ist wertvoll, weil sie Exzerpte aus ältereo
Musikern, besonders dem Aristoxenianer Kleonides enthält.
Über die Entwicklungsgeschichte der Musik in der älteren Zeit bietet
die pseudo-plutarchische Schrift tvsqI (lovmxfig wichtige Aufschlösse,
zum Teil in wortgetreuen Exzerpten aus Aristoxenos und Herakleides
Pontikos. — Auch das Onomastiken des Julius Pollux und Athenaios
im 14. Buche seiner JsiTivoaofpiaTai enthalten mancherlei schätzenswerte
Angaben über musikalische Dinge. — Von lateinischen Schriftstellern über
Musik sind hervorzuheben Martianus Capeila (5. Jahrh.), der in seinen
Nupfiae PhUologiae et Mercurü (im 9. Buche) eine Übersetzung von Ari-
stides' erstem Buche gibt, und Boethius (6. Jahrh.), welcher die Mu^
in seiner Schrift De institutione musica libri V ausführlich behandelt.
195. Musikreste. Von Denkmälern griechischer Vokalmusik be-
sitzen wir nur drei Hymnen aus der Zeit des Hadrian, welche wenig dazu
geeignet sind, einen Einblick in den Charakter altklassischer Eomposition
zu gewähren, nämlich einen kitharodischen Hymnus an die Muse Kalliope
von dem jüngeren Dionysios von Halikarnass, einen auf Helios und einen
auf Nemesis von Mesomedes.
Von Instrumental kompositionen sind uns als „Trümmer einer
Klarinettenschule" einige Beispiele für die griechischen Tonarten erhalten
in dem Anonymus de musica, nämlich eine Melodie in syntonolydiscber,
zwei in mixolvdischer und drei in äolischer Tonart.
Die Melodie zu einem kleinen Stücke von Pindars erster pythischer Ode,
welche zuerst P. Athanasius Kircher im .1. 1G50 herausgab, der sie in einem Kloster von
Messina gefunden haben wollte, ist unecht; ebenso die KompositioD zu drei Hexametern
des homerischen Hymnus auf Demeter (hgg. von Behaghel).
196. Neuere Bearbeitungen. Um die Erforschung der griechischen
Musik machten sich im 17. Jahrhundert wohlverdient der Schleswiger
Marcus Meibom (f 1711) durch die Herausgabe der alten Musiker und
der gelehrte englische Mathematiker John Wallis (f 1703) durch seine
wertvollen sachlichen Erläuterungen zu der Ausgabe des Ptolemaeus. —
Es folgten im 18. Jahrh. Marpurgs und Burneys kenntnisreiche Werke
über die Geschichte der Musik, welche später Forkel ausnützt«.
Der erste, welcher den Versuch einer quellen massigen Darstellung
der griechischen Harmonik unternahm, war August Boeckh, der als der
Begründer der modernen Wissenschaft von der alten Musik zu betrachten
ist. Eine weitere Förderung verdankte diese dem geistvollen Forscher
Friedrich Bellermann, welcher sich durch die Herausgabe der antiken
Musikreste und seine Untersuchungen über die Tonleitern und die Noten-
schrift der Griechen bleibende Verdienste erwarb. Auf diese Vorarbeiten
stützton sich die bewundernswürdigen Werke Rudolf Westphals über
Die Zweige der griechischen Mnsik. (§ 197.) — Geschichtliches. (§ 197—198.) 855
die griechische Musik und ihre geschichtliche Entwickelung, welche ihm
einen der ehrenvollsten Plätze unter den Altertumsforschern für alle Zeit
sichern. Seinen Forschungen verdankte die Anregung zu einer auf um-
fassenden Studien beruhenden und gründlichen Darstellung der Geschichte
und Theorie der antiken Musik Fr. Aug. Gevaert, der Direktor des
Brüsseler Musik-Konservatoriums. — Durch Heranziehung und Verwertung
archaeologischen Materials hat sich um die genauere Kenntnis der alten
Musik besonders Karl von Jan verdient gemacht.
Die Zweige der griechischen Musik.
197. 1. DiegriechischeTonkunst war einerseits Vokalmusik, andrer-
seits Instrumentalmusik. Der Gesang (ßäkog) war entweder mono-
disch d. h. von einem einzelnen Sänger vorgetragen, oder Chorgesang
d. h. von mehreren Sängern zugleich ausgeführt. Die Instrumentalmusik
(xQoimg) war teils Saitenspiel, xid^dgiaig, teils Flötenspiel, avkr^aig. Die
Verbindung von /Jit'kog und xQovcig hiess Kitharodik oder Aulodik, je
nachdem Saiten- oder Blaseinstrumente die Begleitung der Singstimme
übernahmen. Blosse Deklamation einer Dichtung unter Instrumental-
begleitung hiess naQaxarakoyT^.
2. Einen mehrstimmigen Gesang kannte das Altertum nicht,
sondern sämtliche Glieder eines Chors sangen unisono. Allerdings konnten
Sänger verschiedener Stimmklassen in demselben Chore mitwirken, aber
auch dann sangen alle die blosse Melodie, nur in verschiedener Oktave,
was im Eindrucke einem Unisono gleichkommt.
Trotzdem wurde die griechische Musik zu einer mehrstimmigen
durch die Instrumentalbegleitung. In der frühesten Zeit hat freilich
auch zwischen Gesang und Begleitung Unisonität bestanden, aber schon in
der archaischen Kunstepoche war Zweistimmigkeit {iTCQOfpmvia) ') vorhanden,
indem zu der Melodiestimme eine zweite des begleitenden Instruments,
der Kithara oder des Aulos, hinzukam, welche in der Regel über der
Melodie lag. 2)
In der klassischen Kunstepoche kam eine drei- und mehrstimmige
Musik auf durch den Dithyrambiker Lasos: es wurden nämlich mehrere
Instrumente angewendet und so eine Polyphonie der Begleitungsstimmen
hervorgerufen. Pindar fügte zu den nicht homophonen Flöt^nstimmen auch
noch die Stimme der Phorminx.
Geschichtliches.
198. Die griechische Musik stand von ihren ersten Anfängen an
in engster Verbindung mit der Poesie und ordnete sich bis in die Zeiten
des Niedergangs willig dem Worte des Dichters unter, der zugleich auch
der Tonsetzer war und oft genug sein Werk auch selbst vortrug. Der
Schwerpunkt der musikalischen Leistung lag im Gesänge und das Instru-
^) Plat Legg. Vir, p. 812. tiJv cf* ite- ttjy fAcXi^dlay ^vv^iyxog noitjtov xtA.
QO(fU}yi(tv xal noixiXlay jrjg Xvgag^ ttXka ^) Aristot. Probl. 19,i2.
fiey f^iXi] r<oy /o^cfcJv leiatLyj «AÄ« di rov j
g56 £. Metrik, e) Anhang. Die Musik der Grieehen.
ment diente zunächst ausschliesslich zur Begleitung des Gesanges, erst
allmählich trat zuerst das Flötenspiel und nach diesem auch das Saiteo-
spiel selbständig auf, ohne jedoch den ursprünglichen Zusammenhang mit
dem Gesänge zu verleugnen.
1. Die frühesten Anfänge einer kunstmässigen Musik gehen anf
priesterliche Sänger zurück, welche an heiliger Stätte den Lobgesang des
Gottes monodisch unter Saitenspiel vortrugen, i) Diese Oesänge fanden ihre
besondere Pflege in den Eultusstätten des Apollo und hiessen, weil sie
einer bestimmten Ordnung und Regelung unterlagen, ro/io*.«).
Der ursprünglich religiöse Gesang zur Phorminx wurde in der heroi-
schen Zeit auf die weltlichen Feste übertragen und die äoidaC sangen') in
den Palästen der Fürsten die Ruhmesthaten der Helden, wie die Odyssee
von Phemios und Demodokos berichtet.
Während aber der Vortrag des Epos zur blossen Deklamation herab-
sank, entwickelte sich der Nomosgesang zu einer künstlerischen Pro-
duktion bei den Festspielen der Griechen. Der lesbische Sänger Terpan-
dros errang mit seinen kitharodischen Nomoi viermal nacheinander vor
der Delphischen Panegyris den Preis ^) und führte den musischen Wett-
kampf am Feste des Apollo Karneios in Sparta ein (Ol. 26,i).*) Durch
ihn erhielt der kitharodische Nomos seine typische Form und feste
Gliederung, welche von seinen Nachfolgern treu bewahrt wurde. Es war
eine musikalische Komposition von ernster Würde und schlichter Einfach-
heit: gewöhnlich waren es nur fünf Töne, in denen sich die Melodie be-
wegte;^) Wechsel des Taktes und der Harmonie waren ausgeschlossen, als
Versmass diente in der Regel der heroische Hexameter. Die sieben Teile
des terpandrischen Nomos sind nach Pollux' Angabe ^) ccqxä^ ^lera^x^j xccia-
Ein jüngerer Zeitgenosse Terpanders, der Tegeate Klonas,^) das
Haupt einer peloponnesischen Aulodenschule, als deren erster Meister der
Trözenier Ardalos genannt wird, übertrug die Kunstnormen der Kitha-
rodik, welclie Terpander festgesetzt hatte, auf die Aulodik, bei welcher das
Lied des Sängers («lUwJoc) von einem Flötenspieler (aihyirß) begleitet
wurde, und wurde der Begründer des aulodischen Nomos, welcher
gleichfalls einen durchaus sakralen Charakter trug, aber nicht das ruhige
Gleichmass bewahrte, wie der kitharodische. Das Versmass war das
Elegeion.
Neben diese sakralen Gesänge trat das weltliche Lied, welches
durch den Parier Archilochos eine künstlerischen Normen entsprechende
Gestalt erhielt. Während bisher in der Musik nur der gerade Takt ge-
herrscht hatte, führte er nunmehr auch den ungeraden ^/h Takt ein und
') Procl. ehrest, p. 245. XQvao&e/nig 6 '. lovTotg fuXt] negier i^eaay.
KQf]<: TiQühog aroXri x()i]a(i^eyog exTigenei xnl \ *) Plut. de mus. c. 4.
x(i^«(>«i' (ii'aXaßüjy eig /utfit^aiy tov 'A7i6XX<o- ■ ^) Athen. XIV, p. 025 E.
vog fxoyog fjoe yofioy xai evdoxtiiijaayiog av- ^) Üher diese oXiyo^ogdia vgl. PJut. de
TOI» diitfut'yet 6 TQonog rov (lytüyicfiaiog, \ mus. c. 18.
'^) Phit. de mus. c. ü. eV ro7g yojuocg ^ ") Pollux IV, 6().
ixccoTo) dieriJQOvy rijy olxeiay rdaiy. dio ' ^) Plut. de mus. c. 3 ff. PoU. IV, 79.
xai TC(VT7;y ejiwyv^iay ei/oy xrX. \ o) Plut. de mus. c. 28.
•'} Plut. de mus. c. J^ ol noiovyreg tnrj \
GesohichtlicheB. (§ 198.) 857
lehrte die Verbindung der verschiedenen Rythmen miteinander; ferner wird
ihm die Erfindung der Parakataloge beigelegt d. i. der melodramatischen
Vortragsweise, bei welcher die Deklamation einer Dichtung durch die Töne
eines Instruments gehoben wurde. Er wandte hierbei zur Begleitung den
xksipiafißog an, während er sich beim Gesänge der lafißvxi] bediente.*)
Als die Normen der Aulodik bereits durch Klonas festgestellt waren,
wurden die Griechen durch einwandernde Musiker mit der phrygischeu
Auletik bekannt. Dieser neue Zweig der Musik, die ipi^ avlr^aig, fand
in Arges die Hauptstätte seiner Pflege und übte durch die technische Über-
legenheit der fremden Auleten grossen Einfluss auf die Entwickelung der
griechischen Musik überhaupt aus. Die phrygischen Auleten brachten neben
den beiden nationalen Molltonarten der Griechen, der dorischen und der
äolischen, zwei neue Durtonarton zur Geltung, die phrygische und die lydi-
sche.^) Der Name, an welchen die phrygische Auletik anknüpft, ist
Olympos; dieser gilt als der Erfinder des enharmonischen Tongeschlechts ^)
und seine ernsten und gemessenen Weisen wurden viel bewundert und
wegen der Beschränkung des Tonumfangs gerühmt.*)
2. Die weitere Entwickelung führte den Chorgesang und die orche-
stische Musik in die Eunstsphäre ein. Sparta war der Mittelpunkt dieser
neuen Kunstrichtung und der Kreter Thaletas^) gab der Chormusik feste
Normen und verschaffte ihr einen ständigen Platz in dem Agon der Gym-
nopädien (Ol. 28). Die lebhaften Weisen im paeonischen ^'s Takte, welche
im kretischen Hyporchema herrschten, erhielten durch ihn ihre künstlerische
Vollendung und begleiteten die Waflfentänze der spartanischen Jugend,
während in den Paeanen ein ernsterer, weihevollerer Ton waltete. In
gleichem Geiste wirkten nach Thaletas Xenodamos^) von Kythera und
der Lokrer Xenokritos,') welcher aus seiner italischen Heimat die lokri-
ßche Tonart einführte. — Die heitere Weise des Volksliedes schlug der in
äolischer Schule gebildete Alkman an, der anmutige Lieder für Jungfrauen-
chöre komponierte und selbst als Chormeister einübte. — Auch anderwärts
folgte die Entwickelung des Chorgesangs dem Vorgange Spartas: der Hi-
meräer Stesichoros und der Korinthier Arion, welchem der Dithyrambos
seine erste künstlerische Gestaltung verdankte, sind Repräsentanten dieser
Bestrebungen.
Auch die Solomusik blieb nicht zurück: die Kitharodik hielt zwar
im ganzen an den Terpandrischen Satzungen fest, aber sie übernahm von
der Auletik die phrygische Tonart und eignete sich auch die von Xeno-
kritos eingeführte Lokristi an. Der Aulodik und der Auletik erstanden
grosse Meister in Polymnastos von Kolophon und Sakadas von Argos.®)
Dieser war der erste, welcher (im J. 586) im pythischen Agon mit einem
auletischen Nomos auftrat und ohne Gesang, was der Kitharode durch Worte
darstellte, durch blosses Flötenspiel zur Darstellung zu bringen unternahm
') Athen. XIV, p. 636 B. 1 Athen. XIV, 631.
2) Athen. XIV, p. 625. «) Plut. de mns. 9.
^) Plut. de mufl. c. 7 und 11.
*) Plut. de mus. c. 18.
">) Plut. de mus. 9. 42. Strabo X, 481.
') Poll. IV, 65. Plut. de mus. 10.
8) Plut. de mus. 8*>. 10.
858 ^ Metrik, e) Anhang. Die Musik der Grieohen.
und es erreichte, dass das avkrjfia forthin einen bleibenden Bestandteil des
pythischen Wettkampfs bildete. Der aulodische Oesang hingegen wurde, weil
er einen zu traurigen Eindruck hervorrief, von den Amphiktyonen aus dem
Agon ausgeschlossen.*)
Ein neuer Zweig der musikalischen Kunstübung, welcher in dieser
Zeit aufkam, ist die Kitharistik; jedoch konnte sie neben der immer
mehr aufblühenden Auletik keine hervorragende Bedeutung erlangen.
Das weltliche Lied erhob sich auf dem sangreichen Lesbos, der
alten Pflegestätte des Saitenspiels, zu schöner Blüte durch Alkaios und
Sappho und wurde durch diese, welche einen zahlreichen Kreis von
Schülerinnen um sich scharte, um eine neue Harmonie, die mixolydische
bereichert.
3. Seit der Pisistratidenzeit wurde Athen der Mittelpunkt Griechenlands
wie für die geistigen Interessen überhaupt so auch für die musischen
Künste: keine Stadt bot so viel Anregung und Gelegenheit wie Athen mit
seinen glänzenden Festen und Agonen, um sein Talent zu zeigen und seine
Virtuosität zur Anerkennung zu bringen. Hier strömten aus allen
Städt-en von Hellas auch die Musiker und Virtuosen zusammen und es
entstanden Musikschulen, in denen die jungen Talente unter bewährten
Meistern sich heranbildeten. Der hervorragendste unter den Musikmeistern
jener Zeit war Lasos von Hermione, welcher als der Begründer der klas-
sischen Periode der griechischen Musik gilt. 2) In dieser erreichte die Chor-
musik ihren Höhepunkt und Pin dar und Simonides schufen nicht nur
als Dichter, sondern auch als Komponisten Werke von hohem Werte,
welche als unübertreffliche Muster des klassischen Stils von den Musik-
kundigen der späteren Zeit gepriesen werden. — Neben dem Dithyrambus,
welcher alle andere Arten des Chorgesangs in den Hintergrund drängte,
entwickelte sich in dieser Periode die dramatische Chormusik, die bei
ihren ältesten Vertretern sich vornehmlich durch die grosse Klarheit der
rhythmischen Form auszeichnete. Phrynichos und Aeschylos stehen
als Musiker ebenbürtig neben Simonides und Pindar und sind Vertreter
des erhabenen Stils, während Sophokles den schönen Stil zur Vollendung
brachte. Von den Komikern gehört der älteren Zeit der durch seine klang-
reichen Melodien ausgezeichnete K ratin os an; auch Aristophanes ist noch
ein begeisterter Anhänger der alten klassischen Musik, deren Formenreich-
tum er mit seltener Virtuosität beherrschte.
4. Aber schon in Pindars Tagen begann gegenüber der Strenge der
klassischen Meister ein neuer Geist sich zu regen, der sich über die bisher
gezogenen Schranken hinwegzusetzen versuchte, und je mehr die musischen
Wettkämpfe die Rivalität steigerten und ein musikalisches Virtuosen tum
heranbildeten, desto mehr kam das Bestreben zur Geltung, die Musik von
der Dichtung zu emanzipieren und ihr eine unbeschränkte Freiheit zu ver-
schaffen; man versuchte durch künstliche Reizmittel, Tonmalerei u. dgl. die
*) Paus. X, 7, 5. I xoXovd-tjijag nXeioai re <p&6yyoig xal ^uqqiu-
'^) Plut. de nius. c. 29. Aäaog . . sig \ f^ivoig xQTj(jafAr£yog eig fAsra&soiy ttjy rtQO-
Tijy d(Ov()((fÄßtxt]y dywyfjy fierccffrrjaag tovg ■ vTiaQ^ovaKr tjyaye fiovaixfjy.
^vd^f^oiig xui Tfi iwv ttvXdiv 7ioXv(fOiyi(f xara- j
TheoretisohM. (§ 199.) 859
Gunst des Publikums zu gewinnen,*) scheute vor Wechsel des Rhythmus,
der Tonart und selbst des Tongeschlechts innerhalb desselben Musikstücks
nicht mehr zurück und fand Gefallen an verschlungenen Melodien und
rauschender Instrumentalbegleitung. Der Umschwung ging vom Dithyram-
bos aus und ergriff ebenso den altgeheiligten Nomos wie die Theatermusik.
Allerdings fehlte es nicht an Verfechtern der alten strengen Richtung und
selbst die Komödie verschonte die neue Musik nicht mit ihrem Spott, aber
bereits Ol. 87 hatte die jüngere Schide die Oberhand gewonnen.
Der neue Dithyrambos fand seinen ersten Vertreter in Melanippides,
über den der Komiker Pherekrates die Musik sich beklagen lässt, dass er
sie verdorben habe;^) sein Nachfolger Philoxenos verband mit dem Vor-
trage der kyklischen Chöre monodische Gesänge;^) als schlimmster Verderber
der Musik aber galt den Verfechtern der klassischen Kunst Kinesias, der
um die Gunst der Menge buhlte^) und die Zielscheibe des Spottes der
Komiker wurde.
Besonders fand im Nomos das Virtuosentum ein Feld, um sich bei
den Festagonen durch glänzende musikalische Leistungen hervorzuthun.
Die alten Satzungen über Tonumfang, Wechsel des Rhythmus und der
Harmonie u. dgl. wurden überschritten, die ruhige und gemessene Haltung
des alten Nomos ging verloren, die dithyrambische Erregtheit drang auch
hier ein und es kam ein völlig neuer Nomos zu stände. Phrynis war der
erste Nomossänger neuen Stils, ^) Timotheos schloss sich ihm an und gab
dem Nomos die forthin geltende Formation.^) Beide waren Kitharoden. Eine
besondere Bevorzugung aber erhielt der auletische Nomos in dieser Zeit,
weil der Solovortrag auf der Flöte für die Mimesis besonders geeignet
war und den grossen Festraum leichter beherrschte.
Auch die scenische Musik konnte sich dem herrschenden Ge-
schmacke nicht entziehen und musste, je mehr die Neuerungen des Dithy-
rambos und Nomos dem Publikum zusagten, dieser Richtung folgen. Eu-
ripides gab sich gern dem neuen Geschmacke hin,^) auch Sophokles folgte
in seinen spätesten Stücken. So findet denn die neue Musik auch in der
Tragödie Eingang, sowohl im Chorlied als besonders in der Monodie, welche
für die effekthaschende Mimesis vorzüglich geeignet schien. Als Haupt-
repräsentant dieses Stils gilt in der Tragödie Agathen. — In dem dithy-
rambischen Stil hat die Entwickelung der hellenischen Kunstform ihren
Abschluss gefunden.
Theoretisches.
199. Töne und Intervalle. Zwei Töne (y^^oy/oi) sind 6fA6y>&oYYoiy
wenn sie auf gleicher Tonstufe (racig) stehen, oder sie bilden ein Intervall
{diaarrjfia) wenn sie verschiedenen Stufen angehören.
Die Intervalle sind teils einfache {mvvx^sto), teils zusammengesetzte
') PJut. de mus. c. 12.
') Pherekr. bei Plut. de mus. c. 80.
ifiol yaq rJQ^B rwy xaxtoy MeXaymnidrjg, iy
ToTai TTQüirog og Xaßaiy avijxi [ab xtX,
^) Plut. de muB. c. 30.
*) Plut. l. J. und Plat. Gorg. 502.
^j Procl. ehrest, p. 245,9. Plut. de mus.
6. 30.
•) Plut. de mus. 4. Procl. 1. c.
'') Es hiess, seine Kompositionen mache
ihm Kephisophon; vgl. Vita Eurip. und Arist.
Ran. 944. 1408. 1452.
g(30 E. Metrik, d) Anhang. Die Musik der Oriechen.
{(jvvxJ^i^ta), Zu den einfachen gehören das Ganztonintervall, rovogy das Halb-
tonintervall, ij^novior (in älterer Zeit dUaig\ und das VierteltonintervalL
eraginoriog dUcig oder dUaiq schlechthin. Zusammengesetzte Intervalle sind
z. B. das Quartenintervall, to diä Teaadqfav^ das Quintenintervall, to iw
7tkVT€^ das Oktavintervall, to Sid natrwv (sc. x^Q^^^')- — Die innerhalb
der üktave liegenden Intervalle werden auch durch folgende mit tarog
gebildeten Zusammensetzungen bezeichnet: ditovog (grosse Terz), v^xoro;
(übermässige Quart oder falsche Quinte), TexQdtQvoq (kleine Sexte), nfv-
rdrorog (kleine Septime). Grössere Intervalle als die Oktave sind z. B.
TO itd naawv xai did tsaadquyv (Undecime), to diq did Tratfwv (Doppel-
oktave) u. a.
Die ein Intervall bildenden Töne sind teils symphonisch, teils dia-
phonisch. Zu den symphonischen Intervallen gehörte die Oktave, die
Quinte und die Quart. Die Terz rechneten die Griechen nicht zu den Kon-
sonanzen, doch mieden sie sie keineswegs und empfanden sie wahrschein-
lich nicht viel weniger angenehm als wir. Unter naQdifwvoi ^^o/yot
verstanden sie Klänge, welche in der Mitte zwischen Konsonanz und Dis-
sonanz liegen und zusammenangeschlagen konsonierend erscheinen, wie die
übermässige Quart {f h) und die grosse Terz {g h),
200. Die Tonsysteme. 1. Auf ihrer allerfrühesten Entwickelungs-
stufe beschränkte sich die griechische Musik auf eine Skala von vier
Tönen, ein (rvarijfia T^iQuxoQdo\\ und zwar bildete der tiefste und der
ihm nächstfolgende höhere Ton ein Halbtonintervall, die übrigen Gauzton-
intervalle:
c * /' 1 // 1 a a \ h \ c \ d ,
2. Aber schon vor Terpanders Zeit erfolgte eine Erweiterung dieses
Tonsvvstenis: man verband zwei Tetrachorde so miteinander, dass der höchste
Ton des tiefer liegenden und der tiefste des höheren zusammenfielen, und
Terpander fand bereits zwei Skalen von je sieben Tönen (Heptachord-
systeme) vor:
1. V \ ( \ (j \ a 1 // \ c 1 cX.
IL r.J /• 1 g r^T^ 1 c Cd.
In beiden hiess der beiden Tetrachorden gemeinsame Ton (a)itifc(ri;, der höchste
{d) ri]it^ (i*ar/^), der tiefste {(") vtcuti]^ die vier andern wurden von der
Höhe nach der Tiefe zu bezeichnet als 7T(tQart]rr^ (c), r^irry oder nagaiitc^
(h, b), /(^«log (ry), ttccqvttcci i^ T/).
o. Terpander fügte dem ersten der beiden Systeme die Oktave des
tiefsten Tons zu, entfernte aber, um die Siebenzahl nicht zu überschreiten,
den Ton c'. Das Terpandrische Heptachordsystem hatte also die
Oktave, entbehrte aber der Sexte:
HI. e f g a h — d c.
In ihm war e die r/-i/^, d die nagarrirrj, h die rghi;.
4. Pythagoras stellte, indem er den Ton c wieder einsetzte, das
Oktachord her:
G f g a h c d e.
In diesem war c die tQftr^ und h die naQccjiu'atj,
Theoretisches. (§200). 861
Die vorterpandrischen Heptachorde waren (fwi^fifiäva^ indem die fiacrj
beiden Tetrachorden zugleich angehörte, das Oktachord war die^evy^
fisrovy indem zwischen beiden Tetrachorden ein Ganzton in der Mitte lag.
Da das zweite Heptachord (e f g a h c d) neben dem Oktachord im Ge-
brauch blieb, unterschied man die drei höchsten Töne des Heptachords
(6 c d) und des Oktachords {c d e), welche gleiche Benennung hatten,
aber unter sich verschieden waren, durch den Zusatz (fvvrjii/xerwv (sc. x^Q'
d(ov) oder Jttffvy^fVwr.
Heptachord: Oktachord :
e
i f
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^\ b \ c \d
e
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g l a
1 h
1 c' 1 d' 1 7
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(rvvrj/nfi6V(av.
di€^€vyfiäv(üi'.
5. Aus dem Oktachord entstand durch Hinzunahme eines dritten Tetra-
chords tieferer Lage, welches die bisherige vndrr^ als Endton benützte, das
Hendekachord. In diesem führten die drei neuen Saiten dieselben Namen
wie die des mittleren Tetrachords, nämlich inatr^^ nagvirart] und hjccvog^ aber
man unterschied jetzt vnunq^ TtuQVTtccTi^y hxccvog /xtcwv und vTiarrj^ naqvnavri^
Xixccvog vndxoav und gab den drei höchsten Tönen den Zusatz vt]%(t)v:
H c d e f g a h c d e
55. 'ö
55,
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e.
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55
-25
VTtttTcov fiäffüDV du^evyiiä'
Durch Hinzufügung eines tiefen A wurde dieses Hendekachord zum
Dodekachord; der neuhinzugenommene Ton hiess 7tQO(rkafxßav6i.uvog,
6. In ähnlicher Weise wurde auch das Heptachord (II) e f g a h c d
erweitert, zunächst durch drei tiefere Töne zum Dekachord, dann durch den
Proslambanomenos zum Hendekachord. In diesem Hendekachord hiessen
die drei höchsten Saiten ^'yyrat (rvvrjfifxhvcov und das ganze System <rvvr^fifi€vov:
AHcdefgabcd
o
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V
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(ov a
ri'-
rjfifievwv.
7. Dem Dodekachord wurden noch drei höhere Töne (f g d) zugefügt
und so das System der Doppeloktave (ro d\q 6id naaüv oder nsvxaxm^
dsxdxoqdov (TvaTv^fia) gewonnen. Die neuen Töne führten dieselben Namen
g62 £• Metrik, d) Anhang. l>ie Musik der Griechen.
wie die drei höchsten des alten Systems, aber mit dem Zusatz v7t€QßoXaim\
Diese Skala nannte man das vollständige System, räis^ov cvcxr^^a:
AHcdefgahcde f g a
ßoXaiwv.
8. Durch Vereinigung dieses Systems mit dem hendekachordischen
Synemmenonsysteme (6) wurde schliesslich eine Skala von 18 Tönen her-
gestellt, ein kombiniertes Doppeloktavsystem. Man schaltete nämlich
hinter der ixtar] (a) die drei höchsten Töne des Synemmenonsystems (6 c d)
ein und Hess dann die sieben höchsten Töne des vollen Systems (von h bis
d) folgen:
AHcdefga\'bcd\hcde f g d
vnccKov yLhCiüv (fvvrjfi' Sie^evy- vtisq^
litviav iiävvav ßoXaiwv.
Diese Verbindung, in der c und d doppelt erscheinen, hatte den Zweck alle
Tonarten in den verschiedenen Transpositionsskalen darstellen zu können.
201. Die Harmonien oder Oktavengattungen. 1. Auf dem voll-
ständigen Systeme (§ 200, 7)) Hessen sich sieben verschiedene Oktaveninter-
valle annehmen: W — ä, c — c', d — d\ e— e', f—fj 9^9 1 ^ — ^ oder A—a,
und es ergaben sich folgende sieben durch die Aufeinanderfolge von Halb- und
Ganztönen verschiedene Oktavenformen {aQfioviaiy eidr] rwv rov did Tracwr):
1. n.^c d e^ g a ä, die mixolydische,
2. c d c^ g a h^^c, die lydische,
3. d e^^ g a h^ d\ die phrygische,
'^- ^^ 9 ^ Äv^c' d e, die dorische,
5. f g fi Ji^^c d G^'y die hypolydische,
6. // a h^^c d c ^f g\ die ionische oder hypophrygische.
7. \ I rr'^ ' 7 r i die äoHschc oder hypodorische.
\A Jf^c d e^ g «J "^ *^
Ausser diesen sieben üktavengattungen werden noch folgende vier
namhaft gemacht: die böotische in c, die syntonolydische in a, die
lokrische in a und die syntonolokrische in t\ so dass im ganzen elf
Oktavenformen aufgezählt werden.
2. Diese elf Oktaveneide lassen sich auf vier Oktavenklassen (ytM)
zurückführen:
I. Dorisches Moll, ein absteigendes Moll mit fehlendem Leitton.
IL Phrygisches Dur, ein Dur mit kleiner Septime.
IIL Lydisches Dur, ein Dur mit falscher Quarte.
IV. Lokrisches Moll, ein dem lydischen Dur paralleles Moll.
I. Das dorische Moll beruht auf dem Dreiklange a c e und heisst:
dorisch im engeren Sinne {Swqktti), wenn die Melodie mit der
Quinte {i>ndtrj)^) abschliesst {a c e);
■) Die griech. Theoretiker bezeichnen ] vnujy-, als i';T«Tt; schlechthin; diese Bezeicb*
gewöhnlich die Klänge so, dass sie sie mit nung heisst orojjaaia xard dvvafny. Bin-
den Namen belegen, welche sie in der dori- gegen heisst die Bezeichnung nach derFunk-
Bchen Oktavengattung haben, also «, die ' tion, welche jeder Klang in der betr. Ha^
dor. fjitat}, als ^taiy schlechthin, c^ die dor. \ monie hat, oyo/naala x«r« Se'aiy.
TheoreÜsohes. (§ ^01.) 863
äolisch oder hypodorisch {aioXiffTi oder inodtaq^axi)^ wenn sie
mit der Prime (ßs'ffrj) schliesst {a c e);
böo tisch (ßoicoriffti) bei Terzschlüssen in der tqittj {a c^ e),
IL Das phrygische Dur hat zur Grundlage den Dreiklang g h d und
es heisst:
phrygisch im engeren Sinne {(pQvyiavi) mit Quiptschlüssen (g h d);
ionisch oder hypophrygisch {xot^ocQci laari^ dvsii^iävrj latru) mit
Primschlüssen {g h d);
mixolydisch oder syntonoiastisch mit Terzschlüssen {g h d).
in. Das lydische Dur ist basiert auf dem Dreiklange f a c und wird
genannt:
lydisch im engeren Sinne {IvökttC) mit Quintschlüssen {f a c);
hypolydisch {xaXaQce oder äveifiävi] Xvdusti) mit Primschlüssen
syntonolydisch {avvxovoq Xviiatl mit Terzschlüssen {f a c).
IV. Dem lokrischen Moll liegt zu Grunde der Dreiklang d f a; es führt
den Namen:
lokrisch schlechthin, wenn die Melodie in der Quinte (d f a);
syntonolokrisch, wenn sie in der Terz schliesst {d f a);
eine Spezies des lokrischen Moll mit Primschlüssen kam, so viel wir wissen,
nicht vor.
3. Diese elf Harmonien sind nicht alle zu derselben Zeit in Ge-
brauch gekommen, sondern erst das Ergebnis einer allmählichen Ent-
wickelung; doch gehören sie sämtlich der klassischen Zeit der griechischen
Musik an.
Terpander kannte bereits die dorische, äolische und böotische Har-
monie, er hat also in dem alten nationalgriechischen Moll alle drei Melodie-
schlüsse angewendet. — Die Schule des Olympos führte aus der Fremde
das phrygische Dur mit Quintenschluss, die (fQvyiaii^ und das lydische Dur
mit Quinten- und Terzenschluss, die XvdiaTi und awravolvStari^ in Hellas
ein. — Die ionische Harmonie wird neben der dorischen und äolischen zu
den ältesten gerechnet und soll zuerst von dem ionischen Dichter Pyther-
mos angewendet worden sein. — Das phrygische Dur mit Terzschluss
(mixolydisch) wird der Sappho als Erfinderin zugeschrieben. — Das lokri-
sche Moll mit Quintenschluss führte der epizephyrische Lokrer Xenokritos
ein; wer zuerst die lokrische Molltonart mit schliessender Terz gebraucht
hat, ist nicht bekannt. - Das lydische Dur aber mit Primschluss (die xakaqd
Xvdiari) wurde zuerst von dem Athener Dämon, dem Lehrer Piatos, zur
Anwendung gebracht.
4. Ethos der Harmonien,*) Die dorische Harmonie trägt den
Charakter der Einfachheit und Geradheit, der Ruhe, Festigkeit und Männlich-
keit, aber sie zeigt auch Härte und Strenge. Plato weist ihr in der Jugend-
erziehung eine bevorzugte Stelle an. Sie wurde gebraucht in der Eitharodik,
Aulodik und Auletik, in der Chorlyrik und der Tragödie, sowohl im Chor-
liede als (besonders in der älteren Zeit) in den Klagemonodien. — Die
') Plat. Resp. III, p. 399. Aristot. Polit. VIII, 5. 7. Probl. 19,48. Flut de mus.
c. 14 sq. Athen. XIV, 624 sq.
g()4 B. Metrik, e) Anhang. Die Mnsik der Chriecheii*
äolische Harmonie hat etwas Schwungvolles und Zuversichtliches, sie
zeigt Fröhlichkeit und selbst Ausgelassenheit und entspricht dem ritterlich
aristokratischen Wesen des äolischen Stammes. Ihre Anwendung fiand sie
im kitharodischen und aulodischen Nomos, in der chorischen Lyrik der
Dorier, in dem äolischen Liede der Lesbier und in den Monodien der Tra-
gödie; vom tragischen Chorliede war sie ausgeschlossen. — Die phry-
gische Harmonie bezeichnen die Alten als enthusiastisch und orgiastisch;
sie hatte ihren Hauptplatz im Dithyrambos, der Tragödie aber blieb sie
fremd, bis Sophokles sie in Monodien und Threnoi zu gebrauchen anfing.
Die lydische Harmonie hatte einen weichlichen und schlaffen Charakter
und diente hauptsächlich dem wehmütigen Klageliede. Plato verschmähte
sie, Aristoteles wollte sie zulassen. — Die mixolydische ist wehmütig
und klagend, sie fand in der monodischen Lyrik der Sappho und im tra-
gischen Chorliede häufige Anwendung. — Die ionische und die hypo-
lydische nennt Plato weichlich und für das Trinklied geeignet und wollte
sie von der Jugenderziehung ausgeschlossen wissen. Sie werden im tra-
gischen Chorlied nicht gebraucht. Die lokrische Harmonie war neben
der dorischen, äolischen und phrygischen in der Kitharodik gebräuchlich,
geriet aber nach Pindars und Simonides* Zeit in Missachtung.
202. Die Tonoi (Transpositionsskalen). 1. Tonoi oder Traos-
positionsskalen hatte die griechische Musik anfangs nur drei: den dori-
schen, den phrygischen und den lydischen; später fünf, dann sieben,
nämlich ausser jenen drei noch den mixolydischen, den hypolydi-
schen, den hypophrygischen und hypodorischen. Diese sieben Tonoi
entsprachen unseren 7 Skalen und der Skala ohne Vorzeichen und zwar:
der mixolydische (hyperdorische) Tonos der Skala mit 67
der dorische „ „ „„67
der hypodorische „ „ „ n 4>
der phrygische „ „ „ „ 87
der hypophrygische „ „ „„27
der lydische „ „ „ „ 1>
der hypolydische « » » ohne Vorzeichen.
2. Aristoxenos fügte diesen sieben Tonoi noch sechs neue hinzu,
darunter vier von ihm selbst erfundene, nämlich:
den hochmixolydischen entsprechend der Skala mit lj{
den tiefphrygischen (iastischen) ,, » » 2Jj
den tiefhypophrygischen (hypoiast.) .. » « 3Jt
den tief lydischen (aeolischen) „ » n 4^
den tiefhypolydischen (hypoaeol.) „ « „ SJ
den hyperphrygischen, die höhere Oktave des hypodorischen, 47.
Er teilte nämlich die Oktave F bis f m 12 Halbtöne und machte jeden
dieser Halbtöne zum Proslambanomenos eines xovog von 15 Tönen, er-
richtete also auf jedem derselben ein volles System (§ 154, 7). So ent-
standen dreizehn Tonoi, von denen der letzte nur die höhere Oktave des
ersten ist:
Theoretisches (§ 202.}.
865
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3. In der Zeit nach Aristoxenos kam noch die höhere Oktave des
zweiten Tonos, der hyperäolische (3Jt), und die des dritten, der hyper-
lydische (2t?), in Aufnahme, und so ergaben sich im ganzen 15 Tonoi:
hypodor. 41. hypophryg. 2 t. hypolyd. o. V. hypoiast. 3^ hypoaeol. 5Jf
dorisch 5t. phrygisch 3t. lydisch lt. iastisch 2^ aeolisch. 4j|
hyperdor. 6t. hyperphryg. 4t. hyperlyd. 2t. hyperiast. IJf hyperaeol. 3J|
4. Jede der obengenannten (§ 155) Harmonien oder Oktavengattungen
konnte nun, wie in dem hypolydischen Tonos ohne Vorzeichen, so auch in
einem der anderen Tonoi gesetzt sein, also z. B. die dorische Harmonie im
Tovog XvSiog:
a h c d e f g a\
im Tovog (pQvywg:
im Tovog ddqiog:
g OS h c d es f g\
f ges as b c des' es' f.
Harmonie
ToDoi
1. tiefmixolyd.
2. dorisch
3. hypodorisch
4. phrygisch
5. hy^ophiTg.
6. lydisch
7. h)rpolydisch
8. hochmixolyd.
9. tiefphrygisch
10. tief hypophryg. 3j( -Fis
11. tieflydisch 4^ eis
12. tiefhypolyd. 5J} Gis
aeol. I mixol.
6>
31,
2t,
2«
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1yd. I phryg. | dor.
ges as b
es f
B e
f 9
e d
hypoljd. I ion.
ees des es
des
As
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a
e
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fis'
eis'
gis
5. Die Tonoi sind nicht alle gleich gebräuchlich gewesen; ihr Ge-
brauch richtete sich nach den verschiedenen Kunstgattungen: die am häu-
figsten und in allen Gattungen angewandten Tonoi sind der lydische und
der hypolydische, die seltensten die unter 8—12 aufgezählten, unseren
Kreuz-Skalen entsprechenden, von denen nur der hochmixolydische und
der tiefphrygische schon vor Aristoxenos vorkamen.
Anmerkung. Dass dieselben Namen, welche die Harmonien tragen, auch bei den
noi wiederkehren, hat darin seinen Grund, dass in jedem Tonos ein bestimmter Abschnitt|
QMidl^uob der kUae, AltertiuMwlawuMichaft. IL 2. Aufl, ^)!^
866 S- Metrik, e) Anhang. Die Mnuk der Grieohen.
nämlich der von f his f resp. von e bis e die Intervalle der betreffenden Harmonie er
gibt z. B.:
der hypodorische f g^as b c^dea es f (1, V«> 1# 1» V«. h 1)
der tielhypophrygische e fis gis^a h cis^^d e L ^ j, ^ ^ ,/ jj
der hochhypophiygische /^ g a^b c a^es f \ \
203. Die Tongeschlechter. Ausser der oben besprochenen diato-
nischen Einrichtung des Tetrachords hatten die Griechen noch zwei andere,
nämlich die chromatische und die enharmonische, und unterschieden
dementsprechend drei durch die Grösse der Intervalle und die Stufen der
Klänge verschiedene Tongeschlechter {äquovixd yivri). Im diatonischen
Tongeschlecht kommen nur Ganztöne und Halbtöne vor und zwar steht
ein Halbton zwischen zwei Ganztönen. In den beiden andern Tongeschlech-
tern wurde ein Ganzton weggelassen und ein der Skala fremder Ton an
anderer Stelle eingefügt, und zwar fQgte man entweder nach dem Halb-
intervall einen zweiten Halbton ein, z. B.
h c eis — e oder a b h — d;
dies war das Chroma; oder man schaltete innerhalb des Halbtoninter-
valls einen unserer Musik fremden Viertelton ein, so dass der Halbton ge-
rade in der Mitte geteilt war, z. B.
h h* c — e oder a a* h — d.
Dies war das enharmonische Tongeschlecht. Die Chromatik liess also
nach zwei Halbintervallen die kleine Terz eintreten, die Enharmonik nach
zwei Vierteltonintervallen die grosse Terz.
Diatonische Oktave: AH c de f g a
chromatische Oktave: AU c eis e f fis a
enharmonische Oktave: A H II* e e e* f a.
Man bezeichnete im Chroma wie im Enharmonion das durch die drei dichter
nebeneinander stehenden Töne gebildete Intervall, z. B, H e eis oder H H* c,
mit dem Namen ro nvxrov und nannte innerhalb desselben den tiefsten
Ton ßaQv/rvxvogy den mittleren ixeaonvxvoQ^ den höchsten o^imvxvog.
Das diatonische Geschlecht ist seinem Ursprünge nach das älteste und
aus ihm sind die beiden anderen abgeleitet, das enharmonische ist das
jüngste und am schnellsten wieder ausser Gebrauch gekommene, denn schon
zu Aristoxenos* Zeit war die enharmonische Musik im Schwinden begiiflfen.
Er bezeichnet dieses Tongeschlecht als das schönste, edelste und geord-
netste von allen und beklagt sein allmähliches Abkommen.
Anmerkung. Im diatonischen und chromatischen ToDgcschlecht unterschied min
noch sogenannte XQ^^^* Färbungen oder Schattierungen, nämlich (nach Aristoxenos) in dem
ersteren das (futioyoy xovixaov (oder avvtoyov) und das ^inxopoy fAaXttxoVy im chromatischen
das XQ^f*^ xoviuioy (oder avvioyov)^ das XQ^f^^ TJfÄioXioy und das /^cJ^« fiaXaxoy, Das
diaioyoy avvtoyoy ist oben beschrieben, dem ifuhoyoy fiaXaxoy fehlt das auf den Halbton
folgende Ganztonintervall und statt dessen tritt ein um eine enharmonische Diesis tieferer
Ton ein, z. B. ^ ab »/4 h* (c) d.
Das XQ^t^^^ xoyittioy oder avyxoyoy ist das regelmässige, aus zwei Halbtönen und kleiner
Terz bestehende, das tjfiioXioy und fiaXaxoy bringen ähnliche Intervalle wie die enharmo-
nische Diesis zur Anwendung.
Die Notenschrift/)
204. Die griechische Musik hatte besondere Zeichen für die Tonhöhe
^) Alypios p. 3 ff. Gaudent. p. 22 ff. Boethius 4,3. i4. is. Anon. p. 78 f. Porphyr.
5. Ptol. II, 5 ff. Arifitid. p. 15.
Theoretisohes. (§ 203.) — Die Notexuiclirifk. (§ 204.> g67
und für die Tondauer, jedoch waren die letzteren nur von geringer Zahl;
vgl. § 6 und 8.
Die Tonhöhezeichen umfassen die Töne von E bis g\ also wenig
über drei Oktaven und sind für die Instrumentalmusik und den Gesang
verschieden, und zwar besteht jedes der beiden Systeme aus 70 Zeichen.
1. Das System der Instrumentalnoten {arnisiarr^q xqovasiog) ist offen-
bar das ältere und in seiner ersten Entstehung wahrscheinlich auf Poly-
mnastos (§ 198,2) zurückzuführen. Zu Grunde liegen ihm dreizehn Zeichen
eines alten Alphabets, welches des Vau entbehrt. Diese Zeichen entsprechen
den Klängen
AHcdefgahcde'f
in der Weise, dass für g bis A abwärts die sieben ersten Buchstaben jenes
Alphabets (a bis ij), für die Töne von a bis f aufwärts aber die sechs
folgenden Buchstaben (i5^ bis v) gesetzt sind;^) vgl. die Notentabelle unter
I. Instrumentalnoten. Erste Grruppc. Es wurde also, wie es scheint, die
jUficn; (g) mit a, die 6 tieferen Töne mit ß bis i;, die sechs höheren mit x/-
bis V bezeichnet.
Diese Zeichen wurden aber nicht nur als oqd^d d. h. in ihrer gewöhn-
lichen Stellung als Noten gebraucht, sondern auch als dveaTQafifxäva d. h.
von unten nach oben gerichtet, z. B. LU U. , und als aTretrTQafi/xeva d. h.
von der Rechten zur Linken gewendet, z. B. 3 ^, und zwar bezeichneten
die äveCTQafifiäva die Erhöhung um einen Viertelton, die aTteCTQafifieva die
Erhöhung um einen Halbton, während die oQd-d unseren Noten ohne Vor-
zeichen entsprachen, also z. B.
E = c, üj = c*, 3 = eis.
Vgl. die Tab. unter I. Erste Gruppe 2. und 3.
Bei einer späteren Erweiterung der Tonreihe durch das tiefe G einer-
seits und die beiden Töne g und K andrerseits benützte man für diese
drei Töne die drei letzten Zeichen des Alphabets, nämlich (T für G, t und v
für g' und A'; s. Tabelle I. Zweite Gruppe 1. oqO^ü. — Auch diese drei
Zeichen wurden nicht nur als oQ^d, sondern auch als dvcfftQafifiäva und
dnscTQafifjiäva gebraucht; s. Tabelle I. Zweite Gruppe 2. und 3.
Bei einer nochmaligen Vermehrung des Umfangs der Skala durch die
sechs höheren Klänge h' c" d" e f g' bediente man sich keiner neuen Zeichen,
sondern benützte die Zeichen der um eine Oktave tieferen Töne, indem
man ihnen einen diakritischen Strich zufügte. Vgl. Tab. I. Dritte Gruppe
1. hqy^d. Auch jedes dieser sechs Zeichen hatte eine dreifache Stellung als
oQx^ai'j ttveCTQafifjievov und dneCTQafinbvov.
2. Das System der Gesangnoten ist späteren Ursprungs, da es die
24 grossen Buchstaben des neuionischen Alphabets verwendet. In diesem
Systeme wurde der Ton fis mit A bezeichnet und mit den folgenden Buchstaben
des Alphabets die tieferen Klänge bis f, so dass, indem für jeden tieferen
') Um die richtige Deutung der alten
Notenzeichen hahen sich nach Westphal
besonders Deecke und K. v. Jan verdient
gemacht^ namentlich durch das Erkennen der
Zeichen des a, cT und i. Das Zeichen für den
Ton a aber wird schwerlich etwas anders
als ein (geändertes) 9 sein. Auch in Bezug
auf die Wichen für G, g d, welche hier als
<r, r und v gedeutet werden, gehen die Mei-
nungen auseinander.
ggg E. Metrik, e) Anhang.. Die Musik der CMeolieiL.
Viei-telton ein neues Zeichen verwendet wurde, die 24 Buchstaben dieses
Alphabets in ihrer Reihenfolge genau den 24 Instrumentalnoten von fis bis
entsprachen. Vgl. Tabelle II. Gesangnoten erste Gruppe und atjfuTa «-c
Xä^aoaq 2. Z., (fijfisTa rrfi xQOvaeoog 2. Z.
Für die tieferen und höheren Klänge wurden, als sich das praktische
Bedürfnis geltend machte, dieselben 24 Buchstaben in geänderter Stellung
und Form (besonders umgekehrt und zum Teil verstümmelt), aber in der
gewöhnlichen Ordnung verwendet, nämlich für die tieferen Klänge von eis
bis 6r die 18 Buchstaben von Alpha bis Sigma, für die höheren Klänge die
6 Buchstaben von Tau bis Omega. Vgl. die Tab. II. Gesangnoten zweite
Gruppe und cr^piata rf^g Xä^ewg 1. und 3. Zeile.
Für die noch höheren Klänge von A' bis g", für welche die Instm-
mentalnotierung den diakritischen Strich gebraucht hatte, wurde dasselbe
Auskunfsmittel auch im Gesangnotensystem angewendet, also entsprach dem
A = fis ein A = fis'\ dem 0 = ä ein 0 = h' u. s. w. Vgl. Tab, IL Ge-
sangnoten, dntte Gruppe,
Der späteste Zuwachs, welchen beide Notensysteme erfuhren, nmfasste die Klänge
von E bis Fis (Ges), für welche die 6 letzten Buchstaben des Alphabets in verschiedener
Stellung (meist liegend) gewählt wurden; vgl. Tab. I und II. Vierte Gruppe. Das Prinzip
der Instrumentalnotierung, dasselbe Zeichen in verschiedener Stellung für die drei Klänge
des nvxvöy zu verwenden, ist hier durchbrochen.
Die musikalischen Instrumente/)
205. Die Griechen besassen eine nicht geringe Zahl verschiedenartiger
Saiten- und Blaseinstrumente.
1. Die Saiteninstrumente wurden sämtlich entweder mit den Fingern
gespielt oder mit dem Plektron geschlagen; jenes hies ipdXk^iv^ dieses
xQovsiv, XQ6X61V, TtXiflaeiv, Streichinstrumente blieben ihnen fremd.
Das alte nationale Saiteninstrument war die Lyra, Xvqa^ bei Homer
x(i>ctqig oder (fOQfxiY^ genannt, der Sage nach von Hermes erfunden. Sie
war klein und einfach und diente dem täglichen Gebrauche, insbesondere
beim Unterrichte der Jugend. Die Kithara, xiO^ccQa^ welche zuerst von
Terpanders Schüler Kepion gebraucht worden sein soll, ist das jüngere,
grössere und entwickeltere Instrument und fand im festlichen Agon seine
Anwendung.
Die Einrichtung beider war im wesentlichen übereinstimmend, nur
waren bei der Lyra alle Teile kleiner und handlicher, sowohl der — ur-
sprünglich aus der Schildkrötenschale und darüber gespanntem Tierfelle
hergestellte — Resonanzkasten {rixeiov), als die aus Ziegenhörnern gebildeten
Arme {^fiX^ig) und das sie verbindende Joch (^vyov)] bei der Kithara alles
umfangreicher und auf Verstärkung des Tones berechnet, so besonders das
von Holz angefertigte gi'osse Schallgehäuse und die breiten ausgehöhlten
Seitenteile. — Die Saiten {xoQÖai) waren aus Därmen oder Sehnen gedreht
und wurden mittels der Wirbel {xoXXoTieg) am Joch befestigt und gespannt.
Ein Griffbrett, wie bei der Guitarre, gab es nicht und jede Saite gab nur
') PoUux IV, 70. 80. Athen. XIV, 36.-
Die griechischen Notensysteme.
C9-x; o.>T|£(i)3|HyHi hx ri:Eiu3; Hj-h i ri_i : a* a.^
F Ü.1 :C W 5 i K ^ >l n < A : < >• > : C U 3 : N / \
|ZXX:V\K>||Ri>j:n<Ä :<v^. £0 3; N7\:Z
ii^X: -a-<H|3bU; 9AVM: WViC: -/Kh: 7FV: IRV IflM'X
<I>YT; CPÜi OENi MAK: I ©H: ZEA : TBA
lUihXi^Ail ÖlN; MÄiC: T0H: ZEÄ i rBÄiÜ
I. Instramentalnoten.
Erste Gruppe. Zieeite Gruppe.
1. OQ&ä.
HhEhrA'FCKn<CN
^ HcdefgahC d' e' f
£ ...Z v\
(«r) (t) (.0
6f ...if' c'
2. ttvem qanfisva.
ü
Ul XU
U. wr ^ < V U /
OJ... X K
Dritte Gruppe.
K n < C N z
A' c" (V* &* f g"
i < V u 7
A U e d e f g a h & d' e f
ces fes ces* fes"
3. anfCTQafifiäva.
G g* a'
h' &* d" (^' f'
ceft
n
fes"
Hrl3Hl^lD>IA>3\
Ä is His cisdiseis fis. gisais his eis' dis' eis' fis'
B des es ges as b des' es' ges'
3 ... A N
(iis gis'ais'
As fis' h'
>l A ^ 3 \
his'cis"dis"eis" fis"
des" es" ges"
Vierte Gruppe,
c: 9- X i 0.> T
E. Eis F. Fis.
Ges
n. Qesangnoten.
Erat« Gruppe,
ßi|i X: <D YT . cpn: OH N: MA K
g gis a ais h Jus c' eis'
as b des*
Zweüe Gruppe.
9AV Mi WV:^ : -Ah: 7 F V
A Ais H. His c eis d dis
Ji des es
Brüte Gruppe,
ÖHN: MÄ KiTÖR: ZEA:fBÄ:lf
h' his' e" eis" d" dis" e" eis" p' fis" g"
des" es" ges"
Vierte Gruppe.
E Eis F Fis.
Ges.
fis
ges
3büi
G Gif
As
I eH
d' dis'
es'
1 R V
e eis
ZEAi PBA
e' eis' f fis'
ges-
Urh Xi^Ai
g* gis' a* ais*
as' h*
Die musikalischen Instrumente. (§ 205.) — litteratnr. 869
einen Ton an. Das Plektron, ein Stäbchen aus Holz, Elfenbein oder
Metall, war an der Spitze blatt- oder herzförmig gestaltet.
Das Barbit on, besonders von den Lesbiern und Anakreon benützt,
war eine Abart der Lyra und unterschied sich von ihr durch schlankere
Seitenarme und längere Saiten. Es diente vornehmlich bei fröhlichen Ge-
lagen und Schwärmereien.
Unserer Harfe ähnlich waren das — aus Syrien oder Phrygien stam-
mende — Trigonon und die Sambyke, beide von dreieckiger Gestalt,
jenes durch tieferen, diese durch höheren Ton charakterisiert. Vielsaitig
waren die Magadis und das Simikion, jene hatte 20, dieses 35 Saiten.
2. Die Blaseinstrumente werden im allgemeinen mit dem Namen
avXoC bezeichnet. Im engeren Sinne war der Au los ein unserer Oboe oder
Klarinette ähnliches Instrument, welches mittels eines Mundstücks i^i-iiog)
geblasen wurde und den Ton durch ein vibrierendes Blatt (yXwxto) hei*vor-
brachte. Die avXoi waren verschieden nach ihrer Grösse und der Zahl
ihrer Tonlöcher {TQ^fiara, tqvnri^ata), deren es anfangs nur 3 — 4, später
mehr gab. Statt der Klappen dienten bewegliche Metallreifen, durch deren
Drehung man die Löcher öffnen und schliessen konnte. — Die Alten pflegten
zwei solcher avXoi zusammenzublasen.
Die Syrinx oder Pansflöte bestand aus einer Anzahl (7—9) Röhren
von abnehmender Länge; sie fand künstlerisch keine Verwendung.
Auch die Blechinstrumente {aaXniYyeq) standen ausserhalb des
Kunstbereichs.
Quellen. Antiquae musicae auctores Septem gr. et lat. Marcus Meibomius
restituit ac notis explicuit. Amstelod. 1652. 2 voll. 4. (Inn.: Aristoxeni Harmon. elem. libri III.
Euclidis introductio härm. Nicomachus. Alypius. Gaudentius. Bacchius. Marciani Ca-
pcllae de musica libr. IX).
Aristoxenus:. Die harmon. Fragm. des A. griech. u. deutsch hgg. von P. Mab-
QUABDT. Berlin 1868. — Aristoxene, Elöm. harmoniques trad. en fran^. p. Gh. £m. Ruelle.
Paris 1870. — Aristoxenus. Metrik u. Rhythmik des klass. Hellenentums, übers, u. erl.
V. R. Westphal. Leipz. 1883. Vgl. K. v. Jan, Die Harmonik d. Aristox. inPhilol. XXIX
(1869) p. 300 ff. XXX. p. 398 ff. u. die Harmonik d. Aristox enianers Eleonides. Landsbg.
a. W. 1870.
Aristides Quintilianus de musica libri III ed A. Jahvius, Berol. 1882 und krit.
Material bei Studekund in Breslauer Philol. Abhdlg. I, 3 p. 121—152.
Plutarch nsQi fjLovcixijg von R. Yolkmank. Lips. 1856; hgg. griech. u. deutsch
mit Erläuterungen v. R. Westphal. Breslau 1865.
ClaudiiPtolemaei Harmonie, libii III. rec. et notis iUustr. J. Wallis. Oxon. 1682. 4.
Anonymi scriptio de musica. Bacchii senioris introd. artis musicae. ed. Fb.
Bellebmann. Berol. 1841. 4, — Westphal, Gr. Metrik I.* Suppl. p. 46 ff.
Tres canones harmonici ed. Ad. Stamm in: Studemund, Anecd. Varia I. p. 1 fg.
Berol. 1886.
Manuel Bryennius: W. Chbist, Über die Harmonik d. Manuel Bryennios u. d.
System der byzant. Musik. München 1870 (Akad. Abb.).
Martianus Gapella rec. Fbanc. Eyssenhabdt. ups. 1866.
Boethius, De institutione musica libri V. ed. G. Ibiedlein. Lips. 1867. -- Fünf
Bücher üb. d. Musik übertr. u. sachl. erkl. v. Ose. Paul. Leipz. 1872.
Bearbeitungen. Allgemeineres: vgl. die Litteraturübersicht in Boeckh's Ency-
klop. d. philol. Wissensch. Leipz. 1877. 2. A. 1886. — J. Wallis, Appendix de veterum har-
monica ad hodiemam comparata in s. Opn. mathem. tom. III. Oxon. 1699. fol. p. 153—182.
-- Marpubo, Krit. Einleitung in d. Gesch. d. alten und neuen Musik. Berl. 1759. 4. —
Bübney, History of music. London 1776—89. 4 Bde. — A. Boeckh, Übersicht üb. d. alte
Harmonik in d. Sehr.: Über die Bildung der Weltseele im Timaeos des Piaton. 1807.
Kl. Schriften HI, 136-180. De metris Pindari. Lips. 1811. lib. IH. ep. VH-XH. — C.
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g70 I'« Metrik, e) Anhang. Die Musik der Griechen«
Realencyklop. d. klass. Altert.-Wi88en8ch. VI, 1. Abth. (1852) p. 593-610 u. in Ersch n.
Gruber's Encyklop. (Griech. Musik) 1868. — R. W^tphal, Harmonik n. Melopöie d. Gr.
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monik in: Gr. Metrik. 2. A. I. Leipz. 1867. 3. Aufl. Leipz. 1886. Ders., Die Musik d. griech.
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Wochenschr. f. klass. Philol. II (1885) p. 1293 ff. IV (1887) p. 1380 ff. — E. Grap, De
veterum ro musica. Marburg 1889.
Mnsikreste. Vino. Galilei, della musica antica. Fiorenza 1581. — Athahasiüs
KiRCHER, Musurgia universalis. 1650. I. p. 622 f. (Melodie zu Pindar. Pyth. I.). — Die
Hymnen des Dionysius u. Mesomedes. Text u. Melodieen bearb. v. Fb. Bellermasi.
Berlin 1840. - - C. Behaohel, Die erhaltenen Reste altgriech. Musik. Heidelbg. 1844. Progr.
— R. Westphal, Gr. Metrik V Supplem. p. 49-65 (1867). — C. Lako, Alt^'ech. Har-
monik (1872) Beilage b: ,die antiken Musikreste*. — R. Westphal, Musik der Gr. (1883).
Anhang p. 324. 341. Die Hymnen des D. u. M. u. die Beisp. des Anonymus. — F. A
Gevaert I 374. 445 ff.
Instrumente. A. Boeckh. De metris Pindari p. 258 sq. — K. v. Jan, Die griech.
Saiteninstruni. in Archäol. Ztg. XVI. (1858) p. 181 — 190. Ders., De fidibus Graecorum.
Berol. 1859. diss. — R. Gräbner, Do organis veterum hydraulicis. Berol. 1867. — J.
Sommerbkodt, Die Flöte im griech. Altertum in: Scaenica. Berol. 1876. p. 295—311. —
Fr. Esmann, De organis Graec. musicis. Rost. 1880. — Gevaert II, p. 243 ff. — K. v. Jak.
Die griech. Saiteninstrumente. Leipz. 1882. Progr. v. Saargemünd. Ders., Die Musikinstr.
d. Gr. u. Römer. Landsbg. a. W. 1884. Festschr. Ders. in: A. Baumeister, Denkmäler
d. klass. Altertums I. p. 553—569 und III., p. 1539 ff.
Abbildungen von Saiteninstrumenten bei Baumeister Denkm. nr. 1603 — 1608 und
nr. 18. 82. 83. 104. 118. 120. 492. 495. 848. 1652. 1809; von Flöten und Flötenbl&sem
nr. 590-598 und 422 -24. 479. 1052. 1712. 1800.
über die neueren Erscheinungen auf dem Gebiete der griech. Musik berichtet
II. GuuuAUER in Iw. MüUcr's Jahresber. 1885. p. 1 ff.
Nachtrag zu S. 885.
Infolge eines Versehens sind die Nachträge und Berichtigungen zu Bogen 23 und 24
der lateinischen Formenlehre in das erste Verzeichnis nicht mehr aufgenommen worden.
Einige früher übersehene Druckfehler haben sich bei der Anfertigung des alphabetischen
Index ergeben und sind gleichfalls im Folgenden verzeichnet. Endlich habe ich auch noch
die mir bis Mitt« September d. J. bekannt gewordene Litteratur aufgeführt ; besonders wün-
schenswert erschien es mir aus dem wichtigen Buche von J. Schmidt ,Die Pluralbildungen
der indogermanischen Neutra, Weimar 1889**, das ich im Folgenden kurz mit «Schmidt,
Pluralbild/ bezeichne, die auf das Lateinische bezüglichen Stellen in aller Kilrze auszuheben.
S. 246 zum Kapitel «Afrikanisches Latein*^ vgl. den Aufsatz von Wölfflin im Arch. f. lat.
Lex. 6, 1 ff.
S. 257 Z. 19 V. u. vgl. wegen aries auch Schmidt, Pluralbild. 173, und füge mit Rücksicht
auf die Ausführungen des eben genannten Gelehrten a. a. 0. lat. assir (asser
Gloss. Labb., Löwe, Prodr. 142) neben gr. tag hinzu.
S. 2C0 Z. 22 V. 0. vgl. wegen des auslautenden indog. öu auch Bartholomae Bezz. B. 15,
17 Anm. 1; wegen der indog. Dative auf -ö jetzt auch noch Schmidt, Pluralbild.
234 Anm.
S. 263 Z. 1 V. 0. ist zu peluis zu bemerken, dass dasselbe von Schmidt, Pluralbild. 68 aus
*pelovis, vgl skr. pälavi, hergeleitet und somit als eine selbständige Bildung
neben pelvis (= gr. neXXig S. 61) betrachtet wird. Über den Ablaut u u ^ ders. 219.
S. 264 § 16 füge man hinzu : sica (= *seC'ä), sacena dolabra pontificalis Festus 318, saxum,
vgl. Schmidt, Pluralbild. 204.
S. 270 Z. 29 V. u. bemerke man, dass Schmidt, Pluralbild. 148 wegen peiero ein -iürare
ansetzt, wozu, wie mir scheint, keine Nötigung vorliegt.
S. 272 § 31. Nach Schmidt, Pluralbild. 407 Anm. enthalten atistia, ausculari, ausciUum,
aureaSy aureax, aunga indog. au, zu welchem ös = *ö%^ im Ablautsverhältnis
stehe, vgl. auch 221. Bezüglich des Überganges von au in o führt Becher,
Arch. f. lat. Lex. 6, 84 an, dass Bx^cheler, Rh. M. 11, 510 f. aus Giceros Briefen
pollulum und oricula nachgewiesen habe.
S. 273 Z. 20 V. u. lies ,prän.'* statt «päl.*
S. 274 Z. 19 V. o. 1. ,,noenum'^ statt ^noenom'^ ; ib. Z. 18 v. u. ist vor fl(*co-ept)* „coepi*
einzuschalten
S. 276 Z. 15 V. u. 1. Jocent" statt ^docBnt."
S. 277 Z. 23 V. o. sei erwähnt, dass über das Verhältnis der lat. Formen des Lehnwortes
Hercules zu der griechischen eine ganz andere, die lat. Beton ungsverhältnisse
nicht berücksichtigende Ansicht Meister, Griech. Dial. 2, 94 vorbringt.
S. 279 Z. 12 V. u. Über den zweiten Bestandteil des Komp. acci-piter handelt Schmidt,
PluralbUd. 173 ff.
S. 281 Z. 14 V. 0. bemerke, dass die von Schmidt, Pluralbild. 90 Anm. 1, 145 aus Priscian
bei Keil, Gr. L. 126, 18 und 134, 15 belegte angebliche Form compös -= compSs
nach dem WorÜaute nur das Adj. compos sein kann.
S. 283 Z. 3 V. 0. 1. j,irdyamäna'* statt „irayamäna-'^ ,
S. 284 Z. 23 V. u. bemerke, dass nach Schmidt, Pluralbild. 178 lai -ur = skr. -rt, lat.
»er = skr. -ar ist.
S. 285 Z. 22 V. 0. bemerke ich, dass tero ganz wohl der lat. Repräsentant von skr. ved.
tdrati sein kann, vgl. Hoffmann, Das Präsens der indog. Grundsprache 38. Das
Perfektum trt-vi gehört zu dem mit tero gleichbedeutenden *trio aus *tr-ii-o; ib.
Z. 27 V. o. 1. ^cre-scere*^ statt ^cri-scere*.
872 Nachtrag zu S. 385.
S. 286 Absatz 2 ist zu bemerken, dass auch Babtholomae Bezz B. 15, 36 Anm. 3 kibemus
in der im Texte ausgeführten Weise erklärt, tüber erklärt derselbe Gelehrte
aus einer ursprünglichen Flexion *tümer *tübri8 (= *tumris). Bei gener denkt
er an volkstümliche Anknüpfung an gens.
S. 287 § 45. sine (Neutrum wie pote) stellt ders. Gel. ib. S. 16, Anm. 2 zu idg. sty si^n-
in skr. sanitär mhd. sunder; t für c erklärt er durch Proklise. Weniger wahr-
scheinlich ist die S. 450 dieses Bandes stehende Erklärung von Schmalz.
S. 288 Die ursprünglich stammabstufende Deklination der Participien auf -ont ^ent sucht
SciiKiDT, Pluralbild. 422 ff. ausführlich darzuthun; desgleichen nimmt sie Hoff-
MAKN, Das Präsens d. idg. Grundspr. 22 f. an.
S. 293 FuBsnote 1. Gegen Bbuomann*s Ausführungen über -s handelt ausführlich Schhiot,
Pluralbild. 357 ff.
S. 294 Z. 13 V. o. 1. r.gh" statt ,gī.
S. 296 Z. 8 V. u. ist wegen fhefhaked auch zu vergleichen Schkidt, Pluralbild. 435, der
übrigens vJievhaked transkribiert, wenn er auch JflH für das pränestinische Latein
in der Geltung von f nicht anzustreiten scheint.
S. 299 Anm. 1 bemerke ich, dass diruo nicht, wie Schmidt, Pluralbild. 201 will, für die
Herleitung von ver aus *v^r bez. *vezr ins Feld geführt werden kann, diruo er-
klärt sich von demselben Gesichtspunkte aus, der S. 307 für divello dlvergo auf-
gestellt worden ist.
S. 300 § 60 vgl. betreffs des für den Wechsel von ve- (vo-) und ü- angenommenen Ab-
stufungsverhältnisses jetzt auch Schmidt, Pluralbild. 204 f.
S. 301 § 62, 2 vgl. zum Wechsel von ps- und sp- kypr. anavoy • &€g SaXafilyioi und {nouy
ipavtoy; Meister^ Griech. Dial. 2, 258.
S. 302 Z. 16 V. 0. ist hinzuzufügen pendo skr. spdndate , schüttelt, zuckt*, vgl. die ältere
Litteratur bei Vanicek, Et. W.* 334, und neuerdings M. Müllbb nach Arch.
f. lat. Lex. 6, 284 und Hoffmann, Das Präsens d. idg. Grdsnr. 59.
S. 303 Z. 14 v. 0. ist wegen crepusculum auch Schmidt, Pluralbild. 3o5 f. Fussnote 2 zu
vergleichen, der allerdings das Verhältnis von lat. er- zu gr. xv- in xyiipag oder
\p in \fji<pag auch nicht aufzuklären weiss.
S, 305 Z. 16 V. u. ist zu streichen ,-6/- = -/f-'.
S. 306 Z. 4 y. o. lies ^Bartholomae K. Z. 29, 576" statt ,29, 156* und füge hinzu ,=
Bcitr. z. Flexionslehre 156.* ib. Z. 11 ist zu bemerken, dass die von Schmidt,
Pluralbild. 174 als möglich hingestellte Erklärung von proptervus aus *proptergvos
jcdesfalls recht zweifelhaft ist, vgl. S. 290, § 47 Anm. 2.
S. 308 Z. 8 V. 0. ist „disiungere'* zu streichen, ib. Z. 10 v. u. ist zu bemerken, dass päla
plla richtiger aus ^pag-sla, *pigsla gedeutet werden, wie Schmidt, Pluralbild.
144 filum aus *figs-lum herleitet, wobei er figs- als den schwächsten Stamm
betrachtet neben figür-a. päla und jnla würden dann unter den gleichen Ge-
sichtspunkt gerückt sein, wie die S. 310 erwähnten Bildungen mit Suffix -shl.
S. 310 Z. 15 f. bemerke ich, dass Schmidt, Pluralbild. 174 penna und annus aus *petna
und *atnus erklärt. Mag auch sein Zweifel an der altlateinischen Form pesnis
gerechtfeiiigt sein, so würde sich doch aus den eben angeführten Grundformen
wegen des S. Sil auseinandergesetzten Lautgesetzes *pefida und *andu8 wahr-
scheinlicher Weise ergeben. Es erscheint sohin gerechtfertigt die von mir an-
genommene Bchandliuig der Lautgruppe 'tsn- = -nn- als die lautgesetzlich ge-
rechtfertigte anzusehen, ib. Z. 20 v. u. vgl. zur Behandlung der Lautgruppe -cn-
Schmidt. Pluralbild. 205 Fussnote, woselbst auch salignus larigneus aufgeführt
sind. ib. Z. 17 v. u. ist einzufügen Signum = *s€q-no-m (Brugmann, Ber. d. kgl.
Sachs. Ges. d. W. 1889, 49).
S. 311 Z. 23 V. u. Zu -Id- = -11- vgl. noch Pollüces aus *Polduces (von mir aufgeführt
S. 319 § 73, 1), pollux für *pohi-dex, worin polu- = gr. nolv (?) und haüux
„grosse Zehe* aus hahi- oder hali- aksl. golemü „gross* -|- *doix ahd. zeha
nach Schmidt, Pluralbild. 183.
S. 318 Z. 2 v. o. füge hinzu anculus aus *amh(i)'quolo-s = gr. tcfjKplnoXog nach Osthoffs
einleuchtender Deutung Bezz. B. 15, 316. ib. § Q^. Nach Schmidt, Pluralbild.
248 enthält lade aus *laC't-i die beiden Bildungssuffixe t und i. mel gilt ihm
als Rückbildung von Gen. mellis aus *meld-es *melid-es; dasselbe könne bei fei
der Fall sein (vgl. meine Angaben S. 311), Ebenso sollen as far (S. 314 § 07)
aus den Genetiven rückgebildet sein, eine, wie mir scheinen will, nicht nötige
Annahme.
S. 315 § 69, 1 Ende bemerke ich, dass mox auch von Schmidt, Pluralbild. 185 Fussnote
in der im Texte angegebenen Weise erklärt wird.
S. 316 Z. 5 V. o. Die Annahme von Babtholomae Bezz. B. 15, 18, dass cUioquin dasselbe
Nachtrag zu S. 385. 873
Suffix enthalte, wie gr. Ttt'diy osk. hürtln ist mir namentlich mit Rücksicht auf
die Herleitung des einfachen quin aus ^qui-ne, die doch wohl als sicher gelten
darf, sehr zweifelhaft.
S.821 Z . 7 y. u. füge ich zur Aufklärung hinzu, dass uvidus selbstverständlich als Neu-
bildung von uveo aus betrachtet werden muss, während üdtis die alte lautgesetz-
liche Form darstellt, welche Thatsache auch bei Schmidt, Pluralbild. 204 Aus-
druck findet.
S. 322 Z. 22 V. o. ist das Sternchen vor ager zu tilgen.
S. 323 Fussnote 1. Gegen die dortsclbst erwähnten Ausführungen von Danielsson wendet
sich Schmidt, Pluralbild. 51 f.; er erklärt genfi, pecü als alte Plurale, die an
die Stelle der urapiünglichen Singulare getreten seien, da auslautendes ü im Lat.
durchweg geschwunden sei (S. 49). Vgl. Nachtrag zu S. 343. ~ Als Reste urspr.
Nom. Akk. des Duals bezeichnet derselbe Gelehrte S. 71 f. ducenti = skr. ave
säte, vielleicht auch lumbt, frenl (neben frmum). Jedoch ist ducenti wegen du-
sicher lat. Neubildung und kann der aufgeführten altindischen Form nicht un-
mittelbar verglichen werden.
S. 324 Absatz 4. Nach Schmidt, Pluralbild. 52 f. sind das idg. neutr. *pe£u, aus dessen Nom.-
Akk. Stamm lat. pecud- herrühre, und idg. *pekä (kollektives Femininum aus
*p€kua) und idg.*peko8 = gr. to ti^xos , Vlies" zu einer Einheit verbunden wor-
den, gewiss eine ziemlich verwickelte Annahme.
S. 325 Z. 12 V. 0. Über noct- nocti- (idg. Neutrum *nokti vgl. lade) noctur- vgl. jetzt auch
Schmidt, Pluralbild. 207, 212, 254; über lezteres auch Babtholomae Bezz. B. 16,
20, der es als Lokativ fasst. ib. Absatz 4 ist wegen auris zu bemerken, dass
ScMMiDT 251 einen ursprünglichen Nom. Akk. gen. neutr. *ausi ansetzt.
S. 326 Z. 3 v. 0. 1. ^durmanas'^ statt ^dürmanas'^ . Femer erwähne ich, dass Schmidt,
Pluralbild. 144 als kürzeste s-Stämme auch lix-a neben liquös, *fig8', erschlossen
aus filum (vgl. oben Nachtrag zu S. 308), neben figür-a, 379 is-ca, enthaltend
*eds- lit. edes-is Frass, und apus neben osk. ups-annam aufführt. Zu Fussnote
1 sei darauf hingewiesen, dass auch Schmidt a. a. 0. 84 hinsichtlich vetus mit
Bbugmann übereinstimmt. Bezüglich sedes vgl. den Nachtrag zu 334.
S. 327 Z. 23 V. 0. l Jemo" statt ^te(g)mo\
S. 238. Versuche die eigentümliche Flexion der indog. r-Stämme, bez. ihren Wechsel mit
n-Stämmen (lat. femor- fernen- u. s. w.) zu erklären finden sich jezt auch noch
bei Babtholomae Bezz. B. 15, 39 f. und Schmidt, Pluralbild. 217 ff. säl erklärt
der letztere Gelehrte ib. 182 ans *8äld: warum aber nicht *8alli8, wie 8allere,
mellis fellis? In i'*r-e« sieht Schmidt 384 f. einen Rest der schwachen femini-
nen Stammform zu skr. vdyas. Als Reste von i-Stämmen verzeichnet Schmidt 61
in Ableitungen cali-go, cani-cula, genetn-c- iünt-c-.
S. 329 Der Übergang von adjektivischen o-Stämmen in t-Stämme ist etwa nicht durch laut-
lichen Wandel zu erklären (daran habe auch ich nicht gedacht), sondern, wie
jetzt Schmidt, Pluralbild. 61 ausdrücklich erklärt, durch die Vermittlung des
Femininums auf -r, das freilich im Lat. nicht mehr nachweisbar ist; vgl. suävis
u. s. w. Allerdings sind aber darunter und ganz besonders in der Komposition
selir viele Analogiebildungen. Von t4 Stämmen, die in die Analogie der o-Stämme
umgeschlagen sind, sind noch zu nennen erus av. oAü, mergus skr. madgü-
(Schmidt, Pluralbild. 78 f.).
S. 330 Über die römischen Eigennamen auf -a vgl. Zimmebmanit, Arch. f. lat. Lex. 6, 269 f.
S. 333 ist bezüglich des Weges, auf dem die lat. dreigeschlechtigen Adjektive dazu kamen,
den Nom. d. Sing. gen. masc. auch fürs Neutrum zu verwenden, neben Thub-
MEYSENs keineswegs sicherer Hypothese auch auf Bbugmann, K. Z. 24, 42 f. zu
verweisen; vgl. dazu Schmidt, Pluralbild. 403.
S. 334 Zur Bildung des Nom. Akk. d. Flex. d. Neutr. Nach den überzeugenden Nachweisen
von Schmidt ist nicht zu zweifeln, dass die Neutra plur. wenigstens zum Teil
ursprünglich kollektive Singulare gen. feminini waren, vgl. z. B. lat. opera neben
opu8. Die ursprachliche sing. Flexion von *iugä *iugä8 »das Gejöche* wurde
durch die pluralische *iugä *iu§öm verdrängt (Schmidt a. a. 0. 20), ein Vorgang,
der übrigens nur dann begreiflich ist, wenn es neben diesen kollektiven Singu-
laren auch pluralisch flektierende Neutra gab, als welche etwa Formen wie skr.
hhdniHÜ gr. ^sQoria u. s. w. zu betrachten sind. Diese Bildung der Neutra plur.
als ursprünglicher kollektiver Sing. gen. fem. ist bei den appellativen Substan-
tiven aufgekommen und „allerdings schon in der Ursprache beginnend** von diesen
auf die Adjektive übertragen worden (Schmidt a. a. 0. 35). Ich muss mich an
dieser Stelle begnügen auf Schmtdt's Ausführungen ganz im allgemeinen zu ver-
weisen. Im einzelnen scheinen mir manche seiner Ansätze recht zweifelhaft, so
z. B. ob i}l€b€8, sedes, nübEs (145), 8oror (24) u. a. Formen dieser Art wirklich
g74 Nachtrag zu S. 385.
ursprüngliche P]urale sind. Auch halte ich nach wie vor das -i des Altindischen
und -tt des Griechischcu für den Repräsentanten von idg. -9.
S. 335 Anm. Schmidt, Pluralbild. 60 Anm. nimmt wegen filie neben fili Kontraktion von
auslautendem -ie zu -i im Lat. an, was mir wenig wahrscheinlich klingt.
S. 336 § 83. Wegen der Formen -os und -es des Genetivsuffixes vgl. auch Schmidt, Plo-
ralbild. 115 Anm. und die dortselbst angeführten Gen. phryg. inschr. maiereZf
aksl. matere.
S. 337 Z. 11 V. 0. bemerke, dass Schmidt, Pluralbild. 49 nox aus *noxu *noC'Su (Lot d.
Plur.) erklärt.
S. 342 Z. 23 V. 0. 1. „Benventod'^ statt ^Beneventod' .
S. 343 Z. 2 f. V. 0. Gegen Osthoff's im Texte zitierte Ansicht betreffs des indog. Instro-
mcntalsuffixes wendet sich neuerdings Schmidt, Pluralb. 41 Fussnote. — Den Dai
Abi. der o-Stämme fasst Schmidt 49 als Lokativ, also lat. equis = skr. äivefu;
desgleichen ist ihm devas Cortiiscas (S. 344, Z. 13 v. o.) Lokativ aus *deväsu
u. s. w. Ausser dem bereits erwähnten mox sind nach Schmidt auch i-minus
und cöm-minus erstarrte Lok. d. Plur. Vgl. Nachtrag zu S. 323.
S. 348 Z. 2 V. 0. 1. »gut-* statt y,qui'' ; ib. Z. 4 v. o. ist zu erwähnen, dass auch Schmidt,
Pluralb. 43 quia als Akk. plur. zu quid fasst. Das von Schmalz S. 501 beige-
brachte quiapropter spricht gleichfalls für diese Auffassung, wenn auch lauthch
und sprachlich meine im Texte vorgetragene Ansicht möglich ist
S. 349 Z. 10 V. o. füge nach Neutrum hinzu »^wai CIL. 1. 198, 24 quae neben si qua, ali-
qua*. Über die Natur dieses suffixalen -t, das keinen pluralischen oder kollek-
tiven Sinn hat, wie ja auch seine Verwendung bei der Bildung von Singnlar-
kasus der geschlechtigen Pronomina zeigt, vgl. Schmidt, Pluralbild. 236 f., 244.
ib. § 91 ist bei der Zahl drei zu bemerken, dass in historischer Zeit auch das
Zahladverb ter im ersten Gliede der Kompp. verwendet ist, daher tervenefice
(Plaut. Bacch. 813), tervium CIL IX, 2476 D. Das erstere verdankt seine Ent-
stehung dichterischen Redewendungen wie ter quaterque beati, letzteres ist ledig-
lich Analogiebildung. In dieser Weise sind die von Fukck, Arch. f. lat. Lex. 6, 8
gegebenen Ausführungen richtig zu stellen. Z. 7 v. u. 1. ^petara'^ statt ^etorch*
und füge hinzu ])€tirop€rt.
S. 350. Über die Flexionslosigkeit der Zahlen 5 bis 10 in der indog. Grundsprache vgl.
Schmidt, Pluralbild. 292. Mit Rücksicht darauf sind alle Zahlen der Zehner von
50—90 als Analogiebildungen nach qundräginta zu bezeichnen (ib. 297).
S. 351 C. hlni identifiziert Schmidt, Pluralbild. 205 Fussnote mit lit. dvynii, eine Erklärung,
die die im Texte gegebene an Wahrscheinlichkeit übertriflPt. ib. D. Schluss
vgl. neuerdings Schmidt, Pluralb. 295 wegen der Zahladverbien auf -iens.
S. 353 Z. 17 v. o. sei erwähnt, dass Bartholomae Bezz. B. 15, 36 brüma zu av. mrüra z. B. mrürö
ziä „starrer Frost" stellt. Diese sehr ansprechende Zusammenstellung ergäbe ein
neues Beispiel des Übergangs von anlautendem mr- in br-, vgl. S. 384 Nachtrag
z. S. 303 Anm. 17. brfitus von Bügoe, K. Z. 29, 446 auch zu dieser Wurzel ge-
stellt, haben wir 2<>4 mit gr. ßQt- zusammengestellt; ib. Z. 27 v. o. 1. ,infimo'
statt Jyifimo'^ ; ib. Z. 28 v. o. \.-* y.ul-timo'^ statt „ultimo-'^.
S. 354 Z. 21 v. u. 1. „in privativum* statt y^inprirativum'^ . ib. Z. 12 v. u. ist statt des
Satzes „Wie echte Komposita u. s. w." der folgende zu schreiben: „Vorauszu-
setzende *miri{s)modls *muUJ(s)modis gingen in mtnmodis multXmodls über durch
analogische Einwirkung echter Kompp. mit wurl- mulVl-, darnach auch owniwo-
dis, vgl. Danielsson, Studia grammatica p. 51."
S. 355 Fussnote 2. man- als Thema wird nachgewiesen von Duvau, M^m. d. 1. S. d. 1.
G, 220 auf Grund des umbr. Acc. plur. manf (vgl. nerf S. 336).
S. 356 Z. 13 V. o. 1. „attributiver** statt „attributiver*: Z. 18 v. o. ,,Viocurus* statt
j^viocurus*. Zur Litteratur über die Nominalkomposition füge hinzu: L. Schrö-
der, Über die formelle Unterscheidung der Redeteile im Griechischen und La-
teinischen mit besonderer Berücksichtigung der Nominalkoraposita, Leipzig 1874.
Über das angeführte Programm von Dräoer (Aurich 1888) vgl. Arch. f. lat. Lex.
6, 292.
S. 358 Z. 12 v. 0. ist das Sternchen vor Grdf. zu tilgen. Bezüglich des Ausgangs der 3.
sing. vgl. man auch Schmidt, Pluralbild. 178 Fussnote 2, der Buoqe beistimmt,
und desselben Gelehrten Ausführungen ib. 180 gegen die von Bezzenbkrgeb in
seinen Beiträgen 14, 176 f. aufgestellte Ansicht, dass bereits indog. Doppelfor-
nien auf -t und -d existiert hätten.
S. 359 zur 3. plur. Der Gedanke, dass idg. *bh€ront *bheront'i den Stamm des Particips
enthalte, scheint zuerst von Brugmann, M. U. 1, 137 ausgesprochen worden zu
sein. Vgl. übrigens auch Schmidt, Pluralbild. 237 Fussnote.
Nachtrag zu S. 885. 875
S. 3G1 Anm. 1 vgl. wegen Zimmeb^s Ausführungen Ober die 3. plur. auf -nti und -r ßhd-
ranti und vtdür) auch Babtholomae Bezz. B. 15, 41 Fussnote 4. Zur Bildung
der Präsensstämme vgl. jetzt auch Hoffmann, das Präsens der indog. Grundsprache
in seiner Flexion und Stammbildung, Göttingen 1889. Das Buch gewährt im
allgemeinen einen guten Überbuk über den behandelten Gegenstand ; im einzelnen
freilich sind mancherlei Annahmen z. B. hinsichtlich der Personalendungen und
andere namentlich das Lateinische betreffende, in demselben enthalten, die ich
nicht als richtig betrachten kann. Auf einiges werde ich noch im Folgenden
verweisen.
S. 362 Z. 26 V. 0. 1. ,rföm* statt ,d<w»" ; ib. Z. 14 v. u. ^concreduo* statt „concredio^
Zur Aufhellung der lat. Flexion dieses Yerbums mag das von Hoffhann S. 93
angeführte vedische dä-ti auch hier angeführt werden. Die von demselben Gelehrten
S. 131 ff. vorgetragene Ansicht, dass sämtliche mt-Präsentia mit Ausnahme von
skr. dädämi und dädhämi, welche von den Perfekten dadäü und dadhCm aus-
gegangen seien, von verschiedenen Aonststämmcn aus gebildet worden seien,
kann ich nicht für hinlänglich begründet halten. S. 131 ff. hat Hoffmann den
in Fussnote 6 erwähnten thematischen a-Aonst in ausführlicher Weise behandelt,
ohne dass ich dadurch besser von dessen Existenz überzeugt worden wäre.
S. 363 Z. 11 V. u. 1. „aiem* statt ,«tcm*; ib. Z. 4 v u. ^Grundr.* statt «Grundz."
S. 365 § 105 Ende. Betreffs der namentlich unter b) berührten Verba der Nasalklasse vgl.
auch Hoffmann a. a. 0. S. 59 f. und 128.
S. 366. Hoffmann setzt in dem angezogenen Buche -sJch- nach dem Vorgänge von Bab-
tholomae als indog. Suffix der Inchoativklasse an. Nach dem Sachverhalt be-
sonders im Griechischen, wo für idg. -skh' unbedingt -<r/- zu erwarten stünde,
' ist diese Ansicht abzulehnen.
S. 371 Ende. Als interessantes Beispiel fortwuchernder Perfekt- und Supinbildung im Spät-
latein vgl. abscondo Arch. f. lat. Lex. 6, 165 ff. (nach Thielmann, dem Verf.
des Aufsatzes, eine ^speciell lateinische Kombination aus ahdo und condo'^).
S. 373 Z. 23 V. 0. 1. ,*we-mn-wd* statt ,*me-wn-<o<i'* .
S. 374 Z. 22 V. u. 1. „{f)6idei(j)lr]y statt „(^)eidi{a)lr]y\
S. 375 Fussnote 5 ist zu bemerken, dass nach mündlicher Mitteilung Paulis die Schale
unzweifelhaft echt ist ; derselbe Gelehrte hat durch den Augenschein festgestellt,
dass carefo geschrieben ist, nicht, wie früher gelesen wurde, karefo.
S. 377. Die von Hoffmann a. a. 0. 10 vorgetragene Ansicht, der lateinische Konjunktiv
sei ein alter thematischer a-Aorist, ist durchaus unbegründet.
S. 378 Z. 6 V. u. f 8tä können ursprünglich sein, vgl. gr.dor. Uxrnr und Bbuqmann oben
S. 172. Ob das von Hoffmann 82 verwertete e^ft Arist. Wolken 633 unmittelbar
gleich lat. % ist, kann bezweifelt werden.
S. 379 Z. 16 V. u. 1. ^XsyifAEyui* statt j,X^y€fAeyai'^ ,
S. 380 Z. 16 V. o. bemerke, dass wegen dari S. 116 zu vergleichen ist.
S. 381 oben. Von V. Henby, Esquisses morphologiques V., welche ausführlicher über die
Bildung des lat. Inf. handeln, habe ich zu spät Kunde bekommen, um sie noch
benützen zu können.
S. 383 Nachtrag zu S. 261. Dass auch Schmidt, Pluralbild. 147 Fböiide*s Ansicht über so-
des billigt, macht mir dieselbe nicht wahrscheinlicher.
S. 385 Nachtrag z. S. 313. Da trotz mehrfacher Korrektur das KuRSCHAT^sche durchstri-
ebene l nicht richtig hergestellt worden ist, wähle man die ScHLEiciiEB'sche
Schreibung elkstiis, ib. Z. 3 v. u. 1. ,*«7/if7o-'* und ,*«i;ftf*|o-* statt ^*sfiilclO'* und
und ,*iytfZö-*.
Zum Schlüsse bemerke ich noch bezüglich der Bezeichnung der Vokallängen, dass
ich nicht beabsichtigt habe, alle Längen ausdrücklich zu bezeichnen, sondern nur jene,
ibei denen mir die Bezeichnung aus sprachwissenschaftlichen Gründen notwendig erschien.
Ich bedauere jetzt nicht alle Längen bezeichnet zu haben, da dadurch Inkonsequenzen ver-
mieden worden wären, die jetzt da und dort vorkommen mögen und die ich zu entschul-
digen bitte.
Skr. e und o habe ich ohne Bezeichnung der Länge gelassen, da sie als Diphthonge
immer lang sind.
Innsbruck, Mitte September.
Fr. Stolz,
Alphabetische Indices.
Inhalt.
A. Grammaiische Indices.
I. Sachvcrzeichnifl zu Brugmaun's griechischer* und Stolz' und Schmalz' lateinischer (^nunmatik, bearbeite
von Fr. Stolz.
a. Griechische und lateinische Formenlehre.
b. Griechische Syntax und lateinische Syntax und Stilistik.
11. Griechisches Wörterverzeichnis zur griechischen und lateinischen Grammatik von K. Brngmano.
III. Lateinisches Wörterverzeichnis zur griechischen und lateinischen Grammatik von Fr. Stola.
IV. Verzeichnis der nichtlateinischen italischen Dialektwörter ven Fr. Stolz.
B. Sachregister zur liexikographie und Rhetorik, zusammengestellt von L. Hahn.
C. Sachregister zur Metrik und Musik, von Gleditsch.
A. Grammatische Indices.
Die ZifPom bedeuten in allen folgenden Indices die Seiten.
I. Sachverzeichnis
zu Brugmann's griechischer und Stolz' und Schmalz' lateinischer
Grammatik, bearbeitet von Fr. Stolz.
a. Griechische und lateinische Formenlehre.*)
Accent siehe Betenung.
Accius, lat. Dichter und Grammatiker 239 ;
versucht den Gebrauch der Zeichen r,
k, q zu regeln 251 ; führt zur Bezeich-
nung der Länge die Gemination der
Vokale ein 252.
Adiectiva, griech. auf 'to^rjg 109; lat. auf
.Ctc-, -ir-, 'ÖC' 325 ; auf -er (für -e») 326;
auf -w, -e 329; auf -ii- (-eu-) entweder
zu i'Stämmen weiter gebildet oder in
die o-Deklination übergegangen 329.
Adverbia, griech. auf -« (-({), -f} 123;
-«/, -ofc im lon.-Att. 121 ; -xt 131 ; -w,
'tag 120, 123 ; lat. auf -e, -ed, -o 343 ;
'im 344; -tus 344; mit den Formen
dos Verb. Unit, in der einzelsprachlichen
Entwicklungsperiode verwachsen 141
Anm.
Alphabot, lat.: Bestand und Herkunft 249
f. ; Geschichte 250 f.
Analogie (Analogisten) 5, 239.
Anomalie (Anomalisten) 5, 239.
Analogiebildungen (Formassoziation, As-
soziationsbildungen) 12; infolge der durch
Lautwandel hervorgerufenen Formzer-
splitterung 90 ; der griech. Nomina pro-
pria auf -trjg 111; im Gen. d. Sing, der
ff -Stämme 119; der männlich geworde-
nen «-Stämme 120 ; der weibl. cf-Stämme
120; des Gen. Dat. des Duals auf -oiy
124; der Dat. des Plur. von konson.
Stämmen auf -ois 127 flF. ; des Akk. des
Plur. der kons. St. auf -ays im Kreti-
schen 126; auf 'Saat, -eagfi 111; eines
Systems nach einem Kasus (Nom. oder
Akk.) im Griech. 115, 131 ; im Lat. 324;
des Gen. des Sing, der lat. u-Stämme
338 f. ; der Nom. des Plur. der o-Stämme
auf -eHf -eis, -w im Lat. 334; des Dat.
des Plur. der Pronomina auf -btia 349;
der diphthong. Stämme im Lat. 338, 340 ;
beim Komparativ im Lat. 354 ; bei Zahl-
wörtern im Griech. 136, 137, im Lat. 349,
350, 351, 352; in der Nominakomposi-
tion im Griech. 139. im Lat. 355; der
Verba auf -aw, -^w, -dw nach den un-
thematischen Verben im Äol. und Ar-
kad. 159; auf -C« 160 f.; auf -fit 151,
152, 154, 155, 158; der denominativen
Verba im Griech. 160; der themavoka-
lischen Präterita auf -a 157; beim sig-
matischen Futurum im Griech. 171 ; beim
sigm. Aorist im Griech. 168, 169 f. ; der
Konjunktive der unthematischen Verba
im (5riech. 171 ; des Perfekts im Griech.
146, 166, im Lat. 371.
Anlaut, absoluter und bedingter im Griech.
75.
Aoriste siehe Verbalflexion.
Apex, Zeichen der Länge im Lat. 253.
Apokope von -«, -e, -o im Griech. 78 f.
von -S, -I, -Ö, 'ü im Lat. 315, 318.
Apollonius Dyskolus 5.
Archaismen, lat. in der Dichtersprache er-
halten 245; durch Nachahmer 246; de-
cken sich mit Vulgarismen 246.
Asper, lat. Grammatiker 239.
Aspiratae siehe Konsonanten.
Aspiration in der Schrift unbezeichnet bei
den griech. Aspiraten im alten und
*) Vier Stellen sind des Zasammenhanges halber aus der lateinischen Syntax in dietefl Yerzeldmit
aufigcnommeu worden (Ennius, Latein (Geschichte desselben, sUbemes), Vnl^&rsprache).
880
I. SaohveneiohniB zur griechisohen nnd lateinisolieii Chmmmatik.
vulgären Lai. 251 ; in der Schriftsprache
ste^ bezeichnet 251 ; h nach falscher Ana-
logie zu r hinzugefügt in gallischen und
echtlateinischen Wörtern 252.
Assimilation, progressive und regress. der
Vok. im Griech. 37, im Lat. 270 f.
Augment siehe Verbalflexion.
Auslaut, absoluter und bedingter im Griech.
75, im Lat. 315.
Auslautsgesetze im Lat. 315 f.
Aussprache des Griech. und Lat. siehe
Lautzeichen.
Bailly 244, siehe Br^al.
Bocker K. F. 6.
Betonung: griech. 81 ff.; beruht auf den
Angaben der Alexandriner 87; des les-
bischen Dialekts 87; des dorischen 87;
ältere Bet. des Ijat. nachweisbar durch
den Schwund der Vok. der 3. oder. 4.
als der nachtonigen Silbe, durch Bet.
der drittletzten Silbe bei langer Pänul-
tima und durch die Vokalisation der
nachtonigen Silbe 319 ff.; Accent, in-
dog. seinem Wesen nach dargestellt 82 ;
des Altgriechischen wesentlich musika-
lisch oder chromatisch 81 ; im Griech.
durch Analogiewirkung gestört 86; des
Lat. wesentlich exspiratorisch-energisch
317; Wortaccent der idg. Urzeit frei
84 ; indog. im Griech. noch festgehalten
84, aufgegeben 85; griech. durch das
Dreisilbengesetz beschränkt 84 ; lat. durch
das Dreisilbengesetz und die Länge der
Pänultima 318; scheinbare Ausnahmen
von dem letzteren Gesetz durch Apokope
oder Synkope zu erklären 318; Accent
im Vokativ zurückgezogen im Griech.
117, im Lat. 335; Accentbezeichnung,
überlieferte, des (4riecb. berücksichtigt
den Silben-, Wort- und Satzaccent 81 f. ;
Akut und Zirkumflex aus der idg. Grund-
sprache ererbt 82; Acutus im Lat. 318;
Gravis im Griech. 83, im Lat. 319; Zir-
kumflex, sclileifender im Griech. aus
der Grundsprache erer)>t 82, rocessiver
und Kontraktionszirkumflex 83 ; Zirkum-
flex, lat. walu*scheinlich eine Fiktion
der Grammatiker 318; Dreisilbengesetz
im Griech., Entstehung desselben 85, im
Lat. 318, 319 Anm. ; Barytonesis im
Lat. 318, Euklisis und Prokliais 319,
Exspirationsintensität und -extensität 318,
Prosodia media 319.
Bröal, Dictionnaire etymologique 244.
Brugmann, Grundriss der vergl. Gramm. 244.
Büchelers Arbeiten auf dem Gebiet des
alten Latein 243.
Cäsar, Staatsmann und Gelehrter 239.
Claudius, Appius, verbessert das lat. Al-
phabet 239, 250.
Claudius, Kaiser, vermehrt das lat. Alpha-
bet um drei Zeichen 251.
Cookson 243.
Corssen und seine Verdienste um Erfor-
schung des Lateinischen 242, 255.
Curtius G. Arbeiten zur vergl. Gramm, des
Griech. und Lat. 243.
Deecke's auf das Italische bezOgliche Arbei-
ten 243.
Deklination der Nomina im Griech. 99 ff.,
im Lat. 323 ff. ; der Pronomina im Griech.
129 ff., im Lat. 848 f. t-Deklinadon
und deren Einfluss auf die »-Stfinune
im Griech. 103; ü-Dekl. u. d. Einfl.
auf die u-Stämme im Griech. 103.
Deponentia, lat. mit passi vischerFlexion360.
Dialekte des Griech. 16 ff. ; arkadiach-kj-
prischer 20 ; elischer 20 ; painphylischer
21 ; homerischer Kunstdialekt 21 ; dori-
sche Gruppe 18 f. ; ionisch-attische 17 f.;
nordostgriechische (äolische) 19 f.; nord-
westgriechische 19 ; des Italischen 247 f.;
des Lat. 246 f. Anm. 2.
Dialektmischung 11; in griech. Litten-
turdenkmälem 21.
Diomedes, lat. Granmiatiker 240.
Dionysius Thrax 5.
Diphthonge siehe Vokalverbindungen.
Donati ars 240.
Doppelformen eine Folge der satzphone-
tischen Gesetze 76, 81, 315 Vorbem.;
Verallgemeinerung derselben 77 ; bei den
Neutra auf -al, -ar und den Adjektivc^i
auf -w -e im Lat. 315.
fidon über die Aussprache des Lat. 255.
Eigennamen (griecn.) anders betont denn
als Appcllativa 86.
Elision im Griech. in der Schrift unter-
blieben 76 ' ; von auslautendem -e im
ersten Gliede der Zusammensetzung im
Lat. 276 Anm. ; des schliessenden Vokals
in der Nominalkomp. im Lat. 355.
Ellipse 6.
Enallage 6.
Ennius Dichter und Grammatiker 239, 24o:
Sprachbildner 386; führt die Gemination
der Konsonanten ein 253.
Epenthese im Griech. 49; des i nach r
und Q (und /^V) 68; des u fraglich 32,
68; im Lat. nicht mit Sicherheit nach-
weisbar 278 f., 364*.
Ersatzdehnung im Griech. 49, 68 f.: im
Lat. 281, 308 f.
Etrusker 247; ihre Sprache gehört nicht
zum Italischen 248.
ixv^oXoyitt 5.
Flavius Caper, lat. Grammatiker 239.
FlaviuH Soöip. Charisius, lat. Gramm. 241.
Flexion der Nomina durch Analogie vom
Akk. ausgegangen im Griech. 115, 131;
vom Nom. im Lat. 324.
Flexionsendngen 89.
Formen aus falschem Sprachgefühl abstra-
hiert (gr. «rra, ovvsxa) 81.
Futurum siehe Verbalflexion.
a. Orieohiadhe und lateinische Formenlehre.
881
Georges, Lexikograph 244.
Götz, glossematische Thätigkeit 248.
Gräko-italische Hypothese 16, 247.
Grammatik, griech. und lat. im Verhältnis
zur vergleichenden (indog.) Sprachwissen-
schaft 8; historische 8, 241; griech.,
Aufgabe derselben 6; Geschichte 7; lat.
von Staatsmännern und Dichtem beein-
flusst 289 ; unter dem Einfluss und nach
dem Muster der griech. ausgebildet
289 f. ; im Mittelalter 240 ; in der neueren
Zeit 241 f.; unter dem Einflüsse der
vergl. und der sogenannten historischen
Grammatik 241.
Grammatiker,' lat., Charakteristik ihrer
Thätigkeit 240.
Haase*s Vorlesungen 241.
Halsey, Ch. 144.
Hauchdissimilation im Griech., progressiv
und regressiv 78 f.; widersprechende
Formen, einzel dialektische Neuoildungen
73 ; Hauchdiss. inredupliziertenFormen74.
Henry Pröcis etc. 248.
Hermann, G. 6, 241.
Herodian, griech. Grammatiker 5.
Herzog 243.
Heteroklita im Lat. 824.
Hiatus im Wortinnem nicht aus der indog.
Grundsprache 87; in der Fuge der No-
minalkomposita uridg. 87 ; im Lat. durch
spätere Neubildung entstanden 855.
Iberier 247.
Imperfekt siehe Verbalflexion.
Infinitive siehe Verbalflexion.
Interaspiration der Kompositionsfuge im
Griech. 66.
Italiker 247 f.
Iterativ formen siehe Verbalflexion.
Japyger 247.
Jordan's Arbeiten zur lat. Grammatik 248.
Keltische Sprachen können eine engere
sprachliche Einheit mit dem Italischen
ausmachen 247.
King 243.
Komparationsformen im Griech. 184 f.,
im Lat. 352 ff. ; ursprüngliche Bedeutung
der komparativen Suffixe 185.
Komparativ, Deklination im Griech. 112 f.,
im Lat. 826 f. ; Neubildungen von Kom-
parativen im Lat. 853.
Komposita beeinflussen die Form des Sim-
plex im Lat. 257, 265; mit dis- 307 f.
Komposition stört die lautgesetzliche Ge-
staltung der nachtonigen Vokale im Lat.
269.
Konjugationen nach den lat. National-
grammatikem 861, Vorb. und Fussnote 1.
Konsonanten 28; indog. unverändert im
urgriech. Auslaut 77; idg. z 64, 298;
idg. 'Z im Attischen 77.
Handbuch der Umb. Altertnmswlneiuchaft. IL 2.
Aspiratae : Mediae aspiratae indog. wechseln
mit Tenues 285 ; Med. asp. indog. im Lat.
294 ff. ; mediae, griech. in /, ^, qp über-
gegangen 52; in tönende Spiranten 51 f.
Tenues aspiratae, idg. 51 ; urgriech. laut-
mechanisch in Tenues übergegangen 58,
nicht in Mediae 58; griech. in tonlose
Spiranten verwandelt 52; im Lat. ver-
treten durch Cfj), t2bl f.; im Lat. 296 f.
Tenues, aspiriert im Griech. 50; vor ^ in
Aspiratae verwandelt 60.
Tenuis und Media im Wechsel schon indog.
51, 291, 298; durch analogische Über-
tragung im Griech. 51.
Verscnlusslaute : tonlose und tönende haben
im Griech. und Lat. die Artikulationsart
der idg. Grundsprache 50, 288; Artiku-
lationsart 24, 50; Artikulationsstelle 24,
58 ff; dentale im Griech. 58, im Lat. 291 f. ;
labiale im Griech.58, im Lat. 292 f.; palatale
im Griech. 58, im Lat. 289 f. ; volare im
Griech. 54 ff., im Lat. 289 f. ; griech. fallen
ab im Auslaut 77 f. ; mit Verschlusslauten
verbunden 56 f. ; lateinische assimilieren
sich in gewissen Fällen folgendem Ver-
schluss- oder Reibelaut 805 f. ; gleichen
sich Verschlusslauten an 805.
Griechische: geminierte nach einem vor-
ausgehenden oder vor folgendem Nasal
vereinfacht 72; geminierte im absoluten
Anlaut und nach Konsonanten 80; durch
Assimilation entstanden und schon im
Urgriech. vereinfacht 80. ß übergegangen
in t7 52 ; y in die Spirans j gewandelt
51; -yz' (urgr.) neben -xg 77; -yv- aus
urgriech. -r^n-, -r^m' 59. d = urgriech.
di- 65; = idg. du- 82; auslautend =
idg. -z (gortyn.) 77 ; auslautend nicht =
•? 78; ^ in ^ übergegangen (dial.) 51,
285; in C (eleisch, ark.) 51 ; cf, *, r nicht
zu a geworden vor ^ 60; -cW- (kret.)
aus -yd' 57; -cW- (anl. <f) ^ C (kret.,
lak., megar., böot., el.) 59; -(Tcf- {-&-) aus
urgriech. -zd- (lakon., kret.) 67. f bei
Homer angeblich Aeolismus 80; in an-
und inlautenden Konsonantengruppen 81 ;
Übergangslaut 88; durch ß dargestellt
52; = idg. su- 82; Schwund desselben
80; /^f bei Homer (?) 81; fh 88. C,
Lautwert 66 f.; = idg. j' 64; aus ur-
griecL g^i, gi, dj 59; für -rr- geschno-
ben im Kret 58, 59. * = idg. dhv; 82;
in a verwandelt (lak.) 52; in tp 53; -i>
(kret.) = -f 77; -»»- (kret.) aus -a»- 64;
^v, vS^Q durch ry^ vxq ausgedrückt (gor-
tyn.) 58. -X aus urgriech. -xg 11 \ -xx-
(lak.) aus -<rx- 64; ^ idg. £tf 82; xr
56 f. ; -xr- neben ai. H 60. A- bei Homer
verdoppelt 81; auch auf etymologisch
nicht berechtigte Wörter ausgebreitet 81 ;
= urgriech. «2 68; A in ^ übergegangen
(spontan) 42, durch Dissimilation 72;
vor Kons. = if im Kret. 42 ; auslautend
= -g im Gortyn. 77 ; -^- hervorgegangen
aus 'dX' 60, aus -Ay- 70, aus -Ijc 49; aus
Aufl. ^)^
882
I. SaohverseiohniB zur grieohisohen und lateinisohen Chrammatik.
'Xy- 50, aus -Atf- im Attischen 60; ver-
einfacht mit Dehnung des vorausgehenden
Vok. 70; -Ä*-, -At- im Dorischen = -vd-,
-IT- 42 ; -X<j' im Inlaut 63. /a- bei Homer
verdoppelt 81; /Aßg, fdßX aus m/, mr 49;
-fm- 62; aus -ßfA-y -Ttfi-^ -(pu- 59; aus
-/iv- (dial.) 40; aus urgriecn. -y/a- 40;
vereinfacht mit Dehnung des voraus-
gehenden Vok. 70. /Ay- aus ui^ech.
bn- 59. y- bei Homer verdoppelt 81;
-V = idg. -m 78; nach Analogie ange-
treten 78; einzeldialektisch verwandelt
in andere Konsonanten 77 ; y i(peXxvaTt-
xoy 80; ausgefallen ohne Dehnung und
Diphthongierung bei urgriech. nSj nz -j-
Kons. 69 ; -yd- (pamphyl.) aus intervoka-
lischem -yi- 60 ; ydg aus nr 49 ; -yy- 62 ;
aus -y/'- 70, aus -yjr (lesb.) 49; verein-
facht mit Dehnung des vorausgehenden
Vok. 70; yy-f y- aus urgriech. *n- 62;
VC -j- Kons, (einzeldialektisch) 69; ur-
griech. -ni- aus idg. -my 40, 49; ur-
griech. -wÄ- aus idg. -ms- 40; urgriech.
-nt- aus idg. -mt- 40. C 64. n- = idg.
pyL- 32; abgefallen in *;it^- 81; durch
Analogie eingeführt in die Formen des
Frage- und Indefinitpronomens 130; -nn-
= idg. fcu 32; -nn- (lesb.) aus -/?/u-, -n/n-,
-(ffA- 59 f.; Tir 56; aus urgriech. />]( 59.
^- aus /p- 42 ; aus urgriech. »r- 42, 63 ;
für X durch Dissimilation 72; -q (gortyn.)
= -tf 77; -Q (eleisch) = idg. -z 77; ^q-
= fQ- nicht urgriech. 81; aus -Qf- 70;
im Lesbischen aus -q^- 49 ; im Attischen
aus -Q<T- 60, 63; vereinfacht mit Deh-
nung des vorausgehenden Vok. 70; -ga-
im Inlaut 63. a tönend 63 f.; tonlos
60 f.; unursprünglich 64; schwindet in
den Lautgruppen gq, aX 63; vor Kons,
verdoppelt 60; inlautend einem Nasal
assimiliert 62; aus urgriech. -nsi- 61
intervok. in q gewandelt (Eretria) 59
-<r- (-/i-) aus -ti- im Lakon., Kypr. 59
auslautend aus urgriech. -xg 77; = idg
-.y.»? 77; dialektisch nicht geschrieben 77
-at- aus -Ti- hl; ad lesbisch für C 59
67; au-, ap- 61, 62; at} durch ^d^ aus
gedrückt im Gortyn. 53; -a^- scheinbar
aus Dental + ^ 57; ad^ in ax überge-
gangen im Boot. 53 ; a^- erhalten oder
zu IX- (,",w-) vereinfacht 61; -a/i- durch
Analogie entstanden oder aus -ism- her-
vorgegangen 62; -anai u. s. w. im pas-
siven Perfekt 94; aa 64; aus Guttural
-f / 57 f., aus urgriech. -/j-, -thi- 58;
-aa- (-a-) aus vorgriech. U 64; vereinfacht
zu -a- 61; at 56 f.; scheinbar aus xt
57. X- = idg. ttjL- 32; auslautend nicht
= vorgriech. -s 78; r' verallgemeinert
in den Formen des Artikels 79; -r^- aus
-a.^- (böot.) 64; -xx- aus -xr- (kret.) 57;
aus -nx- (kret.) 57, (thessal.) 57, 81;
aus -aa- (böot., kret.) 64; aus -ax- (lak.,
böot., kret.) 64; im Kret. für ^ geschrie-
ben im An- und Inlaut 58, 67. -9^-
57. -/- durch Analogie entstanden 1$2;
-/*- 57; 1^ 64.
Lateinische: geminierte urBprOnglich nidit
geschrieben, erst seit Ennios 258 f.; aus-
lautende assimiliert an den konsonanti-
schen Anlaut des folgenden Wortes 317;
auslautende fehlen in der Schrift 316.
h = idg. bh 295; = idg. dh 295; b- aas
du- 302; nicht aus indg. g 290; aas j>
durch Assimilation 293, in griech. Lehn-
wörtern 293, vor tönenden Lauten ent-
sprungen und verallgemeinert 293; aas
-gb' 306; in v übergegangen 255, 294;
-br- aus -ar- im Inlaut 309. c bezeiduet
auch vor hellen Vok. bis zom 6. nach-
christl. Jahrhundert einen Ar-artigen Laut
256; aus qu vor u und Kons. 269, 302:
aus ^ 291 ; ohne sprachgeschichtliche Be-
rechtigung für qu 288; nicht geschwun-
den vor Uj V 290; auch für g verwendet
250; nicht mit im Latein entwickeltem
velarem Nachklang 289; -cc- aus -be-,
-de-, -tc- 305, 306; -cf- aus -cgf- 306;
er- nicht mit Sicherheit in cn- fiberge-
gangen 303. d' = idg. dh' (anL) 295:
auslaut. geschwunden nach langen Vok.
316; aus du- 302; aus l 283; aus r 292:
aus -zd- 307; für t 292; wechselt im
Auslaut mit -t 316; dl-, dr- nicht mit
Sicherheit nachzuweisen 303. f = idg.
gh, ah 294; = idg. dh 295; = idg. W
295; aus bhu-, dhu 303; aus -sf- 302;
dialektisch für 2» im Inlaut 295, 296:
= gr. tp 292; -ff- aus -bf-, -pf- 306;
fr- (anl.) aus sr- 304. g = idg. gk, gÄ
294; g und k nebeneinander in griedi-
Lehn Wörtern 290, infolge archaischer
Schreibung 291; g aus k in gewissen
Lautgruppen 313; ^ nicht mit im Latein
entwickeltem velarem Nachklang 289;
-gg- aus -bg-, -dg- 305; -gn- aus -cn-
810. h — idg. gh, qh 294; im An- und
Inlaut geschwunden 300 f. ; Unbeständig-
keit der Setzung und Weglassung in
arch. und vulg. Lat. 301; h nicht aus
j hervorgegangen 297, 301 ; ä und /"neben-
einander als Vertreter der indog. Aspi-
raten 294, 295, 296. j = idg. }, j 297;
in einen Spiranten verwandelt 255; aus
di- 302. k nur in wenigen Wörtern er-
halten 251. l aus d 292; aus gl anl.
803, inl. 308; aus hl- nicht nachweisbar
308; aus pl- fraglich 308; aus sl anL
804, inl. 309; aus spl-. Ml- 304; aus il-
808; aus vi- 304; durch Dissimilation
aus n 286, aus r 283 ; mouilliert in der
spätlat. Volkssprache 284; -V- = -dl-
810; = -Id- 311; == -In- 308; = -U-
811; =r .//. 311; = -l^- (unsicher) 308; ^
--= -nl- 308; = -rl- 308; -In- aus -Izn- f
318; -Is- aus -les-, -Igs-, -Us- 312, 314:
-Jt- aus -Ict- 312. m im Auslaute sehr
reduziert 316; aus -bm-, -dm-^ -gm- 309;
aus sm anl. 304, inl. 309, 310; lantge
setzlich geschwunden 286; für b (volks-
&. äriecliiKhe and lKt«itiiBche Pormenlshrft.
etymologisch) 294 Anm.; nicht aus f, e
286; -mn- ans -po- 310; -mpl- aus -ml-
308; -mp»; -mpt- ans -ms-, -mt- 312;
-mp-, -mB-, -m(- aus -mbp-, -mba-, -mbl-
313; -mr- QWgegangen in -6r- 286. »
aus I 283; aus m 285 f.; aua r durch
DiasÜD. 283; aus en, gn anl. 303, inl.
31Ü; aus -dn- 309; aus s» oul. 304, inl.
', 310;
. -mir- 312; nd- ,
-mi-
-rfB-,
aus -rfn- (dial.) 310,
■nd- 312, aus -r»- (dial. n. vulg.) 308;
-HH- aus -tirfs-, -nts- 314; auslaut. nach
Thumeysen 352; -nt- aus -nct- 313. j)
vertritt nicht idg. q in echt iat. Wftrtem
290; für ß in griech. Lehnwftrt«ru 293;
auapy- 303; -pp- aus -6/j-, -dp- 305;
-pt- aus -it^- 307. g Zeichen fflr die
gutturale Tenuia vor dunklen Vok. 288;
aus p durch Assimilation 289, 293. r
durch Dissim. geschwunden 283; ohne
etym. BegrQndung 283; fDr n 283; ans
d 291 f; aus interrok. « 297 f.; aus vr-
304; r und l nebeneinander (idg. Doppel-
fonnen) 283; vertauscht in aufeinander-
folgenden Süben 283; r aus / durch
Dissim, 282, 283; -rc, -rd- ans -rrfc-,
-rzrf-; -rm- aus -rpm- 313; -rn- kaum
ans -an- 298; aus -rcn-, -*-;«- 313; -rr-
aus ■I-«' 311 f.; ■(■«■ aus -rea-, -rrfa-,
-rs*-313; -rt- aus -rc(- 313, 314; -n-
nicht aus -rgV. 290; -rr- aus -zv- 307.
H t«nloB297 ; intervokal, nicht geschwun-
den 299 Anm. 1 ; im Auslaut nicht laut-
gesetzlich zu r geworden 299; ausl. nicht
geschrieben 317; fUr griech. z im Anlaut
a-il; aus jw- 301; aus -ab- 306; aus «j-,
sif- 303; aus**- 302: aus -r«- 2a3, 312;
aus -a"- 298 ff.; aus at- 802; a- und ac-
nebeneinander 302; -»<'- aus -W-, -csc-
306.
- 313;
-ap- i
-f-'/i- 313; -aa- fili
aoi; aus Denta! + * auü, au» i., aus
Dental + «306. 314; aus -ma- 312; at-
aus pat- 301, aus j**-. sp- 302, inl. aus
-(.«/-, -caf- 306, -j«-/- 307, -»«(-, -rat- 313.
f aasibiliert vor t 255, 291; auslautendes
abgefallen (spBtIat. und faliskiach) 317;
UM pt- 301; aus /«- 303; für (/ 292.
i' — idg. gA mit Labialisierung 295; in
die Spirans verwandelt 255; aus u 300;
nicht aus g entwickelt 300; nicht in f
übergegangen 300; wechselt mit b 300.
-X aus -cta 314. z als Schriftzeichen im
alten Alphabet vorhanden 250 ; fCir a 251 ;
zu Auguatus Zeit unmittelbar aus dem
Griech. entlehnt 2.^1 ; apttÜat. für j 297.
Konsonantendehnung, im Lat. 279 f.
Konsonanz, dreifache im Griech. erleichtert
durch Ausfall van a und 2 71; durch
Schwund des ersten Kons. 72; im LaL
im Auslaute vereinfacht 313 f., 314. Aus-
serdem siehe Konsonanten.
Kontrahierte und unkontrahierte Formen
im Griech. 37.
Kontraktion, urindog. 36; urgriech. 36 f.;
einxeldialektiBChe 37 ; griech. (Krasis) 79 ;
lat 275 f.
Kosenamen, grieoh. 96.
Lachmann, Kommentar zu Lucretius 242.
Latein, afrikanisches, gallisches 246, silber-
nes 388.
Lateiner 248.
Lateinische Sprache in den verschiedenen
Perioden ihrer Entwickltmg 244 ff., 386 fT.
Laute, tfinende (stimmhafte) 23; tonlose
(stimmlose) 23; Dauerlaute, ZwiUings-
laute 254.
Lautgesetze, Begriffsbestimmung 10 ff.;
Allgemeingiltigkcit, Chronologie 1 1 ff;
Ausnahmen erkl&rt 11 f.
Lautstand, indog. 23; lat. im Vergleich
zum indog. 254.
LautveraetEung 74.
Lautwandel, analogischer 12; lautmecha-
nischer 12.
Lautzeichen (Buchstaben), Aussprache der
griech. 22 f., der lat. 254 ff.
Lig
r 247.
Liquid ao, indog. als Konsonanten im Griech.
42, im Lat. 282 f.; als Sonanten und
zwar kurze im Griech. vertreten durch
■a%-, -la-, •ag-, -p«- 43, anlautend immer
«p- 80; im Lat. durch -or-, -ur-, -0I-.
-ul- 284 f.; als lange im Griech. durch
-piu-, -üip-, -l«., -all- 43 f., an), durch
dp- 80; im Ut. durch -Id-, -rd- im Wurzel-
auslaut 285, durch ar- im Anlaut 284,
inlautend -al- 284. Sonantiechee lat. r
stets durch er vertreten 285.')
Livius Andronicus hfilt für das Epos am
Suturnier fest 245.
LQwe, glossographische ThBtigkeit 243.
Lokativformen zu StBdtenameu geworden
122, 341 f.
Lucilius, Dichter und Grammatiker 239;
versucht die beiden verschiedenen i-Laat«
durch ei und 1 wiederzugeben 252, 273.
Marser 248.
Mediae siehe Konsonanten.
Medium siebe Verbalflexion.
Merguet, Formenbildung 243.
Metaplasmen im Lat. 324.
Metathesis von Kons, im Griech. meist
nur infolge falscher Beurieiinng ange-
nommen 75; von 1 und x 161; im l^t.
265 Anm ; von Vok. im Griech.: quan-
titative (Umspringen der Quantität) im
Ion. -Attischen 38 f.
Heyer, L., vergl. Gramm, des Griech. und
Latein. 243.
Modi siehe Verkalflexion.
FODklloD alabe i
884
I. Sachyeneiohnia tat grieohiBohett und lateiniaohen Grammatik.
Nasale, indog. als Eonsonanien im Griech.
39, im Lat. 285 f.; als Sonanten und
zwar kuize im Griech. vertreien dm'ch
-«-, -av-, 'tt/Ä' 41, im Lai durch -en-
(-tn-), -«n- (-im-) 287 f. ; lange im Griech.
inl. durch -a-, anl. durch yä- 41, im Lat.
anl. durch om-, auslautend durch -nä 288.
Nicht geschrieben im Griech. 40, im Lat.
281, 286. In vorhistorischer Latinität
ausgeworfen vor a 314. Reduziert aus-
gesprochen im Griech. 40, im Auslaut
78; im Lat. 286. Einzelmundartlich im
Griech. an den folgenden Anlaut assimi-
liert 78. Der ^ttnrale durch y, y be-
zeichnet im Gnech. 39, 40, durch g, n
im Lat. 312. Vor Konsonanten in den
homorganen verwandelt im Lat. 312.*)
Nasal is sonans im Attischen 42.
Nasalvokal (langer) im Griech. 68; im Lat.
281, 286 f.
Nomina abstracta idg. baryton 110^; n. agen-
tis idg. oxyton 110*; griech. masc. auf
-6üf 100 f., auf 'Xd'^ 97; fem. auf -o»
100; lat masc. auf -a 330 und -w 325 f.
Nomina ohne stammbildende Suffixe im
Griech. (Wurzelnomina) 114 ff., im Lat.
324 f.; mit ursprünglicher Abstufimg
114 f., ohne nachweisbare Abstufung
115 f.; als hintere Kompositionsglieder
1 16 ; mit stammbildenden Suffixen 91 ff.
Durch Hypostase gebildet im Lat. 324.
Nominalkasus:
Nominativ: Bildung, im Singular der
Masc. mit dem Kasussuffix -9 (sigmati-
sche Bildung) im Griech. 116, im Lat.
332 ; Stamm als Nominativ (asigmatische
Bildung nach älterer Terminologie) im
Griech. 116 f., im Lat. 332; der griech.
Masculina auf -a ursprünglich Vokativ
117; der lat. Masc. und -f«-Stämme auf
-a 332 ; der Feminina auf -ecr, -i«c griech.
Neubildung 117; der Neutra (zugleich
Vok. und Akk.) im Griech. 119, im Lat.
332 f. Dual: mit Suffix -e 123; bei den
o-Stftmmen 123 f.; wahrscheinlich plu-
ralisch fungierend bei den ä-Stämmen
im Griech. und Lat. 124, 334; Rest der
urspr. Bildungsweise erhalten in pi-xaxi,
ti-gintt 123», 323, 350. Plural: Masc.
und Fem. mit -es im Griech. 124 f., mit
'fs im Lat. 333 f.; mit -e im Griech.
und Lai 125, 334; lat. -es von den »-
Stämmen auf die kons, übertragen 333;
lat. '18 keine eigene Bildungsweise 333 ;
lat. -08 der ä-Stämme 334; lat. -e«, -e««,
'i8 der o-Stämme Analogiebildungen 334 ;
Neutra mit Suffix -a im Griech. 126;
mit -ä (gekürzt ä) im Lat. 334; der o-
Stämme auf urspr- -ä im Griech. und
Lat. 126, 334 f.; Rest urspr. Bildungs-
weise tri-ginta 126, 334.
Vokativ: Sing.: Bildung im Griech. 117 f..
*) Oriech. Qud lat. KjmIo in kouüotuuitiflcfaer
Sanktion siehe tuitcr KoototMoten.
im Lat. 335. Plur. : durch den Nomina-
tiv vertreten im Lat. 335.
Akkusativ: Sing.: Bildung durch Suffix
-m (nach Kons, griech. -a, lat. -em) im
Griech. 118 f., im Lat 335; der Neutra
im Griech. 119, im Lat. 332 f. Dual:
durch den Nom. vertreten im Griech.
123. Plural : durch Suffix -n» (griech. -a;,
lat. '€8 nach Kons.) 125 f., 385 f. ; durch
den Nom. vertreten im Griech. 125, im
Lat, 335; -ia und -w nebeneinander im
Lai 336; -äs der ä-Stämme vielleicht
ursprünglich 336.
G en e ti V : Sing. : Bildung mit den Suffixen
-Off, -ff im Griech. 119, 120, -m, -t«, -#
im Lat. 336, 337; mit -es, -is im Lat
336 f.; mit Suff, -(a)^ im Griech. 120:
kypr. auf -toy 120; lat auf -i der o-
StlUnme und -äs, -ä\, -ae, -^ttes der ä-
Stämme 337 f.; der lat e-St&mme 338;
kein Suffix -so und -fo im Griech. 120
Anm. Dual: im Griech. 124. Plural:
mit Suffix -üty (wahrscheinlich von den
o-Stämmen übertragen) im Griech. 126;
mit -am, -um im Lat 339; bei den ä-
Stämmen im Griech. und Lat nach der
pronominalen Dekl. 126, 339 f., ebenso
bei den o- und e-Stänmien im Lat. 339;
-tum im Lat auf kons. Stämme über-
tragen 339.
Ablativ: Sing.: Bildung: nur von ^-Stim-
men in der indog. Grundsprache 120,
342; im Griech. nur bei Prenomina mit
Sicherheit nachweisbar 120, zum Teil
zusammengefallen mit dem Instrumental
121; im Lat 342 f.; der Abi. der kons.
Stämme auf -^ urspr. Instrumental 343,
ebenso die Adverbia auf -Ö 343. Plural
(nur im Lat, zugleich Dativ) mit Si^ix
-bus 344; -ibus von den f -Stämmen auf
die kons, übertragen 344; bei den ä-
Stämmen durch den Instrumentalis ver-
drängt 344.
Dativ: Sing.: Bildung: im Griech. echte
Dative nur die Inf. auf -r» und bei den
0- und ä-Stämmen 121; im Lat 340 f.;
bei den lat a- und f-Stämmen verdrängt
durch den Lokativ 340, 341; Dativ der
t-Stämme lat Neubildung 341; D. auf
-M der 14-Stämme urspr. Instrumentales
und Lokative 341. Dual: im Griech. 124.
Plural: im Griech. durch den Lokativ
vertreten 126 f., im Lat mit dem Abi.
gleichlautend 3^ f.
Lokativ: Sing.: Bildung: mit Suffix -i
(vieUeicht idg. I und i 122) im Griech.
121, im Lat 341; Lok. der o-Stfimme
im Ark., Kypr., Boot, Nordwest^riech.
in dativischer Funktion 121 ; desgleichen
die der ex-Stämme im Boot ; de^eichen
die der übrigen Nominalstämme allge-
mein griech. 122; die griech. und lat
Lok. der ä-Stämme vielleicht einzel-
sprachliche Neubildungen 121 f., 841;
Lok. der t-Stämme urspr. ohne Suffix
a. Orieohisohe nnd lateinische Formenlehre.
885
auf -^122, 342 ; desgleichen ohne Suffix
von kons. Stämmen 122, 842; die lat.
Lok. auf i urspr. Ablative 842. Plural:
im Griech. mit Suffix -<r/, -tny 126 f.,
-oiai 129; -eaaij -aaat, (herakl.) Neubil-
dungen 127.
Instrumentalis: Sing. :BildungmitSuffix
-a 128; nur in adverbieller Erstarrung
erhalten im Griech. 128, im Lat. in abla-
tivischer und adverbialer Funktion 848.
Plural: in dativischer Funktion bei den
o-Stämmen auf -ot;, -la ausgehend im
Griech. und Lat. 128, 848; darnach auch
der Dativ des Plur. der ä-Stämme im
Griech. und Lat. unabhängig voneinander
neugebildet 128, 848 ; im Lat. auch aus-
gehend auf -e«, -eis 844; vielleicht dia-
lektisch die lat. Bildungen auf -o«, -as 844.
Reste untergegangener Kasus: im
Griech. Kasus auf -fft^(v) bei Homer 128 f. ;
83ni taktische Funktion 211 f. Im Lat.
Adverbia auf -im (Instr.?) 844 Anm. 1,
und -tus (Ablat.) 844 Anm. 2.
Nominalkomposition (Form und Bedeu-
tung) im Griech. 188 ff., im Lat 854 ff.
Vier Klassen von Komposita in den idg.
Sprachen 188, 854; werdende Komposita
138; Unterscheidung zwischen einheit-
licher Zusammenseizung und syntakti-
scher Wortverbindung 138; das 1. oder
2. Glied im Übergang zu einem präfi-
xalen oder suffixalen Element 188 f.;
Komposita, deren 1. Glied der Stanmi
eines dekl. Nomons oder Pronomens ist,
im Griech. 130 f.; der Stamm durch
Kasusformen im ersten Gliede verdrängt
140; verbale Umdeutung des 1. Gliedes
im Griech. 140 f., im Lat. 355; Kompo-
sita mit einem nur in der Komposition
auftretenden Wort im 1. Gliede 141;
Komposita mit einem (auch selbständigen)
adverbialen Worte im 1. Gliede 141;
Komposita mit einem Kasus oder erst
im Griech. zum Adverb gewordenen
Worte im 1. Glied 141 ff.; Juxtaposition
im Lat. 354; echte Komposition vm. Lat.
354 f.; Kasuskomposita im Lat. 855 f.;
Bedeutung bei der Stanunkomposition
nur aus dem Sinne zu erschliessen 142;
der Gegensatz von unterordnenden und
beiordnenden Kompp. aus der idg. Grund-
sprache ererbt 143 ; unterordnende Kompp.
im Griech. 143, im Lat. 356; keine alle
unterordnenden Kompp. richtig unter-
bringende Klassifikation mögl. 148 Anm. ;
beiordnende Komposita im Griech. 143 f.,
im Lat. 356; mutierte Kompp. im Griech.
144, im Lat. 856; nicht mutierte Kompp.
im Griech. 144, im Lat. 356; Pseudo-
kompp. 141 Anm. ; Einteilung der Kompp.
im allgemeinen 856 Anm. 1; Einteilung
der lat. nach den alten Granunatikem
356 Anm. 1; die lat. Sprache arm an
Nominalkompp. 856 Anm. 2.
Nominalstämme (nominale Stammklassen)
im Griech. 90 ff. (siehe Suffixe), im Lat.
828 ff.; idg. i?-Stämme, Flexion 102.
-cf-Stänune in der Deklination mit den
t- u. t-Stämmen vermischt 110; t-Stämme,
Flexion 102; Neutra auf -{xa, Deklina-
tion 98; a'-Stänmie und deren stammab-
stufende Deklination 108 f. ; -ov-Stämme
(Masc.) in die Deklin. der -oi^T-Stänmie
übergegangen 105; ^-Stämme mit stamm-
abstufender Deklination 106 f. ; cr-Stämme
mit abstufender Deklin. 110 f. Yoka-
lische zu konsonantischen abgestumpft
im Lat. 828, 828 f. ; a-, o-, u- und kon-
sonantische Stämme in der Zusammen-
setzung in f-Stämme übergegangen 829 ;
ä-Stämme 880 f.; Dentalst. 325; diph-
thongische 881 ; e-St. 831 ; Guttiiralst. 325 ;
t-St 328 f.; -ie-St. idg. i-St. 881 ; Labialst.
825 ; Liquidast. mit Spuren urspr. Stamm-
abstufung 828; Nasalst, mit urspr. Ab-
stufung 327 f. ; r-Stämme im Wechsel mit
n-St. 328; -io-, o-St. 330; «-St. und zwar
mit Abstufung -cw-, -es- 325 f., in »-St.
übergegangen oder ursprüngliche Dop-
pelst. 826, auf -w-, 'U8 326; M-St. 829 f.
Im 1. Gliede der Zusammensetzung im
Griech. 189, im Lat. 854 f. T*-St. im
Griech. in der Komposition an den <r-
Aorist angelehnt 100.
Neue, Formenlehre 248.
Neuschöpfungen des Griech. 16, des Lat.
357.
Nigidius Figulus, lat. Grammatiker 289.
Orthoepie 256 Anm.
Osker 248.
Päligner 248.
Partikeln im Griech.: -y 182; im Lat. -ce
847; -ew, -om 847*; -? (stammerweitemd)
849; -met 848 Anm. 8; -pte 347*; sed-,
86' 346.
Partizipien siehe Verbalflexion.
Passivum siehe Verbalflexion.
Patronymica, griech. 109.
Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte 7.
Pauli, Arbeiten über die italischen Sprachen
248.
Perfekt siehe Verbalflexion.
Personalendungen siehe Verbalflexion.
Personennamen im Griech. ursprünglich
Nominalkomposita 142.
Philologie, Aufgabe ders. 8 f.; alexandri-
nische 5, lat. 289 f.
Picenum 248.
Pleonasmus 6.
Plusquamperfekt siehe Verbalflexion.
Pomp eins, lat. Grammatiker 240.
Positionslänge im Lat. unterblieben 278
Anm.
Präpositionen im Griech. durch Apokope
oder syllabische Dissimilation verändert
79; lat. sed 846.
Präsens siehe Verbalflexion.
Priscianus, lai Grammatiker 240.
886
I. Sachyerzeichnis der grieohiachen nnd lateimsclieii OrammatiV.
Pronomina, gescbleclitige im Griecli. 129 ff.,
im Lat. 346 ff. ; Deklination in der Ghrond-
sprache fast in allen Kasus abweichend
von der der Nomina 129; im Griech.
hauptsächlich im nom. acc. sing, neutr.
129; Dekl. im Lat. 348 f.; Stämme im
Griech. 129 ff.; im Lat. 346 ff.;*) For-
men der lat. Pr. in späterer Zeit 348
Anm. 4; Personalpronomina im Griech.
131 ff., im Lat. (ungeschlechtige) 345 f.;
die ursprünglich singulare Flexion auch
des Plurals im Griech. noch erkennbar
131; Stämme im Griech. 131 f., im Lat.
345; Deklination im Griech. 132 f., im
Lat. 345 f. ; Reflexivum im Griech. 133 ff. ;
Possessiva im Griech. 134, im Lat. 346
Anm. 1 und 2.
Principienlehre der Sprachwissenschaft 7.
Beduplikationssilben 12.
Reduplizierte Nominalbildungen im Lat
271.
Reinach, lat Grammatik 244.
Reisig, Vorlesungen über lat. Sprachwissen-
schaffc 241.
Rhotazismus im Griech. 60, 61; im Lat.
297 f.
Ribbeck'242.
Ritschi, Begründer der sog. historischen
Gramm, des Lat. 241 f.
Romanische Sprachen, Verh. z. Lat. 246.
Ruddimanus 241.
Sabeller 248.
Sanctius 241.
Satzphonetik 75 ff.
Scaliger 241,
Schriftsprache, allgemein griech. 21 ; lat.
245.
Schuchardt 7.
Schweizer-Sidler, lat. Grammatik 244.
Schweisthal, über Ausspr. d. Lat. 255.
Seelmann, über Ausspr. d. Lat. 255.
Sergius, Kommentator 240.
Servius, Konunentator 240.
Silbenverlust durch Dissimilation imGriech.
74; im Lat. 314 f.
Sonanten 23.
Spiritus asper {H) 65; ans tonlosem/? ent-
standen 65; aus i 65; aus ante- undinter-
Bonantischem « 61 ; aus urgr. s , «j[-, ^-
62, 65; aus unurspr. 8 66; durch Form-
assoziation eingeführt 66; aus der Ver-
bindung mit den vorgesetzten Artikel-
formen entstanden 66; aus unaugmen-
tierten Formen in augmentierte einge-
drungen 150; geschwunden durch Dissi-
milation 66; dicdektisch geschwunden 66;
fiheytiXov und ähnliches 81; gh (kork.)
42); fhf ÄA, fjih, yhf ^Ä 65; A nach ^-
Zeichen der Tonlosigkeit42; Spir. lenis 65.
*) Dio eiii/oloen Formen sind im alphabetischen
Wortiodex oachztueheo, aas dem ich sie hier sieht
wiederholen will.
Sprachforschung, historische 6 f. ; bei den
alten Griechen 5.
Sprachwissenschaft, vergleichende (md<v
germanische) nnd ihre Aufgabe 8.
Stamm als Wort 89.
Stammabstufung aus der idg. Urzeit er-
erbt 89; eine Folge von BetonungsT-er-
schiedenheiten 90; im Lat. in der Rege]
zu einem einheitlichen Paradigma aus-
geglichen 323.
Stellung des Griech. im Kreise der indoe.
Sprachen 16; des Lat. 247 f.
Stoiker und ihre Stellung zur Sprachwissen-
schaft 6.
Suffixe: Zur Bildung von Nomina, Begrvff»*
bestimmung 91.
Indogermanische:*)
-f- 99.
-»-, -i^- 101.
-f-, -ijf- 103.
'ich, -lio-, -to, -iiä 92.
'ien-, -in- (verallgemeinert) 105.
-K«-, -tK»- 112.
-je«-, -iifs- 112 f.
-ifUhf -mo-, -mö, -Inä 93.
'iqo- 99.
-«- 112.
'isto- 98.
-ftt- 100.
-u- 100.
-ti-, -t«tf- 103.
-1^-, -^ä 93.
-y«i-, 'UH' 105.
-ttent-, -if^- 109, 288.
-tf««-, -uet- 113 f.
'U^o- 97.
-uq<h 99.
-en- 104.
•er- 106.
-ero-y -erä 95.
-I». 110.
-eti' 100.
-o- 91 f.
'Öj^ (nicht erwiesen) 100.
-(mo- 93.
-aqo- 99.
'ä 91 f.
'98' 111 f.
'ni' 99.
-UM- 101.
'fto-, nä, 'i^no-f -^nä 93, 278.
-nt' 108 f.
-mi' 100.
-men- 105 f.
-menO'f -menäj -mno-^ -mnä 94.
-mo-f -mä 94.
'titno-y 'ifino- 94.
'rginio- 97.
-i^itnO' 354.
-ri' 100.
-ri4- 101.
-ro-, rä, 'fro-y -frä 94 f.
*) Die Anordnung der einzelnen BnchdUben (aI
getroffen nach der von Brugmaun S. 2-{ gej(eboo»>Q
Einteilung.
a. Griechische and lateinische Formenlehre.
887
-/o-, -lä, -Uo-, IIa 95 f.
-00-, -oÄ- 98.
-Jb-, -kä' 98.
-/- 107 f.
'ti- 100.
-tu- 101.
-ter- 106.
-^pro-, -^erÄ 95.
-^o-, -/ä 96 flf.
-/«/-, -/«/*- 97, 108.
-^ro- 95.
-fro-, -trä 92.
-^i^mo- 287.
-fh-, tld 92, 291.
-6Ä0-, bhä 96.
-xmo- 94.
-«Jo-, 'sfcä 99.
Europäische:
-e/Äro-, -e/Ära 96, 295.
'dhlo-, 'dhla- 96, 295.
Arische:
-ana-y äna- 94.
Altindische:
'trand 94.
Griechische:*)
-atf- 109.
-aiya 102.
-wo- 93.
-airego' 95.
-«Afo- 93.
-rcAo- 96.
'Ctpo- 93, 278.
-«vo- 94.
-ttQo- 95.
-aro- 98.
-a(po- 96.
-y- 110.
-«o- 93.
-eXo- 96.
-6^0- 95.
-earego' 95, 111.
-/ar-, -/fr-, -fsyr- 109.
-/TOT- 108, 113.
-rj/sBvX' 109.
-lyAö- 95.
-jy^o- 95.
-»sq 110«.
-i^/ufi'- 106.
»fAO' 94.
-t« 102.
-ttfto- 92.
-txo- 99.
-//4o- 94.
-ivo'f 'iyo- 93.
-MTXO- 99'.
-l<XT€(fO- 95.
-MTTO- 98.
-X- 110.
-x^o- 99.
-xo- 98.
-XXo- 96.
-^yo 94-
*) Hier habe ich auch alle sufflxartigen Komplexe
aufgeführt.
-y-f -ey-.-oy-^ 'tjy-, -«v- 104.
-o/re^T- 109.
-010- 93.
OTttT' 108.
-^ (-«p, -w^) 106.
-(»0- 95.
•fffiey- 106.
-ovy«, -ovi'o- 93.
-raro- 95, 97, 98.
't€0' (Verbaladjektive) 93.
-rct^ce 102.
'xego- 95.
-riy^-, -ro^- 107.
-xtJQiO' 93.
-riyCf) 96».
-r^fv- 106, 108.
-rfdo- 94, 108.
-r(>t« 102.
-Tv{g) 101.
-vxo- 99.
vXo' 96.
-vAAio- 96.
-v^o- 95.
-ü» 100.
Lateinische:
-äc- 325.
-fl/t-, -ort- 282.
-6/0-, 'bro-, 277, 282.
-6ii»rfo- 381.
-r/o- 277, 282, 291.
-rro- 282, 291.
-CO- 330.
-cundo- 381.
-en- 328.
-fit» (Distribntivzahlen) 351.
-ensimo' 353*; -fw^timo- 351 ; -isimih 351.
-ii;. 325.
-ient' (Grundform -int-) 352.
-mä, 'ino- 278.
-*n^MO- 288.
-io»- 327.
-io- 330.
-ror 352.
-iÖ8- (Nom. *-»?»), if«-, -w- 352.
-issimo- 353, 354 Anm. 2.
-istimo- 353.
-W/0- 353'.
-iewro- 381.
-/o- 330, Deminutiva bUdend 285.
-men 287, 327.
-meno-y -mno-, -mön- 381,
-mew-, -mön- 327 f.
-ment<h 327.
-mo- 330, 353.
-ik/o- 381.
-HO- 330, 351.
-wf- 381.
-o- 330.
-öc- 325.
-^«o- 288, 298, 330.
-ro- 330.
-80- (nicht zu erweisen) 306.
-tat-, -tätü 325.
-<fro- 291, 353.
-tu 291, 323.
888
L SaohTerzeichniB cur g^eoldsclieB Tmd lateiniflohen Grammatik«
'timo-, 'tumo' 351, 353.
'tio- 330.
-tion- 327.
'tlo- 277.
'tO' 291, 330, 351, 353, 381.
-tor- 291, 328.
'fro- 330.
•tuden- 327.
'türa- 381.
-<a<., -fürt- 325.
'VO' 300, 330.
- hypokoristische bei ZDBammengeseteten
Personennamen im Gnech. 142. Zur
Bildung von Adverbien griech. -^ey 133,
-g 121; lat. -s 292.
Supinum siehe Yerbalflexion.
Synkope der Vokale im Lat. 321 f.
Syntaktische Funktion einer Form (imma-
nente und zufällige Bedeutung) 14.
Syntax, Aufgabe der historischen 13 f.;
des vedischen Dialekts 13.
Tenues siehe Konsonanten.
Terentius Scaunis, lat. Grammatiker 239.
Umbrer 248.
Uniformierung der Formensysteme 90, 323.
Y a n i 6 e k , eiym . Wörterbuch der lat. Sprache
244.
Yarro, Antiquar und Grammatiker 239.
Yelius Longus, Grammatiker 239.
Veränderungen des lat. Yerbalsystems im
Vergleich zu dem der idg. Grundsprache
und Gründe ders. 357; satzphonetische
in vorhistorischen Perioden 76.
Yerba.
Griechische auf -aito 158; -«w, -ito, -o«,
-t;<u, «CO, 'ijtOf 'tooi 159; -tt^oi und -lio)
109, 160; -ayta^ -uyta 163; -evo) mit der
Bedeutung einer regelmässigen beruf-
lichen Thätigkeit 160; -C» und -rrm
(-ffffcü) nebeneinander 158; -«crw bezeich-
nen einen krankhaften (tadelnswerten)
Zustand 160; -/crxa) 99, 162; -ocu haben
faktitive Bedeutung 160; -axta 161 f.
Lateinische auf -ao, -eo, -io wechseln
miteinander 367; -ao, -eo, -*o, -uo 367;
'ä8C0y 'iscOj -escOt -feco, -isco 866; -eo,
auf io- Yerba zurückgehend 367; -esso
375 Änm. 2 ; -io, Flexion ders. 366 f., in
die Analogie der abgeleiteten auf -io
übergetreten 366; -oo, nur in spärlichen
Resten erkennbar 367.
causativa im Griech. 161; denominativer
Ursprung nicht erweislich 161.
denominativa im Griech. 159; lateini-
sche auf -ao und -eo mit bestimmt ge-
schiedener Bedeutung 367.
inchoativa im Lat. von Nomina abge-
leitet 366 ; mit kausativer Bedeutung im
Vulgärlatein 366.
intens] va im Griech. 159.
Yerbalflexion im Griech. 144 ff.; im Lat.
356 ff.
Aorist, starker, des Akt. im Griech. 152 ff,
156 f.; starke akt. Aoriste auf -a der
Flexion des <r- Aorists angeschloseen 153;
starker akt. Aorist der themat. Verba
aus einem einzigen Paradigma mit dem
Präsens entsprungen 156 f.; redapL akt
Aorist 157; Reste des starken aJbt. Aor.
im Lat. dem Präsenssystem einverleibt
357, 362. Sigmatischer Aor. im Griech.
167 ff.; Anfügung der Personalendnngeo
ursprünglich unmittelbar 167; a analo-
gisch eingedrungen 167; s unmittelbar
an den Stamm gefügt 167 f.; zwischen
Wurzel und -«- erscheint -*- 168 f.; Vo-
kalisation der Verbalstammailbe 167 f.;
Aoristbildung der denominativen Yerba
aus vorgriechischer Zeit 168; Aoriste auf
'^a und -ifaa durch Fonnübertragnng
weiter ausgebreitet 168, 169; aigmat.
Aoriste nach Analogie der theniaÜscheo
Konj. 169 f. Sigmatischer Aorist im LatL
erbäten im Perfekt auf -si 370 ; in den
Modi des Perf., Plusquamp., Fntanim
exact 373 ff.; auch der coni. imperf.
ein Best des sigm. Aorists 375. ;v-Aoiist
nicht nachgewiesen 362*.
Griech. Passivaorist auf -17»^ 153, auf
'9f]y 153 f.
Augment im Griech. 149 f.; im Lat. ver-
loren 357 ; ursprünglich ein selbstfindigi^
Wort 149; bei vokahsch anlaatenden
Verben 149; bei Verben mit or^rflng-
üch konsonantischem Anlaut 150; Aug-
ment 17- und dessen Erklänrng 150;
arbiträre Weglassung bei Homer 149.
Futurum, idg. auf -siö im Lat. nicht er-
halten 357, im Griech. nicht sicher nach-
zuweisen 171 Anm. Sigmatiaches im
Griech. nach drei Bildungstypen 170 C
vielleicht Konjunktiv des a- Aorists 171
Anm.; Futura vom Perfektsstamm 171.
Lat. auf -bo Neubildung 357, 375 f.: auf
'am, -es u. s. w. ursprttnglich Optativ«
bez. Konjunktiv 376, 378.
Futurum exactum im Griech. 171, im
Lat. 374.
Imperfekt, lat. auf -bam Neubildung 376;
emfaches Imp. nur eram 376; archaisch-
lateinisches auf -am 376 Anm. 1.
Infinitive: erstarrte Kasus 174; griech.
auf -er» 116, 121; auf -^at 174; auf -fity,
-fjiByai 106, 175; auf -^eyai 105, 17.^;
auf 'Hy 105, 175; auf -fieiy 175; auf
'fifjy (gortyn) 104; auf -v (dor., ark.) 17o,
auf '0ai 175. Lat. sämtliche aktive mit
'9e gebildet 379 f.; altüberkommen nur
die Formen auf -er« und vielleicht dur
380; Kasus von ««-Stämmen 326; letz-
teres vielleicht gleich griech. dBt^m 374 ;
die passiven und deponentialen auf -i
dativischen Ursprungs 380; passive auf
-ier nicht sicher erklärt 380 f.
Iterativformen der Präterita im Ioni-
schen 162.
Medium, indog. im Lat. nur in einzelnen
a. QriechlBche und lateinische Formenlehre.
889
Spuren nachweisbar 357, 360, 372 ; wahr-
scheinlich anch als Passivmn fungierend
360.
Modi: Bildung : Imperativ im Griech. 172 f.,
des Perfekts 165, des Akt. im Lat. 378 f.,
des Pass. 360, 379. Injunktiv (unechter
Konj.) im Griech. 172, im Lat. 378, 379.
Konjunktiv im Griech. mit -o-, -e- von
unthematischen Verben 171, mit Suffix
(0, 17 bei thematischen 172, des Perfekts
165; im Lat. 114 f. Optativ im Griech.
und Lat. mit Suffix -k-, iyt- -»- 173 f.,
377; mit Suffix -|- im Griech. und Lat.
174, 377 f.; der Opt. des sigm. Aorists
im Griech. eine Neubildung 170, 174,
375; Opt. des sigm. Aorists im Lat. 374.
Partizipien: Bildung: im Griech. 176,
im Lat. 381 (siehe Suffixe); des aktiven
Perfekts im Griech. 165; stammabstu-
fende Deklin. desselben 113 f.; in die
Analogie der themavokalischen Präsen-
tien übergegangon 114; Dekl. der griech.
Part, auf -ir- 108 f., der lat. auf -«/-
287 f., 325; Nom. des Sing, der griech.
Part, auf -oyt- 109. Part, des akt. Per-
fekts im Lat. nicht sicher nachgewiesen
380; d. sigmat. Aorists 375 Anm.; Part,
des Perf. pass. bez. Supinum, Bildung
298, 306 f. ; Part, necessitatis, Bildung 311.
Passivum: im Lat. eine Neubildung 357 ,
359 f.; Formen vom sigmat. Aorist 374;
der Passivexponent r nicht aus 8 hervor-
gegangen 300.
Perfekt: Bildung: Reduplik. im Griech.
163, im Lat. 368. 369. Fehlen der R.
seit idg. Urzeit 114, 164, 368; AbfaU
im Lat. 368. Stammbildung durch Ab-
stufung im Griech. 164 f.; im Lat. 368 ff.;
Perf. auf -«», -r», -ui im Lat. 370. An-
fügung der Personalendungen ursprUngl.
unmittelbar an die Wurzelsilbe 165, 373;
im Griech. scheinbar themat. Flexion mit
-«- 165 f.; Flexion und Personalendungen
im Lat. 372. Die aspirierten Perf. im
Griech. 166; die Perf. mit -<r^- 166; das
x-Perf. 153, 167. Übergang in die präsent.
Flexion im Griech. 166 f., im Lat. 373.
Synkopierte Perfektformen im Lat. 373.
Personalendungen: Unterscheidung in
primäre und sekundäre 144; speziell per-
fektische 145; des Akt. im Griech. 145 f.,
im Lat. 315, 358 f. (Präsens), 372 f.
(Perfekt), 378 f. (Imperativ) ; des griech.
Med. 147 ff.; des lat. Pass. 360 f.
Plusquamperfekt im Griech. 170, im
Lat. 374.
Präsens: Bildung der Stämme im Griech.
150 ff., im Lat. 361 ff. Themavokallose
Stämme im Griech. 151 ff., im Lat. 362 ff.;
Übergang der themavokallosen Stämme
in die thematische Konjugation im Lat.
361 f. Themavokalische Stämme imGriech.
156 ff., im Lat. 364 ff. Präsensstamm
— der einfachen Wurzel im Griech. 151,
im Lat. 362 ff.; = Wurzel (starke oder
schwache Form) -f themat. Vok. im
Griechischen 156 f., im Latein. 364 f.;
= Wurzel -f ^ im Griech. 153; = dem
redupl. Yerbalstamm im Griech. 154 f. ;
= redupl. Yerbalstamm -+- them. Vok.
im Griech. 157, im Lat. 365; = der
schwachen Wurzelform -f- vv : vv im
Griech. 155, durch «> erweitert 155; =
schwacher Wurzelform -f- *'« * ^^ i™
Griech. 156; = Wurzel -\- no : ne (zum
Teil mit Nasalinfix) im Griech. 162 f.,
im Lat. 365 f. (dazu Verba auf -ayto^
-ino); = Wurzel (starke oder schwache
Form) ■]- i^ ' i^ im Griech. 157 f., im
Lat. 366 f.; = redupl. Wurzel -f ^o : j^c
im Griech. 159; = Nominalstamm 4-
ioiie im Griech. 159 f., im Lat. 367;
= der hochstufigen Wurzelf. -f eip : eie
im Griech. 161, im Lat. 367; = Wurzel
-^ to : te im Griech. 161, im Lat. 365;
= Verbalstamm -f sJeo : ske im Griech.
161 f., im Lat. 366; = dem redupl. Ver-
balstamm -f cxo : axe im Griech. 162;
= der schwachen Wurzelform -f- »'/o •
yf6 im Griech. 163; = der Wurzel -h
do : de im Lat. 365. Scheinbar unthema-
tische Präsensformen im Lat. 364 Anm.
Aorist- und Imperfektpräsentia 365. Präs.
und starker Aorist nur syntakt. unter-
schieden 150.
Supinum, Kasus eines /u-Stammes 329.
Verbalstämme, primäre und abgeleitete,
wechseln im Präsens und in der Tempus-
bildung im Lat. 367 Anm.
Verrius Flaccus, Antiquar und Grammatiker
239.
Verschlusslaute siehe Konsonanten.
Vestiner 248.
Vokal, thematischer 264, 362'
Vokalablaut (-abstufung) im Griech. 44ff.,
im Lat. 263 ff., 285 Anm.; scheinbarer,
durch lautgesetzlichen Wandel entstanden
im Griech. 90; unursprünglicher, durch
analogische Neubildung entstanden im
Griech. 46 f., im Lat. 265 ; Ablaut e : ^
bei den e- Wurzeln im lat. Perfekt 369,
€ : ä 370.
Vokale: idg. als Sonanten im Griech.
24 ff., im Lat. 256 ff. und zwar i, i 24,
258 f.; M, ü 24, 259; e, i 25, 256 f.;
0, ö 26, 258; a, ä 27, 256; 9 27 f., 259
Anm. ; in nachtonigen Silben 267 f. Als
Konsonanten im Griech.: 1 28 ff.,
78, tf 30 f., 78; im Lat. j 260 f.,'* u 261.
idg. u und v nicht zu unterscheiden 65.
Griechische: a in o übergegangen im
Boot, und Thess. 48 ; = idg. -i^, -^ 78 ;
« aus tti{f), nicht vor o- Vokalen 38;
durch Ersatzdehnung entstanden 71; s
in a übergegangen im Eleischen 25, im
Lokrischen 26; in * im Kypr. 48; in e*,
i (dial.) 38; neuion. fo = urgriech. tjo
20; e offen in ion. Bta 39; bezeichnet
geschlossenes e in Keos, Naxos, Amor-
gos 27; fj aus d im Ion., Att 27; in a
890
I. SacliTerzeicliiiia zur griechischen und lateinischen Oramma^
übergegangen im Eleischen 26, in si im
Boot, und Thess. 26, in t 26; offenes B
in Eeos, Naxos, Amorgos 27; nenion.
fjo, eo) = urgriech. do 20; » aus -tyr-
70; aus v durcli Dissimilation 72; % aus
V fraglich 72; -t- im Plural der Prono-
mina 129; -t kaum lautgesetzlich elidiert
79; f subscriptum, Verstummen dess. 36;
0 in tt (v) übergegangen im ÄoL, Arkad.,
Kypr. und Pamph. 26; w in ü {ov) im
Thess.; t; = tf bei Dichtem 33; vo aus
vv nicht sicher 72; u-Laut im Griech.
in ü übergegangen 25. In konsonanti-
scher Funktion : i^Übergangslaut im Kjpr.
und Pamphyl. 29; durch y ausgedrückt
29; i = ii bei Homer 30; \f durch y,
Q, r ausgedrückt 30.
Lateinische: a, e neben f, a anderer
ital. Dialekte oder verwandter Sprachen
257; a und o nebeneinander (Ablauts-
verhältnis?) 264 Anm.; a Übergegangen
in e, t, u 267, 270; in ö 268, ä in «
270; e übergegangen in t 250 f., 267,
270; in o 257, 266, 267; in w 268; svara-
bhaktisch 277; ^übergegangen in i 257,
270; ♦ = ii 261; i übergegangen in e
266, 267, 269; t und e wechsehi in älte-
rer Zeit 268; i longa 253; t svarabhak-
tisch 277; -t- in der Deklination der
Pronomina 349; -n- dissimiliert zu -ie-
271; i = ei 264; o in a übergegangen
258; in au 272; in e 258; in t 270; in
u in griech. Lehnwörtern und in lat. Wör-
tern 267, 269, 270; in ü 268; o svarab-
haktisch 217; o neben griech. v 266; -oi»,
UO' (unbetont) = ü 262; nicht aus an-
lautendem vo- 300; 'Ofh in -av- überge-
gangen 258; -quo' in -cü- übergegangen,
nicht in -quu' 289 ; -vo- in -vu- übergeg.
268; ö ini* 258, 267; -öi?- in -äv- 258;
u in t (fl) 266; in -o- (archaisch und
vulgär) 266 f.; u svarabhaktisch 277;
u lautgesetzlich nicht geschwunden nach
g und im Lat. nicbt entwickelt nach c,
g 288 f. ; ü in ^ übergeg. in der Komp.
267, 270; ü = «jw, oi 264; ü 256,
266, 267, 268; y urspr. durch u (», oe)
wiedergegeben 251 ; zur Zeit des Augu-
stus unmittelbar vom Griech. entlehnt
251. In konsonantischer Funktion 261 ff.;
e in Hiatusstellung 263; i 261 f.; tf 262;
i geschwunden 261 ; u nach c- geschwun-
den 290.
Vokale, anaptyktische (svarabhaktische) im
Griech. 49, im Lat 277 f.; assimiliert
an den Vokal der vorhergehenden oder
folgenden Silbe im Lat. 269, 270, 277,
278; an den Vokal des Nom. in den
abhängigen Kasus 267, 268; gedehnt im
Anlaut des zweiten Kompositionsgliedes
im Griech. 46'; vor gewissen Konso-
nantengruppen im Lat. 281 f.; im Perf.
und Supinum durch Analogie 282; ge-
kürzt vor Vokalen im Griech. 38. im
Lat. 279; Vor i, if Nas., Liqn. -f Kons.
im Griech. 47 f., im Lat. 279; im Lar.
wegen Verschiebung des Hochtons 2^J :
im Auslaut 279; -t im gen. sing, gekfirzt
im Lat. 338; geminierte im Lat. zur Be-
zeichnung der Länge 252 f.; geachwfteht
in der Zusanunensetzung im Lat. 269 IT. :
prothetische im Griech. 42, 48, 67: im
Lat. 278; durch Synkope geschvnmdes
im Lat. 321 f.; im Auslaut abgefaUen
im Griech. 78 f.; im Lat 315, 318. Be-
sonderheiten in der Aussprache im Lat.
in älterer Zeit 255 f.
Vokalverbindungen (Diphthonge): idg.
im Griech. 24 ff., im Lat. 259; mit
langem erstem Komponenten 36, 260.
Griechische: at fibergegangen in tu, fj
im Boot. 35 ; in £» im Thess. und ander-
wärts 35; av 33; et 34; = ? im Korinth.
und Attischen 34; in » gewandelt 35;
ffir 0 ün Attischen 37; ev 33; daf&r ion.
60 34, kret. ov 34; ot übergegangen in
oe, V im B5ot. und anderen Mondarfcen
35; in i 35; in vi, im Kret. und Lesb.
35; ov 33; = ü im Ion. 34; rc durch
Konsonantenschwund und Kontraktion
entstanden 35. Diphth. als Konti:aktion9-
produkte 38; »^-Diphth. im Auslaute 78;
et und ot), durch Ersatzdehnung ent-
standen, keine Diphthonge 71.
Lateinische: ai übergegangen in aei, ae,
e 271 f.; in % Endsüben 259; für e ge-
schrieben 271, für tf 272; = -aii- 272;
ae übergegangen in i 270; au überge-
gangen in a 272, in o 272, in ü 270;
ei nicht sicher als Diphthong nachweis-
bar 272; übergeg. in % und e 273; in
% 264; für % und € geschrieben 273; =
t pinguis 252; = -eii- 273; eu in ou^
Ä, ö übergeg. 275; in i 273, 274 Anm. 1 ;
oi übergegangen in oe, ü 264, 274; in
e 274, in f in Schlusssilben 259, 260.
schwerlich in Tonsilben 274 Anm.; ou
in ü (ö) übeigeg. 275.
Vokalverschleifung im Lat. 316, 317
Anm. 2.
Volsker 248.
Vossius 241.
Vulgär Sprache, lat. 245 f., 386 f.
Wegener 7.
Wölfflin, Archiv f. lat, Lexikographie und
Gramm. 244.
Wurzeln, Zweisilbigkeit derselben 28.
Zahlwörter (Numeralia): Cardinalia nnd
Ordinalia im Griech. 135 ff.; Ordinalia
auf -To- 98; Zahladverbia auf -xi*' 131;
Cardinalia im Lat 349 f., Ordinaha 350 f.,
Distributiva 351, Multiplicativa 351 f.,
im ersten Kompositionsglied im Lat 349 f. ;
Zahlwortkomposita im Griech. 141, im
Lat 354.
Zahlzeichen, lat, zum Teil aus den Bnch-
stabenzeichen der griech. Aspiraten ent-
sprungen 250.
Zerdehnung, epische 38.
I
1>. OriechiBohe Syntax und lateinische Syntax und Stilistik«
891
b. Griechische Syntax und lateinische Syntax und Stilistik.
Ablativ, Adverbialkasus 429 ff., absolutus
485 f. ; nur aus einem Partizip bestehend
398 Anm. 2; causae 429 f.; compara-
tivus 430 f.; umschrieben durch a und
de 481 ; instrumenti 482 ; bei verbis copiae
et inopiae 483; loci (scheinbar) 482;
mensurae 481; modi 480; pretii 480;
qualitatis 481 f.; respectus 480; separa-
tivus (Gebrauch bestritten) 484; bei ut&r
fruor u. s. w. 432, usus est 482, opus
est 488; bezeichnet die Ausdehnung in
der Zeit 414; der Ortsruhe bei den Städte-
namen 488 f.; von Ort und Zeit 435 f.
Adjektive im Griech. 212 f.; nicht scharf
geschieden ^om Substantiv 212; schein-
bar beim Verbum 212; substantiviert
212; imLat.: attributive bei einem sub-
stantivierten Adjektiv 537; mit einer
Beifügung nachgestellt im klassischen
Latein 559; stehen regelmässig vor dem
Substantiv 558; copiae et inopiae mit
dem Genitiv oder Ablativ 483; kompara-
tive mit quam 504; gen. masc. und fem.
im Sing, mit dem genet. partitivus 419;
gen. neutrius am liebsten in den als
neutral erkennbaren Kasus substantiviert
537; als Akkusativobjekte 415; im Abi.
absolutus 436; mit genet. quäl. 419; im
Sing, mit Substantiven verbunden im
Sinne einer Mehrheit 589 f.; mit dem
Genetiv 420 ; mit prae- und per- zusam-
mengesetzte gesteigert 542 ; prädikative
nachgestellt im klassischen Latein 559;
pronominale in stilistischer Hinsicht 549 ;
substantiviert 536 f. ; statt eines Adverbs
539.
Adjektive und Adverbien in parallelen
Satzgliedern im Lat. 579 Anm. 3.
Adverbiale Ausdrücke pleonastisch gesetzt
im Lat. 574.
Adverb ienim Griech. : erstarrte Kasus 200 f. ;
in der Form des Akk. als Akk. der Be-
ziehung zu deuten 205; lokativische 210;
ursprüngliche Instrumentales 210 f., 211;
präpositionale als Konjunktionen verwen-
det 283; im Lat.: attributiv gebraucht
410 f.; aus Akkus, entstanden 418; aus
erstarrten abl. absol. 898 Anm. 2; des
Ortes mit dem gen. part. 419; der Zeit
420; komparative mit quam 504; zur
Steigerung der Adjektive 540; vom Ad-
jektiv getrennt 559; geben ein Urteil
über die Handlung statt der Art und
Weise der letzteren an 581.
Akkusativ, ein rein verbaler Kasus zur
Modifikation des Prädikats 418; Objekts-
kasus im Griech. 203, 205; Kasus des
allgemeinen Objekts im Vulgärlatein 424;
bei Verben im Griech. 203; im Lat. bei
Verben der Bewegung 414, bei medialen
(bes. des Bekleidens und Entkleidens)
415, beim indirekten und kausativen
Medium 413; nach Adjektiven im Lat.
415; mit einem Substantiv verbunden
nur im archaischen Latein 415; mit dem
Genmdium im Nominativ 415; bei em
583; absoluter nur der Vulgärsprache
angehörig 415, 565 Anm.; der Ausdeh-
nung im Griech. 204, im Lat. 414; der
Beziehung im Griech. 204 f. ; des Inhalts,
des Resultats 203; des Zieles 204; des
Maasses im Lat. 431; exclamationis 416;
doppelter imLat. 418, 416; des Plurals
für den Nominativ im Griech. 203; als
Subjekt nur in der spätlat. Bauemsprache
412.
Akkusativ mit dem Infinitiv im Griech.
195 f., im Lat. 478 flF.; als Subjekt nach
unpersönlichen Verben im Lat. 487, nach
adiect. neutra mit esse 487, nach subst.
abstr. mit est 488; bei den verba impe-
diendi 486, cogitandi declarandi und sen-
tiendi 483; bei den Verben des Veran-
lassene u. s. w. 487, des Wollens 485,
des Beschliessens 485, des Bittens, Er-
mahnens, Fordems 485 f., des Affekts
483; nach non dubito und dubium non
est 484; bei videri 484; nach der Ana-
logie der verba declarandi 487 ; bei quia
501, quod 499, quam in der erat, obli-
qua 512, quaniam 514.
Aktionsart des Verbums im Griech. 179.
Aktiv, kausativ gebraucht im Griech. 179.
Allitteration im Lat. 576 f.
Anakoluthe im Lat. 565.
Analogie bei Neubildungen von Wörtern
im Lat. 568.
Anaphora im Lat. 556.
Angemessenheit des Ausdrucks im Lat.
569 ff.
Anschluss, relativischer im Lat. 495; in
klassischer Zeit inmier mehr ausgedehnt
498.
Aorist bezeichnet die eintretende Handlung
179; ingressiv, effektiv, resultativ 184;
in Gleichnissen und Sentenzen 185; kon-
statiert das Faktum 184; auch von in
der Vergangenheit wiederholten Hand-
lungen 184; Tempus der Erzählung im
Griech. geworden 185; bei temporalen
Konjunktionen 185; futurisch gebraucht
185; passiver auf -rjy aus intransitiven
Präterita erwachsen 177; auf -^y 178.
Apposition im Lat. steht hinter dem Be-
ziehungswort 559; statt des partitiven
Genetive 411 ; zu einem Satz im Akk. 411.
Archaismen im Lat. 568 f.
Archaisten im Lat. 569.
Artikel im Griech. 214.
Assimilation der Kasus des Relativpro-
nomens im Griech. 230, im Lat 497 ; des
genus verbi bei coepi desino (queo nequeo
possum) an den abhängigen Passivinfini-
tiv 410.
892
I. SaohTeneiclmiB cor grieclüsclieii und latemischen GramiiiaÜk.
Assonanz im Lat. 576.
Asyndeton besonders häufig in der lat.
Umgangssprache und bei den Annalisten
457, bei Ennius 561; überschwänglich
in der silbernen Latinität 458; bei allit-
terierend beigeordneten Wörtern 577;
formelhaftes zweier Satzglieder 573, 581 f.
Attraktion des Subjekts aus dem Neben-
satze als Objekt in den Hauptsatz im
Lat. 564.
Attribut im Lat. aus Substantiv mit Prä-
position oder dem Adverbialkasus allein
bestehend 411; substantivisches 411.
Ausdrucksweise der römischen Dichter
569 f.; der Prosaisten 570 f.
Ausrufesätze im Griech. 230.
Bedingungssätze, griech. mit el^ «^ grös-
stenteils Wunschsätze 192; mit ei {idy)
c. coni. aor. = lat. si c. fut. exacto 186.
Begriff, spezieller durch einen andern er-
klärt im Lat 574.
Beiordnung siehe Parataxe und Satzver-
bindung.
Chiasmus im Lat. 556.
Comparatio compendiaria im Lat. 580.
Consecutio temporum durch die psycho-
logische Betrachtung wesentlich verständ-
licher 493.
Dativ, echter im Griech. 208, im Lat. 424;
mit Instrumentalis und Lokativ ver-
schmolzen im Griech. 207 f., mit dem
finalen Lokativ im Lat. 424; Kasus der
beteiligten Person oder Sache 424; beim
Passivum zur Bezeichnung der handeln-
den Person im Griech. 211, im Lat. (dat.
auctoris) 426 f.; des Standpunktes im
Griech. 209, der Relation im Lat. 426;
zur Bezeichnung der beteiligten Person
(ethicus) im Griech. 209, im Lat. 426;
bei Adjektiven im Lat. 428; beim Kom-
parativ im Spätlatein 431; bei Verben
im Griech. 208 f. ; adnominaler im Griech.
209; instrumentaler im Griech. 210 f.,
lokativischer 209 f.; commodi im Lat.
425; finalis 427 f.; possessivus 425; prä-
dikativ konstruiert 426; bei einem ver-
balen Personalsubstantiv 426.
Deklination, griech., griech. Eigennamen
dringt seit Quintilian in die Prosa ein 566.
Deponentia im alten Latein häufig in ak-
tiver Form, ebenso bei den Archaisten
und im Sj^ätlatein 409 f.
Diminutiva im Lat. 574 f.
Doppelfrage im Lat 456 f.; indirekte 476 f.
Doppelpräpositionen im Lat. 454.
Dual im Gnech. schon zu Beginn der Ober-
lieferung im Niedergang begriffen 198;
mit dem^Plural verbunden 199.
Einfachheif^des Ausdrucks, EigentQmlich-
keit des alten Latein 579 ff.
Ellipse des Prädikatwortes im Lat. 399;
von esse 399 f.; des Verbums in Eon-
sekutiv8ätKeninderUmgang88praclie5I8;
stilistische Bedeutung 580; mit Uiurecbt
angenommen bei ^^m 503 f.
Figur a etymologica im Lat. 575 f.; beson-
ders begünstigt durch griech. und he-
bräische Vorbilder 576.
Frage, indirekte im Altlatein noch häufig
im Indikativ 474.
Fragesätze, indirekte im Griech. 231 f..
233; latein. entweder Ergänzungsfiragen
(Yerdeutlichungs-) oder Best&ügiuigs-
454 f.; letztere ursprünglich nur durch
die Betonung vom BehauptongssatE ver-
schieden 455 ; mehrere zu einem einheit-
lichen Satze vereinigt 564; mit FiiuJ-
Bätzen mit ut verbünd^ 518.
Fragewörter zur Einleitimg der einfachen
mdirekten Frage im Lat 475 f.
Fremdwörter, griech. von denröm. Schrift-
steilem im fldlgemeinen gemieden o66;
durch christliche Schriftsteller eingef&hit
567 ; keltische 567 ; semitische, besonders
im Gebiet des sog. afrikan. Latein 567 f.
Futurum hat ursprünglich voluntative Be-
deutung (?) 187; nach ov fiij 195; -^lytf-
Fut. dem -rja-Fut nachgebildet 178; gno-
misches Tempus im alten Latein 405.
Futurum exactnm im Griech. 189; ein ein-
faches Fut. 180; im Lat 406.
Gegensatz durch ipse bezeichnet 545.
Gemination der Wörter ün Lat. 573.
Genetiv, ein grammatischer Kasus 416 ff.;
auf 'og und -äs hat seit nridg. Zeit auch
Ablativbedeutung 205 ; echter im Griech.
206, ablativischer bei Verben und beim
Komparativ 207, lokaler und temporaler
206, absoluter echt oder ablativisch 197;
im Lat. : attrib., Stellung 559 ; comjpara-
tionis kein Gräzismus 431; definitivua
417, 423; exclamationis 424; obiectivus
418; partitivus 419, mit dem substant.
neutr. plur. verbunden 537; possessoris
417 f.; prädicativus 420; pretii 422; qua>
litatis 418; subiectivus 418; nach den
adiect. relativa 420 ff.; bei Verben ge>
richtlicher termini technici 421 f., des
Erinnems und Vergessens 422, bei un-
persönlichen Verben 423; eines synony-
men Substantivs bei einem Subst Eigen-
tümlichkeit der afrik. Latinität 417.
Genetive, abhängige, gehäuft im Lat 418.
Gerundium, Genet. nach den adiect rela-
tiva 421 ; definitiv gebraucht 417 Anm. 1 ;
als gen. qualit 418; final 420; Dativ
bei Adjektiven und Partizipien 429; Abla-
tiv modal gebraucht 430, temporal 435 :
selten in der Apposition 411 ; drängt den
Gebrauch des Infinitivs zurück 481.
Gerundivum beim Dativ der entfernteren
Beziehung 425; beim dat finalis 428;
selten in der Apposition 411; mit seinem
Nomen nicht übereingestimmt 403 Anm. 1
b. Orieohische Syntax und lateinische Syntax und Stilistik.
893
Geschlecht der Substant. im Griech. 197 f.
Gräzismenin syntaktischen Konstruktionen
567; im Gebrauche des Nom. mit dem
Inf. 488.
Handlung, abgeschlossene 181; dauernde
181.
Hauptsatz, unpersönlicher, an den Neben-
satz angeglichen im Lat. 564; unmittel-
bar aufs Relativum folgend 564.
Hendiadyoin im Lat. 572.
Hintersätze im Griech. 228.
Hyperbaton 558.
Hypotaxe siehe Unterordnimg.
Hypothetische Perioden im Griech. 522 ff.
Imperativ im Griech. 193; futurum Lat. 409.
Imperative ohne Verbindung nebeneinander
gestellt im Lat. 458.
Imperfekt im Griech. bezeichnet die Hand-
lung in ihrer Entwicklung 182; schildert
vergangene Ereignisse 188; bezeichnet
die wiederholte Handlung 184; die Be-
deutung de conatu nicht ausschliesslich
dem Imp. eigen im Lat. 405.
Indikativ, alleiniger Träger der Zeitbedeu-
tung 180; Modus der verstandesmässigen
Betrachtung 193; irrealer im Griech.
198 f., optativischer 198 f.; des Fut. im
Altlatein mit weiterer Gebrauchssphäre
408 f.; des Imperfekts in irrealen Be-
dingungssätzen 528 f. ; eines Präteritums
im Nachsatze hypothetischer Perioden bei
konjunktivischem Vordersatz 524; lat.
Ind. statt des deutschen Konjunkt. 408 f.
Infinitiv als nomen agentis gegen die Dia-
thesis von Haus aus indifferent 178;
sekundär ans verbum finitum angeglie-
dert 177; futuri griech. Neubildung 188;
Gebrauch im Griech. 195 f.; der finale
und imperativische Gebrauch auf die
Dativform zurückgehend, lokativische
Funktion nicht mit Sicherheit nachzu-
weisen 195; epexegeticus im Griech. 195;
des Präsens im Griech. als Vertreter des
Impcrf. in der orat. obl. 188 f. ; des Aorists
ohne Zeitbeziehung 186; des Perfekts
187; nach nQiy (naQog) 196; im Lat.:
als Subjekt 481 f.; mit Attributen ver-
bunden 481 ; als Objekt und mit Präpo-
sitionen Verbunden 479; in imperativi-
scher Bedeutung 408 Anm. 2; final ge-
braucht 478 f.; historischer 408 Anm. 2;
präs. nach memini 484; fut. nach «/><>rOy
iurOy minor j polliceor 484; perf. statt
des inf. präs. (aoristischer Gebrauch) 489,
490; perf. d. coniug. periphr. als Ver-
treter d. Irrealis beim acc. c. inf. 525;
bei Adjekt. 429; bei Verben des Könnens
und der Möglichkeit 481 ; bei unpersön-
lichen Verben 482, 578 Anm. 2; in miss-
billigenden Fragen 457 ; ausgelassen beim
acc. c. inf. 490.
Ingressive Bedeutung im Lat. umschrieben
durch coepi 405 f.
Kasus, Grundbedeutung nicht ermittelt 1 99 f . ;
von mehreren Formkategorien ohne Kasus-
zeichen 200; lokale und grammatische
200; synkretistische entstanden durch
Annäherung der Bedeutung und Zusam-
menfall der Form 201; im Lat. ange-
glichen an den Akk. einer vorausgehen-
den orat. obl. 581.
K a s u s a s s i m i 1 a t i 0 n (progressive und regres-
sive) im Relativsatz im Griech. 280.
Kasus formen auf -^ey mit Genetivbedeu-
tung 205; auf -(piy bei Homer 211 f.
Kasussuffixe, Ursprung unklar 199 f.
Kirchensprache, lat 888 f.
Komparationsgrade verlieren ihre urspr.
Bedeutung im Lat. 542.
Komparativ mit atque 460; mit quisque
542 f. ; substantiviert im neutr. sing. 587 ;
umschrieben 540 f.; gesteigert durch
Adverbia 541 ; vertauscht mit dem Super-
lativ 542; doppelter bei quam infolge
formaler Ausgleichung 508.
Kongruenz der Genera im Griech. freier
197; des Prädikats bei mehreren Sub-
jekten im Lat. 400; bei mehreren Sub-
jekten im gleichen Geschlecht 401; bei
sächlichen Substantiven als Subj. 401;
mit einem mit dem Subjekt verglichenen
oder mit cum angefügten Substantiv 400 ;
bei einem Relativ- oder Demonstrativ-
pronomen als Subj. 402 f.; hinsichtlich
der Person 402; unmöglich beim histo-
rischen Infinitiv 408 Anm. 2 ; unterbleibt
408.
Konjunktionale Verbindungen, abundante
im Lat. 468.
Konjunktionalsätze im Lat. 498 ff.; ver-
einigt mit Fragesätzen 564; asyndetisch
angefügt in der historischen Periode 562 f.
Konjunktionen der Beiordnung auch in
untergeordneten Sätzen dienend im Griech.
285; im Lat.: ablativische 580 f.; akku-
sativische 498 ff.; lokativische 510 ff.;
korrespondierende 468 f. ; modale 529 ff. ;
pleonastisch gesetzt 574; ungleichartige
zusammengestellt 468 f. ; antequam 506 f. ;
cum 584; zurückgeschoben 557; dum
509 f.; donec 514 f.; etiamsi 527; etsi
527 ; posfquam 505 f. ; priusquam 506 f. ;
qiMm in Korrelation mit tarn, beim Kom-
parativ imd Superlativ, bei komparativen
Begriffen und Zeitbestimmungen 502;
quamquam 507; quamvin 507; quando,
quandoque 508 ; quasi 528 ; quaten us 52 1 f. ;
quia kausal 501 f.; statt des acc. c. inf.
nach den verba sent. 584; quin 529 f.;
quo 580; quoad 521; quod^ kausal und
erklärend 500; in Verbindung mit Prä-
positionen 500 f.; statt des acc. c. inf.
nach verba sent. 584; immer weitere
Ausbreitung in späterer Zeit 500; quom
510 ff.; quomodo statt des acc. c. inf.
nach den verba sent. 584; quoniam 518 f. ;
statt des acc. c. inf. nach verba sent.
584; »i ursprünglich demonstrativ durch
894
I. Sachverzeiotmis zur griechisclien und lateiniBclien Ghrammatik.
Korrelation mit sie tum igitur hypothe-
tisch geworden 522; zur Bezeichnung
wiederholter Handlungen 524; nach Ver-
ben des Affekts 525, des Versuchs und
der Erwartung 525; fragend 525 f.; si
quidem kausal 528; tamenetsi 527; ubi
temporal 520; tU ursprünglich relativ
515 f., kausal nur bei den Komikern
516, temporal 517, konsekutiv 517 f.,
final 518 f., konditional 518; nach facio
und verwandten Verben 519; nach un-
persönlichen Ausdrücken 519; erklärend
519; nach Verben imd Substantiven der
Willensrichtung 519 f.; vor qui in fina-
len und konsekutiven Relativsätzen im
AlÜatein 493; nachgesteUt 557 ; statt des
aoc. c. inf. nach verba sent. 584.
Konjunktiv im Griech. in voluntativer Be-
deutung 190 f., in deliberativer 191, in
futurischer 181, 191; im Lat: nimmt
ursprünglich teil an der mdikativischen
Bedeutimg der Tempora 493; vereinigt
die Bedeutung des Konj. und Optativs
406 f. ; als Jussivus 408 ; in optativischer
Funktion 407; als Potentialis 408; prä-
sentis statt des coni. imperf. im alten
Latein 407; futuri nicht vorhanden 493;
imperfecti in irrealen Bedingungssätzen
528 ; bezeichnet den irrealen Wunsch 407 ;
perfecti und plusquamperfecti d. coniug.
periphr. als Vertreter des Irrealis 525;
hypothetischer 408; der Wiederholung
bei quam 512; Modus der Abhängigkeit
im untergeordneten Satze, später wieder
vielfach vom Indikativ verdrängt 492;
in missbilligenden Fragen 457; in der
indirekten Rede als Regel anerkannt im
klassischen Latein 475.
Konstruktion tino xoirvov im Lat. 582.
Konzinnität des Ausdrucks ein Gesetz der
klassischen Latinität 578.
Kopula mit folgender Negation im Lat. 458.
Kürze des Ausdrucks eine Eigentümlichkeit
des alten Latein 579 ff.
Ländernamen selten im Ablativ ohne Prä-
position 434.
Lehnwörter, griech., im Lat. 565 f.
Lokativ im Lat. 437; finaler 128; mit dem
Dativ zusammengeschmolzen 424.
Lokativformen auf -oi für den Genetiv
gebraucht im thess. Dialekt 205.
Mannigfaltigkeit der Darstellung im Lat.
572 ff.
Medium, kausativ gebraucht 179.
Metaphern im Lat. 575.
Mo dal Partikeln im Griech.: «V 189 f.;
xit^ 189 f., 194.
Modi des Präsens im Griech. und deren
Bedeutung 183.
Heben Sätze, lat., mit ne 478.
Negation durch eine folgende nicht aufge-
hoben, sondern verstärkt im Lat. 461;
beim Imperativ 409; in Wunsclis&izec
407.
Negationspartikeln, griech. ov und w^
189, 194.
Neologismen (Neubildungen) im Lat. 56><.
Nomen beim Relativum altlateinisch 496.
Nomina, allitterierende beigeordnet im Läi.
576 f.
Nominalstamme: a-Stänmie gen. masc. und
o-Stämme gen. fem. griech. Neuerung 197.
Nominativ als Subjektskasus im Griech.
202 f., im Lat. 412; des Plurals &ber-
nimmt die Funktion des Akk im Griech.
203 ; des Plur. gen. neutr. mit dem Prä-
dikat im Sing, im Griech. 199; statt des»
Vokativs im Griech. 202, im Lat. 412;
nicht einbezogen in die Konstruktion im
Lat 412; absoluter im Lat. 565 Anm. 1.
Nominativ mit dem Infinitiv beim Passiv
der verba sentiendi und declarandi im
Lat. 488; sehr ausgebreitet in der spä-
teren Latinität 489.
Objekt, inneres im Lat. 414; persönliches
oder mindestens substantivisches statt
einer präpositionalen Wendung 581; zu
zwei Verben nur einmal gesetzt 580 ; bei
zwei Verben wiederholt im Vulgärlatein
580.
Optativ bezeichnet den Wunsch und hat
Potentiale Bedeutung 191 f.; auf die
Vergangenheit bezogen 192; der indi-
rekten Rede griech. Neuerung 192 : fatori
Neubildung 188; präsentis als Vertreter
des Imperfekts in der orat. obL 188 f.;
desgleichen des Aorists als Vertreter des
Indikativs ohne Zeitbeziehung 186; des
Perfekts 177.
Oratio obliqna im Lat. 491.
Parataxe im Lat. bei den verba sentiendi
und dicendi 471, bei den Verben des
WoUens 472, des Bittens und Ratens
472; Übergangsform zur Hypotaxe vor>
zugsweise nach den Verben der Willens-
richtung bemerkenswert 472.
Parataxen, einfache mit zahlreichen Asyn-
deta bei Tibull 561.
Parataktischer Satzbau der vorklassischen
Prosaiker 562, der Historiker 563.
Parataktische Satzfägung vAi Vergil und
Tacitus bevorzugt 562.
Parenthesen im Lat. 458, 564 f.; durch
qiiod oder id quod eingeleitet 546 ; durch
uf eingeleitet 516.
Partikeln, vorgriech. aus der idg. Grund>
Sprache ins Griech. Übergegangen 221 f.;
aus Adverbien und Verbalformen ent>
wickelt im Griech. 221 ff.; etjrmologisch
aufgeklärte im Griech. zur Funktion als
Partikeln gekommen 224 f.; ohne An-
knüpfung an verwandte Sprachen und
etymologisch nicht genügend klar 225 f.
satzverbindende im Griech. 227; verall-
gemeinernde im Lat., im Alt- und klassi-
b. Chrieolüsche Syntax und lateinische Syntax nnd Stüietik.
895
sehen Latein nur mit dem Indik. ver-
bunden 495; beim Partizip 439 f.; in
stilistischer Hinsicht 553 ff.
Partizipien sekundär ans Verbum finitum
angegliedert 177; ursprüngliche Bedeu-
tung der Part, auf -fjievoq und -to^ 179 ;
des Aorists sehr häufig gebraucht 186;
des Futur, im Griech. hat meist volun-
tativen Sinn 188 ; griech. des Passivums
haben zuweilen den Urheber der Hand-
lung im Genet. bei sich 196 ; ans Ver-
bum angeschlossen 196 f.; ih Verbin-
dung mit Hilfszeitwörtern 196; wieder
zimi Nomen geworden 196; im Latein.:
437 ff. ; attributiv an einen Kasus ange-
fügt 437; bezeichnen nur die Zeitart
437 ; in firgänzungsfragen 455 ; substan-
tiviert 537 ; gehäuft in der historischen
Periode 563; mit einem Nebensatz vor-
angehend in der hist. Periode 562, mit
einem Objektssatz angehängt 563; ab-
solute und konjunkte parallel gesetzt
563; zum Hauptsubjekt konstruiert in
der Konstruktion des acc. c. inf. 564;
zur Wiederholung des vorausgehenden
verbum finitum gesetzt 574; futuri
activi im alten Latein und in der klas-
sischen Sprache noch nicht attributiv an
einen Kasus angeschlossen 438; nicht
substantiviert vor dem silbernen Latein
538; praesentis mit dem Genetiv 421;
im Anschluss an einen Objektsakkusativ
438; activi auch für das Medium ge-
braucht 438; passivi (Gerundivum) be-
kommt Futurbedeutung 438; perfecti
der Deponentia mit passiver Bedeutung
410, 436 ; gleichbedeutend mit dem Part,
präs. 438; der Deponentia und Semide-
ponentia beim abtat, absol. 436; pas-
sivi im masc. sing, in klassischer Zeit
kaum substantiviert 537, ebenso im Plu-
ral 538; im Neutrum häufig substanti-
viert 538; in der Bedeutung eines Ge-
rundivums oder eines Adjektivs auf -W-
Us 539; dixxl 'bundus A\b ; futuri perf.
pas8. praes. pass. bei einem Sub-
stantiv vertreten einen deutschen Satz
439.
Passiv um ohne besondere Form in den in-
dogermanischen Sprachen 177; aus dem
Medium entwickelt 409 ; persönlich kon-
struiert im Lat. 424; zusammengesetzte
Formen mit eaiie und fitiase 405.
Perfekt um im Griech. bezeichnet die abge-
schlossen vorliegende Handlung 179; die
vollendete Handlung 186; hat intensiven,
bez. iterativen Sinn 186 ; historisches der
klassischen Zeit fremd 187 ; logicum im
Lat. ein gnomisches Tempus 405; um-
schrieben 405.
Periode im Lat. begünstigt in ihrer Ent-
wicklung durch tragische und epische
Poesie 561 ; erhält durch Cicero ihre
Vollendung und kunstvolle Ausbildung
562 ; deskriptive 562 ; historische 562 ff.,
durch Livius zur höchsten Vollendung
gebracht 563.
Perioden, Arten derselben im Lat. 561;
des Caesar ermangeln der Abrundung
und Geschlossenheit 563 ; grössere von
Nepos vermieden 563; sorgfältig ange-
legt und ausgeführt von Sueton 563.
Periodenbau logisch bei Catullus und Lu-
cretius 561 ; verfällt im nachklassischen
Latein 562, 563.
Periodische Gruppierung eine Eigentüm-
lichkeit der lateinischen Sprache 561.
Periodisierung, kunstvolle bei Tacitus 563.
Periphrastische Formen 406.
Personalendungen: Grundbedeutung der
medialen nicht bekannt 178.
Pleonasmus bei Caesar 584.
Plural bei kollektiven Begriffen im Griech.
198; maiestaticus 198.
Plusquamperfektum im Griech. 187; ein
einfaches Präteritum 180 ; statt des Per-
fekts oder Imperfekts im Lat. 404.
Positiv mit zwei steigernden Adverbien im
Lat. 541; bei quisque 543.
Prädikat im Lat. 399 f.; abnorm gestellt
557 f.; mit der Apposition übereinge-
stinunt 401, mit dem genus des Eigenna-
mens 401 ; bestehend aus esse mit Ad-
verbien 399 ; umschrieben durch ein part.
praes. mit esse 399.
Präpositionen vorgriechische in die spe-
ziell griech. Entwicklungsperiode über-
gegangen 218 f.; stehen ursprünglich
nach dem zugehörigen Kasus 215, 453;
im Griech.: echte 214 f.; unechte (syn-
taktisch isolierte Kasusformen) 217 f.;
mehrere zusammengerückt 218; mit Ver-
ben verbunden 216; lat. (ursprünglich
Adverbia) mit dem Ablativ 448 ff. ; mit
dem Akkusativ 440 ff.; mit dem Akk.
imd Abi. 451 ff. ; zwischen Attribut und
Substantiv gestellt 559.
Präsens bezeichnet die dauernde Handlung
179; Indikativ an und für sich zeitlos
181 ; futurisch gebraucht im Griech. 182,
im Lat. 404; gnomisches im Lat. 405;
historisches im Griech. 181, im Lat.
404; mit ;r«A«t, ntigog, noxi zur Be-
zeichnung der Vergangenheit 181 f.
Pronomina im Griech. 213 f.; satzverbin-
dende 227; im Lat.: Stellung derselben
559; pleonastisch gesetzt 573 f.; zwei
zusasimengestellt zur Hervorhebung 581 ;
demonstrative im Griech. 214; im
Lat. 545 f. ; ersetzen den Artikel im
Lat. 546; indefinite im Lat. in stili-
stischer Hinsicht 547 f.; interroga-
tive im Griech. 213 f.; ipse bezeichnet
den Gegensatz 545; persönliche im
Griech. 213; heben das Subjekt hervor
im Lat. 397; reflexive im Griech. 213,
im Lat. 543 ; in objektiven Nebensätzen
544, mit ipse vertauscht 544; posses-
sive im Lat. 544; durch ipse verstärkt
545; statt des genet. obiect. 418; Re-
806 !• fiachTeneiclmis snr griechischen und lateinischen Arammaük«
lativpronomen, lat., aus dem adjek-
tivischen (in der ältesten Sprache auch
aus dem substantivischen) Interrogati-
vum hervorgegangen 494 ; in stüistischer
Hinsicht 546; verallgemeinernde im Alt-
und klassischen Latein nur mit dem In-
dikativ verbunden 495, in stilistischer
Hinsicht 548 ; innerhalb desselben Satzes
durch ein Demonstrativpronomen aufge-
nommen 498; Kasusassimilation beim Re-
lativpronomen 497 ; tritt von der ersten
Stelle zurück 557; zum Anschluss der
Sätze verwendet 495, 498; in massloser
Weise zur Einleitung der Sätze von
vulgär schreibenden Autoren 579 Anm.
Prosa, klassische im Lat. 387.
Be ich tum der Darstellung im Lat. 572 iF.
Reim im Lat. 577 f.
Reinheit der Sprache im allgemeinen sorg-
fältig beobachtet von den römischen
SchnftsteUem 560.
Relativsätze, lat 494 ff.; Entstehung 494;
begründende 496; finale mit dem
Konjunktiv 496 f.; kausale in klassi-
scher Zeit gewöhnlich mit dem Kon-
junktiv 497; konsekutive teilweise
im Indikativ 497 ; stehen im Konjunktiv
im Anschlüsse an ein gleichartiges Ad-
jektiv, Partizip oder Apposition 497 f.;
mit Konjunktional- oder Fragesätzen ver-
einigt 563.
Reziprokes Verhältnis im Lat. durch inter
se ausgedrückt 544 f.; bei Caesar 584.
Rückbeziehung auf das Hauptsubjekt durch
is ausgedrückt 543.
Rhythmus, poetischer, von der Prosa zu-
rückgewiesen, aber doch nicht immer
vermieden 560.
Sache gesetzt für das Urteil über dieselbe
im Lat. 580 f.
Satzbau des Sallust steif und einförmig
563; von vollendeter Einfachheit bei
den augusteischen Dichtem 561.
Satzreim (Gliederreim) im Lat. 578.
Satz- und Periodenbau im Lat. 560 ff.
Satzverbindung im Griech. ursprünglich
nur durch den Sinn bestimmt 226 f.;
ohne hinweisendes Wort 227; herge-
stellt durch ai und ei (rj) 232 f. ; durch
Fragepronomina 231 f.; durch Relativ-
pronomina und -adverbia 229 f.; kor-
relative bei parataktischer S%^fügung
233 f., bei hypotaktischer 234; beiord-
nende (parataktisch) bei Homer nicht
treuer erhalten 228 f. Anm.; imterord-
nende (hypotaktische) bereits indoger-
manisch 227; im historischen Griech.
durch Konjunktionen weiter gekennzeich-
net 227 f.
Sätze im Lat. : einfache 397 ff., zusammen-
gesetzte 457 ff.; mit qtiam attrahiert
an den acc. c. inf. 490 f.; mit quod
vertreten ein direktes Objekt 499 ; sub-
jektslose 397 f., 583.
Schriftsprache, lateinische 386 f.
Semitismen des afrikanischen Latein 567 f.
Singular im Griech. kollektiv gebraucht
198; mit dem Plural verbunden 199.
Städtenamen, lat., im Ablativ 433 f. ; mit
Präpositionen 434.
Stilgattungen, lat., verwischen ihren Un-
terschied 571.
Stilistik, Aufgabe der lateinischen bS2.
Subjekt im Lat. 397 f.; durch m aiifg€»-
nonunen, manchmal verstärkt durch dr-
muni oder vero 398 ; regelwidrig gestellt
557 ; substantivisches bei der ersten and
zweiten Person 398.
Subjektsakkuaativ ausgelassen beim acc.
c. inf. im Lat. 490.
Substantive, lat abstrakte von CioMt» an
vermehrt 534 ; in konkretem Sinne 5S^i :
im Subjekt vermieden 535; statt eine«
Sersönlichen Sahst. 535; im Plural (bei
en Dichtem auch mit steigernder Be-
deutung) 535 ; verbalia auf -^ia kommen
im späten Latein wieder auf 534; auf
'io haben aktive mediale mid passive
Bedeutung, b^eichnen die Art und Mög-
lichkeit 534; auf -tos nehmen in der
Zeit des VerfaUes zu 534 ; auf -tor 536 ;
auf -tudo von archaisierenden Schrift-
steilem aufgegriffen 534; auf -/i» und
-sus mit denen auf -io vermischt 5^i4:
pluralia tantum 535 f. ; anfänglich durch
Verba umschrieben werden immer häu-
figer und verdrängen andere Wörter
534 ; diminutiva mit einem adiect. dim.
verbunden 575 ; mit genet. subiect» und
obieci durch den Gebrauch von Präpo-
sitionen gemieden 418; griechische ge-
steigert 212.
Substantivierung durch Ellipse im Lat
538 f.
Suffixe, stammbildende mit Ausnahme von
'O- und -ä an sich indifferent gegen da«
Geschlecht 197.
Superlativ im Singular bei quisqtu 542:
gesteigert durch Adverbia 541 f. ; um-
schrieben 540 f.
Supinum auf -tum ein Akkusativ 414; auf
'U 428 f. (vgl. 341); in separativer Be-
deutung 434 f.; nachgestellt 557.
Synesis des Genus beim Prädikat im Lat.
401 f. ; des Nimierus 400 f. ; bei Genn.H
und Numerus 401 ; beim Attribut nur
vulgär 411.
Synonyma zur Bezeichnung eines Begriffes
verbunden im Lat. 572 f.
Syntax, Aufgabe der lateinischen 389.
Tempora, bezogener Gebrauch derselben in
abhängigen Sätzen 492 f.
Titulatur, offizieUe, im Lat 535.
xjÄtjaig 215 f.
Transitive und intransitive Bedeutung 177.
Unterordnung (Hypotaxe) im Lat. ans der
Beiordnung herausgebildet 470; durch
n. ChneoMsohesWOrterverseiohnisnirgrieohiBohenn.lateinisohen Grammatik. 897
Personen- und Tempusverschiebung 471 ;
ohne Pronomina oder Konjunktionen 470
f.; mittels Relativpronomina und Kon-
junktionen 491 ff. ; mittels Konjunktionen
bevorzugt von den klassischen Dichtem
472.
Variation in parallelen Satzgliedern im
Lat. 578.
V e r b a , intransitive aus transitiven im Griech.
177, im Lat. 416, 551 ; im Lat. : transi-
tiver und intransitiver Gebrauch 413;
mit dem Dativ oder Akkus, verbunden
424; mit dem Genetiv konstruiert nach
Analogie der Adjektive 423; des Affekts
und des prädizierten Machens und Ge-
schehens mit quia 501 ; des Abhaltens,
Abwehrens, Wegnehmens mit dem Dativ
425; exspectandi mit dum 510; kausa-
tive mit dem Infinitiv 479; prädizierte
des Machens und Bewirkens mit quod
499; sentiendi und declarandi mit quia
501, mit qtiod 499; des Streitens mit
dem Dativ bei Dichtem 424; timendi
473 f.; des Wollens mit dem Infinitiv
480 f.; composita 552; mit einer zwei-
ten Präposition verbunden 552 f. ; in der
Bedeutung gleich der der Simplicia 553 ;
sehr häufig gebraucht in der sinkenden
Latinität 553 ; frequentativa in der alten
Sprache gröstenteils im Sinne der ein-
fachen Verba gebraucht 551 ; des Sagens
und Mcinens in indirekten Fragesätzen
pleonastisch gesetzt 574 ; simplicia statt
der composita 552; allitterierende bei-
geordnet 577 ; esse abundant gesetzt bei
den Komikern 399 ; an Pronomina ange-
lehnt bei Cicero 557.
Verbalformen mit aktiven Personalendun-
gen bezeichnen den Vorgang schlechthin
177; haben an sich nicht die Bedeutung
der relativen Zeit 180; reduplizierte haben
kontinuativen Sinn 181 ; mit -ffxoß haben
inchoativen 181; Neuerungen im Ge-
brauche im Griech. 234.
Verbalsystem aus verschiedenen Wurzeln
mit verwandter Bedeutung zusanmien-
gesetzt 179.
Verbindungen, reimende 577 f.
Vokativ im Griech. 202; durch cJ verstärkt
202; prädikativ gebraucht 202; durch
den Nominativ vertreten 202; statt des
Nominativs im Lat. 413; in die Rede
eingefügt 557.
Vordersätze im Griech. 228.
Wechsel der Wörter zum Ausdruck des-
selben Begriffes besonders der silbernen
Latinität eigen 579.
Wiederholung derselben Wörter im Lat.
eine Nachlässigkeit im Ausdruck 579.
Wiederholung derselben Konstruktion in
aufeinandeifolgenden Sätzen vulgärlatei-
nisch 579 Anm.
Wörter ergänzt aus korrespondierenden Satz-
teilen 580; syntaktisch zusammengehö-
rige oder zusanmiengesetzte mit Rück-
sicht auf den Wohlklang getrennt 556 f. ;
zusammengehörige getrennt in beigeord-
neten Satzgliedern durch Zwischenstel-
lung des Gemeinsamen 557.
Wortschatz dos Ammianus 584; des Ennius
583.
Wortstellung, eigentümliche der Dichter-
sprache 560 ; grammatische, gestört durch
den Gegensatz, durch Tonfall und Wohl-
klang 555 ; okkasionelle und traditionelle
555 ff.
Zahlen, unbestimmt grosse oder kleine im
Lat. 550; von Dichtem zerlegt 550 f.
Zahlwörter, Stellung derselben 559; distri-
butive an Stelle der Kardinalzahlen 550,
584.
Zeitbestimmungen durch verschiedene
Kasus ausgedürückt 211 Fussnote.
Zeitstufen 179.
Z eugma 582.
Zwischensätze im Griech. 228.
n. Griechisches Wörterverzeichnis
zur griechischen und lateinischeyi Grammatik, von K, Brugmann.
«-,«»-Cun-') 141,218.
4 kret. 123.
4 herakl. 129.
dßdvtaaiy (Hesych.)
127.
aßarog 96.
a>'rxTo>' (Hesych.) 297.
aßXijga 31.
dßQoros 31.
aydyoxa dor. 46.
dytt»6g 138.
uya/jtai 153.
UyafLii/jtytoy 74.
dyayyigjos 62.
dyao/ÄM 153.
«yi? 220, 224.
dyBlgio 54.
UyiXttog 139, 140.
dyiQaaxog 97.
dyBg 172.
dyijytoQ 46, 106.
dyijoxa 74.
ayiog 92, 176.
dyxtav 54.
dyfjLog 59.
dyyog 28, 176.
dyyvfii 155.
dyyonog 141.
dyQorsQog 135.
dygorijg 97.
Handbuch der klass. Altertiungwiaseiwcbaft. II. 2. Aufl.
dyvta 114.
nyxavQog 107.
dyxi»f 39.
dyta 27, 46, 53.
ddducetog 96.
ddeAffidioy 92.
ddevfpial kret. 19, 42.
d^ijy 55.
ädrjy 27.
ddtTcijei lesb. 159.
898
tt. GrieolüsoheB WOrterr^rBeichBia
adtxijf^eyog ark. 156.
ddvs dor. 27.
^cfcü 36.
udoiQa 144.
dei 38.
deldio 72.
delQü) 157.
dixaactt (Hesych.) 109.
»eAAa 31.
aBQioixog 138.
diQQb) lesb. 157.
äsQaa kret. 48.
Ji<rXQ(^y^(xs böot. 20,
35.
uBXfAa 106.
a€TOff 38.
UfXtSyi kret. 33.
ff/^Toff kret. 33.
aCouai 59.
di^ocJ 117.
ffjy^fc 31, 48, 153.
«jye 106, 107.
yli>a>'«e(i)a korinth.
271.
*J&av€ioy böot. 35.
ä;>«i 121.
'A&ijtt^e 61, 69, 204.
^jaijyM 122.
'J^yrjcv 127, 201.
«*Äo*' 36.
fti>^oo;, «t^^oo; 73.
a£ 192, 225, 232.
«£ 83, 129.
Mayjs 199.
JiyoanoKc/nittjg 138.
aideo/nca 111.
ama^y 178.
atcTft) böot. 20, 35.
«tcTtJff 45, 111.
«ta 27, 111.
aUy 104, 112, 122.
a^ff 111.
aifei 38, 47.
«l'^^e 226.
ai^Q 94.
a?^o»/; 114.
aX»Qa 94.
ai&via 114.
al'^w 27, 295.
nixvoy 68.
«?Ao? kypr. 20, 29,
49, 68.
aiXoxQia el. 49, 68.
aifiicsüjy lesb. 26.
alfioßacftjg 103, 139.
«t()w 157.
cf/a« 259.
Jiciodog 26.
«(Ww hom. 38, 159.
ttiruQ kypr. 236.
ainog 57.
"^/j"*? 08.
«^wV 27, 38, 47, 104,
105.
(tlu)Qn 38.
dxdxovxo 157.
dxeiofjiai hom. 160.
oxfcrTo; 97.
«xxo^ lak. 64.
dxfÄO&eroy 139.
ttXfiioy 39.
«Jxoi; 31.
ccxorffiff 66.
dxovü) 31, 219.
dxQeutjy 106.
ax^o;ro^; 139.
dxxTy- 105.
nxjtJQ 107.
axofi' (ö) 18.
dXöijcxü) 162.
«Acyfti'off 49.
ttXeig)a 106.
dXei<p(tQ 106.
«AftVöi 48, 50, 80.
«Vo»' kypr. 32, 50.
«AiJ^Wß 29, 102.
dXtj&iyog 93.
[«JÄaoff arg. 29.
dXiyto 42.
ttXi^nna lesb. 59.
ttXlaxofitti 162.
'jXxd»oog 139.
'jXxifAidtoy 141.
dXxlfpQtay 139.
'AXxfAÜy dor. 87.
«Axt'cüV 66.
«AA« 83, 221, 224,
227.
«;aä lesb. 123.
«AA«? kret. 123.
ffAAfcüi' (gen.) ion. 65.
aAAi;xrof 42.
ffAAo(f«;r6? 129.
äXXo&ey 133.
crAAoro^ 93.
rVAAo^^ (acc.) el. 201.
aXXog 27, 29, 49, 92,
234.
dXXoxBQQog lesb. 49.
ttXX6TQi,og 95.
«AAv ark. 20, 26.
äXXtog 220.
äXova kypr. 32.
«lo;fo? 26, 54, 73.
dXvlu} lesb. 29, 33.
dXqxtyu} 56.
dXüin?]^ 98.
«>« 114, 123, 211,
220, 224, 234.
ftfidydccXog 72.
ilfAttQxdyü) 163.
dfjdo) 285.
(CfAßQOTOg 31, 49.
«^£ dor. böot. 131, 132.
\4 fxHyoxXeTog böot. 70.
dfieiyoregog 95.
d/neiytoy 70.
«^^A;^a> 42, 48.
dfjiigyb} 42.
«^^? dor. 17, 132.
'Jfitjyiag ark. 70.
UfitjyUa kypr. 70.
dfiijrog 265.
dfjii&Qog 74.
dju^ai (Hesyck) 48.
«Iu^€ lesb. 20, 131,
132.
a^/u6 thess. 20.
(tfifÄsg lesb. 132.
aufjisaiy lesb. 133.
«^^4(1^) lesb. 133.
dufÄog lesb. 134.
«Jum 55, 290.
coio- («fwJff) 41 , 45, 131 .
€tu6&By, dfAo&Bv 73.
o^o; dor. 222.
cr^o; dor. 134.
«^<3Pt 217, 218.
dfjifpiiyyvfAi 70, 155.
dfKfinBgl 218.
dfjLfplcxtti (Hesych.) 73.
d/Ä<pito 171.
d/Ä<poQBvg 74.
UfjKpOTBQOg 86.
dufpoi 96.
«V 189, 220, 221.
«y 225.
«>'« voc. 118.
«V« 204, 216, 218.
dyaßitoaxofiai 162.
dyayijg 110.
dyayxaltj ion. 92.
dyayQtt(pijaBi kret. 18,
171.
dyaldBta 102.
dy-aifx og, dy-alfi, o)»'! 03,
139.
dyaiQeQtjuca 164.
dyayxfu kret. 171.
^Ayhn^lXBfa 65.
dyaQaiQtjfjiat 164.
dyaroXrj 54.
«Vcf« kypr. 221.
«i'cfaCw^at kret. 58.
dyd^dyQitt 139.
dydQcenoda 140.
«(y)cf|pt I «(>')Ta>' kypr.
20. ^
«(y)(fipitwi'a pamph. 40.
«ycTjpfxdf 99.
«ycTjOoyvi'Of 143, 144.
dyB&Blxttiy thess. 147.
dyBfiog 28.
«Ver, «Vfv*', «Wüf 218.
dyeiptog 48, 57.
dysM^a 150.
dyijyvTOi 97.
«Viye 39, 48, 106, 107.
dy^Qtj/btai 164.
dy&Qüinijog 93.
«Vt? dor. 218.
dyyioiTO kret. 50.
«Vrt 207, 217, 218.
dyriu) 170.
dytXdü) 291.
avtXfjy ayrXoy 40, 92,
286
ayxQfonoy kret. 53.
ayvd^og 141.
aKt*ac^ 100.
dyvttia 161.
dyvto 155.
dytpora^og lokr. 48.
«»'öl 70, 163.
aytayuy aytoyat 167.
äyatyoy 170.
dytatBQUi 95.
d^iofctg 100.
a^öi»' 27, 60.
dodfiag 141.
«oCoff 141.
doidog 72.
doiyog 141.
doQXiJQ 258.
aoroV ion. 34.
«71«! 45, 114, 135,
140.
an^aoTos* 57.
^JneiXtoy kypr. 49, 68,
cmeiui 182.
diiBiQwy 105.
aTTcAAai lesb. 50.
UneTltoy ark. etc. 49.
dnrjvQa 153.
0710 (ano) 27, 214,
218.
oTrccffli; ion. 35.
dnoBQüB 811.
d7tofBind&&to kret 64.
'vl;roAAaiWcf(rtt; ark. 38.
dnoQQfjTog 31, 42.
dnotiyoiay el. 25.
dnoTiaig 141.
ft;7oi>^<r^ 31.
«rrv ark. kypr. 20.
cc;Tv<rre'iUtrKro; thess.
26.
«;it'<rroff 56.
dnvTBUKo ark. 158.
«e 43, 221.
«^« 221, 227, 234.
«V« kypr. 236.
«p« 221.
aQaQicxüi 162.
ce^n^vm 165.
aQyaXeog 72.
«p>^V 108.
«^/iJ^wi' (gen. sg.)
kypr. 20, 120.
rt^yt'^pof 96.
a^dt^vaai^o;' 138.
dQsitpaTog 138.
'jQBTivla 49.
ocQBaxog 99.
dqiaxbi 161.
«^frjy 97.
«ViyycüV 103, 105.
'jQtjiXvxog 138.
dQtjiKpaio^ 138.
«ev»' 65, 103, 101
rar griechisoben nnd lateiniachen Grammatik.
899
ttQidsUerog 97.
ccQi^fiog 94.
(eQtartio} 160.
aQUfTBQog 95, 135.
*jQUiToytT6yiog böot.
35.
*jQtüT6&oeyog bÖot. 20,
35.
uQLaroy 31.
aQxe&^tjQog 73.
aQxrog 43, 60, 80.
aQXTvXog 96.
aQfÄSvog 167.
UQfÄoCtO 161.
UQ/ÄOTTO} 161.
n^ydai 103.
agyvfAM 43.
ff^ov^a« kypr. 34.
fr^oa> 282.
n^;rr^(a> 160.
«^71«^ 110.
«^piy»' 60, 63.
aqqrjxog 31.
«(MTjy»' 60, 104.
c7(icrj7? lak. 117.
'JhQciioy ion. 65.
«()t;rai 161.
itQx^Tiohg 139.
dgj^v&itüQog 140.
dg^f'^extiay 140.
ttQX^'^toXirttQxdtrcog
thess. 57.
ae;fw>' 108, 196.
«ff (^wff) dor. 109.
«<r^ 287.
d(rxdXtt(fog 96.
daxttQi^io 67, 219.
ttOfieyog 196.
danaiQü} 67, 157, 219.
uanacfjia 106.
danacrvg 101.
fianidrjfpoQog 139.
danidioy 92.
ftffffa («rr«) 48, 58,
81, 131.
«ffffov 58, 69.
«ffraxri 122.
«<rr«ff epidaur. 70.
liaxaj^vg 67.
icareQOBidijg 140.
dariJQ 67.
dcTQdTitto 59, 161.
«ari; 30, 65, 101.
a<rv^£t 121.
«a<jpe, «ff^?! losb. 68,
134, 346.
r<<r^o(fo>to>' 56.
VlT«Aff(>')Ti7 40.
dtaXiifpQVjy 141.
CC7CC(> 221.
«Tf 224.
«Tf dor. 123.
dr«ÄiJy kypr. 118.
dtsQ 218, 221.
dtiQttfjLyog 28.
'^T^dvetTOff thess. 57.
«T* kret. 224, 230.
dzQaxTog 55, 235.
dzQBxeg, dxQBxiiag 55,
235.
'l^T^fvff lesb. 87.
dxxtty 8. «a<ra.
iixxaci lak. 64.
^rrai 38.
aS 27, 221, 224.
rnJarai' Find. 30 (2mal).
aveXXa lesb. 31.
avxd kret. 42.
avAetoff 212.
avXtjQoy 31.
«VTlJ'Off 141.
«rp« 107.
avQTjXTog 31.
avQioy 63.
ffvff dor. 131.
«t»croff kret. 19, 42.
avre, avxig 27, 221.
avTst dor. 207.
«Jr^rff böot. 35.
ai'xtj 47.
dvxfjirjy 106.
avxoloiQ el. 124.
«JroV 131, 210, 213.
«vroi; (adv.) 207.
ttvcD («t/öl) 73.
«roiff lesb. 31.
dtpiiüxa 26.
d(pXoiau6g 67.
*J<poQdi,xa 219.
dfpQoyita 160.
dtpQüjy 45, 104.
Uxcci/iog kypr. 38.
dxttQiaxBqog 95.
dx&f]du}y 109, 110.
«/pe, «;|f^tff 225, 233.
«V» 121.
dtatoy 46.
/Ja^^dff 96.
/Src^^o»' 96.
iS«iVw 41, 49, 55, 157.
Bttxsvftti böot. 33.
ßdxxQoy 293.
/9«AÄai 05aÄfrv) 43, 55,
156.
ßa/Äßaiyto 159.
/J«!/« böot. 41, 55.
ßdqayxog 49.
ßdga^Qoy 55.
ßdQßKQog 53, 293.
ßttQsta 101.
ßagydfjisyog kork. 43,
156.
/»«evff 43, 55, 100.
ßttciXäeg el. 26.
ßttCiXiog dor. ion. 38.
ßaaiXevxegog 212.
ßdaxta 161.
ßttaxtt^a} 297.
/Jardff 41, 96, 97.
/Jcf^oi 71.
ßeßdttüi ep. 166.
ßeßttQrjtSg 113.
ßeßtttig (ßeßtaaa) 41,
114.
ßeiXofisyog böot. 55.
ßiXBfiyoy 94.
ß^XXeixei {ßeXXofieyog)
thess. 35, 50, 55.
/JeAoff 55.
ßiXxsQog (ßiXxaxog) 98,
354.
ßeXxiüJxeQog 112.
jSfj'fai el. 56.
ßiyxiaxog dor. 18.
ßijaexo hom. 169.
iSt« 55, 116.
ßlßttyxt dor. 154.
jSti?«? 154.
ßißQtoaxü) 43, 55.
/Jtcffot, j9((ft'o( lak. 113.
jSti'^ai 55.
jStoff 55.
^/^V 55.
ßioTtj, ßioTog 97.
ßuSyai, 153.
jSA«/9}7 51.
ßXoatfQtJTJig 103.
ßXfo&Qog 43.
/?Aaiaxa> 49, 162.
ßotjyofiog 140.
ßoixlaq el. 30, 51.
/9oA]; 55.
ßoXXofjtat lesb. 44, 50.
ßoXofJLM 44.
ßooxXetp 140.
/Jo<rxJ7 99.
/Jdffxw 46, 161.
BoanoQog 115.
/Jdrpvff 101.
/9ot> (gen.) 34.
ßovXtjaofÄM 187.
ßovXofjLai 44, 50, 55,
70, 162.
/SoüV 26, 47, 55, 87,
115.
/J^aCw 158.
ßgatdöto el. 59, 67.
/J^«^at 282.
iS^«;r«'f 293, 295, 384.
ßQfjxojQ lesb. 31.
ßgiffda lesb. 31.
/J^ovfiy 40, 97.
iS(>ordff 49, 381.
ßQ0)T1]Q 43.
/JwCiyy, /JwCoV 63.
ßtoXfjfieyvg pamph. 26,
156.
ITai^^^a lak. 93.
i?(ü^<r^a lak. 93.
ßtoxütQ 46.
y« dor. etc. 221.
yayyaXiCo} 72.
y«Äa, ydXaxt' 49, 77.
yafjLßgog 286.
yttfufmyv^ 46.
y«^ 78, 220, 221.
/«^^^ai^oi 159.
y«^y«Äifai 72.
yttQynqitoy 283.
TaQVfoyfjg chalk. 33.
yaartjg 107.
yccxdXtti (Hesych.) 30.
y^ 220, 221.
yeydttCi ep. 166.
yeyaxa Find. 41, 47.
yiya/ÄByy ysydxrjy 45,
165, 170.
yeyaaig 41.
y^yo»'« 90, 165.
ycyo»'«/'« 102.
yeyoyeiy rhod. 167.
yeyQdtpaxai herakl.
166.
yeXayijg Find. 111.
y^Acüff 111.
yey^&Xtjf yiye^Xoy 96.
yeyeuiaxio 161.
yeyBxij 97 (2 mal).
yfi'friy^ 28, 107.
yeyixTjg 97 (2 mal).
yeyixiag 107.
yiyoixv kypr. 20,
y^j'ro 40.
y^^'vff 100.
yeQalrsQog 95.
;/^(>«ff 111, 112.
y^^oi»' 108.
y^ro^ (Hesych.) 30.
yevyvSy (Hesych.) 68.
yfvo» 31, 264.
y€(pvQ6to 160.
y^e«f 111» 112.
yf]Qdax(a 161, 162.
yiyyofiai 59, 157, 196.
;'ty>'w<rxa> 26, 162.
yiyiovfjisyoy böot. 70,
155.
ylyofiai 59, 70.
yiryvuiytcv thess. 70,
155.
yiytoffxio 59, 70.
yXaiyog 158.
yÄar^ dor. 87.
yÄ^i'Off 111, 158.
yXvxvniXQog 144.
/At'^poi 156.
yXtaylg 105.
yyovfjLag thess. 27.
ywl 99.
yytofjLav el. 25.
yyaiaig 100.
yyviaxta epir. 162.
yoyyv^to 56.
yoV«Ta 70.
;^d*'i'a lesb. 70.
rdyy'o» thess. 70.
yoüi'a ion. 7(^ 100.
ygdfjifjia 59.
^1*
900
n. GrieohiBohes WörterveneioliniB
yQttfi/ÄaTiddta böot. 20.
yQ€t<prjyTimess. 18, 171.
yqäqxü 156.
yQttip((y&(o böot. 146.
ygTpog (Hesych.) 31.
yQonnctxa Balbilla 59.
yvvat 77, 118.
yvytj 56.
dafioy 46.
cr«C«*(^)«* kret. 19,
64.
daiJQ 38, 106, 107.
(f«t 225.
dMddXXo) 159.
6aiTv/Ä(6y 106.
daifo 46.
(fax»'!»* 41, 162.
dttXQiioeiy neutr. 119.
ddxtvXog 74, 99.
da/ÄiOQyog 48.
dttfjuijioyxeg böot. 159.
dd/Liytjf^v 156.
d<ifAo\'i^ arg. 18.
dctfJLoxiXriv lesb. 118.
cf«Vo? 27, 46, 111.
dandyt] 310.
cfwTrecfoj'llö, 120, 139,
140.
cfa^i>«V&i 284.
öuQtog 43.
daofjLog 62, 94.
cfaffi'? 329.
ddrra&{&)ca kret. 19,
64.
d"€ 55, 221, 225, 227,
229 234.
<f^ (db^i/tff) 204,221.
cff'dV« 165.
dedieirjp 174.
dedie'yca 175.
dsdiüxo^ca 162.
dedoay&t böot. 146.
dedoixct 32.
dedQoixiug (Hesych.)
32.
dtdiüxa 167.
dedtoxay dor. 165.
cTetcT^/ftr«* hom. 164.
deldifiey, deldi&i hom.
32, 165.
(fftcTw hom. 29, 165.
deixvvfxi 155.
(fftÄtj'd^ 93.
öelXofica lokr. delph.
50, 55.
dsi/naXeog 96.
deiyog 32.
dsiTtyoy 68.
deix^V^^^^ ^or. 178.
dVx« 41, 53 (2 mal),
137.
<ffx«T6'ro^fff(acc.)delph.
19, 203.
(f6x«To? 98, 137.
cfex«ff 110.
dexdxiXoi hom. 137.
dexoTog lesb. ark. 41,
137.
(feAAoi ark. 51, 55.
deXfpttxiyf} 24, 93.
cffA^jp«! 99.
deXfpiy, deXgjig 105,
322.
JfÄ<3pot 122.
de/Ättg 111.
cfc^t« (subst.) 212.
cf^off 25, 29.
dige&Qoy ark. 55.
deanoyrjaiy ion. 127.
dean6tf]g 69, 90, 115,
120, 141.
devQOf devQta, devQBj
dBvqill, 116,222.
^61'? böot. 59.
cffVTC 222.
(ffrTC^o^ 136.
dixofJLM 50.
Jfeiylag korinth. 18,
32.
(Tiy 225.
djytoff 46.
dijXofiat dor. 44, 50,
55, 162.
drj/Liog 383.
JrjfjLoa&dg 142.
cfiy»' 224.
.^^»'a kret. 19.
cfvi'off 71, 111.
drjQog 224.
cT^T« 225.
dl- 'zwei' 136.
(ft« 204, 217.
diaxocLOL 41.
diaxoaioaxog 98, 137.
cTtarrdcü 58.
(ftd'rtflrxco 162.
dvdeovüttu delph. 154.
didrjfii 154.
did6&&(o kret. 19, 53.
didovy 175.
dtdgdaxü) 162.
dld(ü&i hom. 154.
didioacj hom. 154.
dV^ xt thess. 231.
JieiTQSCffjg 115, 140.
dieXiyr}y (3. plur.) kret.
47.
dieXe/r^y 178.
dlsfittt 158.
Jifei&sjtiig kypr. 115,
236.
^f/rt 30.
diCtj/ncti, di^TJao/nM 1 54.
cf«« pamph. 29.
duTiertjg hom. 115.
cTixaVcfft) kret. 19, 59.
d'txer'Cai 109, 160.
dixaiog 93.
cfVxa(r77oAo; 69, 140.
<KxJ7»' 217.
difuiolg kypr. 59.
cft^dff 58, 99.
JioyivBiy böot. 118.
dioysyrjg 86.
Jioyiyrig 86.
(ftdCoTO^ 61, 63.
Jioidoxog böot. 115.
cftoVcfoTo? 63, 138,141.
Jioaxovgetoy 138.
Jioffdyeiog böot. 19.
cfeTrAcr kret. 121.
(ftV 32.
cftcrxoff 71, 99.
dKfOog 99.
cfti//« 58.
cfn/'jji' 159.
cftöi 158.
dnoxto 158.
dita^ig 158.
cfoaV 224.
dofBVM kypr. 105, 121,
175.
doxi/Äaddo) böot. 59.
doxifid^oyti, dor. 161.
doXi^og 87.
doXfpog 55.
dd^fi' 89, 122.
dofiByav 106.
cfo>i7i' kret. 106, 122,
175.
cfdl« 58, 72.
doQifiaxog 140.
cfo? 172.
d'oroV 28.
cfoi'Adat;»'©? 93.
cToiV 175.
d0VQLXTf]T0g 141.
dlparo? 43.
dgenayoy 93.
dglcpog syrak. 74.
dgofjKüy 105.
dgvfid, dg V flog 94.
dgvffaxTog 72.
d^^öJ 158
d(>a>> 39, 49.
(fr£ lak. 124.
d're/V 91, 124.
dvfdyot, kypr. 33.
d'rVw 163.
cTiio 80, 124, 136.
dvoloig el. 124.
dvQo/btca 220.
d'üVycü (Hesych.) 162.
dvarjxeaxog 46.
dva7]xrj? 46.
(TrcrxÄ^? 111.
crt»<r^c*^'?26, 110, 141.
dvfXtrjyog 27, 93.
dvcxsQijg 111.
dvcxifiog 50, 53, 115.
d'i;« 'zwei' 33, 135.
dvuidexcc 141.
cTcJcrfx« 32, 135, 141,
143.
JtotXog b5oi. 20.
dcJxot kypr. 167.
dioofjiey bom. 171.
(foid; kret. 59.
diüQoy 26, 46.
diativti 105.
cffurt; 100.
cfcJroi^ 90, 106, 107.
« 33, 134.
ea (= tri?) el. 20, 26.
In, la; Herodot 38,
152.
kdXtay 150, 153.
idv ;225.
eavd; 94.
iagldgentog 141.
ittQiyog 93.
laat 41, 146, 151.
Ia<i<ra dor. 102, 108,
151.
I«T6 Herodot 152.
eavTov 183.
i/9a;ii7»' 153.
ißdXoy&o böot 146.
ißdefiaiog epid.49,94,
136.
ißdefdijxoyra herakL
delph. 49, 94.
ißdofdarog 98.
ißdofAog 49, 94, 135,
136.
eßTjyy Mßtite 41, 153.
ißXdtnrjxa 164.
ißXaaxoy 161.
e/?Ai7>', fjSXiyro 153, 178.
iyyvfj 56.
^;/yi'f 121.
iyiXaaaa 111.
iyeyoy&o thess. 20, 146.
i}^Qav 153.
fyxv'ai 302.
eyyüjy 153.
eyQccxxai kret. 57, 72,
164.
iygdtl^ay&o böot. 20.
^yw, ^/cuV 53, 131,
132, 213.
eywye 220.
^ycüVi7 132, 222.
sdayog 93, 94.
6cf«(> (Hesych.) 32.
edccfpog 111.
iddlrjxai kret. 57.
ecr6;>;io»' 73, 96.
fV« 193.
ede^a ion. 35.
^(fiydWff 113, 164.
edf^eyat 175.
f cf»'oi' 53.
sdofiai 171, 182.
edofiey 152.
sdoyxeg lesb. 325.
id'oi'xae»' thess. 147.
Icforxf thess. 20, 27.
BOT grieohisohen und lateinisohen Grammatik.
901
edQttXoy 16, 43.
s^gay 153.
M(üxa 152, 167.
ie hom. 134.
ieixoai hom. 137.
leinov 157.
hig Hesiod 135.
iiqari hom. 48, 80.
i/:€Qy€ecaro 150.
Ef&e[tog] korinth. 33.
eff)€^tt kypr. 31, 50.
ifgtjxdaaxv kypr. 31,
150.
eHfiv 153.
^i;:o^ft6 03, 157.
trjxtt 152.
I17*', irja^a hom. 164.
I^^fffi' böot. 37, 146.
sH^ 73.
iaeXoyti 122.
(&efÄ6y 152.
e'^f»' 134.
6;^xrt 152, 167.
i»Qvßfjy 53.
i&toxazt. (Hesych.) 146.
£n92,220,225(2mal),
227, 228, 229, 232,
234.
el 30, 145.
EiavToy inschr. 38.
e?(f«p hom. 32, 97, 105.
elMtjy 169, 174.
elSiyM 105, 175.
6^(f6W, 6/cf(J 168.
etdo/uey hom. 165.
€«(fwV 114.
£76*^ 147, 173.
6iey (Partikel) 225.
eirjy, BitjfABv 29, 90,
151, 173.
eX»B 220.
et^itiov 150.
iixaadü) lesb. 59.
£rxoai30,41,57,124,137.
«/xocrrof 98, 137.
uxToy 164.
fi'xiJ 117.
Bixiag 114.
fi^i^Aov^rc hom. 26, 34,
165.
BtXrjtfa 164.
slXxoy 150.
£i^o/« 52.
eUoi 50, 70.
Biua 70, 97.
6r^fft («'»7/wO 165.
Bifiat (BiyvfÄi) 70.
el]ua(>r«« 164.
etfiecy rhod. 175.
€/^f>' (1. plQF.) 24.
B^iy 70, 151.
BiuBy (inf.) 175.
ef^tifi' (1. plur.) 152.
Bifiig dor. 151.
«i'^i 34, 62, 85, 151, 196.
slfii 25, 34, 150,182.
Elfiovysiog thess. 35.
«/i' hom. 68, 219.
iiy böot. 132, 134.
BiyarBQBg 285.
elVexa 31.
eiyl hom. 68, 78.
BVyvfiiß2, 70, 155.
Bioixvitti hom. 164.
e«;r« 153.
6^71^ 224.
BiTiBiy 72.
{irro»' 157.
EiQag}Utirtjg 96.
BiQya^ofÄtjy 150.
«iipf/xff 164.
Cf^O^ 111.
Blqnoy 150.
e^ff (^?) 12, 76, 216,
^ 219.
Big (Big) 145.
A (unus) lesb. 71.
Big 40, 87, 114, 135.
BiaBKpqrjXtt 153.
Bial 151.
(fiaxw 71, 162.
BUsnofATjy (^Q^ 150.
BtiSfpQTJyai 153.
€?ra, fZrfi' 225, 232.
«rrat ifBif-) 166.
6i:cu;>« 164.
^x, 6*1 71, 77, 83, 121,
214, 219.
kxdg 33, 217.
BXttTO/Aßrj 115, 139.
fWö»/ 41, 50, 53, 137.
Bxttxoyrdxig 137.
BxarooTog 98, 137.
ixdiJfABy hom. 38.
^xf/Voff 130, 214, 227.
BXBIQO 167.
fxeAcfa 167.
BXBQOa 167.
'Ex^^vAo^ delph. 73.
ixBx^iQto 73.
IxiyTi 217.
kxxttlSBxa 71.
BxofjLBv (Hesych.) 152.
Bxoyti 122.
ixoToyßoia ark.41, 137.
cx7r«yÄof 72.
ExnB^og 71.
ixQvflrjy 53.
BXxafiBy 153.
^xroff 56, 57, 73.
fxTof 71, 98, 135, 136.
kxvqog 86, 139.
Bxvaaa 163.
BxtpQTjrai 153.
cxftiV 65, 108, 109, 196.
^Xaa 38.
iXa&Qog (Hesych.) 56.
iXdaaai 169.
^Aff(T<ro>^e( (acc.) ach.
203.
iknatrioy 56, 58, 69,
113.
^Xacpog 50, 96.
iXatpQog 41, 56.
(?A«/iV 42, 48, 56, 287,
295.
iXiario lokr. 19, 53.
iXBv&BQog 295.
iXijXByf^ai 59.
^Ai^Av^cr , iXijXv&fABy
165.
iA;>f rcu^ (Hesych.) 173.
iXlxrj 283.
iXixiotp 114.
iAxvffat 156.
«Axai 30.
m« lak. 60, 95.
iXXog 50, 96.
i'XfAig 100.
fATTlCo) 160.
^Arw 257, 262.
ifidytjy 153.
iuttvrov 133.
e^^ 182.
i?.a€>f 132, 221.
ifÄ^&By 133.
ifjtB^a^tjy 112.
i^e? dor. 132.
iuifjirjxoy 170.
6^61' (inf.) 152.
i/i^*' (1. plur.) 152.
ijiBy *me* 132.
BfiByai 152.
^eoff dor. 133.
BfiBxogy ifjLBTog 97.
^^fcu 153, 257.
ifiBüJvxov herod. 133.
^^i thess. 152.
ifÄiy dor. 132.
ifilyt] tarent. 133.
^^t lesb. 62.
Bfl/ÄOQB 62.
ifÄoi 132.
ijÄog 134.
Bfinay Bfinavy Bfinag,
Bfxnrjg 224.
iunairoyrm kret. 67.
B(fi)nttciry 40.
iundo) el. 225.
BUTlB^Oy 141, 205.
l)u;iA}7>' 226.
i*' 19, 83, 204, 214,
216, 219.
iyaytloy 217.
^yftrog 98.
ii'cffa 27.
Ii'cfoy 221.
lyBifAa 70.
I'i'cxa 31, 217.
iyBtpayiaaoBy thess.
147.
iytj 39.
^i^/Ja;afelak.l8,59,66.
^yrjfia dor. 70.
Iy*a 256, 296.
iy&ovina<ru6g 94.
Ii't, iyl 78, 214, 219.
Mxa^ lak. 66.
iyintb} 161.
^r»'^« 137.
kyyia herakl. 137.
iyysia inschr. 38.
BvyBxa lesb. 31.
lyyBoy 62.
ByyBTTB 289.
Byytj(pt> 212.
ByyvfjLi 30, 62.
iyoixodofiBixoyxBffCi
thess. 114.
cVoff 285.
^i'ff 12, 204, 219.
iVff kret. 114, 135.
ByGBin kret. 32.
Byxaaai herakl. 108,
127.
I»^£ lokr. delph. 226.
lEyxBQoy 95, 135.
lyxBg dor. 151.
iyrBxgdyai 71.
cVrt dor. 151.
^iTog 214.
i^, 8. ^x.
i-l 33, 77, 136.
i^dyw{y)di pamph. 60.
i^aitpytjg 68.
B^axoacoi 136.
i^«crt 136.
i^avcM (Hesych.) 300.
B^Blfil 182.
I^cri' 175.
i^tjxoyxa 137.
Hoxog 141.
cicü 73.
i'loMrt kypr. 20.
loe^ hom. 151, 174.
koT hom. 134.
BoiyfjLBy 165.
lotxa 164.
601' 151.
BOQy BOQBg (Hesych.)
107.
Bog 134.
ioig 134.
^or<r« 102.
inaxxtJQ 107.
6;raV 225.
BTiBL 225, 232, 234.
^jretcfjj 234, 513.
InBixa, Irretrfi' 225,232.
htim&fiBy 165, 170.
ininXrjyoy 166, 170.
inkg ark. 218.
BTiBaoy 169.
inBtai 25.
BTXBxov dor. lesb. 156.
inBv^rjfxiyoy 149.
BTtßfpyoy 56, 157.
hii(pvxoy 170.
^jy el. 225.
M 204, 216, 219.
902
IL OriechisoheB Wörterrerzeichnis
inittQog el. 43.
^Eniaaaa 151.
inißifttt 51.
inlyatog 141.
inl&eroc 141.
intfjieXtj&rjaevvn rhod.
18.
htiaaa 99.
initädovfia kret. 34.
irtitQvaaeiy lak. 235.
eTrAcro 54.
inXrjfirjy 153.
inoi/irji arg. 38.
inoirja ol. 66, 167,
inofiM 54, 55.
inonotog 140.
Itto? 30, 55, 65.
inQid/Äijy 54.
^TTT« 136.
Irrriyi' 153.
f? («e') kypr. 221.
^Qttfittiy igccTog 152.
^^nri'o; hom. 93, 111.
I^cfcü 71.
igeßog 42, 55.
igelxü} 309.
'EQBfjtijg 49.
^(»ff^oV 64, 282, 310.
iqevyofXM 54.
^(»6tJ;?cu 264.
iql^ayxBg dor. 161.
ept? 99, 109, 110, 329.
*EQfAij(rttydQog 141.
'EQfAtjoidyfc^ 141.
'EQ/LifjüiXeiog 141.
Ipi'Of 111.
*EQOToxXiag thess. 48.
f(»7I£Td>' 97.
'EgQccq)S(j}Tag lesb. 96.
iQQtjyeTa herakl. 165.
iQQVfjy 153, 178.
I^pwy« 165.
iQQOjfAsyeateQog 95.
ep<r»; 80.
e^(T?yy ion. kret. 105.
igv>yog 93.
^()r^(»oV42 (2 mal), 48,
53, 94.
igvxftxe'eiy 157.
^ei|o^«t 42, 48, 80.
iQvaaai 156.
igiOEO) 258.
e^w? 111.
i? 12,69,76, 83,219.
^f (r=r ^^) ark. etc. 71.
iadeXXü) ark. 71.
£(T^t 151.
ioxfj&exdTt] böot. 71.
^cr^^*' 12 (2 mal), 70,
90, 151.
taTTCtan, icTTSi-iTuai 64,
69, 72.
eanByaa kret. 64, 72.
fansQog 60, 6ß.
ia7i6fj,rjy, eanoiro 6ß.
icTiQififÄitTBy kret. 40,
6'7.
f<r<rcf 151.
iaaicHiy thess. 20, 35,
175.
tccBx^a 153.
^<r<r^ hom. syrak. 145.
Bü<fy (3. Person) lesb.
151.
icüorjfjiiyoy (Hesych.)
161.
iaatay ion. 113.
eaxa el. 225, 226.
kaxairjy 174.
laxaütty hom. 168.
earä<n 166.
icTTawff 93, 113, 165.
I<rr€ 225, 233, 234.
kcxetag 113.
l<rr£cJ<ra 114.
karBtat' 39.
^EatfB\y)duvg pamph.
21, 22, 29.
iätrjxa 165.
hftriv 152.
Icrnylo) 171.
^«rriywV 93, 113, 165.
Büu 12, 25, 57.
iatittüjj iarioto 160.
iintondfAcjy dor. 139.
iaTQttiBvtt&rj böot. 146.
^«TTwV 113.
iaitoaa 114.
^crrcur- 39, 83, 85.
ecr/« 1.57.
eaxoy 63, 156.
BTttlga 102.
iratgog 113.
ird^aiy thess. 147.
cri^jyy 73.
BXBXOy 156.
^rfoV 29, 94.
Ir?y? 197.
er« 57, 220, 222.
hl&Biy 154.
iroV 28.
Irrf böot. 64.
hvfiog 94, 101.
ev 38.
EvßdXxrjg lak. 33.
Evßaydgog dodon. 33.
BVBQyBxig thess. 69.
Bv&tjytü) 93.
Ev&ovfiog böot. 25.
fi>^', fi'^i'f 201.
€r\!^r,/« 102, 105.
Bv&vyto 105.
fvt(foy äol. 19, 31, 33.
EvXi]Qa 31.
Bvyig 99.
BtyodffTBQog 95.
Bvyovg 86.
fv7r«if/p« 102, 107.
er7r«r(ü^ 45.
BVQdfifjy 157.
ffv^/jrxw 162.
BVQvona 118.
ffr^vf 31, 83, 48.
BVQtüBVg 109.
BvcaßBoi el. 25.
fvrc 226.
ct;r^«;TeAoc 96.
Bvxovfirjy 149.
£v/aiXa kypr. 236.
ftJcü (evai) d6, 264.
itpayygiyd'Biv thess.
35, 146, 148.
i(pdnrB<nrj böot. 53.
itpBXfirj 94.
^<p^By/Äai, 59, 72.
Bg>&BQca hom. 60.
i9?( 50.
i(fioQxito 50.
i(pvr]y 45.
lyvi', iffVfjiBy 45, 153.
?;r«« 31, 150, 153.
I;iffi;a 153.
iX»alQ<a 43, 160.
i/*^f 67.
iXoXta&rjy 178.
l/w 65, 73.
Crw 66, 73.
lai 151, 171.
itii&iyog 93.
#wxa 165,
itoQaxa 164.
icaQüiy 150.
ewff *aurora* 110.
I'ftif *quamdiu' 109, 222,
229.
ecüvroi; ion. 36, 133.
CttfÄiav ark. 20, 120.
Ce el. 51, 67.
CeXXio ark. 51, 55, 67.
^e'QB^Qoy ark. 55
Z€t7 82.
ZEv^Ug 142.
ZftJlK 142.
ZftJ? 26, 36, 45, 47,
59, 82, 115.
ZBvg lesb. 87.
Cf w 64.
CA 56.
C^^^i 153.
Zi^y 115.
^Ixttiog el. 20, 51.
Ci(fvioy el. 29.
ZfxvQva 60.
Corp'oij'fp lak. 25.
Cv^'o»/ 16, 24, 50, 64,
67.
tivfjLf] 297.
Cco 158.
CcjyyvfÄi 63, 155.
Cioatog 26.
Cww 158.
fnydxoi (du.) arg. 124.
fdfjyoy el. 48.
^dQyfor b&ot. 30.
fdtnv 30.
/r^ 32, 134.
^eavrov kypr. 133.
/fe/fvxoyo/4et6»^6»y
böot 113,114,167.
/r«C<wV el. 20, 51.
/ssixari dor. 30, 124.
137.
fhcx«dafÄO€ bdoi 3-%
65.
/?£xcrV 32.
/^«I 3.3, 136.
fe^xotrra kret 137.
finua kypr. 38.
/r^off 30.
/Tf/Aoi dor. 50.
f^fda dor. 70.
f^fJtag kret 102.
/:Ufiai hom. 158.
fixaaiog böot 98, 137.
flxatt dor. böot 30, 57,
123, 124, 137,139.
fixarinedog herakLl 14.
/?tK kret 134.
/:LC/foy kret 19, HO.
fuixBi korinth. 158.
fot 32, 62, 134.
foTxog 30.
/^ort lokr. 134, 223,232.
fQdxQa el. 31.
mit? lesb. 31, 46.
f^tag kypr. 31.
^vxt« böot 35.
fuig hom. 134.
j^ (= tti) böot 225.
17 Venn' kret. etc. 91,
123, 225, 226, 232.
17 207, 220, 222, 227,
233, 234.
17 'sprach' 77, 152.
rj 'eram' 152.
w (Partikel) 222.
17 (ri) kret 123.
»J 83.
^ 123.
n 123.
^a hom. 26, 36. 61,
152.
5« 29, 151.
ijaxai hom. 41.
rjßd<rx(ü 161.
rjßovXöfAt^v 150.
rjyayn 1.57.
rjynyoy 157.
YjyBfAüiy 106.
'Hyv'Äof 96.
ijcfe 222.
flcfea 28, 168, 170.
^cfe*!/ 169.
^cfi? 222, 225.
ijdunog 98.
iJdiW 112.
mr griecluBohen nncl lateinischen Qramtnatik.
Ö03
233.
^doyij 93.
^dvenijg 139.
fjdvydfÄTjy 150.
i6vg 33, 62, 103.
^^83, 220, 222,
ijeidfj hom. 150.
gBiy 151, 169.
fjev 152.
^fjy hom. 164.
17t böot. 20, 35.
ma hom. 151, 169.
lyt^eoj 295.
ijxa SLOT. 152.
^xcu 167.
'HXexTQvcjyog Hesiod.
33.
rjXlxos 99.
jXi^ 99.
^ATTiCa 157.
i]Xvyrj 56.
w^at 66, 152.
j^ttQ 95, 106.
i7/iff^roi/ 163.
f]uäg, fifxag 132.
^/ti^«? 131, 132.
lOtJ^Btg 17, 66, 70, 71,
132, 213.
^fAelioy hom. 133.
^jLieXXoy 150.
lyu^i' 222.
ijficy (inf.) kret.el. 175.
^^^p« 66, 95.
fjfAiqan hom. 64, 72.
^jAixBQog 95, 134, 135.
ijfjirjy (inf.) kret. 175.
ty/it 'spreche* 152.
^/ufc- 39.
ijfÄi&eaiya 102.
i^^r*', ^lUti' 87, 133.
fjfdiy 84, 85.
ij/tioff hom. 109, 222.
iqfAcpUafjLai, 12, 62, 70,
166.
fjfAioy 85.
i|y (idy) 225.
«*' *eram' 152.
V 'erat' 152.
r *erant' dor. 152.
fjy 'sprach* 152.
ijyav ark. 175.
^yeyxa 153.
^yBixtt 153.
?'yefi6€ig 46
i't'^o*' dor. 42.
^Vwro 155, 163.
^og hom. 109, 222,
229.
^naQ 28, 43, 54, 97,
105, 106.
^Qtt lesb. dor. 221.
^QttQB 157.
ly^feiraaTo 111.
fl^yaafjiai 164.
'Hg^aoioig el. 32.
mtJQBta&a 145.
^pt 107.
fJQnafftt 168.
^j 'erat* dor. 77, 149.
^j 'unus* dor. 68.
i^aay 152.
^(r«j' 168.
ijtf^a 145, 152.
na^ag 146.
««r^y 178.
rjars 12.
riavxnlxBqog 95.
lyre 12, 90, 152.
lyTi/y, rjxoy 90, 152.
^i'Tf 222, 226.
fjfpeqa 157.
^/« 166.
iJXayBy 294.
17/t 224.
^üiff 47, 110, 111.
d^ttyaxrjffoQog 139 (2-
mal).
&ayBTy 56.
»tt^Qia 63.
i^r^^vy'o; 74.
t^orroi» gen. 112.
&drt(ay, ^uaütov 58,
113.
SavfÄaatog, d-avfjitnog
97.
;»e*/MoV lak. lokr. 73,
94.
»Blyo} 56.
^Biog 235.
^5>«y rhod. 19, 175.
»ifAig 100, 112.
OeoxxcJ 142.
SBOQ^oxBiog thess.60.
^ioqxog 44.
»Bog 11, 56.
^^eoircforof 60, 138,
141.
&Bovdfjg hom. 32.
»Bqdnaiya 101.
»iqfAayaig 12, 69.
*€e^6ff 56, 94.
^f'^off 56.
»iqaog lesb. 60.
»Bafdog 94.
»eacttcSai 73.
^erdf 28.
t^«i'/€(r%^at kret. 42.
t^er^df ion. 39.
QrjßaiyByfjg 121.
^>ai 257.
^xjy 98.
&ijXBit( neutr. 126.
^Aiy 42, 95.
^y 226.
^'o^€K hom. 87, 171.
^V 108.
.9fj<yaa 101.
Si^B&Sai kret. 73.
^ftdff böot. lak. 38.
Siotpearog 53.
;»At/Jüi 259.
&yaiaxtü äol. 162.
^yfjaxtü, d^yjjaxii} 162.
öd«y 118.
^oewi'aff kypr. 235, 236.
^ogyvfAai 44.
^gdyog 101.
öpcrarAof 96.
&QaavfABfAy(oy 74.
i^(»at;Ad; 63.
^(»arcrroV 272, 305.
SQB<T7i(orioy dodon. 74.
SgijtxBg 114
^grjyvg hom. 101.
^(«7irxw 162.
V^^t'l, rpt/df 73.
^Qoyog 93.
^Qüiaxct) (&g(^axü>) 44,
162.
»vyiixTiQ 28, 86, 90,
106, 107.
^vijftff 109.
V^uiieAiy 96.
^^fxoy 266.
^ü/udff 24, 50, 94.
^vuog lesb. 87.
Svy«Qx<>^ böot. 20, 35.
&vyBto 155.
^Vw 163.
d-voaxoog 264.
&vQttf(6y kypr. 236.
^•(>a<Tt 127, 201.
^'eda ark. 221.
^'(Mxof 305.
^vQoiy 236.
;h;w 295.
&(OQijaa(o 160.
^ 'und* (?) kypr. 226.
-t (Partikel) 222.
ia hom. lesb. thess.
135.
la^og kork. 43, 94.
mirt 41, 146.
iaxQog 107.
Ä«rr^< kret. 102, 151.
iaxot 157.
idä 'und* 226.
Aft^ 123.
tdfÄBy (1. plur.) 164,
165.
td/uByai 106, 121, 175.
^oii' 106.
iöov 225.
IdQvaBiatg inschr. 38.
l&vitt 24, 38, 114, 165.
idvioi, moi 113.
^ii^y hom. 174.
XBiy 154.
feii«* (?) 154.
iiym 175.
tecrcra (Hesych.) 151.
UQBoiavya 93.
iBQrjtBvxari phok. 146.
fepo? 66.
iCcu 63 67, 157.
VtjfÄi TS, 154, 297.
i»i 24, 172.
t»fÄa 106.
^^i; 201.
^^? 64, 72, 201.
Uagoiift pamph. 29.
iiaxfJQay kypr. 29.
txayuy (Hesych.) 137.
Ixuyta 163.
ixxo; 32.
Uxig 67.
lAao; hom. 93.
IXdaxofÄM 161.
i^6o; kret. 93.
IXBiüg 39.
iXr]/:og lak. 93.
Ui7/ut 63, 154.
^^«V 24.
ludaato 59.
IfAoyvd 24.
^j' ark. kypr. 20, 48,
131.
Xya 220, 221, 226.
%y)&B kypr. 236.
ßoi/ hom. 169.
XofiBy hom. 172.
eovioi böot. 25 (2 mal).
ink^ lesb. 25.
InnaycDyog 78, 139.
'Innaxog 99, 142.
Inmxog 99.
Vnniog 92.
IhTfoff 32, 54, 66.
^'Innog 142.
Innoxa 97.
tnnoxTig 325.
"JriTrvAÄoff 142.
Innoiy 105.
tff 24, 115.
/<raiai 158, 159.
i^criit dor. 166.
Ja«»' 166, 168.
taarr^ dor. 166.
Xaaai 147, 166.
Jitr^t 'wisse* 63.
fo^t 'sei* 63, 67, 68,
151.
'la^uoi 82, 84, 121,
201.
lafABy 24, 166.
iaoQonog 31.
iaoQQonog 31.
Jirof 110.
laxäy&(0 , Urrdy&my
böot. phok. 173.
l^rrcKTxoi' 162.
urroTo» ark. 37, 171.
Ärre 57.
Xaxrjfjn 154.
904
n. GrieohisoheB WOrterrerseiclmiB
latog 46.
uiTWQ, laTtaQ 107.
itXny(a 163.
tax^ 73, 159.
ÄTwc 220.
Xxxfo böot. 64.
Ivyri 297.
itp&ifÄog 56, 67.
'Ifpixgäxfjg 140.
'/^Jtff 142.
^/*t;f 67, 68, 115.
IX^vciXfjuni^Q 141.
ixyevtoy Pind. 33.
ii/zoc lesb. 25.
?a» 172.
^ hom. kret. 135.
iwxij 158.
^V, (a>V bdot. 51, 132.
Xto^is 158.
imxf^og 158.
xa r= x^i' dor. etc.
^ 189, 226.
xd =■ xatd 79.
xd = xtti kypr. 79,
223.
xadaXijfÄCyog el. 156.
xd^XM 90, 152.
xa^^ro 174.
xa>of (Hesych.) 298.
Ttal 220, 223, 227, 234.
xalylta (Hesych.) 70.
xaiyvfÄM 155.
xaiy<a 49.
xat'oi 38.
xaxxsioyxBg hom. 171.
xdXafpos 96.
xaXeiueyog delph. lokr.
19, 156.
xaXioy^i b5ot. 146.
xaA^<rx€ro 162.
xaXeaffM 169.
ITaAAicri; ark. 20.
xaXoxdya9la 138, 143.
xttuxlßos 58.
xo^a 97, 105.
xdqayoy 105.
xagdia 43.
xttQijxofiotiiyTig 138.
xtt^xiyog 283.
xagnos 54.
xdQQcay dor. 113.
xa^rdc 284.
xdqxtiy kret. 72, 113.
xdtsavfAtt 97.
KdaroQt 199.
xaT 79.
KOTci 219.
xaiaHyfieyog 53.
xorayr^ojct' 74.
xara^iatg el. 69.
xttteirxBvfaae kypr. 33.
xatiixQ€tvau€ e
xtfr^oTTTov 74.
ircm^ ark. 219.
ypr.JK
l 48.
xcrvAoV 329.
xftctf 38.
x^ hom. etc. 189, 226.
xiarai hom. 148.
xf/$Af7 95.
xiyxQog 74.
xeddyyvfu 76.
xeiarai hom. 29, 148.
xecjuae 152.
xc^y'o; ion. 70, 93.
x€tVoc 130, 214.
xixafjLfAat 59, 72.
XfxaofAiyog 166.
x€x)le^iitiVmeas.51y 165,
166.
xexXiTo 157.
xexXfjyoyres hom. 114,
167.
xBxXotpa 26, 166.
xixfiipos 165.
xexrpfitjy 174.
xffAcviui'at ark. 20, 68.
x^Aiyc 108.
xmoi 220.
x^y 189, 226.
xeyeog ion. 29, 93.
xeysv^oy kypr. 93.
xeyetiy 105.
xei'Of 93.
xeyotegag 70.
xivcai hom. 69.
xiyxttVQog 68.
xiyi(OQ 74.
x^^ct; 111, 112.
XBQdaxrig 97.
xegdaiym 160.
xBQotpoQog 140.
xiqx^^ 74.
x€<rrc)ff 69, 71.
X€v9dyo} 162.
xsv&fAiay 106.
xeipaXaQyia 72.
xf^oAi; 95.
xextfQV^Bfiey hom. 171 .
xeyXddB^y Pind. 167.
xijXrj&fÄog 94.
xijXfj&Qoy 96.
xi7yoc dor. lesb. 130.
XrjQBITKpOQOg 141.
xijQBaaiq>6gtf[os 141.
xif^rl 99.
xi^ro»»; 109.
xiorrat kret. 148.
xiyx^y^ 163.
xldya/AM 80.
Kixvyyoi 121, 201.
xev^oi 155.
xiyvfAM 155.
xioxgayoy 139.
xtoyoxgayor 139.
xigatpog 96.
x/^K^/it 156, 236.
xiV (= riV) thess. 54.
xec 103, 115.
xix^y^ 168.
171.
18.
19.
xixvf^t 154.
xixvofÄBy hom. 1*3
xAai« 29, 38, 68
xila^»eiv phok. 1:
xXdccatt hom. 311
xAda> 29, 38.
xXipdtjy 51.
xXifjLua 59.
KXBOfAfjLiq 142.
xAifoff 30, 31, 111.
xA^rft) 42.
xAgff 36.
xXtfjia^ 45.
xÄti^ 24, 45.
xXlyyu lesb. 158.
xAiVoi 158.
xAoro$' 93.
nv^/yiy 142.
xAvrof 24, 96.
xiloiCo) 258.
xXvmdofjiai, 45.
xÄiü> 45, 116.
xyaia 158.
xi'^i^pa; 303.
XVrjfATI 303.
x»^'ai 384.
xo- (xo^fi') ion. 54.
xd;//of 297.
xo^ai 258.
xor^off 258.
xotfiijS^ga 96.
xoeKOff 49, 68, 220,
302.
xdAa^o; 96.
xoAoii'd; 308.
xofiixxdfjLByog böot. 20,
58, 64.
xofÄTiog, xofinog 110.
xdv (Hesych.) 152.
xoyiaaaXos 33.
xoWct» 159.
xoTfBg^ lesb. 49.
xogaxtyog 24, 93.
xo^al 258.
xd^ff^o; 96.
xogiywfit 155.
xog4axta 161.
xogila kypr. 235.
xdo/<« thess. (?) 27,
31, 50, 70.
xd^iy 27, 32, 70.
xogfAog kret. 60, 62.
xd^iri? 43, 60, 63, 110.
xd^v^oc 109.
xogvq>ij 96.
xotfxvil^ara 297.
xwTfJLog 69.
xorvAi^cfoi'd^thom. 104,
128.
xovgBvg 63.
xov^f^ ion. 31, 70.
xgadcf] 43.
xgdvöy 284.
xgaxBgos 95.
ngdricfi hom. 128.
x^w 28, 111, 112.
x^Ei^ddxo; 140.
xgBiTriay, xQ€iif^my 59,
68, 113.
xgBud^ga 96.
xgBfiauat 153.
xgBfAayyvfU 70.
xgBfidtiy xgefAtü 170.
xgifA^aXoy ^2.
xe^ri^cki thess. 20, 48.
xgBodoxog 140.
xgBüütiy 59, 113.
x^t 78.
xpfr^' 64.
xglyyta lesb. 20.
x^tVflti 158.
xg6ta<pog 96.
xgvntta 161.
x^t'9)^ 123, 211.
x^Coi 258.
xraiytü lesb. 157.
xrayBiy, xrecrmr 41.
156.
xmVfti 29, 49, 70,
157.
xre'w« lesb. 29, 49,
157.
xtita^Bv hom. 47.
KTfjQißtddfjg eretr. 59.
xvafiog 32.
xvayoxaira 118.
Kvayotf/ttiy 32.
xv^ 22*5.
xoxAo; 55.
x»xA^ (adv.) 210.
ITvxack»«/' 114.
xvUI 290.
xvydfivia 139.
xvi'^ct» 163.
xvrrf^o; 95, 212.
xttyxBgioTBQog 95.
xfJoi' (voc.) 39.
Kvngoyiytj (voc.) 118.
xvpoc 225.
XVTOC 310.
xvoiy 24, 32, 103, 104.
xai^a dor. 70.
Äir/Joy syrak. 18, 173.
174.
^«jj^ßf 99,
Xhttßtiy aegin. 65.
Xdßf^aiy Chics 171.
AiT'cr^d; 46 (2 mal).
Ad.*»^« 211.
;i«wff 27, 38.
Aarr^a 106.
Aaiftf 158.
Adxxo; 32.
it<xJU<rrf^oc 95.
XafATidg 109.
yfd(^)7ra>i' 40.
Xffi'^ffi'ai 162.
XandCwt Xandmtd 161.
Aannalwt 40.
2ar grieohischen und lateinisohen (jhrammatik.
Ö05
Xda»M (Hesych.) 158.
Xaaiaiy 105.
Aar«! 110.
XargaitüfÄey- el. 48.
Xaxorjy lesb. 173.
X^mra 105.
Af/9i7ff 108.
Xe'yio 42.
Xeiayai 71.
A£t/Süi 264.
A^rxi'o»' 74.
A€/>«| 99.
Xeifdoiy 106.
Xclnoi 42.
Ae^^d; 264.
Xetipot'^Qi^ 140.
Ac'xro hom. 71, 167.
XexTQoy 92.
XeXaßea&tti 157.
AfAaxoi^o 170.
AeAfcxvra 165.
XeXaafjtai 166.
Af'Afy« 165.
Af'A^^« 165.
XeXoyxccai hom. 146.
Af'lfo hom. 169.
XeoTiaQ^og 105.
A^ffjfiy 162.
Aexxiyaiog thess. 57.
AevxoV 42, 259.
yievtvxi^fjs ion. 39.
A^jlfoff 54.
X^toy 105.
XM(oy 65.
AfwV 92.
Ai7>ai 42, 63, 80.
Xri&dyti} 162.
Aijrf dor. 158.
AtjTußy ATjttü 100.
Aißvxos 99.
Aiyyuff 101.
ÄtdaCw 160.
Xi&idü} 160.
XixQicpig hom. 128,201,
212.
XiXaiofÄM 159.
At^iyV 106.
XifATidyto 162, 163.
AdTia 48, 80.
Xiaaofxm 59.
Xlaawuey (Hesych.)
157.
Xo^w 258, 264.
Xoiyog 264.
Ao^oV 267, 297.
Ai^VI 116.
Xvxußag 139.
Xvxaiya 102.
Avxo; 55.
.«it'xdirov^a 141.
^tixcüv 105.
XvfAaQ 106.
At;ir«<rTcü el. 53.
Avttioi, kret. 57.
Ä^ dor. 158.
fdd *aber' thess. 223,
fÄit (beteuernde Parti-
^ kel) 226.
fia el. 26.
fdttdcitü 256.
fAttlyofdai 157.
fjtattvQ- kret. 72.
fxdxttiqa 68.
fAUXKQg 117.
fxaXttxtttta 160.
fjaXaxiüjy 105.
^aA£cJrf(»o; 112.
lUnAAoi' 354.
fÄiiXoy dor. 256.
/uai' el. 25.
^«y dor. hom. 226.
fiayrevouai 160 (2-
mal).
^«KTtff 57, 100.
fxuytoavyr} 93.
fiaQfialQü) 159.
fAaQfJLaQil^iO 159.
fÄUQyafAM 43, 156.
fXttQ-nxig 57.
jLidaavay 58, 113.
fjtdtBiaa lesb. 71.
f4€(TT]Q dor. 17, 27.
^^ 132.
^^ya adv. 205.
fAheydXov 65.
fxiyag 105.
fAE^toy 113.
lUf^r 100
fie&viü) lesb. 29.
fjtB^va&tjy lesb. 175.
fi€&vax(a 161.
fAe&vat 159.
^«(faoi 61, 76, 80.
^etCw»' 68, 113.
fjteiXica<a 160.
/if/V« böot. 20, 26.
Mhel^iog kork. 65.
^eiov gen. 112.
fABiqdxtoy 99.
^f />«! 98 (2 mal), 99,
110.
jueiV ion. meg. etc.
47, 111, 117.
fAfXa&Qoy 96.
//Acfw 62.
fisXedaiyj fÄeXedaiyfo
109, 110.
fdsXiaaa 59.
^fAAöiy 109, 196.
fiefidaai ep. 166.
fjiifjLttfjieyy fiefÄdto} 165.
fjieuatoT' 113.
fieußXextti hom. 167.
f46urjXB 47.
fÄffÄTjya 47.
fiSfiyjjjLirjy 174.
fÄEfjtoQ&M lesb. 43,
48.
/u^,/ 220, 222, 226, 227
(2 mal), 234.
Sandbucb der klasü. AUertumswisBenschalt. II. 8.
^^y *me' kypr. 132,
133.
/M^yrot 227.
fiiQifiya 102.
jLieafjcig 109.
fieaodfAfj 116.
fÄEGog, fxiaaog 58, 92.
fAsanodi thess. 226.
fÄiaaarog 98.
lUfirr' ark. 226.
lU^irr« kret. 225, 226.
fAiatpa hom. 226.
^€r« 216, 217, 219.
jtihacacu 99, 235.
jtiereQQog lesb. 49.
^^fTf? kret. 53, 64, 226.
^6t»ff el. 117.
^f/p^ i"<r?*ff 121, 226,
233, 234.
/ii? 27, 189, 228, 229.
^jy*' 'mensis' 26, 111,
117.
^^K (Partikel) 226.
fAtjyyog lesb. 47, 62,
110.
/"'7''o? (gen.) 62.
luiyyfft kret. 64, 68, 72,
127.
/iiyj herakl. 117.
fxfiai 61, 64, 72, 127.
fAijatioQ 107.
MijatüiQ 107.
fJitJTBQ 85.
/"»yTiy^ 17, 39, 86, 106,
107.
fATjriha 118.
fjtrjTioeig 109.
^ijrtj 141.
ufizQondtoi^ 104, 106,
107.
^t kypr. 132.
li/a 45, 61, 76, 101,
114, 135.
fAiaqog 95.
^(>a 217.
fAiydCofAtti 160.
/weyrrj 109.
fiiyda 217.
fAiyyvfdi 51.
fjLixxog 32.
fiixQog 76, 80.
fjtifiytuaxct) äol. 162.
fÄifiyijiJxw, fdifÄy^cxü}
162.
fjtifiyü) 157.
£4fV 131, 223.
fÄiyv&(ü 155.
fÄiQydßcDQ (Hesych.) 60.
fxlüyto 162.
^/ir^oV 63.
fjLiao^Byog 140.
fAydofxav 55, 59.
fÄyijacD 39.
fÄoyoaroxog 69.
Tiol 132.
Aoil,
ludÄw/Soj 303.
^/oAvxof 99.
3fdÄi'| 99.
fAOQyyvfJLi 48.
fAOQflVQÜ) 159.
jtioQTog 49.
(AovaiddBi lak. 18, 25.
f^o^ot kypr. 235.
|Ui;C«w 292.
^i'Cw 366.
^i»r« 259.
fAvXto^Qog 96
fAVQioatog 137.
^i;? 77, 115, 116.
fAva(p6yog 140.
fAv^Xog 310.
fÄVXoireQog 95.
/uwcuV 116.
fÄtoyv^ 46, 114.
Nafnaxriioy lokr. 33.
»/«t 27, 223.
yat/fc 224.
yao? (gen.) lesb. 31.
ydnotyog dor. 141.
vavxAa^o;, i^avx^a^o;
72.
^«voff lesb. 31.
i'«»? 27, 47, 115.
yavridü) 160.
yeaWaj 92, 197.
veuylaxog 99.
»'cal 98, 99.
yeaQog 95.
»'^«f Herodot 38.
i'frxAoi' 74.
yeitfBi 56, 62.
yixvia 101.
y^xw? 103, 285.
A>/i^^ (adv.) 210.
yiofAM 182.
K^off 223.
yetfÄtt 264.
vi^off 39.
K«üi>' 38.
yewaoixoi 141.
j/17 223.
y^i^fti 257.
r^tj 116.
ytjxe^dijg 41.
yrjXiTfoxtdßXeniXaiog
143.
i^/i« 26.
Kf/TItOf 32.
nycxrcydof 140.
»^iro<r 92, 287.
»^^ira« 41, 102.
»'lyvff hom. 36, 115.
ytjvg 47.
WC« 56, 59, 67, 157.
yixdü) 99.
yt,xrj(p6Qog 139.
Sixojuag 142.
NixöfÄax^g 139.
iV/xvAAoc 96.
906
n. GriechiBohes WOrterveneichnis
Wv 78, 131, 223.
vlnTOfiai 161.
pinxQoy 54.
yiaoiÄtti, yiaffOfAtti 61,
159.
ritpa 56, 62, 80,116.
yi(pei 56.
yitpoßoXog 140.
yoTjfAttf yoTjfxtoy 106.
yofxi^u} 109, 160.
yofAog 285.
yoaitüy yoaooi 160.
yoarifAog 94.
yooTOff 96.
yovfAt^yia 82.
yovyexfjs 140.
yovysxoyra)s 141.
KOüff 34.
yv 223.
yvfÄ(pa (voc.) 27.
yv(jn)^ 40.
KiV, i'vV 24, 223.
i^'l 55, 108, 290.
yvrr/ kret. 53, 57.
yvx^f^BQoy 143.
yoi 124, 131, 132.
vcJe Korinna 132.
ytoi hom. 132, 222.
yaity hom. 124, 133.
yt^y 133.
yvJyvfAyog 45, 104.
Ifri'oj ion. 31, 70.
Ssy/fdQBOQ el. 31, 70.
Seyfioy korinth. 18.
^t'yyog lesb. 31, 70.
Seyyu) 142.
^e'yog 31, 70.
I^yo? dor. 70.
^KpTjCpOQOg 140.
It'qpof 74.
^vßßdXXea&av 40.
|iV 220.
o lesb. otc. 65.
o (o) 61, 65, 83, 129,
202, 214, 228, 230,
234.
0 (Partikel) 223, 229,
232.
oßeXog, oßoXog 55, 235.
oydoog 136.
oyduixoyra 137.
0{y)xct{y)tog kypr. 40.
oyxog 54.
otfri^ 99, 109.
0Ö6 129. 214, 221, 227.
oVc/V, otff/V« 129, 130.
dtff AoV delpli. gort. 55,
235. ^
odeQog 95.
ocf/ii; 94.
ocfovV 109.
6dvQOf4(a 220.
pcfwV ion. 109, 116.
oeiyijy lesb. 155.
oCog 'Ast; 63, 67.
oCoff (= ocog) kret. 19,
58, 59.
oCü> 46.
of (nom. plur.) 83, 129.
ol (dat. poss.) 209, 213.
ol 33, 62, 65, 134.
otyyvfÄi 155.
oiöa, oide 26, 50, 114,
164.
oiCvQog, oiCvQog 95.
oixcf herod. 114.
oixadB 114.
oMfft 91, 121.
oixlttv ark. 120.
otjfoft 82, 121,201,210.
oJxog 30, 65.
or/icr» 228.
oiyecSy, oiyoiy 105.
oiViy 135, 259.
oiyoffXv^ 55, 56.
oti'o«// 114.
©roff 30, 229.
oig, oig 24, 99.
oh^a 50, 145, 165.
ola&ag 146.
o'xa dor. 223.
ox£AAcu 220.
oxQig 100.
dxrcrx6(r£ot 136.
oxränovg 136.
oxrd böot. 124, 136.
oxtai 136.
dxrw herakl. G6, 136.
6xT(ox6aioi> lesb. 136.
dx/o^ 52.
d^e^^o? 96.
oXel^vjy 113.
dAfWcü, oXtaacci 169,
170.
dAiw 170.
dA^>'o<Jrdi^ 98, 137.
öXlog tarent. 51.
oXXvfAC 50.
oXoXvCf^ 267.
?;Aof 32, 70.
6X6tt]g 108.
dAw 170.
dWAüi syrak. 18, 167.
ofiaXog 96.
6fiix£(o 48.
ofiixXt] 48.
d,a^» 46, 54, 59.
ofiyv&(> 172.
ofjiyvovQug eretr. 59.
ofio^v^ 116.
o^uoxXfj 116.
OfAOncetlÜQ, 6f407l€iTQIrOg
92, 139, 144.
ofiogyyv/Ai 42, 48, 155.
d|ud? 45.
d^otj 127, 214.
ofiovfAM hoin. 28, 170.
d^9Pf<Ad> 267, 295.
218.
20.
20,
64.
yiwff 221, 225.
oy lesb. etc. 48, :
'OyaaayoQav kypr,
6yyQ(etpeiy thess.
35, 175.
oy'f thess. 20.
dWa lesb. 48.
oi'o/ia 41, 97, 105,205.
oyof^ai 153.
oyofÄaxXirrog 139.
oyofÄaajl 122.
oyoff 278.
dw| (d»'!»/-) 51, 56,
297.
oisia neutr. 126.
o^vQBnijg 31.
6n^ dor. 232.
oTifr kret. 121, 232.
d-niy kret. 91, 123.
onrjXlxog 232.
onia&ey 214.
oniaig kypr. 54.
oTfiT&oriXay böot.
d;id^ev 232.
oTrdao; 232.
d;rd7a()o$- el. 48.
6n6r€Qog 231.
onoxtog kret. 19, 58,
64.
d;rdrro( böot. 20, 58,
64.
onov 228, 231.
onnä lesb. 123.
onnaxtt lesb. 59.
onniog hom. 78.
dTirw el. 136.
oTTt;* kret. 35 (2 mal).
071 ti) kret. 120.
oTKu lokr. 120.
onvjg 134, 231, 232.
d^/«w 44.
oQeyyvfit 155.
df^>'a> 282.
oQsareQog 95.
d^/o? kork. 18.
6Q.96g 32, 44, 80, 93.
oQiCtoy 196.
oQyi&ioy 92.
oQyvfii, 44, 155, 258.
0^0? (masc.) herakl. 30.
d(>o? 30, 66.
öqtit]^ 43.
d^^o^ 63, 82.
OQtV^ 98.
oQvytj 51.
d(>d<j(yw 42, 48, 157.
OQcpayog 295.
c()a>(>6rrr£ hom. 167.
oQüigi/axai 166.
Öf (demonstr.) 129,
228, 231.
ög (suus) 134, 213.
0? (qui) 28, 65, 130,
228, 229, 230.
oofjifj 94.
wfog 58, 229.
oaae 58, 99.
oaaog 58.
wrrt^ 230, 231.
oxa lesb. 223.
ore 223.
o x€ adv. 282.
drct^ kret. 54, 130.
0 r» adv. 223, 232.
oxvfjii, kret. 129, 131.
oTt^ 223, 228, 231.
oxQvyta 220.
öxxi hom. 78, 134, 232.
oxxag kret. 58. 59.
ov 34, 189, 220, 221,
226, 236.
01 {ol i) 213. .
ov adv. 229.
ovaxa 31.
or(fa>^ böot. 25.
oS^ag 43, 97, 106.
ov&eig 52.
ovxt 131.
ovxovy 220.
ot]Ai7 böot. 25.
odAd^evo; 50.
ovXog 'ganz' hom. 32,
oiTAo; 'kraus* 43, 50.
ovuB böot. 132.
ovfiig böot. 25, 132.
ovy 220, 226.
ovysxa 81.
ot;^« 63, 82.
ov^ay l(oy lOSAOiylOb.
ovaa 102.
orra hom. 153.
ovxig 141.
orro, ovxoy böot. 130.
ouro? 130, 214, 220,
224, 227, 234.
ovxoci{y) 222.
ot/rco, ot'Tcü^' 120, 234.
ot;>t 224.
o(paxa (Hesych.) 56.
6(f€XXia 220.
6(peXoy 225.
OifXmxdyü) 163.
dqpWf 99.
dfjp^a 226.
dy^ü? 24, 45, 50, 53,
103, 115.
6x£(o 26, 161.
oxog 264, 294.
TT«, n^ dor. 210.
71^ (enkl. Partikel)
kypr. 225.
nalöita lak. 59.
nai&iaxog 99, 162.
TiafTTnAilai 159.
naig 33, 36, 38, 87.
nalaa lesb. 33.
7i€a<pdaa(o 159.
71 aW 181.
snr grieohiBohen nnd lateinisohen Orammatik.
907
naXait€Qog 95.
naXalto 158, 159.
ndXto 71, 167.
TidfÄa dor. 32.
7ittf4(faiyü), 7ittfi(payd(a
159.
Tiäv 119.
naydttfÄaTCDQ 28.
nftydrjjLiel 121.
-navrjfA.uQ 141.
üayotl^ut 32.
ndyaa kret. 18, 58,
64, 72.
TTff*^- 41.
ndyxeg (acc.) mess. 203.
TTwi'rß 201.
Trdj't; 224.
iidQ = TTf^t el. 4S.
Tiagd 219, 284.
7ra(>a^fftVwpt>/eretr. 59.
naga&aXdcffiog 138,
141.
Tramal 121, 219.
71 ageiay böot. 152.
nagiadü) lesb. 63.
TTw^of 181, 219, 225.
ndg 32, 87, 108, 225.
ndca 58, 71, 72.
ndaT}itti kret. 171.
ndaaaXog 58.
ndffaaty 113.
nda/ü) 162.
naraQa lokr. 48.
TTttTiy^ 27, 45, 50, 53,
90, 106, 107.
TidxQiog 92.
naxqotpoyog 139, 140.
ndiQcjg 93, 101.
Tiar^oj 27.
naffiia kypr. 29.
7Ta(püiy (Hesych.) 157.
na^vXog 96.
Tra/üV 287, 295.
TTfd« äol. dor. etc. 114,
123, 217.
TTfCoff 59, 67, 92, 114.
7161 dor. 55, 121, 130,
210.
7tei&ü) 34.
TiBiyrjy 159.
neigay^og 70.
7ieiQaiytü 105.
7i€TQaQ 97.
Tretet- 78.
neigi&oog 70.
TTf/^CU 284.
TtBiaBi kypr. 35.
71 eicfAtt 69.
7i6XT(ü, Ttexreio 161.
JIeīCy*xdf 60.
7ie;i«f 226.
7tiXexxoy 32, 100.
TieÄ/oV 257.
7rf;t;io? 308.
JleXonoyyrjaog 62.
7t6jLl7ldg 54.
7i^|M7iroff 39, 54, 136.
TiBfdTftißoXoy 54.
7re(i')(f6xa((ff ira pamph.
21, 40, 60.
Tiiv&og 45.
TlfKTaXOCTiOf 136.
Tteyrdg 54.
TTfVtf 39, 54, 136.
TrfKnyxoiT« 126, 137.
Ti^KTo? kret. 57, 72,
136.
TieyttiißoXoy 54.
TieTta&tua 113, 165.
TteTtttTtti kret. 171.
7it7iia&i 165.
TjenXBx« 165, 166.
TtBTiXrjQüixfoy lesb. 114,
167, 176.
7tB7ioijxü)y lesb. 19.
TiBTXoi&ofABy hom. 165.
TreTTTOff 54.
7l67tt(0 161.
TifTTTCüxa, TfBTirrjüjg, tib-
Titüig 165.
TfBTiv&oiaro 157.
TiBTimy 289.
Til^ (Partikel) 223.
Ti^pdtl 99.
Tiig^ai hom. 71.
7ie(>t, TT^^t 78, 83, 214,
216, 219.
Tre^txcrAAi;; 223.
Ti^^el 99.
TiBQiTiXöfÄByog 156.
TiBQiaaog 99.
7iBqyT}iÄi 156.
7iiQgaxa lesb. 97.
TiiQQoxog lesb. 68.
Tie^ff^oÄtff 140.
TjBQtitfioxB pamph. 219.
Ti^Qvai 139.
TlBaoVfAM 169.
Txiaafo, Tiixxoi 55, 58,
157.
TiiavQBg lesb. 55, 136.
IlBXttyBixyiog (koisch)
217.
TiixaXog 95.
TtBxdyyvfAi 155.
TiBXQterog böot. 55.
TiixxuQBg böot. 32, 55,
136.
TtBv&ofAai 25.
TfBvaofAai 73.
TiBcpdy^ai, 7ii(pay&e
71, 148, 174.
nifpaafjiM 166.
7ii(fBvytt 165.
7iB(pf]a6xai hom. 47.
7tt(pya) 157.
7tBq)vyfiäyog hom. 165.
JTf^wcJr- hom. 113.
7117, ;ffl 123,130,210,211.
Tjtjyyvfii 51, 155.
TtijXlxog 99.
TT^yoff 41, 80.
TirjTioxu lak. 91, 123.
nrjQL&oog dor. 70.
TiTJ^vg 100.
niaiyta 104.
TfiaXog, Ttt-aXBog 93, 96.
Trm^ 94, 106.
7ie«(>oV 41, 94, 95, 96.
;r*eCw 63, 219.
TtcBQog 95.
m'fl 171.
UixgdxTjg 219.
TilXyafAai 50, 156, 236.
jrdj'dff 50, 308.
TitfÄBXij 96.
TiijLinXayü} 163.
nlfjmXtjfjn 1.54, 163.
7tlf47lQr]Ul 154.
J7mxi7ff 219.
Tiiyvxog 27.
;ft0|ua* 171, 182.
mof n. 111.
7tl7lXT]j[lt 154.
TtiTtgr^iui 154.
71171X0} 157.
TTiffoff 299.
Titartj 73.
7tlavQBg hom. 136.
7flxyrjuif 7tixyü), ntr-
»'«01 156, 162, 236,
311.
71(011' 105.
TrAdCo) 67.
iTAaraear«; (adv.) 210.
JlA«rat«<ya27,201,210.
7iA«Ti;V 43, 100, 303.
TiXiydtjy 51.
TiA^fff hom. 112.
TiÄeu' compar. 113.
TiAftirrof 47, 112.
7lXBVf4tOy 283.
ttAi^V 226, 233.
7tXiJQt]g 75, 111.
7tXijaiog 226.
ttA^to 75.
TiA/airt kret. 103, 113.
TiA/fff kret. 112.
71 Am kret 112.
TiXovtsiog 57.
7rAot;ro; 96.
TiXvyxrJQ 303.
TiAüiV 107.
nyBVfjuay 283.
ny'iytü 47.
710- (TTo^ey) 54, 130.
7ro(to7ioV129, 138, 141.
Tio&rjyBfxog 46.
7io6r>' 38.
7rd^6 kypr. 236.
Tidd«!' 133.
Trd^oj 73.
TTor 121, 210.
7toixiXog 291.
TioifAaiyta 104.
TTo^/iiyV 104, 106.
7ioif4yT], 7iolfjiyioy 104.
Tro^riJ 26, 54.
Tioroff 130.
Tioicpvaan} 159.
;7dx« dor. 223.
Tidxxt thess. 130, 223,
224, 231.
TidAfp eL 48.
7ioXidoxog 102.
TtoXiijxfjg 102.
UoXiovUyog böot. 20,
25.
7rc'Ar?,' TrdAif 102, 103.
rroAAorx» 131.
;roAA(Mrrd; 98, 137.
TidAoj 54.
7toXvßovxTjg 97.
UoXvdBvxfjg 72.
7roAt'(fi7i/ea (Hesych.)
111, 139.
7roAi;^tCo;, 7roAv^^tCoc
31.
7ioAi;^^i7y 31.
7roAt;7Aa^ 45.
noXv(fqdüfjL(ay 106.
71 oyrjQog 95.
nooidayog lak. 57, 66.
7ioqydfABy (Hesych.)
156.
7t6QQ(0, 7j6Q<JtÜ 219.
7ro^rt kret. 219.
7ro(>9)t;^(o 159.
Tidj (= TTOVC) 114.
7idff (Präpos.) ark. kypr.
78, 219.
üoffBidday 57.
Tiöcr^ 272.
Jlomdijiog 57.
Hoaoiddyog ark. 57.
7rdiroff 130.
Tidra lesb. 223.
TtoxafAog lesb. 87.
7ioxdofAai 45.
Tiorl 181.
7rdrff 223.
JIoxBitfdy korinth. 34.
noxBiddtay böot. 57.
TioxBQoy {noxBQo) 25,
234.
7t6xBQog *uter* 95, 231.
TTore^o; *iitervis' 84, 85.
7fori7V 108.
TTori 219.
Tioxyia 102.
Uoxotddtxog böot. 57.
TIOTOV 46.
TToi; 133, 210, 231.
TioüAv- hom. 70, 100.
JIovXvddfAÜ voc. 118.
TTorV 114.
7iQdddB&&ai kret. 158.
7iQa^60} dor. 29, 170.
71^«!' dor. 98, 135.
Tiqdcov 311.
d08
Tiqaaaoyraaai herakl.
18, 127.
UQUCGüi 99.
ngatog dor. 98, 135.
TTQsyyevral kret. 64.
nQsCßBvtrjg 60.
ngetaßvg 112, 225.
Ttgeiayvg 112.
ngely kret. 113, 225.
ngicßa 56.
TtQscßvg 56.
nQBayevtai kret. 64.
71 QBoyvg 56.
TiQij^oiaiy Chios 171.
itQtjacü) ion. 17, 18.
Ti^tV 113, 225, 233.
Trpo 207, 214, 219.
TtQoßXrjg 107.
nQ6&&tt kret. 64.
Uqofxrj^Bvg 41.
nqofAog 94.
ngo^ey/fog kork. 18,
31, 50, 70.
7r(>oV 58, 78, 216, 219.
TtQoaeaneQog 141.
ngoaUfier (Hesych.)
151.
nQoaatOf ngoau) 58, 219.
7r(>dran; 135.
Ti^oTe^o^ 95.
TT^on 219.
TT^iJraj'tf 135.
nQ(ot]y 98, 135.
IlQiarealXttog 141.
TTQiJTOg 98, 135.
TT r «()e/V,7i r«(>(oV43, 1 56.
■ntitQvvfjiai 71, 301.
Tire^*/« 47, 71, 102.
TITf^O»/ 95.
7ll€QV^ 110.
Tizea^ac 150.
nrtjyog 94.
miaaü), nrlzTio Ol.
TiTosü) 2H4.
TiToXifi kypr. 230.
7rri'(iw 301.
TiTi/'w 59, 72.
nvavog 32.
nvyfjidxog 140.
JIv^ci' ion. 39.
nvi>/A9Jy 311.
TTvAfvpof 39.
nvXotyeytjg 121, 140.
TivXioy 230.
nvy^a^ 53.
Tivy&dyofAac 103.
llvQfog korinth. 18.
71 VQLtjxrjg, TtVQiTiyoog
141.
7lVTlC(J) 74.
TTtJ (imper.)äol.epir.l72
TTWAO? 308.
TiwAi;- dor. 70, 100.
710) fxn 40.
TiüinoTe 91, 123.
n. Grieohisohes WörterrerBeiolinis
Trwj dor. 114.
7itordof4ai 45.
^« 43, 221.
^«1 304.
^«TiTw 256, 304, 366,
382.
^if-^Qoy 96.
^^€t, ^5cü 25, 42, 63.
^^Cw 75, 157.
^er&Qoy 96.
l^fjyfjuy- 105.
^ijyyvfu 155.
^ijaxofÄtti 162.
^'r(>« 31, 42, 92.
^ly'rcü^ 27, 107.
^ryoff 111, 259.
^LTiTaaxoy 162.
^o(fo(fttXTt;Ao; 144, 212.
Qhofiaiai kork. 30, 42,
65.
^017 26.
^ooff 80.
^oTirog 56.
^v'Cw 366.
^vo/iae 42, 48, 80.
^vofÄog 94.
^vToV 179.
^üiyyvfÄt 155.
^cJl 116.
^ü}7tijetg 109.
«X« megar. 58, 80, 131.
aaiQü) 366.
aaxBOfpoQog 140.
<j«Ao? 33, 61, 02.
<j«AT7(Ca> 07, 09, 100.
aftknixTTJg 07.
<r«w 58.
aßiyyvfAi 63, 155.
<re 32, 132.
aeaviov 133.
at'ßofAfu 55, 58, 64.
ffa^fi/ 133.
«retw 32.
fffArtV*'« lesb. 62.
a€Xaa(p6Qog 140.
ffcA/yi'i? 02, 70, 93.
aefÄvog 59, 170.
aeviü 31, 58, 80.
asMvtov lierod. 133.
arjfjidyTiOQ 107.
<ri«Aof 33.
aiyt] 33.
aiytjXog 90.
alyofÄai (<rtV>'o/i«tlo8b.)
158.
<Jto- lak. 18, 52.
fft? kypr. 55, 57.
<jx«AAw 29, 43, 157.
axdXoxl) 302.
axdyöctXoy 00.
axaTiTcj 161.
ax6Ö(<yyvfii 76, 236.
(Txe^^oV 73, 96.
axinjofAai 75, 161.
irxciiy 264.
axiaqog 95.
axidyrjuiyaxldyafÄM 80,
156, 236.
axiCQog 95.
<rxtoetv neotr. 119.
axi(pog lesb. 74.
axv7tq)og 52.
irxw^j 302.
irxcJi// 45.
a/LiegdaXeog 61, 76.
(r|U*x(>off 76, 80.
GfAVX^ 76.
<yo^6(ü 58, 161.
ffoi (dat.) 132.
adff 134.
ffoiVdVxoj böot. 25.
<Trr«t>(ü 29, 43, 60.
aTiaqydto 302.
CTtaqyog 302.
<J7täQToy 284.
iTTiactf 61, 80.
<T7f6vd(a 302.
OTfXfjy 304.
OTfo/fMcy kret. 33, 34.
anov&tj 34.
a7iov6fi (adv.) 211.
ardd^fAfj, arab'fxog 94.
ajäjLiyog 94.
craytü 163.
ataalagxog 140.
<rr£«e 31, 97, 105, 106.
areyayog 93.
ffTf;/i'd? 93, 176.
<TT6>0f 70, 80.
«jTffyoV ion. 70.
arf'A^w 157.
ctifjtßü) 53.
arfj/dre^jo? 70.
axiyu) 302.
<jr6()coV 29.
areglaxü} 102.
aieq^aycjiTü} delph.
159.
arijttQ (atsTao) 106.
atfjofiey hora. 37, 171.
ItrjaayoQTjg 140.
SrtjalxoQog 140.
(xrtCw 157.
arogyvfAi 43, 47, 155.
aTQcißioy, IfQaßiay 103.
azQccyyeviü 287.
ar^«>^ 287.
ajQartjyog 40.
(xr^rrrdf 45.
ar^ord? böot. 43, 48.
<xr()dro? lesb. 43, 48.
aTQüjyyvfii 155.
aT()a>rdf 43, 45, 371.
arvyiog 170.
irri;;'»/df 59, 93, 176.
crriJAo? 95.
<rrr^ 110.
atvQßdCü) 302.
axvüi 46.
ai; 131, 132, 213.
avayxog 139.
ut'Cwyo^ 67, 69.
urCvl 116.
avXrjotrjsg pbok. 19,
159.
üvXkiya» Ih.
uvfifAty« 217.
«Ji;V 210, 216, 220.
avyax^ijoovm dor.
170, 171, 178.
avy^BTog 28.
avyiay el. 25, 146.
cvy€adMu kret. 158.
avydijyat el. 93.
«rvrae^eiro^ thess. 108.
avyxL&tjat (2. sg.) epi-
daur. 145.
avoxrd^'o; 139 (2 mal).
avQiy^ 58.
«yvff 33, 62.
(TvaxevaCcu 69.
avffoqßog 139.
afpdyioy 92.
a^aAAoi 51, 297.
a(pdTTtü 158.
«rycrff 134.
<r^6e; (dat.) ark. 134,
236.
aifsydoyt] 302.
«r^edff 134.
cfpitBQog 134.
<y(^'l 302.
<y<3P(, aqrtV 129, 134,
213.
<ryou 134.
ff^pd/yof 302.
ffqpi'Cw 157.
ff^xJ 96, 132.
«rqpwf hom. 132.
aqxoi hom. 152.
aqxüiy, atpt^y 133.
ax^Qog 95.
<y/6V 172.
<T/£V(? 28, 100.
<x/froV 28, 97.
axi^ixi 230, 297.
cXoit]y 174.
(r^C<o 36.
JcuiÄoff 96.
r« *hier' kypr. 283.
T«/V 236.
T«xf(>dff 27, 46.
TttXTJyai 27.
r«Aa^ 45.
rrcAat'^ifyof 31.
xafAuy, rafjuay 41, 156.
rdfiyta dor. hom. I60.
rdfioy thess. 222.
rdfiog dor. 222.
rayaog 93.
rai-yt ark. 20. 130.
zur griechischen und lateiniachen Grammatik.
909
jctyvyXfoaaog 41, 140.
xavvainteQog 140.
Tayvafftti 156.
Tuyvrcti 24, 39, 41,
155.
rayvü) 155.
ruQitaatii 58.
TitQßoq 284.
TttQTtjfioQioy (Hesych.)
43, 72.
T«roV 41.
ravrä dor. 123.
Tavrt], tttVTfi 210, 211.
TttrroV 129.
zavQog 68.
T«/« 220.
T«/(WJ' 113.
ff 25, 54, 221, 223,
227, 229, 233, 234.
ti *te' dor. 32, 132.
TByytü 256.
Ttyoc 76, 80.
te(hixayii dor. 146.
Tf^^dff Find. 73.
li^vufAsv 166.
rf^j'wi'Kt 175.
re&yetüca 114.
rc^i'ewr- 38.
xcihyrj^ü) 171.
Tf^yiyw« hom. 37.
xe^yrjttir- hom. 113.
xi^Qinnoy 60.
ret dor. 132.
TfiV hom. 133.
rcToi/ kret. 130.
Teiactfieyog 86.
x$7xog 294.
T€/w ark. 29.
r6xr«(j'« 41, 101, 104.
rexralyvj 29, 33, 41,
160.
xixjijoy 60, 104.
leXafAüjy 28, 106.
TeA6f^f 109.
reXelo) hom. 29, 160.
reXrjeig 109.
Tf'AAw 289.
TiXaoy 60.
TfAcJ 160.
T€f4eysg ark. 111.
xifAyto 163.
Tfy^üi (dor. reyio)) 170.
r6o hom. 54, 91, 130,
133.
fforo hom. 133.
x$6g hom. dor. 134.
xeog dor. 133.
rtor Archil. 130.
xeovg dor. 133.
XBQa/LKoy 28.
X^QfiCt, XtQfHOV 106.
TsQontüv 49.
X£Q7ta) 53.
x^Qaouttt 311.
x^Qxog lesb. 136.
X£Q\pif4ßQ0t0l 140.
x€<r<raQeg 32, 54, 136.
Tfirire^orxoi^a ark. 32.
xiccegeg ion. 32, 136.
xixaxxoi ark. 20.
xexctQnexo 157.
xexagxog 43, 98.
reT£ilf t)7axot'<rer$' delph.
114.
xixXttfjLBv, xixXa&^ 165.
r^ro^eff dor. 32, 136.
rer^ftx*»' dor. 131.
xiXQttai, hom. 32, 71.
xexQ€(xog 43, 98.
xixQ(x(fa 90. 165.
xixQ€tx[Jioy 74.
r £r ^(JxoiTCK hera
137.
r6rTffpfV32, 136.
xevjLidofiai 58.
T6i;r«Cw 58.
«/vi; 256.
r^cüff 109, 223, 230,
234.
rij (Partikel) 123, 223.
Xfjyayoy 51.
riy'xw 46.
TrjXiuaxog el. 140.
TrjXoxQixog 141.
r^iuoff hom. 109, 222,
223.
Ti}»'« kret. 19, 59,
67.
T^i'off dor. 131.
rijoj hom. 109, 223.
rijff Sophron 223.
Tt 77.
Tt (Partikel) 223.
xiaeaat 37, 146.
xi&eTfÄey 86.
T£^f«V 175.
xidsTci 86.
rt^fo) 153.
xi&ijfjteyai, xi&^fisyog
hom. 154.
W;?j7^t 50, 73, 154.
xidrjyji mess. 18, 37,
171.
xlxxw 74, 157.
xifidfcca pamph. 109.
Ti^(i(y)dQa 40.
rt^iy 94.
xifjttjeig 109.
xi/bKOQog 139.
rtV dor. 132, 133.
rtViy tarent. 133.
xiyoiay el. 147.
xi,yvfABytti 155, 163.
rtVw 70, 163.
xioiai> lesb. 130.
Tc^ el. 20, 61.
xig 54, 83, 131, 213,
228, 231.
xiüig 54, 100.
xixaiyct) 159.
xnvaxofAai 71, 162.
rtcü 157.
xiM lesb. 130.
TXttalttfo kork. 120.
TXrjynoXBfxog 287.
TAjyrd? 303.
xyaxüiy kret. 53.
rd 129.
ro>« 230.
Toi (Partikel) 132, 225.
rot 'tibi' dor. 132.
xot el. 222.
xoiog 234.
ror^ el. 61, 69.
xorad€a(ay hom. 129.
rdx« dor. 223.
xoXfAtt 102.
ToVe thess. 1 '0.
XOQyBVXoXvQaüTitdoTlT]'
yoi 143.
xoGog, xoaaog 58.
roTf 234.
xovy böot. 132.
roi;»^ lak. 132.
xovxti böot. 20, 25.
xocpQtt 226, 230.
T^aytAayof 144.
xQdnBl^tt 43, 55, 72,
81.
xgdnio dor. 156.
XQtt(pog herakl. 74.
XQdx(o dor. 156.
r^e (Hesych.) 30, 32,
132.
xQ€ig 29, 99, 136.
XQBTTtO 55.
XQTjyaXeoy (Hesych.)
30.
x^Q(oy 63, 70, 103.
XQidxoyxa 126.
xQiaxoaxog 98, 137.
XQijJQrjg 111, 212.
r^jui'ff kret. 125, 236.
r^ixrrV 101.
xQi^og ion. 58, 99.
XQinovg 139 (2 mal).
TgmxoXofÄog 56. •
r^r^ herakl. etc. 124,
125, 136, 201.
XQiAsaog 99.
xQixaxog 98.
T^trrt'f 101.
r^^rv; 101.
xQ^xdixeg hom. 114.
xQoaaeff&at kypr. 235.
XQvycSy 105
T^vcjpaAcea 55, 72.
TTiJy« kret. 19, 59, 67.
xroXiagx^ thess. 57.
rt dor. 131, 132.
rvtde lesb. 35.
xvytj hom. 132, 222.
xvnxto 161.
xv(p<o 47.
r^ adv. 234.
xiSde 120.
xtoy&Btoy Alkaios 129.
xtoyl arkad. 20, 130.
xiog 224.
V- (Präpos.) kypr.
pamph. 219.
vtixt^y^og 98.
'YßQeaxug thess. 48.
r^^/f 220.
vyyefAog kypr. 235.
i5ye« 27.
v^Qog 94.
vcfcup 25, 94, 106.
i'eaig 30.
iV«*ff kypr. 219.
v&Xog 96.
v^iJc kret. 29, 100.
vlvg lak. 29, 100.
vXrj 266.
t'ÄAoj 60.
vfAcig, vfiag 132.
v^€ dor. 132.
vfiiag 132.
v;/i6rff 28, 132, 213.
vfislbty hom. 133.
vfi^g dor. 132.
vfiixBQog 134, 135.
r^5>' 29, 62, 66.
t'/i/V, r^w' 133.
vfifABg, vfAfAB lesb. 132.
vjLific(y) lesb. 133.
vfAfiog lesb. 134
i5/ioV dor. 134.
«Vwf 99.
voaxvafdog 141.
vTT« el. lesb. 220.
vnadvyioig el. 67.
vTiaani&vog 141.
t-TT^x 218.
i'7i£(> hom. 68, 78, 95,
214, 220.
vnBXTiQo^iB^y hom. 218.
v7tBX(fvyBBt,y hom. 218.
t;7I^^, V7IBQ 2b, 95,
220.
xm^qa 95.
vnigfxoQoy 141.
vnBQoy, vnBQog 95.
vTiBQKfiaXog 32, 45.
vnriqixi^g 46, 47.
t;7ivof 39, 44, 93, 330.
rnd, VTTo 24, 25, 116.
210, 211, 220.
vQiyy« kypr. 235.
lg 33, 61, 115.
va&og lesb. 63.
vafiiy-, vafÄiyrj 105.
wffTiAiyl 219, 220.
vcxBQOfABiyyia thess. 20.
üVrfpoff 25, 220.
vcxQixBg 219,
vaxQog 95.
rt»<r 100.
vq>ttying 69.
910
IIL LatemischeB WOrierrerseiolmis
v^Q6g>ijg 46.
vipixeQwg 112.
v^lregos 95.
tpäyaiya 101.
gxtiSojy 109.
(paeiyo^ 93.
(fttiyta 6^, 152.
^a^a dor. 27.
^«jUi dor. 27.
(päyeaxs 162.
^ffvi^crerv dor. 170.
fpa^ay^ 110.
q>ttQt]y el. 48.
(fttQxrofiai 161.
ffttqvy^ 309.
9a<rxtti 161, 162.
^rrnc 57.
(parog 'getötet' 56.
ffttx^ia 72.
^arAo; 72.
^ec^ tiiess. 26.
(peoyeiy ion. 34.
960? dodon. 53.
(fi^e 89, 225.
(pBQiü&to (3. plur.)
kork. 173.
fpSQSTQOy, (p^QTQOy 92.
(piqoyxoy lesb. 173.
fpiQXttxog 98.
^«^roV 96.
9^^011 42.
fpcvysaxe 162.
(pev^ovfiM 170.
9>i7 224.
tptjywog 93.
tptfXtjT^g 302.
9)7/ut 85, 152.
fpdtciQoi dor. 157.
9^aKtti 70. 71, 163.
^^e/po) 29, 49, 56, 70,
157.
€p&£QM ark. 167.
fp&sQQia lesb. 29, 49,
157.
9)^e<» ark. 29, 49, 70,
157.
ipd^ietai hom. 172.
^^t^^'^oi 155, 163.
<p9iy(ü 56, 163.
q>&tcifißQotog 140.
9^01; 26.
#(a^€tV 51.
(piSdxyti 302.
fplxari pamph. 65.
(piXolrjy 174.
g>iXofdf4et&ijg 61, 62.
9>(V lak. 134.
(plyxaTog dor. 42.
^erv 72.
9PrTt;ff 101.
(pXa^y 306.
(pXavQos 72.
9>Jt/V/ 55.
g>Xvxtig 55.
qpo)9^iü 161.
qpoiVer Alkman 53.
90V0; 56.
tpoQXog 96.
9e«<y^' 103, 126.
(pQaofÄOffvyTj 106.
(fQuaffü) 295, 366.
(pgaxtiq 106.
(pQaxtJQ dor. 107.
(pQdxfoQ 106, 107.
9>^^; 153.
ipQijttxa hom. 105.
qp^V 45, 104.
q>qoyitol kyr. 59, 66.
g>Qovdog 60.
tpQvyia 266.
9>üCa 102.
yvfi; kypr. 29, 173.
9t;?öi lesb. 29, 35, 157.
9PVÄ17 95.
91/AAoy 295.
^vAoy 95.
tpvüa 51.
97i><JK 45.
qfv(a 157.
qpiJfti (= ih'fti) dodon. 53.
fpiayri 46.
9>af^ 45, 116.
Xai-giy^yfjg 140.
XaaaV^eot el. 72.
XttXdnxia 59, 161.
XäXii 297.
/«Ä*? 294.
/ff^ac 115.
X«QiW 160.
/a^ti' 214, 217.
Xtt^ixBQ (acc.) el. 203.
Xdaxta 161.
/fCw 157.
/f (A«o* ion. 63, 70, 137.
/euitiy 103.
/et^ 111.
XBXidwy 256.
/^;U^ot lesb. 63, 137.
X^ge^es, x^9^^^^ bom.
112.
X^Qj'^ß' 54, 116.
XevfÄa 105.
/6<ü 182.
/iJAeo* lak. 63, 70, 137.
Xfjy 71, 116, 117.
X^y lesb. 87.
Xnffl 72, 127.
/^aiiffiloc 115.
X»iiiy 63, 78, 115.
/ttto« 64, 137.
XiXiocxos 98.
/wüV 78, 115.
xXaTya 49.
/oAo; 294.
X^ifitay 105.
/^ 116.
XQß^dof meg. 59.
Xgijd^tn kret. 64.
XQijtaxofiai 162.
XQtjfJinxoig el. 98.
X^<f^a 153.
XQV^y hom. 158.
/^((ü 294.
/(jo/UÄcfoff 109, 110,311
XQovt^ ^adv.) 211.
XQtHfoxofÄijs 144, 212.
XQvcovg 86.
/^<ü 158.
/Vj"«> /v'/Mff 106.
i/;a/fti 158.
ijl/orAr^»« 102.
V'«? 301.
«it'^ svrak. 74, 134.
tffCvodyyeXog 140.
ipBvirjgy ifßcvdo^ 110.
ip€wriaxv^ 116.
i/;i7Jlfr^ai 301.
%lH&v^6g 72.
i/;(;ioa> 301.
tf}Ovdia kret. 84.
Vw'AAa 301.
cJ (Interjektioii) 202.
lu 'sim* 151.
(J (abl.) kret 120.
J (abl.) lokr. 26, 120.
(Jeff 120, 129, 224.
ojd^c 105.
lalyyvyxo hom. 155.
ÄccavoV 94, 189, 220.
taxetXa 167.
iaxvg 100.
oiit^Ki; 308.
(JUov rHe^ch.) 50.
tmoß^g 107.
(u^oc 46.
my ion. etc. 226.
(ooy 258.
WQOQB 157.
iJ^t^ 220.
wQvyr^y 51.
tOQVOfÄM 220.
Ol? (satzrerbindend)
220, 224, 228,
229, 232.
(J; (Wonschpartikel)
232.
(6s 'ungefthr* 224.
(6s (Präposition) 216.
£g {ftSs) 224.
WS *so* 129, 224, 234.
taiffios 94.
(StpeXs 225.
(a(p€Xeto 220.
ui^eJto»' 193.
10 V^ 46, 114, 265.
ni. Lateinisches Wörterverzeichnis
zur griechischen und lateinischen Grammatik, von Fr, Stolz,
a 293, 448.
ah 27. 218, 293, 315,
448.
abdrcet 320.
ahdere 362.
ahdömen 383.
abei 362.
a2>»?.9 281.
abiet' 325.
a!>M^e 262.
abietis 268, 271.
abimuSf abU 275.
liMn 309.
abiürant 270.
dblacuari 289.
ablaqueare 289.
<i6Z«o 262.
abnu^re, abnuere 367.
abolere 258.
(i&jt 293, 314. 337, 448.
cibacondo 875.
od^ffi« 863.
oi^^^M^ 451, 583.
oft^fem»« 380.
abst^rgo 285.
a&^u/it 806.
ru; 289. 815.
aecesti* 878.
2nr griechischen und lateinischen Grammatik.
911
accipiter 219, S2S,S12.
accnssdsse 298.
äcer 265.
acerhus 288, 321.
acerpus 307.
acetare 268.
acetai 291.
Ächaia 252.
Achivi 273.
«rieÄ 102, 256, 264.
acinns 278.
Acmemeno (prän.) 278,
319.
ac si 528.
actuaris 330.
dr^Mm 281, 305.
Äcuino 288.
^cwm<' 278.
acuo 264.
acupedius 100, 265, 330.
acupenser 289.
«CM« 265, 310, 329.
arf 292, 315, 440.
adagium 270, 294, 330.
Adelphoe 334.
a</^;>Ä 283.
adessini 375.
adgrediri 366.
adgretus 305.
adhuc 554.
adiese 271.
aditus 101.
adiumenium 308.
adiuero 322.
adiüro 322.
admtntum 309.
a<;»itti7 262.
ad»ür»7 262, 371.
adolescens 267.
adolesco 264.
arfor 328.
adpetissis 375.
a(^« (^= a^^u€> 316.
adiemiare 312.
adulescens 99, 267, 270.
adtdteTf -are 318.
aduncus 264, 356.
advenat 366.
adver sus 447.
advosem 312.
Aecetiai 288.
cwcMj< 289.
a^rf^« 27, 295, 326.
aedUuos 354.
fli'rfjVM« 262.
a<'rfi/,v 295.
aegrötus 159, 367.
Aegupto 251.
AemiUiis 271.
Aenoharhus 355.
aefii*.f 271.
aequiparo 321.
aequipero 269, 321,
aequor 328.
aer^ 256, 343.
a<»i'u« 336.
««»if, aw 326.
Ae8cl<ipio 277.
Aescolapins 277.
Aesculapius 277.
aescuhut 306.
Aesiona 383.
ff^«/flw 259, 305.
flk?«/imo 268, 306.
aestumo 268.
of-^/M« 265, 305.
ff^OÄ 262, 321.
a(^m 262.
aeviias 261.
aeviternus 261.
(i^-om 27, 38, 112,259,
261.
aevum 262.
fl/- 293, 448.
a/fer« 378.
a^a^o 299.
agceps 312.
rt^e 256.
a^^ca 267.
agedum 268.
flf^^WMÄ 285, 308, 322.
a^er285,314,322,330.
a^f^r^;, «^?, fl^j<?r 380.
oi7^<^ 254, 305.
aggulus 312.
agidum 268.
öi/tV« 265, 329.
a^tÄ 294.
rt^mf» 309, 321.
or^r»« 297, 310.
agnosco 310.
a^fiWÄ 55, 290.
a^ö 27, 256, 265, 290,
357, 364.
agolum 268.
agricola 330, 354, 355.
Agrigentum 290, 320,
324.
a^^ro« 314.
Agusius 272.
aheneus 297, 301, 309.
ai, aw 379.
a*c?^« 259.
aiiehas 253.
öio 272, 294, 296, 309.
aiquom 259.
aiquos 289.
ainrf 271, 342.
a*> 271.
Ä/a 281, 310.
a/acfr 270.
flto/>a 269, 270.
rtZit'o 161.
aZfcerf 367.
^/6^«wi 286.
albicapiUus 356.
albogalerus 354.
-4/6i*» (Aequiculer) 322.
albücus 264.
a7<;e{/o 66.
Alcumenaa 338.
rt/<?6rw 329.
Älemöna 381.
a/i'r«? 264.
^/«•m 283.
Alexander, -drus 330.
aZia« 554.
a/fciiW 290.
alicunde 290.
alienus 330.
rt/tt 349.
alimönium 381.
a/k> 340.
a/io- 347.
alioqui (alioquin) 316,
872
a/»/;^« 283, 355.
aliqua 348.
aliquanti 549.
aliquis 547, 551.
aliquod{= aliquot) 316.
o/w 92, 276, 330, 334.
(i/»7uum 339.
«Zjwä 27, 92, 261, 283,
549.
o/eii« — aZtu^ 234.
AlUentrom (prän.) 267,
320.
AUxentr[osJ (prän.)
292.
^//tV«w 286.
fl/iiWÄ 308, 313.
a/o 364.
a/«i 313.
aZ/i-r 353, 549.
a//^ro- 347.
alierplex 285, 322.
altUonus 356.
flr//Wm 312, 344.
alirinsectis 312.
a/Mf 371.
a/wm 300, 309.
alumnus 278, 381.
alveolus 268.
animus 330.
auguratus 267.
awö 276, 379.
amäbam, amäho 376.
amamini 381.
amämus 276.
aman< 276, 359.
amare 276.
amässem 375.
amassim, amanso 374.
am<K/ 322.
amÄfc 379.
amdr» 371.
amavimus 371.
ambäbu^ 344.
ambäges 265.
amhas 334.
ambissU 374.
ambUiis 218, 295.
amfto 295, 323.
amböbus 133, 344.
ambrices 295.
ameiseruftf 273.
ainenty ames 378.
-<Sm«n 321.
ämentum 309.
atnfractuA 295.
amicire 366.
ammentum 309.
aninegare 310.
amnuere 310.
amö 276.
ampendices 313.
amphonim 340.
amploctor 266.
ampotis 288.
amsedentes 313.
amsegetes 313.
amtermini 313.
amurca 267, 290.
a« 189, 221,455, 456 f.,
465 f., 476.
rtMor« 278, 288, 329.
anatis 269.
ancaesa 313.
a»r<:?)j? 321, 322.
anchöra 320.
ancipes 321.
ancluhris 277.
anclare 291.
flwr/o 277.
ancora 267.
anculo 277.
omcw/m« 277, 872.
am?wj? 54, 264, 313.
anglus 322.
anflfö256,285,294,365.
anguis 294.
angulus 313.
angugtus 326.
a«Äc/Är^ 218, 270,320.
Anienicola 355.
animadvertere 354.
animare 367.
animus 28, 259.
anites, anitis 269.
(miiofta 309, 385.
an»i*« 310, 872.
anqutna 274.
aiiser 300, 328.
an^rt^ 288.
a«/e 217, 218, 269, 442.
an/^a 442.
antemnae 385.
antennae 310.
antequam 506.
antestaminö 360.
anftcus 264.
antioper 314.
Antipho 324.
antistet' 325.
an/w^o 281.
antruare 313.
a»ff^ 332.
anxius 326.
ap- 292,
912
HL Lateinisohes Wörterverzeicknifl
apage 292.
4pelUnem 327.
aperio 292.
apica 270.
apiscor 366.
aplustrum 283.
Apolenei 272, 327.
^jpoZ/o, -f«w 327.
Apolloni 327.
Apohnes 327, 336.
öipor 292.
appellamino 361.
aj^rüMU« 310.
ajpA 292.
apscede 305.
apsterserunt 305.
ai>tti2 292, 441.
opur 383.
opw/ 316.
a^ua« (dreisilbig) 263.
aquagium 855.
aguifoUtis 289.
aquihx 355.
a^ip«<^itfm 289.
aquipenser 289.
ar 292, 383.
arare 256, 282, 367.
aratrum 330.
arW<«- 292, 328.
arbüro- 264.
orfeor 326.
arfto« 299.
arbosem 297.
arbutum 269.
arcessere 292.
crct« 289.
^rdea« 323.
ard«-i? 298.
ardor 321.
arduius 354.
ardum 322.
arrffio« 32, 44, 93, 261,
295, 284.
arc^iM 298.
ar(2ttti« 330.
are, ar(i 376.
ar«- 380.
areho 376.
arere 307.
argentum 287, 290,330.
Qrger 292,
Ariadine 278.
artto 257, 281, 871.
arieU 262.
or*<?^w 268, 271.
armus 285.
Arpinäs 318.
Arpocrates 301.
arqukenes 286, 289.
ar« 285, 314.
arW 312, 313.
^rfamo 271.
or^are, ar/»V« 367.
Artavassdis. "sdis 251.
ttru9pices 301.
arrom 261.
armim 300.
a« 313, 872.
a«a 307.
a^eea 268.
ascia 268.
ascendiderat 371.
Asculum 272.
AsiageneSf -us 354.
a^ftw^ 278.
aspdrgo 320.
(ispeUere 306.
asporto 306.
o^^er 871.
asaiduus 306.
a^jwV 328, 871.
a««o/rf 270.
o^^uto 307.
assümenta 97.
a««u« 307.
o«/ 463.
a«/a 301.
astasent 374.
o^fe«; 358.
o^^w/a 307.
oj^^M^i^ 306.
a^ 315, 463.
af (^= ad) 317.
a^atn» 269.
^teito 308.
Athamans 287.
^Mo 324.
Athonis 324.
^/?an« 287.
o/^M« 315, 460.
atqui 464.
a/^m'ft 316, 464.
attendo 305.
o^tw^o 270, 305.
attollo 305.
a^uZa^ 357.
aU' 293.
atic^Zto 272.
auceps 321, 354.
aucfd«;- 325.
audacter 322.
awi^re 272, 321.
audeire 273.
aiKil 276, 379.
audiam 376.
audiemus 378.
att(2tV^ 378.
aw^ffre 259, 307, 380.
audirem 375.
atwifrl 380.
atM?^^ 818.
audUe 379.
audiunt 859.
aiirfm 371.
auferere 363.
oii/>ro 270.
^u/^io» 340.
^u/i(2f4« 296.
aufugio 272.
oti^^o 259.
ai4^er 267.
augmen 309.
auto 310.
aulla 272.
aura« 338.
aurea, aurei 263.
atireae 272.
aureas 871.
aureao? 276, 871.
aureficina 355.
aur^K« 261.
aurichaJcum 272, 276.
awr^a 272, 871.
aiir«259,264,325,873.
attrö^-a 110, 259, 326.
aurufex 355.
ausculari 272, 871.
aM«<ni7to 259, 307, 325.
Ausculum 272.
ausculum 871.
auspex 321.
auspicis 344.
aw^^imwe 298.
aii^jfu« 298.
a«Ä/tfr 259, 306.
aiwrta 272, 871.
a«< 27, 221, 315, 464 f.
au^m 27,221,259,464.
aut ernst 317.
autumare 321.
af7ßAi^ 269.
averta 258.
averuncassere 374, 380.
ap>6«<« 344.
awKa 55, 290.
avanculus 267.
ararc 294.
a:rf2to 310.
axw 27, 60.
axites 375.
ooro 374.
öaü<;a 254.
baculum 293.
haetere 264.
holairones 278.
fra^Z^ii^ 283, 293.
balineae 319.
balin^um 273.
balneum 279, 319.
-fram, -fro 261.
&ar&a 295.
barbarus 269, 283.
bardus 285.
^o^iMm 299.
J?e7ma 301.
bellipotens 356.
2)eUo 340.
6e27tim 302.
j^e/oto» 286.
6a7Ma 309.
Z»ewe 343.
benficium 319.
benignus 281.
I 6enf>o{t(9 320.
\ Benrentod 319.
^9 302, 349.
2^^»a 309.
^rf*/#i« 271.
W- 136.
biber 380.
&»^mu« 260.
bibö 103, 293, 365.
bhorpar 326.
2»{</efi« 349.
^tcfuttin 349.
bigae 261.
bime^ris 313.
Wmi« 275, 302, 327.
Mut 351, 874.
bipUx 302.
Wrrws 293.
bis 351.
&tö/ia 309.
6toe9U« 290.
blandüocus 356.
BMieola 293.
&dfru« 331.
fcoere 290.
Bonifacius 291.
BonifaHus 291.
6oifOjr 882.
6offu« 302.
6ös 260, 290, 331..
boum 331.
ftopifruw 331.
fröre« (Akk.dPlur.) 125.
bovid 342.
6of^ 321.
bovis (Nom.) 331.
froiTom 331, 339.
ftrei?w293, 295.329,384.
bretOer 354.
brisa 300.
Brttt» 267.
brüma 322, 353, 874.
Ärwa»» 267.
brmus 264, 874.
frufro^u« 300.
bubiU 300.
^lifrofia 300.
bubulcus 300.
frOnna 293.
5u/i4# 295.
-bundus 811.
Burredius 311.
&ur/*ii« 293.
Äwrrt« 252, 393.
buxun% 298.
ca^nimefi 309.
cadärer 381,
edJa 265.
caduceus 292.
ea<2ariM ;?ß4.
ca«rii5 259.
eaeflfo 259, 265, 279,
297, 302, 364.
Catician[m] 271.
CaeicUim 271.
Cor grieohisohen und lateuuschen Qrammatik.
913
Caeidia 271.
caementum 309.
caef'uleuM 283.
caemries 259, 299.
caeslus 299.
(•aesnaa 302.
Caesaria 267.
Caesaru 336.
caesum 305.
calamitas 283.
ralamiiosus 315.
r«/a;v 285, 367.
raiceus 268.
ai/JM^ 311, 322.
calecandam 277.
calendae 367.
calfacere 322.
caligo 873.
rcr/ü: 290.
rnZ/e^-e' 367.
ca//i> 311.
crt/or 325.
Calrenet[i\is] 278.
Cahjpsonis 324.
roür 251, 297, 322, 384.
camnra 267.
Camhriamis 308.
C'«f/i^»a 281, 298, 309.
camera 267.
CampAns 318, 323.
Campatis (Neutr.) 333.
Cancer 283.
r«»r.s 333.
canicula 873.
crtww 258, 290.
canistrum 320.
cnnnahis 269, 270.
Canopua 293.
ran/e 322, 364.
canum (gen.plur.) 328.
rdwt*Ä 298, 309.
capedö 110.
ca;>^rt' 289, 366, 368.
capessOy capissam 375.
capiUus 310.
capimus 366.
capiOf -iunt 367.
f «/>/>, ra;>/< 261, 366,
382.
capitale 265.
CapUodium 283.
Capitülium 265.
ctt^Avo 374.
capfirus 330.
cajmlutn 265.
c«^w^ 302.
carbasiis 293.
carcares 267.
cwr^^/b (fal.) 375, 875.
Carmen 298.
ccrrnw 264, 327.
caro 264, 327.
carpebam 376.
car/>ö 54.
Carthagini 342.
crtri*Ä 329.
ror,yrt 298.
casciis 309.
Casenterfa] (prän.) 292.
caseus 290.
CasmenafeJ 298, 309.
casMs 298.
CoHtoriis 336.
rtfÄ^w^ 1^59, 297, 305.
^(Iämw 307.
catapulta 268.
ffl/<>//i^ 285.
catlaster 277.
ca^M/M.»» 277, 286.
at/w« 153, 259, 265.
crtMrfa 272.
caulae 321.
caw/w 329.
caimdlcus 258.
caussa 298.
cauium 321.
cautus 272.
Cavaturine^ 344.
catvrt 268.
car<'o 258, 264.
cam-^ 289, 302.
caverna 298.
Crtrm (fal.) 262.
catHtianem 321.
caüitum 321.
cacw« 258, 289.
c«?- 130.
-(ce)cHlit 369.
ctdere 265.
cfd»/o 272.
c«>rfol30,167,172,362.
cerfo 364.
ctfrfr^ 272,322,364, 373.
Cctwa (prän.) 272.
c«riV 259.
ci'^fcer 269.
c^/^5ri> 309.
c^/er 283.
celerissimus 354.
-c£'//«r«? 264.
re/ö 264.
-cf» 328.
ci'Ha 302.
-r«'Mrfi 370.
censento 379.
censeö 69.
censere, censlri 367.
censoor (fal.) 252.
censum 306.
censiis 287.
centem-f centi-, centu-f
centum- 351.
centeni 351.
centensumus 351.
centesimO' 351.
c<?/i/wm 50, 286, 287,
289, 312, 350.
ce/>» 265.
ccröWMÄ 269.
Orea/w 299.
Handbuch der klaas. AltertamswiBseuflchAlt. II, 2.
cerebrum 309, 326.
C<>re/7v* 336.
CVr«-i*,? 336.
Cer^'Ä *?84, 326, 332.
cfr/KJr^« 282, 289.
c<?rno 285, 365.
cernuiis 313.
cerriUis 311.
certiorare 270.
cerrix 284.
cermiH 264.
cesoris 333.
cessum 307.
C<?^/a 272.
ceteroqui (ceteroquin)
316.
ceterum 464.
Cethegus 252.
rf«c 305, 321, 362.
cew 273, 315.
Chalchadona 271.
Cherronensi 383.
<-/i<W8 275.
cicindela 270.
cicuris 268.
cilium 257.
ci7/o 365.
cineris 267.
ciniflo 355.
cim« 326.
cinisculum 267.
CiM/* (^= (>iitn^i) 289.
cJrca 342, 446.
circUer 446.
circum 446.
m 337, 445.
ci> (^= r/rw>) 262.
c?i7er, -ior 353.
c/fÄflrra 269.
ci^ö 343.
ctVra 445.
r»7rw^ 292.
citumo- 353.
cimbus 326.
clriciis 99.
fir»/«f*Mm 108,325,339.
civitaUim 108, 325.
f/örf^« 285, 311.
c/rtw 264, 453.
clarimum 353.
rWrwx 285.
claudere 272.
r/aMf/o 279, 321, 365,
384.
[cljaussum 298.
claustrum 309.
clariger 321.
cWWä 256, 329.
<?Zf?w<fw» 283, 325, 381.
clepere 292.
clcpimuSt clipitf clepait
369.
c/(;pö 42.
c?te/i» 266.
-cZfwÄre 158, 865.
Aufl.
cUngere 384.
Cloetemeatra 274.
clostra 272.
clouacas 275.
cUicidattis 290.
c/w<'a/ 259.
cluens 266.
f/M^o r<*/Mo; 283.
cluere 264.
r/Mer«» 367.
c/wnw 283.
f/i<o 259, 260.
clupeus 266.
clustrum 283.
Clustumina 282.
CO-, cow- 286.
coacervo 276.
coäctus 276.
coagito 276.
coaglari 322.
coalesco 276.
roc-^i« 179, 289.
cö^/ff 272.
coc^i 276.
coeliins 344.
Co^Z/i*« 274.
coepere^coepiam^ coepiat
368.
co<:/>i265,274, 276,368.
coerare 274.
coerceo 301.
coetiift 274.
cogendei 337, 382.
co^jVo 276.
cognatus 286.
cognecto 303.
cognomen 303.
cögnömenta 97.
cogo 276.
coherceo 301.
coÄ/ftfo 276, 286.
cohors 264.
cot'c/o 261.
coirare 274.
Co/r(ir>; 338.
roiwjf 286.
colesco 276.
colina 267.
coUega 265.
coUiciae 289.
foW/flfo 270.
Collum 311.
coluber 269.
coWw 308, 329.
ro/o 54, 257, 289.
ro/j^a 267.
columen 28, 259, 358.
columna 28, 278, 328.
colurniis 283.
com- 267, 302, ."^08.
combretum 295.
comburere 276.
comductam 312.
comere 276.
m. latainiaoli«« VOrtervonaiehnii
eomeHtun 305.
eomftuont 312.
commem 314.
eommimU «74.
eommifeium 257.
nymmodf, -o 343.
eomniiigfnlo 367.
.-orxoiHrw ^&d, 274.
eomparo 321,
eomptdh 269.
ram^Hrc 366.
comiiencfre 366.
(■OMjw» 329, »71.
eomprometi^st 273.
cmnplioHali' 276.
comralem 313.
roBinna (fal.) 512.
ronf Iiin 320.
canciliabolum 277.
ro«ro,« 3M.
(HMcrfrfuo 3S2.
conetionr öVi.
e<nictOK 261.
<vnrH6lMn 32r>.
eoHfujoM'o 366.
tfmdfimto 270.
cOKdrmpHirfiU 308.
fONi^rJT 362.
eoudüriblliK 9fi.
/■üHi/omno '270.
ra»<^?fa 286.
confKlat 275.
onnfe^tim 30.5,
fOH/irifl 320.
fO«/frfo 258.
ro»/;V* U20.
ro«fioro«t 262, 264.
roHfivgnf 2W).
coHfli'Df 290.
(■ö»/!iw 2SH).
«-./■«ffi 2.'>9.
etmgtHuvln 277.
tonger 285.
congiart 275.
roBffi'u» 297.
rougruo 2.jl». 260, 364
conifflnnf 367.
n)».»,- 824.
ronlaHgerr 216.
rmt/i'Hj: 116, 314.
rox/Kr 116.
ronifto 29.'),
(vw.VffY 290.
rOHf'j-i 290.
foti/irffvel Ümunda
™n^<-,.Hrf« 269, :S20.
MNWH/W 363.
COni^Hi 179.
Mfre 266.
. „.utero 270.
i-ofuirfurfa 304.
conxilium 271.
CoujiIto, 6i(i; 257.
coH^ttrnare 301. 362.
in*«! ÜU, 328.
,Jn«M/o 270;
tontages 26a.
rontamimu-t 309.
rOHfctNfin 385.
/■nntempxi 312.
Ciiaterchromia 355.
n«;iVis(vi*n 366.
.i.«/;o«r2fi2.
roHlra 444.
■oiili-lre 2«6.
rwHfjwwma 283.
ruNfuic^'Niuw 269,270.
conrertuU 371.
rojria 275.
(•«j)in/n 322.
roptamuH 'ilü.
eoputa 276.
ciMfuo 289, 293.
cor 314, 332.
(wni« 275, 450.
Comnorm^ 339.
«r<ie.rof«(> 274.
coreodiUus 283.
rorcodilii." 2X5,
eorndiim US.
r(*,rf-43.284,291,325.
rordoHitm 35.5.
(^itiatki), Carinto 252.
(.•./r.'uffl 302.
C'orHf;;« 276, 830.
rornifroHs 356.
fo)-«iwn» 874.
corKiJ- 96. 327.
rtii-»i( 264, 2H4. 323,
329.
coi-HHx 284.
corpiiUnlnx 'J
rorjiw 284.
roM 275, 30<
eorlex 2B4.
Coiiona 285.
« 302.
* 258.
CO?AKO 250.
craftro 285, 309.
cracrHrc» 2^1.
crrifüo "291.
üntiwiptg 268.
CrasKHpf» 268.
(rrd/fK 285.
crrbeueo 283.
crebrewo 283.
crird*Tc 362.
credit UM 264.
mrfo 295, 298.
trniun™ 362, 377.
ereduin, rrtduU 362.
(■(■ifrnf 295.
Ci-rfsifn (pT&n.) 273,
292.
CTvjmrf 282, 364.
crepiculnm 291.
rrciAJo 320.
errpitulum 291.
criyMi 371.
cr(yH,'<rH/i»» 303, 872.
eriri 285, 371.
rrlmrK 285.
Crhida (prfto.) 273.
eriiumre 298.
erötio 258.
cfocodiUu» 283.
crocodriUim 283.
rr»o,' 112. 264.
c-»- 303.
ri.«™ 288.
rM«Hrf(. (fal.) 288.
ruU 290.
-TMfc.- 348.
cMriB.« 278.
fuiuiii 349.
cuiH« 348.
(-)((' Msri'worfi 288.
cMfiNn 267. 281, 310.
fufffus 308.
eulmen 264.
r»/rnM» 264.
rM/;.n 267.
■ruhu
284.
-cuHni**! 263, 312.
cunta 313.
CunpufJ 289.
eu^ (fal.) 317.
eupitf 366.
rMjjfri" 371.
euppa 279.
Ü.-.l, 319.
cur 2Sa. 475.
mrrulio 290.
284, 311.
curfH« 284.
turrug 284.
ciiatOd- 325.
<-u8f(M 305, 332.
cufM 302.
Cydoniug 292.
fgpariMi 319.
da 378.
rfn^rumo 256. 268, 292.
rfnc, </o 263.
Dal mal ia 267.
(I(int(^(ini 312.
damdum 312.
damnajt 314, 323.
ifntnHHi» 310.
dümtu 27, 265, 362.
rfanrfiM 311.
dattunt 365.
rfop. 325.
Daphine 278.
./«)■<■ 291. 362, 380.
dnrei 380.
üarfiM 273.
darl 116. 3S0, 8Tä.
/)«ri(M 273.
(Ms 362.
daxi 297.
datr 379.
ijdfiü 105.
i/il/is 362.
dalod 379.
rf«(Ör 264, 331.
dalör- 328.
diilönm 264.
diitöriH 107.
rfii^j-jj- 102. 107, 264.
.f<./iM27, 28. 259,265.
330, 381.
rfiir/r 371.
Dinmiu
;. 449.
116.
dearliia 'Uli.
dfWo 276.
rf^fc.7 328.
debilitart 315.
r grieoblBohen nnd Utsmiioheii Grammatik.
291.
decemmodiua 355.
dtfeyno 322.
decft 268.
drrimHH (decmH,') 351.
Drcmbrt* 322.
detmuH 322.
deeolor %>A.
derbiojius 261.
, rfcnV 275.
d/mri* 268.
diereint 278, 285.
rfft-ujt 299, SlO, 325.
(/n/o 370, 372.
ilrdf, dfdi 372.
rfedw 2B7.
dedrri 373.
dfihrllin 377.
(Wf/ (fal.) 372.
rfrtrt 26.5, 372.
drdicait 322.
dn/imuM 370.
rffrfiV 3.58.
rf^rf« 372.
rfrfr«/ 322, 372.
drf engt rix 313.
difrtigare 270.
dtfrütum 2K0.
dffHntwt 313.
rfi^f»*-/- 326. 332.
rf*^ 276, 320.
deijnnerf 264.
rfriT'iNo 309, 365.
rfcAJiic 554.
rf«- 334.
dehrre 23Ö, 25Ö, 261
rf^»/<i 261.
diikro 280.
rffiB« 273.
deinde 344.
rffi« 344.
rfrtVoN 262,
273, 344.
deirem 375.
drlenlo 270.
detibatre 264.
dW/n/a 257. 270.
drIUUcerf 366.
IMmatri» 344.
Delmiitia 267.
./™ 377.
demrdinm 320.
denniium 339.
rfewi 310, 351.
rffdMO 262, 275.
rfri»! 264, 291, 325.
deumre 367.
(/fHoiM 2»7, 329.
(/fn/io 315.
272,
./mfi
t 263.
dfjMngn 321.
dejmluK 306.
deranat 275.
■ Hfi.'i.
.(^-f 275.
delrlmentiim 285.
rfciw 11, 262. 291.
ri'-iM 263.
rf.rn«26a,273,344,874.
</c-j(rr 2Ö7
dtJTlimo- 353.
(bx/rn 322.
dexirnritui» 262.
dfjimrorsum 262.
rf< 334.
(«■n/w 279.
DioHf 272, 340.
dir 315. 378.
rf-V-- 31. ^
direbo 376.
riircrr 258. 289.
dirertm 375.
rffci 3«0.
-dtro 258.
rfifo frf?fc-J 3M.
dirom 358.
dirtfitored 342.
271.
rfirfici 368.
rffrfiViV 369.
AWi/ 271.
dir (fJen.) 338.
</ic (Lok.) 342.
rf.V, </iVm, rfiü» 260.
diet 252.
difqitinte, -i 341.
diererlf 262.
rflM 279.
rfiVN(Noni.d.Sing.)332.
rfiV" (Uon.) 338.
rf<i'H(Nom.d.Plur.)338.
rfi(>K(Al[k.d.Pliir.)814,
336.
I>iMpif<r302.881,854.
Diegptr 322.
diftidtHM 263.
diffiälU 307.
rf;/7rfj(/ 315.
diffirultrr 822.
rftyi/M« 74, 350.
(/(^HU« 310.
diiuHga 308.
rfiVoriH 349.
:: ä20.
rfirr« 264, 302.
dix 32.5.
iW« 331.
diwipuli
■Wo -iiy^ .106.
F. ao9.
» :1Ü9
diitux 302.
>fjnat 262, 272.
dingua 292.
/Morfi 341.
f^/ori 331.
rf.V/feö 308.
diritno 298.
</Iri«) 872.
277.
•lii'liw^ro ä07.
./,>.•(■;-. ;ii;iN.
^li'h'm/rn- 216.
(/;-..r-,/<. 3(IH, 309.
dinpennilr 312.
dixpexcere 366.
dUrumpetur 308.
</iwr».;« 308.
iffD«(^ 268.
dinmihfHdri 382.
ifüfrnoiri' 312.
(/MJHM 298.
dUturbäl 318.
rf.iv/- 325.
(fOtNHHR 278.
</offlo/< (Gen.) 338.
(/ömu.{Perf.)262,371.
ffowHi'« 337.
domM 258, 264.
doncuiu 315.
rfoncf 315. 348. 514.
rfon<c«m263.315,515.
doniqae 315, 51.5.
i/ÖnuM 26, 258, 265,
330.
dormio 284.
doftum 312.
rfö< 265, 320.
-. 312.
doucil 34, 263. 275.
drachmtti,
dntc
diliii
262.
Dile 335
ditinnimui' 353.
.»« 224.
liiuru f= deomin) 262,
(/fucnuM 298.
rit«« 337.
diu« 279.
Diiiturnii 302.
i/JärnrnHK 280.
rftrrf^o 3U7.
rfircryo 307.
dirldo 364.
dIvo 253.
dirom 262.
rfin« 262, 273, 291.
rffj-c 374. 380.
rfirm 374.
dixfriim 374.
dixerim 374.
(ftr«ro 190, 374.
rfUrtrlmM« 174.
dirl 263, 370.
rfürim 374.
dixln 318.
diringe, dixitatm 374.
rfirirti 372.
(fb-i; 186.
rftrti 372. 373.
dixo 374.
doctam 376.
rfoe*«!« 276.
i/oeenr 276, 359.
doceö 3.5, 263, 367.
dodran» 322.
dogmam 324.
rfo/arc 367.
(fofco 284.
rfo?fK«( 359.
doiirf 367.
domatu» 371.
rfomi 121. 341.
dominiia 278.
rfomi/ör 28, 259.
domUu* 268.
X 324.
rfrnrumn 278.
.JudbiM 344.
duof 334.
(/mAim 261, 349, 376.
duc 315, 378.
<Wf- 259, 324.
dure 315.
rföcm 263.
durtni 351.
iluctHleni 351.
rftirf»» 350, 873.
(fllCMIIHHI 351.
dne« 259, 364.
(in,-//»/«
ÜhWob
t 338.
Atenos 2
duictnmis 302 349.
rfuirfcM 302, 349.
duim 167. 362, 377.
rfui* 302. 351.
didcioreloquiis 356.
cfion 224, 348, 509.
dummetum 309.
dummodo 510.
DuMHOrix 310.
rftun lame» 510.
(/»tniid 309.
rfHnc 315, 514.
rfuo 260, 261.291,323,
duShifi'm. 344.
ifiWfrim 141, 143,269.
261, 302, 339.
dupitx 302, 325, 849.
dupUx 332.
duplas 325, 352.
duriaea 366.
diinoio 3
349.
« 449.
ni 260.
mm 376.
f6/-irtn» 268. 271.
mi»tor 346.
348, 416.
re 342.
916
HL Lateinisches WOrtervenBelolmis
ecferri 306.
ecfodUo 306.
Ecuba 301.
eaui 262, 289.
edepol 416.
edere 264, 291.
edi 164, 368.
mm 363, 377.
egfnus 309.
«»^es/a« 305, 309.
Ä/i 265, 368.
i-^o 132,256,316,345.
egregiissima 354.
^/r»i 416.
cm, ft« (Dat. -Abi. d.
Plur.) 347.
ei, eeiSf eis (Nom. d.
Plur.) 347, 349.
ei, eire, eis, eit, eitur
362.
eiei 347.
eIivs, kiIvs 253.
eis (Nom. d. Sing.) 347,
385.
eis (Gen. d. Sing.) 348.
eis (2. sing.) 263.
eisdem (Nom. d. Sing.)
385
fjW 27*3, 347, 348.
elegans 270.
eligantia 270.
l%o 310.
eWam, -«m 348.
Elle-spontum 301.
elogium 266.
eluäcrus 262.
fw (Acc. sing.) 347.
m (Part.) 416, 583.
emem 347.
-m, -ow 263, 347.
emerut 373.
«mt 368, 370.
iminus 874.
emo 287.
empos 288.
empsim 370.
emptus 312.
cn (Part.) 583.
f» (Präp.) 219, 256,
451.
eie- (priv.) 288.
endo 221, 256, 451.
enfUiare 288.
cnfcö 269.
enim 466.
inormis 310.
enojT 346.
e»« 363.
<»«Äi« 287, 297.
eo (pron. Advorb) 468.
eo {1. sing.) 261, 263,
362.
eorundem 312.
epistula 318.
epohnas 268.
i^pd^a 290.
fgrttÄ- 27.
equahiis 344.
fguJjT 336.
cjvc 118.
<»gii<?f- 325.
equidem 346.
cjtt*/a 268.
equinus 330.
equirine 346.
<»?«»» 343, 874.
equiso 299.
tf^rwrtw 270.
fjMom 118, 335.
cguo« 116, 261, 289.
eqtws 835.
f^u^ 268.
«giiu« 256, 262, 289,
330.
eram 376.
erant 77.
jEr<?i</<»« 301.
erga 448.
er^o 467.
^ö'o (ergo) 318.
<TM, pt-i/ 376.
«•0 151, 190,363,376.
eiTor 311.
Erucinä (Dat.) 340.
erügere 264.
^M^^ 54.
«TM« 330, 873.
<»« (2. sing. V. esse) 313.
is (2. sing. v. mw) 362.
is (Imp.) 378.
^«, esse, est, -e, ~is, -o
(edo) 363.
caa 297.
cwa 306, 873.
escas 338.
e««V 363, 366.
espiritum 278.
e««<? 379.
essis 375.
c^^um 298.
est (3. sing. v. ew^») 25,
263, 297, 314, 362.
est (3. sing. \. edere) 305.
este (Imp.) 379.
«•«^i* 363.
estis (2. plur. v. crfcr<»)
305.
esiod 379.
C9fim 358.
et 222, 315, 458, 459.
etenitn 467.
^Mim 554.
etiamsi 527.
<^** 527.
Euander, -drus 830.
ei4m 260.
ew»/ 362.
eunfis 362.
Euretice 292.
Eurydice 292.
<?r«ia/ 366.
car 219, 314, 337, 449.
exadversum 447.
exaesiimo 270.
excdans 300.
exämen 309.
«•irciföö 365.
excidere 253.
execiae 288.
exemplaris 282.
exemplum 308.
exercitüm 339.
eafarrj 306.
«ir/ifrfo 879.
exfodiri 366.
cxfM/# 305.
eximius 176.
expando 321.
expendo 321.
expUnunt 365.
exsugebo 376.
cjr^a 306.
extempulo 277.
exterus 353.
extorris 264.
cx^ra 316, 445.
ifirtrcwf 316, 342.
extrimo- 353.
extumo' 353.
earwif, -ar« 328.
ftnvÄi^o 379.
/«fca 295.
fabäginus 354.
/a^>fr 295.
Fahrecio (prän.) 268.
/'o^^ruw 339.
/ttfttt/a 27.
^oo 315, 378.
/acc 315.
/ocerc 295.
facesso 375.
fa<ri«f (Dat.) 341.
faciendus 311.
facieum 340.
/•ootj 338.
/Victfe 315.
faeiUimus :?54.
facilumld 120, 343.
faWö 28, 264, 362.
facioni 358.
f(w»7iw? 258, 379.
/ff<?tiZ 315.
facuUas 322.
fa«7MÄ 295.
faenisicei 343.
fäginus 93.
/rt^tt« 295.
Föf/cr« 266.
Fa7c*rc (fal.) 334.
Fa/wfi 294.
Faliscus 266.
/b/fo 302, 365.
/a7ar 314.
fSmö 27, 265.
/ami/»a 271.
familias 338.
Aiotm/ 323.
famultas 322.
famutus 277.
/anttiw 264, 295.
far 314, 326, 872.
farrfo 295, 866.
farfarus 269.
/iiifcri 269.
/ttri 27, 256, 265, 295.
361.
fariofus 294.
farreum 295.
farreus 311.
/a» 325.
/oÄcw 306.
fastigium 313.
/•tt^cor 265, 365.
fatiscor 365.
Fo^uö« 261.
Faustulus 309.
/aiwfiM 321.
/au/um 321.
/«Mar 329.
/opi 371.
favis€te 258.
/awYor 321.
/aar 264.
/aa?W 374.
/oarim 374, 377.
faxitur 374.
/aa?o 190, 374.
/oxor 874.
/aar««8 382.
/cfrrw 295.
februus 309.
/eccii 358, 372.
feceram 374.
fecerim 374.
/«ccro 374.
/Ä?t 265.'
/«:W 358, 372.
/lictf 167, 369.
/ccf 322.
fefeUi 267, 320, 870.
fei 294, 314, 327, 872.
fiUtre 42, 95, 257, 265.
295.
Felena (prän.) 296, 301.
pelIoI 258.
fmws 257.
/c«w 311.
fernen 328.
/cm«»- 873.
femina 257, 265. 29o.
feminur 328.
/Wwor- 873.
femoris 328.
/ciiittr 284.
/cmi« 328.
-/cifd; 370.
fendo 364.
fenebris 309.
i -^cr 356.
zur griechischen und lateinischen Grammatik.
917
fer 294, 363, 378.
fcrä-y fer äs 172.
feriim, ferat 176,
ferascit 366.
ferbeo 300.
ferbui 300.
7'V;r/<'.y(prän.)296,301.
fereulum 92, 321.
fere 256, 554.
feri-f feres 172.
ferehant 146.
fvrentf Ps, -et, -emun,
-dis^ -etit 376, 377.
ferendufi 311.
/•«T^wx 332.
ferent' 287.
//';•<?.•< 274.
fcrirulutn 321.
ferlnunt 365.
ferire 264.
/Vr/.v, feritis 363.
/•^rwf 322, 353, 554.
/•ero 26, 42, 145, 256,
263, 295, 358, 363.
Feronia 260.
/•«•;y 311, 379, 380.
ferrl 116.
fern 314, 363.
/Vr/ 314, 363.
ferte 379.
/Vr/i7w 278.
fertin 363.
fer und un 385.
/Vn<;ir 26, 39.
ferunto 173.
/•«^/•M.-? 265.
/Vrr^/v 300, 364.
ferrere 364.
fescennhtoe 334.
fett las 297.
fei<su.s 265.
/V^/rn 320.
/'e'/f/Mi* 264, 313.
-/•('x 325.
FHEFHAKED (prän.)
296, 368, 369, 872.
/?a 284.
flhula 281, 306.
^rf<? 343.
fiele (Dat.) 341.
/?^ri 341.
fiim (Dat.) 341.
/irf/ (Gen.) 338.
fldi 368, 369.
fides (Sait€) 302.
/7^t'Aj 258, 263.
fides (Gen.) 338.
fidustus 326.
/7(/o 263, 364.
/if/T 380.
fierel 380.
/•/>?•/ 279.
fierJ 261, 380.
fif/arus 360.
figilinae 211,
flgere 290.
/•f^o 257.
/?5fwra 872, 873.
/i/^»«! 259, 268.
filei 334.
/?7W/?/*7 268.
flli 92, 335, 874.
filia 268.
/?/iV 335, 874.
filiohis 268.
/•i/ii^ 257.
/i/mw 295, 872.
fimunty -US 266.
findere 259.
/i7i(/o 365.
/?»<» (Präp.) 451.
fingere 302.
/?/iflro 294.
finio 260, 261, 311.
finis 311.
^/iiÄ (Nom. d. Plur.)
333.
finltimO' 353.
/•iö 72, 279, 302.
fiunt 279.
firmus 256, 285, 330.
/?ÄrMÄ 306.
ftsus 305.
/^It'ffr^ 290.
fixi 290.
//a^ro 285.
/7<iw<'w 281, 309, 328.
fiamma 285, 309.
flamonium 328.
^Ä/'f 264.
Flaus 262.
^rtr^r^ 367.
F/firw,«* 262.
flävus 285.
^«v/o 365.
fleo 260.
/r^rt' 264.
/r«>r* 371.
fiejranimus 355.
flexuntes 287.
^i^^Ttf 259, 368.
//l^^o 364.
floccus 306.
F/öra 326.
^ö,y 264, 325.
flocius 267.
/Ti^'/T 262, 264, 290.
flü/nen 264.
Flusase 342.
/rwriMÄ 267, 290, 330.
fluxi 290.
/•ori/Ä 264.
fodare 367.
/•o(/rr£f 265, 367.
fddi 265, 370.
/•ö(//o 364, 370.
foedifragus 355.
/VWm* 274, 326.
foideratei 263.
/biV/t'/v 259 263.
folium 266, 295.
/f>/i«.y 294.
Folvliis 267.
forare 264.
/'orrt^m (prän.) 296,
301.
forhea 295.
/V>rr^</.v 284, 295, 296,
313.
forde utn 295.
/•ort/M.»? 295.
före 380, 406.
/br<'w 406.
fors 266, 302, 329.
foresio 286.
/bn> (Präp.) 451.
formonsus 298.
formosus 286, 330.
/brwM« 284, 294.
/brwior 282.
fornus 294.
/•or* 263, 284.
forsam 317.
forsitam 317.
/b;fi> 284, 295, 813.
fortuifu 343.
Fo«7/m« 309.
/b^^ia 295.
fW/u;? 277.
forea 257, 258.
/"or* 371.
fragare 283.
froglare 283.
fragrare 283.
fragum 304.
-frägns 265.
/•rfl/f'r 328.
/^r^^i 265, 369.
fremere 312.
/•r^»(/o 312, 364, 365,
385.
/•rfJ/ii 873.
/•r^M» 285.
frigdaria 322.
/"ri^f^rfo 307.
/^r/^WwÄ 281, 307.
/•ri^ro 266.
frlgus 111, 259, 304.
/•rw 294.
froHS 314.
fructus (Nom. d. Plur.)
322, 333.
fructus (Akk. d. Plur.)
b35.
frugiferd* 340.
/^rüm^M 309.
fruiminö 360.
früniscor 310, 365.
/•rwÄfrö 272, 342.
frmtum 272, 305.
/"wa^ 263.
fäcii^s 302.
/•«rfi 369.
fu^ 263, 372.
/"w^ya 259.
fugam 118.
fügere 265.
/•r<(/i 265, 368, 369.
/•m/ 295.
fiii 259.
fulmus 262.
/-M/r/o 282.
fulgeo 285.
fuigerafor 268.
/•w/i/fTc 367.
/•«/ty/fr 285.
fuiguris 268.
fulgurifas 334.
fiümentum 313.
/'m/.v/ 313.
/•«ZrM/j 285.
/•wwö 260.
/•amM-y 24, 94.
funanibulus 355.
functus 313.
/"Mwr/ci 267, 302.
fundare 367.
fundatid 379.
/•i/wt/r/v 294, 367.
Fw«r/i 342.
funditHs 268, 344.
f und US 311.
funehris 309.
/'M/K'rw 298.
funestus 298.
/^MM^ri/j? 267, 302.
/Vir 116,258,263,267,
295, 328.
/•«rm 264.
furnacalihus 267.
furnus 284.
/•//rrw^ 298, 307.
/^M.'jrMÄ 298.
fusdn 305.
/•mm^'iV 369.
füvimus 262.
Gfl/iw 250, 262, 272.
gaUlna 325.
gaude.o 365.
gaudere 295.
^(•/w 290.
i^<'/»i (Gen.) 336.
gemisco 366.
gemma 308.
gemmasco 366.
gemmesco 366.
</e«er 286, 872.
generä 334.
generis 25.
genetlvus 267.
genelrlr- 873.
genetrLr 267.
geniculo 277.
^fw*7or 28, 107, 259.
^£»n*/MÄ 97, 268.
<7Cf#o 365.
flrrmr 288.
//fw/i- 327.
^<fntf 290, 323.
918
nL LateimsclieB WOrterverseiclinia
genü 873.
genua 70, 261.
genxta 262.
^?«M«26, 119,256, 262,
263, 332, 371.
-ger 356.
gero 298.
gerro 284.
getitus 297.
gihbus 254.
gigno 157, 263, 865.
^/a6^r 295.
glans 290.
glauciimam 824.
^/fr<Ȁ 325.
^/wro 366.
^Zm*9 299.
glöcio 258.
glocire 282.
gl^us 280.
gJorificus 354.
^/^tf 325.
^/il*«f 264.
^rZöfwa 281, 309.
<7^M«»ri? (glütire) 279.
(rwaeö 26.
Gfirw^w« 250, 262.
Gnaivöd 26, 120, 205,
250, 262, 308.
gnanus 303.
i^«<Jri« 265, 285, 288.
(g)nascor 366.
(g)Hätio(n) 327.
^rna/tt« 263, i85, 288,
303.
gnarare 303.
j^nio?» 303.
gnobllis 303.
gnoritur 375.
^fiö- 290.
gnÖHcere 265.
gnoscier 303.
^iiöwö26,39,162,366.
^HOt'iV 303.
^o6»M« 290.
gondecorant (fal.) 290.
gonlegium (fal.) 290.
Gracchus 252.
gracilis 291.
gracillare 282.
^rarfior 294, 364.
gragulwt 290.
örtfü 262.
gralare 310.
gralator 310.
^rra/Zrtf 310.
gramiae 282.
gränum 285.
^r(Z/ti9 285, 294.
gravastellus 303.
grarido 307.
^rarw 259, 290, 329.
Gri-rirt (pran.) 272.
grfA9us 265.
^reyc 54.
groma 283.
grundio 812.
grunnio 312.
^rw« 290, 329.
guhernatar 290.
^M/a 290.
gumincLsium '278.
gummi 290.
gurges 290.
gurgulio 271, 283, 290.
^u^ua 309.
gtUturis 268.
Aa&a 295.
Aa2>M 297.
Ärt^cr 380.
habetod 379.
Äa«»«! 848.
haedlnus 24.
Afik?<;ttjr 259, 295.
haerere 259.
Ä<M»« 298, 370.
Aa/are 300.
Ao/Zua; 872.
hamotrahonea 355.
hanulum 295.
Aara 264, 294.
harena 295.
Harpage 335.
Ao^a 264, 298, 306.
Äaw 316. 553.
Äflttrf 189, 264, 553.
Äaiirio 259, 300.
haustum 305, 806.
Ä<iM^ 316, 553.
Äe (fal.) 347.
A(?5f/M 269.
Äe6f-w 295.
Ä<ft (fal.) 347.
Ä«V^ 347.
Ä«rW 273.
AH8 849.
heUtores 266.
Ap/im 294.
Mfwa 266, 297.
A<;7f70« 261.
Aem 416.
A^miMt 327.
Aemo 287.
hemonem 271, 327.
Ai;r6o 295.
HerceU 277.
i/^rc?e« 277, 818.
herctum 301.
Hercules 277, 871.
Afr?, -f 342.
Herucina 301.
hesternus 302.
Aew 278, 416.
A^M« 273.
Ai 274.
hihernus 286, 871.
Af&M« 349.
Ale 315, 347, 348, 545.
hJce 167.
hiem- 115.
hiemps 314.
AtVm« 286, 294, 314,
327, 332.
hietare 268, 271.
A»torw 269.
hilum 295.
Af»r 344, 468.
(h)ir 328.
hirnndo 256, 282.
Aw 274.
Aürro 365.
höc 281, 305, 348.
AorfiV 847, 354.
holera 266.
hoUrot^um 839.
Ao/i4« 294.
hamicida 327, 355.
hominum 839.
Aomd26, 117,271, 327,
332.
homuüus 308.
honestas 305.
honorus 386.
Aono« 299.
horctus 296.
hordeum 295, 818.
hordus 295.
horitur 322.
hornus 261.
Aonvo 367.
horreum 295.
horrificus 355.
horsutn 847.
hortesia 286.
Hortionius 292.
Aorfor 322.
hospes 322.
Ao«pt7w 270.
Ao«^/a 295.
hosticapas 332.
Ao9fK<r 100, 294.
Aö<? 258, 267.
A«w 349,
Amw (Gen. d. Sing.)
Auiu« 848.
huiusque 288.
Aum? 341.
Aumi/M 278, 329.
Aumu 843.
Aumu« 294, 830.
Hgdf^unfum 324.
♦ 378, 875.
»a<?<Ti? 366.
iflm 225, 848.
ianditdum 312.
»a»«7r»cM 285,288,297.
»6» 347.
Ido 876.
i!»ti« 849.
iccirco 806.
Wrirco 306, 468.
M/irm 263, 807, 347.
irfem (leidem) (Nentr.)
347.
tV;<90 468.
idiM 265, 829.
*ä:i 265.
iecinoris 54, 328.
iecoris 828.
M?cttr284,290,297,328.
iecusculum 828.
iW, im (Nom. d. Plur.)
347.
i>w(Dai-Abl.d.Plur.)
847.
Xens 362.
lenuarius 267.
»>ram 374.
^V«r 320, 467.
ignarus 303.
ignifer 355.
^»M 287, 332.
ignium 389.
ignosco 810.
ignötus 141.
»/reo 270.
ilignus 310.
«T/oi; 349.
i«fl«? 347.
lÄJ 347, 545 /".
»7/f 274.
t7/j&f<« 349.
iUic 318, 319.
»«fo 274.
imus 279, 848.
«72o 349.
Ulöc 267.
ittw<? 267.
iüttstris 306.
im (<= ,„; 317.
im (Akk. d. Sing.) 347.
imber 287, 329.
fim?- 353.
impedio 306.
impedlre 367.
impeirator 273.
impflimentum 292.
impetrare 367.
impetrassere 374.
impetrire 367.
Impetus 269.
«mpi^wo 262.
impoene 274.
impünis 274.
imudarii 292.
fmu« 384.
t«(Prap.)219,256,285.
451.
fV 308.
tu- (priv.) 288.
m f7j»ff<> 809.
inceideretis 273.
incertus 285.
fficirfo 270.
inciens 302.
incUega 257.
indmo 24.
snr griechischen und lateinischen Grammatik,
Ö19
inclüdo 270.
inchäus 24, 96.
incohare 264.
incmnma 257.
im/^ 256, 296, 385, 468.
imlex 350.
indicare 258.
indXco 263.
indigeto 320.
indignus 354.
indoles 264.
tm/w 221, 256, 451.
iw^uo 262.
indupedat 367.
indusium 299.
in fern 277.
inferwr 353.
iM/VrwÄ 296, 353.
i«^/wMx 296, 353.
i/i//Wflr<? 270.
iw/-rö 342, 384, 446.
infringo 321.
ingenilsco 162.
ingeni 275.
i«//fr 378.
i«f/Mf/f 55, 287, 328.
intecehrae 270.
/«owt 324.
«iz/Mcrm 289, 377.
tnquw OH,
ifiqumnusr)4,2bl. 2S9,
320.
inquiro 259.
f'n^uo 377.
inrogasit 375.
inatanus 354.
insece 263.
insectiones 289.
inseque. 289.
inaerinuntur 365.
iMÄt'j-iV 289.
ihäW^/ 270.
insidianies 262.
in,«?M/i 287.
insultum 270.
i«^ 362.
<*f/<?(7er 269.
intercedeto 268.
intef'ieisH 373.
interim 344.
»w^rÄ 95, 445.
infraßj 316.
intumO' 353.
iwrJ/MÄ 290.
Wfwr 266.
ioiidcx 275.
ioudicium 275.
ioudko 275.
iourare 275.
WW5 264, 275.
ioM^* 275.
7otY (Dat.) 340.
lorer um 331.
ioW 261, 331.
/opi> (Nom.) 331.
/m'oä 331.
»>^ 258, 347, 544 f.,
551.
ipsibus 349.
ipsiüüimus 348.
j/?«OÄ 347.
i;wMrf 347.
ipsum 347.
ipsuüne'ü 309.
iracundus 381.
jrro 256, 257.
w 347, 543 f., 546.
w (Nom. d. Plur.) 349.
Ucolasiicus 278.
wrni>/rt 278.
wrf^m 347.
i>Mf 309.
mrt 306.
issuliis 306.
w/ff 347.
iVt/a^ 349.
/.v/ff^c 347.
istärum 339.
w/f 291. 347, 545 f.
w/iV 318.
lÄ/i/MriV 372.
w«MÄ 348.
istörum 339.
w/wrf 347.
lÄ/Mm 39, 256.
/.«f^MÄ 347.
ifa 347.
//<i/«i 300.
itaque 269, 467 /".
itaque 318.
tfrwf 317.
iVf 379.
Hern 347.
iVfw^nVr 328.
»Vmfr 328.
itineris 328.
iV^T 328.
iterum 25, 347.
f/wm 263, 362.
iiihar 328.
iMÄari> 267.
iuhere 279, 296.
lö^^j- 307, 355.
iudicare (^= iudicari)
380.
iudicationem 327.
iuenfa 262.
»«i/rl 126, 334.
iugare 367.
iügeraj -ibus 111.
Uigere 297.
iö^/> 264.
iuglus 322.
iugulandffi 211.
iugiim 16, 24, 64, 119,
264, 297, 330.
ivLio 253.
lülus 321.
iamentum 281, 309.
iö«-; luren- 825.
ifltfJr- 873.
iuficta 383.
iuncfus 313.
lungere 297, 366.
iiin^o 365.
iunior 35'J, 354.
iuniperuH 330.
iunipiruH 268.
iMMxJ 370.
/i/i^iVtfr 302. 331.
/i<7>/;//^/- 331, 335, 354.
iurgare 322.
iW (Rocht) 259, 264,
325.
iTw (Brühe) 297.
iimurandum 354.
iji.^*»/ 279, 306, 383.
iintaitiir 374.
iusfifium 355.
Liturna 302.
JMrrt^v 265, 368.
iMrf- 368.
*MmicMÄ 98, 287, 289.
iuvems 259, 269.
iuventa 97.
iurenum 328.
/r*r» 265, 371.
/lo^^fr 319, 442.
iuxtim 443.
Jugere 297.
kadamitaa 283.
Ä'«^«© 299.
Kalandae 271.
Ä*ö'^>i*/ 251.
k-areffsento 354.
Mfei 304.
Ixthiemis 330.
/ff«»/M/w 293.
lahosus 299.
/«r 303, 313, 332.
/cr<?ff/w 258.
/acfr 304.
lacöna 267.
lacrima 268.
lacruma 101, 292.
/«f/ 313.
/«<?/- 325.
/flfc/«- 314, 872.
Ladinel 341.
Ixidinod 283.
/rtfrfo 279, 364.
/at'wa 303.
/a^^M^'f 303.
/nepo.<» 27, 38, 304.
laeviis 259.
/(Sma 310.
/Jh« 4:5, 285, 304.
lancea 268.
Ijangensium 289.
languere 304.
Langueses 289.
lanterna 281.
/a#w: 303, 314.
/rtj)/ 329.
lapld- 325.
lapiderum 329.
lapidf^^co 366.
/flfjy///iw 310.
/«/>*>«? 329.
lapsum 307.
laqueus 289.
L<lr 328.
/a/Y/MW 322.
/(/ri;fM,v 303.
/«/•/V/mx 303.
larigneus 872.
/rtr»;r 292.
Uirihis 276.
/«rra 298.
hftciruü 283.
Lff.«**?.»? 297.
/(//<'r<' 291.
/ö/f-rMn 281.
/flf/iV- 110.
Lütium 303.
iMfonatt 338.
/d/rmcf 262, 275.
W/M.V 303.
/rt/i« (breit) 304.
/4/M.v 263, 285, 303.
hudantor 379.
landare 380.
/ai/(Mr* 380.
hiidarier 380.
laudalor 379.
iMudicaes 272, 338.
/ai/n/,«» 278, 292.
/ffM/M.? 272.
laracrum 291.
/rtr«re 367.
Utvatrina 262.
^rfr^ 258, 264.
laverna 298.
Ixivernai 338.
/f/ri 371.
iMviniaque 262.
/aar 289.
/oa-M« 46, 383.
I^ftro 273.
legamini 361.
/c^yi» 379.
legiham 376.
legem hl i 361.
Zf^ertf 267.
legere mini 361.
/«»i^^rw 360.
/tf^ye« 378.
/^i 265, 369, 370.
/f^/mtni 360, 379.
legimur 360.
/«'i/rw 358.
/^i/rr/ 358.
/<?i/i7<» 268, 379.
legitimo- 353.
legitim wi 319.
?^pi7o/^ 379.
/eyifur 360,
020
in. LateiniflcheB Wörtenrelrzeiclmifi
\
Ugö 42, 265, 364.
legor 360.
leguniur 360.
Leiher (prän.) 273.
leibereis 334.
leigibiis 273.
LeireJio (fal.) 272.
lemures 282.
lina 46, 303, 310, 383.
lenis 329.
/^on»s 324.
Lepareses 286.
Z^-j»«« 286.
Leucesie 259, 273.
teW 285, 371.
««rfor 353.
levir 259, 261, 292.
levirum 268.
/«?w 287, 295, 329.
lex 314, 332.
-/ea:* 370.
libella 322.
;»&<?;/<d 105.
Jiber 273, 274, 295.
/ifter<flw 285, 299, 322.
libertär fusj 294.
libet 266, 274.
/i2»o 264.
libs 322.
/♦c«r« 367.
«ce/orf 379.
licinus 384.
-/f<?ft« 289.
lien 294, 304, 316, 328.
Hgnum 256.
/i7inum 283.
/»/tum 283.
limpa 266.
Umpidus 256.
IrmMJT 384.
lincunt 289.
Kn^ire 289, 366.
/iif^ua 287, 292.
linguere 289.
»nd 42, 365.
linguere 366.
^'nguiA 289.
7tn9i4»7 163.
linquitis 289.
Zm^ti^ 42, 283.
linquont 289.
Kn/er 266, 303, 328.
fiquere 289.
/{<2fii» 369.
li^iritia 289, 303.
/»g«ö« 873.
lis 304.
;»f^t/« 303.
lixa 873.
^MTu/a 289.
locasifU 375.
/oca^io 258.
loeuplH' 325.
toctt« 304, 330,
locu^a 803.
locüiwt 288.
/ofrfiÄ 274.
loeheriatem 274.
Zowfo» 264, 274.
7otoni 282.
l&ngJsco 366.
longiter 354.
longtis 303.
lopades 266.
2ogut 264.
loquuntur 289.
Z^rMm 265, 304.
;o«na 263, 275, 310.
loucarid 342.
Loucetios 275.
Loucinai 340.
loumen 275.
/ii*f/ 266, 274.
lubricus 293, 304.
/ii2)« 322.
/a<?- 324.
Luceres 333.
{uoerna 259, 263.
Lucienus 330.
lUcifugus 140.
Zurmt« 278.
/tk;/« 263.
Lmciu« 273.
lucrum 282.
luciäentus 283.
LucuUus 274.
lucunj» 287.
/a<;o 364.
/a<ft<« 264, 274, 292.
ZiK?**e 262.
%er« 264.
luiiurus 381.
/iim2»i 873.
/wm&tijr 295.
lumemulia 355.
?«mpa 266.
lumpatietis 283.
lumphieis 286.
/a«a 263, 281, 310.
/ufif^ 266, 303.
/iip« 256.
lAiqorcoa 288,
/arWu« 264.
/öa? 42.
/wari« 267, 297.
lympha 252.
lymphaticiM 283.
MaarcuH 281.
mäcerare 310.
nKichina 268.
tna^ruZa 804.
rmirf^o 256, 367.
modus (mattwt) 322.
mo^t; 269, 317.
wöprw 112, 269, 294.
317.
magisfer 353.
magisterare 277.
maglijsteratua 277.
magistratuos 262, 336.
magistratuum 389.
mngistreis (fal.) 334.
magistreSf -is 334.
magmentum 310.
magnanimus 356.
Magolnia 288.
maiestas 327.
maiiores 253.
mator 272, 281, 309,
327, 352.
Afaior»; 327.
Maiugena 355.
ma»M,<( 327.
irklZd 310.
ma/^ 343.
malfacia 322.
tnalignus 263, 281.
m«riim 377.
mallurium 328, 355.
mato 276, 363.
ma/fo« 264, 284.
tMd/«m 256.
m/lZu« 292.
mätnUla 280.
mdmnta 280.
manceps 270, 328, 355.
meiHOup^ 270.
maiufiSwZtim 96.
maneo 257.
manifestus 313.
3fa9i»o9 (prftn.) 269.
man^iie« 323.
maM«iM*^u« 323.
maMtor^ 307.
manu 343.
mcrnum 335.
mdMumt««!«^ 355.
mawM« 323.
manu« (Nom. d. Plur.)
833.
Maq(olnia) 288.
Marcipor 823.
mar«f 342.
maredus 291.
margo 257.
mdrmori« 268.
Jtfar/f 272.
MarspUer 313.
JlfaH*; (Dat.) 340.
Martses (mars.) 344.
Ma^iter 313.
MassUia 320.
masturhare 302.
mÄfw 39, 256, 328.
mäteriSs 102.
materiera 322.
matrem 42.
matrona (Nom. d.Plur.)
334.
«TMfu/a 286. .
maturrimus 354.
mo/u« (mattus) 305.
Afa/fi/a 260.
Jtfafiifa (Dat.) 340.
Afa«»-f^ 272.
mareliSf matdo 304.
ifaror« 272.
moxtmu« 96, 307, 319»
353.
lf<m>t9to (fal.) 353.
m« 345.
m<; (Dat.) 345.
m^ (Dat.) 340.
imM 345, 346.
mediaUs 292. ^
mediaximus 353.
mediterraneus 355.
i»k?rfit« 261, 285, 295.
me(f»M« rFi<l»M,t> 262.
Megalesia 286.
m«A€ 345.
mW (Gen.) 345.
m« (Voc.) 335.
meiere 366.
m«7»a 279, 350.
meio 273, 294.
m^/ 313, 332. 872.
MeJerpania 294.
m^»9 311.
melior 854.
meüum 256.
m€^m 353.
memhrum 279. 309.
m«m^M^ö 165, 263, 287.
873, 378.
mementote 378.
m^mi»«"!!« 373, 38 K
meminit 369.
memordi 368.
m«»or 304.
memaris 268.
Menerra 256, 263.
Menervai 340.
menetrix 283.
3fimotorii« 267.
m4>fijr 263, 287.
m^Jn«« 26,47, 285, 297.
325, 346.
m^ft^i;» (Abi. d. Plur.)
128.
menstruiM 325.
m4*it«um (Wt«Mm,j 339.
Mentarittes 344.
mentum 256, 284, 287.
-m«^M/f4,<» 287.
mercSd' 325.
merces 323.
merda 304.
merentesaemo 354.
mer^re 364.
merges 257.
mergo 298.
mergu» 873,
meridies 291.
m£T« 314, 322.
mertare 307.
mirto 322.
m^rx 314, 323.
mesaru(m) 339.
cur grieohiaohen nad lat«üusoh«n Orammatik.
ntf^u! 306. 372.
fflOBÄ 379.
musii'«« 273.
ntpSt- 325.
nient (•= me egi) 817.
moNfO 161, 260. 263,
muitum 305.
nfpdji. 325.
-mrf 348.
367.
mö/o« 275.
»igue 289, 315, 458
«ititre 365.
möfo 280.
462.
mito 265, 285.
moHirfM 375.
miaoniatax 280.
Mfoueo 362.
meug 261, 346.
moH^ri 380.
mufuM 261.
»ri 275. :i35, 345.
mo««,- 379.
n«r* 2.57,260. 265, 304
«KVfl .S04.
monfnifH/Hm 267.
nae 27. 223, 259.
JVrrf«i»'r» 262.
.«/ff» 335.
mo«« 264.
A'o*-iwr 319. 338.
ne«cio 189.
n>lgmrf 290.
,»o««,- 371.
Naeri,^ 303.
nMC.7 275.
»»■*,■ .■145.
Rom 46C.
nfse<VC=Mi-e8<-<0 3ü3
mihei 345.
mora 304.
namque 458.
nesei 346.
mrti 271, 295, 345
mfwiMS 295.
noxfiu 313.
HM/ 450.
milt» 292.
mon/M 264, 369.
naxus 303.
nc.< 273, 315.
w.V;n 318, 350.
mordere 304.
nanxtfor- 374.
«eu„l 359, 362.
mau 350.
martoi- 261. 284, 285.
..nrc 304.
»i„ter 273.
morUurua 381.
narux 303.
nfutiquam 273.
mi»in 318, 350.
mor» 284.
«*s. 325.
H.,,(n 349.
rniUm 256.
mor««»J 307.
«asci 303.
««■,? 317.
m,7j<i«. M.7rH« 263.
fflw^t«. 284, 305.
„a^a 305.
««■/« 364.
minn 278, 318.
mortw 262, 275.
«««««»< 299.
»«■«« 364.
»liNcrt 256. 257. 264.
moHum 381.
nmun, 299.
HM 314.
miHfrimim 3r,2.
«.w 325.
«<i»i« 299.
««r«i 372.
Jtfi«r(Ta256,298,307.
MosMlarin 286.
HiUa 265.
ni 526.
miHoert 366.
Hd^io 288.
Nicfjw/- 330.
mingö 48, 294.
mOHtrarr 286.
nidor 303.
miHi»citur 256. 257.
moKiralor 286.
«ä(r£j- 265.
HirfH« 263, 307.
m.Hi»:rtMM« 3.'>4.
möfum 275.
»nu- 279, 355.
H.A.7 271, 315.
«linWer 352, 3.->3.
moreo 264.
naufragm 272.
Hikilun, 315.
itf/BOnM 324.
«OM- 371.
naugalorian 272.
H// 275,-300.
Mi«o(») 327.
ffliu; 315, 554. 872, 874.
Hau!;,» 2ti2.
Him» 271, 352.
tntHiM 96, 352.
mox qunm .507.
«amfol 342.
ningues 295.
Mirqurhs (prftn.) 256,
moj- ul 517.
«arnrc 367.
H<»trt/ 294, 366.
257. 288.
mufrii'« 296.
nArnn 115.
ninguU 294.
mlriMmodh 354, 874.
»<t]<f>0 259. 366.
navir, 367.
nmj7«;i 351.
miViw 304.
mugirt 367.
nÄf.;» 27,260, 821,331.
H» 346.
mis 345.
«H/teo 282, 284.
«ariw 803.
ni»e 346.
mtwfo 306, 366.
Maleiftr 295.
Hf (Fragewort) 455,
Hiwi 346.
mixer 299.
muWru™ 313.
475.
«ißi 271, 346, 526.
«MWjVor« 356.
muielM 267.
ni- 280.
«fei fortf 526.
muliehri* 309.
HÄ üa) 223.
»t«j gi 526.
.»»/»« 306. '
mu/ifr 292.
Hehrundina (lanov.)
HMi uf 518.
»1(7«^ 35J*.
294.
Hl«/ («ro 526.
M.7ft<«) 366.
muM 312.
n» 289, 315, 461 f.
»U 362.
MUhrhMtH 267.
i»»fHU« 284.
net- 3:i4.
«tfi 303.
m.u« 346.
muUa 284.
nutrim 347.
Hive 526.
rnUltm 3ü6.
muUaHgulus 35.5.
»«r/fJC«» 291.
«iri» 295.
morfw/MS 326.
«reo 264, 285.
Hfr// 364.
morf.«m 339.
»uiltibibu» 103.
«Ktari» 267
«ix 116, 304, 325.
nöblx 346.
modd 123, 343.
«erto 303, 365.
morfiM 326.
mullipl^j- 355.
««;«« 5 0.
Hoct'rc 264, 367.
moinelpium 259.
«,"/(.(sM.orfw 354.
nefarinti 298.
noreo 161.
mt»-«!/« 344.
muUolirni, 352.
»«/ii» 298.
HW(- 325, 873.
moeuilum 274.
.»ä/i» 310.
[nefjaxiwl 269.
nocii- 325, 873.
«rwjorHi« 274.
«VMIAM 254.
«rfrones (prSn.) 294.
melknlor 356.
».(.«■Hv. 274.
muHtrigtruhia 355.
«Vrj,o 291.
»or/(«m 325.
moii-os 274.
».H»irr/w 355.
«^ 276, 294, 320.
HW/«r- 873.
»io?*r 266.
muxiiv 274.
HfgotiHHi 291.
HöcfHrnK« 298. 325.
möUii 3-20.
M»n/i< 283.
««i 273.
Hoem,m 276, 31:..
mÖlftlw 326.
ixtl« 11 6, 259, 322. 32.5.
Hrf> 378.
HÖqaK 272.
moI/M 284, 28.% Sil.
mü«<>j 259.
nimen 26.
HO/Hf 351.
möm«, 321. 327.
mM«««rrf« 282.
Nemetoiia 340.
HO/»f 272.
momeHliim Z'21.
mä^ipiüa 140, 355.
«mo275. 300,327. 549.
noiti 378.
momoriVimu» 284.
w ««•«/«- 290.
HrmHS 285.
Hö/i 378.
momonlit 369.
mmimo (mutmo) 278.
«cpo« 285.
Holim »77.
«Biidbiicli dir klu«. A
*illL
-yiff*
922
HL Lateinisohes WOrterrerzeichnis
noUtfj nolito, nolitote
379.
nolo 363.
noltis 364.
nomen 287, 303.
-Homenclator 277, 355.
nomenculatof' 277.
notninl 341.
Hominis 278,
tiömmu^ 119.
nömus 375.
noM 274, 315.
nondinum 21 h,
non €0 quia 502.
nongenti 813, 350.
nonne 455, 476.
nofi ^uia 502.
nonus 351.
norimus 877.
no* 131,258,265,285,
346.
noscere 303.
nö5(?ö 39, 258.
nOÄf^ 95, 265, 346.
Nostius 353.
nostrif -orurHj 'Um 346.
noundinum 275.
not'a 92.
norm 137, 257, 261,
287, 350.-
novini 308.
Novensides 292.
N<wen»ile8 292.
Novios 269.
now/ÄÄ 108, 116.
wocom 92, 119, 333.
fforo^ 92.
novtia 257.
ftoar 266, 314, 337, 874,
naxa 264.
noa-e 266, 290.
nubis 295, 326, 873.
nubs 322.
nt/^ftu« 279.
nüdus 321.
nü^a^ 272, 384.
nuges 344.
nu» 371.
nuiturus 381.
nwWo 349.
«««u« 276, 348, 549.
numen 331.
n«m 223, 455, 476.
Numa»ioi (prän.) 260,
340.
nümen 264.
nwmer«,? 267, 277, 330.
numicJatori 319, 327,
355.
numnam 456.
numne 456.
numquam 276.
tti4>iruj90 269. 319.
nundimim 275.
fiMo 263.
»iMra« 324.
nurua^ 324.
nurus 304.
nutiquam 276.
ttti^rix 315.
nymphat%cu8 283.
0 416.
o6 219, 293, 315, 443.
ob- 305, 306.
oWcw 367,
ohlnunt 365.
obiurigandum 322.
[objlatud 269.
oft/ft^uo« 289, 384.
obliftcier 262.
oblongus 354.
oboedire 270.
O&scu« 306.
obsetrix 302.
obstinet 306.
obstrudant 306.
obtinere 305.
obtrdctat 320.
oeceisus 273.
orcuto 264.
occw/^M« 264, 284, 381.
occupare 367.
occupo 268.
öctor 258, 265.
ocri« 100, 264.
oc^dtm« 258, 351.
oc<»- 350.
octingenii 350. •
oirfö 66, 258, 260, 350.
octöginta 276.
octoni 351.
oc/ii« 350.
Öculus 265.
örf* 265.
Ödium 265.
orior 46.
odorisequus 355.
oenigenos 274, 349.
ö/'e7/a 280.
o/fa 280.
o/7ict»a 306, 321.
ojtia 349.
a*no 259, 274.
otno^rn^ 349.
oino« 135.
oJ«rörm259,319,349.
o^/iZe 274.
oZ^a 266.
oleäginus 354.
o;<;o 367.
o?^ro 301.
o/er« 258.
ölfa^ere 322.
o/tm 344, 347.
o?*t'a 266.
oKa 272.
oUa (Pronom.) 347.
oUe 258, 347.
olleis 347.
oKk! 347.
ollus 347.
o/«a (fal.) 272.
oloes 274, 343, 347.
oJopantus 267.
olorum 339.
Olu(mpio) 251.
om^ft 309.
Omentum 257, 309.
omnei 343.
omneis 335.
omnia 262,
omnimodis 354, 874.
omnis 310.
oitcw 267.
op- 293.
Op« (Dat.) 340.
opero 873.
operio 219.
opirf (fal.) 340, 342.
opificina 321.
öpi/to 267, 319.
Opw 323.
öpi/<?r 272, 319, 355.
opitumus 319, 353.
op&rtum est 363.
opo9 258, 269.
oppidum 268, 291.
oppodum 271.
opra 322.
op« 314, 332.
Ops 323.
Opscus 306.
ops<'<?ro 293, 305.
opstiterü 293, 305.
optimiis 319, 358.
optrudere 293.
opMÄ 336, 873.
oquoUod 288.
oqupaium 288.
orfeiw 295.
ordeum 301.
<J7-dtffW 281.
orrfö 110.
örme 272.
orichalcum 272.
oricula 871.
ortör 258.
oi*iiindi 262.
oriturus 381,
Orphaeus 273.
orrent 301,
oa 313, 325.
ö« 325, 871.
osren 354.
Oj»Mi/um 272.
Oäcm« 306.
osmen 309.
ospieatur 272.
OMor 298.
oa«u 325.
OÄ*i<o 307, 325.
08<en(/o 306.
oj<o 262.
ovi (Dat.) 835, 341.
Oveo 268.
ores 260, 329, 333.
ovibus 205.
om 24, 99, 116, 261.
262.
Ovius 268.
öfmm 258.
(mm« 319, 353.
paastores 252.
iwl<?- 324.
päcare 265.
paciscor 291.
^>a/-ö 364.
pacunt 291.
paenula 268.
pa^- 291.
l>ö/a 281, 308, 872.
palam 450.
/)aZ«i 277.
PoZtVfa 283.
pallidus 257, 308.
paipare 301.
po/Mf- 325.
püUumbes 290.
JM9/W9 310.
Pam2a 311.
pandana 311.
pando 311.
pangere 366.
panis 329.
^HMU« 41, 310.
'panxi 370.
papäver 381.
Paperius 268.
Papisim 299.
Po^utu« 289.
pareui 370.
parare 367.
parotis 302.
parentatid 379.
parare 366, 367.
IKirfe 383.
paretes 262.
paricidas 332.
parito 281.
jwrtrtw 268, 271.
Porj/w 283.
pario 257.
parra 301.
/Mir« 264, 285, 288,
322. 323.
/)ar*i 370.
/Mzratim 307.
jpartu (Dat.) 340.
jwirte» 343.
prtrfi 323, 327.
partim 335.
partus 323.
parrolus 268.
jMwro 366,
/»a«<:uw« 307.
p<wwr 302, 328.
passum 275.
passüm 339.
rar grieohiachen nnd lateiniscbra Orammatik.
923
pauma 305.
paftim 307.
mtr 259, 204, 291,
292, ;i28, 333.
patfruHK 330.
palior 291.
jmtr 322.
;)n(rrt" 341.
palrl 341.
Palrkolen 277.
ptilrin 119.
^(Hns 92. 261, 330.
paucifHK 352.
^HCHH 27, 330.
/HlHÜHfr 308.
pauper 259.
pauperlfs 331.
j«rrfo 264.
/>Ar 2Ü5.
prt-rnlH». 367.
j«cfo 300.
prcori» 324.
jwrfen 328.
jiwfo OWi.
peea 292, 324.
/wdJ 873.
ptrud- 873.
pecuda 324.
jMvurfnn 209.
peciliUn 324.
pefui* 324.
jK'ciiii 324.
iifrf*' 343.
jjfrf^m 2t<7.
j)ft/fr« 264.
jW^s 333.
Pfdis (Akk. d. Pliir.)
336.
pedeulrU 309.
ptdicavd 322.
Tjfrfi» 203.
pedineqxtoa 382.
jwrftVüt 270.
/iftfö 71, 307.
PfjrntKN 269.
pi4]i 265, 370.
/«■i?ro 267. 268, 270,
280. 320. 871.
peilurun 270.
prior 273, 352.
jteiiirare Ü70.
jtrioffB» 269. 333.
PeUgriHus 282.
ptUeaHina 355.
jWJi* 308, 321».
iwHo 365.
pdlueium 310.
PcffipM 314.
^jf/Hw 2Ö3. 871.
ptM» 329, 871.
pindere 264.
iw«rfn 364. 872.
jJMi#» ;M2, 442.
piHis 281, 309.
penna 310, 872.
penaum 307.
pepedl 309.
jiependi 369.
prptrri 267, ,'120, 370.
jw/wri 267. 3T0.
iwp^i 369.
pepngi 368.
/ifjiNftV 369.
jiequhlu 288.
pequlalUH 343.
prquiiiit 289.
pi-r 315, 428.
i)fr- -223.
ji>^r«(te 285, Sil, 365.
/Vrct-niiH)! 810.
j/erdoltaeit 366.
prregre 342.
prrmnUitrvua 356.
jx-jv« 291.
jier^MM 378.
perierat 270.
ptriüro 270.
ptrlongmi 356.
pentiitie» 286.
perna 313.
jiiHpo 291.
pi«j;uw 287, 294. 329.
pJHnn 310.
pi(n)sarf, pi(H)»tre
368.
iV 338.
J'frp,;„>a 308.
j>eriitti 270.
perpellK 270.
pei-ptovere 262.
prriJbuj^ 293, 381.
^),-,y.>(. 219
ji*. 114. 110, 26!i.281.
292. 314. 832.
PenceniafH 338.
pextimo- 353.
pp^Au'uin 306.
jw*.m/i« 268.
pestulam 306.
petasm 269.
p«« 275.
jiWJn 308. 371.
pi-/fl 257, 364.
pfj-ui 372.
phalariea 252.
phalerae 267.
i%r«w 275.
/iidcft 277.
placlnm 291.
pinculum 291.
picus 302.
pic/n» 268, 271.
pigntfHlum 281.
pignosa 297.
/.(/o 808, 872.
i-««« 801, 367.
Pilolaern» 267.
pf/«m 281, 309.
iti/«mn(w 274, 334.
i)/«,
ö 61.
jjwrc 299.
piatum 313.
pUnim 299
j)i(M 302
j>toror<' 26.5
;»i<[wr^ 2b ■)
yi/äjja 92 205
plango 265
jrfowj-i )13
yn(fn 271 279
jilauilo 3b4
;iBtf/io» 209
HöH^wt 272
p/*- 75.
/if«6n»i 376.
ju?f6ci 2.'^>2.
/!/<*#» 326. 873.
l>/rfj- (Gen.) 338.
^/f&o 376.
plfhs 314.
■i)?*r- 325.
plecio 30.'i.
pU-lb[ffJ 273.
/V#(N« (fal.) 273.
«f«w (fal.) 273.
y^Ht« 170. 330.
i»/ro 301.
piförts 90. 26-', 352.
/J*7-e 265.
plenw 111.
/>'«■■
plir,
plZ
ploU
plör
plormit 375.
Plöltui 272
ploHrumn 352.
ji/oi« H6, 352.
piHfre 262. 28
pliima 309.
j>/ii mbHtn 303.
ptürimm 96. 352, 353.
plHriora 354.
jjfils 96. 352.
)iHlr.V 369. 371.
pf>. 293.
PoWic«! 275.
pobticu» 383.
/wrotom 277.
pörulum 200.
jwrffr 264.
pofttialin .344.
poemalorum 339.
^jDfHn 274. 290.
Pwni 2.J1, 274.
poinas 338.
jio/rfr 267.
/m7(0 293, 315.
pollfn 327.
pollrj- (üben /ftlschlich
;)1)//hj-1 872.
PoUaee« 319. 872.
poUuJiim 871.
/«/(« 353.
PoZ/mj- 319.
pomi'riMirt 270, 274.
pOHd6 326.
/»nrfi« 264, 326.
/«>Hf309. 31.5.316,442.
poittris 335.
pon(fi" 275.
ponUffx 268. 354. 355.
i 96. 307. 352.
352.
'«■274,334,352.
356.
,1 339.
jioplicod 275.
PopUiol« 293.
po^icu» 293. 383.
lM>plot 274. 277, 3;«.
jao/-iuj< 277.
popiinKl 369.
pnpulUi 260.
^^H?ö (Dat.) 260.
popiibii 340.
populun 277.
jior- 2 9, 284.
jiofr« 284.
j.orerf 276, 293.
Porcohei-a 285.
porgam 322.
/wrcHM 284, 311.
Pnr»en«a (Porirna)
279.
jwrta 284.
porltndn 284.
tjortio 264, 285. 288,
327.
poiioriiim 315.
porta« 284.
i«M 316.
jKMrn 306.
ponrere 313. 366.
joncft 44, 281. 284,
potitil 372.
poneirei 371.
;»«» 371.
/^wiün 267.
potiiHfrium 278.
ptwi' 372.
jwtidM 293. 315, 322.
poniri 372.
^N^uam 316.
pogge 306. 363.
podgfm 363.
jHMWsfrü: 310.
924
jHKialf ("= poguil) 372.
pottilur 363.
pogt 316, 442.
iioitte 316.
j«w(roc 347.
jHMfrrf 316.
posttrior (Neutr.) 327.
ptwrtcru« 353.
po^qiiam 233, 505.
poetremior 354.
poatrtmissimttfi 354.
poülrimo- 353.
pontridU 341.
postridie quam 507.
jioalumo- 353.
poriw 322.
JMS«! 372.
jwsiiej; 372,
jw(« 269, 317.
;io/e «8 f«f 363.
potfH« 363.
poteralur 363.
potatan 305.
jmteetur 363.
jiü»» 309.
yo/iri 367.
jxrfi» 269, 292, 317.
jio/i>e8eitwe«f Mu»(863
pofiaiV 363.
poiime polimft 363,
jxi/(fHr 367.
jwtiVi^ 363.
polui 363.
jKi^HK 260, 293.
jMmbVfom 27.').
PuuifuVi'unnm 339.
prae 2 9. 2j9, 450.
proebro 276.
prnrberr 3U0.
praff-fjm 321.
profcipes 321.
pracfato 379.
prafffrieuiHHt 92.
prarfi-fi-iai 321).
prnehiheo 270, 320.
praenfii» 276.
/>™m 321, 337.
praexeeat 269.
praestni' 203.
prnfnilium 21*2.
pntfuliglat 283.
jjracstriyiatar 2S3.
praeter 446.
praetor 270.
praecidett 321.
praidad 342.
jTiMrfi 370.
prandiiim 203.
precor 44, 264.
prehendo 294. 3«4.
j.r«?H™ 281. 30«, 309.
prendere 275,
prriido 300.
m. LateiniflclieB WOrterverzeiobiuH
presgi 812.
prea»um 307.
jwi- 3.'J2.
prtrf^M 347.
prIrfrV 341.
pritlie quam 507.
/»■,-..i,.,y :?s 309, 350.
/■rinetys 321, 325.
prfor 352.
prlacua 11-2. 3."i2.
,,n,-irlo.s 344.
prMgnus 281.
iiro 450.
j>fö (beim Ausruf) 416.
pro- 280.
jirofcÄ 343.
proiw« 300.
pr(o)boam 275.
j.ro6«8 329.
Pfw/iie 278.
Procabrra 285.
jirorOfMuI 324.
proeiil 451.
. procu» 264.
^«rf. 280.
prode sunt .%3.
priihi'be« T.i'i. 3'2(J.
prohihtgsial 374.
proientad 379.
proinde 468.
jwo/m 21.'>, 292.
proBtelh 3tt5.
prommerrnt 256.
promere 276.
prommma 294.
promakum 291.
proniiilifare 291.
prönun 309.
propaijmfn 309.
i)r»i>^ 284, 289, 443.
prnpedat 307.
prnpiitquHn 288.
propia« 443.
projw.» 293.
prOjrortio 324.
j/ropttt aai 443.
propterea 468.
jirt^rn« 306, 872.
Proqilia 288.
jsrw 292.
j)rofSHj 2'i.'i.
prmperuK 324.
prosUarier 209.
prMpife» 378.
protereu« !}06.
prorinrh 27.'J.
7ij-(Wi»(.' 443.
^Hiff^n« 321.
jirKin« 299.
jirilRUin 308.
Prurigo 299.
i-WHrfo/H» 208.
^iiiiertiw 299.
■ 3;J5.
I. 319.
puerpera
puertiae 'ä'l-i.
,mln-nh,.<,- ii54.
fHicAf^r üö-i, a67.
;>uf^j: 301.
;iu»iM (jung) 308, 310.
j>uI/k« (rein) 308.
uh//»8 (schwara) 267,
308.
jtuimo 283, 327.
puf« 314.
jih/#iik 284.
pM/mre 307.
puirtf 326.
jiurnrx 302,
^»iiVh» 309.
PUHQO 365.
päHtrf 274.
■jiH»m' 370.
puplkm 383.
yKpuffi 368, 369.
purime 353.
pur;>Mra 271.
pö* 275, 325.
j)*»H» 305.
^H/cr? 291.
ptHexro 283.
go. 288, 348.
qtoloHia) 288.
<(Kn 2H9, 348.
gutl- 13(1.
qiuidragintn 291.
(/Hflrffi"- 291.
qundrigeii 344.
rpiadrilihrin 356.
qiindringenti 350.
(/HnrfrM-" 220. 349.
^Hof 348.
w 298.
ir 322.
iiuaentut 322.
i;Hn/ (Nvutrum) 874.
qiiath 348.
(/Ma/H" 298, 310,
/«»■OJ
■r 3.54.
. 319.
»<y.-< .',ü7.
qmimUhet .)08.
quim'/uaiii WT.
qucnde 312.
juafufo 348, 508.
quandoc 347.
quandone 315.
quandoquf S08, 554.
fUliNMi 298. 312.
guanfiu 549.
quapropter 468.
OHörtaa 338.
giuir^iM 98, 257, 2Ö5.
351, 386.
gna*« 298, 528.
quaMUu« 298.
quaanum 307, 312.
guofrnos 269.
7U(K«iiu« 268, 521 f.
'/unter 351
qU.lti»UJ< 2G8.
./unMof 262.
.ju«(i-/»«or :i49,
oi(a«(«>r257. ail.322.
333.
7i(nff«or 262.
7i(n/fiM 350.
}«< 25, 54. 223, ffi«,
45"
. d. Sing.)
tfwri (Lok,l 34*',
queiitores 272.
(jB« 261, 289. 362.
gunwrfu/a 289.
7«r,-<-f«« 289.
gHrrcHtr 285, 289.
guwrtn 281, 309.
querella :H]9.
quernun 313.
queror 289.
querqueru» 289.
ryi(«-M 347.
^MM^rti 2«2.
^HMCUlH^lW 348.
que.i-datn 348.
^HfftfM« 289,
i/KfjiV 202.
7«i (Nom. d. Sins.i
289, 348, 475.
giii (Nom. d. Plur.i
274.
qut (Lok.) ;M8. 47.1.
9«r C= qua) 349,
g«f- 131.
7MJ» 348, 5ul, 874.
quirinam 4d6.
qiiibo 370,
7H(Ai(H 348,
quirifunm ;-!IJ6.
■/"'■'■'/'" :?'>'■■
I quifiimqvf -.,-,
i'/uW 77. 129.
quill« m 307.
] qiiidpUim 30
'qi,ldq«am 3(
; qvidqm 30tv
r (CiV" 331.
■>48,
zur griechischen nnd lateinischen Grammatik.
925
quin 315, 529 f.
quincio 313.
Quinclus 313.
quln(c)tiis 289, 383.
quincu- 350.
quindecim 281, 320,
350.
quingenti 350.
quini 281.
quinquagesies 351.
quinquagies 351.
qulnqiie 54, 256, 281,
285, 289, 293, 350.
quinquennis 356.
qulntus 136, 281, 313,
351, 383.
quippe 305, 467.
quippe (cum) 513.
quippiam 305.
quippini 268, 306.
</!«> 54, 289, 348. 475.
5WW 274.
quispiam 547 f.
quinquam 547.
quisque 548.
quisquiliae 271, 297.
quisquis 548.
quium 348, 349.
quixit 262.
(?M0 258, 340, 530.
quoad 520.
quoadusqtie 521.
f;»*orf ("= (?MOt^ 315.
^Morf 289.
(jruoc^ (Konjunktion)
498 f.
qtiodannis 292.
qiiodratu^ 258.
quoiei, quoii 349.
quoiquoimodi 349.
quoius 289, 348.
(ytMwi 289, 309, 348,
510 ff.
r/Möw (Praep.) 288.
f^KO minus 530.
quomque V63, 289.
gwomaw 286, 308, 513f.
^t/or 289, 475.
quorsum 262.
^Mor/ff 258.
quörum 289.
gMO setius 531.
(/MO^ 315, 348.
quotiens 352.
quotumO' 353.
quotumus 315.
quotus 315, 348.
quousque 521.
qurarerunt 288.
rabies (Gen.) 338.
racemus 803.
rflcf^r« 265.
rrt^Jr- 259, 325.
rödw: 285, 304.
ra<7o 364.
rarfu/a 310.
rrt<;c?a 271.
ra//rt (tunica) 310.
ra//um 310, 330.
rJmeti/Mm 309.
Ramnes 333.
r<J»a 310.
r«/)/o 256.
rapsare 307.
ratiönem 264.
rafi/« 265.
ravistellus 303.
r« 260.
re (Dat.) 341.
rl- 280.
reapse 275.
rwirfi 320, 368.
recensUus 367.
reciprocus 356.
recferf (fal.) 343.
rectum 281.
r^rf- 280.
redamptruet 313.
r«</rfo 321, 362.
redSmpfus 281.
r^rfi«Y 373.
refertm 313.
refriva 263.
re^/- 324.
regem 257.
rc^iMa 259, 325.
r^»« 264.
Begium 252.
r^^»o- 327.
re^o 264, 282.
reguii 371.
reliciae 288.
relinquunt 289.
rellqui 265.
reliquos 265.
rem 260, 335.
remures 282.
r^M« 281, 282, 310.
ren 316, 328.
repango 321.
reparo 321.
repere 304.
refaum 320, 368.
requaerens 270.
requireres 270.
reri 265.
rÄ*(Nom.d. Sing.) 260,
331, 332.
re« (Nom. d. Plur.) 275,
333.
re« (Akk. d. Flur.) 314,
336.
resicare 269.
resina 300.
respublica 354.
re;?/w 305.
r^^ 304.
rff/ii// 320, 368.
re^Wi 27o.
rftr» 370.
i2Äa<»/# 252.
rÄ^rfa 252.
i?Ä«*M^ 252.
rigare 384.
rfma 281, 309.
rm^i 309.
rfjoa 264.
riVe 342.
rö%o 264, 275.
rödere 265.
rörfo 364.
r(J^«n 309.
rogare 264.
Äotw« 304.
i?omai 340, 341.
Bomanoi 340.
Bomanom 339.
rorarius 303.
roresco 266.
röÄ 258, 325, 382.
ro«a 252, 300.
ro«a 335.
rosam 335.
rotundus 367.
rM6<T 42, 94, 264, 282,
330.
rubicare 381.
rubicundus 381.
rubrO' 295.
rwrfm 371.
rwdo 364.
rw^r« 303.
Äö/o 103.
rö/'w« 103, 296.
rw^r/o 366.
rügire 264.
rumen 304.
rümentum 281, 309.
rumpii 163.
rumpo 365.
rwna 303.
rwwcö 42, 48.
rur«», rwrl 342.
rMr«Mw 262.
russum 312.
BusHus 353.
rii^um 312.
rw<i7i*« 291.
rutundus 271.
SABELIO 254.
Äiftmj 310.
aabulum 301.
sacerda 324.
sacerdös 264, 285, 322,
355.
sacratissima 340.
sacrifejc 355.
s]aecl[ares 277.
saeclum 277.
saeculum 271.
«flf^a 259.
SaeturnuH 271.
sägax 256.
9^1^ 265.
«a/ 328, 332, 872.
8alapitta(8alaputtium)
278
»«/£> 328, 329.
Hallgnus 872.
Äa/*o 256, 366.
«aZir^ 367.
«a/iic 283.
«a//o 311, 365.
saloute 275.
salsum 307.
»a/Mi 367, 371.
salum 304.
Äa/M^e« 336.
«aZt?o« 261, 284.
«a/f«« 282, 300.
.wm 229, 346.
Sarnnfo 318, 319.
Samnium 310.
.«fam?« 314.
sänctus 383.
sanguen 328, 332.
sanguittolentus 268.
sanguis 328, 332.
sanguisuga 355.
Sanqualis 289.
«öm/o 313.
«ff/j/o 293.
«cr/?^<rrt 346, 347.
«arcio 256, 304, 366.
«ar/o 366.
sarmentum 313.
sarpö 43.
sarpta 313.
sartus 313.
ÄÄ« 229.
»<ifT« 309, 315.
«a/i« 27, 352.
Äff/wr 27.
satura 268.
«öfu« 46, 259, 265.
Savinus 294.
scabellum 293.
scabere 264.
«cö6# 256, 369.
«rafco 293, 297, 364.
scaena 271.
scaevus 259.
scaina 271.
«cdto 281, 309.
scamnum 310.
scandi 370.
scando 24.
scapres 293.
Scaptensula 287.
scaj^iito 265, 293.
«cÄ/>M« 265, 293.
w«fo 364.
scecidi 368.
scelestus 97.
«f<'/Mi< 296.
Schema 324.
«cmrfo 302.
scibam-, sdbo 37^.
926
m. LateiniBohes Wörterverseichnis
sciciderat 368.
scicidi 368.
scidi 368, 369.
scies :86.
scindo 236, 265, 297,
365.
scirpua 302.
8cli8 291.
8clappu8 291.
9co&»9 264.
seöpae 265.
scapulus 268.
scortutn 285, 302.
«corwci« 302.
«coru^cu« 302.
«(?r»6a 330.
j^cri^o 264.
scripae 374, 380.
scriptum 305.
acrobs 314.
«crö/i» 281, 295.
«eriWa 285.
8c%dp9i 313.
A(;a/Mm 264, 301.
«« 304.
se (= 8%) 326.
secare 364.
8ecerno 259, 285.
8ecordi8 271.
secundum 447.
secundus 311.
-«£iM<Ä 289.
«fci« 312, 346, 447.
«ceÄfii» 288.
ife<2 (Eonjnnkt.) 346,
458, 463.
9^c; 346.
8ed (Präp.) 346.
««</- 346.
sedecim 350.
M<f^o 256, 263, 265.
8Mi8 326, 873, 875.
8idi 265.
«prfttwÄ 281, 306, 326.
sidimtis 369, 372.
9#d»/ 369.
8edülo 268.
sedidus 324.
sedum 315.
M^r^/w 269, 270.
s^mentum 281, 310.
m 346, 522 ff.
«»> 346.
Seiapttei 257.
.w7 377.
.•»^/to 95, 310.
sem- 287, 297.
«^mW 135, 287, 349,
351.
sSmen 265.
semermis 355.
««mi- 39, 257, 265.
semigraeciis 356.
«<rmo? 287, 315, 351.
semper 219, 287.
sempitet'nus 283.
««mti{ 351.
senati 389.
senatarbus, -ibus 344.
8^Mo/u (Gen.) 336.
8enatud 342.
senatueif -i 341.
Senat ui8 337.
senatuos 336.
senec- 325.
seneces 325.
«if««r 39, 285, 297.
a^Mi 310.
aenica 268.
aenicia 325.
aensum 807.
-«en^- 287.
aententiaat 317.
sentina 287.
«^»^io 365.
seor«um 262.
«<fp«e 347.
«epfem 287, 291, 292,
350.
aeptemfluua 355.
aeptemtrio 324.
«<!p«- 350.
aeptimei 341.
aeptimua 94, 351.
aeptingenti 313, 350.
aeptu- 350.
aeptuagenaumfumj 268,
351.
Septumulenus 286.
Septunolena 286.
aeptua 350.
aepuUua 284.
wgfwere 258, 360, 379.
«egrttf 179, 297, 380.
aequitur 25.
aequor 54, 289.
-aequoa 289.
aerenaa 326.
«<;r<»r^ (reihen) 304.
«<?r^<f (säen) 297.
aerimua 361.
aerior 353.
»^rt7« 268.
«enwo 327.
«ifro(8äe) 154,266, 361,
365.
aerpere 292.
»frp*i 313.
«err<Ici4m 311.
aervare 282.
aervUium 330.
aerpua 290.
aeacentae 306.
aeacenti 350.
Äe«^/i (fal.) 345.
aescuncia 350.
9^«9«m 281.
aeaaita H05.
aeatertium 339.
S^ftM 281, 306.
«ef (<= «erf; 317.
5«fu/r 251.
»eM 273. 315, 526.
»ea? 304, 350.
aexcenti 350.
aexiena 351.
5eafit4« 306.
«ex^tw 98, 351.
«eru« 323.
«• 260, 304, 346, 476,
522 ff.
»tfr« 345.
«i6^» 345.
«W 271, 295, 304, 345.
aibÜtta 295.
m6u« 381.
««; 346, 522.
»l<?a 257.
aiccua 306.
8ictt/u« 268.
»fdö 61, 157, 263, 281,
307, 365.
«icfu« 304.
«t<p<; 358.
*iwi 145, 151, 173,257,
261, 363, 377.
«»fe 26, 377.
«X 377.
«mf 147, 377.
«i/fiar« 295.
W/!/f4« 295.
aigiUum 271, 308.
aignum 872.
-«» 365.
^eo 260.
mVmo« 263.
ailm 266.
«♦m 377.
aimilat 268.
aimile 315.
«tmt7w 96, 278, 329.
«t mmu« 526.
aitnitu 299.
9tm$/wr 299.
si modo 528.
Wmp/«r 140, 287, 349,
352.
aimpludiarea 308.
aimtd 451.
aimulat 268.
aimuUaa 322.
9imuZ tif 517.
««m«^ (^= «umu9^ 266,
363.
«in 315, 526.
aine 450, 872.
aineto 268.
aingillatim 351.
aingolo- 351.
*»«^tt/f 277, 287, 313,
349, 351.
aingtüum 351.
ainiatimo» 353.
«ifio 365.
Mn< 377.
^ quidem 528.
airempafe) 315.
airpua 302.
rt« 276, 345, 346,
«« ^= « rMr> 261.
MMirum 267.
«ww 267.
ai — aiee 527.
aiatimua 265, 361.
»«rf(J 154, 164,361,365,
^mi« 24, 173, 377.
aU 276, 377.
ai tarnen 528.
jTtto^^ 317.
aitia 306.
*tfw 377.
«tfMm.<r^ 317.
aitust 317.
Ww 317, 465. 526.
ai — re 527.
«p« — ve 527.
«r« — r«/ 527.
«;i« 304.
aobolea 271.
«odrtwiM 309.
90&ri9 330.
aohriua 271.
«öc 224, 229, 346.
socei 334.
»oc^ 257, 289.
aoeeri 267.
«öci^flw 268, 271.
aocim 261, 289.
aocora 271.
«ocra 324.
aocrua 329.
aodala 324.
«d<f^ff 261, 283.
*oda/w 257.
9d2 328.
«o/<;um 822.
aolea 292.
aoHnunt 365.
«d/ium 263, 292.
aoUemnia 308.
aoUennia 308.
aolliatimo' 353.
aolHatimtta 306.
aolstitium 355.
j?o/tM 348.
«oiro 262, 266, 283, 300.
«omfit« 39. 257, 310,
330.
«om/MttM 308.
«owartf 367.
«oiMTf 367.
aona 363.
»on/ 267, 363.
aonticua 363.
«OHM» 367, 871.
aonus 257, 330.
«orÄeo 282, 284. 304.
aordea 298.
aordidua 304.
Äoror 304, 328, 873.
snr grieohisoh«!! und lateinischen Grammatik.
«o« 284.
sHmulux 281, 309.
«m/(w 261.
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>,ortus 266, 320.
«iinyuo 289, 290.
M4mtAkk.d.8ing.)229.
taniui, 347.
*&. 229. 346.
glip. 325.
346.
i'Hr<r«(u«« 268, 320.
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Blipulare 277.
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sämfn 309.
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ioro- 134, 257, 262.
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aummo- 853.
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»/ia/«8 304.
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aplen 304.
g(iw 291, 304.
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(a«n«t 278. 302.
«p/irnJ« 303.
BLOCHS 304.
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te 303. 345.
iparii 313.
^tlnppH, 291. 304.
»umi« 263, 278. 363.
feba 306.
»patiartu 360.
mmachitx 269.
Snnii (I/»k.) 341.
f«:Ai«a 278.
«päfiu>» 265.
slttrox 266.
«ini 267, 363.
r<n:i(»iMS(( 278.
»iwere 302.
»ior«! 263.
»uHtod 379.
tid 345, 346.
»p«w 161.
Hiranguiare 287.
fuom 262.
(^rt- (Nom. legte) 325.
xfnlfHx 43, 263, 285.
suorelaurilia 355, 356.
(«ffrti« 270.
rtrnri 371.
s«p- 293.
ttglariux 322.
>,2>elu>,ca 290.
Mridi 370.
luper 220, 293, 300,
(ejjme« 309, 321.
i-pepomU 368.
«(r<j,«w 302.
315. 45;).
tfgo 264, 290, 302.
gptre«, -ibus 381.
rtrinjfo 287.
supera 211.
rf£,o(.> 268.
Hpernari 362.
atrUovwt 304.
»uptrbm 263, 329.
liguUi 264.
*pernert 362.
sfrurrf 263. 290.
»uperior 353.
/fjjum^« 309.
«pfi-No 365.
straxi 290.
.fa;>er«e 315.
leguriHm 271,
sp«« 26.'), 381.
«(ud«-e 302.
supera$ 353, 376.
t«fru» 283.
«1^ (Gen.) 338.
«fumv» 302.
«u;>ra 293, 446.
»r« 310.
«^ (Nom. d. Plur.)
™oJ 304. 346.
suprimo- 353.
Itüu»i 310.
333.
»uadeo 265, 364.
gup^teme 293.
TeH«mo 281.
ViVfo, ipirit 257-
(iwIWriir 27.
«Urem« 293.
Ullu» 308, 326.
VOBrf« 369.
maH 298.
«uryo 322.
«iuw 310.
iponderit 37 .
sud*w»i 304, 305.
tvrrupere 270.
temfrt 256.
«uanum (sorden) 298.
sarniplum 270.
femHo 365.
»j«i7«.«rfi 368.
«uarior ;i53.
»urBUffl 293.
«mo 281, 310, 327.
»popondit 369.
-«aris 256, 261, 265,
so» 61, 115,297, 329,
tempere, -i 326.
»jwrfn 284.
304, 329.
332.
temperier 102, 331.
aporlula 284
aub 24, 293, 300, 315,
««r- 293.
tempeslas 326.
«j-rtri 285, 371.
452.
siucijiio 306.
(«mpf»/a/c5iM259,268
»jjß-Ho 264, 302.
SHb. 305, 306.
auno 283.
tempealulem 325.
»p»o 303.
jiiibaquilw, 356.
gui^icio 257.
(fmj./Mm 308.
«M 37«, 875.
^ui«n.;^ .'i.'J4.
«iwsHm 312.
temporis 268.
flabiliti 278.
«Hi«iffT 3.54.
»mum 312.
*(«i«;«« 295.
iubolt« 270.
si««». 303.
(fmj*«* 326.
tlämen 265.
«Mt«. 314.
guam (Gen. d. Plur.)
(^Arff-re 291.
«Mn 297, 362.
339.
(Mdo 157, 311, 365.
glarrm 375.
-Hirf*/ 270.
sui« 257.262,297,544.
l,..,-h;: -2^:.. 309.
»ffl/im 327, 335.
(*«(^/-e 364.
Ktatim quam 507,
xiiW^r 305.
labelai 277.
tetHitur 312.
»(n(«M M( 517.
bhWiI« 257.
(nfcf«-« 277.
((«or 325.
utalio 27, 327.
gitbfitifierf 305.
tabolam 277.
leniare 312.
(rfoforf .'J79.
»Ät«« 329.
(oftute 277.
(enfio 287, 381.
Slätor 265.
mtdor 304.
fffri^n 309.
lenlui 287.
sro/HÖ 46. 260.
j>iWuA 276.
fnyam 357.
(fHKi .371.
slalm 27. 60, 259, 265.
«M<-re 303.
(«yrt( 265, 364.
fenuioe 353.
a/fUi 302, 308.
»»nix, .»r» 329.
iagit 357.
fenuis 261, 287, 329.
rf*m 377.
«MM(Nom.d.Plar,}333.
/(lyo 357.
te»m 325. 451.
»ItrcuK 289. 302.
««f8{Dat.d.Pliir.)344.
lalenlum 266.
/enifw 262.
««■Nf*■«^ 263, 362.
s«A.(Akk.d.Pliir.)335.
/o(^ 302.
tepor 257.
Mernimui 362.
»ue»cere 304.
/«H» 347.
/fr 351.
rfwno 361, 365.
sue»eo 366.
taius 310.
(er- 874.
sUniHö 71, 301, 361,
««i8{Gen.d.Sing.)261,
Inn. 346, 502.
Terebonio 277.
365.
329, 330.
tarne 346.
(«■«■e 257.
»»ffio 302.
(«mrfiu» 298.
teret- (Nom. (er«) 325.
sierlirr 364.
»H/rire 295.
inmenetsi 527.
reryere 302.
««.■ 308.
'ujfragor 265.
lergo 285.
titftimM 37Ü.
*ui 345.
ta»»« 308.
f^rjfiH 283.
«(Mutr 309.
SufaPW« 277.
lermiw 323.
928
m. LateiniBches Wörterverzeichnis
terminus 278, 291.
term(i)nus 328.
termen 328.
terntentum 285.
termo 328, 331.
terni 136.
tero 264, 285, 871.
ten^a 264, 311.
ierrdi 340.
ferrere 311.
/^r/a 307.
f<»i-/M#w 99, 136, 285,
351.
terttis 313.
terrenefice 874.
terrium 874.
T*»«!*/«)» 301.
festamentum 313.
lestimonium 267.
teatumonium 267.
/f»f<^(/» 369.
^^iniV 369.
/ffuZt 268.
/e<i*/i7 369.
^&r* 370.
fexwj 372.
/^a^i« 306.
Thalassio 252.
thensaurus 287.
/i6^ 345.
/i7^<'* 345.
/i6/ 128, 271, 303, 345.
tiblcen 275, 354.
tigillum 271.
//>;Mm 256, 310.
tilia 301.
timedus 268.
liniere 256.
//;;r/ii,s- 289.
//n^o 256.
//w^//o 289.
^/> 345.
/w f= /Mw; 262.
tii<ana 301.
ra/^'Ä 333.
^0/"*/^ 295.
^o^^ff 264.
töU'H 809.
^>/* 267.
loUo 263, 283, 285, 365.
Tolomaid 301.
/r>;m/-f 302.
/o;i(/fo 369.
t andere 312.
tonyent 264.
longionem (prän.) 264.
fonores 266.
tofiotru 271.
tonsiUae 309.
tonst rix 313.
/oi^i^cr 305, 314, 346.
torrulus 96, 290.
torpeo 264.
tonjueo 2G4.
torreo 367.
torrere 311.
/or*i 313.
^oWi« 313.
/orwm 329.
/oruÄ 263, 302.
^orrwÄ 284, 290.
<o« 346.
^oä/m^ 284.
/o^ 315.
totiena 352.
totidem 315.
fo/on(fi7 369.
to/MÄ 315, 348, 549.
tovfamj 257.
Mro- 131.
^otYW 134, 291.
^rflfc* 257, 322.
/ro^M/a 294.
fraha 294.
trahere 294,
^ra»« 314, 447.
transferr 380.
^rea 349.
trebihos 344.
trecenti 350.
tridecim 307, 350, 354.
tremesco (tremisco) 366
tremonti 359.
^r^n» 285.
^rfe 260, 275, 291, 333,
349.
tressis 349.
frta 349.
/n^a,9 337.
//•#(?rt^ 264.
friceps 356.
trichilino 278.
tricies 351.
tricitinium 278.
/rico 264.
trien» 351.
^rli/riw/rt 126, 276, 334,
350.
<riw« 285, 351.
/Wo 302, 308.
/r/;M^ 139.
tripodare 263.
triquetrus 289.
triresmom 310.
/rw 335.
trisaedisenex 356.
trist ific US 355.
//•/.v/W 329.
tritams 304.
trituH 285.
//•/»///< 261, 339.
trinmpe 293.
triumphans 252.
friuniphus 293.
triumvir 324.
//•7r/ 264, 285, 871.
Troiugena 355.
/;•!(« 220, 303.
trüdere 264.
/;•/(//(/ 220.
fru/iita 268.
/u 345.
/öft^T 281, 286, 872.
tubulustrium 355.
tugurium 264, 271.
/u/ 345.
/u/i 267.
/ww 309, 347, 462.
tumulxis 286.
tundere 302.
/wwica 267.
turanne 251.
/wrfta 302.
turbasftitur 374.
iurhinis 333.
/«rfco, -itft> 327.
Tiirfto, -ö«i« 327.
/wn/MÄ 302, 313.
/ur^^re 284, 302.
turrim 335.
/wr/Mr 328.
/M5 251, 275, 325.
Tiiscolana 277.
Tm^cmä 313.
/M/wrfi 147.
/u/ik/f, /M/tk/t 369.
/M/M</// 269.
tutudisse 380.
/w?i^ 257, 291.
il6<?r 284, 295, 328.
Mft^r/a« 299.
übet 273,
M^;i 12Ö, 290, 348, 520.
ubicumque 520.
i*///i/?>» 520.
üdus 281, 321, 873.
Ufens 296.
w/riix 257.
m/<> 292.
Ulixes 292.
I///0 r= ii^so) 374.
t///i<,<» 308, 32 1,348, 547.
ulmus 284.
w/«« 308, 321.
w/.^ 337, 347, 444.
ultimo- 353.
M//r(Z 342, 347, 444.
ultus 313.
uluJare 267.
umbilicus 267, 295.
Mw/>o 267, 327.
umeruA 46, 267, 277,
330.
unanimus 354, 356.
w/i<?m 267.
unctus 383.
uncula 351.
uncuH 54, 267.
M/i(/ri 311.
I i/wr/<' 290.
undecini 269. 320.
underiginti 354.
*/;ii/f'//// 289.
*/w^M<'/i 290, 327, 328.
unguentum 327.
M>i^M«r 56, 267, 29;
329.
unguo 289.
unitas 325.
u»o- 349.
uMOi'^um 312.
utio^<; 312.
önM« 135, 274, 348.
üpilio 267.
upupa 271.
Mr6« 314, 332.
urceus 313.
mV^^o 257, 300.
urgere 289.
urguere 289.
Äritia 300, 325.
wr»a 313.
örö 66, 264, 364.
wri»M«60, 267, 284,312
313.
usce 288.
usiö 332.
M^^M« 226, 451. 584.
tissi 370.
ussurae 298, 305.
M^/Mr« 306.
tisurpo 322.
ü^(.*¥ 305.
u/ 315, 515 ff.
lUarus 360.
M/ (cum) 513.
utcumque 516.
M/<?i 348, 515.
i//<T 290, 353.
uterque 548.
M/i 315, 348.
ntito 379.
m/ «<' 518.
utor 365.
utpote (cum) 513.
1// (/!<« 516.
»</ ^MO/w 516.
utro' 348.
utrum 455.
utrum — fZM 234.
M/ .v/ 528.
f//M/ 516.
Mrn 295.
urere 290.
uriduH 873.
ra ratio 258.
raratum 367.
racirus 258.
rar u US 25?<. 2»>2. :>no
rrti/- 325.
rädere 265.
r(if/o 364.
rädum 265.
rfff 416.
f'rt/r/*' 311. 321.
m/frt' 290.
rrf/rr/ 335.
Valesius 299.
znr griechischen und lateinischen Orammatik.
929
valgua 282.
vapor 290.
variegare 268, 271.
Varro 279.
Varus 279.
rasndum 257.
rassa 299.
rasum 299.
rf 83, 465.
-re 222.
-r^ re 233.
vectigaliorum 339.
recfwm 301, 305.
regere 257.
rez/^/M« 269, 270.
r^-Äöri« 360.
vehemens 325, 381.
vehere 264.
vehittir 360.
reÄw 145.
vehitis 359.
r^'Äi'^ö 26.
reÄo 294, 364.
reicus 264.
reiginti 350.
f?ew 364.
veivont 264.
rW 378, 465.
r£>/- 284.
iW*m 363, 364, 377.
F«f/t7ra« 342.
r«?//a 310.
rtfi/f311,363,364,379.
vellere 290.
uifWo 365.
veUus 285, 304.
tv/öc- 325.
vilum (Flosa) 310.
r#/Mw (Hülle) 309.
relutsi 528.
1?^»!^«« 275, 300.
venefcus 315.
F(pM^r<?m 267.
Veneres 336.
Venerus 119.
f?e*fi 186.
r««/a 257.
renimus 369.
r<>«iö 55, 261, 286,
308, 366.
venire 290.
rinire 354.
r^noi» 258, 269.
r«>/wi<;a 287, 299.
renier 328.
fviiAMm 286, 287, 812
re»tHi< 265, 279, 362.
renum 257, 309.
Venus 257, 326.
1?^ 257, 299, 328.
verher 257.
t7^r&uw 282.
Verecunnus 312.
vereor 257.
r^r^er^ 282, 364.
r^rmi» 100, 285, 290.
verna 2bl, 298, 384.
vero 464.
r^rrer« 290, 311.
verres 311.
rersurn 807.
versus 447.
veriehra 96.
m-/^rö 28, 259.
Vertex 258.
pfTfw^f 28, 259.
rcr/o 258, 284.
r^rw 290, 323.
verum 464.
vervix 111.
vesica 299.
Vesper 60, 257.
vespertilio 286.
F^»/a 2^7, 298.
F^«/er 258, 346, 353.
vestihulum 315.
r^5<w 257, 297.
vestriy -orumf -um 346.
rf/rtr<? 258, 364.
r^^r 326.
veternus 298.
F<^Mria 258.
re/i*5 291, 326, 873.
rex* 301.
via 294.
rm« 338.
viceni 351.
vicensimus 307.
vicesimO' 351.
ric^imu^ 137, 305.
nV^^ma 322, 351.
rjc» 186, 370.
WctV« 351.
vicis 259.
rtc^oric 340.
victorius 330.
ricMÄ 264, 274.
vicvs 253.
victriC' 325, 328.
vldün 309, 315.
videram 374.
rT(ftve 259, 265, 291.
rW^im 374, 377.
viderlmus 169.
rkf^ro 169, 190, 374.
W<// 186, 265, 368, 369
vidimus 809, 372.
vidua 262.
viduertas 299.
viduus 295.
f?ie» 344.
W^#7 257, 323, 328.
rtViV» 328.
vigintl 30, 123, 137,
287, 323, 350.
viglias 322.
vllic^is 310.
rf«i» 309.
r»//a 310.
r»m 118, 335.
vinclum 277.
vindemia 320.
vindex 356.
vindiserit 375.
n'wm 268.
vinofentus 268.
t?i»ö^»«< 109.
r?»Mm 264, 274.
Viocurus 355, 356.
wo/ar« 367.
viölasit 375.
Violatod 379,
fMö?f«Ä 367.
nrco 291.
r«v^ 325, 328, 873.
vir OS US 305.
rir/M/fi 343.
rfrujj 259, 333.
in« 24, 115, 118, 259,
328, 332, 835, 337.
vis (Nom. d. Plur.)
333.
vis (2. sing.) 364.
visere 365.
visne 309.
w««e 365.
t?iīo 298.
Vistula 277.
TtVorm (prän.) 306.
vitta 310.
nVu/w» 277, 300.
vius 262.
rirefeo 376.
vJvere 264, 300.
r»ro« 55, 290.
vivoiis 275.
t^>«Ä 262.
vix 315.
t'ijrj 300, 383.
vixt 322.
röfc?« 346.
rör- 324.
vocatio 258.
vocem
5.
roctf« (Acc. d. Plur.)
336.
vocihus 344.
vocivus 258.
roco 257.
roct/m 339.
roruu« 258.
vois 364.
ro^ 284.
fotom (Eonj.) 364.
volare 290.
Volaterrae 257.
volimus (= volumus)
278, 364.
roZ/iws 304, 308.
ro/o 363, 364.
volt 363, 364.
voUis 363, 364.
volucer 269.
Volumnius 257.
voluntarius 315.
ro7uo 262.
ro/ui> 257, 277, 315.
voluptatei 341.
-po/«j? 290.
ro/co 257, 262, 300.
row<T 326.
vomis 326.
row»« (2. Sgl.) 259.
vomo 257.
t'oo/Mm (fal.) 252.
vopfe 307.
vorare 258.
ror»u« 284, 312.
vortex 258.
vortimus 284.
ror^o 258.
-vorus 290.
röÄ 346.
i?05<<fr 258, 346.
votare 258.
Voturia 258.
t?orw 56.
twj 371.
röjr 116, 263, 332.
t?oa?or 300.
Villgus 333.
vulnificiis 355.
vulpiö 105.
vulsus 284.
rw/^ 314.
t?M/fMr 328.
Zanuari 297.
zenaiuo (fal.) 336.
Zfw/ 250.
Z^arfo^ (fal.) 337.
Zoi»Äi«e 297.
Haiulbucb der klaf». Alicrinniawiraenschaft. II, 2. Aufl.
\Ä
930
IV, VerEeichnis der nichtlateimschen italischen BialektwOrter.
IV. Verzeichnis der nichüateinischen italischen DialektwOrter
von Fr. Stolz.
Ahelanüi (osk.) 260.
Abellanüls (osk.) 343.
abrons (umbr.) 335.
Adef'l (osk.) 308.
afded (päl.) 293.
ahesnes (volsk.) 309.
aidüi» (osk.) 333.
a%808 (marruc.) 344.
Alies (piceü.) 330.
amfret (osk.) 295.
amprufid (osk.) 343.
an- (osk.-umbr.) 288.
anafriss (osk.) 287.
aprof (umbr.) 335.
ar (volsk.) 292.
arfertur (umbr.) 292.
arpatitu (volsk.) 257.
asignas (marruc.) 334.
asnata (umbr.) 304.
avti (osk.) 221, 315.
a£ (osk.) 292.
Bantins (osk.) 323.
benust (umbr.) 290.
herus (umbr.) 290.
bipus (osk.) 290.
cadeis (osk.) 283.
casnar (päl.) 309.
ccw^rorÄ(osk.)120,337.
censamur (osk.) 360.
censaum (osk.) 367.
censiur (osk.) 333.
cerfum (päl.) 339.
cnatois (päl.) 344.
caisaiens (päl.) 274, 305.
com (umbr. -osk.) 49.
comohota (umbr.) 275.
camparascuster (osk.)
374.
covortuso (umbr.) 374.
dat (osk.) 316.
deded, ^edet (osk.) 372.
des (päl.) 325.
deve (volsk.) 340.
Diumpals (osk.) 128,
266, 283, 343.
Diüvei (osk.) 341.
dupursus (umbr.) 349.
ecuc (päl.) 348.
<'^mazwm(osk.)300,340.
Hte (päl.) 362.
eka (osk.) 348.
eituas (osk.) 338.
eizuc (umbr.) 347.
emantur (umbr.) 360.
etnpratois (päl.) 343.
en (umbr.) 256.
ere (umbr.) 347.
erek (umbr.) 347.
erietu (umbr.) 257.
estud (osk.) 379.
etatu (umbr.) 379.
fa^efele (umbr.) 295.
fakust (umbr.)' 369.
famel (osk.) 277.
fasena (sab.) 295.
fefacid (osk.) 379.
fefacusi (osk.) 369.
fefure (umbr.) 372.
feliuf (umbr.) 257.
ferar (umbr.) 361.
ferenter (marruc.) 861.
feret (= fert marruc.)
363.
feHlid (päl.) 278, 342.
flusare (sab.) 342.
frater (umbr.) 333.
Fuutrei (osk.) 328.
Gaaviis (osk.) 262.
Herclo (vest.) 277, 340.
Hereclüi (osk.) 277.
Herentaiei (osk.) 341.
Herentateis (osk.) 337.
herter (umbr.) 361.
hipid (osk.) 379.
homonus (umbr.) 327.
hondamu (umbr.) 353.
hostatir (umbr.) 264.
hurtüi (osk.) 340.
kürz (osk.) 314, 323.
ii (umbr.) 347
Ha (osk.) 347.
Ikuvins (umbr.) 323.
inumk (umbr.) 347.
Javias (marruc.) 338.
Jories (mars.) 344,
iovila (osk.) 321.
Joviois (päl.) 344.
kahad (osk.) 264.
kapres (umbr.) 337.
katles (umbr.) 277.
keenzstur (osk.) ;J05,
306.
kerreia- (osk.) 299.
KUpiis (osk.) 330.
Koisis (umbr.) 330.
krustaiar (osk.) 361.
kümbened (osk.) 290.
lex-e (päl.) 256.
Ukitud (osk.) 379.
Loucies (päl.) 330.
Lurfreis (osk.) 274.
lürkan- (osk.) 273.
mais (osk.) 112.
manf (umbr.) 874.
manuv'€ (umbr.) 256,
342.
meddix (osk.) 326.
medicatinom (osk.) 327.
mtdicim (osk.) 92.
medikeU (osk.) 336.
meds (umbr.) 326.
meiiai (osk.) 295,341.
mehe (umbr.) 295, 345.
memnim (osk.) 263.
tnesene (sab.) 342.
mestru (umbr.) 352.
minstrels (osk.) 352.
müinikei (osk.) 341.
neip (umbr.) 289.
nerf (umbr.) 336.
nesimei (umbr.) 343.
nesimo (umbr.) 383.
Niumsieis (osk.) 277.
Niumsiis (osk.) 330.
nomner (umbr.) 278,
328.
Nüvfanüm (osk.) 339.
Nüvlanüs (osk.) 334.
ocre (umbr.) 342.
onse (umbr.) 277.
Pacries (mars.) 330.
pa{ (osk.) 348.
Paiana (osk.) 311.
paterei (osk.) 341.
pegetom (umbr.) 367.
peku (umbr.) 324.
peraknem (umbr.) 335.
p€rkedne[i8]{o8\iJ) 310.
persklum (umbr.) 277,
291.
persnimu (umbr.) 366.
-pert (umbr.-osk.) 219.
pestlom (osk.) 277.
pestlüm (osk.) 291.
petiropert (osk.) 219,
314, 874.
petora (osk.) 257, 349.
petur (umbr.) 257.
peturpursus (umbr.)
349.
pihaclo (umbr.) 277.
pihafi (umbr.) 297.
pihaklu (umbr.) 291.
pihaner (umbr.) 311.
pikaz (umbr.) 314, 22S.
pis (osk.) 348.
pis (umbr.-osk.) 289.
pisest (umbr.) 348.
po- (umbr.-osk.) 389.
poe, poei, poi (umbr. I
348.
pomp- (osk.) 3^0.
pople (r) (umbr.) 344.
popler (umbr.) 337.
poplom (umbr.) 277.
posmom (osk.) 353.
pretra (umbr.) 353.
prismu (päl.) 309.
pristafaiacirix (päl.)
291.
pritrom (pael.) 353.
promom (umbr.) 94.
puf (osk.) 290, 348.
pufe (umbr.) 290, 348.
pui (osk.) 348.
puklois (päL) 344.
pümpaiianeis (osk.)
337.
pumpe (umbr.) 263.
350.
Pupdüs (osk.) 275.
pupäike (umbr.) 275.
puple(s) (umbr.) 344.
puplu(m) (umbr.) 339.
purdofntu (umbr.) 167.
pure (umbr.) 349.
puri (umbr.) 349.
pu8 (umbr.) 316.
pusi (umbr.) 349.
pusme (umbr.) 347.
pütiad (osk.) 358, 363.
püiürüspid (osk.) 290.
Rufries (päl.) 330.
sacaracirtx (päl.) 291.
Safinim (osk.) 310.
sakahiter (osk.) 361.
sakarakleis (osk.) 3^7.
sakaraklom (osk.) 277.
sakaraklüm (osk.) 291.
sakarater (osk.) 300,
361.
scensas (sab.) 302.
sefei (päl.) 345.
seni (umbr.) 41, 363.
sei (osk.) 363.
seraknim (umbr.) 335.
s4fH (osk.) 295, 345.
siom (osk.) 345.
sipus (osk.) 381.
akriftas (osk.) 334.
snata (umbr.) 304.
IV. Terzeictmis der niohüateinischen italischem Dialektwörter.
931
socie (mars.) 384.
soloiM (päl.) 343.
siaßarem (umbr.) 295.
siahu (umbr.) 297.
Step} ata (umbr.) 277.
suhocnu (umbr.) 370.
sum (osk.) 358.
i*Hoh (päl.) 343.
srai (osk.) 225, 346.
sve (umbr.) 346.
Tafanii's (volsk.) 330.
tafle (umbr.) 277.
tatKjinom (osk.) 264.
tapistenu (umbr.) 257.
tefe (umbr.) 345.
ierel (osk.) 121, 341.
tiom (umbr.) 345.
TtaHe (umbr.) 303.
totdM (umbr.) 120.
tote (umbr.) 340.
torer (umbr.) 257.
traf (umbr.) 309.
treheit (umbr.) 257.
' trihriifine (umbr.) 327.
■ trifor (umbr.) 337.
trllhom (osk.) 257.
trliuper (umbr.) 314.
trhtaatnentud (osk.)
313.
Trutith (umbr.) 330.
Turscum (umbr.) 313.
tursituto (umbr.) 311.
tutaf (umbr.) 336.
tHtaru(m) (umbr.) 340.
tHtan (umbr.) 338.
tuten (umbr.) 344.
tuva (umbr.) 261.
tuvai (osk.) 257.
iihUm (osk.) 349.
tUttluf (osk.) 332.
uWes (umbr.) 335.
umen (umbr.) 290.
nnu (umbr.) 349.
üpsannam (osk.) 311,
322.
upsaseter (päl.) 322,
361.
Uranias (päl.) 838.
urfatt (umbr.) 334.
Ute (umbr.) 315.
re^etom (umbr.) 367.
Veleatrom (volsk.) 339.
rescfa (umbr.) 257.
Vesune (mars.) 340.
viai (osk.) 341.
vhss (osk.) 336.
vitluf (umbr.) 277.
\Ä
B. Sachregister zur Lexikographie und zur Rhetorik.
actio 675.
Aelius Dionysius 590.
Aelius Stilo 608. 610.
aywysg 656.
dyiovunixrj Xi^ig 671.
aUij at^ag 606.
Ailios s. Aelius.
nlintadcTy-Lexikon 595, 1.
aiTioy 651.
Alexander Niunenii 648.
Allegorie 664.
Allgay er s. Krebs.
allgemeine Hilfsmittel der Rhetorik 645.
amhiguitas 652.
Ambrogio da Calepio 612.
Amerias 589.
Ammonios 589. 592. 593.
iifÄ(ftßoXia 652.
dfKpidioQ&Mafg 668.
icyadlnXuxng 666.
c(yax6(pf(Xaiü}atg 658.
(iyccxolyioatg 668.
Anaphora 666.
Anastrophe 665.
Anaximenes 640.
Andrews 617.
Angemessenheit des Ausdruckes 062.
Anonymus Segueri 657.
icyTnynxXaatg 607.
Anthypophora 008.
((yre'yx'ATjjUtt 052.
ayTi^saig 052. 057. 008.
((rTiXrjxIfig 952.
ceyrt^ern&eoig 067.
ayriyouitt 052.
Antiphrasis 004.
€lytloi€toig 652.
Antisthenes' /«^«xr^^ff rov Xoyov 041.
Antistrophe 000.
Antonomasie 004.
Aphthonios 045.
Apion 588. 589.
Apollodoros von Porgamon 043.
ApoUodoros von Cyrene 589.
Apollonios Archibiu 588.
Apollonios Sophista 588.
Aposiopese 668.
anoaxQotprj 668. . •
Apsines 644.
Aquila Romanus 644.
Archedemos von Tarsos 650.
ctgextd rrjg Xi^etag 662. 673.
Ajevalo 609.
argumentatio 656.
Aristides 643. 673.
Aristophanes von Byzanz 589.
Aristoteles' Rhetorik u.Tf;|f*'cJ*' ovyccytayrj 040.
— Topik 050.
d'Arnis s. Maigne.
Artemi doros 589.
aaiaalaattt 051.
(cffvyderoy 000.
Asystata 053.
Athenaeus Rhetor 649.
Atti eisten 591.
Auffindung des rednerischen Stoflfes (ei^eatc.
inventio) 047. 048.
Aufgabe des Redners 048.
Aurelius Opilius 008.
Bachmann's Lexikon 594 f.
Baebler 009.
Bailey 010.
Bakchios 589.
Basilidos 588.
Beispiel 050.
Benseier, G, E 003.
beratende Beredsamkeit 059.
Bestand der Frage 050.
Beweis 050.
Birrius 015.
Boeckh 030.
Boethos 589.
Bonneil 018.
Budaous (Budö) 013.
Blicheier 030. 031.
B. Sachregister vor Lexikographie and znr Rhetorik.
933
Burer 614.
Bursian 611. 614.
Bursian-Müller 616.
Caecilius von Calacte 590, 643.
Caelius Secandus Gurio 614.
Calepinus 612, 613.
capitula finalia 659.
Catholicon 610.
causa 649.
catisativum litis 651.
XaXvvoi 670.
XttgaxTtJQeg 671.
Chirius Fortunatianiis 641.
Choiroboskos, Georg. 594.
XQtiifia 654.
Cicero 622, 623.
circumlocutio 664.
circumstanHa 649.
color 654.
communicatio 668.
comparatiOy compensatio 652.
complexio 666.
concJtisio 058.
condupHcatio 666.
confessio 668.
congeries 666.
constitutio causae 652.
— turidicialis 652.
— Script i et voluntatis raciocinatira 652.
controtersia 641.
Corradini 617.
Curio s. Caelius.
Cyrillus 595.
Damm COl.
decimator 614.
Definition der Rhetorik 649.
detyoTTjg 671.
declamationes 644.
SrjfirjyoQia 659.
Demetrios -n^Qi iQfxtjyeiccg 641.
Demetrios Phalereus 640.
Demetrios 6 Dvxrtjg 589.
Demetrios Ixion 589, 590.
Demokritos 588.
deprecatio 652.
Deutlichkeit des Ausdruckes 662.
De-Vit 617.
diaigsaig 661.
Dialektglossen 589.
dianoQTjffig 666.
Didot, Firmin 602.
Didymos /aAx^irf^off 590.
Didymos Areios 589.
Diefenbach 615.
Svrjyrjüig 655.
dixaioXoyltt 652.
Diodoros 589.
Diodoros, Val. 591.
Diogeneianos 592.
Dionysios von Halikamass 589. 643.
DiosKorides d. J. 589.
direkte Widerlegung 658.
Dirksen 619.
Doederlein 617. 619.
Dorotheos 590.
Dositheos 593.
Ducange 615.
ductus 654.
SvgitQoqiOQa 670,
intp^Yi 607 n.
Ebert 608.
Eckstein 609.
egressio 655.
Einfluss der Aristotelischen Rhetorik auf die
Folgezeit 641.
Einfluss der Stoiker auf die Rhetorik 641.
Einleitung der Rede 655.
Einteilung der Rede 658.
Einteilung der Rhetorik 645.
Eirenaios 591.
iXiov stgßoXrj, ixßoXij 658.
Empedokles, Erfinder der Rhetorik 639.
iydgyeia 663.
Eniliymem 656.
enumeratio 658.
Epanaphora ß^Q,
indvooog 658.
effodog 655.
Epicheirem 656.
epideiktische Rede 659.
intdioQ&oiaig 668.
Epikles 589.
Epilog 658.
Epitherses 591.
iniTQOTiij 668.
Erasmus 611.
Emesti 601.
Erotianos 589.
Erzählung 655.
Estienne 612.
Etymologicum Magnum 596.
Eudemos 656. 593. 595.
Eudemos aus Augustopolis 594.
Eudokia 595.
Euphemismus 664.
i^egyaola 661.
expolitio der Chrie 661.
Faber 614.
Fabricius 612.
Facciolati 616. 618.
Favre 615.
Festus 608.
Figur 665.
figura causae 653.
firmamentum 651.
Fleckeisen 630.
Forcellini 616, 617, 626, 628.
Franz, Jo. 601, 602.
freni 671.
Freund 617, 628, 630.
Furlanetto 616, 617.
Galenos 589.
Gedächtnis (Gedächtnisörter^Gedächtnisbilder,
674, 675.
Geier 618.
934
B. Sachregister zur Lexikographie nnd znr Rhetorik.
Geiger 611.
Gellius 609.
Genethlius 644.
genus causae 653.
Georges 616, 617, 618, 624, 628.
Gerichtliche Beredsamkeit 648.
Geschichte und Einteilung der Rhetorik 639.
Gesner 614, 615, 616, 626, 628.
Giovanni de Balli 610.
Glaukias 589.
Glossarium eroticum 619.
glossarum Über 595.
Glossen 587 f.
Götz 609.
Gorgias 639.
Gorgias d. J. 643.
gradatio 666.
Gräfenhan 608.
grammatische Korrektheit 662.
yQttfpixTJ Xe^ig 671.
Gröber 634.
Grunderfordemisse der rednerischen Dar-
stellung 662.
Grundformen des rednerischen Ausdruckes
673.
Gürtler 616.
Gundermann 609.
Haase 609, 611, 635.
Halm 630.
Hand 618.
Harper Gl 7.
Harpokration 589, 590.
Hederich, B. 601.
Heerdegen 621.
Helladios aus Alexandria 593.
Herschel 615.
Herakleides Pontikos 589.
Herennios Philon 592.
Hermagoras 642, 647, 648, 650.
Hermogenes 643, 645, 651, 658, 673.
Hermolaos 594.
Hermonax 589.
Herophilos 589.
HevSse 619.
Hesychios aus Alexandria 594.
Hesychius Milesius ülustrius 594.
Heumann 619.
Hiat 670.
Hudemann 618.
Hühner 616.
Htiser 618.
Hugutio 610.
Hutchinson 615.
Hypallage 663.
Hyperbaton 665.
Hyperbel 664.
vnodetTig 649.
vnoxQiat^g 676.
Hypophora 668.
Hysterologie 665.
Jacobs u. Ukert 610.
Jakobitz 603.
tdem Tov Xoyov 673.
Ullis h 664.
incrementum 666.
indirekte Widerlegung 658.
insinuatio 655.
intellectio 648.
Joannes Januensis 610.
Joannes Philoponos 594.
Johannes de Garlandia 609.
Johnson 615.
Ironie 664.
Isidorus 609.
iaoxatXoy 667.
iteratio 666.
iudicatio 651.
Julianus 591.
K&rcher 628.
xttxoCtjXov 662.
xafinij 670.
Katachrese 665.
xaranXoxij t^g ägfioylag 674.
xaraaxevtj xBtpaXamy 656.
KeU, K. 603.
Kleitarchos 589.
Kleitarchos aus Aegina 594.
xXTfitt^ 666.
Klotz 617, 618.
Koeler 626.
Koffmane 618.
xoivog ronog 658.
xoivoivla 668.
xtaXay xojLtfittta 669, 670.
Komposition und Rhythmus der Rede 669
Korax 639.
KQteTr]g von Mallos 589.
Kratinos 588.
Krebs- Allgay er 618.
Kreusser, 0. 603.
XQlVOfJLBVOV 651.
Kumanudes 603^).
Künstlerische Gestaltung des sprachliche
Ausdnickes 647.
Künstlicher Beweis 656.
Kunstberedsamkeit 645.
Kyrillos 594, 595.
Law 615.
leg es contrariae 632.
XeifAüjy des Paraphilos 592.
Lexicon catholicon 616; Baclvmanni 594 f
Vindobonense 596; griech. Lex. 597 ff
griech. Speziallex. 603 ff.
Xe^tg eiQoueyf], xareoTQnu^syTj Uy negtodot
669.
liber glossarum 595.
licentia 668.
Litotes 664.
locus communis 658.
Löwe 609.
Xöyog TJoXcTixog 672.
Xoyov öBfJLyorrjg 663.
Longin 643, 644.
Lübker 618.
Lünemann 617, 625.
Xvavg 657.
B. SachregiBUr inr Lexikograpliie and snr Bhetorlk.
Hai (!10.
Maigne d'Amis 615.
MarcellinuH 644.
Menander ntpi ^tAwrtJiiüf 044.
Mcrcier 009.
Mersuct 618,
fietuXiitfiit (ststus) t}51.
ficttihixpii (tropuB) 064.
Metapher (i03.
uciäaiains 652.
Meihodios 595.
Metonymie 6G3.
Mever iW.) 610.
Miüne 0011. 015.
Hischlencoa bm.
Moiris, Ailioa 591.
Morhuf 012, (iU.
Mtthlmnnn 018.
Müller IC. 0.) 609.
Mülk-r (Luciftn) OOSt.
Nauknitos ■OSO.
Noiikk'n II. 'i7
Nooiitiil.'iJKis aiifl l'orium :««*.
jNicoliiis (114, Ol«.
Kikandros nun Tliyateira 590.
Nikolaus >iir>.
vitjuii 04tj.
Noiiius Mari^ellus 009.
Nürnberg. Gymnaa. 597.
occaUiilio, amiK*io 6ü9.
Ol verkütat? 000 n.
aixayofiiit 661
öfiiiiÖTiiiitxw, i^outiXtiioy l>f>7.
OnomatopoSsie 605.
Opiliua s. Aureliua.
ordo HoDiuricufi 059.
Onlniing der Wörter 070.
Ordnung and Dispositiun dea Stc
Orion von Theben 593 f.
OroB 591.
OHtern 010.
Oxymoron 664.
nttXtXknyiii 666.
Palm, Fr. 603.
PampliitoH ans Alexandria 592.
Papo, W. WS.
Papille 009.
no^äX>iilni, Tiu^aaiÜTti,aii 00!t.
itnQtKflHaiq 05-*).
ParentlK-niti 005.
Pareua 014.
ncigiaoi; -naQÖftoiair 007.
Pumienon 589.
Puronomasie GÖ7.
THIQQIfllll 068.
pnrlen uunilriidi 059.
parlUio 0.1.J, tj58.
PaSHow. Fr, 001 f., 60;l, (i2«.
Paulus 009, 610.
Pauaanias 590.
ticfil i'ijroi'; 043.
Periode 699.
PeriphraaiH 064.
ne^('«roaif, Tjtffiararixn 049.
permhuia ÖOf*.
peroruliu 658.
Perotti 011.
Peter Ferd. 603.
Phavorinua (Cuarini) 597, 598.
Philomim aus Athen 590, ."töl, .'>9.5.
Philetas 588.
Philon, Herennios 592.
PhiloBtrat<Hl ö Ti'piot 591.
Philoxenue 595.
Philoxonou aus Alexandriu 5S9. 595.
I Photioa, Patriarch SÖ4.
] PhrynichoB o 'AgüßtiK 591.
I Jlr'oKK aiex^ol ivii][''°' 650.
I Planudes 044, 656.
Piatos Vßrhttltms zur Rhetorik 040.
noidir;; t)51.
Pollux, jQlias 592.
' Polyptflton 006.
1 ^olvtiirattar Ö66.
j I'orphyrios 044
' praeaiim/ilio OOÖ.
PriiktiKclio Boredaamkeit 045.
Praktiuclie lliStigkeit der Khetorcn 044.
Praktische llieson 649.
Priscian 045.
prubalio 650.
TieodidpSiuai;, n^oSeQantla 00^<.
Pi-ogymnaamtn 042.
i'rokatalci.Hla OOS«.
ngoxutitaxtvij 658.
proormittiH t(55.
pMoiidu-Dositlii'ns Magiat<'r 593.
purgatio 052.
quaeniio 049.
guaexlionea acliiinin, eogHitioni» 049.
Quellenachriften für Rhetorik 045.
^nicherat 019.
(jointilian 025.
Ramhoch Ol!).
Ramnhom 619.
Rodncriüchcr Auadruck 062.
Rednerischo F«rtiK;koit, wodurcii bedingt 648.
K«dneriHulio .. beripgi'nhoit de» Demoathenea
6+2,
Reihenfolge der Progyn
Reinig 635.
rflaHo rrimmi» 652.
remlx^io rrimini» 052.
rtnim repttUio 656.
Reuchlitl 011.
Reyher 014.
rhetorira ad Aluxandrum 640.
Rhetorische Figuren 005.
Rhetoriijcho Frage 008.
043.
936
B. Sachregister znr Lexikographie und znr Rhetorik.
Rhetorische Lehrhücher 640.
Rhetorische Progprmnasinen 642.
Rhetorische Thätigkeit in Pergamon 641.
Rhythmus der Rede 070.
Ritechl 630.
Rönsch 619.
Romanos 594.
Rost, Val. Chr. ¥r. 602.
Ruhnken 626.
Rutilius Lupus 643.
Saalfeld 619.
Salutato 597.
Sarkasmus 664.
Scapula 600.
Scheler 609.
Scheller 616, 617, 625, 626.
c/ijfia 654.
ax^fiu irvfioXoyixoy 667.
axtifJittiiafjLog 654.
Schmalz 618.
Schneider Saxo, Jo. Ge. 601.
Schneidewin, M. 603.
Schuliz 619.
SeUer 603.
Semasiologie 606 n.
sermo figuratus 654.
Sinnfiguren 665, 668.
Sopater 644.
Specht 609.
axdaig 649.
aräatg xaia ^tjroy xal vne^aigeroy 652.
Status 649, 651.
Statuslehre 642.
Stephani 599 f., 602.
St<>phano8-Glo8sar 594.
Stephan US Byz. iun. 594.
Stihirten 671.
Stilo 8. Aelius.
aio/aofiog 651.
suasoria 641, 659.
Suhle, B. 603.
Suidas 595.
Sulpitius Victor 641.
avXXoyiafiog 652.
Symploke 666.
Synchj^sis 665.
avy/iuQtjaig 66S.
avyyytüLiT] 652.
avya&Qoia^uog 666.
avyt/oy 651.
Synekdoche 66'^.
Syrianus 644.
Tti^ig 661.
Taylor 615.
Teile der Gerichtsrede <J54.
Teile der Rhetorik 647.
rexiutJQioy 656.
T€hj der Rhetorik 646.
Telephos aus Pergamon 590 f.
TsXiX(< xetfäkaitt 659.
Tlioma der Rede 658.
Themata der Deklamationen 644.
Theodoretos 593.
Theodoros aus Pergamon 043.
Theodoros aus Soloi 589.
Theodoros Ptochoprodromos 593.
Theon 645.
Theon Alexandrinus 590.
Theon Smymaeus 589.
Theophrast 640, 662, 671.
Theoretische Thesen 649.
thesaurus linguae Latinae 620, 62t>, 630. t
633, 634, 635.
^iaeig noXiuxai 649.
Thesen des Aristoteles 041.
aeaig 649.
Tiherius 643.
Timachidas 589.
Timaios 589.
Timotheos von Gaza 593.
Tisias 639.
Tmesis 665.
Topik der Beweise 656.
tractatio 656.
translatio 651.
Trebellius 614.
Tropen und Figuren 663.
Tryphon 589, 644.
Ukert s. Jakobs.
Unktinstlicher Beweis 650.
Valerius Pollio 591.
Valla 611.
Varro 608.
Verbindung der Wörter 670.
Verrius Flaccus 608.
Vestinus, Julius 591, 592.
Vortrag 675.
Walch 612.
Weise 619.
Widerlegung der Gegner 655, 657.
Wölfflin 615, 619, 621, 631, 032, 033.
Wolf 616, 625, 627. 630.
Wortfiguren 665.
Xenokrates von Kos 589.
Zegabenos 593.
Zehetma>T 618.
Zehnzahl der attischen Redner 042.
Zenobios 593.
Zenodoros 588.
Zenodütos Eph. 589.
i^tjnjuuTtc uavaraTa, avysaxitixct 051.
^rjiijuccTa noXirixä 648. 649.
Zeugma 666.
Zoilos 654.
Zonaras, Jo. 596.
Zopyrion 592.
Zopyros 650.
Zweifel (Figur) 668.
C. Sachregister zur Metrik und Musilc.
Accius 842.
Ädiectio 681.
Adonion 755, 850.
Aeschylos 711, 729, 733, 736, 748, 750, 768,
770, 787 ff., 792 ff., 795, 797 f., 801,
803, 858.
Agathon 859.
dytayti 688, 752.
Agon 807, 809.
Alexandriner fDichter) 711, 718, 818.
Alfios Avitus 841.
Alkaios 742 f., 760, 775 f.
Alkaikon dekasy Ilabon 756; hendekas. 757.
Alkman 709, 719, 734, 741, 743, 748, 764,
781 f., 857.
Allitteration 817, 834.
ttXkoioaxQoqia 706.
aXoyog 690, 694, 754.
Alypios 854.
Amoibaia 786, 801.
Anaklasis 740 f., 846.
dyaxXiöfASva 743.
Anakreon 710, 719, 728, 741 f., 747, 756 f.,
759, 777.
Anakreonteia 741.
Anakreonteion 782, 836, 842.
Anakrosis 695.
dvaxvxXrjaig 703.
Ananios 710, 728, 734.
Anapaest 693.
Anapaesto 720 ff., 790, 799, 802, 805, 829 ff.,
849.
Andronikus 823.
Annianus 819, 841.
dyofiOMCjQoq>a 706.
Anonymus de musica 683, 854.
dyranodoaig 703.
Antepirrhema 727, 807 ff.
dynßdxxeiog 744.
dyriXaßtti 806.
Anthemalied 782.
Antipnigos 809.
Antode 808, 810.
Antisyntagma 809.
dotdol 771, 856.
Apel, J. A. 683.
Hftndbuoh der kliSB. AltertamswiaseDflcbAft. II. 2.
Aphaeresis 692, 769.
dnXovy 808.
dnoXeXv/jiiya 705 f., 775, 778, 799.
Apothesis 700.
Archeboleion 757.
Archüochos 708, 711, 718, 727, 732 f., 785,
746, 770, 773, 777.
Ardalos 856.
Arion 783, 857.
Aristarchos 681.
Aristides Quintilianus 682 f., 686, 853.
Aristophanes 719, 729, 736, 741, 742 f.,
748, 770, 810.
Aristophaneion 722.
Aristoteles 853, 869.
Aristoxenos 680, 686, 853, 869.
Arsis 688.
AÄklepiadeia 757, 776, 836, 843, 84?^, 850,
852.
Asynari»ten 700, 703, 721, 731, 747, 753.
Atnenaeus 852.
atfAtjTa 706.
Auflösung 694.
Auflösungen 824.
Augustinus 819.
Aulodia 855 f.
avXtjfAa 858.
avXtjaig 855 f.
avXrjTijg 856.
Auletik 857.
Ausonius 839 f., 847.
Avienus 839.
Babrios 712, 734.
Bakcheios (Musiker) 683, 869.
Bakcheios (Fuss) 693, 744.
Bakchien 830 f., 834.
BakchyHdes 710, 750, 764, 779, 784.
Barbiton 869.
ßagvnvxyog 816.
ßdais 702, 721.
Basis 717, 754 f., 777, 847.
Begleitung, musikalische 778.
Bellermann, Fr. 854.
Bentley, R. 683, 823.
Bibacidus 818.
AiiA.
^^
Caesuren 714, 825, 837.
CalvuB 818.
Cantica d. röm. Trag. 817, 833 flf., 849 f.
— d. röm. Kom. 825 ff.
rantore» Euphorionin 838.
CatulluB 781. 818, 837, 840, 842, 844, 846 f.
Choliamb 713. 734, 738, 841, 846.
thor, kj-kliaehi-r 783,
— drniimtisclior 785 f., 806.
Cboreuton 785 f.
Chorführer 785 f.. 806.
Chorgesang 770, 785, 806, 811, 855 f.
Choriamben 785, 832.
Chorika 811, epeisodiache 787, T9S.
Chorlieder 785.
ChorljTik 778.
Chonnuaik 858.
Christ, W. 685.
Chroma 866.
Chronoi 695.
Chronos protos 688.
Cinna 818.
ClHudianus 842.
Cummodiouua ^19.
ronHnm'tioiifii.
.■„nlimu.li., 700.
Cornelius Gallus 844.
Daktylen 713 ff., 781, 790, 793, 802, 8.12.
— aeolische 753; logaoediBche 753.
Daktyliker 836.
Daktylo-Epitriten 746, 778, 783, 787, 790,
Dnktyloa Ö93 f., 713; kykliacher 713; tpt-
Daktylo-Trochäen 746, 749 ff., 777 f., 782,
Dochmien 7<!5 ff.; 790, 793, 798
DodHkBcliüni t*iil.
Doppeloktavsystem 862.
Drama, BriBchiHches 725; römit
DuMt KUl.
Dortonarten 857.
ciiat xm» iäxTvXov 719, 775, 7
tiioi KCl' tvörtltoy 775.
Einiugalieder 787 ff.
Klegeion 706. 718, 775. 818.
Elegie 772 f„ 844.
Elegiker 769.
Y.\m
1 692, '
Embaterien 722 f., 780.
ißfÄ^Ula 781.
Enharmonik 866.
Enkomion 784.
Knneaayllabos jilknikoa 761.
Ennius 817, 836 ff., 839, 842.
Enoplios 722, 781.
htrj 806.
Epeisodia, trag. 786, 802 ff., i
813 f.
Epbymaien 704, 770, 779, 793,
Epichaimos 710, 723.
Epigramm 718, 844.
Epinikien 750, 784.
inia>yiic6v nolvaxvf""^*"
Epiporodoa 791.
Epiphonem 779.
Epirrhoma 727. 807. 810.
Epirrhemation 808, 810.
iniai-yStta 702, 746.
Epithalamien 781.
Epitrite 749 ff.
cTtos 717.
inmJinör 700,
in>pi6s 773.
759.
C. Sachregister zur Metrik and Masik.
939
Flötenbegleitung 770, 772, 779 f., 783, 784 f.,
801, 805 f.
Flötenspiel 855 ff.
Füsse ()92 ff.
Fu8s 688, 695 (avy&erog).
Galliamb 711 f., 742, 836, 852.
Gaudentios 854, 869.
Gegenstrophe 704.
yeVjy, aQjnonxd 866; ^vbfii»« 694.
Gesang 770 ; 855 f.
Gesangnoten 867 f. und Tab.
Gevaert, F. A. 855.
Glykoneion 755 f., 761 f., 776, 847 f., 850.
Gregor von Nazianz 712.
Grundzeit 688.
Gymnopädienfest 857.
yvfAyoTjaidixij 781.
Halbchöro 786.
Halbchorführer 806.
Harmonien 862 ff.
Harmonik 680, 853.
Haupt, M. 684.
Hebung 688.
Heliodor 681 f., 686.
Hemiamben 732, 841, 850.
Hendekachord 861.
Hendekasyllaben, alcäischa 757, 776, 848;
phalac. 757, 776, 819; sapph. 757, 776,
847, 850-
Hephaestion 681 f.. 686.
Hephthemimeres 716 f., 837 ; (im Trim.) 732,
825, 839.
Heptachord 890.
Hermann, G. 683, 823.
Hexameter, daktyl. 708, 714 f., 717, 769,
772. 817 f., 836, 842, 851 ; im Drama
718, 850.
Hexametron, perittosyllabes 747.
Hexapodie, logaoed. 757, 776.
Hiatus 692, 769; schwacher 692.
Hinkverse 728, 734, 773.
Hipponakteion 728, 734.
Hipponax 710, 734.
Hochzeitsgedichte 781, 847.
Hörschelmann, W. 686 f.
Horatius 818, 837 f., 839 f., 843.
Hostius 817.
Hymenäen 781.
Hymnen 778.
Hypate 860.
Hyperkatalexis 699.
Hypermetra 701 ; anapaest. 723, 799, 803,
805, 813, 849; dochm. 767; glykon.
759, 761, 778, 847; iamb. 735; ionische
742, 776. 846; troch. 728 f., 778.
Hyporchema 743, 747, 781 f., 786, 857.
lambelegus 750.
lamben 730 ff., 782, 790, 793, 825 f., 827 f.,
844, 851.
lambographen 732.
lambos 693.
lambo-Trochäen 737, 778, 796, 802.
lambyke 773, 857.
Jan, K. V. 855.
Ibykos 719, 764.
Iktus 688.
imitatio 681.
Instrumentalbegleitung 855.
Instrumentalnoten 866 f. u. Tabelle.
Instrumente, musikalische 868 ff., 870.
loniker 739 ff., 776 f., 785, 790, 793, 846 f.
lonikus (Fuss) 693 f., 738.
Irrationalität 694, 695, 731, 739, 754, 766.
Isylloa 742.
IthyphaUikon 726, 728, 777, 829.
luba 682.
Kallimachos 712, 747.
Kallinos 708, 773.
xaraxeXevafiog 808 f.
Katalexis 697 f., 713 f., 726, 730, 753.
Kinesias 859.
Kithara 774, 801, 868.
Kitharodik 855, 858.
Klaganapaeste 723, 784.
Kleomacheion 741.
Klepsiambos 773, 857.
Klonas 856.
Klotz, R. 687, 886.
xoiyd 706.
Kola 695 ff.; anapaest. 721; daktyl. 714,
iamb. 730; ion. 739; logaoed. 697, 752;
troch. 725.
Kolon 689, 699.
xofifAdrioy 808 ff.
Kommoi 724, 786, 796 f., 801.
Komödie 806 ff. ; Metra : 724 f., 727, 744,
747, 750, 761, 767, 813.
Kompositionsform 705 f.; stichische, syste-
mat., freie 705 f. ; epirrhematische 797 ff.,
897 ff.
xovxovha 743.
Krasis 692, 796.
Kratineion 756, 758.
Kratinos 747.
Kretiker 743 ff., 831.
Kretikos 693.
Kroxos 783.
Kriegslied 780.
xQovaig 855.
Lachmann, K. 684.
Laevius 841 f., 843, 846.
Lamprokles 680.
Lasos 680, 710, 783, 855, 858.
XeTfjfitt 691.
hx^yog 860.
Lied, aeolisches 775 ; ionisches 777.
Likymnios 783.
Logaoeden 697, 747, 752, 777, 782, 790,
793, 799, 802. ^ ^ , ^
Xoyaotdixu TiQog dvoiy, TiQog XQialv 753, 764.
Xoyotr iioycxoi 740.
Xoyog nodixog 693.
Longinos 682.
Lucilius 817, 837 f.
Lucretius 817, 837 ff.
Marschlieder 722, 780.
Martialis 839, 841.
Martianus Capella 683, 839. 854, 869.
Matius, Cn. 841.
Mehrstimmigkeit der Musik 855.
Meibom, M. 854.
Melanippides 750, 783, 859.
fiiXtj ano axrjy^g 786, 801 f., 806.
Melodram s. Vortrag.
Melopöie 853.
fie'Xos 855.
Messung, dipodische 721, 731.
fi6aa}dix6v 700.
Mesomedes 854.
fieoonvxyog 866.
Metra. Einteilung 702; anapaest. 720 ff.;
choriamb. 738; daktyl. 713 ff.; iamb.
730 ff.; ion. 738 ff.; logaoed. 752 ff.;
trochäische 725 ff.
adonium 755.
alcaicum 756, 848.
anacreonteum 741, 842.
archebuleum Tbl.
aristophaneum 722 f.
asciepiadeum 843, 846, 848.
cratineum 758.
cleamacheum 741.
elegiacum 717 f.
elegiambicum 845.
encomiologicum 750.
eupoUdeum 758.
euripideum 726.
gaUiambicum 742, 842.
glyconeum Ibh.
heroum 111,
hipponacteum 728.
iambeleg. 750, 845.
messeniacum 780.
fitjTQioaxoy 742.
phalaeceum 151,
Musikreste 854, 870.
Musiknoten 866 ff.
Mystenchor 780.
Nachsatz der Periode 699.
Nebenagon 809.
Nebenchor 806.
yfjrrj 860 f.
Nomos 771, 856, 859; auletisch«
discher 775, 856; kitharod
856.
Nonnos 712, 715, 716 f.
Noten, griechische 866 ff.
Numerus italicus 820.
Oden der Parabase 808, 810.
olxoi 743.
Oktachord 860.
Oktavengattungen 862 ff.
Oktonar, anapaestischer829 ; iaml
trochäischer 828.
oXoddxrvXog 716.
oXoanoydeiog 716.
Olympos 857, 863.
6fi(paX6g IIb,
oQxrjfig 781.
Orchestik 680, 770, 778.
oQd^iog novg 697.
Oros 682.
(oaxoq)OQixd 770.
9vidius 818, 837, 844.
o^vnvxyog 866.
Paeane 779.
Paeon 693.
Paeone 743 ff.
naitoy inißarog 697, 775.
Palimbakcheios 693, 744.
Parabase 723, 727, 807, 810.
.«««rv » frmts rmr\r%
C. Sachregister snr Metrik un^ Mnsik.
041
Penthemimeres (Caesur) im Hexam. 714; im
Trimeter 733.
percussio 688.
Perikope 705, 810.
Periode, metrische 701 ; rhythmische 689, 699.
neQioQtcfiog 706.
permittcUio 681.
Pervigilium Veneria 840.
Petronius 839, 841 f.
Phaedrus 817, 840.
Phalaikeion 757, 842 f.
Phallophorenlied 700.
Phemios 856.
Pherekrateion 755 f., 762, 836.
Philoxenos 750, 783, 859.
Phokylides 718.
Phorminx 772, 784, 868.
Phrynichos 727, 803, 858.
Phiynis 859.
Pindaros 710, 744, 747, 750, 764, 779 f..
783 f., 858.
Plautus 824.
nyTyos 701, 724, 808 fr., 810.
Tiodes 692 ff. ; ^rjroi 693 f. ; äXoyoi 694 f.
Polymnastos 857, 867.
Polyschematismos 756, 760, 777.
Porcius Licinus 840. •
Person, R. 683.
Pratinas 747.
Praxilleion 740, 757, 776.
Priapeion 756, 758, 778, 843.
Proagon 809.
IVocessionslied 722, 779 f.
Prokeleusmatikos 693.
Prolog, trag. 780, 802 f.; kom. 812.
Proodikon 700.
Proportius 818, 844.
Proslambanomenos 861.
Prosodia 779.
TiQoffodiaxoy, anap. 722, 789, 833, logaoed.
755, 759, 761, 780; vTioQxVf^^^^'^ov 747.
71 Qoa^eaig 691.
TiQojaaig 699.
Prudentius 839 f., 841, 843.
Ptolemaeus 853, 869.
Publilius Syrus 817.
nvxvoy 866.
Pythormos 863.
Pyrrhiche 781.
Pyrrhichios 693.
Quantität 689 f., 769, 851.
Quatet^narhiH iamhinis 829. 836, 841.
Eecitativ 770, 801.
Refrain 770, 781.
Reiz, J. W. 683.
Responsion der Dialogpartien 806.
Rhapsoden 772.
Rhythmongeschlechter 694.
Rhythmiker 686.
Rhythmizomenon 688 f.
Rhythmus 688 f., 694.
Ritschi, Fr. 684 f., 821, 823.
Rossbach, A. 684, 686 f.
I
Saiteninstrumente 868 ff.
Saitenspiel 775, 778, 855 ff.
Sakadas 857.
aaXniyyeg 869.
Sapphikon, hendekasyllabon 757; fünfeehn-
flilbiges 758.
Sappho 728, 740 f., 743, 747, 757, 759, 775 ff.,
863.
Satire 817.
Saturae 818.
Satumius 820 ff.
Satyrdrama 733.
Schauspieler 785.
Schema 2o<jpoxAftov 733.
Schmidt, J. H. 684, 687.
SchoUa Hephaestionea 682, 686.
Semasie 688.
Semiquinaria 825, 837, 839.
SemUernaria 837.
Semineptenaria 825, 837, 839.
Senar, iambischer 825, 836, 839 ; puru8 839
s. auch Trimeter.
Seneca 819, 838, 842, 847.
Senkung 608; unreine 824.
Septenar, anapaestischer 829, 836, 840 ff.;
iambischer 826 f., 836. 840 ; trochftischer
819, 826, 836, 840, 850.
Septimius Serenus 81 9, 840 f.
Sernwnes des Horaz 818.
Silben, lange 691; kurze 691 f.; xoivai 691;
ddia(poQoi 692.
Silbenmessung der lat. Sceniker 823.
Simikion 869.
Simonides von Keos 710, 747. 750, 764, 779,
784. 836, 842.
Skazonten 728, 734.
Skolia 784.
Solomusik 857.
Selon 718, 724, 773.
Sophokles 711, 733, 736, 747, 750, 770, 788,
792, 795, 799, 858.
Sphragis 775, 809 f.
anoydetog 693; fiei^oiy 696, 771: nagd rä^ty
TtQoaXa/jßayofjieyog 754.
anoydctdCoity 716.
Spondiaci 838.
Stasima der Tragödie 787, 791 f. ; der Komödie
811.
Statins 848.
Stesichoros 719, 750, 764, 778, 857.
Stichomythie 805 f.
atlxog 701.
Stroplie 703 ff.
Strophen, aeolische775 ff. ; alküisolie 760 f., 776,
848 ; anapaestischo 724 f. ; asklopiadeische
848;daktylische719ff.;daktylo-trochäi8che
748; daktylo-epitri tische 750; dochmische
767; glykoneische 761 ,778 ; iambische 735 ;
iambo-trochäischc 737; ionische 742 f.;
lügaoedische 759; päonischc 745 f.; aap-
phische 760, 776, 847; trochäischo 729,
849, 852; viorzeiligo 760 f., 775, 847 f.
Strophenbildung 705.
Studemund, W. 685.
Syllaba anceps 692, 7(i\.
042
C. SackregiBter zur Metrik und Musik«
Symmetrie 805.
Synaloiphe 692.
0vytta>tta 700. ^
Synekphonesis 692.
Synizesis 692, 769. *
Syntagma 809.
Syrinx 869.
System 689, 701, 703.
avatrjfÄit t^Xeiov 862.
awsxfJiÄaxa «nsQioqiaxa 706 ; H ofAoiutv 705 ;
777/781.
Systeme, metriache 681 ; diatichiache 844 f.,
852; alkmaniaches 844 ff.; arcfailochiache
844 ff.; anapaeatisclie 723 ff., 830, 849;
glykoneiache 759 ff.; hipponakteischea
845; iambiacbe 735, 844; ionische 846;
kretische 745; pythiambiache 845, vgl.
auch Hypermetra.
Tanzkmist 853.
Tanzlied 748, 781, 796.
Teleatea 750.
Terentianus Maunw 682, 686, 819, 842.
Terentius 824.
Terpandriden 772.
Terpandrofl 709, 784, 856, 860, 863.
Terzett 801.
Tetrachord 860.
Tetrameter, anapaest. 722; bakcheischer 831 ;
daktyl. 850; iambischer 734, 773; ioni-
scher 740; kretischer 744, 831; trochäi-
scher 727, 802; troch.-päon. 745; skazon
728, 841.
Thaletas 709, 744, 779, 782, 857.
Theognia 71«.
Theokritos 719, 747.
Thesis 688.
Threnoi 784, 786, 794 f., 796.
Tiberianus 840.
Tibullns 818, 844.
Timokreon 729, 742, 784.
Timotheos 783, 859.
Töne 859 f.
To/ii7 703.
Tongeschlechter 866.
Tonoi 864.
Tonsysteme 860.
Tractatus Harleianus 868.
Tragödie, griech. 710, 727, 729, 736, 748, 750,
762, 766, 773, 786; röm. 818 f., 837 f.
Transpositionsskalen 864 ff.
Tribrachys 693.
Tricha 682, 686.
Trigonon 869.
Trimeter, dochmiacher 766; iambischer 7:^2.
738. 773, 802, 811, 813; ion. 740; kaU
lekt.-iamb. 734, 747; skazon 7:34.
Tripodie, iambische 829.
Trochäen 725 f., 790, 793, 826, 828 f.
Trochäns 694 f.
rvQßaoia 783.
Tyrtaios 718, 722, 773, 780.
Tzetzes 682.
Varro, M. 681. 687, 817 f., 830 f., 841, 84*>.
Varro, P. Atacinns 818.
Vergilius 818, 837, 839.
Vers, politischer 712, fonfzehnsilbiger 7:V>;
achtailbiger 741 ; zw5l£sübiger 734. 7:^^.
Verse s. Metra.
Versknnst s. Metrik.
Versgrappen 808.
versus 701, alcmanios 844 ; anacreonteos 741 :
archilochicus 747, 845; asclepiadeos 84»»:
aristophanens 846; elegiamb. 845; galJ-
iambicns 842; hipponactens 841 ; hyper-
meter 839; iambelegicns 845; longusKJT:
phalaeceus 842; priapeus 843; quadratns
826; Reizianns 833; satmmius 820 ff:
sapphicns maior 846; sotadeos 817, ^^'k
841; spondiacus 838.
Vokalmusik 854 f.
Vokalverschleifung 692.
Vorsänger 783.
Vortrag, melodramatischer 771, 773; rhap-
sodischer 772; derEphymnien 794: der
Epirrheme 809; der Exodoi 805; der
Kommoi 797; der Parabase 811; der
Stasima 794.
Voss, J. H. 683.
Waffentänze 857.
WaUis, J. 854.
Wechselgesänge 786, 796, 801 ff., 806.
Westphal, R. 684, 686 f., 854, 870.
Wortaccent 823, 839.
Xenodamos 744, 779, 782, 857.
Xenokritos 857, 863.
Zitherbegleitung 770, 779, 801.
Zusammenziehung 694.
Zwischenscenen '812.
Zwischensysteme 724, 788, 794.
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