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Full text of "Die grosse politik der europäischen kabinette, 1871-1914. Sammlung der diplomatischen akten des Auswärtigen amtes, im auftrage des Auswärtigen amtes"

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THE  LIBRARY 

OF 

THE  UNIVERSLTY 

OF  CALIFORNIA 

RIVERSIDE 


Die 

Diplomatischen  Akten 
des  Auswärtigen  Amtes 

1871-1914 


Herausgegeben 
im  Auftrage  des  Auswärtigen  Amtes 


Die 

Grosse  Politik  der 
Europäischen  Kabinette 

1871-1914 

Sammlung  der  Diplomatischen 
Akten  des  Auswärtigen  Amtes 

Im  Auftrage  des  Auswärtigen  Amtes 

herausgegeben  von 

Johannes  Lepsius 
Albrecht  Mendelssohn  Bartholdy 
Friedrich  Thimme 


1 


DEUTSCHE  VERLAGSGESELLSCHAFT  FÜR  POLITIK 
UND  GESCHICHTE  M.  B.  H.  IN  BERLIN  W  8 


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12.  Band: 


Alte  und 

neue  Balkanhändel 

1896-1899 


Zweite  Hallte 


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DEUTSCHE  VERLAGSGESELLSCHAFT  FÜR  POLITIK 
UND  GESCHICHTE  M.  B.  H.  IN  BERLIN  W  8 


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2.  Auflage 

Alle  Rechte,  besonders  das  der  Übersetzung,  vor- 
behalten/Für Rußland  auf  Grund  der  deutsch- 
russischen  Übereinkunft  /  Amerikanisches  Co- 
pyright 1923  by  Deutsche  Verlagsgesellschaft 
für  Politik  und  Geschichte  m.  b.  H.  in  Berlin 
W8,  Unter  den  Linden  17/18  /  Amerikanische 
Schutzzollformel:  Made  in  Germany  /  Gesetzt 
und  gedruckt  in  der  Buchdruckerei  F.  E.  Haag 
in  Melle  i.  H. 


Inhaltsübersicht  des  zwölften  Bandes  (2.  Hälfte) 

KAPITEL  LXXX 
Der  Griechisch-Türkische  Krieg  1897 307 

KAPITEL  LXXXI 
Die  Kretafrage  1898.    Dissonanzen  im  Europäischen  Konzert  ...   479 

KAPITEL   LXXXII 
Die  Mazedonische  Reformfrage  1898—1899 513 

KAPITEL  LXXXIII 

Deutschlands  Einfluß  am  Goldenen  Hörn  1898—1899 555 

Anhang: 
Die  Orientreise   Kaiser  Wilhelms  und  die  Protektoratsfrage 
1898—1899 587 

Namenregister  zu  Band  VII — XII    639 

Berichtigungen  zu  Band  VII— XII   699 

Ein  ausführliches  Namen-  und  Sachverzeichnis  erscheint  zum  Schlüsse 

des  gesamten  Werkes 


Kapitel   LXXX 

Der  Griechisch-Türkische  Krieg     1897 


20* 


Nr.  3132 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.    Konzept  von  der   Hand   des  Vortragenden    Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.  23  Berlin,  den  10.  Februar  1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  44*. 

Die  Gefahr  des  Augenblicks  entspringt  aus  der  früheren  Haltung 
der  Türkei  und  der  jetzigen  Haltung  Griechenlands.  Wir  werden  uns 
solchen  Vorschlägen  anderer  Mächte,  welche  geeignet  scheinen,  die 
allgemeine  Kriegsgefahr  zu  vermindern,  gern  anschließen.  Eine  eigene 
Initiative  mit  selbständigen  Programmvorschlägen  würde  der  Lage 
Deutschlands  als  der  einzigen  Großmacht,  welche  keinen  Giebel  nach 
dem  Mittelmeer  zu  hat,  nicht  entsprechen. 

Marschall 

*  Seit  Anfang  Januar  1897  waren  auf  der  Insel  Kreta  neue  Aufstände  aus- 
gebrochen, die  die  panhellenische  Begeisterung  in  Griechenland  noch  stärker 
als  1896  entfachten.  In  Athen  fanden  viele  Demonstrationen  statt,  um  die  Re- 
gierung zu  zwingen,  für  die  aufständischen  Kreter  Partei  zu  ergreifen.  Die 
griechische  Regierung,  außerstande,  die  Bewegung  zu  zügeln,  entsandte  zu- 
nächst am  6.  Februar  ein  Kriegsschiff  und  ein  Transportschiff  nach  Kreta, 
angeblich   zur   Rettung  der  griechischen  Einwohner;  sie  schritt  aber  schon  am 

8.  Februar  zur  Mobilisierung  ihrer  Flotte  und  ließ  am  10.  den  ersten  Schiffen 
die  Torpedobootsdivision  unter  dem  Befehl  des  Prinzen  Georg  folgen.  Die 
Großmächte,  die  ihrerseits  ihre  maritimen  Streitkräfte  in  den  kretensischen  Ge- 
wässern verstärkten  —  auch  deutscherseits  erhielt  am  8.  Februar  S.  M.  S.  „Kaiserin 
Augusta"  die  Order,  von  Wilhelmshaven  nach  Kreta  abzugehen  — ,  bestrebten 
sich  nach  Kräften,  den  entstehenden  Brand  zu  löschen.  Die  Botschafterkonferenz 
in  Konstantinopel  war  von  Anfang  an  bemüht,  die  Türkei  von  der  Entsendung 
von  Truppenverstärkungen  nach  Kreta  zurückzuhalten,  andererseits  befürwortete 
sie  eine  Mahnung  der  Mächte  in  Athen  zur  Rückberufung  der  nach  Kreta  ent- 
sandten   Kriegsschiffe    (Telegramm    des    Freiherrn    von    Saurma    Nr.    44    vom 

9.  Februar  1897).  Der  deutsche  Standpunkt  möglichster  Zurückhaltung  bei 
möglichster  Aufrechterhaltung  der  Einigkeit  der  Mächte  erhellt  aus  einer  Auf- 
zeichnung des  Vortragenden  Rats  von  Holstein  vom  8.  Februar  1897 
über  eine  Unterredung  mit  dem   russischen   Botschafter  Grafen  von  der  Osten- 

309 


Nr.  3133 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  10.  Februar  1897 

De»-  russische  Botschafter*  ließ  heute  bei  Besprechung  der  kreten- 
sischen  Frage  eine  gewisse  Unsicherheit  hinsichtlich  der  Haltung  seiner 
Regierung  durchblicken.  Er  meinte,  auf  die  griechische  Regierung 
bezw.  auf  die  griechische  Aktionspartei  würde  nur  einzig  und  allein  die 
Blockade  des  Piräus  Eindruck  machen;  für  eine  solche  aber  das  Ein- 
verständnis der  Mächte  zu  erlangen,  erscheine  wenig  aussichtsvoll. 
Über  die  Haltung  seiner  eigenen  Regierung  sei  ihm  in  den  letzten 
Tagen  keine  bestimmte  Direktive  zugegangen.  Zweifellos  würden  von 
Seiten  des  dänischen  Hofes  die  größten  Anstrengungen  gemacht,  um 
die  Lage  des  schwerbedrängten  Königs  von  Griechenland  möglichst 
zu  erleichtern**. 

Marschall 

Sacken.  Es  heißt  darin  u.  a. :  ,,lch  bemerkte,  daß  Rußland  und  Frankreich  ihrer 
respektiven  Interessen  wegen  die  leitende  Rolle  hätten  unter  denjenigen  Mäch- 
ten, denen  eine  Beruhigung  der  Orientfrage  erwünscht  sein  würde,  und  daß  es 
darum  natürlich  sei,  Vorschläge  von  ihnen  zu  erwarten.  Vielleicht  werde  eins 
dieser  beiden  Kabinette  den  Vorschlag  machen,  daß  das  griechische  Geschwader, 
welches  soeben  mit  Nichtbeobachtung  der  internationalen  Etikette  in  Kanea  ein- 
gelaufen sei,  ohne  die  türkische  Flagge  zu  salutieren,  aufgefordert  werde,  ent- 
weder jene  Unterlassung  nachzuholen  oder  seinen  Aufenthalt  in  dem  Hafen  tun- 
lichst abzukürzen.  Graf  Osten-Sacken  erwiderte,  für  einen  solchen  Vorschlag 
werde  man  schwerlich  die  nötigen  Stimmen  erhalten.  Die  englische  Stimme  werde 
schon  mal  jedenfalls  entgegen  sein.  Der  Botschafter  sprach  dann  noch  von  der 
Sendung  der  .Kaiserin  Augusta'  nach  Kreta.  Ich  sagte  ihm,  es  gebe  auf  Kreta 
fast  keine  Deutschen.  Fürst  Hohenlohe  habe  beim  Kaiser  die  Sendung  des 
Schiffes  nur  zu  dem  Zwecke  beantragt,  um  die  Einigkeit  der  Kontinentalmächte 
in  dem  Bestreben  für  Erhaltung  des  Friedens  zum  Ausdruck  zu  bringen  und  so 
der  vermittelnden  Tätigkeit  der  europäischen  Konsuln  auf  Kreta  einen  ver- 
stärkten Rückhalt  zu  geben." 
*  Graf  von  der  Osten-Sacken. 

**  Bekanntlich  war  König  Georg  I.  von  Griechenland  ein  Sohn  König  Chri- 
stians IX.  von  Dänemark  und  zugleich  Bruder  der  Kaiserin-Witwe  Maria  Feo- 
dorowna,  der  Mutter  Kaiser  Nikolaus'  II.  von  Rußland.  Auch  zwischen  dem 
englischen  Hofe  und  dem  griechischen  bestand  insofern  ein  nahes  Verwandt- 
schaftsverhältnis, als  die  Gemahlin  des  Prinzen  von  Wales  eine  Schwester  König 
Georgs  I.  war.  Aber  während  die  Gradlinigkeit  namentlich  der  russischen  Politik, 
wie  die  folgenden  Aktenstücke  zeigen,  vielfach  durch  diese  Verwandtschafts- 
verhältnisse beeinträchtigt  wurde,  hat  die  deutsche  Politik  sich  in  ihrem  grund- 
sätzlichen Streben,  Griechenland  von  einer  kriegerischen  Verwicklung  mit  der 
Türkei,  die  leicht  einen  Kontinentalkrieg  hätte  entfesseln  können,  zurückzuhalten, 
durch  keinerlei  persönliche  Rücksichten  —  auch  Wilhelm  II.  stand  durch  seine 
Schwester  Sophie,  die  Gemahlin  des  griechischen  Kronprinzen  Konstantin,  in 
einem  nahen  Verwandtschaftsverhältnisse  zum  griechischen  Königshause  —  be- 
irren lassen. 

310 


Nr.  3134 

Aufzeichnung  des  Vortragenden  Rats  im  Auswärtigen  Amt 

von  Holstein 

Reinschrift 

Berlin,  den  10.  Februar  1897 

Der  griechische  Gesandte*  las  mir  heute  ein  Telegramm  seiner 
Regierung  vor,  wo  betont  war,  daß  die  letztere  angesichts  der  auf 
Kreta  begangenen  türkischen  Greuel  sich  in  der  Notwendigkeit  be- 
finde, den  dort  befindlichen  Untertanen  des  griechischen  Königreichs 
sowie  überhaupt  den  griechischen  Stammesgenossen  Hülfe  zu  leisten. 

Als  ich  darauf  hinwies,  daß  die  letzterwähnten  Stammesangehörigen 
Untertanen  des  Sultans  seien,  und  daß  die  auf  sie  bezügliche  Rede- 
wendung in  dem  Telegramm  auf  die  Absicht  schließen  lasse,  Kreta 
zu  annektieren,  erwiderte  der  Gesandte,  allerdings  könne  man  nicht 
umhin,  die  Annexion  zu  wünschen. 

Holstein 

Nr.  3135 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  10.  Februar  1897 

Der  französische  Botschafter**  teilte  mir  heute  eine  Reihe  von  Tele- 
grammen aus  Kreta  mit,  welche  bezüglich  der  dortigen  Situation  etwas 
wesentlich  Neues  nicht  enthielten.  Ferner  las  er  mir  ein  Telegramm  des 
Ministers  Hanotaux  an  den  französischen  Gesandten  in  Athen***  vor,  worin 
dieser  beauftragt  wird,  im  Verein  mit  seinen  Kollegen  der  Großmächte 
gemeinschaftliche  Schritte  bei  der  griechischen  Regierung  zu  tun,  um 
des  resolutions  preeipitees  zu  verhindern.  Marquis  de  Noailles  frug 
mich,  ob  ich  beabsichtige,  ähnliche  Instruktion  nach  Athen  ergehen 
zu  lassen.  Ich  habe  dem  Herrn  Botschafter  erwidert,  daß,  nachdem 
Griechenland  durch  Entsendung  seiner  Kriegsschiffe  nach  Kreta  bereits 
eine  „resolution  preeipitee"  gefaßt  habe,  ich  mir  von  einem  Zusammen- 
wirken in  Athen  im  Sinne  der  Instruktion  des  Herrn  Hanotaux  wenig 
verspreche.  Nach  meinem  Dafürhalten  enthalte  das  griechische  Vor- 
gehen eine  schwere  Gefährdung  des  europäischen  Friedens,  die  in- 
solange  nicht  aufhören  würde,  als  die  griechischen  Kriegsschiffe  sich 
an  der  kretischen  Küste  befänden.    Wir  seien  nicht  in  der  Lage,   die 

*  C.  A.  Rangabe. 

**  Marquis   de   Noailles. 

***  F.  A.  Bouree. 

311 


Initiative  in  der  kretischen  Frage  zu  ergreifen,  würden  uns  aber  allen 
Vorschlägen,  die  auf  Erhaltung  des  Friedens  abzielten,  anschließen. 
Marquis  de  Noailles  las  mir  dann  ein  Telegramm  des  Grafen  Monte- 
bello  an  Herrn  Hanotaux  vor,  welches  meldet,  daß  Graf  Murawiew 
ebenfalls  Instruktion  nach  Athen  gegeben  habe,  der  griechischen 
Regierung  ernste  Vorstellungen  über  die  Erschwerung  der  Lage  zu 
machen,  welche  durch  die  Entsendung  griechischer  Schiffe  an  die 
kretische  Küste  entstanden  sei. 

Marschall 

Nr.  3136 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  31  St.  Petersburg,  den  10.  Februar  1897 

Graf  Murawiew  nahm  mit  Dank  Inhalt  des  Telegramms  Nr.  23* 
entgegen.  Er  hat  bereits  heute  früh  unter  Mitteilung  eines  Telegramms 
von  Herrn  von  Nelidow  über  beabsichtigte  Absendung  türkischer  Ver- 
stärkung nach  Kreta  ein  Zirkulartelegramm  an  sämtliche  russische  Bot- 
schafter geschickt,  in  welchem  er  hervorhebt,  daß  neue  Truppensendung 
bedenklich  wäre.  Er  schlägt  dagegen  vor,  zunächst  unverzüglich  den 
Konsuln  auf  Kreta  und  dann  den  Gesandten  in  Athen  die  allerstreng- 
sten  Weisungen  zu  geben,  sich  gegen  weitere  Ausschreitungen  aufs 
energischste  ins  Mittel  zu  legen  und  griechische  Regierung  verant- 
wortlich zu  machen. 

Graf  Murawiew  findet  der  Kürze  halber  Anwendung  simultaner 
Noten,  die  dem  Sinne,  wenn  auch  nicht  der  Form  nach  gleichbedeutend 
wären,  genügend,  um  volle  Eintracht  der  Mächte  zu  konstatieren. 
Kollektivnoten  würden  unnütz  zeitraubend  sein. 

Seiner  Ansicht  nach  ist  es  schwer,  vorhandene  griechische  Kriegs- 
schiffe zurückzuziehen,  türkische  Truppenverstärkung  wäre  gefährlich. 
Um  so  energischer  müßten  die  Konsuln  und  Gesandten  einmütig 
auftreten. 

Er  ist  zurzeit  entschieden  gegen  Abtretung  Kretas  an  Griechen- 
land. Um  dies  zu  dokumentieren,  schlägt  er  vor,  erst  die  Konsuln 
in  Kreta  mit  Weisungen  zu  versehen  und  unabhängig  davon  die  Ge- 
sandten  in   Athen. 

Radolin 


*  In  Telegramm  Nr.  23  vom  9.  Februar  war  die  deutsche  Bereitwilligkeit  aus- 
gesprochen, Graf  Murawiew  vor  allem  in  Wien  und  Rom  zu  unterstützen,  falls 
er  Maßregeln  vorschlagen  wolle,  die  geeignet  seien,  der  aus  der  Haltung  der 
griechischen  Aktionspartei  sich  ergebenden  ernsten  Gefährdung  des  europäischen 
Friedens  zu  begegnen. 

312 


Nr.  3137 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

London,  den  11.  Februar  1897 

Zu  gestern  abgegangenem  Zifferbericht  Nr.  86*. 

Wenn  Lord  Salisbury  nicht  gestern  Komödie  gespielt  hat,  muß 
ich  aus  seinen  Äußerungen  schließen,  daß  ihm  eine  Demarche  der 
Mächte  in  Athen  bezüglich  der  nach  Kreta  gesandten  griechischen 
Schiffe,  über  deren  Tragweite  man  sich  unverzüglich  verständigen 
müßte,  nicht  unerwünscht  sein,  und  daß  er  sich  anschließen  würde, 
wenn  sie  ihm  von  anderer  Seite  vorgeschlagen  wird. 

Es  scheint  mir  von  höchster  Wichtigkeit,  daß  dem  Vorgehen  der 
Griechen  auch  jetzt  noch,  wenn  möglich,  ein  Riegel  vorgeschoben 
wird.  Wird  das  Anschneiden  des  Kuchens  in  Kreta  gestattet,  so  wird 
die  Autorität  der  Mächte  in  Konstantinopel  eine  bedenkliche  Einbuße 
erleiden,  und  die  Folgen  für  die  weitere  Entwicklung  der  Dinge 
dort  wären  unberechenbar.  Ich  vermag  nicht  abzusehen,  welches  Be- 
denken im  Wege  steht,  daß  wir  in  diesem  Falle  die  Initiative  zu 
einem  entsprechenden  Vorschlage  ergreifen,  da  darin  keine  Partei- 
nahme unsererseits  für  die  eine  oder  die  andere  der  Mächte  in  der 
orientalischen   Frage   selbst  liegen   würde. 

Hatzfeldt 

Nr.  3138 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Paris  Grafen  Münster 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.   17.  Berlin,  den   11.   Februar  1897 

Der  französische  Botschafter  kam  heute  früh,  um  mir  zu  eröffnen, 
Herr  Hanotaux  habe  mit  Bedauern  in  Erfahrung  gebracht,  daß  man 
in  Deutschland  der  Ansicht  zuneige,  er  nehme  für  die  Kretenser  Auf- 
ständischen   Partei.    Dem   sei    nicht    so,   vielmehr   sei    er   bereit,    sich 


*  Nach  dem  Hatzfeldtschen  Berichte  Nr.  86  vom  10.  Februar  hätte  sich  Lord 
Salisbury  zu  dem  deutschen  Botschafter  dahin  geäußert:  „Er  teile  auch  ganz 
die  Ansicht  der  anderen  Mächte,  daß,  nachdem  die  griechische  Regierung  ohne 
Rücksicht  auf  die  Remonstrationen  fast  aller  Mächte  dennoch  Schiffe  ab- 
geschickt habe,  eine  entsprechende  Demarche  in  Athen  geschehen  sollte,  um 
den  Griechen  einen  Verweis  über  ihr  Verfahren  zu  erteilen.  Bisher  wolle  aber 
keine  andere  Macht  in  dieser  Angelegenheit  die  Initiative  nehmen,  und  England 
könne  dies  ebensowenig  tun." 

313 


weitgehenden  Maßnahmen  anzuschließen,  um  zu  verhindern,  daß  der 
Aufstand  eine  den  Frieden  Europas  kompromittierende  Bedeutung 
gewinne.  Er  stehe  aber  mit  einiger  Verlegenheit  der  Frage  gegen- 
über, wer  die  Initiative  für  Anregung  einer  Kollektivaktion  über- 
nehmen solle. 

Ich  nahm  Akt  von  den  Erklärungen  des  Botschafters  und  erwiderte 
ihm  in  der  Hauptsache,  es  sei  nicht  anzunehmen,  daß  eine  Aktion, 
von  welcher  die  Ruhe  Europas  abhänge,  an  einer  Etiquettenfrage 
scheitern   werde. 

Der  Kaiserliche  Gesandte  in  Athen*  ist  beauftragt,  sich  auch  mit 
den  Vertretern  von  Rußland  und  Frankreich  über  die  Art  und  Weise 
zu  verständigen,  wie  der  griechischen  Begünstigung  des  den  Frieden 
von  ganz  Europa  gefährdenden  kretensischen  Aufstandes  entgegen- 
zutreten  ist. 

Ew.  pp.  wollen  Herrn  Hanotaux  gegenüber  nicht  verhehlen,  daß 
nach  Ansicht  Seiner  Majestät  des  Kaisers  die  Mächte  entweder  wirk- 
sam eingreifen  oder  aber  sich  zur  einfachen  Zuschauerrolle  und  dem 
tatsächlichen  Bekenntnis  ihrer  Ohnmacht  resignieren  sollten.  Für  uns, 
die  wir  weit  vom  Mittelmeer  abliegen,  kommt  weniger  Kreta  als 
der  Präzedenzfall  in  Betracht,  wonach  ein  Staat  dritten  Ranges  wie 
Griechenland  in  direktem  Widerspruche  mit  den  Intentionen  der 
Mächte  eine  Frage  würde  anschneiden  können,  welche  die  ernstesten 
Gefahren  für  den  Frieden  von   Europa  in  sich  birgt. 

Marschall 

Nr.  3139 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.   22  Berlin,  den   11.    Februar   1897 

Antwort  auf  Ew.  pp.  heutiges  Privattelegramm**  zu  vertraulicher 
Information. 

Nachstehendes  Telegramm  geht  soeben  an  Graf  Münster  ab:  pp.  ***. 

Offenbar  ist  Graf  Murawiew  behindert  durch  die  dänischen  Sym- 
pathien der  Kaiserin-Mutter,  und  er  würde  es,  nach  den  Äußerungen 
des  hiesigen  russischen  Botschafters  zu  urteilen,  freudig  begrüßen, 
wenn  von  Frankreich  aus  eine  energische  Initiative  käme.  Meines 
Wissens  wird  von  russischer  Seite  bereits  ganz  geheim  in  der  Richtung 

*  Freiherr  von  Plessen. 
**  Siehe  Nr.  3137. 
*m  Folgt  Nr.  3138. 

314 


gearbeitet.  Wenn  Herr  Hanotaux  sich  überhaupt  trotz  des  franzö- 
sischen Philhellenismus  zu  einer  antigriechischen  Aktion  bringen  läßt, 
so  wird  er  es  am  ersten  den  Russen  zu  Gefallen  tun,  Hingegen 
fürchte  ich,  daß  eine  etwaige  deutsche  Initiative  dem  Vorgehen  gegen 
Griechenland  in  Frankreich  ein  doppelt  schweres  Odium  aufladen 
würde.  Ohne  uns  voranzustellen,  sind  wir  jedoch  ernstlich  in  anti- 
griechischer Richtung  tätig  und  werden  es  unseren  Bemühungen  zu- 
schreiben können,  wenn  überhaupt  etwas  Wirksames  vereinbart  wird. 
Nach  Wien  hin,  welches  sich  am  abgeneigtesten  zeigt,  hat  sich  der 
Herr   Reichskanzler   heute  recht  scharf  geäußert*. 

Marschall 

Nr.  3140 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  11.  Februar  1897 

Dem  russischen  Botschafter  teilte  ich,  als  derselbe  heute  zur 
Besprechung  der  kretensischen  Angelegenheit  kam,  den  Inhalt  des 
Petersburger  Telegramms  Nr.  30**  mit,  wonach  Graf  Murawiew  die 
Türkei  an  der  Sendung  von  Truppen  nach  Kreta  hindern  und  die 
griechische  Regierung  durch  gemeinsame  ernste  Vorstellungen  und 
durch  den  Hinweis  auf  ihre  Verantwortung  einschüchtern  will.  Graf 
Osten-Sacken  war  nicht  der  Ansicht,  daß  auf  letzterem  Wege  etwas  zu 
erreichen  sei.  Die  Mächte  müßten,  wenn  sie  nicht  den  Piräus  blockieren 
wollten,  wenigstens  den  Verkehr  der  griechischen  Kriegsschiffe  mit  der 
kretensischen  Küste  verhindern.  Dabei  aber  stellten  sich  ihm  zwei 
Schwierigkeiten  dar:  1.  die  Schwierigkeit,  mit  der  Graf  Murawiew  am 
Petersburger  Hofe  wegen  der  dänischen  verwandtschaftlichen  Ver- 
hältnisse zu  kämpfen  habe;  2.  die  Schwierigkeit  bezw.  Gefahr,  welche 
sich  aus  der  unklaren  Haltung  Englands  ergebe.  Wie  werde  England 
sich  stellen,  wenn  Rußland  und  Frankreich  dem  griechischen  Ge- 
schwader gegenüber  zu  gewaltsamen  Abwehrmaßregeln  schritten? 

Ich  erwiderte,  daß  zunächst  mal,  wenn  die  Mächte  den  Sultan 
verhinderten,  die  türkische  Besatzung  von  Kreta  zu  verstärken,  sie 
dadurch   zweifellos   die   Verpflichtung   übernähmen,    daß   kein    Dritter, 


*  Telegramm  an  Graf  Eulenbiug  Nr.  36  vom  11.  Februar.  Es  hieß  darin,  daß 
die  einseitige  Schärfe  der  Äußerungen  Graf  Goluchowskis  gegen  die  Türkei  und 
die  Betonung  des  Zutrauens  zu  den  friedlichen  Absichten  Griechenlands  ihn, 
Hohenlohe,  nötige,  mit  der  unerfreulichen  Möglichkeit  zu  rechnen,  daß  für 
Österreich-Ungarn  das  Interesse  des  europäischen  Friedens  nicht  das  in  dieser 
Frage  Maßgebendste  sei. 
**  Im  Text  steht  versehentlich  Nr.  30,  es  muß  Nr.  31   heißen.    Siehe  Nr.  3136. 

315 


also  Griechenland,  sich  die  Schwäche  der  in  Kreta  vorhandenen 
türkischen  Militärmacht  zunutze  mache,  um  die  Insel  dem  Sultan  zu 
entreißen.  Was  England  anlange,  so  flöße  dieses  mir  keine  Besorgnisse 
ein,  weil  dasselbe  gegenwärtig  ein  zu  schlechtes  Gewissen  Deutschland 
gegenüber  habe  und  deshalb  ohne  allen  Zweifel  mit  der  Möglichkeit 
rechne,  daß  Deutschland  im  psychologischen  Moment  bei  der  franko- 
russischen Aktion  wegen  Kreta  als  Freund  des  Friedens  und  Gegner 
Englands  sich  beteilige. 

Der  Botschafter  zeigte  sich  für  diesen  Gedanken  durchaus  zu- 
gänglich und  vervollständigte  ihn,  indem  er  sagte,  wenn  Deutschland 
nicht  wäre,  würde  die  englische  Regierung  vielleicht  schon  der  Mittel- 
meerflotte den  Befehl  erteilt  haben,  nach  dem  Bosporus  zu  dampfen. 
Er  meinte  dann,  ob  es  indiskret  von  ihm  sein  würde,  wenn  er  in  dieser 
für  Rußland  so  schwierigen  Konjunktur  ganz  vertraulich  um  unsern 
Rat  bäte. 

Ich  erwiderte,  für  uns  würde  der  Rat  an  Rußland,  bei  irgendeinem 
Einzelpunkte  der  Orientfrage  voranzugehen,  deshalb  peinlich  zu  erteilen 
sein,  weil  wir  dadurch  denen,  die  uns  mißtrauten,  Anlaß  zu  der  Ver- 
dächtigung geben  würden,  daß  wir  Rußland  in  kriegerische  Ver- 
wickelungen hineinschieben  wollten.  Wir  könnten  da  also  nicht  füglich 
weiter  gehen  als  bis  zu  unserer  vorgestrigen  Erklärung,  daß  wir 
Rußland  zu  unterstützen  geneigt  seien,  falls  dieses  von  sich  aus 
vorginge,  um  die  kretensische  Kriegsgefahr  zu  vermindern. 

Für  den  Fall  jedoch,  daß  die  Bedenken  der  russischen  Staatsleitung 
weniger  durch  Kriegsgefahr  als  durch  natürliche  dynastische  Erwä- 
gungen veranlaßt  wären,  gäbe  es  wohl  einen  Rat,  den  wir  erteilen 
könnten,  ohne  uns  damit  der  Verdächtigung  auszusetzen,  als  trieben 
wir  Rußland  in  den  Krieg:  den  Rat  nämlich,  daß  das  Petersburger 
Kabinett  die  Dinge  derart  fingere,  daß  die  französische  Regierung  vor 
die  Notwendigkeit  gestellt  werde  zu  erklären,  ob  oder  ob  nicht  sie 
für  wirksame  Maßnahmen  zur  Beseitigung  der  kretensischen  Gefahr  zu 
haben  sein  würde.  Daß  das  Pariser  Kabinett  in  dieser  Angelegenheit 
dem  Petersburger  Kabinett  einen  Korb  geben  sollte,  sei  bei  den  Be- 
ziehungen dieser  beiden  nicht  anzunehmen.  Es  sei  vielmehr  wahrschein- 
licher, daß  Herr  Hanotaux  eine  Antwort  gebe,  welche  den  Grafen 
Murawiew  in  den  Stand  setzen  werde,  den  dynastischen  Bedenken 
unter  Hinweis  auf  die  Aktionsbereitschaft  Frankreichs  erfolgreich  ent- 
gegenzutreten. Wenn  andererseits  Herr  Hanotaux  wider  Erwarten 
eine  unüberwindliche  Abneigung  gegen  jede  Aktion  mit  einer  gegen 
Griechenland  gerichteten  Spitze  zeige,  so  sei  die  russische  Regierung 
dadurch  wenigstens  über  eine  wichtige  Zukunftsfrage  aufgeklärt. 

Graf  Osten-Sacken  sprach  darauf  die  Absicht  aus,  daß  er  dem 
Grafen  Murawiew  telegraphieren  wolle,  dieser  möge  versuchen,  von 
der  französischen  Regierung  eine  Erklärung  gegen  die  Haltung  Griechen- 

316 


lands  zu  erlangen,  welcher  sich  Rußland  formell  dann  nur  anzuschließen 
haben  würde. 

Unmittelbar  nach  dem  Grafen  Osten-Sacken  erschien  der  fran- 
zösische Botschafter  mit  der  bereits  verzeichneten  Erklärung,  daß  die 
französische  Regierung  durchaus  geneigt  sei,  sich  bei  solchen  Maß- 
nahmen zu  beteiligen,  durch  welche  der  aus  der  Haltung  Griechen- 
lands sich  für  ganz  Europa  ergebenden  Kriegsgefahr  vorgebeugt  werden 
könne,  und  daß  Herr  Hanotaux  lediglich  wegen  der  Initiative  Bedenken 
formaler  Natur  hege*. 

Ich  ließ  alsbald  den  Grafen  Osten-Sacken  von  dieser  Stimmung  des 
Pariser  Kabinetts  verständigen  und  ihm  andeuten,  daß  es  unter  diesen 
Umständen  nicht  schwierig  sein  werde,  angesichts  der  zwischen  den 
auswärtigen  Ministern  in  Petersburg  und  Paris  herrschenden  Über- 
einstimmung auch  die  formale  Schwierigkeit  der  Initiative  zu  beseitigen. 

Graf  Osten-Sacken  sprach  die  Absicht  aus,  sofort  in  dem  Sinne 
mit  dem  französischen  Botschafter  sich  zu  besprechen. 

Marschall 
Nr.  3141 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Gesandten 
in  Athen  Freiherrn  von  Plessen 

Telegramm.    Reinkonzept 

Nr.  2  Berlin,  den  11.  Februar  1897 

Die  Kabinette  von  Petersburg,  Paris  und  Rom  lassen  hier  mitteilen, 
daß  ihre  Vertreter  in  Athen  der  dortigen  Regierung  wegen  deren 
Ermutigung  des  kretensischen  Aufstandes  Vorstellungen  machen  sollen. 
Ew.  pp.  sind  hiermit  beauftragt,  das  gleiche  zu  tun.  Bezüglich  Form 
und  Inhalt  Ihrer  Erklärung  —  z.  B.  ob  schriftlich  oder  mündlich  — 
wollen  Sie  sich  zunächst  mit  den  Vertretern  von  Rußland,  Frankreich 
und  Italien  verständigen  und  bei  der  Diskussion  für  den  energischeren 
Modus  Stimmung  machen. 

C.  Hohenlohe 
Nr.  3142 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  12.  Februar  1897 
Der  russische  Botschafter  suchte  mich  heute  abend  auf  und  las 
mir  das  anliegende  Telegramm  des  Grafen  Muravview**  vor.  Ich 
erklärte  dem  Grafen  Osten-Sacken,  daß  die  Regierung  Seiner  Majestät 
bereit  sei,  analogen  Befehl  an  den  Kommandanten  des  deutschen  Kriegs- 
*  Vgl.  Nr.  3138. 
**  Siehe  Anlage. 

317 


schiffs  zii  geben,  das  in  wenigen  Tagen  an  der  kretischen  Küste  anlangen 
werde.  Wir  seien  der  Ansicht,  daß  die  Kommandanten  der  Geschwader 
der  Großmächte  sich  untereinander  darüber  verständigen  müßten,  jedes 
aggressive  Vorgehen  der  griechischen  Flottille  zu  verhindern.  Unter 
aggressiven  Akten  würde  alles  zu  verstehen  sein,  was  geeignet  erscheint, 
die  Revolutionäre  direkt  oder  indirekt  zu  unterstützen,  also  z.  B.  auch 
die  Ausschiffung  von  Waffen  und  Munition.  Die  Regierung  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  sei  auch  damit  einverstanden,  daß  im  Notfalle 
Marinesoldaten  an  bedrohten  Plätzen  gelandet  werden  müssen,  um  im 
Verein  mit  den  türkischen  Autoritäten  Ordnung  und  Ruhe  wiederher- 
zustellen. Unsere  Bereitwilligkeit,  in  dieser  Richtung  an  den  Komman- 
danten unseres  Schiffes  Befehl  ergehen  zu  lassen,  hätten  wir  bereits 
den  übrigen  Mächten  mitgeteilt.  Was  die  in  dem  Telegramm  des  Grafen 
Murawiew  am  Schlüsse  befindliche  Bemerkung  bezüglich  der  Lösung 
der  ,„kretischen  Frage"  betreffe,  so  sei  die  Kaiserliche  Regierung  der 
Ansicht,  daß  der  „kretische  Zwischenfall",  denn  um  etwas  anderes 
handle  es  sich  hier  nicht,  nur  auf  der  Basis  des  territorialen  status 
quo  und  der  Integrität  des  Ottomanischen  Reiches  erledigt  werden 
könne  und  selbstverständlich  die  Eventualität  einer  Annexion  Kretas 
durch    Griechenland   vollständig   ausgeschlossen    bleibe. 

Marschall 

Anlage 

Der  russische  Minister  des  Äußern  Graf  Murawiew  an  den 
russischen  Botschafter  in  Berlin  Grafen  von  der  Osten-Sacken 

Telegramm.    Abschrift,  unsigniert  und  undatiert.   Vom  russischen  Botschafter  am 

12.  Februar  mitgeteilt 

L'escadre  russe  dans  la  Mediterranee  —  Commandant  Amiral 
Andrew  —  a  regu  Tordre  de  se  rendre  en  Crete  et  de  s'entendre  avec 
les  Chefs  des  forces  navales  des  Grandes  Puissances  pour  defendre 
une  agression  de  la  part  de  la  flotte  hellenique.  Pour  le  cas  urgent, 
les  commandants  seraient  ä  meme  de  mettre  ä  terre  leurs  detachements 
et  cooperer  avec  les  autorites  turques  au  retablissement  de  la  tran- 
quillite  dans  l'ile,  qui  serait  ainsi  gardee  en  depot  par  des  forces 
europeennes  jusqu'ä  ce  que  les  Grandes  Puissances  resoudraient,  d'un 
commun  accord,  la  question  cretoise. 

Nr.  3143 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Saurma  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  54  Pera,  den  12.  Februar  1897 

Meine  Kollegen  haben,  gestützt  auf  Meinungsäußerungen  der 
Konsuln  in   Kanea,   heute  übereinstimmend  an  ihre  Regierungen  tele- 

318 


graphiert,  daß  folgende  Maßnahmen  die  Lage  in  Kreta  noch  retten 
könnten: 

1.  Abberufung  der  griechischen  Kriegsschiffe. 

2.  Zurückhaltung  türkischer  Truppen. 

3.  Provisorische  Okkupierung  von  Kanea,   Kandia  und  Rethymno 
durch  Besatzungsmannschaften  der  fremden  Kriegsschiffe. 

4.  Sofortige  Organisation  der  fremden  Gendarmerie  und  Inkraft- 
setzung der  übrigen  Reformen. 

Die  Botschafter  haben  hinzugefügt,  daß  mittels  einer  starken  Pres- 
sion in  Athen  die  griechische  Regierung  gleichzeitig  zu  verhindern 
sein  dürfte,  den  Aufständischen  auf  der  Insel  irgendwelche  Unter- 
stützung an  Waffen  und  Munition  zukommen  zu  lassen*. 

Saurma 

Nr.  3144 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin** 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats 
Mumm  von  Schvvarzenstein 

Nr-  34  Berlin,  den  13.  Februar  1897 

Die  hier  eingegangenen  Äußerungen  sämtlicher  großen  Kabinette 
lassen  keinen  Zweifel  darüber,  daß  diese  sich  zusammenfinden  in  dem 
Wunsche,  einer  als  Folge  des  kretensischen  Zwischenfalls  zu  ge- 
wärtigenden Störung  des  europäischen  Friedens  vorzubeugen.  Es  wird 
deshalb  beabsichtigt,  die  kommandierenden  Offiziere  der  respektiven 
Seestreitkräfte  dahin  zu  instruieren,  daß  dieselben  gemeinsam  handeln, 
um  die  griechischen  Schiffe  an  allem  zu  hindern,  was  zur  Förderung 
oder  Ermutigung  des  Aüfstandes  dienen  könnte.  Von  einzelnen  Seiten 
ist  auch  die  Möglichkeit  in  Betracht  gezogen,  zur  Wiederherstellung 
der  Ruhe  einzelne  Punkte  der  Insel  durch  Schiffsmannschaften  fcis 
nach  Austrag  der  Angelegenheit  besetzen  zu  lassen. 

Die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  ist  bereit,  sich  bei 
den  vorstehenden  Maßnahmen  zu  beteiligen,  und  zwar  lediglich  und 

*  Das  Telegramm  Saurmas  wurde  vom  Auswärtigen  Amt  am  13.  Februar  durch 
Zirkulardepesche  den  hauptsächlichen  Missionen  mitgeteilt.  Eine  eigene  Stellung- 
nahme des  Auswärtigen  Amtes  zu  den  vier  Punkten,  die  russischerseits  als  „sehr 
annehmbar"  bezeichnet  wurden  (Telegramm  Saurmas  Nr.  67  vom  15.  Februar), 
erfolgte  zunächst  nicht;  nachträglich  stellte  sich  auch  die  deutsche  Regierung 
auf  ihren  Boden.    Vgl.  Nr.  3183. 

**  Dasselbe  Telegramm  erging  gleichzeitig  an  die  Botschafter  in  London,  Paris, 
Wien  und  Rom,  sowie  Abschrift  davon  an  den  Botschafter  in  Konstantinopel 
und  die  Gesandten  in  Brüssel,  im  Haag,  in  Kopenhagen.  Athen,  Belgrad  und 
Bukarest. 

319 


ausschließlich  im  Interesse  des  Friedens,  demgegenüber  bei  der  Ent- 
scheidung Seiner  Majestät  alle  anderen  Erwägungen,  selbst  solche 
dynastischer  Natur,  zurückgetreten  sind.  Dem  Frieden  nützt  aber 
die  beabsichtigte  Aktion  der  Mächte  nur  dann,  wenn  dieselbe  mit 
dem  festen  Programm  unternommen  wird,  Kreta  im  Rahmen  des  tür- 
kischen Staatsverbandes  zu  belassen.  Für  den  Fall,  daß  Kreta  jetzt 
vom  Ottomanischen  Reiche  abgetrennt  werden  sollte,  ist,  wie  wir 
wissen,  bereits  genügender  Zündstoff  anderswo  angesammelt,  um  einen 
Konflikt  in  großem  Maßstabe  in  sichere  Aussicht  zu  stellen.  Vielleicht 
würde  dann  im  psychologischen  Augenblick  der  Vorschlag  gemacht 
werden,  daß  als  Versuch  zur  Vermeidung  oder  Beschränkung  eines 
solchen  Konfliktes  ein  europäischer  Kongreß  sich  versammeln  und 
über  eine  weitere  Verteilung  türkischen  Gebietes  beraten  soll.  Nach 
meiner  Ansicht  würde  aber  die  Möglichkeit  der  Erhaltung  des  Friedens 
gegenüber  den  durch  die  Lostrennung  Kretas  geweckten  mannigfachen 
Leidenschaften  eine  so  geringe  sein,  daß  die  deutsche  Regierung  sich, 
um  nicht  mitverantwortlich  für  die  Folgen  zu  werden,  in  dem  Augen- 
blick von  jeder  weiteren  Beteiligung  an  der  Aktion  der  Mächte  zurück- 
ziehen wird,  wo  erkennbar  wird,  daß  die  Belassung  der  Insel  beim 
Ottomanischen  Reich  nicht  mehr  Teil  des  europäischen  Programmes 
bildet. 

Ew.  wollen  bei  geeignetem  Anlaß  diese  unsre  Auffassung  außer 
Zweifel  stellen 

C.   Hohenloh'e 
Nr.  3145 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  37  Berlin,  den  14.  Februar  1897 

Graf  Osten-Sacken  teilte  hier  gestern  ein  Schreiben  des  Grafen 
Murawiew  mit.  Der  russische  Minister  sprach  darin  zunächst  von  seinen 
sympathischen  Reiseeindrücken*,  welche  in  ihm  die  Überzeugung  von 
dem  Fortbestande  der  intim-kordialen  Beziehungen  zu  Frankreich  und 
der  gutnachbarlichen  und  freundschaftlichen  zu  Deutschland  befestigt 
hätten.  Sodann  kam  er  auf  die  kretensische  Angelegenheit,  betonte 
die  Gefährlichkeit  der  exigences  intolerables  der  Griechen,  jedoch  unter 
gleichzeitigem  Hinweis  auf  die  Schwierigkeit,  welche  für  die  russische 
Politik,  insbesondere  für  eine  russische  Initiative  sich  aus  den  ver- 
wandtschaftlichen Beziehungen  zwischen  Petersburg  und  Athen  ergebe. 

In  Übereinstimmung  sowohl  mit  der  in  letzterem  Hinweis  ent- 
haltenen Andeutung  wie  auch  mit  dem  Interesse  des  schwerbedrohten 


•  Vgl.  Bd.  XIII,  Kap.  LXXXV,  Nr.  3425  ff. 
320 


europäischen    Friedens    richtete   ich    heute   nachfolgendes   Telegramm 
an  den  Grafen  Münster: 

„Ich  bitte,  Herrn  Hanotaux  zu  fragen,  ob  die  in  meinem  Telegramm 
Nr.  24  erwähnte  Beschießung  eines  türkischen  Transportschiffs  durch 
ein  griechisches  Kriegsschiff  sich  bestätigt,  und  ob  der  Minister  ge- 
neigt ist,  Ew.  pp.  den  Inhalt  der  Instruktion  mitzuteilen,  welche  in- 
folge dieses  griechischen  ballon  d'essai,  und  um  etwaigen  Wieder- 
holungen wirksam  entgegenzutreten,  an  den  kommandierenden  Of- 
fizier des  französischen  Geschwaders  in  den  kretensischen  Gewässern 
ergangen  ist.  Wir  sind  bei  dieser  Frage  direkt  interessiert,  weil  die 
, Kaiserin  Augusta',  deren  Instruktion  nicht  außer  Zusammenhang  mit 
den  seitens  der  anderen  Großmächte  erteilten  Instruktionen  zu  denken 
ist,  bereits  am  20.  in  Kreta  ankommt. 

Ich  halte  von  vornherein  und  selbstverständlich  für  ausgeschlossen, 
daß  die  in  Kreta  versammelten  imponierenden  Seestreitkräfte  der  Groß- 
mächte eine  analoge  Bestimmung  haben  können  wie  die  englischen 
Kriegsschiffe,  welche  vor  jetzt  37  Jahren  die  Ausschiffung  der  „Tau- 
send"  bei  Marsala  deckten,  indem  sie  sich  zwischen  Garibaldiner  und 
Neapolitaner  schoben.  Das  Verhalten,  welches  damals  von  englischer 
Seite  die  zielbewußte  Förderung  der  italienischen  Einheit  bedeutete, 
würde  heute  bei  der  Wiederholung  durch  Europa  lediglich  Ohnmacht 
bedeuten  und  vor  der  Welt  wie  vor  der  Geschichte  den  Beweis 
liefern,  daß  Europa  in  seiner  heutigen  Gruppierung  außerstande  ist, 
den  europäischen  Frieden  selbst  nur  gegen  Griechenland  zu  schützen. 

Daß  die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Deutschen  Kaisers  nicht 
gewillt  ist,  in  einer  solchen  Rolle  mitzuwirken,  wissen  Ew.  pp.  durch 
mein  gestriges  Telegramm  Nr.  25*.  Wenn  wirklich,  was  ich  zunächst 
noch  kaum  für  möglich  halte,  die  Absicht  besteht,  dem  Tun  der  Grie- 
chen ruhig  zuzusehen,  so  wird  der  allerhöchsten  Willensmeinung  ent- 
sprechend die  , Kaiserin  Augusta'  je  nach  Umständen  entweder  zurück- 
berufen werden  oder  zum  Schutze  der  Reichsangehörigen  im  östlichen 
Mittelmeer  da,  wo  etwa  als  Folge  der  politischen  Niederlage  Europas 
anarchische  Zustände  in  Küstenorten  eintreten  sollten,  Verwendung 
finden." 

Mit  dieser  Eröffnung  hat  Deutschland  entgegen  seiner  Gewohn- 
heit in  orientalischen  Dingen  eine  Initiative  ergriffen,  ohne  sich  dabei 
zu  verhehlen,  daß  der  praktische  Erfolg  dieses  Schrittes  lediglich  von 
dem  Grade  der  Entschiedenheit  der  Mitwirkung  des  Petersburger  Ka- 
binetts abhängt. 

Ew.  pp.  bitte  ich,  das  Vorstehende  mit  dem  Grafen  Murawiew 
persönlich  eingehend  und  ganz  vertraulich  zu  besprechen  mit  dem 
Hinzufügen,    daß    ich  bezweifle,   ob   sich   nach   dieser   gegenwärtigen 

*  Identisch  mit  Nr.  3144. 

21    Die  Große  Politik.     12.  Bd.  321 


noch   eine   weitere  Gelegenheit   zur   wirksamen   Wahrung  des   euro- 
päischen  Friedens  für  uns  ergeben  wird. 

C.   Hohenlohe 

Nr.  3146 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm   von   Schwarzenstein 

Nr.  44  Berlin,  den  14.  Februar  1897 

Der  österreichisch-ungarische  Botschafter  hat  hier  mitgeteilt,  daß 
Graf  Goluchowski  auf  die  letzte  russische  Zirkularnote*,  betreffend  die 
Beseitigung  der  dem  europäischen  Frieden  infolge  der  kretensischen 
Unruhen  drohenden  Gefahr,  durch  Gegenfragen  mit  Bezug  auf  Einzel- 
punkte geantwortet  hat.  Ew.  wollen,  falls  Graf  Goluchowski  die  An- 
gelegenheit Ihnen  gegenüber  erwähnen  sollte,  demselben  keinen  Zwei- 
fel darüber  lassen,  daß  wir  im  gegenwärtigen  Augenblick  die  Lage 
für  zu  bedenklich  halten,  um  unter  den  Mächten  irgendetwas  anderes 
zu  erörtern  als  die  Frage,  welche  allgemeinen  Instruktionen  den  vor 
Kreta  allmählich  eintreffenden  Seestreitkräften  der  Mächte  zu  erteilen 
sind,  damit  die  kommandierenden  Offiziere  derselben  nach  Verständigung 
über  die  Einzelfragen  in  möglichst  rascher  und  wirksamer  Weise  den 
vom  Königreich  Griechenland  her  unternommenen  völkerrechtswidrigen 
Einbruch  abwehren  können. 

Marschall 

Nr.  3147 

Der  Botschafter  in  Paris  Graf  Münster  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  28  Paris,  den  14.  Februar  1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  27**. 

Die  Nachricht  der  Beschießung  eines  türkischen  Transportschiffs 
durch  ein  griechisches  Kriegsschiff  ist  bestätigt.  Der  türkische  Bot- 
schafter hat  es  hier  angezeigt  und  es  als  Kriegsfall  bezeichnet. 

Die  Nachrichten  aus  Athen  und  aus  Kreta  beunruhigen  Herrn 
Hanotaux  sehr.  Er  ist  aufgebracht  darüber,  daß  die  griechische  Re- 
gierung über  30  Stunden  die  offiziellen  Telegramme  von  und  nach 
Paris   aufhielt.    Er  hat   es   durch   das   Telegraphenamt  bestimmt   kon- 


•  Vgl.  Nr.  3136. 

•*  Vgl.  Nr.  3145,  wo  das  Telegramm  Nr.  27  inseriert  ist. 

322 


statiert  und  hat  dem  griechischen  Gesandten*  die  heftigsten  Vor- 
würfe darüber  gemacht.  Er  fragte  mich,  ob  uns  gegenüber  dies  auch 
geschehen  sei**. 

Was  die  Instruktionen  an  den  französischen  Geschwaderchef  be- 
trifft, so  gehen  sie  dahin,  daß  die  Griechen  verhindert  werden  sollen, 
zur  See  oder  durch  Truppenlandung  in  Kreta  einzugreifen.  Über  das: 
wie  das  geschehen  könne,  sollen  sich  die  Kommandanten  der  Kriegs- 
schiffe verständigen.  Herr  Hanotaux  sagt  mir,  von  russischer  Seite 
sei  der  Vorschlag  gemacht,  daß  Kanea  durch  ein  kombiniertes  Lan- 
dungskorps besetzt  werden  solle.  Herr  Hanotaux  wird  zustimmen, 
sobald  das  Einverständnis  der  anderen  Mächte  erreicht  sein  wird.  Nach 
den  Berichten  des  Marquis  de  Noailles  rechnet  er  auf  unsere  Zu- 
stimmung. Italien  und  Österreich  zögerten  anscheinend  noch,  und 
würde  er  dankbar  sein,  wenn  wir  dort  unseren  Einfluß  geltend  machen 
wollten. 

Sowie  diese  Frage  entschieden  sei,  werde  er  erst  imstande  sein, 
noch  nähere  Instruktionen  zu   erteilen. 

Herr  Hanotaux  hat  mir  schon  wiederholt  sein  Bedauern  über 
das  Fehlen  deutscher  Schiffe  in  jenen  Gewässern  ausgesprochen,  freute 
sich  aber  zu  hören,  daß  die  „Kaiserin  Augusta"  bald  eintreffen  wird. 

Baron  von  Mohrenheim  traf  ich  im  Vorzimmer;  er  war  sehr  auf- 
geregt, indem  er  mir  sagte,  der  Krieg  ist  da. 

Münster 


Nr.  3148 
Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr-  10  Athen,  den  14.  Februar  1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  2***. 

Sämtliche  Vertreter  der  Mächte  haben  Minister  der  Auswärtigen 
Angelegenheiten  f  soeben  einzeln  nachstehende  gleichlautende  Erklä- 
rung ff  abgegeben: 

„Apres  Tenvoi  des  bätiments  de  guerre  helleniques  en  Crete 
suivis   de  Fexpedition  des   torpilleurs  nous  n'avons  pas  dissimule   au 

*  N.  P.  Delyannis. 

**  Das  war  in  der  Tat  geschehen. 

••*  Siehe  Nr.  3141. 

f  Skuzes. 

ff  Die  vom  1./13.  Februar  1897  datierte  Note  ist  bereits  abgedruckt  aus  dem 

englischen    Blaubuch    „Turkey"    in:     Das    Staatsarchiv,    Bd.    62,    S.    125-    die 

griechische  Antwort  vom  gleichen  Tage  ebenda. 

323 


gouvernement  royal  la  desapprobation  que  rencontraient  de  la  part 
des  puissances  des  actes  aussi  contraires  ä  leurs  communs  desirs  de 
maintenir  la  paix  de  l'orient. 

Nous  apprenons  aujourd'hui  que  les  choses  prennent  une  tournure 
autremenl  grave;  que  des  troupes  regulieres  de  la  Grece  se  dispo- 
seraient  ä  penetrer  ä  mains  armees  sur  un  point  du  territoire 
ottoman.  Si  cette  nouvelle  est  fondee  notre  devoir  dans  de  telles 
conjonctures  en  attendant  [les]  Instructions  qui  ne  peuvent  manquer  de 
nous  arriver  ä  bref  delai  est  d'insister  sur  la  desapprobation1  que 
des  actes  semblables  rencontrent  de  la  part  de  tous  nos  gouvernements 
et  de  declarer2  au  gouvernement  hellenique  que  les  puissances  ne 
peuvent  que  laisser  peser  sur  lui  les  consequences  d'une  action  qui 
eveille  ä  juste  titre  la  vive  anxiete  des  cabinets  europeens." 

Der  Minister  der  auswärtigen  Angelegenheiten  hat  darauf  fol- 
gendes   erwidert: 

„Les  evenements  qui  ont  eu  lieu  en  Crete  ont  amene  une  anarchie 
dans  laquelle  les  familles  chretiennes  ont  ete  exposees  ainsi  que  leurs 
fortunes  ä  la  merci  et  au  pillage  de  la  populace  fanatique  et  sans  freins. 

Le  gouvernement  royal  ne  pouvait  plus  supporter  cet  etat  lamen- 
table dans  lequel  se  sont  trouves  les  habitants  de  l'ile  auxquels  nous 
sommes  lies  par  la  religion3  et  par  des  liens  sacres. 

II  a  pris  par  consequent  la  decision  d'envoyer  des  troupes  pour 
occuper  l'ile  et  ramener  l'ordre   et  la  paix  la  bas." 

Ein  Bataillon  Infanterie,  ein  Bataillon  Jäger,  zwei  Batterien  sind 
bereits  in  Piräus  für  die  Abfahrt  nach  Kreta  eingeschifft*. 

Zwei  Jahrgänge  der  Reserve  werden  einberufen,  angeblich  gegen 
20  000  Mann. 

Der  Minister  der  Auswärtigen  Angelegenheiten  sagte  ferner,  daß 
türkische  Truppen  nach  Kreta  unterwegs  seien. 

Die  Regierung  entsende  auch  Verstärkungen  an  die  Grenze  auf 
die  Nachricht,  daß  die  Pforte  Albanesen,  Kurden  und  andere  Volks- 
stämme gegen  die  Grenzen  dirigiere. 

Plessen 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Da  Pfeifen  die  Athener  drauf 

2  das  declariren  und  desapprobiren  nutzt  nichts  Kanonen  vor  den  Piräus  das  ist 
die  richtige  Antwort 

3  Heiliger   Pobedonostzeff 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Das  ist  Krieg!    Schnell  die  Flotten  vor  den  Piräus  ehe  es  zu  spät  ist.    W. 


*  Tatsächlich  landete  am  16.  Februar  der  Flügeladjutant  des  griechischen  Königs 
Oberst  Vassos  mit  ca.   1500  Mann  regulärer  Truppen  auf  Kreta  und  kündigte 
durch  eine  Proklamation  vom  gleichen  Tage  die  Besetzung  der  Insel  im  N; 
des  Königs  an. 

324 


Nr.  3149 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 
Nr.  45  Berlin,  den  14.  Februar  1897 

Der  Kaiserliche  Gesandte  in  Athen  meldet,  daß  der  Auswärtige 
Minister  den  Vertretern  der  Mächte  in  Erwiderung  auf  deren  gemein- 
same Vorstellungen  eröffnet  hat,  Griechenland  sehe  sich  genötigt, 
Kreta  zu  besetzen. 

Nach  dieser  offenen  Verhöhnung  scheint  uns  der  Augenblick  ge- 
kommen, wo  die  Mächte  durch  gemeinsame  Kraftanstrengung  den 
Friedensstörer  in  seine  Grenzen  zurückzuweisen  haben  würden.  Das 
erste  unzweideutige  Zeichen  wirklichen  Ernstes  auf  Seite  der  Mächte 
dürfte  dazu  genügen. 

Marschall 

Nr.  3150 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Saurma  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  62  Pera,  den  14.  Februar  1897 

Sir  Ph.  Currie  hat  von  Lord  Salisbury  die  Ermächtigung  erhalten, 
„an  jederlei  diplomatischer  Aktion  teilzunehmen,  welche  von  seinen 
Kollegen  in  betreff  der  kretensischen  Frage  vereinbart  werden  sollte/' 

Infolgedessen  beschlossen  wir,  unseren  Regierungen  folgende  Vor- 
schläge  zu  unterbreiten: 

„Um  Kreta  allen  völkerrechtswidrigen  Gewalttätigkeiten  Griechen- 
lands zu  entziehen,  hätten  die  vor  Kreta  liegenden  26  Kriegsschiffe 
Marinedetachements  in  den  hauptsächlichen  Städten  und  sonstigen 
passenden  Punkten  auszuschiffen  und  auf  diese  Weise  die  Insel  in 
eine  Art  von  Depot  der  Großmächte  zu  nehmen,  welcher  Akt  ihnen  die 
nötige  Zeit  zur  Beratung  über  eine  ihnen  genehme  Lösung  der  kre- 
tensischen   Frage   gäbe*. 

Diese  Entschließung  würde  der  griechischen  Regierung  mit  der 
Weisung   bekanntzugeben   sein,   sich   jeder   aggressiven   Handlung  zu 


*  Wirklich  besetzte  schon  am  15.  Februar  mit  Zustimmung  der  türkischen  Be- 
hörden ein  Detachement,  welches  aus  100  Russen,  100  Franzosen,  100  Eng- 
ländern, 100  Italienern  und  50  Österreichern  bestand,  die  kretische  Stadt  Kanea. 
Am  21.  Februar  landete  auch  der  inzwischen  vor  Kreta  angelangte  deutsche 
Kreuzer  „Kaiserin  Augusta"  95  Mann  bei  Kanea. 

325 


enthalten,  sowie  gleichzeitig  der  Pforte  als  Antwort  auf  ihre  Zirkular- 
depesche mitzuteilen  sein,  in  welcher  sie  die  Mächte  um  Intervention 
angegangen." 

Saurma 

Nr.  3151 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg* 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  46  Berlin,  den  15.  Februar  1897 

Der  Kommandant  von  S.  M.  S.  „Kaiserin  Augusta"**  erhält  folgende 
Instruktion:  „Verständigung  mit  den  kommandierenden  Offizieren  der 
Seestreitkräfte  der  übrigen  Großmächte  in  den  kretensischen  Gewässern 
über  diejenigen  Maßnahmen,  welche  geeignet  sein  würden,  jedem 
aggressiven  Akt  seitens  der  griechischen  Schiffe  ent- 
gegenzutreten oder  vorzubeugen.  Als  aggressiver  Akt 
würde  nach  diesseitiger  Auffassung  alles  anzusehen  sein, 
was  geeignet  ist,  den  Aufstand  zu  fördern  oder  zu  ermu- 
tigen, also  Landung  von  Munition  oder  Mannschaften, 
sowie  jeder  Akt  der  Bedrohung  oder  Feindseligkeit  durch 
griechische  Schiffe  gegenüber  türkischen  Fahrzeugen 
oder  Stellungen.  Die  Verständigung  wird  sich  auch  darauf  er- 
strecken, daß  im  Notfalle  Mannschaften  gelandet  werden,  um  die  Ord- 
nung  wiederherzustellen   und   Blutvergießen    zu   verhindern." 

Ich  bitte,  diese  Instruktion  unverzüglich  dort  zur  Kenntnis  zu 
bringen  mit  dem  Hinzufügen,  daß  nach  der  beispiellosen  Abfertigung, 
welche  die  Vorstellungen  der  vereinigten  Großmächte  soeben  durch 
Griechenland  erfahren  haben,  ich  es  selbstverständlich  als  unter  unserer 
Würde  erachte,  für  jetzt  noch  weitere  diplomatische  Schritte  in  Athen 
zu  tun,  außer  etwa  in  unmittelbarer  Verbindung  mit  dem  materiellen 
Eingreifen   unserer  Seestreitkräfte,   pp. 

C.   Hohenlohe 
Nr.  3152 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  Kaiser  Wilhelm  II. 

Immediatbericht.    Eigenhändige  Ausfertigung 

Berlin,  den  15.  Februar  1897 

Euere  Kaiserliche  und  Königliche  Majestät  wollen  mir  allergnädigst 
gestatten,  daß  ich  im  Anschluß   an  die  mir  von  Euerer  Majestät  ge- 


*  Ein   wesentlich   gleiches  Telegramm  ging  an  die   Botschafter  in   Paris,   Rom, 
London,   Petersburg,  Konstantinopel. 
**  Kapitän  z.  S.  Koellner. 

326 


machten  Mitteilungen*  nach  Durchsicht  der  eingelaufenen  Telegramme 
noch  einige  Bemerkungen  über  die  schwebende  Frage  vortrage.  Aus 
der  Gesamtheit  dieser  Telegramme  ergibt  sich,  daß  die  Hauptgsfahr 
darin  liegt,  daß  die  griechische  Flotte  Feindseligkeiten  gegen  Kanea 
oder  Kandia  unternimmt.  Da  wird  also  ein  Eingreifen  der  Mächte 
an  Ort  und  Stelle1  das  einzig  Wirksame  sein.  Ich  halte  für  mög- 
lich, daß  schon  das  erste  Zeichen  von  unzweideutigem  Ernst  seitens  der 
Großmächte  in  Form  von  vielleicht  nur  wenigen  Kanonenschüssen  schon 
genügt,  um  die  Griechen  zur  Vernunft  zu  bringen.  Für  jetzt  verlassen 
sich  die  Griechen  noch  immer  auf  die  Wirkung  teils  von  Eifersucht, 
teils  von  Familiengefühlen  an  den  großen  Höfen.  Wenn  diese  Illusionen 
durch  etwas  Pulverdampf  zerstört  sind,  wird  wahrscheinlich  der  grie- 
chische Minister  des  Auswärtigen  eine  andere  Sprache  führen  als  die 
Euer  Majestät  bekannte  im  Telegramm  Nr.  10**.  Indessen  ist  der  Fall 
nicht  ausgeschlossen,  daß  die  Schiffskommandanten  vor  Kreta  ihren 
Regierungen  empfehlen,  einen  Teil  der  dort  versammelten  Geschwader 
im  Piräus  zu  verwenden.  Ich  möchte  mir  jedoch  erlauben,  dringend 
zu  empfehlen,  daß  die  ohnehin  nicht  sehr  große  Aktionslust  der  Ka- 
binette nicht  dadurch  vermindert  werde,  daß  unsererseits  vor  Beginn 
der  kretensischen  Aktion  auf  der  Blockade  des  Piräus  als  dem  einzigen 
wirksamen  Mittel  insistiert  wird.  Die  Hauptsache  ist,  daß  nur  einmal 
angefangen  wird.  Nachdem  die  Aktion  vor  Kreta  einmal  begonnen 
hat,  ist  die  Gefahr,  daß  das  eine  oder  andere  Kabinett  abspringt, 
geringer. 

Die  vorstehenden  Erwägungen  sind,  da  ich'  mich  nicht  auf  das 
militärische  Gebiet  begeben  möchte,  ausschließlich  politischer  oder  viel- 
leicht  psychologischer   Natur. 


*  Die  Mitteilungen  des  Kaisers  dürften  sich  bezogen  haben  auf  Besuche,  die  er 
im  Laufe  des  14.  Februar  dem  englischen  und  dem  österreichischen,  anscheinend 
auch  dem  russischen  Botschafter  machte,  und  bei  denen  er  eine  gemeinsame 
Blockade  des  Piräus  in  Vorschlag  brachte.  Der  Kaiser  will  diesen  Vorschlag 
nach  Rücksprache  und  im  völligen  Einverständnis  mit  Hohenlohe  getan  haben 
(vgl.  Nr.  3169),  was  aber  angesichts  des  obigen  Immediatberichts  etwas  zweifel- 
haft erscheint.  Über  den  Besuch  Kaiser  Wilhelms  II.  bei  dem  österreichischen 
Botschafter  vgl.  das  folgende  Schriftstück.  Ober  den  Besuch  bei  dem  eng- 
lischen Botschafter  hat  dieser  am  14.  Februar  an  seine  Regierung  berichtet: 
„His  Majesty  expressed  the  strongest  opinion  that  the  Powers  should  adopt 
vigorous  measures  against  the  Greek  ships,  and  that  the  Piraeus  should  be 
blockaded  if  such  a  step  was  necessary".  „Das  Staatsarchiv",  Bd.  62,  S.  127. 
Über  die  Unterredung  des  Kaisers  mit  Graf  Osten-Sacken  vgl.  Nr.  3165.  Russi- 
schcrseits  hat  man  die  Initiative  Wilhelms  II.  in  der  Blockadefrage  nur  als 
persönlichen  Schritt  des  Kaisers,  nicht  als  Vorschlag  der  deutschen  Regierung 
aufgefaßt.  Tatsächlich  ist  der  Reichskanzler  erst  am  17.  Februar  mit  einem 
offiziellen  Blockadevorschlag,  und  zwar  nicht  in  bezug  auf  den  Piräus  allein, 
sondern  in  bezug  auf  „griechische  Häfen"  hervorgetreten.  Siehe  Nr.  3154. 
**  Siehe  Nr.  3148. 

327 


Euer  Majestät  erlaube  ich  mir  in  der  Anlage  den  politischen  Teil 
der  von  Euer  Majestät  inhaltlich  genehmigten  Instruktion  für  den 
Kommandanten  der  „Kaiserin  Augusta"  alleruntertänigst  zu  unter- 
breiten*. 

C.  Fürst  v.  Hohenlohe 


Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Das  Eingreifen  an  Ort  und  Stelle  steht  ja  bereits  in  allen  Instruktionen  an  die 
verschiedenen  Admirale  drin.  Es  ist  aber  eben  nicht  geschehen,  daher  das  freie 
Bewegen  der  Griechischen  Schiffe,  daher  der  ungehinderte  Landverkehr.  Jetzt 
sind  Griechen  schon  auf  die  Insel  gekommen,  und  wird  die  Aktion  zu  Wasser 
nur  dann  einen  Sinn  haben  wen[nj  statt  weniger  Kanonenschüsse  ein  scharfes 
Seegefecht  der  Griechischen  Flotte  ein  jähes  Ende  bereitet.  Denn  sie  hat  scharfe 
Torpedoos  an  Bord  und  könnte  in  der  Nacht  zum  Dank  für  „wenige  Kanonen- 
schüsse" mit  wenigen  Torpedos  die  Schiffe  erledigen 


Nr.  3153 
Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  46  Wien,  den  15.  Februar  1897 

Graf  Goluchovvski  las  mir  den  Bericht  Szögyenyis  über  den  ge- 
strigen Besuch  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  bei  ihm** 
vor.  Die  Vorschläge  Seiner  Majestät  wird  der  Graf  heute  nachmittag 
zum  Vortrag  bei  Kaiser  Franz  Joseph  bringen.  Er  sagte  mir,  daß 
er  seinerseits  freudigst  zustimmt  und  die  Initiative  Seiner  Majestät  für 
die  friedliche  Entwickelung  der  Dinge  von  entscheidender  Wirkung 
halte.  An  einer  Blockade  des  Piräus  würde  sich  Österreich  sofort 
beteiligen,  und  sei  daher  bereits  nach  Pola  telegraphiert,  um  zwei 
Schiffe  fertigzustellen.  Allerdings  könne  Griechenland  nur  durch  eine 
gemeinschaftliche  Blockade  des  Piräus  durch  alle  Mächte  —  also  auch 
bei  Teilnahme  deutscher  Schiffe  —  von  seinen  Tollheiten  zurück- 
gehalten werden***.  Die  griechische  Regierungschiene  von  einem  Fieber 
ergriffen  zu  sein,  denn  der  dortige  Minister  der  Auswärtigen  An- 
gelegenheiten habe  gestern  dem  österreichischen  Geschäftsträger  f  er- 
klärt, die  300  0C0  griechischen  Einwohner  Konstantinopels  könnten  auf 
ein  gegebenes  Zeichen  die  Stadt  in  Brand  stecken. 


•  Vgl.  Nr.  3151. 
•*  Vgl.  Nr.  3152,  Fußnote. 

**•  Ähnlich  äußerte  sich  der  Österreich-ungarische  Botschafter  in  Berlin  am 
16.  Februar  gegenüber  Freiherrn  von  Marschall  dahin,  Österreich  wolle  sich 
gern  an  der  vom  Deutschen  Kaiser  vorgeschlagenen  Blockade  des  Piräus  be- 
teiligen, „unter  der  Voraussetzung,  daß  außer  Deutschland  auch  die  übrigen 
Großmächte  mit  Schiffen  sich  an  dieser  Aktion  beteiligen  würden".  Aufzeich- 
nung Marschalls  vom  16.  Februar  1897. 
f  Graf  Szechenyi 

323 


Graf  Goluchowski  hat  den  Eindruck,  daß  die  Haltung  Rußlands 
jetzt  ganz  korrekt  ist.  Gestern  von  Graf  Kapnist  gemachte  Mitteilungen 
über  die  Ansichten  des  Grafen  Murawiew  bestärken  ihn  in  dieser  An- 
sicht. Allerdings  hat  Graf  Goluchowski  die  Befürchtung,  daß  Rußland 
in  Anbetracht  seiner  Verwandtschaft  im  letzten  Augenblick  von  der 
Aktion   zurücktritt 

Eulenburg 

Nr.  3154 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  53  Berlin,  den  17.  Februar  1897 

In  Ergänzung  meines  Telegramms  vom  15.  d.  Mts.  Nr.  46*  erhalten 
die  Botschafter  bei  sämtlichen  Großmächten**  noch  die  folgende  tele- 
graphische  Instruktion: 

Nach  den  gestern  und  heute  eingetroffenen  telegraphischen  Mel- 
dungen über  die  durch  die  griechische  Regierung  erlassene  amtliche 
Erklärung,  daß  sie  von  Kreta  Besitz  ergreife,  sowie  angesichts  der 
fortdauernden  Truppensendungen  nach  der  Insel  ist  zwischen  Griechen- 
land und  der  Türkei  der  tatsächliche  Kriegszustand  eingetreten.  Um 
der  griechischen  Regierung  die  ihrem  Vorgehen  zugrundeliegende 
Überzeugung  zu  nehmen,  daß  sie  im  Notfall  doch  auf  Unterstützung 
einiger  Mächte  rechnen  kann; 

um  andererseits  die  Alternative  zu  beseitigen,  daß  entweder  die 
türkische  Regierung  die  kriegerische  Herausforderung  annimmt,  oder 
daß  der  muselmännische  Fanatismus  sich  in  einem  Ausbruche  von  un- 
berechenbarer Wirkung  Luft  macht,  — 

sind  die  in  meinem  eingangs  erwähnten  Telegramm  besprochenen 
Einzelmaßnahmen  ungenügend.  Wenn  es  den  Mächten  Ernst  damit 
ist,  einen  Brand  zu  verhüten,  werden  sie  bei  ihrem  gemeinsamen  Han- 
deln schärfer  und  näher  an  den  Mittelpunkt  der  griechischen  Bewegung 
herangehen  müssen.  Unter  den  Maßnahmen,  welche  eine  ausreichende 
Wirksamkeit  versprechen,  halte  ich  eine  gemeinsame  Blockade  grie- 
chischer Häfen  für  die  einfachste  und  relativ  wenigst  gewalttätige. 

Selbstredend  würde  hierdurch  bei  der  großen  Anzahl  der  verfüg- 
baren Kriegsschiffe  die  wirksame  Ausführung  der  für  die  kretensischen 
Gewässer  und  Küsten  in  Aussicht  genommenen  Maßnahmen  von  mehr 
lokaler   Wirksamkeit   nicht  behindert   werden. 


*  Siehe   Nr.  3151. 

**  Die  Instruktion  mit  dem  Blockadevorschlag  ging  auch  an  die  Botschafter  in 

London  (Nr.  45),  Rom  (Nr.  39),  Paris  (Nr.  36)  und  Petersburg  (Nr.  44). 

329 


Bei  der  Besprechung  des  Vorstehenden  werden  Ew.  pp.  zugleich 
Gelegenheit  haben,  einen  Eindruck  darüber  zu  gewinnen,  ob  die 
Belassung  von  Kreta  im  Rahmen  des  türkischen  Staatsverbandes  nach 
wie  vor  einen  integrierenden  Teil  des  Aktionsprogrammes  der  dor- 
tigen Regierung  bildet.  Dieser  Punkt  ist,  wie  Ew.  pp.  aus  meiner 
Zirkularinstruktion  Nr.  41  *  wissen,  eine  conditio  sine  qua  non  unserer 
weiteren    Beteiligung. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3155 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  London  Grafen  von  Hatzfeldt** 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.  41  Berlin,  den  16.  Februar  1897 

Der  Kaiserliche  Botschafter  in  Konstantinopel  meldet,  daß  nach 
amtlicher  Mitteilung  griechische  Truppen  bei  Sitia  auf  Kreta  gelandet 
sind  und  unter  Beteiligung  der  aufständischen  Bevölkerung  die  benach- 
barten Ortschaften  geplündert  und  die  darin  vorhanden  gewesenen 
Muselmänner  massakriert  haben.  Aus  dem  Telegramm  des  Freiherrn 
von  Saurma  ergibt  sich  ferner,  daß  die  Botschafter  der  Pforte  geraten 
haben,  auch  angesichts  dieser  Sachlage  ihre  bisherige  zuwartende 
Haltung  nicht   aufzugeben. 

Ich  habe  folgendes  telegraphisch  nach  Konstantinopel  geantwortet: 

„Wenn  auf  Kreta  die  Muselmänner  unter  Beteiligung  griechischer 
Truppen  massakriert  werden,  während  die  Pforte  durch  die  Mächte 
bewogen  wird,  die  Sendung  türkischer  Truppen  nach  Kreta  zu  unter- 
lassen, wird  man  sich  darauf  gefaßt  machen  können,  daß  der  tür- 
kische Fanatismus  sich  auf  dem  Festlande,  vielleicht  in  Konstantinopel, 
durch  Massakers  von  Europäern  Luft  macht. 

Ew.  pp.  werden  gut  tun,  diesen  Zusammenhang  von  Ursache  und 
Wirkung  Ihren   Kollegen   eindringlich  vorzuhalten. 

Die  Landung  der  griechischen  Truppen  kann  doch  nur  dadurch 
möglich  geworden  sein,  daß  die  zahlreichen  Kriegsschiffe  der  Mächte, 
anstatt  sich  an  verschiedenen  Punkten  zu  verteilen  und  zu  kreuzen, 
ruhig  still  gelegen  haben.  Zwar  ist  an  Bord  des  russischen  Flagg- 
schiffs von  allen  kommandierenden  Offizieren  vereinbart  worden,  die 
Griechen  eventuell  mit  Gewalt  an  folgenden  Handlungen  zu  ver- 
hindern: 


•  Identisch   mit  Nr.   3144. 

•*  Ein  gleiches  Telegramm  ging  an  die  Botschafter  in  Paris,  Petersburg,   Rom 

und  Wien. 

330 


Bombardement  von  Städten;  Ausschiffung  von  Truppen,  Waffen 
und  Munition;  Angriff  auf  türkische  Kriegs-  oder  Handelsschiffe.  So- 
lange aber  diese  Vereinbarung  nicht  wirksamer  ausgeführt  wird  als 
bei  Gelegenheit  der  jüngsten  griechischen  Landung,  werden  Regie- 
rung und  Volk  in  Griechenland  diese  Maßnahmen  lediglich  als  ein 
glücklich  gewähltes  Mittel  betrachten,  um  der  europäischen  Diplomatie 
Sand  in  die  Augen  zu  streuen,  und  werden  somit  nur  noch  weiter  zu 
unverzagtem    Vorgehen    ermutigt  werden. 

Angesichts  dieser  naheliegenden  Gefahren  ist  es  doppelt  an- 
gezeigt, daß  Ew.  pp.  die  in  Ihrem  Telegramm  Nr.  67*  gemeldete  In- 
struktion des  Grafen  Murawiew  an  Herrn  von  Nelidow,  insbesondere 
was  die  Wegweisung  der  griechischen  Schiffe  von  Kreta  anlangt,  nach- 
drücklich unterstützen.  Ew.  pp.  wollen  hierbei  namentlich  betonen,  daß 
es  nicht  auf  die  Abmachungen  allein,  sondern  darauf  ankommt,  daß 
die  Schiffskommandanten  auch  zur  Ausführung  derselben  veranlaßt 
werden." 

Die  in  vorstehendem  Telegramm  in  Bezug  genommene  In- 
struktion des  Grafen  Murawiew  weist  Herrn  von  Nelidow  an,  für  die 
von  den  Konsuln  in  Kreta  vorgeschlagenen  vier  Punkte  (c'f.  Erlaß 
vom  13.  d.  Mts.**)  und  speziell  für  Wegweisung  der  griechischen  Schiffe 
(Punkt  1)  nach  einer  der  Kreta  benachbarten  Inseln  und  Überwachung 
daselbst  durch  Schiffe  der  Mächte  zu  wirken. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3156 
DerBotschafterinLondon  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr-  27  London,  den  17.  Februar  1897 

In  einer  längeren  Unterhaltung,  die  ich  eben  mit  Lord  Salisbury 
vor  Eingang  des  Telegramms  Nr.  45***  hatte,  habe  ich  mich  schon  un- 
gefähr im  Sinne  des  letzteren  ausgesprochen,  alles  angewandt,  um  ihn 
von  der  Richtigkeit  unserer  Auffassung  zu  überzeugen,  und  schließlich 
versucht,  wenigstens  zu  ermitteln,  was  er  in  bezug  auf  Griechenland 
und  Kreta  zu  tun  beabsichtigt. 

Zunächst  stellte  Lord  Salisbury  die  Behauptung  auf,  daß  wir  viel 
zu  eilig  seien,  daß  eine  Blockade  des  Piräus  bei  der  gerade  jetzt  in 
Griechenland  herrschenden  Aufregung  nur  die  Folge  haben  werde, 
die  Griechen  nunmehr  auch  zum  Vorgehen  nach  Mazedonien  zu 
treiben,  und  daß  man  deshalb  besser  täte,  etwas  zu  warten,  bis  sich 
die  Gemüter  mehr  beruhigt  hätten.  Als  ich  dieser  Auffassung  unter 
Geltendmachung  aller  in  Frage  kommenden  Gründe  entschieden  wider- 

*  Vgl.  Nr.  3143,   Fußnote. 

**  Vgl.  Fußnote  *. 

***  Vgl.  Nr.  3154,  Fußnote  **. 

331 


sprach  und  schließlich  die  Frage  stellte,  was  denn  nach  seiner  Auf- 
fassung bis  zu  der  angeblichen  Beruhigung  der  Gemüter  in  Athen 
überhaupt  geschehen  solle,  erwiderte  der  Premierminister,  daß  man 
die  Zeit  benutzen  könne,  um  mit  den  Griechen  weiter  zu  verhandeln. 
Ich  entgegnete  ihm,  daß  wir  bekanntlich  mit  den  Griechen  vorläufig 
nicht  mehr  verhandelten,  daß  es  mir  aber  im  Interesse  der  weiteren 
Verständigung  unter  den  Mächten  sehr  erwünscht  sein  würde  zu 
wissen,  was  er  sich  bei  einer  Verhandlung  unter  den  jetzigen  Um- 
ständen denke.  Der  Eintritt  in  Verhandlungen  sei  meines  Erachtens 
nur  denkbar  mit  der  gleichzeitigen  Annahme,  daß  beide  Teile  etwas 
gewinnen  und  etwas  nachgeben  könnten.  Was  wir  von  den  Griechen 
zu  verlangen  hätten,  wisse  ich,  nicht  aber,  was  wir  ihnen  zugestehen 
könnten,  und  ich  hielte  das  letztere  überhaupt  für  ausgeschlossen. 

Auf  meine  weitere  Bemerkung,  daß  die  Dinge  zu  weit  gediehen 
wären,  und  daß  es  mir  deshalb  sehr  erwünscht  wäre,  jetzt  endlich 
zu  erfahren,  was  er  eigentlich  in  Kreta  wolle,  sagte  der  Minister,  daß 
er  den  Fall  für  ausgeschlossen  hielte,  Kreta  eventuell  den  Türken 
mit  dem  einzigen  Vorteil  der  bisher  vom  Sultan  bewilligten  Kon- 
zessionen wieder  auszuliefern.  Sein  Gedanke  sei,  aus  der  Insel  eine 
privilegierte  Provinz  zu  machen,  die,  ohne  von  der  Türkei  los- 
getrennt zu  werden,  unter  einem  von  den  Mächten  sorgfältig  aus- 
zuwählenden Wali  stehen  würde,  der  weder  Türke  noch  Grieche  sein 
dürfe  und  nicht  unter  der  Autorität  des  Sultans  stände.  Auf  mein 
weiteres  Drängen  kam  heraus,  daß  Lord  Salisbury  sich  die  künftige 
Stellung  Kretas  wie  diejenige  Bulgariens  vorstellt.  Auf  meine  Frage, 
ob  er  denn  auch  eine  Art  Battenberg  als  Wali  im  Auge  habe,  bestritt 
Lord   Salisbury   dies   keineswegs. 

Als  ich  schließlich  alle  in  der  Sache  begründeten  Erwägungen 
gegen  seine  Auffassung  geltend  gemacht  und  namentlich  die  drei- 
fache Gefahr  des  alsbaldigen  griechisch-türkischen  Zusammenstoßes 
in  Mazedonien,  des  Ausbruchs  von  türkischem  Fanatismus  in  Kon- 
stantinopel oder  anderwärts  und  schließlich  des  Auseinandergehens 
des  europäischen  Konzerts  dringend  und  ausführlich  hervorgehoben 
hatte,  stellte  Lord  Salisbury  keine  dieser  Gefahren  in  Abrede,  ging 
aber  dazu  über,  mir  die  außerordentlichen  Schwierigkeiten  seiner 
Stellung  zu  schildern,  über  die  man  sich  in  Berlin  kein  klares  Bild 
zu  machen  schiene.  Es  sei  ihm  heute  bestimmt  versichert  worden, 
daß  mehr  als  die  Hälfte  der  Kammer  griechisch  gesinnt  sei,  und  diese 
Gesinnung  solle  in  den  hiesigen  gebildeten  und  namentlich  gelehrten 
Kreisen  vorherrschen.  Wenn  die  Kaiserin-Mutter  in  Rußland  die 
Griechen  unter  ihren  Schutz  genommen  habe,  so  gebe  es  auch  hier 
hochgestellte  Damen*,  die  ihm  manche  Schwierigkeit  bereiteten. 

*  Anspielung  auf  das  Geschwisterverhältnis  zwischen  König  Georg  I.  von 
Griechenland  und  der  Gemahlin  des  Prinzen  von  Wales,  geb.  Prinzessin  von 
Dänemark. 

332 


Als  ich  mich  vom  Minister  verabschiedete,  bemerkte  ich,  daß  es 
mir  außerordentlich  leid  tue,  meiner  Regierung  keine  erfreulichere 
Nachrichten  über  unsere  heutige  Unterhaltung  geben  zu  können.  Auf 
seinen  Wunsch  mußte  ich  ihm  ungefähr  angeben,  was  ich  darüber  zu 
sagen  beabsichtigte.  Von  besonderem  Interesse  war  dabei  eine  Be- 
merkung des  Premierministers,  als  ich  die  Absicht  aussprach,  in  Berlin 
zu  melden,  daß  man  hier  nichts  tun  wolle.  Lord  Salisbury  bemerkte 
dazu  ungefähr  folgendes:  „Ganz  so  verhält  sich  die  Sache  nun  doch 
nicht.  Wenn  man  mir  die  Versicherung  geben  könnte,  daß  die 
anderen  Mächte  das  Programm  der  privilegierten  Provinz  annehmen 
wollen,  würden  wir  uns  über  die  weiteren  Maßnahmen  verständigen 
können,  da  meine  Stellung  hier  dadurch  wesentlich  erleichtert  würde. 
In  England  würde  jeder  mit  dieser  Lösung  zufrieden  sein,  und  ich 
würde  dann  auch  den  Griechen  gegenüber  eventuell  anders  auf- 
treten können." 

Lord  Salisbury  bat  mich,  von  seiner  Äußerung  in  bezug  auf  den 
für  Kreta  erwünschten,  vom  Sultan  möglichst  unabhängigen  Wali  in 
Berlin  noch  nichts  zu  erwähnen,  und  ich  stelle  anheim,  diesen  Punkt 
vorläufig  Sir  F.  Lascelles  gegenüber  nicht  zu  erwähnen. 

Hatzfeldt 

Nr.  3157 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  28  London,  den  18.  Februar  1897 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.   27*. 

Dem  österreichischen  Botschafter  gegenüber,  der  ihn  gleich  nach 
mir  gesehen  und  beauftragt  war,  ihm  die  rückhaltlose  und  warme  Zu- 
stimmung des  Grafen  Goluchowski  zu  dem  in  Wien  mitgeteilten  Vor- 
schlag Seiner  Majestät  des  Kaisers  zu  erklären,  hat  der  Premierminister 
sich  im  ganzen  in  demselben  Sinne  wie  gegen  mich  ausgesprochen 
und  dabei  zunächst  anerkannt,  daß  dieser  Vorschlag  der  beste  sei, 
wenn  man  die  Griechen  zum  Einlenken  nötigen  wolle.  Er  hat  dann 
ausdrücklich  zugegeben,  daß  er  sich  eventuell  dabei  beteiligen  könnte, 
wenn  er  die  Zusicherung  erhielte,  daß  die  künftige  Stellung  von  Kreta 
seinem  in  meinem  Telegramm  Nr.  27  wiedergegebenen  Gedanken  ent- 
sprechend gestaltet  werden  solle.  Dabei  hat  Lord  Salisbury  aber,  wie 
mir  Graf  Deym  bestimmt  versichert,  diesen  Gedanken  in  zwei  Punkten 
wesentlich   modifiziert,   und  zwar 

1.  solle  der  künftige  Wali  kein  Prinz  sein  (damit  soll  offenbar 
der  Verdacht   ausgeschlossen   werden,   als   denke  der  Premierminister 
an  eine  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland); 
*  Siehe  Nr.  3156. 

333 


2.  Solle  die  künftige  politische  Stellung  von  Kreta  nicht  derjenigen 
Bulgariens,  wie  der  Minister  mir  gesagt  hatte,  sondern  der  beschei- 
denen  Stellung   der  Insel   Samos   entsprechen. 

Auf  die  Frage  des  Grafen  Deym,  was  bezüglich  Mazedoniens 
geschehen  solle,  wenn  es  dort  zum  Ausbruch  käme,  hat  Lord  Salisbury 
erwidert,  die  Türkei  sei  vollständig  stark  genug,  um  sich  dort  selbst 
zu  verteidigen. 

Hatzfeldt 
Nr.  3158 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Privat  für  Baron  von  Holstein  London,  den  18.  Februar  1897 

Ich  glaube  nicht,  daß  hier  mehr  zu  erreichen  ist,  als  Lord  Salis- 
bury mir  und  Graf  Deym  zugegeben  hat.  Ist  auf  dieser  Grundlage 
Verständigung  möglich,  so  bitte  ich  mit  Rücksicht  auf  Wankelmut 
Lord  Salisburys,  der  von  jeder  Schwenkung  der  öffentlichen  Meinung 
abhängt,    um    baldmöglichste   Nachricht. 

Hatzfeldt 

Nr.  3159 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall* 

Reinschrift 

Berlin,  den  18.  Februar  1897 

Der  englische  Botschafter  suchte  mich  heute  vormittag  auf  und 
gab  mir  Kenntnis  von  einem  Telegramm  Lord  Salisburys  folgenden 
Inhalts: 

Das  Londoner  Kabinett  habe  den  Vorschlag  der  deutschen  Re- 
gierung bezüglich  der  Blockade  griechischer  Häfen  erhalten.  Lord 
Salisbury  ist  der  Ansicht,  daß  dieser  Vorschlag  nur  dann  mit  Nutzen 
in  Betracht  gezogen  werden  kann,  wenn  die  Mächte  vorher  sich  über 
das  zukünftige  Schicksal  der  Insel  Kreta  geeinigt  hätten.  Man  könne 
nach  den  letzten  Ereignissen  nicht  daran  denken,  einfach  den  früheren 
Zustand  auf  Kreta  wiederherzustellen,  müsse  vielmehr  in  Erwägung 
ziehen,  der  Insel  unter  Beibehaltung  der  Oberhoheit  des  Sultans  eine 
privilegierte  Stellung  nach  Art  der  Insel  Samos  einzuräumen.  Der  Bot- 
schafter ist  beauftragt,  hier  anzufragen,  ob  die  Kaiserliche  Regierung 
in  der  Lage  sei,  in  dieser  Beziehung  eine  Meinung  zu  äußern. 


•  Die  Aufzeichnung  wurde  sofort  am  18.  Februar  den  Botschauern  in  London, 
Wien,  Petersburg,  Rom  und  Paris  telegraphisch  mitgeteilt. 

334 


Ich  erwiderte  dem  Botschafter,  wir  seien  bereit,  in  dem  Augen- 
blick die  Frage  der  zukünftigen  Gestaltung  der  Verhältnisse  auf  Kreta 
mit  den  Mächten  zu  diskutieren,  sobald  der  gegenwärtigen  militärischen 
Aktion  Griechenlands  ein  Ende  gemacht  worden  sei.  Solange  Grie- 
chenland fortfahre,  in  flagranter  Verletzung  des  Völkerrechts,  in  Miß- 
achtung der  ernsten  Ratschläge  der  Mächte  die  begonnene  militärische 
Aktion  gegen  Kreta  weiterzuführen,  sei  es  nach  Ansicht  der  Kaiser- 
lichen Regierung  unmöglich,  die  Lösung  der  kretischen  Frage  in  einem 
mehr  oder  minder  griechenfreundlichen  Sinne  mit  den  Mächten  zu 
diskutieren,  ohne  den  Anschein  zu  erwecken,  daß  die  Mächte  unter 
der  Pression  der  völkerrechtswidrigen  und  herausfordernden  Haltung 
Griechenlands  handeln.  Dadurch  würde  ein  im  hohen  Grade  gefähr- 
licher Präzedenzfall  geschaffen  werden.  Wenn  es  genüge,  daß  ein  der 
Türkei  benachbarter  Staat  türkisches  Gebiet  völkerrechtswidrig  über- 
falle und  die  einmütigen  Ratschläge  der  Großmächte  mißachte,  um 
die  letzteren  dazu  zu  veranlassen,  in  Diskussion  darüber  einzutreten, 
inwieweit  die  Wünsche  des  angreifenden  Staates  zu  erfüllen  seiend 
so  werde  unfehlbar  dieses  Beispiel  in  kürzester  Frist  Nachahmung 
finden  und  damit  die  ganze  orientalische  Frage  in  der  allerbedenk- 
lichsten  Weise  aufgerollt  werden.  Bei  Vorschlag  einer  Blockade  der 
griechischen  Häfen  habe  die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers 
gerade  das  Ziel  im  Auge  gehabt,  durch  wirksame  Verhinderung  der 
militärischen  Aktion  Griechenlands  möglichst  rasch  eine  Situation  her- 
beizuführen, die  eine  ruhige  Diskussion  über  das  zukünftige  Schicksal 
Kretas  ermögliche.  Dies  sei,  wie  ich  wiederholen  müsse,  nicht  der 
Fall,  insolange  Griechenland  eine  militärische  Aktion  fortsetze,  die 
nicht  allein  gegen  die  Türkei,  sondern  jetzt  auch  direkt  gegen  die 
Großmächte  gerichtet  sei. 

Marschall 


Bemerkung  des  Freiherrn  von  Marschall  am  Kopf  des  Schriftstücks: 
Von  Seiner  Majestät  genehmigt  mit  dem  Bemerken:  der  Grundsatz  der  Kaiser- 
lichen Regierung  sei:  „erst  handeln,  dann  verhandeln". 


Nr.  3160 
Der  Botschafter  in  Rom  Bernhard  von  Bülow  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  44  Rom,  den  17.  Februar  1897 

Als  ich  den  Inhalt  des  hohen  Telegramms  Nr.  39*  mit  Marquis 
Visconti  Venosta  besprach,  hatte  ich  den  Eindruck,  daß  aus  Gründen 

*  Siehe  Nr.  3154,  Fußnote  ~. 

335 


inneritalienischer  Politik  der  Gedanke  einer  Blockade  der  griechischen 
Häfen  an  und  für  sich  dem  Minister  des  Äußern  nicht  sympathisch 
ist,  dem  die  oppositionelle  (und  insbesondere  die  Crispinische)  Presse 
mit  zunehmender  Heftigkeit  den  Vorwurf  macht,  sich  im  Widerspruch 
mit  den  nationalitätenfreundlichen  und  liberalen  italienischen  Tradi- 
tionen in  zu  schroffen  Gegensatz  zu  den  griechischen  Aspirationen  zu 
stellen.  Im  Laufe  zweier  längerer  Unterredungen  gelang  es  mir  unter 
nachdrücklicher  Verwertung  auch  der  dortseitigen  Telegramme  Nr.  40, 
41  und  43,  von  Visconti  Venosta  die  Zusicherung  zu  erlangen,  daß  er 
den  Blockadevorschlag  im  Sinne  unserer  Gesichtspunkte  Seiner  Maje- 
stät dem  König  Humbert  vortragen  und  mit  dem  (im  Hinblick  auf 
die  bevorstehenden  Neuwahlen  gegenüber  der  öffentlichen  Meinung 
zurzeit  etwas  ängstlichen)  Ministerpräsidenten*  besprechen  werde.  Ich 
werde  morgen,  Donnerstag,  abend  selbst  Gelegenheit  haben,  König 
Humbert   zu   sprechen. 

Als  ich  im  Laufe  meiner  heutigen  Unterredungen  mit  dem  Minister 
des  Äußern  nochmals  hervorhob,  wie  die  Belassung  von  Kreta  im 
Rahmen  des  türkischen  Staatsverbandes  eine  conditio  sine  qua  non 
unserer  weiteren  Beteiligung  an  der  Aktion  der  Mächte  sei,  erwiderte 
mir  der  Minister  des  Äußern,  daß  die  italienische  Regierung  im  gegen- 
wärtigen Stadium  der  orientalischen  Frage  nicht  daran  denke,  die 
Belassung  der  Insel  beim  Ottomanischen  Reiche  in  Frage  zu  stellen. 
(„Le  gouvernement  italien  ne  songe  pas  ä  contester  que  la  Crete 
reste  dans  le  cadre  de  Pempire  turc.")  Der  Minister  fügte  hinzu: 
„Dans  ces  conditions  il  ne  peut  y  avoir  ä  ce  sujet  de  divergence  entre 
nos  deux  gouvernements**." 

Bülow 

Nr.  3161 

Der  Botschafter  in  Paris  Graf  Münster  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  31  Paris,  den  18.  Februar  1897 

Das  Blockieren  Griechenlands  hält  Herr  Hanotaux  für  eine  sehr 
ernste  Maßregel,  deshalb  bitte  er,  eine  Äußerung  darüber  sich  bis 
frühestens  Montag  vorbehalten  zu  dürfen.  Er  wolle  darüber  im  Mi- 
nisterrat auch  mit  dem  Präsidenten  der  Republik  beraten  und  müsse 
vor  allem  die  auf  Montag  anberaumte  Debatte  abwarten.  Im  Laufe 
des  Gesprächs  betonte  der  Minister  wiederholt,  daß  er  nach  wie  vor 


*  Marquis  di  Rudini. 

**  Am  19.  Februar  sagten  Rudini  und  Visconti  Venosta  zu  Bülow,  sie  glaubten, 
bevor  sie  Stellung  zu  der  Blockadeangelegenheit  nähmen,  die  Antwort  der 
übrigen   Kabinette  abw  zu  sollen.    Telegramm  Bülows  Nr.  48  vom   19.  Fe- 

bruar 1897. 

336 


an  der  Integrität  der  Türkei  festhalte,  und  daß  die  Loslösung  Kretas 
von  der  Türkei  jetzt  nicht  zugegeben  werden  dürfe.  Bis  der  Frage 
der  Blockade  nähergetreten  würde,  sollten  die  Instruktionen  der  Schiffs- 
kommandanten streng  ausgeführt  werden. 

Für  den  Augenblick  sei  der  Zustand  Kretas  verhältnismäßig  nicht 
zu  schlecht.  Die  Städte  würden  durch  die  fremden  Flotten  beschützt, 
und  da,  wo  die  Griechen  seien,  schienen  sie  die  Ausschreitungen  von 
beiden   Seiten   zu  verhindern. 

Diesen  Äußerungen  lag  die  Ansicht  zugrunde,  daß  periculum  in 
mora  nicht  vorhanden  sei.  Über  die  Stellung  Rußlands  und  Englands 
zur  Blockadefrage  sagt  Herr  Hanotaux,  noch  nicht  unterrichtet  zu  sein. 
Er  glaubt,  daß  es  sehr  wichtig  sei,  in  Konstantinopel  jetzt  mehr  als 
bisher  auf  die  Annahme  und  Ausführung  der  Reformen  zu  drücken. 

Rücksichtlich  der  Debatte  der  Deputiertenkammer  und  der  öffent- 
lichen Meinung  scheint  mir  Herr  Hanotaux  ängstlicher  zu  sein  als 
bisher. 

Münster 

Schlußbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 
Hanotaux  kneift 

Nr.  3162 

Der  Vortragende  Rat  im  Auswärtigen  Amt  von  Holstein  an  den 
Botschafter  in  Paris  Grafen  Münster 

Telegramm.    Eigenhändiges   Konzept 
Privat  Berlin,  den  18.  Februar  1897 

Zu  Ew.  Telegrammen  Nr.  31  und  32*. 

Mit  den  bloßen  Redensarten  kommt  Herr  Hanotaux  nicht  weit. 
Der  Kaiser,  welchem  der  Staatssekretär  das  Telegramm  41  **  vor 
dessen  Abgang  unterbreitete,  war  vollständig  mit  diesem  sowie  nament- 
lich auch  damit  einverstanden,  daß  der  deutsche  Panzerkreuzer  dem- 
nächst zurückberufen  werde,  falls  sich  herausstellt,  daß  infolge  der 
meisterhaften  Untätigkeit  von  Frankreich  und  England  das  europäische 
Konzert    einem    Fiasko   entgegengeht. 

Die  Haltung  Frankreichs,  welches  weder  blockieren  noch  selbst 
in  Kreta  die  Abmachung  der  Schiffskommandanten  aus- 
führen helfen  will,  wäre  nur  dann  erklärlich,  wenn  es  Aussicht 
hätte,  für  die  entente  cordiale  mit  Rußland  diejenige  mit  England 
einzutauschen.  Aber  Frankreich  wird  die  erstere  kalt  werden  lassen, 
während  Lord  Salisbury  seinerseits   nichts   tut,   als   kaltlächelnd   zuzu- 


*  Telegramm  Nr.  31  siehe  Nr.  3161.    In  Telegramm  Nr.  32  vom  18.  Februar  be- 
richtete Münster  über  griechenfreundliche  Demonstrationen  in  Paris. 
**  Identisch  mit  Nr.  3159. 

22    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  337 


sehen,  wenn  der  von  ihm  längst  erstrebte  orientalische  Konflikt  all- 
mählich losbricht.  Die  Wahrnehmung,  daß  durch  Herrn  Hanotaux' 
Griechenpolitik  Frankreichs  Verhältnis  zu  Rußland  und  gleichzeitig 
der  europäische  Friede  kompromittiert  ist,  wird  viel  sicherer 
zu  einer  französischen  Ministerkrisis  führen  als  irgendeine  Demon- 
stration   griechenfreundlicher   Studenten. 

Holstein 


Nr.  3163 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  19.  Februar  1897 

Der  österreichische  Botschafter  gab  mir  heute  ganz  vertrau- 
lich Kenntnis  von  einem  Telegramm  des  Grafen  Goluchowski  und 
bat  mich,  dasselbe  zur  Kenntnis  Seiner  Majestät  des  Kaisers  zu 
bringen: 

„Die  österreichisch-ungarische  Regierung  ist  bereit,  die  gemein- 
same Blockade  der  griechischen  Häfen  mitzumachen,  wenn  die  Betei- 
ligung aller  Mächte  an  dieser  Aktion  zu  erlangen  ist. 

Wenn  dies  nicht  zu  erreichen  wäre,  so  würde  Griechenland  durch 
die  Meinungsverschiedenheit  der  Mächte  ermutigt  werden  und  ein 
fait  accompli  schaffen,  welches  für  die  Autorität  der  Mächte  gegen- 
über den  Balkanstaaten  die  größte  Gefahr  involvieren  würde1.  Nach- 
dem Österreich-Ungarn  ebenso  wie  Deutschland  die  Erhaltung  des 
status  quo  für  unbedingt  notwendig  erachte  und  in  dieser  Beziehung 
auf  das  einmütige  Zusammenwirken  aller  Mächte2  das  größte  Gewicht 
lege,  so  möchte  die  k.  und  k.  Regierung  der  Erwägung  der  Kaiserlich 
Deutschen  Regierung  anheimstellen,  ob  die  Lösung  der  kretensischen 
Schwierigkeiten  nicht  etwa  auf  Grund  der  nachfolgenden  Idee  durch 
die  Kooperation  aller  Mächte  bewerkstelligt  werden  könnte. 

I.  Einwirkung  auf  den  Sultan,  damit  er  auf  seine  absoluten  Herr- 
scherrechte in  Kreta  zugunsten  der  europäischen  Mächte  verzichte3 
und  mit  Reserve  der  Wahrung  seiner  eigenen  Oberhoheit  den  Mächten 
die  Regelung  der  tatsächlichen  Stellung  der  Insel  überlasse. 

II.  Die  Mächte  übernehmen  die  Herstellung  der  Ordnung  auf 
Kreta4  und  die  Einleitungen  zur  Schaffung  einer  selbständigen  Ver- 
waltung der  Insel  unter  einem  zum  Sultan  im  Vasallenverhältnis  ste- 
henden Fürsten5. 

III.  Kreta  würde  jährlich  einen  Tribut  an  die  Türkei  zahlen,  dessen 
Höhe  nach  Maßgabe  der  wirklichen  Verwaltungskosten  zu  bestimmen 
wäre. 

338 


IV.  Die  Mächte  erklären  dem  Sultan,  daß  sie  die  Garantie  gegen 
eine  Beeinträchtigung  seines  europäischen  Besitzstandes  übernehmen6 
und  zu  diesem  Zwecke  die  Türkei  in  der  Unterdrückung  jeder  Be- 
wegung nicht  nur  nicht  behindern,  sondern  behufs  Erhaltung  des  status 
quo  auf  der  Balkanhalbinsel  mitwirken  werden.  Die  Mächte  wollen 
durch  ihre  gemeinsame  Einflußnahme  Bulgarien,  Serbien,  Montenegro 
im  Zaume  halten,  die  griechischen  Häfen,  falls  Griechenland  ähnliche 
Streiche  wie  in  Kreta  auch  in  Thessalien  unternehmen  wollte,  durch 
die  vereinigten   Flotten  blockieren7. 

V.  Die  obigen  Verpflichtungen  der  Mächte  müßten  zur  Voraus- 
setzung haben,  daß  die  von  der  Botschafterkonferenz  empfohlenen  Re- 
formen* durch  die  Türkei  loyal  und  aufrichtig  durchgeführt  werden8. 

Die  Vorteile  einer  derartigen  Lösung  wären  folgende: 

a)  Es  wäre  die  Zustimmung  auch  jener  Mächte,  die  aus  verwandt- 
schaftlichen Rücksichten  auf  Griechenland  schärfer  nicht  vorgehen  wol- 
len wie  z.  B.  Rußland  und  England  leichter  zu  erreichen. 

b)  Eine  Gebietsvergrößerung  Griechenlands  würde  hierdurch  ver- 
hindert9. 

c)  Die  Autorität  Europas  wäre  gegenüber  dem  unverantwortlichen 
Auftreten    Griechenlands    gewahrt. 

d)  Für  die  Erhaltung  der  Ruhe  und  Ordnung  am  Balkan  werden 
gewisse  Garantien  geboten10. 

e)  Kreta  würde  im  Rahmen  des  türkischen  Staatsverbandes  ver- 
bleiben und  das  gegenwärtige  Gleichgewicht  der  Balkanstaaten  nicht 
verrückt  und  ihnen  dadurch  jeder  Anlaß  zur  Klage  über  eine  Schä- 
digung ihrer  Interessen  benommen10. 

f)  Die  Mächte  hätten  hierdurch  ein  Pressionsmittel  in  den  Händen, 
um  die  Durchführung  der  Reformen  in  der  Türkei  nach  Tunlichkeit  zu 
sichern. 

Da  die  K.  und  K.  Österreichisch-ungarische  Regierung  sich  zuerst 
versichern  wolle,  ob  ihre  Vorschläge  die  Zustimmung  Seiner  Majestät 
des  Kaisers  und  Königs  Wilhelm  und  der  deutschen  Regierung  finden, 
so  werden  dieselben  vorläufig  nach  keiner  anderen  Seite  hin  mitgeteilt." 

Ich  bemerkte  darauf  Herrn  Szögyenyi,  daß  ich  selbstverständlich 
über  so  wichtige  und  einschneidende  Vorschläge  eines  unserer  Ver- 
bündeten die  Befehle  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  des  Herrn 
Reichskanzlers  einholen  müßte.  Meines  persönlichen  Erachtens  würden 
die  Beratungen  der  Mächte  über  diese  Vorschläge  eine  geraume  Zeit, 
vielleicht  Monate,  in  Anspruch  nehmen  u,  bis  eine  Einigung  darüber  auch 
nur  im  Prinzip  erzielt  sei.  Wenn  während  dieser  Zeit  nicht  wirk- 
same Maßregeln  gegen  die  griechische  Aktion  unternommen  würden, 
so   werde   Griechenland  genügend   Zeit   haben,  um  das  fait  accompli 


*  Vgl.  Kap.  LXXVIII. 

22-  339 


zu  schaffen11,  welches  Graf  Ooluchowski  zu  vermeiden  suche,  auch  sei 
mir  zweifelhaft,  ob  der  Sultan  darauf  eingehen  werde,  eine  so  radikale 
Veränderung  in  dem  staatsrechtlichen  Zustande  Kretas  zu  konzedieren 
auf  die  bloße  Zusicherung  der  Mächte  hin,  daß  sie  in  Montenegro, 
Serbien  und  Bulgarien  vor  der  Wiederholung  des  griechischen  Bei- 
spiels warnen  würden.  Ich  könne  mich  nicht  ganz  der  Besorgnis  ent- 
schlagen, daß,  wenn  jetzt  auf  der  Basis  der  Vorschläge  des  Grafen 
Goluchowski  in  Verhandlungen  eingetreten  werde,  die  ohnehin  nicht 
sehr  energische  Aktion  an  der  kretischen  Küste  noch  mehr  erlahmen 
würde11.  Seine  Majestät  der  Kaiser  werde  dann  voraussichtlich  befehlen, 
daß   die   „Kaiserin   Augusta"   zurückzuberufen   sei. 

Marschall 

Randbemerkungen    Kaiser   Wilhelms    IL: 

1  Ist  bereits  erfolgt 

2  England  macht  nicht  mit 

3  !   Das  ist  sehr  schwer  klarzustellen 

4  vor  allem  das  Hinauswerfen  der  Griechischen  Soldaten 

5  kein  Griechischer  Prinz 

6  geht  nicht!    Das  thut  England  auch  nicht 
auch  Rußland  nicht. 

Das  muß  Effendimis  allein  besorgen,  sonst  ist  es  mit  ihm  vorbei 

7  macht  England  und  Italien  nicht  mit 

8  Diese  sind  noch  nicht  einmal  übergeben.  Brauchen  Jahre,  ehe  nur  ein  Anfang 
gemacht  werden  kann,  weil  keine  Beamten  vorhanden 

9  das  will  ja  England  grade 

10  v 

n  ja 

Schlußbemerkung   des    Kaisers: 
Richtig 

Das  ist  alles  zu  spät!  Die  Weisheit  hätte  vor  l1/»  Jahren  erwogen  werden 
sollen  anstatt  der  Jagd  nach  dem  Glücke  von  Englands  gunst  seitens  Wiens. 
Jetzt  sind  die  Vorschläge  todtgeboren,  da  sie  stets  zur  Voraussetzung  haben  daß 
alle  Mächte  einig,  währendem  es  nicht  so  mehr  ist.  Es  fragt  sich  blos  ob 
man  nicht  Prinz  Georg  als  Geisel  aufgreift  und  ihn  behält  bis  Vassos  ein- 
geschifft und  das  Geschwader  abgefahren  ist.    W. 


Nr.  3164 

Der  Vortragende  Rat  im  Auswärtigen  Amt  von  Holstein  an  den 
Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.  Konzept 

Berlin,  den  19.  Februar  1897 

Der  Hauptzweck  unseres  Blockadevorschlags*,  die  einzelnen  Ka- 
binette zur  Demaskierung  ihrer  wirklichen  Stellung  zu  nötigen,  ist 
erreicht.    Die   Antworten  lassen   erkennen,   daß  der  englische  Gegen- 

•  Vgl.  Nr.  3154. 

340 


Vorschlag*,  aus  Kreta  ein  zweites  Samos  zu  machen,  nicht  nur  in 
Paris  und  Rom,  sondern  auch  in  Wien  eine  sympathische  Fiber  be- 
rührt hat.  Graf  Goluchowski,  der  noch  vor  zwei  Tagen  bereit  war, 
mit  uns  zusammen  scharf  zu  schießen,  telegraphiert  jetzt**  ein  dem 
englischen  Vorschlage  aufgepfropftes  detailliertes  Projekt,  dessen  Durch- 
beratung Monate  in  Anspruch  nehmen  würde.    Die  Hauptpunkte  sind 

1.  der  Sultan  genehmigt,  daß  Kreta  Samos  wird; 

2.  Herstellung  der  Ordnung  und  Schaffung  einer  selbständigen  Ver- 
waltung unter  einem  zum  Sultan  im  Vasallenverhältnis  stehenden 
Fürsten  durch  die  Mächte; 

3.  Kreta   zahlt   Tribut; 

4.  die  Mächte  übernehmen  es,  den  Sultan  gegen  die  Beeinträch- 
tigung seines  europäischen  Besitzstandes  durch  Serbien,  Bulgarien, 
Montenegro,   sowie   auch  durch   Griechenland   zu  schützen; 

5.  aus  Erkenntlichkeit  und  als  Gegenleistung  führt  der  Sultan 
die  von  der  Botschafterkonferenz  empfohlenen  Reformen  loyal  und 
aufrichtig  durch. 

Der  Reichskanzler  erbittet  die  Genehmigung  des  Kaisers,  um  diese 
Anregung  in  folgendem  Sinne   zu  beantworten: 

Deutschland  hat,  was  Initiative  betrifft,  seine  reichliche  Schuldig- 
keit als  Mitglied  des  europäischen  Konzerts  getan  und  wird  daher 
bis  auf  weiteres  keine  Vorschläge  mehr  machen  oder  befürworten, 
ist  aber  bereit,  im  Interesse  der  Erhaltung  des  Friedens  alle  vorkommen- 
den Vorschläge  mit  zu  beraten,  vorausgesetzt,  daß  alle  Mächte  darüber 
einig  sind, 

1.  daß  Kreta  im  Rahmen  des  Türkischen  Reiches  bleibt  und  ins- 
besondere nicht  in  die  Gewalt  von  Griechenland  kommt,  und 

2.  daß  der  völkerrechtswidrigen  Aktion  Griechenlands  gegen  die 
Türkei  in  wirksamerer  Weise  als  bisher  Einhalt  getan  werden  muß. 

Wie  die  Mächte  oder  einzelne  derselben  sich  zu  Nr.  2  stellen 
werden,   darauf  bin  ich   neugierig. 

Bezeichnend  ist,  daß  Petersburg  bisher  den  Blockadevorschlag 
unbeantwortet  ließ,  offenbar  weil  Murawiew  nur  bei  Einstimmigkeit 
gewagt   haben    würde,   den    Vorschlag   beim    Kaiser   zu    befürworten. 

Ich  denke  mir,  daß  der  obige  Entwurf  der  Antwort  nach  Wien*** 
das  Programm  unserer  weiteren  Haltung  in  der  kretensischen  Frage 
abgeben  wird.  Nach  kaiserlicher  Genehmigung  bekommen  Sie  amt- 
liche Mitteilung  davon.  Bitte,  telegraphieren  Sie  mir  aber  gleich  jetzt, 
wa3  Sie  davon  halten  mit  Rücksicht  auf  die  von  Ihnen  dort  gemachten 
lokalen  Wahrnehmungen. 

Holstein 


*  Vgl.  Nr.  3159. 

**  Vgl.  Nr.  3163. 

•**  Vgl.  Nr.  3166,  3167. 


341 


Nr.  3165 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Für  Baron  von  Holstein  St.  Petersburg,  den  21.  Februar  1897 

Vor  Eintreffen  Telegramms  Nr.  44*  sprach  mir  Graf  Murawiew 
beiläufig  von  Unterhaltung  des  Kaisers  mit  Osten-Sacken**,  die  er 
ausdrücklich  nicht  als  amtliche  Äußerung  und  Vorschlag  der  Regie- 
rung, sondern  als  Ideenaustausch  des  Kaisers  auffassen  wollte.  Er 
bezeichnete  sogar  die  Auffassung  des  Grafen  Goluchowski  und  des 
Herrn  von  Szögyeny,  es  liege  ein  direkter  Vorschlag  der  deutschen 
Regierung  vor,  als  unangebracht  und  ihren  Charakteren  entsprechend 
als  übereifrig. 

Da  ich  noch  keinerlei  Nachricht  und  Instruktion  in  der  Sache 
hatte,  enthielt  ich  mich  jeder  Stellungnahme.  Nach  Eintreffen  Tele- 
gramms Nr.  44  nahm  ich  sofort  Veranlassung,  mit  Graf  Lamsdorff, 
an  den  wir  generell  von  Graf  Murawiew  bei  seiner  Verhinderung  ge- 
wiesen sind,  genau  nach  Wortlaut  und  Vorschrift  die  Sache  zu  be- 
sprechen. 

Graf  Lamsdorff  hob  mit  Befriedigung  hervor,  daß  Fürst  Hohen- 
lohe  gerade  das  Wort  gebraucht  hat:  „Unter  den  Maßnahmen  halte 
er  gemeinsame  Blockade  für  das  einfachste  und  wenigst  gewalttätige 
Mittel." 

Die  Entscheidung  über  die  Anwendbarkeit  der  Blockade  schob 
er  und  Graf  Murawiew  den  Geschwaderchefs  zu. 

Auf  meine  Bemerkung,  daß  eine  direkte  Verständigung  mit  dem 
hiesigen  Marineoberkommando  leichter  zum  Ziel  führen  würde,  ent- 
gegnete mir  Graf  Lamsdorff  bezeichnenderweise,  daß  dies  dem  Brauch 
nach  untunlich  sei.  Direktive  für  weitere  Maßnahmen  des  Geschwaders 
müsse  von  Botschafter  in  Konstantinopel  ausgehen. 

Daß  der  Minister  selbst  keine  Entscheidung  treffen  will  und  die- 
selbe von  sich  abwälzt,  scheint  mir  mit  anderen  Anzeichen  darauf  hin- 
zudeuten, daß  die  russische  Regierung  die  Verantwortung  für  Blockade 
gegen  Griechenland  nicht  gern  übernehmen  möchte.  Radolin 

Nr.  3166 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  21.  Februar  1897 

Dem   österreichisch-ungarischen  Botschafter  Herrn  von  Szögyeny 

•  Vgl.  Nr.  3154,  Fußnote**. 

**  Vgl.  Nr.  3152,  S.  327,  Fußnote». 

342 


habe  ich'  heute  mitgeteilt,  die  jüngsten  Vorschläge  des  Grafen  Golu- 
chowski*  hätten  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  vorgelegen,  und  sei  ich 
in  der  Lage,  folgendes  darauf  zu  erklären: 

Die  Vorschläge  des  österreichisch-ungarischen  Ministers  über  die 
zukünftige  Gestaltung  Kretas  sowie  einer  festen  Ordnung  der  Dinge 
auf  der  Balkanhalbinsel  seien  nach  unserem  Dafürhalten  durchaus  der 
Beachtung  wert,  und  werde  die  Kaiserliche  Regierung  seinerzeit  sehr 
gern  bereit  sein,  nach  näherer  Verständigung  mit  dem  Wiener  Kabinett 
auf  der  Grundlage  jener  Vorschläge  zu  verhandeln  und  diejenigen 
Wünsche,  bei  denen  es  sich  um  ein  speziell  österreichisches  Interesse 
handele,  wie  beispielsweise  IV,  bei  den  anderen  Mächten  zu  unter- 
stützen. Die  Zeit  zum  Verhandeln  sei  aber  noch  nicht  gekommen, 
im  Gegenteil  sei  es  in  diesem  Augenblick  die  höchste  Zeit  zu  han- 
deln. Die  militärische  Aktion  Griechenlands  gegen  Kreta  dauere  fort, 
bereits  hätten  reguläre  griechische  Truppen  ein  von  regulären  tür- 
kischen Truppen  besetztes  Fort  angegriffen  und  nach  lebhaftem  Kampf 
eingenommen.  Damit  sei  zwischen  Griechenland  und  der  Türkei  der 
faktische  Kriegszustand  eingetreten.  Wenn  nicht  sofort  mit  aller 
Energie  gegen  das  völkerrechtswidrige  Vorgehen  Griechenlands  ein- 
geschritten werde,  so  könne  sich  die  orientalische  Frage  in  wenigen 
Tagen  in  der  für  Österreich-Ungarns  Interessen  gefährlichsten  Weise 
aufrollen.  Der  Blockadevorschlag  Seiner  Majestät  des  Kaisers  habe 
den  Erfolg  gehabt,  die  englische  Politik  zu  demaskieren1.  England 
mache  kaum  mehr  ein  Hehl  daraus,  daß  es  den  alsbaldigen  Zusammen- 
sturz des  Türkischen  Reiches  gern  sähe  und  daraus  Vorteile  für  seine 
Sonderzwecke  erwarte.  Die  Haltung  der  italienischen  Regierung  sei, 
wie  das  anliegende  Telegramm  des  Botschafters  Graf  Eulenburg  be- 
weise, der  englischen  Auffassung  zugeneigt,  und  sei  von  dieser 
Seite  ein  energisches  Auftreten  gegen  Griechenland  nicht  zu  erlangen. 
Vermutlich  hoffe  das  römische  Kabinett,  daß  bei  der  bevorstehenden 
Teilung  der  Türkei  auch  ihm  ein  Teil  der  Beute  zufalle2.  Anderer- 
seits habe  sich  die  russische  Regierung  durchaus  auf  unsern  Stand- 
punkt gestellt,  daß  gegenüber  der  Provokation  und  der  steigenden 
Insolenz  Griechenlands  ein  sofortiges  energisches  Vorgehen  das  ein- 
zige Mittel  zur  Erhaltung  des  europäischen  Friedens  sei.  Der  rus- 
sische Botschaftsrat  Baron  Budberg,  der  während  einer  zweitägigen 
Abwesenheit  des  Grafen  Osten-Sacken  die  Geschäfte  führe,  habe  mir 
soeben  brieflich  nachstehendes  weiteres  Telegramm  des  Grafen  Mu< 
rawiew  mitgeteilt: 

„L'Empereur    notre    auguste    Maitre    trouvant    indispensable    de 
mettre  fin  aux  provocations  de  la  Grece  en  Crete,  il  est  urgent  que 


•  Vgl.  Nr.  3163. 

343 


les  amiraux  s'entendent  sans  le  moindre  retard  pour  intervenir,  afin 
d'unpecher  tout  debarquement  et  eloigner  troupes  et  bätiments  grecs3." 

Ich  sagte  Herrn  von  Szögyeny,  daß  ich  Baron  Budberg  heute  vor- 
mittag noch  sehen  und  ihm  erklären  würde,  daß  die  Regierung  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  bereit  sei,  für  den  Kommandanten  unseres 
SchLfes  eine  diesem  Telegramm  entsprechende  Instruktion  zu  erwirken4, 
und  daß  ich  die  Erteilung  gleicher  Instruktion  bei  dem  Wiener  Kabinett 
unter  der  Voraussetzung  dringend  befürworten  würde,  daßi  Rußland 
eine  gleiche  Einwirkung  auf  das  Pariser  Kabinett  ausübt4. 

Die  Frage  habe  sich  in  diesem  Augenblick  dahin  zugespitzt,  ob 
Österreich-Ungarn,  Rußland,  Frankreich  und  Deutschland  zusammen 
stark  genug  seien,  ihren  Willen,  den  europäischen  Frieden  zu  wahren, 
auch  gegen  den  Widerstand  Englands  durchzusetzen,  oder  nicht5,  ob 
die  Integrität  des  Ottomanischen  Reiches  aufrechterhalten  werden 
könne  oder  den  Völkern,  die  auf  ein  Stück  jenes  Reiches  gierig  seien, 
gestattet  werden  solle,  ihrer  Begehrlichkeit  Genüge  zu  leisten5.  Die 
Kaiserliche  Regierung  glaube,  bei  ihrem  Vorgehen  in  der  kretischen 
Frage  gleichzeitig  die  wichtigsten  Interessen  Österreich-Ungarns  ver- 
treten zu  haben,  und  wir  erwarteten  bestimmt,  daß  das  Wiener  Kabinett 
eine  Entscheidung  in  unserem  Sinne  treffe;  eine  sofortige  bestimmte 
Entscheidung  aber  sei  unumgänglich  notwendig5,  denn  in  wenigen  Tagen 
könne  die  ganze  Situation  so  unheilbar  kompromittiert  sein5,  daß  irgend- 
welche weitere  Verhandlungen  über  die  kretische  Frage  unter  den 
Mächten  überhaupt  keine  Aussicht  auf  Erfolg  mehr  gewährten. 

Herr  von  Szögyeny,  der  meine  Auffassung  zu  teilen  schien,  ver- 
sprach mir,  in  diesem  Sinne  an  den  Grafen  Goluchowski  zu  tele- 
graphieren.. 

Dem  russischen  Geschäftsträger  Baron  Budberg,  der  mich  un- 
mittelbar nach  Herrn  von  Szögyeny  besuchte,  habe  ich  in  dem  oben 
angegebenen  Sinne  Eröffnungen  gemacht5. 

Marschall 

Bemerkung    Kaiser  Wilhelms   II.   am   Kopf  einer   Abschrift: 
Einverstanden.    22/2.   97.  W. 
Randbemerkungen  des  Kaisers: 

1  Richtig!  das  war  auch  meine  Absicht 

2  ist  ihm  natürlich  von  Salisbury,  wahrscheinlich  auf  Kosten  Oesterreichs  bereits 
versprochen  worden. 

3  wörtlich  beinahe  mein  Vorschlag  vom  Htei^  welch  kostbare  Zeit  ist  durch  Ver- 
handeln verloren  gegangen! 

4  ja 

5  richtig 
Randverfügung  des  Kaisers: 

Dementsprechend  würde  Commandant  d[er]  Kaiserin  Augusta  dahin  zu  in- 
struiren  sein,  vor  allem  in  Gemeinschaft  mit  dem  Russischen  und  Oester- 
reichischen  Admiral  zu  handeln,  und  die  schärfsten  Mittel  —  inclusive 
Scharf-Schießens  —  nicht  zu  scheuen,  wenn  dem  Drohen  seitens  Griechenland 
nicht  Gehör  geschenkt  wird. 

344 


Nr.  3167 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm 
Konzept    von    der   Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  64  Berlin,  den  21.  Februar  1897 

Lord  Salisbury  verlangte  in  seinem  Gegenvorschlag,  daß  die 
übrigen  Mächte  sich  zu  einer  bestimmten  Politik  Kreta  gegenüber  ver- 
pflichten. Danach  würde  dann  England  seinerseits  erwägen,  ob 
es  vielleicht  in  der  Lage  sei,  hinsichtlich  Griechenlands  den  Wünschen 
der  übrigen  Mächte  und  den  Bedürfnissen  des  europäischen  Friedens 
entgegenzukommen.  Verpflichtungen  auf  unserer,  Erwägungen  bei 
freier  Hand  auf  englischer  Seite,  das  war  wie  in  allen  früheren  Fällen 
so  auch  diesesmal  der  tote  Punkt,  an  dem  der  Weg  zur  Verstän- 
digung endete. 

Der  österreichische  Vorschlag  dagegen  basiert  auf  Gegensei- 
tigkeit der  Verpflichtung  en:  einerseits  das  Zurückdrängen  Grie- 
chenlands, andererseits  Herstellung  einer  zivilisierten  Organisation  auf 
Kreta  unter  türkischer  Oberherrschaft  und  endlich  im  Interesse  nicht 
nur  Österreichs,  sondern  auch  des  allgemeinen  Friedens  Eindämmung 
der  unruhigen  Balkangelüste.  Wir  sind  bereit,  uns  an  dieser  zwei- 
seitigen Obligation  zu  beteiligen,  und  glauben  auch,  daß  von  den- 
jenigen Mächten,  welche  wie  wir  vor  allem  die  Erhaltung  des  Frie- 
dens im  Auge  haben,  keine  Meinungsverschiedenheit  darüber  sein 
kann,  daß  unter  den  vorstehend  erwähnten  drei  Hauptpunkten  der 
dringendste,  weil  in  seiner  Fortdauer  für  den  europäischen  Frieden 
gefährlichste,  sich  auf  den  griechischen  Garibaldinismus  in  Kreta  bezieht. 
Hier  muß  nach  unserer  festen  Überzeugung  die  Aktion  der  Mächte 
einsetzen,  denn  in  kurzer  Zeit  wird  es  zu  spät  sein,  und  wird  der 
Brand  sich   auch   auf  das   Festland  verbreiten. 

Daß  für  die  englische  Politik  ein  Balkanbrand  eher  erwünscht 
sein  würde,  diesen  Gedanken  habe  ich  im  Sommer  1895  dem  Grafen 
Goluchowski  gegenüber  schon  kurz  angedeutet,  weil  gerade  damals 
allerlei  Anzeichen  dafür  vorlagen*.  Englands  heutige  Haltung  läßt 
nicht  erkennen,  daß  seitdem  eine  Änderung  in  seinen  Anschauungen 
eingeireten   sei. 

Was  Italien  anlangt,  so  regen  sich  dort  die  garibaldinische'n 
Erinnerungen,  und  selbst  unter  der  italienischen  Diplomatie  ist  Graf 
Nigra  keineswegs  der  erste  und  einzige,  welcher  durchblicken  läßt, 
daß  das  westliche  Balkangebiet,  also  Albanien,  für  Italien  ein  Gegen- 
stand von   lebhaftem  Interesse   ist. 


Vgl.  Bd.  X,  Kap.  LXI,  Nr.  2105. 

345 


Der  politische  Nihilismus  Englands  und  die  garibaldinische  Le- 
gende in  Italien  veranlassen  diese  beiden  Länder,  die  kretensische 
Frage  und  ihre  Folgen  mit  anderen  Augen  anzusehen,  als  die  vier 
übrigen  Großmächte  es  tun,  welche  trotz  mancher  politischer  Diver- 
genzen doch  in  dem  Wunsche  einig  sind,  den  Frieden  zu  erhalten. 
Von  der  mehr  oder  weniger  energischen  Betätigung  dieses  Wunsches 
wird  es  abhängen,  ob  der  Friede  wirklich  erhalten  bleibt  oder  nicht. 
Er  wird  davon  abhängen,  ob  die  vier  Kabinette  von  Berlin,  Wien, 
Petersburg  und  Paris  sich  für  genügend  stark  halten,  um  die  kreten- 
sische Frage  unter  sich  und  in  Frieden  zu  lösen,  oder  ob  sie  glauben, 
dazu  der  Genehmigung  Londons  zu  bedürfen,  welche  in  diesem  Falle 
die  Genehmigung  Roms  mit  einschließt.  Falls  die  vier  Kabinette  oder 
einige  derselben  letzterer  Anschauung  zuneigen  sollten,  dann  würde 
also  der  Friede  Europas  von  der  Entscheidung  Englands  abhängen, 
derjenigen  Macht,  deren  friedlichen  Absichten  alle  Welt  mißtraut.  Es 
steht  zu  hoffen,  daß  die  vier  Kabinette  zielbewußt  und  energisch  genug 
sein  werden,  um  die  Politik  Europas  nicht  auf  diese  Bahn  zu  lenken. 

Der  österreichisch-ungarische  Botschafter  ist  heute  hier  in  diesem 
Sinne  verständigt  worden*.  Ew.  pp.  bitte  ich,  das  Vorstehende  zur 
Kenntnis  des  Grafen  Goluchowski  zu  bringen,  der,  wie  ich  nicht 
zweifele,  über  den  Ernst  des  Augenblicks  und  die  Notwendigkeit,  den 
Frieden  durch  schleunige  und  energische  Maßregeln  zu  retten,  ebenso 
klar  sieht  wie  ich. 

Ich  möchte  meine  Anschauung  in  dem  Worte  Seiner  Majestät  zu- 
sammenfassen, „erst  handeln,  dann  verhandeln".  An  die  Möglich- 
keit der  Beteiligung  Englands  bei  einer  wirksamen  Pazifizierungsaktion 
glaube  ich  nur  für  den  Fall,  wo  das  Londoner  Kabinett  die  Über- 
zeugung gewinnt,  daß  die  Aktion  auch  ohne  seine  Beteiligung  in 
Gang  kommt. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3168 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  Kaiser  Wilhelm  IL, 
z.  Z.  in  Hubertusstock 

Telegramm.  Entzifferung 

Berlin,  den  22.  Februar  1807 

Der  russische  Geschäftsträger**  hat  soeben  im  Auftrage  seiner 
Regierung  hier  nachstehende  Mitteilung  gemacht: 

„Nous  pensons  que  PAngleterre  se  derobant  ä  toute  action  contre 
la  Grece,  sous  pretexte  que  grandes  puissances  devraient  determiner 
d'avance  sort  ulterieur  de  la  Crete,  les  grandes  puissances  continen- 


*  Vgl.  das  voraufgehende  Schriftstück. 
**  Baron  von  Budberg. 

346 


tales1  pourraient,  sans  surseoir  ä  des  mesures  energiques  pour  reprimer 
les  provocations  Grecques,  tomber  spontanement  d'accord  sur  les 
principes  suivants: 

1.  En  aucun  cas2  la  Crete  ne  pourrait  etre  annexee  ä  la  Grece 
dans   conjoncture   presente. 

2.  Turquie  ayant  remis  application  des  mesures  et  reformes  con- 
venues,  celles-ci  ne  repondent  plus  ä  la  Situation  actuelle  et  des  lors 
puissances  sont  resolues  de  doter  la  Crete  d'un  regime  autonome,  tout 
en  maintenant  integrite  de  Pempire  Ottoman3. 

Ces  deux  points  devraient  etre  notifies  solidairement  ä  Athenes 
et   ä   Constantinople. 

Simultanement4  Gouvernement  Grec  devrait  etre  somme  par 
Ultimatum  de  retirer  incontinent  ses  navires  et  ses  troupes  de  l'ile 
occupee  par  les  puissances.  En  cas  de  resistance,  menace  serait  suivie 
de  mesures  rigoureuses  indiquees  ce  matin5. 

Nous  croyons  que  c'est  le  seul  moyen,  en  presence  d'initiative 
philanthropique  dont  l'Angleterre  cherche  se  couvrir,  de  sauvegarder 
la  paix  generale  et  le  concert  europeen6. 

signe:  Comte  de  Murawiew."* 

Ich  habe  Baron  von  Budberg  geantwortet,  daß  ich  zunächst  die 
Befehle  Euerer  Majestät  einholen  würde,  aber  nach  bisherigen  Äuße- 
rungen Euerer  Majestät  annehmen  zu  dürfen  glaube,  daß  Euere  Maje- 
stät mit  dem  russischen  Vorschlage  einverstanden  seien 7,  immer  voraus- 
gesetzt, daß  die  Mächte  ohne  Zögern  Anstalten  träfen,  um  die  auch 
nach  übereinstimmender  Ansicht  sämtlicher  vor  Kreta  kommandierender 
Offiziere  notwendige  Entfernung  der  griechischen  Truppen  und  Schiffe 
von  der  Insel  zu  bewirken8. 

Euere  Majestät  bitte  ich  um  huldreiche  telegraphische  Mitteilung 
der  Allerhöchsten  Willensmeinung.  Hohen  lohe 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Sehr  gut 

2  bravo  non! 

3  bien 
*  oui 

5  oui 

6  tres  juste 

7  ja  unbedingt 

8  ja  das  ist  die  Voraussetzung 
Randverfügung  des  Kaisers: 

Teleg-amm    Antwort  an  S[eine]  Dfurchlaucht]  den  Reichskanzler: 
Bin  völlig  einverstanden   Es  geht  auch  ohne  England   Der  Continent  muß  endlich 
mal  den  Briten  zeigen  daß  sie  denselben  nicht  zum  Besten  haben.   Ich  nehme  als 
selbstverständlich    an   daß    Russland   dafür   sorgt   daß    Frankreich    unbe- 
dingt mitgeht.    Wilhelm  I.  R. 


*  Die  gleiche  Mitteilung  wurde  auch  der  englischen  Regierung  gemacht,  vgl. 
„Das  Staatsarchiv",  Bd.  62,  S.  137  f.  Daselbst  die  Antwort  Salisburys  vom 
24.  Februar. 

347 


Nr.  3169 

Kaiser  Wilhelm  IL,  z.  Z.  in  Hubertusstock,  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Telegramm.  Entzifferung 

Hubertusstock,  den  23.  Februar  1897 

In  der  gestrigen  Rede*  des  Staatssekretärs  Freiherrn  Marschall 
von  Bieberstein  steht  der  Satz,  daß  derselbe  vom  Reichskanzler  beauf- 
tragt wäre,  dem  Reichstag  zu  erklären,  daß  er,  sobald  die  Zeit  ge- 
kommen, gern  bereit  sei,  über  das,  was  von  Deutschlands  Seite  in 
der  kretensischen  Sache  unternommen,  dem  Hause  nähere  Aufschlüsse 
zu  gewähren.  Dieses  dürfte  ohne  Befehl  meinerseits  und  ohne  vorherige 
Anfrage  bei  mir  ausgeschlossen  sein.  Der  entscheidende  Schritt  zur 
Lösung  dieser  Frage  ist  von  mir  persönlich  nach  Rücksprache  mit  Euerer 
Durchlaucht  und  mit  Euerer  Durchlaucht  vollständigem  Einverständnis 
direkt  getan  worden**,  und  bin  ich  daher  der  Einzige,  der  dem  Reichs- 
tag darüber  Aufklärung  zu  geben  hat.  Ich  hatte  ferner  Euerer  Durch- 
laucht vorgeschlagen,  in  der  Erwägung,  daß  in  einer  Frage  von  so 
einschneidender  politischer  wie  prinzipieller  Bedeutung  von  mir  aus 
eine  Orientierung  des  Reichstags  erfolgen  müsse,  denselben  noch  vor 
meiner  Abreise  hierher  zu  dem  Zweck  ins  Schloß  zu  berufen.  Euere 
Durchlaucht  fanden  die  Idee  in  jeder  Hinsicht  richtig  und  billigten 
dieselbe,  meinten  jedoch,  es  sei  noch  zu  früh,  den  Reichstag  zu  orien- 
tieren.   Nun  ist  das  ohne  mein  Vorwissen  und  Zustimmung  trotzdem 


*  In  der  Reichstagssitzung  vom  22.  Februar  hatte  sich  Staatssekretär  Freiherr 
von  Marschall  auf  eine  Anfrage  des  Abgeordneten  Hasse  wegen  der  kretischen 
Frage  darauf  beschränkt,  kurz  die  Tatsachen  anzuführen  und  Deutschlands  Auf- 
gabe dahin  festzulegen,  „nach  unseren  Kräften  einzutreten  zur  Erhaltung  des 
Friedens";  im  übrigen  hatte  er  Mitteilungen  über  die  zurzeit  zwischen  den 
Mächten  schwebenden  Verhandlungen  abgelehnt  und  auf  spätere  Mitteilungen 
des  Reichskanzlers  verwiesen.  Auf  eine  weitere  Frage  des  Abgeordneten  Schmidt 
nach  dem  Stand  der  Frage  der  griechischen  Gläubiger,  welche  die  deutsche 
öffentliche  Meinung  stark  zu  Ungunsten  Griechenlands  beeinflußte,  wiederholte 
der  Staatssekretär  die  Zusage,  daß  die  Regierung  nach  Kräften  für  die  be- 
drohten Rechte  der  griechischen  Gläubiger  eintreten  werde.  Nach  Marschalls 
Angabe  „haben  wir  ungefähr  200  Millionen  von  diesen  griechischen  Anleihen 
im  Lande,  und  ich  habe  mich  leider  überzeugt,  daß  ein  großer  Teil  dieser 
Anleihen  in  den  Händen  von  kleinen  und  mittleren  Leuten  ist,  und  daß  viele 
Leute  ihre  ganzen  Ersparnisse  in  solchen  griechischen  Anleihen  angelegt  haben". 
Daß  übrigens  die  durch  die  Frage  der  griechischen  Gläubiger  erregte  öffentliche 
Meinung  in  Deutschland  die  Griechenland  wenig  günstige  Haltung  der  deutschen 
Regierung  beeinflußt  hätte,  ist  aus  den  Akten  nicht  zu  entnehmen;  erst  später 
bei  den  Friedensverhandlungen  spielt  das  Moment  der  griechischen  Finanzen 
(vgl.  Nr.  3248ff.)  eine  Rolle.  Maßgebend  war  und  blieb  für  Deutschlands 
Haltung  von  Anfang  an  der  Grundsatz,  um  jeden  Preis  eine  allgemeine  Kon- 
flagration zu  verhindern. 
••  Vgl.  Nr.  3152,  Fußnote  *. 

348 


doch  geschehen,  und  ich  muß  darüber  mein  Erstaunen  aussprechen. 
Alle  Interpellationen  oder  Verhandlungen  betreffend  Kreta,  bei  denen 
Orientierungen  des  Reichstags  erwünscht  sind,  sind  mir  zu  melden 
unter  Angabe  der  beabsichtigten  Antwort.  Nach  meiner  Rückkehr  nach 
Berlin  wird  der  Reichstag  nach  dem  Schloß  befohlen  und  demselben 
durch  mir  vorher  zu  unterbreitende  kaiserliche  Botschaft  die  Haltung 
meiner  Regierung  in  der  Kretafrage  in  toto  verkündigt  werden. 

Über  das  Datum  des  Tages  werde  ich  mich  mit  Euerer  Durch- 
laucht ins  Benehmen  setzen.  Ich  habe  mit  vollem  Bewußtsein  den 
Schritt  persönlich  unternommen,  der  Europa  den  Frieden  noch  einmal 
erhalten  soll,  und  bin  fest  entschlossen,  persönlich  die  Angelegenheit 
weiter  zu  leiten.  Inwiefern  von  Zeit  zu  Zeit  außer  durch  inspirierte 
Preßartikel  das  Land  über  das  Fortschreiten  der  Frage  zu  infor- 
mieren sei,  darüber  erwarte  ich  von  Euerer  Durchlaucht  einen  jedes- 
maligen Vortrag  oder  Mitteilung.  Mit  den  bisherigen  Abmachungen 
und  Antworten  an  die  Botschafter  bin  ich  in  jeder  Beziehung  vollkommen 
einverstanden,  und  bitte  ich,  in  dem  Sinne  fortzufahren.  Ich  hege 
keinen  Zweifel,  daß  es  mir  mit  Gottes  Hülfe  gelingen  wird,  wo- 
möglich  einem   Weltenbrand  nochmal   vorzubeugen. 

Wilhelm   I.  R. 


Nr.  3170 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  Kaiser  Wilhelm  IL, 
z.  Z.  in  Hubertusstock 

Telegramm.    Eigenhändiges  Konzept 

Berlin,  den  23.  Februar  1897 

Antwort   auf   Euerer  Majestät   heutiges    Telegramm*. 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  hat  seine  gestrige  kurze 
Erklärung  im  Reichstage  nach  Rücksprache  mit  mir  und  in  meinem 
Auftrag  abgegeben.  Da  gerade  der  Etat  des  Auswärtigen  Amtes  zur 
Beratung  stand  und  eben  die  Nachricht  eingetroffen  war,  daß  am 
Tage  zuvor  eine  kriegerische  Aktion  unter  Teilnahme  des  deutschen 
Schiffes  stattgefunden  hatte,  war  es  parlamentarisch  und  politisch  un- 
möglich, jede  Auskunft  zu  verweigern. 

Eine  Darlegung  der  Haltung  von  Euerer  Majestät  Regierung  und 
insbesondere  des  persönlichen  Eingreifens  Euerer  Majestät  in  der 
kretischen  Frage  in  der  Form  einer  Allerhöchsten  Botschaft  ist  schon 
deshalb  ausgeschlossen,  weil  die  Darlegung  ihrer  Natur  nach  formell 
und  materiell  der  öffentlichen  Kritik  unterliegt,  die  der  Krone  schul- 
dige Rücksicht  aber  verbietet,  Euerer  Majestät  Person  und  Handlungen 

•  Siehe  das  voraufgehende  Schriftstück. 

349 


in  den   Bereich  dieser  Kritik  zu  bringen.    Meine  Pflicht  ist,  dies,  so- 
lange es  von  mir  abhängt,  zu  verhindern. 

Ich  werde,  wenn  die  Zeit  gekommen  ist,  dem  Reichstage  über 
die  Haltung  der  Regierung  Euerer  Majestät  und  deren  Bedeutung  für 
die  Wahrung  des  europäischen  Friedens  Mitteilung  machen  und  nicht 
ermangeln,  vorher  von  dem,  was  ich  zu  sagen  gedenke,  Euerer 
Majestät  Vortrag  zu  erstatten. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3171 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Paris  Grafen  Münster 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 
Nr.   50.  Berlin,  den  23.   Februar  1897 

Das  Petersburger  Kabinett  schlägt  vor*,  daß,  da  England  sich 
einer  Aktion  gegen  Griechenland  entzieht,  große  Kontinentalmächte  — 
ohne  deswegen  energisches  Vorgehen  gegen  griechische  Heraus- 
forderung zu  unterbrechen  oder  aufzuschieben  —  sofort  ihre  Über- 
einstimmung über  folgende  Punkte  erklären: 

1.  Die  Ausschreitung  Griechenlands  darf  nicht  die  Annexion 
Kretas  zur  Folge  haben. 

2.  Da  aber  Türkei  die  Einführung  der  ihr  vorgeschlagenen  Re- 
formen verzögert  hat,  sind  diese  nicht  mehr  zeitgemäß.  Die  Mächte 
werden  daher  Kreta  ein  autonomes  Regime  verschaffen,  jedoch  unter 
Aufrechterhaltung  der  Integrität  des  Ottomanischen  Reichs. 

Diese  beiden  Punkte  würden  solidarisch  in  Athen  und  Konstan- 
tinopel notifiziert,  und  gleichzeitig  würde  die  griechische  Regierung  auf- 
gefordert werden,  unverzüglich  ihre  Truppen  und  Schiffe  von  Kreta 
zurückzuziehen.  Im  Falle  der  Weigerung  würde  mit  energischen  Maß- 
nahmen vorgegangen  werden. 

Rußland  bezeichnet  vorstehenden  Vorschlag  als  einziges  Mittel 
für  Sicherung  des  europäischen  Friedens. 

Nach  Einholung  der  allerhöchsten  Genehmigung  habe  ich  soeben 
dem  russischen  Botschafter  eröffnet,  daß  die  deutsche  Regierung  auf 
den  Vorschlag  ohne  Vorbehalt  eingeht**. 

Marschall 


*  Vgl.  Nr.  3168. 

**  In  Wien  erregte  es  lebhafte  Mißstimmung,  daß  die  deutsche  Regierung  die 
russischen  Vorschläge  glatt  akzeptierte,  nachdem  sie  einige  Tage  vorher  die 
wesentlich  gleichlautenden  österreichischen  Vorschläge  abgelehnt  habe.  Privat- 
brief Graf  Eulenburgs  an  Fürst  Hohenlohe  dd.  Wien,  6.  März  1897.  In  seinem 
Antwortschreiben  vom  10.  März  wies  der  Reichskanzler  nachdrücklich  darauf 
hin,  daß  die  russischen  und  die  österreichischen  Vorschläge  keineswegs  gleich- 

350 


Nr.  3172 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  36  London,  den  23.  Februar  1897 

In  einer  vertraulichen  Unterhaltung,  die  ich  eben  mit  Lord  Salis- 
bury  hatte,  sprach  er  sich  dahin  aus,  daß  ihm  die  gestrige  Rede  des 
Herrn  Staatssekretärs  im  Reichstag*  in  bezug  auf  die  künftige  Kon- 
stitution Kretas  sehr  befriedigend  erschiene,  wie  auch  die  Rede  des 
Herrn  Hanotaux  in  der  französischen  Kammer**,  und  daß  hiernach  unter 
den   Mächten   in   dieser   Hinsicht   kaum   noch   eine   Differenz  bestehe. 

Hieran  anknüpfend  sagte  mir  der  Minister  streng  vertraulich, 
daß  er  die  Absicht  habe,  etwa  übermorgen  eine  Erklärung  über  seine 
Stellung  zur  kretensischen  Frage  hier  in  der  Kammer  abzugeben  und  den 
Wortlaut  derselben  vorher  dem  auf  morgen  angesetzten  Ministerkonseil 
zur  Beratung  vorzulegen.  Es  liege  ihm  aber  daran,  in  seiner  Erklärung 
möglichst  alles  zu  vermeiden,  was  bei  uns  Anstoß  erregen  könnte, 
und  er  wolle  mir  daher  schon  jetzt  den  ungefähren  Gedankengang  der- 
selben angeben.  Mit  Rücksicht  auf  die  Stimmung  in  der  Kammer 
müsse  er  aussprechen,  daß  die  Politik  des  englischen  Kabinetts  nach 
wie  vor  darauf  gerichtet  sein  werde,  für  die  Insel  eine  Autonomie 
zu  erwirken,  durch  welche  dieselbe  aber  keineswegs  aus  dem  Rahmen 
des  türkischen  Staatsverbandes  gerissen  werden  solle.  Hieran  an- 
knüpfend würde  er  auf  das  unberechtigte  Vorgehen  der  Griechen  über- 
gehen und  die  Absicht  aussprechen,  sich  mit  der  griechischen  Regie- 


lautend seien,  sondern  sich  im  einzelnen  wie  im  ganzen,  im  Beweggrund  wie 
in  den  letzten  Zielen  wesentlich  unterschieden.  Für  den  russischen  Vorschlag 
sprach  außerdem  nach  Hohenlohes  Auffassung,  „daß  auch  aus  naheliegenden 
diplomatischen  Opportunitätsrücksichten  mir  ein  russischer  Vorschlag  aussichts- 
voller zu  sein  schien  als  ein  österreichischer  oder  deutscher,  weil  Frankreich, 
Regierung  und  Volk,  sich  zu  einer  russischen  Anregung  ganz  anders  stellt  als  zu 
einer  Anregung,  die  von  einem  Dreibundsstaate  ausgeht".  Der  russische  Vor- 
schlag hätte  übrigens  trotz  Deutschlands  Eintreten  für  ihn  wenig  Aussicht  gehabt, 
da  namentlich  Italien  die  lebhaftesten  Bedenken  geltend  machte,  in  der  Kretafrage 
ohne  oder  gar  gegen  England  vorzugehen.  Telegramm  Bülows  vom  21.  Februar. 
Durch  das  Einlenken  der  englischen  Regierung  (vgl.  das  folgende  Schriftstück), 
die  schließlich  sich  den  russischen  Vorschlag  im  wesentlichen  aneignete,  wurde 
die  Schwierigkeit  aus  der  Welt  geschafft. 

*  Vgl.  Nr.  3169,  Fußnote*.  Freiherr  von  Marschall  hatte  nur  hingewiesen  auf 
eine  „definitive  dauernde  Ordnung  der  Dinge  auf  Kreta,  auf  eine  Befriedigung 
berechtigter  Forderungen  der  christlichen  Bevölkerung,  die  sehr  wohl  möglich 
sei,  ohne  die  Integrität  des  Ottomanischen  Reichs  anzutasten". 
**  Hanotaux  hatte  sich  in  seiner  Kammerrede  vom  22.  Februar  dahin  aus- 
gelassen, daß  die  Besetzung  Kretas  durch  die  Flotten  der  Mächte  im  voraus 
die  Autonomie  Kretas  sichere. 

351 


rung  über  die  sofortige  Evakuation  der  Insel  durch'  die  griechischen 
Truppen  in  Verbindung  zu  setzen.  Im  Falle  der  Weigerung  werde 
England  sich  an  den  von  anderer  Seite  vorgeschlagenen  Zwangsmaß- 
regeln (Blockade  des  Piräus)  auch  seinerseits  beteiligen. 

Ich  erwiderte  dem  Minister  auf  seine  Frage,  daß  ich  ohne  Ge- 
nehmigung meiner  Regierung  über  die  von  ihm  beabsichtigte  Er- 
klärung keine  Meinung  aussprechen  könne.  Nur  über  einen  Punkt 
könne  ich  die  allerdings  nur  persönliche,  aber  bestimmte  Ansicht  aus- 
sprechen, daß  derselbe  bei  uns  keine  Billigung  finden  würde,  und  dies 
sei  die  anscheinend  noch  von  ihm  festgehaltene  Absicht,  mit  den 
Griechen  über  die  Evakuation  Kretas  zu  verhandeln.  Nach  unserer 
Auffassung  sei  jede  weitere  Verhandlung  ausgeschlossen,  und  es  könne 
sich  also,  wenn  selbst  dies,  was  ich  nicht  wisse,  bei  uns  noch  an- 
nehmbar erscheinen  würde,  doch  höchstens  um  eine  Sommation 
der  Mächte  handeln,  deren  Nichtberücksichtigung  die  sofortige  Ver- 
hängung der  Blockade  zur  Folge  haben  müßte.  Auf  meine  Frage,  ob 
er  in  diesem  Falle  auch  wirklich  bereit  sei,  sich  ohne  weiteres  an 
der  Blockade  zu  beteiligen,  sprach  sich  Lord  Salisbury  zustimmend  aus. 

Schließlich  kam  der  Minister  noch  mit  einem  Punkte  heraus,  den 
er  vor  der  Kammer  nicht  gut  mit  Stillschweigen  übergehen  könne, 
welche  unzweifelhaft  Wert  darauf  legen  würde,  daß  auch  während  der 
Blockade  des  Piräus  einige  englische  Schiffe  vor  Kreta  bleiben 
würden.  Auch  in  diesem  Punkte  wünsche  er  aber  allen  Anstoß  bei 
uns  zu  vermeiden  und  beabsichtige,  etwa  zu  sagen,  daß  die  große 
Zahl  der  englischen  Schiffe  im  Mittelmeer  der  Regierung  gestatten 
würde,  die  für  die  Blockade  des  Piräus  erforderlichen  Schiffe  heran- 
zuziehen  und   gleichzeitig   einige   Schiffe   vor  Kreta   liegen   zu   lassen. 

Als  ich  mich  verabschiedete,  sprach  Lord  Salisbury  den  Wunsch 
aus,  den  Wortlaut  seiner  Erklärung,  nachdem  derselbe  morgen  im 
Konseil  beraten  worden,  noch  mit  mir  besprechen  zu  können.  Es  ist 
anzunehmen,  daß  er  mich  zu  diesem  Zweck  morgen  nachmittag  rufen 
lassen  wird,  und  ich  bitte  bis  dahin  um  telegraphische  Weisung, 
ob  und  welche  Ansicht  ich  auf  die  von  ihm  zu  erwartenden  Fragen 
aussprechen   soll. 

Von  dem  im  Telegramm  Nr.  63  bezeichneten  russischen  Vor- 
schlag* wußte  der  Minister  offenbar  nichts  und  bemerkte  nur  im 
allgemeinen,  daß  er  von  den  anderen  Regierungen,  auch  von  Paris 
und  Petersburg,  fortgesetzt  liebenswürdige  Äußerungen  erhalte.  Eine 
gewisse  Unruhe  schien  ihm  die  Frage  zu  bereiten,  ob  zwischen  Ruß- 
land  und  dem  Sultan  bereits  ein  Vertrag  abgeschlossen  sei. 

Hatzfeldt 

•  Vgl.  Nr.  3168. 
352 


Nr.  3173 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Botschafter 
in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.  Konzept 
Nr.   67  Berlin,  den   24.   Februar   1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  36*. 

Es  gereicht  mir  zu  aufrichtiger  Befriedigung,  nunmehr  auch  die 
Verständigung  mit  Lord  Salisbury  angebahnt  und  auf  gutem  Wege 
zu  sehen  bei  einer  Aktion,  wo  für  Deutschland  lediglich  das  Motiv 
der  Beseitigung  einer  unmittelbaren  Kriegsgefahr  maßgebend  war  und 
bleibt.  Deshalb  weil  hier  durch  positive,  zum  Teil  sogar  amtliche  Aus- 
lassungen bekannt  war,  daß  die  Angliederung  Kretas  an  Griechen- 
land den  Erwerbstrieb  in  weitem  Umkreise  entfesseln  würde,  sind 
wir  dieser  Angliederung  entgegengetreten,  und  haben  wir  von  dem 
Verbleiben  Kretas  im  türkischen  Staatsverbande  unsere  weitere  Be- 
teiligung an  der  Pazifikationskampagne  der  Mächte  abhängig  gemacht. 
Abgesehen  hiervon  ist  uns  die  zukünftige  politische  Gestaltung  Kretas 
in  den  Einzelpunkten  gleichgültig. 

Nach  allem,  was  ich  aus  Petersburg  erfahre,  war  auch  für  den 
Kaiser  von  Rußland  der  entschiedene  Wunsch,  den  Frieden  zu  wahren, 
maßgebend,  um  ihn  zu  einer  Haltung  zu  veranlassen,  welche  den 
Familieninteressen  direkt  zuwiderläuft.  Ich  erwähne  dies  ausdrück- 
lich, weil  ich  aus  der  Art  und  Weise,  wie  Lord  Salisbury  Ihnen  gegen- 
über das  weitere  Verbleiben  englischer  Kriegsschiffe  vor  Kreta  erwähnt 
hat,  entnehme,  daß  er  möglicherweise  glaubt,  die  eine  oder  andere  Macht 
sei  geneigt,  sich  dort  festzusetzen.  Deutschland  steht,  wie  ich  glaube, 
in  dieser  Hinsicht  über  dem  Verdacht.  Es  sind  aber  auch  hinsichtlich 
keiner  andern  Macht  irgendwelche  Verdachtsmomente  bisher  zu  mei- 
ner Kenntnis  gekommen.  Das  Verbleiben  englischer  Kriegsschiffe  würde, 
sobald  dieselben  aufhören,  wohlwollende  Zuschauer  der  griechischen 
Bewegung  zu  sein,  nur  mit  Genugtuung  begrüßt  werden  können. 

Ew.  pp.  haben  den  Standpunkt  der  Kaiserlichen  Regierung  genau 
präzisiert,  als  Sie  Lord  Salisbury  erklärten,  daß  wir  uns  bei  einer 
Aktion,  wo  noch  Verhandlungen  mit  Griechenland  in  Frage  kom- 
men, nicht  würden  beteiligen  können.  Eine  Notifikation  der  Mächte 
an  Griechenland,  daß  diese  eine  Annexion  Kretas  nicht  dulden,  dagegen 
unter  Wahrung  der  türkischen  Oberhoheit  eine  regime  autonome  dort 
einzuführen  beabsichtigen,  und  gleichzeitig  mit  dieser  Notifikation 
eine  Sommation,  der  die  sofortige  Verhängung  der  Blockade  zu 
folgen  hätte,  das  ist  nach  diesseitiger  Auffassung  der  einzige  Schritt, 
welcher  die  Griechen  zum  Nachdenken  wird  bringen  können.   Und  zwar 


*  Siehe  Nr.  3172. 

23    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  353 


müßten  außer  dem  Piräus  auch  noch  einige  andere  Häfen  blockiert 
werden,  um  grade  den  wohlhabenderen  Schichten  der  Bevölkerung, 
welche  einen  Teil  ihrer  Lebensbedürfnisse  vom  Auslande  beziehen, 
die  Folgen  ihres  Tuns  fühlbar  zu  machen. 

Falls  Ew.  pp.  nächste  Unterredung  mit  Lord  Salisbury  noch  andere 
als  die  vorstehend  erwähnten  Punkte  berührt,  wollen  Ew.  pp.  sich 
nach  Maßgabe  des  Ihnen  bekannten  deutschen  Programms  äußern, 
welches  sich  dahin  zusammenfassen  läßt:  Erhaltung  des  Friedens  durch 
möglichste  Niederhaltung  der  Begehrlichkeiten. 

C.  Hohenlohe 


Nr.  3174 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Gesandten 
in  Athen  Freiherrn  von  Plessen 

Telegramm.     Konzept   von  der  Hand   des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.  8  Berlin,  den  24.  Februar  1897 

Die  russische  Regierung  hat  hier  den  Vorschlag  gemacht,  in  Kon- 
stantinopel und  Athen  zu  erklären,  daß  Kreta  unter  keinen  Umständen 
an  Griechenland  fallen  dürfe;  daß  aber  die  Mächte,  welche  die  Pazi- 
fizierung  Kretas  in  die  Hand  genommen  hätten,  entschlossen  seien, 
der  Insel  unter  Aufrechterhaltung  der  türkischen  Oberhoheit  ein  auto- 
nomes Regime  zu  verschaffen.  Gleichzeitig  mit  dieser  Mitteilung  sollen 
die  Vertreter  der  Großmächte  in  Athen  die  griechische  Regierung 
mittels  Ultimatum  auffordern  (sommer),  innerhalb  drei  bis  vier  Tagen 
(im  Ultimatum  würde  selbstredend  nur  der  eine  oder  andere  Termin, 
besser  der  kürzere  zu  setzen  sein)  ihre  Schiffe  und  Truppen  von 
Kreta  zurückzuberufen,  widrigenfalls  die  Mächte  „des  mesures  d'ex- 
treme  vigueur  soit  d'un  blocus  du  Piree  soit  d'une  action  directe 
sur  les  vaisseaux  et  troupes  grecques"   ergreifen  würden. 

Ew.  pp.  sind  ermächtigt,  nach  Maßgabe  des  Vorstehenden  gemein- 
schaftlich mit  den  sämtlichen  übrigen  Vertretern  der  Großmächte 
eine  Kollektivnote  oder  auch  identische  Note  an  die  dortige  Regierung 
zu  richten.  Suchen  Sie  dahin  zu  wirken,  daß,  wie  wir  der  russischen 
Regierung  in  unserer  Erwiderung  vorgeschlagen,  anstatt  „blocus  du 
Piree"  „blocus  de  ports  grecs"  oder  „des  cotes  grecques"  gesetzt 
werde,  um  den  Admiralen  größere  Aktionsfreiheit  zu  lassen,  doch 
ist  dies  nicht  conditio  sine   qua  non  unserer  Beteiligung. 

Ob  Notifikation  und  Ultimatum  in  einer  oder  in  zwei  getrennten 
Noten   zur   Kenntnis   der   Regierung   zu   bringen   sind,    kann   der   Ab- 

354 


machung  der  dortigen  Vertreter  überlassen  bleiben.    Entscheidend  für 
uns  ist   die   Gleichzeitigkeit   der  Überreichung*.    Drahtbericht. 

C.  Hohenlohe 


Nr.  3175 

Das  Oberkommando  der  Marine  an  den  Staatssekretär  des 
Auswärtigen  Amtes  Freiherrn  von  Marschall 

Ausfertigung 
Ganz  geheim  Berlir])  den  6   März  18g? 

Euerer  Exzellenz  beehre  ich  mich  ganz  ergebenst  mitzuteilen, 
da!Lauf  meinen  Befehl>  welchen  ich  infolge  Euerer  Exzellenz  sehr 
gefälligen  Schreibens  vom  2.  d.  Mts.  dem  Kommandanten  SMS 
„Kaiserin  Augusta"  gegeben  hatte,  derselbe  durch  Telegramm  von 
gestern  abend  aus  Suda  meldet,  daß  die  kommandierenden  Offiziere 
nach    vollkommener    Übereinstimmung   folgende    Vorschläge    machen- 

1.  Blockade  des  Piräus  und  der  hauptsächlichsten  griechischen 
Hafen;  to 

2.  Blockade   von    Kreta; 

3.  die  Blockade  wird  von  den   Regierungen  angesagt- 

4.  jedes  griechische  Kriegsschiff,  welches  angetroffen  wird,  soll  nach 
Milo   eskortiert  und  dort  blockiert  werden; 

5.  jeder  Akt  der  Feindseligkeit  eines  griechischen  Schiffes  gegen 
ein  Schiff  der  sechs  Mächte  wird  als  Kriegserklärung  gegen  diese 
Machte  betrachtet; 

*  ES  udaUCite  1?^  n0Ch  bis  Anfan£  März>  daß  eine  vo»e  Übereinstimmung 
nhPrChehn  ?"  Jf*,?,*?  ^  die.Semeinsam  ^  Athen  und  Konstantinopel  zu 
übergebenden  Kollektivnoten  erzielt  wurde.  Das  Nähere  darüber  erhellt  aus 
d«n  englischen f  Blaubuche  „Turkey",  bzw.  den  daraus  in:  Das  Staatsarchiv 
Bd  62,  S.  139  ff.  abgedruckten  Schriftstücken.  Daselbst  S.  143  f.  die  beiden  am 
2.  März  in  Athen  und  Konstantinopel  übergebenen  Kollektivnoten  der  Groß- 
machte, in  denen  auf  der  einen  Seite  die  Zurückziehung  der  griechischen  Schiffe 
und  Truppen  aus  Kreta  bei  Vermeidung  äußerster  Zwangsmittel  -  von  einer 
Blockade  oder  einem  direkten  Vorgehen  gegen  die  griechischen  Streitkräfte  war 
jedoch  nicht  ausdrücklich  die  Rede  -,  auf  der  anderen  die  Autonomie  Kr  ras 
verlangt  wurde.  Ferner  daselbst  die  türkische  Antwortnote  vom  7.  März 
im    in    d-  dle    oe,  Pf°rte   die   Autonomie   Kretas   bewilligte,   die   dann 

am    18.   März  von  den   Befehlshabern  der  vor   Kreta   vereinigten    Kriegsschiffe 
1  °sr °ß™ ch*e  proklamiert  wurde,  und  (S.  145ff.)  die  griechische  Antwortnote 
vom    8.   März,   die   das   von   den   Mächten   durchgesetzte   autonome   Regime   für 

tetdl^-V^'^  dCr  Vereinigu"S   Kretas   mit  Griechenland 

bestand  und  die  Zurückziehung  der  griechischen  Truppen  ablehnte,  dagegen  die 

erß2e|;  Kriegsschiffe  in  Aussicht  stellte,    über  die  Koerzitivnfaßregeln, 

die  die  Befehlshaber  der  vor  Kreta  vereinigten  Marinestreitkräfte  in  Voraussicht 

dt  SSSSIS^SSE*"  Antwort  ihren  Regierungen  vorschlugen- siehe 

355 


6.  jedes  griechische  Torpedoboot,  welches  in  Schußweite  eines 
Schiffes   kommt,   wird  durch    Kanonen   vertrieben; 

7.  wenn  nötig,  wird  der  Telegraph  von  Syra  gewaltsam  besetzt; 

8.  die  Blockade  wird  zur  Folge  haben,  daß  die  Zahl  der  zum 
Schutze  der  Küstenstädte  auf  Kreta  verfügbaren  Schiffe  vermindert  wird. 
Daher  wird  gebeten,  daß  jede  Macht  600  Soldaten  bereithält,  um  diesen 
Schutz  zu  unterstützen. 

Kapitän  zur  See  Koellner  fügt  hinzu,  daß  er  präzisere  Ab- 
machungen nicht  erreichen  konnte,  die  Verteilung  der  Schiffe  noch 
ausgearbeitet  wird,  „Kaiserin  Augusta"  bei  den  Admiralschiffen  ver- 
bleibt. 

Ich  habe  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  hierüber  Meldung  erstattet. 

Der  Kommandierende  Admiral 
Im  Auftrage 
Baran  do  n 

Nr.  3176 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Kommandierenden  Admiral  von  Knorr 

Konzept 
Geheim  Berlin,   den   6.   März   1897 

Ew.  pp.  beehre  ich  mich  ganz  ergebenst  davon  in  Kenntnis  zu 
setzen,  daß  ich  nach  eingeholter  Zustimmung  des  Herrn  Reichskanzlers 
Seiner  Majestät  dem  Kaiser  und  Könige  heute  über  den  Inhalt  des 
geneigten  Schreibens  Euerer  Exzellenz  vom  heutigen  Tage,  betreffend 
die  Vorschläge  der  vor  Kreta  kommandierenden  Offiziere*,  Vortrag 
gehalten  habe. 

Seine  Majestät  haben  allerhöchstsich  mit  diesen  Vorschlägen  ein- 
verstanden erklärt  und  zu  bestimmen  geruht,  daß  dem  Kommandanten 
von  S.  M.  S.  „Kaiserin  Augusta"  hiervon  mit  dem  Bemerken  Kenntnis 
gegeben  werde,  daß  derselbe  nach  Maßgabe  dieser  Vorschläge  zu 
verfahren  habe,  sobald  auch  den  übrigen  kommandierenden  Offizieren 
seitens  ihrer   Regierungen   entsprechende  Weisung  zugegangen   sei**. 

Bezüglich  der  Bereitstellung  von  600  Soldaten  zum  Schutze  der 
Küstenstädte  in  Kreta  haben  Seine  Majestät  geäußert,  daß  solche  nicht 
zur  Verfügung  ständen  und  daher  deren  Entsendung  diesseits  nicht 
ins   Auge  gefaßt  werden   könne.    Wie  ich  zu   Ew.   pp.  streng  ver- 


*  Siehe  Nr.  3175. 

**  Auch   russischer-  und  österreichischerseits  wurde  das  „Programm  der  Admi- 

rale"   pure   angenommen,   französischerseits   unter  der   Voraussetzung,   daß   alle 

Mächte    zustimmten.     Über    die    englische    Stellungnahme    siehe    das    folgende 

Schriftstück. 

356 


traulicher  Kenntnis  bemerke,  habe  ich,  nachdem  in  dem  Vorschlage 
der  kommandierenden  Offiziere  zunächst  nur  von  einem  „ Bereitstellen" 
der  600  Mann  die  Rede  ist,  vorderhand  Abstand  genommen,  den  übrigen 
beteiligten  Regierungen  gegenüber  diesen  Punkt  zu  erwähnen,  um  nicht 
durch  Reserven  unsererseits  das  Einvernehmen  der  Mächte  gleich  zu 
Beginn  einer  etwaigen  Aktion  zu  gefährden. 

Für  den  Fall,  daß  es  zu  einer  Blockade  des  Piräus  kommen 
sollte,  haben  Seine  Majestät  allerhöchstsich  damit  einverstanden  er- 
klärt, daß  alsdann  S.  M.  S.  „Kaiserin  Augusta"  sich  bei  dieser  Blockade 
beteilige,  nachdem  vorher  das  in  Kanea  gelandete  Detachement  wieder 
an  Bord  genommen  worden  sei.  Bei  diesem  Anlasse  stellten  Seine 
Majestät  zur  Erwägung,  ob  vielleicht  ein  Detachement  von  einigen 
Mann  mit  der  Flagge  in  Kanea  verbleiben  solle.  Die  Entscheidung 
hierüber  darf  ich  dem  Ermessen  Ew.  pp.  ganz  ergebenst  anheimstellen. 

Marschall 

Nr.  3177 

Der  Botschafterin  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  56  London,  den  8.  März  1897 

Lord  Salisbury,  welcher  mich  schließlich  noch  heute  abend  empfan- 
gen hat,  sprach  sich  im  allgemeinen  dahin  aus,  daß  es  sich  nach  seiner 
Ansicht  als  praktisch  empfehlen  würde,  mit  der  Blockade  der  Insel 
Kreta1  den  Anfang  zu  machen,  was  nicht  verhindern  würde,  die 
Blockade  der  griechischen  Häfen  folgen  zu  lassen2,  sobald  sich  dies 
als  wünschenswert  herausstelle.  Wenn  die  .anderen  Mächte  diese  An- 
sicht teilten,  so  könne  er  in  dem  Programm  der  Admirale  kein  Hinder- 
nis sehen,  diesen  Weg  einzuschlagen;  denn  es  handele  sich  dabei 
nicht  um  formelle  Vorschläge,  sondern  um  eine  von  russischer  Seite 
angeregte  Äußerung  fachmännischer  Ansichten,  welche  die  Re- 
gierungen  sich   nicht  gleich   in   allen   Punkten   anzueignen   brauchten. 

Als  ich  dem  Minister  entgegenhielt,  daß  eine  englischerseits  an- 
geregte Beschränkung  der  Aktion  auf  Blockade  von  Kreta  nicht  nur 
die  Griechen  ermutigen,  sondern,  wie  ich  ihm  nicht  verheimlichen 
wolle,  in  Europa  den  Eindruck  hervorrufen  würde,  daß  England  vor 
allem  griechische  Sympathien  betätigen  wolle3,  erwiderte  mir  Lord 
Salisbury,  daß  dies  keineswegs  bei  ihm  zutreffe,  und  daß  er  nament- 
lich keine  besondere  Sympathie  für  Griechenland  hege.  Er  würde 
daher,  wenn  die  anderen  Mächte  dies  wollten,  an  seinem  rein  prak- 
tischen Standpunkt  nicht  eigensinnig  festhalten  und  sich  namentlich 
nicht  von  den  anderen  trennen. 

Streng  vertraulich  fügte  Lord  Salisbury  hinzu,  ich  könne  über- 
zeugt sein,  daß  das  Mißtrauen,  welches  man  auf  dem  Kontinent  gegen 

357 


ihn  hege,  durch  nichts  begründet  sei:  er  wolle  weder  den  Griechen  helfen, 
noch  eigene  Zwecke  verfolgen,  er  kenne  aber  seine  Landsleute  und 
wisse,  daß  er,  wenn  er  jetzt  zu  schnell  und  zu  heftig  vorgehen  wolle, 
die  öffentliche  Meinung,  die  sich  in  bezug  auf  Griechenland  bereits 
kalmiert  habe,  wieder  im  höchsten  Grade  aufregen  und  gegen  sich 
haben  würde4.  Unser  Zweck  sei  und  bleibe  derselbe,  und  er  habe  nur 
den  einen  Wunsch,  daß  ihm  eine  etwas  langsamere  Gangart  gestattet 
würde5. 

Inzwischen  hat  Rußland  hier  wieder  eine  neue  Proposirion  ge- 
macht, welche  aber  von  St.  Petersburg  abgegangen  war,  ehe  dort 
das  Programm  der  Admirale  bekannt  sein  konnte.  Hauptpunkt  der- 
selben anscheinend  Zernierung  der  griechischen  Truppen  in  Kreta. 
Lord  Salisbury  hat  dies   ebenfalls  im  Prinzip  akzeptiert. 

Es  wird,  wie  ich  glaube,  jetzt  zunächst  abzuwarten  sein,  ob  Lord 
Salisbury,  nachdem  der  Wortlaut  der  griechischen  Note*  hier  ein- 
gegangen ist,  einen  Versuch  macht,  ein  Verhandeln  mit  Griechenland 
über  irgendeinen  der  darin  enthaltenen  Punkte  zu  befürworten.  In 
diesem  Fall  würde  ich  ihm  nochmals  auf  das  bestimmteste  erklären, 
daß  wir  uns  auf  keine  Verhandlung  mit  Griechenland  einlassen  können6. 
Macht  er  dagegen  keinen  derartigen  Versuch,  so  wird,  wie  ich  glaube, 
angenommen  werden  können,  daß  er  sich  von  den  anderen  Mächten 
nicht  trennen  und  nur  ein  etwas  langsameres  Tempo  einschlagen  will. 

Hatzfeldt 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Die  ist  ja  schon  im  Gange! 

2  i 

3  richtig 

4  hat  er  ja  doch! 

6  wegen  Salisbury  würde  überhaupt,  wenn  es  gegangen  wäre,  gar  keine  Gangart 

angeschlagen  worden  sein!  das  sind  Ausflüchte! 

6  richtig 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Richtig 

Nr.  3178 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  90  Wien,  den  9.  März  1897 

Die  griechische  Antwort**  befriedigt  den  Grafen  Goluchowski  in 
keiner  Weise1.  Er  sagte,  daß  man  in  logischer  Konsequenz  des  Ulti- 
matums zu  Zwangsmaßregeln  übergehen  müsse,  jedoch  könne  seine 
Haltung  keine  leitende  sein.    Er  werde  abwarten,   was  die   Kabinette 

*  Vgl.  Nr.  3174,  Fußnote. 
**  Vgl.  Nr.  3174,  Fußnote. 

358 


sagen,  in  erster  Reihe  das  russische.   An  Rußland  sei  es  jetzt,  hervor- 
zutreten1,  nachdem   es  doch   einmal   die  Führung  übernommen  habe. 

Eulenburg 

Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 
1  Richtig 


Nr.  3179 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Privat  für  Baron  von  Holstein.  London,  den  9.  März  1897 

Die  hier  wieder  eingetretene  größere  Abneigung  gegen  sofortige 
und  energische  Aktion  gegen  Griechenland  ist  nach  meiner  Über- 
zeugung zum  nicht  geringen  Teile  auf  die  Haltung  Frankreichs  zurück- 
zuführen, und  die  Entscheidung  liegt  deshalb  meines  Erachtens  in 
St.  Petersburg.  Bleibt  man  dort  fest  und  besteht  in  Paris  auf  gleichem 
Verfahren,  so  wird  Frankreich  vor  die  ihm  höchst  unbequeme  Aussicht 
gestellt,  sich  von  Rußland  zu  trennen  und  außerdem  eine  noch  größere 
Annäherung  zwischen  Rußland  und  Deutschland  selbst  herbeizuführen. 

Es  wird  jetzt  offenbar  eine  gewisse  Zeit  vergehen,  bis  sich  die 
Situation  klärt  und  zu  übersehen  ist,  ob  noch  eine  Einigung  der 
Mächte  zustandekommt  oder  nicht.  Wir  müssen  dies,  wie  ich  glaube, 
wenigstens  eine  Zeitlang  abwarten,  indem  wir  gleichzeitig  an  dem 
Standpunkt  festhalten,  daß  wir  uns  auf  keine  Verhandlung  mit  Griechen- 
land einlassen  werden.  Ein  einseitiges  Vorgehen  der  Drei-Kaiser- 
Mächte  scheint  mir  abgesehen  von  der  geringen  Aussicht  auf  Erfolg 
an  Ort  und  Stelle  schon  deshalb  nicht  wünschenswert,  weil  es  zum 
europäischen   Kriege  führen   kann. 

Lord  Salisbury  hofft  offenbar  und  mehr  denn  je,  daß  Griechenland 
doch  noch  einlenken  wird.  Er  wiederholte  mir  gestern  zweimal:  „La 
Grece  demande  encore  un  coup  de  pieds  pour  ceder."  Als  solchen 
betrachtet  er  die  Blockade  von  Kreta,  und  es  ist,  wie  die  Dinge 
liegen,  wohl  möglich,  daß  Frankreich  und  Italien  dafür  leichter  zu 
haben  sind  als  für  eine  gleichzeitige  Aktion  gegen  die  griechischen 
Häfen. 

Am  Schluß  unserer  gestrigen  Unterhaltung  sagte  ich  Lord  Salis- 
bury, daß  ich  ihm  den  voraussichtlichen  ungünstigen  Eindruck  seiner 
Äußerungen  in  Berlin  nicht  verheimlichen  könne  und  nicht  verstände, 
weshalb  er  nicht  wenigstens  Sir  Frank  Lascelles  beauftrage, 
die  Beweggründe  seines  Verhaltens  dort  vertraulich  und  offen  zu 
erklären.  Er  zeigte  sich  damit  einverstanden,  und  Sie  haben  also  wohl 
den  Besuch  von  Sir  Frank  Lascelles  zu  erwarten,  mit  dem  Sie  ganz 
offen   reden  können.  Hatzfeldt 

339 


Nr.  3180 

Der  Botschafter  in  Paris  Graf  Münster  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   50  Paris,   den   10.   März   1897 

Herr  Hanotaux  sagt  mir,  er  halte  ganz  fest  an  dem  Einvernehmen 
der  Mächte  und  werde  die  Koerzitivmaßregeln  nach  Vorschlag  der 
Admirale  ausführen,  da  es  von  allen  Mächten  geschehe.  Er  habe  noch 
keinen  Anhalt  dafür,  wie  weit  das  geschehen  werde,  fürchte  aber, 
daß  England  den  blocus  von  Piräus  nicht  mitmachen  wolle,  und  höre 
von  Berlin  aus,  daß  auf  ein  deutsches  Kontingent  von  600  Mann 
schwerlich  zu  rechnen  sei.  Sollten  dadurch  die  Vorschläge  der  Ad- 
mirale etwas  modifiziert  werden,  so  hoffe  er  doch,  daß  es  gelingen 
könne,  über  wirksame  Mittel  sich  zu  verständigen,  um  Griechenland 
zu  zeigen,  daß  die  Mächte  ihren  Willen  durchzusetzen  entschlossen 
seien.   Es  müsse  das  aber  so  bald  als  möglich  geschehen1. 

Herr  Hanotaux  rechnet  sicher  auf  die  Majorität  der  Kammer, 
wünscht  aber,  die  jetzige  den  Griechen  feindliche  Stimmung  zu  benutzen. 

Münster 

Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 
1  Ja 

Nr.  3181 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  69  St.  Petersburg,  den   11.  März  1897 

Graf  Murawiew  hat  heute  ein  neues  Zirkular  erlassen*,  betreffend 
Stellungnahme  der  Mächte  der  griechischen  Antwort  gegenüber.  Er 
nimmt  zunächst  Akt  von  der  griechischen  Bereitwilligkeit  der  Zurück- 
ziehung der  Schiffe,  was  die  nicht  zugegebene  Evakuation  der  grie- 
chischen Truppen  anlangt,  so  schlägt  er  vor1,  um  diese  zu  ermöglichen 
und  die  Ordnung  zu  halten,  daß  jede  Macht  ein  Kontingent  schicke, 
welches  zusammen  etwa  9000  Mann  ausmache2.  Wie  er  mir  ver- 
traulich hinzufügte,  habe  er  nach  Berlin  und  Paris  den  besonderen 
Vorschlag  gemacht,  daß  Frankreich  und  Italien  delegiert  würden, 
dieses  Kontingent  zu  Zweien  zu  liefern3**.    Beim  Eintreffen  der  Kon- 

*  Siehe  den  Text  des  vom  10.  März  datierten  Zirkulars  im  englischen  Blaubuch 
und  daraus  in  „Das  Staatsarchiv",  Bd.  62,  S.  149. 

**  Auch  Graf  Goluchowski  hatte  schon  am  8.  März  gegenüber  Graf  Eulenburg 
eine  Mandatserteilung  entweder  an  Italien  und  Frankreich  oder  auch  an  Rußland 
und  England  angeregt. 

360 


tingente  würden  die  griechischen  und  türkischen  Truppen  entfernt 
werden.  Er  ist  der  Ansicht,  daß  diese  Kontingente  auch  im  Innern 
zur  Verwendung  kommen  könnten.  Graf  Murawiew,  wenn  er  von  der 
bisher  erhofften  Anwendung  äußerster  Zwangsmittel  absteht,  läßt  sich 
dabei  von  der  Idee  leiten,  daß  vor  allem  die  Eintracht  der  Mächte 
aufrechterhalten  werden  müßte.  Deshalb,  meint  er4,  müßten  die  drei 
Kaisermächte  den  drei  übrigen  vom  Volkswillen  mehr  abhängigen 
Mächten  durch  mildere  Vorschläge5  entgegenkommen,  wobei  er  haupt- 
sächlich wohl  die  Schonung  des  Herrn  Hanotaux  im  Auge  haben  wird5. 
Von  neuem  fällt  mir  der  Optimismus  des  Grafen  Murawiew  auf, 
mit  dem  er  auch  heute  wieder  trotz  der  zu  überwindenden  ernsten 
Schwierigkeiten  die  Kretafrage  als  im  Verblassen  befindlich5  darstellte. 
Diese  Äußerungen  des  Ministers,  in  denen  sich  manche  Widersprüche 
und  Unklarheiten  dokumentieren,  lassen  mich  vermuten,  daß  er  be- 
strebt ist,  durch  eine  Verkleinerung  der  ganzen  Kretasache  die  Be- 
deutung auch  eines  eventuellen  Zurückweichens  der  Mächte6  in  der 
Frage  abzuschwächen.  So  behauptet  er,  liege  eine  viel  größere  Gefahr 
in  möglichen  Ereignissen  an  der  thessalischen  Grenze,  wiewohl  er  das 
Eingreifen  Bulgariens  und  Serbiens  selbst  bei  Ausbruch  eines  tür- 
kisch-griechischen Krieges  entgegen  seiner  früheren  Behauptung  für 
durchaus  unwahrscheinlich  hinstellt.  Er  denkt  sich  den  Verlauf  so, 
daß  die  Türken  die  Griechen  schlagen,  und  daß  Europa  erst  vor  den 
Mauern   Athens   Halt  gebietet. 

Graf  von  Montebello  *,  den  ich  im  Ministerium  traf,  hatte  ein  Tele- 
gramm von  Herrn  Hanotaux  erhalten,  in  dem  letzterer  besonders 
hervorhob,  daß  das  Einvernehmen  unter  den  Mächten  durchaus  auf- 
rechterhalten werden  müßte7. 

Radolin 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Und   wo   bleibt   die   von    ihm   vorgeschlagne   und   von    allen   im    Prinzip    an- 

genommne  Blockade  des  Piräus?    Das  einzige  was  noch  hilft  nach  ansieht  der 

Admirale? 

8  also  eine  Division 

3  einverstanden 

4  ist  ja  ganz  unglaublich! 

5  i 

6  dann  ziehe  ich  mich  zurück 

7  ja  aber  nicht  auf  Kosten  ihrer  Würde  und  unter  Antreten  eines  Rückzuges  vor 
Griechenland! 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Mit  der  Beauftragung  von  Italien  und  Frankreich  einverstanden.  Aber  unter 
dem  Hinzufügen,  daß  wir  als  selbstverständlich  erwarteten,  daß  mit  dem  Ein- 
treffen der  Besatzungstruppen  umgehend  die  Marine  Mannschaften  eingeschifft 
und  zur  Blockade  des  Piräus  übergegangen  wird,  falls  die  Griechischen  Truppen 
nicht  zurückgezogen  werden. 


*  Französischer  Botschafter  in  St.  Petersburg. 

361 


Nr.  3182 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes'  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Petersburg  Fürsten   von  Radolin 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 
Nr.   97  Berlin,   den   11.   März   1897 

Seine  Majestät  der  Kaiser  hat  zu  Ew.  Telegramm  Nr.  69* 
Randvermerke  gemacht,  welche  keinen  Zweifel  über  die  Absicht  lassen, 
sich  von  der  Aktion  der  Mächte  zurückzuziehen,  sobald  diese  einem 
Zurückweichen   vor   Griechenland  ähnlich   sieht. 

Ew.  wollen  vorstehendes  vertraulich  zur  Kenntnis  des  Grafen 
Murawiew  bringen  zu  dessen  rechtzeitiger  Orientierung. 

Marschall 

Nr.  3183 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin 

Telegramm.  Konzept 

Nr.   95  Berlin,   den    11.   März   1897 

Zu  sofortiger  Verwertung. 

Der  russische  Botschafter  teilte  mir  mit,  daß  die  französische 
Regierung  in  Petersburg  erklärt  habe,  sie  würde  zu  sofortigen  Zwangs- 
maßregeln bereit  sein,  stoße  sich  jedoch  daran,  daß  Deutschland  ab- 
gelehnt habe,  die  von  den  Admiralen  geforderten  600  Soldaten  nach 
Kreta  zu  senden.  Tatsächlich  hat  die  deutsche  Regierung,  um  nicht 
die  Einigkeit  der  Mächte  wegen  eines  Nebenpunktes  zu  stören,  das  ganze 
Programm  der  Admirale  angenommen,  ohne  einen  Punkt  auszunehmen. 
Allerdings  haben  wir  Zweifel  an  dem  praktischen  Nutzen,  den  jene 
sechs  kleinen  Trupps  würden  haben  können.  Wir  halten  die  von 
Rußland  vorgeschlagene  Mandatserteilung  an  irgendwelche  zwei  Mächte 
für  den  allein  richtigen  Modus  zur  Erledigung  der  Pazifikationsfrage. 

Übrigens  sind  die  Maßnahmen  für  die  innere  Pazif ik'ation 
der  Insel  zwar  auch  eilig,  um  den  fortgesetzten  Metzeleien  Einhalt 
zu  tun;  sie  sind  aber  im  Interesse  des  europäischen  Friedens  nicht 
so  unmittelbar  dringend  wie  die  Zwangsmaßregeln  zur  Be- 
seitigung der  von  Griechenland  drohenden  Gefahren. 
Denn  nach  unseren  neuesten  Nachrichten  ist  angesichts  der  Untätig- 
keit der  Mächte  der  Übermut  der  Griechen  in  den  letzten  Tagen  er- 
heblich gewachsen,  und  man  beschäftigt  sich  in  Athen  ernstlich  mit 
dem   Gedanken,   nunmehr  auch   im    Norden   die   türkische   Grenze   zu 

*  Vgl.  Nr.  3181. 

362 


überschreiten.  Die  Zvvangsmaßregeln  gegen  Griechenland  müssen  also, 
wenn  sie  noch  nützen,  den  Frieden  erhalten  und  den  Triumph  der  eng- 
lischen Diplomatie  verhindern  sollen,  unverzüglich  zur  Ausführung 
kommen.  Die  Annahme  des  englischen  Vorschlages,  daß  griechische 
Truppen  als  „Polizei"  in  Kreta  bleiben  sollen*,  würde  die  Mächte, 
wenigstens  diejenigen,  welche  nicht  als  Anhänger  Englands  gelten, 
dem   Gelächter  Europas  aussetzen. 

Marschall 

Nr.  3184 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  11.  März  1897 

Der  englische  Botschafter  teilte  mir  heute  vertraulich  ein  Tele- 
gramm Lord  Salisburys  an  den  englischen  Botschafter  in  St.  Peters- 
burg mit  des  Inhalts: 

Angesichts  der  Schwierigkeiten,  welche  die  Pazifikation  Kretas 
biete,  sei  die  Frage  zu  erwägen,  ob  es  nicht  nützlich  sei,  einen  Teil 
der  griechischen  Truppen  auf  der  Insel  zu  belassen  und  sie  unter 
dem  Kommando  der  fremden  Offiziere  als  Polizei  zur  Wiederherstellung 
von  Ruhe  und  Ordnung  zu  benutzen.  Der  Vorschlag  empfehle  sich 
einmal,  um  die  griechische  Eigenliebe  zu  schonen,  sodann  aber,  weil 
es  für  die  Mächte  schwierig  sein  würde,  eine  genügende  Truppen- 
zahl auf  der  Insel  zu  versammeln,  um  eine  vollkommene  Pazifizierung 
durchzuführen. 

Ich  erklärte  dem  Herrn  Botschafter,  daß  ich,  auch  ohne  erst  nähere 
Instruktionen  einzuholen,  mich  für  ermächtigt  halte,  diesen  Vorschlag 
als  für  die  Kaiserliche  Regierung  nicht  annehmbar  zu  bezeichnen1.  Es 
sei  eine  von  allen  kommandierenden  Offizieren  der  Großmächte  fest- 
gestellte Tatsache,  daß  gerade  das  Erscheinen  griechischer  Truppen 
auf  der  Insel  die  dort  bestehende  Anarchie  vermehrt  habe2,  daß  diese 
Truppen  ein  Element  der  Unordnung  und  ein  Signal  zur  Verübung 
von  Massakers  geworden  seien.  Unter  diesen  Umständen  auch  nur 
einen  Teil  der  griechischen  Truppen  dort  zu  belassen  und  sie  zur 
Herstellung  der  Ordnung  zu  verwenden,  erscheine  mir  so  unpraktisch 
wie  möglich,  denn  es  sei  mit  Sicherheit  anzunehmen,  daß  die  Insur- 
genten in  der  fortdauernden  Anwesenheit  der  griechischen  Truppen 
und  in  der  Genehmigung  dieser  Anwesenheit  seitens  der  Mächte  eine 


*  Lord  Salisbury  hatte  diesen  Vorschlag  in  einer  Unterredung  mit  Graf  Hatz- 
feldt  vom  10.  März  entwickelt;  siehe  darüber  den  mit  Salisbury  vereinbarten 
Bericht  des  Botschafters  vom  10.  März  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.  151. 
Vgl.  auch  das  folgende  Schriftstück. 

363 


weitere  Ermutigung  erblicken  müßten  und  damit  der  endliche  Erfolg 
der  Pazifizierung  ernstlich  in  Frage  gestellt  würde.  Die  Kaiserliche 
Regierung  sei  umgekehrt  der  Ansicht,  daß  die  Anwendung  der  an- 
gedrohten Koerzitivmaßregeln,  in  deren  vorderster  Reihe  die  Ent- 
fernung aller  griechischen  Truppen2  von  der  Insel  stehe,  die  notwen- 
dige Voraussetzung  für  die  Pazifizierung  bilde,  und  daß  es  hohe  Zeit 
sei,  die  angedrohten  Koerzitivmaßregeln  sofort  und  in  vollem  Umfange 
ins  Werk  zu  setzen.  Zur  Bestätigung  dieser  Auffassung  bezog  ich 
mich  auf  das  gestrige  Telegramm  des  Gesandten  Baron  Plessen,  wonach 
das  Ausbleiben  der  angedrohten  Koerzitivmaßregeln  der  griechischen 
Kriegslust   neue   Nahrung  zugeführt  habe*. 

Marschall 


Bemerkung    Kaiser   Wilhelms    II.    am    Kopfe    einer    Abschrift   des    Schriftstücks: 
Einverstanden   12/HI.  97.    W. 
Randbemerkungen  des  Kaisers  auf  der  Abschrift: 

1  Richtig 

2  ja 

Nr.  3185 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm.    Konzept  von  der   Hand   des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.   113  Berlin,  den   12.   März  1897 

Der  russische  Admiral  vor  Kreta  hat  nunmehr,  wie  Graf  Osten- 
Sacken  mitteilt,  den  kaiserlichen  Befehl  erhalten,  ohne  weitere  Rück- 
frage zur  Blockade  der  griechischen  und  kretensischen  Häfen  vorzugehen, 
sobald  die  anderen  kommandierenden  Offiziere  gleiche  Ermächtigung 
erhalten.  Unser  Schiffskommandant  ist  bereits  in  gleichem  Sinne  in- 
struiert**.   Lord  Salisbury  hat  dem  Grafen   Hatzfeldt  gegenüber  eine 


*  Auch  die  russische  Regierung  lehnte  den  englischen  Vorschlag  einer  Ver- 
wendung der  griechischen  Truppen  in  Kreta  als  Polizeitruppe  ab,  worauf  Lord 
Salisbury  erklärte,  auf  diesen  Punkt,  der  ohnehin  nur  ein  hingeworfener  Ge- 
danke, kein  formeller  Vorschlag  gewesen  sei,  nicht  insistieren  zu  wollen.  Tele- 
gramm Hatzfeldts  Nr.  60  vom  11.  März  1897. 

**  Auch  der  österreichische  Admiral  war  in  gleichem  Sinne  verständigt  worden. 
Wie  der  englische  Botschafter  Sir  F.  Lascelles  Freiherrn  von  Marschall  am 
15.  März  mitteilte,  wäre  auch  der  englische  Admiral  vor  Kreta  angewiesen 
worden,  an  der  Blockade  Kretas  teilzunehmen,  sobald  gleiche  Ordres  für  die 
anderen  Admirale  eingetroffen  seien.  Tatsächlich  wurde  der  griechischen  Re- 
gierung am  18.  März  von  den  Gesandten  der  Großmächte  die  bevorstehende 
Blockade  Kretas  angekündigt,  worauf  die  griechische  Regierung  am  21.  März 
mit  Gegenvorstellungen  antwortete. 

364 


persönliche  Abneigung  gegen  die  Blockade  des  Piräus,  welche  er  als 
nutzlos  bezeichnete,  erkennen  lassen,  dagegen  aber  sich  für  die  Nütz- 
lichkeit der  Blockade  von  Volo  ausgesprochen.  Ich  war  daher  einiger- 
maßen überrascht,  daß  Sir  Frank  Lascelles  heute  hier  nur  von  der 
Blockade  von  Kreta  sprach  und  auf  meine  Frage  erklärte,  sein  Auftrag 
beziehe  sich  nicht  auf  griechische  Häfen. 

Hierbei  kann  italienische  Einwirkung  im  Spiele  sein.  Der  hie- 
sige italienische  Botschafter  ist  beauftragt,  von  einer  Blockade  grie- 
chischer Häfen  abzuraten,  weil  das  eine  punition  de  la  Grece  sein 
würde.  Die  russische  Regierung  ihrerseits,  welche  von  Paris  aus 
erfahren  hat,  daß  England  den  Gedanken  erwägt,  von  seiner  Be- 
teiligung an  der  Blockade  die  Häfen  Griechenlands  auszuschließen, 
verhehlt  nicht  ihr  Mißtrauen  gegen  diesen  Versuch  einer  Sonderstellung, 
und  ich  fürchte,  daß  eventuell  die  ganze  Aktion  hierdurch  in  Frage 
gestellt  werden  könnte. 

Fragen  Sie  Graf  Goluchowski,  ob  er  mit  uns  gemeinsam  in  London 
darauf  hinwirken  will,  daß  Lord  Salisbury  zur  Blockierung,  wenn  auch 
nicht  des  Piräus  so  doch  anderer  griechischer  Häfen,  etwa  Volo 
und  Arta,  durch  englische  Schiffe  neben  anderen  einwilligt. 

Marschall 

Nr.  3186 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  70  St.  Petersburg,  den  12.  März  1897 

Während  Graf  Murawiew  vorgestern,  Mittwoch,  Neigung  zeigte, 
mildere  Saiten  aufzuziehen,  einzig  und  allein,  um  Einvernehmen  aller 
Großmächte  aufrechtzuerhalten,  ist  eine  plötzliche  Wendung  zum 
aktiveren  Vorgehen  bei  ihm  eingetreten,  wahrscheinlich  wohl  infolge 
Hanotaux'  festerer  Sprache.  Er  sagte  mir  gestern,  Donnerstag,  abend, 
daß  er,  von  der  Notwendigkeit  der  Anwendung  der  Koerzitivmaß- 
regeln  durchdrungen,  dem  russischen  Admiral  die  gemessensten  Be- 
fehle habe  zugehen  lassen,  unverzüglich  zu  Zwangsmaßregeln  vor- 
zugehen, sobald  die  anderen  Geschwaderchefs  analoge  Weisungen 
erhalten  haben  würden.  Der  Minister  ist  von  Mißtrauen  gegen  Eng- 
land erfüllt,  glaubt  aber  sicher,  daß  es  sich  der  Beteiligung  an 
bereits  zugesagten  gemeinsamen  Zwangsmaßregeln  nicht  entziehen 
kann.  Die  englischen  Schiffe  nur  bei  der  Blockade  von  Kreta  zu  ver- 
wenden, hält  der  Minister  für  gefährlich,  weil  bei  ihrer  Überzahl 
dann  Parteilichkeit  für  Insurgenten  und  Verfolgung  von  Sonderinteressen 
nicht  ausgeschlossen.  Durchaus  unannehmbar  findet  er  den  englischen 
Vorschlag  der  Anwendung  griechischer  Truppen  als  Polizei. 

365 


Graf  Murawiew  teilt  durchweg  Anschauungen  der  Kaiserlichen 
Regierung,  nämlich  schleunigste  Anwendung  von  Zwangsmaßregeln 
zur  Beseitigung  der  von  Griechenland  drohenden  Gefahr  in  Thessalien 
sei  dringender  als  die  innere  Pazifizierungsaufgabe  der  Insel.  Da 
Frankreich  die  Besetzung  der  Insel  zu  Zweien  abzulehnen  scheine, 
müsse  an  die  Besetzung  durch  Truppen  aller  Großmächte  geschritten 
werden;  er  hoffe,  daß  die  Durchfuhr  russischer  Truppen  durch  die 
Meerengen  auf  Transportschiffen  auf  keine  Schwierigkeiten  stoßen 
werde. 

Graf  Murawiew  ist  nach  wie  vor  besorgt  wegen  des  drohenden 
türkisch-griechischen  Konflikts  an  thessalischer  Grenze,  hat  durch  den 
griechischen  Geschäftsträger  die  griechische  Regierung  für  die  dar- 
aus erwachsende  Gefahr  eindringlich  verantwortlich  gemacht  und  ihm 
erklärt,  daß,  während  die  Kretafrage  eine  internationale  sei,  der  tür- 
kisch-griechische Konflikt  die  Mächte  nichts  angehe  und  zwischen 
beiden  auszutragen  sei.  Die  Mächte  würden  die  Türkei  nicht  ver- 
hindern, ihren  wahrscheinlichen  Sieg  in  Griechenland  auszunutzen, 
auf  Unterstützung  Bulgariens  und  Serbiens  habe  Griechenland  nicht 
zu  rechnen.  Griechenland  müsse  die  Folgen  seiner  aggressiven  Haltung 
allein    tragen. 

Der  Minister  versicherte  mich  nochmals  aufs  entschiedenste,  daß 
Rußland  unter  keinen  Umständen  einem  Zurückweichen  vor  Griechen- 
land  beistimmen   werde. 

Radolin 

Nr.  3187 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  67  London,  den   16.  März  1897 

Als  Ergebnis  der  heutigen  Kabinettssitzung*  hat  mir  Lord  Salis- 
bury  schriftlich  den  Inhalt  eines  Telegramms  mitteilen  lassen,  welches 
noch  heute  an  den  englischen  Botschafter  in  St.  Petersburg**  abgeht 
und  gleichzeitig  den  anderen  Mächten  durch  die  bezüglichen  englischen 
Vertreter  mitgeteilt  werden  soll: 


*  Vor  der  Kabinettssitzung  vom  16.  März  hatte  Lord  Salisbury  mit  dem  öster- 
reichischen, dem  russischen  und  dem  deutschen  Botschafter  Rücksprache  ge- 
nommen und  mit  ihnen  verabredet,  daß  sie  ihm  noch  vor  der  Sitzung  eindring- 
liche Vorstellungen  im  Sinne  einer  wirksamen  Kooperation  Englands  in  Form 
von  Privatbriefen  zustellen  sollten,  mit  deren  Hilfe  der  englische  Premier  den 
Widerstand  seines  Kollegen  zu  überwinden  hoffte.  Das  Privatschreiben  Graf 
Hatzfeldts  vom  16.  März  ist  abgedruckt  im  englischen  Blaubuch  „Turkey" 
und  daraus  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.   153. 

**  Sir  N.  R.  O'Conor.  Den  Wortlaut  des  Telegramms  siehe  in:  Das  Staats- 
archiv, Bd.  62,  S.   154. 

366 


„Die  englische  Regierung  erkennt  an,  daß  die  meisten  Mächte 
den  Vorschlag  der  Verwendung  griechischer  Truppen  für  die  Wieder- 
herstellung der  Ordnung  in  Kreta  verwerfen,  aber  bis  Maßregeln  durch 
die  Mächte  selbst  zu  diesem  Zwecke  ergriffen  sind,  erscheint  die  grie- 
chische Behauptung,  daß  ohne  griechische  Truppen  keine  Mittel  zur 
Herstellung  der  Ordnung  vorhanden  sind,  nicht  unbegründet,  und  es 
ist  schwierig,  Griechenland  dafür  zu  bestrafen,  daß  es  an  dieser  Auf- 
fassung festhält.  Es  ist  daher  unerläßlich,  daß  einige  Maßregeln  zu 
diesem   Zweck   ergriffen  werden. 

Graf  Murawiew  hat  Ihnen  am  10.  d.  Mts.  mitgeteilt*,  daß  er  an 
die  russischen  Vertreter  ein  Zirkular  gerichtet  habe,  welches  die  mili- 
tärische Okkupation  Kretas  namens  der  Mächte  durch  eine  Macht 
von  10—12000  Mann  vorschlage,  daß  Frankreich  und  Italien  zusammen 
diese  Truppenzahl  stellen  könnten,  und  daß  die  Mächte  dann  auf  die 
allmähliche  Zurückziehung  der  griechischen  und  türkischen  Truppen 
bestehen  sollten,  wodurch  sie  den  Vorwand  der  Griechen  für  die  Be- 
lassung ihrer  Truppen  in  Kreta  beseitigen  würden,  daß  die  Berufung 
auf  ein  Plebiszit  auf  großen  Widerspruch  stoßen  würde  und  unter 
den  gegenwärtigen  Umständen  außer  Frage  sei.  Die  englische  Re- 
gierung stimmt  vollständig  dem  vorstehenden  Vorschlag  zu;  sollte 
jedoch  der  Plan  einer  Okkupation  aufgegeben  werden,  so  würde  die 
englische  öffentliche  Meinung  ihr  nicht  gestatten,  sich  an  der  Blockade 
griechischer  Häfen  auf  dem  Festlande  zu  beteiligen.  Deutschland  und 
Österreich  scheine  unwiderruflich  der  Entsendung  einer  größeren  deut- 
schen und  österreichischen  Truppenmacht  abgeneigt  zu  sein.  Aber 
die  englische  Regierung  ist  bereit,  sich  mit  einer  Besetzung  von 
Kreta  einverstanden  zu  erklären  durch  5000  Franzosen  und  5000 
Italiener  oder  durch  10  000  Mann  einer  dieser  Mächte  allein;  oder  mit 
einer  solchen  durch  5000  Russen  und  5000  Engländer  oder  durch 
10  000  Mann  jeder  dieser  Mächte  allein.  Für  den  Fall  einer  Einigung 
über  eine  Besetzung  dieser  Art  wird  die  englische  Regierung,  wenn 
nötig,  sich  einer  Blockade  des  Piräus  anschließen.  Wenn  nicht,  wird 
sie  gezwungen  sein,  sich  auf  eine  Blockade  von  Kreta  allein  zu 
beschränken/'  H  atzfei  dt 

Nr.  3188 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Boschafter  in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.   104  Berlin,  den   17.   März   1897 

Der   englische    Botschafter  hat  hier   heute   die   Antwort   auf   den 

*  Vgl.  Nr.  3181. 

367 


russischen  Vorschlag  vom  10.  d.  Mts.  *  zur  Kenntnis  gebracht.  Lord 
Salisbury  ist  mit  jenem  Vorschlage  einverstanden,  auch  damit,  daß 
Kreta  durch  Frankreich  und  Italien  gemeinsam  besetzt  werde.  Der 
englische  Minister  würde  auch  nichts  gegen  eine  gemeinsame  nis- 
sisch-englische Okkupation  haben,  noch  auch  dagegen,  daß  eine  der 
vier  Mächte  Frankreich,  Italien,  Rußland,  England  allein  Kreta  besetzt. 
Solange  aber  keine  Art  von  Okkupation  vereinbart  und  ins  Werk  gesetzt 
sei,  könne  man  es  den  Griechen  nicht  verdenken,  wenn  sie  ihre 
Truppen  als  ein  Element  der  Ordnung  auf  Kreta  ansähen  und  sich 
weigerten,  dieselben  zurückzuziehen.  Deshalb  werde  England  an  der 
Blockade  griechischer  Häfen  sich  erst  dann  beteiligen,  wenn  man 
in  der  Lage  sein  würde,  den  Griechen  zu  eröffnen,  daß  ihre  Truppen 
auf  der  Insel  überflüssig  seien,  da  eine  oder  zwei  Großmächte,  je 
nachdem,  die  Besetzung  und  Herstellung  der  Ordnung  übernähmen. 
Vorher,  d.  h.  solange  keine  Okkupation  durch  eine  oder  zwei  Groß- 
mächte vereinbart  sei,  werde  England  sich  nur  bei  der  Blockade  von 
Kreta,  nicht  bei  der  von  Griechenland  beteiligen. 

Ich  habe  dem  englischen  Botschafter  geantwortet,  wir  müßten 
zunächst  „prendre  les  ordres  de  Sa  Majeste"  und  würden,  da  es  uns 
ziemlich  gleichgültig  sei,  wer  in  Kreta  Ordnung  mache,  hierbei  in 
erster   Linie   den  Wünschen   unserer   Freunde  Rechnung  tragen. 

Bei  Besprechung  des  Vorstehenden  bitte  ich  dem  Grafen  Murawiew 
zu  sagen,  daß  ich  nicht  wissen  kann,  welche  Punkte  ihm  sympathisch, 
beziehungsweise  welche  von  den  genannten  Mächten  erbötig  sind, 
die  Aufgabe  der  Pazifikation  von  Kreta  zu  übernehmen.  Ich  glaube 
aber,  daß  Graf  Murawiew  die  Überzeugung  mit  mir  teilt,  daß  es 
dringend  erwünscht  ist,  aus  den  englischen  Vorschlägen  irgendetwas 
Durchführbares  herauszusuchen,  um  zu  verhindern,  daß  die  englische 
Diplomatie  auf  Kosten  des  europäischen  Friedens  einen  ungeheuren 
Triumph  feiert. 

Marschall 


Nr.  3189 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   79  St.   Petersburg,  den   17.   März   1897 

Graf  Murawiew  sagt  mir,   als  nächste  Schritte  in  der  Kretafrags 
denke    er   sich   jetzt   die    Proklamation   der   Blockade   von    Kreta   und 


*  Siehe  Nr.  3181. 
368 


zugleich  der  Autonomie  dieser  Insel  seitens  der  Geschwaderchefs. 
Der  russische  Admiral  habe  heute  dahingehende  Instruktion  erhalten. 
Ob  und  in  welcher  Weise  entsprechende  Notifikation  in  Athen  und 
Konstantinopel  zu  erfolgen  habe,  könne  den  Geschwaderchefs  über- 
lassen werden. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  sei  die  Verhinderung  von  Unruhen 
an  der  thessalischen  Grenze.  Da  England  nicht  geneigt  scheine,  an 
einer  Blockade  des  Piräus  sich  zu  beteiligen,  dagegen  die  Blockade 
von  Volo  befürworte,  um  den  Griechen  ihre  Aktionsbasis  zu  entziehen, 
so  habe  er  diesen  auch  ihm  praktisch  erscheinenden  Gedanken  auf- 
gegriffen und  nach  London  telegraphiert,  er  stimme  zu,  daß  die  Blockade 
von  Volo  womöglich  sofort  und  als  prophylaktische  Maßregel  unab- 
hängig von  den  übrigen  Zwangsmaßregeln  durchgeführt  werde. 

Herrn  von  Nelidow  habe  er  heute  angewiesen,  sich  mit  denjenigen 
seiner  Kollegen,  deren  Staaten  Militärattaches  in  Athen  unterhielten, 
zu  besprechen,  ob  nicht  die  Entsendung  dieser  letzteren  nach  Volo 
und  an  die  griechisch-türkische  Grenze  als  Sicherheitsmaßregel  an- 
gezeigt erschiene. 

Radolin 


Nr.  3190 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  80  St.  Petersburg,  den  17.  März  1897 

Bezüglich  Durchführung  der  Pazifizierung  und  weiteren  Gestaltung 
der  Dinge  auf  Kreta  ist  Graf  Murawiew  der  Ansicht,  daß,  nachdem 
Besetzung  der  Insel  durch  Delegierung  von  Italien  und  Frankreich 
am  Widerstand  letzterer  Macht  gescheitert,  gemeinsame  Okkupation 
in  der  Weise  stattfinden  könne,  daß  zunächst  die  jetzt  von  Marine- 
mannschaften besetzten  Punkte  von  den  allseitig  konzedierten  je  600 
Soldaten  okkupiert  würden,  um  den  Flotten  Aktionsfreiheit  wieder- 
zugeben. Dann  hätte  jede  Macht  weitere  1000  Mann  zu  entsenden, 
mit  denen  die  eigentliche  Pazifizierung  der  Insel  vorgenommen  werden 
könnte.  Die  Kosten  könnten  repartiert  werden.  Aufgabe  der  Bot- 
schafter in  Konstantinopel  sei  es  dann,  einen  Plan  für  die  Autonomie 

zu   entwerfen,  pp.*. 

Radolin 


*  Der  Rest  des  Telegramms  handelt  von  der  Frage  der  Einsetzung  eines  üencral- 
gouverneurs  für  Kreta,  die  erst  später  akut  wurde. 

24    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  369 


Nr.  3191 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Geschäftsträger 
in  Petersburg  von  Tschirschky 

Telegramm.  Konzept 
Nr.   106  Berlin,  den  18.  März  1897 

Antwort  auf  Telegramme  Nr.  80  und  79*. 

Hinsichtlich  einer  Durchführung  der  Pazifizierung  und  weiteren 
Organisation  von  Kreta  stimmen  alle  übrigen  Nachrichten  darin  mit 
der  Auffassung  des  Grafen  Murawiew  überein,  daß  die  von  den  Ad- 
miralen  ursprünglich  bezeichneten  Kontingente  von  je  600  Soldaten 
für  irgendwelchen  praktischen  Zweck  nicht  ausreichend  sind,  daß 
vielmehr  Nachschübe  von  erheblich  größerer,  heute  noch  nicht  genau  an- 
zugebender Stärke  erforderlich  sein  würden,  um  diese  Aufgabe  zu 
Ende   zu  führen. 

Wir  haben  vom  ersten  Anfang  dieser  Krisis  an  unentwegt  an  dem 
Bestreben  festgehalten,  die  Sache  des  europäischen  Friedens,  als  deren 
Hauptvertreterin  wir  in  diesem  Falle  die  russische  Politik  ansehen, 
nach  Möglichkeit  zu  fördern.  Wir  haben  deshalb  auch  jenen  Vor- 
schlag der  Sendung  von  600  Soldaten  nicht  abgelehnt,  obschon  dieser 
Entschluß  nicht  nur  wegen  der  Tradition  unserer  Nichteinmfschungs- 
politik,  sondern  auch  wegen  der  ganzen  Organisation  unserer  Wehr- 
kraft ein  schwerer  war  und  an  sehr  maßgebenden  militärischen  Stellen 
auf   Widerstand   stieß. 

Aber  nachdem  jetzt  feststeht,  daß  außer  jenen  600  Mann  noch 
Nachschübe  in  infinitum  erforderlich  sein  würden,  übersteigt  jene  An- 
forderung das  äußerste  Maß  dessen,  was  die  Regierung  Seiner  Maje- 
stät des  Kaisers  dem  Inlande  gegenüber  würde  vertreten  können.  Auf 
Deutschlands  Mitwirkung  bei  diesen  Truppensendungen  wird  danach 
also  nicht  weiter  zu  rechnen  sein.  Ich  zweifle  auch,  daß  Österreich- 
Ungarn  geneigt  sein  wird,  über  das  ursprüngliche  Maß  von  600  Mann 
hinaus  sich  zu  verpflichten.  Die  hieraus  sich  ergebende  Ungleich- 
heit der  Beteiligung  würde  vielleicht  und  sogar  wahrscheinlich  der 
einen  oder  anderen  unter  den  übrigen  Mächten  einen  plausiblen  Anlaß 
geben,  um  sich  von  der  ganzen  Aktion  zurückzuziehen.  Bei  dieser 
Sachlage  bietet  der  Plan  der  Pazifizierung  von  Kreta  durch  Kontin- 
gente aller  Mächte  ein  ziemlich  sicheres  Mittel,  um  dem  bisher  mühsam 
erhaltenen  europäischen  Konzert  ein  Ende  zu  machen.  Um  dieser 
Gefahr  zu  begegnen,  bleibt  nur  übrig  die  Verständigung  über  den 
zuerst  von  Graf  Murawiew  angeregten,  dann  von  Lord  Salisbury  weiter 
entwickelten  Plan  einer  Okkupation  Kretas  durch  zwei  Mächte  oder 
durch  eine  einzelne  Macht.  Sollte  diese  Verständigung  nicht  zu  er- 
reichen sein,  so  steht  Europa  großen  Gefahren  gegenüber. 

*  Siehe  Nr.  3190  und  Nr.  3189. 
370 


Ew.  pp.  wollen  das  Vorstehende  in  Umstellung  dem  Grafen  Mura- 
wiew  vorlesen  und  ihm  noch  dazu  sagen,  daß  nach  einer  ganz  zu- 
verlässigen Privatmitteilung  Lord  Salisbury  nächste  Woche  nach  der 
Riviera  reist  und  damit  zeitweilig  aus  dem  englischen  Kabinett  der- 
jenige Faktor  ausscheidet,  welcher  bisher  das  Zusammengehen  mit 
den  Kontinentalmächten  befürwortet  hat.  Nach  der  Abreise  des  Pre- 
miers würde  voraussichtlich  eine  Verständigung  noch  schwieriger 
werden. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3192 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  H  atzfei  dt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  69  London,  den  17.  März  1897 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  68*. 

Lord  Salisbury,  welchen  ich  heute  nur  kurze  Zeit  sprechen  konnte, 
sprach  sich  sehr  offen  über  die  gestrige  Konseilsitzung  und  das  Er- 
gebnis derselben  aus.  Diejenigen  Minister,  die  wie  Goschen,  Balfour 
und  mehrere  andere  griechische  Sympathien  hätten,  wären  auch  dies- 
mal unerschütterlich  geblieben,  und  er  hätte  dagegen  nicht  aufkommen 
können.  Der  prinzipielle  Standpunkt  dieser  Herren,  die  von  auswär- 
tiger Politik  sehr  wenig  verständen,  und  mit  welchen  er  schon  längst 
zu  kämpfen  habe,  sei  der,  daß  England  sich  an  keinerlei  Maßregel 
beteiligen  dürfe,  welche  hier  als  eine  tatsächliche  Unterstützung  der 
Türkei  ausgelegt  werden  könnte. 

In  bezug  auf  seine  gestrige  Depesche  nach  St.  Petersburg**  bemerkte 
er  auf  meine  Frage,  wie  das  im  vorletzten  Satz  des  diesseitigen  Tele- 
gramms Nr.  67***  enthaltene  „wenn  nötig"  aufzufassen  sei,  damit 
sei  durchaus  nicht  gemeint,  daß  England  sich  unter  Umständen  die 
Entscheidung  über  die  Notwendigkeit  der  Blockade  des  Piräus  noch 
vorbehalten  wolle.  Wenn  die  Mächte  sich  über  eine  der  von  ihm 
vorgeschlagenen  Alternativen  für  die  militärische  Besetzung  der  Insel 
verständigten  und  die  Griechen  dennoch  nicht  nachgeben  wollten, 
würde    man    hier  bereit    sein,    zur  fraglichen    Blockade   zu   schreiten, 


*  Nach  Telegramm  Nr.  68  vom  17.  März  hatte  Lord  Salisbury  bei  früheren 
Unterredungen  mit  Graf  Hatzfeldt  über  die  Okkupationsfrage  stets  dahin  sich 
ausgesprochen,  daß  weder  von  England  noch  von  Rußland  die  Rede  sein  könne: 
ersteres  würde  unzweifelhaft  von  den  Russen  ausgeschlossen  werden,  und  er 
nehme  an,  daß  England  das  gleiche  in  bezug  auf  Rußland  tun  würde.  An- 
gesichts der  Äußerungen  Salisburys  neigte  der  deutsche  Botschafter  der  Auf- 
fassung zu,  daß  dessen  innerster  Wunsch  dahin  gehe,  selbst  und  allein  ein 
Mandat  zur  Besetzung  zu  erhalten. 

**  Den  Wortlaut  siehe  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.   154. 
*•*  Siehe  Nr    3187. 


24* 


371 


auch  ohne  auf  die  Ausführung  der  militärischen  Besetzung  zu  warten. 
Im  gleichen  Sinne  hat  sich  der  Minister  über  diesen  Punkt  gegen  den 
Grafen    Deym    ausgesprochen. 

Als  ich  nun  auf  die  von  ihm  vorgeschlagenen  Alternativen  überging, 
von  denen  die  zweite  mich  insofern  überrascht  habe,  weil  er  sich 
früher  in  einem  verschiedenen  Sinne  gegen  mich  geäußert,  sagte  Lord 
Salisbury  folgendes:  Er  könne  auch  keine  andere  Erklärung  dafür 
geben,  als  daß  man  eben  nicht  mehr  wisse,  was  man  tun  solle,  und 
deshalb  auf  expedients  zurückgreife;  die  Situation  sei  jetzt  so,  daß 
nach  seinen  Nachrichten  die  Franzosen  und  Italiener  die  Besetzung 
nicht  übernehmen  wollten.  Es  bleibe  also  nichts  übrig  als  Rußland 
und  England.  Auf  meine  Frage,  wie  sich  voraussichtlich  die  hiesige 
öffentliche  Meinung  zu  der  in  seiner  Note  eventuell  in  Aussicht  ge- 
nommenen ausschließlichen  Besetzung  durch  Rußland  stellen  würde, 
erwiderte  der  Minister  zunächst,  daß  dies,  wie  er  glaube,  hier  auf 
keinen  besonderen  Widerspruch  stoßen  würde.  Er  fügte  aber  dann 
hinzu,  er  glaube  nicht,  daß  Rußland  sich  zu  einer  militärischen  Be- 
setzung verstehen  werde,  weder  allein  noch  im  Verein  mit  England, 
und  es  werde  letzterem  dann  nichts  anderes  übrigbleiben,  als  die 
Aufgabe   selbst   zu  übernehmen. 

Als  ich  den  Minister  nochmals  auf  die  nach  den  heutigen  Zeitungen 
sehr  naheliegende  Gefahr  eines  Konflikts  an  der  türkisch-griechischen 
Grenze  aufmerksam  machte  und  daran  die  Frage  knüpfte,  was  nach 
seiner  Meinung  dann  noch  geschehen  könne,  schwieg  er  einen  Augen- 
blick und  sagte  dann:  „Dann  werden  wir  voraussichtlich  Zuschauer 
bleiben." 

Der  französische  Botschafter  hat  heute  nachmittag  eine  sehr  lange 
Unterredung  mit  Lord  Salisbury  gehabt  und,  wie  mir  letzterer  selbst 
erzählte,  die  Ansicht  vertreten,  daß  es  völlig  genüge,  wenn  einige 
der  Mächte  noch  einige  Mannschaften  expedierten,  welche  wie  bis  jetzt 
in  den  Küstenstädten  blieben,  und  daß  weitergehende  Maßregeln  über- 
haupt überflüssig  seien.  Baron  de  Courcel  hat,  wie  es  scheint,  auch  die 
Frage  angeregt,  weshalb  der  Premierminister  nicht  auch  die  Alter- 
native Rußland-Frankreich  vorgeschlagen  habe,  und  Lord  Salisbury 
will  ihm,  wie  er  mir  vertraulich  sagte,  hierauf  erwidert  haben,  daß 
doch   etwas   zu  wenig  Unterschied  zwischen  den  beiden  sein  würde. 

Lord  Salisbury  nimmt  an,  daß  er  in  etwa  drei  Tagen  eine  Ant- 
wort  aus   St.   Petersburg   erhalten   werde. 

Meines  Erachtens  würde  es  sich  jetzt  dringend  empfehlen,  daß  wir 
und  Österreich  in  St.  Petersburg  nach  Kräften  darauf  hinwirken,  daß 
Rußland  sich  entschließt,  die  Besetzung  Kretas  entweder  selbst  zu  über- 
nehmen oder,  wenn  es  dagegen  unüberwindliche  Bedenken  hat,  die 
gemeinschaftliche  Besetzung  mit  England  zu  akzeptieren.  Graf  Mura- 
wiew  wird  für  die  Erwägung  gewisses  Verständnis  haben,  daß  es  dem 
russischen    Interesse    nicht    entspricht,    wenn    Kreta    den    Engländern 

372 


in  die  Hände  fällt,  welche  schwerlich  der  Versuchung  widerstehen 
würden,  sich  dort  einen  neuen  und  starken  Stützpunkt  für  künftige 
Eventualitäten   im   Mittelmeer  zu   schaffen. 

Hatzfeldt 

Nr.  3193 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   70  London,  den   18.   März   1897 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  69*. 

In  einer  längeren  vertraulichen  Unterhaltung,  die  ich  eben  mit 
dem  russischen  Botschafter**  hatte,  sprach  derselbe  sich  zunächst  dahin 
aus,  daß  man  nach  seinem  Gefühl  in  St.  Petersburg  schwerlich  darauf 
eingehen  würde,  Kreta  in  Gemeinschaft  mit  England  oder  auch  allein 
militärisch  zu  besetzen.  Vielleicht  werde  man  nicht  von  vornherein 
entschieden  ablehnen  und  höfliche  Redensarten  machen,  an  eine  Zu- 
stimmung seiner  Regierung  glaube  er  aber  vorläufig  nicht. 

Als  ich  darauf  aufmerksam  machte,  daß  nach  dem  englischen  Vor- 
schlag im  Fall  der  russischen  Ablehnung  dann  die  Eventualität  ein- 
treten würde,  daß  England  sich  zur  militärischen  Okkupation  allein 
bereit  erkläre,  erwiderte  mir  mein  russischer  Kollege  mit  großer  Be- 
stimmtheit, daß  Rußland  dies  unter  keinen  Umständen  zugeben  könne 
und  seine  Ansicht  hierüber  wahrscheinlich  unverblümt  aussprechen 
werde. 

Ich  erwiderte  dem  russischen  Botschafter,  daß  ich  meinerseits  noch 
ganz  ohne  Instruktion  aus  Berlin  sei  und  daher  nur  meine  persön- 
liche Ansicht  aussprechen  könne.  Diese  gehe  dahin,  daß,  wenn  Ruß- 
land nicht  nur  die  gemeinschaftliche  Besetzung  mit  England,  sondern 
auch  die  Besetzung  allein  ablehne,  kein  Mittel  mehr  übrig  bleibe,  die 
Griechen  zum  Rückzug  zu  nötigen  und  einer  Krisis  im  Orient  vor- 
zubeugen, deren  Vermeidung  dem  Interesse  von  ganz  Europa  ent- 
spreche. Herr  von  Staal  stimmte  mir  hierin  vollständig  zu  und  meinte 
dann,  daß  man  sich  in  St.  Petersburg  vielleicht  eher  zur  Besetzung 
entschließen  würde,  wenn  man  sicher  wäre,  daß  man  dabei  auf  die 
Zustimmung  aller  Mächte  rechnen  könnte.  Auf  meine  Frage,  was 
er  sich  dabei  denke,  da  wir  und  Österreich  wohl  zustimmen  würden 
und  England  die  ausschließliche  Besetzung  der  Insel  durch  Rußland 
selbst  als  Alternative  vorgeschlagen  habe,  erwiderte  der  Botschafter, 
daß  es  für  Rußland  nach  seiner  Meinung  von  besonderer  Wichtig- 
keit sein  würde,  auch  darüber  informiert  zu  seinr  daß  Frankreich 
gegen    die    russische    Besetzung    kein    Bedenken    haben    würde.     Als 

*  Siehe  Nr.  3192. 
**  Baron  von  Staal. 

373 


ich  eine  gewisse  Verwunderung  zeigte,  daß  er  an  der  Zustimmung 
der  mit  Rußland  befreundeten  französischen  Regierung  zweifele,  er- 
widerte mein  russischer  Kollege,  daß  es  der  russischen  Regierung 
vielleicht  nicht  erwünscht  sein  würde,  deshalb  in  Paris  anzufragen, 
und  daß  die  Aufgabe,  einen  Entschluß  bezüglich  der  Besetzung  zu 
fassen,  der  russischen  Regierung  vielleicht  erleichtert  werden  würde, 
wenn  die  anderen  Mächte  in  Paris  auf  die  Zustimmung 
Frankreichs   hinwirken   wollten. 

Diese  Äußerung  des  russischen  Botschafters  scheint  mir  insofern 
sehr  bemerkenswert,  als  sie  erkennen  läßt,  daß  schon  heute  kein  Ein- 
verständnis mehr  zwischen  Rußland  und  Frankreich  in  bezug  auf  den 
Orient  besteht,  umsomehr  möchte  ich  es  aber  für  dringend  angezeigt 
halten,  daß  wir  und  Österreich  in  Paris  auf  die  Zustimmung  Frank- 
reichs  zur   militärischen   Besetzung   Kretas   durch   Rußland  hinwirken. 

Der  österreichische  Botschafter,  welchen  ich  eben  gesehen  habe, 
sprach  mir  vertraulich  die  Überzeugung  aus,  daß  Österreich  die  ge- 
meinschaftliche Besetzung  durch  England  und  Rußland  am  liebsten 
sehen,  aber  auch  jeder  anderen  Kombination,  also  auch  der  militäri- 
schen Besetzung  durch  Rußland  allein  zustimmen  würde.  Hiernach 
darf  angenommen  werden,  daß  Graf  Qoluchowski  sich  dazu  verstehen 
würde,  mit  uns  in  Paris  auf  die  Zustimmung  Frankreichs  hinzuwirken. 

Der  russische  Botschafter  ist  telegraphisch  angewiesen  worden, 
hier  nochmals  auf  die  Blockade  von  Volo  hinzuwirken.  Diese  Schwie- 
rigkeit ist  aber  insofern  schon  erledigt,  als  Lord  Salisbury  gestern 
dem  russischen  und  österreichischen  Botschafter  erklärt  hat,  daß  er, 
wenn  eine  Einigung  der  Mächte  auf  Grund  seiner  letzten  Vorschläge 
zustandekomme,  nichts  dagegen  haben  würde,  daß  der  Piräus  durch 
englische  Schiffe  und  Volo  durch  die  Schiffe  anderer  Mächte  gleich- 
zeitig blockiert   würde. 

Nach  einer  heute  dem  österreichischen  Botschafter  zugegangenen 
telegraphischen  Meldung  des  Freiherrn  von  Calice  stehen  heute  80  000 
Mann  Türken  an  der  griechischen  Grenze,  und  die  türkische  Aufstellung 
wird  in   etwa  zwölf  Tagen  vollendet  sein.  H  atzfei  dt 

Nr.  3194 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.  Konzept 

Nr.   122  Berlin,  den   18.   März  1897 

Antwort   auf  Telegramm  Nr.   70*. 

Wir  haben  nach  Eingang  der  letzten  englischen  Mitteilung  zu- 
nächst in   Wien   angefragt,   wie   man  sich   dort  stelle;   die   englischen 


*  Siehe  Nr.  3193. 
374 


Vorschläge,  soweit  sie  die  Okkupation  von  Kreta  durch  zwei  Mächte 
oder  durch  eine  einzelne  Macht  behandeln,  würden  von  unserm 
Standpunkte  aus  alle  ohne  Ausnahme  annehmbar  sein.  Wir  würden 
aber  zunächst  abwarten,  wie  das  befreundete  Wiener  Kabinett  die  Sache 
ansehe.  Gleichzeitig  haben  wir  darauf  hingewiesen,  daß  Österreich, 
wenn  es  sich  etwa  dazu  hergebe,  den  Gedanken  einer  Besetzung 
von  Kreta  durch  Rußland  zurückzuweisen,  damit  vielleicht  schon  einen 
Hauptzweck   des   englischen   Vorschlags   erfüllen   werde. 

Eine  Antwort  ist  aus  Wien  bisher  nicht  eingegangen.  Wir  müssen 
uns  daher,  wie  das  auch  in  dem  Ew.  pp.  unter  Nr.  121  mitgeteilten  Tele- 
gramm nach  Petersburg*  am  Schluß  geschehen  ist,  vorläufigin  allgemeinen 
Redewendungen  bewegen.  Ich  halte  jedoch  die  in  Telegramm  Nr.  70 
wiedergegebene  Auffassung  Ew.  pp.  für  durchaus  zutreffend  und  bitte 
daher,  daß  Sie  auf  den  österreichischen  Botschafter  energisch  ein- 
wirken, um  durch  ihn  das  Wiener  Kabinett  zu  bestimmen,  daß  es  sich 
in  Paris  für  die  Zulässigkeit  der  ausschließlich  russischen  Okkupation 
ausspricht.  Von  hier  aus  wird  das  gleiche  geschehen,  sobald  wir 
wissen,  daß  Wien  sich  in  diesem  Sinne  entschieden  hat.  Frankreich 
wird  seine  Zustimmung  kaum  versagen  können,  wenn  Deutschland 
und  Österreich  zusammengehen,  aber  allerdings  gibt  es  Anzeichen, 
welche  dafür  sprechen,  daß  Frankreich  am  liebsten  die  Okkupation 
durch  alle  Mächte  auf  die  Tagesordnung  setzen  würde,  und  daß  Graf 
Murawiew  auf  diesen  gänzlich  unpraktischen  Gedanken  infolge  einer 
Anregung  von  Paris  aus  zurückgekommen  ist.  Frankreich  verfolgt 
dabei  das  Ziel,  irgendeinen  modus  procedendi  vorzuschlagen,  bei  wel- 
chem Deutschlands  überaus  lästige  Begleitung  endlich  wegfällt.  Durch 
eine  Äußerung  des  Kaisers  zum  italienischen  Botschafter,  welche  über 
Rom  sofort  nach  Paris  telegraphiert  wurde,  haben  die  anderen  Kabinette 
erfahren,  daß  Deutschland,  sobald  es  sich  um  Sendung  von  Land- 
truppen nach  Kreta  handelt,  mit  den  übrigen  Mächten  nicht  gleichen  Schritt 
halten  kann  oder  will.  Diese  Äußerung  war  dann  auch  sofort  von  Paris 
nach  Petersburg  telegraphiert  worden  mit  dem  Zusatz,  daß  das  euro- 
päische Konzert  Gefahr  laufe,  an  dieser  Frage  zu  scheitern.  Hiernach 
ist  der  Grund  klar  erkennbar,  weshalb  Frankreich  gerade  an  diesem 
unbrauchbaren  Projekt  festhält,  welches  allerdings  von  Paris  aus  be- 
trachtet den  doppelten  Vorteil  hat,  Deutschlands  fernere  Beteiligung 
an  der  Aktion  auszuschließen  und  die  unwillkommene  Eventualität 
der  ausschließlich  russischen  Okkupation  zu  beseitigen.  Ich  stelle 
anheim,  ob  und  wie  weit  Ew.  glauben,  das  Vorstehende  auch  beim 
russischen  Botschafter  verwerten  zu  können. 

Marschall 


•  Identisch  mit  Nr.  3191. 

375 


Nr.  3195 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.   123  Berlin,  den   19.   März  1897 

Die  Hauptpunkte  der  eben  eingehenden  österreichischen  Erwide- 
rung auf  die  jüngst  von  hier  angeregte  Besprechung  des  letzten  eng- 
lischen Vorschlags  lauten: 

Eine  Besetzung  Kretas  durch  Frankreich  und  Italien  wäre  dem 
Wiener  Kabinett  sympathisch  gewesen.  Nachdem  dieser  Gedanke  an 
dem  Widerstände  Frankreichs  gescheitert  sei,  bleibe  das  Projekt  einer 
englisch-russischen  Okkupation  übrig.  England  sei  dazu  bereit,  und 
Rußland  werde  seine  Zustimmung  kaum  versagen  können,  da  ja  von 
ihm  der  Gedanke  einer  Pazifikation  zu  Zweien  ausgegangen  sei. 

Der  Gedanke  der  ausschließlich  russischen  Okkupation,  dessen 
Vorzüge  von  hier  aus  betont  worden  waren,  bleibt  unerwähnt.  Von 
hier  aus  werden  wir  diesen  Punkt  zunächst  nicht  von  neuem  in  Wien 
anregen,  was  jedoch  nicht  ausschließt,  daß  Ew.  je  nach  Ihrem 
Ermessen  die  Frage  mit  dem  österreichischen  Botschafter  weiter  er- 
örtern. 

Es  würde  noch  übrig  bleiben  zu  erwägen,  ob  Lord  Salisbury  auf 
Zureden  sich  vielleicht  zu  einer  russisch-französischen  Okkupation  ver- 
stehen würde.  Für  uns  würde  natürlich  die  russisch-englische  durch- 
aus annehmbar  sein,  ob  aber  für  Rußland,  das  werden  Ew.  viel- 
leicht  durch    Herrn  von   Staal   erfahren. 

Schließlich  will  ich  noch  erwähnen,  daß  in  der  österreichischen 
Mitteilung  gesagt  ist,  Österreich  werde  eine  Pazifikation  Kretas  durch 
alle  Mächte  mit  gleichen  Kräften  nicht  mitmachen,  werde  vielmehr 
über  die  ursprünglich  von  den  Admiralen  vorgeschlagene  Sendung  von 
600  Mann  keinesfalls  hinausgehen.  Infolge  dieser  Erklärung  bleibt  die 
Okkupation  durch  eine  Macht  oder  durch  zwei  Mächte  als  einziges 
praktisches  Hülfsmittel  bestehen.  Marschall 

Nr.  3196 
Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   71  London,  den   19.  März  1897 

Vorläufig  zu  Telegramm  Nr.   122*. 

Ich  werde  natürlich  beim  Österreicher  nichts  unversucht  lassen, 
habe  aber  im  ganzen   wenig  Hoffnung  auf  günstige  Entscheidung  in 


*  Siehe  Nr.  3194. 
376 


St.  Petersburg.  Rothschild  sagt  mir  auch  eben,  daß  nach  seinen  Nach- 
richten Graf  Murawiew  bereits  abgelehnt  habe.  Ist  dies  richtig,  oder 
kommt  es  dazu,  so  dürfen  wir  meines  Erachtens  auch  deshalb  noch 
nicht  die  Flinte  ins  Korn  werfen,  wenn  es  sich  darum  handelt,  einen 
europäischen  Krieg  abzuwenden.  Dazu  kann  es  aber  leicht  kommen, 
wenn  Rußland  nicht  nur  die  eigene  Aktion  versagt,  sondern  auch  der 
nach  dem  englischen  Vorschlag  allein  übrig  bleibenden  ausschließlich 
englischen  Aktion  sein  Veto  entgegensetzt.  Es  bleibt  dann  tatsäch- 
lich, so  unerwünscht  dies  wäre,  nichts  anderes  übrig,  als  auf  eine 
gemeinsame,  aber  materiell  wesentlich  verstärkte  Besetzung  der  Insel 
zurückzugreifen,  und  zwar  so,  daß  wir  und  Österreich  uns  auf  die 
angebotenen  600  Mann  beschränken,  Frankreich  und  Italien  ebenfalls 
ihren  Teil  beitragen,  England  und  Rußland  aber  ersucht  werden,  zu 
gleichen  Teilen  gutzumachen,  was  an  den  erforderlichen  10  000  Mann 
fehlt.  Rußland  würde  dies  vielleicht  akzeptieren,  und  ich  hoffe  — 
garantieren  kann  ich  es  bei  den  unglaublichen  Zuständen  im  hiesigen 
Kabinett  nicht  — ,  daß  man  hier  auch  darauf  eingeht  und,  was  die 
Hauptsache  ist,  an  der  Blockade  des  Piräus  festhalten  würde. 

Ich  behalte  diesen  Gedanken  natürlich  ganz  für  mich  pour  ne  pas 
faire  le  jeu  de  la  France,  möchte  aber  doch  anheimstellen,  ihn  schon 
jetzt  in  Erwägung  zu  nehmen. 

Die  Komödie  von  Graf  Murawiew,  welcher  hier  gestern  erklärt, 
daß  er  Volo  annimmt,  nachdem  er  durch  den  englischen  Vorschlag 
längst  weiß,  daß  dies  hier  ausdrücklich  zurückgezogen  und  durch 
den  Piräus  ersetzt  ist,  erscheint  recht  sonderbar  und  ist  kein  Zeichen 
besonderer   Aufrichtigkeit. 

Hatzfeldt 

Nr.  3197 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  73  London,  den  19.  März  1897 

Ich  fand  den  Premierminister  auffallend  mißgestimmt,  und  auf 
meine  Frage  nach  dem  Grunde  erwiderte  er  mir,  daß  alles  schlecht 
gehe.  Graf  Murawiew  habe  ihm  gestern  abend  sagen  lassen,  daß 
er  den  Vorschlag,  entweder  mit  England  zusammen  oder  allein  Kreta 
zu  besetzen,  nicht  annehmen  könne  und  überhaupt  dagegen  sei,  daß 
eine  oder  zwei  Mächte  zu  diesem  Zweck  ein  Mandat  von  Europa  er- 
hielten. Lord  Salisbury  bemerkte  hierzu,  daß  er  jetzt  keinen  Ausweg 
mehr  sehe,  wenn  man  nicht,  auf  den  ebenfalls  von  Rußland  gemachten 
Vorschlag  einer  internationalen  Okkupation,  aber  unter  gleichzeitiger 
Verstärkung  der  dafür  bestimmten  einzelnen  Kontingente,  zurück- 
zugreifen,   als    Basis    für    eine    Verständigung    betrachten    wolle.     Er 

377 


sehe  aber  noch  nicht,  wie  selbst  dies  praktisch  ausführbar  wäre, 
da  wir  und  Österreich  über  sechshundert  Mann  nicht  hinausgehen  woll- 
ten und  noch  nicht  einmal  feststehe,  mit  wieviel  Truppen  Frankreich  und 
Italien   sich  beteiligen  würden. 

Auf  meine  Frage,  wie  er  sich  zu  einer  solchen  Kombination  stellen 
würde,  antwortete  der  Minister,  er  glaube,  daß  man  hier  darauf  ein- 
gehen könnte,  aber  immer  unter  der  Voraussetzung,  daß  England 
sich  nur  an  der  Blockade  des  Piräus  beteiligen,  der  Blockade  von  Volo 
durch  andere  Schiffe  aber  nicht  entgegen  sein  würde. 

Als  ich  schließlich  die  Frage  stellte,  ob  er  eventuell,  falls,  was 
ich  natürlich  nicht  wüßte,  auch  andere  Mächte  diesen  Vorschlag  unter- 
stützten, ihn  ohne  Rückfrage  bei  seinen  Kollegen  amtlich  annehmen 
oder  vorher  noch  eine  Entscheidung  des  Kabinetts  darüber  einholen 
würde,  erwiderte  Lord  Salisbury,  daß  morgen  früh  ein  Ministerkonseil 
stattfinde,  und  daß  er  diese  Gelegenheit  benutzen  werde,  um  sich 
der  Auffassung  seiner  Kollegen  für  alle  Fälle  zu  versichern. 

Hatzfeldt 

Nr.  3198 

Der  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  82  St.  Petersburg,  den  IQ.  März  1897 

Telegramme  Nr.   104  und   106*  vorschriftsmäßig  verwertet. 

Graf  Murawiew  nahm  Akt  von  unserer  Ablehnung,  mehr  (als 
600  Mann  nach  Kreta  zu  entsenden.  Er  bemerkte,  diese  Frage,  in 
der  übrigens  Österreich  die  gleiche  Haltung  einnehme  wie  wir,  er- 
scheine ihm  im  Augenblick  weniger  wichtig  als  diejenige,  Unruhen 
an  der  griechisch-türkischen  Grenze  vorzubeugen.  England,  von  dem 
der  Gedanke  ausgegangen,  Volo  zu  blockieren,  weigere  sich  unter 
nichtigen  Vorwänden  jetzt,  nachdem  dieser  Vorschlag  von  Rußland 
und  den  anderen  Mächten  angenommen  worden  sei,  an  der  Aus- 
führung  desselben   teilzunehmen. 

Die  Bereitwilligkeit  Englands,  einer  Okkupation  Kretas  durch 
zwei  Mächte  zuzustimmen,  sei  in  einem  Augenblick  erfolgt,  als  Eng- 
land wissen  mußte,  daß  eine  solche  nicht  mehr  durchführbar  sei. 
Frankreichs  Ablehnung  mußte  in  London  bekannt  sein,  Deutschland 
und  Österreich  ständen  außer  Betracht,  es  bliebe  also  nur  eine  gemein- 
same Okkupation  durch  England  und  Rußland  übrig.  Daß  Rußland 
einer  solchen  bei  der  Ungleichheit  der  beiderseitigen  Operationsbasen 
(England  mit  Malta  und  Zypern  in  nächster  Nähe,  während  Rußland 


*  Siehe  Nr.  3188  und  Nr.  31Q1. 
378 


die  Erlaubnis  der  Durchfahrt  durch  die  Meerengen  vom  Sultan  für 
jedes  Schiff  erbitten  müsse)  nicht  zustimmen  werde,  habe  man  in 
England  wohl  voraussehen  müssen.  Somit  bliebe  schließlich  nur  die 
Besetzung  Kretas  durch  10000  Mann  englischer  Truppen  übrig,  und 
wenn  England  die  Blockade  von  Volo  jetzt  von  der  vorherigen  Pazi- 
fizierung  und  Besetzung  der  Insel  abhängig  mache,  so  könne  man  den 
Gedanken  nicht  von  der  Hand  weisen,  daß  England  die  einseitige  Be- 
setzung als  Ziel  im  Auge  habe.  Eine  solche  aber  sei  seiner  Ansicht 
nach  „inadmissible". 

Rußland  seinerseits  werde,  obwohl  er  des  Kaisers  Meinung  hier- 
über noch  nicht  eingeholt,  schwerlich  sich  entschließen,  allein  Kreta  zu 
pazifizieren. 

Ohne  England  die  Blockade  von  Volo  durchzuführen,  würde  aber 
kaum  möglich  sein,  weil  in  diesem  Fall  auch  von  Kontinentalmächten 
einige   abschwenken   würden. 

Ein  griechisch-türkischer  Krieg  sei,  falls  Volo  nicht  blockiert  wird, 
wahrscheinlich  und  dessen  Folgen  nicht  zu  übersehen.  Er  habe  in 
Anbetracht  des  Ernstes  der  Sachlage  an  Herrn  von  Staal  telegraphiert, 
eindringlich  dem  englischen  Kabinett  vorzustellen,  welche  Verant- 
wortung es  durch  seine  Haltung  auf  sich  lade,  und  er  habe  heute  früh 
auch  Herrn  O'Conor  gleich  ernste  Vorstellungen  gemacht.  Antwort 
aus  London  sei  noch  nicht  eingetroffen,  und  er  hoffe  noch  immer,  daß 
Lord  Salisbury  sich  in  letzter  Stunde  besinnen  werde. 

Graf  Murawiew  war  sichtlich  in  gedrückter  Stimmung,  und  es 
entfuhr  ihm  im  Laufe  des  Gesprächs,  als  ich  ihn  wiederholt  im  Sinne 
des  Schlußsatzes  Euerer  Durchlaucht  Telegramm  Nr.  104*  darauf  hin- 
wies, daß  man  der  englischen  Diplomatie  den  Triumph  nicht  lassen 
sollte,  das  europäische  Konzert  und  damit  den  Frieden  zu  zerstören, 
die  Bemerkung:  diesen  Triumph  würde  England  wohl  feiern  ,,pourvu 
qu'elle  n'en   aura  pas   d'autres". 

Tschirschky 

Nr.  3199 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Geschäftsträger 
in  Petersburg  von  Tschirschky 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  107  Berlin,  den  20.  März  1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  82**. 

Graf  Murawiew  wird  bereits  durch  den  russischen  Botschafter 
in  Wien  erfahren  haben,  daß  man  sich  dort  von  dem  Plane  der  Pazi- 
fizierung  Kretas  durch  Truppen  aller  Großmächte  ein  günstiges  Er- 

*  Siehe  Nr.  3188. 
**  Siehe  Nr.  3198. 

379 


gebnis  nicht  verspricht.  Es  war  dies  auch  von  Anfang  an  die  eigenste 
Ansicht  unseres  allergnädigsten  Herrn,  welcher  deshalb  dem  Gedanken 
der  Sendung  von  600  Landsoldaten  nach  Kreta  stets  mißtrauisch  gegen- 
überstand. Nachdem  nun  aber  von  allen  Seiten,  auch  von  russischer 
wie  von  englischer,  volle  Übereinstimmung  bekundet  ist  hinsichtlich 
der  Überzeugung,  daß  jene  600  Mann  immer  nur  den  geringeren  Teil 
des  Kontingents  bilden  würden,  welches  Deutschland  bei  fortgesetzt  glei- 
cher Beteiligung  aller  Mächte  für  die  Pazifikation  von  Kreta  zu  leisten 
hätte,  hat  Seine  Majestät  der  Kaiser  gestern  beim  Vortrage  des  Kom- 
mandierenden Admirals  seine  endgültige  Entscheidung  dahin  getroffen, 
daß  jene  600  Mann  nicht  geschickt  werden  sollen.  In  diesem 
Falle  eine  Umstimmung  der  allerhöchsten  Willensmeinung  zu  ver- 
suchen, würde  um  so  schwieriger  sein,  da  letztere  die  Logik 
der  Verhältnisse  für  sich  hat.  Denn  als  wirksames  Kampfmittel 
sind  jene  600  Mann  ungenügend,  als  sichtbarer  Beweis  aber  und 
Demonstration  für  die  fortdauernde  Solidarität  Deutschlands  mit 
der  Aktion  der  übrigen  Mächte  sind  sie  überflüssig;  für  letzteren  Zweck 
sind  50  oder  selbst  15  Matrosen,  welche  die  auf  Kreta  gehißte  deutsche 
Flagge  bewachen,  vollkommen  ausreichend.  Überdies  würde  selbst 
nach  Sendung  der  600  Mann  für  diejenigen  Mächte,  welche  vielleicht 
glauben,  ihre  Sonderzwecke  nach  Sprengung  des  europäischen  Kon- 
zerts leichter  erreichen  zu  können,  ein  genügender  Vorwand  zum 
Abspringen  immer  noch  durch  die  Tatsache  geboten  sein,  daß  außer 
Deutschland  auch  Österreich  die  Forderung  etwaiger  späterer  Nach- 
schübe von  vornherein  ablehnt. 

Unter  diesen  Umständen  erscheint  die  Eventualität  der  Pazifi- 
kation Kretas  durch  eine  Macht  oder  durch  zwei  Mächte  als  die 
aussichtsvollere.  Die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  glaubt  die 
Initiative  positiver  Vorschläge  den  näher  interessierten  Kabinetten  über- 
lassen zu  sollen;  sie  ist  jedoch  gern  erbötig,  solche  Kombinationen, 
welche  der  russischen  Regierung  als  annehmbar  erscheinen,  tunlichst 
durch  Sondierung  oder  Unterstützung  zu  fördern. 

Ew.  pp.  wollen  das  Vorstehende  dem  Grafen  Murawiew  inhaltlich 
mitteilen   oder  umgestellt  vorlesen. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3200 

Der  Vortragende  Rat  im  Auswärtigen  Amt  von  Holstein  an  den 
Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.    Eigenhändiges  Konzept 
Privat  und  ganz  vertraulich  Berlin,  den  20.  März  1897 

Der  Kaiserliche  Geschäftsträger  in  Petersburg*  hat  vom  fran- 
zösischen Botschafter  erfahren,  daß  Graf  Murawiew  die  Ermächtigung 
*  von  Tschirschky. 

380 


vom  Kaiser  nachsuchen  will  für  eine  Zirkularnote,  deren  Hauptpunkt 
der  Vorschlag  sein  würde,  daß  die  vier  von  England  bezeichneten 
Mächte  Rußland,  England,  Frankreich,  Italien  Kreta  gemeinsam  be- 
setzen. 

Ich  sehe  kein  Bedenken.  Wie  denken  Sie?  Die  Vorbedingung 
für  die  griechische  Blockade  wäre  damit  erfüllt.  Höchstens  könnte 
Österreich  empfindlich  sein,  aber  daran  würde  die  Sache  nicht  scheitern, 
denn  Kaiser  Franz  Joseph  hat  bereits  erklärt,  daß  von  den  600  Soldaten, 
die  nach  Kreta  bestimmt  sind,  nicht  ein  Mann  für  die  Pazifikation  oder 
überhaupt  im  Innern  verwandt  werden  soll. 

Holstein 

Nr.  3201 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  47  Wien,  den  20.  März  1897 

Das  letzte  Zögern  Rußlands,  zu  einer  Aktion  zu  schreiten,  ver- 
anlaßte  den  Grafen  Goluchowski  zu  folgenden  Äußerungen:  „Ich  bin 
auf  die  ersten  Vorschläge  Rußlands  sofort  eingegangen  und  habe 
damit  dokumentiert,  daß  ich  gegen  die  Übernahme  der  Führerschaft 
Rußlands  nichts  einzuwenden  hatte.  Ich  erwartete  nach  der  von  Graf 
Murawiew  eingenommenen  Haltung  die  schnelle  und  energische  Aktion, 
welche  zur  Lösung  der  Schwierigkeiten  notwendig  war,  und  die  sich 
logisch  an  die  einzig  richtige  Anregung  Seiner  Majestät  des  Deutschen 
Kaisers  angereiht  hätte.  Statt  dessen  versinkt  alles  ins  Schweigen, 
und  es  taucht  nach  dem  inzwischen  von  England  gemachten  Vorschlag 
der  russische  Gedanke  auf,  allen  Mächten  zugleich  das  Mandat 
zur  Pazifikation  Kretas  zu  übergeben.  Dieses  Aufgreifen  eines  längst 
erwogenen  und  total  unmöglichen,  unpraktischen  Gedankens  ist  mir 
unverständlich.  Was  soll  er  bezwecken?  Der  Schluß  wird  sein,  daß 
alles  in  Versumpfung  gerät  und  das  Konzert  der  Mächte  sich  un- 
sterblich blamiert.  Ich  bin  der  Ansicht,  daß  Rußland,  wenn  es  die 
Führung  übernahm,  die  Verpflichtung  hat,  für  die  Pazifikation  in 
einer  möglichen  Form  zu  sorgen.  Österreich  nimmt  nicht  an 
einer  solchen  Pazifikation  teil,  Deutschland  auch  nicht.  Im  Notfall 
muß  daher  Rußland  allein  das  Werk  übernehmen,  wenn  sich  keine 
andere  Kombination  findet,  der  ich  blindlings  zustimmen  würde.  Das 
Logische  wäre,  wenn  Rußland  mit  England  die  Sache  übernähme,  denn 
beide  sind  jetzt  zu  den  leitenden  Faktoren  geworden.  Tritt  aber  Eng- 
land zurück,  so  obliegt  unzweifelhaft  Rußland  die  Verpflichtung,  selbst 
und  allein  zu  der  Pazifikation  zu  schreiten.  Wer  die  Führung  über- 
nimmt, hat  die  Verpflichtung,  in  einer  so  heikein  Frage  die  gemachten 

381 


Vorschläge  durchzuführen.    Auf  einen  ernsten  Widerstand  ist  bei  dem 
allgemeinen  Wunsch,  den  Frieden  zu  halten,  nicht  zu  rechnen." 

Ich  erwiderte  dem  Grafen,  daß,  was  uns  logisch  schiene,  noch 
nicht  brauche  russische  Logik  zu  sein.  Was  gedächte  Österreich  zu 
tun,  wenn  Rußland  nicht  die  Konsequenzen  seiner  Führerschaft  zöge? 

Graf  Goluchowski  zuckte  mit  den  Achseln.  „Gar  nichts. "  sagte 
er,  „Mir  soll  es  schließlich  einerlei  sein,  was  da  unten  geschieht.  Wir 
begeben  uns  unter  keinen  Umständen  in  irgendeine  Lage,  die 
mehr  ist,  als  Schiffe  hinzusenden  und  die  von  allen  Mächten  zuge- 
standenen 600  Mann  zur  Besetzung  der  kretischen  Hafenplätze 
zu  liefern.  Mögen  sich  die  mehr  als  wir  interessierten  Mächte  ver- 
ständigen, wie  sie  wollen.  Mir  ist  es  einerlei.  Man  hat  getan,  was 
man  kann.  Ich  sehe  schon  Kreta  an  Griechenland  fallen  und  mit  der 
Blamage  Europas  den  Übermut  aller  kleinen  Kläffer  der  Erde  wachsen. 
Mag   Rußland   dafür  die   Verantwortung   übernehmen !" 

Merkwürdigerweise  stimmt  diese  gelangweilte  Sprache  genau  mit 
derjenigen  meines  russischen  Kollegen*  überein.  Er  sagte:  „Die  Po- 
litik Murawiews  ist  keine  Politik.  Der  Kaiser  will  selbst  führen,  und 
Murawiew  laviert  einerseits  mit  diesen  Wünschen,  andererseits  hat 
er  weder  Fähigkeiten  noch  Kraft,  Vorschläge  zu  machen,  die  der 
Kaiser  annimmt.  So  bleibt  alles  stehen!  Wir  gehen  einer  großen  Bla- 
mage entgegen,  und  wenn  der  Sultan  schon  früher  beabsichtigte,  die 
neuen  Reformen  nicht  einzuführen,  so  ist  er  jetzt  angesichts  der  Hal- 
tung der  Großmächte  fest  entschlossen,  nichts  zu  tun.  Er  hat  ja 
auch  vollkommen   recht." 

P.  Eulenburg 

Nr.  3202 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  127  Berlin,  den  21.  März  1897 

Russisches    Zirkular    eben   hier   übergeben. 

Vorschläge: 

Energische  Blockade  von  Kreta. 

Blockade  von  Volo,  eventuell  mit  gleichzeitiger  Mahnung  an  die 
Türkei,  Frieden  zu  halten. 

Falls  England  durchaus  nichts  mit  Blockade  von  Volo  zu  tun 
haben  will,  meint  Graf  Murawiew,  daß  die  fünf  Kontinentalmächte 
dieselbe    würden    unternehmen    können. 

*  Graf  Kapnist. 

382 


Pazifikation  Kretas  könnte  allmählich  besorgt  werden.  Es 
würde  nicht  nötig  sein,  daß  hierbei  alle  Mächte  gleichzeitig  mitwirken. 
Wenn  jetzige  Land-  und  Seestreitkräfte  nicht  genügen  sollten,  könnten 
drei  oder  vier  Mächte  mit  Zustimmung  der  übrigen  ihre  Streitkräfte 
verstärken.  Dagegen  erachtet  Rußland  für  unzulässig,  daß  eine  ein- 
zelne, allzu  direkt  interessierte  Macht  mit  der  Okkupation  der  Insel 
beauftragt  werde.  — 

Soweit  das   Zirkular. 

Frankreich  wird  sich  ungern  von  England  trennen,  Italien  gar 
nicht.  Es  könnte  sich  also  nur  um  eine  Blockade  ä  quatre  handeln. 
Allerdings  wäre  diese  Aussicht  ein  gutes  Mittel,  um  die  Engländer 
vorwärts  zu  drängen.  Es  würde  mich  aber  wundern,  wenn  Baron 
Courcel  für  die  Blockade  ohne  England  zu  gewinnen  wäre. 

Eher  praktisch  durchführbar  erscheint  der  Vorschlag,  die  Pazi- 
fikation in  der  Art  herbeizuführen,  daß  die  nötigen  Nachschübe  zu 
Wasser  und  zu  Land  von  drei  bis  vier  Mächten  geleistet  werden. 

Ist  das  einmal  vereinbart,  und  blockiert  dann  England  den  Piräus 
mit,  so  wird  die  Blockade  von  Volo  durch  die  andern  Mächte  doch 
zu  erreichen  sein. 

An  den  hiesigen  russischen  Botschafter  ist  ein  Wink  gegeben 
worden,  daß  es  besser  sein  würde,  ein  paar  Tage  auf  Lord  Salisburys 
Wiederherstellung  zu  warten.  Stelle  anheim,  in  gleichem  Sinn  mit 
Herrn  von  Staal  zu  sprechen,  der  übrigens  nicht  Vertrauensperson  beim 
Grafen  Murawiew  sein  soll.  Letzterer  scheint  besonders  nervös  wegen 
Beschleunigung  der   Blockade  von   Volo. 

Marschall 

Nr.  3203 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm 
Konzept   von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  131  Berlin,  den  24.  März  1897 

Der  englische  Botschafter  überreichte  heute  Mitteilung  folgenden 
Inhaltes: 

„Um  die  Erhaltung  des  Friedens  an  der  mazedonischen  Grenze 
zu  wahren,  wird  Admiral  Harris  den  Befehl  erhalten,  sich  an  einer 
Blockade  der  griechischen  Küste  zu  beteiligen,  falls  die  Admirale  eine 
solche  beschließen.  Bei  Durchführung  dieser  Maßnahme  wird  jedoch 
die  Blockade  von  Volo  nicht  durch  unsere  Schiffe,  sondern  durch  die- 
jenigen der  Kontinentalmächte  ausgeübt  werden.  Gleichzeitig  wird 
Großbritannien  sich  mit  den  Großmächten  vereinigen,  um  die  Zurück- 
ziehung   der    griechischen    wie    der    türkischen    Streitkräfte    auf    eine 

383 


geeignete  Entfernung  (convenient  distance)  von  der  Grenze  zu  ver- 
langen. Großbritannien  seinerseits  wird  (außerdem)  der  Pforte  mit- 
teilen, daß  es  die  Überschreitung  der  Grenze  durch  türkische  Streit- 
kräfte als  einen  feindlichen  Akt  ansehen  wird." 

Ich  bemerkte  Sir  Frank  Lascelles,  daß  ich  nach  dem  Wortlaute 
dieses  Telegrammes  den  Unterschied  zwischen  diesem  und  dem  frü- 
heren englischen  Vorschlag  in  folgenden  zwei  Punkten  erblickte: 

Einmal,  daß  die  Blockade  der  griechischen  Häfen  nicht  mehr  davon 
abhängig  sein  soll,  daß  Griechenland  zuvor  auf  die  Aufforderung, 
sich  von  der  Grenze  zurückzuziehen,  eine  ablehnende  Antwort  erteilt 
habe,  sondern  daß  die  Blockade  sofort  ins  Leben  tritt,  und  daß 
gleichzeitig  hiermit  die  Mächte  an  Griechenland  und  die  Türkei 
die  Aufforderung  zur  Entfernung  der  beiderseitigen  Truppen  von  der 
Grenze  richten ; 

zweitens  darin,  daß  der  englische  Admiral  beauftragt  ist,  nach 
Maßgabe  des  Beschlusses  der  anderen  kommandierenden  Offiziere  an 
der  Blockade  der  griechischen  Küste  teilzunehmen  (to  concur),  wobei 
nur  die  Blockade  von  Volo  den  Schiffen  der  Kontinentalmächte  allein 
anheimfallen   würde. 

In  der  Voraussetzung,  daß  hiermit  der  Inhalt  des  englischen  Vor- 
schlags richtig  interpretiert  ist,  und  daß  namentlich  die  Aufforderung 
an  Griechenland  und  die  Türkei  nicht  früher  als  die  effektive  Er- 
klärung der  Blockade  erfolgen  soll,  werden  wir  kein  Bedenken  haben, 
die  Annahme  des  Vorschlages  zu  empfehlen,  da  unser  Bedenken  gegen 
den  früheren  englischen  Vorschlag  gerade  darin  bestand,  daß  die  Aus- 
führung der  Blockade  von  einer  ablehnenden  Antwort  Griechenlands 
auf  eine   weitere  Aufforderung   abhängig  gemacht  wurde. 

Marschall 

Nr.  3204 
Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.    78  London,   den   24.    März    1897 

Der  russische  Botschafter  hat  nach  seinen  Äußerungen  den  Ein- 
druck, daß  das  im  gestrigen  Ministerrat  beschlossene  und  in  Berlin 
wohl  schon  bekannte  Zirkular  an  die  englischen  Botschafter*  auf  den 
Wunsch  der  englischen  Regierung  schließen  lasse,  zu  einer  Verstän- 
digung zu  gelangen. 

In  bezug  auf  den  Punkt  des  Zirkulars,  welcher  Ausdehnung  der 
Blockade  auf  griechische  Häfen  von  Verständigung  der  Admirale  über 
Notwendigkeit  derselben  abhängig  macht,  hat  der  Unterstaatssekretär 
eben   dem   österreichischen   Botschafter   gesagt,   daß   englische  Schiffe, 

*  Vgl.  Nr.  3203. 
384 


falls  die  Admirale  sich  dafür  aussprächen,  sich  an  Blockade  griechischer 
Häfen  beteiligen  würden,  mit  Ausnahme  von  Volo,  welches  durch 
Schiffe  anderer  Nationen  blockiert  werden  könnte.  Auf  die  Frage  des 
österreichischen  Botschafters,  wie  es  dann  mit  dem  Piräus  stehe,  hat 
Sir  Th.  Sanderson  erwidert,  er  habe  diesen  Punkt  ausdrücklich  bei 
Lord  Salisbury  zur  Sprache  gebracht  und  von  ihm  die  Antwort  er- 
halten, daß  er  auch  darauf  eingehen  würde,  wenn  die  Mächte  es  ver- 
langten. 

Bezüglich  der  auch  in  diesem  Zirkular  beibehaltenen  Aufforderung 
an  beide  Teile,  ihre  Truppen  auf  eine  geeignete  Entfernung  von  der 
Grenze  zurückzuziehen,  versichert  mir  Herr  von  Staal,  daß  dieser 
Punkt  in  St.  Petersburg  wohl  kaum  auf  eine  ernste  Schwierigkeit 
stoßen  werde.  Graf  Murawiew  habe  sich  schon  vor  dem  letzten  Zir- 
kular gegen  den  englischen  Botschafter  dahin  geäußert,  daß  die  Zu- 
rückziehung von  je  50  Meilen  zu  weit  gehe,  und  daß  10  Meilen  für 
jeden  genügen  würden.  Hiermit  habe  man  sich  hier  bereits  ein- 
verstanden erklärt.  Gegen  den  dritten  Punkt  (Erklärung  in  Konstan- 
tinopel durch  die  englische  Regierung  allein,  daß  sie  die  Über- 
schreitung der  Grenze  durch  die  Türken  als  acte  d'hostilite  betrachten 
würde)  scheint  der  russische  und  österreichische  Botschafter  kein  Be- 
denken zu  haben. 

Hier  wünscht  man,  wie  bereits  gemeldet,  noch  immer  dringend 
die  Ernennung  eines  provisorischen  Generalgouverneurs*.  Sir  Th.  San- 
derson hat  persönlich  angeregt,  ob  man  nicht,  um  Zeit  zu  gewinnen, 
einen  der  vor  Kreta  stationierten  Admirale,  etwa  den  Doyen  derselben, 
dazu  ernennen  wolle.  Der  Doyen  ist  bekanntlich  der  italienische 
Admiral. 

Es  scheint  festzustehen,  daß  Lord  Salisbury  morgen  nach  der 
Riviera  abreist,  ohne  die  Botschafter  vorher  zu  sehen  und  ohne  einen 
anderen  Vertreter  als  den  Unterstaatssekretär  zu  bestellen,  welcher  wie 
gewöhnlich  nur  etwaige  Mitteilungen  zur  Weiterbeförderung  an  ihn 
entgegennehmen  wird.  Die  weitere  Tätigkeit  der  hiesigen  Botschafter 
ist  damit  so  gut  wie  lahmgelegt. 

Hatzfeldt 

Nr.  3205 

Der  Geschäftsträger  in  Paris  von  Müller  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  61  Paris,  den  25.  März  18Q7 

Graf  Wolkenstein  hat  bei  seinem  gestrigen  Besuch  im  Ministe- 
rium,  wie    er   mir   heute   vertraulich   sagte,   vorher   Herrn    Hanotaux 

*  Vgl.  die  englische  Zirkulardepesche  vom  27.  März.    „Das  Staatsarchiv"  Bd.  62, 
S.  159. 

25     Die  Große   Politik.     12.  Bd.  385 


sehr  erregt  gefunden  und  führt  dies  auf  die  vorangegangene  lange 
Unterredung  mit  dem  englischen  Botschafter  zurück.  Sir  Edmund  Mon- 
son  hatte  dem  Minister  die  in  Euerer  Durchlaucht  Telegramm  Nr.  85* 
enthaltenen  Mitteilungen  gemacht.  Herr  Hanotaux  sieht  in  der  Ab- 
sicht Großbritanniens,  gegebenenfalls  „der  Pforte  außerdem  zu  er- 
klären, daß  es  die  Überschreitung  der  Grenze  durch  die  türkischen 
Streitkräfte  als  einen  feindlichen  Akt  ansehen  werde"**,  das  traditionelle 
Bestreben  dieser  Großmacht,  unter  Benutzung  des  günstigsten  Mo- 
ments sich  von  einer  gemeinsamen  Aktion  zurückzuziehen,  um  per- 
sönliche Politik  zu  treiben.  Der  Minister  äußerte  dem  Grafen  Wolken- 
stein gegenüber  in  Verbindung  damit  geradezu:  „C'est  la  fin  du 
concert  europeen!" 

In  der  kurzen  Unterredung,  die  ich  zu  Ende  seines  Empfangs  mit 
dem  Minister  hatte,  kam  dessen  pessimistische  Auffassung  der  Lage 
nicht  zum  Ausdruck. 

von  Müller 

Nr.  3206 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Nr.  135  Berlin,  den  26.  März  18Q7 

Der  letzte  Vorschlag  von  Lord  Salisbury  hat  in  Petersburg  und 
in  Paris  eine  ungünstige  Aufnahme  gefunden.  Daß  immer  im  letzten 
Augenblick  vor  einer  Aktion  England  mit  neuen  Bedenken  und  Be- 
dingungen kommt,  wird  an  beiden  Orten  aufgefaßt  als  ein  Bestreben, 
jede  Aktion  zu  hindern.  Herr  Hanotaux  äußerte  zum  Grafen  Wolken- 
stein: „C'est  la  fin  du  concert  europeen."***  Graf  Murawiew  stieß 
sich  an  dem  Ausdruck  „Blockade  griechischer  Küste".  Auf  Befragen 
erklärte  der  englische  Botschafter:  „Qu'il  n'y  comprenait  rien."  Ins- 
besondere wisse  er  nicht,  ob  und  welche  griechischen  Häfen  gemeint 
seien.  Von  der  Blockade  des  Piräus  und  der  Häfen  enthalte  die  De- 
pesche  Lord  Salisburys  nichts. 

Auf  diese  Erklärung  hat  Graf  Murawiew  zur  Mitteilung  nach  Lon- 
don geantwortet,  Rußland  sehe  sich  nicht  veranlaßt,  auf  eine  so  vage 
Proposition  überhaupt  eine  Antwort  zu  geben.  Er  ersuche  das 
englische  Kabinett,  zunächst  seinen  Vorschlag  zu  präzisieren,  sich 
hierauf  der  Zustimmung  aller  übrigen  Mächte  zu  versichern  und  dann 


*  Telegramm  Nr.  85  vom  24.  März  1897  übermittelte  Nr.  3203  nach  Paris. 
**  Vgl.  Nr.  3203. 
•**  Vgl.  Nr.  3205. 

386 


das  Projekt  dem  russischen  Kabinett  zu  unterbreiten,  welches  das- 
selbe alsdann  seinerseits  prüfen  werde.  England  werde  Rußland  wie 
bisher  stets  bereit  finden,  wirklich  ausführbaren  praktischen  Maß- 
nahmen   zuzustimmen. 

Graf  Murawiew  ist  besonders  darüber  gereizt,  daß  infolge  der 
englischen  Verzögerung  die  Griechen  alle  ihre  Nachschübe  haben  über 
Volo  heranbringen  können. 

Durch  das  vielleicht  übertriebene  Mißtrauen  gegen  England,  wel- 
ches sich  in  Rußland  und  Frankreich  zeigt,  wird  ein  günstiges  End- 
resultat erschwert.  Zunächst  dürfte  jetzt  wohl  das  Ergebnis  der  Unter- 
redung zwischen  Salisbury  und  Hanotaux*  abzuwarten  sein. 

Marschall 


Nr.  3207 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  27.  März  1897 

Der  russische  Botschafter  übergab  mir  heute  die  anliegende  Ab- 
schrift eines  Telegramms  des  Grafen  Murawiew  vom  gestrigen  Tage**. 
Sodann  las  er  mir  eine  Zirkulardepesche  des  Grafen  Murawiew  vor, 
die  heute  morgen  hier  eingegangen  war.  Der  Inhalt  derselben  ist 
folgender: 

Das  europäische  Konzert  habe  sich  kundgegeben  durch  die  Blockade 
von  Kreta,  welche  zur  Folge  gehabt,  daß  die  griechischen  Schiffe  von 
der  kretischen  Küste  entfernt  worden  und  gewisse  Indizien  für  einen 
definitiven  Verzicht  Griechenlands  auf  den  Gedanken  einer  willkür- 
lichen Annexion  Kretas  zutage  getreten  seien. 

Graf  Murawiew  gibt  sich  der  Hoffnung  hin,  daß  der  Rückzug 
der  Truppen  des  Oberst  Vassos  demnächst  vor  sich  gehen,  und  daß 
dann  eine  wohltätige  detente  eintreten  werde.  Die  Zögerung  ver- 
schiedener Mächte,  an  der  Blockade  griechischer  Häfen  teilzunehmen, 
habe  zur  Folge  gehabt,  daß  jetzt  eine  Blockade  von  Volo  verspätet 
erscheine.  Nachdem  die  griechischen  Truppen  sich  an  der  thessa- 
lischen  Grenze  versammelt  hätten,  werde  eine  Blockade  des  letzt- 
genannten Hafens  sogar  den  gegenteiligen  Effekt  haben,  indem  dadurch 
den  Truppen  die  Lebensmittel  abgeschnitten  und  sie  dadurch  gezwun- 
gen würden,  durch  Überschreiten  der  Grenze  sich  an  anderer  Stelle, 
zu    verproviantieren.     Dazu    komme,    daß    England    sich    fortdauernd 


*  Am  26.  März  hatte  Lord  Salisbury  in  Paris  eine  Zusammenkunft  mit  Hanotaux 
**  Siehe  Anlage. 


25* 


387 


weigere,  an  der  Blockade  von  Volo  teilzunehmen,  und  daß  Deutsch- 
land, welches  von  Anfang  an  entschieden  für  die  Blockade  griechischer 
Häfen  eingetreten  sei,  nur  ein  Schiff  zur  Verfügung  habe.  Dem  Ge- 
danken, die  Türkei  und  Griechenland  aufzufordern,  ihre  Truppen  von 
der  Grenze  zurückzuziehen,  stehe  die  russische  Regierung  nicht  ent- 
gegen, erwarte  aber  keinerlei  praktische  Resultate  davon,  zumal  keine 
Garantie  dafür  gegeben  sei,  daß,  wenn  man  auf  das  erste  Ultimatum 
ein  zweites  folgen  lasse,  die  englische  Regierung,  wenn  es  zur  prak- 
tischen Durchführung  der  angedrohten  Maßregeln  komme,  wiederum 
Schwierigkeiten  bereiten  werde. 

Unter  diesen  Umständen  bleibe  der  russischen  Regierung  nichts 
anderes  übrig  als  eine  expectative  prudente  bis  zu  dem  Augenblick, 
wo  die  Absichten  der  Großmächte  sich  klarer  übersehen  ließen,  als 
dies  heute  der  Fall  sei. 

Marschall 

Anlage 

Der  russische  Minister  des  Äußern  Graf  Murawiew  an .  den 
russischen  Botschafter  in  Berlin  Grafen  von  derOsten-Sacken 

Telegramm.    Abschrift,    vom    russischen     Botschafter    am    27.    März 
Freiherrn   von   Marschall   übergeben 

Secret  St.  Petersbourg,  le   14/26  Mars   1897 

Nous  pensons  qu'en  prenant  en  consideration  la  reserve  Anglaise  ä 
Fegard  du  blocus  de  Volo,  il  ne  reste  qu'ä  prendre  acte  au  sujet 
de  Tassentiment  du  Cabinet  Anglais  de  bioquer  le  littoral  Grec  au  cas 
oü  les  amiraux  le  trouveraient  necessaire.  En  effet  on  a  laisse  echap- 
per  le  temps1  auquel  le  blocus  de  Volo  aurait  ete  efficace  ainsi  que 
l'a  reconnu  Lord  Salisbury. 

Aujourd'hui  Farmee  Grecque  est  assemblee  sur  les  frontieres  de 
la  Thessalie  et  le  blocus  propose  ne  saurait  atteindre  les  resultats  que 
Fon  s'en  promettait. 

Au  surplus  Fabstention  de  FAngleterre  d'une  part  et  le  contin- 
gent  insuffisant  maritime  de  FAllemagne2  pour  bioquer  les  cötes 
de  la  Grece  et  de  la  Crete  nous  ferait  craindre  qu'une  action  separee 
de  quatre  grandes  Puissances  seulement  pourrait  faire  naitre  des 
doutes  soit  ä  Constantinople,  ä  Athenes  ou  ailleurs  sur  Faccord  general 
et  complet  des  Puissances  si  indispensable  pour  le  maintien  du  prestige 
de  l'Europe. 

Randbemerkungen   Kaiser  Wilhelms   II.: 

1  Oui  depuis  le  14  Fevrier! 

2  Das  ist  doch  bisher  nicht  als  ., insuffisant"  angesehn  worden  und  hat  jeden- 
falls am  Besten  getroffen  beim  Schießen!  Eine  schöne  Blamage  für  die  eben 
erfolgte  Kreuzer  Ablehnung  im  Reichstage 

388 


Nr.  3208 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   84  London,  den  27.  März  1897 

Telegramm  Nr.  135*  erhalten. 

Der  russische  Botschafter,  welcher  die  russische  Antwort  eben 
im  Auswärtigen  Amt  mitgeteilt  hat,  sagte  mir  vertraulich,  daß  die- 
selbe nur  folgendes  enthalte: 

„Die  Blockade  von  Volo  habe  heute,  nachdem  die  Griechen  mit 
Hülfe  dieses  Hafens  ihre  Aufstellung  beendigt  hätten,  kaum  noch  einen 
Nutzen.  Von  der  Bereitwilligkeit  Englands,  sich  an  einer  Blockade 
der  griechischen  Küsten  zu  beteiligen,  nehme  die  russische  Regierung 
Akt/' 

Nach  der  ganz  vertraulichen  Versicherung  meines  russischen  Kol- 
legen erwähnte  die  russische  Antwort  mit  keinem  Wort  die  vor- 
geschlagene Zurückziehung  der  griechischen  und  türkischen  Truppen 
von  der  Grenze,  und  es  ist  nicht  daraus  zu  entnehmen,  ob  die  russische 
Regierung  noch  irgendwelche  Maßregeln  gegen  Griechenland  für  an- 
gezeigt hält. 

Sir  Tri.  Sanderson,  den  ich  vor  dem  russischen  Botschafter  ge- 
sehen habe,  versicherte  mir  ausdrücklich,  daß  man  hier  mit  dem  Aus- 
druck „Blockade  der  griechischen  Küsten"  gemeint  habe,  daß  England 
sich  an  der  Blockierung  jedes  Hafens  mit  Ausnahme  von  Volo  be- 
teiligen würde,  welche  die  Admirale  etwa  für  notwendig  hielten. 

Nach  den  sonstigen  Äußerungen  des  Unterstaatssekretärs  glaube 
ich  mit  Bestimmtheit  annehmen  zu  können,  daß  er,  falls  Herr  von 
Staal  eine  hierauf  bezügliche  Frage  stellt,  ihm  dieselbe  Versicherung 
auch  amtlich  wiederholen  und  gleichzeitig  die  Versicherung  geben 
würde,  daß  England  vollständig  bereit  ist,  an  der  Blockade  des  Piräus 
teilzunehmen,  wenn  die  Admirale  dies  für  angezeigt  halten. 

Über  seine  Unterredung  mit  Herrn  Hanotaux**  hat  Lord  Salisbury 
hierher  nur  mitgeteilt,  daß  der  erstere  die  Ernennung  eines  provi- 
sorischen Generalgouverneurs  für  Kreta  wünsche  und  sich  vorbehalte, 
einen  geeigneten  Kandidaten,  der  einer  neutralen  Nationalität  an- 
gehören soll,  in  Vorschlag  zu  bringen.  Lord  Salisbury  ist  damit  ein- 
verstanden, würde  aber  auch  der  Ernennung  eines  der  Admirale  zu- 
stimmen und  eventuell  auch  damit  einverstanden  sein,  daß  den  sämt- 
lichen Admiralen  zusammen  administrative  Befugnisse  übertragen  wer- 
den,  wie   sie  sonst   einem   Belagerungszustand   entsprechen   würden. " 

Hatzfeldt 


•  Siehe  Nr.  3206. 

•*  Vgl.  Nr.  3206,  S.  387,  Fußnote  *. 


389 


Nr.  3209 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldtan  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Privat  für  Baron  von  Holstein  London,  den  27.  März  1897 

Zu  Telegramm  Nr.  84*. 

Sie  sehen,  daß  die  russische  Antwort  den  Ihnen  zugegangenen 
Mitteilungen  durchaus  nicht  entspricht.  Sie  ist  viel  schlimmer,  weil 
sie  weder  eine  Präzisierung  verlangt  noch  erkennen  läßt,  ob  Rußland 
überhaupt  weiter  mittun  will,  selbst  wenn  ihm  die  erwünschten  Auf- 
klärungen   gegeben    werden. 

Mein  Eindruck  aus  den  heutigen  Äußerungen  des  Unterstaats- 
sekretärs war,  daß  man  hier  den  Russen  die  Aufklärungen,  die  sie  ver- 
langen können,  gern  geben  würde.  Was  man  aber  hier  auf  die  Rück- 
äußerung Rußlands  antworten  wird,  von  welcher  Herr  von  Staal  mir 
selbst  im  Vertrauen  gesagt  hat,  daß  er  nicht  wisse,  ob  sie  eine 
definitive  Ablehnung  und  den  Entschluß  bedeute,  sich  auf  nichts  mehr 
einzulassen,  das  läßt  sich  allerdings  schwer  berechnen. 

Ob  die  Blockade  von  Volo  noch  praktischen  Nutzen  hat,  ob  selbst 
der  Piräus  viel  helfen  wird,  das  sind  meines  Dafürhaltens  nebensächliche 
Fragen  für  den  Zweck,  den  wir  verfolgen,  nämlich  die  Erhaltung  des 
europäischen  Friedens.  Die  Blockade  griechischer  Häfen  ist 
jedenfalls  das  einzige  Mittel,  der  griechischen  Bevölkerung  zu  zeigen, 
daß  es  den  Mächten  ernst  damit  ist,  ihren  Willen  durchzusetzen,  während 
heute  die  griechische  Regierung  und  die  Nation  annehmen,  daß  keine 
Verständigung  unter  den  Mächten  zustandekommt,  und  daß  sie  daher 
nicht  nachzugeben  braucht.  Dann  bleibt  auch  der  Konflikt  an  der 
Grenze  nicht  aus,  und  wir  müssen  uns  auf  den  europäischen  Krieg 
gefaßt  machen.  Ist  das  die  Absicht  der  russischen  Regierung,  so  hat 
sie  recht,  die  Aufklärungen  und  Zusicherungen  abzulehnen,  die  man 
hier  über  die  angeblich  vagen  Punkte  zu  geben  bereit  ist. 

Ich  bitte  dringend,  Herrn  von  Staal  nicht  zu  kompromittieren, 
der  mir  außer  der  angeführten  Äußerung  noch  sagte,  er  verstehe 
nicht,  wie  man  den  Ausdruck  „griechische  Küsten"  im  englischen  Vor- 
schlag vage  finden  könne,  da  kein  Zweifel  darüber  bestehe,  daß  die 
englische  Regierung  damit  gemeint  habe:  Blockade  derjenigen  Häfen 
an  der  griechischen  Küste,  mit  Ausnahme  von  Volo,  welche  die  Ad- 
mirale  für   notwendig  halten   würden. 

Hatzfeldt 

•  Siehe  Nr.  3208. 
390 


Nr.  3210 
Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  85  London,  den  29.  März  1897 

Ich  habe  nicht  den  geringsten  Zweifel,  daß  Frankreich  den  Um- 
stand, daß  wir  weder  ein  zweites  Schiff  noch  wie  Österreich  wenig- 
stens ein  Bataillon  entsenden  wollen,  in  St.  Petersburg  ausgenutzt  hat1, 
um  Mißtrauen  zu  erregen  und  namentlich  uns  von  den  Russen  ab- 
zudrängen. Nach  meinen  Ermittelungen  muß  ich  auch  annehmen,  daß 
unsere  Enthaltung  auch  hier  Mißtrauen  und  großes  Mißvergnügen 
verursacht  hat,  schon  deshalb,  weil  man  es  nicht  für  unbedenklich  hält, 
mit  den  Russen  und  Franzosen  in  Kreta  allein  zu  bleiben.  Ich  halte 
keineswegs  für  ausgeschlossen,  daß  Lord  Salisbury  dadurch  veran- 
laßt worden  ist,  den  Versuch  einer  persönlichen  Verständigung  mit 
Hanotaux  zu  machen  und  die  Franzosen  in  einen  gewissen  Gegen- 
satz zu  Rußland  zu  bringen. 

Wie  die  Dinge  heute  liegen,  glaube  ich  auch,  daß  schließlich  ein 
friedlicher  Ausweg  gefunden  werden  wird,  da  nach  meiner  Über- 
zeugung nicht  nur  Frankreich  und  Rußland,  sondern  auch  England 
den  Krieg  zu  vermeiden  wünscht.  Mit  Rücksicht  auf  die  von  Graf  Mura- 
wiew  angenommene  Reserve  sehe  ich  aber  keinen  anderen  Weg  mehr, 
eine  baldige  Verständigung  herbeizuführen,  als  daß  die  Mächte  sich 
ohne  Zeitverlust  auf  der  Basis  der  letzten  englischen  Vorschläge  über 
ein  bestimmtes  Programm  verständigen  und  dasselbe  dann,  nach- 
dem es  von  allen  akzeptiert  ist,  den  Russen  zur  Annahme  vorlegen2. 
Diese  Auffassung  teilt  Graf  Deym  vollständig  und  wird  voraussicht- 
lich in  diesem  Sinne  nach  Wien  berichten.  Es  ist  aber  unerläßlich, 
wenn  dieser  Weg  eingeschlagen  werden  soll,  daß  eine  der  Mächte  die 
Initiative  ergreift,  und  es  scheint  mir  nicht  zweifelhaft,  wenn  wir  uns 
nicht  in  den  Vordergrund  stellen  wollen,  daß  diese  Aufgabe  nur  von 
Österreich  mit  Aussicht  auf  Erfolg  übernommen  werden  kann1. 

Hatzfeldt 


Bemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.  am  Kopfe  des  Schriftstücks: 

Einverstanden. 

Randbemerkungen  des  Kaisers: 

1  Richtig 

2  ja 

391 


Nr.  3211 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  30.  März  18Q7 

Der  russische  Botschafter  teilte  mir  heute  die  anliegende  Abschrift 
eines  Telegramms  des  Grafen  Murawiew  mit,  in  welchem  derselbe 
unsere  Ansicht  bezüglich  des  jüngsten  Vorschlags  der  Admirale  er- 
bittet i*. 

Ich  habe  dem  Grafen  Osten-Sacken  darauf  erklärt,  die  Regierung 
Seiner  Majestät  des  Kaisers  billige  die  Vorschläge  der  Admirale  auf 
sofortige  Blockierung  des  Golfs  von  Athen;  nur  die  Admirale  seien 
in  der  Lage,  sich  ein  kompetentes  Urteil  darüber  zu  bilden,  was  die 
gegenwärtige  Lage  erheische.  Solange  Griechenland  nicht  bestimmt 
erkläre,  daß  es  sich  dem  Willen  der  Großmächte  unterwerfe,  den 
Obersten  Vassos  zurückrufe  und  für  die  Insel  Kreta  die  Autonomie 
akzeptiere  unter  Verzicht  auf  den  Annexionsgedanken,  solange  werden 
nach  unserer  Ansicht  alle  Bemühungen  der  Großmächte,  die  Insel 
Kreta  zu  pazifizieren,  fruchtlos  bleiben2,  auch  wenn  man  das  Kon- 
tingent der  Großmächte  verdoppele  oder  verdreifache.  Aus  der  Mit- 
teilung der  Admirale  gehe  hervor,  daß  dieselben  die  gegenwärtige  Lage 
an  der  kretischen  Küste  für  unhaltbar  erachteten,  wir  teilten  diese 
Auffassung,  zumal  nach  den  Erklärungen  des  Unterstaatssekretärs  Cur- 
zon  im  englischen  Unterhause**  kein  Zweifel  mehr  darüber  bestehe, 
daß  der  griechische  Oberst  Vassos  die  Operationen  der  Insurgenten 
leite3  und  somit  einen  offenen  Krieg  gegen  die  Großmächte  führe. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Einverstanden 

2  richtig 

3  ja 

*  Die  Eröffnung  der  Admirale  an  ihre  Regierungen  ging  laut  Schreibens  des 
Oberkommandos  der  Marine  an  das  Auswärtige  Amt  vom  29.  März  1S97  dahin: 
„Die  Lage  wird  alle  Tage  schlimmer,  die  Zeit  für  halbe  Maßregeln  ist  ihrer 
—  der  Admirale  —  Überzeugung  nach  vorbei,  sie  beschließen  daher  einstimmig, 
ihre  Regierungen  zu  bitten,  die  Blockade  Athens  zu  erklären  mit  allen  Folgen 
des  Krieges.  Sie  werden  zuerst  die  griechischen  Kriegsschiffe  aufsuchen  und 
sie  wenn  nötig  mit  Gewalt  zwingen,  nach  dem  Piräus  oder  Koluri  (Salamis) 
einzulaufen."  Das  Telegramm  Murawiews  vom  29.  März  an  Graf  von  der  Osten- 
Sacken  schloß  mit  den  Worten:  „Veuillez  nous  communiquer  avis  du  Cabinet  de 
Berlin  sur  la  decision  [des  amiraux]."  Nach  der  deutschen  Zustimmung  folgte 
auch  die  der  übrigen  Mächte;  doch  wurde  der  Beginn  der  Blockade  auf  Vor- 
schlag der  Admirale  bis  zum  Eintreffen  der  erbetenen  Verstärkungen  hinaus- 
geschoben. Der  Beginn  der  griechisch-türkischen  Feindseligkeiten  machte  die 
ganze    Blockadefrage    illusorisch. 

**  Vom  29.  März.  Vgl.  Schultheß'  Europäischer  Geschichtskalender,  Jg.  1897, 
S.  238. 

392 


Nr.  3212 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  121  Wien,  den  30.  März  1897 

Vertraulich 

Zu  den  gestern  durch  Herrn  von  Szögyeny  gemachten  Mitteilungen 
über  den  Schritt  des  Grafen  Goluchowski  in  St.  Petersburg*  beehre 
ich  mich  folgendes  zu  melden: 

Wie  ich  berichtete,  machte  die  veränderte  Haltung  des  Grafen 
Murawiew  hier  einen  ärgerlichen  Eindruck.  Mit  einem  Hinweis  auf 
seine  zurückgewiesenen  Vorschläge  sagte  Graf  Goluchowski,  daß  jede 
Übernahme  einer  Führung  die  moralische  Verpflichtung  auferlege, 
dieselbe  bis  an  die  Grenze  der  Möglichkeit  energisch  durchzuführen. 
Das  Erlahmen  Rußlands  sei  ein  Schlag  ins  Gesicht  dem  Prestige  der 
Großmächte.  Sei  er  sogar  sehr  zufrieden  gewesen,  die  Führung  der 
Aktion  in  Rußlands  Hände  übergehen  zu  sehen,  so  lasse  er  sich  jetzt 
doch  nicht  an  der  Nase  herumführen.  Es  sei  Zeit,  eine  Entscheidung 
zu  fällen.  Österreich  werde  nicht  die  Blamage  mitmachen,  der  sich  die 
Großmächte  auszusetzen  im  Begriff  ständen.  Ich  erwiderte  einiger- 
maßen überrascht  über  die  Plötzlichkeit  seines  Vorgehens,  daß 
das  an  Rußland  gestellte  Ansinnen  dort  möglicherweise  einen  ver- 
stimmenden Eindruck  machen  könne.  Ob  Graf  Goluchowski  daran 
gedacht  oder  gar  beabsichtigt  habe,  Graf  Murawiew  zu  bevormunden? 
Der  Minister  wies  dieses  von  sich.  Er  sagte,  seine  Beziehungen  zu 
Rußland  seien  ausgezeichnet  und  würden  nicht  durch  sein  Auftreten 
leiden.  Graf  Kapnist  habe  geäußert,  daß  sein,  Graf  Goluchowskis, 
Vorgehen  hoffentlich  die  fehlende  und  notwendige  Anregung  geben 
werde,  energisch  zu  werden.  (Graf  Kapnist  hat  den  Ausdruck  „le 
coup  de  fouet"  gebraucht.) 

Ich  fragte  weiter,  wie  sich  Graf  Goluchowski  praktisch  Öster- 
reichs Haltung  weiter  dächte,  wenn  Rußland  nicht  auf  das  etwas 
drastische  Vorgehen  Österreichs  reagieren  wolle?  Ob  die  österrei- 
chische Eskader  nebst  Truppen  als  Antwort  direkt  nach  Triest  zurück- 
kehren würde?  Graf  Goluchowski  antwortete:  „Wenn  es  in  meiner 
Macht  stände,  j  a.  Doch  werde  ich  erst  die  Befehle  Seiner  Majestät 
einholen  müssen. "  Auf  meine  weitere  Frage,  wie  sich  der  Graf  unter 
solchen  Umständen  die  Gruppierung  der  Mächte  im  Mittelmeer  und 
das    Ende   der  griechischen    Wirren    dächte?    Darauf   blieb   mir   Graf 


•  Nach  einer  Aufzeichnung  Marschalls  vom  29.  März  hatte  ihm  der  öster- 
reichische Geschäftsträger  von  Velics  (nicht  der  Botschafter  von  Szögyeny) 
mitgeteilt,  daß  Graf  Goluchowski  seine  weitere  Mitwirkung  an  der  Pazifizierung 
Kretas  in  Petersburg  von  ganz  bestimmten  Voraussetzungen  abhängig  gemacht 
habe,  und  zwar  in  erster  Linie  von  der  unverzüglichen  Ausführung  der  von  den 
Admiralen  proponierten  Zwangsmaßregeln. 

393 


Goluchowski  die  Antwort  schuldig.  Er  kam  darauf  zurück,  mir  zu 
sagen,  daß  es  ihm  im  Grunde  völlig  einerlei  sei,  wem  Kreta  gehöre. 
Es  handele  sich  allein  um  die  Würde  des  europäischen  Konzerts. 
Er  habe  es  satt,  sich  würdelos  vor  der  ganzen  Welt  zu  zeigen.  Ent- 
weder —  oder.  Entweder  sofort  Blockade,  Autonomie,  Gouverneur  — 
oder  sofort  ein  Ende  des  jetzigen  würdelosen  Zustands  in  anderer  Form. 
Ich  halte  es  für  ausgeschlossen,  daß  in  dem  Vorgehen  des  Grafen 
die  Absicht  liegt,  näher  an  England  heranzurücken.  Das  Vorgehen 
erklärt  sich  psychologisch  damit,  daß  der  etwas  lebhafte  Minister  die 
Geduld  verloren  hat.  Ich  erwartete  längst,  daß  die  Stimmung  der 
letzten  Zeit  zu  einem  politischen  Ausdruck  kommen  werde. 

Eulenburg 

Nr.  3213 

Der  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   97  St.    Petersburg,    den    30.    März   1897 

Der  jüngste  Vorschlag  der  Admirale  bezüglich  der  sofortigen 
Blockade  des  Piräus  ist  von  Graf  Murawiew  unter  der  Bedingung 
angenommen  worden,  daß  er  von  allen  anderen  Mächten  akzeptiert 
werde1.  Der  Minister  bezweifelt  aber2,  daß  solches  bei  England  der 
Fall  sein  werde. 

Herr  O'Conor  hat  bei  einem  Gespräch,  welches  ich  soeben  mit 
ihm  hatte,  jenen  Vorschlag  der  Admirale  mit  keinem  Worte  erwähnt, 
dagegen  davon  gesprochen,  daß  der  König  Georg  sich  neuerdings 
dahin  geäußert  habe,  daß  jede  Blockade  griechischer  Häfen  den  Be- 
ginn von  Feindseligkeiten  an  der  thessalischen  Grenze  zur  Folge 
haben  müsse3. 

Tschirschky 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Wir  haben  schon 

2  Der  Zweifel  kommt  aus  Paris 
8  leeres  Geprahle 

Nr.  3214 

Der  Geschäftsträger  in  Wien  Prinz  von  Lichnowsky  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  128  Wien,  den  2.  April   1897 

Graf  Goluchowski  sagte  mir  soeben,  daß,  nachdem  alle  Mächte 
den  Vorschlag  der  Blockade  des  Busens  von  Athen  angenommen,  nur 
noch  Frankreich  seinem  Admiral  keine  Instruktion  bisher  erteilt  habe. 

394 


Auch  macht  Herr  Hanotaux  Schwierigkeiten  wegen  der  Ernennung 
des  Admirals  Canevaro*  zum  provisorischen  Gouverneur  von  Kreta. 
Ihm  sei  jeder  andere  auch  recht,  und  habe  er  hereits  Freiherrn  von 
Calice  instruiert,  an  den  Beratungen  der  Botschafter  über  diesen  Punkt 
sich  zu  beteiligen. 

Der  Herr  Minister  erklärte,  auf  dem  seinerseits  eingenommenen 
Standpunkt  zu  verharren  und  sich  von  der  Aktion  gänzlich  zurück- 
zuziehen, falls  nicht  ehestens  seinen  Bedingungen  entsprochen  werde; 
dann  solle  man  die  beiden  Gegner  einander  überlassen  und  nachher 
zugunsten  des  Besiegten  eingreifen.  Der  Graf  ist  sehr  ruhig,  aber 
bestimmt.  Auch  will  er  keinenfalls  das  Truppenkontingent  erhöhen. 
Für  den  Fall  eines  Krieges  zwischen  Griechenland  und  der  Türkei 
müsse  aber  die  Blockade  aufhören,  da  dies  sonst  gegen  das  Völker- 
recht  verstoßen    würde. 

Beim  Hinausgehen  traf  ich  Grafen  Kapnist,  welcher  meinte,  aus 
der  ganzen  Aktion  würde  nichts  hervorgehen,  auch  von  der  Blockade 
verspricht  sich  der  Herr  Botschafter  wenig  Erfolg. 

Der  hiesige  griechische  Vertreter**  sagt  mir,  die  Regierung  würde 
angesichts  der  Blockade  und  der  überlegenen  türkischen  Truppen  gern 
zurückweichen,  wenn  sie  nicht  innere  ernste  Gefahren  befürchten  müßte. 
Daher  sei  ein  unglücklicher  Feldzug  immer  noch  besser  als  eine 
Revolution.  Lichnowsky 

Nr.  3215 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  105  Athen,  den  28.  März  18Q7 

pp.  Die  Haltung  der  Großmächte  gegenüber  Griechenland  wird 
hier  bis  jetzt  nicht  sehr  ernst  genommen,  und  die  Hoffnung,  daß  das 
Einvernehmen  unter  ihnen  im  Grunde  doch  nicht  vorhanden  sei,  nach  wie 
vor  gehegt.  Die  Blockade  Kretas  wird  eigentlich  nicht  als  eine  Zwangs- 
maßregel gegen  Griechenland  angesehen  und,  da  seit  der  ablehnenden 
Antwort  der  griechischen  Regierung  auf  das  Ultimatum***  nunmehr 
bereits  drei  Wochen 1  verstrichen  sind,  ohne  daß  die  durch  die  iden- 
tischen Noten  vom  2.  Märzf  für  diesen  Fall  in  Aussicht  gestellten 
„moyens  de  contrainte"  gegen  das  Königreich  angewandt  worden 
wären,  ferner  aus  den  Preßberichten  sowie  anderen  Mitteilungen  her- 
vorzugehen scheint,  daß  betreffs  der  Anwendung  derselben  Meinungs- 

•  Der  italienische  Admiral  Canevaro  war  der  rangälteste  unter  den  vor  Kreta 

befehlenden  Admiralen. 

**  G.  Manos. 

•*•  Vom  8.  März.   Vgl.  Nr.  3174,  Fußnote. 

f  Daselbst. 

"        395 


Verschiedenheiten  unter  den  Kabinetten  obgewaltet  haben,  so  läßt 
sich  die  öffentliche  Meinung  nicht  davon  abbringen,  daß  das  Einver- 
nehmen unter  den  Mächten  nicht  in  der  Weise  gesichert  sei,  wie 
es  offiziell  zum  Ausdruck  gelange. 

Ich  bin  auf  der  anderen  Seite  fest  davon  überzeugt,  daß  viele  be- 
sonnene Politiker  hier  und  auch  Seine  Majestät  der  König  im  Grunde 
ihres  Herzens  den  Mächten  aufrichtig  dankbar  gewesen  wären,  wenn 
sie  durch  effektiven  Zwang  dem  gegenwärtigen  Ministerium  oder 
einem  anderen  die  Gelegenheit  geboten  hätten,  von  einer  Bahn  ein- 
zulenken2, die  doch  hauptsächlich  nur  aus  dem  Grunde  betreten  worden 
ist,  um  den  im  Innern  drohenden  Gefahren  vorzubeugen,  und  die 
Griechenland   finanziell    noch   weiter    ruiniert. 

Jetzt,  wo  bei  der  vorgeschrittenen,  für  alle  Unternehmungen  sich 
immer  günstiger  gestaltenden  Jahreszeit  militärisch  sämtliche  Vor- 
bereitungen getroffen  sind  und  sich  die  allgemeine  Stimmung  immer 
mehr  in  die  Richtung  der  nationalen  Begeisterung  mit  dem  Kriegs- 
geschrei gegen  die  Türkei  verrannt  hat,  wird  es  für  ein  jedes  Mini- 
sterium höchst  mißlich  und  vielleicht  ganz  unmöglich  sein,  unverrich- 
teter  Sache  die  Umkehr  anzutreten. 

Griechenland  ist  meines  gehorsamsten  Dafürhaltens  kein  Dienst 
dadurch  erwiesen  worden,  daß  die  Mächte  mit  der  Anwendung  effek- 
tiver Zwangsmittel  gezögert  haben.  L.  PI  essen 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Es  ist  schlagrührend! 

2  natürlich!  daher  mein  Vorschlag  zur  sofortigen  Blockade  von  Athen  am 
14.  Februar 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Man  sieht  hieraus  wieder  wie  schwer  Deutschland  den  Mangel  einer  star- 
ken Flotte  empfindet,  da  es  sich  im  Conzert  nicht  durchschlagend  fühlbar 
machen  kann.  Hätten  wir  statt  eines  Schiffs  eine  starke  Kreuzerdivision  mit 
Panzerkreuzern  bei  Creta  gehabt,  so  hätte  Deutschland  ungesäumt  auf  eigne 
Faust  im  Februar  allein  gleich  Athen  blokiren  können,  und  dadurch  die 
anderen  Mächte  nolens  volens  zum  Mitthun  fortgerissen  und  gezwungen.  So 
ist  schließlich  nichts  geschehen  und  derjenige  der  alle  Pläne  durchkreuzt,  alle 
Thotkraft  lähmt  und  auf  den  schließlich  darum  Rücksicht  genommen  wird  ist 
England!  Und  warum?  Weil  es  die  stärkste  Flotte  hat!  Uns  helfen 
unsre   1000  000  Grenadiere  dabei  nichts! 

Nr.  3216 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 

an  Kaiser  Wilhelm  II. 

Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  Mumm  von  Schwarzenstein 

Berlin,   den   1.   April   1897 

Ew.  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  melde  ich  allerunter- 
tänigst,   daß   der  hiesige  englische   Botschafter  mir  im  Auftrage  Lord 

396 


Salisburys   heute   mitgeteilt  hat,   die   englische   Regierung  habe  nach- 
stehende Mitteilung  nach  St.  Petersburg  gelangen  lassen: 

1.  Die  englische  Regierung  ist  bereit,  mit  den  übrigen  Groß- 
mächten zusammen  den  Golf  von  Athen  zu  blockieren. 

2.  Die  englische  Regierung  ist  einverstanden  mit  der  sofortigen 
Ernennung  eines  Gouverneurs  für  Kreta,  der  der  Marine  angehören 
könne  oder  auch  nicht. 

3.  Die  englische  Regierung  ist  bereit,  die  Zahl  ihrer  nach  Kreta 
entsandten  Truppen  entsprechend  dem  Antrage  der  Admirale  zu  erhöhen. 

Marschall 


Bemerkung   Kaiser   Wilhelms   II.   am   Kopf   der   Ausfertigung: 
Einverstanden   1/IV.  97.  W. 


Nr.  3217 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  63  Athen,  den  2.  April  1897 

Hier  herrscht  bei  meinen  Kollegen  die  Ansicht  vor,  daß  Griechen- 
land im  Fall  der  Blockade  griechischer  Häfen  der  Türkei  den  Krieg 
erklären  werde.  Englischer  Gesandter  scheint  anzunehmen,  daß  im 
Kriegsfall  Griechenlands  mit  der  Türkei  Blockade  griechischer  Häfen 
nicht  erfolgen  würde. 

Plessen 

Nr.  3218 

Der  russische  Minister  des  Äußern  Graf  Murawiew  an  den 
russischen  Botschafter  in  Berlin  Grafen  von  derOsten-Sacken 

Telegramm.     Unsignierte    Abschrift. 
Vom   russischen   Botschafter  in   Berlin  am   3.  April  mitgeteilt. 

21   Mars 
Secret  St.   Petersbourg,   le  tt~ ~r — q-  1897 

En  vue  du  prochain  anniversaire  du  28  Mars*,  qui  gräce  ä  l'exal- 
tation  des  esprits  en  Grece  pourrait  conduire  ä  de  nouveaux  exces  et 
ä  cause  de  la  mise  en  execution  du  blocus  projete  les  Grandes  Puissances 
devraient  charger  leurs  representants  ä  Constantinople  et  ä  Athenes 
de  declarer  qu'en  cas  de  conflit  ä  la  frontiere  greco-turque,  l'agresseur 


*  Alten  Stils  =  9.  April  neuen  Stils.    Gemeint  ist  wohl  der  6.  April,  der  Jahres- 
tag der  Unabhängigkeitserklärung  Griechenlands. 

397 


serait  rendu  responsable  du  trouble  qui  pourrait  en  resulter  pour  la  paix 
generale  que  TEurope  est  absolument  intentionnee  de  sauvegarder.  De 
declarer  en  outre  expressement  que  Pagresseur  ne  retirerait  aueun 
avantage  quelle-que  soit  l'issue  de  la  lutte. 

Le  Cabinet  Imperial  est  d'avis  que  cette  declaration  devrait  etre 
livree  ä  la  presse  et  faite  ouvertement  aupres  des  deux  Gouvernements 
ä  Constantinople   et  ä  Athenes*. 


Nr.  3219 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Privat  für  den   Herrn  Staatssekretär        London,  den  11.  April  1897 

Infolge  des  griechischen  Vorgehens**,  dessen  Folgen  sich  noch 
nicht  übersehen  lassen,  tritt  die  Frage,  was  jetzt  geschehen  kann,  um 
europäischen  Verwickelungen  vorzubeugen,  immer  mehr  in  den  Vorder- 
grund, und  Euere  Exzellenz  werden  mich  hoffentlich  entschuldigen, 
wenn  ich  auf  diesem  Wege  auf  einige  Punkte  aufmerksam  mache, 
die  sich  vielleicht  nicht  alle  für  amtliche  Berichterstattung  eignen. 

Nach  meinen  Beobachtungen  scheint  festzustehen,  daß  die  Blockade 
Griechenlands,  das  einzige  den  Mächten  noch  zur  Verfügung  stehende 
Mittel,  eine  wirksame  Pression  in  Athen  auszuüben,  im  letzten  Moment, 
nachdem  alle  Mächte  einig  schienen,  durch  zwei  Umstände  vereitelt 
worden  ist.  Diese  Umstände  sind  abgesehen  von  der  inneren  Ab- 
neigung einiger  Mächte  gegen  energische  Maßregeln  folgende: 

1.  Der  unglaublich  unpraktische  Vorschlag  der  Botschafter  in  Kon- 
stantinopel bezüglich  Wahl  des  Generalgouverneurs***,  welcher  allen  Be- 


*  Deutscherseits  wurde  der  Vorschlag  Murawiews  unter  der  Voraussetzung  an- 
genommen, daß  auch  alle  übrigen  Großmächte  zustimmten.  Ein  gleiches  geschah 
österreichischerseits,  dann  auch  seitens  der  übrigen  Mächte.  Am  6.  April  über- 
reichten die  Gesandten  der  Großmächte  in  Athen  die  von  Rußland  vorgeschlagene 
Note.  Eine  gleiche  Eröffnung  wurde  auch  der  Türkei  gemacht.  Den  Wortlaut 
der   Note  siehe  in:   Das  Staatsarchiv,  Bd.   62,  S.    163. 

**  Am  10.  und  11.  April  hatten  irreguläre  griechische  Truppen  teilweise  unter 
Führung  griechischer  Offiziere  die  Grenze  in  Thessalien  überschritten  und  damit 
das  griechisch-türkische  Kriegsfeuer  entzündet. 

***  Am  2.  April  hatten  die  Botschafter  in  Konstantinopel  ihre  Meinungen  über 
die  Kreta  zu  gewährende  Autonomie  ausgetauscht.  „Sie  waren  der  Ansicht,  daß 
für  die  Insel  ein  Zustand  in  Aussicht  genommen  werden  könnte  wie  etwa  der 
von  Bulgarien  mit  der  Wahl  des  Generalgouverneurs  resp.  des  Fürsten  durch 
die  Volksvertretung  unter  Zustimmung  der  Mächte."  Es  wurde  sogar  auf  die 
Möglichkeit  einer  Wahl  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland  zum  Süzeränen 
Fürsten  von  Kreta  hingewiesen,  „welche  Kombination  dem  russischen  Botschafter 
besonders  sympathisch  zu  sein  schien".  Telegramm  Saurmas  Nr.  167  vom 
2.  April  1897. 

398 


Stimmungen  und  Intrigen  zugunsten  Griechenlands  wieder  Tür  und  Tor 
geöffnet  hat.  Wenn  ich  auch  nach  allen  meinen  Ermittelungen  annehmen 
muß,  daß  dieser  Vorschlag  ursprünglich  vom  Grafen  Murawiew  ausge- 
gangen ist  und  auf  einem  Kompromiß  desselben  mit  der  Kaiserin-Mutter 
beruhte,  so  darf  doch  angenommen  werden,  daß  er  sich  damit  nur  per- 
sönlich decken  wollte,  und  daß  er  dabei  nicht  den  Zweck  im  Auge 
h'aite,  die  Wahl  des  Prinzen  Georg  und  die  unvermeidlich  damit  zu- 
sammenhängende  griechische   Annexion   zu   fördern. 

2.  Die  Erklärung  Österreichs,  außer  den  bewilligten  600  keinen 
Mann  mehr  nach  Kreta  zu  schicken,  und  die  deutsche  Erklärung, 
weder  Truppen  noch  weitere  Schiffe  bewilligen  zu  wollen.  Diese  Er- 
klärungen, so  gerechtfertigt  sie  durch  innere  Rücksichten  gewesen 
sein  mögen,  haben  unzweifelhaft  der  französischen  Regierung  die 
Handhabe  für  den  außerordentlich  geschickten  letzten  Schachzug  ge- 
boten, durch  welchen  sie  die  ganze  Blockade  zu  vereiteln,  die  Ver- 
antwortung für  den  Mißerfolg  auf  uns  und  Österreich  abzuladen  und 
uns  gleichzeitig  mit  Rußland  und  England  in  Gegensatz  zu  bringen 
suchte,  ohne  selbst  durch  Ablehnung  der  Blockade  den  russischen 
Wünschen  entgegenzutreten  und  eine  den  russischen  Interessen  wider- 
sprechende Politik  im  Mittelmeer  erkennen  zu  lassen.  Wie  richtig  diese 
Annahme  ist,  geht  meines  bescheidenen  Dafürhaltens  daraus  hervor, 
daß  die  russisch-französischen  Beziehungen  dadurch  in  keiner  Weise 
getrübt  worden  sind,  während,  wie  ich  aus  guter  Quelle  höre,  gerade 
die  russische  Regierung  wegen  unserer  Nichtbeteiligung,  die  nach  ihrer 
Auffassung  alles  in  Frage  stellt,  verstimmt  und  gereizt  ist.  Ebenso- 
wenig zweifelhaft  ist  mir  aber,  daß  die  österreichische  Regierung, 
welche  sich  infolge  der  französischen  Erklärung  sofort  zur  Entsendung 
von  mehr  Schiffen  entschlossen  hat,  unsere  Enthaltung  tief  beklagt, 
wenn  sie  dies  auch  in  Berlin  vielleicht  nicht  aussprechen  will.  Diese 
Auffassung  wird  hier  vollständig  geteilt,  und  man  darf  dabei  nicht 
übersehen,  daß  es  der  englischen  Politik,  deren  Unaufrichtigkeit  und 
Verzögerungen  die  jetzige  Situation  tatsächlich  zur  Last  fällt,  erwünscht 
sein  muß,  anderen  die  Verantwortlichkeit  dafür  zuzuschieben.  Die 
Gereiztheit  gegen  uns  erklärt  sich  andererseits  daraus,  daß  England 
unter  keinen  Umständen  jetzt  zu  einem  Konflikt  mit  Rußland  gedrängt 
werden  und  deshalb  trotz  seiner  unzweifelhaften  Überlegenheit  im 
Mittelmeer  vor  allem  vermeiden  will,  dort  mit  Rußland  allein  gelassen 
zu  werden.  Dieselbe  Auffassung  scheint  aber  auch  in  St.  Petersburg 
vorzuherrschen,  wo  man  sich,  nachdem  man  die  Führung  übernommen, 
jetzt  jeder  Initiative  enthält,  offenbar  weil  man  sich  nicht  sicher  fühlt, 
daß  man  nicht  eventuell  von  den  anderen  Mächten,  vielleicht  auch  von 
Frankreich,  im  Stich  gelassen  werden  und  dem  zur  See  übermächtigen 
England    dann    allein    gegenüberstehen    wird. 

Wenn  wir  unter  solchen  Umständen,  zu  welchen  noch  die  steigende 
Abneigung  des  Sultans  gegen  Konzessionen  tritt,  noch  einen  Versuch 

399 


machen  wollen,  den  offenbaren  Gefahren  für  den  europäischen  Frieden 
vorzubeugen,  so  wird  dies  meines  unmaßgeblichen  Erachtens  nur 
möglich  sein,  wenn  wir  in  Petersburg  jedes  Mißtrauen  gegen  unsere 
dauernde  Mitwirkung  beseitigen  und  den  Grafen  Murawiew,  welcher 
sich  heute  im  Hinblick  auf  eine  erneute  Verständigung  zwischen  dem 
Kaiser  und  der  Kaiserin-Mutter  in  äußerst  schwieriger  Lage  befindet, 
zu  neuer  und  kräftiger  Initiative  ermutigen,  ohne  welche  nach  meiner 
Überzeugung  nichts  geschehen  wird.  Ob  der  erste  Teil  dieser  Auf- 
gabe zu  lösen  ist,  ohne  daß  wir  wenigstens  noch  ein  Schiff  zur  grie- 
chischen Blockade  bewilligen,  scheint  mir  im  hohen  Grade  zweifel- 
haft. Ob  wir  dies  können,  selbst  um  einer  ernsten  Gefahr  für  den 
Frieden  vorzubeugen,  vermag  ich  nicht  zu  beurteilen,  nach  meinem 
Eindruck  liegt  aber  die  Chance,  ob  die  Blockade  überhaupt  noch  zu 
erreichen  ist,  heute  ganz  gleich.  Kommt  es  nicht  dazu,  so  würden  wir 
durch  das  Anerbieten  eines  zweiten  Schiffs  zum  mindesten  jedes 
Mißtrauen  in  Rußland  beseitigt  und  den  Franzosen  jeden  Vorwand 
genommen  haben,  uns  für  den  Mißerfolg  verantwortlich  zu  machen, 
sowie  neue  Verstimmungen  gegen  uns  in  St.  Petersburg  und  auch 
in  Wien  hervorzurufen. 

In  zweiter  Linie  würde  es  die  Aufgabe  des  Grafen  Murawiew  mit 
Rücksicht  auf  die  Kaiserin-Mutter  wesentlich  erleichtern,  wenn  wir 
in  St.  Petersburg  mitteilen,  daß  wir  die  Kandidatur  eines  griechischen 
Prinzen  als  unbedingt  ausgeschlossen  betrachten  und  unseren  Bot- 
schafter in  Konstantinopel  zu  entsprechender  Erklärung  in  der  Kon- 
ferenz angewiesen  haben. 

Hier  liegt  die  Sache  vorläufig  so,  daß  man  zunächst  abzuwarten 
wünscht,  ob  sich  aus  dem  Übertritt  der  Insurgenten  der  Kriegszustand 
zwischen  der  Türkei  und  Griechenland  entwickelt.  Im  letzteren  Falle 
wird  es,  wie  Sir  Donald  Wallace*  mir  kürzlich  versicherte,  dem  eng- 
lischen Kabinett  nicht  leicht  werden,  die  Blockade  hier  noch  annehmbar 
zu  machen.  Deshalb  wäre  es  von  der  äußersten  Wichtigkeit,  daß  wir 
und  Österreich  den  Sultan  mit  Aufbietung  unseres  ganzen  Einflusses 
und  ohne  Zeitverlust  überzeugen,  daß  seine  Truppen  zwar  jeden 
Angriff  griechischer  Freischaren  zurückschlagen,  vorläufig  aber  die 
Grenze  auf  keinen  Fall  überschreiten  müssen,  solange  nicht  außer 
Zweifel  steht,  daß  die  reguläre  griechische  Armee  den  Angriff  be- 
gonnen hat. 

Hatzfeldt 


*  Redakteur  der  „Times". 
400 


Nr.  3220 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.    Eigenhändiges  Konzept 

Privat  für  Graf  Hatzfeldt  Berlin,  den  11.  April  18Q7 

[abgegangen  am   12.  April] 

Euer  Exzellenz  sage  ich  für  das  gefällige  Privattelegramm  *  meinen 
verbindlichsten  Dank;  ich  bitte  mir  zu  gestatten,  daß  ich  mit  dem- 
selben Freimute  auch  meine  Auffassung  über  die  gegenwärtige  Situation 
darlege. 

Ob  die  Blockade  des  Golfs  von  Athen  oder  anderer  griechischer 
Häfen  heute  noch  imstande  ist,  eine  wirksame  Pression  in  Athen 
auszuüben,  erscheint  mir  zweifelhaft.  Als  Deutschland  vor  zwei  Mo- 
naten einen  bezüglichen  Vorschlag  stellte**,  war  die  Blockade  zu- 
gleich ein  mechanisches  Mittel,  um  den  Obersten  Vassos  mit 
seinen  Truppen  im  Piräus  festzuhalten  und  die  Verschiffung  der  grie- 
chischen Armee  über  Volo  nach  der  thessalischen  Grenze  zu  hindern. 
Heute  würde  die  Blockade  nur  noch  ein  moralisches  Pressionsmittel 
sein,  welches  bei  der  durch  die  jüngsten  Vorgänge  gesteigerten  Über- 
reizung der  griechischen  Gemüter  um  so  wahrscheinlicher  versagen 
dürfte,  als  die  Griechen  genau  wissen,  daß  einige  der  Mächte  jeder 
ernstlichen  Aktion  abgeneigt  sind.  Dazu  kommt,  daß  seit  der  Er- 
öffnung der  Feindseligkeiten  an  der  thessalischen  Grenze  die  vom 
Grafen  Goluchowski  lancierte  juristische  Spitzfindigkeit  über  die  völker- 
rechtliche Unvereinbarkeit  der  Blockade  mit  dem  Kriegszustande*** 
sicherlich  begeisterte  Anhänger  finden  wird. 

Daß  diejenigen  Mächte,  welche  durch  ihre  schwankende  Haltung 
jede  energische  und  wirksame  Aktion  bisher  hintertrieben,  geneigt 
sind,  die  Schuld  für  den  Mißerfolg  andren  Mächten  zuzuschieben, 
überrascht  mich  nicht.  Ich  habe  dies  mit  solcher  Sicherheit  vorher- 
gesehen, daß  ich  schon  seit  sechs  Wochen  auf  Grund  der  Akten  ein 
Weißbuch  vorbereitet.  Daraus  wird  sich  ergeben,  daß  der  deutsche 
Blockadevorschlag  an  dem  Widerstände  Englands  gescheitert  ist,  daß 
späterhin  nach  Ablauf  des  Ultimatums  England  zunächst  nur  Kreta, 
nicht  aber  die  griechischen  Häfen  blockieren  wollte,  dann  aber  sein 
eigener  Vorschlag,  Volo  zu  blockieren,  in  dem  Augenblicke  von  Lord 
Salisbury  zurückgenommen  wurde,  als  es  erkennbar  wurde,  daß  die 
Griechen   dieses   Hafens  zum   Aufmarsch   ihrer  Armee  bedurften,   daß 


*  Siehe  Nr.  3219. 

"  Vgl.  Nr.  3152,    S.  327,   Fußnote  •. 

***  Vgl.  Nr.  3214. 

f  Dieses  Weißbuch  ist  nicht  ausgegeben  worden. 

26    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  401 


der  spätere  englische  Vorschlag,  das  griechische  Litoral  ohne  Volo 
zu  blockieren,  an  dem  Mißtrauen  Rußlands  scheiterte,  und  daß  wäh- 
rend dieser  ganzen  Periode  die  französische  Politik  zu  keinem  Ent- 
schlüsse kam,  sondern  unter  Bezugnahme  auf  ihre  parlamentarischen 
Verhältnisse  jede  bestimmte  Stellungnahme  vermied.  Will 
Frankreich,  nachdem  es  vor  etwa  zehn  Tagen  erstmals  seine 
Teilnahme  an  einer  Blockade  zugesagt  und  entsprechende  Instruk- 
tion an  seinen  Admiral  erteilt  hat,  jetzt  den  Versuch  unternehmen, 
das  Scheitern  der  Blockade  der  Nichtsendung  weiterer  Schiffe  und 
von  Truppen  seitens  Deutschlands  zuzuschreiben,  und  damit  uns  die 
Verantwortung  zuschieben,  so  könnte  ich  darin  nicht  einen  außer- 
ordentlich geschickten  Schachzug,  sondern  nur  einen  recht  kläglichen 
und  aussichtslosen  Versuch  erblicken,  die  Dinge  auf  den  Kopf  zu 
stellen.  Die  Erklärung  Deutschlands,  nur  ein  Schiff  zu  schicken  und 
sich  an  der  Entsendung  von  Truppen  nach  Kreta  nicht  zu  beteiligen, 
ist  doch  nicht  erst  vor  zehn  Tagen  erfolgt.  Dieser  Entschluß  ist  seit 
mindestens  sechs  Wochen  juris  publici  in  Europa;  ich  habe  dem  Mar- 
quis Noailles  und  dem  Grafen  Osten-Sacken  seit  Anfang  März  mehr 
als  zehnmal  unter  eingehender  Begründung  gesagt,  daß  ein  Schiff 
die  äußerste  Grenze  unserer  aktiven  Beteiligung  sei,  ich  habe  Graf 
Münster  in  diesem  Sinne  wiederholt  instruiert,  Graf  Osten-Sacken 
hat  in  einem  Berichte,  den  er  Mitte  März  an  den  Grafen  Murawiew  er- 
stattet, ausführlich  die  Gründe  dargelegt,  die  uns  zu  dieser  Haltung 
bestimmen,  ich  habe  am  18.  März  im  Reichstage  unter  dem  Beifalle  des 
Hauses  die  bestimmte  Erklärung  abgegeben,  daß  wir  nur  ein 
Schiff  und  nicht  mehr  senden,  Mr.  Curzon  hat  eine  analoge  Mitteilung 
im  Unterhause  gemacht,  —  Herr  Hanotaux  hat  also  die  Grenzen  der 
deutschen  Beteiligung  gekannt,  längst  bevor  er  seine  Betei- 
ligung an  der  Blockade  zusagte  —  will  er  jetzt  den  Über- 
raschten und  Enttäuschten  spielen,  so  kompromittiert  er  sich  selbst, 
nicht  uns. 

Daß  in  Rußland  unter  französischen  Einflüsterungen  unsere  Ent- 
haltung unliebsam  empfunden  wird,  ist  möglich;  als  gewiß  nehme 
ich  mit  Euer  Exzellenz  an,  daß  man  in  Wien  darüber  verstimmt  ist. 
Letzteres  ist  keine  neue  Erscheinung.  Seit  bald  zwanzig  Jahren  wird 
in  gewissen  Perioden  von  Österreich-Ungarn  aus  der  Versuch  gemacht, 
uns  in  der  Orientfrage  zu  engagieren,  bald  durch  das  direkte  An- 
sinnen, bei  Erneuerung  unseres  Bündnisvertrags  gewisse  Garantien 
im  Orient  zu  übernehmen,  bald  indirekt,  indem  man  bei  schwebenden 
Fragen  eine  konkludente  Handlung  von  uns  verlangt.  Wir  haben 
alle  diese  Versuche  jederzeit  a  limine  zurückgewiesen  und  werden 
auch  in  Zukunft  desgleichen  tun,  entschlossen,  die  kleinen  oder  grö- 
ßeren Verstimmungen  in  den  Kauf  zu  nehmen,  welche  jede  derartige 
Absage  erfahrungsgemäß  bei  den  leitenden  österreichisch-ungarischen 
Staatsmännern  hervorruft.  — 

402 


Alle  andren  Mächte,  vor  allem  England  und  Frankreich,  Italien, 
in  der  vorliegenden  Frage  aber  auch  Rußland,  pflegen  sich  zur  Recht- 
fertigung ihrer  Politik  auf  ihre  öffentliche  Meinung  und  die  Rück- 
sicht, die  sie  ihr  schulden,  zu  berufen,  ohne  sich  allzuviel  darum  zu 
kümmern,  ob  sie  anderwärts  Verstimmung  erwecken  oder  nicht.  Warum 
soll  Deutschland  allein  seine  Politik  den  Stimmungen  der  andern 
Mächte  unterordnen?  Die  öffentliche  Meinung  in  Deutschland  ist 
in  dieser  Frage  äußerst  empfindlich;  das  eine  Schiff  als  Maximum 
unserer  Beteiligung  vermag  ich  zu  rechtfertigen;  jede  weitergehende 
Aktion  aber  würde  im  Lande  einen  Sturm  der  Entrüstung  hervorrufen. 
Schon  heute  erheben  sich  gewichtige  Stimmen  des  Tadels,  welche  in  der 
Entsendung  der  „Kaiserin  Augusta"  einen  Bruch  mit  der  bewährten 
Orientpolitik  des  Fürsten  Bismarck  erblicken.  — 

Gegen  die  Entsendung  eines  zweiten  Schiffes  spricht  aber  ent- 
scheidend ein  weiterer  Umstand.  Unsere  bisherige  Haltung  stützt 
sich  auf  das  Präzedenz  des  [Jahres]  1886;  bei  der  damaligen  Blockade 
Griechenlands  haben  sich  zahlreiche  Schiffe  anderer  Mächte  und  nur 
ein  deutsches  Schiff  beteiligt.  Niemand  hat  dies  beanstandet.  Ver- 
lassen wir  dieses  Präzedenz,  so  verlieren  wir  jeden  Boden.  Das  An- 
gebot eines  zweiten  Schiffes  wird  man  in  Petersburg  und  Paris  als 
ein  Zeichen  der  Schwäche  oder  mindestens  als  einen  Rückzug  auf- 
fassen und  darnach  verwerten.  Und  wenn  das  zweite  Schiff  dort 
nicht  genügt,  wenn  ein  drittes,  ein  viertes  verlangt  wird?  Soll  das 
zweite  Schiff  das  unwiderruflich  letzte  Angebot  bilden  oder  nicht? 
Die  Gründe  für  Entsendung  des  zweiten  können  auch  für  das  dritte 
ins  Feld  geführt  werden,  und  so  weiter.  Und  welche  Gründe  soll  ich 
im  Parlamente  und  in  der  Presse  geltend  machen,  um  den  direkten 
Widerspruch  mit  den  früheren  Erklärungen  zu  rechtfertigen?  Soweit 
mir  die  öffentliche  Meinung  in  Deutschland  bekannt,  würde  sie  eine 
solche  Prozedur  nicht  ertragen.  Daß  die  Autorität  der  verantwort- 
lichen Regierung  dadurch  einen  schweren  Schlag  erhielte,  wäre  noch 
das  geringere  Übel.  Viel  schwerer  wiegt  der  andere  Umstand,  daß 
jede  unvermittelte  und  unerklärte  Schwenkung  heutzutage  in  unserer 
öffentlichen  Meinung  Stimmungen  und  Kritiken  hervorruft,  die  weit 
bedenklicher  sind,  als  die  vorübergehenden  Launen  einzelner  Mächte 
und  die  durchsichtigen  Versuche,  dem  andern  aufzubürden,  was  die 
eigene   Schwäche   verschuldet  hat.  Marschall 

Nr.  3221 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  137  Wien,  den  14.  April    1897 

Botschafter  Prinz  Liechtenstein  telegraphiert  Inhalt  eines  Gesprächs 
zwischen    Graf    Murawiew    und    englischem    Botschafter,    worin    Graf 


26» 


403 


Murawiew  erklärte,  er  bedauere,  daß  sich  Rußland  überhaupt  in  die 
leidige  griechische  Angelegenheit  eingelassen  habe1.  Schließlich  sei 
es  ihm   einerlei,  wenn  Griechenland  Kreta  annektiere2. 

Graf  Goluchowski  äußerte,  es  schiene  ihm  daraus  der  Wunsch 
zu  blicken,  die  ganze  Frage  versumpfen  zu  lassen.  Er  werde  daher 
heute  noch  Graf  Murawiew  sagen  lassen,  daß  Österreich  nicht  lange 
mehr  auf  die  Blockade  Griechenlands  warten  könne.  Er  schlage  an- 
gesichts der  scheinbar  unausführbaren  Blockade  vor,  den  Türken  die 
Aktionsfreiheit  in  Thessalien  zu  lassen  und  die  Blockade  griechischer 
Häfen  aufzugeben3.  Kreta  bleibe  natürlich  in  den  Händen  der  Mächte. 

Der  Graf  meinte,  Graf  Murawiew  werde  gezwungen  werden, 
Farbe  zu  bekennen4.  Auch  sei  es  ja  selbstverständlich,  daß  die  Mächte 
eine  Vernichtung  Griechenlands  nicht  zugeben  würden.  Er,  Graf  Golu- 
chowski, sei  entschlossen,  die  Versumpfung  länger  nicht  mitzumachen5. 
Eine  Entscheidung  müsse  nunmehr  in  irgendeiner  Form  herbeigeführt 
werden  6. 

Eulenburg 

Randbemerkungen   Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Also  er  streicht  die  Flagge  und  läßt  alles  fallen! 

2  IM 

3  ja 

4  das  ist  unbedingt  nöthig 

5  ich  auch  nicht 

6  richtig 

Nr.  3222 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.   196  London,  den  14.  April    18Q7 

Der  geschäftliche  Stillstand,  den  ich  bei  der  Abreise  Lord  Salis- 
burys  vorhergesehen  hatte,  ist  hier  jetzt  so  vollständig  eingetreten, 
daß  die  Vertreter  der  Großmächte  darauf  beschränkt  sind,  den  Unter- 
staatssekretär zwei-  oder  dreimal  in  der  Woche  aufzusuchen  und  sich 
die  bei  ihm  eingegangenen  Nachrichten,  soweit  er  dies  für  angezeigt 
hält,  mitteilen  zu  lassen1.  Auch  unter  den  Botschaftern  hat  der  frühere 
rege  Verkehr  beinahe  aufgehört,  da  ihnen  weder  Nachrichten  noch 
Aufträge  von  ihren  Regierungen  in  der  griechischen  Frage  mehr  zu- 
gehen und  sie  daher  mehr  oder  weniger  darauf  angewiesen  sind, 
sich  über  die  augenblickliche  Lage  der  Dinge  durch  die  Zeitungen 
belehren  zu  lassen.  Diese  Stagnation  der  Geschäfte  wird  in  den 
nächsten  Tagen  noch  vollständiger  werden,  da  manche  der  englischen 
Minister  während  der  Feiertage  die  Stadt  verlassen  und  einige  der 
fremden   Vertreter  diesem  Beispiel  voraussichtlich  folgen  werden. 

404 


Wenn  es  überhaupt  zu  einer  solchen  Stagnation  in  der  griechischen 
Frage  gekommen  ist,  so  muß  dies,  soweit  ich  mir  von  hier  ein  Urteil 
darüber  bilden  kann,  wohl  in  erster  Linie  der  bekannten  Erklärung 
des  Herrn  Hanotaux*  zugeschrieben  werden2,  welche  der  bereits 
von  allen  Mächten  akzeptierten  Blockade  der  griechischen  Küsten  den 
Todesstoß  versetzte.  Ob  diese  Erklärung  mit  Lord  Salisbury  verein- 
bart war  oder  nicht,  habe  ich  bis  jetzt  nicht  ermitteln  können.  Soviel 
weiß  ich  aber,  daß  der  Unterstaatssekretär,  welcher  mir  kurz  vorher 
die  Überzeugung  ausgesprochen  hatte,  daß  das  Inkrafttreten  der 
Blockade  eine  Sache  von  wenigen  Tagen  sei,  nach  Eintreffen  der 
bezüglichen  Nachrichten  aus  Paris  kein  Hehl  daraus  machte,  daß 
er  jetzt  überhaupt  nicht  mehr  an  die  Ausführung  glaube,  und  daß 
dieses  Projekt,  wie  er  es  bezeichnete,  sich  immer  weiter  am  Horizont 
entferne.  Gleichzeitig  hatte  ich  aber  Gelegenheit  zu  konstatieren, 
daß  unsere  Enthaltung  in  bezug  auf  die  Entsendung  weiterer  Schiffe3 
geradezu  bei  ihm  eine  erhebliche  Gereiztheit  hervorgerufen  hat,  wenn 
er  auch  vermied,  derselben  Worte  zu  verleihen.  Diese  Gereiztheit 
besteht  auch  heute  noch,  obwohl  ich  mir  wiederholt  Mühe  gegeben 
habe,  ihm  klarzumachen,  daß  unsere  Entschlüsse  in  dieser  Hinsicht 
begründet   und   gerechtfertigt  seien. 

Nach  allen  meinen  Beobachtungen  läßt  sich  überhaupt  nicht  leug- 
nen, daß  Frankreich  oder  doch  wenigstens  der  überaus  fähige  und 
eifrige  Vertreter  der  Republik  Baron  Courcel  sich  seit  längerer  Zeit 
und  mit  Erfolg  bemüht  hat,  eine,  wenn  auch  nur  vorläufige  und  be- 
grenzte Annäherung  zwischen  den  beiden  Regierungen  vorzubereiten 
und  uns  gleichzeitig  von  den  Engländern  möglichst  abzudrängen,  eine 
Aufgabe,  die  um  so  einladender  erscheinen  mußte,  als  die  Beziehungen 
zwischen  Deutschland  und  England  infolge  vorhergegangener  und 
wiederholter   kolonialer    Friktionen   ohnehin    nicht   die   besten    waren. 

Mit  demselben  Schlage  hat  Herr  Hanotaux,  welchem  unsere 
steigende  Verständigung  mit  Rußland  im  Orient  unbequem  sein  mußte, 
offenbar  den  Zweck  verfolgt,  auch  Rußland  gegen  uns  mißtrauisch  zu 
machen4  und  die  frühere  Intimität  zwischen  Paris  und  St.  Petersburg 
herzustellen.  Wie  weit  dies  den  französischen  Bemühungen  gelungen 
ist,  darüber  werden  Eure  Durchlaucht,  wie  ich  annehmen  darf,  durch 
die  Berichte  der  Kaiserlichen  Botschaft  in  St.  Petersburg  informiert  sein. 

Die  übereinstimmende  Demarche  des  englischen  und  französischen 
Botschafters  in  Wien,  über  welche  ich  heute  auf  anderem  Wege  zu 
berichten**   die   Ehre  hatte,   dürfte   inzwischen   als   ein  neuer   Beweis 


*  Am  3.  April  hatte  der  französische  Minister  des  Äußern  Hanotaux  sich  in  der 
Deputiertenkammer  in  dem  Sinne  geäußert,  als  ob  eine  Blockade  griechischer 
Häfen  noch  in  weitem  Felde  liege. 

**  Es  handelte  sich  dabei  um  ein  von  den  Botschaftern  in  Konstantinopel  aus- 
gearbeitetes Autonomieprojekt  für  die  Insel  Kreta  und  namentlich  um  die  Frage, 
ob   über  das  künftige  Schicksal  der  Insel  auf  dem  Wege  eines   Plebiszits  ent- 

405 


zu  betrachten  sein,  daß  die  Zusammenkunft  Lord  Salisburys  mit  Herrn 
Hanotaux*  nicht  so  erfolglos  geblieben  ist,  als  dies  von  manchen 
Seiten  angenommen  worden  ist.  Wenn  auch  manche  und  unlösbare 
Streitpunkte  zwischen  Frankreich  und  England  übrig  bleiben,  die  später 
wieder  zu  gespannteren  Beziehungen  führen  müssen,  so  scheint  doch 
für  den  Augenblick  soviel  erreicht  zu  sein,  daß  beide  Regierungen 
sich  vorläufig  in  der  griechischen  Frage  auf  einem  gemeinsamen  Boden 
zusammengefunden  haben.  Ganz  abgesehen  von  der  griechischen  Frage 
wird  Lord  Salisbury,  wie  ich  ihn  kenne,  dabei  aber  auch  den  Zweck 
verfolgt  haben,  Frankreich  von  Rußland  abzuziehen  und  dem  letzteren 
klarzumachen,  daß  es  bei  einer  feindseligen  Politik  gegen  England 
auf  französische  Hülfe  nicht  rechnen  könne.  Weniger  erklärlich  scheint 
mir  die  Absicht  des  Herrn  Hanotaux,  indem  er  sich  den  Anschein 
einer  steigenden  Intimität  mit  England  gibt,  in  bezug  auf  Rußland 
zu  sein.  Während  er  sich  wahrscheinlich  der  Hoffnung  hingibt,  daß 
Rußland,  um  dieser  wachsenden  Intimität  vorzubeugen  und  Frankreich 
wieder  an  sich  zu  fesseln,  demselben  noch  größeres  Entgegenkommen 
zeigen  wird,  ist  die  Möglichkeit  keineswegs  ausgeschlossen,  daß  Graf 
Murawiew  darin  einen  Grund  mehr  sehen  wird,  sich  mit  den  beiden 
anderen  Kaisermächten,  von  welchen  solche  Seitensprünge  nicht  zu 
befürchten  sind,  auf  guten  Fuß  zu  stellen5. 

Von  irgendeiner  Äußerung  der  russischen  Regierung  in  bezug 
auf  die  griechische  Frage  ist  hier  in  der  letzten  Zeit  nichts  bekannt 
geworden,  und  der  russische  Botschafter,  welcher  sich  nur  selten  auf 
dem  Foreign  Office  blicken  läßt,  gibt  auch  seinen  Kollegen,  wenn 
sie  ihn  nicht  speziell  deshalb  aufsuchen,  keine  Gelegenheit  zu  ver- 
traulicher Besprechung  der  Frage.  Das  Eingreifen  Rußlands  hätte 
aber,  nachdem  es  die  Führung  in  der  Sache  übernommen  hatte,  allein 
dazu  führen  können,  die  Blockade  der  griechischen  Küsten  noch  zur 
Wirklichkeit  zu  machen.  Ob  die  Enthaltung  Rußlands  auf  sein  Miß- 
trauen gegen  die  englische  Politik  oder  auf  die  Besorgnis  zurück- 
zuführen ist,  daß  die  Blockade  heute  überhaupt  keinen  praktischen 
Nutzen  mehr  haben  würde,  dürfte  an  sich  von  keiner  besonderen 
Wichtigkeit  sein2.  Tatsächlich  hat  die  russische  Passivität,  wenn  mich 
nicht  alle  meine  Beobachtungen  täuschen,  dazu  geführt,  daß  jenes 
Zwangsmittel  heute  als  überhaupt  aufgegeben  zu  betrachten  ist4. 

Mein  österreichischer  Kollege,  welcher  mich  heute  aufgesucht 
hat,  teilt  diese  Auffassung  vollständig  und  sprach  mir  gleichzeitig 
ganz  vertraulich  die  Überzeugung  aus,  daß  es,  wie  die  Dinge  jetzt 
liegen,  nur  noch  eine  Aussicht  für  die  schnelle  Beendigung  der  grie- 
chischen   Krisis    gebe,    und    dies    sei    das    militärische    Vorgehen    der 


schieden    werden    solle.    Nach    Berlin    gemeldet    durch    Telegramm    Hatzfeldts 

Nr.  108  vom   14.   April. 

■  Am   26.  März.    Vgl.  Nr.  3206,  S.  387,  Fußnote. 

406 


Türken  *  bei  der  ersten  nachweisbaren  Provokation  6  durch  die  Griechen. 
Ich  darf  gehorsamst  hinzufügen,  daß  ich  nach  gewissenhafter  Erwägung 
der  heutigen  Situation  sehr  geneigt  bin,  diese  Auffassung  meines 
österreichischen  Kollegen  für  eine  durchaus  richtige  zu  halten. 

P.  HatzfeMt 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  England  hat  es  erreicht  daß  Russland  ins  Mauseloch  kriecht,  und  Frankreich 
nicht  mitmacht.    Also  ist  die  Sache  damit  lahmgelegt 

2  richtig 

3  die  Briten  müssen  denken  wir  hätten  eine  heimliche  Flotte  in  Reserve  von  der 
„Niemand  nichts  weiß" 

4  ja 

5  hoffentlich 

6  auch  ohne  diese 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 
Einverstanden 


Nr.  3223 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Konzept 
Nr.   596  Berlin,  den   16.   April   1897 

Die  veränderte  Haltung  des  Grafen  Murawiew  dürfte  nicht  auf 
unsere  ihm  schon  vorher  bekannte  Minderbeteiligung  bei  der  mili- 
tärischen Aktion,  sondern  auf  steigendes  Mißtrauen  wegen  der  Ab- 
sichten Englands  auf  Kreta  zurückzuführen  sein.  Das  Mißtrauen,  daß 
England  Absichten  auf  die  Sudabai  habe,  war,  nach  Äußerungen 
des  Grafen  Osten-Sacken  zu  urteilen,  von  Anfang  an  vorhanden.  Es 
ist  jetzt  durch  die  wiederholt  ausgesprochene  Bereitwilligkeit  der  Eng- 
länder zur  Absendung  stärkerer  Truppenkontingente  offenbar  gesteigert 
worden.  Die  russische  Apathie  gegen  das  Plebiszit  und  gegen  einen 
griechischen  Prinzen  als  Oberhaupt  von  Kreta  erklärt  sich  vielleicht 
dadurch,  daß  Rußland  hierin  das  geringere  Übel  und  ein  Mittel  zu 
baldmöglicher  Exmittierung  des  englischen  Elements  erblickt. 

Es  wird  interessant,  aber  wohl  kaum  festzustellen  sein,  ob  das 
Wiener  Kabinett  in  seiner  ungewöhnlich  bestimmt  gehaltenen  Er- 
klärung, daß  Kreta  bis  auf  weiteres  auch  während  eines  griechisch- 
türkischen Krieges  in  den  Händen  der  Mächte  bleibe,  von  dem  Wunsche, 
den  Engländern  angenehm  zu  sein,  oder  ausschließlich  von  der  Ab- 
neigung gegen  eine  plebiszitäre  Lösung  geleitet  war. 

Für  die  deutsche  Regierung  hat  die  Zukunft  Kretas  keine  solche 
Bedeutung,  daß  wir  deswegen  uns  vom  Standpunkte  der  absoluten 
Verneinung  des  Prinzips  der  Volksabstimmung  entfernen  sollten. 

407 


Unabhängig  von  den  subjektiven  Auffassungen  der  einzelnen  Re- 
gierungen je  nach  ihren  Interessen  hat  nun  aber  noch  objektiv  der 
Gedanke  eine  berechtigte  Geltung,  daß  ein  durch  die  griechische 
Majorität  erwähltes  Staatsoberhaupt  nicht  in  der  Lage  sein  wird,  bei 
Verwaltung  der  Insel  diejenige  strenge  Unparteilichkeit  zu  erzwingen, 
welche  für  den  Schutz  der  muselmännischen  Minorität  notwendig  ist. 
Die  Vergewaltigung  der  türkischen  Bevölkerung  würde  unter  einer 
Regierung,  welche  dem  griechischen  Elemente  ihre  Existenz  verdankt, 
unvermeidlich  sein  und  würde  auf  die  Stimmung  des  türkischen  Fest- 
landes eine  Rückwirkung  üben,  welche  die  Sicherheit  der  dort  lebenden 
einheimischen  Christen  und  Europäer  ernstlich  gefährden  müßte. 

Ich  will  nicht  unterlassen  hinzuzufügen,  daß  nach  einer  eben  ein- 
gehenden Meldung  des  Kaiserlichen  Geschäftsträgers  in  Rom  Herr 
Visconti  Venosta  sich  nach  Kenntnis  der  Erwägungen,  auf  Grund 
deren  sich  die  Kaiserliche  Regierung  gegen  ein  Plebiszit  oder  Wahl 
des  Gouverneurs  durch  Notable  erklärt,  gleichfalls  dahin  ausgesprochen 
hat,  daß  er  gegen  ein  Plebiszit  sei,  weil  letzteres  keine  Gewähr  für 
gerechte  Behandlung  der  muselmännischen  Bevölkerung  bieten  würde. 

Marschall 

Nr.  3224 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Freiherrn  von  Marschall 

Reinschrift 

Berlin,  den  17.  April  1897 

Heute  nachmittag  hatte  ich  eine  längere  politische  Unterredung 
mit  dem  Unterstaatssekretär  Mr.  Curzon*.  Soweit  dieselbe  sich  auf 
die  griechische  Frage  bezog,  brachten  die  Äußerungen  des  Unter- 
staatssekretärs nichts  erheblich  Neues.  Er  suchte  eingehend  die  schwan- 
kende Haltung  zu  rechtfertigen,  welche  das  Londoner  Kabinett  zu 
der  Frage  der  Blockade  griechischer  Häfen  eingenommen  hat.  Gerade 
bezüglich  dieses  Punktes  habe  Lord  Salisbury  mit  der  philhellenischen 
Strömung  im  Lande  zu  rechnen  gehabt,  die  wohl  eine  Aktion  Englands 
gegen  Griechenland,  nicht  aber  eine  solche  für  die  Türkei  ge- 
stattet hätte.  Von  diesem  Standpunkt  aus  sei  die  Blockade  von  Volo, 
die  Lord  Salisbury  selbst  momentan  im  Auge  gehabt  habe,  unmöglich 
geworden,  da  über  Volo  die  griechischen  Truppenansammlungen  und 
die  Lieferung  von  Munition  und  Proviant  sich  vollzogen  haben.  Auf 
meinen  Einwand,  daß  die  jetzige  Aktion  an  der  kretischen  Küste  doch 
noch  viel  mehr  für  die  Türken  sei  als  eine  Blockade  der  griechischen 
Küste,   indem   dort  die   englischen   Schiffe  auf  die  griechischen   Insur- 


*  Curzon   weilte  Mitte   April   1897  zu  kurzem   Besuch  in   Berlin. 
408 


genten  schössen,  um  die  Türken  zu  beschützen*,  gab  Mr.  Curzon  dies 
mit  dem  Bemerken  zu,  die  ganze  Lage  sei  dort  so  unerquicklich  ge- 
worden wie  nur  möglich.  Meine  weitere  Frage,  wie  man  sich  in 
England  die  weitere  Entwickelung  der  Dinge  denke,  beantwortete  er 
mit  der  Bemerkung,  es  sei  ihm  unverständlich,  warum  die  Türken  an 
der  thessalischen  Grenze  nicht  endlich  Ernst  machten  und  auf  Larissa 
marschierten,  pp. 

Marschall 

Nr.  3225 

Aufzeichnung  des  Vortragenden  Rats  im  Auswärtigen  Amt 

von  Holstein 

Reinschrift 

Berlin,  den  19.  April  1897 

Aus  den  neuesten  Mitteilungen  des  Kaiserlichen  Geschäftsträgers 
in  Petersburg  ist  zu  ersehen,  daß  Graf  Murawiew  die  Frage  erwägt, 
ob  die  Angliederung  Kretas  an  Griechenland  schließlich  doch  nicht 
das   geringere  unter  mehreren   Übeln  sein  würde. 

Falls  das  Petersburger  Kabinett  sich  entschlösse,  Kreta  an  Griechen- 
land zu  übergeben,  würde  es  weder  hierin  noch  sonstwo  in  Orient- 
fragen auf  diplomatische  Opposition  Deutschlands  stoßen.  Wir  würden 
selbst  dann,  wenn  Rußland  eine  Aktion  einleitete,  welche  nach  dies- 
seitiger Ansicht  den  Interessen  des  europäischen  Friedens  nicht  ent- 
spricht, uns  aller  Einwendungen  enthalten  und  uns  lediglich  auf  das- 
jenige beschränken,  was  erforderlich  ist,  um  die  Verantwortung  für 
die   Folgen  von  uns   abzuwälzen. 

Deutschland  hat  sich  bei  der  Aktion  der  Mächte  bezüglich  Kretas 
beteiligt,  um  die  Gefahr  eines  Balkankrieges  abzuwenden.  Solange 
die  Möglichkeit  bestand,  daß  Kreta  von  Griechenland  annektiert  würde, 
hielten  Bulgarien  und  Serbien  nicht  zurück  mit  der  Absicht,  diese  Ver- 
stärkung der  griechischen  Macht  als  Anlaß  zu  benutzen,  um  auch 
sich  aus  türkischem  Gebiete  Kompensationen  zu  verschaffen.  Erst 
als  die  Haltung  der  Mächte  die  Eventualität  einer  Vergrößerung  Grie- 
chenlands in  die  Ferne  rückte,  ließen  sich  auch  die  Kabinette  von 
Sofia  und  Belgrad  dazu  herbei,  ihre  eigene  Friedensliebe  selbst  für 
den  Fall  eines  griechisch-türkischen  Krieges  zu  erklären.  In  dem 
Augenblick,  wo  die  Frage  der  Annexion  Kretas  durch  Griechenland 
wieder  aktuell  wird,  werden  auch  die  anderen  Balkanvölker  Gebiets- 
erweiterungen verlangen,  und  die  bulgarische  wie  die  serbische  Re- 
gierung sind  nicht  stark  genug,  um  sich  einer  lebhaften  Volksströmung 
entgegenstellen    zu   können. 


*  Am  25.  März  hatten  die  europäischen  Schiffe  vor  Kreta  kurze  Zeit  die  Auf- 
ständischen beschossen. 

409 


Was  Montenegro  anlangt,  so  kommen  gerade  von  dort  in  neuester 
Zeit  beunruhigende  Nachrichten  hinsichtlich  der  diplomatischen  Tätig- 
keit des  Fürsten  in  und  außerhalb  der  Balkansphäre. 

Hiernach  ist  die  Gefahr  eines  Balkanbrandes  kaum  zu  trennen 
von  der  Annexion  Kretas  durch  Griechenland,  gleichviel  ob 
sich  letztere  sofort  vollziehen  oder  durch  Wahl  eines  griechischen 
Prinzen  zum  Oberhaupt  der  Insel  nur  anbahnen  würde. 

Hingegen  kennzeichnet  sich  alles,  was  in  letzter  Zeit  über  die 
Möglichkeit  einer  Annexion  von  Kreta  durch  England  und  einer 
sich  daraus  ergebenden  Kriegsgefahr  diplomatisch  und  publizistisch 
ausgestreut  wurde,  als  tendenziöse  Erfindungen,  deren  Ursprung  in 
England   selbst  zu  suchen  ist. 

Daß  England  in  Wirklichkeit  einen  solchen  Annexionsplan  ver- 
folgen  sollte,   ist  aus   zwei    Gründen   ausgeschlossen: 

1.  Weil  England  durch  die  Wegnahme  von  Kreta  sich  die  un- 
versöhnliche Feindschaft  des  hellenischen  Elements  zuziehen  würde, 
welches  auf  alle  Weise  zu  stärken  und  an  sich  heranzuziehen  doch 
im    Interesse   der  englischen   Mittelmeerpolitik   liegt. 

2.  Weil  England,  dessen  Politik  sich  gegenwärtig  darauf  richtet, 
größere  Bruchstücke  von  Südafrika  und  Ostasien  sich  anzueignen, 
nicht  um  Kretas  willen  die  Gefahr  eines  Krieges  herbeiführen  würde, 
bei  welchem  England  die  Hauptrolle  zu  spielen  hätte. 

Wohl  aber  würde  ein  Balkan  krieg,  welcher  die  Kontinental- 
mächte entweder  in  Mitleidenschaft  zöge  oder  doch  zeitweilig  in  der 
Erwartung  kommender  Dinge  an  der  Behandlung  anderer  Fragen 
hinderte,  es  den  Engländern  ermöglichen,  in  Südafrika  und  Ostasien 
frei  zu  schalten.  Daß  England  sich  auf  diese  Eventualität  für  den 
kommenden  Winter  einrichtet,  darüber  liegen  allerlei  Nachrichten  vor, 
und  sind  eben  auch  deshalb  die  Besorgnisse  wegen  eines  englischen 
Vorgehens  in  Kreta  grundlos. 

Der  Krieg,  den  England  wünscht,  ist  nicht  ein  solcher,  wo  es 
selber  in  erster  Reihe  stände,  vielmehr  ist  es  bestrebt,  den  Kontinen- 
talkrieg,  welcher  seit  fast  zwei  Jahren  das  Ziel  seiner  diplomatischen 
Tätigkeit  bildet,  jetzt  in  der  Weise  herbeizuführen,  daß  es  durch  die 
Vergrößerung  Griechenlands  ähnliche  Vergrößerungsgelüste  in  und 
außerhalb  der  Balkanhalbinsel  wachruft.  Diese  Vergrößerung  Griechen- 
lands aber  glaubt  England  am  besten  dadurch  herbeizuführen,  daß 
es  sich  bemüht,  bei  den  übrigen  Mächten  die  Besorgnis  zu  erregen, 
als  strebe  es  selber  danach,  sich  in  Kreta  festzusetzen.  Nur  so  er- 
klärt sich  das  Anerbieten  von  Lord  Salisbury,  Kreta  allein  mit  eng- 
lischen Streitkräften  zu  pazifizieren  —  ein  Vorschlag,  dessen  Zurück- 
weisung durch  Rußland  und  Frankreich  für  den  englischen  Minister* 
Präsidenten  doch  wohl  keinen  Augenblick  zweifelhaft  gewesen  sein  kann. 

Holstein 

410 


Nr.  3226 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.  Konzept 

Nr.  80  Berlin,  den  20.  April  1897 

Ganz  geheim 

Im  Auftrage  Seiner  Majestät  des  Kaisers  habe  ich  heute  dem  tür- 
kischen Botschafter  zur  ganz  geheimen  Übermittelung  an  Seine  Maje- 
stät den  Sultan  nachstehende  Eröffnung  gemacht: 

Seine  Majestät  der  Kaiser  habe  sich  der  Erkenntnis  nicht 
verschlossen,  daß  angesichts  der  provozierenden  Haltung  Grie- 
chenlands der  Sultan  keine  andere  Wahl  gehabt  habe,  als 
den  ihm  von  Griechenland  aufgedrungenen  Krieg  zu  akzep- 
tieren*, um  mit  Waffengewalt  die  griechische  Armee  und  die  grie- 
chischen Freiwilligenbanden  von  dem  türkischen  Gebiete  zurück- 
zudrängen. Indessen  stehe  wohl  zu  erwarten,  daß  im  ferneren  Ver- 
lauf des  Kriegs,  insbesondere  nach  einer  größeren  Niederlage  des 
griechischen  Landheeres,  von  europäischen  Großmächten  der  Versuch 
gemacht  werden  würde,  zwischen  den  Streitenden  zu  intervenieren. 
Um  einer  solchen  für  die  Türkei  immerhin  peinlichen  Intervention 
vorzubeugen,  stelle  Seine  Majestät  der  Kaiser  dem  Sultan  zur  Er- 
wägung, ob  es  sich  nicht,  nachdem  eine  größere  Entscheidung 
zugunsten  der  Türkei  gefallen,  also  etwa  nach  der  Ein- 
nahme Larissas  oder  nach  dem  Gewinn  einer  größeren  Feld- 
schlacht für  den  Sultan  empfehlen  würde,  seinerseits  die  Initiative  zu 
ergreifen  und  eine  Erklärung  folgenden  Inhalts  an  die  Mächte  zu 
richten: 

Seine  Majestät  der  Sultan  habe  einen  ihm  aufgedrungenen  Krieg 
aufgenommen,  bei  dem  er  nur  die  Verteidigung  seines  Gebiets  und 
keinen  Zweck  der  Eroberung  verfolge.  Nachdem  die  erste  Entscheidung 
zugunsten  der  türkischen  Waffen  ausgefallen,  wolle  er  einen  neuen 
Beweis  seiner  friedlichen  Gesinnung  geben,  indem  er  sich  bereit 
erkläre,  mit  Griechenland  auf  folgender  Grundlage  Frieden  zuschließen: 

1.  Griechenland  ruft  sofort  den  Obersten  Vassos  mit  den  grie- 
chischen Truppen  von  der  Insel  Kreta  zurück. 

2.  Griechenland  erkennt  formell  das  autonome  Regime  für  Kreta 
an,  über  welches  sich  die  Pforte  mit  den  übrigen  Großmächten  ver- 
ständigt. 

Auf  die  Zahlung  einer  Kriegsentschädigung  verzichtet  die  Türkei. 


*  Am  18.  April  war  die  Kriegserklärung  der  Türkei  an  Griechenland  erfolgt. 
Der  Krieg  nahm  von  Anfang  an  die  denkbar  ungünstigste  Wendung  für  die 
Griechen.    Larissa  fiel  bereits  am   25.  April  in  die  Hände  der  Türken. 

411 


Ew.  pp.  wollen  die  gleiche  Mitteilung  bei  sich  bietender  Gelegen- 
heit Seiner  Majestät  dem  Sultan  machen. 

Marschall 

Nr.  3227 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr  von  Marschall 
an  den  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky 

Telegramm 
Konzept    von    der   Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.   141  Berlin,  den   1.  Mai   1897 

Der  russische  Botschafter  hat  gestern  nachstehendes  Telegramm 
des  Grafen  Murawiew  zu  meiner  Kenntnis  gebracht: 

„La  Reine  d'Angleterre  s'est  adressee  ä  l'Empereur,  notre  Auguste 
Maitre,  en  suggerant  Pidee  de  faire  amener  conclusion  d'un  armistice 
entre  les  belligerants  par  les  trois  Puissances  garantes  de  la  Grece 
(Russie,  France  et  Angleterre).  Sa  Majeste  serait  tout  disposee  ä 
appuyer  une  demarche  dans  le  but  indique,  mais  eile  estime,  que 
cette  derniere  devrait  etre  faite  par  toutes  les  Grandes  Puissances.  — 
II  nous  semblerait  indispensable  de  sonder  prealablement  les  dispo- 
sitions  du  Gouvernement  Grec  qui  pourrait  encore  ne  pas  vouloir 
d'une  mediation.  D'un  autre  cöte,  nous  apprenons  par  Nelidow  que 
le  Sultan  ne  serait  pas  dispose  ä  accueillir  une  mediation  des  Grandes 
Puissances,  mais  prefererait  une  demarche  aupres  de  lui  de  la  part 
du  Gouvernement  Hellenique." 

Ich  habe  heute  nach  eingeholter  Zustimmung  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  erwidert,  daß  eine  Vermittelung  nur  dann  Aussicht  habe,  wenn 
die  Griechen  vor  Eintritt  der  Waffenruhe  und  vor  Eintritt  der  Ver- 
mittelung erklärten,  daß  sie  sich  den  längst  bekannten  Vorschlägen 
der  Mächte  bezüglich  der  Autonomie  Kretas  und  der  Rückberufung 
von  Vassos  fügten.  Jede  Vermittelung,  bei  der  diese  Vorbedingung 
fehle,  sei  unseres  Erachtens  aussichtslos,  und  wir  sähen  keinen  Zweck, 
uns  bei  einer  solchen  zu  beteiligen.  Wir  würden  es  aber  ohne  Neid 
und  Eifersucht  sehen,  wenn  andere  Mächte  anderer  Ansicht  sein 
sollten  und  dementsprechend  ihrerseits  einen  Versuch  zur  Vermittelung 
machen  wollten.  Marschall 

Nr.  3228 

Der  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  214  St.  Petersburg,  den  1.  Mai  1897 

Vertraulich 

Die  jüngste  Separataktion,  die  England  hier  unternommen  hat,  — 
der  Vorschlag   einer  Konferenz  der  drei  Mächte  England,   Frankreich 

412 


und  Rußland  zur  Regelung  der  griechischen  Frage  —  hat  hier,  wie 
natürlich,  in  eingeweihten  Kreisen  großes  Aufsehen  gemacht,  wie 
er  denn  auch  auf  die  politischen  Resultate  der  Kaiserbegegnung* 
nicht  ohne   Wirkung  geblieben  ist. 

Der  Versuch  Englands,  über  den  Kopf  Österreich-Ungarns  hinweg1 
mit  Rußland  und  Frankreich  Fragen  zu  lösen,  bei  denen  gerade  das 
Kaiserreich  an  der  Donau  mit  am  meisten  beteiligt  erscheint,  dieser 
am  Tage  vor  der  Ankunft  des  Kaisers  Franz  Joseph  in  Petersburg 
vollführte  hinterlistige  Schlag,  der  die  Staaten  des  Dreibundes  einfach 
aus  dem  europäischen  Areopag  hinaus  eskamotieren  sollte,  wird  — 
nach  dessen  Abwehr  seitens  des  Kaisers  Nikolaus  und  der  russischen 
Regierung  —  in  dem  österreichisch-ungarischen  Staatsmanne  die  letzten 
anglophilen  Regungen,  die  vom  Beginn  seiner  Amtstätigkeit  noch 
vorhanden  gewesen  sein  sollten,  erstickt2  und  ihn  um  so  geneigter  zu 
rückhaltloser  Verständigung  mit  Rußland  gemacht  haben. 

Frankreich  und  seinem  hiesigen  Botschafter,  denen  die  Kaiser- 
begegnung schon  an  sich  nicht  sympathisch  sein  konnte,  ist  die  Abwehr, 
die  der  englische  Vorstoß  hier  erfahren  hat,  —  der  wohl  schwerlich 
ohne  Wissen  Frankreichs  erfolgt  sein  dürfte  —  sicherlich  sehr  un- 
gelegen gekommen.  Die  üble  Laune  des  Grafen  Montebello  ist  denn 
auch  äußerlich  hervorgetreten,  indem  weder  er  noch  einer  der  Sekre- 
täre der  französischen  Botschaft  der  großen  Parade  zu  Ehren  des 
österreichischen  Kaisers  beigewohnt  hat,  und  mehrere  Augenzeugen 
haben  mich  versichert,  daß  der  Botschafter  auf  dem  Diner  beim  Grafen 
Murawiew  in  übelster  Stimmung  gewesen  sein  soll3. 

Wenn  einerseits  Frankreich  durch  die  Weigerung  Rußlands,  dem 
englischen  Vorschlage  beizutreten,  diesmal  gezwungen  worden  ist, 
offen  gegen  England  Stellung  zu  nehmen,  eine  Eventualität,  die  man 
bisher  an  der  Seine  geflissentlich  und  mit  so  viel  Geschick  vermieden 
hatte,  so  wird  es  die  andere  Wirkung  des  englischen  Vorgehens,  die 
Förderung  des  Einvernehmens  Rußlands  einerseits  und  Österreichs 
und  Deutschlands  andererseits  in  allen  orientalischen  Dingen,  mit  um 
so  scheeleren  Blicken  betrachten.  Es  wird  für  die  nächste  Zukunft 
wohl  die  hauptsächlichste,  aber  nicht  leichte  Aufgabe  des  russischen 
Ministers  des  Auswärtigen  bilden,  Frankreich  diesen  Schmerz  ver- 
gessen zu  machen.  Herr  Hanotaux  wird  ihm  dabei  gewiß  nach  Mög- 
lichkeit entgegenkommen,  und  das  Verhältnis  wird  voraussichtlich  wie- 
der —  äußerlich  wenigstens  —  jede  Trübung  verlieren.  Em  Stachel 
wird  aber  doch  zurückbleiben,  und  diesmal  dürfte  dieser  Stachel  vielleicht 
tiefer  im  französischen  Fleische  sitzen  als  alle  diejenigen,  die  seit  den 
Tagen  von  Kronstadt  schon  schmerzlich  in  Paris  empfunden  wurden. 

Graf  Montebello   sprach  mir  gegenüber   möglichst  ungezwungen 


*  Vom   27.  bis  29.  April  1897  weilte  Kaiser  Franz  Joseph  in  Petersburg.    Vgl. 
Kap.   LXXIX,  Nr.   3121. 

413 


über  die  Sache,  machte  aber  unter  öfterem  Achselzucken  eine  be- 
kümmerte Miene.  Er  tadelte  besonders  das  taktlose  Vorgehen  Sir 
Nicholas  O'Conors,  der  Seine  Majestät  den  Kaiser  direkt  mit  dieser 
politischen  Frage  angefallen  habe.  Dann  sprach  er  über  das  als 
Antwort  von  hier  nach  London  ergangene  Telegramm  und  bezeich- 
nete es  als  durchaus  korrekt.  Hiermit  hat  Graf  Montebello,  der, 
indem  er  ebenso  wie  Graf  Vauvineux*  für  möglichst  baldige  Intervention 
in  Athen  selbst  ohne  vorheriges  Ersuchen  Griechenlands  eintrat, 
schwerlich  ohne  Instruktion  aus  Paris  gehandelt  hatte,  auch  in  dieser 
Frage  der  russischen,  von  uns  und  Österreich  gestützten  Ansicht  nach- 
geben müssen. 

Prinz  Liechtenstein  gestand  mir  in  vertraulichem  Gespräche,  er 
sei  im  ersten  Augenblicke,  als  er  von  dem  englischen  Vorstoß  Kenntnis 
erhielt,  nicht  ohne  Sorge  gewesen.  Er  habe  sich  gesagt,  es  werde 
eine  gar  starke  Anforderung  an  die  Willenskraft  des  jungen  russischen 
Herrschers  gestellt4,  angesichts  dieses  Briefes  der  hochbetagten  bri- 
tischen Königin  und  der  Bitten  und  Einwirkungen  seiner  eigenen 
Mutter  und  deren  ganzer  Familie  die  nötige  Festigkeit  zu  bewahren, 
um  diesem  politischen  Überfalle  nicht  zu  unterliegen.  Um  so  größer 
sei  seine  Genugtuung  jetzt,  nachdem  der  Coup  mißglückt  und  sich 
als  ein  grober  Fehler  erwiesen  habe.  Es  sei  fast  unbegreiflich,  wie 
England,  ohne  vorher  das  Terrain  irgendwie  sondiert  zu  haben5, 
diesen  Schritt  habe  unternehmen  können.  Prinz  Liechtenstein  sagte 
mir  ausdrücklich,  daß  sowohl  Graf  Goluchowski  als  sein  kaiserlicher 
Herr  sehr  mißgestimmt  gegen  England  gewesen  seien. 

Sir  Nicholas  O'Conor  selbst  stellte  mir  gegenüber  die  Sache  so 
dar,  als  habe  England  von  Anfang  an  eine  Konferenz  aller  Groß- 
mächte im  Sinne  gehabt,  und  versicherte  mich,  der  Vorschlag  sei  von 
Rußland  bereits  akzeptiert  gewesen,  habe  aber  an  anderer  Stelle  — 
vielleicht  in  Berlin  oder  in  Wien6  —  Widerstand  gefunden.  Jetzt  sei  die 
Sache  erledigt,  und  es  komme  nun  darauf  an,  die  Athener  Regierung 
möglichst  bald  dazu  zu  bewegen,  die  Intervention  der  Mächte  anzurufen. 
Ich  habe  mich  dem  englischen  Botschafter  gegenüber  auf  bloßes  Zu- 
hören beschränkt,  ohne  die  Widersprüche,  die  zwischen  seiner  Dar- 
stellung und  derjenigen  seiner  Kollegen  bestehen,  zu  berühren. 

Für  Deutschland  dürfte  meines  gehorsamsten  Erachtens  der  Zwi- 
schenfall nach  zwei  Seiten  hin  günstige  Folge  haben.  Einerseits  wird 
er  in  Österreich  den  irrigen  Glauben  an  eine  eventuelle  Unterstützung 
Österreich-Ungarns  durch  England  und  eine  Gemeinsamkeit  der  In- 
teressen beider  Länder  im  Orient  zerstören7  und  damit  in  Österreich 
eine  anderweite  Orientierung  in  der  Orientpolitik  unter  Zurück- 
drängung des  Gedankens  eines  vermeintlich  unversöhnlichen  Anta- 
gonismus mit  Rußland  ermöglichen.   Andererseits  hat  er  —  wenn  auch 


*  Französischer   Botschaftsrat  in   Petersburg. 
414 


vielleicht  nur  vorübergehend  —  Frankreich  gezwungen,  sein  Schaukel- 
spiel zwischen  England  und  Rußland  aufzugeben,  sich  in  der  Orient- 
politik an  Rußland  fester  anzuschließen  und  damit  England  vollkommen 
zu  isolieren. 

von    Tschirschky 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Ist  nicht  neu! 

2  hoffentlich?! 

3  wat  den  ihnen  sin  Uhl,  is  den  andern  sin  Nachtigal 

4  es  ist  eine  Haltung  die  einem  Jeden  von  uns  die  höchste  Achtung  vor  der 
Loyalität  und  dem  gesunden  Urtheil  des  Kaisers  abnöthigen  muß. 

5  der  alte  Uebermuth  die  alte  Selbstüberhebung 

6  Prosit! 

7  das  habe  ich  lange  genug  gepredigt! 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Sehr  gut  geschrieben 

Nr.  3229 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Gesandten 
in  Athen  Freiherrn  von  Plessen 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  46  Berlin,  den  3.  Mai  1897 

Die  russische  Regierung  teilt  hier  mit,  daß  der  griechische  Mi- 
nister der  Auswärtigen  Angelegenheiten  die  Notwendigkeit  eines  Waffen- 
stillstandes eingesteht,  jedoch  dringend  bittet,  daß  der  erste  Vor- 
schlag dazu  von  den  Großmächten  ausgehen  möge  als  Mittel  zur  Be- 
festigung der  Dynastie. 

Der  russische  Gesandte  in  Athen  ist  infolgedessen  beauftragt, 
diesen  Schritt  mit  seinen  Kollegen  zu  besprechen,  weil  nach  Ansicht 
der  russischen  Regierung  die  Vertreter  zunächst  eine  möglichst  wenig 
verletzende  Art  zu  vereinbaren  haben  würden,  um  der  griechischen 
Regierung  die  Notwendigkeit  verständlich  zu  machen,  daß  sie,  um 
den  guten  Absichten  der  Mächte  entgegenzukommen,  deren  Empfeh- 
lungen bedingungslos  annimmt. 

Ew.  wollen  sich  bei  Besprechungen  Ihrer  Kollegen  dann 
beteiligen,  wenn  dieselben  im  Rahmen  Ihrer  von  Seiner  Majestät  dem 
Kaiser  genehmigten  Instruktion  bleiben,  d.  h.  wenn  seitens  der  Mächte 
das  bisherige  Programm,  Anerkennung  der  Autonomie  von  Kreta  durch 
die  griechische  Regierung  und  die  Zurückberufung  des  Obersten  Vassos 
durch  dieselbe,  als  Voraussetzung  für  jede  vermittelnde  Tätigkeit  fest- 
gehalten wird.  Auf  einer  anderen  Grundlage  zu  verhandeln,  sind  Ew. 
nicht  ermächtigt,  weil  nur  auf  diesem  Wege  eine  Beendigung  des 
jetzigen  Beunruhigungszustandes  erreichbar  scheint. 

C.  Hohenlohe 

415 


Nr.  3230 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   135  Athen,  den  6.  Mai   1897 

Unter   Bezugnahme   auf  Telegramm   Nr.   46*. 

Der  russische,  englische,  französische  und  italienische  Gesandte 
haben  in  Übereinstimmung  mit  den  ihnen  erteilten  Instruktionen  die 
nachstehende  Redaktion  vereinbart,  die  nach  eventueller  Genehmigung 
seitens  der  verschiedenen  Regierungen  dem  Minister  der  Auswärtigen 
Angelegenheiten**  von  dem  russischen  Gesandten  in  Form  eines  Prome- 
moria  zugeschickt  werden  soll  unter  der  Voraussetzung,  daß  die  sämt- 
lichen hiesigen  Vertreter  der  Mächte  sich  an  dem  Schritte  beteiligen: 

„Les  representants  de  etc.  confient  ä  leur  collegue  et  doyen  qui 
veut  bien  s'en  charger  de  proposer  au  Gouvernement  Hellenique  tant 
en  leur  nom  qu'au  sien  la  mediation  des  puissances  en  vue  obtenir 
la  conclusion  aussi  prompte  que  possible  entre  la  Grece  et  la  Turquie 
d'un  armistice  qui  serait  un  acheminement  vers  la  Solution  pacifique 
et   definitive   des  difficultes. 

Monsieur  Onou  en  prendra  occasion  pour  demontrer  ä  Monsieur 
le  Ministre  des  Affaires  Etrangeres  que  dans  des  conjonctures  aussi 
critiques  et  aussi  pressantes  la  Grece  ne  saurait  mieux  repondre  ä 
l'initiative  amicale  et  pleine  de  sollicitude  des  puissances  qu'en  leur 
abandonnant  le  soin  de  ses  interets  et  en  adherant  sans  reserve  ä 
leurs   conseils   et  ä  leurs  recommandations." 

Ich  habe  bei  unserer  soeben  stattgefundenen  Vereinigung  erklärt, 
daß  ich  mich  nicht  beteiligen  könne1,  da  ich  nur  ermächtigt  sei,  auf 
der  Grundlage  zu  verhandeln,  daß  Griechenland  die  Autonomie  von 
Kreta  anerkennt  und  seine  Truppen  von  dort  zurückberuft,  bevor 
die  Mächte  sich  ins  Mittel  legen. 

Der  österreichische  Geschäftsträger***,  der  noch  keine  diesbezüg- 
liche Weisung  hatte,  telegraphiert  den  Text  nach"  Wien  mit  der  Bitte 
um  Weisung. 

Plessen 


Randbemerkung   Kaiser  Wilhelms   II.: 
1  Richtig 


*  Siehe  Nr.  3229. 

*•  Skonlondes   im    Kabinett   Rallis  seit   29.   April. 

***  Graf    Szechenyi. 

416 


Nr.  3231 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  Kaiser  Wilhelm  II. 

Eigenhändige   Ausfertigung 

Berlin,   den   7.   Mai    1897 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  unterbreite  ich  aller- 
untertänigst  das  Telegramm  Nr.  135*  aus  Athen,  in  welchem  Euerer 
Majestät  Gesandter  meldet,  daß  der  russische,  englische,  französische 
und  italienische  Vertreter  die  Vermittelung  eines  Waffenstillstandes 
seitens  aller  Mächte  angeregt  haben.  Dabei  ist  jedoch  die  Anerkennung 
der  Autonomie  von  Kreta  durch  die  griechische  Regierung  und  die 
Zurückberufung  der  griechischen  Truppen  von  dort,  welche  beiden 
Punkte  Euerer  Majestät  Regierung  als  Voraussetzung  jeder  Vermitt- 
lungsaktion hinzustellen  hatte,  nicht  als  Vorbedingung  der  Vermittlung 
erwähnt;  es  wird  vielmehr  seitens  der  oben  erwähnten  Vertreter  ledig- 
lich die  Hoffnung  ausgesprochen,  daß  die  griechische  Regierung  aus 
Dankbarkeit  für  die  erfolgte  Vermittlung  jene  Forderungen  später  be- 
willigen werde. 

Euerer  Majestät  glaube  ich  ehrfurchtsvoll  raten  zu  sollen,  daß 
Allerhöchstdieselben  im  Interesse  des  europäischen  Friedens  auf  Ihrem 
bisherigen  Standpunkte  feststehen  bleiben  und  auch  auf  den  öster- 
reichisch-ungarischen Botschafter  in  diesem  Sinne  ein- 
wirken1. Denn  es  ist  außer  aller  Frage,  daß  die  griechische  Re- 
gierung jene  Forderungen  der  Mächte  nicht  anders  als  unter  dem 
Druck  der  unmittelbaren  Kriegsgefahr  bewilligen  wird.  Ist  diese  ein- 
mal beseitigt,  so  wird  die  griechische  Regierung  erklären,  daß  sie  mit 
Rücksicht  auf  die  Stimmung  des  griechischen  Volks  sich  in  der  Un- 
möglichkeit befindet,  auf  Kreta  definitiv  zu  verzichten.  Die  Mächte 
kommen  dann  in  eine  Lage,  die  man  vielleicht  schon  als  lächerlich 
würde  bezeichnen  können.  Falls  andere  Kabinette  sich  dem  aussetzen 
wollen,  können  Euere  Majestät  das  ja  in  aller  Ruhe  mit  ansehen.  Für 
Euerer  Majestät  Regierung  bitte  ich  alleruntertänigst  die  Direktive 
als  maßgebend  ansehen  zu  dürfen,  daß  Deutschlands  Beteiligung  bei  der 
Vermittelungsaktion  abhängig  ist  von  der  vorherigen  Anerkennung 
der  Autonomie  Kretas  durch  die  griechische  Regierung  und  von  dem 
Versprechen   der  Zurückziehung  der  griechischen   Truppen  von   dort. 

C.  Fürst  v.  Hohenlohe 

Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 
1  Ja  unbedingt 

Bemerkung  des  Kaisers  am  Kopf  des  Schriftstücks: 

Mit  dem  Botschafter  in  unten  angedeuteter  Weise  gesprochen  und  ganz  unzwei- 
deutig,  keinen   Zweifel   gelassen,   daß   ich   nicht   anders   mich   beteiligen   werde 


*  Siehe  Nr.  3230. 

27    Die  Große  Politik.     12.  Bd.  417 


als  bis   Griechenland   zu   Kreuz  gekrochen   und   Rückberufung  von  Truppen   aus 
und    Autonomie    für   Creta   unbedingt   versprochen   hat,   sowie   sich   dem   Macht- 
spruch der  Großmächte  auf  Gnade  und  Ungnade  ergeben  hat.     W. 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 
Einverstanden     W. 

Nr.  3232 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.   142  Athen,   den   9.   Mai   1897 

Für  Seine  Majestät  den   Kaiser. 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  melde  ich  aller- 
untertänigst,  daß  ich  soeben  von  Ihrer  Königlichen  Hoheit  der  Frau 
Kronprinzessin*  den  Befehl  erhalten  habe,  Euerer  Majestät  das  nach- 
stehende Telegramm  höchstderselben  zu  übermitteln: 

„Würde  Dir  unendlich  dankbar  sein,  wenn  Du  weiteres  Blut- 
vergießen verhindern  könntest  und  mir  zuliebe  die  Mediation,  welche 
von  den  Mächten  vorgeschlagen,  beschleunigen  würdest,  um  diesem 
elenden  Zustand  ein  Ende  zu  machen.   Brief  folgt.    Herzliche  Grüße." 

,i.   Plessen 

Nr.  3233 

Der  Rat  im  Kaiserlichen  Gefolge  Gesandter  von  Kiderlen, 
z.  Z.  in  Urville,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  2  Urville,  den  9.  Mai  1897 

Auf  allerhöchsten  Befehl  soll  folgendes  an  den  Kaiserlichen  Ge- 
sandten  in   Athen   telegraphiert   werden: 

„Zur  Mitteilung  an  Ihre  Königliche  Hoheit  die  Frau  Kron- 
prinzessin: 

,Ich  bin  mit  Dir  eins  in  dem  Wunsche,  daß  weiteres  Blutvergießen 
verhindert  werde,  kann  dazu  aber  nichts  tun,  solange  Griechenland 
nicht  Mediation  der  Mächte  nachsucht  und  sich  dabei  zum  voraus  der 
Bedingung  unterwirft,  durch  Anerkennung  der  Autonomie  Kretas  und 
Zurückziehung  der  Truppen  von  dort  das  verletzte  Recht  wiederher- 
zustellen. Es  liegt  also  vollkommen  an  Griechenland,  den  von  Dir 
beklagten  Zuständen  ein  Ende  zu  machen. 

Mit   herzlichem    Gruß   Dein    Bruder 

Wilhelm' " 

Kiderlen 


*  Schwester   Kaiser  Wilhelms   II. 
418 


Nr.  3234 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Geschäftsträger 
in  Petersburg  von  Tschirschky 

Telegramm.     Konzept 
Nr    148  Berlin,  den  10.  Mai  1897 

Zu  der  Überzeugung,  daß  ein  ausdrücklicher  Verzicht  der  grie- 
chischen Regierung  auf  Kreta  die  notwendige  Voraussetzung  für  die 
Wiederherstellung  friedlicher  Zustände  sei,  ist  die  Regierung  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  durch  folgende  Erwägungen  rein  praktischer 
Natur  geführt  worden. 

Am  1./13.  Februar  d.  Js.  erteilte  der  griechische  Kriegsminister 
dem  Obersten  Vassos  den  Befehl,  die  Insel  Kreta  im  Namen  des 
Königs  der  Hellenen  Georg  I.  in  Besitz  zu  nehmen.  Am  2./14.  Februar 
brachte  Oberst  Vassos  diesen  Befehl  durch  eine  Proklamation  zur  Aus- 
führung, wo  er  den  Kretensern  erklärte,  er  ergreife  Besitz  von  der 
Insel  im  Namen  des  Königs. 

Die  Wirkungen  der  Rechtsverletzung,  welche  in  diesen  Erklärungen 
liegt,  können  nicht  anders  als  wiederum  durch  eine  ausdrückliche  Er- 
klärung der  griechischen  Regierung  beseitigt  werden.  Jene  Wirkun- 
gen machen  sich  fühlbar  nach  zwei  Richtungen  hin,  beim  Sultan  und 
bei   der   kretensischen   Bevölkerung. 

Dem  Sultan  liegt  an  Kreta  nichts,  ihm  kann  jedoch  nicht  un- 
bekannt sein,  daß  die  Oberhäupter  und  Regierungen  verschiedener 
Balkanstaaten  rückhaltlos  und  wiederholt  erklärt  haben,  sie  würden, 
falls  Kreta  an  Griechenland  falle,  außerstande  sein,  die  Kompensations- 
gelüste ihrer  Völker  zurückzuhalten.  Wenn  heute,  wo  von  einer  kampf- 
fähigen griechischen  Armee  kaum  noch  die  Rede  sein  kann,  der  wenig 
kriegslustige  Sultan  gleichwohl  mit  kriegerischen  Rüstungen  fortfährt, 
so  ergibt  sich  daraus,  daß  er  die  Gefahr  der  sich  für  ihn  aus  einer 
Angliederung  Kretas  an  Griechenland  ergebenden  Rückwirkungen  noch 
nicht  für  beseitigt  hält. 

Unter  diesen  Umständen  würde  ohne  einen  ausdrücklichen  Ver- 
zicht der  griechischen  Regierung  auf  Kreta  vom  Sultan  die  Einstellung 
der  Feindseligkeiten  kaum  zu  erlangen  sein,  selbst  dann,  wenn  die 
Garantie  sämtlicher  Großmächte  dem  mangelnden  griechischen  Ver- 
zichte substituiert  würde;  denn  der  Sultan  hat  während  der  letzten 
Monate  beobachten  können,  daß  das  vereinigte  Europa  der  Hetärie 
gegenüber  machtlos  war. 

Was  die  kretensische  Bevölkerung  anlangt,  so  können 
die  sogenannten  Insurgenten  ohne  den  griechischen  Verzicht  nicht 
der  Verbindlichkeiten  ledig  werden,  die  sie  seit  der  Landung  und  der 
Besitzergreifungsproklamation  des  Obersten  Vassos  naturgemäß  Grie- 

419 

27*  ^ 


chdnland  gegenüber  eingegangen  sind.  Die  Unterlassung  des  Ver- 
zichtes würde  den  gegenwärtigen  unklaren  Zustand  verlängern,  und 
die  Hetärie  würde  nicht  verfehlen,  ihn  auszunutzen,  um  die  Kretenser 
unter  Hinweis  auf  die  bisherige  Wirkungslosigkeit  der  europäischen 
Einmischung  zur  Ausdauer  zu  ermahnen  und  gegen  die  pazifizierenden 
Mächte  zu  hetzen.  Hiernach  würde,  falls  es  den  Griechen  gelingt,  ohne 
Aufhebung  der  Besitzergreifungserklärung  des  Obersten  Vassos  die 
Einstellung  der  griechisch-türkischen  Feindseligkeiten  durch  die  Ein- 
mischung von  Großmächten  zu  erzwingen,  das  Ergebnis  des  Krieges 
sich  als  eine  Niederlage  des  griechischen  Heeres,  aber  als  ein  Sieg 
der  Hetärie  kennzeichnen,  —  ein  Ergebnis,  welches  gleichbedeutend 
wäre  mit  einer  nahen  Kriegsgefahr  für  den  Orient  und  selbst  für 
Europa. 

Ew.  pp.  wollen  das  Vorstehende  zur  Kenntnis  des  Grafen  Mura- 
wiew  bringen.  Aus  der  durch  Ew.  pp.  Telegramm  Nr.  138  übermittelten 
Erklärung  des  Grafen,  daß  von  Griechenland  —  vom  Könige  oder 
vom  Ministerpräsidenten  —  die  bindende  Erklärung  zu  verlangen  sei, 
ohne  Vorbehalt  alle  „Ratschläge"  der  Mächte  anzunehmen,  er- 
sehe ich  mit  lebhafter  Befriedigung,  daß  wir  im  Grundgedanken 
einig  sind.  Auf  die  Form  der  Durchführung  desselben  —  d.  h.  ob 
Griechenland  die  Autonomie  von  Kreta  anerkennt  oder  durch  irgend- 
einen anderen  Modus  die  kretensischen  Insurgenten  von  ihren  dem 
Vertreter  des  Königs  Georg  gegenüber  eingegangenen  Verbindlich- 
keiten befreit  —  ist  kein  Gewicht  zu  legen,  ein  um  so  größeres  aber 
auf  die  Tatsache,  daß  eine  derartige  Erklärung  erfolgt,  und  zwar 
vor  Einstellung  der  Feindseligkeiten,  denn  nachher  würde  die  grie- 
chische Regierung  erklären,  daß  die  Rücksicht  auf  die  öffentliche  Mei- 
nung, d.  h.  auf  die  Hetärie,  ihr  jenen  Verzicht  unmöglich  macht.  Der 
Waffenstillstand  würde  unter  diesen  Umständen  nicht  die  Bedeutung 
eines  Abschlusses  der  Feindseligkeiten,  sondern  nur  die  einer  Pause 
vor  dem  Beginn  größerer  Kämpfe1  haben.  Stark  in  dieser  Über- 
zeugung, hat  Seine  Majestät,  mein  allergnädigster  Herr,  wie  Ew.  pp. 
dem  Grafen  Murawiew  streng  vertraulich  mitteilen  wollen,  vor- 
gestern und  gestern  zwei  direkte  Vermittelungsgesuche,  ein  englisches 
und  ein  griechisches*,  im  Sinne  obiger  Darlegung  beantwortet. 

C.    Hohenlohe 


Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.  auf  einer  Abschrift: 

1  Guirilla 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Einverstanden     W.     12/V.  97. 


•  Vgl.  Nr.  3231  nebst  den  Bemerkungen  des  Kaisers,  sowie  Nr.  3232  und  3233. 
420 


Nr.  3235 
Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr    144  Athen,  den  10.  Mai  1897 

Der  Ministerpräsident  und  der  Minister  der  Auswärtigen  Ange- 
legenheiten waren  soeben  bei  mir  und  haben  mir  im  Namen  der  grie- 
chischen Regierung  die  nachstehende  Erklärung  mündlich  abgegeben, 
die  mittelst  offizieller  Note  heute  an  sämtliche  Vertreter  der  Mächte 
gelangen  wird: 

„Apres  la  notification  faite  ä  Votre  Excellence  par  mon  office  en 
date'duj  8  mai*  annee  courante  de  la  decision  prise  par  le  Gouvernement 
Hellenique  de  se  conformer  au  desir  des  Grandes  Puissances  en  pre- 
nant  l'engagement  formel  de  rappeler  ses  troupes  en  Crete,  j'ai  l'hon- 
neur  de  faire  part  ä  Votre  Excellence  qu'au  moment  d'effectuer  ce 
rappel,  je  prends  acte  de  la  declaration  des  Grandes  Puissances  en 
date  du  2  mars**  d'apres  laquelle  elles  sont  resolues  ä  doter  la  Crete 
d'un  regime  autonome,  absolument  effectif,  et  vous  declare  au  nom 
du  Gouvernement  Hellenique  qu'il  prend  l'engagement  de  reconnaitre 
le  dit  regime/'*** 

Bin  ich  ermächtigt,  mit  meinen  Kollegen,  die  entsprechende  In- 
struktion bereits  erhalten  haben,  Mediation  der  Mächte  zu  verein- 
baren und  unmittelbar  eintreten  zu  lassen?  Erbitte  dringend  Draht- 
antwort. Plessen 

Nr.  3236 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  den  Gesandten 
in  Athen  Freiherrn  von  Plessen 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 

Nr    55  Berlin,  den  10.  Mai  1897 

Sobald  Ew.  die  in  Ihrem  Telegramm  Nr.  144f  angemeldete  schrift- 
liche Erklärung  der  griechischen  Regierung  erhalten,  und  wenn  die 
Erklärung  inhaltlich,  namentlich  in  betreff  der  Anerkennung  der  Auto- 


•  Siehe  den  Text  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  61,  S.  143. 
**  Vgl.  Nr.  3174,  Fußnote. 

***  Der  Text  der  griechischen  Note  ist  bereits  veröffentlicht  in:  Das  Staats- 
archiv,  Bd.   61,  S.   143. 

t  Siehe  Nr.  3235.  Tatsächlich  wurde  die  in  diesem  Telegramm  angekündigte 
griechische  Note  noch  am  10.  Mai  den  Gesandten  der  Großmächte  überreicht, 
worauf  diese  sofort  ihre  Bereitwilligkeit  zu  einer  Vermittlung  zwischen  den 
beiden  kriegführenden  Mächten  aussprachen,  jedoch  nur  unter  der  Bedingung, 
„daß  die  griechische  Regierung  erklärt,  daß  sie  zur  Abberufung  ihrer  Truppen 

421 


nomie  von  Kreta,  den  Ihnen  gemachten  Angaben  genau  entspricht,  sind 
Sie  ermächtigt,  in  Besprechungen  mit  Ihren  Kollegen  und  der  grie- 
chischen Regierung  wegen  Herbeiführung  einer  Waffenruhe  einzu- 
treten nach  Maßgabe  des  zweiten  Absatzes  in  Ihrem  Telegramm 
Nr.  135*,  von  „Les"  bis  „difficultes".  Das  Ergebnis  Ihrer  Bespre- 
chungen, welches  uns  und  den  anderen  Mächten  eventuell  die  Unter- 
lage für  Ratschläge  an  den  Sultan  liefern  soll,  wollen  Sie  telegraphieren. 

C.  Hohenlohe 

Nr.  3237 
Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  vonPlessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.   148  Athen,  den   12.  Mai   1897 

Telegramm  Ihrer  Königlichen  Hoheit  der  Frau  Kronprinzessin 
für  Seine  Majestät  den   Kaiser: 

„Verzeih,  daß  ich  Dich  wieder  belästige,  aber  es  ist  dringend 
notwendig,  daß  ich  Dir  mitteile,  Griechenland  hat  sich  sofort  allen 
Bedingungen  unterworfen,  welche  auf  Deine  Antwort**  unbedingt  not- 
wendig waren,  um  die  Mediation  der  Mächte  zu  erhalten.  Ich  bitte 
Dich  nun  innigst  und  herzlichst,  die  große  Güte  zu  haben,  die  An- 
nahme derselben  auch  in  Konstantinopel  beschleunigen  zu  wollen, 
damit  jetzt  die  Feindseligkeiten  sofort  aufhören,  und  dem  weiteren 
Blutvergießen  ein  schnelles  Ende  zu  machen.  Ein  neuer  Angriff  der 
Türken  droht  unmittelbar,  er  wird  jeden  Augenblick  befürchtet.  Dann 
wäre  alles  verloren.  Deine   Schwester   Sophie" 

Plessen 

Nr.  3238 

Der  Rat  im  Kaiserlichen  Gefolge  Gesandter  von  Kiderlen, 
z.  Z.  in  Urville,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.   5  Urville,   den   12.   Mai   1897 

Für  die  Kaiserliche  Gesandtschaft  Athen. 
Zur  Mitteilung  an  Ihre  Königliche  Hoheit  die  Frau  Kronprinzessin: 


von  Kreta  schreiten  werde,  der  Autonomie  Kretas  formell  beistimme  und  ohne 
Vorbehalt  die  Ratschläge  annehme,  welche  die  Mächte  ihr  im  Interesse  des 
Friedens  erteilen  würden".  Die  verlangte  Erklärung  wurde  am  17.  Mai  von 
der  griechischen  Regierung  abgegeben.  Am  19.  Mai  erfolgte  dann  der  Ab- 
schluß eines  siebzehntägigen  Waffenstillstandes,  der  Anfang  Juni  für  die  Dauer 
der  Friedensverhandlungen  verlängert  wurde.  Über  den  Verlauf  der  Friedens- 
verhandlungen siehe  zusammenfassend  Nr.  3248. 
*  Siehe  Nr.  3230. 
-  Vgl.  Nr.  3233. 

422 


„Es  freut  mich,  Dir  mitteilen  zu  können,  daß  meine  Vertreter  in 
Athen  und  Konstantinopel  bereits  angewiesen  sind,  mit  den  Vertretern 
der  anderen  Mächte  sich  wegen  Mediation  zu  besprechen. 

Dein  Bruder  Wilhelm" 
Kiderlen 

Nr.  3239 

Der  Reichskanzler  Fürst  von  Hohenlohe  an  Kaiser  Wilhelm  II. 

Ausfertigung 

Berlin,   den   12.  Juni   1897 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  überreiche  ich  alier- 
untertänigst  in  der  Anlage  ein  Promemoria*,  dessen  Inhalt  der  tür- 
kische Botschafter**  in  der  von  ihm  erbetenen  Audienz  vorzutragen 
angewiesen  war.  Es  wird  in  dem  Schriftstück  die  Hoffnung  des  Sul- 
tans zum  Ausdruck  gebracht,  daß  Euere  Majestät  ihm  zu  einer  mög- 
lichst hohen  Kriegsentschädigung  und  zum  Rückerwerb  wenigstens 
eines  Teiles  von  Thessalien  verhelfen  werden. 

Euerer  Majestät  huldreiche  Ermächtigung  möchte  ich  erbitten,  um 
durch  Galib  Bey  sowie  durch  Euerer  Majestät  Botschafter  in  Konstan- 
tinopel an  den  Sultan  folgende  Antwort  gelangen  zu  lassen:  Zunächst 
dürfte  die  Kriegskostenfrage  kurz  zu  berühren  sein,  etwa  mit  der 
Bemerkung,  daß  gegenwärtig  die  Frage  der  finanziellen  Leistungs- 
fähigkeit Griechenlands  einer  Prüfung  unterzogen  werde,  um  Forde- 
rung und  Leistung  in  ein  gewisses  Verhältnis  zu  bringen:  daß  Euerer 
Majestät  Vertreter  angewiesen  sei,  auch  in  dieser  Frage  die  Interessen 
der  Türkei  sich  nach  Möglichkeit  angelegen  sein  zu  lassen. 

Die  Territorialfrage  dürfte  in  höflichster  Form  und  mit  folgender 
Motivierung  abzulehnen  sein:  Der  glückliche  Ausgang  des  Krieges, 
die  Tatsache,  daß  die  Lage  des  Sultans  und  der  Türkei  #iach  außen 
hin  sich  heute  günstiger  als  seit  Jahren  darstelle,  sei  nicht  allein  auf 
die  allerdings  vortreffliche  Haltung  der  türkischen  Truppen,  sondern 
auch  auf  die  diplomatische  Tätigkeit  Europas  zurückzuführen,  an  wel- 
cher Euere  Majestät  sich  einen  gewissen  Anteil  zuschreiben  könnten, 


*  Hier  nicht  abgedruckt,  weil  inhaltlich  bereits  genügend  charakterisiert.  Über 
die  weitgehenden,  von  den  Botschaftern  der  Großmächte  alsbald  stark  redu- 
zierten Ansprüche  der  Türkei  siehe  die  türkische  Denkschrift  vom  3.  Juni  und 
die  Rückantworten  der  Botschafter  vom  5.  Juni  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62, 
S.  189  ff.,  192  ff.  Der  in  seinen  Erwartungen  enttäuschte  Sultan  wandte  sich 
nun  zunächst  an  den  Deutschen  Kaiser  (siehe  oben),  dann  im  Juli  erneut  an 
die  Staatsoberhäupter  der  Großmächte,  wurde  indessen  von  diesen  auf  die  von 
den  Botschaftern  in  Konstantinopel  formulierten  Friedensbedingungen  (vgl. 
Nr.  3248)  verwiesen. 
**  Galib  Bey. 

423 


und  welche  verhindert  habe,  daß  zunächst  noch  andere  Balkanländer 
in  den  Kampf  eingriffen.  Ein  Teil  der  soweit  glücklich  gelösten  diplo- 
matischen Aufgabe  —  und  nicht  der  wenigst  schwierige  —  habe  aber 
darin  bestanden,  einer  effektiven  Betätigung  der  Sympathien  vor- 
zubeugen, die  sich  in  einigen  großen  europäischen  Staaten  zugunsten 
der  Griechen  geltend  machten.  Diese  Sympathien  beständen  heute 
noch  fort,  wenn  auch  in  vermindertem  Maße,  dieselben  würden  aber 
in  einem  für  den  Weltfrieden  gefährlichen  Grade  wieder  zunehmen, 
sobald  bekannt  werde,  daß  christliche  Bevölkerungen  mit  Zustimmung 
christlicher  Mächte  der  mohammedanischen  Herrschaft  von  neuem 
unterworfen  werden  sollten.  Für  die  eine  Hälfte  der  Großmächte, 
deren  Regierungen  von  der  Volksstimmung  abhängen,  sei  es  aus  Grün- 
den innerer  Politik  einfach  unmöglich,  einer  solchen  Ausbreitung 
der  muselmännischen  Herrschaft  zuzustimmen;  durch  diesen  Umstand 
werde  aber  die  Haltung  auch  der  übrigen  Kabinette  festgelegt,  weil 
diese  eine  Spaltung  des  europäischen  Konzerts,  die  fast  gleichbedeutend 
mit  einem  europäischen  Kriege  sein  würde,  vermeiden  wollten.  Das 
größte  Interesse  an  dessen  Vermeidung  habe  aber  der  Sultan.  Seinem 
klaren  politischen  Blick  werde  die  Gefahr  nicht  entgangen  sein,  daß 
auf  seine  Kosten  die  Kriegführenden  sich  schließlich  vertragen  werden. 
Euere  Majestät  könnten  deshalb  Allerhöchst  Ihrer  guten  Gesinnung  für 
den  Sultan  keinen  praktischeren  und  zeitgemäßeren  Ausdruck  geben 
als  durch  den  Rat,  daß  der  Sultan  sein  Augenmerk  ausschließlich  auf 
die  Erhaltung  seines  gegenwärtigen  Besitzstandes  sowie  auf  mög- 
lichste Abstellung  solcher  Mißstände  im  Innern  richte,  deren  Fortdauer 
sonst  binnen  kürzester  Frist  seinen  Feinden  neuen  Anlaß  für  Auf- 
reizungen und  Vorwände  für  Anzettelung  von  Unruhen  bieten  würde. 
Diesem  Gedankengange  folgend  rieten  Euere  Majestät  insbesondere 
auch  auf  das  dringendste,  während  der  Dauer  der  unter  allen  Um- 
ständen nur  provisorischen  Okkupation  Thessaliens  die  türkischen  Be- 
fehlshaber verantwortlich  für  eine  unnachsichtige  Handhabung  der 
Disziplin  zu  machen,  namentlich  auch  dafür,  daß  nicht  etwa  noch  im 
letzten  Augenblick  bei  der  Rückkehr  der  türkischen  Truppen  in  die 
Heimat  Ausschreitungen  begangen  würden,  deren  Rückwirkungen  in 
Europa    geradezu   unberechenbar  seien. 

Euere  Majestät  seien  weit  entfernt,  die  Schwierigkeiten  zu  ver- 
kennen, welche  dem  Sultan  nach  dem  erfolgreichen  Kriege  durch  die 
Stimmung  eines  Teiles  seiner  mohammedanischen  Untertanen  bereitet 
würden,  nach  Allerhöchstdero  Ansicht  fielen  diese  Schwierigkeiten 
jedoch  für  die  Entscheidungen  des  Sultans  bedeutend  weniger  ins  Ge- 
wicht als  die  vorstehend  kurz  angedeuteten  Gefahren. 

Fürst  v.  Hohenlohe 

Bemerkung    Kaiser  Wilhelms    II.  am   Kopf  des  Schriftstücks: 
Einverstanden  13/VI  97  W. 

424 


Nr.  3240 

Aufzeichnung  des  Stellvertretenden  Staatssekretärs  des 
Auswärtigen  Amtes  Freiherrn  von  Rotenhan 

Reinschrift 

Berlin,  den  4.  Juli  1897 

Der  russische  Botschafter  überbrachte  heute  endlich  die  Ant- 
wort auf  die  vor  acht  Tagen  von  uns  gestellte  Anfrage  betreffend  die 
Haltung  der  Mächte  in  der  Abgrenzungsangelegenheit.* 

Die  russische  Regierung  erklärt  sich  dafür,  daß  der  letzte  von 
den  militärischen  Spezialisten  ausgearbeitete  und  von  den  Botschaftern 
an  die  Pforte  übermittelte  Abgrenzungsentwurf  energisch  von  sämt- 
lichen Mächten  unterstützt,  und  daß  die  Pforte  kategorisch  aufge- 
fordert werde,  den  Verhandlungen  nicht  ferner  Hindernisse  in  den 
Weg  zu  legen.  Graf  Sacken  ließ  durchblicken,  daß  die  russische  Re- 
gierung 'die  Hoffnung  hege,  der  deutsche  Botschafter  werde  mög- 
lichst bald  in  diesem  Sinne  instruiert  werden. 

Rotenhan 

Nr.  3241 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 

von  Rotenhan  an  den  Botschafter  in  Konstantinopel 

Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  176  Berlin,  den  4.  Juli  1897 

Ew.  ersuche  ich  ergebenst,  gemeinsam  mit  Ihren  Kollegen  kate- 
gorisch dem  von  der  Pforte  neuerdings  befolgten  Obstruktionsver- 
fahren entgegenzutreten  und  endgültig  zu  erklären,  daß  der  letzte 
Abgrenzungsentwurf**  das  äußerste  denkbare  Maß  europäischen  Ent- 
gegenkommens darstellt. 

Gleichzeitig  können  Ew.,  falls  Sie  sich  davon  einen  Nutzen  ver- 
sprechen, dem  Sultan  auf  vertraulichem  Wege  mitteilen  lassen,  daß 
Seine  Majestät  der  Kaiser,  auf  dessen  Bemühungen  manches  in  der 
heutigen   unerwartet   günstigen   Lage   der   Türkei   zurückzuführen   sei, 


*  Bei  der  Friedensvermittlung  durch  die  Botschafter  der  Großmächte  bereitete 
die  größte  Schwierigkeit  von  Anfang  an  die  Frage  der  von  der  Türkei  ge- 
forderten Gebietsabtretung  in  Thessalien,  die  die  Botschafter  nur  in  der  Form 
einer  strategischen  Grenzregulierung  zugestehen  wollten.  Die  Militärattaches 
der  Mächte  arbeiteten  darüber  mehrere  Projekte  aus  (vgl.  „Das  Staatsarchiv" 
Bd.  62,  S.  202  f.,  209  f.),  deren  letztes  von  den  Botschaftern  eindringlichst  am 
3.  Juli  der  Pforte  zur  Annahme  empfohlen  wurde. 
••  Vgl.  Nr.  3248. 

425 


die    Ansprüche    der   türkischen    Unterhändler   für   gänzlich    unerfüllbar 
halte  und  den  Sultan  nicht  weiter  unterstützen  könne. 

Rotenhan 

Nr.  3242 

Der  Botschafter  in  Rom  Bernhard  von  Bülow*,  z.  Z.  in  Semmering, 
an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Semmering,  den  8.  Juli  1897 

Ich  teile  vollkommen  die  Ansicht,  daß  orientalisches  Problem  für 
uns  nicht  Selbstzweck,  sondern  Mittel  zum  Zweck  ist  und  unter  gegen- 
wärtigen europäischen  Verhältnissen  vor  allem  dazu  dienen  soll,  den 
Russen  zu  zeigen,  wie  wir  in  orientalibus  größere  Bewegungsfreiheit 
haben  als  die  Franzosen  und  in  dieser  oder  jener  Richtung  weiter 
mit  ihnen  gehen  können  als  andere.  Schon  deshalb  dürfen  wir  meines 
Erachtens  unsere  Orientpolitik  nicht  gegen  Rußland  festlegen,  auch 
nicht  im  türkenfreundlichen  Sinne.  Es  würde  dies  nicht  nur  Herrn 
Hanotaux,  sondern  auch  dem  englischen  Hofe  und  der  Kaiserin-Mutter 
von  Rußland  die  Möglichkeit  bieten,  Kaiser  Nikolaus  mißtrauisch  gegen 
uns  zu  machen,  und  könnte  bei  den  selbst  in  Rom  und  Wien  vorhan- 
denen antitürkischen  Velleitäten,  und  wo  die  europäische  öffentliche 
Meinung  überwiegend  die  Unterwerfung  christlicher  Bevölkerungen 
unter  mohammedanische  Herrschaft  perhorresziert,  die  Keime  einer 
künftigen    europäischen   Koalition   gegen   uns   legen. 

Bülow 

Nr.  3243 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 

von  Rotenhan  an  den  Botschafter  in  Konstantinopel 

Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  190  Berlin,  den  12.  Juli  1897 

Der  russische  Botschafter  hat  hier  folgende  Note  des  Grafen  Mu- 
rawiew   mitgeteilt: 

„En  reponse  ä  la  notification  qu'est  venu  me  faire  1' Ambassadeur 
de  Turquie  de  la  nouvelle  circulaire  turque**,  je  lui  ai  declare  que 
la  Turquie,  en  presence  des  nombreux  temoignages  des  dispositions 
amicales  de  la  Russie,  ne  pouvait  en  douter,  le  Cabinet  Imperial  etait 
d'autant  plus  autorise  ä  ne  pas  lui  cacher  que  dans  la  question  de  la 

*  Botschafter  von    Bülow  war   am    19.   Juni   „zur  stellvertretungsweisen   Wahr- 
nehmung    der     Geschäfte     des     Staatssekretärs"     designiert     worden;     die     Er- 
nennung   erfolgte    aber    erst    am    6.    August,    die    Übernahme    des    Amts    am 
14.  August. 
"  Vom  7.  Juli.    Siehe:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.  213ff. 

426 


frontiere  en  Thessalie,  l'Empereur  etait  fermement  resolu  ä  maintenir 
Paccord  etabli  entre  les  Grandes  Puissances  et  formule  dans  la  noti- 
fication  faite  solidairement  par  les  Ambassadeurs  ä  Constantinople. 
Apres  avoir,  en  toute  circonstance  et  dans  la  mesure  du  possible,  sou- 
tenu  la  Turquie,  nous  ne  saurions  lui  donner  actuellement  que  le 
conseil  sincere  et  reellement  amical  de  se  conformer  sans  retard  aux 
vceux  des  Grandes  Puissances,  —  toutes  les  resistances  et  lenteurs 
devant  infailliblement  entrainer  les  consequences  les  plus  dangereuses 
pour  l'Empire  Ottoman.  Veuillez  communiquer  cette  reponse  au  Ca- 
binet  de  Berlin." 

Die  russische  Regierung  bittet,  daß  Euer  pp.  angewiesen  werden 
möchten,  diese  Sprache  des  russischen  Vertreters  zu  unterstützen.  Nach 
eingeholter  allerhöchster  Genehmigung  habe  ich  diese  Anregung  dahin 
beantwortet,  daß  es  zu  dem  von  der  russischen  Regierung  verfolgten 
Zweck  keiner  neuen  Instruktion  an  Ew.  bedürfe,  sondern  nur  der  ein- 
fachen Bezugnahme  auf  die  Instruktion,  die  Ew.  am  14.  v.  Mts.  *  und 
zwar  auch  damals  mit  ausdrücklicher  allerhöchster  Genehmigung  er- 
halten  hätten. 

In  der  Tat  deckt  jene  Direktive  vom  14.  v.  Mts.  sich  mit  dem 
Inhalt  der  neuesten  russischen  Äußerung.  Ew.  ersuche  ich  daher, 
im  allerhöchsten  Auftrage  nochmals  dem  Sultan  in  der  Ihnen  geeignet 
scheinenden  Form  ernste  Vorstellungen  zu  machen  und  ihm  keinen 
Zweifel  zu  lassen  über  die  Gefahren,  denen  er  sich  durch  Aufrecht- 
haltung seiner  übertriebenen  Ansprüche  aussetzen  würde.  Ew.  wollen 
dabei  hervorheben,  daß  diese  allerhöchste  Direktive  ergangen  ist, 
nachdem  der  Inhalt  des  neuesten  türkischen  Zirkulars  zur  Kenntnis 
Seiner  Majestät  gebracht  worden  war. 

Rotenhan 

Nr.  3244 

Der  Vorfragende  Rat  im  Auswärtigen  Amt  von  Holstein  an  den 
Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.  Konzept 
Privat  Berlin,   den   12.   Juli   1897 

Das  heutige  Telegramm  190**  ist  geeignet,  dem  Sultan  eine  etwa 
noch  vorhandene  Hoffnung,  daß  unser  Kaiser  zugunsten  der  türkischen 
Ansprüche  diplomatisch  intervenieren  könnte,  endgültig  zu  nehmen. 
Der  Kaiser  hat  jetzt  wieder  positiv  erklärt,  daß  er  sich  von  Ruß- 
land in  dieser  Frage  nicht  trennt.    Wenn  Rußland  im  äußersten  Fall 

*  Vgl.   die   Immediateingabe   Hohenlohes   vom    12.   Juni    (Nr.   3239),    auf   deren 
Grund  die  Instruktion  für  Saurma  vom   14.  Juni  aufgesetzt  wurde. 
**  Siehe  Nr.  3243. 

427 


Ernst  macht  —  was  nach  heutigem  Petersburger  Telegramm  Graf 
Murawiew  dem  türkischen  Botschafter  bereits  angedeutet  hat  — ,  so 
geschieht  das,  weil  die  russische  Regierung  fest  überzeugt  ist,  daß 
wir  sie  dabei  nicht  hindern  werden. 

Der  Sultan  hat  niemals  Anlaß  gehabt,  aus  unserer  Haltung  die 
Vermutung  herzuleiten,  daß  wir  uns  mit  ganz  Europa  würden  ent- 
zweien wollen,  um  die  Unterwerfung  christlicher  Bevölkerungen  unter 
die  Türkenherrschaft  durchzusetzen.  Durch  sein  Festhalten  an  einer 
Territorialforderung,  die  ihm  der  Kaiser  von  Anfang  an  dringend  wider- 
riet, weil  sie  nach  der  Anschauung  von  ganz  Europa  unzulässig  ist, 
hat  der  Sultan  seine  Stellung  schon  wieder  verschlechtert;  aber  eine 
viel  größere  Verschlechterung  ist  in  nächster  Zukunft  vorauszusehen, 
wenn  er  jetzt  nicht  schnell  nachgibt.  Der  Sultan  hat  die  politische 
Möglichkeit,  Widerstand  zu  leisten,  nur  in  solchen  Fragen,  wo  Europa 
geteilt  ist  und  die  Mächte  sich  gegenseitig  hindern.  Jetzt  aber  hat 
der  Sultan  den  bei  einem  sonst  weitsichtigen  Staatsmann  überraschenden 
Mißgriff  getan,  eine  Frage  zum  Widerstände  auszuwählen,  wo  von 
Anfang  an  kein  Zweifel  über  die  Einigkeit  Europas  bestehen  konnte. 
Der  Deutsche  Kaiser,  der  wahrscheinlich  von  allen  Herrschern  Europas 
die  meiste  Sympathie  für  den  Sultan  hegt,  hat  dieselbe  dadurch 
betätigt,  daß  er  von  Anfang  an  wiederholt  und  dringend  vor  diesem 
Ausbreitungsprojekte  warnte. 

Vorstehendes  sind  praktische  Betrachtungen  zu  eindringlicher  Ver- 
wendung für  Sie.  In  zweifelhaften  Fällen  gehen  Sie  immer  am  sichersten, 
wenn  Sie  das  Petersburger  Regierungsprogramm  unterstützen.  Gegen 
die  persönlichen  Ideen  des  Herrn  Nelidow  hat  Seine  Majestät 
einiges   Mißtrauen.    Am   schlechtesten   ist  aber  Currie   angeschrieben. 

Holstein 

Nr.  3245 

Aufzeichnung  desVortragenden  Rats  im  Auswärtigen  Amt  von  Holstein 

Reinschrift 

Berlin,  den  13.  Juli  1897 

In  der  Frage  der  türkisch-griechischen  Friedensverhandlungen 
herrscht  unter  den  Mächten  Einigkeit  darüber,  daß  den  Türken  nur 
eine  Grenzberichtigung  von  höchstens  ein  paar  Quadratmeilen  etwa 
bis  zum  Nezerosee  zu  bewilligen  ist.  Die  türkischerseits  geforderte  Pe- 
neusgrenze  ist  einstimmig  verweigert  worden.  Der  Kaiser  von  Ruß- 
land hat  dem  Sultan,  welcher  sich  an  ihn  wie  auch  an  andere  Sou- 
veräne gewandt  hatte,  geantwortet,  die  gewünschte  Gebietserweiterung 
sei  unmöglich,  und  durch  ein  Festhalten  an  derselben  würde  der 
Sultan  ernste  Gefahren  über  die  Türkei  heraufbeschwören. 

Die    russische    Regierung  teilte   hier   den    Wortlaut   der   Antwort 

428 


mit  und  bat,  daß  der  deutsche  Botschafter  in  Konstantinopel  ange- 
wiesen werde,  die  gleiche  Sprache  zu  führen.  Nach  eingeholter  aller- 
höchster Genehmigung  haben  wir  zustimmend  geantwortet  mit  dem 
Hinzufügen,  daß  hierfür  keine  neue  Instruktion,  sondern  lediglich  eine 
(Bezugnahme  auf  diejenige  Direktive  erforderlich  sei,  welche  Herr 
von  Saurma  bereits  am  14.  v.  Mts.  bekommen  habe*.  Schon  damals 
sei  er  angewiesen  worden,  den  Sultan  in  eindringlicher  Sprache  darauf 
hinzuweisen,  wie  sehr  er  seine  Lage  durch  übertriebene  Territorial- 
ansprüche  gefährden   würde. 

Unser  allergnädigster  Herr  glaubt,  daß  der  Sultan,  von  einer  dem- 
selben feindlichen  Seite  insgeheim  zum  Widerstände  ermutigt,  schwer- 
lich nachgeben  werde,  solange  er  nicht  die  Überzeugung  gewonnen 
habe,  daß  eine  oder  mehrere  Mächte  das  europäische  Programm  nötigen- 
falls mit  Gewalt  durchdrücken  würden. 

Falls  bei  Besprechung  etwaiger  Gewaltmaßregeln  Graf  Goluchowski 
fragen  sollte,  wie  wir  uns  zu  denselben  und  zu  einer  etwaigen  Fest- 
setzung Rußlands  in  den  Meerengen  stellen,  würde  wohl  die  Antwort 
genügen, 

1.  daß  wir  selber  keine  maritimen  Machtmittel  zur  Stelle  haben, 
welche  bei  Forcierung  der  Meerengen  verwendbar  sein  würden,  daß 
auch  zur  aktiven  Beteiligung  die  Frage  eine  für  uns  zu  fernliegende  ist, 

2.  daß  wir  aber  keinenfalls  diejenigen  Mächte,  welche  dem  euro- 
päischen Programm  Achtung  verschaffen  wollen,  darin  behindern  werden, 

3.  daß  eine  Festsetzung  der  Russen  in  den  Meerengen  durch  den 
Inhalt  der  in  Petersburg  zwischen  Graf  Goluchowski  und  Graf  Mura- 
wiew  vereinbarten  Abmachung**  außer  Frage  gestellt  ist.  Auch  stimmen 
alle  uns  bekannten  Nachrichten  und  Anzeichen  darin  überein,  daß  die 
russische  Politik  gegenwärtig  sich  nicht  auf  eine  Balkanaktion 
von   größerem    Umfange   richtet,    pp. 

Holstein 

Nr.  3246 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 

von  Rotenhan  an  den  Botschafter  in  Konstantinopel 

Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.    Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 
Nr.  195  Berlin,  den  14.  Juli  1897 

Die  in  Ew.  Telegramm  Nr.  394  erwähnte  Eröffnung  an  die  Pforte*** 
ist  in  der  schließlich  vereinbarten  Form  kaum  geeignet,  für  sich  allein 

*  Vgl.   Nr.  3243,  S.  427,  Fußnote  *. 

**  Vgl    Kap.  LXXIX,  Nr.  3126. 

***  Nach  Saurmas  Telegramm  Nr.  394  vom  13.  Juli  wäre  unter  den  Botschaftern 

ursprünglich  eine  Eröffnung  an  die  Pforte  vereinbart  gewesen,  wonach  sie,  falls 

429 


dem  Sultan  den  Ernst  seiner  Lage  klarzumachen.  Ew.  wollen  daher 
dem  Sultan  vor  der  nächsten  Sitzung  nochmals  sagen  lassen,  daß  in 
der  Beurteilung  der  Grenzfrage  alle  Mächte  einig  sind,  daß  er  daher 
für  den  Fall  eines  gegen  ihn  gerichteten  navalen  oder  militärischen 
Einschreitens  auf  keinerlei  Unterstützung,  selbst  nicht  diplomatische, 
zu  rechnen  hat.  Die  Tatsache,  daß  Ew.  diese  Vorstellung  gemacht 
haben,   brauchen   Ew.  Ihren   Kollegen   nicht  zu  verheimlichen. 

Rotenhan 

Nr.  3247 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  185  St.  Petersburg,  den  14.  Juli  1897 

Heute  Graf  Murawiew  im  Sinne  des  Telegramms  Nr.  194*  ge- 
sprochen. Derselbe  hat  die  Empfindung,  daß  England  darauf  aus- 
gehe, Anwendung  von  Koerzitivmaßregeln  gegen  die  Pforte  zu  pro- 
vozieren. Er  seinerseits  habe  dem  türkischen  Botschafter  bezüglich 
der  Zirkularnote  der  Pforte**  in  zwar  sehr  ernster  und  nachdrücklicher, 
aber  dabei  in  durchaus  wohlwollender  Weise  und  als  Freund  der 
Türkei  gesprochen.  Er  habe  indes  nichts  gesagt,  was  auf  eine  Mög- 
lichkeit von  Koerzitivmaßregeln  schließen  lassen  könnte,  wie  es  die 
Engländer   scheinen   interpretieren   zu   wollen. 

Durch  Anwendung  von  Koerzitivmaßregeln  werde  das  Aufrollen 
der  ganzen  orientalischen  Frage  und  eine  allgemeine  Konflagration 
unvermeidlich   werden. 

Radolin 

Nr.  3248 

Aufzeichnung  des  Vortragenden  Rats  im  Auswärtigen  Amt 
Mumm  von  Schwarzenstein 

Eigenhändig.    Unsigniert 

Berlin,  den  16.  August  1897 

Als  es  sich  um  die  Einleitung  der  Friedensverhandlungen  zwischen 
der  Türkei  und  Griechenland  handelte,  erteilte  letzteres  den  Groß- 
mächten das  bindende  Mandat,  den  Friedenspräliminarvertrag  im  Na- 

die  Pforte  nicht  bis  zu  einem  bestimmten  Termin  eine  zufriedenstellende  Ant- 
wort hinsichtlich  der  Friedensbedingungen  geben  sollte,  ihren  Regierungen  raten 
würden,  mit  Koerzitivmaßregeln  gegen  die  Türkei  vorzugehen. 
*  Durch  Telegramm  Nr.  194  vom  12.  Juli  war  Radolin  von  den  an  den  Bot- 
schafter in  Konstantinopel  ergangenen  Direktiven  (vgl.  Nr.  3243)  verständigt 
worden. 
••  Siehe:   Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.  213ff. 

430 


men  Griechenlands  mit  der  Türkei  abzuschließen.  Der  türkische  Mi- 
nister des  Äußern  seinerseits  stellte  als  Bedingung,  sei  es  für  Ein- 
stellung der  Feindseligkeiten  zum  Zwecke  des  Abschlusses  eines 
Waffenstillstandes,  sei  es  für  den  Friedensschluß  selbst,  nachstehende 
fünf  Punkte  auf: 

„1.  Die  Einstellung  der  Feindseligkeiten  ist  abhängig  von  einem 
vorher  abzuschließenden  Waffenstillstand  sowie  von  der  sofortigen 
Öffnung  der  Häfen  von  Prevesa  und  Volo  für  alle  für  die  kaiserliche 
Armee  bestimmten  Zufuhren  zur  See. 

2.  Wiederherstellung  der  türkisch-griechischen  Grenze  vor  dem 
Berliner  Kongreß. 

3.  Zahlung  einer  Kriegsentschädigung  von  10  Millionen  Pfund 
türkisch. 

4.  Da  durch  den  Kriegszustand  die  Verträge  mit  Griechenland  auf- 
gehoben sind,  wird  deren  Erneuerung  nach  den  allgemeinen  Grund- 
sätzen des  internationalen  Rechts  stattfinden  (d.  h.  Aufhebung  der 
Kapitulationen  für  Griechenland). 

5.  Abschluß  eines  Auslieferungsvertrags  für  gemeine  Verbrechen. " 
Die    Hauptschwierigkeit    bei    den    Verhandlungen,    welche    Mitte 

Mai  ihren  Anfang  nahmen,  bildete  die  Feststellung  der  Grenze,  da 
die  Türkei  darauf  bestand,  das  von  ihr  besetzte  Thessalien  zu  behalten, 
während  die  Mächte  ihr  nur  eine  strategische  Grenzregulierung  zu- 
gestehen wollten.  Durch  starken  politischen  Druck  wurde  die  Türkei 
schließlich  bewogen,  sich  dem  Willen  der  Großmächte  zu  fügen. 

Eine  zweite  größere  Schwierigkeit  bildete  die  Kriegsentschädigungs- 
frage, da  die  türkische  Regierung  auf  der  Gewährung  ausreichender 
Garantien  bestand.  An  diesem  Punkte  setzte  unsere  Politik  ein,  um 
zu  verhindern,  daß  die  Lage  der  ohnehin  schon  so  schwer  geschädigten 
deutschen  Gläubiger  Griechenlands  noch  mehr  verschlechtert  wurde. 
Von  dem  Gesichtspunkte  ausgehend,  daß  nur  durch  Einführung  einer 
internationalen  Finanzkontrolle  sowie  durch  Herbeiführung  eines  Aus- 
gleichs mit  den  alten  Gläubigern  für  Griechenland  die  Aufbringung 
einer  neuen  Anleihe  ermöglicht  werden  könne,  bestand  der  Kaiser- 
liche Vertreter  in  Konstantinopel  auf  der  Einfügung  einer  Klausel  in 
den  Friedenspräliminarvertrag,  welche  den  alten  Gläubigern  die  Prio- 
rität ihrer  Ansprüche  sicherte  und  für  die  zum  Dienste  der  alten  und 
der  neuen  Schuld  bestimmten  griechischen  Staatseinnahmen  die  Kon- 
trolle durch  Delegierte  der  Mächte  einführte.  Da  Freiherr  von  Saurma 
die  Aufnahme  dieser  Klausel  als  conditio  sine  qua  non  unserer  fer- 
neren Beteiligung  an  den  Friedensverhandlungen  hinstellte,  gelang 
es,  wenngleich  unter  großen  Schwierigkeiten,  den  Widerstand  der 
übrigen  Großmächte  zu  überwinden  und  die  Finanzkontrolle  durch- 
zusetzen. 

Außerdem  verlangte  aber  die  Türkei  als  weitere  Garantie  für  die 
prompte  Zahlung  der  Kriegsentschädigung  das  Recht,  Thessalien  so- 

431 


lange  besetzt  zu  halten,  bis  die  Kriegsentschädigung  gezahlt  oder  in 
unantastbarer  Weise  sichergestellt  sein  würde.  Die  erste  Fassung, 
welche  die  Botschafter  dem  betreffenden  Artikel  VI  gaben,  und  die 
in  Abschrift  hier  beigefügt  ist,  genügte  der  Pforte  nicht*.  Hierauf 
wurde  von  den  Botschaftern  —  anscheinend  unter  Mitwirkung  des 
englischen  —  eine  neue  Fassung  vereinbart,  welche  Tewfik  Pascha 
mit  dem  Anheimstellen  übergeben  wurde,  zunächst  die  Zustimmung 
seiner  Regierung  beizubringen.  Diese  zweite  Fassung**  ist  von  der 
türkischen  Regierung  angenommen  worden,  während  von  den  Groß- 
mächten alle  Regierungen  außer  der  englischen  bisher  zugestimmt 
haben.  Über  die  Haltung  der  letzteren  gibt  das  hier  beigefügte  Tele- 
gramm des  Freiherrn  von  Saurma***  Aufschluß.  Die  Kaiserliche  Regie- 
rung, welche  keinerlei  Interesse  hat,  die  türkische  Regierung  unter 
Preisgabe  der  Früchte  ihres  Siegs  zu  einer  voreiligen  Räumung  Thes- 
saliens zu  drängen,  ist  in  der  Lage,  die  Weiterentwickelung  der  An- 
gelegenheit mit  Ruhe  abzuwarten,  und  kann  es  der  englischen  Re- 
gierung überlassen,  ob  und  wie  dieselbe  es  unternehmen  will,  ohne 
Unterstützung  der  übrigen  Großmächte  die  türkische  Regierung  zur 
Nachgiebigkeit  zu  zwingen.  Diesseits  ist  dem  Freiherrn  von  Saurma  auf 
seine  Meldung  von  der  Haltung  der  englischen  Regierung  erwidert 
worden,  daß  sich  schwerlich  eine  kontinentale  Macht  bereitfinden  lassen 
würde,  Koerzitivmaßregeln  gegen  die  Türkei  zu  empfehlen,  nachdem 
die  Annahme  des  von  allen  Kontinentalmächten  und  vom  Sultan  an- 
genommenen Artikels  VI  lediglich  durch  die  von  Sonderzwecken  ge- 
leitete  englische  Politik  verhindert  worden  sei.  f 

In  der  Anlage  ist  ein  Abdruck  des  Friedensvertrags  (mit  der 
neuesten,  von  England  bisher  nicht  angenommenen  Fassung  des  Ar- 
tikels VI  ff),  sowie  ein  Bericht  des  Freiherrn  von  Saurma  mit  der  Be- 
schreibung  der   geplanten   neuen   Grenze   beigefügt. 

Nr.  3249 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  239  St.  Petersburg,  den  18.  August  1897 

Graf  Murawiew  teilte  mir  seine  gestrige  Euerer  Durchlaucht  be- 
reits bekannte  Zirkularnote  mit,  in  welcher  er  zum  Schluß ttt» 

*  Vorschlag  und  Gegenvorschlag  siehe:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.  231  f. 
"  Siehe:   Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.   230,  234,  235. 

•**  Nach  dem  Telegramm  Saurmas  Nr.  440  vom  14.  August  hätte  sich  der  eng- 
lische Botschafter  Sir  Philip  Currie  kategorisch  geweigert,  der  neuen  Fassung 
des  Artikels  VI   zuzustimmen. 

t  Vgl.:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  S.  235    (Nr.  11911). 
tt  Siehe:   Das  Staatsarchiv,   Bd.  62,  S.  235   (Nr.   11910). 
ftf  Gruppe   fehlt;  vermutlich:   ausführt. 

432 


daß  wenn  England  in  seiner  isolierten  Haltung*  verharren  sollte,  die 
übrigen  Großmächte  ohne  Englands  Beteiligung  die  Friedensprälimi- 
narien unterzeichnen  könnten.  Der  Minister  legt  den  größten  Wert 
auf  unverzügliche  Unterzeichnung  des  Präliminarvertrags,  da  sonst 
auch  schon  durch  die  unvermeidliche  Verlängerung  der  Besetzung  Thes- 
saliens der  Wiederausbruch  von  Feindseligkeiten  nicht  unmöglich 
wäre  und  die  Folgen  unabsehbar  werden  könnten.  Er  hat  den  Ver- 
dacht Englands  Bemühen  ist,  den  Friedensschluß  nach  Möglichkeit 
zu  hindern  oder  in  die  Länge  zu  ziehen.  Graf  Murawiew  meint  aber, 
daß,  wenn  die  Kontinentalmächte  fest  blieben,  England  wohl  schließ- 
lich nachgeben  würde. 

Radolin 


Nr.  3250 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard 
von  Bülow  an  Kaiser  Wilhelm  II.,  z.Z.  in  Wilhelmshöhe 

Telegramm.  Entzifferung 

Berlin,  den  20.  August  1897 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  melde  ich  bezüg- 
lich der  türkisch-griechischen  Friedensverhandlungen  alleruntertänigst, 
daß  ich  Euerer  Majestät  Allerhöchstem  Befehle  entsprechend  die  rus- 
sische Regierung  noch  von  Wilhelmshöhe  aus  davon  verständigt  hatte, 
daß  Euere  Majestät  gewillt  seien,  dem  russischen  Vorschlag  —  Unter- 
zeichnung der  Friedenspräliminarien  ohne  England  —  beizutreten,  so- 
fern, wie  Euere  Majestät  dies  hofften,  derselbe  auch  von  den  übrigen 
Kontinentalmächten    akzeptiert    würde. 

Über  die  Haltung  der  anderen  kontinentalen  Kabinette  liegen  po- 
sitive Meldungen  bisher  nicht  vor.  Dagegen  hat  der  englische  Bot- 
schafter im  Auftrage  seiner  Regierung  heute  ein  Memorandum  **  hier 
übergeben,  worin  die  Befürchtung  ausgesprochen  wird,  daß  Griechen- 
land vielleicht  nicht  in  der  Lage  sein  würde,  die  ausbedungene  Kriegs- 
entschädigung zu  zahlen,  und  daß  alsdann  die  türkische  Besetzung  von 
Volo  und  Larissa  einen  endgültigen  Charakter  annehmen  wurde.  Ehe 
daher  die  englische  Regierung  der  vorgeschlagenen  Fassung  des  die 
Räumung  regelnden  Artikels  6  zustimmen  könne,  lege  dieselbe  Wert 
darauf,    die    Zustimmung   der    griechischen    Regierung    zu    der   vor- 


>*»* 


*  Vgl    Nr.  3248,   S.  432,   Fußnote' 

**  Siehe:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  62,  Nr.  11911,  S.  235 f. 


28    Die  Große  Politik.     12.  Bd. 


433 


geschlagenen  Finanzkontrolle  zu  erhalten  und  hiernach  durch  Be- 
fragung finanzieller  Autoritäten  festzustellen,  ob  auf  Grund  der  Finanz- 
kontrolle das  zur  Tilgung  der  Kriegsschuld  erforderliche  Anlehen 
werde  aufgebracht  werden  können. 

Da  eine  allzu  schroffe  Ablehnung  der  englischen  Anregung  nach 
einer  neuerlichen  Meldung  von  Euerer  Majestät  Botschafter  in  Lon- 
don möglicherweise  Lord  Salisbury  zu  dem  Versuch  bestimmt  haben 
würde,  in  Gemeinschaft  mit  einer  oder  zwei  anderen  Mächten  eine 
griechische  Anleihe  zu  garantieren1  —  ein  Versuch,  dessen  Gelingen 
unsere  für  die  Aufnahme  der  Finanzkontrolle  in  den  Friedensvertrag 
geltend  gemachten  Gründe  hinfällig  gemacht  haben  würde  — ,  habe  ich 
Sir  Frank  Lascelles  erwidert,  daß  ich  mir  eine  endgültige  Antwort 
bis  nach  genauerer  Prüfung  seines  Vorschlags  vorbehalten  müsse.  In- 
zwischen könne  ich  dem  Botschafter  aber  nur  meine  Befriedigung  dar- 
über ausdrücken,  daß  die  englische  Regierung  nunmehr  auch  ihrerseits 
endlich  unsere  Auffassung  von  der  Notwendigkeit  der  Finanzkontrolle  teile. 
Bezüglich  der  von  England  vorgeschlagenen  Anfrage  bei  der  grie- 
chischen Regierung  könne  ich  mich  indessen  des  ernsten  Bedenkens 
nicht  erwehren,  daß  es  bei  dem  Nationalcharakter  und  der  Stimmung 
des  griechischen  Volkes  einer  griechischen  Regierung  schwer  fallen 
würde,  die  Finanzkontrolle  ausdrücklich  zu  akzeptieren,  da  bei  einer 
solchen  Erklärung  König  Georg  für  seinen  Thron,  die  Minister  für 
ihre  Portefeuilles  und  Herr  Delyannis  für  seine  Stellung  als  Leiter 
der  oppositionellen  Kammermehrheit  fürchten  würden.  Wichtiger 
scheine  es  mir,  wenn  die  Mächte  in  Athen  nicht  anfragten,  sondern 
auf  Grund  des  ihnen  seinerzeit  zum  Abschluß  des  Präliminarfriedens- 
vertrags  erteilten  Mandats  die  Annahme  des  gesamten  Friedenspräli- 
minarvertrags  einschließlich  der  Finanzkontrollklausel  von  der  grie- 
chischen Regierung  verlangten2.  Dann  sei  die  bittere  Pille  der 
Kontrolle  in  die  Kapsel  des  Friedensvertrags  eingewickelt  und  da- 
durch leichter  verdaulich.  Sir  Frank  Lascelles  wird  vorstehendes  so- 
fort  zur   Kenntnis  seiner  Regierung  bringen. 

Im  übrigen  kann  Euerer  Majestät  Regierung,  wie  ich  glaube,  mit 
Ruhe  die  weitere  Entwicklung  der  Ereignisse  abwarten.  Daß  Grie- 
chenland ohne  Einführung  der  Finanzkontrolle  Geld  zur  Bezahlung 
der  Kriegsschuld  finden  sollte,  ist  wenig  wahrscheinlich.  Solange  aber 
die  Kriegsschuld  nicht  gezahlt  oder  absolut  sichergestellt  ist,  werden 
die  Türken  schwerlich  Thessalien  räumen.  Mit  ihrem  Widerspruch 
gegen  die  Unterzeichnung  des  Präliminarfriedensvertrags  erreicht  also 
die  englische  Regierung  vorderhand  lediglich  das  Gegenteil  dessen, 
was  sie  zu  wollen  vorgibt2,  indem  der  Termin  der  Räumung  hinaus- 
geschoben wird.  Es  ist  sonach,  wenn  die  übrigen  Großmächte  i — 
insbesondere  Rußland  —  fest  bleiben,  nicht  ausgeschlossen,  daß  die 
englische  Regierung  ihren  Widerspruch,  welchen  sie  nach  einer  ver- 
traulichen Äußerung  von  Sir  Frank  Lascelles  in  erster  Linie  mit  Rück- 

434 


Sicht  auf  die  öffentliche  Meinung 3  des  eigenen  Landes  erhoben  haben 
dürfte,  allmählich  abschwächen  wird. 

B  ü  1  o  w 


Randbemerkungen   Kaiser  Wilhelms   II.: 

1  Ist  bereits   erfolgt  und   mißlungen. 

2  richtig 

3  immer  das  alte  Lied.  Das  geht  uns  andre  gar  nichts  an!  Wir  haben  auch 
unsre  öffentliche  Meinung  und  die  unsrer  Gläubiger  und  die  haben  Anspruch 
auf  unsre  Berücksichtigung! 

Nr.  3251 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

St.  Petersburg,  den  20.  August  1897 

Ich  habe  dem  Grafen  Murawiew  Mitteilung  von  dem  Inhalt  des 
Telegramms  Nr.  258*  gemacht. 

Derselbe  glaubt  jetzt  nicht  mehr,  daß  alle  Kontinentalmächte  bei- 
stimmen würden,  England  auszuschließen,  und  fügte  vertraulich  hinzu, 
daß  er  Grund  habe  anzunehmen,  daß  Italien  und  in  zweiter  Linie 
Österreich  sich  dieser  Idee  nicht  anschließen  würden.  Er  habe  von 
privater  Seite,  wie  er  mir  sagt,  aber  ohne  sich  dafür  verbürgen  zu 
wollen,  aus  Paris  die  Nachricht,  französische  Geldleute  seien  bereit, 
sofort  eine  Million  Pfund  Sterling  Griechenland  vorzustrecken.  Er 
glaube,  England  leite  unzweifelhaft  eine  Campagne  ä  outrance  gegen 
Deutschland  ein  und  setze  alles  daran,  um  die  Annahme  unserer  Vor- 
schläge zu  vereiteln  (er  habe  auch  das  Gefühl,  daß  England  selbst 
die  Kontrolle  durch  die  Regierungen  nicht  akzeptieren  würde),  und 
sagte  dann  wörtlich:  „Je  crois  qu'il  serait  de  Tinteret  et  de  la  dignite 
de   l'Allemagne   de  faciliter  aux  Grecs   de   trouver  de   Targent  n'im- 

porte  oü." 

Gegenüber  dem  bisherigen  Optimismus  des  Grafen  Murawiew 
fällt  es  meinen  Kollegen  und  mir  auf,  wie  besorgt  er  die  Entwickelung 
der  Dinge  im  Orient  in  den  letzten  Tagen  ansieht.  Die  neuerdings 
zutage  getretenen  Unruhen  in  Armenien,  die  Bombenattentate  in  Kon- 
stantinopel**, sowie  die  systematisch  vorgenommenen  Verstärkungen 
der  Garnisonen  Englands  in  Kreta  bestärken  den  Minister  in  dem  Ver- 
dacht, daß   England  aufs  neue  versucht,   Unruhen  hervorzurufen  und 


*  Durch  Telegramm  Nr.  258  vom  19.  August  war  Radolin  von  der  Zustimmung 
des  Kaisers  zu  dem  russischen  Vorschlag  (vgl.  Nr.  3243),  „sofern  derselbe  von 
den  übrigen  Kontinentalmächten  akzeptiert  wird",  verständigt  worden. 
**  Siehe  Kap.  LXXIII. 

28* 


bei  Verfolgung  seiner  Sonderinteressen  andere  in  den  Krieg  zu  ver- 
wickeln. Schon  deshalb  halte  er  den  möglichst  schnellen  Abschluß  des 
Friedens  für  dringend  wünschenswert. 

Radolin 

Nr.  3252 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard 
von  Bülow  an  Kaiser  Wilhelm  II.,  z.Z.  in  Koblenz 

Telegramm.  Entzifferung 

Berlin,  den  31.  August  1897 

Euerer  Majestät  Botschafter  in  St.  Petersburg  telegraphiert  von 
gestern  abend: 

„Ich  habe  heute  nochmals  Gelegenheit  genommen,  den  Grafen 
Murawiew  im  Sinne  meiner  früheren  Weisungen  darauf  aufmerksam 
zu  machen,  daß  jede  unsere  Gläubiger  schädigende  Abweichung  von 
dem  ursprünglichen  Programm  und  von  der  einzuführenden  Kontrolle 
unsere  Nichtweiterbeteiligung  zur  Folge  haben  würde.  Auch 
habe  ich  ihm  deutlich  durchblicken  lassen,  daß  sein  neuestes  Verhalten* 
im  Widerspruch  mit  seinem  Vorschlage  stehe,  gegebenenfalls  ohne 
England  die  Friedenspräliminarien  zu  unterzeichnen.  Er  versicherte 
mich,  daß  ihm  nichts  ferner  läge,  als  im  Widerspruch  mit  uns  zu 
handeln.  Die  ganz  private  und  vertrauliche  Demarche  in  Athen**  hätte 
nur  den  Zweck,  England  eine  goldene  Brücke  x  zu  bauen  und  ihm  den 
Vorwand  zu  nehmen,  sich  zu  isolieren,  was,  wie  er  wiederholte,  manche 
Gefahr  namentlich  für  die  Mittelmeerstaaten  haben  könnte,  so  zum 
Beispiel  die  Besetzung  der  Sudabai.  Er  hätte  sich  übrigens  mit  Herrn 
Hanotaux  auch  dahin  verständigt,  daß,  wenn  dieser  vertrauliche  Schritt 
keine  Wirkung  hätte,  sowohl  Frankreich  wie  Rußland  bereit  wären2, 
ohne  England  die  Präliminarien  zu  unterzeichnen.  Graf  Murawiew 
glaubte,  nicht  gegen  die  Intentionen  der  Kaiserlichen  Regierung  zu 
handeln,  indem  er  versucht  habe,  die  englische  Empfindlichkeit  ohne 
nachteilige  Folgen  für  die  anderen  Mächte  zu  schonen3.  Graf  Mura- 
wiew fügte  hinzu,  er  glaube,  daß  die  französische  und  russische  De- 
marche, die  eigentlich  eine  versteckte  mise  en  demeure  enthält,  in 
Athen  gut  gewirkt  hätte,  denn  die  Meldungen  von  dort  ließen  erkennen, 

*    Vgl.   Nr.   3251. 

**  Vgl.  „Das  Staatsarehiv"  Bd.  61,  Nr.  11  634,  S.  207  f.  Es  handelte  sich,  nach- 
dem England  wiederholt  darauf  bestanden  hatte,  daß  zunächst  Griechenland 
wegen  der  Einrichtung  der  Finanzkontrolle  befragt  werden  solle  (vgl.  „Das 
Staatsarchiv"  Bd.  62,  Nr.  11911  und  11914,  S.  235  f.,  237),  um  eine  offiziöse 
Anregung  dieser  Angelegenheit  in  Athen  durch  Rußland  und  Frankreich.  Die 
Anregung  führte  dann  am  7.  September  zur  Annahme  der  Finanzkontrolle  durch 
Griechenland,  die  die  deutsche  Regierung  als  conditio  sine  qua  non  der  Unter- 
zeichnung der  Friedenspräliminarien  bezeichnet  hatte. 

436 


daß  dieselbe  von  Griechenland  günstig  aufgenommen  worden  sei. 
Eine  weitere  Folge  derselben  wäre,  daß  Lord  Salisbury  einer  wei- 
cheren Stimmung  gefolgt  sei  und  immer  mehr  einlenke.  —  Der  rus- 
sische Geschäftsträger*  schreibt  etwa  folgendes: 

,Lord  Salisbury  ä  qui  j'ai  parle  ne  voit  pas  d'objection  ä  la  com- 
munication  privee  de  la  France  et  de  la  Russie  ä  Athenes,  il  aurait 
prefere  cependant  une  action  commune  des  six  Puissances.  Lord  Salis- 
bury ajouta  si  la  Grece  refuse  et  ne  se  soumet  pas  ä  la  volonte  des 
Puissances,  PAngleterre  sera  degagee  de  toute  responsabilite  vis-ä-vis 
de  la  Grece  et  que  la  Grece  n'aura  plus  ä  compter  sur  PAngleterreV 

Lord  Salisbury  hätte  auch  die  Idee  gehabt,  daß,  wenn  Griechen- 
land im  gewünschten  Sinne  nachgibt,  eine  Kommission  von  drei  Dele- 
gierten zur  Kontrolle  einzusetzen  sein  würde.  Rußland  und  Frankreich 
sollen  ein,  England  und  Italien  ein  zweites  und  Deutschland  und  Öster- 
reich ein  drittes  Mitglied  dieser  Kommission  entsenden.  Der  Minister 
schien  sich  nicht  äußern  zu  wollen,  welche  Stellung  er  hierzu  nimmt. 
—  Graf  Montebello  aber,  den  ich  kurz  darauf  sah,  hält  die  Idee  der 
obigen  Gruppierung  für  nicht  praktisch.  Graf  Murawiew  äußerte  sich 
mir  gegenüber  streng  vertraulich,  daß  England  jetzt  bestrebt  sei,  sich 
Deutschland  möglichst  zu  nähern5.  Seine  bisherige  oppositionelle  Stel- 
lungnahme führe  er  nach  seinen  letzten  Beobachtungen  weniger  auf 
direkten  Antagonismus  gegen  Deutschland  als  auf  Rückendeckung 
gegen  zukünftige  parlamentarische  Angriffe  zurück6." 

Ich  habe  mich  hier  gegenüber  Graf  Osten-Sacken  gestern  mittag 
nochmals  nachdrücklich  nach  Maßgabe  und  im  Sinne  Euerer  Majestät 
Allerhöchster  Befehle  über  die  Frage  der  Friedenspräliminarien  und 
der    Finanzkontrolle    ausgesprochen7. 

B  ü  1  o  w 

Randbemerkungen   Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Unsinn!  sondern  weil  Hanotaux  es  so  gewollt  hat 

2  Russland  war  es  schon!  Da  von  ihm  der  Vorschlag  ausging.  Hanotaux  hat 
also  versucht  Mourfawiew]  zu  einem  Sondervergnügen  mit  England  einzufangen, 
was  soweit  geglückt  war,  bis  wir  ihm  vor  die  Schienbeine  getreten.  Nun  macht 
e  r  m  i  t  und  damit  Gallia  auch. 

3  warum  that  er  das  nach  seinem  Vorschlage?  weil  er  unser  Jawort  London 
gegenüber  verwerten  wollte  um  uns  mit  England  ganz  zu  brouilliren.  Der 
Fuchs!  Radolin  soll  ihm  offen  und  derb  die  Wahrheit  wie  jetzt,  sagen  und 
sich  durch  nichts  imponiren  lassen.  Wird  unsre  bereits  von  Allen  gebilligte 
Haltung  nicht  von  ihm  respektirt,  dann  treten  wir  zurück!  Und  lassen  ihn 
solotanzen. 

4  ist  jedenfalls  ein  sehr  offenes  Eingeständnis  der  kräftigen  Unterstützung  die 
Albion  seither  an  Athen  hat  angedeihen  lassen. 

ö  So?    Na  da  hat  es  kuriose  Wege  eingeschlagen 

6  !  Mourawiew  lügt  wie  bezahlt  weil  wir  ihn  in  der  letzten  Affaire  ertappt 
haben!    Denn  den  Unsinn  glaubt  er  selbst  nicht 

7  gut. 

*  P.  M.  Lessar. 

437 


Nr.  3253 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard 
von  Bülow,  z.  Z.  in  Budapest,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  35  Budapest,  den  20.  September  1897    >, 

Ganz  geheim 

Seine  Majestät  der  Kaiser  und  König  haben  aus  Bellye  nachstehen- 
des Telegramm  an  Seine  Majestät  den  Kaiser  Franz  Joseph  nach 
Budapest  gesandt: 

„Auf  die  erfreuliche  Nachricht  aus  Stambul  hin  kann  ich  mir  es  nicht 
versagen,  Dir  meine  Freude  über  den  Abschluß  der  Präliminarien*  aus- 
zudrücken. Nicht  zum  geringsten  ist  es  Deinen  weisen  Ratschlägen  zu 
danken,  daß  das  Werk  gefördert  ward.  Vor  allem  aber  hat  sich  unser 
Bund  in  vollster  Stärke  bewährt;  und  haben  die  Großmächte  des  Kon- 
tinents Europa  zum  ersten  Male  der  Welt  das  Bild  des  geschlossenen 
Eintretens  für  ihre  Interessen  und  die  des  Friedens  gezeigt.  Möge  es 
immer  so  bleiben!    Das  walte  Gott!" 

An  Seine  Majestät  den  Kaiser  von  Rußland  hat  unser  allergnädig- 
ster  Herr  das  nachfolgende  Telegramm  nach  Spala  gerichtet: 

,,Let  me  express  to  You  my  sincerest  congratulations  on  the 
signing  of  the  preliminary  peace.  Thanks  to  Your  loyal  and  strait  forward 
policy,  the  Continental  powers  have  shown  that  they  are  seriously  bent 
upon  keeping  the  peace  of  Europe  undisturbed  and  they  have  prevailed. 
Best  love  to  Alix.    I  killed  6  remarkable  fine  stags." 

Seine  Majestät  Franz  Joseph  hat  geantwortet:  „Sehr  gerührt  über 
Dein  soeben  erhaltenes  Telegramm  versichere  ich  Dich,  daß  ich  nicht 
nur  Deine  Befriedigung  über  den  Abschluß  der  Präliminarien  in  Kon- 
stantinopel teile,  sondern  mich  auch  aus  ganzem  Herzen  Deinem 
Wunsche  anschließe,  daß  mit  der  Hülfe  des  Allmächtigen  unser  Bund 
im  Verein  mit  den  übrigen  Mächten  sich  stets  im  Sinne  seiner  fried- 
lichen Tendenzen  erfolgreich  bewähren  möge." 

Seine  Majestät  der  Kaiser  von  Rußland  hat  nachstehendes  erwidert: 

„Also  congratulate  You  warmly  on  the  signing  of  the  preliminary 
peace,  I  hope  this  will  be  a  good  proof  and  example  in  the  future  how 
usefull  and  necessary  it  is  for  the  continental  powers  to  stand  firmly 
upon  their  own  opinion.  Your  shooting  in  Bellye  was  splendid.  Weid- 
mannsheil." 

Bülow 


*  Der  Text  des  Präliminarfriedens  ist  abgedruckt  in:  Das  Staatsarchiv,  Bd.  61, 
S.  214ff.  Der  definitive  Friede  zwischen  Griechenland  und  der  Türkei  wurde 
am  4.  Dezember  in  Konstantinopel  unterzeichnet. 


433 


Kapitel  LXXXI 

Die  Kretafrage  1398 
Dissonanzen  im  Europäischen  Konzert 


Nr.  3254 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  323  Pera,  den  25.  Dezember  1897 

Vertraulich 

Bei  der  Kürze  meines  Hierseins  wird  es  begreiflich  erscheinen, 
daß  meine  bisherigen  Eindrücke  über  politische  Dinge  und  politische 
Personen  vornehmlich  den  Wahrnehmungen  entstammen,  zu  denen  mir 
die  zahlreichen  und  regelmäßig  langandauernden  Botschafterkonferenzen 
Anlaß  gegeben  haben.  Da  wir  bisher  fast  ausschließlich  die  griechische 
und  die  kretische  Frage*  behandelten  und  bei  der  vielfach  akademi- 


•  Durch  den  Abschluß  des  griechisch-türkischen  Friedens  (4.  Dezember  1897) 
hatten  weder  die  griechische  noch  die  kretische  Frage  (vgl.  Kap.  LXXVII  und 
Kap.  LXXX)  ihre  definitive  Erledigung  gefunden.  In  bezug  auf  erstere 
erhoben  sich  sofort  neue  Schwierigkeiten  wegen  der  Räumung  Thessaliens 
durch  die  türkischen  Truppen.  Nach  Artikel  II  und  VI  des  griechisch-türkischen 
Präliminarfriedens  sollte  die  Räumung  nach  der  Bezahlung  der  Kriegsent- 
schädigung im  Betrage  von  4  Millionen  türkischer  Pfund  eintreten;  doch 
machten  sich  auf  französischer  und  russischer  Seite  Bestrebungen  geltend,  die 
auf  eine  Umgehung  dieser  Bestimmung  abzielten.  Anlaß  dazu  bot  der  griechi- 
scherseits  geäußerte  Wunsch  nach  einer  teilweisen  Räumung  Thessaliens,  nach- 
dem die  Ottomanbank  und  die  Deutsche  Bank  vorschüssig  etwa  den  vierten 
Teil  der  Kriegsschuld  an  die  von  den  Mächten  eingesetzte  Internationale  Kom- 
mission entrichtet  hatten.  Die  Pforte  lehnte  indessen  diese  Zumutungen  völlig 
ab,  nicht  zuletzt  auf  Grund  eines  deutschen  Ratschlags,  sich  nicht  auf  eine 
Abweichung  von  den  klaren  Bestimmungen  des  Friedensvertrags  einzulassen. 
Telegramm  Bülows  an  Marschall  Nr.  384  vom  29.  Dezember  1S97. 
Bei  der  kretischen  Frage,  die  im  Dezember  1897  durch  neue  Unruhen  auf 
der  Insel  kompliziert  wurde,  handelte  es  sich  einmal  um  die  Einsetzung  eines 
Generalgouverneurs  nach  Maßgabe  des  von  der  kretischen  Nationalversamm- 
lung am  2.  September  1896  akzeptierten  Iradees  des  Sultans  über  die  Verwal- 
tung der  Insel,  sodann  um  den  Verbleib  der  türkischen  Truppen  auf  der  Insel. 
Die  Durchführung  jenes  Statuts,  nach  dem  der  Sultan  einen  christlichen  Gouver- 
neur für  fünf  Jahre  mit  Zustimmung  der  Mächte  ernennen  sollte,  war  auf 
Schwierigkeiten  gestoßen.    Am   3.  Dezember   1897  hatte  daher  die   Botschaf  ter- 

441 


sehen  Natur  unserer  Besprechungen  der  Äußerung-  individueller  Mei- 
nungen ein  weiter  Spielraum  gegeben  ist,  so  war  es  nicht  schwer,  bei 
meinen  Kollegen  die  verschiedenartigen  Stufen  der  „Qriechenfreund- 
lichkeit"  zu  erkennen,  die  ja  heutzutage  ein  ziemlich  zuverlässiges 
Symptom  für  die  politische  Gesamtauffassung  bildet. 

Man  hätte  glauben  sollen,  daß  der  russische  Geschäftsträger,  Herr 
von  Jadowski,  der  eine  griechische  Frau  besitzt  und  in  den  intimsten 
Beziehungen  mit  dem  Hause  Mavrocordato*  steht,  in  dieser  Beziehung 
unbestritten  die  Palme  davontragen  müßte.  In  der  Tat  hat  der  genannte 
Herr  sich  als  ein  überzeugter  Philhellene  bekundet;  er  hat  uns  dar- 
gelegt, wie  die  griechische  Regierung,  auch  wenn  Thessalien  vor  Er- 
füllung der  in  Artikel  II  der  Friedenspräliminarien  enthaltenen  Ver- 
pflichtung geräumt  werde,  den  letzteren  aufs  loyalste  und  gewissen- 
hafteste nachkommen  werde;  seine  Auffassung  der  kretischen  Frage 
läßt  sich  dahin  zusammenfassen,  daß  die  kretischen  Christen,  des  langen 
Haderns  müde,  keinen  dringenderen  Wunsch  besitzen,  als  die  Musel- 
manen zu  ihren  ländlichen  Besitzungen  zurückzuführen,  die  Waffen 
niederzulegen,  Ordnung,  Ruhe,  Sitte  zu  pflegen,  und  daß  das  einzige 
Hindernis  die  Anwesenheit  der  türkischen  Truppen  bilde.  Und  trotzdem 
hat  der  französische  Geschäftsträger,  Herr  de  la  Bouliniere,  seinen 
russischen  Kollegen  insofern  distanziert,  als  ersterer  gelegentlich  der 
Besprechung  der  auf  das  Anlehen  der  Ottomanbank  bezüglichen  tür- 
kischen Note  unter  Berufung  auf  seine  Instruktion  den  im  griechischen 
Sinne  weitgehendsten  Antrag  dahin  stellte,  in  der  Antwortnote  aus- 
drücklich die  Bedingung  zu  stellen,  daß  die  Räumung  Thessaliens  sofort 
nach  Auszahlung  des  Darlehens  zu  beginnen  habe.  Erst  als  ich  diesem 
Antrage  unter  Bezug  auf  Artikel  II  und  VI  der  Friedenspräliminarien 
widersprach,  trat  als  lebhafter  Befürworter  des  französischen  Antrags 
der  Herr  von  Jadowski  auf,  der  in  seinem  Eifer  sich  bis  zu  der  Be- 


konferenz  in  Konstantinopel  vorgeschlagen,  zunächst  nur  für  eine  Übergangszeit 
ein  provisorisches  Gouvernement  in  Kreta  einzurichten,  an  dessen  Spitze  ein 
von  den  Mächten  zu  ernennender  provisorischer  Gouverneur  treten 
sollte.  Nach  einem  weiteren  Vorschlag  der  Botschafterkonferenz  vom  7.  Dezem- 
ber sollte  dieser  provisorisch  zu  ernennende  Gouverneur  in  Gemeinschaft  mit 
zwei  Delegierten  der  Botschafterkonferenz  eine  Organisationskommission  bilden, 
um  ein  definitives  organisches  Verwaltungsstatut  an  Stelle  desjenigen  vom 
September  1896  auszuarbeiten.  Die  Grundzüge  für  ein  solches  definitives 
Statut  brachte  die  Botschafterkonferenz  gleich  selbst  in  Vorschlag.  Telegramm 
Freiherrn  von  Marschalls  vom  19.  Dezember  1897.  Über  die  Persönlichkeit 
des  künftigen  Gouverneurs  hatte  man  sich  schon  seit  1896  den  Kopf  zerbrochen. 
Nacheinander  waren  der  frühere  Schweizer  Bundespräsident  Numa  Droz, 
der  luxemburgische  Oberst  Schaeffer  und  der  montenegrinische  Woiwode 
Petrowitsch  in  Frage  gekommen;  auch  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von 
Griechenland,  die  jetzt  zu  einer  diplomatischen  piece  de  resistance  wurde,  hatte 
schon  1896  gespukt,  war  aber  damals  gerade  vom  Grafen  Murawiew  nach- 
drücklich bekämpft  worden. 
*  Fürst   Mavrocordato,   der  griechische   Gesandte   in   Konstantinopel. 

442 


hauptung  verstieg,  daß  es  allen  Grundsätzen  der  Humanität  wider- 
spräche, das  Wohl  einer  ganzen  Bevölkerung  als  Unterpfand  für  eine 
Oeldforderung  hinzugeben.  Ich  beschränkte  mich  auf  die  Gegen- 
bemerkung, daß  dieses  Unterpfand  in  den  Friedenspräliminarien  aus- 
drücklich bestimmt  sei  und  ich  es  für  ausgeschlossen  erachte,  daß  die 
Botschafter  der  Mächte,  einschließlich  des  russischen,  ein  Dokument 
unterzeichneten,  dessen  Inhalt  mit  der  Humanität  in  Widerspruch  stehe. 
Als  mich  Herr  von  Jadowski  dann  frug,  ob  ich  auch  eine  vorzeitige 
Räumung  Thessaliens  par  acte  de  generosite  seitens  der  Türken  für  un- 
zulässig erachte,  lehnte  ich  es  ab,  über  eine  so  unwahrscheinliche  zu- 
künftige Eventualität  irgendeine  Meinung  kundzugeben.  Dieser  Vorgang, 
der  sich  übrigens  in  den  höflichsten  Formen  abspielte,  ist  dann  in  einer 
hiesigen  Korrespondenz  des  „Temps"  vom  9.  Dezember  mit  vieler  Ent- 
rüstung und  der  kleinen  tendenziösen  Fälschung  wiedergegeben,  ich 
hätte  die  Okkupation  Thessaliens  als  „le  gage  des  anciens  creanciers 
de  la  Grece"  bezeichnet,  während  ich  selbstverständlich  nur  von  dem 
Unterpfand  für  die  Kriegsentschädigung  gesprochen  habe. 

Der  Eifer  der  französischen  Regierung,  eine  vorzeitige  Räumung 
Thessaliens  herbeizuführen,  ist  um  so  mehr  charakteristisch,  als  die 
griechische  Regierung  bisher  kein  besonderes  Empressement  bekundet 
hat,  die  Thessalier  von  dem  türkischen  Joch  zu  befreien.  Wenn  Herr 
Hanotaux  Anträge  formuliert,  welche  dahin  zielen,  die  kaum  verab- 
redeten Friedensbedingungen  in  wichtigen  Punkten  zu  durchlöchern, 
und  zudem  eine  erhebliche  Schädigung  der  französischen  Gläubiger 
Griechenlands  in  Aussicht  nahm,  so  muß  er  die  Gewißheit  besitzen, 
dadurch  an  maßgebender  Stelle  in  Petersburg  sich  angenehm  zu 
machen1;  vielleicht  liegt  auch  einer  der  Fälle  vor,  daß  das  Petersburger 
Kabinett  gewisse  Wünsche,  zu  deren  Vertretung  es  sich  selbst  zu  vor- 
nehm dünkt,  durch  seinen  minder  skrupulösen  Freund  an  der  Seine 
lancieren  läßt2. 

Ich  erwähne  diese  Dinge  mit  einer  gewissen  Breite,  weil  die  fran- 
zösisch-russischen Beziehungen  wohl  kaum  anderwärts  in  so  drastischer 
Weise  in  die  äußere  Erscheinung  treten  wie  hier.  Herr  de  la  Bouliniere, 
ein  jüngerer,  offenbar  sehr  strebsamer  Mann,  pflegt  in  Geltendmachung 
russisch-griechischer  Desiderata  die  Note  so  stark  zu  forcieren,  daß 
dabei  die  Vertretung  Frankreichs  vollkommen  verschwindet3.  Sein 
russischer  Kollege  hört  ihm  meist  andächtig  und  beifällig  zu;  seine 
Versuche,  unterstützende  Argumente  vorzubringen,  sind  nicht  immer 
glücklich.  Als  neulich  Herr  de  la  Bouliniere  sich  sehr  besorglich  und 
abfällig  über  den  griechischen  Antrag  auf  Verlängerung  der  Ratifi- 
kationsfrist äußerte,  pflichtete  Herr  von  Jadowski  ihm  nicht  nur  bei, 
sondern  teilte  in  dem  Tone  höchster  Entrüstung  mit,  die  Pforte  habe 
die  „unerhörte"  Forderung  gestellt,  Griechenland  solle  sich  verpflichten, 
innerhalb  der  verlängerten  Ratifikationsfrist  auch  die  Finanzfrage  par- 
lamentarisch zu  erledigen;  wie  könne  man  einer  Regierung  zumuten, 

443 


eine  Verpflichtung  bezüglich  eines  Votums  des  Parlaments  zu  über- 
nehmen? Baron  Calice  erwiderte  ihm  in  seiner  trockenen  Weise,  daß 
dies  täglich  vorkomme,  da  jede  Regierung  eines  konstitutionellen  Staates 
bei  Abschluß  eines  internationalen  Vertrags  die  Verpflichtung  über- 
nehme, denselben  innerhalb  einer  gewissen  Frist  parlamentarisch  zu 
erledigen. 

Meinem  englischen  Kollegen  Sir  Philip  Currie  würde  ich  unrecht 
tun,  wenn  ich  ihn  als  „Philhellenen"  im  gewöhnlichen  Sinne  bezeichnen 
wollte.  Er  vertritt  vielmehr  in  der  kretischen  Frage  die  Richtung,  welche 
der  Durchschnittsengländer  zu  nehmen  pflegt,  wenn  es  sich  um  die 
Pazifizierung  eines  aufständischen  Landes  handelt,  welches  nicht  eng- 
lischer Besitz  ist,  nämlich:  Schwächung  der  geordneten  Regierungs- 
gewalt, Konnivenz  mit  den  Aufständischen,  Verwerfung  aller  Gewalt- 
mittel und  Rekonstruktion  der  Regierung  auf  der  Grundlage  der  weit- 
gehendsten freiheitlichen  und  parlamentarischen  Rechte,  mit  einem 
Worte,  das  direkte  Gegenteil  von  dem,  was  England  tut,  wenn  es  einen 
Aufstand  im  eigenen  Besitze  zu  bewältigen  hat4.  Dazu  kommt  bei 
Sir  Philip  neuerdings  noch  ein  tiefgehendes  Mißtrauen  gegen  Bozo 
Petrowitsch*,  den  er  mit  einem  ganzen  Heer  von  conseillers  und  con- 
tröleurs  umgeben  möchte,  um  ihn  vor  Torheit  und  Mißbrauch  der 
Amtsgewalt  zu  schützen.  In  einem  Privatgespräch  drückte  er  mir  direkt 
die  Besorgnis  aus,  der  russische  Kandidat  könne  „a  fool"  sein,  gegen 
den  Garantien  nötig  seien.  Ich  erwiderte  ihm,  daß,  wenn  die  Mächte 
einen  unfähigen  Mann  an  die  Spitze  der  Insel  stellten,  es  ein  ganz 
aussichtsloses  Bemühen  sei,  diesen  Mißgriff  durch  Garantien  und  Kon- 
trollen wieder  gutzumachen.  Charakteristisch  bei  Sir  Philipp  Currie  ist 
die  Ängstlichkeit  bezüglich  der  Einhaltung  seiner  Instruktionen,  eine 
Eigenschaft,  die  ich  bisher  noch  niemals  an  einem  englischen  Botschafter 
wahrgenommen.  Diese  Ängstlichkeit  ist  insofern  nicht  ganz  unbegrün- 
det, als  es  dem  Botschafter  erkennbar  an  der  Fähigkeit  mangelt,  neu 
hervortretende  Anregungen  in  ihrer  Tragweite  zu  beurteilen;  er  be- 
kämpft Vorschläge,  die  durchaus  in  seiner  Richtung  liegen,  und  be- 
fürwortet solche,  die  er  von  seinem  Standpunkte  aus  verwerfen  sollte. 
Vielleicht  rührt  diese  Ängstlichkeit  auch  von  dem  Gefühle  des  eigenen 
Mißerfolgs  her,  und  dieses  Gefühl  würde  ein  wohlbegründetes  sein. 
Die  schwächste  Seite  bei  Sir  Philip  ist,  daß  er  vom  Sultan  und  vom 
Palais  nicht  sprechen  und  nichts  hören  kann,  ohne  Ruhe  und  Haltung 
zu  verlieren.  Ein  Botschafter,  der  den  Namen  des  Souveräns,  bei  dem 
er  beglaubigt  ist,  nicht  hören  kann,  ohne  einen  roten  Kopf  zu  be- 
kommen, ist  jedenfalls  ein  Unikum.  In  diesem  Umstände  liegt  meines 
Erachtens  der  vornehmliche  Grund,  daß  Sir  Philip,  wie  man  zu  sagen 
pflegt,  hier  abgewirtschaftet  hat.    Denn  daß  dies  der  Fall  ist,  darüber 


*  Bozo    Petrowitsch,    ein    Verwandter   des    Fürsten    von    Montenegro,   war   von 
Rußland  als  Generalgouverneur  für   Kreta  in  Aussicht  genommen. 

444 


besteht  in  diplomatischen  Kreisen  und,  wie  ich  höre,  auch  in  der  eng- 
lischen Kolonie  kein  Zweifel.  Persönlich  habe  ich  mich  über  den  Bot- 
schafter in  keiner  Weise  zu  beklagen;  er  ist  mir  mit  ausgesuchter 
Artigkeit  entgegengetreten,  und  unsere  Beziehungen  sind  die  allerbesten. 

Der  italienische  Botschafter,  Herr  Pansa,  ist  persönlich  ein  liebens- 
würdiger und  auch  ein  nicht  ungescheiter  Mann,  nur  entwickelt  er  in 
der  kretischen  Frage  eine  erstaunliche  Unzuverlässigkeit;  er  geht  durch- 
aus seine  eigenen  Wege,  und  es  ist  unmöglich  vorherzusehen,  welche 
Stellung  er  zu  irgendeiner  Anregung  nehmen  wird.  Wie  Herr  Numa 
Droz*  für  Herrn  Hanotaux  ist  für  Herrn  Pansa  der  Admiral  Canevaro** 
Autorität.  Der  letztere  mag  ein  ausgezeichneter  Offizier  sein,  er  ist 
aber  ein  recht  bedenklicher  Politiker,  und  es  besteht  kaum  ein  Zweifel 
darüber,  daß  die  fortdauernde  Verschlechterung  der  Zustände  auf  der 
Insel  zu  erheblichem  Teile  der  Tätigkeit  dieses  Mannes  zur  Last  fällt. 
Admiral  Canevaro  hat  nicht  nur  den  Insurgenten  die  bestimmte  Zu- 
sage gegeben,  daß  die  türkischen  Truppen  demnächst  von  der  Insel 
würden  entfernt  werden,  sondern  er  hat  sogar  einen  Plan  ausgearbeitet, 
wie  die  letzteren  durch  eine  Kooperation  der  fremdländischen  Kon- 
tingente mit  den  Insurgenten  zerniert  und  gewaltsam  zur  Übergabe 
gezwungen  werden  könnten5.  Die  Unsicherheit  der  italienischen  Re- 
gierung in  der  Frage  des  Rückzugs  der  türkischen  Truppen  liegt  offen- 
bar in  dem  Streben,   den   Admiral  nicht  allzusehr  bloßzustellen. 

In  Baron  Calice  habe  ich  einen  vortrefflichen,  dem  Dreibunde  treu 
ergebenen  Kollegen  gefunden;  er  leitet  die  Botschafterkonferenzen  in 
durchaus  musterhafter  Weise  und  widmet  sich  der  Lösung  der  kre- 
tischen Frage  mit  einem  im  Verhältnis  zu  der  Schwierigkeit  und  Un- 
dankbarkeit der  Aufgabe  wahrhaft  bewunderungswürdigen  Fleiße.  — 

In  vertraulichen  Gesprächen  mit  einzelnen  meiner  Kollegen  ist 
mir  wiederholt  die  Frage  entgegengetreten,  welchem  Umstände  wir 
es  eigentlich  verdanken,  daß  man  seitens  der  Mächte  gerade  uns  Bot- 
schaftern das  ehrende  Vertrauen  zuwendet,  zur  Lösung  der  kretischen 
Frage  und  Neuordnung  der  Dinge  auf  der  Insel  in  besonderer  Weise 
befähigt  zu  sein.  Die  Frage  ist  nicht  ganz  ungerechtfertigt.  Denn  die 
bisherigen  Botschafterkonferenzen  haben  mir  die  beruhigende  Gewiß- 
heit gegeben,  daß  über  die  sozialen,  wirtschaftlichen  und  politischen 
Zustände  Kretas  meine  Kollegen  nicht  mehr  wissen  als  ich  selbst,  und 
meine  eigenen  bezüglichen  Kenntnisse  beschränken  sich  auf  das,  was 
in  Deutschland  ein  akademisch  gebildeter  Mann  aus  der  Bibel,  der 
Geschichte  und  teilweise  aus  dem  Kommersbuch  über  die  Insel  und 
ihre  Bevölkerung  allmählich  gelernt  und  zum  erheblichen  Teile  auch 
wieder  vergessen  hat.   Jedenfalls  war  ich  imstande,  Herrn  von  Jadowski 


*  Vormaliger  Schweizer  Bundespräsident,  ebenfalls  für  den  Posten  des  General- 
gouverneurs von   Kreta  in  Aussicht  genommen. 
**  Befehlshaber  der  italienischen  Seestreitkräfte   in   Kreta. 

445 


über  die  geographische  Zugehörigkeit  Kretas  aufzuklären,  als  dieser 
den  Gedanken,  dem  Gouverneur  von  Kreta  vier  Nicht-Kretenser  als 
Ratgeber  beizugeben,  in  die  Worte  „quatre  conseillers  europeens" 
formuliert  hatte. 

Ich  glaube  auch  keinem  meiner  Kollegen  zu  nahe  zu  treten  mit 
der  Behauptung,  daß  nicht  ein  einziger  von  uns  in  seinem  Vorleben 
eine  Tätigkeit  zu  verzeichnen  hat,  aus  welcher  er  für  die  Pazifizierung 
aufständischer  Inseln  eine  Art  Befähigungsnachweis  ableiten  könnte.6 
Trotzdem  erkenne  ich  gern  die  Nützlichkeit  der  Botschafterkonferenzen 
in  gewisser  Richtung  an.  Es  gibt  zweifellos  Fragen  und  Differenzen, 
die  in  derartigen  mehr  zwanglosen  Besprechungen  leichter  gelöst 
werden  können  als  durch  Verhandlungen  der  Kabinette.  Auch  bietet 
die  Einrichtung  den  nicht  zu  unterschätzenden  Vorteil,  daß  der  Zu- 
sammentritt der  Botschafter  nach  außen  hin  das  europäische  Konzert, 
d.  h.  den  gemeinsamen  Willen  dokumentiert,  schwierige  Fragen  durch 
gegenseitige  Verständigung  zu  lösen.  Endlich  übt  die  Nachricht  von 
der  Verhandlung  der  Botschafter  auf  die  öffentliche  Meinung  in  Europa 
dieselbe  beruhigende  Wirkung  wie  auf  den  sollizitierenden  Diplomaten 
die  Worte  des  auswärtigen  Ministers:  „la  question  est  ä  l'etude".  — 
Man  glaubt,  daß  etwas  geschieht,  und  dieser  Glauben  hat,  auch  wenn 
er  grundlos  ist,  in  politischen  und  anderen  Dingen  seinen  Wert  und 
seine  Bedeutung7. 

Allerdings  hat  der  kurze  Aufenthalt  hier  meine  frühere  Vermutung 
vollkommen  bestätigt,  daß  aus  dem  Gesichtswinkel  Seiner  Majestät 
des  Sultans  die  hiesigen  Botscnafterkonferenzen  als  der  wenigst  impo- 
nierende Ausdruck  des  europäischen  Konzerts  erscheinen.  Bei  der 
hier  herrschenden  Indiskretion  bietet  jene  Einrichtung  dem  Palais  eine 
leicht  zugängliche  Quelle  von  Informationen  über  die  Differenzen  der 
einzelnen  Mächte,  und  auf  diesen  Informationen  beruht  zum  erheb- 
lichen Teil  das  politische  Kartenspiel,  welches  der  Sultan  in  meister- 
hafter Weise  zu  führen  versteht.  Der  einzelne  Botschafter  hat  im  Pa- 
lais ein  erhebliches  Prestige,  aber  als  ein  Ganzes  flößen  wir  Bot- 
schafter Seiner  Majestät  dem  Sultan  weder  großen  Respekt  noch  große 
Furcht  ein8. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Bei  der  Kaiserin  Mama 

2  möglich 

3  die  Satrapie  Gallien! 
1  sehr  gut 

5   t 

G  sehr  gut 

7  ut  aliquid  fieri  vide[a]tur 

8  richtig  was  ich  immer  behauptet  habe 
Schlußbeinerkung  des  Kaisers: 

Sehr  gut 

446 


Nr.  3255 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin 

Telegramm.     Konzept   von   der    Hand    des   Vortragenden    Rats 
Mumm    von    Schvvarzenstein 

Nr#  347  Berlin,  den  25.  Dezember  1897 

Der  russische  Botschafter  hat  hier  gestern  mitgeteilt,  daß,  nachdem 
der  Fürst  von  Montenegro  sich  geweigert  habe,  seine  Zustimmung  zur 
Kandidatur  von  Bojedar  Petrowitsch*  zu  geben,  der  russische  Vertreter 
in  Konstantinopel  beauftragt  worden  sei,  der  Botschafterkonferenz  die 
Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland  für  den  provisorischen 
Gouverneurposten  von  Kreta  zu  unterbreiten. 

Unser  allergnädigster  Herr  hat  daraufhin  befohlen,  der  russischen 
Regierung  zu  eröffnen,  daß  er  zu  seinem  tiefen  Bedauern  außerstande 
ist,  die  Mitverantwortung  für  die  Folgen  zu  übernehmen,  welche  eine 
Unterstützung  dieser  griechischen  Kandidatur  für  die  Ruhe  im  Orient 
und  den  europäischen  Frieden  nach  sich  ziehen  würde.  Dieselbe  hätte 
längst  alle  Stimmen  auf  sich  vereinigt,  wenn  nicht  stets  befürchtet 
worden  wäre,  daß  sie  auf  der  ganzen  Balkanhalbinsel  alle  Begehrlich- 
keiten entfesseln  würde.  Gegenüber  einem  Balkanbrand  würde  aber 
die  Lage  Europas  heute  weit  ungünstiger  sein  als  zu  Anfang  des  Jahres: 
Erstens  weil  am  Balkan  die  Regierungen  und  die  Völker  Zeit  gehabt 
haben,  sich  für  einen  Krieg  vorzubereiten;  zweitens  weil  die  Autorität 
Europas  durch  seine  mangelhaften  Erfolge  in  Kreta  vermindert  ist 
und  jedermann  sich  sagt,  daß  im  psychologischen  Moment  die  Ruhe 
am  Balkan  doch  noch  schwerer  als  in  Kreta  herzustellen  sein  würde; 
drittens  weil  unsere  und  des  Weltfriedens  Feinde  nach  den  neuesten 
ostasiatischen  Vorgängen  eintretendenfalls  mit  absoluter  Sicherheit  auf 
die  aktive  Mitwirkung  Japans  würden  rechnen  können,  welches  zwar 
nicht  mit  der  eigentlichen  Orientfrage,  wohl  aber  mit  denjenigen 
Mächten  Fühlung  hat,  die  sich  mit  ihr  beschäftigen. 

Seine  Majestät  der  Kaiser  ist  daher  überzeugt,  daß  die  Kandidatur 
Georg,  welche  gleichbedeutend  ist  mit  der  Angliederung  Kretas  an 
Griechenland,  heute  noch  mehr  als  früher  den  Ausgangspunkt  einer 
letzten  gewaltsamen  Phase  der  Orientfrage  bilden  würde.  Jene  An- 
gliederung wird  vielleicht  die  naturgemäße  Folge  der  Ereignisse  sein, 
welche  seinerzeit  die  frühere  oder  spätere  Zerstückelung  der  Türkei 
begleiten  werden.  Unser  allergnädigster  Herr  möchte  aber  nicht  die 
Mitverantwortung  dafür  übernehmen,  daß  schon  jetzt  um  jener  An- 
gliederung  willen   Ereignisse,   welche   von   unberechenbarer   Wirkung 


*  Vgl.  Nr.  3254,  S.  444,  Fußnote. 

447 


auf  die   Gestaltung  des  ganzen   Erdteils  sein   können,   vorzeitig  und 
ohne  zwingende  Notwendigkeit  provoziert  werden*. 

Unsere  schriftliche  Antwort  wird  heute  dem  russischen  Botschafter 
übergeben  und  mit  nächstem  Kurier  Ew.  mitgeteilt  werden.  Zu- 
nächst haben  wir  aber  aus  Konstantinopel  noch  keine  Nachricht,  daß 
die  Kandidatur  Georg  bereits  den  dortigen  Vertretern  mitgeteilt  worden 
ist.  Solange  letztrer  Punkt  nicht  feststeht,  wollen  Ew.  die  ganze  An- 
gelegenheit nur  mit  dem  Grafen  Murawiew  oder  dessen  Vertreter, 
sofern  dieselben  die  Rede  darauf  bringen,  sonst  aber  mit  niemandem 
besprechen. 

Ew.  werden  dann  füglich  einfließen  lassen  können,  daß  eine  Über- 
windung des  vom  Fürsten  von  Montenegro  der  Kandidatur  Petrowitsch 
entgegengesetzten    Widerstandes    doch    immerhin    noch    denkbar    ist. 

Die  Kandidatur  des  mit  einer  Prinzessin  von  Montenegro  ver- 
mählten Herzogs  von  Leuchtenberg**  könnte  vielleicht  auch  in  Betracht 
kommen,  jedoch  erachtet  die  Kaiserliche  Regierung  es  nicht  als  ihre 
Aufgabe,   Kandidaten  vorzuschlagen. 

Bülow 

Nr.  3256 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  480  St.  Petersburg,  den  28.  Dezember  1897 

Nachdem  ich  Graf  Murawiew  einige  Tage  nicht  hatte  sehen  können, 
benutzte  ich  ein  Diner,  das  ich  ihm  gestern  abend  gab,  um  einige  ge- 
schäftliche Fragen  mit  ihm  zu  besprechen. 

Er  teilte  mir  aus  eigener  Initiative  mit,  daß  zu  seinem  aufrichtigen 
Bedauern  der  Fürst  von  Montenegro  absolut  nicht  zu  bewegen  sei, 
den  Bojedar  Petrowitsch  gehen  zu  lassen  und  ihm  die  Erlaubnis  zu 
geben,  die  Stellung  des  Gouverneurs  von  Kreta  zu  übernehmen.  Ge- 
rade mit  Rücksicht  auf  die  Abhängigkeit  des  Fürsten  von  Montenegro 
von  Rußland  wolle  der  Kaiser  aus  Zartgefühl  keinen  schärferen  Druck 
auf  die  Entscheidung  des  Fürsten  ausüben. 

Graf  Murawiew  gab  mir  die  Versicherung,  daß  er  alles  in  Be- 
wegung gesetzt  habe,  um  den  Starrsinn  des  Fürsten  zu  brechen.  Da 
nun  aber  in  dieser  Richtung  nichts  zu  machen  sei,  ständen  die  Mächte 
vor  einem  neuen  Dilemma. 


*  Von  dieser  ablehnenden  Stellungnahme  wurde  am  30.  Dezember  der  eng- 
lische Botschafter  Sir  Frank  Lascelles  verständigt,  als  dieser  im  Auswärtigen 
Amt  die  russische  Befürwortung  der  Kandidatur  Prinz  Georgs  zur  Sprache 
brachte. 

**  Georg  Fürst  Romanowski,  Herzog  von  Leuchtenberg,  vermählt  mit  Prinzessin 
Stana   von   Montenegro. 

448 


Die  Proposition  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland,  die  auch  ihm 
an  sich  nicht  recht  sympathisch  sei,  wäre  von  den  Botschaftern  in  Kon- 
stantinopel aus  gemacht  worden,  Rußland  hätte  sie  nicht  vorgeschla- 
gen, er,  Graf  Murawiew,  wäre  aber  schließlich  auf  die  Idee  eingegan- 
gen,  da  eben  niemand  anders  zu  finden  sei.  Das  einzige  Gute  an  der 
Kandidatur  wäre,  daß  der  Prinz  mit  Rücksicht  auf  die  nahen  Beziehun- 
gen zum  englischen  Hof  es  verhindern  werde,  daß  England  die  von 
ihm  begehrte  Sudabai  nehme.  Übrigens  frage  es  sich  sehr,  ob  der  Sul- 
tan sich  mit  diesem  Kandidaten  einverstanden  erklären  würde,  wenn 
letzterer  auch   als   Vasall  des   Padischah  ihm  den   Eid  der  Treue  zu 

leisten  hätte. 

Nachdem  der  Graf  Murawiew  den  Gegenstand  einmal  berührt 
hatte,  habe  ich  ihm  gegenüber  energisch  im  Sinne  des  hohen  Erlasses 
Nr.  347  vom  25.  d.  Mts.*  die  ernsten  Bedenken  der  Kaiserlichen  Regierung 
vorgehalten  und  ihm  keinen  Zweifel  darüber  gelassen,  daß  Seine 
Majestät  der  Kaiser  und  König  diesen  Kandidaten  im  Interesse  des 
Friedens  auf  der  Balkanhalbinsel  nicht  billigen  könne  und  werde. 

Graf  Murawiew  sagte  mir,  er  kenne  bereits  durch  Graf  Osten- 
Sacken  die  Auffassung  der  Kaiserlichen  Regierung  und  werde  darauf- 
hin morgen,  Dienstag,  die  weiteren  Befehle  seines  kaiserlichen  Herrn 
einholen.  Radolin 

Nr.  3257 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr>  342  St.  Petersburg,  den  30.  Dezember  1897 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  347**. 

Nachdem  Graf  Murawiew  dem  Kaiser  die  Ansicht  der  Kaiserlichen 
Regierung  über  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  zum  Vortrag  ge- 
bracht hatte,  sagte  mir  der  Minister  in  Ergänzung  seiner  vorläufigen 
Äußerung  (cf.  Bericht  Nr.  480***),  er  müsse  auf  die  Kandidatur  des 
Prinzen  Georg  zurückkommen,  da  bei  der  absoluten  Weigerung  des 
Fürsten   von    Montenegro    keine    andere    passende   Persönlichkeit   zu 

finden  sei. 

Herzog  von  Leuchtenberg  oder  Prinz  von  Battenberg  f  seien 
ausgeschlossen.  Die  Wahl  des  Prinzen  Georg  würde  manches  Gute 
haben.  Sie  könnte  nicht  als  Erfolg  der  Revolution  angesehen  werden, 
die  Kretenser,   die  keine  Annexion  wollten,  würden  ebenso  wie  die 


•  Siehe  Nr.  3255. 

**  Siehe  Nr.  3255. 

***  Siehe  Nr.  3256.  . 

t  Prinz  Franz   Joseph  von   Battenberg,  vermählt  seit   1897  mit  Anna,  Tochter 

des   Fürsten  von   Montenegro. 

29    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  449 


Griechen  befriedigt  sein,  nicht  minder  England,  das  keinen  Grund  mehr 
hätte,  in  Griechenland  Unruhe  zu  schüren.  Die  Mächte  würden  übri- 
gens für  die  Aufrechterhaltung  des  status  quo  und  der  Ordnung  Sorge 
tragen,  in  Serbien  und  Bulgarien  sei  nichts  zu  befürchten,  außerdem 
würde  Rußland  und  Österreich  die  Balkanstaaten  in  Ruhe  halten. 

Auch  der  Sultan  würde  sich  gewiß  fügen,  wenn  der  Prinz  als 
Vasall  ihm  den  Eid  der  Treue  schwört. 

Kürzlich  gemeldete  Ausschreitungen  in  Kreta  machen  die  baldige 
Einsetzung  eines  Gouverneurs  dringend  nötig,  um  so  mehr,  als  durch 
den  beabsichtigten  Ersatz  türkischer  Truppen  neue  Metzeleien  zu 
befürchten  seien. 

Auf  alle  diese  nicht  stichhaltigen  Einwendungen  hielt  ich  dem 
Minister  alle  unsere  Bedenken  nochmals  eindringlich  vor  und  erklärte 
ihm,  daß  Seine  Majestät  die  Mitverantwortung  jedenfalls  nicht  über- 
nehmen werde,  worauf  er  mir  entgegnete,  Rußland  wäre  ja  anfäng- 
lich sogar  mehr  als  die  anderen  Mächte  gegen  diese  Kandidatur  ge- 
wesen, wie  die  Sachen  aber  lägen,  wisse  er  sich  aber  keinen  andern 
Rat.  Der  Kaiser  könne  und  wolle  aus  Zartgefühl  nicht  weiter  auf  den 
Fürsten  von  Montenegro  einwirken,  vielleicht  könnte  es  eine  andere 
Macht.  R  a  d  o  1  i  n 

Nr.  3258 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramme.   Entzifferung 
Nr.  2,  3  und  4*  Wien,  den  1.  Januar  1898 

Nachdem  Graf  Kapnist  bisher  die  Kandidatur  Prinz  Georg  von 
Griechenland  als  einen  „oberflächlichen  Fühler"  bezeichnet  hatte,  er- 
hielt er  heute  den  Auftrag,  sie  als  ernsthaften  Entschluß  mitzuteilen 
und  die  Ansicht  der  hiesigen  Regierung  zu  hören.  Graf  Goluchowski 
hat  sich  in  seiner  Antwort  genau  an  die  Argumente  gehalten,  welche 
ich  den  Auftrag  hatte,  ihm  gegen  diese  Kandidatur  anzuführen.  Auf 
meine  Bitte,  nunmehr  als  Gegenzug  auf  den  Fürsten  von  Montenegro 
einzuwirken,  um  die  Kandidatur  Petrowitsch  zu  ermöglichen,  erwiderte 
mir  der  Graf  folgendes:  „Ich  kann  nicht  mit  gutem  Gewissen  die  Ver- 
antwortung auf  meine  Schultern  nehmen,  einen  Kandidaten  zu  ermög- 
lichen, den  ich  für  den  denkbar  schlechtesten  halten  muß,  und  dessen 
Kandidatur  ich  nur  zustimmte,  um  die  Übereinstimmung  der  Mächte 
nicht  zu  stören. 

Nach  zwei  Monaten  würde  auch  Herr  Petrowitsch  fertig  sein, 
und  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  mit  erneuter  Kraft  wieder  auf- 
treten.  Aber  ich  weiß  auch,  daß  der  Fürst  von  Montenegro  angesichts 

•  Die  drei  Telegramme  sind  vom  Chiffrierbureau  zusammengefaßt  vorgelegt 
worden. 

450 


der  von  Rußland  aufgestellten  neuen  Kandidatur  meine  Bemühungen 
glatt  abweisen  würde.  Um  so  mehr,  als  ich  vor  kurzem  gezwungen 
war,  ihm  ,den  Kopf  zu  waschen*  (in  finanziellen  Dingen).  Er  boudiert 
und  würde  es  für  eine  gute  Gelegenheit  ansehen,  mich  zu  ärgern.  An- 
gesichts dieser  Aussichtslosigkeit  komme  ich  zu  der  Auffassung,  daß 
am  wirksamsten  die  Ablehnung  der  neuen  Kandidatur  durch  Deutsch- 
land und  Österreich  zugleich  mit  der  Türkei  sei.  Wenn  auch  England 
und  Frankreich  zustimmen  und  Italien  wohl  auch  diesen  Weg  gehen 
wird,  wie  Graf  Nigra  annimmt  (der  persönlich  sehr  gegen  diese  Kan- 
didatur eingenommen  ist),  so  werden  diese  Mächte  doch  nicht  gegen 
unseren  festen  ausgesprochenen  Willen  auftreten  können  oder  wollen. 

Ich  bin  meinerseits  nach  meiner  Rede  in  den  Delegationen*  gar 
nicht  in  der  Lage,  von  den  bereits  vereinbarten  Grundsätzen  be- 
züglich Kretas  abzugehen.  Gegenüber  einer  völlig  unlogischen  und  will- 
kürlichen Politik  Rußlands  ist  es  auch  nötig,  fest  zu  bleiben." 

Ich  sagte,  daß  die  Schwierigkeit  der  Situation  sich  noch  durch  die 
Absicht  des  Grafen  Murawiew  kompliziere,  welcher  anscheinend  seinen 
Frieden  mit  der  Kaiserin-Mutter  zu  machen  beabsichtige.  Auch  aus 
Andeutungen  meines  englischen  Kollegen  gingen  mir  ziemlich  deutlich 
fremde  Einflüsse  hervor,  die  sich  bei  einem  Erfolg  in  der  auf  die 
Annexion  Kretas  gerichteten  Politik  vielleicht  bald  noch  in  anderen 
Fragen  fühlbar  machen  könnten.  Graf  Goluchowski  stimmte  mir  zu 
und  meinte,  wenn  ihm  auch  die  Annexion  Kretas  in  diesem  Augenblick 
als  sehr  großer  Fehler  erscheine,  so  sei  sie  doch  noch  besser  als  die 
Kandidatur  des  Prinzen  Georg,  welche  die  Annexion  im  Gefolge  hätte 
und  bis  dahin  Unruhe  bedeute.  Die  Annexion  bedeute  zum  wenigsten 
Klarheit  —  wenn  auch  eine  unerwünschte  Klarheit. 

Eulenburg 

Nr.  3259 

Aufzeichnung  des  Staatssekretärs  des  Auswärtigen  Amtes 
Bernhard  von  Bülow 

Reinschrift 

Berlin,  den  2.  Januar  1898 

Zu  dem  Schlußsatz  des  Wiener  Telegramms  Nr.  2**  bemerkten 
Seine  Majestät: 

Er  betrachte  die  Annexion  von  Kreta  an  Griechenland  als  ge- 
radeso völlig  ausgeschlossen  wie  die  Ernennung  des  Prinzen  Georg  zum 


*  Am  20.  November  1897  hatte  Graf  Goluchowski  im  auswärtigen  Ausschuß 
der  Ungarischen  Delegation  eine  Darstellung  der  politischen  Lage  gegeben,  in 
der  er  als  das  gemeinsame  Ziel  der  Mächte  mit  Bezug  auf  Kreta  „weitgehende 
Autonomie  unter  Wahrung  der  Souveränität  des  Sultans  mit  Garantien  für  die 
Muhammedaner"  hinstellte. 
**  Siehe  Kr.  3258. 


29* 


451 


Gouverneur  der  Insel.  Durch  die  Zulassung  der  einen  wie  der  anderen 
Eventualität  würden  sich  die  Mächte  in  schreienden  Widerspruch  zu 
ihren  vor  dem  griechisch-türkischen  Kriege  abgegebenen  Erklärungen* 
setzen  und  damit  jede  Autorität  gegenüber  der  Pforte  wie  den  Balkan- 
staaten einbüßen.  Der  Eintritt  beider  Eventualitäten  würde  durch  die 
Diskreditierung  der  Mächte,  Sprengung  des  europäischen  Konzerts 
und  Entfesselung  der  Beutegier  aller  Balkanvölker  auf  der  Balkan- 
halbinsel den  bellum  omnium  contra  omnes  entfesseln  und  damit  den 
europäischen  Frieden  ernstlich  gefährden.  Seine  Majestät  rechneten 
darauf,  daß  Graf  Goluchowski  den  Standpunkt,  den  er  zur  Genug- 
tuung unseres  allergnädigsten  Herrn  sofort  gegenüber  den  Versuchen 
eingenommen  habe,  direkt  oder  indirekt  die  völkerrechtswidrige  und 
friedensgefährliche  Angliederung  von  Kreta  an  Griechenland  herbei- 
zuführen, auch  fernerhin  mit  Festigkeit  wahren  und  vertreten  werde. 
Bei  Übermittelung  dieser  allerhöchsten  Bestimmung  an  Graf  Eulen- 
burg wäre  auch  noch  zu  erwähnen,  wie  nach  unseren  Nachrichten  ohne- 
hin Gefahr  vorliegt,  daß  sich  die  mazedonische  wie  die  albanesische  Frage 
wieder  mehr  zuspitzen.  In  beiden  Richtungen  wäre  viel  Zündstoff  auf- 
gehäuft. —  Lediglich  zur  Direktive  des  Botschafters  und  ganz  geheim 
könnte  demselben  noch  gesagt  werden:  Es  entspräche  unseren  Inter- 
essen, daß  das  Wiener  Kabinett  der  Kandidatur  Georg  von  Griechen- 
land und  vollends  der  sofortigen  und  direkten  Annexion  von  Kreta  an 
Griechenland  mindestens  ebenso  entschieden  in  St.  Petersburg 
entgegentritt  wie  wir. 

Bülow 

Nr.  3260 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  2  Wien,  den  2.  Januar  1898 

Vertraulich 

Die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland  erfährt  bei 
meinem  russischen  Kollegen**  die  denkbar  schärfste  Verurteilung1.  Er 
macht  kein  Hehl  aus  der  Verlegenheit,  in  welche  ihn  der  Auftrag  seines 
Chefs  gesetzt  hat,  und  empfindet  peinlich  die  Wandlungen,  die  inner- 
halb der  letzten  Zeit  die  russische  Politik  durchgemacht  hat  in  den 
Fragen  der  kretensischen  Organisation  und  des  Gouverneurs. 

Mein  italienischer  Kollege***  sieht  —  obgleich  auch  er  persönlich 
der  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  abgeneigt  ist  —  in  den  Schwan- 


Vgl.  Kap.  LXXX,  Nr.  3218,  nebst  Fußnote*,  S.  398. 
'  Graf  Kapnist. 
"  Graf  Nigra. 


452 


kungen  der  russischen  Vorschläge  die  eigentliche  Gefahr.  Er  behauptet, 
daß  alles  in  Frage  gestellt  werden  könne,  wenn  ein  Machtfaktor  wie 
der  russische  zu  dem  Bewußtsein  käme,  daß  ihm  im  Grunde  alles 
erlaubt  sei,  und  die  hohen  Damen  dabei  noch  mitsprächen2. 

Sir  Horace  Rumbold*  nimmt  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
sehr  leicht,  „denn  es  ist  diejenige  Englands"  und  zugleich  seine  eigene, 
weil  er  von  seiner  Athener  Zeit  her  die  Königsfamilie  verehrt.  Er  sagte 
mir:  „England  hat  von  Anfang  an  den  einzig  richtigen  Standpunkt  ver- 
treten, eine  Sache  zu  wollen,  welche  sich  nicht  aufhalten  läßt:  die 
Vereinigung  Kretas  mit  Griechenland3".  Ich  habe  ihm  genügend  Ar- 
gumente entgegenhalten  können,  die  jedoch  kaum  so  viel  Eindruck 
auf  ihn  gemacht  haben  werden  als  diejenigen  des  Grafen  Goluchowski, 
dem  die  Haltung  des  englischen  Vertreters  durchaus  unsympathisch  ist. 
Und  er  pflegt  in  solchen  Fällen  nicht  mit  seiner  Verstimmung  hintan- 
zuhalten. 

Alles  in  allem  ist  man  hier  der  ewigen  Wiederholung  müde,  und 
die  Tendenz  einer  Vereinigung  der  Insel  mit  Griechenland  nimmt  des- 
halb allmählich  zu. 

P.  Eulenburg 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Natürlich!  aber  ein  heiterer  Zustand! 

2  sehr  wahr! 

Nr.  3261 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  7  Pera,  den  9.  Januar  1898 

Geheim 

Wie  ich  Euerer  Durchlaucht  bereits  gemeldet  habe,  ist  die  Nachricht 
von  der  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland  meinen  Kol- 
legen durch  den  bisherigen  russischen  Geschäftsträger,  Herrn  von  Ja- 
dowski,  bekannt  geworden,  der,  unfähig,  die  Freude  seines  Herzens 
zu  bewältigen,  seinen  politischen  und  persönlichen  Freunden  ganz 
vertraulich  von  dem  Bevorstehen  eines  dahinzielenden  russischen 
Vorschlages  Kenntnis  gegeben  hat.  Während  Herr  de  la  Bouliniere 
das  Geheimnis  wahrte,  erzählte  Herr  Pansa  die  Sache  an  Sir  Philip 
Currie,  von  dem  sie  wahrscheinlich  die  englische  Presse,  jedenfalls 
aber  Baron  Calice  erfuhr,  der  wiederum  mich  mit  dem  Bemerken  da- 
von verständigte,  die  russische  Botschaft  scheine  späterhin  die  Parole 


Englischer   Botschafter  in  Wien. 

453 


ausgegeben  zu  haben,  die  Kandidatur  sei  aufgegeben.  Da  die  Nach- 
richt hiernach  mehr  in  der  Form  einer  diplomatischen  Klatscherei  an 
mich  gelangte  und  der  Weg,  den  sie  genommen,  erkennen  ließ,  daß 
die  russische  Botschaft  samt  Anhang  die  Kandidatur  mir  gegenüber 
als  eine  Art  pudendum  betrachtete,  habe  ich  den  Unwissenden  ge- 
spielt, meinen  Kollegen  die  Nachricht  von  dem  in  Berlin  gestellten 
und  dort  abgelehnten  russischen  Vorschlag  vorenthalten  und  mich 
darauf  beschränkt,  die  Meinungen  anzuhören,  die  mir  bei  gelegent- 
lichen Gesprächen  bereitwillig  kundgegeben  wurden.  Dieselben  waren 
der  russischen  Anregung  von  dem  Gesichtspunkte  aus  vorwiegend 
ungünstig,  daß  durch  die  Aufstellung  der  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
von  Griechenland  die  ganze  bisherige  mühselige  Arbeit  der  Bot- 
schafter in  der  kretischen  Frage  mit  einem  Schlage  zunichte  gemacht 
werden  würde1. 

Das  ist  ja  zweifellos  richtig,  trifft  aber  doch  nur  einen  nebensäch- 
lichen Punkt.  Ich  habe  in  meinem  politischen  Leben  so  viele  weit  wich- 
tigere Geisteswerke  im  Papierkorb  verschwinden  sehen,  daß  ich  es 
mit  Fassung  ertragen  könnte,  wenn  dem  provisorischen  und  definitiven 
Statut*  ein  gleiches  Schicksal  bevorstände.  Einigermaßen  erstaunlich 
war  mir,  daß  selbst  im  vertraulichen  Privatgespräche  von  keinem  meiner 
Kollegen  der  eigentliche  Kern  der  Sache  berührt  wurde.  Ich  erinnere 
mich,  daß,  als  England  gleich  nach  der  Absendung  der  griechischen 
Flotte  in  die  kretischen  Gewässer  den  Vorschlag**  machte,  Kreta 
eine  Autonomie  nach  Art  von  Samos,  d.  h.  mit  einem  Fürsten  griechi- 
scher Nationalität  zu  gewähren,  ich  Sir  Frank  Lascelles  die  Entschei- 
dung Seiner  Majestät  des  Kaisers  dahin  kundgab:  wenn  die  Mächte 
die  völkerrechtswidrige  Unterstützung,  welche  Griechenland  der  kre- 
tischen Insurrektion  gewähre,  dadurch  prämiierten,  daß  sie  die  grie- 
chische Präponderanz  in  Kreta  direkt  oder  indirekt  zuließen,  so  werde 
dadurch  ein  für  die  Ruhe  des  Orients  und  den  europäischen  Frieden 
außerordentlich  gefährlicher  Vorgang  geschaffen.  —  Die  Unmöglich- 
keit, ein  solches  Präzedens  zu  gestatten,  ist  nach  anfänglichem  Schwan- 
ken einiger  Kabinette  das  Leitmotiv  der  Gesamtpolitik  der  Mächte  in 
der  kretischen  Frage  geworden1;  die  militärische  Aktion  an  der  kre- 
tischen Küste,  die  diplomatische  Aktion  in  Athen  und  schließlich  die 
Zulassung  des  griechisch-türkischen  Krieges  waren  nur  der  Ausfluß 
jenes  Grundgedankens,  den  zuerst  Deutschland  scharf  formuliert  hatte. 
So  wenig  erfolgreich  nun  auch  die  Mächte  in  der  Lösung  der  Aufgabe 
der  Pazifikation  Kretas  gewesen  sind,  so  hat  das  europäische  Konzert 
doch  dank  dem  Festhalten  an  jenem  Grundgedanken  das  höhere  Ziel 
erreicht,  d    h.  das  Übel  lokalisiert  und  die  allerorts  latenten   Begehr- 


*  Statut  über  die  Einführung  von  Reformen  auf  der  Insel  Kreta  (vom   2.  Sep- 
tember 1896). 
••  Vgl.   Kap.  LXXX,  Nr.  3156  und  3157. 

454 


lichkeiten  niedergehalten;  die  durch  den  thessalischen  Krieg  geschaffene 
Türkenfurcht  hat  mit  ihrer  abschreckenden  Wirkung  das  übrige  getan. 
Angesichts  dieser  Vorgänge  kann  sich  die  russische  Regierung  kaum 
verhehlen,  daß  sie  mit  der  Anregung  der  Kandidatur  eines  griechischen 
Prinzen  als  Oberhaupt  von  Kreta  ein  Ansinnen  an  die  Mächte  stellt, 
das  man  im  gemeinen  Leben  „eine  starke  Zumutung"  zu  nennen  pflegt. 
Der  leitende  Gedanke  der  bisherigen  europäischen  Politik  soll  ver- 
leugnet, in  Athen  und  vor  der  ganzen  Welt  ein  reuiges  pater  peccavi 
gesagt  und  ein  Präzedens  zugelassen  werden,  das  nach  dem  Kriege 
noch  viel  gefährlicher  ist  als  vorher.  Denn  es  ist  klar,  daß,  wenn  selbst 
eine  so  vernichtende  Niederlage,  wie  sie  den  Griechen  durch  die 
Türken  bereitet  wurde,  schließlich  zur  Erreichung  griechischer  Wünsche 
führt2,  weithin  die  Überzeugung  Platz  greifen  muß,  daß  bei  Aufstand 
und  Krieg  gegen  die  Türken  nichts  zu  verlieren,  aber  alles  zu  ge- 
winnen sei.  Die  damit  gegebene  Parole,  zuzugreifen,  würden  die  un- 
ruhigen und  unzufriedenen  'Elemente  Mazedoniens,  Serbiens  und  Bul- 
gariens sich  nicht  zweimal  sagen  lassen. 

Es  steht  zu  hoffen,  daß  auch  der  neueste  russische  Vorschlag  zu 
denjenigen  gehört,  die  in  Petersburg  lediglich  deshalb  gemacht  werden, 
um  nach  gewisser  Seite  hin  diligentiam  zu  prästieren.  Aber  ich  fürchte, 
daß  das  bloße  Bekanntwerden  dieses  Vorschlages  bei  der  nervösen 
Erregung,  in  der  sich  ein  erheblicher  Teil  der  christlichen  Bevölke- 
rung der  Balkanhalbinsel  befindet,  eine  den  Interessen  der  Ruhe  und 
des  Friedens  wenig  günstige  Wirkung  üben  wird.  Und  darum  wird 
sich  das  Petersburger  Kabinett,  auch  wenn  es  auf  die  Kandidatur  ver- 
zichtet, nicht  völlig  von  dem  Vorwurf  eines  etwas  unvorsichtigen  Spiels 
mit  dem  Feuer  reinigen  können1. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Ja 

2  richtig. 

Nr.  3262 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  6  Athen,  den  12.  Januar  1898 

Als  ich  gestern  den  Ministerpräsidenten  besuchte,  kam  das  Ge- 
spräch auf  die  von  Rußland  angeregte  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
von  Griechenland  als  Generalgouverneur  von  Kreta.  Herr  Zaimis  be- 
gann damit,  sich  diesbezüglich  in  ganz  analoger  Weise  zu  äußern,  wie 
er  es  schon  öfter  mir  gegenüber  mit  Bezug  auf  die  Haltung  Rußlands 
zu  Griechenland  getan,  indem  er  sogar  auf  seine  früheren  Äußerungen 

455 


verwies  und  sagte,  er  kenne  die  Russen,  fortwährend  kämen  sie  mit 
neuen  Kniffen *,  und  man  könne  nie  sicher  sein,  was  sie  eigentlich 
bezweckten.  Was  solle  man  jetzt  hierzu  sagen?  Vor  einem  Jahre 
habe  Rußland  in  entschiedener  Weise  den  Standpunkt  vertreten,  daß, 
wenn  Kreta  an  Griechenland  fiele,  die  größten  Gefahren  herauf- 
beschworen werden  würden,  indem  die  Vergrößerungsbestrebungen 
der  anderen  Balkanstaaten  dadurch  neue  Nahrung  erhielten2.  Damals 
habe  Griechenland  noch  keinen  unglücklichen  Krieg  geführt.  Jetzt 
nach  allen  Katastrophen,  die  dieses  Land  betroffen,  komme  Rußland 
mit  einem  Vorschlage,  der,  wenn  er  nicht  geradezu  die  Vereinigung 
Kretas  mit  Griechenland  bedeute,  derselben  doch  sehr  nahe  komme. 
Was  würden  jetzt  die  Balkanstaaten  dazu  sagen3? 

Herr  Za'imis  fuhr  fort,  die  Sache  sei  ihm  so  merkwürdig  erschie- 
nen, daß  er  vor  einigen  Tagen  den  russischen  Gesandten  gefragt  habe, 
ob  der  Vorschlag  Rußlands  ernst  gemeint  sei.  Als  Herr  Onou  dies  be- 
jahte, habe  er  gesagt,  dann  sei  wohl  nur  eine  Liebenswürdigkeit  für 
die  königliche  Familie  damit  bezweckt,  worauf  der  russische  Gesandte 
in  nachdrücklicher  Weise  erwiderte,  es  sei  mehr  als  das,  Rußland  habe 
die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  aufgestellt,  weil  es  hierin  eine  ge- 
eignete Lösung  der  kretensischen  Frage  erblicke  und  hoffe,  derselben 
zum  Erfolge  zu  verhelfen4. 

Herr  Za'imis  sagte  mir,  er  könne  sich  noch  kein  abschließendes 
Urteil  bilden.  Er  neige  eher  zu  der  Ansicht,  daß  es  sich  um  eine 
russische  Intrige  handele,  die  bezwecke  zu  verhindern,  daß  Ruhe  ein- 
trete. Sei  seine  Annahme  richtig,  und  werde  durch  diese  Kandidatur 
die  Regelung  der  kretensischen  Angelegenheiten  um  einige  Wochen 
verzögert,  so  habe  er  die  feste  Überzeugung,  daß  in  Kreta  die  Un- 
ruhen wieder  anfangen  würden;  der  gegenwärtige  Zustand  der  Insel 
könne  nur  als  Anarchie  bezeichnet  werden. 

Sei  es  wider  Erwarten  Rußland  mit  seinem  Vorschlage  ernst,  so 
glaubt  Herr  Za'imis,  daß  es  denselben  werde  durchführen  können.  Er 
würde  sich  im  Interesse  der  Sache  um  so  mehr  darüber  freuen,  als  er 
diese  Lösung  für  die  einzige  halte,  die  einigermaßen  für  die  Aufrecht- 
erhaltung von  Ruhe  und  Ordnung  in  Kreta  eine  Gewähr  biete.  Er 
habe  Nachrichten,  denen  zufolge  der  russische  Vorschlag  von  England, 
Frankreich  und  Italien5  unterstützt  werde.  Von  dem  Sultan  würde  nach 
seiner  Ansicht  ein  ernstlicher  Widerstand  nicht  zu  erwarten  sein;  denn 
er  habe  die  Erfahrung  gemacht,  daß  die  Türkei  sich  wohl  dem  Willen 
Rußlands  oder  Englands  widersetze,  wenn  dieselben  entgegengesetzte 
Ansichten  vertreten,  sich  aber  immer  füge,  wenn  von  Rußland  und 
England  gemeinschaftlich  ein  Verlangen  an  sie  gestellt  werde.  Treffe 
dieser  Fall  ein,  so  glaube  er,  daß  auch  von  Seiten  Deutschlands  und 
Österreichs  keine  unüberwindlichen  Schwierigkeiten  zu  erwarten 
seien  6.    pp. 

L.  P 1  e  s  s  e  n 

456 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Das  ist  der  angebliche  Enthusiasmus  der  Griechen  für  Georg 

2  richtig 

3  sehr  gut  gesagt!  wörtlich  dasselbe  wie  wir! 

4  ! 

5  Ei!  das  ist  ja  sehr  intressant 

6  So   richtig   seine   anfängliche    Beurtheilung   des   Falles   war,   so   unlogisch   ist 
hier  die  Schlußfolgerung. 

Nr.  3263 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 
Nr.  31  London,  den  13.  Januar  1898 

In  gestriger  Unterhaltung  berührte  Lord  Salisbury  Kreta  nur 
flüchtig,  indem  er  zunächst  vertraulich  bemerkte,  daß  die  Kandidatur 
des  Prinzen  Georg  von  Griechenland,  welche  übrigens  infolge  unseres 
und  des  österreichischen  Widerspruchs  aufgegeben  zu  sein  scheine, 
vom  Grafen  Murawiew  wohl  deshalb  aufgestellt  worden  sei,  weil  er 
gehofft  habe,  sich  dadurch  wieder  das  Wohlwollen  der  Kaiserin-Mutter 
von  Rußland  zu  erwerben.  Ich  hatte  dabei  den  Eindruck,  daß  Lord 
Salisbury  den  Erfolg  dieser  Kandidatur  gern  gesehen  hätte,  daß  ihm 
aber  auch  der  Woiwode  Petrowitsch  recht  gewesen  wäre.  Er  wird 
jedoch  seinerseits  nichts  tun,  um  die  Zustimmung  des  Fürsten  von 
Montenegro  zu  erwirken,  und  meinte,  daß  England  in  Cetinje  keinen 
Einfluß  habe.  Schließlich  ließ  er  die  Bemerkung  fallen,  von  irgend- 
einer Seite  sei  der  Gedanke  angeregt  worden,  durch  die  kretensische 
Nationalvertretung  einen  Kandidaten  bezeichnen  zu  lassen,  und  dies 
werde,  wenn  die  Mächte  sich  über  keine  Persönlichkeit  einigen  könn- 
ten, vielleicht  der  einzige  Ausweg  sein. 

Als  wir  darauf  Icamen,  daß  nach  den  Zeitungen  Österreich  Schiffe 
aus  Kreta  zurückziehe,  daß  Italien  es  ebenfalls  anscheinend  müde  sei, 
für  die  Unterhaltung  seiner  Schiffe  in  Kreta  große  Summen  auszu- 
geben, warf  der  Minister  plötzlich  die  Frage  auf:  Was  wird  man  aber 
sagen,  wenn  die  Mächte  sich  allmählich  alle  zurückziehen  und  Eng- 
land dann  allein  in  Kreta  übrigbleibt?  Ich  fühlte  mich  nicht 
berufen,  obgleich  Lord  Salisbury  offenbar  mit  einer  gewissen  Span- 
nung meine  Antwort  erwartete,  hierüber  eine  Ansicht  auszusprechen. 

Als  ich  schließlich  erwähnte,  daß  der  Sultan  auf  unsern  Rat  die 
Sendung  von  Truppen  nach  Kreta  zum  Ersatz  ausgedienter  Mann- 
schaften vorläufig  verschoben  habe,  und  gleichzeitig  die  Bemerkung 
fallen  ließ,  daß  es  auf  die  Dauer  vielleicht  unausführbar  sein  werde, 
ausgediente  Mannschaften  dort  festzuhalten,  obgleich  die  türkischen 
Truppen   zur   Aufrechterhaltung  der  Ordnung  nicht   entbehrt  werden 

457 


könnten,  erwiderte  mir  Lord  Salisbury,  daß  er  darin  keine  Schwierig- 
keit erblicken  könne.  Die  Admirale  hätten  erklärt,  daß  sie  keine  neuen 
Truppensendungen  zulassen  würden.  Wenn  die  ausgedienten  Mann- 
schaften zurückgezogen  werden  müßten  oder  allmählich  dort  aus- 
stürben, so  würde  eben  nur  der  durchaus  nicht  unerwünschte  Fall  ein- 
treten, daß  sich  dann  keinenfalls  türkische  Truppen  mehr  auf  der 
Insel  befinden  würden. 

Hatzfeldt 

Nr.  3264 

Aufzeichnung  des  Vortragenden  Rats  im  Auswärtigen  Amt 

von  Holstein 

Reinschrift 

Berlin,  den  15.  Januar  1898 

Ein  Telegramm  des  Grafen  Eulenburg  vom  9.  Februar  v.  Js.  mel- 
det, daß  der  türkische  Botschafter  den  Grafen  Goluchowski  im  Auf- 
trag des  Sultans  bat,  in  Athen  darauf  hinzuwirken,  daß  Griechenland 
seine  Schiffe  von  Kreta  zurückziehe.  Graf  Goluchowski  antwortete, 
„daß  Österreich  keine  Veranlassung  nehmen  könne,  Griechenland  zu 
hindern,  bedrohte  Landsleute  zu  schützen,  um  so  mehr  als  König  Georg 
versichert  habe,  daß  ihm  jede  feindliche  Aktion  gegen  die  Türkei 
fernläge". 

Als  dies  dem  Grafen  Osten-Sacken  mitgeteilt  wurde,  erwiderte 
derselbe  lebhaft  und  gereizt,  diese  Antwort  des  Grafen  Goluchowski 
sei  nur  natürlich,  denn  in  Petersburg  wisse  man  durch  Familien- 
korrespondenzen ganz  genau,  daß  der  König  Georg  gerade  bei 
seinem  letzten  Besuche  in  Wien  zum  Vorgehen  gegen  Kreta  ermutigt 
worden  sei. 

Zu  jener  Zeit  machte  das  Petersburger  Kabinett  eine  national- 
russische Politik,  indem  es  einem  allmählichen  Anwachsen  Griechen- 
lands zum  Kaisertum  Byzanz  entgegentrat,  während  bei  der  Haltung 
des  Grafen  Goluchowski  der  schon  früher  von  ihm  geäußerte  Ge- 
danke zum  Ausdruck  kam,  „daß  Griechenland  der  einzige  unter  den 
Balkanstaaten  sei,  zwischen  welchem  und  Österreich  keinerlei  Inter- 
essenkonflikt bestehe". 

Seitdem  hat  sich  die  Lage  trotz  des  ungünstigen  Krieges  zum 
Vorteile  Griechenlands  insofern  geändert,  als  heute  Graf  Murawiew 
nicht  Nationalpolitik,  sondern  Familienpolitik  macht  im  Sinne  der 
Kaiserin-Mutter.  Zwischen  seinem  neuen  Programm  und  dem  gleich- 
gebliebenen Programm  des  Grafen  Goluchowski  besteht  nur  ein  un- 
bedeutender Unterschied  hinsichtlich  der  Ausführung:  Graf  Murawiew 
möchte  die  Angliederung  Kretas  an  Griechenland  in  zwei  Etappen  er- 
reichen, während  eine  Etappe  dem  Grafen  Goluchowski  genügt.   Dieser 

458 


unbedeutende  Unterschied  ist  sachlich  ungenügend,  um  die  hoch- 
gradige Gereiztheit  zu  erklären,  welche  Graf  Goluchowski  dem  Grafen 
Eulenburg  gegenüber  zur  Schau  getragen  hat.  Es  kann  ja  sein,  daß 
der  österreichische  Minister  aus  einem  persönlichen  Grunde  gegen 
seinen  russischen  Kollegen  gereizt  ist,  weil  dieser  ihm  sein  Programm 
eskamotiert  habe.  Näher  aber  liegt  der  Gedanke,  daß  jene  Gereizt- 
heit nur  eine  scheinbare  war,  darauf  berechnet,  uns  die  Tatsache  zu 
verschleiern,  daß  Graf  Goluchowski  mit  der  jetzt  vertraulich  hierher 
übermittelten  Anregung*  einen  großartigen,  lange  nicht  dagewesenen 
Erfolg  für  die  österreichische  Diplomatie  und  für  sich  persönlich  er- 
zielen will,  und  zwar  auf  Kosten  der  deutschen  Politik  und  insbeson- 
dere des  Deutschen  Kaisers. 

Graf  Goluchowski  hat,  wie  es  in  dem  Briefe**  heißt,  Kenntnis  von 
den  innersten  Ansichten  und  Gedanken  des  Grafen  Kapnist  und  hat 
„vielleicht"  auch  seine  eigenen  Ansichten  diesem  mitgeteilt.  Wir  wer- 
den da  also  ohne  weiteres  annehmen  können,  daß  der  österreichische 
Minister  dem  russischen  Botschafter  zu  verstehen  gegeben  hat,  er 
werde  jetzt  versuchen,  Berlin  zugunsten  Griechenlands  umzustimmen. 
Vom  österreichischen  Standpunkte  aus  liegt  es  nahe,  daß  Graf  Golu- 
chowski Vorsorge  trifft,  um  uns  die  Möglichkeit  zu  nehmen,  eher  als 
Österreich  dem  Zaren  aus  einer  schwierigen  Lage  zu  helfen.  Wenn 
wir  morgen  durch  Fürst  Radolin  in  Petersburg  erklären  lassen,  daß 
wir  der  Annexion  Kretas  an  Griechenland  in  zwei  Etappen  oder  einer 
zustimmen,  so  wird  Graf  Goluchowski  in  der  Lage  sein,  dem  Grafen 
Kapnist  zu  sagen:  „Da  sehen  Sie  das  Ergebnis  meiner  Bemühun- 
gen." Hiermit  wird  vor  dem  Petersburger  Kabinett  —  und  vor  der  diplo- 
matischen Welt  überhaupt,  welcher  es  Graf  Goluchowski  nicht  vor- 
enthalten wird  —  der  Beweis  erbracht  sein,  daß  in  Berlin  mehr  zu 
erreichen  ist  auf  dem  Umwege  über  Wien  als  direkt,  daß  die  Schlüssel 
von  Berlin  in  Wien  aufbewahrt  werden.  Nach  dieser  Leistung  würde 
Graf  Goluchowski,  wenigstens  in  seinen  Augen,  zum  politischen  Leiter 
und  Österreich-Ungarn  zur  Vormacht  des  Dreibundes  aufrücken. 

Dieser  Erfolg  wäre  nur  denkbar,  wenn  es  gelänge,  lange  genug 
zu  verdecken,  daß  die  deutsche  politische  Leitung  und  insbesondere 
der  Deutsche  Kaiser  die  Kosten  desselben  tragen.  Deutschland  hat  von 
Anfang  an  bis  heute  unentwegt  an  dem  Standpunkte  festgehalten,  daß 
die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  nur  der  Übergang  zur  Annexion, 
und  daß  letztere  der  Ausgang  allgemeingefährlicher  Verwickelungen 
sein  würde.  Der  Kaiser  hat  diese  Auffassung  zu  der  seinigen  gemacht 
und  dieselbe  so  offen  und  entschieden  vertreten,  daß  in  dem  feindlichen 
Teile  der  europäischen  Presse,  wo  man  keine  sachlich  berechtigten 
Beweggründe  gelten  lassen  wollte,  [man]  ihm  persönliche  Motive,  nämlich 
Haß   gegen  das   griechische  Königshaus   unterschob.    Unser  allergnä- 

*  Vgl.  das  folgende  Schriftstück. 

**    Ein  Brief,  wie  ihn  Holstein  zitiert,  liegt  nicht  bei  den  Akten. 

459 


digster  Herr  hat  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  sich  gegen  die  grie- 
chische Kandidatur  wie  gegen  die  griechische  Annexion  stets  mit  der 
gleichen  Entschiedenheit  ausgesprochen,  d.  h.  er  hat  ebenso  wie  die 
deutsche  Diplomatie  erklärt,  daß  Deutschland  dafür  eine  Mitverant- 
wortung nicht  werde  übernehmen  können.  Wenn  er  nun  schließlich 
aber  doch,  der  Anleitung  des  Grafen  Goluchowski  folgend,  die  Annexion 
Kretas  an  Griechenland  fördern  hilft,  so  bedarf  es  weiter  keiner  Aus- 
führung, um  darzutun,  wie  Triumph  und  Niederlage  sich  verteilen 
werden. 

Und  weshalb  sollten  Deutschland  und  sein  Kaiser  diese  Nieder- 
lage auf  sich  nehmen,  welche  Beweggründe,  sachliche  oder  per- 
sönliche, würden  sich  für  diesen  Durchmarsch  durchs  kaudinische  Joch 
geltend  machen  lassen? 

Als  einziger  sachlicher  Beweggrund  die  unbewiesene  und  unbe- 
weisbare Behauptung  des  Grafen  Goluchowski,  daß  in  einigen  Jahren 
die  Annexron  Kretas  an  Griechenland  sich  ohne  Gefahr  für  den  euro- 
päischen Frieden  werde  bewerkstelligen  lassen; 

Als  persönlicher  Beweggrund  die  Rücksichtnahme  auf  sogenannte 
Versprechungen  des  Zaren,  die  sich  jedoch  nach  der  in  dem  Briefe 
wiedergegebenen  eigenen  Äußerung  des  Kronprinzen  von  Griechen- 
land nicht  weiter  als  bis  zu  der  Zusicherung  erstreckt  haben,  „nichts 
gegen  eine  Annexion  Kretas  durch  Griechenland  einwenden  zu  wollen, 
vielmehr  die  Sache  eher  zu  fördern  als  ihr  zu  widerstreben''.  Die  Äuße- 
rung des  Zaren  wird  sich  bei  der  Wiedergabe  durch  den  griechischen 
Kronprinzen  keinenfalls  zuungunsten  Griechenlands  verändert  haben, 
gleichwohl  läßt  sie  aber  in  der  uns  vorliegenden  Form  noch  erkennen, 
daß  es  dem  Zaren  darauf  ankam,  nach  längerer  Quälerei  einen  unbe- 
quemen Bittsteller  endlich  loszuwerden.  Wirkliche  Sympathie  würde 
selbst  bei  einem  vorsichtigen  Politiker  einen  anderen,  wärmeren  Aus- 
druck gefunden  haben. 

An  der  Richtigkeit  dieser  Auffassung  ändert  es  nichts,  wenn  der 
König  von  Griechenland  jetzt  in  groben  Briefen  oder  Telegrammen 
den  Zaren  an  dessen  vorgebliche  „Verpflichtungen"  erinnert.  Wir 
haben  da  den  im  Leben  und  auf  der  Bühne  immer  wiederkehrenden 
Onkel  panier  perce,  welcher  ausfallend  wird,  wenn  der  Majoratsneffe 
nicht  mehr  Schulden  bezahlen  will.  Zeigt  sich  die  Grobheit  wirksam, 
so  wird  sie  fortgesetzt.  Im  Interesse  des  Neffen  liegt  es  daher,  daß 
der  chantage  ohne  sein  direktes  Zutun  durch  außerhalb  stehende) 
Freunde  ein  Ende  gemacht  werde.  Wenn  freilich  die  Freunde  aus- 
fallen oder  versagen,  wenn  der  Neffe  zwischen  einem  unbequemen 
Gutsagen  oder  einem  direkten  „Nein"  mit  obligatem  großen  Familien- 
ärger  zu  wählen  hat,  wird  er  geneigt  sein,  dem  näherliegenden  Übel, 
d.  h.  dem  Ärger  auszuweichen,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  daß  dadurch 
später  sein  Vermögen  geschädigt  werde. 

In  dieser  Lage  ist  übrigens  der  Zar  im  Verlaufe  der  kretensischen 

460 


Wirren  schon  mehrfach  gewesen.  Die  Familie  hat  schon  öfter  ge- 
stürmt, bisher  aber  hat  der  Zar  in  der  richtigen  Erkenntnis,  daß  die 
Familie  auf  der  einen,  der  Friede  auf  der  anderen  Seite  stehe,  sich 
die  deutsche  Unterstützung  zunutze  gemacht,  um  seiner  Überzeugung 
zu  folgen  und  den  europäischen  Frieden  dem  Familienfrieden  voran- 
zustellen. Wenn  der  jetzige  Ansturm  zugunsten  der  Annexion  eine 
größere  Heftigkeit  und  vielleicht  auch  Ausdauer  zeigt  als  die  früheren, 
so  ist  der  Grund  vorwiegend  in  der  gesteigerten  Angst  des  Grafen 
Murawiew  und  wahrscheinlich  auch  in  einem  heute  noch  nicht  fest- 
zustellenden Grade  in  dem  Bestreben  des  Grafen  Goluchowski  zu 
suchen,  bei  dieser  Gelegenheit  als  politischer  Lebensretter  des  Grafen 
Murawiew  die  längst  geträumte  russisch-österreichische  Annäherung 
auf  Kosten  der  politischen  Stellung  Deutschlands  mit  einem  Schlage 
zu  erreichen. 

Bei  dieser  Sachlage  wird  die  deutsche  politische  Leitung  zu  er- 
wägen haben,  auf  welche  Weise  sie  unter  möglichster  Schonung  der 
russischen  wie  der  österreichischen  Empfindlichkeiten  einer  Konjunktur 
am  besten  wird  vorbeugen  können,  welche  sich  als  ein  Niedergang 
des  deutschen  wie  des  deutsch-kaiserlichen  Ansehens  schon  im  voraus 
charakterisieren  läßt.  W  a  s  zu  geschehen  hat,  scheint  nicht  zweifel- 
haft: Deutschland  verharrt  einfach  auf  seinem  alten  Standpunkt,  die 
Mitverantwortung  für  eine  Politik  abzulehnen,  welche  nach  unserer  An- 
sicht den  europäischen  Frieden  gefährdet.  Die  Schwierigkeit  aber  liegt 
in  der  Form,  die  wir  unserem  non  possumus  geben.  Hierbei  bietet  die 
in  dem  gestrigen  langen  Telegramm  Marschalls  wiedergegebene  abso- 
lute Weigerung  des  Sultans  eine  unvergleichliche  Unterlage.  Es  kommt 
darauf  an,  diese  Unterlage  nicht  zu  verlieren,  d.  h,.  wir  müssen  ver- 
hindern, daß  der  Sultan  aus  Mutlosigkeit  nachgibt.  Dazu  wird  es  ge- 
nügen, wenn  Marschall  beauftragt  wird,  dem  Sultan  zu  sagen,  daß  er, 
der  Sultan,  besser  als  wir  in  der  Lage  sein  muß  zu  beurteilen,  ob  und 
welche  Gefahren  ihm  eventuell  infolge  der  Kandidatur  des  Prinzen 
Georg  oder  einer  sich  daran  etwa  schließenden  Annexion  Kretas  an 
Griechenland  bevorstehen  können,  daß  wir,  eben  weil  uns  die  Lage 
unklar  ist,  die  Mitverantwortung  für  solche  Folgen  und  deshalb  auch 
für  einen  Rat  nicht  übernehmen  können. 

Holstein 

Nr.  3265 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Konzept 
Nr.  44  Berlin,  den  18.  Januar  1898 

Der  österreichisch-ungarische  Botschafter  hat  mir  gestern  eine  Mit- 

461 


teilung  seiner  Regierung  vorgelesen,  deren  Inhalt  sich  in  folgendem 
zusammenfassen  läßt: 

Graf  Goluchowski  besorgt,  daß  die  kretensische  Frage  in  einen 
Zustand  der  Versumpfung  zu  geraten  drohe,  und  daß  Rußland,  falls 
die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  scheitere,  sich  demonstrativ  von  den 
kretensischen  Dingen  zurückziehen  und  zu  verstehen  geben  werde, 
daß  es  unter  den  Umständen  nichts  weiter  gegen  eine  Annexions- 
bewegung der  Kretenser  einzuwenden  habe.  Die  Annexion  aber  würde 
Graf  Goluchowski  heute  als  eine  europäische  Kriegsgefahr  ansehen, 
während  man  doch  vielleicht  hoffen  könne,  daß  in  einigen,  vielleicht 
vier  bis  fünf  Jahren  die  Lage  sich  zum  Besseren  geändert  haben  und 
die  Annexion  alsdann  unbedenklich  sein  werde.  Um  über  diesen  schwie- 
rigen Zeitabschnitt  hinwegzukommen,  schlägt  Graf  Goluchowski  vor, 
einen  provisorischen  Gouverneur  durch  eine  kretensische  National- 
versammlung wählen  zu  lassen  und  ihm  zwei  adjoints  an  die  Seite  zu 
setzen,  von  denen  der  eine  durch  den  Sultan,  der  andere  durch  die 
Botschafter  in  Konstantinopel  ernannt  werden  würde.  Graf  Golu- 
chowski betonte  dabei  mit  einem  Nachdruck,  welcher  von  mir  nicht 
unbemerkt  blieb,  daß  er  zu  der  Wirksamkeit  dieses  Auskunftsmittels 
kein  besonderes  Vertrauen  hege,  daß  er  es  jedoch  den  Bedenken  der 
Lage  gegenüber  als  seine  Pflicht  erachtet  habe,  eine  Besprechung  der- 
selben mit  der  deutschen  Regierung  herbeizuführen.  Den  Gesamt- 
eindruck des  österreichischen  Schriftstücks  möchte  ich  dahin  zusam- 
menfassen, daß  dasselbe  eher  eine  Klarstellung  als  eine  bestimmte 
Anregung  bezweckte. 

Ich  beeilte  mich,  dem  Wunsche,  welchen  ich  als  den  Grundgedanken 
der  österreichischen  Mitteilung  zu  erkennen  glaubte,  zu  entsprechen, 
indem  ich  über  die  heutige  unveränderte  Stellung  der  deutschen  Re- 
gierung zur  kretensischen  Frage  rückhaltlosen  Aufschluß  gab.  Die 
Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  steht  nach  wie  vor  auf  dem 
Standpunkt,  daß  die  Annexion  Kretas  an  Griechenland  bezw. 
die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg,  welche  man  nur  als  ein  Vorstadium 
der  Annexion  betrachten  kann,  eine  Erschütterung  der  Gemüter  im 
ganzen  Balkangebiet  herbeiführen  würde,  und  daß  die  Balkanregierun- 
gen vielleicht  die  Absicht,  aber  nicht  die  Kraft  haben,  eine  solche 
hochgradige  Erregung  einzudämmen.  Die  Kriegsgefahr,  welche  sich 
aus  dem  durch  eine  Vergrößerung  Griechenlands  erweckten  Neide 
ergeben  müßte,  hat  im  Laufe  der  letzten  zwölf  Monate  eher  zu-  als 
abgenommen;  die  freie  Zeit  ist  am  ganzen  Balkan  zu  Vorbereitungen 
benutzt  worden,  auch  hört  man  neuerdings  zum  erstenmal  seit  dem 
Verschwinden  des  Prinzen  Alexander  von  Battenberg  wieder  von  der 
Tätigkeit  panslawistischer  Agitatoren  reden. 

In  der  Überzeugung  von  der  gegenwärtigen  Gemeingefähr- 
lichkeit einer  Annexion  Kretas  sind  wir  zu  meiner  großen  Freude  mit 
dem   Grafen   Goluchowski    eines   Sinnes.    Aber  auch   hinsichtlich   der 

462 


Zukunft  trennt  uns  nur  eine  Nuance.  Denn  auch  Graf  Goluchowski 
hegt  keineswegs  die  Zuversicht,  daß  in  fünf  Jahren  die  Verhältnisse 
günstig  für  eine  friedliche  Durchführung  der  Annexion  liegen  werden, 
er  glaubt  nur,  daß  man  den  Versuch  wagen  und  einen  parlamentari- 
schen Gouverneur  nehmen  sollte,  welcher  doch  vielleicht  im  Vergleiche 
mit  der  sonst  zu  befürchtenden  Versumpfung  das  geringere  Übel  sein 
würde. 

Hier  laufen  die  Ansichten  scheinbar  etwas  auseinander,  denn  der 
Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  bieten  sich  leider  bis  heute 
keine  Anhaltspunkte,  um  die  von  ihr  im  vorigen  Sommer  geäußerte 
pessimistische  Auffassung  von  den  Wirkungen  einer  Majoritätsherr- 
schaft auf  Kreta  modifizieren  zu  können.  Indem  Graf  Goluchowski  vor- 
schlug, dem  von  den  Vertretern  der  Majorität  gewählten  Oberhaupte 
zwei  adjoints  als  Vertreter  des  Sultans  und  der  Mächte  beizugeben, 
hat  er,  wie  ich  Herrn  von  Szögyeny  sogleich  gern  zugegeben  habe,  das 
denkbar  Erreichbare  in  der  Heranziehung  praktischer  Kautelen  ge- 
leistet, ohne  jedoch  —  dies  beweist  mir  der  ganze  Ton,  den  er 
seiner  schriftlichen  Äußerung  gegeben  hat  —  selber  im  Zweifel  zu 
sein  über  das  ungleiche  Stärkeverhältnis,  welches  zwischen  dem  Gou- 
verneur als  dem  ad  hoc  berufenen  Vertreter  der  nationalen  Leiden- 
schaften einerseits  und  andererseits  den  Vertretern  der  Vergangenheit 
und  der  Uneinigkeit  bestehen  würde.  In  Anbetracht  dieses  Mißver- 
hältnisses zwischen  Bewegungstrieb  und  Hemmvorrichtung  glaube  ich 
nicht,  daß  die  Einwirkung  der  adjoints  den  Gouverneur  würde  nötigen 
können,  die  Erklärung  der  Annexion  zu  verzögern;  vielmehr  würde 
diese  Erklärung  dadurch,  daß  sie  im  Beratungssaale  der  Nationalver- 
sammlung erfolgte  anstatt  auf  freiem  Felde,  nur  um  so  mehr  einen 
autorisierten  Charakter  bekommen. 

Im  weiteren  Verlaufe  der  Besprechung,  bei  welcher  ich  ebenso 
wie  vorher  bei  dem  Anhören  der  österreichischen  Mitteilung  die  Wahr- 
nehmung zu  machen  glaubte,  daß  es  weniger  auf  eine  Verschiebung  als 
auf  eine  genaue  Definierung  unserer  gegenwärtigen  Stel- 
lung zur  kretensischen  Frage  und  zu  dem  neuesten  russi- 
schen Vorschlage  ankam,  konnte  ich  darauf  hinweisen,  daß  die  deut- 
sche Regierung  seit  Beginn  der  kretensischen  Frage  es  an  Beweisen  ihrer 
Objektivität  und  Sachlichkeit  nicht  hat  fehlen  lassen.  So  haben  wir  z.  B., 
obschon  unsere  Beziehungen  zu  den  einzelnen  großen  Kabinetten  doch 
hinsichtlich  des  Wärmegrades  recht  verschieden  sind,  gleichwohl  seiner- 
zeit rückhaltlos  erklärt,  wir  würden  es  mit  Freude  begrüßen,  wenn 
irgendeine  Großmacht,  welche  auch  immer,  die  unglückliche  Insel 
zeitweilig  unter  ihre  Obhut  nehmen  und  sie  den  Bahnen  der  Zivili- 
sation und  der  Ordnung  zuführen  wollte.  Daß  weder  eine  einzelne 
Macht  noch  zwei  Mächte  zusammen  sich  für  diese  Aufgabe  bereit- 
finden ließen,  hat  die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  im  all- 
gemeinen Interesse  aufrichtig  bedauert,  ohne  jedoch  etwas  daran  ändern 

463 


zu  können.  Denn  jedes  Insistieren  unsererseits  würde  in  noch  ver- 
stärktem Maße  Anlaß  zu  den  Verdächtigungen  gegeben  haben,  welche 
schon  vorher  der  konsequenten  und  zielbewußten  Haltung  unseres 
allergnädigsten  Herrn  rein  persönliche  Motive  unterzuschieben  ver- 
sucht hatten.  Deutschland  fühlt  sich  im  Mittelmeer  weniger  als  an- 
derswo berufen,  Vorsehung  zu  spielen  und  die  Verantwortung  einer 
leitenden  Rolle  zu  übernehmen,  namentlich  dann,  wenn  der  Erfolg 
unsicher  scheint.  In  gleicher  Weise  aber  möchte  es  sich  vor  jener 
anderen  ebenso  schwerwiegenden  Verantwortung  wahren,  welche  dann 
erwächst,  wenn  man  wider  besseres  Erkennen  Gefolgschaft  leistet 
auf  Wegen,  die  zum  Unheil  führen.  Die  Regierung  Seiner  Majestät 
des  Deutschen  Kaisers  wird  also  auch  hinsichtlich  der  Kandidatur  des 
Prinzen  Georg  ihre  bisherige  Politik  nicht  ändern. 

Hier  warf  Herr  von  Szögyeny  die  Frage  ein,  ob  das  Wiener  Ka- 
binett sich  darauf  verlassen  könne,  daß  in  der  Tat  die  deutsche  Politik 
bei  dieser  Frage  unverändert  bleiben  werde.  Die  Art,  wie  der  Bot- 
schafter diesem  Gedanken  Ausdruck  gab,  verwandelte  eine  Vermutung, 
die  ich  schon  vorher  gehabt  hatte,  zur  festen  Überzeugung,  daß  näm- 
lich Graf  Goluchowski  Klarheit  darüber  haben  will,  ob  die  ostasiati- 
schen Vorgänge  *  eine  Rückwirkung  auf  unsere  Behandlung  europä- 
ischer Fragen  geäußert  haben.  Ich  kann  dem  Grafen  die  Versicherung 
geben,  daß  dies  nicht  der  Fall  ist.  Ich  würde  die  freien,  freundschaft- 
lichen Beziehungen  zwischen  Berlin  und  Petersburg  für  unsicherer 
halten,  als  sie  in  Wirklichkeit  sind,  wenn  ich  glauben  müßte,  daß  sie 
in  ihrem  Bestände  abhängig  wären  von  einem  sacrificium  intellectus 
des  einen  oder  des  anderen  Teils.  Die  Sicherheit  dieser  Beziehungen 
sehe  ich  im  Gegenteil  darin,  daß  sie  fortdauern  können,  ohne  daß 
einer  der  beiden  Beteiligten  die  Aufgabe  aus  den  Augen  verliert,  das- 
jenige zu  tun,  was  im  eigenen  Interesse  das  Richtige  ist.  Zu  den 
eigensten  Interessen  Deutschlands  aber  rechne  ich  in  erster  Reihe  die 
breiteste  Erfüllung  unserer  Bundespflichten  gegen  Österreich-Ungarn. 
Und  zu  dieser  würde  es  gehören,  daß  wir  von  einer  etwaigen  Änderung 
unserer  Politik  in  der  kretensischen  Frage  das  Wiener  Kabinett  so 
früh  in  Kenntnis  setzen,  daß  dasselbe  ohne  Anstrengung  mit  uns 
gleichen  Schritt  halten  und  niemals  auch  nur  eine  Minute  das  Gefühl 
des  Zurückbleibens  haben  kann.  Deutschland  und  Österreich  aber, 
gleichen  Schrittes  nebeneinandergehend,  können  mit  Ruhe  und  Be- 
dächtigkeit allem  entgegensehen,  was  das  Schicksal  an  sie  heranbringt. 

Ew.  wollen  bei  Mitteilung  des  Vorstehenden  dem  Grafen  Golu- 
chowski sagen,  daß  diese  von  ihm  herbeigeführte  Aussprache  mir  eine 
wahre  Befriedigung  gewährt. 

Bülow 


•  Siehe   Bd.  XIV,   Kap.  XC. 
464 


Nr.  3266 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr-  11  Pera,  den  16.  Januar  1898 

In  dem  Berichte  des  Kaiserlichen  Botschafters  in  St.  Petersburg 
vom  28.  v.  Mts.*  ist  mir  die  Äußerung  des  Grafen  Murawiew  aufge- 
fallen: „Die  Proposition  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland,  die  ihm 
an  sich  nicht  recht  sympathisch  sei,  wäre  von  den  Botschaftern  in 
Konstantinopel  ausgemacht  worden".  Diese  Behauptung  ist  ja  in 
dieser  Form  nicht  zutreffend;  würde  aber  der  Minister  sie  dahin  modi- 
fizieren, daß  jene  Kandidatur  hier  in  Konstantinopel  von  Herrn  von 
Jadowski  im  Einverständnis  mit  dem  Prinzen  Mavrocordato  lanciert, 
von  Herrn  de  la  Bouliniere  gebilligt,  von  Herrn  Pansa  jedenfalls  nicht 
gemißbilligt  worden  sei,  so  könnte  ich  aus  meinen  persönlichen  Ein- 
drücken kaum  einen  erheblichen  Widerspruch  dagegen  erheben. 

Wie  Herr  von  Jadowski,  der  nunmehrige  russische  Gesandte  in 
Belgrad,  sich  in  erster  Reihe  die  Vertretung  griechischer  Interessen 
angelegen  sein  ließ  und  dabei  stets  gleichen  Schritt  mit  dem  griechi- 
schen Gesandten  und  dem  französischen  Geschäftsträger  zu  halten  be- 
strebt war,  habe  ich  bereits  in  früheren  Berichten  dargelegt.  Dabei 
muß  ich  freilich  bekennen,  daß  ich  den  genannten  Herrn  anfangs 
einigermaßen  unterschätzt  habe.  Nicht  als  ob  ich  jetzt  von  seiner 
geistigen  Befähigung,  seinem  Bildungsgrade  und  diplomatischen  Ge- 
schick eine  günstigere  Idee  hätte.  Das  ist  in  keiner  Weise  der  Fall. 
Aber  Herr  von  Jadowski  gehört  zweifellos  zu  jenen  russischen  Diplo- 
maten, welche  durch  Beziehungen  in  Petersburg  und  vielleicht  auch 
anderwärts  einen  Einfluß  besitzen,  den  selbst  der  leitende  Minister 
zu  respektieren  hat.  Und  er  war  so  sicher,  durch  die  Nominierung  des 
Prinzen  Georg  die  Gunst  hoher  Persönlichkeiten  zu  gewinnen,  daß 
er  dessen  Kandidatur  betreiben  konnte,  obgleich  sie  seinem  Chef 
„nicht  recht  sympathisch"  war.  Die  Tatsache,  daß  die  englische  Presse 
die  Nachricht  von  jener  Kandidatur  zuerst  aus  Konstantinopel  empfing, 
bestätigt  meine  Kombination,  nicht  minder  der  Umstand,  daß  Herr 
von  Jadowski  einem  meiner  Kollegen,  der  ihn  nach  der  Stellung  des 
Sultans  zu  jenem  Vorschlag  frug,  wörtlich  erwiderte:  „Le  Sultan 
acceptera  tout".  Herr  de  la  Bouliniere,  für  den  jedes  Wort  Jadowskis 
eine  Art  Offenbarung  ist,  hat  dies  zweifellos  nach  Paris  telegraphiert 
und  damit  Herrn  Hanotaux  Gelegenheit  zu  der  Behauptung  gegeben, 


•  Siehe  Nr.  3256. 

30    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  465 


daß  Rußland  bereits  die  Genehmigung  des  Sultans  zu  jener  Kandidatur 
in  der  Tasche  habe.  Ich  erinnere  mich  endlich  des  Schicksals,  welches 
der  griechische  Antrag  auf  Verlängerung  der  Ratifikationsfrist  des 
Friedensvertrages  hier  erfuhr.  Herr  von  Jadowski  hat  ihn  aufs  äußerste 
bekämpft,  Prinz  Mavrocordato  in  einer  Weise  vertreten,  daß  die  Pforte 
gezwungen  war,  ihn  abzulehnen.  Die  Annahme  jenes  Antrags  würde 
ja  Herrn  von  Jadowskis  Schlußeffekt  verdorben  haben,  den  er  seiner 
hiesigen  Tätigkeit  zu  geben  gedachte;  man  konnte  doch  die  Preisgabe 
eines  dem  Sieger  gehörigen  Gebietsteils  an  den  Besiegten  nicht  wohl 
in  Vorschlag  bringen,  bevor  der  Friedensvertrag  perfekt  war.  Nach 
Verlauf  der  verlängerten  Ratifikationsfrist  wäre  aber  Herr  von  Jadowski 
längst  seiner  hiesigen  Wirksamkeit  entzogen  gewesen. 

Neuerdings  taucht  die  Kandidatur  des  Herrn  Numa  Droz  wieder 
auf.  Herr  Pansa  hat  ein  Telegramm  aus  Kreta  —  wahrscheinlich  von 
Herrn  Canevaro  —  erhalten,  die  Nationalversammlung  beabsichtige, 
den  genannten  Herrn  zum  Gouverneur  zu  ernennen. 

Marsch  all 

Nr.  3267 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Konzept 

Nr.  59  Berlin,  den  17.  Januar  1898 

Geheini 

Ew.  pp.  Mitteilung*,  daß  Lord  Salisbury  plötzlich  die  Frage  auf- 
warf, „was  man  sagen  würde,  wenn  England  schließlich  allein  in  Kreta 
übrigbliebe",  scheint  mir  ernstester  Erwägung  wert  zu  sein. 

Der  Gedanke  einer  Festsetzung  Englands  auf  Kreta  ist  im  Laufe 
der  kretensischen  Wirren  schon  wiederholt  zum  Ausdruck  gekommen, 
teils  als  russische  Befürchtung,  teils  als  gleichgültig  hingeworfene  Be- 
merkung Lord  Salisburys.  In  jenen  früheren  Phasen  der  kretensischen 
Angelegenheit**  konnte  man  an  die  Möglichkeit  glauben,  daß  Lord 
Salisbury  die  Russen  durch  die  Aussicht  auf  eine  englische  Okkupation 
Kretas  oder  wenigstens  eines  wichtigen  Hafens  der  Insel  ängstigen 
wollte,  um  das  Petersburger  Kabinett  für  den  Gedanken  einer  allmäh- 
lichen Angliederung  Kretas  an  Griechenland  fügsam  zu  machen.  Dieser 
Interpretation  ist  heute,  wo  Graf  Murawiew  den  russischen  Familien- 
interessen entsprechend  griechische  Politik  macht,  der  Boden  entzogen. 
Wenn  also  Lord  Salisbury  gerade  jetzt,  wo  die  griechische  Kandidatur  im 
Zenit  steht,  das  Alleinbleiben  Englands  auf  Kreta  plötzlich  zur  Sprache 


•  Vgl.  Nr.  3263. 

•*  Vgl.  Kap.  LXXVII  und  LXXX. 

466 


bringt  und  die  Antwort,  wie  Ew.  pp.  mit  geübtem  Auge  erkannt 
haben,  mit  Spannung  erwartet,  so  dürfen  wir  danach  mit  der  Wahr- 
scheinlichkeit rechnen,  daß  Kreta  in  den  Gedanken  Lord  Salisburys 
den  Gegenstand  direkter  englischer  Aspirationen  bildet.  Auch  die 
„Spannung"  des  englischen  Ministers  wird  dann  erklärlich,  denn  in 
dieser  wie  den  meisten  Fragen,  welche  die  europäische  Welt  bewegen, 
würde  Deutschlands  Haltung  voraussichtlich  das  entscheidende 
Moment  sein. 

Selbstredend  kann  für  uns  nicht  die  Frage  in  Betracht  kommen, 
mit  dem  Londoner  Kabinett  etwa  eine  Abmachung  über  Kreta  zu 
treffen,  da  das  bloße  Durchsickern  der  Tatsache,  daß  eine  solche  Ab- 
machung besteht,  oder  auch  nur,  daß  deswegen  verhandelt  wird,  schon 
genügen  würde,  um  unsere  Beziehungen  zum  Petersburger  Kabinett 
ernstlich  zu  kompromittieren. 

Hingegen  kann  niemand  etwas  darin  finden,  wenn  Ew.  pp.  mit 
Bezug  auf  die  neuerliche  Äußerung  von  Lord  Salisbury  ihm  im  Auf- 
trag Ihrer  Regierung  offen  und  einfach  ungefähr  folgendes  sagen: 
„Für  Deutschland,  welches  keine  territorialen  Interessen  im  Mittelmeer 
hat,  ist  Kreta  keine  Territorialfrage,  sondern  eine  Friedensfrage.  Wir 
wollen,  soviel  an  uns  liegt,  zur  Erhaltung  des  Weltfriedens  beitragen. 
Die  Hereinziehung  Kretas  in  die  griechische  Einflußsphäre,  sei  es  durch 
Annexion,  sei  es  durch  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg,  welch  letztere 
wir  als  die  Einleitung  der  Annexion  betrachten,  würde  bei  der  heutigen 
Stimmung  der  übrigen  Balkanstämme  gleichbedeutend  sein  mit  dem 
Anfachen  eines  Balkanbrandes,  dessen  Ausdehnung  niemand  vorher- 
sehen, niemand  im  voraus  umschreiben  kann.  Man  weiß,  wo  ein  Krieg 
anfängt,  aber  man  weiß  nie,  wo  er  aufhört.  Deshalb,  weil  wir  das  Her- 
anschieben Kretas  an  Griechenland  als  gemeingefährlich  betrachten, 
würden  wir  es  als  förderlich  für  die  Sicherung  des  europäischen  Friedens 
ansehen,  wenn  irgendeine  Großmacht,  gleichviel  welche,  Kreta  —  sagen 
wir  zeitweilig  —  unter  ihre  Obhut  nehmen  und  in  die  Bahn  der  Ordnung 
und  der  Zivilisation  lenken  wollte.  Wir  haben  diesen  Gedanken  schon 
früher  ausgesprochen  und  bedauern  im  Interesse  des  europäischen 
Friedens,  daß  er  bisher  bei  den  Mittelmeermächten  anscheinend  keinen 
Boden  gefunden  hat.  Denn  der  europäische  Friede  läuft  bei  der  Ver- 
wirklichung dieses  Gedankens  keinerlei  Gefahr,  weder  von  Seiten  der 
Balkanvölker,  denen  jeder  Vorwand  zum  Kriege  genommen  wird,  wenn 
Griechenland  leer  ausgeht,  noch  von  einer  der  europäischen  Mächte, 
deren  schon  jetzt  vorhandene  friedliche  Tendenzen 
noch  stärker  hervortreten  werden,  sobald  sie  sich 
überzeugen,  daß  auch  Deutschland  aus  der  Be- 
obachterrolle bei  diesem  Anlaß  nicht  herauszutreten 
beabsichtigt.  Die  deutsche  Regierung  sieht  keine  Bedenken  da- 
gegen, die  Art,  wie  sie  die  kretensische  Frage  und  deren  Lösung  be- 
trachtet, offen  auszusprechen;  irgendeine  Lösung  jedoch  direkt  zu  be- 

30*  467 


fürworten,  würde  nicht  im  Einklang  mit  dem  bisher  von  uns  fest- 
gehaltenen Grundsatze  stehen,  in  Mittelmeerfragen  keine  leitende  Rolle 
zu  übernehmen." 

Indem  ich  Ew.  pp.  ermächtige,  das  Vorstehende  ganz  oder  teil- 
weise je  nach  Ihrem  Ermessen  zum  Gegenstande  einer  Besprechung 
mit  Lord  Salisbury  zu  machen,  bin  ich  mir  der  Schwierigkeit  der  Aus- 
führung völlig  bewußt.  Ein  Auftrag  dieser  Art  kann  nur  einem,  Staats- 
manne  erteilt  werden,  welcher  das  unbeschränkte  Vertrauen  besitzt, 
welches  Ew.  pp.  sich  bei  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  und  bei  Seiner 
Majestät  Regierung  erworben  haben.  Wie  gesagt,  ist  es  Ew.  pp.  an- 
heimgestellt, ob  und  in  welchem  Umfange  Sie  diesen  Auftrag  er- 
ledigen wollen.  Zu  einer  vollständigen  Erledigung  würde  ge- 
hören, daß  Ew.  pp.  dem  englischen  Minister  die  Überzeugung  bei- 
bringen, 

1.  daß  man  Deutschland  positive  Vorschläge  oder  die  Befürwor- 
tung von  Vorschlägen  in  Mittelmeerfragen  ebensowenig  zumuten  kann, 
wie  man  England  einen  Allianzvertrag  zumuten  würde.  Es  paßt  dies 
eben  nicht  in  den  Rahmen  der  deutschen  bezw.  englischen  Politik  — 

2.  daß  Deutschland  aber  keinen  Finger  und  keine  Feder  rühren 
wird,  um  zu  hindern,  daß  Kreta,  da  die  europäische  Gesamtvormund- 
schaft sich  nicht  zu  bewähren  scheint,  ganz  oder  teilweise  unter  die 
Vormundschaft  einer  einzelnen  europäischen  Macht  kommt  — 

3.  daß,  wenn  Deutschland  jene  Maßnahme  nicht  hindert,  niemand 
sie  hindern,  dieselbe  vielmehr  friedlich  sich  vollziehen  wird.  In  diesem 
Punkte,  falls  die  Erörterung  so  weit  gelangt,  werden  Ew.  pp.  dem  Ver- 
dacht des  englischen  Ministers  zu  begegnen  haben,  daß  wir  England 
mit  Rußland  und  Frankreich  in  einen  Krieg  bringen  wollen.  Diese 
Absicht  haben  wir  nicht,  sind  vielmehr  fest  überzeugt,  daß  die  Fest- 
setzung Englands  auf  Kreta,  sei  es  auf  der  ganzen  Insel,  sei  es  in  der 
Sudabai,  sich  unter  den  gegebenen  Umständen  friedlich  vollziehen 
würde,  da  Frankreich  sich  niemals  bei  einem  Kriege  gegen  England 
beteiligen  wird,  solange  Deutschland  beobachtend  in  der  Reserve 
bleibt.  Es  ist  eine  Konjektur,  aber  keine  fernliegende,  wenn  man  an- 
nimmt, daß  Frankreich,  vor  die  Wahl  gestellt,  England  zu  bekriegen 
oder  sich  mit  England  abzufinden,  das  letztere  wählen  wird.  Als 
Abfindungsobjekt  wäre  im  Mittelmeer  Syrien  denkbar.  Frankreich 
würde  auf  Syrien  eingehen,  wenn  es  die  Überzeugung  gewönne,  daß 
an  der  Straße  von  Gibraltar  nichts  ohne  Krieg  mit  England  zu  er- 
werben ist.  Euer  pp.  werden  Syrien  keinenfalls  nennen  dürfen,  Lord 
Salisbury  wird  aber  von  selber  darauf  kommen,  wenn  Euer  pp.  ihm 
sagen,  daß  die  Interessen  des  uns  und  England  gleich  befreundeten 
Italiens  keinenfalls  beeinträchtigt  werden  dürfen.  Durch  diese  Ein- 
schränkung wird  Tripolis  dem  Bereiche  einer  englisch-französischen 
Kompensationsverhandlung  entrückt,  worauf  wir  besonderes  Gewicht 
legen  müssen,  solange  wir  die  Fortdauer  des  Dreibundes  wünschen, 

468 


dessen  Aufrechterhaltung  für  absehbare  Zeit  unserm  Vorteile  ent- 
spricht. Da  man  andererseits  sicher  sein  kann,  daß  Lord  Salisbury  die 
eigenen  englischen  Interessen  an  der  Straße  von  Gibraltar  nicht  außer 
acht  lassen  wird,  so  bleibt  dann  für  die  Entschädigung  Frankreichs 
wenigstens  im  Mittelmeer  kaum  etwas  anderes  als  Syrien  übrig,  wir 
brauchen  also  nicht  das  Odium  dieses  Vorschlages  auf  uns  zu  nehmen. 

Falls  dank  der  Neutralität  Deutschlands  die  Engländer  sich  wirk- 
lich dauernd  in  Kreta  festsetzen  könnten,  so  wäre  dadurch  nicht  nur 
Englands  Machtstellung  im  Mittelmeer  verstärkt,  sondern  auch  sein 
Ansehen  in  der  ganzen  Welt  bedeutend  vergrößert.  Deutschland  aber 
würde  seinen  Zweck,  die  kretische  Frage  ohne  Krieg  lösen  zu  lassen, 
gegen  mancherlei  Widerstand  durchgesetzt  haben. 

Euer  pp.  bitte  ich  aber  noch  einmal,  bei  der  Besprechung  dem 
englischen  Minister  keinen  Zweifel  darüber  zu  lassen,  daß,  abgesehen 
von  der  ungeheuren  Unterstützung,  welche  die  Neutralität  Deutsch- 
lands —  die  für  diesen  Fall  als  völlig  gesichert  hinzustellen  ist  —  der- 
jenigen Großmacht  gewähren  würde,  welche  zum  Zweck  einer  Wieder- 
herstellung von  Ordnung  und  Frieden  die  Insel  Kreta  okkupierte,  keinerlei 
sonstige  Förderung,  diplomatische  Befürwortung  oder  dergleichen  von 
uns  zu  erwarten  ist.  Wir  bleiben  damit  nur  konsequent  bei  dem  Grund- 
satze, der  uns  während  der  ganzen  Dauer  der  kretensischen  Krisis 
verhindert  hat,  eine  Initiative  zu  übernehmen,  z.  B.  einen  geeigneten 
Kandidaten  für  den  kretensischen  Gouverneurposten  vorzuschlagen. 

Euer  pp.  Rückäußerung  sehe  ich  mit  lebhaftem  Interesse  entgegen. 

Bülow 

Nr.  3268 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  13  Pera,  den  18.  Januar  1898 

In  den  Kreisen  meiner  Kollegen  wird  begreiflicherweise  in  diesem 
Augenblick  kein  Thema  mit  größerem  Eifer  erörtert  als  die  russische 
Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland.  Im  Vordergrund  des 
Interesses  steht  die  Frage,  ob  die  russischen  Bestrebungen,  den  Sultan 
zur  Genehmigung  dieses  Vorschlags  oder  gar  zu  einer  eigenen  Initia- 
tive in  der  Sache  zu  bewegen,  von  Erfolg  sein  werden  oder  nicht. 
Bei  diesen  privaten  Besprechungen  pflege  ich  eine  gewisse  Zurück- 
haltung zu  beobachten  und  mich  bei  Äußerung  von  Zweifeln  und  Be- 
denken in  Ton  und  Inhalt  auf  gleicher  Linie  mit  meinen  Kollegen  zu 
bewegen.  Ich  will  nicht  ohne  Not  hier  den  Anschein  erwecken,  als 
ob  der  russische  Botschafter  und  ich  in  dieser  Frage  die  direkten 
Antipoden  seien. 

469 


Zweifel  und  Bedenken  gegen  die  Kandidatur  des  griechischen 
Prinzen  hegen  selbst  diejenigen  meiner  Kollegen,  welche  im  Herzen 
gut  griechisch  und  antitürkisch  gesinnt  sind.  Allgemein  wird  der  Ein- 
wand als  berechtigt  und  unwiderleglich  angesehen,  daß  der  russische 
Vorschlag  zu  spät  und  zu  früh  kommt.  Wenn  für  die  Mächte  die 
Herrschaft  eines  griechischen  Prinzen  über  Kreta  eine  mögliche  und 
zulässige  Lösung  war,  so  wird  alle  Welt  fragen:  Warum  habt  Ihr  dies 
nicht  gleich,  d.  h.  vor  einem  Jahre,  gesagt1,  als  der  kretische  Aufstand 
ausbrach?  Warum  habt  Ihr  Griechenland  diplomatisch  und  militärisch 
bedroht,  die  Flotte  des  Prinzen  Georg  aus  den  kretischen  Gewässern 
vertrieben,  einen  griechisch-türkischen  Krieg  zugelassen,  der  eine  blü- 
hende Provinz  verwüstete  und  einen  Zustand  schaffen  half,  der  sich 
von  dem  früheren  nur  dadurch  unterscheidet,  daß  zu  dem  gegenseitigen 
Totschlagen  noch  die  Hungersnot  getreten  ist?  Wie  immer  man  die 
Antwort  auf  diese  Frage  gestalten  mag,  wird  die  Zulassung  der  Kan- 
didatur des  Prinzen  Georg  für  die  Mächte  ein  Geständnis  der  eigenen 
Unfähigkeit  bedeuten,  dem  Herrn  Delyannis*  aber  mit  seinem  Anhang 
der  Ethniki  Hetairia,  die  schon  vor  einem  Jahre  jene  Lösung  der  kre- 
tischen Frage  betrieben  haben,  den  Ruhm  wahrer  und  weitblickender 
Staatsmänner  eintragen. 

Die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  kommt  aber  insofern  zu 
früh,  als  man  doch  mindestens  die  Ausführung  des  Friedensvertrages 
hätte  abwarten  sollen.  Die  Zumutung,  daß  ein  Monarch  in  einem 
Augenblick,  wo  seine  siegreichen  Truppen  noch  im  Felde  stehen  und 
noch  kein  Pfennig  der  Kriegsentschädigung  bezahlt  ist,  den  Sieges- 
preis, um  den  man  gekämpft,  ohne  Gegenleistung  dem  Besiegten  über- 
lassen soll,  ist  an  sich  so  ungewöhnlich,  daß  man  sie  nach  allgemein 
menschlichen  Grundsätzen  als  indiskutabel  bezeichnen  sollte. 

Trotzdem  sind  einige  meiner  Kollegen  der  Ansicht,  daß  der  Sultan 
dem  Drängen  Rußlands  schließlich  nachgeben  werde.  Sie  berufen 
sich  dafür  auf  die  Erfahrung,  daß  in  der  Türkei  alles  möglich  und  das 
Unmögliche  sogar  das  Wahrscheinliche  sei2.  Ohne  die  Richtigkeit 
dieses  Erfahrungssatzes  im  allgemeinen  bestreiten  zu  wollen,  behaupte 
ich,  daß  er  in  diesem  Falle  nicht  zutrifft.  Der  Sultan  wird,  wenn  er 
nicht  direkt  mit  Gewalt  bedroht  wird,  nie  eine  Konzession  machen, 
welche  sein  Ansehen  als  Kalif  schädigt,  ja  vernichtet3.  Und  diese 
Folge  würde  unfehlbar  eintreten,  wenn  er  Kreta  und  dessen  musel- 
manische Bevölkerung  an  Griechenland  preisgibt  nach  einem  sieg- 
reichen Kriege,  der  das  Selbstbewußtsein  der  ganzen  muhamedani- 
schen  Welt  außerordentlich  gehoben  hat  . —  Mit  Drängen  auf  Zahlung 
der  alten  Kriegsentschädigung  und  ähnlichen  Trakasserien  wird  Ruß- 
land das  gewünschte  Ziel  nicht  erreichen,  und  daß  es  schärfere  Mittel 


*  Führer  der  Opposition  in  der  griechischen   Kammer. 
470 


anwenden  sollte,  um  den  Widerstand  des  Sultans  zu  brechen,  scheint 
mir  bei  der  heutigen  politischen  Gesamtlage  sehr  wenig  wahrscheinlich. 
Das  sicherste  Mittel,  um  die  Gefahren  wenigstens  vorläufig  zu 
beseitigen,  die  noch  immer  aus  der  kretischen  Frage  erwachsen  können, 
wäre  freilich,  wenn  es  endlich  gelänge,  einen  für  alle  Mächte  annehm- 
baren Kandidaten  zu  finden.  Meine  Berichterstattung  würde  lücken- 
haft sein,  wollte  ich  nicht  erwähnen,  daß  der  hiesige  Klatsch  seit 
einigen  Tagen  den  General  von  Höbe*  als  einen  ernstlichen  Bewerber 
um  den  Gouverneurposten  für  Kreta  bezeichnet. 

Marschall 

Randbemerkungen    Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Ja 

2  solange  die  Würde  des  Thrones  und  des  Landes  es  verträgt 

3  richtig 


Nr.  3269 
Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  15  London,  den  19.  Januar  1898 

Geheim 

Vorläufige  Antwort  auf  Erlaß  Nr.  59**. 

Aus  heutiger  vertraulicher  Unterhaltung,  in  welcher  auch  Kreta 
eingehend  besprochen  wurde,  hatte  ich  den  Eindruck,  daß  Lord  Salis- 
bury  vorläufig  wenigstens  nicht  den  Mut  haben  würde,  die  Insel  ganz 
oder  teilweise  in  irgendeiner  Form  für  England  zu  beanspruchen.  Im 
Vertrauen  sagte  er  mir,  er  habe  seinerzeit  dem  französischen  Bot- 
schafter gegenüber  wiederholt  den  Gedanken  angeregt,  daß  Frankreich 
die  Insel  nehmen,  oder  daß  dieselbe  zwischen  Frankreich  und  England 
gleichmäßig  geteilt  werden  könnte.  Baron  de  Courcel  habe  aber  beides 
für  Frankreich  abgelehnt,  und  England  könne  ebensowenig  daran 
denken,  die  Insel  ganz  oder  teilweise  zu  nehmen. 

Dieser  Haltung  des  Premierministers  gegenüber  habe  ich  ver- 
mieden, irgendeinen  Auftrag  erkennen  zu  lassen,  und  mich  auf  aka- 
demische Besprechung  der  kretensischen  Frage  beschränkt,  indem  ich 
die  Gründe  für  unsere  bisherige  Politik  in  der  Frage  rekapitulierte, 
auf  die  in  der  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  liegende  Gefahr  für 
den  Frieden  im  Orient  hinwies  und  hieran  die  Bemerkung  knüpfte, 
daß  uns  nach  meiner  persönlichen  Überzeugung  alles  recht  sein  könne, 
was  von  den  Mächten  oder  von  einer  einzelnen  Macht  unternommen 


*  General    von    Höbe    Pascha,    preußischer   Offizier   in    türkischen    Diensten. 
**  Siehe  Nr.  3267. 


471 


würde,   um   dem   jetzigen  bedenklichen   Zustand  der  Unsicherheit   im 
wohlverstandenen  Interesse  des  Friedens  ein  Ende  zu  machen. 

Der  Premier  sagte  mir  schließlich,  er  sei  durch  die  Stim- 
mung in  England  genötigt,  für  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
Partei  zu  ergreifen,  glaube  auch  nicht,  daß  derselbe  daran  denken 
würde,  die  Insel  an  Griechenland  abzutreten.  Außerdem  sei  es  hohe 
Zeit,  daß  diese  unerquickliche  Frage  endlich  zu  einem  Abschluß  komme. 

Hatzfeldt 

Nr.  3270 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm 
Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 

Nr.  25  Berlin,  den  20.  Januar  1898 

Geheim 

Antwort  auf  Telegramm  15*. 

Einverstanden,  daß  Ew.  keinen  Auftrag  erkennen  ließen  und  auch 
nicht  weiter  insistierten.  Immerhin  bleibt  das  Ergebnis  der  Unter- 
redung beachtenswert.  Dies  ängstliche  Bestreben  Lord  Salisburys, 
die  Fühlung  mit  Frankreich  nicht  zu  verlieren,  kontrastiert  mit  der 
drohenden,  vorwiegend  gegen  Rußland  gerichteten  Sprache  der  letzten 
Ministertoaste.  Vielleicht  waren  diese  auf  die  Nervosität  des  Grafen 
Murawiew  berechnet. 

Was  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  anlangt,  so  wird  Deutsch- 
land, wie  ich  zunächst  zu  Ew.  persönlicher  Orientierung  bemerke,  sich 
auf  die  Zuschauerrolle  zurückziehen,  falls  andre  Mächte  Entschließun- 
gen fassen,  welche  ohne  Vergewaltigung  des  Sultans  und  ohne  Kriegs- 
gefahr nicht  durchzuführen  sind. 

Bülow 

Nr.  3271 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  52  London,  den  20.  Januar  1898 

pp.  Mr.  Chamberlain  äußerte  über  die  kretensische  Frage**. 
„Bei  allen  unseren  Verhandlungen  mit  der  Türkei  haben  wir  uns 
zur  Richtschnur  genommen,  das  europäische  Konzert  aufrechtzuerhal- 


*  Siehe  Nr.  3269. 

"  In   einer    Rede    zu    Liverpool   am    19.    Januar;   vgl.   Schultheß'   Europäischer 

Geschichtskalender,  Jahrgang  1898,  Nr.  250. 

472 


ten  .  .  .  Wir  haben  die  europäischen  Großmächte  dazu  gebracht,  die 
Autonomie  von  Kreta  anzunehmen,  und  mit  Hülfe  der  Großmächte 
haben  wir  die  Zersplitterung  von  Griechenland  verhindert,  welche 
außerdem  die  Folge  des  unsinnigen  Krieges  gewesen  wäre,  zu  wel- 
chem dieses  Land  verleitet  worden  ist  .  .  .  Ich  gebe  aber  gerne  zu, 
daß  dies  nicht  genug  ist.  Ich  gebe  denjenigen  recht,  welche  behaup- 
ten, daß  dieses  große  internationale  Tribunal  unfähig  ist,  Frieden  und 
Ordnung  in  Kreta  herzustellen  und  eine  gerechte  und  geordnete  Re- 
gierung für  die  Armenier  einzurichten.  Die  sämtlichen  europäischen 
Mächte  haben  sich  diskreditiert,  aber  es  ist  dies  nicht  die  Schuld  un- 
seres Landes  oder  unserer  Regierung1.  Es  ist  wohl  bekannt,  von  wo- 
her die  Hauptschwierigkeiten  gekommen  sind.  Ich  gehe  aber  noch 
weiter  und  sage,  daß  viele  Leute  zu  der  Überzeugung  kommen  mußten, 
daß  der  gegenwärtige  Zustand  unerträglich  ist  und  nicht  ins  Un- 
endliche fortdauern  kann.  Es  ist  allgemein  bekannt,  daß  eine  gewisse 
Gefahr  damit  verbunden  ist,  einen  anderen  Kurs  einzuschlagen.  Aber 
es  kann  kommen  —  ich  hoffe  nicht,  daß  es  dazu  kommt  —  daß  wir 
unsere  Rechte  und  unsere  Aktionsfreiheit  in  Anspruch  nehmen  müssen 
und  für  uns  allein  vorgehen  (take  isolated  action)  2.  Man  wird  zugeben, 
daß  jede  Regierung  einen  solchen  Entschluß  nur  dann  fassen  dürfte, 
wenn  alle  anderen  Möglichkeiten  vorher  erschöpft  sind."    pp. 

P.    Hatzfeldt 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II. 

i  Hypokrit! 

2  Jawohl  Suda  bay! 


Nr.  3272 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  28  Pera,  den  23.  Januar   1898 

Sir  Ph.  Currie  hat  vor  zwei  Tagen  den  Auftrag  erhalten,  die  Ab- 
haltung einer  Botschafterkonferenz  anzuregen,  um  darin  die  sämtlichen 
bisher  aufgestellten  Kandidaten  für  Kreta  einer  nochmaligen  Be- 
sprechung zu  unterziehen.  Nachdem  Freiherr  von  Calice  ihm  erklärt 
hatte,  daß  er  zwar  an  sich  keinen  Anlaß  finde,  eine  solche  Konferenz 
einzuberufen,  jedoch  dazu  bereit  sei,  wenn  die  übrigen  Botschafter 
übereinstimmten,  hat  sich  Sir  Ph.  Currie  an  Herrn  Cambon  gewandt, 
der  seine  Teilnahme  in  Aussicht  stellte,  und  dann  an  Herrn  Sinowiew, 
der  ihm  sagte,  daß  er  ohne  Instruktion  seinen  Wünschen  nicht  ent- 
sprechen könne,  aber  bereit  sei,  in  Petersburg  anzufragen. 

473 


Heute  früh  hat  Herr  Sinowiew  Sir  Ph.  Currie  mitgeteilt,  er  sei 
außerstande,  an  der  angeregten  Botschafterkonferenz  teilzunehmen; 
seine  Regierung  erachte  nach  wie  vor  den  Prinzen  Georg  von  Griechen- 
land für  die  geeignetste  Persönlichkeit  für  den  Gouverneurposten  in 
Kreta  und  halte  dessen  Ernennung  für  die  einzige  mögliche  Lösung 
der  kretensischen  Frage;  falls  die  Mächte  diese  Auffassung  bei  dem 
Sultan  nicht  unterstützten,  so  bleibe  der  russischen  Regierung  nichts 
übrig,  als  den  Ereignissen  ihren  Lauf  zu  lassen  und  die  Verantwortlich- 
keit für  den  weiteren  Gang  der  Dinge  abzulehnen  l, 

Marschall 


Randbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Das  können  wir  auch  ebenso  den  Russen  sagen  wenn  sie  auf  Georg  bestehen 


Nf.  3273 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  30  Pera,  den  26.  Januar  1898 

Sir  Ph.  Currie  hat  gestern  dem  russischen  Botschafter  mitgeteilt, 
er  sei  beauftragt,  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechen- 
land zu  unterstützen. 

Durch  diese  Tatsache  sowie  durch  Gerüchte,  daß  der  Prinz  dem- 
nächst in  Kreta  landen  werde,  ist  der  Sultan  beunruhigt  und  ließ  mich 
heute  gleich  fragen,  ob  ich  ihm  etwas  über  die  Haltung  der  Kaiser- 
lichen Regierung  bezüglich  jener  Kandidatur  mitteilen  könne?  Ich 
ließ  Seiner  Majestät  sagen,  daß  die  Kaiserliche  Regierung  in  der 
kretensischen  Frage  fortfahre,  die  Politik  zu  verfolgen,  die  sie  von 
Anfang  an  im  Interesse  des  Friedens  eingehalten  habe. 

Es  ist  klar,  daß  England  nunmehr  die  Kandidatur  des  Prinzen 
Georg  vor  die  Botschafterkonferenz  bringen  will,  um  die  Kontinental- 
mächte zu  trennen1:  vielleicht  überzeugt  man  sich  jetzt  in  St.  Peters- 
burg, daß  man  mit  der  Aufstellung  jener  Kandidatur  vornehmlich  eng- 
lische Politik  getrieben  hat2. 

Marschall 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II. 
i  Richtig 

2  ja 

Schlußbemerkung  des  Kaiser 

Es  bleibt  bei  meiner   Instruktion 


474 


Nr.  3274 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm.     Konzept  * 
Nr.  32  Berlin,  den  31.  Januar  1898 

Für  Deutschland,  welches  keinen  Giebel  nach  dem  Mittelmeer  hin- 
aus hat,  ist  die  kretensische  Frage  keine  territoriale,  sondern  lediglich 
eine  Friedensfrage.  Wir  haben  deshalb  keine  Kandidaten  für  den 
Gouverneurposten  vorgeschlagen,  sondern  haben  nacheinander  den 
Kandidaturen  des  Obersten  Schaeffer  und  des  Woiwoden  Petrowitsch 
zugestimmt.  Beide  waren  hier  unbekannt,  blieben  jedoch  in  dem  Rah- 
men, innerhalb  dessen  nach  diesseitiger  Ansicht  das  zukünftige  Ober- 
haupt der  Insel  gesucht  werden  sollte,  denn  sie  waren  weder  Griechen 
noch  Zivilisten.  Die  jetzt  zur  Beratung  stehende  Kandidatur  eines 
griechischen  Prinzen  bedeutet  eine  öffentliche  Demütigung  nicht  nur 
des  Sultans,  sondern  des  ganzen  Islam.  Man  würde  daher  wegen  der 
sich  daraus  für  die  Türkei  und  den  Sultan  persönlich  ergebenden  Ge- 
fahren auf  die  gutwillige  Zustimmung  dieses  letzteren  nicht  rechnen 
können.  Der  Gedanke  der  Einschüchterung  des  Sultans  durch  das  Ein- 
laufen europäischer  Seestreitkräfte  in  die  Meerengen  würde  dann  also 
von  neuem  erwogen  werden  müssen,  würde  aber,  wie  wir  schon  jetzt 
zu  wissen  glauben,  ebensowenig  wie  seinerzeit  bei  der  armenischen 
Frage  zur  Durchführung  gelangen.  Die  Regierung  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  ist  nicht  in  der  Lage,  sich  an  einer  Aufgabe  zu  beteiligen,  die 
sich,  wenn  überhaupt,  nur  durch  Anwendung  oder  Androhung  von  Ge- 
walt zu  Ende  führen  läßt,  und  die  überdies  gerade  dann,  wenn  sie  wider 
Erwarten  wirklich  zu  dem  erstrebten  Ende  geführt  wäre,  den  Ausgangs- 
punkt neuer  und  sehr  bedenklicher  Verwickelungen  bilden  müßte,  bei 
welchen  die  verminderte  Autorität  des  Sultans,  die  Empörung  der  Mo- 
hammedaner und  die  gesteigerte  Raublust  der  übrigen  Balkanstämme, 
jedes  zu  seinem  Teile,  auf  ein  höchst  unerfreuliches  Endergebnis  hin- 
wirken würden. 

Ew.  stelle  ich  anheim,  das  Vorstehende  in  der  Ihnen  geeignet 
scheinenden  Weise  zu  verwerten.  Vertraulich  bemerke  ich  dazu  noch 
für  Ew.  pp.  persönlich,  daß  dieser  Standpunkt  den  Anschauungen  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  durchweg  entspricht,  allerhöchstwelcher  auch  ins- 
besondere meine  Ew.  pp.  bereits  bekannte  Auffassung  teilt,  daß  Deutsch- 
land am  besten  fährt,  wenn  es  bei  Mittelmeerverwickelungen,  namentlich 
solchen,  die  ohne  unser  Zutun  und  sogar  gegen  unsern  ehrlichen  Rat 
hervorgerufen  werden,  Zuschauer  bleibt  und  dann  lediglich  auf  seine 
eigenen  Interessen  Bedacht  nimmt.  Bülow 


*  Ein  wesentlich  gleiches  Telegramm  ging  an  den  Botschafter  in  Rom  (Nr.  21). 

475 


Nr.  3275 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  London  Grafen  von  Hatzfeldt 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schvvarzenstein 

Nr.  37  Berlin,  den  2.  Februar  1898 

Ganz  geheim 

Selbst  entziffern.    Zu   Ew.   pp.   persönlicher  Orientierung-. 

Am  Schlüsse  einer  längeren  Unterredung  über  Kreta  ließ  Seine 
Majestät  gestern  gegenüber  dem  englischen  Botschafter  die  Bemerkung 
fallen,  daß  es  allerhöchstihm  gleichgültig  sei,  was  aus  Kreta  werde. 
Als  der  Botschafter  darauf  entgegnete:  „So,  ist  das  Euerer  Majestät 
wirklich  gleich?",  erwiderte  der  Kaiser:  „Ja,  ich  mache  mir  nichts 
daraus,  if  your  fellows  take  the  Sudabav". 

Bülow 

Nr.  3276 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  32  London,  den  2.  Februar  1898 

Vorläufige  Antwort  auf  Telegramm  Nr.  32*. 

Aus  früheren  gelegentlichen  Äußerungen  des  Premierministers  habe 
ich  den  Eindruck,  daß  er  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  unter  allen 
Umständen  fördern  wird,  nicht  weil  sie  ihm  besonders  sympathisch  ist, 
sondern  weil  er  fest  überzeugt  ist,  daß  das  englische  Kabinett  mit 
Rücksicht  auf  die  hiesige  öffentliche  Meinung  nicht  anders  handeln 
kann1.  Die  Gefahren,  die  aus  einer  Demütigung  des  Sultans  und  aus 
der  gesteigerten  Raublust  der  Balkanstaaten  für  den  Frieden  hervor- 
gehen können,  sieht  Lord  Salisbury  ebenfalls,  sie  kommen  aber  für 
die  englische  Regierung  erst  in  zweiter  Linie  in  Betracht2.  Außerdem 
glaubt  der  Premierminister  noch  an  die  Möglichkeit,  daß  Österreich 
und  Rußland  nach  wie  vor  mit  Erfolg  bemüht  sein  werden,  Serbien 
und  Bulgarien  im  Zaume  zu  halten  3. 

Ganz  vertraulich  bemerke  ich,  daß  es  mir  zum  mindesten  zweifel- 
haft erscheint,  ob  der  Ausbruch  von  Verwickelungen  im  Orient  dem 
englischen  Kabinett  besonders  unerwünscht  wäre4.  Eine  Demütigung 
des  Sultans  oder  sogar  die  Absetzung  desselben  wäre  eine  nachträg- 
liche Satisfaktion  für  die  von  England  in  der  armenischen  Frage  er- 
littene Niederlage.    Der  Ausbruch  von  Verwickelungen  zwischen  Öster- 


•  Siehe  Nr.  3274. 
476 


reich  und  Rußland  würde  England  die  nach  hiesiger  Auffassung  vorteil- 
hafte Wahl  lassen,  die  Sache  durch  die  beiden  anderen  Mächte  aus- 
fechten zu  lassen  oder,  wenn  ihm  dies  vorteilhafter  scheint,  das  Ge- 
wicht seiner  Macht  auf  eine  Seite  zu  werfen  und  eine  Entscheidung 
im  Orient  in  seinem  Sinn  und  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
eigenen   Interessen  herbeizuführen. 

Ich  behalte  mir  weitere  Berichterstattung  vor,  nachdem  ich  dem- 
nächst Gelegenheit  gehabt,  mich  hier  im  Sinn  des  Telegramms  Nr.  32 
auszusprechen.  Hatzfeldt 

Bemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.  beim  mündlichen  Vortrag,  niedergeschrieben 
vom  Staatssekretär  Bernhard  von  Bülow: 

1  Ja 

2  natürlich 

3  wirklich? 

4  im  Gegenteil,  sehr  erwünscht 
Schlußbemerkung    Bernhard   von    Bülows: 

Seine  Majestät  autorisierten  mich  endlich,  an  Hatzfeldt  sehr  geheim  zu  tele- 
graphieren, er  habe  nichts  dagegen,  daß  die  Engländer  in  irgendeiner  Form 
Kreta  bzw.  die  Sudabai  nähmen. 

Nr.  3277 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  46  Pera,  den  8.  Februar  1898 

Freiherr  von  Calice,  welcher  den  Sultan  am  letzten  Freitag  sah, 
fand  denselben  fest  entschlossen,  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
für  Kreta  nicht  zuzulassen.  Noch  bevor  der  Botschafter  dieses  Thema 
berührt  hatte,  sprach  sich  der  Monarch  in  diesem  Sinne  mit  der  Be- 
gründung aus,  daß  er  es  vor  seiner  Armee  und  seinen  Untertanen  nicht 
würde  verantworten  können,  die  Insel  Kreta,  welche  den  Anlaß  des 
letzten  Krieges  gebildet  habe,  den  besiegten  Griechen  auszuliefern. 
Er  könne  Kreta  überhaupt  nicht  aufgeben,  da  dies  mit  der  Zeit  den 
Verlust  auch  der  übrigen  Inseln  herbeiführen  und  damit  den  Zugang 
zu  Konstantinopel  für  eine  feindliche  Flotte  erleichtern  werde. 

Marschall 

Nr.  3278 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  38  St.  Petersburg,  den  9.  Februar  1898 

Die  mir  vom  Grafen  Murawiew  gemachte  Mitteilung,  daß  für  ihn 
jetzt  kein  Grund  vorliege,  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  aktiv  zu 

477 


betreiben,  und  er  jede  Zwangsmaßregel  vermieden  wissen  wolle,  wird 
in  einem  heutigen  offiziellen  Artikel  im  Regierungsanzeiger  dargelegt. 

Ra  dolin 

Nr.  3279 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  50  Pera,  den  9.  Februar  1898 

Der  Sultan  läßt  mich  soeben  bitten,  in  Berlin  anzufragen,  ob,  wenn 
türkischerseits  für  den  Waliposten  in  Kreta  ein  türkischer  Untertan 
vorgeschlagen  werde,  er  auf  die  Zustimmung  und  Unterstützung  der 
deutschen  Regierung  rechnen  könne.  Ich  ließ  Seiner  Majestät  ant- 
worten, daß  nach  meiner  Überzeugung  ein  türkischer  Untertan  auf 
die  Zustimmung  der  Mächte  nicht  werde  zählen  dürfen. 

Marschall 

Nr.  3280 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm 
Konzept   von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  49  Berlin,  den  10.  Februar  1898 

Die  im  Schlußsatz  von  Ew.  pp.  Telegramm  Nr.  46*  wiedergegebene 
Äußerung  des  Sultans,  „daß  er  Kreta  nicht  aufgeben  könne",  ist  ge- 
eignet, Zweifel  darüber  zu  erwecken,  wie  der  Sultan  sich  sein  Ver- 
hältnis zu  Kreta  in  der  Zukunft  denkt.  Jeder  türkische  Versuch,  dem 
künftigen  Zusammenhang  Kretas  mit  dem  Türkischen  Reiche  einen 
anderen  Charakter  als  den  eines  rein  formalen  Vasallenverhältnisses 
zu  geben  —  welches  das  Maximum  des  Durchführbaren  darstellt  — , 
würde  gänzlich  aussichtslos  sein. 

Ebenso  aussichtslos  wäre  aber  auch  der  Versuch  des  Sultans,  einen 
türkischen  Untertanen  unter  gleichviel  welcher  Form  oder  Benennung 
zum  Oberhaupt  von   Kreta  durchzusetzen. 

Ew.  wollen  vorstehendes  vertraulich  an  den  Sultan  gelangen  und 
dabei  einfließen  lassen,  daß  auch  die  wahren  oder  falschen  Angaben, 
welche  neuerdings  von  Athen  aus  über  eine  angebliche  Ausdehnung 
des  türkischen  Okkupationsgebiets  verbreitet  worden  sind,  ungünstig 
für  die  Interessen  des  Sultans  wirken.   So  völlig  wir  anerkennen,  daß 


*  Siehe  Nr.  3277. 
478 


die  Okkupation  Thessaliens  für  den  Sultan  unerläßlich  ist,  um  die 
Durchführung  des  Friedensvertrages  zu  sichern,  ebenso  klar  sind  wir 
uns  darüber,  daß  eine  nachträgliche  Ausdehnung  der  türkischen  Be- 
satzungszone gegen  den  Sultan  bei  den  europäischen  Kabinetten 
ausgenutzt  werden  wird. 

ßül  ow 

Nr.  3281 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm 
Konzept   von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstein 

Nr.  50  Berlin,  den  10.  Februar  1898 

Graf  Eulenburg  telegraphiert: 

„Graf  Goluchowski  hatte  gestern  abend  nach  eingegangenen  Be- 
richten den  Eindruck  eines  langsamen  Rückzugs  der  russischen  Politik. 

Graf  Kapnist  war  sehr  impressioniert  durch  die  Mitteilung  aus 
London,  welche  ihm  Graf  Goluchowski  machte,  daß  der  Prinz  von 
Wales  den  Botschafter  Herrn  von  Staal  fast  mit  Heftigkeit  angefeuert 
habe,  zu  der  energischen  Durchführung  der  russischen  Wünsche  in 
Kreta  nach  Möglichkeit  beizutragen.  , Rußland  würde  sich  um  sein 
Prestige  bringen,  wenn  es  nicht  seine  Wünsche  bezüglich  des  Prinzen 
Georg  von  Griechenland  durchsetze/  Graf  Goluchowski  hat  diese  Mit- 
teilung an  Graf  Kapnist  mit  dem  Hinweis  begleitet,  daß  sie  deutlich 
zeige,  welche  Macht  es  eigentlich  sei,  die  aus  der  entstandenen  Lage 
Vorteil  zu  ziehen  beabsichtige. 

Graf  Goluchowski  kam  darauf  zurück,  daß  man  nunmehr  die  Durch- 
führung des  Botschafterelaborats*  ins  Auge  fassen  müsse.  Er  wieder- 
holte, jeden  nur  irgend  annehmbaren  Kandidaten  zum  provisorischen 
Gouverneur  —  soweit  er  nicht  Muselmann  oder  Prinz  von  Griechen- 
land sei  —  akzeptieren  zu  wollen.  Ich  machte  die  Bemerkung,  daß 
ein  orthodoxer  Kandidat  Rußland  den  Rückzug  erleichtern  würde, 
was  Graf  Goluchowski  zugab.  Graf  Nigra  war  der  Ansicht,  den 
Botschaftern  die  Wahl  und  Sendung  eines  Kommissars  zu  über- 
lassen, der  mit  den  Gouverneursfunktionen  betraut  werden  könnte." 

Vorstehendes  zu  Ew.  Orientierung. 

Der  Gedanke  des  Grafen  Nigra  scheint  mir  entwicklungsfähig  zu 
sein,  und  wir  würden  jedenfalls  einen  seitens  der  Botschafter  an  uns 
gelangenden  Vorschlag  ernster  Erwägung  unterziehen,  immer  voraus- 
gesetzt, daß  der  Vorgeschlagene  ein  Militär  und  kein  Grieche  ist. 

Da  es  zum  wesentlichen  Nutzen  der  Sache  gereichen  würde,  wenn 
diese  Persönlichkeit,  falls  sie  sich  bewährt,  als  definitiver  Gouverneur 


Vgl.   Nr.   3254,  Fußnote. 

479 


bleiben  könnte,  so  wird  es  eine  Persönlichkeit  sein  müssen,  gegen 
welche  der  Sultan  keine  gegründeten  Einwendungen  machen  kann. 
Andrerseits  werden  Ew.  pp.  nötigenfalls  den  Sultan  namens  Ihrer  Regie- 
rung in  ernster  Weise  darauf  hinzuweisen  haben,  daß  er  seine  Stellung 
schädigt,  wenn  er  Einwendungen  erhebt,  deren  Begründung  nicht,  wie 
das  in  der  Frage  des  Prinzen  Georg  durchaus  der  Fall  war,  vor  einem 
unparteiischen  politischen  Urteil  bestehen  kann. 

Ew.  wollen  sich  natürlich  jeder  Initiative  hinsichtlich  des  Vor- 
schlags Nigra  wie  hinsichtlich  jedes  anderen  Vorschlages  enthalten 
und  lediglich  abwarten  und  referieren,  was  von  anderer  Seite  vor- 
geschlagen wird. 

B  ülow 

Nr.  3282 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Rom  Freiherrn  von  Saurma 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  33  Berlin,  den  12.  Februar  1898 

Der  italienische  Botschafter*  war  beauftragt,  die  „persönliche 
Überzeugung"  des  Herrn  Visconti  Venosta**  hier  zur  Kenntnis  zu  brin- 
gen, daß,  nachdem  Rußland  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  einmal 
vorgeschlagen  habe,  es  unmöglich  sein  werde,  der  kretensischen  Be- 
völkerung eine  andere  Kandidatur  annehmbar  zu  machen,  daß  es  daher 
vielleicht  ratsam  sein  werde,  wenn  die  Mächte,  um  eine  Durchführung 
der  Kandidatur  auf  revolutionärem  Wege  zu  verhindern,  dieselbe  mit 
nützlichen  konservativen  Garantien  umgeben  wollten.  Der  Botschafter 
fügte  hinzu,  daß  ihm  dieses  Thema  lediglich  als  Unterhaltungsgegen- 
stand, nicht  als  Gegenstand  eines  Vorschlages  übermittelt  worden  sei. 
Ew.  wollen  dementsprechend  auch  Ihrerseits  „lediglich  gesprächsweise" 
Herrn  Visconti  Venosta  das  Nachfolgende  in  weiterer  Ausführung  der 
bereits  zur  Genüge  bekannten  Anschauungen  der  deutschen  Regierung 
mitteilen. 

Unsere  Bedenken  gegen  die  Wahl  eines  Griechen,  insbesondere 
eines  griechischen  Prinzen,  gründen  sich  auf  die  Überzeugung,  daß 
einerseits  seine  Regierung  tatsächlich  nichts  anderes  als  eine  Partei- 
regierung würde  sein  können,  gegen  welche  den  unterdrückten  Musel- 
männern nur  der  Verzweiflungskampf  übrigbliebe;  daß  andererseits 
das  Oberhaupt  dieser  Parteiregierung  außerstande  sein  würde,  die 
Angliederung  Kretas  an  Griechenland,  und  zwar  schon  in  der  nächsten 
Zukunft,   zu  verhindern,   woraus   sich   dann   wiederum   die   bekannten 


*  Graf  Lanza. 

**  Minister  des   Äußern  im   Kabinett  di   Rudini. 

480 


Rückwirkungen  auf  der  Balkanhalbinsel  ergeben  müßten.  Diesen  Ge- 
fahren einer  jeden  griechischen  Kandidatur  würde  nach  Ansicht  von 
Seiner  Majestät  Regierung  nicht  durch  verschiedenartige  Mittel,  son- 
dern nur  auf  eine  einzige  Art  zu  begegnen  sein,  nämlich  dadurch,  daß 
eine  oder  zwei  Großmächte,  gleichviel  welche,  sich  der  doppelten  Auf- 
gabe unterziehen,  die  Ordnung  auf  Kreta  herzustellen  und  dieselbe 
auch  fürs  erste  ebenso  wie  die  Autonomie  der  Insel  aufrechtzuer- 
halten. Hierin  würden  wir  die  einzige  denkbare  Garantie  gegen  die 
Gefahren  erblicken,  welche  eine  griechische  Kandidatur  anderenfalls 
in  sich  birgt,  und  es  sollte  auch  nicht  schwierig  sein,  unter  den  Mäch- 
ten, die  sich  für  Kreta  interessieren,  eine  oder  zwei  zu  finden,  welche 
erbötig  wären,  zeitweilig  einige  Opfer  zu  bringen,  um  dem  ihnen  sym- 
pathischen Plane  eine  gefahrlose  Durchführung  zu  sichern.  Ohne  diese 
Garantie  müssen  wir  jedoch  nach  wie  vor  jede  griechische  Kandidatur 
als  ein  gemeingefährliches  Experiment  ansehen,  dem  wir  alsdann 
fernbleiben  werden. 

B  ü  1  o  w 

Nr.  3283 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  62  Wien,  den  14.  Februar  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  55*. 

Graf  Goluchowski  ist  mit  dem  Gedanken  durchaus  einverstanden, 
glaubt  aber,  daß  keine  Macht  ein  Mandat  annehmen  werde.  Österreich 
werde  es  unter  keinen  Umständen  allein  noch  in  Gesellschaft 
tun.  Rußland  werde  keinenfalls  annehmen,  England  würde  man  nicht 
wünschen,  Frankreich  befinde  [sich]  in  zu  schwerer  Krisis,  um  anzu- 
nehmen, bliebe  vielleicht  Italien. 

Bezüglich  der  Haltung  Rußlands  hat  vielleicht  folgendes  Inter- 
esse: Graf  Kapnist  sagte  mir  gestern,  daß  ihm  persönlich  der  Gedanke 
des  Grafen  Goluchowski,  auf  die  Botschafterbeschlüsse  zurückzukom- 
men und  vorläufig  einen  Kommissar  zu  ernennen,  praktisch  erschiene. 
Aber  Rußland  werde  weder  hierauf  noch  auf  irgendetwas  an- 
deres eingehen.  Er  könne  mir  vertraulich  mitteilen,  daß  seine 
letzte  Instruktion  trotz  der  Erklärung  im  Regierungsorgan  **  so  laute. 

Kaiser  Franz  Joseph  sprach  mir  bei  Erzherzog  Otto  den  Gedanken 
aus,  daß  vielleicht  Prinz  von  Battenberg,  dessen  Gemahlin  von  Monte- 


*'  Mittels  Telegramm   Nr.  55  vom    13.   Februar  war  Graf  Eulenburg  von  dem 
Telegramm   an   Freiherrn   von   Saurma   vom    12.   Februar    (siehe    Nr.   3282)    in 
Kenntnis  gesetzt  worden. 
**  Vgl.  Nr.   3278. 

31     Die  Große   Politik.     12.  Bd.  481 


negro  wenigstens  orthodox  sei,  ein  Kandidat  sein  könne.  Graf  Golu- 
chowski  sagte  mir  diesbezüglich  (und  Graf  Kapnist  bestätigte  dies 
später  bei  einer  anderen  Frage),  daß  Rußland  einen  Orthodoxen,  der 
nicht  Russe  sei,  verlange,  das  könne  eben  nur  ein  Grieche  sein,  da 
Montenegro  ausfiele. 

Eulenburg 

Nr.  3284 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzfeldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  39  London,  den  16.  Februar  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  48*. 

In  heutiger  vertraulicher  Unterhaltung  mit  mir  sagte  Lord  Salis- 
bury,  er  habe  von  einem  Vorschlag  der  Kaiserlichen  Regierung  ge- 
hört, wonach  zwei  Mächte  die  Administration  in  Kreta  übernehmen 
sollten.  Er  bemerkte  dazu,  daß  dies  der  sicherste  Weg  sein  würde, 
zwischen  den  betreffenden  beiden  Mächten  Streitigkeiten  herbeizu- 
führen. Ich  habe  erwidert,  daß  wir  keinen  Vorschlag  gemacht, 
sondern  lediglich  die  Ansicht  ausgesprochen  hätten,  daß  eine  solche 
Kombination  die  Erhaltung  des  Friedens  im  Orient  am  besten  ver- 
bürgen würde.  Dies  sei,  wie  er,  Lord  Salisbury,  wisse,  dort  unser 
einziger  Zweck,  und  deshalb  könne  man  gerade  bei  uns  am  wenigsten 
den  Hintergedanken  vermuten,  zwei  Mächte  durch  gemeinschaftliche 
Übernahme  Kretas  aneinanderzuhetzen.  Dies  ergebe  sich  auch  schon 
daraus,  daß  wir  in  den  bisherigen  gelegentlichen  Besprechungen  über 
diese  Frage  die  Übernahme  der  Insel  durch  eine  oder  zwei  Mächte 
im  Auge  gehabt  hätten. 

Hatzfeldt 

Nr.  3285 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 
Nr.  68  St.  Petersburg,  den  16.  Februar  1898 

In  einer  Unterhaltung,  mit  welcher  der  Kaiser  Nikolaus  beim 
gestrigen  Hofball  mich  beehrte,  kam  die  Rede  auf  die  jüngste  Aus- 
einandersetzung   der    deutschen    auswärtigen    Politik    im    Reichstage. 


•  Inhaltlich  identisch  mit  Nr.  3282. 
482 


Der  Kaiser  billigte  die  Rede   des  Herrn  Staatssekretärs  von  Bülow  * 
mit  Anerkennung1  als  eine  klare  Darlegung  der  Verhältnisse. 

Ich  hatte  Gelegenheit,  Kaiser  kurz,  aber  präzis  unseren  Standpunkt 
in  der  Kretafrage  darzulegen. 

Der  Kaiser  hörte  aufmerksam  zu,  kam  aber  immer  wieder  darauf 
zurück,  daß  schließlich  doch  wohl  Prinz  Georg  nach  Kreta  gehen  würde, 
die  Sache  brauche  Zeit,  „wir  können  ja  warten  2",  meinte  er. 

Ich  ließ  hierbei  die  Bemerkung  fallen,  daß,  wenn  ich  mich  recht 
erinnere,  von  St.  Petersburg  aus  vor  etwa  einem  Jahre  die  Idee  an- 
geregt worden  sei,  daß  zwei  Großmächte  die  Aufsicht  über  Kreta 
übernehmen  sollten.  Die  Sache  wäre  damals  meines  Wissens  jeden- 
falls nicht  an  uns  gescheitert.  Demgegenüber  entgegnete  der  Kaiser, 
eine  Aktion  zu  Zweien  scheine  ihm  nicht  gut  tunlich,  vielleicht  wäre 
eine  Aktion  zu  Dreien,  d.  h.  der  Garantiemächte  leicht  durchführbar3. 
Diese  Bemerkung  war  als  im  Ton  einer  flüchtigen  Konversation  hin- 
geworfen, und  ich  möchte  nicht  diesen  Worten  des  Kaisers  irgendeine 
bindende  Bedeutung  beilegen.  Im  Laufe  des  Gesprächs  erwähnte  ich, 
daß  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  vor  allem  und  sogar  ausschließ- 
lich den  englischen  Interessen  dienen  würde.  Ohne  englisches  Geld 
würde  er  sich  nicht  halten  können,  England  aber  würde  sich  als  Äqui- 
valent für  die  finanzielle  Unterstützung  Kompensation  suchen.  Bevor 
Seine  Majestät  die  Unterhaltung  abbrach,  versicherte  mich  der  Kaiser, 
daß  im  europäischen  Orient  keine  Komplikation  eintreten  würde,  dort 
müsse  es  ruhig  bleiben. 

Sein  Augenmerk  sei  auf  Ostasien  gerichtet.  Das  beschäftige  ihn 
ausschließlich.  „Gerade  deshalb4',  erlaubte  ich  mir  zu  erwidern,  „wird 
die  Kretafrage    von    England    aufgerollt,    und   werden    in    der  Türkei 


*  Gemeint  ist  die  berühmte  „Flötenrede"  Bülows  vom  8.  Februar  im  Deutschen 
Reichstage,  in  der  er  u.  a.  sagte:  „Es  ist  ja  nicht  nötig,  daß  in  einem  Konzert, 
und  auch  im  europäischen  Konzert,  jeder  dasselbe  Instrument  spielt;  der  eine 
schlägt  die  Trommel,  der  andere  stößt  in  die  Trompete,  ein  dritter  hält  die 
große  Pauke  in  der  Hand.  Wir  bliesen  in  Konstantinopel  die  Flöte  diplomati- 
scher  Einwirkung   und   Überredung,    und   wir   bliesen    sie   umsonst Was 

aus  Kreta  schließlich  werden  wird,  kann  ich  Ihnen  auch  beim  besten  Willen 
nicht  sagen;  das  kann  Ihnen  niemand  sagen,  das  ruht  im  Schoß  der  seligen 
Götter;  aber  Deutschland  wird  sich  nicht  hineinziehen  lassen  in  Komplikationen, 
die  unter  Umständen  aus  der  kretischen  Frage  hervorgehen  können.  Wir 
werden  dafür  sorgen,  daß  der  kretische  Wogenprall  nicht  an  die  deutschen 
Küsten  brandet.  Daraus  ergibt  sich  auch  unsere  Stellung  gegenüber  der  Kan- 
didatur des  Prinzen  Georg  von  Griechenland.  Wenn  sich  die  Pforte  mit  allen 
Mächten  im  guten  über  diese  Kandidatur  geeinigt  haben  würde,  so  wurden 
wir  selbst  nicht  ,nein<  gesagt  haben.  Eine  Pression  auf  die  Pforte  machen 
wir  aber  nicht  mit;  wenn  Streit  entsteht,  treten  wir  ruhig  beiseite,  und  wenn 
Differenzen  laut  werden,  legen  wir  die  Flöte  still  auf  den  Tisch  und  verlassen 
den  Konzertsaal.  Das  entspricht  sowohl  unserem  Friedensbedürfnis  wie  unserer 
Uninteressiertheit   in   orientalischen    Dingen   und   in   den    Mittelmeerfragen " 

31*  483 


Komplikationen  provoziert,  um  Rußland  vom  fernen  Osten  abzuziehen. 
Die  von  England  von  langer  Hand  vorbereitete  Kandidatur  des  Prinzen 
Georg  dürfte  ein  geschickter  Vorwand  sein,  um  Rußland  im  euro- 
päischen Orient  zu  beschäftigen. " 

Ra  dolin 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

i  Gut 

-  ich  noch  besser 

;  warum   nicht? 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Gut  gemacht. 

Nr.  3286 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  68  Pera,  den  20.  Februar  1898 

Bei  meiner  gestrigen  Audienz  kam  auch  die  kretische  Frage  zur 
Sprache;  ich  fand  den  Sultan  in  dieser  Beziehung  beruhigter,  als  ich 
erwartet  hatte,  und  habe  den  Eindruck,  daß  er  in  den  letzten  Tagen 
von  einer  Seite  beeinflußt  worden  ist,  die  ein  Interesse  daran  hat,  daß 
er  vorerst  nichts  tut  oder  aussichtslose  Vorschläge  in  der  Personen- 
frage macht. 

Ich  entwickelte  Seiner  Majestät  nochmals  unsere  Orientpolitik, 
welche  im  Interesse  des  Friedens  die  Erhaltung  der  Integrität  des 
Türkischen  Reichs  und  die  Ruhe  und  Ordnung  auf  der  Balkanhalbinsel 
anstrebe,  und  zwar  nicht  durch  eigene  Initiative,  sondern  vornehmlich 
dadurch,  daß  wir  uns  der  Unterstützung  solcher  Vorschläge  enthielten, 
welche  jenen  Zwecken  nach  unserer  Ansicht  zuwiderlaufen.  Nur 
insofern  interessiere  uns  die  Kretafrage;  ihre  Lösung  sei  durch  die 
Vorgänge  der  jüngsten  Tage  nicht  gefördert,  und  ich  zweifelte,  ob 
eine  weitere  Vertagung  derselben  den  Interessen  des  Sultans  nützlich 
sei.  Ein  türkischer  Untertan  werde  für  den  Waliposten  ebensowenig 
die  Genehmigung  der  Mächte  finden  wie  die  Entsendung  türkischer 
Truppen  zur  Wiederherstellung  der  Ordnung. 

Der  Sultan  präzisierte  darauf  seine  Anschauung  dahin:  Zwei  Punkte 
seien  für  ihn  entscheidend,  einmal  die  Erhaltung  Kretas  als  integraler 
Bestandteil  des  Ottomanischen  Reichs;  materiell  bringe  ihm  Kreta 
keinen  Vorteil,  aber  politisch  und  militärisch  müßte  die  größte  Insel 
des  Archipels  unter  seiner  Souveränität  bleiben;  der  andere  Punkt  sei 
der  Schutz  der  dortigen  Muselmanen;  man  müßte  einen  Kandidaten 
suchen,  der  in  beiden  Richtungen  Garantie  biete. 

Ich  entgegnete,  daß   Kreta  nur  mit  der  vom  Sultan  konzedierten 

484 


vollen  Autonomie  ein  Teil  des  Ottomanischen  Reichs  bleiben  werde. 
Nach  meiner  Ansicht  sei  die  Personenfrage  im  Augenblick  unlösbar; 
Vorschläge  in  dieser  Richtung  seien  zurzeit  aussichtslos.  Ob  der  Sul- 
tan in  einigen  Monaten  in  der  Lage  sein  werde,  seine  Interessen  wirk- 
sam zur  Geltung  zu  bringen,  erscheine  sehr  zweifelhaft. 

Der  Sultan  bemerkte,  er  habe  diesen  Gedanken  in  englischem 
Blatt  gelesen,  welches  behaupte,  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg 
sei  bis  zur  Räumung  Thessaliens  zurückgestellt,  dann  werde  sie  wieder 
erscheinen.  Daraus  sei  zu  entnehmen,  was  von  griechischer  Seite  ge- 
wünscht werde.  Ich  entgegnete,  und  zwar  nicht  nur  in  England;  die 
Auffassung,  daß  die  Zeit  gegen  den  Sultan  [laufe]  *,  sei  zutreffend.  Ich 
erzählte  dann,  daß  eine  Macht  den  Gedanken  angeregt,  ob  nicht  der 
umgekehrte  Weg  wie  bisher  eingeschlagen  und  zunächst  Ordnung 
auf  Kreta  mit  Schutz  der  Muselmanen  und  Garantien  hergestellt  wer- 
den solle,  dann  würden  nach  Ansicht  jener  Macht  die  Bedenken  gegen 
den  Prinzen  Georg  in  den  Hintergrund  treten  und  die  Persönlichkeit 
des  Gouverneurs  nicht  weiter  von  Bedeutung  sein.  Die  Kaiserliche 
Regierung  glaube,  daß  solche  Garantien  nur  möglich,  wenn  eine  oder 
zwei  Mächte  das  Mandat  übernähmen,  die  Ordnung  mit  jener  Maßgabe 
herzustellen. 

Der  Sultan,  dem  dieser  Gedanke  offenbar  neu  war,  sagte  darauf, 
daß  er  mit  der  Anschauung  der  Kaiserlichen  Regierung  vollständig 
einverstanden  sei  und  über  die  Frage  neuerdings  mit  seinen  Ratgebern 
sprechen  wolle.  Dabei  war  mir  auffallend,  daß,  obgleich  ich  wieder- 
holt von  der  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  sprach,  der  Sultan  mit 
keinem  Wort  auf  die  Bedenken  zurückkam,  die  er  vor  zehn  Tagen  dem 
Freiherrn  von  Calice  so  scharf  entwickelt  hatte**.  Da  ich  bestimmt 
weiß,  daß  der  Sultan  an  seiner  Auffassung  der  Unannehmbarkeit  fest- 
hält, so  erweckt  gerade  jene  Tatsache  in  mir  den  Eindruck,  daß  man 
von  interessierter  Seite  dem  Sultan  den  Glauben  beigebracht,  jene 
Kandidatur  sei  definitiv  beseitigt,  und  die  Lösung  der  Kretafrage  werde 
nun  auf  einer  anderen  Basis  erfolgen. 

Nachdem  ich  noch  akademisch  die  Bemerkung  gemacht  hatte,  die 
Mandatübertragung  an  eine  oder  zwei  Mächte  werde  bei  der  bekannten 
gegenseitigen  Eifersucht  auf  Schwierigkeiten  stoßen,  ließ  ich  das  Thema 
fallen. 

Der  Sultan  hatte  nach  meiner  Audienz  noch  eine  Unterredung  mit 
Tewfik  Pascha.  Ob  er  sich  zu  irgendeiner  Initiative  entschließen  wird, 
ist  mir  deshalb  zweifelhaft,  weil  im  allgemeinen  der  Türke  dem  Ge- 
danken, heute  etwas  zu  tun,  um  einer  nach  Monaten  eintretenden  Ge- 
fahr vorzubeugen,   wenig  zugänglich  ist. 

Marschall 


*  Eingefügt  für  fehlende  Gruppe;  die  Entzifferung  des  Telegramms  weist  über- 
haupt mehrfach   unsichere   Stellen   auf. 
"  Vgl.   Nr.  3277. 

485 


-Nr.  32S7 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Ni\  51  Pera,  den  26.  Februar  1898 

Seitdem  Rußland  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechen- 
land aufgestellt  hat,  ist  die  kretische  Frage,  die  in  den  ersten  Wochen 
meines  Hierseins  mit  außerordentlichem  Eifer  betrieben  wurde,  soweit 
die  Tätigkeit  der  hiesigen  Botschafter  in  Betracht  kommt,  in  ein  Stadium 
vollkommener  Versumpfung  getreten.  Ich  bin,  um  kein  besonderes 
Interesse  zu  bekunden,  politischen  Konversationen  über  jene  uner- 
wartete Schwenkung  der  russischen  Politik  ausgewichen  und  habe 
mich  vorsichtig  gehütet,  Neugierde  oder  gar  ein  besonderes  Interesse 
an  dem  Schicksal  jener  Kandidatur  zu  bekunden.  In  jüngster  Zeit 
scheint  mit  dem  Aufhören  der  Botschafterkonferenzen  der  politische 
Gedankenaustausch  unter  meinen  Kollegen  überhaupt  sehr  spärlich  ge- 
worden zu  sein;  man  scheut  speziell  Unterhaltungen  über  die  kretische 
Frage,  und  wer  darüber  spricht,  avanciert  sich  nicht  weiter  als  bis  zu 
der  Behauptung,  daß  die  Stellung  der  prinzlichen  Kandidatur  in  diesem 
Augenblick  die  Lösung  der  Frage  nicht  vereinfacht,  sondern  kompliziert 
habe.  Der  Gedanke  der  Mandatserteilung  an  eine  oder  zwei  Mächte 
wird  vielfach  von  dem  Gesichtspunkte  aus  skeptisch  beurteilt,  daß  vor- 
aussichtlich keine  Macht  sich  der  kostspieligen  und  undankbaren  Auf- 
gabe gern  unterziehen  werde,  auf  der  interessanten  Insel  Ruhe  und 
Ordnung  herzustellen. 

Mag  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  früher  oder  später  wieder 
aufleben,  ihre  Wirkungen  sind  vorhanden  und  dauern  trotz  der  vor- 
läufigen Zurückstellung,  die  das  russische  offiziöse  Organ  verkündet 
hat,  unverändert  fort.  Die  kretischen  Insurgenten  sind  dreister,  die 
Bulgaren  aufgeregter  geworden,  und  in  Griechenland  fängt  die  alte 
Begehrlichkeit  von  neuem  an,  mit  anderen  Worten,  die  englische 
Politik  hat  wieder  einmal  einen  Erfolg  errungen  1,  nicht  durch  eigenes 
Geschick,  sondern  durch  die  Fehler  des  Gegners2.  Sir  Philip  Currie 
ist  nicht  Diplomat  genug,  um  die  Freude  seines  Herzens  über  den 
Gang  der  Dinge  zu  verbergen,  er  macht  gar  kein  Hehl  daraus,  daß 
die  kretische  Frage  eine  den  englischen  Wünschen  entsprechende  Wen- 
dung genommen  habe,  und  spricht  höchstens  sein  Bedauern  darüber 
aus,  daß  Rußland  nicht  schon  früher  sich  zu  der  englischen  Auffassung 
bekehrt  habe. 

Mein  russischer  Kollege  ist  offenbar  bemüht,  die  Stimmung  im 
Palais  zu  beruhigen.  Ob  dabei  speziell  russische  Wünsche,  z.  B.  be- 
züglich des  Passierens  russischer  Kriegsschiffe  durch  die  Dardanellen 
in  Frage  stehen,  kann  ich  im  Augenblick  nicht  entscheiden.   Die  Nach- 

48b 


rieht,  daß  Rußland  über  derartige  Dinge  mit  dem  Palais  verhandle, 
ist  mir  ebenso  oft  gemeldet  wie  dementiert  worden;  es  kann  sich  dabei 
nur  um  die  Erlaubnis  für  das  eine  oder  andere  Kriegsschiff  handeln  3, 
denn  daß  Rußland  im  gegenwärtigen  Augenblicke  die  Dardanellenfrage 
prinzipiell  aufwerfen  sollte,  halte  ich  für  ausgeschlossen4.  Jedenfalls 
herrscht  heute  in  der  russischen  Botschaft  das  Bestreben  vor,  dem 
Palais  angenehm  zu  sein,  und  selbst  der  erste  Dragoman  derselben, 
Herr  Maximow,  der  in  der  Kandidatenfrage  dort  wie  üblich  den  „wil- 
den Mann"  gespielt  hat,  soll  sich  zurzeit  urbanerer  Formen  befleißigen. 
Vor  einigen  Tagen  hatte  ich  auf  einem  Ball  ein  politisches  Gespräch 
mit  Herrn  Sinowiew,  der  mir  aus  eigener  Initiative  von  der  Lage  zu 
sprechen  anfing,  ohne  speziell  die  kretische  Frage  zu  berühren.  Er 
tadelte  scharf  das  Auftreten  englischer  Agenten  in  Mazedonien,  welche 
unbedeutende  Vorkommnisse  übertrieben,  um  die  öffentliche  Meinung 
zu  erregen;  er  sprach  sich  sehr  entschieden  dahin  aus,  daß  die  Bul- 
garen unter  allen  Umständen  Ruhe  halten  müßten5,  und  verurteilte 
in  scharfen  Ausdrücken  das  englische  Streben  nach  der  Einführung 
allgemeiner  Reformen  im  Türkischen  Reiche6.  Ich  fand  meinen  Kol- 
legen, als  er  in  dieser  Richtung  sprach,  weitaus  beredter  und  natür- 
licher wie  neulich,  als  er  mir  die  Notwendigkeit  und  Nützlichkeit  der 
Kandidatur  des  Prinzen  Georg  auseinandersetzte.  —  Was  endlich  Herr 
Sinowiew  über  die  sogenannten  Reformen  sagte,  entsprach  durchaus 
den  Anschauungen  der  Kaiserlichen  Regierung7. 

Man  braucht  nicht  lange  hier  gewesen  zu  sein,  um  sich  von  der 
Wahrheit  des  Satzes  zu  überzeugen,  daß  das  Türkische  Reich,  was  die 
Methode  der  Regierung  und  Verwaltung  betrifft,  im  wesentlichen  sein 
wird,  was  es  heute  ist,  oder  nicht  sein  wird.  Wer  „allgemeine  Re- 
formen" betreibt,  will  das  Reich  nicht  reformieren,  sondern  ruinieren  8. 
Um  in  weiterem  Umfange  die  bestehenden  Regierungszustände  zu 
bessern,  fehlt  es  der  Türkei  nicht  nur  an  einem  geeigneten  Beamten- 
tum, sondern  vor  allem  an  einer  Bevölkerung,  die  in  ihrer  Mehrheit 
für  Reformen  Sinn  und  Verständnis  hat.  Gewiß  empfindet  auch  die 
muhamedanische  Bevölkerung,  ob  sie  gut  oder  schlecht  regiert  wird, 
und  sicherlich  werden  in  weiten  Kreisen  die  Mißstände,  die  gegen- 
wärtig bestehen,  erkannt  und  bedauert,  aber  damit  hat  die  Sache  ihr 
Ende.  Der  Türke  „reformiert"  nicht  einmal,  wo  er  selbst  Herr  ist 
und  die  Schäden  am  eigenen  Leibe  verspürt.  Wenn  eine  Mauer  ein- 
fällt, so  ist  sie  eben  eingefallen;  wenn  das  Dach  seines  Hauses  undicht 
wird,  so  spannt  der  Türke  seinen  Regenschirm  auf,  um  nicht  naß  zu 
werden,  und  wenn  das  Haus  schließlich  einzufallen  droht,  nimmt  er 
sich  eine  andere  Wohnung.  Wer  keinen  Sinn  für  die  einfache  „Repa- 
ratur" in  seinem  Hause  hat,  wird  ihn  noch  weniger  für  die  „Reform" 
des  Staatswesens  haben8.  Dazu  kommt  noch  ein  anderes.  Der  Sul- 
tan ist  schon  vermöge  der  Vereinigung  der  weltlichen  und  geistlichen 
Gewalt  in  seiner  Person  für  den  Türken   muhamedanischer  Religion 

4S7 


der  allein  maßgebende  Faktor  im  Staate.  Der  westeuropäische  Ge- 
danke, daß  das  Volk  „Garantien"  bedürfe  gegenüber  etwaigem  Miß- 
brauch der  Sultansgewalt,  liegt  dem  Türken  vollständig  fern,  und  darum 
wird  auch  die  Unzufriedenheit  mit  vorhandenen  Mißständen  niemals 
gegen  die  absolute  Gewalt  des  Sultans  sich  richten,  d.  h.  einen  revo- 
lutionären Charakter  annehmen.  Auf  der  anderen  Seite  wird  der  türkische 
Muhamedaner  jeden  Reformgedanken,  der  von  einer  christlichen 
Macht  ausgeht,  schon  darum  mit  dem  tiefsten  Mißtrauen  aufnehmen, 
weil  er  instinktiv  darin  den  Versuch  erblickt,  aus  seinem  Leder  Riemen 
für  die  Giaurs  zu  schneiden,  d.  h.  die  letzteren  auf  seine  Kosten  zu 
bevorzugen.  Die  Empörung  darüber  drückt  ihm  die  Waffe  gegen  die 
Christen  in  die  Hand8.  Mit  Glaubenshaß  hat  dies  ursprünglich  gar 
nichts  zu  tun.  Man  spricht  hier  heute  noch  viel  über  die  armenischen 
Greuel  und  ihre  Ursachen.  Mehr  und  mehr  hat  sich  in  mir,  seitdem 
ich  den  Verhältnissen  nähergetreten  bin,  die  Überzeugung  bestätigt, 
daß  die  eigentlichen  Schuldigen  diejenigen  sind,  welche  die  sogenannten 
armenischen  Reformen  betrieben  haben9.  Der  Gedanke,  daß  die  wirt- 
schaftlich schon  übermächtigen  Armenier  noch  weitere  Rechte  erhalten 
sollten,  um  die  Muhamedaner  auszubeuten,  in  Verbindung  mit  den 
durch  gewissenlose  Komitees  veranlaßten  armenischen  Provokationen, 
hat  die  sonst  ruhigen  und  toleranten  Türken  in  jene  Wut  versetzt, 
der  Tausende  Armenier  zum  Opfer  gefallen  sind 10. 

Wer  nach  den  jüngsten  Erfahrungen  die  „allgemeinen  Reformen" 
weiter  verfolgt,  treibt  ein  frevelhaftes  Spiel  nicht  nur  mit  der  Ruhe 
Europas,  sondern  mit  dem  Leben  von  Hunderttausenden  von  Chri- 
sten n,  die,  außerhalb  des  Schußbereichs  der  Schiffskanonen  befindlich, 
gegen  Gewalttaten  der  Muhamedaner  unmöglich  geschützt  werden 
können.  Marschall 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 
i  Richtig 

2  was  wir  seit  Monaten  an  Osten-Sacken  gesagt  haben. 

3  auf  diese  Weise  können  eine  ganze  Menge  werden!  Erst  sind  es  einige  Trans- 
porter, dann  ein  harmloser  Kreuzer,  schließlich  blos  ein  einzelnes,  gutes, 
braves  Panzerschiff,  was  ja  niemand  was  zu  Leide  thut. 

4  ist  in  diesem  Falle  auch  nicht  nöthig!  Denn  wenn  erst  das  „eine  oder  das 
andere  Schiff"  die  Erlaubniß  erhalten  soll  und  wird,  und  danach  das  „eine 
und  das  andere"  durchfährt,  so  ist  die  Frage  in  Praxi  nach  Russischem 
Wunsch  gelöst!    Q[uod]  e[rat]  demonstrandum] 

5  ob  sie  aber  von   Russland  dazu  gezwungen  werden? 

6  das  stimmt 

7  ja 

8  richtig 

9  England! 

10  ihr  Blut  kommt  auf  die  Briten 

11  sehr  gut 

Schlußbemerkung  des   Kaisers: 
Gut 

488 


Nr.  3288 

Der  Botschafter  in  London  Graf  von  Hatzf  eldt  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  45  London,  den  28.  Februar  1898 

Mein  Eindruck  ist,  daß  Lord  Salisbury,  welchen  der  Gedanke  der 
Mandatserteilung  an  zwei  Mächte  mit  Mißtrauen  erfüllt  hat,  weil  er 
darin  den  Wunsch  sieht,  dieselben  unter  sich  und  mit  anderen  zu  ent- 
zweien, sich  jetzt  den  Anschein  gibt,  Mandatserteilung  an  eine 
Macht  vorzuziehen,  von  welcher  er  wohl  annimmt,  daß  sie  niemals  mit 
Zustimmung  aller  Mächte  Zustandekommen  wird.  Inzwischen  wartet 
er  ab,  daß  Rußland  die  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  wieder  auf- 
nimmt*, die  ihm,  wenn  er  sie  auch  persönlich  ohne  Enthusiasmus  be- 
trachtet, schon  deshalb  erwünscht  ist,  weil  die  hiesige  öffentliche  Mei- 
nung im  Interesse  Griechenlands  dafür  ist,  dann  aber  auch,  weil  sie 
ein  Feld  bietet,  auf  welchem  Rußland  und  England  gemeinschaftliche 
Politik  treiben  können. 

An  territoriale  Hintergedanken  Lord  Salisburys  in  Kreta  glaube 
ich  vorläufig  nicht.  Er  kennt  genau  das  Mißtrauen  anderer 
Mächte  gegen  England  in  diesem  Punkte  und  wird,  soweit  ich  ihn 
beurteilen  kann,  möglichst  alles  vermeiden,  was  als  Begründung  dieses 
Mißtrauens  ausgelegt  werden  könnte.  Er  geht  aber,  wenn  mich  nicht 
alles  täuscht,  noch  weiter  und  sieht  seine  Aufgabe  darin,  England  jetzt 
vor  jeder  Verwickelung  im  Orient  zu  bewahren,  die  zu  Schwierigkeiten 
mit  Frankreich  oder  Rußland  führen  würde.  Es  ist  ihm  dabei  ganz 
klar,  daß  andere  Mächte  ein  Interesse  an  Verschärfung  des  Miß- 
trauens zwischen  England  und  Frankreich  resp.  Rußland  im  Mittelmeer 
haben.  Dasselbe  Interesse  hat  England  daran,  daß  der  Konflikt  im 
Orient,  wenn  es  einmal  dazu  kommt,  zunächst  zwischen  Rußland  und 
Österreich  ausbricht  und  England  freie  Hand  läßt.  Unsere  Aufgabe 
besteht,  wie  ich  glaube,  darin,  diese  Eventualität  zu  verhindern  und 
gleichzeitig  uns  selbst  freie  Hand  für  alle  Fälle  zu  bewahren. 

Hatzfeldt 

Nr.  3289 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 
Nr.   113  St.   Petersburg,  den   13.  März  1898 

Graf  Murawiew,  den  ich  gestern  sah,  kam  von  neuem  auf  die  Kan- 

•  Vgl.  Nr.  3239. 

'     489 


didatur  des  Prinzen  Georg1  mit  einem  Feuer  zu  sprechen,  wie  er  es 
kaum  früher  getan. 

Er  sei  der  einzige,  meinte  er,  der  eine  Garantie  für  Ordnung  und 
Ruhe  böte.  Jede  Gefahr  einer  Bewegung  auf  der  Balkanhalbinsel  sei 
ausgeschlossen,  seitdem  Bulgarien  und  Serbien  in  Athen  telegraphisch 
hätten  erklären  lassen,  daß  sie  mit  der  Wahl  durchaus  einverstanden 
seien  und  keine  Konsequenzen  daraus  ziehen  würden2. 

Jetzt  komme  es  darauf  an,  daß  der  Sultan  die  Initiative  zur  Wahl 
ergreife3  und  sie  nicht  den  Mächten  überließe,  wodurch  sein  Prestige 
nur  leiden  würde.  Keine  Kandidatur  sei  für  den  Sultan  so  vorteilhaft 
wie  diese.  Schon  der  Umstand,  daß  ein  Mitglied  eines  mit  Rußland 
und  England  verwandten  Königshauses4  sein  Vasall  würde,  der  ihm 
den  Eid  der  Treue  leistete,  müsse  ihm  schmeicheln5  und  eine  Bürg- 
schaft sein,  daß  die  Integrität  des  Reichs,  welche  Rußland  unter  allen 
Umständen  aufrechterhalte,  gewahrt  wird. 

Einen  königlichen  Prinzen  zum  Vasallen  zu  haben,  würde  auch 
in  den  Augen  der  Muselmanen  den  Sultan  nur  erhöhen  und  von  ihnen 
gebilligt  werden6. 

Eine  Annexion  an  Griechenland  wäre  absolut  ausgeschlossen 7. 
Um  eine  griechische  Beeinflussung  zu  vermeiden,  könnte  dem  Prinzen 
zur  Bedingung  gemacht  werden,  daß  er  keine  griechische,  sondern  nur 
eine  fremde,  z.  B.  dänische8  Umgebung  mitbringe. 

Was  nun  den  Hintergedanken  anlange,  als  trachte  England  nach 
der  Sudabai,  so  sei  derselbe  nicht  ernst  zu  nehmen.  Weder  die  eng- 
lische Königsfamilie  noch  die  mächtige  öffentliche  Meinung  in  Eng- 
land, die  so  stark  ausgesprochene  philhellenische  Tendenzen  verfolge, 
würde  eine  solche  Verletzung  der  griechischen  Interessen  zugeben 9. 
Jedes  englische  Kabinett,  welches  eine  derartige  Politik  treiben  wolle, 
würde  gestürzt  werden. 

Ich  konnte  nicht  umhin,  dem  Minister  mein  Erstaunen  über  den 
Widerspruch  mit  der  früheren  Auffassung  auszudrücken,  und  wieder- 
holte ihm  die  wohlgemeinten  Bedenken,  die  ich  ihm  nach  den  erhalte- 
nen Weisungen  des  öfteren  bereits  vorgehalten  hatte.  Seine  einzige 
Erwiderung  war,  daß  die  Verhältnisse  sich  geändert  hätten,  kein  an- 
derer Kandidat  zu  finden  wäre,  und  daß  vor  allem  schleunigste  Ord- 
nung auf  der  Insel  geschaffen  werden  müßte10,  um  die  Gefahr  einer 
allgemeineren  Verwickelung  zu  verhüten. 

Graf  Murawiew  will  nun  auch  von  neuem  in  Wien  versuchen, 
Stimmung  für  Prinz  Georg  zu  machen  und  dem  Sultan  goldene  Berge 
in  Form  von  den  „allererdenklichsten"  Konzessionen  (die  er  mir  indes 
zu  nennen  vermied)  versprechen,  wenn  er  den  Besuch  des  Prinzen  und 
seine  Kandidatur  annehme. 

Vielleicht  nach  dem  Grundsatze  „qui  s'excuse  s'aecuse"  betonte 
Graf  Murawiew  zum  Schluß,  wie  unsinnig  es  sei  zu  behaupten,  daß 
er  die  Kandidatur  betreibe,  um  der  Kaiserin-Mutter  gefällig  zu  sein  u. 

490 


Daß  er  auf  Ihre  Majestät  keine  Rücksicht  nehme,  sondern  nur  das 
große  politische  Interesse  im  Auge  habe,  beweise  von  Anfang  an  seine 
Haltung  in  der  griechischen  Frage. 

Bezüglich  einer  Audienz,  die  der  türkische  Botschafter*  beim 
Kaiser  hatte,  sagte  mir  der  Minister  nur,  daß  der  Sultan  nochmals 
den  Versuch  gemacht  habe,  einen  seiner  Untertanen  als  Gouverneur 
von  Kreta  in  Vorschlag  zu  bringen,  worauf  sowohl  der  Kaiser  Nikolaus 
wie  auch  Graf  Murawiew  dem  Botschafter  kategorisch  erklärt  hätten, 
daß  dies  unannehmbar  sei.  Radolin 

Bemerkung  Kaiser  Wilhelms   II.  am  Kopf  des  Schriftstücks: 

Unglaublich! 

Randbemerkungen  des   Kaisers: 

1  Dem  Himmel  sei  Dank,  das  ist  mir  jetzt  total  einerlei! 

2  Das  erste  glaube  ich!    Das  zweite  ist  gelogen! 

3  Erst  wird  er  von  den  Hellenen  angefallen,  dann  haut  er  sie,  und  dann  soll 
er  noch  einen  ihrer  Prinzen  zum  Guverneur  machen! 

4  das  war  gerade  der  Grund,  weswegen  Grat  Morawiew  im  Frühjahr  1897 
ihn  nicht  haben  wollte!! 

5  aber  er  ist  doch  derjenige,  der  den  frevelhaften  Kampf  damals  gegen  ihn 
eröffnete! 

6  !    Das  ist  die  Logik  einer  Dame!    Die  Quelle  glauben  wir  zu  kennen! 

7  i 

8  na!    Das  ist  ja  verteufelt  deutlich,  woher  der  Rath  kommt. 

9  oben  sagt  er,  die  Annexion  an  Hellas  von  Kreta  ist  ausgeschlossen;  und  hier 
sagt  er:  Sudabai  besetzen  sei  Verletzung  griechischer  Interessen 
also  sieht  er  Kreta  als  ein  Stück  Griechenland  an!  Q[uod]  e[rat]  demon- 
strandum] 

10  womit?    Osten  Sacken  sagt,  20  000  Mann  seien  nöthig! 

11  !  das  ist  so  klar  wie  die  Sonne! 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

An  Stelle  von  Graf  Mourawieff  würde  ich  doch  Anstand  nehmen,  eine  so  heillos 
konfuse  Auseinandersetzung  zu  machen,  und  mich  schämen  als  Auswärtiger] 
Minister  des  Zaren  einem  fremden  Botschafter  dadurch  das  Eingeständniß  zu 
machen,  daß  die  einst  als  richtig  anerkannte  Politik  zu  gunsten  gänzlich  unlogi- 
scher und  völlig  unmöglicher  Unterroks-  und  Weiberintriguen  fallen  gelassen 
worden  sei.  Der  Ganze  Galimatias  ist  ein  Dekokt  aus  Briefen  der  alten  Königin 
und  Tsarin-Mama! 

Nr.  3290 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Petersburg  Fürsten  von  Radolin 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  50  Berlin,  den   15.  März   1898 

Antwort  auf  Bericht  Nr.  113**. 

Auf  Befehl  Seiner  Majestät  des  Kaisers,  unseres  allergnädigsten 
Herrn,   habe   ich   gestern   dem   russischen   Botschafter  mitgeteilt,   daß 


Hüssni  Pascha. 
Siehe  Nr.  3289. 


491 


S.  M.  S.  „Oldenburg"  in  den  nächsten  Tagen  Kreta  verläßt*,  um  vor- 
behaltlich anderweiter  späterer  Verwendung  zunächst  in  Sizilien  ge- 
dockt zu  werden.  Die  vertrauensvollen  Beziehungen  zwischen  uns 
und  Rußland  machten  es  mir  zur  Pflicht,  grade  dem  St.  Petersburger 
Kabinett  offen  den  Grund  der  Zurückziehung  des  deutschen  Schiffes 
darzulegen,  welche  dem  Zurücktreten  Deutschlands  von  den  kretensi- 
schen  Angelegenheiten  entspricht.  Ich  sagte  dem  Botschafter,  daß  die 
Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  nach  wie  vor  die  Besorgnis 
hegt,  die  vom  Petersburger  Kabinett  mit  Bezug  auf  Kreta  neuerdings 
eingeschlagene  Politik  werde  die  revolutionären  Elemente  auf  der 
Balkanhalbinsel  ermutigen.  Wir  wissen  positiv,  daß  die  anarchistische 
Agitation  in  Mazedonien  während  der  letzten  drei  Monate  sehr  an 
Kraft  und  Ausdehnung  gewonnen  hat,  und  daß  dieselbe,  um  mit  revo- 
lutionären Mitteln  vorzugehen,  nur  den  psychologischen  Augenblick 
abwartet,  wo  Prinz  Georg  in  Kreta  entgegen  den  Wünschen  des  Sul- 
tans eingesetzt  sein  wird.  Wir  halten  auch  heute  an  dem  Glauben 
fest,  daß  es  politisch  unrichtig  sein  würde,  die  Zustimmung  des  Sul- 
tans zu  dieser  Kandidatur  zu  erzwingen,  weil  dadurch  die  Gefahr  ent- 
stehen würde,  daß  Sicherheit  und  Leben  des  Sultans  durch  musel- 
männische Fanatiker  bedroht  und  ein  Kampf-Sultan  auf  den  Thron  ge- 
setzt wird.  Wenn  aber  andererseits  Prinz  Georg  ohne  Zustimmung 
des  Sultans  in  Kreta  eingesetzt  würde,  so  hätte  diese  Handlung  einen 
so  ausgesprochen  subversiven  Charakter,  daß  dadurch  die  Balkanstämme 
ipso  facto  zur  Nachahmung  angespornt  und  die  revolutionären  Aktions- 
mittel ihnen  als  die  für  die  Erreichung  ihrer  Zwecke  allein  geeigneten 
empfohlen  würden1.  Ich  fügte  hinzu,  daß  diese  meine  Mitteilung 
streng  vertraulicher  Natur  sei,  und  daß  wir  uns  nach  außen  bemühen 
würden,  für  unser  Ausscheiden  aus  den  kretensischen  Verhandlungen 
andere,  weniger  durchgreifende  Gründe  geltend  zu  machen**.  Denn 
wenn  die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  sich  verpflichtet  hält, 
keine  Mitverantwortung  für   eine   Politik   auf  sich   zu   nehmen,   deren 


*  Am  16.  März  schiffte  S.  M.  S.  „Oldenburg"  in  Kanea  das  deutsche  Detache- 
ment  ein,  holte  die  Flagge  nieder  und  ging  nach  Messina. 
**  In  seinem  späteren  Brief  an  Kaiser  Nikolaus  II.  von  Rußland  vom  20.  Oktober 
1898  (Briefe  Wilhelms  II.  an  den  Zaren  1894—1914,  S.  313  ff.)  hat  Kaiser 
Wilhelm  II.  als  eigentlichen  Grund  für  die  Zurückziehung  Deutschlands  aus 
der  Kretaaffäre  angeführt,  daß  er  nicht  dazu  habe  beitragen  wollen,  für  Eng- 
land die  Kastanien  aus  dem  Feuer  zu  holen.  "You  know  by  Osten-Sacken's 
reports  which  motives  made  me  'lay  down  my  fleet  on  the  table'.  Because  I 
feit  and  saw  that  a  certain  Power  was  using  us  all  others  as  catspaw  to  get 
us  to  help  her  to  take  Crete  or  Suda  bay,  and  I  would  not  be  of  the  party 
who  are  expected  to  appear  with  bread  and  salt  and  on  the  top  the  keys  of 
Crcte  praying  the  said  Power  to  kindly  look  after  the  welfare  of  these  poor 
darling  Cretans!"  Diese  Worte  des  Kaisers  erfahren  eine  eigentümliche  Be- 
leuchtung dadurch,  daß  er  Anfang  Februar  die  englische  Regierung  hatte  wissen 
lassen,  „er  habe  nichts  dagegen,  daß  die  Engländer  in  irgendeiner  Form  Kreta 
bzw.  die  Sudabai  nähmen".    Vgl.  Nr.  3275  und  Nr.  3276. 

492 


Endergebnis  sich  unserer  Beurteilung  entzieht,  so  liegt  uns  anderer- 
seits die  Absicht  fern,  die  diplomatische  Aktion  Rußlands  zu  er- 
schweren und  die  Hindernisse  zu  vermehren,  welche  dasselbe  ohnehin 
auf  diesem  Wege  finden  wird.  Wir  werden  daher  in  der  Presse  als 
Gründe  für  die  Zurückberufung  der  „Oldenburg"  die  Notwendigkeit, 
das  Schiff  zu  docken,  und  daneben  die  voraussichtlich  nicht  unerheb- 
lichen Kosten  in  den  Vordergrund  der  Erörterung  stellen,  welche  die 
wirkliche  Herstellung  geordneter  Zustände  auf  Kreta  den  dabei  be- 
teiligten Mächten  auferlegen  würde. 

Ew.  wollen  das  Vorstehende  beim  Grafen  Murawiew,  welchem 
dasselbe  wohl  schon  durch  Telegramm  des  Grafen  Osten-Sacken  in 
den  Hauptpunkten  bekannt  sein  wird,  vertraulich  verwerten  und  dabei 
hinzufügen,  daß  Deutschland  sich  abgesehen  von  Kreta  nach  wie  vor 
die  Erledigung  orientalischer  Fragen,  soweit  dieselbe  den  Weltfrieden 
interessiert,  zusammen  mit  den  übrigen  Großmächten  angelegen  sein 
lassen  wird. 

B  ülow 

Bemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.  am  Kopf  einer  Abschrift: 

Gut 

Randbemerkung  des   Kaisers   auf  der   Abschrift: 

1  Gut 

Nr.  3291 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  100  Pera,  den  15.  März  1898 

Der  Sultan  läßt  mir  soeben  durch  Tahsin  Bey  *  sagen,  er  habe 
durch  Djevad  Pascha**  erfahren,  daß  S.  M.  S.  („Oldenburg"  Weisung 
erhalten  habe,  die  Mannschaften  einzuschiffen  und  nach  Messina  zu 
gehen,  um  nicht  mehr  zurückzukehren.  Der  Sultan  bedauere  diese 
Maßregel  um  so  mehr,  als  es  sich  um  ,ein  Schiff  derjenigen  Macht 
handle,  auf  deren  Wohlwollen  und  freundschaftliche  Haltung  in  der 
kretensischen  Frage  er  sein  ganzes  Vertrauen  setzt,  und  er  bitte  mich, 
Seiner  Majestät  dem  Kaiser  den  Wunsch  zu  übermitteln,  entweder  die 
Maßregel  rückgängig  zu  machen  oder  ein  anderes  Schiff  an  die  kre- 
tensische  Küste  zu  befehlen. 

Ich  habe  dem  Sultan  daraufhin  mitteilen  lassen,  daß  S.  M.  S.  „Ol- 
denburg" sich  auf  Anregung  der  Marinebehörden  von  Kreta  nach 
Messina  begeben  werde,  um  dort  gründlich  gedockt  zu  werden,  und 


*  Erster  Sekretär  des  Sultans. 

**  Marschall   Djevad   Pascha,   früherer  Großwesir,   Kommandant  der  türkischen 

Truppen  auf  Kreta. 

493 


die  weiteren    Bewegungen   des   Schiffes   von   den   Anforderungen   des 
Dienstes  abhängen  würden. 

Marschall 

Nr.  3292 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  71  Berlin,  den  15.  März  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  100*. 

Ew.  wollen  dem  Sultan,  sofern  es  auf  streng  vertraulichem  Wege 
geschehen  kann,  mitteilen,  daß  die  Abberufung  des  deutschen  Schiffes 
von  Kreta  keineswegs  als  Symptom  unseres  verminderten  Inter- 
esses für  die  Türkei  aufzufassen  ist;  im  Gegenteil  ist  die  Regierung 
Seiner  Majestät  des  Kaisers  dabei  von  dem  Gedanken  geleitet,  daß 
bei  der  Behandlung  der  kretensischen  Frage  sich  gelegentlich  ein  ge- 
wisser Leichtsinn  bemerkbar  machte,  welcher  dadurch  gefördert  wurde, 
daß  die  Verantwortung  für  alles  Geschehene  sich  auf  die  Ge- 
samtheit der  europäischen  Mächte  verteilte.  Es  ist  anzunehmen,  daß 
von  dem  Augenblicke  an,  wo  die  eine  oder  andere  Macht  ablehnt, 
fernerhin  mitverantwortlich  für  die  in  Kreta  anzustellenden  politischen 
Versuche  zu  sein,  die  übrigbleibenden  Mächte  darin  eine  Mahnung  zu 
größerer  Vorsicht  erblicken  werden. 

Übrigens  hat  Deutschland  keineswegs  die  Absicht,  der  ihm  als 
Großmacht  von  Rechts  wegen  gebührenden  Beteiligung  an  Orient- 
fragen zu  entsagen.  Die  Regierung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  ist 
insbesondere  darauf  vorbereitet,  bei  der  demnächst  zu  gewärtigenden 
Wiederanregung  der  türkischen  Reformfrage  ihren  Einfluß  zugunsten 
der  Türkei  geltend  zu  machen. 

Bülow 

Nr.  3293 

Der  Gesandte  in  Athen  Freiherr  von  Plessen  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  46  Athen,  den  23.  März  1898 

Ministerpräsident  teilte  mir  heute  ein  Telegramm  Rangabes**  vom 
18.  d.  Mts.  vertraulich  mit,  in  dem  derselbe  meldet,  Seine  Majestät  der 


*  Siehe  Nr.  3291. 

**  Griechischer  Gesandter  in   Berlin. 

494 


Kaiser  hätten  den  Botschaftern  von  England,  Österreich-Ungarn,  Ruß- 
land und  Italien  erklärt,  allerhöchstseine  Regierung  habe  sich  in  der 
kretensischen  Frage  von  dem  europäischen  Konzert  zurückgezogen, 
nachdem  der  Anregung  der  Kaiserlichen  Regierung,  die  Wiederherstel- 
lung der  Ordnung  in  Kreta  zwei  Mächten  zu  übertragen,  keine  Folge 
gegeben  worden  sei.  Es  bliebe  den  anderen  Mächten  nunmehr  über- 
lassen, die  Sache  selbst  zu  regeln.  Seine  Majestät  der  Kaiser  hätten 
hinzugefügt,  daß  die  Besetzung  der  Insel  durch  England  die  beste 
Lösung  gewesen  wäre. 

Rangabe  meldet  weiter,   daß  infolge  der  allerhöchsten  Äußerung 
die  Kabinette  in  neue  Besprechungen  untereinander  getreten  seien. 

P  less  en 


Nr.  3294 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr    64  Wien,  den  24.  März  1898 

Graf  Goluchowski  hat  mir  gegenüber  die  Abberufung  der  öster- 
reichischen Mannschaften  und  Schiffe  von  Kreta  als  „Überraschung" 
behandelt1.  Ich  gönne  ihm  gern  diese  kleine  Revanche.  Umsomehr, 
als  er  sonst  wieder  völlig  in  das  alte  Fahrwasser  der  Vertraulichkeit 
eingelenkt  ist.  An  das  Communique,  das  inzwischen  in  die  Hände 
Euerer  Durchlaucht  gelangt  sein  dürfte,  knüpfte  er  nach  Vorlesung 
nur  eine  kurze  Betrachtung.  Er  meinte,  daß  bei  dem  eingetretenen 
Zustand  völliger  Versumpfung  nur  die  mehr  als  Österreich  dort  inter- 
essierten Mächte  noch  eine  Veranlassung  hätten,  in  den  kretensischen 
Gewässern  zu  bleiben.  Seine  Befürchtung  sei  allerdings  jetzt  eine 
doppelte:  Werde  Prinz  Georg  nicht  in  Kreta  eingesetzt,  und  konnten 
sich  die  interessierten  Mächte  nicht  über  einen  provisorischen  Gouver- 
neur mit  der  Türkei  einigen,  so  werde  bald  der  anarchische  Zustand 
auf  der  Insel  ein  militärisches  Einschreiten  der  noch  vor  Kreta  befind- 
lichen Mächte  erfordern  2.  Das  aber  könne  bedenklichen  Hader  und 
ernsten  Streit  hervorrufen. 

Versuchten  hingegen  Rußland  und  England,  den  Prinzen  nach 
Kreta  zu  bringen,  so  ständen  bei  der  Haltung  der  Türkei  und  dem  noch 
nicht  geräumten  Thessalien  Zwischenfälle  bedenklichster  Natur  bevor. 

Weiter  teilte  mir  der  Minister  mit,  daß  Graf  Kapnist  ihm  im  Auf- 
trage seiner  Regierung  habe  den  Vorschlag  machen  sollen,  den  A  d  - 
mirälen  die  Mission  zu  erteilen,  die  Ordnung  auf  der  Insel  her- 
zustellen Als  Antwort  habe  Graf  Goluchowski  ihm  mitteilen  müssen, 
daß  eine  Stunde  vorher  die  Ordre  zur  Abberufung  der  österreichischen 

495 


Schiffe  abgelassen  worden  sei.  Graf  Kapnist  habe  mit  einigem  Er- 
staunen diese  Nachricht  aufgenommen  und  die  Ansicht  vertraulich 
ausgesprochen,  daß  die  unbedachte  und  ganz  persönliche  Politik  des 
Grafen  Murawiew  in  eine  immer  engere  Sackgasse  gerate  3.  Die  ganz 
angenehme  freiere  Bewegung,  die  jetzt  geschaffen  sei,  berge  in  sich 
allerhand  neue  Schwierigkeiten. 

Sir  Horace  Rumbold,  ein  persönlicher  Freund  des  griechischen 
Hofes  und  eifrigster  Vertreter  der  Kandidatur  Georg,  vermochte  seine 
Verlegenheit  nicht  zu  verbergen,  als  ich  ihm  auf  seine  Frage,  was  die 
Zurückziehung  des  deutschen  und  der  österreichischen  Fahrzeuge  zu  be- 
deuten habe,  antwortete:  den  in  Kreta  zunächst  interessierten  Mächten 
den  pas  zu  lassen,  sich  mit  den  Türken  zu  verständigen4. 

„Ja,  mein  Gott,"  rief  er  aus,  „wir  können  doch  nicht  Truppen  in 
Thessalien  landen,  wenn  die  Türken  unsern  Wünschen  gegenüber  die 
thessalische  Frage  mit  der  kretensischen  verschmelzen  wollten!  — 
Ich  weiß  in  der  Tat  nicht,  was  ich  Goluchowski  sagen  soll.  Soll  ich 
mich  freuen  oder  nicht?" 

P.  Eulenburg 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Szögyenyi   hatte   es  uns   schon   erzählt 

2  geht  ihn  aber  eigentlich  doch  gar  nichts  an,  wenn  er  erst  einmal  'Raus  ist! 
und  ist  außerdem  höchst  unwahrscheinlich 

3  um  so  besser  und  sehr  erfreulich 
1  sehr  gut 


Nr.  3295 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow  an 

Kaiser  Wilhelm  II. 

Konzept 

Berlin,  den  21,  April  1898 

Der  italienische  Minister  der  Auswärtigen  Angelegenheiten*  hatte 
gegenüber  dem  Botschafter  Ew.  Majestät  es  sich  angelegen  sein 
lassen,  die  Politik  Italiens,  welche  abweichend  von  den  beiden  an- 
deren Dreibundmächten  in  Kreta  bleibe,  Von  dem  Verdachte  zu  be- 
freien, als  suche  dieselbe  nach  einer  Anlehnung  außerhalb  des  Drei- 
bundes. Dieser  Verdacht,  hob  Marquis  Visconti  Venosta  hervor,  sei 
grundlos.  Italien  könne  sich  aber  wegen  seiner  großen  Mittelmeer- 
interessen und  im  Hinblick  auf  die  öffentliche  Meinung  des  Landes 
von  der  kretensischen  Sache  nicht  ganz  zurückziehen. 

Ich  habe  darauf  den  Freiherrn  von  Saurma  beauftragt,  dem  italie- 
nischen Minister  für  die  von  ihm  zum  Ausdruck  gebrachten  bundes- 

*  Marquis  Visconti  Venosta. 

496 


freundlichen  Gesinnungen  zu  danken  und  ihn  gleichzeitig  vertraulich 
daran  zu  erinnern,  daß  Ew.  Majestät  Regierung  wiederholt  im  Laufe 
des  letzten  Jahrzehnts  den  Italienern  geraten  habe,  sich  noch  außerhalb 
des  Dreibundes  nach  einer  für  die  Wahrung  der  italienischen  Orient- 
und  Mittelmeerinteressen  geeigneten  Gruppierung  umzusehen.  Das 
Zustandekommen  dieser  Gruppierung  ist  allerdings  nicht  durch  Schuld 
der  Italiener,  sondern  infolge  der  Apathie  Englands  unterblieben. 

Freiherr  von  Saurma  meldet  jetzt,  daß  er  den  fraglichen  Auftrag 
ausgerichtet,  und  daß  der  italienische  Minister  erwidert  hat,  wenn  auch 
die  italienische  Regierung  in  der  untergeordneten  Kretaangelegenheit 
geglaubt  habe,  eine  von  den  spezifisch  italienischen  Interessen  er- 
heischte besondere  Haltung  einnehmen  zu  müssen,  Italien  doch  in 
allen  wichtigen  den  Status  quo  im  Mittelmeer  betreffenden  sowie  in 
allen  großen  politischen  Fragen  unentwegt  mit  seinen  Verbündeten 
gehen  werde. 

Bülow 

Nr.  3296 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm 
Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 

Nr.  113  Berlin,  den  21.  April  1898 

Tatsächlich  ist  Kreta  —  und  darüber  gibt  sich  der  Sultan,  klug 
wie  er  ist,  gewiß  keiner  Täuschung  hin  —  für  die  Türkei  verloren  und 
war  es  schon,  bevor  der  türkisch-griechische  Krieg  anfing.  Für  den 
Sultan  handelt  es  sich  daher  nur  noch  hinsichtlich  Kretas  um  Wahrung 
der  Würde  und  des  äußeren  Scheins.  Von  diesem  Standpunkte  aus 
würde  dem  Sultan  zu  empfehlen  sein,  daß  er,  wenn  die  Zurückziehung 
seiner  Truppen  von   Kreta  verlangt  wird,  etwa  folgendes  erklärt: 

Für  ihn  handle  es  sich*  nicht  um  Herrschaft,  sondern  in  seiner 
Stellung  als  Kalif  um  die  Sicherheit  des  Lebens  und  Eigentums  seiner 
dort  zurückbleibenden  Glaubensgenossen.  Die  Vorgänge  auf  der  Insel 
hätten  gezeigt  und  zeigten  bis  auf  den  heutigen  Tag,  daß  die  gegen- 
wärtig dort  vorhandene  Zahl  der  Truppen  für  diesen  Zweck,  die 
Sicherheit  der  Muhamedaner,  nicht  ausreichend  sei.  Er  werde  daher 
seine  Truppen  erst  dann  zurückrufen,  wenn  für  die  abziehenden  tür- 
kischen Truppen  eine  gleiche  Zahl  europäischer  Soldaten  nach  Kreta 
geschickt  werde. 

Bülow 


*  Von  hier  ab  von  der  Hand  Bülows. 

32    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  497 


Nr.  3297 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  195  Therapia,  den  13.  September  1898 

Die  jüngsten  Ereignisse  in  Kreta  *  sind  für  diejenigen  nicht  uner- 
wartet gekommen,  welche  unbefangenen  Auges  die  jüngste  Entwicklung 
der  Dinge  auf  der  unglücklichen  Insel  beobachtet  haben.  Jene  Ereig- 
nisse sind  im  Grunde  genommen  nur  eine  logische  und  natürliche 
Konsequenz  der  Politik,  welche  seit  sechs  Monaten  von  den  vier  Kreta- 
mächten dort  verfolgt  wird.  Der  Ausgangspunkt  dieser  Politik  ist  die 
russische  Kandidatur  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland,  ihr  vor- 
läufiges Resultat  das  Blutbad  von  Kandia1.  Wohl  ist  jene  Kandidatur 
bisher  ein  unerfüllter  Wunsch  geblieben,  und  Rußland  hat  mit  seinen 
Gesinnungsgenossen  weder  die  Macht  gehabt,  den  Prinzen  einzusetzen, 
noch  ist  es  imstande  gewesen,  positive  Vorschläge  an  Stelle  des  von 
den  Botschaftern  ausgearbeiteten  Organisationsentwurfs  zu  setzen.  Aber 
ein  Wendepunkt  in  der  Kretafrage  ist  jener  überraschende  russische 
Schachzug  doch  geworden.  Denn  vor  aller  Welt  wurde  damit  für  Kreta 
als  Aktionsprogramm  der  Gedanke  verkündet,  zu  dem  auf  der  ganzen 
Welt  jeder  Radikale  sich  mit  Begeisterung  bekennt:  „Für  die  Revo- 
lution und  gegen  die  Autorität1."  Man  wird  den  Kretamächten  das 
Zeugnis  nicht  versagen  können,  daß  sie  in  Ausführung  dieses  Pro- 
gramms einen  Eifer  und  eine  Konsequenz  entwickelt  haben,  die  einer 
besseren  Sache  würdig  gewesen  wären. 

Der  Organisationsentwurf,  den  die  Botschafter  im  vorigen  Jahre 
ausgearbeitet  haben**,  war  gewiß  ein  sehr  unvollkommenes  Werk,  und 
ich  habe  immer  gezweifelt,  ob  man  mit  papierenem  Statut  eine  Insel 
pazifizieren  kann,  auf  der  seit  Jahrhunderten  die  Revolution  eine  be- 
rechtigte Eigentümlichkeit  geworden  ist.  Aber  jener  Entwurf  beruhte 
wenigstens  auf  dem  gesunden  und  versöhnenden  Gedanken,  daß  man 
ein  aufständisches  Land  nur  dann  pazifizieren  kann,  wenn  man  auch 
der  Minorität  Schutz  für  ihre  Rechte  gewährt.  Darum  sollten  zunächst 
die  Muselmanen,  welche  von  den  christlichen  Insurgenten  von  Haus 
und  Hof  vertrieben  waren,  in  ihren  Besitz  wieder  eingesetzt  werden, 


*  Ende  August  war  in  Kandia  eine  Revolte  der  Muhamedaner  ausgebrochen, 
die  sich  gegen  die  englische  Besatzung  richtete.  Bei  den  Straßenkämpfen  fielen 
mehrere  Hundert  Christen  und  21  englische  Soldaten.  Die  englischen  Kriegs- 
schiffe beschossen  darauf  am  6.  September  Kandia,  das  großenteils  in  Flammen 
aufging;  auch  das  deutsche  Konsulat  fiel  der  Feuersbrunst  zum  Opfer.  Im 
weiteren  Verlauf  des  September  schickten  die  vier  Mächte  England,  Italien, 
Rußland  und  Frankreich  Verstärkungen  nach  Kreta. 
**  Vgl.  Nr.  3254,  Fußnote. 

498 


es  sollten  der  muselmanischen  Minorität  verfassungsmäßige  Garantien 
gegen  Vergewaltigung  durch  die  christliche  Majorität  gegeben  werden 
und  nur  nach  Maßgabe  der  Durchführung  dieses  Programms  die  all- 
mähliche Zurückziehung  der  türkischen  Truppen  erfolgen.    Die  neuere 
Kretapolitik  steht  auf  dem  umgekehrten  Standpunkte,  sie  bekennt  sich 
unverhüllt  zu  der  Anschauung,  die  schon  so  viel  Unheil  gestiftet  und 
das  Christentum  in  der  muselmanischen  Welt  so  gründlich  diskreditiert 
hat2,  daß  in  dem  Verhältnis  von  Christ  zu  Muselman  sich  der  erstere 
jedes  Unrecht  erlauben  kann  und  der  letztere  jedes  Unrecht  zu  dulden 
hat.    Das  Zerrbild  von  Regierung,  welches  man  errichtet  hat,  ist  nur 
ein  Werkzeug  der  Insurgenten.    Keinen   Finger  hat  man  gerührt,  um 
den    Muselmanen    ihren    Landbesitz    zurückzugeben;    dem    höhnischen 
Verlangen  der  Insurgenten,  daß  die  Rückgabe  der  Ländereien  an  ihre 
rechtmäßigen  Eigentümer  erst  dann  erfolgen  könne,  wenn  die  türkischen 
Truppen  die  Insel  verlassen  hätten,  haben  die  Mächte  ohne  weiteres 
willfahrt,  „weil  die  Anwesenheit  der  Truppen  die  Christen  aufrege"  — , 
als  ob  es  ein  Gravamen  gegen  die  türkischen  Soldaten  sei,  daß  sie  bei 
den  Insurgenten  nicht  beliebt  sind,  und  als  ob  nach  Beseitigung  der 
letzten  Reste  ottomanischer  Macht  die  Insurgenten  freiwillig  den  ge- 
raubten  Besitz  herausgeben   würden.    So   blieben   die  depossedierten 
Muselmanen   in   den   Städten,   vornehmlich   Kandia,   eingepfercht,   dem 
Hunger  und  Elend  preisgegeben.    Sie  haben  ihr  Schicksal  mit  orienta- 
lischer Geduld  ertragen,  bis  in  den  ersten  Septembertagen  die  Eng- 
länder die  türkischen  Steuerbeamten  vertrieben  und  durch  „christliche 
Beamte",  das  heißt  Insurgenten,  ersetzten.    Diese  Beamten  sollten  den 
Zehnten    einziehen   von   den    Produkten,   die  von   Rechts   wegen   den 
Muselmanen  gehören,  und  das  Ergebnis  dieser  Steuer  war  ausschließ- 
lich für  die  Insurgenten  bestimmt,  während  die  Muselmanen  weiter  zu 
hungern  hatten.   Gegen  diese  Unbill  haben  die  letzteren  in  den  Straßen 
zunächst   unbewaffnet   demonstriert;    erst   als    die   Engländer  auf   die 
demonstrierenden  Massen  geschossen,  haben  diese  sich  bewaffnet  und 
die  Offensive  ergriffen.    Das  ist  der  Sachverhalt.    Wer  sich  mit  einer 
revolutionären  Mehrheit  derart  identifiziert,  wie  dies  seitens  der  Mächte 
auf   Kreta   geschehen   ist,   muß    mindestens   die   materielle   Macht  be- 
sitzen, um  die  Gegenrevolution  der  ordnungsliebenden  Minderheit,  die, 
gegen  Recht  und  Billigkeit  behandelt,  schließlich  in  der  Verzweiflung 
zu  den  Warfen  greift,  im  Zaum  zu  halten  und  nötigenfalls  zu  Paaren 
zu  treiben.    Aber  selbst  an  dieser  Fürsorge  hat  es  gefehlt.    FJs  scheint 
sicher,   daß   wenigstens   vorübergehend  die   Muselmanen    Herren  von 
Kandia  gewesen   sind;   jedenfalls   sind  jener  mangelnden   Voraussicht 
zahlreiche  Menschenleben  zum  Opfer  gefallen.    Über  die  Haltung  der 
türkischen  Truppen  gehen  die  Versionen  diametral  auseinander.     Die 
Türken  versichern,  daß  nur  der  Intervention  ihrer  Truppen  die  rasche 
Wiederherstellung  der  Ordnung  zu  danken  sei,  während  umgekehrt  be- 
hauptet wird,   daß   die  türkischen   Soldaten  mit  den  Muselmanen  ge- 

3-2*  499 


meinsame  Sache  gemacht  haben.  Die  Kretamächte  werden  zweifellos 
aus  den  letzten  Vorgängen  Anlaß  nehmen,  um  mit  größerem  Nach- 
druck den  Rückzug  der  Truppen  zu  verlangen.  Der  Sultan  wird  dies 
auch  fernerhin  verweigern.  Er  kann  nach  den  jüngsten  Vorgängen 
um  so  weniger  darauf  eingehen,  als  er  damit  in  den  Augen  seiner 
muselmanischen  Bevölkerung  die  kretischen  Muselmanen  der  Rach- 
sucht ihrer  christlichen  Feinde  schutzlos  preisgeben  würde.  Und  die 
Zeit,  in  welcher  als  Äquivalente  für  den  Rückzug  effektive  Garantien 
für  die  muselmanische  Bevölkerung  geboten  werden  konnten,  ist  ver- 
säumt; wenigstens  glaube  ich  nicht,  daß  die  Mächte,  nachdem  sie  der 
Revolution  vollkommen  frei  die  Zügel  haben  schießen  lassen,  noch  die 
Kraft  finden  werden,  für  die  Minorität  andere  als  rein  imaginäre  Sicher- 
heiten durchzusetzen. 

Angesichts  dieser  unerfreulichen  Vorgänge  ist  es  eine  wahre  Be- 
ruhigung, daß  Deutschland  durch  seinen  Austritt  aus  dem  kretischen 
Konzert  sich  von  jeder  Verantwortlichkeit  freigemacht  hat.  In  Konse- 
quenz dieser  Tatsache  bekunde  ich  bezüglich  der  kretischen  Frage 
keinerlei  Neugierde  und  pflege  Gesprächen  meiner  Kollegen  über  diese 
Dinge  mit  einer  um  so  natürlicheren  Interesselosigkeit  zuzuhören,  als 
irgendein  neuer  Gedanke  dabei  niemals  zutage  tritt.  Was  die  türkische 
Auffassung  der  jüngsten  Ereignisse  betrifft,  so  kann  ich  eine  gewisse 
Genugtuung,  um  nicht  zu  sagen  Schadenfreude,  darüber  verzeichnen, 
daß  die  Zustände  auf  Kreta,  seitdem  die  Mächte  das  Glück  der  Insel 
in  Entreprise  genommen  haben,  von  Tag  zu  Tag  schlechter  werden  2. 
Es  liegt  ja  auch  eine  gewisse  Ironie  darin,  daß  die  Mächte,  denen  die 
Regierung  des  Sultans  in  Kreta  unerträglich  schlecht  erschien,  nach 
bald  zweijähriger  Mühewaltung  schließlich  den  Zustand  dort  be- 
gründet haben,  den  man  gemeinhin  als  „Anarchie"  zu  bezeichnen 
pflegt2. 

Irgendwelche  ernste  Komplikationen  erwarte  ich  aus  den  neuesten 
Vorgängen  nicht.  Die  Mächte  werden  Verstärkungen  nach  Kreta 
schicken,  aber  auch  nach  Eintreffen  derselben  wird  ihre  Truppenmacht 
zur  Pazifizierung  der  Insel  ebenso  ungenügend  sein  wie  bisher.  Der 
Sultan  seinerseits  wird  alle  Ansinnen,  die  in  der  Frage  an  ihn  heran- 
treten, mit  jener  Verschleppungstaktik  behandeln,  in  welcher  der  Orien- 
tale, und  unter  ihnen  wiederum  Abdul  Hamid  Meister  ist.  So  können 
die  „unhaltbaren"  Zustände  auf  Kreta  noch  recht  lange  andauern.  Die 
Verantwortlichkeit  dafür  trägt  meines  Erachtens  in  erster  Reihe  die 
russische  Politik.  Es  ist  zu  wünschen,  daß  Rußland,  welches  in  Kreta 
Arm  in  Arm  mit  der  Revolution  geht  und  auch  anderwärts  bestrebt  zu 
sein  scheint,  dem  Radikalismus  billige  Schlagwörter  gegen  konserva- 
tive Ideen  zu  liefern,  die  Früchte  dieser  Politik  nicht  dereinst  am 
eigenen  Leibe  verspüren  möge. 

Marschall 
500 


Bemerkung   Kaiser  Wilhelms   II.   am   Kopf  des   Schriftstücks: 

Sehr  gut. 

Randbemerkungen  des  Kaisers: 

1  Ja 

2  richtig 


Nr.  3298 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  384  Therapia,  den  14.  September  1898 

Heute  morgens  4  Uhr  suchte  mich  Tewfik  Pascha  auf,  um  mir 
mitzuteilen,  daß  der  englische  Admiral  an  den  Gouverneur  von  Kandia 
Edhem  Pascha  eine  Sommation  gerichtet  habe,  die  sich  auf  vier  Punkte 
erstrecke.  Der  wichtigste  Punkt  sei  das  an  den  Gouverneur  gestellte 
Verlangen,  innerhalb  48  Stunden  die  an  dem  jüngsten  Aufstand  Schul- 
digen auszuliefern  und  die  Muselmanen  zu  entwaffnen.  Falls  dies  nicht 
innerhalb  der  genannten  Frist  geschehe,  werde  der  Admiral  selbst  die 
verlangten  Maßregeln  durchführen. 

Der  Minister  bezeichnete  mir  das  englische  Verlangen  als  uner- 
füllbar. Die  Schuldigen  befänden  sich  nicht  in  den  Händen  der  tür- 
kischen Behörden,  sie  könnten  erst  durch  eine  sorgfältige  Untersuchung 
ermittelt  werden,  und  die  Entwaffnung  der  muselmanischen  Bevölke- 
rung Kandias  sei  mit  den  dort  anwesenden  zwei  bis  drei  türkischen 
Bataillonen  nicht  zu  bewerkstelligen.  Schreite  aber  der  englische  Ad- 
miral zu  diesem  Zweck  ein,  so  sei  ein  neues  Blutbad  unaus- 
bleiblich. 

In  allerhöchstem  Auftrage  hatte  Tewfik  Pascha  während  der  Nacht 
die  Vertreter  der  vier  Kretamächte  aufgesucht  und  dort  Vorstellungen 
gegen  das  englische  Vorgehen  gemacht.  Auf  speziellen  ßefehl  des 
Sultans  war  er  zu  mir  gekommen,  um  meinen  Rat  zu  erbitten. 

Ich  erwiderte  dem  Minister,  daß  ich  stets  bereit  sei,  den  Wünschen 
Seiner  Majestät  entgegenzukommen,  aber  in  diesem  Falle  außerstande 
sei,  irgendeine  Meinung  zu  äußern.  Die  Kaiserliche  Regierung  habe 
sich  aus  Kreta  zurückgezogen,  um  nicht  die  Verantwortlichkeit  für  die 
weitere  Entwickelung  der  kretensischen  Frage  zu  tragen;  ich  vermöge 
demnach  in  dieser  Frage  auch  einen  persönlichen  Rat  nicht  zu  geben, 
der  zudem  für  den  Sultan  aus  dem  Grunde  keinen  Wert  haben  könnte, 
weil  er  auf  einer  ganz  ungenügenden  Kenntnis  der  tatsächlichen  Ver- 
hältnisse beruhen  würde. 

Marschall 

501 


Nr.  3299 

Der  Geschäftsträger  in  Rom  Graf  von  Pückler  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  198  Rom,  den  15.  September  1898 

Minister  Canevaro  *  teilte  mir  mit,  er  habe  Kabinette  von  St.  Peters- 
burg, London  und  Paris  aufgefordert,  den  Zuständen  auf  Kreta  da- 
durch ein  Ende  zu  machen,  daß  der  Sultan  aufgefordert  würde,  seine 
Truppen  und  Beamten  zurückzuziehen  und  die  Insel  den  Mächten  völlig 
en  depöt  zu  überlassen,  und  daß  die  vier  Mächte  ihm  dafür  Leben  und 
Eigentum  der  muselmännischen  Bevölkerung  sowie  seine  Souveränität 
garantierten.  Dieser  Schritt,  meinte  Herr  Canevaro,  verspräche  jedoch 
nur  dann  sicheren  Erfolg,  wenn  er,  was  die  erste  Hälfte,  nämlich  die 
Aufforderung  an  den  Sultan  anlange,  von  Berlin  und  Wien  unter- 
stützt würde. 

Pückler 

Nr.  3300 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  von 
Derenthall  an  den  Botschafter  in  Wien  Grafen  zu  Eulenburg 

Telegramm 
Konzept   von    der    Hand   des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstejn 

Nr.  215  Berlin,  den  17.  September  1898 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  213**  zu  Ew.  pp.  Orientierung. 

Der  italienische  Botschafter  hat  nunmehr  den  Inhalt  eines  Tele- 
grammes  des  italienischen  Ministers  des  Äußeren  an  die  italienischen 
Vertreter  in  Petersburg,  London  und  Paris  hier  mitgeteilt,  wonach  die 
italienische  Regierung  vorschlägt,  die  vier  Mächte  sollten  noch  einen 
letzten  entscheidenden  Schritt  bei  der  Pforte  unternehmen,  um  inner- 
halb einer  gewissen  Frist  die  Zurückziehung  der  türkischen  Behörden 
und  Truppen  von  der  Insel  und  dadurch  deren  völlige  Überantwortung 
an  die  vier  Mächte  zu  erlangen,  wogegen  die  vier  Mächte  den  Fort- 
bestand der  Souveränität  des  Sultans  sowie  die  Sicherheit  und  das 
Eigentum  der  Muhamedaner  garantieren  sollten. 

Oraf  Lanza  hat  auftragsgemäß  mündlich  hinzugefügt,  zum  Erfolg 
eines  solchen  Kollektivschrittes  würde  es  wesentlich  beitragen,  wenn 


*  Italienischer  Minister  des  Äußern  in  dem  Ende  Juni  1898  gebildeten  Kabinett 

Pelloux. 

**  Durch   Telegramm    Nr.    213   vom    16.    September   war   Graf    Eulenburg   das 

Telegramm    des    Geschäftsträgers   Grafen    Pückler   vom    15.    September     (siehe 

Nr.  3299)  mitgeteilt  worden. 

502 


die  Kabinette  von  Berlin  und  Wien  sich  demselben  anschlössen,  mit 
welcher  Anregung  die  italienische  Regierung  indessen  keineswegs  be- 
absichtige, die  Kaiserliche  Regierung  im  übrigen  wieder  in  die  Kreta- 
angelegenheiten hineinzuziehen. 

Der  russische  Geschäftsträger  hat  sich  sodann  bei  mir  mit  Inter- 
esse nach  der  Aufnahme  erkundigt,  welche  die  italienische  Eröffnung 
hier  gefunden  habe. 

Ich  habe  die  italienische  Anregung  lediglich  ad  referendum  ge- 
nommen und  dies  auch  dem  russischen  Vertreter  mitgeteilt. 

Ob  vorstehendes  noch  dem  Herrn  Staatssekretär  mitzuteilen  nötig 
ist,  darf  ich  je  nach  dem  Ergebnis  Ihrer  Besprechung  mit  demselben 
auf  Grund  meines  Telegrammes  Nr.  213  Ihrem  Ermessen  überlassen. 

v.  Derenthall 


Nr.  3301 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Semmering,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  65  Semmering,  den  18.  September  1898 

Nachdem  wir  uns  von  der  kretensischen  Angelegenheit  zurück- 
gezogen haben,  können  wir  nicht  wieder  in  dieselbe  einspringen,  nur 
um  den  Sultan  zu  drangsalieren,  und  ohne  Gewähr  hinsichtlich  der 
Konsequenzen,  welche  ein  solcher  Umschwung  unsrer  Politik  für  die 
weitere  Entwickelung  der  Dinge  auf  Kreta  und  im  Orient  nach  sich 
ziehen  könnte.  An  einer  gemeinsamen  Pression  auf  die  Pforte  ver- 
mögen wir  uns  ebensowenig  zu  beteiligen  wie  derselben  zu  raten, 
ihre  Truppen  aus  Kreta  zurückzuziehen.  Ein  solcher  Ratschlag  würde 
immer  eine  Verantwortung  involvieren,  die  wir  in  einer  uns  so  wenig 
interessierenden  Angelegenheit  wie  die  kretensische  nicht  zu  über- 
nehmen in  der  Lage  sind.  Andrerseits  werden  wir  dem  Sultan  auch 
nicht  von  der  Zurückziehung  seiner  Truppen  aus  Kandia  abraten  oder 
denselben  irgendwie  zum  Widerstand  gegen  die  Forderungen  der  in 
Kreta  direkt  interessierten  Mächte  ermutigen.  Unsre  Haltung  bleibt 
nach  allen  Seiten  hin  eine  wohlwollend  reservierte,  ich  habe  mich 
gestern  in  diesem  Sinne  gegenüber  Graf  Goluchowski  ausgesprochen, 
welcher  meinem  Standpunkt  beitrat  und  dieselbe  Verhaltungslinie  ein- 
halten will,  da  das  Wiener  Kabinett  nach  früher  gemachten  Erfahrun- 
gen nicht  die  mindeste  Lust  empfinde,  sich  wieder  in  die  kretensische 
Streitfrage  einzumischen.  Ich  bitte,  die  Anregung  des  Admirals  Canevaro 
nach  Maßgabe  vorstehender  Andeutungen  in  für  den  italienischen 
Minister  des  Äußern  und  Italien  freundlichster  Form  zu  beantworten. 

Bülow 

503 


Nr.  3302 

Aufzeichnung  des  Stellvertretenden  Staatssekretärs  des  Auswärtigen 

Amtes  von  Derenthall 

Eigenhändig 

Berlin,  den  20.  September  1898 

Der  französische  Geschäftsträger  *  besuchte  mich  heute,  um  namens 
seiner  Regierung  die  Bitte  auszusprechen,  wir  möchten  uns  dem  in 
Konstantinopel  beabsichtigten  Schritt  der  in  Kreta  interessierten  vier 
Mächte  wegen  Zurückziehung  der  türkischen  Truppen  und  Beamten 
von  der  Insel  anschließen  oder  denselben  wenigstens  unterstützen. 
Begründet  wurde  die  Bitte  damit,  daß  die  Pforte  sich  nur  fügen  werde, 
wenn  sie  sich  dem  vereinigten  Willen  der  sechs  Mächte  gegenübersehe. 

Ich  habe  Herrn  Boutiron  erwidert,  daß  der  gleiche  Wunsch  uns 
bereits  italienischerseits  ausgesprochen  worden  sei,  und  habe  ihm  nach 
Anleitung  und  im  Sinne  des  Telegramms  des  Herrn  Staatssekretärs 
vom  18.  d.  Mts.**  auseinandergesetzt,  daß  und  weshalb  wir,  nachdem  wir 
uns  einmal  von  jedem  Mittun  in  Sachen  Kretas  zurückgezogen  hätten, 
nicht  wieder  aus  unserer  Zurückhaltung  heraustreten  könnten.  Dabei 
habe  ich  besonders  betont,  daß  wir  uns  nach  beiden  Seiten  gleich 
passiv  verhalten  würden,  uns  also  weder  an  einer  Pression  auf  die 
Pforte  direkt  oder  indirekt  beteiligen  noch  die  Pforte  irgendwie  in 
ihrem  Widerstand  bestärken  würden. 

Von  Interesse  vvar  mir  die  große  Ratlosigkeit,  in  der  sich  die  vier 
Mächte  nach  Herrn  Boutirons  Eingeständnis  zu  befinden  scheinen.  Der 
Geschäftsträger  ließ  durchblicken,  daß  Frankreich  und  Rußland 
unserm  Beispiel  nur  deshalb  nicht  folgen  könnten,  weil  sie  England  und 
dem  ihm  befreundeten  Italien  nicht  trauten  und  beide  nicht  füglich 
allein  auf  der  Insel  schalten  lassen  könnten. 

v.  Derenthall 

Nr.  3303 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 

Nr.  398  St.  Petersburg,  den  2.  Oktober  1898 

Graf  Lamsdorff  ***,  dem  die  Zustände  in  Kreta  eine  ernste  Besorgnis 
einflößen,  und  der  sich  volle  Rechenschaft  ablegt,  daß  die  vier  Mächte 
in   eine   Sackgasse   geraten  sind,    möchte  natürlich   die   Unterstützung 


*  Boutiron. 

"  Siehe  Nr.  3301. 

***  Adjunkt  des  Grafen  Murawiew. 

504 


Deutschlands  und  Österreich-Ungarns  haben,  um  mit  großem  Nach- 
druck in  Jildis  die  freiwillige  Zurückziehung  der  türkischen  Truppen 
aus  Kreta  zu  verlangen,  auf  die  sie  doch  nicht  rechnen  können.  Graf 
Lamsdorff  hat  mir  einige  schwache  darauf  bezügliche  Andeutungen 
gemacht,  die  ich  aber  mit  solcher  Entschiedenheit  und  markierter  Gleich- 
gültigkeit von  mir  wies,  daß  er  es  aufgegeben  hat,  mir  gegenüber  diesen 
Gegenstand  wieder  zu  berühren. 

Graf  Lamsdorff  hat  nun  sein  Glück  mit  dem  österreichischen  Ge- 
schäftsträger versucht,  und,  wie  mir  Graf  Szechenyi  sagte,  hervor- 
gehoben, wie  unangenehm  es  die  russische  Regierung  berühre  zu 
sehen,  daß  die  beiden  Mächte  sich  nicht  an  dem  Schritte  der  vier 
anderen  Mächte  in  Konstantinopel  beteiligen  wollen,  da  man  hier  das 
größte  Gewicht  gerade  auf  das  Prestige  des  gemeinsamen  Vorgehens 
der  drei  Kaiser  lege.  Im  Laufe  der  Unterhaltung  mit  dem  österreichi- 
schen Geschäftsträger  kam  Graf  Lamsdorff  auf  die  Kandidatur  des 
Prinzen  Georg  zu  sprechen  und  meinte,  der  Botschafter  Graf  Kapnist 
habe  die  Sache  in  Wien  verfahren.  II  n'a  pas  su  tourner  la  chose.  Der 
Botschafter  wäre  beauftragt  worden,  die  Ansicht  des  österreichisch- 
ungarischen Kabinetts  einzuholen,  nicht  aber  die  Kandidatur  des  Prin- 
zen Georg  als  einen  russischen  Vorschlag  hinzustellen.  „Ce  n'etait 
donc  qu'une  Suggestion.  Ainsi  vous  voyez,"  hätte  Graf  Lamsdorff  hin- 
zugefügt, „que  nous  n'avons  pas  force  cette  candidature,"  welche 
letztere  er  übrigens  trotz  aller  gemachten  Einwendungen  als  eine  über- 
aus glückliche  Idee  bezeichnete,  denn  sie  hätte  die  Griechen  mit  Stolz 
erfüllt  und  zur  Ruhe  verholfen. 

Ich  glaube,  die  Äußerungen  des  Grafen  Lamsdorff  an  Graf  Sze- 
chenyi weitergeben  zu  sollen,  weil  es  eine  Bekräftigung  der  Ansicht 
ist,  daß  die  Russen  in  der  Befürchtung  vor  einer  isolierten  Aktion  der 
Engländer  in  Kreta  weitergegangen  sind,  als  sie  ursprünglich  wollten, 
und  wie  sehr  sie  unsere  Unterstützung  auch  in  dieser  Frage  brauchen. 
Charakteristisch  ist  auch  die  Anschuldigung  des  Grafen  Kapnist,  der 
dem  Grafen  Lamsdorff  ebenso  wie  dem  Grafen  Murawiew  ein  Dorn 
im  Auge  ist.  Radolin 

Nr.  3304 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  399  St.  Petersburg,  den  4.  Oktober  1898 

Der  österreichische  Geschäftsträger*  hat  mir  einen  von  ihm  so- 
eben an  seine  Regierung  erstatteten,  die  Kretafrage  betreffenden  Be- 


*  Graf  Szechenyi. 

505 


rieht  mitgeteilt,  aus  dem  ich  nachstehendes  Euerer  Durchlaucht  zu 
melden  mich  beehre,  da  der  Bericht  einerseits  ein  Bild  von  der  hier  in 
den  maßgebenden  Kreisen  hinsichtlich  dieser  Frage  bestehenden  Auf- 
fassung gibt  und  auch  wegen  der  Beurteilung,  welche  die  Situation 
seitens  des  Grafen  Szechenyi  erfährt,  Beachtung  verdient. 

Graf  Szechenyi  hatte  mit  dem  Grafen  Lamsdorff  eine  längere  Unter- 
redung, nachdem,  wie  es  heißt,  am  3.  d.  Mts.  der  Befehl  des  Zaren  an 
den  russischen  Botschafter  in  Konstantinopel  eingetroffen  war,  sich 
der  Aktion  der  drei  anderen  Botschafter  anzuschließen. 

Im  Laufe  dieses  Gesprächs  warf  der  österreichische  Geschäftsträger 
die  Frage  auf,  ob  nicht  zu  besorgen  sei,  daß  der  Sultan  durch  Über- 
reichung eines  Ultimatums  in  eine  schwierige  Lage  gebracht  würde, 
deren  Konsequenzen  weit  verderblicher  werden  könnten,  als  es  die 
ganze  Kretafrage  wert  sei.  Falls  Abdul  Hamid  sich  dem  Willen  der 
vier  Mächte  füge,  hätte  er  mit  dem  Islam  zu  rechnen,  der  seit  langer 
Zeit  schon  argwöhnisch  die  Regierungstätigkeit  des  Sultans  beobachte 
und  ihm  allzugroße  Nachgiebigkeit  Europa  gegenüber  vorwerfe1. 
Für  den  anderen  Fall,  daß  der  Sultan  das  Ultimatum  zurückwiese  und 
die  türkischen  Truppen  mit  Gewalt  von  Kreta  entfernt  würden,  müßten 
die  Vertreter  der  vier  Mächte  in  Konstantinopel  eventuell  mit  einer 
religiösen  Bewegung  rechnen 1. 

Graf  Lamsdorff  erwiderte,  wenn  englische  Forderungen  wie  Ab- 
tragung von  Gebäuden  in  Kanea,  Auslieferung  von  Übeltätern  und 
Entwaffnung  von  Baschibosuks  auf  Befehl  des  Sultans  geschehen  konn- 
ten, ohne  einen  Zwischenfall  am  Bosporus  hervorzurufen,  dann  könne 
der  Sultan  auch  ohne  Gefährdung  seiner  Person  den  Befehl  zur  Ab- 
berufung seiner  Truppen  geben2;  an  eine  Gefahr  für  die  fremden 
Vertretungen  könne  er  nicht  glauben,  da  der  Sultan  sich  der  Konse- 
quenzen wohl  bewußt  wäre.  Weit  gefährlicher  würde  für  den  Sultan 
die  Situation  sein,  wenn  seitens  der  erbosten  Insurgenten  infolge  der 
Nichtabberufung  der  türkischen  Truppen  größere  türkische  Massakers 
vorkämen  3,  welchen  der  Großherr  ohnmächtig  zusehen  müßte.  Solche 
Massakers  wären  aber  ausgeschlossen,  wenn  der  Sultan  sich  dem 
Willen  der  vier  Mächte  füge,  nachdem  letztere  seine  Oberhoheit  und 
den  Schutz  der  Muhamedaner  garantiert  hätten4.  Füge  der  Sultan 
sich  nicht,  dann  verlöre  er  auch  seine  Suzeränität,  welche  durch  den 
Akt  der  Verdrängung  seiner  Truppen  durch  die  Großmächte  völlig 
illusorisch  würde5. 

Graf  Szechenyi  sprach  nach  dieser  Unterredung  mit  dem  Grafen 
Lamsdorff  den  englischen  Botschafter  und  fragte  ihn,  wie  und  wo  er 
sich  denn  eine  gemeinsame  Koerizitivmaßregel  denke.  Sir  Charles 
Scott  erwiderte,  daß  diese  sich  ausschließlich  auf  Kreta  beschränken 
würde,  die  internationale  Eskader  müsse  die  türkische  Garnison  auf 
der  Seeseite  blockieren,  die  bewaffneten  Christen  aber  auf  der  Land- 
seite die  Zufuhr  von  Lebensmitteln  abschneiden 6. 

506 


—  Somit  ein  Kooperieren  mit  den  Insurgenten7!  — 
Mir  gegenüber  äußerte  der  österreichische  Geschäftsträger,  wenn 
er  sich  vergegenwärtige: 

1.  eine  Äußerung  des  Grafen  Murawiew:  „aussi  longtemps  que 
les  autres  y  sont,  les  Anglais  ne  peuvent  rien  faire8," 

2.  die  ausdrückliche  Betonung  des  englischen  Botschafters,  daß 
England  zu  weit  engagiert  und  daher  entschlossen  sei,  allein  vorzu- 
gehen, falls  die  andern  nicht  mittäten,  und 

3.  die  erneute  Versicherung  des  lebhaften  Bedauerns  des  Grafen 
Lamsdorff,  das  Prestige  der  drei  Kaiser9  schwinden  zu  sehen, 

so  käme  er  (Graf  Szechenyi)  zur  Schlußfolgerung,  daß  Rußland  neben 
der  Absicht,  in  Kreta  Ordnung  zu  scharfen,  auf  der  Insel  hauptsächlich 
den  Zweck  verfolge,  die  Schritte  Englands  zu  überwachen.  Rußland 
werde  diesmal  in  die  Lage  kommen,  den  Wert  der  „Entente"  mit  uns 
aus  eigener  Erfahrung  kennenzulernen10. 

Ra  doli  n 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Richtig 

2  i 

3  Dagegen  haben  sich  ja  bereits  die  betreffenden]  Europfäischen]  Admirale 
eidlich  verpflichtet  solches  nicht  zuzulassen.  Danach  wird  das  Argument  Lams- 
dorff s  hinfällig,  vorausgesetzt,  daß  nicht  an  den  Russischen]  Admiral  der 
Befehl  ergeht  ein  angestiftetes  Massakre  gewähren  zu  lassen. 

4  na  also!  [die  Worte  „wenn  ...  füge"  sind  vom  Kaiser  eingeklammert.] 

5  dann  wäre  es  aber  eine  Beraubung  des  Sultans  pur  et  simple  durch  die  Kreta- 
mächte, und  das  giebt  für  ihn  klare  Verhältnisse.  Das  versteht  die  islamitische 
Welt,  daß  er  sich  dagegen  nicht  wehren  kann. 

6  und  die  ihres   Besitzes  und   Lebens  garantirten  Türken  massakriren 

7  richtig!! 

es  ist  gradezu  haarsträubend! 

8  Schafskopf!  Die  Briten  lassen  den  andren  das  O  d  i  u  m  des  Rausschmeißens 
und  behalten  aber  das  Land  der  Rausgeschmissenen. 

9  ich  wüßte  nur  von  Einem!    Das  des  Zaren  ist  in  Gefahr! 

10  richtig 
Schlußbemerkung  des   Kaisers: 

Creta  betreffend  und  die  schier  unverständliche  Rolle  der  Russen  dortselbst, 
sagte  mir  gestern  Abend  Großfürstin  Wladimir,  die  ganze  Cretaaffaire  mache 
der  Zar  ganz  contre  coeur,  und  seine  an  sich  unhaltbare  Politik  dort  sei  der 
Erfolg  eines  Versprechens  an  seine  beschränkte  Mutter,  welche  es  ihm  nach 
schweren  heftigen  Szenen  und  Kämpfen  abgerungen  habe!  Er  handle  so,  um 
endlich  in  seinem  Hause  und  Familie  Ruhe  zu  haben,  die  die  Kaiserin  Mutter 
auf  da-,  unangenehmste  gestört  hatte!  Der  arme  Herr!  Er  wird  an  meine 
Warnungen  denken,  und  es  bitter  bereuen,  Unterrockspolitik  gemacht  zu  haben, 
wenn  erst  mit  seiner  Hülfe  die  Briten  fest  in  Creta  sitzen!  Die  Freude  darüber 
wird  auch  bei  der  nation  amie  et  alliee  eine  sehr  getheilte  sein,  und  die  Wärme 
für    Rußland   nicht   vermehren! 

507 


Nr.  3305 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  416  Therapia,  den  7.  Oktober  1898 

Vor  dem  heutigen  Selamlik  teilte  mir  der  Oberzeremonienmeister 
Munir  Pascha  mit,  der  Sultan  habe  ihn  beauftragt,  mir  zu  sagen,  wenn 
auch  Deutschland  sich  bezüglich  der  Kretafrage  zurückgezogen  habe, 
möge  ich  doch  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  die  Bitte  übermitteln,  bei 
den  vier  Mächten  dafür  einzutreten,  daß  die  Note,  welche  in  schroffer 
Form  eine  ungerechte  Forderung  an  ihn  stelle*,  gemildert  werde,  auch 
möge  ich  bei  meinen  Kollegen  in  demselben  Sinne  tätig  sein. 

In  meiner  auf  das  Selamlik  folgenden  Audienz  hat  der  Sultan  die 
kretensische  Frage  nicht  berührt. 

Marschall 

Nr.  3306 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 
von   Richthoien   an    den    Staatssekretär   Bernhard   von    Bülow, 

z.  Z.  in  Jerusalem** 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  85  Berlin,  den  2.  November  1898 

Der  Kaiserliche  Geschäftsträger  in  Konstantinopel***  telegraphiert: 
„Auf  Befehl  des  Sultans  hat  der  Minister  des  Äußern  mich  ersucht, 
die  Kaiserliche  Regierung  zu  bitten,  sich  bei  den  vier  Mächten  dahin 
zu  verwenden,  daß  von  den  türkischen  Forderungen  betreffend  Auf- 
rechterhaltung der  türkischen  Souveränität  in  Kreta  wenigstens  das 
Recht,  kleine  Garnisonen  in  befestigten  Plätzen  als  äußeres  Zeichen  der 
Souveränität  zu  belassen,  erreicht  werde.  Der  Sultan  hält  die  Ge- 
währung dieser  Forderung  für  nötig,  um  sein  Prestige  in  den  Augen 
der  muselmännischen  Bevölkerung  zu  bewahren. 

Ich  habe  dem  Minister  geantwortet,  daß  ich  den  Wunsch  Seiner 
Majestät  übermitteln  würde,  es  mir  aber  für  die  Kaiserliche  Regierung 
schwer  erscheine,  in  diesem  Augenblick  in  Verhandlungen  einzugrei- 
fen, von  denen  sie  sich  bisher  ferngehalten  hätte. 


*  Am    4.  Oktober   hatten  die   vier  Mächte  eine   Note   an  die   Pforte   gerichtet, 

welche    die    Zurückziehung    der    türkischen    Truppen    aus    Kreta    binnen    eines 

Monats  verlangte. 

•*  Nr.    3306   und    Nr.    3307   sind   des    Zusammenhanges    wegen    vor    Nr.    3308 

gestellt. 

***  von  Schlözer. 

508 


Wie  ich  vertraulich  höre,  hatte  der  Minister  des  Äußern  schon 
seinerseits  bei  Empfang  des  Großherrlichen  Befehls  diesen  Einwand, 
jedoch  ohne  Erfolg  bei  Seiner  Majestät  dem  Sultan  geltend  gemacht." 

Euere  Exzellenz  bitte  ich  um  Ermächtigung,  Herrn  von  Schlözer 
das  diesseitige  Einverständnis  mit  seiner  Haltung  zu  erkennen  zu  geben. 

Richthof en 

Nr.  3307 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Jerusalem,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.     Entzifferung 
Nr.  89  Jerusalem,  den  3.  November  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  85*. 

Seine  Majestät  sind  mit  vorgeschlagener  Instruktion  an  Herrn 
von  Schlözer  um  so  mehr  einverstanden,  als  sich  allerhöchstdieselben, 
wie  zu  Euer  Hochwohlgeboren  streng  vertraulicher  und  lediglich  per- 
sönlicher Kenntnisnahme  hinzufüge,  seinerzeit  bereits  persönlich  bei 
Kaiser  Nikolaus  im  Sinne  der  Wünsche  des  Sultans  verwendet  hatten**. 

Bülow 


*  Siehe  Nr.  3306. 

**  Vgl.  den  Brief  Wilhelms  II.  an  den  Zaren  vom  20.  Oktober  1898.  Briefe 
Wilhelms  II.  an  den  Zaren  1894—1914,  ed.  W.  Goetz,  S.  313  ff.  In  diesem 
während  des  Aufenthalts  des  Kaisers  in  Stambul  auf  seiner  zweiten  Orient- 
fahrt geschriebenen  Briefe  hat  er  sich  in  der  Tat  aufs  wärmste  des  Sultans 
in  der  Kretafrage  angenommen.  Es  heißt  in  dem  Briefe  u.  a.:  "Therefore  I 
implore  you  to  give  this  matter  once  more  your  most  serious  attention  and  if 
possible  find  means  by  which  you  can  save  the  Sultan  from  a  dangerous 
and  compromising  Situation  envers  ses  sujets  and  solve  the  Cretan  question 
in  a  manner  acceptable  to  him.  Dont  forget  that  his  Army  fought  valiantly  and 
victoriously  for  Crete  at  Larisse  and  Domokos  and  reconquered  the  Province. 
It  would  never  forget  or  forgive  another  Power  the  expulsion  of  their  brothers 
in  Aras  and  their  Master  from  a  reconquered  Province!  What  a  splendid 
opportunity  for  you  to  step  in  and  save  the  Sultan  from  disgrace,  the  world 
from  bloody  war  and  gain  the  gratitude  of  all  Mahometans!  Otherwise  revolu- 
tion  may  come,  and  the  Sultan's  blood  may  one  day  be  at  your  door"! 
An  der  Haltung  der  russischen  Politik  in  der  Kretafrage  hat  der  Appell  Kaiser 
Wilhelms  II.  an  den  Zaren  kaum  etwas  geändert.  Erst  am  14.  Dezember, 
nachdem  die  Ernennung  Prinz  Georgs  zum  Oberkommissar  von  Kreta  durch- 
gedrückt war,  antwortete  Nikolaus  II.  dem  Deutschen  Kaiser,  indem  er  als 
eigentlichen  Grund  für  die  russische  Stellungnahme  in  der  Kretafrage  die 
Eifersucht  auf  England  angab:  "I  am  glad  that  the  Cretan  affair  is  at  last 
nearing  its  end.  You  know  the  reason  why  Russia  had  to  take  such  a  prominent 
part  in  its  Solution  —  at  the  risk  of  damaging  our  good  and  cordial  relations 
with  Turkey  —  the  fear  of  another  Power  establishing  itself  on  the  island 
and  of  course  the  wish  to  put  a  final  stop  to  the  constant  bloodshed.  There 
was   no   other   way   of   settling    the    question    than    sending   George    as    High 

509 


Nr.  3308 

Der  Botschafter  in  Rom  Freiherr  von  Saurma  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.    246  Rom,   den   28.   Oktober  1898 

Die  russische  und  französische  Regierung  haben  sich  durch  ihre 
hiesigen  Vertreter  heute  an  Admiral  Canevaro  mit  dem  Ersuchen  ge- 
wandt, die  italienische  Regierung  möchte  ihrem  Vorschlage,  den  auch 
England  angenommen,  zustimmen:  den  Prinzen  Georg  als  Delegierten 
(Kommissar)  der  Mächte  in  Kreta  einzusetzen,  wodurch  die  Ruhe  da- 
selbst am  besten  aufrechterhalten  werden  könnte.  Da  er  nur  provi- 
sorisch und  nicht  als  definitiver  Generalgouverneur  hingehen  würde, 
so  würde  die  Pforte  wohl  auch  kein  Bedenken  dagegen  haben.  Um 
so  weniger,  da  die  vier  Mächte  einig  darin  seien,  daß  eine  türkische 
Besatzung  als  sichtbares  Zeichen  der  Oberhoheit  des  Sultans  auf 
Kreta  verbliebe.    Italien  hat  seinerseits  zugestimmt. 

Saurma 

Nr.  3309 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  233  Pera,  den  28.  November  1898 

Mit  der  Ernennung  des  Prinzen  Georg  von  Griechenland  zum 
Oberkommissar  für  Kreta  *  hat  die  seit  Jahren  schwebende  kretische 
Frage  einen  vorläufigen  formellen  Abschluß  gefunden.  Die  vier  Mächte, 
welche  die  Verantwortung  für  das  Schicksal  der  Insel  und  ihrer  Be- 
wohner übernommen  haben,  werden  sich  ihrer  politischen  Weisheit 
rühmen,  mit  der  sie  in  wenigen  Monaten  jene  schwierige  Frage  „ge- 
löst" haben;  in  Griechenland  wird  eitel  Freude  herrschen  über  den 
politischen  Erfolg  nach  den  trüben  Tagen  des  vorigen  Jahres,  und  die 
kretischen  Christen  können  sich  rühmen,  allen  anderen  unzufriedenen 
Elementen  des  Ottomanischen  Reichs  das  Vorbild  einer  wohlgelunge- 
nen Insurrektion  gegeben  zu  haben.  Gewiß  trifft  den  Sultan  ein  er- 
heblicher Teil  von  Schuld  an  den  für  ihn  so  unerfreulichen  Ereignissen, 


Commissioner  of  the  4  Powers  —  it  is  a  radical  measure,  b'ut  therefore  the 
only  one  in  my  opinion.  —  Our  troops  shall  remain  there  as  long  as  England 
keeps  her's  on  the  island". 

*  Sie  war,  nachdem  die  Insel  Kreta  seitens  der  vier  Mächte  England,  Italien, 
Rußland  und  Frankreich  in  aller  Form  en  depöt  übernommen  war  und  die 
türkischen  Truppen  gleichzeitig  von  der  Insel  zurückgezogen  waren,  am 
26.  November  auf  drei  Jahre  erfolgt. 

510 


aber  das  vermag  in  den  Augen  eines  unbefangenen  Beobachters  an 
dem  Urteile  nichts  zu  ändern,  daß,  was  heute  auf  Kreta  geschieht,  eine 
schwere,  ja  maßlose  Ungerechtigkeit  ist,  die  den  Sultan  und  die  ganze 
muhamedanische  Welt  aufs  tiefste  verletzen  und  erbittern  muß.  Um 
Kreta  hat  im  vorigen  Jahre  die  Türkei  siegreich  gegen  Griechenland 
gekämpft,  und  heute  betritt  ein  griechischer  Prinz  als  Inhaber  der 
Regierungsgewalt  die  umstrittene  Insel,  und  die  Mission,  auf  türkischem 
Gebiete  Ruhe  und  Ordnung  zu  schaffen,  wird  dem  Prinzen  eines  Landes 
anvertraut,  das  auf  allen  Gebieten  des  öffentlichen  Lebens  das  Bild 
einer  an  Anarchie  grenzenden  Unordnung  gewährt. 

Man  könnte  diese  verletzende  Ungerechtigkeit  milder  beurteilen, 
wenn  nach  menschlicher  Voraussicht  mit  der  Entsendung  des  Prinzen 
Georg  eine  Lösung  der  kretischen  Frage  im  Sinne  eines  allmählichen 
Ausgleichs  der  dort  bestehenden  Gegensätze  angebahnt  wäre.  Das  ist 
nicht  der  Fall.  Nichts  ist  für  diesen  Zweck  vorbereitet;  kein  gesunder 
und  fruchtbarer  Gedanke  wird  seitens  der  Kretamächte  dem  aus- 
gewählten Kommissar  als  Leitmotiv  für  seine  Verwaltung  mitgegeben, 
nur  die  inhaltlose  Phrase  der  Gewährleistung  der  Sicherheit  von  Person 
und  Eigentum  und  der  gleichen  Behandlung  der  verschiedenen  Kon- 
fessionen. Solange  die  Admirale  der  vier  Mächte  Kreta  beherrschten, 
war  von  dieser  schönen  Maxime  nicht  die  Rede.  Herr  Sinowiew*,  ein 
ruhiger  und  scharfblickender  Politiker,  hat  mir  in  einem  vertraulichen 
Gespräch  ganz  offen  gesagt:  „Unsere  Admirale  haben  in  Kreta  nichts 
»anderes  getan,  als  blindlings  die  Wünsche  der  Christen  zu  erfüllen; 
die  Entsendung  des  Prinzen  Georg  ist  eine  Notwendigkeit  geworden, 
weil  die  Christen  keine  andere  Lösung  annehmen,  und  gegen  den  Willen 
der  letzteren  können  wir  nichts  unternehmen. "  So  liegt  die  Sache. 
Die  Muselmanen,  die  Christen  getötet,  sind  hingerichtet  worden,  die 
Christen,  welche  Muselmanen  ermordeten,  sind  frei  ausgegangen  und 
erfreuen  sich  noch  heute  des  geraubten  Besitzes.  Den  Muselmanen 
hat  man  die  Waffen  genommen,  die  Christen  haben  sie  behalten.  Das 
Versprechen  der  letzteren,  Waffen  und  muselmanischen  Besitz  heraus- 
zugeben, wenn  erst  die  türkischen  Truppen  die  Insel  verlassen  haben, 
wird  niemals  eingelöst  werden. 

Man  tritt  dem  Prinzen  Georg  gewiß  nicht  zu  nahe,  wenn  man  den 
Zweifel  ausspricht,  ob  er  die  Erfahrung  und  Befähigung  besitzt,  in 
einem  der  Anarchie  verfallenen  Staatswesen  die  Ruhe  und  Ordnung 
dauernd  herzustellen;  aber  selbst  wenn  er  alle  die  nötigen  Eigen- 
schaften besäße,  so  müßte  seine  Mission  scheitern  an  den  Verhältnissen, 
welche  die  Kretamächte  ihm  auf  Kreta  geschaffen.  Wenn  die  Christen 
als  „Insurgenten"  den  Admiralen  von  vier  Großmächten  ihren  Willen 
oktroyierten,  woher  soll  der  Prinz  die  Kraft  nehmen,  den  Wünschen 
der  „herrschenden  Regierungspartei"  zu  widerstehen?    Er  findet  nach 


Russischer  Botschafter  in  Konstantinopel. 

511 


menschlicher  Voraussicht  als  Regierungsmaxime  einfach  das  „se  sou- 
mettre  ou  se  demettre".  Könnte  man  sich  über  griechische  Dinge  über- 
haupt noch  wundern,  so  wäre  es  darüber,  daß  König  Georg  für  seinen 
Sohn  diese  dornenvolle  und  wenig  würdige  Mission  mit  dankbarer 
Rührung  angenommen  hat. 

Ob  Prinz  Georg  auf  Kreta  Fiasko  erleidet  oder  Lorbeeren  erntet, 
ist  freilich  für  Deutschland  eine  recht  gleichgültige  Sache.  Für  uns 
kommen  nur  die  allgemeinen  politischen  Folgen  in  Betracht,  die  sich 
an  die  jüngsten  Vorgänge  knüpfen.  Und  von  diesem  Gesichtspunkte 
aus  glaube  ich,  daß  von  den  vier  Mächten  ausschließlich  England  in 
der  kretischen  Frage  eine  klare  und  zielbewußte  Politik  verfolgt  hat. 
England  hat  festen  Fuß  auf  der  wichtigen  Insel  gefaßt  und  richtet  sich 
dort  häuslich  ein,  um  so  lange  zu  bleiben,  bis  Ruhe  und  Ordnung 
dauernd  hergestellt  sind.  Die  Voraussicht,  daß  dieser  Zustand  in  Kreta 
niemals  eintreten  wird,  hat  darum  für  die  englischen  Staatsmänner 
bei  ihrer  natürlichen  Abneigung  gegen  die  Aufgabe  einmal  besetzter 
Territorien  nichts  Erschreckendes.  Ebensowenig  wird  sich  Lord  Salis- 
bury  darüber  Sorge  machen,  daß  die  Behandlung  der  kretischen  Frage 
ganz  unausbleiblich  die  revolutionären  Elemente  in  Mazedonien  stärken 
und  zur  Nachahmung  anregen  wird;  eine  Konflagration  auf  der  Balkan- 
halbinsel dürfte  heute  in  London  kaum  als  ein  unerwünschtes  Ereignis 
aufgefaßt  werden.  Endlich  streicht  England  —  und  das  ist  von  der 
größten  Bedeutung  —  als  Hauptgewinn  bei  der  kretischen  Frage  ein, 
daß  die  tiefe  Erbitterung  der  muhamedanischen  Welt  wegen  der  ihr 
gewordenen  Unbill  sich  gleichmäßig  auch  gegen  Rußland  richtet. 
Die  Art,  wie  englische  Staatsmänner,  vor  allem  Lord  Salisbury  selbst, 
den  Sultan  und  die  Muhamedaner  in  den  letzten  Jahren  systematisch' 
verletzten  und  erbitterten,  konnte  so  lange  als  schwerer  Fehler  gelten, 
als  Rußland  dadurch  die  Gelegenheit  geboten  wurde,  durch  Gewinnung 
muselmanischer  Sympathien  seine  Chancen  in  dem  großen  auf  asiati- 
schem Gebiete  liegenden  englisch-russischen  Gegensatze  zu  verbessern. 
Rußland  hat  diesen  englischen  Fehler  großmütig  kompensiert;  die  Er- 
innerung daran,  daß  die  für  jeden  Muselmanen  tief  demütigende  Kan- 
didatur des  Prinzen  Georg  von  russischer  Seite  erfunden  und  betrieben 
wurde,  wird  lange  lebendig  bleiben.  Graf  Murawiew  hat  also  in  der 
kretischen  Frage  englische  Politik  gemacht,  und  zwar  gut  und  gründ- 
lich. — 

Wenn  in  nächster  Zukunft  wieder  einmal  im  Orient  blutige  Kon- 
flikte zwischen  Christen  und  Muselmanen  stattfinden  und  wie  üblich 
die  europäische  Christenwelt  sich  in  die  Brust  wirft  bei  dem  Gedanken, 
daß  wir  doch  bessere  Menschen  sind,  so  wird  es  nützlich  sein,  der  Be- 
handlung der  Kretafrage  zu  gedenken  und  ernst  zu  prüfen,  ob  der  musel- 
manischen Erbitterung  wirklich  fanatischer  Glaubenshaß  oder  nicht 
vielmehr  christliche  Ungerechtigkeit  zugrunde  liegt.      Marschall 


512 


Kapitel  LXXXII 

Die  Mazedonische  Reformfrage     1898—1899 


33    Die  GroCe   Politik.     12.   Bd. 


Nr.  3310 

Der  Generalkonsul  in  Sofia  von  Reichenau  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 
Nr.  44  Sofia,  den  22.  März  1898 

Am  Freitag  den  18.  d.  Mts.  wurde  der  hiesige  russische  Vertreter* 
vom  Grafen  Murawiew  beauftragt,  die  bulgarische  Regierung  darauf 
aufmerksam  zu  machen,  daß  in  St.  Petersburg  eingegangenen  Nach- 
richten zufolge  die  mazedonische  Bewegung  hier  nicht  energisch  genug 
bekämpft  zu  werden  und  daher  eine  bedrohliche  Wendung  anzunehmen 
scheine,  und  die  bestimmte  Erwartung  auszusprechen,  daß  die  hiesige 
Regierung  ihrer  Verantwortlichkeit  voll  bewußt  sein  und  alles  in  ihren 
Kräften  stehende  tun  werde,  um  Verwickelungen  zu  vermeiden.  Herr 
Bachmetiew  wurde  in  dem  befohlenen  Sinne  beim  stellvertretenden 
Minister  der  Auswärtigen  Angelegenheiten**  vorstellig  und  erhielt  die 
bestimmteste  Versicherung,  daß  die  hiesige  Regierung,  von  dem  Gefühl 
ihrer  Verantwortlichkeit  voll  durchdrungen  und  durch  das  warnende 
Beispiel  anderer***  gewitzigt,  zur  Verhinderung  von  Komplikationen 
aus  Anlaß  der  mazedonischen  Frage  ihre  ganze  Kraft  einsetzen  werde. 

Die  Vorstellungen  des  Herrn  Bachmetiew  wurden  tags  darauf  vom 
österreichischen  Vertreter  f  wiederholt,  der  von  seiner  Regierung  auf 
ausdrücklichen  Wunsch  des  Grafen  Murawiew  telegraphisch  angewiesen 
worden  war,  die  Demarche  seines  russischen  Kollegen  zu  unterstützen. 
Herrn  von  Call  wurde  dieselbe  Antwort  zuteil  wie  Herrn  Bachmetiew. 
Bezeichnend  dafür,  wie  die  hiesige  Regierung  bei  ihrem  Verhalten  der 
mazedonischen  Bewegung  gegenüber  fürsorglich  mit  einem  Auge  nach 
ihrer  Popularität  zu  schielen  pflegt,  ist  die  von  meinem  österreichischen 
Kollegen    mir    mitgeteilte    Äußerung    des    Ministers  Theodorow,    die 


•  Bachmetiew    (seit   Ende   Mai    1897). 

**  Finanzminister  Theodorow. 

••*  Anspielung  auf  Griechenlands  Vorgehen  in  der  Kretafrage. 

f  O.  Freiherr  Call  zu  Kulmbach  und  Rosenburg. 


33* 


515 


Regierung  sei  mit  ihrem  Einschreiten  gegen  diese  Bewegung  bereits 
so  weit  gegangen,  daß  sie  von  der  Opposition  und  einem  Teil  der 
öffentlichen  Meinung  der  Konnivenz  mit  der  Türkei  beschuldigt  werde. 

Der  russische  Vertreter,  der  mit  mir  und  meinem  österreichischen 
Kollegen  glaubt,  daß  ernstliche  Verwickelungen  aus  Anlaß  der  maze- 
donischen Frage  für  diesen  Sommer  nicht  zu  befürchten  sind,  und  der 
überdies  —  wenigstens  vorgeblich  —  der  Ansicht  ist,  daß  hier  tatsäch- 
lich alles  geschieht,  um  Komplikationen  zu  vermeiden,  war  von  der 
ihn  verblümt  rektifizierenden  Weisung  aus  St.  Petersburg  wenig  erbaut 
und  führt  sie  auf  aufgeregte  Konsulatsberichte,  tendenziöse  oder  zum 
mindesten  leichtfertige  Expektorationen  von  Zeitungsschreibern,  na- 
mentlich österreichischen,  und  auf  eine  gewisse  Nervosität  des  Grafen 
Kapnist  zurück. 

Herrn  Bachmetiews  Vorstellungen  bei  der  hiesigen  Regierung  wer- 
den meinem  Eindruck  nach  mehr  im  Tone  freundlich-väterlichen  Zu- 
spruchs als  demjenigen  eines  kategorischen  Imperativs  gehalten  ge- 
wesen sein,  was  übrigens  weder  verwunderlich  noch  unklug  sein  dürfte 
mit  Rücksicht  auf  den  politischen  Eiertanz,  z'u  dem  Rußland  hier  ge- 
zwungen ist,  'um  seinen  augenblicklichen  Halt  über  Bulgarien  nicht 
zu  gefährden. 

Der  österreichische  Vertreter  hat,  wie  er  mir  sagte  und  auch  nach 
Wien  berichtete,  seine  Ermahnungen  um  eine  Schattierung  milder  ge- 
stimmt, als  diejenigen  seines  russischen  Kollegen  waren,  da,  fügte  Herr 
von  Call  hinzu,  er  grade  im  jetzigen  Augenblick  sich  nicht  berufen 
fühlt,  hier  russischer  aufzutreten  als  die  Russen. 

Reichenau 


Nr.  3311 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  242  Pera,  den  12.  Dezember  1898 

Vertraulich 

In  den  hiesigen  diplomatischen  Kreisen  bildet  neuerdings  die  maze- 
donische Frage  den  Hauptgegenstand  der  politischen  Konversation. 
Nachdem  von  deutscher  Seite  rechtzeitig  —  aber  vergeblich  —  vor 
einer  revolutionären  Lösung  der  Kretafrage  gewarnt  worden  war,  kann 
ich  jetzt  mit  einer  gewissen  Genugtuung  als  communis  opinio  meiner 
Kollegen  bezeichnen,  daß  die  jüngsten  Vorgänge  in  Kreta  *  eine  natur- 
gemäße Rückwirkung  auf  die  unzufriedene  Völkerschaft  in  Mazedonien 


•  Vgl.  Kap.  LXXXI 
516 


ausüben  müßten  1  und  darin  die  wahre  Gefahr  der  gegenwärtigen  Si- 
tuation liege.  Diese  richtige  Erkenntnis  kommt  leider  post  festum. 
Herr  Sinowiew*,  dem  ich  das  Zeugnis  geben  muß,  daß  er  stets  wider- 
willig die  kretische  Familienpolitik  des  Grafen  Murawiew  mitgemacht 
hat,  pflegt  mir,  so  oft  er  mit  mir  zusammentrifft,  seine  schweren  Besorg- 
nisse über  die  Lage  in  Mazedonien  anzuvertrauen,  und  mein  öster- 
reichisch-ungarischer Kollege**  tut  desgleichen.  Beide  haben  wieder- 
holt im  Palais  Schritte  getan,  um  den  Sultan  zu  energischen  Maßregeln 
bezüglich  der  albanesisch-serbischen  Streitigkeiten  zu  bewegen,  und 
ich  selbst  bin  von  diesen  Kollegen  schon  vor  die  Frage  gestellt  worden, 
ob  ich  nicht  ebenfalls  dem  Sultan  in  derselben  Richtung  Ratschläge 
geben  wolle?  Ich  pflege  mit  der  Frage  zu  antworten,  was  denn 
eigentlich  der  Sultan  tun  solle?  Und  darauf  habe  ich  bis  jetzt  eine  ge- 
nügende Antwort  nicht  erhalten.  Mit  allgemeinen  Redensarten:  Her- 
stellung von  Ruhe  und  Ordnung,  Bestrafung  der  Übeltäter,  Ergreifung 
energischer  Maßregeln  usw.  ist  gar  nichts  gesagt.  In  einem  von  Re- 
volutionären der  verschiedensten  Gattung  systematisch  unterwühlten 
Lande  sind  alle  jene  schönen  Dinge  ohne  Blutvergießen  nicht 
möglich.  Und  bei  der  Farbenblindheit,  die  einzelnen  Großmächten  und 
ihren  Agenten  insofern  eigen  ist,  als  sie  niemals  das  vergossene  musel- 
manische Blut,  sondern  stets  nur  Christenblut  sehen  2,  begreife  ich,  daß 
der  Sultan  jenen  wohlmeinenden  Ratschlägen  skeptisch  gegenübersteht 
und  vor  durchgreifenden  Maßregeln  zurückschreckt.  Ganz  müßig  ist 
der  hohe  Herr  nicht,  er  verstärkt  seine  Militärmacht  in  Mazedonien, 
und  ich  wüßte  im  Augenblick  nicht,  was  er  klügeres  tun  könnte. 

Über  die  serbisch-albanesischen  Streitigkeiten  vermag  ich  mir  ein 
eigenes  Urteil  nicht  zu  bilden.  Es  ist  möglich,  daß  Herr  Sinowiew  durch 
seinen  Agenten  richtig  informiert  wurde,  es  ist  aber  ebenso  möglich, 
daß  der  betreffende  Herr  durch  eine  trübe  Brille  gesehen  hat,  die  be- 
kanntlich viele  Russen  im  Oriente  tragen.  Auf  alle  Fälle  liegt  die  eigent- 
liche Gefahr  nicht  in  den  lokalen  Differenzen  zwischen  Serben  und 
Albanesen,  sondern  in  der  Haltung  der  Bulgaren.  Alles,  was  in 
Mazedonien  vorgeht,  erhält  seine  Bedeutung  wegen  der  Rückwirkung 
auf  bulgarische  Aspirationen.  Die  mazedonische  Frage  ist  die  bulga- 
rische Frage.  Ob  die  Regierung  in  Sofia,  wenn  sie  die  revolutionären 
Treibereien  in  Mazedonien  duldet,  der  schiebende  oder  der  geschobene 
Teil  ist,  —  ob  sie  Geld  zur  Kriegführung  besitzt  oder  nicht,  ob  Fürst 
Ferdinand  und  seine  Ratgeber,  wenn  sie  von  schönen  Worten  über- 
fließen, ihr  wahres  Gesicht  zeigen  oder  nicht,  —  alles  das  scheinen  mir 
recht  gleichgültige  Dinge  zu  sein.  Tatsache  bleibt,  daß  jene  Treibe- 
reien in  stets  sich  steigerndem  Maße  fortgesetzt  werden,  und  kein 
Bulgare  wird  die  Richtigkeit  des  Satzes  bestreiten,  daß,  wenn  es  in 


*  Russischer  Botschafter  in  Konstantinopel. 
**  Freiherr  von  Calice. 


517 


Mazedonien  losgeht,  auch  Bulgarien  losschlagen  muß.  Gerade  für 
die  revolutionäre  Bewegung  von  dieser  Seite  aus  bietet  der  Vergleich 
der  kretischen  Frage  so  manche  Analogien  und  in  der  Haltung  von 
vier  Großmächten  das  denkbar  erwünschteste  Präzedens.  Ich  kann  mir 
denken,  daß  die  Bulgaren,  wenn  ihre  Revolution  in  Mazedonien  von 
großmächtlicher  Seite  mit  gleicher  Liebe  und  Fürsorge  behandelt  wird, 
wie  dies  in  Kreta  der  Fall  war,  sich  vorerst  mit  einem  „Oberkommis- 
sar" der  Mächte  für  Mazedonien  begnügen  würden;  die  Ereignisse  von 
1885  haben  bewiesen,  daß  man  in  einer  Nacht  selbst  den  General- 
gouverneur einer  autonomen  Provinz  beseitigen  kann,  ohne  daß  die 
Mächte,  die  ihn  bestätigten,  einen  ernstlichen  Einspruch  dagegen  er- 
heben *. 

Nach  dem  Gesagten  kann  ich  nur  eine  früher  ausgesprochene  An- 
schauung dahin  bestätigen,  daß  die  Katastrophe  in  Mazedonien  eine 
Frage  der  Zeit  ist  und  ihr  Eintritt  von  Strömungen  und  Stimmungen 
erregter  Massen,  also  von  unberechenbaren  Faktoren  abhängt.  Sie  ist 
durch  den  Verlauf  der  kretischen  Frage  nach  menschlicher  Berechnung 
erheblich  gefördert  worden,  aber  eine  bestimmte  Vorhersage  über  den 
Zeitpunkt  würde  nur  in  dem  Falle  möglich  sein,  wenn  dem  Sultan  etwa 
von  großmächtlicher  Seite  eines  jener  Reformprojekte  oktroyiert  würde  3, 
welche  stets  auf  Lager  sind.  Auf  Reformprojekte  folgt  erfahrungsgemäß 
das  Massaker,  und  das  wäre  für  Mazedonien  das  Signal  zum  Ausbruch. 
An  der  geschilderten  Sachlage  werden  auch  die  ernstesten  russischen 
und  österreichisch-ungarischen  Ermahnungen  in  Sofia  und  die  besten 
Ratschläge  in  Jildis-Kiosk  nichts  ändern.  Seit  der  Kandidatur  des  Prin- 
zen Georg  bin  ich  zudem  nicht  frei  von  einem  gewissen  Mißtrauen, 
ob  die  russische  Abneigung  gegen  Veränderungen  auf  der  Balkan- 
halbinsel heute  noch  auf  der  Höhe  der  amtlichen  Versicherungen  steht, 
und  ob  nicht  die  russische  Orientpolitik  überhaupt  zu  einem  „un- 
berechenbaren Faktor"  geworden  ist.  Um  Bulgarien  in  einer  konser- 
vativen Bahn  zu  erhalten,  ist  jedenfalls  so  ziemlich  das  ungeeignetste 
Werkzeug  Herr  Bachmetiew,  der  wie  manche  russische  Diplomaten  bei 
der  Wahl  zwischen  der  offiziellen  russischen  Politik  mit  ihren  öffent- 
lich proklamierten  Friedensinteressen  und  zwischen  der  offiziösen 
mit  ihren  panslawistischen,  orthodoxen  und  Familieninteressen  für  die 
letztere  optiert  hat,  vermutlich  weil  er  diese  als  die  stärkere  und  für 
die  Karriere  vorteilhaftere  erachtet.  Ich  kann  mich  auch  der  Ver- 
mutung nicht  erwehren,  daß  Fürst  Ferdinand  als  guter  Geschäftsmann 
für  die  Schande,  die  er  über  sich  und  seine  Armee  durch  die  Wieder- 
aufnahme hochverräterischer  Offiziere**  gebracht  hat,  sich  als  Gegen- 


*  Vgl.  Bd.  V,  Kap.  XXX.  Bei  dem  Ausbruch  der  Revolution  in  Ostrumelien 
(18.  September  1885)  hatten  die  Aufständischen  den  türkischen  Generalgouver- 
neur Chrestowitsch  gefangengenommen. 

**  Gelegentlich  des  Besuchs  des  bulgarischen  Fürstenpaars  in  Petersburg 
(21. — 23.  Juli  1898)  war  den  emigrierten  bulgarischen  Offizieren  die  bis  dahin 

518 


gäbe  etwas  Greifbareres  als  wohlwollende  Redensarten  erhandelt  hat, 
und  endlich  ist  für  die  mit  großem  Pomp  beabsichtigte  Einweihung 
des  Denkmals  von  St.  Stefano  *  der  gegenwärtige  Zeitpunkt  russischer- 
seits  doch  recht  unvorsichtig  gewählt.  Die  „befreiten  Brüder",  die  in 
Scharen  aus  Bulgarien  zu  dieser  Feier  heranströmen,  werden  sich  nicht 
der  sentimentalen  Rührung  über  die  gefallenen  Befreier,  deren  Knochen 
in  einem  Ossuarium  gesammelt  sind,  hingeben,  sondern  dem  Gedanken 
an  das  große,  bis  zum  Ägäischen  Meer  reichende  Bulgarien,  dessen 
Grenzen  der  Zarbefreier  einst  in  St.  Stefano  gezogen  hat;  darum  wird 
diese  Feier  der  Bewegung  neue  Nahrung  zuführen,  welche  der  Ver- 
wirklichung großbulgarischer  Pläne  bestimmt  ist. 

Überrascht,  aber  nicht  beruhigt  hat  mich  die  Bestimmtheit,  mit 
welcher  mein  russischer  Kollege  mir  gegenüber  wiederholt  den  Satz 
ausgesprochen  hat,  daß,  wenn  ein  Massaker  in  Mazedonien  verübt  wird, 
„die  Intervention  der  Mächte  unausbleiblich  sei".  Als  Warnung  für  die 
hiesigen  Machthaber  mag  dieser  Satz  ganz  nützlich  sein,  aber  für  die 
Bulgaren,  denen  Herr  Bachmetiew  sicher  kein  Geheimnis  daraus 
machen  wird,  enthält  er  die  Bestätigung,  daß  sie  mit  ihrem  revolutio- 
nären Treiben  auf  dem  rechten  Wege  zu  ihrem  Ziele  sind.  Die  Ent- 
rüstung über  türkische  „atrocities"  war  bisher  eine  englische  Speziali- 
tät, wobei  die  Humanität  der  Politik  Vorspanndienste  zu  leisten  hatte, 
und  diese  Politik  war  sicher  nicht  auf  Erhaltung  des  Status  quo  auf 
der  Balkanhalbinsel  gerichtet.  Herr  Sinowiew  ist  ein  zu  ernster  und 
kluger  Staatsmann,  um  nicht  zu  wissen,  daß  eine  bewaffnete  Inter- 
vention in  Mazedonien  ein  sehr  schwieriges  und  für  die  Kontinental- 
mächte recht  gefährliches  Unternehmen  ist.  Die  Dinge  liegen  dort  doch 
wesentlich  anders  als  in  Kreta.  Während  die  kretischen  Christen  we- 
nigstens ad  hoc  einig  waren,  besteht  zwischen  den  verschiedenen  christ- 
lichen Nationalitäten  Mazedoniens,  den  Bulgaren,  Serben,  Griechen, 
Montenegrinern,  Kutzowallachen  usw.  infolge  von  politischen,  wirt- 
schaftlichen und  religiösen  Gegensätzen  eine  erbitterte  Feindschaft, 
und  die  Provinz  ist  umgeben  von  Staaten,  die  sich  mit  jenen  Gegen- 
sätzen und  den  daraus  hervorgehenden  Agitationen  identisch  fühlen. 
Wie  es  in  den  großen  christlichen  Heiligtümern  des  gelobten  Landes  der 
türkischen  Wachen  bedarf,  um  die  Christen  gegen  sich  selbst  zu 
schützen,  so  fiel  der  türkischen  Staatsgewalt  bisher  die  Aufgabe  zu, 
den  offenen  Kampf  zwischen  den  christlichen  Nationalitäten  Maze- 
doniens niederzuhalten4.  Mit  der  Beseitigung  der  türkischen  Herr- 
schaft würde  also  die  mazedonische  Frage  nicht  gelöst,  man  kann  im 
Gegenteil  sagen,  daß  dann  das  mazedonische  Problem  mit  allen  seinen 
Gefahren  erst  aktuell  sein  wird.    Wie  die  Mächte  es  anfangen  sollen, 


hartnäckig  verweigerte  Rückkehr  gestattet  worden;  sie  wurden  nunmehr  wieder 
in  die   Armee  eingestellt.    Vgl.   Nr.   3337. 
*  Die   Feier   fand  am    18.  Dezember  statt. 

519 


inmitten  einer  fieberhaften  Bewegung  der  Balkanvölker  alle  die  zahl- 
losen Fragen  nationaler,  politischer  und  religiöser  Natur,  welche  jenes 
Problem  darstellen,  im  Wege  einer  Verständigung  zu  lösen,  bleibt  mir 
vorläufig  umsomehr  ein  Rätsel,  als  an  die  mazedonische  sich  un- 
mittelbar die  albanesische  Frage  knüpfen  und  damit  die  Gefahr  eines 
weiteren  ernsten  Differenzpunktes  zwischen  den  Großmächten  hervor- 
treten wird.  Ich  kann  mir  wohl  denken,  daß  die  beteiligten  Mächte 
sich  über  das  Hinein  gehen  nach  Mazedonien  einigen,  aber  wie  es 
ohne  ernste  Komplikationen  mit  dem  Herausgehen  werden  wird, 
ist  mir  recht  zweifelhaft. 

Aus  den  vorstehenden  Erwägungen  gelange  ich  zu  dem  Schluß, 
daß  es  trotz  aller  Fehler,  die  man  hier  begeht,  für  die  Türkei  schwerer 
sein  wird,  Mazedonien  Zu  verlieren,  wie  Kreta.  Als  den  größten  Fehler 
der  hiesigen  Politik  betrachte  ich,  daß  man  glaubt,  die  Bulgaren  durch 
Konzessionen  zu  beruhigen.  Statt  die  den  Bulgaren  feindlichen,  aber 
für  die  Türkei  weniger  gefährlichen  Nationalitäten  wie  die  Serben  zu 
gewinnen,  stößt  man  diese  vor  den  Kopf  und  weicht  vor  den  An- 
maßungen Bulgariens  Schritt  für  Schritt  zurück.  Herr  Markow*  ver- 
kehrt mit  der  Pforte  nur  noch  in  der  Form  von  Ultimatums,  die  trotz 
der  unverschämten  Sprache,  in  der  sie  abgefaßt  sind,  ihre  Wirkung 
nie  versagen.  Man  hat  hier  eben  Angst  vor  den  Bulgaren  wegen  ihrer 
militärischen  Stärke,  aber  die  Angst  ist  allezeit  ein  schlechter  politischer 
Ratgeber  gewesen. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Das  haben  wir  ja  bis  zum  Uebel  werden  im  vergangnen  Jahre  stehend 
wiederholt 

2  richtig 

3  das  mache  ich  unter  keinen  Umständen  mit 
*  richtig 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 
Gut 


Nr.  3312 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats  von   Holstein 

Nr.  842  Berlin,  den  30.  Dezember  1898 

[abgegangen   am    31.    Dezember] 

Die  russisch-englische  Rivalität,  durch  welche  die  Türkei  seit  mehr 
als  60  Jahren  ihr  Dasein  fristet,  ist  in  den  neuesten  Phasen  der  Kreta- 


*  Bulgarischer   diplomatischer    Agent   in    Konstantinopel. 
520 


frage*  nicht  mehr  bemerkbar  gewesen,  während  noch  zur  Zeit  der  ar- 
menischen Massakers  Rußland  eine  feste  Sonderstellung  gegenüber 
englischen  und  selbst  französischen  Reform-  und  Racheplänen  einnahm. 

Der  jetzt  auf  Kreta  erzielte  Erfolg  ist  ganz  geeignet,  die  Engländer 
zu  weiterem  Vorgehen  auf  derselben  Bahn  zu  ermutigen.  Sie  haben, 
wie  Ew.  in  Ihrem  Bericht  Nr.  233  vom  28.  v.  Mts.  *•  hervorheben,  bisher 
allein  eine  sichtbare  Machterweiterung  auf  und  durch  Kreta  erreicht, 
gleichwohl  aber  einen  Teil  des  muhamedanischen  Hasses  von  sich 
auf  Rußland  abgelenkt.  Wenn  es  den  Engländern  gelingt,  die  Russen 
nun  auch  zum  gemeinsamen  Vorgehen  in  der  mazedonischen  Frage 
zu  bewegen,  dann  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  daß  Lord  Salisbury 
das  eine  Hauptziel  seiner  Politik,  die  Zerlegung  und  Verteilung  der 
Türkei,  trotz  seiner  Kränklichkeit  noch  erlebt.  Sollte  dieses  Ereignis 
sich  verwirklichen,  so  würde  Rußland  zu  wählen  haben  zwischen  dem 
Besitz  der  Meerengen  und  der  französischen  Freundschaft.  Ew.  Ex- 
zellenz wird  aus  einer  früheren  Phase  der  Kretaangelegenheit  noch 
die  Bemerkung  des  Ministers  Hanotaux  in  Erinnerung  sein,  daß  das 
Auftauchen  der  Meerengenfrage  zuviel  für  die  französischen  Nerven 
sein  würde  (ga  serait  trop  gros  pour  nous).  Die  klare  Erkenntnis 
dieser  Sachlage  war  es  wohl  auch,  welche  die  russische  Regierung  seit 
20  Jahren  veranlaßt  hatte,  sich  zum  Beschützer  der  Türkei  zu  machen. 

In  diesem  Jahre  ist  aber  die  russische  Politik  schwankend  ge- 
worden, vielleicht  weil  dynastische  Empfindungen  und  Augenblicks- 
impulse stärker  wirkten  als  Tradition  und  sachliche  Erwägung. 

Die  deutsche  Politik  würde,  von  sachlichen  Erwägungen  geleitet, 
einen  Balkankonflikt  zunächst  in  ruhiger  Zuschauerrolle  beobachten 
können.  Indessen  ist  gegenwärtig  unsre  Stellung  dadurch  etwas 
schwieriger  geworden,  daß  wir  namentlich  infolge  unsrer  schnell 
wachsenden  türkischen  Handelsverbindungen  für  die  europäischen 
Mächte  ein  Gegenstand  grundlosen  Mißtrauens,  für  die  Türken  aber 
ein  Thema  gefährlicher  Illusionen  und  Phantasien  geworden  sind.  Um 
so  größer  ist  unser  Interesse,  über  den  Wärmegrad  russisch-englischer 
Beziehungen  am  Bosporus  sowie  über  die  Momente,  welche  dabei 
auf  die  Temperatur  einwirken,  fortlaufend  unterrichtet  zu  sein. 

Andrerseits  sehe  ich  kein  Bedenken  dagegen,  daß  Ew.  mit  Ihrem 
russischen  Kollegen,  über  dessen  staatsmännisches  Urteil  ich  die 
gleiche  Ansicht  habe  wie  Sie,  bei  den  sich  ungezwungen  bietenden 
Gelegenheiten  die  dortige  Lage  und  die  durch  elementare  Bedingungen 
gebotene  deutsche  Anschauung  und  Stellungnahme  akademisch  und 
offen  besprechen,  schon  um  zu  zeigen,  daß  wir  keinen  Grund  haben, 
verschlossen  zu  sein. 

B  ü  1  o  w 


Siehe  Kap.  LXXXI. 
'  Siehe  Kap.  LXXXI,  Nr.  3309. 


521 


Nr.  3313 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  1  Pera,  den  1.  Januar  1899 

Herr  Sinowiew,  der  mich  heute  besuchte,  sagte  mir,  er  habe  neuer- 
dings den  ürafen  Murawiew  wiederum  dringend  gebeten,  in  Sofia 
un  langage  ferme  zu  führen.  Die  Instruktionen,  die  daraufhin  Herr 
Bachmetiew  erhalten,  seien  denn  auch  sehr  energisch  abgefaßt  und 
enthielten  ernste  Warnungen,  sich  jeder  Unterstützung  der  mazedo- 
nischen Bewegung  zu  enthalten.  Der  Botschafter  fürchtet  freilich,  daß 
auch  dieser  Schritt  keine  nachhaltige  Wirkung  üben  werde,  das  Übel 
liege  darin,  daß  die  Regierung  des  Fürsten  Ferdinand  durchaus  un- 
populär sei  und  die  revolutionäre  Bewegung  unterstützen  zu  müssen 
glaube,  um  sich  zu  halten.  Während  er  —  Herr  Sinowiew  —  nicht 
müde  werde,  in  St.  Petersburg  auf  die  Gefahr,  die  von  Sofia  aus  der 
Ruhe  auf  der  Balkanhalbinsel  drohte,  hinzuweisen,  enthielten  die  Be- 
richte Herrn  Bachmetiews  „une  veritable  elegie"  über  das  ungerecht- 
fertigte Mißtrauen  in  die  friedfertigen  Gesinnungen  der  bulgarischen 
Regierung;  „c'est  de  la  poesie,  ces  rapports  de  Bachmetiew". 

Herr  Sinowiew  erzählte  mir  auch,  es  habe  in  Sofia  die  Absicht 
bestanden,  Herrn  Nikolajew,  der  einst  den  Putsch  in  Philippopel  ver- 
anstaltet habe  und  gegenwärtig  Generaladjutant  des  Fürsten  Ferdinand 
und  zugleich  „chef  du  comite  macedonien"  sei,  an  der  Spitze  einer 
militärischen  Deputation  zur  Einweihung  des  Denkmals  am  18.  v.  Mts.* 
hierher  zu  senden.  Es  habe  ihm  —  dem  Botschafter  —  einige  Mühe 
gekostet,  diese  gänzlich  deplacierte  Demonstration  zu  vereiteln. 

Marschall 


Nr.  3314 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  2  Wien,  den  5.  Januar  1899 

Graf  Goluchowski  sagte  mir  gestern,  daß  die  Nachrichten,  die  er 
aus  Mazedonien  erhielte,  andauernd  beunruhigende  seien.  Graf  Kapnist 
habe  ihm  wohl  soeben  den  Inhalt  einer  sehr  scharfen  und  tadelnden 


•  Vgl.  Nr.  3311,  S.  519,  Fußnote*. 
522 


Instruktion  des  Grafen  Murawievv  an  den  russischen  Vertreter  in  Sofia* 
vorgelesen,  weil  dieser  die  Beziehungen  Bulgariens  zu  Mazedonien 
als  durchaus  ungefährliche  darstelle,  während  das  Feuer  glimme  und 
jeden  Augenblick  zur  Flamme  angefacht  werden  könne,  aber  der  von 
Graf  Murawiew  gezeigte  gute  Wille  könne  schließlich  nicht  die  Intrigen 
des  Fürsten  Ferdinand  verhindern  und  die  unbrauchbaren  türkischen 
Walis  in  Mazedonien  zu  tüchtigen  Beamten  machen. 

Der  Herr  Minister  berührte  bei  dieser  Gelegenheit  den  Inhalt 
seiner  Unterhaltung  mit  Graf  Murawiew**  über  das  mazedonische 
Thema.  „Ich  sagte  dem  Grafen/'  fuhr  der  Minister  fort,  „daß  bei 
einem  Ausbruch  von  Feindseligkeiten  zwischen  der  Türkei  und  Bul- 
garien zwei  Fälle  denkbar  seien,  die  beide  gleich  bedenklich  für  die 
Ruhe  in  Europa  wären:  entweder  siegen  die  Bulgaren  und  gehen  nicht 
aus  Mazedonien  heraus,  dadurch  die  gesamte  mazedonische  Frage  auf- 
rollend, oder  die  Türken  gehen  nach  Sofia,  und  Europa  läßt  sich  dieses 
nicht  gefallen.  Das  Ende  des  türkisch-griechischen  Krieges  mit  dem 
Erfolge  der  Besiegten  werde  aber  weder  die  Ambitionen  der 
Bulgaren  noch  der  anderen  Balkanstaaten  beruhigen. 

Graf  Murawiew  gestand  dieses  zu,  behauptete  aber,  daß  der  ge- 
meinsame Druck  Rußlands  und  Österreichs  auf  die  Balkanstaaten  trotz- 
dem Ausbrüche  jeder  Art  zurückhalten  könne.  Wenn  aber  Graf  Mu- 
rawiew Vertreter  von  der  Farbe  des  Herrn  Jadowski  ***  auf  ihren  Posten 
im  Balkan  läßt,  so  nützen  alle  scharfen  Instruktionen  nach  Sofia  nichts, 
und  wir  können  uns  auf  Ereignisse  in  Mazedonien  gefaßt  machen,  die 
allen  frommen  Wünschen  in  sehr  erschreckender  Weise  ein  Ende 
bereiten. " 

P.  Eulen  bürg 

Nr.  3315 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  2  Pera,  den   7.  Januar  1899 

Der  bulgarische  Agent  Markow  hat  vor  einigen  Tagen  unmittel- 
bar vor  seiner  Abreise  nach  Sofia  den  österreichisch-ungarischen  Bot- 
schafter aufgesucht  und  ihm  eine  Art  bulgarischen  Aktionsprogramms 
vorgetragen  mit  der  ersichtlichen  Tendenz,  für  dasselbe,  wenn  auch 
nicht  die  Unterstützung,  so  doch  eine  neutrale  Haltung  Österreich- 
Ungarns  zu  erbitten.    Herr  Markow  hat  dargelegt,  daß  früher  Öster- 


*  Vgl.  Nr.  3313. 

**  Graf  Murawiew  weilte   auf  der   Rückreise   von   Paris   in   Wien   vom   21.   bis 

25.  Oktober  1898. 

***  Russischer  Gesandter  in    Belgrad. 

523 


reich-Ungarn  ein  großes  Interesse  an  Bulgarien  genommen  und  sich 
dadurch  die  Sympathien  der  bulgarischen  Nation  erworben  habe;  aller- 
dings seien  in  der  letzten  Zeit  von  der  Regierung  in  Sofia  Fehler  be- 
gangen worden,  die  in  Wien  unangenehm  hätten  berühren  müssen. 

In  Bulgarien  bestehe  fortdauernd  die  Überzeugung,  daß  Rußland 
die  einstige  Politik  von  San  Stefano  aufgegeben  habe  und  auf  dessen 
Unterstützung  nicht  mehr  zu  rechnen  sei.  Unter  einigen  Ausfällen 
auf  Herrn  Sinowiew  kam  Herr  Markow  zu  dem  Schluß,  daß  Österreich- 
Ungarn  ein  großes  Interesse  an  der  Wiederaufnahme  der  Politik  von 
San  Stefano  und  der  Schaffung  eines  Groß-Bulgarien  habe,  welches 
einen  Pufferstaat  zwischen  Rußland  und  der  Türkei  bilden  werde. 
Freiherr  von  Calice  hat  selbstverständlich  dem  Agenten  erklärt,  daß 
Bulgarien  bei  einem  revolutionären  Vorgehen  weder  auf  irgendeine 
Unterstützung  noch  auch  auf  Sympathie  in  Wien  rechnen  könne,  und 
hat  dieselbe  Antwort  dem  Exarchen  gegeben,  der  einige  Tage  später 
dem  Botschafter  in  demselben  Sinne  sprach  unter  Hinweis  darauf, 
daß  die  bulgarische  Nation  „profondement  emue"  sei  infolge  der  kre- 
tensischen  Vorgänge,  und  daß  nach  Ordnung  der  kretensischen  Frage 
notwendig  auch  die  der  bulgarischen  ihre  Lösung  finden  müsse. 

Derartige  Äußerungen  der  hiesigen  bulgarischen  Vertreter  sind 
ja  nichts  Neues;  aber  symptomatisch  bleiben  sie  doch  gegenüber  den 
offiziellen  Versicherungen  von  Sofia  aus.  Ich  würde  beruhigter  sein, 
wenn  ich  überzeugt  wäre,  daß  das  bulgarische  Mißtrauen  gegen  Herrn 
Sinowiew  in  gleichem  Maße  auch  gegen  die  Regierung  in  St.  Peters- 
burg gerichtet  ist.  Ich  fürchte,  daß  man  in  Sofia  nach  dieser  Seite  hin 
trotz  aller  offiziellen  Abmahnungen  noch  immer  Hoffnungen  nährt: 
nach  dem  kretensischen  Vorgang  ist  denselben  die  Berechtigung  nicht 
abzusprechen.  Marschall 

Nr.  3316 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  4  Pera,  den  14.  Januar  1899 

Bei  einer  Unterredung,  die  ich  gestern  mit  meinem  russischen 
Kollegen  hatte,  als  ich  ihm  zum  neuen  Jahre  gratulierte,  fand  ich  ihn 
bezüglich  der  mazedonischen  Frage  erheblich  weniger  pessimistisch 
als  früher.  Herr  Sinowiew  machte  auf  mich  den  Eindruck  eines  Mannes, 
der  nach  schweren  Kämpfen  einen  vollen  Erfolg  davongetragen  hat. 
Er  erzählte  mir,  daß  seine  Regierung  in  Sofia  die  denkbar  energischste 
Sprache  geführt  und  ausdrücklich  dort  erklärt  habe,  sie  werde  eine 
Revolutionierung   Mazedoniens    nicht    dulden    und    „Bulgarien    seinem 

524 


Schicksale  überlassen",  wenn  es  sich  auf  ein  derartiges  Unternehmen 
einlasse.     Der    Botschafter   erwartet   von   diesem   Schritte   seiner    Re- 
gierung nicht  etwa,  daß  die  bulgarische  Regierung  nunmehr  der  bul- 
garisch-mazedonischen Bewegung  Einhalt  gebiete,  —  dazu  besitze  sie 
nicht  die  Kraft  — ,  aber  man  werde  sich  in  Sofia  doch  ernstlich  be- 
sinnen,  ob   man   den  Revolutionären   das  zu  einem  bewaffneten  Auf- 
stande nötige  Geld  geben  wolle;  und  ohne  Geld  würden  die  letzteren 
schwerlich  losschlagen.    Andererseits  glaube  er  nicht,  daß  sich  in  der 
Bewegung   selbst   und   ihrer   moralischen    Unterstützung  seitens   Bul- 
gariens etwas  Wesentliches  ändere.    Die  sogenannten  Handelsagenten, 
deren  Vermehrung  in  Mazedonien  die  Regierung  in  Sofia  fortwährend 
betreibe,  seien  allesamt  revolutionäre  Agenten;  am  stärksten  trete  dies 
bei  dem  Agenten  Rizow  in  Üsküb  hervor,  welcher  anerkanntermaßen 
die  Zentralstelle  für  die  mazedonisch-bulgarische  Bewegung  bilde.   Mit 
den  diplomatischen  Agenten  Bulgariens  stehe  die  Sache  nicht  wesent- 
lich  anders;  sie  betrachten  als   ihre  wichtigste  Aufgabe,   Propaganda 
für  die  großbulgarische  Idee  zu  machen.    Als  ich  hier  den  Namen  des 
Herrn  Markow  nannte,  bemerkte  Herr  Sinowiew,  daß  auf  diesen  jene 
Charakteristik  vollkommen  zutreffe;  er  —  der  Botschafter  —  sei  bei 
Herrn  Markow  in  Ungnade;  „il  me  tourne  le  dos,  quand  il  me  voit".  — 
Da  Herr  Markow  inzwischen,  wie  ich  anderweit  berichtet  habe,  seine 
Liebeswerbungen  bei  meinem  österreichisch-ungarischen  Kollegen  be- 
gonnen hat*,  so  scheint  in  der  Tat  die  russische  Demarche  in  Sofia  zu- 
nächst eine  gewisse  Wirkung  hervorgerufen  zu  haben. 

Mein  englischer  Kollege**  ist  in  der  mazedonischen  Frage  durchaus 
Optimist.  Er  glaubt  nicht,  daß  schon  in  diesem  Frühjahre  die  Revo- 
lution in  Mazedonien  ausbrechen  werde,  aber  er  hat  auch  für  den  Fall, 
daß  dies  geschieht,  einen  Trost:  „daß  nämlich  die  russische  öffent- 
liche Meinung  eine  Passivität  der  russischen  Regierung  wie  bei  den 
armenischen  Massakers  zum  zweiten  Male  nicht  dulden  werde".  Wenn 
diese  Ansicht,  die  mir  Sir  Nicholas  O'Conor  unter  Hinweis  auf  seine 
besondere  Kenntnis  der  russischen  Verhältnisse  entwickelt  hat,  zu- 
trifft, so  würde  das  bulgarische  Aktionsprogramm,  durch  Provozierung 
von  Massakers  den  Mächten  die  Hand  zu  forcieren,  bezüglich  der  so- 
genannten Kretamächte  Aussicht  auf  Erfolg  haben.  Unter  öffentlicher 
Meinung  in  Rußland  versteht  Sir  Nicholas  offenbar  gewisse  weibliche 
Einflüsse,  die  in  der  kretischen  Frage  so  erfolgreich  für  englische 
Wünsche  eingetreten  sind***.  Da  Herr  Bachmetiew  sicherlich  dafür 
sorgen  wird,  daß  in  Sofia  die  Existenz  und  die  Macht  dieser  Einflüsse 
nicht  in  Vergessenheit  geraten,  so  wird  auch  die  amtliche  russische 
Verwarnung  dort  ihr  Gegengewicht  finden. 

*  Vgl.  Nr.  3315. 
••  Sir  N.  O'Conor. 
•••  Vgl    Kap.  LXXXI. 

525 


Mein  italienischer  Kollege*  ist  erst  recht  Optimist.  Bei  ihm  ist 
die  revolutionäre  Ader,  die  jeder  Italiener  besitzt,  über  den  Durch- 
schnitt ausgebildet,  und  ich  glaube,  daß  dies  bei  dem  dermaligen  Leiter 
der  Auswärtigen  Angelegenheiten  Italiens  **,  nach  der  Tätigkeit,  die 
er  als  Admiral  vor  Kreta  entwickelt  hat,  zu  urteilen,  in  gleichem  Maße 
der  Fall  ist.  Herr  Pansa  ist  stolz  auf  den  Verlauf  der  kretischen  Frage 
und  den  hervorragenden  Anteil,  den  Italien  dabei  genommen  hat.  Ihn 
erfreut  sichtlich  am  meisten  der  Umstand,  daß  dort  eine  Revolution 
in  vollem  Umfange  siegreich  gewesen  ist,  und  ich  bin  nicht  so  grausam, 
ihm  diese  Freude  durch  irgendwelche  nüchternen  Argumente  verderben 
zu  wollen.  Auf  Italien  wird  die  englische  Politik  jedenfalls  zählen 
dürfen,  wenn  das  kretische  Experiment  mutatis  mutandis  in  Maze- 
donien wiederholt  werden  soll.  Ich  halte  dies  für  sicher,  auch  abgesehen 
von  etwaigen  albanesischen  Gelüsten,  die  ja  mit  der  italienischen 
Balkanpolitik  untrennbar  verbunden  sind. 

Zweifellos  besteht  überall  da,  wo  man  aus  irgendwelchem  Grunde 
an  der  Aufrollung  der  mazedonischen  Frage  ein  Interesse  hat,  die 
Hoffnung,  daß,  wenn  die  Revolution  in  Mazedonien  ausbricht,  die 
Kretagruppe  wieder  in  Aktion  tritt.  An  dem  zur  Begründung  der  Inter- 
vention erforderlichen  humanitären  Argumente  wird  es  nicht  fehlen, 
da  man  in  der  Türkei  als  „Massaker"  zu  brandmarken  pflegt,  was  man 
anderwärts  für  die  Erfüllung  einer  gebieterischen  Pflicht  der  Regie- 
rung gegenüber  rebellischen  Untertanen  erachtet.  Man  rechnet  wohl 
darauf,  daß  Deutschland  sich  als  unbeteiligt  zurückhalten  und  Öster- 
reich schon  durch  seine  inneren  Wirren  an  einer  energischen  Gegen- 
aktion gehindert  werde.  Das  große  X  in  der  Rechnung  bildet  zurzeit 
noch  Rußland.  Wenn  Herr  Sinowiew  die  auswärtigen  Angelegenheiten 
leiten  würde,  so  könnte  man  schon  jetzt  jene  Hoffnungen  als  trüge- 
rische bezeichnen;  da  aber  der  auswärtige  Minister  Graf  Murawiew 
heißt,  der  für  die  Wünsche  hochgestellter  Damen  ein  feines  Ver- 
ständnis besitzt,  so  komme  ich  vorläufig  bezüglich  der  russischen 
Orientpolitik  zu  keinem  anderen  Resultat,  als  daß  X  =  X  ist. 

Marschall 


Nr.  3317 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  13  Pera,  den  16.  Januar  1899 

Sir  N.  O'Conor  hat  mir  heute  mitgeteilt,  er  habe  von  Lord  Salis- 

*  A.  Pansa. 

•*  Vizeadmiral  Canevaro. 

526 


bury  Kenntnis  von  einer  Anregung  des  Ministers  Canevaro  erhalten,  ob 
es  nicht  mit  Rücksicht  auf  die  außerordentliche,  gefahrdrohende  Lage 
in  Mazedonien  angezeigt  erscheine,  einen  Kollektivschritt  hier  zu  tun, 
um  den  Sultan  zu  „Konzessionen  an  die  mazedonischen  Christen"  im 
Interesse  der  Beruhigung  der  erregten  Gemüter  zu  bewegen,  Lord 
Salisbury  wünsche  seine  —  des  Botschafters  —  Ansicht  über  die  Op- 
portunität eines  solchen  Schritts  und  ebenso  diejenige  seiner  Kollegen 
zu  kennen.  Die  Frage  Sir  N.  O'Conors,  was  ich  von  jener  Anregung 
halte,  habe  ich  mit  der  Gegenfrage  beantwortet,  was  er  selbst  dar- 
über denke.  Der  Botschafter  entgegnete,  daß  er  angesichts  der  großen 
Erregung  der  Muhamedaner  aus  Anlaß  der  kretensischen  Frage  es 
für  nicht  unbedenklich  erachte,  hier  eine  große  diplomatische  Aktion 
in  der  mazedonischen  Frage  zu  beginnen.  Diese  Ansicht  scheine  auch 
Pansa  zu  teilen;  Sinowiew  habe  er  noch  nicht  gesprochen.  Ich  be- 
merkte dem  Botschafter,  daß  ich  außerstande  sei,  die  Bedenken,  die 
er  selbst  gegen  die  Anregung  hege,  zu  widerlegen,  im  übrigen  aber 
keine  Instruktion  besäße,  die  mir  gestattete,  über  eine  „mazedonische 
Frage"  zu  diskutieren. 

Marschall 


Nr.  3318 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky 

Telegramm.    Konzept   von   der    Hand   des   Vortragenden    Rats    von    Mühlberg 
Nr    |o  Berlin,  den  16.  Januar  1899 

Der  Kaiserliche  Botschafter  in  Pera  telegraphiert,  daß  der  eng- 
lische und  italienische  Vertreter  ihn  aufgesucht  haben,  um  ihm  das 
Dringliche  der  mazedonischen  Gefahr  und  zugleich  die  Notwendigkeit 
vorzustellen,  durch  gemeinsame  Schritte  der  Mächte  beim  Sultan  auf 
Besserung  der  Zustände  hinzuwirken  und  dadurch  einem  Ausbruche 
der  nationalen  Leidenschaften  vorzubeugen. 

Ich  möchte  eher  glauben,  daß  dieser  Ausbruch  um  so  sicherer  er- 
folgt, wenn  die  Mazedonier  erst  merken,  daß  das  Konzert  der  Mächte 
jetzt' ihre  Sache  wie  früher  die  kretensische  in  die  Hand  nimmt. 

Bevor  ich  die  Angelegenheit  Seiner  Majestät  vortrage,  möchte  ich 
wissen,  wie  Graf  Murawiew  darüber  denkt. 

Schleunige  Drahtantwort. 

Bülow 

527 


Nr.  3319 

Der  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky  an  das 
Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  15  St.  Petersburg,  den  17.  Januar  1899 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  10*. 

Nach  Auffassung  des  Grafen  Murawiew  liegen  die  Dinge  folgender- 
maßen: 

Admiral  Canevaro  habe  auf  die  Nachricht  hin,  daß  in  Italien  Gari- 
baldianer  angeworben  wurden,  um  bei  einem  Aufstand  in  Mazedonien 
im  Frühjahr  mitzuwirken,  dem  italienischen  Botschafter  in  Konstanti- 
nopel Auftrag  gegeben,  beim  Sultan  vorstellig  zu  werden  und  Reformen 
zu  verlangen.  Diese  Nachricht  sei  ihm,  dem  Grafen  Murawiew,  über 
London  zugekommen.  Zur  selben  Zeit  habe  ihn  Lord  Salisbury  durch 
Sir  Charles  Scott**  um  seine  Meinung  in  betreff  der  mazedonischen 
Frage  bitten  lassen.  Er  habe  dem  englischen  Botschafter  geantwortet 
und  noch  soeben  heute  wiederholt,  daß  Rußland  den  gegenwärtigen 
Augenblick  für  durchaus  ungeeignet  finde,  um  an  die  Lösung  der  maze- 
donischen Frage  heranzutreten.  Sir  Charles  Scott  habe  ihm  darauf 
gesagt,  soviel  er  wisse,  seien  keinerlei  Instruktionen  von  Lord  Salis- 
bury nach  Konstantinopel  ergangen  betreffs  Anschlusses  Englands  an 
die  italienische  Aktion. 

Der  Minister  bemerkte  weiter,  Rußland  habe  den  Balkanstaaten 
nicht  den  leisesten  Zweifel  gelassen,  daß  sie  jede  Auflehnung  mit  Ge- 
walt auf  eigene  Verantwortung  und  Gefahr  unternehmen  würden  und 
von  Rußland  keinerlei  Unterstützung  zu  gewärtigen  hätten.  Man  sei 
von  dieser  Seite  in  ihn  gedrungen,  doch  wenigstens  allgemeine  Ver- 
sprechungen zu  geben;  auch  das  habe  er  verweigert  mit  der  Begrün- 
dung, daß  Zusagen  ja  bereits  der  Berliner  Vertrag  enthalte,  gegen- 
wärtig aber  durchaus  kein  Anlaß  vorliege,  diese  Zusagen  besonders 
zu  bekräftigen.  Österreich  und  Frankreich,  das  wisse  er,  hätten  gleich 
Rußland  keine  Lust,  jetzt  die  mazedonischen  Dinge  in  Fluß  zu  bringen, 
und  so  glaube  er  zuversichtlich,  daß  die  Ruhe  dort  nicht  gestört  wer- 
den würde. 

Graf  Murawiew  bemerkte  noch,  daß  Admiral  Canevaro  den  Schritt 
in  Konstantinopel  wohl  hauptsächlich  zur  Befriedigung  der  ultralibera- 
len Partei  in  Italien  notgedrungen  unternommen  habe.  Die  Schwäche 
der  dortigen  Regierung  habe  sich  drastisch  darin  gezeigt,  daß  sie 
trotz  besten  Willens  es  den  radikalen  Elementen  gegenüber  nicht  ge- 
wagt habe,  die  Todesstrafe  für  Anarchisten  festzusetzen. 

Tschirschky 


•  Siehe  Nr.  3318. 

**  Englischer  Botschafter  in  Petersburg. 

528 


Nr.  3320 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr   17  Pera,  den   18.  Januar   1899 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  13*. 

Der  englische  Botschafter  hat  Lord  Salisbury  telegraphiert,  daß 
nach  seinen  Wahrnehmungen  seine  sämtlichen  Kollegen  der  auch  von 
ihm  geteilten  Ansicht  seien,  daß  die  Aufwerfung  der  mazedonischen 
Reformfrage  die  revolutionären  Elemente  ermutigen  und  daher  ge- 
fährlich sein  würde;  auch  stehe  ein  Erfolg  seiner  diesbezüglichen  An- 
regung nicht  zu  erwarten.  Sir  N.  O'Conor  hatte  Nachricht,  daß  in 
St.  Petersburg  und  Paris  die  Erteilung  von  Instruktionen  an  die  hiesigen 
Botschafter  über  Reformfragen  abgelehnt  worden  sei.  Er  las  mir  auch 
ein  Telegramm  des  englischen  Gesandten  in  Bukarest**  vor,  wonacji 
Herr  Sturdza***  ebenfalls  dringend  vor  der  Aufwerfung  der  maze- 
donischen Reformfrage  gewarnt  und  den  Gedanken  angeregt  hat,  es 
sollten  die  Mächte  den  Balkanstaaten  jede  Unterstützung  der  maze- 
donischen Bewegung  untersagen  und  sich  auf  der  bevorstehenden 
Abrüstungskonferenz  in  St.  Petersburg  f  über  eine  diesbezügliche  ge- 
meinsame Formel  verständigen. 

Marschall 


Nr.  3321 

Der  Generalkonsul  in  Sofia  von  Reichenau  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  o  Sofia,  den  19.  Januar  1899 

Vor  einigen  Tagen  hat  mein  österreichischer  Kollege  im  Auftrage 
seiner  Regierung  Herrn  Stoilowff  ernstlich  vor  irgendwelcher  Aktions- 
politik  in  Mazedonien  gewarnt  mit  dem  Hinzufügen,  daß  man  in  Wien 
die  Aufrechterhaltung  des  Status  quo  auf  der  Balkanhalbinsel  wünsche, 
daß  man  aber  bereit  sei,  bei  der  Pforte  für  die  Besserung  der  Lage 
der  christlichen  Bevölkerung  in  Mazedonien  einzutreten  und  vor  allem 
dahin  zu  wirken,  daß  dieselbe  rechtlich  mit  gleichem  Maße  gemessen 
werde  wie  die  Muhamedaner. 


*  Siehe  Nr.  3317. 

**  J.  Q.  Kennedy. 

***  Rumänischer  Ministerpräsident  und  Minister  des  Äußern. 

t  Gemeint  ist  die  Friedenskonferenz,  die  aber  nicht  in  St.  Petersburg,  sondern 

am   18.  Mai  im  Haag  zusammentrat. 

tt  Bulgarischer  Ministerpräsident  und  Minister  des  Äußern. 

34    Die  Große  Politik.     12.  Bd.  529 


Ebenso  ist  von  dem  St.  Petersburger  Kabinett  dem  bulgarischen 
Vertreter  Dr.  Stanciow  der  bestimmte  Wunsch  ausgesprochen  worden, 
daß  Bulgarien  sich  jeder  abenteuerlichen  Politik  in  Mazedonien  enthalte. 

Auch  Herr  Bachmetiew  war  von  seiner  Regierung  beauftragt  wor- 
den, hier  zu  korrekter  und  ruhiger  Haltung  zu  ermahnen.  Bezeich- 
nenderweise aber  hatte  er  die  Ausführung  dieses  Auftrages  in  der 
„Eile  der  Abreise"  vergessen,  sodaß  nun  Herr  Botkin*  das  Ver- 
säumte nachholen  wird. 

Reichenau 

Nr.  3322 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 

an  Kaiser  Wilhelm  II. 

Ausfertigung 

Berlin,  den  19.  Januar  1899 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  Botschafter  in  Kon- 
stantinopel hat  telegraphisch  gemeldet,  daß  sowohl  bei  ihm  als  auch 
bei  dem  Baron  Calice  der  englische  und  der  italienische  Botschafter 
einen  Meinungsaustausch  über  die  mazedonische  Frage  angeregt  hätten. 
Der  erste  Anstoß  zu  diesem  Versuche  ist  von  dem  Admiral  Canevaro 
ausgegangen.  Seine  angebliche  Wahrnehmung,  —  über  welche  näher 
sich  zu  informieren  ich  Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät 
Botschafter  in  Rom  **  beauftragen  werde  — ,  daß  Freischaren  angewor- 
ben würden,  um  bei  einem  Aufstande  in  Mazedonien  Verwendung  zu 
finden,  will  dem  Admiral  Veranlassung  geboten  haben,  den  italienischen 
Botschafter  in  Konstantinopel  zu  beauftragen,  vom  Sultan  Reformen 
für  Mazedonien  zu  verlangen  *,  Zugleich  suchte  der  Admiral  aber 
Fühlung  mit  England  wegen  eines  von  den  Mächten  bei  der  Pforte  zu 
unternehmenden  Kollektivschrittes 2.  Aus  weiteren  Meldungen  scheint 
hervorzugehen,  daß  Lord  Salisbury  sich  bis  jetzt  darauf  beschränkt, 
in  Konstantinopel  und  St.  Petersburg  zu  sondieren,  ob  eine  derartige 
Anregung  Aussicht  auf  Unterstützung  haben  würde. 

Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  Geschäftsträger  in 
St.  Petersburg,  den  ich  sofort  beauftragte,  sich  über  die  Auffassung  des 
Grafen  Murawiew  zu  orientieren,  berichtet***,  daß  Lord  Salisbury  ein 
gleiches  Ansuchen  durch  Sir  Charles  Scott  an  den  russischen  Minister 
habe  stellen  lassen.  Graf  Murawiew  erklärt,  dem  englischen  Botschafter 
geantwortet  zu  haben,  daß  Rußland  den  gegenwärtigen  Augenblick  für 
durchaus    ungeeignet    halte,    um    an    die    Lösung    der   mazedonischen 


Russischer  Geschäftsträger  in  Sofia. 
Freiherr  von  Saurma. 
*  Vgl.  Nr.  3319. 


530 


Frage  heranzutreten3.  Rußland  habe  den  Balkanstaaten  nicht  den  leise- 
sten Zweifel  darüber  gelassen,  daß  sie  jede  Auflehnung  mit  Gewalt 
auf  eigene  Verantwortung  und  Gefahr  unternehmen  würden  und  von 
Rußland  keinerlei  Unterstützung  zu  gewärtigen  hätten4.  Selbst  die 
Erfüllung  des  an  ihn,  Murawiew,  gestellten  Verlangens,  doch  wenig- 
stens allgemeine  Versprechungen  zu  geben,  habe  er  verweigert5.  Er 
wisse,  daß  Österreich  und  Frankreich  gleich  Rußland  keine  Lust  be- 
zeigten, jetzt  die  mazedonischen  Dinge  in  Fluß  zu  bringen,  und  so 
glaube  er  zuversichtlich,  daß  die  Ruhe  dort  nicht  bedroht  sei. 

Die  Erklärung  des  Grafen  Murawiew  findet,  soweit  sie  sich  auf 
das  russische  Kabinett  bezieht,  ihre  Bestätigung  in  einem  Gespräch, 
welches  Herr  Sinowiew  mit  Herrn  von  Marschall  gehabt  hat*.  Herr 
Sinowiew  erzählte,  daß  seine  Regierung  in  Sofia  die  denkbar  energischste 
Sprache  geführt  und  ausdrücklich  dort  erklärt  habe,  sie  werde  eine 
Revolutionierung  Mazedoniens  nicht  dulden  und  Bulgarien  seinem  Schick- 
sal überlassen,  wenn  es  ein  derartiges  Unternehmen  beginne5.  Dieses 
Auftreten  Rußlands  in  Bulgarien  spiegelt  sich  auch  in  dem  Verhalten 
des  Agenten  Markow,  des  Vertreters  des  Fürsten  Ferdinand,  wieder, 
welcher  seit  seiner  Rückkehr  aus  Sofia  in  Konstantinopel  das  mot 
d'ordre  ausgibt,  in  diesem  Frühjahr  könne  die  mazedonische  Revo- 
lution nicht  stattfinden,  da  Rußland  und  Österreich  eine  den  bulga- 
rischen Wünschen  entschieden  feindliche  Haltung  einnähmen. 

Gleichwohl  läßt  sich  nicht  verkennen,  daß  die  Voraussicht  Euerer 
Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät,  wonach  die  Erfüllung  der 
kretensischen  Wünsche  ihre  Rückwirkung  auf  der  Balkanhalbinsel  aus- 
üben werde,  sich  erfüllt.  Wie  in  Kreta  vor  zwei  Jahren,  so  fangen 
jetzt  die  nationalen  Leidenschaften  an,  in  Mazedonien  zu  gären,  und 
interessierte  Mächte  sind  es,  welche  versuchen,  diese  Bewegung  zu 
begünstigen.  Ein  Unterschied  macht  sich  allerdings  dabei  geltend: 
während  in  den  Anfangsstadien  der  kretensischen  Wirren  äußere  Ein- 
mütigkeit unter  den  Mächten  herrschte,  gehen  in  der  mazedonischen 
Frage  von  Anfang  an  die  Auffassungen  auseinander6.  Es  heben  sich 
zwei  Strömungen  ab:  Rußland,  Österreich  und  Frankreich  geben  sich 
der  Hoffnung  hin,  die  revolutionäre  Bewegung  niederhalten  zu  können, 
während  bei  England  und  Italien  die  Neigung  hervortritt,  eine  diplo- 
matische Aktion  vorzubereiten,  die  geeignet  ist,  den  aufgehäuften 
Brennstoffen  neues  Material  hinzuzuführen.  Denn  unzweifelhaft  wer- 
den die  Hauptinteressenten  in  Mazedonien  nicht  ohne  Kunde  von  den 
englisch-italienischen  Sondierungen  bleiben  und  darin  eine  willkommene 
Ermunterung  ihres  Treibens  und  Billigung  ihrer  Absichten  erblicken. 

In  Befolgung  der  von  Euerer  Kaiserlichen  und  Königlichen  Maje- 
stät vorgezeichneten  Richtung,  die  wir  bei  neuen  Wirren  in  den  Bal- 
kanstaaten einzuhalten  haben,  gestatte  ich  mir  Euerer  Kaiserlichen  und 

*  Vgl.  Nr.  3316. 

34*  531 


Königlichen  Majestät  huldreiche  Genehmigung  dazu  ehrfurchtsvollst 
zu  erbitten,  daß  ich  Herrn  von  Marschall  anweisen  darf,  sich  ab- 
lehnend7 gegen  solche  Vorschläge  seiner  Kollegen  zu  verhalten,  die 
darauf  abzielen,  die  Pforte  zu  Reformen  in  Mazedonien  zu  drängen8. 
Eine  dem  Sultan  aufgezwungene  Nachgiebigkeit  würde  nach  den  ge- 
machten Erfahrungen  doch  nur  den  entgegengesetzten,  wenn  auch  viel- 
leicht von  gewisser  Seite  nicht  unerwünschten  Erfolg  haben,  Unruhen 
heraufzubeschwören,  statt  sie  zu  beschwichtigen. 

B.  von  Bülow 


Bemerkung   Kaiser  Wilhelms   II.   am   Kopf  des  Schriftstücks: 
Einverstanden! 

Dem  Canevaro  kann  aber  Saurma  mal  den  Text  lesen,  daß  er  in  solchem  Augen- 
blick mit  Schwärmern  an  das  mazedonische  Pulverfaß  geht!    Es  soll  nur  endlich 
einmal  in  Italien  anfangen!  20/1.  99 
Randbemerkungen  des  Kaisers: 

1  Der  Canevaro  ist  wohl  total  verrückt  geworden! 

2  unter  keinen  Umständen  mache  ich  das  mit! 

3  richtig 

1  gut,  wenn  wahr 
5  gut 
e  gut! 

7  ja!  sehr  scharf! 

8  Canevaro  soll  erst  einmal  Reformen  in  Italien  einführen!! 


Nr.  3323 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  21  Pera,  den  20.  Januar  1899 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  17*. 

Admiral  Canevaro  hat  Herrn  Pansa  telegraphiert,  er  habe  nicht 
die  Absicht  gehabt,  einen  Kollektivschritt  der  Botschafter  [in]  dem 
Sinne  der  mazedonischen  Reformen  anzuregen;  sein  Gedanke  sei  nur 
gewesen,  daß  es  opportun  erscheine,  wenn  die  Botschafter  über  sich 
aufwerfende  Spezialiragen  bezüglich  Mazedoniens  dem  Sultan  Rat- 
schläge erteilten. 

Marschall 

•  Siehe  Nr.  3320. 
532 


Nr.  3324 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.    Konzept   von   der    Hand   des   Vortragenden    Rats   von    Mühlberg 
Nr   8  Berlin,  den  21.  Januar  1899 

Mit  Bezug  auf  Telegramm  vom  20.  Januar  Nr.  21  *. 

Mit  der  bisher  von  Ew.  pp.  in  der  mazedonischen  Frage  beobach- 
teten Haltung  bin  ich  einverstanden.  Nach  den  gemachten  Erfahrungen 
ist  nicht  daran  zu  zweifeln,  daß  Versuche,  den  Sultan  zu  Reformen  oder 
Zugeständnissen  zu  bewegen,  gerade  den  entgegengesetzten  Erfolg 
haben,  und,  statt  Unruhen  vorzubeugen,  nur  die  nationalen  Leiden- 
schaften in  Mazedonien  mehr  entflammen  würden.  Ich  möchte  schon 
jetzt  befürchten,  daß  den  Hauptinteressenten  in  Mazedonien  die  ita- 
lienischen und  englischen  Sondierungsversuche  nicht  unbekannt  ge- 
blieben sind,  und  daß  daraus  den  revolutionären  Wühlereien  neue 
Nahrung  zugeführt  worden  ist.  Nach  Ihren  letzten  Meldungen  scheint 
Italien  den  Vorschlag  wegen  eines  Kollektivschrittes  aufgegeben  zu 
haben  und  auch  England  nicht  mehr  daran  zu  denken.  Für  den  Fall 
aber,  daß  irgendeiner  Ihrer  Kollegen  die  Frage  wieder  anregen  und 
mit  Vorschlägen  wegen  Reformen,  die  der  Pforte  anzuempfehlen  seien, 
an  Sie  herantreten  sollte,  bitte  ich  Sie,  sich  scharf  ablehnend  dagegen 

zu  verhalten. 

Zu  Ihrer  Information  füge  ich  hinzu,  daß  Graf  Murawiew  unserem 
Geschäftsträger  in  St.  Petersburg  erklärt  hat,  Rußland  hätte  den  Bal- 
kanstaaten nicht  den  leisesten  Zweifel  darüber  gelassen,  daß  sie  von 
Rußland  keinerlei  Unterstützung  zu  erwarten  hätten  und  jede  Auf- 
lehnung auf  eigene  Gefahr  unternehmen  würden**. 

Bülow 

Nr.  3325 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr    24  Pera>  den  21-  Januar  1899 

Soeben  geht  mir  ein  aus  Sofia  datiertes  und  mit  dem  dortigen 
Poststempel  versehenes  lithographiertes  Zirkularschreiben  des  „Haut 
Comite  Macedonien"  ***  zu,  welches  ausführt,  daß  nur  solche  Reformen 


*  Siehe  Nr.  3323. 
**  Vgl.  Nr.  3319. 
•**  Vgl.  auch  die  Mitteilungen  in  Nr.  3326. 


533 


einen  wirklichen  Wert  hätten,  die  auf  der  Basis  der  politischen  Auto- 
nomie, wie  sie  Kreta  gewährt  sei,  .beruhten.  Da  die  Mächte  nach  den 
bisher  gemachten  Erfahrungen  erst  dann  einzuschreiten  pflegten,  wenn 
ein  ungleicher  Kampf  der  Unterdrückten  gegen  ihre  Unterdrücker  statt- 
gefunden habe,  so  sei  die  Meinung  unter  den  Christen  verbreitet,  daß 
sie  den  Türken  den  Vorwand  zu  einem  Massaker  geben  sollten,  um 
das  Mitleid  des  christlichen  Europas  zu  erwecken.  Der  verzweifelnde 
Zustand  Mazedoniens  und  des  Wilajets  Adrianopel  sei  bekannt.  Trotz- 
dem sei  es  die  Pflicht  des  Comites  zu  erklären,  daß  die  christliche 
Bevölkerung  dieser  Länder  am  Ende  ihrer  Geduld  angelangt,  und  wenn 
die  europäische  Diplomatie  daselbst  nicht  dieselben  Reformen  wie  in 
Kreta  einführe,  die  Verzweiflung  jene  Bevölkerung  zum  Äußersten 
treiben  werde.  Unterschrieben  ist  das  Zirkular  von  A.  Liaptschew, 
A.  Radew,  Chr.  Stanichew  und  D.  Lapow. 

Marschall 


Nr.  3326 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  7  Pera,  den  21.  Januar  1899 

Nachdem  die  englisch-italienische  Anregung,  zum  Zwecke  der  Be- 
schleunigung der  bulgarisch-mazedonischen  Bewegung  die  Großmächte 
in  Aktion  zu  setzen,  so  gründlich  gescheitert  ist,  daß  Herr  Canevaro 
das  Bedürfnis  empfand,  sich  dem  eigenen  Botschafter  gegenüber  durch 
Hinweis  auf  ein  Mißverständnis  zu  decken  *,  schien  es  mir  von  Inter- 
esse, über  die  Vaterschaft  jener  staatsmännischen  Idee  Ermittlungen 
anzustellen.  Dabei  bin  ich  zu  dem  Resultate  gelangt,  daß  der  eigent- 
liche Autor  der  hiesige  bulgarische  Agent  Herr  Markow  ist.  Dieser 
gewandte  Diplomat,  der  es  fertig  bringt,  hier  gleichzeitig  die  „fried- 
liebende" bulgarische  Regierung  und  die  nach  Krieg  lüsterne  bul- 
garisch-mazedonische Aktionspartei  zu  vertreten,  hat  in  den  letzten 
Wochen  einen  Rundgang  bei  meinen  Kollegen  gemacht,  um  sie  für 
die  mazedonische  Revolution  zu  interessieren.  Zu  mir  ist  er  nicht  ge- 
kommen ;  ich  habe  auch  keinerlei  Anrecht  auf  sein  Vertrauen  und 
noch  weniger  auf  das  seiner  Hintermänner.  Bei  Herrn  Sinowiew  hat 
er  so  wenig  Glück  gehabt,  daß  er  den  sozialen  Verkehr  mit  demselben 
einstellte,  die  Abfertigung,  die  er  von  Baron  Calice  erfahren,  war  höf- 
lich, aber  nicht  minder  kräftig;  erst  als  er  Herrn  Pansa  sein  Herz  aus- 

*  Vgl.  Nr.  3323. 

534 


schüttete,  konnte   er  Verständnis  für   die  Le,den  und   Wunsche  der 
mazedon  sehen  Bulgaren  finden.    Herr  Pansa  hat  damals  einem  meiner 
Kollegen  mitgeteilt    daß   Herr  Markow  ihm  sehr  eindnnghch  die  Ge- 
fahng  der  gegenwärtigen  Lage  in  Mazedonien  und  die  Notwendigkerf 
eines  Einschreitens  der  Mächte  dargelegt  und  er  darüber  nach  Rom 
berichtet  habe.   Wenige  Tage  später  hat  Herr  Pansa  demselben  Kol- 
legen wörtlich  gesagt?  „L'affaire  de  Crete  est  terminee,  ces  jours-c.  la 
question  macedonienne  se  presentera  aux  grandes  pmssances '. Diese 
Vorhersage  war  zutreffend,  denn  Herr  Canevaro  hat  sich  beeil     den 
Bericht  des  Botschafters  bei  Sir  Philip  Currie'  ™«™rten>  un.d '  'n 
l  zterem  selbstverständlich  einen  begeisterten  Anhänger  der  Markow 
sehen   Idee   Befunden.    Daß   Herr   Pansa  den  englischen   Botschauer 
beg  eit  te   alf  er  in  Ausführung  einer  Instruktion  Lord  Sahsburys  seine 
Knuten  aufsuchte    um  ihre  Ansichten  über  jene  Idee  zu  erforschen, 
war  nach  d   ser  Entstehungsgeschichte  wohl  berechtigt.   Wenn  dies- 
mal  auch  ein  oositiver  Erfolg  nicht  erzielt  wurde,  so  kann  sich  Herr 
Markow  doch  räumen,  daß  L  Apparat,  den  er  erstmals  in  Bewegung 
gesetzt  hat  -  von  Herrn  Pansa  zu  Herrn  Canevaro  und  von  diesem 
durch  Sir  Philip  Currie  zu  Lord  Salisbury  -  prompt  funktioniert  hat, 
und  das  ist  für  die  großbulgarische  Zukunft  von  Bedeutung. 

&  dürfte  wohl  kaum  ein  Zufall  sein,  daß  gerade  in  diesem  Augen- 
blicke das     Haut  Comite  Macedonien"  sich  mit  einem  Zirkular  an  die 
Mächte  wendet«,  um  sein  Programm,  sowohl  was  die  Ziele  der  Be- 
wegung wie  die  beabsichtigte  Aktion  betrifft,  darzulegen  und  die  so- 
fort« Aktion  der  Mächte  zu  verlangen.  In  ersterer  Beziehung    st  das 
P^ramm  wahrscheinlich  unter  Mitarbeit  von  »Staatemannem«  ztem- 
lieh  maßvoll  ausgefallen:  keine  Losreißung  von.  d"  "re   iscTen 
bulearien,    nur    eine    Autonomie    genau    nach    dem    kretischen 
Schema-     ,was    den    kretischen    Christen    recht    ist,   ist    den    maze- 
donischen  billig",  diese  Konsequenz  wird  seitens  der  Revo  ution  zum 
ersten  Male  öffentlich  gezogen.   Daß  es  so  kcnmnen  -rtfewarirt 
mathematischer  Sicherheit  vorherzusehen;  Deutschland  und  Österreich 
ufgam    ind,  weil  sie  es  vorhersahen,  aus  dem  Kretakonzert  ausge- 
treten  als  die  revolutionäre  Wendung  in  der  Kretafrage  eintrat    Eng- 
„d  und  Ha len  sind  aus  demselben  Grunde  erst  recht  dann  gebheben; 
welchen  politischen  Gedanken  Rußland  verfolgte,  als  es  d,e  revo- 
fotionäre  Wendung  selbst   inaugurierte,  wird   wohl  stets   ein   Staats- 
leheimnis  des  Petersburger  Kabinetts  bleiben.   Neu  in  dem  Programm 
tot  d te  E  nbeziehung  des  Wilajets  Adrianopel  in  die  autonomen  Wun- 
che   vermuld,  soll  dieser  Teil  des  Programms  als  Negoziationsobjekt 
dienen     Der   Plan,   die  Intervention   der  Mächte  durch    Provozierung 
von  Massakers  zu  erzwingen,  ist  ja  längst  bekannt;  überraschend  .st 

•  Englischer  Botschafter  in  Rom. 
**  Vgl.  Nr.  3325. 

535 


höchstens  der  Zynismus,  mit  dem  dieser  Plan  öffentlich  verkündet  wird. 
Man  könnte  versucht  sein,  darin  einen  taktischen  Fehler  zu  erblicken, 
denn  die  christlich-humanen  Tränen,  welche  ob  des  türkischen  Fana- 
tismus vergossen  zu  werden  pflegen,  wenn  gewisse  Mächte  ihre  be- 
sonderen politischen  Zwecke  im  Orient  zu  erreichen  trachten,  ver- 
lieren an  Natürlichkeit  und  darum  an  Wirkung,  wenn  vorher  feststeht, 
daß  die  beweinten  Massakers  auf  christlicher  Veranstaltung  beruhen. 
Aber  die  mazedonischen  Revolutionäre  vertrauen  offenbar  so  fest  auf 
die  eiserne  Logik  des  kretischen  Vorgangs,  daß  sie  mit  taktischen  Er- 
wägungen sich  gar  nicht  mehr  abgeben. 

Marschall 

Nr.  3327 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  50  Pera,  den  3.  Februar  1899 

Vertraulich 

Der  bulgarische  Ministerwechsel*  hat  hier  vollkommen  überrascht. 
Ich  sehe  in  demselben  in  erster  Reihe  einen  Schachzug  des  Fürsten 
Ferdinand  in  dem  Kampf  zwischen  Herrn  Sinowiew  und  Herrn  Bach- 
metiew.  Indem  der  Fürst  in  Ausführung  der  versteckten  Drohung,  die 
er  am  Neujahrstage  dem  russischen  Vertreter  gegenüber  ausgesprochen 
hatte,  ein  ausschließlich  aus  Gegnern  Rußlands  bestehendes  Ministerium 
einsetzt,  will  er  den  Russen  zeigen,  wohin  er  gedrängt  wird,  wenn 
man  in  Petersburg  auf  die  „tendenziösen"  Berichte  des  Herrn  Sinowiew 
größeres  Gewicht  legt  als  auf  die  „wahrheitsgetreuen"  Meldungen 
des  russischen  Vertreters  in  Sofia.  Dabei  läuft  wohl  auch  die  Absicht 
unter,  durch  die  Wahl  eines  aus  Freunden  Österreichs  gebildeten 
Ministeriums  das  russische  Mißtrauen  gegen  das  benachbarte  Kaiser- 
reich zu  erwecken,  das  bisher  in  der  mazedonischen  Frage  gemein- 
same Sache  mit  Rußland  gemacht  hatte.  Freiherr  von  Calice  hatte  aus 
den  Äußerungen  des  Grafen  Murawiew  an  den  Fürsten  Liechtenstein  ** 
schon  jetzt  den  Eindruck,  daß  die  Gegenaktion  Bachmetiews  ihre 
Spuren  zurückgelassen  habe.  Wahrscheinlich  wird  Fürst  Ferdinand, 
sobald  in  Petersburg  eine  mildere  Auffassung  der  mazedonischen  Frage 
platzgreift,  sich  des  Ministeriums  Grekow  wieder  entledigen. 

Obgleich  Fürst  Ferdinand  sich  in  den  letzten  Tagen  anscheinend 
alle  Mühe  gegeben  hat,  die  Genehmigung  des  Eisenbahnvertrags  vom 


*  Am    30.  Januar  war  das   Ministerium   Stoilow   zurückgetreten   und  durch  das 

Kabinett  Grekow  ersetzt  worden. 

•*  Österreich-ungarischer   Botschafter  in   Petersburg. 

536 


Sultan  zu  erhalten,  bin  ich  im  Zweifel,  ob  es  ihm  wirklich  Ernst  damit 
war  Er  hätte  sonst  wohl  die  Ministerkrisis  um  zwei  Tage  verschoben, 
denn  darüber,  daß  dieses  Ereignis  die  Erwirkung  des  Idradee  aufs 
äußerste  erschweren  mußte,  konnte  er  unmöglich  im  Zweifel  sein. 

Marschall 


Nr.  3328 

Der  Botschafter  in  Petersburg  Fürst  von  Radolin  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr  66  St.  Petersburg,  den  8.  Februar  1899 

Der  bisherige  österreichisch-ungarische  Botschafter  Prinz  Liechten- 
stein hat  Petersburg  gestern  abend  verlassen,  nachdem  er  in  letzter 
Zeit  seitens  des  Kaiserlichen  Hofes  mit  ungewöhnlicher  Freundlich- 
keit behandelt  worden  war  und  Seine  Majestät  ihm  noch  ein  Abschieds- 
diner tags  vor  der  Abreise  gegeben  hatte. 

Der  Prinz  sagte  mir  in  einem  vertraulichen  Gespräche,  der  Kaiser 
Nikolaus  habe  ihm  gegenüber  der  Annäherung  Österreichs  und  Ruß- 
lands mit  Befriedigung  Erwähnung  getan  und  in  der  herzlichsten  Weise 
von  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  Franz  Joseph  und  auch  vom  Erzherzog 
Franz  Ferdinand  gesprochen,  wobei  Seine  Majestät  hinzugefugt  hatte, 
seine  Freundschaft  für  den  Kaiser  und  den  Erzherzog  sei  so  fest,  daß 
niemand  dieselbe  trüben  könne.  (Prinz  Liechtenstein  deutete  hierbei 
an-  Das  niemand"  bezöge  sich  wohl  auf  Graf  Goluchowski.)  Früher 
sei'  die  Türkei  der  Zankapfel  zwischen  den  beiden  Reichen  gewesen, 
jetzt  aber  sei  dies  nicht  mehr  der  Fall,  und  es  liege  im  beiderseitigen 
Interesse,  die  Türkei  zu  erhalten  und  zu  verhindern,  daß  die  kleinen 
Balkanstaaten  den  status  quo  auf  der  Halbinsel  umstoßen  K 

Wenn  auch  kein  Zweifel  obwaltet,  daß  der  Kaiser  Nikolaus  dies 
aufrichtig  meint  und  bona  fide  handelt,  wenn  er  Hand  in  Hand  mit 
Österreich  den  Ausbruch  von  Unruhen  in  Mazedonien  verhindern  will, 
so  neige  ich  doch  nach  dem,  was  ich  höre,  zu  der  Annahme,  daß  die 
russische  Regierung  oder  wenigstens  gewisse  Unterströmungen  der- 
selben trotz  aller  gegenteiligen  Versicherungen  und  offiziellen  Mani- 
feste den  geheimen  Umtrieben  in  Mazedonien  nicht  ganz  unsympa- 
thisch gegenüberstehen2  und  darauf  ausgehen,  zunächst  die  Öster- 
reicher von  der  Aufrichtigkeit  der  uneigennützigen  russischen  Pläne  auf 
der  Balkanhalbinsel  zu  überzeugen  und  ihr  Mißtrauen  zu  beschwichtigen, 
um  dann  die  russisch-slawische  Politik  um  so  sicherer  ohne  Österreich 
durchzuführen  und  letzteres  zu  düpieren. 

Es  ist  übrigens   auffallend,  wie  in  letzter  Zeit  den  Österreichern 
hier  in  jeder  Weise  geschmeichelt  wird.    Prinz  Liechtenstein  ist  sich 

537 


aber  bewußt  und  überzeugt,  daß  ein  intimes  Zusammengehen  mit 
Rußland  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  möglich  sein  wird.  Wenn 
Herr  von  Aehrenthal*  auch  noch  so  geschickt  operieren  sollte  und  als 
wahrer  Opportunist  den  slawischen  Tendenzen  sich  willfährig  zeigt, 
so  ist  eine  Enttäuschung  für  Österreich  schließlich  doch  unvermeidlich3. 
In  diesem  Sinne  spricht  sich  auch,  natürlich  streng  vertraulich,  Prinz 
Liechtenstein  aus. 

Ebenso  unverkennbar  ist  die  von  Rußland  Bulgarien  gegenüber 
beobachtete  Beschönigungspolitik.  Amtlich  wird  von  hier  mit  der 
größten  Entschiedenheit  gegen  jede  Beteiligung  Bulgariens  an  der 
mazedonischen  Frage  gearbeitet,  aber  es  dürfte  zweifelhaft  sein,  ob 
nicht  unter  der  Hand   Bulgarien  hierbei  unterstützt  wird. 

Radolin 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Wir  wollen  ihn  darauf  festnageln,  wenn  es  seinerzeit  nöthig  würde 

2  natürlich    Das  ist  dort  immer  so! 

3  richtig 


Nr.  3329 

Der  Gesandte  in  Belgrad  Freiherr  von  Waecker-Gotter  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  18  Belgrad,  den  16.  Februar  1899 

Bei  seinem  vorgestrigen  Besuch  ließ  sich  König  Milan  auch  über 
die  sogenannte  „orientalische  Frage"  in  ihrer  Gesamtheit  aus  und 
sagte  ungefähr  folgendes: 

„Die  Balkanstaaten,  gleichviel  ob  sie  mehr  oder  weniger  selbst 
gekämpft  haben  um  ihre  Befreiung,  sind  in  letzter  Linie  die  Schöpfun- 
gen, die  Kinder  der  Großmächte.  Den  letzteren  liegen  daher  gewisse 
Vaterpflichten  ob;  sie  müssen  auch  für  die  Existenzbedingungen,  für 
das  Wohlergehen  dieser  neuen  Gebilde  von  Zeit  zu  Zeit  etwas  tun. 
In  ihrer  heutigen  Gestalt  und  Begrenzung  können  mehrere  der  Balkan- 
staaten und  speziell  Serbien  nicht  fortleben  oder  doch  nicht  sich  ge- 
deihlich entwickeln. 

Daß  früher  oder  später  die  türkische  Herrschaft  aus  Europa  ver- 
schwinden muß,  wird  wohl  niemand  bestreiten  wollen.  Die  türkische 
Bevölkerung  in  den  Balkanprovinzen  fühlt  dies  selbst  instinktiv,  denn 
sie  verringert  sich  beständig  durch  Auswanderung.  Wir  Serben  wün- 
schen durchaus  nicht,  den  Tag  der  Liquidation  gewaltsam  zu  beschleu- 


*  Nachfolger  von   Prinz  Liechtenstein  als  Österreich-ungarischer  Botschafter  in 
Petersburg. 

538 


nigen,  schon  darum  nicht,  weil  wir  noch  einige  Zeit  brauchen,  um 
den  Vorsprung  einzuholen,  welchen  die  Propaganda  unserer  Konkur- 
renten gegen  uns  voraus  hat.  Sollte  dagegen  von  Seiten  der  letzteren 
diese  Liquidation  gewaltsam  herbeigeführt  werden,  so  müßten  wir, 
so  schwach  oder  unvorbereitet  wir  auch  sein  mögen,  auch  unsererseits 
mit  den  Warfen  eingreifen,  um  nicht  präteriert  zu  werden. 

Sobald  nun  so  oder  so  der  Moment  der  Aufteilung  gekommen 
sein  wird,  werden  die  Mächte  sich  vor  allem  die  Notwendigkeit  vor 
Augen  halten  müssen,  zwischen  den  kleinen  Balkanstaaten  ein  an- 
näherndes Gleichgewicht  herzustellen.  Ohne  ein  solches  wird  die  Fehde 
unter  ihnen  fortdauern  wie  zu  den  Zeiten  des  Mittelalters,  mit  her- 
gestelltem Oleichgewicht  werden  sie  notwendig  und  gern  im  Frieden 
miteinander  leben. 

Bei  gutem  Willen  und  gerechter  Abwägung  wird  es  auch  den 
Mächten  gar  nicht  so  schwer  fallen,  jedem  seine  Portion  zuzumessen 
und  insbesondere  die  Teilung  zwischen  Serbien  und  Bulgarien  zu 
finden.  Ich  bin  kein  Chauvin  und  gehöre  also  nicht  zu  denen,  die  sich 
einreden,  daß  in  ganz  Mazedonien  alle  Slawen  im  Grunde  Serben 
sind,  oder  auch  nur,  daß  die  Serben  dort  in  der  Mehrheit  seien.  Meine 
Ansicht  in  dieser  Sache  ist  folgende: 

Die  Bevölkerung  Mazedoniens  —  une  vraie  ,Macedoine'!  —  ist 
derart  durcheinander  gemischt,  daß  man  wirklich  meinen  möchte,  der 
Name  des  Landes  stamme  aus  der  Küche.  Was  das  slawische  Element 
anlangt,  so  gibt  es  nur  beschränkte  Gebiete,  wo  man  das  Volk  als 
rein  serbisch  und  beziehungsweise  rein  bulgarisch  ansprechen  kann, 
jene  im  Norden,  diese  im  Süden  und  namentlich  Südosten  Mazedoniens. 
Dazwischen  liegt  die  große  Masse  des  Landes,  wo  sich  die  beiden 
Stämme  in  den  verschiedensten  Graden  der  Mischung  vorfinden.  Man 
wird  sagen  dürfen,  daß  der  ganze  Längenabschnitt  der  Balkan- 
halbinsel, welcher  ungefähr  durch  die  Linien  der  Morawa  und  des 
Isker,  respektive  deren  Fortsetzung  nach  Süden  gebildet  wird,  eine 
solche  hybride  Bevölkerung  enthält.  Auf  meiner  letzten  Reise  nach 
Sofia  fiel  es  mir  wieder  auf,  daß  der  Volkstypus  dort  genau  derselbe 
ist  wie  in  den  östlichen  Landesteilen  Serbiens.  Diese  ganze  Volks- 
masse läßt  sich  im  Grunde  ebenso  leicht  zu  Serben  machen  wie  zu 
Bulgaren.  Hätte  der  Berliner  Frieden  Sofia  mir  zugesprochen,  so 
würde  es  jetzt  ebenso  gut  serbisch  sein,  wie  es  heute  Nisch  und  Pirot 
sind,  wo  damals  die  Bevölkerung  genau  denselben  Charakter  hatte. 
Vice  versa  würden  Nisch  und  Pirot  heute  gut  bulgarisch  sein,  wenn 
sie  zu  Bulgarien  geschlagen  worden  wären. 

Ich  meine  also,  daß  die  Assimilierung  der  Bevölkerungen  gar  nicht 
so  schwer  sein  wird,  wenn  einmal  die  Mächte  auf  einer  gerechten 
Basis  zur  Aufteilung  Mazedoniens  zwischen  Serbien  und  Bulgarien 
geschritten  sein  werden.    Beide  Staaten  müßten  natürlich  einen  Küsten- 

539 


strich   am   Ägäischen   Meer  erwerben,   dabei   kann  die   Stadt  Saloniki 
ruhig  ausgeschlossen  bleiben  und  etwa  einen  kleinen  Freistaat  bilden. 

Nach  gewissen  Preßnachrichten  soll  die  Idee  angeregt  worden 
sein,  daß  auf  dem  bevorstehenden  Abrüstungskongreß  zunächst  den 
kleinen  Balkanstaaten  als  den  für  die  Ruhe  Europas  gefährlichsten 
Elementen  die  Entwaffnung  auferlegt  werden  müsse.  Ich  weiß  nicht, 
ob  Rumänien  dabei  mit  eingerechnet  wird;  König  Carol  liebt  es  nicht, 
zu  den  Balkanstaaten  gerechnet  zu  werden,  die  Russen  ihrerseits  be- 
stehen gern  darauf,  um  in  das  Bereich  ihres  moralischen  Protektorats 
auch  Rumänien  einschließen  zu  können.  In  einem  und  dem  andern 
Falle  wird  Rumänien  sich  zu  einer  Abrüstung  nicht  verstehen,  aber 
auch  wir  andern  können  es  nicht. 

Zunächst  müßten  wir  Serben  dagegen  protestieren,  den  Ruhe- 
störern zugerechnet  zu  werden.  Wir  haben  dies  durch  unsere  korrekte 
und  geradezu  bescheidene  Haltung,  glaube  ich,  nicht  verdient.  Öster- 
reich und  Rußland  haben  dies  auch  dadurch  anerkannt,  daß  sie  letzt- 
hin nur  in  Sofia,  aber  nicht  in  Belgrad  zur  Ruhe  mahnen  ließen.  Was 
aber  das  Prinzip  der  Sache  selbst  angeht,  so  könnte  weder  Serbien  noch 
Bulgarien  sich  dazu  verstehen,  ihrerseits  abzurüsten,  die  Türkei  aber 
in  voller  Rüstung  sich  gegenüber  zu  lassen.  Wenn  einmal  die  staat- 
liche Gestaltung  auf  dem  Balkan  in  der  vorher  angedeuteten  Weise 
perfekt  geworden  sein  wird,  so  wird  niemand  froher  sein  als  wir,  wenn 
uns  die  privilegierte  Stellung  Belgiens  zugewiesen  würde.  Heute  aber 
hat  jeder  von  uns  beiden  seine,  wie  wir  glauben,  berechtigten  natio- 
nalen Aspirationen  und  muß  daher  so  stark  und  vorbereitet  als  mög- 
lich bleiben,  um  für  deren  Verwirklichung  im  geeigneten  Augenblick 
einzutreten.  In  Serbien  sowohl  wie  in  Bulgarien  würde  zweifellos 
die  Dynastie  gefährdet  sein,  sobald  sie  sich  dazu  verstände,  durch  die 
Unterwerfung  unter  einen  europäischen  Abrüstungsbefehl  jenen  Hoff- 
nungen zu  entsagen,  welche  in  der  Seele  ihrer  Völker  festgewurzelt 
sind.u 

Waecker   Gotter 

Nr.  3330 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  30  Pera,  den  21.  Februar  1899 

In  der  russischen  Orientpolitik,  speziell  bezüglich  der  mazedoni- 
schen Frage  ist  wieder  einmal  ganz  unvermittelt  eine  Schwenkung 
eingetreten.  Als  vor  etwa  vier  Wochen  der  englisch-italienische  Ge- 
danke auftauchte,  einen  Kollektivschritt  hier  zu  unternehmen,  um  den 
Sultan  zu  „Konzessionen  an  die  mazedonischen  Christen"  zu  bewegen, 

540 


verhielt  sich  das  russische  Kabinett  durchaus  ablehnend;  Graf  Mura- 
wiew  erklärte  damals  dem  türkischen  Botschafter,  „es  sei  nach  seiner 
Ansicht  das  beste,  von  der  mazedonischen  Frage  gar  nicht  zu  sprechen, 
da  jede  Diskussion  darüber,  statt  die  Gemüter  zu  beruhigen,  die  vor- 
handene Erbitterung  nur  steigern  werde".  Vergangenen  Freitag  da- 
gegen hat  Herr  Sinowiew,  einer  Weisung  des  Grafen  Murawiew  ent- 
sprechend, dem  Sultan  die  Erwartung  der  russischen  Regierung  aus- 
gesprochen, daß  er  ungesäumt  Maßregeln  treffe,  „um  die  mazedo- 
nischen Christen  wirksam  zu  schützen  und  ihr  Los  zu  bessern".  Aber 
damit  nicht  genug:  es  bestehen  gewichtige  Anhaltspunkte  dafür,  daß 
der  Botschafter  den  weitergehenden  Auftrag  hat,  bei  seinen  Kollegen 
für  eine  Unterstützung  seiner  Demarche  zu  v/erben.  Er  hat  dies  gestern 
in  meiner  Gegenwart  bei  Baron  Calice  versucht  und  nach  meinem 
Eindruck  ein  geneigtes  Ohr  für  diesen  Gedanken  gefunden.  So  wird 
heute  auf  russische  Anregung  die  mazedonische  Frage  hier 
amtlich  und  außeramtlich  eingehend  diskutiert  und  damit  genau  der 
Zustand  herbeigeführt,  von  dem  man  russischerseits  noch  vor  wenigen 
Wochen  eine  Steigerung  der  vorhandenen   Erregung  befürchtete,    pp. 

Marschall 

Nr.  3331 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  40  Pera)  den  4-  März  1899 

Bekanntlich  hatte  der  Sultan,  gedrängt  durch  die  „Reform- 
vorschläge" der  Botschafter  in  der  armenischen  Angelegenheit,  diese 
seinerzeit  durch  Publizierung  eines  Iradees  zu  beseitigen  gewußt,  wel- 
ches alles  versprach  und  die  Provinzgouverneure  mit  entsprechenden 
Weisungen  versah.  Das  gleiche  dürfte  bezüglich  Mazedoniens  durch 
ein  Iradee  beabsichtigt  sein,  welches  die  türkischen  Zeitungen  soeben 
in  amtlicher  Weise  veröffentlichen,  und  von  welchen  ich  einen  fran- 
zösischen Auszug  in  beifolgendem  Zeitungsausschnitt  vorzulegen  mich 
beehre.  Marschall 

Nr.  3332 

Der  Geschäftsträger  in  Petersburg  von  Tschirschky  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

St.  Petersburg,  den  13.  März  1899 

Die  Versammlung  von  albanesischen  Notablen  in  Ipek  hatte  bei 
der  russischen  Regierung  nicht  verfehlt,  eine  gewisse  Besorgnis  her- 

541 


vorzurufen.  Wie  mir  der  österreichisch-ungarische  Geschäftsträger*  mit- 
teilt, hat  er  verschiedentlich  schon  mit  Graf  Murawiew  über  diese  Vor- 
gänge gesprochen,  der  sich  ziemlich  abfällig  über  die  Haltung  der 
Pforte  dabei  geäußert  hat.  Nach  Ansicht  des  Grafen  Murawiew  habe 
die  Gefahr  vorgelegen,  daß  die  Pforte,  welche  die  Bewegung  unter 
den  Albaniern  als  Gegengewicht  gegen  die  bulgarisch-mazedonische 
Agitation  ins  Leben  gerufen  und  geschürt  habe,  die  Geister,  die  sie 
gerufen,  im  gegebenen  Falle  nicht  mehr  los  zu  werden  imstande  sein 
würde.  Rußland  hat  deshalb  nach  Konstantinopel  die  ernste  Mahnung 
gerichtet,  die  albanische  Bewegung  soviel  als  möglich  einzudämmen 
und  zum  Stillstand  zu  bringen. 

Gleichzeitig  hat  Rußland  jetzt  den  Augenblick  für  gekommen  er- 
achtet, sein  Prestige  als  alleiniger  Beschützer  der  christlichen  Balkan- 
völker und  der  Orthodoxie  wieder  aufzufrischen,  indem  es  den  Sultan 
auffordern  ließ,  ungesäumt  Maßregeln  zu  treffen,  um  die  mazedoni- 
schen Christen  wirksam  zu  schützen  und  ihr  Los  zu  bessern.  Rußland 
hat  diesen  Schritt  allein  unternommen,  ohne  sich  vorher  der  Kooperation 
irgendeiner  anderen  Macht  zu  versichern;  es  wollte  damit  den  Slawen 
des  Balkans  neuerlich  vor  Augen  führen,  daß  es  die  führende  Rolle 
bei  der  Regelung  und  Ausgestaltung  der  dortigen  Verhältnisse  nach 
wie  vor  beanspruche  und  durchzuführen  gedenke. 

Aus  diesem  Gesichtspunkte  erklärt  sich  auch  die  ablehnende  Hal- 
tung des  Petersburger  Kabinetts  gegenüber  der  von  italienisch-eng- 
lischer Seite  vor  einigen  Wochen  versuchten  Aktion  zugunsten  Maze- 
doniens. Im  Schlepptau  dieser  beiden  Mächte  am  Balkan  zu  erscheinen, 
war  für  Rußland  nicht  annehmbar,  und  deshalb  mußte  der  damals  ge- 
plante Kollektivschritt  vereitelt  werden.  Nunmehr  aber,  nachdem  die 
Kollektivaktion  der  anderen  Mächte  unmöglich  gemacht  worden,  tritt 
Rußland  selbst  als  führende  Macht  für  die  gleiche  Sache  auf  den  Plan. 

Rußlands  Interesse  verbietet  im  gegenwärtigen  Augenblicke  jede 
Unruhe  auf  dem  Balkan.  Wenn  es  aus  diesem  Grunde  selbst  sich 
jeder  drängenden  Aktion  dort  enthält,  so  wacht  es  andererseits  eifer- 
süchtig darüber,  daß  nicht  etwa  von  anderer  Seite  ihm  der  Wind  aus 
den  Segeln  genommen  und  seine  Stellung  als  führende  Macht,  von  deren 
Willen  allein  die  Gestaltung  der  dortigen  Verhältnisse  abzuhängen 
habe,  beeinträchtigt  werde.  Daher  auch  die  in  letzter  Zeit  von  hier  aus 
Österreich-Ungarn  gegenüber  zur  Schau  getragene  Freundlichkeit.  Je 
kürzer  der  Zügel  ist,  an  dem  man  Österreich  von  hier  aus  hält,  um  so 
genauer  wird  man  hier  jede  Bewegung  des  Nachbarstaates  kontrol- 
lieren und  ihrer  Wirkung  eventuell  zuvorkommen  können.  Wenn,  wie 
der  Kaiserliche  Gesandte  in  Athen**  meldete,  den  russischen  Marine- 
offizieren vor  Kreta  eingeschärft  wird,  ja  recht  enge  Fühlung  mit  den 


*  Grat  Szechenyi. 

**  Graf  von  Plessen-Cronstern. 

542 


österreichisch-ungarischen  Kameraden  zu  nehmen,  oder  andere  Liebens- 
würdigkeiten —  allerdings  durchgängig  recht  oberflächlicher  Natur  — 
zwischen  Petersburg  und  Wien  ausgetauscht  werden,  so  verfolgt  man 
dabei,  wie  mir  scheinen  will,  in  erster  Linie  den  Zweck,  die  öster- 
reichischen Staatsmänner  „einzuwickeln",  sie  durch  diese  sanften  Ma- 
nieren sicher  zu  machen  und  ihnen  jeden  Gedanken  nach  selbständiger 
Balkanpolitik  in  die  Ferne  zu  rücken  und  unnötig  erscheinen  zu  lassen. 
Bezeichnend  ist  in  dieser  Beziehung  eine  Äußerung  des  Grafen  Mu- 
rawiew,  die  dieser  neulich  dem  österreichisch-ungarischen  Geschäfts- 
träger gegenüber  bei  Besprechung  des  jüngsten  Ministerwechsels  in 
Sofia*  getan  hat.  Der  Graf  meinte,  ihn  kümmere  es  wenig,  wer  in  Sofia 
Minister  sei,  Bulgarien  könne  ja  doch  nur  mit  Rußland  Politik  machen. 

von  Tschirs  chky 

Nr.  3333 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  50  Pera,  den  26.  März  1899 

Vertraulich 

Mein  russischer  Kollege  sagte  mir  heute,  daß  er  bezüglich  der 
mazedonischen  Frage  für  dieses  Jahr  beruhigt  sei,  im  nächsten 
Jahre  aber  nach  menschlicher  Voraussicht  die  jetzt  überwundene  Ge- 
fahr von  neuem  hervortreten  werde1.  Meine  Bemerkung,  daß  an  der 
Beruhigung  der  Gemüter  das  wesentliche  Verdienst  i  h  m  zufalle,  gab 
Herr  Sinowiew  insoweit  als  richtig  zu,  als  er  vom  ersten  Augenblicke 
seines  Hierseins  die  Dinge,  die  sich  in  Mazedonien  und  Bulgarien  vor- 
bereiteten, scharf  beobachtet  und  seine  Regierung  mit  Erfolg  auf  die 
schweren  Gefahren  aufmerksam  gemacht  habe,  welche  dem  europä- 
ischen Frieden  drohten,  wenn  jenem  Treiben  nicht  rechtzeitig  Einhalt 
geboten  würde.  Er  erachte  die  sogenannte  mazedonische  Frage  für 
eine  überaus  ernste2:  wenn  im  Falle  des  Aufstandes  eines  erheblichen 
Teils  der  christlichen  Bevölkerung  jener  Provinz  die  Türkei  mit 
Waffengewalt  einschreite  und  dabei  von  den  muhamedanischen  Al- 
banesen  unterstützt  werde,  was  bei  der  Stimmung  der  letzteren  ganz 
unausbleiblich  sei,  so  trete  eine  Lage  ein,  der  seine  Regierung  schon 
aus  Gründen  der  „Tradition"  3  unmöglich  in  der  Rolle  des  Zuschauers 
gegenüberstehen  könne.  Dasselbe  gelte  für  Österreich-Ungarn  schon 
deshalb,  weil  ein  Brand  in  Mazedonien  auf  Bosnien  und  die  Herzego- 
wina zurückwirken  werde.    Nun  sei  zwischen  diesen  beiden  Mächten 

*   Vgl.  Nr.  3327. 

543 


wohl  eine  Verständigung  auf  der  Basis  der  Erhaltung  des  status  quo 
möglich,  wie  aber  dieselben  über  eine  gemeinsame  Intervention  oder 
gar  über  eine  Neuordnung  der  Dinge  in  Mazedonien  sich  friedlich 
auseinandersetzen  könnten,  sei  ihm  vollkommen  unerfindlich4,  zumal 
England  und  Italien  bei  einer  derartigen  Komplikation  im  Trüben  fischen 
würden.  Die  englische  Politik  sei  überhaupt  „sournoise",  und  Herrn 
Canevaro  seien  anscheinend  seine  kretischen  Erfolge  in  den  Kopf  ge- 
stiegen. Die  einzige  Garantie,  daß  im  Orient  Ruhe  und  Frieden  auf- 
rechterhalten blieben,  beruhe  in  der  Eintracht  der  Drei-Kaiser-Mächte2, 
und  diesen  falle  das  Verdienst  zu,  wenn  die  mazedonische  Gefahr  vor- 
läufig in  den  Hintergrund  getreten  sei. 

Die  Haltung  des  Ministeriums  Grekow  bezeichnete  Herr  Sinowiew 
als  „bisher  korrekt".  Aber  Fürst  Ferdinand  scheine  mit  der  Lage  wenig 
zufrieden  und  beschuldige  ihn  —  den  Botschafter  — ,  daß  er  „hostile 
ä  la  Bulgarie"  sei.  Das  treffe  nicht  zu,  denn  seine  Gegnerschaft  richte 
sich  ausschließlich  gegen  die  bulgarischen  Revolutionäre.  Herr  Bach- 
metiew  —  fügte  der  Botschafter  vertraulich  bei  —  scheine  seine  Stel- 
lung beim  Fürsten  vollständig  verdorben  zu  haben,  werde  aber  doch 
wohl  in  Sofia  bleiben. 

Marschall 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Warum?    Infolge  der  Friedens   Konferenz? 

2  richtig 

3  I 

4  sehr  richtig 
Schlußbemerkung  des  Kaisers: 

Sehr  richtig  und  macht  Zinowiew  alle  Ehre!    Marschall  soll  ihn  von  mir  grüßen 
und  meine  Billigung  seiner  Anschauungen  mith[eilen].    W. 

Nr.  3334 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  96  Therapia,  den  26.  Mai  1899 

Wie  auf  dem  politischen  Gebiete  überhaupt  so  ist  auch  bezüglich 
der  mazedonischen  Frage  vorläufig  Ruhe  eingetreten.  An  die  von  Zeit 
zu  Zeit  eintreffenden  serbischen  und  bulgarischen  Noten  wegen  Aus- 
schreitungen türkischer  Behörden  und  die  bestimmten  Dementis, 
welche  darauf  regelmäßig  seitens  der  Pforte  erfolgen,  ist  man  hier 
so  sehr  gewöhnt,  daß  diese  Dinge  kaum  mehr  Beachtung  finden. 
Die  allgemeine  Ansicht  politischer  Kreise  hat  sich  dahin  festgelegt,  daß 
die  mazedonische  Gefahr  „für  dieses  Jahr"  beseitigt  sei.  Eine  Reihe 
von    Faktoren   haben   zusammengewirkt,    um    dieses    Resultat   herbei- 

544 


zuführen:  vor  allem  die  entschiedene  Haltung  des  hiesigen  russischen 
Botschafters,  sodann  die  Rüstungen  der  Türkei  und  endlich  der  Sturz 
des  Ministeriums  Stoilow.  Ich  will  den  guten  Willen  dieses  Staats- 
mannes nicht  bezweifeln,  aber  dessen  unglaubliche  Schwäche  wird 
durch  die  Tatsache  illustriert,  daß  er  als  bulgarischen  Vertreter  am 
hiesigen  Platze  einen  Mann  belassen  hat,  der  niemals  ein  Hehl  dar- 
aus gemacht,  daß  er  sich  in  erster  Reihe  als  Agent  des  großbulgari- 
schen Revolutionskomitees  betrachte. 

An  der  Lage  in  Mazedonien  und  damit  an  der  mazedonischen  Frage 
selbst  hat  sich  darum  etwas  Wesentliches  nicht  geändert.  Der  Trost, 
daß  Zeitgewinn  auch  ein  Gewinn  sei,  ist  ein  sehr  schwacher  gegen- 
über der  Tatsache,  daß  der  gefahrdrohende  Prozeß  der  allmählichen 
Verhetzung  eines  großen  Teils  der  christlichen  Bevölkerung  jener 
Provinz  seinen  ungestörten  Fortgang  nimmt.  Mir  bleibt  unauslösch- 
lich eingeprägt,  was  mir  mein  russischer  Kollege  bei  einer  vertrau- 
lichen Unterredung  im  vergangenen  Winter  gesagt  hat:  „Wenn  bei 
dem  Aufstande  eines  erheblichen  Teils  der  christlichen  Bevölkerung 
Mazedoniens  die  Türkei  mit  Waffengewalt  einschreitet  und  dabei  von 
den  muhamedanischen  Albanesen  unterstützt  wird,  so  kann  die  russi- 
sche Regierung  unmöglich  in  der  Rolle  eines  Zuschauers  verbleiben1". 
In  derselben  Unterredung  hatte  mir  Herr  Sinowiew  mit  der  ihm  eige- 
nen Schärfe  die  schweren  Gefahren  geschildert,  welche  jede  bewaffnete 
Intervention  einer  Großmacht  in  Mazedonien  für  den  europäischen 
Frieden  heraufbeschwören  müsse*.  Wenn  dieser  ruhige  Staatsmann 
dabei  offen  bekennt,  daß  seine  Regierung  eventuell  durch  Faktoren 
des  eigenen  Landes  auf  diesen  gefahrdrohenden  Weg  genötigt  wird2 
und  dies  lediglich  von  der  Frage  abhängt,  ob  es  gelingt,  die  Revolution 
in  einem  revolutionsreifen  Lande  zu  verhindern,  so  ist  damit  die  fort- 
dauernde Gefahr  der  Lage  scharf  gekennzeichnet. 

Es  ist  ein  seltsames  Ding,  diese  russische  „Tradition",  von  der 
Herr  Sinowiew  sprach;  sie  ist  unfaßbar,  undefinierbar,  und  gerade  dar- 
auf beruht  ihre  Macht.  Man  operiert  anderwärts  zu  ähnlichen  Zwecken 
mit  der  „öffentlichen  Meinung".  Aber  in  anderen  Ländern  pflegen 
derartige  Versuche,  die  Regierung  zu  beeinflussen  und  einzuschüch- 
tern, an  der  durch  die  Erfahrung  bestätigten  Erkenntnis  zu  scheitern, 
daß'die  sogenannte  „öffentliche  Meinung"  meist  nur  die  falsche  Flagge 
ist  für  die  Sonderwünsche  einer  kleinen,  aber  rührigen  Minorität.  Wir1 
verlangen  von  einer  Regierung,  daß  sie  selbst  von  starken  Volks- 
strömungen sich  nicht  leiten  und  lenken  lasse,  sondern  daß  sie  um- 
gekehrt dieselben  beherrsche  und  in  geordnete  Bahnen  führe3.  In  dem 
autokratischen  Rußland  bietet  sich  ein  ganz  verschiedenes  Bild.  Eine 
öffentliche  Meinung  im  westeuropäischen  Sinne  kann  es  dort  nicht 
geben,  und  wenn  sie  bestände,  so  entbehrt  die  Regierung  der  Mittel, 


*  Vgl.  Nr.  3333. 

35    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  545 


sie  zu  erkennen  und  zu  kontrollieren.  Aber  dieser  Zustand  bedeutet 
für  die  Regierung  nicht  etwa  einen  Zuwachs  an  Macht  und  Beständig- 
keit. Im  Gegenteil;  der  Mangel  jeder  „öffentlichen"  Meinung  bewirkt, 
daß  geheime  unkontrollierbare  Strömungen,  Stimmungen  und  Instinkte 
im  Volke  einen  gewaltigen  Einfluß  auf  die  Regierungsmaschine  aus- 
üben4, und  dieser  Einfluß  steigert  sich  mit  dem  Geschick  und  der  Ge- 
wissenlosigkeit, welche  gewisse  Kreise  entfalten,  um  die  Empfindlich- 
keit der  leitenden  Männer  für  wirkliche  oder  vermeintliche  Volks- 
strömungen zu  Sonderzwecken  auszubeuten.  Am  intensivsten  pflegt 
bei  den  eigenartigen  russischen  Verhältnissen  die  Wirkung  da  zu  sein, 
wo  man  die  politischen  Ziele  durch  Vorschiebung  religiöser  Interessen 
zu  verhüllen  vermag.  Diese  Voraussetzung  trifft  in  besonderem  Maße 
im  Oriente  zu.  Da  hat  man  angeblich  aus  der  Tiefe  des  religiösen  Emp- 
findens der  russischen  Nation  gleichsam  als  nationales  Dogma  auf- 
gestellt, daß  das  heilige  Rußland  berufen  und  verpflichtet  sei,  die 
christlich-orthodoxen  Brüder  unter  allen  Umständen,  also  auch  gegen 
die  Folgen  des  eigenen  Unrechts  zu  schützen.  Auf  diesem  Dogma 
ist  die  orientalische  „Tradition"  aufgebaut  als  ein  Machtfaktor,  der 
dem  absoluten  Zarentume  erfolgreich  Konkurrenz  macht. 

Die  traditionelle  russische  Orientpolitik  ist  allezeit  die  Schutzwand 
gewesen,  hinter  der  die  mannigfachsten  kirchlichen,  politischen  und 
persönlichen  Wünsche  sich  geltend  machen,  die  auf  normalem  Wege 
zur  Befriedigung  nicht  gelangen  können.  Da  agieren  als  Hüter  der 
Tradition:  geistliche  und  politische  Zeloten,  Abenteurer  und  Intri- 
ganten, unzufriedene  Elemente  der  verschiedensten  Gattung  und  — 
last  not  least  —  hochgestellte  Damen,  die  in  sinniger  Weise  ihre  poli- 
tischen Ziele  mit  den  Interessen  der  Familie  zu  vereinigen  verstehen. 
In  frischer  Erinnerung  ist,  wie  sich  in  den  siebziger  Jahren  unter  der 
kraftvollen  Leitung  Katkows  in  Moskau  eine  vollständige  Neben- 
regierung für  orientalische  Angelegenheiten  gebildet  hat,  stark  genug, 
um  den  friedliebenden  Kaiser  Alexander  II.  gegen  seinen  bestimmten 
Willen  zum  Kriege  mit  den  Türken  zu  führen. 

Seit  jenem  Kriege,  welcher  Rußland  statt  des  erwarteten  raschen 
Triumphes  ungeheure  Opfer  und  schwere  Gefahren  gebracht  hat,  ist 
die  „Tradition"  etwas  vorsichtiger  geworden,  ohne  ihre  Ziele  zu  ver- 
rücken oder  in  den  Mitteln  eine  wesentliche  Änderung  eintreten  zu 
lassen.  An  Erfolgen  hat  es  ihr  auch  in  der  neuesten  Zeit  nicht  ge- 
fehlt. Als  die  offizielle  russische  Politik  vor  zwei  Jahren  gegen  das 
friedenstörende  Griechenland  Front  gemacht  und  den  griechisch-tür- 
kischen Krieg  zugelassen,  hat  die  „Tradition"  nachträglich  ihre  Rechte 
geltend  gemacht  und  gründliche  Remedur  geschaffen.  Sie  hat  dem 
Zaren  das  Telegramm  diktiert,  welches  den  siegreichen  Türken  in 
der  letzten  entscheidenden  Schlacht  Halt  gebot*,  und  sie  hat  schließ- 


*  Nach  der  schweren  Niederlage  der  Griechen  bei  Domokos  am   17.  Mai   1897 
546 


lieh   das    Kampfobjekt    den   besiegten    Griechen   überantwortet,   ihnen 
reiche   Belohnung   dafür   gewährend,   daß    sie   die   Ermahnungen   und 
Warnungen  des  amtlichen  Rußland  konsequent  mißachtet  und  in  den 
Wind  geschlagen  hatten5.    Graf  Murawiew   mag  sich  sagen:  vestigia 
terrent    Auch  nach  dem  Tode  Katkows  ist  eine  Art  organisierter  Neben- 
regierung in  orientalischen  Dingen  geblieben;  sie  besitzt  bei  den  amt- 
lichen Vertretungen,  welche  Rußland  im  Orient  unterhält,  Beamte,  die 
ihr  ergeben  sind  und  die  Kontrolle  ausüben  über  die  Gesinnungstuch- 
tigkeit  der  Vorgesetzten,  sie  weiß  Herrn  Bachmetiew  und  seinen  Ge- 
sinnungsgenossen die  Nerven  zu  stärken,  wenn  sie  Instruktionen  des 
Grafen  Murawiew  gegebenenfalls  nicht  ausführen,  sie  kennt  die  Wege, 
um  Herrn  Sinowiew  in  wirksamer  Weise  der  Fühllosigkeit  gegen  die 
Leiden  der  christlichen   Brüder  zu  beschuldigen;  sie  hat  überall  ihre 
Agenten    die  das  Türkische  Reich  und  die  Nachbarstaaten  durchziehen, 
um  das  große  Ziel  der  allmählichen  Aufsaugung  des  Orients  durch  die 
Orthodoxie  unter   russischer   Schutzherrschaft  zu  fördern. 

In  religiösen  Fragen,  vor  allem  in  der  Pflege  der  orthodoxen  Pro- 
paganda gehen  die  amtliche  und  die  traditionelle  russische  Orient- 
politik Hand  in  Hand.  Auch  der  Kampf  gegen  das  ökumenische  Pa- 
triarchat scheint  heute  einen  gemeinsamen  Programmpunkt  zu  bilden. 
In  rein  politischen  Fragen  liegt  die  Sache  zurzeit  noch  anders.  Die 
Gefahr  erkennend,  welche  ein  gewaltsamer  Ausbruch  in  Mazedonien 
für  den  Weltfrieden  heraufbeschwören  würde,  sucht  das  offizielle  Ruß- 
land der  großbulgarischen  Bewegung  durch  die  Drohung  Einhalt  zu 
gebieten,  daß  der  Friedensstörer  seinem  Schicksale  werde  überlassen 
werden, '—  aber  es  fehlt  nicht  an  russischen  Agenten,  welche  der  Be- 
völkerung das  Gegenteil  versichern  und  verkünden,  daß  das  heilige 
Rußland  seine  Brüder  jederzeit  in  der  Not  schützen  werde.  Über- 
zeugen sich  die  unzufriedenen  Mazedonier  erst,  daß  hinter  dieser 
freudigen  Botschaft  mächtigere  Faktoren  stehen  als  hinter  jenen  Dro- 
hungen, dann  wird  das  amtliche  Rußland  auch  diese  Schlacht  mit 
seinem  Konkurrenten  verloren  haben6. 

Die  „Tradition"  als  selbständiger  Machtfaktor  im  Russischen  Reiche 
hat  in  diesem  Augenblicke  noch  in  einer  anderen  Beziehung  ein  aktu- 
elles Interesse.  Auf  der  Haager  Konferenz*  scheint  der  Gedanke,  in- 
wieweit bei  entstehenden  Differenzen  durch  Vermittelung  und  inter- 
nationale Schiedsgerichte  der  Krieg  abgewendet  werden  kann,  ein- 
gehend erörtert  werden  zu  sollen.  Die  große  Schwierigkeit,  welche 
sich  einer  befriedigenden  Lösung  dieser  Frage  noch  immer  entgegen- 
gestellt hat,   liegt   bekanntlich   darin,    daß    diejenigen   Differenzen 


hatte  Kaiser  Nikolaus  II.  sich  in  einem  Telegramm  direkt  an  den  Sultan  mit 
dem  Ersuchen  gewandt,  die  militärischen  Operationen  einzustellen.  Vgl.Kap.LXÄX. 
*  Vgl.  Bd.  XV,  Kap.  C. 

547 


die  größte  Kriegsgefahr  enthalten,  bei  denen  gewisse  nationale  Im- 
ponderabilien im  Spiele  sind,  und  daß  gerade  hier  die  Regierungen 
am  wenigsten  in  der  Lage  sind,  fremde  Vermittlung  anzunehmen  oder 
gar  dem  Schiedsspruch  einer  dritten  sich  zu  unterwerfen6.  Es  ist  ein 
glücklicher  Zufall,  daß  Rußland  als  einberufender  Staat  in  seiner  „tra- 
ditionellen Orientpolitik"  ein  Normalbeispiel  besitzt,  an  dem  es  der 
Konferenz  die  ganze  Schwierigkeit  der  Frage,  aber  zugleich  auch  seinen 
festen  Entschluß  beweisen  kann,  dieselbe  im  Interesse  des  Friedens 
zu  lösen. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  i 

2  Sehr  bezeichnend  und  sehr  Russisch 

3  Das  ist  mir,  als  Mfarschall]  noch  in  Berlin  war,  nie  als  sein  Prinzip  auf- 
gefallen 

4  richtig 

5  gut 

6  richtig 

Schlußbemerkung  des  Kaisers: 
Sehr  gut 

Nr.  3335 

Der  Generalkonsul  in  Sofia  von  Reichenau  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  73  Sofia,  den  26.  Juli  1899 

Ganz  geheim 

Als  mir  Herr  Qrekow  Mitte  vorigen  Monats  von  den  serbischen 
Anzapfungen  zum  Zwecke  des  Abschlusses  eines  Übereinkommens 
über  die  Abgrenzung  der  gegenseitigen  Interessensphären  in  Maze- 
donien sprach*,  bestärkte  ich  den  Minister  unter  Billigung  seiner 
Beweggründe  nachdrücklichst  in  seinem  Widerstände  gegen  den  ser- 
bischen Vorschlag,  der  mir  durchaus  dem  Geiste  und  der  Richtung  der 
kaiserlichen  Politik  zu  widersprechen  scheint. 

Bei  einem  seiner  letzten  Empfangstage  nun  teilte  mir  Herr  Grekow 
mit,  daß  zu  seiner  größten  Überraschung  der  Kaiserliche  Gesandte  in 

*  Darüber  hatte  Generalkonsul  von  Reichenau  am  13.  Juni  berichtet:  , .Worauf 
die  serbischen  Wünsche  abzielen,  darüber  hat  mir  heute  Herr  Grekow  die 
wünschenswerte  Klarheit  verschafft.  Nach  seinen  Mitteilungen  sei  nämlich, 
seit  er  an  die  Spitze  der  Regierung  getreten,  sowohl  der  serbische  Minister- 
präsident als  auch  der  König  Alexander  unablässig  bemüht,  ihn  durch  den 
bulgarischen  Vertreter  in  Belgrad  wie  durch  den  serbischen  Agenten  in  Sofia 
auf  Abschluß  eines  Abkommens  zu  drängen,  wodurch  die  beiderseitige  Ein- 
flußsphäre in  Mazedonien  fest  abgegrenzt  werde.  Er  habe  dieses  Ansinnen 
entschieden  zurückgewiesen". 

548 


Belgrad  bei  dem  dortigen  zeitweiligen  bulgarischen  Vertreter*  sich 
zum  warmen  Befürworter  der  serbischen  Pläne  gemacht  und  gewisser- 
maßen für  deren  Billigung  durch  die  Großmächte  sich  verbürgt  habe, 
wie  dies  aus  einem  Berichte  des  Herrn  Schischmanow  hervorgehe, 
den  mir  Herr  Grekow  übersetzte  und  in  Abschrift  überließ.  Es  falle 
ihm,  fügte  der  Minister  hinzu,  indessen  schwer  zu  glauben,  daß  die 
gemeldeten  Ausführungen  des  Freiherrn  von  Waecker-Gotter  den  In- 
tentionen der  Kaiserlichen  Regierung  entsprächen.  Ich  bemerkte  Herrn 
Grekow,  es  werde  sich  wohl  um  eine  mißverständliche  Auffassung 
und  Wiedergabe  der  Worte  des  Freiherrn  von  Waecker-Gotter  han- 
deln. Jedenfalls  sei  ich  persönlich  nach  wie  vor  davon  überzeugt,  daß 
die  Ablehnung  des  serbischen  Vorschlages  dem  wohlverstandenen 
Interesse  Bulgariens  und  der  von  ihm  erwarteten  politischen  Haltung 
tentspräche,  und  daß  ein  serbisch-bulgarisches  Abkommen  über  die 
Abgrenzung  der  Interessensphären  in  Mazedonien,  das  im  Grunde 
nichts  anderes  bedeute  als  eine  antizipierte  Teilung  dieser  türkischen 
Provinz,  und  das  weder  die  Gewähr  der  praktischen  Durchführbarkeit 
noch  diejenige  der  Sicherung  der  Ordnung  und  Ruhe  in  jenem  Ge- 
biete in  sich  trage,  seitens  der  Kaiserlichen  Regierung  keine  Billigung 
oder  Förderung  zu  erwarten  habe. 

Indem  ich  eine  Übersetzung  des  Berichtes  des  Herrn  Schischma- 
now in  der  Anlage**  beizufügen  mich  beehre,  bitte  ich  gehorsamst, 
mich  hochgeneigtest  darüber  unterrichten  zu  wollen,  ob  diese  meine 
Ansicht  die  Zustimmung  Euerer  Durchlaucht  findet,  damit  ich  nicht  etwa 
Gefahr  laufe,  hier  eine  den  Intentionen  der  Kaiserlichen  Regierung 
widersprechende  Auffassung  zu  vertreten. 

Herr  Grekow  hat  mich  dringend  gebeten,  dahin  zu  wirken,  daß 
diese  Angelegenheit  absolut  sekretundvertraulich  behandelt 
werde,  was  ich  ihm  zugesichert  habe. 

Reichenau 

Nr.  3336 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 
von  Richthofen  an  den  Generalkonsul  in  Sofia  von  Reichenau 

Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats  von  Mühlberg 

Nr.  21  Berlin,  den  31.  Juli   1899 

[abgegangen  am  2.  August] 

Ew.  pp.  gefälligen  Bericht  vom  26.  d.  Mts.  —  Nr.73***  —  habe  ich 
erhalten  und  mit  Interesse  von  demselben  Kenntnis  genommen.     Ich 


*  Schischmanow. 

**  Hier  nicht  abgedruckt. 

•**  Siehe    Nr.    3335.     Tatsächlich    erklärte    Freiherr   von    Waecker-Gotter,    vom 

Vortragenden  Rat  von  Mühlberg  durch  Privatbrief  vom  7.  August  wegen  seiner 

549 


billige  vollständig  die  von  Ihnen  Herrn  Grekow  gegenüber  eingenom- 
mene Haltung,  denn  dieselbe  entspricht  den  Grundsätzen,  welche  wir 
nach  wie  vor  in  den  Balkanstaaten  zu  beobachten  wünschen.  Es  kann 
nicht  unsere  Aufgabe  sein,  uns  in  die  Beziehungen  der  einzelnen  Donau- 
staaten unter  sich  einzumischen  oder  gar  eine  leitende  und  schützende 
Rolle  bei  dem  einen  oder  dem  anderen  dieser  Staaten  zu  übernehmen. 
Wenn  wir  jetzt  plötzlich,  und  ohne  von  einer  befreundeten  Macht  hierzu 
bestimmt  zu  sein,  uns  mit  der  mazedonischen  Frage  befassen  wollten, 
so  würden  wir  aus  dem  Rahmen  unserer  bisherigen  Politik  heraus- 
treten und,  da  ein  sichtlicher  Grund  für  eine  solche  Schwenkung  nicht 
vorliegt,  nicht  ohne  Berechtigung  das  Mißtrauen  Österreich-Ungarns 
und  Rußlands  erregen.  Ich  bitte  Ew.  pp.,  Herrn  Grekow  bei  Ihnen 
passend  erscheinender  Gelegenheit  zu  verstehen  zu  geben,  daß  wir 
die  Zurückhaltung,  welche  wir  bisher  in  den  Balkanangelegenheiten 
bewahrt  haben,  unzweifelhaft  fortzusetzen  gedenken,  und  daß  die 
Meldungen  des  Herrn  M.  Schischmanow  über  Äußerungen  des  Herrn 
von  Waecker-Gotter  auf  einem  Mißverständnisse  beruhen  müßten.  Ich 
glaube,  daß  Ew.  pp.  die  wohlwollende  Passivität,  welcher  wir  uns  in 
den  politischen  Angelegenheiten  Bulgariens  hingeben,  Herrn  Grekow 
nicht  besser  dokumentieren  können,  als  wenn  Sie  seine  interessanten 
Mitteilungen  zwar  als  dankbarer,  aber  lediglich  als  empfangender  Zu- 
hörer entgegennehmen. 

Richthofen 

Nr.  3337 

Der  Generalkonsul  in  Sofia  von  Reichenau  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  96  Sofia,  den  25.  Oktober  1899 

Die  österreichisch-bulgarischen  Beziehungen,  deren  Barometerstand 
bereits  Ende  vorigen  Jahres  merklich  zu  steigen  begann,  tragen  zurzeit 
einen  besonders  freundlichen  Charakter.  Hierbei  spielt  zweifelsohne 
das  kluge  Verhalten  meines  österreichisch-ungarischen  Kollegen  *  eine 
Rolle,  der  es  durch  seinen  Takt  und  seine  biedere  Art  verstand,  sich 
das  Vertrauen  der  maßgebenden  politischen  Persönlichkeiten  in  sein 
ernstes  und  wohlwollendes  Interesse  an  dem  Geschicke  Bulgariens  zu 
erringen;  während  Herr  Bachmetiew  durch  seine  ostentative  Bulgaren- 


angeblichen Äußerungen  zu  Schischmanow  interpelliert,  in  seiner  Antwort  vom 
19.  August   auf   das    bestimmteste,    die    ihm    unterschobenen    Äußerungen    nicht 
getan    und    auf    keine    Weise    aus    der    ihm    vorgeschriebenen    Rolle    absoluter 
Passivität  herausgetreten  zu  sein. 
•  Freiherr  von  Call. 

550 


freundlichkeit,  bei  der  man  die  Absicht  zu  sehr  merkte,  und  seine  her- 
ablassenden Gönner-  und  Protektorallüren  den  Bulgaren  wie  ein  wan- 
delndes Ausrufungszeichen  hinter  der  russischen  Wohltat  erschien  und 
ihnen  auf  die  Dauer  die  Laune  gründlich  verdarb. 

Es  ist  aber  weder  allein  das  Verdienst  des  Freiherrn  von  Call  noch 
die  Schuld  des  Herrn  Bachmetiew,  wenn  Österreich  hier  an  Terrain 
gewonnen  hat  und  augenblicklich  den  maßgebenden  Einfluß  ausübt. 
Der  Grund  liegt  vielmehr  in  den  fortgesetzten  Fehlern  der  russischen 
Politik  Bulgarien  gegenüber:  Rußland  hat  von  der  Befreiung  Bul- 
gariens an  nicht  aufgehört,  dieses  Land  als  unmündiges  Kind  zu  be- 
handeln, das  man  bei  jedem  Schritte  gängeln  müsse,  und  es  durch- 
fühlen zu  lassen,  daß  es  ihm  nicht  um  die  Selbständigkeit  Bulgariens, 
sondern  lediglich  um  die  Verlängerung  seines  eigenen  Armes  zu  tun 
ist.  Es  hat  dadurch  bei  den  Bulgaren,  soweit  sie  politisch  überhaupt 
in  Betracht  kommen,  allmählich  ein  Gefühl  argwöhnischen  Mißtrauens 
Wurzel  geschlagen,  das  als  starke  Hypothek  auf  der  Empfindung  der 
Dankbarkeit  gegenüber  dem  russischen  Befreier  lastet,  und  das  schon 
im  Jahre  1881  in  den  Worten  des  gewiß  nicht  russophoben  Dragan 
Zankow:  „Wir  wollen  von  Rußland  weder  den  Honig  noch  den 
Stachel"  einen  prägnanten  Ausdruck  gefunden  hat. 

Nur  einmal,  als  es  sich  darum  handelte,  die  Anerkennung  und  später 
den  feierlichen  Empfang  des  Fürstenpaares  und  des  Prinzen  Boris  am 
Zarenhofe*  durchzusetzen,  zeigten  sich  der  Fürst  und  seine  Regierung 
als  der  gehorsame  unterwürfige  Diener  des  russischen  Herrn  und 
Meisters.  Dies  dauerte  aber  nur  von  Anfang  1896  bis  gegen  Ende 
1898,  dann  ebbte  die  Hochflut  der  Russenfreundlichkeit  merklich  ab, 
die  fürstliche  Gnade  gegenüber  meinem  russischen  Kollegen  verwan- 
delte sich  in  frostige  Kühle,  und  als  das  Ministerium  Stoilow  Anfang 
1899  abtrat,  zögerte  der  Fürst  nicht,  die  Nachfolge  dem  Kabinett  Gre- 
kow,  jetzt  Iwantschow**  zu  übertragen,  das  nicht  ein  einziges  russisch 
gesinntes  Mitglied  zählte.  Es  wird  sich  gewiß  nicht  behaupten  lassen, 
daß  dies  als  ein  Erfolg  der  russischen  Politik  betrachtet  \verden  kann. 
Allerdings  hat  sie  als  Kaufpreis  für  die  Anerkennung  des  Fürsten  der 
bulgarischen  Regierung  zwei  Zugeständnisse  abgerungen:  Das  eine, 
die  Umtaufe  des  Prinzen  Boris,  erscheint  aber  ebensowohl  als  eine  ge- 
botene Rücksicht  auf  das  eigene  Volk  und  stellt  sich  von  dem  Gesichts- 
punkte der  inneren  Politik  als  ein  Gewinn  dar.  Das  zweite,  das  Ab- 
kommen über  die  Wiederanstellung  der  emigrierten  Offiziere***,  ist  zu- 
nächst bisher  nur  zum  Teile  zur  Ausführung  gelangt:  von  den  43  in 
dem  Abkommen  bezeichneten  Offizieren  sind  nur  25  in  die  bulgarische 
Armee  wiedereingereiht,  während  die  übrigen  18,  denen  trotz  der 
russischen  Bemühungen  die  ihren  Wünschen  entsprechenden  höheren 

*  Vgl.  Nr.  3311,  S.  518,  Fußnote  *\ 

**  Seit  13.  Oktober  1S99. 

—  Vgl.   Nr.   3311,  S.   518,  Fußnote  **. 

551 


Chargen  verweigert  werden,  in  Rußland  zurückgeblieben  sind.  So- 
dann aber  ist  es  vorläufig  noch  fraglich,  ob  das  Abkommen  in  seiner 
praktischen  Wirkung  die  von  Rußland  davon  erhofften  Vorteile  tat- 
sächlich bringen  wird.  Von  den  wiederangestellten  25  Offizieren  be- 
kleiden nur  11  höhere  Kommandostellen  (stellvertretende  Chefs  des 
Stabes  der  Division,  Gehülfen  von  Regimentskommandeuren,  Bataillons- 
kommandeuren, Abteilungskommandeuren),  die  ihnen  einen  Wirkungs- 
kreis von  irgendwelcher  in  Betracht  kommenden  Bedeutung  geben; 
außerdem  aber  werden  sie  und  ihre  übrigen  in  untergeordneten  Stel- 
lungen befindlichen  14  Kameraden  von  den  anderen  bulgarischen 
Offizieren,  die  ihnen  zum  Teil  geradezu  feindlich  gegenüberstehen, 
aufs  genaueste  überwacht.  Wenn  daher  Rußland  darauf  gerechnet 
hat,  durch  die  Wiederanstellung  der  Emigranten  sich  Einbruchsstellen 
für  die  Russifizierung  und  Stützpunkte  für  die  Beherrschung  des  mili- 
tärischen Schachbrettes  in  Bulgarien  zu  schaffen,  so  könnte  es  leicht 
die  Rechnung  ohne  den  Wirt  gemacht  haben,  und  ich  glaube  fest, 
daß  der  Mißmut  und  die  Antipathie,  die  Rußland  durch  die  Auf- 
zwängung  der  Maßregel  in  hiesigen  Militärkreisen  allgemein  gegen 
sich  wachgerufen  hat,  zu  seinen  Ungunsten  schwerer  in  die  Wagschale 
fällt  als  die  erhoffte  Beeinflussung  der  Armee  zu  seinen  Gunsten. 

Irgendeinen  weitergreifbaren  Erfolg  hat  Rußland  seit  der  Aner- 
kennung nicht  zu  verzeichnen;  im  Gegenteil  sind  die  Zügel  aus  seinen 
Händen  in  diejenigen  Österreichs  hinübergeglitten.  Daß  dies  den  Ab- 
sichten und  Wünschen  des  St.  Petersburger  Kabinetts  entsprechen  sollte, 
dafür  liegen  keine  Anzeichen  vor.  Wohl  aber  für  das  Gegenteil;  der 
einzige  russische  Vertreter,  der  Bulgarien  den  Bulgaren  überließ  und 
sich  gerade  durch  dieses  desinteressement  das  Vertrauen  der  Bulgaren 
zu  gewinnen  verstanden  hatte,  war  Herr  Tscharykow:  Er  wurde  aber 
sehr  bald  abberufen  und  durch  den  übereifrigen  Herrn  Bachmetiew 
ersetzt,  der  den  Bulgaren  wieder  den  russischen  Honig  löffelweise 
eingab;  dies  ist  kaum  ein  Zufall  und  dürfte  beweisen,  daß  man  in 
St.  Petersburg  nicht  gesonnen  ist,  die  Bulgaren  zum  freien  Aufatmen 
kommen  und  sie  ihre  eigene  Politik  ohne  das  placet  des  russischen 
Herrn  und  Meisters  treiben  zu  lassen. 

So  wie  die  Verhältnisse  liegen,  scheint  mir  in  Bulgarien  Österreich 
Rußland  gegenüber  in  der  Vorhand  zu  sein;  denn  es  ist  nicht  mit  dem- 
selben Gewichte  des  Mißtrauens  und  vorangegangener  Fehler  belastet. 
Und  ich  glaube,  daß  es  Österreich  nicht  schwer  fallen  kann,  diese  Ruß- 
land in  bulgarischen  Augen  anhaftende  levis  notae  macula  zu  seinen 
Gunsten  auszunutzen,  wenn  es  dies  für  zeitgemäß  erachtet.  Das  scheint 
gegenwärtig  der  Fall  zu  sein. 

Hierauf  deutet  nicht  nur  der  glänzende  Empfang,  den  der  Fürst 
kürzlich  in  Wien  gefunden  hat*,  und  der,  wenn  auch  zweifelsohne  gleich- 


*  Fürst  Ferdinand  von    Bulgarien,  der  nach   dem   Übertritt  des   Prinzen   Boris 
552 


zeitig  als  avis  au  lecteur  Serbe,  jedenfalls  als  eine  captatio  benevo 
lentiae  Bulgarien  gegenüber  erscheint  —  sondern  auch  die  Verleihung 
des  Großkreuzes  des  Franz-Joseph-Ordens  an  meinen  österreichischen 
Kollegen,  ein  Beweis,  daß  seine  Ansicht,  ein  kräftiges  und  selbstän- 
diges Bulgarien  liege  im  österreichischen  Interesse,  von  seiner  Re- 
gierung indossiert  wird. 

Von  einer  Teilung  der  Interessensphäre  —  Serbien  für  Österreich  — 
Bulgarien  für  Rußland  —  läßt  sich  hier  in  den  Beziehungen  meines 
österreichischen  und  russischen  Kollegen  zur  bulgarischen  Regierung 
nichts  merken.  Im  Gegenteile  —  Freiherr  von  Call  ist  zurzeit  der  be- 
liebte und  eifrige  Mentor  der  bulgarischen  Minister,  während  Herr 
Bachmetiew  den  unfreiwillig  passiven  und  gleichgültigen  Zuschauer 
spielt  und  auf  kommende  bessere  Tage  wartet. 

Daß  diese  Reduzierung  auf  den  bulgarischen  Altenteil  den  Wün- 
schen der  russischen  Regierung  nicht  entsprechen  dürfte,  ist  mit 
Sicherheit  anzunehmen  und  hat  auch  kürzlich  in  einem  Artikel  der 
„Nowoje  Wremja"  Ausdruck  gefunden. 

Wenn  aber  ein  bulgarischer  Diplomat  unlängst  wissen  wollte, 
Rußland  stehe  als  eigentlicher  Spiritus  rector  hinter  der  ablehnenden 
Haltung  der  französischen  Regierung  den  bulgarischen  Geldwünschen 
gegenüber,  um  durch  Vereitelung  der  praktischen  Ausführung  des 
Finanzarrangements  die  guten  Dienste  und  damit  den  gegenwärtigen 
Einfluß  Österreichs  in  Bulgarien  zu  diskreditieren,  so  fehlt  es  für  diese 
Vermutung  vorläufig  an  greifbaren  Anhaltspunkten. 

R  ei  ch  en  au 


zum  orthodoxen  Glauben  vom  österreichischen  Hofe  boykottiert  war  (vgl. 
Kap.  LXXV),  wurde  bei  dem  Besuche,  den  er  am  26.  September  1899  in 
Wien  machte,  seitens  des  Kaiserhofes  mit  ausgesuchten  Ehren  empfangen. 


553 


Kapitel  LXXXIII 

Deutschlands  Einfluß  am  Goldenen  Hörn    1898—1899 


Nr.  3338 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr    288  Pera»  den  20-  November  1897 

Nach  dem  gestrigen  Selamlik  befahl  mich  Seine  Majestät  der  Sul- 
tan zu  einer  Privataudienz  in  Iildis  Kiosk,  die  etwa  eine  halbe  Stunde 

währte. 

Zunächst  beauftragte  mich  Seine  Majestät  in  für  mich  schmeichel- 
haften Worten,  unserem  allergnädigsten  Herrn  seinen  wärmsten  Dank 
dafür  auszusprechen,  daß  für  die  Nachfolge  des  Baron  Saurma*  die 
Wahl  auf  mich  gefallen  sei;  er  erblicke  darin  einen  neuen  Beweis  der 
Freundschaft,  die  für  ihn  so  überaus  wertvoll  sei,  und  von  der  er  auch 
in  der  jüngsten  Zeit  so  manche  Beweise  erhalten  habe.  Er  trug  mir 
auf,  den  allerhöchsten  Herrschaften  seine  besten  Grüße  zu  übermitteln. 

Ich  benutzte  die  Gelegenheit,  um  einem  mündlich  erteilten  aller- 
höchsten Befehl  entsprechend  dem  Sultan  die  vorläufige  vertrauliche 
Mitteilung  zu  machen,  daß  Seine  Majestät  der  Kaiser  im  nächsten 
Jahre  zu  einem  noch  näher  zu  bestimmenden  Zeitpunkte  der  feier- 
lichen Einweihung  der  neuerbauten  Kirche  in  Jerusalem  beizuwohnen 
gedenke**.    Der  Sultan  sprach  mir  seine  lebhafte  Freude  über  dieses 

*  An  Stelle  des  nach  Rom  versetzten  Botschafters  Freiherrn  von  Saurma  war 
der  bisherige  Staatssekretär  Freiherr  von  Marschall  am  20.  Oktober  1897  zum 
Botschaftern  Konstantinopel  ernannt  worden. 

••  Der  Plan  einer  zweiten  Orientreise  des  Kaisers  im  Herbst  1898  wird  in  den 
Akten  des  Auswärtigen  Amtes  erstmalig  erwähnt  in  einem  Schreiben  des 
Präsidenten  des  Evangelischen  Oberkirchenrats  Barkhausen  an  den  Stellver- 
tretenden Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Botschafter  von  Bulow  vom 
27  August  1897.  Es  heißt  darin  u.  a.:  „Der  Bau  der  Erloserkirche  auf  dem 
Muristan  in  Jerusalem,  für  welchen  die  Geldmittel  durch  Sammlungen  bei  den 
Evangelischen  ganz  Deutschlands  aufgebracht  worden  sind,  naht  sich  der  Vol- 
lendung, sodaß  die  Einweihung  der  Kirche  für  das  Jahr  1893  hat  in  Aussicht 
genommen  werden  können.  Seine  Majestät  der  Kaiser  und  Konig  haben  die 
Gnade    gehabt,    der    endlichen    Ausführung    des    schon    von    Ihren    hochseligen 

557 


Vorhaben  aus  und  bat  mich,  ihm  seinerzeit  das  Nähere  des  Reiseplans 
mitzuteilen,  damit  er  alle  Anordnungen  treffen  könne,  um  die  Reise 
so  angenehm  wie  möglich  zu  machen  und  den  Empfang  so  zu  ge- 
stalten, wie  es  einem  „guten  Freunde"  zukomme.  Als  ich  in  Erledigung 
eines  weiteren  allerhöchsten  Auftrags  bemerkte,  wie  Seine  Majestät  der 
Kaiser  die  Anordnung  getroffen  habe,  daß  in  der  äußeren  Aus- 
schmückung der  Kirche  alles  vermieden  werde,  was  das  religiöse  Ge- 
fühl der  muselmanischen  Untertanen  des  Sultans  verletzen  könne,  be- 
merkte Seine  Majestät,  daß  er  die  edlen  Gesinnungen  und  Feinfühlig- 
keit des  Kaisers  zu  genau  kenne,  um  jemals  an  diesen  Punkt  gedacht 
zu  haben.  Daran  anknüpfend  bemerkte  der  Sultan,  er  habe  oft  Ge- 
legenheit gehabt,  den  wahrhaft  religiösen  Sinn  und  das  tiefe  Ver- 
ständnis Seiner  Majestät  des  Kaisers  für  die  Bedeutung  der  Religion 
zu  bewundern.  Auf  die  stete  Fürsorge  hinweisend,  welche  unser  alier- 
gnädigster  Herr  .unter  anderem  der  Erhaltung  des  religiösen  Gefühls 
im  Heere,  beispielsweise  durch  die  Weihe  von  Fahnen,  angedeihen 
lasse,  hob  der  Monarch  hervor,  wie  er  mit  Seiner  Majestät  dem  Kaiser 
der  Überzeugung  sei,  daß  allein  die  Religion  die  Grundlage  des  Ge- 
horsams und  damit  des  Glückes  der  Völker  bilde. 

Der  Sultan  bat  mich  endlich,  Seiner  Majestät  seinen  wärmsten 
Dank  für  die  gütige  Aufnahme  seiner  Offiziere  in  der  preußischen 
Armee  zu  übermitteln,  die  dort  Gelegenheit  fänden,  an  dem  großen 
Vorbilde  vieles  zu  lernen,  um  ihre  Kenntnisse  dann  zum  Nutzen  ihres 
Landes  zu  verwerten.  Im  türkischen  Volke  bestehe  eine  tiefe  Sym- 
pathie für  Deutschland  und  das  deutsche  Volk. 

Ich  bemerkte  darauf,  daß  auch  in  Deutschland  viele  Sympathien 
für  die  Türkei  vorhanden  seien,  daß  insbesondere  die  trefflichen  mili- 


Majestäten  Kaiser  Wilhelm  I.  und  Friedrich  III.  geplanten  Baues  allerhöchstihr 
lebhaftes  Interesse  zuzuwenden,  und  hegen  die  Absicht,  sofern  die  Umstände  es 
gestatten,  der  Einweihungsfeierlichkeit  persönlich  beizuwohnen." 
Bei  dem  Entschluß  des  Kaisers,  an  der  Einweihung  der  Erlöserkirche  teilzu- 
nehmen, haben  offenbar  religiöse,  nicht  politische  Motive  vorgewaltet.  Er 
schrieb  darüber  am  18.  August  1898  an  Nikolaus  II.  (Briefe  Wilhelms  II.  an 
den  Zaren  1894 — 1914,  hrsg.  von  W.  Goetz  S.  311  f.):  „I  am  most  astonished  at 
the  amount  of  bash  and  blarney  that  is  being  ventilated  in  the  newspapers  of 
Europe  about  my  visit  to  Jerusalem!  It  is  most  discouraging  to  note  that  the 
sentiment  of  real  faith,  which  propels  a  Christian  to  seek  the  Country  in  which 
our  Saviour  lived  and  suffered,  is  nearly  quite  extinct  in  the  so  called  better 
classes  of  the  XIXth  Century,  so  that  they  must  explain  the  Pilgrimage 
forcibly  by  Political  motives!  What  is  right  for  thousands  even  of  your  lowest 
peasants  is  right  for  me  too!" 

Das  Vorwiegen  des  religiösen  Moments  bei  der  Kaiserreise  schließt  natürlich 
nicht  aus,  daß  sie  auch  zu  politischen  Zwecken,  zur  Stärkung  des  deutschen 
Einflusses  in  der  Türkei  und  Palästina  ausgenutzt  wurde.  Das  wesentliche 
politische  Ergebnis  bestand  neben  der  Förderung  der  wirtschaftlichen  Interessen 
Deutschlands  in  der  asiatischen  Türkei  (vgl.  Bd.  XIV,  Kap.  CXXXXIV),  in  der 
Zurückdrängung  des   französischen   Protektorats   im   Orient.    Vgl.   den   Anhang. 

558 


tärischen  Eigenschaften  der  Türken  bei  uns  volle  Würdigung  fänden 
und  die  jüngsten  glorreichen  Siege  der  türkischen  Armee  mit  leb- 
hafter Teilnahme  begleitet  wurden. 

Politische  Fragen  von  aktueller  Bedeutung  wurden  nicht  berührt. 

Marschall 

Nr.  3339 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  57  Pera,  den  5.  März  1898 

Vertraulich 

Es  wäre  gegen  den  natürlichen  Gang  der  Dinge,  wenn  die  be- 
deutende Stellung,  welche  sich  Deutschland  hier  zu  erwerben  gewußt, 
nicht  die  Zahl  unserer  Gegner  und  Neider  vermehrt  hätte,  und  wenn 
der  Arbeit,  die  wir  zur  Erhaltung  und  Stärkung  unseres  Einflusses  hier 
verrichten,  nicht  in  steigendem  Maße  die  Gegenarbeit  derjenigen 
gegenüberträte,  welche  ein  politisches  und  materielles  Interesse  be- 
sitzen, unsere  Stellung  zu  schwächen  und  zu  untergraben.  Das  große 
Ansehen,  welches  Deutschland  in  der  Türkei  genießt,  und  die  warme 
Sympathie,  die  grade  heute  nach  dem  glücklichen  Kriege  sich  in  weiten 
Kreisen  der  türkischen  Bevölkerung  kundgibt,  ist  kein  unverlierbares 
Gut;  es  gilt,  den  Gegnern  scharf  auf  die  Finger  zu  sehen  und  aufmerk- 
sam zu  beobachten,  nach  welcher  Richtung  ihre  Wünsche  und  Be- 
strebungen sich  bewegen.  Es  ist  eine  Tatsache,  daß  der  Kampf  gegen 
uns  nicht  nur  von  politischen  und  wirtschaftlichen  Konkurrenten  ge- 
führt wird,  sondern  auch  einzelne  einflußreiche  Türken  unsere  Gegner 
sind;  bei  manchen  gründet  sich  diese  politische  Richtung  auf  die  hier 
üblichen  klingenden  Argumente,  aber  zweifellos  gibt  es  auch  Türken, 
die  aus  ehrlicher  politisch-religiöser  Überzeugung  den  prädominieren- 
den Einfluß  einer  christlichen  Macht  dem  Interesse  der  Türkei  und 
des  Islam  für  schädlich  erachten.  Wie  ich  kürzlich  bei  einer  anderen 
Gelegenheit  berichtete,  lassen  sich  die  Argumente  unserer  Gegner 
dahin  zusammenfassen:  „Die  Deutschen  wollen  die  Türkei  wirtschaft- 
lich ausnutzen,  um  möglichst  viel  Geld  zu  verdienen,  sie  haben  schöne 
Worte  und  gute  Ratschläge,  wenn  aber  ernste  Komplikationen  ein- 
treten, werden  sie  für  die  Erhaltung  der  Türkei  keinen  Finger  rühren  l." 
Zur  Begründung  beruft  man  sich  auf  das  bekannte  Wort  von  den 
Knochen  des  pommerschen  Grenadiers  und  auf  frühere  und  neuere 
amtliche  Reden,  in  denen  offen  ausgesprochen  wird,  daß  Deutschland 
im  Orient  überhaupt  keine  direkten  politischen  Interessen  besitze. 

Mit  diesem  politischen  Räsonnement  werden  unsere  Gegner 
keine  große  Wirkung  erzielen.   Vor  allem  ist  die  Freundschaft  und  das 

559 


Vertrauen  des  Sultans  zu  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  ein  so  fest  be- 
gründetes, daß  Versuche,  Mißtrauen  nach  dieser  Richtung  zu  wecken, 
a  priori  aussichtslos  sind.  Der  Sultan  wie  jeder  verständige  Türke 
weiß  zudem  genau,  daß,  wenn  erst  ernste  Komplikationen  eintreten, 
die  Türkei  unter  allen  Umständen  stets  der  verlierende  Teil  ist,  daß 
also  derjenige  der  beste  und  wertvollste  Freund  ist,  der  dahin  wirkt, 
solche  Komplikationen  von  der  Türkei  fernzuhalten.  Und  dieses  Ver- 
dienst vindiziert  man  mit  Recht  Deutschland,  welches  in  allen  schwe- 
benden Fragen  der  letzten  20  Jahre  inmitten  des  Widerstreits 
der  näher  interessierten  Mächte  das  Schwergewicht  seines  Einflusses 
erfolgreich  zugunsten  der  Integrität  der  Türkei  und  des  vertragsmäßig 
geschaffenen  status  quo  in  die  Wagschale  geworfen  hat.  Gewiß  hat 
die  Pforte  in  manchen  brennenden  Einzelfragen  schon  öfters  unsere 
vorsichtige  Zurückhaltung  bedauert  und  eine  etwas  positivere  Politik 
gewünscht,  vielleicht  auch  da  und  dort  einmal  versucht,  uns  anderen 
Staaten  gegenüber  als  Alliierten  zu  kompromittieren,  ich  bin  aber  über- 
zeugt, daß,  wenn  wir  die  bisherige  Linie  verlassen  würden,  uns  ganz 
sicher  von  türkischer  Seite  das  Schicksal  bevorstände,  unter  die  Staaten 
eingereiht  zu  werden,  ,,die  etwas  wollen",  und  das  wäre  gleichbedeu- 
tend mit  dem  Verluste  der  Sonderstellung,  die  wir  heute  hier  einnehmen. 
Gerade  der  Türke  hat  für  eine  Politik,  die  offen  und  ehrlich  die  Gren- 
zen bezeichnet,  innerhalb  deren  sie  für  sein  Land  etwas  zu  tun  vermag, 
mehr  Verständnis  als  für  vage  Versprechungen  von  zukünftigem  Bei- 
stande. 

Wenn  also  unsere  Gegner  bei  unserer  „Interesselosigkeit"  ein- 
setzen, um  uns  zu  verdächtigen,  so  bekunden  sie  nur,  wie  lästig  ihnen 
dieselbe  ist,  und  sie  mahnen  uns,  den  Satz  zu  befolgen,  „find  out  what 
enemy  dislikes  and  do  it".  — 

Was  dann  unsere  wirtschaftlichen  Bestrebungen  betrifft, 
so  ist  der  Ärger  auf  gegnerischer  Seite  umsomehr  begreiflich,  als 
wir  in  aller  Bescheidenheit  uns  gestehen  müssen,  daß  wir  unsere  Er- 
folge auf  diesem  Gebiete  nicht  allein  uns  selbst,  sondern  der  Tätigkeit 
unserer  Konkurrenten  verdanken.  Was  französisches  und  englisches 
Spekulantentum  an  schamloser  Ausbeutung  der  Türkei  geleistet,  dafür 
geben  der  Bau  der  Orientalischen  Bahnen,  die  Geschichte  der  Ottoman- 
bank, der  Betrieb  der  Tabaksregie  und  neuerdings  derjenige  der  fran- 
zösischen Quaigesellschaft  ein  warnendes  Beispiel.  Die  Namen  Baron 
Hirsch  und  Sir  Edgar  Vincent  sind  typisch  für  die  Klasse  von  Finanziers, 
die  hier  systematisch  die  Türkei  ausgeraubt,  ihre  Säckel  gefüllt  und 
dann  dem  Lande  den  Rücken  gewendet  haben.  Gerade  i  h  r  Treiben 
hat  einem  ehrlichen  deutschen  Unternehmertum  die  Wege  gebahnt. 
Damit  ist  auch  für  das  letztere  eine  feste  Linie  gezogen.  Das  deutsche 
Kapital  muß  sich  von  Unternehmen  fernhalten,  bei  denen  es  sich  darum 
handelt,  einen  momentanen  großen  Spekulationsgewinn  auf  Kosten  des 
Landes   zu   erzielen,   wir   müssen   fortfahren,  nur  solche   Projekte   an- 

560 


zuregen  und  zu  unterstützen,  bei  denen  selbstredend  unser  Kapital  in 
Form  steigender  Dividenden  Geld  verdienen  will,  aber  in  ernster  Ar- 
beit durch  Hebung  des  Wohlstandes  des  Landes  und  seiner  Bewohner. 
Die  Türkei  hat  am  eigenen  Leibe  den  Unterschied  zwischen  beiden 
Arten  von  Unternehmungen  kennengelernt,  und  ich  bin  in  der  glück- 
lichen Lage,  durch  Hinweis  auf  die  Anatolische  Bahn  *  und  das,  was 
sie  und  die  vornehmlich  deutsche  Leitung  der  Orientalischen  Bahnen 
militärisch  und  wirtschaftlich  leistet,  diese  Erkenntnis  zu  unterstützen. 
Andererseits  bietet  unter  anderem  eine  Folie  die  hiesige  französische 
Quaigesellschaft,  die  ihren  Betrieb  in  einer  Weise  führt,  daß  der  hiesige 
Handel  nicht  gefördert,  sondern  schwer  beschädigt  wird.  Um  große 
Dividenden  zu  zahlen,  erhebt  dieselbe  —  nebenbei  gesagt  in  offenbarer 
Verletzung  der  Kapitulationen  —  von  den  anlangenden  Schiffen  Ge- 
bühren in  einer  Höhe,  die  beispielsweise  den  österreichischen  Lloyd 
bestimmt  hat,  seine  Schiffe  nicht  mehr  anlegen,  sondern  mitten  im 
Bosporus  verankern  zu  lassen.  Dabei  unterläßt  die  Gesellschaft  in 
Verletzung  ihrer  der  Pforte  gegenüber  eingegangenen  vertragsmäßigen 
Verpflichtungen  den  Bau  von  Entrepots  usw.  und  ist  dadurch  wesent- 
lich an  dem  kläglichen  Zustande  der  Zollabfertigung  im  hiesigen  Hafen 
schuld.  Ich  hoffe,  daß  die  Anatolische  Bahn  in  Haidar  Pascha  den 
Türken  zeigen  wird,  wie  man  eine  Hafenanlage  baut  und  betreibt,  um 
den  Handel  zu  fördern  und  zu  heben. 

Auf  wirtschaftlichem  Gebiete  sind  die  Aussichten  fortdau- 
ernd günstig,  und  für  solide  Unternehmen  des  deutschen  Kapitals  und 
der  deutschen  Industrie  auch  in  der  Zukunft  Raum  genug  zu  nutz- 
barer Entfaltung.  Es  sind  —  ganz  abgesehen  von  speziell  militärischen 
Anschaffungen  —  Eisenbahnen,  Häfen  und  Brücken  zu  bauen,  Elektri- 
zitätswerke zu  errichten  für  Betrieb  von  Beleuchtung  und  Tramways 
usw.,  und  der  geradezu  klägliche  Zustand  der  großen  Mehrzahl  der 
hier  regelmäßig  verkehrenden  Dampfschiffe  eröffnet  auch  hier  gute 
Chancen  für  die  deutsche  Konkurrenz.  Man  wird  selbstverständlich  uns 
nicht  alles  allein  machen  lassen,  sondern  auch  andern  gewisse  Kon- 
zessionen geben.  Aber  eines  müssen  wir  für  uns  beanspruchen,  näm- 
lich die  Verbindung  des  bisherigen  Interessengebiets  der  Anatolischen 
Bahn  mit  dem  Flußgebiete  des  Euphrat  und  Tigris  und  damit  dem 
Persischen  Golfe2.  Mag  der  Wunsch  des  Sultans,  die  Anatolische 
Bahn  bis  Bagdad  zu  verlängern,  „Zukunftmusik"  sein,  eine  Frage  der 
Gegenwart  ist  es,  zumal  nach  den  jüngsten  Vorgängen  in  Ostasien, 
daß  uns  hier  kein  anderer  dazwischenkommt.  Ich  könnte  mir  denken, 
daß  man  in  allmählicher  Anbahnung  jenes  Projekts  den  umgekehrten 
Weg  einschlägt,  und,  statt  die  Anatolische  Bahn  zu  verlängern,  von 
Bagdad  oder  einem  an  dem  schiffbaren  Laufe  jener  Flüsse  gelegenen 
Punkte  ins   Innere   gleichsam  der  Anatolischen   Bahn   entgegen  baut; 


*  Vgl.   Bd.  XIV,   Kap.   LXXXXIV. 

36    Die  Große  Politik.     12.  Bd.  561 


die  Fruchtbarkeit  jener  Gegenden  an  Produkten  des  Bodens  und  das 
Bedürfnis  der  Bevölkerung  nach  europäischen  Erzeugnissen  könnte 
ein  solches  Unternehmen  gewinnbringend  gestalten.  Vielleicht  ließe 
sich  dieser  Gedanke  mit  dem  Wunsche  des  Sultans,  deutsches  Kapital 
zur  Schiffbarmachung  und  Befahrung  jener  Flüsse  zu  verwenden,  in 
Verbindung  bringen.  Diese  Dinge  ernst  im  Auge  zu  behalten,  halte 
ich  für  eine  meiner  wichtigsten  Aufgaben  auf  wirtschaftlichem  Ge- 
biet3. — 

Es  ist  unmöglich,  von  der  Stellung  zu  sprechen,  die  Deutschland 
hier  einnimmt,  ohne  darauf  hinzuweisen,  daß  deutsche  Politik  und 
deutsche  gewerbliche  Arbeit  dieselbe  allein  nicht  geschaffen  haben, 
sondern  ein  großer  Teil  des  Ansehens,  das  wir  hier  genießen,  dem 
deutschen  Offizier  und  seinen  Leistungen  zu  danken  ist.  Und  hier 
tritt  eine  Persönlichkeit  vor  allen  hervor,  welche  den  Türken  den  augen- 
fälligen Beweis  deutschen  Wissens  und  Könnens  geliefert  hat,  der 
General  Freiherr  von  der  Goltz.  Das  türkische  Offizierkorps  weiß 
und  erkennt  an,  daß  es  den  letzten  Krieg  nur  infolge  des  Wirkens 
dieses  Mannes  gewonnen  hat,  und  die  jüngeren  Mitglieder  des  General- 
stabs, welche  aus  seiner  Schule  hervorgegangen  sind,  bedauern  nur, 
daß  die  oberste  Führung  im  Kriege  nicht  von  dem  Geiste  dieser  Schule 
getragen  war.  Wenn  es  gelänge,  einen  annähernd  ebenso  tüchtigen 
Mann  als  Nachfolger  hierher  zu  bringen,  so  würde  dies  auch  vom 
politischen  Gesichtspunkte  sehr  zu  begrüßen  sein. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Dieses  ist  durch  die  Thatsachen  des  letzten  Krieges  und  seiner  Folgen  bereits 
widerlegt 

2  unbedingt 

3  ja 


Nr.  3340 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  124  Pera,  den  24.  Mai   1898 

Vertraulich 

Es  ist  ein  wenig  wüfdiges  Spiel,  welches  Graf  Murawiew  seit 
Monaten  Herrn  Sinowiew*  mit  der  alten  türkischen  Kriegsentschädi- 
gung** hier  treiben  läßt.    Von  der  sanften  Mahnung  bis  zur  ernsten 


*  Russischer    Botschafter  in  Konstantinopel. 

**  Sie  schrieb  sich  seit  dem   russisch-türkischen   Kriege    1877/78  her. 

562 


Vorstellung  hat  der  Botschafter  wiederholt  die  ganze  Tonleiter  diplo- 
matischer Überredungskunst  durchgespielt,  und  mit  weithin  vernehm- 
licher Stimme  hat  Herr  Maximow*  —  dessen  Nüchternheit  selbst  in 
den  Morgenstunden  ernsten  Zweifeln  begegnet  —  im  Palais  das  ge- 
schmackvolle Argument  verkündet,  daß  es  für  Rußland  Ehrensache  sei, 
das  Geld  zu  erhalten,  welches  russische  Krieger  mit  ihrem  Herzblut 
erkämpft  haben.  In  der  Zwischenzeit  hat  dann  der  Zar  das  eine  oder 
andere  Mal  den  von  seinem  Botschafter  geknüpften  Faden  durch  per- 
sönliche Zusicherungen  an  den  Sultan  wieder  zerschnitten,  worauf 
Herr  Sinowiew  auf  neuer  Grundlage  die  alte  Arbeit  mit  gleich  nega- 
tivem Erfolge  fortsetzte.  Dabei  weiß  alle  Welt  und  der  Sultan  in  erster 
Reihe,  daß  den  Russen  nichts  unbequemer  sein  würde,  als  wenn  die 
Pforte  ihnen  eines  Tages  den  ganzen  Restbetrag  der  alten  Kriegs- 
entschädigung ausbezahlen  wollte.  Natürlich  wird  der  Sultan  dies 
nicht  tun,  dazu  fehlt  ihm  das  Geld  und  der  Wille.  Und  je  sicherer  man 
sich  russischerseits  in  dieser  Beziehung  fühlt,  um  so  naturgetreuer 
spielt  man  die  Rolle  des  drängenden  Gläubigers,  der  in  allem  Ernste 
sein  Geld  haben  will. 

Fragt  man  nach  dem  Ziele  jener  russischen  Aktion,  so  steht  ohne 
allem  Zweifel  als  spezielles  Motiv  im  Vordergrunde,  die  Türkei  an  der 
Stärkung  ihrer  Wehrkraft  zu  hindern.  So  oft  die  Frage  der  Bestellung 
von  Kriegsmaterial  hier  auftaucht,  erscheint  auch  die  Mahnung  an  die 
alte  Schuld.  Bezüglich  der  türkischen  Flotte  sind  leider  die  russischen 
Sorgen  ganz  grundlos.  Die  türkische  Flotte  ist  im  Verfall,  und  die 
wenigen  Gelder,  die  „ut  aliquid  fecisse  videatur"  für  Marinezwecke 
flüssig  werden,  stiehlt  der  Marineminister**,  wobei  es  höchstens  zwei- 
felhaft bleibt,  ob  dies  mit  ausdrücklicher  oder  nur  mit  stillschweigender 
Billigung  des  Sultans  geschieht.  Es  sind  da  psychologische  Momente 
im  Spiele,  die  gewissen  Vorgängen  in  den  letzten  Tagen  des  Sultans 
Abdul  Asis  entstammen;  niemand  war  bis  jetzt  imstande,  sie  zu  be- 
seitigen oder  auch  nur  abzuschwächen.  Andererseits  ist  bezüglich  der 
Wehrkraft  zu  Lande  das  russische  Betreibungsverfahren  ganz  erfolglos 
gewesen.  Aus  eigener  Initiative  hat  der  Sultan  die  Lieferung  von  Pa- 
tronen von  100  Millionen  auf  200  [Millionen]  Stück  —  mit  einem  Kauf- 
preis von  zirka  20  000  000  Mark  —  erhöht;  er  wird  250  000  neue  Ge- 
wehre bei  uns  bestellen,  ohne  zu  besorgen,  daß  die  dazu  nötigen  Gelder 
durch   Zahlungen  an   Rußland  absorbiert  werden  könnten. 

Natürlich  ist  jener  Grund  nicht  der  einzige,  der  Rußland  bei  seiner 
seltsamen  Aktion  leitet;  vielleicht  noch  bedeutsamer  vom  Standpunkte 
des  Petersburger  Kabinetts  aus  ist  das  allgemeine  Motiv,  durch  etwas 


*  Erster  Dragoman  der  russischen  Botschaft  in  Konstantinopel. 
**  Hassan   Pascha. 

36*  563 


unsanftes  Anfassen  den  russischen  Einfluß  am  Goldenen  Hörn  wieder 
zur  Geltung  zu  bringen.  Auch  in  dieser  Beziehung  dürfte  das  russische 
Beginnen  ein  Fehlschlag  sein.  Man  kann  das  russisch-türkische  Ver- 
hältnis mit  den  Worten  kennzeichnen:  „Der  Sultan  fürchtet  Rußland". 
Aber  als  drängender  Gläubiger  wird  letzteres  nicht  furchtgebietender 
als  vorher,  und  die  Weltlage  ist  nicht  dazu  angetan,  den  Sultan  für 
offene  oder  versteckte  Drohungen,  an  die  er  ohnehin  gewöhnt  ist, 
empfindlicher  zu  machen.  Was  heute  draußen  vorgeht,  und  was  Ruß- 
land an  neuen  Aufgaben  sich  gestellt  hat,  weiß  der  Sultan  genau,  und 
ich  habe  die  jüngsten  Ereignisse  wiederholt,  wie  ich  glaube  mit  Er- 
folg, im  Palais  zu  einer  Variation  des  alten  Satzes  verwendet:  „Bange 
machen  gilt  nicht". 

Das  Streben  Rußlands,  durch  fortgesetzte  diplomatische  Aktion 
seinen  Einfluß  auf  die  Pforte  wieder  aufzufrischen,  ist  für  uns  aus  dem 
besonderen  Grunde  interessant,  weil  es  augenscheinlich  dem  Gedanken 
entspringt,  daß  der  deutsche  Einfluß  am  Goldenen  Hörn  heute  größer 
ist,  als  es  dem  russischen  Interesse  oder  auch  der  russischen  Eitel- 
keit entspricht.  In  Paris  ist  man  längst  nervös  über  unsere  hiesige 
Stellung,  man  handelt  also  ganz  bundesfreundlich,  wenn  man  in  Peters- 
burg es  ebenfalls  wird.  Die  hiesige  französische  Botschaft  hat  seiner- 
zeit die  strenge  Weisung  erhalten,  mein  Treiben  und  Tun  auf  das 
sorgfältigste  zu  beobachten.  Das  ist  recht  schmeichelhaft  für  uns,  und 
ich  zweifle  nicht,  daß  in  Paris  alles,  was  hier  unangenehmes  für  Frank- 
reich geschieht,  auf  deutsches  Konto  gesetzt  wird.  Aber  zum  Glücke 
ist  Frankreich  zu  eitel,  um  von  anderen  etwas  zu  lernen.  Während 
Rußland  wenigstens  Furcht  einflößt,  erweckt  Frankreich  zurzeit  bei 
den  Türken  weder  Liebe  noch  Achtung.  Das  Gebahren  der  hiesigen 
französischen  Botschaft  ist  im  gewissen  Sinne  typisch  für  die  fran- 
zösische Politik.  Mit  der  ganzen  Würde,  die  ein  „ancien  Prefet"  zu 
entfalten  vermag,  behandelt  Monsieur  Cambon  die  Türken  als  eine 
Nation  dritten  Ranges,  verlangt  dagegen  für  seine  Landsleute  die  aus- 
nahmsweise Behandlung,  die  der  Elite  der  Zivilisation  zukommt.  Für 
die  kunterbunte  Gesellschaft  von  Schneidern,  Handschuhmachern  usw., 
die  aus  Frankreich  als  Touristen  zugereist  kommen,  erwirkt  er  Me- 
djidies  und  für  deren  Damen  den  Schefakat.  —  Reklamationen  von 
Franzosen,  ob  gut,  ob  schlecht,  ob  begründet  oder  nicht,  vertritt  er 
bei  der  Pforte  mit  gleichem  Eifer  und  mit  jener  Superiorität,  wie  sie 
nur  der  Franzose  schwächere  Völker  fühlen  zu  lassen  versteht.  Das 
soll  imponieren,  erreicht  aber  in  Wirklichkeit  das  Gegenteil.  Der  Türke 
hat  ein  feines  Gefühl  für  das,  was  wohlanständig  ist,  und  empfindet 
eine  natürliche  Abneigung  gegen  das,  was  wir  „parvenu"  nennen. 
Und  „parvenu"  bleibt  ihm  die  französische  Republik  und  die  franzö- 
sische Politik  trotz  der  vornehmen  Allianz,  mit  der  sie  sich  brüstet1. 

Mit  dem  politischen  Einfluß,  den  ein  Staat  auf  den  anderen  aus- 
übt, ist  es   eine  eigene  Sache;  es  ist  unter  Umständen  leicht,  durch 

564 


eine  momentane  Konstellation  solchen  Einfluß  sich  zu  erwerben,  aber 
recht  schwer,  ihn  auf  die  Dauer  zu  erhalten.  Menschliche  Geistes-  und 
Muskelkraft  stärken  sich  durch  häufige  Übung,  umgekehrt  droht  der 
Einfluß,  den  wir  auf  andere  Menschen  ausüben,  im  Gebrauch  sich  ab- 
zuschwächen und  zu  verzehren.  Das  gilt  im  privaten  Leben  und  noch 
mehr  in  den  Beziehungen  zweier  Staaten.  Gerade  einem  schwächeren 
Staate  gegenüber  wird  man  eine  einflußreiche  Stellung  nur  dann  be- 
wahren, wenn  man  sie  maßvoll  und  vorsichtig  benutzt  und  die  eigene 
Superiorität  möglichst  wenig  fühlbar  macht.  Und  eben  das  verstehen 
unsere  hiesigen  Gegner  so  wenig.  Wie  jede  politische  Aktion  eine 
Reaktion  hervorruft,  so  wird  jede  Kraftprobe,  die  ein  Staat  auf  seine 
Präponderanz  macht,  eine  starke  Gegenströmung  hervorrufen.  Die 
Geschichte  des  Ottomanischen  Reiches  ist  reich  an  Beispielen  für  diesen 
Satz.  Die  deutsche  Politik  hat  am  Goldenen  Hörn  niemals  „Einfluß" 
in  dem  Sinne  gesucht,  wie  ihn  durch  Jahrzehnte  abwechselnd  Frankreich, 
Rußland  und  England  ausgeübt  haben2.  In  dieser  Enthaltsamkeit  beruht 
die  Eigenart  und  Sicherheit  unserer  hiesigen  Stellung.  Man  pflegt  dem 
Satze  „Der  Sultan  fürchtet  Rußland"  die  Worte  beizufügen  „und  liebt 
Deutschland".  Wir  können  das  akzeptieren.  Vor  allem  hat  der  Sultan 
eine  warme  Freundschaft  für  Seine  Majestät  den  Kaiser,  unseren  alier- 
gnädigsten  Herrn,  für  den  er  mit  aufrichtiger  Bewunderung  und  Dank- 
barkeit erfüllt  ist.  Hand  in  Hand  damit  geht  die  Sympathie  der  musel- 
manischen Bevölkerung  für  die  deutsche  Nation;  sie  gründet  sich  auf 
das  Vertrauen,  daß  Deutschland,  weil  es  den  Frieden  will,  auch  für 
die  Erhaltung  und  die  Integrität  des  Ottomanischen  Reiches  eintritt, 
und  daß  unsere  wirtschaftlichen  Unternehmungen  nicht  der  Aus- 
beutung, sondern  der  Wohlfahrt  des  Landes  bestimmt  sind!3. 

Indem  wir  dieses  Vertrauen  zu  erhalten,  zu  pflegen  und  es  frucht- 
bringend für  unsere  Interessen  zu  verwerten  suchen,  müssen  wir  frei- 
lich auf  jene  drastischen  Mittel  verzichten,  mit  denen  andere  Regie- 
rungen hier  Augenblickserfolge  erringen,  und  wir  bedürfen  bei  Er- 
ledigung unserer  Geschäfte  mitunter  noch  eines  Prozentsatzes  mehr 
Geduld,  als  im  Orient  an  sich  nötig  ist.  Aber  wir  werden  mit  unseren 
wirtschaftlichen  Bestrebungen  samt  den  politischen  Zielen,  die  heut- 
zutage untrennbar  mit  jenen  verbunden  sind,  um  so  sicherer  vorwärts 
kommen,  als  die  heutige  Weltlage  dem  nahen  Orient  nach  mensch- 
licher Berechnung  ernstere  Komplikationen  ersparen  wird. 

Marschall 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Gut 

2  richtig 

3  ja 

Schlußbemerkung  des    Kaisers: 
Sehr  gut 


565 


Nr.  3341 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall,  z.  Z.  in 
Neuershausen,  an  den  Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Vertraulich  Neuershausen,  den  6.  August  1898 

Über  die  von  Seiner  Majestät  dem  Sultan  geplante  Entsendung 
türkischer  Offiziere  nach  Deutschland  —  Berichte  des  Herrn  Militär- 
attaches der  Botschaft*  vom  2.,  8.  und  12.  Juli  —  beehre  ich  mich 
Euerer  Durchlaucht  nachstehendes  zu  berichten: 

Mir  ist  bekannt,  daß  im  Frühjahr  d.  Js.  eine  Anzahl  türkischer 
Offiziere,  darunter  die  Söhne  des  Großwesirs  und  Osman  Paschas, 
nach  Deutschland  zu  militärischer  Dienstleistung  abgegangen  sind. 
Die  von  dem  Herrn  Militärattache  neuerdings  gemeldete  Tatsache, 
daß  der  Plan  bestanden  habe,  etwa  zu  derselben  Zeit  noch  weitere 
14  Offiziere  nach  Deutschland  zu  senden,  dieser  Plan  aber  zu  der  fest- 
gesetzten Zeit  nicht  zur  Ausführung  gelangt  sei,  ist  an  sich  nicht  auf- 
fällig; es  ist  im  Gegenteil  eine  fast  alitägliche  Erfahrung,  daß,  nament- 
lich wenn  es  sich  um  Missionen  ins  Ausland  handelt,  die  Ausführung 
großherrlicher  Projekte  verschoben  oder  aufgegeben,  ja  selbst  die 
begonnene  Ausführung  wieder  rückgängig  gemacht  wird.  Bedeutsam 
wäre  die  Nichtausführung  jenes  Planes  nur  dann,  wenn  dabei  eine 
französische  Intrige  entscheidend  mit  dem  Erfolge  mitgewirkt  hätte, 
den  Sultan  mißtrauisch  gegen  Deutschland  zu  machen  und  in  ihm  den 
Verdacht  zu  erwecken,  daß  seine  Offiziere  dort  der  Ansteckung  durch 
sozialdemokratische  Gesinnung  ausgesetzt  seien.  Die  Annahme,  daß 
eine  solche  Intrige  gelungen,  stünde  in  so  diametralem  Widerspruch 
mit  der  Gesinnung,  welche  der  Sultan  trotz  aller  sonstigen  Schwan- 
kungen seit  bald  20  Jahren  unabänderlich  betätigt  hat,  daß  es 
sich  wohl  lohnen  dürfte,  die  Sache  einer  näheren  Prüfung  zu  unter- 
ziehen, und  zwar  umsomehr,  als  der  Sultan  erst  vor  wenigen  Wochen 
durch  Entsendung  von  Offizieren  —  die  nach  ihrer  sozialen  Stellung 
zweifellos  für  den  persönlichen  Dienst  des  Monarchen  bestimmt  sind  — 
der  deutschen  Armee  und  dem  Geist,  der  in  ihr  herrscht,  einen  neuen 
Beweis  seines  vollen  Vertrauens  gegeben  hat. 

In  der  Türkei  sind  ,, Politik"  und  „Intrige"  so  untrennbar  ver- 
bunden, daß  sie  fast  identische  Begriffe  geworden.  Es  gibt  keine 
Frage,  sie  mag  der  äußeren  oder  inneren  Politik  angehören,  Sachen 
oder  Personen  betreffen,  der  nicht  ein  Intrigenspiel  vorhergeht,  wel- 
ches bei  der  heutigen  Machtstellung  des  Sultans  naturgemäß  in  Iildis 
kulminiert.  Von  fremden  Nationen  pflegen  sich  die  Franzosen  eifrig 
an  diesem  Spiel  zu  beteiligen,  und  man  kann  ohne  Übertreibung  sagen, 

*  Hauptmann  Morgen. 
5fi6 


daß,  wo  deutsche  Interessen  und  Wünsche  in  Frage  stehen,  die  fran- 
zösische Intrige  in  Permanenz  ist.  Ihr  nächstes  Ziel  ist,  beim  Sultan 
Mißtrauen  gegen  uns  zu  erwecken,  sie  schreckt  aber  auch  nicht  vor 
dem  Versuche  zurück,  uns  gegen  den  Sultan  mißtrauisch  zu  machen. 
Über  das,  was  im  Iildis  vorgeht,  fehlt  es  nicht  an  „Informationen" 
und  „Indiskretionen".  Der  trübe  Strom  politischen  Klatsches,  der  sich 
täglich  über  die  Stadt  ergießt,  steht  in  engstem  Zusammenhang  mit  jenen 
Vorgängen.  Dieselben  Leute,  welche  den  Deutschen  mit  sittlicher 
Entrüstung  über  eine  gelungene  französische  Intrige  berichten,  ent- 
hüllen den  Franzosen  die  geheimsten  Fäden  deutscher  Niedertracht. 
Der  Drahtzieher  sind  es  wenige;  die  Zahl  derer,  die  aus  Wichtigtuerei 
oder  aus  noch  minder  edlen  Motiven  das  Gehörte  weitererzählen, 
ist  außerordentlich  groß.  Was  da  alles  zusammengebraut  und  erzählt 
wird,  entzieht  sich  jeder  Kontrolle;  mit  einem  Wort:  Informationen 
über  Palaisintrigen  und  deren  Erfolg  sind  eine  billige,  aber  recht 
verdächtige  Ware.  Ich  selbst  habe  Erfahrungen  in  dieser  Hinsicht 
gemacht.  Während  jüngst  die  Kommission  über  die  Patronenlieferung 
tagte,  haben  mich  die  konkurrierenden  deutschen  Fabrikanten  öfter 
besucht.  Sie  waren  stets  „ausgezeichnet  informiert".  Danach  stand 
die  Sache,  als  die  Entscheidung  herannahte,  ganz  schlecht  für  uns,  die 
unglaublichsten  Verleumdungen  gegen  die  deutsche  Industrie  waren 
von  den  ausländischen  Konkurrenten  an  das  Ohr  des  Sultans  gebracht 
und  hatten  dort  Eingang  gefunden.  Die  Entscheidung  war  nicht  mehr 
zweifelhaft:  unter  allen  Umständen  würde  ein  erheblicher  Teil  der 
Bestellung  ins  Ausland  gehen.  Die  Quelle  dieser  Informationen  war 
unantastbar:  Generäle,  Hofbeamte,  Flügeladjutanten  usw.  hatten  es 
bestätigt.  Als  ich  dann  im  entscheidenden  Moment  den  Sultan  bitten 
ließ,  der  deutschen  Industrie  sein  Vertrauen  zu  erhalten,  ließ  er  mir 
umgehend  sagen:  „es  sei  feststehendes  Prinzip  bei  ihm,  Kriegsmaterial 
in  Deutschland  zu  bestellen,  und  er  werde  davon  nicht  abgehen". 
Der  hohe  Herr  hat  Wort  gehalten.  Aber  Osman  Pascha,  der  Held  von 
Plewna,  hat  wenige  Tage  nach  der  Entscheidung  einem  Herrn,  der 
mir  das  wiedererzählte,  wörtlich  gesagt:  „Der  deutsche  Botschafter 
hat  durch  direkte  Drohungen  den  Sultan  gezwungen,  die 
Patronenlieferung  der  deutschen  Industrie  zuzuwenden."  Wenn  der 
Palastmarschall  Seiner  Majestät  so  leicht  mit  der  Wahrheit  umgeht, 
so  kann  man  sich  denken,  was  von  den  dii  minorum  gentium  alles 
zusammengelogen  wird. 

Diese  Reminiszenz  führt  mich  zu  der  wichtigen  Frage,  welche 
Stellung  der  Sultan  inmitten  jenes  Intrigenspiels  einnimmt  In  dieser 
Beziehung  sind  vielfach  schiefe  Auffassungen  im  Umlauf.  Richtig  ist, 
daß  der  hohe  Herr,  wo  es  sich  um  seine  persönliche  Sicherheit  han- 
delt, öfters  Argumenten  zugänglich  ist,  die  wir  als  „seltsam"  oder  gar 
als  „absurd"  zu  bezeichnen  geneigt  sind.  Aber  es  hieße  die  ganze 
Persönlichkeit  des  Monarchen  durchaus  verkennen  und  seine  geistigen 

567 


wie  politischen  Fähigkeiten  gewaltig  unterschätzen,  wollte  man  daraus 
schließen,  daß  er  bei  jenem  Intrigenspiel,  das  ihn  umgibt,  der  passive 
Teil  sei,  daß  er  hilflos  und  willenlos  sich  bald  in  der  einen,  bald  in 
der  anderen  Schlinge  einer  mehr  oder  minder  plumpen  Einflüsterung 
fangen  lasse.  —  Am  allerwenigsten  ist  das  der  Fall,  wo  in  dem  groß- 
mächtlichen Interessenkampf  das  „öte  toi  que  je  m'y  mette"  in  Frage 
steht.  Gegen  dahinzielende  Argumente  ist  der  Sultan  längst  abge- 
stumpft, und  wenn  er  sich  anscheinend  überzeugen  läßt,  ist  er  viel 
öfter  der  Täuschende  als  der  Getäuschte.  Nach  meiner  Überzeugung 
ist  die  ganze  Intrigen-  und  Cliquenwirtschaft,  die  an  sich  im  Orient 
zur  Staatskunst  gehört,  in  ihrer  heutigen  Gestaltung  und  Ausdehnung 
ein  integrierender  Bestandteil  des  eigenartigen  Regierungssystems 
Abdul  Hamids;  es  ist  die  auf  die  Spitze  getriebene  Anwendung  des 
Satzes  „divide  et  impera".  Jenes  Treiben  besteht  bis  in  seine  nächste 
Umgebung,  weil  der  Sultan  es  duldet,  und  er  duldet  es,  weil  er  es 
seinen  Zwecken  dienstbar  erachtet.  Je  mehr  Ansichten  und  Interessen 
in  seiner  persönlichen  und  politischen  Sphäre  vertreten  sind,  je  schärfer 
die  Gegensätze  aufeinanderplatzen,  je  mehr  Mißtrauen  gesät  und  ver- 
breitet wird,  umsomehr  hält  Abdul  Hamid  seine  persönliche  Sicher- 
heit und  seine  politische  Machtstellung  nach  innen  und  außen  ge- 
währleistet. Er  kennt  die  russischen,  französischen,  englischen  usw. 
Steine  im  Palais  und  die  Hintermänner,  welche  die  Züge  jener  Steine 
beeinflussen;  er  weiß,  welche  Personen  seiner  Umgebung  für  Zwecke 
des  Auslandes  ,, interessiert"  sind,  er  weiß,  daß  ehrgeizige  und  sich 
bekämpfende  Mitglieder  seines  Ministeriums  ihre  Agenten  im  Palais 
haben,  er  pflegt  die  Gegensätze  unter  allen  diesen  Faktoren,  spielt  die 
einen  gegen  die  anderen  aus,  erweckt  da  Hoffnungen,  gibt  dort  Ver- 
sprechungen, um  schließlich  weder  die  ersteren  noch  die  letzteren  zu 
realisieren.  Auf  welchem  Grunde  schließlich  eine  großherrliche  Ent- 
scheidung beruht,  ob  überhaupt  ein  von  außen  zugetragenes  Argu- 
ment dabei  mitgespielt  hat,  kann  niemand  auch  nur  mit  annähernder 
Bestimmtheit  wissen,  und  darum  beruht  alles,  was  außerhalb  darüber 
erzählt  wird,  wenn  nicht  auf  Erfindungen,  so  doch  auf  willkürlichen 
Kombinationen. 

Für  meine  Aufgabe  betrachte  ich  es,  das  permanente  Intrigen- 
spiel sowie  die  dabei  agierenden  Personen  von  einer  gewissen  Ent- 
fernung aus  zu  beobachten,  und  ich  finde  dabei  in  der  reichen  Er- 
fahrung und  der  genauen  Personenkenntnis,  welche  das  Dragomanat 
der  Botschaft  auszeichnet,  eine  wertvolle  und  absolut  zuverlässige 
Unterstützung.  Die  einzelnen  Phasen  zu  verfolgen,  ist  unmöglich  und 
nutzlos;  zur  Unzeit  einzugreifen,  ist  schädlich.  Wollte  ich  das  Be- 
dürfnis empfinden,  jeder  gegnerischen  Lüge,  die  mir  hinterbracht  wird, 
ein  Dementi  entgegenzusetzen,  so  würde  ich  fürchten,  das  Ansehen 
meiner  Stellung  herabzusetzen.  An  keiner  Stelle  ist  das  „niemals  zu 
viel"   mehr  am   Platze  wie  in  Konstantinopel.    Für  eine  gelegentliche 

568 


Aufklärung  und  Richtigstellung-,  die  ich  entweder  persönlich  oder  durch 
den  ersten  Dragoman  gebe,  ist  der  Sultan  dankbar  und  empfänglich; 
ein  Mehr  würde  er  als  Mißtrauen  auslegen  und  mit  Mißtrauen  er- 
widern. Für  den  deutschen  Botschafter  liegen  die  Dinge  einfacher 
wie  für  die  übrigen  Vertreter.  Die  feste  Basis,  auf  der  wir  in  Kon- 
stantinopel stehen,  ist  die  aufrichtige  und  herzliche  Freundschaft  des 
Sultans  für  Seine  Majestät  den  Kaiser,  unseren  allergnädigsten  Herrn, 
und  sein  Vertrauen  in  die  Ehrlichkeit  der  deutschen  Politik.  Hand  in 
Hand  geht  damit  seine  Bewunderung  für  die  deutsche  Armee  als  das 
Bollwerk  der  Autorität  gegen  Radikalismus  und  Umsturz  und  sein  Ver- 
trauen in  die  Reellität  der  deutschen  Industrie.  Was  wir  in  der  Türkei 
an  Erfolgen  erreicht,  ist  dadurch  geschehen,  daß  auch  w  i  r  dem  Sul- 
tan mit  Vertrauen  entgegengekommen  sind,  daß  wir  seine  Eigenart 
berücksichtigt,  seine  Würde  und  Empfindlichkeit  geschont  und  seiner 
schwierigen  Stellung  Rechnung  getragen  haben.  Abdul  Hamid  wird 
nie  bewußt  etwas  Feindseliges  gegen  Deutschland  tun,  aber  er  wird 
wie  bisher  inmitten  der  auf  ihn  einstürmenden  Desiderien  der  Mächte 
lavieren  und  ab  und  zu  anderen  Wünsche  erfüllen,  selbst  wenn  sie 
den  unsrigen  nicht  entsprechen.  Wollten  wir  in  solchen  Fällen  jedes- 
mal zu  einer  Gegenaktion  schreiten,  um  eine  Kraftprobe  auf  unseren 
Einfluß  zu  machen,  so  wäre  das  politisch  der  verkehrteste  Weg,  den 
wir  gehen  könnten.  Solange  keine  direkten  deutschen  Interessen  im 
Spiele  sind,  sollten  wir  den  Sultan  in  seinen  eigenartigen  Schach-  und 
Querzügen  auch  dann  nicht  stören,  wenn  die  Franzosen  einmal  ein 
Triumphgeschrei  anstimmen  über  den  Rückgang  des  deutschen  Ein- 
flusses. Franzosen  sind  Kinder,  und  Kinder  pflegen  an  dem  billigsten 
Spielzeug  die  größte  Freude  zu  haben. 

Die  Erhaltung  und  Stärkung  des  deutschen  Geistes  in  der  türki- 
schen Armee,  die  Vervollkommnung  der  letzteren  auf  der  Grundlage 
deutschen  Wissens  und  Könnens  ist  meines  Erachtens  in  erster  Reihe 
ein  türkisches  Interesse.  Das  deutsche  Interesse  liegt  nach  der- 
selben Seite  hin,  aber  wir  dürfen  bei  den  Türken  die  Annahme  nicht 
aufkommen  lassen,  daß  das  unsrige  stärker  sei  als  das  ihrige.  Mag 
es  sich  um  die  Entsendung  türkischer  Offiziere  nach  Deutschland  oder 
deutscher  Offiziere  nach  der  Türkei  handeln,  stets  muß  der  Sultan 
—  wenn  anders  jene  Einrichtung  nutzbringend  fungieren  soll  —  sich 
bewußt  bleiben,  daß  die  Türkei  der  empfangende  und  Deutschland 
der  gewährende  Teil  ist.  Damit  ist  auch  für  unsere  Haltung  eine  feste 
Linie  gezogen.  Wenn  in  jenen  Fragen  neuerdings  der  türkische  Eifer 
etwas  zurückgegangen  ist,  so  finde  ich  den  naheliegenden  Grund  für 
diese  Erscheinung  darin,  daß  die  jüngsten  thessalischen  Erfolge  das 
Selbstgefühl  der  Armee  gesteigert  und  in  weiten  Kreisen  des  Offizier- 
korps der  Gedanke  Eingang  gefunden  hat,  daß  die  Armee  genug  wisse, 
um  fremde  Lehrmeister  entbehren  zu  können.  Nach  meinen  Wahr- 
nehmungen ist  diese  Strömung,  speziell  in  der  von  General  von  der 

560 


Goltz  gegründeten  jüngeren  Schule  von  Offizieren  so  untrennbar  ver- 
knüpft mit  Bewunderung  und  dankbarer  Anerkennung  für  jenen  aus- 
gezeichneten Offizier,  daß  ich  darin  unmöglich  eine  Gefahr  für  unseren 
Einfluß  erblicken  kann.  Ist  erst  die  Kriegsbegeisterung  verrauscht, 
so  werden  auch  die  Lücken  und  Mängel  der  Armee  wieder  fühlbar 
werden  und  damit  der  Wunsch,  sich  an  den  bewährten  Lehrmeister 
zu  wenden,  von  neuem  rege  werden. 

Commandant  Berger,  der  als  Urheber  der  jüngsten  Intrige  be- 
zeichnet wurde,  ist  mir  persönlich  und  auch  aus  seiner  früheren  Tätig- 
keit als  französischer  Militärattache  in  Konstantinopel  bekannt.  Er 
ist  ein  intriganter  Herr,  der  als  Präsident  der  dette  publique  und  wegen 
seiner  persönlichen  Beziehungen  zu  den  Leitern  der  Ottomanbank 
beim  Sultan  den  Einfluß  besitzt,  den  alle  diejenigen  haben,  welche  in 
finanziellen  Angelegenheiten  dem  hohen  Herrn  Schwierigkeiten  be- 
reiten oder  Wohltaten  erweisen  können.  Vertrauensmann  des  Sultans 
ist  er  niemals  gewesen.  Während  vieler  Jahre  war  Herr  Berger  erfolglos 
bemüht,  der  französischen  Armee  und  der  französischen  Waffenindu- 
strie die  Stellung  in  der  Türkei  zu  verschaffen,  welche  heute  Deutsch- 
land einnimmt.  Daß  dieser  kluge  Mann  angesichts  der  heutigen  Zu- 
stände der  französischen  Armee  und  bei  der  starken  Stellung,  welche 
nach  den  jüngsten  Ereignissen  das  deutsche  Element  in  der  türkischen 
Armee  einnimmt,  grade  jetzt  von  neuem  den  Versuch  unternehmen 
sollte,  Deutschland  aus  dem  Sattel  zu  heben,  halte  ich  nur  deshalb  für 
möglich,  weil  ich  bei  einem  Franzosen,  wo  es  sich  um  Deutschland] 
handelt,  nichts  für  unmöglich  erachte.  Vollkommen  ausgeschlossen 
aber  ist,  daß  der  Sultan  bei  seinem  instinktiven  Abscheu  gegen  fran- 
zösischen Republikanismus  und  Radikalismus  sich  von  einem  Fran- 
zosen über  die  Gefahren  der  Ansteckung  mit  sozialdemokratischen 
Ideen  belehren  ließe.  Hat  der  Sultan  je  etwas  Derartiges  geäußert, 
so  sind  nicht  wir,  sondern  die  Franzosen  „hereingefallen".  — 

Wenn  der  Sultan  einmal  den  Plan  gefaßt  hat,  noch  weitere  Offi- 
ziere zur  Ausbildung  nach  Deutschland  zu  senden,  so  wird  er  in  der  näch- 
sten Zeit  um  so  sicherer  darauf  zurückkommen,  wenn  wir  ihn  nicht 
drängen,  sondern  uns  eine  gewisse  Zurückhaltung  auferlegen.  Das 
schließt  nicht  aus,  daß  wir  ab  und  zu  uns  nach  dem  Stande  der  Frage 
erkundigen  und  unsere  Bereitwilligkeit  bekunden,  etwaigen  Wünschen 
des  Sultans  nach  Kräften  entgegenzukommen.  Den  Gründen  nach- 
zuspüren, aus  denen  der  Plan  nicht  zur  ursprünglich  festgesetzten  Zeit 
ausgeführt  wurde,  halte  ich  für  ein  aussichtsloses  und  selbst  nicht 
ganz  unbedenkliches  Unternehmen.  Und  wenn  die  Franzosen  der 
Freude  über  die  Verschiebung  jenes  Planes  durch  mehr  oder  minder 
geschmacklose  Äußerungen  Ausdruck  geben,  so  können  wir  ihnen  das 
kindliche  Vergnügen  lassen.  — 

Marschall 
570 


Nr.  3342 

Der  Geschäftsträger  in  Konstantinopel  von  Schlözer  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  178  Therapia,  den  4.  August  1898 

In  der  Anlage  beehre  ich  mich,  einen  vom  Militärattache  Haupt- 
mann Morgen  erstatteten  Bericht*  einzureichen,  auf  den  ich  schon 
deshalb  aufmerksam  machen  darf,  weil  er  eine  der  wichtigsten  Fragen 
der  Wehrfähigkeit  der  Türkei,  die  Fortifikationen  des  Bosporus,  betrifft. 

Der  Bericht  weist  nach,  daß  die  Türkei  sich  gegen  Süden  und  das 
Mittelmeer  nach  Kräften  zu  schützen  sucht,  gegen  Norden  jedoch  ihre 
Verteidigungsbereitschaft  aus  Furcht,  die  russische  Unzufriedenheit 
zu  erregen,  vernachlässigt.  Ich  glaube,  daß  die  Darstellung  ein  ge- 
naues Bild  der  heutigen  Sachlage  gibt,  möchte  aber  annehmen,  daß 
diesem  unzweifelhaften  militärischen  Erfolge  Rußlands  sein  diploma- 
tischer Einfluß  auf  die  Türkei  doch  nicht  ganz  entspricht.  Auch  scheint 
sich  Herr  Sinowiew  der  Pforte  und  selbst  dem  Palais  gegenüber  immer 
mehr  eine  Tonart  anzugewöhnen,  welche  manchmal,  wie  ich  von  zu- 
verlässiger Seite  höre,  an  die  Mentschikowschen  Traditionen  erinnern 
soll  und  hierdurch  die  Gefahr  der  moskowitischen  Nachbarschaft  in 
ein  noch  helleres  und  dadurch  für  die  Türkei  noch  unangenehmeres 
Licht  rückt.  Die  Rolle  des  polternden  Alten,  welche  früher  der  englische 
Botschafter  Sir  Philip  Currie  unter  dem  ironischen  Beifall  seiner  Geg- 
ner am  Bosporus  spielte,  scheint  jetzt  wieder  auf  Rußland  übergehen 
zu  sollen.  Dagegen  bemüht  sich  England  seit  kurzem  zweifellos,  auf 
der  Orientbühne  sanftere  Saiten  aufzuziehen.  Die  glatte  Abwickelung 
der  zyprischen  Finanzoperation,  die  entgegenkommende  Haltung  des 
jetzigen  englischen  Geschäftsträgers**,  die  Entsendung  des,  wie  es 
heißt,  sehr  friedlichen  turkophilen  Botschafters  O'Conor,  ferner  die 
verhältnismäßige  Zurückhaltung,  die  Lord  Salisbury  in  der  Frage  des 


*  Der  (hier  nicht  abgedruckte)  Bericht  des  Hauptmanns  Morgen  erklärt  die  bei 
den  Dardanellen  und  an  der  Tschataldschalinie  vorhandenen  türkischen  Be- 
festigungen für  „Kulissen,  hinter  denen  die  russische  Diplomatie  manövriert". 
Der  Schluß  des  Berichts  weist  Deutschland  eine  aktive  Rolle  bei  der  Erhaltung 
des  Türkischen  Reiches  zu:  „Wir  haben  unter  allen  Umständen  Ursache,  die 
Erhaltung  des  Osmanischen  Reiches  zu  wünschen,  von  dem  wir  materielle 
Vorteile  bereits  ziehen  und  noch  militärische  in  der  Zukunft  ziehen  können. 
Mein  ceterum  censeo  ist  daher  immer  wieder:  ,Die  Türkei  muß  militärisch 
gestärkt  werden.'  Dazu  gehört  neben  Truppen-  und  Schießübungen  etc.  vor 
allem  die  Verbesserung  und  Vermehrung  der  Fortifikationen.  Dem  Sultan  muß 
ein  tüchtiger  deutscher  Fußartillerieoffizier  als  Reorganisator  der  Befesti- 
gungen oktroyiert  werden.  Man  kann  Fortsverbesserungen,  auch  selbst  Neu- 
bauten provisorischen  Charakters  in  unauffälliger  Weise  'vornehmen". 
**  Sir  M.  de   Bunsen. 

571 


Schadenersatz  aus  den  Massakers  und  in  der  armenischen  Frage  über- 
haupt an  den  Tag  legt,  alles  scheint  darauf  hinzudeuten,  daß  man  in 
London  durchaus  nicht  gewillt  ist,  der  Türkei  gegenüber  mit  den 
russisch-französischen  Störenfrieden  Hand  in  Hand  zu  gehen,  sondern 
zurzeit  soweit  als  möglich  türkenfreundlich  erscheinen  möchte.  Und 
dies  wäre  unter  Umständen  immerhin  ein  wertvoller  Ersatz  für  die- 
jenigen Befestigungen,  welche  Hauptmann  Morgen,  vom  militärischen 
Standpunkt  aus  mit  vollem  Recht,  an  der  Nordseite  des  Bosporus 
vermißt. 

von  S  chlözer 


Bemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.  am  Kopf  des  Schriftstücks: 
Dieser  Plan  ist  unausführbar.    Wir  wollen  uns  dort  nicht  einmischen,  vor  allem 
nicht  gegen   Russland,  das  doch  schon  in  Stamboul  gebietet.    Morgen  soll 
sich  ruhig  verhalten  und  diese  Fragen  unangerührt  lassen. 


Nr.  3343 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 

von  Richthofen  an  den  Staatssekretär  Bernhard  von  Bülow, 

z.  Z.  in  Semmering 

Ausfertigung 
Nr.  18  Berlin,  den  9.  August  1898 

Euerer  Exzellenz  beehre  ich  mich  in  der  Anlage  einen  Bericht  des 
Hauptmanns  Morgen,  betreffend  Befestigungen  in  der  Türkei,  nebst 
dem  Begleitbericht  des  Kaiserlichen  Geschäftsträgers  *  gehorsamst  vor- 
zulegen, da  ich  Bedenken  trage,  diesen  Militärbericht  ohne  weiteres 
Seiner  Majestät  dem  Kaiser  und  Könige  zu  unterbreiten. 

Es  ist  anzunehmen,  daß  vom  militärischen  Standpunkte  aus  die 
Verhältnisse  in  der  Türkei  so  liegen,  wie  Hauptmann  Morgen  sie  schil- 
dert; höchst  bedenklich  vom  politischen  Standpunkte  aus  erscheinen 
aber  die  Folgerungen,  welche  unser  Militärattache  aus  dem  von  ihm 
festgestellten  Tatbestande  zieht,  indem  er  es  als  die  Pflicht  des 
Deutschen  Reiches  hinstellt,  die  Erhaltung  der  osmanischen 
Herrschaft  zu  fördern  und  zu  diesem  Zwecke,  insbesondere  zur  Ver- 
besserung und  Vermehrung  der  —  nach  dem  Berichte  in  erster  Linie 
gegen  Rußland  gerichteten  —  Fortifikationen  einen  tüchtigen  deutschen 
Fußartillerieoffizier  dem  Sultan  zu  „oktroyieren*'. 

Ein  Fundamentalgrundsatz  der  auswärtigen  Politik  Deutschlands 
ist  es  stets  gewesen,  daß  wir  uns  jeder  aktiven  Orientpolitik  auf  das 


•  Siehe  Nr.   3342  nebst  Fußnote  *. 
572 


sorgfältigste  enthalten  und  demgemäß  alle  die  zahlreichen  österreichi- 
schen Versuche  abgewiesen  haben,  welche  bezweckten,  durch  uns  in 
Balkanfragen  die  Kastanien  aus  dem  Feuer  holen  zu  lassen.  Im  Drei- 
bundvertrage ist  es  ausdrücklich  ausgesprochen,  daß  ebensowenig,  wie 
Österreich-Ungarn  uns  den  Besitz  von  Elsaß-Lothringen  garantiert, 
wir  genötigt  sind,  für  die  spezifisch  österreichisch-ungarischen  Balkan- 
interessen bei  einer  kriegerischen  Auseinandersetzung  des  verbündeten 
Kaiserstaates  mit  Rußland  das  Schwert  zu  ziehen,  es  sei  denn,  daß 
durch  einen  Doppelangriff  der  casus  foederis  in  die  Erscheinung  tritt. 
Die  Knochen  eines  pommerschen  Grenadiers  dürften  uns  aber  heute 
noch  ebensoviel  wert  sein  wie  vor  10  oder  20  Jahren,  und 
die  Neigung,  dieselben  aufs  Spiel  zu  setzen,  dürfte  bei  der  deutschen 
öffentlichen  Meinung  heute  noch  ebenso  gering  sein  als  zur  Zeit,  wo 
Fürst  Bismarck  seinen  bekannten  Ausspruch  tat. 

Im  direkten  Gegensatze  hierzu  mutet  Hauptmann  Morgen  der 
deutschen  Politik  eine  aktive  Einmischung  in  türkische  innere  Ver- 
hältnisse zu  und  setzt  uns  dadurch  der  gar  nicht  hoch  genug  zu  schät- 
zenden Gefahr  aus,  daß  wir  uns  um  einer  Frage  willen,  die  uns  erst 
sehr  in  zweiter  Linie  angeht,  Rußland  entfremden  und  es  dadurch  auf 
die  Seite  unserer  Gegner  treiben,  wenn  der  stets  auf  der  Lauer  liegende 
Feind  im  Westen  uns  einmal  wieder  zum  Kampfe  für  unsere  Grenzen 
zwingt. 

Wie  die  Verhältnisse  in  Konstantinopel  liegen,  ist  eine  Geheim- 
haltung von  Plänen  und  Absichten  einzelner  Regierungen  dort  geradezu 
nie  durchzuführen,  und  es  kann  nicht  fehlen,  daß  die  vielgeschäftige 
Tätigkeit  des  Hauptmanns  Morgen  das  ohnehin  im  Hinblick  auf  die 
bevorstehende  Orientreise  Seiner  Majestät  des  Kaisers  schon  sehr  rege 
Mißtrauen  der  Russen  noch  weiter  schärft.  Wie  sehr  die  Franzosen 
bemüht  sind,  aus  Anlaß  der  Kaiserreise  unsere  Beziehungen  zu  Ruß- 
land zu  trüben,  zeigen  außer  vielen  vorhergehenden  auch  wieder  die 
drei  hier  beigefügten  Artikel  des  „Temps",  des  „Matin"  und  des 
„St.  Petersburger  Herold"  vom  7.  d.  Mts.  Es  gilt  für  uns  daher  doppelte 
Vorsicht,  wollen  wir  nicht  selbst  Wasser  auf  die  Mühle  unserer  Feinde 
gießen. 

Wenn  Hauptmann  Morgen  mit  Rücksicht  auf  die  materiellen  Vor- 
teile, die  wir  aus  der  Türkei  ziehen,  die  Erhaltung  des  Osmanischen 
Reiches  wünscht,  so  sagt  er  dem  Auswärtigen  Amte  damit  nichts  Neues, 
aber  wenn  er  als  Cato  redivivus  fordert,  daß  zu  diesem  Zwecke  unter 
deutschem  Drucke  auf  den  Sultan  und  unter  deutscher  Mitwirkung 
die  schwachen  türkischen  Verteidigungslinien  gegen  Rußland  gestärkt 
werden  sollen,  so  übersieht  er  die  gefährdete  geographische  Stellung 
Deutschlands  zwischen  Frankreich  und  Rußland  und  trägt  nicht  Rech- 
nung der  Bedeutung,  welche  in  einem  europäischen  Konflikte  die 
wohlwollende  Neutralität  Rußlands  für  uns  hat. 

573 


Daß  die  Kompromittierung  unseres  Verhältnisses  zu  Rußland 
durch  die  militärischen  Vorteile  aufgewogen  werden  könnte,  welche 
wir  nach  Hauptmann  Morgens  Ansicht  in  Zukunft  aus  der  Türkei 
vielleicht  ziehen  werden,  dürfte  eine  Phantasmagorie  sein.  Ich  ver- 
kenne gewiß  nicht  die  Bedeutung  der  hohen  Verehrung  und  Wert- 
schätzung, deren  sich  unser  allergnädigster  Herr  insbesondere  seit 
der  Beendigung  des  türkisch-griechischen  Krieges  in  der  gesamten 
muselmännischen  Welt  erfreut,  aber  es  liegt  doch  auf  der  Hand,  daß 
die  Kraft  des  heutigen  Türkischen  Reiches  wesentlich  auf  der  Defen- 
sive beruht,  und  daß  daher  die  Türkei  in  dem  einzig  ernsten  Konflikte, 
der  für  Deutschland  menschlichem-  Ermessen  zufolge  für  die  nächste 
Zukunft  möglicherweise  in  Frage  kommt,  eine  bedeutsame  Rolle  nicht 
spielen  wird. 

Dabei  ist  noch  keineswegs  gewiß,  daß  wir  dem  Sultan  und  der 
Türkei  mit  einer  Anregung,  ihre  Befestigungswerke  gegen  Rußland 
hin  zu  verstärken,  irgendeinen  Gefallen  erweisen,  was  auch  Hauptmann 
Morgen  selbst  zu  empfinden  scheint,  da  er  davon  spricht,  dem  Sultan 
einen  deutschen  Offizier  zu  oktroyieren.  Wir  riskieren  also,  die 
Türkei  zu  verstimmen  und  Rußland  uns  zum  Feinde  zu  machen,  und 
dies  zugunsten  eines  Zwecks,  der  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  über- 
haupt nicht  erreicht  werden  würde,  da  einmal  die  Russen  es  doch  ver- 
stehen würden,  die  Anlage  wirksamer  Befestigungen  zu  hintertreiben, 
und  da  andererseits  selbst  gut  angelegte  Werke,  wenn  nicht  gleich- 
zeitig die  englische  Flotte  vor  Konstantinopel  erscheint,  schwerlich  die 
Russen  hindern  würden,  die  Durchfahrt  zu  erzwingen. 

Ich  habe  es  für  meine  Pflicht  gehalten,  Euerer  Exzellenz  vor- 
stehende Erwägungen  zu  unterbreiten,  und  muß  es  hochgeneigtem  Er- 
messen überlassen,  ob  und  welche  Folge  denselben  zu  geben  sein  wird. 
Vielleicht  erachten  Euere  Exzellenz  es  für  nützlich,  den  Bericht  Seiner 
Majestät  mit  einem  Ihrerseits  zu  vollziehenden  Schreiben  vorzulegen 
oder  mündlichem  Immediatvortrage  vorzubehalten  oder  zum  Gegen- 
stand eines  Schriftwechsels  mit  dem  Chef  des  Militärkabinetts  zu 
machen,  worin  demselben  etwa  gesagt  werden  könnte,  daß  Euere 
Exzellenz  die  Verantwortung  für  die  auswärtige  Politik  dann  nicht  zu 
übernehmen  in  der  Lage  sind,  wenn  dieselbe  in  dieser  Weise  von  dem 
diesseitigen  Militärattache  gekreuzt  wird.  Besondere  Gefahr  im  Ver- 
zuge hinsichtlich  unserer  politischen  Stellung  in  Konstantinopel  liegt 
zwar  nicht  vor,  da  Hauptmann  Morgen  soeben  in  Urlaub  gegangen 
ist,  andererseits  aber  gibt  ihm  seine  derzeitige  Anwesenheit  in  Deutsch- 
land die  Möglichkeit,  bei  Seiner  Majestät  sich  zu  melden  und  seine 
Ansichten  zur  Geltung  zu  bringen,  was  ihm  leichter  werden  könnte, 
wenn  nicht  gleichzeitig  die  entgegenstehenden  politischen  Bedenken 
des  Auswärtigen  Amts  vorgetragen  werden,  pp. 

Rieh  thof  en 

574 


Nr.  3344 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 

z.  Z.  in  Semmering,  an  den  Stellvertretenden  Staatssekretär 

Freiherrn  von  Richthofen 

Privatbrief.    Auszug  in  Abschrift 

Semmering,  den  13.  August  1898 

Ich  habe  soeben  einen  langen  Brief  an  Seine  Majestät  ge- 
schrieben, in  welchem  ich  dargelegt  habe,  wie  der  Morgensche  Ein- 
fall, durch  uns  die  Befestigung  der  Nordseite  von  Konstantinopel  gegen 
die  Russen  in  Gang  zu  bringen,  uns  den  unbequemsten  und  gefähr- 
lichsten Situationen  aussetzen  müßte,  und  in  dem  ich  überhaupt  die 
Nachteile  beleuchtete,  welche  die  Morgensche  Vielgeschäftigkeit  und 
Eifrigkeit  nach  sich  ziehen. 

(gez.)  Bülow 

Nr.  3345 

Der  Geschäftsträger  in  London  Graf  zu  Castell-Rüdenhausen  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  675  London,  den  12.  Oktober  1898 

Mit  der  bevorstehenden  Orientreise  Seiner  Majestät  des  Kaisers 
und   Königs*   beschäftigt  sich   die  gestrige  „Morning   Post"  in   dem 


*  Die  Orientreise  Kaiser  Wilhelms  II.  begann  mit  einem  Besuche  in  Konstanti- 
nopel (18. — 22.  Oktober).  Am  29.  Oktober  erfolgte  die  Ankunft  des  Kaiser- 
paars in  Jerusalem;  am  31.  Oktober  überwies  Wilhelm  II.,  nachdem  am  29.  die 
Einweihung  der  evangelischen  Erlöserkirche  erfolgt  war,  das  von  ihm  während 
seiner  Anwesenheit  in  Konstantinopel  erworbene  Grundstück  «  La  Dormition  de 
la  Sainte  Vierge »  in  Jerusalem  dem  „Deutschen  Verein  vom  Heiligen  Lande" 
zur  freien  Nutznießung.  Den  Abschluß  der  Orientreise  bildete  ein  Besuch  des 
Kaiserpaars  in  Damaskus,  bei  dem  der  Kaiser  den  berühmten  Trinkspruch  aus- 
brachte, der  mit  den  Worten  schloß:  „Möge  Seine  Majestät  der  Sultan  und 
mögen  die  300  Millionen  Mohammedaner,  welche  auf  der  Erde  zerstreut  lebend 
in  ihm  ihren  Kalifen  verehren,  dessen  versichert  sein,  daß  zu  allen  Zeiten  der 
Deutsche   Kaiser  ihr  Freund  sein  wird". 

In  politischer  Beziehung  bieten  die  Akten  des  Auswärtigen  Amtes  über  die 
zweite  Orientreise  des  Kaisers  kaum  irgendwelchen  Ertrag.  Es  liegen  keinerlei 
Aufzeichnungen  über  die  Unterredungen  vor,  die  der  Kaiser  oder  der  ihn  be- 
gleitende Staatssekretär  von  Bülow  mit  dem  Sultan  bzw.  dem  türkischen  Minister 
des  Äußern  Tewfik  Pascha  und  sonstigen  türkischen  Würdenträgern  hatte, 
ebensowenig  irgendwelche  Aufzeichnungen  über  die  Immediatvorträge,  die 
Staatssekretär  von  Bülow  dem  Kaiser  während  der  Reise  hielt.  Ob  und  welchen 
Anteil  Staatssekretär  von  Bülow  an  den  beiden  Briefen  gehabt  hat,  die  Kaiser 

575 


im  Ausschnitt  hier  beigefügten  Artikel.  Derselbe  ist  durchaus  freund- 
lich gehalten  und  sticht  durch  Ton  und  Inhalt  vorteilhaft  von  gewissen 
Erörterungen  ab,  welche  andere  englische  Preßorgane  in  letzter  Zeit 
über  denselben  Gegenstand  gebracht  haben. 

In  dem  Artikel  wird  folgendes  ausgeführt: 

Die  Reise  Seiner  Majestät  werde  von  dem  gesamten  Lesepublikum 
der  westlichen  Welt  mit  Interesse  verfolgt  werden.  Der  Charakter  des 
allerhöchsten  Herrn  habe  von  dem  Tage  der  Thronbesteigung  an  „an 
unusual  fascination"  nicht  nur  auf  das  deutsche,  sondern  auf  das  ganze 
europäische  und  nicht  zum  wenigsten  auf  das  britische  Publikum  aus- 
geübt. Seine  Majestät  sei  ein  selbständiger  Denker  und  scheue  sich 
nicht,  seinen  Gedanken  Ausdruck  zu  geben.  Dies  sowie  die  anderen 
Charaktereigenschaften  allerhöchstdesselben  (he  is  a  hard  worker,  and 
has  the  faculty  of  getting  up  a  subject)  hätten  dem  Deutschen  Kaiser 
eine  nicht  nur  auf  deutsches  Gebiet  beschränkte  Popularität  gesichert. 
Jede  politische  Bedeutung  sei  der  Orientreise  Seiner  Majestät  selbst- 
verständlich nicht  abzusprechen,  Deutschland  habe  sowohl  in  der  Tür- 
kei wie  in  Palästina  Interessen,  und  „the  Emperor  would  not  be  the 
man  he  is  if  he  could  go  to  those  countries  oblivious  of  them".  Sowohl 
Kleinasien  wie  das  heilige  Land  sei  ein  Feld  für  den  deutschen  Unter- 
nehmungsgeist, und  während  der  Kaiser  „his  position  as  the  legiti- 
mate  protector  of  Germans,  whether  Catholics,  Protestants,  or  Jews" 
aufrechterhalte,  werde  er  auch  ihren  weltlichen  Interessen  und 
Rechten  sein  Augenmerk  zuwenden.  Daß  von  dem  Abstecher  nach 
Ägypten  Abstand  genommen  worden  ist,  bezeichnet  die  „Morning 
Post"  als  „a  matter  of  universal  regret",  ohne  dieser  Änderung  des 
Reiseprogramms  politische  Bedeutung  beizumessen.  Im  Schlußabsatze 
des  Artikels  wird  bemerkt:    „The  Emperor's  journey  will  —  we  trust 


Wilhelm  II.  während  der  Reise  an  Kaiser  Nikolaus  II.  richtete,  und  von  denen 
der  erste  d.  d.  Stambul,  den  20.  Oktober  die  Kretafrage,  der  zweite  d.  d.  Da- 
maskus, den  9.  November  neben  den  allgemeinen  Reiseeindrücken  den  Faschoda- 
konflikt  behandelte  (vgl.  Briefe  Wilhelms  II.  an  den  Zaren  1894—1914,  hrsg. 
von  W.  Goetz,  S.  313  ff.),  läßt  sich  nicht  mehr  feststellen,  da  die  Original- 
konzepte der  Briefe  im  Jahre  1909  dem  Kaiser  zurückgegeben  worden  sind; 
schwerlich  dürften  die  Briefe  aber  ohne  Vorwissen  Bülows  abgegangen  sein. 
Neben  der  Faschodafrage  beschäftigten  den  Kaiser  und  den  Staatssekretär  von 
Bülow  während  der  Orientreise  von  politischen  Vorgängen  vor  allem  die  Frage 
des  französischen  Protektorats  im  Orient  (vgl.  den  Anhang).  Daß  der  anfäng- 
lich geplante  Abstecher  nach  Ägypten  aufgegeben  wurde,  hängt  nicht  mit  den 
offiziell  vorgegebenen  innerpolitischen  Rücksichten  auf  die  bevorstehende  vom 
Kaiser  selbst  zu  eröffnende  Reichstagstagung,  sondern  mit  den  Vorgängen  in 
Frankreich  zusammen,  die  sich  Anfang  Oktober  außenpolitisch  —  Faschoda- 
konflikt  —  und  innerpolitisch  —  Dreyfusaffaire  —  gefährlich  zugespitzt  hatten. 
Vgl.  über  die  Orientreise  des  Kaisers  die  Reichstagsrede  des  Staatssekretärs 
von  Bülow  vom  12.  Dezember  1898  (Schultheß'  Europäischer  Geschichts- 
kalender Jg.  1898,  S.  187  f.)  und  die  Schrift  des  Freiherrn  von  Mirbach:  Die 
Reise  des  Kaisers  und  der  Kaiserin  nach  Palästina.  (Berlin   1899). 

576 


have  on  consequence  beneficial  to  the  peace  of  the  world  and  to 

the  prosperity  of  Europe,  nämlich  die,  die  orientalische  Bevölkerung 
mit  europäischen  Ideen  vertraut  zu  machen  und  dadurch  den  Verkehr 
zwischen  Osten  und  Westen  zu  erleichtern.  Das  britische  Publikum 
—  schließt  der  Artikel  —  möge  dem  allerhöchsten  rlerrn  nicht  nur 
glückliche  Reise,  sondern  auch  Erfolg  zu  allen  Bestrebungen  wün- 
schen, die  darauf  gerichtet  seien,  das  Ottomanenreich  in  politischer 
und  kommerzieller  Hinsicht  zu  reorganisieren  und  zu  heben. 

Davon,  daß  der  im  Reiseprogramm  vorgesehen  gewesene  Ab- 
stecher nach  Ägypten  aufgegeben  worden  ist,  habe  ich  die  hiesige  Re- 
gierung der  erhaltenen  Weisung  entsprechend  unverzüglich  in  Kennt- 
nis gesetzt. 

Die  hiesige  Presse  hat  sich  bis  jetzt  fast  ganz  darauf  beschränkt, 
die  Tatsache  zu  registrieren  und  Drahtnachrichten  ihrer  Korrespon- 
denten in  Paris  zum  Abdruck  zu  bringen,  wonach  dort  die  in  Rede 
stehende  Änderung  des  Reiseprogramms  mit  Gründen  der  auswärtigen 
Politik  in  Zusammenhang  gebracht  wird. 

Ein  denselben  Gegenstand  betreffendes,  dem  „Daily  Telegraph" 
aus  Kairo  zugegangenes  Telegramm  beehre  ich  mich  im  Ausschnitt  aus 
dieser  Zeitung  hier  gleichfalls  einzureichen*. 

Was  die  auch  in  dem  obenerwähnten  Artikel  gestreifte  Frage  der 
Protektion  deutscher  Katholiken  im  Orient**  anbetrifft,  so  veröffent- 
lichen fast  sämtliche  heutigen  Morgenblätter  bezügliche  Meldungen 
ihrer  Korrespondenten  in  Berlin  und  Wien,  welche  in  der  Hauptsache 
mit  der  hier  weiter  angeschlossenen  Mitteilung  der  „Times"  über- 
einstimmend lauten. 

Ich  gestatte  mir  hinzuzufügen,  daß  bei  dem  letzten  Diplomaten- 
empfang Lord  Salisbury  mir  gegenüber  die  Frage  erwähnt  und  dabei 
bemerkt  hat,  er  erachte  es  für  ganz  selbstverständlich,  daß  die  deut- 
schen   Katholiken   im   Orient   nur   dem   deutschen   Schutze  unterstellt 

sein  könnten. 

Castell 

Nr.  3346 

Der  Geschäftsträger  in  Konstantinopel  von  Schlözer  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Ni\  465  Pera,  den  11.  November  1898 

In  heutiger  von  Seiner  Majestät  dem  Sultan  befohlener  Audienz 
gab  höchstderselbe  seiner  tiefen  Genugtuung  über  die  erhebende  Rede 


*  Hier    nicht  abgedruckt. 
**  Vgl.  den  Anhang. 

37    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  577 


Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs*  beredten  Ausdruck  und 
fügte  hinzu: 

„Aus  diesen  Worten  ersehe  ich  von  neuem,  daß  die  Gefühle,  welche 
mich  für  Seine  Majestät  den  Kaiser  und  für  das  Deutsche  Reich  be- 
seelen und  von  der  gesamten  ottomanischen  Nation  geteilt  werden, 
auch  auf  deutscher  Seite  vollste  Erwiderung  finden.  Dieser  Gedanke 
ist  für  mich  um  so  wertvoller  und  tröstlicher,  als  die  von  fremder  Seite 
manchmal  gemachten  Versuche,  diese  Freundschaft  zu  erschüttern, 
durch  die  Kundgebung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  zunichte  gemacht 
worden  sind." 

Indem  der  ottomanische  Herrscher  die  ausgesprochene  Ansicht  in 
wärmster  Weise  wiederholte,  fügte  er  hinzu,  daß  der  französische  Bot- 
schafter Monsieur  Cambon**  bei  seiner  Abschiedsaudienz  versucht  habe, 
auf  die  Eventualität  französisch-deutscher  Komplikationen  anzuspielen. 
Seine  Majestät  hätten  aber  geantwortet  —  und  hiervon  Seine  Majestät 
den  Kaiser  sofort  telegraphisch  in  Kenntnis  gesetzt  — ,  daß  er  seinen 
Kaiserlichen  Freund  zu  gut  kenne,  um  nicht  überzeugt  zu  sein,  daß 
allerhöchstder^elbe  seine  Macht  ausschließlich  im  Interesse  der  Auf- 
rechterhaltung des  Friedens  gebrauchen  werde.  Wenn  daher  jemals 
Reibungen  entstehen  könnten,  würde  die  Schuld  lediglich  auf  franzö- 
sischer Seite  zu  suchen  sein. 

Seine  Majestät  der  Sultan  schienen  durch  die  aus  Damaskus  er- 
haltenen Nachrichten  in  bester  Stimmung  und  gaben  der  Hoffnung 
Ausdruck,  daß  die  allerhöchsten  Herrschaften  die  infolge  der  Tem- 
peraturschwankungen nicht  unbedeutenden  Strapazen  gut  überstehen 
möchten. 

Die  Kundgebung  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  ist  in- 
zwischen in  sämtlichen  türkischen  Blättern  mit  Begeisterung  wieder- 
gegeben. 

Dem  Herrn  Staatssekretär  ist  von  vorstehendem  Meldung  gemacht. 

Schlözer 

Nr.  3347 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Malta,  an  den  Generalkonsul  in  Kairo  von  Müller 

Telegramm.  Konzept 

Nr.  1  Malta,  den   15.  November  1898 

Geheim 

Ew.  pp.  wollen  Ihrer  Königlichen  Hoheit  der  Frau  Prinzessin 
Heinrich  bei   höchstdero  demnächstiger   Durchreise  für  Seine   König- 


•  Gemeint  ist  die  Damaskus-Rede  vom  8.  November;  vgl.  Nr.  3345,  Fußnote. 
**  Er  war  auf  den  Londoner  Botschafterposten  versetzt  worden;  an  seine  Stelle 
trat  im  Februar  1899  J.  Constans,  früher  Gesandter  in  China,  dann  Generalgou- 
verneur von  Tonking  und  Minister  des  Innern. 

578 


liehe  Hoheit  den  Prinzen  Heinrich  die  nachstehende  Aufzeichnung  in 
besonderem  Kuvert,  verschlossen,  versiegelt  und  mit  dem  Vermerke 
„Ganz  geheim"  übergeben: 

In  Ausführung  der  Befehle  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs 
beehre  ich  mich,  Euerer  Königlichen  Hoheit  über  die  gegenwärtige 
politische  Lage  nachstehendes  so  untertänigst  wie  streng  vertraulich 
zu  melden.  — 

Die  Orientreise  Seiner  Majestät  charakterisiert  sich  als  ein  großer 
Erfolg.  Während  durch  den  Besuch  in  Konstantinopel  die  Beziehungen 
zwischen  Seiner  Majestät  und  dem  Sultan  noch  freundschaftlichere  ge- 
worden sind,  hat  unser  allergnädigster  Herr  die  durch  seine  loyale 
und  gerechte  Politik  uns  bereits  günstig  gestimmte  mahomedanische 
Welt  durch  allerhöchstsein  Auftreten  im  Orient  wie  insbesondere  durch 
den  Trinkspruch  von  Damaskus*  endgültig  für  den  Deutschen  Kaiser 
und  das  Deutsche  Reich  gewonnen.  Der  Ulema  von  Damaskus  rief 
Seiner  Majestät  unter  dem  Jubel  der  ganzen  Bevölkerung  zu,  daß 
300  Millionen  Mahomedaner  Heil  und  Segen  über  den  Deut- 
schen Kaiser  erflehten.  —  In  Jerusalem  haben  Seine  Majestät  einer- 
seits in  schöner  Erfüllung  der  Wünsche  und  Absichten  des  hoch- 
seligen Königs  Friedrich  Wilhelm  IV.  und  des  in  Gott  ruhenden  Kaiser 
Friedrichs  Majestät  langgehegte  Wünsche  der  evangelischen  Christen- 
heit erfüllt  und  unserer  evangelischen  Kirche  nach  außen  eine  weit 
glanzvollere  Stellung  als  bisher  verschafft,  andererseits  durch  die  Er- 
werbung der  Dormition  für  die  katholischen  Deutschen  den  patriotisch 
gesinnten  Teil  der  letzteren  enger  an  den  allerhöchsten  Thron  ge- 
knüpft, dagegen  den  ultramontan  Gesinnten,  den  Jesuiten  und  ihren 
Affiliierten  im  Vatikan  eine  bittere  Enttäuschung  und  peinliche  Ver- 
legenheit bereitet  und  endlich  das  bisherige  französische  Protektorat 
über  die  orientalischen  Christen  über  den  Haufen  geworfen.  —  Aber 
nicht  nur  unsere  ideellen,  sondern  auch  unsere  materiellen  Interessen 
werden  durch  die  Reise  Seiner  Majestät  gewinnen.  Der  deutschen 
Industrie  und  dem  deutschen  Handel  eröffnen  sich  große  Horizonte**. 


*  Vgl.  Nr.  3345,  Fußnote. 

**  Ein  Schreiben  des  Staatssekretärs  von  Bülow  vom  26.  März  1899  an  den 
Oberhofmeister  von  Mirbach,  das  diesem  für  seine  geplante  Schrift  über  „Die 
Reise  des  Kaisers  und  der  Kaiserin  nach  Palästina"  politische  Informationen 
erteilte,  führte  hinsichtlich  der  durch  die  Kaiserreise  erzielten  materiellen 
Ergebnisse  folgendes  aus:  „Als  schon  erzielte  wirtschaftliche  Erfolge  der 
Kaiserreise  sind  zu  betrachten  die  Erteilung  einer  Konzession  zum  Bau  eines 
Hafens  in  Haidar  Pascha,  die  Konzession  eines  deutschen  Kabels  zwischen 
Konstanza  und  Konstantinopel,  die  Befestigung  der  zwischen  der  türkischen 
Regierung  und  großen  deutschen  Firmen  bestehenden  geschäftlichen  Bezie- 
hungen. Durch  die  Kabelkonzession  gelangen  wir  in  Besitz  einer  direkten 
telegraphischen  Verbindung  mit  Konstantinopel,  die  voraussichtlich  den  Anfang 
zu  einer  neuen  Weltlinie  bilden  wird.  Hier  ist  auch  zu  verzeichnen  der  Plan 
einer  Weiterführung  der  anatolischen  Bahnen  nach  Bagdad,  wodurch  hoffentlich 
die   Grundlage   gelegt   werden   wird   zu   weiterer   wirtschaftlicher   Erschließung 

37*  579 


Die  Rückwirkung  der  Kaiserreise  wird  sich  hoffentlich  bis  zu  den  Ufern 
des  Euphrat  geltend  machen,   pp.  * 

Bül  ow 

Nr.  3348 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  262  Therapia,  den  14.  September  1899 

Geheim 

Der  Sultan  läßt  mir  soeben  vertraulich  folgendes  mitteilen: 

Der  frühere  Großwesir  Said  Pascha  habe  ihm  gestern  abend  einen 
Ausschnitt  aus  dem  Pariser  „Temps"  übersandt,  in  welchem,  angeb- 
lich aus  griechischen  Zeitungen,  die  Nachricht  wiedergegeben  werde, 
daß  Seine  Majestät  der  Kaiser  in  einem  Gespräche  mit  dem  Kronprinzen 
von  Griechenland  nachstehende  Äußerungen  getan  habe:  „Griechen- 
land soll  seine  Landarmee  so  stark  machen,  dafrdie  Verteidigung  seiner 
Grenzen  gesichert  sei,  dagegen  solle  es  seine  Marine  in  den  Stand 
setzen,  daß  dieselbe  das  Meer  beherrsche.  Im  Fall  eines  Krieges  mit 
der  Türkei  werde  Griechenland  der  viel  stärkeren  türkischen  Armee 
nicht  widerstehen  können,  dagegen  werde  es  ihm  leicht  fallen,  die 
türkische  Flotte  zu  vernichten,  die  nicht  imstande  sei,  sich  mit  der 
griechischen  zu  messen.  Griechenland  solle  allein  keinen  Krieg  führen, 
sondern  sich  stark  machen,  um  für  einen  großen  Staat  ein  nützlicher 
Alliierter  zu  werden." 

Said  habe  bei  Übersendung  dieses  Ausschnittes  dem  Sultan  ge- 
schrieben, es  ergebe  sich  aus  diesen  Äußerungen,  daß,  wenn  auch 
Seine  Majestät  der  Kaiser  für  den  Sultan  freundschaftliche  Gefühle 
hege,  die  deutsche  Politik  doch  unter  Umständen  die  Türkei  preis- 
geben werde.  Daraus  folge,  daß  es  sich  daher  für  die  letztere  emp- 
fehle, die  deutschfreundliche  Politik  aufzugeben  und  sich  mit  England 
zu  verständigen, 

Der  Sultan  läßt  mir  sagen,  daß  ihn  dieser  Brief  Saids  Pascha  tief 
betrübt  habe,  da  er  darin  eine  Intrige  Englands  erblicke,  welches  sich 
zu  diesem  Zweck  eines  seiner  Würdenträger  bediene.  Er  bitte  Seine 
Majestät  den  Kaiser,  die  Nachricht  des  „Temps"  in  Berliner  Blättern 


Kleinasiens.  Zu  betonen  ist,  daß  alle  diese  Konzessionen  nicht  blos  dem 
deutschen  Handel  und  Gewerbefleiß,  sondern  mehr  noch  der  türkischen  Be- 
völkerung selbst  zum  Segen  gereichen."  Vgl.  auch  die  Ausführungen  des 
Staatssekretärs  von  Bülow  in  seiner  Reichstagsrede  vom  12.  Dezember  1898 
(Schultheß'  Europäischer  Geschichtskalender.  Jg.  1898,  S.  187  f.)  und  nament- 
lich Bd.  XIV,  Kap.  LXXXX1V. 

*  Die  zweite  Hälfte  der  Aufzeichnung,  die  wesentlich  den  Faschodakonflikt 
betrifft,  siehe  in  Bd.  XIV,  Kap.  LXXXXI11. 

580 


dementieren    zu    lassen,    damit    durch    Wiedergabe   des    Dementis    in 
türkischen  Zeitungen  diese  Intrige  durchkreuzt  werde. 

Tahsin  Bey  fügte  vorstehender  Mitteilung  bei,  der  Sultan  sei  da- 
von überzeugt,  daß  es  sich  hier  um  einen  englischen  Versuch  handele, 
ihn  in  dem  Augenblick,  da  er  die  Entscheidung  in  der  Bagdadfrage* 
treffen  wolle,  gegen  Deutschland  mißtrauisch  zu  machen.  Trotzdem 
habe  der  Brief  Saids  Pascha  den  Sultan  so  alteriert,  daß  er  eine  schlaf- 
lose Nacht  gehabt. 

Der  frühere  Großwesir  Said  Pascha  —  zum  Unterschied  von  dem 
früheren  Botschafter  in  Berlin  und  späteren  Minister  der  Auswärtigen 
Angelegenheiten  „der  kleine  Said''  genannt  —  ist  derselbe,  der  sich  vor 
einigen  Jahren  in  die  englische  Botschaft  geflüchtet  hat.  Er  ist  voll- 
kommen im  englischen  Fahrwasser,  hat  sich  aber  seit  jenem  Vorgange 
von  jedem  Eingreifen  in  die  Politik  ferngehalten.  Daß  er  gerade  jetzt 
sich  mit  einer  Verdächtigung  Deutschlands  an  den  Sultan  wendet, 
läßt  kaum  einen  Zweifel  darüber,  daß  er  von  interessierter  Seite  dazu 
angestiftet  worden  ist. 

Der  fragliche  Artikel  des  „Temps"  befindet  sich  unter  der  Rubrik 
„Grece".  Die  Nummer  des  Blattes  ist  aus  dem  mir  vom  Palais  mit- 
geteilten Ausschnitt  nicht  ersichtlich.  Ich  nehme  an,  daß  das  Blatt 
mindestens  acht  bis  zehn  Tage  alt  ist. 

Marschall 

Nr.  3349 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  131  Therapia,  den  23.  September  1899 

Unter  den  Botschaftern,  die  seit  meinem  Hiersein  neu  beglaubigt 
worden  sind,  ist  Herr  Constans  zweifellos  die  interessanteste  Erschei- 
nung. Als  solche  würde  ich  ihn  bezeichnen,  auch  wenn  er  nicht  die 
Vergangenheit  hätte,  die  ihm  den  Namen  „homme  de  poigne"  ein- 
getragen. Mit  einer  großen  Klugheit  verbindet  mein  französischer 
Kollege  eine  echt  französische  Liebenswürdigkeit  im  persönlichen  Um- 
gange. Er  ist  nicht  nur  ein  angenehmer  causeur,  sondern  auch  ein 
ernster  Politiker,  der  mit  Verachtung  diplomatischer  Finasserien  direkt 
auf  sein  Ziel  losgeht  und  dabei  aus  seinen  Grundsätzen  und  Sym- 
pathien kein  Hehl  macht.  Er  ist  ein  Gegner  der  russisch-franzö- 
sischen Allianz,  aus  der  er  für  sein  Vaterland  keinen  Vorteil,  wohl 
aber  schwere   Nachteile  erwartet;  er  tritt  in  Wort  und  Tat  für  eine 


•  Vgl.  Bd.  XIV,  Kap.  LXXXXIV. 

581 


Annäherung  Frankreichs  an  Deutschland  ein.  Dabei  bekennt  er  sich 
offen  als  entschiedenen  „Dreyfusard".  Erst  vor  wenigen  Tagen  be- 
gann er  mit  mir  von  der  Affaire  zu  sprechen.  Er  ist  von  der  Unschuld 
des  Dreyfus  überzeugt,  verurteilt  die  Generäle  aufs  schärfste,  tadelt 
aber  auch  das  Ministerium,  welches  die  Freisprechung  gewünscht, 
aber  nicht  einmal  den  Mut  hatte,  den  Regierungskommissar  ent- 
sprechend zu  instruieren.  Mit  warmen  Worten  der  Anerkennung  ge- 
dachte er  der  Haltung  der  Kaiserlichen  Regierung,  die  in  loyalster 
Weise  alles  getan,  um  einen  nochmaligen  Justizirrtum  der  französi- 
schen Gerichte  zu  verhindern  *. 

In  seinen  Beziehungen  zu  den  Türken  ist  Herr  Constans  geradezu 
der  Antipode  seines  Vorgängers.  Über  die  geistige  Befähigung  des 
Herrn  Cambon  habe  ich  mir  niemals  ein  Urteil  bilden  können.  Das 
erhebende  Bewußtsein,  Botschafter  der  Französischen  Republik  zu  sein, 
hat  diesen  Mann  allezeit  so  beherrscht,  daß  er  aus  der  Pose  gar  nicht 
herauskam.  Die  widerwärtige  Anmaßung,  mit  der  er  den  Türken 
gegenüber  selbst  in  unbedeutenden  Fragen  das  „ich  bin  groß,  und 
Du  bist  klein"  zur  Geltung  brachte,  hat  schließlich  die  Türken  mehr 
geärgert  und  verletzt  als  das  System  des  „bullying",  welches  Sir  Phi- 
lip Currie  hier  befolgte.  Herr  Constans  geht  den  entgegengesetzten 
Weg:  er  sucht  den  Sultan  und  seine  Würdenträger  durch  Liebens- 
würdigkeit zu  bestricken  und  huldigt  dem  richtigen  Grundsatze,  daß 
man  hier  im  allgemeinen  durch  Geduld  weiter  kommt  als  durch  un- 
gestümes Drängen.  Während  die  übrigen  Botschafter  in  der  Regel 
nur  dann  zum  Selamlik  gehen,  wenn  sie  schwebende  Fragen  mit  dem 
Sultan  zu  besprechen  haben,  findet  sich  Herr  Constans,  wenn  nicht 
jeden  Freitag,  so  doch  alle  14  Tage  im  Palais  ein.  Der  Sultan 
soll  stets  sehr  befriedigt  sein  von  seinen  Unterredungen  mit  dem  Bot- 
schafter, die  sich  jederzeit  in  den  Formen  der  größten  Courtoisie  be- 
wegen. Herr  Constans  kennt  die  schwachen  Seiten  des  hohen  Herrn 
und  läßt  es  an  Versprechungen  nicht  fehlen,  daß  die  französische  Re- 
gierung demnächst  energische  Maßregeln  gegen  das  Treiben  der 
Jungtürken  und  Armenier,  die  in  Frankreich  sich  aufhalten,  ergreifen 
werde.  Bis  jetzt  hat  Herr  Constans  mit  seinen  bezüglichen  Wünschen 
in  Paris  keinen  Erfolg  gehabt,  aber  der  Sultan  rechnet  dem  Botschafter 
schon  den  guten  Willen  hoch  an,  ihn  von  dieser  schwarzen  Sorge  zu 
befreien.  Ein  weiteres  Moment,  welches  Herrn  Constans  zur  persona 
grata  macht,  ist  die  Annahme  des  Sultans,  daß  der  Botschafter  der 
„kommende  Mann"  für  Frankreich  sei. 

Herr  Constans  hat  durch  seine  Geschicklichkeit  zweifellos  das  An- 
sehen Frankreichs  hier  gesteigert  und  die  Beziehungen  zur  Pforte 
erheblich  besser  gestaltet,  als  sie  unter  seinem  Vorgänger  waren.  Wenn 
aber   einige   deutsche   Blätter   darin   eine   Gefahr  für  den   „deutschen 


*  Vgl.  dazu   Bd.  XIII,   Kap.   LXXXIX,   Anhang. 

582 


Einfluß"  erblicken  und  eine  Gegenaktion  befürworten,  um  der  Tätig- 
keit des  Herrn  Constans  ein  Paroli  zu  bieten,   so  stehe   ich  nicht  an, 
diese  Anschauung  als  eine  völlig  verfehlte  zu  bezeichnen.    Wir  haben 
kein  Anrecht  darauf,  daß  die  hiesige  französische  Botschaft  sich  dau- 
ernd in  unfähigen  Händen  befindet,  wir  haben  aber  auch  keinen  An- 
laß, uns   aufzuregen,  wenn   des   Herrn  Constans  Geschicklichkeit  das 
wieder  gut  zu  machen  sucht,  was  sein  Vorgänger  verdorben  hat.    Ich 
wüßte  kaum,  was  ich  Verkehrteres  tun  könnte,  als  wenn  ich  mich  jetzt 
in    Bewegung   setzen   wollte,    um   die  politische   Tätigkeit  des    Herrn 
Constans  zu  paralysieren.    Wie  ich  schon  wiederholt  dargelegt  habe, 
ist  unsere  Stellung  eine  so  eigenartige,  daß  sie  mit  derjenigen  der  an- 
deren Großmächte  gar  nicht  verglichen  werden  kann.    Sie  beruht  nicht 
zum  mindesten  gerade  darauf,  daß  wir  uns  bei  dem  Wettrennen  nach 
„politischem  Einfluß",  welches  während  Jahrzehnten  die  Orientpolitik 
anderer    Großmächte    gekennzeichnet,    niemals    beteiligt    haben.     Die 
warme  Freundschaft  und  treue  Verehrung,  welche  der  Sultan  Seiner 
Majestät  dem  Kaiser  entgegenbringt,  die  bewährte  Uneigennützigkeit 
unserer   orientalischen    Politik   und    die   Erkenntnis   des    Sultans,   daß 
Deutschland  die  festeste  Stütze  der  monarchischen   Gewalt  ist,   alles 
dies  bildet  die  Grundlage,  auf  der  wir  hier  stehen;  sie  zu  erhalten  und 
zu  festigen,   ist  unsere   Aufgabe.    Was  hat   Frankreich  demgegenüber 
zu  bieten?   Herr  Constans  ist  ein  viel  zu  klarer  Kopf,  um  sich  in  dieser 
Beziehung  irgendeiner  Täuschung  hinzugeben.    Der  Sultan  wird  sich, 
wenn  er  heute  freundliche  Worte  von  einer  Seite  vernimmt,  die  ihm 
früher  keine  Demütigung  erspart  hat,  erinnern,  daß  Deutschland  ihm 
gegenüber   stets    die   Grenzen    internationaler    Höflichkeit   eingehalten 
hat,  und  daß   es  die  deutsche  Methode  ist,  welche  andere  Groß- 
mächte nachahmen,  wenn  sie  sich  in  ihren  Beziehungen  zu  der  Türkei 
urbaner  Formen  befleißigen.    Und  alle  Liebenswürdigkeiten  des  Herrn 
Constans  werden  den  Sultan  nicht  zu  der  Anschauung  bekehren,  daß 
die  heutige  Französische  Republik  mit  ihrer  „Affaire",  ihren  politischen 
Generälen,   ihrer   Rue  Chabrol*   und  den  sensationellen   Hochverrats- 
prozessen  ein   Element  der  Ordnung  und  der  Autorität  sei.    Gerade 
dieser  Punkt  ist  aber  ausschlaggebend  für  die  politischen  Sympathien 
des  hohen  Herrn.   Nach  wie  vor  wird  er  sein  Land  und  vor  allem  seine 
Armee  hermetisch  zu  schließen  bestrebt  sein  gegen  den  Geist  der  allge- 
meinen Zersetzung,  welcher  die  Signatur  des  heutigen  Frankreichs  bildet. 
Einigermaßen  anders  liegt  die  Sache  bezüglich  der  wirtschaft- 
lichen Fragen.    Herr  Constans  gehört  nicht  zu  jenen  Botschaftern, 
die  ihre  Würde  nur  dann  gewahrt  finden,  wenn  sie  sich  in  den  wolkigen 


*  Als  es  im  August  1899  in  Paris  zu  der  Verhaftung  von  Monarchisten  und 
Nationalisten  gekommen  war,  hatte  sich  der  Führer  der  Antisemiten  Guerin 
in  sinem  Klublokal  in  der  Rue  Chabrol  verschanzt  und  konnte,  da  die  Regie- 
rung nicht  Gewalt  anzuwenden  wagte,  erst  durch  Hunger  zur  Obergabe  be- 
wogen werden. 


583 


Höhen  der  großen  Politik  bewegen,  und  es  verschmähen,  an  die  Förde- 
rung der  wirtschaftlichen  Interessen  ihrer  Landsleute  selbst  Hand  an- 
zulegen. Er  hat  im  Gegenteil  von  Anfang  seiner  Tätigkeit  an  den 
wirtschaftlichen  Fragen  ein  ganz  besonderes  Interesse  zugewendet. 
Als  er  im  Widerstreite  gegen  deutsche  Unternehmungen  den  kürzeren 
gezogen,  hat  er  auf  dem  wichtigen  Gebiete  der  Eisenbahnen  den  Kampf 
aufgegeben  und  ist  der  eifrigste  Befürworter  der  deutsch-französischen 
Verständigung  auf  diesem  Gebiete  geworden*.  Seine  Haltung  ist  stets 
eine  durchaus  loyale  gewesen.  Er  hat  mir  bezüglich  der  Verlängerung 
der  Anatolischen  Bahn  nach  Bagdad  den  Vorrang  gelassen,  mich  aber 
wirksam  unterstützt,  als  der  Sultan  die  Angelegenheit  ihm  gegenüber 
zur  Sprache  brachte.  Das  schließt  nicht  aus,  daß  auf  anderen  wirt- 
schaftlichen Gebieten  unsere  Interessen  kollidieren.  Ich  betrachte  es 
deshalb  als  meine  Pflicht,  die  bezügliche  Tätigkeit  meines  Kollegen 
sorgfältig  zu  beobachten. 

Herr  Constans  beabsichtigt,  wie  ich  höre,  demnächst  an  Bord  des 
Stationärs  „Cosmao"  eine  Reise  nach  Syrien,  vielleicht  auch  nach  Pa- 
lästina zu  machen.  Er  hält  es  wohl  für  nötig,  der  jüngsten  Reise  des 
Herrn  von  Nelidow  ein  Gegengewicht  zu  geben.  Viel  Erfreuliches 
wird  er  dort  nicht  zu  sehen  bekommen.  Wenn  er  sich  erst  mit  eigenen 
Augen  davon  überzeugt  hat,  wie  das  französisch-russische  Bündnis  in 
jenen  Gegenden  das  einst  so  stolze  Gebäude  französischen  Einflusses 
in  Trümmer  gelegt  hat,  so  wird  sich  seine  Überzeugung  noch  befesti- 
gen, daß  jenes  Bündnis  seinem  Lande  schwere  Nachteile  gebracht  hat. 

Marschall 


Nr.  3350 

Der  Botschafter  in  Wien  Graf  zu  Eulenburg  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  218  Wien,  den  2.  Dezember  1899 

Ein  hoher  türkischer  Staatsbeamter,  der  dem  auswärtigen  Dienst 
der  Pforte  in  verschiedenen  hervorragenden  Stellungen  angehört  hat, 
hat  sich,  wie  ich  ganz  vertraulich  erfahre,  vor  einiger  Zeit  über  die 
Politik  der  Türkei  gegenüber   Deutschland  folgendermaßen  geäußert: 

Die  entgegenkommende  Haltung,  die  die  Pforte  in  neuerer  Zeit 
deutschen  Wünschen  gegenüber  wiederholt  bewiesen  habe,  sei  in  erster 
Linie  ein  Ergebnis  der  großen  persönlichen  Sympathien  des  Sultans 
für  Seine  Majestät  den  Kaiser,  unsern  allergnädigsten  Herrn.  Der 
Beherrscher  des  Ottomanischen  Reiches  stehe  vollständig  unter  dem 


•  Vgl.  Bd.  XIV,  Kap.  LXXXXIV. 
584 


Zauber  der  gewinnenden  und  bedeutenden  Persönlichkeit  unseres  er- 
habenen Monarchen,  und  die  Beweise  der  Freundschaft,  die  er  von 
allerhöchstdemselben  wiederholt  empfangen  habe,  hätten  in  ihm  ein 
unbedingtes  Vertrauen  in  die  Uneigennützigkeit  der  deutschen  Politik 
gegenüber  der  Türkei  hervorgerufen. 

Andrerseits  entbehre  allerdings  die  Haltung  der  Türkei  gegen- 
über Deutschland  nicht  ganz  egoistischer  Motive.  Es  sei  vielmehr  das 
zielbewußte  Streben  der  Pforte,  durch  weitestes  Entgegenkommen 
deutsche  Interessen  in  der  Türkei  in  einem  Grade  zu  engagieren,  der 
im  Falle  einer  Bedrohung  der  Integrität  des  Ottomanischen  Reiches 
durch  Rußland  Deutschland  zum  natürlichen  Bundesgenossen  der 
Türkei  werde  machen  müssen. 

P.  Eulenburg 

Schlußbemerkung  Kaiser  Wilhelms  II.: 

Ganz  natürlich!  Wir  wollen  eben  den  braven  Türken  so  heben  und  entwickeln 

und  stärken,  daß  er  sich  mal  später  allein  vertheidigen  kann. 


585 


Anhang 

Die  Orientreise  Kaiser  Wilhelms  II.  und  die  Protektoratsfrage 

1898—1899 


Nr.  3351 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  der.  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Konzept   von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstem 
Nr   31  Berlin,  den  10.  Januar  1898 

Zu  dem  am  25.  November  v.  Js.  auf  der  Kaiserlichen  Botschaft 
visierten  Bericht  des  Kaiserlichen  Konsuls  in  Jerusalem*  Nr.  86  vom 
November  v.  Js.,  betreffend  russisch-französische  Beziehungen  auf  kirch- 
lichem Gebiete.  ....       e  •*     a-~  r„+ 

Inhaltlich  dieses  Berichtes  wird  von  franzosischer  Seite  die  Ent- 
fernung des  Msgr.  Piavi  von  Jerusalem  angestrebt,  während  dessen 
Verbleiben  nach  Ansicht  des  Kaiserlichen  Konsuls  im  Interesse  der 
deutschen  katholischen  Bestrebungen  dringend  zu  wünschen  sein  wurde. 

Auch  seitens  des  Vorsitzenden  des  „Vereins  vom  Heiligen  Lande 
Janssen**  ist  durch  Vermittlung  des  Prinzen  Arenberg***  in  dem  ab- 
schriftlich hier  ergebenst  beigefügten  Schreiben  f  hierher  mitgeteilt  wor- 
den daß  die  deutsche  katholische  Sache  in  Palästina  den  äußersten 
Gefahren  ausgesetzt  sein  würde,  wenn  es  nicht  gelänge,  den  Patriarchen 
Piavi  zu  halten,  da  selbst  die  Wahl  eines  Deutschen  zum  General  des 
Franziskanerordens  den  Verlust  des  den  deutschen  Bestrebungen  so 
wohlwollenden  Patriarchen  in  keiner  Weise  zu  ersetzen  vermochte. 

Herr  Janssen  hat  hierbei  besonders  darauf  hingewiesen,  wie  eine 
bedeutende  Stärkung  der  Stellung  des  Patriarchen  dadurch  erzielt  wer- 
den könnte,  daß  es  gelänge,  die  Pforte  zur  offiziellen  Anerkennung  der 
Stellung  des  Patriarchen  zu  bewegen,  welche  sie  leider  o.sher  ver- 
weigert habe.  „..,  .  .  .  _ 
Ew.  wollen   in  verbindlicher   Form,   aber  nachdrucklichst  bei  der 

*  von  Tischendorf. 

**  Landrat  a.  D.  Janssen  in  Aachen.  „.    ,ori 

-  Prinz   Franz   von   Arenberg,   Mitglied   des   Reichstags   und  des   Preußischen 

Abgeordnetenhauses,  bekannter  Zentrumsfuhrer. 

-j-  Hier  nicht  abgedruckt. 

589 


Pforte  auf  diese  Anerkennung  hinwirken  und,  sofern  wider  Erwarten 
türkischerseits  Schwierigkeiten  gemacht  werden  sollten,  mit  Ernst  be- 
tonen, daß  der  kleine  Dienst,  um  den  wir  die  Pforte  jetzt  angingen, 
lange  nicht  die  so  wertvollen  politischen  Dienste  ausgliche,  welche 
die  Kaiserliche  Regierung  in  den  letzten  Jahren  der  Türkei  geleistet 
habe  und  in  der  Zukunft  noch  zu  leisten  in  die  Lage  kommen  könne. 
Wenn,  wie  ich  hoffe,  die  Aufnahme,  die  Ihre  Anregung  bei 
der  Pforte  findet,  Aussicht  auf  Erfolg  verspricht,  wollen  Sie  den  Kaiser- 
lichen Konsul  in  Jerusalem  anweisen,  Msgr.  Piavi  streng  vertraulich 
davon  in  Kenntnis  zu  setzen,  daß  Ew.  in  diesseitigem  Auftrage  Schritte 
unternommen  haben,  um  bei  der  Pforte  die  Anerkennung  seiner  Stel- 
lung zu  erwirken.  Ew.  Bericht  über  das  Ergebnis  Ihrer  Einwirkung  sehe 
ich  mit  Interesse  entgegen. 

Bülow 

Nr.  3352 

Der  preußische  Staatsminister  Bernhard  von  Bülow  an  den  preu- 
ßischen Gesandten  beim  Päpstlichen  Stuhl  Otto  von  Bülow 

Telegramm.  Konzept 

Nr.  3  Berlin,  den  22.  Februar  1898 

Die  am  27.  d.  Mts.  bevorstehende  Feierlichkeit*  wird  Ew.  An- 
laß bieten,  dem  Papste  die  Glückwünsche  Seiner  Majestät  des  Kaisers 
auszusprechen  und  Seine  Heiligkeit  gleichzeitig  darauf  hinzuweisen, 
daß  Seine  Majestät,  wie  verschiedene  Vorgänge  neueren  und  neuesten 
Datums  in  unzweideutiger  Weise  bewiesen  haben,  sich  die  Aufgabe 
stellen,  eine  Übereinstimmung  der  kirchlichen  mit  den  nationalen  Zielen 
im  deutschen  Volke  ohne  Rücksicht  auf  Gegenströmungen  zu 
erreichen  und  zu  befestigen.  Da  nun  Seiner  Majestät  neuer- 
dings bekannt  geworden  ist,  daß  der  deutsche  Palästinaverein 
als  Vertreter  der  deutschen  katholischen  Interessen  im  heiligen 
Lande  im  Einklang  mit  den  übrigen  deutschen  Katholiken  den  Wunsch 
hegt,  daß  der  bisherige  lateinische  Patriarch  in  Jerusalem  Msgr.  Piavi 
auf  diesem  Posten  verbleibe,  so  erachtet  Seine  Majestät  der  Kaiser  und 
König  als  politisches  Oberhaupt  der  deutschen  Katholiken  sich  ver- 
pflichtet, diesen  Wunsch  zu  unterstützen,  soweit  an  ihm  liegt.  Aller- 
höchstderselbe  würde  deshalb  dem  Heiligen  Vater  zu  Dank  ver- 
pflichtet sein,  wenn  dieser  dem  Wunsche  der  deutschen  Katholiken 
Rechnung  tragen  und  den  Patriarchen  Piavi  auf  seinem  bisherigen 
Posten  belassen  wollte.  Die  deutschen  Katholiken,  durch  welche  Seine 
Majestät  zu  dieser  Bitte  veranlaßt  worden  ist,  werden  an  der  Gewährung 


*  Am   27.  Februar  wurde  der  Jahrestag  der  Thronbesteigung  Papst  Leos  XIII. 
feierlich   begangen. 

590 


derselben  seitens  des  Heiligen  Vaters  freudig  erkennen,  wie  diesem  ihre 
Wünsche  und  Interessen  am  Herzen  liegen. 

B  ü  1  o  w 

Nr.  3353 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 
Nr.  63  Berlin,  den  23.  Februar  1898 

Antwort  auf  Telegramm  73*. 

Seine  Majestät  befehlen  mir,  Ew.  allerhöchstsein  Befremden 
über  Ihre  Haltung  in  der  Seine  Majestät  interessierenden  Angelegen- 
heit des  Erzbischofs  Piavi  auszusprechen.  Seine  Majestät  bemerkten 
hierbei,  daß  die  Angelegenheit  für  uns  nicht  nur  vom  konfessionellen 
Standpunkt  aus  von  Wichtigkeit  sei,  sondern  auch  als  Symptom  für 
die  Stärke  unsres  Einflusses  in  Konstantinopel  gegenüber  dem  fran- 
zösischen. Etwaige  Bedenken  Ew.  wären  alsbald  nach  Empfang  des 
Erlasses  Nr.  31,  d.  h.  vor  sechs  Wochen,  geltend  zu  machen  gewesen. 

Bülow 

Nr.  3354 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  75  Pera,  den  23.  Februar  1898 

Unter  Bezugnahme  auf  Telegramm  Nr.  62  und  im  Anschluß  an 
Telegramm  Nr.  73**. 

Soweit  ich  die  Frage  auf  Grund  der  hiesigen  Akten  beurteilen 
kann,  liegt  dieselbe  zurzeit  folgendermaßen: 

Die  Stellung  der  lateinischen  Kirche  in  der  Türkei  ist  von  der- 
jenigen der  orthodoxen,  armenischen  und  der  mit  Rom  linierten  orien- 
talischen Kirchen  durchaus  verschieden.  Die  orthodoxen  und  armeni- 
schen Kirchen  sind  gleichsam  Regierungsanstalten  des  türkischen  Staats; 
die  Pforte  wirkt  bei  der  Ernennung  und  Bestätigung  der  Patriarchen 


*  Durch  Telegramm  Nr.  62  vom  22.  Februar  war  bei  Marschall  angefragt 
worden,  was  er  in  Ausführung  des  Erlasses  vom  10.  Januar  (Siehe  Nr.  3351) 
getan  habe.  Darauf  hatte  Marschall  am  gleichen  Tage  durch  Telegramm  Nr.  73 
gebeten,  ihm  zur  Erledigung  des  Auftrags,  die  er  bisher  nicht  für  opportun 
erachtet  habe,  noch  Zeit  zu  lassen. 
**  Vgl.  Nr.  3353,  Fußnote. 

591 


und  Bischöfe  dieser  Kirchen  mit,  erteilt  die  Investitur-Berats  und  hat 
das  Recht,  ihre  Absetzung  in  gewissen  Fällen  zu  verlangen.  Umgekehrt 
findet  auf  die  lateinischen  Patriarchen  und  Bischöfe  nicht  das  innere 
türkische  Staatsrecht,  sondern  das  internationale  Recht  Anwendung; 
dieselben  sind  durchweg  fremde  Untertanen,  die  bisher  ohne  irgend- 
welches Zutun  der  Pforte  vom   Papst  ernannt   wurden. 

Das  von  Frankreich  auf  Grund  der  Kapitulationen  von  1740  be- 
anspruchte exklusive  Schutzrecht  über  die  lateinischen  Patriarchen 
und  Bischöfe  in  der  asiatischen  Türkei  ist  unsererseits  nie  anerkannt 
worden,  könnte  also  unserem  Verlangen  auf  Anerkennung  des  Pa- 
triarchen von  Jerusalem  nicht  entgegengehalten  werden.  Dagegen 
ist  es  entscheidend,  welche  Stellung  der  Papst  als  die  ernennende  Stelle 
zu  der  Frage  der  Anerkennung  des  Patriarchen  durch  die  Pforte  ein- 
nimmt, die  ein  vollkommenes  Novum  gegenüber  dem  bisherigen  Zu- 
stande bedeutet.  Die  hiesigen  Akten  ergeben  darüber,  daß  der  Papst 
bei  der  Pforte  den  Antrag  auf  Anerkennung  gestellt  und  die  letztere 
dieselbe  verweigert  hat,  nichts.  Da  aber  jeder  Anregung  meinerseits 
sofort  die  Frage  der  Stellung  des  Papstes  entgegengehalten  werden  wird, 
so  wäre  ich  für  eine  nähere  Information  über  diesen  Punkt  dankbar. 

Marschall 

Nr.  3355 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantincpel  Freiherrn  von  Marschall 

Reinkonzept 

Nr.  129  Berlin,  den  24.  Februar  1898 

[abgegangen  am  25.  Februar] 

Antwort  auf  Telegramme  Nr.  75*  und  77. 

Da  die  Instruktion  in  Erlaß  Nr.  31  vom  10.  Januar**  durch  Äuße- 
rungen eines  deutschen  katholischen  Bischofs  veranlaßt  worden  war, 
erscheint  die  Berechtigung  des  von  Ew.  vertretenen  Standpunkts 
vorläufig  unerwiesen.  Leider  hat  die  Frage  inzwischen  auch  aufgehört, 
eine  praktische  zu  sein,  da  soeben  der  preußische  Gesandte  beim  Vati- 
kan gemeldet  hat,  daß  die  französische  Agitation  gegen  den  Erzbischof 
Piavi  zu  einem  erfolgreichen  Ende  geführt  und  dessen  Abberufung 
durchgesetzt   worden    ist***.    Ew.    werden    hiernach    ermessen,    wie 

*  SLhe  Nr.  3354. 
**  Siehe  Nr.  3351. 

***  Telegramm  des  Gesandten  Otto  von  Bülow  vom  21.  Februar.  Der  Beschluß 
der  Kurie  wurde  indessen  infolge  des  Eintretens  der  deutschen  Regierung  für 
Piavi  einer  Revision  unterzogen.  Am  20.  März  konnte  der  Gesandte  von 
Bülow  nach  Berlin  melden,  daß  der  Papst  eingewilligt  habe,  Piavi  bis  auf 
weiteres,  und  zwar  mindestens  bis  nach  der  Orientreise  Kaiser  Wilhelms  II.  in 
Jerusalem  zu  belassen. 

592 


sehr  durch   die   Verschleppung  der  Angelegenheit  im   entscheiden 
Augenblick     und     Ew.     sechswöchentliches     Schweigen     die    Kaise 
liehe  Regierung  ihren  Gegnern   gegenüber  in   Nachteil  versetzt  wor- 
den ist. 

B  ü  1  o  w 

Nr.  3356 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Vortragenden  Rat  im  Auswärtigen  Amt  Mumm  von  Schwarzenstein 

Privatbrief.   Auszug   in   Abschrift 

Pera,  den  24.  Februar  1898 

Wenn  ich,  wie  Seine  Majestät  annimmt,  in  der  Frage  Piavi  eine 
Versäumnis  begangen  habe,  so  liegt  sie  darin,  daß  ich  nicht  sofort 
meine  Bedenken  gegen  den  Erlaß  vom  10.  v.  Mts.*  geltend  gemacht 
habe.  Sachlich  glaube  ich,  daß  mein  Zögern  nicht  den  geringsten 
ichteil  gebracht  hat.  Es  handelt  sich  hier  um  eine  Frage  der  aller- 
größten Bedeutung.  Ich  glaube  die  Intentionen  Seiner  Majestät  und 
auch  des  Auswärtigen  Amtes  richtig  dahin  zu  verstehen,  daß  es  sich 
in  der  Angelegenheit  des  Msgr.  Piavi  nicht  nur  darum  handelt,  diesen 
Herrn  auf  seinem  Posten  zu  halten,  sondern  auch  unberechtigte  An- 
sprüche Frankreichs  in  römisch-katholischen  Angelegenheiten  der  asia- 
tischen Türkei  zu  bekämpfen.  Dieses  Ziel  muß  selbstverständlich  jeder 
deutsche  Botschafter  hier  im  Auge  haben,  und  ich  bin  vollkommen 
damit  einverstanden,  daß  nach  den  großen  Diensten,  die  wir  der  Türkei 
im  letzten  Jahre  geleistet  haben,  der  Moment  gekommen  ist,  wo  wir 
unseren  Einfluß  auch  auf  dem  kirchenpolitischen  Gebiete  mit  dem 
französischen  messen  können,  Mein  Bedenken  gegen  den  mir  geworde- 
nen Auftrag  besteht  ausschließlich  darin,  daß  es  mir  höchst  zweifel- 
haft erscheint,  ob  wir  durch  Anregung  der  Anerkennung  jenes  Kirchen- 
fürsten  durch  den  Sultan  nicht  Gefahr  laufen,  das  Gegenteil  von  dem 
zu  erreichen,  was  wir  wünschen. 

Unsere  Politik  gegenüber  den  französischen  Prätensionen  auf  kirch- 
lichem Gebiete  muß  meines  Erachtens  darin  bestehen,  daß  wir  stets 
dann,  aber  auch  nur  dann  den  Kampf  gegen  jene  aufnehmen,  wenn 
wir  sicher  sind,  den  Papst  als  Verbündeten  oder  doch  als  wohlwollenden 
Neutralen  zu  haben.  Der  Papst  hat  wiederholt  gezeigt,  daß  auch  ihm 
die  französische  Bevormundung  unbequem  ist  und  er  derselben  gerne 
ledig  wäre,  aber  es  ist  mir  absolut  nicht  bekannt  und  jedenfalls  aus 
unseren  Akten  nicht  erweisbar,  daß  der  Heilige  Stuhl  jemals  über  der- 
artige Fragen  mit  dem  Sultan  in  Unterhandlung  getreten  wäre.  Es 
ist  ja  möglich,  daß  dem  Papste  der  Gedanke  kommen  könnte,  es  sei 

*  Siehe  Nr.  3351. 

38    Die  Große  Politik.     12.  Bd.  593 


für  ihn  angenehmer,  den  Sultan  als  Vormund  zu  haben  als  Frankreich, 
aber  es  ist  nicht  minder  möglich,  daß  ihm  der  bisherige  Zustand  der 
vom  Sultan  durchaus  unabhängigen  Ernennung  lateinischer  Kirchen- 
fürsten in  der  Türkei  so  wertvoll  erscheint,  daß  er  in  dieser  Beziehung 
am  Status  quo  nicht  rütteln  will.  Ich  bin  also  der  Ansicht,  daß  die 
Kardinalfrage  die  ist:  Wie  steht  der  Papst  zu  dem  Gedanken  einer 
Anerkennung  des  Msgr.  Piavi  durch  den  Sultan?  Ist  er  der  Sache 
günstig  und  stellt  hier  einen  dahingehenden  Antrag,  so  würde  ich  mich 
anheischig  machen,  einen  solchen  Antrag  in  erfolgreicher  Weise  zu 
unterstützen.  Im  umgekehrten  Falle,  d.  h.  wenn  wir  selbständig  vor- 
gehen ohne  bezw.  gegen  den  Papst,  so  holen  wir  uns  sicher  eine 
Niederlage.  — 

Also:  sedes  materiae  ist  zunächst  Rom,  dort  muß  der  Kampf  gegen 
französische  Prätensionen  und  Intrigen  zunächst  ausgefochten  werden, 
dann  erst  kann  hier  etwas  geschehen.  Dazu  kommt  aber  ganz  ab- 
gesehen von  der  Prinzipienfrage  noch  folgende  rein  praktische  Er- 
wägung: Gelingt  es  uns  in  Rom,  den  Papst  dazu  zu  bewegen,  den 
Msgr.  Piavi  trotz  der  französischen  Intrigen  zu  halten,  so  ist  die 
Sache  definitiv  gewonnen,  und  bedarf  es  irgendeines  Eingreifens  hier 
nicht,  unterliegt  umgekehrt  Msgr.  Piavi  in  Rom  den  gegen  ihn 
gerichteten  Machenschaften,  so  kann  ihn  auch  die  Anerkennung 
durch  den  Sultan  unmöglich  halten.  Ein  vorzeitiges  Eingreifen  unserer- 
seits hier  in  Konstantinopel  könnte  aber  jenen  Machenschaften  neue 
Nahrung  zuführen,  denn  Indiskretionen  sind  hier  ganz  unvermeidlich. 

Ich  bitte  Sie,  diese  Erwägungen  dem  Herrn  Staatssekretär  und 
auch  Herrn  von  Holstein  zu  unterbreiten.  Ich  unterwerfe  mich  selbst- 
verständlich dem  besser  informierten  Auswärtigen  Amt,  möchte  aber 
doch  darlegen,  daß  es  sich  hier  nicht  einfach  um  eine  Kraftprobe  zwi- 
schen deutschem  und  französischem  Einflüsse  in  Konstantinopel  han- 
delt, und  daß  einer  jener  Fälle  vorliegt,  wo  ein  Diplomat  immer  noch 
besser  handelt,  wenn  er  zu  langsam,  als  wenn  er  zu  rasch  vorgeht. 

(gez.)  Marschall 

Nr.  3357 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  47  Pera,  den  25.  Februar  1898 

Vertraulich 

Zu  Erlaß  Nr.  31  vom  10.  v.  Mts.' 

Zu  den  mannigfachen  wichtigen  Aufgaben,  welche  der  deutschen 


•  Siehe  Nr.  3351. 
504 


Politik  in  der  Türkei  gestellt  sind,  gehört  auch  die  Bekämpfung  des 
Einflusses,  den  Frankreich  sich  in  den  kirchlichen  Angelegenheiten 
der  römisch-katholischen  Christen  in  der  Türkei  und  damit  indirekt 
auch  in  politischen  Fragen  erworben  hat.  Bekanntlich  beansprucht 
Frankreich,  vornehmlich  auf  Grund  der  sogenannten  „Lettres  patentes" 
vom  30.  Mai  1740,  für  die  römisch-katholischen  Christen  Konstanti- 
nopels und  der  asiatischen  Türkei  ein  ausschließliches  Schutzrecht. 
Wir  haben  dieses  Recht  niemals  anerkannt,  dasselbe  ist  schon  darum 
hinfällig,  weil  seine  Anmaßung  auf  einer  falschen  Übersetzung  beruht. 
In  Artikel  32  der  „Lettres  patentes"  heißt  es  im  französischen  Text, 
da  wo  von  den  Rechten  der  Bischöfe  und  Geistlichen  die  Rede  ist, 
„de  quelque  nation  ou  espece  qu'ils  soient",  während  die  richtige  Über- 
setzung des  türkischen  Textes  lauten  würde:  „de  quelque  genre  ou 
espece  qu'ils  soient",  worunter  offenbar  nur  gemeint  ist,  daß  es  gleich- 
gültig sei,  welchem  religiösen  Orden  die  betreffenden  Geistlichen  an- 
gehören. 

Lange  Zeit  hat  Frankreich  dieses  Schutzrecht  trotz  seiner  schwa- 
chen und  höchst  anfechtbaren  Rechtsbasis  in  wirksamster  Weise  aus- 
geübt und  durch  Verteidigung  der  katholischen  Interessen  nicht  nur 
gegen  den  Mohammedanismus,  sondern  vor  allem  gegen  die  Prä- 
tensionen der  orthodoxen  Kirche  seinen  politischen  Einfluß  in  der 
Türkei  gewaltig  gestärkt.  Wie  der  dadurch  verschärfte  Gegensatz 
zwischen  Rußland  und  Frankreich  einst  zum  Krimkriege  geführt  hat, 
ist  bekannt.  Etwa  seit  zehn  Jahren  haben  sich  die  Dinge  wesentlich 
geändert.  In  dem  Maße,  als  Frankreich  um  die  russische  Gunst  buhlte, 
hat  es  die  kirchlichen  Interessen  der  Katholiken  in  der  Türkei  vernach- 
lässigt; die  Berichte  unserer  Konsuln  bekunden,  daß,  wo  orthodoxe 
Interessen  denjenigen  der  katholischen  Christen  gegenüberstanden, 
der  französische  Einfluß  vielfach  für  die  ersteren  und  gegen  die 
letzteren  in  die  Wagschale  geworfen  wurde. 

Die  Rückwirkung  konnte  nicht  ausbleiben.  Die  Katholiken  deut- 
scher Nationalität  haben  sich  bereits  daran  gewöhnt,  ihre  kirchlichen 
Desiderien  bei  der  Kaiserlichen  Regierung  geltend  zu  machen,  und  die 
übrigen  nichtfranzösischen  katholischen  Christen  erkennen,  daß  sie 
von  dem  Schutze  einer  Macht  nichts  zu  hoffen  haben,  die  sich  willen- 
los ä  la  remorque  des  orthodoxen  Rußlands  befindet.  Der  Papst  selbst 
wird  ja  aus  politischen  Gründen  niemals  einen  positiven  Schritt  gegen 
das  französische  Schutzrecht  unternehmen,  aber  er  wird  den  faktischen 
Zusammenbruch  desselben  um  so  eher  anerkennen,  als,  nach  manchen 
Anzeichen  zu  urteilen,  ihm  die  französische  Vormundschaft  schon  öfters 
unbequem  geworden  ist  und  die  schwächliche  Haltung  der  französi- 
schen Regierung  auch  kirchliche  Interessen  ernstlich  bedroht. 

So  liegen  die  Dinge  für  Deutschland  außerordentlich  günstig, 
nicht  etwa  in  dem  Sinne,    als  ob  wir  Aussicht   hätten,    ein    deutsches 

M.  595 


Schutzrecht  in  dem  Umfange  des  bisher  von  Frankreich  beanspruchten 
zu  schaffen;  daran  denkt  niemand.  Allein  wir  sind  dank  des  politischen 
Einflusses,  den  wir  uns  in  der  Türkei  gesichert  haben,  sehr  wohl  in 
der  Lage,  den  Abbröckelungsprozeß,  in  dem  sich  das  französische 
Schutzrecht  befindet,  zu  fördern  und  zu  beschleunigen.  Wird  das  bis- 
herige exklusive  Schutzrecht  Frankreichs  durch  Deutschland  de  facto 
beseitigt,  so  würde  das  in  den  Augen  der  Orientalen  unser  Ansehen 
gewaltig  heben. 

Bei  Betrachtung  der  Wege,  die  zu  diesem  Ziele  führen,  muß 
einem  Umstände  klar  ins  Auge  gesehen  werden:  daß  wir  nämlich 
in  der  Türkei  bezüglich  innerer  Fragen  und  besonders  Personen- 
fragen der  katholischen  Kirche  das  Mittel  nicht  besitzen,  dessen 
man  sich  anderwärts  in  solchen  Fällen  bedient,  nämlich  den  Appell 
an  die  weltliche  Macht  des  Landes,  d.  h.  an  den  Sultan.  Dies  liegt  an 
der  eigentümlichen  Gestaltung  der  staatskirchenrechtlichen  Verhält- 
nisse des  Ottomanischen  Reichs.  Bezüglich  der  orthodoxen  und 
armenischen  Kirche,  zum  Teil  auch  bezüglich  der  mit  Rom  unierten 
orientalischen  Kirchen  besteht  eine  Art  Staatskirchentum.  Jene  beiden 
Kirchen  sind  gleichsam  Staatsanstalten.  Bei  der  Wahl  der  Patriarchen 
und  Bischöfe  derselben  wirkt  die  Pforte  mit,  sie  bestätigt  deren  Wahl 
und  verleiht  ihnen  Berats,  auf  Grund  deren  sie  zur  Ausübung  des 
geistlichen  Amtes  zugelassen  werden.  Die  Pforte  gibt  zur  Befriedi- 
gung der  kirchlichen  Bedürfnisse  diesen  Glaubensgenossenschaften 
erhebliche  Subventionen  und  hat  dafür  das  Recht,  die  Absetzung  sol- 
cher Patriarchen,  Bischöfe  usw.  zu  verlangen,  welche  gegen  die  Be- 
stimmungen der  betreffenden  Investitur-Berats  gehandelt  oder  sich 
sonst  unbeliebt  gemacht  haben.  Geradezu  umgekehrt  liegt  die  Sache 
bezüglich  der  lateinischen  Kirche.  Diese  gilt  als  fremde  Macht,  auf 
welche  nicht  das  innere  türkische  Staatskirchenrecht,  sondern  das 
internationale  Vertragsrecht  Anwendung  findet;  auf  Grund  des  letzteren 
genießt  sie  gleichsam  das  Recht  der  Exterritorialität.  Wie  Frankreich 
das  Schutzrecht  für  die  Katholiken  der  asiatischen  Türkei  und  Konstanti- 
nopels auf  Grund  der  „Lettres  patentes"  von  1740  beansprucht,  leitet 
Österreich-Ungarn  aus  den  Verträgen  von  Passarowitz  und  Karlowitz 
sein  Schutzrecht  für  die  Katholiken  der  europäischen  Türkei  ab.  Die 
lateinischen  Patriarchen  und  Bischöfe  sind  durchweg  Untertanen  frem- 
der Staaten,  sie  werden  direkt  ohne  jedes  Zutun  des  Sultans  vom  Papste 
ernannt.  Es  gibt  weder  eine  Anerkennung  derselben  durch  den  Sultan, 
noch  steht  dem  letzteren  das  Recht  zu,  ihre  Beseitigung  oder  Absetzung 
zu  verlangen.  Wollte  man  also  an  den  Sultan  das  Ansinnen  stellen, 
auf  eine  Personenfrage  des  lateinischen  Episkopats  einzuwirken,  so 
würde  er  ganz  sicher  unter  Hinweis  auf  die  Verträge  eine  ausweichende 
Antwort  geben. 

Bei  dieser  Frage  fällt  aber  noch  eine  andere  Erwägung  ins  Ge- 
wicht.   Bekanntlich  ist  der  Papst  und  die  katholische  Kirche  besonders 

596 


empfindlich  gegen  staatliche  Einmischung  in  innere  kirchliche  Fragen; 
diese  Empfindlichkeit  ist  bedeutungslos,  wo  es  sich  um  die  Ordnung 
der  kirchenpolitischen  Dinge  im  eigenen  Lande  handelt,  sie  bedarf 
aber  allerdings  der  Berücksichtigung  in  einer  auswärtigen  Frage,  bei 
welcher  die  Haltung  des  Heiligen  Stuhles  mindestens  nicht  gleich- 
gültig ist.  Auf  die  aktive  Bundesgenossenschaft  des  Papstes  können 
wir  bei  unserem  Streben  kaum  rechnen,  aber  wir  bedürfen  immerhin 
einer  gewissen  Neutralität  seinerseits  und  würden  jedenfalls  in  direktem 
Gegensatz  zu  dem  Heiligen  Stuhl  schwer  etwas  erreichen.  Also  auch  von 
diesem  Gesichtspunkte  empfiehlt  es  sich,  ohne  sichere  Aussicht  des 
Erfolges  in  derartigen  Fragen  nicht  an  den  Sultan  oder  die  Pforte 
zu  appellieren  und  namentlich  alles  zu  vermeiden,  was  den  Vorwand 
zu  der  Behauptung  geben  könnte,  daß  wir  minder  sorglich  als  Frank- 
reich seien  für  die  Wahrung  der  historischen  Rechte  der  katholischen 
Kirche  im  Türkischen  Reiche. 

Das  Resultat,  zu  welchem  ich  gelange,  fasse  ich  dahin  zusammen: 
Soweit  es  sich  darum  handelt,  innere  kirchliche  Fragen,  d.  h.  speziell 
Personenfragen  einer  den  deutschen  Interessen  im  Ottomanischen 
Reiche  günstigen  Lösung  zuzuführen,  kann  ein  wirksamer  Einfluß  nur 
in  Rom  ausgeübt  werden;  mangels  aller  Machtmittel  und  Pressions- 
mittel ist  der  Sultan  außerstande,  in  dieser  Beziehung  einzuwirken, 
ja  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  ein  Versuch  nach  dieser  Richtung 
unsere  Interessen  im  speziellen  Falle  gefährden  könnte.  Um  französi- 
schen Prätensionen  und  Intrigen  entgegenzutreten,  ist  der  sichere 
Weg  nach  meinem  unmaßgeblichen  Dafürhalten  der,  daß  wir  überall 
da,  wo  die  kirchlichen  und  materiellen  Interessen  der  in  der  Türkei 
lebenden  deutschen  Katholiken  und  ihrer  Anstalten  durch  die  Pforte 
gefördert  und  geschützt  werden  können,  mit  aller  Energie  hier  an 
maßgebender  Stelle  für  dieselben  eintreten,  und  ich  glaube  mich  an- 
heischig machen  zu  können,  bei  der  Stellung,  welche  Deutschland  heute 
hier  einnimmt,  unseren  Wünschen  und  Beschwerden  selbst  dann  Gel- 
tung zu  verschaffen,  wenn  sich  dieselben  in  entschiedenem  Gegensatz 
zu  französischen  Prätensionen  befinden. 

Euerer  Durchlaucht  glaubte  ich  die  vorstehenden  Erwägungen  mit 
der  Bitte  unterbreiten  zu  dürfen,  mir  entsprechende  Belehrung  zu- 
kommen zu  lassen,  falls  ich  mich  über  den  einen  oder  anderen  Punkt 
im  Irrtum  befinde.  Gerade  weil  die  vorliegende  Frage  für  die  Erhal- 
tung und  Festigung  unserer  hiesigen  Stellung  von  außerordentlicher 
Wichtigkeit  ist,  habe  ich  geglaubt,  meine  persönlichen  Anschauungen 
mit  der  Bitte  um  eventuelle  Richtigstellung  darlegen  zu  dürfen. 

Marschall 


597 


Nr.  3358 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  84  Pera,  den  4.  März  1898 

Vertraulich 

Bei  unserer  gestrigen  Unterredung  erzählte  mir  Tewfik  Pascha* 
mit  der  Bitte  um  strenge  Geheimhaltung,  der  Papst  habe  hier  vertrau- 
lich sondieren  lassen,  ob  der  Sultan  geneigt  sein  würde,  einen  diplo- 
matischen Vertreter  an  den  Heiligen  Stuhl  zu  entsenden.  Seine  Majestät 
sei  dem  Gedanken  günstig. 

Ich  sagte  dem  Minister,  daß  ich  in  Anbetracht  der  großen  Zahl 
von  Lateinern,  die  in  der  Türkei  lebten,  den  Wunsch  der  beiden  Sou- 
veräne, in  direkten  diplomatischen  Verkehr  zu  treten,  für  ganz  natür- 
lich erachte  und  mir  kein  Grund  bekannt  sei,  warum  der  Sultan  nicht 
ein  Recht  ausüben  sollte,  welches  alle  anderen  Souveräne  mit  zahl- 
reicher lateinischer  Bevölkerung  ausübten. 

Bekanntlich  besteht  infolge  der  Anmaßung  Frankreichs,  über  die 
Lateiner  in  der  Türkei  ein  ausschließliches  Schutzrecht  zu  besitzen, 
kein  direkter  diplomatischer  Verkehr  zwischen  dem  Heiligen  Stuhl 
und  der  Pforte;  auch  der  hiesige  päpstliche  Delegat  Erzbischof  Bo- 
netti  hat  keinen  diplomatischen  Charakter  und  verkehrt  nur  durch 
Vermittelung  der  französischen  Botschaft  mit  der  Pforte.  Die  Ent- 
sendung eines  türkischen  Vertreters  an  den  Päpstlichen  Stuhl  würde 
daher  von  weittragender  Bedeutung  für  die  Stellung  der  lateinischen 
Kirche  sein  und  jene  französischen  Prätensionen  schwer  treffen. 

Marschall 

Nr.  3359 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  88  Pera,  den  30.  März  1898 

Der  Beschluß  des  Sultans,  sich  beim  Heiligen  Stuhle  diplomatisch 
vertreten  zu  lassen,  kann,  wenn  seine  Ausführung  nicht  noch  in  letzter 
Stunde  vereitelt  wird,  von  weittragenden  Folgen  begleitet  sein,  die 
sich  keineswegs  auf  das  kirchliche  Gebiet  beschränken.  Um  die  Be- 
deutung jenes  Beschlusses  auch  nach  der  politischen  Seite  hin  zu  be- 
leuchten, gestatte  ich  mir  einen  Überblick  über  die  rechtlichen  und 
tatsächlichen  Verhältnisse  zu  geben,  welche  der  Stellung  der  römisch- 


*  Türkischer  Minister  des  Äußern. 
598 


katholischen  Kirche  —  hier  die  lateinische  genannt  —  und  den  so- 
genannten Protektionsansprüchen  Frankreichs  zugrunde  liegen.  —  Diese 
Aufgabe  ist  eine  etwas  komplizierte;  eine  Reihe  der  vorhandenen 
staatlich-kirchlichen  Einrichtungen  beruht  nicht  auf  geschriebenem 
Recht,  sondern  auf  Tradition,  und  zwar  nicht  nur  auf  Usus,  sondern 
auf  Abusus;  unter  den  türkischen  Beamten  beherrscht  kaum  ein  einziger 
die  ganze  Materie,  und  die  Literatur  ist  so  lückenhaft  und  vielfach 
tendenziös,  daß  sie  ein  klares  Bild  nicht  gewährt.  Trotzdem  glaube 
ich  im  nachstehenden  eine  in  der  Hauptsache  zutreffende  Schilderung 
geben  zu  können. 

Das  kirchenpolitische  System  der  Türkei  ist  eine  Art  Staats- 
kirchentum  auf  dem  Boden  der  weitgehendsten  Toleranz  bezüglich 
der  Ausübung  der  Kulte.  Diesem  System  unterstehen  die  orthodox- 
griechische, die  armenisch-gregorianische,  die  bulgarische,  die  ar- 
menisch-protestantische, die  katholisch-armenische,  die  griechisch- 
unierte  sowie  die  anderen  mit  Rom  unierten  Kirchen  (Maroniten, 
Chaldäer,  Melchiten  usw.)  und  endlich  die  jüdische  Religionsgemein- 
schaft. Alle  diese  Kulte  erhalten  staatliche  Subventionen,  ihre  Funk- 
tionäre bedürfen  der  staatlichen  Bestätigung,  sie  sind  Beamte  des 
türkischen  Staates  und  üben  auch  einen  Teil  der  Ziviljurisdiktion  aus. 
Die  „lateinische"  Kirche  dagegen  gehört  dem  türkischen  Staatskirchen- 
recht überhaupt  nicht  an,  sie  ist  eine  auswärtige  Macht,  die  aber  bisher 
nicht  direkt,  sondern  nur  durch  fremde  diplomatische  Intervention 
mit  der  Pforte  verkehrte.  Hier  tritt  das  sogenannte  Protektorat  Frank- 
reichs zur  Erscheinung.  Obgleich  dieses  Protektorat  jeder  rechtlichen 
Basis  entbehrt  und  insbesondere  von  Deutschland  erfolgreich  bekämpft 
wird,  so  besteht  doch  heute  noch  de  facto  der  Zustand,  daß  die  latei- 
nische Kirche  als  solche  ein  Annex  der  hiesigen  französischen  Bot- 
schaft ist.  Da  die  Pforte  bis  jetzt  eine  Vertretung  beim  Heiligen  Stuhl 
nicht  besitzt,  so  können  kirchliche  Desiderien  nur  durch  die  hiesige 
päpstliche  Delegatur  zur  Sprache  gebracht  werden,  die  letztere  aber 
ist  eine  Abteilung  der  französischen  Botschaft.  Der  päpstliche  Dele- 
gat, obgleich  er  nebenbei  Erzbischof  und  „vicaire  patriarcal  du  St. 
Siege"  ist,  hat  keine  amtlichen  Beziehungen  zur  Pforte,  er  besitzt  kein 
agrement  des  Sultans,  wird  von  diesem  nicht  empfangen  und  auch 
zu  offiziellen  Festen  nicht  mit  den  andern  kirchlichen  Würdenträgern 
ins  Palais  geladen.  Als  aus  Anlaß  der  jüngsten  Vermählung  der  Prin- 
zessin Naime  unter  anderem  auch  ein  Galadiner  für  die  Vertreter  der  nicht 
muselmanischen  Religionsgenossenschaften  in  Jildis  stattfand,  waren 
gebeten:  der  ökumenische  Patriarch,  der  bulgarische  Exarch,  der  ar- 
menisch-gregorianische Patriarch,  der  armenisch-katholische  Patriarch, 
der  griechisch-unierte  Archimandrit  und  der  Großrabbiner  —  Son 
Eminence  M.  Moise  Levy,  wie  sein  amtlicher  Titel  lautet  — ,  nicht 
aber  der  päpstliche  Delegat.  Für  die  ganze  Stellung  des  letzteren  ist 
auch  dieser  äußere  Umstand  charakteristisch. 

599 


Entsprechend  der  Stellung  der  Kirche  haben  auch  die  lateinischen 
FunW:onäre  in  der  Provinz,  die  Patriarchen,  päpstliche  Vikare,  Bi- 
schöfe usw.  keinen  direkten  amtlichen  Verkehr  mit  der  Pforte;  sie 
sind  etrangers  de  distinction,  die  dem  diplomatischen  Schutze  unter- 
stehen. Nur  in  Albanien  hat  sich  anknüpfend  an  den  aus  der  Zeit  der 
ven  Uen  Herrschaft  übernommenen  Zustand  das  eigenartige  Ver- 

hältnis erhalten,  daß  die  lateinischen  Bischöfe  Eingeborene  sind  und 
auf  Präsentation  Österreichs  als  Protektionsmacht  für  jene  Provinz 
Berate  erhalten,  welche  sie  zur  Ausübung  einer  gewissen  Ziviljuris- 
diktion befähigen. 

Die  hier  geschilderte  Lage  der  lateinischen  Kirche  in  der  Türkei 
wird  seit  langer  Zeit  von  dem  Heiligen  Stuhl  und  der  Pforte  gleich- 
mäßig als  eine  durchaus  unbefriedigende  und  den  beiderseitigen  Inter- 
essen nachteilige  empfunden.  Das  beweisen  die  mannigfachen  im 
Laufe  der  letzten  50  Jahre  von  beiden  Teilen  unternommenen  Ver- 
suche, die  Stellung  der  lateinischen  Kirche  auf  der  Grundlage  eines 
Konkordats  neu  aufzubauen.  Für  die  Pforte  ist  die  fortwährende  Ein- 
mischung der  französischen  Botschaft  in  die  alltäglichen  Fragen,  die 
zwischen  Staat  und  der  Kirche  entstehen,  und  ihre  Ausbeutung  zu  politi- 
schen Zwecken  ebenso  unerträglich  wie  der  fortwährende  diploma- 
tische Kompetenzstreit,  den  die  französischen  Prätensionen  im  Gefolge 
haben.  Aber  ein  anderer  Umstand  ist  weit  bedeutsamer.  Sultan  Abdul 
Hamid  ist  ein  zu  feiner  Politiker,  um  nicht  zu  erkennen,  daß  die  la- 
teinische Kirche  ein  starkes  Gegengewicht  bilden  könnte  ge- 
gen die  Propaganda  der  griechisch-orthodoxen  Kirche, 
und  daß  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  Frankreich  der  denkbar 
schlechteste  und  unzuverlässigste  Schützer  der  lateinischen  Kirche  ge- 
worden ist.  —  Die  Beschwerden  des  Heiligen  Stuhls  sind  vielfach 
identisch.  —  Rom  muß  zusehen,  wie  rein  kirchliche  Fragen  durch  die 
französische  Intervention  politischen  Zwecken  geopfert  werden,  und 
so  geläufig  auch  dem  Heiligen  Stuhl  selbst  die  Verquickung  von  kirch- 
lichen und  politischen  Dingen  ist,  so  verwerflich  erscheint  es  ihm,  wenn 
andere  dies  tun.  Dazu  kommt,  daß  die  französische  Vormundschaft 
als  ein  Eingriff  in  die  Souveränitätsrechte  des  Papstes  empfunden  wird, 
und  daß  der  Mangel  des  direkten  Verkehrs  mit  den  türkischen  Staats- 
behörden die  lateinischen  Kirchenfürsten  in  der  Ausübung  ihres  kirch- 
lichen Amts  ernstlich  beeinträchtigt.  Selbst  ein  französischer  Schrift- 
steller, der  für  das  Schutzrecht  Frankreichs  sich  begeistert,  M.  Belin 
sagt  in  seinem  Buche  über  ,,La  Latinite  ä  Constantinople"  in  dieser 
Beziehung  von  den  „Vicaires  apostoliques"  folgendes:  „Bien  que 
reconnus  comme  prelats  par  leurs  fideles  et  meme  respectes  en  cette 
qualite  par  les  infideles,  ils  n'ont  cependant  aucune  relation  directe 
avec  le  pouvoir  officiel.  C'est  par  l'entremise  des  Ambassadeurs  que 
doivent  passer  toutes  leurs  Communications  et  leurs  demandes.  Cela 
les  met  dans  une  position  dependante  et  inferieure  ä  certains  egards,  tout 

600 


en  garantissant  mieux  la  liberte  de  leur  action."  Die  Unzufriedenheit 
der  Kirche  mit  dem  Zustande  der  radikalen  „Trennung  von  Staat  und 
Kirche",  wie  er  in  der  Türkei  besteht,  wirft  ein  interessantes  Licht  auf 
die  Bestrebungen  derjenigen  klerikalen  Kreise,  welche  mit  jenem 
Schlagworte  operieren  und  seine  Anwendung  auch  für  Deutschland 
als  kirchenpolitisches  Ideal  empfehlen.  —  Endlich  fällt  in  der  Türkei 
noch  der  Geldpunkt  umsomehr  in  Betracht,  als  die  Pforte  den  staat- 
lich anerkannten  Religionsgemeinschaften  und  ihren  Dienern  reichliche 
Subsidien  gewährt. 

Daß  die  Versuche,  welche  die  Pforte  und  der  Heilige  Stuhl  wieder- 
holt unternommen  haben,  um  diesen  für  sie  lästigen  und  nachteiligen 
Zustand  zu  beseitigen,  stets  gescheitert  sind,  rührt  nicht  nur  von  dem 
Widerstände,  den  besonders  Frankreich  allen  derartigen  Bestrebungen 
entgegengesetzt  hat,  sondern  vornehmlich  daher,  daß  man  sich  in  Rom 
zu  hohe  Ziele  gesteckt  und  mit  der  Neuordnung  der  lateinischen 
Kirchenfrage  wiederholt  den  Gedanken  verbunden  hatte,  die  orienta- 
lische Kirche  in  den  Schoß  Roms  zurückzuführen.  Daran  ist  die  be- 
kannte Mission  des  Kardinals  Ferrieri  im  Jahre  1848  gescheitert,  und 
der  vor  wenigen  Jahren  durch  den  intriganten  katholisch-armenischen 
Patriarchen  Msgr.  Azarian  im  Anschluß  an  frühere  Pläne  des  Kardi- 
nals Jacobini  mit  Eifer  wieder  aufgenommene  Plan  der  Schaffung 
eines  lateinischen  Generalpatriarchen  in  Konstantinopel  hat  aus  dem 
gleichen  Grunde  dasselbe  Schicksal  gehabt.  Als  im  Jahre  1892  zwischen 
der  Pforte  und  Rom  geheime  Verhandlungen  über  die  Stellung  der 
lateinischen  Kirche  in  Albanien  stattfanden  und  dabei  eine  direkte 
Verbindung  zwischen  Rom  und  Konstantinopel  ins  Auge  gefaßt  wurde, 
beging  man  den  Fehler,  Österreich-Ungarn  als  Protektoratsmacht  jener 
Provinz  zu  ignorieren.  Das  Wiener  Kabinett  protestierte  gegen  jede 
Neuerung,  und  wenn  es  auch  eine  ihm  von  Frankreich  angebotene 
gemeinsame  Aktion  zurückwies,  so  mußte  es  doch  geschehen  lassen, 
daß  die  hiesige  französische  Botschaft  sich  in  die  Angelegenheit  ein- 
mischte und  eine  Interessengemeinschaft  mit  Österreich-Ungarn  mar- 
kierte, die  gar  nicht  besteht,  und  deren  Anerkennung  ein  schwerer 
Fehler  der  österreichischen  Politik  wäre.  Der  direkte  Verkehr  zwi- 
schen der  Pforte  und  dem  Heiligen  Stuhl  ist  mit  dem  Protektorate 
des  Donaureiches  über  Albanien  durchaus  verträglich,  er  würde  aber 
allerdings  den  Stoß  ins  Herz  des  Anspruchs  Frankreichs  bedeuten,  die 
berufene  Vertreterin  der  lateinischen  Kirche  und  ihrer  Interessen  bei 
der  Zentralstelle  des  Türkischen  Reiches  zu  sein. 

Das  französische  Protektorat  ist,  soweit  unter  Berufung  auf  fran- 
zösisch-türkische Verträge  ein  Schutzrecht  über  fremde  Untertanen 
beansprucht  wird,  ein  juristisches  Unding.  Das  Recht,  die  eige- 
nen Untertanen  im  fremden  Lande  zu  vertreten,  steht  jedem  selbstän- 
digen Staate  zu;  die  Behauptung,  daß  ihm  dieses  Recht  durch  Ver- 
träge, welche  Dritte  untereinander  schließen,  genommen  werden  könne, 

601 


verstößt  gegen  einen  elementaren  juristischen  Grundsatz.  Außerdem 
enthalten  jene  Verträge  kein  Wort  von  einem  solchen  Rechte.  Und 
was  die  diplomatische  Vertretung  des  Heiligen  Stuhles  betrifft,  so 
kann  sich  Frankreich  höchstens  auf  einen  lang  andauernden  faktischen 
Zustand  berufen;  die  Kurie  hat  denselben  geduldet,  niemals  aber  als 
zu  Recht  bestehend  anerkannt.  Sollte  aber  Frankreich  so  weit  gehen 
und  gegen  eine  türkische  Vertretung  beim  Heiligen  Stuhl  Widerspruch 
erheben,  so  würde  das  gelten,  was  ich  dem  Sultan  noch  vor  der  jüng- 
sten Entscheidung  vertraulich  sagen  ließ:  Das  Recht,  sich  bei  einem 
anderen  Souverän  diplomatisch  vertreten  zu  lassen,  ist  ein  integrierender 
Bestandteil  der  Souveränität  jedes  selbständigen  Herrschers;  wer  die 
Entsendung  eines  türkischen  Vertreters  zum  Heiligen  Stuhl  bekämpft, 
tastet  also  die  Souveränität  des  Sultans  an. 

Seit  Frankreich  zugunsten  Rußlands  auf  eine  selbständige  Politik 
verzichtet  hat  und  dadurch  indirekt  die  Dienerin  der  slawisch-ortho- 
doxen Propaganda  geworden  ist,  enthält  das  französische  Protektorat 
über  die  lateinische  Kirche  auch  eine  politische  Gefahr,  an  deren 
Bekämpfung  alle  Mächte  interessiert  sind,  welche  die  Türkei  in  ihrem 
heutigen  Bestände  erhalten  wollen.  Es  steht  zu  hoffen,  daß  das  Wiener 
Kabinett  in  dieser  Frage  das  ,,tua  res  agitura  beherzigen  und  sich 
nicht  in  einem  falschen  Konservatismus  auf  die  Seite  stellen  wird, 
auf  der  sich  die  schärfsten  Gegner  der  österreichisch-ungarischen 
Orientinteressen  befinden. 

Marschall 


Nr.  3360 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden  Rats  von  Holstein 

Nr.  108  Berlin,  den  15.  April  1898 

Ist  es  richtig,  wie  eine  Korrespondenz  der  „Frankfurter  Zeitung" 
vom  8.  April  vermuten  läßt,  daß  der  französische  Widerstand  gegen 
die  Einrichtung  direkter  diplomatischer  Beziehungen  zwischen  Sultan 
und  Papst  sich  bereits  bemerkbar  macht?  Herr  Testa  *  soll  noch  vor 
seiner  eventuellen  Pariser  Reise  Tahsin  Bey**  darauf  hinweisen,  daß 
gerade  dieser  Widerstand  erkennen  läßt,  welchen  Zuwachs  an  Macht  und 
Unabhängigkeit  der  Sultan  durch  jene  Ausübung  des  Gesandtschafts- 
rechts, welches  zu  den  unveräußerlichsten  Souveränitäts- 
rechten gehört,  erreichen  würde.    Ob  später  in  einzelnen  kon- 


•  Erster   Dolmetscher   bei  der   Botschaft  in    Konstantinopel. 
**  Erster  Sekretär  des  Sultans. 

602 


kreten  Fällen  der  Vertreter  einer  fremden  Macht  mit  der  Behaup- 
tung hervortritt,  dieselben  seien  seiner  Regierung  durch  die  Kapitu- 
lationen vorbehalten,  ist  cura  posterior.  Heute  handelt  es  sich  um  die 
allgemeine    Ausübung   des    Gesandtschaftsrechts. 

B  ülow 

Nr.  3361 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  168  Pera,  den  16.  April  1898 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  167. 

Tewfik  Pascha  erzählte  mir  aus  eigener  Initiative  soeben  folgen- 
des: „Der  erste  Dragoman  der  französischen  Botschaft*  sei  vor  zwei 
Tagen  bei  ihm  gewesen  und  habe  ihn  gefragt,  ob  es  wahr  sei,  daß 
der  Sultan  einen  direkten  Vertreter  beim  Papste  zu  ernennen  beabsich- 
tige? Und  auf  Bejahung  dieser  Frage,  ob  die  Sache  bereits  entschieden 
sei?  Tewfik  Pascha  bejahte  auch  diese  Frage  mit  dem  Bemerken,  daß 
der  Sultan  lediglich  von  einem  ihm  zustehenden  Souveränitätsrechte 
Gebrauch  mache,  indem  er  sich  bei  einem  anderen  Souverän  diploma- 
tisch vertreten  lasse.  Darauf  habe  Herr  Rouet  erklärt,  Frankreich 
werde  nicht  dulden,  daß  der  Papst  hierher  einen  diplomatischen  Ver- 
treter entsende,  da  dies  in  die  Prärogative  Frankreichs  eingreife,  wo- 
rauf Tewfik  Pascha  erwiderte,  diese  Frage  hänge  von  der  Entscheidung 
des  Papstes  ab;  in  Berlin  und  St.  Petersburg  beständen  auch  keine 
päpstlichen  Vertretungen,  obgleich  Preußen  und  Rußland  beim  Hei- 
ligen Stuhle  diplomatisch  vertreten  seien." 

Gestern  abend  erhielt  der  Minister  vom  türkischen  Botschafter 
in  Paris**  die  telegraphische  Mitteilung,  daß  Herr  Hanotaux  diesem 
von  der  Sache  gesprochen  und  ohne  weitere  Begründung  kategorisch 
erklärt  habe,  die  französische  Regierung  s'opposera  de  la  maniere  la 
plus  energique  aupres  du  Vatican  ä  ce  que  celui-ci  agree  un 
representant  ottoman. 

Obgleich  Tewfik  Pascha  mir  sagte,  daß  er  dem  Sultan  dringend 
geraten  festzubleiben,  habe  ich  ihm  nochmals  dargelegt,  daß  es  sich 
hier  um  ein  Souveränitätsrecht  des  Sultans  handele,  und  man  das  Recht, 
sich  diplomatisch  vertreten  zu  lassen,  wohl  einem  Vasallen,  aber  nie- 
mals einem  selbständigen  Souverän  bestreiten  könne.  Falls  man  einen 
solchen  Eingriff  in  die  Souveränitätsrechte  zulasse,  werde  man  einen 
äußerst  gefährlichen  Präzedenzfall  schaffen.    Zu  der  Antwort,  welche 


Rouet. 
'  Munir  Bey. 


603 


Tewfik  Pascha  bezüglich  der  Vertretung  des  Papstes  in  Konstantinopel 
gegeben,  habe  ich  mich  zustimmend  in  dem  Sinne  ausgesprochen,  daß 
man  die  beiden  Dinge  nicht  verquicken  solle,  da  vorerst  die  Herstellung 
einer   direkten   Verbindung  die    Hauptsache   sei. 

Der  Minister  sagte  mir  endlich,  der  Papst  selbst  würde  einsehen, 
daß  die  Dinge  im  Interesse  der  lateinischen  Kirche  nicht  mehr  so  fort- 
gehen könnten  wie  bisher.  Vor  fünf  Jahren  habe  man  von  russischer 
Seite  eine  Gesellschaft  unter  dem  Protektorat  des  Großfürsten  Sergius 
zum  Zweck  der  orthodoxen  Propaganda  in  Palästina  und  Syrien  ge- 
gründet. Durch  dieselbe  seien  bereits  70  orthodoxe  Schulen  errichtet 
worden.  Obgleich  wegen  Mangels  an  katholischen  Schulen  auch  viele 
katholische  Kinder  diese  Schulen  besuchen  müßten  und  dadurch  zur 
orthodoxen  Kirche  herübergezogen  würden,  habe  Frankreich  nicht  nur 
nichts  für  die  notwendige  Vermehrung  katholischer  Schulen  getan, 
sondern  arbeite  geradezu  dagegen.  Dies  sei  für  den  Papst  aus  kirchlichen 
Gründen  ebenso  nachteilig  wie  aus  politischen  für  die  Pforte. 

Marschall 

Nr.  3362 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  177  Pera,  den  18.  April  1898 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  168*. 

Tewfik  Pascha,  den  ich  soeben  in  einer  anderen  Frage  sprach, 
sagte  mir:  Herr  de  la  Bouliniere**,  der  ihn  heute  besucht,  um  sich  von 
ihm  vor  Antritt  eines  Urlaubs  zu  verabschieden,  sei  dabei  auf  die  Er- 
nennung eines  türkischen  Gesandten  beim  Vatikan  zurückgekommen 
mit  der  Frage,  aus  welchem  Grunde  dieselbe  erfolgt  sei?  Der  Minister 
entgegnete,  daß  es  sich  hier  um  eine  Entschließung  Seiner  Majestät 
des  Sultans  handele,  der  von  seinem  Rechte,  sich  bei  anderen  Souverä- 
nen vertreten  zu  lassen,  Gebrauch  gemacht  habe,  worauf  der  Geschäfts- 
träger bemerkte,  falls  dies  wegen  der  in  der  Türkei  lebenden  römi- 
schen Katholiken  geschehen,  die  Gesandtschaft  ein  „objet  de  luxe" 
sei,  da  Frankreich  vertragsmäßig  die  Protektion  jener  Katholiken  im 
Türkischen  Reich  zustehe.  Tewfik  Pascha  replizierte,  daß  die  Ernennung 
eines  türkischen  Gesandten  Sache  der  freien  Würdigung  des  Sultans 
sei.  Herr  de  la  Bouliniere  fragte  dann,  ob  der  Papst  die  Errichtung 
der  Gesandtschaft  gewünscht  habe,  und  erklärte  auf  die  Bejahung  der 
Frage,  in  Paris  sei  dies  bekannt  gewesen.  Endlich  erklärte  der  Ge- 
schäftsträger, Frankreich  werde  unter  allen  Umständen  die  Ernennung 


•  Siehe  Nr.  3361. 

•*  Französischer  Geschäftsträger  in    Konstantinonel. 

604 


eines  päpstlichen  Vertreters  in  Konstantinopel  verhindern  und  einem 
solchen  niemals  den  diplomatischen  Charakter  zuerkennen.  Der  Mir 
nister  wiederholte  darauf  seine  jüngste  Äußerung,  daß  die  Frage  der 
Ernennung  eines  päpstlichen  Vertreters  in  Konstantinopel  ausschließ- 
lich der  Entschließung  Seiner  Heiligkeit  des  Papstes  unterstehe  und 
derselben  durch  die  jetzt  geplante  Maßregel  in  keiner  Weise  präjudi- 
zieren  werde.  Der  Geschäftsträger  verabschiedete  sich  mit  den  Wor- 
ten, Herr  Cambon  werde  übermorgen,  Mittwoch,  hierher  zurück- 
kehren und  Instruktionen  über  die  Frage  mitbringen. 

Obgleich  ich  keinen  Anlaß  habe,  an  der  Festigkeit  des  Sultans  zu 
zweifeln,  und  obgleich  ich  die  mit  Telegramm  Nr.  108*  befohlene 
Demarche  gemacht  habe,  so  würde  ich  es  doch  für  nützlich  halten, 
die  Widerstandskraft  des  hohen  Herrn  neuerdings  zu  stärken,  zumal 
Herr  Cambon  wahrscheinlich  ziemlich  grobes  Geschütz  aufführen  wird. 
Ich  stelle  anheim,  mir  die  Ermächtigung  zu  erteilen,  daß  ich  am  Mitt- 
woch etwa  folgendes  zur  vertraulichen  Kenntnis  des  Sultans  bringe: 
„Die  Regierung  Seiner  Majestät  hat  mit  besonderem  Interesse  von  der 
vollzogenen  Ernennung  eines  türkischen  Gesandten  beim  Heiligen 
Stuhl  Kenntnis  genommen.  Der  Sultan  hat,  indem  er  sich  bei  einem 
anderen  Souverän  'diplomatisch  vertreten  läßt,  nur  ein  Recht  aus- 
geübt, das  zu  den  unveräußerlichen  Souveränitätsrechten  gehört.  Ge- 
rade der  Widerspruch,  den  die  Maßregel  gefunden,  läßt  erkennen, 
daß  der  Sultan  dadurch  an  Macht  und  Unabhängigkeit  gewinnt,  indem 
er  gewissen  Mächten  die  Gelegenheit  zur  Einmischung  in  innere  tür- 
kische Angelegenheiten  beschränkt.  Die  Regierung  Seiner  Majestät 
des  Kaisers  glaubt  daher  dem  Sultan  raten  zu  sollen,  an  der  beschlosse- 
nen Maßregel  unbedingt  festzuhalten,  da  jede  direkte  oder  indirekte 
Konzession  bezüglich  'seines  Verkehrs  mit  anderen  Souveränen  nur 
den  Mächten  nützlich  sein  würde,  welche  die  demnächstige  Aufrollung 
der  Reformfrage  zu  ihrem  Programm  gemacht  haben." 

Die  Ernennung  Assim  Beys**  ist  gestern  der  Pforte  mitgeteilt 
worden.  Marschall 

Nr.  3363 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  110  Berlin,  den  19.  April  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  177***. 

Einverstanden  mit  der  von  Ew.  beabsichtigten  vertraulichen  Mit- 
teilung an  den  Sultan.    Derselben  wird  noch  hinzuzufügen  sein,   daß 

*  Siehe  Nr.  3360. 

**  Vor  dem  griechisch-türkischen  Kriege  türkischer  Gesandter  in  Athen. 

•••  Siehe  Nr.  3362. 

605 


die  auf  türkischer  Seite  —  diesseitigem  wiederholtem  Rate  entgegen 
—  eingetretene  mehrwöchige  Verzögerung  der  Sache  den  Franzosen 
Zeit  gegeben  hat,  während  der  letzten  zehn  bis  zwölf  Tage  ihre  schon 
aus  finanziellen  Gründen  sehr  bedeutenden  Einflüsse  mit  voller  Kraft 
in  Rom  wirken  zu  lassen,  um  einer  Verringerung  der  französischen 
Macht,  welche  die  Folge  der  Einrichtung  einer  türkischen  Gesandt- 
schaft beim  Papste  sein  würde,  vorzubeugen.  Die  Bemühungen  der 
Franzosen  werden  hierbei  auch  noch  von  anderen  Seiten  unterstützt, 
wo  man  gleichfalls  ein  möglichst  ausgedehntes  Recht  zur  Einmischung 
in  innere  türkische  Angelegenheiten  sich  wahren  möchte.  Unter  diesen 
Umständen  ist  das  Endergebnis  nicht  so  sicher,  wie  es  vor  14  Tagen  war. 

Bül  ow 

Nr.  3364 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt* 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  223  Pera,  den  8.  Mai  1898 

Der  Sultan  läßt  mir  durch  Tahsin  Bey  sagen,  daß  die  An- 
gelegenheit des  türkischen  Vertreters  beim  Päpstlichen  Stuhle  infolge 
von  französischen  Intrigen  eine  Verzögerung  zu  erleiden  scheine.  Der 
Papst,  welcher  früher  wiederholt  die  Begründung  einer  solchen  Ver- 
tretung bei  der  Pforte  angeregt  habe,  behandle  dieselbe  jetzt  dilato- 
risch, indem  er  die  definitive  Erledigung  der  Angelegenheit  —  d.  h. 
die  Erteilung  des  Agrement  für  Assim  Bey  —  von  einem  Tage  auf 
den  andern  verschiebe. 

«  Marschall 

Nr.  3365 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  261  Pera,  den  20.  Mai  1898 

Tewfik  Pascha  erzählte  mir  heute,  Msgr.  Bonnetti  habe  gestern 
im  Auftrage  des  Papstes  im  Palais  mitgeteilt,  Seine  Heiligkeit 
akzeptiere  Assim  Bey  als  Vertreter  des  Sultans,  bitte  aber,  noch  zwei 
bis  drei  Monate  mit  der  Entsendung  zu  warten,  da  er  bis  dahin  hoffe, 
gewisse  Schwierigkeiten,   welche   die   französische   Regierung  erhebe, 

•  Hier  nebst  Nr.   3365   des   Zusammenhangs   wegen   angeschlossen. 

606 


zu  beseitigen.  Auf  diese  Mitteilung  hat  der  Sultan  die  gestern  ge- 
meldete Antwort  gegeben,  deren  Inhalt  mir  Tewfik  Pascha  dahin 
wiedergab:  Der  Sultan  bitte  den  Papst,  diese  Angelegenheit,  die  einem 
speziellen  Wunsche  Seiner  Heiligkeit  entstamme,  sofort  zum  Abschluß 
zu  bringen,  da  er  —  der  Sultan  —  nicht  zuzugeben  vermöge,  daß 
irgendein  Staat  sein  Souveränitätsrecht,  sich  bei  anderen  Souveränen 
vertreten  zu  lassen,  antaste,  pp.  *. 

Marschall 


Nr.  3366 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Konzept  von  der  Hand  des  Vortragenden   Rats   Klehmet 

Nr.  258  Berlin,  den  23.  April  1898 

Streng  vertraulich  [abgegangen  am  3.  Mai] 

Von  hochangesehener  katholischer  Seite  werden  hier  zurzeit  An- 
strengungen gemacht,  damit  Seine  Majestät  der  Kaiser  und  König  ge- 
legentlich der  für  den  kommenden  Herbst  bevorstehenden  allerhöchsten 
Reise  nach  dem  heiligen  Lande  geruhen  möge,  Seine  Majestät  den  Sul- 
tan um  Überlassung  des  Abendmahlssaals  (Coenaculum)  in  Jerusa- 
lem und  des  als  Dormition  de  la  Sainte  Vierge  bekannten  Platzes  neben 
demselben  an  den  „Deutschen  (katholischen)  Verein  vom  Heiligen 
Lande"  anzugehen.  Von  welchen  Gesichtspunkten  dabei  ausgegangen 
wird,  wollen  Euer  Exzellenz  aus  der  beifolgenden  Abschrift  einer  mir 
von  der  erwähnten  Seite  vorgelegten  Aufzeichnung**,  betreffend  den 
„Deutschen  Verein  vom  Heiligen  Lande",  ersehen. 

Die  Angelegenheit  der  Erwerbung  jener  beiden  heiligen  Stätten 
ist  bereits  im  Jahre  1890  aus  Anlaß  einer  Immediateingabe  des  Pa- 
lästinavereins der  Katholiken  Deutschlands  erörtert  worden.  Damals 
gelangte  der  Kaiserliche  Botschafter  von  Radowitz  in  seinem  Bericht 
vom  26.  Dezember  1890  nach  sorgfältiger  Prüfung  der  tatsächlichen 
Verhältnisse  zu  dem  Ergebnis,  daß  an  die  Erwerbung  des  Abendmahls- 


*  Trotz  alles  weiteren  auch  durch  Deutschland  unterstützten  Insistierens  des 
Sultans  kam  die  Sache  nicht  zum  Abschlüsse.  Nach  einem  bei  den  Akten  befind- 
lichen Schreiben  des  Staatssekretärs  von  Bülow  an  den  Fürstbischof  von  Breslau 
Kardinal  Kopp  vom  16.  Juni  1899  wäre  es  der  Politik  des  französischge- 
sinnten Kardinal-Staatssekretärs  Rampolla  gelungen,  ,,die  Verwirklichung  der 
Wünsche  des  Heiligen  Vaters  zu  hintertreiben  und  der  französischen  Politik 
zum   Siege  zu  verhelfen". 

**  Es  handelt  sich  um  eine  dem  Staatssekretär  von  Bülow  von  Kardinal  Kopp, 
der  in  allen  diesen  Dingen  der  Mittelsmann  zwischen  der  deutschen  Regierung 
und  der  Kurie  war,  am  26.  Februar  überreichte  Denkschrift  über  den  „Deut- 
schen Verein  vom  Heiligen  Lande." 

607 


saals  oder  des  Fußwaschungssaals  zurzeit  nicht  zu  denken  sei,  weil 
die  freiwillige  Abtretung  eines  so  hochangesehenen  moslemitischen 
Heiligtums  in  der  ganzen  muhamedanischen  Welt  eine  für  die  Stel- 
lung des  Kalifen  bedenkliche  Erbitterung  hervorrufen  würde.  Für 
nicht  völlig  ausgeschlossen  hielt  indessen  Herr  von  Radowitz,  daß  es 
unter  dem  Druck  einer  verwickelten  äußeren  Lage  vielleicht  eines  Tages 
möglich  werden  könnte,  jene  Schwierigkeit  zu  überwinden.  Die  käuf- 
liche Erwerbung  der  Dormition  de  la  Sainte  Vierge  bezeichnete  da- 
gegen der  Botschafter  unter  gewissen  Voraussetzungen,  namentlich 
vermöge  einer  Intervention  der  Kaiserlichen  Regierung,  für  angängig. 

Bevor  ich  die  Angelegenheit  der  allerhöchsten  Entschließung  Seiner 
Majestät  des  Kaisers  und  Königs  unterbreite,  beehre  ich  mich,  Euer 
Exzellenz  um  eine  gefällige  tunlichst  schleunige  Äußerung  darüber  zu 
ersuchen,  ob  Euer  Exzellenz  den  Standpunkt  des  Herrn  von  Radowitz 
auch  gegenwärtig  noch  für  den  richtigen  halten,  oder  ob  nach  Ihrer 
uffassung  jetzt  die  Möglichkeit  vorliegt,  daß  ein  von  unserm  aller- 
gnädigsten  Herrn  bei  der  in  Rede  stehenden  Veranlassung  unternom- 
mener Versuch,  das  Coenaculum  für  einen  deutschen  religiösen  Verein 
zu  erlangen,  von  Erfolg  gekrönt  wäre. 

Da  es  hierbei  namentlich  auch  auf  die  Beurteilung  der  Verhältnisse 
jnd  Stimmungen  in  Palästina  ankommen  wird,  wollen  Ew.  pp.  vor  Er- 
stattung Ihres  Gutachtens  den  Kaiserlichen  Konsul  in  Jerusalem  zur 
Ssche  hören.  Derselbe  wird  unter  anderem  auch  eine  nicht  unwesent- 
liche Differenz  tatsächlicher  Art  zwischen  der  anliegenden  Aufzeichnung 
und  der  Immediateingabe  des  Palästinavereins  vom  Jahre  1890  aufzu- 
klären haben.  In  der  Anlage  heißt  es  nämlich,  daß  für  das  Grab  Davids 
ein  besondrer  Eingang  bereits  bestehe,  während  die  frühere  Immediat- 
eingabe nur  annimmt,  daß  ein  solcher  besondrer  Zugang  hergestellt 
rden  könne. 

B  ül  o  w 


Nr.  3367 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  128  Pera,  den  28.  Mai  1898 

Zu  Erlaß  Nr.  258  vom  23.  v.  Mts.* 

Nach  einer  Meldung  des  Kaiserlichen  Konsulatsverwesers  in  Jeru- 
salem besteht  nur  ein  Eingang,  welcher  von  außen  zum  Grabe  Davids 
und  zum  Coenaculum  führt,  im  Innern  befinden  sich  zwei   Eingänge, 


*  Siehe  Nr.  3366. 
608 


von  denen  der  eine  den  Zugang  zum  Fußwaschungssaal  mit  dem  Grabe 
Davids  bildet,  der  andere  über  eine  Treppe  zu  dem  unmittelbar  darüber 
befindlichen  Abendmahlsraum  führt.  In  demselben  befindet  sich  eine 
nach  Mekka  gerichtete  Gebetsnische,  die  Wände  sind  mit  Koransprüchen 
versehen.  Für  gewöhnlich  ist  der  Zugang  zum  oberen  Raum  ver- 
schlossen und  wird  geöffnet,  um  als  Gebetsstätte  verwendet  zu  werden, 
wenn  der  untere  Raum  die  Zahl  der  Gläubigen  nicht  mehr  fassen  kann. 
Was  die  Überlassung  des  Coenaculums  anbelangt,  muß  ich  nach 
eingehender  Prüfung  der  Frage  und  nach  meiner  Kenntnis  der  religi- 
ösen Anschauungen  der  Muselmanen  meine  Überzeugung  dahin  aus- 
sprechen, daß  es  dem  Sultan  beim  besten  Willen  nicht  möglich  sein 
wird,  in  die  Abtretung  dieses  Heiligtums  an  eine  christliche  Glaubens- 
genossenschaft einzuwilligen.  Es  würde  in  diesem  Fall  eine  solche  Er- 
regung durch  die  ganze  islamitische  Welt  gehen,  die  das  Ansehen,  ja 
selbst  die  Existenz  des  Sultans  gefährden  könnte,  denn  es  würde  sofort 
die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  ein  Sultan,  der  eine  solche  Hand- 
lung begeht,  überhaupt  noch  die  Eigenschaften  besitzt,  um  die  Würde 
eines  Kalifen  zu  bekleiden.  Es  ist  mit  einiger  Sicherheit  vorauszu- 
sehen, daß,  wenn  ein  Sultan  sich  stark  genug  glauben  sollte,  um  gegen 
die  religiösen  Überzeugungen  seines  Volkes  handeln  zu  können,  die 
Muselmanen  unter  Hingabe  ihres  Lebens  Gewalt  anwenden  würden, 
um  das  Heiligtum  den  Christen  wieder  zu  entreißen. 

Die  politischen  Dienste,  welche  das  Deutsche  Reich  namentlich 
in  den  letzten  Jahren  dem  Sultan  geleistet  hat,  haben  tatsächlich  bis 
in  die  entferntesten  Gegenden  der  Türkei  eine  unbegrenzte  Verehrung 
für  die  allerhöchste  Person  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  eine  große 
Sympathie  für  alles  Deutsche  hervorgerufen;  aber  diese  Empfindungen 
könnten  schwer  erschüttert,  ja  selbst  in  Haß  umgewandelt  werden, 
wenn  auf  deutsche  Veranlassung  die  religiösen  Gefühle  des  Volkes 
durch  Abtretung  an  eine  christliche  Gemeinschaft  eines  dem  Islam 
teuren  Heiligtums  verletzt  würden. 

Eine  andere  Frage  ist,  ob  eine  vollkommene  Trennung  des  Coena- 
culums von  dem  islamitischen  Heiligtum  in  der  Weise  möglich  wäre, 
daß  durch  Schaffung  besonderer  Eingänge  für  beide  das  erstere  den 
Christen  überlassen  und  das  letztere  den  Muhamedanern  verbleiben 
könnte.  Zur  Beantwortung  dieser  Frage  bedarf  es  einer  genaueren 
Kenntnis  der  lokalen  Verhältnisse,  als  sie  hier  vorhanden  ist.  Aber 
auch  im  bejahenden  Falle  würden  die  obigen  Bedenken  nur  abge- 
schwächt, nicht  aber  vollkommen  beseitigt  werden. 

Anders  verhält  es  sich  mit  dem  „Dormition  de  la  Sainte  Vierge" 
benannten  Platze;  hier  ist  die  Erwerbung  möglich,  wenn  auch  schwie- 
rig. Das  Grundstück,  auf  dem  —  soweit  jetzt  schon  hier  bekannt  ist  — 
kein  Gebäude  steht,  ist  gemeinsames  Privateigentum  einer  einfluß- 
reichen muhamedanischen  Familie  el-Daudi  in  Jerusalem.  Vor  einigen 
Jahren  haben  von   katholischer  Seite   Verhandlungen   wegen   Ankaufs 


39    Die  Große   Politik.      12.  Bd. 


609 


des  Grundstücks  stattgefunden,  und  es  war  dafür  ein  Preis  von 
120000  Frank  festgesetzt  worden,  das  Kaufgeschäft  ist  aber  schließ- 
lich doch  nicht  zustande  gekommen,  teils  weil  einige  Miteigentümer 
in  den  Verkauf  nicht  willigen  wollten,  teils  auch  weil  einige  Mitglieder 
des  Provinzialrats  von  Jerusalem  den  Verkauf  an  Christen  eines  an 
ein  muhamedanisches  Heiligtum  angrenzenden  Grundstücks  für  eine 
Sünde  erklärten.  Diese  Schwierigkeiten  bestehen  auch  heute  noch, 
doch  würden  sich  dieselben  voraussichtlich  beseitigen  lassen.  Ich  würde 
es  nicht  für  ratsam  halten,  mit  den  Eigentümern  in  direkte  Verhand- 
lungen zu  treten,  weil  dieselben  dann  zu  hohe  Forderungen  stellen 
würden.  Dagegen  erscheint  als  der  geeignete  Weg  —  falls  man  sich 
unter  Verzicht  auf  das  Coenaculum  zum  Kaufe  des  Dormition-Grund- 
stücks  entschließen  würde  — ,  den  Sultan  und  den  Minister  des  Äußern 
in  das  Vertrauen  zu  ziehen  und  zu  veranlassen,  daß  das  Grundstück 
angeblich  für  den  Sultan  oder  die  Pforte  von  den  türkischen  Behörden 
gekauft  wird,  die  dasselbe  dann  zum  Erwerbspreise  abtreten  könnten. 
Auf  diese  Weise  würden  die  Intrigen  vermieden  werden,  die  von  interes- 
sierter Seite  unzweifelhaft  würden  angezettelt  werden,  sobald  man  in 
Jerusalem  erführe,  für  wen  das  Grundstück  erworben  werden  soll. 

Marschall 

Nr.  3368 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 

an  Kaiser  Wilhelm  IL 

Ausfertigung 

Berlin,  den  4.  Juni  1898 

Für  die  Verminderung  der  Machtstellung,  welche  Frankreich  seit 
Jahrhunderten  aus  dem  Protektorat  über  die  Katholiken  aller  Nationen 
im  türkischen  Orient  herleitet,  würde  es  an  und  für  sich  wünschens- 
wert gewesen  sein,  wenn  anläßlich  der  bevorstehenden  Reise  Euerer 
Kaiserlichen  und  Königlichen  Majestät  nach  Palästina  die  von  den 
Franzosen  perhorreszierte  Übergabe  des  sogenannten  Abendmahlsaales 
(Coenaculum)  in  Jerusalem  an  den  „Deutschen  Verein  vom  Heiligen 
Lande",  welcher  seit  Jahren  die  Überlassung  dieses  Gebäudes  und 
des  als  „Dormition  de  la  Sainte  Vierge"  benannten  Platzes  neben  dem- 
selben anstrebt,   erfolgt  wäre. 

Ohne  in  dieser  Beziehung  vorerst  irgendwelche  Schritte  zu  tun 
noch  Anträge  zu  stellen,  hatte  ich  daher  Euerer  Majestät  Botschafter 
in  Konstantinopel  aufgefordert,  sich  über  die  Sachlage  zu  äußern.  Den 
hierauf  unter  dem  28.  v.  Mts.  von  dem  Freiherrn  von  Marschall  er- 
statteten Bericht*  verfehle  ich  nicht  in  der  Anlage  alleruntertänigst 
vorzulegen. 


•  Siehe  Nr.  3367. 
610 


Hiernach  bestehen  die  schon  früher  von  Herrn  von  Radowitz  gel- 
tend gemachten  Bedenken  gegen  eine  Überlassung  des  Coenaculum 
an  eine  christliche  Religionsgemeinschaft  auch  heute  noch  fort,  indem 
die  Abtretung  jenes  muhamedanischen  Hei'.igturr.s  die  Stellung  des 
Sultans  in  den  Augen  seiner  Religionsgenossen  gefährden  würde.  Da 
sonach  der  Schädigung,  welche  cie  Überlassung  des  Coenaculum  an 
deutsche  Katholiken  dem  französischen  Protektoratsgedanken  zufügen 
würde,  auf  der  anderen  Seite  eine  Einbuße  des  durch  Euerer  Majestät 
Politik  neuerdings  so  außerordentlich  gehobenen  deutschen  Ansehens 
im  Orient  gegenüberstünde,  dürfte  es  sich  meines  ehrfu:  Da- 

fürhaltens   empfehlen,    ven    Schritten    rar    Erlangung   des    Coenaculum 
abzusehen  l. 

Dagegen  bitte  ich  Euere  Majestät,  huldreichst  bestimmen  zu  wollen, 
ob  für  den  Fall,  daß  die  deutschen  Katholiken  die  zum  Ankauf  der 
Dormition  de  la  Samte  Vierge  erforderlichen  120  000  Frank  aufzubrin- 
gen in  der  Lage  sind,  Euerer  Majestät  Botschafter  zu  dem  Versuche 
ermächtigt  werden  darf,  die  dieser  Erwerbung  entgegenstehenden  weit 
geringeren  Schwierigkeiten  unter  der  Hand  zu  beseitig-  glaube 

einen  selchen  Versuch,  dessen  Erfolg  freilich  nicht  unbedingt  sicher 
ist.  um  deswillen  in  tiefster  Ehrfurcht  empfehlen  zu  dürfen,  weil  es 
im  allgemeinen  nützlich  sein  möchte,  alles  zu  unterstützen,  was  einer- 
seits dem  französischen  Prestige  in  der  Levante  Abbruch  tun  und 
andrerseits  den  neuerdings  mehr  hervortretenden  Antagonismus  der 
deutschen  gegen  die  französischen  Katholiken  in  Orientangelegen- 
heiten  wachhalten  "kann3. 

B.  von  Bülow 


Bemerkung    Kaiser   Wilhelms   II.   am    Kopf  des   Schriftstücks: 
Coenaculum  geht  uns  gar  nichts  an!   6  VI.   93    W. 
..bemerkungen   des   Kaisf 

1  Richtig 

2  n  u  r  wenn  die  Muhamedaner  absolut  nichts  dagegen  haben,  sonst  auf 
keinen  Fall! 

3  ja 

Nr.  3369 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 
von  Richthofen  an  denGeschäftsträger  in  Konstantinopel  von  Schlözer 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    ■         -      varzenstein 

Nr.  204  Berlin.,  den  23.   Juli   1899 

Ich  habe  im  Sinne  des  Berichts  Nr.   123*  unter  vorläufigem  Ver- 
zicht auf  Erwerbung  des  Coenaculum  dem  türkischen  Botschafter  den 


•  Siehe  Nr.  3367. 

611 


Wunsch  ausgesprochen,  das  Dormition-Grundstück  für  120  000  Frank 
für  den  Verein  vom  Heiligen  Land  zu  erwerben,  und  um  Vermittelung 
des  Sultans  zu  diesem  Zweck  gebeten.  Tewfik  Pascha  wird  sich  direkt 
an  Tahsin  Bey  wenden,  weil  er  der  Ansicht  ist,  daß  man  auf  diesem 
Wege  am  schnellsten  zum   Ziele  gelangen  würde. 

Ew.  wollen  in  gleichem  Sinne  nach  Maßgabe  des  Berichts  vom 
28.  Mai  d.  Js.  dort  an  den  Ihnen  nach  dieser  Sachlage  geeignet  schei- 
nenden Stellen  nachdrücklich  wirken. 

Rieh thof en 

Nr.  3370 

Der  Geschäftsträger  in  Paris  von  Below-Schlatau  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  234  Paris,  den  7.  September  1898 

Zu  verschiedenen  Malen  ist  Euerer  Durchlaucht  von  hier  gemeldet 
worden,  wie  lebhaft  die  Reise  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs 
nach  dem  Orient  die  Gemüter  in  Frankreich  bewegt.  Es  ist  die  einzige 
auswärtige  Frage,  welche  trotz  der  alles  beherrschenden  Dreyfussache 
immer  wieder  das  Interesse  in  Anspruch  nimmt,  während  selbst  das 
Zarenmanifest,  die  Gerüchte  über  eine  englisch-deutsche  Allianz*,  die 
Siege  des  Sirdar  im  Sudan**  und  die  Verleihung  des  Goldnen  Vließes 
an  den  Präsidenten  der  Republik  dahinter  zurücktreten  müssen.  Immer 
ist  es  die  gleiche  Besorgnis,  das  Ansehen  Frankreichs  durch  Beein- 
trächtigung des  Protektoratsrechts  verringert  zu  sehen1,  und  der 
Wunsch,  durch  Ausstreuung  ungünstiger  Gerüchte  über  die  Aufnahme, 
die  der  Kaiser  finden  würde,  schon  im  voraus  die  Wirkung  des  ge- 
fürchteten Ereignisses  abzuschwächen. 

Bald  ist  es  die  „Agence  Havas",  welche  Korrespondenzen  aus 
Beirut  und  Jerusalem  verbreitet,  inhaltlich  deren  in  Kleinasien  nie- 
mand der  Kaiserreise  die  geringste  Aufmerksamkeit  schenke2,  abge- 
sehen von  den  Orten,  an  denen  die  türkischen  Behörden  mühselig  ihre 
Vorkehrungen  treffen  müßten;  alle  möglichen  Details,  welche  die  Sache 
ins  Lächerliche  ziehen  sollen,  werden  dazu  berichtet. 

Dann  wieder  soll  in  Leitartikeln  der  russische  Verbündete  von  der 
Notwendigkeit  überzeugt  werden,  den  gemeinsamen  Feind  an  der 
Stätte  des  Heiligen  Grabes  zu  bekämpfen,  oder  ein  Interview  mit  einem 
geistlichen  Würdenträger   muß   die   Gemüter  darüber  beruhigen,   daß 


*  Sie  knüpften  sich  an  das  deutsch-englische  Abkommen  über  die  portugiesischen 
Kolonien   vom    30.  August  1898.    Vgl.    Bd.   XIV,    Kap.  LXXXXII. 
**  Am   3.  September   hatte   General    Kitchener   seinen   entscheidenden   Sieg  über 
den  Kalifen  bei  Omdurman  erfochten.    Vgl.  Bd.  XIV,  Kap.  LXXXXIII. 

612 


dank  dem  Heiligen  Vater  und  den  600  Schulen,  die  Frankreich  in  Pa- 
lästina habe,  das  französische  Übergewicht  dort  so  leicht  nicht  leiden 
würde.  Selbst  der  wegen  seiner  freigeistigen  Richtung  einst  viel- 
bekämpfte, auf  seine  alten  Tage  aber  fromm  gewordene  Schriftsteller 
Francois  Coppee  muß  herhalten;  er  hat  auf  Befragen  seine  Meinung 
über  die  Orientreise  des  Kaisers  abgegeben,  wie  folgt:  „Apres  les 
massacres  d'Armenie,  le  Sultan  Abdul  Hamid  etait  devenu  odieux  pour 
toute  l'humanite.  II  le  devient  plus  particulierement  aux  yeux  des 
Francis,  aujourd'hui  qu'il  se  fait  le  vassal  de  PEmpereur  allemand." 

Eine  ernstere  Abhandlung  bringt  die  letzte  Nummer  der  „Revue 
des  deux  Mondes"  unter  dem  Titel  „La  Politique  Allemande  et  le 
Protectorat  des  Missions  Catholiques".  Aus  dem  fehlgeschlagenen 
Versuch,  dem  Vatikan  einen  türkischen  Botschafter  aufzuzwingen,  und 
aus  den  von  der  Kammertribüne  herab  gegebenen  Versicherungen  des 
Ministers  der  Auswärtigen  Angelegenheiten,  daß  Frankreich  sich  seiner 
Protektoratspflichten  wohl  bewußt  sei,  schöpft  der  Schreiber  die  Hoff- 
nung, daß  der  französische  Einfluß  im  Orient  wie  in  China  aufrecht- 
erhalten bleiben  werde. 

Im  Anschluß  an  die  Ausführungen  der  hier  viel  gelesenen  „Revue" 
veröffentlicht  die  „Agence  Havas"  gestern  abend  eine  Korrespondenz 
aus  Reims,  wonach  der  dortige  Erzbischof  Kardinal  Langenieux  dem 
Papst  den  Vorschlag  unterbreitet  hat,  ein  „Comite  national  pour  la 
conservation  et  la  defense  du  protectorat  fran^ais"  zu  gründen.  Leo  XIII. 
habe  darauf  unter  dem  20.  v.  Mts.  durch  ein  nach  dem  Belieben  des 
Kardinals  bekanntzugebendes  Schreiben  geantwortet,  welches  die 
folgende  Versicherung  enthalte:  „Le  Saint  Siege,  en  effet,  ne  veut  rien 
toucher  au  glorieux  patrimoine  que  la  France  a  recu  des  ancetres  et 
qu'elle  entend  sans  un  doute  meriter  de  conserver  en  se  montrant 
toujours  ä  la  hauteur  de  sa  täche3*."  Die  Korrespondenz  bemerkt 
dazu,  es  sei  das  erste  Mal,  daß  der  Papst  persönlich  und  in  einer 
öffentlichen  Kundgebung  das  ausschließliche  Recht  Frankreichs,  die 
Missionare  und  die  katholischen  Niederlassungen  im  Orient  zu  schüt- 
zen, anerkenne. 

Ich  darf  anbei  die  von  der  „Agence  Havas"  am  2.  und  6.  d.  Mts. 
gebrachten  Korrespondenzen,  einen  Artikel  von  Valfrey  im  „Figaro" 
vom  29.  v.  Mts.  —  am  Tage,  als  das  russische  Manifest**  hier  bekannt 


*  Den  vollen  Wortlaut  des  päpstlichen  Schreibens  übermittelte  Geschäftsträger 
von  Below  seiner  Regierung  am  8.  September.  Es  hieß  darin  unter  anderem: 
„La  France  a  en  Orient  une  mission  ä  part  que  la  Providence  lui  a  confiee: 
noble  mission  qui  a  ete  consacree  non  seulement  par  une  pratique  seculaire, 
mais  aussi  par  des  traites  internationaux,  amsi  que  l'a  reconnu  de  nos  jours 
notre  Congregation  de  la  Propagande,  par  sa  declaration  du  22  mai  1888. 
Siehe  den  vollen  Wortlaut  in  deutscher  Übersetzung  in  Schultheß'  Europäischer 
Geschichtskalender,  Jg.  1898,  S.  305. 
**  Gemeint  ist  das   Friedensmanifest  des   Zaren  vom   24.   August   1898. 

613 


> 


wurde,  veröffentlicht  — ,  ein  Interview  aus  dem  „Petit  Bleu"  vom 
28.  v.  Mts.  in  den  beifolgenden  Ausschnitten  sowie  das  letzte  Heft  der 
„Revue  des  deux  Mondes"  gehorsamst  in  Vorlage  bringen. 

B  elow 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Das  wird  es,  so  üott  will,  von  selbst  auf  ganz  natürlichen  Wegen,  wo  die 
Republik  vor  der  Monarchie  zurückweichen  muß,  sobald  letztere  in  unmittel- 
bare  Berührung  mit  dem  Zuschauer  kommt 

2  dann  braucht  Gallien  sich  doch  nicht  darüber  aufzuregen,  und  die  Leute 
darauf   aufmerksam   zu  machen. 

3  !  siehe  Dreyfus,  Panama  etc! 


Nr.  3371 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Belovv- 

Rutzau  an  den  preußischen  Ministerder  Auswärtigen  Angelegenheiten 

Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  99  Rom,  den  9.  September  1898 

Der  zwischen  dem  Papste  und  dem  Kardinal  Langenieux  statt- 
gehabte Schriftwechsel  betreffend  das  französische  Protektorat  im 
Orient*  ist  von  dem  Kardinalstaatssekretär  so  geheim  gehalten  wor- 
den, daß  derselbe  hier  erst  gestern  durch  die  von  den  Zeitungen  un- 
vollständig reproduzierte  „Havas"-Depesche  bekannt  geworden  ist. 

Auf  dem  heutigen  Diplomatenempfange  machte  mir  Herr  Ram- 
polla  über  die  Antwort  des  Papstes  sehr  ausführliche,  augenscheinlich 
wohlüberlegte  und  durch  Wiederholung  einzelner  Sätze  soulignierte 
Eröffnungen. 

Wiewohl  ich  mir  in  Anbetracht  der  bekannten  politischen  Richtung 
des  Kardinals  über  den  jedenfalls  nur  sehr  relativen  Wert  dieser  Dar- 
legungen selbstverständlich  keine  Illusionen  mache,  halte  ich  es  doch 
für  meine  Pflicht,  Euerer  Durchlaucht  eingehender  darüber  Meldung 
zu  machen.  Herr  Rampolla  war  nämlich  sichtlich  bemüht,  der  Kund- 
gebung des  Pontifex  nach  Kräften  jede  irgendwie  antideutsche  Spitze 
zu  benehmen,  und  sprach  überdies  im  Laufe  des  Gespräches  auch  den 
Wunsch  aus,  ich  möchte  im  Sinne  seiner  Eröffnungen  meiner  Regie- 
rung schreiben. 

Der  Kardinal  begann  mit  der  Versicherung,  das  päpstliche  Schrei- 
ben enthalte  keine  Bevorzugung,  erteile  kein  Privileg  und  bringe  über- 
haupt nichts  Neues,  sondern  lediglich  die  Erklärung,  es  solle  der 
Status  quo  im  Orient  aufrechterhalten  werden,  und  zwar  auf  der  Basis 
des  Erlasses  vom  22.  Mai  1888,  welcher  neben  dem  französischen  auch 


•  Vgl.  Nr.  3370,  S.  613,  Fußnote-. 
614 


das  österreichische  Protektorat  für  weite  Strecken  im  Oriente  anerkenne. 
Augenscheinlich  bezweckte  der  Staatssekretär  hiermit  eine  Widerlegung 
der  ihm  wohl  direkt  telegraphierten,  hier  sonst  erst  durch  die  heutigen 
Abendblätter  bekannt  gewordenen  Konklusion,  welche  die  „Havas"- 
Depesche  aus  dem  Antwortschreiben  gemacht  hatte,  indem  sie  daraus 
deduzierte,  „daß  zum  ersten  Male  der  Papst  öffentlich  das  ausschließ- 
liche Recht  Frankreichs  auf  den  Schutz  der  Missionare  im  Orient  an- 
erkannt habe". 

Die  Initiative,  welche  der  Erzbischof  von  Reims  ganz  selbständig 
—  ohne  Mitwirkung  der  Regierung  —  ergriffen  habe,  erkläre  sich  so, 
daß  derselbe  lange  im  Orient  tätig  gewesen  und  ein  warmer  Anhänger 
des  französischen  Protektorates  sei.  Eine  Antwort  mußte  er  erhalten, 
und  dieselbe  habe  angesichts  der  durch  Verträge  und  langjährige  Übung 
begründeten  französischen  Rechte  nicht  anders  lauten  können.  Be- 
merkenswert erscheint  mir  noch,  daß  Herr  Rampolla  mir  an  dieser 
Stelle  gleichsam  entschuldigend  sagte:  „Et  puis!  vous  ne  devez  pas 
oublier  que  la  France  nous  donne  plus  de  4  millions  par  an  pour  nos 
missions". 

Meinem  österreichischen  Kollegen*  hat  er  heute  bei  Besprechung 
des  Langenieuxschen  Schreibens  von  praktischen  Schwierigkeiten  ge- 
sprochen, die  es  machen  würde,  wenn  man  in  der  Kirchenprovinz  des 
Patriarchen  von  Jerusalem  Ordensbrüdern  oder  Missionaren  deutscher 
Nationalität1  eine  besondere  Rechtsstellung  geben  wollte.  Die  Macht- 
sphäre des  Patriarchen,  die  sogenannte  Custodia  dei  luoghi  santi,  sei 
eine  unteilbare,  und  einzelne  Institute  aus  derselben  loszulösen  nicht 
angängig,  andererseits  aber  könne  der  genannte  Prälat,  wenn  er  welt- 
lichen Schutzes  bedürfe,  auch  nur  ein  und  dasselbe  Konsulat  anrufen2. 

Ein  stichhaltiger  Grund  dafür,  warum  der  Patriarch  in  Sachen, 
welche  zum  Beispiel  deutsche  Franziskaner  angehen,  sich  nicht  an  das 
deutsche  Konsulat  soll  wenden  können,  war  aus  dem,  was  mir  Baron 
Ambro  von  seiner  Unterredung  mit  Herrn  Rampolla  mitteilte,  nicht 
ersichtlich2. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  nicht  unerwähnt  lassen,  daß  mein  öster- 
reichischer Kollege  mir  vertraulich  sagt,  er  habe  sich  heute  bei  der- 
selben Gelegenheit  bei  dem  Staatssekretär  darüber  beschwert,  daß 
französische  Missionare  in  Albanien  tätig  seien,  und  ihn  darauf  auf- 
merksam gemacht,  daß  dieselben,  wenn  nicht  direkt,  so  doch  jedenfalls 
indirekt  dem  slawischen  Einflüsse  den  Boden  bereiteten. 

B  elow 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Also  war  es  doch  gegen  Deutschland  gerichtet 

3     I 


Baron   Ambro  von   Adamöcz. 

615 


Nr.  3372 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  381  Therapia,  den  11.  September  1898 

Ganz  vertraulich 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  380*. 

Falls  das  päpstliche  Schreiben  wirklich,  wie  die  „Agence  Havas" 
behauptet,  das  Schutzrecht  Frankreichs  über  katholische  Missionare 
und  Anstalten  vorbehaltlos  anerkennt,  kann  ich  mich  der  Besorgnis 
nicht  entschlagen,  daß  von  der  französischen  Partei  im  Vatikan  der 
Versuch  unternommen  werden  wird,  dieses  Schutzrecht  gelegentlich 
der  Reise  Seiner  Majestät  durch  äußere  Zeichen,  z.  B.  Flaggen  deut- 
scher Anstalten  mit  französischen  Fahnen  demonstrativ  zu  bekunden. 
Die  Leiter  der  deutschen  Anstalten,  z.  B.  des  Spitals  der  Borromäer 
Schwestern  in  Haifa  haben  bisher  stets  ausschließlich  deutsch  geflaggt, 
ob  dieselben  aber  dem  Vatikan  gegenüber  Widerstandskraft  besitzen, 
ist  sehr  zweifelhaft. 

Aus  solchen  Vorgängen  könnten  sich  recht  unliebsame  Dinge  ent- 
wickeln. Vor  allem  fürchte  ich,  daß  die  protestantische  Geistlichkeit, 
die  an  sich  gern  bereit  ist,  protestantischen  Feiern  eine  Spitze  gegen 
Rom  zu  geben,  in  ihrem  Eifer  noch  erheblich  gestärkt  werden  wird, 
wenn  sie  dort  deutschen  Katholizismus  und  Franzosentum  vereinigt 
findet.  Jedes  die  deutschen  Katholiken  verletzende  Wort  aber,  welches 
aus  Anlaß  der  Kaiserreise  in  Palästina  gesprochen  wird,  käme  den 
französischen  Ansprüchen  zugute,  von  denen  heute  die  deutschen 
Katholiken  nichts  wissen  wollen. 

Vielleicht  würde  es  den  Eifer  der  Franzosenfreunde  im  Vatikan 
abkühlen,  wenn  unsere  ganz  unanfechtbare  Stellung  nochmals  bei  der 
Kurie  scharf  präzisiert  würde.  Der  Papst  wird,  wenn  er  auf  den  Ernst 
der  Sache  aufmerksam  gemacht  wird,  um  so  eher  zugänglich  sein,  als 
er  weiß,  daß  in  dieser  Frage  der  deutsche  Episkopat  und  die  große 
Mehrheit  der  deutschen  Katholiken  auf  Seite  der  Kaiserlichen  Regie- 
rung steht.  Marschall 

Nr.  3373 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  380  Therapia,  den  11.  September  1898 

Tewfik  Pascha,  den  ich  in  diesen  Tagen  wegen  anderer  Fragen  sehen 
werde,  wird  mich  voraussichtlich  auf  die  jüngste  das  französische 
*  Siehe  das  folgende  Schriftstück. 

616 


Protektorat  im  Orient  betreffende  Note  der  „Agence  Havas"  anreden. 
Falls  ich  nicht  andere  Instruktion  erhalte,  würde  ich  dem  Minister  in 
Übereinstimmung  mit  früher  Gesagtem  etwa  folgendes  darlegen: 

Die  französische  Annahme,  daß  die  Reise  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  nach  Palästina  den  Zweck  verfolge,  ein  deutsches  Schutz- 
recht über  deutsch-katholische  Missionen  und  Anstalten  zu  begründen, 
sei  schon  darum  unzutreffend,  weil  dieses  Schutzrecht  heute  schon 
bestehe1  und  seit  Jahren2  praktisch  ausgeübt  werde.  Jeder  souveräne 
Staat  besitze  kraft  seiner  Souveränität  das  Recht  und  die  Pflicht,  seine 
Angehörigen  und  deren  Anstalten  im  fremden  Lande  zu  schützen.  Ob 
andere  Staaten  über  dieses  Recht  zugunsten  Frankreichs  disponiert 
hätten,  sei  mir  unbekannt.  Bei  Deutschland  sei  dies  nicht  der  Fall; 
wir  seien  im  Gegenteil  zu  jeder  Zeit  den  französischen  Ansprüchen  ent- 
gegengetreten. Der  Berliner  Vertrag  bestimme,  daß  die  erworbe- 
nen Rechte  —  „Les  droits  acquis",  Artikel  62  Alinea  7  —  aufrecht- 
erhalten werden  sollen,  nachdem  vorher  (Alinea  6)  ausdrücklich  das 
Protektionsrecht  der  einzelnen  Staaten  über  ihre  religiösen  Anstalten 
anerkannt  ist.  Das  beanspruchte  französische  Schutzrecht  über  deut- 
sche Reichsangehörige  und  deren  Anstalten  sei  ein  lediglich  imagi- 
näres, da  es  sich  auf  französisch-türkische  Verträge  stütze,  die  selbst- 
verständlich über  Rechte  des  Deutschen  Reichs  nicht  verfügen  könn- 
ten1. Demnach  würden  wir  jeden  praktischen  Versuch,  dem  angeb- 
lichen französischen  Schutzrecht  Geltung  zu  verschaffen,  möge  er  in 
Form  einer  französischen  Intervention  zugunsten  eines  Reichsangehö- 
rigen oder  in  einer  Konnivenz  gegenüber  solchen  Ansprüchen  zutage 
treten,  nach  wie  vor  als  versuchten  Eingriff  in  die  Souveränität  des 
Deutschen  Reichs  mit  Entschiedenheit  zurückweisen1.  Ich 
würde  beifügen,  daß  ich  mir  selbstverständlich  über  das  angebliche 
Schreiben  des  Papstes  an  Kardinal  Langenieux  kein  Urteil  zu  bilden 
vermöge,  da  mir  der  Wortlaut  desselben  nicht  bekannt  sei. 

Marschall 

Bemerkung   Kaiser  Wilhelms   II.  am   Kopf  des  Schriftstücks: 

Ja!    W. 

Randbemerkungen   des   Kaisers: 

i  Richtig 

2  seit  Versailles  18/1.  1871 

Nr.  3374 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  von 

Derenthall  an  den  Botschafter  in  Konstantinopel 

Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  221  Berlin,  den  12.  September  1898 

Unter  Bezugnahme  auf  Telegramm  Nr.  360*. 

In  einer  Unterredung  des  Legationsrats  von  Mumm  mit  dem  türki- 
*  In    Telegramm    Nr.  360   vom    26.  August   hatte    Freiherr    von    Marschall    ge- 

617 


sehen  Botschafter  hat  letzterer  behauptet,  über  die  Dormition-Ange- 
legenheit  seinerzeit  an  Tahsin  Bey  geschrieben  zu  haben,  versprach 
aber,  nochmals  an  denselben  zu  telegraphieren. 

Ew.  wollen  die  Angelegenheit  auch  Ihrerseits  durch  Tahsin  Bey 
beim  Sultan  zur  Sprache  bringen  und  dabei  den  hohen  Wert  betonen 
lassen,  der  diesseits  auf  eine  unseren  Wünschen  entsprechende  Erledi- 
gung gelegt  werde. 

Dabei  wollen  Ew.  darauf  hinweisen,  daß  bis  zum  Augenblick  der 
am  besten  wohl  während  des  Aufenthalts  Seiner  Majestät  des  Kaisers 
in  Konstantinopel  oder  Jerusalem  erfolgenden  Übertragung  des  Grund- 
stücks an  uns  Geheimhaltung  der  Angelegenheit  dringend  erwünscht 
sein  würde. 

v.  D  e  r  e  n  t  h  a  1 1 


Nr.  3375 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Semmering,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  67  Semmering,  den  18.  September  1898 

Seine  Majestät  der  Kaiser  präzisierte  auch  mir  gegenüber  aller- 
höchstseinen  Standpunkt  hinsichtlich  des  deutschen  Schutzrechtes  über 
deutsch-katholische  Missionen  und  Anstalten  im  Orient  dahin,  daß 
dieses  Schutzrecht  seit  dem  18.  Januar  1871  bestehe,  seitdem  immer 
praktisch  ausgeübt  worden  sei  und  jeder  tatsächliche  Versuch,  dasselbe 
in  Frage  zu  stellen,  als  ein  Eingriff  in  die  Souveränität  des  Deutschen 
Reiches  von  uns  mit  Entschiedenheit  zurückgewiesen  werden  müsse. 
Dem  Kaiserlichen  Botschafter  in  Konstantinopel  ist  hiernach  unser 
volles  Einverständnis  mit  seiner  Auffassung  auszusprechen.  Ich  stelle 
anheim,  ob  es  sich  jetzt  schon  empfiehlt,  das  Telegramm  Nr.  381  aus 
Konstantinopel*  zum  Gegenstand  einer  Instruktion  an  den  Königlichen 
Geschäftsträger  beim  Vatikan  zu  machen,  damit  derselbe  in  der  Lage 
ist,  hiernach  seine  Sprache  zu  regeln. 

Seine  Majestät  wollen  allergnädigst  geruhen,  der  Bitte  sowohl 
des  lateinischen  Patriarchen  von  Jerusalem  Msgr.  Piavi  (Bericht 
des  Kaiserlichen  Konsuls  in  Jerusalem  vom  29.  v.  Mts.)  wie  des  Di- 
rektors des  deutschen  Hospizes  Tabgha,  der  Oberin  der  deutschen 
Borromäerinnen  zu  Haifa  und  des  Direktors  des  deutsch-katholischen 


meldet,   daß   der   erste   Sekretär  des   Sultans   Tahsin    Bey  von   dem    türkischen 
Botschafter  in  Berlin  Tewfik  Pascha  noch  keine  Nachricht  wegen  der  Erwerbung 
des  Dormition-Grundstückes  erhalten  haben  wolle. 
•  Siehe  Nr.  3372. 

618 


Hospizes  in  Jerusalem  (Schreiben  des  Landrats  Janssen  vom  31.  v.  Mts.) 
huldvollst  zu  willfahren*.  Die  Voraussetzung  für  diesen  Beweis  kaiser- 
licher Gnade  ist  selbstverständlich,  daß  die  genannten  deutschen  An- 
stalten und  ihre  Leiter  sich  auf  den  Boden  des  deutschen  Protektorats 
stellen  und  dies  auch  durch  ihre  äußere  Haltung  (Flaggen  usw.)  doku- 
mentieren. Ich  bitte  hiernach  das  Weitere  zu  veranlassen  und  auch 
sowohl  den  Kaiserlichen  Botschafter  in  Konstantinopel  wie  den  Ober- 
Hof-  und  Hausmarschall  Grafen  zu  Eulenburg  au  courant  zu  setzen. 
Es  dürfte  endlich  nützlich  sein,  durch  Geheimen  Rat  von  Mumm  den 
Prinzen  von  Arenberg  bezw.  Landrat  Janssen  vertraulich  zu  infor- 
mieren. Wir  werden  die  dem  Deutschen  Reich  als  souveräner  Staat 
zustehenden  und  unanfechtbaren  Rechte  und  Pflichten  gegenüber 
deutsch-katholischen  Anstalten  und  Untertanen  wie  überall  so  auch 
im  Orient  nicht  verkümmern  lassen,  rechnen  aber  auf  die  patriotische 
Mitwirkung  der  deutschen  Katholiken  im  Inland. 

Bülow 

Nr.  3376 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  402  Therapia,  den  2.  Oktober  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  221  **. 

Die  Frage  der  Erwerbung  der  Dormition  ist  von  mir  in  den  letzten 
14  Tagen  nahezu  täglich  mit  der  im  Interesse  der  Geheimhaltung 
nötigen  Vorsicht  im  Palais  und  bei  der  Pforte,  das  heißt  Großwesir 
und  Tewfik  Pascha,  betrieben  worden.  Die  Angelegenheit  ist  jetzt 
soweit  gefördert,  daß  der  Großwesir  die  Genehmigung  des  Sultans 
erhalten  hat,  den  Gouverneur  von  Jerusalem  dahin  telegraphisch  zu 
instruieren,  das  Grundstück  für  die  türkische  Regierung  von 
den  Eigentümern  käuflich  zu  erwerben,  um  nach  erfolgtem  Kauf  das- 
selbe auf  uns  übertragen  zu  können.  Um  Indiskretionen  in  Jerusalem 
zu  vermeiden,  ist  dem  Gouverneur  von  Jerusalem  von  dem  Zweck  des 
Ankaufs  keine  Kenntnis  gegeben  worden.  Falls  daher  in  Jerusalem 
keine  unvorhergesehenen  Schwierigkeiten  erstehen,  halte  ich  den  An- 
kauf für  6000  Napoleon  d'or  für  sicher. 

Marschall 


•  Es  handelte   sich   um   den   Wunsch   der  genannten   Persönlichkeiten,   daß   der 
Kaiser  gelegentlich  seiner  Anwesenheit  in  Palästina  die  ihnen  unterstellten  kirch- 
lichen Gebäude  und  Anstalten  besuchen  möge  und  von  ihnen  feierlich  begrüßt 
werden  dürfe. 
••   Siehe  Nr.  3374. 

619 


Nr.  3377 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow 
an  den  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherrn  von  Marschall 

Telegramm.  Konzept 

Nr.  237  Berlin,  den  5.  Oktober  1898 

Unter  Bezugnahme  auf  Telegramm  Nr.  402*. 

Fördern  Sie  die  Dormition-Angelegenheit  auch  fernerhin  nach 
Möglichkeit  und  betonen  Sie  erforderlichenfalls  dem  Sultan  selbst 
gegenüber  mit  allem  Nachdruck,  wie  Seine  Majestät  der  Kaiser  sich 
ganz  persönlich  für  Gelingen  des  Plans  interessieren  und  dem  Sultan 
zu  besonderem  Danke  verpflichtet  sein  würden,  wenn  derselbe  dem 
Wunsche  Seiner  Majestät   entsprechen   würde. 

Ich  rechne  umsomehr  auf  Ihre  Einwirkung  an  dortigen  maß- 
gebenden Stellen,  als  französischen  Zeitungsnachrichten  zufolge  die 
Franzosen  hoffen,  gewisse  deutsche  Absichten  auf  Orunderwerb  in 
Jerusalem  zu  hintertreiben,  und  somit  anzunehmen  ist,  daß  auch  die 
französische  Regierung  im  Interesse  ihres  Protektorates  ihren  politischen 
Einfluß  in  Konstantinopel  zu  unseren  Ungunsten  einsetzen  wird.  Einen 
Echec  in  dieser  Angelegenheit  müßte  daher  unser  allergnädigster  Herr 
als  eine  auf  französische  Einflüsterungen  zurückzuführende  direkte 
Unfreundlichkeit  empfinden,  welche  ihn  angesichts  seiner  in  kritischen 
Zeiten  der  Türkei  gegenüber  beobachteten  freundschaftlichen  Haltung 
tief  verletzen  müßte.  Die  Meldung  Eurer  pp.  über  das  Gelingen  des 
Erwerbs  der  Dormition  würde  ich  unter  diesen  Umständen  mit  be- 
sonderer Genugtuung  begrüßen. 

Bülow 

Nr.  3378 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  417  Therapia,  den  7.  Oktober  18Q8 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  237**. 

Nachdem  ich  heute  vormittag  mit  Tewfik  Pascha  im  Sinne  der  mir 
erteilten  Instruktion  eindringlich  gesprochen,  habe  ich  dem  Sul- 
tan, der  mich  heute  empfangen  hat,  dargelegt,  daß  es  sich  bei  dem 
Erwerb   der   fraglichen   Grundstücke    um   einen   persönlichen    Wunsch 

*  Siehe  Nr.  3376. 
•*  Siehe  Nr.  3377. 

620 


Seiner  Majestät  des  Kaisers  handle  und  unsererseits  etwas  Weiteres 
nicht  verlangt  werde  als  die  Vermittelung  der  Pforte  zum  Zweck  des 
Abschlusses  des  Vertrags.  Der  Sultan  sagte  mir,  daß  die  Sache  ihm 
vorgetragen  worden  und  er,  um  Seiner  Majestät  gefällig  zu  sein,  alles 
tun  werde,  um  den  Kaufabschluß  herbeizuführen. 

Wie  ich  inzwischen  festgestellt  habe,  ist  das  Telegramm  des  Groß- 
wesirs an  den  Gouverneur  von  Jerusalem,  welches  diesen  beauftragt, 
den  Kaufabschluß  herbeizuführen,  abgegangen. 

Marschall 

Nr.  3379 

Der  preußische  Staatsminister  Bernhard  von  Bülow  an  den  preu- 
ßischen Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below-Rutzau 

Telegramm 
Konzept    von    der    Hand    des    Vortragenden    Rats    Mumm    von    Schwarzenstem 

Nr.    43  Berlin,   den    9.   Oktober    1898 

Zu  Ew.   pp.  Orientierung. 

Die  gestrige  Ansprache  des  Papstes  an  die  französischen  Pilger* 
hat  Seine  Majestät  den  Kaiser  sowohl  mit  Rücksicht  auf  das,  was  be- 
reits vorhergegangen,  wie  insbesondere  auch  wegen  des  von  Seiner 
Heiligkeit  für  die  Ansprache  gewählten  Zeitpunktes  —  gerade  im 
Augenblick  des  Antritts  der  Orientreise  Seiner  Majestät  —  und  wegen 
der  Schlußfolgerungen,  welche  von  deutschfeindlicher  Seite  an  die 
jetzigen  Auslassungen  Seiner  Heiligkeit  zweifelsohne  werden  geknüpft 
werden,  lebhaft  verletzt. 

Bülow 

Nr.  3380 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  das 

Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  437  Pera,  den  13.  Oktober  1898 

Im  Anschluß  an  Telegramm  Nr.  417**. 

Nachdem  die  von  dem  Gouverneur  von  Jerusalem  erhobenen 
Schwierigkeiten  durch  eingehende  Verhandlungen  mit  der  Pforte  und 


*  Am  8.  Oktober  hatte  der  Papst  eine  Schar  französischer  Pilger  empfangen 
und  bei  seiner  Antwort  auf  die  Ansprache  des  Führers  des  Pilgerzuges  Leo 
Harmel  wieder  des  französischen  Protektorats  im  Orient  gedacht.  („Ein  beson- 
derer Gedanke  hat  Euch  zu  uns  hergeführt,  der  nämlich,  uns  zu  danken  für 
den  kürzlich  vollzogenen  Akt,  wodurch  wir  die  früheren  Erklärungen  des 
Heiligen  Stuhles  über  Euer  traditionelles  Protektorat  im  Orient  bestätigt 
haben".) 
•*  Siehe  Nr.  3378. 

621 


Palais  beseitigt  sind,  läßt  mir  der  Sultan  soeben  sagen,  daß  er  den 
Befehl  gegeben  habe,  die  Dormition  käuflich  zu  erwerben,  um  auf  uns 
übertragen  zu  werden. 

Die  Schwierigkeit  bestand  vornehmlich  darin,  daß  das  Grundstück 
zu  jener  Kategorie  von  Wakuf  gehört,  die  nicht  verkauft  werden  dürfen, 
und  der  Gouverneur  die  Befürchtung  aussprach,  daß  infolge  der  Eifer- 
sucht der  konkurrierenden  Glaubensgenossenschaften  Komplikationen 
entstehen  könnten.  Zur  Beseitigung  dieser  Bedenken  war  eine  direkte 
Intervention  meinerseits  beim  Sultan  notwendig. 

Marschall 

Nr.  3381 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Kephalonia,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  13  Kephalonia,  den  15.  Oktober  1898 

Geheim 

Für  Freiherrn  von  Marschall 

Seine  Majestät  der  Kaiser  ist  hochbefriedigt  über  die  in  diesem 
Augenblick  allerhöchstihm  doppelt  erwünschte  Erwerbung  der  Dor- 
mition und  behält  sich  vor,  dem  Sultan  mündlich  seinen  Dank  aus- 
zusprechen. 

Für  Euerer  Exzellenz  vertrauliche  Direktive  füge  ich  hinzu,  daß 
Seine  Majestät  das  höchste  Gewicht  darauf  legen,  das  Grundstück 
der  Dormition  während  seiner  Anwesenheit  in  Jerusalem  persönlich 
dem  deutschen  Katholikenverein  Palästinas  zu  übergeben*. 

Bül  ow 

Nr.  3382 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below- 
Rutzau  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  41  Rom,  den   14.  Oktober  1898 

Der  Kardinalstaatssekretär  war  auch  diesmal  wieder  sichtlich  be- 
müht, der  Pilgerrede  jede  antideutsche  Spitze  zu  nehmen.   Er  bat  mich, 


•  Es  geschah  das  am  31.  Oktober  1898.  Vgl.  Schultheß'  Europäischer  Ge- 
schichtskalender, Jg.  1898,  S.  337  f.,  wo  auch  die  anläßlich  der  Überweisung 
der  Dormition  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  Papst  sowie  dem  Vorstand  des 
„Deutschen  Vereins  vom  Heiligen  Lande"  gewechselten  Telegramme  im  Wortlaut 
abgedruckt  sind. 

622 


Euerer  Durchlaucht  folgendes  zu  melden:  Die  Rede  sei  in  der  Presse 
falsch  ausgelegt  worden;  sie  habe  nicht  die  geringste  Beziehung  zur 
Reise  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  nach  Jerusalem.  Eine 
Unterdrückung  der  von  Harmel  angeregten  Protektoratsangelegenheit 
sei  ihm  mit  Rücksicht  auf  französische  öffentliche  Meinung  unmöglich 
gewesen.  Für  die  Fassung  des  päpstlichen  Antwortpassus  sei  absicht- 
lich eine  kurze  trockne  und  lediglich  rekapitulierende  Form  ge- 
wählt worden,  um  niemand  zu  verletzen.  Letzteres  läge  ihm  um  so 
ferner,  als  er  es  gewesen,  der  die  chinesische  Angelegenheit*  nach 
den  Wünschen  Seiner  Majestät  des  Kaisers  Frankreich  gegenüber  mit 
großer  Mühe  durchgefochten  habe.  Auch  in  materieller  Beziehung 
wolle  die  Erwähnung  der  früheren  Erklärung  absolut  nichts  Neues 
bringen,  man  wolle  nur  den  Status  quo  aufrechterhalten.  Der  Kardinal- 
staatssekretär machte  mich  in  dieser  Beziehung  vertraulich  sogar 
auf  die  Zweideutigkeit  der  Worte  „dove  vige"  des  Propagandazirkulars 
aufmerksam. 

Leider  konnte  ich  feststellen,  daß  die  „Germania"  den  Bogen 
letzthin  etwas  überspannt  hat.  Kardinal  Rampolla  zeigte  mir  in  sicht- 
licher Erregtheit  einen  Auszug  aus  dem  ihn  persönlich  angrei- 
fenden Artikel  der  Nr.  233**.  Er  vermutet  in  dem  Verfasser  „einen 
bekannten  dem  Zentrum  angehörigen  Prinzen".  Herr  von  Stablewski*** 
mißbilligt  diesen  Artikel,  weil  er  fürchtet,  daß  derselbe  ihm  hierselbst 
eine  Vertretung  des  Standpunktes  der  „Germania"  erschweren  werde. 

B  e  1  o  w 

*  Auch  für  China  nahm  die  französische  Regierung  ein  Protektorat  bezüglich 
der  katholischen  Christen  in  Anspruch.  Nach  der  Besetzung  Kiautschous  hatten 
sich  daraus  Weiterungen  ergeben,  die  aber  dank  dem  erfolgreichen  Eingreifen 
des  Fürstbischofs  Kardinal  Kopp  im  wesentlichen  zugunsten  der  deutschen  An- 
sprüche erledigt  waren. 

**  Unter  dem  Titel  „Ein  Wechsel  in  der  preußischen  Gesandtschaft  beim  Vatikan" 
hatte  die  „Germania"  in  ihrer  Nummer  vom  11.  Oktober  1898  (Nr.  233)  die 
durch  eine  „Wolff"-Depesche  offiziös  angekündigte  Abberufung  des  Gesandten 
von  Bülow  mit  der  von  dem  Kardinalstaatssekretär  Rampolla  inspirierten  An- 
sprache des  Papstes  vom  8.  in  Verbindung  gebracht:  „Wir  vermuten,  daß  das 
Auswärtige  Amt  damit  nicht  so  sehr  dem  Heiligen  Vater  als  dem  Kardinalstaats- 
sekretär Rampolla  seine  Mißstimmung  über  die  Protektoratsfrage  hat  kund- 
geben wollen,  damit  aber  zugleich  betonte,  daß  Deutschland,  welches  seine 
eigenen  Landeskinder  im  Orient  selbst  zu  schützen  gewillt  und  imstande  ist, 
kraft  seiner  Souveränitätsrechte  in  diesem  Punkte  von  keiner  anderen 
weltlichen  Macht,  insbesondere  nicht  von  der  französischen  Regierung  mit 
ihren  Protektoratsansprüchen  eine  Einmischung  dulden  will". 
Tatsächlich  hatte  der  Gesandte  von  Bülow  vom  Staatssekretär  von  Bülow  am 
9.  Oktober  unter  dem  frischen  Eindruck  der  päpstlichen  Ansprache  vom  8.  die 
Anweisung  erhalten,  das  schon  seit  längerer  Zeit  beabsichtigte  Abschiedsgesuch 
von  Karlsruhe  aus,  wo  er  auf  Urlaub  weilte,  einzureichen,  ohne  erst  nach  Rom 
zurückzukehren. 

***  Der  Erzbischot  von  Gnesen  und  Posen  von  Stablewski,  der  am  10.  Oktober 
zu  längerem  Aufenthalt  in  Rom  eingetroffen  war,  war  hier  wie  vor  ihm  Kardinal 
Kopp   im   Sinne   des  deutschen   Katholizismus   tätig. 

623 


Nr.  3383 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below- 
Rutzau  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  43  Rom,  den   15.  Oktober  1898 

Erzbischof  von  Stablewski  bittet  mich  um  telegraphische  Beförde- 
rung des  nachstehenden  von  ihm  verfaßten  Berichts  an  Seine  Exzel- 
lenz den  Herrn  Staatssekretär.  Er  wäre  sehr  dankbar,  wenn  der  Herr 
Staatssekretär  diesen  von  ihm  erwarteten  Bericht  bei  seinem  Eintreffen 
in  Konstantinopel  vorfände: 

„Habe  am  13.  d.  Mts.  dem  Kardinalstaatssekretär  die  Erregung 
der  deutschen  Katholiken  gegen  französisches  Protektorat  vorgetragen, 
worauf  der  Kardinal  irgendeine  die  Gemüter  beruhigende  Äußerung 
in  Aussicht  stellte.  Persönlich  beleidigende  Ausdrücke  der  Presse* 
scheinen  hinterher  hiervon  zurückgehalten  zu  haben,  damit  man  sich 
nicht  durch  den  Schein  eines  Zurückweichens  und  der  Eingeschüchtert- 
heit  kompromittierte. 

Pilgerreden  unterschieden  sich  materiell  durch  nichts  von  dem 
Langenieux-Brief**. 

Am  15.  d.  Mts.  in  Audienz  bei  Seiner  Heiligkeit  wiederholte  ich 
die  Vorstellung,  daß  Nationalbewußtsein  es  den  Deutschen  unmög- 
lich mache,  Schutz  bei  Frankreich  zu  suchen.  Ich  habe  den  Eindruck 
gewonnen,  daß  in  diesem  Augenblick,  wo  in  den  Augen  der  katho- 
lischen Welt  in  Jerusalem  das  protestantische  konfessionelle  Interesse 
so  in  den  Vordergrund  tritt,  es  dem  Heiligen  Vater  unmöglich  scheint, 
das  historische  und  vertragsmäßige  Recht  Frankreichs  offiziell  und 
öffentlich  in  Betreff  der  rein  kirchlichen  Kongregationen  zu 
schmälern. 

Was  Individuen  betrifft,  so  hat  Seine  Heiligkeit  ausdrücklich  er- 
klärt, er  lasse  ihnen  volle  Freiheit. 

Habe  außerdem  den  Eindruck  gewonnen,  daß,  diese  Frage  in 
diesem  Augenblick  endgültig  entscheiden  zu  wollen,  nicht  zum  Vorteil 
der  deutschen  Interessen  ausfallen  würde,  und  daß  ein  an  die  Wand 
Drücken  das  entgegengesetzte  Resultat  hervorrufen  würde.  Bin  fest 
überzeugt,  daß  die  vollendeten  Tatsachen  hier  in  kürzester  Zeit  ihr 
Recht  auf  diesem  Gebiet  erhalten  werden,  und  daß,  wenn  über  kurz 
oder  lang  auch  Kongregationen  den  deutschen  Schutz  nachsuchen 
werden,  der  Heilige  Vater  sich  einverstanden  erklären  wird.  Es  ent- 
spräche dies  der  Praxis  der  Kirche,  welche  Direktiven  und  Gesetze 
erst  dann  zu  geben  pflegt,  wenn  solche  der  Ausdruck  zutage  ge- 
tretener Bedürfnisse  sind. 


*  Vgl.  Nr.  3382,  S.  623,  Fußnote  ••. 

••  Vgl.  Nr.  3370  nebst  Fußnote  •,  S.  613. 

624 


Habe  bestimmt  erfahren,  daß  Msgr.  Piavi  angewiesen  ist,  den  Seiner 
Majestät  dem  Kaiser  zu  bereitenden  Empfang  feierlich  zu  gestalten. " 

Below 


Nr.  3384 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von 
Below-Rutzau  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  45  Rom,  den   16.  Oktober  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  47*. 

Die  mir  vorgeschriebene  Eröffnung  hat  auf  den  Kardinalstaats- 
sekretär zweifellos  großen  Eindruck  gemacht  und  die  noch  gestern 
von  Herrn  von  Stablewski  gemeldete  Verstimmung  wegen  der  er- 
wähnten Preßartikel**  augenscheinlich  beseitigt.  Er  war  sehr  erfreut 
über  die  von  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  getroffene  Wahl.  Die  Ant- 
wort des  Papstes  würde  ich  in  Bälde  übermitteln  können.  Auch  er 
werde  es  nicht  an  Entgegenkommen  fehlen  lassen;  er  kenne  mit  Aus- 
nahme vielleicht  der  römischen  keine  Frage,  über  die  wir  uns  nicht 
einigen  könnten. 

Betreffend  die  Pilgerrede  wiederholte  der  Kardinalstaatssekretär 
nochmals  mit  wärmster  Betonung  die  bereits  gemeldeten  Erklärungen 
und  wandte  in  diesem  Zusammenhang,  um  die  Schwierigkeiten  der 
Stellung  des  Papstes  zu  illustrieren,  das  folgende  bedeutsame  Gleichnis 
an:  „Wenn  ein  Vater  ein  starkes  gesundes  und  ein  anderes  kran- 
kes Kind  hat,  so  wendet  er  dem  letzteren  mit  Rücksicht  auf  seinen 
Gesundheitszustand  unwillkürlich  manchmal  eine  besondere  Caresse 
zu.    Möchte  das  starke  gesunde  Kind  kein  Ärgernis  daran  nehmen." 

Below 

Nr.  3385 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Konstantinopel,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Konzept 
Nr.  21  Konstantinopel,  den  IQ.  Oktober  1898 

Bitte  Herrn  von  Below  anzuweisen,  Herrn  von  Stablewski  in 
meinem  Namen  bestens  für  seine  wertvollen  Mitteilungen  zu  danken, 


*  Telegramm  Nr.  47  vom  15.  Oktober  betraf  die  Einholung  des  Agrements  für 
den  als  Nachfolger  des  Gesandten  von  Bülow  bestimmten  bisherigen  Gesandten 
in    Bern,   früheren   Unterstaatssekretärs   Freiherrn  von   Rotenhan. 
"  Vgl.   Nr.   3382,  S.   623,  Fußnote  *\ 

40    Die  Große   Politik.     12.  Bd.  625 


die  mir  einen  neuen  Beweis  seiner  guten  Gesinnungen  lieferten.    Wir 
würden  dieselben  in  diskretester  Weise  verwerten. 

In  Rom  wird  der  Geschäftsträger  sich  etwa  in  folgendem  Sinne 
zu  äußern  haben:  Es  sei  unmöglich,  daß  dort  nicht  verstanden  würde, 
wie  die  gerade  im  Moment  der  Abreise  Seiner  Majestät  des  Kaisers 
nach  dem  Orient  in  Rom  gefallenen  Äußerungen  in  hohem  Grade  ver- 
letzend auf  Seine  Majestät  wirken  mußten.  Die  Präsentierung  des 
durch  seine  versöhnlichen  Gesinnungen  bekannten  Freiherrn  von  Roten- 
han  zum  Königlichen  Gesandten  beim  Päpstlichen  Stuhl  beweise  dem- 
gegenüber, wie  weit  wir  dem  Päpstlichen  Stuhl  ungeachtet  seiner  neuer- 
lichen uns  leider  so  wenig  freundlichen  Haltung  Entgegenkommen  zu 
zeigen  bereit  wären,  und  wie  wir  noch  immer  von  dem  Wunsch  nach 
ersprießlichem  Zusammenwirken  mit  der  Kurie  auf  allen  Gebieten  er- 
füllt wären.  Um  so  weniger  dürfe  sich  aber  die  Kurie  ihrerseits  der 
Erwägung  verschließen,  daß  es  von  den  bedenklichsten  Folgen  für  das 
Verhältnis  zwischen  ihr  und  dem  Reiche  sein  müsse,  wenn  sie  nicht 
fernerhin  alles  vermiede,  was  in  der  schwer  gereizten  öffentlichen  Mei- 
nung Deutschlands  Anstoß  erregen  würde. 

Herr  von  Below  möge  dabei  andeuten,  daß  Freiherr  von  Rotenhan 
seinen  Posten  erst  antreten  werde  nach  anstandlosem  Verlauf  der 
Orientreise  Seiner  Majestät.  Von  dem  Versprechen  hinsichtlich  Piavis 
wird  dabei  sofort  Akt  zu  nehmen  sein. 

In  der  Presse  ist  in  vorsichtigster  Weise  anzudeuten,  daß  Kardinal 
Rampolla  die  Kurie  wegen  der  Pilgerrede  zu  entschuldigen  sich  Mühe 
gegeben  hat. 

Das  Gleichnis  des  Kardinals  von  dem  gesunden  und  kranken  Kinde 
akzeptiere  ich  in  dem  Sinne,  daß  die  Fürsorge  für  das  letztere  von 
keinem  wahren  Vater  so  weit  getrieben  werden  darf,  daß  das  Gedeihen 
des  gesunden  und  lebensfähigen  Kindes  dabei  ernstlich  in  Frage  ge- 
stellt wird. 

Bülow 

Nr.  3386 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von 
Below- Rutzau  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  50  Rom,  den  21.  Oktober  1898 

Antwort  auf  Telegramm  Nr.  50*. 

In  Erwiderung  der  mir  vorgeschriebenen  Äußerungen  wiederholte 
der  Kardinalstaatssekretär  empressiert  seine  früheren  Beteuerungen  be- 


*  Durch    Telegramm    Nr.    50   vom    19.    Oktober    waren    die    obigen    Direktiven 
Bülows   (siehe   Nr.   3385)    nach   Rom   übermittelt  worden. 

626 


treffs  der  von  Seiner  Majestät  getroffenen  Gesandtenwahl,  seiner  Be- 
reitwilligkeit, auch  seinerseits  Entgegenkommen  zu  zeigen,  wie  er  dies 
erst  kürzlich  in  der  chinesischen  und  der  Piavi-Angelegenheit  getan, 
sowie  endlich  seine  Versicherungen  hinsichtlich  des  eventuellen  Nach- 
folgers Piavis. 

Ferner  machte  er  mir  die  ihm  bei  seinem  Selbstgefühl  wohl  nicht 
gerade  leicht  gewordene  Äußerung,  er  wolle  sein  Bestes  tun,  um  für 
die  Zukunft  Froissements  nach  Art  des  durch  die  Pilgerrede  entstan- 
denen zu  vermeiden. 

In  der  Protektionsfrage  möchten  wir  nicht  drängen.  Er  machte 
hierbei  eine  Andeutung,  die  mir  den  auch  von  Herrn  von  Stablewski 
empfangenen  Eindruck  erneut  bestätigt,  daß  man  hier  der  tatsäch- 
lich naturgemäßen  Entwickelung  der  Dinge  in  Kleinasien  seinen 
freien  Lauf  lassen  wird. 

Da  der  Kardinalstaatssekretär  heute  abermals  der  Hoffnung  Aus- 
druck gab,  der  „Osservatore"-Artikel*  möchte  in  Deutschland  guten 
Eindruck  gemacht  haben,  benutzte  ich  diese  Gelegenheit,  um  ihn  auf 
die  zum  mindesten  gefärbten  Stellen  desselben  aufmerksam  zu  machen. 

B  e  1  o  w 


Nr.  3387 

Der  Botschafter  in  Paris  Graf  Münster  an  den  Reichskanzler 
Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 
Nr.  301  Paris,  den  4.  November  1898 

Die  Pariser  Presse  durch  die  inneren  Angelegenheiten  und  den 
eingestandenen  Mißerfolg  Frankreichs  in  der  Faschodafrage**  in  An- 
spruch genommen,  hat  einstweilen  kaum  Zeit  gefunden,  einem  Ereignis, 
das  schon  lange  vor  seinem  Eintritt  hier  Beunruhigung  hervorrief  — 
ich  meine  die  Orientreise  Seiner  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  — , 
die  nötige  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Nur  wenige  Blätter  haben 
sich  bisher  mit  dem  Resultat  dieser  Begebenheit  beschäftigt,  aber  aus 
ihren  Auslassungen  geht  zur  Genüge  hervor,  daß  ein  gewisses  Un- 
behagen fortbesteht. 

Das  „Journal  des  Debats"  sucht  sich  spitzfindig  damit  zu  trösten, 
daß  unser  kaiserlicher  Herr,  welcher  im  Begriffe  stehe,  die  Heimreise 
anzutreten,   angesichts    der  festen    Haltung   des   Vatikans   sich   darauf 


*  Der  „Osservatore  Romano"  hatte  am  18.  Oktober  einen  ausführlichen  Artikel 
über  die  Pilgerrede  des  Papstes  gebracht,  der  bei  scharfen  Ausfällen  gegen  die 
liberale   italienische   Presse,  die   fälschlich   den   Worten   des   Papstes   eine   anti- 
deutsche   Tendenz    untergeschoben    hätte,    beschwichtigend    wirken    sollte. 
**  Vgl.  Bd.  XIV,  Kap.  LXXXXIII. 

40«  627 


beschränkt  habe,  den  deutschen   Katholiken  im  Orient  seinen  Schutz 
nur  anzubieten  und  nicht  zu  oktroyieren. 

Der  „Gaulois"  sieht  im  Gegenteil  in  der  Schenkung  der  Dormition 
de  la  Vierge  an  die  katholischen  Untertanen  die  Gefahr,  daß  der  Kaiser 
dem  Reich  den  mächtigen  moralischen  Beistand  Roms  sichern  wolle, 
den  die  Republik  törichterweise  verschmähe. 

Die  gleiche  Besorgnis  vor  einer  Verständigung  des  Heiligen  Stuhles 
mit  Deutschland  spricht  aus  dem  „Temps",  dessen  im  übrigen  ebenso 
törichte  als  unpassende  Besprechung  des  kaiserlichen  Besuchs  von 
Jerusalem  nur  deshalb  von  Interesse  ist. 

Unumwunden  gesteht  der  „Siecle"  zu,  daß  der  Kaiser,  wenn  er 
auch  die  Reise  früher  als  beabsichtigt  beende,  seinen  Zweck  erreicht 
habe.  Das  Blatt  befürchtet  sogar,  daß  schließlich  noch  die  Erwerbung 
einer  Marinestation  im  Mittelmeer  den  Erfolg  zu  krönen  bestimmt 
sein  könne. 

Ich  beehre  mich,  anbei  die  betreffenden  Ausschnitte  aus  den  ge- 
nannten Blättern  in  Vorlage  zu  bringen. 

Münster 


Nr.  3388 

Der  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Bernhard  von  Bülow, 
z.  Z.  in  Beirut,  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  107  Beirut,  den  6.  November  1898 

Wie  stellt  sich  französische  Presse  zu  der  Erwerbung  der  Dor- 
mition und  dem  bisherigen  Verlauf  der  Orientreise?  Alles,  was  sich 
hierauf  bezieht,  ist  für  Seine  Majestät  von  besonderem  Interesse.  Bitte 
auch  in  dieser  Beziehung  mit  telegraphischer  Meldung  nicht  zu  sparen. 

Bülow 

Nr.  3389 

Der  Stellvertretende  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes  Freiherr 

von  Richthofen  an  den  Staatssekretär  des  Auswärtigen  Amtes 

Bernhard  von  Bülow,  z.  Z.  in  Damaskus 

Telegramm.  Entzifferung 

Nr.  129  Berlin,  den  7.  November  1898 

Obwohl  die  Aufmerksamkeit  in  Frankreich  durch  Dreyfus  und 
Faschoda  in   Anspruch  genommen  ist,   erzwingt  sich  der  Verlauf  der 

628 


Reise  Seiner  Majestät  jetzt  doch  die  gebührende  Beachtung  in  den 
Pariser  Blättern.  Der  „Temps"  muß  am  Schluß  eines  mit  erkünstelter 
Ironie  geschriebenen  Leitartikels  die  politische  Geschicklichkeit  aner- 
kennen, womit  Seine  Majestät  in  der  Dormition-Angelegenheit  eine 
für  die  inneren  Verhältnisse  Deutschlands  wertvolle,  für  Frankreichs 
Prestige  im  Morgenlande  gefahrdrohende  „entente"  zwischen  dem 
Deutschen  Kaisertum  und  dem  Heiligen  Stuhl  angebahnt  habe.  Das 
„Journal  des  Debats"  sucht  die  Niederlage  Frankreichs  in  der  Pro- 
tektoratsfrage mit  Redensarten  zu  bestreiten  wie:  Seine  Majestät  habe 
den  deutschen  Katholiken  seinen  kaiserlichen  Schutz  nur  „angeboten", 
nicht  „aufgenötigt",  und  habe  auch  nicht  von  einem  „exklusiven"  deut- 
schen Schutzrecht  gesprochen.  Der  „Matin"  und  der  „Univers"  haben 
sich  abgemüht,  direkte  Erfolge  der  Reise  durch  hämische,  von  deut- 
schen Blättern  bereits  abgefertigte  Bemerkungen  zu  verkleinern.  Da- 
gegen räumen  „Gaulois"  und  „Figaro"  unumwunden  ein,  Seine  Maje- 
stät habe  vollauf  erreicht,  was  er  beabsichtigte.  „Das  Telegramm  an 
den  Papst  hätte  ein  katholischer  Herrscher  nicht  besser  abfassen  kön- 
nen. Und  dabei  habe  die  protestantische  deutsche  Presse  keine  Vor- 
würfe erhoben."  („Figaro".)  „Der  Kaiser  gewinne  für  Deutschland 
die  große  moralische  Macht,  die  das  republikanische  Frankreich  so 
töricht  von  sich  gestoßen  habe,"  sagt  der  „Gaulois"  in  einer  beredten 
Vergleichung  des  französischen  Atheismus  mit  der  durch  Seine  Maje- 
stät bekundeten  tiefen  Religiosität.  Denselben  Vergleich  zieht  die 
klerikale  „Verite",  die  wörtlich  sagt,  Deutschland  habe  jetzt  im  Orient 
ein  Protektorat  neben  dem  französischen:  einer  der  ehrwürdigsten  Orte 
in  Jerusalem,  von  einem  nichtkatholischen  Herrscher  unter  lebhafter 
Befriedigung  des  Papstes  erworben,  werde  der  Sitz  des  deutschen  Ein- 
flusses sein.  Außerordentlich  sympathisch  hat  im  „Journal"  der  Dich- 
ter Jean  Lorrain  über  das  persönliche  Auftreten  Seiner  Majestät  in 
Venedig  berichtet. 

Ri  ch  th  of en 


Nr.  3390 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below- 

Rutzau  an  den  preußischen  Minister  der  Auswärtigen 

Angelegenheiten  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  139  Rom,  den  8.  November  1898 

Streng  vertraulich 

Der  bayerische  Gesandte*  macht  mir  über  ein  Gespräch,  das  er 


*  Freiherr  von  Cetto. 

629 


auf  dem  heutigen  Diplomatenempfange  mit  dem  Kardinalstaatssekretär 
gehabt  hat,  folgende  Mitteilungen,  für  welche  ich  ihm  strengste  Dis- 
kretion zugesichert  habe. 

Herr  Rampolla  hat  zunächst  die  gestrige  Depesche  des  „Daily 
Telegraph",  wonach  die  russische  Regierung  in  einer  Note  hier  an- 
gezeigt haben  sollte,  sie  werde  die  französischen  Protektoratsansprüche 
im  Orient  energisch  unterstützen,  als  einen  englischen  ballon  d'essai 
bezeichnet.   Ihm  sei  von  einer  solchen  Note  nichts  bekannt. 

Der  Kardinal  ist  alsdann  auf  die  derzeitige  Stellung  der  Kurie  zu 
der  Protektoratsangelegenheit  übergegangen  und  hat  gesagt:  „Notre 
ligne  de  conduite  est  toute  tracee,  le  Pape  est  decide  ä  faire  le  silence 
sur  cette  question.  Si  on  allait  encore  la  rouvrir,  il  en  serait  ä  craindre 
un  fort  contrecoup  de  la  part  de  la  France." 

Baron  Cetto  hat  seinem  Erstaunen  über  diese  Befürchtungen  Ram- 
pollas  Ausdruck  gegeben  und  ihn  unter  anderem  darauf  aufmerksam 
gemacht,  daß  die  französische  Presse  angesichts  der  Ereignisse  der 
Kaiserreise  und  der  festen  einmütigen  Haltung  der  deutschen  Katho- 
liken neuerdings  doch  auffällig  stiller  geworden  sei.  Hierauf  hat  ihm 
der  Staatssekretär  erwidert:  „D'apres  mes  nouvelles  on  a  pris  acte  en 
France  de  ce  qui  s'est  passe  en  Palestine  et  l'irritation  qu'on  en  res- 
sent  est  grande  et  profonde." 

Er  hat  darauf  einige  Details  der  Protektoratsfrage  hervorgehoben: 
Solange  es  sich  um  Individuen  handele,  sei  die  Sache  einfach.  Schwie- 
rigkeiten machten  nur  die  Korporationen.  Wo  komme  die  Kirche  hin, 
wenn  sie  bezüglich  dieser  nach  ihren  althergebrachten  Anschauungen 
lediglich  geistlichen,  eines  nationalen  Gepräges  entbehrenden  Institu- 
tionen1 verschiedene  Protektorate  offiziell  anerkennen  wollte?  Übrigens 
beklagten  sich  zum  Beispiel  die  Engländer  niemals  über  das  franzö- 
sische Protektorat,  eine  Bemerkung,  die  der  Gesandte  mit  dem  Hin- 
weis darauf  erwiderte,  daß  die  Engländer  seines  Wissens  in  Palästina 
gar  keine  Korporationen  hätten. 

Baron  Cetto  ist  der  Ansicht,  daß  die  Kurie  infolge  der  einmütigen 
stramm-nationalen  Haltung  der  deutschen  Katholiken,  auf  welche  sie 
ebensowenig  gefaßt  gewesen  war2  wie  die  Franzosen,  augenblicklich 
etwas  desorientiert  ist3.  Es  sei  nicht  die  Art  des  Vatikans,  sich  neuen 
Situationen  gegenüber  rasch  zurechtzufinden,  und  so  erkläre  sich 
naturgemäß  der  Wunsch  der  Kurie,  daß  ihr  dazu  Zeit  gelassen  werde. 

B  elow 


Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II. 

1  Unsinn!  Sie  sind  alle  französisch 

2  richtig 

3  ja 

630 


Nr.  3391 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below- 

Rutzau  an  den  preußischen  Minister  der  Auswärtigen 

Angelegenheiten  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  159  Rom,  den  25.  November  1898 

Streng  vertraulich 

Der  Kardinal  Langenieux  hat  dem  französischen  Uditore  der  Rota, 
Monsignore  Mourey,  kürzlich  erzählt,  er  sei  hauptsächlich  deshalb  nach 
Rom  gekommen,  weil  seine  Kollegen  vom  hohen  französischen  Klerus 
ihn  gedrängt  hätten,  noch  einen  Versuch  zu  machen,  um  für  das  fran- 
zösische Protektorat  im  Orient  hier  noch  mehr  herauszuschlagen1.  Er 
habe  sich  jedoch  überzeugen  müssen,  daß  man  im  Vatikan  entschlossen 
ist,  zu  dieser  Frage  eine  reservierte  Haltung  einzunehmen. 

B  elow 

Nachschrift. 

Die  Eindrücke,  welche  der  Kardinal  hier  gewonnen  hat,  müssen 
sehr  ernüchternde  gewesen  sein.  Wie  ich  neulich  meldete,  hatte  Mon- 
signore Langenieux  die  Absicht,  auf  der  Konferenz,  welche  unter  dem 
Vorsitz  des  Papstes  über  dessen  Lieblingsgedanken,  die  Vereinigung 
der  dissidierenden  orientalischen  Kirchen  mit  Rom,  beraten  sollte,  die 
Protektoratsfrage  wieder  anzuregen.  Diese  um  einige  Tage  verschobene 
Konferenz  hat  heute  stattgefunden.  Ich  höre  soeben  aus  sicherer  Quelle, 
daß  der  Kardinal  es  unterlassen  hat,  bei  dieser  Gelegenheit  über  den 
Gegenstand  zu  sprechen2. 

B  elo  w 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  IL: 

1  Trop  tard 

2  es  würde  ihm  auch  schlecht  bekommen  sein,  der  französische  Clerus  beuge 
sich  den  Verhältnissen  und  gewöhne  sich  daran,  daß  das  Protektorat  „ma- 
feesh"  ist! 

Nr.  3392 

Der  Botschafter  in  Konstantinopel  Freiherr  von  Marschall  an  den 
Reichskanzler  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  235  Pera,  den  29.  November  1898 

Vertraulich 

Bei  meiner  jüngsten  Anwesenheit  in  Jerusalem  hatte  ich  eine  län- 
gere Unterredung  mit  dem  lateinischen  Patriarchen,  Monsignore  Piavi. 

631 


Dieselbe  betraf  vornehmlich  die  Stellung  der  lateinischen  Kirche  im 
Orient  und  die  angeblichen  französischen  Schutzrechte.  In  den  ein- 
gehenden Mitteilungen  des  hervorragenden  Prälaten  fand  ich  in  allen 
wesentlichen  Punkten  die  Darlegungen  bestätigt,  die  ich  in  früheren 
Berichten  über  diesen  Gegenstand*  gegeben  habe. 

Die  lateinische  Kirche  im  Ottomanischen  Reiche  steht  außerhalb 
des  ottomanischen  Staatskirchenrechts;  sie  ist  eine  fremde  Religions- 
gemeinschaft, der  auf  Grund  von  internationalen  Verträgen  freie  Reli- 
gionsübung gewährt  ist.  Und  in  Konsequenz  dieser  Stellung  der  la- 
teinischen Kirche  haben  ihre  Funktionäre  keinen  anerkannt  amtlichen 
Charakter  gegenüber  den  Organen  der  ottomanischen  Staatsgewalt; 
sie  sind  Fremde,  die  nur  insoweit  Anspruch  auf  Schutz  haben,  als  er 
auf  diplomatischem  Wege  ihnen  gewährt  wird.  Monsignore  Piavi  hat 
mir  sehr  beredt  die  Folgen  geschildert,  die  für  die  ihm  anvertrauten 
geistlichen  Interessen  aus  diesem  Rechtszustande  hervorgehen.  Ver- 
möge der  persönlichen  Beziehungen,  die  er  mit  türkischen  Beamten 
angeknüpft  und  gepflegt,  hat  er  es  erreicht,  daß  gewisse  Fragen,  die 
in  dem  Verhältnis  von  Staat  und  Kirche  unausbleiblich  sich  aufwerfen, 
in  direkter  außeramtlicher  Korrespondenz  mit  türkischen  Beamten 
erledigt  werden,  aber  „ils  ne  sont  pas  obliges  de  me  repondre"  sagte 
mir  Msgr.  Piavi  von  den  letzteren;  sie  können  den  Patriarchen  auf  den 
diplomatischen  Weg,  an  den  französischen  Generalkonsul  oder  die 
französische  Botschaft  verweisen,  ohne  daß  ihm  ein  Rechtstitel  zu- 
stände, sich  über  diese  Behandlung  zu  beschweren1.  Während  die 
übrigen  staatlich  anerkannten  christlichen  Kirchen  unter  Bezugnahme 
auf  verbriefte  Rechte  mit  der  Staatsgewalt  verkehren,  ist  die  lateinische 
Kirche  für  ihre  kirchlichen  Interessen  auf  den  guten  Willen  türkischer 
Funktionäre  und  in  letzter  Instanz  auf  die  politischen  Erwägungen 
der  Französischen  Republik  angewiesen.  Ganz  offen  hat  mir  der  Pa- 
triarch gesagt,  daß  dank  dieses  Zustandes  die  orthodoxe  Kirche  immer 
mehr  Terrain  auf  Kosten  der  lateinischen  gewinne2.  Und  als  ich  ge- 
radeheraus frug,  ob  man  nicht  auch  in  Rom  erkenne,  daß  diese  Lage 
eine  „unwürdige"  und  den  kirchlichen  Interessen  schädliche  sei,  er- 
widerte mir  der  Prälat,  daß  ich  wohl  wisse,  an  welcher  Stelle  das 
Hindernis  läge. 

Wenn  Kardinal  Rampolla  dem  bayerischen  Gesandten  Baron  Cetto 
von  den  Schwierigkeiten  gesprochen  hat**,  welche  die  Protektorats- 
frage bezüglich  derjenigen  kirchlichen  Korporationen  mache,  welche 
eines  nationalen  Charakters  entbehrten,  bei  denen  also  mehrere  Pro- 
tektorate konkurrierend  zugelassen  werden  müßten,  so  verwirrt  er 
absichtlich  eine  klare  Sachlage.  Jene  Schwierigkeiten  hat  sich  der 
Heilige  Stuhl  selbst  geschaffen,   indem  er  aus   Konnivenz  für  franzö- 


*  Vgl.    Nr.    3354,    3357,    3359. 
*•  Vgl.   Nr.   3390. 

632 


sische  Eitelkeit  heute  noch  duldet,  daß  ein  fremder  Staat  sich  zwi- 
schen die  Kirche  und  die  türkische  Staatsgewalt  einschiebt,  um  ein 
Protektorat  auszuüben,  welches  keine  rechtliche  Grundlage  mehr  be- 
sitzt, und  bei  dessen  Ausübung  die  kirchlichen  Interessen  in  aller- 
letzter Reihe  maßgebend  sind.  A  priori  bedarf  es  für  die  lateinische 
Kirche  in  der  Türkei  gar  keines  Protektorats  einer  oder  mehrerer 
Mächte.  Wie  Rom  die  geistlichen  Interessen  der  Katholiken  zu  schüt- 
zen hat,  so  ist  der  naturgemäße  Schützer  ihrer  staatskirchlichen  Inter- 
essen die  Staatsgewalt  des  Territoriums,  innerhalb  dessen  die  letz- 
teren in  Erscheinung  treten.  Man  mag  über  die  türkischen  Dinge 
denken,  wie  man  will,  niemand  wird  bestreiten  können,  daß  die 
türkische  Staatsgewalt  den  Willen  und  die  Macht  hat,  die  staats- 
kirchlichen Interessen  der  lateinischen  Kirche  wirksam  zu  schützen.  Die 
Menge  anerkannter  christlicher  Konfessionen  und  christlicher  Sekten, 
die  im  Ottomanischen  Reiche  nicht  nur  frei  und  ungehindert,  sondern 
unter  dem  kräftigen  Schutze  der  Staatsgewalt  bestehen,  beweist  dies. 
Hierzu  kommt,  daß  für  die  Türkei  die  lateinische  Kirche,  eben  weil 
sie  nur  von  Rom  als  geistlichem  Oberhaupte  abhängt,  als  ein  staats- 
erhaltendes Element  erscheint,  während  bezüglich  der  orthodoxen 
Kirche  angesichts  der  politisch-nationalen  Aspirationen,  die  sich  an 
ihre  Anstalten  und  ihre  Propaganda  knüpfen,  dasselbe  nicht  gesagt 
werden  kann.  Der  heutige  Zustand,  daß  die  territoriale  Staatsgewalt, 
obgleich  sie  ein  eigenes  Interesse  an  der  Erhaltung  und  Kräftigung 
der  lateinischen  Kirche  besitzt,  beiseitegeschoben  und  dagegen  als 
Schützer  jener  Kirche  seitens  des  Heiligen  Stuhls  eine  dritte  Macht 
anerkannt  wird,  die  für  kirchliche  Dinge  ein  Interesse  überhaupt  nicht 
besitzt,  und  deren  politische  Interessen  denen  der  lateinischen  Kirche 
entgegenlaufen,  dieser  Zustand  enthält  einen  so  grellen  Widerspruch, 
daß  er  unmöglich  auf  die  Dauer  bestehen  kann. 

Wenn  es  sich  bei  der  Frage  vornehmlich  um  kirchliche  Interessen 
handelte,  so  könnte  man  Rom  gegenüber  sich  auf  den  Standpunkt 
zurückziehen:  ,,beneficia  non  obtruduntur".  Aber  die  Sache  liegt  an- 
ders. —  Kardinal  Rampolla  glaubt  die  politischen  Bedenken,  die 
von  deutscher  und  anderer  Seite  gegen  das  französische  Protektorat 
geltend  gemacht  werden,  damit  zu  beseitigen,  daß  er  die  Individuen 
und  die  nationalen  Einrichtungen  preisgibt  und  jenes  Protektorat  auf 
die  römische  Kirche  als  Idealbegriff  und  die  internationalen  Anstalten 
beschränkt.  Der  Kardinal  gibt  damit  nur  das  auf,  was  uns  gegenüber 
niemals  bestanden  hat.  Auch  in  jener  Beschränkung  bilden  die  fran- 
zösischen Prätensionen  ein  politisches  Gravamen  für  jede  Macht,  die 
eine  zahlreiche  katholische  Bevölkerung  und  erhebliche  Interessen  im 
Orient  besitzt,  denn  es  wird  damit  Frankreich  der  Gesamtheit  der 
Katholiken  und  den  für  solche  Dinge  sehr  empfänglichen  Orientalen 
gegenüber  eine  bevorzugte  Stellung  eingeräumt,  die  heutzutage  weder 
im  internationalen  Recht  noch  in  den  bestehenden  Machtverhältnissen 

633 


irgendeine  Grundlage  findet.  Ob,  solange  Kardinal  Rampolla  die 
Geschäfte  führt,  eine  Wendung  in  dieser  Frage  eintreten  wird,  mag 
zweifelhaft  sein.  Von  der  nationalen  Bewegung,  welche  die  jüngsten 
Vorgänge  unter  den  deutschen  Katholiken  hervorgerufen  haben,  er- 
warte ich  insofern  eine  günstige  Wirkung,  als  dieselbe  der  Gründung 
deutsch-nationaler  katholischer  Anstalten  in  der  Türkei  zu- 
gute kommen  und  dieser  stillschweigende  Protest  gegen  die  Politik 
Rampollas  vielleicht  das  wirksamste  Mittel  sein  wird,  in  Rom  einen 
Umschwung   an   maßgebender  Stelle   hervorzurufen. 

Niemand  wird  dem  Heiligen  Stuhle  zumuten,  daß  er  Frankreich 
gegenüber  einen  formellen  Schritt  zur  Aufhebung  des  sogenannten 
Protektorats  unternehme.  Msgr.  Piavi  stimmte  dem  Gedanken  völlig 
zu,  daß  zunächst  die  Remedur  in  der  Anknüpfung  direkter  Beziehun- 
gen zwischen  der  Kurie  und  der  Pforte  liege,  mit  dem  Ziele,  der  la- 
teinischen Kirche  eine  anerkannte  Stellung  im  Ottomanischen  Reiche 
zu  verschaffen.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  erachtet  auch  er  die 
Errichtung  einer  türkischen  Gesandtschaft  beim  Vatikan  für  sehr  wün- 
schenswert3. Ist  erst  diese  direkte  Verbindung  hergestellt,  und  kön- 
nen Einzelfragen  auf  diesem  Wege  gelöst  werden,  so  wird  auch  die 
allgemeine  Verständigung  über  die  Stellung  der  lateinischen  Kirche  im 
Ottomanischen  Reiche  nicht  ausbleiben.  Der  Sultan  wird  der  lateini- 
schen Kirche  gern  die  Stellung  einräumen,  welche  die  übrigen  Reli- 
gionsgemeinschaften in  seinem  Reiche  einnehmen  und  die  staatliche 
Anerkennung  lateinischer  Patriarchen  und  Bischöfe  unter  der  Vor- 
aussetzung gewähren,  daß  in  gehöriger  Form  das  Agrement  von  ihm 
erbeten  wird.  Das  eigene  Interesse,  die  Protektoratsfrage  mit  allen 
ihren  Plackereien  und  Einmischungen  fremder  Mächte  in  innere  Ver- 
hältnisse nicht  wieder  aufleben  zu  lassen,  ist  unter  allen  Umständen  so 
groß,  daß  von  der  ottomanischen  Regierung  ganz  sicher  eine  diffe- 
rentiell  ungünstige  Behandlung  der  lateinischen  Kirche  nicht  zu  er- 
warten steht. 

Nach  meiner  Unterredung  mit  Msgr.  Piavi  begreife  ich  die  Wut, 
mit  der  die  Franzosen  ihn  verfolgen.  Dieser  Kirchenfürst  hat  eben 
wie  kein  anderer  die  Folgen  des  französischen  Protektorats  aus  näch- 
ster Nähe  beobachten  können.  Bei  allen  den  heiligen  Stätten  ist  heute 
die  orthodoxe  Kirche  der  präponderante  Mitteilhaber  geworden3;  selbst 
bei  solchen  ist  dies  der  Fall,  die  vor  Jahren  noch  im  ausschließlichen 
Besitze  der  Lateiner  gewesen  sind.  Und  trotzdem  erheben  die  Ortho- 
doxen unaufhörlich  neue  Ansprüche,  denen  Frankreich  und  darum 
auch  der  türkische  Beamte  keinen  Widerstand  entgegensetzt.  Um  so 
gewaltiger  war  die  Wirkung,  welche  die  großherzige  Zuwendung 
der  Dormition  an  die  deutschen  Katholiken  hervorgerufen  hat.  Es 
ist  eine  Tatsache,  die  vielleicht  noch  nicht  hervorgehoben  wurde,  daß 
von  allen  großen  Heiligtümern  im  Heiligen  "  ,.;de  die  dormition 
de  la  Ste.  Vierge  nunmehr  das  einzige  ist,  das  sich  in  ausschließ- 

634 


lichem  Besitze  der  römischen  Katholiken  befindet.  Und  es  war  ein 
Akt  der  Fürsorge  gegen  alle  etwaigen  Velleitäten  von  Mitbesitz  seitens 
anderer  Konfessionen,  daß  das  Eigentum  an  dem  Grundstück  Seiner 
Majestät  dem  Kaiser  verblieb  und  das  Heiligtum  damit  für  alle  Zeit 
gegen  den  französischen  Schutz  gefeit  ist4. 

Marschall 

Randbemerkungen  Kaiser  Wilhelms  II.: 

1  Ein  unmöglicher  Zustand 

2  richtig,  das  war  ja  deutlich  zu  sehen 

3  ja 

i  sehr  richtig!  schade,  daß  das  nicht  schon  früher  hat  betont  werden  können 


Nr.  3393 

Der  preußische  Geschäftsträger  beim  Päpstlichen  Stuhl  von  Below- 

Rutzau  an  den  preußischen  Minister  der  Auswärtigen 

Angelegenheiten  Fürsten  von  Hohenlohe 

Ausfertigung 

Nr.  184  Rom,  den  22.  Dezember  1898 

Streng  vertraulich 

Angesichts  der  immer  bestimmter  auftretenden  Zeitungsgerüchte, 
betreffend  die  Abberufung  des  hiesigen  französischen  Botschafters*, 
sowie  der  ausweichenden  Antworten,  welche  der  Kardinalstaatssekretär 
noch  auf  dem  letzten  Diplomatenempfange  mehreren  hiesigen  Ver- 
tretern auf  ihre  diesbezüglichen  Anfragen  erteilt  hatte,  bat  ich  heute 
Monsignore  de  Montel  **,  bei  seinem  französischen  Kollegen  von  der 
Rota***  zuverlässige  Erkundigungen  einzuziehen.  Derselbe  hat  ihm 
an  der  Hand  von  Briefen,  die  er  vom  Quai  d'Orsay  und  der  hiesigen 
Botschaft  erhalten,  folgendes  mitgeteilt. 

Seit  ungefähr  einem  Monat  habe  man  in  den  Pariser  leitenden 
Kreisen  unter  dem  Eindrucke  der  Orientreise  Seiner  Majestät  und 
der  für  die  französische  Eitelkeit  sehr  schmerzlichen  Entwickelung 
der  Protektoratsfrage  angefangen,  Vergleiche  anzustellen  zwischen  der 
hiesigen  Wirksamkeit  des  Herrn  Poubelle  und  derjenigen  seines  Amts- 
vorgängers f,  welcher  nicht  nur  im  allgemeinen,  sondern  besonders 
im  Jahre  1886  in  der  chinesischen  Angelegenheit  wesentlich  besser 
abgeschnitten  habe. 

Diese  Herrn  Poubelle  ungünstige  Stimmung  blieb  Herrn  Nisard 
natürlich   nicht   verborgen.    Obwohl   er  bereits  für   Bern   in   Aussicht 


*  Poubelle. 

**  österreichischer  Delegierter  und  Dekan  der  Rota. 

***  Monsignore  Mourey. 

f  Comte   Lefebvre   de    Behaine. 


635 


genommen  worden  sei,  habe  er  seine  bereits  im  Januar  1896  zur  Zeit 
der  Abberufung  Behaines  geltendgemachte  Bewerbung  um  den  hie- 
sigen Posten  energisch  erneuert.  Daß  er  denselben  erhalten*,  führt 
Monsignore  Mourey  auf  folgende  Erwägungen  zurück: 

Aus  seiner  langjährigen  Tätigkeit  als  Direktor  der  politischen 
Abteilung  am  Quai  d'Orsay  kenne  er  nicht  nur  die  ganze  politische 
Lage,  sondern  auch  insbesondere  die  Entwickelung  der  Protektorats- 
frage in  China  und  Kleinasien  genau.  Vor  allen  Dingen  aber  sei  er 
von  jener  Zeit  her  mit  der  Behaineschen  geschickten  und  energischen 
Politik  gründlich  vertraut,  und  man  erwarte  daher  von  ihm,  daß  er 
dieselbe  fortsetzen  und  sich  seiner  hiesigen  Aufgabe  in  wesentlich 
-vollkommenerem  Grade  gewachsen  zeigen  werde,  als  dies  Herrn 
Poubelle  gelungen  sei.  Er  beherrsche  ferner  im  Gegensatz  zu  letz- 
terem die  diplomatischen  Umgangsformen,  ein  Punkt,  welcher  hier 
im  Hinblick  auf  den  Verkehr  mit  den  Kardinälen  mit  Recht  für  be- 
sonders wichtig  gilt.  Endlich  habe  er  einen  festen  dezidierten  Cha- 
rakter; man  werde  hier,  wie  Montel  Monsignore  Moureys  Ausdruck 
wiedergab,  finden,   daß   nicht  gut  mit  ihm   „Kirschen   essen   sei". 

Als  seinen  einzigen  Fehler  bezeichnete  mein  Gewährsmann  seine 
hochgradige  Taubheit,  eine  Eigenschaft,  die  bereits  im  hiesigen  di- 
plomatischen Korps  manche  hoffen  läßt,  daß  sie  im  Vorzimmer  des 
Kardinals  wartend  mitunter  Bruchstücke  von  dessen  Konversation 
mit  dem   neuen  Botschafter  werden  belauschen  können. 

B  elow 

Bemerkung   Kaiser  Wilhelms    II.   am    Kopf  des   Schriftstücks: 
Also  einen   Kampf  ums   Protektorat  giebt  es  doch!   Daß   Rotenhan   scharf  und 
unbeugsam    bleibe,   und   unsere    Katholiken   ordentlich   auf   Nisard   und   Gallien 
scharf  gemacht  werden. 

•  Der  Antritt  Nisards  als  Botschafter  der  Republik  beim  Päpstlichen  Stuhl 
erfolgte  im  Februar  1899.  Die  Ersetzung  Poubelles  durch  Nisard  beweist,  daß 
man  französischerseits  nicht  geneigt  war,  die  französischen  Protektoratsan- 
sprüche aufzugeben.  Immerhin  gaben  sich  die  französischen  Staatsmänner  über 
die  tatsächliche  Entwertung  dieser  Ansprüche  keinen  Illusionen  hin.  Zu  dem 
deutschen  Journalisten  von  Huhn  sagte  der  französische  Minister  des  Äußern 
Delcasse  in  der  zweiten  Hälfte  November  1898,  daß  diese  Frage  für  ihn 
nicht  mehr  existiere.  Sie  sei  an  sich  ganz  wertlos  und  vollends  nicht  wert, 
sich  ihretwegen  mit  Deutschland  zu  überwerfen.  Aufzeichnung  von  Huhns  vom 
5.  Dezember    1898;   siehe   Bd.   XIII,   Kap.   LXXXIX. 

Deutscherseits  stellte  man  sich  auf  den  Standpunkt,  daß  durch  die  Orientreise 
des  Kaisers  das  französische  Protektorat  über  den  Haufen  geworfen  sei.  Vgl. 
Nr.  3395.  Minder  schroff  drückte  sich  Staatssekretär  von  Bülow  in  seiner 
Reichstagsrede  vom  13.  Dezember  1898  aus:  „Wir  bekämpfen  im  Orient  auch 
nicht  französische  Interessen,  aber  ein  fremdes  Protektorat  über  deutsche  Staats- 
bürger gibt  es  nicht.  Wir  sind  weit  entfernt,  eine  Schutzherrschaft  über 
andere  Staatsbürger  in  Anspruch  zu  nehmen,  aber  es  steht  dem  Kaiser  über  die 
Deutschen  zu.  Es  trifft  auch  nicht  zu,  daß  ein  solches  Protektorat  erst  durch 
die  Orientreise  des  Kaisers  begründet  worden  wäre.  Dieses  Protektorat  be- 
stand schon  früher,  es  besteht  seit  dem  18.  Januar  1871."  Die  Ausführungen 
des    Staatssekretärs    fanden   die   volle    Billigung    des   gesamten    Reichstags   und 

636 


Nr.  3394 

Der  preußische  Gesandte  beim  Päpstlichen  Stuhl  Freiherr  von 
Rotenhan  an  das  Auswärtige  Amt 

Telegramm.  Entzifferung 
Nr.  64  R°m»  den  27-  Dezember  1898 

Heute  habe  ich  dem  Papst  mein  allerhöchstes  Beglaubigungs- 
schreiben überreicht. 

Bei  der  nachfolgenden  Privataudienz  habe  ich  mich  gemäß  Erlaß 
vom  15.  d.  Mts.  Nr.  121*  nachdrücklich  geäußert.  Leo  XIII.  erwiderte, 
die  Nachricht  von  beabsichtigter  Abberufung  des  Patriarchen  von 
Jerusalem  Monsignore  Piavi  oder  seiner  Ernennung  zum  Kardinal  sei 
falsch,  Seine  Heiligkeit  könne  sich  zwar  nicht  für  längere  Zeit  binden, 
ich  möge  aber  Seiner  Majestät  mit  dem  Ausdruck  der  hohen  Ver- 
ehrung Seiner  Heiligkeit  melden,  daß  er  in  der  nächsten  Zeit  Mon- 
signore  Piavi   nicht  versetzen   werde**. 

Der   Kardinalstaatssekretär   sagte    mir,   angesichts   des  Wunsches 

Seiner  Majestät  werde  Monsignore  Piavi  jetzt  nicht  abberufen  werden, 

dies  sei  übrigens  zurzeit  nicht  beabsichtigt  gewesen. 

Bericht  folgt. 

Rotenhan 

Nr.  3395 

Der  preußische  Gesandte  beim  Päpstlichen  Stuhl  Freiherr  von 

Rotenhan  an  den  preußischen  Minister  der  Auswärtigen 

Angelegenheiten  Fürsten  von  Hohenlohe 

Entzifferung 
Nn  125  Rom,  den  12.  Juli  1899 

Geheim 

Msgr.    Montel    hat,    wie    er    mir    ganz    vertraulich    sagte, 
gelegentlich  einer  Audienz  vor  einigen  Tagen  Seiner  Heiligkeit  davon 

namentlich  auch  des  Zentrums.  Die  Wortführer  des  Zentrums,  die  Abgeordneten 
Fritzen  und  Lieber,  bekannten  sich  zu  der  Auffassung:  „Die  deutschen  Katho- 
liken lehnen  aus  voller  Überzeugung  das  französische  Protektorat  im  Orient  aus 
nationalen   Gründen   ab." 

*  Durch  Erlaß  Nr.  121  vom  15.  Dezember  war  Freiherr  von  Rotenhan  ange- 
wiesen worden,  alles  aufzubieten,  um  die  neuerdings  von  französischer  Seite 
nachdrücklich  betriebene  Abberufung  des  Patriarchen  Piavi  aus  Jerusalem  zu 
verhindern. 

**  Nach  einer  späteren  Meldung  des  Konsuls  Rosen  in  Jerusalem  vom  25.  Okto- 
ber 1899  hätte  Piavi  aus  Rom  die  offizielle  Mitteilung  erhalten,  daß  der  Papst 
beschlossen  habe,  ihn  als  Residenzial-Patriarchen  auf  Lebenszeit  in  Jerusalem 
zu  belassen. 

637 


gesprochen,  wie  begeistert  die  deutschen  Katholiken  die  Erwerbung 
der  Heimstätte  Marias  in  Jerusalem  aufgenommen  hätten,  und  wie  sie 
sich  am  deutschen  Schutze  in  Palästina  freuten ;  es  errege  deshalb 
unter  ihnen  einige  Unruhe,  daß  es  den  Anschein  habe,  als  ob  der 
Heilige  Stuhl  sich  mehr  für  Frankreich  und  dessen  Schutzrechte  inter- 
essiere. 

Der  Papst  erwiderte,  er  habe  sich  ebenfalls  über  die  Erwerbung 
der  Dormition  sehr  gefreut,  zu  seiner  Freude  werde  jetzt  auch  eine 
Kirche  dort  erbaut  werden.  Deutschland  werde  das  Schutzrecht  dar- 
über und  über  seine  katholischen  Anstalten  in  ihrer  Entwickelung  in 
Palästina  ebenso  wie  in  China  de  facto  ausüben;  er  habe  nichts  da- 
gegen zu  erinnern.  Nur  solle  man  nicht  von  ihm  verlangen,  daß  er 
formell  erkläre,  das  über  200jährige  Schutzrecht  Frankreichs,  für 
das  die  Kirche  dankbar  sein  müsse,  sei  aufgehoben.  Es  beständen 
ja  Mißbräuche,  es  werde  solche  auch  weiterhin  geben,  und  man  werde 
versuchen,  dagegen  anzukämpfen.  Aber  Frankreich  sende  weitaus 
die  meisten  Missionare,  steuere  das  meiste  Geld  für  Missionszwecke, 
der  französische  Klerus  und  das  gläubige  französische  Volk  hingen 
mit  ganzer  Seele  am  Missionswerk  und  an  dem  traditionellen  Schutz- 
recht.   Dem  müsse  die  Kurie  Rechnung  tragen. 

Rotenhan 


638 


Namenregister  zu  Band  VII-  XII  *) 


•)  Vgl.  die  Vorbemerkung  zum  Namenregister  in  Bd.  VI. 


Abasa,  Alexander,  Chef  der  wirt- 
schaftlichen Abteilung  des  russ. 
Reichsrats    (1884). 

VII,  S.  393. 

A  b  b  a  s    II.    H  i  1  m  i ,    Khedive    von 

Ägypten   1892/1914. 
VIII,  S.  187.    187  A.    188.    188  A.    191. 

192.  199.  203.  207.  208.  211. 
213  A.  215.  221.  222.  224.  225. 
226.    226  A.    231.    232.    233. 

XI,  S.  168.    178. 
Abdul     Ahad     Chan,      Emir     von 
Bochara   1885/1911. 
VII,  S.  417. 
XII,  S.  137. 
Abdul  A  s  i  s  ,  Sultan  von  Marokko 

1894/1908. 
VIII,  S.  329  A.    330  A.    333.    335.    337. 

338. 
Abdul   Asis,   türk.   Sultan   1861/76. 
X,  S.  75.  84.  84  A.  106. 
XII,  S.  18.    259.    563. 
Abdul    Hamid     II.,    türk.    Sultan 
1876/1909. 
VII,  S.  6.    25.    26.   27.    76.    267. 

VIII,  S.  35.  67.  68.  69.  70  A.  145. 
146.  147.  154.  155.  156.  157. 
158.  159.  161.  162.  164.  165. 
166.  167.  168.  169.  170.  173. 
174.  175.  176.  177.  178.  179, 
179  A.  180  A.  181.  181  A.  182. 
183.    183  A.    189.    190.    191.    192. 

193.  194.  195.  196.  197.  198. 
199.  200.  201.  202.  203.  205. 
206.  207.  208.  209.  211.  212. 
213.  213  A.  214.  215.  221.  228. 
229.  230.  231.  250.  251.  253. 
258.  260.  262.  266.  268.  269. 
270.  271  A.  274.  275.  276.  277. 
281.  282.  283.  285.  287.  290. 
390.   471. 

IX,  S.  3.  8.  11.  12.  13.  14.  16.  17. 
18.  19.  20.  21.  24.  26.  27.  28. 
31.  35.  36.  41.  42.  43.  44.  44  A. 


46.  47.  48.  49.  50.  51.  52.  53. 
56.  57.  59.  61.  62.  64.  66.  70. 
71.  72.  73.  74.  75.  75  A.  76. 
78.  89.  91.  92.  93.  111.  112. 
113.    135.    189.    189  A.    190.    191. 

192.  194.  195.  197  A.  198.  199. 
199  A.  200.  200  A.  201.  201  A. 
202.  203.  204.  205.  206.  207. 
208.  209.  210.  211.  212.  213. 
222.  224.  225.  226.  227.  228. 
229.  230.  231.  232.  233.  234. 
237. 

X,  S.  10.  25.  28.  32  A.  33.  39. 
40.  41.  42.  43.  44.  45.  45  A.  46. 
48.  49.  50.  51.  52.  53.  54.  55. 
56.  57.  58.  59.  60.  61.  62.  65. 
66.  69.  71.  72.  74.  75.  76.  77. 
78.  79.  83.  84.  91.  92.  93.  93  A. 
95.  96.  97.  98.  101.  102.  103. 
105.  106.  107.  108.  109.  110. 
111.  115.  116.  117.  118.  127. 
128.  132.  132  A.  133.  145.  149  A. 
153.  163.  164.  173.  174.  176. 
177.  181.  182.  183.  184.  186. 
187.  188.  189.  190.  191.  193. 
194.  195.  196.  197.  208.  220. 
224.  230.  250.  257. 
XI,  S.  103.  105.  136.  137.  138.  145. 
147.  148.  150.  154.  168.  178. 
179.  190.  340.  357.  358.  360. 
XII,  S.  3.  5.  7.  17.  18.  19.  20.  21. 
22.  24.  25.  26.  27.  28.  29.  30. 
31.  32.  33.  34.  35.  36.  37. 
37  A.  38.  39.  40.  41.  43.  52  A. 
62  A.  63.  65.  81.  84.  86.  87. 
95.  96.  102.  111.  115.  115  A. 
116.  121.  122.  124.  126.  134. 
134  A.  137.  140.  142.  143.  145. 
146.  147.  147  A.  148.  149.  149  A. 
159.    179.    184.    185.    189.    190. 

193.  195.  197.  201.  205.  206. 
207  A.  212.  213.  221.  223.  225. 
225  A.  226.  227.  228.  229.  230. 
231.    234.    235.    236.    238.    239. 


41     Die  Große   Politik.     12.  Bd. 


641 


240.    241.    242.    243.    244.    245. 

247.    248.    249.    250.    251.    252. 

252  A.  253.  253  A.  254.255.  257. 

257  A.    258.    259.    263.    264.    265. 

266.    267.    268.    270.    271.    271  A. 

272.     278.     287.     311.     315.     316. 

332.    333.    334.     338.     339.    340. 

341.     352.     382.     399.     400.     411. 

412.    419.    422.    423.    423  A.    424. 

425.     426.     427.     428.     429.     430. 

441  A.  444.  446.  449.  450.  451  A. 

456.     457.     458.     461.     462.     463. 

465.     466.     469.     470.     471.     472. 

474.     475.     476.     477.     478.     479. 

480.    484.    485.    487.    488.     490. 

491.    492.    493.    493  A.    494.    497. 

500.     501.     502.     503.     506.     507. 

508.    509.    509  A.    510.    511.    517. 

518.    527.    528.    530.    532.    533. 

537.    540.    541.    547  A.   557.    558. 

560.     561.     563.     564.     565.     566. 

567.    568.    569.    570.    571  A.    572. 

573.    574.    575  A.    577.    578.    579. 

580.    581.    582.    583.    584.    585. 

593.    594.    595.    596.    597.    598. 

599.   600.   602.   602  A.   603.   604. 

605.   606.   607.   607  A.  608.  609. 

610.  612.  613.  618.  618  A.  619. 

620    621.  622.  634. 
Abdullah    Pascha,    türk.    Divisions- 
general,  Generalgouverneur  von 

Kreta    (1896). 
IX,  S.  204.  205.  206. 
XII,  S.    156.    159.    179.    181. 
Abdullah    Taashi,    Mahdi,    Oberbe- 
fehlshaber der  Derwische,  Nach- 
folger   des    Mahdi    Mohammed 

Ahmed,   1885/99. 
XI,  S.  152.    164.   238.   261. 
XII.  S.  612  A. 
Abdur   Rahman   Chan,    Emir  von 

Afghanistan    1880/1901. 
VIII,  S.  78. 

Abessinien,  s.  Johannes,  Menelik. 
Aberdare,      Lord,      Direktor     der 
„Royal  Niger  Company"  (1890). 
VIII,  S.  14. 
A  c  c  i  n  n  i ,  ital.  Vizeadmiral  (1895). 

X,  S.  175.    179.  212. 
A  c  h  i  k  i  a  n  ,    Choran,    armen,   grego- 
rian.     Patriarch     in     Konstanti- 
nopel   (1890). 
IX,  S.  190.   191.   191  A. 
A  d  a  1  b  e  r  t ,  Prinz  von  Preußen,  drit- 
ter Sohn  Kaiser  Wilhelms  II. 


IX,  S.  368. 
Adam,     Juliette,     franz.     Schriftstel- 
lerin. 
VII,  S.  255. 
Adolf,    Herzog    zu    Nassau,    Groß- 
herzog von  Luxemburg  1890  bis 
1905. 

VII,  S.  327. 

Ägypten,    s.    Abbas    II.    Hilmi,    Is- 
mail, Mehemed  Tewfik. 

Aehrenthal,  Alois  Freiherr  von, 
Botschaftsrat  bei  der  österr.-ung. 
Botschaft  in  Petersburg  1888  bis 
1894,  Gesandter  in  Bukarest  1895 
bis  1899,  Botschafter  in  Peters- 
burg 1899/1906. 
VII,  S.  209. 
IX,  S.  37.   38. 

XI,  S.  301. 

XII,  S.  538.    538  A. 
Afghanistan    s.    Abdur    Rahman. 
Ahmed    ben    Mussa,    marokkan. 

Großwesir   (1895). 

VIII,  S.  336,    338.     339.     339  A. 

A  h  1  w  a  r  d  t ,  Rektor,  Reichstagsabge- 
ordneter  (1893). 
VII,  S.  419  A. 
Albert,    König    von    Sachsen    1873 
bis   1902. 
VII,  S.  110  A.    111.    113.    370.    371. 
XII,  S.  61.  62. 
Albert,    Prinz    von    Sachsen-Alten- 
burg,  Kommandeur  der  3.  Garde- 
Kavallerie-Brigade,    vorm.    russ. 
Generalmajor    (1891). 
VII,  S.  202.   203.   413.   413  A.   414. 
Albert,    Prinz    von    Schleswig-Hol- 
stein-Sonderburg-Glücksburg. 
X,  S.  67. 
Albert  Viktor,  Herzog  von  Cla- 
rence     und     Avondale,     ältester 
Sohn    des    Prinzen    Eduard    von 
Wales,    t  1892. 
VII,  S.  407.    407  A. 
A  1  b  r  e  c  h  t ,     Erzherzog    von    Öster- 
reich,    Feldmarschall,     General- 
Inspektor    des    k.    u.    k.    Heeres 
(1891). 
VII,  S.  111.   113.   114. 
Alexander,  Prinz  von  Battenberg, 
Fürst   von   Bulgarien   1879/86. 
IX,  S.  21. 
X,  S.   143. 
XII,  S.  108.  110.  332.  462. 


642 


Alexander  I.  Obrenowitsch,  König 
von    Serbien    1889/1903. 
VII,  S.  208.   208  A.   213. 
IX,  S.  22  A.  67. 

XII,  S.  113  A.  116.  117.  138.  141.142. 
144.   147.   149.  548  A. 
Alexander    II.,    Kaiser    von    Ruß- 
land 1855/81. 
VII,  S.  12.    26.    245.    254.    348.    357. 
358.    375.    377.    378.    383.    421. 
433.  436.  440. 
IX,  S.  22.    77.    77  A.    100.    101.    368. 
XII,  S.  288.    519.    546. 
Alexander    III.,    Kaiser   von    Ruß- 
land 1881/94. 

VII,  S.  3.  3A.  4.  8.  9.  11.  12.  13. 
14.  14  A.  15.  16.  17.  18.  20.  21. 
27.  28.  30.  31.  34.  35.  39.  40. 
54.  191.  192.  195.  200.  201.  202. 
203.  204.  205.  206.  207.  207  A. 
208.  209.  210.  211.  212.  213.  214. 
216.  220.  220  A.  222.  223.  225, 
227.  228.  228  A.  232.  233  A.  234. 
234  A.  236.  237.  239  A.  240.  241. 
242.  243.  244.  245.  246  A.  247. 
247  A.  248.  249.  250.  252.  254. 
255.  256.  258.  298.  312.  315.  317. 
328.  328  A.  338.  343.  348.  349. 
350.  351.  351  A.  352.  353.  353  A. 
354.  356.  357.  358.  359.  360. 
361.  364.  365.  366.  368.  370. 
371.  372.  372  A.  373.  373  A.  374. 
380.  383.  384.  401.  407.  408.  409. 
409  A.  410.  411.  412.  413.  413  A. 
414.  415.  416.  416  A.  417.  418. 
419  A.  420.  420  A.  421.  422.  423. 
424.  424  A.  426.  428.  429.  430. 
431.  432.  432  A.  433.  436.  438. 
439.  439  A.  440.  440  A.  444.  445. 
451.  454.  457. 

VIII,  S.  63.  66.  70  A.  209.  211. 

IX,  S.  6.   8.   19.   21.   22.   37.   38.   63. 
65.    77.    77  A.    87.    96.    97.    99. 
100.     108.     110.     113.     135.     142. 
148.     162.     170.     172.     180.     181. 
181  A.  244.  338.  339.  341.  348  A. 
349.   350.   357.   385. 
XI,  S.    353.    369  A.    374. 
XII,  S.  92  A.  94.   100. 
Alexander    Michailowitsch,    Groß- 
fürst   von    Rußland,    Sohn    des 
Großfürsten     Michael     Nikolaje- 
witsch. 
IX,  S.  340. 
Alexandra,  Prinzessin  von  Wales, 


Gemahlin    des    Prinzen    Eduard, 
geb.    Prinzessin   von   Dänemark. 
XII,  S.  310  A.  332  A. 
Alexandra    Feodorovvna,    Kaiserin 
von    Rußland,    Gemahlin    Niko- 
laus   I.,    Tochter    König    Fried- 
rich Wilhelms  III.  von  Preußen. 
VII,  S.  378. 
Alexandra    Feodorowna,    Kaiserin 
von    Rußland,    Gemahlin    Niko- 
laus   II.,    geb.    Prinzessin    Alix 
von   Hessen-Darmstadt. 
VII,  S.  455.  455  A.  457. 
IX,  S.  174.     338.      338  A.     339.     344. 
351.     352.     358.     360.    361.     368. 
385. 
X    S.  93.  98. 

XI*  S.  43.  209  A.  286.  347  A.  350  A. 
351  A.    357  A.    359.    359  A.    360. 
363.     363  A.     364.     365.     368. 
369  A.    372. 
XII,  S.  3A.  53  A.  56  A.  59.  59  A.  60. 
62  A.  438. 
Alexandra  Georgievvna,   Gemahlin 
des  Großfürsten  Paul  von  Ruß- 
land, geb.   Prinzessin  von  Grie- 
chenland. 
VII,  S.  366. 
Alexis    Alexandrowitsch,   Großfürst, 
zweiter  Sohn  Kaiser  Alexanders 
II.  von  Rußland. 

VII,  S.  219.  249.  253.  359. 
IX,  S.  339. 

XI,  S.  342. 

XII,  S.  81. 

Alfred,    Herzog    von    Sachsen-Ko- 

burg-Gotha    1893/1900,     Herzog 

von  Edinburg,  zweiter  Sohn  der 

Königin    Viktoria    von    England. 

VII,  S.  424  A.    425.    427. 
IX,  S.  101.  102.  170.  172. 

Ali,    Bey    von    Tunis    1882/1902. 

VIII,  S.  31.  37.  244.  245.  248.  249. 
250.  251.  252.  253.  253  A.  256. 
256  A.   259.   272.   273  A. 

Ali  b  e  n  Said,  Sultan  von  Sansi- 
bar  1890/93. 

VIII,  S.  16.  23.  24.  28.  28  A.  29.  30. 
31.  32.  32  A.  33.  36.  38.  39. 

Allemand-Lavigerie,       Kardi- 
nal,Erzbischof  von  Algier  (1891). 
VII,  S.  230. 
Altvater,  russ.  General  (1895). 
IX,  S.  364. 


ii- 


643 


A  1  u  1  a  ,   Ras,  abessin.  Häuptling   und 

Feldherr  in  Tiare. 
VIII,  S.  347A.  348.  349.  357.  358.  378. 

XI,  S.  260. 
Alvensleben,  Graf  von,  Gesandter 

in  Brüssel  1888/1901. 
VIII,  S.  428.     434.    439.    440.     457  A. 
463  A. 
IX,  S.  160  A. 
XII,  S.  319  A. 
Ambro    von    Adamocz,     Baron, 
Sekretär  bei  der  österr.-ung.  Bot- 
schaft beim- Päpstl.  Stuhl  (1898). 
XII,  S.  615. 
Anastasia,       Großherzogin       von 
Mecklenburg-Schwerin,    Gemah- 
lin   Friedrich    Franz    III.,    geb. 
Großfürstin    von     Rußland. 
XII,  S.  84.  84  A. 
Anderson,   Sir   Henry    Percy,    Ko- 
lonialreferent im  Foreign  Office 
1885/94,  Unterstaatssekretär 

1894/96. 
VIII,  S.  9.   9A.    10.   11.   11  A.    15.   17. 
19.    19  A.    23.    440.    447.    473  A. 
474  A. 
Anna,     Prinzessin     von     Battenberg, 
Gemahlin  des  Prinzen  Franz  Jo- 
seph, geb.  Prinzessin  von  Mon- 
tenegro. 
XII,  S.  449  A.  481. 
Andrässy,  Julius  Graf,  österr.-ung. 
Minister  des   Äußern   1871/79. 
VII,  S.  26. 
Andrew,     russ.     Admiral,     Befehls- 
haber   des    russ.    Mittelmeerge- 
schwaders   (1897). 
XII,  S.  318. 
Anthymos   VII.,   ökumenischer   Pa- 
triarch in  Konstantinopel  1894/97. 
XII.,  S.  110.   112.  140.   148.   150. 
A  n  t  o  n  e  1 1  i ,    Conte,     Unterstaatsse- 
kretär  im   ital.   Ministerium   des 
Äußern    (1890,    1894). 
VIII,  S.  349.  361. 

Antonowitsch,  Adjunkt  des  russ. 
Finanzministers  Witte  (1894). 
VII,  S.  456.    456  A.    457. 
Aoki,  Vicomte,  Japan.  Gesandter  in 
Berlin    1892/98. 
IX,  S.  245  A.  255.  256.  260.  261.  271. 
279  A.  282.  283.  285.  330. 
A  r  a  b  i   Pascha,   aufständischer  ägypt. 
General  (1882). 
XI,  S.  146  A. 


Arenberg,     August      Prinz      von, 
franz.   Abgeordneter. 
XI,  S.  160. 
Arenberg,       Franz      Prinz      von, 
Reichstagsabgeordneter. 
XII,  S.    5S9.    589  A.    619.    623. 
A  r  g  y  1 1 ,   Duke  of ,  engl.  Staatsmann 
und   Publizist. 
X,  S.  71.    81  A.    251. 
XI,  S.  8. 
A  r  i  f    Bey,    Kammerherr    des    Sultans 
Abdul   Hamid   II.   (1896). 
XII,  S.  34.  36. 
A  s  c  h  i  n  o  w  ,     russ.     Offizier,    „der 
freie    Kosak". 
VII,  S.  191  A.  265  A. 
Assim     Bey,      türk.     Gesandter     in 
Athen   1895/97,  designierter  Ge- 
sandter beim  Päpstl.  Stuhl  1893. 
XII,  S.  605.    605  A.    606. 
Atta  Joseph,  Sekretär  des  Negus 
Menelik     II.      von      Abessinien 
(1896). 
XI,  S.  259. 
A  u  b  e  r  t ,   franz.    Konsul   in    Pretoria 
(1896). 
XI,  S.  29. 
A  u  b  i  g  n  y  ,    Comte    d',    franz.    Ge- 
neralkonsul   in    Kairo    1888/91, 
Gesandter  in  Tanger  1891/94. 
VIII,  S.  155.  160.  319.  322.  323.  324A. 

327. 
Auguste      Viktoria,      Deutsche 
Kaiserin  und  Königin  von  Preu- 
ßen,     Gemahlin      Kaiser      Wil- 
helms   II.,    geb.    Prinzessin    von 
Schleswig -Holstein  -  Sonderburg- 
Augustenburg. 
VIII,  S.  65  A.   68. 
IX,  S.  224.  368. 
X,  S.  164. 
XI,  S.  127  A.      177  A.      247  A.     276. 

341  A.  357  A.  370. 
XII,  S.  112.   575  A. 
August     Wilhelm,      Prinz     von 
Preußen,     vierter     Sohn     Kaiser 
Wilhelms   II. 
IX,  S.  368. 
A  u  m  a  1  e  ,     Henry     Duc     d'Orleans, 
Sohn    Louis    Philipps. 
XII,  S.  95.  100.  107. 
Avarna,  Ducad',  ital.  Gesandter  in 
Athen   1896/1902. 
XII,  S.  182.  183.  185.  311.  312.  317. 
323.   325.   354.   355.  364  A.  397. 


644 


398  A.     415.     416.     417.     421. 
421  A.   422.   423. 
A  u  r  e  1  i  a  n  ,  rumän.  Ministerpräsident 
1896/97. 
XI,  S.  309  A. 
Avellan,  russ.  Admiral   (1893). 
VII,  S.  246  A.    249.    250.    253.    342. 

XI,  S.    363. 

A  z  a  r  i  a  n  ,  Peter,  armen,  kathol.  Pa- 
triarch in  Konstantinopel  (1895, 
1898). 

X,  S.  104.  105.  115.  134. 

XII,  S.  601. 

Bachmetiew,  russ.  Generalkonsul 
in  Sofia   1897/1906. 
XII,  S.  515.   516.   518.   519.   522.   523. 
525.    530.    536.    544.    547.    550. 
551.  552.  553. 
Baden,    s.    Friedrich    I.,    Josephine. 
B  a  d  e  n  i ,  Graf,  österr.-ung.  Minister- 
präsident  und   Minister   des    In- 
nern 1895/97. 
X,  S.  161.   161  A.    162.   209. 
XII,  S.  293. 
Bahri   Pascha,   türk.   Generalgouver- 
neur von  Charput  (1894). 
IX,  S.  207.  211. 
Baidissera,    ital.    General,    Ober- 
kommandierender   der    Truppen 
in  Abessinien  (1896). 
XI,  S.  234.  247  A.  248.  250.  251.  256. 
260.  261. 
Balfour,     Arthur     James,     Erster 
Lord  des  Schatzes  1891/92,  1895 
bis  1902  in  den  Kabinetten  Salis- 
bury. 
XI,  S.  149. 
XII,  S.  371. 
B  a  r  a  n  o  w  ,   Eduard  Graf,  Chef  des 
ökonomischen   Departements  des 
russ.  Reichsrats  (1884). 
VII,  S.  393. 
Baratieri,    ital.    General,    Gouver- 
neur von  Erythräa   1891/96. 
VIII,  S.  374.    374  A.    375.    376.    376  A. 
377. 
IX,  S.  177  A. 

XI,  S.  213.   214.   215.   220.   226.    227. 
234.   244.   247  A. 

Barbey,    franz.    Marineminister    im 
Kabinett  Freycinet    1890/92. 
VII,  S.  221. 

Bariatinsky,  Alexander  Iwano- 
witsch     Fürst,     russ.     Feldmar- 


schall, Oberbefehlshaber  der  Ar- 
mee im  Kaukasus  1856/62. 
VII,  S.  375.   376. 
Bariatinsky,  Anatol  Fürst,  Vater 
des    Fürsten   Wladimir   Anatolo- 
witsch. 
VII,  S.  359. 
Bariatinsky,  Nadina  Fürstin,  Ge- 
mahlin    des    Fürsten    Wladimir 
Anatolowitsch,  geb.  Gräfin  Sten- 
bock-Fermor. 
VII,  S.  359. 
Bariatinsky,     Olympia      Fürstin, 
Mutter     des     Fürsten     Wladimir 
Anatolowitsch. 
VII,  S.  359. 
Bariatinsky,    Wladimir    Anatolo- 
witsch    Fürst,     russ.      General- 
major,   Oberstjägermeister,    Be- 
gleiter des  Thronfolgers  auf  der 
Orientreise  1890/91. 
VII,  S.  358.   359.   360. 
Baring,   s.   Cromer. 
Barkhausen,  Präsident  des  Evan- 
gelischenOberkirchenrats  (1897). 
XII,  S.  557  A. 
Barone,   Dolmetscher   bei   der   ital. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1895). 
X,  S.  67.   70. 
Ba  r  o  ß  ,  ung.  Handelsminister  (1891). 

VII,  S.  164. 
Barrere,  franz.  Botschafter  in  Bern 
1894/97,  in   Rom  seit   1897. 
XI,  S.  54  A. 
Bartels,  Generalkonsul  in  Moskau 
(1892). 
VII,  S.  382. 
Barthelemy-St.  Hilaire,  Jules, 
franz.    Minister   des    Äußern    im 
Kabinett   Ferry   1880/81. 
VII,  S.  70. 

VIII,  S.  239.  254.  273  A. 
B  a  r  t  h  o  u  ,  franz.  Minister  des  Innern 
im    Kabinett    Meline    189698. 
XI,  S.  371. 
Bashford,    J.    L.,    engl.    Journalist, 
Korrespondent  des  „Daily  Tele- 
graph" in  Berlin. 
VII,  S.  104.    104  A. 
XI,  S.  375. 
Bassargin,     russ.     Konteradmiral 
(1890). 
VII,  S.  359.  360. 


645 


Battenberg,   s.    Alexander,    Anna, 

Franz  Joseph. 
B  a  u  d  i  n  ,  franz.  Abgeordneter  (1896). 

XI,  S.    374. 
Bauer,    Bischof   von    Brunn    (1895). 

VII,  S.  143  A. 
Bayern,   s.    Elisabeth. 
Beaconsfield,  Earl  of    (Benjamin 
Disraeli),    engl.    Premierminister 
1874/80. 
VIII,  S.  78. 
IX,  S.  125. 
Beaumanoir,  Marquis  de  l'Angle, 
franz.  Senator  (1895). 
IX,  S.  413.  413  A. 
B  e  b  e  1 ,    August,    Reichstagsabgeord- 
neter. 
VII,  S.  367. 
Beccaria      Incisa,      Marchese      di, 
ital.      Botschaftsrat     in      Berlin 
(1890,   1891),  Gesandter  in  Bu- 
karest   1895/1911. 
VIII,  S.  27  A.    244.    244  A.    251.    252. 
255.   259.  300.   300  A.   301. 

XI,  S.  307. 

Beck,     Freiherr      von,     österr.-ung. 

Feldmarschalleutnant,    Chef    des 

Generalstabes   1881/1906. 

VII,  S.  111.    112.    113.   225.    226.   411. 

IX,  S.  4. 

XI,  S.  109.   110.   111.   112.    114.    115. 

313. 
XII,  S.  275. 
Becker,    Konsul    in    Kairo    (1890). 
VIII,  S.  156. 

Beelaerts,  van  Blokland,  Ge- 
sandter der  Südafrikan.  Repu- 
blik im  Haag  und  in  Berlin 
(1896). 
XI,  S.  28. 
B  e  h  a  i  n  e  ,  Lefebvre  de,  franz.  Bot- 
schafter beim  Päpstl.  Stuhl 
(1898). 

XII,  S.  635,  636. 

B  e  1  d  i  m  a  n  ,    Alexander,    Erster    Se- 
kretär bei  der  rumän.  Gesandt- 
schaft   in     Berlin     (1883),    Ge- 
sandter in  Berlin  1896/1916. 
VII,  S.  152. 
XI,  S.  310. 
Belgien,   s.   Leopold  II. 
B  e  1  i  n  ,    franz.    Schriftsteller. 
XII,  S.  600. 
Below-Rutzau,  von,  Sekretär  bei 


der    preuß.    Gesandtschaft   beim 
Päpstl.    Stuhl    (1898). 
XII,  S.  613  A.    618.    625.    626. 
Benckendorff,    Alexander     Graf 
von,   russ.  Gesandter  in   Kopen- 
hagen  1897/1902. 
XII,  S.  288.  288  A.  289. 
Benckendorff,    Paul    Graf    von, 
russ.     Hofmarschall,    Chef     der 
Haupthofverwaltung   (1895). 
IX,  S.  358. 
Benderew,  bulg.  Offizier. 

XII,  S.  110.    111.    518.    518  A.    519  A. 
Benomar,  Conde,  span.  Botschafter 

in   Rom  1890/93,   1895/1901. 
VIII,  S.    320. 

Berchem,    Max    Graf    von,    Unter- 
staatssekretär im  A.  A.  1886/90. 
VII,  S.  4A.     5A.     6A.     7  A.     10  A. 
42  A.  47  A.  48.  48  A.  49. 
Beresford,  Charles  Lord,  engl.  Ad- 
miral. 
IX,  S.  101. 
Berg,    Friedrich   Wilhelm   Graf   von, 
russ.  Feldmarschall. 
VII,  S.  376. 
Berger,    franz.    Offizier,    Präsident 
der  türk.  Dette  Publique  in  Kon- 
stantinopel   (1898). 
XII,  S.  570. 
Bergeron,    franz.    Konsul    in    Er- 
serum    1891/97. 
IX,  S.  212.  219.  220. 
X,  S.  119.  120. 
Bergs  ma,  niederl.  Generalkonsul  in 
Pretoria    (1896). 
XI,  S.  29. 
Berlepsch,    Freiherr    von,    preuß. 
Minister  für  Handel  u.  Gewerbe 
1890/96. 
VII,  S.  392.   394.   395.   448.   451. 
Berthelot,  franz.  Chemiker,  Mini- 
ster   des     Äußern    im    Kabinett 
Bourgeois    1895/96. 
IX,  S.  422  A. 

X,  S.  154  A.    189.    190.    227.    22S. 
XI,  S.  81.  81  A.  82  A.   146.  151.  156. 
157.     159.     160.     161.    168.     174. 
174  A.    175.    196.    219.    288.    289. 
290.    291.    320.    322.    333.    337. 
Bertram,     preuß.     Steuerrat,    türk. 
Unterstaatssekretär    in    der    Ab- 
teilung   der    indirekten    Steuern 
(1895). 
IX,  S.  227.  228.  229. 


646 


Besnard,  franz.  Admiral,  Marine- 
minister  im  Kabinett  Dupuy  1894 
bis   1895. 

IX,  S.  399.   400.  401.  402. 
Biliotti,   Sir   Alfred,   engl.    Konsul 

in    Kanea    1885/98. 
XII,  S.    158. 

B  i  1 1  o  t ,   Albert,   franz.   Gesandter  in 
Lissabon  1885/90,  Botschafter  in 
Rom  1890/97. 
VII,  S.  71.  72.  91.  92.  134. 
VIII,  S.  63. 

X,  S.  179.  221. 
XI,  S.  89.   293. 
Billot,  Jean  Baptiste,  franz.  General 
und   Kriegsminister  im   Kabinett 
Meline    1896/98. 
VII,  S.  288. 
XI,  S.  365.  378. 
B  i  s  i  o  ,  Marchese  Guasco  di,  ital.  Bot- 
schaftsrat      in       Konstantinopel 
(1893,    1895). 
VIII,  S.  280. 

X,  S.  67.  70.  71.  73. 

B  i  s  m  a  r  c  k  ,      Herbert      Graf      von, 
Staatssekretär    des    A.    A.    1886 
bis   1890. 
VII,  S.  10  A.   21.   350. 
VIII,  S.  436. 

IX,  S.  22  A.   60.   76  A.   368. 
Bismarck,  Otto  Fürst  von,  Reichs- 
kanzler 1871/90. 
VII,  S.  3.  3  A.  4.  5.  5  A.  6  A.  7  A.  8. 
9.   10  A.   12.   13.   14.   16.   21.   23. 
23  A.   27.  29.   34.   35.   36.   37.  38. 
40.    41  A.    42  A.    43.    43  A.    46. 
46  A.  47.  48.  48  A.  83.  114. 122  A. 
146.    151  A.    152  A.    158.    204  A. 
247.  264.  268.  323.  323  A.  336  A. 
340.    348.    353  A.    354.    362.    364. 
369.    393.    393  A.    395.    401.    402. 
414.  433.  449.  452. 
VIII,  S.  5.  26.  29.  99.  121.  233.  234  A. 
246.  263.  347.  355  A.  435.  436. 
IX,  S.  11.  23.  24.  35.  35  A.  39.  39  A. 
50.    54  A.    55  A.   63.    64.   65.    67. 
75  A.    76  A.    77  A.    83.    98.    107. 
108.  109.  114.  136.  141.  161.  176. 
200  A.  249.  353.  359.  368.  374. 
X,  S.  13.  31.  142.  148.  154.  216.  242. 
XI,  S.  118.  122.  189.  230.  273.  273  A. 
274.   310.   310  A.   325.   326.   333. 
364.    365.    375  A.    376.    382.    383. 
XII,  S.  94.    100.    101.    103.    186.    403. 
573. 


B  1  a  n  c  ,  Alberto  Barone,  ital.  Bot- 
schafter in  Konstantinopel  1887 
bis  1891,  Minister  des  Äußern 
im    Kabinett   Crispi   1893/96. 

VII,  S.  137.  137  A.  138.  139.  141.142. 
144.  145.  147. 

VIII,  S.  128.  128  A.  130.  131.  132.133. 
134.  134  A.  135.  136.  137.  138. 
139.  140.  141.  287.  288.  325. 
326.  327.  328.  329.  332.  333. 
334.  338.  358.  358  A.  359.  360. 
361.  362.  362  A.  363.  364.  369. 
370.  371.  372.  373.  374.  375. 
375  A.  376.  377.  378.  379.  380. 

381.  382.  383.  384.  385.  393.  433. 
IX,  S.  72.  73.  106.  106  A.  182.  215. 

216.  217.  218.  220.  222.  223. 

382.  425. 

X,  S.  3.   4.   5.   9.    10.    11.    114.   123. 
124.     125.     126.     169.     170.     171. 
172.  174.  175.  178.  179.  185.  186. 
191.     201.     202.     207.     208.     210. 
211.    212.     217.    218.    219.     220. 
221.    222.    223.     224.     226.    227. 
229.    229  A.    232.    233.    234.    237. 
XI,  S.  11  A.   30  A.   67.   67  A.   72.   73. 
77.    77  A.    78.    78  A.    79.    80.    86. 
87.  88.  89.  89  A.  90.  91.  97.  98. 
103.    213.    213  A.    214.    218.    219. 
220.    221.    223.     224.     226.    227. 
232.  233.  234.  250.  261.  267.  268. 
268  A.  269.  270.  271.  271  A.  272. 
287.    287  A:    288.    289.    297. 
XII,  S.  96.  97.    • 
Block,  Adam,  Erster  Dragoman  bei 
der  engl.   Botschaft  in   Konstan- 
tinopel   (1895). 
IX,  S.  229.    235. 
Blunt    Pascha,    General,    engl.    Offi- 
zier in  türk.  Diensten  (1896). 
XII,  S.  30.  33.  34.  36. 
Bochara,  s.   Abdul   Ahad. 

Bodio,     Generaldirektor     des     ital. 
Statistischen    Amts    (1896). 
XI,  S.  89.  89  A.  288. 

Boetticher,  Heinrich  von,  Staats- 
sekretär des  Reichsamts  des» 
Innern  und  Vizepräsident  des 
preuß.  Staatsministeriums  1880 
bis  1897. 
VII,  S.  448. 

Boisdeffre,  Le  Mouton  de,  franz. 
General,  Chef  des  Generalstabs 
1894/99. 


647 


VII,  S.  195  A.    218.    233.    233  A.    234. 

234  A. 
XI,  S.  378. 
Bonghi,     Ruggero,     ital.     Abgeord- 
neter und  Publizist. 
VII,  S.  71.   140.   146. 
Bonin,  Conte  di,  Unterstaatssekretär 
im  ital.  Ministerium  des  Äußern 
(1896). 

XI,  S.  258.  284.  298. 
Bonnat,   franz.   Porträtmaler. 

VII,  S.  277. 
B  o  n  n  e  1 1  i ,  Erzbischof  von  Palmyra, 
apostol.    Delegat    in    Konstanti- 
nopel    (1898). 
XII,  S.   598.    599.    606. 
Boris,     Kronprinz     von     Bulgarien, 
Fürst    von  Tirnowo,  ältester  Sohn 
des    Fürsten    Ferdinand. 
IX,  S.  94  A.  116  A. 

XII,  S.  92  A.  94.  94  A.  95.  95A.97A. 
98A.     100.     106A.     112.    112A. 
135  A.     551.     552  A. 
Bosquet,   franz.   Marschall    (1894). 

IX,  S.  386. 
Bosse,    preuß.    Kultusminister    1892 
bis   1899. 
VII,  S.  448. 
Botkin,     Erster    Sekretär    bei    der 
russ.   diplom.   Agentur   in   Sofia 
(1898). 

XII,  S.  530. 
Bouguereau,   franz.   Maler. 

VII,  S.  273.  277.      • 
Boulanger,  franz.  General,  Kriegs- 
minister in  den  Kabinetten  Frey- 
cinet    und    Goblet    1886/87. 
VII,  S.  28.  140.  191.  191  A.  266.  301. 

313.  315. 

IX,  S.  389.  390.  391. 
B  o  u  1  i  n  i  e  r  e  ,    de    la,    Botschaftsrat 
bei  der  franz.  Botschaft  in  Kon- 
stantinopel   (1897,    1898). 
XII,  S.  441.    441  A.    442.    442  A.    443. 
445.    446.    447.     449.     453.     454. 
462.  465.  469.  470.  498.  604.  605. 
Bouree,  franz.  Gesandter  in   Athen 
1894/98. 
XII,  S.  176.    182.    183.    185.   311.    312. 

314.  317.  323.  325.  354.  355. 
364  A.  397.  398  A.  415.  416. 
417.    421.    421  A.    422.    423. 

Bourgeois,  Leon,  franz.  Unter- 
richtsminister  in  den  Kabinetten 
Freycinct    und    Loubet    1890/92. 


Ministerpräsident   1895/96,   Mini- 
sterpräsident   und    Minister    des 
Äußern   1S96. 
VII,  S.  294.  318. 
IX,  S.  379  A.  391.  422.  422  A. 

X,  S.  154.   154  A. 

XI,  S.  81  A.  89.  159.  174.  174  A.  175. 
176.  176  A.  180.  180  A.  183  A. 
288.  337.  340.  342.  346  A.  372. 

B  o  u  t  i  r  o  n  ,     Botschaftsrat     bei     der 
franz.  Botschaft  in  Berlin  (1898). 
XII,  S.  504. 
Brandes,   Korrespondent  des  „Ber- 
liner Tageblatts"  in  Paris  (1893). 
VII,  S.  334.    334  A. 
Brandt,   von,   Gesandter  in   Peking 
1874/92. 
IX,  S.  263.   263  A.   266  A. 

XI,  S.  189.  333. 

Bratianu,  Joan,  rumän.  Minister- 
präsident 1881/88. 

VII,  S.  151.   154.   158.   179.   180. 

B  r  a  u  e  r,  von,  Generalkonsul  in  Kairo 
1888/90. 
VII,  S.  267  A. 
VIII,  S.  149.  150. 

Braunbehrens,   Unterstaatssekre- 
tär   im    preuß.    Ministerium    des 
Innern    (1S90). 
VII,  S.  192. 
Braunschweig,  s.   Ernst   August. 
Bray-Steinburg,   Hippolyt   Graf 
von,  Gesandter  in   Belgrad   1879 
bis  1892,  in  Bukarest  1897/99. 
IX,  S.  81.   82. 

XII,  S.  319  A. 

Brin,  Benedetto,  ital.  Admiral,  Mini- 
ster   des     Äußern    im    Kabinett 
Giolitti   1S92/93,  Marineminister 
im   Kabinett  Rudini   1896/98. 
VII,  S.  123.   123  A.   127.   130. 

VIII,  S.  80.  81.  82.  86.  86  A.  90.  91. 
103  A.  106.  112.  113.  284.  285. 
320. 

XI,  S.  214.  247.  276. 
Brincken,  Egon  Freiherr  von  den, 

Gesandter    in    Kopenhagen    1SS7 
bis  1895,  im  Haag  1895/99. 
VII,  S.  409. 
IX,  S.  160  A. 

XII,  S.  319  A. 

B  r  i  s  s  o  n  ,  Präsident  der  franz.  Kam- 
mer  (1895,  1896). 
IX,  S.  404. 
XI,  S.  365.  378. 


648 


Bronsart   von    Sc h e  1 1  e n d o r f , 
Walter,     preuß.     Kriegsminister 
1893/96. 
VII,  S.  418. 
IX,  S.  261. 
Brück,    Karl    Freiherr   von,    österr.- 
ung.    Botschafter    in    Rom    1886 
bis   1895. 
VII,  S.  56.   57.  58.  59.   61.   115. 
VIII,  S.  383. 

IX,  S.  177,  379.  380. 
Budberg,  Baron  von,  Botschaftsrat 
bei  der  russ.  Botschaft  in  Berlin 
(1S96,    1897). 

XI,  S.  188. 

XII,  S.  343.    344.    346.    347. 
B  ü  1  o  w  ,   Alfred  von,  Erster  Sekretär 
bei  der  Botschaft  in  Petersburg 
1891/92. 

VII,  S.  234  A. 
B  ü  I  o  w  ,  Bernhard  von,  Graf  (seit 
23.  Juni  1899),  Fürst  (seit  6. 
Juni  1905),  Gesandter  in  Buka- 
rest 18S8/94,  Botschafter  in  Rom 
1894/97,  Staatssekretär  des  A.  A. 
1 897/1900,  Reichskanzler  1900 
bis    1909. 

VII,    S.  5  A.    34.    146.    155.    156.    157. 

169.  171.    174.    177.    183.    215  A. 
VIII,  S.    128  A.      134  A.      140  A.     287. 

360  A.   362  A.   375  A.   383.   474  A. 
IX,  S.  66  A.    106.    117.   160  A.    172  A. 

242  A.    245  A.    333  A. 
X,  S.  9.  27  A.  99  A.  113.  121  A.  126. 

170.  186.  202.  205.  214  A. 

XI,  S.  10  A.    IIA.   30  A.   77  A.    78  A. 

80.     86  A.     88  A.     92  A.     104  A. 

131  A.   145  A.   155  A.   157  A.   165. 

213  A.    218.    233  A.    257.    268  A. 

270.    270  A.    271  A.    287  A. 
XII,  S.  5  A.  257.  298  A.  319  A.  326  A. 

329.    329  A.    330.    334  A.    351  A. 

433  A.   441  A.   483.   483  A.   497  A. 

503.    504.    557  A.    575  A.    576  A. 

578.    5",9A.    5S0A.    594.    607  A. 

623  A.    624.   626  A.   636  A. 
Bülow,  Otto  von,  preuß.  Gesandter 

beim    Päpstl.   Stuhl    1892/98. 
XII,  S.  592.    592  A.    623  A.    625  A. 
B  u  1  a  z  e  1 1 ,  Botschaftsrat  bei  der  russ. 

ßotscha.t  in    Berlin    (1898). 

XII,  3.  503. 

Bulgarien,    s.     Alexander,     Boris, 
Ferdinand,    Marie    Luise. 


Bunge,  russ.  Finanzminister  1882/87. 

VII,  S.  393. 
Bunsen,    Sir    M.    de,    Botschaftsrat 
bei  der  engl.  Botschaft  in  Kon- 
stantinopel   (1898). 
XII,  S.  571. 
B  u  r  i  ä  n  ,    von,   österr.-ung.    General- 
konsul in  Sofia  1887/95. 
IX,  S.  96.    147. 
X,  S.  142. 
XII,  S.  92.    99.    123. 
Busch,  Klemens  August,  Unterstaats- 
sekretär im  A.  A.  1881/85. 
XI,  S.  41. 

Caliban   (Pseudonym),  franz.  Jour- 
nalist. 
VII,  S.  279. 
Calice,     Heinrich      Freiherr      von, 

österr.-ung.  Botschafter  in    Kon- 
stantinopel 1880/19C6. 
VIII,  S.  162.  180  A.  190.  279.  281.282. 
IX,  S.  13.  40.  72.  73.  75  A.  110.  112. 

117.   117  A.   121.   122.   234. 
X,  S.  40  A.   53.   54.   63.   67.   70.   71. 

73.  97.  98.  99.  102.  104.  107.  108. 

109.   115.   116.   116A.  117.  118. 

121.    122.    126.    127.    128.    131. 

133.   134.   134  A.   135.   145.   172. 

173.    174.    177.    182.    183.    185. 

186.    187.    189.    191.    192.    193. 

194.    197.    224.    258. 
XI,  S.  143.    146. 
XII.  S.   4.   5.   6A.   7.   15.   20.   21.   22. 

23.    26.    40.    42.    43.    86.     112. 

121.    122.    140.    159.    160.    163. 

163  A.   164.   166.   170.   171.   172. 

173.    180.    181.    183.    185.    202. 

203.   205.   207.   207  A.   213.  216. 

217.   217  A.   219.    222.   226.   227. 

228.    229.    239.    240.    241.    242. 

244.   245.   246.   249.   251.  251  A. 

252.   252  A.   254.  255.   256.  257. 

258.   259.   260.   262  A.   263.   264. 

265.    266.    267.    268.    269.    270. 

271.     271  A.     272.     309  A.     318. 

319.    325.    330.    339.    369.    374. 

395.      398.      398  A.      405.      423. 

423  A.    425.    425  A.    427.    429  A. 

430.  430  A.  432.  441.  441  A.  442. 

442  A.   443.    444.    445.    446.   447. 

449.  453.  454.  462.  465.  469.  470. 

473.  474.  477.  479.  481.  485.  486. 

498.  500.  508.  516.  517.  523.  524. 


649 


525.  527.  530.  532.  533.  534.  535. 

536.   541. 
Call  zu   Rosenburg  und   Kulm- 
bach,   Freiherr    von,    Sekretär 

bei    der    österr.-ung.     Botschaft 

in    Berlin    1894/95,    Generalkon- 
sul in  Sofia   1893/1900. 
X,  S.  63.  64.  65. 
XII,  S.  106.     111.     112.      114  A.    515. 

516.  529.  550.  551.  553. 
Calmette,     Oaston,      franz.    Jour- 
nalist,   Korrespondent    des    „Fi- 
garo". 
VII,  S.  145.  145  A. 
Cambon,    Madame,    Gemahlin    des 

franz.  Botschafters  Paul  Cambon. 
XI,  S.    140. 
Cambon,    Paul,    franz.    Botschafter 

in   Madrid   1886/91,   in   Konstan- 
tinopel   1891/98. 
VIII,  S.  189.    199.   282.   285.    298.   313. 
IX,  S.  111.  126.  229.  229  A.  230.  231. 

235. 
X,  S.  40  A.   43.   45.   47.   50.   52.   53. 

55.  61.  62.  65.  67.  68.  69.  70.  71. 

73.   74.   78.   79.   97.   98.   99.   102. 

104.     107.     108.     109.     115.     116. 

118.  121.  122.  126.  127.  133.   134. 

134  A.    135.    172.    173.    177.    182. 

183.  185.  186.  187.  189.  191.  192. 

193.  194.  197.  224.  258. 
XI,  S.  135.  135  A.  140.  146.  190.  339. 

340. 
XII,  S.   4.   5.   6A.   7.   15.   20.   21.  22. 

23.   26.   37  A.    38.    39.   40.   40  A. 

41.   42.    43.    86.    122.    140.    158. 

159.   160.   162.   163.   163  A.  164. 

165.    166.    170.    171.    172.    173. 

180.    181.    183.    185.    197.    202. 

203.   205.   207.   207  A.   213.  216. 

217.     217  A.     219.     222.     225  A. 

226.    228.    229.    239.    240.    241. 

242.    244.    245.    246.    249.    251. 

251  A.     252.     252  A.     254.     255. 

256.   257.   258.   259.   260.  262  A. 

263.    264.    265.    266.    267.    268. 

269.      270.      271.      271  A.      272. 

309  A.  318.   319.   325.   330.  339. 

369.   395.   398.   393  A.   405.  423. 

423  A.    425.    425  A.    427.    429  A. 

430.    430  A.    432.    473.    474.    479. 

481.     486.     500.     506.     508.     564. 

578.   578  A.   582.   583.   605. 
Campos,   Martinez,   span.  Marschall 

(1894). 


VIII,  S.  325  A.  328  A. 

Canevaro,  ital.  Admiral,  Minister 
des  Äußern  im  Kabinett  Pelloux 
1S98/99. 
XII,  S.  395.  395  A.  445.  466.  502. 
502  A.  503.  510.  526.  527.  528. 
530.  532.  534.  535.  544. 

C  a  n  i  v  e  t ,    Raoul,    franz.    Journalist, 
Redakteur    des    „Paris". 
IX,  S.  389. 

Canovas  del  Castillo,  Antonio, 
span.    Ministerpräsident    1890/92, 
1805  97. 
VII,  S.  33  A.    54. 
XI,  S.  131. 

Canrobert,  franz.  Marschall. 
IX,  S.  409. 

Cantagalli,     ital.     Gesandter     in 
Tanger    1888/96. 

VIII,  S.  63.  294  A.  299.  307.  316.  317. 
321.    334. 

Caprivi,  Leo  von,  Graf  (seit  18. De- 
zember 1891),  preuß.  General, 
Reichskanzler  1890/94. 
VII,  S.  10  A.  16.  17.  28.  38.  39.  42A. 
47.  47  A.  48.  48  A.  49.  53  A. 
56  A.  58  A.  66.  73.  77.  97.  99. 
102.  103.  104  A.  110  A.  171.  202. 
226  A.  266  A.  267  A.  285A.29SA. 
299  A.  308  A.  313  A.  329  A.  340. 
347  A.  348.  349.  349  A.  351  A. 
373  A.  383  A.  389.  402.  402  A. 
403.  416  A.  418.  418  A.  430. 
439.    439  A.    448.    449.    452. 

VIII,  S.  18.  30.  44  A.  75.  86  A.  177. 
178.  179.  240.  249.  260.  273. 
273  A.  416.  442  A.  465. 
IX,  S.  11.  33.  41  A.  46.  54.  54  A. 
56  A.  58.  77  A.  80.  81.  87.  88. 
97.  139.  140.  151.  198.  385. 

Carnot,    Comte    de,    franz.    Staats- 
mann   und    Kriegsminister   unter 
Napoleon  I.,  Großvater  des  nach- 
mal.   Präsidenten    der    Republik. 
VII,  S.  281. 

Carnot,  Madame,  Gemahlin  des  Prä- 
sidenten   der    Franz.    Pepublik. 
VII,  S.  293.    342. 

Carnot,  Sadi,  Präsident  der  Franz. 
Republik  1887/94. 
VII,  S.  69.  135.  137.  145.  145  A. 
192  A.  200.  202.  203.  204.  205. 
206.  207  A.  212.  213.  227.  232. 
234.  235.  237.  239.  250.  250  A. 
251.    258.    264.    266.    268.    268  A. 


650 


270.     275.     281.     282.    293.     294. 

302.    304  A.    316.    317.    318.    319. 

320.     321.     322.     326.    327.     328. 

338.   340.   340  A.  394.   394  A.  410. 
IX,  S.  180.    180  A.    362  A.    402.    403. 

409. 
Carp,    Peter,    rumän.    Gesandter    in 

Wien   1883/87,   Ackerbauminister 

im    Kabinett   Catargi   1891/95. 
VII,  S.  152.  157.  164.  172.  172  A.  173. 

174.   175.   179. 
Casa   la    Iglesia,    Marquis    span. 

Botschafter  in  London   1890/93. 
VIII,  S.  306.    310.    312.    313.    316. 
C  a  s  e  r  i  o  ,     Italiener,     Mörder    Car- 

nots. 

VII,  S     145  A.    340  A.    343. 
IX,  S.  180  A. 

Casimir  Perier,  Jean  Paul 
Pierre,  franz.  Ministerpräsident 
und  Minister  des  Äußern  1893 
bis  1894,  Präsident  der  Repu- 
blik 1894/95. 
VII,  S.  136.    339.    339  A.    340.    340  A. 

341.   343. 
IX,  S.  387.   390.    393.    394.    395.    396. 
398.  399  A. 

Cassagnac,    Paul    de,    franz.    Ab- 
geordneter   und    Journalist,    Re- 
dakteur   des    „Pays"    und    der 
„Autorite". 
VII,  S.  264.   274. 

Castillo,   del,   span.   Gesandter   in 
Tokio    1888/95. 
IX,  S.  287. 

C  a  t  a  1  a  n  i ,  Botschaftsrat  bei  der 
ital.  Botschaft  in  London  (1890), 
Botschafter  in  Konstantinopel 
1894/95. 

VIII,  S.  134.    134  A.    135.    241.    262. 
IX,  S.  182.    220.    221.    222.    223. 

X,  S.  40  A. 
XII,  S.  122. 
Catargiu,     A.     C,     rumän.     Ge- 
sandter   in    Petersburg    1893/95. 
XII,  S.  93. 
Catargiu,  Laskar,  rumän.  Minister 
des  Innern  im  Kabinett  Florescu 
1891,  Ministerpräsident  und  Mi- 
nister   des     Innern     Dez.     1891 
bis    1895. 
VII,  S.  152.  153  A.  154.  156.  164.  166. 
172.    172  A.    173.    175.    176.    177. 
178.    179.    180.    181. 


IX,  S.  64  A. 
Cavaignac,  Godef roy,  franz.  Ab- 
geordneter, Marineminister  im 
Kabinett  Loubet  1892,  Kriegs- 
minister in  den  Kabinetten  Bour- 
geois   1895/96  u.   Brisson    1898. 

IX,  S.  367.  376.  422.  422  A. 

X,  S.    154.  154  A. 
Cavalotti,    ital.    Abgeordneter. 

VII,  S.  56.    56  A.    104.    146. 

XI,  S.  214. 

Cetto,  Freiherr  von,  bayr.  Gesand- 
ter  beim    Päpstl.   Stuhl    (1898). 
XII,  S.  629.   630.   632. 
Chadourne,       franz.       Journalist, 
Korrespondent       der       „Agence 
Havas"    in   Sofia. 
IX,  S.  83.   83  A. 
Challemel-Lacour,       Präsident 
des    franz.    Senats    (1894). 

VII,  S.  137.  341. 
Chamberlain,  Joseph,  engl.  Han- 
delsminister im  Kabinett  Glad- 
stone  1880/86,  Staatssekretär  der 
Kolonien  in  den  Kabinetten  Sa- 
lisbury    und    Balfour    1895/1903. 

XI,  S.  22.    23.    24.    26.    28.    49.    61. 
136.    146.     149.    159.    169.     181. 
197.  198.  205.  273. 
XII,  S.  472. 
Chanzy,    Antoine,    franz.    General, 
Botschafter     in     Petersburg     1879 
bis   1881. 
VII,  S.  224. 
Chartres,   s.    Franziska,    Robert. 
Chaudordy,   Comte,  franz.   Diplo- 
mat. 

XI,  S.  325. 

Chavannes,      Puvis      de,      franz. 
Maler. 
VII,  S.  279. 
Chermside,  engl.  Oberst,  Militär- 
attache in  Konstantinopel  (1894). 
IX,  S.  203.  205. 
C  h  i  a  1  a  ,    ital.    Abgeordneter. 

VIII,  S.  56. 

C  h  i  1  k  o  w  ,  Fürst,  russ.  Eisenbahn- 
minister   (1896). 

XII,  S.  69. 

China  s.  Tsai-Tien   Kwangssü. 

C  h  i  r  o  1 ,  engl.  Journalist,  Attache 
im  Foreign  Office,  Korrespon- 
dent   der    „Times". 

VIII,  S.  232.   375.   376.   378.   386. 


651 


X,  S.  26  A.  27  A. 
XI,  S.  32  A.   41.   45. 
C  h  i  w  a  ,    s.    Rachim    Bahadur. 
Chrestowitsch,    Gabriel    Pascha, 
türk.  Generalgouvcrneur  von  Ost- 
rumelien    (1S85). 
XII,  S.  518.   518  A. 
Christian    IX.,    König    von    Däne- 
mark   1863/1906. 
VII,  S.  240.    241.    407.    408.    409. 
XII,  S.  310  A. 
Churchill,    Lord    Randolph,    Mit- 
glied des  engl.  Unterhauses  seit 
1S84,  Schatzkanzler  im  Kabinett 
Salisbury  1S86. 
IX,  S.  101.   168. 
Cissey-Courtet,   de,   franz.   Ge- 
neral, Kriegsminister  1874/77. 
IX,  S.  162. 
Clary,     Graf,     Sekretär     bei     der 
österr.-ung.  Botschaft  in  London 
(1896). 
XII,  S.  193.   204. 
Clemenceau,   franz.  Abgeordneter. 
VII,  S.  228.   237. 
VIII,  S.  28. 
Clement,  bulg.   Metropolit   (1896). 

XII,  S.  98.   98  A. 
C  1  e  v  e  1  a  n  d  ,  Präsident  der  Vereinig- 
ten   Staaten    von    Amerika    1885 
bis    1889,    1893/97. 
IX,  S.  423.  424.  424  A. 
X,  S.  245  A. 
XI,  S.  58.  60.  82  A. 
Cogordan,  franz.  Generalkonsul  in 

Kairo    1894/1902. 
VIII,  S.  222.    224.    225. 

XI,'  S.  135.   152. 
C  o  1 1  o  b  i  a  n  o  ,    Conte    di,    ital.    Bot- 
schafterin Konstantinopel  1S92/94. 
VIII,  S.  190.  285.  286. 
IX,  S.  117.  117  A.  121. 
XI,  S.    252. 
Constans,   franz.   Minister  des   In- 
nern     im       Kabinett      Freycinet 
1S90/92.  Botschafter  in  Konstan- 
tinopel   1898/1907. 
VII,  S.  192  A.  223.  229.  281.  282.294. 

312. 
XII,  S.  516.    527.   532.   533.   534.   535. 
541.    578  A.    581.    582.    583.    58!. 
Coppee,    Francois,     franz.    Schrift- 
steller. 
XII,  S.  613. 


C  o  r  d  i  e  r ,    franz.    Senator,    Präfekt 

in   Rouen    (1888). 
VII,  S.  224. 
Corti,  Conte,  ital.  Botschafter  in  Kon- 
stantinopel   1875/85,    in    London 

1885  88. 
IX,  S.  75. 
XII,  S.  231  A. 
Cosenz,    ital.    General,    Chef    des 

Generalstabes  1881/92. 
VII,  S.  117. 
Costa,    ital.    Abgeordneter    (1895). 

VII,  S.  146. 
Costaki    Anthropulo    Pascha,    türk. 

Botschafter  in  London  1896/1903. 
XI,  S.  136  A.    137.    148. 
Courcel,  Alphonse  Baron  de,  franz. 

Botschafter  in  Berlin  1882/86,  in 

London    1894/98. 
VIII,  S.  391.    461.    462.    471. 
IX,  S.  268.   269.   271.   417.   418.   420. 
X,  S.  28.   30.   30  A.   34.   35.   62. 
XI,  S.  44.  45.  45  A.  46.  47.  55.  55  A. 

58.  71  A.  75.  76.  76  A.  78.  78  A. 

81.    81  A.    135.    136.    139.    140. 

146.    154.    156.    157.    158.    159. 

162.    163.    171.    172.    173.    174. 

175.    180.    181.    182.    186  A.    187. 

189.  193.  194.  195.  196.  197.  198. 

200.  201.  202.  205.  206.  207.  222. 

246.    255.    291.    292.    317  A.    321. 

323.   323  A.    330.   331.   332.   333. 

338.   343. 
XII,  S.  76.   261.   261  A.  262.   372.   383. 

385.  404.  405.  471. 
Crispi,    Francesco,    ital.     Abgeord- 
neter seit  1861,  Ministerpräsident, 

Minister    des    Äußern    und     In- 
nern  1887/91,     Ministerpräsident 

1893/96. 
VII,  S.  8.    53.    53  A.    54.    55.    56.    57. 

58.    58  A.    59.    59  A.    60.    61.    62. 

62  A.   63.   68.   69.   79.   80.   87.  92. 

120.    136.    137.    137  A.    138.    139. 

140.     146.     147.     217.    230.     364. 

364  A. 
VIII,  S.  35.   37.   44.   44  A.   50.   62.   68. 

99.     129.    130.    131.     132.     138. 

240,    211.    242.    243.    244.    244  A. 

246.  2-18.  249.  250.  252.  253.  254. 

255.    256.    257.    257  A.    259.    260. 

261.    262.    262  A.    263.    264.    265. 

266.     267.     268.     269.     270.     271. 

271  A.  272.  273.  273 A.  274.  276. 

277.    278.    279.    2S0.    287.    287  A. 


652 


289.  290.  326.  327.  328.  329.  330. 
331.  333.  334.  343.  344.  346. 
347.  350.  351.  352.  353.  354. 
354  A.  355  A.  357.  358  A.  359. 
361.  362.  363.  364.  372.  373. 
374.  379.  382.  384.  463. 
IX,  S.  15.  40.  40  A.  54.  54  A.  55. 
56.  56  A.  91.  106.  106  A.  108. 
217.  218.  222. 
X,  S.  5.  169.  170.  171.  201.  211.  221. 

XI,  S.  52.  67  A.  72.  73.  74.  76.  77  A. 
88.  88  A.  89.  89  A.  90  A.  91. 
97.  98.  131.  131  A.  155  A.  165. 
172.  213.  214.  221.  224.  225.  226. 
227.  228.  229.  230.  232.  241  A. 
244.  248.  250.  261.  262.  267. 
269.  270.  272.  275  A.  284.  285. 
288.    289.    292.    293.    298.    324. 

XII,  S.  336. 
Crom  er,  Lord  (Sir  Evelyn  Baring), 
engl.   Generalkonsul    und    diplo- 
matischer Agent  in  Kairo  1883  bis 
1907. 
VIII,  S.    150.   152.   156.   159.   184.   185. 
185  A.    186.    195.    215.    218.    221. 
222.    224.   225.    226.    228  A.    232. 
350.  360.  362.  362  A.  376.  400. 
X    S    7     9. 

Xl',  S.  68.  151.   153.  159.  163.  164. 
165.    174.    202.    204.    205.    223. 
223  A.  247.  343. 
Cromer,    Ethel,    geb.    Stanley,    Ge- 
mahlin   Lord   Cromers. 
VIII,  S.  232. 

Culme-Seymour,     Sir     Michael, 
engl.  Admiral,  Oberbefehlshaber 
der    Mittelmeerflotte. 
VIII,  S.  120  A. 
IX,  S.  232  A. 
X,  S.  212. 
Cumberbatch,      Henry      Alfred, 
engl.  Konsul  in  Angora  1893/96. 

XII,  S.  39. 

Cumberland,  s.  Ernst  August. 

Cuneo  d'Ornano,  franz.  Abge- 
ordneter, Redakteur  des  „Appel 
au   Peuple"    (1891). 

VII,  S.  222. 

Currie,  Sir  Philip,  permanenter  Un- 
terstaatssekretär im  Foreign  Of- 
fice 1889/94,  Botschafter  in  Kon- 
stantinopel 1894/98,  in  Rom 
1898/1903. 

VIII,  S.  5.  84.  85.  87.  88.  93.  117.  118. 


119  120.  122.  123.  124.  124  A. 
125  127.  137.  150.  205.  228. 
228  A.  229.  295.  313.  397.  401. 
405.  406.  407.  408.  409.  411. 
411  A. 
IX,  S.  7.  8.  48.  49.  52.  105.  113. 
113  A.  114.  115.  116.  117.  117  A. 
118.  119.  120.  121.  122.  122  A. 
124.  126.  127.  128.  128  A.  202. 
203.  205.  208.  210.  211.  212.  213. 
219.  229.  229  A.  230.  231.  234. 
235.  235  A.  236. 

X,  S.  40  A.  42.  43.  46.  47.  50.  51. 
53.  55.  61.  65.  67.  68.  69.  70. 
71.  73.  74.  78.  79.  80.  83.  84. 
95.  96.  97.  98.  99.  102.  104.  107. 
108.  109.  114.  114  A.  115.  116. 
118.  118  A.  119.  121.  122.  126. 
127.  131.  132.  133.  134.  134  A. 
135.  172.  173.  177.  182.  183. 
185.  186.  187.  189.  191.  192. 
193.  194.  197.  224.  257.  258. 

XI,  S.  146.  340. 

XII,  S.  3.  4.  5.  6A.  7.  8.  15.  20.  21. 
22.  23.  26.  38.  39.  40.  42.  43. 
86.  122.  140.  159.  160.  162. 
163.  163  A.  202.  203.  205.  207. 
207  A.  213.  216.  217.  217  A. 
219.  222.  226.  227.  228.  229. 
239.  240.241.  242.244.  245.246. 
249.  251.  251  A.  252.  252  A.  254. 
255.  256.  257.  258.  259.  260. 
262  A.  263.  264.  265.  266.  267. 
268.  269.  270.  271.  271  A.  272. 
309  A.  318.  319.  325.  330.  339. 
369.  395.  398.  398  A.  405.  423. 
423  A.  425.  425  A.  427.  428. 
429  A.  430.  430  A.  432.  432  A. 
441.  441  A.  442.  442  A.  443. 
444.  445.  446.  447.  449.  453. 
454.  462.  465.  469.  470.  473. 
474.  479.  481.  486.  535.  571. 
582. 

Curtopassi,  Marchese  di,  ital.  Ge- 
sandter in  Bukarest  1888,95. 
VII,  S.  179. 

Curzon,  Lord  George  Nathaniel, 
engl.  Unterstaatssekretär  für  In- 
dien 1891/92,  Parlaments-Unter- 
staatssekretär  im  Foreign  Of- 
fice 1895/98,  Vizekönig  von 
Indien  1898/1905. 
XI,  S.  145.  187. 

XII,  S.  204.  392.  402.  408.  408  A.  409. 


653 


Dänemark  s.  Alexandra,  Christian 
IX.,    Luise,    Maria    Feodorowna. 

Dalla   Valle   di   Pomaro,   Mar- 
chese,  Sekretär  bei  der  ital.  Bot- 
schaft   in    Berlin    (1S93). 
VII,  S.  127. 

Dal  Verme,  Conte,  ital.  General 
(1890). 

VIII,  S.  350.    350  A.    351. 

D  a  m  i  a  n  i ,  Unterstaatssekretär  im 
ital.  Ministerium  des  Äußern 
(1890). 

VIII,  S.  347.  348.  349. 

Danilowitsch,  russ.  General,  Gou- 
verneur des  Großfürst-Thronfol- 
gers Nikolaus,  nachmal.  Kaisers 
Nikolaus   II. 
VII,  S.  357.    361. 

D  a  v  o  u  s  t ,   Duc  d'Auerstaedt,   franz. 
General  und  Senator  (1891). 
VII,  S.  288. 

D  e  c  r  a  i  s  ,  franz.  Botschafter  in  Wien 
1886/93,   in   London   1893/94. 

VII,  S.  215.   370. 

VIII,  S.  61.   62.   204.   220.   221. 
Degiac   Meschascha  Norkie, 
abessin.  Gouverneur  in  Tigre. 

VIII,  S.   349.   357.   358.   378. 
XI,  S.  260. 

Degiac   Sejum,    abessin.    Häupt- 
ling  in  Tigre. 
VIII,  S.  349.  357.  358.  378. 

XI,  S.  260. 
D  e  g  o  u  y  ,        franz.       Marineoffizier 
(1894). 
VII,  S.  340.  340  A.  341. 
IX,  S.  409. 
Deines,   von,   Major,   Militärattache 
in  Wien  1885/93. 
VII,  S.  110.    111.    112.    113.    114. 
Delcasse,      franz.      Minister      des 
Äußern      im      Kabinett      Dupuy 
1898/99. 
XII,  S.  636  A. 
Delguey-Malavas,    franz.    Ma- 
rineoffizier   (1894). 
VII,  S.  340.    340  A.    341. 
IX,  S.  409. 
Delyannis,    N.    P.,     griech.     Ge- 
sandter in  Paris  1886/1910. 
XII,  S.  196.   323. 
Delyannis,   Th.,   griech.    Minister- 
präsident     und      Finanzminister 
1895/97. 
XII,  S.  175.    176.   434.   470. 


D  e  p  r  e  t  i  s  ,  ital.  Ministerpräsident  und 
Minister  des  Äußern  1887. 

VIII,  S.  56.  347. 

Derby,  Earl  of,  engl.  Staatssekretär 
der  Kolonien  im  Kabinett  Glad- 
stone    1882/85. 
XI,  S.  41  A. 

D  e  r  e  n  t  h  a  1 1 ,  von,  Gesandter  in  Lis- 
sabon   1894/97. 
XI,  S.  20  A. 

Deroulede,    Präsident    der    franz. 
Patriotenliga. 
VII,  S.  197.  198.  199.  265.  276.  277. 

278.   284.   288.   289.   315. 
IX,  S.  404.    409. 

Destrees,  franz.  Generalkonsul  in 
Tripolis    (1890,    1891). 

VIII,  S.  275.    276. 

D  e  t  a  i  1 1  e  ,    franz.    Maler. 
VII,  S.  273.    277.    287. 

Deutsches  Reich  s.  Auguste 
Viktoria,  Friedrich  III.,  Fried- 
rich Wilhelm.  Viktoria  (Kaiserin), 
Wilhelm,  Wilhelm  L,  Wilhelm  II. 

Develle,  franz.  Minister  des  Äußern 

in    den    Kabinetten    Ribot    und 

Dupuy    1893. 

VII,  S.  127.  130.  134.  142.  246  A.  330. 

330  A.  331.  332.  333.  334.  334  A. 

VIII,  S.  104.    104  A.    111. 

De   W  e  t ,   Sir    Jacobus,   engl.    Agent 
in    Pretoria     (1895). 
XI,  S.  17  A. 

D  e  y  m  ,  Graf,  österr.-ung.  Botschafter 
in   London    1888/1903. 

VIII,  S.  46.  101.  102.  116.  127.  255. 
438.  455.  456.  457.  459.  463. 
467.   468.   469.   472. 

IX,  S.  116.  117  A.  119.  126.  127.  128. 
129.  130.  131.  132.  133.  134. 
138.  141.  148.  149.  152.  152  A. 
153.  164.  165. 

X,  S.  18.  44.  107.  117.  124.  125. 
174.  182.  188.  213.  214.  215. 
216.  230.  232.  239.  240.  241. 
243. 

XI,  S.  61.  95.  96.  99.   100.   101.   102. 

104.  105.  143.  148.  169. 
XII,  S.  8.  10.  69.  70.  71.  78.  79. 
80.  172.  177.  233.  243.  262. 
264.  333.  334.  366  A.  372.  374. 
375.  376.  384.  385.  391.  404. 
406.  407. 
D  i  1  k  e  ,  Sir  Charles,  Mitglied  des 
engl.    Unterhauses,    Parlaments- 


654 


Unterstaatssekretär    im    Foreign 
Office    1880  83. 
VIII,  S.  77.    86.    92.    98  A.    183  A. 
IX,  S.  104. 
XI,  S.  273. 
Dimitrow,      bulg.      diplomatischer 
Agent  in   Konstantinopel    (1895, 
1896). 
XII,  S.  122.    123.    136.    139. 
DionysiusV.,  ökumen.  Patriarch  in 
Konstantinopel    1887/91. 
IX,  S.  44  A.    196.    196  A.    197. 
D  i  s  r  a  e  I  i ,    Benjamin,     s.     Beacons- 

field. 
Djemaleddin    Effendi,  Scheich-ül- 
Islam    (1895). 
X,  S.  83.  106. 
Djewad    Pascha,    türk.    Großwesir 

1891/95. 
VIII,  S.  178.  178  A.  189.  194.  197.  282. 
283.  284.  285. 
IX,  S.  68.    68  A.    70.    72.    207.    226. 

233.    233  A.   234. 
XII,  S.  122.    493.    493  A. 
D  j  e  w  d  e  t    Pascha,    türk.    Justizmini- 
ster im   Kabinett  Kiamil  Pascha 
1885/91. 
IX,  S.  190. 
D  ö  c  z  y  ,  von,  österr.   Journalist,   Re- 
dakteur     der      „Neuen     Freien 
Presse". 
X,  S.  242. 
XII,  S.  304. 
Dönhoff,    Karl    Graf    von,    preuß. 
Gesandter   in   Dresden    1879   bis 
1906. 
VII,  S.  408  A. 
D  o  1  g  o  r  u  k  i ,  Alexander,  Fürst,  russ. 
Hofmarschall,        Mitglied        des 
Reichsrats    (1895). 
IX,  S.  342.  342  A. 
Dragomirow,  russ.  General,  Gou- 
verneur des  Militärbezirks  Kiew. 
VII,  S.  226.   350.   376.   380. 
IX,  S.  362.    364.    365  A.    369.    371. 
XI,  S.  341. 
Dreyfus,    Alfred,    franz.    Artillerie- 
hauptmann. 
VII,  S.  139.    139  A. 
IX,  S.  387.     387  A.     389.     391.     392. 
392  A.  393.  394.  394  A.  395.  396. 
398.   399. 
XII,  S.  576  A.    582.    612.    614.    628. 


Dreyfus,  Camille,  franz.  Journalist, 
Redakteur  der  „Nation". 
IX,  S.  389. 
Droz,     Numa,     ehemal.     Bundesprä- 
sident   der    Schweiz    1881    und 
1887. 
XII,  S.  442  A.    445.    445  A.    466. 
Drummond,  s.  Wolff. 
D  r  u  m  o  n  t ,   franz.   Journalist. 

VII,  S.  246. 
Dubsky,     Graf,     österr.-ung.     Bot- 
schafter in  Madrid  1882/1903. 
VIII,  S.  336. 
IX,  S.  177. 
D  u  f  f  e  r  i  n  ,  Frederik  Earl  of ,  engl. 
Botschafter     in      Konsiantinopel 
1881/84,    Vizekönig    von    Indien 
1884/88,     Botschafter     in     Rom 
1888  91,  in  Paris  1891/97. 
VII,  S.  138.    236.    328.    333.    360. 
VIII,  S.  44.    48.    51.    53.    54.    55.    92. 
104.  104  A.  111.  139  A.  250.  253. 
269.    270.    305.    315.    351.    353. 
355.    446.    450.    466.    469.    470. 
471. 
IX,  S.  45.  47.  199.  199  A.  200  A.  201. 

268.   373.   386.   424. 
X,  S.  80.   92. 

XI,  S.   81.    151.    156.    157.    159.    161. 
174. 
Du   P  1  a  t ,  Sir  Charles  Taylor,  engl. 
General    (1891). 
VII,  S.  280. 
D  u  p  u  y  ,    franz.    Ministerpräsident    u. 
Minister  des  Innern  1893,   Mini- 
sterpräsident   und    Minister    des 
Innern    1894/95,    1898/99. 
VII,  S.  127.  127  A.  334  A.  339  A.  341. 
IX,  S.  387.   392.   393.   394.   395.    396. 
397.  398. 
D  u  r  a  n  d  o  ,     ital.    Generalkonsul    in 
Marseille    (1894). 
VII,  S.  136. 
D  u  r  n  o  w  o  ,    russ.    Minister    des    In- 
nern 1889/95,  Präsident  des  Mi- 
nisterkomitees 1895/1906. 
VII,  S.  368.   445. 
IX,  S.  343. 
XII,  S.  68. 

Eckardstein,  Freiherr  von,  Erster 
Sekretär    bei    der    Botschaft    in 
London   1899/1902. 
X,  S.  27  A. 
XI,  S.    186  A. 


655 


E  c  k  a  r  d  t ,  Julius  von,  Generalkonsul 
in    Marseille    (1891). 
VII,  S.  30S  A. 
Edhem  Pascha,  türk.  General  (1895, 
1S98). 

X,  S.  132  A. 
XII,  S.  501. 

Edinburg,   s.    Alfred,    Marie. 
Eduard,   Prinz   von   Wales,   nachm. 
König    Eduard    VII. 

VII,  S.  10  A.  12.  12  A.   16.   407.  407  A. 

VIII,  S.  53. 

IX,  S.  181.    181  A. 
XII,  S.    310  A.    479. 
Egerton,    Sir     Edwin,    engl.    Ge- 
sandter in  Athen   1892/1903. 
XII,  S.   155.   175.   176.  182.  183.  185. 
311.    312.    323.    325.    354.    355. 
364  A.    397.    398  A.    415.    416. 
417.    421.    421  A.    422.    423. 
Eisendecher,  von,  preuß. Gesand- 
ter   in    Karlsruhe    1884/1914. 
VII,  S.  408  A. 
Eitel      Friedrich,      Prinz      von 
Preußen,    zweiter    Sohn    Kaiser 
Wilhelms    II. 
IX,  S.  368. 
Elisabeth,  Kaiserin  von  Österreich, 
Gemahlin  Kaiser  Franz  Josephs  I., 
geb.   Prinzessin  von  Bayern. 
VII,  S.  411. 
Elisabeth,  Königin  von  Rumänien, 
geb.  Prinzessin  zu  Wied. 

VII,  S.  162.  208. 
XII,  S.  115  A. 

Elisabeth    Mawrikiewna,    Gemah- 
lin   des    Großfürsten    Konstantin 
von     Rußland,     geb.     Prinzessin 
von    Sachsen-Altenburg. 
IX,  S.  352. 

Ellena,   ital.   General    (1896). 

XI,  S.  234. 

E  1 1  i  o  t ,  Francis,  engl.  Generalkonsul 

in    Sofia    1895/1903. 
XII,  S.  106.    125. 
Elliot,  Sir  Henry,  engl.  Botschafter 

in     Konstantinopel    1867/78. 
X,  S.  84. 
E  m  i  n     Pascha     (Eduard     Schnitzer), 

Afrikaforscher,    Gouverneur    der 

ägyptischen    Äquatorialprovinzen 

(1S9Ü). 

VIII,  S.  9. 


Engelbrecht,    von,    Oberst,    Mili- 
tärattache   in    Rom    1882/95. 
VII,  S.  116  A.    118.    120.    121.    121  A. 

England,  s.  Alexandra,  Albert 
Viktor,  Alfred,  Eduard,  Georg, 
Mary,  Viktoria  (Kaiserin),  Vik- 
toria  (Königin). 

Eperjesy,  von,  Botschaftsrat  bei 
der  österr.-ung.  Botschaft  in 
Rom    (1895). 

X,  S.  178.    185.    201.    202.    210. 
Erckert,  von,  Vortragender  Rat  im 

A.    A.    1907/09. 
IX,  S.  333  A. 
Ernst  August,  Herzog  von  Cum- 
berland,  Herzog  zu  Braunschweig 
und    Lüneburg. 

VII,  S.  347. 

Ernst    Ludwig,    Großherzog    von 
Hessen-Darmstadt  1892/1918. 
XII,  S.  54  A. 

Escarcu,  rumän.  Minister  des 
Äußern  im  Kabinett  Florescu 
1891. 

VII,  S.  166.    167.    169. 
IX,  S.  64  A. 

E  s  s  a  d  Pascha,  türk.  Botschafter  in 
Paris    1880/94. 

VIII,  S.  275. 
Estournelles,     Baron    de     Con- 

stant  d',  franz.   Botschaftsrat  in 
London    1890/95. 

VIII,  S.  104. 
IX,  S.  155. 

XI,  S.  217. 

Euan-Smith,  Sir  Charles,  engl. 
Oberst,  Generalkonsul  und 
diplomatischer  Agent  in  Sansi- 
bar 1887/91,  Gesandter  in  Tan- 
ger 1891/93. 

VIII,  S.  3.  7.  79.  294  A.  307.  318. 
318  A.  319.  320.  320  A.  321. 
321  A.  322.  323.  324. 

E  u  g  e  n  i  e  ,    Kaiserin,    Witwe    Napo- 
leons   III. 
VII,  S.  303. 

Eulenburg,      August      Graf      zu, 
Oberhofmarschall     Kaiser     Wil- 
helms   II.    1890/1914. 
XI,  S.  312. 
XII,  S.  619. 

Eulenburg,  Botho  Graf  zu,  preuß. 
Ministerpräsident    und    Minister 
des    Innern    1892/94. 
VII,  S.  448. 


656 


Eulenburg,  Philipp  Graf  zu, 
preuß.  Gesandter  in  Oldenburg 
1888  90,  in  München  1891/94, 
Botschafter  in  Wien  1894 ,1901. 
VII,  S.  144.  270  A.  408  A. 
IX,  S.  109,  109  A.  138  A.  160  A. 
172  A.    223  A.    245  A.    366  A. 

X,  S.  42  A.  62  A.  63.  65.  173. 176  A. 
182.   204.   205. 

XI,  S.  11.  30  A.  45  A.  75  A.  92  A. 
106  A.  112.  114.  120.  121.  126  A. 
129  A.  145.  145  A.  150.  157  A. 
209  A.  277  A.  282.  328  A.  360. 
370  A. 

XII,  S.  54  A.    55  A.    56.    56  A.    58  A. 

59  A.     60.     61.     72  A.     S9.     104. 

110  A.    147  A.    162.    163  A.    164. 

179.      199.      256.      257.      315  A. 

319  A.  330  A.  334  A.  343.  350  A. 

360  A.      452.     458.      459.      479. 

4SI  A.    502  A. 
Evans,      Lordmayor     von      London 

1891/92. 
VIII,  S.  65  A. 

F  a  d  e  j  e  w  ,  Rostislavv,  russ.  General, 
Panslawist. 
VII,  S.  376. 
Faidherbe,    franz.    General. 

VII,  S.  313  A. 
F  a  k  h  r  i   Pascha,   ägypt.   Ministerprä- 
sident  (1893). 
VIII,  S.  187  A.  188  A.  196  A. 
Faure,   Felix,   franz.   Marineminister 
im  Kabinett  Dupuy  1S94  95,  Prä- 
sident der  Republik  1895/1902. 
VII    S.  341. 

IX^  S.  297.  303.  356.  356  A.  364.  371. 
379.    399.    399  A.    400.    401.    409. 
414.  421.  423.  424.  425. 
X,  S.  227.    228. 

XI,  S.  69.  69  A.  70.  122.  122  A.  128. 
161.  289.  2S9A.  322.  322  A. 
326  A.  340.  342.  346.  34S.  352. 
365.    367.    368.    369.    374.    381. 

XII,  S.  84.    85.    299.    336.    612. 
Faure,   Madame,   geb.   Belluot,   Ge- 
mahlin   des    Präsidenten    Faure. 

XI,  S.  363. 
Ferdinand,    Prinz    von    Rumänien, 
Thronfolger. 
VII,  S.  173  A.    180.    180  A.    181.    208. 
Ferdinand,     Prinz     von    Sachsen- 
Koburg-Gotha,    Fürst    von    Bul- 
garien    1887/1918. 


VII,  S.  3-18.     3-19  A.     3S5.     4:6.    432. 
432  A.  435. 

IX,  S.  6.  11.  12.  13.  16.  19.  21.  22. 
23.  24.  26.  27.  37.  38.  39.  61. 
66.  67.  73.  81.  87.  8S.  94  A.  96. 
97  A.   98.   99.    100.    113. 

X,  S.  139.  164. 

XI,  S.  116.   116  A.  131.  131  A.   132  A. 
XII,  S.  91.  92.  93.  94  A.  95.  95  A.  96. 

97.  97  A.  93.  98  A.  99.  100.  101. 
104.  105.  106.  107.  103.  109. 
109A.  110.  110A.  111.  112. 
112A.  113.  113A.  114.  115. 
115  A.  116.  117.  121.  121  A.  123. 
125.  135.  135  A.  137.  138.  141. 
142.  143.  144.  1-15.  146.  147.  1-18. 
149.  260.  304.  517.  518.  518  A. 
522.  523.  531.  536.  537.  544. 
551.    552.    552  A.    553.    553  A. 

Fergusson,  Sir  James,  Parlaments- 
Unterstaatssekretär  im  Foreign 
Office    18S6/91. 

VII,  S.  105. 

VIII,  S.  56.  57.  61.  64.  66. 
IX,  S.  197  A. 

Ferrari,  Conte,  Unterstaatssekretär 
im  ital.  Ministerium  des  Äußern 
(1893). 
VII,  S.  128. 

Fe  r  rata,  Erzbischof,  apostol.  Nun- 
tius  in    Paris    (1894). 
VII,  S.  135. 

Ferrero,  ital.  General,  Botschafter 
in    London    1895/1901. 

VIII,  S.  141.   393. 

X,  S.  178.   211.  212.   216.   222.  223. 
229.   231.   232. 

XI,  S.  46.  52.  61.  78.  79.  80.  81  A. 
103.  104.  147.  193.  194.  195. 
215.  216.  217.  218.  218  A.  220. 
221.  223.  224.  225.  238.  240. 
271  A.    272. 

XII,  S.  186.    212.   271.    272.    385.    404. 
502. 

Ferron,  franz.  General,  Kriegsmini- 
ster  im    Kabinett   Rouvier   1S87. 
VII,  S.  292. 
F  e  r  r  y  ,    Jules,    franz.    Ministerpräsi- 
dent   1830/81,     1S33  35. 
VII,  S.  69.    197.   221.   2S8. 
IX,  S.  404. 

XI,  S.  189.  333. 

Fery   d'E  s  c  1  a  n  d  s  ,   Präsident   der 


42    Die  Große   Politik.     12.  Bd. 


657 


„SoJJte  des  amis  de  Ia  Kussie" 
in    Paris    (lo9  ). 
VII.  S.  232. 
Figuera,   snan.   Gesandter  in   Tan- 
ger   1SS9  93. 
VIII,  6.  294  A.    2C9.    307.    312. 
Floquet,    Charles     Thomas,    franz. 
Abgeordneter,       Präsident      der 
Kammer    lSS;J/93. 
VIII,  S.  28. 

Florescu,     rumän.     General,     Mi- 
nLterpräsi  !ent    1891. 
VII,  S.   152.      153.      153  A.     154.     156. 

166  A.   169.  172  A. 
IX,  S.  64  A. 
F  1  o  t  h  o  w  ,  Frau  von,  geb.  von  Gre- 
schau,    Dänin. 
VII,  S.  357. 
Flourens,    Emile,    franz.    Abgeord- 
neter,   Minister   des    Äußern    im 
Kabinett   Rouvier   1837,88,   Mini- 
sterpräsident   1888/89. 
VII,  S.  232. 
IX,  S.  415. 

XI,  S.  204.   204  A. 

F  o  n  t  o  n  ,    von,     russ.    Gesandter    in 
Bukarest   1891/1902. 
VII,  S.  156.    156  A.    210. 

Ford,  Sir  Francis  Cläre,  engl.  Ge- 
sandter in  Madrid  1887/92,  Bot- 
schafter in  Konstantinopel  1892 
bis  1893,  in  Rom   1893/98. 

VIII,  S.  132.  136.  140.  141.  192.  193. 
198.  199.  202.  210.  210  A.  215. 
216.  228  A.  281.  282.  290.  306. 
307.  310.  312.  331.  359.  359  A. 
362.  377.  378.  381.  3S3.  385. 
400. 
IX,  S.  112.  181.  197.  198.  199.  200. 
201. 

X,  S.  123.    124.    125.    126.    169.   218. 
253. 

XI,  S.  224. 
XII,  S.    218.    219. 
Fornari,   Marques   Potesta  de,  span. 

Gesandter  in  Tanger  (1894). 
VIII,  S.  327.   331. 
Fortis,    ital.    Abgeordneter    (1896). 

XI,  S.    284.    284  A. 
France,    Anatole,    franz.    Dichter. 

XII,  S.  73. 

Franz     Ferdinand,      Erzherzog, 
Thronfolger    von    Österreich-Un- 
garn seit   1896. 
VII,  S.  152. 


IX,  S.  348. 
XII,  S.  304.   537. 
Franz  Joseph,  Prinz  von   Batten- 
berg, Sohn  des  Prinzen  Alexan- 
der   von    Hessen. 
XI,  S.     209.     210. 
XII,  S.    59.    449.    449  A.    481.    482. 
Franz  Joseph  I.,  Kaiser  von  Öster- 
reich    und     König    von    Ungarn 
1818/1916. 

VII,  S.  7.    43.    44.    97.    99.    109.    110. 

111.  113.  114.  157.  162.  163.  164. 
166.  171.  173.  173  A.  181.  1S3. 
217.  350.  354.  380.  409.  410.  411. 
415.  416.  421  A.  432.  432  A.  433. 
436.   437.   437  A.   438.   439. 

VIII,  S.  65.    65  A.    101. 
IX,  S.  6.  22.  76  A.  97  A.  98.  99.  99A. 
101.    110.    114.    122.    142  A.    143. 
174.     175.     185.     347.     348.     351. 
363  A.  374. 
X,  S.  139.    140.   141.    142.    147.    158. 
161.    162.     163.    164.     165.     180. 
181.  184.  203.  204.  207. 
XI,  S.  109.  111.  115.  122.  122  A.  127. 
127  A.   128.   131.   132.    143.   177. 
177  A.   301.   302.   303.   304.  305. 
306.   312.    341.    360.    386. 
XII,  S.  53.    53  A.    56  A.    62.    73  A.    77. 
91.  91  A.  97.  100.  104.  106.  U0A. 

112.  113.  113  A.  114.  115.  115  A. 
146  A.  196.  197.  275.  277.  287. 
288.  290.  290  A.  291.  292.  294. 
295.  295  A.  297.  299.  328.  381. 
393.  413.  413  A.  414.  438.  481. 
507.  537.  553  A. 

Franziska,     Prinzessin     von     Or- 
leans,   Herzogin    von    Chartres, 
geb.     Prinzessin     von     Orleans. 
VII,  S.  275.  280. 
Fredericks,  Baron,  russ.  General, 
Militärattache    in    Paris     (1888, 
1895). 
VII,  S.  224. 
IX,  S.  364. 
F  r  e  m  a  n  1 1  e  ,    Sir     E.,     engl.    Vize- 
admiral,   Oberbefehlshaber     des 
ostasialischen    Geschwaders 
(1893,   1894). 

VIII,  S.  110.    111.    112  A. 
IX,  S.  245. 

Freycinet,  Charles  de,  franz.  Mi- 
nisterpräsident u.  Kriegsminister 
1890/92,    Kriegsminister    in    den 


658 


Kabinetten     Loubet     und     Ribot 

1802/93. 
VII,  S.  69.     192  A.     195  A.    200.     226. 

234.   235.   239.   264.   264  A.   267A. 

270.     281.     282.     287.     288.     289. 

291.  292.  293.  294.  295.  296.  303. 

308.    314.    315.    316.    321. 
VIII,  S.  26  A.  32.  32  A.   152.   153.   160. 

185. 
X,  S.  228. 
Friedrich    I.,  Großherzog  von  Ba- 
den   1856/1907. 
VII,  S.  295. 
Friedrich     III.,     Deutscher    Kaiser 

und    König    von    Preußen    1888. 

VII,  S.  424  A. 
VIII,  S.  65  A. 

X,  S.  77  A. 

XII,  S.  558  A.    579. 
Friedrich,    Kaiserin,    s.     Viktoria. 
Friedrich    Franz    III.,    Großher- 
zog   von    Mecklenburg-Schwerin 
18S3/97. 
XII,  S.  84  A. 
Friedrich   Karl,   Prinz   von   Hes- 
sen-Kassel. 

VII,  S.  416  A. 

Friedrich    Wilhelm,    Kronprinz 
des    Deutschen    Reiches,    nachm. 
Kaiser  Friedrich  III. 
VII,  S.  336  A. 

Friegs    &    Co.,    deutsche    Handels- 
gesellschaft. 

VIII,  S.  418. 

Fritzen,    Alois,    Reichstagsabge- 
ordneter  (1898). 
XII,  S.  637  A. 
Fumo    Bakari,    Sultan    von    Witu 
in   Ostafrika. 

VIII,  S.  4.  5.  6.   10.   13. 

XI,  S.  7. 

Funcke,     von,     preuß.     Rittmeister, 
Militärattache    in    Paris    1891/92. 
VII,  S.  288.    291.   292.   293.    294.    295. 
302.   316. 

Gaertner-Griebenow,        Frei- 
herr von,  Generalkonsul  in  Kal- 
kutta   (1894). 
IX,  S.  247. 
G  a  1  i  b  Bey,  türk.  Botschafter  in  Wien 
1894/96,  in  Berlin  1896/97. 
X,  S.  114. 
XII,  S.  37  A.   134.  249.  250.   252.  253. 
254.   263.   411.   423. 


Galliano,  ital.  Oberstleutnant  (1896). 

XI.  S.  225.    225  A.    226.    227. 

G  a  1 1  i  f  f  e  t ,  Marquis  de,  franz.  Ge- 
neral. 

VII,  S.  201.  201  A.  281.  288. 
IX,  S.  422. 

G  a  1 1  i  n  a  ,  Conte,  Botschaftsrat  bei 
der  ital.  Botschaft  in  Paris 
(1895). 

VII,  S.  139. 

Galvagna,  Barone,  ital.  Gesandter 
in    Belgrad    1887/94. 
IX,  S.  79. 

G  a  m  b  e  1 1  a  ,  Leon,  franz.  Minister- 
prä, iient  1881,82. 

VIII,  S.  153. 
X,  S.  228. 

XI,  S.  325. 

XII,  S.  279. 

Gandolfi,   ital.   General    (1891). 

VIII,  S.  358. 
Garibaldi,    Guiseppe. 

VII,  S.  56. 

XII,  S.    321,    345.    346.    528. 
Garit,       Mohammed       el       Mofdel, 

marokkan.    Minister   des    Äußern 

im     Kabinett     Mokhtar      (1891, 

1892,    1895). 
VIII,  S.  296.    321.    336. 
G  a  s  n  i  e  r ,  Franzose. 

VII,  S.  323.  323  A. 
Gentile,   Dolmetscher  bei  der  ital. 

Gesandtschaft  in  Tanger  (1891). 

VIII,  S.  301. 

Georg,   Fürst  Romanowski,  Herzog 
von  Leuchtenberg,  Enkel  des  Kai- 
sers   Nikolaus    I.    von    Rußland. 
VII,  S.  234. 
IX,  S.  22. 

XII,  S.  448.    448  A.    449. 
Georg,  Herzog  von  York,  Sohn  des 

Prinzen  Eduard  von  Wales,  nach- 
mal. König  Georg  V.  von  Eng- 
land. 

VII,  S.  10  A.    240. 
Georg,     Prinz     von     Griechenland, 
zweiter    Sohn    des    Königs    Ge- 
org  I. 

XII,  S.  309  A.  333.  340.  398  A.  399. 
4-12  A.  447.  448.  448  A.  449.  450. 
451.  452.  453.  454.  455.  456.  457. 
459.  461.  462.  464.  465.  467.  469. 
470.  471.  472.  474.  476.  477.  479. 
4S0.  483.  483  A.  484.  485.  486. 
4S7.     489.     490.     491.     492.     495. 


12* 


659 


496.    498.    505.    509  A.    510.    511. 
512.  518. 
Georg  I.,    König    von    Griechenland 
1863/1913. 
VII,  S.  234.   235. 

X,  S.  164. 
XII,  S.  108.    142.    163.    166.    167.    169. 
172.    173.    182.    2S2.    310.    310  A. 
324  A.  332  A.  391.  396.  419.  420. 
434.   458.  460.  490.   491.   512. 
Georg    Alexandrowitsch,    Großfürst, 
Sohn    Alexanders    III.   von    Ruß- 
land. 
VII.  S.  205. 
Gerault-Richard,    franz.    Abge- 
ordneter und   Journalist   (1S95). 
IX,  S.  39S. 
Gervais,    franz.    Admiral    (1891). 
VII,  S.  207.  .  207  A.     212.     213.     214. 

217.   218.   249. 
VIII,  S.  71. 
Ghebra   Sellassie   Negussie, 

abessin.  Häuptling  in  Tigre. 
VIII.  S.  348.  349.  357.  358. 

XI,  S.  260. 
G  h  i  k  a  ,    Emil,    rumän.    Gesandter   in 
Petersburg  1889/91,  in  Wien  1891 
bis   1906. 
VII,  S.  179.  205. 
G  h  i  k  a  ,  Gregor,  rumän.  Gesandter  in 
Berlin    (1892). 

VII,  S.  179. 

Giers,  Nikolaus  von,  russ.  Minister 
des  Äußern  1882/95. 
VII,  S.  11.  12.  13.  14.  15.  17.  18. 
19.  20.  26.  28.  29.  30.  31.  32. 
34.  35.  36.  38.  39.  40.  169.  169  A. 
205.  213.  214.  214  A.  217.  218. 
220  A.  226.  226  A.  227.  228. 
228  A.  229.  230.  234.  235.  235  A. 
238.  245.  2I5A.  247  A.  251.  254. 
255.  256.  348.  319.  349  A.  350. 
351.  352.  353.  355.  356.  364.  365. 
366.  371.  372.  373  A.  374.  379. 
380.  381.  381  A.  382.  383.  392. 
393.  394.  400.  401.  402.  402  A. 
432.  432  A.  433.  434.  435.  436. 
437.  445.  446.  447.  454. 

VIII,  S.  309.  309  A. 

IX,  S.  5.  21.  22.  24.  25.  37.  38.  53. 
71.  77.  77  A.  78.  79.  80.  84. 
85.  86.  87.  99.  99  A.  100.  101. 
174.  174  A.  184.  193.  194.  195. 
196.  197.  213.  341.  341  A.  342. 
372. 


XI,  S.  356. 
XII,  S.  100. 
G  i  o  1  i  1 1  i ,    Giovanni,    ital.    Minister- 

prä.Uent    1892/93. 
VIII,  S.  80  A.    358  A. 
Gladstone,    William,    engl.    Pre- 
mierminister   1892/94. 

VII,  S.  269. 

VIII,  S.  26.  36.  75.  75  A.  76.  77.  78. 
79.  83.  83  A.  86.  87.  91.  92.  93. 
91.  95.  96.  98.  98  A.  100.  106. 
112  A.  114.  117.  118.  119.  123. 
127.  129  A.  151.  156.  181.  181  A. 
182  A.  183  A.  184.  189.  193.  194. 
195.  211  A.  320.  323  A.  354.  400. 
436. 
IX,  S.  65.  93.  114.  120.  121.  123. 

194.  197  A. 
X,  S.  71.  81  A.  92.  110.  251.  256. 

XI,  S.  8. 

G  o  b  1  e  t ,  Rene,  franz.  Abgeordneter, 
Ministerpräsident     1886/87,     Mi- 
nister   des    Äußern    im    Kabinett 
Flourens  1888/89. 
VII,  S.  252.   323. 

VIII,  S.  238.    239. 
IX,  S.  415.  416. 

Goerz,  Adolf,  Inhaber  des  Handels- 
hauses Goerz   (1896). 
XI,  S.  33.  33  A. 

Ooldmann,      Korrespondent       der 
„Frankfurter  Zeitung"   in   Paris 
(1895). 
IX,  S.  416. 

Golenischtschew-Kutusow, 
Graf,  Generaladjudant  des  Kai- 
sers Nikolaus  II.  von  Rußland 
(1896). 

XII,  S.  112.  112  A. 

Goltz,    Kolmar    Freiherr    von    der, 
preuß.  Offizier  in  türk.  Diensten 
1883/95. 
IX,  S.  3.    4.    18.    34.    36.    41.    41  A. 

204.  226. 
X    S.  103. 
XIl'  S.  134.    562.   569.   570. 
Goluchowski,       Agenor       Graf, 
österr.-ung.  Gesandter  in   Buka- 
rest 1887,94,  Minister  des  Äußern 
1895/1906. 
VII,  S.  44.    152.    153.    155.    156.    157. 
162.  163.  165.  174.  175.  176.  177. 
178.   179.   180.   181.   183. 
IX,  S.  379.  380.  381. 
X,  S.  19.    32.    33.    36.    44.    46.    47. 


660 


53.  62  A.  63.  64.  65.  68.  71.  72. 
73.  82.  114.  117.  123.  124.  125. 
140.  140  A.  141.  142.  143. 
144.  144  A.  145.  146.  147.  1-18. 
149.  151.  154.  157.  158.  159. 
160.  161.  162.  164.  165.  172.  173. 
174.  175.  181.  182.  183.  181.  185. 
1S8.  190.  191.  194.  195.  204. 
205.  206.  207.  208.  209.  210. 
215.  217.  219.  230.  237.  238. 
239.  240.  241.  242.  243.  244. 
245  259. 
XI,  S.  30  A.  57  A.  68.  75  A.  78.  80. 
95.  95  A.  97.  100.  102.  103.  104. 
105.  106.  109.  110.  111.  115.  116. 
117.  118.  120.  121.  122.  124. 
125.  126.  126  A.  127.  128.  128  A. 
129.    129  A.    130.    131.    132.    143. 

144.145.146.  177.246.269.277. 
278.  301.  302  A.  303.  304.  311. 
314.  314  A.  339.  343.  345.  356. 
360.  366.  367.  370.  370  A.  373. 
374.  381. 
XII,  S.  6.    9.    10.    49.    50.    50  A.    56. 

56  A.  57.  58.  58  A.  60.  62.  64.  71. 

71  A.    72.     72  A.     73  A.    74.     75. 

75  A.  77.  78.  80.  85  A.  91.  91  A. 

92.  93.  94.  96.  97.  98.   99.   100. 

101.  102.  104.  105.  106.  112.  113. 

127.     129.     130.     131.     132.     133. 

138.   138  A.   139.  146.  147  A.  161. 

162.  180.  181.  182.  191.  192.  193. 

197.  198.  199.  200.  201.  203.  204. 

216.  217.  230.  235.  237.  238.   246. 

247.     247  A.      248.      257  A.     260. 

260  A.    275.    275  A.    276.    276  A. 

277.  278.  279.  280.  282.  283.  287. 

288.    289.    290.    290  A.    291.    292. 

293.     294.     298.     299.     300.     302. 

302  A.     303.      304.     304  A.    305. 

315  A.    322.    328.    329.    333.    338. 

340.    341.    342.    343.    344.    345. 

346.   358.   360  A.   365.   374.  3S1. 

382.   393.   393  A.  394.  395.   401. 

404.    413.    414.    429.    450.    451. 

451  A.   452.   453.   458.   459.  460. 

461.    462.    463.    464.    479.    481. 

482.    495.    496.    503.    522.    523. 

537. 
Gordon     Pascha,    engl.    General    in 

Ägypten. 
VIII,  S.  77. 

Gortschakow,  Alexander  Fürst, 
russ.  Reichskander  1870/S2  und 
Minister   des    Äußern    1S5Ö/82. 


VII,  S.  25.  32.  35.  36.  348. 
IX,  S.  174. 

Goschen,  Viscount  George  Joachim, 
engl,  außerord.  Botschafter  in 
Konstantinopel  18S0/81,  Erster 
Lord  der  Admiralität  im  Kabi- 
nett Sa'.hbury  1895/1900. 
IX,  S.  198.   199. 

X,  S.  253. 

XI,  S.  61.    149.    193.    194.    200. 
XII,  S.    53.    75.    76.    371. 
Goschen,   William    Edward,   Sekre- 
tär   bei    der    engl.    Botschaft    in 
Petersburg    1894/98. 
XI,  S.  170. 
XII,  S.  3.   218. 
G  o  s  s  e  1  i  n  ,  Sir  Martin  Le  Marchant, 
Sekretär  bei  der  engl.  Botschaft 
in    Berlin    1893/96. 
IX,  S.  168.  232. 

X,  S.  116. 

XI,  S.  14. 

G  r  a  n  c  e  y  ,  Baron  de,  franz.  Marine- 
attache in   Berlin    (1895). 

XI,  S.  349  A. 

G  r  a  v  e  s  ,    Robert,    engl.    Konsul    in 

Erserum    (1895). 
IX,  S.  210.   212.   213.   214.   219.    220. 
Green,    Sir    William     Kirby,     engl. 

Gesandter  in  Tanger  1836/91. 

VIII,  S.  293.  293  A.  294.  295.  297.  300. 
321. 

Grekow,  bulg.  Minister  des  Äußern 
im   Kabinett  Stambulow  1890/94, 
Mini  terpräsident  1S99. 
IX,  S.  97. 

XII,  S.  536.     536  A.     543.     544.     548. 
548  A.   549.  550.   551. 

Grelle,  Comte  de  la,  Minister  des 
Äußern  des  Kongostaats  (1894). 

VIII,  S.  427  A.    440.    451.    458. 

Gresham,  amerikan.  Staatssekretär 
des    Äußern    (1894). 

VIII,  S.  416.  417. 

Grey,  Sir  Edward,  Parlaments-Unter- 
staatssekretär  im  Foreign  Office 
1892/95. 

VIII,  S.  415.  449.  450. 

Griechenland,  s.  Alexandra  Ge- 
orgiewna,  Georg,  Georg  I.,  Kon- 
stantin,  Nikolaus,  Olga,  Sophie. 

G  r  i  e  r  s  o  n  ,  en^l.  Oberst,  Militär- 
attache  in    Berlin   1896/1900. 

XI,  S.  1S5.  191  A. 
XII,  S.  71.  72. 


661 


Grosgurin,     franz.     Inspektor     in 
Siam    (1S93). 
VII,  S.  129  A. 
Großbritannien,    s.     Alexandra, 
Albert    Viktor,    Alfred,    Eduard, 
Georg,  Mary,  Viktoria  (Kaiserin), 
Viklo.ia   (Königin). 
Gruiew,    bulg.   Ofi'icr. 

XII,  S.  110.    111.    518.    518  A.    519  A 
Gubastow,    Vi  c   irektor    des    asia- 
tischen    Departements    im    russ. 
Ministerium  des  Äußern   (1890). 
XI,  S.  356. 
Guerin,   franz.   Abgeordneter   (1899). 

XII,  S.  583  A. 
Gühler,    Kapitänleutnant,    Komman- 
dant    des    deuts  hen     Stationärs 
in       Konstantinopel      „Loreley'' 
(1895). 
IX,  S.  226. 
Gülich,     Korvettenkapitän,    Marinc- 
attache     bei     der     Botschaft     in 
London    (1896). 
XI,  S.  38  A.  39  A.  42  A. 
Gurko,    russ.    General,    Generalgou- 
verneur   von   Warschau    18S3/94. 
VII,  S.  350.   380. 
Gustav,    Kronprinz    von    Schweden, 
Herzog   von   Wermland,   nachm. 
Köni'T    Gustav    V. 
VII,  S.  370.  372.  373. 
Gutschmid,      Freiherr     von,     Ge- 
sandter in  Tokio  1S91/97. 
IX,  S.  242.    212A.    253  A.    254.    256. 
260.    265.    275  A.    277  A.    278  A. 
279 A.  281  A.  282.  234.  287.295. 
296.     293.     299.     300.     302.     303. 
304  A.    315.    316.    318.    321.    323. 
328.    328  A.    331.    332.    333.    355. 

Habert,     Marcel,     franz.     Abgeord- 
neter   (1895). 
IX,  S.  404. 
Haering,    Verweser    des    General- 
konsulats   in    Sofia    (1896). 
XII,  S.  94. 
Hafiz   Tewfik    Pascha,   türk.    Bri- 
gadegeneral   (1894). 
IX,  S.  204.  205.  206. 
Hahnke,    von,    preuß.    General    der 
Infanterie    und    Generaladjutant, 
Chef  des  Geheimen  Militärkabi- 
netts. 
VII,  S.  299  A. 
XII,  S.  574. 


H  a  1  i  b    Bev,   Gouverneur  von   Siwas 
(1S95). 
X,  S.  120. 
H  a  1 1  w  a  r  d  ,   Cecil,   engl.  Vizekonsul 
in    Wan    (189 4). 
IX,  S.  202.    203.    210.    212. 
Hammerstein,   Freiherr  von,   Be- 
zirk-prasident    von  Metz    (1895). 
IX,  S.  419. 
H  a  m  p  s  o  n  ,      engl.      Vizekonsul      in 
Musch    (1895). 
X,  S.   124. 
Hanotaux,  Gabriel,  franz.  Minister 
des    Äußern    in    den    Kabinetten 
Dupuy   1891/95,   Ribot   1895   und 
Meline   1S96  98. 
VII,  S.  139.    147.    311.    343. 
VIII,  S.  137.  427.  427  A.  440.  446.  450. 
467.    469.    470. 
IX,  S.  170.    249.    263.    269.    287.    320. 

321.  322.  356.  363.  371.  373. 
379.  379  A.  385.  388.  389.  390. 
391.  392.  399.  401.  402.  404. 
405.  406.  406  A.  407.  408.  410. 
411.  413.  413  A.  414.  415.  416. 
418.   419.  420.  421.   423. 

XI,  S.  124.  146.  183.  183  A.  185.  195. 
198.  207.  208.  2  16.  254.  294. 
297  A.  322.  323.  326  A.  327.  328. 
328  A.  329.  330.  331.  332.  333. 
337.  33S.  342.  343.  345.  345  A. 
346.  346  A.  348.  349  A.  350.  351. 
352.  365.  381. 
XII,  S.  37  A.  40  A.  50.  50  A.  51.  74. 
77  A.  84.  161.  219.  220.  221. 
224.  225  A.  237.  238.  241.  242. 
263.  26S.  271.  271  A.  311.  312. 
313.  314.  315.  316.  317.  321. 

322.  323.  336.  337.  338.  351. 
351  A.  360.  361.  365.  385.  386. 
387.  387  A.  389.  391.  395.  402. 
405.  405  A.  406.  413.  426.  436. 
437.  443.  445.  465.  521.  603. 

Hansen,  Jules,  franz.  diplomatischer 
Agent    (1896). 
XI,  S.    323.   323  A.   324.  325.  325  A. 
326.     326  A.     327.     328.     328  A. 
329.     329  A.     330.     331.    332. 

Harcourt,    Sir    William,     Mitglied 
des    engl.    Unterhauses,    Schatz- 
kan/ler  in  den  Kabinetten  Glad- 
stone  und    Rosebery    1892/95. 
IX,  S.  65.    112. 

H  a  r  d  i  n  g  e  ,  Arthur  Henry,  Sekretär 


662 


bei  der  engl.  Botschaft  in  Kon- 
stantinopel  1888/91. 
VII,  S.  360. 
H  a  r  m  a  n  d  ,  franz.  Gesandter  in  To- 
kio  1894/1906. 
IX,  S.  270.    275.    275  A.    276.    277  A. 
281.    281  A.    282.    284.    285.    287. 
296.     298.     299.     300.     301.     303. 
304.    305.    307.    315.    316.    318. 
321.    323.    324.    325.    326.    332. 
Harmel,   Leo,   franz.  Pilger   (1898). 

XII,  S.  621  A.  623. 
Harris,   Sir   Robert  Hastings,   engl. 
Admiral    (1897). 
XII,  S.  383.  384. 
Hart,    Chef    der    chinesischen    See- 
zölle   (1895). 
IX,  S.  315. 
Hassan    Pascha,  türk.  Marineminister 
(1898). 
XII,  S.  563. 
Hasse,  Ernst,  Reichstagsabgeordneter 
(1897). 
XII,  S.  348  A. 
Hatzfeldt-Wildenburg,    Paul 
Graf    von,    Botschafter    in    Kon- 
stantinopel   1879/81,    in    London 
1885/1901. 
VII,  S.  27.    30.    30  A.   268.    408  A. 
VIII,  S.  8A.     11  A.     14  A.     17  A.    21. 
21  A.    27  A.    30.    34  A.    46.    49  A. 
50.  51.  53.  59  A.  70  A.  72  A.  77. 
83  A.     86  A.     90.     98  A.     103  A. 
104  A.   105.  105  A.  106.   107.   108. 
111  A.     139.     178.     179  A.    180  A. 
181  A.    189  A.   199.   203  A.   228  A. 

246.  279  A.  293  A.  296  A.  304. 
309.  310.  312.  313  A.  345.  346. 
347.  359.  360.  360  A.  385.  386. 
398  A.  411  A.  437  A.  438  A.  4^0  A. 
442  A.  448.  448  A.  452  A.  454. 
462. 

IX,  S.  7  A.  28.  43.  44  A.  52  A.  53. 
57.  76  A.  102  A.  117A.  122  A. 
128  A.  143.  159.  160.  160  A. 
165  A.   183.  197  A.   198.  223.  246. 

247.  251  A.  256.  257.  267.  267  A. 
278  A.    309  A.    378  A. 

X,  S.  10  A.  19.  20.  21.  23.  23  A. 
24.  24  A.  26  A.  27  A.  30  A.  35  A. 
40.  42.  62  A.  65.  78.  81  A.  111. 
117.  126.  157.  202  A.  209.  210. 
214.  215.  216.  217.  229  A.  238. 
XI,  S.  9A.  10  A.  11.  11  A.  12  A. 
13  A.     17  A.     22.    24  A.    26.     30. 


31.  39  A.  41  A.  45  A.  46.  48  A. 
54  A.  55  A.  56  A.  57  A.  71  A. 
75  A.  78.  78  A.  80.  81  A.  92  A. 
95  A.  104.  135  A.  155  A.  162  A. 
173  A.  189.  208.  208  A.  215  A. 
220.  222.  223.  235  A.  240.  235. 
XII,  S.  53.  55  A.  65  A.  67.  73  A. 
76A.  79.  101.  138.  180A.  195. 
197.  227.  239  A.  247.  247  A. 
273.  278  A.  313  A.  319  A.  326  A. 
329.  329  A.  334  A.  363  A.  364. 
364  A.  366  A.  371  A.  4C6  A.  434. 
477. 
Haußmann,  Abteilungschef  im  franz. 
Kolonialministerium  (1893). 
VII,  S.  335  A. 

H  a  vv  e  i  s  ,  Hugh   Reginald,   engl,   ka- 
thol.     Prediger     und     Journalist 
(1892). 
VIII,  S.  317.  318.  319. 
Hayashi,    Japan.    Vizeminister    des 
Äußern    im     Kabinett    Ito    1895, 
Gesandter  in   Peking  1895/97,  in 
Petersburg  1S9./99,  Minister  des 
Äußern      im      Kabinett      Saionzi 
1906  08. 
IX,  S.  274.  275.  276.  277.  279.  279  A. 
280.  281.  326.  329.  330.  332.  333. 
333  A. 
Haymerle,  Hein-ich   Freiherr  von, 
österr.-ung.   Minister  des  Äußern 
1879/81. 
VII.  S.  158. 
XII,  S.  103. 
H  e  a  t  h  ,     engl.     Erzieher     des     russ. 
Großfürst-Thronfolgers  Nikolaus, 
nachmal.  Kaisers  Nikolaus  II. 
VII,  S.  357. 
Heidler-Egeregg,  Freiherr  von, 
österr.-ung.      Generalkonsul      in 
Kairo  (1S92). 
VIII,  S.  184. 

Heinrich,  Prinz  von  Preußen,  Bru- 
der  Kaiser  Wilhelms   II. 
IX,  S.  318.   410. 
XI,  S.  347.  347  A. 
XII,  S.  578.   579. 
Heinrich,    Prinzessin,   s.    Irene. 
Helene,  Prinzessin  von  Neapel,  Ge- 
mahlin    Viktor     Emanuels,    geh 
Prinzessin    von    Montenegro. 
XI,  S.  257.   257  A. 


663 


Henckel  von  Donnersmarc  k, 
G  i  o  Gar,  Mitglied  des  preuß. 
Staatsrats. 
VII,  S.  263. 
Henckel  vonDonnersmarck, 
Yikior,  Graf,  Erster  Sekretär  bei 
c!er    Botschaft   in    Konstantinopel 
1  $91/97. 
IX,  S.  221.  227.  223. 
Herbert,  Botschaftsrat  bei  der  engl. 
Lo'.scl  a  t   in  Konstantinopel  1894 
bis    1897. 
X,  S.   117. 
XII,  S.  158.    104.    165.    166.    170.    171. 
172.    173.    ISO.    181.    183.    185. 
Herbette,       Generaldirektor      der 
franz.    Gefängnisse    (1892). 
VII,  S.   192. 
Herbette,  Jules,  franz.  Botschafter 
in   Berlin   1 836  96. 
VII,  S.   192.    265.    263.    269.    284.    285. 
2S7.     289.     297.     308.     309.     310. 
310  A.  323.  323  A.  334. 
VIII,  S.  29.   30.   31.   39.   416.   450.   451. 
452.   459.  460.  461.   465.   466. 
IX,  S.  284.    309.    310.    315.    404.    405. 

411.    414.    418.    419.    422. 
XI,  S.  71  A.     156.     176.    176  A.    180. 
196.     205.     206  A.     235  A.    332. 
340.    318.    3-19.    349  A. 
Herbette,   Madame,  Gemahlin   des 
franz.  Botschafters  in  Berlin. 
VII,  S.  272. 
Herff,     von,     Konsul     in     Pretoria 
(1895,    1896). 
XI,  S.  15.    17.     17  A.    24  A.    25.    26. 
31  A.  34  A.  47. 
Hertzberg,    Max    von,    alias    Max 
Krause,     Gastwirt     in     London 
(189J). 
VIII,  S.  398.    398  A. 
Herzen,   Alexander,   russ.   Publizist. 

VII,  S.  375. 
Hessen-Darmstadt,   s.    Alexan- 
dra Feodorowna,  Ernst  Ludwig, 
Irene. 
Hessen- Kassel,       s.       Friedrich 

Karl,   Luise,   Margarethe. 
H  e  y  d  e  n  ,  Graf,  russ.  Generalgouver- 
n  ur   und   Oberkornmandant   des 
Militärbezirks    Finnland    (1893). 
VII,  S.  255. 
Heyden     Olga,  Gräfin,  Tochter  des 
Gcncr  Gouverneurs     von     Finn- 
land. 


VII,  S.  255. 
Heyden,    von,    preuß.    Minister   für 
Landwirtschaft,     Domänen     und 
Forsten    1890/94. 
VII,  S.  448. 
H  e  y  k  i  n  g  ,    Freiherr    von,    General- 
konsul  in   Kalkutta  1889/93   und 
Kairo  1893/95,  Gesandter  in  Tan- 
ger  1895/96,   in   Peking   1S96/99. 
VIII,  S.  93  A.   217.  218.  219.   223.   224. 
225.    227.   223  A.   376  A. 
IX,  S.  88.  8S  A.  90. 
XI,  S.  68.  215  A.  223.  223  A. 
H  i  e  r  o  n  y  m  i ,  ung.  Minister  des  In- 
nern   (1S93). 
VII,  S.  184. 
Hirsch,   Baron,   Erbauer  der   Eisen- 
bahn   nach    Konstantinopel. 
XII,  S.  560. 
H  i  t  r  o  w  o  ,    russ.    Gesandter    in    Bu- 
karest 1S86/91,  in  Tokio  1892/96. 
VII,  S.  156  A.   171. 
IX,  S.  260.  265.  270.  272.  275.  275  A. 
276.  277.  277  A.  281 .  281  A.  282. 
284.    285.    237.    296.    298.    299. 
299  A.    300.    301.    302.    303.    304. 
305.     307.     315.     316.     318.     321. 
323.  324.  325.  326.  332. 
Hitzigrat  h. 

VII,  S.  393. 
Höbe  Pascha,  von,  preuß.  Offizier  in 
türkischen    Diensten    (1898). 
XII,  S.  471. 
Hohenlohe-Schillingsfürst, 
Chlodwig  Fürst  von,  Statthalter 
in        Elsaß-Lothringen       1885/94, 
Reichskanzler   1894/1900. 
VII,  S.  45.  46.  46  A.  196.  196  A.  266  A. 
285  A.  296.  307.  308.  309  A.   325. 
439.    439  A. 
IX,  S.    172  A.      245  A.      266  A.     268. 
303  A.     317.     319.     323  A.    359  A. 
360  A.   362  A.   3S0  A.   3S5.   385  A. 
X,  S.  27.  29.  33.  54.  99  A.  174.  206. 
XI,  S.  5.     10  A.     11  A.     14.     15.     26. 
32  A.   74.   77  A.   83  A.   92  A.    110. 
112.   117.   126  A.  201.  270  A.  302. 
303.     309.     310.     314  A.     318  A. 
325.  328  A.  329  A.  349  A.  350  A. 
351  A.    353  A.    357  A. 
XII,  S.  50  A.  62  A.  77  A.  110  A.  174  A. 
184.     199.     200.     260.     279.     302. 
302  A.   310  A.   315.    315  A.    327  A. 
339.   341.   342.   347.   348.  348  A. 
350  A.    351  A.    356.    427  A. 


664 


Hohenzollern-Sigmaringen, 
s.    Josephine,    Karl    Anton,    Wil- 
helm. 
Hoiningen,   gen.   Huene,    Freiherr 
von,     Major,     Militärattache    in 
Paris    1887/91,   Major   im   Gene- 
ralstabe der  29.  Division  in  Frei- 
burg  in    Baden    (1891). 
VII,  S.  295.    296.    298  A.    299  A.    300. 
301.  302. 
Hollmann,    von,    Admiral,    Staats- 
sekretär   des     Reichsmarineamts 
1890, 97. 
IX,  S.  257. 
XI,  S.  32  A. 
Holstein    s.    Albert. 
Holstein,    Friedrich    von,    Vortra- 
gender Rat  im  A.  A.   1880/1906. 
VII,  S.  6  A.   10  A.   23.   42  A.   47.  47  A. 

48  A.   104  A.  273  A.  298  A. 
VIII,  S.  177.    285  A. 
IX,  S.  55  A.    56  A.    278  A. 

X,  S.    26  A.    27  A.    30.    44. 
XI,  S.  43  A.   48  A.   56  A.   57  A.   67  A. 
71  A.  72  A.  74.  75  A.  92  A.  95  A. 
136  A. 
XII,  S.  180A.    283  A.    309  A.    459  A. 
594. 
Homeyer,     Unterstaatssekretär    im 
preuß.  Staatsministerium  (1894). 
VII,  S.  448. 
Hompesch,   Graf  von,   Reichstags- 
abgeordneter   (1896). 
VII,  S.  45  A.  46  A. 
Hönigsberg,  deutscher  Kaufmann 

(1894). 
VIII,  S.  415. 

Hoskier,   franz.  Bankier. 
XI,  S.  173. 
XU,  S.  237. 
Hoskins,    Sir    A.,    engl.    Admiral, 
Oberbefehlshaber  der  engl.  Mit- 
telmeerflotte   (1S91). 
VIII,  S.  65  A.    249. 

IX,  S.  64. 
Hoyos,   Ladislaus  Graf,   österr.-ung. 
Botschafter   in    Paris    1883/93. 
VII,  S.  321.    330.     330  A.    331.     332. 
333.  334. 
Hsü-Ching-Cheng,   chines.   Ge- 
sandter in  Berlin   1891/98. 
IX,  S.  245. 
H  u  a  r  t ,    Dolmetscher   bei   der   franz. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1895).. 


IX,  S.  229.   235. 
Hübbenet,    russ.    Verkehrsminister 
18S9/92. 
VII,  S.  368. 
Hülsen-Haeseler,     Graf      von, 
Oberst,    Militärattache    in    Wien 
(1897). 
XI,  S.  313. 
Hüssni  Pascha,  türk.  Botschafter  in 
Petersburg  1889/19C8. 
IX,  S.  195.    196. 
X,  S.  93. 
XII,  S.  197.    426.    428.    430.    491.    511. 
Huhn,    Arthur   von,   Journalist,    Kor- 
respondent der  „Kölnischen  Zei- 
tung" in  Berlin. 
XI,  S.  318  A. 
XII,  S.  636  A. 
H  u  m  a  n  n  ,  franz.  Konteradmiral,   Be- 
fehlshaber     des      ostasiaüschen 
Geschwaders    (1893). 
VIII,  S.  110.    111.    112A. 
Humbert     I.,     König     von     Italien 
1878/1900. 
VII,  S.  53  A.  56.  77.  91.  92.  99.  115  A. 
118.  118  A.  121.  121  A.   122.    132. 
134.   138.   114.   145  A.   166.   169  A 
217.   337. 
VIII,  S.  53.    58.    58  A.    62.    65.    65  A. 
86  A.    137.    133.    141.    250.    209  A. 
328.  334.  335.  349.  359.  361.  374. 
379. 
IX,  S.  54  A.    106. 
X    S.  5. 

Xl',  S.    88.    127.    127A.    177.    177A. 
234.   235.   240.   241.   241  A.  242. 
242  A.     244.     246.     247.     247  A. 
251.    256.    258.    260.    262.    263. 
263  A.      272.      299.      306.     341. 
341  A. 
XII,  S.  214.    336. 
H  u  s  s  e  ,  Geheimsekretär. 
XII,  S.  300. 

I  g  n  a  t  i  e  w  ,  Nikolaus  Graf,  russ.  Ge- 
neral,  Minister  des   Innern   1881 
bis  1SS2. 
VII,  S.  12.    359. 
IX,  S.  218.    368. 
XII,  S.  107. 
Imbert,  Botschaftsrat  bei  der  franz. 
Botschait       in       Konstantinopel 
(1890). 
VIII,  S.  275. 


665 


I  m  b  r  i  a  n  i ,   ital.   Abgeordneter. 
•    VII,  S.  71.   122.   123  A.   146. 

XI,  S.  2S6. 
Irene,   Prinzessin  von   Preußen,  Ge- 
mahlin   des     Prinzen     Heinrich, 
geb.     Prinzessin     von     Hessen- 
Darmstadt. 
XII,  S.  578. 
Ismail    Pascha,    Khedive   von   Ägyp- 
ten   1853/79. 
VIII,  S.  191.     192. 

I  s  m  i  r  1  i  a  n  ,    armen,    gregorian.    Pa- 
triarch  in  Konstantinopel  (1S95). 
X,  S.  134. 
Italien,  s.  Helene,  Humbert  I.,  Mar- 
garetha,    Viktor    Emanuel,    Vik- 
tor Emanuel  II. 
I  t  o ,     Marquis,     Japan.     Ministerpräsi- 
dent   1892/96. 
IX,  S.  276.  280.  328.  328  A.  329.  330. 
Iwanow,  Dolmetscher  bei  der  russ. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1S95),     Dirigent    des     Instituts 
der   Orientalischen   Sprachen   im 
russ.     Ministerium    des    Äußern 
(1S95). 
IX,  S.  229.    235. 
X,  S.  92.  93. 
Iwanow,   Chef   des   bulg.   General- 
stabs   (1897). 
XII,  S.    117. 
Iwantschow,    bulg.    Ministerpräsi- 
dent   1899/1901. 
XII,  S.  551. 
I  z  z  e  t  Bey,  Sekretär  des  Sultans  Ab- 
dul  Hamid   II. 
XII,  S.  17.   28.   28  A.   30.   31.   33.   34. 
35.    36.    39.    41.    223. 

J  a  c  o  b  i  n  i ,   Kardinal,  päpstl.  Staats- 
sekretär   1S80/87. 
XII,  S.  601. 
Jacobsohn,    ehemal.    russ.    Drago- 
man   in    Rustschuk. 
VII,  S.  435.  435  A. 
IX,  S.  100. 
Jadowski,  von,  russ.  Botschaftsrat 
in    Konstantinopel    1890/98,    Ge- 
sandter   in    Belgrad    1898/1900. 
XII,  S.   159.   160.  162.  163.  163  A.  164. 
165.  166.  168.  170.  171.  172.   173. 
ISO.    181.    183.    185.    441.    441  A. 
442.    442  A.    443.    444.    445.  446. 
447.    449.    453.    454.    462.    465. 
466.   498.    523. 


Jameson,     Leander     Starr,     Admi- 
nistrator von   Rhodesia  der  Bri- 
tish  South   Africa   Company. 
XI,  S.  4.    20  A.    21.    24.    25.    28.    33. 
34.  35.  40.  50.  51.  52.  186. 
Janssen,    Vorsitzender    des    „Deut- 
schen    Vereins     vom     Heiligen 
Lande"    (1898). 
XII,  S.  5S9.    619. 
Japan,    s.    Mutsuhito. 
J  e  r  m  o  1  o  w  ,    russ.    Landwirtschafts- 
minister   (1896). 
XII,  S.  69. 
J  e  w  e  1 1 ,  amerikan.   Konsul  in  Siwas 
(1894). 
IX,  S.    212. 
Joachim,      Prinz      von      Preußen, 
sechster  Sohn  Kaiser  Wilhelms  II. 

IX,  S.  368. 

Johannes,    Negus    von    Abessinien 

1872/89. 
VIII,  S.  343  A.    347.    347  A.    349. 
J  o  m  i  n  i ,    Baron,    Mitglied    des    russ. 
Ministeriums   des   Äußern. 
VII,  S.  359. 
J  o  n  i  n  ,     russ.     Kommissar     bei     der 
ägypt.  Dette  Publique  (1896). 
XI,  S.  173.    173  A.    174. 
Jonow,    russ.    Oberst    (1892). 

VII,  S.  379. 
J  o  o  s  t ,   Konsul   in   Lorenzo   Marquez 
(1896). 
XI,  S.  37. 
Josephine,     Fürstin     von     Hohen- 
zollern-Sigmaringen,    Witwe    des 
Fürsten   Karl   Anton,   geb.    Prin- 
zessin von  Baden. 
XII,  S.  91. 
Jossif,    bulg.    Exarch    in    Konstanti- 
nopel   (1S95,    1896). 
XII,  S.    110.    110A.    115.    122.    135. 
136.    139.    140.    524. 

Kabayama,    Japan.    Admiral,    Gou- 
verneur von  Formosa  (1895). 
IX,  S.  289. 

Kadri    Bey,    türk.    Gouverneur    von 
Trapezunt   (1895). 

X,  S.  85.    86.    87. 

Kalau    vom    Hofe,    Marineattache 
in    Petersburg    1892/98. 
X,  S.  1S5. 
K  a  1  i  n  d  e  r  u  ,    Administrator   der   ru- 
män.   Krondomäne  (1891). 
VII,  S.  170.    171.    179. 


666 


K  ä  1 1  a  y  ,    von,     österr.-ung.    Reichs- 
finanzminister  1882/1903. 
IX,  S.  68. 
XII,  S.  275. 
K  a  1  n  i  n  ,   russ.  Oberst,  Militärattache 

in    Athen    (1896). 
XII,  S.  63.  64.  65. 
K  ä  I  n  o  k  y  ,  Gustav  Graf,  österr.-ung. 

Minister  des   Äußern   1881/95. 
VII,  S.  6.    7.    26.    54.    56.    57.   58.   59. 

60.    61.    62.    68.    69.    70.    77.    79. 

80.  85.  88.  89.  90.  91.  95.  96.  97. 

104.     111.     113.     115.     122.     128. 

129.    130.    141  A.    142.    143.    144. 

146.    151  A.    155.    156.    157.    158. 

159.  160.  161.  162.  163.  164.   165. 

173.  174.  175.  176.  177.  179.  209. 

215.  215  A.  216.  245  A.  283.  332. 

333.     368.     369.     370.     374.     384. 

385.    386.    410.    412.    415.    415  A. 

416.     428.     429.     432.     433.     434. 

435.    436.    436  A.    437.    438.    453. 

454. 
VIII,  S.  45.    46.    50.    61.    62.    69.    70. 

101.    116.    117.    1S3.    183  A.    255. 

267.    267  A.    279.    438.    455.    459. 

467.  469. 
IX,  S.  5.    6.    7.    8.    10.    22.    37.    38. 

39.   40.  53.   66.   66  A.   67.   68.  72. 

73.    75  A.    77  A.    80.    81.    82.    83. 

84.  85.  86.  87.  94.   98.   99.  99  A. 

100.     101.     102.     105.     106.     107. 

103.  109.  110.  111.  112.  113.  114. 

119.  122.  123.  124.  125.  126.   127. 

128.    128  A.    129.    133.    138.    141. 

142.  143.  144.  146.  147.  148.  149. 

150.     151.     152.     153.     163.     164. 

165.  172.  173.  174.  175.  176.  177. 

178.  179.  180.  181.  184.  185.  346. 

347.  350.  379.  380. 
X,  S.  73.   139.   140.  140  A.   142.  160. 

219. 
XI,  S.  273.    274. 
XII,  S.  92.   100.  106.  108.  130.   130  A. 

218. 
Kamphövener    Pascha,  Marschall, 

preuß.  Offizier  in  türk.  Diensten 

1882/1909. 
IX,  S.  34.  226. 
XII,  S.  17.  17  A.  27.  28.  28  A.  29.  30. 

34.  36. 
Kanner,  Korrespondent  der  ,, Frank- 
furter Zeitung*'    in  Tokio  (1896). 
IX,  S.  328.    328  A.    329.    330. 
K  a  p  n  i  s  t ,  Graf,  Direktor  des  Asiati- 


schen Departements  im  russ.  Mi- 
nisterium    des     Äußern     1892/95, 
Botschafter    in    Wien    1S95/1904. 
IX,  S.  213.  342  A. 
X,  S.  110.    140  A.    149. 
XI,  S.  111.    112.    177.    178.    182.    183. 

356. 
XII,  S.  5.   10.  58.  59.  59  A.  77.  85  A. 
93.   97.   93.    127.   131.    132.   133. 
198.   199.   230.   239  A.   247.   248. 
282.    2S3.    284.    285.    286.    287. 
288.    294.    329.    379.    382.    393. 
395.    450.    452.    459.    479.    481. 
482.    495.    496.    505.    516.    522. 
Karageorgewitsch,    serb.    Dy- 
nastie. 
IX,  S.  22.  24. 
Karl  I.,    König    von    Rumänien    1866 
bis  1914. 
VII,  S.  151.  152.  153.  154.  154  A.  155. 
156.  157.  158.  159.  161.  162.   163. 
164.  165.  166.  168.  169.  170.  171. 
172.    173.    173  A.    174.    175.    176. 
177.  178.  179.  180.  181.  182.   183. 
205.    208.    411. 
IX,  S.  68. 
XI,  S.  267.    301.    302.    303.    304.    305. 

306.   309.   310. 
XII,  S.  49.  91.  91  A.  92.  93.  94.   103. 
113A.     115.     115A.     540. 
Karl  Anton,  Fürst  von  Hohenzol- 
lern-Sigmaringen  1848/85. 
XII,  S.  91  A. 
Karl    Ludwig,       Erzherzog      von 
Österreich,   Bruder  Kaiser  Franz 
Joseph  I. 
IX,  S.  348.  348  A. 
Kärolyi,     Alois    Graf,    österr.-ung. 
Botschafter    in    London    1ST8  88. 
IX,  S.  34.    75.    133. 
Katkow,       russ.       panslawistischer 
Publizist,  Herausgeber  der  „Mos- 
kauer   Zeitung",    f    1S37. 
VII,  S.  12.  13.  364.  375. 
IX,  S.  341. 
XII,  S.  546.    547. 
Kato,    Japan.    Gesandter    in    London 
1895  1900. 
IX,  S.  284. 
Katsura,     Taro    Graf,     Japan.     Mi- 
nisterpräsident  1901/06. 
IX,  S.  332. 
Kaulbars,  Nikolai  Baron  von,  russ. 
General,    russ.    Emissär    in    Bul- 
garien 1SS6,  Chef  des  Stabes  des 


667 


Generalgouverneurs     von     Finn- 
land   (1S9J). 
VII,  S.  255. 
IX,  S.  113. 
Kayser,    Paul,    Dirigent    der    Kolo- 
nialabteilung  des  A.  A.  1S90/96. 
IX,  S.  417. 
XI,  S.  32  A. 
Kern  permann,  Ministerresident  in 

Bangkok  (1S93). 
VIII,  S.  126  A. 

Kennan,     George,     amerikan.    For- 
schungsreisender. 
VII,  S.  361. 
Kennedy,   Sir   John   Gordon,    engl. 
Gesandter  in  Bukarest  1897/1905. 
XII,  S.  529. 
Kersenbrock,   Baronin   von. 
XII,  S.  286. 
Kessel,       von,       preuß.      Offizier 
(1894). 
IX,  S.    387.    387  A.    389. 
Keßler,       franz.       Divisionsgeneral 
(1896). 
XI,  S.  378. 
K  e  1 1  e  1  e  r ,   Freiherr  von,  Geschäfts- 
träger in  Tanger  1891. 
VIII,  S.  301. 

K  e  u  d  e  1 1 ,  Robert  von,  Botschafter  in 
Rom    1876/86. 

IX,  S.  54  A. 
XI,  S.  41. 

Khalifa     ben    Said,    Sultan    von 

Sansibar  18S8/90. 
VIII,  S.  16. 

K  j  a  e  r  ,   von,   dän.  Gesandter  in    Pe- 
tersburg 1884/93. 
VII,  S.  213. 
Kiamil     Pascha,     türk.     Großwesir 

1885/91,    1895. 
VIII,  S.  145.    147.    148.    156.    157.    158. 

159.     161.     162.     163.     164.     165. 

166.     169.     170.     173.    176.     178. 

178  A. 
IX,  S.  11.    12.    40.   62.   63.   68  A.   70. 

71.    72.    75  A.    191.    197. 

X,  S.  74.    93.    93  A.    95.    98  A. 
Kiasim  Bey,    Sekretär    des    Sultans 

Abdul  Hamid  II.  (1895). 
X,  S.  182.  183.  190. 
Kiderlen-Waechter,  von,  Vor- 
tragender Rat  im  A.  A.  1888/94, 
preuß.  Gesandter  in  Hamburg 
1894/95,  Gesandter  in  Kopen- 
hagen 1895/99. 


VII,  S.  48  A.   49.   87.   267  A. 
VIII,  S.    108.    110. 
IX,  S.  56  A.    359  A.    421. 
X,  S.  27  A.    29. 
XI,  S.  59.   59  A.   92  A.   145  A. 
XII,  S.  147  A.   319  A. 
Kiepert,   Heinrich,   Geograph. 
VIII,  S.  413. 

Kimberley,   Earl  of,   engl.  Staats- 
sekretär des  Äußern  im  Kabinett 
Rosebery  1894/95. 
VIII,  S.  75.  129.  129  A.  130.  132.  135. 
141.     215.     216.     217.    218.     219. 
220.    221.    223.     224.     225.    228. 
228  A.   229.    230.    329.    330.    333. 
339.  370.  375.  380.  381.  384.  385. 
3S6.    386  A.    387.    38S.    3S9.    390. 
391.     392.     393.     413.     414.     415. 
416.     418.     420.     421.     422.     423. 
424.    425.    430.    440.    440  A.    441. 
442.    444.    445.    446.    448.    449. 
450.    454.    461.    463.    464.     465. 
466.     467.     463.     469.     471.     473. 
473  A. 
IX,  S.  155.    164.    165.    165A.    166. 
167.    168.    171.    205.    205  A.  206. 
213.   214.   232.   233.  235  A.  236. 
243.   250.   251.   251  A.   262.  264. 
265.    268.    269.    271.    272.    273. 
274.   418. 
XI,  S.  3.    4.    5.    12.    41  A.    164.    224. 
227. 
K  i  n  g  i  n  t  h  a  i ,      Sekretär     bei     der 
chines.    Gesandtschaft   in    Berlin 
(1895). 
IX,  S.  254  A.   253.   286. 
Kitchener,    Sir    Horatio    Herbert, 
engl.  General,  Sirdar  der  ägypt. 
Armee    1892/99. 
VIII,  S.  360.   361. 
XI,  S.  164. 
XII,  S.  612.   612  A. 
K  1  e  h  m  e  t ,     Vortragender     Rat     im 
A.   A.    1896/1908. 

IX,  S.  255  A. 

K  1  e  p  s  c  h  ,      Generalmajor,     österr.- 
ung.     Militärattache    in     Peters- 
burg   (1897). 
XII,  S.  81. 
Knackfuß,    Maler. 

IX,  S.  374. 
Knorr,   von,   Kommandierender   Ad- 
miral  der  deutschen  Marine  1895 
bis    1899. 

X,  S.  191. 


668 


XI,  S.  20. 
XII,  S.  380. 
Koller,  von,  Unterstaatssekretär  im 
Ministerium       für       Elsaß-Loth- 
ringen   (1891). 

VII,  S.  309.  309  A. 
Koellner,   Kapitän   zur  See,    Kom- 
mandant    der    „Kaiserin    Augu- 
sta"    (1897). 

XII,  S.  326.  328.  344.  355.  356.  364. 
K  o  j  a  n  d  e  r  ,    russ.   Generalkonsul   in 
Kairo    1887/1902. 

VIII,  S.   184.  186.   187  A.  224.  225. 
Komarow,    russ.    Admiral    (1893). 

VII,  S.  249. 
Komarow,  russ.  Journalist,  Redak- 
teur  des   „Swet". 
VII,  S.  212. 
IX,  S.  345. 
Komarow,    Alexander    Wissariono- 
witsch,  russ.  General,  Oberkom- 
mandierender     des     Transkaspi- 
gebiets  1882/90. 
VII,  S.  379. 
Konstantin,   Kronprinz   von   Grie- 
chenland,   Herzog    von    Sparta, 
Sohn  Georgs  I. 
XII,  S.  165.  178.  189.  310  A.  460.  580. 
Konstantin  Konstantinowitsch, 

Großfürst  von  Rußland,  Sohn  des 
Bruders  Alexanders  II. 
VII,  S.  327.    328.    409.    409  A.    410. 

IX,  S.  352.    362.    362  A. 

Kopp,     Kardinal,     Fürstbischof    von 
Breslau   (1899). 
XII,  S.  607  A. 
Koscielski,    von,    Reichstagsabge- 
ordneter  (1892). 
VII,  S.  383.    383  A. 
K  o  s  j  e  k  ,       Gustav      Freiherr      von, 
österr.-ung.  Gesandter  in  Athen 
1SS7/97. 
XII,  S.  173.    174.    175.    176.    182.    183. 
185. 
Kotschubey,    Fürst,    russ.    Stabs- 
rittmeister (1890). 
VII,  S.  359. 
K  r  a  u  e  1 ,  Vortragender  Rat  im  A.  A. 

1SS5/90. 
VIII,  S.  9.  9A.  10.  11.  IIA.  19.  19  A. 
Krüger,    Präsident    der    Südafrika- 
nischen  Republik   1883/1900. 

X,  S.  26  A. 

XI,  S.  3.    4.    16.    17.    17  A.    19.    20. 
20  A.    21.   23.   28.    29.    31.    31  A. 


32  A.  34.  34  A  36.  39.  40.  47. 
49.  50.  51.  53.  58.  62  A.  101  A.' 
235  A.   243.   338.    343. 

Krupenski,    Botschaftsrat   bei    der 
russ.   Botschaft  in   Rom   (1896). 
XI,  S.  261. 

Kuropatkin,      russ.     Generalleut- 
nant, Oberbefehlshaber  und  Gou- 
verneur des  Militärbezirks  Trans- 
kaspien   (1892,   1896). 
VII,  S.  379. 
XI,  S.  341. 

K  u  t  u  s  o  w   s.   Golenischtschew-K. 

Kwangssü,    s.    Tsai-Tien,     Kaiser 
von  China. 

Labouchere,   Henry   de,    Mitglied 
des    engl.    Unterhauses,    Redak- 
teur des   „Truth"    (1891,    1892, 
1893). 
VIII,  S.  56.   57.   58  A.   60.   61.   64.   77. 
83.  83  A.  86.  92. 
IX,  S.  104. 
Laboulaye,     Antoine    de,     franz. 
Botschafter    in    Petersburg    1886 
bis   1891. 
VII,  S.  195  A.  206.  206  A.  214  A.  218. 
L  a  c  r  o  i  x  ,         franz.       Abgeordneter 

(1890). 
VIII,  S.  28. 

Lahoväry,   Alexander,   rumän.   Mi- 
nister  des    Äußern    im    Kabinett 
Manu      18S9/91,      Minister     des 
Äußern     im     Kabinett    Catargiu 
1891/95. 
VII,  S.  152.    156.   157.   164.    166.    167. 
169.  171.  176.  177.  178.  179.   180. 
181.  183. 
Lahoväry,  Alexander  Emanuel,  Ge- 
neralsekretär   im    rumän.    Mini- 
sterium des  Äußern  (1891),  Ge- 
sandter   in    Rom    1893/1901. 
VII,  S.  164. 
XI,  S.  267.  307. 
Lahoväry,  Jacques,  rumän.  Kriegs- 
minister in  den   Kabinetten   Flo- 
rescu  und  Catargiu  1891/94. 
VII,  S.  164.   166.   169.  171. 
L  a  m  b  e  r  t  i ,   ital.   General    ( 1 S96) . 

XI,  S.  234. 
Lamezan,  Freiherr  von,   Konsul  in 
Petersburg     1887/92,      General- 
konsul   in    Antwerpen    1892/96. 
VII,  S.  447  A. 


669 


Lamoureux,    Charles,    franz.   Vio- 
linvirtuose. 
VII,  S.  274. 

Lamsdorff,     Graf,     Mitglied     des 
russ.    Ministeriums    des    Äußern 
1885/97,  Adjunkt  des   Ministers 
1897/1900. 
VII,  S.  15.    17.   3S1  A. 
XI,  S.  354.   356. 

XII,  S.  342.   504.   505.   506.   507. 
Lansdowne,    Marquess    of,    Vize- 
könig   von    Indien    1888/93. 
VIII,  S.  78. 

Langenieux,  franz.  Kardinal,  Erz- 
bischof   von    Reims    (1898). 
XII,  S.  613.    614.   615.   617.    624.   631. 
Lanza,    Conte    di,    ital.    Botschafter 

in    Berlin    1892/1907. 
VIII,  S.  106.  287.  363.  364.  364  A.  382. 
383. 
X,  S.  190.   217.   222.   223.    224.    226. 
XI,  S.  52.  214.  215.  229.  230.   235  A. 
241  A.   247.   263.   273.   275.  278. 
279.    288. 
XII,  S.  97.    125.    212.    213.    215.    232. 
263.  365.  375.  480.  495.  502. 
L  a  p  o  w  ,    Bulgare. 

XII,  S.  534. 
Lascelles,    Sir    Frank    Cavendish, 
engl.    Botschafter   in   Petersburg 
1894/95,    in    Berlin    1895/1908. 
VIII,  S.  210. 
IX,  S.  213.    233.    257.   264.    271.   272. 
X,  S.  36.    83.    152.   219.    255.    255  A. 

256.  257.  259. 
XI,  S.  5  A.    13.    14.    15.    17.    18.    19. 
21.    22.    25.    39.    40.    41.    57  A. 
59.    60.    62.    62  A.    74  A.    101  A. 
129.   153  A.    155.   163.   170.   184. 
185.   235.   235  A.   236.   241.   242. 
385. 
XII,  S.  52.    53.    54.    55.    56.    58.    74. 
75.  75  A.  76.  217  A.  218.  327  A. 
333,   334.   335.   359.   363.   364  A. 
365.    367.    368.    383.    384.    386. 
387.   396.   433.   434.   448  A.  454. 
476.    495. 
L  a  s  k  e  r  ,    Reichstagsabgeordneter. 

VII,  S.  393. 
Lauenstein,     preuß.     Hauptmann, 
Militärattache  in  Petersburg  1893 
bis   1902. 
VII,  S.  256.    256  A. 
L  a  u  n  a  y  ,  Conte  de,  ital.  Botschafter 
in    Berlin   1867/92. 


VII,  S.  64.    65.    66.    70.    72.    79.    83. 
84.  88.  93  A.  95.  96.  97.  99.  102. 
103  A.   104.   142. 
VIII,  S.  53.  238  A.  239.  246.   273.   307. 
309.   311.  364  A. 
IX,  S.  54.   54  A. 
Laur,    franz.    Abgeordneter. 

VII,  S.  198.  263.  284.  305.  305  A.  306. 
Lavigerie,    s.    Allemand-Lavigerie. 
Lavino,    Korrespondent   des    „Daily 
Telegraph"  in  Wien   (1891). 
VII,  S.  104. 

L  a  v  r  i  a  n  o  ,    Morra    Conte    di,    ital. 
Botschafter   in   Petersburg    1897 
bis    1905. 
XII,  S.  502. 
L  a  z  a  r  e  w  ,    Russe. 
VII,  S.  379. 

L  e  c  o  c  q      Pascha,     General,     franz. 
Offizier  in   türk.  Diensten  (1896). 
XII,  S.  27.    29.    31.    33.    34.    36.    37. 
Leer,    russ.    Generalleutnant,    Direk- 
tor   der    Nikolaischen    General- 
stabsakademie    (1893). 
VII,  S.  256. 
Lehmann,   Lilli,  Sängerin. 

VII,  S.  274. 
Le  Myre  de  Vilers,  Charles, 
franz.  Generalresident  in  Mada- 
gaskar 1886/89,  Abgeordneter, 
außerordentlicher  Generalbevoll- 
mächtigter in  Siam  1893,  in  Ma- 
dagaskar 1894. 
VIII,  S.  126  A. 

IX,  S.  386. 
Leo  XIII.,  Papst  1878/1903. 
VII,  S.  143  A.  146.  223.  230.  303.  304. 
X,  S.  234.  235.  237. 
XI,  S.  79.    257.    260. 
XII,  S.  97  A.    590.    590  A.    591.    592. 
592  A.    593.    594.    595.    596.    597. 
600.     603.     604.     605.    606.     607. 
607  A.    613.    614.   615.    616.    617. 
621.    621  A.    622  A.    623  A.    624. 
625.    627  A.    629.    630.    631.    637. 
637  A.  638. 
Le  o  n  o  w. 

VII,  S.  435  A. 
L  e  o  n  t  i  e  w  ,    Nikolai,    russ.    Afrika- 
forscher,  früherer   Erzbischof   u. 
Metropolit    von    Moskau    (1895, 
1896). 
VIII,  S.  376  A. 
XI,  S.  234.    234  A.    257.    258. 


670 


Leopold    II.,     König     der     Belgier 

1865/1905. 
VIII,  S.  130.    427.   429.   430.    447.   454. 
456.    457.    457  A.    458.    461.    462. 
463.  464.  465.  470.  473. 
Lessar,   Botschaftsrat  bei  der   russ. 
Botschaft  in   London    (1897). 
XII,  S.  437. 
L  e     Senne,      franz.      Abgeordneter 
(1895). 
IX,  S.  415. 
Lesseps,   Vicomte  de,   franz.   Inge- 
nieur,   Erbauer   des    Suezkanals. 
VII,  S.  196. 
XII,  S.  73. 
Leuchtenberg,   s.   Georg,   Stana. 
Levy,   Moise,  türk.  Großrabbiner  in 
Konstantinopel    (1898). 
XII,  S.  599. 
L  e  y  d  e  n  ,   Graf,    Erster  Sekretär   bei 
der    Botschaft    in    London    1888 
bis  1890,  Generalkonsul  in  Kairo 
1890/93,    Gesandter   in    Bukarest 
1893/97. 
VIII,  S.  184.    185.    186.    187  A.    188  A. 
205.    206.   238.   399.    400. 
XI,  S.  267.    303.    313. 
Leyds,  Louise  geb.  Roeff,  Gemahlin 
des  Staatssekretärs  Leyds. 
XI,  S.  37. 
Leyds,  Staatssekretär  der  Südafrika- 
nischen   Republik    1888  97,    Ge- 
sandter  in    London    1897/99. 

XI,  S.  36.    37.    38.    49.    51.    52. 
Lichnowsky,    Prinz    von,    Erster 

Sekretär    bei    der    Botschaft    in 
Wien    1894/99. 
VII,  S.  44. 

X,  S.  71.    155. 

XI,  S.  115.   116  A. 
Lichtenstein,  franz.  Oberst,  Ad- 
jutant   des    Präsidenten    Carnot 
(1891). 

VII,  S.  281. 
Lieber,    Reichstagsabgeordneter. 
(1898). 

XII,  S.  637  A. 
Liechtenstein,   Franz   Prinz  von 

und   zu,  österr.-ung.   Botschafter 
in     Petersburg     1894/98. 
IX,  S.  184.    258.    347.    352.    358. 
X,  S.  53.    238. 

XI,  S.     356.    386.     387. 

XII,  S.  127.    131.   132.    142.    172.   268. 


269.  288.  289.  291.  293.  294.  295. 

403.    414.    536.    537.    538.    538  A. 
Li-hung-tschang,  chines.  Gene- 
ral  und   Minister    (1895). 
IX,  S.  252.   253.   256. 
Likowski,      Eduard,     Weihbischof 

von    Posen. 
VII,  S.  383  A. 
L  i  v  r  a  g  h  i ,     ital.    Polizeioffizier    in 

Massaua    (1891). 
VIII,  S.  357  A. 
Lloyd,     Cliffcrd,     engl.    Konsul    in 

Erserum    (1890). 
IX,  S.  190. 
Lobanow-Rostowski,       Fürst, 

russ.       Botschafter       in       Wien 

1882/94,     Minister     des     Äußern 

1S95/96. 
VII,  S.  26.    28.    214.    216.    368.    374. 

380.   428.   429. 
IX,  S.  21.    22.    23.    37.    38.    84.    85. 

86.    87.    98.    172  A.    174  A.    184. 

185.    233.    236.    258.    258  A.    259. 

261.     263.     264.     265.     267.     269. 

271.     272.     283.     284.     2S6.     287. 

288.     289.     290.     291.     292.     293. 

294.     295.     296.     297.     298.     299. 

299  A.  300.  304  A.  307.  310.  311. 

312.     313.     314.     315.    316.     317. 

318.    318  A.    319.    320.    323.    324. 

341  A.  342.  342  A.  343.  344.  345. 

346.  346  A.  347.  348.  348  A.  349. 

350.     351.     353.     354.    355.     358. 

359.    361.    362.    362  A.    363.    364. 

364  A.    365  A.    369.    370.    370  A. 

371.     372.     373.     374.     375.     376. 

377.   378.  379.   380.   381.   406. 
X,  S.  29.    32.    53.    75.    76.    83.    84. 

91.   92.   93.   99.    140.    140  A.    144. 

148.     149.     154.     175.     181.     182. 

183.     184.     185.     188.     195.     196. 

238.    243.    249.    250.    258.    259. 
XI,  S.  7.    44.    83.    84.    85.    112.    113. 

142.  167.  168.  170.  175.  180.   181. 

183.  184.  185.  186.  187.  191.   192. 

194.  200.  201.  203.  207.  20S.  209. 

209  A.  210.  234.  234  A.  250.  254. 

255.     257.     260.     332.     340.     341. 

341  A.    342.    343.    346.    350.    351. 

351  A.  352.  354.  354  A.  355.  356. 

357  A.  361.  372.  373.  382.   382  A. 

385.  386.  387. 
XII,  S.  3.   4.   7.   8.    11.   49.   50.   50  A. 

51.    52.    56.    56  A.    57.    58.    58  A. 

59.  60.   61.  63.   64.   83.   85  A.   87. 


671 


92  A.  94.  95.  111.   127.   130.   131. 
132.  133.  135.  139.  161.  167.   16S. 
169.    170.    172.    174.    174  A.    175. 
ISO.    1S0A.    182.    183.    197.    199. 
201.    203.    217.    217  A.    218.    219. 
227.    23S.    258.    2S6. 
Lockroy,    Edouard,    franz.    Maler, 
Abgeordneter    und     Marinemini- 
ster  im  Kabinett  Bourgeois  1895 
bis    1896. 
IX,  S.  422.   422  A. 
Loe,    Freiherr    von,    preuß.    General 
der    Kavallerie,    Kommandieren- 
der   General    des    VIII.    Armee- 
korps    (1S91). 
VII,  S.  201.    201  A. 
L  o  r  r  a  i  n  ,  Jean,  franz.  Dichter. 

XII,  S.  629. 
L  o  u  b  e  t ,  franz.  Ministerpräsident  un  i 
Alinister  des  Innern  1892,  Mi- 
nister des  Innern  im  Kabinett 
Ri  ot  1892/93,  Kammerpräsident 
(1896). 
VII,  S.  235.  239.  318.  319.  320.  330  A. 

413. 
XI,  S.  365. 
Louis,    franz.    Kommissar    bei    der 
ägypt.    Dette    Publique    (1896). 
XI,  S.  173.    173  A.    174. 
L  o  \v  t  h  e  r  ,  Gerard  Augustus,  Erster 
Sekretär  bei  der  engl.  Gesandt- 
schaft in  Tokio  (1895). 
IX,  S.  277. 
L  o  z  e  ,    franz.    Botschafter    in    Wien 
1893/97. 
IX,  S.  126. 

XI,  S.  116  A.    126  A.    145.    146.    177. 
XII,  S.  405. 
L  u  c  i  f  e  r  o  ,    Marchese    di,    ital.    Ab- 
geordneter   (1896). 
XI,  S.  300. 
Lucius     von     Ballhausen,     Freiherr, 
preuß.    Minister    für    Landwirt- 
schaft,   Domänen    und    Forsten 
1879/91. 
IX,  S.  76  A. 
Ludwig   Philipp,   Prinz  von   Or- 
leans. 
XI,  S.  381.   381  A. 
Luise,  Königin  von  Dänemark,  Ge- 
mahlin König  Christians  IX.,  geb. 
Prinzessin   von   Hessen-Kassel. 
VII,  S.  240.    241.    248.    373. 
IX,  S.  344. 
Luxemburg,  s.  Adolf,  Wilhelm  III. 


Luzzati,     ital.    Schatzminister     im 
Kabinett    Rudini    1S96/98. 
XI,  S.  294. 

L  w  o  w  ,  russ.  Journalist,  Korrespon- 
dent der  „Nowoje  Wremja" 
(1S90). 

VII,  S.  23.   23  A.  35. 
IX,  S.  39  A. 

Lyaptschew,    Bulgare. 

XII,  S.  534. 
Lyons,    Viscount,    engl.    Botschafter 

in   Paris  1867/87. 
VIII,  S.  239. 
L  y  1 1  o  n  ,  Earl  of ,    engl.  Botschafter  in 

Paris    1887/91. 
VIII,  S.  26.  28.  37.  159.  160.  238.  240. 

242.   275.   279. 

Macario,   ital.    Bischof    (1896). 

XI,  S.  260. 
Maccliio,     ital.     Generalkonsul     in 

Kairo    1890/94. 
VIII,  S.  184.  186.  361. 
Mac  D  o  n  e  1 1 ,  Sir  Hugh,  engl.  Ge- 
sandter in   Kopenhagen   1888/92. 
VII,  S.  240.   407. 
Mac    Kinley,    Präsident    der    Ver- 
einigten   Staaten    von    Amerika 
1897/1901. 
XI,  S.  358.    358  A.   360.   370. 
Mackin  non,  engl.  Offizier. 
VIII,  S.  18  A.  19.  447. 
Mac  L  a  n  e  ,   amerikan.  Gesandter  in 
Paris    18S5/89. 
IX,  S.  169. 
Mac  Mahon,  franz.  Marschall,  Prä- 
sident   der   Republik    1873/79. 
VII,  S.  250.    250  A.    336.    337.    338. 
IX,  S.  409. 
Mac    Mahon,    Madame,    Gemahlin 
des  franz.  Marschalls. 
VII,  S.  337.   338. 
M  äff  ei,  Marchese  di,  ital.  Gesandter 
in    Madrid    18S9/95,    Botschafter 
in    Petersburg    1895/97. 

VIII,  S.  301.  307.  308.  309.  311  A.  312. 
314.  316.  332.  334. 

XI,  S.  168.   234.  249.  250.   257. 
XII,  S.   67.   219.   222.   248.  249.  269. 
271.   272. 
M  a  h  d  i ,  s.  Abdullah  Taashi,  Moham- 
med   Ahmed. 
Makonnen,    Ras,    abessin.    Häupt- 
ling. 


672 


VIII,  S.  348.  348  A. 
XI,  S.  220.    226.    231. 

Malet,  Sir  Edward,  engl.   Botschaf- 
ter in  Berlin  1SS4/95. 

VIII,  S.  14.  34  A.  224.  399.  400.  426. 
440.  441.  442.  446.  447.  448. 
448  A.  449.  452.  453.  454.  458. 
459.  464.  465. 
IX,  S.  45.  47.  165  A.  171.  172.  242. 
243.  244. 

X,  S.  152.  152  A. 

XI,  S.  3.  4.  5.  5A.  6.  7.  9.  9  A.  10. 
11  A.  12.  12  A.  13.  13  A.  14.  15. 
47. 

Malvano,   Generalsekretär   im   ital. 

Ministerium   des   Äußern    (1891, 

1892,    1896). 
VIII,  S.  51.  90.  91. 
XI,  S.  166.    167.   243.   244.   249.   251. 

252.  295. 
M  a  n  c  i  n  i ,    ital.   Minister   des  Äußern 

18S1/85. 

VII,  S.  92. 
XI,  S.  273. 

Mangascia,    Ras,    abessin.   Häupt- 
ling  in  Tigre. 
VIII,  S.  348.   349.   357.   358.   378. 

XI,  S.  252.    260.    261. 
M  a  n  o  s  ,  G.,  griech.   Geschäftsträger 
in   Wien    (1897). 

XII,  S.  395. 

Man  su  r,     Beamter     im    marokkan. 

Ministerium  des  Äußern   (1891). 
VIII,  S.  296. 
Manu,  rumän.  Ministerpräsident  und 

Minister  des  Innern  1889/91. 
VII,  S.  152.  153  A.  156.  157. 
M  a  r  c  e  1 1  e  s  ,  de. 

XI,  S.  322. 

Margaretha,  Königin  von  Italien, 
Gemahlin    König    Humberts     I., 
geb.  Prinzessin  von  Savoyen. 
VII,  S.  53  A.   118.  118  A. 

VIII,  S.  86  A.  349. 

XI,  S.  127  A.  242.  247  A.  341  A. 
Margarethe,  Prinzessin  von  Hes- 
sen-Kassel,  Gemahlin   des    Prin- 
zen   Friedrich    Karl,    Schwester 
Kaiser  Wilhelms  II. 
VII,  S.  243  A.    274  A.   416  A.   424  A. 
Maria  Alexandrowna,  Herzogin  von 
Sachsen-Koburg-Gotha,    Gemah- 
!in  des  Herzogs  Alfred,  Tochter 
Kaiser  Alexanders  II. 
IX,  S.  338. 


Maria  Christine,  Köni^inregentiii 
von  Spanien  18S5/1902,  geb.  Erz- 
herzogin von  Österreich. 
VII,  S.  144. 
X,  S.  141. 
Maria  Dorothea,  Prinzessin  von 
Orleans,    geb.    Erzherzogin    von 
Österreich. 

XI,  S.  381  A. 

Maria  Feodorowna,  Kaiserin  von 
Rußland,  Gemahlin  Alexanders 
III.,  Tochter  des  Königs  Christian 
IX.  von  Dänemark. 
VII,  S.  213.  241.  254.  351.  353.  357. 
358.  359.  361.  373  A.  409.  412. 
417.  420.  421. 
IX,  S.  338.   339.   343.   344.   352.   358. 

XI,  S.  346.   347.   353.   372. 

XII,  S.  310  A.  314.  332.  399.  400.  414. 
426.  446.  451.  457.  458.  490.  491. 
507. 
Maria  Pawlowna,  Großfürstin,  Ge- 
mahlin des  Großfürsten  Wla- 
dimir, geb.  Prinzessin  von  Meck- 
lenburg-Schwerin. 

VII,  S.  372. 

IX,  S.  341.  352. 

XII,  S.  507. 

Marie,     Prinzessin     von     Edinburg, 
nachm.    Gemahlin    des     Prinzen 
Ferdinand  von  Rumänien. 
VII,  S.  180  A. 
Marie   Luise,   Fürstin   von   Bulga- 
rien, Gemahlin  des  Fürsten  Fer- 
dinand,    geb.      Prinzessin     von 
Parma. 
VII,  S.  432  A.  435. 

IX,  S.  94  A.  96.  97  A.   100. 
X,  S.  143. 

XII,  S.    99.    518  A.    551. 
Marinitsch,   Dolmetscher   bei   der 
engl.  Botschaft  in  Konstanünopel 
(1895). 

X,  S.  65.  67.  70. 

M  a  r  k  o  w  ,  bulg.  diplomatischer  Agent 
in    Konstantinopel    1896/99. 

XII,  S.  140.  146.  147.  147  A.  148.  149. 
149  A.  520.  523.  524.  525.  531. 
534.    535.   545. 

Marochetti,   Barone  di,   ital.   Bot- 
schafter in  Petersburg  1888/95. 
VII,  S.  207. 

VIII,  S.  65.  66. 

Marokko,    s.    Abdul    Asis,    Muley 
Hassan. 


43    Die  Große   Politik.     12.  Bd. 


673 


Marschall    von    Bieberstein, 

Adolf     Freiherr,      Staatssekretär 

des    A.    A.    1890/97,    Botschafter 

in    Konstantinopel   1S97/1912. 
VII,  S.  6A.    10  A.    45.    46.    46  A.    87. 

93  A.     2S7.     349  A.     392.     402  A. 

403.   448.   449.   450. 
VIII,  S.  9.  27  A.  47  A.  62  A.  65  A.  69. 

69  A.    96  A.    107  A.    189  A.    447. 

464. 
IX,  S.  63  A.   77  A.   79.   86.    140.    147. 

232.  318  A.  360.  378.  411. 
X,  S.  99  A.   176  A.    1S8  A.   206.   238. 
XI,  S.    9.    9  A.    12  A.    14.    15.    17  A. 

23.   30  A.   32  A.   40.   54  A.   55  A. 

62  A.    71  A.    74  A.    77  A.    101  A. 

126  A.      131  A.      136  A.      153  A. 

155  A.    176.    176  A.    1S6A.    196. 

215  A.     278  A.     280.     302.     303. 

306.   314  A.   329  A.   337.  357  A. 
XII,  S.  47  A.  49.  50.  50  A.  62  A.  77  A. 

107.    110  A.     146  A.     147  A.     154. 

159  A.    212  A.    214.    215.    328  A. 

337.  348.  348  A.  349.  351.  351  A. 

364  A.  393  A.  441.  441  A.  442  A. 

445.    447.    449.    461.    462.    473. 

479.    481.    486.    498.    527.    530. 

531.   532.   541.   544.   548.   557  A. 

591  A.    610.    611.     617  A.    618. 

619.    622. 
Mary,    Fürstin    von    Teck,     nachm. 

Gemahlin  des  Prinzen  Georg  von 

Großbritannien,      Herzogs      von 

York. 
VII,  S.  240. 
Massicault,  franz.  Generalresident 

in  Tunis  1886/92. 
VIII,  S.  265. 

Mavrocordato,  Fürst,  griech.  Ge- 
sandter   in    Konstantinopel    1889 

bis  1903. 
XII,  S.  123.  154.  157.  158.  442.  442  A. 

465.  466. 
Maximow,  P.  W.,  Dolmetscher  bei 

der  russ.  Botschaft  in   Konstan- 
tinopel    (1895,     1898). 
X,  S.  65.   67.   70. 
XII,  S.  4S7.   563. 
Maximow,  W.  A.,  russ.   Konsul  in 

Erserum    (1894). 
IX,  S.  212.  219.  220. 
Mecklenburg-Schwerin,       s. 

Anastasia,    Friedrich    Franz    III., 

Maria  Pawlowna. 


Mehemed  Tewfik,   Khedive   von 

Ägypten   1879  92. 
VIII,  S.  145.  148.  159.  161.  165.  187  A. 
Meissonnier,    franz.    Maler. 

VII,  S.  196.  272.  272  A.  283. 
Meissonnier,   Madame,  Gemahlin 
des    franz.    Malers. 
VII,  S.  277. 
M  e  1  h  a  m  e  y  ,     Dragoman     bei     der 
Gesandtschaft  in  Tanger  (1895). 
VIII,  S.  336.   338. 

M  e  1  i  n  e  ,   Präsident  der  franz.   Kam- 
mer (1890),  Ministerpräsident  u. 
Ackerbauminister   1896/98. 
VII,  S.  221.   264. 
XI,  S.     183  A.     297.     297  A.     346  A. 

370. 
XII,  S.  77  A. 
Menabrea,  Conte  di,  ital.  General, 
Botschafter  in  Paris  1882/91. 
VII,  S.  65.  66.  70.  71.   131.  304. 
VIII,  S.  58.  62.  275.  280.  356.  357. 
Menard,   franz.   Konteradmiral,   Be- 
fehlshaber des   franz.   Geschwa- 
ders   bei    der    Einweihung    des 
Nordostseekanals  (1895). 
IX,  S.  356.   400.   402.   403.   412.   414. 
M  e  n  e  1  i  k  II.,  Negus  von   Abessinien 

1889/1914. 
VIII,  S.  343  A.     348.     349.     350.    356. 
356  A.  357.  358.  378. 
X    S.  5. 

Xl',  S.    160.    164.    226.    231.    234  A. 

238.   247.   247  A.   248.   251.  252. 

256.   257.   258.   258  A.   259.  260. 

362. 

Mendelssohn,  Berliner  Bankhaus. 

VII,  S.  229  A. 
M  e  n  g  d  e  n  ,    Baron    von,    russ.    Mi- 
nisterresident in  Dresden  (1892). 
VII,  S.  371. 
Mensdorff,  Graf,  Sekretär  bei  der 
österr.-ung.  Botschaft  in  Peters- 
burg   (1896). 
XI,  S.  353. 
Mercier,  franz.  General,   Kriegsmi- 
nister in  den  Kabinetten  Casimir 
Perier   und    Dupuy    1893/95. 
VII,  S.  341. 
IX,  S.  386.  392. 
Merz,  C.,  Vizekonsul  in  Taipei  (jetzt 
Tainan  in  Formosa)    (1895). 
IX,  S.  289. 
Meschtscherski,     Fürst,      russ. 


674 


Journalist,       Herausgeber      des 
„Grashdanin". 
VII,  S.  242. 

XI,  S.  8.   122. 

Mette  mich,  Paul  Graf  v.  Wolff-, 
Erster  Sekretär  bei  der  Bot- 
schaft in  London  18Q0/95,  Gene- 
ralkonsul in  Kairo  1896,  preuß. 
Gesandter  in  Hamburg  1896  bis 
1900,  wiederholt  Rat  im  kaiserl. 
Gefolge. 

VIII,  S.  108.  112  A.  125.  183  A.  296  A. 
3S2.  473  A. 
IX,  S.  197  A.  244  A. 

XI,  S.  153  A.    155  A.    202. 
Michael    Nikolajewitsch,    Großfürst 

von     Rußland,     Bruder     Kaiser 
Alexanders  II. 

VII,  S.  247. 

IX,  S.    340.    352. 

XII,  S.  69.  84  A.  248. 

Milan    Obrenowitsch    I.,    Fürst    von 
Serbien      1868/89      (seit      1882 
König). 
IX,  S.  22  A.  25.  39. 
XI    S.  123. 

XIl[  S.  108.  109.  138.  304.  305  A.  538. 
539.  540. 
M  i  1  j  u  t  i  n  ,  DimitriGraf,  russ.  Kriegs-« 
minister   1861/81. 
VII,  S.  357.  375.  376.  377.  378. 
M  i  1  j  u  t  i  n  ,   Nikolai   Graf,   Chef  des 
Organisationskomitees  für  Polen 
1863/66. 
VII,  S.  376. 
M  i  1 1  e  r  a  n  d  ,     franz.     Abgeordneter 
(1895). 
IX,  S.  415. 
M  i  1 1  e  r  o  i ,    franz.    Abgeordneter 
(1890). 
VII,  S.  264. 
M  i  1 1  e  v  o  y  e  ,    Lucien,    franz.    Abge- 
ordneter,   Redakteur    der    „Pa- 
trie". 

VIII,  S.  58  A.    59  A.    62. 
IX,  S.  390. 

Miquel,    Johannes,    preuß.    Finanz- 
minister 1890/1901. 
VII,  S.  448. 
XI,  S.  365. 
Mirbach,  Ernst  Freiherr  von,  Ober- 
hofmeister der  Kaiserin  Auguste 
Viktoria  (1899). 

XII,  S.  579  A. 


M  i  r  i  b  e  1 ,  de,  franz.  General,  Chef 
des  Generalstabs  (1891). 

VII,  S.  218.    281. 

Mizon,  franz.  Offizier,  Afrikarei- 
sender. 

VIII,  S.  368. 

Mocenni,  ital.  General,  Kriegsmi- 
nister im  Kabinett  Crispi 
1893/96. 

VIII,  S.  361. 

XI,  S.  213.  214. 
Mohammed   Ahmed,  islam.   reli- 
giöser Führer,  Mahdi  1881/85. 

VIII,  S.  345.  345  A.  348.  349.  349  A. 
350.   375. 

X,  S.  76. 
XI,  S.  146  A. 

Mohammed  et  Tajeb  Bey,  Bru- 
der des  Beys  Ali  von  Tunis. 

VIII,  S.  253.   257. 
Mohrenheim,    Arthur   Baron   von, 

russ.  Botschafter  in  Paris  1884 
bis  1898. 
VII,  S.  191  A.  194.  195.  200.  206  A. 
235.  237.  243.  246.  249.  250.  251. 
328.  329.  330.  330  A.  333.  339. 
343.  394  A.  410. 

IX,  S.  269.  296.   356  A.  388.  406. 

406  A.  407.  408. 

XI,  S.  160.  174.  187.  322.  331. 

XII,  S.  323. 
Mohrenheim,    Baronin    von,    Ge- 
mahlin des  russ.  Botschafters. 

VII,  S.  328. 
M  o  1 1  k  e  ,  Hellmuth  Graf  von,  preuß. 
Generalfeldmarschall,    Chef    des 
Generalstabes    1858/88. 
VII,  S.  112. 
XI,  S.   310.  310  A. 
M  o  1 1  k  e  ,  Oberst  von,  Flügeladjutant 
Kaiser    Wilhelms    II.    (1895). 
IX,  S.  365  A.   368.   369.   370.   374. 
M  o  n  e  y  ,    engl.    Kommissar    bei    der 
ägypt.    Dette    Publique    (1896). 
XI,  S.    173,    173  A.    174. 
Monson,    Sir    Edmund,    engl.    Bot- 
schafter   in     Wien     1893/96,     in 
Paris    1896/1905. 
IX,  S.  124.    125.    128.    180.    181. 
X,  S.  114.    123.   125.    148.   253. 
XI,  S.    106.    143.    150. 
XII,  S.  9.   127.   212.  212  A.  218.  237. 

287  A.   386. 
M  o  n  t  e  b  e  1 1  o  ,  Comte  de,  franz.  Bot- 
schafter  in    Konstantinopel    18S6 


675 


bis  1891,  in  Petersburg  1891   bis 
1903. 

VII,  S.  220  A.    233.    235  A.    241.    246. 
246  A.   254.   255.   414.   415  A. 

VIII,  S.  147.    148.    155.    157.    173.    275. 
276. 
IX,  S.  65.   66  A.   271.   272.   287.   343. 

345.  415. 
XI,  S.    180.    337.    342.    346.    356. 
XII,  S.  272.    361.    380.    413.    414.    437. 
Monteil,  Louis,  franz.  Offizier  und 
Afrikareisender    (1893). 
VII,  S.  335  A. 
Montel,    de,    österr.-ung.    Mitglied 
der      päpstl.       „Rota"       (1898, 
1899). 
XII,  S.  635.    636.   637. 
Montenegro,  s.  Anna,  Helene,  Ni- 
kolaus I.,   Stana. 
Monts,    Graf,    Erster    Sekretär    bei 
der   Botschaft   in   Wien   1886/90. 
VIII,  S.  254  A. 

M  o  r  a  n  o  ,    ital.    Kommissar    bei    der 
ägypt.    Dette    Publique    (1896). 
XI,  S.    155.    173.    173  A.    174. 

Mores,  Antoine  Marquis,  Sohn  des 
Herzogs  von  Vallombrosa,  franz. 
Politiker. 

VII,  S.  237. 
IX,  S.  389. 

Moret,  span.  Minister  des  Äußern 
im  Kabinett  Sagasta  1893/95. 

VIII,  S.  63.  325.  325  A.  326.  332.  333. 
Morgan,  amerikan.  Senator  (1894). 
VIII,  S.  417. 

Morgen,  Hauptmann,  Militärattache 
bei    der    Botschaft    in    Konstan- 
tinopel   (1898). 
XII,  S.  566.  571.  571  A.  572.  573.  574. 
575. 
Morier,  Sir  Robert,  engl.  Botschaf- 
ter in  Petersburg  1884/93. 
VII,  S.  22.    360. 
IX,  S.  7  A.  8. 
Morley,    Viscount,   Sekretär   für  Ir- 
land   in    den    Kabinetten    Glad- 
stone  und  Rosebery  1892/95. 

VIII,  S.  76.  78. 

M  o  r  r  e  ,  franz.  Journalist,  Korrespon- 
dent    des     „Matin"     in     Berlin 
(1896). 
XI,  S.  317.    318.    319.    320.    321.    322. 
324.    325.    330. 


M  o  t  o  n  o  ,  Rat  im  Japan.  Ministerium 
des    Äußern    (1895). 
IX,  S.  326. 

M  o  u  1  i  n  ,  franz.  Kapitän,  Militär- 
attache   in     Petersburg     (1893). 

VII,  S.  256  A. 

M  o  u  r  e  y  ,  franz.  Mitglied  der  päpstl. 
„Rota"    (1898). 
XII,  S.  631.  635.  636. 
M  ü  h  1  b  e  r  g  ,   von,   Vortragender  Rat 
im   A.   A.   1885/1900. 
XII,  S.  549  A. 
Müller,    L.,    Dolmetscher    bei    der 
österr.-ung.    Botschaft    in    Kon- 
stantinopel   (1895,    1897). 
X,  S.  67.  70. 
XII,  S.  42. 
Münster,    Georg    Graf    zu    (Fürst 
Münster     zu    Derneburg),    Bot- 
schafter in   London    1873/85,  ki 
Paris    1885/1900. 
VII,  S.  67.  67  A.  139  A.  220  A.  233  A. 
247.   250  A.  263  A.   273  A.   274  A. 
284.    285.    286  A.    295.    296.    297. 
298  A.    305.    307.    323.    325.    330. 
330  A.  331.  332.  334.  337. 

VIII,  S.  32  A.  61.  139.  139  A.  234  A. 
239.    241  A.    259.    260.    279.    339. 

IX,  S.  160  A.  198.  200.  200  A.  242  A. 

245  A.   309  A.   356  A.   389.   392  A. 

394  A.    406  A.    410.    414.    423  A. 
X,  S.  78.   228  A. 
XI,  S.  11.  19  A.  30  A.  43  A.  48.  48  A. 

69  A.    71  A.    73.    76  A.    82.    146. 

157  A.   175.  208  A.  219  A.   326  A. 

328.  328  A.     329.     345.     345  A. 
347  A.    349  A. 

XII,  S.  74.    314.    319  A.    321.    326  A. 

329.  329  A.  330  A.  334  A.   337  A. 
402. 

M  u  k  h  t  a  r    Pascha, 
Oberkommissar 

VIII,  S.  187  A.  226. 
XII,  S.  160  A. 

Muley   Hassan 
rokko  1873/94. 

VIII,  S.  296.  298.  299.  300.  301.  303. 
304.  307.  308.  309.  310.  311.  312. 
313.  314.  315.  316.  317.  317  A. 
319.  320  A.  321.  322.  323.  324. 
324  A.  328.  328  A.  329  A.  453. 
453  A. 

Mumm  von  Schwarzenstein, 
Freiherr,  Ständiger  Hilfsarbei- 
ter im  A.  A.  1894,  Vortragender 


türk.     General, 
in   Ägypten. 

Sultan    von    Ma- 


676 


Rat    im     A.     A.     1894/98,     Bot- 
schafter in  Tokio   1906/11. 
IX,  S.  279  A. 

X,  S.  47  A.    123  A.    195  A. 
XII,  S.  617.   619. 
M  u  n  i  r     Bey,     Generalsekretär     des 
türk.    Ministeriums    des    Äußern 
(1894),     Botschafter     in     Paris 
1895/1908. 
IX,  S.  207.    20S.    209.    210.    211. 
XII,  S.  268.    322.    603. 
Munir      Pascha,       Oberzeremonien- 
meister des   Sultans   Abdul   Ha- 
mid   II.,     Dragoman     des     türk. 
Ministerrats. 
VIII,  S.  189.   190.   200. 

X,  S.  48.    54.    57.   58.   59. 
XII,  S.  508. 
M  u  r  a  w  i  e  w  ,    Michael    Graf,    russ. 
Botschaftsrat   in    Berlin    1884/93, 
Gesandter   in    Kopenhagen    1893 
bis    1897,    Minister    des    Äußern 
1897/1900. 
VII,  S.  351.  352.  355.  356. 
IX,  S.  24.    332.    333. 
XI,  S.    314  A.    382  A. 
XII,  S.  77.   77  A.   82.   85  A.    139.   141. 
258.   268.   268  A.   269.   272.  276. 
276  A.   284.   287.   288.   289.  290. 
291.    295.    296.    297.    299.    305. 
312.   312  A.   314.   315.   316.  317. 
318.    320.    321.    329.    331.    341. 
342.    343.    347.    360.    361.    362. 
365.  366.  367.  368.  369.  370.  371. 
372.    375.    377.    378.    379.    380. 
381.    382.    383.    385.    386.    387. 
391.      392.      392  A.      393.     394. 
398  A.    399.    400.    402.    403.    404. 
406.    407.    409.    412.    413.    420. 
426.     428.     429.     430.    432.     433. 
435.     436.      437.      442  A.     448. 
449.  450.  451.  452.  457.  458.  459. 
461.     465.     466.    472.     477.     478. 
489.    490.    491.    493.    496.    504  A. 
505.  507.  512.  515.  517.  522.  523. 
523  A.    526.    527.   528.    530.    531. 
533.  536.  541.  542.  543.  547.  562. 
Murawiew,   Nikolaus,   russ.  Justiz- 
minister   (1896). 
XII,  S.  69. 
Mussa  Bey,  Kurdenhäuptling  (1890). 

IX,  S.  190.  190  A.  207. 
Mustapha  Fehmi  Pascha,  ägypt. 

Ministerpräsident    (1893). 
VIII,  S.  187  A.   196  A. 


Mutkurow,     bulg.     General     und 
Kriegsminister    1887/91. 
IX,  S.  6.  6A. 
Mutsu,    Graf,    Japan.    Minister    des 
Äußern  im  Kabinett  Ito  1892/95. 
IX,  274.    276.    277.    280.    281.    331. 
Mutsuhito,  Kaiser  von  Japan  1867 
bis    1912. 
IX,  S.  276.   327. 
Mutzenbecher,    von,    Erster    Se- 
kretär bei  der  Botschaft  in  Rom 
1890/93. 
VIII,  S.  72  A. 

Nagelmakers,   Direktor  der  belg. 
Schlaf  Wagengesellschaft    (1S97). 
XII,  S.  272. 
Naime     Sultane,     türk.     Prinzessin, 
Tochter    Abdul    Hamids    II. 
XII,  S.  599. 
Napoleon,      Prinz     Jeröme,    Sohn 
Jeröme   Napoleons,    Königs   von 
Westfalen. 
VII,  S.  91.   91  A. 
VIII,  S.  58.   58  A.  62. 
Napoleon    III.,    Kaiser    der    Fran- 
zosen   1852/71. 
VII,  S.  9.  336. 
X,  S.  235. 
N  a  s  i  m  Pascha,  türk.  Polizeipräsident 
(1896). 
XII,  S.    27.    28.    33. 
N  a  s  r  i     Bey,     Botschaftsrat    bei    der 
türk.  Botschaft  in  Wien  (1896). 
XII,  S.  104. 
Nassau,    s.    Adolf. 
N  a  t  a  1  i  e  ,  Königin  von  Serbien,  Ge- 
mahlin Milans  Obrenowitsch. 
XII,  S.  304. 
Natsche  witsch,     bulg.     Minister 
des    Äußern    im    Kabinett    Stoi- 
low   1894/97. 
XII,  S.  93. 
N  e  d  i  m     Bey,     türk.     Botschafter    in 
Wien   1896/1908. 
XII,  S.  458. 
N  e  1  i  d  o  w  ,  von,  russ.  Botschafter  in 
Konstantinopel    1883/97. 
VII,  S.  350. 

VIII,  S.  147.    148.    157. 

IX,  S.  11.   43.   66.   66  A.   70.   71.   72. 

111.     192.     213.     219.     220.     229. 

229  A.   230.    231.    234.    235.    236. 

237.  343. 

X,  S.  40  A.    43.    45.   47.    50.    53.    54. 


677 


55.    61.    62.    65.    67.    68.    70.    71. 

73.    74.    78.    79.    83.    91.    97.    98. 

99.  102.  104.  107.  108.  109.  115. 

116.    118.     119.     121.     122.     126. 

127.    133.    134.    134  A.    135.    172. 

173.  177.  182.  183.  185.  186.   187. 

189.  191.  192.  193.  194.  197.  220. 

224.  258. 
XI,  S.    146.    190.   386. 
XII,  S.    4.    5.    6A.    7.    8.    15.    20.    21. 

22.    23.    26.    38.   39.    40.   42.    43. 

65.   67.    68.   69.   71.   76.    77.   84. 

86.     110.     111.     112.     122.     140. 

156.    158.    159.    202.    203.    205. 

207.      207  A.      213.      216.      217. 

217  A.   219.   222.   226.    228.    229. 

231.    235.    236.    237.    239.    239  A. 

240.  241.  242.  243.  244.  245.  246. 

247.   248.   249.   251.   251  A.  252. 

252  A.   254.   255.   256.  257.  258. 

259.   260.   262  A.   263.  264.  265. 

266.    267.    268.    269.    270.    271. 

271  A.     272.     278.     309  A.     312. 

318.    319.    325.    330.    331.    339. 

342.  369.  395.  398.  398  A.  405 

412.     423.     423  A.     425.     425  A. 

427.     428.     429  A.     430.     430  A. 

432.   465.   465  A.   584. 
Nerazzini,  ital.  Major   (1896). 

XI,  S.  257.   258.  260.  261.   263. 
N  i  a  s  i  Bey,  türk.  Kommissar  in  Sofia 

(1897). 
XII,  S.  149. 
N  i  c  o  1  s  o  n  ,    Sir    Arthur,    engl.    Bot- 
schaftssekretär in  Konstantinopel 

1893/94,    Gesandter    in    Tanger 

1895/1904. 
VIII,  S.  210. 

Niederlande,  s.  Wilhelm  III. 
Nigra,    Conte,    ital.    Botschafter    in 

Wien  1885/1904. 
VII,  S.  58.   59.   59  A.   60.   61.   62.   68. 

69.    72.    77.    79.    80.     128.     129. 

130. 
VIII,  S.  46.    116.    117.    137. 
IX,  S.  111. 
X,  S.  114.    190.    191.   210.   212.   220. 

222.    223.   224  A.    226. 
XI,  S.  78.     79.    97.    97  A.    98.     128. 

167.    177.     178.     183.     198.    245. 

246.   249.   260.   263.   268.  268  A. 

269.    270.    275.    277.    293.    381. 

382. 
XII,  S.  104.    215.   216.   288.   299.   345. 

451.    452.    453.    479.    480. 


N  i  k  o  1  a  j  e  w  ,   bulg.   General,   Gene- 
raladjutant   des    Fürsten    Ferdi- 
nand    (1899). 
XII,  S.  522. 

Nikolaus,  Prinz  von  Griechenland, 

dritter    Sohn    Königs    Georg    I. 
IX,  S.  363.    364. 
Nikolaus    I.     (Nikita),    Fürst    von 

Montenegro    1860/1919. 
]X,  S.  24.  67.  68. 
XII,  S.  410.     444  A.     447.     448.     449. 

449  A.    450.   451.   457. 
Nikolaus    II.,    Kaiser   von    Rußland 

1894/1917     (s.     auch     Nikolaus 

Alexandrowitsch). 
VII,  S.  259.    356  A.    439  A.    440.  440A. 
IX,  S.  170.    174  A.    181.    184.    255  A. 

259.    292.    310.    318.    337.    338. 

338  A.  339.  340.  341.  341  A.  312. 

342  A.    343.    343  A.    344.    344  A. 

346  A.     348.     348  A.     349.     351. 

351  A.  355.  357.  358.  359.  359  A. 

360.    360  A.    361.    361  A.    362  A. 

364.  365.  365  A.  366.  366  A.  367. 

368.    369.    369  A.    370.    372.    374. 

378. 
X,  S.  93.  94.  95.  99.   149.  194.   195. 

203.  237. 
XI,  S.  7.  9A.  42.  43.  44.  111.  111  A. 

114.    118.    123.    170.    204.    209. 

209  A.     231.    231  A.     237.     259. 

286.   331.   342.   346.   347  A.  348. 

350.     350  A.     351.     351  A.     352. 

353.      353  A.      354.      355.      357. 

357  A.    359  A.    360.    360  A.    361. 

362.   363.    363  A.   364.   365.   366. 

367.  368.  369.  369  A.  370.  371. 

372.    373.    374.    375.    380.    381. 

382.    385.    386. 
XII,  S.  3  A.    49.    53.    53  A.    56  A.    59. 

59  A.    60.    62.    62  A.   67.   94.   95. 

95  A.    98.    111.    112  A.    137.    163. 

165.     178.     192.     199.    201.    204. 

211  A.    218.    220.    221.    222.    233. 

234.     235.     236.     237.     238.     239. 

247.     248.     258.     259.     279.     290. 

290  A.    291.    292.    294.    297.    304. 

310  A.    343.    353.   379.    381.    382. 

400.     412.     413.    414.     415.     426. 

427.    428.    438.    448.    449.    450. 

459.     460.     461.     482.     483.     491. 

492  A.   506.   507.   509.   509  A.  537. 

538.  546.  547  A.  551.  558  A.  563. 

576  A.  613  A. 


678 


Nikolaus  Alexandrowitsch,  Groß- 
fürst-Thronfolger von  Rußland, 
Sohn  Alexanders  II.,  f  1865. 
VII,  S.  361. 

Nikolaus  Alexandrowitsch,  Groß- 
fürst-Thronfolger von  Rußland, 
Sohn  Alexanders  III.,  nachmal. 
Kaiser  Nikolaus   II. 

VII,  S.  192.  205.  243.  243  A.  244. 
244  A.  247.  356.  357.  357  A.  353. 
359.  360.  361.  410.  411.  412. 
416  A.  417.  419.  419  A.  420.  421. 
422.  423.  424  A.  426.  427.  439. 
440.    455.    455  A.    456.    457. 

IX,  S.  360  A.     385. 
Nikolaus      Michailowitsch,      Groß- 
fürst   von    Rußland,    Sohn    des 
Großfürsten     Michael     Nikolaje- 
witsch. 
IX,  S.  340. 
Nikolaus      Nikolajewitsch,      Groß- 
fürst von  Rußland,  Neffe  Alex- 
anders II. 
IX,  S.  340. 
XII,  S.  304. 
Nisard,     franz.     Botschafter     beim 

Päpstl.   Stuhl    (1898). 
XII,  S.  635.    636.    636  A. 
Nissen,     Direktor     der     Hamburg- 
Amerika  -  Paketfahit  -  Aktien- 
gesellschaft   (Hapag). 
VII,  S.  104  A.    372  A. 
N  i  s  s  i ,    Japan.    Gesandter    in    Peters- 
burg   (1895). 
IX,  S.  272. 
N  o  a  i  1 1  e  s  ,   Marquis   de,   franz.    Bot- 
schafter   in    Berlin    1896/1902. 
XI,  S.    206  A.    349  A. 
XII,  S.  50  A.  311    .312.  313.  314.  317. 
323.  402. 
Noto  witsch,    Redakteur    der    rus- 
sischen      Zeitung        „Nowosti" 
(1891). 
VII,  S.  198. 
N  o  w  i  k  o  w  ,    Frau    Olga    von,    geb. 
Kirejew    (Pseudonym   „O.   K."), 
russ.   Journalistin   in   Petersburg 
und  in  England   (1892). 
VIII,  S.  79. 

N  u  b  a  r  Pascha,  ägypt.  Ministerprä- 
sident   (1895). 

VIII,  S.  215  A.    231. 

Nuri    Pascha,    Kammerherr   des   Sul- 
tans Abdul  Hamid  II.   (1896). 
XII,  S.  36. 


Obolensky,     Alexander    Dimitrie- 
witsch,   Fürst  von,  Mitglied  des 
russ.   Reichsrats    (1S96). 
VII,  S.  359. 

XI,  S.  356. 

Obolensky,      Alexander      Sergie- 
witsch,   Fürst   von,    russ.   Oberst 
und      Flügeladjutant,      Hofmar- 
scha'.l,    Chef    der    Haupthofver- 
waltung    (1890). 
VII,  S.  359. 
Obolensky,   Alexei   Dimitriewitsch 
Fürst   von,    russ.   Leutnant,    Flii- 
geladjutant      des      Thronfolgers 
Nikolaus    (1890). 
VII,  S.  359. 
Obolensky,     Anna,    Fürstin    von, 
geb.    Polowtzow,   Gemahlin   des 
Fürsten       Alexander      Dimitrie- 
witsch. 
VII,  S.  359. 
Obrutschew,   russ.  General,  Chef 
des    Generalstabes    1881/98. 
VII,  S.  218.    226.    376.    378.    379. 
XI,  S.  341.   346. 
XII,  S.  81. 
Obrutschew,    Frau,    geb.    Milot, 
Gemahlin     des     russ.     General- 
stabschefs. 
XI,  S.  346. 
O'Conor,    Sir    Nicholas,    engl.    Bot- 
schafter   in    Petersburg    1895/98, 
in  Konstantinopel  1898/1906. 
XI,  S.  184. 

XII,  S.  218.  236.  239.  363.  366.  379. 
385.    394.    403.    414.    498.    500. 
506.    508.    516.    525.    526.    527. 
529.    530.    532.    533.    534.    535. 
541.    571. 
Österreich,     s.     Albrecht,     Elisa- 
beth,   Franz    Ferdinand,    Franz 
Joseph    I.,    Karl    Ludwig,    Maria 
Christine,  Maria  Dorothea,  Otto. 
Olga,     Königin     von     Griechenland, 
Gemahlin      König      Georgs      L, 
Tochter    des    russ.    Großfürsten 
Konstantin  Nikolajewitsch. 
VII,  S.  227. 

XII,  S.  108.    169.    182. 

O  m  e  r  Bey,  Direktor  der  türk.  Spar- 
kassenverwaltung   (1894). 
IX,  S.  204.   205.   206. 
O  n  u ,     Luise     geb.     Baronin    Jomini, 
Gemahlin   des  Gesandten. 
VII,  S.  359. 


67Q 


Odu,    Michael,     russ.    Gesandter    in 

Athen    1S90/1901. 
VII    S.  359. 
XII*  S.  173.    174   .175.   176.    182.   183. 

185.    311.    312.    314.    317.    323. 

325.      354.      355.      364  A.      397. 

393  A.      415.     416.      417.      421. 

421  A.   422.   423.   456. 
O  o  in ,      Fedor     von,     Sekretär     der 

Kanzlei  der  Kaiserin  Maria  Feo- 

dorowna    von    Rußland    (1890). 
VII,  S.  361. 
Orero,   ital.   General    (1890). 
VIII,  S.  348. 
Orleans,     s.      Franziska,      Ludwig 

Philipp,    Maria    Dorothea,    Phi- 
lipp, Robert. 
Ormesson,    Comte    d',     Einführer 

des  diplomatischen  Korps  in  Pa- 
ris   (1891). 
VII,  S.  281. 
Oskar,   Prinz   von   Preußen,   fünfter 

Sohn  Kaiser  Wilhelms  II. 
IX,  S.  368. 
Oskar     II.,     König     von     Schweden 

1872/1907. 
VIII,  S.  452. 

Osman    Digma,     mahdist.     Feld- 
herr. 
VIII,  S.  349.   360. 
Osman      Pascha,      türk.      Marschall 

(1898). 
XII,  S.  566.   567. 
Osten-Sacken,    Baron    von    der, 

russ.  Offizier  (1891). 
VII,  S.  210  A.    211. 
Osten-Sacken,     Graf    von    der, 

russ.   Botschafter  in   Berlin   1895 

bis   1912. 
IX,  S.  290.    292.    307.    308  A.    309  A. 

311.    320.    348.    348  A.    349.    350. 

351. 
X,  S.  195.    238.    249.    258. 
XI,  S.    42.    47.    96.    157.    158.    167. 

181.    185.    186.    187.    200.    201. 

254.    255.    337.    342.    363.    381. 

384. 
XII,  S.  135.  169.  282.  283.  288.  309  A. 

310.    310  A.    314.    315.    316.    317. 

320.    327  A.    342.    343.    350.    362. 

364.    383.    387.    392.    392  A.    402. 

407.     412.     425.     426.     437.     447. 

448.    449.    458.    488.    491.    492. 

492  A.  493.  495. 
Otto,     Erzherzog     von     Österreich, 


Bruder  des   Erzherzog-Thronfol- 
gers Franz  Ferdinand. 
IX,  S.  374. 
XII,  S.  294.   481. 

P  a  d  o  v  a  ,    Agent   des    Pariser    Bank- 
hauses     Rothschild      in      Italien 
(1891). 
VII,  S.  92.   93. 
Paget,  George,  franz.  Historiker. 

XI,  S.  235  A. 
Paget,     Sir     Augustus,     engl.     Bot- 
schafter   in    Wien    1S84/93. 
VIII,  S.    61.    70.    101.    101  A. 

IX,  S.  45.   47.  94. 
Pallavicini,    Markgraf   von,    Bot- 
schaftsrat   bei    der    österr.-ung. 
Botschaft    in     Petersburg     1894 
bis   1897. 
X,  S.  183.  184. 
XI,  S.  380. 
Palm  er,    Sir    Edwin,    engl.    Beirat 
des     ägypt.     Finanzministeriums 
(1894,  1895). 
VIII,  S.  218.    232. 
Panitza,    bulg.    Major    (1890). 

IX,  S.  6.    6A. 
Panizzardi,    ital.    Oberstleutnant, 
Militärattache    in    Paris    (1894). 
VII,  S.  139  A. 
IX,  S.  387  A. 
P  a  n  s  a  ,    ital.   Generalkonsul   in  Kairo 
1894/95,  Botschafter  in  Konstan- 
tinopel   1895/1901. 
VIII,  S.  361.    376  A.    378. 

X,  S.  97.  98.  99.  102.  104.  107.  108. 
109.  115.  116.  118.  121.  122. 
126.  127.  131.  133.  134.  134  A. 
135.  172.  173.  177.  182.  183. 
185.  186.  187.  189.  191.  192. 
193.  194.  197.  212.  222.  224. 
258. 
XI,  S.  146. 

XII,  S.  4.  5.  6A.  7.  15.  20.  21.  22. 
23.  26.  40.  41.  42.  43.  86.  140. 
159.  160.  163.  163  A.  164.  166. 
170.  171.  172.  173.  180.181.  183. 
185.  202.  203.  205.  207.  207  A. 
213.  214.  216.  217.  217  A.  219. 
222.  226.  228.  229.  239.  240. 
241.  242.  244.  245.  246.  249. 
251.  251  A.  252.  252  A.  254. 
255.  256.  257.  258.  259.  260. 
262  A.  263.  264.  265.  266.  267. 
268.  269.  270.  271.  271  A.  272. 


680 


309  A.    318.    319.    325.    330.    339. 

369.    395.    398.    398  A.    405.    423. 

423  A.    425.    425  A.    427.    429  A. 

430.  430  A.  432.  441.  441  A.  442. 

442  A.   443.   445.    446.    447.    449. 

453.  454.  462.  465.  466.  469.  470. 

473.  474.  479.  481.  486.  498.  500. 

506.  508.  516.  526.  527.  528.  530. 

532.  533.  534.  535.  541. 
Papinin,    rumän.   Generalkonsul   in 

Sofia    (1895). 
XII,  S.  92. 
Parma,    s.    Marie    Luise. 
Pasetti,      Marius      Freiherr      von, 

österr.-ung.   Botschafter  in   Rom 

1895/1904. 
XI,  S.    97.    98.    277.    306. 
XII,  S.  172.  300.  301.  302. 
Patenötre,    franz.     Gesandter    in 

Tanger    1888/91. 
VIII,  S.  294.    296.    322  A. 

Paul,  Großfürstin,  s.  Alexandra  Ge- 
orgiewna. 

Paul  Alexandrowitsch,  Großfürst, 
jüngster  Bruder  Kaiser  Alexan- 
ders III.  von  Rußland. 

VII,  S.  366. 

P  a  w  1  o  w  ,    Alexander,    Sekretär    bei 
der      russ.      Gesandtschaft      in 
Peking    (1907). 
IX,  S.  332. 
Pawlowitsch,    Sekretär    bei    der 
serb.     Gesandtschaft    in     Berlin 
(1892),  diplomat.  Agent  in  Sofia 
(1899). 
IX,  S.  80. 
XII,  S.  548  A. 
P  e  1 1  o  u  x  ,    ital.    General,    Kriegsmi- 
nister im    Kabinett   Rudini    1891 
bis   1892,   Ministerpräsident  1898 
bis    1900. 
VII,  S.  116  A.    117.    118. 

VIII,  S.  356. 
XII,  S.  502  A. 

P  e  r  i  e  r  ,   s.   Casimir  Perier. 

Persico,   ital.    Major    (1895). 
XI,  S.  213. 

Peters,  Karl,  Afrikaforscher,  Reichs- 
kommissar in  Deutschostafrika 
(1890). 

VIII,  S.  21. 

Petronjewitsch,    serb.    Gesand- 
ter in  Wien   1889/90. 
IX,  S.  6. 


Petro  witsch,    Bozo,     montenegr. 
Woiwode    (1897,    189S). 
XII,  S.  442  A.    444.    444  A.    447.    448. 
450.   457.   475. 
Philipp,    Herzog    von    Orleans. 

IX,  S.  390. 
P  h  i  1  i  p  p  o  w  ,  Generalkontrolleur  des 
russ.   Rechnungshofes   (1896). 
XII,  S.  69. 
P  h  i  p  p  s  ,  Edmund,  engl.   Botschafts- 
rat in  Paris  1892/94. 
VIII,  S.  139  A. 

IX,  S.  3S6. 
P  i  a  v  i ,    kathol.    Patriarch    von    Jeru- 
salem   (1898). 
XII,  S.  589.    590.    591.    592.     592  A. 
593.    594.    618.    625.    627.    631. 
632.    634.    637.    637  A. 
Pisani-Dossi,   ital.   Gesandter   in 
Athen    1895/96. 
XII,  S.  173.    174.    175.    176. 
P  1  e  s  s  e  n  ,     Ludwig      Freiherr      von 
(Graf     Plessen-Cronstcrn),     Ge- 
sandter in   Athen   1894/1902. 
XII,  S.  174  A.  178.  179.  182.  183.  185. 
311.    312.    314.    319  A.    325.    364. 
364  A.     398  A.     415.     417.     418. 
421.  421  A.   423.   542. 
Pobedonoszew,   Konstantin,   Ge- 
neralprokurator   des    russ.    Hei- 
ligen Synods  1880/1905. 

VII,  S.  357.    365.    366.    367.    370.   372. 
381. 

IX,  S.  341.   344.  348.   368. 
XII,  S.  68.   69.   83.   92  A.   279.   324. 
Polowtzow,       Alexander,       russ. 
Staatsrat    (1896). 
VII,  S.  359. 
XI,  S.  355. 
Polowtzow,    s.    Obolensky,    Anna 

Fürstin  von. 
P  o  n  i  n  s  k  i ,   Alfred  von,   Propst  von 
Koscielec  (Posen)   (1891). 
VII,  S.  383  A. 
Ponsonby,  Sir  Henry,  Privatsekre- 
tär   der    Königin    Viktoria    von 
England    (1893). 

VIII,  S.  107.    107  A. 

Portalis,    franz.   Schriftsteller,    Re- 
dakteur      des       „Dix-neuvieme 
Siecle"    (1894). 
IX,  S.  3S9. 
P  o  u  b  e  1 1  e  ,   franz.   Botschafter  beim 
Päpstl.  Stuhl  (1898). 
XII,  S.  635.    636.    636  A. 


681 


Pourtales,    Graf    von,    Erster   Se- 
kretär bei  der  Botschaft  in  Pe- 
tersburg 1888/90. 
IX,  S.  194. 
Pressense,   franz.   Journalist   (1894). 

IX,  S.  169. 
P  r  e  u  ß  ,  Paul,  Botaniker  und  Afrika- 
forscher    (1892). 
VII,  S.  329.    329  A. 
Preußen,    s.    Adalbcrt,    Alexandra 
Feodorowna,    Auguste    Viktoria, 
August  Wilhelm,  Eitel  Friedrich, 
Friedrich    III.,     Friedrich     Wil- 
helm,  Heinrich,   Irene,   Joachim, 
Margarethe,  Oskar,  Sophie,  Vik- 
toria,   Viktoria    Luise,    Wilhelm, 
Wilhelm  I.,  Wilhelm  II. 
Princtti,  ital.  Abgeordneter  (1895). 

VII,  S.  146. 
P  ü  c  k  1  e  r  ,    Graf    von,    Erster   Sekre- 
tär   bei    der    Botschaft    in    Rom 
1895/99. 
XII,  S.  408.    502  A. 

Rachim  Bahadur  Chan,  Chan  von 

Chiwa    1865,1910. 
XII,  S.  137. 

R  a  d  e  w  ,     A.,     Bulgare. 

XII,  S.  534. 
R  a  d  o  1  i  n  ,  Fürst  von,  Botschafter  in 
Konstantinopel    1892/94,    in    Pe- 
tersburg 1895/1900. 
VIII,  S.  199.    202.   213.   286. 
IX,  S.  117.    117  A.    121.    221.    224 A. 
227.  228.  292.  304  A.  309  A.  316. 
317.  318.  318  A.  322.  351  A.  354. 
359  A.  362  A. 
X,  S.  41.   54.   56.   58.   78.    196.   258. 
XI,  S.  11.    43.    56.    82  A.    84  A.    135. 
135  A.   139.  145  A.  201.  232.  233. 
234  A.     235  A.    342.    351  A. 
XII,  S.  54  A.     92  A.     95.     107.     168. 
174  A.   179.   180  A.  250.  252.  253. 
326  A.    329.    329  A.    330  A.  334  A. 
430  A.  435  A.  436.  437.  459.  465. 
491. 
R  a  d  o  1  i  n  ,    Lucy   Gräfin   von,   Toch- 
ter   des    Fürsten    von    Radolin. 
IX,  S.  224. 
Radoslawow,     bulg.     Kultusmini- 
ster   im    Kabinett    Stoilow    1894 
bis    1897. 
XII,  S.  93. 


R  a  d  o  w  i  t  z  ,    Joseph    von,    Botschaf- 
ter   in     Konstantinopel     1882/92, 
in    Madrid    1892/1903. 
VII,  S.  30.  30  A. 

VIII,  S.  162.    170.    171.    176.    274.    277. 
336. 
IX,  S.  3.     5.     7.     13.     19.     35.     41  A. 

69.   73.   201  A. 
XI,  S.  349  A. 
XII,  S.  607.   608.  611. 
Raffalowitsch,       Direktor      der 
Asowschen  Bank  (1896). 
XI,  S.  350. 
Raff  auf,    Konsul    in    Kiew    (1891). 

VII,  S.  363  A. 
Raghib   Bey,   Kammerherr  des   Sul- 
tans   Abdul     Hamid     II.     (1893, 
1894). 
VIII,  S.  213.    214. 
IX,  S.  210.  211. 
Rallis,      griech.      Ministerpräsident 
1897. 
XII,  S.  416  A.    420.    421. 
R  a  m  p  o  1 1  a  ,  Kardinal,  päpstl.  Staats- 
sekretär   1887/1903. 
XI,  S.  128. 

XII,  S.  607  A.     614.     615.    622.    623. 
623  A.    624.    625.    626.    627.    630 
632.  633.  634.  635.  637. 
Rangabe,  griech.  Gesandter  in  Ber- 
lin  1895/1910. 
XII,  S.  153.    154.    311.    494.    495. 
Raschdau,    Vortragender    Rat    im 
A.    A.    1888/94. 
VII,  S.  47  A.    48  A.    298  A.    347  A. 
VIII,  S.  182  A.    183  A. 
R  a  s  c  o  n  ,  Conde,  span.  Botschafter  in 

Rom    1893/95. 
VIII,  S.  326. 
R  e  g  n  a  u  1 1 ,   franz.    Künstler. 

VII,  S.  276. 
Reichenau,  von,  Generalkonsul  in 
Sofia    1898/1900. 
XII,  S.  548  A. 
Reid,   Whitelaw,   amerikan.   Gesand- 
ter  in    Paris    1889/92. 
VII,  S.  270. 
Remzi  Pascha,  türk.  General  (1895). 

X,  S.  132  A. 
Ren  als,    Sir    J.,    Lord-Mayor    von 
London    1894/95. 
IX,  S.  159.    159  A. 
R  e  s  c  h  a  d  Ef fendi,  türkischer   Prinz, 
Bruder   des  Sultans    Abdul    Ha- 


682 


jnid    II.,    nachmal.    Sultan    Meh- 
med  V. 
X,  S.  60. 
Reschid,  marokkan.   Kommissar  in 

Tuat    (1891). 
VIII,  S.  296. 

Ressman,     ital.     Botschaftsrat     in 

Paris   (1890,   1891),   Botschafter 

in  Konstantinopel  1892,  in  Paris 

1892/95. 

VII,  S.  64.    64  A.    65.    127.    128.    129. 

130.     131.     132.     133.     134.     135. 

136.    137.    138.    139.    140  A.    236. 

237.    330.    330  A.    331.    332.    334. 

VIII,  S.  273. 

Reuf   Pascha,   türk.   General    (1895). 

X,  S.  41.   42. 
Reuß,     Heinrich     VII.     Prinz,     Bot- 
schafter in  Wien  1878/94. 
VII,  S.  7.    30.    30  A.    85.    122.    151  A. 
318  A.    374.    408  A.    429.    433  A. 
436.   437. 
VIII,  S.  47  A.    183  A.    234  A. 
IX,  S.  9  A.    52  A.     54  A.     75  A.    86. 

94  A.   102.  122.  126. 
XII,  S.  101. 
Reverseaux,    Marquis    de,    franz. 
Generalkonsul  in  Kairo  1891/94, 
Botschafter    in    Madrid    1894/97, 
in   Wien   1897/1907. 
VIII,  S.  184.    186.    187  A. 

XI,  S.  131. 
R  e  x ,  Graf  von,   Erster  Sekretär   bei 
der  Botschaft  in  Petersburg  1893 
bis   1894. 
VII,  S.  253. 
R  h  o  d  e  s  ,   Sir  Cecil,   Premierminister 
der  Kapkolonie  1890/94,  1894/96. 
VIII,  S.  437. 
XI,  S.    4.    5.    6.    7.    16.    22.    25.    26. 
33.   34.   35.   36.   44.   50. 
R  i  a  z    Pascha,    ägypt.    Ministerpräsi- 
dent 1893/94. 
VIII,  S.    188  A.   215  A. 
Ribot,     Alexandre,    franz.    Minister 
des    Äußern    in    den    Kabinetten 
Freycinet    1890/92    und    Loubet 
1892,   Ministerpräsident  und  Mi- 
nister  des   Äußern   1892/93,   Mi- 
nisterpräsident und  Minister  des 
Äußern    1893,    Ministerpräsident 
und  Minister  der  Finanzen  1895. 
VII,  S.  64.  65.  66.  67.  70.  71.  92.  93. 
192  A.    194.    195.    206 A.    214  A. 
220  A.    226  A.    227.    228  A.    231. 


234.  235.  235  A.  239.  240.  246  A. 
264.  261 A.  265.  281.  282.  287. 
288.  305  A.  306.  307.  308.  310A. 
311.  312.  313.  313  A.  320.  321. 
330  A.  332.  333.  334.  334  A.  335. 
373  A. 
VIII,  S.  26.  27.  28.  31.  36.  37.  38. 
58.  59.  62.  63.  92.  152.  153.  155. 
160.  184.  242.  256.  257.  259.  260. 
273.  273  A.  275.  280.  301.  306. 
357. 

IX,  S.  355.  356.  371.  379  A.  391.  403. 
404.  412.  413.  414.  415.  416  A. 
423. 

X,  S.    154. 

Ricard,  franz.  Justizminister  im  Ka- 
binett Loubet  1892. 
VII,  S.  239. 
Richard,  franz.  Abgeordneter  (1895). 

IX,  S.  404. 
Richards,    Brinsley,    engl.    Journa- 
list, Korrespondent  der  „Times'"' 
in  Wien   (1890). 
VII,  S.  38. 
Richter,  Eugen,  Reichstagsabgeord- 
neter. 
VII,  S.  267  A. 
Richter,  von,  russ.  General  der  In- 
fanterie     und     Generaladjutant, 
Generalkommandant  des  Haupt- 
quartiers des  Zaren   (1890). 
VII,  S.  361. 
Richthofen,     Ferdinand     Freiherr 
von,    Chinareisender,     Professor 
der  Erdkunde  in  Berlin  (1895). 

IX,  S.  249.  250.  255  A.  257. 
Richthofen,  Oswald  Freiherr  von, 

Kommissar  bei  der  ägyptischen 
Dette  Publique  (1894),  Direktor 
der  Kolonialabteilung  des  A.  A. 
1896/97,  Unterstaatssekretär  im 
A.  A.   1897/1900. 

VIII,  S.  227. 
XI,  S.    152.    155  A.    173.    173  A. 

Ricotti,    ital.    General,    Kriegsmini- 
ster im  Kabinett  Rudini  1896. 
VII,  S.  116.    116  A.    117.    121  A. 
XI,  S.  252. 

Ridgeway,  Sir  Joseph  West,  engl. 
Gesandter  in  außerordentlicher 
Mission  in  Tanger  1893. 

VIII,  S.  324. 

R  i  f  a  a  t  Bey,  türk.  Botschaftsrat  in 
Berlin   (1895). 

X,  S.  176.   191.  195.   196. 


683 


Rifaat     Bey,     türk.     Kommissar    in 

Tripolis    (1893). 
VIII,  S.  281.   282.   285. 
Rifaat      Pascha,      türk.     Großwesir 
1895/1901. 
X,  S.  98  A.  106.  183. 
XII,  S.    26.     157  A.    255.    566.    619. 

621. 
R  i  p  o  n  ,    Marquess    of,    engl.    Staats- 
sekretär   der    Kolonien    im    Ka- 
binett  Gladstone   1892/94. 
VIII,  S.  75  A.    398.    401.    406.    407. 
Risa  Pascha,  türk.  Kriegsminister  im 
Kabinett  Said  1895. 
XII,  S.  128. 
R  i  s  t  i  t  s  c  h  ,   Mitglied   der  serb.   Re- 
gentschaft  1889  93. 
VII,  S.  208  A. 
IX,  S.  22  A. 
Ristow,    preuß.    Offizier    in    türk. 
Diensten    (1890). 
IX,  S.  34.   36. 
R  i  z  o  w  ,  Bulgare. 
IX,  S.  86  A. 
XII,  S.  525. 
Robert,  Dolmetscher  bei  der  franz. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1895). 

X,  S.  65.   67.   70. 

Robert,  Prinz  von  Orldans,  Herzog 
von   Chartres. 
VII,  S.  275.   280. 
Robilant,    Nicola    Conte    di,    Mi- 
nister  des    Äußern    im    Kabinett 
Depretis  1885/87. 
VII,  S.  81.  92. 
VIII,  S.  56.  56  A. 

IX,  S.  54.  54  A.  55.  56. 
Robinson,    Sir    Hercules,    Gouver- 
neur  und   Oberbefehlshaber  der 
engl.  Kapkolonie  1895/97. 

XI,  S.  17  A.  21.  23.  24.  26.  28.  29. 
31  A.    35.    36.    49.    50. 

Roche,     Ernest,     franz.     Abgeord- 
neter   (1895). 
IX,  S.  415. 
Roche,    Jules,  franz.  Handelsminister 
in  den  Kabinetten  Freycinet  und 
Loubet    1890/92. 
VII,  S.  239. 
IX,  S.  404. 
Rockstroh,    deutscher     Kaufmann 
(1895). 
IX,  S.  418  A. 


Roedel,    franz.    Major    (1896). 

XI,  S.  378. 
Roger,   Präsident   des   franz.  Senats 

(1891). 
VII,  S.  288. 
R  o  h  1  f  s  ,  Gerhard,  Afrikaforscher. 
VIII,  S.  366. 
Romanescu      (Romanenko) ,      russ. 

Generalkonsul  in  Galatz  (1891). 
VII,  S.  171. 
Rom  an  i,  franz.  Hauptmann  (1894). 

IX,  S.  387.    389. 
Rosebery,      Archibald      Earl     of, 

engl.  Staatssekretär  des    Äußern 

im    Kabinett   Gladstone    1892/94, 

Premierminister  1894/95. 
VIII,  S.  75.   75  A.   76.   78.   80.   81.   82. 

83.  84.  85.  86.  87.  88.  89.  90.  91. 

92.   93.    93  A.   94.   95.   96.    96  A. 

97.    98.    99.    100.    101.    102.    103. 

103  A.    104.    104  A.    105.    105  A. 

106.    107.    107  A.    108.    109.    110. 

111.  111  A.  112.  112A.  113.  116. 

117.    118.     119.     120.     121.     122. 

122  A.  123.  124.  124  A.  125.  126. 

127.  128.  129.  129  A.  130.  132. 
135.  137.  138.  141.  142.  182  A. 
184.  185.  187.  188.  190.  191.  192. 
193.  194.  195.  196.  197.  198.  199. 
200.  201.  202.  203.  203  A.  204. 
205.  206.  207.  208.  209.  210.  211. 
212.  213.  214.  215.  215  A.  216. 
217.  228.  229.  230.  284.  324. 
325.  326.  338.  370.  380.  385.  389. 
390.  391.  393.  397.398.399.400. 
401.  402.  404.  405.406.407.408. 
410.  411.  418.  419.424.425.426. 
432.  437.  438.  447.  452  A.  453. 
455.  456.  457.  459.  463.  467.  468. 
470.   472.  473.   473  A.   474  A. 

IX,  S.  65.  90.  90  A.  92.  93.  94.  102. 
103.  104.  105.  106.  107.  116.  117. 
117  A.    121.   122.    123.    125.    127. 

128.  128  A.  129.  130.  131.  132. 
133.  134.  135.  135  A.  136.  137. 
138.  139.  140.  141.  143.  144.  145. 
146.  148.  149.  150.  151.  152. 
152  A.  153.  154.  155.  156.  157. 
158.  159.  159  A.  160.  161.  162. 
163.  164.  165.  165  A.  166.  168. 
169.  170.  171.  172.  173.  175.  176. 
178.  179.  181.  183.  184.  197. 
197  A.  198.  205  A.  206.  209.  216. 
236.  236  A.  244  A.  246.  265.  266. 
267.  304  A.  386.  417. 


684 


X,  S.  4.  5.  7.  9  A.  30.  34.  39.  39  A. 
41.    43.    46.    82.    96.    140  A.    145. 
218. 
XI,  S.  11  A.    13.    13  A.    243. 
XII,  S.  9.   169. 
Rosen,  Konsul  in  Jerusalem  (1899). 

XII,  S.  637  A. 
Rosenfeld,  Geheimsekretär. 
VIII,  S.  15. 

Rotelli,    Erzbischof    und    Kardinal, 
apostol.  Nuntius  in  Paris  (1S91). 
VII,  S.  270.    303.    304  A. 
Rotenhan,    Freiherr    von,    Unter- 
staatssekretär   im    A.    A.     1890 
bis  1897,  preuß.  Gesandter  beim 
Päpstl.   Stuhl.    1898/1908. 
VII,  S.  453  A. 
VIII,  S.  228  A. 
IX,  S.  80.  308  A. 
X,  S.  29. 

XI,  S.  312.    325.    351  A. 
XII,  S.    73  A.    181.    625  A.    626.   636. 
637  A. 
Rothschild,   Alfred  de,   Londoner 

Bankier. 
VIII,  S.  76. 
XII,  S.  377. 
Rothschild,  Alphonse  de,  Bankier. 

VII,  S.  237. 
Rothschild,   Nathan    Mayer   Frei- 
herr von,  Londoner  Bankier. 
VIII,  S.  76. 

Rothschild,  Pariser  Bankier. 
VII,  S.  92.    134.    231.    237.    238.    295. 

298  A. 
XI,  S.  364. 
Rothstein,   russ.    Agent    (1S96). 

XI,  S.  350. 
Rothweiler,   franz.   General    (1891). 

VII,  S.  294. 
R  o  u  e  t ,    Dolmetscher   bei   der   franz. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1898). 
XII,  S.  603. 
Rouvier,    franz.    Finanzminister    in 
den    Kabinetten   Freycinet,    Lou- 
bet    und    Ribot    1890/93. 
VII,  S.  221.   298  A. 
R  u  d  i  n  i ,  Marchese  di,  ital.  Minister- 
präsident    und       Minister      des 
Äußern    1891/92,     Ministerpräsi- 
dent   1896/98. 
VII,  S.  62.   63.  64.  65.  65  A.  66.   68. 
69.    70.    71.    72.    77  A.    79.    80. 
84.    92.    93.    94.    95.    96.    103  A. 


104.  104  A.  105.  106.  114.  115. 
115  A.  116.  117.  122.  123  A.  138. 
169.   169  A.   215.   295. 

VIII,  S.  43.  44.  45.  46.  47.  47  A.  48. 
49.  50.  51.  52  A.  53.  54.  55.  61. 
62.  63.  68.  279.  281.  303.  304. 
305.  306.  307.  309.  309  A.  314. 
315.  316.  354.  354  A.  355.  355  A. 
356.  357.  353.  358  A. 
XI,  S.  131  A.  155  A.  172.  198.  199. 
214.  227.  241.  241  A.  244.  245. 
247.  248.  249.  250.  251.  252. 
253.  257.  257  A.  259.  260.  261. 
262.  263.  263  A.  275.  275  A.  276. 
276  A.  277.  279.  281.  282.  283. 
284.  284  A.  285.  285  A.  286.  293. 
294.  294  A.  295.  296.  299.  300. 
344. 
XII,  S.  300.  301.  302.  336.  336  A. 
480  A. 

Rumänien,  s.  Elisabeth,  Ferdinand, 
Karl  I.,  Marie. 

R  u  m  b  o  1  d  ,    Sir   Horace,    engl.    Bot- 
schafter in  Wien  1896/1900. 
XII,  S.   78.   218.   287.   405.   451.   453. 
496. 

Rußland,  s.  Anastasia,  Alexander 
IL,  Alexander  III.,  Alexander 
Michailowitsch,  Alexandra  Feo- 
dorowna,  Alexandra  Georgiew- 
na,  Alexis  Alexandrowitsch,  Eli- 
sabeth Mawrikiewna,  Georg 
Alexandrowitsch, Konstantin  Kon- 
stantinowitsch,  Maria  Alexan- 
drowna,  Maria  Feodorowna, 
Maria  Pawlowna,  Michael  Niko- 
lajewitsch,  Nikolaus  IL,  Niko- 
laus Alexandrowitsch,  Nikolaus 
Michailowitsch,  Nikolaus  Niko- 
lajewitsch,  Olga,  Paul  Alexan- 
drowitsch, Sergius  Alexandro- 
witsch, Wladimir  Alexandro- 
witsch. 

Rüstern  Pascha,  türk.  Botschafter 
in   London  1885/95. 

VIII,  S.  145.  146.  152.  153.  154.  157. 
158.  164.  169.  170.  171.  174.  175. 
176.  177.  178.  179.  179  A.  180. 
181.  192.  193.  194.  195.  196.  197. 
198.  200.  201.  202.  203.  205.  207. 
208.  209.  210.  212.  213.  214.  215. 
231. 
IX,  S.  13.    14.    18.    19.    20.    46.    73. 

205.  206.  207.  214. 
X,  S.  42.  61.  66. 


633 


S  a  b  u  r  o  w  ,     von,     russ.     Botschafter 
in  Berlin  18S0/84. 
VII,  S.  18. 
Sachsen,   s.   Albert. 
Sachsen-Altenburg,  s.   Albert, 

Elisabeth    Mawrikiewna. 
Sachsen-Koburg-Gotha,       s. 
Alfred,  Ferdinand,  Maria  Alexan- 
drowna. 
Sagasta,     span.     Ministerpräsident 

1893/95. 
VIII,  S.  325  A. 

Said    Pascha,    türk.   Großwesir    1895. 
IX,  S.  233  A.  234.  235. 
X,  S.  42.    44.   60.    70.    93  A. 
XII,  S.  122.    126.    136.    580.    581. 
Said     Pascha,     türk.     Minister     des 
Äußern  in  den  Kabinetten  Kiamil 
und  Djevad  1S85/95,  im  Kabinett 
Kiamil  1S95. 
VIII,  S.  147.    158.    159.    190.    213.    214. 
285.  286. 
X,  S.  70.    73.    74.    97. 
IX,  S.  12.    206.    207.    221.    222.    229. 

233  A.   234. 
XII,  S.  581. 
Saint    Cere,    Jacques,    Pseudonym 
für  Hermann   Kosenthai,   Korre- 
spondent des   „Figaro"    (1893). 
IX,  S.  106. 
Saint    John,    Sir    Frederick,    engl. 
Gesandter    in    Belgrad    1888/92, 
in  Bern  1893/1901. 
IX,  S.  79. 
XI,  S.  54  A. 
Saint  Vallier,  Charles  Comte  de, 
franz.  Botschafter  in  Berlin  1877 
bis  1881. 
VII,  S.  336  A. 
S  a  i  o  n  z  i ,     Marquis,     interimistischer 
Japan.      Minister     des      Äußern 
(1895). 
IX,  S.  301.   302.   305.   306.   324.   325. 
326.  327.  328.  329.  330. 
S  a  1  i  h  M  u  n  i  r  Bey,  s.  Munir  Bey. 
Salisbury,    Marquess    of,    Zweiter 
engl.   Bevollmächtigter   auf   dem 
Berliner  Kongreß  1878,  Premier- 
minister   1886/92,    Staatssekretär 
des     Äußern     1887/92,     Premier- 
minister  1895/1902. 
VII,  S.  24.    25.    27.    55.    66.    67.    268. 
VIII,  S.  3.   4.   5.   6.   7.   8.   8  A.   9.    10. 
11.   12.   13.   14.   14  A.   15.   16.    17. 


17  A.  18.  19.  20.  21.  21  A.  22. 
23.  24.  25.  26.  27.  33.  34.  34  A. 
35.  36.  37.  38.  43.  44.  44  A.  45. 
46.  47.  47  A.  48.  49.  50.  51.  53. 
55.  56.  57.  58.  59.  60.  61.  62. 
62  A.  63.  64.  65  A.  67.  68.  69.  70. 
70  A.  72  A.  75.  75  A.  76.  77.  78. 
79.  80.  81.  82.  83.  84.  86.  87.  89. 
91.  92.  93.  93  A.  94.  97.  98.  93  A. 
101.  102.  103.  116.  124.  128. 
129.  141.  141  A.  142.  145.  146. 
150.  151.  152.  153.  154.  155.  156. 
157.  158.  160.  161.  164.  166. 
167.  168.  169.  170.  171.  172.  175. 
176.  180.  180  A.  181  A.  182  A. 
183  A.  238.  239.  240.  241.  242. 
243.  244.  245.  250.  251.  252. 
253.  254.  255.  257.  258.  259. 
262.  262  A.  263.  264.  265.  266. 
267.  269.  270.  271.  271  A.  272. 
274.  275.  276.  277.  278.  279. 
280.  293.  294.  295.  296.  297. 
298.  303.  304.  305.  306.  307. 
309.  310.  312.  313.  314.  315. 
316.  319.  320.  321.  322.  323  A. 
351.  352.  353.  354.  394  A.  399. 
400.  414.  435.  436.  437.  447. 
463.  473. 
IX,  S.  8.  9.  14.  15.  16.  17.  18.  26. 
27.  28.  32.  33.  34.  35.  36.  37. 
42.  43.  44.  45.  46.  47.  48.  49. 
50.  51.  52.  56.  57.  58.  60.  61. 
63.  64.  65.  66.  69.  73.  74.  75. 
75  A.  76.  78.  88  A.  89.  90.  90  A. 
91.  92.  93.  105.  107.  118.  121. 
122.  125.  127.  133.  148.  157. 
165.  169.  173.  177.  180.  192. 
194.  197  A.  236  A.  304  A.  372. 
373.  375. 
X,  S.  8.  9.  9A.  10.  10  A.  11.  12. 
13.  14.  15.  16.  17.  18.  19.20.  21. 
22.  23.  23  A.  24.  25.  25  A.  26  A. 
27.  27  A.  28.  29.  30.  31.  32.32A. 
33.  34.  35.  36.  39.  39  A.  40.  41. 
42.  43.  44.  45.  46.  47.  57.  57  A. 
58.  61.  62.  66.  68.  73.  78.  80. 
81.  81  A.  82.  82  A.  83.  92.  92  A. 
95.  96.  107.  110.  111.  112.  113. 
117.  124.  125.  126.  140.  140  A. 
141.  145.  149.  149  A.  150.  151. 
152.  157.  163.  172.  173.  174. 
178.  180.  182.  184.  188.  189. 
207.  208.  209.  210.  211.  213. 
215.  218.  219.  220.  229.  230. 
231.     232.     238.     239.     240.     241. 


686 


243.     244.     249.     250.     251.     253. 

256.  257.   258.   259. 

XI,  S.  8.  9.  10.  11  A.  12.  13.  13  A. 
14.  15.  18.  21.  22.  23.  24.  25. 
26.  27.  29.  30.  31.  32.  33.  34. 
39  A.  40.  41.  45.  45  A.  46.  47. 
50.  51.  52.  54.  54  A.  55.  57  A. 
61.  62.  62  A.  63.  78  A.  92.  95. 
96.  99.  100.  101.  101  A.  102. 
103.  104.  105.  106.  121.  124.  132. 
136.137.138.  139.  141.145.1-16. 
147.  148.  149.  150.  153.  153  A. 
154.  157.  158.  159.  161.  162. 
163.  164.  165.  168.  169.  170.  171. 
172.  173  A.  174.  175.  181.  182. 
185.  186  A.  191.  191  A.  192.  193. 
193  A.  194.  195.  196.  197.  200. 
202.  203.  207.  208.  209.  215. 
215  A.  216.  217.  218.  218  A.  219. 
220.  221.  223.  224.  225.  227. 
236.  238.  239.  240.  241.  242. 
243.  254.  271.  332.  338.  358. 
360.  360  A.  366.  385. 
XII,  S.  7.  8.  9.  11.  11  A.  50  A.  51. 
52.  53.  53  A.  54.  54  A.  55.  56. 
58.  65  A.  66.  67.  70.  71.  72.  75. 
76.  78.  79.  80.  94  A.  106.  127. 
138.  155.  170.  171.  175.  177. 
179.  184.  185.  186.  187.  189. 
190.  191.  193  .194.  195.  198. 
200.  201.  203.  204.  207.  211  A. 
217.  217  A.  218.  218  A.  219.  221. 
222.  224.  226.  228.  232.  233. 
234.  235.  237.  238.  239.  239  A. 
240.     241.     242.    243.    246.     256. 

257.  258.  259.  260.  261.  262. 
262  A.  263.  264.  265.  266.  272. 
313.  313  A.  325.  331.  332.  333. 
334.  337.  344.  345.  347  A.  351. 
352.  353.  354.  357.  358.  359. 
363.  363  A.  364.  364  A.  365. 
366.  366  A.  367.  368.  370.  371. 
371  A.  372.  374.  376.  377.  378. 
379.  383.  385.  386.  387.  387  A. 
388.  389.  391.  396.  397.  401. 
404.  405.  406.  408.  410.  434. 
437.  457.  458.  466.  467.  468. 
469.  471.  472.  476.  482.  489. 
512.  521.  526.  527.  528.  529. 
530.    535.    571.    577. 

Salsa,   ital.   Major    (1896). 

XI,  S.  247  A. 
Salvago-Racci,  Marchese,  Sekre- 
tär bei  der  ital.  diplomatischen 
Agentur  in  Kairo  (1896). 


XI,  S.  152. 
Sanderson,    Sir    Thomas    Henry, 
permanenter   Unterstaatssekretär 
im   Foreign   Oftice   1894/1906. 
VIII,  S.  111.    142.   352.    387.    388.    422. 
423.   449. 
IX,  S.  269. 
X,  S.  34. 

XI,  S.  216.   217.  221.  222. 
XII,  S.  155.    204.   218.   239.    240.    241. 
243.    247.    384.    385.    389.    390. 
404.   405. 
San      Miniatelli,      ital.      Major 

(1894). 
VIII,  S.  360.    361.    362.    373. 
Sansibar,    s.    Ali    ben    Said,    Kha- 

lifa  ben  Said,  Thowejni. 
Saracco,  ital.  Minister  der  öffentl. 
Arbeiten  im  Kabinett  Crispi  1893 
bis    1896. 
XI,  S.  227. 
Sargent,    amerikan.    Gesandter    in 
Berlin   (1884). 
VII,  S.  393. 
Sassulitsch,     Vera,     russ.     Nihi- 
listin. 
VII,  S.  215. 
S  a  t  o  w  ,  Sir  Ernest  Mason,  engl.  Ge- 
sandter  in   Tanger   1893/95. 
VIII,  S.  324.   331.   332. 
Saurma-Jeltsch,  Anton  Freiherr 
von,     Generalkonsul     in     Kairo 
(1882),     preuß.     Gesandter     in 
Stuttgart  1891/93,  Botschafter  in 
Washington     1893/95,    in    Kon- 
stantinopel    1895/97,     in     Rom 
1897/99. 
VII,  S.  408  A. 
VIII,  S.  233.    233  A.    416.    417. 

X,  S.  40  A.  41.  42.  45.  45  A.  52. 
56.  67.  70.  71.  73.  74  A.  76. 
78.  97.  98.  99.  108.  115.  116. 
117.  118.  121.  126.  127.  132A. 
133.  134.  134  A.  135.  172.  173. 
177.  182.  185.  186.  187.  191. 
192.  193.  194.  196.  197.  212. 
224.  233.  258. 
XI,  S.  11.    145. 

XII,  S.  4.  5.  6A.  7.  15.  18.  20.  21. 
22.  23.  26.  28  A.  37  A.  38.  40. 
42.  43.  64  A.  86.  122.  124. 
134  A.  140.  147.  149  A.  157  A. 
162  A.  163  A.  164.  168.  170. 
171.  173.  177.  180.  181.  183. 
185.  205.  207.  207  A.  213.  216. 


687 


217.  217  A.  219.  222.  226.  228. 
229.  239.  240.  241.  242.  244. 
244  A.  245.  249.  251.  251  A. 
252.  252  A.  253.  253  A.  254. 
255.  256.  257.  258.  259.  260. 
262  A.  263.  264.  265.  266.  267. 
268.  269.  270.  271.  271  A.  272. 
309  A.  319  A.  326  A.  330.  339. 
369.  395.  398.  398  A.  400.  405. 
423.  423  A.  425.  425  A.  427. 
427  A.  429.  429  A.  430  A.  431. 
432.  432  A.  475  A.  481  A.  496. 
497.  498.   530.   532.   557.   557  A. 

Saurma-Jeltsch,   Johannes  Graf 
von. 
X,  S.  67. 
Savoyen,    s.    Margaretha. 
Say,   Leon,  franz.   Finanzminister  im 
Kabinett  Büffet  1872/73,  1875/76. 
VIII,  S.  92. 

Schadowsky,    russ.    Botschaftsrat 
in    Konstantinopel    (1894). 
IX,  S.  212. 
Schaeffer,       luxemburg.       Oberst 
(1S97). 
XII,  S.  442  A.    475. 

Schäffer,  Konsul  in  Kiew  (1893). 

VII,  S.  456  A. 
S  c  h  a  k  i  r    Pascha,     türk.     Marschall, 
Generaladjutant  des  Sultans  Ab- 
dul   Hamid    II. 
VIII,  S.  173. 
IX,  S.  237. 

X,  S.  41.    43.    49.    68.    94. 
S  c  h  a  m  y  1 ,    Tscherkesscnhäuptling. 
VII,  S.  375. 

Schebeko,    Nikolaus,    russ.    Gene- 
ral   (1894). 
VII,  S.  455. 
S  c  h  e  f  i  k   Bey,  türk.   Polizeipräsident 
(1896). 
XII,  S.  42. 

Schenk      zu      Schweinsberg, 
Freiherr,    Gesandter    in    Peking 
1893/96. 
IX,  S.  242.  248.  249.  254.  255  A.  256. 
261.  285. 

S  c  h  e  1 1  i  n  g  ,      von,      preuß.      Justiz- 
minister 1889/94. 
VII,  S.  448. 

S  c  h  i  1  i  z  z  i ,  Matteo,  ital.  Journalist, 
Redakteur  des  „Corriere  di  Na- 
poli"    (1892). 

VIII,  S.  83  A. 


Schischkin,  von,  Adjunkt  des  russ. 

Ministers    des    Äußern    1891/96, 

Verweser   des    Ministeriums   de« 

Äußern  1896/97. 

VII,  S.  238.    245.    379.    381  A.    409  A. 

434.  443.  445. 
VIII,  S.  65. 
IX,  S.  111.    112.    342.    343. 
XI,  S.  331.  357.  357  A.  358.  359.  368. 
373.    380.    381.    382.    382  A.    384. 
XII,  S.   68.   217.   218.   219.   224.  236. 
248.    249. 
Schischmanow,     bulg.    diploma- 
tischer Agent  in  Belgrad  (1899). 
XII,  S.  5 18  A.    5 19.    550.    550  A. 
Schkopp,   von,  preuß.  General  der 
Infanterie,  Gouverneur  von  Kola 
(1893). 
VII,  S.  423.    423  A. 

Schleswig  -  Holstein  -  Son- 
de r  b  u  r  g-A  ugustenburg, 
s.  Auguste  Viktoria. 
Schleswig  -  Holstein   -  Son- 
derburg-Glücksburg,   s. 
Albert. 
Schlieffen,      Alfred      Graf      von, 
Chef  des  Generalstabes  der  Ar- 
mee  1891/1905. 
VII,  S.  110.    111.   112.   113. 
IX,  S.  396. 

XI,  S.  110.    114.    115.   309.   310.   312. 
313.  314. 
S  c  h  1  ö  z  e  r  ,  von,  Erster  Sekretär  bei 
der  Botschaft   in   Konstantinopel 
1897/99. 
XII,  S.  508.  509.  572. 
Schmidt,     Reinhard,     Reichstagsab- 
geordneter   (1897). 
XII,  S.  348  A. 
S  c  h  o  e  n  ,  Wilhelm  von,  Sekretär  bei 
der   Botschaft   in    Paris    1888/95. 
VII,  S.  133.    141.    141  A.    145.    220  A. 

224.   309.   331. 
IX,  S.  322. 
Schönborn,    Kardinal    (1895). 

VII,  S.  143.    143  A. 
Schoenebeck,    von,    preuß.  Leut- 
nant   (1894). 
IX,  S.  387.    387  A.    389. 
S  c  h  o  p  p  ,   s.   Schkopp. 
Schröder,    Kapitän    zur    See,    Mi- 
litär- und  Marineattache  in  Lon- 
don   (1890). 
VIII,  S.  239. 


688 


Schukowski,       russ.       Hofdame, 
nachmal.    Gemahlin    des    Groß- 
fürsten Alexis. 
VII,  S.  359. 
Schuwalow,  Paul  Graf,  russ.  Bot- 
schafter   in    Berlin    1885/94. 
VII,  S.  3.    3A.    4.    11.    14.    15.    16. 
17.  18.  19.  20.  20  A.  21.  29.  39. 
40.    214.    227.    349.    349  A.    362. 
382.    389.    390.    391.    392.    394. 
395.    396.    397.    398.    399.    400. 
401.   412.   413.   433.   444.   447. 
IX,  S.  21.   23.   24.   25.   77  A.   78.   79. 
80.  81.  83.  84.  85.  86.  87.  341  A. 
Schuwalow,  Peter  Graf,  russ.  Bot- 
schafter in  London  1874/79,  Ver- 
treter   Rußlands    auf    dem    Ber- 
liner  Kongreß    1878. 
VII,  S.  25.   352. 
XI,  S.    103. 
Schwartzhoff,  von,   Hauptmann , 
(1891). 
VII,  S.  296. 
Schwartzkoppen,    von,    preuß. 
Oberstleutnant,  Militärattache  in 
Paris   1891/97. 
VII,  S.  139  A. 

IX,  S.  365  A.   387  A.   390.   391. 
XI,  S.  368.    376  A. 
Schweden,  s.  Gustav,  Oskar  II. 
Schweinitz,     Hans     Lothar     von, 
preuß.    General,    Botschafter    in 
Petersburg    1875/92. 
VII,  S.  10.   10  A.   11.   22.   23.   26.   29. 
30.    30  A.    32.    33.    36.    37.    47. 
47  A.    49.    67.    329.    351  A.    352. 
355.    357  A.    365.     366.     381  A. 
384.     386.     394.      409  A.     412. 
412  A. 
IX,  S.  25.    37.    38.    84. 
Scott,  engl.  Jurist,  Beirat  des  ägypt. 

Justizministeriums    (1891). 
VIII,  S.  159. 

Scott,    Sir    Charles    Stewart,    engl. 
Botschafter   in    Petersburg    1898 
bis  1904. 
XII,  S.  506.   507.   528.   530. 
Seckendorff,  Freiherr  von,    Kon- 
sul  in   Tientsin    (1894). 
IX,  S.  248. 
Serbien,   s.    Alexander   I.,    Karage- 

orgewitsch,    Milan,    Natalie. 
S  e  r  g  i  u  s  Alexandrowitsch,  Großfürst 
von   Rußland,  dritter  Sohn  Kai- 
ser   Alexanders    II. 


VII,  S.  419.  419  A.  420. 
IX,  S.  339.    340. 
XI,  S.  369.    370. 
XII,  S.  604. 
Sermoneta  Ada  Duchessa  di,  geb. 
Bootle,   Gemahlin   des   ital.    Mi- 
nisters des  Äußern. 
XI,  S.  253.    254. 
Sermoneta,  Onorato  Duca  di,  ital. 
Abgeordneter,       Minister       des 
Äußern  im  Kabinett  Rudini  1896. 
XI,  S.    155.    155  A.    166.    172.    198. 
241.   241  A.   244.   245.   246.  247. 
249.    250.    251.    252.    253.    254. 
257  A.   275.   276.   279.   281.  282. 
293.  294.  295.  295  A. 
Serpa     Pinto,     Alexander    de    la 
Rocha,     portugies.     Major     und 
Afrikaforscher    (1889). 
IX,  S.  50  A. 
S  e  y  m  o  u  r  ,  Lord  Alcester,  engl.  Ad- 

miral    (1882). 
VIII,  S.  233  A. 

Seymour,   s.   Culme   Seymour. 
S  e  z  e  ,  Vicomte  de,  franz.  Offizier. 

VII,  S.  194. 
Shao-yu-lien,  chines.  Gouverneur 
der    Insel    Formosa    (1895). 
IX,  S.  289. 
Shippard,    Sir    S.,    Resident    von 
Engl.-Betschuanaland    (1896). 
XI,  S.  24. 
Short,    amerikan.    Generalkonsul    in 
Konstantinopel    (1894). 
IX,  S.  210.   212. 
Siegel,     Korvettenkapitän,     Marine- 
attache in   Paris   (1895). 
IX,  S.  414. 
Silvestrelli,     Sekretär     bei     der 
ital.    Botschaft   in    London    1894 
bis  1895,  Generalkonsul  in  Sofia 
(1897). 
VIII,  S.  361.   362.   381.   383.   384.    385. 
386.  386  A.  387.  388.  388  A.  3S9. 
390.  391.  392.  393. 
XII,  S.  114. 
Simitsch,    serb.     Ministerpräsident 
1895/97. 
XII,  S.  115.    115  A.   142. 
Simon,    Jules,    franz.    Ministerpräsi- 
dent 1876/77,  Führer  der  franz. 
Delegation    zur    Arbeiterschutz- 
konferenz in  Berlin  1890. 
VII,  S.  196.    265.    265  A.   288. 
XI,  S.  326  A. 


44    Die  Große   Politik.     12.  Bd. 


68Q 


S  i  n  o  w  i  e  w  ,     russ.     Botschafter     in 

Konstantinopel  1898/1909. 
XII,  S.  465.     465  A.     469.    470.    473. 

474.    479.    481.    486.    487.    500. 

506.    508.    511.    516.    517.    519. 

521.    522.    524.    525.    526.    527. 

531.    532.    533.    534.    535.    536. 

541.    543.    544.    545.    547.    562. 

563.  571. 
S  k  o  b  e  1  e  \v  ,     Michael,      panslawisti- 

scher  russ.  General. 
VII,  S.  13.  377.  379. 
Skonlondes,  griech.   Minister  des 

Äußern  im  Kabinett  Rallis  1897. 
XII,  S.  416.  421. 

S  k  r  y  d  1  o  w  ,     russ.      Konteradmiral, 
Befehlshaber  des  russ.  Geschwa- 
ders   bei    der    Einweihung    des 
Nordostseekanals   1895. 
IX,  S.  356. 

S  k  u  z  e  s  ,  griech.  Minister  des  Äußern 
im   Kabinett   Delyannis    1895/97. 
XII,  S.  154.    175.   176.   178.    179.   323. 
324.  325.  327.  328. 
Slade,    engl.    Oberst    (1896). 

XI,  S.  252. 

Smith,    Euan,    s.    Euan-Smith. 

Sollberger,    Emanuel,     Verweser 
des     Vizekonsulats     in     Amasia 
(1895). 
X,  S.  119.  120.  120  A. 

Solms-Sonnenwalde,  Graf  zu, 
Gesandter  in  Madrid  1878/87, 
Botschafter  in  Rom  1887/93. 

VII,  S.  30.  30  A.  118.  119.  120. 123  A. 
323.  408  A. 

VIII,  S.  35.  44.  47.  49  A.  55.  83.  86  A. 
103  A.  107  A.  257  A.  265.  265  A. 
277.  279.  316.  344.  355  A. 
IX,  S.  40.  40  A. 
S  o  n  n  i  n  o ,    Barone    Sidney    di,    ital. 
Abgeordneter,    Schatz-    und    Fi- 
nanzminister im  Kabinett  Crispi 
1893/96. 
XI,  S.  227.  300. 

Sophie,  Kronprinzessin  von  Grie- 
chenland, Gemahlin  des  Kron- 
prinzen Konstantin,  geb.  Prin- 
zessin   von    Preußen. 

XII,  S.  310  A.   418.   422. 
Souhart,    Sekretär    bei    der    franz. 

Gesandtschaft  in  Tanger  (1892). 

VIII,  S.  317  A. 


Spanien,   s.   Maria   Christine. 
Spencer,  Earl  of ,  Erster  Lord  der 

Admiralität    im    Kabinett    Glad- 

stone    1892/94. 
VIII,  S.  211. 

S  p  u  1 1  e  r ,  franz.  Minister  des  Äußer« 
im   Kabinett  Tirard  1889/90. 
VII,  S.  263.    263  A.    264. 
VIII,  S.  148.   152. 

S  t  a  a  1 ,  Baron,  von,  russ.  Botschafter 
in   London  1884/1903. 
IX,  S.  167.    174.    175.   343. 
XI,  S.  45.    47.    171.    172.    173.    180. 

187.  209. 
XII,  S.  11.  234.  366  A.  373.  374. 
375.  376.  379.  383.  384.  385. 
389.  390.  404.  406.  479.  529. 
Stablewski,  Florian  von,  Erz- 
bischof von  Posen  und  Gnesen 
(1891,  1892). 

VII,  S.  383.   383  A. 

XII,  S.  623.    623  A.    624.    625.    627. 
Stambulow,    Stefan,    bulg.    Mini- 
sterpräsident  und   Minister   des 
Innern  1887/94. 
VII,  S.  349.  349  A.  432  A. 
VIII,  S.  453. 
IX,  S.  6.    6A.    17.    22.    26.    27.    39. 
64.    67.    81.    94.    97.    97  A.    98. 
99.  113.   146  A. 
X,  S.  139.    139  A.    142.    143. 
XI,  S.  118.  123. 

XII,  S.  91.    92.    92  A.    93.    99.     100. 
101.   106.  108.  109. 
Stana     (Anastasia),     Herzogin     von 
Leuchtenberg,      Gemahlin      des 
Herzogs  Georg,  geb.  Prinzessin 
von  Montenegro. 
XII,  S.  448. 
S  t  a  n  c  i  o  w  ,      bulg.      diplomatischer 
Agent     in      Petersburg     (1897, 
1899). 
XII,  S.  115.  530. 
Stanichew,    Bulgare. 

XII,  S.  534. 
Stanley,    Henry,     engl.     Afrikafor- 
scher,  Mitglied  des  Unterhauses. 

VIII,  S.  9.   14.  15.  21.  24. 
Steifensand,    Vizekonsul    in  San- 
sibar  (1889). 

VIII,  S.  5. 

Stein,  Adolf,  Schriftsteller. 
XI,  S.  32  A. 


6Q0 


S  t  e  i  n  b  a  c  h  ,    Emil,    österr.    Finanz- 
minister   1891/93. 
VII,  S.  415.  416. 
Steiner,   Bischof   von   Stuhlweißen- 
burg  (1895). 
VII,  S.  143  A. 
Steininger,  Freiherr  von,   österr.- 
ung.  Oberstleutnant,  Militäratta- 
che in  Berlin  1882/95. 

VII,  S.  112. 
IX,  S.  4. 

Stenbock,    Gräfin,    s.    Bariatinsky, 

Nadina. 
Steriadi,  rumän.  Journalist  (1893). 

VII,  S.  184. 

Stetten,  von,  bayr.  Premierleutnant, 
Afrikareisender    (1893). 

VIII,  S.  412. 

Stillmann,  engl.  Journalist,  Kor- 
respondent der  „Times"  in  Rom 
(1S95). 

VIII,  S.  474.   474  A.   475. 

S  t  o  i  1  o  w  ,  bulg.  Ministerpräsident 
und  Minister  des  Innern  1894 
bis  1897,  Ministerpräsident,  Mi- 
nister des  Äußern  und  des  Kul- 
tus 1897/99. 
IX,  S.  146  A. 

XII,  S.  92.  93.  109.  110  A.  111.  112. 
114.  114  A.  115.  130.  130  A.  137. 
142.  143.  144.  147.  529.  536. 
536  A.    543.    545.    551. 

Stransky,    G.,    bulg.    Minister   des 
Äußern,  des  Kultus  und  der  Post 
im  Kabinett  Stambulow  1887/90. 
VII,  S.  349  A. 

Stroganow,  Alexander  Graf,  russ. 
General. 

VII,  S.  376. 

Stroganow,  Sergei  Graf,  russ.  Ge- 
neral. 
VII,  S.  376. 
Stuebel,   Generalkonsul   in  Schang- 
hai  (1895). 
IX,  S.  250. 
Stumm,     Ferdinand     Freiherr     von, 
Botschafter    in    Madrid    1887/92. 

VIII,  S.  311  A.   313  A.    314  A.   320  A. 
Sturdza,  Demeter,  rumän.  Minister 

des    Äußern    1883/88,    Minister- 
präsident     und      Minister      des 
Äußern  1895,96,  1897/1904. 
VII,  S.  151  A.  152.  158  A.  161  A.  164. 
168.    183.    183  A. 


XI,  S.  301.  302  A.  309.   309  A.   310. 
310A.    311.    312.    313.   314. 

XII,  S.  72  A.   529. 
Süßkind,      Freiherr     von,      preuß. 
Hauptmann,      zweiter      Militär- 
attache  in    Paris   1889/94. 

VII,  S.  294.   296.   302.   316. 
Summer,    William,      Mitglied     des 

engl.  Unterhauses  (1890). 
IX,  S.  194. 
S  u  r  e  y  a    Pascha,    Sekretär    des    Sul- 
tans   Abdul    Hamid    II.    (1890, 
1895). 
IX,  S.  190.    229.    230. 
Swaine,  engl.  Oberst,  Militärattache 
in    Berlin    1882/89,    1891/96. 
IX,  S.  159.    160.    166.    168. 
X,  S.  35  A.   81.   126.   251.   252.   253. 
254.   255.   256. 

XI,  S.  8.  9.   10.   11  A.   146.  243. 

XII,  S.  54  A.  75  A. 
Sz£chenyi,  Emanuel  Graf,  österr.- 

ung.  Geschäftsträger  in  Athen 
1897,  Botschaftsrat  in  Peters- 
burg   (1898,    1899). 

XII,  S.  311.  312.  323.  325.  328.  354. 
355.  364  A.  397.  398  A.  415.  416. 
421.  421  A.  422.  423.  505.  506. 
507.   542.   543. 

Szech£nyi,  Emerich  Graf,  österr. - 
ung.  Botschafter  in  Berlin  1878 
bis  1892. 
VII,  S.  57.  58.  58  A.  59.  62.  96.  97. 
99.  102.  103.  177.  400.  401.  402. 
403. 

VIII,  S.  267  A. 
IX,  S.  83.    84. 

Szechenyi     Pascha,  Graf,  General, 
österr.-ung.     Offizier     in     türk. 
Diensten    (1896). 
XII,  S.  27.    30.     33.    34.    36. 
Szecsen  von  Temerin,  Graf,  Sekre- 
tär bei  der  österr.-ung.  Gesandt- 
schaft in   Bukarest   (1891),  Sek- 
tionschef    im     Ministerium     des 
Äußern    (1896). 
VII,  S.  44.    166. 
S  z  e  k  e  1  y  ,    ung.     Korrespondent    in 
Paris    (1893). 
VII,  S.  330.    330  A. 
Szilägyi,    Desider,    ung.    Justizmi- 
nister 1889/94. 
VII,  S.  7. 
Szögyenyi-Marich,  Erster  Sek- 
tionschef   im     österr.-ung.     Mi 


44« 


691 


nisterium    des    Äußern    1883/92, 
Botschafter  in   Berlin   1892/1914. 
VII,  S.  333. 
IX,  S.  10.    134.    138.    139.    141.    142. 

143.    144.    147.    151.    179.    405. 
X,  S.  33.  63.  117.  151.  152.  153.  154. 
155.    173.    176.    177.    180.    195  A. 
203.  201.  206.  259. 

XI,  S.  57  A.  59.  60.  104.  129.  136. 
137.  143.  282.  302.  303.  305. 
306. 

XII,  S.  4.   5.   6.   7.   47  A.   49.   50.   78. 

80.   172.  259.  260.   269.  276.  279. 

280.    291.    298.    300.    303.    322. 

327  A.  328.  328  A.  338.  339.  342. 

344.    346.    393.    393  A.    417.    461. 

462.  463.  464.  495.  496. 
Szoldrski,      Casimir     von,     Dom- 

pönitentiar  in  Posen  (1891). 
VII,  S.  383  A. 

T  a  h  s  i  n    Bey,    Sekretär   des    Sultans 

Abdul   Hamid   II.   (1898,   1899). 

XII,  S.  493.   581.   602.   606.   612.   618. 

618  A. 

Takea  Bey,  ägypt.  Journalist  (1895). 

VIII,  S.  232. 

Tatischtschew,  Graf,  russ.  Jour- 
nalist. 
IX,  S.  341. 
Tattenbach,   Graf   von,    Minister- 
resident (Gesandter  seit  1894)  in 
Tanger    1889/95,    Gesandter    in 
Lissabon    1897/1908. 
VIII,  S.  293.    294.    294  A.    299.    322  A. 

324.   337.   339  A. 
T  a  v  e  r  n  a  ,      Conte,      ital.      Senator 
(1891). 
VII,  S.  105. 
T  e  c  k  ,    s.    Mary. 

T  e  r  r  a  s  ,  Marius,  Maire  von  Aigues- 
Mortes    (1893). 
VII,  S.  127.  127  A.  128.  129.  130.  131. 
Terrel,     amerikan.     Gesandter     in 
Konstantinopel   1893/98. 
IX,  S.  225. 
T  e  s  t  a  ,    Dolmetscher    bei    der    Bot- 
schaft  in    Konstantinopel. 
IX,  S.  224. 
X,  S.  58.    67.    70. 
XI,  S.  340. 

XII,  S.  24.  28.  28  A.  29.  31.  42.  569. 
602. 

T  e  t  u  a  n  ,  O'Donell  Herzog  von,  span. 


Minister  des  Äußern  im  Kabinett 
Canovas  1890/92. 
VII,  S.  54. 

VIII,  S.  298.  298  A.  301.  304.  307.  308. 
309.    310.   311.   311  A.   312.   313. 
314. 
T  e  w  f  i  k  Pascha,  türk.  Botschafter  in 
Berlin     1886/95,     Minister     des 
Äußern  im  Kabinett  Rifaat  1895 
bis   1901. 
VIII,  S.  170.  171.  188. 
IX,  S.  198.    199. 
X,  S.  56.    69.    98  A.    108.    109.    116. 

133.   135.   190.   197. 
XI,  S.  138.   150.   151.   178.   179.   190. 

339.  340.  340  A. 
XII,  S.  38.  42.  106.  107.  134.  140. 
150.  157.  159.  165.  170.  431. 
432.  446.  485.  501.  508.  509. 
575  A.  598.  603.  604.  605.  606. 
607.   609.   616.   617.   619.    620. 

T  e  w  f  i  k   Pascha,   türk.  General,  Bot- 
schafter in  Berlin   1897/1908. 
XII,  S.  611.    612.    617.    618.    618  A. 
Theodorow,    bulg.    Justizminister 
1896/97,    Finanzminister    1897/99 
in   den    Kabinetten   Stoilow. 
XII,  S.  113.  515. 
T  h  i  e  I  a  u  ,  Florian  von,  Generalkon- 
sul in  Sofia  1879/81. 
XII,  S.  102. 
Thielen,   von,   preuß.   Minister  für 
öffentliche    Arbeiten    1891/1902. 
VII,  S.  448. 
T  h  i  e  1  m  a  n  n  ,    Freiherr   von,    preuß. 
Gesandter  in  Hamburg  1890/94. 
VII,  S.  447  A.    448.    450. 
T  h  ö  m  m  e  1 ,    Freiherr    von,    österr.- 
ung.  Gesandter  in  Belgrad  1889 
bis  1895. 
IX,  S.  78.  81.  82. 
T  h  ö  r  n  e  r ,   von. 

VII,  S.  393. 
Thornton,  Sir  Edward,  engl.  Bot- 
schafter  in   Konstantinopel   1884 
bis    1886. 
IX,  S.  201. 
T  h  o  w  e  j  n  i ,     Sultan     von     Sansibar 

1856/66. 
VIII,  S.  27  A. 

T  i  g  r  a  n  e     Pascha,     ägypt.     Minister 
des   Äußern   im    Kabinett  Nubar 
(1894). 
VIII,  S.  217.   218. 


692 


T  i  m  i  r  i  a  z  e  w  ,  russ.  Staatsrat  (1893, 
1896). 
VII,  S.  447  A. 
XI,  S.  373. 
T  i  r  a  r  d  ,    Pierre,   franz.    Ministerprä- 
sident 1889/90. 
VII,  S.  263  A.  264  A.  267  A. 
Tischendorf,  von,  Konsul  in  Je- 
rusalem   (1898). 
XII,  S.  589.   590.   608.   618. 
Tolstoi,    Graf,    russ.    Minister    des 
Innern  1882/89. 
IX,  S.  344. 
T  o  m  b  a  z  i  s  ,  griech.  Geschäftsträger 
in  Petersburg   (1897). 
XII,  S.  366. 
Tores,   Mohammed  ben  el  Arbi  el, 
marokkan.    Vertreter    der    Aus- 
wärtigen      Angelegenheiten      in 
Tanger   (1891,   1892,   1894). 
VIII,  S.  316.    317.    323.    331.    332. 
T  o  r  n  i  e  1 1  i  Brusati  di  Vergani,  Conte, 
ital.  Botschafter  in  London  1889 
bis  1895,  in  Paris  1895/1908. 
VII,  S.  67.    140.    140  A.    141.    141  A. 

146.  147. 
VIII,  S.  43.    45.    47.    49.    51.    53.    55. 
81.   83.    84.   85.   87.   96.   97.   98. 
99.    103.    103  A.    105.    106.    111. 
112.    125.    128.    128  A.    129.    130. 
132.  133.  134.  136.  137.  139.  150. 
151.  239.  244.  250.  257.  266.  284. 
287.    288.    295.    295  A.    296.    309. 
315.    316.    334.    343.    344.    345. 
347.    351.    359.    364.    372.    452. 
452  A. 
IX,  S.  182.    362. 
X,  S.  220.  220  A.  237. 
XI,  S.  76  A.     78  A.     160.     168.    219. 
219  A.     246.    288.     297  A.    381. 
XII,  S.  502. 
Toselli,    ital.    Major    (1895). 

XI,  S.  213.  213  A. 
Trikupis,    Charilaos,    griech.    Mi- 
nisterpräsident  1886/90,    1892/95. 
IX,  S.  14.    17.   67.    154. 
T  r  o  m  b  i ,     conte     di,     ital.     Militär- 
attache in  Konstantinopel  (1896). 
XI,  S.  252. 
Tsai-Tien    Kwangssü,    Kaiser 
von  China   1889/1908. 
IX,  S.  253.    258.    286. 
Tscharykow,      von,      russ.     Bot- 
schaftsrat in  Berlin  (1895),  Ge- 
neralkonsul in  Sofia  1896/97. 


IX,  S.  259.    265.    269.    270.    283.    2S4. 
316.    317.    318.    318  A.    319.   320. 
321.   322.   323. 
XII,  S.  112.  135.  136.  137.  147.  552. 
Tschernajew,  russ.  General,  Ge- 
neralgouverneur   von    Taschkent 
1882/84. 
VII,  S.  380. 
Tschichatschew,   russ.  General. 
Generalstabschef    des    Militärbe- 
zirks  Odessa    (1896). 
XII,  S.  63.  64.  65. 
Tschichatschew,  Nikolaus,  russ. 
Admiral,     Marineminister     1890 
bis  1896. 
VII,  S.  218. 
XI,  S.  341.    342. 
XII,  S.  68. 
Tschirschky,   von,   Erster  Sekre- 
tär bei  der  Botschaft  in  Peters- 
burg   1894/1900. 
IX,  S.  258  A.  259  A.  264.  406  A.  407. 
XII,  S.  130  A.   380.   409.  530.   533. 
Türkei,   s.   Abdul   Asis,   Abdul  Ha- 
mid  II.,  Naime,   Reschad. 
Tunis,  s.  Ali,  Mohammed  et  Tajeb. 
Turkhan    Pascha,     türk.     Minister 
des    Äußern    im    Kabinett    Said 
1895. 
IX,  S.  233  A.    235. 
X,  S.  42.    44.    47.    50.    60.    61.    65. 
66.   67. 
XII,  S.  122. 
Tyrtow,    russ.    Vizeadmiral,    Abtei- 
lungschef im  Marineministerium, 
interimistischer    Leiter    des    Ma- 
rineministeriums    (1896,     1897). 
XII,  S.  68.  81. 

Uchtomsky,  Esper  Fürst,  russ. 
Journalist  und  Asienreisender, 
Begleiter  des  Thronfolgers  Ni- 
kolaus auf  der  Orientreise  1890 
bis   1891. 

VII,  S.  360. 

XII,  S.  95. 
U  r  u  s  s  o  w  ,    Fürst,    russ.   Botschafter 
in   Paris   1898/1903. 

XII,  S.  529. 

Vacarescu,  Helene,  Hofdame  der 
Königin  Elisabeth  von  Rumänien. 
VII,  S.  208. 

XI,  S.  10.    142.    152.    153.    195.    209. 
360. 


693 


Valfrey,    franz.    Journalist    (1898). 

XII,  S.  613. 
Valles,  ital.  General   (1896). 

XI,  S.  258.    259.    260. 
Vassos,    griech.    Oberst,    Flügelad- 
jutant    des     Königs    Georg    I. 
(1897). 
XII,  S.  324  A.  340.  387.  392.  401.  411. 
412.  415.  419.  420. 
Vauvineux,  Comte  de,  franz.  Bot- 
schaftsrat   in    Petersburg     1886 
bis   1900. 
VII,  S.  253  A. 
VIII,  S.  65.    66. 
XII,  S.  414. 
Velics    von    Läszlöfalva,    Se- 
kretär bei  der  österr.-ung.   Bot- 
schaft  in    Berlin    (1896,    1897). 
XII,  S.  181.    183.    192.    393  A. 
Vernesku,    rumän.    Finanzminister 
im  Kabinett  Florescu  1891. 
VII,  S.  153  A.    154.    156. 
Viktor  Emanuel,  Prinz  von  Nea- 
pel,  Sohn  des   Königs   Humbert 
von      Italien,     nachmal.      König 
Viktor   Emanuel    III. 
VII,  S.  19.  129.  129  A.  131.  132.  137. 
VIII,  S.  250. 

XI,  S.  257.  257  A.  259. 
Viktor   Emanuel   II.,    König   von 
Italien   1861/78. 
VII,  S.  337. 
Viktoria,    Deutsche    Kaiserin    und 
Königin  von  Preußen,  Gemahlin 
Kaiser    Friedrichs    III.,    Tochter 
der  Königin  Viktoria  von   Eng- 
land. 
VII,  S.  64  A.    196.    197.    206.    271  A. 
273  A.  274.  274  A.  275.  276.  277. 
278.    279.    279  A.    280.    281.    282. 
283.    284.    287.    288.    289.   289  A. 
293.  307.  334.  336  A. 
VIII,  S.  280  A. 

X,  S.  77.    77  A.    78.    109.    110.    111. 

112.  254. 
XI,  S.  385. 
XII,  S.  54  A. 
Viktoria,     Königin     von    Großbri- 
tannien und  Irland  1837/1901. 
VII,  25.   275.   280.   343. 
VIII,  S.  11.  25.  53.  68.  69.  69  A.  70  A. 
71.   107.   107  A.   112  A.   118.    125. 
458.  461. 
IX,  S.  101.    170.    184.    204.    223.    224. 
243. 


X,  S.  25.  26  A.  27.  93.  111.  117.  148. 

258. 
XI,  S.   10.   142.   152.   153.   195.   209. 

231.  360. 
XII,  S.  11  A.  54  A.  59.  412.  414.  491. 
Viktoria    Luise,    Prinzessin   von 
Preußen,    Tochter    Kaiser    Wil- 
helms   II. 
IX,  S.  368. 
Vilbert,   Dragoman   bei   der  franz. 
Botschaft       in       Konstantinopel 
(1895). 
X,  S.  51.  51  A.  52. 

V  i  1 1  a  i  n  ,    franz.    Journalist,    Korre- 

spondent des   „Temps"    (1894). 
VIII,  S.  427. 

V  i  1 1  a  u  m  e  ,  von,  preuß.  Generalma- 

jor,    Militärbevollmächtigter     in 
Petersburg    1887/93. 
VII,  S.  289  A. 
Vincent,   Sir   Edgar,   Generaldirek- 
tor   der    Banque    Ottomane    in 
Konstantinopel  (1890). 
VIII,  S.  149. 
XII,  S.  560. 
Visconti    Venosta,    ital.    Abge- 
ordneter,   Minister    des    Äußern 
im  Kabinett  Rudini  1896/98,  im 
Kabinett    Pelloux    1899/1900. 
VII,  S.  146. 
X,  S.  237. 

XI,  S.  257.  257  A.  258.  259.  260.  261. 
263.  285.  285  A.  286.  294.  295. 
296.  297.  298.  299.  300.  306. 
XII,  S.  212.  213.  215.  216.  219. 
220.  257  A.  263.  272.  300.  301. 
302.  335.  336.  336  A.  408.  480. 
480  A.    496.    497. 

V  i  v  i  a  n  ,   Lord,   engl.   Botschafter   in 

Rom    1892/93. 
VIII,  S.  81.  82.  91.  284. 

V  1  a  n  g  a  1  i ,  russ.  Botschafter  in  Rom 

1891/97. 
VII,  S.  169  A. 
X,  S.  220. 
XI,  S.  250. 
Voigts-Rhetz,   von,   Generalkon- 
sul in  Sofia  1892/98. 
XII,  S.  123  A.    124.    125. 
Vucowitsch,    s.    Wukowitsch. 
Vulkowitsch,  s.  Wulkowitsch. 

Waddington,  franz.   Minister  des 
Äußern     im     Kabinett     Dufaure 


694 


1877/79,    Botschafter   in   London 
1883 '93. 
VIII,  S.  27.    29.    33.    35.    37.    92.    160. 
184.  185.  187.  188.  192.  193.  194. 
195.  197.    204.  259.  262.  265. 
Waecker-Gotter,   Freiherr   von, 
Gesandter  in  Belgrad  1S92/1903. 
XII,  S.  138.    138  A.    147.    319  A.    548. 
549.  549  A.  550.  550  A. 
Waldersee,  Alfred  Graf  von,  Chef 
des  Generalstabes  1888/91. 
VII,  S.  16. 
W  a  1 1  a  c  e  ,    Sir    Donald    Mackenzie, 
politischer    Begleiter   des    Groß- 
fürst-Thronfolgers Nikolaus  auf 
der    Reise    durch    Indien    1890 
bis    1891,    Redakteur    der    „Ti- 
mes". 
VII,  S.  360. 
XII,  S.  400. 
Wangenheim,   Freiherr   von,   Ge- 
neralkonsul in  Sofia  1888/92. 
IX,  S.  39. 
Wannowsky,  russ.  General,  Kriegs- 
minister 1881/97. 
VII,  S.  195.   218.   376.   378.   379.   380. 
IX,  S.  343. 
XI,  S.  341. 
XII,  S.  68.    81.    249. 
Warschauer,    Berliner    Bankhaus. 

VII,  S.  229  A. 
Wedel,    Karl    Graf    von,    General, 
Militärattache  in  Wien   1877  bis 
1887,      Generaladjutant      Kaiser 
Wilhelms    II.    (1891). 
VII,  S.  296. 
Wedel,  Max  von,  Journalist  (1893). 

VII,  S.  330  A.   334.  334  A. 
Weill-Schott,    Bankier    in    Mai- 
land  (1895). 
VII,  S.  146. 
Weipert,  Dolmetscher  bei  der  Ge- 
sandtschaft    in     Tokio      (1895, 
1896). 
IX,  S.  275.  276.  328. 
W  e  k  e  r  1  e  ,     ung.     Ministerpräsident 
und  Finanzminister  1892/95. 
VII,  S.  415.  416. 
IX,  S.  108. 
Welsersheimb,      Rudolf       Graf, 
Erster    Sektionschef    im    österr.- 
ung.    Ministerium    des     Äußern 
1895/1900. 
X,  S.  144.  145. 


XI,  S.  115.     116.     116  A.    118.     119. 
120.   121.   122.   124. 

XII,  S.  290. 
Werder,   General   von,    Botschafter 
in    Petersburg   1892/95. 
VII,  S.  412.     412  A.    413.    414.    417. 
418  A.     420  A.      439  A.      440  A. 
447  A. 
IX,  S.  142.    242  A.    245  A.    257.    292. 
341  A.     342  A.      344.     345.    346. 
346  A.    351  A. 
Werner,  Anton  von,  Maler,  Direk- 
tor der  Berliner   Akademie   der 
bildenden  Künste  (1891). 
VII,  S.  279. 

W  e  r  t  h  e  r ,  Freiherr  von,  Botschafter 
in  Konstantinopel  1874/77. 

VII,  S.  323. 

Wesdehlen,  Ludwig  Graf  von,  Ge- 
sandter  in    Bukarest   1879/82. 

XII,  S.  103. 
Wesselitzky,    G.    von    (Pseudo- 
nym „Argus"),  russ.  Korrespon- 
dent der  „Nowoje  Wremja"   in 
London    (1894). 

IX,  S.  249. 
Westminster,  Hugh-Lupus  Gros- 
venor  Duke  of,  Lord  Lieutenant 
von  London   (1895). 

X,  S.  71.  81  A.  251. 
XI,  S.  8. 

White,  Sir  William,  engl,  außer- 
ordentl.  Gesandter  in  Konstanti- 
nopel 1885/86,  Botschafter  in 
Konstantinopel   1887/91. 

VIII,  S.  148.  154.  155.  156.  158.  161. 
162.  163.  170.  172.  173.  176.  177. 
178.   193  A.  274.  277.   280. 

IX,  S.  3.  7A.  8.  13.   15.   17.  42.  43. 

44.    46.    49.    53.    62.    66.    69.    70. 

71.    72.    73.    112.    116.    118.    121. 

189.   190.   192.   194. 
W  i  e  d  ,  s.  Elisabeth  von  Rumänien. 
W  i  1 1  i  s  c  h  ,        Bureauinspektor       im 

Chiffrierbureau  des  A.  A. 

XI,  S.  41. 

Wilhelm,  Kronprinz  des  Deutschen 
Reiches  und  von   Preußen,  älte- 
ster   Sohn    Kaiser   Wilhelms    IL 
IX,  S.  368. 
Wilhelm,   Prinz  von  Hohenzollern- 
Sigmaringen,    Sohn   des   Fürsten 
Leopold. 
X,  S.  251. 


695 


W  i  1  h  e  1  m  ,    Prinz    von    Preußen    (s. 

auch     Wilhelm    II.,     Deutscher 

Kaiser). 
VII,  S.  336  A. 
Wilhelm   I.,   Deutscher   Kaiser   und 

König  von   Preußen    1871/88. 

VII,  S.  16.  21.  29.  151  A.  270  A.  336. 
348.    424  A.    451. 

VIII,  S.  65  A. 
IX,  S.  198.   313.   352.  368. 
XII,  S.  558  A. 
Wilhelm  II.,  Deutscher  Kaiser  und 
König    von    Preußen    1888/1918. 
VII,  S.  3  A.     10.     10  A.     11.    14.     15. 
16.    17.    18.    19.    20.   21.    24.   29. 
30.   31.   38.   39.    40.   43.   44.   47. 
47  A.   49.  99.   104  A.   110  A.   111. 
112.  113.  114.  118.  122.  133.  158. 
161.  166.  182.  183.  203.  210.  212. 
217.   226  A.    227.    240.    243.    244. 
244  A.     250  A.     263.     264.     265. 

265  A.  266.  269  A.  270.  270  A. 
272.  272  A.  273.  277.  279.  285  A. 
292.  298  A.  299  A.  301.  304.  311. 
313.  315.  320.  321  A.  337.  338. 
341.342.  347  A.  348.  351.  351  A. 
352.  353.  353  A.  354.  355.  356. 
363.  366.  367.  371.  371  A.  372. 
373.  373  A.  381  A.  383.  402  A. 
407.  408.  409.  410.  411.  412  A. 
416.  417.  418.  420.  421.  421  A. 
422.  423.  423  A.  424.  424  A.  425. 
426.  427.  430.  437.  437  A.  438. 
439.  439  A.  440.  440  A.  447.  448. 
4-19.  451.  452.  453  A.  455. 

VIII,  S.  9.  18.  19.  20.  21.  23.  24.  59  A. 
62  A.  65.  65  A.  66.  67.  68.  69. 
71.  86  A.  87  A.  107.  107  A.  108. 
110.  111.  112A.  117.  119.  124. 
125.  135.  178.  189.  266.  377.  426. 
432.  442  A.  448.  448  A.  449.  452. 
455.   456.    458.   465.    474.    474  A. 

IX,  S.  12.  22.  22  A.  44.  46.  47.  63  A. 
65.  101.  124.  134.  142.  142  A. 
143.  147.  147  A.  151.  160.  163. 
164.  166.  166  A.  168.  171.  176. 
177.  178.  182.  183.  198.  204.  207. 
224.  229.  242.  245  A.  246.  247. 
247  A.     253.     255  A.     261.     265. 

266  A.  267.  267  A.  268.  276.  278. 
281.  289.  292.  304  A.  307.  308. 
308  A.  313.  315.  317.  318.  322. 
327.  328.  341  A.  342.  344.  346 A. 
348.  349.  351  A.  352.  358.  359. 
359  A.  361  A.  362  A.  363  A.  365  A. 


366  A.  367.  368.  369.  370.  371. 
372.  374.  378.  382.  385.  393. 
394.  395.  398.  399.  409.  410. 
411.  412.  421.  421  A.  423.  425. 
X,  S.  13  A.  20.  21.  22.  24.  25.  25A. 
26.  26  A.  27.  27  A.  29.  35  A. 
36.  48.  56.  64.  69.  76.  77  A.  79. 
80.  81.  83.  85  A.  99.  120  A.  123. 
141.    152.    156.    162  A.    166.    170. 

176.  177.  178.  179.  180.  184. 
193  A.  196.  202.  203.  204.  205. 
206.    223.   232.   235.    237.    239  A. 

242.  252.   255.  256. 

XI,  S.  3.  4.  9A.  10  A.  11  A.  12.  13. 
13  A.  16.  17.  19.  20  A.  27  A. 
32  A.  34.  36.  39.  39  A.  40.  42. 
42  A.  43.  43  A.  44.  54  A.  58. 
60.  69.  86.  92  A.  95  A.  96.  97  A. 
114.  115.  117.  118.  124.126.127. 
127  A.  129.  141.  151  A.  168  A. 

177.  177  A.  184.  185.  186.  190. 
191  A.  196.  218.  233.  235.  235  A. 
236.  237.  241.  241  A.  242.  242  A. 

243.  244.  246.  247.  247  A.  258. 
258  A.  259.  263.  263  A.  270  A. 
276.  280.  303.  304.  305.  306. 
307.  308.  310.  313.322.323.326. 
326  A.  328  A.  329  A.  338.  341. 
341  A.  347  A.  348  A.  349  A.  357  A. 
359  A.  362.  369  A.  373.  375. 
383.  385. 

XII,  S.  5.  6.  7.  19.  26.  54  A.  55.  56. 
58.  58  A.  62.  62  A.  72.  75.  75  A. 
77  A.  80.  102.  110  A.  112.  115. 
145.  146.  146  A.  147.  148.  149. 
184.  187.  192.  198.  200.  249. 
250.  251.  252.  253.  254.  259. 
278.  279.  280.  295.  295  A.  297. 
304.  310  A.  314.  317.  318.  319. 
320.  321.  327  A.  328.  328  A.  333. 
335.  337.  338.  339.  340.  341. 
342.  343.  344.  346.  356.  357. 
362.  368.  370.  375.  380.  381. 
392.  411.  412.  415.  419.  420. 
422.  423  A.  425.  427.  428.  429. 
435  A.  438.  447.  449.  450.  451. 
452.  454.  459.  460.  462.  463. 
464.  468.  475.  476.  477.  481. 
483.  491.  492.  492  A.  493.  494. 
495.  507.  508.  509.  509  A.  527. 
557.  557  A.  558.  558  A.  560.565. 
569.  572.  573.  574.  575.  575  A. 
576.  576  A.  577.  578.  579.  579  A. 
580.  583.  584.  585.  590.  591. 
592  A.  593.  605.  607.  608.  609. 


696 


612.  613.  616.  617.  618.  619  A. 
620.  621.  622.  622  A.  625.  626. 
627.    628.   629.   635.   636  A.    637. 

Wilhelm  III.,  König  der  Nieder- 
lande, Großherzog  von  Luxem- 
burg 1849/90. 

VIII,  S.  32. 

W  i  n  c  k  1  e  r ,  von,  Erster  Sekretär  bei 
der  Botschaft  in  Konstantinopel 
1888/92. 

VIII,  S.  147. 

Windischgraetz,  Fürst,  österr.- 
ung.    Ministerpräsident    1893/95. 

X,  S.  161  A. 

Wiß  mann,  Gouverneur  von  Deutsch- 
Ostafrika  (1895). 

XI,  S.  20  A. 

W  i  t  b  o  i ,      Hendrik,      Hottentotten- 
häuptling   (1893). 
VIII,  S.  397  A.    403.    409.    410.    411. 
Witte,  russ.  Finanzminister  1892  bis 
1903. 
VII,  S.  238  A.    444.   445.    445  A.    447. 

456.  456  A.  457. 
IX,  S.  304.   306.   312.   332.   345.    357. 
358.   369. 

XI,  S.  331.  342.  350.  351.  351  A.  353. 
364.  372.  373.  375.  376.  384. 

XII,  S.  68.  69.  81.  82.  83.  87.  249. 
294.  295. 

Witte,  Mathilde,  Gemahlin  des  russ. 
Finanzministers    Witte. 

VII,  S.  238. 

W  i  t  u  ,   s.  Fumo   Bakari. 
Wladimir    Alexandrowitsch,    Groß- 
fürst,  zweiter  Sohn  Kaiser  Ale- 
xanders II. 
VII,  S.  412.   412  A.   413. 
IX,  S.  338.  339.  342  A.  343.  352.  363. 

XII,  S.  220.    221. 
Wladimir,    Großfürstin,    s.    Maria 

Pawlowna. 
W  o  1  f  f ,  Sir  Henry  Drummond-,  engl. 
Gesandter  in  außerordentl.  Mis- 
sion in  Konstantinopel,  Oberbe- 
fehlshaber von  Ägypten  1885 
bis   1887. 

VIII,  S.  145.  146.  147.  154.  155.  158. 
161.  162.  163.  164.  167.  168. 
175.   181.   198.   200. 

IX,  S.  75  A. 
XI,  S.  144.   146. 
Wolkenstein     -     Trostburg, 
Graf  von,  österr.-ung.  Botschaf- 


ter   in    Petersburg    1882/94,    in 
Paris  1894/1903. 
VII,  S.  141.  141  A.  144.  145.  146.216. 

410.  411. 
IX,  S.  5.    84.    85.    95.    96.    97.    102. 
108.  110.  111. 

X,  S.  160.  160  A.  161.  162. 

XI,  S.  374.  380.  381. 

XII,  S.    127.    161.    172.    385.    386. 
Wolkonsky,    Peter    Fürst. 

VII,  S.  358. 
Wolkow,    Eugen,    russ.    Offizier. 

VII,  S.  359. 
Wolkow,     Peter,     russ.     Staatsrat, 
vorm.   Bürgermeister  von   Kron- 
stadt   (1891). 
VII,  S.  212. 
W  o  1  s  e  1  e  y  ,    Viscount,    engl.    Feld- 
marschall,   Generaladjutant    des 
Kriegsdepartements  1882/85, 

Oberfehlshaber    der    engl.    Ar- 
mee  1895/1900. 

XI,  S.  146.   146  A.   160. 

XII,  S.  86. 

Woods  Pascha,  General,  engl.  Offi- 
zier in  türk.  Diensten  (1896). 
XII,  S.  27.  30.  33.  34.  36. 
Woronzow,   Simon  Michailowitsch 
Fürst,  russ.  General. 
VII,  S.  376. 
Woronzow -Daschkow,  Ilarion, 
Graf,  russ.  Minister  des  Kaiser- 
lichen   Hauses    1881/97. 
VII,  S.  372.  376. 
XI,  S.  380. 
W  r  e  w  s  k  i ,    Alexander    Baron,    russ. 
Generalleutnant,    Generalgouver- 
neur von  Turkestan  (1892). 
VII,  S.  379. 
Wttewaall   van  Stoetwegen, 
niederl.  Gesandter  in  Petersburg 
1883/1900. 
VII,  S.  360. 
Wukowitsch,     montenegr.     Mini- 
ster des  Äußern  1890/1907. 
IX,  S.  15. 
Wulkowitsch,    bulg.   dipl.    Agent 
in  Konstantinopel  1887/92. 
IX,  S.  15.   17. 
Wyschnegradski,     Iwan,     russ. 
Finanzminister    1887/92. 
VII,  S.  238  A.  242.  298.  361.  382.389. 
390.    391.    392.    393.    395.    396. 
397.   398.   399.   400. 
York    von   Wartenburg,   Graf, 


697 


Major,    dem    Militärbevollmäch- 
tigten   in    Petersburg    attachiert 
(1891). 
VII,  S.  300. 

Z  a  g  o  r  s  k  i ,  österr.-ung.  Generalkon- 
sul in   Trapezunt   (1895). 
X,  S.  85. 
Z  a  i  m  i  s  ,     griech.     Ministerpräsident 
1897/99. 
XII,  S.    455.    456.    457.    494. 
Zakuski,    Graf,    österr.-ung.    Kom- 
missar   bei     der    ägypt.     Dette 
Publique   (1896). 
XI,  S.    173.    173  A.    174. 
Z  a  n  a  r  d  e  1 1  i ,     ital.     Abgeordneter, 
Justizminister   im    Kabinett   Cri- 
spi  1887/91. 
IX,  S.  106. 
XI,  S.  227. 
Z  a  n  k  o  w  ,  Dragan,  russophiler  bulg. 
Politiker,  Ministerpräsident  1883 
bis    1884. 
IX,  S.  22. 
XII,  S.  551. 


Z  a  p  p  a. 

XI,  S.  130  A. 
Zedlitz       und      T  r  ü  t  z  s  ch  1  e  r , 
Graf  von,  preuß.  Kultusminister 
1891/92. 
VII,  S.  383  A. 
Z  e  k  i    Bey,   Kammerherr  des  Sultans 
Abdul  Hamid  II.  (1895). 
X,  S.  58.   59. 
Zeki  Pascha,  türk.  Marschall  (1894). 

IX,  S.  202. 
Zia  Bey,  türk.  Geistlicher  (1895). 

X,  S.  60. 
Z  i  c  h  y  ,   Th.    Graf,   österr.-ung.    Bot- 
schaftsrat  in    Paris    (1895). 
VII,  S.  130. 
Z  u  b  i  r  ,   Emir    (Sultan)    von   Yola   in 

Kamerun    (1893). 
VIII,  S.  412.   413. 

Z  u  j  e  w  ,    von,    russ.   Oberst,    Militär- 
attache   in    Wien    (1891,    1892). 
VII,  S.  225.    226.    385. 
Z  u  r  1  i  n  d  e  n ,    franz.     Kriegsminister 
im    Kabinett    Ribot    1895. 
IX,  S.  413. 


698 


Berichtigungen  zu  Band  VII— XII 

Band  VII 

S.  145,  Anm.***  lies  „Caserio"  statt  „Cesario  Santo" 

S.  292,  Zeile  20  von  unten:  „Feron"  ist  offenbar  von  Graf  Münster  ver- 
schrieben für  „Ferron" 

S.  359,  Zeile  11  von  oben:  „Steinbock"  ist  von  Schweinitz  verschrieben 
für  „Stenbock" 

Band  VIII 

S.  15,  Zeile  14  von  unten  lies  „aufreizenden"  statt  „aufzreizenden" 
S.  62,  Anm.*,  Zeile  4  von  oben  lies  „Nr.  2111"  statt  „Nr.  2112" 
S.  189,  Anm.***  ist  zu  streichen;  statt  dessen  muß  es  heißen:  „Obei- 

zeremonienmeister  des  Sultans" 
S.  195,  Zeile  6  von  unten  lies  „Qladstone"  statt  „Gadstone" 
S.  214,  Zeile  17  von  unten  lies  „101"  statt  „110" 
S.  267,  Zeile  9  von  oben  lies  „Grunde"  statt  „Grrunde" 
S.  325,  Zeile  10  und  11  von  oben  verstellt 
S.  367,  Anm.*  lies  „Fußnote*"  statt  „Fußnote**" 
S.  379,  Zeile  2  von  oben  lies  „par"  statt  „pas" 

Band  IX 

S.    41,  Anm.**,  Zeile  1  lies  „19.  Mai"  statt  „29.  Mai" 
S.    88,  Anm.*,  Zeile  1  lies  „Kalkutta"  statt  „Bombay" 

Band   X 

S.  27,  Zeile  10  von  unten  lies  „j'en"  statt  „Jen" 

S.  28,  Anm.*  lies  „Kap.  LIV"  statt  „Kap.  LXIV" 

S.  83,  Zeile  6  von  unten  lies  „Konstantinopel"  statt  „Konstanitnopel" 

S.  94,  Anm.  *  lies  „Nr.  2438"  statt  „3438" 

S.  222,  Zeile  12  von  oben  lies  „Ferrero*"  statt  „Ferrero",  „Pansa**" 

statt  „Pansa*" 

S.  222,  Zeile  20  von  oben  lies  „Lanza"  statt  „Lanza  *" 

Band   XI 

S.  54,  Anm.**  lies  „2621,  S.  42,  Fußnote**"  statt  „2621,  Fußnote**" 

S.  71,  Anm.*  lies  „2758"  statt  „2578" 

S.  74,  Zeile  13  von  oben  lies  „ägyptische"  statt  „ägyptsiche" 

S.  97,  Anm.*  lies  „Fußnote f"  statt  „Fußnote*" 

S.  139,  Zeile  9  von  oben  lies  „Anschluß"  statt  „Anchluß" 

699 


S.  145,  Zeile  17  von  unten  fehlt  hinter  „Holstein"  das  Zeichen*;  Zeile  2 

von  unten  muß  es  heißen  „Wien**" 
S.  178,  Anm.  lies  „*"  statt  „f" 

S.  223,  Zeile  6  von  oben  lies  „23.  d.  Mts.  **"  statt  „23.  d.  Mts.  ***" 
S.  277,  Anm.*  lies  „Freiherr  von  Pasetti"  statt  „Freiherr  von  Brück" 
S.  285,  Zeile  2  von  unten  lies  „Bisogna"  statt  „Risogna" 
S.  314,  Anm.  ***  lies  „Nr.  2933"  statt  „Nr.  23" 
S.  325,  Zeile  8  von  unten  lies  „bewahrte"  statt  „bewahre" 
S.  349,  Anm.*  Zeile  7  von  oben  lies  „S.  71"  statt  „S.  31" 
S.  365,  Zeile  1  von  oben  lies  „monarchisches"  statt  „morarchisches" 
S.  369,  Zeile  3  von  oben  lies  „Zaren*"  statt  „Zaren" 
S.  378,  Zeile  21  von  oben  lies  „oppresseur"  statt  „opresseur" 

Band  XII 

S.  40,    Anm.  *    lies    „Nr.    2908,    S.    37,    Fußnote  *"    statt    „Nr.    2908, 

Fußnote*" 
S.  66,   Anm.*  lies   „Nr.    2662,   S.   97,   Fußnote***"   statt   „Nr.   2662, 

S.  98,  Fußnote" 
S.  114,  Zeile  5  von  oben  lies  „Rustschuk"  statt  „Rustschuck" 
S.  128,  Zeile  3  von  oben  lies  „gestern"  statt  „gerstern" 
S.  130,  Anm.**  lies  „Kap.  LXXII"  statt  „Kap.  LXX" 
S.  137,  Anm.***  lies  „Nr.  2852"  statt  „Nr.  2582" 
S.  242,  Anm.*  lies  „Fußnote**"  statt  „Fußnote***" 
S.  279,  Anm.*  lies  „Nr.  2881  und  2882"  statt  „Nr.  2181  und  2182" 
S.  537,  Zeile  3  von  oben  lies  „Iradee"  statt  „Idradee" 


700 


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