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Full text of "Grundiss der Naturgeschichte : Für Gymnasien und höhere Bürgerschulen"

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TH D. H. HILL LIBR,RY 


NOBTH CROLINA4 STATE COLLEGE 


STATE UNIVERSITY D.H. HILL LIBRARY 


159728 
| This book may be kept out TWO WEEKS 
ONLY, and is subject to a fine of FIVE 
CENTS a day thereafter. It is due on the 


day indicated below: 


50M-—-May-54—Form 3 


Grundriß 


der 


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Naturgeſchichte. 


ER 


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Für Gymnaſien und höhere Buͤrgerſchulen 
} | entworfen 


von 


Dr. Herm. Burmeiſter, 


Lehrer der Naturgeſchichte am Köllniſchen Real-Gymnaſtum und 
Privatdozenten an der Univerfität zu Berlin. 


5172 


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Aus der Vorrede zur zweiten Auflage. 


Den ſchnellen Abſatz der erſten Auflage meines 
Grundriſſes (ſie erſchien im Oktober 1855) habe ich 
fuͤr einen guͤltigen Beweis ſeiner Brauchbarkeit, in 
der ihm einmal gegebenen Geſtalt, gehalten, und das 
her bei dieſer neuen Ausgabe nur das geaͤndert, was 
fehlerhaft war oder durch ſpaͤtere Entdeckungen ein 
veraͤndertes Anſehn erlitt. So duͤrften denn die 
wenngleich fuͤr den Umfang des Ganzen nur geringen 
Veränderungen doch weſentlich zu feiner Verbeſſerung 
beigetragen haben. — 

Schon in der Vorrede zur erſten Auflage deu⸗ 
tete ich die Kreiſe an, fuͤr welche dieſes Lehrbuch be— 


ſtimmt iſt, und wiederhole hier nur, daß Ober— 


159728 


10 Vorrede. >> | 
quarta und die beiden Coetus von Tertia, 
oder wenn, wie bei einigen Gymnaſien, auch Se⸗ 
kunda in zwei Coetus getheilt iſt, noch beſſer beide 
Tertia und Unter-Sekunda die Klaſſen find, 
in welche die Naturgeſchichte, der Auffaſſung des vor⸗ 
liegenden Lehrbuches nach, paſſend verwieſen werden 
muͤßte. Man wuͤrde bei ſolcher Anlage des Unter— 
richtes in der ER Klaffe am zweckmaͤßigſten mit 
der Zoologie beginnen, und in dem einen Halb— 
jahr die Ruͤckgratthiere, in dem anderen die uͤbrigen 
Gruppen durchnehmen. Darauf folgte in der naͤch— 
ſten Klaſſe die Botanik, auch jaͤhrig, im Winter 
die Terminologie oder der allgemeine Theil, im Som— 
mer der ſpezielle, verbunden mit Eon: Für 
die dritte Klaſſe bliebe dann die Mineralogie, wel— 
che ſich recht gut in einem halben Jahre vortragen 
laͤßt, wobei der Lehrer noch Zeit genug behaͤlt, die a 
Kryſtallographie etwas weitlaͤuftiger, als wie ſie 
hier gegeben wurde, durchzunehmen, etwa in dem 
Umfange, wie ich ſie in meinem Handbuch der i 
Naturgeſchichte (Berlin 1856. 8.) gegeben habe, 
worauf ich alle Diejenigen, welche ſich ausführlicher 


Vorrede. f V 


über nur angedeutete Gegenſtaͤnde unterrichten wollen, 
verweiſen moͤchte. Fuͤr das zweite Halbjahr in der 
dritten Klaſſe duͤrfte ein buͤndiger Kurſus der Geo⸗ 
logie, welchen ſich freilich der Lehrer nach den vor⸗ 
handenen Huͤlfsmitteln, unter denen ſich de la Beche 
Geognoſie, überfegt von H. v. Dechen (Berlin 
1852. 8.) als das brauchbarſte auszeichnet, ſelbſt 


N entwerfen muͤßte, am geeignetften fein; doch koͤnnte 


er duch mit einem repetitoriſchen Vortrage der früher 
durchgenommenen Disciplinen ausgefuͤllt werden; bes 
ſonders gehoͤrte hieher dann die Darſtellung des na— 
tuͤrlichen Syſtems der Pflanzen, fuͤr welche ebenfalls 
mein Handbuch der Naturgeſchichte als An⸗ 
leitung dienen könnte. Derſelbe Gang des Unterrich— 
tes leidet übrigens auch auf Buͤrgerſchulen ſeine An— 
wendung; auch fuͤr dieſe wuͤrde ich eine Reihenfolge 
der Disciplinen in der angegebenen Ordnung als die 
zweckmaͤßigſte vorſchlagen. Es hat auch hi der Dar: 
ſtellung des Gegenſtandes eine ſolche Stufenfolge des 
Unterrichtes mir vorgeſchwebt, woraus ſich denn auch 
eine mehr wiſſenſchaftliche Haltung für die allgemei: 


nen Theile der Botanik und Mineralogie ergeben 


> TREE | Se b 
mußte; letztere namentlich duͤrfte einem Schuͤler der 
unteren Klaſſen immer unverſtändlich bleiben. 

Da in der Naturgeſchichte alles auf Anschauung 
ankommt, ſo verſaͤume der Lehrer ja nicht, die be⸗ 
ruͤhrten Gegenſtaͤnde den Schoͤlern, ſo viel es ſich thun 
laͤßt, ſelbſt vorzulegen. Präparate werden wohl die 
wenigsten Schulen beſitzen; PEN reichen gute Abbil⸗ 
dungen hin, ja find in vielen Faͤllen, befonders bei 
niederen Thieren, vorzuziehen; da ſie ſchon die charak— 
teriſtiſchen Merkmahle ganz beſonders hervorheben. 
Leider fehlt es noch immer an einer zweckmaͤßigen 
Sammlung fuͤr den Bedarf eines Schuͤlers, daher ich 
ſchon in der Vorrede zur erſten Auflage einen zoolo⸗ 
giſchen Schulatlas ankuͤndigte. Derſelbe iſt, trotz 
mancher Hinderniſſe, ſo weit gediehen, daß das erſte 
Heft zu Oſtern erſcheinen kann, und ich hoffe, daß er 
ſich durch Brauchbarkeit und Wohlfeilheit, wie dieſer 
Grundriß, dem er ſich ganz anſchließt, empfehlen wird. 


Er iſt übrigens fo eingerichtet, daß er ſelbſt dem Stu- — 


direnden noch Mittel zur Aufklärung bietet, mithin, 
den Bedürfniffen eines Gymnaſialvortrages vollkommen 


entſpricht. Beim Studium der Botanik find Abbil: 


eee VII 
dungen weniger noͤthig. Leicht kann der Lehrer die 
eigenthümlichen Formen, welche in der Tale 
erklaͤrt werden, durch ſchnell an der Tafel entworfene 
umriſe erlaͤutern, und dieſe Art der Verdeutlichung 
hat noch den. Vortheil, daß der Schuͤler den Gegen⸗ 
ſtand gleichſam vor ſeinen Augen entſtehen ſieht. Ich 
habe dieſe Methode nicht bloß in der Botanik, ſon⸗ 
dern auch in der Zoologie, als hoͤchſt zweckmaͤßig er⸗ 
| kannt, auch darauf gehalten, daß die Schuͤler alle 
von mir vorgezeichneten Figuren ſogleich in einem be— 
ſondern Hefte copiren und waͤhrend der Repetition 
als Fingerzeige benutzen. Freilich gehoͤrt dazu eine 
ſichere Hand und treue Phantaſie; allein ohne Bf] 
kann ein Naturforſcher überhaupt nichts anfangen, 
und daher darf ich fie, als nothwendige Eigenſchaften 


iedes Naturhiſtorikers, wohl 0 den Lehrern der Phy⸗ 


ſio graphie . 


" Vorrede 
zur dritten Auflage. 


— — 


Ich habe mich bemuͤht, bei dieſer neuen Yuflage 
nur ſolche Verbeſſerungen anzubringen, welche dur 

den Fortſchritt der Wiſſenſchaft nothwendig wurden, | 
oder die mir, als eben nicht überflüffige Detailanga⸗ 0 | 
ben, beſonders fuͤr die genauere Unterſcheidung von 
Wichtigkeit ſchienen; alles Uebrige iſt geblieben. Der 
in der Vorrede zur zweiten Auflage air At⸗ 
las iſt inzwiſchen ſchon erſchienen, wenigſtens 3 m: 
deſſelben; er kann von der Verlagshandlung, fo wie 
auch durch alle übrigen Buchhandlungen Deutfi 
lands, bezogen werden. Seine een 577 ihn 
Allen am beſten empfehlen 


Berlin im Auguſt 1836. 


* 


Bur meiſter. 


hi Einleitung. 


6.1. Die Naturgeſchichte handelt von den Formen, 
dem Weſen und den Aehnlichkeiten der Naturkoͤrper, ſowohl 
dem aͤußeren als auch dem inneren Baue nach. Sie beſchreibt 
dieſelben und ſtellt ſie, ihrer Verwandtſchaft gemaͤß, in groͤßere 
und kleinere Gruppen (Klaſſen, Ordnungen, Familien, Gat⸗ 
tungen und Arten), zuſammen. 

$. 2. Die Naturkoͤrper zerfallen ihrer Geſtalt und in⸗ 
neren Einrichtung nach in zwei große Gruppen. 

Die einen beſtehen aͤußerlich wie innerlich aus verſchie⸗ 


denen Theilen, deren jeder eine gewiſſe ganz beſtimmte Ver⸗ 


richtung hat, vermittelſt welcher dieſe Naturkoͤrper ſich erhal— 
ten. Man nennt dieſe Theile ihre Werkzeuge oder O r— 
gane, und die Naturkoͤrper darnach organiſche. 

Die anderen beſtehen entweder gar nicht aus verſchiede— 
nen Theilen, oder aber wenn ſie aus verſchiedenen Beſtand— 
theilen beſtehen, ſo hat doch keiner derſelben eine Verrichtung 
zur Erhaltung des Ganzen; es fehlen ihnen alſo die Werk⸗ 
zeuge oder Organe, weshalb man fie anorganiſche Na- 
turkoͤrper genannt hat. Solcher Art ſind alle Mineralien, 
die Steine, Metalle u. dgl. m. 

§. 3. Die organiſchen Naturkoͤrper theilen ſich wieder 
in zwei große Gruppen, nehmlich: 

a) in ſolche, unter deren Werkzeugen ſich einige finden, 
welche den Naturkoͤrper ganz oder zum Theil in Bewegung 
ſetzen. Naturkoͤrper dieſer Art ſind die Thiere. 

Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 1 


Einleitung. 


do 


bh) in ſolche, denen die Werkzeuge zur Bewegung, mit— 
hin auch die Faͤhigkeit ſich bewegen zu koͤnnen, mangeln; dieſe 
nennt man Pflanzen. 

$. 4. Die Thiere und Pflanzen als organiſche Na⸗ 
turkörper nennt man auch ee und ſchreibt alſo bei- 
den Leben zu. 

i Was iſt aber das Leben? 

Das Leben iſt Thaͤtigkeit aus eigener Kraft, 
eine Thaͤtigkeit alſo, die keinen Grund von außen erhaͤlt, 
ſondern die ſich ſelbſt antreibt, die lediglich ihrer ſelbſt wegen 
thaͤtig iſt. i 

Es iſt allgemein bekannt, daß man auch fuͤr die verſchiedenen 
Veraͤnderungen der lebloſen Materie gewiſſe Kräfte als Urſachen be— 
trachtet, und daß wir die Kraͤfte, welche die Veraͤnderung oder die 
Thaͤtigkeit derſelben überhaupt veranlaßten, nachweiſen koͤnnen als 
ausgegangen von anderen Materien oder hervorgerufen durch deren 
Kräfte. Kein lebloſer Körper theilt ſich von ſelbſt, ſondern erſt in 
Folge einer von außen einwirkenden Kraft, kein lebloſer Körper be: 
wegt ſich wieder, wenn er in Ruhe verſetzt worden, aus eigenem 
Antriebe; keiner ruhet, fo lange er noch eine bewegende Kraft hat, 
wenn ihn nicht eine andere Kraft feſthaͤlt. — Aber die lebendi— 
gen Koͤrper thun dies alles aus freiem Antriebe; die Pflanze ſaugt 
Nahrung ein, eben ſo das Thier, ohne daß aͤußere Kraͤfte dazu auf— 
fordern; jene treibt Schößlinge, Zweige aus freiem Antriebe, dieſe 
bewegen ſich hin und her, ohne von fremden Kraͤften aus ihrer Ruhe 
geftört worden zu fein u. ſ. w. Dieſes freie Handeln alſo iſt der 
weſentliche Unterſchied der lebendigen und lebloſen Koͤrper. 

§. 5. Nach der angegebenen Verſchiedenheit der Natur: 
koͤrper zerfallen dieſelben in drei große Gruppen, die man Na⸗ 
turreiche nennt, und eben ſo theilt ſich die Naturgeſchichte 
in drei große Abtheilungen, welche ſind: | 
2) Die Naturgefchichte der Thiere, oder die Zoologie, 
welche vom Thierreich handelt. 

b) Die Naturgeſchichte der Pflanzen, oder die Bo— 


tanik. 
e) Die Naturgeſchichte der anorganiſchen, lebloſen Na— 


turförper, oder die Mine rnkagie | 


— 


Erſter Abſchnitt. Zoologie. 3 


| Erſter Abſchnitt. 
Jo ol o gie. 


g. 6. Thiere (animalia) find organifche Naturkoͤrper mit 
willfürlicher Bewegung. 

Unter einer willkuͤrlichen Bewegung verſtehen wir eine ſolche 
Bewegung, die von dem freien Entſchluß (Willen) des ſich bewegen: 
den Koͤrpers allein abhaͤngt, und keiner anderen Anregung von außen 
bedarf. Das Vermoͤgen, den Ort, wo ſich der Naturkoͤrper befindet, 
verlaſſen zu koͤnnen, in welchem man gewohnlich die willkuͤrliche Be⸗ 
wegung uͤberhaupt ausgedruͤckt glaubt, kommt nicht allen Thieren zu, 
es fehlt den feftgewachfenen Polypen, Muſcheln und manchen Paraſtten. 

F. 7. Die Thiere, als organiſche Naturkoͤrper, beſtehen 
aus mehreren Organen oder Werkzeugen, welche zuſammen 
ihren Leib bilden. 
§. 8. Der Leib des Thieres zerfaͤllt in drei große Ab— 
ſchnitte, nehmlich i in den Kopf (caput), den Rumpf (trun- 
cus) und die Glieder oder Gliedmaßen (artus). f 
$. 9. Der Kopf kommt nicht allen Thieren zu, na— 
mentlich fehlt er den Muſcheln, den Seeſternen, Me— 
duſen, Polypen und Infuſtonsthieren, die man des— 
halb auch kopfloſe Thiere (animalia acephala) nennen koͤnnte. 
$. 10. Der Rumpf iſt allen Thieren ohne Ausnahme 
eigen; einige haben nichts weiter als den Rumpf, dieſe nennt 
man wohl Bauchthiere (animalia gastrodea oder ga- 
strozoa), weil der Bauch den eee des Rumpfes 
ausmacht. f 

$. 11. Die Glieder fehlen ebenfalls vielen Thieren, 
nehmlich allen Bauchthieren, dann auch vielen Wuͤrmern, 
wie dem Spulwurm, Regenwurm u. a. m. 

$. 12. Jeder dieſer drei Abſchnitte des Dhierleibes ent: 
haͤlt gewiſſe Organe, welche nur an oder in ihm vorkommen. 


b. H. HILL LIBRARY! * 
North Carolina Siate College 


4 Erſter Abſchnitt. Zoologie. 


Zugleich enthaͤlt aber auch jeder Haupttheil des Leibes andere 
Organe, die ſich in allen dreien wiederfinden, dieſe ſind: h 
a) Die Nerven (neuri), weiße Faͤden, die ſich wie die. 


Zweige eines Baumes von einem Hauptſtamm aus verbrei⸗ 


ten und mit ihren aͤußerſten Enden zu allen anderen Orga⸗ 
nen ſich hinbegeben. Ihre Verrichtung iſt die Empfin: 
dung, welche daher auch überall möglich if. Sie ent— 
ſpringen endlich alle aus dem Gehirn (cerebrum), das 
im Kopf liegt, und als die Wurzel der Nerven angeſehen 
werden kann. i 

b) Die Gefäße (Vasa), Röhren, welche ſich grade wie 
die Nerven zweigfoͤrmig verbreiten und zu allen anderen Or⸗ 
ganen begeben. Ihre Verrichtung beſteht darin, den Nah— 
rungsſtoff des Koͤrpers, oder das Blut, aus dem Herzen in 
alle Organe zu fuͤhren, damit dieſe aus ihm ihre Nahrung 
ſchoͤpfen, und den uͤbrig gebliebenen Reſt wieder zum Herzen 
zuruͤckzuleiten. Die fortleitenden Gefaͤße heißen Arterien 
oder Pulsadern, die zuruͤckfuͤhrenden Venen oder Blutadernz 
erſtere verrathen ſich leicht durch ihre Bewegung oder Puls— 
ſchlag, daher ſie auch Schlagadern genannt werden. 

c) Die Muskeln (musculi), dicke, runde, oder flache, 
breite, geſtreifte Organe, die aus lauter feinen Faſern beſte— 
hen, welche alle parallel neben einander, oder auch wohl in 
mehreren ſich kreuzenden Schichten uͤber einander liegen. Ihre 
Verrichtung beſteht darin, die Organe, an welchen fie ſich ber 
finden, in Bewegung zu ſetzen, daher ſie als die eigentlichen 
Bewegungsorgane der Thiere zu betrachten ſind. et 

Zwiſchen den Muskeln liegt eine aus vielen Blaſen und 
Maſchen beſtehende Schicht, die man wegen ihrer Bildung 
Zellgewebe nennt, und in welcher ſich das Fett anſam— 
melt. Seine Verrichtung iſt die Muskeln, Gefaͤße und Ner⸗ 
ven einzuhuͤllen, damit ſie von außen geſchuͤtzt ſind. Beide, 
Muskeln und Zellgewebe mit dem Fett, bilden das Fleiſ ch 
der Thiere. \ 

d) Endlich bekleidet © Oberfläche aller Thiere die Haut 
(eutis), welche 8 eine ſchuͤtzende Hülle zu betrachten ft, un: 


Allgemeine Vorbemerkungen. 5 


ter der die Organe, wie unter einem enganſchließenden Schleier, 
verſteckt liegen. 

S. 13. Die Organe, welche ſich nur in den einzelnen 
Hauptabſchnitten des Leibes befinden, laſſen ſich am beſten 
nach dieſen Hauptabtheilungen betrachten. 

§. 14. Der Kopf enthält die Sinneswerkzeuge, 
oder diejenigen Organe, welche fuͤr die Wahrnehmung aͤußerer 
Eindruͤcke ganz beſtimmter Art berechnet find. Es giebt de- 

ren vier. 

a) Das Auge ( oculus), oder das Organ, vermittelſt wel- 
ches wir ſehen. Es liegt immer an der vorderen Seite des 
Kopfes, und iſt in den meiſten Faͤllen doppelt, ſehr ſelten ein⸗ 
fach, nicht ſelten mehrfach, haͤufig fehlt es ganz. b 

b) Das Ohr (auris), oder das Organ, vermittelſt wel- 
ches wir den Schall und die Toͤne, welche andere Koͤrper von 
ſich geben, wahrnehmen, liegt immer an der Seite des Kopfes, 
und iſt ſtets, wo es ſich auch finden mag, doppelt; ſehr vie⸗ 
len Thieren fehlt das Organ des Gehoͤrs vollkommen, andere 
hoͤren, obwohl das Ohr noch nicht mit Beſtimmtheit bei ihnen 
entdeckt worden. 

e) Die Naſe (masus) als Geruchsorgan nimmt die 
Eindruͤcke wahr, welche gewiſſe fluͤchtige oder verdampfende 
Materien erregen; ſie findet ſich immer am Vordertheile des 
Kopfes unter den Augen, und beſteht in der Regel aus eis. 
ner doppelten Hoͤhle, in welcher ſich eine zarte mit Nerven 
verſehene Haut verbreitet. Sehr vielen Thieren fehlt auch 
die Naſe ganz. 

d) Die Zunge (üngua) als Geſchmacksorgan findet ſich 
im Munde und beſteht aus einem fleiſchigen, auch wohl von 
Knochen unterſtuͤtzten Koͤrper, der von einer weichen mit Ner⸗ 
ven verſehenen Haut überzogen iſt. Das Thier erhaͤlt ver: 
mittelſt des Geſchmacks die Eindruͤcke, welche die aufloͤslichen 

Koͤrper auf die Nerven der Zunge machen, daher nicht alle 
Dinge ſchmeckbar ſind. Die Zunge iſt allgemeiner verbreitet 
als die Naſe, aber nicht bei allen Thieren, die eine Zunge 
haben, dient ſie zum Schmecken. 


6 Erſter Abschnitt. Zoologie. 


8. 15. Im Rumpfe finden ſich die Wisi und 
Fortpflanzungsorgane der Thiere. 
1. Die Ernaͤhrungsorgane haben den Zweck, die 
jenigen Stoffe, welche das Thier zu ſeiner Erhaltung bedarf, 
ihm zuzufuͤhren und zuzubereiten. Dieſen Zweck erreichen ſie 
durch Aufnahme von Nahrungsmitteln und Veraͤnde— 
rung derſelben in die ernaͤhrende Subſtanz oder das Blut. 
Aufgenommen werden die Nahrungsmittel durch den 
Mund (os), der allen Thieren eigen iſt, in den Magen 
(ventriculus), wofelbſt fie in einen Brei verwandelt: werden 
und nun in den Darm uͤbergehen. Aus dem Darm ſau— 
gen die Gefaͤße den Nahrungsſtoff auf, und fuͤhren ihn zum 
Herzen (cor), einem muskuloͤſen Sack, welcher durch Schei⸗ 
dewaͤnde in Kammern und Vorhoͤfe getheilt wird, die mit ein— 
ander in Verbindung ſtehen. Von hier aus kommt er in die 
Lunge (pulmo), damit er durch dieſe, vermittelſt der ein— 
geathmeten Luft, eine Veraͤnderung (Reinigung) erleide, die ihn. 
zur Ernährung der Organe geſchickt macht. Nun iſt der Nah: 
rungsſtoff wahres Blut (sanguis), das dann entweder zum 
Herzen zuruͤckkehrt und aus ihm in alle Theile des Körpers) 
vermittelſt der Arterien oder Pulsadern geleitet wird, oder 
ſogleich aus den Athmungsorgan in dieſe Gefaͤße uͤbergeht. 
Der Theil des Blutes, welchen die Organe übrig gelaſſen ha 
ben, kehrt mit dem neu aus dem Darm aufgeſogenen Saft. 
durch die Venen ins Herz zuruͤck. So laͤuft alſo das Blut 
auf einer Kreisbahn im Koͤrper umher, welche Bewegung 
deshalb Kreislauf genannt wird. — 
$. 16. Die Organe, welche wir ſo eben kennen em 
haben, liegen ſo im Rumpf, daß die Lunge den oberſten 
Theil deſſelben ausfuͤllt. Ihre Verrichtung heißt Athmung 
oder Reſpiration. Zwiſchen der Lunge, die aus 2 Haͤlften 
beſteht, liegt das Herz. Dieſer ganze Raum, welchen beide 
einnehmen, heißt Bruſtkaſten (thorax); bei den Saͤuge⸗ 
thieren iſt er durch ein Fell, das Zwerchfell, von dem uͤbri⸗ 
gen Theil des Rumpfes getrennt. Gleich unter dem Zwerch— 
fell liegt in der Mitte und links der Magen, rechts neben 


9 Vorbemerkungen. 7 


ihm die Leber (hepar), von welcher die Galle (ois) ab⸗ 
geſondert wird, eine gruͤnlichgelbe bittere Fluͤſſigkeit, die in den 
Darm fließt, und die Verarbeitung der Nahrungsmittel, welche 
wir Verdauung (digestio) nennen, mit bewirken hilft. Der 
ganze Raum unter dem Zwerchfell heißt Bauchhoͤhle (ab— 
domen oder venter), und enthaͤlt nur noch den Darm, der 
wieder aus dem Dünndarm (ilium) und Dickdarm (eo— 
lon) beſteht, welcher letztere ſich in den After muͤndet. Auch 
finden ſich in dieſer Höhle noch die Nieren (renes), zwei 
Körper, die gegen den Rüden zu liegen, und die unbrauchba⸗ 
ren Fluͤſſigkeiten aus dem Blute abſondern, damit dieſelben 

als Harn oder Urin wieder abfließen koͤnnen. — Ae. 


§. 17. II. Die Fortpflanzungsorgane find Kanaͤle 
oder Saͤcke, in welchen Fluͤſſigkeiten abgeſondert werden. Beim 
Weibchen bilden ſich in ihnen die Eier (ova), aus denen die 
jungen Thiere entſtehen. Bei den Fiſchen z. B. heißen dieſe 
Saͤcke des Weibchens Rogen, des Maͤnnchens Milch. Die 
allermeiſten Thiere entſtehen aus Eiern, welche die Weibchen 
legen; einige, wie die Saͤugethiere, gebaͤren lebendige Jungen, 
die von der Mutter ernährt, gefäugt, werden. — 

$. 18. Die Gliedmaßen, der dritte Haupttheil des 
Thierleibes, dienen den Thieren als Bewegungsorgane, daher 
ſie vorzugsweiſe aus Muskeln beſtehen; ihre Anzahl iſt im— 
mer eine grade, auch ſitzen fie ſtets einander gegenüber, ſym— 
metriſch an beiden Seiten des Leibes, und haben paarweis 
gleiche Geſtalt und Groͤße. Dienen ſie bloß zum Gehen oder 
Kriechen, ſo nennt man ſie Fuͤße (pedes); dienen ſie zugleich 
zum Ergreifen oder Feſthalten, ſo nennt man ſie gemeinig— 
lich Arme (brachia). Dienen fie bloß zum Ergreifen und 
Feſthalten der Nahrung, ſo heißen ſie Kiefer (mandibulae 
oder maxillae). Die Kiefer ſtehen in der Naͤhe des Mundes 
und meiſtens nur am Kopf. Faſt immer beſtehen die Glied— 
maßen aus hinter einander liegenden Gliedern, die ſich ein— 
zeln gegen einander bewegen koͤnnen. 


§. 19. Nach den Verſchiedenheiten, welche ſich i im gan⸗ 


8 | Erſter Abschnitt. Zoologie. 


zen thieriſchen Bau vorfinden, zerfällt das Thierreich i in 3 große 
Gruppen. Dieſe ſind: 

1. Die Bauchthiere, Gastrozoa. Ihr Leib iſt ein bloßer 
ſcheiben⸗ oder ſackfoͤrmiger Rumpf, der freilich haͤufig in mehrere 
Strahlen auslaͤuft, aber niemals mit wahren Gliedmaßen verſe⸗ 
hen iſt. Manche von ihnen haben einen Kopf, die meiſten nicht. 

2. Die Gliederthiere, Arthrozoa. Ihr Leib beſteht 
aus vielen, hinter einander liegenden, gleichen oder ungleichen 
Ringen. Die meiſten haben einen Kopf und wahre Glied⸗ 
maßen, anderen fehlen beide. 

3. Die Ruͤckgratthiere, Osteozoa. Sm Innern ih⸗ 
res Koͤrpers findet ſich ein Geruͤſt harter Koͤrper, die man 
Knochen nennt, und an welchem Geruͤſt oder Skelet alle 
uͤbrigen Theile befeſtigt ſind. Alle haben einen deutlichen Kopf, 
und die allermeiſten vier mehr oder weniger ausgebildete 
Gliedmaßen. 

Wir wollen mit der Betrachtung der letzteren Gruppe, 
weil ſie die bekannteſten und groͤßten Thiere enthaͤlt, den An⸗ 
fang machen. 


* 


Erſte Hauptgruppe. 
Ru ckgratthiere. 


§. 20. Die weſentlichſte Eigenſchaft dieſer erſten Gruppe { 
des Thierreiches iſt die Anweſenheit des Skelets im Innern 
der hierher gehörigen Thiere, daher wir mit der er 
deſſelben beginnen. 

Das Skelet beſteht aus Knochen, die in den Selen 
ken an einander ſtoßen, und durch Bänder an einander bes 
feftigt find. Jeder Knochen (os) iſt eigentlich ein zelliger 
Koͤrper, in deſſen Zellen ſich phosphorſaure Kalkerde abgeſetzt 
hat. Viele haben im Innern einen hohlen Raum, der mit 
einer fettigen Materie, dem Mark (medulla), angefüllt iſt. 

An den Enden, da wo die gegen einander beweglichen Kno— 


4 


Erſte Hauptgruppe. Nücgratthiere. 9 


chen ſich berühren, ſind dieſelben mit einer weichen, faſerigen, 
weißen Subſtanz überzogen, deren Oberfläche ſehr glatt iſt, 
und die den Namen Knorpel (cartilago) führt; manche Kno⸗ 
chen ſind auch durch ſolche Subſtanz feſt verbunden. 

9. 21. Das Skelet zerfällt, wie der ganze Leib, in drei 


Abſchnitte, nehmlich in den Kopf, den Rumpf und die 


Gliedmaßen. 

Der Kopf des Skelets iſt eine einzige große, von . 
chen umgebene Hoͤhle, Schaͤdelhoͤhle genannt, in welcher 
das Gehirn liegt, und an welcher die uͤbrigen Knochen befe— 
ſtigt ſind. Sie bilden andere Hoͤhlen, die ſich am vordern 
Theil des Schaͤdels befinden und die Sinnesorgane in ſich 
aufnehmen; es ſind: die Augenhoͤhlen, in welchen die 
Augen liegen, die Naſenhoͤhle und die Mundhöhle 
Dieſe letztere umgeben die Kiefer, zwei hufeiſenfoͤrmige Kno— 
chen, deren jeder aus 2 Haͤlften beſteht, die vorn an einander 
aßen und an dem einen Rande haͤufig mit Zaͤhnen beſetzt 
ſind. In der Regel kann nur der Unterkiefer ee wer⸗ 
den; oft aber auch beide. 

F. 22. Der Rumpf des Skelets beſteht aus vielen ein— 
zelnen Knochen, die ſich unter 3 Rubriken. bringen laſſen, 
nehmlich in Wirbel, Rippen und Becken. 

Die Wirbel (vertehrae) find kleine aus einem faft 
wuͤrfelfoͤrmigen Koͤrper und einem von dieſem ausgehenden 
Bogen beſtehende Knochen, die durch Knorpelſubſtanz ſo an 
einander haͤngen, daß ſie einen großen Stamm, die Wirbel— 
ſaͤule, oder das Ruͤckgrat, bilden. Die Bogen ſind dabei 
nach außen gegen den Ruͤcken zu gerichtet und bilden einen 
Kanal, in welchem ein dicker Nerve, der aus dem Gehirn kommt, 
und Ruͤckenmark genannt wird, hinablaͤuft. Seitlich ent— 
ſpringen von ihm andere Nerven, die zwiſchen den Bogen her- 
vorkommen, und am Rumpf, wie zu den Gliedmaßen ſich ver— 
breiten. Vom Bogen entſpringen noch ſpitze Knochenfortſaͤtze, 
einer grade nach außen und oben, der Dornfortſatz, zwei 
andere nach der Seite hin, einer an jeder Seite, die Quer⸗ 
fortſaͤtze. Nach ihrer Lage theilt man die Wirbel in fünf 


10 Erſter Abſchnitt. Zoologie. 


Gruppen. Halswirbel heißen die erſten gleich hinter dem 
Kopf, die keine Rippen tragen; nach ihnen folgen die mit 
Rippen verſehenen Bruſtwirbel, dann die ebenfalls rippen⸗ 
loſen, aber unter allen am ſtaͤrkſten gebauten Lenden wir⸗ 
bel, darauf die Beckenwirbel, an welchen das Becken ſitzt, 
und die meiſtens zu einem Knochen, dem Heiligenbein, 
verwachſen; endlich die Schwanz wirbel, die kleinſten von 
allen, welche den Schwanz der geſchwaͤnzten Thiere bilden. 

Die zweite Hauptform der Knochen des Rumpfes ſind 
die Rippen (costae), dünne, ſchmale, halbkreisfoͤrmige Kno— 
chen, welche mit dem einen Ende an je zwei Wirbel ſtoßen, 
und hier durch Baͤnder in einer Gelenkung befeſtigt ſind; das 
andere Ende ſetzt ſich vermittelſt eines runden Knorpelſtuͤcks 
an einen runden oder flachen, ſchmalen Knochen, der vorn 
auf der Bruſt liegt, und daher Bruſtbein (sternum) heißt. 
Dieſes mit den Rippen und Ruͤckenwirbeln bildet alſo den 
Bruſtkaſten, in welchem Lungen und Herz liegen. 

Das Becken (pelvis), der dritte Haupttheil der Rumpf— 
knochen „ bildet das untere Ende des Rumpfes, und beſteht 
aus mehreren flachen, eine geraͤumige, aber nur zum Theil 
geſchloſſene, Hoͤhle bildenden Knochen. Es haͤngt mit dem 
breiten Darmbein jederſeits am Heiligenbein, und dient 
den Knochen der Hintergliedmaßen zum Anſatzpunkt. 

Es kommt nicht bei allen Ruͤckgratthieren vor, namentlich fehlt 
es allen Fiſchen, den Schlangen, und iſt ſelbſt noch bei den Saͤuge⸗ 
thieren mitunter unvollkommen entwickelt. Alle dieſe Thiere haben 
dann auch gar keine oder unvollkommene Hintergliedmaßen. 


§. 23. Die Knochen der Gliedmaßen bilden mehrere, 
hinter einander liegende Reihen, und erſcheinen als ziemlich 
enge und feſte Röhren, die an beiden Enden keulenfoͤrmig ver: 
dickt und abgerundet ſind. Dieſe mit Knorpel uͤberzogenen 
Enden bilden die Gelenke und heißen deshalb Gelenkkoͤpfe. 
Die Ruͤckgratthiere haben nur vier Gliedmaßen, von welchen 
das erſte Paar am vorderen, das zweite in der Regel am hin- 
teren Ende des Rumpfes befeſtigt iſt. Das vordere Paar, 
beim Menſchen Arm genannt, haͤngt an einem flachen drei— 


Erfte Hauptgruppe. Ruͤckgratthiere. 11 


eckigen Knochen, dem Schulterblatt, welches auf dem 
Ruͤcken am Anfange des Bruſtkaſtens neben dem Ruͤckgrat 
liegt, und bei denjenigen Thieren, die ihre vordern Gliedma— 
ßen zu angreifenden Geſchaͤften, als Graben, Klettern, Fliegen, 
Schwimmen gebrauchen, durch einen duͤnnen 8-foͤrmig ge⸗ 
kruͤmmten Knochen, das Schluͤſſelbein (elavicula), mit 
dem Bruſtbein verbunden iſt, fonft aber nur durch Muskeln. 
mit dem Bruſtkaſten zuſammenhaͤngt. An dieſem Schulter— 
blatt haͤngt der große Oberarmknochen, und an dieſem 
zwei kleinere, duͤnnere, die Speiche und Elle, welche den 
Unterarm bilden. Wo Oberarm und Unterarm zuſammenſto⸗ 
ßen, befindet ſich die Gelenkung, welche man Ellenbogen, 
nennt. Auf die Knochen des Unterarms folgen mehrere (hoͤch— 
ſtens acht) kleinere Knochen, welche in 2 Reihen liegen, und 
das Handwurzelgelenk bilden, daher man fie Hand— 
wurzelknochen nennt. An dieſe ſtoßen ſo viele Knochen, 
als die Hand oder der Fuß Zehen hat, alſo 1, 2, 3, 4 oder 
5; alle hängen unter ſich durch Muskeln zuſammen, und bil— 
den die flache Hand oder den Plattfuß. Nun hat noch 
jede Zehe oder jeder Finger drei hinter einander liegende Kno— 
chen, mit Ausnahme der großen Zehe oder des Dau— 
mens, dem ein Glied weniger eigen iſt, als den uͤbrigen, 
ſo daß alſo, in der hoͤchſten Zahl, jede Gliedmaße aus acht 
hinter einander liegenden Knochenreihen zuſammengeſetzt iſt, 
mithin eigentlich 7 Gelenkungen haben muß. 

Bei den Hintergliedmaßen, gewoͤhnlich Beine oder Hin— 
terbeine genannt, haͤngt der Knochen der erſten Reihe, der 
Oberſchenkelknochen, im Huͤftgelenk am Becken; auf 
ihn folgen die zwei Knochen der zweiten Reihe, das Schien— 
bein und das Pfeifenbein, welche im Kniegelenk an ihn 
graͤnzen. Auf dieſem Gelenk liegt noch ein runder Knochen, 
die Knieſcheibe. Fußwurzelknochen, welche die fol— 
genden Reihen bilden, und im Hackengelenk an das Schien— 
und Pfeifenbein ſtoßen, giebt es hoͤchſtens ſiebenz dann 
folgen ſo viele Knochen, als Zehen am Fuß befindlich 
ſind, welche den Plattfuß bilden und in einer Reihe 


12 Erſter Abſchnitt. Zoologie. | 


neben einander liegen; endlich die 3 Reihen der Zehen 


knochen. — 
Von der eben gegebenen Beſchreibung der Gliedmaßen weicht ihr 


Bau bei vielen Ruͤckgratthieren ſehr ab. Die Fiſche haben weder 


deutliche Gelenke, noch deutliche getrennte Knochen in den einzelnen 
Gelenken, ihre Zehen ſind gliederlos und durch Haut zur Floſſe ver— 
wachſen. Dies letztere gilt auch von den Wallfiſchen, denen die Hin: 
tergliedmaßen noch dazu beſtaͤndig fehlen. Die Schlangen haben gar 
keine Gliedmaßen, und manchen Eidechſen fehlen theils die vorderen, 
theils die hinteren. Bei den Voͤgeln bilden die vorderen die Fluͤgel, 
die hinteren die Beine. An dieſen finden ſich niemals Fußwurzelkno— 
chen, die Plattfußknochen ſind in einen, den Lauf (tarsus), ver⸗ 
wachſen, und dieſer ſitzt an dem Schienbein unmittelbar. 


§. 24. Naͤchſt dem Skelet iſt es beſonders die allgemeine 


Form, welche die Ruͤckgratthiere von den uͤbrigen unterſcheidet. 
Ihr Kopf iſt immer deutlich ſichtbar; an ihm nehmen wir in 
den allermeiſten Faͤllen die angegebenen 4 Sinnesorgane wahr. 
Blinde Ruͤckgratthiere finden ſich unter den Fiſchen (der 
Schleimaal, Myxine), den Amphibien (Caecilia; der Olm, 
Proteus), nicht unter den Voͤgeln, aber viele ſchwach ſehende 
unter den Saͤugethieren (der Maulwurf, Talpa; die Blind⸗ 
maus, Spalax u. a. m.). Das Ohr iſt noch ſehr verſteckt bei 
den Fiſchen; den Amphibien fehlt der Gehoͤrgang, daher das 
Trommelfell frei da liegt; den Voͤgeln fehlt die aͤußere Ohr: 
muſchel, die alſo nur bei den Saͤugethieren vorkommt. Die 


Naſe iſt bei den Fiſchen eine bloße Grube jederſeits am Ober 
kiefer, bei den übrigen eine in den Mund führende Hoͤhle. 


Auch die Zunge dient wohl nur bei den Saͤugethieren zum 
Schmecken, bei den andern mehr zum Verſchlucken. Die Kie⸗ 
fer haben bei Voͤgeln niemals Zaͤhne, haͤufig bei den Fiſchen 


(nicht bei den Karpfen) und Amphibien (nicht bei den Schild⸗ 


kroͤten), in der Regel bei den Saͤugethieren (nicht bei den Ach: 
ten Wallfiſchen und Ameiſenfreſſern). — 

Die Form des Rumpfes iſt ſehr verſchieden, bald flacher 
oder ſchmaͤler und hoͤher, wie bei den Fiſchen; bald laͤnglicher 
runder, wie bei den Amphibien; bald kleiner und kahnfoͤrmig, 
wie bei den Voͤgeln; endlich am groͤßten und ſtaͤrkſten, und 
nach allen Richtungen ziemlich gleichmaͤßig entwickelt, bei den 


Erſte Hauptgruppe. Nüdgratthiere. 7 13 


Saͤugethieren. Unter ſeinen inneren Organen ſind beſonders die 
zur Athmung dienenden am verſchiedenartigſten. Die Fiſche 
haben Kiemen, d. h. buͤſchel- oder kammfoͤrmige Fortſaͤtze, in 
welche die Blutgefaͤße dringen, und nun frei vom Waſſer um⸗ 
ſpuͤrt werden; ebenſo einige Amphibien (die jungen Froͤſche). Bei 
den uͤbrigen iſt das Athmungsorgan eine Lunge, d. h. ein haͤuti⸗ 
ger Sack, der inwendig mehrere in Verbindung ſtehende Zellen 
hat, an welchen ſich die Blutgefaͤße verbreiten. In dieſen Sack 


gelangt von außen durch die Luftroͤhre die Luft und umgiebt 


ſo die Gefaͤße. So iſt das Athmungsorgan bei den meiſten 

Amphibien, allen Voͤgeln und Saͤugethieren beſchaffen. Das 
Blut der Ruͤckgratthiere hat immer eine rothe Farbe; bei den 
Fiſchen und Amphibien iſt es kalt, bei den Voͤgeln und Saͤuge— 
thieren warm, und hat hier eine Hitze von 28 — 32. Der 
Darmkanal zeigt bei den verſchiedenen Ruͤckgratthieren be⸗ 
ſonders in der Laͤnge große Verſchiedenheit, den kuͤrzeſten ha— 
ben die Fiſche, einen laͤn deren die Amphibien, einen noch laͤnge⸗ 
ren die Voͤgel, den laͤngſten die Saͤugethiere. Auch nach der 
Art der Nahrungsmittel richtet ſich ſeine Beſchaffenheit. Enger, 
aber feſter, iſt er bei den Fleiſchfreſſern; laͤnger, weiter, aber 


duͤnner in ſeinen Haͤuten erſcheint er bei den Pflanzenfreſſern. 


Seine Länge iſt oft ſehr bedeutend, häufig das Dreifache der 
Körperlänge, beim Menſchen gewoͤhnlich 60 — 70 Fuß. 
Daß die Ruͤckgratthiere nur vier Gliedmaßen haben, 
wurde ſchon bemerkt; daß aber dieſelben haͤufig fehlen und 
guch in ihrer Geſtalt ſehr verſchieden ſind, iſt ebenfalls ge— 
ſagt worden. 

§. 25. Was die aͤußere Oberfläche des Körpers betrifft, 
ſo iſt dieſe ſelten ganz nackt, ſondern in der Regel mit haarigen 
oder knoͤchernen Gebilden bekleidet. Bei den Fiſchen und Am- 
phibien ſind es Schuppen oder Schilder, bei den Voͤgeln 
immer Federn, bei den Saͤugethieren meiſtens Haare, ſeltener 
Schuppen oder Schilder, aber nie Federn. 

$. 26. Man theilt die Ruͤckgratthiere in 4 Gruppen, wel- 
che Klaſſen genannt werden, ſie ſind allgemein bekannt und 
unterſcheiden ſich am leichteſten in folgenden Merkmahlen: 


14 Erſter Abſchnitt. | Zoologie. 


a) Saͤugethiere. Sie haben Zitzen, welche Wich 
abſondern zur Ernaͤhrung der Jungen. 

b) Voͤgel. Haben Federn und keine Zähne. 

e) Amphibien. Sind nackt oder haben Schuppen 
und Schilder, aber niemals Floſſen, ſondern entweder keine 
Gliedmaßen, oder wahre Fuͤße. 
| d) Fiſche. Haben Kiemen, Schuppen, Schilder oder 
keine Bedeckung, und Floſſen, d. h. von Knochenſtrahlen aus— 
geſpannte Hautlappen, als Gliedmaßen. 


Er ſte Klaſſe. 
Saͤugethiere, Mammalia. 


§. 27. Außer der bemerkten Eigenthuͤmlichkeit unter⸗ 
ſcheiden ſich die Saͤugethiere noch in anderen Eigenſchaften 
von den uͤbrigen Ordnungen. 

So hat ihr Kopf nur einen beweglichen Unterkiefer, der 
obere haͤngt feſt mit dem Schädel zuſammen. Die Zähne 
ſind in den Kiefer eingebohrt, eingekeilt wie man's nennt, 
d. h. ſie ſtecken mit kegelfoͤrmigen Wurzeln in darnach ge— 
formten Gruben. Auch unterſcheidet man nach der Form der. 
Zaͤhne 3 Arten: Schneidezaͤhne, welche vorn im Kiefer 
ſitzen, und eine breite, meißelfoͤrmige Geſtalt haben; Back— 
zaͤhne oder Mahlzaͤhne, die ganz hinten im Kiefer ſte— 
cken, mehr viereckig gebauet ſind, und oben eine breite oder 
in Zacken auslaufende Fläche darbieten; und Eck- oder A u 
genzaͤhne, auch Reißzaͤhne genannt, welche zwiſchen den 
Schneide- und Backzaͤhnen ſitzen, und durch ihre ſpitze, kegel— 
foͤrmige Geſtalt ſich auszeichnen. Jeder Zahn zeigt 2 Haupt 
theile, die Krone, welche aus dem Kiefer hervorragt und 
von dem weißen, emailartigen Schmelz bekleidet wird, und 
die Wurzel, welche in der Hoͤhle des Kiefers ſteckt und kei— 
nen Schmelz hat. Bei manchen Zaͤhnen dringt auch der 
Schmelz ins Innere des Zahnes ein und bildet hier Leiſten; 
ſolche Zaͤhne werden ſchmelzfaltige, die uͤbrigen mit Schmelz 


Erſte Klaſſe. Saͤugethiere. 15 


uͤberzogene Zaͤhne genannt. Viele Saͤugethiere mit uͤber⸗ 
zogenen Zaͤhnen wechſeln dieſelben (ſchichten) nach einiger 
Zeit; die mit ſchmelzfaltigen Zähnen gewöhnlich nur die vorde— 
ren. Der Hals der Saͤugethiere beſteht aus 7 Wirbeln, das 


Ai⸗Faulthier hat deren 9, einige Wallfiſche weniger. Die 


Anzahl der uͤbrigen Wirbel iſt ſehr verſchieden. Demnaͤchſt bieten 
beſonders die Zahl der Zehen und ihrer Knochen Verſchiedenhei⸗ 
ten dar; einzehig iſt das Pferd, zweizehig die Rinder, 
dreizehig das Nashorn, vierzehig das Schwein, fünf: 
zehig die meiſten, z. B. die Fledermaͤuſe, meiſten Affen und 
der Menſch, den wir, wegen der Uebereinſtimmung ſeines Lei— 
bes, auch mit zu den Saͤugethieren rechnen. Steht von den 
5 Zehen einer den übrigen fo gegenüber, daß ſich daraus eine 
Art Zange zum Ergreifen und Feſthalten bildet, fo nennt man 
dieſe Bildung Hand; wo nicht, ſchlechtweg Fuß. 

Die Haut der Saͤugethiere iſt ſelten nackt, wie bei den 
Wallfiſchen, meiſtens mit Haaren bedeckt, nicht ſelten aber 
auch mit Schildern, wie beim Armadill, oder Schuppen, wie 
beim Schuppenthier. Jedes Haar iſt ein horniger Faden, 
der mit einer weichen kolbigen Wurzel in der Haut ſteckt, 
und durch dieſe ſeine Nahrung einſaugt, ſo lange das Haar 
waͤchſt. Bei einigen Saͤugethieren wachſen die Haare beſtaͤn— 
dig, bei andern fallen ſie im Fruͤhjahr und Herbſt aus und N 
werden von neuen erſetzt; dies nennt man rauhen. Die 
Lippen, Naſe und Fußſohlen ſind haͤufig von dieſem Haar⸗ 
kleide frei. Die Augen haben zwei ſie bedeckende Hautfal⸗ 
ten, Augenlieder genannt, von welchen das obere das groͤ— 
ßere iſt. An den Lippen zeigt ſich meiſtens ein Bart ſtaͤrkerer 
Haare, Bartborſten oder Schnurrhaare genannt. Am 
Ohre iſt die Ohrmuſchel, welche jedoch den Wallfiſchen und 
einigen Seehunden fehlt. — 

Die Spitze der Zehen iſt bei allen Saͤugethieren mit einer 
hornigen Platte oder Haken bedeckt, welchen man Nagel 
(unguis) nennt. Liegt derſelbe flach auf der obern Seite der 
Zehe, ſo heißt er Plattnagel (lamna), biegt er ſich uͤber 
das Ende fort, ſo nennt man ihn Kralle (faleula), beklei⸗ 


—_ 
’ 


16 | Erſter Abſchnitt. Zoologie. 


det er das Ende wie ein Schuh, ſo heißt er Huf oder Klaue 
(ungula). ö 

Vom inneren Bau der Stuge muß als Eigenthuͤm⸗ 
lichkeit angefuͤhrt werden, daß nur bei ihnen Bruſt und Bauch⸗ 
hoͤhle durch einen flachen Muskel (das Zwerchfell) vollkom- 
men getrennt find, bei den übrigen Ruͤckgratthieren aber mehr 
oder weniger zuſammenhaͤngen. Am obern Ende der Luft: 
roͤhre findet ſich ein eigenes Organ, der Kehlkopf, das zur 
Hervorbringung der Stimme behuͤlflich iſt. Sonſt finden ſich 
wenige Eigenthuͤmlichkeiten. Daß die Saͤugethiere durch Lun— 
gen athmen, daß das rothe etwa 30° warme Blut aus der 
Lunge erſt wieder ins Herz, welches aus 2 Kammern und 2 
Vorhoͤfen beſteht, zuruͤckkehrt, ehe es in den Koͤrper ſich ver— 
breitet, und daß ſie lebendige Jungen gebaͤren, welche die 
Weibchen mit Milch ernaͤhren (ſaͤugen), muß noch bemerkt 
werden. Die Organe, welche dieſe Milch bereiten, und Zitzen 
oder Euter heißen, liegen bald mehr an der Bruſt (Affen), 
bald am untern Ende des Bauches (Rinder). 


Man kennt gegenwaͤrtig etwa 1000 verſchiedene Arten von 
Saͤugethieren, die wieder in mehrere Hauptgruppen ſich bringen 
laſſen, zunaͤchſt nach der Bildung der Zehen in 3, wie folgt: 

A. Nagelſaͤugethiere. Ihre Zehen. Erſte Ordnung. 
ſind mit Plattnaͤgeln oder Krallen be- Mammalia unguiculata. 


waffnet. | 
a. Mit allen drei Zahnarten. 5 | N 
Vorderglieder Haͤnde. l 1. Fam. Menſch. 
Vorder- und Hinterglieder Hände, „2 Ae, 
Vorderfuͤße und Zehen Bat eine Flug⸗ 
haut verbunden.. . 3. — Fledermaͤuſe. 
Vorder- und Hinter glieder Fuße. f 
Ohne einen Sack um die Zitzen. 4. — Raubthiere. 
Mit einem Sack um die Zitzen. 5. — Beutelthiere. 
b. Die Reiß- oder Augenzaͤhne fehlen. 6. — Nagethiere. 


c. Schneide- und Eckzaͤhne oder alle fehlen. 7. Zahnloſe S. 
B. Hufſaͤugethiere. Ihre Zehene Zweite Ordnung. 

ſpitzen ſind von Hufen bekleidet. ‚Mammalia ungulata. 
a. Eine Zehe an jedem Fuß. . 8. Fam. Pferde. 


Erſte Klaſſe. Saͤugethiere. Menſch. 17 
b. Zwei Zehen an jedem Fuß. 9. Fam. Wiederkaͤuer. 
c. Mehr Zehen an jedem Fuß.. 10. — Dickhaͤuter. 
C. Floſſenſaͤugethiere. Ihre Ze Dritte Ordnung. 
hen ſind durch eine Schwimmhaut Mammalia pinnata. 


verwachſen. 
a. Mit 4 floſſenfoͤrmigen Füßen. . 11. Fam. Seehunde. 


b. Mit 2 ſloſſenfoͤrmigen Füßen. . 12. — Wallfiſche. 


Erſte Familie. Zweihaͤnder, Bimana. 


S. 28. Alle Gliedmaßen mit 5 Zehen, die vorderen Hände, 
die hinteren ag ver. Zehen mit Diattnägeln. Schnz. 2. 


Ei; 11 Backz. 55 0 


Br die einzige nch des Menſchen (Homo), welche von 
Linne mit dem Zunamen des Weiſen (H. sapiens) ſehr charakteri— 
ſtiſch bezeichnet wurde, denn die Vernunft iſt es, welche den Men⸗ 
ſchen von allen Thieren vollftändig unterſcheidet, während fein Kör: 
m mit dem der Thiere vielfach uͤbereinſtimmt. — 

Der Menſch wird ſehr unbeholſen geboren, erhaͤlt am Ende 
des erſten Jahres die Zaͤhne, lernt um dieſe Zeit gehen, vertauſcht 
im achten Jahre feine Zähne mit neuen (ſchichtet) und erhält im 
achtzehnten bis zwanzigſten Jahre feine letzten 4 Backzaͤhne (Weis⸗ 
heitszaͤhne). Im 24ſten Jahre iſt er erwachſen und hat nun die 
Höhe von 5“ und 3— 7“; kleinere und größere Menſchen find un; 
gewöhnlich. Er geht allein von allen Thieren aufrecht, bedient ſich 
allein der Sprache und hat allein eine vernünftige Seele. Er ge: 
deiht in allen Zonen, und zerfällt nach feiner angebornen Berfcie: 
denheit in 5 Hauptſtaͤmme. 

1. Der Kaukaſiſche St. Farbe weiß, Wangen roͤther; 
Stirn hoch, ſanft gewoͤlbt; Naſe ziemlich ſenkrecht, maͤßig, ſpitzer; 
Kinn zuruͤckgezogen; Haare weich, gelockt; Bart ſtark. — Be: 
wohnt Süd: und Weſt-Aſien, Nord: Afrika, ganz Europa und 
alle von dort aus bevoͤlkerten Gegenden der Erde. 

2. Der Mongoliſche St. Farbe gelb; Augen ſchwarz— 
braun, klein, ſchief nach oben gezogen; Wangen hervorragend; 
Naſe klein, ſtumpf, breit; Haare ſchwarz, zottig; Bart e 


*) Durch dieſe Formel ga man im Kurzen die 30 der 
n jedes Kiefers; ſte lautet umſchrieben ſo: Schneide⸗ 
zähne vier in jedem Kiefer, Eckzaͤhne jederſeits einer in 
jedem Kiefer, Backzaͤhne jederſeits fünf in jedem Kiefer. 

Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. - 


* 


18 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


Kiefer zuruͤckgezogen; Kinn vorſtehend. — Bewohnt Mittels und 10 


Oſt⸗Aſien bis gegen Nord-Amerika hin. 

3. Der Amerikaniſche St. Farbe rothbraun; Geſichts⸗ 
zuͤge ſtark hervortretend; Stirn niedrig; Haar ſchwarz, ſtraff; Bart 
ſchwach. — Bewohnte früher ganz Amerika, jetzt nur noch die inne⸗ 
ren unkultivirten Gegenden. 

4. Der Malayiſche St. Farbe braun, bald heller, bald 
dunkler; Haar großlockig, ſchwarz; Naſe breit am Grunde; Stirn 
hervortretend; Lippen aufgeworfen. Bewohnt die Malayiſchen In: 
ſeln und Auſtralien. a 8 

5. Der Aethiopiſche St. Farbe ſchwarz; Haar ſchwarz, 
kraus, wollig; Stirn flach, geneigt; Naſe klein, ſtumpf; Lippen 
ſtark aufgeworfen; der Kopf nach dem Scheitel wie zuſammenge⸗ 
druckt; Kiefer hervorragend. — Vewohnt Mittel- und Suͤd-Af— 
rika, Neu Holland und Neu-Guinea. 

Man nimmt an, daß 1000 Millionen Menſchen auf der Er⸗ 
de wohnen, und daß alle 33 Jahre eine Generation ausſterbe, 
während etwa z mehr geboren werden. Dies giebt für jede Mi⸗ 
nute 63 Todesfälle und 720 Geburten. Die Nahrung des Mens 
ſchen iſt gemiſcht theils aus dem Pflanzen-, theils aus dem Thier⸗ 
reich. Kuͤſtenbewohner und Nordländer eſſen mehr Fleiſch; die Ber 
wohner der heißen Zone mehr Pflanzenſtoffe, beſonders Fruͤchte. — 


Zweite Familie. Vierhaͤnder, Ouadrumana. 


§. 29. Die Vorder⸗ und Hintergliedmaßen ſind Haͤnde, 
beide meiſtens fuͤnfzehig und mit Plattnaͤgeln, bei einigen mit 
Krallen; Zitzen an der Bruſt. Augen nach vorn gerichtet. 
Sie leben auf Baͤumen, und naͤhren ſich faſt alle von Fruͤchten. 

Die Affen, welche in dieſe Familie gehören, find in ih⸗ 
rem Koͤrperbau dem Menſchen am aͤhnlichſten; doch unterſchei⸗ 
den ſich die meiſten ſchon durch den langen Schwanz, und alle 
durch die Behaarung des Koͤrpers. Sie leben nur in der heis 
ßen Zone beider Welttheile und zeichnen ſich durch ihr kluges 
und liſtiges Betragen, ihr nachahmungsſuͤchtiges Naturell, 
aber auch durch ihre Tuͤcke und Hinterliſt aus. Die größe: 
ren Arten haben außerordentliche Staͤrke, und werden einzel⸗ 
nen Menſchen gefaͤhrlich; ſie vertheidigen ſich durch Werfen 
mit harten Fruͤchten, Schlagen mit Knitteln, und viele auch 
durch Beißen. Beſonders thun dies die durch ein großes 
Gebiß ausgezeichneten Paviane. Viele Affen der alten Welt 


- Erſte Klaſſe. Saͤugethiere. Affen. 19 


haben ein nacktes Gefäß und Taſchen an der innern Seite 
der Wangen (Backentaſchen), beides fi det ſich bei denen 
der neuen Welt nicht. 


’ a. Affen der alten Welt. Badzähne ka Naſenſcheidewand ſchmal. 


Der Drangutang (Simia satyrus) hat keinen Schwanz, Feis 
ne Backentaſchen und keine Geſaͤßſchwielen; fein Geſicht iſt nicht bee 
haart, und die Haare am Vorderarm ſtehen ruͤckwärts. Er lebt 
auf Borneo, wird bis 5° hoch und hat eine kaſtanienbraune Farbe; 
jung beſitzt er ein leichtes dem des Menſchen nicht unaͤhnliches Ges 


biß, das aber nach der Schichtung ſich bedeutend vergroͤßert und 


paviansartig wird. Der alte Affe heißt dann Pong o. — 
Der Gibbon (Hylobates lar) hat ebenfalls keinen Schwanz 
und keine Backentaſchen, aber kleine Geſäßſchwielen und ſehr lange 
Vordergliedmaßen. Er iſt ganz ſchwarz, mit weißem Bart rings 


um das Geſicht und findet ſich in 1 7 47 Wie der Vorige eine 


Seltenheit in Sammlungen. 

Der gemeine Pavian oder Mandeitt (Cynocephalus 
Maimon) hat einen nur ſehr kurzen Schwanz, große breite Geſaͤß⸗ 
ſchwielen, Backentaſchen, ein ſtark entwickeltes Gebiß mit großen 
Eckzaͤhnen. Seine Farbe iſt gruͤnbraun, mit weißlichem Kinnbart, 
ſeine Wangen ſind gefurcht und blau, ſeine Naſe roth. Er wird 
bis 31 Fuß hoch, lebt in Guinea und kommt in Sammlungen 
häufig vor; er iſt wild und unbaͤndig. 

Der tuͤrkiſche Affe (Inuus sylvanus). Ohne Schwanz, mit 
Backentaſchen, Geſaͤßſchwielen und vorſtehender Schnautze; Farbe 


gelbgrau, Bauch weißlich; Größe des Fuchſes. Stammt aus Nord: 


Afrika; wird gemeiniglich von ende gehalten und zu aller— 
lei Kunſtſtücken abgerichtet. 

Die gemeine Meerkatze oder der Mohrenaffe (Cer- 
copithecus fuliginosus) hat Backentaſchen, Geſaͤßſchwielen und ei: 
nen ziemlich langen Schwanz, ſo wie eine rußbraune Farbe, die 
um die Augen und am Bauch heller iſt. Er wird fo groß wie 
eine kleine Katze, lebt haufenweis in Afrika und kommt in den her⸗ 
umziehenden Menagerien am häufigiten vor. 

b. Zu den Affen der neuen Welt, denen alſo Backentaſchen und 
Geſaͤßſchwielen fehlen, wogegen fie immer geſchwaͤnzt find, und meiſtens 


50 Backzaͤhne, wie auch eine breite Naſenſcheidewand haben, gehören: 
Der Bruͤllaffe (Mycetes Beelzebul). Er ha t einen fehe 


breiten Unterkiefer, eine knoͤcherne Pauke am Zungenbein, und ei⸗ 


nen kurzbehaarten, am Ende unten nackten Schwanz (Greif: 
2 


20 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


ſchwanz). Seine Farbe iſt ſchwarz, Pfoten und Schwanzende 
rothbraun. Groͤße einer Katze. Braſilien. f 
Der Kapuzineraffe (Cebus capueinus). Mit langem, überall 
kurzbehaartem Schwanz, der ſich um Zweige wickelt, und an welchem 
ſich der Affe aufhaͤngt (Wickel ſchwanz), rundlichem Kopf und zu⸗ 
ruͤckgezogener Naſe. Guyana, häufig in herumziehenden Menagerien. 
Der Seidenaffe oder Jacchus (Hapale Jacchus), Hat eis 
nen Backzahn weniger als die übrigen Affen der neuen Welt, nehm: 
lich 5 an jeder Seite, und Krallen an allen Zehen, mit Ausnahme 
des Daumens. Seine Farbe iſt ſchwarzgrau, an jedem Ohre ein 
großer Haarbuͤſchel, ſein Schwanz weiß geringelt. So groß wie 
ein Eichkaͤtzchen. Sehr haͤufig in Braſilien. s 
c. Die Halbaffen oder Makis unterſcheiden ſich durch eine 
ſpitze hervorſtehende Schnautze, und durch den Krallnagel am Zeiger 
finger der Hinterhaͤnde, waͤhrend alle uͤbrigen Plattnaͤgel ſind, von 
den eigentlichen Affen. Alle leben in der alten Welt, z. B.: | 
Der Katzen maki (Lemur catta), fo groß iwie eine Katze, röthe 
lichgrau, mit weißem Bauch, und weiß und me. e rg 
Schwanz. Auf Madagaskar. 


Dritte Familie. Flatterer, Chiroptera. 


§. 30. Zwiſchen den Vorder» und Hintergliedmaßen iſt 
eine große Flughaut ausgeſpannt; Zitzen an der Bruſt; Ge 
biß dem der Raubthiere aͤhnlich. Es ſind Nachtthiere, die 
von Inſekten und kleineren Ruͤckgratthieren, auch Fruͤchten, 
ſich naͤhren. 

a. Der fliegende Maki (Galeopithecus rufus) hat Zehen 
von gewoͤhnlicher Länge, die 45 N in der Flughaut ſitzen, 


2 Schz., die untern gekerbt und 5 — > Backz. Er hat die Groͤße ei⸗ 


nes Kaninchens, eine rothbraune Farbe, und lebt auf den Molucken. 
b. Bei den aͤchten Flederm äufen find die Zehen der Vor— 
dergliedmaßen ſehr verlaͤngert, und ſtecken, mit Ausnahme des 
Daumens, mit in der Flughaut, die we ſpannen; Zehen der Hin: 
terglieder frei. Dahin: 
Der fliegende Hund oder Vampyr (Pteropus edulis), 
ohne Schwanz, mit einem Nagel am Zeigefinger der Borderglied: 


maßen, 4 Schz. und 60 8 885 ſtumpf⸗hoͤckrigen Backzaͤhnen. Er 


wird ſo groß wie ein kleiner REN hat eine braune. Farbe, 
und lebt auf den oſtindiſchen Inſeln. Daß er mean das 
Blut ausſauge, iſt eine Fabel, dies thut 


— 


nen hufeiſenfoͤrmigen Auffag auf der Naſe, Schndz. 2, ——. oder 5,5 


Erſte Klaſſe. Saͤugethiere. Raubthiere. 21 


Die Blattnaſe (Phyllostoma hastatum), mit einem kurzen 


Schwanz in der Flughaut, 2 oder 2 Schndz., , en 55 15 
ſpitzen Backzaͤhnen und einem blattartigen Aufſatz * der Naſe. 


So groß wie eine Ratte, braͤunlich; lebt in Braſilien. 
Die Hufeiſennaſe (Rhinolophus ferrum equinum) hat el: 


| „i 6,6 
Backz. und einen Schwanz in der Flughaut. So groß wie eine 


. Maus, grau. In Deutſchland. 


Die gemeinen Fledermaͤuſe (Vespertiliones) haben kei⸗ 


nen Aufſatz auf der Naſe, Schndz. F oder $, Backz. 52 5 555 15 
und einen ziemlich langen Schwanz in der Flughaut. Man kennt 
in Deutſchland gegen ein Dutzend Arten, unter welchen die lang⸗ 
ohrige Fl. (V. auritus), mit Ohren von doppelter Kopflänge, am 

merkwuͤrdigſten iſt. Die Fledermaͤuſe verfallen den Winter hin— 
durch in einen Schlaf (Lethargie), und verbergen ſich dann, wie 
auch am Tage, in akten Gebäuden, Mauerloͤchern, hohlen Bäumen ıc. 


— 


Vierte Familie. Raubthiere, Ferae. 


$. 31. Vorder⸗ und Hinterfüße gleichgebildet, mit glei⸗ 
chen, von Krallen bewehrten Zehen in verſchiedener Zahl. 


Augenzaͤhne groß, hakig; Backzaͤhne theils ſcharfkantig, mit 


Spitzen; theils breiter, mit ſtumpfen Hoͤckern. Zitzen unten 
am Bauch, frei. Freſſen nur thieriſche Nahrung, einige zu⸗ 
gleich auch Fruͤchte. 

A. Die Fleiſch freſſenden Raubthiere (Ferae 
carnivorae) haben ſtets £ Schneidezaͤhne, einen ſtarken Eck⸗ 
zahn, keine Schlüſſelbeine und einen großen Koͤrper. 

a. Die hundartigen Raubthiere (Canis) haben unbeweg⸗ 


6 
liche Krallen, =. ſpitzzackige Badzähne, eine 1 Zunge, und 


vorn 5, hinten 4 Zehen. 

Der Haushund (Canis familiaris). Mit gewoͤlbter Stirn, 
oft haͤngenden Ohren und aufwaͤrts gebogenem Schwanz. Ueber— 
all Begleiter des Menſchen in vielfachen Abarten. 

Der Wolf (C. lapus). Wie der Haushund mit runder Pu— 
pille und gradem, haͤngendem Schwanz; gelblich von Farbe mit 
ſchwarzem Anflug. In Polen, Rußland. 

Der Fuchs (C. vulpes), mit länglicher, aufrechter Pupille, Tan: 


22 Erſter Abschnitt. Zoologie, J. Ruͤckgratthiere. 


gem, haͤngendem Schwanz und ſpitzer Schnautze, Farbe gelbbraun. 
. 

b. Die Hyaͤnen (Hyaena) haben 4 Zehen an allen Fuͤßen, 
Br Backz., keine beweglichen Krallen, aber eine rauhe Zunge. 


Man kennt 2 Arten, die geſtreifte (H. striata) und die ge⸗ 
fleckte (H. erocuta); beide find graugelb mit dunklen Zeich nun⸗ 
gen und leben in Afrika. 

3,3 — 4,4 


e. Die Katzen (Felis) haben f Backz., vorn 5, hin⸗ 


ten 4 Zehen, meiſtens bewegliche Krallen, eine rauhe Zunge und 
eine längliche Pupille. N 

Die Hauskatze (F. eatus), noch wild auf dem Harz und Oden— 
wald, der Loͤwe (F. leo), Tiger (F. tigris), Jaguar (F. onca), der 
Cuguar (F. concolor) und viele andere ne hieher. 


d. Die Zibethkatze (Viverra Zibetha). Hat ae che 


eine große zweifaͤcherige Drüſentaſche unter dem After, 5 Zehen an 
allen Fuͤßen und eine rauhe Zunge. Farbe grau mit ſchwarzen 
Streifen. Wird über 3“ lang und lebt im ſuͤdlichen Aſten. Liefert 
den Zibeth. N 


Das Ichneumon (Herpestes Ichneumon). un Backz., Druͤ⸗ 


ſentaſche kleiner, uͤber dem After, 5 Zehen an allen Fuͤßen. Ein 
ſchlankes Thierchen von brauner Farbe, mit . Haarſpitzen. 
In Aegypten. 


N. f 
e. Das Stinkthier (Mephitis putorius). Hat + Backz., 


neben dem After 2 Druͤſen, aus welchen es eine ſehr ſtinkende 

Feuchtigkeit bei der Verfolgung ausſpritzt, 5 Zehen an allen Fuͤßen 

und inwendig mit einem Höcker verſehene Schneidezaͤhne. Farbe 

ſchwarzbraun mit weißen Laͤngsſtreifen. Suͤdamerika. 

. Die AR), (Mustela) haben einen ſehr langeſtreckten Körper, 
4 


85 oder T Backz., 5 Zehen an allen Fuͤßen, keine Druͤſentaſche | 


und keine Schwimmhaͤute. Der Baummarder (M. martes) 
iſt dunkelbraun mit gelber Kehle; der Steinmarter (M. foina) 
iſt hellbraun mit weißer Kehle; der Iltis (M. putorius) ganz 
ſchwarzbraun mit weißer Schnautze; das Frettchen (M. furo) 
hell okergelb; der Zobel (M. Zibellina) braun, Kopf und Gurgel 
weißlich. Alle ziemlich von gleicher Groͤße, faſt ſo lang wie die 
Katze, aber weit ſchlanker mit kuͤrzeren Beinen. Der Wieſel (M. 
vulgaris), drittel fo groß, hellbraun, Kehle weiß. Der Hermelin 
(M. erminea), eben ſo, Schwanzſpitze ſchwarz; doppelt ſo groß 
als der Wiefel; wird im Winter weiß. 


* 


Erſte Klaſſe. Saͤugethiere. Raubthiere. N 23 


1 S 
Die Fiſchottern (Lutra) haben 15 Backz., breite Schwimm⸗ 


0 50 
haͤute zwiſchen den Zehen, und noch kuͤrzere Beine; ſonſt wie Mar— 
der. Gemeine Fiſchotter (L. vulgaris), wie ein tuͤchtiger Ka⸗ 
ter, roͤthlichbraun. An Fiſchteichen. 

f. Die baͤrenartigen Raubthiere unterſcheiden ſich dadurch 
von den uͤbrigen, daß ſie mit der ganzen nackten Sohle auftreten 
(Plattfußgaͤnger, plantigrada, find), während bei den übrigen die 
Sohle behaart ift, und nur die Zehen den Boden berühren. Ihre. 
Backzaͤhne breiter, mit ſtumpfen Hoͤckern. Dahin: 

Der Dachs (Meles vulgaris) mit —— Badz. „kurzen 
Beinen, gedrungenem Körper, einer Druͤſentaſche über dem After, 
und ſpitzem Kopf. In Erdloͤchern, fällt in Winterſchlaf. 


4 oder 5, 
Der Vielfr aß (Gulo borealis) hat 1 Backz., hoͤ⸗ 


here Beine, zwei ſchmierloſe Hautfalten neben dem After, einen 
ſtumpfern Kopf und längern Schwanz. Etwas größer als der Dachs, 
ſchwarzbraun, mit hellerem Ruͤcken. Im Norden. 4 

Die Bären (Ursus) haben 1 — = Backz., einen runden Kopf 
mit ſpitzer Schnautze, keine Oruͤſentaſche, einen ſehr kurzen Schwanz 
und höhere Beine. Der braune B. (U. arctos) ſchwarzbraun; 
im Norden der alten Welt; frißt Honig. Der weiße B. (U. 
marinus, Eisbär) ganz milchweiß mit ſchwarzer Naſe. Ebenda, 
aber nur an den Kuͤſten. 

B. Die Inſekten freſſenden Raubthiere (Ferae 
insectivorae) ſind klein, fein gebaut, mit ſpitzer, hervorragen⸗ 
der Schnautze, ſchwankender Zahl der Schneidezaͤhne und oft 
kleinen undeutlichen Eckzaͤhnen. Schlüffelbeine vorhanden. Le⸗ 
ben von Inſekten und Wuͤrmern, hoͤchſtens kleinen Maͤuſen. 

Der Igel (Erinaceus europaeus) hat $ Schnz., keine Eckz., 
— Backz, eine gekerbte Naſe und viele durch einander geſteckte 
Stacheln. Er kann ſich kugeln. 1“ lang; frißt Mäufe, 

DieSpigmäufe(Sorex)haben 2 Schnz, keine Eckz., = Backz., 
eine ruͤſſelfoͤrmig verlängerte Schnautze, und einen längeren leicht 
behaarten Schwanz. Die Waſſerſpitzmaus (S. fodiens) iſt 3“ 
lang, ſchwarz, unten weiß. An Ufern. Die Zwergſpitzmaus 


(S. pygmaeus) iſt 4“ lang, graubraun; das kleinſte Saͤugethier. 
Der Maulwurf (Talpa europaea) hat g Schu, J Eckz., 


24 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Nuͤckgratthiere. 


4 Backz, eine ſpitze, aber kuͤrzere Naſe, fehr kleine verſteckte Au: 


gen, und zum Graben taugliche Vorderfuͤße. 3 — 4“ lang, ſchwarz, 
wuͤhlt in der * Frißt wn A 


Fuͤnfte Familie Beutelt hi iere, Marsupialia. 


F. 32. ‚Vorder und Hintergliedmaßen nicht felten in 
Form und Zehenzahl verſchieden. Gebiß dem der Raubthiere 
aͤhnlich; mitunter jedoch fehlen die Eckzaͤhne. Die Zitzen am 
Bauch von einer Taſche oder Hautfalte umgeben, welche die 
ſaugenden Jungen umſchließt und ſchuͤtzt. Dahinn?n: 

Die Beutelratte, das Opoſſum (Didelphys n . 
groß wie eine Katze, gelblich weiß, mit * Schnz., Eckz., 


1 77 
Backz., ſpitzer Schnautze und faſt nacktem langem Sch e Hin⸗ 


terfüße handartig mit nagelloſem Daumen. Frißt Vögel und de 
ren Eier. Traͤgt die jungen im Beutel. Braſtlien. 
Das Aae ruh (Halmaturus giganteus) hat 2 4 Schnz., kei⸗ 


ne Eckzaͤhne, — 44 Badz., kleine 5zehige Vorderfuͤße und lange 4ze⸗ 


hige Hinterfuͤße. Schwanz lang, dick und behaart. Zitzen in einem 
großen Beutel. Wird 4 hoch, iſt aſchgrau, frißt nur Kraͤuter und 
lebt in Neuholland. 


Sechste Familie. Nagethiere, Gitte 


$. 32. Zwei, ſelten oben vier, Schz. in jedem Kiefer, 
keine Eckzaͤhne, aber 2 bis 6, gewöhnlich 4 ſchmelzfal⸗ 
tige Backzaͤhne. Gliedmaßen häufig mit verſchiedener Zehen⸗ 
zahl, die hinteren laͤnger, Zitzen am Bauch. Freſſen Pflan⸗ 
zen nahrung. 

Das Eichhoͤrnchen (Sciurus vulgaris). 5zehige Füße, Dau— 
men der vorderen mit Nagel; Schwanz langhaarig, Haare zwei— 
zeilig. Rothbraun, im Winter grau, mit Haarbüſcheln an den 
Ohren. | 

Der Siebenfhläfer (Myoxus glis). Wie Voriges, aber 
ohne Nagel am Daumen der Vorderfuͤße. Schwanz dicht behaart. 
Grau, mit braunem Augenkranz, Größe der Ratte. In Wäldern. 

Das Murmelthier (Arctomys marmotta), mit kurzen, ab: 
gerundeten Ohren, kurzem, behaartem Schwanz, und gelblichgrau— 
em, ſchwarzgemiſchtem Haarkleide. So groß wie eine Katze, lebt 


. 


Erſte Klaſſe. Nagethiere. 25 


in Erdloͤchern, klettert, und fallt in einen Winterſchlaf. Auf den 
Alpen, beſonders in Savoyen. 

Oer Hamſter (Gricetus vulgaris), mit kurzen, nackten Oh: 
ren, kurzem, leichtbehaartem Schwanz, 3 Backz. und Vackentaſchen. 
Groͤße der Ratte, gelbbraun, Kehle und Bruſt ſchwarz, gelb ein— 
gefaßt. Thüringen, in Erdloͤchern, fällt in Winterſchlaf. 

Die Mäufegattung (Mus) hat kurze, nackte Ohren, lange, 
leichtbehaarte, ſchuppige Schwaͤnze, 3 Backz., aber keine Backen— 
taſchen. Die Wanderratte (M. decumanus), gelbgrau, die 
größte, in Haͤuſern. Die Hausratte (NM. rattus), tief ſchwarz, 
Fuͤße fleifhfarben, nackt, kleiner; ebenda, aber von jener faſt ver: 
‚drängt. Die Haus maus (M. musculus), maͤuſegrau, kaum 2“ 
lang; gemein in Haͤuſern. Die Brandmaus (M. agrarius), 
gelblich, mit ſchwarzem Ruͤckenſtreif; Größe der vorigen; in Gaͤr⸗ 
ten. Die Waldmaus (M. sylvaticus); gelbgrau, ohne Ruͤcken⸗ 
ſtreif; in Waͤldern. Alle gemein. 

Die Wuͤhlmäuſe (Hypudaei) haben einen dickeren Kopf, 
ſehr kleine Ohren und einen kuͤrzeren Schwanz. Die Feldmaus 
(H. arvalis) iſt graugelblich und fo groß wie eine Maus; graͤbt 
Gänge und Loͤcher auf Feldern. Die Waſſerratte (H. amphi- 
bius), Größe und Farbe der Wanderratte; in Uferloͤchern. Der 
Lemming (H. lemmus) hat einen ſehr kurzen Schwanz, größere 

Lrallen; Farbe braun, gelb gefleckt; in Sibirien; macht ſchnur— 
grade Wanderungen. 

Der Biber (Castor fiber) hat Schwimmhäaute zwiſchen den 
Hinterzehen und einen breiten, mit Schuppen bedeckten Schwanz. 
Farbe gelbbraun, Länge über 2°. Am Ufer der Fluͤſſe, wo er 
Wohnungen baut, beſonders in Nord-Amerika. 

Das Stachelſchwein (Hystrix eristata) hat kurze Ohren, 
eine rauhe Zunge, viele lange drehrunde Stacheln und vierzehige 
Vorderfuͤße, am Hals eine Maͤhne. Farbe braun, Stacheln weiß 
geringelt. Sud: Europa, Nord : Afrika. 

Die Hafen (Lepores) haben allein von allen Nagethieren 4 
Schndz. im Oberkiefer, 2 größere vorn, 2 kleinere dahinter und 


15 Backz. Ohren Fang, kurz behaart, Hinterbeine verlängert: Der 


gemeine Haaſe (L. timidus), Ohren länger als der Kopf, Far: 
be gelblich-braun⸗grau, Schwanz obenauf ſchwarz. Das Kanin⸗ 
chen (L. cuniculus), hellgrau, Ohren kuͤrzer als der Kopf. In 
Erdloͤchern, hie und da nicht ſelten. 

Das Meerſchweinchen (Cavia cobaya) hat kurze nackte 
Ohren, kurzen Schwanz und kurze mit ſtumpfen Naͤgeln beſetzte 
Zehen. Farbe weiß, mit gelb und ſchwarzen Flecken. Aus Braſi⸗ 
lien, wo man's ſchon gezaͤhmt fand. ; 


26 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Rückgratthiere. 


Siebente Familie. Zahnlofe, Edentata. 
§. 34. Schneidezaͤhne fehlen, häufig auch die Eckzaͤhne, 
bisweilen ſelbſt die Backzaͤhne. Zaͤhne einfoͤrmig, hakig, bis⸗ 


weilen faſerig. Zehen verwachſen, ungleich; Krallen meiſtens 


ſehr groß. — Hierher: 
Das Faulthier (Bradypus), mit Edt. und 44 eylindri⸗ 


ſchen Backzaͤhnen, keinen Schneidezaͤhnen, 2 Zitzen an der Bruſt 


und langen ſtark zuſammengedruͤckten Krallen. 2 Arten ſind be— 
kannt: der Ai (B. tridaetylus) mit 3 Zehen an allen Fuͤßen, 9 
Halswirbeln und ohne Eckzaͤhne; und der Un au (B. didactylus), 
mit ſtarken Eckzaͤhnen und zweizehigen Vorderfuͤßen. Beide lang: 
ſame Thiere, die auf Bäumen leben. 

Das Guͤrtelth ier, Armadill (Dasypus), mit vielen 


8 — 25) eylindriſchen, oben zugeſchaͤrften Backzaͤhnen, aber ohne 


Ed: und Schneidezaͤhne. Leib von einem Hornpanzer bedeckt, hin— 
ten 5, vorn 4 — 5 gehen. Leben in Suͤd-Amerika und freſſen auch 
Inſekten. Z B. der Tat u (D. tricinctus), mit karem Schwanz, 
und wenigen breiten Guͤrteln. 

Das Schuppenthier, formofanifhes Teufelchen (Manis), 
hat keine Zähne, aber breite, den ganzen Leib bedeckende Schuppen, 
zwiſchen welchen, und am Bauch, ſparſame Haare. Man kennt 2 
Arten, eine (M. brachyura) mit kurzem Schwanz und 5 Zehen an 


allen Fuͤßen, die andere (M. macrura) mit langem Schwanz und 


vorn 4 Zehen. Beide in Oſtindien. 


Der Ameiſenfreſſer (Myrmecophaga) hat keine Zähne, 


ein kleines Maul, eine lange wurmfoͤrmige Zunge und lange Haare. 
Der Ameiſen baͤr (M. jubata) wird über 4“ lang, hat ein langes 
braunes, an den Seiten helleres Haar und wohnt in Suͤd-Amerika. 
Frißt nur Ameiſen. 


Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) hat 


bit; 2 
einen nackten, von fleiſchiger Haut bekleideten Entenſchnabel, 55 fa⸗ 


ſerige Backzaͤhne und Schwimmhaͤute zwiſchen den Zehen. Es wird 
1—14“ lang, iſt braun, und lebt in den Fluͤſſen und Seen Neu— 


hollands. Nach Einigen fol es Eier legen, doch fehlen ihm die 5 


Zitzen nicht. 
Achte Familie. Einhufer, Fee, 
9. 35. Im Kiefer alle Zahnarten, nehmlich 2 Schnz, 


6,6 
6,6 


ai Eckz. und 


5 


— 
— 


Backz., aber zwiſchen jeder eine weite | 


Erſte Klaſſe. Säugetiere. Einhufer. Zwelhufer. 27 


Luͤcke, Eckzaͤhne köln mitunter. Fuͤße einzehig, mit gro⸗ 
ßen Hufen. 


Hierher die einzige Gattung des pfe 0 es (Equus), wovon 
6 Arten bekannt ſind, nehmlich das gemeine Pferd (E. cabal- 
Ius), der Eſel (E. asinus), der Halbeſel oder Oſchiggetai (E. 
hemionius), das Zebra (E. Zebra), das Quagga (E. quagga) 
und der Onagga (E. Burchelii), alle leben urſprünglich | in der al⸗ 
ten Welt, die drei letzteren allein in Afrika, 


Neunte Familie. Zweihufer, Bisulca, oder 
Wiederkaͤuer, Ruminantia. 


§. 36. Keine Schneidezaͤhne im Oberkiefer, aber 6 
oder gewoͤhnlich 8 im Unterkiefer, allermeiſtens keine oder 
kleine Eckzaͤhne und = Badzähne, Zwei große von Hufen 
bekleidete Zehen und meiſtens 2 kleinere nicht auftretende da⸗ 
hinter (Afterklauen). Die hierher gehoͤrigen Thiere freſſen, 
wie die vorigen, nur Pflanzennahrung, die fie ungekauet ver- 
ſchlucken, daher dieſelbe aus dem Magen wieder heraufſteigt, 
"um zum zweiten Male gekauet zu werden. Deshalb beſteht 
ihr Magen aus vier getrennten Saͤcken, dem Wanſt oder 
Panſen (rumen), dem Netzmagen oder der Haube 
(reticulum), dem Pfalter oder Buch (om sum) und 
dem Labmagen (abomäsum). Hierher: 

Das Kameel (Camelus bactrianus). Mit Eckzähnen in beiden 
Kiefern, 5 Schndz. und — 6 Backz., kleinen Hufen und keinen Af: 
terklauen. Ruͤcken mit den Das Dromedar (C. dro- 
medarius) hat nur einen Hoͤcker. Beide nicht mehr wild, aber in 


Vorder⸗Aſien und Nord-Afrika das gebraͤuchlichſte Hausthier. 
* Lama (Auchenia Lama). Mit eben ſo vielen Zähnen, 


8 STR 7 > Backz. und deutlicher getrennten, groß hufigen Zehen. Keine 


Hoͤcker auf dem Rüden, So groß wie ein Hirſch, rothbraun, lang: 
haarig. Peru. 5 | | 

Die Giraffe (Camelopardalis giraffa). Ohne Eckzaͤhne und 
Afterklauen, aber mit kurzen von der Haut bekleideten Stirnhoͤr— 
nern; Hals lang, Vorderbeine länger und höher. Farbe gelblich, 
rothbraun gefleckt. Afrika. 

Die Hirſchgattung (Cervus) hat bisweilen Eckz. im 
Oberkiefer, und . fich durch das hohe, aͤſtige Geweih der 


28 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


Maͤnnchen, das alle Jahr erneuert wird, aus. Vor dem Auge eine 
laͤngliche Vertiefung (Thraͤnengrube). Der Edelhirſch (C. ela- 
phus), rothbraun, Maͤnnchen mit großem, vielzadigem Geweih. 
Das Reh (C. capreolus), graubraun, Maͤnnchen mit kleinerem, 
ſtark hoͤckerigem Geweih. Das Rennthier (C. tarandus), der 
Damm hirſch (C. dorcas) und das Elenthier (C. alces) ges 
hoͤren auch hierher. 

Die Antilopen (Antilope) haben meiſtens die ſchlanke Ge⸗ 
ſtalt der Hirſche, aber die von Horn uͤberzogenen, nicht aͤſtigen Ges 
weihe der Rinder, wiewohl ſie zarter und feiner find. In Europa 
nur eine Art, die Gemſe (A, rupicapra), ſchwarzbraun, mit wei: 
ßem Kopfſtrich und hakigen Hoͤrnern. Schweiz, Tyrol. 

Die Ziegen gattung (Capra) hat eine tiefgeſpaltene Ober⸗ 
lippe, kantige Hörner und einen Bart am Kinn; dahin: die gem. 
Ziege (C. hircus) mit kurzen, ſanftgebogenen Hoͤrnern; der 
Steinbock (C. rr mit großen, ſtarken, knotigen Hoͤrnern, 
u. v. a. 

Die Schaafgattung (Ovis) hat nach außen gerichtete, kno⸗ 
tige Hörner, aber keinen Bart. Das gem. Schaaf (O. aries) 
hat einen kurzen Schwanz und ein weiches, krauſes Wollhaar; es 
findet ſich nicht mehr wild. 

Die Rinder gattung (Bos), hat runde, meiſtens doppelt ge⸗ 
bogene Hoͤrner, eine breite nicht behaarte Schnautze, kurze Haare, 
aber einen Haarbuͤſchel am Schwanz. Dahin: der gemeine Ochs 
(B. taurus), mit flacher Stirn, großer Wamme und einer Leiſte zwi⸗ 
ſchen den Hoͤrnern; der Auerochs (B. Urus), mit einer wolligen 
Maͤhne am Halſe, und Bart am Kinn. Der Buͤffel (B. bubalus) 
mit kurzen ſteifen dünnen Haaren, etwas gewoͤlbter Stirn und Eur: 
zen dicken Hoͤrnern. Oſtindien; auch in Ungarn und Italien 905 
zaͤhmt. 


Zehnte Familie. Vielhufer, Multungula, oder 
Dickhaͤuter, Pachydermata. 


§. 37. Mehr als zwei auftretende Zehen mit kleineren 
Hufen an allen Fuͤßen, doch ſchwankt ihre Zahl zwiſchen 3 
und 5. Zaͤhne verſchieden, haͤufig alle drei Arten, aber durch 
Luͤcken getrennt; Einigen fehlen die Eckzaͤhne, ſelbſt die Schnei⸗ 
dezaͤhne im Unterkiefer, aber die des Oberkiefers dann ſehr 
groß. Dahin: | | 

Die Schweingattung (Sus). Vier Zehen an allen Fuͤßen, 
die aͤußeren kleiner, nach hinten gerichtet und erhaben. Alle Zahn: 


Erſte Klaſſe. Siugerhiere, Vielhufer. Fleffenfüpter. 20 


arten, Eckzaͤhne groß ie gebogen, Schndz. Ba Ez . 
Leib mit ſteifen Borſten bedeckt. Das gem. Schwein (8. en 
hat verhaͤltnißmaͤßig kleine Gczähne, kurze Fuͤße und ein dichtes 
Haarkleid; wild in unſeren Waldungen. Der Babiruſſa oder 
Hirſcheber (8. babirussa) hat ſehr große hakenfoͤrmige Eckzaͤhne, 
von welchen ſelbſt die des Oberkiefers aufrecht ſtehen. Sumatra 
und Java. 

Das Flußpferd (Hippopotamus amphibius) hat 4 gleiche 
Zehen an allen Fuͤßen, und alle Zahnarten. Haut nackt. Naͤchſt 
dem Elephanten das groͤßte Landthier. Aegypten und Afrika uͤber⸗ 
haupt, in Fluͤſſen. Frißt Pflanzenſtoffe. 

Die Nashorngattu ng (Ahinocerus) hat 3 Zehen an allen 
Fuͤßen, 8, 2 oder 2 Eckzähne, 77 Backz., eine dicke ſchwieliche 


nackte Haut und ein oder 2 gebogene Hörner auf der Naſe. Das 
afrikan. N. (Rh. afrieanus) hat keine Schneidezaͤhne und 2 Nas 
ſenhoͤrner, das von Sumatra (Rh. sumatrensis) ebenfalls, aber 
vier Schneidezaͤhne; die anderen beiden Mabie Arten haben nur 
ein Naſenhorn. 

Der Tapir (Tapirus PR hat vorn vier, hinten 


sk 
drei Zehen, alle Zahnarten, nehmlich § Schndz. 60 Backz., eine 


rüffelförmige Naſe, und eine duͤnnbehaarte Haut. So groß wie 
ein tuͤchtiges Schwein, braun. Das ‚größte amerikaniſche Thier 
dieſer Gruppe. 

Die Elephantengattung (Elephas) hat keine Eckzaͤhne, 
große Schneidezaͤhne im Oberkiefer (Stoßzaͤhne), und + bis 2 große 
Backzaͤhne jederfeits. Nafe in einen langen Rüffel verlängert, Haut 
der Alten nackt, 5 Zehen an allen Füßen. Der oſtindiſche E. 
(E. indicus) hat kleinere Ohren und Backzaͤhne mit parallelen 
Schmelzleiſten, der afrikaniſche (E. africanus) größere Ohren 
und Zaͤhne mit rautenfoͤrmigen Schmelzleiſten. — 


Elfte Familie. Floſſenfuͤßler, Pinnipeda. 


$. 38. Fünf Zehen an allen Fuͤßen, aber durch eine 
derbe Haut zur Floſſe verwachſen. Naͤgel W kral⸗ 
lenartig. Alle Zahnarten. Leib behaart. 


Die Seehunde (Phocae) haben ganz das Gebiß der Raub⸗ 
thiere, 2 1080 Schndz., ſtarke Eckzaͤhne, die aber wicht aus dem 


30 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. I. Rüdgratthiere. 


Munde hevorragen und = e hakige Backzaͤhne. — Der ge⸗ 
meine S. (Ph. vitulina) iſt gelbgrau, auf dem Ruͤcken bräunlich 
und hat keine Ohrmuſchel. Oſt- und Nordſee, frißt Fiſche. Der 
Seeloͤwe (Ph. jubata) hat eine lange Maͤhne um den Hals und 
kleine Ohrmuſcheln. Farbe gelbbraun. Suͤdſee. 

Das Wallroß (Trichecus rosmarus) hat 2 Schndz., große 
hervorragendeeckzaͤhne im Oberkiefer, keine imunterkiefer, und . 


4—5,5 
breite ſchmelzfaltige Backzähne. Es wird 18— 20“ lang, ift gelb: 


braun, lebt im Eismeer heerdenweis und frißt beſonders Wee 
waͤchſe. — e | 


Zwölfte Familie. Walfiſche, Cetacea. | 


$. 39. Körper fiſchfoͤrmig, mit floffenartigen Vorder⸗ 
gliedmaßen und gar keinen hinteren. Ohrmuſchel n Leib 
nackt, haarlos. Alle leben im Meere. 

A. Die einen, welche man Sirenen nennt, haben nach 
vorn gerichtete Naſenlöcher, Zitzen an der Bruſt, Zähne wie die 
Dickhaͤuter und Nägel an den Floſſen. Freſſen Kräuter, Dahin: 

Die Seejung fer (Halicore Dugong), mit 2 großen Schnei⸗ 
dezaͤhnen und flachem, halbmondfoͤrmigem Schwanz. 7—8“ lang. 
Suͤdſee. Dies Thier ſcheint zu der Fabel von den Seejungfern 
oder Sirenen Veranlaſſung gegeben zuͤ haben. 1 a 

B. Die anderen, oder Delphine, haben oben auf dem 
Kopf befindliche Naſenlöcher, Zitzen am Bauch, keine Nägel an den 
Floſſen, aber Zaͤhne im Kiefer. iz 

Der eigentliche Delphin (Delphinus delphis) hat viele 
kegelfoͤrmige Zähne in beiden Kiefern, iſt grau, mit weißem Bauch, 
wird B—10' lang und lebt an europaͤiſchen Kuͤſten. 

Der Pottfiſch (Physeter macrocephalus) hat nur im Unter⸗ 
kiefer Zähne, und Gruben im Oberkiefer, welche die Zähne aufneh⸗ 
men. Sein Kopf iſt groß, fein Leib 50° lang. Eismeer. 

Der Narwal oder Einhornfiſch (Monodon monocerus) hat 
nur zwei große grade gewundene Stoßzaͤhne im Oberkiefer, von 
welchen einer immer ausfällt. Leib gelblich, grau geſleckt. 18200 
lang. Nordmeer. 

C. Die dritten oder ächten Walfiſche haben die Kenn: 
zeichen der vorigen, aber keine Zähne, ſondern am Rande gefaſerte 
Hornplatten, welche am Boden des Mundes feſtſitzen (Barten, Fiſch— 
bein). Freſſen, wie die vorigen, thieriſche Nahrung. 

Der geönländifhe Walfiſch (Balaena mysticetus) hat 


Zweite Klaſſe. Vögel, 0 mah 31 


einen ſehr großen Kopf, einen glatten Leib und keine Rückenſtoſse. 
Gegen 50“ lang. 

Der Fin ufiſch (Balaenoptera boops) hat einen ſcmüchtigern, 
am Bauch gefurchten Leib, einen ſpitzen Kopf und eine dreieckige 
SET: Eben fo lang. Ebenda. 


.  Bweite Klaſſe. 
V oͤ 9 e , Aves 


8.40. Keine Zähne in den nackten, von Hornſubſtanz 
bekleideten Kiefern (Schnabel). Leib mit Federn dicht bedeckt, 
ebenſo die zu Fluͤgel umgeſtalteten Vordergliedmaßen. 

Anderweitige Eigenthuͤmlichkeiten der Voͤgel ſind: die 
Pneumatizitaͤt der Knochen, d. h. fie find hohl, leer, und ihre 
Hoͤhlungen ſtehen durch Kanaͤle in Verbindung; in dieſe 
dringt die Luft von der Lunge aus. Das Bruſtbein hat ei- 
nen Kamm, der nur dem Strauß und Kaſuar fehlt; das 
Becken iſt vorn offen, die Rippen haben einen Hakenfortſatz; 
die Flügel find dreizehig, die Füße 2— 4⸗zehig, jede Zehe 
des Fußes und der Daumen des Flügels mit einem Nagel. 

Die Federn ſind hornige Gewaͤchſe, welche ſo lange ſie 
wachſen, durch Blutgefaͤße ernaͤhrt werden. Jede beſteht aus 
dem Schaft und der an beiden Seiten deſſelben angefuͤgten 
Fahne, das untere hohle Ende des Schaftes heißt Spule, 
und die darin befindliche aus Zellen beſtehende faltige Haut 
nennt man Seele. In dieſer ſteigen die Blutgefaͤße hinauf. 
Jeder Vogel hat 2 Arten von Federn; Deckfedern, welche 
derber, feſter gebildet ſind und ſeine aͤußerſte Oberfläche bil⸗ 
den, und Flaumenfedern oder Daunen, zartere, weiche, 
wollige Federn, die den untern Raum zwiſchen den Deckfedern 
ausfuͤllen. Die großen Federn, welche an den Zehen der Vor— 
dergliedmaßen ſitzen, nennt man Schwungfedern (remi— 
ges), die daruͤber auf der Oberflaͤche des Fluͤgels befindlichen 
heißen ganz beſonders Deckfedern (tectrices), die großen 
Federn des Schwanzes nennt man Schwanz: oder Steuer: 
federn (rectrices). Die Federn find ſtets fettig und laſſen 


32 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


kein Waſſer durch. Das Fett wird von einer Druͤſe abge⸗ 
ſondert, die oben auf dem Schwanz liegt, und Buͤrzel⸗ 
drüfe heißt. Mit dieſem Fett ſchmieren die Voͤgel ihre Fe⸗ 
dern ein. — 

Der Schnabel und die Fuͤße ſind die einzigen nackten 
Theile des Vogels. Jenen bekleidet vorn eine hornige Scheide, 
hinten eine weiche Haut, Wachs haut (ceroma), in welcher 
die Nafenlöcher liegen. Die Fuͤße find von einer mit horni⸗ 
gen Schuppen bekleideten Haut überzogen, welche bei den 
Waſſervoͤgeln nicht bloß die Zehen, ſondern auch die Fußwur⸗ 
zel (tarsus) und einen Theil des Schienbeines umgiebt; bei 
den andern die Zehen und Fußwurzel allein. Jene Bildung 
der Füße bezeichnet man mit Wadbeinen (pedes vaden- 
tes), oder, wenn die Beine ſehr lang, mit Stel zenfuß 
(pes grallarius); fehlt ſolchen Füßen die Hinterzehe, fo pflegt 
man ſie Lauffuͤße (pedes cursorii) zu nennen. Sind alle 
Zehen mit Hautlappen verſehen, oder durch Haut verbunden, 
fo heißt der Fuß Schwimmfuß (pes natatorius); haben 
die Zehen ſtarke gebogene Krallen und ein gedrungenes An- 
ſehn, fo heißt er Raubfuß (p. raptorius); iſt der Fuß klei⸗ 
ner, zarter und die Krallen ſtumpf, ſo heißt er Gangfuß 
(pes ambulatorius); find bei dieſen Füßen die beiden aͤußer⸗ 
ſten Zehen verwachſen, fo nennt man fie Schreitfüße (pe- 
des gressorii); ſtehen 2 Zehen nach vorn, 2 nach hinten, ſo 
nennt man ihn Kletterfuß (pes scansorius); iſt die aus. 
ßerſte Zehe beweglich, ſo daß ſie bald nach vorn, bald nach 
hinten gerichtet werden kann, ſo heißt fie Wendezehe (di- 
gitus versatilis). 

Von den inneren Organen iſt nur hinſichtlich des Ma⸗ 
gens anzufuͤhren, daß er bei allen Koͤrner freſſenden Voͤgeln 
mit 2 dicken halbkugelfoͤrmigen Muskeln verſehen, bei den. 
uͤbrigen haͤutig iſt. Vor dem Magen findet ſich ein Kropf. 

Alle Voͤgel legen bekanntlich hartſchaalige Eier, welche 
vom Weibchen, oder auch Maͤnnchen und Weibchen abwech— 
ſelnd, bebruͤtet werden, bis die Jungen auskriechen. Das 
ausgebruͤtete Junge bleibt dann im Neſt, und wird von den Ael⸗ 


Zweite Klaſſe. Vögel. | 33 


tern ernährt, Neſthocker, oder es verläßt ſogleich nach der 
Geburt das Neft und fucht ſich ſelbſt ſeine Nahrung (Hühner). 
Die Voͤgel wechſeln, wie die Saͤugethiere, ihr Federkleid 

(mauſern), und zwar entweder einmal im Herbſt (Herbſt⸗ 

mauſer), oder zweimal, im Fruͤhjahr und Herbſt. In dieſem 

Fall iſt ihr Kleid haͤufig verſchieden gezeichnet, das zwiſchen 

Fruͤhjahr und Herbſt nennt man Sommer: oder Hoch— 

zeitsk leid, das zwiſchen Herbſt und Fruͤhjahr heißt Win⸗ 

terk leid. — 

Die meiſten Vögel unſerer Gegend find Zugvoͤgel, d. h. 

fie verwechſeln zu gewiſſen Jahreszeiten ihren Aufenthaltsort 

mit einem andern; dies geſchieht im Herbſt nach der Mauſer 

und im Fruͤhjahr vor der Mauſer. Nur diejenigen Voͤgel 

ſind einheimiſche, welche bei uns Neſter bauen und bruͤten. 
Man kennt gegen 5000 verſchiedene Voͤgelarten, welche in 

3 Ordnungen und acht Familien eingetheilt werden, wie folgt: 

A. Luftvoͤgel (Aves aereae). Mit kurzen wenigſtens 
bis zum Lauf befiederten Fuͤßen, die ſie im Fluge gegen 
die Bruſt ſchlagen. Jungen Neſthocker. 

Die Raubvoͤgel, die Singvoͤgel und die Spechte. 
B. Erdvoͤgel (Aves terrestres). Fuͤße gewoͤhnlich bis zum 

Lauf befiedert, aber derber und plumper gebauet, Nägel 

groß und breit. Jungen meiſtens keine Neſthocker. 
Tauben, Huͤhner, Strauße und Kaſuar. 

C. Waſſervoͤgel (Aves aquaticae). Füße bis halb aufs 
Schienbein befiedert, beim Fluge hinten ausgeſtreckt. Jun⸗ 
gen der Meiſten verlaſſen das Neſt ſogleich. 

a. Ohne Schwimmfuͤße. Sumpfvoͤgel. 
Kraniche, Reiher und Stoͤrche, Schnepfen, 
Waſſerhuͤhner. ö 

b. Mit Schwimmfuͤßen. Schwimm oͤgel. 
Moͤven, Enten, Gaͤnſe, Taucher, Pinguine. 


Erſte Familie. Raubvogel, Accipitrinae, 


$. 41. Schnabel dick und ſtark, aber kürzer als der 


Kopf, mit horniger, übergebogener, hakiger Spitze und brei⸗ 
Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 2 


34 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Rücgratthiere. 


ter Wachshaut. Fuͤße kurz, ſtark, mit großen, ſpitzen, u 
genen Krallen. Freſſen Fleiſch. 5 
Die Geier (Vultures) haben nackten Kopf und Hals, am 
Grunde ausgeſchweiften Schnabel und kurze, dicke Krallen. Der 
gemeine Geier (V. fulvus) iſt rothbraun mit weißlichem, von 
Daunen bedecktem Kopf und Hals. — Der Geierkoͤnig (Cathar- 
tes papa) hat durchgehende Naſenloͤcher, Hautlappen auf dem Schna— 
bel, iſt braun, mit weißem Kopf, und gelb und roth gefärbtem 
Schnabel. Suͤdamerika. Die Geier freſſen nur Aas. 

Die Falken (Falcones) haben befiederien Kopf und Hals, ſeit⸗ 
waͤrts ſtehende Augen, ſtarke Krallen und niemals befiederte Zehen. 
Sehr viele Arten ſind bekannt, z. B. der Koͤnigsadler (F. im- 
perialis), rothbraun mit hellerem Nacken und befiederten Läufen. 
Der Seeadler (F. albicilla), braun mit weißlichem Kopf und 
Schwanz, und unbefiederten Laͤufen. Der Habicht (F. palumba- 
rius), oben dunkelbraun, unten weiß, mit vielen feinen, ſchwarzen 
Querwellenlinien, 18’ hoch. — Der Sperber (F. nisus), ebenſo, 
aber nur 4“ hoch. Beide mit gelben Beinen und Wachs haut, 
aber blauem Schnabel. — Der Thurmfalk (F. tinnunculus), 
Schnabel mit einem Ausſchnitt hinter der Spitze, Farbe rothbraun 
mit ſchwarzen Querwellen, Schwanz mit ſchwarzer Binde von der 
Spitze. Groͤße des Sperbers. — Der Edelfalk (F. islandicus 
s. F. Gyrfalco), Schnabel des Vorigen, Zehen ſehr lang, Läufe 
kurz; Gefieder weißlich oder oben grau, mit vielen ſchwarzen Quer⸗ 
binden und Laͤngsflecken, die im Alter abnehmen. Norden Europas. 

Die Eulen (Striges) haben nach vorn gerichtete Augen, die 
von einem Federkranze (Schleier) umgeben ſind, Schnabel und 
Fuͤße kleiner, letztere bis auf die Zehen befiedert. Der Uhu (Strix 
bubo) hat Ohrbuͤſchel, iſt braun mit ſchwarzen Kreuzflecken und 
wird 2“ hoch. Die Schleier eule (St. flammea) hat einen ſehr 
großen Schleier, keine Ohrbuͤſchel; unten gelb, auf dem Rüden roth⸗ 
braun, mie „Helen Laͤngslinien abwechſelnd weißer und ſchwarzer 
Punkte, 14“ hoch. Gemein. — Die Eulen gehen nur bei Nacht 
auf den Raub aus und halten ſich am Tage verſteckt. 


| Zweite Familie. Singv ögel „Passerinae. 

8. 42. Schnabel allermeiſtens klein, ſtets kuͤrzer als der 
Kopf, grade, kegel⸗ oder pfriemenfoͤrmig; nur Gangfüße, nackte 
Buͤrzeldruͤſe und 12 Schwanzfedern. Alle haben eine laute 
Stimme, die durch einen eigenen Apparat am unteren Ende der 
Luftroͤhre (unterem Kehlkopf) verſtaͤrkt wird; viele ſingen melo⸗ 
diſch. Alle bauen kuͤnſtliche Neſter! und fuͤttern die zungen. Dahin: 2 


Zweite Klaſſe. Vögel. Singdögel. 23 


Die Wärgergattung (Lanius), mit kurzem, dickem, gebo: 
genem, mit einem Seitenzahn vor der Spitze verſehenem Schnabel. 
Die Arten freſſen junge Voͤgel. Der Neuntoͤdter (L. collurio) 
iſt oben zimmtbraun, unten und am Kopf grau. Spießt Kaͤfer an 
Dornen. 

Die Ra bengattung (Corvus), mit großem, ſtarkem, Eegels 
foͤrmigem, gradem Schnabel, deſſen Nafenlöcher mit ſteifen Bor— 
ſten beſetzt ſind. Der Rabe (C. corax), der größte, ganz ſchwarz. 
Die Kraͤhe (C. cornix), grau, mit ſchwarzem Kopf, Fluͤgeln und 
Schwanz. Die Dohle (C. monedula), ſchwarz, mit dickem, grau⸗ 
lichem Kopf. u. a. m 

Der Staar (Sturnus vulgaris), mit kleinerem; zarterem 
Schnabel, deſſen Mundwinkel ſehr ſtark nach unten gezogen iſt; 
Gefieder blauſchwarz, weiß geſprenkelt. Auf Viehweiden. 

Die Droſſeln (Turdus) haben einen kuͤrzeren, graden, et⸗ 
was ſtumpferen Schnabel, der ſeitlich etwas zuſammengedruͤckt iſt, 
und vor der Spitze einen ſanften Ausſchnitt hat. — Die Schwarz 
droſſel oder Amſel (T. Merula) iſt ganz ſchwarz mit gelbem 
Schnabel. Der Kramets vogel (T. pilaris), oben aſchgrau, Ruͤk— 
ken bräunlich, Kehle und Bruſt roſtgelb, ſchwarzbraun gefleckt. Die 
Singdroſſel (T. musicus), oben olivenfarben, unten gelblich 
mit dreieckigen dunkelbraunen Flecken. 

Die Saͤngergattung (Sylvia) hat ganz die Form und das 
Anſehn kleiner Droſſeln, ihr Schnabel iſt ſehr zart, die erſte Schwung: 
feder ſehr klein. Die Nachtigall (8. luseinia), rothbraun, am 
Bauch heller. Das Rothkehlchen (S. rubecula), oberhalb oliven⸗ 
farben, Kehle roſtroth; u. v. a. 

Die Bachſtelze (Motacilla) hat einen etwas längeren aber 
feineren, fpigeren Schnabel und einen viel längeren Schwanz. Die 
weiße B. (M. alba), oben grau, Stirn, Bauch und dle äußeren 
Schwanzfedern weiß. Die gelbe B. Gelbgaͤnschen (M. fla va), 
oben ſchmutzig grün „unten gelb, Kopf aſchgran. 

Der Zaunkönig (Troglodytes parvulus), hat den Schnabel 
der Vorigen, doch ift.er ſanft gebogen, und der Schwanz ſehr kurz. 
Gefieder braun, ſchwarz punktirt. 

Das Gol dhaͤhnchen (regulus eristatus) hat den kleinen, vorn 
zuſammengedruͤckten, aber graden Schnabel des Vorigen, und ein 
rundes von einer Feder bedecktes Naſenloch; Gefieder olivenfarben, 
Scheitel gelb, mit ſchwarzem enen Der kleinſte deutſche 
Vogel. 0 

Die Meiſen gattung (Parus) bat einen ſehr kleinen, kuͤrzeren, 
aber auch dickeren, mehr kegelfoͤrmigen Schnabel und eine mit meh⸗ 
reren Hornſpitzen verſehene Zunge; bekannt iſt: die Kohlmei i j e 

3 * 


36 Erſter Abſchnitt. Zoologie. 1. Rüͤckgratthiere. 


(P. major) oben ſchwarz, unten gelbgruͤn, Wangen weiß; und die 
Beutelmeiſe (P. pendulinus), roſtroth, Bauch gelblich, Stirn 
und Schlaͤfen ſchwarz; baut ein W an Berge hans 
gendes Neſt. — 

Die Lerchen (Alaudae) haben einen etwas 120% ſtaͤrkeren, 
kegelfoͤrmigen Schnabel und einen ſehr langen Sporn an der Hin⸗ 
terzehe; Farbe gelbgrau, mit braunen Flecken. Die Haubenlerche 
(A, cristata) hat auf dem Kopf einen langen, ſpitzen Federbuſch. 

Die Finken (Fringillae) haben die ſtaͤrkſten, dickſten, haͤrte⸗ 
ſten, aber dabei nicht laͤngſten Schnabel unter allen Singvoͤgeln. 
Auch freſſen ſie nur Saͤmereien, die Saͤnger und ihre Verwandten 
dagegen Inſekten. Der Sperling (F. domestica), grau, Ruͤk⸗ 
ken braun und ſchwarz gefleckt, Kehle des Maͤnnchens ſchwarz. 
Der Buchfink (Fr. coelebs), oben Eaftanienbraun, unten beim 
Männchen hellroth, beim Weibchen gruͤnlich, Kopf weiß gefleckt. 
Der Kanartenvagel (Fr. canaria), ganz Wine Jett 
nicht mehr wild. 

Die Ammern (Emberizae). Schnabel den Finken, aber der 
Oberkiefer ausgebogen und der Unterkiefer mit einem hervorſprin— 
genden Winkel an der Mundecke, Gaumen mit einem Hoͤcker. Die 
Goldammer (E. citrinella), Kopf und Bruſt ſchwefelgelb, wie 
der graue Ruͤcken braun gefleckt. 

Der Blauſpecht (Sitta europaea) hat einen eren flas 
cheren, graden, am Ende abgerundeten Schnabel, und einen kuͤr⸗ 
zeren, breiten, runden Schwanz; Farbe oben blaugrau, unten fleiſch⸗ 
roth. Huͤpft an Baumſtaͤmmen nach Inſekten. 

Der Baumläufer (Certhia familiaris) hat einen e 
gebogenen Schnabel, lange Krallen und ſteife, ſpitze Schwanzfedern, 
Farbe braungruͤn, weiß geſprenkelt. Zeitig im ne in Minen 
an Baumſtämmen huͤpfend, zutraulich. f 

Die Honig ſaͤnger (Nectarineae) haben einen noch ‚länge: 
ren, feineren, fanft gebogenen Schnabel und eine lange, roͤhrige, 
zum Honigſaugen taugliche Zunge. Viele Arten, alle praͤchtig gold— 
oder erzfarben, meiſt aus Afrika; gelten fuͤr Kolibri's. 

Die Schwalben (Hirundines) haben lange Fluͤgel, kleine, 
flache, ſpitze, uͤbergebogene Schnaͤbel, kleine zarte Fuͤße. Die Haus⸗ 
ſchwalbe (H. urbica), oben ſtahlblau, unten weiß, Zehen befie: 
dert. Bauet in Haͤuſern. Die Rauchſchwal be (H. rustica), eben: 
fo, Kehle roſtfarben, Zehen unbefiedert. Bauet außen an Haͤuſern. 


Dritte Familie. Spechtvoͤgel, Picariae. 
$. 43. Mit großen den Kopf an Laͤnge übertreffenden 
1 größeren, ſtaͤrkeren, meiſtens au Schreit⸗ oder 


118900. 


3 
pr 
. 


Zweite Klaſſe. Bögel. Spechtvoͤgel. 37 


Kletterfuͤßen umgebildeten Beinen und befiederter Bürzel- 
drüfe. Allen fehlen die Singmuskeln und die melodiſche 
Stimme. Die wenigſten Glieder dieſer inhaltsreichen Gruppe 
ſind in Europa zu Hauſe, die meiſten leben zwiſchen den 
Wendekreiſen. Merkwuͤrdig ſind beſonders folgende: 

Die Kolibrigattung (Trochilus), welche die Eleinften aller 
Voͤgel enthält, ausgezeichnet durch lange, dünne, grade Schnäbel, 
eine lange, runde Zunge, welche ihnen zum Einſaugen des Bluͤ— 
thenhonigs dient, und ziemlich lange, bisweilen vorn hornige 
Schwungfedern. Sie leben nur in Amerika und haben ein ſchoͤnes 
glaͤnzendes Gefieder; manche Arten wiegen nur einige Gran; die 
Eier wie Erbſen, aber laͤnglich. | 

‚Der Mauerfegler (Cypselus apus) hat ganz das Anfehn 
einer Schwalbe, einen breiten und flachen, aber kleinen Schnabel, 
und Fuͤße mit gleich langen Zehen, die aͤußeren am Grunde ver— 
wachſen, die innere Wendezehe. Fluͤgel wie beim Kolibri lang. 
Farbe braunſchwarz, Kehle weißlich. Niſtet auf Kirchthuͤrmen, fliegt 
ſchaarenweis mit lautem Geſchrei durch die Straßen. 

Die Nachtſchwalbe (Caprimulgus europaeus) hat ganz 
das Anſehn des Vorigen, iſt aber groͤßer, wie eine Droſſel, hat ei⸗ 
nen ſehr breiten, aber kurzen Schnabel, der bis hinter das Auge 
gefpalten iſt, und durch Haut verbundene Zehen. Nagel der Mit: 
telzehe am inneren Rande gekaͤmmt; Gefieder duͤſter, braungrau 
mit dunkleren Flecken. Frißt Abendfalter und andere Inſekten, die 
er im Zwielicht faͤngt. ö 

Der Eisvogel (Halcedo ispida) hat einen großen, graden, 
ſtarken, ſchwarzen Schnabel, deſſen Mittellinie einen Kiel bildet, 
und rothe Schreitfüße So groß wie ein Dompfaffe, oben 
blaugruͤn, Kehle weißlich, Bruſt und Bauch rothbraun. Lebt an 
den Ufern von Seen, Fluͤſſen, Teichen, wo er auch niſtet. 

Die Mandelkraͤhe oder Blauracke (Coracias garrula) hat 
ganz das Anſehn eines Erähenartigen Vogels, einen graden an der 
Spitze uͤbergebogenen, ſchwarzen Schnabel, und gelbe ziemlich zarte 
Fuͤße. Gefieder des Ruͤckens mandelbraun, Bauch, Bruſt, Kopf 
und Hals fpangrün, Schwungfedern azurblau. Lebt einzeln in 
Gebuͤſchen; wird fo groß wie eine Dohle, und iſt wohl der ſchoͤnſte 
aller deutſchen Voͤgel. Frißt Inſekten. 

Die Nashornvoͤgel oder Kalaos (Buceros) haben große, 
ſtarke, gebogene, meiſtens mit einem ruͤckwaͤrts gekruͤmmten Aufſatz 
auf dem Oberkiefer verſehene Schnaͤbel, und dicke, klotzige Schreit— 
fuͤße. Sie ſind meiſtens große Vögel, mit ſchwarzem, dunklem 
Gefieder, welche die heißen Gegenden der alten Welt, beſonders 


5 


38 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. I. Rückgratthiere. 


Afrika's, bewohnen, und von Fruͤchten, Infekten 1 Heinen Bo 
geln leben. 

Der Wiedebopf (Upupa epops), mit einem augen, dün⸗ 
nen, fanft, gebogenen Schnabel, und einer aus einer doppelten 
Reihe von Federn beſtehenden Holle auf dem Kopf, die er auf⸗ 
und niederſchlagen kann. Gefieder hellgelbbraun, Federholle am 
Rande ſchwarz, Fluͤgel ſchwarz, mit hen Querbinden. 772 
Wei dengebuͤſchen. 

Der Kukuk (Cuculus canorus) hat die Größe der Dohle, ei⸗ 
nen leicht gebogenen Schnabel mit ganz rundem Naſenloch, und 
Kletterfuͤße. Der Schwanz, beſonders mancher auslaͤndiſchen Arten, 
iſt lang, das Gefieder grau oder braun, mit dunklen Querlinien. 
Dieſer Vogel hat die Eigenthuͤmlichkeit, daß er feine Eier nicht 
ſelbſt ausbruͤtet, ſondern kleinen Voͤgeln, die von Infekten e 
beſonders Grasmücden, ins Neſt legt. 

Der Wendehals (Iynx torquilla), ein kleiner Vogel, von 
der Größe einer Lerche, mit kleinem, gradem Schnabel, langer, 
weit ausſtreckbarer Zunge, Kletterfuͤßen und grauem, dicht mit klei⸗ 
nen ſchwarzen Dreiecken beſtreutem Gefieder. Lebt paarweis und niſtet 
auf alten Baumſtämmen. | 

Die Gattung der Spechte (Ficus) zeichnet ſich aus durch 
einen großen, graden, ſehr ſtarken Schnabel mit länglichen Naſen⸗ 
loͤchern; durch eine lange, runde, weit ausſtreckbare Zunge; durch 
Kletterfuͤße und einen ſpitzen, ſteifen Schwanz zum Anſtemmen. 
Die Spechte leben in den Wäldern, und klopfen an die Baumſtaͤm⸗ 
me, um Inſekten aus den Ritzen und Spalten derſelben hervorzu— 
treiben. Der Schwarzſpecht (P. martius) iſt ſo groß wie eine 
Kraͤhe, ſchwarz mit rothem Scheitel. Der Gruͤnſpecht (P. viri- 
dis) iſt ſchmutzig grün, mit ſchwarz und weiß geſtreiften Schwungfe⸗ 
dern und rothem Scheitel. 

Die Pfefferfreſſer oder Tukans (Rhamphastus) haben 
die größten Schnabel von allen, die wohl 3—Amal fo lang find 
als der Kopf, dick, breit, ſanft gebogen, gegen das Ende zuſammen— 
gedruͤckt, inwendig aber zellig und voll Luft, daher leicht; Zunge 
federfoͤrmig, hornig; Kletterfuͤße. Sie leben in Braſilien und freſ⸗ 
ſen ſaftige Fruͤchte, Vogeleier und junge Voͤgel. Gefieder ſchwarz; 
theilweis gelb, weiß oder roth. 

Die Papageien (Psittaci) endlich haben katze“ aber ſehr 
dicke, ſtaͤrk gewoͤlbte Schnabel, eine dicke, fleiſchige Zunge, und eben: 
falls Kletterfuͤße. Sie freſſen auch fleiſchige Fruͤchte. Die Kaka— 
dus haben befiederte Wangen und eine große Federholle auf dem 
Kopf, die fie aufrichten und niederlegen koͤnnen, z. B. Ps. sulphu- 
reus; ſie leben in Aſien. Die Ar as haben nackte Wangen und ei⸗ 


Zweite Klaſſe. Vögel. Tauben. Huͤhner. 39 


nen langen zugeſpitzten Schwanz; ſie Eben in Süd : Amerika. Die 
eigentlichen Papageien oder Perrokets haben einen ſtumpfen, 
breiten Schwanz, und bald nackte, wie der graue P. (Ps. eri- 
thacus) mit rothem Schwanz aus Afrika; bald befieder te Wangen, 
wie der gruͤne P. (Ps. ochrocephalus) mit blauer Stirn und 
rothem Fleck am Fluͤgel und Schwanz; aus Braſilien. 


Vierte Familie. Tauben, Gätinb ine 


F. 44. Kleine, vorn hornige, hinten haͤutige Schnaͤbel 
mit laͤnglicher Naſenoͤffnung, die von einer bauchig aufgetrie⸗ 
benen Schuppe bedeckt iſt. Kleine, kurze Gangfüße mit klei⸗ 
nen abgeſtutzten eite Bauen auf Baͤumen ein kunſtloſes 
Neſt und füttern ihre Jungen. Freſſen Körner. 

Die Gattung der Tauben (Columba) iſt uͤber die ganze 
Erde verbreitet, beſonders aber in den waͤrmeren Klimaten zu Haufe. 
Bei uns giebt es drei Arten: die große Rin geltaube (C. pa- 
lumbus), blaugrau, mit roͤthlicher Bruſt und weißem Fleck an bei: 
den Seiten des Nackens. Die Holztaube (C. oenas), Größe 
der Haustaube, oben blaugrau, Bauch weiß, Bruſt roͤthlich, Nak— 
ken brongefarben. Die Turteltaube (C. turtur), fleifhfarben, 
Scheitel und Hinterruͤcken grau, Schwungfedern braun, Deckfedern 
in der Mitte ſchwaͤrzlich, im Nacken ein ſchwarz und weißer Halb— 
ring. Leben in Gebuͤſchen und niſten auf Baͤumen. Die Haus⸗ 
taube ſtammt von einer Art (C. livia), die noch wild in Süd: 
Europa und Nord-Afrika vorkommt, ſie iſt bleigrau, auf den 
Fluͤgeln mit zwei ſchwarzen Binden und ſchwarzen Schwungfedern. 
Kropf, Pfau en: und Tuͤmmler⸗Tauben find Ausartungen 
urſpruͤnglich verſchiedener, oſtindiſcher Arten. 


Fuͤnfte Familie. Huͤhner, Gallinaceae. 


$. 45. Schnabel kleiner, dicker, uͤbergebogen, bloß hor⸗ 
nig. Naſenlöcher verſteckt. Fuͤße der Vorigen, oder ſtaͤrker, 
beſonders laͤnger im Lauf, mit dickeren, ſtaͤrkeren Krallen. Ni⸗ 
ſten faſt immer auf der Erde und fuͤttern ihre Jungen nicht. 
Freſſen Koͤrner. 

Der Auerh ahn (Tetrao urogallus) hat einen nackten, war⸗ 
zigen Streif uͤber dem Auge, befiederte Laͤufe, aber keinen Sporn; 
Größe der Gans, Farbe ſchwarzblau, Deckfedern der Fluͤgel braun; 
Weibchen roͤthlichbraun, am Bauch graulich, überall ſchwarz gefleckt. 
Lappland, Finnland. Der Birkhahn (T. tetrix) iſt kleiner, das 


40 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


Maͤnnchen ſchwarz mit weißem Bauch, weißer Binde uͤber die Fluͤ⸗ 
gel und gabeligem Schwanz; das Weibchen heller roſtroth mit gelbli⸗ 
chen Federraͤndern und tief ausgebuchtetem Schaan Auch n 
Deutſchland. 8 

Das Rebhuhn (Perdix cinerea) hat einen überall Beer 
Kopf, aber nackte Läufe; erſte Schwungfeder kuͤrzer. Seine Farbe 
iſt graubraun, auf dem Ruͤcken geſprenkelt, Kehle des Maͤnnchens 
roſtgalb, der Bauch braun. Gemein in Deutſchland. Die Wad: 
tel (P. coturnix) iſt kleiner, heller graugelb, mit dunklerem, hell 
geflecktem Ruͤcken. Erſte Schwungfeder den uͤbrigen gleich. Häufig 
im Sommer auf Kornfeldern. 

Das Perlhuhn (Numida Meleagris), Kopf nackt, mit helm⸗ 
artigem Aufſatz, Hautlappen am Unterkiefer. Farbe hellgrau, mit 
weißen, ſchwarz geſaͤumten Punkten in weinen Männchen ohne 
Sporn. Nord -Afrika. 

Die Huͤhnergattung (Gallus) hat einen nackten Haut⸗ 
kamm auf dem Kopf, Hautlappen an der Kehle und die Männchen . 
ſind befpornt, Schwanz aufrecht. Das Haushuhn ſtammt von 
einer Art (G. Bankiva), die ſich noch in Oſtindien wild findet, wie 
die kaſtanienbraunen mit goldgelben Halsfedern verſehenen Haͤhne, 
und wie die graubraune mit ſchwaͤrzlichen Querzeichnungen und 
gelbgeraͤnderten Halsfedern verſehene Henne gezeichnet iſt. 

Die Faſane (Phasiani) haben nur einen nackten Ring ums 
Auge, einen langen ſpitzen Schwanz, und das Maͤnnchen hat kurze 
Sporen. Der gemeine F. (Ph. colchicus), roſtfarben mit ſchwaͤrz⸗ 
lichen Querflecken, Kopf metalliſch gruͤn; Henne grau, braun ge— 
fleckt. Stammt aus dem weſtlichen Aſien. 

Der Pfau (Pavo eristatus) hat nur nackte Wangen und ei⸗ 

en Federbuſch auf dem Kopf. Kopf und Hals metalliſch gruͤn, 
die Buͤrzelfedern beim Männchen ſehr groß, brongefarbig, jede am 
Ende mit einem Augeufleck. Wild in Indien. 0 

Der Truthahn (Meleagris gallopavo) oder Puter hat 4. 
nen nackten mit vielen Warzen und einem Zipfel auf der Stirn 
verſehenen Kopf und Vorderhals, ſo wie einen radfoͤrmig aufricht— 
baren Schwanz. Gefieder braun, jede Feder vor dem Ende mit 
ſchwarzem Querſtrich. Maͤnnchen mit einem Haarbuͤſchel an der 
Bruſt. Stammt aus Nord-Amerika. N t 


Sechste Familie. Laufvoͤgel, Currentes. 
§. 46. Keine zum Fliegen taugliche Fluͤgel, Hals ver— 
laͤngert; Schnabel flach, fo lang als der Kopf; Beine fehr 
lang, beſonders die Laͤufe, hoͤchſtens 3 Zehen. Bruſtbein ohne 
b 1 


„ — 


Zwpeite Klaſſe. Voͤgel. Lauf voͤgel. Sumpfvögel. 41 


Kamm; Becken vorn geſchloſſen. Jungen werden nicht ges 


fuͤttert. Dieſe Voͤgel laufen ſchnell und ſchlagen dabei mit 
den Fluͤgeln. Dahin: 

Der Kaſuar (Casuarius galeatus), mit nacktem Kopf und ei: 
nem hornigen Helm auf dem Scheitel. Füße dreizehig. Schwanz, 
Kopf und Oberhals blau und roth, nackt. Auf Sumatra, Java. 
Der amerikaniſche Strauß oder Nandu (Rhea ameri- 
cana) iſt grau, Maͤnnchen mit ſchwarzem Streif an der Bruſt. 
Kopf, Hals und Schenkel befiedert. Fuͤße dreizehig. Süd: Amerika. 

Der eigentliche Strauß (Struthio camelus) hat nackten 
Kopf, Hals und Schnabel; Gefieder ſchwarz, Fluͤgel und Schwanz— 
federn weiß. Zwei Zehen. Afrika. Gier wie ein Kinderkopf, von 
mehreren Weibchen in ein Neſt gelegt, worauf ſie abwechſelnd bruͤten. 


Siebente Familie. Sumpfvoͤgel, Grallae. 

FS. 47. Lange Beine, mit halb befiedertem Schienbein 
und meiſtens freien Zehen. Hals ebenfalls lang, der Laͤnge der 
Beine entſprechend; Schnabel bald kuͤrzer dicker, bald länger 
und duͤnner. Leben in der Naͤhe des Waſſers und freſſen 


vorzugsweiſe thieriſche Nahrung. Fuͤttern die Jungen nicht. 
Die Trappe (Otis tarda) hat einen kurzen, ziemlich breiten 


Schnabel, einen dicken Hals und dreizehige Lauffuͤße. Gefieder auf 


dem Ruͤcken gelbbraun mit ſchwarzen Querſtreifen, im uͤbrigen 
weißgrau, Maͤnnchen mit Bartfedern am Mundwinkel. Frißt Koͤr— 
ner. Groͤße der Gans und druͤber. 

Der Kranich (Grus einerea) hat einen laͤngeren, ziemlich ſtarken, 
etwas zuſammengedruͤckten Schnabel, laͤngeren Hals und laͤngere, 
vierzehige Beine, deren Hinterzehe nur mit der Spitze den Boden 
beruͤhrt. Farbe aſchgrau, Kopf ſchwaͤrzlich, mit weißem Streif am 
Halſe und nacktem, ſchwieligem Hinterhaupt; Buͤrzelfedern verlaͤngert. 
Groͤßer und Höher als der Storch. Lebt ſchaarenweis, wandert wie 


der Storch, frißt beſonders Koͤrner, aber auch Inſekten und Wuͤrmer. 


Die Reihergattung (Ardea) zeichnet ſich aus durch einen laͤn— 
geren, ſpitzeren, feineren Schnabel, kuͤrzere Läufe, aber längere, mit 
ſtarken Krallen bewaffnete Zehen; Hinterzehe ganz auftretend, Na— 
gel der mittleren am aͤußeren Rande gekerbt. Zwei Arten find bei 
uns beſonders bekannt, der graue R. (A. cinerea), Rüden aſchgrau, 
die laͤngeren Federn des Hinterhauptes und Flecken am Vorderhalſe 
ſchwarz. Lauert am Ufer auf Fiſche. Der Rohrdommel (A. 


Stellaris), gelb, uͤberall mit ſchwarzbraunen Kreuzflecken.“ Scheitel 


und Fleck am Mundwinkel ſchwarz. Hals dick befiedert. Lauert in 
Suͤmpfen und ſtoͤßt von Zeit zu Zeit einen dumpfen Ton aus. 


\ 


42 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


Die Stoͤrche (Ciconiae) haben viel dickere, höhere Schnaͤbel, 
längere Beine mit viel kuͤrzeren Zehen und ſtumpfen Krallen. Au: 
genring, bisweilen ſogar der ganze Kopf, nackt. Der weiße St. 
(C. alba) hat rothen Schnabel und Fuͤße, einen ſchwarzen Strich um 
das Auge und ſchwarze Schwungfedern. Der ſchwarze St. (C. 
nigra) hat ein metalliſch glänzendes Gefieder, weißen Bauch und ro: 
then Schnabel und Füße. Beide freſſen Amphibien, beſonders Froͤſche. 

| Der Löffelreiher (Platalea leucorodia) hat die Geſtalt des 
Reihers, aber einen nach dem Ende zu breit gedruckten, ki 
erweiterten Schnabel, nackte Augenringe, Zügel und Kehle. 
Grunde der aͤußeren Zehe eine breite Hautfalte. Gefieder * 
Schnabel gelblich, am Rande, wie die Fuͤße, ſchwarz. Lauert am 
Ufer auf Fiſche und Würmer, Suͤd-Europa. 

Der Flamingo (Phoenicopterus ruber) hat einen breiten, Eur: 
zen, winkelfoͤrmig abwaͤrts gebogenen Schnabel, den laͤngſten Hals 
und die laͤngſten Beine. Zehen kurz, die drei vordern durch Schwimm— 
haut verbunden. Gefieder feuer- oder blaßroth, Schwungfedern ſchwarz. 
Suͤd⸗ Europa, Nord -Afrika. 

Der Kiebitz (Vanellus cristatus) hat einen kleinen Schnabel mit 
langer Naſengrube und vierzehige Fuße, deren Hinterzehe ſehr klein 
iſt. Gefieder ſchwarz, erzfarben ſchillernd, im Nacken ein Schopf 
längerer Federn. Hinterhals, Bruſt, Bauch weiß. Beine roth. Auf 
ſumpfigen Wieſen; frißt Inſekten und Wuͤrmer. 

Der Säbelfchnäbler( Recurvirostra avosetta) hat einen fan: 
gen, feinen, fpigen, aufwaͤrtsgebogenen Schnabel und Schwimmhaͤute 
zwiſchen den Vorderzehen. Gefieder weiß, Kopf, Nacken, ein Laͤngs— 
fleck auf jedem Fluͤgel, Schwungfedern, Schnabel und Win ſchwarz. 4 
Kuͤſten der Nordlaͤnder. 

Der Kampfhahn (Tringa pugnax) gehört zur großen Geh 
der Strand laͤufer (Tringa), welche an dem graden, feinen, aber 
etwas ſtumpfen, nicht ſehr langen, weichen, in der Mitte biegſamen 
Schnabel, und den langen vierzehigen Beinen kenntlich iſt. Er un- 
terſcheidet ſich durch ſein buntes, braͤunlichgraues, dunkler geflecktes 
Gefieder, und das Maͤnnchen beſonders durch eine große Halskrauſe 
und viele kleine Warzen vor den Augen. Kuͤſten der Oſtſee.— 

Der heilige Ibis (Ibis religiosa) gehört auch hierher. Er 
hat einen langen, gebogenen Schnabel, einen nackten, ſchwarzen Kopf, 
ein weißes Gefieder mit ſchwarzen, buſchigen Buͤrzelfedern und nicht 
ſehr langen, ſchwarzen Beinen. Koͤrper wie ein Huhn. Lebt in Ae⸗ 
gypten und ward von den alten Aegyptiern als goͤttlich verehrt. — 

Die Waldſchnepfe (Scolopax rusticola) hat einen ſehr langen, 
ſtarken, graden Schnabel, große nach hinten gerichtete Augen, kurzen 
Hals und kurze Beine. Gefieder braun, ſchwarz in die Quere ge— 


Zweite Klaſſe. Vögel. Schwimmvoͤgel. 43 


ſtreift, auf dem Rücken gefleckt; Größe einer kleinen Taube. Frißt 
Inſekten und Würmer. Bei uns nur auf dem Zuge. 

Den Sumpfodgela nahe verwandt, obwohl mit der Fahigkeit 
des Schwimmens begabt, iſt das Waſſerhuhn (Fulica atra), kennt⸗ 


lich an dem kurzen, ſeitlich zuſammengedruͤckten, ſpitzen Schnabel, von 


welchem aus ſich eine ſchwielige Haut auf die Stirn hin fortſetzt, an 
den kurzen Fuͤßen, und den langen, jederſeits mit mehreren abgerun— 
deten, gefranzten Lappen verfehenen Zehen. Farbe ſchwarzgrau. Größe 
des Huhns. Schaarenweis auf Seen im Binnenlande. 

Achte Familie. Schwimmvoͤgel, Natatores. 

§. 48. Durch kuͤrzere, breitere Schnaͤbel, einen kuͤrzeren 
Hals und kuͤrzere Beine, deren Zehen durch Schwimmhaͤute 


verbunden, oder mit breiten, ſeitlichen Hautlappen verſehen 


ſind, unterſcheiden ſich dieſe Voͤgel von den vorigen. Sie 
lieben, wie jene, das Waſſer, knen alle gut ſchwimmen, die 
meiſten auch tauchen, fuͤttern ihre Jungen nicht, bauen kunſt⸗ 


loſe oder gar keine Neſter und freſſen theils thieriſche, theils 


pflanzliche Nahrung. — 

Die Moͤ ven gattung (Larus) hat einen ſtark zuſammenge— 
druͤckten, hohen Schnabel, deſſen Kinnwinkel am Unterkiefer merklich 
hervortritt, und meiſtens vierzehige Fuͤße, die drei vorderen durch 
Schwimmhaut verbunden. Sie freſſen Fiſche. Die Lach moͤve (L. 
ridibundus) ift weiß, Rüden und Dedfedern der Flügel hellgrau, Kopf 
braun, Schnabel und Fuͤße roth. Die Jungen grau geſprenkelt. Größe 
der Kraͤhe. 

Das Albatros Diomedea exulans) mit großem, hakenfoͤrmi⸗ 


gem Schnabel und roͤhrenfoͤrmig hervortretenden Nafenlöchern. Zehen 


durch Schwimmhaut verbunden, die hintere fehlt. Gefieder weiß, 
Nuͤcken und Fluͤgeldecken ſchwarz. Schnabel und Fuͤße gelb. Groͤße 
des Schwans; Hals viel kuͤrzer. Am Cap. 

Der Fregattvogel (Tachypetes aquila) hat einen ſchmaͤleren, 
ſtarken, hakigen Schnabel, nackte Kehle und Augenrand, halbe 
Schwimmhaͤute zwiſchen allen vier Zehen, befiederte Läufe, einen ga— 
belfoͤrmigen Schwanz und ſehr lange Schwungfedern. Gefieder ſchwarz— 
braun. Etwas größer als eine Ente, Fluͤgel viel länger; fliegt an: 


haltend. Zwiſchen den Wendekreiſen. 


Der Seerabe (Carbo cormaranus) oder die Scharbe, hat die 
Kennzeichen des Vorigen, aber kuͤrzere Schwingen, einen abgerundeten 
Schwanz, nackte Laͤufe und ganze Schwimmhaͤute zwiſchen allen vier 
Zehen. Gefieder ſtahlblauſchwarz, Kehle und ein Fleck an der Huͤfte weiß. 
Nordiſche Kuͤſten, im Winter auch an deutſchen, frißt beſonders Aale. 


» 


44 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Nüdgratthiere. 


Der Pelikan (Pelecanus onocrotalus), oder die Kropfgans, 
hat einen langen, breiten Schnabel, an deſſen Unterkiefer ein weiter 
haͤutiger Sack hängt; Spitze mit einem Haken bewehrt. Alle vier 
Zehen durch Schwimmhaͤute verbunden. Gefieder fleiſchroth, Schwingen 
ſchwarz. Kuͤſten des Mittelmeeres.“ 

Die Gattung der Gänfe (Anser) zeichnet ſich aus durch ei— 
nen am Grunde hohen, am Rande mit einer gekerbten Haut ver— 
ſehenen, an der Spitze mit einer Hornſchuppe beſetzten Schnabel; 
Fuͤße vierzehig, die drei vorderen durch Schwimmhaut verbunden. 
Die zahme Gans ſtammt von der, wie eine ganz graue zahme 
gefärbten, wilden Gans (A. cinereus), die überall in Deutſchland 
auf Seen und an den Kuͤſten angetroffen wird. 

Die Schwaͤne (Cygni) haben einen längeren Hals, breitere, 
flache Schnäbel und nackte Zügel. Der ſt umme Sch. (C. olor) 
hat einen rothen, hinten ſchwarzen und mit einem Hoͤcker verſehe— 
nen Schnabel. Der Singſchwan (C. musicus) hat keinen Hoͤcker 
und einen ſchwarzen, hinten gelben Schnabel. Gefieder bei beiden 
weiß, in der Jugend grau. 

Die Entengattung (Anas) unterſcheidet ſich von den 
Schwaͤnen, bei gleichem Bau des Schnabels und der Beine, durch 
Fürzeren Hals und vollkommen befiederte Zügel. Freſſen, wie Gaͤnſe 
und Schwaͤne, am liebſten Pflanzennahrung, aber auch Gewuͤrm, 
Inſekten, manche ſelbſt kleine Fiſche. Die Haus-Ente findet ſich 
wild uͤberall in Deutſchland (A. Boschas); von den wilden haben 
die Maͤnnchen (Entriche) ganz die Groͤße und Farbe der zahmen 
mit brongefarbenem Kopf, brauner Bruſt, grauem Ruͤcken und 
weißlichem Bauch; die Weibchen dagegen ſind wie die grau, braun 
und ſchwarz geſprenkelten mit erzfarbenem Spiegel gezeichneten 
zahmen Weibchen gefaͤrbt. . 
Der Haubenſteißfuß (Podiceps eristatus) hat einen gras 
den, ſpitzen, etwas zuſammengedruͤckten Schnabel, und vierzehige, 
mit breiten Hautlappen an den Zehen verſehene, ſtark nach hinten 
geftellte „Süße. Gefieder auf dem Rüden braungrau, Unterſeite 
weiß, um den Kopf eine roſtbraune, ſchwarzgeſaͤumte Federkrauſe. 
Groͤße der Ente und druͤber, Hals und Beine laͤnger, Auf inlaͤn— 
diſchen Gewaͤſſern. Freſſen Inſekten und Fiſche. 

Der Pinguin (Aptenodytes) iſt dadurch vor allen anderen 
Vögeln merkwuͤrdig, daß feine Flügel, ſtatt der Federn, mit kleinen 
Hornſchuppen bekleidet find. Schnabel ziemlich grade, ſpitzig, etwas 
zuſammengedruͤckt; Füße ganz hinten, vierzehig, mit kurzen breiten 
Läufen und ganzer Schwimmhaut zwiſchen den Zehen. Man kennt 
mehrere Arten dieſer Gattung, die alle an der Suͤdſpitze der Konti— 
nente vorkommen. Sie gehen aufrecht und ſchwimmen mit dem 


Dritte Klaſſe. Amphibien. Schildkröten. 45 


ganzen Leibe im Waſſer, wobei die Fluͤgel als Floſſen dienen. A. 
patagonicus iſt der größte, wird 5“ hoch, iſt oben ſchwarz, unten 
weiß, am Halſe mit einem gelben Laͤngsſtreif. 


Dritte Klaſſe. 
Amphibien, Amphibia. 


FS. 49. Ruͤckgratthiere mit kaltem Blut, einer nackten 
oder von Schildern und Schuppen bedeckten Haut und wah- 
ren Fuͤßen oder gar keinen Bewegungsorganen. Sie athmen 
meiſtens, wenigſtens im Alter, durch Lungen. 
Der Bau der Amphibien iſt ſo verſchieden, daß ſi 0 we⸗ 
nig Allgemeines daruͤber ſagen laͤßt. Das Skelet betreffend, 
ſo fehlt allen fußloſen zugleich das Becken; einigen, wie den 
Froͤſchen, auch die Rippen. Die Schildkröten haben 
keine Zähne, die übrigen ſpitze, hakige Zähne, nicht blos im 
Kiefer, ſondern oft auch am Boden des Mundes (Gaumen⸗ 
zaͤhne). Die Zahl der Zehen ſchwankt zwiſchen 2 und 5, 
doch iſt die letztere Zahl vorherrſchend; die im Waſſer leben⸗ 
den haben Schwimmhaͤute zwiſchen den Zehen. Den Froͤ⸗ 
ſchen fehlen die Naͤgel, den anderen kommen Krallnaͤgel zu. 
— Die aͤußere Bedeckung iſt bei den Schildkroͤten und Kro⸗ 
kodilen aus Schildern gebildet, bei den uͤbrigen Eidechſen und 
Schlangen finden ſich Schilder nur auf dem Kopf, ſonſt 
Schuppen, beſonders große, halbringfoͤrmige am Bauch. Die 
Froͤſche, Molche und Salamander ſind nackt und von Schleim 
bedeckt, welchen viele Hautdruͤſen abſondern. 

Von den inneren Organen iſt beſonders das Athmungs⸗ 
werkzeug verſchiedenartig gebildet. Bei den meiften (Schild⸗ 
kroͤten, Eidechſen, Schlangen) iſt es eine Lunge, die aber 
bloß aus zweien großen, haͤutigen Saͤcken beſteht, welche noch 
dazu bei den Schlangen an Größe fehr ungleich find, 
Die nadthäufigen Amphibien athmen in der Jugend, ſo lange 
ſie im Waſſer leben, alle durch Kiemen, die am Halſe ſitzenz 
einige behalten dieſelben immer, andere, wie die Fröfche, ver⸗ 
lieren ſie, wenn ſie das Waſſer verlaſſen. Demnaͤchſt iſt das 
Gefaͤßſyſtem eigenthuͤmlich. Das Herz hat eine halb geſchie⸗ 


— 


46 Erſter Abschnitt Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


dene Kammer und zwei Worhöfe *), in welche das aus dem 
Koͤrper und den Lungen zuruͤckkehrende Blut gelangt und 
dann in die Kammer uͤbergeht, von wo aus es wieder im 
Koͤrper verbreitet wird. Die Verdauungsorgane zeigen kei⸗ 
ne bedeutenden Abweichungen, doch ſind ſie kleiner, und beſon⸗ 
ders der Darm kuͤrzer, als bei den Vögeln. Dies bezieht 
ſich auf die Nahrung, welche bei allen, einige Schildkroͤten 
ausgenommen, thieriſch iſt. — 

Die Amphibien pflanzen fi ſich durch Eier fort, die theils 
auf dem Lande, theils im Waſſer gelegt werden. Dieſe ſind 
ohne Schaale. Die Jungen ernaͤhren ſich ſelbſt. Man kennt 
wohl nicht mehr als 900 Amphibien⸗Arten, von welchen 2 
zwiſchen den Wendekreiſen zu Hauſe ſind. Die meiſten ſi d 
unſchaͤdliche, nur wenige, wie die Giftſchlangen, gefaͤhrliche 
Thiere. Man theilt ſie in folgende vier Gruppen: 

I. Leib mit Schildern oder Schuppen bedeckt. 

a. Kiefer zahnlos. e e e de ee 
b. Kiefer mit Zähnen. 

Mit Augenliedern, Bruſtbein und vorn ver⸗ 

wachſenen Unterkieferbogen. nene Eidechsen. 

Ohne Augenlieder und Bruſtbein, Unterkie⸗ 

ferbogen vorn getrennt. 3. Schlangen. 
II. Leib nackt, mit ſchleimiger Haut.. 4 Nackthaͤuter. 


Erſte Familie. Schildkroͤten, Testudinata. 

8. 50. Das Skelet des Rumpfes iſt aͤußerlich, d. h. 
die Rippen ſind mit den Wirbeln, dem Bruſtbein und Becken 
zu einem knoͤchernen Panzer verwachſen, in welchem alle Ein⸗ 
geweide, ja ſelbſt die großen Knochen der Beine, liegen, und 
der aͤußerlich nur von hornigen Schildern bedeckt wird. Fuͤße 
fuͤnfzehig, ſtets vorhanden. Die Schildkroͤten freſſen beſon⸗ 
ders Kraͤuter, die Seeſchildkroͤten auch Thiere. er | 

Die Midas: oder SeefhildEröte (Chelonia Midas) hat 
einen breiten, ziemlich flachen Panzer, in welchen ſich Kopf und 
Süße nich bh ſukben konnen; Zehen der 17875 durch 7 


# 


ce) Bei allen, auch bei den BEER, Siehe M. Weber's Beil. 
zur Anatomie und Phyſtol. Bonn 1852.8. | 


z 


Dritte Klaſſe. Amphibien. Eidechen. 47 


haut verbunden, meift nagellos. Ruͤckenſchild mit 3 Reihen großer 
Hornplatten und kleineren am Umfange, jede Seitenreihe mit 4 
Platten; Farbe braun und olivengruͤn gewellt; Fleiſch * 
Atlantiſcher Ocean; wird uͤber 2“ lang. 

Die europäifhe Schildkroͤte (Emys Europ hat 
ebenfalls einen flathen Panzer, der am Rande nur wenig hervor⸗ 
tritt und die Gliedmaßen nicht vollſtaͤndig verſtecken kann. Vorn 
57% hinten 4 Zehen mit Nägeln, aber durch Schwimmhaut verbunden; 
Schwanz lang. Bruſtſchild hinten ohne bewegliche Klappe. Farbe 
ſchwarz überall gelb punktirt. In Waldſuͤmpfen, bie und da in 
Deutſchland, auch bei Berlin. 

Die griech iſche oder Landſchildkroͤte (Testudo graeca) 
hat einen hohen ſtark gewölbten Panzer, unter welchem fih der 

Kopf und alle Glieder ganz verſtecken koͤnnen. Zehen bis auf die 
Nägel verwachſen, Bruſtſchild hinten ohne bewegliche Platte. Große 
einer tuͤchtigen Manns fauſt, Farbe gelblich, jedes Schild in der 
Mitte braun. ere. und ek des ge 
in ee a 


| 35 Zweite Famile. Eidechſ en, san 


8. 51. Die meiſten Eidechſen unterſcheiden ſich von 
den Schlangen, denen ſie nahe verwandt ſind, ſchon dadurch, 
daß fie Füße beſitzen, die allen Schlangen, aber auch ei ni⸗ 
gen Eidechſen, fehlen. Untruͤgliche Kennzeichen liefert die Bil⸗ 
dung des Kopfes, indem theils der Oberkiefer feſter am Schaͤ⸗ 
del ſitzt, theils die beiden Bogen des Unterkiefers vorn verwach⸗ 
ſen ſind. Die meiſten Eidechſen haben Augenlieder, die 
Schlangen nie. Die allermeiften Eidechſen befigen ein Bruſt⸗ 
bein, die Schlangen nie. Die Eidechſen ſind unſchaͤdliche 
Thiere, welche von Inſekten und kleinen Thieren leben, nie⸗ 
mals aber mit Giftdruͤſen und Giftzaͤhnen verſehen ſind. 


A. Panzereidechſen, S. loricata. 


Sie hr: ſtatt der Schuppen hornige, mit einem erha⸗ 
benen Kiel verſehene Schilder auf dem Ruͤcken, und eine 
doppelte Reihe derſelben auf dem Schwanz. 

1 Gattung der Krokodile (Crocodilus) hat eine breite, mit 
der Kehle verwachſene Zunge, eingekeilte. Zaͤhne, eine ſpaltenfoͤrmige 
Ohröffnung hinter dem Auge, und! vorn mit fuͤnf freien, hinten mit 
vier durch Schwimmhaut verbundenen Zehen verſehene Fuͤße, deren 


48 Erſter Abſchnitt. Zoologie. 1, Rückgratthiere. 


drei innere Zehen allein Naͤgel tragen. Der Leib iſt oben von 
knöchernen, mit einer erhabenen Leiſte verſehenen, Schildern bedeckt. 
Der Nilkroko dil (Cr. vulgaris) hat einen Ausſchnitt am Oberkie⸗ 
fer zur Aufnahme des vierten Unterkieferzahnes, 4 Nacken- und 6 
Halsſchilder. Farbe braun, Bauch gelblich. Gegen 20“ lang. Im 
Nil. Der Kaiman oder Alligator (Cr. lucius) hat eine Grube 
im Oberkiefer, zur Aufnahme deſſelben Zahnes, halbe Schwimmhaͤute 
der Hinterfuͤße, und vier im Quadrat geſtellte Halsſchilder. 14 lang. 
Nord⸗Amerika. Der Gavial (Er. gangeticus) hat eine ſehr lange, 
ſchnabelfoͤrmige, vorn erweiterte Schnautze. Budde fi ich im bent 


B. Schuppeneidechſen, 8. squamata. 


Sie Nabe Schuppen oder eine bloß warzige Haut. 


Die gemeine Eidechſe (Lacerta agilis) hat eine ziemlich lange, 
tief geſpaltene Zunge, Schilder auf dem Kopf, einen Halbring breiterer 
Schuppen an der Kehle (Halsband), breitere, viereckige Schuppen am 
Bauch, eine Reihe von Druͤſen am Innenrande der Hinterſchenkel und 
ringfoͤrmig geſtellte, gekielte Schuppen (Wirtelſchuppen) auf der Ober— 
fläche des langen Schwanzes. Farbe des Ruͤckens braun, mit Augenflek⸗ 
ken; am Bauch gelblich oder grau, ungefleckt. Gemein in Gebuͤſchen. 

Bei dem Chamaͤleon (Chamaeleon africanus) iſt die Zunge 
ein langer, drehrunder, fleiſchiger, vorn bisweilen breiter Fortſatz, und 
kann nach Belieben des Thieres aus geſtreckt und zuruͤckgezogen wer⸗ 
den. Dies Thier hat große Augen, die von den Augenliedern ſo weit 
bedeckt ſind, daß nur die Pupille frei bleibt; auf dem Scheitel einen 
dreiſeitigen pyramidalen Fortſatz. Fuͤße fuͤnfzehig, zangenfoͤrmig, 
vorn mit zwei, hinten mit drei Zehen nach außen. Schwanz 
lang, wickelt. Leib ohne Schuppen, warzig. Farbe wechſelt zwiſchen 
gelb, gruͤnlich, bläulich und braun. Suͤd- Afrika. ö 

Der fliegende Drache (Draco volans) hat eine kurze, dicke, 
runde Zunge; einen ſchmalen, von beiden Seiten zuſammengedruͤckten 
Leib, an welchem jederſeits ein breiter Fallſchirm, der von den hin⸗ 
teren Rippen unterjtüßt wird. Zehen und Schwanz lang, duͤnn. Er 
lebt auf Baͤumen und flattert. Groͤße der gemeinen Eidechſe. Java. 

Der Leguan (Iguana tuberculata), ebenfalls mit ſeitlich zu: 
ſammengedruͤcktem Körper, einem Kamm ſpitzer Hornfortſaͤtze auf dem 
Rüden und einer hängenden Wamme an der Kehle; Zunge kurz, 
dick, abgerundet. An den Seiten des Halſes hoͤckerartige Schuppen. 
Farbe blaͤulich grau; über 2˙ lang. Lebt in Gupana und wird von 
den Eingebornen gegeſſen. 

Die Stachelſchwanzeidechſe bdet atv n Stege vag: 
ris) hat einen von oben nach unten zuſammengedruͤckten Leib, kurzen 


Dettee Kaffe. Amphibien. Eidechſen. Schlangen. 49 


Schwanz und kurze Zehen. Leib mit klelnen Schuppen auf dem Rüden, 
zwiſchen welchen größere pyramidale Schuppen ſtehen. Schwanz 
rund, von ſpitzen Wirtelſchuppen bekleidet. Ueber 1“ lang; braun. 
Rord⸗Afrika. Lebt auf der Erde unter Steinen. ö 

Der breitzehige Gecko (Platydactylus fascicularis) hat 
große Augen mit kleinen Augenliedern, einen rundlichen Koͤrper mit 
kleinen Schuppen und ganz breit gedruͤckte auf der Sohle mit 
Hautfalten verſehene Zehen. Auf dem Ruͤcken mehrere Reihen zu 
drei geſtellter Schuppen, deren mittlere pyramidal geſtaltet iſt. 
Schwanz rund ohne Franzen. Kuͤſtenlaͤnder des Mittelmeeres, klet⸗ 
tert an Wänden in Haͤuſern, um Fliegen zu fangen; ſoll eine Tau: 
te Stimme haben (2) | 

Der Scheltopuſik (Pseudopus serpentinus) hat keine Füße, 
eine tiefe Furche an beiden Seiten des Bauches, an derem Ende 
ein Fortſatz, der die Hinterbeine andeutet. Zunge klein, flach, nach 
vorn verengt. 3° lang, braun, Schuppen breit, glatt, wirtelfoͤrmig, 
ſchwaͤrzlich eingefaßt. Süd: Rußland. a 

Der Skink (Scincus officinalis), mit flacher, etwas hervor⸗ 
ſtehender Schnautze und vier Fuͤßen mit breiten, gefranzten Zehen 
zum Graben. Zunge klein, am Ende ausgeſchnitten. Schuppen 
klein, flach, glatt. Farbe gelblich braun; Größe der gemeinen Ei: 
dechſe, aber dicker und der Schwanz kuͤrzer. Aegypten; ward als 
Heilmittel gebraucht. 

Die Blindſchleiche (Anguis fragilis), mit gleicher Zunge 
und Schuppenbildung, ohne Bauchringe (welche den Schlangen ei— 
gen ſind) und ohne Fuͤße, mit langem, ſchlangenfoͤrmigem Koͤrper, 
aber deutlichen Augenliedern. Kupferfarben mit dunklerem Ruͤcken⸗ 
ſtreif. Gemein bei uns in Gebuͤſchen auf Wieſen. 

C. Ringeleidechſen, S. annulata. 

Sie haben ſchmale, ringelfoͤrmige Gürtel ſtatt der Schup- 
pen, die durch feine Rinnen in lauter viereckige Felder ge⸗ 
theilt ſind. - 

Die Handeidechſe (Chirotes canaliculatus) hat vierzehi⸗ 
ge Vorderfuͤße, keine hinteren, aber eine Seitenfurche am Bauch. 
Augen unter der Koͤrperhaut, Leib geringelt, jeder Ring durch Quer⸗ 
linien in viereckige Felder getheilt. Farbe braun, Bauch weiß. Mexiko. 

Die rußbraune Doppelſchleiche (Amphisbaena fuliginosa) 
hat keine Fuͤße und keine Furche, ſonſt die Bildung der Vorigen. 
Farbe braͤunlich. Lebt in Ameiſenhaufen. Suͤd-Amerika. 

Dritte Familie. Schlangen, Ophidia. ö 

8. 32. Sie haben keine Gliedmaßen, einen langen dreh- 
runden Leib, der auf dem Kopf mit Schildern, auf dem uͤbri⸗ 

Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 4 


50 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


gen Leibe mit Schuppen, am Bauch meiſtens mit Halbringen ; 
bedeckt iſt. Die beiden Haͤlften des Unterkiefers ſind vorn 
nicht verwachſen, ſondern nur durch ein ſehniges Band ver⸗ 
bunden; daher entſteht bei geſchloſſenem Maule an der Kehle 
eine Furche, Kinn furche, die in der Regel an jeder Seite 
mit zwei großen Schildern (Rin nenſchildern) begraͤnzt iſt. 
Durch die Anweſenheit dieſer Furche oder deren Schilder, und 
durch den Mangel der Augenlieder, unterſcheiden ſich die Schlan⸗ 
gen ſicher von den fußloſen Eidechſen. Die meiſten Schlan⸗ 
gen ſind unſchaͤdlich, einige haben Giftzaͤhne und Giftdruͤſen. — 
A. Mit großer, weiter Mundoͤffnung (Eurystoma). 


a. Ohne Giftzaͤhne, mit ſchmalem Kopf. 

Die Rieſenſchlange (Boa constrictor) hat keine Giftzaͤhne, 
einen nicht mit Schildern, ſondern mit Schuppen bedeckten Kopf, 
keine Rinnenſchilder, aber einen Sporn neben dem After. Farbe 
röthlich grau, mit einem Streif über den Kopf und einer gezackten 
Nückenbinde, auf welcher gelbe Flecken. Bis 30“ lang. Braſilien. 

Die Ringelnatter (Coluber natrix) hat Schilder auf dem 
Kopf und neben der Kinnfurche, und paarige Schilder unter dem 
Schwanz. Auf dem Rüden gekielte Schuppen. Farbe dunkel ſchwarz— 
grau, Bauchringe mit weißem Seitenfleck, auf dem Ruͤcken ſchwarze 
Punkte, jederſeits am Hinterhaupt ein heller Mondfleck. Gemein 
in Gebuͤſchen, auf Wieſen. 

b. Mit Giftzaͤhnen und einem nach hinten breiten, 


dreiſeitigen Kopf. 0 N 
Die Klapperſchlange (Crotalus horridus), mit breitem Kopf, 
auf deſſen Mitte eine von Schildern eingefaßte Vertiefung; unter 
dem Schwanz unpaarige Halbringe. Im Maule am Oberkiefer 
mehrere gebogene, ſtarke, durchbohrte Zähne (Giftzaͤhne), aus welchen 
beim Biß das Gift hervorquillt; an der Schwanzſpitze die Klapper. 
Farbe braun, mit dunkleren heller gene Mückenflecken. Sid 
Amerika. | 
Die gemeine Viper (Vipera berus) hat Schuppen auf dem 
Kopf und vorn einige Schilder, eine laͤngliche, ſenkrechte Pupille und 
paarige Schilder unter dem Schwanz. Farbe braun, auf dem Ruͤcken 
mit doppelter, ſchwarzer Zickzackbinde. In Gebuͤſchen, beſonders des 
mittleren Deutſchlands. Gebiert lebendige Jungen. 2“ lang. 
Die Brillenſchlange (Naja tripudians) hat einen kleinen 
mit Schildern bedeckten Kopf, eine runde Pupille, und eine breite, 
flache, runde Erweiterung des Halſes, auf welcher die Zeichnung einer b 
Brille ſteht. Farbe gelbbraun, 3—4“ lang. Oſtindien. ö 


Dritte Klaſſe. Amphibien. Froſchartige. 51 


Die Waſſerſchlange (Pelamys bicolor) hat Schilder auf 
dem Kopf, aber keine Halbringe am Bauch; Schwanz ſeitlich zuſam— 
mengedruͤckt, abgerundet, wie eine Floſſe. Farbe oben braun, am 
Bauch weiß. Lebt in der Suͤdſee, wird 13 lang, und wird z. B. 
auf Otahelte gegeſſen. | 
B . Mit kleiner Mundöffnung (Stenostoma) und klei⸗ 
nem Kopf, der nicht breiter iſt, als der Hals. Immer ohne 
Giftzaͤhne. Kinnfurche und Rinnenſchilder kleiner, undeutlicher. 
Das Blödauge (Typhlops lumbricalis) hat eine ſtumpfe 
Schnautze, ſchwache, durch die Haut ſcheinende Augen, keine Halbringe 
am Bauch, und einen kurzen abgeſtutzten Schwanz. Groͤße der 
Blindſchleiche, braͤunlich. Suͤd-Amerika. a 
Die Korallen: Natter (Ilysia scytale) hat vorn am Kopf 
breite Schilder und groͤßere Schuppen am Bauch; Farbe korallroth 
mit ſchwarzen Binden. Groͤße wie Blindſchleiche. Suͤd-Amerika. 


Vierte Familie. Froſchamphibien, Batrachia. 


$. 33. Sie haben eine nackte von Schleim bedeckte Haut, 
deren Schleim von vielen Hautdruͤſen abgeſondert wird. Ihre 
Eier ſind ohne Schale und werden ins Waſſer gelegt, wo auch 
die Jungen die erſte Zeit ihres Lebens wohnen. So lange 
athmen ſie durch Kiemen, hernach meiſtens durch Lungen; 
in der Jugend haben ſie keine. Fuße, aber einen breiten Fiſch— 
ſchwanz. 

A. ungeſchwänzte Froſchamphibien (B. anura). 
Sie haben im Alter keinen Schwanz, und vorn 4 hinten 5 
Zehen. Die Jungen ſind die kurzen, dicken, mit einem brei⸗ 
ten Schwanz verſehenen Kaulquappen; ſie bekommen die 
Hinterfuͤße zuerſt. Faſt alle haben eine laute Stimme. 

Der Gartenfroſch (Rana temporaria) hat einen glatten Leib, 
keine Ohrdruͤſen, ſpitze Zehen mit Schwimmhaͤuten zwiſchen den hin— 
teren. Farbe braun, am Bauch gelblich. Gemein. 

Der Laubfroſch (Hyla arborea) hat die Bildung des Vorigen, 
a, ſcheibenfoͤrmig cee Zehenſpitzen. Farbe grasgruͤn, Bauch 
wei 

Die Kroͤte Gute einereus) hat eine warzige Haut, große Ohr: 
druͤſen und halbe Schwimmhaͤute zwiſchen den Hinterzehen. Farbe 
graubraun. Hat keine laute Stimme. 

Die Pipakroöte (Pipa verrucosa) hat einen flachen, dreiſeiti— 
gen Kopf, und Vorderzehen, die in 4 Spitzen auslaufen; hintere 

| 


52 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Rüͤckgratthiere. 


mit ganzer Schwimmhaut. Das Weibchen trägt: die Jungen auf 
dem Rüden. Surinam. 

B. Geſchwaͤnzte Froſchamphibien (B. urodela). 
Sie haben auch im Alter einen langen Schwanz. Die Jun⸗ 
gen bekommen zuerſt die Vorderfuͤße. Manche leben beſtaͤn⸗ 
dig im Waſſer und behalten die Kiemen zeitlebens. 

Der Feuer⸗Salamander (Salamandra maculata) hat Ohr: 
drüfen und einen runden Schwanz. Farbe ſchwarz, gelb gefleckt. 
Größe der gemeinen Eidechſe. In Gebirgsthaͤlern häufig. - 

Der Kamm: Molch (Triton cristatus) hat keine Ohrdruͤſen 
und einen zuſammengedruͤckten Schwanz. Farbe grauſchwarz, am 
Bauch orange; Maͤnnchen mit hohem, gezaͤhntem Kamm ar dem 
Rüden. In Teichen und auf feuchten Wiefen. 

Der Olm (Proteus anguinus) hat keine Augen, beſtändig blei⸗ 


bende Kiemen am Halſe, und vorn 3, hinten 2 Zehen. Farbe Helle 


roͤthlich. Lebt in unterirdiſchen Gewaͤſſern, beſonders in der Adels⸗ 
berger Grotte in Krain. 


* 


C. Die ſchlangenartigen Froſchamphibien ch. 


anguinea) haben keine Fuͤße. 
Die Blin dwuͤhle (Caecilia lumbricoides) wird gegen 2“ lang, 


fingersdick, hat ein unter der Haut verſtecktes Auge, und nur in der 
Jugend Kiemen. Farbe rußbraun. Lebt in Suͤmpfen Amerikas. — 


Vierte Klaſſe. 
Fi ſche, Pisces 


§. 54. Sie athmen durch Kiemen, haben einen nackten, 
oder von Schuppen und Schildern bedeckten Leib, und keine 
oder floſſenfoͤrmige Gliedmaßen. 

Der Leib der Fiſche hat eine bald von oben nach unten 
(Rochen), bald von beiden Seiten (Karpfen) zuſammenge⸗ 
druͤckte bald runde (Aal) Form. Der Kopf iſt verhaͤltnißmaͤßig 


groß, und unmittelbar mit dem Rumpf verwachſen, ſo daß der 


Hals fehlt. Der Oberkiefer iſt beweglich und meiſtens, wie 
der Unterkiefer und Gaumen, mit ſpitzen Zaͤhnen bewachſen. 
Die Naſenlöͤcher ſind bloße Gruben. Die Augen haben keine 
Augenlieder. Die Kiemen liegen am hinteren Theile des 
Kopfes, beſtehen bei den Einen aus kammfoͤrmig aneinander 
gereiheten Blaͤttchen, bei den Andern aus Buͤſcheln von Faͤ⸗ 


Vierte Kaſſe. Fiſche. 53 


den, die an bern Kiemenbogen feſtſitzen; noch Andere haben 
zugleich an der aͤußeren Haut feſtgewachſene Kiemen. Bei 
jenen werden die Kiemen von einem großen, knoͤchernen, aus 
4 Stuͤcken beſtehenden Kiemendeckel verdeckt; bei dieſen bil— 
det die aͤußere Haut die Decke, und zwiſchen den einzelnen Kie⸗ 
men ſind Spalten, die in die Kiemenhoͤhle fuͤhren. Die Fiſche 
athmen nun auf die Art, daß ſie das Waſſer verſchlucken, 
und bei geſchloſſenem Munde aus den zwiſchen den Kiemen 
befindlichen weiten Oeffnungen, wobei zugleich der Kiemen: 
deckel geöffnet wird, hervortreiben. Das Herz liegt hinten und 
unten zwiſchen den Kiemen, faſt an der Kehle, und beſteht 
aus einer Kammer und einem Vorhof, in welchem alles Blut, 
das aus dem Koͤrper zuruͤckkommt, ſich ergießt, dann in die 
Kammer fließt, von dieſer in die Kiemen getrieben wird, aus 
welchen es in ein großes über den Kiemen gelegenes Gefäß, 
die Aorta, gelangt, welche das Blut in alle Theile des Koͤr— 
pers leitet. Die Fiſche haben alſo nur einen Kreislauf, die 
warmbluͤtigen Ruͤckgratthiere zwei, indem bei ihnen das Blut 
aus dem Reſpirationsorgan wieder ins Herz zuruͤckkehrt. 


Die Floſſen der Fiſche beſtehen aus vielen theils ein— 
fachen ſtacheligen (Stachelfloſſen), theils am Ende ge— 
ſpaltenen und gegliederten (Weichfloſſen) Strahlen, zwi⸗ 
ſchen welchen eine weiche Haut ausgeſpannt iſt; die unteren 
Enden der Strahlen ſind an im Koͤrper verſteckten Knochen 
befeſtigt, die durch Muskeln bewegt werden und dadurch die 
Floſſe in Bewegung ſetzen. Einige Floſſen ſitzen an der Ruͤk⸗ 
ken⸗ und Bauchkante des Leibes (unpaare Floſſen), die an⸗ 
deren doppelten Floſſen (paarige Fl.) ſitzen neben dem Kopf 
und am Bauch. Sie entſprechen den Gliedmaßen der ar 
betrachteten Thiere. 


Im Inneren vieler Fiſche bemerkt man eine längliche, 
bisweilen zweitheilige, Blaſe voll Luft (Schwimmblaſe), 
welche das Steigen und Fallen der Fiſche im Waſſer bewirkt. 
Der Darm der Fiſche iſt kurz, die Leber groß. Die Eier⸗ 
ſaͤcke der Weibchen (Rogen) enthalten ſehr viele Eier (oft ge— 


= 


54 Erſter Abſchnitt. Zoologie. 1. Rüccgratthiere. 


gen 30,000), und muͤnden neben! dem men det am Ende 
der Bauchhoͤhle befindlich iſt. 

Die Fiſche leben nur im Waſſer nd 1 Went fie 
längere Zeit außerhalb des Waſſers gehalten werden. Sie 
freſſen faſt allein thieriſche Nahrung, die ſie ungekauet ver⸗ 
ſchlucken. Man theilt ſie in folgende Familien: 

1. Fiſche mit querer Mundoͤffnung (Plagiostomi). 
A. Mit knorpeligem Skelet. 1. Fam. Knorpelfiſche. 
B. Mit knoͤchernem Skelet (Ostacanthi). 
a. Oberkiefer am Schaͤdel feſtgewachſen. 2. — Haftkiefer. 
b. Oberkiefer beweglich. l 
Kiemen buͤſchelfoͤrmi g.. 3. — Quaſtenkiemer. 
Kiemen kammfoͤrmig. 
Mit gegliederten zerſchliſſenen 
Strahlen aller Floſſen. 4. — Weichfloſſer. 
Mit ſtachelichen Strahlen der 0 0 

Ruͤcken⸗ oder aller Floſſen. 5. — Stachelfloſſer. 

II. Fiſche mit rundem Maul zum Saugen. 6. — Rundmäuler. 


Erſte Familie. Knorpelfiſche, Chondracanthi, 


$. 55. Sie haben ein weiches, knorpeliges Skelet, und 
eine nackte, oder von kleineren oder groͤßeren einzeln ſtehenden 
Knochenſchildern theilweis bedeckte Haut. Mauloͤffnung auf 
der unteren Seite des Kopfes, hinter der hervorragenden 
Schnautze. Bruſt- und Bauchfloſſen fehlen nie. Hieher: 
Die Haifiſchgattung (Squalus), ausgezeichnet durch einen 
rundlichen Leib; einen dicken, runden Schwanz; fünf Kiemenlö: 
cher an beiden Seiten des Halſes, und große dreieckige Zaͤhne rei— 
henweis in jedem Kiefer. Der Menſchenfreſſer (8g. carchari- 
as) wird gegen 25° lang, hat 2 Ruͤckenſloſſen, eine rauhe nicht von 
Schildern bedeckte Haut und eine grauliche Farbe. Lebt in allen 
Meeren. Der Saͤgefiſch (Sg. pristis) hat einen langen, ſchwerdt— 
ſoͤrmigen Fortſatz an der Schnautze, der jederſeits mit ſtarken Zaͤh— 
nen beſetzt iſt. 15° lang. Mittelmeer. Der Hammerfiſch (Sg. 
Zygaena) hat einen nach beiden Seiten in einen Fortſatz, an mel: 
chem die Augen ſitzen, ausgedehnten N er wird gegen 12' lang 
und lebt im Mittelmeere. f 
Die Rochengattung (Raja) hat einen flachen, ſcheibenfoͤr— 
migen Leib, mit welchem die großen, flügelfürmigen n Bruſtfloſſen 
verwachſen find; der Schwanz iſt lang, dünn, meiſt ohne Floffen. 


Vierte Klaſſe. Haftkiefer. Quaſtenkiemer. 55 


Fuͤnf Kiemenloͤcher an der unteren Seite hinter und neben dem 
Maule, auf der oberen die Augen. Die gemeine Roche (R. ba- 
tis) viereckig, rhombisch mit langem, duͤnnem Schwanz ohne Floſ— 
ſen, 2˙* breit, 14“ lang. Nordſee, wird gegeſſen. Die Zitterro⸗ 
che (R. torpedo) hat einen runden, kreisfoͤrmigen Leib, einen dik⸗ 
keren, kuͤrzeren Schwanz mit Floſſen. Farbe rothbraun, oben 
mit Angenſiecken⸗ Mittelmeer, äußert Elektrizität. - 

Die St oͤ rgattung (Acipenser) hat einen runden Leib, eine 
ſpitze Schnautze, freie kleinere Floſſen, keine Zaͤhne im Maul, und 
einen gro fi en Kiemendeckel mit freien Kiemen. — Der Stör (A. 
sturio) hat fünf Reihen großer, flacher Knochenſchuppen, und klei— 
nere dazwiſchen auf dem Ruͤcken. 12—16“ lang. Nord- und Oſtſee, 
geht von da in die großen Fluͤſſe. Der Saufen (A. huso) hat auf 
dem Ruͤcken viele kleine ſternfoörmige Knochenſchilder zwiſchen den 
großen. In der Wolga, Donn, ſchwarzem Meere. Aus der 
Schwimmblaſe 5 man die Daufenblafe, der Nogen 
ift Sate 


Zweite Familie. Haftkiefer, Pectognathi. 


wo 56. Ihr Skelet iſt knoͤchern, und der Oberkiefer 
unbeweglich mit den Kopfknochen verwachſen; der von Schmelz 
bekleidete Rand bildet, ſo wie am Unterkiefer, die Zaͤhne, de⸗ 
ren Zahl nicht bedeutend. Leib kurz, nackt, oder mit Stacheln 
oder Schildern bedeckt. Bauchfloſſen fehlen. Kiemendeckel 
zum Theil an der Koͤrperhaut feſtgewachſen, daher nur eine 
kleine, laͤngliche Kiemenoͤffnung vor der Bruſtfloſſe. Beſon⸗ 
ders in ſuͤdlichen Gewaͤſſern. 
Der Klump oder Mondfiſch, ſchwimmende Kopf 
(Orthragoriscus mola), Kieferrand bildet in jedem Kiefer einen 
einzigen Zahn, der von den fleiſchigen Lippen nicht bedeckt wird. 
Leib ſchuppenlos, hoch, ſcheibenfoͤrmig, ohne Schwanz, mit hoher 
Ruͤcken⸗ und Afterfloſſe. Mittelmeer. Gegen 3° lang, 2 hoch. 

Der Kofferfiſch (Ostracion cornutus) hat mehrere kegel— 
foͤrmige, zahnarfige Fortſaͤtze am Rande jedes Kiefers, und einen 
von großen, ſechseckigen Schildern dicht bedeckten, dreieckigen Leib, 
der an der Stirn und hinter dem After mit 2 Stacheln bewehrt 
iſt; kaum 2 lang, roͤthlichbraun. Indiſcher Ocean. 


Dritte Folmilie. Quaſtenkiemer, Lophobranchiati. 


1 8187 Skelet knoͤchern, Leib von Schildern dicht bedeckt, 
kantig. Kiemenoͤffnung groß, Kiemendeckel frei, Kiemen in 


36 Erfler Abfehnitte Zoologie. I. Rückgratthiere. 


Buͤſcheln am Kiemenbogen; Kopf ſchnabelförmig verlängert. 
Leben nur im Meere. 

Die Meer nadel (Syngnathus acus) hat einen wangen duns 
nen, nach hinten verjuͤngten, fuͤnfeckigen Leib, ſehr kleine Bruſtfloſſen, 
aber keine Hauchſtoſſen, und eine rundliche Schwanzfloſſe; braͤun⸗ 
lich; 1— 4“ lang. Oſtſee. \ 

Das Ss eepferdchen (Hippocampus brevirostris) hat einen 
kürzeren, dickeren, S:fürmig gebogenen Leib, Bruſt- und Bauchfloſ⸗ 
ſen, aber keine Schwanzfloſſen. 5“ lang. Mittelmeer. 

Der Drachenfiſch ec draco) hat einen wuͤrfelfoͤrmi⸗ 
gen Leib, große faͤcherförmige Bruſtfloſſen, keine Bauchfloſſen, und 
einen kurzen, kegelfoͤrmigen Schwanz mit einer Rüden; und End: 
floffe, Indiſcher Ocean. 


Vierte Familie. Weichfloſ * Malacopterygii. | 


8. 58. Sie haben die vollkommenſte Fiſchgeſtalt, ein 
knoͤchernes Skelet, großen, freien Kiemendeckel, kammfoͤrmige 
Kiemen, und weiche, gegliederte, am Ende zerſchliſſene Strah— 
len. Nach der Stellung und dem Mangel der e 
Yaffen fie ſich wieder eintheilen: a 

A. Bauchfloſſen am Ende des Bauches neben en 


After. Bauchfloſſer, M. abdominales. Hierher gehören: 
Die Wels gattung (Silurus), ausgezeichnet durch eine nackte 
oder von großen Schildern bedeckte Haut und Bartfaͤden am Munde. 
Leben meiſt in Fluͤſſen. Der gemeine Wels (8. glanis) hat 
eine kleine Rüden: aber ſehr große Afterfloſſe, nackte Haut, und 2 
lange Bartfaͤden am Ober-, 4 kurze am Unterkiefer. In Fluͤſſen 
häufig, wird 10“ lang. Der elektriſche Wels (8. electricus) 
hat keine Rüdenfloffe, aber eine haͤutige Fettfloſſe auf der Kante des 
Schwanzes. 4 Bartfaͤden. Im Nil, giebt elektriſche Schlaͤge. 
Die Karpfengattung (Cyprinus) hat eine Nuͤckenfloſſe 
über dem Ale ziemlich große Schuppen, meiſtens Bartfaͤden und 
keine Zaͤhne. Der gemeine Karpfen (C. carpio) hat 4 Bart⸗ 
faͤden und er große Rüdenfloffe, deren zweiter und dritter Strahl 
ein einfacher, gezaͤhnter Stachel iſt. Farbe braun, Bauch gelblich. 
In Fluͤſſen. In unſern Fluͤſſen leben gegen 20 Arten dieſer Gattung. 
Die Hechtgattung (Esox) hat eine kleine Ruͤckenfloſſe, die 
hinten auf der Schwanzkante über der Afterfloſſe ſteht, einen laͤng⸗ 
lichen, mehr rundlichen Körper und viele ſpitze Zähne. Der gemei— 
ne Hecht (E. lucius) hat einen breitgedruͤckten, abgerundeten 
Kopf und einige große Zähne im Unterkiefer. Farbe gruͤngrau, 


Vlerte Klaſſe. Fiſche. Meichfloffer, 57 


gelb gefleckt, Bauch weißlich; bisweilen gegen 4 lang, in der Re: 
gel nur 2“; der gefraͤßigſte Flußſfiſch. 
ee >) 9 Heringsgattung (Clupea) hat ebenfalls nur eine 
kleine Ruͤckenfloſſe, die uͤber den Bauchfloſſen ſteht; große Schuppen, 
die ſehr leicht abgehen, eine aus ſaͤgefoͤrmigen Schuppen gebildete 
Bauchkante, und einen breiten, ſtark nach unten gezogenen Ober⸗ 
klefer, uͤber welchen der Unterkiefer hinausragt. Der gemeine 
Hertn 9 (Cl. harengus) hat einen ſchmalen, ſtark zuſammenge⸗ 
drückten Leib, der am Bauch mit hervorragenden, großen Schup⸗ 
pen beſetzt iſt. Wird 1“ lang, iſt ſilberfarben mit blaug ruͤnem 
Nuͤcken. Eismeer, kommt gegen den Herbſt an deutſche Kuͤſten; 
iſt außerſt zahlreich. 

Die Lachs gattung (Salmo) hat die Form und den Bau 
der Heringe, unterſcheidet ſich aber durch eine kleine, ſtrahlenloſe 
Fettfloſſe auf der Firſte des Schwanzes. Der Hakenlachs (8. 
salar) wird 3 — 4“ lang, iſt ſilberfarben, mit blaͤulichem Rüden 
und einzelnen ſchwarzen Flecken. Er lebt im Meere, geht aber zur 
Laichzeit (Fruͤhling) in die Fluͤſſe, beſonders Rhein und Elbe 

B. Bauchfloſſen vor * Bruſtfloſſen, bei manchen an 
der Kehle. Kehlfloſſer, M. jugulares. Dahin: 

Die Dorſchgattung (Gadus) hat kleine, laͤngliche Bruſt⸗ 
floſſen und noch kleinere Bauchfloſſen; 2 bis 3 gleiche, kleinere, 
oder eine große Ruͤckenfloſſe und einen langgeſtreckten, mehr rund⸗ 
lichen Körper. Der gemeine Dorſch (G. callarias) hat 3 Ruͤk⸗ 
kenfloſfen, wovon die mittelſte die größte, und zwei Afterfloſſen. 
Leib braͤunlich, mit dunkleren Punkten. Kopf zugeſpitzt mit Bart: 
faͤden am Unterkiefer. Der Schellfiſch, getrocknet Stockfiſch, 
geſalzen und getrocknet Klippfiſch (G. aeglefinus), hat auch 
drei Rüdenfloffen, aber die erſte kleinſte ſteht der zweiten ſehr nahe. 
Kopf ſtumpfer. Bartfaͤden kurz. Leib einfarbig gelbbraun. Nord— 
fee. Die Aalquappe (G. lota) hat eine kleine und eine ſehr 
große Ruͤckenfloſſe, einen ſtumpfen Kopf, laͤnglichen Leib, der braun 
marmorirt iſt. In Fluͤſſen und Landſeen. 

Die Schollengattung (Pleuronectes) zeichnet ſich da— 
durch vor allen Ruͤckgratthieren aus, daß ihr Leib unſymmetriſch 
iſt. Es ſtehen nehmlich beide Augen auf der einen Seite und das 
Maul iſt ſchief von oben nach unten gezogen. Die Schollen haben 
die Bauchfloſſen unmittelbar an der Kehle, dicht neben einander, 
kleine Bruſtfloſſen und eine den ganzen Rüden einnehmende Rüden: 
floſſe. Afterfloſſe an der ganzen Unterſeite des Schwanzes. Sie 
leben nur im Meere, liegen meiſtens auf dem Grunde und ſchwim— 
men ſchief. Die eigentliche Sch. oder Steinbutte (P. pla- 
tessa) hat die Augen an der rechten Seite, einen faſt runden Leib 


38 Erſter Abſchnitt. Zoologie. I. Ruͤckgratthiere. 


mit harten Stachelſchuppen und roͤthlichen Flecken. 1“ lang. Ober⸗ 
feite braun, Bauchſeite weiß; fo bei allen. Die Flunder (P. fle- 
sus), länglicher, kuͤrzer, faſt glatt, mit ee neben der 
Seitenlinie. Nord: und Oſtſee. | 

Der Schiffshalter (Echeneis remora) hat einen Uängll⸗ 
chen, ſymmetriſchen Leib, ſehr kleine Schuppen in der dicken Haut, 
und auf dem Kopf eine stoße; in Felder getheilte Saugſcheibe, mit 
welcher er ſich ſeſtſangen kann. 125 lang, bräunlich. 2 Im atlantt⸗ 


ſchen Ocean. 92 35 101 
0. Bauchfloſſen fehlen, Leib lung / binn, dig 
Kahlbauche, M. apodes. Dahin: a 


HN 


len kleinen Zähnen. in jedem Kiefer, und einer Eleinen . bew 


vor den Bruſifloſſen. Der gemeine Aal AM. anguilla). hat eine 


große Ruͤckenfloſſe, die mit der Schwanzfloſſe und durch dieſe mit 


der Afterfloſſe zuſammenhaͤngt, Bauch ſilberweiß, Rüden, ſchwarz⸗ 


grau. Der Zitteraal (Gymnotus electricus) hat einen rundli⸗ 


chen Kopf und keine Ruͤckenfloſſe. In Tlüſſen und Seen Sid: 
Amerika's. Braͤunlich. 3“ lang, 


Fuͤnfte Familie. Stachelflof ſer er, Acanthopterygii, | 
. 59. Sie haben ganz die Geſtalt und Bildung der 


Vorigen, aber die Strahlen der Ruͤcken- und Afterfloſſe, bis⸗ 
weilen nur die vorderen, beſtehen aus einfachen ungegliederten 


Stacheln. Die Bauchfloſſen ſtehen meiſtens in der Naͤhe der 


Bruſtfloſſen, theils dicht dahinter, faſt darunter (Bruſtfloſ— 


fer, A. thoraciei), theils davor, mehr nach der Kehle zu _ 


(Kehlfloſſer, A. jugulares). Dieſe Gruppe iſt die zahl⸗ 
reichſte von allen Fiſchfamilien, fie enthaͤlt: 
Die Gruppe der Thun fiſche (Scomberoides), ausgezeichnet 


durch einen mit ſehr kleinen Schuppen bedeckten, oft ſcheibenfoͤrmi— 


gen flachen, oder eylindriſchen Leib. Eine große oder 2 kleinere 
Ruͤckenfloſſen, meiſtens vorn mit ſehr langen Strahlen, die hinteren 


Strahlen oft frei, ohne Haut. Der eigentliche Th. Scomber 


thynnus) hat zwei genaͤherte Ruͤckenfloſſen, die hintere in viele freie 


* 


Strahlen aufgeloͤſt, und an den Seiten des Schwanzes ein Horn— 


blaͤttchen. Er wird gegen 12“ lang, iſt ſtahlblau gefärbt und lebt 


im Mittelmeer. Die Makrele (Sc. scomber) wird kaum 2“ lang, 
hat zwei fern ſtehende Ruͤckenfloſſen und ſonſt die Kennzeichen des 


Vorigen. Nordſee. — Der Schwerdtfiſch (Xiphias gladius) un⸗ 


terſcheidet ſich auffallend durch den ſchwerdtfoͤrmig verlaͤngerten 


* 


Vierte Klaſſe. Zifhe. Stachelfloſſer. Rundmäuler. 39 


Oberkiefer und den Mangel der Bauchfloſſe. Er wird gegen 5“ 

lang, hat nur eine, große, vorn hohe Ruͤckenfloſſe, und einen 
runden Leib. Farbe weißgrau, Ruͤcken dunkler. Oſtſee, Nordſee, 
Mittelmeer. 

Die Gattung der Klippfiſch e (Chaetodon), mit rundlichem, 
duͤnnem Leib, deſſen eine große und oft hohe Rüdenfloffe am 
Grunde mit Sappi beſetzt iſt; z. B. Ch. faber, wird 1“ lang, 
iſt ſilberglaͤnzend bis bleigrau, mit, blauen Querbinden. Atlanti⸗ 
J ſcher Ocean. Auch die übrigen Arten dieſer Gruppe leben nur in 
der, See, beſonders zwiſchen den. Wendekreiſen. 

Die Gruppe der Barſche (Pereoides) hat einen am Rande 
mit Zähnen und Stacheln verſehenen Kiemendeckel, viele kleine Zähne 
im Munde und große Schuppen. Meiſtens 2 Rückenfloſſen, von 
denen nur die vordere ſtachelich iſt. — Der gemeine B. oder 
Flu ßbarſch (Perca fluviatilis) wird bis 1“ lang, iſt gruͤnlich auf N 
dem Rüden mit ſchwaͤrzlichen Querbinden, am Bauch weiß; Floſ⸗ 
ſen roth, doch nicht die beiden des Rückens, welche grade ſich be: 
rühren, Der Sander (P. Iucioperca) hat einzelne, größere Zähne, 
einen laͤnglicheren Leib, und die beiden Ruͤckenfloſſen entfernter. 
Farbe grau, auf dem Ruͤcken ſchwaͤrzlich. Der Kaulbarſch (P. 
cernua) iſt kaum 2° lang, gelbbraun, dunkel punktirt. Rüden: 
floſſen verwachſen. Alle 3 in unſeren Gewäſſern. r 

Das Peter maͤnnchen (Trachinus draco) hat eine kleine 
vordere Ruͤckenfloſſe, einen ſtarken Stachel am Kiemendeckel, und 
ein aufwärts gezogenes Maul; Leib länglich, roͤthlichgrau, ſchwarz 
gefleckt, kaum 1° lang. An europaͤiſchen Kuͤſten. — Der Stern: 
ſeher (Uranoscopus scaber) hat einen dicken Kopf, deifen Augen 
auf dem Scheitel ſtehen; Mundoͤffnung nach oben gerichtet. 1“ lang, 
braͤunlich. Mittelmeet. 

Der Stichling (Gasterosteus pungitius) hat freie Stacheln 
vor der Ruͤckenfloſſe und eben ſolche ſtatt der Bauchfloſſe. Leib 
klein, nackt, mit ſeitlichen großen Schildern. In Baͤchen, gemein, 
13° lang. 

Die Aalmutter (Blennius viviparus) hat ſehr kleine Bauch⸗ 
floſſen an der Kehle, eine große Ruͤcken- und Afterfloſſe, die mit 
der ſpitzen Schwanzfloſſe zuſammenhaͤngt. Schuppen klein, in der 
Haut. Farbe braͤunlich, mit dunkleren Flecken. Nord- und Dfts 
ſee. Gebiert lebendige Jungen. 


Sechste Familie. Rundmaͤuler, Cyelostomi. 

$. 60. Sie haben ein rundes, zum Saugen eingerichte⸗ 
tes Maul, das an dem breiten, abgeſtutzten, meiſt trichterfoͤr⸗ 
mig vertieften Vorderende ſich befindet, und darüber einen in 


60 Exfter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


den Rachen muͤndenden Waſſerkanal. Leib nackt, rund, ohne 
Schuppen, keine paarige Floſſen, keine Kiemenſpalte, ſondern 
Kiemenloͤcher an der Seite des Koͤrpers. Skelet knorpelig, 
ſehr weich, keine Rippen. Dahin: 

Die Lampretengattung (Petromyzon), Mund trichterfoͤrmig 
erweitert, mit hakigen Zähnen in Kreiſen beſetzt. Augen vorhanden, 
viele (7) Kiemenlöcher an jeder Seite. Ruͤckenfloſſe vorhanden. Die 
eigentliche L. (P. marinus), wird gegen 3“ lang und 14“ dick, 
Farbe gelblich, Rüden graugruͤn mit braunen Flecken; 2 Ruͤckenfloſ⸗ 
ſen. Nordſee, geht in die Elbe, ſelbſt in die Saale und Havel. 
Das Neun auge (P. fluviatilis), kleiner, 1“ lang, gelbbraun, auf 
dem Rüden dunkler. In Fluͤſſen, der Oder, Elbe u. a. m. 

Der Schleimaal (Gastrobranchus coecus) hat keine Augen, 
Franzen um die Sauggrube am Kopf, an deren oberem Rande die 
Spritzoͤffnung; ein Kiemenloch jederſeits am Bauch. Er ſondert 
viel Schleim ab, daher der Name. Nordſee. 


Zweite Hauptgruppe. 
Gliederthiere. 


9. 61. Das charakteriſtiſche Merkmahl der Gliederthiere 
liegt in der allgemeinen Geſtalt des Koͤrpers. Dieſer iſt nehm⸗ 
lich in mehrere hinter einander liegende, gleiche oder ungleiche 
Ringe getheilt, und trägt in den allermeiſten Fällen an eini- 
gen oder allen dieſer Ringe deutliche, wiederum gegliederte 
Fuͤße, oft aber noch anderweitige Bewegungsorgane. 

Die Geſtalt des Koͤrpers wird dadurch eine ſehr be— 
ſtimmte, daß die aͤußere Haut in den meiſten Faͤllen zu einer 
feſten, hornigen oder kalkigen Huͤlle verhaͤrtet, welche Huͤlle 
zugleich das Geruͤſt bildet, an dem die uͤbrigen Organe, be— 
ſonders die Muskeln, ſich befeſtigen. So haben alle dieſe 
Thiere ihr Skelet gleichſam aͤußerlich, und es iſt alſo das 
Verhaͤltniß zwiſchen Skelet und den uͤbrigen Koͤrpertheilen, in 
Bezug auf die Bildung der Ruͤckgratthiere, umgekehrt; nur im 
Bau des Schildkroͤten-Panzers findet ſich eine ähnliche Anord- 
nung. Es iſt merkwuͤrdig, daß in der Anzahl der Leibringe 
ſowohl, als auch der Glieder der Füße, ein beſtimmtes Geſetz 


Algemeime Vorbemerkungen. 61 


befolgt zu ſein ſcheint, indem ſich dieſe Anzahl meiſtens durch 
die Zahl 3 ohne Reſt dividiren laͤßt; es herrſcht alſo bei den 
Gliederthieren der nnmerus ternarius. So beſteht bei den 
Inſekten der Leib aus 3 Abtheilungen, Kopf, Bruſt und 
Bauch, von welchen der zweite wieder aus 3, der dritte 
meiſtens aus 6 oder 9 Ringen zuſammengeſetzt iſt. Auch 
finden ſich haͤufig 3 Fußpaare, und jeder Fuß hat 6 oder 9, 
niemals mehr, doch wohl weniger, Gelenke. 
Alnter den drei Abſchnitten des Leibes iſt der Kopf am 
wenigſten entwickelt. Freilich bemerkt man an ihm in der 
Regel Augen, und zwar zuſammengeſetzte, d. h. aus vielen 
kleinen Aeugelchen, deren Zahl ſich bis auf 60,000 belaufen 
kann, gebildete; allein deutliche Ohren fehlen den Glieder⸗ 
thieren, mit Ausnahme der Krebſe, immer. Daſſelbe gilt 
von der Naſe und der Zunge, als ſchmeckendem Organ. 
Nichts deſto weniger hoͤren und riechen viele Gliederthiere, 
beſonders Inſekten, ſehr gut. Eigenthuͤmliche Organe des | 
Kopfes find die Fuͤhlhoͤrner (antennae), bald lange, bald 
kurze gegliederte Fortſaͤtze, die meiſtens auf der Stirn zwifchen 
den Augen ſtehen, und vielleicht die Stelle des Gehoͤrorganes 
vertreten; zum Fuͤhlen und Taſten dienen ſie eigentlich nicht. 
Manchen, wie den Spinnen, fehlen ſie. Der Mund der Glie— 
derthiere hat in der Regel Kiefer, deren Anzahl aber ſehr ver⸗ 
ſchieden iſt. Die Inſekten haben nur zwei, welche aber, wie bei 
allen Gliederthieren, in der Mitte getrennt, alſo hakenfoͤrmig ge⸗ 
bildet ſind, und ſich nicht, wie bei den Ruͤckgratthieren, von 
oben nach unten, ſondern von links nach rechts zangenartig 
gegen einander bewegen. An dieſen hakigen Kiefern hängen 
an der Außenkante gegliederte Fortſaͤtze, die zum Taſten dienen, 
und daher Taſter oder Freßſpitzen (palpi) genannt wer⸗ 
den. Bei ſehr vielen Gliederthieren ſind aber auch die Kie— 
fer zu einem Saugruͤſſel umgeſtaltet, ſo z. B. bei den Flie⸗ 
gen, Bienen, Schmetterlingen und Wanzen. 

Der zweite Abſchnitt des Leibes, der Bruſtkaſten 
(thorax), iſt haͤufig mit dem Kopf verwachſen. Er traͤgt 
die Beine, deren Anzahl, Form und Gelenkung ſehr verſchie— 


62 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


den iſt. In der Regel jedoch kann man drei Hauptglieder, 
den Schenkel (femur), das Schienbein (tibia) und den 
Fuß (tarsus) unterſcheiden; aber in den meiſten Fällen i 
jeder wieder gegliedert. — Einige Gliederthiere, wie die In⸗ 
ſekten, haben, außer den Beinen, noch haͤutige Fluͤgel, die 
an der Ruͤckenſeite befeſtigt ſind, waͤhrend die Beine bei allen 
Gliederthieren an der Bauchſeite ſitzen. 

Der dritte Abſchnitt des Leibes, der Hinterleib oder 
Bauch (abdomen), iſt bald mehr, bald weniger, bald gar 
nicht vom zweiten getrennt, aber von allen dreien immer am 
deutlichſten geringelt. Dieſer Hinterleib enthält. die Ernaͤh⸗ 
rungs⸗ und Fortpflanzungsorgane; auch ſitzen an Im 18 
ſelten noch Fuͤße oder fußartige Anhaͤnge. 

Von den Ernaͤhrungsorganen iſt der Darm ſtets ſehr 
deutlich, meiſtens nur fo lang als der Körper, bisweilen drei⸗ 
mal ſo lang und druͤber. In den meiſten Fällen hat er eine 
Afteroͤffnung, in anderen fehlt ſie, und dann iſt der gabel⸗ 
foͤrmige Darm wohl mit vielen blinden Fortſaͤtzen verſehen. 

Die Gefaͤße fehlen ſehr oft, und das meiſtens weiße, 
ſelten rothe (bei den Rothwuͤrmern oder Anneliden) Blut 
fließt dann frei im Koͤrper umher, doch iſt immer ein Herz 
da, von welchem die Blutbewegung ausgeht. Die im Waſ— 
ſer lebenden Gliederthiere athmen meiſtens durch Kiemen, 
welche theils am ganzen Koͤrper, theils bloß am Hinterleibe, 
theils am Bruſtkaſten, oft an oder neben den Beinen, ange⸗ 
bracht ſind. Die in der Luft lebenden athmen theils durch 
Lungen (Spinnen), theils durch viele feine Luftroͤhren 
oder Tracheen, welche ſich im ganzen Koͤrper baumartig 
verbreiten (Inſekten). 

Was die Fortpflanzung der Gliederthiere betrifft, ſo le⸗ 
gen bei weitem die meiſten Eier, und die auskriechenden Jun⸗ 
gen ſind den Aeltern in der Geſtalt oft unaͤhnlich. Durch 
mehrmaliges Abſtreifen der Haut (haͤuten), dem alle Glie⸗ 
derthiere unterworfen ſind, veraͤndern ſie ihre Geſtalt, bis ſie 
den Aeltern ähneln. Dies nennt man eine Verwandlung 
oder Metamorphoſe. 


* 


Fuͤnfte Klaſſe. Inſekten. * 63 


Von den uͤbrigen inneren Organen liefern noch die Ner⸗ 
ven ein gutes Kennzeichen. Sie entſpringen nehmlich von ei— 
nem Strange, der an der Bauchſeite des Koͤrpers liegt und 
in jedem Gliede zu einem Knoten anſchwillt. Ein ſolches 
knotiges Nervenſyſtem iſt nur den Gliederthieren eigen. 
Die Nerven der Fuͤhler, Augen, Taſter und Beine entſprin⸗ 
gen von den ihnen nahegelegenen Knoten. — 
en Die Eintheilung der Gliederthiere iſt folgende: 

a) Inſekten. Ihr Leib iſt in drei Hauptabſchnitte ge⸗ 
theilt, am mittleren 3 Fußpaare. 
b) Arachniden. Ihr Leib iſt in zwei Hauptabſchnitte 
getheilt, am erſten 4 Fußpaare. 
e) Kruſtaceen. Ihr Leib iſt in viele meiſtens un⸗ 
gleiche Ringe getheilt, 5 oder mehr Fußpaare. 
d) Würmer. Ihr Leib iſt weich, ohne Hülle, meiſtens 
ohne Fuͤße, und oft undeutlich gegliedert. 


Fuͤnfte Klaſſe. 
Infekten oder Kerfe, Ins ceta. 


§. 62. Die Eintheilung des Leibes in drei große Ab⸗ 
ſchnitte, den Kopf, den Bruſtkaſten und den Hinter⸗ 
leib, ſo wie die auf ſechs beſchraͤnkte Anzahl der Beine, 
ſind die weſentlichſten Kennzeichen der Inſekten. 

Am Kopf ſitzen nur zwei gegliederte Fuͤhler, deren Ge⸗ 
ſtalt ſehr verſchieden iſt. Die Augen find groß und zuſam⸗ 
mengeſetzt, doch kommen außer dieſen Hauptaugen noch zwei 
oder drei kleine, einfache, auf der Stirn oder dem Scheitel 
befindliche Neben augen (ocelli) vor. Am Munde bemerkt 
man eine Oberlippe (labrum) und zwei hafige Oberkie— 
fer (mandibulae), beide ohne Taſter, dann zwei mit Taſtern 
verſehene Unterkiefer (maxillae) und eine eben damit aus⸗ 
gerüftete Unterlippe (labium). Bisweilen find diefe Or— 
gane zu einem ſaugenden Ruͤſſel umgebildet. 

Am Bruſtkaſten, der aus drei bald mehr bald weni⸗ 
ger verwachſenen Ringen beſteht, ſitzen die Beine. Von den 


64 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


drei Hauptgliedern beſteht der Schenkel aus drei, das Schien⸗ 
bein aus einem und der Fuß aus einem bis fünf Glie⸗ 
dem. Außerdem kommen noch haͤutige Fluͤgel vor, die ſeit⸗ 
lich am zweiten und dritten Ringe ſitzen; in der Haut der⸗ 
ſelben verbreiten ſich hornige Adern. Bisweilen ſind die vor⸗ 
deren ganz hornig, und heißen dann e oder 
Deckſchilder (elytra). 


Der Hinterleib beſteht aus ſechs oder neun Rin⸗ 
gen, deren jeder in 2 Haͤlften getheilt iſt. Er traͤgt keine 
Fuͤße, wohl aber am Ende Borſten, oder einen Stachel, 
welcher nur den Weibchen eigen iſt, und theils beim Saher 
der Eier, theils als Waffe gebraucht wird. 


Die Inſekten athmen alle durch Luftroͤhren, welche 
von den zwiſchen je zwei Ringen in der Verbindungshaut 
gelegenen Luftloͤchern (stigmata) entſpringen. Sie ha⸗ 
ben keine Blutgefaͤße, aber ein langes, eee am 
Ruͤcken gelegenes Herz. 


Die aus den Eiern gekrochenen Jungen haben entweder 
die Geſtalt der Mutter, und unterſcheiden ſich nur durch ge⸗ 
ringere Groͤße und den Mangel der Fluͤgel; oder ſie ſind den 
Aeltern ganz unaͤhnlich, wie ein langer, runder, mit kurzen 
oder keinen Fuͤßen verſehener Wurm geſtaltet, welcher den 
Namen Engerling, Raupe oder Made, auch Larve 
(larva) erhalten hat. Jene Jungen haͤuten ſich bloß und be⸗ 
kommen nach und nach Fluͤgel, dieſe dagegen haͤuten ſich auch, 
ohne ihre Geſtalt zu aͤndern, und liegen darauf eine Zeit lang 
unbeweglich da, ohne Nahrung einzunehmen, meiſtens von ſei⸗ 
denartigen Geweben umſchloſſen; dann fuͤhren ſie den Namen 
Puppe (pupa). Aus der Huͤlle dieſer Puppe kriecht dann 
das Inſekt in ſeiner vollkommenen Form erſt hervor. Dieſe 
Inſekten wachſen alſo nur als Raupen. Man unterſcheidet 
nach dieſer Verſchiedenheit die Inſekten mit der erſteren Ver⸗ 
wandlung als ſolche mit unvollkommener Metamor- 
phoſe, die der zweiten als mit vollkommener Metamor⸗ 
phoſe begabte, die letzteren find die zahlreicheren. 


Fünfte Kaffe. Inſekten. Käfer. 63 


Die Gruppe der Inſekten iſt übrigens unter allen Thier— 
gruppen die groͤßte; man kennt gegenwaͤrtig gewiß 80,000 
verſchiedene Arten, die theils von pflanzlicher, theils von thie— 
riſcher Nahrung leben. Folgendes iſt die Eintheilung der— 
SE | le 


Inſekten mit vollkommener Metamorphoſe. 
a. Mit beißenden Mundtheilen und Fluͤ⸗ 


geldecken. 1. Fam. Käfer, 
b. Mit ſaugenden Mundtheilen. 
Vier ungleiche nackte Fluͤgel . 2. — Immen. 
Vier ungleiche beftäubte Fluͤgel. 3. — Falter. 
zun we Flüge „ 4. — Fliegen. 
B. Inſekten mit unvollkommener Meta⸗ 
morphoſe. 
a. Mit beißenden Mundtheilen. 8 
Vier gleichgebildete netzfoͤrmig ge⸗ Pi 
aderte Flügel > 5. Negflügler. 


Vier ungleiche Fluͤgel, die vorperkn 
lederartig, die hinteren der Laͤnge 
nach gefaltet. . . 6. — Gradfluͤgler. 
b. Mit n Mundtpellen, 7. — Halbdecker. 


Erſte Familie. Kaͤfer, Coleoptera. i 


§. 63. Außer den aufgeführten Merkmahlen der horni⸗ 
gen Vorderfluͤgel (Fluͤgeldecken) und der beißenden Mund⸗ 
theile, haben fie noch andere eigenthuͤmliche Eigenſchaften. 
So finden ſich faſt niemals bei ihnen Nebenaugen; ihr erſter 
Bruſtring iſt freier abgeſondert, die beiden folgenden aber ſind 
mit dem Bauch enger verwachſen und von den Fluͤgeldecken 
verdeckt. Ein Stachel kommt ihnen nicht zu. Ihre Larven 
haben hoͤchſtens 6 Fuße, oft gar keine, einen deutlichen Kopf 
und leben in der Erde, im Holze, wenige auf Blaͤttern; die 
Puppe hat freie, ſichtbare Gliedmaßen. Dahin: b 

Der Puppen räuber (Calosoma sycophanta) mit fadenförs 
migen, eilfgliedrigen Fuͤhlern, langen Beinen, fuͤnfgliedrigen Fuͤßen, 
und breiten, gold und gruͤn glaͤnzenden Fluͤgeldecken. Häufig in 
Waldungen, frißt, wie ſeine ſchwarze e Schmetterlingsraupen, 


beſonders der Liparis dispar. 
Vurmeiſter's Grundriß d. ale 5 


66 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


Der breite Schwimm käfer (Dyticus latissimus) wird “* 
lang, iſt oben gruͤnlich mit gelbem Rande, unten ganz gelb; Hinter⸗ 
beine breit gedrückt, mit Haaren am Rande zum Schwimmen. Fuͤh⸗ 
ler fadenfoͤrmig. Maͤnnchen mit erweiterten Vorderfuͤßen, Weibchen 
mit gefurchten Fluͤgeldecken. Lebt, wie ſeine 3“ lange, gruͤnlichgelbe 
Larve, in Fiſchteichen, und ſtellt dem Fiſchlaich nach. Selten. 

Der Todtengraͤber (Neerophorus vespillo) hat knopffoͤrmige, 
geſtielte Fuͤhlerhoͤrner und hinten abgeſtutzte Fluͤgeldecken; Farbe 
ſchwarz, Fuͤhlerknopf und 2 Binden der Decken rothgelb; Bruſt gelb— 
haarig. Die breite, ſchwarze Larve lebt im Aas, das der Käfer mit 
feinen Kameraden eingeſcharrt hat. 

Der Maikaͤfer (Melolöntha vulgaris), Fühler fächerförmig, 
beim Männchen größer; Leib dick, faſt rund, mit fpiger Afterdecke; 
Fluͤgeldecken mit 3 ſchwachen Rippen. Farbe ſchwarz, Fuͤhler, Beine 
und Fluͤgeldecken braun, Bauchringe mit weißem, dreieckigem Geis 
tenfleck. Die gelbe, weiche, vothköpfige Larve (Engerling) hat ſechs 
lange Beine und lebt in der Erde von Graswurzeln. | 

Der Roßkaͤfer (Scarabaeus stercorarius) iſt kuͤrzer, aber dicker, 
hat aͤhnliche, faͤcherfoͤrmige, aber kleinere, bei beiden Geſchlechtern 
gleiche Fühler und eine ſtumpfe Afterdecke. Farbe ſchwarz, ſtahl— 
blau angelaufen. Lebt im Pferdemiſt, die Larve in der Erde. 

Die ſpaniſche Fliege (Lytta vesicatoria) hat gerade ſchnur⸗ 
foͤrmige Fuͤhlhoͤrner, und an den vier Vorderbeinen fünfgliedrige, 
an den hinteren viergliedrige Fuͤße. Farbe einfarbig metalliſch gruͤn. 
Lebt auf Eſchen, Hartriegel (Ligustrum) und wird zu Blaſenpflaſtern 
benutzt. 

Der Schreiner oder Geiger (Lamia aedilis) hat lange, bor⸗ 
ſtenfoͤrmige Fuͤhler, viergliedrige Fuͤße und einen ziemlich breiten, 
flachen Körper. Farbe grau, mit undeutlichen Wolkenflecken. Die 
gelbe, fußlofe Larve lebt im Bauholz; der Käfer giebt bei der Des 
ruͤhrung einen zirpenden Ton von ſich, den er durch Reiben des er⸗ 
ſten Bruſtringes am zweiten hervorbringt. 

Das Sonnenkaͤferchen (Coceinella septem- RR hat 
einen halbkugelfoͤrmigen Leib, kleine in einen Knopf endende Fühler, 
und ſcheinbar dreigliedrige, eigentlich viergliedrige Fuͤße. Farbe 
ſchwarz, Fluͤgeldecken roth, mit 7 ſchwarzen Flecken. Die ſchwarze, 
rothgefleckte, rauhe, ſechsfuͤßige Larve lebt auf Pflanzen, die von 
Blattläuſen bewohnt werden, und 1 fi ch von derte Daher 
Blattlausloöͤwe genannt. 


5 Zweite Familie. Immen oder Hautf lügle r, ET 
§. 64. Sie haben einfache Aeugelchen und Netzaugen, 
vier ungleiche, haͤutige Fluͤgel, die von wenigen verzweigten 


Fuͤnfte Klaſſe. Inſekten. Immen oder Hautfluͤgler. 67 


Adern durchzogen werden. Bisweilen fehlen ſie. Mundtheile 
ſaugend, die Unterkiefer ſind flach, lederartig, und bilden eine 
Scheide, welche die in eine fleiſchige, oft lange, roͤhrenfoͤrmige, 
auch wohl behaarte, oder in mehrere Lappen getheilte Zunge 
auslaufende Unterlippe umgiebt. Weibchen mit einem Sta- 
chel. Larven theils mit Kopf und bis 22 Füßen, theils fußloſe, 
nicht mit einem deutlichen Kopf verſehene, alſo blinde, Maden. 
Die Schlupfwespen (Ichneumones), mit langen, borſten⸗ 
foͤrmigen Fuͤhlern, duͤnngeſtieltem Hinterleibe und kurzer Unterlippe. 
Die Weibchen ſtechen die Schmetterlingsraupen an, legen ihre Eier 
in dieſelben und tödten ſie dadurch. Man kennt ſehr viele (gegen 
1000) einheimiſche Arten dieſer Gruppe. 

Die Wespe (Vespa vulgaris), mit geknickten Fuͤhlern, der 
Lange nach gefalteten Oberfluͤgeln, und kegelfoͤrmigem, geſtieltem 
Hinterleibe. Farbe ſchwarz, gelb gefleckt, Hinterleib mit gelben Bin— 
den, deren jede 2 ſchwarze Punkte führs Das Weibchen bauet ein 
Neſt aus Holkzſtuͤckchen, und gründet darin einen einjährigen großen 
Staat, der aus Be Arbeitern, Maͤnnchen und Weibchen 
beſteht. 

Die . (Apis melliſica) hat geknickte Fuͤhler, eine 
lange, runde Zunge, ungefaltete Oberfluͤgel und breitgedruͤckte Hin— 
terſchienen und Fuͤße. Farbe braun, roͤthlich behaart. Bauet eine aͤhn— 
liche, mehrjährige Wohnung aus Wachs, welches von eigenen Or— 
ganen am Hinterleibe abgeſondert wird; ſammelt Blumenhonig 
ein zur Ernahrung des Staates, der aus vielen geſchlechtsloſen Ar— 
beitern, vielen Maͤnnchen (Drohnen und einem Weibchen (Königin, 
Weiſel) beſteht. 

Die Ameiſen (Formicae) haben geknickte, kolbige Fuͤhler, 
keine verlängerte Zunge, und einen runden, von einem knotenförmi— 
gen oder Schuppenfoͤrmigen Stiel getragenen Hinterleib. Manche 
haben keinen Stachel, ſondern vertheidigen ſich durch Beißen. Auch 
ſie leben in Kolonien, aber in der Erde. Jeder Staat beſteht aus 
ungeflügelten Arbeitern, geflügelten, groͤßeren Weibchen und kleine— 
ren Männchen, Die ſogenannten Ameiſene ier find die Puppen, — 


Dritte Familie. Falter oder Schmetterlinge, Lepidoptero. 

$. 65. Sie haben vier haͤutige, von kleinen dachziegel⸗ 

artig uͤber einander liegenden Schuppen bedeckte Fluͤgel, deren 

hinteres Paar kleiner iſt, als das vordere. Mundtheile ſau⸗ 

gend; die meiſt langen, hohlen, fadenfoͤrmigen Unterkiefer bil⸗— 
x * 


68 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


den einen ſpiralig aufrollbaren Ruͤſſel (R ollzunge genannt), s 


der von den Taſtern der Unterlippe verdeckt wird. Larven le⸗ 
ben frei auf Blättern und haben 10 — 18 Füße. Puppe mit 
verſteckten Gliedern, oft in Geſpinnſten eingeſchloſſen. 

Die Tagfalter (Papiliones) haben lange, kolbige Fuͤhler, 


einen kleinen Leib, große Fluͤgel und eine lange Rollzunge. Rau⸗ 


pen haͤufig mit Dornen, Puppe frei haͤngend. Der große (F. po- 
Iychlorus) und k leine Fuchs (P. urticae), ſo wie die Kohlweiß⸗ 
linge (P. crataegi, P. brassicae, P. napi) gehoͤren hierher und ſind 
uns Allen bekannt genug. 

Die Schwaͤrmer, Abend: oder Dämmerungsfalter 
(Sphinges) haben einen dicken, kegelfoͤrmigen Leib, kleinere, ſchmale 
Fluͤgel, eine ſehr lange Rollzunge und kuͤrzere, eylindriſche Fuͤhler. 
Raupen nackt, auf dem letzten Ringe mit einem Horn. Puppe frei, 
in der Erde. Z. B. der Wolfsmilchſchwaͤrmer (Sph. Eu- 
phorbiae), der Todtenko pf (Sph. atropos) und viele andere. 

Die Nachtfalter oder Spinner (Bombyces) haben einen 
dicken Leib, breite Fluͤgel und gekaͤmmte Fuͤhler. Ihre Raupen ſind 
meiſtens ſtark behaart und ſpinnen ein dichtes Gewebe. Z. B. der 
Seidenſpinner (B. mori), die Ring elmotte (B. neustria), 
die Kupferglocke (B. alnifolia) u. a. m. 

Die Eulen (Noctuae) haben borſtenfoͤrmige Fühler, kegelfoͤr⸗ 
mige Leiber, und kleinere Fluͤgel, die den Leib wie ein Dach bedek— 
ken. Raupen leicht behaart oder nackt; verpuppen ſich in einem 
leichten Gewebe. Z. B. das rothe Ordeneb un (N. elocata), 
die ) Eule (N. gamma) u. v. a 

Die Blattwickler (Tortrices) haben borſtige Fihler, breite, 
abgeſtutzte oder am Ende ausgeſchweifte Fluͤgel, die flach auf dem 
Leibe liegen, und einen meiſtens nur kleinen Koͤrper. Ihre nackten 
Raupen wickeln Blaͤtter zuſammen, und wohnen in dieſem Gehaͤuſe, 
oder bohren Fruͤchte an; z. B. die Obſtmotte (T. pomana), de⸗ 


ren fleiſchfarbige oben buauncötzliche Larve in Kern und Steinobſt 


Gaͤnge bohrt. 

Die Motten (Tineae) haben feine, borſtenfoͤrmige, oft ſehr 
lange Fühler, längere weiter hervorſtehende Taſter, und ſchmale, 
flach neben einander liegende Fluͤgel; z. B. die Kleidermotte 


(T. pellionella), grau, mit weißgelbem Halsringe. Die nackte Raus i 


pe lebt in wollenen Kleidern, dee und ſpinnt ſich eine 7 7 
worin fie pipe et. 


* 


Vierte Familie. Fliegen oder Zweiflügler, Bee 
§. 66. Sie haben faugende Mundtheile, d. h. einen 


4 


5 Fuͤnfte Klaſſe. Inſekten. Fliegen oder Zweifluͤgler. 69 


meiſt kniefoͤrmig gebogenen, weichen Ruͤſſel, in welchem harte 
Borſten liegen. Hinterfluͤgel fehlen, ſtatt deren zwei geſtielte 
Knoͤpfchen (Schwingkolben, balteres); die vorderen duͤnn⸗ 
haͤutig, mit wenigen, verzweigten, meiſt parallelen Rippen. 
Weibchen ohne Stachel, aber manche ſtechen mit dem Ruͤſſel. 
Larve fuß⸗ und kopflos (Made), lebt verſteckt; Puppe meiſt 
in der alten Larvenhaut. 
’ Die achten Fliegen (Muscae) haben dreigliedrige Fühler 
und wenige (4) Hauptadern im Flügel. Maden leben in Miſt, Aas 
und Pflanzentheilen; z. B. die Schmeißfliege (Musca vomi- 
toria), blaugrau, mit ſtahlblauem Hinterleibe. Legt ihre Eier auf 
faules Fleiſch. Die Maden find in 7 Tagen erwachſen. Die Fleiſch— 
fliege (M. carnaria) iſt etwas größer, aber ſchlanker; Leib ſchwarz 
und weiß getäfelt, Augen roth. Gebiert lebendige Maden, die fie 
an's Fleiſch legt. Die Stubenfliege (M. domestica), ein Drit⸗ 
tel fo groß, grauſchwarz, Hinterleib am Grunde gelb. Die weiße 
Made lebt im Miſt. 
Die Stechfliege (Stomoxys calcitrans) hat das Anſehn ei⸗ 
ner Stubenfliege, iſt jedoch etwas kleiner und hat einen duͤnnen, 
grade nach vorn vorſtehenden Ruͤſſel. Sticht Menſchen und Vieh, 
ſaugt alſo Blut. 

Die Bremſengattung (Oestrus) hat ſehr kleine, knopffoͤr⸗ 
mige Fuͤhler, und eine unſcheinbare, kaum ſichtbare Mundoͤffnung. 
Leib meiſtens dicht behaart. Die Larven leben im Leibe der Pferde 
und Wiederkaͤuer, z. B. die von Oestrus ovis in dem Rachen und 
der Naſenhoͤhle der Schaafe. Fliege braͤunlich, mit weißlichem Kopf. 
Groͤße faſt wie eine Schmeißfliege. 

Die Stechmuͤcke (Culex pipiens) hat vielgegliederte, behaarte 
Fuͤhler, einen langen, grade hervorſtehenden Ruͤſſel, leicht behaarte 
Fluͤgel und lange, duͤnne Beine. Saugt Blut. Die Larven und 
Puppen leben im Waffer, worin fie durch ne des Hinter⸗ 
leibes munter Webers munen. N 


„Fünfte Familie Gitterflügler, Neuroptera. 


F. 67. Sie haben beißende Mundtheile, wie die Kaͤfer, 
jeder Unterkiefer haͤufig von einer Art Kappe (Helm, galea) 
bedeckt. Fuͤhler bald laͤnger, faden⸗ oder kolbenfoͤrmig, bald 
borſtenfoͤrmig. Vier gleich große, haͤutige, von gitterfoͤrmigen 
Adern durchzogene Fluͤgel. Weibchen ohne Stachel. Larven 
aͤhneln mehr oder weniger dem vollkommnen Inſekt, leben 


70 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


meiſtens im Freien, oder im Waſſer, haben große Kiefer und 
ſechs Beine. Einige ruhen als Puppe, andere Barer ſi 0 
und freſſen. 

Der Ameiſenloͤwe (Myrmecoleon formicarum) hat kurze, 
kolbige Fuͤhler, eine kleine Bruſt, aber einen langen duͤnnen Hinter— 
leib. Die kurze, breite, eifoͤrmige, etwas flache, mit 2 großen Kie— 
fern verſehene Larve graͤbt Trichter im Sande, und naͤhrt ſich von 
den hineinfallenden Inſekten, beſonders Ameiſen. 

Die $lorfliege(Hemerobius perla) hat lange, borſtenfoͤrmige 
Fuͤhler, ſonſt den Bau des Vorigen. Ihre Farbe iſt ein blaſſes 
Gruͤn, die Augen golden. In Gärten. Die dunkelſleiſchrothe, Ian: 
zettfoͤrmige Larve lebt zwiſchen den Blattlaͤuſen auf Pflanzen, und 
frißt ſie mit ihren großen, weit vorſtehenden Kiefern. 

Die Skorpions fliege (Panorpa communis) hat ein ſchna⸗ 
belfoͤrmig verlaͤngertes Maul und borſtenfoͤrmige Fühler; der Hin: 
terleib des Maͤnnchens läuft in eine dicke, an zweien Gliedern haͤn⸗ 
gende Zange aus. Farbe gelblich, braun gefleckt; Fluͤgel ebenſo. 
Zange roth. Gemein in Gebuͤſchen. Larve noch unbekannt. 

Die Fruͤhlingsfliegen (Phryganeae) haben lange, borſten— 
foͤrmige Fuͤhler, ein ſchwaches Gebiß und vier ungleiche, beſtaͤubte 
oder behaarte Flügel. Z. B. die große F. (Phr. grandis), gelb: 
grau, mit vielen dunkelen, grauen und weißen, verworrenen Zeich— 
nungen auf den Oberfluͤgeln. Die unter dem Namen Sprocken 
bekannten Larven leben im Waſſer, athmen durch Kiemen, und bauen 
ſich Roͤhren, in denen ſie wohnen. 

Die Waſſerjungfern (Libellulae) haben kurze, borſtenfoͤr— 
mige Fuͤhler, ein ſtarkes Gebiß, und vier gleich große Fluͤgel. Die 
gemeine W. (L. vulgata) iſt gelb oder roth, mit glashellen Fluͤ⸗ 
geln, die am Grunde breit gelb ſind. Gemein auf Wieſen. Die 
Larven leben im Waſſer, und haben eine ausſtreckbare Zange am 
Maul zum Ergreifen der Beute. 

Die Hafte oder Eintagsfliegen ecke haben die⸗ 
ſelben Fuͤhler, ein ſchwaches Gebiß und vier ungleiche oder nur zwei 
Fluͤgel. Hinterleib mit 2 oder 3 Endborſten. Die gemeine H. 
(E. vulgata) iſt gelblich, braun gefleckt, Fluͤgel braun geſprenkelt. 
Leben nur kurze Zeit; haͤuten ſich noch als vollkommenes Inſekt. 
Die Larven leben im Waſſer und athmen vermittelſt ſeitlicher Kiemen. 


Sechste Familie. Gradfluͤgler, Orthoptera. 


$. 68. Sie haben ſtarke, beißende Mundtheile, bei wel⸗ 
chen die Unterkiefer von einem dicken Helm bedeckt ſind. 
Fuͤhler lang, vielgliedrig. Vorderbruſtring freier abgeſondert. 


— 


Fuͤnfte Klaſſe. Inſekten. Gradfluͤgler. Halbdecker. 71 


Flügel grade ausgeſtreckt, die oberen lederartig (Decken), die 
unteren der Laͤnge nach gefaltet, nur beim Ohrwurm umge⸗ 
ſchlagen. Keine vollkommene Verwandlung. Weibchen mit 


zweiklappiger Legeſcheide. 

Der Ohrwurm (Forficula auricularia) hat perlſchnurfoͤrmige 
Fuͤhler; kurze, abgeſtutzte Fluͤgeldecken; umgeſchlagene, gefaltete Fluͤ— 
gel, und eine Zange am Schwanzende. Kriecht gern in kleine Loͤcher; 
frißt ſaftige Fruͤchte. Ä 

Die Gryllen (Grylli) haben lange, borſtenfoͤrmige Fühler, . 
dreigliedrige Füße und verlängerte, ſtaͤrkere, hintere Springbeine. 
Die Feldgrylle (G. campestris) iſt dunkelbraun, mit blutrothem 
Innenrande der Hinterſchenkel. Gemein in Erdloͤchern auf Feldern; 
das Maͤnnchen giebt, wie das der folgenden Art, einen lauten zir— 
penden Ton von ſich. Das Heimchen (G. domesticus), kleiner, 
einfarbig gelbgrau. In Haͤuſern an warmen Stellen, beſonders 
bei Bädern. 

Die Maulwurfsgrylle oder der Riedwurm, Wiere 
(Gryllotalpa vulgaris), hat keine hinteren Springfuͤße, aber breite, 
vordere Maulwurfsfuͤße zum Graben. Auf Feldern in Erdloͤchern. 

Die Gras huͤpfer (Locustae) haben lange borſtenfoͤrmige Fuͤh— 

ler, viergliedrige Fuͤße, und verlaͤngerte, hintere Springbeine mit 
dicken Schenkeln. Der grüne Gr. (Gr. viridissimus) iſt ganz gras: 
gruͤn mit gelbem Bauch. Auf Feldern, im Geſtraͤuch und auf Baͤu— 
men. Das Maͤnnchen giebt einen lauten zirpenden Ton von ſich. 
a Die Heuſchrecken (Acridia) haben kurze, cilindriſche Fuͤh— 
ler, dreigliedrige Fuͤße und zum Springen taugliche, laͤngere Hin— 
terbeine. Beruͤchtigt iſt die Zugheuſchrecke (A. migratorium) 
wegen ihrer verheerenden Züge. Sie wird 13“ lang, iſt ſchmutzig 
grün, mit braun gefleckten Decken. Ueberall in Deutſchland, aber 
meiſtens nur einzeln. N 


Siebente Familie. Halbdecker, Hemiptera. 


§. 69. Ihre Mundtheile find in einen Schnabel umge- 
wandelt, der aus einer gegliederten Scheide und vier darin 
liegenden Borſten beſteht. Vorderbruſtring freier abgeſondert. 
Flügel ungleich, die vorderen häufig zur Hälfte hornig, die 
hinteren mit verzweigten Adern; dieſe oft der Lange nach ge— 
faltet. Bisweilen fehlen beide. Verwandlung unvollkommen. 

Die große Gruppe der Wanzen (Cimices) zeichnet ſich aus 
durch 4—5 gliedrige, meiſtens lange Fuͤhler, eine 3 — 4: gliedrige 
Schnabelſcheide, die an der Bruſt zuruͤckgeſchlagen liegt, und aller- 


17 


92 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


meiſtens halb hornige Fluͤgeldecken. Bei der Bettwanze (Cimex 
lectularius) fehlen die Fluͤgel, d ie Schnabelſcheide iſt dreigliedrig, 
der Leib ſehr flach und duͤnn; Farbe gelbbraun, In Häusern, 
Bettſtellen, ſaugt Menſchenblut. 0 
Die Zirpen (Cicadae) haben kurze, borſtenförmige Fuͤhler 
und einen dickeren, kuͤrzeren Leib. Vorderfluͤgel nicht abweichend, 
oder nur derartig, Die Singzirpe oder Cikade (C. orni) 
wird einen Zoll lang, iſt braun, mit gelben Streifen am Bauch. 
Lebt im ſuͤdlichen Europa auf Eſchen; die Maͤnnchen geben einen 
lauten, zirpenden Ton von ſich. Die Schaumzirpe (C. spuma- 
ria) hat einen ſpitzeren, dreiſeitigen Kopf, lederartige Vorderflügel 
und hintere Springbeine. Farbe grau, mit 2 braunen Binden. 
4 lang. Die grüne Larve lebt auf Pflanzen, und verbreitet einen 
weißen Schaum um ſich, den man Kukuksſpeichel genannt hat. 

Die Blattlaͤuſe (Aphides) haben ziemlich lange, 5 — 7 ⸗glied⸗ 
rige Fuͤhler und vier ungleiche, haͤutige Fluͤgel. Am Bauch haben 
fie hinten 2 Rohren, die einen honigartigen Saft austroͤpfeln laſſen. 
Sie leben auf Pflanzen, ſaugen deren Saft, und verurſachen da— 
ſelbſt oft fruchtfoͤrmige Auswuͤchſe. Z. B. die gruͤne . 
(A. rosae), an den jungen Trieben der Roſe. 

Die eigentlichen Läufe (Pediculi) haben FAN, 5: glied⸗ 
rige Fühler, keine Flügel, und hakenfoͤrmige, eingliedrige, zum Feſt— 
klammern eingerichtete Fuͤße. Die Arten leben auf Saͤugethieren und 
ſaugen deren Blut. Z. B. die Kopflaus des Menſchen (P. ca- 
pitis), gelblich, mit braun durchſcheinendem Magen, 14“ lang. 


Sechste Klaſſe. 
Spinnenartige Gliederthiere, Aru ehue du 


$. 70. Die Eintheilung des Körpers in zwei Haupt⸗ 
abſchnitte, von welchen der vordere die Sinnesorgane und die 
acht Gliedmaßen trägt, der hintere die Ernaͤhrungsorgane 
enthaͤlt, giebt den Charakter dieſer Gruppe. Ihre Mundtheile 
beſtehen, wie bei den Inſekten, aus zwei meiſtens ſcheeren— 
oder hakenfoͤrmigen Oberkiefern, zweien kleineren mit großen 
Taſtern verſehenen Unterkiefern und einer undeutlichen taſter⸗ 
loſen Unterlippe. Die Fuͤhlhoͤrner fehlen, ebenſo die zu— 
ſammengeſetzten Augen; die Anzahl der einfachen wechſelt 
von 2 bis 12. Die Taſter der Unterkiefer find oft groß und 


U 


25 | Sechſte Klaſſe. Spinne. 73 


ſcheerenfoͤrmig, die Beine nie. Ihre Anzahl iſt immer acht“). 
Der Hinterleib iſt entweder ein einfacher ungegliederter 
Bauch (achte Spinnen), oder er beſteht aup mehreren, Deut: 
lichen oder undeutlichen Gliedern. a 

Von inneren Organen zeigen die Athmungswerkzeuge 
Verſchiedenheiten. Bei den einen (aͤchten Spinnen) ſind es 
gefaltete Luftſaͤcke, Lungen; bei den andern aͤſtige Lu; troͤh⸗ 
ren, Tracheen; dieſe haben mehrere Luftloͤcher, jene nur zwei, 
die in beiden Faͤllen am Hinterleibe liegen. 

Die Thiere dieſer Gruppe haͤuten ſich, und verwandeln 
ihre Geſtalt nur darin, daß die Alten oft ein Fußpaar mehr 
haben, als die Jungen. Sie freſſen faſt nur thieriſche Nah⸗ 
rung und beſitzen Giftdruͤſen, und oft ſtark verletzende Stachel. 

Man theilt ſie in 4 Gruppen. 

a. Spinnen mit Luftſaͤcken. 
1. Bauch deutlich getrennt, aber un⸗ f 
n . 1. Fam. Aechte Spinnen. 


„Bauch undeutlich getrennt, ge⸗ 
j lieder 8 „ 2. — Skorpione. 


b. Spinnen mit Luftröhren. 
1. Bauch gegliedert, von der Bruſt 


ſchwach getrennt.. 4. — Phalangien, 
2. Bauch und Bruſt Br ige ge: 
trennt. Bu. 3. — Milben. 


Erſte Familie. Aechte Spinnen, Araneae. 


8.71. Taſter und Kiefer niemals ſcheerenfoͤrmig, die letz— 
teren mit einem beweglichen durchbohrten Zahn, in welchen 
der Ausgang der Giftdruͤſe muͤndet. Hinterleib ungegliedert, 
blaſig; an feiner Spitze mit mehreren, ſeidenartigen Fäden ab— 
ſondernden Druͤſen (Spinnorgane). 6 — 8 Augen. Bekannt 
ſind: 


Die Buſchſpinne (Mygale avicularia), mit unterwärts ge⸗ 
bogenem Kieferzahn und dicken, ſtark behaarten Beinen. Der Bauch 
allein hat die Groͤße eines Taubeneies, die Beine gegen 3“ lang, 
Farbe braun. Braſilien; ſaugt jungen Voͤgeln das Blut aus. 

Die Kreuzſpinne (Epeira diadema) hat einwaͤrts gebogene 


*) Die ſechsbeinigen Milben find nur Junge. 


74 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


Kieferhaken und acht in zwel bogenfoͤrmigen Querlinien geſtellte Au⸗ 
gen. Bauch wie eine Hafelnuß, gelb oder grau, mit weißen ein 
Kreuz bildenden Flecken. Gemein in Gärten, ſpinnt ein großes, 
frei ſchwebendes Netz, und faͤngt darin et, denen ſi ie das Blut 
ausſaugt. 

Die Tarantel (Lycosa tarantula), faſt dreimal ſo guet ane 
lich, Bruſtſtuͤck mit einem Ruͤckenkiel; acht Augen, in der Form eines 
Rechteckes. Italien, lebt in Erdloͤchern, macht kein Gewebe. Ihr 
Biß erregt 1 


Zweite Familie. Skorpione, Arthrogastra. 


$. 72. Es find große Arachniden, mit langen meiſt 
ſcheerenfoͤrmigen Taſtern an den Unterkiefern, die Unkundigen 
für Beine gelten, daher man fie für zehnfuͤßig halten 
koͤnnte. Der Hinterleib iſt ziemlich mit dem Bruſtſtuͤck ver⸗ 
wachſen, aber in mehrere (oft 12) Glieder getheilt. 

Der europaͤiſche Sk. (Scorpio europaeus) hat fcheerenför: 
mige Taſter, ſechs Augen am Nande, und zwei auf der Mitte des 
Cephalothorax; die 5 letzten Glieder des Hinterleibes find viel duͤn— 
ner und länger, bilden einen Schwanz, deſſen Spitze eine Blaſe 
trägt, welche in einen gebogenen Stachel ausläuft, der als Waffe 
dient; in der Blaſe die Giftdruͤſe. Suͤd-Europa. Seine Stiche er— 
regen Entzuͤndungen. Man kennt noch viele Arten aus Neben Ge⸗ 
genden, deren Stiche toͤdtlich ſein ſollen. 


Dritte Familie. Phalangien, Phalangodea. 


$. 73. Sie haben ſcheerenfoͤrmige Kiefer, und lange, 
bald fadenfoͤrmige, bald ſcheerenfoͤrmige Taſter. Leib birnfoͤr— 
mig, gegliedert. Nur 2 Augen mitten auf dem Bruſtſtuͤck. 
Hierher: 


Der Webe rknecht oder Schneider (Phalangium opilio) 
hat fheerenfürmige Oberkiefer und Taſter, einen kurzen, dicken Hin: 
terleib und ſehr lange, duͤnne Beine, die ausgeriſſen noch lange 
zucken, und ſich, wie bei allen Spinnen, wieder neu am Körper erzeu⸗ 
gen. Sitzen an Waͤnden in Grübchen, jagen Nachts nach Fliegen. 


Vierte Familie. Milben, Acarina. 


$. 74. Leib klein, kugelfoͤrmig, Bruſt nicht vom Sin. 
terleibe deutlich geſchieden, dieſer ohne Ringel. Kurze, drei— 
gliedrige Taſter. Kiefer theils borſtenfoͤrmig, theils lanzett— 


Sechſte Klaſſe. Milben. Kruſtaceen. 75 


artig, theils ſcheerenfoͤrmig. 2 — 9 Augen. Leben im Waſſer, 
auf Pflanzen, in fauligen Subſtanzen, z. B. Kaͤſe, als Schma⸗ 
rotzer auf Thieren, und find oft ungeheuer häufig. 3. B. 
Die rothe Gartenmilbe (Trombidium holosericeum), ſchar— 
lachroth, ſammetartig glaͤnzend; die vier vorderen Beine von den 


hinteren entfernt. Kriecht in Gärten an ſchattigen Stellen unter 
Buͤſchen umher. 


Die Kaͤſemilbe (Acarus siro) hat Warze Beine und einen glat: 

ten, glaͤnzenden, mit langen Borſten beſetzten Leib; Farbe weißlich— 
gelb. Haͤufig im alten Kaͤſe. 

Die Waſſermilben (Hydrarachnae) haben vier nd mit 
Wimpern beſetzte Fuͤße, und einen beweglichen Haken an der Spitze 
der dreigliedrigen Taſter. Dieſe bilden zugleich die Scheide der bor— 
ſtenfoͤrmigen, einen Schnabel bildenden Kiefer. Viele, rothe und blaue, 
ſchwarz gefleckte Arten finden ſich in unſern ſtehenden Gewaͤſſern. 


+ 


Siebente Klaſſe. 
Krebsartige Gliederthiere, Kruſtaceen, Crustacea. 


$. 75. Dieſe Gruppe iſt, mit der folgenden, die vielge⸗ 
ſtaltigſte unter den Gliederthieren; die Eintheilung des Leibes 
in viele, meiſtens ungleiche Ringe, von welchen alle, oder die 
meiſten, mit Gliedmaßen verſehen ſind, deren Zahl nicht un- 
ter 10 faͤllt, giebt noch den beſten Charakter. Sie haben in 
der Regel vier, ſeltener zwei, Fuͤhler; zuſammengeſetzte oder 
einfache Augen, nie beide zugleich; zwei oder mehrere Kiefer: 
paare, die oft wie Fuͤße geſtaltet, mitunter die Beine ſelbſt 
ſind, und in den meiſten Faͤllen Taſter tragen. Die Beine, 
ſowohl an Zahl, als auch an Groͤße und Geſtalt unter ſich 
ſehr verſchieden, enden haͤufig ſcheerenfoͤrmig. Sie leben mei— 
ſtens im Waſſer, athmen daher gewoͤhnlich durch Kiemen, die 
an den Fuͤßen, meiſtens oben am Schenkel, angebracht ſind, 
und eine blatt- oder buͤſchelfoͤrmige Geſtalt haben; bei Eini⸗ 
gen bilden ſie Saͤcke unter dem Hinterleibe. — Man kann 
ſie folgendermaßen eintheilen: 


I. Leib in gleichgeſtaltete Ringe getheilt, 


der Kopf frei. Bruſtkaſten gegliedert. 
Mehr als vierzehn Fuͤße . 1. Fam. Myriopoden. 


16 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


Vierzehn gleiche Füße: „ 2. Jam. Iſopoden. 
Vierzehn Füße, die vorderen von den 5 
hinteren verſchieden. 3. — Amphipoden. 
II. Leib in ungleiche Ringe getheilt, 
Bruſtringe von einem Panzer 
bedeckt, Fuͤße verſchieden. | | 
Mehr als zehn Füße, Kopf frei. 4. — Stomatopoden. 
Zehn Fuͤße, Kopf mit dem Bruſtſtuͤck 
verwachſen. 5. — Dekapoden. 
III. Leib von 1, 2 oder mehreren gro: | 
ßen Schalen ganz oder zum Theil 
bedeckt. Fuͤße gleichfoͤrmig. 
Maul ohne Kiefer, zwiſchen den Schen- 


keln der zehn Fuͤße. 6. — Pöellopoden. * 
Maul mit Ne e viele blattartige e 
Fuße. .. . — Phyllopoden. 


Wenige ne Füße. x F 8. — Lophyropoden. 
Sechs Paare geſpaltener vanfenfürs 

migen Füße. nd) 9. — Girripedien, 

Maul ſchnabelfoͤrmig mit borsenarti⸗ 

gen Kiefern, oder kieferlos. 10. — Schmarotzerkrebſe. 


Erſte Familie. Tauſendfuͤßer, Myriopoda. 


F. 76. Ihr Leib beſteht aus vielen (12 — 50) vollkom⸗ 
men gleichen Ringen, deren jeder ein oder zwei Fußpaare 
traͤgt. Am Kopf ein Paar Fuͤhler und viele einfache Augen. 
Sie leben auf dem Lande und athmen durch Luftroͤhren, die 
von Luftloͤchern zwiſchen den Ringen entſpringen. 3. B. 

Der Skolopender (Scolopendra forficata), mit vielgliedri— 
gen, fadenfoͤrmigen Fuͤhlern, Taſtern an den Unterkiefern, 15 Fuß— 
paaren, und abwechſelnd groͤßeren und kleineren Ringen. Leib flach 
gedruͤckt. Farbe kaffebraun. Unter Steinen, Baumrinden; gemein. 

Der Tauſendfuß (Julus terrestris) hat kurze, kolbige Fuͤhler, 
keine Taſter, einen runden Leib mit gleich großen Gliedern, deren je— 
des 2 Fußpaare traͤgt. Farbe braun, mit gelblichem Ruͤckenſtreif; 
13’ lang, gemein unter Steinen; rollt ſich bei der eee ſpi⸗ 
ralfoͤrmig zuſammen. | 


Zweite Familie. Gleichfüßer, Isopoda. 
F. 77. Ihr Leib beſteht, außer dem Kopf, aus ſieben 


e _ 
9 


Siebente Klaſſe Kruſtaceen. Amphipoden. Stematopoden. 77 


Hauptringen, auf welche 3 — 6 kleinere Ringe, die den Hin⸗ 
terleib (Schwanz) bilden, folgen; von den ſieben Bruſtrin⸗ 
gen hat jeder ein Fußpaar. Vier Fuͤhler am Kopf, viele 
einfache Augen. Kiefer oft ohne Taſter. Athmen durch Kie⸗ 
men, die als Bläschen unter dem Hinterleibe liegen. W 
meiſten leben im Meer. 3. B. 

Die Kelleraſſel (Oniscus murarius), mit ach t gliedrigen äuße— 
ren, und zweigliedrigen inneren Fuͤhlern, Leib eifoͤrmig, unten 
flach, oben gewoͤlbt, ſchwarzgrau, mit 2 Reihen gelber Flecken. Ge: 
mein an Mauern, unter Steinen, ſelbſt in feuchten Kammern ꝛe. 


Die Waſſeraſſel (Asellus aquaticus), mit längeren Fuͤhlern 
und eingliedrigem, rundlichem Hinterleibe, woran zwei gegliederte, 
gabelige Anhaͤnge. Weibchen mit einem Eierſack an ir Bruft. Ge: 
mein in füßen er be 


N Dritte Familie drohte e, Ainpkipnde,. | 


N 78. Ihr Leib iſt haufig ſeitlich zuſammengedruͤckt, 
hat einen freien Kopf, mit vier meiſt langen, vielgliedrigen Fuͤh⸗ 
lern und großen zuſammengeſetzten Augen. Darauf folgen 6 
oder 7 groͤßere Ringe, mit eben ſo vielen Fußpaaren, von 
welchen die vorderen ſcheeren- oder hakenfoͤrmig geſtaltet find; 
an der Baſis dieſer Füße die Kiemenblaſen. Hinterleib 3 — 6: 
ringelig, mit gegliederten Anhaͤngen an allen oder den letzten 
Ringen. Alle leben im Waſſer, die Meiſten im Meere. 

»Die Flußgarnele (Gammarus pulex) hat lange, borftenför: 
mige, obere Fuͤhler, die am dritten Gliede mit einem zweiten, ganz 
kleinen gegliederten Fortſatz verſehen ſind; die drei erſten Fußpaare 
hakig. Sechs Hinkerleibsringe, die 3 letzten mit Anhaͤngen. Wird 
3" lang, hat eine graugrünliche Farbe, und findet Re häufig in Baͤ⸗ 
chen, z. B. bei Berlin im Schaafgraben. 


Vierte Familie. Maulfüßer, Stomatopoda. 


$. 79. Ihr Kopf iſt, wie bei den Vorigen, noch frei, 
‚ar die Augen find ſchon, wie bei den Folgenden, geſtielt und 
zuſammengeſetzt; vier Fuͤhler; die Fuͤße am vorn von einem 
gemeinſamen Panzer bedeckten, hinten noch gegliederten Bruſt⸗ 
ſtuͤck, die Kiemen unter dem ziemlich langen Hinterleibe, am 
Ende deſſelben breite Floſſen. Leben nur im Meere. 


= 


78 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


Der Heuſchreckenkrebs Squilla mantis) hat kurzgeſtielte Aus 
gen und acht Fußpaare, von welchen die fünferften am Vorderen, 
vom Panzer bedeckten Theile des Bruſtkaſtens in der Naͤhe des 
Mundes ſitzen und hakenfoͤrmig enden; die drei hinteren, kuͤrzeren 
einen gegliederten Anhang haben, und an drei freien Ringen des 
Bruſtkaſtens befeſtigt find. Der lange Hinterleib hat oben fünf erha= 
bene Leiſten. Der Krebs wird 8-10“ lang und findet ſich im Mittelmeer. 


Fünfte Familie. Zeh nf HIT Decapoda, 


8. 80. Der Kopf iſt mit dem großen Rückenſchilde des 
Bruſtkaſtens verwachſen; an ihm 2 geſtielte, zuſammengeſetzte 
Augen und vier Fühler. Am Munde find. ſechs Paare von 
Kauwerkzeugen, die meiſten mit Taſtern. Am Brr ſtſtuͤck 
ſitzen fünf Paar Füße, von welchen das vorderſte in der Re⸗ 
gel wie eine Scheere endet. Die Kiemen ſitzen an den Schen— 
keln, unter dem Bruſtſchilde. Der 3 n 
hat keine oder verkuͤmmerte Fuße. | 


A. Mit großem, im Leben meiſtens grade Audi 
tem Hinterleibe (gemeiniglich Schwanz 5 an deſſen 
Ende 5 Floſſen. Langſchwaͤnze. 

Der Flußkrebs (Astacus fluviatilis) hat ſcheerenfoͤrmig gebil⸗ 
dete Vorderfuͤße, deren erſtes Paar ſehr groß iſt, und einen von kal⸗ 
kigen Halbringen bedeckten Hinterleib, deſſen Seitenendfloſſen aus zwei 
Stuͤcken beſtehen. Er wird gegen 6“ lang, iſt im Leben braun, im 
Tode roth, findet ſich in unſern ſuͤßen Gewaͤſſern und naͤhrt ſich von 
thieriſchen Subſtanzen, beſonders Aas. 

Der Einſiedlerkrebs (Pagurus Bernhardus) hat nur am er⸗ 
ſten Fußpaare Scheeren und einen nicht von kalkigen Halbringen bes 
deckten, ſondern nackten Hinterleib. Er findet ſich im Meere und 
ſucht ſich Schneckenſchalen, in welchen er den weichen Leib W Hin 
um ihn gegen Angriffe zu ſchuͤtzen. 

B. Mit kleinem Hinterleibe, der keine Floſſen am En⸗ 

de hat, und im Leben gegen die Bruſt nach vorn umgefchla- 
gen iſt. Kurzſchwaͤnze, Taſchenkrebſe. 
Der gemeine Taſchenkrebs (Cancer pagurus) hat, wie 
alle Kurzſchwaͤnze, nur am erſten groͤßeren Fußpaare Scheeren, die 
uͤbrigen Fuͤße laufen in ein kegelfoͤrmiges Glied aus. Bruſtſtuͤck 
breit, faſt halbkreisfoͤrmig, am Vorderrande jederſeits mit 9 Zaͤh— 
nen. Gemein in den Meeren an deutſchen Kuͤſten. 


* 


Siebente Klaſſe. Kruſtaceen. Poͤcilopoden. Phyllopoden. 79 


Sechste Familie. Stachelfuͤßer, Poecilopoda. 


S. 81. Kopf mit dem großen, faſt kreisfoͤrmigen Bruſt⸗ 
ſtuͤck verwachſen, dieſes hinten tief ausgeſchnitten zur Auf⸗ 
nahme des Hinterleibes. Fuͤnf Fußpaare, alle ſcheeren formig, 
in ihrer Mitte das Maul, und die mit Stacheln beſetzten 
Huͤften vertreten die Stelle der Kiefer. Kiemen unter Klap⸗ 
pen am Hinterleibe, dieſer laͤuft in einen Stachel aus. 

Hierher die einzige Gattung des moluckiſchen Krebſes 


(Limulus moluccanus), ein großes Thier von 1“ Durchmeſſer und 
brauner ET, das an oſtindiſchen Kuͤſten gefunden wird. 


Siebente Familie. Blattfuͤßer, Phyllopoda. 


$. 82. Kopf bald verwachſen, bald frei; Maul mit 2 
großen, ſtarken Kiefern; dahinter am Bruſtſtuͤck viele blatt⸗ 
foͤrmige gewimperte Fuͤße. Hinterleib ohne Fuͤße, am Ende 
mit Borſten oder Schwimmblaͤttern. Z. B. 

Der Blatt fuß (Apus cancriformis), mit verwachſenem Kopf 
und einem großen, ovalen Ruͤckenſchilde, das das ganze Bruſtſtuͤck 
verdeckt. Am Ende des Hinterleibes 2 lange Borſten. Bisweilen 
in großer Menge in Pfuͤtzen, Gräben ꝛc. 

Der Kiemenfuß (Branchiopus stagnalis) hat einen freien 

Kopf, kein Ruͤckenſchild, ſondern ein freies, gegliedertes Bruſtſtuͤck. 
Ebenda. Beide 1“ lang. 


Achte Familie. Buͤſchelfuͤßer, Lophyropoda. 


§. 83. Kopf mit dem Bruſtſtüͤck verwachſen; an ihm 
2 oder 4 oft aͤſtige Fühler und ein einziges mittleres Auge. 
Leib bald deutlich gegliedert, bald von zwei großen, klappen⸗ 
foͤrmigen Schalen zum Theil oder vollkommen bedeckt. Beine 
in geringer Anzahl, hoͤchſtens 5 Paare, gegliedert, mit ar 
ſten und Wimpern beſetzt. Z. B. 

Das Einauge(Cyclops quadricornis) hat einen geſtreckten, deut: 
lich gegliederten Leib, vier nicht aͤſtige Fühler und meiſtens fünf Fuß⸗ 


paare. Das Weibchen fuͤhrt 2 große Eierſaͤcke mit ſich herum. In 
Graͤben und Pfuͤtzen. 

Der Waſſerfloh (Dapkhik pulex) ; Leib von zwei Elappigen 
Schalen umſchloſſen, aus welchen nur der Kopf hervorragt; 2 äftige 
Fuͤhler, 5 Fußpaare; Farbe fleiſchroth, Darm gruͤn; ſo groß wie 
ein Stecknadelknopf; bisweilen zu Millionen in Gräben und Pfuͤtzen. 


80 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


Neunte Familie. Ranken fü ßer, Cirripedia 9 


9. 84. Kopf im Alter undeutlich, mit dem Bruſtſtück 
verwachſen, augenlos, in der Jugend mit einfachem Auge und 
2 Fuͤhlern. 2 Paare taſterloſer Kiefer, 6 Fußpaare, jeder 
Fuß aus 2 gegliederten Ranken gebildet. Stecken im Alter in 
großen kalkigen aus mehren Stuͤcken zuſammengeſetzten Scha⸗ 
len, die mit einem haͤutigen oft ſtielfoͤrmigen Grunde feſtſitzen. 

Die Entenmuſchel (Lepas anatifa) hat eine fuͤnfſchalige 
Kalkhuͤlle, die von einem langen haͤutigen Stiel getragen wird. 
Thier mit fünf Paar zipfelfoͤrmigen Kiemen und langem ſchwanz⸗ 
foͤrmigen Anhange zwiſchen den Fuͤßen. In allen Meeren. 

Die Seepocke (Balanus tintinnabulum) hat eine aus mehreren 
Stuͤcken zuſammengewachſene, kegelfoͤrmige, oben offene Schale, de— 
ren Eingang durch 2 Deckelſchalen verſchloſſen wird. Die Schale 
ſitzt ohne Stiel auf Auſterſchalen, Steinen, ie. Das Thier mit 2 
großen gefaltenen Kiemen. 


Zehnte Familie. Schmarotzerkrebſe, Parasita. 


$. 85. Kopf mit dem Bruſtſtuͤck verwachſen, an ihm in 
der Regel 2 ungeſtielte Augen und 2 oder 4 Fuͤhler. Maul 
mehr oder weniger ſchnabelfoͤrmig, mit borftenförmigen Kie⸗ 
fern, oder eine bloße Oeffnung, ohne alle Kiefer (2). Vorder⸗ 
beine hakig zum Anklammern, die hinteren floſſenfoͤrmig; 
hoͤchſtens 6 Fußpaare, bisweilen gar keine, ſondern bloße flei— 
ſchige Lappen an deren Stelle. Die Thiere leben als Schma⸗ 
rotzer auf Fiſchen und find von unbedeutender Groͤße. Z. B. 

Caligus piseinus, mit 2gliedrigen Fuͤhlern, Augen am Border: 
rande eines jedenſeits vorn vom Bruſtſchilde entſpringenden Fort⸗ 
ſatzes, mit ruͤſſelfoͤrmigem Maul und 6 Fußpaaren, die zwei erſten 
hakenfoͤrmig. Auf mehreren n Dorſchen, Lachſen u. ſ. w. 


eee 
Wuͤrmer, Vermes*’*). 
8. 86. Der nackte Leib der Wuͤrmer beſteht aus vielen 
su”) rufen meine „Abhandlung: eg zur Naturgefichte 


der Rankenfuͤßer. Berlin 1834. 
) Die Vereinigung der bisher unter dem Namen von Roth: 


Achte Klaſſe. Wuͤrmer. 81 


unter ſich gleichen Ringen, die oft ſehr deutlich, häufig aber 
auch nur ſchwach, abgeſetzt ſind. Gliedmaßen finden ſich noch 
an dieſen Ringen, doch eigentlich dann nur mit Beſtimmtheit, 
wenn zugleich der Kopf mit Fuͤhlern und Augen deutlicher 
hervortritt. Es find in dieſem Fall kurze, hoͤckerige, mit Bor⸗ 
ſten beſetzte Fuͤße. Sonſt finden ſich ſtatt ihrer bloße Borſten 
oder große, muskuloͤſe Gruben, Saugnaͤpfe genannt. Sie 
liegen dann, wie die Füße, am Bauch, meiſtens am Vorder: 
und Hinterende; auch liegt wohl die Mundoͤffnung in einer 
ſolchen Sauggrube. Auf der Oberflaͤche ſtehen bei Vielen lange, 
feine oder dickere Borſten, die den Thieren ein haariges An— 
ſehen geben, daher man ſie, weil ſie im Meere leben, Meer— 
raupen zu nennen pflegt. Oft wird die Rauhigkeit durch 
zwiſchen den Borſten befindliche Kiemenbuͤſchel verſtaͤrkt. Die 
im Waſſer Lebenden haben zum Theil Kiemen und rothes 
Blut in deutlichen Gefaͤßen; die Uebrigen leben im Inneren 
anderer Thiere, haben keine Athmungswerkzeuge und kein 
rothes Blut. Dieſen iſt dagegen ein gabelfoͤrmig getheilter, 
mit vielen Nebenaͤſten verſehener Darm eigen, der blind endet, 
alſo keine Afteroͤffnung hat; die erſteren haben einen einfa— 
chen, graden oder mit weiten Taſchen verſehenen Darm mit 
Afteroͤffnung am Hinterleibe. | 
Man kann dieſe Klaffe folgendermaßen eintheilen: 


würmern oder Anneliden, Strudelwuͤrmern und 
Eingeweidewuͤrmern als getrennte Klaſſen aufgeſtellten 
Gruppen in eine einzige Klaſſe, bedarf vor dem ſachkundigen 
Publikum eines näheren Beweiſes, der nicht hierher gehoͤrt; es 
genuͤgt zu bemerken, daß es kein einziges ausſchließendes Merk: 
mahl giebt zur Trennung in 2 natuͤrliche Klaſſen, Ringel- und 
Eingeweidewuͤrmer, die man gewöhnlich anzunehmen pflegt, 
ſondern daß ſich außer dieſen mehrere gleichwerthige Gruppen 
finden, zu welchen aus beiden Klaſſen ſich entſprechende und er— 
gänzende Glieder gehören. Dieſe Gruppen habe ich vorläufig 
als Familien bezeichnet; die umftändliche Beweisfuͤhrung behalte 
ich mir für die Zukunft bei beſſerer Gelegenheit vor. Die Rä: 
derthiere, welche ich früher den Würmern verwandt glaubte, 
ergeben ſich nach Hrn. Ehrenberg's neueſten Mittheilungen 
als Krebſe, und nahe Verwandte der Lophyropoda; ſie ſind, 
als unbedeutende Uebergangsglieder, jetzt ganz ausgelaſſen. 
Vergleiche mein Handbuch der Naturgeſchichte. Berlin 1835. 8. 
6 


Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 


82 Erfler Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 
A. Mit drehrundem Leibe, woran Bor⸗ Erſte Ordnung. 


ſten oder wahre Fuͤße. Darm grade, Arthrodes. 
mit After. | a 
a. Mit rothem Blut und Kiemen. 1. Fam. Rothwuͤrmer. 


b. Keine Kiemen, Blut roth, ſteife Bor— 

ſten ſtatt der Fuͤße. . ; 2. — Borſtenwüͤrmer. 
c. Ohne Kiemen und aͤußere Organe. i 

Blut weiß. Leib rund. 3. — Fadenwürmer. 
d. Keine Kiemen, Blut weiß, der Leib flach, 

zum Theil mit Wimpern verſehen. 4. — Strudelwuͤrmer, 


B. Mit flachem, ſchwach oder nicht ge- Zweite Ordnung. 


gliedertem Leibe, woran Sauggruben. Trematodes. 
a. Leib laͤnglich, mit Afteroͤffnung. Blut 
roth. . 5. Fam. Blutigelwuͤrmer. 


b. Leib ber ander lich Darm gabel ohne 

After. Eine Sauggrube, worin . 

Mund. 1 — Plattwürmer. 
e. Leib elliptiſch; Harm gabelig, ohne 5 

ter. Mehrere Sauggruben. 5 File m Saugmwürmer. 


C. Mit rundem oder flachem, deutlich | 
gegliedertem Leibe; Kopf mit Saug⸗ Dritte Ordnung. 


gruben oder Haken, oder beiden sur Helminthes, 

gleich. Kein After. | 9 N 
a. Kopf ein einziehbarer, elite Ruͤſſel, 

Leib rund. a . 8. Fam. Stachelkopfw. 


b. Kopf eckig; Leib flach, baudförmig. 9. — Bandwuͤrmer. 
c. Kopf eckig; Leib flach, endet in eine - 
Blaſe, A a aD: re Blaſenwuͤrmer. 


Erſte Familie. Rothwuͤrmer, Annulati. 


$. 87. Sie haben einen runden Leib mit deutlich abge- 
ſetzten, gleichen Gliedern, deren jedes an der Bauchſeite mit 
fußartigen Hoͤckern, die Borſten tragen, verſehen iſt. Der vor⸗ 
derſte Ring hat bisweilen einen abweichenden Bau, traͤgt dann 
gegliederte Fühler und 2 — 4 einfache Augen. Kiemen aͤußer⸗ 
lich buͤſchelfoͤrmig, theils auf dem ganzen Leibe, theils am 
Vorderende. Blut roth, in deutlichen Gefaͤßen. Dahin: 


Nereis pelagica, mit deutlichem Kopf, woran mehr als 2 Füh: 
ler und ein Maul mit 2 gezaͤhnten Kiefern; 4 Augen; drei kleine 


Achte Klaſſe. Wuͤrmer. Borſtenwuͤrmer. Fadenwuͤemer. 83 


Kiemenblaͤttchen jederſeits an jedem Ringe; 2 Schwanzfaͤden. Ge: 
gen 4“ lang. Gemein in der Nordſee. 

Serpula vermicularis (Wurmroͤhre); kein deutlicher Kopf, 
alſo auch keine Augen und Fühler; 2— 3 Kiemenbuͤſchel am Vor: 
derende des Koͤrpers; Fußhoͤcker mit kurzen Borſten, langere auf 
dem Ruͤcken. Die Thiere ſtecken in gewundenen Kalkroͤhren, welche 
von der Oberflaͤche ihres Koͤrpers abgeſondert werden, und die fie 
mit einem kolbenfoͤrmigen Anhang des erſten Gliedes verſchließen. 
Nordſer. 


Zweite Familie. Borſtenwuͤrmer, Chaetopodes. 


$. 88. Ihr Leib iſt drehrund, deutlich geringelt, mit. 
ſteifen Borſten an der Bauchſeite, theils an allen, theils an 
mehreren Ringen. Leib von verſchiedener Laͤnge; Kopf, Au⸗ 
gen, Fuͤhler nicht bei Allen bemerkbar; bisweilen Faͤden neben 
dem Munde. Leben im Schlamm des Ufers oder in ung 
ter Erde z. B. | 

Der Regenwurm (Lumbricus terrestris) hat keinen deutli⸗ 
chen Kopf, alfo auch keine Augen und Fühler, keine aͤußeren Kie— 
men, aber rothes Blut führende Gefäße, und kurze Warzen mit 
ſteifen Borſten in 4 Doppelreihen am Bauch und an der Seite. 
Auf ein Drittel des Leibes ein dickerer Ring (Sattel-Guͤrtel). Lebt 
in feuchter Gartenerde und gie dort Gänge, - Er naͤhrt fih vom 
Erdſaft (humus). 

Die Naiden haben einen BEN feinen, durchſichtigen, mit 
einzelnen oder mehreren Borſten jederſeits an jedem Ringe beſetzten 
Leib; bei manchen finden ſich Augen; bei keiner aͤußere Kiemen. 
Nais proboscidea hat einen langen Fuͤhlfaden (Ruͤſſel) an der 
Oberlippe, 2 Augen und 2 Borſten auf dem Rücken, 4 am Bauch 
an jeder Seite jedes Ringes. Pflanzt ſich auch durch Theilung fort. 
In ſtehenden Gewaͤſſern. Die meiſten Arten ſtecken in Röhren im 
Schlamm. 


Dritte Familie. Fadenwuͤrmer, Nematodes. 


FS. 89. Sie haben einen langen, drehrunden, meiſt duͤn⸗ 
nen Leib, ohne alle aͤußeren Organe, als Fußwarzen, Borſten 
u. dergl. Die Ringe des Leibes ſind kurz und nur ſchwach 
angedeutet, meiſtens in großer Anzahl vorhanden; Maul eine 
Beh: Oeffnung, ohne Haken und Kiefer. Blut weiß, Pr 

6 * 


81 Erſter Abſchnitt. Zoologie. II. Gliederthiere. 


der Koͤrper. Sie leben meiſtens im Inneren anderer Thie, 
beſonders im Darmkanal. Z. B. 

Der Spulwurm (Ascaris lumbricoides), ein RR feder⸗ 
kielsdicker, gelblichweißer Wurm, der an beiden Enden zugeſpitzt iſt. 
Maul von drei Knoͤtchen umgeben. Lebt im Darm des Menſchen, 
beſonders der Kinder. 5 


Vierte Familie. Strudelwurmer, Turbellarii. 


$. 90. Der Leib iſt laͤnglich, flach, bandfoͤrmig, wenig 
geringelt, bisweilen geſchwaͤnzt, auf der Oberflaͤche fein ge— 
wimpert, nicht zum Schwimmen geſchickt. Ueber der Mund⸗ 
oͤffnung nicht ſelten mehrere Augenpunkte. Darm weit, nicht 
gewunden, mit Afteroͤffnung. Blutgefaͤße bemerkbar, keine 
Athmungsorgane. Einige pflanzen ſich durch Theilung fort. 
Leben im Waſſer, zwiſchen Pflanzen und Steinen. 
i Der Schnurwurm (Nemertes [Borlasia] gigas) hat einen 
flachrunden Leib, eine vordere Mundoͤffnung, hintere Afteroͤffnung, 
und eine große ſaugnapffoͤrmige Geſchlechtsoͤffnung am Vorderleibe. 
Wird bis 6“ lang, lebt zwiſchen Steinen an den Kuͤſten von Eng— 
mi. liegt zuſammengeknauelt. Farbe braun, ins Gruͤnliche, mit 
5 helleren Läͤngsſtreifen. Sa 


Fünfte Familie. B lat gel ünmew, Hirudinei. 


$. 91. Ihr Leib iſt ebenfalls nackt, aber nicht lang, 
meiſtens nur 3 — 4”, dabei flach, breit, nach beiden Enden 
zugeſpitzt und ſchwach geringelt. Mundoͤffnung in einer Saug⸗ 
grube, eine zweite am Schwanzende unter dem After; Darm 
weit, mit Nebentaſchen und After; Blut roth; keine Kiemen, 
die Saͤcke an der Bauchſeite ſind Schleimorgane. Leben im 
Waſſer und ſaugen Blut an Ruͤckgratthieren. 3. B. 

Der medieiniſche Blutigel (Hirudo medicinalis), vor⸗ 
derer Saugnapf nicht abgeſetzt, blos der erweiterte Mundrand; im 
Munde drei lanzettfoͤrmige Kiefer mit gezaͤhnter Schneide. 10 Au— 
gen. Farbe oben braungruͤn, mit Augenflecken in 6 Reihen, unten 
grau, ſchwarz gefleckt. In Teichen, Baͤchen, wird zum Blutſaugen 
benutzt. 


Sechſte Familie. Plattwürmer, Planariei. 
$. 92. Sie haben einen mehr flachen Leib, welcher 


Achte Klaſſe. Würmer. Saugmärmer. Stachelkopfwürmer. 85 


keine deutliche Ringelung mehr zeigt, aber, beſonders bei den 
Jungen, mit Wimpern beſetzt iſt. An der Bauchſeite ein 
Saugnapf worin der Mund; am Vorderende Augen, die bis- 
weilen fehlen. Blut weiß. Darm gabelfoͤrmig, verzweigt, 
ohne After. Sie leben im Waſſer. Z. B. 

Der milchweiße Plattwurm (Planaria lactea), Maul 
an der Bauchſeite, mit vorſtreckbarem Ruͤſſel; Darm zeraͤſtelt, ohne 
After. 2 Augen. Farbe milchweiß, Darm ſcheint braͤunlich durch. 
In Gräben, an Steinen, Holkzſtuͤckchen u. ſ. w. 

Andere Arten und Gattungen leben im Meere, zwiſchen Tan⸗ 
gen und Korallen. 


Siebente Familie. Saugwuͤrmer, Trematodes. 


§. 93. Sie haben ganz die Geſtalt und Bildung der 
Vorigen, aber ihr Leib iſt glatt, ohne Wimper. Saugnaͤpfe 
meiſt groß, in verſchiedener Anzahl. Meiſtens keine Augen. 
Sie leben ſchmarotzend an anderen Thieren, beſonders im 
Darm z. B. 

Der Leberegel oder die Egelſchnecke ie hepa- 
ticum), mit großer Sauggrube am Bauch, einer kleineren, worin 
der Mund, und einem dritten kleineren Gruͤbchen Dan pen, wo⸗ 
rin der Eierſtock muͤndet. Darm ſtark zeraͤſtelt. Form und Größe 
eines kleinen Roſenblatts; Farbe gelblich. In den Gallengaͤngen 
der Schaafe und Menſchen; bisweilen ſehr gemein. Andere Gat— 
tungen finden ſich ſogar im Auge der Fiſche, manche auch aͤußerlich 
an den Kiemen und auf der Haut der Fiſche. 


Achte Familie. Sta ch elkopfwuͤrmer, Acanthocephali. 


§. 94. In dieſer Familie findet ſich ein ziemlich langer, 
immer drehrunder Leib wieder, welcher nach vorn gemeiniglich 
dicker wird; ganz am Vorderende ein Ruͤſſel, welcher auf der 
Oberflaͤche mit Haken beſetzt iſt, und in den Leib zuruͤckge— 
zogen werden kann. After fehlt. Hierher die Gattung: 

Echinorhynchus (Kratzer), deren viele Arten im Darm: 
kanal der Ruͤckgratthiere und Inſekten vorkommen, z. B. der Rie- 
ſenkratzer (Ech. gigas) beim Schwein. Er wird 1“ lang, ift fee 
derkielsdick und ſchwach geringelt; Maͤnnchen nur 3“, BR mit 
einem glockenartigen Anhange. 


86 Exffer Absſchnitt. Beofogie, II. Gsberthieres 


Neunte Familie. Bandwürmer, Cestodes. 


FS. 95. Leib lang, flach, deutlich gegliedert, von hinten 
nach vorn verſchmaͤlert, am ſpitzen Vorderende ein eckiger, mit 
2 oder 4 Sauggruben und oft einem Hakenkranz um den 
Mund beſetzter Kopf. Jedes hintere Glied hat eigene Ge⸗ 
ſchlechtsorgane, deren Ausfuͤhrungsgang bald auf der Flaͤche, 
bald am Rande liegt. Sie leben im Darm und in der Bauch⸗ 
hoͤhle der Ruͤckgratthiere. 3. B. N 

Der ſchmale Bandwurm (Taenia solium), Kopf viereckig, 
mit 4 Sauggruben und Hakenkranz. Glieder quadratiſch. Ge⸗ 
ſchlechtsoͤffnung abwechſelnd am Rande. Im Darm des Menſchen, 
beſonders in Deutſchland, Frankreich, England, Schweden. 

Der breite Bandwurm (Bothriocephalus latus) hat ei⸗ 
nen länglichen Kopf mit 2 Sauggruben; breite, quer rechteckige 
Glieder, deren Geſchlechtsoͤffnung am Bauch. Auch im Darm des 
Menſchen, beſonders bei Polen, Ruſſen, Boͤhmen und Schweitzern. 


Zehnte Familie. Blaſenwuͤrmer, Cystick 


$. 96. Sie haben einen kurzen, gegliederten, flachen 
Leib, der hinten in eine Blaſe auslaͤuft. Kopf der Vorigen. 
Wie dieſe ohne After, mit gabeligem Darm. Leben auch 
im Inneren der Thiere, aber nie im Darm. 3. B. 


Die Finne (Cysticercus cellulosae), Die Blaſe wird ſo groß 
wie ein Schrotkorn oder eine Erbſe, und geht allmaͤlig in einen Leib 


von der beſchriebenen Form über. Zu Tauſenden im Muskelfleiſch 


der Schweine, auch wohl des Menſchen. ß 

Der Drehwurm (Coenurus cerebralis), An einer einzigen 
Blaſe, welche größer als ein Huͤhnerei wird, hängen viele kleine 
Leiber von der eee Geſtalt, welche ſich ruͤckwaͤrts in die 


Blaſe zuruͤckziehen koͤnnen. Im Gehirn der Schaafe, veranlaßt die 
Drehkrankheit. 


Dritte Hauptgruppe. 
a uc 
$. 97. Das ficherfte Kennzeichen dieſer dritten Haupt⸗ 
gruppe des Thierreiches liefert ebenfalls die allgemeine Form 
des Körpers. Ihr Leib iſt nehmlich ein bloßer, bald mehr rund⸗ 


% 


licher, bald flacher, ſcheibenförmiger, bald auch länglicher, aber 
ſtets ungegliederter Sack, in welchem die oft ſehr vollkommen 
entwickelten Verdauungs- und Fortpflanzungsorgane ſtecken. 
An dieſem Leibe finden ſich wohl einige oder viele, häufig 
durch die Zahl vier oder fünf ohne Reſt theilbare, regel⸗ 
maͤßige Ausſtrahlungen, welche in einigen Faͤllen ſogar aus 
hintereinander liegenden, von Haut bekleideten, gleichen Kno— 
chengliedern beſtehen, aber nie erkennt man an dieſen Strah⸗ 
len jene Hauptabſchnitte, welche den Charakter der Gliedmaßen 
bilden, wieder; immer nehmen ſie vom Anfange gegen das 
Ende hin an Mang ab, und beſtehen aus gar keinen oder 
unzaͤhligen Gliedern. Bei den ſack⸗ und röhrenförmigen liegt 
der Mund vorn, bei den ſcheibenfoͤrmigen in der Mitte an 
der Unterſeite; um ihn ſtehen meiſtens einziehbare Fuͤhlfaͤden, 
oder lange, hohle, nicht einziehbare Fangarme. Bei manchen 
bedecken den Leib eine, zwei oder mehrere Kalkſchalen; bei 
anderen iſt er nackt, aber mit vielem Schleim uͤberzogen; bei 
noch anderen ſetzt ſich die Kalkmaſſe im Inneren ab. 
Unter den inneren Organen fehlt der Darm wohl nie; 
oft iſt er ein gewundener Kanal mit Schlund, Magen, Dünn- 


. EIER Neunte Klaſſe. Bauchthiere. eee 


darm und Dickdarm, zu welchen die große Leber hinzu— 


kommt; bei anderen iſt er ein bloßer einfacher geſchlaͤngelter 
Kanal; bei anderen ein bloßer blinder Sack ohne Ausgang; 
bei wieder anderen haͤngen viele rundliche Magen an dem 
hinten offenen Darmkanal. Die Fortpflanzungsorgane be— 
ſtehen aus großen Eierſaͤcken, die ſich bald am Bauch, bald 
in der Naͤhe des Mundes oͤffnen. 

Von Sinnesorganen finden ſich noch Augen, ja ſelbſt 
Gehoͤrswerkzeuge, und dann iſt der Kopf auch deutlicher vom 
uͤbrigen Leibe getrennt, allen anderen fehlen Kopf und Sin⸗ 
neswerkzeuge vollkommen. 

Die allermeiſten dieſer Thiere leben im Waſſer, beſonders 
im Meere, und freſſen dann thieriſche Nahrungsmittel, einige, 
die auf dem Lande, aber nur an feuchten, ſchattigen Stellen 
vorkommen, freſſen auch Blaͤtter. i 

Man theilt die Mauchthierz folgendermaßen ein: 


88 Erſter Abſchnitt. Zoologie. IH. Bauchthiere. 


a) Weichthiere. Ihr weicher, von 1, 2 oder mehr Kalk: 
‚Schalen umgebener Leib hat einen weichen, vielen Schleim 
abfondernden Hautlappen (Mantel), welcher den gan: 
zen Koͤrper umhuͤllt. Maul vorn. N 

b) Strahlthiere. Ihr flacher oder kugeliger, ſelten cy— 
lindriſcher Leib iſt von kalkigen oder lederartigen Scha— 
len umgeben und laͤuft in 5 oder 10 Hauptſtrahlen aus, 

in deren Mitte das Maul. a; 

c) Quallen. Ihr meiſtens flacher, ſeltener blafiger, gal— 
lertartiger Leib hat keine Schale, aber 4 oder 8, auch 
viele Fangarme um den mittleren Mund, der jedoch ei- 
nigen fehlt; ſtatt feiner dann viele Saugroͤhren. 

d) Polypen. Leib gallertartig, rundlich, mit vorderer, von 
Fuͤhlfaͤden umgebener Mundoͤffnung. Viele Thierchen 

durch gemeinſame Haut zu einem aͤſtigen oder ſtrahli— 
gen Stamm, der innen oder außen Kalkmaſſe abſetzt, 
verwachſen. ' | | 

e) Infuſionsthiere. Leib klein, gallertartig, frei oder 

diurch Stiele zu einem gemeinſchaftlichen Stamm ver- 
wachſen. Inwendig viele rundliche Magenblaſen. 


Neunte Klaſſe. 
Weichthiere, Mollus ca. 


§. 98. Hierher die einzigen Bauchthiere mit deutlichem 
Kopf und Sinnesorganen, welcher jedoch nicht einmal allen 
zukommt. Ihr Leib iſt eine ziemlich große, fleiſchige Höhle 
mit vorderer Mundoͤffnung. Von den Seiten des Ruͤckens 
entſpringt der weiche, haͤutige Mantel, welcher theils den 
ganzen Leib, theils nur die Eingeweide einhuͤllt. Er ſondert 
die kalkigen Schalen ab, von welchen die meiſten Weichthiere 
umgeben werden. Unter dem Mantel liegen zugleich die Ath— 
mungsorgane, bei den meiſten faltige oder buͤſchelfoͤrmige 
Kiemen, bei anderen eine große faltige Lunge. Alle haben 
einen wahren Darm, mit Afteroͤffnung und einer großen 
braunen Leber. Eben ſo wenig fehlt das Gefaͤßſyſtem, auch 


Neunte Klaſſe. Mollusken. Cephalopoden. 89 


iſt immer ein Herz da, von welchem die Bewegung des blaͤu— 
lich weißen Blutes ausgeht. Das Nervenſyſtem bildet einen 
Ring um den Schlund, von welchem die paarigen Nerven 
zu den uͤbrigen Organen hingehen. Bei den meiſten bildet 
die untere Kante des Bauches eine fleiſchige Schwiele, auf 
welcher ſie fortkriechen, und die daher den Namen Fuß erhal- 
ten hat. Die kalkige Schale iſt theils eine gewundene Roͤhre, 
theils beſteht fie aus zwei Klappen, ſelten aus mehreren glei— 
chen oder ungleichen Stuͤcken; manchen fehlt ſie. 
Man theilt die Weichthiere folgendermaßen ein: 

A. Mit deutlichem Kopf, woran Fuͤhlfaͤden und Augen. f 

Kopf mit großen, langen Fangarmen; 

Mantel ſackfoͤrmig, vorn offen.. 1. Fam. Kopffüßer. 

Kopf mit 2 oder 4 einziehbaren Fuͤhlern; 

Mantel meiſt groß, die Eingeweide um— 


huͤllend; Fuß flach, ſcheibenfoͤrmig 2. — Bauchfuͤßer. 
Kopf mit kleinen, einziehbaren Fuͤhlern; 

Mantel klein; Fuß floſſenfoͤrmig. 3. — Kielfuͤßer. 
Kopf klein, neben ihm 2 fluͤgelartige Aus— 

breitungen des Mantels. 4. — Floſſenfuͤßer. 


B. Kein deutlicher Kopf. 
Am Bauch 2 fleiſchige, gefranzte, einroll— 
bare Arme, dazwiſchen das Maul. 5. — Armfuͤßer. 
Bauch kielfoͤrmig, daneben 2 Paar blaͤtt— 
rige, inwendig gefaltete Kiemen. Manz 
tel weit. 2 Schalen. 6. — Muſcheln. 
Bauch ganz von dem nur vorn und zinten 
offenen Mantel umſchloſſen, Kiemen in 
einer beſonderen Hoͤhle. Keine Schale. 7. — Mantelthiere. 


5 Erſte Familie. Kopffuͤßer, Cephalopoda. 


$. 99. Kopf groß, rundlich, mit 2 großen Augen, dar⸗ 
über die Mundoͤffnung, von den langen, fleiſchigen Fangar— 
men umgeben. Im Maul 2 Kiefer und eine gezaͤhnte Zun⸗ 
ge. Leib wie ein Sack, wegen des großen, vorn offenen 
Mantels, in welchem, außerhalb des Koͤrpers, die Kiemen 
liegen. Alle leben im Meere und freſſen Fleiſch. Geſchlech⸗ 
ter getrennt. Hierher: 

Der Dintenfiſch n officinalis), mit 10 Armen, wovon 2 


\ 


90 Etrſter Abſchnitt. Soslogie. III. Bauchthiere. 


länger; Leib laͤnglich, jederſeits mit einer fluͤgelfoͤrmigen Ausbrei⸗ 
tung des Mantels; im Mantel am Ruͤcken ein kalkiges Schalenſtuͤck. 
Mittelmeer, kriecht auf dem Grunde mit dem Maul nach unten, hat 
eine mit brauner Farbe gefuͤllte Blaſe, aus welcher die braune Farbe 
Sepia bereitet wird.’ Dieſen Saft laͤßt er bei Gefahr ins. Waſſer, 
truͤbt daſſelbe und entgeht dadurch ſeinen Feinden. 
Der Papier nautilus (Argonauto argo) hat 8 Arme, wovon 
2 floffenartig erweitert find. Das Thier ſteckt in einer weißen, ges 
rippten, kahnfoͤrmigen Schale, mit welcher es auf der N des 
Meeres ſeegelt. Mittelmeer. 


Zweite Familie. \Ba uch fuͤßer, Schne e en, 3 


S. 100. Leib langgeſtreckt, mit deutlichem Kopf, woran 
2 oder 4 Fuͤhler, die hinteren mit Augen am Grunde oder 
an der Spitze. Bauch eine breite, ſehnige Scheibe; der Man⸗ 
tel duͤnn, die Eingeweide umhuͤllend, meiſtens mit dieſen in 
der roͤhrigen, ſpiralfoͤrmig gewundenen Schale verſteckt. Sie 
athmen meiſtens durch Kiemen, einige auch durch Lungen; 
dieſe find alle Zwitter, die Uebrigen bald getrennten Ge⸗ 
ſchlechtes, bald bloß weiblich, bald ebenfalls Zwitter. 3. B. 

Die ſchwarze Waldſchnecke (Limax ater), ohne Schale, mit 
ovalem, flachem, ſchildfoͤrmigem Mantel auf dem Ruͤcken, unter wel⸗ 
chem ſich der Leib verbirgt. Lunge ein faltiger Sack im Mantel, am 
rechten Rande deſſelben die Oeffnung. An feuchten Stellen im Walde, 
rothbraun oder ſchwarz; frißt Vegetabilien. | 

Die große Gartenſchnecke (Helix pomatia), ebenfalls mit 
Lungen, und jener im: Bau ähnlich, aber der Mantel ſteckt mit den 
Eingeweiden in einer gewundenen, glatten Schale, deren letzte Win⸗ 
dung die faltige Lunge einnimmt. Athemloch in der Außenecke, da⸗ 
neben der After. Erreicht uͤber 10 im Durchmeſſer. Farbe braun⸗ 
grau. In feuchten Gebuͤſchen; wird gegeſſen. 

Die Poſthornſchnecke (Planorbis corneus) hat eine flache 
Schale, deren Windungen alle in einer Ebene liegen. Das Thier 
hat nur 2 aber ſehr lange, zugeſpitzte Fuͤhler. Gehaͤuſe uͤber 1“ im 
Durchmeſſer, braunſchwarz, Thier ſchwarzgrau. In ſuͤßen Gewaͤſ⸗ 
ſern, kommen an die Wan um friſche Luft in die Lungen auf⸗ 
zunehmen. 5 f 
Die mit Kiemen verſehenen Schnecken tragen dieſelben 
an ſehr verſchiedenen S Stellen; bei den meiſten liegen ſie im 
Nacken des Thieres in einer beſonderen Hoͤhle, und haben, 


wie die Fiſchkiemen, ein kammf ormiges. Anſehen (daher 


Neunte Klaſſe. Mollusken. Heteropoden. Pteropoden. 91 


Kammkiemer)z fie ſind getrennten Geſchlechtes. Bei an⸗ 


deren liegen ſie an der rechten Seite und werden vom Man⸗ 


tel bedeckt (Dachkiemer)z wieder andere haben auf dem 


Ruͤcken freie bu ſchelfoͤrmige Kiemen (Nacktkiemer)z 
noch andere haben ſie an einer oder beiden Seiten des Koͤr⸗ 


pers in einer tiefen Falte zwiſchen Mantel und Leib (Ser, 


tenkiemer), und find meiſtens bloß weiblich. Die zahlrei⸗ 


chen Gattungen dieſer Gruppen leben mit wenigen Ausnah⸗ 
men im Meere, beſonders der Tropengegenden“ ). 


Dritte Familie. Kielfüßer, Heteropoda. 
$. 101. Kopf deutlich, mit Augen und Fuͤhlern, Maul 
ruͤſſelfoͤrmig verlängert; Leib geſtreckt, an der Bauchſeite eine 
zuſammengedruͤckte Floſſe, die am Hinterrande einen Saug⸗ 
napf hat. Schale klein, müͤtzenförmig, zart, nimmt nur die 
Leber und Kiemen auf. Schwimmen im Meere, den Bauch 


nach oben, wo die Floſſe als Seegel dient. Z. B. 


Carinaria cymbium, mit ſpitzem, breitem, floſſenfoͤrmigem Schwanz, 
kleiner quergereifter Schale, ruͤſſelfoͤrmigem, ausſtreckbarem Maule, 


zwei langen, vorderen Fuͤhlern und kleinen n mit ele 


Farbe blaͤulich. Mittelmeer. 


— 


Vierte Familie. Floſſenfuͤßer, Pteröpoda. 
$. 102. Kopf oft undeutlich, neben ihm zwei fluͤgelfoͤr⸗ 


mige Fortſaͤtze des Mantels. Leib bald nackt, bald in einer 


Schale. Leben in der hohen See. 3. B. 
Das Wallfiſchaas (Clio borealis), mit deutlichem Kopf, 


worgn 2 kleine Fühler, die ſich in ein Paar Gruben zuruͤckziehen. Leib 
laͤnglich, flach, vom Mantel enge eingehuͤllt, ohne Schale; 1“ lang. 


Im Nordmeer ſehr haͤufig; die gewoͤhnlichſte Speiſe der Wall ſiſche. 


Fuͤnfte Familie. Armfuͤßer, Brachiopoda. 
8. 103. Kein Kopf, der Leib ſteckt in einer zweiklappi⸗ 
gen Schale, welche von einem fleiſchigen Fortſatz des Thieres 
(Fuß) getragen wird. Mit dieſem Fuß ſetzen fie fich feft. 


) Die unendliche Mannigfaltigkeit in den todten Schalen und Ge⸗ 
häufen der Schnecken hier naͤher auseinander zu ſetzen, wuͤrde den 
Schuͤler ermuͤden, beſonders da er in den Naturgegenſtaͤnden ſeiner 
Umgebung umſonſt nach Repraͤſentanten ſucht; ſolche Eroͤrterun— 
gen müſſen einem ſpezielleren Vortrage vorbehalten e 


J 


92 Erſter Abſchnitt. Zoologie. III. Bauchthiere. 


Mund unterhalb, neben ihm zwei fleiſchige, gefranzte Arme, 
die das Thier ſpiralig einrollt. Alle im Meere. Z. B. 

Ligula anatina. Schalen länglich, etwas keilfoͤrmig, dünn, gleich 
groß. Der Fuß dringt hinten zwiſchen beiden Schalen hervor und 
iſt ſehr lang.“ Schale hornfarben. Indiſcher Ocean. 

Bei Terebratula durchbohrt der Fuß den Buckel der größeren 
Schale. Ebenda. | 
Sechſte Familie. Muf cheln, Conchifera. 

$. 104. Ebenfalls ohne Kopf. Der Leib vom haͤutigen 
Mantel eingehuͤllt, deſſen Lappen an der Bauchſeite bald ge- 
trennt, bald verwachſen ſind; darunter neben dem Ruͤcken die 
blattförmigen, hohlen, inwendig gefalteten Kiemen. Die Bauch— 
kante laͤuft in einen fleiſchigen Kiel oder Fortſatz aus, auf wel⸗ 
chem das Thier fortkriecht (daher Fuß). Der ganze Leib ſteckt 
in zwei meiſtens gleichen, runden, nach außen gewoͤlbten Scha— 
len, die an der Ruͤckenſeite zuſammenſtoßen, mit Zähnen in ein— 
ander greifen (Schloß) und aͤußerlich durch ein ſehniges Band 
verbunden ſind. Mit dieſen Schalen ſteht das Thier durch 
einen oder zwei Muskeln in Verbindung. Die Thiere leben 
nur im Waſſer, meiſtens im Meere. Sie bilden, naͤchſt den 
Schnecken, die zahlreichſte Gruppe der Mollusken. 3. B. 
Die Auſter (Ostrea edulis). Schalen flach, gleich, durch einen 
dicken Muskel, welcher mitten in der Schale von der einen Hälfte 
zur anderen hinuͤberläuft, und an jeder Schale einen tiefen Eindruck 
macht, verbunden. Mantel ganz offen, am Rande gefranzt. Schloß 
ohne Zahn. Band klein und dick. Im Meere an europaͤiſchen Kuͤ— 
ſten, auf Sandbaͤnken. Wird gegeſſen. 

Die Perlmuſchel (Meleagriua margaritifera) Hat 2 Muskel: 
eindruͤcke in jeder Schale, alſo auch 2 Verbindungsmuskeln. Schalen 
flach, ſcheibenfoͤrmig, gleich groß. Schloß ohne Zahn. Mantel ganz 
offen. Im indiſchen Ocean. Die Schale wird als Perlmutter 
zu Kunſtſachen bereitet; kleine, runde, kugelfoͤrmige Abſonderungen 
des Mantels ſind die ſo geſchaͤtzten aͤchten Perlen. 

Die Teichmuſcheln (Anodontae) finden ſich bei uns in ſuͤßen 
Gewaͤſſern, haben 2 Muskeln, gleiche Schalen, keinen Zahn am 
Schloß, und einen uͤberall offenen Mantel. Man kennt mehrere 
Arten, die ſich nach der Groͤße und Form der duͤnnen, inwendig 
perlmutterfarbenen, außen gruͤnbraunen Schalen unterſcheiden. 

Die Malermuſchel (Unio pictorum) hat einen ſtarken Zahn 
am Schloß und eine dickere Schale, die vorn abgerundet, nach hin: 


Neunte Klaſſe. Tunicaten. Radiaten. 93 


ten zugeſpitzt iſt. Sie findet ſi fi ch ebenda, ift aber ‚Meinen; beſonders 
ſchmaͤler. 

Siebente Familie. Mantelthiere, Tunicata. 

$. 105. Sie haben Aehnlichkeit mit den Vorigen, aber 
die Schale fehlt; dagegen bildet der haͤutige oder knorpelige 
am Bauch geſchloſſene Mantel die aͤußere Huͤlle. In ihm 
nur 2 Oeffnungen, eine dem Maule, die andere der After— 
öffnung des Koͤrpers gegenüber; beide bisweilen dicht neben 
einander. Kiemen in einer eigenen Höhle. Leben nur im 


Meere; manche verbreiten ein ſchimmerndes Licht. 

Salpa. Kiemenhoͤhle vorn und hinten auf, in ihr die Darm: 
muͤndungen, und zwar neben der hinteren der Mund, uͤber der 
vorderen der After. Die Kieme als Diameter durch die Hoͤhle ge— 
zogen. Die Arten find frei beweglich, die Individuen nicht verwachs 
ſen, und ſuchen das hohe Meer. 

Pyrosoma. Wie Salpa, aber die Wand der Kiemenhoͤhle 
iſt zugleich Kieme. Die Individuen rmachſen zu einer Teng uppe, 
welche beweglich iſt. 

Ascidiae. Kiemenhoͤhle mit einer Mündung, aus ri 
Grunde entſpringt der Mund; der After mündet frei nach außen. 
Einige ſind einzeln, andere verwachſen. Alle unbeweglich angeheftet. 


Zehnte Klaſſe. 
Strahlthiere, Radiata. 


$. 106. Der kugelige, ſtrahlenfoͤrmige oder cylindriſche 
Leib wird von einer aus mehreren Kalkſtuͤcken zuſammenge— 
ſetzten, oder lederartigen Schale eingehuͤllt. Der Mund befin— 
det ſich an der unteren Flaͤche, oder dem vorderen Ende, und 
iſt von Tentakeln umgeben. Im Inneren des Koͤrpers fin— 
det ſich entweder ein langer, gewundener Darm, der ſich ſtets 
in einen After muͤndet, oder ein bloßer Magenſack, ohne After. 
Reſpirationsorgane find theils Bläschen, die im Inneren lie— 
gen, und das Waſſer vermittelſt der Afteroͤffnung in ſich auf— 
nehmen; oder ſie fehlen, und das Waſſer umgiebt die inne— 
ren Organe unmittelbar. Viele deutliche Gefaͤße; weißes 
Blut; ein Nervenring um den Schlund; große Eierſtoͤcke. 
Alle leben im Meere. Vier Familien ſind bekannt. 


94 Etrſter Abſchnitt. Zoologie. III. Bauchthiere. 


A. Mit lederartiger, weicher Huͤlle. 1. Fam. Holothurlen. 
B. Mit Kalkſchalen und Kalkſtuͤcken. 235 
a. Leib kugel⸗ oder ſcheibenfoͤrmig, ohne 
Hauptſtrahlꝶen. — Seeigel. 
b. Leib in mehrere Hauptſtrahlen getheilt. 7 
Ohne After, Maul unten. 3. — Seeſterne. 
Mit einem After, Maul oben. 4. — Haarſterne. 
Erſte Familie. Holothurien, Holothurodea. 
$. 107. Leib mehr oder weniger lang geſtreckt, | biswei⸗ 
len wurmfoͤrmig, von lederartiger Huͤlle umſchloſſ en, aus 
welcher an der Bauchſeite, oder überall, kurze Fortſaͤtze her: 
vortreten, die das Thier fortſchieben. Um die vordere Mund⸗ 
oͤffnung weiche, einziehbare, gefranzte Arme. After am Hin⸗ 
terende, dient zugleich als Eingang in das aͤſtige mit vielen 


Blaſen beſetzte Reſpirationsorgan. 

Holothuria tubulosa, wird gegen 1“ lang, iſt braun, hat am 
Bauch viele hundert einziehbare Fuͤße und findet ſich im Mittelmeere. 
Zweite Familie. Seeigel, Echinodea. 

$. 108. Die aus vielen Kalkſtuͤcken zuſammengeſetzte 
Schale bildet eine einzige meiſtens halbkugelfoͤrmige Huͤlle, 
worin 2 große Loͤcher, eins in der Mitte der Unterſeite fuͤr 
den Mund, das zweite mehr obere fuͤr den After. Auf der 
Schale viele Hoͤcker, woran bewegliche Stacheln ſitzen; außer⸗ 
dem fünf Reihen von Doppelloͤchern, aus welchen weiche, mit 
einem Saugnapf endende Fuͤßchen hervorragen. Kein Re⸗ 
ſpirationsorgan, ſondern das Waſſer umſpuͤlt die Organe. 
Der gemeine Seeigel (Echinus esculentus) hat eine pome⸗ 
ranzenfoͤrmige Schale, mit ſchwachen Hoͤckern, worauf die kurzen, 
feinen Stacheln, und weiten Oeffnungen in den beiden Polen der 
Hauptachſe. In der unteren Mundoͤffnung ſteckt ein aus 5 Zaͤhnen 
gebildetes Kauorgan. An europaͤiſchen Kuͤſten, die 10 reifen Eiers 
ſtoͤcke werden gegeſſen. 9 


Dritte Familie. Seeſterne, Asterodea. 
§. 109. Die Schale iſt ebenfalls aus vielen Kalkſtuͤcken 
zuſammengeſetzt, allein dieſe graͤnzen nicht genau aneinander, 


bilden kein einfaches Gehaͤuſe, ſondern liegen mehr ſchuppen⸗ 
foͤrmig uͤbereinander und ſind an der weichen Hf feſtge⸗ 


Sn 


Eee. Kluſſe⸗ Nadiaten. N 95 


wachſen. Leib flach, ſcheibenfoͤrmig, in 5 — 25 Hauptarme 
getheilt, die theils einfach ſind, theils ſich ſpalten oder gabel⸗ 
foͤrmig zeraͤſteln. Mund unterhalb; kein Reſpirationsorgan. 
Kein After. S 

Beim gemeinen Seeftern (Asterias rubens) iſt der flache 
Leib in fuͤnf ungetheilte, breite Strahlen ausgedehnt, auf deren 
unterer Seite in der Mitte die Kalkſchilder fehlen, dagegen hier 
viele einziehbare, kurze Roͤhren ſitzen, welche Waſſer in den Leib 
ſaugen, daneben die geſtielten Saugſcheibchen, welche als Bewe⸗ 
gungsorgane zum Kriechen dienen. Farbe roͤthlich. Nordſee. 

Das Meduſenh aupt (Gorgonocephalus verrucosus) {ft in 
5 Hauptarme. getheilt, deren jeder ſich wiederholt ſpaltet, ſo daß 
dadurch eine wohl zehnfache Veraͤſtelung entſteht. 


Vierte Familie. Haarſterne, RL 


18. 110. Sie haben die Geſtalt der letztgenannten Gat⸗ 
tung, aber der Leib ſitzt vermittelſt anderer ſtraͤhlich entſprin⸗ 
gender Ruͤckenarme, oder eines einfachen Stieles feit; fo daß 
die Mundoͤffnung nach oben ſteht. Der After vorhanden. 


Der gemeine Haarſtern (Comatula mediterranea) hat 
zehn Hauptſtrahlen um den Mund, und kleine Ranken am Ruͤcken 
zum Feſthalten. Mittelmeer. 

Das geſtielte Meduſen haupt (Encrinus caput Medusae) 
ruhet auf einem langen, gegliederten, vom Ruͤcken entſpringenden 
Stiel, der von Abſatz zu Abſatz mit 5 einfachen Ranken beſetzt iſt. 
5 Hauptarme, deren jeder gabelig iſt, um den Mund. Weſtindiſche. 
Kuͤſten, ſitzt an Felſen. 


Elfte Klaſſe. 
Quallen oder Meduſen, Acalepha, 


§. 111. Der gallertartige, weiche Leib dieſer Thiere bil— 

det theils eine Scheibe, theils eine große Blaſe, theils einen 
geſtreckten, bandfoͤrmigen Koͤrper, und iſt mit Fangarmen oder 
langen, feineren, gleichfalls gallertartigen Faͤden verſehen. Die 
Mundoͤffnung liegt bei den ſcheibenfoͤrmigen an der Unterſeite, 
und im Umfange derſelben ſitzen die Fangarme, 4 oder 8 an 
Zahl; bei anderen fehlt eine Mundoͤffnung ganz, und ſtatt 
ihrer ſind viele hohle Saugroͤhren da, welche die Nahrung 


96 Erſter Abſchnitt. Zoologie. III. Bauchthiere. 


einnehmen. Dieſen fehlt wohl der Magen ganz, die anderen 
haben einen großen, blaſenfoͤrmigen, mit Nebentaſchen verſe— 
henen Magen, aus welchem aͤſtige Gefaͤße entſpringen. Darm 
und After fehlen. Keine Reſpirationsorgane, aber bei vie 
len Blaſen, welche durch eigene Oeffnungen Luft (Schwimm⸗ 


blaſen) oder Waſſer (Schwimmhoͤhlen) einnehmen zum 


Schwimmen. Die Quallen leben nehmlich alle im Meere, 
meiſtens zwiſchen den Tropen, haben eine hellblaͤuliche, halb 
durchſichtige, bisweilen roͤthliche Farbe, wovon nur die gelben 
um den Magen liegenden Eierſtoͤcke ausgenommen ſind. 
Sie freſſen thieriſche Nahrung; einige leuchten. Man hat 
3 Hauptgruppen. 
I. Mit einfacher Magenhoͤhle. 

a. Auf der Leibesflaͤche aus kleinen Blaͤtt— 

chen gebildete Rippen e Rippenquallen. 
b. Keine Rippen, Leib ſcheiben- oder glo— 
ckenfoͤrmig, mit Fangarmen um die 


Mitte der Unterflaͤche. .. 2. — Scheibenquallen. 
II. Keine einfache Magenhoͤhle, ſtatt | 
deren viele Saugroͤhren. 3. — Roͤhrenquallen. 


Erſte Familie. Rippenquallen, Ctenophora. 

$. 112. Leib eifoͤrmig oder bandartig, Mundoͤffnung 
nach unten, führt in eine Höhle, die eine zweite gegenuͤber— 
ſtehende Oeffnung hat. Bei den eifoͤrmigen laufen von einer 
Oeffnung zur andern 8 Rippen kleiner Blaͤttchen, die bei den 
bandfoͤrmigen am Rande ſich erſtrecken. Keine Fangarme, 
aber oft 2 Fangfaͤden. ö 

Der Venus guͤrtel (Cestum Veneris) hat einen langen, 
ſchmalen bandfoͤrmigen Leib, in deſſen Mitte der laͤngliche Magen; 
neben dem Munde 2 Fangfaͤden. Gefaͤße durchlaufen den Leib. 
Indiſcher Ocean. f 

Die Hutqualle (Cydippe pileus) hat einen eifoͤrmigen Leib, 
ein weites Maul mit wulſtigem Rande, 8 Rippen und 8 Gefäße, die 
von einem Ringe um den Mund ig ene Zwei lange Fangfaͤden. 
Atlantiſches Meer. 

Zweite Familie. Scheibenquallen, Discophora. 

$. 113. Der ſcheibenfoͤrmige, rundliche Leib iſt entweder, 
wie ein Pilz, nach unten in einen kurzen Stiel verlaͤngert, 


Elfte Klaſſe. Siphonophoren. Polypen. Ze 


oder es fehlt dieſer Stiel. In beiden Faͤllen bewegt er ſich 
duch gleichfoͤrmiges Zuſammenziehen und darauf folgende 
flache Ausbreitung, wobei die Oberſeite nach vorn gerichtet iſt. 
An der unteren Seite der Mund, von 4 oder 8 Armen um⸗ 
geben. In der Mitte der Magen, daneben die Eierſtoͤcke. 
An deutſchen Küften iſt nur eine Art dieſer Gruppe häufig, nehm: 
lich die Ohrenqualle (Medusa aurita); fie hat keinen Stiel, 
vier gefranzte Arme um den 154 dazwiſchen 4 Hoͤhlen, worin 


die 4 halbmondfoͤrmigen Eierſaͤcke. 4—5“ im Durchmeſſer. Oſt⸗ 
und Nordſee. 


Dritte Familie. Roͤhrenquallen, a 


FS. 114. Sie haben keinen einfachen Mund und Ma⸗ 
gen, ſondern viele kurze Röhren, die die Nahrungsmittel fo- 
gleich ausſaugen. Leib eine große Blaſe, oder aus vielen 
kleineren zuſammengeſetzt. Kine 277 viele Schemen hien. 
Lange Fuͤhlfaͤden. | — 

Die Seeblaſe (Physalia re beſteht aus einer großen 
Blaſe, die wie eine ſchwimmende Ente geſtaltet iſt, auf dem Ruͤcken 
ein Hautkamm, vorn an dem aufgerichteten Vorderende die, Oeff⸗ 
nung; viele kurze Saugroͤhren an der Bauchſeite, dazwiſchen lange, 
ae 8 r 1 lang. Ze Ocean. 


8 . Klaſſe. 
Polypen, Polypina 


S. 115. Thiere von gallertartiger, weicher, oft nur 
ſchleimiger Beſchaffenheit, mit kugeligem oder cylindriſchem 
Körper, an deſſen oberem Ende eine Mundoͤffnung, von vie⸗ 
len oder wenigen (8 oder 12), einfachen oder gefranzten, 
fein gewimperten Tentakeln oder Fangarmen umgeben, die 
eine große Empfindlichkeit an den Tag legen. Der Mund 
fuͤhrt in einen einfachen Magen. Keine Reſpirations⸗ und 
Circulationsorgane, keine Nerven, aber ziemlich deutliche Mus⸗ 
keln. Manche haben koͤrnige Eierſtoͤcke, die in den Magen 
muͤnden; andere pflanzen ſich durch Keimbildung fort, indem 
fie Knospen an ihrem Körper entwickeln. Dieſe Knospen 


bleiben bei vielen mit dem Mutterkoͤrper in Verbindung, trei⸗ 
Burmeiſter's Nun d. Naturgeſch. 7 


98 Erſter Abſchnitt. Zoologie. III. Bauchthiere. 


ben wieder Knospen, und, fo entfteht ein veräftelter, pflan⸗ 
zenfoͤrmiger Thierſtamm. Bei den meiſten ſondert ſich an 
ihm, theils an der Oberfläche, theils im Centrum, Kalkmaſſe 
ab, welche das Geruͤſt des Thieres bildet, und den Namen 
Korallenſtock fuͤhrt. Die meiſten leben im Meere heißer 
Gegenden. 


| Erfte Familie. Polyactinia. 


Die Polypen haben fehr viele Fangarme rings um den 
Mund. Dahin: 
Die Seeanemonen (Actiniae), mit wehen aber doch ziem⸗ 
ch feſtem, halbkugelfoͤrmigem Körper, der unten ſich in eine breite 
Scheibe erweitert, mit welcher ſich das Thier feſtſetzt. Maul oben, 
wie die Fangarme einziehbar. Kein Kalkſtamm. Viele Eierſtoͤcke 
im Umfange des Magens öffnen ſich in dieſen, und die Eier werden 
durch den Mund geboren. Keine Knospen und hälftige Theilung. 
Der Nelkenkorall (Caryophyllia eristata) hat einen aufs 
rechten gabelig getheilten Stamm, deſſen letzte Enden ſich trompe⸗ 
tenfoͤrmig zur Polypenzelle erweitern; dieſe mit zackigem Rande 
und ſehr vielen radialen Lamellen. In jeder Zelle ein Polyp, deſ— 
ſen Haut ſich uͤber die Zelle ausdehnt und das obere Ende des kal⸗ 
kigen Stamms bekleidet; dieſer bis 2 hoch und die Zellen oft 3“ 
weit. Sie halbiren ſich, bilden aber keine Knospen. Im rothen 
ker. 


Zweite Familie. Dodecactinia. 

Die Polypen haben 12 kurze, einfache oder gar keine 
Fangarme, und bilden unter der gemeinſamen Haut einen 
kalkigen Korallenſtock, welcher auf ſeiner ganzen Oberflaͤche 
mit 4 kleinen meiſtens öſtrahligen Gruͤbchen bedeckt iſt. 

Bei Madrepora hat der Stamm einen zentralen, 6ſtrahligen 
3 er iſt aufrecht, veräftelt, und zeigt völlig ſternfoͤrmige 

ellen 


Bei Millepora fehlt der Kanal i in der Achſe und die Zellen 
ſind bloß rund. Die Polypen haben keine Tentakeln. 


Dritte Familie. O etaetinia 
Die Polypen haben acht gefiederte nicht gürliiehbnte 


Arme und eben fo viele dünne Eierfäde, welche ſich in den 
Grund des Magens ſenken. Dahin: 1 


Bwölfte Klaſſe. Polypen. 99 


Der rothe Korall (Corallium xubrum). Der rothe, aͤſtig⸗ 
verzweigte, auf der Oberfläche fein gereifte Korallſtock wird von eis 
ner weichen Haut überkleidet, in welcher Zellen für die einzelnen 

Polypen. Mittelmeer; liefert die zu vielen Kunſtſachen verarbeites 
ten rothen Korallmaſſen. 

Der Doldenpolyp ae grönlandica). Am En⸗ 
de eines langen, innen kalkigen Stiels, der im Boden des Meeres 
ſteckt, ſtehen viele, weiche, nicht zuruͤckziehbare Polypen, die ſich ge⸗ 

reizt alle grade ausſtrecken und dicht neben einander drängen, ſonſt 

aber fanden allen Seiten hin im Meere umherſpielen. An Island. 
„ Grönl Are nd, Norwegen 

Wr Ne (Tubipora musica), viele mit einer ge: 

meinſchaftlichen Baſis feſtſi itzende Polypen ſtecken jeder in einer 
kalkigen Röhre. Dieſe Röhren dicht neben Water durch kalkige 

5 em verbunden. Farbe blutroth. 


8 


—— 


Vierte Familie. Oligactinia. 


Die Polppen haben wenige (5 — 20, ſelten mehr) ein⸗ 
fach mehr weniger zuruͤckziehbare Fangarme; ſie haben keine 
Eierſaͤcke, ſondern treiben am Stamm Knospen oder Kap⸗ 
ſeln, worin Eier. Dahin: 

Der grüne Armpolyp (Hydra RR ohne Schale, ein, 
kurzer, kolbiger Leib, ſitzt mit feinem unteren Ende an Wafjerpflan: 
zen feſt, und hat um die obere Mundöffnung 6 — 8 einfache, weit 
aus ſtreckbare Arme; meiſtens ſitzen auch Junge am Stamm. In 
füßen EN beſonders ‚wißhen, Bafkrlinen, | 


= 


mn Fiuͤnfte Familie. B ryo 20 a. 


Die eben haben viele fadenförmige, nicht einziehbare 
Nite, und ſtecken gewoͤhnlich in ſehr duͤnnen durchſichtigen 
Gehaͤuſen. Jeder hat außer dem Magen noch einen Darm 
der neben dem Munde ſich offnet, und einen Gero Binder 
dem. Magen. Dahin: u 

Der Federbuſchpolyp Mandl 1 indet ich in 
unſeren ſuͤßen Gewaͤſſern und erſcheint als ein kleines, verzweigtes, 
horniges Rohr, das an allerlei Gegenſtaͤnden, beſonders alten Pfaͤh⸗ 
len, ſich hinwindet, und aus den offenen Enden der Röhren die 
halbmondförmig geftellten, vielen, fein gefiederten Arme hervorſteckt, 
allein bei ichie ene ſchnell in das Nohr durüczieht. 


77 


19 
# 


100 Erſter Abſchnitt. Zoologie. Eee 


Dreizehnt e Klaſſe. an 
Infuſionsthiere, Tu E r g 


$. 116. Kleine, mit bloßen Augen kaum ſichtbare Thiere, 
von rundlicher, kugel- oder ſcheibenförmiger, ovaler Geſtalt, 
mit einfacher, von beweglichen Wimpern umgebener Mund⸗ 
Öffnung, von welcher ein Kanal, der mit vielen blaſenfoͤrmi⸗ 
gen Erweiterungen beſetzt iſt, entſpringt. After vorhanden 
oder fehlend, oft neben dem Munde. Keine Eierſtöͤcke; uͤber⸗ 
haupt keine anderen inneren Organe. Dieſe Thiere pflanzen 
ſich durch haͤlftige Theilung, die entweder der Laͤnge oder 
der Quere nach geht, fort; entſtehen aber auch in Aufguͤſſen 
auf organiſche Materien von ſelbſt, daher ihr Name. Einige 
ſtehen, wie die Polypen, auf einem gemeinſchaftlichen Stamm, 
loͤſen ſich aber hernach ab; die Meiſten find immer frei. 
Man findet dieſe Thiere zu Millionen in allen, beſonders 
ſtehenden, Gewaͤſſern, worin thieriſche oder pflanzliche Stoffe 
in Faͤulniß uͤbergehen, daher auch in Ciſternen, ere er 
gen, Kg Löſchkübeln u. ſ. w. 


Erſte Familie. Enteropolygastrica, | 


Der Darmkanal iſt vorhanden, hat 2 Deffnungen, und 
viele geftielte Magenblaſen. Dahin: e eee 

Der Blumenpolyp (Vorticella Fanden er beſteht aus 
einem kriechenden Stamm, woran viele von langen Stielen getra— 
gene, becherfoͤrmige Korper, die am freien Rande mit Cilien beſetzt 
ſind. Ebenda an einer Stelle Mund und After neben einander; 
* lang. An Waſſerpflanzen. 

Das Walzenthierchen (Enchelys pupa) hat eine kolbige 
Geſtalt, Mund am duͤnnen, After am dicken Ende. 1 lang; ge⸗ 
e Eins der größten Infuſorien. : 


Zweite Familie. Po Iygastrie: ea 


Die Fhlechen haben keinen Darm, ſondern die geſtiel⸗ 
ten Magenblaſen gehen unmittelbar von der Mündung 


aus; es fehlt alſo allen der After. Dahin: ML. 
/ Die Monade (Monastermo) hat einen ſehr kleinen, undi | 
chen Leib, mit abgeftugter Mundoͤffnung, in deren Umfange feine Haͤr⸗ 


* 


Dreuebute Klaſſe. nne 101 


chen eben; die ſich beftändig bewegen. Das kleinſte Thier, von 


20 Durchmeſſer. Viele Rn derfelben haben in einem 


Waffen den Raum. 


Dritte 1 A ga astrica. 


Die Thierchen haben keinen deutlichen Mund und kei— 
nen deutlichen Magen, daher man ſie niemals Nahrung zu 
ſich nehmen ſieht; ſie ſind klar, zeigen aber meiſtens regel⸗ 
maͤßige dunkle Stelle im Innern. Alle bewegen ſich lang⸗ 
ſam und unbeholfen durch Ausſtrecken einzelner Stellen des 

Koͤrpers, oder Biegung deſſelben. 

Das Stabthierchen (Bacillaria paradoxa), Leib flach, laͤng⸗ 
lich, viereckig prismatiſch, an zwei Seiten von einer duͤnnen. Schale 
umgeben. Setzen ſich mit dem Ende oder der Seite feſt, und haͤn⸗ 

gen e an einander. 


102 Zbeitet Abfchnitt. Botanik. 


| Zweiter Abſchnitt. 
B ot a n ie. 


U 


§. 117. D. Botanik handelt von den in die zweite 
Hauptgruppe der organiſchen Naturkörper (F. 2.) geſtellten 
Weſen, von den Pflanzen. Sie iſt mithin die Naturge⸗ 
557 des Pflanzenreiches. | 

$. 118. Pflanzen (plantae) find alle organiſchen Na⸗ 
tutkörper, denen die willkuͤrliche Bewegung ($. 6.) mangelt. 

$. 119. Die Pflanzen beſtehen fo gut wie die Thiere 
aus mehreren Organen, welche die Erhaltung jeder einzelnen 
Pflanze, ſo wie des ganzen Pflanzenreiches, veranſtalten. 

§. 120. Zwei Haufen von Organen haben die Pflan⸗ 
zen mit den Thieren gemein, nehmlich alle diejenigen, welche 
ſich im Rumpfe befinden (§. 15.); alſo die Ernaͤhrungs— 
und Fortpflanzungsorgane. Die uͤbrigen, d. h. die 
Bewegungs- und Empfindungsoͤrgane, fehlen den 
Pflanzen, und daher kommt es, daß ſie ihre Stelle nicht 
verlaſſen, ſo wie Eindruͤcke von außen nicht wahrnehmen, 
oder ſich derſelben bewußt werden koͤnnen. 

FS. 121. 1, Die Ernaͤhrungsorgane der Pflanze find: 
die Wurzel, der Stengel mit den Zweigen und die 
Blaͤtter. 

a. Wurzel (radix) heißt derjenige Theil der Pflanze, 
welcher nach unten in den Boden hinabſteigt, und die Nah⸗ 
rung der Pflanzen einſaugt. Sie hat dazu keine Oeffnung, 
wie die Thiere den Mund, ſondern auf der Oberflaͤche der 
Wurzel ſitzen viele kleine Faſern, die Wurzelfaſern (fibril- 
lae), welche mit ihren koͤlbigen, ſchwammigen Spitzen den 
Nahrungsſaft einſaugen. Dieſer beſteht in reinem Waſſer, das 


Allgemeine Vorbemerkungen, 103 


aber zugleich Kohlenſaͤure, und die Saͤfte vermoderter Pflan⸗ 
zen oder Thierſtoffe, enthalten muß; wenigſtens iſt ſolches 
Waſſer um vieles nahrhafter für die Pflanzen. Hiernach 
läßt ſich die Wurzel mit dem Magen der Thiere vergleichen. 
Man unterſcheidet nach der Form mehrere Arten von 
Wurzeln; folgende ſind die wichtigſten: f 
Aeſtig (ramosa) heißt die Wurzel, welche ſich in meh⸗ 
rere große Zweige ſpaltet; faſerig (fihrosa), wenn ſie aus 
einem Büfchel dünner Faden beſteht; ſpindelf oͤrmig (fusi- 
kormis), wenn ſie wie ein dicker, kegelfoͤrmiger Fortſatz grade 
in die Erde hinabſteigt, z. B. bei der Mohrruͤbe; bisweilen 
iſt ſie mehr birnfoͤrmig, wie bei der Ruͤbe, dem Radischen 
u. a. m.; knollig (tuberosa) heißt jede, Wurzel, die aus 
einer dichten, fleiſchigen, ſaftigen Maſſe beſteht, an deren Ober⸗ 
fläche ſich Grübchen mit Keimen befinden. Iſt die Wurzel 
in mehrere ſolcher Maſſen getheilt, ſo heißt jede eine Knolle 
(tuber). Die Zwiebel (bulbus) unterſcheidet ſich von der 
Knolle dadurch, daß ſie aus mehreren Schichten beſteht, 
und nur einen Keim, bald in der Mitte, bald am Rande, 
entwickelt. | | 5 
Der Richtung nach ſind die meiſten Wurzeln ſenkre ch t 
(perpendieulares), einige aber auch wagerecht (horizon- 
tales), d. h. mit der Oberflaͤche der Erde gleichlaufend. Ruͤckt 
mit dieſer Wurzel die ganze Pflanze fort, ſo daß ſie in jedem 
Jahre an einer anderen Stelle der Erde vorkommt, ſo heißt 
die Wurzel kriechend (repens), z. B. bei den Farren⸗ 
kraͤutern. — g 
Nach dem Alter der Wurzeln hat man folgende Ver⸗ 
ſchiedenheiten: 
einjährige (annuae O) die alle Jahr abſterben; 
zweijährige (biennes G), die im zweiten Jahre ab- 
ſterben, z. B. Peterſilie, Kuͤmmel; und 


2 * 


ausdauernde (perennes 7), die viele Jahre alt werden. 
S. 122. b. Der Stamm (truncus) iſt derjenige Theil 
der Pflanze, welcher ſich uͤber der Erdoberflaͤche erhebt und 
| die aͤußeren Organe der Pflanze, als Blaͤtter, Blumen und 


* 


* 


104 Zweiter Abschnitt. Bormie 


* 
Früchte trägt. Die Zweige (rami) ſind bloße Fortſetzun⸗ 
gen deſſelben, und ſtimmen mit ihm im Bau und der Ver⸗ 
richtung uͤberein. Dieſe beſteht darin, die von der Wurzel 
aufgenommenen Saͤfte in alle Theile der Pflanze, und aus 
dieſen veraͤndert wieder zur Wurzel zuruͤck zu fuhren. Sonach 
laͤßt er ſich mit dem Blutgefaͤßſyſtem der Thiere vergleichen. — 
Der Stamm beſteht, wie die ganze Pflanze, aus vielen 
kleinen zwoͤlfflaͤchigen Zellen, die in der innigſten Verbin⸗ 


dung ſtehen und das Zellgewebe bilden. Zwiſchen dieſen 


Zellen verbreiten ſich Gefäße, theils zerſtreut, theils in Krei⸗ 
fen um einander. In dieſen läuft der Saft (suecus) durch 
die ganze Pflanze. Bei den mehrjaͤhrigen Pflanzen wird 
das Zellgewebe mit den Gefaͤßen zu Holz (lignum) da⸗ 
durch, daß die Saͤfte aufhoͤren darin ſich fortzubewegen, und 
vielmehr eintrocknen. Um das Holz liegt dann außen am 
Stamm die Rinde (cortex), welche eine blos aus Zell 


gewebe beſtehende Schicht bildet, die ſich alljaͤhrig mehr ver⸗ 


dickt. Zwiſchen Rinde und Holz ſteigt der Saft auf, und 
geht theils in die Rinde, theils ins Holz über; auf demſel- 
ben Wege kehrt er auch wieder zuruͤck. Das Einſaugen und 
Aufſteigen des Saftes erfolgt bei unſeren Bäumen mal des 
Jahres, nehmlich im April und Juli; erſteres veranlaßt das 
Aufbrechen des Laubes und der Bluͤthen, dieſes die Reife 
der Frucht. Auch bildet ſich bei den mehrjaͤhrigen Pflanzen 
aus dem übriggebliebenen Saft neues Holz (Splint), wel 
ches ſich in den Pflanzen mit kreisfoͤrmig geſtellten Gefaͤßen 
an der aͤußeren Oberflaͤche, zunaͤchſt unter der Rinde, ab⸗ 
ſetzt. Eine ſolche Holzſchicht heißt Jahresring, und nach 
deren Menge kann man das Alter des Baumes oder Zwei⸗ 
ges beſtimmen. 


Man unterſcheidet folgende Arten des Stammes: 8 

Der holzige Stamm (truncus lignosus, oder bloß 
truncus) findet ſich bei den Baͤumen (arbor); ſtr auchar⸗ 
tig (fruticosus) heißt ein holziger Stamm, der ſich gleich 
von der Wurzel in viele Aeſte ſpaltet. Eine Pflanzen mit un 
chem Stamm heißt Strauch (frutex). 


Sa, Allgemeine. Vorbemerkungen. 5 105 


| Der weiche ſaftige Stamm der ehh Pflanzen heißt 
Stengel (eaulis), und die ganze Pflanze Kraut (herha); 
iſt dieſer Stengel hohl, und von Zeit zu Zeit mit Anſchwel— 
lungen, Knoten (nodi), verſehen, an welchen die Blaͤtter 
ſitzen, ſo nennt man ihn Halm (eulmus); trägt ein Sten⸗ 
gel bloß Bluͤthen, ſo heißt er Schaft (scapus). Fehlt 
bei einer krautartigen Pflanze der Stengel, ſo heißt ſie ſten⸗ 
gellos (acaulis); kriecht ein unmittelbar uͤber der Wurzel 
entſpringender Stengel am Boden fort und ſchlaͤgt dann 
wieder Wurzel, ſo heißt er Schoͤßling (stolo). 

Was die Ausbreitungen und Fortſetzungen des Stammes 
betrifft, fo nennt man die größeren Aeſte (rami), die kleine⸗ 
ren Zweige (ramuli). Beide entſpringen nur an ſolchen 
Stellen, wo fruͤher Blaͤtter am Stamm geſeſſen haben. Bleibt 
ein Zweig ohne Blaͤtter, ein bloßer ſpitzer Fortſatz, ſo heißt 
er Dorn (spina); der meiſtens kleinere Stachel (aculeus) 
iſt bloß Fortſetzung der Rinde. > 

Nach der Stellung und Lage unterfcheidet man den 
Stamm wie folgt: aufrecht (erectus) wenn er ziemlich, 
und grade (strietus) wenn er ganz ſenkrecht ſteht; auf— 
ſteigend (ascendens) wenn er erſt liegt und dann grade 
iſt; liegend (procumbens, prostratus, decumbens) wenn 
er immer liegt; kriechend (repens) wenn er liegt und Wur⸗ 
zeln treibt; wurzelnd (radicans) wenn er an anderen Kör- 
pern in die Hoͤhe kriecht und in dieſe Wurzeln treibt; klet— 
ternd (scandens) wenn er ſich ohne Wurzeln zu treiben an 
anderen Pflanzen aufrichtet; windend (volubilis) wenn er 
ſich um andere Pflanzen dreht; ſchmarotzend (parasiticus) 


wenn er auf anderen Pflanzen feſtſitzt. — Nach der Form 


iſt der Stamm: rund (teres), oder halbrund (semi -te- 
res), oder eckig (angulatus), wobei die Anzahl der Kanten 
noch naͤher durch Zahlen beſtimmt wird; oder gefluͤgelt 
(alatus) wenn die Ecken in breite, hautartige Lappen hervortre— 
ten; knotig (nodosus) wenn er Anſchwellungen hat, aber 
enodis, wo dieſe fehlen; gegliedert (articulatus) wenn er 
deutlich getrennte Abſchnitte hat; hohl (fistulosus) wenn er 


106 | Zweiter Abschnitt. | Botanik. 


inwendig leer; faͤch eri g (loeulosus) wenn ber hohle Stamm 
durch Scheidewaͤnde getheilt iſt. | 7 

Da die Zweige in den Blattachſeln Gerne ſo 
ſtimmt deren Stellung mit der der Blätter überein; fo gel- 
ten auch von beiden gleiche Ausdruͤcke, weshalb ich auf Stel⸗ 
lung der Blaͤtter nur hinweiſe. Die erſten Hervorragungen 
am Stengel, aus welchen die Zweige ſich e heißen 
Knospen oder Augen (gemmae). 


$. 123. c. Das Blatt (folium) iſt eine Ausbreitung 
der Pflanzenſubſtanz in die Flaͤche. Es beſteht, wie der Stamm, 
aus Gefäßen und Zellgewebe; jene bilden die Rippen (co- 
stae) oder Blattnerven (nervi, venae), dieſes die dazwi⸗ 
ſchen liegende Blattſubſtanz. Die Farbe der Blaͤtter iſt vor⸗ 
zugsweiſe gruͤn; ihre Verrichtung aber beſteht darin, friſche 
Stoffe, nehmlich Kohlenſaͤure, aus der Luft einzunehmen, 
damit dieſe ſich mit dem Safte verbinde; ein Theil derſelben, 
der Sauerſtoff, wird nicht verbraucht, ſondern an die Luft 
zuruͤckgegeben. Dieſer ganze Hergang erfolgt aber nur am 
Tage im Sonnenſchein, und iſt dem Athmen der Thiere zu 
vergleichen, daher die Blaͤtter mit Recht fuͤr die Ghmungs 
werkzeuge der Pflanzen gelten. 

Man unterſcheidet an jedem Blatte den Stiel (petio- 
lus), oder den Theil, mit welchem das Blatt am Seng 
ſitzt, und die Blattflaͤche (lamina). 

§. 124. Der Stiel iſt theils rund (teres); theils edig 
(angulatus); theils rinnenfoͤrmig Ceanalieulatus); theils mit 
ſeitlichen Hautlappen verſehen, gefluͤgelt (alatus); theils 
fehlt er ganz, und dann nennt man das Blatt ſitzend (ses- 
sile); reitend (equitans) heißt ein ſitzendes Blatt, welches 
mit zweien Fortſaͤtzen den Stengel umſpannt; umfaſſend 
(amplexicaule) wenn ſich dieſe Fortſaͤtze um den Stamm ver⸗ 
einen und mit einander verwachſen; herablaufend (decur- 
rens), wenn die Blattflaͤche an den Raͤndern des Stiels und 
ſelbſt an den Seiten des Stengels ſich fortſetzt. 
$. 125. An der Blattflaͤche unterſcheidet man die Ge⸗ 
gend, woran ſich der Bla ſtſtiel ſetzt, als Grund (basis) das 


Allgemeine Vorbemerkungen. 107 


gegenuͤberſtehende Ende als Spitze (apex), die Mittelflaͤche 
als Scheibe (discus), die Gegend am Umfange als Saum, 
(limbus) und die Graͤnze des Umfanges als Rand (margo). 

Hinſichtlich ihrer Stellung heißen die Blätter Wurzel— 
blätter (folia radiealia), wenn ſie aus der Wurzel entſprin⸗ 
gen; Stengelblaͤtter K. caulina), wenn ſie am Stengel, 8 
und bluͤthenſtaͤndige Blaͤtter 05 floralia) wenn ſie in 
der Naͤhe der Blume ſitzen. 


F. 126. Die Stellung der Blaͤtter am * iſt ſehr 
verſchieden: gegenüberſtehend (f. opposita) heißen ſie, 
wenn ſie in einerlei Hoͤhe an entgegengeſetzten Seiten des 
Stengels ſitzen; falſchpaarige (disparia), wenn ſolche ge⸗ 
genüberſtehende Blätter ungleich ſind; ver wach ſen (connata), 
wenn gegenuͤberſtehende Blaͤtter keinen Stiel haben, ſondern 
mit ihrer Blattſubſtanz zuſammenhaͤngen, ſie heißen auch 
wohl durchwachſenck perforata); abwechſelnd (alterna), 
wenn in verſchiedener Hoͤhe an entgegengeſetzten Seiten des 
Stengels; quirlfoͤr mig (vertieillata), wenn in einerlei 
Hoͤhe rings um den Stamm zerſtreut (sparsa) wenn ohne 
alle Ordnung; gedrängt (eonferta), wenn fie dicht bei⸗ 
ſammen ſtehen; ſchuppenfoͤrmig (imbrieata), wenn fie einan⸗ 
der zum Theil bedecken; dreifach, vierfach ic. (terna, 
quiaterna etc.), wenn dei oder vier Blaͤtter rings um den 
Zweig ſitzen; zweizeilig (disticha), wenn fie in zwei ge⸗ 
genuͤberſtehenden Reihen ſitzen; zweireihig, dreireihigſee. 
bifaria, trifaria etc.), wenn die ſchuppenfoͤrmigen Blätter in 
Reihen ſtehen; angedruͤckt (appressa), wenn ſie ſich dicht 
an den Stamm legen; aufrecht (erecta), wenn fie faſt 
ſenkrecht ſtehen; abſtehend (patentia), wenn ſie unter einem 
ſpitzen Winkel vom Stengel ausgehen; nieder gebogen (re— 
flexa); wenn fie mehr nach unten gerichtet find; eingerollt 
(revoluta), wenn fie nach unten; auf gerollt (involuta), 
wenn ſie nach oben zuruͤckgerollt ſind. 

§. 127. Der Form nach werden die Blaͤtter eingethellt 
in einfache (k. simplicla) und zuſammengeſetzte (k. 
composita). 


| 108 7 beiter Abſchnitt. Botanik. 


Einfache Blätter find diejenigen, deren Mittelrippe, 
als Fortſetzung des Blattſtieles, ganz von Blattſubſtanz um⸗ 
geben iſt. Solche einfache Blaͤtter zerfallen wieder in die 
ungeth eilten (f. indivisa), d. h. ſolche, wo auch der Saum 

ganz und nicht durch Einſchnitte getrennt iſt, und in die ges 
theilten (f. divisa), wo der Saum tiefe Ausſchnitte hat. 

g. 128. Einfache ungetheilte Blaͤtter ſind: das 
runde Bl. (k. orbiculatum), deſſen Durchmeſſer alle gleich 
ſind; man nennt es ſ childf e oͤrmig (peltatum), wenn ſich der 

Blattſtiel an die untere Flaͤche, nicht an den Grund des Blat⸗ 

tes, anſetzt. Eiförmig(ovatum) heißt ein Blatt, deſſen Baſis 
breiter iſt als die Spitze, wie der Durchſchnitt eines Eies; 
elliptiſch (ovale s. ellipticum), deſſen Baſis und Spitze glei— 
che Breite haben und wo der Laͤngsdurchmeſſer größer ift als 
der Quermeſſer; lan zettfoͤrmig(lanceolatum , ein laͤngliches 
Blatt, deſſen Baſis und Spitze zugeſpitzt find; linien foͤr⸗ 
mig (lineare), ein laͤngliches Blatt mit parallelen Raͤndern; 
ſchwerdtfoͤrmig (ensiforme), ein langes, ſchmales Blatt, 
f deſſen Ränder gegen die Spitze hin ſich mehr und mehr naͤhern; 
ſchaufelfoͤrmig (spatulatum), ein Blatt, das gegen die Spitze 
breiter wird; herzfoͤrmig (cordatum), ein dreieckiges Blatt, 
deſſen Seitenraͤnder geſchweift und deſſen Grund ausgebuchtet 
iſt; geigenfoͤrmig (panduraeforme), ein Blatt, deſſen Sei⸗ 
tenraͤnder tief ausgebuchtet find; pfeil foͤrmig (sagittatum), 
ein gleichſchenklich dreiſeitiges Blatt, deſſen Grund einen ein⸗ 
ſpringenden Winkel hat; pfriemenförmig (subulatum), 
ein etwas dickes, ſchmales Blatt, das allmaͤlig in eine Spitze 
auslaͤuft; winkelige Blätter (k. angulata), d. h. ſolche, deren 
Rand winkelfoͤrmig gebogen iſt, unterſcheidet man nach der Anzahl 
der Winkel, als dreiſeitig (triangulare), vierſeitig (qua- 
drangulare), ſowohl quadratiſch (quadratum) als recht: 
eckigtoblongum s. reetangulare), fünfeckig (quinquangu- | 
lare) u. ſ. w. Ein dreiſeitiges Blatt, an deſſen eine Ecke (eigentlich 
Baſis) ſich der Blattſtiel anſetzt, heißtkeilfoͤrmig (euneatum). 
78. 129. Die einfachen getheilten Blätter (kolia 
simplicia divisa) laſſen ſich wieder nach der Richtung der 


Augemeine Vorbemerkungen. 0 109 


Einſchnitte in 2 Gruppen bringen, infofern die Einſchnitte 
theils gegen die Baſis, theils ſenkrecht gegen den 
Mittelnerven gerichtet ſind. 

AZBaur erſteren Form gehören: das lappige Blatt (f. lo- 
batum), mit Einſchnitten, die bloß den Saum theilen; man 
zaͤhlt dabei die Lappen und beſtimmt das Blatt naͤher, als 
z wei⸗, drei-, vier- ıc. lappig (f. bi-, tri-, quadri- etc, 
9 das handfoͤrmige Bl. (f. palmatum), mit 5, 
7 oder 9 tief getheilten Lappen; das doppelt handfür- 
mige Bl. (F. duplieato-palmatum), wenn dieſe Lappen 
wieder durch Einfchnitte- getheilt find; faͤcherfoͤrmig (Na- 
belliforme), wenn das Glatt keilfoͤrmig iſt, und die Ein- 
ſchnitte nur den abgeſtutzten Endrand theilen, aber tief find; - 
das zweitheilige (f. partitum), ein Blatt, das der Laͤnge 
nach geſpalten iſt; gabelfoͤrmig (k. dichodomum), wenn 
die Lappen wieder der Laͤnge nach geſpalten ſind u. ſ. f. 
ZBiur zweiten Form gehören: das buchtige Blatt (k. 
'sinuatum), wenn ein Blatt am Rande rundliche Ausſchnitte 
hat; das einge riſſene (k. laciniatum), wenn unregelmaͤ— 
ßige Einſchnitte da find; das leierfoͤrmige (k. lyratum), 
wenn ein gegen die Spitze hin breiteres Blatt durch ſolche 
Einſchnitte getheilt iſt; fiederſpaltig (f. binnatifidum), 
wenn das Blatt parallelrandig iſt und die von den Einſchnit⸗ 
ten gebildeten Lappen alle gleich ſind. Dieſe Theilung wie— 
derholt ſich wohl an den Lappen, dann heißen die Blaͤtter, 
nach der Zahl der Wiederholungen, doppelt, dreifach x. 
fiederſpaltig (bi-, tri-, ete, pinnatifidum). 

$. 130. Die zuſammengeſetzten Blätter (folia 
composita), d. h. diejenigen, bei welchen der Mittelnerv keine 

Blattſubſtanz neben ſich hat, vielmehr den gemeinſchaft— 
lichen Stiel (petiolus communis) des ganzen Blattes 
bildet, zeigen dieſelben Grundformen, wie die getheilten Blaͤt⸗ 
ter; denn entweder ſitzen die einzelnen Blätter, Blaͤttchen 
(foliola) genannt, alle am Ende des gemeinſamen Blatt: 
ſtieles, oder der Reihe nach an beiden Seiten. 

Unter die erſtere Form gehoͤren: das gezweite Blatt (f. 


110 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


binatum s. conjugatum), wo 2 gleiche Blaͤtter am Ende 
des Stiels ſitzen, das doppelt gezweite e eee 
wo zwei Blaͤtterpaare am Ende des Blattſtieles ſtehen, und 
das dreifach gezweite (trigeminatum), wo drei ſolcher 
Paare vom Ende des Blattſtiels getragen werden. Auf die⸗ 
ſelbe Weiſe giebt es ein einfach gedreites oder Dril— 
lingsblatt (f. ternatum), ein doppeltes Drillings⸗ 
blatt (f. bi-ternatum) und ein dreifaches Drillings- 
blatt (f. tri-ternatum). Auch das fuͤnf fache (k. qui- 
natum) und ſiebenf ache oder gefingerte (k. digitatum), 
ſo wie das gefußte Bl. (f. pedatum) gehoͤren hierher, bei 
welchem letzteren der am Ende gabelich getheilte Stiel am 
Innenrande der Gabel 5—9 Blattchen trägt. r 

Unter die zweite Form kommen alle gefiederten Bl. 
(f. pinnata). Schlechtweg gefiedert heißt jedes Blatt, 
das gegenuͤberſtehende Blaͤtter am Hauptſtiel trägt; jedes die⸗ 
ſer Blattpaare heißt Joch (jugum), und nach der Anzahl 
der Joche das Blatt zweijochig (bijugum), dreijochig 
(trijugum) u. ſ. w. Steht ein unpaares Blatt am Ende, 
ſo heißt es unpaarig gefidert (impari- pinnatum), wo | 
nicht, paarig gefiedert (abrupte -pinnatum s. pari-pin- 
natum). Iſt ſtatt des unpaaren Endes ein ſpiralig gewun⸗ 
dener Faden, eine Ranke (eirrus) da, ſo heißt das Blatt 
rank end gefiedert (eirroso- pinnatum). Theilt ſich ein 
Blattſtiel gabelfoͤrmig, und bildet jede Zinke der Gabel ein 
gefiedertes Blatt, fo heißt das ganze Blatt verbunden ge⸗ 
fiedert (conjugato - pinnatum). Gefingert- gefie⸗ 
dert (digitato- pinnatum) iſt dieſelbe Form, aber das Ende 
des Stieles läuft in mehr als 2, meiſtens 5 — 7, Nebenſtiele 
aus. Sind die Blaͤttchen eines gefiederten Blattes wieder 
gefiedert, fo heißt das ganze Blatt doppeltgefiedert (hi- 
pinnatum), auch dreifach und vierfach (tripinnatum, 
quadripinnatum) gefiederte Blaͤtter kommen vor. Noch 
mehr gefiederte Blaͤtter, deren Blaͤttchen gewoͤhnlich ſchon 
ungleiche Groͤße und Zuſammenſetzung haben, nennt man 
uͤber zuſammengeſetzt (supradecompositum). 


/ 


Allgemeine Vorbemerkungen. A 


1 131. Außer! der Form des ganzen Blattes ſind noch 
die verſchiedenen Abaͤnderungen des Grundes, Randes, der 
Spitze und Blattflaͤche von Wichtigkeit. 

Der Grund heißt abgeſtutzt (f. truncatum), wenn er 
durch eine grade Linie begraͤnzt iſt; aus ger andet (emar- 
ginatum), wenn er an der Anheftungsſtelle des Blattſtieles 
einen Ausſchnitt hat; geohrt (auriculatum), wenn er nes 
ben dem Blattſtiel in 2 kleine, runde Lappen erweitert iſt. 

Der Rand iſt ohne Auszeichnung, ganzrandig (in- 
tegerrimus), wenn er eine in gleicher Richtung fortlaufende 
Linie beſchreibt; gezaͤhnt (dentatus), wenn er Einſchnitte hat 
die ſtumpf ſind, die Zaͤhne dazwiſchen aber ſpitz; gekerbt 
(erenatus), wenn die Einſchnitte ſpitz, die Zaͤhne ſtumpf ſind; 
geſaͤgt (serratus), wo beide ſpitz ſind; wimperig (cilia- 
tus), wenn feine Haare am ganzen Rande ſitzen. 

Der Spitze nach heißt ein Blatt ſchlechtweg ſpitz (acu- 
tum), wenn die Raͤnder in einen ſpitzen Winkel zuſammen⸗ 
ſtoßen; zu geſpitzt (acuminatum), wenn dieſe Spitze noch be⸗ 
ſonders hervorgezogen iſt; feinzugeſpitzt (euspidatum), wenn 
die verlaͤngerte Spitze ſehr lang iſt; dolchſpitzig (muerona— 
tum), wenn ein abgerundetes Blatt noch eine feine Spitze hat; 
ſtumpf (obtusum), wenn die Spitze abgerundet iſt; abge⸗ 
biſſen (praemorsum), wenn es einen tiefen Ausſchnitt hat. 


Die Verſchiedenheiten der Flaͤche ruͤhren theils von der 
Blattſubſtanz ſelbſt, theils von fremden darauf ruhenden Thei⸗ 
len her. Formen der erſten Art find: das krauſe Bl. (k. 
erispum), wenn der Rand weiter iſt als die Flaͤche; das 
runzelige (rugosum), wenn die Blattſubſtanz zwiſchen den 
Rippen ſich erhebt: gefaltet (plicatum), wenn es der Laͤn⸗ 
ge nach in Falten gelegt iſt; kielfoͤrmig (carinatum), 
wenn das Blatt der Laͤnge nach zuſammengeſchlagen iſt und 
nach unten alſo einen Kiel bildet; glatt (laeve), wenn ſol⸗ 
che Verſchiedenheiten fehlen; glaͤnzend (nitidum), wenn 
die Blattflaͤche ſpiegelt. 

Ein Blatt, auf welchem keine Haare ſtehen, heißt haar⸗ 
los (glabrum); rauh (scabrum), wenn es mit ſehr kleinen 


1 


112 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


aber ſteifen bloß fuͤhlbaren Haaren beſetzt iſt; ARE rig (pilo- 
sum), wenn auf der Oberflaͤche einzelne lange Haare ſtehen; 
g zottig (villosum), wenn es ſehr lange buͤſchelweis gedraͤngte 
weiche Haare hat; weichhaarig (bubescens), wenn die 
Haare klein, weich und fein ſind; ſeiden artig (sericeum), 
wenn die kleinen Haare dicht anliegen und ſeidenartig glänzen; 
wollig (lanatum), wenn die Haare lang und gleichfoͤrmig 
dicht, auch wohl gekraͤuſelt ſind; f ilzig (tomentosum), wenn 
die Haare ſehr dicht ſtehen und feſt in einander verwebt ſind; 

beſtaͤubt (farinosum), wenn ein mehlartiger Staub auf der 
Oberflaͤche liegt, pollinosum, wenn dieſer Staub gelb iſt; be⸗ 
reift (pruinosum), wenn ein weißer Hauch die Oberflaͤche be- 
kleidet; beſchuppt (lepidotum), wenn kleine Schuppen auf 
der Oberfläche liegen; warzig (papillosum), wenn das Blatt 
kleine, fleiſchige Warzen hat; druͤſig (glandulosum), wenn 
helle, etwas erhabene Punkte mit einem ſchwarzen Mittelpunkt 
auf dem Blatte ſtehen; klebrig (glutinosum), wenn ein im 
Waſſer loͤslicher Leim das Blatt uͤberzieht; harzige viscosum), 

wenn dieſer klebrige Ueberzug im Waſſer unloͤslich iſt. 1 

Nach der Subſtanz des Blattes endlich unterſcheidet man: 

das haͤutige Bl. (f. membranaceum), wenn es duͤnn und 
fein iſt; das lederartige (coriaceum), wenn es ſteifer und 
dicker iſt; das fleiſchige (earnosum), wenn es aus einem 
dicken, ſaftigen Zellgewebe beſteht; das hohle (fistulosum), 
wenn es eine Roͤhre bildet; das trockne (scariosum), wenn 
es ganz oder zum Theil vertrocknet iſt. 
N $. 132. II. Die Sortpflanzungsorgane der Ge⸗ 
waͤchſe haben den Zweck, fuͤr die Erhaltung einer ganzen 
Pflanzengruppe Sorge zu tragen, und Keime zu bilden, aus 
welchen, wenn die alten Pflanzen abſterben, junge Pflanzen 
entſtehen koͤnnen. Sie finden ſich in der Blume, deren 
Bau wir alſo zunaͤchſt unterſuchen muͤſſen. 

Eine vollkommene Blume (flos) beſteht aus 1 
Kreiſen von Blaͤttern, die an einer Axe uͤbereinander befeſtigt 
ſind. Dieſe Axe, alſo auch die ganze Blume, wird vom 
Blumenſtiel (peduneulus) getragen. Meiſtens erweitert 


Allgemeine Vorbemerkungen. 113 


er ſich kolbenfoͤrmig und bildet eine Endflaͤche, auf welcher die 
Blume und ſpaͤter die Frucht ruht; man nennt dieſe Flaͤche 
deshalb Fruchtboden (receptaculum). 

Der aͤußerſte Kreis der Blaͤtter bekommt den Namen 
Kelch (calyx); er ift, wie die Blätter, grün gefärbt, und 
ſtimmt mit ihnen auch in der Art des Ueberzuges uͤberein. 

Der zweite Kreis, die Blumenkrone (corolla), un⸗ 
terſcheidet ſich außerdem durch die bunte Farbe vom Kelch; 
die Blätter ſtehen in der Regel fo, daß fie die Zwiſchenraͤu⸗ 
me zwiſchen den Kelchblaͤttern ausfüllen. 

Der dritte Kreis iſt weniger blattfoͤrmig. Er beſteht aus 
den Staub gefaͤßen (stamina), deren jedes ein duͤnner F a⸗ 

den (fllamentum) iſt, der am Ende einen Beutel (anthera) 
traͤgt, in welchem viele feine Koͤrnchen, die Blumenſtaub 
(pollen) heißen, eingeſchloſſen find. In vielen Fallen bi- 
den die Staubgefaͤße mehrere Kreiſe uͤbereinander. | 

Die Are der Blätter, oder der Stempel (pistillum), 
iſt ein ein⸗ oder mehrfacher ſtielförmiger Fortſatz, der un⸗ 
ten einen Knopf bildet, welcher Fruchtknoten (germen) 
heißt, weil aus ihm die Frucht entſteht. Dieſer Fruchtknoten 
ruhet allemal auf dem Fruchtboden und beſteht aus dem vier⸗ 
ten Blaͤtterkreiſe, welche Blätter indeß am Rande mit einander 
verwachſen find, daher fie zuſammen eine Hoͤhle bilden. Von 
der Spitze des Fruchtknotens entſpringt ein dunner Fortſatz, 
der Griffel oder Staubweg (stylus), welcher nach oben 
in einen kleineren Knopf, oder in einen oder mehrere Faͤden 
auslaͤuft, die man Narben (stigmata) genannt hat. 

Dies find die Theile einer vollkommenen Blume. Hau⸗ 
fig fehlt die Blumenkrone (fl. apetalus), und dann iſt der 
Kelch allein vorhanden. In dieſem Zuſtande heißt er ſchlecht⸗ 
weg Blumenhuͤlle (perigonium), oder corolliſcher Kelch 
(calyx corollinus), wenn er bunt gefärbt iſt. Fehlen beide 
Blaͤtterkreiſe, ſo heißt die Blume nackt (fl. nudus); fehlen 
bloß die Staubgefaͤße, fo heißt fie weiblich (A. femineus), 
fehlen bloß die Stempel, ſo nennt man ſie maͤnnlich (fl 
masculus); fehlen endlich beide inneren Theile, die Staubge⸗ 

Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 8 


114 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


faͤße mit den Stempeln, fo heißt die Blume unfruchtbar (ste- 
rilis); find fie vorhanden, fo wird fie in Bezug auf die Anweſenheit 
dieſerTheileZ witterblum e (los hermaphroditieus) genannt. 
$. 133. Die Stellung der Blumen, welche man mit dem 
Namen des Bluͤthenſtandes (inflorescentia) bezeichnet, 
zeigt manche Verſchiedenheiten. Urſpruͤnglich ſteht eigentlich jede 
Blume in der Achſel eines Blattes, d. h. da, wo das Blatt am 
Stengel ſitzt, ach ſelſtaͤndig (axillaris); doch kann dieſes Blatt 
auch das letzte am Stengel ſein, und dann ſteht die Blume auch am 
Ende des Stengels, gipfelſtaͤndig (terminalis). Das Blatt, 
welches unter der Blume ſteht, veraͤndert gemeiniglich ſeine Form 
und Groͤße, bisweilen ſogar ſeine Farbe, und heißt dann Stuͤtz⸗, 
Hill oder Deckblatt (bractea), auch, wie früher bemerkt 
wurde, blumenſtaͤndiges Blatt (fol. florale). 

Traͤgt ein Blumenſtiel nur eine Blume, ſo heißt er 
einblumig (p. uniflorus); mehrere Blumen zählt man, und 
benennt den Stiel danach zwei- drei- vier- ꝛc. und vielblu⸗ 
mig (bi- tri-, quadri - ete. multiflorus). Sitzen an einem 
viele Blumen tragenden Stengel die einzelnen Bluͤthen auf 
beſonderen Stielen in Reihen und frei, ſo heißt der Bluͤthen⸗ 
ſtand eine Traube (racemus); ſtehen die Blumen dicht ge⸗ 
draͤngt und ungeſtielt in Reihen am Ende des gemeinſamen 
Stieles, ſo heißt der Bluͤthenſtand eine Aeh re (spica); die 
Reihen nennt man Zeilen (stichis), und darnach die Aehre 
eins, zwei⸗ ꝛc. zeilig (mo no-, di- etc. sticha); ſtehen an 
jeder Stelle nicht einzelne Blumen, ſondern wieder viele, auf 
einem kurzen Nebenblumenſtiel aͤhrenfoͤrmig geſtellte, Bluͤthen, 
fo nennt man dieſe Aehrchen (spieulae) und die ganze 
Aehre zuſammengeſetzt (sp. composita); der gemein- 
ſchaftliche Stiel heißt die Axe (axis s. rachis). Iſt der ges 
meinſchaftliche Blumenſtengel regelmaͤßig veraͤſtelt, und tra⸗ 
gen die Nebenſtiele mehrere Blumen oder Aehrchen, ſo nennt 
man den Bluͤthenſtand eine Rispe (panicula). Iſt die 
Are einer Aehre dick und fleiſchig, ſo heißt der Bluͤthenſtand 
Kolben (spadix), und das große Huͤllblatt am Grunde des 
Kolbens Blumenſcheide (spatha). Iſt die Axe duͤnn, 


Allgemeine Vorbemerkungen. 115 


ungeſttet, am Grunde artikulirt, und ſtehen die Blumen ge⸗ 
draͤngt, unter Schuppen ſo dicht nebeneinander, daß man die 
einzelnen kaum unterſcheiden kann, fo giebt dies das Kaͤtzchen 
(amentum); iſt die allgemeine Form deſſelben kugelig, fo nennt 
man's Knopf (capitulum), iſt fie laͤnglicher unregelmaͤßiger, 
Buͤſchel (fasciculus). Hat ein Kaͤtzchen holzige, dicht an— 
liegende Schuppen ſtatt der Huͤllblaͤttchen jeder einzelnen 
Blume, ſo heißt dieſe Form Zapfen (strobilus). 

Eine Traube, deren Bluͤthen ziemlich eine Ebene bilden, 
heißt Doldentraube (eorymbus) oder Schirm. Eine 
Rispe dagegen, deren Bluͤthen in einerlei Höhe ſtehen, heißt 
Afterdolde (cyma). Stehen aber die einzelnen Bluͤthen⸗ 
ſtiele an der Spitze des gemeinſchaftlichen ſtrahlenförmig, und 
haben fie dabei ungleiche Lange, fo daß die mittleren die kuͤr⸗ 
zeſten, die aͤußerſten die laͤngſten ſind, und alle Blumen in 
einer Ebene liegen, fo heißt der Bluͤthenſtand eine Dol de 
(umbella), oder zuſammengeſetzte Dolde (umb. composita), 
wenn die Nebenbluͤthenſtiele an ihrer Spitze viele Blumen 
auf ungleichen Stielen in gleicher Hoͤhe tragen, ſo daß alle 
in derſelben Ebene liegen. Die Dolden haben haͤufig ſowohl 
am Grunde der erſten, als auch der zweiten Nebenſtiele 
einen Kranz von Stuͤtzblaͤttern, der den Namen der Huͤl⸗ 
le (involuerum) vorzugsweiſe erhaͤlt; jener heißt all ge- 
meine Hülle (involuerum universale), dieſer beſon⸗ 
dere Hülle (i. partiale) oder Huͤllchen (involucellum). 


$. 134. Nicht geringere Verſchiedenheiten, als die fo eben 
dargelegten der Bluͤthenſtellung, gewahren wir bei Betrach⸗ 
tung der einzelnen Blumentheile. 
Wa czuerſt den Kelch betrifft, fo beſteht er bald aus einem, 
bald aus mehreren Blättern (sepala s. phylla). Er ruhet 
bald unmittelbar auf dem Fruchtboden, den Fruchtknoten mit ein⸗ 
ſchließend, und heißt dann unterſtaͤndig (ealyx inferus), oder 
er ſitzt auf dem Fruchtknoten, oberſtaͤndig (e. superus). 
Seiner Form nach iſt er roͤhrig (tubulosus), glockenfoͤrmig 
(eampanulatus), becher foͤrmig (urceolatus), trichter foͤr— 
mig (infundibuliformis), eckig (angulatus), blaſig (inflatus 

5 8 * b 


116 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


s. tumidus) u. ſ. w. Der einblaͤttrige Kelch iſt am Rande mei 
ſtens eingeſchnitten, nach der Anzahl der Einſchnitte heißt er. 
eins, zwei- ꝛc. zaͤhnig (uni-, bi- ete. dentatus); ſind dieſe 
Zähne ungleich, fo heißt er unregelmäßig (irregularis), und 
bilden die ungleichen Zähne zwei gegenuͤberſtehende Hauptlap⸗ 
pen, fo wird er z w eilippig (bilabiatus) genannt. 

Die Blumenkrone betreffend, fo wiederholen fich bei 
ihr faſt alle Formen des Kelches. Sie iſt, wie jener, bald 
einblättrig (corolla monopetala), bald mehrblaͤttrig 
(e. polypetala); jedes Blatt heißt Blumenblatt (petalum). 
Steht ſie frei unter dem Fruchtknoten, ſo heißt ſie e. hypo- 
gyna, verwächſt fie mit dem Kelch e. perigyna, ſteht * mit 


dieſem auf dem Fruchtknoten e. epigyna. 


Die einblaͤttrige Blumenkrone zeigt alle genannten For- 
men des Kelches. Bei dieſen Formen unterſcheidet man den 
unteren verengten Theil als Rohr (tubus), und die obere, 
meiſtens in Lappen getheilte, Ausbreitung als Saum (im- 
bus); wo beide an einander graͤnzen iſt der Eingang, Ra⸗ 
chen (faux) genannt, welcher bisweilen von kleinen Schuͤpp⸗ 
chen, Gewoͤlbe (fornix), geſchloſſen (elausa) iſt, haͤufig aber 
auch offen ſteht (pervia). Radfoͤrmig (rotata) heißt eine 
einblättrige Blumenkrone, bei welcher Rohr und Saum al 
mälig in einander übergehen und ziemlich flach ausgebreitet 
find; präfentirtellerfürmig(hypocrateriformis), wo das 
Rohr ſehr lang und eng, der Saum aber breit und plotzlich 
flach ausgebreitet if. Rachenfoͤrmig (e. ringens) nennt 
man die Blumenkrone, wenn ſie 2 Hauptlippen (labia) 
hat, und maskirt (personata), wenn der Eingang einer 
ſolchen durch die gewoͤlbte Unterlippe geſchloſſen iſt; geſpornt 
(ealcarata), wenn fie am Grunde einen längeren oder kuͤrze⸗ 
ren hohlen Fortſatz, Sporn (calcar), hat; zungenförmig 
(ligulata), wenn fie nach einer Seite hin in einem flachen, 
blattfoͤrmigen Fortſatz ausgedehnt iſt. 

Die Staubgefäße zeigen wenige Verſchiedenheiten. 
Bisweilen fehlt der Faden, dann heißt der Beutel figend 
(anthera sessilis), häufiger fehlt der Beutel, dann nennt man 


A Agemeine Vorbemerkungen. a 


den Faden unf RT (. Menne, der Faden iſt meiſtens 
rund (teres), bisweilen flach, blattartig, oder eckig und 
lanzettförmig, meiſtens iſt er einfach, mitunter ver⸗ 
z wei gt; in den meiſten Faͤllen ſitzt an ihm der Beutel mit 
dem einen Ende feſt (a. erecta), feltener mit der Seite, haͤn⸗ 
gend (a. pendula). Der Beutel beſteht aus 2 Fächern 
(loeuli), die durch eine Scheidewand getrennt find. Dieſe 
Faͤcher oͤffnen ſich bald mit Klappen (valvulae), bald zer: 
reißen ſie (dehiseentes). 

Der Stempel iſt unter allen Organen der Blume das⸗ 

jenige, welches die meiſten Verſchiedenheiten zeigt. So iſt die 
Narbe bald knopffoͤrmig (capitatum), bald fadenfoͤrmig 
(filiforme), bald einfach (simplex), bald in mehrere gleiche 
Fortſaͤtze geſpalten (fissum), deren Zahl näher angegeben 
wird. Auf ihrer Oberfläche hat fie einen druͤſenartigen Ueber— 
zug, an welchem die Blumenſtaubkoͤrnchen feſtkleben, ihren 
Inhalt, eine ſchleimartige Fluͤſſigkeit, hier fahren laſſen, und 
dadurch die Entwickelung der Blume zur Frucht bedingen; 
ohne dieſe Vermiſchung des Blumenſtaubes mit der Narbe 
entſteht keine Frucht, und die mangelnde Entwickelung ſo 
vieler Blumen hat hierin ihre Urſache. 
Der Staubweg fehlt vielen Blumen, und dann fitzt 
die Narbe unmittelbar auf dem Fruchtknoten; in anderen 
Fallen iſt derſelbe außerordentlich lang. Iſt er einfach, fo 
hat er in der Mitte einen Kanal, der in die Höhle des Fruchts 
knotens fuͤhrt; iſt er geſpalten, ſo liegt der Eingang in den 
Fruchknoten am Grunde der einzelnen Faͤden. Oft nehmlich 
nimmt er an der Zerſpaltung der Narbe Antheil, und iſt dann 
in eben ſo viele Faͤden, als ſie in Lappen, getheilt. 

Der Fruchtknoten beſteht aus 4 Theilen: 1) einer 
aͤußeren, grünen, blattartigen Hülle, der ſpaͤteren Frucht⸗ 
huͤlle (periearpium), unter welcher 2) die Keime der Sa⸗ 
men, die Eierchen (ovula), enthalten ſind. Vermittelſt 
eines Faͤdchens, 3) des Nabelſtranges (funiculus umbili- 
calis), ſitzen ſie an einer verdickten Stelle der inneren Höhle 
des Fruchtknotens feſt. Dieſe Verdickung heißt 4) Mutter— 


18 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 1 


kuchen (placenta), und befindet ſich da, wo die Blaͤtter der 
Fruchthuͤlle mit ihren Raͤndern verwachſen ſind und aͤußerlich 
eine Falte, eine Art von Naht (sutura), bilden. f 
F. 135. In vielen Blumen bemerkt man, außer den 
genannten Theilen, noch eigene druͤſenartige Koͤrper, welche, 
weil ſie Honig abſondern, Honiggefaͤße (nectaria) genannt 
werden. Sie ſitzen oft an anderen Theilen, z. B. am Kelch, 
oder an der Blumenkrone, beſonders im Sporn; in anderen 
Faͤllen ſtehen ſie frei, innerhalb der Blumenkrone, zwiſchen 
ihr und den Staubfaͤden. Linne bezeichnete uͤbrigens mit 
dem Namen Honiggefaͤße alle eigenthuͤmlich geſtalteten Theile 
der Blume, welche weder Kelch, noch Blumenkrone, noch Staub: 
faͤden, noch Stempel ſind, ſelbſt dann, wenn ſie gar keinen 
Honig abſondern, und viele Botaniker ſind ihm darin gefolgt. 
So zeigen denn die Honiggefaͤße, in dieſer Ausdehnung ges 
nommen, ſehr viele Verſchiedenheiten in Geſtalt, Lage und 
Verrichtung, welche zum Theil bei Beſchreibung von Blu— 
men, die ſolche Organe beſitzen, hervorgehoben werden ſollen. 
§. 136. Hat die Thaͤtigkeit der Bluͤthe, welche, wie wir 
geſehen haben, in der Vermiſchung des Blumenſtaubes mit 
der Narbe ihr Ziel findet, dieſes erreicht, ſo iſt die Blume 
nun nutzlos, ihre Theile fallen daher ab, und nur der Frucht⸗ 
knoten bleibt uͤbrig. Aus dieſem entwickelt ſich die Frucht 
- (fructus). Man findet an ihr die vier Theile des Frucht⸗ 
knotens wieder, doch alle mehr ausgebildet und zum Theil 
verändert, Die Frucht huͤlle oder das Perikarpium iſt theils 
blattartig, theils holzig, theils fleiſchig, theils aus 
einer fleiſchigen und einer holzigen Schicht gebildet, und 
umſchließt bald eine, bald mehrere Höhlen, Faͤcher (lo- 
cula) genannt. Sind mehrere Hoͤhlen da, ſo werden dieſel⸗ 
ben durch Scheidewaͤnde (dissepimenta) getrennt, und man 
erkennt gewoͤhnlich ſchon auf der Oberflaͤche der Frucht die 
Anzahl derſelben an den Naͤhten, in welchen die Blaͤtter 
der Fruchthuͤlle mit einander verwachſen ſind. Fehlen die 
Scheidewaͤnde, was bisweilen der Fall iſt, ſo ſitzen die Mut⸗ 
terkuchen an den Nähten (Placenta peripherica s. parietalis, 


gemein Vorbemerkungen. 119 


wan dſtaͤnd ig) find fie vorhanden, fo befinden ſich die Mut: 
terkuchen theils an der Scheidewand (pl. lateralis, ſeiten⸗ 
ſtaͤn dig), theils im Mittelpunkt, wo ſich die Scheidewaͤnde 
treffen (pl. centralis, mittelftändig). 

Was die Form der Frucht betrifft, ſo hat man folgende 
zu unterſcheiden: 

1. Einfache Fruͤchte (kructus ‚simplices). Die 
Fruchthuͤlle befteht nur aus einem Blatt. 

6 1. Weichfrucht (caryopsis), eine einſamige Frucht, bei 

welcher das haͤutige Perikarpium mit der Oberhaut des Sa⸗ 
mens verwachſen iſt. — 2. Nuͤßchen (achenium), eine ein⸗ 
ſamige Frucht, deren pergamentartige Hülle eng um den Sa⸗ 
men liegt, aber noch nicht mit ſeiner Oberhaut verwachſen 
iſt. — 3. Nuß (nux), eine einſamige Frucht mit holzigem 
Perikarpium, die unten in eine Huͤlle, dem Naͤpfchen (eu— 
pula), ſteckt. — 4. Steinfrucht (drupa), eine einfamige 
Frucht, deren Perikarpium inwendig holzig und außerhalb flei- 
ſchig iſt. — 5. Balg (follieulus), eine mehrſamige Frucht, 
deren trockenes Perikarpium eine Naht hat, an welcher die Sa: 
men ſitzen. — 6. Huͤlſe (legumen) unterſcheidet ſich nur 
durch die Anweſenheit einer zweiten Nath, aber die Samen 
ſitzen alle an einer. — 7. Beere (bacca), eine ein- oder 
mehrſamige Frucht, deren Perikarpium ſleiſchig iſt und die 
Samen ganz einſchließt. 

II. Zuſammengeſetzte Früchte (fruetus multipli- 
ces). Die Fruchthuͤlle beſteht aus mehreren Blaͤttern und 
enthaͤlt mehrere Faͤcher. 

8. Schoote (siliqua), eine langgeſtreckte trockene Frucht 
mit 2 Naͤhten und einer Scheidewand von einer Naht zur 
andern, an den beiden Nähten ſitzen die Samen. — 9. Kap: 
ſel (eapsula), jede rundliche zuſammengeſetzte Frucht mit 
trockner Huͤlle; bisweilen fehlen die Scheidewaͤnde, und die 
Kapſel iſt dann ein faͤcherig (uniloeularis), gewöhnlich 
mehrfaͤcherig (multilocularis). — 10. Orange (auran- 
tum), hat eine lederartige Huͤlle, und ein ſaftiges Zellgewebe 
in den Faͤchern, das die am mittleren Mutterkuchen ſitzenden 


190 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 
Samen umſchließt. — 11. Kürbis (pepo), eine fleiſchige 
Frucht mit ſaftigem Zellgewebe in den Faͤchern, deren Mut⸗ 
terkuchen am Umfange liegt. — 12. Apfel (pomum), eine 
fleiſchige Frucht mit mehreren hohlen Faͤchern im Innern, 
worin die Samen. — 13. Steinbeere (nucularium), eine 
mehrſamige Steinfrucht, die theils freie, theils aus mehreren 
zuſammengewachſene Steinchen enthält: — 

$. 137. Unter allen Theilen der Frucht iſt der Same 
(semen) der vorzuͤglichſte und wichtigſte. Er entſteht aus 
dem Eichen durch eine mannigfache Reihe von Entwickelun⸗ 
gen, deren einzelne Stufen, wegen der Kleinheit des Gegen⸗ 
ſtandes, ſchwer begriffen werden, daher wir dieſen ſo in⸗ 
tereſſanten Theil hier unberuͤckſichtigt laſſen muͤſſen. Biswei⸗ 
len ſteckt der Same innerhalb der Fruchthuͤlle noch in einer 
feinen, netzartigen Haut, die vom Nabelſtrange ausgeht, dem 
Mantel (arillus). Am reifen Samen unterſcheidet man 
die Stelle, wo ſich der Nabelſtrang anſetzt, als Nabel (um 
bilieus 3. kilum). Theile des Samens bemerkt man vier: 
1) die aͤußere Bedeckung des Samens, ſie bildet eine dicke, 
meiſtens gefärbte Haut, Schale (testa) genannt. Unter 
dieſer liegt bei ſehr vielen Samen 2) ein fleiſchiger, mehliger 
oder hornartiger Koͤrper, das Eiweiß (albumen), welches den 
Hauptnahrungsſtoff der Samen enthaͤlt, und immer, ſelbſt bei den 
giftigſten Gewaͤchſen unſchaͤdlich iſt. Vielen Samen, z. B. unſe⸗ 
ren Huͤlſenfruͤchten und Obſtſamen, fehlt es, in anderen, z. B. den 
Getreidekoͤrnern, iſt es ſehr groß. An, in oder neben dem Eiweiß: 
koͤrper, oder wo dieſer fehlt, unmittelbar unter der Schale, liegt; 3) 
der meiſt große, fleifchige Samenlappen (cotyledon), mit wel⸗ 
chem 4) der Kei m (embryo), welcher aus dem Federchen(plu— 
mula)unddemWüͤrzelchen(radicula) beſteht, zuſammenhaͤngt. 

Der Samenlappen iſt bald einfach (Monocotyledo- 
nes), bald doppelt (Dicotyledones), und erſcheint im er 
ſteren Falle als eine, im letzteren als zwei meiſtens halb— 
kugelfoͤrmige oder flache, rundliche oder geſtreckte Schuppen, 
unter der, oder zwiſchen welchen, die Theile des Keimes 
liegen. Sie bilden zuſammen einen oben flachen, nach unten 


Allgemeine Borbemarkunger 121 


zugeſpitzten Theil, der ſowohl mit dem einfachen, als auch 
den doppelten Samenlappen in Verbindung ſteht. Der obere, 
flachere, bisweilen am Rande gekerbte Theil iſt das Feder⸗ 
chen, der untere zugeſpitzte bildet das Wuͤrzelchen. Beide 
werden immer von dem Samenlappen verdeckt, und dieſer 
liegt entweder unmittelbar unter der Samenhaut, oder neben 
dem Eiweißkoͤrper, von ihm zum Theil umgeben. — 

8. 138. Gelangt nun ein ſolches Samenkorn in den 
fuͤr ihn beſtimmten Boden, ſo zieht es aus ſeiner Umgebung 
Feuchtigkeit an ſich, und dehnt ſich vermittelſt derſelben aus, 
quillt. In Folge diefer Ausdehnung platzt die Samenhuͤlle, 
dann dringt die Spitze des Wuͤrzelchens zuerſt aus dem Sa: 
men hervor, und ſteigt nun, der Same mag aufrecht oder 
verkehrt in der Erde liegen, jedesmal ſenkrecht nach unten 
hinab. Sein entgegengeſetztes Ende, das Federchen, ſucht den 
entgegengeſetzten Weg, und erhebt ſich theils allein, theils mit 
den Samenlappen zugleich, über die Oberflaͤche. Hier im 
Lichte entfalten ſich dann die Samenlappen, das Federchen 
waͤchſt zwiſchen ihnen hervor, entfaltet ſich ebenfalls, bildet 
Blaͤtter, und demnaͤchſt einen aufwaͤrts ſtrebenden Schoͤßling. 
Sobald die erſten Blaͤtter gebildet ſind, vertrocknen die nach 
und nach blattartig gewordenen S. Samenlappen. Dieſer ganze 
Hergang heißt Keimung (germinatio). 

Da alle Pflanzen Samen oder ſamenartige Koͤrper 55 
vorbringen, ſo koͤnnen ſich natuͤrlich alle durch Samen fort— 

pflanzen. Es iſt dies aber noch auf eine andere Weiſe moͤg⸗ 
lich, nehmlich durch Stecklinge. Schneidet man einen jun⸗ 
gen Trieb einer mehrjaͤhrigen Pflanze ab, ſteckt ihn in die 
Erde, und ſucht ihn gegen aͤußere Schaͤdlichkeiten zu ſchuͤtzen, 
ſo ſchlaͤgt er in der Regel Wurzeln, und bildet ſich zu einer 
Pflanze derſelben Art aus. Bei einjaͤhrigen Pflanzen findet 
dieſe Methode jedoch keine Anwendung. Viele mehrjaͤhrigen 
Gewaͤchſe pflanzen ſich freiwillig auf dieſe Art fort, indem 
fie aus der Wurzel, oder aus dem Stamm Fortſaͤtze, Schoͤß—⸗ 
linge (stolones), treiben, die eigene Wurzeln entwickeln, und 
ſich nach und nach zu ſelbſtſtaͤndigen Individuen ausbilden. 


122 Zweiter Abſchnitt. Botanil. | 


Hierdurch erhält man eine: leichte Methode, die W und 
anderen Gewaͤchſe zu vervielfaͤltigen. 

§. 139. Wie die Thiere, werden auch die Pflanzen ge 
der Verſchiedenheit gewiſſer Organe in Gruppen eingetheilt, 
welche zuſammen das Syſtem der Pflanzen bilden. Un⸗ 
ter allen Eintheilungen iſt keine, welche ſo allgemeine Aner⸗ 
kennung gefunden hat, als die des ſchwediſchen Naturforſchers 
Linne, welcher das Pflanzenreich nach den Verſchiedenheiten 
der Staubgefaͤße in 24 Klaſſen, und jede nach der Bildung 
der Stempel und einiger anderen Organe in mehrere Ordnun⸗ 
gen eintheilte. Sein Syſtem iſt folgendes: " 


1. Pflanzen mit deutlich fi chtbaren Blumen. Phanerogamia. 
A. Staubgefaͤße und Stempel in einer Blume. Monoclinia, 
a. Staubgefaͤße mit keinem anderen Theile verwachſen. 
+ Alle von gleicher Länge. N ü 
Ein Staubgefäß. ER . 1. Klaſſe Monandria. 


Zwei Staubgefaͤßße. 2. — Diandria. 
reel e A. . 3. — Triandria. 
Vier — . . J 4. — Tetrandria. 
Fuͤnf — ne 5. — Pentandria. 
Sechs — . 6. — Hexandria. 
Sieben — 7. — FHeptandria. 
Acht — .. 8. — Octandria. 
Neun — > . . 0. — Enneandria, 
Zehn — . 10. — Decandria. 


Zehn bis zwanzig Staubgefäße. 11. — Dodecandria. 
Zwanzig und mehrere Staubgefäße, RT Tre 
die am Kelch figen. -. 12. — lIcosandria, 
Zwanzig und mehrere Staubgefäße 
auf dem Fruchtboden ſitzend. 15. — Polyandria. 
I Von ungleicher Länge. : n 


Zwei lange und zwei kurze. 14. — Didynamia. 

Vier lange und zwei kurze. 15. — Tetradynamia 
b. Staubfaͤden unter ſich verwachſen. N 5 

In einen Ring. 16. — Monadelphia. 

In zwei Bündel.- er ee 

In mehrere Buͤndel . 18. — Polyadelphia, 
c. Staubbeutel verwachſen. N 5 i 

Unter fih in einen Ring. . 19. — Syngenesia. 


Mit dem Stempel. . 20. — Gynandria. 


Elfte Kicfje, Monandria, gweſte Kiafe Diandria. 123 


N Staubgefäße und Stempel in derſchie⸗ 
| denen Blumen. Diclinia. i 
Beide Blumen ‚auf einem Stamm. 21. — Monoccia, 
Beide Blumen auf verſchied. Stämmen. 22. — Dioecia. 
Männliche oder weibliche Blumen mit f 
Zwitterblumen auf demſelb. Stamm. 23. — Polygamia. 
II. Pflanzen ohne ſichtbare Blumen. . 24. — Cryptogamia. 
Wir wollen nun aus allen dieſen Klaſſen einige einhei- 


mische oder beſonders wichtige Pflanzen abe 


Erſte Klaſſe. Monandria. 


$. 140. Hierher alle Pflanzen mit deutlich ſichtbaren 
Blumen, in welchen ſich nur ein Staubgefaͤß vorfindet. 
Dieſe Klaſſe iſt eine der kleinſten und enthält meiſtens aus: 
laͤndiſche Pflanzen. Einheimiſche find: 

Der Tannenwedel (Hippuris 1 0 ein Kraut von 1“ 
Laͤnge, mit grade ſtehendem, ſaftigem Stengel, an welchem viele 
Kreiſe quirlfoͤrmig geſtellter, linienfoͤrmiger Blaͤtter uͤber einander. 
Die kleinen Blumen ſtehen ungeſtielt in den Blattachſeln, haben keine 
Krone, einen einblaͤttrigen Kelch auf dem Fruchtknoten, an welchem 
Kelche zugleich der kurze Staubfaden ſitzt. Frucht ein kleines einſa⸗ 
miges Nuͤßchen. Der Tannenwedel waͤchſt bei uns überall in Graͤ— 
ben, Suͤmpfen, an Flußufern, ſteckt mit der Wurzel im Schlamm, 
und erhebt ſich mit dem Stengel und den Blättern über dem 
Waser 


ze 
— 


Zweite Klaſſe. Diandria. 


§. 141. Alle Pflanzen, die in deutlichen Blumen zwei 
Staubfaͤden neben dem ein⸗ oder mehrfachen Stempel zeigen, 
gehoͤren hierher. Die meiſten haben nur einen Stempel, wo— 
nach Linne die Ordnung Monogynia bildete, wenige beſitzen 
zwei und bilden die zweite Ordnung Digynia. Die einhei⸗ 
miſchen find alle monogyniſch. 3. B. a 
Der Hartriegel (Ligustrum vulgare), eine ſtrauchartige 
Pflanze mit gegenuͤberſtehenden, kurzgeſtielten, lanzettfoͤrmigen, glatten 
Blättern und traubenfoͤrmigem Bluͤthenſtande. Blumenkrone ein: 
blaͤttrig, roͤhrig, Saum vierlappig, weiß. Die Frucht eine zwei⸗ 
faͤcherige Beere, die in jedem Fache 2 Samen enthält. Häufig in 
Gaͤrten, zu Hecken und Lauben angepflanzt. 
Der ſp aniſche Flieder (Syringa ae hat die Kenn⸗ 


124 _ Bweiter woch. Botank. 


zeichen der vorigen Pflanze, aber die Blätter find breiter, herzfoͤr⸗ 
mig, und die Frucht iſt eine zweiklappige, sweifächerige Napſel, die 


auch 2 Samen in jedem Fach enthaͤlt. Bei uns in Gaͤrten als 


Zier ſtrauch, ſtammt aus dem füdlihen Europa. 

Die Ehrenpreisgattung (Veronica) hat einen 45: : thei- 
ligen unglelchlappigen Kelch, eine radfoͤrmige ungleichvierlappige 
Blumenkrone, und eine zweiklappige vielſamige Kapſel, in welcher die 
Scheidewaͤnde an den Klappen ſitzen. Unter den vlelen Arten unſe— 
rer Gegend iſt die gemeinſte V. chamaedrys; ſte hat gegenüberftes 
hende tiefgezaͤhnte eifoͤrmige haarige Blätter, einen achſelſtaͤndigen 
aͤhrenfoͤrmigen Bluͤthenſtand, vierlappigen Kelch und eine große, 
blaue Blumenkrone. Ueberall auf Feldern, liegt am Boden, doch 
die Blumenaͤhre aufrecht. 

Die gemeine Entengruͤtze (Lemna minor) iſt eine kleine 
Pflanze ohne Stengel, mit linſenfoͤrmigen, ziemlich dicken Blättern, 
die auf dem Waſſer ſchwimmen und einzelne Wurzeln ausſenden. 
Die kleinen Blumen ſitzen am Rande der Blätter, haben eine ein: 
fache Blumenhuͤlle und eine 1— 2⸗faͤcherige Kapſel, worin einige 
Samen. Ueberall gemein auf ſtehenden Gewaͤſſern. 


Dritte Klaſſe. Triandris. 


$. 142. Drei freie, gleich lange Staubfaͤden in deutlich 
ſichtbaren Zwitterblumen bilden den Charakter dieſer Klaſſe. 
Nach der Anzahl der Griffel zerfällt fie in drei Ordnungen. 


1. Ordnung. Monogynia Mit einem Griffel. 

Die Sumpflilie (Iris pseudacorus) hat eine fehsbläftrige, ges 
färbte Blumenhuͤlle, deren drei abwechſelnde Blaͤtter größer find und 
herabhaͤngen, während die drei kleineren aufrecht ſtehen. Der Griffel 
iſt zwar einfach, aber in drei blattartige Lappen geſpalten, deren jeder 
eine Narbe trägt. Fruchtknoten unter den Blumen, bildet ſich zu ei: 
ner dreifaͤcherigen, vielſamigen Kapſel aus. Die Pflanze hat ſchwerdt— 
foͤrmige Blätter, welche den aufrechtſtehenden, mehrblumigen Schaft 
am Grunde ſcheidenartig umgeben. Blumen ſchwefelgelb, ſtecken 


vor dem Aufbluͤhen in einer Blumenſcheide. Gemein in Suͤmpfen. 


2. Ordnung. Digynia. Mit zwei Griffeln. 

Hierher gehört die große Familie der Gräfer (Gramineae), 
welche ſich außerdem noch durch folgende Merkmale auszeichnet. Die 
Wurzel iſt faferig, meiſtens einjaͤhrig, der Stengel ein knotiger Halm, 
die linienfoͤrmigen Blaͤtter entſpingen von den Knoten und umgeben 
den Halm eine Strecke ſcheidenfoͤrmig. Blumen in einfachen oder 


Dritte Klaſſe. Triandria. Geäfer. 125 


zuſammengeſetzten Aehren und Rispen. Jede Blume hat eine zwei 
blaͤttrige Blumenhuͤlle, das Äußere Blatt derſelben heißt aͤußere 
oder untere Spelze (palea s. valvula exterior s. inferior), das 
innere gegen die Are der Aehre gerichtete oft feinere Blatt wird ins 
nere oder obere Spelze (palea s. valvula interior s. superior) ges 
nannt; hierzu kommt bei vielen noch ein zweites, mehrere Blumen 
umfchließendes, Blattpaar unter dem erſteren, welches man mit dem 
Namen Baͤlge (glumae) bezeichnet. Nach der Anzahl der Blumen 
in dieſen Boͤlgen richtet ſich die Größe der Aehren, ſowohl beim aͤhren⸗ 
als auch beim rispenfoͤrmigen Bluͤthenſtande. Von der Außenflaͤche 
der aͤußeren oder unteren Spelze entſpringt bei vielen Graͤſeru ein 
langer meiſtens borſtenfoͤrmiger Fortſatz, die Granne (arista), — 
Die Gräfer find übrigens die wichtigſten von allen Gewaͤchſen, fies 
geben nicht bloß dem Menſchen ſelbſt, ſondern auch deſſen Hausthie— 
ren die nothwendigſten Nahrungsmittel; daher iſt ihre Menge ſo 
bedeutend, daß ſie den zwanzigſten Thell aller bekannten Pflanzen 
ausmachen. Folgende Arten ſind beſonders wichtig. 

Der Hafer (Avena sativa) hat einen gleichen rispenfoͤrmigen 
Bluͤthenſtand; Baͤlge zweiblumig, ungleich, Spelzen am Grunde 
häufig mit einem Bart, die innere und obere an der Spitze gefpals 
ten, die äußere mit elner gedrehten Granne. Wird ſeit uralten Zei: 
ten in Deutſchland angebauet, jetzt aber meiſtens nur zu Viehfutter 
benutzt. N f 3 
Die Gerfte (Hordeum vulgare), mit ährenförmigem Blüthen: 
ſtande, an jeder Stelle der Aehre drei einblumige Aehrchen; Baͤlge 
lang, dünn, pfriemenfoͤrmig, untere Spelze mit langer, ſteifer, gra⸗ 
der Granne, Samen von Haut umgeben, an beiden Enden zuge⸗ 
ſpitzt, mit einer Langs furche. Blumen in vier Reihen, je zwei und 
zwei einander gegenüber und abwechſelnd hoͤher. Stammt aus Gi: 
cilien; ſchon lange bei uns angebauet. 1517 

Der Roggen (Secale eereale). Bluͤthenſtand eine Aehre; 
Bälge dünn, borfiens pfriemenfoͤrmig, untere Spelze in eine lange, 


haarige Granne verlängert, die obere der Länge nach gefaltet. Sa⸗ 


men glatt, cylindriſch, an beiden Enden abgeſtutzt. Aehrchen zwei⸗, 
ſeltener dreiblumig. Vaterland Perſien und Mittel- Aſien, kam erſt 
durch die Hunnen nach Europa, und wird jetzt beſonders in den 
nördlichen Gegenden angebauet. 257 “tits 
Die Waizengattung (Triticum) iſt fehr reich an Arten, alle 
haben einen ährenförmigen Blüthenftand, Baͤlge groß und breit, mit 
kuͤrzerer oder längerer grannenförmiger Spitze, untere Spelze wie die 
Bälge, die obere ziemlich der Länge nach gefaltet. Man bauet bei 
uns zwei Arten: den Sommerwaizen (Tr. aestivum), mit vier⸗ 
blumigen Aehren, die Baͤlge glatt und gegrannt; den Winterwai⸗ 


6 


* 


1˙6 | Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


zen (Tr. hibernum); ebenfo, aber die Bälge ohne Granne. Beide 
ſtammen aus dem Orient und wurden ſchon von den aͤlteſten Acker 
bau treibenden Voͤlkern kultivirt. Eine dritte Art, die QAueke 
(Tr. repens), hat vielblumige Aehrchen, deren Bälge bald mit, bald 
ohne Granne; findet ſich uͤberall als Unkraut zwiſchen dem Getreide; 
und verbreitet ſich ſehr ſtark wegen feiner kriechenden Wurzeln. 
3. Ordnung. Trigynias Mit drei Griffe | 
Das Quellkraut (Montiä fontana) iſt ein kleines Kraut mit 
kriechendem Stengel, woran aufrechtſtehende Zweige mit gegenuͤber— 
ſtehenden, laͤnglichen, ſtumpfen Blättern. Blumen am Ende, fünf: 
blaͤttrig, weiß. Frucht eine Kapſel mit drei Samen. An feuchten 
Stellen, beſonders auf quellenreichem Boden, aber nicht uͤberall. 
Vierte Klaſſe. Tetrandria; | 
$. 143. Vier freie, gleich lange Staubfaͤden bilden den 
Charakter dieſer Gruppe. Nach der Anzahl der Griffel zer⸗ 
faͤllt ſie in vier Ordnungen. 0 
1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Griffel; 

Der Weberkarden (Dipsacus fullonum) eine große aufrecht 
ſtehende Pflanze mit eckigem, gezaͤhntem Stengel und ungegeftielten; 
gezaͤhnten Blaͤttern. Blumen auf einem langen, dünnen Fruchtbo— 

den dicht neben einander, Kelch klein, vierzaͤhnig, Blumenkrone lang; 
roͤhrig, vierlappig, Frucht eine unterſtaͤndige Karyopſts. Unter jeder 
Blume ein ſteifes, gezaͤhntes, hakenfoͤrmiges Huͤllblatt, welches die 
Frucht zum Strichgeben der Tuche brauchbar macht. Zu dieſem 
Zwecke bauet man die Pflanze in manchen Gegenden. — 0 

Die Faͤrberroͤthe (Rubia tinctorum), ein mittleres Kraut; 
mit liegenden, viereckigen, gezaͤhnten Stengeln, lanzettfoͤrmigen, quirl⸗ 
foͤrmig geſtellten Blättern und achſelſtändigem, buͤſchelfoͤrmigem Bluͤ⸗ 

‚ thenftande, Blumenkrone trichterfoͤrmig, vierlappig, gelb; Frucht 
zweiſamig, die Samen in einer weichen Huͤlle. Man gewinnt aus 
dieſer Pflanze, befonders aus der Wurzel, eine ſchöͤne, rothe Farbe, 
die in Faͤrbereien Häufig gebraucht wird. Fuͤttert man Voͤgel mit 
dem Kraut, fo färben ſich deren Knochen roth. a # 
Die Wegerichsgattung (Plantago) hat einen aͤhrenfoͤrmigen; 
blattloſen Bluͤthenſchaft, einen vierlappigen Kelch, vierlappige Blu⸗ 
menkrone, die mit dem Kelch auf dem Fruchtknoten ſitzt, vier lange 
Staubfäden und eine zweifaͤcherige 2— vielſamige Kapſel. Bei uns; 
wachſen an Wegen auf Feldern u. dgl., mehrere Arten, welche alle 
ungetheilte Blätter haben; die gemeinfte iſt der große Wegerich 


* 


Sünfe Klaſſe. Pentandria. 127 


(Pl. mah, mit gebe ovalen, ſtumpfen, glatten, langgeſtielten 
Blättern, ehr Bluͤthenſchaͤften und vielſamigen Kapſeln. 

Die uͤbrigen drei Ordnungen, mit zwei (Digynia), 
drei (Trigynia) und vier Griffeln (Tetragynia), enthalten 
keine wichtigen einheimiſchen Gattungen. 


Fiaunfte Klaſſe. Pentandria. 
a 144. Sie iſt eine der zahlreichſten, und umfaßt alle 
Pflanzen mit fünf gleich langen, freien Staubfaͤden, die 


mit dem Stempel in derſelben Blume ſitzen. Linne theilte 
ſie nach der Zahl der Griffel in 6 Ordnungen. 


i Ordnung. Monogynia. Mit einem Griffel. Bier 
her gehören mehrere große Familien einheimifcher Hetachſe 
unter welchen folgende die wichtigſten ſind. 


1 Fam. Rauhblättrig e Pfl. (Asperifoliae). Sie haben 
eine einblättrige, roͤhrige, fünflappige Blumenkrone, eine aus vier 
einſamigen, rauhen oder ſtacheligen Nuͤßchen beſtehende Frucht, und 
abwechſelnde rauhe Blaͤtter. Z. B. 

Das Vergißmeinnicht (Myosotis palustris), eine kleine 
Pflanze mit lanzettfoͤrmigen, ziemlich glatten Blaͤttern und Himmel: 
blauer Blumenkrone, deren gelbe Muͤndung von kleinen rundlichen 
Schuppen ziemlich geſchloſſen iſt. Nuͤßchen mit ſchwachem Rande und 
Nabel am Grunde. Gemein in Suͤmpfen, am Rande von Gräben. 

Der gem ein e Stein ſame (Lithospermum arvense) hat eine 
offene, freie Muͤndung der weißen, trichterfoͤrmigen, Blumenkrone, 


und nicht gerandete, eifoͤrmige, nicht mit einem Nabel, verſehene 


Nüͤßchen. Blätter breit, lanzettförmig, zugeſpitzt, ſehr räub. Ge⸗ 
mein Ak Getreide. 

2. Fam. Schluͤſſelblumenpflanzen (Primulacede), Sie 
haben eine roͤhren-oder radfoͤrmige Blumenkrone mit freier Muͤn⸗ 
dung. Blatter an der Wurzel oder gegenuͤberſtehend. Frucht eine 
einfächerige, zwei⸗ bis fuͤnfklappige Kapfel.  - 

Die gemeine Schluͤſſelblume (Primula veris) hat röh: 
renfoͤrmige, haͤngende, gelbe Blumen am Ende eines blattloſen Bluͤ— 
thenſchaftes; Blaͤtter gezaͤhnt, runzelig, unten weißhaarig. Gemein 
in Gebuͤſchen, bluͤhet zeitig im Fruͤhjahr; eine andere, in Gaͤrten 
häufige Art, die Aurikel (P. auricula), hat glatte, leicht gezaͤhn— 
te, mehlartig beſtaͤubte Blaͤtter, und dunkelrothbraune Blumen mit 
Aer Muͤndung. Stammt aus Italien. 


128 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


Der Fieberklee (Menyanthes trifoliata) hat zu drei geſtellte, 
langgeſtielte, eirunde Blattchen und einen aufrechten Bluͤthenſchaft; 
Blumenkrone weiß, trichterfoͤrmig, tieflappig, inwendig rauh; Kap: 
ſel zweiklappig mit wandſtaͤndigen Mutterkuchen. Bei uns Häufig - 
auf feuchten en und in Graͤben; wird gegen das kalte Fieber 
angewendet. 

N 3. Fam. Kartoffeln fangen N Blumenkrone 

trichterfoͤrmig, unterſtaͤndig, Blätter abwechſelnd; 2 Narben am 
Griffel. Frucht eine 2— 4 faͤcherige, eben ſo viel klappige Kapſel 
oder Beere, mit verdicktem Mutterkuchen an den Scheidewaͤnden, 
Viele Pflanzen dieſer Familie ſind giftig. 

Die Kartoffel (Solanum tuberosum) hat eine glockenförmige, 
gefaltete Slumenkrone, ſehr kurzgeſtielte, laͤngliche, ſpitze Staubbeutel 
und eine zweifaͤcherige, vielſamige Beere. Blätter geſiedert, haarig. 
Die Knollen an den Wurzeln liefern eine nahrhafte Speiſe; die 
Pflanze ſtammt aus Amerika, und kam durch Franz Drake in 
der erſten Haͤlfte des ſechszehnten Jahrhunderts nach Europa. 

Die Tollkirſche (Atropa belladonna) hat eine glodenför: 
mige, braunrothe Blumenkrone, und eine beerenartige, ſchwarze 
Frucht, die von den fuͤnflappigen Kelch zur Hälfte umgeben iſt; 
Blätter ziemlich langgeſtreckt, herzfoͤrmig. Im mittleren und ſuͤd⸗ 
lichen Europa, beſonders in Gebirgsgegenden am Rande von Gebuͤ⸗ 
ſchen; ſehr giftig und gefaͤhrlich. 

Der Stechapfel (Datura stramonium) hat auch eine lange, 

trichterfoͤrmige, gefaltete, weiße Blumenkrone, aber die Frucht iſt 
eine große, vierfächerige, ſtachelige Kapſel. Blätter groß, breit, 
ausgebuchtet, wellenfoͤrmig am Rande gebogen. Das 1—2“ hohe 
Kraut waͤchſt wild an Mauern, Zaͤunen ze., und iſt in allen Theilen 
ſehr Pd: 

4. Fam. Windenpflanzen (conrolvulacege). Sie haben 
ebenfalls eine trichterfoͤrmige, gefaltete Blumenkrone und eine 2— 4. 
klappige und faͤcherige Kapfel, aber die Scheidewaͤnde ſtoßen an den 
Rand der Klappen und die Samen ſitzen am Grunde der Schei⸗ 
dewaͤnde. * 

Die Zaunwinde (Convolvulus sepium) hat eine große, 
weiße, trichterfoͤrmige Blumenkrone; herzfoͤrmige, abwechſelnde 
Blätter, und eine dreifaͤcherige Kapſel, jedes Fach mit 2 Samen. 
Gemein in Gebuͤſchen. 

Mit in die erſte Ordnung der fünften Klaſſe, wenn gleich zu kei 
ner der genannten Abtheilungen, gehört der Kaffebaum (Coffea 
arabica), ein mäßiger Baum mit gegenuͤberſtehenden, eifoͤrmigen, ziem⸗ 
lich ſpitzen Blaͤttern und quirlfoͤrmig geſtellten Blumen in den 
Blattachſeln. Kelch fuͤnflappig. Blumenkrone einblaͤttrig, in 5 tiefe 


Fünfte Klaſſe. Pentandria. Doldenpflanzen. 129 


Lappen gerhellt, weiß. Die Frucht eine rothe Beere, von der Größe 
einer Haſelnuß, darin zwei große Samenkoͤrner, welche die bekann— 
ten Kaffebohnen ſind. zaterland Arabien, von da nach Weſtindien 
ehe nr 


m Seomng. Digynia. Mit zwei Griffeln. 


In dieſe Abtheilung gehört die große Familie der Dolden⸗ 
pflanzen (Umbelliferae), welche dieſen Namen von ihren Bluͤ— 
thenſtande bekommen haben. Es find faſt alles krautartige ein— 
oder zweijährige Gewaͤchſe mit aufrechtſtehendem, oben verzweig— 
tem, oft hohlem, knotigem und außerhalb gefurchtem Stengel; mehr— 
mals gefiederten Blaͤttern und kleinen in Dolden ſtehenden Blu— 
men. Jede Blume hat 5 ſchmale Kelchblaͤtter auf dem Fruchtkno— 
ten und 5 oft herzfoͤrmige Blumenblaͤtter. Die Frucht beſteht aus zwei 
von dicker Haut umgebenen, oft mit Rippen, Stacheln und Fluͤgeln ver— 
ſehenen Samen, die im unreifen Zuſtande feſt aneinander haͤngen, 
hernach ſich aber trennen. Die Pflanzen wachſen in der gemaͤßig— 
ten Zone und enthalten gewuͤrzhafte oder giftige Stoffe. Z. B. 

Die Mohrruͤbe (Daucus carotta), mit ſiederſpaltigen, zer⸗ 
ſchliſſenen Huͤllblaͤttchen, und vierreihig ſtacheligen Samen, Blätter 
und Stiel ſteifhaarig. Wegen der dicken, orangefarbigen, fleiſchigen, 
ſpindelfoͤrmigen Wurzel wird dieſe in unſerer Gegend überall wilde 
Pflanze in Gaͤrten ſehr allgemein angebauet. | 

Der Kümmel (Carum carvi) hat einen einbläftrigen, allge: 
meinen, aber keinen beſonderen Huͤllblattchenkranz an der Dolde, 
und laͤnglichrunde, faſt fuͤnfeckige, mit 5 ſtumpfen Rippen verſehene 
Samen. Blätter dreimal gefiedert, Blaͤttchen ſchmal linienfoͤrmig. 
Blumen weiß. Wird gegen des gewürthaften Samens angebauet, 
waͤchſt aber auch wild bei uns. 

Die Eppichgattung (Apium) hat gar keine Huͤllen, und 
fuͤnfrippige Fruͤchte, die aber viel kuͤrzer, faſt kugelfoͤrmig, ſind. Die 
Peter ſilie (A. petroselinum), mit winkeligem Stengel, glänzen: 
den Blaͤttern; die unteren Blaͤttchen dreitheilig, die oberen lanzett— 
foͤrmig, ganzrandig. Der Sellerie (A. graveölens), mit gefurch— 
tem Stengel, und gefiederten, keilfoͤrmigen, eingeſchnittenen Stengel— 
blaͤttern. Die Wurzeln beider Arten werden als Zuſatz an Suppen 
gethan, und auch ſonſt gegeſſen; bei jener Art iſt fie lang, ſpindel⸗ 
foͤrmig, bei dieſer dicker, mehr knollig, mit vielen Ausſtrahlungen. 


Der gefleckte Schierling (Conium maculatum) hat beide 
Huͤllen, die Fruͤchte eifoͤrmig, mit 5 ſtumpfen Rippen, die bei der 
unreifen Frucht gekerbt ſind; Blätter dreimal gefiedert, Blaͤttchen 
klein, glänzend, laͤnglicheirund, tief gezaͤhnt; Stengel glatt, dunkel 

Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 9 


130 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


blutroth gefleckt. An angebauten Stellen, neben Dörfern, auf Hoͤ⸗ 
fen u. ſ. w.; in allen Theilen hoͤchſt giftig. \ a 

Der Waſſerſchierling (Cicuta virosa). Keine allgemeine 
Huͤlle, die beſondere vorhanden. Fruͤchte rund, breit gedruͤckt, mit 
breiten Rippen und dazwiſchen hervorragenden Furchen. Blätter 
zweimal gefiedert, Blaͤttchen lang, lanzettfoͤrmig, gezaͤhnt. Wurzel 
groß, dick, fleiſchig, inwendig hohl, aber durch Scheidewaͤnde in Faͤ— 
cher getheit (radix loculosa). Wähft in Gräben und auf Floß⸗ 
holz; iſt giftig, aber weniger als der vorige. 


3. Ordnung. Trigynia. Mit drei Griffeln. 


Der gemeine Hollunder oder Flieder (Sambucus nigra) 
iſt ein Strauch mit holzigen Zweigen, in welchen ein ſehr weiches, 
ſchwammiges Mark. Die Blätter unpaarig gefiedert, Blättchen oval⸗ 
lanzettfoͤrmig, gezaͤhnt; Bluͤthenſtand eine Afterdolde; Kelch fuͤnf⸗ 
zaͤhnig; Blumenkrone einblaͤttrig, in fünf Lappen getheilt, weiß; 
Frucht eine ſchwarze Beere, enthält im Fleiſch drei laͤngliche Samen. 
Ueberall in Gärten, auf Höfen u. ſ. w. 


4. Ordnung. Tetragynia. Mit vier Griffeln. 


Die Sumpf⸗Parnaßblume (Parnassia palustris) iſt eine 
kleine Pflanze, mit aufrechtem, winkeligem Stengel, herzfoͤrmigen 
Blättern, fuͤnfblaͤttrigem Kelch, 5 weißen Blumenblättern, eben fo 
vielen ſchuppenfoͤrmigen, am Rande mit geſtielten Knoͤpfen beſetzten 
Honigdruͤſen, und einer einfaͤcherigen, vierklappigen Kapſel, in wel 
cher die vom Arillus umgebenen Samen an den eingerollten Rän« 
dern der Klappen ſitzen. Gemein auf feuchten Wieſen. 


5. Ordnung. Pentagynia. Mit fuͤnf Griffeln. 


Der Flachs (Linum usitatissimum), eine 14 hohe Pflanze 
mit gegenuͤberſtehenden lanzettfoͤrmigen Blättern, blauen fuͤnfblaͤtt⸗ 
rigen Blumen, und einer runden, zehnfaͤcherigen, zehnſamigen Kapſel. 
Wird bei uns angebauet wegen feiner großen Nutzbarkeit. Die Gefaͤße 
des Stengels geben, nach mancherlei Zubereitungen, den Flachs. 

Die letzte, ſechſte Ordnung, Polygynia, mit ſehr vie 
len Griffeln, enthält keine wichtigen Pflanzen. 


Sechſte Klaſſe. Hezandria. 


$. 145. Hierher gehören faſt lauter Pflanzen mit einem 
Samenlappen; fie haben alle ſechs freie, ziemlich lange Staub⸗ 
faͤden mit dem Stempel in derſelben Krone, und meiſtens 


Sechſte Klaſſe. Hexandria. 131 


einen einfachen Griffel, doch kommen auch 2, 3, 4 und 5 
Griffel, ſelbſt ſehr viele, vor. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Griffel. 

Dahin viele Zwiebelpflanzen. Z. B. 

Die weiße Lilie (Lilium candidum), mit aufrechtſtehendem, 
ſaftigem Stengel, der am Ende mehrere Blumen mit ſechsblaͤttriger, 
weißer Blumenhuͤlle trägt. Frucht eine dreifaͤcherige, vielſamige 
Kapſel, deren Klappen die Scheidewaͤnde in der Mitte tragen. Sa— 
men am mittleren Mutterkuchen in doppelter Reihe. Bei uns in 
Gaͤrten, ſtammt aus Klein-Aſien, Armenien ꝛc. 

Die gemeine Zwiebel (Allium Cepa) hat einen hohlen, une 
ten bauchig erweiterten, blattloſen Stengel, der an ſeinem Ende 
viele in einen runden Knopf geſtellte Blumen traͤgt, die vor dem 
Aufbluͤhen in einer trockenen Bluͤthenſcheide eingeſchloſſen find. 
Frucht der vorigen Pflanze, aber kleiner. Std» Europa, wird bei 
uns angebauet. Bisweilen bilden ſich oben zwiſchen den Blumen 
junge Zwiebeln. 

Der Spargel (Asparagus officinalis), ein ſtaudenartiges Kraut, 
mit aufrechtſtehendem, aͤſtigem Stengel, und vielen feinzertheilten, 
fadenfoͤrmigen Blattchen. Blumen glockenfoͤrmig, ſechslappig, in den 
Blattachſeln. Frucht eine rothe, dreifaͤcherige Beere, jedes Fach mit 
2 Samen. Die jungen Schoͤßlinge der alten Wurzeln liefern ein 
ſehr wohlſchmeckendes, nahrhaftes Gemuͤſe, weshalb man dieſe Pflan⸗ 
ze bei uns allgemein in Gaͤrten kultivirt. 

Die Hyacinthe (Hyacinthus orientalis) hat einen aufrechten, 
blattloſen Bluͤthenſchaft, traubigen Bluͤthenſtand, glockenfoͤrmige, 
ſechslappige, gefaͤrbte Blumen, und eine dreifaͤcherige, vielſamige 
Kapſel. Blaͤtter laͤnglich, linienfoͤrmig und rinnenfoͤrmig der Länge 
nach vertieft. Bei uns als Zterpflanze in Zimmern, ſtammt aus 
dem. Orient. a 

Die Tulpe (Tulipa gesneriana) hat einen einblumigen, blatt⸗ 
loſen Stengel; fehsblättrige, gefärbte Blumenhuͤlle; dreifaͤcherige, 
vielſamige Kapſel, und eine dreieckige Narbe die unmittelbar auf 
dem Fruchtknoten ſitzt. Eben daher; bei uns in Gaͤrten. Beide 
wurden fruͤher aus Liebhaberei ſehr theuer bezahlt. 


2. Ordnung. Digynia. Mit zwei Griffeln. 


Der Reiß (Oryza sativa), ein hohes Gras, mit dickem, fleis 
ſchigem Halm, und großen, breiten Blaͤttern. Bluͤthenſtand rispen— 
foͤrmig, Baͤlge einblumig, Spelzen am Grunde ſchwielig, zuſammen— 
gedrückt, Tederartig, am Samen zum Theil feſtgewachſen. Stammt 
eigentlich aus Oſtindien, wo er in feuchter Sumpfgegenden wild 

9 * 


132 Zweiter Abfchnitt: Botanik. 


wächſt; wird jetzt auch in Italien, Spanien und Weſtindien ange 
bauet. Seine Samen liefern ein ſehr beliebtes Gemuͤſe. 


3. Ordnung. Trigynia. Mit drei Griffeln. 

Die Herbſtzeitloſe (Colchicum autumnale) hat keinen Sten⸗ 
gel, ſondern die Blume und die breiten ſcheidenfoͤrmigen Blätter erhe: 
ben ſich unmittelbar aus der Wurzel; dieſe eine Zwiebel. Blumen: 
krone fleiſchfarben, lang, trichterfoͤrmig, oben ſechslappig; Frucht ei⸗ 
ne dreifaͤcherige Kapſel, jedes Fach mit vielen Samen ohne Ordnung 
am Innenwinkel. Sie erſcheint erſt im folgenden Fruͤhjahr uͤber 
der Erde, waͤhrend die Blume im Spaͤtherbſt hervorbricht, daher 
ſilius ante patrem. Auf Wieſen und in Gärten; etwas giftig. 


Die übrigen Ordnungen enthalten keine wichtigen Pflanzen. 


Siebente Klaſſe. Heptandria. 2 


8.146, Dieſe Gruppe, welche durch fieben freie, 
gleich lange Staubgefaͤße, die mit dem Stempel auf dem⸗ 
ſelben Fruchtboden ſtehen, charakteriſirt iſt, e nur we⸗ 
nige Pflanzen; z. B. 

Die Roßkaſtanie (Aeseulus hippocastanum), ein hoher 
Baum mit weit verbreiteten Zweigen, woran fiebenfache Blätter und 
traubenförmig geſtellte Bluͤthen. Jede Blume hat einen einblaͤttri— 
gen 4—5 zaͤhnigen Kelch, eine fuͤnfblaͤttrige, unregelmaͤßige Blu⸗ 
menkrone, gebogene Staubfaͤden, und eine große, dreifächerige und 
dreiklappige, oberſtaͤndige Kapſel, an deren Klappen die Scheide— 
wände ſitzen, und die in jedem Fach 2 Eierchen enthaͤlt, von wel— 
chen 6 aber in der Regel nur 2 oder 3 zur Entwickelung kommen. 
Auf der Oberflaͤche der Klappen ſitzen Stacheln. Der Baum ſtammt 
aus dem Orient, und wird bei uns zur Zierde beſonders auf Spa— 


ziergaͤngen angepflanzt. Sein 71 iſt ſehr l und taugt zum 
Bauen nicht. 


Achte Klaſſe. eee 


S. 147. Acht freie, gleich lange, mit dem Stempel in 
derſelben Blume befindliche Staubfaͤden bilden das Kennzei⸗ 
chen dieſer Gruppe. Sie beſteht aus vier Ordnungen. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Piſtill. 
Die Nachtkerze (Oenothera biennis), ein maͤßiges Kraut, 
mit gradeſtehendem Stengel, woran oval-lanzettfoͤrmige, zum Theil 
herablaufende Blaͤtter, die etwas haarig ſind. Die großen, gelben, 


Achte Kaffe. Octandria. 133 


vlerblaͤttrigen Blumen ſtehen in den Blattachſeln, und geben eine 
vierklappige, vierfaͤcherige Kapſel, mit vielen haarloſen Samen am 
mittleren Mutterkuchen. Auf trocknen, ſonnigen Feldern. 

Die Heidelbeere oder ſchwarze Beſing (Vaccinium 
myrtillus), hat einen 1“ hohen verzweigten Stengel, mit kleinen, ei: 
foͤrmigen, am Rande gezaͤhnten Blaͤttern. Die Blumen einzeln in 
den Blattachſeln, mit fleiſchfarbiger, einblaͤttriger, blaſiger Blumen: 
krone auf dem Fruchtknoten, einem vierzaͤhnigen Kelch, und einer 
4—5,faͤcherigen Beere, deren viele Samen am Innenwinkel iedes 
Faches ſitzen. Gemein in Wäldern; die blauen Beeren ade ein 
ſchmackhaftes Nahrungsmittel. 

Die verwandte Gattung des Heidekrautes 12 8 rk 
ris) hat kleine, ſchuppenfoͤrmige Blätter, und roͤthliche, einblaͤttrige 
Blumen. Der Fruchtknoten iſt oberſtändig und wird zu einer vier⸗ 
faͤcherigen, vierklappigen Kapſel, in welcher die Scheidewaͤnde den 
Klappen parallel laufen und am mittleren Mutterkuchen feſtſitzen. 
Gemein auf allen Heiden. 

Die 2. Ordnung Digynia enthält keine wichtigen 
Gattungen. 


3. Ordnung. Trigynia. Mit drei Stempel, 

Der Buchwaizen (Polygonum kagopyrum), eine kleine Pflan⸗ 
ze, mit knotigem, ſperrig verzweigtem Stengel, dreieckigen, geſtiel⸗ 
ten Blättern und aͤhrenfoͤrmigem Bluͤthenſtande; jede Blume mit 
einfacher, fünflappiger, fleiſchrother Blumenhuͤlle und dreiſeitigem, 


ſchwarzem, glänzendem Samen, welcher vom Perigonium eingehuͤllt | 


iſt. Dieſer Same liefert zerſchroten ein gutes Nahrungsmittel. Die 
Pflanze waͤchſt auf trockenem, ſandigem Boden wild, und wird in 
manchen Gegenden angebauet. 

4. Ordnung, Tetragynia, Mit vier Piſtillen. 
Die Einbeere (Paris quadrifolia) hat einen graden, ungetheil— 
ten, aufrechten, 1“ hohen Stengel, der oben vier eifoͤrmige, zugeſpitzte 
Blaͤtter trägt; in der Mitte derſelben entſpringt ein Blumenſtiel, 
an deſſen Ende eine Blume mit 4 Kelchblaͤttern, 4 Blumenblaͤttern, 
8 blattartigen Staubfaͤden, und einem runden oberſtaͤndigen Frucht: 
knoten, welcher ſich zu einer vierfaͤcherigen, vielſamigen, ſchwarzen 
Beere ausbildet, die giftige Eigenſchaften hat. Die Pflanze waͤchſt 
nicht ſelten in feuchten Gebuͤſchen. 


Neunte Klaſſe. Enneandria. 


§. 148. Mit neun freien, gleich langen Staubfaͤden neben 
den Stempeln auf demſelben Fruchtboden. In unſerer Gegend 
findet ſich aus dieſer Gruppe nur eine Pflanze, nehmlich: 


* _ 
134 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


Der Waſſerlieſch oder die Doldenbinſe (Butomus umbel- 
latus), mit hohem, grade aufſteigendem, zelligem, ſaftigem, unver— 
zweigtem Bluͤthenſchaft, der an feinem Ende viele doldenförmig ge: 
ſtellte Blumen traͤgt, und am Grunde von wenigen, ſchmalen, zuge⸗ 
ſpitzten Blaͤttern umgeben iſt. Jede Blume mit ſechsblaͤttriger, fleiſch— 
rother Blumenhuͤlle, 9 Staubfaͤden und 6 Stempeln, deren jeder ſich 
zu einer einfächerigen, vielſamigen, laͤnglichen Balgkapſel entwickelt. 
An Ufern von Seen, Teichen, Fluͤſſen und in Graͤben nicht ſelten. 

4 


Zehnte Klaſſe. Decandria. g 


$. 149. Eine etwas größere Gruppe, die durch zehn 
freie, gleich lange, neben dem Stempel, theils auf dem Frucht— 
boden, theils an der Blumenkrone, befeſtigte W e be⸗ 
ſtimmt iſt. Sie hat 5 Hauptordnungen. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Piſtill. 

Der Sumpfrosmarin (Ledum palustre), ein mäßiges Kraut, 
mit holzigen, zertheilten Stengeln, woran abwechſelnde, zerſtreute, 
linienfoͤrmige, oben dunkelgruͤne, glaͤnzende, unten braune Blaͤtter, 
und buͤſchelfoͤrmig geſtellte, weiße Blumen am Ende der Zweige. 
Jede Blume hat einen kleinen, fünfzaͤhnigen Kelch, fünf große Blu: 
menblaͤtter, und einen einfachen, oben mit einem fuͤnfſtrahligen Stern 
verſehenen Stempel. Frucht eine fuͤnffaͤcherige, fuͤnfklappige, vielſa— 
mige Kapſel, deren Klappen ſich unten neben dem Stiel öffnen. Die 
Pflanze waͤchſt auf Torfmoor, hat einen betaͤubenden, ee 
erregenden Geruch, und iſt giftig. 


2. Ordnung. Digynia. Mit zwei Griffeln. 

Die Gartennelke (Dianthus caryophyllus), ein krautartiges 
Gewaͤchs, mit aufrechtem, knotigem Stengel, woran linienfoͤrmige, 
rinnenfoͤrmig vertiefte, gegenuͤberſtehende, weißgruͤne, beſtaͤubte Blaͤt— 
ter, und gipfelftändige Blumen. Der Kelch iſt roͤhrenfoͤrmig und hat 
an feinem Grunde mehrere fhuppenförmige Blaͤtter; die fünf Blu: 
menblaͤtter find unten ſehr ſchmal, erweitern ſich aber nach oben in 
einen dreiſeitigen, am Rande gezaͤhnten, Lappen. Die Frucht iſt eine 
einfächerige, vielſamige Kapſel, deren Samen am mittleren Mutter: 
kuchen ſitzen. Die Pflanze wird wegen ihrer ſchoͤnen, wohlriechenden, 
buntgefaͤrbten Blumen in Gärten gezogen, und ſtammt eigentlich aus 
Italien, wo fie wild waͤchſt. 


3. Ordnung, Trigynia. Mit drei Griffe ln. | 
Der Sternmier (Stellaria alsine), ein Eleines, faftiges Kraut, 
mit niederliegenden Zweigen und gegenuͤberſtehenden, ovalen, zuge— 


Eilfte Klaſſe. Dodecandria, | 135 


fpigten Blättern, Die kleinen, weißen Blumen ſtehen am Ende der 
Zweige, haben fuͤnf Kelchblaͤtter, und fuͤnf tiefgetheilte, weiße Blu— 
menblaͤtter. Frucht eine vielſamige Kapſel, die mit ſechs Klappen 
aufſpringt und die Samen am mittleren Mutterkuchen traͤgt. Ueber— 
all gemein, auf Hoͤfen, an Wegen, ſelbſt auf der Straße. Die fri⸗ 
ſchen Blätter freſſen die Kanarienvogel gern. 


4. Ordn. Tetragynia. Enthaͤlt keine wichtigen Pflanzen. 


5. Ordn. Pentagynia. Mit fünf Griffeln. 
Die Kukuksblume (Lychnis flos euculi) wird 1 bis 13 hoch, 
hat einen grade ſtehenden Stengel, mit gegenuͤberſtehenden, ſchmalen 
Blättern und mehreren blutrothen Blumen am Ende. Jede Blume 
beſteht aus einem bauchigen Kelch und fuͤnf Blumenblaͤttern, deren 
jedes in zwei ſchmate Sauptlappen gefpalten iſt, welche an ihrer Vers 
einigungsſtelle noch einen ſchmalen, Särzeren Lappen (Nagel, unguis) 
an jeder Seite neben ſich haben. Frucht eine einfächerige, vielfamige 
Kapſel, die mit 5 Zaͤhnen aufſpringt. Ueberall gemein auf Wieſen. 
Der Mauerpfeffer (Sedum acre), ein kleines Kraut, mit 
dicken fleiſchigen Blaͤttern und gelben Blumen am Ende der Zweige. 
Fuͤnf fleiſchige Kelchblaͤtter, fünf Blumenblaͤtter und fünf einfaͤche— 
rige, vielſamige Kapſeln, die am Grunde unter ſich zuſammenhaͤngen. 
Gemein an Abhaͤngen, neben dem Wege, an duͤrren, ſandigen und 
ſonnigen Stellen. 


Elfte Klaſſe. Dodecandria. 


§. 150. In dieſe Gruppe ſtellte Linne alle Pflanzen, 
die mit dem Stempel auf demſelben Fruchtboden mehr als 
zehn, aber weniger als zwanzig, Staubfaͤden haben. Hier⸗ 
her mehrere Ordnungen, z. B. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Piſtill. 

Das Blutkraut (Lythrum salicaria), eine hohe, aufrechte 
Sumpfpflanze, mit herzfoͤrmig-lanzettlichen, gegenuͤberſtehenden Blaͤt— 
tern und aͤhrenfoͤrmigem Bluͤthenſtande. Jede Blume hat einen ein: 
blaͤttrigen, zwoͤlfzaͤhnigen Kelch, ſechs unterſtaͤndige Blumenblaͤtter 
und zwoͤlf Staubgefaͤße. Frucht eine zweifaͤcherige, zweiklappige, 
vielſamige Kapſel, deren Samen am mittleren Mutterkuchen figen. 
Gemein in Baͤchen, an Gräben; waͤchſt faſt überall, ſogar in Neu: 
Holland. 


2. Ordnung. Digynia. Mit zwei Piſtillen. 
Der Odermennich (Agrimonia eupatoria) wähft an ſonnigen 
Stellen, an Abhaͤngen, Wegen; hat einen aufrechten Stengel mit 


136 .° Bweiter Abſchnitt. Botanik. 


ahrenfdrmig geſtellten Blumen und gefiederten Blättern; jedes 
Blaͤttchen eiförmig und gezaͤhnt. Die Blume hat einen unterſtän⸗ 
digen, mit hakenfoͤrmigen Borſten beſetzten, fuͤnflappigen Kelch, fünf 
nicht große, gelbe Blumenblaͤtter, die auf dem Kelch ſitzen. Die 
Frucht beſteht aus zwei Samen, die von dem harten, ſtacheligen 
Kelch eingeſchloſſen find. N 1 


3. Ordnung. Trigynia, Mit drei Piſtilan. 

Die Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), ein kleines, aufrech⸗ 
tes, 2“ hohes, ſaftiges Kraut, mit vielen ſchmalen, linear-lanzettfoͤr⸗ 
migen Blättern, aus welchen, wie auch aus den Stengeln, bei der Ber: 
letzung eine weiße, ſcharfe, etwas giftige Milch hervorquillt. Blu⸗ 
men am Ende, uͤber breiten, abgerundeten Huͤllblaͤttern. Jede Blume 
hat einen geſtielten Fruchtboden, an deſſem Rande 4—5 halbmondfoͤr— 
mige Honiggefäße ſitzen. Auf der Fläche deſſelben etliche meiſtens 
ungleich lange Staubfäden, und ein geſtielter, dreifächeriger Frucht⸗ 
knoren, welcher ſich zu einer großen, dreifaͤcherigen, in jedem Fach 
ein ſchwarzes Samenkorn enthaltenden Kapſel ausbildet. Auf ſonni⸗ 

gen Feldern, Viehweiden, an Wegen ꝛc. ſehr gemein. 
Die Garten⸗RNeſeda (Reseda odorata), ein einjaͤhriges 
\ Kraut, mit ziemlich langen, lanzettfoͤrmigen, gegen das Ende etwas 
breiteren Blättern, und aͤhrenfoͤrmig geſtellten, wohlriechenden Blu: 
men. Der Kelch iſt mehrlappig, die Blumenblaͤtter ſind in viele 
faͤcherfoͤrmige Lappen getheilt, und die Frucht iſt eine einfaͤcherige, 
unregelmaͤßige, am Ende offene Kapſel, deren e an wandſtaͤn⸗ 
digen er Kg ſitzen. | 


Zwölfte Klaſſe. Icosandria, N 


$. 151. In dieſer Gruppe iſt nicht mehr die Zahl der 
Staubfaͤden, ſondern die Stellung derſelben das Hauptmerk⸗ 
mahl. Die hierher gehoͤrigen Pflanzen zeigen nehmlich mehr 
als zwanzig gleich lange, freie Staubfaͤden, die auf dem 
Kelch befeſtigt ſind. Ebenda ſitzen auch die Blumenblätterz 
bie Stempel aber ruhen auf dem Fruchtboden. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Stempel. 

Die Gattung Prunus hat einen fuͤnftheiligen Kelch, fuͤnf Blu⸗ 
menblaͤtter, und eine fleiſchige, glatte, geſtielte, einſamige Frucht, de⸗ 
ren Same von einer holzigen glatten Schale umgeben iſt. Dahin 
die ſaure Kirſche (Pr. cerasus), ein mäßiger Baum, mit eifoͤrmi⸗ 
gen, zugeſpitzten, gezaͤhnten, glatten Blättern, weißen Blumen in 
Buͤſcheln, und rothbraunen, ſauren Fruͤchten. Stammt aus Klein⸗ 


Zwoͤlfte Klaſſe⸗ Icosandria. 35 137 


Alien und wird bei uns äberal gezogen. Die Wogelkirſche (Pr. 
avium) hat größere, unten haarige Blaͤtter, und ſuͤßſchmeckende, mehr 
längliche Früchte, Von dieſer Art ſtammen alle ſo vielfach verſchie⸗ 
denen, hell und dunkel gefärbten Abarten der ſuͤßen Kirſchen. Eben 
daher. — Auch die Pflaumen, der Schledorn, der Kirſch— 
lorbeer u. v. a. gehören hieher. Nahe verwandt iſt die Gattung 
Amygdalus, wohin der Pfirſichbaum (A. persica); fie unterſchei⸗ 
det ſich durch kurzgeſtielte, haarige Fruͤchte, deren harte Samenſchale 
auf der äußeren Oberfläche ſehr runzelig iſt. 


2. Ordnung. Di — Pentagynia. Mit 2—5 Sciffetn. 

Die Gattung Pyrus hat 5 Griffel, 5 Kelchlappen, 5 Blumen- 
blätter, und eine vom angewachſenen Kelch bekleidete, zellige, ſaftige 
Frucht, inwendig mit 5 Sichern, und in jedem Fach 2 Samen. Da: 
hin: der Apfelbaum (P. malus), ein hoher Baum mit unterhalb 
haarigen Blättern und runden Fruͤchten; und der Birnbaum (b. 
communis), mit glatten Blättern und kolbigen Fruͤchten. Beide 
ſtammen aus Italien, Griechenland, Klein-Aſien, und haben ſich 
durch die Kultur zu den mannichfachſten Spielarten verändert. 

3. Ordnung. Polygynia. Mit vielen Stempeln. 

Die Ro ſengattung (Rosa) hat einen oberſtaͤndigen, fuͤnfthei⸗ 
ligen Kelch, deſſen Lappen fiederfpaltig getheilt find, 5 Blumenblaͤt⸗ 
ter und ſehr viele Staubfaͤden. Die Frucht (Hainbutte oder 
Hanebutte) beſteht aus dem fleiſchigen, becherfoͤrmigen Fruchtbo— 
den, an deſſen innerer Flaͤche zahlreiche, behaͤrte Achenien ſitzen. Alle 
Arten dieſer zahlreichen Gattung ſind ſtrauchartig, haben unpaarig 
gefiederte Blätter, mit eifoͤrmigen, oft zugeſpitzten, am Rande ge— 
ſaͤgten Blattchen. Man zieht fie wegen ihrer ſchoͤngefaͤrbten, wohl: 
riechenden Blumen in Gärten, beſonders die Centifolie oder Pros 
vinzroſe (R. centifolia), deren Staubfuͤden ſich allermeiſtens in Blu: 
menblätter verwandeln, daher ſie ſehr ſtark gefuͤllt iſt. 

Die Himbeere (Rubus idaeus) hat die Kennzeichen der Ro— 
ſen, aber der Fruchtknoten ſteht uͤber dem Kelch und bildet ſich auf 
dem kegelfoͤrmigen Fruchtboden zu vielen, kleinen, einſamigen, eine 
zu ſammenhaͤngende Frucht bildenden Beeren aus. Blätter unpaarig 
gefiedert, unten weiß. Wild in Waͤldern und angebauet in Gaͤrten. 

Die Walderdbee re (Pragaria vesca) iſt nur krautartig, hat 
zu drei geſtellte, ovale, ſtark gezaͤhnte Blaͤttchen an jedem Blattſtiel, 
einen buͤſchelfoͤrmigen Bluͤthenſtand, einen doppelten zehntheiligen 
Kelch, 5 Blumenblaͤtter und eine oberſtaͤndige Frucht. Dieſe beſteht 
aus dem weichen, ſaftigen, dicken, kugelfoͤrmigen Fruchtboden, der 
auf der Oberflaͤche Gruͤbchen hat, in welchen die nackten Achenien 
liegen. Die Pflanze findet ſich uͤberall wild in Wäldern und ver⸗ 


138 | Zwelter Abſchnitt. Botanik. 

* 

mehrt ſich ſehr ſtark durch Schoͤßlinge, welche ſie dicht uͤber der Wur⸗ 
zel nach allen Seiten hin hervortreibt. Andere Arten mit größeren 
Fruͤchten werden in unſeren Gaͤrten gezogen. 


Dreizehnte Klaſſe.“ Polyandrik. 


$. 152. Die Kennzeichen dieſer Gruppe ſtimmen mit 
denen der vorhergehenden uͤberein, aber die vielen freien 
Staubfaͤden ſitzen nicht am Kelch, ſondern, wie die Stempel, 
auf dem Fruchtboden. Bei manchen Pflanzen iſt Kelch und 
Blumenkrone nicht deutlich geſchieden; oft ſind beide gefaͤrbt, 
oder beide gruͤn. 


1. Ordnung. Monogynia. Mit einem Griffel. 

Die Mohngattung (Papaver) enthält krautartige, einjäh: 
rige Gewaͤchſe, mit gezähnten, krauſen oder gelappten Blättern und 
verzweigtem, aufrechtem Bluͤthenſtengel. Jede Blume hat einen 
zweiblättrigen Kelch, der nach dem Aufbluͤhen abfällt, vier große 
Blumenblaͤtter, und als Frucht eine große, faſt kugelrunde Kapſel, 
die von der ſternförmigen Narbe gekrönt iſt. Die Mutterkuchen 
bilden breite Leiſten inwendig am Rande der Kapſel, und tragen 
ſehr viele Samen, welche aus kleinen Löchern unter der Narbe her: 
ausfallen, wenn die Kapſel reif iſt. Bei uns kommen drei Arten, 
alle mit dunkel feuerrothen Blumen, beſonders zwiſchen dem Ges 
treide vor. P. rhoeas mit nackter Kapſel und abſtehenden Haaren 
des Blumenſtieles; P. dubium, auch mit nackter Kapſel aber ange— 
druͤckten Haaren des Blumenſtieles; und P. argemone, mit laͤngli— 
cher von ſteifen Borſten bekleideter Kapſel. Der Saft von P. som- 
niferum iſt das Opium. 

Die weiße Waſſerroſe (Nymphaea alba) hat einen 4—5: 
blättrigen Kelch, viele Blumenblaͤtter, und breite blattartige Staub— 
gefaͤße. Die Frucht iſt eine vielfaͤcherige, faftige Kapſel, mit ſtern⸗ 
foͤrmiger Narbe, und enthaͤlt in jedem Fach viele Samen, die vom 
Mantel umgeben ſind. Die Pflanze waͤchſt bei uns in Teichen, am 
Rande von Seen und Fluͤſſen, hat große elliptiſche Blätter, die auf 
dem Waſſer ſchwimmen, und eine dicke, fleiſchige, kriechende Wur⸗ 
zel, die im Schlamm ſteckt. 


2. Ordnung. Trigynia. Mit drei Stempeln. 

Der gemeine Ritterſporn (Delphinium consolida) wählt 
zwifchen Getreide, wird kaum 1“ hoch, hat ſperrige Aeſte, zertheilte 
Blaͤtter, mit linienfoͤrmigen Lappen und dunkelblaue Blumen. Die 
Blume hat eine gefärbte, fuͤnfblaͤttrige Hulle, deren oberſtes Blatt 
in einen langen, hohlen Sporn verlaͤngert iſt. Innerhalb der Huͤlle 


Dreigepnte Klaſſe. Polyandria. 139 


4 Sogbiüſen, je zwei von gleicher Groͤße, die oberen in einem lan⸗ 
gen Fortſatz, welche beiden Fortſaͤtze im Sporn ſtecken, verlängert; 
die mehr unteren, feitlihen hakenfoͤrmig nach vorn gebogen. Die 
Frucht beſteht aus mehreren (5 — 5) einfaͤcherigen, laͤnglichen Balg⸗ 
kapſeln, die ſich am rue Öffnen, 


3. Ordnung. Pentagynia. Mit fünf Stempeln. 

Die Akeley (Aquilegia vulgaris) hat fünf gefärbte Kelchblaͤtter 
und fuͤnf fuͤllhornartige Blumenblätter, die im Grunde des Horns 
eine Honigdrüfe tragen. Frucht beſteht aus fünf Balgkapſeln, die 
am Innenrande auffpringen. Die Pflanze iſt ein aus dauerndes 
Waldgewaͤchs mit zertheilten, rundlappigen Blaͤttern und dunkel— 
blauen Blumen. Man zieht ſie 9 in Gaͤrten. 


4. Ordnung. Polygynia. Mit vielen Stempeln. 

Die Hahnenfußgattung (Ranunculus) hat einen 3—5-bläfts 
rigen Kelch, welcher nach dem Aufblühen oft abfällt, und eine fuͤnf— 
blaͤttrige Krone, deren Blätter am Grunde eine ſchuppenfoͤrmige 
Nektardruͤſe tragen. Auf dem kugel- oder halbkugelfoͤrmigen Frucht— 
boden ſitzen viele Achenien. Die Arten dieſer Gattung ſind giftig, beſon— 
ders der giftige H. (R. sceleratus), mit glatten Blaͤttern, Wurzel— 
blätter dreitheilig geſtielt, die Lappen wieder dreilappig, abgerundet, 
Stengelblaͤtter in drei ſchmale, Linienfoͤrmige Lappen geſpalten; Kelch 
haarlos; Fruchtboden lang, kegelfoͤrmig. Waͤchſt auf Wieſen an 
feuchten Stellen, in halbtrocknen Gräben u. dgl. ziemlich häufig. 

Die Kuhblume (Caltha palustris) hat ganz das Anſehen eines 
Ranunkulus, aber der Kelch und die Nektardruͤſen am Grunde der 
Blumenblaͤtter fehlen. Frucht beſteht aus mehreren Balgkapſeln, die 
ſich an der innern Nath oͤffnen. Blumen gelb, Blaͤtter er rund, 
ſtumpf gezaͤhnt. Sehr gemein auf allen Wieſen. 


Vierzehnte Klaſſe. Didynamia 


$. 153. Das Kennzeichen dieſer Klaſſe bilden die zwei 
langen und zwei kurzen Staubfaͤden, welche mit dem Stem— 
pel in derſelben Blume ſitzen. Die hierher gehoͤrigen Pflan— 
zen find alle ſtauden- oder krautartige Gewaͤchſe mit einblätt- 
riger, unterſtaͤndiger Blumenkrone und gegenuͤberſtehenden Sten— 
gelblaͤttern. Sie zeichnen ſich durch ihren Gehalt an aroma— 
tiſchen oder ſcharfen Arzneiſtoffen aus. Linne theilte ſie nach 
der Form der Frucht in 2 Ordnungen. 

1. Ordnung. Gymnospermia. Die Frucht beſteht aus 
vier nackten Achenien; die Blumenkrone iſt deutlich zweilippig, 


— 


140 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


der Rachen offen; die Stengelblätter ſtehen gegenuber, und 
die Blumen quirlfoͤrmig in den Glattachſeln. Die Pflanzen 
bilden eine große Familie, welche den Namen . 
men (Labistae) erhalten hat. 8. B. 2 

Die Krauſemüͤnze (Mentha crispa), ein Kraut von 11“ Höhe, 
mit glänzenden, herzfoͤrmigen, krauſen und rauhen Blättern, welche 
einen eigenthuͤmlich riechenden Duft verbreiten; Blumen blaͤulich mit 


fuͤnfzaͤhnigem Kelch, deſſen Zaͤhne gleiche Größe haben; Blumen— 


krone vierlappig, der obere Lappen breiter, am Ende aupgeranben, 
Die Staubgefäße aufrecht und auseinander ſtehend. In ſuͤdlichen 
Gegenden, bei uns angebauet in Gaͤrten. Wird zu Wender und 
magenſtärkendem Thee benutzt. 

Der weiße Tau bneſſel ee album) hat einen fünkzäh⸗ 
nigen Kelch, deſſen Zähne in eine feine Borſte verlängert ſind; die 
Blumenkrone hat eine weite bauchige Muͤndung, zwei Lippen, von 
welchen die untere breit, geſpalten und jederſeits mit zwei kleinen 
Zähnen verſehen, die obere helmartig gewoͤlbt iſt. Staubbeutel in 
der oberen Lippe; Nuͤßchen undeutlich dreikantig. Die Blätter find 
herzfoͤrmig, gezaͤhnt, zugeſpitzt und uͤberall mit ſteifen Haaren bedeckt; 
die weißen Blumen ſtehen gegen 20 in den Achſeln Keren Sache 
Gemein an Zäunen. 3 

Der Meyeran (Orig rasa hat eine fünſtappige Blu- 


menkrone, zwei etwas ſchmaͤlere Lappen bilden die Ober-, die anderen — 


drei die Unterlippe. Die Blumen ſtehen in je vier Aehrchen und 


haben unter ſich ein behaartes Stuͤtzblatt, weiches die Blume fait 
ganz verdeckt. Blätter eiförmig, glatt, geſtielt. Blumenaͤhrchen faſt 
kugelfoͤrmig. Aus Palaͤſtina, bei uns in Gärten, einjährig. Wird 
als Gewürz, a zu Wuͤrſten, gebraucht, u auch eie 
kraut. 


2. aa: Angiospermia. Die Frucht iſt eine zwei⸗ 
faͤcherige, vielſamige Kapſel, in welcher die Samen an dem 
aus der verdickten Scheidewand beſtehenden, mittleren Mutter⸗ 
kuchen ſitzen. Die Blumenkrone iſt in unregelmaͤßige, 2 Lip⸗ 
pen bildende, Lappen getheilt, und die Unterlippe verſchließt 
haͤufig den Eingang, daher man dieſe Familie Maskenblu⸗ 


men (Personatae) genannt hat. Dahin: | 
Das Löwenmanl (Antirrhinum majus), eine hohe Staude 
mit lanzettfoͤrmigen, gegenuͤberſtehenden Blaͤttern und ährenförmis 
gem Bluͤthenſtande. Blumen langgeſtreckt, am Grunde ſtumpf, mit 
zwei deutlichen, geſchloſſenen Lippen; roth, mit dae, Munde. 
Süd; e Bei uns in Gärten, 


ö 


Wien Klaſſe. Tetradynamia. aa 


Der F. u gerh wi (Digitalis purpurea) ähnelt der Vorigen in 
Form, Größe und Bluͤthenſtand, aber die lange am Grunde ſpitze 
Blumenkrone ſteht vorn auf und iſt in 4 ungleiche Lappen getheilt; 
der Mutterkuchen bildet keine Scheidewand, ſondern iſt frei. Blume 
hellblutroth, inwendig weißlich, dunkel geſteckt. Auf Bergen, z. B. 
am Brocken nach Ilſenburg bin; bei uns in Gaͤrten. Giftig, als 
Arzneimittel von Bedeutung, beſonders gegen Herzkrankheiten. 


Funfzehnte Klaſſe. Tetradynamia. 


8. 154. Vier lange und zwei kurze Staubfaͤden, welche 
mit dem einfachen Stempel ſich in derſelben Blume befinden, 
bilden nach Linne den Charakter dieſer Klaſſe. Die hierher 
gehoͤrigen Pflanzen ſind durchgehends krautartige, meiſtens nur 
einjaͤhrige Gewaͤchſe, mit abwechſelnden ganzen oder fieder- 
ſpaltigen Blaͤttern und oft aͤhrenfoͤrmig geſtellten Bluͤthen am 
Ende der Triebe. Jede Blume hat einen vierblättrigen Kelch 
und vier freie Blumenblaͤtter. Die Fruͤchte ſind Schoten, 
bald langgeſtreckte, vielſamige, bald kürzere, eifoͤrmige. Hier⸗ 
nach bildete Linne zwei Ordnungen. Die Pflanzen bilden 
zugleich auch eine große Familie, die man wegen der kreuz⸗ 
weis geſtellten Blumenblaͤtter Kreuzblumen (Cruciferae) 
genannt hat. 


1. Ordnung. Silienlosa. Mit kleinen, eifoͤrmigen, mei⸗ 
ſtens wenigſamigen Schoͤtchen. Dahin: 


Die Kreſſe (Lepidium sativum), eine 13“ hohe Pflanze, mit 
laͤnglichen, vielſpaltigen Blattern und kleinen, weißen Blumen. 
Das Schoͤtchen iſt zuſammengedruͤckt, herzfoͤrmig, und enthalt in je⸗ 
dem Fache ein Samenkorn. Man ſaͤet fie aus in Gärten und ißt 
die jungen Pflanzen als Salat. Die Samen keimen ſehr ſchnell und 
laſſen ſich in feuchtem Loͤſchpapier, das um Flaſchen gewundeß iſt, 
zur Entwickelung bringen. 

Das Taſchenkraut (Capsella bursa pastoris) hat ein drei, 
eckiges, laͤnglich herzfoͤrmiges, oben tief ausgeſchnittenes Schoͤtchen, 
deſſen kahnfoͤrmige Klappen keinen Fluͤgel bilden. Die Pflanze iſt 
uͤberall gemein, wird 14 hoch, hat ſperrige Aeſte, fiederfpaltige Biät: 
ter, und blüht das ganze Jahr hindurch. 


2. Ordnung. Siliquosa. Mit laͤngeren, rundlichen oder 
eckigen, vielſamigen Schoten. n. 


142 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


Der Kohl (Brassica oleracea), mit drehrunder, langer Schote, 
auf welcher der Griffel als ein kurzer Fortſatz ſtehen bleibt; Samen 
in einer Reihe, aber abwechſelnd an beiden Nathen befeſtigt. Die 
vielfachen Abarten dieſer aus dem ſuͤdlichen Europa ſtammenden Pflan⸗ 
ze werden in allen Gärten gebauet, und als Gemuͤſe gegeſſen. Der 
Rapp: oder Ruͤbſamen (Br, napus) hat eine ſpindelfoͤrmige 
Wurzel, glatte, bereifte Blätter, die oberen herzfoͤrmig und den Sten— 
gel umfaſſend, und die unteren leierfoͤrmig. Gemein an Wegen und auf 
Feldern; wird angebauet wegen der oͤlhaltigen Samen, aus welchen 
das Rüben: oder Rappoͤl gewonnen wird. Die Ruͤbe, oder 
telto wer auch maͤrkiſche Ruͤbe (Br. rapa), hat eine dickere, fleiſchige 
Wurzel, nicht bereifte, leierfoͤrmige, rauhe Wurzelblätter und glatte, 
ungetheilte Stengelblätter. Wegen der eßbaren Wurzeln bauet man 
ſie an, am beſten im loſen Sandboden. 

Der Rettig oder das Radis chen (Rhaphanus sativus) hat 
eine dickere, bauchige, gegliederte, runde, inwendig mit leeren Neben⸗ 
fächern verſehene Schote; große, rauhe, leierfoͤrmige Blätter und 
weiße Blumen. Die fleiſchige Wurzel wird gegeſſen. ö 

Der Senf (Sinapis) hat eine nicht ſehr lange, mit Laͤngsſtrei⸗ 
fen verſehene, geſchnaͤbelte Schote. Der weiße S. (S. alba) hat 
ſehr kurze, haarige Schoten; der ſchwarze S. (8. nigra), längere, 
nackte. Beide werden gebauet, beſonders in ſuͤdlichen Gegenden, und 
liefern das gleichnamige Gewuͤrz. Der ſchwarze S. iſt ſchaͤrfer 
und wird beſonders zu Blaſenpflaſtern benutzt. 


Sechszehnte Klaſſe. Monadelphia. f 
$. 155. Die gleich langen Staubfaͤden find unter ſich 
am Grunde verwachſen, und bilden einen Ring oder Cylin⸗ 
der um die Griffel. Die Ordnungen, hier wie in den beiden 
folgenden Klaſſen, nach der Zahl der Staubgefaͤße. 
1. Ordnung. Pentandria. Mit fünf Staubgefaͤßen. 
Der Reiherſchnabel (Erodium eicutarium), ein kleines 
Kraut, mit mehrmals fiederſpaltigen Wurzelblaͤttern und aufrechtem 
traubigem Bluͤthenſchaft. Jede Blume mit 5 Kelchblaͤttern, 5 blut— 
rothen Blumenblaͤttern und zehn Staubfaͤden, von welchen aber nur 
fünf Staubbeutel tragen. Frucht fuͤnf Nuͤßchen, die mit langen 
Fortſaͤtzen an der Are feftfigen, und ſich von dieſer abloͤſen, wenn ſich 
der Fortſatz fpiralfürmig aufrollt. Gemein auf allen Feldern, bluͤ⸗ 
het zeitig im Fruͤhjahr. N 
2. Ordnung. Decandria. Mit zehn Staubgefaͤßen. 
Die Gattung der Kranichsſchnäbel (Geranium) hat ganz 
die Kennzeichen der vorigen, aber die zehn Staubfaͤden tragen alle 


Sechszehnte Kaffe. Monadelphia. 143 


Staubbeutel. Man hat bei uns vlele Arten, unter welchen ſich vlele 
durch einen eigenthuͤmlichen Geruch auszeichnen; z. B. G. robertia- 
num, Bluͤthenſchaft mit zwei kleinen, rothen Blumen, Blätter dreie 
theilig oder fuͤnfthellig, jedes Blaͤttchen dreilappig gefiedert; Blumen⸗ 
blaͤtter ohne Ausſchnitt, Kelchblaͤtter mit einer Granne, Gemein in 
allen Gebuͤſchen; ſtinkt wie Fuchs loſung. 


3. Ordnung. Polyandria. Mit vielen Staubgefäßen. 
Hierher die Familie der Malvengewäch ſe (Malvaceae), bei 
welcher die vielen Staubfaͤden einen dichten Cylinder bilden, aus 
deſſen Spitze die Griffel, deren Anzahl ſehr verſchieden iſt, hervor— 
ragen. Der Kelch iſt fuͤnflappig, meiſtens mit Huͤllblaͤttern am 
Grunde (äußerer Kelch); die Blumenkrone fuͤnfblättrig, Blaͤtter am 
Grunde zuſammenhaͤngend. Die Frucht beſteht theils aus vielen ein— 
ſamigen in einen Kreis um den Fruchtboden geſtellten Achenien, theils 
aus einer mehrklappigen, mehrfäaͤcherigen, vielſamigen Kapſel. Z. B. 
Die Bauerroſe (Althea rosea), mit fünf: oder mehrlappi⸗ 
gem, aͤußerem Kelch, vielen Griffeln und vielen einſamigen Achenien 
in einem Ringe. Eine aufrechte, mehrjährige Staude, mit großen, 
rauhen, fuͤnflappigen Blättern, und großen aͤhrenförmig geſtellten, 
meiſtens rothen Blumen. In Gaͤrten, ſtammt aus Griechenland 
und der Turkey. Eine bei uns einheimiſche, kleinere Art, der Ei— 
biſch (A. ofacinalis), hat filzige Blätter, wovon die unteren herz— 
foͤrmig, die oberen laͤnglich eifoͤrmig, undeutlich dreilappig find, und 
fleifchfarbige Blumen. Waͤchſt auf Wieſen, und enthält, beſonders 
in der Wurzel, viel Schleim; daher man dieſe, wie auch die Blaͤt— 
ter, zum Bruſtthee benutzt. 

Die Baumwollenpflanze (Gossypium herbaceum) hat 
einen dreiblättrigen, gezaͤhnten, äußeren Kelch und einen einblättris 
gen becherfoͤrmigen, inneren; Frucht eine dreiklappige, dreifächerige 
Kapſel; Samen von weicher Wolle eingehuͤllt. Die Pflanze iſt eine 
maͤßige Staude mit ſperrigen Aeſten, fuͤnflappigen Blaͤttern, deren 
Mittelnerve einen Druͤſenfleck hat, und gelben Blumen mit violet— 
tem Fleck am Grunde jedes Blattes; ſie waͤchſt in Oſtindien wild 
und wird auch angebauet, da die wollige ns des Samens die bes 
kannte Baumwolle liefert. 


Siebenzehnte Klaſſe. Diadelphia. 


$. 156. Die gleich langen Staubgefaͤße find in zwei 
Buͤndel mit einander verwachſen. Die Anzahl der Staubge— 
faͤße giebt die Kennzeichen der Ordnungen. 


1. Ordnung. Hexandria. Mit ſechs Staubgefaͤßen. 
Das gemeine Rauchkraut (Fumaria officinalis) hat einen 


144 Zzwelter Abſchnitt. Botanik. 


zweiblattrigen, hinfälligen Kelch; eine vlerblättelge gabel bene 
Blumenkrone, deren oberes Blatt am Grunde in einen ſtumpfen 
Sporn ausläuft. Die Frucht ſchoͤtchenformig, einfaͤcherig, einſamig. 

Die Pflanze waͤchſt bei uns auf Kornfeldern, hat einen etwas nieder: 
liegenden Stengel, dreimalgefiederte Blätter, deren Eeilfdrmige Blaͤtt⸗ 
chen wieder getheilt find, und einen aͤhrenfoͤrmigen Bluͤthenſtand; 
die Blumen find fleiſchfarben mit dunklerer Mündung. 


2. Ordnung. Decandria Mit zehn Stäubgefäßen. 


Dieſe Ordnung bildet eine ſehr große Familie, die unter dem 
Namen der Huͤlſenpflanzen (Leguminosae) oder Schmetter⸗ 
lingsblumen (Papilionaceae) bekannt iſt. Es find theils baum, 
theils krautartige Gewaͤchſe, oft mit rankenden Stengeln, und aller: 
meiſt einfach gefiederten, ſeltener gefingert gefiederten Blättern. Die 
Blumen ſtehen in den Blattachſeln, oder am Ende, und bilden Trau⸗ 
ben, Knoͤpfe, oder ſtehen paarweis. Jede hat einen einfachen, fuͤnf⸗ 
zaͤhnigen Kelch und fünf Blätter, von welchen je 2 gleiche Geſtalt 
und Große haben; das fünfte, unpaare, oberſte Blatt ift größer und 
ſteht meiſtens aufrecht, man nennt es Segel (vexillum), die bei⸗ 
den folgenden find häufig beilfoͤrmig geſtaltet und heißen Fluͤgel 
(alae), die beiden unterſten verwachſen meiſtens zu einer Rinne, die 
den Namen Kiel (carina) erhält. In diefer liegen Stempel und 
Staubfaͤden. Die letzteren bilden einen Cylinder um jenen, und 
hängen theils alle, theils bis auf einen, unter ſich zuſammen; dies 
ſer eine iſt immer der oberſte. Die Frucht iſt eine zweiklappige 
Huͤlſe, in welcher die großen Samen an einer Nath ſitzen. ie 
Pflanzen dieſer Familie find wichtig; z. B. 

Die Bohnen (Phaseoli), allermeiſt rankende Pflanzen, mit abs 
wechſelnden, gedreiten, herzfoͤrmigen Blaͤttern und traubenfoͤrmigen 
Blumen, deren Kiel mit den Staubfaͤden und dem Stempel ſpiral⸗ 
foͤrmig aufgerollt iſt. Huͤlſen lang, groß; Samen nierenfoͤrmig. 
Man bauet bei uns zwei Arten: die Schneide- oder Schwink⸗— 
bohne (Ph. vulgaris), mit rankendem Stengel und gezweiten Blu- 
menſtielen, Stützblaͤttchen kuͤrzer als der Kelch, abſtehend; — und 
die Zwerge oder Brechbohne (Ph. nanus), mit aufrechtem, glat⸗ 
tem Stengel und Stuͤtzblaͤttchen, die uͤber den Kelch hinausragen. 
Beide mit weißen Blumen. Eine dritte Art mit t feuerrothen Blu⸗ 
men und geflecktem, größeren Samen (Ph. mulüflorus), die aus 
Sid: Amerika ſtammt, zieht man als Zierpflanze in Gärten. 

Die Erbſe (Pisum sativum) hat auch rankende Stengel und 
zweipaarig gefiederte, in eine Ranke auslaufende Blaͤtter. Blumen: 
ſtiele vielblumig, in den Blattachſeln, mit weißen Bluͤthen. Same 
rundlich. Ueberall angebauet ſeit langer Zeit, daher man das ei⸗ 

gentliche Vaterland der Erbſe nicht mehr kennt. 


Siebenzehnte Klaſſe. Diadelphi. 145 


Die Riecherbſe (Lathyrus odoratus), wie die Vorige rankend, 
mit achfelftändigen, zweiblumigen Bluͤthenſtielen und in Ranken aus: 
laufenden Blaͤttern. Blumen dunkelroth und weiß, wohlriechend, 
mit breitem Segel und ungleich langen Kelchzaͤhnen. Aus Spanien, 
bei uns als Zierpflanze in Gaͤrten. 

Die Wickengattung (Vicia) hat einen fänfzähnigen Kelch, 
deſſen beide oberen Zaͤhne kuͤrzer ſind, und einen duͤnnen dicht unter 
der Narbe mit einem Haarſchopf verſehenen Griffel. Huͤlſe langge⸗ 
ſtreckt, vielſamig. Man bauet bei uns 2 Arten: die Saatwicke 
(V. sativa), mit rankig gefiederten Blättern und achſelſtaͤnd igen 
zweiblumigen Bluͤthenſtielen; Blättchen mit Dolchſpitzen, unten ver: 
kehrt herzfoͤrmig, oben laͤnglich eifoͤrmig, Huͤlſen haarig; — und die 
Saubohne (Vicia faba), mit aufrechtem, dickem Stengel und 
nicht rankig gefiederten Blättern; Blaͤttchen eifoͤrmig, glatt. Blu: 
men zu drei; Huͤlſen haarig, beſonders inwendig; den * 
nierenförmig. Stammt vom kaspiſchen Meere. 

Die Lin ſe (Ervum lens), mit gleichzaͤhnigem Kelch an auf⸗ 
rechtem, uͤberall haarigem Griffel. Huͤlſen wenig (2—5⸗) ſamig, 
Samen zuſammengedruͤckt. Blumen je zwei, den Blaͤttern gegen⸗ 
uͤberſtehend, weiß; ſtammt aus dem ſuͤdlichen Europa. 

Die große Gattung des Klee's (Trifolium) hat nicht an 
de Stengel, gedreite Blätter und einen rundlichen, kuopffoͤrmigen 
Bluͤthenſtand. Kelchzaͤhne ungleich, die oberen kuͤrzer; Huͤlſe vom 
Kelch oder der Blumenkrone verdeckt, höchſtens vierſamig. Unter 
den vielen Arten iſt Tr. repens, mit weißer, ſtehenbleibender Blu⸗ 
menkrone, doldenfoͤrmigen Bluͤthenknoͤpfen, vierſamigen Huͤlſen, 
verkehrt eifoͤrmigen, leicht gezaͤhnten Blaͤttern und kriechendem Sten⸗ 
gel, eine der eee, Ueberall auf Sende und M 
dem zetreide. 0 en 


vr Bi * 175 288752 14 


Achtzehn te Klafſe. RI ra 


ng} 157. Die vielen, gleich langen Staubfaͤden ſtehen 
Wi den Stempeln auf demſelben Fruchtboden und find in 
mehrere Bündel wersmalhle Hierher allermeiſtens auslän- 
diſche Gattungen; . B. Fnlenteg want Ten ndl 

Der Kakao baum ene ene cacao), ein maͤßiger Baum 
von 15 Fuß Hoͤhe, mit großen, breiten, ovalen, zugeſpitzten Blaͤttern 
und einzelnen Bluͤthenbuͤſcheln zerſtreuet an den Zweigen. Jede 
Blume mit fünftheiligem Kelch, fuͤnf laͤnglichen, roſenrothen 
Blumenblaͤttern; fuͤnf fruchtbare Staubfaͤden mit fuͤnf unfruchtbaren 
abwechſelnd; Griffel fünftheilig. Die Frucht eine dicke, langgeſtreck⸗ 


te, beider ſeits zugeſpitzte, fuͤnſfaͤcherige Kapſel mit * Samen in 
Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 


146 deter Abſchnitt. Botanik. 


einem Brel. Aus den Samen bereitet man die Chokolade. Der 
Baum wäͤchſt im heißen Amerika (beſonders Meile): wild, wird 
aber auch dort angebauet in ſchattigen Wäldern n 

Die Oran gengattung (Citrus) hat einen drei⸗ bis fünfzäh⸗ 
nigen Kelch, 5 Blumenblaͤtter, und viele in mehrere Bündel verwach⸗ 
ſene Staubfaͤden; die Frucht iſt mehrfächerig, faftig, enthaͤlt in jedem 
Fach 2— 3 Samen, und wird von einer lederartigen, druͤſenreichen 
Haut bekleidet. Zwei Arten ſind beſonders wichtig: der pom me⸗ 
ranzenbaum (C. aurantium), mit gefluͤgelten Blattſtielen und ku⸗ 
geligen, in der Laͤngsachſe zuſammengedruͤckten Früchten; und der Ci⸗ 
tronenbaum (C. medica), mit ungeflügelten Blattſtielen und laͤng⸗ 
lich eirunden, an jedem Pol zugeſpitzten Fruͤchten. Beide ſtammen 
aus Aſien, werden ſeit langer Zeit in Italien und Suͤd⸗Europa an⸗ 
gepflanzt, aber auch bei uns in Treibhaͤuſern gezogen. 
Einheimiſch iſt aus dieſer Klaſſe nur die Gattung des Johan⸗ 
niskrauts (Hyperieum), mit fünflappigem Kelch, fünf Blumen⸗ 
blättern und 3—5 Staubfaͤdenbuͤndeln, Frucht 3—5faͤcherig, mit vie⸗ 
len Samen am mittleren Mutterkuchen. Gemein iſt H. perforatum, 
mit gegenuͤberſtehenden, oval lanzettfoͤrmigen, gelb punctirten Blaͤt⸗ 
tern und gelben Blumen in den Blattachſeln und am Ende. An 
Wegen, ut in Gebüſchen, beſonders an ſonnigen enden; 


au! li 


Neunzehnte Kaffe Stigälesin . 


$. 158. Die Antheren der fünf Staubgefaͤße ſind in 
einen Ring verwachſen, welcher von den an der Blumenkrone 
feſtgewachſenen Faͤden getragen wird und den einfachen, oben 


in 2 ſpiralig eingerollte Fortſaͤtze getheilten, Griffel umgiebt. 
Es bildet dieſe ganze Klaſſe eins einzige Familie, die unter dem 
Namen der zufammengeſetzten Blumen (Compositae) bekannt 
iſt. Sie hat den größten Umfang unter allen, indem der zwölfte 
Theil aller bekannten Pflanzen und über 300 Gattungen hierher ge⸗ 
hören. Folgendes ſind ihre gemeinſamen Merkmahle: — & ſind al⸗ 
lermeiſtens Kräuter, ſeltener Sträucher, noch ſeltener Bäume, mit 
abwechſelnden oder gegenuͤberſtehenden ungetheilten Blaͤttern und vie⸗ 
len Blüthen auf einem gemeinſchaftlichen Fruchtboden. Dieſer iſt al⸗ 
lermeiſtens halbkugelig, bisweilen kegelförmig gewoͤlbt, und hat kleine 
Gruͤbchen, in welchen die einzelnen Blumen ſitzen; zwiſchen dieſen 
ſtehen noch kleine Huͤllblättchen, eins fuͤr jede Blume, auf dem Frucht⸗ 
boden, welche Sprenblätter (paleae) heißen. Die Bluͤthen haben 
einen unterſtändigen Fruchtknoten, der ſich zu einer einfachen Weich⸗ 
frucht (caryopsis) entwickelt; ihr Kelch iſt theils blaͤttrig, theils 
borſtig, helle Haarig, theils federförmig, bleibt NI we] Spite des 


71 1 440 1 


Neunzehnte Klaſſe. Syngenesia. 147 


reifen Samens ſtehen, und bildet die Samenkrone (pappus). Die 
Blumenkrone iſt einblaͤttrig, roͤhrig, theils regelmäßig. fünflappig, 
theils in einen zungenfoͤrmigen Lappen verlängert. - Nach der Stei: 
lung auf dem Fruchtboden unterſcheidet man die mittleren als Sch ei⸗ 
benblumen (flores discoidales), die ſeitlichen als Ran dblumen 
(lor. marginales) oder Strahlenblumen (fl. radiantes), wenn 
fie zungenfoͤrmig gebildet find. Der gemeinſchaftliche Fruchtboden hat 
eine, aus mehreren uͤbereinanderſtehenden Blaͤtterreihen (Schuppen, 
squamae) zuſammengeſetzte, Huͤlle, welche anthodium, calyx com- 
munis oder periclinium genannt wird. 
Linne theilte dieſe Klaſſe in 4 Ordnungen. 

1. Ordnung. Aequalis. Die Scheiben» und Randblu⸗ 
men haben gleiche Geſtalt und gleichen Bau. Aus allen ent⸗ 
wickeln ſich reife Samen. 

a; Alle Blumenkronen regelmäßig fünflappig. Cynareae, 

Die Diſtelgattung (Carduus) hat eine borftig haarige Sa: 
menkrone und Huͤllenſchuppen, die in ſteife Stacheln auslaufen, 
Fruchtboden borſtig. Unter mehreren bei uns einheimiſchen Arten iſt 
C. nutans, mit herablaufenden am Rande dornigen Blaͤttern und 
haͤngenden Blümenkoͤpfen, deren Huͤllenſchuppenſtacheln ſehr groß, 
weitabſtehend und lanzettfoͤrmig ſind, eine der gemeinſten. Auf del: 
dern, an Wegen ꝛc. 

Die Klette (Arctium lappa) hat den knopfformigen Bluͤthen⸗ 
ſtand der Vorigen, aber die Hüllenſchuppen haben hakige Stacheln, 
die Blätter find groß, breit, ohne Stacheln, aber filzig. Ueberall 
gemein an Wegen, Zaͤunen ꝛc. 

b. Alle Blumenkronen zungenfoͤrmig. Cichoreae. 

Der Löwenzahn oder die Butterblume (Leontodon Ta- 
raxacum) hat einen unzertheilten Schaft, deſſen Bluͤthenboden von 
einer vielblaͤttrigen Hülle umgeben iſt. Der Boden iſt nackt, und 
die Samen haben eine große, geſtielte, haarige Krone; Blätter entſprin⸗ 
gen aus der Wurzel und ſind laͤnglich, ſchrotzaͤhnig. Ueberall gemein. 

Die Ci chorie (Cichorium Intybus) hat einen verzweigten Sten⸗ 
gel, mit himmelblauen Bluͤthenknoͤpfen in den Blattachſeln, deren 
Hülle aus einer doppelten Blaͤtterreihe beſteht. Fruchtboden mit 
Spreublaͤttern, Same mit aͤhnlicher, aus kleinen Blaͤttchen gebilde⸗ 
ter Krone. Ueberall gemein an Wegen; wird wegen der großen 
fleiſchigen Wurzel, die man geroͤſtet und gemahlen unter den Kaffe 
miſcht, auch angebauet, und waͤchſt am liebſten im leichten Sande. 


2. Ordnung. Superflua. Scheibenblumen regelmaͤßig 
fünflappig, Randblumen bald ebenſo, bald zungenfürmig, bloß 
weiblich. Alle geben reife, vollkommene Samen. 

10 


148  Biveiter Abſchnitt. | Botanik, 


a. Alle Blumen regelmaͤßig, fuͤnflappig. Ä 

Der Nainfarren (Tanacetum vulgare), eine A: 
Pflanze mit doppeltſiederſpaltigen Blättern, deren Lappen gezaͤhnt 
ſind. Blumen am Ende in Afterdolden, gelb; Huͤllblaͤttchen dachzie— 
gelartig, rund. Randblumen klein, meiſt dreilappig, Fruchtboden nackt. 
Samenkrone ſehr klein. Gemein in Gebuͤſchen, an Gräben, 
Fluͤſſen ꝛce. 

Der Wermu th (Artemisia Absinthium) hat einen aufrechten aͤſti⸗ 
gen Stengel mit weißgrauen, dreimal fiederſpaltigen Blättern ; Blu: 
menknoͤpfe rundlich, nickend; Fruchtboden nackt, Hülle dachziegelfoͤr— 
mig ſchuppig, Samenkrone fehlt. san felten an Wegen, auf Seh: 
richthaufen u. ſ. w. 

b. Mit großen, RER REN. Strahlblumen. Radiatae. 

Die Gartenaſter (Aster chinensis), eine einjährige Staude mit 
wenigen ſperrigen Zweigen, die am Ende einen großen, flachen Blu: 
menkopf tragen. Blumenhuͤlle ſchuppig, blattfoͤrmig; Fruchtboden 
nackt; Nandblumen verſchieden farbig, blaͤulich oder roth, bisweilen 
weiß; Blätter laͤnglich lanzettfoͤrmig, gezaͤhnt, ſitzend, die oberen 
ſpatelformig. Aus China, bei uns in Gaͤrten als Zierpflanze. 
Das Gänſeblümchen. oder Tau ſendſchön (Bellis perennis) 
hat einen kegelfoͤrmigen, nackten Fruchtboden, eine flache, ſchuppige 
Bluͤthenhuͤlle, weiße Strahlenblumen mit rothen Spitzen und gelbe 
Scheibenblumen. Blaͤtter ſpatelfoͤrmig, entſpringen aus der Wurzel; 
ein aufrechter Blüthenfchaft. Ueberall gemein auf Viehweiden. 

Die Chamille (Matricaria chamomilla) hat einen kegelfoͤr— 
migen, hohlen, nackten Fruchtboden und eine flach ausgebreitete, ſchup⸗ 
pige Bluͤthenhuͤlle, deren Blaͤttchen vertrocknen; Randblumen weiß und 
herabhaͤngend. Blätter zweimal fiederſpaltig mit linienfoͤrmigen 
Lappen. Häufig auf Stoppelfeldern; wird als Heilmittel benutzt. 

Die Sch aafgar be (Achillea millefolium) iſt eine aufrecht⸗ 
ſtehende, 1 hohe Pflanze, mit gefurchtem Stengel und zweimalfie⸗ 
derſpaltigen Blaͤktern, deren Lappen zugeſpitzt ſind. Blüthenknoͤpfe 
in Afterdolden am Ende des Stengels; jeder mit flachem, von Spreu— 
blättern. bedecktem Fruchtboden und ſchuppiger Huͤlle; Randblumen 
gering an Zahl, alle weiß. Gemein an Wegen, uͤberall. 

3. Ordnung. Frustranea. Hat Zwitterſcheibenblumen, die 
Samen tragen, und unfruchtbare, weibliche Randblumen. Dahin: 

Die Kornblume oder Tremſe (Centaurea cyanus), mit Eu: 
gelförmiger, ſchuppiger Huͤlle, deren Blaͤttchen am Rande in ſchwarze 
Zaͤhne auslaufen; borſtigem Fruchtboden, und borſtiger Samenkrone. 
Randblumen roͤhrig und geſchlechtslos, alle blaugefaͤrbt. Blaͤtter 


ſchmal, lanzettfoͤrmig, wie die ſperkigen 1 e 
zwiſchen dem enten 


Neunzehnte Klaſſe. Gynandria. 149 


4. Ordnung. Necessaria. Mit bloß männlichen, regel- 
maͤßig fuͤnflappigen, roͤhrenfoͤrmigen Scheibenblumen und 
weiblichen, zungenfoͤrmigen Strahlblumen, welche allein Sa— 
men tragen. Dahin: 5 
Die Ringel: oder Todtenblume (Calendula officinalis), 
mit nacktem, flachem Fruchtboden, vielbläftriger Hülle und großen, 
flachen, kahn- oder halbmondfoͤrmigen, am Rande dornigen Samen. 
Blumen dunkel rothgelb, Blätter einfach, ungetheilt, laͤnglich herz— 
foͤrmig, zugeſpitzt. Wird als Zierpflanze in Gärten, beſonders aber 
auf Kirchhoͤfen, angebauet, und zum Schmuck der Leichen benutzt. 


Zwanzigſte Klaſſe. Gynandria. 


$. 159. Staubfaͤden und Piſtill find bei den Pflanzen 
dieſer Abtheilung in eine Saͤule verwachſen, welche auf dem 
Fruchtknoten ruhet, und an der die Narbe, und daruͤber oder 
daneben die Staubbeutel befeſtigt ſind. 


1. Ordnung. Monandria. Mit einem Staubgefaͤß. 
Dieſe Abtheilung bildet eine große Familie monokothyledoniſcher 
Gewäͤchſe, die mit dem Namen der Saleppflanzen oder Orchi— 
deen (Orchideae) bezeichnet wird. Alle find krautartige Pflanzen 
mit knolligen oder gefingerten Wurzeln, ſcheidenfoͤrmigen, allermeiſt 
ungetheilten, ovalen oder lanzettfoͤrmigen Blaͤttern, aufrechtem Bluͤ— 
thenſchaft, an welchem die Blumen eine Aehre bilden. Jede Blume 
hat unter ſich ein Stügblatt, dann folgt der unterſtaͤndige Frucht— 
knoten, und dieſer tragt die unregelmaͤßige, ſechsblaͤttrige, gefaͤrbte⸗ 
rachenfoͤrmige Blumen huͤlle; drei kleinere Blätter bilden die Ober— 
lippe, und von dieſen biegt ſich das mittlere uͤber das in eine Saͤule 
verwachſene Piſtill und Staub gefaͤß wie ein Helm; die anderen 
drei bilden die Unterlippe, beſonders das mittlere große, oft merk— 
wuͤrdig geſtaltete, meiſtens in mehrere Lappen getheilte und geſpornte. 
Die Frucht iſt eine langgeſtreckte, einfaͤcherige Kapſel, in welcher die, 
ſehr kleinen, vom Mantel umgebenen Samen an wandſtaͤndigen, ffreis 
fenfoͤrmigen Mutterkuchen feſtſitzen. Die eigentliche Heimath dieſer 
ſehr großen Familie iſt das tropiſche Klima, unter welchem ſie, be— 
ſonders in feuchten Waldungen, oft als Schmarotzerpflanzen, außer— 
ordentlich gedeihen. Manche dieſer ſind außerordentlich ſchoͤn. Eine 
derſelben (Epidendron Vanilla) liefert das angenehme Gewürz Ba: 
nille, welches die Samenkapſel iſt; die einheimiſchen Agen vor⸗ 
zugsweiſe auf Wieſen und Torfmoor; z. B. 
Das Knabenkraut oder der Salep (Orchis latitolia) hat 
eine aus zwei laͤnglichen Knollen beſtehende Wurzel; große, breite, 


135 A bxschnle. Botan. b 


braun gefleckte Bieter: einen hohlen Schaft und hell blutrothe Bin⸗ 
men. Die Unterlippe iſt groß, breit, dreilappig, mit abwärts gebo⸗ 
genen Rändern und einem kurzen, abgerundeten Sporn am Grunde. 
Kg auf allen en. heißt auch, wiewohl mit Unrecht, Kukukee 
blume 

Bei Ophrys ovata haben die oberen Blumenblätter faſt gleiche 
Größe, aber das mittlere untere (Unterlippe) iſt ſehr lang, breit, gas 
belfoͤrmig geſpalten und hat keinen Sporn; die Pflanze hat eine 
aus vielen, dicken Faſern beſtehende Wurzel, zwei große, eifoͤrmig 
kreisrunde Blaͤtter und einen aufrechten Bluͤthenſchaft, mit vielen 
grünen Blumen. Häufig in Gebuͤſchen. 

Der Frauenſchuh (Cypripedium ealceolus) bildet nach Linne 
eine beſondere Ordnung, da er zwei Staubfaͤden hat, gehoͤrt aber in 
dieſe Familie. Die gelbe Unterlippe iſt groß, breit, bauchig, oben 
mit laͤnglicher Oeffnung, wie ein Holzſchuh; die übrigen Blumen: 
blaͤtter ſind grade, lanzettfoͤrmig, groß, und haben eine braunrothe 
agrde, Stengelblätter breit, eifoͤrmig, zugeſpitztz Wurzel faſerig. 
In 3 des mittleren Deutſchlands. 

Ordnung. Hexandria. Mit ſechs Staubgefaͤßen. 
Shin: : 

Die Oſterluzei (Aristolochia clematitis), eine krautartige 
Pflanze, mit abwechſelnden, ziemlich großen, herzfoͤrmigen Blaͤttern. 
Blumen einige in den Blattaͤchſeln, jede auf einem beſonderen Stiel, 
mit unterftändigem Fruchtknoten, und einfacher, einblaͤttriger, tuten— 
foͤrmiger, am Grunde bauchig erweiterter, gelber Blumenhuͤlle. In 
dieſer Erweiterung die Narbe, mit ſechs Zwillingsſtaubbeuteln in ih⸗ 
rem Umfange. An Zaͤunen, auch in Gaͤrten zu Lauben. 


Einundzwanzigſte Klaſſe. Monoeeia. 


§. 160. Linne rechnete hierher alle Pflanzen, bei wel⸗ 
chen die Staubgefaͤße und Stempel nicht auf demſelben Frucht⸗ 
boden, ſondern in ganz verſchiedenen Blumen ſtehen, dere n 
verſchiedene, maͤnnliche und weibliche, Blumen aber von dem⸗ 
ſelben Stamm getragen werden; im Deutſchen pflegt man ſie 
einhäufi ige Pflanzen zu nennen. Die Ordnungen ſetzte 
Linne nach der Anzahl der Staubfaͤden feſt. Folgende Fa⸗ 
milien ſtehen hier: 

1. Fam. Neſſelpflanzen (Urticeae), Krautartige Pflanzen 
oder Sträucher und Baͤume, mit abwechſelnden oder gegenuͤberſte⸗ 
henden Blattern und Blumen in den Blattachſeln; beide kaͤtzchen— 
fürmig oder gehäuft mit 4 — 5: lappigem Kelch, ohne Blumenkro⸗ 


Einundpwangigfte Klaſſe. Monoecia. 1351 


ne, und fo viel Staubgefäßen als Kelchlappen. n uin trockenes 
oder fleiſchiges Achenium. Dahin: 

Der Brenneſſel (Urtica urens), Traurig, it kätzchenfde 
migem Bluͤthenſtande, Kelch 4slappig, 4 Staubgefäße um ein be: 
cherfoͤrmiges Honiggefaͤß; weiblicher Kelch 2 bis 4 blaͤttrig; Nuͤß⸗ 
chen vom Kelche umhuͤllt. Blätter gegenuͤberſtehend, elliptiſch, ſtark 
gezaͤhnt, mit ſtarken, ſteifen, brennenden Haaren beſetzt. Ueberall 
gemein. 

Der Maulbeerbaum (Morus nigra), großer Baum, mit herz⸗ 
förmigen, meiſt dreilappigen Blättern. Männlicher Kelch 4⸗lappig, 
mit 4 Staubfaͤden, weiblicher mit einfachem Fruchtknoten, worauf 
zwei Narben; Frucht eine einſamige Beere, deren viele dicht gedrängt 
auf demſelben Fruchtboden ſtehen, ſchwarz. Bei uns angepflanzt zur 
Kultur des Seidenwurmes; ſtammt aus China. 

2. Fam. Laubhoͤlzer (Amentaceae), große Bäume, mit ein⸗ 
fachen, aber abwechſelnden, breiten Blättern, und kaͤtzchenfoͤrmigen 
Blüthen in den Blattachſeln. Staubfaͤden unbeſtimmt. Die Frucht 
eine große einſamige Nuß, die im Kelch ſitzen bleibt, und theils ganz 
(Buche), theils zur Hälfte (Eiche) von ihm umgeben wird; oder ein 
Zapfen, unter deſſen holzigen Schuppen ein oder zwei kleine geflü: 
gelte Achenien ſtecken (Birken). 

Die Eichengattung (Quercus) hat lange gedehnte männliche 
Kätzchen, deren Blumen aus einer blattartigen Huͤlle beſtehen. Maͤnn⸗ 
liche Huͤllchen ſtrahlich getheilt mit vielen Staubfaͤden; weibliche einfach, 

mit Schuppen beſetzt. Frucht eine große Nuß, am Grunde vom Hol: 
zigen Naͤpfchen umgeben. Man hat bei uns 2 Arten: L. robur, mit 
größeren, gelappten Blättern, und großeren, ungeſtielten Nuͤſſen; 
O. pedunculata, mit kleineren, noch tiefer gelappten Blaͤttern und der 
Reihe nach an einem längeren Stiel feſtſitzenden Fruͤchten. 


Die Haſelnuß (Corylus avellana), ein holziger Strauch, mit 
ziemlich runden, unregelmaͤßig gezaͤhnten Blaͤttern. Maͤnnliche Blu⸗ 
men in großen Kaͤtzchen, Staubfaͤden 4— 8 unter Schuppen. Weib⸗ 
liche Blumen zu 3 oder 4, jede mit lappigem Kelch und 2 blutrothen 
Narben. Frucht eine einſamige Nuß, zur Haͤlfte vom lappigen Kelch 
umgeben. Ueberall in Waͤldern, und angepflanzt in Gaͤrten. 

Die Buche (Fagus silvatica), ein großer Baum, mit aufrechtem, 
glattem Stamm und faſt horizontalen Zweigen. Blaͤtter eifoͤrmig, 
ganzrandig; männliche Blumenhuͤlle fuͤnflappig mit vielen Staubfa⸗ 
den; weibliche Blumenhuͤlle vierblättrig, weichſtachelig, mit zwei drei⸗ 
kantigen Fruchtknoten, jeder mit 3 Narben. Die Frucht beſteht aus 
zwei einſamigen, dreieckigen Nuͤßchen, die ganz von der reh har⸗ 
ten, holzigen Blumenhuͤlle umſchloſſen ſind. f 

Die Hahn buche oder Weiß buche (Carpinus betulus), ein mä⸗ 


152 Zdweiter Abſchnitt. Botanik. 


ßiger Baum mit eiförmigen , gezähnten Blättern. Blumen in Kaͤtz⸗ 
chen, männliche größer, unter Schuppen 10 — 20 Staubfaͤden; weib⸗ 
liche mit größeren, geſpaltenen Schuppen, und unter jeder 2 Frucht⸗ 
knoten mit gabeliger, rother Narbe. Frucht eine gefurchte Nuß, von 
der großen, dreilappigen Schuppe leicht eingehuͤllt. 


Die Birke (Betula) iſt baumartig, mit duͤnnen, ſehr ſchlanken 
Staͤmmen und aufrechten Zweigen; Blumen in Kaͤtzchen, unter jeder 
Schuppe der männlichen mehrere kleinere Schuͤppchen mit einer Zwil⸗ 
lingsanthere; weibliche Kaͤtzchen holzig, unter jeder Schuppe drei 
gefluͤgelte Samen. Die Weißbirke (B. alba) hat aufrechte Zwei⸗ 
ge und eifoͤrmige, ſpitze, doppelt gezaͤhnte Blätter; die Haͤn gebir⸗ 
ke (B. pendula) hat dünne am Ende herabhaͤngende Zweige, mehr 
dreiſeitige Blätter, und längere, zugeſpitzte Schuppen der e 
Kaͤtzchen. 

Die Erle oder Eller (Alnus glutinosa) hat ganz die Kennzei⸗ 
chen der Birke, aber unter den Schuppen der maͤnnlichen Kaͤtzchen 
ſtehen vier vierlappige Schuͤppchen, jede mit vier Staubfaͤden; weib⸗ 
liche Schuppen mit zwei Fruchtknoten, woraus eine zweifächerige, 
in jedem Fach einſamige Kapſel. Der Baum liebt feuchte Standorte, 
daher in Bruͤchen, hat einen graden Stamm und faſt keilfoͤrmige, 
unten in den Achſeln der Rippen haarige, jung klebrige Blätter. 
5. Fam. Nadelhoͤlzer oder Zapfen bäume (Coniterae). 
Ebenfalls große Baͤume, mit gradem, hohem Stamm, und allermeiſt 
quirlfoͤrmig geſtellten Zweigen. Blätter rundlich, ſchmal, nadelfoͤr— 
mig, oder breiter, lanzettlich, lederartig. Blumen in Kaͤtzchen; maͤnn— 
liche unter haͤutigen, trockenen, weibliche unter holzigen Schuppen, 
welche hernach den harten, kegel- oder kugelfoͤrmigen Zapfen bilden. 
Dahin: 

Die Gattung Pinus, kenntlich an den großen, kegelfoͤrmigen 
Zapfen, deren Schuppen dick und aufgeworfen ſind, und an den 
in einen Buͤndel verwachſenen Staubfaͤden. Blätter ſehr ſchmal, 
lang, dünn, ſpitz, haufenweis geſtellt. Dahin: die Kiefer oder 
Foͤhre (F. silvestris), mit je zwei ſtraffen unterhalb gewoͤlbten 
Blaͤttern und einzelnen Zapfen, deren Schuppen rautenfoͤrmig abge> 
ſtutzt ſind. Ueberall als Waldbaum, beſonders im Norden; liefert 
Bau- und Brennholz, Ther, Terpenthinoͤl, Colophonium und Pech. 
— Die Pinie (P. pinea) ebenfalls mit je zwei Blaͤttern, die jung 
haarig ſind, und ſehr großen Zapfen, deren Schuppen am Ende 
abgerundet ſind und ſtark vortreten. Suͤd-Europa; die Samen 
werden gegeffen, die Zapfen von den Alten zu Bachantenftäben be: 
nutzt. — Die Weym outhsfichte (F. strobus), mit je 5 ſehr lan: 
gen, duͤnnen Radeln und großen, laͤnglichen Zapfen. Aus Nord⸗ 
Amerika, bei uns in Luſtgaͤrten. 5 


auen war bft Klaſſe. Dioecia. 153 


Die Gattung Abies Hat längere, geſtrecktere, gleichmaͤßiger dicke 
Zapfen, mit duͤnneren, glatten Schuppen. Die Blaͤtter zerſtreut, 
ohne beſtimmte Ordnung, oder ſehr dicht und zahlreich in Buͤſcheln, 
allermeiſt etwas breiter. Samen reifen ſchneller. Dahin: die Ce⸗ 
der (A. cedrus), Blaͤtter ſtraff, ſpitz, buͤſchelweis; Zapfen elliptiſch, 
Schuppen angedruͤckt und abgeſtutzt. Großer Baum, der ein unge 
heures Alter erreicht und beſonders auf dem Libanon waͤchſt. Holz 
wohlriechend, zu Bleifedern. — Der Laͤrchenbaum (A. larix), mit 
jaͤhrlich abfallenden, ſtumpfen, buͤſchelweis geſtellten Blättern und 
eifoͤrmigem Zapfen, deſſen Schuppen am Rande zuruͤckgebogen und 
zerriſſen ſind. Suͤd⸗Europa, bei uns einzeln in Anpflanzungen. Holz 
ſehr dauerhaft. — Die Edel: oder Weißtanne (A. picea s. A. 
pectinata) hat zweireihig geſtellte, ziemlich breite, unten weiße Blaͤt— 
ter, und aufrechtſtehende Zapfen mit ſtumpfen, angedruͤckten Schup— 
pen. Mehr ſuͤdlich, bei uns nur einzeln angepflanzt. — Die Roth— 
zanne (A. excelsa. Pinus abies Linn.), mit viereckigen, ſpitzen, 
zweireihig zerſtreut ſtehenden Blaͤttern; Zapfen groß, haͤngend, mit 
breiten, flachen, abgerundeten Schuppen, die am Rande wie ausge— 
nagt erſcheinen. Beſonders im noͤrdlichen Europa, Schweden, Finn: 
land; liefert die hoͤchſten und beſten Maſtbaͤume. 


Zweiundzwanzigſte Klaſſe. Dioecia. 


$. 161. Die Pflanzen dieſer Klaſſe haben mit denen 
der vorhergehenden große Aehnlichkeit, aber unterſcheiden ſich 
von ihnen dadurch, daß die verſchiedenen Blumen auch auf 
verſchiedenen Staͤmmen ſtehen, ſo nehmlich, daß eine Pflanze 
nur männliche, die andere nur weibliche trägt. Linne theilte 
dieſe Klaſſe ebenfalls nach der Zahl der Staubgefaͤße in Ord— 
nungen. Da die meiſten mit in die Familien der vorigen 
Klaſſe gehoͤren, ſo werden wir ſie denen anreihen. 


Zu den Urticeen gehoͤrt: 


Der Hanf (Cannabis sativa), eine einjährige, ſtaudenartige 
Pflanze, mit zuſammengeſetzten, fuͤnffachen Blaͤttern, deren Blaͤttchen 
lanzettfoͤrmig und gezaͤhnt. Blumen in den Blattachſeln, die maͤnn— 
lichen traubenfoͤrmig mit fuͤnfblaͤttriger, gruͤner Blumenhuͤlle und 5 
Staubfaͤden; weibliche gedraͤngt, unter Schuppen ein einfacher Frucht— 
knoten mit 2 kolbigen Narben. Frucht ein Nuͤßchen. Ueberall an— 
gebauet, aus dem Stamm bereitet man den Hanf, der zu Reifen, 
Bindfaden, Tauen verarbeitet wird; Samen geben Oel. 


154 Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


Der Hopfen (Humulus lupulus), eine rankende, vieljährige Stau: 
de, mit großen, fuͤnflappigen, gezähnten, gegenuͤberſtehenden Blaͤttern 
und achſelſtändigen Blumen. Maͤnnliche in Trauben; Blumenhuͤlle 
fünfblättrig, grün; fünf Staubgefaͤße. Weibliche Blumen bilden ei⸗ 

nen Zapfen, deſſen Schuppen weich und blattartig ſind; unter jeder 
Schuppe ein einfacher Fruchtknoten mit gabeliger Narbe. Same ein 
Nuͤßchen. Wild in Wäldern und Gebuͤſchen, wird er und 
zum Wuͤrzen des Bieres benutzt. K 


Zu den Zapfenbaͤumen gehoͤren: 

Der Tarusbaum (Taxus baccata), ein mäßiger Baum mit 
dicht gedraͤngten Zweigen und zerſtreut ſtehenden, ſchmalen, linien⸗ 
förmigen, zugefpigten Blättern. Maͤnnliche Blumen mit vierlappis 
gem Kelch, 4 Blumenblättern und einem traubenförmigen Staubge⸗ 
faͤß buͤſchel; weibliche mit ſchuppenfoͤrmigem Kelch, und einfachem Frucht⸗ 
knoten, woraus ſich eine einſamige, vom Kelch am Grunde umgebene, 

rothe, fleiſchige Beere bildet. Suͤdlich, bei uns angepflanzt in Gaͤr— 

ten, beſonders früher, wo man den Baum pyramidenfoͤrmig zuſtutzte. 
Der Wachholder oder Knirkſtrauch (Juniperus commu— 
nis), bei uns ein kleiner Strauch mit niedergedruͤckten Aeſten, und 
zerſtreuten, eckigen, ſehr ſpitzen, ſtacheligen Blättern; im Norden 
Europa's mehr baumartig. Blumen in den Blattachſeln, maͤnnliche 
zapfenförmig, die Eugelfürmigen Staubbeutel am Rande der Schup— 
pen; weibliche ebenſo, die unteren Schuppen leer, zwiſchen den bei— 
den oberſten ein Fruchtknoten mit 3 Narben, der ſich zu einer 1— 3: 
ſamigen Beere ausbildet. 


Eigenthuͤmliche Familien dieſer Klaſſe find folgende: 

1. Fam. Weidenbäume (Salicineae). Bäume mit einfachen, 
abwechſelnden Blaͤttern; achſelſtaͤndigen, kaͤtzchenfoͤrmigen Bluͤthen, 
deren Hüllen bloße, blattartige Schuppen find. Die Fruͤchte find 
vielſamige, laͤngliche, ein = oder zweifaͤcherige Kapſeln mit vielen, klei⸗ 
nen, von ſeidenartigen Haaren umgebenen Samen. Dahin: 

Die Weide (Salix); männliche Kaͤtzchen unter jeder Schuppe 
1—5 Staubfäden; weibliche mit einfachem Fruchtknoten worauf 2 
Narben, Kapſel eifoͤrmig, Samen an den Klappen befeſtigt. Un⸗ 
ter den vielen Arten dieſer Gattung ſind beſonders haͤufig; die weiße 
W. (S. alba), mit lanzettfoͤrmigen, zugeſpitzten, gefägten, beiderſeits 
feidenpaarigen Blättern und zweitheiligen Narben. Ueberall ges 
mein an Wegen, Dörfern ie. — Die Korbweide (8. viminalis), 
mit ſehr langen, linear lanzettfoͤrmigen, faſt ganzrandigen Blättern, 
die auf der unteren Seite ſeidenhaarig ſind. Die Kätzchenſchuppen 
behaart, Haare der weiblichen ſehr lang. An den Ufern der Fluͤſſe, 
Gräben ac. Häufig, — Die ret wei de 6. babylonica) ,- n. it 


Zweiundzwanzigſte Klaſſe. Dioecia. 155 


ſehr langen, zugeſpitzten, glatten Blättern und herabhängenden 
Zweigen. Suͤdlich, bei uns angepflanzt, beſonders an Graͤbern. 


Die Pappel (Populus) hat alle Kennzeichen der Weide, aber 
die Kaͤtzchenſchuppen ſind gelappt, die mannlichen mit 8 Staubfaͤden, 
die beiden Narben bisweilen zweilappig. Man kennt bei uns meh⸗ 
rere Arten, z. B. die italleniſche P. (P. dilatata), mit dreieckigen, 
ſpitzen, gezaͤhnten, beiderſeits glatten Blättern, die breiter find als 
lang. Zweige aufrecht, daher der ganze Baum lang geſtreckt pyra— 
midenfoͤrmig erſcheint. Stammt aus dem noͤrdlichen Italien, bei uns 
angepflanzt zu Alleen; die meiften hieſigen Bäume find männliche. — 
Die Zitterpappel oder Espe (P. tremula), mit runden, ſpitzge— 
zaͤhnten, beiderſeits glatten Blättern, und ſehr ſchmalen, ſtark zus 
ſammengedruͤckten Blattſtielen. Ebenfalls ein großer Baum mit 
mehrſperrigen Zweigen, oft buſchig als Unterholz in Waͤldern. — 

2. Fam. Palmen (Palmae). Hohe Bäume mit grade aufſtei⸗ 
gendem, rauhem oder getaͤfeltem, unverzweigtem Stamm, welcher an 
ſeiner Spitze mehrere große, langgeſtielte, zuſammengeſetzte, theils 
gefiederte, theils faͤcherfoͤrmige Blätter trägt. Blaͤttchen einfach, un: 
getheilt. Blumen in Kolben, Rispen oder Trauben mit fehsblättrigem 
Perigonium in 2 Reihen, ſechs Staubgefaͤßen und aller meiſt drei 
Narben. Die Geſchlechter ſind nicht immer getrennt, viele Palmen 
haben die maͤnnlichen und weiblichen Blumen auf demſelben Stamm, 
gehoͤren alſo in die vorige Klaſſe, noch andere tragen die verſchiede— 
nen Blumen ſogar in einer und derſelben Traube (androgyniſcher 
Bau), wenige endlich, aber grade die wichtigſten und bekannteſten, 
find wahrhaft dioͤziſch, daher wir keinen Anſtand nahmen, die Familie 
hierher zu ſtellen. Palmen finden ſich nur zwiſchen den Wendekreiſen, 
wachſen gemeiniglich in der Naͤhe des Waſſers, daher am Strande 
oder an Flußufern, und bilden keine Waͤlder, ſondern ſtehen einzeln, 
hoͤchſtens haufenweis, am liebſten zwiſchen dem Laubholz der Tropen. 
Amerika beherbergt die meiſten. Wichtige Palmen ſind: 

Die Dattelpalme (Phoenix dactzlifera), diöziſch, Bluͤthen 
in Trauben zwiſchen den Blattſtielen, Blätter gefiedert, vieljochig; 
Stengel ſtachellos, Blattchen der Länge nach gefaltet; Frucht eine 
langgeſtreckte, eylindriſche, einſamige Steinfrucht, die eßbar und 
wohlſchmeckend iſt. Arabien und Nord -Afrika; der gewoͤhnlichſte 
Fruchtbaum jener Gegend, und für die aͤrmere Klaſſe ein unentbehr— 
liches Nahrungsmittel. Frucht etwas groͤßer als eine Pflaume, friſch 
gelbroth, ſaftig. Der Baum wird uͤber 200 Jahre alt, traͤgt im 
ſechsten Jahre zuerſt Fruͤchte und iſt dann wohl 12“ hoch, ein alter 
gegen 60". 

Die Kokosnußpalme (Cocos nucifera), monoͤziſch, und 
zwar and roghniſch; ſechs langgeſtielte Staubfaͤden. Frucht eine 


156 „Zweiter Abſchnitt. Botanik. 


große, außer der holzigen Schale noch von einer dicken, faſerigen 
Huͤlle umgebene Nuß, welche am Grunde drei Locher hat. Kern 
hohl, inwendig voll Milchſaft. Ein hoher Baum, mit vielen (gegen 
20), langen, gefiederten Blaͤttern und vielen Nuͤſſen, deren jede 1“ 
im Längsdurchmeffer hat. Ueberall zwiſchen den Tropen angepflanzt, 
vorzuͤglich auf den Inſeln der Suͤdſee, und fuͤr die Bewohner der⸗ 
ſelben das wichtigſte Nahrungsmittel. 

Die Delpalme (Elais guinecnsis), ebenfalls mondͤziſch, Blu⸗ 
men in Kolben, mit doppeltem 6-blaͤttrigem Perigonium; männz 
liche mit 6 verwachſenen Staubfaͤden, weibliche mit 3 Narben. Frucht 
eine ſaftige Steinfrucht von oben zugeſpitzter Form, die in ihrer 
Fleiſchhuͤlle ſehr viel fettes Oel enthaͤlt. Man ißt das Fleiſch auf 
Brod geſtrichen wie Butter, preßt das Oel aus, und benutzt es 
beſonders zur Bereitung von Seife. Der Baum wird gegen 30“ 
hoch, iſt uͤberall mit den kurzen, am Rande ſtachelichen Stielen der 
abgefallenen Blätter bedeckt, und trägt an der Spitze nur wenige, 
aber ſehr lange, gefiederte, vieljochige Blätter. Guinea, von da 
nach Weſt-Indien verpflanzt. 


Dreiundzwanzigſte Klaſſe. Polygamia. 


§. 162. In dieſer Klaſſe ſollen, nach Linne, alle die⸗ 
jenigen Pflanzen ſtehen, welche neben männlichen oder weib- 
lichen Blumen noch Zwitterbluͤthen auf demſelben Stamm 
tragen. Er theilte fie dann nach der Anzahl der Staubge— 
faͤße, wie die fruͤheren Klaſſen, in Ordnungen. Da indeß 
dieſer Charakter vielen Abaͤnderungen in den verſchiedenen 
hierher gerechneten Pflanzengattungen unterliegt, ſo haben viele 
ſpaͤtere Botaniker dieſe Klaſſe ganz eingezogen und die Pflan⸗ 
zen nach der Zahl der Staubfaͤden in eine der erſten dreizehn 
Klaſſen gebracht, andere dagegen haben nur wenige Pflanzen 
hier ſtehen laſſen. Unter den von Linne aufgeführten ein⸗ 


heimiſchen ſind folgende bemerkenswerth. 

Die Ahorngattung (Acer) enthaͤlt baumartige Pſtanzen mit 
einfachen aber gelappten Blättern, und traubenfoͤrmig geſtellten, gi: 
pfelſtaͤndigen Blumen, die aus einem fuͤnflappigen Kelch, einer fünf: 
blaͤttrigen Krone, 8 Staubgefaͤßen, und einem einfachen, gefpaltenen 
Griffel beſtehen. Frucht ein doppeltes, großes, einſeitig gefluͤgeltes 
Nuͤßchen. Die Arten wachſen mehr in füdfichen Gegenden, und wer: 
den bei uns in Anlagen angepflanzt; z. B. A. platanoides, mit fünf: 
lappigen Blaͤttern, deren Lappen ungleich tief gezaͤhnt und unter⸗ 


Dreiundzwanzigſte Klaſſe. Polygamia. 157 


halb weißlich gruͤn gefüct find; die jüngeren haarig. Blumen 
langgeſtielt, haͤngend. In Anlagen, an Wegen, ziemlich haͤufig. 
Manche Arten, wie der Zuckerahorn (A. saccharinum), euthal⸗ 
ten einen ſüßen Zuckerſaft, den man benutzt. 

Die Eſche (Fraxinus excelsior), ebenfalls ein hoher Baum, 
mit einfachgefiederten Blättern, deren Blaͤttchen lanzettfoͤrmig und 
geſaͤgt find. Blumen in Trauben, jede Bluͤthe bei dieſer Art ohne 
Kelch und Krone, bei anderen Arten mit vierlappigem Kelch und 
vierblaͤttriger Krone; zwei lange Staubgefaͤße, Fruchtknoten mit zwei 
Narben. Frucht eine einſamige Fluͤgelfrucht, mit aufrechtem, gra⸗ 
dem, am Ende ſchief ausgerundetem Fluͤgel. Bei uns in Anlagen, 
Alleen angepflanzt, wild im ſuͤdlichen Deutſchland und Suͤd⸗Europa. 
Die Rinde euthält einen bitteren Stoff. 

Die Meldeng attung (Atriplex) enthält krautartige, aller: 

meift einjährige Pflanzen, mit gegenüberftehenden oder abwechſeln⸗ 
den Blättern, und ſperrigen, in den Blattachſeln ſtehenden Zweigen. 
Blumen ebenfalls in den Blattachſeln, die Zwitterbluͤthen mit fuͤnf⸗ 
lappiger Blumenhuͤlle, 5 Staubfaͤden und einem Fruchtknoten mit 
gabeliger Narbe; die weiblichen mit zweien, ſchuppenfoͤrmigen, oft 
ſpießfoͤrmigen Huͤllblaͤttern. Frucht ein Nuͤßchen, von den fortwach— 
ſenden Huͤllblaͤttern umgeben. Sehr gemein iſt A. patulum, mit 
gegenuͤberſtehenden, dreieckig lanzettfoͤrmigen, faſt ſpießartigen, ge⸗ 
zaͤhnten Blättern und weit abſtehenden Zweigen. Huͤllblaͤtter auf 
der Flaͤche mit Stacheln, am Nande mit Zähnen. Eine andere Art, 
die Gartenmelde (A. hortense), mit dreieckigen, gezaͤhnten, gleich— 
’ farbigen Blättern, und elliptiſchen, netzfoͤrmig geaderten Huͤllblaͤttern⸗ 
wird in Gärten angebauet und als Gemuͤſe gegeſſen. 
Der Meldengattung iſt im Aeußeren die Gattung des Gan ſe— 
fußes (Chenopodium) ſehr aͤhnlich, unterſcheidet ſich aber von ihr 
durch ſtets zwittrige Blumen, und den mit der Frucht ſich nicht ver— 
aͤndernden, fuͤnflappigen vergl“ Bei Linne mg ſie 8 in der 
fünften Klaſſe. f 


Vierundzwanzigſte Klaffe. b „en ei 


F. 163. Der Charakter dieſer letzten Klaſſe des Linnei⸗ 
ſchen Syſtemes beſteht in dem Mangel aller deutlichen Blu— 
men und der in ihnen vorhandenen Organe. Nichts deſto we⸗ 
niger bilden alle Samen, die ſich aber dadurch von den Sa⸗ 
men der uͤbrigen Pflanzen unterſcheiden, daß ſie bloß aus ei⸗ 
nem einfachen Blaͤschen beſtehen, waͤhrend bei den uͤbrigen 
Eiweiß, Keim und Samenlappen ſich unterſcheiden laſſen. 
Weil alſo dieſen Pflanzen der Samenlappen fehlt, heißen ſie 


1 


158 3oeiter Abſchn itt. Botanik. 


auch Akotyledonen, und ihre Samen richtiger "Keime 
Förner (spori). Sie liegen felten frei in der Pflanze, mei⸗ 
ſtens innerhalb größerer Saͤcke (sporangia) „oder foͤrmlicher 
Kapſeln. Nach Linne zerfällt die Klaſſe in 6 Ordnungen: 


1. Fam. Farrenkraͤuter (Filices). Pflanzen mit deutlichen, 
zum Theil gegliederten, roͤhrigen, allermeiſt gefiederten oder fieder: 
ſpaltigen Blättern, und Keimkoͤrnern in Kapſeln, welche haufenweis 
bei einander ſtehen, und in der Regel an der unteren Flaͤche des 
Blattes, bisweilen ſelbſt an der Wurzel, oder an 1 5 Er. des 
Stengels befeſtigt ſind. Dahin: 

Der Schachtelhalm (Equisetum palustre), mit grade aufrech⸗ 
tem, hohlem, gegliedertem Stengel und quielfürmig geftellten, din: 
nen, gegliederten, röhrigen, wie der Stengel gefurchten, fuͤnfeckigen 
Blättern, An der Spitze eine Aehre, welche in vielen, kleinen, an 
geſtielten Scheibchen befeſtigten Säcken die mit zwei kolbigen Faͤdchen 
(Schleuderer, elateres) verſehenen Keimkoͤrner enthält. Gemein 
in Suͤmpfen und Gräben, wird von Tiſchlern und Drechslern gefams 
melt und zum Poliren benutzt. 


Der Baͤrla pp (Lycopodium clavatum), eine kleine Pflanze mit 
niedergeducktem verzweigtem Stengel und dicht gedraͤngten, ſchuppen⸗ 
förmigen, kleinen lanzettlichen Blaͤttern. In den Achſeln der letzten 
Stengelblaͤtter ſitzen nierenfoͤrmige einfaͤcherige Kapſeln, die ſich mit 
einer Klappe öffnen und viele, ſehr kleine, gelbe Keimkoͤrner enthal⸗ 
ten, welche in den Offieinen als K unter dem Namen des 
Hexenmehls gebraucht werden. In Wäldern und auf Haiden, häufig. 


Das gemeine Farrenkraut (Aspidium) hat einen kriechen⸗ 
den Wurzelſtock und aufrechte fiederfpaltige Blätter, an deren unte⸗ 
rer Seite kleine runde mit einem Ringe umguͤrtete Kapſeln haufen: 
weis zerſtreut ſtehen. Jeder Kapſelhaufen (sorus) von einer duͤnnen 
Haut (Schleier, indusium) bedeckt. A. filix mas hat einen runden 
Schleier, 2mal gefiedertes Laub, deſſen Fiederlappen laͤnglich, aber 
ſtumpf, und am Rande mit ſtumpfen Zähnen verſehen find. Frucht: 
haufen neben der Mittelrippe, dieſe und der Blattſtiel mit braunen, 
trocknen Spreublättern. — A. filix femina hat laͤngliche Schleier, 
ſpitz dreifach gezaͤhnte Fiederlappen und laͤngliche Fruchthaufen⸗ 
Beide ſehr gemein in unſeren Waͤldern. 

Das Adlerfarrenkraut (Pteris aquilina). Hat den Bau des 
Vorigen, dieſelben Kapſeln, aber die Fruchthaufen bilden einen ſchma⸗ 
len, am Rande fortlaufenden Strich, mit duͤnnem, nach Innen offe⸗ 
nem Schleier. Das Blatt iſt doppelt geſiedert, und die Lappen find, 
beſonders am untern Theile, in laͤngliche ſtumpfe Zähne getheilt. Der 


> 
* 


Vierundzwanzigſte Klaſſe. Cryptogamia. 159 


Durchſchnltt des Stengels zeigt die ſchwarze Zeichnung eines doppel⸗ 
ten Adlers, daher der Name. Gemein in Wäldern, 

2. Fam. Laubmooſe (Musci trondosi). Kleine Pflanzen mit 
duͤnnen, verzweigten Stengeln, woran kleine, ſchmale, zugeſpitzte, 
ſchuppenfoͤrmige Blätter. Die Keimkörner in geſtielten, becherfoͤrmi— 
gen Kapſeln, die theils zerſtreut in den Blattachſeln, theils an der 
Spitze der Stengel ſtehen. Jede Kapſel von einem Deckel verſchloſ— 
ſen, und allermeiſt am Rande mit 4, 8, 16, 32 oder 64 Zaͤhnen, ſo⸗ 
wohl in einfacher, als auch doppelter Reihe, verſehen. Die Kapſel 
bedeckt, ſo lange ſte geſchloſſen iſt, eine haͤutige, duͤnne Muͤtze. Man 
kennt ſehr viele Arten, z. B. * 

Das Torfmoos (Sphagnum latifolium). Kapfelmündung 
ohne Zahnrand, Muͤtze am Grunde der Kapſel feſtgewachſen; Blaͤt⸗ 
ter eifoͤrmig, ſtumpf, ganzrandig; Zweige lang, zugeſpitzt, ſchlaff. 
In Suͤmpfen und Torfmooren gemein. 

Das große Waldmoos (Polytrichum eommune), Kapſelmund ' 
mit 32 — 64 Zähnen, die durch eine Haut zuſammenhaͤngen. Stengel 
aufrecht, ungetheilt, Blatter ziemlich abſtehend, am Rande und auf 
dem Ruͤcken gezaͤhnt. Kapſel ſtumpf viereckig, mit ſpitzem Schnabel 
des Deckels. Häufig in Wäldern, das groͤßte deutſche Moos. 

3. Fam. Lebermooſe (Musci hepatici). Sie haben die Kenn⸗ 
zeichen der Vorigen, aber die Kapſel beſteht aus mehreren (2 oder 4) 
Klappen und hat keinen Dedel. Das Laub iſt duͤnner, breiter; bis⸗ 
weilen die ganze Pflanze ein bloßes zerlapptes Blatt. 

Die hierher gehörigen Gattungen find unwichtig und eben nicht 
ſehr Häufig, daher wir keine namentlich anführen konnen. 

4. Fam. Flechten (Lichenes). Dieſe Pflanzen haben gar kei⸗ 
nen Stengel mehr, ſondern beſtehen bloß aus einem flachen, am 
Rande gelappten und getheilten Blatt, oder aus aufrecht ſtehenden 
aͤſtigen überall verzweigten Blättern. Auf der Mitte jener Blaͤtter, 
oder an der Spitze dieſer, ſtehen kleine napffoͤrmige Vertiefungen oder 
halbkugelfoͤrmige Körper (Schuͤſſelchen, seutella), in welchen die 
Keimförner in einem lockeren Zellgewebe liegen. Die Flechten wach⸗ 
ſen theils an Baumſtaͤmmen, theils auf nackten Felſen, ſelten auf 
der Erde, und finden ſich beſonders in kalten Regionen, daher bei 
uns in Gebirgsgegenden. Manche enthalten nahrhafte Stoffe fuͤr 
Menſchen und Thiere, z. B. N 

Das is laͤndiſche Moos (Cetraria islandica), eine flache blatt: - 
artige Flechte von oberhalb brauner, unten weißgelber Farbe, bei 
welcher die Schuͤſſelchen auf der Mitte ſtehen. Sie waͤchſt beſonders 
auf Gebirgen, z. B. dem Brocken, doch auch in der Ebene, in Kie⸗ 
ferwaͤldern, und iſt dann mehr aufgerichtet und zerlappt. Man wen⸗ 


# 
* 


10 2 deter Abſchnitt. Botanik. 


det das isländifhe Moos wegen feiner NEE err N gm 
gen Bruſtkrankheiten mit Erfolg an. 

Das Rennthiermoos (Coenomyce vangiferiha): ift eine 1 
rechte, vielfach getheilte buͤſchelfoͤrmige Flechte, mit halbkugeligen, 
gefärbten Schuͤſſelchen am Ende. Die Flechte ſelbſt hat eine weiß⸗ 


lich graue Farbe und braune Schuͤſſelchen; fie findet ſich uͤberall auf 


Haiden und in Kieferwaldungen an der Erde. Die Rennthiere iR 


ren ſich beſonders von diefer und verwandten Arten. 


5. Fam. Algen (Algae). Blatt- oder roͤhrenfoͤrmige, ver⸗ 


zweigte oder einfache Waſſergewaͤchſe von grüner, brauner oder rother 


Farbe, welche ihre Keimkoͤrner theils in den Zellen der Blaͤtter oder 


Roͤhren, theils in beſonderen, blaſenfoͤrmigen Kapſeln tragen. 


Die Gattung der Tange (Fucus) findet ſich nur im Meere, hat 
einen verzweigten, mit lederartigen Blättern beſetzten Stengel und 
blaſenfoͤrmige Kapſeln, die zum Theil unmittelbar am Rande der 
Blätter ſitzen; fo z. B. beim Blaſen-Tang (F. vesiculosus), 


welcher an den norddeutſchen Küften Häufig vorkommt, und aus 


langen, ziemlich breiten, lanzettfoͤrmigen, braͤunlichen Blätter weſteht. 
a Arten enthalten viel Schleim und find eßbar. 


Die Bachconfer ve (Conferva rivularis) beſteht aus einfachen, 


duͤnnen, graden, ſehr langen Faͤden, die gegliedert ſind. Jedes Glied 


dreimal ſo lang als breit, inwendig Keimkoͤrner enthaltend. Farbe 


dunkelgruͤn. Flockenweis in klaren Baͤchen, an Steinen befeſtigt. 


6. Fam. Pilze (Mycetes). Dicke, fleiſchige, zellige, oder duͤnne, 


fadenfoͤrmige, niemals grün, wohl aber ſchwarz, blau, roth, gelb oder 


braun gefärbte Körper, deren Keimkoͤrner theils frei, theils in be⸗ 
ſonderen Schlaͤuchen eingeſchloſſen, durch die ganze Maſſe oder auf 


der Oberflaͤche in einer beſonderen Schicht (hymenium) abgelagert ſind. 
Sie entſtehen bei der Zerſetzung thieriſcher oder pflanzlicher Materien 


— 


in großer Menge an feuchten, dunklen und ſchattigen Orten, beſon⸗ 
ders im Fruͤhjahr und Herbſt, auf und aus den abgefallenen Blaͤt⸗ 
tern, auf dem Miſt u. dgl. Im Waſſer ſelbſt bilden fie ſich nicht, 


nur an Koͤrpern, die mit der Luft in Beruͤhrung ſtehen. Manche 


Pilze ſind eßbar, andere dagegen find giftig und hoͤchſt gefährlich. 


Einige, wie die Schwaͤm me (Fungi), haben einen Stiel und 


eine obere, ſchirmfoͤrmige Ausbreitung, die man Hut nennt; Keim⸗ 


koͤrner an der unteren Seite des Huts. Dahin der Fliegen— 


ſchwa m m (Agaricus muscarius), gelbweiß, mit blutrother Oberfläche 


des Huts; die untere in ſtrahlige Falten gelegt. Häufig in Kiefer: 


wäldern, ſehr giftig. Der Champignon (A. campestris) iſt 


uͤberall weiß, nur die ſtrahligen Falten an der weten des Hutz 


find violetbraun. Auf Viehweiden; eßbar. a0 


Vierundzwanzigſte Klaſſe. Cryptogamia, Pilze. 161 


Der Feuerſchwamm (Boletus fomentarius) hat keinen Stiel, 
ſondern der Hut ſitzt mit dem breitgedruͤckten Rande an alten Baum: 
ſtaͤmmen, beſonders an Apfelbäumen, feſt. Unterſeite des Huts fein 
durchloͤchert; Farbe gelbbraun. Wird zur Bereitung des Feuer⸗ 
ſchwammes benutzt. g 

Andere beſtehen aus kugelfoͤrmigen Maſſen, in deren innerem 
Gewebe die Keimkoͤrner liegen; Bauchpilze (Gastromycetes). 3. B. 
der Poviſt (Lycoberdon bovista), von der Größe eines Hühner: 
eies und drüber, mit zugefpigter Wurzelſeite; Farbe milchweiß. Auf 
Viehweiden, platzt reif oben in der Mitte auf und läßt die vielen, 
braunen Keimkoͤrner wie Staub herausſpruͤhen. — Auch die eßbare 
Trüffel (Tuber obtextum) hat dieſe Form und ähnlichen Bau. 
Sie findet ſich tief in der Erde, an olten Baumwurzeln. 

Wieder andere Pilze beſtehen aus einfachen oder verzweigten, 
gegliederten Faͤden und tragen oft größere Blaſen an der Spitze, 
in welchen die Keimkoͤrner fteden; Fa d enpilze (Hyphomicetes), 
z. B. der Schimmel (Mucor) auf eingemachten Sachen. 

Noch andere endlich beſtehen aus einem bloßen Pulver vieler 
unendlich kleiner Keimkoͤrner, welches ſich unter der Oberhaut leben— 
der Pflanzen, die aber dadurch, wenigſtens an dieſer Stelle, getöd— 
tet werden, bildet; Staubpilze (Coniomycetes). Dieſer Art ift 
3. B. der ſchwarze Brand (Uredo) in unſeren Getreidearten. 


Purmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. | 11 


162 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


Dritter Abſchnitt. 
Mineralogie 


$. 164. Die Miner alogie iſt die Naturgeſchichte der 
anorganiſchen ($. 2.) Naturkoͤrper oder Mineralien. 
Sie zerfaͤllt in zwei Abſchnitte, inſofern ſich die Mineralien 
theils nach ihren Uebereinſtimmungen und Verſchiedenheiten im 
ſyſtematiſchen Verbande, theils nach ihrem raͤumlichen Verhält- 
niß und ihrer Ausbreitung in der Erdrinde betrachten laſſen. 
Der erſte Abſchnitt heißt Oryktognoſie, der zweite Geogno— 
ſie. Wir werden uns hier bloß mit dem erſten beſchaͤftigen. 


Oryktognoſie. 


$. 165. Da die anorganiſchen Naturkoͤrper keiner befon- 
deren Werkzeuge, behufs ihres Entſtehens und Beſtehens, be— 
duͤrfen, ſondern ſo, wie wir ſie noch jetzt in der Natur wahr⸗ 
nehmen, aus der Hand des Schoͤpfers hervorgingen, ſo koͤn⸗ 
nen in einer vorläufigen Schilderung nur die Haupteigenfchaf: 
ten mit ihren Verſchiedenheiten betrachtet werden. 

$. 166. Die Haupteigenſchaften der anorganiſchen Na- 
turkoͤrper, oder Mineralien, ſind dieſelben aller natürlichen 
Koͤrper, und beziehen ſich auf: 

a) Die Geſtalt derſelben, oder die aͤußeren Umriſſe, un⸗ 
ter welchen ſie in der Natur erſcheinen. 

b) Die Zuſammenſetzung, oder das Gefüge ihres 
Inneren, das ſich oft ſchon an der aͤußeren Oberflaͤche, immer 
aber auf der Bruchflaͤche, verraͤth. | 

c) Die Härte, oder den Grad des Zuſammenhanges, 
welchen die Maſſe des Minerals zeigt. 

d) Die Schwere, oder die Kraft, mit welcher es auf 
ſeine Unterlage druͤckt. 

e) Die Farbe, mit welcher die Grade der Durchdring⸗ 
lichkeit des Lichtes, oder der Durchſichtigkeit, im genauen Zu⸗ 
ſammenhange ſtehen. 


Allgemeine Vorbemerkungen. 163 


f) Die Kräfte, welche die Mineralien noch ſonſt beſi⸗ 
tzen, z. B. magnetiſche oder elektriſche. Dieſe Eigenſchaften 
heißen phyſikaliſche. 

g) Die Beſtandtheile, aus welchen die Mineralien 
zuſammengeſetzt ſind. Dieſe unterſucht die Chemie oder 
Scheidekunſt, daher man ſolche Eigenſchaften auch mit dem 
Namen der chemiſchen belegt. 

S. 167. Alle die genannten Haupteigenſchaften der Mi⸗ 

neralien mit ihren verſchiedenen Abſtufungen im Zuſammen⸗ 
hange betrachtet, geben die Kennzeichenlehre, oder allge⸗ 
meine Mineralogie, mit welcher wir beginnen. 


IJ. Kennzeichenlehre. 


A. Von der Geſtalt. 

§. 168. Die Geſtalt der Mineralien iſt theils beſtimmt, 
theils unbeſtimmt. 1 

Die beſtimmte Geſtalt, d. h. diejenige, welche bei al⸗ 
len Individuen eines Minerals ſich gleich bleibt, heißt auch 
die kryſtalliniſche. Kryſtalliniſche Körper, oder Kry⸗ 
ftalle, find alle ſymmetriſch von Flächen, welche in Kanten 
und Ecken zuſammentreffen, begraͤnzte Koͤrper; und jeder Kry⸗ 
ſtall eines Minerals iſt ein eben ſo wahres Individuum, wie 
die einzelnen Pflanzen und Thiere, aus welchen die Arten in 
der Botanik und Zoologie beſtehen. 

§. 169. Die Lehre von den Kryſtallen, oder die Kry⸗ 
ſtallographie, iſt der wichtigſte Theil der ſyſtematiſchen 
Mineralogie, weil wir ohne Kenntniß derſelben die Mineralien 
nicht unterſcheiden koͤnnen, daher hier einige allgemeine Eigen⸗ 
ſchaften der Kryſtalle anzufuͤhren ſind. 

Jeder Kryſtall wird von Flaͤchen, allermeiſt ebenen, 
mitunter gewoͤlbten, begraͤnzt. Wo dieſe Flaͤchen aneinan⸗ 
der ſtoßen, entſtehen die Kanten, und wo Kanten zuſam⸗ 
mentreffen, bilden ſich Ecken. Eine grade Linie, welche zwei 
gegenuͤberſtehende Glen, Kanten oder Flächen verbindet, heißt 

Ach ſe. * 
Be 


164 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


Nach der Anzahl und verhältnigmäßigen Größe der! in den 
3 Haupt⸗Dimenſionen der Laͤn ge, Breite und Hoͤheliegenden 
Achſen laſſen ſich alle Kryſtalle unter vier Gruppen oder 
Syſteme bringen. | 

1. Das tefferale Syſtem hat drei gleiche Achſen, 
daher auch gleichachſige genannt, welche ſich rechtwinklig 
durchſchneiden. 

2. Das pyramidale Syſtem hat ebenfalls drei ſich 
rechtwinklig ſchneidende Achſen, von welchen zwei gleich, die 
dritte größer oder kleiner iſt; es wird auch das vierglie⸗ 
drige Syſtem genannt. | 

3. Das prismatiſche Syſtem; die drei ſich recht⸗ 
winklich ſchneidenden Achſen haben alle verſchiedene Laͤnge, da⸗ 
her das ein⸗ und einachſige oder ungleichachſige Syſtem. 

4. Das rhomboedriſche Syſtem hat vier Achſen, 
drei gleiche liegen in einer Ebene und ſchneiden ſich unter 
Winkeln von 60°, die dritte größere oder kleinere ſteht fenk- 
recht auf dem Durchſchnittspunkte; heißt a das d re iꝙ⸗ und 
einachſige Syſtem. | 

Von den Achſen heißt die ungleiche Hauptachf e, und 
die Figur, welche entſteht, wenn man einen Schnitt in der 
Ebene der anderen Achſen durch den Kryſtall legt, heißt 
Grundfläche oder horizontale Projektion. 

Denkt man ſich die Endpunkte der Achſen eines Syſtemes 
durch Linien verbunden, fo entſteht der Grundkryſtall, aus wel- 
chem ſich alle anderen ableiten laſſen; und zwar theils durch 
Abſtumpfung, d. h. wenn an die Stelle einer Kante oder Ecke 
eine Flaͤche tritt; theils durch Zuſchaͤrfung, d. h. wenn eine 
Kante oder Ecke durch zwei Flaͤchen weggeſchnitten erſcheint; 
theils durch Zuſpitzung, wenn daſſelbe durch drei oder mehrere 
Flachen bei der Ecke geſchieht; theils endlich, wenn einzelne Flaͤ⸗ 
chen verſchwinden, andere dafuͤr wachſen. Trifft dies die halbe 
Anzahl, ſo heißt der neue Kryſtall ein halbirter oder homie⸗ 
driſcher, der urſprüngliche im Gegenſatz homoedriſch. 

Die Kryſtalle werden nach der Anzahl der Flaͤchen be⸗ 
nannt. Die kleinſte Anzahl iſt vier, ein ſolcher Kryſtall 


Augemeine Vorbemerkungen. 166 


heißt Tetraeder; dann mit ſechs Flächen, Her. oer; acht 
Flächen, Oktaeder; zwölf Flaͤchen, Do dekaeder; zwanzig 
Flaͤchen, Ikoſaeder; vierundzwanzig Flächen, Ikoſitetra— 
ederz achtundvierzig Flaͤchen, Tetrakontaoktaeder. Oft 
haben verſchiedene Kryſtalle gleiche Flaͤchenzahl, dann unters 
ſcheidet man ſie nach der Form der Flaͤchen. So giebt es 
Triangulardodekaeder, d. h. Zwoͤlfflaͤchner, deren Flaͤ— 
chen Dreiecke ſind; Rhomboidaldodekaeder, dieſelben 
mit verſchoben vierſeitigen (rhombiſchen) Flaͤchen; Pentago⸗ 
naldodekaeder, dieſelben mit fuͤnfeckigen Flächen; Trape⸗ 
zoeder, wenn die Flaͤchen viereckig aber iinregelmäpig ſind. 
Polyeder heißt jeder Kryſtall mit drei gleichen Achſen. 
Pyramide heißt ein von Dreiecken begränzter Kryſtall, bei 
welchem ſich alle gleichen Spitzen in den Endpunkten der 
Hauptachſe treffen; Prisma oder Säule iſt jeder Kryſtall, 
deſſen Kanten der Hauptachſe parallel laufen; Tafel heißt 
er, wenn die Hauptachſe ſehr kurz und am Ende durch eine 
breite Flaͤche abgeſtumpft iſt. 

In der Regel find die Kryſtalle nicht vollſtändig ausge⸗ 
bildet, beſonders die Pyramiden und Saͤulen; dieſe kommen 
meiſtens in Verbindung vor, ſo daß eine Pyramdde am Ende 
der Saͤule entſteht, waͤhrend der Kryſtall mit dem anderen 
Ende der Säule feſtſitzt. Haufen ſo feſtſitzender Kryſtalle 
nennt man eine Druſe. | 147 


F. 170. Zur unbeſtimmten Geſtalt rechnet man alle 
nicht kryſtalliniſchen Formen; dergleichen ſind die folgenden. 
Derb heißt jedes Mineral, das in großen, ganz unregelmaͤ⸗ 
ßigen, ja willkuͤrlichen, eckigen, oft zufällig entftandenen Stuͤk⸗ 
ken vorkommt, z. B. ein Feldſtein; ſind die Stuͤcke abgerie⸗ 
ben an der Oberflaͤche, ſo nennt man ſie Geſchiebe (Ge⸗ 
roͤlle). Eingeſ prengt, ein Mineral, das als kleinere Stuͤcke 
oder Koͤrner, die in anderen Foſſilien liegen, vorkommt. Koͤr⸗ 
nig, wenn dieſe Stuͤcke frei ſind, nicht in einem Bindemittel 
liegen, und ſcharfe Ecken haben. Kugelig oder ſphaͤriſch, 
wenn die Form kugelrund iſt. Nierenfoͤrmig, wenn das 
Mineral eine laͤngliche, gebogene, uͤberall abgerundete und 


“ 
* 


166 Dritter Abſchnitt. Mineralogie, 


flache Form hat. Knollig, wenn unregelmaͤßig rundlich 
und mit Erhabenheiten auf der Oberflaͤche. Tropfſteinfoͤr— 
mig oder ſtalaktiſch, wenn das Mineral wie durch Auf⸗ 
oder Abtroͤpfeln entſtanden zu ſein ſcheint. B aumförmig 
oder dendritiſch, wenn es ſich wie ein Zweig mit kleinen 
Blaͤttern, z. B. wie ein Moos, verbreitet. Geſtrickt, wenn 
feine nadelfoͤrmige Koͤrper ein regelmaͤßiges Maſchenwerk bil⸗ 
den. — Angeflogen, wenn das Mineral als ein duͤnner 
Ueberzug erſcheint. Poroͤs, wenn es von Loͤchern und Gän- 
gen durchbohrt iſt. Blaſig, wenn es blaſenfoͤrmige Auftrei⸗ 
bungen bildet, oder runde, hohle Raͤume zerſtreut in ſeinem 
Inneren hat. Ab gedruͤckt, wenn die Form dadurch ent⸗ 
ſtanden iſt, daß das fluͤſſige Mineral in Gruben und anderen 
Vertiefungen erkaltete. Geſchah dies zwiſchen Kryſtalldruſen, 
fo entſtehen oft den Kryſtallen aͤhnliche Körper, die man Af— 
terkryſt alle zu nennen pflegt. 


B. Von der Zuſammenſetzung. 


§. 171. Die Zuſammenſetzung, oder den Bau 
des Inneren der Mineralien, erkennen wir, wenn wir dieſel⸗ 
ben zerſchlagen und die Beſchaffenheit der Beruchflaͤchen 
betrachten. Bei den kryſtalliniſchen Mineralien bemerkt man 
bei dieſer Unterſuchung, daß ihre Maſſe uͤberall nach unver- 
aͤnderlichen gradflaͤchig parallelen Theilungsebenen zerſprengbar 
iſt, welche Durchgaͤnge oder blaͤttriger Bruch heißen. 
Die Anzahl derſelben iſt verſchieden; ſind ihrer mehrere, ſo 
neigen fie ſich unter konſtanten Winkeln gegeneinander, fo daß 
man, wenn man das Mineral nach den Parallelflaͤchen der— 
ſelben trennt, ſtets dieſelbe Grundgeſtalt, den Kern, erhaͤlt. 
Uebrigens ſind die Durchgaͤnge oft von verſchiedenem Werth, 
inſofern ſich das Mineral nach dem einen dann leichter thei⸗ 
len laͤßt, als nach den anderen. Derjenige, in welchem die 
Trennung am leichteſten iſt, heißt Hauptdurchgang, und 
geht meiſtens ſenkrecht gegen die Hauptachſe. 

Bei den unkryſtalliniſchen, ja auch zum Theil bei kryſtalli⸗ 
niſchen, Mineralien giebt es verſchiedene Bildungen der Thei⸗ 


Allgemeine Vorbemerkungen. 167 


lungs⸗ oder Bruchflaͤchen. So iſt der Bruch eben, wenn 
die Bruchflaͤche keine großen Erhoͤhungen und Vertiefungen hat; 
uneben, wenn regelmaͤßige Erhoͤhungen und Vertiefungen da 
ſind; muſchelig, wenn der ebene Bruch muſchelige Vertiefun⸗ 
gen und Erhabenheiten zeigt; | plitterig, wenn ſich die Bruch⸗ 
fläche als aus vielen feinen keilfoͤrmigen Theilchen zuſammenge⸗ 
ſetzt zeigt; hakig, mit noch kleineren von der Bruchflaͤche los⸗ 
geriſſenen Theilen, die eine umgebogene Spitze haben. 

Bei vielen Mineralien bemerkt man außer den genann⸗ 
ten Arten der Zuſammenſetzung noch eine dritte, welche man 
mit dem Namen der Abſonderung bezeichnet, und darun⸗ 
ter eine urſpruͤngliche ſchon vorhandene Trennung in beſtimmt 
geformte Stüde verſteht. Nichts deſto weniger haͤngen dieſe 
Stücke genau zuſammen und laſſen ſich nur gewaltſam tren⸗ 
nen. Die Abſonderung iſt nun theils kryſtalliniſch, wenn 
die zuſammengefuͤgten Partikelchen kleine Kryſtalle ſind; theils 
unkryſtalliniſch, wo dies nicht der Fall iſt. Se 

Die kryſtalliniſche Abſonderung kann fein: Förni g/ wenn 
die Abſonderungsſtucke ziemlich gleiche Dimenſionen haben, 
alſo mehr weniger kugelfoͤrmig oder polyedriſch find; ſchaa⸗ 
lig, wenn die Abſonderungsſtuͤcke in den Dimenſionen der 
Länge und Breite bedeutend, der Dicke aber unbedeutend, 
alſo platten- oder tafelfoͤrmig, ‚find; ſtaͤngelig, wenn die 
Abſonderungsſtüͤcke die Dimenſionen der Länge vorwaltend 
entwickelt zeigen, alſo prismatiſch, theils mit, theils ohne Py⸗ 
ramidenflaͤchen am Ende, gebildet find. Gehen dieſe Prismen 
wie von einem Mittelpunkte aus, ſo nennt man die Abſon⸗ 
derung ſtrahlig (Strahlkies); im Uebrigen laufen die klei⸗ 
nen Kryſtalle parallel oder bunt durch einander (Arſenikkies). 

Die unkryſtalliniſche Abſonderung zeigt dieſelben drei 
Hauptformen, doch immer mit dem weſentlichen Unterſchiede 
des Mangels wahrer Kryſtalliſation an den einzelnen Theilen. 
Bei der koͤrnigen find die einzelnen Partikelchen kugelig, 
linfenförmig, dattelfoͤrmig, eckig oder erdig, wenn 
die Partikelchen ſehr klein, ſtaubig find, und ſich leicht abloͤ⸗ 
ſen; bei der ſchaaligen, oder ſchieferigen, ſind es flache, oft 


168 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


etwas gebogene, meiſtens ſcharfkantige Platten, bei der ſtaͤn⸗ 
geligen ſind ſie bald grade, kantig und ahmen (z. B. beim 
Baſalt) Kryſtalle ganz genau nach, bald ründlich und da⸗ 
bei chers. eg ‚ theils Krade“ 


C. Von der Haͤrtes i en 


F. 172. Die Eigenſchaften der Mineralien, alte ſich 
auf die Cohaͤſion beziehen, pflegt man gemeiniglich mit dem 
Ausdruck der Haͤrte⸗Eigenſchaften zu belegen. Werner un⸗ 
terſchied funf Arten: hart, was am Stahle Funken giebt; 
halbhart, was vom Meſſer Eindruͤcke annimmt; weich, 
was mit dem Meffer leicht getheilt wird; f ehr weich, was 
dem Druck des Fingernagels nachgiebt; und zerreiblich, 
was bei dem bloßen Wiſchen mit dem Finger ſich abreibt. 
In nötieter Zeit hat Mohs eine genauere Skala der Haͤrte⸗ 
grade aüfgeſtellt, welche auf dem Grundſatz beruhet, daß der 
härtere Körper den weicheren zu ritzen vermag. Jedes fol⸗ 
gende Glied dieſer Skala hat die Faͤhigkeit, das vorhergehende 
zu titzen, und alle Mineralien, die von demſelben Koͤrper geritzt 
werden, haben mit dem vorhergehenden gleiche Haͤrte, wenn 
er ſelbſt fie nicht ritzen kann; iſt dies der Fall, fo find fie 
weicher. Die Skala iſt folgende: 1) Talk, 2) Gyps, 3) 
Kalkſpath, 4) Flußſpath, 3). Apatit, 6) Feldſpath, 7) Quarz, 
8) Topas, 9) Saphir, 10) Diamant. Der Diamant, wel⸗ 
chen kein anderer Koͤrper, als nur ſein eigenes Pulver, an⸗ 
greift, ft der haͤrteſte von allen. Der Kuͤrze wegen bezeichnet 
man die Härtegrade nach den den Körpern vorſtehenden Zahlen. 
gr Außer diefen Graden bezeichnen noch andere Eigenſchaf⸗ 
ten die Cohaͤſtonsgrade. Wir nennen als ſolche die folgenden: 
Spröde heißt ein Mineral, das keine Biegung vertraͤgt, ſon⸗ 
dern beim Druck zerſpringt; milde heißt jedes Mineral, das 
ſich mit dem Meſſer ſchneiden laͤßt; geſchmeidig iſt jedes 
Mineral, das ſich biegen und drehen laͤßt, ohne zu zerbrechen; 
dehnbar, ein Mineral, das ſich in duͤnne Draͤthe ziehen 
und in feine Platten ſchlagen laͤßt; zaͤhe, wenn die Dehn— 
barkeit ſehr groß iſt; bie gſam heißt ein Mineral, was ſtch 


Allgemeine Vorbemerkungen. 169 


biegen laͤßt und in der erhaltenen Form verbleibt; elaſtiſch 
dagegen, wenn es 1 der Biegung die alte n wieder 
annimmt. 

Viele Mineralien laſſen ſich durch bald härtere bald wei⸗ 
herd Koͤrper zerreiben; das Pulver, in welches ſie dann ſich 
aufloͤſen, bekommt den Namen Strich andere haben die 
Eigenſchaft, in ihr lockeres Gefüge begierig Waſſer zu ſau⸗ 
gen, darauf beruhet das Anhängen an der Zunge; noch 
andere haben eine ſo eigenthuͤmliche Glaͤtte, daß ſie ſich wie 
Nette hen und deshab fettig genannt werden. 


ir Bon der Schwere. | 


8 173. Die Kraft, mit welcher die Koͤrper auf ihte 
Unterlage. druͤcken, heißt, ihre Schwerez ſie iſt am groͤßten 
bei den Mineralien. Man, beſtimmt ſie auf die Weiſe, daß 
man die Schwere eines Koͤrpers als Einheit annimmt, und 
darnach die Schwere der übrigen berechnet. Das auf dieſe 
Weiſe gefundene Gewicht heißt das ſpezifiſche. Die all⸗ 
gemein angenommene Einheit iſt das Waſſer, deſſen Gewicht 
man gleich 1,000 ſetzt; das ſchwerſte Mineral iſt das Pla— 
tin, deſſen Gewicht 21 mal ſo groß iſt, als das des Waſſers. 
Die Methode, dieſes Gewicht zu beſtimmen, lehrt die Phyſik. 


E. Von den Lichteigenſchaften. 

8. 174. Die Farben der Mineralien gehören theils 
dem Mineral an ſich an, und haben in der urſpruͤnglichen 
Miſchung deſſelben ihren Grund, theils ruͤhren ſie von frem— 
den Stoffen her, die nicht mit zum Weſen des Minerals ge— 
hören. Erſteres if der Fall bei den metalliſchen Mineralien, 
letzteres bei den Erden und Steinen. | 

Die Farben an ſich find verfchieden 1) nach dem Grade, 
und man unterſcheidet in dieſer Hinſichtt dunkel, wenn die 
Farbe ins Schwarze faͤllt; hoch, wenn die Farbe ganz rein 
iſt; licht, wenn ſie ins Weiße faͤllt, und blaß, wenn ſie 
ſehr ſchwach if. 2) Nach der Beſchaffenheit. In die- 
‚fer Hinſicht unterſcheidet man 8 Hauptfarben mit ihren ver: 
ſchiedenen Abſtufungen; fie find: weiß, grau, ſchwarz 


170 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


blau, grün, gelb, roth, braunz einige berfelben find 
reine, wie blau, gelb, roth, weiß und ſchwarz, andere ge⸗ 
miſchte, wie grau, gruͤn und braun. 

Die urſpruͤnglichen Farben der Metalle ſind, als unab⸗ 
aͤnderliche Kennzeichen, fuͤr dieſelben charakteriſtiſch; ſo weiß 
am Silber, Platin und Zinn, grau am Blei und gediege⸗ 
nem Eiſen, ſchwarz an Eiſenerzen und Manganerzen; blau 
kommt bei Metallen nicht vor; gelb am Gold und Meſſing, 
roth am reinen Kupfer, braun bei vielen Eiſenerzen. 

Die zufaͤlligen Farben der Erden und Steine ſind groͤß— 
tentheils durch beigemiſchte metalliſche Stoffe entſtanden; rein 
ſind alle Erden und Steine eigentlich weiß. So entſteht 
durch Eiſenoryd gelb, roth, braun oder ſchwarz; durch 
Manganoryd ſchwarz, grau, roth oder blau; durch Ku⸗ 
pferoxyd blau und gruͤn; durch Kobaltoxyd roth; durch 
Chromoxyde grün, gelb und roth; durch Schwefel gelb 
und roth; durch Kohle ſchwarz und braun. Hiernach iſt 
es erklaͤrlich, wie bei einem Mineral fo verſchiedene Farben 
vorkommen koͤnnen, wie z. B. beim Quarz. 

Viele Mineralien der letzteren Gruppe zeigen bei verſchie⸗ 
dener Anſicht verſchiedene Farben, welche Verſchiedenheiten in 
der Brechung oder Zuruͤckwerfung des Lichtes ihren Grund 
haben. Entſtehen dieſe Farben bei der verſchiedenen Betrach— 
tung der Außenflaͤche in der Richtung des zuruͤckgeworfenen 
Lichtes, ſo bezeichnet man die Veraͤnderlichkeit mit dem Na⸗ 
men des Farbenſpieles, wenn viele Farben zugleich, oder 
der Farben wandlung, wenn einzelne aber verſchiedene 
Farben nach einander erſcheinen. Entſtehen dagegen die ver— 
ſchiedenen Farben beim durchgehenden Lichtſtrahl, ſo giebt dies 
nach der Anzahl derſelben den Dichroismus, wenn 2, 
oder den Trichroismus, wenn 3 Farben fichtbar werden. 
Noch andere Mineralien, die wenig oder gar kein Licht durch- 
laſſen, ſpielen in Farben auf der Oberflaͤche; dies bezeichnet 
man als Opaliſiren oder Iriſirenz bei letzterem erſchei⸗ 


nen alle Farben des Regenbogens, bei erſterem nur einige, 


beſonders blau in verſchiedenen Abſtufungen. 


Allgemeine Vorbemerkungen, 171 


Die eigenthuͤmliche Staͤrke, mit welcher Mineralien das 
Licht von der Oberfläche zuruͤckwerfen, bezeichnet man mt 
dem Namen des Glanzes; man unterſcheidet folgende Grade: 
ſtark glaͤnzend, wenn der Glanz in betraͤchtlicher Entfer— 
nung ſichtbar iſt; glaͤnzend, wenn in einiger Entfernung 
ſichtbar; weniger glänzend, nur ganz in der Nähe bemerk— 
bar; ſchimmernd, wenn undeutlich glaͤnzend; matt, wenn 
gar kein Glanz bemerkbar iſt. — Als Arten des Glanzes un— 
terſcheidet man: Fettglanz, Glasglanz, Demantglanz, 
Perlmutterglanz, Seidenglanz, Wachsglanz, halb— 
metalliſcher Glanz und Metallglanz. 

Die Grade der Durchſichtigkeit, oder des Vermoͤgens der 
Mineralien, das Licht hindurch zu laſſen, bezeichnet man durch 
5 Abſtufungen: 1) durchſichtig, wenn das Licht vollfom- 
men und ungetruͤbt hindurch geht; 2) halbdurchſichtig, 
wenn die Gegenſtaͤnde hinter dem Foſſil getruͤbt erſcheinen; 
3) durchſcheinend, wenn die Lichtſtrahlen ganz ſchwach 
durchdringen; 4) an den Kanten durchſcheinend; 5) uns 

durchſichtig, wenn kein Licht hindurch dringt. 


Alle Kryſtalle der drei letzten Syſteme zeigen hinter ſich 


die Gegenſtaͤnde doppelt, doch mit verſchiedener Deutlichkeit, 
eine Eigenſchaft, welche man die doppelte Strahlenbre— 
chung nennt. Die prismatiſchen Kryſtalle haben zwei Ach— 
ſen der doppelten Strahlenbrechung, d. h. zwei Richtungen, 
in welchen der betrachtete Gegenſtand einfach erſcheint; die 
pyramidalen und rhomboedriſchen dagegen nur eine. Ande⸗ 
re Mineralien ſaugen Licht ein und leuchten daher eine Zeit 
lang im Finſtern, phosphoresciren. 


F. Andere phyſikaliſche Kennzeichen. 


$. 175. Außer den genannten, allen Mineralien zu⸗ 
kommenden, Eigenſchaften giebt es noch einige Kennzeichen, 
welche von untergeordneter Wichtigkeit ſind, und meiſtens nur 
bei einigen Stoffen vorkommen. So nehmen alle Mineralien 
die Waͤrme auf, aber ſie laſſen dieſelbe nicht im gleichen 


Grade wieder fahren, leiten die Waͤrme alſo verſchieden. i 


172 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


Viele Mineralien können auch Elektrizität wen oder 
elektriſch werden, die meiſten durch Reibung, einige durch 
den bloßen Druck, z. B. Kalkſpath, wieder andere durch Er⸗ 
waͤrmen (thermoelektriſche), z. B. Turmalin, Borazit | 
u. a. Endlich giebt es noch einige Mineralien, an welchen 
wir die magnetiſche Kraft beobachten, und die deshalb 
magnetiſche heißen. Es ſind beſonders Eiſenerze, welche 
dieſe Eigenſchaft beſitzen, namentlich der Magneteiſenſtein 
oder natuͤrliche Magnet. ö 
6. Eb Kennzeichen. 

§. 176. Die meiſten Mineralien ſind aus mehreren 
Grundſtoffen zuſammengeſetzt, obwohl ſie unſeren Sinnen als 
einfache Koͤrper erſcheinen. Die Art dieſer Zuſammenſetzung, 
ſo wie die Stoffe, aus welchen ſie zuſammengeſetzt ſind, lehrt 
die Chemie, daher wir die Kennzeichen, welche von der Zu— 
ſammenſetzung aus einfachen RB Fl hergeleitet BROKER, 
chemiſche nennen. 

Die einfachen Grundſtoffe der Mineralien ſind: die Me⸗ 
talle, die Metalloide, der Schwefel, der Phosphor, das Chlor, 
das Fluor, das Boron, der Kohlenſtoff, der Stickſtoff, der 
Waſſerſtoff und der Sauerſtoff. Von dieſen Stoffen finden 
ſich nur die Metalle, der Schwefel und der Kohlenſtoff rein 
oder gediegen; alle uͤbrigen gehen beſtaͤndig mit einander, 
oder mit den drei ſchon genannten Stoffen, Verbindungen ein. 
So ſind zuerſt die Metalloide, welche rein ganz das Anſehen 
der Metalle haben, ſich aber eben durch ihre große Neigung, 
mit dem Sauerſtoff Verbindungen einzugehen, und durch ihr 
geringes ſpezifiſches Gewicht, was beſtaͤndig unter 5,0 bleibt, 
von den aͤchten Metallen unterſcheiden, beſtaͤndig mit Sauer⸗ 
ſtoff verbunden oder oxydirt. Die Metalloide, welche in 
der Verbindung mit S Sauerſtoff allein vorkommen, nennt man 
Erdenz die anderen, welche außer dem Sauerſtoff immer 
noch mit einem anderen Stoffe verbunden find, heißen Al⸗ 
kalien. Alkalien ſind: Kali, Natron, Lithium und Ammo⸗ 
nium; letzteres Brenn bloß aus e und Waſſerſeof, N 


Allgemeine Vorbemerkungen. 5 


und kann nicht metalliſch dargeſtellt werden. Erden giebt 
es 10, nehmlich: Kieſel⸗, Thon⸗, Kalk⸗, Baryt⸗, Talk⸗ (auch 
Magneſia oder Bittererde genannt), Beryll- oder Süß - Bir: 
kon⸗, Strontian⸗, Cer⸗ und Ytter⸗Erde. Die Erden finden 
ſich uͤbrigens ebenfalls theils unter ſich, theils mit anderen 
Stoffen verbunden. Dieſe anderen Stoffe ſind vorzugsweiſe 
Saͤuren, d. h. Verbindungen von Sauerſtoff oder Waſſer⸗ 
ſtoff mit anderen meiſtens ſchon oxydirten Körpern, beſonders 
Kohlenſtoff, Stickſtoff, Waſſerſtoff, Alkalien und Metallo xy⸗ 
den, d. h. Verbindungen von Metall und Sauerſtoff. Aus 
der Verbindung der Säure mit irgend einem ſchon orydir— 
ten Koͤrper entſtehen dann neue Koͤrper, welche den Namen 
Salze führen, und die weder den Charakter der Säure, als 
des einen Beſtandtheiles, noch den des anderen Beſtandthei— 
les, oder der Baſis, wie man ihn in ſolchen Verbindungen 
zu nennen pflegt, an ſich tragen. Nach der Verſchiedenheit 
der Baſis unterſcheidet man alſo: Alkali⸗Salze, wo die 
Baſis ein Alkali iſt; Erden⸗Salze, wo die Baſis eine 
Erde iſt, und Metall⸗Salze, wo die Baſis ein Metall⸗ 
oxyd iſt. — Endlich verbinden ſich die Stoffe noch gerne 
mit Schwefel, am liebſten die Metalle; daraus entſtehen me⸗ 
tallahnliche Körper, welche man Sulphurete oder Schwe— 
felmetalle (Kiefe Blenden, Glanze) zu nennen pflegt. 
Auch mit dem Sauerſtoff verbindet ßch der Schwefel zu 
Schwefelſäure, eine der en meiſten verbreiteten Säuren 
in der Natur, naͤchſtden ſind die Phosphorfaͤure (Phos— 
phor mit Sar-ttoff), die Kohlenfaͤure (Kohlenſtoff und 
Sauerſtoß' / Me Salzfaure (Chlor und Waſſerſtoff), die 
Sayseterfaure (Stickſtoff und Sauerſtoff), die Fluß ſaͤu⸗ 
— (Fluor und Waſſerſtoff), und die Boraxfaͤure (Boron 
und Sauerſtoff) die gewoͤhnlichſten. Metalliſche Saͤuren 
ſind beſonders: die Arſe nikſaͤure, die Spießglanzſaͤure 
ober Antimonſaͤure, die Molybdaͤnſaͤure und die Chrom: 
ſaͤu re. | | | 


157 1 


0 ee. 


174 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


II. Syſtem der Mineralien. 


$. 177. Man theilt die Mineralien gemeiniglich in vier 


Gruppen, welche folgendermaßen beſtimmt werden. 

1. Saliniſche Geſteine (Salze). Es ſind Verbin⸗ 
dungen von Saͤuren und Baſen, letztere theils alkaliſchen, 
theils erdigen, theils metalliſchen Urſprungs. 

2. Erdige Geſteine (Steine). Reine Erden ohne 
Saͤure, theils einfache, theils mehrere, in der Regel mit faͤr— 
benden Metalloxyden verbunden. f | 
3. Metalliſche Geſteine (Metalle oder Erze). Me⸗ 
talle allein, oder in Verbindung mit Sauerſtoff oder Schwefel. 

4. Brenzliche Geſteine (Brenze). Schwefel und 
Kohlenſtoff, theils rein, theils mit anderen Subſtanzen ver⸗ 


miſcht. 


Er ſte Klaſſe. 
Saliniſche Ge,ſteine. 

FS. 178. Die meiſten derſelben find durchſichtig, andere 
nicht; viele zeigen bunte Farben, andere ſind farbenlos. Das 
ſpez. Gewicht wechſelt von 1,2 - 7,7. Die Härte liegt zwi⸗ 
ſchen 1 und 6. Alle find geſaͤuerte Mineralien, welche vor: 
zugsweiſe im kryſtalliſirten Zuſtande auf Gaͤngen und Lagern 
vorkommen, in einzelnen Faͤllen aber auch als derbe Gebirgs⸗ 


geſteine große Gebirgsmaſſen bilden, immer aber in den mehr 


jüngeren Schichten unſeres Eedkoͤrpers angetroffen werden. 
Erſte Ordnung. Eigentliche Salze. 
$. 179. Loͤſen ſich im Waſſer auf und »rregen Ge⸗ 
ſchmack auf der Zunge. Härte 1— 2. Gewicht 1 — 37. 
Meiſtens kryſtalliſirt, oder koͤnnen doch als Kryſtalle aus om 
Waſſer anſchießen. Finden ſich in den juͤngſten Erdſchichten, 
und entſtehen zum Theil noch jetzt durch Zerſetzung anderer 


* 


Mineralien oder organiſcher Körper, auch durch Verdunſtung 


des Quellwaſſers, das fie aufgelöft enthält. 


A. Einige enthalten alkaliſche Baſis, z. B. 
Das Steinfalz, weiß, in Wuͤrfeln, kryſt. H. 2. G. 2,3. Iſt 


Erſte Klaſſe. Saliniſche Geſteine. Salz: Steine. 175 


ſalzſaures Natron, findet ſich lagerweis im juͤngeren Floͤtzgebirge, 
von Thon und Gpps begleitet, z. B. bei Wilitzka; auch im Meere 
und in Quellen aufgeloͤſt. 

Der Salpeter, weiß, waſſerhell, kryſtalliſirt in unregelmaͤßi⸗ 
gen ſechsſeitigen Saͤulen. Iſt ſalpeterſaures Kali und findet ſich in 
Hoͤhlungen und Kluͤften des Kalkſteines; der ſogenannte Mauer⸗ 
falpeter iſt ſalpeterſaurer Kalk. 

Das Glauberſalz. Geſchmack kuͤhlend, dann bitter, zerfällt 
an der Luft. Kryſtalle prismatiſch. H. 12. G. 1,5. Sf ſchwöfel⸗ 
ſaures Natron, loͤſt ſich ſchwach im kalten Waſſer auf; e ſich ne⸗ 
ben Steinſalz und in Salzquellen. 


B. Andere enthalten erdige Baſis, z. B. 

Der Alaun, Geſchmack ſuͤßlich zuſammenziehend, herbe; Kry— 
ſtalle Oktaeder. H. 21. G. 1,7. Farbe blaͤulich weiß. Sit ſchwe⸗ 
felſaure Thonerde mit ſchwefelſaurem Kali. Findet ſich im Floͤtzge⸗ 
225 mit Thon als Alaunſchiefer (z. B. bei Freienwalde). 


Noch andere enthalten metalliſche Baſis (Bitriole). 

e ol, Kryſtalle haarfoͤrmig, prismatiſch, Farbe gruͤn. 
H. 2. G. 1,8, Geſchmack herbe zuſammenziehend. Im Thonſchie— 
fer und Eiſenthon, entſteht bei der Zerſetzung von Schwefelkies. 

Kupfer vitriol. Kryſtalle tafelfürmig ; Farbe blau. H. 22. 
G. 2,2. Entſteht ebenſo aus Kupferkies. 

Zinkvitriol. Kryſtalle undeutlich, zerfallen an der Luft, 
Farbe weiß. H. 14. G. 2. Auf Gaͤngen mit Zinkerzen. 


Zweite Ordnung. Salz-Steine. 


$. 180. Loͤſen ſich gar nicht (nur der Gyps etwas) im 
Waſſer auf, ſind durchſichtig bis durchſcheinend, ſeltener un— 
durchſichtig, meiſtens weiß, bisweilen bunt; deutlich kryſtalli⸗ 
ſirt. Härte 1—6. Gewicht 2,5 4,5. Beſtehen aus Erden 
(vorzugsweiſe Kalkerde) in Verbindung mit Saͤuren, zum Theil 
mit beigemengten faͤrbenden Metalloxyden; manche finden ſich 
derb in großen Lagern als ganze Gebirgsformationen. 


A. Kalkerde haltige. 

Gyps. Farblos oder gefaͤrbt, durchſichtig, mit Perlmutterglanz. 
Kryſtalle prismatiſch, tafelfoͤrmig oder ſaͤulenfoͤrmig, mit deutlichem 
Blaͤtterdurchgang. H. 2. G. 2. Iſt gewaͤſſerte ſchwefelſaure Kalk: 
erde. Findet ſich als Gebirgsgeſteln im jüngeren Floͤtzgebirge und in 
vielen Abaͤnderungen, ſtrahlig, faſerig, dicht, erdig; dergleichen ſind 
Faſergyps, Fraueneis und Alabaſter. 


16 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


Kalkſy ath; durchſcheinend bis dur chſichtig, weiß oder bunt. 
8. 3—4 Z. ©. 2.5. Kryſtalliſirt rhomboedriſch in Säulen und 
Doppelpyramiden, ſpitzen fechsfeitigen oder flachen dreiſeitigen; beſon⸗ 
ders derb in großen Maſſen als Gebirgsgeſtein. Iſt kohlenſaure Kalk: 
erde. Abänderungen viele. Kreide, Marmor, Erbſenſtein, 
Kalkſtein, bituminoͤſer, Mergelſchiefer, Mergel u. dgl. 

Fluß ſpath; kryſtalliſirt in Würfeln: durchſichtig oder halb⸗ 
durchſichtig, farblos oder blau, grün, roth. H. 4. G. 3,3. Fin⸗ 
det ſich auch blaͤtteig, dicht und erdig, beſonders a Gaͤngen. SR 
flußſaure Kalkerde. 

Apatit; kryſtalliſirt in gleichſeitigen ſechsſeitigen Säulen, oder 
derb; undurchſichtig bis durchſichtig; Farbe blau, rothe gelb, braun; 
H. 5,0; G. 3,0 3,3. Bruch muſchelig, Fettglanz. In alten Ge: 
birgen eingeſprengt und auf Lagern. a phosphorſaure Kalkerde, 
Phosphoreseirt. * 


B. Strontian- und bürger 

Schwerſpath hat tafelfürmige, pris matiſche geyſtalte. 9. Br 
G. 4,5. Farbe weiß, graulich. Findet ſich ſtrahlig, koͤrnig, ſtenge— 
lig abgeſondert und dicht. Iſt, een Barpterde. Bolog⸗ 
neſer Leuchtſtein. un 

C. Thon, kalk⸗ und rpſtedthe 

Sind unwichtig und finden keine beſondere Anwendung; viele 
undurchſichtig und ſchoͤn gruͤn oder blau gefaͤrbt. Hierher u. a. Bo⸗ 
razit, Datolith, Tuͤrkis, Lazulith u. dgl. "Die Farben 
meiſtens metalliſchen Urſprungs. 


Dritte Ordnung. Salz- Metalle, 


$. 181. Loͤſen ſich nicht im Waſſer auf, ſind undurch⸗ 

ſichtig oder an den Kanten durchſcheinend, und weiß oder bunt⸗ 
gefärbt. Härte 11 — 5. Gewicht 2 — 7,5. Alle find deut⸗ 
lich kryſtalliſirt, doch meiſt prismatiſch. Sie beſtehen aus ge⸗ 
ſaͤuerten Metalloxyden und finden ſich auf S en in 
Lagern des älteren Floͤtzgebirges. ? 

A. Bleihaltige. Farbe weiß, gelb, grün 190 Mi H. 
22 — 4. G. 6,0 — 7,5. Bruch muſchelig, Glas- bis Demantglanz, 
deutliche Kryſtalle, Prismen oder Tafeln. Finden ſich auf Gaͤngen 
in Geſellſchaft von Bleierzen, und beſtehen aus Bleioxpd mit ver: 
ſchiedenen Säuren; weiß kohlenſauer, hellgruͤn phosphorſauer, roth 
chromſauer, gelb molybdaͤnſauer u. ſ. w. 

B. Kupferhaltige. Farbe dunkelblau oder gruͤn. H. 55—6. 


* 
Erſte Klaſſe. Saliniſche Geſteine. Salz⸗ Steine. 177 


G. 3,0 4. Strich gefrbt, aber heller; Glanz matt; deutliche 
Kryſtalle, oder ſtrahlig abgeſondert in Knollen und Nieren. Auf 
Gängen im älferen Gebirge. — Laſur, dunkel indigoblau, Kryſtalle 
rhombiſche Prismen mit Pyramiden. Iſt gewaͤſſertes, kohlenſaures 
Kupfer. — Malachit, aner fafetigh Nieren; ift Mere 
gewaͤſſertes kohlenſaures Kupfer. 2 

2 Eiſenhaltige. Spatheiſenſtein. Weiß oder gelblich, 
braun werdend an der Luft. pe . e | H. 4. G. 3,9. 
IR kohlenſaur es Eiſenoryd. 

5 Bintpaltige, Galmei. Weiß oder gelb; auch braun hd 
grün. H. 4,5. G. 3,6 — 4,6. Kryſtalle rhomboedriſch. Iſt koh⸗ 
EN Zinkoryd; ſchmilzt vor dem Loͤthrohr zu Email. Findet 
ſich auf Lagern, beſonders in Schleſien. 1 diefen Beil, wird das 
meiſte Zin kmetall gewonnen. 

E. Hornerze. Farbe grau. H. 1— 2. G. 5,5. Krystall 
ziemlich deutlich, oktaedriſch. Hierher das Talsfaute Silber und ſalz⸗ 
e e Bl, ſelten. n 


Zweite Kaffe. 8 
he Geſtein e. 
8. 182. Sie haben viele äußere Kennzeichen del voti⸗ 
gen, alle Haͤrtegrade (1 — 10), aber verhaͤltnißmaͤßig ein ge⸗ 
ringeres Gewicht (1, 8—4 5) 3. die meiſten ſind deutlich kryſtal⸗ 
liſirt, waſſerhell oder bunt gefaͤrbt in allen Graden der Durch⸗ 
ſichtigkeit, viele, beſonders undurchfichtige, erſcheinen derb als 
Gebirgsſteine der aͤlteſten Schichten unſeres Erdköͤrpers. Che⸗ 


miſch beſtehen alle aus Erden, theils rein, theils an anderen 
oder ee verbunden. | 


Erſte Ordnung. Gli immer. 

S. 183. Starker Glas⸗ zum Theil Fettglanz, Dutchſih⸗ 
tigkeit 1 5 oft duͤſteren Farben, untergeordnete Ktyſtalliſation, 
aber deutliche Blaͤtterdurchgaͤnge, eine Härte von 142 und 
Gewicht von 1,8—4,3 zeichnen die Gruppe aus. In ihnen 
bereichen Talk⸗ und Thonerde mit Metalloryden Dor 

Glimmer, Talk und Chlorit. Kryſtalle rhombbedriſch, 
Glas- bis halbmetalliſcher Glanz. H. 1-3. G. 4323; Kom⸗ 
men meiſtens in tafelfoͤrmigen Kryſtallen mit ſtark entwickeltem 
Durchgange ſchon in den aͤlteſten Gebirgen vor, ſind in duͤnnen La⸗ 


gen durchſichtig, in ſtaͤrkeren nur durchſcheinend, biegſam; ofk 
. Orundriß d. Naturgeſch. N 12 


5 
. 


— 


ie: 
118 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 
elaſtiſch. Farbe weiß, rauchbraun, grünlich, ſchwarz. Beſtehen aus Kieſel 


Thon und Talkerde mit etwas Eifenoryd. Man kennt viele For⸗ 


men. Z. B. Erpftallifirter Talk, wovon der blaͤttrige Talk 
und der Talkſchiefer Abaͤnderungen ſind, gemein biegſam, ſehr fettig 


anzufuͤhlen, durchſcheinend; er enthaͤlt keine Thonerde. Der Glim— 


mer oder Lepidolith dagegen enthaͤlt keine Talkerde, iſt elaſtiſch bieg. 
ſam und findet ſich nur ſelten kryſtalliſirt in großen durchſichtigen 
Platten, Marienglas. Ehlorit, gemein biegſam, undurchſich⸗ 
tig, fettig; Farbe grün; Perlmutterglanz; weicher als Glimmer. 
Als Gemengtheil und auf Gaͤngen, ſeltener erdig oder ſchieferig 
(Chloritſchiefer). — Abänderungen des Glimmers, die zum Theil 
als Gebirgsgeſteine auftreten, ſind: der Thonſchiefer, Tafelſchiefer, 
Wetzſchiefer, Alaunſchiefer und die ſchwarze Kreide. 795 

Argillithe oder Thone. Es ſind unkryſtalliniſche Maſſen 
ohne Spur von Struktur; Bruch erdig und dicht, geringſte Haͤrte⸗ 
grade. G. 0,6 —2,8. Undurchſichtig, in allen Farben; theils mager, 
theils fettig anzufuͤhlen. Beſtehen ebenfalls aus Kieſele, Thons und 
Talkerde. Hierher eine Menge Foſſilien. Z. B. der Aluminit, 
oder die reine Thonerde. Die Porzellanerde, der Tripel, der 
Klebſchiefer. — Der Feuerthon, die Wacke. — Der gemeine 
Thon, die Gelberde, der Bolus, die Bergſeife, Walkererde, Gruͤn⸗ 
erde, Meer een der Speckſtein oder die ee 8 u. a. m. 


N Zweite Ordnung. Spathe. 
$. 184. Dichte, undurchſichtige Geſteine von Fett⸗, Glas⸗ 


| oder Perlmutterglanz. Bunte doch meiſt dunkle Farben. H. 


33-72. G. 2,0 —3,7. Kryſtalliſation meiſtens deutlich und pris⸗ 
matiſch. Beſtehen aus Kieſel⸗, Kalk⸗ und Thonerde, biswei⸗ 
len mit etwas Talk und meiſtens faͤrbenden Metalloryden. 

Diallage oder Schillerſpath, gruͤn, braun oder ſchwarz, un. 
durchſichtig; metallartiger Glanz. H. verschieden. G. 3 Kie⸗ 
ſel⸗, Talk⸗ und Kalkerde. 

Zeolithe, Farbe meiſt weiß, undurchſichtig. 5. 33-6. G. 
2,5, ſchmelzen im ſtarken Feuer; enthalten Kiefel: und Thonerde mit 
Talk, Kali, Natron und Waſſer. Kommen nur in geringer Ver⸗ 
breitung auf Gängen, in Kluͤften und Höhlen vulkaniſcher Gebirge 
vor. Es giebt viele Formen, z. B. Chabaſit, Ichthyophthalm oder 
Albin, Meſotyp, Stilbit, Blaͤtterzeolith, Leuzit, Analzim u. a. m. 

Feldſpathe. Helle, zum Theil ſchillernde Farben, meiſtens 
röthlich oder graͤulich; prismatiſche Kryſtalle, häufig Zwillinge. . 
56. G. 2,0—2,8. Beſteht aus Kieſel⸗, Thon⸗ und Kalkerde mit 
Alkalien, und findet ſich in großer barg beſonders in den 


Zweite sie Erdige Geſteine. Gemmen. 179 


ig älteren Schichten, 3. B. im Granit, Gneus, porphyren u. v. a. Es 
giebt viele Formen, die zur Gruppe des Feldſpaths gehoͤren, z. B. 
Adular, Skapolith, Petalith, Spodumen, Nephelin, Prehnit u. a. m. 
Augite oder Hornblendgeſteine. Schwarz oder dunkelgruͤn, 
undurchſichtig. H. 4 7. G. 2,7 — 3,5, ſchwacher Glanz. Kiefel-, 
Kalk⸗, Thog⸗ 25 Talkerde. Als Gemengtheil aͤlterer Gebirge, 
z. B. des Hornfelſens, Gruͤnſteins, u. a., nicht als Gebirgsſtein, 
immer eingeſprengt in kleineren Partien. Abaͤnderungen zahlreich, 
z. B Amphibol oder Hornblende, ſchwarz. G. 3,9. Prismatifhe 
Krypſtalle. — Augit, grün oder ſchwarz, Kryſtalle vierſeitige Pris⸗ 
men mit Pyramide. G. 3,5. — Piſtazit oder Epidot, hellgruͤn, 
an den Kanten zum Theil durchſcheinend, geringere H.; beide ſchmel— 
zen vorm Loͤthrohr. — As beſt, faſerig, biegſam, weich, weißgruͤn 
bis ins Grüne. — Serpentin, derb, faſt erdig, ſehr weich, grün. 


Dritte Ordnung. Edelſteine. Gemmen. 


| §. 183. Helle, durchſichtige, deutlich kryſtallirte Ge⸗ 

ſteine; Kryſtalle meiſt Polyeder oder Prismen; größte Härte 
(7 - 10). Gewicht 2 — 4,7. Kieſel⸗, Thon⸗, Talk⸗ und 
Kalkerde, mit vielen faͤrbenden Metalloxyden; meiſtens kry— 
ſtalliſirt. Auf Gaͤngen in aͤlteren Gebirgen, oder als Ge— 
ſchiebe, bisweilen derb als große Gebirgsgeſte de. doch kommen 
ſo nur Quarz und Topas vor. | 

Schoͤrl. Schwarz oder blaͤulich, durchſichtig. H. m. G. 2,5 
—3,5. Sechsſeitige Prismen mit dreifeitiger Pyramide. Turma⸗ 
lin, farbig, kryſtalliſiet. Wird beim Erwaͤrmen elektriſch. — Pe 
lie m, blau mit dichroiſtiſchem Farbenwechſel, leichter als voriger, 
ſelten Erpftallifirt, meiſt als Geſchiebe. — Chryfolith, Olivin, 
Peridot. Schön gruͤn. Prismatiſche Krpſtalle. H. 62 —7. G. 3,4. 
In Baſalt⸗Gebirgen. 

Berpll. Schön Hellgrün, bisweilen weingelb. H. 72—8. G. 3. 
Kieſelerde mit Beryll- und Thonerde. Sechsſeitige Prismen meiſt 
ohne Pyramiden-Flaͤchen. — Euklas, dunkler gruͤn, Pyramiden 
vierſeitig. H. 74. — Smaragd, heller, oft ſchmutzig grün, ſechs⸗ 
feitige Pyramiden. H. 8. Beſonders ſchoͤn in Suͤdamerika. 

Topas. Hell weingelb oder blaͤulich; prismatiſche Kryſtalle. 
H. 8. G. 3,5. Als Gebirgsgeſtein am Schneckenfels in Sachſen, 
ſonſt auf Gaͤngen in Kluͤften, beſonders ſchoͤn in Brafilien. 
Quarz. Waſſerhell und in allen Farben, ſechsſeitige Prismen 
mit ſechsſeitigen Pyramiden. H. 7. G. 2,5 —2,7. Reine Kieſelerde 
mit faͤrbenden Metalloxpden. Findet ſich kryſtalliſirt auf Gängen und 
Kluͤften, derb als a haufig als Geſchiebe in nierenfoͤrmi⸗ 


12 * 


130 Dritter Abschnitt. Mineralogie, 


gen Stuͤcken. EUR find: a) kryſtalliſirte: waſſerhell Berg: 
kryſtall, hellblau Amethyſt, lauchgruͤn Praſem. p) Als Geſchiebe in 
Knollen: grau Feuerſtein, roth Carneol, grün Chryſopras, in, wech⸗ 
ſelnden, grau, braun und weißen Streifen Onyr; halb durchſichtig, 
bunt Jaspis; ſchillernd gelb, grün und blau, halb durchſichtig 
Opal u. dgl. m. 

Granate. Glas- oder Fettglanz, durchſichtig bis undurchſich⸗ 
tig, deutliche Kryſtalliſation. H. 6-74. G. 3—4. Farben beſon⸗ 
ders Eaneel: oder blutroth. Kieſel-, Thon» und Kalkerde. Findet 
ſich eingeſprengt in aͤlteren Gebirgen, auch in vulkaniſchen, beſonders 
Baſalt, und als Geſchiebe. Z. B. Staurolith, braun, ungleich⸗ 
ſechsſeitige Prismen, oft kreuzweis. — Veſuvian oder Idokras, 
ſchmutzig gruͤn oder braun, pyramidale Kryſtalle. — Helvin, ſchmu⸗ 
Big grün, Kryſtalle polyedriſch. — Pyrop, ſchoͤn blutroth, als Ge: 
ſchiebe. — Gemeiner Granat, ſchmutzig kirſchroth, große po⸗ 
lyedriſche Kryſtalle. 

Zirkon, roth oder braun, durchſichtig, Kryſtalle vierſeitige 
Doppelpyramiden. H. 7. G. 4,6. Beſteht aus Zirkon; und Kie⸗ 
ſelerde. Als Geſchiebe; der blutrothe heißt Hyaeinth. 

Korund, roth oder blau, durchſichtig, Kryſtalle deutlich, meiſt po⸗ 
lyedriſch. H. 8-9. G. 4.54%. Kieſel⸗, Thon- und Talkerde. — 
Chryſoberyll, gelblich gruͤn, Kryſtalle vierſeitige Prismen mit Py⸗ 
ramiden. H. 82. Süd: Amerika. — Saphir, eigentlich. K., Schmir⸗ 
gel. Blau oder roth. Kryſt. Rhomboeder. H. 9. Blau e 
Kryſt. Oktaeder. . 9. Ceylou. 

Demant oder Diamant, roh graubraun bis waſſerhell, ge— 
ſchliffen waſſerhell mit lebhaftem Farbenſpiel und Demantglanz. 
H. 10. G. 3,5. Kryſtalle polyedriſch. Beſteht aus reinem hen 
ſtoff. Als Geſchiebe in Braſilien und am Ural. 


Dritte Klaſſe. 
Metalliſche Geſteine. 


§. 186. Der eigenthuͤmliche Glanz, die lebhafte Faͤr⸗ 
bung verbunden mit Undurchſichtigkeit, geringerer Haͤrte, aber 
bedeutender Schwere, unterſcheiden dieſe Gruppe. Alle ſind 
im Feuer ſchmelzbar, und laſſen ſich dadurch, ſelbſt wenn ſie 
mit anderen Stoffen verbunden find, rein (gediegen) dar: 
fielen ; doch fommen nur wenige, meiſtens die edlen Metalle, 
gediegen vor. Alle finden ſich auf Gängen und Lagern in 
älteren Gebirgen, oder auch eingefprengt in jüngere Erdſchich⸗ 


— 


U 


Dritte Klaſſe. Metalliſche Geſteine. Metalloryde. 181 


ten. Man kennt gegenwaͤrtig 29 verſchiedene Metalle, die 
| orpdirt, geſchweſelt oder rein vorkommen. 


Erſte Ordnung. Metall⸗ O ryde. 
FS. 187. Sie haben meiſtens einen ſchwachen Metall⸗ 


glanz, bunt gefärbten Strich, die größte Härte (bis 7) und 


das geringſte Gewicht (3,4 7,4). Alle beſtehen aus Metall 


mit Sauerſtoff verbunden. 


Eifenoryd e finden ſich in großer Ausbreitung in vielen For: 


mationen der Erde; ſie haben eine braune oder ſchwarze Farbe, ei— 
ne H. von 5262, G. 3,8—5,3, und einen bunten meiſt roͤthlichen 


Strich. Magnekeifenſtein, tief braunſchwarz, kryſtalliſirt in 


Oktaedern und derb; Eiſenoxpdul; ſtark magnetiſch. — Rothei⸗ 


fen ftein oder Eiſenglanz, ſchmutzig blutroth mit grauem me: 
talliſchem Glanz; Strich blutroth, rhomboedriſch kryſtalliſirt, meiſt 
ſtrahlich abgeſondert in nierenförmigen Stuͤcken; Eifenoryd mit an: 
deren Erzen. — Brauneiſenſtein, tief ſchwarzbraun mit metal⸗ 


liſchem Schimmer, Strich gelb, ebenſo wie das vorige Erz abgeſon⸗ 


dert; Eifenoryd mit Waſſer. — Eiſen findet ſich gediegen nur in 
den Meteorſteinen. 


Manganoryde, ſchwarz oder braun, Strich eben fo, zum 


Theil glanzlos, faſt erdig; G. 4—4,8. H. 22—51. — Schwarzer 


Braunſtein, tief braunſchwarz, Strich fuchsroth. H. 52. Man: 
ganoryd mit Waſſer. — Grauer Braunſtein, ſchwarz, ſchwach 
metalliſch glänzend, ſtrahlich abgeſondert. H. 22—5. Manganhpper: 


oxyd. Schwarzeiſenſtein, Hartmangan, ſchwarz mit ſchwachem 


Metallglanz, ebenſo abgeſondert wie die Vorigen. Eiſenoxyd mit 
Manganoryd. Das Manganmetall, welches dem Eiſen ähnelt, kommt, 


wegen ſeiner großen Verwandtſchaft zum Sauerſtoff, nicht ‚gebie- 
gen vor. 


Zinnſtein, ſchwarz, Strich graulich, Kryſtalle adde che 


Prismen mit Pyramidenflaͤchen. H. 6 — 7. G. 6,3 — 7. Reines 


Zinnoryd. Das Zinnmetall, deſſen Eigenſchaften bekannt find, kommt 


in der Natur am meiſten in dieſem oxydirten Zuſtande vor. 


Zweite Ordnung. Metallks ni ge. 


$. 188.. Sie haben deutlichen Metallglanz und lichte 
metalliſche Farben. Kryſtalle nicht ſehr deutlich, meiſtens 
unregelmaͤßige, drathfoͤrmige, hakige Geſtalten. H. bis 5. 
G. 5,721. Finden ſich nur auf Gaͤngen, die edelſten auch 
als Geſchiebe und im Flußſande. 


* 


182 Dritter Abſchnitt. Mineralogie. 


Spießglanz, Antlmon; undeutliche rhomboedriſche Kryſtalle, 
Farbe zwiſchen Zinn und Blei. H. 31. G. 6,8. Auf Gängen in 
Frankreich, aber ſelten; iſt flüchtig im Feuer; wird zur Compoſition 
des Letternmetalls verwendet; findet ſich auch geſchwefelt. 

Wismuth, undeutliche, tetraedriſche Kryſtalle, Farbe zinnweiß, 
etwas röthlich. H. 22. G. 8—9. Benutzung zu Compoſitionen und 
in der Medieln. 1.5 
Kupfer, felten kryſtalliſirt in Würfeln, meiſt in eigen, haki⸗ 
gen, plattenartigen Maſſen; Farbe hell braunroth; H. 22 — 3, G. 
8,4 — 8,9; findet ſich nicht häufig gediegen, meiſtens geſchwefelt. 

Queckſilber, flüſſig in Tropfen in den Hoͤhlungen des Ge: 
ſteins, gefriert bei — 31° Reaum., ſilberweiß; G 15,0; ſluͤchtig im 
Feuer; findet ſich nur an wenigen Stellen, z. B. bei Idria und in 
Peru; wird zur Spiegelbereitung und zum Vergolden benutzt. 

Silber findet ſich kryſtalliſirt in Oktaedern oder in unregel⸗ 
maͤßig geformten, geſtrickten, haarz oder nadelfoͤrmigen, auch haki 
gen Maſſen auf Gängen in älteren Gebirgen; Farbe ſchmutzig grau, 
gereinigt weiß; H. 21 - 3, G 10,0 bis 10,5. 

Gold findet ſich nur gediegen in Koͤrnern, Dräthen oder Eleie 
nen Platten, feltener in oktaedriſchen Kryſtallen, auf Gängen, oder 
als Geſchiebe im Flußſande. Farbe gelb. H. 223, G. 12,0 20. 
Das Gold iſt ſehr zaͤhe und läßt ſich in aͤußerſt dünne Blättchen 
ſchlagen, dann ſchimmert das Licht gruͤn hindurch. 

P latin, unregelmäßig geformt, in Koͤrnern von grauer Farbe, 
rein weiß, zwiſchen Silber und Blei. H. 4 — 41, G. 16,0 — 21,0. 
Ebenfalls hünimerbar und ſchweißbar, wie das Eiſen. Suͤdamerika 
und am Ural. | | 25 


Dritte Hahn Schwefelmetalle⸗ f 


$. 189. Auch in dieſer Gruppe iſt der Metallglanz und 
das metalliſche Anſehen ſehr deutlich, oft ſtaͤrker als in der 
vorigen. H. 1-6}, G. im Allgemeinen geringer, wechſelt 
von 3,3—8,2. Alle beſtehen aus Metall mit Schwefel in 
verſchiedenen Graden gemengt. Die Meiſten ſind deutlich 
kryſtalliſirt, Manche ſtrahlich abgeſondert in Kugeln und 
Knollen. Sie finden ſich auf Gaͤngen in aͤlteren und ein⸗ 
geſprengt in juͤngeren Formationen. In der Metallurgie 
heißen dieſe Foſſilien Kieſe, Blenden und Glanze. 

Schwefeleiſen, Schwefelkies. Meſſinggelb, an der Luft braun 
anlaufend, friſch mit ſtarkem Metallglanz. Kryſtalle polyedeiſch, oder 
ſtrahlig abgeſondert in Kugeln und Knollen. H. 31—61, G. 4,4 bis 


Dritte Klaſſe. Metalliſche Geſteine. Schwefelmetalle. 183 


5,4. Findet ſich auf Gängen, Lagern und eingeſprengt in verſchiedenen 
Formationen, beſonders jüngeren. Marche Erze zerſetzen ſich leicht 
an der Luft, und bilden dann Eiſenvitriol. Iſt Eiſen mit Schwefel. 
Schwefelkupfer. Kryſtalliſation untergeordnet, meiſtens in 
derben Stücken. Farbe wechſelnd zwiſchen ſchwarz, braun, gelb, roth; 
bisweilen iriſirend. G. 4, 45,1; H. verſchieden. — Buntkupfer⸗ 
erz, rothbraun, läuft an der Luft regenbogenfarben an. Iſt Kupfer, 
Schwefel und Eiſenoryd. — Kupferkies, kryſtalliſirt in quadratie 
ſchen Tetraedern, aber auch derb, beſonders mit Bleiglanz. Farbe 
ſchoͤn gelb, heller als Eiſenkies. Iſt Schwefelkupfer mit Schwefel— 
eifen. — Fahlerz, kryſtalliſirt in Polyedern, beſonders Tetraeder; 
ſtahlgrau gefärbt mit unebenem Bruch. Iſt Schwefelkupfer mit Ei— 
fen, Arſenik und Spießglanz. - — 
Arſenikkies, prismatiſche Kryſtalliſation, ziemlich deutlich; 
Farbe friſch ſilberweiß, an der Luft grau werdend. H. 5 — 6, ©. 
5, — 7,4. Beſteht aus Schwefeleifen und Arſenik. — Das Arſenik— 
metall hat eine weißgraue Farbe, ein G. von 5,8, eine H. von 3,5, 
iſt flüchtig, und riecht dabei wie Knoblauch; es findet ſich in der Natur 
auch gediegen, aber meiſt entweder an Sauerſtoff oder an Schwefel ge: 
bunden. Mit erſterem bildet es die ſehr giftige weiße arſenige Säure; 
man gebraucht es zu Compoſitionen und in der Mediein. 
| Kobaltkies (Speißkobalt), Kryſtalle oktaedriſch, auch ſtalak— 
tiſche Formen, Farbe zinnweiß, grau angelaufen, Bruch uneben. H. 
5,5. G. 6,5. Auf Gaͤngen, beſteht aus Kobalt, Arſenik und etwas 
Schwefeleiſen. — Das Kobaltmetall findet ſich meiſt mit Arſenik ver⸗ 
bunden, hat eine bleigraue ins Roͤthliche gehende Farbe, grobkoͤrnigen 
Bruch, und eine Schwere von 8,7. — Liefert Smalte (Glas) und 
Zaffer (Oxyd), erſtere blau, letzterer gelb gefärbt. 
Bleiglanz, kryſtalliſirt in polyedriſchen Formen, Farbe blei— 
grau. H. 2,5; G. 7,4 7.6. Hoͤchſt gemein auf Gängen, beſteht 
aus Schwefel und Blei, bisweilen mit etwas Silber. — Das Blei: 
metall findet ſich in der Natur kaum rein, ſondern vorzugsmeife in 
dieſem geſchwefelten Zuſtande. N f 
Spießglanz, prismatiſche Kryſtalle, meiſt ſtrahlig abgeſon⸗ 
dert, Farbe dunkel bleigrau. 9. 1325; & 4,2—5,8. Iſt Spieß⸗ 
glanz mit Schwefel, und außerdem noch Silber, Gold und Tellur 
enthaltend. Das Spießglanzmetall findet ſich ebenfalls rein, befon: 
ders aber geſchwefelt und oxydirt; es iſt zaͤher als Blei, aber leichz 
ter; man braucht es zu Compoſitionen. . 
RNothguͤltigerz findet ſich kryſtalliſirt in ſechsſeitigen Pris⸗ 
men mit Pyramiden, oder ſtrahlich abgeſondert. Farbe dunkel blei⸗ 
grau, gegen das Licht gehalten blutroth durchſcheinend, Strich roth. 


8 


184 Dritter Abſchnitt. Mineralogſle. m 


G. 5,8 — 6,5. Auf Sorgen beſonders im Harz. Iſt Schweſel und 
Silber. 

Zinnober. Kryſtalle undeutlich; meiſt ſtrahlig abgeſondert, 
Farbe dunkelgrau mit ſchwachem Metallſchimmer, Strich ſchoͤn roth. 
G. 7 — 8. Iſt Schwefel mit Queckſilber. Findet ſich auf gen 
. eee und wird als Farbeſtoff benutzt. . 


Vierte le 
Brenzliche Geſteine. Brenze. 


§. 190. Fett⸗ oder Glasglanz, undeutliche Kryſtalliſation, 

duͤſtere, gelbe, braune oder ſchwarze Farben, H. 122, G. 
1,0 —3,6, und die leichte Verbrennlichkeit im Feuer mit ei⸗ 

genthuͤmlichem Geruch charakterifiren dieſe Gruppe. Einige 
find elementar, wie der Schwefel, andere beſtehen aus Koh: 
lenſtoff, Pflanzenreſten und Erdöl oder Bitumen, deſſen 
eigenthuͤmlichen Geruch ‚manche, beſitzen. Sie finden ſich auf 
Gängen oder als Gebirgsformation in großen Lagern. Hier⸗ 
her nur wenige Mineralien. 

Schwefel, Farbe gelb oder roth, ſtaͤrker Glasglanz. H. 122, 
G. 1,9=3;6- : Brennt im Feuer mit blauer Flamme und riecht dabei: 
Findet ſich auf Gängen prismatiſch kryſtalliſirt entweder rein, oder 
mit Arſenik verbunden als Operment in der zweiten, und als 
Realgar oder Sandar ak in der erſten Schwefelmiſchung. EN 

Erdöl, Erdpech, Asphalt, hat eine braune Farbe, iſt fluͤf— 
fig, leichter als Waſſer und riecht ſtark; quillt aus der Erde, ie 
ders in Palaͤſtina am todten Meer. 5 

Kohlen, ſchwarz oder braun, Glasglanz 10 85 nicht 
kryſtalliſirt. Haͤrte ſehr verſchieden bis 2, Gew. 1,2 — 1,5. Beſtehen 
aus Kohlenſtoff, Erdpech und verbrannten Vegetabilien. — Die 
Steinkohle iſt ſchwarz, glaͤnzend, nie erdig, feſt, und findet ſich 
als große Lager mit Gyps und Thonſchiefer wechſelnd im aͤlteren 
Floͤtzgebirge. — Die Braunkohle iſt braun, glanzlos, erdig, hat 
oft noch Holzſtruktur, und findet ſich mit Sand und Mergel abwech⸗ 
ſelnd im juͤngeren Flotzgebzirge. Beide werden als Brennmaterial 
benutzt. hg‘ | | 


An hang. 


| | Ueberſicht der erwähnten Gewaͤchſe nach 
dem natuͤrlichen Syſtem. 


U 
8 * 


I. Dicotyledoneae. 


Gewächse deren Stengel aus Rinde, Jahresring und Mark 
beſteht, deren Blätter artikulirt find und netzfoͤrmige Rippen 
haben. Ihre Blumen zeigen einen Kelch und meiſtens auch 
eine Krone; die Samen einen deutlichen Keim, mit zwei oder 
1 Samenlappen. In den Organen herrſcht die Zahl fuͤnf 
oder vier. 


Erſte Klaſſe. Polypetalae. 


Die Blumenkrone iſt ſtets vorhanden und beſteht aus 
mehreren Blumenblaͤttern. 


1. Ordnung. Tbalamopetalae. Die Kronenblaͤtter 
ſitzen am Fruchtboden und ebenda die Staubgefaͤße. 

Fam. Ranunculaceae. Kelch 4 — 5 blaͤtterig, hinfaͤllig; 4 — 5 
bisweilen in Nektarien verwandelte Kronenblaͤtter; viele Staubgefaͤße, 
mehrere oder viele Stempel; Fruͤchte theils Balgkapſeln, theils Achenien. 

Gatt. Delphinium 138, Aquilegia 139, Helleborus, Caltha 139, 

Ranunculus 139, Adonis, Clematis, Thalictrum, Anemone. 

Fam. Nymphaeaceae. Kelch 3—5blätterig, Krone vielblaͤtte⸗ 
rig, ohne Nektarien; viele Staubgefaͤße mit blattfoͤrmigen Faͤden. Frucht 
eine mehrfaͤcherige Kapfel. Waſſergewaͤchſe mit ſchwimmenden Blaͤttern, 
deren Rippen nicht netzfoͤrmig ſind. 

Gatt. Nymphaea 138, Nenuphar. 

Fam. Papaveraceae. Kelch 2 blaͤtterig, hinfaͤllig; Krone 4 bläte 
terig, regelmäßig; viele Staubgefäße, ein Fruchtknoten; Frucht eine 
7 oder runde Kapfel, deren eingebogene Nähte die Plazenten 

en. ö | 


Burmeiſter's Grundriß d. Naturgeſch. 13 


| 


* 


186 | Anhang. > 


Gatt. Papaver 138, Chelidonium, Glaucium. 


Fam. Fumariaceae. Kelch 2blaͤtterig, hinfällig; Krone Abläte 
terig, unregelmäßig 5 Frucht der Vorigen, oft 1: bis 2ſamig; 6 mona⸗ 
delphiſche Staubgefaͤße. a 

Gatt. Fumaria 143, Corydalis. 

Fam. Cruciferae (Tetradynamia). S. Seite 141. 

Fam. Sterculiaceae. Allermeiſt Baͤume; Kelch und Krone 
5 blaͤtterig, die Blätter am Grunde verwachſen, ebenſo mit den Staub⸗ 
gefaßen; dieſe monadelphiſch, einige ohne, die anderen mit 2 faͤcheriger 
Anthera; Frucht eine mehrfaͤcherige, vielſamige Kapſekl. N 

Gatt. Theobroma 145. ’ 

Fam. Malvaceae. Kräuter oder Stauden; Kelch doppelt, der 
innere wie die Krone 5blätterig, die Blätter unter ſich und mit den 
Staubgefäßen verwachſen; dieſe ſehr zahlreich, mit 1 faͤcheriger Anthera; 
Frucht eine 3 — 5 faͤcherige, vielſamige Kapſel, oder viele Achenien. 

Gatt. Malva, Lavatera, Althaea 143, Gossypium 143, Sida. 

Fam. Aurantiaceae. Bäume mit lederartigen, druͤſigen Blaͤt⸗ 
tern; kleinem 5 zaͤhnigem Kelch; 4 — 5 Kronenblaͤttern und polyadelphi⸗ 
ſchen Staubgefaͤßen; Frucht eine Orange (S. 119, Nr. 10.). 

Gatt. Citrus 146, Limonia. 


Fam. Hypericeae. Stauden oder Sträucher mit gegenuͤberſte⸗ 
henden, drüfigen, weichen Blättern; Kelch und Krone 5 blätterig, viele 
polyadelphiſche Staubgefaͤße; Frucht eine 3 — 5 faͤcherige, vielſamige 
Kapfel., N 

Gatt. Hypericum 146. 


Fam. Hippocastaneae. Bäume mit gegenuͤberſtehenden, ges 
fingerten Blättern; Kelch und Krone 5=blätterig, unregelmäßig; 7—8 
freie Staubgefaͤße; Fruchtknoten 3⸗faͤcherig, mit je 2 Eichen, 

Gatt. Aesculus 132. 

Fam. Acerineae. Bäume mit gegenuͤberſtehenden gelappten 
Blaͤttern; Kelch und Krone 2=blaͤtterig, regelmäßig; 8 — 10 freie 
Staubgefaͤßez Frucht aus 2 verwachſenen, gefluͤgelten Achenien gebildet. 

Gatt. Acer 156. | 

Fam. Lineae. Kräuter mit einfachen Blättern; Kelch und Krone 
5 blätterig, 5 — 10 Staubgefaͤße; Frucht eine 5 — 10⸗faͤcherige, je 
1: ſamige Kapſel. \ 

Gatt. Linum 130, Radiola. 8 

Fam. Geranieae. Kraͤuter oder Stauden mit gelappten Blaͤt⸗ 
tern; Kelch und Krone 5=blätterig, 10 Staubgefaͤße, bisweilen 3 — 5 
ohne Antheren; 5 geſchwaͤnzte an der verlaͤngerten Achſe aufgehaͤngte 
Achenien. ? 

Gatt. Erodium 142, Geranium 142, Pelargonium. * 

Fam. Resedeae. ‚Kräuter oder Stauden mit fiederſpaltigen Blaͤt⸗ 
tern; Kelch und Krone unregelmaͤßig, viele Staubgefaͤße; Frucht eine 
offene Kapſel mit 3 peripheriſchen Plazenten. 

Gatt. Reseda 136. 0 


Fam. Dreseraceae. Kräuter mit einfachen, oft haarigen Blaͤt⸗ 


* 


Natuͤrliches Pflanzenſyſtem. 187 


tern; Kelch und Krone regelmäßig, 5 j — 10 & 3 
ee Sack mit 324 Vene So ere 
Gatt. Parnassia 130, Drosera, Dionaea. - 

Fam. Jonideae. Kräuter; Kelch und Krone 5 = blätterig, unres 
elmaßig; t - ei = f i 8 
Gran ter l bee 

Gatt. Viola (Veilchen). 
am. Caryophylleae. Kraͤuter o 5 i ü 
PR 5 5 Blättern; Kelch oder Far be . W 
gefaͤße; Frucht eine 1 — 3⸗faͤcherige Kapſel mit zentraler Plazenta. 
a. Kelch 5⸗ blaͤtterig h 
Gatt. Stellaria 134, Arenaria, Spergula, Cerastium. 
b. Kelch roͤhrig, 5⸗zaͤhnig. 
Gatt. Silene, Lychnis 135, Saponaria, Dianthus 134. 


2. Ordnung. Calycopetalae. Die Kronenblaͤtter und 
Staubgefaͤße ſitzen am Kelch. | 

am. Sedeae. Kräuter mit dicken, fleiſchigen 3 
N erh und Kronenblaͤtter; 10, a aa N55 ns 
10— 12 Balgkapſeln. ’ 

Gatt. Sedum 135, Sempervivum. 

Verwandte Familien find die Cacteae, Grossularieae, Phi- 

ladelpheae, Saxifrageae, & 

Fam. Portulaceae. Kleine faftige Kräuter; Kelch 3—5=laps 
pig; Krone 3 — 5=blätterig, bisweilen fehlend; 3, 5, 10 Staubgefaͤße; 
Frucht eine mehrſamige Kapſel. 

Montia 126, Portulaca. 
Fam. Rosaceae. Pflanzen aller Formen; Kelch verſchieden, 
5 — 10 -lappig; Krone 4 — 5⸗blätterig. Viele Staubgefäße; Fruͤchte 
drupae, achenia, baccae, poma (S. 119). 
A. Viele einzelne Fruͤchte aus einer Blume. 
a. Früchte e in ſamig; Achenien oder Beeren. 
2 . Kelch doppelt, 8 — 10 lappig. 
Gatt. Tormentilla, Potentilla, Geum, Fragaria 137. 
8. Kelch einfach, 5⸗lappig. 

Gatt. Rubus 137, Rosa 137, Agrimonia 135. 

b. Fruͤchte mehr ſamig, Balgkapſeln. 

Gatt. Spiraea. 

B. Eine einzige, 1 — mehrfaͤcherige Frucht. 

Gatt. Pyrus 137, Prunus 136, Amygdalus 137. 5 
Fam. Myrtaceae. Baumartige Pflanzen mit einfachen oft leder⸗ 
artigen Blaͤttern; Kelch und Krone 5⸗zaͤhlig; zahlreiche polyadelphiſche 
oder freie Staubgefaͤße; Frucht eine mehrfaͤcherige Kapſel oder Beere. 

Gatt. Myrtus, Carsophylius, Punica, Melaleuca, Metrosideros. 

Fam. Onagrariae, Kraͤuter; Kelch und Krone 4⸗blaͤtterig; 8 


7 
— 


188 Anhang. 


Staubgefaͤße, 1 Griffet mit 4 Narben; Frucht eine As fächerige viel⸗ 
ſamige Kapſel. 


Gatt. Oenothera 132, Epilobium. f 

Fam. Salicariae. Kräuter mit gegenuͤberſtehenden Blaͤttern; 
Kelch und Krone 4 — 6blaͤtterig, 4 — 10 Staubgefaͤße; Frucht eine 
meiſt 2⸗ faͤcherige Kapſel mit zentraler Plazenta. 

Gatt. Lythrum 135, Peplis. ö 

Fam. Leguminosae. Seite 144. 

Berwandte Familien find die Terebinthaceae, Rhamneae, 
Hederaceae, Lorantheae. 

Fam. Umbelliferae. Seite 129. 

Fam. Halorageae. Waſſergewaͤchſe mit linienfoͤrmigen oder fein 
zerſchliſſenen Blättern; Bluͤthen ungeſtielt in den Blattachſeln; Kelch 
und Krone 4=blätterig, letztere bisweilen fehlend; 1 — 4 Staubgefaͤße z 
Frucht ein Achenium. 5 

Gatt. Hippuris 123, Ceratophyllum, Trapa. 


Zweite Klaſſe. Monopetalae. 


Die roͤhrige, oder trichter-und glockenfoͤrmige Blumen: 
krone beſteht nur aus einem Blatt, und iſt am Rande in 
Lappen getheilt. | | 


3. Ordnung. Calycanthae. Die Blumenkrone ſitzt 
am Kelch, dieſer iſt mehr weniger mit dem Fruchtknoten ver⸗ 
wachſen. 

Hierher die nicht erwähnten Familien Cucurbitaceae, Cam- 
panulaceae, Lobeliacae u. a. 

Fam. Compositae. Blumen dicht gedrängt auf gemeinſamem 
Fruchtboden; 5 Staubgefaͤße, deren Antheren mit einander verwachſen 
find; Frucht eine Karyopfis. — Syngenesia. S. Seite 146. 

Fam. Dipsaceae. Blumen dicht gedrängt auf gemeinſamem 
Fruchthoden; 4 freie Staubgefaͤße; Frucht eine Karyopſis. 

Gatt. Dipsacus 126, Scabiosa, Asterocephalus. 

Verwandte Familien find die Globularineae und Vale 
rianeae. 4 av Ir 

Fam. Caprifolieae. Kräuter oder Sträucher mit gegenuͤber⸗ 
ſtehenden Blättern; Krone 5=lappig, regelmäßig und 5 Staubgefaͤße, 
oder rachenfoͤrmig und 4 Staubgefaͤße; Frucht nicht aufſpringend, eine 
Beere oder Kapſel mit wenigen Samen. 

Gatt. Linnaea, Sambucus 130, Viburnum, Caprifolium, Lonicera. 

Fam. Cinchoneae. Bäume mit gegenuͤberſtehenden Blättern 
und achſelſtaͤndigen Bluͤthen; Krone trichterfoͤrmig, 5⸗lappig; 5 Staub⸗ 
gefaͤße; Frucht verſchieden, meiſt 2⸗faͤcherig, eine Beere oder Kapfel, 

Gatt. Coſſea 128, Cinchona, Cephaelis. 1 

Fam, Rubiaceae. Kräuter mit quirlförmigen Blaͤttern; Kelch 


Natuͤrliches Pflanzenſyſtem. | 189 
1 b 8 
und Krone 4⸗lappig, 4 Staubgefaͤße; Frucht aus 2 verwach fene 
ryopſen oder Beeren gebildet. 5 5 fen fer 
Gatt. Rubia 126, Asperula, Galium, Scherardia. 


4. Ordnung. Thalamanthae. Die Blumenkrone ſitzt 
am Fruchtboden und an ihr ſitzen gewoͤhnlich die Staub⸗ 
gefaͤße. 

Fam. Ericeae. Straͤucher; Kelch und Krone 4 — 5 
8— 10 Staubgefaͤße; Feu ca wise 5 — 57 
oder Beere. 

a. Kelch mit dem Fruchtknoten ganz ver wachſen. 

Gatt. Vaccinium 133. g 

b. Kelch frei. | : 
Gatt. Calluna 133, Erica, Ledum 134, Pyrola. 


Fam. Oleaceae, Bäume oder Sträucher mit gegenuͤberſtehenden 
Blättern; Kelch und Krone 4⸗lappig, letztere bisweilen fehlend, 2 Stauba 
gefaͤße; Frucht 2⸗faͤcherig, je 1 — mehrſamig, Kapſel oder Beere. 

Gatt. Ligustrum 128, Syringa 123, Fraxinus 157, Olea, Jasmi- 
num u. a. | | 

Hier ſtehen auch die nicht erwähnten Familien: Apoeyneae (s. 
Contortae) und Asclepiadeae. 8 

Fam. Gentianeae. Kräuter mit gegenuͤberſtehenden Blättern; 
Kelch und Krone 5⸗lappig; 5 Staubgefaͤße; Frucht eine 2⸗klappige, 
vielſamige Kapſel. i 
Gatt. Gentiana, Erythraea, Menyanthes 128. 

Fam. Labiatae. S. 140. 

Fam. Asperifoliae S. 127. 

Fam. Convolvulaceae. S. 128. 

Fam. Solaneae. S. 128. 

Fam. Personatae. S. 140. 

Dahin auch die Gatt. Veronica S. 124. 

Fam. Primulaceae S. 127. 

Fam. Plantagineae. Kräuter; Kelch und Krone 4⸗lappig, 4 
Staubgefaͤße; Frucht 2 — 4⸗faͤcherig, im Umfange aufſpringend. 
Gatt. Plantago 126, Littorella. 5 


Dritte Klaſſe. Apetalae. 


Die Blumenkrone fehlt, der Kelch umhuͤllt allein die 
Staubgefaͤße und den Stempel, und iſt bald kronenartig ge— 
faͤrbt, bald gruͤn. 

5. Ordnung. Monoclineae. Staubgefaͤße und Stem⸗ 
pel in derſelben Blume. | Ä 

Nicht erwähnte hierher gehörige Familien find die Laurine se, 
Thymeleae, Santaleae, Eleagneae. 


190 GR. Anhang. 
Fam. Asarineae. Kräuter mit abwechſelnden Blättern; Kelch 
roͤhrig, gefärbt, lappig; 6 — 10 Staubgefaͤße; Frucht 3 —6⸗faͤcherig, 
je vielſamig. ö 

Gatt. Aristolochia 150, Asarum. 

Fam. Polygoneag. Kraͤuter mit Blattſcheiden am Grunde der 
Blätter; Kelch kronenartig, 4 — 5-lappig; 6 — 10 Staubgefaͤße; Frucht 
ein Achenium. ö enn 

Gatt. Polygonum 133, Rheum, Rumex. 

Fam. Cbenopodieae. Kraͤuter; Kelch ungefaͤrbt, 1 —5 Staub⸗ 
gefaͤße; Frucht ein vom ſtehengebliebenen Kelche umhuͤlltes Achenium. 

Gatt. Chenopodium 157, Atriplex 157, Spinacia, Beta, Salsola, 

Salicornia. a 

Verwandte Familien find die Sclerantheae, Paronychie ac, 

Amarantaceae, 


6. Ordnung. Dielineae. Staubgefaͤße und Stempel 
in verſchiedenen Bluͤthen. ö 

Fam. Euphorbiaceae. Kelch mehrlappig, Staubgefaͤße in un⸗ 
beſtimmter Zahl; 2 — 3 verwachſene Stempel; Früchte 2— 3 faͤcherig, 
je 1— 2⸗ſamig, elaſtiſch aufſpringend. 

Gatt. Euphorbia 136, Mercurialis, Ricinus, Phyllanthus, Buxus. 

Fam. Urtice ae. S. 149. 

Dahin noch Cannabis und Humulus 152, fo wie die nicht erwähn⸗ 
ten Gattungen Parietaria, Ficus, Antiaris, Artocarpus u. a. ALTEN 

Fam. Salieineae. S. 154. N 

Fam. Amentaceae. S. 151. 

Fam. Coniferae. S. 152. 

Dahin noch die dioͤziſchen Gatt. Taxus, Juniperus 154. 


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II. Monocotyledoneae. 


Pflanzen deren Stengel keinen Unterſchied zwiſchen Rinde, 
Holzring und Mark zeigt, deren Blaͤtter nicht artikulirt ſind, 
gewoͤhnlich einfache ſtrahlige oder parallele ſtreifige Rippen 
haben; den Blumen fehlt die Krone und der Same hat nur 
einen Samenlappen. In ihren Organen herrſcht das Zah— 
lengeſetz Drei. | 


| Vierte Klaſſe. Perigoniatae. 

Die 6 Kelchblaͤtter ſtehen in 2 Kreiſen, und ſind theils 
alle, theils nur die des inneren Kreiſes kronenartig gefaͤrbt. 
7. Ordnung. Coronariae. Alle 6 Perigonblaͤtter find 
gefaͤrbt. N EN 


\ 


e Pflanzenſyſtem. 191 


Us A. G4 Von den 3—6 Staub gefäßen find 
1—2 verkuͤmmert; Fruchtknoten unter ſtaͤndig. 1 


Hierher die Familien SER Scitamineae. 

Fam. Orchideae . 149, 7 

B. Epigyneae. 11 3 — 6 Staubgefäße ſind alle 
bat Fruchtknoten unterſtaͤndig. 


Fam. ride ae. 3 Staubgefäße, 1 Griffel mit 3⸗lappiger Narbe; 
Blume in 2⸗ blätteriger Spatha. a 0 ppig 5 


Gatt. Iris 124, Gladiolus, Crocus. 


Fam. Amaryllideae 6 Staubgefaͤße, Griffel mit 3⸗ knotiger 
Narbe; Blume in 1=blätteriger Spatha. 


Gatt. Galanthus, Leucoium, Narcissus, Amaryllis. 
OC. Hypogyneae Die 4—6⸗Staubgefaͤße find alle 


fruchtbar und ſitzen an 5 Perigonblaͤtternz Frucht⸗ 
knoten oberſtaͤndig. 


| Fam. Liliaceae. Frucht eine 3⸗klappige, vielſamige Kapſel; 
Samen mit weicher, ſchwammiger Teſta; keine Spatha; eg 
gewaͤchſe. 
Glatt. Fritillaria, Lilium 131, Tulipa 131. 
Fam. A 4 hodeleae. Frucht eine rundliche Kapſel oder Beere, 
3⸗ faͤcherig; die Samen klein mit harter, ſchwarzer Teſta. 
1. Zwiebelgewaͤchſe ohne Stamm. 
Gatt. Allium 131, Ornitliogalum. Hyacinthus 131. 
b. Keine Zwiebel, aber ein Stamm. f 
Gatt. Aloe, Asparagus 131. 
Fam. Smilaceae. Perigon gloderförmig, nicht tief getheit, bis⸗ 


weilen nur 4⸗lappig; Frucht eine 3⸗ faͤcherige Beere mit wenigen Sa⸗ 
men, deren Teſta weiß, weich und haͤutig iſt. 


Gatt. Majanthemum, Convallaria, Polygonatum, Ruscus, Smilax. 


Fam. Melanthiaceae. Frucht beſteht aus 3 mit der Naht ans 
einander gewachſenen Balgkapſeln; Samen zahlreich, uf haͤutiger Teſta. 
Gatt. Colchicum 132, Veratrum. 


Fam. Jancagineae (Gatt. Scheuzeria, Triglochin). 


8. Ordnung. Tripetaloideae. Nur die 3 oder 4 Pe⸗ 
rigonblaͤtter des inneren Kreiſes gefaͤrbt, auch ‚größer und chr 
kronenartig; die des aͤußeren Kreiſes ſind gruͤn. 

A. Catogyneae. Fruchtknoten unterſtändig. 
Fam. Bromeliaceae, Hydrocharideae. 
B. Hypselogyneae. Fruchtknoten oberftändig. 2 
Fam. Parideae. Perigon 6 — 8 blätterig; Frucht eine 3— ds 
faͤcherige Beere; Samen mit ſchwarzer Teſta. 
Gatt. Paris 133. 
Fam. Butomeae. Perigon 6⸗ blätterig, 9 oder ehr Staubge⸗ 
faͤße; 3, 6 oder mehr Stempel; Früchte Balgkapſeln. 
Gatt. Butomus. S. 134. 


192 Anhang. Natuͤrliches Pflanzenſyſtem. 


Fünfte Klaſſe. Bracteatae. 

Das Perigonum iſt grün oder wenigſtens nicht ſ in g 
faͤrbt; es beſteht oft noch aus 6, Häufig, nur aus 9 2 2 
1 Blatt, oder fehlt ganz, und die Braktea vertritt ſeine Stelle. 
Fruchtknoten oberſtaͤndig. 4 

9. Ordnung. Spadicineae. Gluͤthenſtand ein einfa⸗ 
cher oder veraͤſtelter Kolben. 

Fam. Palma e 155. 
Fam. Aroideac, Typhoideae, Potamophilae. 

Fam. Lemnaceae ©, 124, an 

10. Ordnung. Glumaceae. Bluͤthenſtand eine Aehre 
oder Rispe. 8 
A. Mit mehrſamigen Fruͤchten. Pleospermae. N 

Jam. Junceae, Restiaceae. 
B. Mit einſamigen Fruͤchten. Monospermae, 
Fam. Cyperaceae. 
Fam. Gramineae. S. 124. 
Dahin auch Oryza S. 131. 


III. Acotyledoneae. 


Pflanzen von verſchiedener aͤußerer Form, zum Theil ohne 
Stamm, zum Theil ohne Blaͤtter, ſtets ohne Blumen. Die 
Samen haben keinen Keim, alſo auch keine Samenlappen, 
ſondern beſtehen bloß aus einem Blaͤschen. 


Sechste Klaſſe. Cryptogamicae. 
(Siehe Seite 157) 
11. Ordnung. Filices. S. 158. | 
12. Ordnung. Mausci. 
Fam. Musci frondosi S. 159. 
Fam. Musci hepatici S. 159. 
13. Ordnung. Lichenes. S. 159. 
14. Ordnung. Algae. S. 160. 
15. Ordnung. Mycetes. S. 160. 


Verbeſſerungen. 

o. lies Cricetus ſtatt Gricetus 
* O. J. 2—4 ſt. 2 —9 

u. l. vielen ſt. 4. € 

u. l. Coniferae ft. Coniterae 
„ 0. I. frondosi ft. trondosi 


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