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GRÜNDRISS
der X..-.
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«• • *
I. Theil: Differential -ßecliiiTmg.
Von
Dr. M. Stegemann,
weiL Professor an der technischen Hochschule zu Hannover.
Sechste vollständig rangearbeitete und vermehrte Auflage
mit 154 Figuren im Texte,
herausgegeben
von
Dr. Ludwig Kiepert,
Professor der Mathematik an der technischen Hodischnle zn Hannover.
Hannover 1892.
Helwing'sche Verlagsbuchhandlung.
Alle Rechte vorbehalten.
\
Vorrede 2:ur ersten Auflage.
Bei der Bearbeitung der vorliegenden Schrift habe ich ge-
sucht, neben der Forderung wissenschaftlicher Strenge vor allen
Dingen der didaktischen Forderung möglichster Fasslichkeit zu
genügen.
In Betreff der speciellen Ausfuhrung bemerke ich, dass
ich mich bemüht habe, die Einsicht in den Gang der analytischen
Untersuchung durch graphische Darstellungen zu erleichtem,
und femer, dass ich bei schwierigen oder wichtigen Stellen die
Entwickelung der allgemeinen Theorie durch Erörterung eines
speciellen Falles eingeleitet habe.
Die grosse Anzahl von Beispielen und Anwendungen in
jedem Capitel, sowie die gelegentlichen Bemerkungen sind zu-
nächst für solche Leser bestimmt, welche durch Selbst- Studium
sich in der Wissenschaft weiter ausbilden und mehr befestigen
wollen; indess dürften sie auch dem Lehrer ein Mittel bieten,
um seine Schüler zur freien Selbstthätigkeit anzuregen.
In Betreff der äusseren Ausstattung ist die Verlagshandlung
sowohl wie die Drackerei allen meinen Wünschen bereitwillig
entgegengekommen.
Hannover, den 1. August 1862.
M. Stegemann.
Vorrede zur fünften Auflage.
Als d^m Unterzeicbneten der Auftrag ertheilt wurde, die
neue Auflage dieses Werkes herauszugeben, ahnte er noch nicht,
dass Aenderungen in so weitem Umfange nothwendig sein würden.
Erst bei der Bearbeitung überzeugte er sich davon, dass sehr
viele Lücken auszufüllen und zahlreiche Irrthümer, die sich in
den früheren Auflagen befinden, richtig zu stellen waren.
Neben den angedeuteten Mängeln besass aber das Buch von
Stegemann doch auch grosse Vorzüge, welche namentlich in
der leicht fasslichen Darstellung liegen, und welche durch den
verhältnissmässig schnell erfolgten Absatz von vier Auflagen
bestätigt werden.
Der Herausgeber hat sich bemüht, diese Vorzüge nach
Möglichkeit beizubehalten, ohne die wissenschaftliche Strenge und
Gründlichkeit ausser Acht zu lassen. Das Buch hat demnach
den Zweck, den Anfönger, — mag er nun an der Universität,
an der technischen Hochschule oder an irgend einer anderen
Bildungs-Anstalt studiren, an der höhere Mathematik getrieben
wird, — auf möglichst bequeme Weise mit den wichtigsten
Sätzen und Auj^aben der Differential -Rechnung vertraut zu
machen. Auch zum Selbst-Studium ist das Buch seiner ganzen
Anlage nach geeignet.
Für die Abgrenzung des Stoffes waren dem Herausgeber
im Grossen und Ganzen seine eigenen Vorträge an der tech-
nischen Hochschule in Hannover massgebend. Da die für diese
Vorträge verfugbare Zeit eine beschränkte ist, so war dadurch
auch für den Umfang des Buches ein Rahmen gegeben, so dass
VI Vorrede.
der Inhalt nicht so erschöpfend sein konnte wie z.B. bei Lehr-
büchern der Differential-Rechnung hervorragender französischer
Mathematiker.
Aber diese Beschränkung ist vielleicht gerade ein wesent-
licher Vorzug, weil die Fälle des Stoffes den Anfanger häufig
mehr verwirrt und abschreckt als fördert. Der vorliegende
Leitfaden soll daher eine feste und sichere Grundlage bieten,
welche dem Techniker genügen, dem Mathematiker aber eine
nützliche Vorbereitung zu weitergehenden Studien sein wird.
Als Anhang ist eine Tabelle der wichtigsten Formeln hin-
zugefügt, welche einerseits die Anwendungen sehr erleichtert,
andererseits aber ein durch langjährige Erfahrung erprobtes
Hülfsmittel bei Repetitionen ist.
Dem Herrn Verleger spricht der Herausgeber hierdurch
seinen verbindlichsten Dank aus fär das liebenswürdige Entgegen-
kommen, das allen seinen Wünschen entgegengebracht worden ist.
Hannover, im Juli 1887.
L. Kiepert.
Vorrede ztit sectisteii Auflage-
Die freundliche Aufiiahme, welche die fünfte Auflage in
weiten Kreisen geftinden hat, war für den Herausgeber ein An-
trieb, bei der Bearbeitung der neuen Auflage mit grösster Sorg-
falt die hervorgetretenen Mängel zu beseitigen und die vor-
handenen Lücken auszufüllen. Den Herren Lampe, von Man-
goldt, Franz Meyer, Runge und Voss, welche dabei den
Herausgeber durch werthvoUe Winke unterstützt haben, sei
hierdurch der verbindlichste Dank ausgesprochen.
Durch die angedeuteten Verbesserungen hat das Buch an
Umfang und Inhalt wesentlich zugenommen ; namentlich sind die
geometrischen Anwendungen vermehrt worden, auch hat eine
kurzgefasste Darstellung der Determinanten- Theorie Aufiiahme
gefunden. Die Figuren sind sämmtlich neu gezeichnet worden,
ihre Zahl ist von 66 auf 154 gewachsen.
Mit Rücksicht darauf, dass das Buch auch vielfach von
Studirenden der Mathematik benutzt worden ist, schien es
zweckmässig, noch mehr Gewicht auf wissenschaftliche Strenge
zu legen, als es in den früheren Auflagen geschehen war. Da
aber die elementare Art der Behandlung darunter nicht leiden
sollte, so war es nicht immer ganz leicht, den richtigen Mittel-
weg zu finden.
Durch die mühsame Umarbeitung und die erhebliche Er-
weiterung des Buches ist die Drucklegung etwas verzögert
worden. Der Herausgeber ist der Verlagsbuchhandlung für die
vm Vorwort.
Nachsicht, die ihm dabei gewährt worden, und für das bereit-
willige Entgegenkommen, das er bei allen seinen Wünschen
gefunden hat, zu aufrichtigem Danke verpflichtet.
Schliesslich sei noch mit bestem Danke die gütige Mitwirkung
des Herrn Petzold bei dem Lesen der Correctur hervorgehoben.
Hannover, den 15. November 1892. .
L Kiepert.
Inhalts -Verzeichniss.
Einleitung. g^.^
§ 1. Begriff und EintheiluBg der Functionen 1
§ 2. Geometrische Darstellung der Functionen 12
§ B. Functionen von mehreren Veränderlichen 15
§ 4. Begriff der Grenze 16
§ 5. Das unendlich Kleine und das unendlich Grosse 21
§ 6. Ueber die Rechnung mit unendlich kleinen Grössen .... 25
§ 7. Verschiedene Oi^dnungen der unendlich kleinen Grössen. . . 27
§ 8. Begriff der Stetigkeit . 36
Hülfsaätae aus der algebraischen Analysis.
§ 9. Der binomische Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten 51
§ 10. Geometrische Progressionen 58
§ 11. Erklärung der Zahl t 60
Differential-Bechnung.
Erster Theil.
Functionen von einer unabhängigen Veränderlichen.
I. Abschnitt.
Erklärung nnd Bildung der DHferential-Quofienten.
§ 12. Bildung des Differential -Quotienten einer stetigen Function
2/=/W 69
§ 13. Geometrische Deutung des Differential-Quotienten ..... 73
§ 14. Einige Lehrsäte» über Differential-Quotienten 76
§ 15. Differentiation der ganzen rationalen Functionen 78
§ 16. Üebungs-Beispiele 81
§ 17. Differentiation einer Potenz mit negativem ganzzahligen
Sxpon^iten 82
§ 18. Differentiation der logarithmischen Function /(a:) = log« . , 83
X Inhalts-Verzeichniss.
S«ite
§ 19* Differentiation der trigonometrischen Funcüonen sin o; im 85
§ 20. Differentiation der trigonometrischen Functionen tg x und ctgo; 86
§ 21. Differentiation der Producte und Quotienten 88
II. Abschnitt
Funetionen^von Functionen.
§ 22. Differentiation einer Function von der Form /(w) .... 99
§ 23. Uebungs-Au%aben 102
§ 24. Differentiation inverser Functionen, insbesondere der cyklo-
metrischen Functionen und der Function a» 104
§ 25. Uebungs-Beispiele 108
IIL Abschnitt.
AbleHttngen und Differentiale liöiierer Ordnung.
§26. Ermittelungen von /(♦») (a;) 114
§ 27. Uebungs-Beispiele 117
IV. Abschnitt.
Herleitung und Anwendungen der Taylor'schen und der Mac-Laurin'schen Reiiie.
§ 28. EntwiekeLung einer ganzen rationalen Function f{x'\-hYjnSi(:^
steigenden Potenzen von h 123
§ 29. Anwendung auf den binomischen Lehrsatz für positive ganz-
zahlige Exponenten 127
§ 30. Verallgemeinerung der gegebenen Entwickelungs-Methode . 128
§ 31. Bestimmung des Bestgliedes der Tayibr'schen Reihe nach
Lagrange 132
§ 32. Die Jfac-Xaurin^sche oder jS^tVZm^'sche Reihe 141
§ 33. Entwickelung der Functionen e* und a« 141
§ 34. Entwickelung der Functionen sino; und coso; 144
§ 35. Berechnung von Tafeln für die Functionen sin^r und cos^c . 147
§ 36. Andere Formen des Restgliedes .' . 150
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz 157
§ 38. Der Logarithmus 167
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen 170
§ 40. Partes proportionales 177
§ 41. Methode der unbestimmten Coefi&cienten 179
§ 42. Entwickelung der Function arctgo; nach steigenden Potenzen
von X , 181
§ 43. Berechnung der Zahl n durch Anwendung der Entwickelung
von arctg« 182
§ 44. Entwickelung der Function arcsin^i; nach steigenden Potenzen
von X 187
Inhalts- Verzeidmiss. XI
V. Abschnitt.
Convergenz der Reihen. Seite
§ 45. Erklärungen und vorbereitende Beispiele 189
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern 192
§ 47. Beihen mit positiven und negativen Gliedern 206
§ 48. Bedingte und unbedingte Convergenz «... 210
§ 49. Multiplication der Reihen 214
§ 50. Convergenz der Potenzreihen 216
§ 51. Convergenz der periodischen Reihen 218
VI. Abschnitt.
Maxima und Minima von eniwiciceHen Functionen einer Veränderliclien.
§ 52. Bedingungen, unter denen ein Maximum oder Minimum ein-
treten kann 223
§ 53. Aufgaben 229
§ 54. Entscheidung über das Erutreten eines Maximums oder Mini-
mums durch Untersuchung der höheren Ableitungen . . . 234
§ 55. Anwendungen 240
§ 56. Vereinfachungen der Rechnung, wenn f^{x) eine gebrochene
Function ist 244
§ 57. Aufgaben 245
Vn. Abschnitt.
Bestimmung von Ausdrücicen, welclie an der Grenze eine der unbestimmten Formen
^, g., 0.00, 00 — 00, 0«, «0, 1« liaben.
0 00
§ 58. Ausdrücke von der Form ^ 269
§ 59. Uebungs-Beispiele 272
§ 60. Ausdrücke von der Form ^ 275
§ 61. Uebungs-Beispiele 278
§ 62. Ausdrücke von der Form O.oo .280
§ 63. Uebungs-Beispiele 281
§ 64. Ausdrücke von der Form oo — co 283
§ 65. Uebungs-Beispiele 284
§ 66. Ausdrücke von der Form 0», aoO, 1«* 286
§ 67. Uebungs-Beispiele 286
§ 68. Zusammentreffen unbestimmter Formen 290
Vm. Abschnitt.
Differentiation der nicht entwiclcelten Functionen.
§ 69. Differentiation einer Function von der Form F{uy t?) . . . 293
§ 70. Herleitung der allgemeinen Regel fiir die Differentiation der
nicht entwickelten Functionen 298
XII luhalts-Yerzelchiiiss.
S«it«
§ 71. Uebungs-Beispiele 301
§ 72. Ableitungen höherer Ordnung 303
§ 73. Uebungs-Beispiele 303
§ 74. Anwendung auf die Theorie der Maxima und Minima von
nicht entwickelten Functionen einer Veränderlichen .... 306
§ 75. Uebungs-Beispiele 308
IX. Abschnitt.
Vertausdiiing der Abhängigkeit to veriatoiiciMn Grössen.
§ 76. Bildung der Gbrössen p und q, wenn x und y Functionen von
t sind 311
§ 77. Uebungs-Beispiele 313
§ 78. Behandlung des Falles, in welchem y die unabhängige Ver-
änderliche wird 317
§ 79. Uebungs-Beispiele 319
X. Abschnitt.
Untersudiung von Curven, die auf ein reciitwinliiises CoonHnafen- System
imzogen sind.
§ 80. Tangenten und Normalen 321
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven 323
§ 82. Asymptoten einer Curve 343
§ 83. Anwendungen auf einzelne Curven 353
§ 84. Ooncavität, Convezität, Wendepunkte . 362
§ 85. Anwendungen auf einzelne Curven 367
§ 86. Berührung (oder Osculation) n^ Ordnung 373
§ 87. Anwendungen auf eLozehie Curven 375
§ 88. Krümmung der Curven 381
§ 89. Anwendungen auf einzehie Curven 384
§ 90. Die Ejrümmungsmittelpunkts-Curven oder Evoluten .... 394
§ 91. Anwendungen auf einzehie Curven 399
XI Abschnitt.
Untersucliung von Curven, die auf ein Poiarcoordinaten-System Itezogen sind.
§ 92. Tangenten und Normalen 410
§ 93. Anwendungen auf einzelne Curven 414
§ 94. Krümmungskreis und Krümmungsmittelpunkts-Curven . . 422
§ 95. Anwendungen auf einzelne Curven 423
XII. Abschnitt.
Tlieorie der Determinanten.
§ 96. Einleitung 429
§ 97. Bildung einer Determinante n*^ Ordnung aus n^ Elementen 431
Inhalts-VerzeiGlmiss. ^1^1
Seit«
§ d8. Einige Sätze aus der Permutatioiislehre ........ 432
§ d9. Eigenschafben der Determinanten 436
§ 100. Zerlegung der Determinanten 440
§ 101. Anwendung auf die Auflösung von n linearen Gleichungen
mit n Unbekannten 445
§ 102. Vereinfachungen bei Ausrechnung der Determinanten. . . 447
§ 103. Mrdtlplication der Determinanten 450
§ 104. Homogene, lineare Gleichungen mit n Unbekannten . . . 453
§ 105. Anwendungen auf einzelne Aufgaben 454
Zweiter Theil.
Functionen von mehreren unabhängigen Veränderlichen.
XTTT. Abschnitt.
DHferentiaiion der Functionen von mehreren von Einander unabhängigen
VerSnderltelwn.
§ 106. Differentiation einer Function von zwei von einander un-
abhängigen Veränderlichen 460
§ 107. Aufgaben 464
§ 108. Differentiation der Functionen von mehreren von einander
unabhängigen Veränderlichen 465
§ 109. Wiederholte Differentiation einer Function von mehreren
Veränderlichen 469
§110. Uebungs-Aufgaben 472
§ 111. Vollständige Differentiale höherer Ordnung 473
§ 112. Nicht entwickelte Functionen einer Veränderlichen, gegeben
durch simultane Gleichungen 480
XIV. Abschnitt.
Anwendungen auf die analytische Geometrie der Ebene und des Raumes.
§ 113. Bestimmung der Tangenten und der Normalebenen bei einer
Ourve im Räume 483
§ 114. Uebungs-Aufgaben 486
§ 115. Tangenten und Tangential-Ebenen an eine beliebige krumme
Fläche 489
§ 116. Uebungs-Aufgaben 493
§ 117. Theorie der Enveloppen 495
§ 118. Uebungs-Aufgaben 499
§ 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte 506
§ 120. Uebungs-Au%aben 511
§ 121. Mehrfache Punkte 515
§ 122. Spiteen oder Rückkehrpunkte 517
XIV Inhalts- Verzeichniss.
XV. Abschnitt.
HerleHung und Anwendungen der Taylor'schen Reibe für Functionen von melvoroR
VerSnderliclien. seiu
§ 123. Die Taylor^scke Reihe für Functionen von mehreren Ver-
änderlichen 522
§ 124. Homogene Functionen 525
§ 125. Maxim a und Minima der Functionen von zwei Veränderlichen 532
§ 126. Geometrische Deutung der vorhergehenden Untersuchungen 539
§ 127. Maxima imd Mininnn. der Functionen von drei oder mehr
unabhängigen Veränderlichen 543
§ 128. Aufgaben 548
§ 129. Maxima und Minima mit Nebenbedingungen 554
§ 130. Aufgaben 558
XVI. Abschnitt.
Tiieorie der complexen GrSssen.
§ 131. Erklärung der complexen Grössen 568
§ 132. Einige Sätze über complexe Grössen. Moivre'ach.e Formeln 571
§ 133. Geometrische Darstellung der complexen Grössen .... 574
§ 134. Vier Sätze über die absoluten Beträge 579
§ 135. Unendliche Reihen nüt complexen Gliedern 581
§ 136. Functionen einer complexen Veränderlichen , 583
§ 137. Zusammenhang der Exponential-Function mit den trigono-
metrischen Functionen 585
§ 138. Logarithmen der complexen Grössen 590
§ 139. Zusammenhang der Functionen Ix und arctga: 591
§ 140. Auftreten complexer Wurzeln einer Gleichung 592
Tabelle der wichtigsten Formeln aus der Differential-Bechnung . . 594
Einleitung.
§1.
Begriff und Eintheilung der Functionen.
Erklärung. Eine Grösse heisst variabel oder veränderlichj
wenn sie im Verlaufe derselben Untersiu:hung nach und nach
verschiedene Werthe annehmen darf; eine Grösse heisst dagegen
constant oder unveränderlich^ wenn sie im Verlaufe derselben
Untersuchung denselben Werth beibehält.
Die unveränderlichen Grössen werden gewöhnlich mit den
ersten Buchstaben des Alphabets, also mit
a^ Oj c, • • • ,
oder mit
oder mit
«, /^, r, . . .
bezeichnet. Zum Unterschiede davon werden die veränderlichen
Grössen gewöhnlich mit den letzten Buchstaben des Alphabets,
also mit
^> y> ^?
oder mit
w, ü, w^
oder mit den x^ y, z entsprechenden griechischen Buchstaben
bezeichnet.
Man kann den Werth einer (veränderliclien oder unver-
änderlichen) Grösse auch durch die Lage von Punkten auf einer
geraden Linie geometrisch darstellen, wenn auf derselben ein
Stegemann- Kiepert, Diflferential-Hecliiiung. \
2 § 1. Begriff und Eintheilung der Functionen.
fester Punkt 0 als Anfangspunkt gegeben ist. Sind z. B. in
Figur 1 die Strecken
OÄ = a, OP— X, OB = J,
Fig. 1. ? > ?
SO entsprechen die Punkte A, P, B
*-* ■ ""^ — den Werthen a, x, b. Die Massein-
heit, durch welche dabei die Strecken
gemessen sind, ist beliebig; dagegen muss man festsetzen, dass
die Punkte auf der einen Seite des Anfangspunktes 0, z. B. auf
der rechten Seite von 0, positicen Zahlwerthen entsprechen;
dann müssen alle Punkte, welche negaticen Zahlwerthen ent-
sprechen, auf der anderen Seite von 0 liegen.
Gewöhnlich denkt man sich x in der Weise veränderlich,
dass X alle Werthe zwischen zwei constanten Werthen a und b
annehmen kann. Der Punkt P, welcher x entspricht, durch-
läuft dann in Figur 1 die Strecke von A bis B, Deshalb sagt
man in diesem Falle: x durchläuft das Intervall von a bis b.
Wenn a gleich — oo und J = + oo wird, so darf die Veränder-
liche X alle Werthe zwischen — oo und + oo annehmen, und
der Punkt P durchläuft die ganze unbegrenzte gerade Linie.
Wenn man zwischen zwei veränderlichen Grössen x und y
eine Gleichung aufetellt, so sind diese beiden Grössen dadurch in
eine gegenseitige Abhängigkeit gebracht, und zwar so, dass die eine
Grösse, z. B. y, nur einen oder mehrere ganz bestimmte Werthe
haben kann, sobald der Werth der anderen veränderlichen
Grösse x gegeben ist. Es sei z. B.
(1.) y = a:2 + 3;r — 2,
dann wird y = + 8, wenn x = — 5,
y = + 2, „ ar = — 4,
y ■= 2, „ a; = 3,
y = — 4, „ a: = — 2,
y = — 4, „ X — — 1,
y = — 2, „ a;= 0,
y = + 2, „ X- + 1,
y = + 8, „ a: = + 2,
Hätte man in der Gleichung (1.) beliebige Werthe für y ange-
nommen, so wären dadurch die entsprechenden Werthe von x
§ 1. Begriff und Eintheilung der Functionen. ä
ebenfalls bestimmt gewesen. Weil aber die Grieichung (1.) in
Bezug auf x vom zweiten Grade ist, so entsprechen jedem be-
liebigen Werthe von y zwei Werthe von x. So sind z. B. dem
Werthe
y = +2
die beiden Werthe
zugeordnet. Die veränderliche Grösse a-, deren Werthe man be-
liebig annimmt, nennt man die unabhängige Veränderliche oder
das Argument ; die andere veränderliche Grösse y dagegen nennt
man die abhängige Veränderliche oder die Function der ei*steren.
In der Gleichung (1.) wurde also zuerst x als die unab-
hängige Veränderliche und y als eine von x abhängige Veränder-
liche, d. h. als eine Function von x betrachtet.
Gewöhnlich ist das Gesetz der Abhängigkeit zwischen einer
Function y und der unabhängigen Veränderlichen x durch eine
Gleichung zwischen x und y gegeben. Ganz allgemein kann
man aber den Begiiff der Function in folgender Weise erklären :
Fine veränderliche Grösse y heisst eine Function einer an-
deren veränderlichen Grösse x in dem Intervalle von x^= a bis
X = bj wenn jedem Werthe von x in diesem Intervalle ein Werth
(oder mehra^e WertheJ von y nach ei?iem bestimmten Gesetze
zugeordnet sind.
So ist z. B. der Umfang eines Ki'eises eine Function von
dem Halbmesser des Kreises. Dasselbe gilt vom Flächeninhalt
des Kreises. Diese Functionen können, auch durch die Glei-
chungen
y = 2x7r, y = x^TT
dargestellt werden.
Ebenso sind Oberfläche und Volumen einer Kugel Func-
tionen von dem Halbmesser der Kugel, welche bezw. durch die
Gleichungen
y = 4:X^7r, y = — —
dargestellt werden.
Bei diesen Beispielen war der Halbmesser als eine verän-
derliche Grösse betrachtet worden. Lässt man aber den Halb-
4 § 1. Begriff und Eintheilung der runctionen.
messer unveränderlich^ SO kann man die Sehne, das Segment und
den Sector des Kreises als Functionen des zugehörigen Centri-
winkels ansehen.
Femer ist die Intensität des Lichtes eine Function von der
Entfernung des leuchtenden Punktes ; die Spannkraft des Dampfes
ist eine Function seiner Temperatur; die Geschwindigkeit eines
fallenden Körpers ist eine Function der Fallzeit; die Schwin-
gungsdauer bei einem Pendel ist eine Function seiner Länge,
u. s. w.
Wie schon oben erwähnt wurde, kann man die Abhängig-
keit der Function von der unabhängigen Veränderlichen häufig
durch eine Gleichung ausdrücken. Demnach sind z. B. folgende
Ausdrücke Functionen von x\
y = a:2 + 3a: — 2, y = ^x^ — Ix^ + 2x— 11,
_2£— J. _ 1 3.r + 4
^~ar + 3' ^"^ X x^ + x'
2
,/ — X + y «2 — ^"i
y = yx, y = '
X — y a^ — x^
y = sinar, y = cosa:,
y = tga;, y — ctga:,
y = log.r, y = log(sina:),
y = a«=, y = J* + J-a=,
y :=^ a^ -{- h cosa: — cx^.
Ist die Abhängigkeit zwischen x und y durch eine nach y
aufgelöste Gleichung gegeben, wie das in den soeben erwähnten
Beispielen geschehen ist, so nennt man y eine entwickelte (oder
explicite) Function von x.
Ist dagegen die Gleichung zwischen x und y nicht nach y
aufgelöst, so nennt man y eine unentwickelte (oder implicite)
Function von x. Durch die Gleichungen
xy'^ — 3a:2y2 _|. ^2x^ — b)y — x^ = 0,
yi _ ^xy + 4a:2 — 7a: + 3 = 0,
y* — COSa: + a:** + 7 = 0
ist z. B. y als unentwickelte Function von x gegeben.
§ 1. Begriff und Eintheilung der Functionen. 5
In vielen Fällen ist es möglich, y als eine entwickelte Func-
tion von X darzustellen, obgleich y als eine unenttmckelte Func-
tion von X gegeben ist. Aus
folgt z. B.
und aus
folgt
yi _ ^xy + 4a;2 — 7ii; + 3 = 0
y = 2x±Ylx — ^\
y* — COS:r + :k« + 7 = 0
y = ]/^cosa: — af^ — 7.
Will man andeuten, dass y eine entmckeUe Function von x
ist, so schreibt man gewöhnlich
y =f{x)^ oder y = F{x\ oder y = q){x\ oder y = (l>{x).
Hat man es mit mehreren Functionen zu thun, die man
von einander unterscheiden wiU, so geschieht dies durch Indices,
indem man schreibt
/iWj M^)^ M^)^ '"fn{x).
Will man andeuten, dass y eine unentwickelte Function von
X ist, so schreibt man gewöhnlich
f{x, y) = 0, oder I{x, y) = 0, oder y(a?, y) = 0.
Man denkt sich dabei die Gleichung zwischen x und y so
umgeformt, dass auf der rechten Seite nur 0 stehen bleibt.
/ Aus den angeführten Beispielen erkennt man auch, dass
jedem Werthe der unabhängigen Veränderlichen x nicht immer
nur ein Werth der Function y entspricht, sondern dass häufig
jedem Werthe von x mehrere Werthe von y zugeordnet sind.
Demnach muss man eindeutige und mehrdeutige Functionen
miterscheiden.
In einer Gleichung zwischen x und y wurde bisher x als
diejenige Veränderliche angesehen, deren Werth man beliebig
annehmen durfte. Mit demselben Rechte kann man aber auch
y als die unabhängige und x als die abhängige Veränderhche be-
trachten. Das giebt den Satz;
Wenn y durch eine Gleichu?ig als eine entwickelte oder un-
entwickelte Minction von x gegeben ist, so ist auch x eine Func-
6 § 1. Begriff und Eintheilung der Functionen.
tion von y, oder mit anderen Worten: Die durch eine Gleichung
gegebene Abhängigkeit zwischen zwei veränderlichen Grössen x
und y ist eine gegenseitige.
Daraus ergiebt sich auch die Erklärung solcher Functionen,
welche aus bereits bekannten Functionen durch Vertauschung
der abhängigen mit der unabhängigen Veränderlichen, d. h.
,,durch Umkehrung der Functionen^^ hervorgehen.
Es sei
(2.) y=J-,
dann kann auch x als eine Function von y betrachtet werden,
und zwar wird diese Function der ^^Logarithmus^^ von y mit
der Basis b genannt. Dies giebt die Gleichung
(2a.) a; = logy;
gleichzeitig folgt hieraus die Erklärung: Der Logarithmus einer
Zahl y ist der Exponent^ zu dem die Basis b erhoben weiden
muss, damit man y erhält.
Die Gleichungen (2.) u. (2 a.) sagen also genau dasselbe aus.
Ein zweites Beispiel liefert die Gleichung
(3.) y = sina-.
Es sei aber hier zunächst darauf hingewiesen, dass man in
der Differentialrechnung bei den trigonometrischen Functionen
sin AT, COSa:, tga:, ctga:
unter x nicht einen Winkel, sondern das Verhältniss des dem
Centriwinkel entsprechenden Kreisbogens zum Halbmesser des
Kreises versteht. Macht man den Halbmesser der Einheit gleich,
so ist X die Länge des Kreisbogens. Einem Winkel von 360"
entspricht also der Bogen 27r, nämlich der Umfang des ganzen
Kreises mit dem Radius 1, einem Winkel von 1" entspricht da-
her der Bogen
und einem Winkel von a® entspricht der Bogen
an
180
= tt. 0,017 453 29.
§ 1. Begriff und Eintheilung der Functionen.
In Figur 2 sei deshalb
MA = 31B = 1,
dann mitspricht dem Centriwinkel
AMB oder a der Bogen
Fig. 2.
AB — x =
180*
Dies vorausgeschickt, ist der Sinn der
Gleichung (3.) der, dass x der Bogen
(arcus) ist, dessen Sinus (OB) gleich y wü'd. Dasselbe soll
auch die Gleichung
(3 a.) X = arc sin y
(sprich: X gleich Arcus Sinus y) aussagen, nämlich x ist gleich
dem Arcus, dessen Sinus gleich y ist.
In ähnlicher Weise sind die Gleichungen
a; = arc cos y,
a; = arc tg y,
a; = arc ctg y
(4.) y = cosa; und (4 a.)
(5.) y =ztgx und (5 a.)
(6.) y == ctg a: und (6 a.)
gleichbedeutend.
Diese Functionen
arc sin x, arc cos x, arc tg a:,
welche durch TJmkehrung aus den trigonometrischen Functionen
abgeleitet werden, heissen cykhmetrische Functionen.
arc ctga;.
Die entwickelten Functionen theilt man nun wieder ein in
algebraische und transcendente Functionen, und zwar ist y eine
algebraische Function von ^r, wenn y einem Ausdrucke gleich ist,
welcher aus x und aus constanten Grössen nur durch die ge-
wöhnlichen algebraischen Operationen, nämlich nur durch Addi-
tion^ Subtraction^ Multiplication, Division und TVurzelatcsziehung
gebildet ist.
Ist dieses nicht der Fall, so ist y eine transcendente Func-
tion von X. Durch jede der Gleichungen
(7.) y=:2x^ + S Yx — x^ |/x
3a;2+7a:— 11
(8.)
y =
2a; + 5
— 13a: + 9,
8 § 1. Begriff und Eintheiluiig der Functionen.
(9.) y = }/
2a;2 + 3a; — 8
a: + 1 1/ yx+ 2
wird daher y als eine algebraische Function von x erklärt;
durch jede der Gleichungen
(10.) y = sina:, y = cosrr, y = tga:, y = ctg2;,
(11.) y = a*, y = logar,
(12.) y = 3sin:r + 4cos:c ,
(13.) y = a* +2]/T+a;3 — c
dagegen wird y als eine trancendente Function von x erklärt.
Die algebraischen Functionen werden wieder eingetheilt in
rationale und irrationalcj und die rationalen Functionen werden
weiter eingetheilt in ganze rationale und in gebrochene ratiofiale
Functionen.
1) Die ganzen rationalen Functionen werden am der unab-
hängigen Veränderlichen x und aus constafiten Grössen nur durch
die Operationen des Addirens, des Subtrahirens und des Mutti-
plicirens gebildet,
(Die Division und die Wurzelausziehung sind also hierbei
ausgeschlossen.)
Es ist z. B.
y = 3:c* — ^x^ + |:c2 _ n^ + |
eine ganze rationale Function von x, denn sie ist aws x und den
Constanten Grössen 3, ^, |, 11, | nur durch Addition, Subtrac-
tion und Multiplication zusanunengesetzt.
Bemerknngr.
Da hierbei die Brüche -|, -f, -f vorkommen, so könnte man glau-
ben, die Bildung dieser Function widerspräche der soeben angegebenen
Regel, indem diese Brüche durch Division entstanden seien.
Dieser Einwand ist aber deshalb unbegründet, weil die Besultate
dieser Division selbst wieder constante Grössen sind, die man bei der
Bildung einer ganzen rationalen Function beliebig verwenden darf.
Femer ist zu beachten, dass die Potenzen von x, also
•V ""^ XSvf X ^^~ XXXy X/ ^■~' XXSvXj ...
durch MultipHcation entstanden sind, so lange der Exponent eine posi-
tive, ganze Zahl ist.
§ 1. Begriff und Eintheilaiig der Functionen. 9
Die Function
y = aa: + a^
heisst eine ganze rationale Function ersten Grades^ weil x (ohne
dass Klammern auftreten) nur in der eraten Potenz vorkommt.
Ebenso heisst
y = ax^ + a^x + «2
eine ganze rationale Function zweiten Grades,
y = ax'^ + a^x'^ + (^i^ + 0.3
eine ganze rationale Function dritten Grades,
y = ax^ + aja:'*"^ + a.jaf^-^ + ... + «n-i ^ + «n
eine ganze rationale Function w^** Grades, weil (ohne dass Klam-
mem auftreten) die höchste Potenz von x, welche vorkommt,
a:** ist.
Die Gleichung
y = öa:« + a^a;**-^ + aj^"^ + ... + an~\x + a«
giebt auch diejenige Form an , auf welche jede ganze rationale
Function gebracht werden kann, wenn man sämmtliche Klam-
mem auflöst. Ist z. B.
y = (2ar2— 3a:+ll)(3a:— 5)+a:[(2a;+3)(a:+2)+(a:— 1) (a'+l) — 7],
so findet man, indem man alle Klammem auflösst und die
Glieder mit gleichen Potenzen von x vereinigt,
y = 6^:3 — 19^:2 + 48a: — 55 -f ir [(2a;2 + 7a?-f6)+ (a;2 — 1) — 7]
= 9a:3 _ i2a;2 + 46a: — 55.
/ Dieses Verfahren fährt immer zum Ziele, wie auch die
Function durch Addition, Subtraction und Multiplication gebildet
sein mag, wenn nur die Anzahl der angewendeten Operationen
eine endliche ist Unter dieser Voraussetzung kann man näm-
lich zunächst die innersten Klammem auflösen, d. h. diejenigen
Klammerausdrücke, in denen keine weiteren Klammem stehen,
und in den gefundenen Resultaten die Glieder vereinigen, welche
mit gleichen Potenzen von x multiplicirt sind. Indem man dieses
Verfahren fortsetzt, kann man nach und nach alle Klammem
auflösen, die Glieder mit gleichen Potenzen von x vereinigen und
nach fallenden Potenzen von x ordnen.
Um anzudeuten, das y eine ganze rationale Function von x
ist, schreibt man
y = ^(^)j ^der y = G(x).
^Ö § 1. Begriff und Eintheilung der Functionen.
2) Die gebrochenen rationalen Functionen werden aus der
unabhängigen Vei*änderlicheti x und aus constauten Grössen ge-
bildet durch Addition j Subtraction^ MuUiplication und Division,
So sind z. B.
ax*^ — b
_1 Ix
^ " X 2a: — 3'
5a: + 2 "*" 3a: — 4
y= 1 3^^
2a: 2a: + 5
gebrochene rationale Functionen von x. Hier tritt also zu den
Operationen, welche bei der Bildung von ganzen rationalen
Functionen zulässig waren, noch die Division hinzu. Wie oft
aber auch die Division bei der Bildung einer gebrochenen ratio-
nalen Function verwendet sein mag, es lässt sich die Function
immer so umformen, dass bei ihrer Bildung nur eine einzige
Division vorkommt. Es gilt nämlich der Satz:
Jede gebrochene rationale Function lässt sich darstellefi ah
Quotient von zwei ganzen rationalen Functionen^ d. h. es lässt
sich jede gebrochene rationale Function auf die Form
ax^ + a^a:*»""* + ... 4- an^\x + öJn
^ "" J^*» + Jia:"»-^ + ... + b,n-\x + 6«
biingen.
f Der Beweis dieses Satzes folgt dai^aus, dass man Brüche
addirt oder subtrahirt, indem man sie auf gleichen Nenner bringt
und die Zähler addirt oder subtrahirt, dass man femer Brüche
mit einander multiplicirt, indem man Zähler mit Zähler und
Nenner mit Nenner multiplicirt, und dass man endlich Brüche
durch einander dividirt, indem man den Divisor umkehrt mid
dann multiplicirt. Alle diese Operationen liefern, wenn sie auf
Quotienten von ganzen rationalen Functionen angewendet werden,
als Endresultat wieder den Quotienten von zwei ganzen rationalen
Functionen.
Führt man also bei der Bildung einer gebrochenen rationa-
len Function alle Additionen, Subtractionen, Multiplicationen und
§ 1. Begriff und Eintlieiluiig der FunctionezL H
Divisionen in der gehörigen Reihenfolge wii'klich aus, indem
man immer nur mit Brüchen opeiirt, welche schon die vor-
geschiiebene Foim haben, so kann man schliesslich die Function
selbst auf diese vorgeschiiebene Form bringen.
Es ist z. B.
2x — S . Sx — 2
+
X 1 X + 1 , _
y= ^ +7x
X — 2
5x^ — 6a; — 1
X
x — 2
bx'^ — 6x—l x — 2
xP- — 1 X
5:i;3— 16a:2+ \\x-\- 2
•^Ix
X^ X
+ Ix
7x^ + 5a:3 _ 2Bx^ + Ux + 2
X^ — X
Bekanntlich ist
deshalb sind Potenzen von x mit negativen ganzzahligen Expo-
nenten auch gebrochene rationale Functionen von x.
^ Um anzudeuten, dass y eine (ganze oder gebrochene) ratio-
nale Function von x ist, schreibt man gewöhnlich
y = It{x).
3) Die irrationalen Functionen werden aus der unabhängigen
Veränderlichen x und aus constanten Grössen gebildet durch Ad-
dition^ Subtraction, MuÜiplication^ Division und Wurzelausziehung -
Hier tritt also noch die Wurzelausziehung hinzu.
Durch die Gleichungen
12 § 2. Geometrische Darstellang der Functionen.
y = J/2a:2— 7 = {2x^ — 7)t,
_ Yx — 3 |/2a:2 _ 3;g 4. 5
werden also irratiofiale Functionen erklärt. Man erkennt aus
diesen Beispielen, dass Potenzen von x mit gebrochenen (posi-
tiven oder negativen) Exponenten irrationale Functionen von x
sind, denn es ist
Bemerkung,
Bei dieser Eintheilang der Fanctionen handelt es sich nur um ent-
wickelte Functionen; nimmt man aber die unentwickelten Functionen
hinzu, so erweitert sich der Begriff der algebraischen Functionen, und
zwar heisst dann y eine algebraische Function von x, wenn y die VITurzel
einer Gleichung von der Form
Oo{x) . y^ + Gdx) • y'*-^ + . . . -h On-\(x) • y+Gn(x) = 0
ist, wobei Goix), G\{x\ ... Gn-\{x), Gn(x) sämmtlich ganze rationale
Functionen von x sind. Vorläufig können aber solche algebraische
Functionen übergangen werden.
§2.
y. Geometrische Darstellung der Functionen.
Von dem Verlaufe einer Function kann man sich auf zwei-
fache Weise eine Vorstellung machen, erstens durch eine Tabelle
und zweitens durch eine Figur.
Solche Tabellen sind z. B. füi* die Fimctionen log^-,
log (sin ä;), log(cos:c},.. . hergestellt und zwar in der Weise,
dass in der einen Colonne die verschiedenen Werthe von x und
in der anderen Colonne die zugehörigen Werthe von y stehen,
z. B.
§ 2. Geometrische Darstellung der Functionen.
y = \0%x
13
X
1
2
3
4
0
0,3010300
0,4771213
0,602 0600
Das andere Mittel bietet die analytische Geometrie. Sind
nämlich in einer Ebene zwei sich schneidende gerade Linien OX
und OY gegeben (Fig. 3), und legt man durch einen beliebigen
Punkt P die Gerade RP parallel zu OX und die Gerade QP
parallel zu 0 F, so erhält man ein Pa-
rallelogramm 0 Q PJR, in welchem
OQ^ RP^ X,
OIt== QP=^y
die Coordinaten des Punktes Pheissen,
und zwar nennt man x die Äbsdsse und
y die Ordinate des Punktes P. Die
gegebenen Geraden OX und O Y heissen
die Coordinaten- Axen, und zwar heisst
OX die Abscissen-Axe oder X-Axe, OY heisst die Ordinaten-
Axe oder Y-Axe^ und ihre Zusammenstellung heisst ein Parallel-
Co(yrdinatensystem. Dabei nennt man 0 den Nullpunkt oder
den Anfangspunkt des Coordinatensystems.
Durch die Lage des Punktes P sind also seine Coordinaten
X und y bestimmt ; umgekehrt ist aber auch die Lage des Punlt-
tes P bestimmt, wenn seine Coordinaten x und y gegeben sind.
Schneidet man nämlich OQ=^x von 0 aus auf der X-Axe und
OR = y von O aus auf der Y- Axe ab , so schneiden sich die
Geraden, welche man bezw. durch R parallel zur X-Axe und
durch Q parallel zur r--4xe legt, im Punkte P.
Allerdings ist diese Construction nur dann eindeutig, wenn
man die eine Seite der X-Axe, z. B. die rechts von 0 als die
positive und deshalb die andere Seite als die negative festsetzt,
so dass OQ=^x auf der positiven oder negativen Seite abzu-
tragen ist, je nachdem x einen positiven oder negativen Werth
14
§ 2. Geometrische Darstellung der Functionen.
hat. Ebenso muss man auf der Y-Axe die eine Seite, z. B. die
über der X-Axe als die positice und deshalb die andere als die
negative festsetzen.
Für viele Untersuchungen ist es am bequemsten, ein „recht-
vnnkliges^ Coordinatensystem zu Grunde zu legen, bei welchem
die Coordinaten-Axen sich rechtwinklig schneidea. Das Paral-
lelogramm OQPR wird dann ein Rechteck.
Betrachtet man nun x und y als die rechtwinkUgen Coor-
dinaten eines Punktes, so entspricht jedem Werthepaare dei: eben
beschriebenen Tabelle ein Punkt. Da man den Untersclued
zwischen je zwei auf einander fol-
genden Werthen von x beliebig klein
machen kann, so wird die Anzahl
dieser Punkte beliebig gross; auch
werden im Allgemeinen die auf ein-
ander folgenden Punkte einander be-
liebig nahe liegen und dadurch eine
stetig verlaufende Curve bestimmen,
welche der Gleichung
y = f(x)
entspricht. Ist z. B.
(1.) y = x^ + Sx- 2,
so ergiebt sich die Tabelle
Figr, 4.
riW
X
y
— 5
+ 8
— 4
+ 2
— 3
— 2
— 2
— 4
1
— 4
0
9.
+ 1
+ 2
+ 2
+ 8
• .
• •
und daraus die in Figur 4 dargestellte Cuive.
§ 3. Functionen von mehreren Veränderlichen. 15
Ein zweites Beispiel liefert die Gleichung
(2.) :r2 + y2 _ 25 = 0,
oder
(2 a.) y = ±lA25 — z\
Die Curve, welche dieser Gleichung entspricht, ist in Figur 5
dargestellt.
Liegt die einer Gleichung zwischen x und y entsprechende
Curve gezeichnet vor, so kann man zu jedem Werthe von x
einen zugehörigen Werth von y finden, indem man im Abstände
X eine Parallele zur F-Axe zieht, welche die Curve in einem
oder in mehreren Punkten P schneidet. Der Abstand eines
solchen Punktes P von der X-Axe ist dann ein zugehöriger
Werth von y.
Möglicher Weise wird diese Parallele die Curve in gar
keinem Punkte schneiden. Dies tritt in dem zweiten Beispiele
ein, wenn x^>2b ist; dann wird nämlich y imaginär.
§ 3.
Functionen von mehreren Veränderfichen.
Besteht eine Gleichung zwischen rfm Veränderlichien x^ y,
;?, ist z. B.
2: = 3:r2- Ixy + 112/2,
so lieisst z eine Function der beiden Veränderlichen x und y,
weil jedem Werthepaare x^ y ein Werth (oder mehrere Werthe)
von z nach einem bestimmten Gesetze zugeordnet ist.
So ist z. B. der Flächeninhalt eines Dreiecks ( ^ | eine
(f)*
Function der Grundlinie g und der Höhe h ; das Volumen eines
— ^j ist eine Function vom Halbmesser r des
Grundkreises und von der Höhe h.
Ebenso giebt es Functionen von drei oder mehr Veränder-
lichen. Das Volumen eines Kegelstumpfes
16 § 4. Begriff der Grenze.
ist eine Function der Höhe h und der Halbmesser r^ und r^^ der
beiden begrenzenden Kreise.
Die Schwingungszahl einer gespannten Saite ist eine Func-
tion ihrer Länge, ihrer Dicke und der spannenden Gewichte.
Die Zinsen, welche ein ausgeliehenes Capital bringt, sind
eine Function des Capitals, der Zeit und des Zinsfiisses.
Um anzudeuten, dass y eine Function von n Veränderlichen
ar^, a:2, ... x^ ist, schreibt man
y =y (^ij ^2> • • • ^'*)?
oder
oder
y = y>(x^j X2j ... Xn).
Die Functionen von mehreren Veränderlichen kann man in
derselben Weise eintheilen wie die Functionen von einei' Ver-
änderlichen; es giebt also auch hier eindeutige und mehr deutig e^
entwickelte und unentwickelte Functionen.
Die entwickelten Functionen werden eingetheilt in alge-
braische und transcendente. Dabei unterscheidet man unter den
algebraischen Functionen je nach ihrer Bildung aus den unab-
hängigen Veränderlichen und constanten Grössen gerade so wie
bei den Functionen mit einer Veränderlichen
1) ganze rationale Functionen,
2) gebrochene rationale Functionen,
3) irrationale Functionen.
Alle übrigen Functionen heissen transcendent
§4.
^ Begriff der Grenze.
(Vergl. die Fonnel-Tabelle Nr. 1.)*)
Wenn eine veränderliche Grösse X (oder eine Reihe von
Grössen X^, X2, X3, . . .^ sich einer constanten Grösse A immer
mehr nähert^ so dass schliesslich der Unterschied zwischen X und
*) Die wichtigsten Formeln sind im Anhange zu einer Tabelle zu-
Bam mengestellt.
§ 4. Begriff der Grenze. 17
A {bezw. zwischen Xn und A für hinreichend grosses n) heUebig
klein wird^ so heisst A die Grenze {limes) von X, hezw, von Xn*
Dabei kann es vorkonunen, dass X immer kleiner bleibt
als die Grenze A, oder dass X immer grösser bleibt als die
Grenze A ; es kann aber auch vorkommen, dass diese veränder-
liche Grösse X bald grösser ist, bald kleiner als die Grenze A^
der sie sich nähert. Es kann auch vorkommen, dass für ge-
wisse Werthe von n der Unterschied zwischen X» und A kleiner
ist als der Unterschied zwischen Xn+i und A^ wenn nur für
hinreichend grosse Werthe von n dieser Unterschied beliebig
Alein gemacht werden kann.
Um auszudrücken, dass A die Grenze von X ist, schreibt
man
^ = limX.
Beispiele.
1) Der Umfang eines Kreises ist die Grenze vom Umfange
des dem Kreise einbeschriebenen regelmässigen n-Ecks, wenn die
Anzahl der Seiten immer grösser und grösser wird, denn der
Unterschied zwischen beiden wird beliebig klein, wenn man n
hinreichend gross macht.
Ebenso kann der Umfang des Kreises als Grenze des dem
Kreise umschriebenen regelmässigen »-Ecks angesehen werden.
2) Auch die Fläche des Kreises ist die Grenze vom Flächen-
inhalt des dem Kreise einbeschriebenen und ebenso des umschrie-
benen /J-Ecks, wenn n immer grösser und grösser wird.
3) Es ist
0,7777. .. = m(^ + ^ + ^+... + ^„)=1.
Hierbei bedeutet das Zeichen lim (sprich : limes fiir n gleich
n = ao
(11 1
+ — j gesucht wird, wenn n über jedes Mass hinaus wächst.
Stegemann- Kiepert) DifTerential-Beohnting. 2
18 § 4. Begriff der Grenze.
7
Dieser gesuchte Grenzwerth ist in der That -, denn es wird
7
9
7
10
7
■"90'
7 >
loo;
1 =
7
90
7
100
7
■"900'
\10 ^ 100 ^ 1000/ 90
7
9 VlO ' lÖO ' 10007 " 900 1000 "" 9000 '
9 \10 "^ 100 "^ 1000 "^ • • ' "^ loV 9 . 10**
7
Der Unterschied zwischen ~ und 0,7777 ... wird also beliebig
y
Mein^ wenn man eine hinreichend grosse Anzahl von Decimal-
stellen berücksichtigt.
Aehnliches gut ganz allgemein, wenn man einen gewöhn-
lichen Bruch, dessen Nenner von 2 und 5 verschiedene Factoren
enthält, in einen periodischen Decimalbruch verwandelt.
4) Es ist
In der That, es wird
Der Unterschied zwischen l+^ + T + 7r + ««* +:^ iind
2 4 8 2**
2 wird also beliebig klein, wenn man n hinreichend gross macht.
§ 4. Begriff der Grenze.
19
5) Die Gleichung
VS=: 1,73205
ist nicht genau, denn es wird
1,732052= 2,9999972025,
ein Ausdmck, der von 3 um eine kleine Grösse verschieden ist •
nimmt man aber mehr Decimalstellen, so kann man den Unterschied
zwischen dem Quadrat des Decimalbruches und 3 immer kleiner
machen. Es ist also Ys die Grenze, welcher sich der Decimal-
bruch nähert, d. h. der Unterschied zwischen dem Decimalbruch
und Ys wird beliebig klein, wenn man die Anzahl der Stellen
hinreichend gross macht.
6)
lim
3 = 0
smz
= 1.
Hierbei bedeutet das Zei-
chen lim (sprich: limes für z
«=o
gleich 0), dass der Werth von
bestimmt werden soll, wenn
sich der Werth des Bogens z
der Null beliebig nähert.
Fig. 6.
^z.
Zum Beweise beachte man, dass für alle Bogen Zy welche
kleiner als ^ (d. h. kleiner als 90 0) sind, in Figur 6
(1.) aOCB^ Sector AOB S aOBD
wird. Macht man den Halbmesser des Kreises um O gleich 1,
so ist
2 aO(7J5= CB. CO=::smzco^z,
2 Sector AOB = ÄB.AO=zz,
2 AOBD =OB.BD=tgz=^^^,
^ COS2'
folglich gehen die Ungleichungen (1.) über in
(la.)
sm^; cosz'^z
smz
cosz
2*
20 § 4. Begriff der Grenze.
Indem man durch sin 2; dividirt, erhält man
z 1
(2.) COS;? < -. — < ,
oder
/« \ 1 v^ sin«^
(3.) >. > cos«;
^ ^ cos« — z —
sin« 1
d. h. liegt immer zwischen cos« und • Da nun aber
« ® cos«
(4.) lim cos« = 1 und lim = 1
fl=o « = o cos«
wird, so muss auch
/c \ T sin« ^
(5.) hm — - = 1
a = 0 «
sein.
Der Sinn dieses Sesultates lässt sich folgendermassen aus-
sprechen :
Der Unterschied zwischen dem Sinus eines Bogens « und
dem Bogen selbst wird im Verhältniss zu diesem Bogen « beliebig
ileinj wenn man den Bogen hinreichend klein macht. So ist
arcus 4« = 0,069 813 17, sin 4« = 0,069 756 47,
arcus 2^ = 0,03490658, sin 2« = 0,034 899 42,
arcus 1^ = 0,01745329, sin 1^ = 0,01745241,
arcus 30' = 0,008 726 64, sin 30' = 0,008 726 54,
arcus 15' = 0,00436332, sin 15' = 0,00436331,
arcus 7|' = 0,002 181 66, sm 7^' == 0,002 181 66,
also
arcus40-sm40 5670 ^o,00081217.
arcus 4« 6981317
arcus 2^ — sin 2^ _ 716
arcus 2" ""3490658
arcus 1^ — sinl^__ 88
arcus 1« "" 1745329
arcus 30* — sin 30' _ 10
arcus 30' " 872664
= 0,00020512,
= 0,00005042,
= 0,00001146,
§ 5. Das unendlich Kleine und das unendlich Grosse. 21
§5.
Das unendlich Kleine und das unendlich Grosse.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 2—4.)
Nähert sich eine veränderliche Grösse der Grenze 0, so sagt
man^ sie wird unendlich klein.
Nach den Auseinandersetzungen des vorhei'gelienden Para-
graphen könnte man die Erklärung des unendlich Kleinen daher
auch so fassen:
Wenn eine veränderliche Grösse immer kleinere und kleinere
Werthe annimmt^ so dass sie kleiner werden kann als jede ge-
gebene Grösse, so sagt man, sie toird unendlich klein, oder noch
besser, sie toird verschwindend klein.
Wenn man also von „verschwindend kleinen^'- oder von „w»-
endlich kleinen Grössen!"^ spricht, so muss man sich stets dessen
bewusst bleiben, dass man zunächst mit kleinen veränderlichen
Grössen rechnet, die sich dann der Grenze 0 beliebig Mhem sollen.
Es ist sehr bequem, diese vereinfachte Bezeichnung zu be-
nutzen, damit man es nicht nöthig hat, in jedem einzelnen FäUe
die Auseinandersetzung des hier angedeuteten Grenzverfahrens
zu wiederholen.
Wenn eine veränderliche Grösse immer grössere und grössere
Werthe annimmt, so dass sie jede gegebene Grösse übersteigen
kann, so sagt man, sie wird unendlich gross, oder noch besser,
sie ist eine unbegrenzt wachsende Grösse,
üas Zeichen für unendlich gross ist oo.
Wenn man also von „unbegrenzt wachsenden' ' oder von „un-
endlich grossen Grössen'^ spricht, so will man wiederum ein
Grenzverfahren andeuten, welches darin besteht, dass man zu-
nächst mit endlichen, veränderlichen Grössen rechnet, die dann
aber grösser werden dürfen als jede angebbare Grösse.
So wird z. B. tg« erklärt als das Verhältniss der beiden
Katheten im rechtwinkligen Dreieck, von denen die erste dem
spitzen Winkel a gegenüberliegt. Wächst der Winkel u, so
wächst auch tg«. Für « = 90^ hat diese Erklärung keinen
Sinn mehr , weil es kein geradliniges Dreieck giebt , das zwei
rechte Winkel enthält; trotzdem sagt man
tgOO'^ = 00
22 § 5. Das unendlich Kleine und das unendlich Grosse.
und will damit ausdiücken, dass tga über jede angebbare Grösse
hinaus wächst, wenn sich a dem Werthe 90^ beliebig nähert.
JSine Grösse heisst ^^endlich^^ ^ wenn sie weder unendlich
klein noch unendlich gross ist,
Satz 1. Neben einer endlichen Grösse darf eine verschwin-
dend kleine Grösse vernachlässigt werden^ oder mit anderen
Worten: eine endliche Grösse bleibt unverändert^ wenn man sie
um eine unendlich kleine Grösse vermehrt oder vermindert.
Die Richtigkeit folgt aus der Erklärung der unendlich
kleinen oder verschwindend kleinen Grössen.
Von diesem Satze kann man sofort einige Anwendungen
machen. Es sei
limX=:^, lunr=J5,
also X==A + a, Y=B + ß,
wobei a und ß beim Uebergange zur Grenze verschwindend
kleine Grössen sind. Dann werden aber auch a + ß und « — /5f
verschwindend klein, folglich wird
lim(X ± Y) = lim [{A ± B) + (a ± ß)] = A ± B,
oder
(1.) lim (X ± F) = lim X ± lim y.
Ferner ist
X . r= {A + a){B + ß) = AB + aB + ßA + aß.
Da A und B endliche Grössen sind, so werden beim Ueber-
gange zur Grenze aB und ßA verschwindend klein, und da auch
aß verschwindend klein wird, so erhält man
\\m{X.Y)^A.B
oder
(2.) Um(X. y) = limX.lim F.
Schliesslich ist
Y B+ ß ^B ßA—aB
X"~"^ + «'~^ A{A + a) '
Beim Uebergang zur Grenze werden ßA und aB terschtmn-
dend klein , während unter der Voraussetzung , dass -4 S 0 ist,
A{A + a) den endlichen Werth A'^ erhält, foglich wii'd
§ ö. Das unendlich Kleine und das unendlich Grosse.
23
^^© = 1'
limF
limX'
oder
(3.)
wenn lim X S 0 ist.
Aus der Erklärung dei- unbegrenzt wachsenden Grössen
folgt:
Satz 2. Eine unbeffrenzt wachsende Grösse wächst auch
dann noch unbegrenzt^ wenn man sie um eine endliche Grösse
vermehrt oder vermindert, oder mit anderen Worten : eine Grösse
bleibt unendlich gross y atwh wenn man eine endliche Grösse zu
ihr addirt oder von ihr subirahirt
Fig. 7.
Manche scheinbar elementare Untersuchungen setzen bereits
den Begriff des Grenzwerthes, bezw. den Begriff der unendlich
kleinen Grössen voraus, wie die
beiden folgenden Aufgaben aus
der Geometrie und Mechanik
zeigen mögen.
1. Es sei
(4.) y =f{x)
die Gleichung einer Curve PP^
(Fig. 7), in welcher die Punkte
P und Pi durch eine Secante
verbunden sind. Der Winkel
ß, den diese Secante mit der positiven Bichtung der X-Axe
bildet, ist dann bestimmt durch die Gleichung
(5.)
tgß = tgiJPP, =. ^
Bezeichnet man nun die Coordinaten des Punktes P mit x
und y, die des Punktes P^ mit x^ und yi*), so wird
OQ = x, QP = y, OQi=a:i, QiP, =j/,,
*) In dem Folgenden sollen die Coordinaten eines Punktes P immer
mit x^ y, die eines Punktes Pj mit x\, y\, allgemein die eines Punkte^
Pn mit ar», yn bezeichnet werden.
24 § 5. Das iinendJÜch Kleine und das unendlich Grosse.
also
PR = QQy^ = OQ^ — OQ — x^ —X,
folglich wird
(6.) igß
^y\—y
X* ~~~ X
Die Differenzen x^—x und y^ — y bezeichnet man gewöhn-
lich mit Jx und Jy, Die Gleichung (6.) nimmt dadurch die
Form
(6a.) tg/» = ^
an. Nähert sich jetzt der Punkt P^ dem Punkte P, so werden
auch Jx und Jy immer kleiner. Wii'd schliesslich der Abstand
des Punktes P^ von P verschindend klein, so werden auch Jx
und Jy verschwindend kleine Grössen, welche man dann Diffe-
rentiale nennt und mit dx und dy bezeichnet. Gleichzeitig geht
die Secante PPi in die Tangente TP über, welche mit der po-
sitiven Eichtung der X-Axe den Winkel a bildet. Die Tan-
gente im Curvenpunkte P ist nämlich eine Secante, bei der zwei
Schnittpunkte P und Pj in einen Prmktj den Berührungspunkt
P zusammengefallen sind.
Die Gleichung (6a.) geht daher über in
(7.) tga = | = lim^.
Den Quotienten der beiden Differentiale dy und dx nennt
man einen Differential-Quotienten.
2. Unter der Geschwindigkeit c eines (z. B. in gerader
Linie) gleichförmig fortbewegten Massenpunktes versteht man
die Länge des Weges, der in der Zeiteinheit (Secunde) zurück-
gelegt wird. In t Secunden ist daher die Länge des zurück-
gelegten Weges
(8.) 6- = ct.
Dies giebt für die Geschwindigkeit bei gleichförmiger Be-
wegung den Werth
(9.) c=f
§ 6. lieber die Rechnung mit unendlich kleinen Grössen. 25
Hierbei ist es ganz gleichgültig, wie gross, bezw. wie klein
t ist, weil s in demselben Verhältnisse wächst und abnimmt
wie t.
Wenn die Bewegung nicht mehi' gleichförmig ist, d. h. wenn
der bewegte Massenpunkt in gleichen Zeiten nicht mehr gleiche
Strecken zuräcklegt, so kann man doch noch von der mittleren
Gesch\\indigkeit im Zeitintervall von t bis t^ sprechen und diese
wieder erklären als das Verhältniss der in der Zeit t^ — t zu-
rückgelegten Strecke s^ — s zu diesem Zeitintervall t\ — t.
Bezeichnet man diese Differenzen b^ — s und t^ — t bezw. mit
Js und M^ so ist also die mittlere Geschwindigkeit
Tt^ t^ — V
Wird das ZeitintervaU Jt immer kleiner und schliesslich
verschwindend klein, so wird auch Js verschwindend klein.
Diese verschwindend kleinen Grössen bezeichnet man bezw. mit
dt und ds und nennt
die Geschwindigkeit der ungleichförmigen Bewegung zur Zeit t.
Auch hier nennt man die verschwindend kleinen Grössen
ds und dt Differentiale und ihren Quotienten einen Differential-
Quotienten.
§ 6-
lieber die Rechnung mit unendlich Ideinen Grössen.
Nach den Erkläningen des vorhergehenden Paragraphen
wird eine Grösse dann unendlich klein (oder verschwindend klein),
wenn man sie kleiner machen kann als jede gegebene Grösse.
Wie gross auch die Genauigkeit sein mag, mit der man rechnen
will, man kann die verschwindend kleinen Grössen so klein
machen, dass sie neben einer endlichen Grösse nicht mehr in
Betracht kommen.
Verlangt man z. B., dass eine Zahl bis auf n DecimalsteUen
genau berechnet wird, so kann man jede unendlich kleine Grösse
kleiner machen als
26 § 6. Ueber die Beohnung mit unendlich kleinen Grössen.
10*'
wie gross auch n sein mag. Man kann daher die unendlich
kleinen Grössen nicht mit endlichen, sondern nur mit unendlich
kleinen Grössen vergleichen; das VerhäUniss zweier unendlich
kleinen Grössen kann nämlich sehr wohl einen endlichen Werth
haben, wie schon die Beispiele
dy ds
in § 5 gezeigt haben. Mit solchen Differentialen und Differe^i-
tial' Quotienten hat man es hauptsächlich in der Differential-
Rechnung zu thun.
Man kann aber auch in anderer Weise mit verschwindend
kleinen Grössen rechnen.
Theilt man nämlich eine endliche Grösse Jmn Theile (die
übrigens nicht gleich zu sein brauchen), so ist / gleich der
Summe aller dieser Theile. Wenn nun die Zahl n, d. h. die
Anzahl der Theile in's Unbegrenzte wächst, so dass die ein-
zelnen Theile immer kleiner und schliesslich unendlich klein
werden, so erkennt man, dass auch die Summe von unendlich
vielen j unendlich Aleinen Grössen sehr wohl einen endlichen
Werth J haben kann.
Solche Summen von unendlich vielen, unendlich kleinen
Grössen treten in der Integral- Rechnung auf.
Beispiele davon kommen schon in der Planimetrie und
Stereometrie vor.
So berechnet man die Fläche eines Kreises mit dem Halb-
messer r, indem man sie in unendlich viele, unendlich schmale
Sectoren zerlegt. Jeder solche Sector wii*d dann als ein Dreieck
betrachtet, dessen Spitze der Mittelpunkt des Kreises ist, und
dessen Grundlinie in der Peripherie des Kreises liegt. Da diese
Dreiecke alle dieselbe Höhe r haben, so braucht man nur ihre
Grundlinien zu addiren und erhält als ihre Summe den Umfang
des Kreises, nämlich
u = 2r7r.
§ 7. Verschiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen. 27
Der Flächeninhalt des Kreises ist daher
i?^ = — - = r%.
2
In ähnlicher Weise berechnet man die Oberfläche einer
Kugel, indem man sie in unendlich viele, unendlich schmale Zonen
zerlegt, welche man als Mäntel von Kegelstumpfen betrachtet.
Ferner findet man das Volumen V einer Kugel, indem man
die Kugeloberfläche in unendlich kleine Dreiecke zerlegt und
diese Dreiecke als die Grundflächen von Pyramiden betrachtet,
die alle ihre Spitze im Mittelpunkte der Kugel haben. Die
Höhe ist bei allen diesen Pyramiden gleich dem Halbmesser r
der Kugel, folglich ist die Summe ihrer Volumina gleich der
Summe ihrer Grundflächen, multiplicirt mit --. Da die Summe
der Volumina gleich dem Volumen der Kugel und die Summe
der Grundflächen gleich der Kugeloberfläche {4cr^jt) ist, so
findet man
V = 4r27r . -- = — — -.
3 3
Bei der Rechnung mit unendlich kleinen Grössen kommen
daher hauptsächlich nur zwei Aufgaben in Betracht:
1) j&« ist der Werth zu bestimmen^ welchen das Verhältnis
von zwei unendlich kleinen Grössen annimmt.
2) Es ist die Summe von unendlich vielen, unendlich kleinen
Grössen zu bestimmen.
In dem Folgenden wird daher auch nur auf diese beiden
Aufgaben Rücksicht genommen werden.
§7.
Verschiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen.
Die verschwindend kleinen Grössen, welche in einer Rech-
nung vorkommen, können noch sehr verschiedenartig sein. Zer-
legt man z. B. einen Würfel durch Schnitte, senkrecht zu einer
Seitenkante, in n gleiche Schichten, so werden die einzelnen
Schichten verschwindend kleine Grössen, wenn n in's unbegrenzte
wächst.
28 § 7. Verschiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen.
Legt man jetzt noch Schnitte, senki-echt zu einer zweiten
Kante, so kann man jede dieser Schichten in n gleiche Säulen
zerlegen. Wenn jetzt n wieder in's ünbegi'enzte wächst, so
werden diese Säulen verschwindend kleine Grössen, und zwar
sind sie auch noch verschindend klein im Verhältniss zu jeder ein-
zelnen Schicht, weil erst unendlich viele Säulen eine solche
Schicht ausmachen.
Schliesslich kann man noch durch Schnitte, senkrecht zu
einer dritten Kante des Würfels jede Säule in n Würfel zer-
legen. Wächst n wieder in's Unbegrenzte, so werden diese
Würfel noch verschwindend klein im Verhältniss zu den ver-
schwindend kleinen Säulen, weil erst unendlich viele Würfel eine
solche Säule ausmachen.
Dieses Beispiel zeigt, dass man die unendlich kleinen Grössen
noch in vei-schiedene Ordnungen eintheüen muss.
Kommen also in einer Eechnung verschiedene unendlich
kleine Grössen vor, so kann man eine, z. B. a, nach Belieben
auswählen und festsetzen, dass « eine unendlich kleine Grösse
erster Ordnung heisse.
Ist dann ß eine andere unendlich kleine Grösse, und wird
eine endliche Grösse, so heisst ß gleichfalls eine unendlich
kleine Grösse erster Ordnung.
Die unendlich kleinen Grössen erster Ordnung haben daher
nach dieser Festsetzung alle die Form ap.
Wenn dagegen - selbst wieder eine unendlich kleine Grösse
erster Ordnung ist, wenn also - auf die Form ap gebracht
werden kann, so ist
eine endliche Grösse. Man sagt dann, ß sei eüie unendlich kleine
Grösse ztoeiter Ordnung.
-i=p
§ 7. Verschiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen. 29
Die unendlich kleinen Grössen zweiter Ordnung haben daher
alle die Form a^p.
Ist auch noch ~ eine unendlich kleine Grösse erster Ord-
nung, lässt sich also ~ auf die Form ap bringen, so ist
l
eine, endliche Grösse, und ß heisst eine unendlich kleine Grösae
dritter Ordnung.
So kann man fortfahren; es heisst dann ß eine unendlich
kleine Grösse n**^ Ordnung^ wenn
eine endliche Grösse ist, wenn also
ß = ay.
Dabei ist n nicht nothwendiger Weise eine ganze Zahl,
sondern n darf auch eine gebrochene positioe Zahl sein.
Auch wenn man für n gebrochene Werthe zulässt, so sind
in der Form a> noch nicht alle unendlich kleinen Grössen er-
schöpft, wie später gezeigt werden soll. Deshalb möge die ge-
gebene Erklärung dahin erweitert werden, dass y im Vergleich
zu a eine unendlich kleine Grösse höherer Ordnung heissen möge,
wenn noch — unendlich klein toird,
a
Dies vorausgeschickt, gelten die folgenden Sätze.
Satz 1. Unterscheiden sich die unendlich kleinen Grössen
a und of' von einander nur durch eine unendlich kleine Grösse
höherer Ordnung y, so ist der Gremwerth ihres Verhältnisses
gleich 1.
Beweis. Nach Voraussetzung ist
(1.) a* — « = y, oder a' = « + y,
wobei Y eine unendlich kleine Grösse höherer Ordnung ist, so
dass - = € selbst noch unendlich klein wu-d. Deshalb folgt
a
aus Gleichung (1.)
30 § 7. Verschiedene OrdnoBgen der unendlich kleinen Grössen.
(2.) — == 1 + 6 oder lim — == 1,
denn die unendlich kleine Grösse e darf neben der endlichen
Grösse 1 vernachlässigt werden (nach Satz 1 in § 5).
Von diesem Satze gilt auch die Umkehrunff:
Ist der Grenztcerfh, dem sich das Verhältniss zweier un-
endlich kleinen Grössen a und a* nähert^ gleich i, so können
sich a und a* nur durch eine unendlich kleine Grösse höherer
Ordnung von einander unterscheiden.
Beweis. Ist nämlich wieder
a* — a = ^'j oder a' =^ « + y,
also
a* Y
-= 1 + -,
a a
et* V
SO folgt aas lim— = 1, dass '- unendlich klein sein muss.
Beispiel. Es war (vergl. Formel Nr. 1 der Tabelle)
,. sin;?
lim = 1,
folglich wird z — sin« unendlich klein von höherer Ordnung,
wenn z unendlich klein von der ersten Ordnung wird.
Satz 2. Hat das Verhältniss zweier unendlich kleinen
Grössen a und ß einen endlichen Grenzwerth (oder den Grenz-
werth oy, so ändert sich dieser Grenzwerth nicht ^ wenn man a
und ß um unendlich kleine Grössen höherer Ordnung vermehrt
oder vermindert.
Man soll also zeigen, dass
lim , = lim — ,
u ±: y a
wobei a und ß unendlich kleine Grössen von beliebiger Ordnung
sind, während r und d unendlich kleine Grössen höherer Ord-
nung sein sollen, so dasss
^ = ^'^ und J = (J'
a ß
selbst noch unendlich kleine Grössen sind.
§ 7, Veischiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen. 31
Beweis. Es ist
^ '' « ± y ~ «(1 ± y) « V 1 ± r' /
_ß,,ß ±ä'Tr'
a u 1 ± y
Da
lim(l ±;'0 = 1» lim (± d' T r') = 0,
und da — einen endlichen Werth hat, so wird
,4.) " tai.±i^ = «,
d. h. — . , . / wird verschwindend klein und darf neben
et 1 ± y
der endlichen Grösse — vernachlässigt werden. Man erhält
daher
(8.) lim^ = lim^.
Da sich die verschwindend kleinen Grössen a und ß von
a' = a±r und ß* — ß ± d
nur durch verschwindend kleine Grössen höherer Ordnung unter-
scheiden, so kann man die Gleichung (5.) auf die Form
(5a.) lim^ = lim-
bringen und dem Satze 2 die folgende Fassung geben.
Satz 2a. Der Gremwerth von — bleibt ungeändert^ wenn
man die verschwindend kleinen Grössen a und ß durch andere
a' und ß* ersetzt, welche sich von den ersteren nur durch vej'-
schtoindend kleine Grössen höherer Ordnung unterscheiden.
Beispiel. Nach Formel Nr. 1 der Tabelle ist, wenn man
für z das eine Mal Sx und das andere Mal 4^ setzt,
T sin(3z) ^ -. sin (4a:)
hm ^ ^ = 1, Imi — — ^ = 1,
2 = 0 OX £3 0 4^
folglich unterscheiden sich lim sin (3a;) und lim sin (4a:) von lim (Sx)
32 § 7. Yeiscbiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen.
und lim (4a:) nur durch verschwindend kleine Grössen höherer
Ordnung und man erhält
,. sin (3a:) .. Sx 3
lim . ;^ ^ = lim-7- == T-
a; = üSm(4>r; 4a: 4
Safz 3. Sind a^, a^y ... »n verschwindend kleine Grössen^
deren Anzahl n in^s Unbegrenzte wächst ^ und weiss man, dass
die Summe dieser unendlich vielen, unendlich kleinen Grössen
einen endlichen Grenzwerth S besitzt, dass also
äS = lim («1 + «2 + • • • + ««)
M = QO
Fig. 8.
ist, SO bleibt dieser Grenzwerth unverändert, wenn man die ver-
schwindend kleinen Grössen a^, 02^ , , . an um verschwindend kleine
Grössen höherer Ordnung Y\ Yi^ • • • y* vermehrt oder vermindert.
Dem Beweise dieses Satzes möge ein Beispiel zur Erläute-
rung vorangestellt werden.
Es sei eine ebene Figur
A^ABB^ (Fig. 8), oben begrenzt
durch einen Curvenbogen AB,
links und rechts von den Ordi-
naten A^A, B^B und unten durch
den Abschnitt A^B^ der X-Axe.
Indem man A^B^ in n (gleiche
oder ungleiche) Theile zerlegt und
durch die Theilpunkte Parallele
zu der F-Axe zieht, kann man
den Flächeninhalt F der Figur in n Streifen «i, «j, ... «» zer-
legen. Dadurch wird
(6.) i^= «j + «2 + • • • + c^« = '^«•
Ist nun QPPx Qx ein solcher Streifen, und zieht man durch
P eine Parallele PR zur X-Axe, so zerfällt der Streifen a in
das Rechteck QPRQ^ = a* und das Dreieck PRP^ = r? folg-
lich wird, wenn man dieselbe Construction für sämmtliche
Streifen ausfährt,
(7.) «j = a'j -f Y^, «2 = a'2 + ^2, • • • «n = (Xn + Yn,
oder
(7a.) «1' = «1 — Y^, «2' = «2 -" ^2» • • • ^n = «n — rw>
(8.) i^= 2a = 2{a* + r) = -«' + ^Y-
§ 7. Yerschiedene Ordnungen der unendlich kleinen Grössen. 33
In Figur 8 sind die Streifen a sämmtlich grösser als die
Rechtecke «', so dass in den Gleichungen (7.) und (8.) die
Grössen y sämmtlich positiv sind. Es können aber auch (Mrie
in Figur 9) die Streifen a sämmtlich kleiner sein als die Recht-
ecke «', oder es können (wie in Figur 10) die Streifen a zum
Theil grösser^ zum Theil kleiner sein als die Rechtecke a*. Die
Gleichungen (7.) und (8.) bleiben auch in diesen Fällen noch
richtig, wenn man unter den Grössen y auch negative zulässt.
Fig. 9.
Fig. 10.
Ff
f^
^
Wird jetzt die Anzahl n der Streifen immer grösser, werden
also die Streifen selbst immer schmaler, so werden die Dreiecke
Y nicht nur selbst immer kleiner, sondern auch ihre Summe wird
immer kleiner. Selbst wenn man die Dreiecke y alle positiv nimmt,
so ist ihre Summe kleiner als ein Rechteck, das die Seite A^B^
zur Grundlinie und die grösste Höhe der Dreiecke y zur Höhe hat.
Da nun aber diese Höhe mit wachsendem n immer kleiner wird,
so wird auch der Flächeninhalt des Rechtecks und deshalb erst
recht 2y beliebig klein. Man erhält daher
(9.) lim JS';' = 0, F— lim 2"« = lim 2a'.
Nach diesem Beispiele möge der oben ausgesprochene Satz
zunächst für den Fall bewiesen werden, dass die Grössen a und
y sämmtlich positiv sind. Es wird dann
(10.)
/Si = «1 + «2 + . . - + «n,
I ^^1 = «1
+ ri) + («2 + r2) + • • • + («» + Yn) S S^.
Nach Voraussetzung sind ^i, ^2» • • • Yn verschwindend kleine
Grössen höherer Ordnung, d. h. es sind
Stegexnsnn- Kiepert, Differential-Beolmtuig. 3
84 § 7. Yerschiedene Ordnungea der unendlich kleinen Grössen.
selbst wieder verschwindend kleine Grössen, die man also kleiner
machen kann als jede geg:ebene Grösse. Man kann sie z. B.
kleiner machen als
(12.) * = löi '
wobei man den Exponenten x noch so gross machen kann, wie
man will. Dies giebt
Deshalb wird
Äj = («1 + ^l«l) + («2 + «2*2) + . • . + («n + CCnen)
= «1 (1 + «1) + «2 (1 + «2) + • • • + ö«« (1 + «n),
oder
(14.) Ä2 ^ a, (1 + €) + «2 (1 + e) + . . . + «n (1 + e),
(14a.) Ä2 ^(«1 + «2 + • • • + «n) (1 + «) = Äi (1 + €),
oder mit Eücksicht auf die Ungleichung (10.)
(15.) S^^S^^S^ + sS^.
Wächst jetzt n in's Unbegrenzte, so wird nach Voraus-
setzung Mm S^=^ S eine bestimmte, endliche Grösse, und e wird
beliebig klein; folglich wird auch lim eiS^^ beliebig klein, d. h. ver-
schwindend klein, so dass die Ungleichung (15.) übergeht in die
Gleichung
(16.) limÄ2 = limÄi = &
Sind die Grössen a und r theüweise positiv und theilweise
negativ, so möge der Satz nur unter der Voraussetzung bewiesen
werden, dass
S = lim(ai + «2 + • • • + "n) = lim 2a
fl SS OD n :b 00
auch dann noch einen endlichen Werth behält, wenn man die
Grössen a alle positiv nimmt. Bezeichnet man also den absoluten
Betrag von «mit | a | und den absoluten Betrag von y niit | y | ,
so kann man jetzt in derselben Weise wie vorhin zeigen, dass
lim 2\r\ — 0
wird. Folglich ist erst recht
§ 7. Yerschiedeue Ordnungen der unendlich kleinen Grössen. 35
lim :^;' = 0
nxa 00
und deshalb
lim J!^a = Um 2{a + y).
n=s jo ns 00
Setzt man
«i' = «1 ± Yu Oj' = «2 ± ^2? . . • «n' = «n ± ^n,
SO unterscheiden sich die verschwindend kleinen Grössen a und
a' von einander nur durch verschwindend kleine Grössen höherer
Ordnung, und es wird nach dem eben bewiesenen Satze 3
lim («i' + 0C2' + . . . + ccn) = lim («1 + «2 + • • • «n).
Man kann daher diesem Satze auch die folgende Fassung geben:
Satz 3 a. Der Gremwerth von a^ + «2 + • • • + o^h hleibt
unverändert^ wenn die verschwindend kleinen Grössen «j,
a2,...o{n durch andere a^*^ a2j...an ersetzt werden j die sich
von ihnen nur durch verschwindend kleine Grössen höherer Ord-
nung unterscheiden.
Eine Anwendung dieses Satzes macht man schon bei der
Berechnung der Kreisfläche, denn man betrachtet dabei die un-
endlich vielen Kreissectoren, in welche die Kreissfläche zerlegt
werden kann, als geradlinige Dreiecke. Ein solches Dreieck
unterscheidet sich von dem entsprechenden Sector durch ein
Kreissegment; da aber diese Segmente unendlich kleine Grössen
höherer Ordnung werden, so darf man sie nach dem vorigen
Satze in der That vernachlässigen.
Ebenso darf man bei der Berechnung der Kugeloberfläche
die Kugelzonen nur deshalb durch die Mäntel adgestumpfter
Kegel ersetzen, weil sie sich von den letzteren nur durch ver-
schwindend kleine Grössen höherer Ordnung unterscheiden.
Schliesslich sind auch bei der Berechnung des Volumens
einer Kugel die in § 6 angegebenen Theile, streng genommen,
keine dreiseitigen Pyramiden, sondern sie unterscheiden sich von
diesen durch verschwindend kleine Grössen höherer Ordnung.
3*
36 § 8. Begriff der Stetigkeit.
§8.
Begriff der Stetigkeit.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 5.)
Wenn durch die Gleichung
(1-) y =/(^)
irgend eine Function von x erklärt ist, so werden im Allge-
meinen unendlich kleine Aenderungen von x auch unendlich kleine
Aendemngen von y nach sich ziehen. Für alle Werthe von x^
bei welchen dies der Fall ist, heisst die Function stetig oder
continuirlich.
Diese Bezeichnung ist der in § 1 angedeuteten geometrischen
Darstellung einer Veränderlichen entnommen. Durchläuft näm-
lich der Punkt Q, welcher auf der X-Axe den Werthen der
unabhängigen Veränderlichen x entspricht, stetig eine Strecke
Q1Q2, so wird im Allgemeinen der
** Punkt iJ, welcher den zugeordneten
Werthen von y entspricht, auf der
F-Axe eine Strecke R^Ri stetig durch-
laufen, wobei auch einzehie Theile der
F-Axe (innerhalb oder ausserhalb der
*i Strecke R^R^ mehrfach durchlaufen
werden können. (Vergl. Fig. 11.)
E
2
^ «. « ^r~-* Nur in AnsnaWefäJl^ werden
Functionen unstetig (oder discontinuir-
lich)j d. h. nur ausnahmsweise wird der Fall eintreten, dass
die Function y für endliche Werthe von x unendlich gross wird,
oder dass sie sich sprungweise (um endliche oder unendlich
grosse Beträge) ändert, während die Aenderung von x unend-
lich klein ist.
Es sei z. B.
(2.) y =
X — a*
dann wird y, so lange x kleiner als a bleibt, negativ und stetig
sein. Wird aber x gleich a, so wird
y = — 00
§ 8. Begriff der Stetigkeit.
37
und springt dann von — ao
bis + 00 , wenn x den
Werth a passirt. (Vergl.
Fig. 12.)
Ein anderes Beispiel
liefert dia Function
(3.) y = tga:.
' Wenn x von 0 bis ^
wächst, so wächst y gleich-
zeitig von 0 bis + 00 j wenn
Aber X noch etwas grösser
wird, so erhält y einen sehr
grossen negativen Werth, so
dass der Werth von y von
+ 00 bis zu — 00 springt,
wenn x den Werth - passirt.
Fig. 12.
(VergL Fig.
13.)
Ist
(40 y =
1
SO bleibt y immer positiv
und wird um so grösser, je
kleiner x ist. Für unendlich
kleine (positive oder nega-
tive) Werthe von x wird y
unendlich gross, d. h. y wird
für diesen Werth von x un-
stetig. (Vergl. Fig. 14.)
Ist
X
(5.)
y =
a
1 + a
X
0
OA^a,
Fig.18.
«-
£.
OQ
., OB « n.
a
1^ »
X
+ 1
38
§ 8« Begriff der Stetigkeit.
und beschränkt man x zunächst
auf positive Werthe, so wird
lima
« = 0
also
limy = 1.
(5a.)
um auszudrücken, dass x
negative Werthe annimmt, setze
-X man a; = — «, dann wird
1
y = —
a' + 1
Nähert sich jetzt z dem Werthe 0, so wird
lima' = Go, alsolimy = 0.
Fig. 16.
Fig. 16.
0 -^
Daraus erkennt man, dass sich y sprungweise ändert, wenn
X den Werth 0 passirt, und zwar springt y von 0 bis 1. (Vergl.
Fig. 15.)
Sind X und y die rechtwinklichen
Coordinaten eines Punktes P, so stellt
die Gleichung (1.) eine Curve dar. Die
Punkte P und Pi, welche den Werthen
X und x^ entsprechen, werden einander
beliebig nahe liegen, wenn die Func-
tion für den betreffenden Werth von
X stetig ist, und wenn x^ — x hinreichend
§ 8. Begriff der Stetigkeit.
39
klein wird. Nach Voraussetzung wird nämlich y^ — y mit
x^ — X zugleich verschwindend klein, folglich auch
(6.) PPi = y(^i-^)^ + (yi-y)^.
(Vergl. Fig. 16.)
Der Verlauf der Curve, welche die Gleichung
y ==/(^)
hat, ist also im Punkte P ein stetiger (continuirUcherJ . Wird
aber y^ — y nicht mit x^ — x zugleich verschwindend klein, so
ist die Curve im Punkte P umteüg^ wie die Figuren 12, 13,
14 und 15 zeigen, welche den oben angeführten Beispielen ent-
sprechen.
BemerknnsT«
Eine Unstetigkeit der Function kann Bcheinhar auch dadurch ein-
treten, daBB die Werthe von y imaginär werden, wenn x das IntervaU
▼on xx bis x^ durchläuft. Ist z. B.
Fig. 17.
T
80 ist y nur reell, so lange
j;2^a2 ig^^ y -sKvs^ dagegen
imaginär, wenn x^<a^ ist,
wenn also
— a < a: < + ö.
Für die Werthe von x^^^^a
bis d?ss= -f a wird also die Curve
unterbrochen 9 wie man aus
Figur 17 ersieht Trotzdem
darf man diesen Fall nicht als
eine Unstetigkeit betrachten,
wie bei der Theorie der com-
plexen Grössen gezeigt werden wird. Vorläufig kommt übrigens dieser
Fall nicht in Betracht, weil nur reeUe Werthe der Functionen berück-
sichtigt werden sollen, wenn nicht ausdrücklich das Gegentheil gesagt wird.
Man kann den Begriff der Stetigkeit, ganz unabhängig von
der geometiischen Anschauung, in folgender Weise erklären:
Eine Function
y =/(^)
Jieisat für solche Werthe von x stetig^ für welche die Differenz
40 § 8. Begriff der Stetigkeit.
mit den positiven Grössen d und e zugleich verschwindend Mein
wird.
Ist z. B.
1
so wird
1 1 —(<» + «)
J =
ic + e — a X — d — a (x — a)^ + (€ — d)(x — d) — de
Dieser Ausdnick wird mit d und e zugleich verschwindend
klein, so lange x von a verschieden ist. Wird aber x gleich a,
so ist
— oe € o
ein Ausdruck, der für unendlich kleine Werthe von d und c
sogai* unendlich gross wird. Die Function ist deshalb fiir x
gleich a unstetig.
Ist
y = tga:,
so wird
^^ ^ ^^ ^ COS(a: + €) COS(a: — S)
Dieser Ausdruck wird mit 6 und e zugleich unendlich klein,
wenn
"I^'^^ + i'
denn dann ist cos 2; von 0 verschieden. Wird aber x gleich
-, so ist
J = — sine, cos f - — d j = sind.
cosC - + e
also
. __ — sin(d + e) _ — sindcose — cosdsing
"" sind sine "" sindsine
oder
^ = — ctgd — ctge,
§ 8. Begriff der Stetigkeit. 41
ein Ausdruck, welcher für unendlich kleine Werthe von d und
e gleich — ao wird. Die Function tga; ist daher für x gleich
— unstetig.
Ist
1
so wird
____! ;l __ — 2x{d + £) + J2 _ ^2
(a: + 6)2 (x — df^ {x + eflx — dy
Für aUe Werthe von x^ welche von 0 verschieden sind,
wird dieser Ausdruck mit <^ und e zugleich verschwindend klein;
ist aber a; = 0, so wird
und nimmt beliebig grosse Werthe an, wenn 8 und e hinreichend
klein und von einander verschieden sind; d. h. y wird für a; = 0
unstetig.
Ist
m
a
X
so wird
1 + a
1 1
// = — —
V 1
l+a 1+0
also für a: = 0 wird
1 1
T ""7
a a
J =
1 1
7 ""7
1 + a 1 + a
Setzt man der Kürze wegen j = «, - = /J, so werden a
und ß unendlich gross, wenn d und e unendlich klein werdea,
und man erhält
42 § 8. Begriff der Stetigkeit
^- •'
a
1
1 + J
1+a
1 + a
-ß
1+«-"
Nun ist aber
liTno~" =
(Cboo
lim— = 0,
lima
ßsstoo
= \m
i.=«.
folglich wird
>
liin//= 1;
d. h. y wird för a; = 0 unstetig,
Satz 1.*) Sind die Rincti(menf{x) und ff (x) in dem Intervall von
Xx bis X2 endlich undstetiffy so sind auch die Functionen f{x) +g{x)
und f{x) — g{x) in diesem Intervalle endlich und stetig.
Beweis. Nach Voraussetzung werden
(7.) Jx-='f{x + e)—f{x — d\J^ = g{x + e) — g{x — d)
mit d und e zugleich verschwindend klein, folglich auch
^^[f{x + e)±g{x + e)]--[f{x — S)±g{x — S)-\ = Jx±^'i'
Satz 2. Sind die Functionen f{x) und g{x) in dem Inter-
vall von x^ his x^ endlich und stetig^ so ist auch die Function
F{x) :=f(x) . g(x) in diesem Intervalle endlich und stetig.
Beweis. Wendet man dieselben Bezeichnungen an wie in
den Gleichungen (7.), so erhält man
J = F{x+B)—F{x—S) =f{x+e).g{x+e)—f{x—3).g{x—S)
=f{x + e) . g(x + «) —/{x — S).g(x + e)
+f(x — d).g(x + €) —f{x — S).g{x — S)
= Jx • y (^ + «) + ^2 -/(^ — ^•
Nach Voraussetzung sind/(a; — J), g{x + e) endliche Grössen,
und -^1, J^ werden verschwindend klein zugleich mit ö und «,
folglich auch J. ^
*) SoUten die hier folgenden Sätze 1 bis 14 dem Anfänger noch za
schwer sein, so kennen sie vorläufig übergangen werden; der Leser
mnss aber bei den späteren Untersuchungen beachten, dass die Stetig-
keit der Functionen für die in Betracht kommenden Werthe von x vor-
ausgesetzt wird, wenn nicht ausdrücklich das Gegentheil gesagt ist.
§ 8. Begriff der Stetigkeit. 43
Satz 3. Jede ganze rationale Function von x ist stetig für
aüe endliche Werthe von x.
Der Beweis folgt daraus, dass die ganzen rationalen Func-
tionen aus der Veränderlichen x und aus constanten Grössen
nur durch Addition, Subtraction und Multiplication gebildet
werden.
Satz 4. Sind die Functionen f{x) und g{x) in dem Intervall
von x^ bis x^ endlich und stetig j und bleibt f{x) in diesem Intervalle
entweder beständig positiv oder beständig negativ, so ist auch die
(f(x\
Function F(x) = t^t-t in diesem Intervalle endlich und stetig.
Beweis. Hier ist
__f(x —d).g(x + €) —f(x + g) . g{x — ä)
/(^ + «) -/(^ - ^)
_f(x — d).g(x + €) —f(x — d).g(x — d)
f{x + e) .f{x — S)
fix J^ e).g{x — S) —fix — d).g(x — d)
f{x + e).f{x—d)
oder, wenn man dieselben Bezeichnungen anwendet wie in
den Gleichungen (7.),
__ ^2 -/(^ — d)—j^. gip^—S)
Nach Voraussetzung sind/(a; — d), g(x — d) endliche Grössen,
und J^j Ji werden mit d und e zugleich verschwindend klein,
folglich auch J^ As^f{x — d) und/(a: + e) nach Voraussetzung
von 0 verschieden sind.
O \X\
Satz 5. Der Quotient -xj-r zweier ganzen rationalen Func-
tionen g{x) und f{x) wird nur für diejenigen Werthe von x
unstetig^ für welche f(x) gleich 0 wird.
Der Beweis folgt unmittelbar aus Satz 4.
Da man jede gebrochene rationale Function als Quotienten
zweier ganzen rationalen Functionen darstellen kann, so findet
44 § 8. Begriff der Stetigkeit.
man aus Satz 5, für welche Werthe von x die gebrochenen
rationalen Functionen stetig sind oder nicht.
Satz 6. Die rf^ Wurzel aus einer endlichen stetigen Ficno
tum f{pc) ist wieder endlich und stetig,*)
Beweis. Nach Voraussetzung wird
^1 =/(^ + €)— /(^ — <J)
mit d und e zugleich verschwindend klein. Setzt man nun
y/(^ + «) = t., ^fix^^^v,
so ist nachzuweisen, dass auch
j = u — f?
verschwindend klein wird.
Ist zunächst f(x)SO, so kann man d und e so klein
machen, dass f{x + e) und f(x — d) dasselbe Zeichen haben
wie/(;r); dann muss man auch den Grössen u und v das gleiche
Zeichen geben. Deshalb sind in
W* V^ z= (u — t?) (w*»~^ + «"-2 ^ ^ ^ ^ ^ ^ Wü*»""^ + t?**""*)
die Grossen u^\ u^-H^ ...u ü**-^, t?«*-^ alle von 0 verschieden
und haben sämmtlich dasselbe Vorzeichen, folglich ist
S = u»-i + w^^o + • • . + «t>**-2 + ^n-i g 0,
und
«•* — V^ Ja
/§ :=: U t? = I ^ = -~
8 8
wird mit d und e zugleich verschwindend klein.
Ist f{x) = 0, so sind f{x + e) und f(x — S) einzeln be-
liebig klein für hinreichend kleine Werthe von d und e, folglich
auch u^ V und ^, wobei vorausgesetzt wird, dass u und v beide
noch reelle Grössen sind.
Dieser Satz giebt Aufechluss über die Stetigkeit der irra-
tionalen Functionen.
Satz 7. Die Functionen sinrz; und cos^r sir^ für alle
Werthe von x stetig.
Beweis. Für y = sin^r wird
J = sin(a; + €) — sm(x — d) =^ 2sin^ 'T f cos(x + ^~ j •
*) I$t n gerade, 80 möge bei diesem Satze x auf solche Werthe
beschränkt werden, für welche f{x) > 0 ist.
§ 8, Begrijff der Stetigkeit. 45
Dabei liegt cos^a^H — ^i"-) zwischen — 1 und + 1, und
sin( T^ j wird nach Formel Nr. 1 der Tabelle mit d und e
zugleich verschwindend klein, folglich auch J,
Für y = cosir wird
j = cos(a; + e) — cos(a; — (J) = — 2sinf — ^jsm(x + ^-^y
Auch hier liegt sin^ic + ~ j zwischen — 1 und + 1,
und sinf "t j wird mit d und e verachwindend klein, folg-
lich auch J.
Satz 8. Die Function tffa; = wird nur für diejeni-
ffen Werthe von x unstetig^ für welche cosa; gleich 0 wird^ also
für o; = ± ^, ± -TT^ ± -?r-> • • • > ^^^ <^«^ Function ctg:r = — : —
•^ 2' 2 2 ' ' ^ sm:r
t«?trrf nwr für diejenigen Werthe von x unstetig ^ für welche
sinx = 0 toird, also für x= 0, ± 7t, ± 27r, • . . •
Der Beweis folgt ohne Weiteres aus Satz 5.
Satz 9. Die Function a* ist stetig für alle endlichen
Werthe von x.
Beweis. Für y = a' ist
J = ««+• — a*-<^ =a'' .a* y = a'ia* jY
Nun ist
lima^' = 1, lima* = 1,
folglich wird J mit d und e zugleich verschwindend klein.
Satz 10. Die Functionen arc sinrr und arc coso; sind stetig,
wenn — l<a:<-fl ist.
Beweis. Ist y = arc sin 2;, so wird
-^ = arc sin(a; + €) — arc sin(a; — J) = w — r,
indem man
w = arc sin(a: + e), i? = arc sin(a; — S)
46 § 8. Begriff der Stetigkeit.
setzt. Dabei kann man <^ und e so klein machen, dass auch
— l<X'^d<x + e<+ 1 ist. Dies giebt
sin « = a: + 6, sin f? = a: — d,
wobei u und v so gewählt werden müssen, dass
also
— 7r<u + ü < + :^,. oder — ^ < — |— < + 2
Nun wird
smu — smt? = d + 6 = 2sin( — 5 — Icosf — - — j,
— -— ) = 7-7-rj ^ = «— «? = 2arcsm/ J , .\>
sm
(4/ >i. 2?\
— ^ — \ von 0 verschieden ist, so wird
2 cos
(:-¥)
mit ö und e zugleich verschwindend klein, also auch J.
Dadurch ist die Stetigkeit der Function arcsina; bewiesen,
aus der sich auch die Stetigkeit von arccosa: in folgender
Weise ergiebt. Es sei
y = arc sina;, z = arc cosar,
dann wird
X = siny = cos«.
Hieraus folgt
« = — — y, oder arc cos a; = — — arcsina;,
und zwar durchläuft z alle Werthe von nr bis 0, wenn y alle
Werthe von — -^ bis +- durchläuft.
Satz 11. Die Functionen arctga: und arcctga: sind für
alle endlichen Werthe von x stetig.
Beweis- Ist y = arc tga:, so wird
j =z arc tg(a: + e) — arc tg(a; — <J) = w — v,
indem man
§ 8. Begriff der Stetigkeit. 47
w Ä arc tg(a; + €), t? = arc tg(x — d)
setzt. Dabei kann man u und v so wählen, dass
ist. Dies giebt
tg« = a: + «> tg«? = a; — (J,
, , • , sin(M — v)
tflfW tgt? = () + € = ^^ ^ j
sin(w — ü) = (d + «) . cosu coso,
// = « — 1> = arc sin[((J + «) . cosw cos©],
folglich wird J mit i und e zugleich verschwindend klein.
Aus der Stetigkeit von arctg^; ergiebt sich dann auch die
Stetigkeit von arc ctga; in folgender Weise. Es sei
y = arc tga;, z = arc ctga:,
dann wird
a: = tgy = ctg«.
Hieraus folgt
« = — — y, oder arcctga; = — — arctga:,
und zwar durchläuft z alle Werthe von n bis 0, wenn y aUe
Werthe von — ^ bis +-5 durchläuft.
Satz 12. 2>i« Function \^%x ist stetig für aUe endlichen^
positiven Werthe von x.
Beweis. Ist y = log:r, so wird
^ = l0g(^ + «)-l0g(^-(J) = l0g(j±5)==:l0g(l+^^).
Da nun
lim log (1 + ^4") = log 1 = 0
ist, so wird ^ mit <J und e zugleich verschwindend klein.
Bei den folgenden Betrachtungen ist es von grosser Wichtig-
keit, ob die Functionen, mit denen man opeiirt, stetig sind oder
nicht, weil die meisten Sätze, die hergeleitet werden sollen, nur
für stetige Functionen gelten.
48 § 8. Begriff der Stetigkeit.
Satz 13. Ist die Function f{x) für alle Werthe von x
zwischen x^ und x^ reell und stetig^ und ist
fM<o,fix2)>o,
SO gieht es zwischen x^ und x^ mindestens einen Werth von x,
für welchen f{x) gleich 0 toird.
Beweis. Am leichtesten erkennt man die Bichtigkeit des
Satzes aus der geometrischen Darstellung. Setzt man nämlich
so entspricht den Coordinaten x^, y^ ein Punkt P^ auf der nega-
tiven Seite, und den Coordinaten x^^ y^ entspricht ein Punkt P^
j,. 13 auf der positiven Seite der X-Axe
(vergl. Mg. 18). Da nun die
Curve, welche der Gleichung
y=/(a:) entspricht, zwischen den
Punkten P^ und P^ stetig verläuft,
so muss sie die X-Axe zwischai
den Punkten Qj und Q^ minde-
stens in einem Punkte Q schneiden,
um von der negativen Seite der
X-Axe auf die positive zu ge-
langen. OQ^x ist dann der Werth von a;, ftr welchen
f{x) = 0 wird.
Man kann aber den Beweis auch unabhängig von der geo-
metrischen Darstellung führen.
Es sei iC2 > a?!, und es werde die Differenz x^ — x^ m zwei
gleiche Theile h getheilt, so dass
X<\ ~~"~ X*
X2 — a?! = 2Ä, oder h = —2— — L
wird. Ist f{xi + Ä) == 0, so ist der Satz schon bewiesen ; ist
dagegen f{x^ + ä) > 0, so setze man
iPj = iCg, rCj -j- Ä = x^j
und ist f(x^ + Ä) < 0, so setze man
iCj -|- Ä = a^j Xi + 2Ä ^ a:2 = x^*
In beiden Fällen ist
/(^) < 0, fix,) > 0,
§ 8. Begriff der Stetigkeit 49
wobei aber das Intervall von x^ bis x^ halb so gross ist wie
das zwischen x^ und x^. Setzt man jetzt
^4 — ^3 = 2Äi , oder h^ = ^ ^ "^ ,
so ist der Satz bewiesen, wenn f{x^ + ä^) = 0 wii*d. Ist da-
g^en f{x^ + Äj) > 0, so setze man
^ = ^6j ^ + *1 = ^6 j
und ist/(a:3 + Ai)< 0, so setze man
a^ + ^1 = ^6? ^3 + 2*1 = 3:4 = a-ß.
In beiden Fällen ist
/(^6)<0, /(^)>0,
wobei aber das Intervall zwischen x^ und Xf^ viermal kleiner ist
als das Intervall zwischen x^ und x^.
In dieser Weise kann man fortfahren und findet entweder
f(x%n^\ + *»-.i) = 0, oder
/(^« + i)<0, /(a:2„ + 2)>0,
wobei das Intervall zwischen 3:2« + 1 und xin-k-i (2*)*'" mal kleiner
ist als das zwischen x^ und x^. Da aber die Function für die
betrachteten Werthe von x stetig ist, so wird der Unterschied
zwischen /(a:2n + i) und/(a;2n+2) beliebig klein, wenn man nur
n hinreichend gross macht, folglich ist erst recht der Unterschied
zwischen 0 und/(a;2n + i), oder zwischen 0 und/(:r5H + 2) be-
liebig klein, d. h.
lim/(^2n + 1) = lini/(a:2H + 2) = 0.
n = OD H= OD
Der Satz gilt auch noch, wenn
f{x;)>0 und /(^)<0
ist. Der Beweis wird dann in ganz ähnlicher Weise geführt
wie vorhin.
Hieraus erhält man unmittelbar noch folgenden allgemeineren
Satz 14. Ist die Rinction f{x) für aUe Werthe von x
zwischen x^ und x^ reell und stetig y so toird f{x) Jeden Werth
zwischen /(x^) und f{x^ mindestens einmal annehmen ^ wenn x
alle fVerthe ztoischen x^ und x^ durchläuft
Stegemann -Kiepert, DifferentuJ-Beohnnng. 4
50 § 8. Begriff der Stetigkeit.
Beweis. Ist b irgend ein Werth zwischen f(z^) und /(x^),
ist also entweder
oder
f(x,)>b>f(x^),
so bilde man die Function
Fix)^f{x)-b,
welche zwischen x^ und X2 stetig ist, und welche zwischen x^
und X2 sicher das Zeichen wechselt.
Für F{x) gelten daher genau dieselben Voraussetzungen wie
in dem vorigen Satze für f(x). Deshalb giebt es in dem Intervall
von a?! bis X2 mindestens einen Werth von x, für welchen F(x)
gleich 0 wird. Dieser Werth sei a, dann ist
l^(a) =/(«)- Ä = 0,
also
was zu beweisen war.
Hülfssätze aus der algebraischen Analysis.
(1-)
§9-
Der binomische Leiirsatz fOr positive ganzzalilige
Exponenten.
(VergL die Formel-T»belle Nr. 6—10.)
Es sei
n\ n(n — l)(n — 2)...in — k+l)
WO k eine positive ganze Zahl sein möge, während n auch ne-
gativ und gebrochen sem darf, dann gelten folgende Sätze:
Satz 1.
(-) ©+G-0=CtO-
Der Beweis möge zunächst für einige besondere Fälle
durchgeführt werden.
1. Beispiel. Es ist
10 . 9 . 8
/10\ /10\ __ 10 ■ 9 . 8 . 7
V4/"^V3/ 1,2.3.4
+
1.2.3
10.9.8.7 10.9.8.4
1.2.3.4 ' 1.2.3.4
_ 10. 9. 8 (7 + 4) _ 11.10.9.8 _ (\1
"~ 1.2.3.4 "" 1.2.3.4
Q
52 § 9. Der binomische Lehrsatz fClr positive ganzzahlige Exponenten.
2. Beispiel. Es ist
9.8.7.6.5.4.8 9.8.7.6.5.4
1.2.3.4.5.6.7 "^ 1.2.3.4.5.6
__ 9.8.7.6.5.4.3 9.8.7.6.5.4.7
■" 1.2.3.4.5.6.7 "^ 1.2.3.4.5.6.7
_ 9. 8. 7. 6. 5. 4 (3 + 7) _ 10. 9. 8. 7. 6. 5. 4
"" 1.2.3.4.5.6.7 "" 1.2.3.4.5.6.7
= o-
Allgemeiner Beweis. Es ist
/n\ / n \ n(n — l)...in — k + 2)(n — A+i)
W U— 1/ 1.2...(A — 1)*
n{n — l)...{n — k + 2)
■^ 1.2...(A— 1)
_ n{n — l)..,(n — k + 2)(n — k+l)
"" 1 . 2 . . . (Ä — 1) Ä
w(;> — l)...(n — A + 2)A
■*■ 1.2...(>fe — 1)A
_ n (n — 1) . . . (n — ^+ 2) (n — ^ + 1 + ^)
"^ 1 . 2 . 3 . . . (Ä — 1) >fe
_ {n+l)n{n—i)...{n+l—k+i) _ /» 4- 1\
"■ 1.2.3...(A— 1)* ""V * /
Ist n eine positive, ganze Zahl, so folgt aus Gleichung (1.)
unmittelbar noch der folgende Satz 2:
Aach hier möge der Beweis des Satzes zunächst durch ein
Zahlenbeispiel erläutert werden. Es ist
8\
8.
.7,
.6.
,5
.4
8.
7.
6.
.5
.4
3.
,2.
1
sj
1,
,2,
.8.
,4
.0
1.
2.
3.
.4
.5
1,
,2.
3
8_,
.7,
.6
• «
5.4
.3
.2
.1
8.7
A
(
1.2.3
§ 9. Der binomische Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten. 53
Allgemeiner Beweis. Es ist
/n\ n(n—l)(n'-'2).,.(n — k+l)
W "" 1 . 2 . 3 . . . A
_n(n—l)(n — 2)...(n—i + l) (»— ^0(n— A — 1)...3.2. 1
"" 1 . 2 . 3 . . . A 1 . 2 . 3 . . . (n — A)
n (n— 1) (n — 2) . , . {k + 1) i(i — l)...3.2.1
"■ 1.2.3...(n — A) * 1 .2.3. ..(* — 1)A
^(w — l)(n — 2)...(^+ 1)
"~ 1.2.3...(n — A) '
oder, da Ä + 1 gleich n — (n — A) + 1 ist,
{i)^\n-k)
Der Gleichung (3) entsprechend, setze man
dann gilt die Gleichung (2.) auch noch für ^ = 1, d. h. es wird
Satz 3. JVenn m eine positive, ganze Zahl ist, so toird
(4.) (l+x)-=l+(7)»; + (^y+(^)«»+...
Beweis. Der Satz ist sicher richtig für m = 1, 2, 3, denn
man erhält der Reihe nach
(1 + a:)» = 1 + X,
(1 + ^)2= 1 + 2a: + ^'= 1 +(i)^ + (2)^^
{l + xy^l + Sx + Sx^ + x^^l + Qx + Qx^ '^(I)^^'
Dass die Gleichung (4.) allgemein richtig ist, findet man
durch den Schluss von n auf » + 1- Es werde nämlich voraus-
gesetzt, dass sie für einen bestimmten Werth von m, nämlich
54 § 9. Der binomische Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten.
für m gleich n, richtig sei, dann kann bewiesen werden, dass
sie auch für m gleich « + 1 richtig ist.
Aus der Gleichung
(n-)-=i+(i>+(2>+ •+G^iy-'+6y+-
folgt durch Mnltiplicatioii mit 1 + a;
(5.) (1 + xy.-^y =
nun ist aber nach Gleichung (2.) und (2 a.)
C) + («) = Ct').
0 + 0 = Ct').
o+G-:)=cr).
folglich erhält man dadurch, dass man auf der rechten Seite in
Gleichung (5.) die unter einanderstehenden Glieder vereinigt,
(5a.) (1 +x)'H-> = 1 +(» + 1)^ + («+ 1)^:2+ ...
Gilt also der vorstehende Satz, welcher der binomische Lehr-
satz genannt wird, für m = 8, so gilt er auch für m == 4, und
daraus folgt wieder, dass er auch für m = 5 gilt. So kann man
fortfahren und die Gültigkeit des Satzes for alle Fälle beweisen,
in denen m eine positive^ ganze Zahl ist.
§ 9. Der binomisclie Lehrsatz für positive ganzzahlige Exponenten* 55
Bemerknngeo.
1. £b wird später gezeigt werden, dass die Gleicliung
(H-«)« = l + (^« + (J)«« + (J)x» + ...
unter der Yoraassetzung
-l<x<+l
anch nocli riclitig bleibt, wenn m Iceine potitwe^ ganze Zalil ist. In
dem Falle aber, wo m eine positive, gehroehene, oder eine negative (ganze
oder gebrochene) Zahl ist, hat die rechte Seite eine unendliche iüizahl
von Gliedern und ist ein besonderer Fall der IViy/or'schen Beihe.
2. Die Coef&oienten in der Entwickelang von (1 + ^)"*» ftlso die
Grössen
werden Binonual-CoeJ^ieienten genannt.
3. Das Ftodnct aller ganzen Zahlen von 1 bis k wird A;-Facaltät ge-
nannt nnd mit k ! bezeichnet Es ist daher
Ä! = 1.2.3...(Ä — 1)Ä,
und da
(ik — 1)! = 1.2.3...(Ä; — 1)
ist, so besteht die Gleichung
Ä! = (Ä — 1)!Ä.
Durch Anwendung der Formel [vergl. Gleichung (3.)]
\i) ^ \m — k)
kann man, immer unter der Voraussetzung, dass m eme positive,
ganze Zahl ist, die Gleichung (4.) noch auf eine ein&chere
Form bringen; es wird nämlich
C)-. C-0=(T). (--.)=©•■■•
und deshalb
(1 + x)'^ =
Es sind also je zwei Coefficienten in der Enttcicielunff nach
dem binomischen Lehrsatze einander gleich^ wenn sie zu GUedem
gehören j ton denen das eine ebenso weit vom Anfange wie das
andere vom Ende absteht.
(6.)
56 § 9. Der binomische Leihrsatz für poBitlve ganzzahlige Exponenten.
Beispiele.
(1 + a:)* = 1 + 5a: + lOa:« + 10a:» + 5a:* + x^,
(1 + a:)« = 1 + 6a: + 15a:2 ^ 20a;» + 15a:4 ^ ß^b + a:«,
(1 + a:)' = 1 + 7a: + 21a:2 4. 35^3 + 35^4 4, 21a:» + 7a:« + a:',
Setzt man in Gleichung (6.)
b
a: = —
a
und multiplicirt beide Seiten der Gleichung mit a~, so erhält
man
+
oder
(7.) (a + Ä)" = a" + (^) a«»-! Ä + (^) a«-2ft2 + . .
+ (2) «^**~^ + (7) ^*"^' + *~-
Satz 4. Diiß Potenz eines unäckten Bruches toird beliebig
grosSj wenn man den Exponenten hinreichend gross macht.
Beweis. Es sei
Ä>a>0, also J — a = c>0, Ä = a + c,
b c
dann ist — ein unächter Bruch. Bezeichnet man — mit x, so
a a
ist X gleichfalls positiv, und man erhält
b a -^ c c
(i)-= (1+.)-= i+-.+!^(^..+^^^^=^^.»+... ,
folglich ist
§ 9. Der binomische Lehrsatz fär positive ganzzahlige Exponenten. 57
denn die Gheder ^ — -x^^ —^ — ^^ -x^, ... sind
alle positiv, wenn m eine positive ganze Zahl ist.
Da man nun aber durch passende Wahl von m den Ans-
drack 1 + mx beliebig gross machen kann, so wird f — j für
hinreichend grosse Werthe von m erat recht beliebig gross, oder
mit anderen Worten:
~ j unendlich gross.
Satz 5. Die Potenz eines ächten Bruches wird beliebig
klein^ wenn man den Exponenten hinreichend gross macht.
Beweis. Es sei jetzt
a>b> 0, also a — i = rf>0, a = J + cf,
dann ist — ein ächter Brach. Bezeichnet man -r mit x, so ist
a o
X gleichfalls positiv^ und man erhält
* Ä 1 1
also
a b + d ^ . d 1 +x '
/6 y _ / 1 \*~ _ 1
W "^ Vi + ^/ "" (1 + xy^'
Nun ist wieder, wie vorhin
{1 '\- xY> l + mx,
/by ^ 1 1
^ ^ W "~ (1 + :r)- ^ r+"
971 :r
Da man nun aber durch passende Wahl von m den Aus-
druck 1 + mx beliebig gross, also t—. beliebig klein machen
1 -f- mx
-j fiär hinreichend grosse Werthe von m erat
recht beliebig klein, oder mit anderen Worten:
— j unendlich klein.
58 § 10. Geometrische Progressionen.
Die Sätze 4 und 5 sind zunächst unter der Voraussetzung
bewiesen worden , dass — positiv ist, weil aber
(-^)"=°(-')-©'=±e)'
wird, so gelten sie auch noch, wenn — negativ ist.
§ 10.
Geometrische Progressionen.
(Vergl. die Formel-TabeUe Kr. 11, IIa und 12.)
Die Beihe der Zahlen
Aj Ap^ Ap^, . . . Ap*^^^
nennt man eine geometrische Reihe oder geometrische Progression.
Die Anzahl ihrer Glieder beträgt n, und die Sunune derselben
ist leicht zu bilden. Setzt man nämlich
(1.) S= A + Ap + Ap'^ + , ..-{- Af\
so wird
pS— Ap + Ap^ + .., + Ap""-^ + Ap*",
also
S—pS—S{l—p) = A — Ap"",
(2.) s=^['-n
^ 1 — p.
Beispiel. Es sei
dann wird
1 —
X ^ ' V ar^V ar," — x^
—, «J = =
Xa ^ X X* ""~~ X
Xi
Noch leichter findet man dieses Eesultat in folgender Weise.
Es ist
Sx^ = arj* + a^i"""^ + x^x^*^"^^ + . . . + x^^^Xi,
Sx = xx^^"^ + x'^xx^"^ + . . . + x^-'^x^ + ^^
§ 10. Geometaische Progressionen. 59
also
Sxi — aSi: = S{xi — x) = a?|* — sf^,
oder
(4.) 8^'=^
Xa^ X^
X* """■ X
Bisher war stillschweigend vorausgesetzt worden, dass n eine
endliche (positnre, ganze) Zahl ist. Wenn aber p ein ächter
Brach ist, so behält S auch noch eine bestimmte Bedeatmig,
wenn n unendlich gross wird. Es ist dann nämlich nach Satz 5
des vorhergehenden Paragraphen
limp" = 0,
folglich wird
(5.) S = --^.
1 — p
Beispiele. 1) Es ist
2
wächst n in's Unbegrenzte, so wird lim T^ j = 0, also
i + l + I + ^+--=2-
2) Es ist
^^3 ^9 ^•••^3—' 1 2L V3/J'
3
wächst n in's Unbegrenzte , so wii*d lim ( — ) = 0, also
3^9^ 27^" 2
60 § 11. Erklärung der Zahl e.
3) Es ist
11 1
0,1111 ...=T?^ + T7r7;+...+
10 ' 100 ' ' 10"
7 vioy 7r, /iv]
10
1 —
10
wächst n in's ünbegi^enzte , so wird lim ( — ) == 0, also
0,7777...=^.
9
Bemerknnir*
Die Summe
hat unendlich viele Glieder, aber trotzdem einen endlichen Werth. Man
nennt eine Bolche Summe mit unendlich vielen Gliedern, welche trotzdem
einen bestimmten, endlichen Werth hat, eine convergente (unendliche)
Reihe. Später wird noch ansflihrlich von der Oonvergenz der Seihen
die Rede sein.
§11.
Erklärung der Zahl e.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 13 und 14.)
Setzt man in
/i I \« 11^ I n(n — i) « , n(n — 1)(« — 2) , ,
(1+^) =l + r*+ 172-^'+ 17273 ^'+-
. n(n — l) (« — 2)...(» — ^+l)_t .
■^ 1.2.S...A "^•••
X gleich — , so erhält man
rn^'t I ^V-i I "^ ,»("-!) 1 , «(«-!) (»-2) 1
n(n—i)(n — 2)...(n — k + i) 1_
"*" 1.2.3..,y6 ■«*"'■•••
§ 11. Erklflmng der Zahl e. 61
- 1 + i + 1 + 1 2£A_^+
~ ^ 1 ^ 1.2 ^ 1.2.3 ■••
■^ 1.2.3...A +....
Es soll nun der Werth von M H — j bestimmt werden^
wenn n unendlich gross wird, wobei aber n zunächst auf ffanz-
zahUge Werthe beschränkt sein möge.
Bezeichnet man den gesuchten Grenzwerth mit <?, so ist alsa
(2.) . = lim (l + iy .
Zur Berechnung dieses Grenzwerthes trenne man auf der
rechten Seite von Gleichung (1.) die ersten k + l Glieder ah
und nenne ihre Summe /S^, während die Summe aller übrigen
Glieder Su heissen möge; es ist dann
i_i (,_i)(i_a)
(3.) s, = . + 1 + _Jl + !^_i!A__^ ^
,0-^)(-l)-('-^)
l.A*Ö.«.A?
(A\ o <_v n) \ n)"'\ n ) \ n) ^
^*-'' '^* - 1 . 2 . 8 . . . >i(>i + 1) "•■■••
and
(5.) e = lim Äj + lim S^'.
unter der Voraussetzung, dass h eine endliche Zahl ist,
werden die Grössen
12 3 k—\
— )
n n n n
sämmtlich unendlich klein, wenn n unendlich gross wird; di&
Factoren
62 § 11. Erklärung der Zahl e.
i_l, i_i, i_i, ...i_*
n n n n
werden deshalb alle gleich 1, und man erhält
liiniS'* = l+i+,-iTr+ . i o + . - . + ^
1 ^ 1.2 ' 1.2.3 ' '" ^ 1.2.3...A'
oder
(6.) iiin-S» = l + l + l + l+ ... + ~
Denselben Schluss darf man aber nicht bei den sämmtlichen
Gliedern von Sk* machen, denn in den späteren Gliedern von
Sk' hat der Zähler auch Factoren von der Form
n
bei denen nicht nur n unendlich gross wird, sondern auch m.
Ist z. B. m gleich ^n, so wird stets, wie gross auch n werd^ mag,
l-^ = l-i = i-
n 2 2'
und ist w>2J ^ wird sogar lim— >-, also
.'ä('-?)<r
Wollte man daher auch bei den sämmtlichen Gliedern von
Su' die Factoren der Zähler alle gleich 1 setzen, so wärde man
die Zähler zu gross machen. Setzt man trotzdem die Factoren
der Zähler alle gleich 1, so wird aus der Gleichung (4.) eine
Ungleichung^ nämlich
(7.) lim*»'<^-^q^ + (j^p-2yi+p-qr3)I+---'
oder, weil
(A + 2)! = (*+l)I (Ä + 2),
{k 4- 3)! = (A + 1)! {k + 2) (* + 3),
ist,
(7a.) li°^^*'<(^[l + r^ + (^ + 2H>fe + 3) +•••]•
§ 11. ErMärong der Zahl e. 63
Nun ist aber
1 1 1 1
Ä + 2 < A + l' (* + 2) (A + 3) ^ (A + 1)J ' • * • '
folglich wird die Ungleichung (7 a.) noch verstärkt, wenn man
setzt. Dadurch erhält man
(8.) ^S,'<^^[l + ^ + jj^+..].
Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist hierbei eine
geometrische Progression
die sich bis ins Unendliche erstreckt, deren Summe sich aber
leicht bilden lässt, weil
ist; und zwar wird nach Formel Nr. IIa der Tabelle diese
Summe gleich
^^•^ 1 -p " ^_ 1 - ^T
i+ 1
Daraus folgt
lim Sh < TT — : — TTT ' — i —
(A+ 1)! i
oder, da {A + 1)! gleich kl (* + 1) ist,
(10.) lim Su' < ~
Nach Gleichung (5.) ist daher
(11.) lim*Ä<^<lim-Sik + ~
»=» l»=S30
Nun wird aber für hinreichend grosse Werthe von i die
Grösse -ttt beliebig klein, so dass man e zwischen zwei Grenzen
gebracht hat, die einander beliebig nahe liegen, ja diese Grenzen
64 § 11. £rklänmg der Zahl e.
fallen sogar zusammen, wenn man jetzt auch ^ unendlich gross
werden lässt. Es ist daher
(12.) e^ = lim(l + ^y = i + 1 + l + Jj + ...minf.
Kommt es nur darauf an, die Zahl e bis auf eine bestimmte
Anzahl von Decimalstellen genau zu berechnen, so genügen schon
verhältnissmässig wenige Glieder der Eeihe auf der rechten Seite
von Gleichung (12.). Will man z. B. e bis auf 10 Decimal-
stellen genau finden, so genügen schon die ersten 16 Glieder
der Beihe. Es ist nämlich, wenn man zunächst 12 Decimal-
stellen berücksichtigt,
^^^.
=
2
1
2!
=
0,5
1
3!
=
0,166666666667
1
4!
=
0,041 666 666 667
1
5!
•
=
0,008333333333
1
6!
=
0,001 388 888 889
1
7!
=
0,000198412698
1
8!
=
0,000024801587
1
9!
=
0,000002755732
1
10!
0,000000275573
1
11!
=:
0,000000025052
1
12!
=:
0,000000002088
§ 11. Erklärung der Zahl e, 65
-i- = 0,000000000161
lo !
7^-: = 0,000000000 011
14!
~ ^ 0,000000000 001
15!
also
(13.) e = 2,718281828459.
Hierdurch ist e ohne Zweifel auf 10 Decimalstellen genau
berechnet, denn der Unterschied zwischen e und der Summe
^^l!^2!^3!^"*^ 15!
ist (unter Berücksichtigung Von 14 Decimalstellen)
li^ ^1 5 ^ ITTF = 0,000 000 000 000 05
«=x> 15! lo
imd kommt daher bei den ersten 12 Decimalstellen nicht in Be-
tracht. Dagegen können die 11*® und die 12*® Decimalstelle
dadurch fehlerhaft geworden sein, dass bei Summirung der 16
Glieder die auf die 12*® Decimalstelle folgenden Stellen ver-
Aachlässigt worden sind. Dieser Fehler ist aber bei jedem der
Glieder in der 12*®" Decimalstelle kleiner als |, so dass der
Gesammtfehler kleiner als
16.i = 8
sein muss. Im Allgemeinen wird der gesammte Fehler, welcher
bei solchen Eechnungen durch Fortlassung der späteren Decimal-
stellen begangen wird, noch viel kleiner sein, als das hier an-
gedeutete Verfahren ergeben würde, weil die einzelnen Fehler
verschiedenes Zeichen haben und sich in Folge dessen wenig-
stens theilweise gegen einander fortheben.
In der soeben ausgeführten Berechnung der Zahl e ist z. B.
der gesammte Fehler bei der 12*®" Decimalstelle nicht 8 sondern
0, wie sich aus der Berücksichtigung der späteren Decimalstellen
ergiebt. Die Gleichung (13.) enthält daher die Zahl e bis auf
12 Decimalstellen genau.
Stegemann -Kiepert, Differential-Heohnxmg c
66 § 11, Erklärung der Kahl e.
Es war vorhin angenommen worden, dass n eine positive
ganze Zahl sei. Von dieser Voraussetzung kann man sich noch
frei machen. Liegt nämlich n zwischen den positiven ganzen
Zahlen m und m + 1, ist also
m<w<m + 1,
so wird
m n m + 1
und
1 1 1
1 + - > l+r >1 +
m n m + 1
Da die Potenz eines unächten Bruchas mit dem Exponenten
zugleich wächst, so wird
,^,^ ; ('+4)'^'>0+ä">0+J)".
0+D'^('+STl)"='('+^)"
Nun ist
1 V «w + 1
Lim ^ 1 -[-
lim (\ + i-V' "*"*= lim fl + ~V Um (l + -T = e, .
limA + -^y = lim ?_- . lim fl + -i— V = e,
m = oDV m + lj m = x. , 1 V W+1/
folglich gehen die Ungleichungen (14.) über in
(14a) ij^Umfl + -y^ö,
oder
Die Zahl e spielt eine sehr wichtige Eolle in der liöheren
Mathematik; sie ist die Basis der sogenannten natürlichen
Logarithmen. Welche Vorzüge das Logarithmen -System mit
dieser Basis besitzt, soll an einer späteren Stelle gezeigt
werden.
§ 11. Erklärung der Zahl 4. 6?
Man hätte übrigens die Zahl e auch durch die Gleichung
6 = lim('l— -")
erklären können. Es ist nämlich
■ ('-r=c-^r"=(^)".
oder, wenn man n — 1 gleich m setzt,
(-r=m'^'=o+r'=o+^)o+^)"-
Wird n unendlich gross, so gilt dasselbe von m, folglich ist
lim ('i — iy "=lim (l + - Vi + -T= lim ^1 + -T = e.
Satz. Die Zahl e ist keine rationale Zahl, d, h. es ist
nicht möglich, e auf die Form -r zu bringen, so dass k und l
ganze Zahlen sind.
Beweis. Wäre
__l_ _ l(& — 1)! _ lß—l)\
^~ k ~ (k—\)\k ~ k\ '
so wäre nach dem Yorhei^henden
^ -4- 1 4- 4- 1 ^ ^(^-1)! ^ 1 . 1 4. 1
+ i+ '
k\ ' k\k'
oder, wenn man diese doppelte Ungleichung mit k\ multiplicirt
und die ganze Zahl
u.k\.k\. ._*!.*!
^*' "^ n "^ 2! "^ • • ' ^ {k—\)\ "*" k\
mit A bezeichnet.
5*
68 § 11. Erkläiiing der Zahl «.
oder
A<l{&-l)\<A + l:,
0</(* — 1)!— ^<i-
Es mflsste also zwischen 0 und j noch eine positive ganze
Zahl 1{A — 1)! — A liegen, und das ist unmöglich.
Differential-Rechnung.
Erster Theil.
FoDetionen tod einer oDabhäDgigen VeräDderliehen.
I. Abschnitt.
Erkläning und Bildung der Differential-
Quotienten.
§ 12.
Bildung des Differential-Quotienten einer stetigen Function
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 15.)
Es sei die Function
(1.) y =/(^)
für die betrachteten Werthe der unabhängigen Veränderlichen z
(des Argumentes) stetig. Setzt man also
(2.) yi=/(^i),
so sollen die Differenzen
(3.) ÄTj — z^=^ Jx und yx — y r=. Jy
gleichzeitig verschwindend klein werden. Den Quotienten dieser
Differenzen Jx und Jy^ nämlich
(4.) ^ = yi—y
^X Xa X
70 § 12. Bildung des Differential-Quotienten u. s. w.
nennt man Differenzen- Quotient Werden jetzt Jx und J^f ver-
schwindend klein, so nennt man sie Differentiale und bezeichnet
sie mit dx und dy. Es ist also
dx = lim Jx^ dy = lim Jy,
Dabei geht der Differenzen-Quotient über in den Difefen-
tial' Quotienten, nämlich in
(5.) ^=lim^ = üm?^t^^.
Beispiel 1. Es sei
y = x\ also yi = x^^,
dann wird
Vx — y ^1^ — ^^ •
^ ^ = -i = ar^ 4- ar,
X* ' sc X4 ■ iC
dx
= lim (a?! + ic) = 2ir.
Beispiel 2. Es sei
y^x^, also yl=^l^
dann wird
y* — y x^^ — x^ „ , , ^
^^ ^ = -^! = X^^ + X^X + X^,
X\ ' X X* *^^ X
^ = lim («,2 + xix + x^) = 3xK
In den meisten Fällen, in denen y eine stetige Function
von X ist, wird es möglich sein, ^, d. h. den Grenzwerth von
^ — - zu bestimmen. Es giebt aber auch Functionen, die für
x^ — X ® '
einzelne oder für unendlich viele Werthe von x nicht differen-
türbar sind, d. h. es giebt Fälle, in denen ^ ieimn bestimm-
ten, endlichen Werth hat. Ist z.B. y = Ä;sinf — j, so wii'd,
wie sich zeigen lässt, -^ für a: = 0 unbestimmt, obgleich die
Function selbst für diesen Werth von x noch stetig ist.
§ 12. Bildung des Differential-Quotieiiten u. s. w. 71
In den hier folgenden Untersuchungen werden aber nur
Functionen in Betracht kommen, welche differentürbar sind.
Die Gleichungen (4.) und (5.), durch welche der Differenzen-
Quotient und der Differential -Quotient erklärt werden, kann
man noch auf eine etwas andere Form bringen. Mit Eücksicht
auf die Gleichungen (1.) und (2.) erhält man zunächst
(4a.) ^ = ^M. = fMzzM,
(5a.) ^ = ^ = limÄlzii^.
^ dx ax x^^x ^\ — ^
Aus den Gleichungen (3.) folgt femer
a:^ = a: + Jx, ßx^) =f{x + Jx)\
dies giebt
(4b.) ^ = ^I^ = /(a: + Jx) -^ßx)
^ ' Jx Jx Jx
(5 b.) $^ = ffi = j^/(. + Jx) -A-x
dx dx jx=o Jx
Bemerkungen.
Der AnfäDger möge noch besonders darauf aufmerksam gemacht
werden, dass in den Ausdrücken Jx und Jy das Zeichen J nicht von
X oder von y getrennt werden darf, denn Jx und Jy sind nicht etwa
Prodncte von J und x oder von J und y, sondern sie sind Symbole,
welche die gleichzeitigen Zunahmen von x und y bezeichnen.
AehnUches gilt auch von den Differentialen dx und dy. Dabei ist noch
zu beachten, dass die Differentiale dx und dy immer mit einem geraden
d (nicht mit einem geschwungenen d) geschrieben werden, weil die Sym-
bole dx und dy später noch in einer etwas anderen Bedeutung benutzt
werden sollen. Ebenso haben die Bezeichnungen dx und Jy eine andere
Bedeutung wie dx und dy.
Der Differential-Quotient —^ einer entvdckeUen Function
y=:f(x) ist also der Gremwerthy welchem sich der Bruch
-~^ — "^ — -r- — nähert, wenn Jx unendlich klein wird.
Jx
Um anzudeuten, dass ^ gleichfalls eine Function von x
ist, bezeichnet man sie gewöhnlich mit/'(a;); es ist daher
72 § 12. Bildung des Difiereutial-Quotieuteu u. s. w.
(6.) I =/•(.).
Die Function f*{x) nennt man im Gegensatz zu der
ui-sprüngKchen Function f{x) die abgeleitete Function oder die
Ableitung \o\i f{x).
In derselben Weise wie/'(a:) erklärt ist durch die Gleiclumg
/'(^) = lim'^^^ :7i — ^^^ '
werden auch die Ableitungen der Functionen F{x\ fp{x) u. s. w.
erklärt. Es ist daher
(7.) i^'(a:) = lun — ^^ — ■ — 7^ ^-^ ?
^ar = 0 ^^
(8.) f/)'(a:) = Imi ^^ -^ ^-^ ,
u. s. w.
Hervorzuheben ist noch, dass bei dieser Erkläi'ung des
Differential-Quotienten die Grösse Jx nach Belieben positiv oder
negativ vorausgesetzt werden darf. Man hätte also mit dem-
selben Rechte /'(a;) durch die Gleichung
fix) = hm-^-^^ ' ^^ ^
erklären können. Im Allgemeinen wird man auch beide Male
föi- /'(x) denselben Ausdruck erhalten. Setzt man nämlich in
diesem Falle x — Jx^^x^, so wird x=^x^ + Jx, also
f{x-Jx)-f(x) ^ f(or,,)-f{x,+Jx) ^ f{x,+Jx)-f{x,)
— Jx — Jx Jx
Dies giebt
Jx=0 ^^ x^-=x
Man erhält daher, wenn die Function /' {x) stetig ist , den-
selben Weith von f{x)^ gleichviel ob man Jx positiv oder
negativ wählt.
§ 13. Geometrische Deutung des Difierential-Quotienteii. 73
§ 13.
Geometrische Deutung des Differential-Quotienten.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 16.)
Für viele Untersuchungen ist die Bildung des Differenzen-
Quotienten und des Differential- Quotienten von grosser Bedeutung,
um zu beurtheilen, in welchem Verhältnisse die Aenderung der
Function zu der Aenderung des Argumentes x steht. Ist z. B.
(1.) y = /(^)
die Gleichung einer Curve (Fig- 19), und legt man durch die
benachbarten Punkte P und Pj eine Secante , welche mit der
positiven Richtung der X-Axe den Winkel ß bildet, dann wird,
wie schon auf Seite 24 gezeigt wurde,
PR = QQ^ — OQ^ — OQ=:x^—Xj
RP, = Q,P, — QP^y,—y,
also
tffß = tff RPP, = ^
(2.)
Xa -^ X
Dabei giebt der Differenzen-
Quotient
Vi—y
Fig. 19.
ein Mass für
x^ — X
die Steigung der Curve vom
Punkte P bis zum Punkte Pj ,
d. h. dieser Ausdruck giebt an,
in welchem Verhältnisse die
Zunahme der Ordinate y zur
Zimahme der Abscisse x steht.
Unter der Voraussetzung,
dass die Function y =f(x) für
den betrachteten Werth von x differentürbar ist, nähert sich die
Secante PP^ einer bestimmten Grenzlage TP, wenn der Punkt
Pi dem Punkte P immer näher rückt und schliesslich mit
diesem Punkte zusammenfällt. Eine solche Secante, bei der
zwei Schnittpunkte in einen Punkt P zusammenfallen, heisst
Tangente und der Punkt P ihr Berührungspunkt. Bei diesem
Grenzübergange werden die Strecken
PE := x^ —x und ÄPj = yj — y
74 § 13. Geometrische Deutung des Differenüal-Quotietiten.
versehwindend klein, der Winkel ß gdit in den Winkel « über,
und man erhält aus Gleichung (2.) die wichtige Formel
(3.)
^« = ^.^ = I = /■(^).
in welcher der folgende Satz enthalten ist:
Der Differential' Quotient ist gleich der trigonometrischen
Tangente desjenigen Winkels cc, welchen die geometrische Tangente
im Curvenpunkte P mit der positiven Richtung der X-Axe
bildet, wenn y =.y*(a;) die Gleichung der Curve ist, und der
Punkt P die Coordinaten x und y hat.
Wenn die Curve im Punkte P steigt, so ist a ein spitzer
Winkel (vergl. Fig. 20), also
(4.)
tga:=:^>0;
Fig, 20.
und wenn die Curve im Punkte P* fällt, so ist a' ein stumpfer
Winkel (vergl. Fig. 20), also
(5.)
^«' = |<:o.
(Dabei sind allerdings nur die Winkel zwischen 0® und
180® berücksichtigt, weil auch nur solche Winkel hier in Be-
tracht kommen können.)
In der vorstehenden Figur 20 ist also im Punkte P der
Differential-Quotient ^ positiv, im Punkte P dagegen negativ.
Dies giebt den Satz:
Wenn eine Hinction y '=^f(x) gleichzeitig mit x zunimmt,
so ist die Ableitung für den betrachteten Werth positiv ; wenn
§ 13. Geometiische Deutung des Diiferential-Quotienten. 75
aber die Ikinction abnimmt^ während x zunimmt^ so ist die Ab-
leitung für den betrachteten Werth von x negativ.
Der Beweis dieses Satzes kann auch unabhängig von der
geometrischen Deutung des Differential - Quotienten geführt
werden.
Nimmt nämlich y mit x gleichzeitig zu, so wird
x^—x>Q, yi—y>o,
also auch
X4 ~~~" X
Dies gilt, wie klein auch x^ — x werden mag, folglich wird
auch
(4a.) ^^^VLIZl^o,
ax jf^^x^ X
Hierbei ist das Gleichheitszeichen dem Ungleichheitszeichen
hinzugefügt, weil möglicher Weise der Zuwachs von y im Ver-
gleich zu dem Zuwachse von x eine verschwindend kleine Grösse
höherer Ordnung ist.
Nimmt y ab, während x zunimmt, so wird
xi — x>o, y\—y<o,
also
Xa ~~~" X
Dies gilt gleichfalls , wie klein x^—x auch werden mag,
folglich ist
(5a.) |^ = iünl?LZll<o.
Von dem angegebenen Satze gilt auch die Umkehrung:
Eine Function nimmt gleichzeitig mit x zu für alle Werthe
von X, für welche -^ positiv ist, und die Function nimmt ab,
während x zunimmt, für alle Werthe von Xy für welche -^
negativ ist
Der Beweis folgt aus dem Satze selbst ohne Weiteres.
76 § 14. Einige Lehrsätze über Differential-Quotienteii.
§ 14.
Einige Lehrsätze Ober Differential -Quotienten.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 17—20.)
Satz 1. Zwei Functionen^ welche sich von einander nur
durch eifie additive Constante unterscheiden, haben dieselbe Ab-
leitung^ d. h. ist
so wird
y'(^)=/'(4
Beweis. Ist
y(^)=/(^)+C,
so wird
also
ff{x + Jx):=:f{x + Jx)+ C,
fp(x + Jx) — (f{x) =f{x + Jx) —f{x\
fp(x + Jx) — (p(x) _f(x + Jx) —f{x)^
Jx Jx
/. \ i/ \ r (fix+Jx) — (f>{x) . f(x'\-Jx) — f{it) ^,, .
Bezeichnet inan/(ir) mit y, so wird
und die Gleichmig (1.) nimmt die Form an
da.) ^^+^ = f.
dx dx
Salz 2. Ist eine Function y =zf{x) mit einem constanten
Factor A muUiplicirty so ist die Ableitung dieses Productes gleich
der Ableitung der Function y^ multiplicirt mit dem constanten
Factor A, d. h. es ist
dx dx
Beweis. Setzt man
g){x)—Af{x),
so wird
(f{x + Jx) = ^/(a? + ^^)i
§ 14. Einige Lehrsätze über DiiFerential-Quotienten. 77
also
q^(x + Jx) — (p{x) =■ Äf(x + Jx) — -4/^(^)
^Ä\^f(x\Jx)-f(x)\,
q>(x + Jx) — ip(x) __ ^^ f(x + Jx) —f(x)
Jx Jx
oder, wenn man Jx unendlich klein werden lässt,
(2.) tp^(x) = Af{x\
Bezeichnet man nun wieder /(a;) mit y, so wird
(p(x)= Af{x) = Ay,
und die Gleichung (2.) geht über in
Satz 3. Die Ableitung einer Summe voji zwei (oder von
mehreren) Iknctionen ist gleich der Summe der Ableitungen der
einzelnen Functionen,' d. h. es ist
d{u + v) du do
dx dx dx
Beweis. Es seien
u = (f>{x) und V = \p[x)
zwei beliebige Functionen von x^ und es sei
y =/(^) = w + «? = y(^) + ip(x).
Es wird dann
f{x + Jx) = ff(x + Jx) + i// (a: + ^^)i
Jy -==-f(x + Jx) — f{x) = if(x + Joi^ — if{x) + i/^ (a: + Jx) — ^)(x)^
Jy (p{x + Jx) — (p{x) i// {x + Jx) — xp {x)
Jx Jx Jx
dx jx=0 ^-^ Jx={i Jx X \ / 7- \ />
oder
, . d(u •\- v) du do
^ '^ dx dx dx
In derselben Weise lässt sich zeigen, dass der angegebene
Satz auch für eine Summe von beliebig vielen Functionen gilt.
78 § 15. Differentiation der ganzen rationalen Functionen.
Vertauscht man u + v mit u — v, so findet man durch die
gleichen Schltlsse die Gleichung
d(u — v) du dv
und damit den
dx dx dx
Satz 4. Die Ableitung der Differenz von zwei tUnciianen
ist gleich der Differenz der Ableitungen der einzelnen Functionen,
§ 15.
Differentiation der ganzen rationalen Functionen.
(VergL die Formel-TabeUe Nr. 21.)
Aufgabe 1. Man soll die Ableitung von
(1.) y == a:»»
bilden, wenn m eine positive ganze Zahl ist.
Auflösung. Aus Gleichung (1.) folgt.
(2.) y^ = ^r,
(3.) yi — y = a:i«* — af»,
also nach Fonnel Nr. 12 der Tabelle
+ x^x^-"^ + a:**'^ ;
dies giebt
(5.) ^ = Um ?^i^=^ = lim (ä-j«»-* + a-^"»-^^- + ^i'"-^^-2 + . . .
+ x^af'^ + ^^"Oj
oder
(6.) I = maf^-K
Dasselbe Resultat kann man auch in folgender Weise er-
halten.
Aus Gleichung (1.) folgt
(7.) y + Jy — {x + JxY
s= a:"» + --a:"»~* . ^ä: H \ — —^x^' ^ . Jx^ + . . . ,
1 1 • A
§ 15. Differentiation der ganzen rationalen Functionen. 79
also
(8.) ^ = ^-.+'^(2Lz±),«.-^^, + ....
Geht jetzt Jx in dx über, d. h. wird Jx unendlich klein,
so werden die Glieder auf der rechten Seite von Gleichung (8.)
alle bis auf das erste unendlich klein, weil sie den Factor dx
enthalten. Die Gleichung (8.) geht daher über in
(9.) !='-"-'•
Der Werth m gleich 0 möge besonders berücksichtigt
werden; man findet dann aus der allgemeinen Foimel
dx dx
Durch Anwendung der Formel
d{Ay) ^ ^d^
dx dx
ergiebt sich hieraus, indem man y gleich l setzt, dass
— — 0
dx
wird, d, h. dass die Ableitung eirm* Constanten immer gleich 0
ist, ein Satz, den man natürlich auch direct beweisen kann.
Aufgabe 2. Man soll die Ableitung von
y :=: X* -{- X^ -{- X
bilden.
Auflösung. Nach Formel Nr. 19 der Tabelle ist
dy d(x*) , d(x^) . dx - .^ , o 9 i -«
dx dx dx dx
Aufgabe 3. Man soll die Ableitung von
2/ = 3:^4 + ll;r2 _ 7^ _|. 8
bilden.
80 § 15. Differentiation der ganzen rationalen Ftmctionen.
Auflösung. Hier ist nach den Fonneln Nr. 19 und 20 der
Tabelle
dj/_d{Sx^) d(llx'^) d{lx) rf(8)
dx dx dx dx dx
Femer wird nach Fonnel Nr. 18 der Tabelle
dx dx
^^ ^ = 11 4r^ =11.2^ = 22:r,
CLX CtX
47£)^ 7^=7.1 = 7
dx dx ' '
folglich ist
^=0
dx "'
^= 12a;3 + 22flr — 7.
ax
In welcher Weise sich dieses Verfahren verallgemeinem
lässt, soll die folgende Aufgabe zeigen.
Aufgabe 4. Man soll die Ableitung von
y = ax*^ + a^x*^^^ + «2^*'"^ + • • • + öf«— la; + ««
bilden.
Auflösung. Nach Fonnel Nr. 19 der Tabelle ist
dy__d(ax^) d{a^a^-^) dja^x*'-'^) d{a»-ix) djun)
dx"^ dx dx dx "*"•••"+" ^^ ^^ ?
und nach den Formeln Nr. 18 und 21 der Tabelle wird
az ax
dT^ = «..-^ =«,(«- 2) ^-S
§ 16. UebuQKs-BeiapMle. 81
folglich erhält man
Da sich jede ganze ratiooale Function auf die Form
bringen lässt, so ist damit gezeigt, wie man jede beliebige ganze
rationale Function differentüren kann.
§ 16.
Uebungs- Beispiele.
1) y = 6a:^ 4- 4, ^ = 30a:*,
2) y = 6a:ö — 4, J^ — 30^:4.
3) y = |:cio, ^ ^ 4^9.
4) y= 3^2_7a:+9, J^ = 6^: — 7.
5) y = {2x ~ 5) (a:2 + llar— 3), ^ = Öa:^ + 34^ — 61.
Hier findet man das Resultat, indem man zunächst die
Klammem auflöst und dadurch y auf die Form bringt
y = 2a:3 + 17a:2 — 61a: + 15.
6) y = 5a:*— yrc» + 4^2 _ 3^ + 7^ ^ = 20^:»— llrr» + 8a:— 3.
7) y = a:'»+12a:3— 29a:2— 61a:— 134, ^ =4a:»+36a:2— 58a:— 61.
8) y = a:» — 5a:2 + 8a: — 4, J^ = Sx^ _ lOa; + 8.
9) y = 8a:5 — j^z 4. 13^^ ^ ^ 15^4 _ 21^:2 + 13.
10) y = 5a:8 — 3^;« 4. 2a:* — 4a:2 + 7, ^ = 40;!;'' — 18a?'>+8a;3— Sa:.
Steg«inaim- Kiepert, Differential-Beohnnng. 6
82 § 17. Differentiation einer Potenz u. s. w.
§. 17.
Differentiation einer Potenz mit negativem ganzzaliligen
Exponenten.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 21.)
Aufgabe. Man soll die Ableitung von
(1.) y — af"
bilden, wenn
(2.) m = — n
eine negative ganze Zahl ist.
AuflBsung. In diesem Falle ist
(8.) y = a;-« =
af^
(4.) Vi = ^1'" = ^ '
also
1 1 a^i *• — x^
(6.) yi-»=^-^=--5=v~'
also nach Formel Nr. 12 der Tabelle
(6.) yLzj^==-^\"»"-^"
^ ' Xi — X 7^x^ Xx — »r
Dies giebt
^^•^ rfar ^^:rx—x x^ '
oder
CS. ) -/ = — «ar-*~^ = ma:^""^ .
^ ' dx
Die Formel Nr. 21 der Tabelle bleibt also noch richtig,
auch wenn m eine negative ganze Zahl ist.
*5 18. Differentiation der Functton logar. 88
§ 18.
Differentiation der logarithmischen Function
f{x) - \ogx.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 22 und 23).
Aufgabe. Man soll die Ableitung der logarithmischen
Function
(1.) y =f{x) = log.r
bilden.
Auflösung. In dem vorliegenden Falle ist
(2.) /(^) = logrr, /(:r + -^.r) = log(a; + ^:r),
f{x + Jx) -fix) = log(^ + Jx) - log.r = log(^^-)
oder
(3.) f(x + Jx) -fix) = log(l + ^) ,
Ax + Jx)-f(x)^J^^l ,,^(,+^\
^ Jx Jx Jx ^ V x J
Setzt man
(5.) — = — , also Jx = — ,
x n n
so ist
Nun wird aber n unendlich gross, wenn Jx unendlich klein
wird; deshalb ist
Diesen Grenzwerth kann man leicht angeben, denn nach
Formel Nr. 13 der Tabelle ist
(8.) ' Um(l+iy=^,
n = 00 \ n /
folglich wird
(9.) ^ == ^(^Qg^) — l2i£.
dx dx X
6*
84 § 18. Differentiation der Function logj*.
Dabei ist die Basis des Logarithmen - Systems noch eine
ganz beliebige, wählt man aber die Zahl e selbst zur Basis des
Logarithmen-Systems, so ist
loge= 1,
so dass die Gleichung (9.) eine noch einfachere Foim annimmt.
Die Logarithmen mit der Basis e heissen die natürlichen
Logarithmen und mögen in dem Folgenden nur durch den Buch-
staben 1 bezeichnet werden.
Demnach ergiebt sich aus Gleichung (9.)
t/(Lr) 1
(9 a.)
dx X
Bemerkung.
In der höheren Mathematik benatzt man fast auaachlieBslich die
natürliche!) Logarithmen mit der Basis e; es ist aber sehr leicht, von
dem einen Logarithmen- System zu dem anderen überzugeben.
Es bezeichne z. B. logo; den ^nV/^^'schen Logarithmus von x mit
der Basis 10, und \x den natürlichen Logarithmus mit der Basis e;
dann ist
(10.) y==loga; gleichbedeutend mit 10^ =x
und
fll.) 2 = 10; ist „ „ e* = a;.
Daraus folgt
(12.) 10^ = «*.
Nimmt man auf beiden Seiten dieser Gleichung den natürlichen
Logarithmus, so erhält man
(13.) yllO = «, oder loga: = i^.
Nimmt man dagegen auf beiden Seiten der Gleichung (12.) den
^ri^^a'schen Logarithmus, so erhält man
(14.) y = « log e, oder log a; = la: . log «.
Aus den Gleichungen (13.) und (14.) folgt zunächst
= log e :
110 ^ '
ferner geht aus ihnen hervor, dass man die natürlichen Logarithmen
Bämmtlich mit dem constanten Factor
löge == J- = ^^^\ ^ , = 0,434 2944819
® HO 2,3025850930
zu multipliciren hat, um aus ihnen die entsprechenden Briggs^ f^^YL^n zu
erhalten. Man nennt diesen Factor löge gewöhnlich „den Modul der
^r^^«'schen Logarithmen.'^
§ 19. Differentiation der Functionen sina? und cosiP. 85
§ 19.
Differentiation der trigonometrisehen Functionen
mx und coso?.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 24 und 25.)
Aufgabe 1. Man soll die Ableitung von
(1.) y=/(^) = sin^
bilden.
Auflösung. Aus Gleichung (1.) folgt
(2.) f{x + Jx) = sin(:r + J.r),
(3.) f{x + Jx) — f{x) = Jf(x) == sin(;r + //.r) — sina-.
Nun ist bekanntlich
sma - smi = 2sin( — ^ — ) cos f — ^ — h
folglich wird
(4.) Jfi^) = 2 Sin (^) cos (^ + ^)>
oder, wenn man der Kürze wegen
(5.) Jx = 2z
setzt,
4f{x) = 2sin;r cosC-r + «),
(6.) ~^r-^ = C0S(a: + z) ,
Jx z '
,_ . df(x) du ,. sin;r / , n t sin;?
(7.) "\^ ^ = -^ = lim cos(^ + «) = cosa; lim
0tX QtX z-rz^ Z jB «~ 0 Z
Nach Formel Nr. 1 der Tabelle ist aber
,. sin;?
um = 1,
folglich ist
/o % dy </(sin;r)
(8.) -^=: — -= — ^ = C0S;r.
dx dx
Aufgabe 2. Man soll die Ableitung von
(9.) y = fix) = cosir
bilden.
86 §. 20. Differentiation der Functionen tga: und ctgo;.
Auflösung. Aus Gleichung (9.) folgt
(10.) /(a: + Jx) == COS {x + ^x\
(11.) f{x + Jx) —fix) = Jf(x) = COS(a: + Jx) — COSa:.
Nun ist bekanntlich
cosa — cosJ= — 2sm ( — - — )sm( — ^ — j,
folglich wird
(12.) Jf{x) = - 2sin (^) sm {x + ^),
oder, wenn man wieder
Jx = 2^;
setzt,
(12a.) Jf{x)=^ — 2sin;5Sin(a; + «),
(13.) -^^ ^ == sin(a: + «),
^ '^ Jx z ^
df(x) dy . ,. sin«
ax ax g^Q z
(14.)
oder
(15.) -r = -S — ' = — sma;.
Ueinerkuug.
Eb wird hier nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass in sin«
and coBo? die Grösse x kein Winkel^ sondern die Länge eines Kreisbogens
ist. (Vergl. § 1, Seite 6.)
§ 20.
Differentiation der trigonometrischen Functionen
tgo; und ctgo;.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 26 und 27.)
Aufgabe 1. Man soU die Ableitung von
(1.) y =/(^) = tg^
bilden.
(5.)
§ 20. Differentiation der Functionen tga: und cstgx, 87
AiiflSsung. Aus Gleichung (1.) folgt
(2.) f(x + Jx) = tg(x + Jx),
(3.) fix + Jx) —fix) = Jf{x) = tg(^ + Jx) - 1«:r.
Nun ist bekanntlich
tga — tgJ = — ^ r '
^ ^ cos flf cos 6
folglich wird
/A \ j^( \ sin (Jx)
(4.) 4rw = ; — ; — -T\ '
^ "^ ^ '^ COS (a: + Jx) COSic
Jf{x) 1 sin {Jx)
Jx cos (a: + Jx) COSic -^a:
und da nach Formel Nr. 1 der Tabelle
T sinC-^ar)
lim — ^ — ^ = 1
wird, so ist
(6.) ffl = ^ = M = _i^=l+tg»,.
^ flte dx dx cos% ^
Aufgabe 2. Man soll die Ableitung von
(7.) y ==f(x) = ctga;
bilden.
Auflösung. Aus Gleichung (7.) folgt
(8.) . f(x + Jx) = ctg(a: + Jx),
(9.) f(x + Jx)—f(x)^Jf(x)r=(^tg(x + Jx)—ctgx.
Nun ist aber bekanntlich
. j, y — sin(a — b)
ctga — ctg J = > ; . , ^ 5
folglich wird
/1A^ ^^r \ - mijJx)
(10.) '^(^) — -r-T — ; — •r\' — '
^ ^ *^ ^ '^ sm(a; + Jx) smx
(11) ^/(^) ^ — ^ ■ ^^^ ^
^ "^ Jx sin(ir + //a;)sin:r ^a:
(12) ^(^ ^ ^ ^ rf(clg^) ^J.
^^^•^ ifo cfe (/^ Sin^a: (1 + Clga:j.
^ § dl. Difiereatiatioii der Producta und Quotienten.
§ 21.
Differentiation der Producte und Quotienten.
(Vergl. die Formel Tabelle Nr. 28—33.)
Aufgabe 1. Es sei
(1.) u = q^{x), v^tp{x);
man soll die Ableitung des Productes
(2.) y —f{x) = «0 = q){x) tp(x)
bilden.
AuflSsung. Aus Gleichung (2.) folgt
(3.) f{x + Jx) = fp{x+Jx) \p{x+Jx),
f(x+Jx) —ßx) = J/{x) = (p(x+Jx) ip{x+Jx) — ^(x) ip{x) ,
oder
(4.) ^/(x) = y (a: + Jx) Jp(x + Jx) — (f(x) \p{x + Jx)
+ (f{x) ip(x+J:r)~g){x) \p{x\
also
/K \ ^^Äx) ,/ I > .(fix+Jx) — (p{x) , . .xp(x+Jx)'-'tp(x)
Nun ist
lim ipix + Jx) = xlj{x), lim y(^ + -^^) ~y(^) ^ y,./^)^
ii«=0
folglich wird
^®-) ^^ = 1 = «^^^^ ^'^"^ + ^^^> '^'^^>'
oder
,^ . d(uv) du , dv
(6a.) _^ = ,_ + „_
Dies giebt den Satz:
Mn Product von zwei Factor e?i wird differerdiirt^ indem
man jeden der beiden Factor en emzeln differentiirtj mit dem
andern muttiplicirt und die Summe dieser beiden Producte bildete
§ 21. Differentiation der Producte iind QfaotienteH. 89
Beispiele.
1) y = (3 + 4tx) (2 — 7x),
^ = 4 (2 — 7a;) — 7 (3 + 4:r) = — 13 — 56a:.
Von der Bichtigkeit dieses Resultates kann man sich auch
dadurch überzeugen, dass man nach Auflösung der Klammem
y = 6 — 135- — 28a:2
erhält, woraus sich unmittelbar derselbe Werth von -~ ergiebt.
2) y = (a;* — 3a:2+ ii)sin:r;
^ = (^x^ — 6a:) sin:?: + (^^ — 3^-2 + 11) cosa:.
3) y = C0Sa:tgÄ;;
-f^ — Sma: tg.^ -\ TT
dx ^ COS^.r
sin^a: , 1 1 — sin^:^
= = = COSä:.
COSa: COS:r COSa:
Dieses Resultat hätte man noch einfacher finden kömieD,
indem man berficksichtigt, dass
, sina:
tga: =
^ cosa:
ist. denn dadurch wird
y = cOSa: tgx = sina:
und nach Formel Nr. 24 der Tabelle
dy
-f- = cosa:.
dx
Aufgabe 2. Es sei
(7.) u = ip{x\ v = ip(x), w = x{^),
man soll die Ableitung von
(8.) y = uow
bilden.
AuflSsung. Indem man
(9.) mv = t?i
setzt, erhält man
90 § 21. Dififerentiation der Producte und Quotienten.
(10.) y = «'»i,
SO dass nach der vorhergehenden Aufgabe
^ * dx ^ dx dx
wird. Nun ist aber gleichfalls nach der vorhergehenden Aufgabe
/-^ dvx dv . dw
folglich wird
,^^. rfy d(uvw) du , c/ü , dw
(13.) :r=^-h — ^= cw-^ + uw j — [-UV — -
^ dx dx dx dx dx
Dies giebt den Satz:
Hin Product von drei Factoren wird differeniiiri^ i?idem 7nan
jede?i dieser Factoren einzeln differentiirt^ mit den beiden anderen
Factoren multiplicirt und die Summe dieser Producte bildet.
Man erkennt leicht, dass sich diese Regel auch auf Producte
mit beliebig vielen Factoren tibertragen lässt. Zum Beweise
mögen die Gleichungen (6a.) und (13.), indem man sie beziehungs-
weise durch UV und uvw dividirt, auf die Form
feb ) 1 d(uv) _1 du i dv
^ uo dx u dx V dx
,^^ 1 diuvw) 1 du l du , 1 dw
(13a. I ^ — ^= -zr + -'zr + ^zr
^ uvw dx u dx V dx w dx
gebracht werden.
Dem entsprechend kann jetzt durch den Schluss von m auf
iw + 1 die Richtigkeit der Gleichung
.^ . X 1 d{u^tl2 • . . Um) _ 1 dui 1 du^2 i . 1 dUfu
u^u^..,Ufn dx '~ ^i dx «2 ^ ' ^t» ^^
nachgewiesen werden.
Ist nämlich Um wiederum aus zwei Factoren zusammen-
gesetzt, ist z. B.
Um — uo,
so wird nach Gleichung (6 b.)
1 dUfn __1 du i dv
Ufn dx u dx V dx
§ 21. Differentiation der Producte und Quotienten« 91
Deshalb geht die Gleichung' (14.) über in
i^U- l.i!f^ JL. 1 dutn^x t'^du 1 de .
Ux dx u-x dx '" Um-x dx u dx V dx^
daraus folgt, wenn man t/» statt u^ e^m+i statt t? schreibt,
(loa) ^ d{u^u^...u^u^J^^) __
_l^i , 1^^, . 1 du^ 1 du^j^x
U^ dx ti2 dx '" Um dx Ww+1 dx
Damit ist die allgemeine Gültigkeit der Gleichung (14.)
nachgewiesen. Durch Multiplication mit t/^wj...«», erhält man
aus ihr die Formel
(16.) d{u^U2...Um) _
^ '^ dx
m du* dUcy dumi
t^t*3...w»-^' + u^v.^ •••^«ö^ + ••• + «1 «^2 • • • w«_i -^
und damit den Satz:
Ein Product von beliebig vielen Factoren loird differenüirt^
indem man jeden dieser Factoren einzeln differentiirty mit allen
übrigen Factoren muUiplicirt und die Summe dieser Producte
bildet
Sind die m Factoren alle einander gleich, ist also
Wj = W2 = «3 = ••• = «m = w,
so tblgt aus Gleichung (16.)
Für den besonderen Fall, wo
u=^x
ist, geht diese Gleichung in Formel Nr. 21 der Tabelle über,
nämlich in
dx
Die Gleichung (17.) gilt|vorläuflg nur, wenn m eine positive
ganze Zahl ist, sie bleibt aber, wie sogleich gezeigt werden soll,
auch noch richtig, wenn m eine positive gebrochene Zahl ist.
92 § 21. Differentiation der Producte und Quotienten.
Wird nämlich
(18.) m^-r^ oder mb = a,
wo a und h positive ganze Zahlen sind, so folgt aus
a
(19.) y = W»» = W*,
indem man beide Seiten der Gleichung in die V^ Potenz erhebt,
(20.) j/* = w«.
Differentiirt man beide Seiten dieser Gleichung mit An-
wendung der in Gleichung (17.) ausgesprochenen Regel, so
erhält man
(21.) bxfi-^ ^ = au*-^ ^ = mbu^-' ^.
^ ^ ^ dx dx dx
Da aber aus Gleichung (19.) folgt, dass
ist, so geht Gleichung (21.) über in
ax ax
oder, wenn man diese Gleichung durch bu"*^-^ dividirt, in
/^^ V dy .du
(22.) ^ = ^e.»-._,
ein Resultat, das mit Gleichung (17.) genau übereinstimmt.
Es gilt daher auch die Gleichung
(22 a) ^^^maf^-'
dx
noch, wenn m eine positive gebrochene Zahl ist.
Man kann sogar die Richtigkeit dieser Formeln noch
zeigen, wenn
(23.) m == —91
eine negative ganze oder gebrochene Zalü ist. Es wird dann
(24.) y = e««»_- ^-n _-_,
also
(25.) w»y=:l.
§ 21. Differentiation der Producte und Quotienten. 93
Difi'erentiirt man beide Seiten dieser Gleichung, so findet
man nach der Regel für die Diflferentiation eines Productes
oder, wenn man mit u multiplicirt und für u^y den Werth 1 setzt,
du , ^ , . dy
also
(26.) -^ = — nu-*^-^^r = w«***""^ t"
^ ^ dx dx dx
Damit ist bewiesen, dass die Gleichung (17.) und deshalb auch
die Formel Nr. 21 der Tabelle gilt, gleichviel ob m eine ganze
oder eine gebrochene, eine positive oder negative Zahl ist.
Beispiele.
1) y = {2x^ — 7a;2 ■\- ^x + 11)^;
^ = 4 (2^3 _ 7-^:2 + 3a: + 11)^ (6a:2 _ 14^ + 3).
2) y = Ya^ + x^ - («2 + ^2)i.
Setzt man
«2 4- a;2 = w,
so wird
1
y = u^
oder
(27.)
dx 2 dx 2^ ^ ^ '
dYa^ + x^ _
X
dx Ya^ + x'
Ebenso findet man
(27 a.)
dY^^'I^ai _
X
dx Yx^^a
2
3) y = )/'a2— :r2=:(a2-^-2)^.
94 § 21. Differentiation der Producte und Quotienten.
Setzt man hier
a2 — rc2 — = Uj
so wird wieder
oder
(28.) dya^-x^_ -X _
dx ya'i — x^
4) y = }/{2x — 5)« = {2x — 5)^ ;
-/ = 2a:* — 2a;^ + ttä;^ + ö'^ •
a:i: 2 2
7) y = ya; = a:* ; 3^ = T^ = . ^'
_ 1 _ -^ rfy_ 1^ -|_ 1_.
8) y =
]ß ' ax i i^j.
10) y = -^ + * + c/7= öir""^ + b + cx^;
y X
dy a . c
+
dx 2V«* 2Ylc
11) y = 12^/^ — 7^^x* + llx — -y^ =
Yx^
12«* — 7«^ + IIa; — 8«"*
§ 21. Differentiation der Producte und Quotienten. 95
^ = Qx'^ — ^"^ + 11 + 12a;"'^ =
dx \
9 4 12
12) y = {2x^ — 3a; + 4) YX^x — 3)3.
Setzt man
2a;2 — 3:r + 4 = «, /(4^ — 3)^ = (4a:— 3)"* = v,
SO wird
1 = 4,-8, *=|(4.-S)t.4 = 6/4J^
tir fite rfa:
= (4ä; — 3)"^ (4a: — 3) + (2a:2 _ 3a: + 4) . 6^ix — Z
= y4a: — 3 [(4a: — 3)2 + 6 (2a:2 _ 3^1; 4. 4)]
= y4tx — S (28a;2 _ 42a: + 33).
13) y =:= sina: — f sin^a: + ^ sin^a;;
^ = (1 — 2 sin^a: + sin^a:) cosa; = cos'^a:.
14) y = cosa: — COS^a: + f COS^a: — 4 COS'a;;
J^ = (1 — 3 cos^a; + 3 cos*a; — cos^a;) ( — sina:) = — sin^a;.
15) y = 3tgSa: — 2tg*a; — ötg^a; + 4:tg^x:
^ = (15tg*a: — 8tg3^ — lötg^o; + 8tga:) (1 + tgh:)
= 15tg«a; — Stg^a: — lötg^a: + Stga:.
Aufgabe 3. Es sei
(29.) u = (p{x), v^tp(x);
man soll die Ableitung des Quotienten
(80.) y=:^.oder/(.)=|^g
bilden.
% § 21. Di^Sßrentiation der Prodaote und <2aotienten.
AuflSsung. Aus Gleichung (30.) folgt
__ (p(x+Jx) ifj(x) — ip{x-{'Jx) gf(x)^
~ ilj(x + Jx)ip{x)
Dies giebt
(32.) "^(^) = 1 . (p{x+Jx) tf;{x)—'^{x+Jx) ^(x) ^
^ '^ Jx ^{x+Jx)ip(x) Jx
oder, wenn man in dem Zähler auf der rechten Seite dieser
Gleichung die Grösse ^ i^x) xp (.r) subtrahirt und wieder addirt,
(33.) ^(^ + ^^)^(^).ffi =
(p{x-\- Jx) xfß{x) — g>(x) tp(x) — 'ilJ{x+ Jx) (p{x) + (p(x) \l){x)
Jx
Geht man zur Grenze über, indem man Jx unendlich klein
werden lässt, so erhält man
lUli —
Jx
— y
Jx
und deshalb
xlj{x)xlj{x)
dx
= i/j(x)q>'
(^)-
(f>{x)xp'{x),
(34.)
df{x) _
dx
dy __ x/j(x) (p'{x) — (p{x) \p'(x) ^
dx xp{x) xp{x)
oder
(34 a.)
<f)
du
dx
dv
dx
§ 21, Differentiation der Producte und Quotienten« 97
Dies giebt den Satz:
Die Ableitung eines Brtsckes ist gleich dem Nenner^ mulii-
plicirt mit der Ableitung des Zählers, weniger dem Zähler^ multi-
plicirt mit der Ableitung des Nenners^ das Ganze dividirt durch
das Quadrat des Nenners.
Beispiele.
. __ sina: dg _ COSar COSa: — smx ( — sinx)
^ ^ "~ COSir' dx "" COS^a;
_ cos% + sin^a: _ 1
Dieses Resultat stimmt mit Formel Nr. 26 der Tabelle
überein, denn es ist
sina:
COSa;
= tga-.
«\ « 1 dy x*^ .0 — nx^-^ ^ ,
Dieses Resultat stimmt mit Formel Nr. 21 der Tabelle
überein.
3) y =
.r2 — «2
x'^ + <^^
Hier ist
u=^ x^ — «2^ ü = a:2 + «2,
also
^ _ 2a- — - 2a:
^_ (a;2 + a^)2x — (a;^ — a^)2ar _ ^a'^x
^ — (^2 + ^2)2 "~ (a:2 + a2)2'
a; + y «2 4- :2:2
a: — Y ^ '^ ^
Hier ist
_i 1/212 ^^ 1 _i_ ^ _ ^ + y «^ + ^^
M = a;4-ya2 + a:2, -3-=rl4 = — —=== — 7
^ ^ ^ ' dx ^ ya^ + x^ ya'^+ "
x^
Stegemanxi -Kiepert, Differential-Rechntmg. 7
98 § 21. Differentiation der Producte und Quotienten.
lAT"; — ? flfo ^ X X — Y^^ + ^'
rfa: y^^2"+^ Yd?' +
a:
2
>
also
dy _(x—Ya^+^^) {x+ya^+x^) + (x+Ya^+ii^^) (a:— VoM^
_ —2a» _ — 2(a: + Va» + a?»)»
"" (ät — V a» + a:2)2)/"ä2+P""" a^V a» + a:»
I
II. Abschnitt.
Functionen von Functionen.
§ 22-
DifFerentiation einer Function von der Form f{u).
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 34 und 35.)
Es sei y irgend eine stetige iTnnction von u, aJso
(1.) y =/(«)■
und u sei wieder irgend eine stetige Function von x, also
(2.) u = fp{x),
dann ist y auch eine Function von x, nämlich
(8.) y=A9{^)\ = n«^.
Beispiele solcher „JFunctione» von i
y = yix^ — 73T + 11 , y = sin(3ar),
y = log(sin3:), y = (loga:)",
Es ist die Frage, in Reicher Weise
Fnnctionen differentürt werden können.
Vermehrt man x \mcl*Jx, so gehen die Grössen x, m i
y bezw. über in
x + Jx, u + Ju = tf<{x + Jx), y + ^y =/{m + Ju),
folglich ist J** \
(4.) Ju = ^{x + Jx) -<f>'ß), *Jy =f{u + Ju) -/(«),
.„ , JF(xl _ Jy _^f{u + Ju)-f(u)
^'*-> Jx ~ Jx~ ■■ Jx
100 § 22. Differentiation einer Function von der Form /(w).
oder, wenn man auf der rechten Seite dieser Gleichung Zähler
und Nenner mit Ju gleich tp(x + Jx) — (p{x) multiplicirt,
Jx Ju Jx
folglich ist
Dies giebt den Satz:
Die Ableitung einer Function von eine^' Mincüon ist gleich
dem Producte der Ableitungen beider Functionen,
Die Richtigkeit dieses Satzes erkennt man ohne Weiteres,
wenn man beachtet, dass man mit den verschwindend kleinen
Grössen tfe , rfy , rfw , ... ebenso rechnen darf, als wären sie
bestimmte Zahlen. Dann erhält man nämlich -^ -^ aus -^j
au dx dx
indem man Zähler und Nenner mit du multiplicirt.
Eine etwas einfachere Form, erhält dieser Satz, wenn man
statt der Ableitungen oder Differential-Quotienten die Differen-
tiale einführt.
Aus der Erklärung des Differential-Quotienten einer Function
y ^f[x^ nämlich aus
dx dx -^ ^ ^ ^^_^j jx
folgt unmittelbar
(7.) dy = df[x) =f{x)dx = lim-^^^"^^^^ ~^^'^^ ■ Jx,
d. h. das Differential einer Function von einer unabhängigen
Veränderlithm x ist gleich der Ableitung, multiplicirt mit dem
Differential dieser Veränderlichen.
Aus Gleichung (6.) folgt daher
(6a.) dy=f{u)(p'(x)dx;
da aber
du = (p*{x)dx
ist, so findet man hieraus
(8.) dy—f(i()du,
"•* r»
•? » • • »
§ 22. DüFerentiatioii einer Function von der Form f(u). 101
d. h. man findet das Differential von y, indem man die Function
u als die unabhängige Veränderliche ansieht.
Beispiele.
1) y = w3 und i^ = gijiar.
Hier ist
dy = Su^du und du = COSxdx,
also
dy = Ssm^x cosxdx, oder -^ = Ssin^^ cos:r.
2) y == 1 (1 — x^) = lu, wo u=zl — x\
dy = -du^ r ( — 2x) dx = s-.
Ist y eine Function von t^, u eine Function von o und o
eine Function von x^ ist also
so wird auch y eine Function von t? und deshalb auch eine
Function von x ; daher findet man nach dem vorhergehenden Satze
(9.) dy =:f{u)du, du = (p^{;o)dv, dv = ifj'{x)dx,
oder
(10.) dy =f(u)du ^f(u)(p\v)dv —f{u)(p\v) tp\x)dx.
In dieser Weise kann man fortfahren und das Differential
von y auch dann noch finden, wenn die Reihe der veränder-
lichen Grössen, von denen jede eine Function der folgenden ist,
noch länger wird.
Es sei z. ß.
y = sinw, u = «?"*, ü = a^ + ^^j
oder
y = SÜl Ua^ + x^)"^],
dann winl
dy =^ cosudu, du = mv*^"^ dv, dv ^=^ Sx^dx,
also
dy == cos w . mv^"^ dv
= cosw . mv^~^^ . ^x^dxj
^ = ^mx'^ (a3 + x^y-^ cos[(a3 + x^^].
102 § 23. Uebungs-Aufgaben.
§ 23.
Uebungs-Aufgaben.
1) y = ««", i^^-'Tx
Dieses Resultat stimmt mit Formel Nr. 29 a der Tabelle
überein. Daraus erkemit man, dass diese Formel nur ein beson-
derer Fall von Formel Nr. 35 ist.
2) y = sin(mir).
Man setze
tax = w,
dann wird
y=:sin2/, e/y = cost<c?e<,
du = mdx^ dy = mCOS(ma:)rfar,
oder
^ = mcos {mx).
3) y = cos(a:r3 + ftrr^).
Man setze
ax^ + i^r* = w,
dann wird
y=rC0St/, efy = — sint^eft«,
rfw = (3a:r2 4. 4ft;2;3) j<^.^ dy — — ^m{ax^ + i:r*) . (3ar2 + ^hx^) dx,
oder
4) y = tg(f).
Hier ist
y = tgw, wo
, du
^ "" cös%'
also
, dx
ay =
w =
X
2'
du —
2 '
efy
1
cfe""
.-^ n i
<:r^
2cos2(|y ''^ 2cos»(j)
§ 23. IJebungs- Aufgaben.
103
KN ^rr-* ; ^ ^"9 3(cosa; — sina;)
5) y = \{Wix + C0S:r)3; -/. = ^
6) y = l(sinir).
Hier ist
y •=. 1«, wo
T du
^ mLx
7) y==l(C0S5;);
8) y = l(tga;);
9) y = l(ctg^);
u = smo;,
{/t^ = C0S:r dx^
dy_
dx
Ctga:.
rfy 1
dy _ 1
e/:r sin^; COS:r
10) y = l(cosa; + sma:); -/^ = ^^ , *^ — •
11) y=:l(Va2 + a:2 + ]/a2 — :r2).
Man setze
u = Ya^ + x^ + ya^ — x^y
dann wird
y = lw,
dy z=: — du,
u
du
""Vl/aU^ V a2— a:2/ "^ 1/V=^
_ x{Y a^'-x^ — Ya^ + ^^) ^^
rfy =
oder
^ _
dx {YW+^ + Ya^ — x^) Ya^ — x^
Indem man noch Zähler und Nenner auf der rechten Seite
dieser Gleichung mit y^^Tp^ — y gp. — x^ multiplicirt, erhält
man
dy^ _ — x{2a^ — 2y g^ — x^) _ — a2^]/a* — a;*
dx^ 2x^Y a^ — x^ ~" xY a* — ^*
104 § 24. DifPerentiation invetser Functionen u. s. w.
12) y = l(la:).
Hier ist
y du j dx
dy^-, du = -,
, dx f^ _« J:
Ä-Lr' dir arLr
§24.
Differentiation inverser Functionen, insbesondere der
cyiciometrischen Functionen und der Function a"".
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 36—43.)
Wie schon früher (§ 1) hervorgehoben wurde, kann aus
der Gleichung
(1.) y =/(^)
durch Auflösung nach x eine Gleichung
(2.) ^ = 9>(y)
hergeleitet werden; man nennt dabei die eine Function die in-
verse der anderen, weil die eine aus der anderen durch Um-
kehrung entsteht.
Es ist nun häufig nothwendig, ^ zu bilden, wenn nicht
y=zf(x) gegeben ist, sondern die inverse Function a; = 5p(y).
Dies geschieht, indem man beide Seiten der Gleichung (2.) nach
X differentürt; dabei muss man aber beachten, dass auf der
rechten Seite der Gleichung eine Function von y steht, und dass
y wieder eine Function von x ist. Es kommt dabei also Formel
Nr. 35 der Tabelle zur Anwendung, wobei man erhält
oder
(4.) ^ = _L_
^ ^ dx <p'(y)
§ 24. Differentiation inverser Functionen u. s, w. 105
Beispiele.
1) Es sei
(5.) y = arcsma:,
dann findet man durch Umkehrung der Function
(6.) X = siny
und durch Differentiation dieser Gleichung nach x
(7.) 1 = cosy . ^.,
(8.)
dy_ l _
dx cosy ]/ 1 — sin2y
oder
(8 a.) ^(a^sM^
dx "J/l — ^2
Für alle Werthe von a: zwischen — i und + 1 giebt es
einen Werth von y zwischen — — und +— • Da cosy for alle
diese Werthe von y positiv ist, so muss in Gleichung (8.) die
Quadratwurzel mit dem positiven Vorzeichen genommen werden.
2) Es sei
(9.) y = arc cos^r,
dann wird in ähnlicher Weise wie vorhin
(11.)
(12.)
oder
(12a.)
X = cosy,
^ • dy
^ dx
dx siny
rf(arc cosa:) i
dx yix'^
}^1 — COS^y
Für alle Werthe von x zwischen — 1 und + 1 giebt es
einen Werth von y wischen 0 und tt. Da siny für alle diese
Werthe von y positiv ist, so ist in Gleichung (12.) das Vorzeichen
der Quadratwurzel richtig bestimmt.
3) Es sei
(13.) y = arc tga:,
106 ' § 24. Differentiation inverser Functionen u. s. w.
dann wird
(14.)
(15.)
s^
rf(ai
sei
X = tgy,
dy ^ 1 ^
(16.)
oder
(16 a.)
4) Es
(17.)
dann wird
(18.)
(19.)
Birc igx) _^ 1
dx 1 + ^2
y = arcctgir,
:r = ctgy,
(20.)
oder
dx^ 1 + Ctg2y '
rc oi^x) 1
(20 a.)
5) Es
(21.)
dann wii-d
dir 1 + 5:^
y = arcsec:r,
1 =±=.-i
(22.) X = secy = — , cosy = - = -^ %
^ ^ siny rfy ^
cos-^y efa
dy _ cos^y _ cos^ _ x"'^
Ix "~ siny "~ y 1 _ cos^y "^ y 1 — :r~^
(23.)
(24.)
oder
,r., N rf(arcsecir) 1
(24 a.) -^^—7 = — 7====:-
6) Es sei
(25 . ) y = ai'c cosec x ,
dann wird
§ 24. Difierentiation inverser Functionen u. s. w. 107
(26.) a:=:cosecy = ^, smy = - = :r-^
(271 i = _52?ü..^,
^ ^ sin^y dx
(28.)
oder
(28 a.)
:r-2
dx "" cosy "" ~ V 1 — sinV "" ~yi — a;-
rf(arc coseca;) l
dx "" ^j/pZIi*
7) Es sei
(29.) y = «%
dann wird, wenn man auf beiden Seiten den natürlichen
Logarithmus nimmt,
(30.) x\a = \y^
(31.) 1«=--|^'
y dx
(32.) | = yla,
oder
(32 a.) • ^) = o.la.
dx
Für den besonderen Fall, wo a gleich ^ (der Basis der
natürlichen Logarithmen) wird, erhält man
lö = Iß =: 1,
so dass die Gleichung (32 a) übergeht in
(BS, f?g) = ..
Ist C eine beliebige CJonstante, so ist auch
(»«.) ^ = 0-.
Dieses Eesultat ist deshalb bemerkenswerth , weil Co*, wie
später gezeigt werden soll, die einzige Function ist^ welche mit
ihrer Ableitung übereinstimmt. Man nennt ^ die Exponenttal-
Function,
108 § 25. Uebungs-Beispiele.
§25.
Uebungs-Beispiele.
1) d{ax^ — hx^-\-c) = x {Qaz — 2b)dx.
2) rf(^ar» — \x^ + 4ar — 5) = {x^ — 3« + 4)fi?:r.
3) d(2x^ — lx — b-\-^ — Ux—l — ^dx.
=(t^ +3^ +T^ T^-
6) rf[(aa~^ — 4a:» + c)»] =
,;j« (aa:'« — Ja^ + c)"-* (2ac" — h)(id*-^dx.
9) d[{a + a;)V g — a; = \
10) ä[(a' + ,^)VW^] = !^f^^-
11) rf[(2a2 + 3^2) y(a2_^2)3] == _ 15:^3]/ «2 _ ^^2 . e/:r.
14) rf[(a; — l)a*] = a*[l + (^ — 1)1«]^^.
15) d{e^ ^7^) = e' . 7^^^ {x + rn)dx.
16) rf[ö*(a:3 — 3:r2 + öar — 6)] = ö* . x^dx.
' \ ^ \—x) (1 — x)y 1 — a;2
dx.
13
§ 25. Uebungs-Beispiele. 10»
18) äl(. + r^T^)=y^,-
19) .l(. + /^^)=:p^.
dx dx
yi + x^
X 1/ 1 -1- 'tS
''^ ^^Tiri) =4i'^'^-*)-l^^'^+*>]
_3/ 1 _ _1 \ _ 12 da
2W — 4 3a: + 4/ "^ ~" 9a:2 —
12 dx
16
x X \ , 2a2a:dir
«2 — ^2:2 a^-\-x^) a* — a;*
23) ^l(«+.+/ar+T.) = ,p.^=.
\i_|/^' 3(1 — y^)V^
^ Vy a2 + xi — y a^ — xV "" V«?/
wobei
rfw :g a: _ a; (}^a2 — a:^ — y a^-^-x'^^
do X X x(y a^ — ^ + y a2-|-/p2j
oder
-a:*
rfw rre? dv arw
rfa: y o4 — x^ ' ö^«^ y^
4_^*
110 § 25. Uebungs-Beispiele.
ist. Dies giebt
\v / ^ U V
xvdx xudx x{v^'^'U^)dx
uvY a* — x^
uya^ — x^
Nun ist
uv = a^ + x^ — {a^ —
w2 + t?2 = a2 + ir2 + 2 y a*
vy^a* — x^ t
x^) = 2 x^,
— x^ + a^ — x^
+ a^ + x^ 2 )/a4
= 4 a\
folglich wird
— x^ + cfi — a:2
2a2rfa:
\vj 2^Y«^ ^'
^ y a*— X*
26) ^Yn^ + 2)^/F+l)3^
^ y(x—\y ^
= rf[|-l(:r+2)+|-l(:r+4)— |l(^_l)]
27) rfsin (2 :r + 5) = 2 cos (2 :r + 5) rfar.
28) d cos (wa:) = — m sin ijnx) dx.
29) d (sin^ic) = 2 sin a: cos :r dx.
30) d (sin 3 a: cos x) = sin^a; (3 — 4 sin ^a:) dx,
31) rff-T-^ : — )= (— -r^ — |--:-ö-) COSa:^^:
__ (5sin3; — 6) omxdx
~" sin^a:
^ \1 — COS^/ ~" (1 — C0Sa:)2
^^) ''*^(f)=T[i + *^<T)]'^^-
34) rf Ctg (3 a:) = — 3 [1 + ctg 2 (3 ^j)] j^.
§ 25. Uebungs-Beispiele. 111
35) (/(tg^'a:) = ^^^^^-^ dx^mtjg'^-^xil + tg'^x)dx.
36) rf(4tg3aw-3tg2^-}-6tga:) = (12tg2a:— 6tga:+6) (l+tg^a;) cfo
= 6(2tg4a: — tg3a:+ 3tg2:r — tgÄ:+ 1) efo.
37) rf(ö*COSa:) = e* (cosa: — sina:)dlr.
38) d sin (la:) = cos (la:). rf (la:) = ^^iäf) ef^:.
39) ,*Bto(y|)=c«(yDVi=3-j^««(>D*«.
41) rf l(Vl5i^ = rf(ilC0S^) = ^^^ = - 1 tgx rf:r.
*2^ ''^T^^) = ^^^'^ + "^^^ - ^^-^ - ^'^)1
— ^(1 + COSa;) d{l — cosa:) 2dx
"~ 1 + cosa: 1 — cosa; ~" sinic
ft . /x\ /x\ sin iT
2smr
HO'^d)
«) 4ct.(|)]=-^
4 ro 3 "1
45) dl(y än^x cos^a:) = rf j l(sina:) + jl(cos x)
— ^/^^^ sina;\ ,
"~4\sinic cosa:/
= M£2!!£lZH!£)^=ictg(2a:)(;:r.
4sina:C0Sa; 2 ^^ ^
46) d{^^') = ö«i»* . rf(sina:) = <?«*"* . COSarrfar.
47) rf(a;c«o**) = ö<^o'»*(l — a:sina:)di,
48) d{€^ . cos(wa;)] = ß^[acos(mx) — msixi(mx)]dx.
112 § 25. Uebungs-Beispiele.
49) d{a^') = ö^*la . d(\z) = dx.
X
dx
50) rfarcsin0)= ^^ <^0) = ^
51) '^arctg(j)=— i^,rf0) = ^
52) ^arctg|/^ = — 37I"'>^
a;-
a + ^
(a + x^ y a + X adx adx ^
"" 2(a + 2x) Y^ ' {a + x^ "" 2(a+2a:) Y x{a+x)
53) rf L . arc COb(^ ~ j — V 2aa: — a:^ =
a Ja — x\ d[2ax — x"^)
"",/ /a — x^^ \ a ) 2V 2ax — a:^
arfa; (a — a:)cfe xdx
■" "^1/205: — ;r^ ~ ]/2flw: — a;2 "" y^ax — x'^
54) y = a;^ ly = a:U, ^J=l+^^»
55) y = a:«*»*,
, 1 dv 1 , Sina:
ly = Sma:Ja:, --f-= COSa^.la: + — T»
^ ^ y dx X
(OTT» /p \
hCOSa:.la:jrfa:.
«
56) y = Y^,
1 =lia; 1 <^y_i — 1^
^ a; ' y dz «2 '
(fy^ = |/^ . — dx.
§ 25. Uebungs-Beispiele. 113
57) y = {afY — 3^'^,
d[{x^Y'\ = :r(^) . .r(l + 2l.r) dx = :r«^+^ (1 + 2U)dx.
58) y = :r* ,
ly = x^Ax, ^^=^x^(l+lx)lx + —
tj dx ^ ^ X
nach Au%abe 54, folglich wird
r («*)i (•*)
dlx J = .T . x^[{l + l2:)la; + x-^]dx
X 4- X
= X
59) y = (cosic)«^,
[(1 + l;r) Ix + ;i:-l]d:r.
Iv = sma;l(coSic), — -r- = cosa:;l(cosa:)
j
e/[(cos:r)"»^] = (cos:r)-^+«^°^[cos2;rl(cos:r) — sin^a:].
60) y = arcsin[tg(^)],
a — :r
siny = tgw, wo w = >
dy 1 du 1 — 2a
^ dx'^ cos% dx "~ cos'-^« (a + xY '
„ _ .2 — cos% — sin^^^ _ cosr2^)
^ "" ^ "~ cos% "" cos^w
1 —2a
öf^ cosw y^C0S(2tt) (a + :r)2
rfarcsm[t8(^)]
— 2adx
Stegemaim- Kiepert, Differential-Beohuung. g
III. Abschnitt.
Ableitungen und Differentiale höherer Ordnung.
§ 26.
Ermittelung yonf^^'^ix).
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 44— 46.J
Wie schon früher gezeigt wurde, ist äie Ableitimg einer
Function f{x) im Allgemeinen wieder eine Function von x.
Es wurde deshalb auch das Zeichen /'(^) eingeführt, so dass
('■) I = ^' =/'«
w^ar.
Man kann daher f'{x) ebenso behandeln wie f(x) selbst und
untersuchen, ob f'{x) eine Ableitung besitzt. Ist dies der Fall,
so bezeichnet man die Ableitung Yonf'{x) mitf''(x) und nennt
sie die ^.zweite Ableitung^' Yonf(x), Es ist also
(2-) ^^ =/"(-)•
In dieser Weise kann man fortfahren und erhält durch
wiederholte Differentiation der Eeihe nach die Gleichungen
(3.)
dx
Dabei heisst /^"^ (a;) die w** Ableitung der Function /(a;).
Es ist nun auch von Interesse, zu untersuchen, nach
welchem Gesetze die höheren Ableitungen von f{x) aus f{x)
§26. Ermitteluiig von/(«)(a;). 115
selbst gebildet werden können, ohne dass man die dazwischen
liegenden Ableitungen benutzt.
Der erste Differenzen-Quotient war
(4.) ^ ^f±±^±-f(^) ^ ^(,).
Vertauscht man in diesem Ausdrucke x mit x + Jx, wobei
sich natürlich Jx gar nicht ändert, so erhält man
/r N /(^ + 2^/a:) —f(x + Jx) , , ^
(5.) -^-^ ^-^ ^ = <p{x + Jx).
Indem man die Gleichung (4.) von der Gleichung (5.) sub-
trahirt und die Differenz durch J.r dividirt, ergiebt sich
fp(x + ^^) — ^{^) ^^{^) \ ^x /
Jx Jx Jx
^f{x + 2Jx) — 2f{x + ^x) +f{x)
Jx^
Lässt man jetzt Jx verschwindend klein werden, so wird
lim *(.) = ^ =/■(.), lim^ = Ä)=/-.(.),
folglich ist
(7.) f"{.) = lim-^^" + ^-^"> - y: + -^") +-^^")-
In ähnlicher Weise findet man
(8.) f"{x) = ^^'"^ ZJx)-%f{x-\-2Jx)+ Sfix+Jx)-f(x) ^
(6.)
Jx=zO
Jx^
(9.) /^«)(^) =^^^^ {/O^ + nJx) -Q})f[x + in - l)Jx]
+ ©/[^ + (n-2)Jx] — +,..± (f)f{x + Jx) +/(a:)}.
Der Beweis dieser Formel kann durch den Schluss von ?^
auf n+ 1 geführt werden, möge aber hier übergangen werden,
weil för das Folgende nur der Fall, wo ;» = 2 ist, in Betracht
kommen wird.
8*
116 § 26. Ennittelungeii von /»*)(x).
Man kann auch von dem BiffermUale
(10.) dy ^f(x) dx
ausgehen und das Differential von dy bilden.
Dann bezeichnet man dieses neue Differential d{dy) mi
d^ und nennt es das zweite Differential von y. Bei der Bildung
von dhi muss man aber beachten, dass in Gleichung (10.) die
unendlich kleine Grösse dx einen von x unabhängigen Werth
hat und deshalb bei der nochmaligen Differentiation als eine
Constante anzusehen ist. Deshalb wird
(11.) ^ = d{dy) = d\f\x)dx\ = d\f{x)]dx',
nach Formel Nr. 34 der Tabelle ist aber
d\f\x)\ ^,r{x)dx,
folglich erhält man
(12.) rf2y =f\x)dx\
Hierbei soll da?' immer mit {dxf- gleichbedeutend sein und
ist wohl zu unterscheiden von d(^'^) = "Ixdx.
Aus Gleichung (12.) folgt jetzt auch, dass
•(12a.) 3=/"(^)
ist.
Unter dem dritten Differential von y versteht man das
Differential von <?^, also d(dPy) und bezeichnet es mit rf^.
Deshalb wird
cPy = rf(d2y) = d\f^\x)dx^\ == d\f\x)\dx^,
oder
(13.) d^y^f*'{x)dx\
Hier ist dx^ gleichbedeutend mit {dxY und wohl zu unter-
scheiden von d{x^) = ^'^dx.
Aus Gleichung (13.) folgt wieder
(13a.) g =f"{x).
In dieser Weise kann man fort&hren und findet
(14.) d»y = rf(«P-V) = /•"'(*) <^.
§ 27. Üebungs-Beispiele. 117
wobei (fe** immer mit {dxy gleichbedeutend ist.
§ 27.
Uebungs -Beispiele.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 47 and 48.)
Aufgabe 1. Man soll die höheren Ableitungen von
y =/(^) = ^*
bilden.
Auflösung.
S=/'"(^) = 4-3.2^= 24.»
g=:/(«(.) = 4.3.2.1 = 24,
Aufgabe 2. Man soll die höheren Ableitungen von
y =f{x) = ^x^—lx^ + %x^ + lla:2 _ 6a; + 9
bilden.
Auflösung.
^ =/'(a;) = 15a:4 _ 28a:» + 24a:2 + 22a; — 6,
^ —f*{x) = 60a;3 — 84:^:2 + 48a: + 22,
^ =f*'\x) = 180aj2 — 168a: + 48,
g=/W(:,) = 360a:- 168,
118 § 27. Uebimgs-Beispiele.
g=/(5)(^) = 360,
Aufgabe 3. Man soll die höheren Differentiale von
bilden.
Auflosung.
5 3
dy ^=.f*{x) dx = -^x^dx^
^y =/"'(^) «?^=' = |- 1- 1^ ~^dx\
dhi=^ß*\x)dx^=-\- |- |- |:r"*rfa:S
'^y = l(|-O(|-O--(|-"-^0^^'" ''''"•
Aufgabe 4. Man soll die höheren Differentiale von
y =/(^) = ^
bilden.
Auflösung.
dy = y (a:) rf;r = mx'^-' ^ dx,
dh) =/" {x) dx^ = m (m — 1) ir«-2 dx'^,
d'iy =/'" (a:) rfa:3 = m (m — 1) (w — 2) ;r''»-3 (ir»,
rf«y =/(«)(a;)rf:2'~ = w (w— 1) (w— 2) . . . (w— »+ 1) ä:«-" (fe**.
Ist hierbei m eine positive ganze Zahl, so ist also f^^\x)
eine Constante und die höheren Ableitungen werden alle gleich
0; in allen übrigen Fällen aber kann man die Differentiation
bis in's Unendliche fortsetzen.
§ 27. Uebungs-Beispiele. 119
Aufgabe 5. Man soll die höheren Ableitungen von
bilden.
Auflösung.
Die Ableitungen der Exponential- Function ^ sind also
sämmtlich wieder gleich «*.
Aufgabe 6. Man soll die höheren Ableitungen von
bilden.
AuflSsung.
Für a = ß geht diese Aufgabe in die vorhergehende über.
Aufgabe 7. Man soll die höheren Ableitungen von
y =/(^) = 1^
bilden.
Auflösung.
/-(.r)= + 1.2.rr-3,
/N(:i:) = (— 1)C— 1). . (n— 1)! :z:— .
Die Richtigkeit der letzten Formel wird durch den Schluss
von n auf n + 1 bewiesen.
Aufgabe 8. Man soll die höheren Ableitungen von
y =f{x) = sin X
büden.
120 § 27. Uebungs-Beispiele.
Auflösung.
/'(ar) = COS a: = sinf a: + j ,
f'*(x) = — sin a: = sin ( ic + -^"j.
/(4)(^) = + sin^ = sin (2: + ^)=/(^).
Durch den Schluss von w auf » + 1 findet man, dass ganz
allgemein
Aufgabe 9. Man soll die höheren Ableitungen von
y ^=f{oc) =: cos X
bilden.
Auflösung.
f*{x) = — sin a- = cosf a: + — j ,
f\x) = — cos ^ = COs(a: + -o")»
f-\x) = + sin^ = cos (x + ~^),
/(4)(^) == 4. cos ^ = cos ra: + -^j =f{p\
Aufgabe 10. Man soll die höheren Ableitungen von
f{x) = «^sin^r
bilden.
Auflösung.
f\x) = eF (sinar + cos:r) = Y^ef^ %m\x + —j,
§ 27. Uebungs-Beispiele. 121
Aufgabe 11. Es sei u = ff{x\ v = xp{x)\ man soll die höheren
Ableitimgen von
y ==/(^) = w ± ü = 9)(a;) ± V'C^)
bilden.
Auflösung. Aus den Formeln Nr. 19 und 20 der Tabelle,
nämlich aus
d{u±ti) ^du di>
dx dx dx
folgt durch wiederholte Dilferentiation
d\u ±v) __ d^u d^v
Beispiel. Es ist
folglich ist
/(">(a:) = (—1)«»! (a:+ l)-»-i— (— l)"«! (a:+ 2)-«-^
- r l^n^»(^ + 2)'>^^l-(^+l)-'^^^
Aufgabe 12, Es sei wieder u = (p{x\ v = ?^(ä;) ; man soll
die höheren Ableitungen von
y =/(«) = «*<? = v(ip) . i^(ä?j
bilden.
Auflösung. Nach Formel Nr. 28 der Tabelle ist
fXx) = f/(^) ip\x) + g>\x) xp{x),
122 § 27. Uebungs-Beispiele.
folglich wird
r\x) ^<f{x) yj%x) + 2(fXx) xp*{x) + ip%x) xp{x),
f**'(x) = if{x) xp'^^x) + ^tp\x) ip'^x) + Sq>''(x) xf)\x) + <f*%x)xf){x\
/(-)(;r) =y(a;)i/;(-)(:r) + (^)9)'(Ä:)i/;(— 1) {x) + (^^'\x)xl)<'^'^){x)
+ ... +(^^V>^'"'^Kx) \p\x] + 9)(«)(a:) \l){x).
Die Eichtigkeit dieser letzten Formel wird durch den Schluss
von n auf n + 1 bewiesen.
IV. Abschnitt.
Herleitung und Anwendungen der Taylor'schen
und der Mac-Laurln'schen Reihe.
§ 28.
Entwickelung einer ganzen rationalen Function /(a:^+^)
nach steigenden Potenzen von h.
Ehe die Tayfor'sche Reihe in ihrer allgemeinen Form
hergeleitet wird; möge ein besonderer Fall behandelt werden,
welcher dazu dienen soll, die später angewendeten Methoden zu
erläuteiTi.
Es sei
(1.) f(x) = ax^ + a^x^ + a^x^ 4- a^x + a^ ,
also, wenn man mit h eine beliebige zweite Veränderliche be-
zeichnet,
dann folgt aus Gleichung (2.) durch Auflösung der Klammern
und durch Vereinigung aller Glieder, die mit gleichen Potenzen
von h multiplicirt sind,
(3.) f{x + Ä) = {ax^ + a^x^ + a,x^ + a^x + a,)
+ (4ar3 + 3ö^a;2 + 2a^x + a.^)h
Dieses Resultat hätte man schneller auf folgendem Wege
finden können.
12:1: § 28. Entwickelung einer ganzen rationalen Function /(x-^-h).
Man weiss, f{x + h) lässt sich auf die Form
(4.) f(x + Ä) = X + X^h + X2Ä2 + X3Ä3 + X4Ä*
bringen, wo die Coefficienten X, Xj, X2, X3, X4 Functionen von
X sind. Um diese zu bestimmen, betrachte man h als einzige
Veränderliche und differentüre beide Seiten der Gleichung (4.).
Dabei ist zu beachten, dass
df(x + h)_df(x + h) d(x + h) _
dh "" d{x + h) dh "^ ^^ "^ ^^
ist. Man erhält daher
(5.) /' (a: + Ä) = 1 . Xi + 2X2Ä + 3X3*2 + 4X4*^ ,
und hieraus durch wiederholte Differentiation
(6.) /" (.c + A) = 1 . 2X2 + 2 . 3X3Ä + 3 . 4Xj/*2 ^
(7.) f%x + Ä) = 1 . 2 . 3X3 + 2 . 3 . 4X4Ä,
(8.) ß%x + Ä) = 1 . 2 . 3 . 4X4.
Setzt man in den Gleichungen (4.) bis (8.) die Veränder-
liche h gleich 0, so findet man
f(x) = X, oder X ^=f{x) = ax^-^a^x'^-^a.ix'^+a^x+a^^
/(a:)=:l.Xi, „ Xi===^^-y===4aa:3+3ö,a:2+2€?2^-fa3,
f"(x)
(9.)
/"(a;) = 1.2X2,
2!
f"'{x) = 1.2.3X„ „ X,==-t:^=iaz + a„
3!
/W(a:)=1.2.3.4X„ „ X,=-^=a.
Setzt man diese Werthe von X, Xj, Xj, X3, X4 in die
Gleichung (4.) ein, so erhält man in der That genau dasselbe
Resultat wie in Gleichung (3.).
Es wird also
(3..) A.+A) =/(«) +m, + m H^^CMl,. +/M,,
Diese Entwickelungs- Methode, welche hier nur für eine
ganze rationale Function 4*«» Grades ausgeführt wurde, lässt
§28. Entwickelung einer ganzen rationalen Function f(x + h). 125
sich ohne Weiteres Kvi jede ganze rationah Function übertragen.
Es sei jetzt also ganz allgemein
(10.) fix) =:aüf' + a^af*'^ + a^""-^ + . . . + «n-ia; + a«
und deshalb
(11.) f(x + Ä) = a{x + hy + a^{x + Ä)~-i + 02(2: + Kf'^ + ...
+ an^x{x + h) + ö„;
dann weiss man , dass sich fix + h) durch Auflösung der
Klammem und durch Vereinigung aller Glieder, welche mit
derselben Potenz von h multiplicirt sind, auf die Form
(12.) fix + Ä) = X + X^h + X2Ä2 + X3Ä» + X4Ä4 + . . .
+ Xn-iA'-* + XnÄ~
bringen lässt, wobei die Coefflcienten
X ? Xj , X2 j . • . Xh— l , Xn
noch Functionen von x sind. Um diese zu bestimmen, betrachte
man wieder h als einzige Veränderliche und diflferentiire beide
Seiten der Gleichung (12.) zu wiederholten Malen nach A.
Dadurch erhält man der Reihe nach die Gleichungen
fix + Ä) = 1 . Xi + 2X2A + 3X3*2 + 4X4Ä3 + . . .
f*'ix + Ä) = 1 . 2X2 + 2 . 3XjiÄ + 3 . 4X4*2 + . . .
+ (n — 2) (^ — 1) X„_iÄ«-8 + (;^ — 1) «XnÄ"-2^
f**ix + Ä) = 1 . 2 . 3X8 + 2 . 3 . 4X4Ä + . . .
+ (;^ — 3) (« — 2) (w — 1) X„-iÄ"-*
(13.) { +in — 2)in—l) nXji^'^,
f^^\x + Ä) = 1 . 2 . 3 . 4X4 + . . .
+ (« — 4)(n — 3)(» — 2)(» — l)Xn-iA~-^
+ in — S)in — 2) (« — 1) »X»Ä"-*,
/<«-^)(a:+Ä)=1.2.3...(«— l)Xn-l+2.3.4...(f^— 1)»XhÄ,
l/(») (a; + Ä) = 1 . 2 . 3 . . . (« — 1) nXn.
Setzt man jetzt in den Gleichungen (12.) und (13.) die
Veränderliche A gleich 0, so findet man
126 §28. Entwickelung einer ganzen rationalen Function /(x+Ä).
f{x) = X, oder X ^f{x),
(U.)
f'{x)=\.X„ „ Xi =
_/'(^)
1!
?
f"{z) =1.2X,, „ ^2="^'
/'" (a;) = 1 . 2 . 3X3 „ X3 ='^y '
/W(a:) =1.2.3. 4X„ „ X4 =^^ '
/(«-«(;,) = («_!) !X„_„ „ X„_,='^— i^^
/w(^) = m!X„, „ X»=-ö^.
Die Gleichung (12.) geht daher über in
(15.) /(^+Ä) =/(:r) +^Ä +fflA2+-^Ä3+ . . . +-^Ä" .
-Dasselbe Resultat erhält man auch auf folgendem Wege.
Es ist nach Formel Nr. 35 der Tabelle
dx dh J \ ^ }
Man wird also mit einander übereinstimmende Ausdrücke
erhalten, gleichviel ob man die rechte Seite von Gleichung (12.)
nach X oder nach h differentürt. Dies giebt
d^ . dX^ , aX2 7«j , ^^3 7 a ,
dx dx dx dx
(15.) ! +^Ä.-+^Ä» =
dx dx
1 . Xj + 2X2Ä + 3X3*2 + 4X.iA3 + ... + wX„Ä«-^
Für Ä = 0 findet man aus Gleichung (12.)
(16.) X =f{x)
und aus Gleichung (15.)
§ 29. Anwendung auf den binomischen Lehrsatz.
127
(17.)
dX
dx
= i-^^=^=/'(-)-
dX
Wenn man jetzt in Gleichung (15.) ^ gegen 1 . X^ fort-
hebt und beide Seiten der Gleichung durch h dividirt, so
erhält man
(15a.) dx^ dx^^ dx^^'^'^ dx " ^ dx^ ~
1 2X2 + 3X3Ä + 4X4*2 + . . . + wXnÄ'*-2.
Hieraus folgt, wenn man wieder ä = 0 setzt,
^ = .X. = <ffl =^..(,), ^ X, =£0).
<£r
rfa;
Indem man dieses Verfahi-en fortsetzt, findet man der
Eeihe nach
'^^« = 3X3, oder X3=-C^
dx
3!
(16.)
<fX;
^ — 4X
??
dXn-
dx
= wX„,
n
§ 29.
Anwendung auf den binomischen Lehrsatz für positive
ganzzahlige Exponenten.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 10.) \
Wie wichtig die oben angegebene Entwickelung ist, kann
man schon aus einem sehr einfachen Falle einsehen. Es sei
nämlich
(1.) fix) = X-,
also
(2.) /(:r + Ä) = (a: + Ä)",
128 § 30. VerallgemeineniDg der gegebenen Entwickelungs-Methode.
wobei n eine positive ganze ZaM sein soll. Nun ist nach
Gleichung (15.) des vorhergehenden Paragraphen
(3.) f{x+k)^f{x)+£^h+^^h'^+^^
In diesem Falle ist aber
f{x) = 3f, f {x) = na^-\ f (a:) =n{^ — \) af"'^
/'"(a;) = »(« — l)(«—2)rp*»-3,.../(*)(a:) = u(»—l)... 3,2.1 = »!,
folglich geht Gleichung (3.) über in
(4.) {x + hy = ar» + ^a^- ^h + ^^^~^^ a:— W
+ «(»- 1) (»- 2)^-3 ;^, + ^,. + «!^.^
o! n \
Setzt man noch
5? = a, Ä = Ä, « = m,
so erhält man den binomischen Lehrsatz, nämlich
(5.) {a+by^^a^ + (^a^-^b+(^^
eine Formel, welche schon in § 9 , aber auf andere Weise her-
geleitet wurde.
§ 30.
Verallgemeinerung der gegebenen Entwickelungs-
Methode.
Es ist nun die Frage, ob und in welchei' Weise die her-
geleitete Entwickelung einer ganzen rationalen Function/ (a:+Ä)
nach steigenden Potenzen von h auch auf andere Fimctionen
übertragen werden kann.
Eine solche Verallgemeinerung liegt sehr nahe, denn man
kann dieselben Schlüsse, welche in § 28 richtig waren> auch
bei jeder anderen Function f{x + h) anwenden, von der man
§ 30. Verallgemeinerimg der gegebenen Entwickelungs-Methode. 129
weiss, dass sie sich nach steigenden Potenzen von h entwickeln
lässt, dass sie sich also auf die Fonn
(1.) /(a: + A) = X + XjÄ + X2Ä2 + X3Ä3 + X4Ä4 + . . .
bringen lässt. Man findet dann nämlich, indem man beide
Seiten der Gleichung (1.) zu wiederholten Malen nach h
diflferentürt*), der Reihe nach die Gleichungen
r /' (^ + *) = 1 • -^1 + 2X2A + 3X3*2 + 4X4*3 + ...^
I /" (:r + Ä) = 1 . 2X2 + 2 . 3X3/* + 3 . 4X4*2 + ...,
]/'"(^ + Ä) = 1.2.3X3 + 2 .3.4X4* +...,
Setzt man dann in den Gleichungen (1.) und (2.) die Ver-
änderliche * gleich 0, so findet man genau so wie damals
(3.) X r=zf(x\ Xi= -^, X2 = 2! -^3 = —^y — v5
so dass Gleichung (1.) übergeht in
(4.) /{X-V h) =f{x) +-^Ä+^Ä2+-^Ä34/Ää4 + . . . .
Ist nun aber/(ic) keine ganze rationale Function, so kann
/(a: + *) unmöglich gleich
sein, weil dieser Ausdruck eine ganze rationale Function ?^****
Grades von * ist. Es muss daher /(:r + *) von dieser ganzen
rationalen Function verschieden sein, und zwar um eine Grösse,
die mit R bezeichnet werden möge. R ist daher erklärt durch
die Gleichung
(5.) J^==/(:. + *)_/(:r)-'^*-•^U2-..._'^*^
*) Dabei ist allerdings die Voraussetzang gemacht, dass die Summe
auf der rechten Seite differentiirt wird, indem man jedes Glied einzeln
differentiirt. Enthielte die Summe nur eine endliche Anzahl von Gliedern,
so wäre diese Voraussetzung ohne Weiteres richtig; enthält die Summe
aber unendlich viele Glieder, so mnss man erst beweisen, dass diese
Voraussetzung gilt.
Stegemann- Kiepert, Differential-Rechnung. 9
130 § 30. Verallgemeinerung der gegebenen Entwickelungs-Methode.
oder
(5aO/(^+Ä)=/(^)+-^Ä+Ö^Ä2+...+
Wird nun R für hinreichend grosse Werthe von n beliebig
klein, so darf man R yemachlässigen , so dass dann die
Gleichung (5a.) auch noch in dem Falle, wo f{x) keine ganze
rationale Function ist, sehr brauchbare Resultate liefert.
Man nennt die Summe auf der rechten Seite von Gleichung
(5a.) die Tay/or'sche Reihe und R das Restglied der Taylor-
schen Reihe.
Wie nothwendig die Untersuchung dieses Restgliedes R ist,
soll zunächst bei einem einfachen Beispiele gezeigt werden.
Es sei
(6.) f(x)=^^x-\
also
(V.) f^^ + '^-TTÄ
und
j /' (a;) = — 1 . a:-2, /*' (x)=:l. 2x-\
^^•^ 1/" (:r) = — 1 . 2 . 3:r-4, . . . f^^x) = (— l)~w! x^^-K
Setzt man diese Werthe in die Gleichung (5a.) ein, so
erhält man
^ ^ X -\- h X x^ x^ x^ a:"+^
Für a: = 2, A = — 1 giebt dies z. B.
— = — = l=i + i + i+ JL_| 1 \ Lß
Hier wird, wie man ohne Weiteres erkennt,
also beliebig klein für hinreichend grosse Werthe von n.
In diesem Falle würde daher die Töy^or'sche Reihe anwend-
bar sein. Setzt man aber
:r = 2, Ä = — 4,
§30. Verallgemeinerung der gegebenen Entwickelungs-Methode. 131
SO findet man aus Gleichung (9.)
Jetzt ist
JS = — 2"
und wird, vom Vorzeichen abgesehen, sogar beUebig gross,
wenn n hinreichend gross ist. Man darf also R nicht ver-
nachlässigen, d. h. man darf in diesem Falle die Entwickelung
nach der Tayfor'schen Eeihe nicht anwenden.
Man kann in dem vorliegenden Beispiel das Eestglied R
auch flii^ beliebige Werthe von z und h sehr leicht bestimmen.
Aus Gleichung (9.) folgt nämlich
(10.) i2= 1 _i+4_^V^_+..._(_i)„.j:L
Der Ausdruck in der eckigen Klammer ist eine geometrische
Progi-ession, deren Summe man sehr leicht nach Formel Nr. 11
der Tabelle bilden kann. Es wird nämlich
1 + J» + J»^ + i»^ + • • • + P" = —--^ ,
l—p
und da in diesem Falle p gleich ist, so erhält man
X
(11.)
= .r —
X
Daraus folgt
(12.) R = -L- ^ ^/ =\^2_.
x + h X + h x + h
Nun wird nach früheren Sätzen (vergl. § 9) die Potenz
eines ächten Bruches beliebig Mein und die eines unächten
Bruches beliebig gross, wenn man den Exponenten hinreichend
132 § 31. Das Restglied der Tayfor'schen Reihe.
gross macht, folglich wird hier R nur dann bdiebig iletn, wenn,
abgesehen vom Vorzeichen, k kleiner als x ist.
Bei diesem Beispiele wird also die Tay for 'sehe Reihe nm'
anwendbar sein, wenn
|Ä|<H,
wobei man unter |ä| und la?] die absoluten Beträge (d. h. die
Zahlenwerthe, abgesehen vom Vorzeichen) von h und x versteht.
So leicht wie in diesem Beispiele ist im Allgemeinen die
Berechnung des Restgliedes JR nicht. Man braucht aber den
wirklichen Werth von JR auch gar nicht, sondern braucht nur
zu wissen, ob R für hinreichend grosse Werthe von n beliebig
klein wird.
Diese Untersuchung soll nun in dem folgenden Paragraphen
ausgeführt werden.
§31.
Bestimmung des Restgliedes der TayloKschen Reihe
nach Lagrange.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 49 und 50.)
Es war
(1.) /(;. + k) =f{x) +Ä) Ä + ffl A2 + . . . +/!^A«+i2,
oder
(2.) R^f(x+h)-f{x)-£^h-l^h^ ^^V.
Setzt man hierbei
(3.) X -{- h^=- z^ also h=^ z — ir,
so geht Gleichung (2.) über in
(4.) R=f{z)-f(x)-^-M^z-x)-^-^^
...—^- — )-^(z—xY.
ni ^ ^
Aus dieser Darstellung erkennt man, dass R eine Function
von X und z ist, welche für x = z verschwindet^ also
(4a.) R = Q f&n x = z.
§ 31. Das Restglied der Taylor'achen Reihe. 133
Bei den zunächst folgenden Untersuchungen soll z einen
Constanten Werth behalten und x als die einzige Veränderliche
betrachtet werden. Wenn man unter dieser Voraussetzung
beide Seiten der Gleichung (4.) differentiirt, so erhält man
3! (=^— ^) +2! ^^""^^
oder
(5.)
Nun war in § 13 der Satz bewiesen worden: Eine litnction
nimmt gleichzeitig mit x zu für aUe Werthe von x, für welche
-j- positiv ist, und die Fitnction nimmt ab, während x zunimmt,
für alle Werthe von x^ für welche -j- negativ ist
Dieser Satz möge hier zunächst unter der Voraussetzung
angewendet werden, dass x kleiner als z ist und alle Werthe
von einem Anfangswerthe a bis zu dem Endwerthe z durch-
läuft, so dass
a Sa;Sg
ist. Femer möge vorausgesetzt werden, dass die Functionen
fix). f{x\ r\x\ . . . ß-\x\ ß-^\x)
in diesem Intervalle sämmtlich stetig sind.
Der kleinste Werth, welchen /('•+^> (a:) in diesem Intervalle
wirklich annimmt, heisse JT, und der grösste heisse 6r; es sei
also
134 §. 31. Das Restglied der Taylor'acheii Reihe.
(6.) ß*"^'K^i) = ^ und ß'"^'K^2) = G,
wobei
a'^Xi '^z und a'^x^ '^z
ist. K und G sind dann constante Grössen , und es wird flir
alle hier in Betracht kommenden Werthe von x
(7.) K—ß^+^){x) SO, G — /^"+^>(2:) ^ 0.
Deshalb ist
Wächst also x von a bis «, so muss nach dem oben an-
geführten Satze
^ — S' — . .«x, -ZT beständig abnehmen.
(n +1)!
JB — —. — ^.y G beständig zunehmen,
(z xY"^^
d. h. die Differenz JR — ^7 — . ;., K erhält für rc = 5; ihren
(n + 1)!
kleinsten, und die Differenz E — -. — . ;., G erhält für ;r = 2j
(» + !)!
ihren grössten Werth, wenn x das Intervall von a bis 2; durch-
läuft. Dieser kleinste Werth von R — ^ — . ,., jBT ist aber
{n+ 1)!
nach Gleichung (4 a.) gleich 0, folglich müssen die übrigen
Werthe grösser als 0 sein, so dass man erhält
(9.) R — ^^^^^^K>0, oder R^^^IZJ^x.
^ ^ (^ + 1)! — ' ~ {n+ 1)!
*
) Um Platz zu sparen, schreibt man hier und in ähnlichen Fällen
dx
W-^^-'T^'k] statt '^-TOT^J
L (n + l)! J dx
§ 31. Das Restglied der rayZor'schen Reüie. 135
Ebenso ist dieser grösste Werth von R — -. — , , ,, G
{n+ 1)!
nach Gleichung (4 a.) gleich 0, folglich müssen die übrigen
Werthe Heiner als 0 sein, so dass man erhält
W B-(£^GSO, oder M^^^I^G.
Die beiden Ungleichungen (9.) und (10.) kann man ver-
einigen, indem man schreibt
^ {n + 1)1 — — {n+l)l
Erklärt man jetzt die Grösse M durch die Gleichung
(12.) J|i-=^Jl^iJ,
so wird
und die Ungleichungen (11.) gehen über in
(14.) K^Af^G,
d. h. M ist ein Mittelwerth zwischen K und G.
Aehnliche Schlüsse gelten, wenn
z'^x'^a
ist, nur muss man dann zwei Fälle unterscheiden, jenachdem 7i
gerade oder ungerade ist.
Weil für gerades n auch hier (z — xY positiv ist, so gelten
in gleicher Weise wie vorhin die Ungleichungen (8), nämlich
Wächst also x von z bis a, so muss
(z ;c)**+^
jl — 1^ — , :;■, K beständig abnehmen.
(n+l)\ ° '
ß — —i — . ixi ^ beständig zunehmen ;
(n+l)\
136 § 31. Das Restglied der raytor'schen Reihe.
d. h. wenn x das Intervall von « bis a durchläuft, so erhält die
(z — ar)""*"*
Differenz JB ; — , \.. K ^ x ^^ z ihren grössten Werth,
(n-\-l)\ ^ '
nämlich den Werth 0, und die Differenz R — ^ — . ;,, G erhält
(^+1)!
ihren kleinsten Werth, der ebenfalls gleich 0 ist. Daraus folgt
\li-\ ^L g^O, Oder i?^^^. ^l^, G,
{ {n+l)\ — — {n+l)l
also
Setzt man wieder wie in Gleichung (13.)
so findet man auch hier
Ist dagegen n ungeradej so wird (z — xY negativ \ die Un-
gleichungen (8.) gelten dann nicht mehr, es wird vielmehr
Wächst also x von z bis a, so muss jetzt
R 7 — , ^\. K beständig zunehmen,
^;^^-ljI
^ — ^^; — . .X, ö beständig abnehmen ;
d. h. wenn a: das Intervall von z bis a durchläuft, so erhält die
Differenz R — ^^7 — , [., K ^ x ■=^ z ihren kleinsien Werth,
{n+l)\
(g xY+^
nämlich den Werth 0, und die Differenz R — ~ — r-frr- G erhält
(n+l)\
I 31. Das Restgüed der Taylor'achen Reihe. 137
ihren grössten Werth, der ebenfalls gleich 0 ist. Daraus folgt
(17.)
JR — \ , ;,, JT^O, oder R^\ , ,,, A,
(w+1)! — ' — (;i+l)!
^-lM:T)r^^^^^*^^^^lirfir
also
(18.) (±Z^K^n^^±Z^G.
(n+l)\ — — (n+1)!
Setzt man in den Ungleichungen (18.) wieder in Ueberein-
stimmung mit Gleichung (13.)
so findet man auch in diesem Falle
d. h. die Gleichung (13.) und die Ungleichungen (14.) gelten,
gleichviel ob
a^x^z^ oder ob z^x^a
ist.
Wenn man für K und G ihre Werthe einsetzt, so kann
man die Ungleichungen (14.) auch auf die Form
(14a.) /^--^^K^) ^ Jf S/^-+i)(a:2)
bringen.
Nun war in § 8 der Satz bewiesen worden: Ist die Function
f[i£) für alle Werthe von x ztoischen x^ und x^ stetig^ so wird
f(x) jeden Werth zu)ischen f(x^) und f{x<i) mindestens einmal
annehmen, wenn x alle Werthe zunschen x^ und x^ durchläuft
Dieser Satz möge auf den vorliegenden Fall angewendet
werden, wo aber die Function nicht f{x) sondern /c»*+i) {x) heisst.
Da der Mittelwerth M zwischen /^"^^K^i) ^^^ /^**"^^n^2) li^g^»
so muss es zwischen x^ und oc^ mindestens einen Werth von x
geben, er heisse |, für welchen f^^'^^^{x) gleich M wird.
Dies giebt
(19.) /^-+^H5) = ^•
Ist zunächst a <z und x^<.x^, so erhält man
138 § 31. Das Restglied der Taylor'schea Reihe.,
ist a <^z und x^ > X2, so erhält man
in beiden Fällen wird also
(20.) a-^^-^z.
Ist dagegen z < a und x^ < X2 , so erhält man
ist 2: < a und arj > X2, so erhält man
in diesen beiden Fällen wird also
(21.) 2:^1^0.
In allen vier Fällen liegt | zwischen a und z. Deshalb
wird die Grösse
(22.) ^^=^ == &
^ z — a
immer zwischen 0 und 1 liegen, weil in diesem Bruche Zähler
und Nenner gleiches Vorzeichen haben, und der Zähler, abge-
Fig. 21. sehen vom Vorzeichen, kleiner ist als
0 A üT 2 dör Nenner. Am besten kann man
' sich von der Richtigkeit dieser Be-
^^•^ hauptung durch die geometrische
^ ff ^ Darstellung der Werthe a, 5 und z
durch die Punkte A^ 17, Z überzeugen,
indem man
OA = a, OZ=z, on=l
macht; dann entspricht Figur 21 den Ungleichungen (20.) und
Figur 22 den Ungleichungen (21.). In beiden Fällen ist
S — g An,
z — a AZ
und zwar sind im ersten Falle Zähler und Nenner beide positiv^
im zweiten Falle sind Zähler und Nenner beide negativ. Des-
halb wird in beiden Fällen
(23.) OS0^+ 1.
Diese Einschränkung des Werthes von 0 ist für
das Folgende besonders zu beachten.
§ 31. Das Restglied der Tayhr'acken Reihe. 139
Aus Gleichung (22.) folgt
5 — a = 0{z — a),
oder
(24.) 'S = a + e(z — a). >
Hierdurch erhält Gleichung (19.) die Form
(25.) M ==/(-+») [a + e{z — a)],
und Gleichung (13.) geht über in
(26.) R = (£lI^/(H+.)[a + 0 iz-a)l
Diese Gleichung gilt, wenn x alle Werthe zwischen a und z
durchläuft, sie gilt also auch für x — a. Dann gehen die
Gleichungen (4.) und (26.) über in
(27.) /(;,)=/(«)+Ä(^_«)+Ä)(^_a)2 + ...
wobei
(28.) ü =>•'"" f;+/i5r ""<-—)•"■ «592+ 1.
Nachdem man auf diese Weise den Werth von R ermittelt
hat, darf man die Grösse a auch als veränderlich betrachten
und wird sie dann am besten wieder mit x bezeichnen. Dadurch
gehen die Gleichungen (27.) und (28.) über in
(29.) Az) =f{x) +-ffl (^ _ :«) +ffl (^ _ ^)2 + . . .
+-^ (z-xT + B,
(30.) i,=£!lM|iz£!J(. _,,..,, „ses + 1.
Setzt man jetzt wieder, den Gleichungen (3.) entsprechend,
z=^x + h^ also z — ^ = Ä,
so erhält man hieraus
(31.) fix + h) =/(x) +-fflÄ +Ä)ä^ + ... +-^Ä»+i?,
140 § 31. Das Restglied der Taylor'schea Reihe.
(32.) !t^f^+p,..:, 0S«S+1.
Diese Gleichungen geben an, in welcher Weise man f(x+h)
nach steigenden Potenzen von h entwickeln kann.
Bemerkunir«
Um sich die Form des Restes R leichter zu behalten, merke man
sich, dass R aus dem letzten Gliede «^ — 1— '/r entsteht, indem man n
n!
mit n + 1 i^^d X mit x + OA vertauscht.
Man kann in den Gleichungen (27.) und (28.) die Grösse
a auch als constafit und die Grösse z als veränderlich betrach-
ten, wobei es zweckmässig sein wii'd, den Buchstaben z mit
dem Buchstaben x zu vertauschen. Dann ist
(33.) fix) =f(a) +Ä (^ _ a) +-^ (;, _ a)2 + . . .
'^ (/^ -f 1)! ^
Diese Gleichungen geben an, in welcher Weise man fix)
nach steigenden Potenzen von x — a entwickeln kann,
Lässt sich nun zeigen, dass JB beliebig klein wird fiir hin-
reichend grosse Werthe von w, so darf man R für unbegrenzt
wachsende Werthe von n vernachlässigen und schreiben
(31a.)/(:.+Ä) =fix)+i^h+^h:^+^-^h^ + . . . ,
(33a.) /(:.) =/(a)+^(.^_a) + /l^(^_a)2
+^-^ix-ay+,..,
WO die Punkte andeuten sollen, dass die Reihen bis in's Un-
endliche fortzusetzen sind.
§ 32. Die Mac'Laurin^sche oder Sttrltng^ache Reihe. 141
§ 32.
Die Mac-Laurin'sche oder Stirling'sche Reihe.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 51.)
Die Mac-LaurMsche oder Stirlinff^^che Reihe ist nur eia
besonderer Fall der Tayfor'schen Eeihe, den man erhält, indem
man in den Gleichungen (33.) und (34.) des vorhergehenden
Paragraphen a gleich 0 setzt. Dies giebt
wobei
(2.)
ist.
R =fpl!^i^ 3f>+i und OS0S1
(» + 1)! "~ ~
§ 33.
EntWickelung der Functionen e*' und a".
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 52 and 53.)
Aufgabe 1. Man soll die Function e* nach steigenden
Potenzen von x entwickeln.
Auflösung. Hier ist
/(a:) = c*, also /(O) = 1,
f'(x)^e-, „ /'(0)=1,
f"(x) = e', „ /"(0) = 1,
(1-)
/(«)(a:) = <.«, „ /'"'(0)=1,
. /l»+i) (x) = ««, „ /(»+» (0x) = e^ .
Setzt man diese Werthe in die Mac-Laurin'scla.e Eeihe
ein, so erhält man
(2.) e' = l+j^ + ^ +...+j^ + B,
X . X^ . . x^
142 § 33. Entwickdung der Fiinctionen «« und a*.
wobei
(3.) E=-^^ ^i^f ^"-"^^rTTTTl^ '
^ ^ (« + 1)1 (/2 + l)i
Bezeichnet man nun den absoluten Betrag von x (d. h.
den Werth von x, abgesehen vom Vorzeichen) mit \x\, und
genügt die ganze Zahl ff der Ungleichung
ff^\x\<ff+ 1,
SO zerlege man - — t-ttt in die Factoren
® (n + 1)!
^ 12 ff ^+1^ + 2 «+1
Es ist dann, wenn man vorläufig voraussetzt, dass x
positiv ist,
ein ächter Bruch, und es wird
<Ä, p-r<A, ... — r~T< ^•
(7 + 2 ^ ' ff+S^ ' -n + l
Daraus folgt
XXX X
^' ^ + 1^ + 2(7 + 3 n + l^""
(5.) jB = 2^1 . jPa . i^3, wobei F3 = 0^'
ist. Die Factoren
Fl = 4 ™d F3 = ö^"^
sind endliche Grössen, während man k^-^^s und folglich erst
recht den Factor F-i für hinreichend grosse Werthe von n be-
liebig klein machen kann; deshalb wird auch R beliebig klein
für hinreichend grosses n.
Vertauscht man x mit — x, so ändert der Factor ; — ^-ttt
(» + 1)1
höchstens sein Vorzeichen, und F^ = e^^ geht über in
^""^"^ = -;ö7> bleibt also eine endliche Grösse. Deshalb wird
§ 33. Entwickelung der Functionen e« und a«. 143
jR auch dann beliebig klein für hinreichend grosses n, wenn x
eine negative Grösse ist.
Man kann daher in allen Fällen das ßestglied bei dieser
Entwickelung vernachlässigen, wenn man die Eeihe bis in's
Unendliche fortsetzt, und erhält
X US Oß oc
(6.) e* =!+_ + _ + _ + _ + ... in inf.
Für x=l stimmt diese Gleichung mit Fonnel Nr. 14 der
Tabelle überein.
Aufgabe 2. Man soU die Function a" nach steigenden
Potenzen von x entwickeln.
Auflösung. Hier ist
f{x) = a«, also /(O) = 1,
(7.)
f'{x) = a'\a, /'(0) = la,
ß»)(x) = a' (lo)« , /(«'(O) = (la)-
/(«+i>(a;) = a*(la)»+' , /»•'+i> (0a;) = a®'(la)"+».
Daraus folgt durch Anwendung der Jtfoc - ia«rt»'schen
Reihe
wobei man in ähnlicher Weise wie vorhin zeigen kann, dass
R beliebig klein wird für hinreichend grosse Werthe von n.
Dies giebt
(9.) a« = i + ^ + £!M! + qf)! + ....
Dasselbe Resultat hätte man auch aus Gleichung (6.) in
folgender Weise finden können. Es sei
dann wird
\y = l(a*) = x\a,
folglich ist
144 § 34. Entwickelimg der Functionen sinar und cosj-.
y=:ß«l«,
also nach Gleichung (6.), indem man x mit x\a vertauscht.
§34.
Entwickelung der Functionen sina? und cos^.
(VergL die Formel-Tabelle Nr 54 und 55.)
Aufgabe 1. Man soll die Function sin:? nach steigenden
Potenzen von x entwickeln.
Auflosung. Hier ist
f(x) = sin:r, also /(O) = 0,
/'(:r) = COS:r, „ /'(0)=1,
/"(^) = -sin^, „ /"(0) = 0,
r\x) = - COSrc, „ /'"(O) = - 1 ,
/(^)(:r) = sin:r, „ /(^)(0) = 0,
(1.)
Unter der Voraussetzling, dass » eine ungerade Zahl ist,
wird daher
|/'"'^"(^) = + Sinar, „ /(•+i)(0«) = q: sin(@a;).
Dies giebt mit Hülfe der Jtfac-ioMnVschen Reihe
(3.) sin:r = ^-3j+^-+...±^+iJ,
wobei
(4.) Ä= + ^-^-p^sin(0^).
Nun wurde bereits im vorigen Paragraphen bei Entwicke-
lung von c* gezeigt, dass man . >^y beliebig klein machen
kann, wenn man nur n hinreichend gross wählt. Ausserdem
liegt sin {^x) zwischen — 1 und +1, folglich kann i? vemach-
§ 34. Entwickelung der Functionen slnx und cosx. 145
lässig^ werden, wenn man die Beihe bis in's Unendliche fort-
setzt. Dadnrcli erhält man
/*• /yo /*»5 /*»7
(5.) smx = --^, + ^-yj+-....
Hdsst das letzte Glied , weldies man für die Beredmnng
von sina: benutzt hat, ±-tj und ist \x\ <n+ 1, so ist der
Best, welcher vernachlässigt wird, nämlich
i2= T -T — T~T • sin(®:r),
»! n + 1 ^ ^'
vom Vorzeichen abgesehen, immer nur ein Bruchtheil dieses
letzten Gliedes, so dass man für die Genauigkeit der Bechnung
ein sicheres Mass erhält.
Aufgabe 2. Man soll nach dieser Formel sin 15^25' 20''
berechnen.
AuflSsung. Die Länge des Bogens, welcher dem Centri-
winkel von 15^25' 20'' in einem Kreise mit dem Badius 1 ent-
spricht, ist
. = 15^ . ^ = 2776.3,14159265 ^ o,26916856.
180 180 32400 v,^u^xuo,i
Deshalb ist
•^ = 0,269 168 56 , fr = 0,003 250 29 ,
II o!
5 7
|j- = 0,00001177, jj = 0,00000002.
Die folgenden Glieder haben in den ersten 8 Dedmalstellen
keine geltenden Ziffern mehr. Es wird daher
sina: = 0,26918033 — 0,00325031,
oder
sin 15025' 20" = 0,26593002.
Aufgabe 3. Man soll die Function cos:r nach steigenden
Potenzen von x entwickehi.
Stegemaim-Kieperty Differential-EeclmTmg. 10
146 § 34. Entwiokelang der Fnnctioiien sin« tind cos«.
AiriUitung. Hier ist
fix) — COS«, also /(O) = 1,
f'ix) = —^x, „ /'(o) = o,
/"ix) = -casx, „ f'(o) = -l,
f"'{x) = smx, „ /'"(0) = 0,
/<«(a;) = cosar, „ /W(0) = 1,
(6.) (
(7.) {
Unter der Voraussetzung, dass n eine gerade Zahl ist, wird
daher
/(n)(a:) = ± COSa:, also /^^X^) = ± 1,
/(«+i)(a:) = T sina:, ' „ /(•»+i)(®a:) = T sin(®ar).
Dies giebt mit Hülfe der Jfaf^-XaunVschen Beihe
(8.) coSa: = l-^ + jj.-^ + -...±^ + iJ,
wobei
(9.) iJ = T (^^71)1 sin(0a:).
Der Best hat hier dieselbe Form wie in Aufgabe 1, nur
war dort n eine ungerade Zahl, während hier n eine gerade
Zahl ist. Man findet daher ebenso wie in Aufgabe 1, dass 22
beliebig klein wird för hinreichend grosse Werthe von «, und
erhält
3? OC X
(10) coS5;=l — 2y + jj-—ßj + — ....
Auch hier ist der yemachlässigte Best nur ein Bruchtheil
des letzten von der Beihe beibehaltenen Gliedes.
Aufgabe 4. Man soll nach dieser Formel cos 15® 25' 20''
berechnen.
Auflösung. Da in diesem Falle
z = 0,269 168 56
ist, so findet man
1 = 1,00000000, ^ = 0,03622586,
^ == 0,00021872, fr = 0,00000053.
4! '6!
§ 35. Berechnung von Tafeln für sin x und coax, 147
Die folgenden Glieder haben in den ersten 8 Decimalstellen
keine geltenden Ziffern mehr. Es wird daher
cosa: = 1,00021872 — 0,03622639,
oder
C0S15<>25'20" = 0,963 99233.
§ 35.
Berechnung von Tafeln fUr die Functionen
sina? und cosa?.
Es war für alle endlichen Werthe von x
X X"^ . x^ x'^
.) sm. = ^— ^+^-^+-...,
(2.) cosa;= 1 _|! + |J_|! + _....
Dabei ist x die Länge des zugehörigen Kreisbogens,
nämlich
^^'■> '^~18Ö~'2'90'
wenn der entsprechende Centriwinkel gleich a® ist. Da man
nun für den Gebrauch zweckmässiger Weise die trigonometri-
schen Functionen der Winkel in Tafeln zusammenstellen wird,
so wird man den in Gleichung (3.) angegebenen Werth von x
in die Gleichungen (1.) und (2.) einsetzen. Dadurch erhält man
(4.) »to«' = f-^-^(f)'(55)'+i(|)*-(^J-+...,
<..) w = .-i(0.(^)'+i(0.(^)*
6!V2/ V9Ö/ +—•••'
wobei man die numerischen Coefflcienten
^ J-/^£!V -1/^!?V —flL\
2' 2!V2/' 3!V2/' 4:l\2) '* '
ein flir alle Mal ausrechnen kann, und zwar wird
10*
148 § 35. Berechnung von Tafeln fUr sinx und cosx.
I =1,57079633, -^ßV = 1,23370055,
TT (ff '^ ^'6*5^^* i<^' "^ (f )* = ^'^^^ ^^^ ^^'
-^ (f )* = 0,07969263, -i- 0)' = 0,02086848,
TT (f)' = 0.00468175, -^ (ly = 0,00091926,
-^ (f )' = 0,00016044, -^ 0)'"= 0,00002520,
■nr (f )" = 0,00000360, j|j- (f )"= 0,00000047,
llr (f ) ' = 0,00000006, j^ (I) " = 0,000000 Ol.
Bezeichnet man also — mit <, so wird
(4 a.) sina« = 1,570 796 33 . ^ — 0,645 964 10 . t^
+ 0,07969263 . t^ — 0,004681 75 . V
+ 0,000 16044 . i^ — 0,00000360 . t^^
+ 0,000 000 06. <J 5,
(5 a.) COS a<^ = 1,000 000 00 — 1,233 700 55 . (^
+ 0,253 669 51 . ^^ — 0,02086348 . ^
+ 0,00091926 . t^ — 0,000025 20 . i^^
+ 0,000 000 47. < 12 _ 0,00000001 . t^^.
Da man nur die Winkel zu berücksichtigen braucht, welche
zwischen 0^ und 45" liegen, so ist ^ immer kleiner als 0,5, so
dass man bei der Berechnung nicht einmal die angeführten
Glieder alle brauchen wird. Dabei ist es fllr die Genauigkeit
des Endresultates von grosser Bedeutung, dass ^, <*, i^^ ...
sämmtlich ächte Brüche sind, weil deshalb die Fehler, welche
bei den Goefflcienten durch Vernachlässigung der späteren Deci-
malstellen entstehen, durch die Multiplication mit t^ t^, t^, . ,.
nicht vergrösseit werden.
oder
oder
§ 35. Berechnung von Tafeln für sinx und cosa?. 149
Ist z. B. a = 18, SO wird ^ = 18 : 90 = 0,2, also
sin 18<> = 0,31415927 — 0,00516771
+ 0,00002550 — 0,00000006
= 0,31418477 — 0,00516777,
sin 18<> = 0,30901700.
COS 18«= 1,00000000 — 0,04934802
+ 0,00040587 — 0,00000134
= 1,00040587 — 0,04934936,
COS 18« = 0,95105651.
Aufgabe. Man soll eine Tafel berechnen, welche die Sinusse
und Cosinusse aller Winkel von 10' zu 10' bis auf 6 Decimal-
stellen genau berechnet enthält.
AuflSsung. Bekanntlich ist
(6.) sin(a ± /?) = sin« cosß ± cos« sin/J,
(7.) cos(a ± /ST) = cos« cos/J hF sina sinß.
Ist dabei ß = 10', so ist der zugehörige Werth von i gleich
, und man erhält aus Gleichung (4 a.)
540
(8.) sinlO' = 0,00290888,
wobei man nur das erste Glied zu berücksichtigen braucht, und
aus Gleichung (5 a.)
(9.) cos 10' = 1 — 0,00000423 = 0,99999577,
wobei man ausser der 1 wieder nur ein einziges Glied zu be-
räcksichtigen braucht. Indem man diese Werthe in die
Gleichungen (6.) und (7.) einsetzt, findet man
(10.) sin(a ± 10') = 0,99999577 sina ± 0,00290888 cos«,
(11.) C0S(a ± 10') = 0,99999577 COS« T 0,00290888 sina.
In ähnlicher Weise kann man sin(a ± 20') und cos(a ± 20'),
sin(a ± 30') und cos(a ± 30') berechnen, wenn sina und cosa
bekannt sind.
150 § 36. Andere Formen des Restgliedes.
Es genügt also nach dieser Methode, sina und cos a für
a= 1», 2», 3«, ... 450
unter Anwendung der Gleichungen (4 a.) und (5 a.) auszui'echnen.
Die dazwischen liegenden Werthe findet man dann in der an-
gedeuteten Weise mit Hülfe der Formeln (6.) und (7.).
Die Rechnung wurde auf 8 Decimalstellen ausgeführt, da-
mit in den Endresultaten die ersten 6 Decimalstellen sicher
richtig sind.
In welcher Weise man diese Methode auch auf den Fall
übertragen kann, wo es sich um eine Tabelle von ^Minute zu
Minute oder von zehn zu zehn Secunden handelt, erkennt man
ohne Weiteres.
§ 36.
Andere Formen des Restgliedes.
(VergL die Formel-TabeUe Nr, 49—51.)
Dem ßestgliede kann man noch andere Formen geben, die
gleichfalls hergeleitet werden mögen, weil sie für spätere An-
wendungen erforderlich sind.
Nach Gleichung (31.) in § 31 war
(1.) f(T+h)=fix)+-(^h+^h^ + ...+(^h- + B.
Setzt man in dieser Gleichung für B den Werth ein, wie
er dort in Gleichung (32.) angegeben ist, und vertauscht dann
n mit » — 1, so erhält man
(2.) f{x + h)=rfix)+-^-^h+'^A^ + ...
(n — 1)1 nl
Indem man diese beiden Gleichungen von emander sub-
trahirt, findet man
n\ nl
oder
(3.) R=z^ [f-Kx + eh) —ß^x)] Ä^
§ 36. Andere Formen des Bestgliedes. 151
Diese Form des Restes ist der früheren z. B. dann vorzu-
ziehen, wenn man nicht weiss , ob die (« + 1)** Ableitung von
f(x) m dem betrachteten Intervalle stetig ist.
Auch hier ist @ eine Zahl, welche zwischen 0 und 1 liegt ;
sie ist aber selbstverständlich verschieden von der Grösse 0,
welche bei der anderen Form des Bestes auftrat. Es möge
dies dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass man zu den
beiden Grössen 0 die Indices 1 und 2 hinzufügt.
Es ist also
Setzt man in Gleichung (1.) x gleich a, so geht sie über in
wobei jetzt nach Gleichung (3a.)
wird. Vertauscht man sodann noch h mit x — a, so erhält man
die andere Form der Tay^'schen Reihe, nämlich
(4.) fix) =f{a) +Ä(^_a)+Ö!) (^_a)2 + . . .
+-'-rF(^-«)" + ^.
/(-)(«)
n!
wobei
(5.) -B = ^/<"' [a + ©2 {x - a)] -/(«'(«)} (x - a)\
Indem man endlich in den Gleichungen (4.) und (5.) a gleich 0
setzt, findet man für die Mac l^urtn'sche Beihe
(6.) /w=/(o)+Ä).+«,.+...+«e^+B
das Bestglied in der Form
(7.) Ä = i^ [/(-) {@.,x) -/^•)(0)]a:".
152 § 36. Andere Formen des Bestgliedes.
Eine dritte Form des ßestgliedes erhält man in folgender
Weise.
Setzt man in Gleichung (1.)
(8.) ic -f Ä = «, also Ä = 2; — Xn
so wird
(9.) f{z)=f{x)+^-^(z-x)-\-^-^{z-xy+-..
+^^{z-x)-+R,
oder
(10.) R^f(z)-f(x)-^-p(z-x)-'t^iz-x)^->^.
-^-P (- - ^)~.
Hiemach ist E eine Function von x und z. Wenn man
aber wieder festsetzt, dass z in der hier folgenden Betrachtung
constant bleibt, so ist B als eine Function von x allein zu be-
trachten, und man kann setzen
(11.) Ä = (f(x).
Dies giebt, wie schon in § 31 Gleichung (5.) gezeigt wurde,
dB
= — -^ A^ (z — xr.
(12.) :^- = ^«(.) = _^_^ (._.).
Wenn nun f{x) mit seinen « + 1 ersten Ableitungen in dem
betrachteten Intervalle stetig ist, so gilt dasselbe auch von den
Functionen q)(x) und y'(:r). Man kann also auf q>(x) die Ent-
wickelung nach der Tay/or'schen Beihe für ?» = 0 anwenden
und findet
der mit Bäcksicht auf die Gleichungen (8.)
(13.) ^(.) = K-) + y'r^+®(— )] (. _ .).
Nun folgt aber aus Gleichung (10.), dass ü = 0 wird für
X =^Zj dass also
q>(z) = 0
§ 36. Andere Formen des Bestgliedes. 153
ist. Ferner folgt ans Gleichung (12.), indem man x mit
X + 0(2 — x) vertauscht,
g>' [x+@iz — x)] = _/Ülllk±®(iZl^ . [z-x—&(z~x)Y
= — -^ !■ — -^ ^ (1 — ©)" (z — a;)» ;
deshalb geht die Gleichung (13.) über in
(14.) g>(x) = Jt ^/!!i!!kiL®iiZl£)^ (1 _ ©)n (^ _^)n4-l.
Auch hier ist & eme Grösse zwischen 0 und 1, die aber
zum Unterschiede von @i und 0.^ mit @^ bezeichnet werden
möge. Berücksichtigt man noch die Gleichungen (8.), so
wird
(15.) ij=/ülü(£ + ^)(l _©,)«,-+..
Vertauscht man jetzt wieder x mit a und h mit x — a, so
erhSit man die zweite Form der 7ay&>r'schen Reihe, nämlich
(16.) fix) =f{a) +fMix-a)+-(^^(x-af+...
+•4^ (^ - «)• + -ß'
/na)
»I
wobei
(17.) i2=/^:l!!I^±^i£ii:^(i _«,).(, _«)....
Indem man in diesen Gleichungen (16.) und (17.) a gleich 0
setzt, findet man für die Mac Xat^rtn'sche Reihe
(18.) /« =/(«) +m) . +Ä) ,,+... + /^+ «
das Bestglied in der Form
(19.) R =-^Ü!l^®3£) (1 _ @j)«a.«+i.
154 § 36. Andere Formen des Restgliedes.
Bemerknnir*)*
Diese Form des Restes ist mir ein besonderer Fall einer viel all-
gemeineren Form, die man auf folgende Weise findet.
Sind fp{x) und ^(jr) zwei Functionen, welche mit ihren Ableitungen
g**{x) und ^(x) in dem Intervalle von a bis z stetig und endlich bleiben,
und nimmt %ffXx) innerhalb dieses Intervalles nur positive Werthe an, so
bleibt der Quotient
w'(x)
(20.) ÖW-^
in diesem Intervalle gleichfalls stetig und endlich^ und die Function %lß{x)
nimmt mit x zugleich zu.
Wenn nun x das Intervall von a bis z durchläuft, so möge Q{x) für
x^^xi seinen kleinsten Werth K und fUr x^Xi seinen grOssten Werth O
erreichen. Es sei also
(21.) Of*«)-$S]-^. «(*^)-^-G'.
wobei xi und x^ zwischen a und z liegen. Dies giebt für a <Cg<Cg
tf^\x) — tfß'[X) — '
oder
(22.) (r'(x) — K ^'(ar) ^ 0, </>'(jr) — G ^'(jr) ^ 0.
Diese Ausdrücke sind aber bezw. die Ableitungen von
(23 ) / " ■" "^^""^ " "^^""^ "" ^'^^*^ "■ ^^'*^^'
1 t? « (p(x) - (p{a) — O [i^(a:) - V'(a)].
Da nach den Ungleichungen (22.)
dx — ' dx —
ist, so mnss u beständig zunehmen und v beständig ahnehmen, wenn x
zunimmt. Für x «^ a werden u und v beide gleich 0, folglich ist
0 der kleinste Werth von ti, und
0 der grösste Werth von r,
wenn x das Intervall von a bis z durchläuft; d. h.
u — (p(x) — (Pia) — Jq^(x) — ip{a)] ^ 0,
v — (p{x) — (p(a) — O [tlß{x) — t^(a)] ^ 0,
oder, da tff{x) — ^(a) > 0 fUr a: > a,
(24.) K^p^izJ^^^e.
*) Der Anfänger darf diese Bemerkung übergehen, da von der
darin enthaltenen Untersuchung nur selten Gebrauch gemacht wer-
den wird.
§ 36. Andere Formen des Restgliedes. 155
Bezeichnet man \)J^ _ V'r' mit 3f, bo wird also
(24a.) 2jfi)s3f<2W
V' (a?i) — — V^V^)
Nun ist aber Zjpj^ ©ine stetige Function, folglich giebt es nach dem
in § 8 bewiesenen Satze 14 zwischen xi und X2 einen Werth von ar, er
heisse I, für welchen
(25.) lf=j|^
wird. Da f zwischen xi und X2 liegt, so liegt es auch zwischen a und «,
und man kann wieder
I -» a + e (« — a)
setzen, wobei 0 g ö ^ 1 ist. Dies giebt
^ ^ V'(iP) — VC«) V' I«* + Ö(« — a)]
und für ar «s «
(26.) yW-y(a)__y:
a + 9{z — a)]
tp{z) - tp{a) yß'[a + 9i,z — a)]
Setzt man z. B.
^(ar) = jx — (5 _ ar)x, also tjj'ix) = x(5 — xf''^
wobei 5 > z und x > 0 sein möge, so sind die für yf{x) und ^'(a?) fest-
gestellten Bedingungen erfüllt, und man erhält
<p{z) — (p{a) _ (p'[a 4- 9{z — g)]
(5 - a)^ - (6 - 2)* x[6 - a - Ö(» - a)f -* '
oder
(27.) fi') - »(») = (t-«7-(6-y . ^.[„ + e(, _ a)].
x[6 — a — B{z — a)Y ^
Dies gilt, wie nahe auch 5 dem Werthe von z liegen mag, folglich
erhält man für lim 5 <= s
(28.) <p W - y W = ^(1 !re)x-^ * '^'^'* "^ ^^* - ''^^*
Für « g^^ö gelten ähnliche Schlüsse. Aus den Ungleichungen
(22.) folgt dann wieder, dass u beständig zunimmt und « beständig abnimmt,
wenn x zunimmt. Da jetzt aber x^a, so ist
0 der gröeete Werth von u und
0 der kleinste Werth von v,
wenn x das Intervall von z bis a durchläuft. Dies giebt
u = (f>[x) — (/)(a) — K[tp{x) — V'C»)] ^ 0,
t? =» <p(ar) •— (f{a) — Ö[f/;(ar) •— i^(a)] > 0.
156 § 36. Andere Fonnen des Bestgliedes.
Da jetit x^a, so ist tlß{x) — \p{a) < 0; deshalb folgt ans diesen
Ungleichungen wieder
^ ^ y(^) — y(g) ^ ^
— i^(ar) -- t^a) —
und
y(g) — y (g) _ y*[a + 9(i — a)]
^z) — tf,(a) yß'[a + 9(z - a)] '
Setzt man in diesem Falle
tp(x) — (x — &)*— 5*, also v^'W = ^{x — 5)*"^
wobei 5 < s und x > 0 sein möge , so sind die für ti/(x) und tp*{x) fest-
gestellten Bedingungen wieder erfüllt, und man erhält
yfg) ~ y(g) _ y'[fl + ^(g — <»)]
(« — &)» — (a — 5)* x[a — & + e(z — ö)f "^ '
oder
also für lim 5 »= z findet man in Uebereinstimmung mit Gleichung (28.)
(f>(z) — (p(a) = — — j3i ^P'[» + Ö(« — o;)l
X ^ — «;
Für a BB X findet man hieraus
(29.) (p{i) - <p{x) = ^^JTef-^ ^'f"" + ^^* "" *^^'
gleichviel ob ^ < z oder Z'<,x ist.
Setzt man jetzt wieder
(30.) 9(x)-12-/s)-/(x)-%(«--^)--4! (»-*)--•••
so wird
(31.) <p{z) - 0, .p' (x) = -j; = - ^, (* - «)",
(32.) y'(« + e(» - X)] - - i L-i^-^ — iü(i-e)»(«-x)»,
folglieh findet man ans Gleiehang (29.)
(33.) ^_r+i>[x+^e(,-.)] ^j _ ^)»-.+. (,_,).+.,
Für X « 1 erhält man hieraus die dritte Form des Restes.
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz.
157
§ 37.
Der allgemeine binomische Lehrsatz.
(Vergl die Formel-Tabelle Nr. 56—58.)
Aufgabe. Man soll (1 + xY nach steigenden Potenzen von
X entwickeln, gleichviel ob m eine positive ganze Zahl ist
oder nicht.
Auflösung. Hier ist
f{x) = (1 + xY,
f*{x) = m{m — 1) (1 + Är)«-^
f**{x) = m(m — 1) (w — 2) (1 + xY'^,
(10
also
1) ...(»» — «+ 1) (1 + a;)"-*,
1) . . . (m—n+i)(m—n){l+x)'*-'-\
(la.)
/(O)
/'(O)
/"(O)
/'"(O)
= 1,
= »»,
= m{m
-1),
- 1) (m - 2),
/(n)(o) = m(m— l)...(w— «+1),
/(»+i)(0a;) = w(w--l)...(m— n+l)(m— ;^)(l-f®a;)••-«-V
Dies giebt mit Hülfe der Jfac-iawrm'schen Keihe
(2.) (! + .)«•= l+^. + ^^).2+^K^^
+
2 "^ ' 1.2.3
m(m — 1) . . . (m — n + 1)
1.2...»
rc^ + Ä
=i+(T).+c>+(:>'+...+(:)-+^
wobei
/o N T>^*>*(m—L) . . . (m— »+!) (m—n) (l+®,a;>"-«-' _^^,
^*'-'''"~ 1.2...«(«+1) '
158 § 37. Der allgememe biliomisGhe Lehrsatz.
oder
(4.) R =
m(m—l) . . . (m—n+1) (m—n) (l+&^x)^-*''^ ^ ^^ _^j
1.2...» ^ ^^ '
jenacMem man die erste oder die diitte Form des Bestes
benutzt.
Erster Fall. Zunächst möge gezeigt werden, dass E beliebig
klein wird für hinreichend grosse Werthe von «, wenn
Bezeichnet man mit g eine beliebige positive ganze Zahl,
so kann man das Bestglied nach Gleichung (8.) in drei Haupt-
factoren
/ßN n __«(^— l)'-(^— jy+l)^.
(7.) i^« = 7+i-^t^--^+T-.
(8.) F,=(l + 0:.)«-«-« = (^+e^!li
zerlegen, wobei der Einfachheit wegen 0 statt 0, ge-
schrieben ist.
Der erste Hauptfactor F^ enthält n gar nicht und bleibt
endlich, wie gross auch ff sein mag. Der dritte Hauptfactor
F^ wird gleich 1, wenn von den beiden Grössen © und x wenig-
stens die eine gleich 0 wird; F^ wird aber sogar beliebig klein
für hinreichend grosse Werthe von «, wenn ©>0 und x>0.
Setzt man m + 1 = />, und ist
ff>m^ — 1, also »i + l=/>^0,
so wird
^ — y _ ff + I—P
ff+l ff+l
X — — ^ X ^ X j
_M-ff-l g+2-p
ff + 2 ^ ff + 2 '' = '''
m — n « + 1 — p
» + 1 W + 1 '
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz. 159
folglich ist
(9.) (— 1)"-^+^ -F2 S a^-^+* .
Da nun z<+ 1 ist, so wird für hiiurekhend grosse Werthe
von n die Grösse rc"-^+^ beliebig klein, folglich erst recht Ji.
Ist dagegen
m< — 1, also w + KO,
so erhält man, indem man m + 1 == — p setzt,
m — ff^g+ 1 +P _ . , P
ff + 1 g+1 9 + 1'
m — g—l _ .y + 2 -f ;? _ p
9 + 2 ff + 2 '^9 + 2'
m — n ^ n + l + p __ p
»+1"" n + 1 "" n + 1
Alle diese Brüche sind grösaer als 1, da j9 > 0 ist, aber sie
nähern sich dem Werthe 1 beliebig. Da :r< 1 ist, so kann man
es daher erreichen, wenn man nur g hinreichend gross macht,
dass
^ — 9^ 1 , P ^^^
9 + ^ '^g + l^x
wird, dass also
^ — 9 1
^ + 1
ist. Dies giebt dann
m — g — \
9+2
m — <7 — 2
a:< Ar,
fn — n ^ y
» -f- 1
160 § 37. Der allgemeine binomische Leihrsatz.
Deshalb wird
(10.) (— l)«-i^^-^ F^ < *-^+* ,
*
also auch hier wird i^ für hinreichend grosse Werthe von n
beliebig klein, da k ein ächter Bruch ist.
Daraus folgt, dass auch
-B = J^ .JFi.i^, wenn 0^a;< + l
ist, beliebig klein wird far hinreichend grosse Werthe von n.
Zweiter Fall. Liegt x zwischen — 1 und 0, ist also
(11.) — l<a:SO,
SO wendet man die dritte Form des Bestgliedes an, um zu
zeigen, dass R beliebig klein wird. Aus Gleichung (4.) folgt
dann, wenn man der Einfachheit wegen & statt &^ schreibt und
a: = — z setzt,
,,^>. p _ m(m— l)...(m— y>+l)(m— n)(l->-®g)**-^(l-~@)»(~g)'^-^^
^ _ mz(l - &zY-^ . (l-m)(.-®g)^ i2-m){z^ez\^^
- mz^i UZ) 1(1—0;?) 2.{l—ez)
{n — fn){z — &z)
«(1 — ez) '
wobei
(IIa.) 0^5:< + l.
Auch hier zerlegt man R in drei Hauptfactoren
(13.) i^i = — ^(1 —ßzY-\
(14.; ^2 - — j— • iZlQ^ • — 2~ • l—@z J" l—ez'
(15 ) F ^ ^ +i ~ ^ . ^— ®^ . gr+ 2 — m g — ®g
^+1 l — ®z ff +2 1 — Oz
n — m z — &z
n 1 — &z
Der erste Hauptfactor i^ ist eine endliche Grösse, ebenso
der zweite Hauptfactor F^. Femer ist nach der Ungleichung
(IIa.)
0^z(l — &) ^ z— ez^z{l — ®z\
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz. 161
folglich wird
z — 0z
(16-) «Si3r©:^-<1-
Ist nun m ^ 0, so wird
g + 1 — m f/ + 2 — m n — m
ff+1 =^^' ff + 2 =^' ••• n =^'
also
Da z ein achter Bruch ist, so wird 2«-^ beliebig klein für
hinreichend grosse Werthe von n, also erst recht 2^.
Ist dagegen w < 0 , also — m > 0, so wird, wenn man hier
— m=p setzt,
<7+ 1 ff + 1
ff + 2-m _p_
9 + 2 ^+^ + 2^^'
?i n
Diese Brüche sind zwar alle grösser als 1 , da /> > 0 ist,
nähern sich aber dem Werthe 1 beliebig. Macht man daher g
so gross, dass
g + l ■" ~^ g + i<z — ez'
oder
g -\' 1 —m z — Gz , ^^
y + 1 1 — Gz
ist, so wird
<7 + 2 — m z — Gz
^+2 1 — 05J
<>i',
/^ — m z — Gz ^,
n 1 — ©;:
Stegemann-Kiepert, Differential-Beohnimg. 11
162 § 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz.
Dies giebt
(18.) .F3 < k'-9^
Da k ein ächter Bruch ist, so wird ^♦»-^ beliebig klein für
hinreichend grosse Werthe von ??, folglich erst recht F^.
Damit ist bewiesen, dass auch R beliebig klein wird fiir
hinreichend grosse Werthe von ^^, gleichviel ob m positiv oder
negativ ist.
Durch Vereinigung des ersten und des zweiten Falles er-
hält man daher für
(19.) —\<x<+ 1
die Entwickelung
(20.) (1 +.)»=! +(-).+(-)..+(-)
•«^ "i ....
Bemerkung« *)
Liegt m zwischen — 1 and + <^ > so l'ässt sich zeigen , dass diese
Reihe auch noch für iF = + l gilt; liegt inzwischen 0 und +qo, so gilt
sie auch noch für ir = — 1.
Beweis. Ist
(21.) --l<m< + co, oder 0<m + l<+oo, a: = + l,
so gehen die Gleichungen (6.), (7 ) und (8.) über in
(^ *•> ^^ 1.2. ..(7 '
XI "» — g OT — g — 1 m — n
(8».) ^3- (!+«)"+'•
Der erste Hauptfactor F^ bleibt wieder enMich^ der dritte Haupt-
factor wird gleich 1 für Ö««0 und beliebig klein für O>0. Ferner
folgt aus Gleichung (7 a.), wenn m^n die positive Grösse m-f-l==^ setzt,
(21.) (-1) Ji= ^^1 • ^+2 — ^rrr^-
Nun ist nach dem Tay/or'schen Lehrsatze
*) Sollte der Inhalt dieser Bemerkung für den Anfanger noch zu
schwer verständlich sein, so darf sie übergangen werden.
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz. 163
-also für
erhält man
(22.) (x 4 h)P^^ = x^-^^ + (p + 1) h(x + Shy,
und für a;s=l
»(2a) (1 + Ä)^+^ = 1 + (p + 1) Ä (1 + OÄ)^ .
Wenn nun h und p beide positiv sind, so ist
{i + shY^ii + hy,
.und die Gleichung (23.) geht über in die Ungleichung
(l^ky-^i^l + (p + l)h (1 + Ä)^,
7f olglich ist
(24.) (1 + Ä)^ (l—ph)'^l.
Dies giebt für h = tt~Z
•oder
Indem man für « nach und nach die Werthe 1, 2, ... n — ^ + 1
^einsetzt, erhält man
9 + ^ — P ^(g + 2\P
n + 1 — Jg ^^/n + 1\P
Daraus folgt, wenn man alle diese Ungleichungen mit einander mul-
tiplicirt, nach Gleichung (21.)
.(26.) c-ir-'+^j^i^Cf^^)'.
d. h. |i^2| wird heliehig klein für hinreichend grosse Werthe von n, also
.iiuch H selbst.
Im zweiten Falle, wo
0<m<-|-QO, a; = — 1
ist, erhält man aus Gleichung (33.) in § 36, wenn man a; mit 0 und z — x
>mit « = — 1 vertauscht,
.(27.) R = i- 1)«+' "'('»-IK.jC»'-») (1 _ e)«-. .
11*
164 § 37. Der allgemeine binomisclie Lehrsatz.
also für x = m
(1 — m) (2 — m) .. .(n — m) „ ^
(28.) iJ l.a.'.n ■^••^^'
wobei für
(29-) ^. ■ 1.2.../
eine endliche Grösse ist. Dagegen wird unter Anwendung der im ersten
Falle ausgeführten Untersuchung, wenn man p mit w vertauscht,
(30.) i^.=-^+r--^T+^- » =fe)'
d. h. Jj wird beliebig klein für hinreichend grosse Werthe von n, folg-
lich auch B.
Da 7?z unendlich viele Werthe haben darf, so sind in dem
binomischen Lehrsatze unendlich viele Reihenentwickelungen
enthalten. Ist m eine positive ganze Zahl, so geht die Reihe
nicht bis in's Unendliche, sondern sie bricht nach dem m + 1*^"
Gliede ab.
Beispiele.
1) m = — 1.
(1 + x)~^ = --— — = 1 — X + z'^ X^ + X*^ [-....
^ -^ 1 + X
2) ^ = + ^-
/, . ^i i/T-T- 1 . -^ la:2 1.3;r3 1.3.5a;« ,
2 4 ' 2.4 6 2.4.6 8
3)m=-l
/, ■ v-1 1 1 1 1 1-3 i 1-3.5 ,
(1 + ^^ -7r+i='~2^+2TT^'- 27476^'
2.4.6.8 ^
Man kann den allgemeinen binomischen Lehi'satz auch auf
die Entwickelung von (a + Vf anwenden.
§ 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz. 165
Ist nämlich |a|>| J|, so wird - ein ächter Bruch, und
man erhält
/ 6V
oder
(31.) (a+6)- == a- + (^)a--'6+(^)a---^6M-(3)a'"-^i^+ • • • •
Ist dagegen | ö | < | i | , so wird - ein ächter Bruch, und
man erhält
='-['+Oi+G)S+(:)p+-}
oder
(32.) (a + 5)« = J"» + (^\ ah"^- ' + ( ^ ) a^Ä"-^ + (^'^^ a» J™-:' +
• • • •
Der binomische Lehrsatz kann auch benutzt werden zur
Ausziehung von Wurzeln mit beliebig hohem Wurzel-Exponenten.
Beispiele.
1) |/13Ö = (125+5)'^ = 5(1 + ^ = 5 (1 + 0,04)^.
Nach dem binomischen Lehi-satze wird aber
yL-r ) x-Tg 3^ ^3.6.9 3.6.9.12 ^
also hier ist
(1 + 0,04)*= 1,013 333 333 3 — 0,000 177 777 8
+ 0,000 003 950 6 — 0,000 000 105 3
+ 0,000 000 003 1 — 0,000 000 000 1,
oder
166 § 37. Der allgemeine binomische Lehrsatz.
i
(1 + 0,04)^ = 1,013 159 4038,
yiEo = 5 (1+0,04)^ = 5,065 797 019 0.
Wegen Vernachlässiguiig der späteren Decimalstellen ist in
diesem Resultate die letzte Decimalstelle um 15 Einheiten un-
sicher.
2) VlÖOÖ == (1024 — 24)* == 4 (l — j|^^ •
Nach dem binomischen Lehrsatze ist nun
vx-r^; ± -r g 5.10 ^5.10.15 ^ '
(l-:r)* = l-i:r-
X*^ — , ^ * — -T X^ • • • r
(^
5 5.10 5.10.15
folglich wird
— 0,000 043 945 3
— 0,000 000 618 0
— 0,000 000 010 1
— 0,000 000 000 2,
oder
/lÖOÖ = 4 . 0,995 267 926 4 = 3,981071705 6.
Die Unsicherheit in der letzten Decimalstelle beträgt
hierbei 8.
In ähnlicher Weise werden die folgenden Aufgaben gelöst:
3) >/220 = (216 + 4)* = 6 (l + ^) = ^ • 1»^^^ 1^^ 122 799
= 6,036 810 736 794.
Die Unsicherheit in der letzten DecimalsteUe beträgt
hierbei 18.
4) l/21Ö6 = (2187 — 81)^ =3(1— ^) j
§ 38. Der Logarithmus.
167
6
(i + .)4=.i + i,_^_^^
X'
, 6.13 3
+ - — —. r-r X^
6 . 13 . 20
x^^
IN^
7 . 14 . 21 "^ 7 . 14 . 21 . 28
/ 2.Y - \ ^ 6.13
V 27/ "" 7.27 7.14.272 7.14.21.27'*
= 0,994 623 032 493,
y2lÖ6 = 2,983 869 097 479.
Die Unsicherheit in der letzten Decimalstelle beträgt
hierbei 10^.
§38.
Der Logarithmus.
(Vergl, die Formel-Tabelle Nr. 59—64.)
Setzt man
f(x) = Ir,
so kann man die Mac Za?«rm'sche Reihe nicht anwenden, weil
f{x) und alle Ableitungen davon f ür rc = 0 unendlich gross
werden. Deshalb setzt man
(!•)
f /(a:) = l(l + ^),
f\x) = (1 + xY\
rix) = _ 1 . (1 + ^)-2,
r\x) = 1 . 2 (1 + x)-\
also /(O) = 0,
/'(O) = + 1,
/"(o) = - 1,
/-'(O) = + 1.2,
??
»
/(4)(^) = _1.2.3(l+:r)-S „ /(*)(0) = - 1 . 2 . 3,
/(n) {x) = (-l)»-i(«-i) ! (1 +xy-, „ /<-)(0) = [-Vr' (w-1) !,
ly(n+l)(^) ^ (_ 1)« ;j! (1 + 5:)-»-^
also
(la.) /(»+!) (6>a:) = (— 1)'»?^! (1 + @a;)-«-i.
Durch Anwendung der J/oc-Lawrm'schen Reihe erhält man
dann
168 § 38. Der Logarithmus.
/f <*.2 /yS ff>^ -!•'*
(2.) l(l+:r) = ^-|- + |--J + -...±^ + i2.
Auch hier kann man zeigen, dass R beliebig klein wird
für hinreichend grosse Werthe von n , wenn x zwischen — 1
und + 1 liegt.
Ist zunächst
(3.) 0^a:^+l,
SO wendet man die erste Form des Restes an und erhält
(4.) R :=/;"^"(y ^«+1 = (zii)! . ^^\
(n + 1) ! ?^ + 1 (1 + 0a:)'»+i
Für a; = 1 wird also
± 1
■^ ^ (w + 1) (1 + 0)^*-^^
beliebig klein, selbst wenn Q> gleich 0 sein sollte, denn
» + 1
wird beliebig klein für hinreichend grosse Werthe von w. Ist
aber x ein ächter Bruch, so ist sicher auch ^ . _, ein ächter
1 + 0:r
Bruch; dann wird R erst recht beliebig klein, da die Factoren
1 und f-^r
\1 + 0Ä-/
w+ 1
beide beliebig klein werden.
Ist
(5.) —1 <a:SO,
SO wendet man wieder die dritte Form des Restes an und
erhält, indem man x mit — z vertauscht,
R ^J. p^(l-0)":r"+i===(-l)«(l + 02:)--*»-i(l~@^^
(6-)
I — — g (z — ezv"
"" i — &z\i — ez)'
Nun folgt aus der Ungleichung (5.), dass
(7.) 0 ^ ;5 < 1
und deshalb
0^z(l — e)=iz — @z^z{l — @z)
§ 38. Der Logarithmus. 169
ist, folglich wird
wird beliebig klein für hinreichend grosse Werthe von n. Das-
selbe gilt daher auch für 22.
Somit erhält man für
— l<a:^+ 1
die Entwickelung
/*• i"2 /»»o <>•■«
(8.) 1(1 + ^) = ^_|. + £._£- +_....
Es ist z. B.
(8a.) I2 = i_| + i_l+-....
Für die numerische Berechnung der Logarithmen ist diese
Reihe noch nicht sehr geeignet, weil man sie nur för die
Berechnung der Logarithmen zwischen 0 und 2 benutzen kann,
und weil man sehr viele Glieder der Reihe braucht, um den
Logarithmus auf einige Decimalstellen genau zu erhalten.
Man kann aber aus dieser Reihe einige andere, für die
numerische Berechnung weit geeignetere Reihen ableiten. Setzt
man z. B. in Gleichung (8.) ic = ^, so erhält man
oder
(9.) l(a + y) = la + |-i^, + g-£, + -...,
wenn - ein ächter Bruch ist. Für y = 1 folgt hieraus
(9a.) l(a+l) = la + i-^-l, + 3-l-^-l + -....
170 § 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
Eine noch brauchbarere Reihe erhält man auf folgende
Weise. Nach Gleichung (8.) ist
/j» /»•* /y^ /J.4 /fO
->• 'jr* (»»O /y\ <i»5
Hl— ^) = — Y"— ^— -3— -4 — -5 •••;
indem man diese beiden Gleichungen von einander subtrahirt,
findet man
(10.) l(l+:.)_l(l_x) = l(l±j)= 2(i + I + ^ + ...).
Setzt man jetzt
an x--^— also 1 I :.^^y + ^^ i_a.-_2y_
so wird
und Gleichung (10.) geht über in
(12.) l(y+.)=ly+2 [^ + 3-^, + ^-^, + ...].
Sind y und z positive Zahlen, so wird x ein ächter Bruch,
und es gilt also die durch Gleichung (12.) gegebene Entwickelung.
Diese Reihe wird besonders häufig angewendet f&r den Fall,
wo « = 1 ist; dann wird nämlich
(12a.) l(y+i) = ly+2[2-^+ 3^^^ + ^^^^5 + .-}
§ 39.
Berechnung der natürlichen Logarithmen.
Aufgabe. Man soll die natürlichen Logarithmen der Zahlen
1 bis 10 auf 8 Decimalstellen genau berechnen.
Auflösung. Um in dem Resultate eine Genauigkeit von
8 Decimalstellen zu erzielen, wird es gut sein, die Rechnung
bis auf 10 Decimalstellen durchzuführen.
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen. 171
Zunächst ist
(1.) 11 = 0.
Ferner setze man in der Reihe
(2.) l(y+l) = l,+2[^+^^ + ^^, + ...]
y = 1, dann wird
12 = 2 (^+ ^-p + ^-^ + ...j.
Nun ist
1:3 = 0,333 333 333 3, 1:3 = 0,333 333 333 3,
1 : 3» = 0,037 037 037 0, 1 : 3 . 3» = 0,012 345 679 0,
1 : 3^ = 0,004 115 226 3, 1:5.3^= 0,0008230453,
1:3' = 0,000 457 247 4, 1:7.3'= 0,000 065 321 1,
1:3» = 0,000 050 805 3, 1 : 9 . 3» = 0,000 005 645 0,
1 : 3^1 = 0,0000056450, 1 : 11 . 3^1 = 0,0000005132,
1 : 3^3 — 0,000000627 2, 1 : 13 . 3«3 = 0,0000000482,
1 : 315 = 0,000000069 7, 1 : 15 . 3^^ = 0,0000000046,
1 : 31' = 0,000000007 7, 1 : 17 . 31' = 0,0000000005,
folglich ist
i-l2 = 0,3465735902
und
(3.) 12 = 0,6931471804.
Setzt man in Gleichung (2.) y = 2, so erhält man
13 = 12 + 2(1 + ^3 + ^, + ...).
Nun ist
1:5 = 0,2, 1:5 = 0,2000000000,
1:5^ = 0,008, 1 : 3 . 53 = 0,002 666 666 7,
1:5^ = 0,00032, 1 : 5 . 5» = 0,0000640000,
1:5' = 0,0000128, 1:7.5' = 0,0000018286,
1:5»= 0,000000512, 1:9.5» = 0,0000000569,
1 : 511 = 0,0000000205, 1 : 11 . 51* = 0,0000000019,
1 : 5^3 = 0,0000000008, 1 : 13 . 5^» = 0,0000000001.
172 § 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
folglich ist
12 = 0,6931471804.
Dies giebt
(4.) 13 = 1,0986122888.
Ferner wird
(5.) 14 = 2.12 = 1,3862943608.
Für y = 4 folgt aus Gleichung (2.)
15 = 14 + 2(1 + 3^ + ^+...).
Nun ist
1:9 = 0,1111111111, 1:9 = 0,1111111111,
1:9-^= 0,001371 7421, 1:3. 9^ = 0,0004572474,
1 : 9» = 0,000 016 935 1, 1 : 5 . 9^ = 0,000003 387 0,
1:9' = 0,0000002091, 1 : 7 . 9' = 0,0000000299,
1:9»= 0,0000000026, 1:9.9» = 0,0000000003,
folglich ist
Kl + CT^ + 5^^+ •••)= 0,2231435514,
14 = 1,3862943608;
dies giebt
(6.) 15 = 1,6094379122.
Femer ist
16 = 12 + 13 = 0,6931471804 + 1,0986122888,
oder
(7.) 16 = 1,7917594692.
Für y = 6 folgt aus Gleichung (2.)
17 = 16 + 2(^+^^ + ^4p +...).
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
17a
Nun ist
1:13 =
1 : 13=^ :
1:13^:
1 : 13' :
folglich ist
0,0769230769,
0,0004551661,
0,000002 6933,
0,0000000159,
1:13
1:3.13^
1:5. 13'^
1:7. 13'
0,0769230769,
0,0001517220,
0,0000005387,
0,0000000023,
+
+ -
13 ' 3.13'^ ' 5.135
13^ 3.13=^^ 5. 135
(h
dies giebt
(8.)
also
(9.)
+ ... = 0,077075339 9,
+ ...^= 0,1541506798,
16 = 1,791759469 2;
also
(10.)
also
(11.)
17 = 1,9459101490;
18 = 3 . 12 = 3 . 0,6931471804,
18 = 2,0794415412;
19 = 2 . 13 = 2 . 1,0986122888,
19 = 2,1972245776;
HO = 12 + 15 = 0,693 1471804 + 1,609437 9122,
110 = 2,3025850926.
Berücksichtigt man nun, dass die beiden letzten Decimal-
stellen in den vorstehenden Rechnungen nicht mehr ganz zu-
verlässig sind, und behält man deshalb nur 8 Stellen bei, so-
ergiebt sich als Resultat der Rechnung die folgende Tabelle
11 = 0,
12 = 0,69314718,
13=1,09861229,
14= 1,38629436,
n2.) J 15 = 1,609437 91,
16 = 1,79175947,
17 = 1,945 91015,
18 = 2,07944154,
19 = 2,19722458,
110 = 2,30258509.
174
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
Will man hieraus die Logarithmen mit der Basis 10 berechnen,
so hat man nach den Ausführungen in § 18 die gefundenen
Wei-the mit dem Modul des Än^^^Ä'schen Logarithmensystems,
nämlich mit
(13.)
ZU multipliciren.
^^^ HO 2,30258509
= 0,43429448
Bezeichnet man also log« mit ilf, so erhält man für die
Logarithmen mit der Basis 10 folgende Tabelle:
log2 = Jf.l2 =0,30102999,
log3 = Jf.l3 =0,47712125,
log4=Jf.l4 =0,602 059 99,
log5 = Jf.l5 =0,698 97000,
(14.) I log6 = Jf.l6 =0,77815125,
log7 = Jf.l7 =0,84509804,
log8 = ilf.l8 =0,90308998,
log9 = 3f.l9 =0,95424251,
loglO = Jf . HO = 1,00000000.
Für die Berechnung der Logarithmen aller übrigen Zahlen
mit der Basis 10 findet man aus Gleichung (2.) durch Multi-
plication mit M
1
(15.) log(y+l) = logy+23/[^ +
+
• « « I •
Dabei braucht man von der Reihe höchstens nur noch die
drei ersten Glieder, wenn man auf 8 Decimalstellen genau
rechnen will. Bei etwas grösseren Zahlen werden sogar schon
die beiden ersten Glieder ausreichen. So ist z. B.
153
1
105
= ^^-2 + <iÜ5 + 37IÖP + •••)'
= 0,0095238095,
3.105
?;:j
= 0,000000287 9;
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
175
folglich ist
153 = 152 + 2 . 0,0095240974
= 152 + 0,0190481948.
Hier hat schon das dritte Glied der Reihe in den ersten
8 Decimalstellen keine geltende Ziffer mehr.
Allerdings darf man es sich nicht verhehlen, dass die Fehler,
welche man durch Vernachlässigung der späteren Decimalstellen
begeht, bei diesem Verfahren um so grösser werden, je weiter
man es fortsetzt. Zu dem Fehler, der schon bei der Bildung
von \y begangen ist, tritt ein neuer Fehler bei der Bildung von
l(y + 1) hinzu. Ist femer die Zahl w, deren Logarithmus man
bilden will, eine zusammengesetzte, ist z. B.
n = abc . . . ,
so wird
lw = la + 16 + lc+ ...,
so dass der Fehler bei \n gleich der algebraischen Summe der
Fehler bei la, 16, Ic, . . . ist.
Man muss daher die Logarithmen der Primzahlen 2, 3
und 5 , die am häufigsten bei der Bildung zusammengesetzter
Zahlen vorkommen, ganz besonders genau berechnen und kann
das in folgender Weise. Es ist
(16.)
-Q'©'-©'-
«'Y .
-©■■(i)-a
/16\i« /25\»2 /81\^
Daraus folgt
(17.)
^'(D+^KS-
>-"'(il)+«'(i) + ^'(l5)
l'--(n) +-(!)+ "(m)
176
§ 39. Berechnung der natürlichen Logarithmen.
Nun ist aber nach Gleichung (2.), wenn man für y die
Werthe 15, 24 und 80 einsetzt und mit 20 Decimalstellen
rechnet,
Hl5)""^(31 + 3T3p + --7
(18.)
1
= 0,064 538521137 57117170,
1
\24/ V4i
+
+ ...)
1
161 "^3. 1613 "^ "7
.49 ' 3.49»
= 0,040 82199452025512956,
m = 2 a
V8oy Vi6
= 0,012 422 519 998 557 153 30.
Bei der Berechnung von MTr ) und 1(St) braucht man
hierbei nur 6 Glieder der Entwickelung, bei der Berechnung
von \\qk) sogar nur 4. Dadurch findet man
12 = 0,693 147 180 559 945 309 60,
13 = 1,09861228866810969168,
15 = 1,609437 91243410037502,
HO = 2,302585 09299404568462.
Es ist nicht zu verlangen, dass in diesen Resultaten die
beiden letzten Decimalstellen noch genau richtig sind; und
zwar ist
bei 12, 13, 15, HO,
die obere Fehlergrenze ± 48, ± 67, ± 112, ± 160,
und der wirkliche Fehler + 18, + 28, + 42, + 60 ;
d. h. die hier angeführten Werthe von 12, 13, 15, HO, sind in
den letzten beiden Decimalstellen bezw. um 18, 28, 42, 60 zu
gross.
Es ist dem Anfänger sehr zu empfehlen, die liier angedeutete
Rechnung wirklich durchzuführen.
Jetzt ist es auch möglich, 17 sehr genau auszurechnen,
denn es ist
72 — _ 9 ^^2
§ 40. Partes proportionales. 177
also
217 = 12 + 215 — l(|^V
Dabei ist nach Gleichung (2.) for y = 49
^(49) "" ^ (99 "^ 37993 + 57995 + ••7
= 0,02020270731751944840,
und wenn man die hier gefundenen WeiUie zu Grunde legt,
12 + 215 = 3,91202300542814605964,
also
217 = 3,89182029811062661124,
17 = 1,945910149055313305 62,
ein Werth, der in den beiden letzten Decimalstellen um 51 zu
gross ist.
§ 40.
Partes proportionales.
Nach Gleichung (4.) in § 38 ist für « = 2
i(i + -)=j— ä + äCr+öi)'
also
a.) .(S)=-+^ - *=H(i:^y+(i^.)l-
Nun wird für 0 < a: < + 1
X X X
folglich ist
^< fO + (T^) = Kr^J Kl — )' + 1].
oder
Setzt man wieder
X =
2y + 5
Stegenuum- Kiepert, Düferential-Beclmiing. 12
>
178 § 40. Partes proportionales.
also
^^''~ 2y + ^' 2y + ;r
1 — a; "" y 1 — a; "" 2y
SO wird
(3.) l(y + ^) = ly + _2|_ + iJ,
WO
(4.) Ä <
z^
12ya
Ist also y > 10000, 2^1, so wird
(5.) ^< 12. 10^2'
d. h. R hat in den ersten 13 Decimalstellen keine geltende
Ziffer mehr.
Darauf gründet sich bei dem Gebrauche der Logarithmen-
tafeln die Berechtigung für die Interpolation durch die partes
proportionales.
Sind z. B. in einer solchen Tafel die Logarithmen für alle
fün&telligen Zahlen angegeben, so kann man daraus doch noch
den Logarithmus einer siebenstelligen Zahl n bis auf 7 oder 8
Decimalstellen genau finden, wie folgt.
Da es nur auf die Mantisse des Logarithmus ankommt, so
setze man das Decimal- Komma hinter die fünfte Ziffer, nenne
die Ganzen y und den übrig bleibenden Decimalbruch z^ dann ist
n = y + z^ wobei y > 10000 und z<l.
Jetzt ist
(6.) \n = \{y + z) = \y + -^^^ + R.,
(7.) l(y + l) = ly + 5^ + i?„
wobei man aber die beiden Beste Rz und R^ vernachlässigen
darf, da beide in den ersten 13 Decimalstellen keine geltende
Ziffer haben. Setzt man daher
§ 41. Methode der unbestimmten Coefficienten. 179
(8.) • J = l(y+l)-ly = ^-±-^,
SO wird
(9.) 1^ = ly + ^"^
2y + z
2z 2z
==lt/ + z.J +
= ly + Z.J +
2y + z 2y+l
2z{l—z)
(2t/ + z) (2y + 1)
Dabei ist aber
2z (1 — z) 2z{l—z) J_ 1
(2y + z) (2y +1) 4y2 ^ 2y2 ^ 2 . lO'^
Setzt man also
\n^=\y + z .J ^
so ist der Fehler so klein, dass er in den ersten 8 Decimalstellen
keine geltende Ziffer hat.
Man braucht also nur, um l;^ zu erhalten, in den Tafeln \y
aufeuschlagen und den Ausdruck
z.J^z\[{y+ 1) — ly]
zu addiren , welcher unter dem Namen y^partes proportionales'-^
bekannt ist.
Das Gesagte gilt zunächst für natürliche Logarithmen, da
aber die JBny^^'schen Logarithmen aus diesen entstehen, indem
man sie sänuntlich mit Jf=loge multiplicirt, so gilt es in
ähnlicher Weise auch für Briffys^sche Logarithmen und ebenso
für jedes andere Logarithmen -System.
§ 41.
Methode der unbestimmten Coefficienten.
Bei manchen Functionen ist die Bildung der höheren
Ableitungen sehr umständlich; deshalb wählt man zur Ent-
wickelung nach Potenzen von x einen etwas anderen Weg.
Man weiss nämlich, es ist nach der Mac-Laurin^schen Keihe
(1.) f(x) = A + A^X+ ^2^2 + A^X^ + . . . + AnX^ + Ä,
12*
180 § 41. Methode der unbestimmten Coefficienten.
wobei
(2.) ^=/(0), ^1=-^^ ^2=*^\...
wird. Aus Gleichung (1.) folgt aber
du
Ist also die Entwickelung von/'(a:) bekannt, und kann
man zeigen, dass R beliebig klein wird für hinreichend grosse
Werthe von n, so findet man die Werthe der Coefficienten
-4i, A^j ^3,... aus Gleichung (3.) Deshalb soll der folgende
Satz bewiesen werden:
Ist für hinreichend grosse Werthe von n die Grösse -j-
beliebig kleinj so gilt dasselbe auch von R.
Beweis. Ist e eine beliebig kleine Zahl, so gilt die Voraus-
setzung
(4.) -e<f< + e,
also
dR ^ dR ^ ^ ^
oder
deshalb nimmt R+ ex mit x beständig zu, während R — ex
beständig abnimmt , so lange x zunimmt. Für a: = 0 sind aber
beide Functionen gleich 0 , folglich ist fiir positive Werthe von x
(5.) R + ex>{) und R — ex<0,
oder
(5a.) — ex <cR <,-\' ex.
Für negative Werthe von x findet man ebenso
(6.) + ex<R<—ex.
In beiden Fällen wird R beliebig klein, denn e ist beliebig
klein.
dR
Dabei ist zu beachten, dass -^ das Kestglied in der
§ 42. £ntwickelang der Function arctgx. 181
Entwickelung von /' (x) nach steigenden Potenzen von x ist.
Man kann daher dem eben bewiesenen Satze anch die Fassung
geben:
Lässt sich f* {x) nach steigenden Potenzen von x entwickeln^
80 ffilt dasselbe auch von f{x).
Mit Hülfe dieses Satzes findet man z. B. sehr leicht die
Entwickelung von
f{x) ^\{l + x) = A + A^x + A:^x^ + A^x^ + ... + AnX"" + JR,
denn es wird nach dem binomischen Lehrsatze für
— 1 <a;<+l
folglich ist
A =/(0) = 11 = 0, ^1 = 1,' 2^2 = — Ij 3^ = + 1, . .
und deshalb in Uebereinstimmung mit Formel Nr. 59 der Tabelle
(8.) i(n-;,) = £_|. + |— 1- + -....
Wenn — l<a:<+l ist, so wird dabei B beliebig klein,
weil das Kestglied -j- in der Entwickelung von/'(a:) beliebig
klem ist.
§42.
Entwickelung der Function arotga? nach steigenden
Potenzen von x.
(Yergl. die Formel-TabeUe Nr. 6ö.)
Aufgabe. Man soll die Function arctgo; nach steigenden
Potenzen von x entwickeln.
Aufifisung. Hier ist
(1.) f{x) = aTCtgx^A-\'A^x+A2X^+A^x^+...+An;a!^+Ity
(2.) f'{x)^jl^=A,+2A^x+SA^x^+...+nAnßf^^+'^'
Nun wird aber nach dem binomischen Lehrsatze, wenn x^
ein ächter Bruch ist.
182 § 43. Berechnung der Zahl n,
(3.) YT^^ = (1 + '^'^)"' = 1 — ^2 + ^4_^6 + __ ... ,
folglich ist
^=/(0) = arctgO=0,
^1 = 1, ^2 = ^j 3 ^3 = — 1, 4^4 = 0, 5-45 = + 1, . . .
und deshalb
I X x^ , x^ a:^ .
arctg^ = --- + y-y + -...
für— l<a:<+ 1.
R wird dabei beliebig klein för hinreichend grosse Werthe
du
von w, weil das Restglied -j- in der Entwickelung von f*{x)
beliebig klein ist.
§43.
Berechnung der Zahl n
durch Anwendung der Entwickelung von arctga^.
(Vergl. die Fonnel-TabeHe Nr. 66—68.)
Die Enjtwickelung von arctga: nach Potenzen von x ist
sicher richtig , so lange x zwischen — 1 und + 1 liegt. Es
lässt sich auch beweisen , dass sie noch für a; = + l richtig
bleibt*). Wenn dies der Fall ist, so findet man daraus unmit-
Tt /Tt\
telbar den Werth voji — , weil tgf-7J gleich 1 ist. Denn die
Reihe giebt für :r = 1
(W !E— 1 iu-i — io-i -La- —
^ '^ 4"" 3*^5 7'^9 11 "^ ••••
Diese Reihe heisst die Reihe von Leibniz.
Aus Gleichung (1.) folgt weiter
?=o-F)+a-f)^(i-n)+-.
*) Der Beweis kann an dieser SteUe übergaDgen werden, weil die
Folgerungen des Satzes hier nur geschichtliches Interesse haben. Iq den
Beispielen auf Seite 209 (§ 47) wird der Beweis nachgeholt.
§ 43. Berechnung der Zahl n. 183
oder
und
TT
4
~"^ V3 5/ V7 9) (11 isj ••
oder
Berücksichtigt man in Gleichung (2.) die ersten n Glieder
und ebenso in Gleichung (3.), so findet man zwei Zahlen,
TT
zwischen denen — liegt. Man erkennt aber auch, dass die
Eechnung sehr langwierig werden würde, wenn man nach einer
dieser Reihen den Werth von — nur auf 6 Decimalstellen genau
berechnen wollte. Man kann aus den Gleichungen (2.) und (3.)
noch andere ableiten, die zur Berechnung von tt geeigneter
sind. Durch Addition der Gleichungen
4 VI. 3^5. 7^9. 11 ^"7'
4 V3 . 5 ^ 7 . 9 ^ 11 . 13 ^ ■ • 7
erhält man nämlich
2 ^ Vi. 3 3.5^5."
5.7 7.9
+ 9711 ~ T1TT3 +—•••)'
also
(4.) 1 = 1 + 2. 4(j^ + ^g + ^^ + ...),
oder
.V TT i_i_2 ^ . f 1 , 1 1 \
(5.) 2 '~^ + r:3~^^-^U.5.7'^7:9Tri + 11.13.15+--7"
Durch Addition der Gleichungen (4.) und (5.) findet man iu
ähnlicher Weise
1B4 § 43. Beredhnung der Zahl n.
+ 5:7:9~"7Xii'''~-'7'
also
(6.) . = 2 + j^ + 2.4.6(j^ + ^-^^ + ...),
oder
(7.) . = 2 + ^-?3 + ^
~^**'®V3.5.7.9"'' 7.9.11.13 "^ "V'
In dieser Weise kann man foitfiüiTen, wobei man immer
stärker convergirende Beihen erhalt.
Noch sdmeller fOhren die folgenden Methoden zmn Ziele.
Setzt man
(8.) ^« = 2» *^®" " = "<5*?(2)'
(9.) tge=-, „ e = arctg(j),
dann wird
i + i
(10.) tff(« + .) = i2i±^ = All^ = 5 1,
^ ^ «ov • / 1 — tgwtgc ,115 '
^-23
oder
(11.) w + t? = arctgl =-j-
Dies giebt
(12.) I = arctg (I) + arctg (|) ,
oder
oder
(14.) 4 = (2 + 3)~3 fe ■•■ p) + 5 fe "^ FV~ + • • • •
§ 4S. Bereclmimg der Zahl n, 185
Diese Beihe heisst die Reihe von Etder. Sie ist zur Be-
rechnung von n schon weit geeigneter als die Beihe von Leibniz,
Mctchin hat eine Beihe zur Berechnung von n angestellt,
welche für die numerische Berechnung noch zweckmässiger ist.
Er setzte zunächst
(15.) tgtt = ~ , also u = arctg T- j •
Hieraus folgt
(16.)
(17.)
tg(2M) =
t«(4«) =
Es ist demnach
2t««
1 — tgi«
2tg(2M)
1 — tg»(2M)
2
5
5
5
6
12'
120
1 25
144
~ 119
tg(4tt) > 1, also 4tt > -j •
Der Unterschied zwischen 4t^ und — ist offenbar sehr
4
klein; bezeichnet man ihn mit t?, so wird
TT JX
(18.) 4w = -7+t?, oder 4w — © = -
4 4
und
(19.) t? = 4w — ^•
Deshalb erhält man
^(^«)-tg(;)
tgr = tg (4«- jj = — - ,
oder
120
/oA^ 4r 119 1
(20.) tg.=:-— — =— .
^ + II9'^
186 § 43. Berechnung der Zahl n.
Dies giebt
(21.) V = arctg(2jg)
und mit Rücksicht auf die Gleichungen (18.) und (15.)
(22.) ^^4:11 — v^ 4: arctg^l^) — aix tg (^ ,
oder
(23.) 4- = 4(5— 3753+ 5:y5— + •••)— (239~3:239ä
Will man also den Werth von n bis auf 8 Decünalstellen
genau berechnen, so findet man
1:5= 0,2000000000, — 1 : 3 . 5^ = — 0,0026666667,
1 : 5 . 55 = 0,000 064 000 0, —1:7.57 = — 0,000 001 828 6,
1 : 9 . 59 = 0,0000000569, — 1 : 11 . 5^1 = — 0,0000000019,
1:13.513 = 0,0000000001,
also
arctg (^^ = 0,200064057 0 — 0,0026684972
= 0,1973955598.
Ferner ist
1:239= +0,0041841004
— 1:3. 239-i = — 0,0000000244,
also
arc tg {^^ = 0,004 184076 0.
Daraus folgt
J = 4arctg(i)-arctg(.^)
= 0,7895822392 — 0,0041840760,
oder
'^= 0,7853981632,
4
TT = 3.1415926528.
Hierbei sind die beiden letzten Decimalstellen nicht mehr
sicher, weü schon bei Berechnung von arctg f—) durch Ver-
§ 44. Entwickelung der Function arcsina:. 187
nachlässigung der folgenden Decimalstellen ein kleiner Fehler
begangen ist, der in der 10*®" Decimalstelle kleiner als 2^ ist.
Dieser kleine Fehler wird aber bei der Bildung von n mit 16
multiplicirt, weil
;r = l6arctgQ-4arctg(^)
ist. Dazu tritt noch ein Fehler, der von 4 arctg (^^) herrührt
und der in der letzten Decimalstelle kleiner ist als 4. Der
Gesammtfehler ist also kleiner als
44
101«'
Durch eine Rechnung auf mehr, z. B. auf 20 Decimalstellen
findet man dies bestätigt; es wird dann nämlich
n = 3,14159265358979323846.
Daraus erhält man ohne Weiteres noch die folgenden Zahlen,
welche in der Vermessungskunde häufig angewendet werden:
arc 1 0 = -^ = 0,017 453 292 519 943,
180
o 0 ^ ±211 :=, 57,295 779 513 1 ;
7t
arc 1' = TE^-^ = 0,000 290 888 208 666,
loO .oü
^ 180.60 ^ g 437 746 770 734 9 ;
^ 180.60.60 ^ 206264,806247 0964.
7t
§44.
Entwickelung der Function arcsina? nach steigenden
Potenzen von x.
(Vergl. die Formel-Tabelle Kr. 69.)
Aufgabe. Man soll die Fanctioii arcsin^j; nach steigenden
Potenzen von x entwickeln.
188 ' § 41. Entwickelong dar Ftmction arcsin«.
AuflStung. Setzt man hier
(1.) f(x) = arcsina; = A + A^x ■{■ A^"^ + . . . + ^»a^ + B,
SO wird nach dffln binomischen Lehrsatze
(2.)
/'<-)= y=^ = (i-^')"*
= Ai-\- 2AiX + ... + nA„a^^ + ^
-1 + 2* +274^^ ''■274:6* ■^••"
Wenn d:^ kleiner ist als 1, so wird -j- beliebig klein für
hinreichend grosse Werthe von n, folglich gilt auch dasselbe für
Mj und man erhält
A =/(0) = aresin 0 = 0,
^1=1, 2^2 = 0, 3^3 = |, 4^4 = 0, 5^5 = 1^,...,
folglich ist
(3.) arcsm:r = - + --+— - + ^-^^+...
für — l<x<+ 1.
Auch diese Eeihe kann man zur Berechnung von n benutzen.
Es ist nämlich
-) = -, also -g = arcsm(2),
folglich wird
^ = i4-i 1 1»3 1 1.3.5 1
6 2'^2*3.2»"^2.4*5.2s"^2.4.6*7.2''^"**
V. Abschnitt.
Conyergenz der Beihen.
§ 45.
Erklärungen und vorbereitende Beispiele.
Ist
(1.) «m —f{rn)
eine gegebene Function der positiven ganzen Zahl w, so bilden
die einzelnen Functionswerthe
/(O), /(l), /(2),.../(;^-l),
oder
Wq, Wjj U^^ , . . Wn— 1)
eine endliche Reihe ^ welche aus w Gliedern besteht, und deren
Summe mit Sn bezeichnet werden möge. Es sei also
(2.) Äi = W„ + W, + t^2 + • • • + «'n-l.
Wächst die positive ganze Zahl n in's Unbegrenzte, so wird
aus der endlichen Beihe eine unendliche Reihe. Dabei kann es
vorkommen, dass sich Sn mit unbegrenzt wachsendem n einer
bestimmten^ endlichen Grenze S nähert, dass also
(3.) lim iSn = Ä'
n = ao
wird. In diesem Falle heisst die unendliche Reihe (oder kürzer:
die Reihe) convergent. Die Grenze S heisst dabei die Summe
der Reihe.
Wird aber Sn mit n zugleich unendlich gross oder gar unbe-
stimmt^ so heisst die Reihe divergent. Dies giebt die
Erklärung. Eine Reihe ist convergent^ wenn Sn^ die Summe
der n ersten Glieder^ sich mit unbegrenzt wachsendem n einet*
bestimmten, endlichen Grenze S nähert.
190 § 45. Erklärungen und vorbereitende Beispiele.
Zahlreiche Beispiele für solche Reihen liefert der vorher-
gehende Abschnitt, in dem die Tayfor'sche Reihe behandelt worden
ist. Dort wurde die Convergenz der gebildeten Reihen dadurch
gepinift, dass man untersuchte, ob der Rest E för hinreichend
grosse Werthe von n beliebig klein wird. Ist dies der Fall,
so ist die Reihe in der That convergent^ denn der Unterschied
zwischen der Function f(x + h) und Sn wird beKebig klein,
d. h. Sn nähert sich der endlichen Grenze f{x + h) beliebig.
Ein anderes Beispiel liefern die geometrischen Progressionen
(4.) S^=^A + Ap + Ap'^ + ... + Ap^-' = ^^^—P"") ,
wenn p ein ächter Bruch ist, denn dann wird sich nach Formel
Nr. IIa der Tabelle Sn der Grenze
(5.) *=r^
^ ^ 1 — p
nähern, wenn n unbegrenzt wächst.
Auch hier wird die Differenz
o — o« =
1—p
beliebig klein für hini'eichend grosse Wertlie von n.
Soll sich Sn mit wachsendem n einer bestimmten, endlichen
Grenze S nähern, so müssen die Grössen
S — Sn, S — Sn^.\ und deshalb auch Sn^\ — Sn=^Un
für hinreichend grosse Werthe von n beliebig klein werden;
d. h. die Glieder einer convergenten Reihe müssen von einer
bestimmten Stelle ab immer kleiner und schliesslich unendlich
klein werden. Damit ist nicht gesagt, dass Wn+i stets kleiner
als Un sein muss; es ist vielmehr sehr wohl denkbar, dass ab
und zu auch grössere Glieder auf kleinere folgen; wenn aber
n in's Unbegrenzte wächst, so muss w„ verschwindend klein
werden, es muss also
(6.) lim Wn = 0
sein.
§ 45. Erklärungen und vorbereitende Beispiele. 191
Diese Bedingung ist eine nothwendige aber durchaus noch
keine hinreichende^ wie das folgende Beispiel zeigen soll.
In der Reihe
werden die Glieder immer kleiner und schliesslich unendlich
klein; trotzdem kann man zeigen, dass Sn beliebig gross wird,
wenn man nur n him^eichend gross macht, dass also die Reihe
divergent ist.
Man setze zu diesem Zwecke
w = 2 + 2 + 4 + 8 + ... + 2"»-^ oder n == 2'",'
dann wird
+ (2^+ ••• + 2^Jj
also
'S«>l + | + ^ + i+... + i=l + |-
Da man jetzt m beliebig gross machen kann, so wird
auch Sn beliebig gross, d. h. die Reihe
oder
1 ^2 ^3 ^4 ^5 ^•••
ist divergent
In der Reihe
wird Sn zwar nicht unendlich gross, aber Sn nähert sich mit
wachsendem n keiner bestimmten Grenze, denn für gerade Werthe
von n wird Sn gleich Null und für ungerade Werthe von n
wird Sn gleich a. Deshalb ist auch diese Reihe divergent.
192 § 46. Heihezi mit lauter positiven Gliedern.
Bei der Tay &r 'sehen Reihe hatte man, wie schon hervor-
gehoben wurde, die Convergenz dadurch nachgewiesen, dass man
untersuchte, ob der Unterschied R zwischen dem Grenz werthe
f{x + h) und den n + 1 ersten Gliedern der Eeihe mit wachsen-
dem n beliebig klein werde. In ähnlicher Weise kann man die
Convergenz der Eeihen ganz allgemein prüfen. Kann man näm-
lich eine Grösse S so bestinunen, dass
(7.) S— Sn—Rn, und (8.) lim ßn = 0
wird, so ist nach der angegebenen Erklärung die Reihe con-
cergent ; und umgekehrt muss i?» für hinreichend grosse Werthe
von n Tbeliebig klein sein, wenn die Reihe convergent ist.
Man kann bei einer convergenten Reihe die Grösse iJ», welche
man den Rest der Reihe nennt, auch noch in folgender Weise
erklären. Es ist
also
\Ra Rn+q = Sn-\-q Äi, = Wn + Wn+l + . . . 4" Wn+«-l.
Da nun bei einer convergenten Reihe 22«+, mit unbegrenzt
wachsendem q verschwindend klein wird, so ist
(10.) Rn = lim(Wn + Wn+l + . . . + Wn+(?-l)
9 = 00
= t/„ + «„+1 + ^„4-2 + ... in inflnitum.
§46.
Reihen mit lauter positiven Gliedern.
(VergL die Formel-TabeUe Nr. 70 und 71).
Zunächst möge die Voraussetzung gemacht werden, dass alle
Glieder der Reihe endlich und positiv sind. Dann gelten die
folgenden Sätze:
Satz 1. ht
«^0 + «^1 + «^2 + • • •
eine convergente Reihe mit lauter positiven Gliederny und ist von
einer bestimmten Stelle ab
Rn — Rn+i = Sn-^i — Sn = Wnj
(9.) 1 Ät — Rn-i-2 = ^^1+2 — Sn^= Un + Wn-fl ,
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern. 193
SO ist auch die Heifie
^0 + «*! + «*2 + • • • J
(die lauter positive Glieder enthalten möge) convergent.
Beweis. Setzt man
aS; = «0 + «^1 + • • • + «^»-1 J Ä'n' = t?o + »1 + . . . + Vn-U
SO wird
Sn-\-q Äi» = Wn + «^n+l + • • • + «n+g-l ,
S'n-^q Ä"n = t?n + «?n+l + . • • + t?n+j— 1 ,
und nach Voraussetzung wird
Auserdem nähert sich nach Voraussetzung Ä'n+j — S*n mit
wachsendem n der Grenze 0, wie gross auch q sein mag, folg-
lich erst recht Sn^rq — ^n, d. h, Sn und Sn+q nähern sich der-
selben endlichen Grenze.
Satz 2. Ist
«^0 + «?! + «?2 + •••
eine divergente Reihe mit lauter positiven Gliedern^ und ist von
einer bestimmten Stelle ah
SO ist auch die Reihe
«^0 + «^1 + «^2 + . . .
divergent.
Beweis. Wäre die Reihe ^o + ^i + «^2 + • • • convergent,
so müsste nach dem ersten Satze auch »0 + ^1 + ^2 + • • • kon-
vergent sein, und das widerstreitet der Voraussetzung.
Satz 3. JEine Reihe
«^0 + "1 + ^2 + . . .
mit lauter positiven Gliedern convergirt, wenn von einer bestimm-
ten Stelle ab
(1.) "^'-^iKl
tstj wobei k eine von n unabhängige Constante ist.
Stegemaim -Kiepert, Differenüal-Beohniiiig. 13
194 § 46. Reihen mit lauter poeitiven Gliedern.
Beweis. Nach Voraossetzung wii*d für hinreichend grosse
Werthe von n; z. B. fiir »^»»
^also
<2.)
d. h. von einer bestimmten Stelle ab sind die Glieder der be-
trachteten Eeihe gleich oder kleiner als die der Eeihe
diese Eeihe ist aber convergmt^ denn sie ist eine geometrische
Progression, bei welcher der Quotient k kleiner als 1 ist, und
deren Summe daher nach Formel Nr. IIa der Tabelle gleich
l—k
wird. Deshalb ist nach Satz 1 auch die Eeihe
«0 + «1 + «2 + . . .
convergent
Beispiele.
1) ^- = i + n + 2! + --- + (»-i)!
Hier ist
a;
n
^+1
also wird
Un-\-\ X
SA<1,
Un n+l
wenn man n+l grösser als x wählt, folglich ist die Eeihe
X . x^ , x^
^ + 1! + 2! + 3! ■*■'••
für alle endlichen Werthe von x convergent.
9^ ^ — £ j-l£!-Lili~-U 1.3... (2n— 3) a;2n-i
^ "~ 1 "^2 3 "^2.4 5"^'""^2.4...f2n-2)2»— ]
x^
§ 4ß, Beihen mit lauter positiven Gliedern. 195
Hier ist
_ 1.3..,{2n — S)(2n—l) x^^-^^
^•*'" 2.4...(2« — 2j.(2») 2» + l'
__ 1 . 3 . , . (2n — 1) (2n + 1) a^^^"^^
«*«+! - 2.4... (2n) . {2n + 2) 2n + s'
folglich wird
Un±i_ {2n + l)^x^ ^ V ^ n ^ n'^J
Un "■ (2» + 2) (2/1 + 3) 4 , H + A
n rfi
Ist 2; gleich 1, so nähert sich dieser Ausdruck mit wachsendem
n dem Werthe 1 beliebig, dann ist also die Bedingung
nicht erfüllt, denn h muss um eine endliche Grösse von 1 ver-
schieden sein. Damit ist noch nicht gesagt, dass in diesem
Falle die Reihe divergent ist; es lässt sich viehnehr ihre Con-
vergenz auf einem anderen Wege (vergl. Seite 204) sehr wohl
beweisen.
Ist dagegen
a;2 = Ä < 1 ,
SO wird auch
in diesem Falle ist al^o die Eeihe
1 "^ 2 3 ■^2745""^'"
sicher convergent.
3) Sn = l+Yp'^'^ + ^+'"+{n — l)p\
wobei jp > 0 sein möge.
Hier ist
X^ /pn+l
folglich wird
13*
196
§. 46. Reihezi mit lauter positiven Gliedern.
=(^iX-^=
X
(^ + ä'
gleich oder kleiner als ein achter Bruch A, wenn x gleich k ist.
Die Reihe
X
X
2
X'
ist also canv6rffent, wenn x kleiner als 1 ist.
Satz 4. Eine Heihe mit lauter positiven Gliedem ist diver
ffentj wenn von einer bestimmten Stelle ab
(3.) "^ ^ 1
ist
u.
Beweis.
(4.)
Wm = «i
Wm-l-2 ^ Wm+1 ^ t^mj
Da nnn die Reihe
w» + «^ + ««+.. •
divergent ist, so ist die Reihe
<*0 + «1 + Wi + • . .
nach Satz 2 erst recht divergent. *
Die Reihen
X 1 a:^ 1 . 3 a:^
1 "^ 2 3 + 2 . 4 5 ■*■ ' • '
und
X Ot^ X
welche vorhin in den Beispielen 2 und 3 untersucht wurden,
sind daher divergent^ wenn a;> 1 ist; denn man kann dann n
so gross wählen, dass auch die Grössen — ^, nämlich
II«
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern. 197
x^
bezw.
gleich oder grösser als 1 werden.
Satz 5. Eine Reihe mit lauter positiven Gliedern ist con-
vergent, wenn von einer bestimmten Stelle ah
(5.) yiTn^kKl
ist.
Beweis. Nach Voraussetzung ist für n^m
(6.) Un^k"",
folglich wird
Wm+2 S *""*"^
d. h. von einer bestimmten Stelle ab sind die Glieder der
betrachteten Eeihe gleich oder kleiner als die der Reihe
l + k + k^ + k^ + ..,.
Diese Reihe ist aber convergent^ denn sie ist eine geometri-
sche Progression, bei welcher der Quotient k kleiner als 1 ist,
und deren Summe daher nach Formel Nr. 11 a der Tabelle gleich
1
1 — k
wird. Deshalb ist nach Satz 1 auch die Reihe
convergent.
Beispiel.
Es sei
^» — -|^2 "1" 22 "^ 32 ■*" 42 "^ •••"*" 7^2 '
also
198 § 46. Beulen mit lauter positiven Gliedern.
und
^" = ^' «»+i = (^ipip *)
Un \n +lj / ^ 1 Y
Dieser Ansdrack nähert sich dem Werthe 1 beliebig mit
wachsendem n, wird also grösser als jeder beliebige ächte
Brach k. Der Satz 3 reicht hier deshalb zum Beweise der
(Konvergenz nicht aus.
Ebenso nähert sich
dem Werthe 1 beliebig, denn es ist
log iVün) = logU " V = — ^ log».
Dieser Ausdruck wird aber mit wachsendem n beliebig klein.
Nimmt man z. B. die Zahl 10 als Basis des Logarithmensystems
und setzt
-n = lO"»,
so wird
, ?/- 2m
logywn=— -j^i
n
folglich nähert sich log Yün mit wachsendem m dem Werthe 0
*) Da in der Summe S« = «o + **i+«2 + .-« + <*«— * das n'« Glied
mit tin-i bezeichnet worden war, so müsste man, streng genommen,
1 1
****"" (n + 1J2 • "~+^""(n-f2j2
setzen; man kann aber auch das erste Glied uo = 0 setzen, dann wird
in dem vorliegenden Beispiele
Ä» = 0 + p-+22 + ... + (^ _ 1J2 . »l80 «» = ^» ****+* "" (W + 1)2 *
§ 46. Reilieii mit lauter positiven Gliedern. 199
und deshalb yun dem Werthe 1 beliebig.*) Daher ist auch
der Satz 5 nicht unmittelbar verwendbar.
Setzt man aber
12
Wo =— J
1 _1_ 1
% = 2^ + 32'
_ 1 , 1 , 1 , 1
^2 — p- -r ■^'i' 62" "^ 72"'
W»» /cknt\0 •" /rtm I -1 \9 • • • • •
SO wird
(2"»)2 ■ (2«+ 1)2 . ••• . (2« + 2«» — 1)2
Wo = 1,
1_, _
22 ' 22 ~" 2
42 ~ 42 ^ 42 ~ 42 4
Wi <:7r'+ ^;ö- = ~'
. 1 , _i_ , , 1
^w "^ /9»/M2 "^ r9»M2 "T • • • "1"
(2"*)2 ' (^2''*j2 ' •' J (2'»)2 2~
Es ist also
1 / — 1 /— 1 "*> — 1
^i < 2' y«^2<2' y%<2' ••• y^fn<2'
und deshalb die Eeihe
][2 "^ 22 32 " 42 "» 52 ~ " •
Satz 6. Eine Heike mit lauter positiven Gliedern ist diver-
gent^ wenn von einer bestimmten Stelle ab
*) Ein voUatändig strenger Nachweis dafür, das lim y-^ = 1 ist,
wird an einer späteren Stelle gegeben werden.
200
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern.
(8.)
ist.
n
Beweis. Für hinreichend grosse Werthe von i« ist in diesem
FaUe
da nun die Reihe
1 + 1 + 1 + ...
divergent ist, so ist die Eeihe
Wo + Wj + «2 + • • •
dkch Satz 2 erst recht divergent.
Das zu Satz 5 gegebene Beispiel kann man sogleich ver-
allgemeinem und den folgenden Satz beweisen:
Satz 7. Die Reihe
i. 4.1.4.1.4.2.+
IP ^ 2^» 3^ 4''
ist convergent für p> 1.
Beweis. Setzt man
1 , 1
«1 2P S^
(9.)
Wm =
+
dann wird
(10.)
(2")!' ' (2»'+l)'
l\p-i
+ ...+
(2
m-Hl
i>
«1 < 2?""^2^~V2/
IV-i
"» < (2<»)i' "^ (2»»)? + • • • + (2»)i'
1 V"^
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern.
201
folglich ist
(11.) u, <(ij""' , f ^ <(!)'"' , . . . K: <(^y'\
und da nach Voraussetzung p — 1 positiv sein soll,
Deshalb ist die Eeihe
IP ^ 2^ 3^ ^ 41» ~ • • •
converffent, wenn j» > 1 ist.
Satz 8. Die Heike
IP ^ 2P S^ 4:P
ist diver ff ent für f^l.
Beweis. Setzt man in diesem Falle
(12.)
^ 2P
^2=37+4?'
Wm =
+
dann wird
(2"»-^+l)^ • (2"-^ +2)^
+ ...+
(13.)
(2«)!' '
Uo > — + — = -• 41-^,
2 ^ 4P ~ 4P 2 '
^ > gp -r Qp T- Qp T- Qp gp 2 '
^m > ^2»»)1' "*" (2«)^ + • •• + ^2mjp — 2 ' ^^'"'^ ^'
oder
(14.) |/2ir2>2^-i', |/2^>2»--P,...y2ii;>2i-^.
m
202 § 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern.
Es wird also, da j» S 1 und deshalb 1 — p ^ 0 ist,
folglich ist nach Satz 6 die Eeihe
2tto + 2wi + 2^2 + • • •
und deshalb auch die Eeihe
«^0 + «1 + ^2 + . . .
divergent.
Satz 9. Ist
«0 + «?1 + «^2 + «3 + . . .
eine convergente Reihe mit lauter positiven Oliedern^ und ist von
einer bestimmten Stelle ab
^n-f1 <-- t^n-ft
(15.)
^ ^ Un — Vn
SO ist auch die Reihe
«'O + «1 + «^2 + «^ + . . . ,
{welche gleichfalls lauter positive Glieder enthalten möge), con-
vergent.
Beweis. Ist m hinreichend gross, so wird nach Voraus-
setzung
Utn ~ Ü» '
oder, wenn man — mit A bezeichnet,
(16.)
Wm+l '^ *^w+l . A.
Femer wird
(17.)
^m4-2
Daraus folgt, dass von einer bestimmten Stelle ab die
Glieder der Eeihe Uq + u^ -f- u,^ + . . . kleiner sind als die ent-
sprechenden Glieder der Eeihe ^t?o + -^^i + -^^2 + • • • 5 ^
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern. 208
aber ©o + «^i + »2 + • • • nach Voraussetasung eine convergente
Beihe ist, so gilt dasselbe von
(18.) Avq + Av^ + Av2 + ...;
deshalb ist auch nach Satz 1 die Reihe
«'o + «'i + «^ + . . .
convergent.
Satz 10. Eine Reihe mit lauter positiven Gliedern
ist convergent^ wenn von einer bestimmten Stelle ah
(19.) ,(._!^)a,>l
ist.
Beweis. Aus der Voraussetzung folgt
n — p r^n >
oder
(20.)
Wn+l^^ P^
Un n
Setzt
man jetzt
«?o
= 0 iinci für ;2 > 0
(21.)
1
so ist die Eeihe
t?o + «?i + «^2 + . . . = 0 + — + 27 + . . .
nach Satz 7 convergent, weil p>l ist. Dabei wird
(22.) ^ = (-^Y.
Nun ist nach der Jfac - Z/a«n«'schen Eeihe
(1 + xy-^^ = 1 + (/> + 1) (1 + Qs^y . ^•
Da 0 S © g + 1 ist, so ist für positive Werthe von x
l+x'^l + Qx,
also
(1 + xy+^ ^i + (px-{-x){i + xy,
204 § 46. Beihea mit lauter positiven Gliedern.
oder
(23.) i-p,^(-^y.
Setzt man in dieser Ungleichung rc = — , so erhält man
(24.) i_£ = ^zz£sf_^Y = £^,
oder mit Eücksicht auf Ungleichung (20.)
(25.) Un^^^J^,
Es gilt deshalb in diesem Falle der Satz 9, d. h. die Reihe
Wo + Wj + t^2 + «^ + • • • 9
ist convergent.
Beispiel.
Es sei
e— 1 . 1 1,1.3 1 , l.S...{2n—S) 1
'^~~^+2'3"*"2:i'5+--"*"2.4...(2w-2)*2^=I'
dann wird
_ 1.3...(2n — 3) (2n — 1) 1
^'''" 2.4...(2« — 2). (2w) *2w+l'
_1.3...(2»— 1) (2n+ 1) 1
^'*'^^"" 2.4...(2;j).(2w + 2) ' 2» + 3 '
Un^\ _ {2n + 1)^ ___ 4n^ + 4;> + 1
Un "" (2n + 2) (2n H- 3) "" 4»^ + iQn + 6
n n^
4 + i2 + -^
Dieser Ausdruck nähert sich mit wachsendem n der
Grenze 1 beliebig; deshalb ist Satz 3 nicht anwendbar. Da-
gegen wird
§ 46. Reihen mit lauter positiven Gliedern. 205
/ Un+x\ _ / 4;^2 + 4;^ + 1 \_ 6;>^ + 6n
\ UnJ \ 4;^2 + 10;i + 6/ 4^2 + 10;^ + 6 '
also
/ Un+i\ 6n^ +bn — ß _ (2n + S){Sn — 2) _ Sn—2
\ Un / "^ 4^2 + 10» + 6 "" (2w + 3)(2» + 2) "■ 2» + 2 '
oder
\ Un / 2;^ + 2'n = oo \ w„ / 2
d. h.
n(l ^M ist für w>4 ein unächter Bruch, der sich dem
Grenzwerth | beliebig nähert, folglich ist die Reihe
1 1 , 1_^ 1 1.8.5 1^
"^2*3 ■^2.4"5"*"2.4.6'7 "^•"
converffent,
Satz 11. Eine Reihe mit lauter positiven Gliedern ist
divergent^ wenn von einer bestimmten Stelle ab
(26.) »0-^')si
ist.
Beweis. Aus der Voraussetzung folgt
(27.) ;^_lg^!fü±l, oder ^^'^"^^Zll.
Un Un — n
Setzt man also
(28.) {m — l)u„,=zA,
SO ist fiir hinreichend grosse Werthe von m
A
f*tn
m — 1
Wm+l
^ (m — 1) Um
m
—
A
m
7
Um-^2
fn + 1 m
A
+
T
>
4/ ■ M
^(m + l)wm+2-^
!*
A
• •
m + 2
•
m
•
+ 2
9 •
206 § 47. Eeihen mit positiven und negativen Gliedern.
Da nun die ßeihe
1 ^2 ^3 ^4 ^
diyeigent ist, so ist auch die Reihe
-'(f + l + f + i + -) = T + T + 4 + T + -
dirergeut, folglich ist nach Satz 2
^0 + ^1+^ + ^ + "'
erst recht divergent.
§ 47.
Reihen mit positiven und negatfvea Gliedern.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 72 und 73.)
Die Bedingungen, welche in dem vorhergehenden Paragraphen
für die Convergenz einer Eeihe aufgestellt wurden, bezogen
sich immer nur auf ihre Glieder von einer bestimmten Stelle ab.
Die ersten Glieder der Reihe, d. h. die Glieder bis zu einer
bestimmten Stelle, die noch im Endlichen liegt, sind nur der
einen Bedingung unterworfen, dass keines von ihnen unendlich
gross wird.
Für Reihen mit positiven und negativen Gliedern gilt
zunächst der folgende Satz:
Eine Reihe mit positiven und negativen Gliedern convergirt^
wenn die Summe der absoluten Beträge convergirt.
Beweis. Es sei
(1.) ^^n = «0 + «^1 + «^ + • • • + «'n-l ;
hierbei seien die Glieder
alle positiv und die Glieder
— «i", — «2", ... — V
alle negativ. Setzt man also •
(2.) «1' + W2' + . . . + V = Sn\ «1" + «2" + . . . + ^y' = Sn*%
so wird
(3.) Sn = Sn — Sn*'
§ 47. Reihen mit positiven und ne^tiven Gliedern. 207
Aus der gegebenen Reihe kann man aber eine andere
bilden, indem man sämmüidie Glieder mit dem positiven Vor-
zeichen nimmt. Diese Reihe ist nach V6raiiS86tzung convergent,
d. h. die Summe Sn + Sn^ nähert sich mit wachsendem n einer
bestimmten, endlichen Grenze. Dies ist aber nur möglich, wenn
sich Sn und Sn* einzeln einer bestimmten, endlichen Grenze
nähern, und daraus folgt, dass dasselbe auch für
gilt.
Eine Reihe mit positiven und negativen Gliedern kann aber
auch dann noch convergirm^ wenn die Summe der absoluten
Beträge divergirt.
Versteht man unter einer alternirenden Reihe eine Reihe,
deren Glieder abwechsehid positiv und negativ sind, so gilt
z. B. der Satz:
Eine alternirende Reihe convergirt, wenn der absolute Betrag
der Glieder immer kleiner und schliesslich unendlich klein wird*
Beweis. Es sei
(4.) /y2m = «0 U^+U2 t^ H . . . + «2m-2 W2m-1 ,
Ql = W2m,
Qz = W2m (W2m+l «^2m+2) j
Qö = ^m («^m+1 W2m-f2) (^m+3 W2m+4) ,
Q2a-1 = W2m {^m+i ^^Tm+l) ... (W2m+2a-3 — W2m+2a-2) ;
Qj = (W2« W2m+l) J
Qi = («*2m W2m+l) + (W2m+2 — U2m-\-z) ,
©2« = (W2m W2m+l) + (w2m+2 ^2m-{-z) + . . •
+ (W2m-|-2a— 2 W2«+2a-l).
Da nach Voraussetzung die Glieder ihrem absoluten Betrage
nach immer kleiner werden, da also Sir hinreichend grosse
Werthe von m
U2m > ^^2m+1 > «2»+2 > . • . > «2m+2a-l > 0 ,
so sind in den Gleichungen (5.) und (6.) die Elammergrössen
sämmtlich positiv, und man erhält
(5.)
208 § 47. Reihen mit positiven und negativen Gliedern.
/.^ X j t^2m = Ql > Q3 > Qs > • • • > Q2a-1,
l 0<Q2<Q4<Q6<...<Q2a.
Ausserdem ist
Q2a = Q2«— 1 — W2m+2a-l < Q2«— 1 j
also
(8.) 0<Q2«<Q2«-l<W2m,
wie gross auch a sein mag. Nach Voraussetzung ist
lim (Q2«-i— 02«) = lim w2m+2«-i = 0,
deshalb wird
(9.) lim Q2a-\ = lim Qj«?
und zwar liegt die gemeinsame Grenze dieser beiden Grössen
nach den Ungleichungen (8.) zwischen 0 und t*2m. Da aber U2m
mit wachsendem m beliebig klein wird, so ist damit bewiesen,
dass der Unterschied zwischen
/Sim und Ä2m+2a-l = ^2tn + ©2« -1
und ebenso zwischen
S2m und /S2m+2a = ^2»» + Q2«
beliebig klein gemacht werden kann, welchen Werth a auch
haben mag, wenn man nur m him-eichend gross macht. Sn
nähert sich daher mit wachsendem n einer bestimmten, endlichen
Grenze S, d. h. die Reihe
Wo — «1 + «^2 «^3 H • • •
ist convergent.
Aus der Gleichung
S = Sim + lim Qia = S^m^x — u2rn-\ + lim Q2«
« SS 00 « SS 00
und der Ungleichung
(8 a.) 0 < 02« < Q2a-1 < Ulm < t^m-1
folgt hierbei
(10.) S2fn<S<S2n.-^,
(11.) OSA^i«.-! — *S'<W2m-l, O^S—S2fn<U2m,
oder nach Gleichung (7.) in § 45
(12.) OSi22m^W2m,
(13.) W2m-1 ^ ifem-l ^ 0.
§ 47. Reihen mit positiven und negativen Gliedern. 209
Beispiele.
1) Die Reilie
1 2^3 4 ^
ist converffent, und zwar ist nach Formel Nr. 60 der Tabelle
ihre Summe gleich 12, obwohl die Reihe
1^2^3^4^'"
divergent ist, wie schon in § 45 gezeigt wurde.
2) Die Reihe
ist converffent, und zwar ist nach Formel Nr. 66 der Tabelle
TV
ihre Summe gleich — • Hierdurch ist auch der Nachweis ge-
fuhrt, dass die Formel Nr. 65 der Tabelle noch richtig bleibt
für rc = + 1. Die Reihe
ist dagegen divergent. Dies folgt schon daraus, dass
1 + 14.1 + 1+ >i + i + i + i +
oder
ist.
Bei altemirenden Reihen kann ein eigenthümlicher um-
stand eintreten. Werden nämlich die absoluten Beträge der
Grlieder schliesslich nicht beliebig klein, sondern nähern sie sich
einer bestimmten, endlichen Grenze p, so werden sich die
Differenzen
der Grenze Null nähern. Es kann also sehr wohl eintreten,
dass sich mit wachsendem n
Stegemann- Kiepert, Differential-Becliniuig. 14
210 § 48. Bedingte und unbedingte Oonvergenz.
S2n = K — ^l) + («^2 — «^3) + . . . + (W2tt-2 — U2n^l)
einer bestimmten, endlichen Grenze nähert. Dasselbe ist dann bei
>S2n+l= S2n+U2n = Uo (^i U^) (^3 W4) . . . (W2n-1 ^In)
der Fall; trotzdem ist die Reibe divergent^ denn es ist nach
Voraussetzung
lim (Äin+l *^2n) = lim W2n = (>,
n 3 OD n 3= jo
d. h. die Summe der Reihe
«^0 — «^1 + «^2 — «^3 H • • •
nähert sich zwei endlichen, um q von einander verschiedenen
Grenzen, jenachdem man eine gerade oder eine ungerade Anzahl
von Gliedern addirt. Eine solche Reihe wird eine osciüirende
Reihe genannt.
Beispiele.
1) Bei der Reihe
a — a -}- a — a -\ . . .
ist
aS'2» = 0, S2n-\-i = ö.
2) Bei der Reihe
2_3 4_5 6_7 _
1 2 ■'■3 4 "^5 6 "^ ••'
ist
'^^•*=(r-|"MI"-i)+(l~l)+---+(2i^
also
lim S2n = 12, lim S^n-^-i = 1 + 12.
n = oo n=sao
§48.
Bedingte und unbedingte Convergenz.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 74.)
Bisher wurde stillschweigend die Annahme gemacht, dass
bei den GUedem einer Reihe eine bestinmite Ordnung fest-
gehalten werde.
§ 48. Bedingte und unbedingte Convergenz. 211
Bei einer Summe mit einer endlichen Anzahl von Gliedern
ändert sich der Werth der Summe gar nicht, wenn man die
Aufeinanderfolge der Glieder ändert; bei Summen mit unend-
lich vielen Gliedern aber, d. h. also bei unendlichen Reihen
kann sich möglicher Weise der Werth der Summe mit der
Reihenfolge der Glieder ändern. Ist z. B.
+C_i i- +.^ J.^
und
--• =(K|-|)+(^H>-+(s^+i;;^-^)
SO wird
oder
-"■--■=l[(H)+(H)+-+(^-^)]
Nun wird aber
lim -8; = 12, lim(AS„' — -S'„) = |l2,
n = 00 n = ao
folglich ist
lim5„' = |l2 = |lim.Sn.
Die Reihen
und
1 2^3 4^5 6^
1^3 2^5 ^7 4 ^^ •••
14^
212 § 48. Bedingte und unbedingte Oonvergenz.
sind also beide convergent und jede von ihnen enthält, wenn
man sie nur weit genug fortsetzt, sämmtliche Glieder, welche
die andere enthält, aber ihre Summen haben verschiedene Werthe,
weil die Aufeinanderfolge der Glieder in den beiden Reihen
eine verschiedene ist.
Eine Reihe ^ bei der sich die Summe der n ersten Glieder
mit wachsendem n nur unter der Bedingung derselben endlichen
Grenze nähert^ dass die Aufeinanderfolge der Glieder eine be-
stimmte ist, heisst bedingt convergent Bleibt aber dieser Grenz-
werih derselbe, wie man auch die Glieder der Reihe anoi^dnen
mag, so heisst die Reihe unbedingt convergent.
Dabei gilt nun der folgende Satz:
Eine Reihe ist unbedingt convergent, wenn nach Absonderung
von Sn die Summe von beliebig vielen Gliedern, welche aus den
hoch folgenden Gliedern willkürlich ausgewählt sind, beliebig
klein wird für hinreichend grosse Werthe von n.
Beweis. Um zu zeigen, dass sich dann
(1.) Sn = ^0+^1 + ••• + Wn-1, und /S'^' = V + «^i' + --- + Wp-l
derselben endlichen Grenze nahem, kann man p so gross wählen,
dass die Glieder
Uq, Wj, . . . Wn-l
sämmtlich unter den Gliedern
enthalten sind. Ausserdem kommen in Sp* noch beliebig viele
andere Glieder
Ur, Uf, Ut, .. .
vor, so dass
(2.) Sp'=:Sn + Ur+U, + Ut+...
wird. Nach Voraussetzung ist aber
(3.) lim (ur + u, + ut + , . .) ^ 0,
folglich wird
(4.) Um/y/=:limÄn;
d. h. unter der gemachten Voraussetzung nähert sich die Summe
Sn mit wachsendem n derselben Grenze, wie man auch die Rei-
henfolge der Glieder bestimmen mag.
§ 48. Bedingte und unbedingte Convergenz. 213
Diese Voraussetzung, unter welcher der eben bewiesene
Satz gilt, wird offenbar erfüllt, wenn die Summe der absoluten
Beträge convergirt. Bezeichnet man nämlich mit \u\ den abso-
luten Betrag von u, und nähert sich
(5.) 2n = Kl + |Wi| + Ithl + . . . + hn-l|
mit wachsendem n einer bestimmten endlichen Grenze 2, so
wird für hinreichend grosse Werthe von n
(6.) 2n+a — -^n = |Wfi| + |«n+l| + • • • + |«n+a-1 1
beliebig klein, folglich erst recht
Ur + Ug + Ut + ...,
wobei Ur, Ug, ut,... aus den Gliedern w«? Wn+i, ... Un+a-\
willkürlich ausgewählt sind.
Hiervon gut aber auch die Umkehrung:
Wird bei willkürlicher Auswahl der Glieder Ur, u,, Ut,,..
aus den Gliedern Un, Wn+i, . . . Wn-fw-i die Summe
Ur + Us + Ut+...
für hinreichend grosse Werthe von n beliebig klein, so ist in der
Reihe «0 + ^1+^2 + ... die Summe der absoluten Beträge
eine convergente Reihe.
Beweis. Setzt man
(7.) Sn+a — 'S'n = W» + ^n+l + . . . + Wn+a-1 = I^a
und bezeichnet die Summe aller positiven Glieder, welche in Z>„
enthalten sind, mit Z>„' und die Summe aller in Z>« enthaltenen
negativen Glieder mit — !>«", so ist
(8.) Da = Da' — Da''.
Nach Voraussetzung müssen Da und Da** einzeln beliebig
klein werden, folglich wird auch
(9.) 2n+a — -^n = Da* + Da'*
beliebig klein für hinreichend grosse Werthe von n. 2n und
2n^a nähern sich daher mit wachsendem n demselben Grenz-
werthe -2, d. h. die Summe der absoluten Beträge ist con-
vergent.
Der vorhin ausgesprochene Satz deckt sich daher mit dem
folgenden Satze:
Eine Reihe ist unbedingt convergent, wenn die Summe der
absoluten Beträge convergirt; und umgekehrt.
I
214 § 49. Multiplication der Reihen.
§ 49.
Multiplication der Reihen.
Sind
und
(Vergl. die Formel - Tabelle Nr. 75.)
U^Uq + Ui + IC2 + ...
F= t?o + t?i + t?2 + . . .
zwei unbedingt convergente Reihen^ und ist
Wq = UqVq,
t(?2 = UqV2 + Wi ©1 + ^2^0 J
Wn = U^Vn + U^rn-\ + . . . + Wn-1 «?i + Wnt?o,
50 ist auch die Reihe
unbedingt conmrgent^ und ihre Summe W ist gleich dem Producte
UV der Summe der beiden ersten Reihen.
Beweis. Es sei
C^2n = «0 + ^1 + ^2 + • • • + «*2n-l,
]^2« = «?0 + «?! + t*2 + . . . + «^2n-l,
W^n = t^o + ^^1 + W?2 + • • • + ^2n-l ,
und es mögen zunächst die Glieder w©? ^ij «^2j«"j ^oj ^u ^H'"
alle positiv sein, dann ist
U^n . ^2n == Win + («1 t?2H-l + ^2 t*2H-2 + • • • + «^2n-2 ^2 + «^2n-l «?l)
+ • . • + (W2n-2«'2n— 1 + «^n-l«?2w-2) + W2n-1 »2n-l j
also
Dagegen ist
W2n =• Un.Vn + K^n + «^n «?o) + K «^n+l + ^l «?»+ W»t?i + Wn+2«?o)
+ . . . + (Wo^2»»-l + ^1^2n-2 + . . . + W2n-2«?1 + W2n-lt'o)j
also
Tr2n>?7n. r«.
Ebenso kann man zeigen, dass
J72«+l . F2n4.1 > W^2n+1 > Un . Vn
§ 49, Multiplication der Reihen. 215.
ist. Lässt man aber n immer grösser werden, so nähern sich
die Producte TJ^- Vn und Din. T^2n, bezw. ?72«+i . F2n+i nach
Voraussetzung derselben endlichen Grenze ü . V, folglich nähern
sich auch die dazwischen liegenden Werthe Win bezw. W^n+i
einer bestimmten, endlichen Grenze JV, und es wird
W= U. V.
Enthalten die Reihen U und V positive und negative
Glieder, sind sie aber, wie vorausgesetzt wurde, unbedingt eon-
verffefit, ä. h. sind auch noch die Summen der absoluten Beträge
convergent, so nähert sich der Ausdruck
ün. Vn ^n = Wn-1 «?n-l + (Wn-2 «^n-l + Wn-1 t?n-2) + • • •
+ (Wil?n-1 + «^t?n-2 + . . . + «^n-2t?2 + «^n-lt?i),
wie vorhin gezeigt wurde, mit wachsendem n dem Werthe 0,
wenn man die Grössen u^, «^2? • • • ^n-i, «^i, «?2> • • • ^«-i sämmt-
lich durch ihre absoluten Beträge ersetzt; er nähert sich also
dem Werthe 0 erst recht, wenn diese Grössen theilweise negativ
sind. Es wird daher auch in diesem Falle
lim TTn = Um t/n . Fn = U. V,
n=ao n := OD
Dabei ist auch
^0 + «^1 + W?2 + • • •
eine unbedingt convergente Reihe, denn ersetzt man die Grössen
Wo , Wj , ^2 , . . . , t?o J ^1 J '^2 J • • • m
«6^0 = Wo ^0 J
1^2 = t/o^2 + Wi«?i + ^2^0»
durch ihre absoluten Beträge, so verwandeln sich die Grössen
^oj ^i j ^2j • • • in «^o'j ^t' ^2'? Bezeichnet man nun den
absoluten Betrag von w^ mit | «^0 1 ? den von t^^ mit | w?i | , . . . ,
so wird
Kl = «^oS kl! S «^iS Kl ^ «^2', . • • •
Jetzt enthält aber die Reihe
216
§ 50. Oonvergenz der Potenzreihen.
lauter positive Glieder und ist convergent, folglich gilt dasselbe
auch für
d. h. die Reihe
W?0 + W?! + «^2 + . . .
ist unbedingt convergent,
Beispiel.
X . x^ . x^
^=l + lT + 2!+^+---'
^ ^1! ^2! ^ 3! ^••*
sind zwei unbedingt convergente Reihen, folglich ist
^^Vl!^l!y^V2! ^l!l!^2!y^--
"" "^ 1! "^ 2! "^ 3! "^•••'
setzt man für U und V nach Formel Nr. 52 der Tabelle ihre
Werthe ein, so ergiebt sich hieraus die bekannte Formel
§ 50.
Convergenz der Potenzreihen.
(VergL die Formel-TabeUe Nr. 76.)
Unter einer Potenzreihe versteht man eine Reihe von der
Form
ÖQ + <^\^ + <h^'^ + ^^^ + . . . .
Von einer solchen Reihe gelten die folgenden Sätze:
Satz 1. Eine Potenzreihe convergirt unbedingt, wen?i von
einer bestimmten Stelle ab
^i?;<l
ist, d. h. für alle Werthe von x, deren absoluter Betrag kleiner
an
ist als
ö^n+l
§ 50. Convergenz der Potenzreihen. 217
Der Beweis folgt unmittelbar aus Satz 3 in § 46.
Satz 2. Eine Potenzreihe convergirt unbedingt für alle
Werthe von x, deren absoluter Betrag kleiner ist als die positive
Grösse Xq, wenn von einer bestimmten Stelle ab
l^nlx^^'-^g
istf wobei g eine bestimmte endliche Grösse bedeutet.
Beweis. Nach Voraussetzung ist für hinreichend grosse
Werthe von m
I «m I ^0~ ^^J I «m+t I ^o"*"^^ ^ffi I «m+2 | ^o"*"^^ S^'j • • • »
folglich ist, wenn x vorläufig positiv genommen wird,
/ X \'»+2
da nun — nach Voraussetzung ein ächter Bruch ist, so wird
eine convergente Reihe, folglich erst recht
d. h. die Reihe
00 + a^x + a^x^ + . • .
ist unbedingt convergent.
In der Reihe wird nur das Vorzeichen der Glieder a^x,
a^x^, a^x^, . . . geändert, wenn man x mit — x vertauscht. Der
Satz gilt also für positive und negative Werthe von x, wenn
nur der absolute Betrag von x kleiner ist als xq.
218 § 51. Convergenz der periodischen Reihen.
§ 51.
Convergenz der periodischen Reihen.
(Verjfl. die Formel-Tabelle Nr. 77 und 78.)
Die Reihen von der Form
(1.) -^öo + «1 COSa; + 02^08(2^) + 03 C0S(3a:) + . . .
+ Jj sina: + b2Bm(2x) + b^sm{Sx) + . . .
nennt msm periodische Beihen, weil die Glieder sämmtlich den-
selben Werth behalten, wenn man x nm ein Vielfaches von 27r
vermehrt oder vermindert.
Zunächst möge der einfache Fall betrachtet werden, wo
die Coefl&cienten a^ , ö^ , «2 , «3 , . . . alle einander gleich und
die Coefiicienten *i , *2? *3 5 • • • sämmtlich gleich 0 sind; es sei also
(2.) /S'„= aQ\- + co^x+coB{2x) + cos(3:r)+ ... + cos(n — l)x\'
Aus der bekannten Formel
sina — sinJ = 2sin( — - — j cos f "T j
folgt
/o\ d • /^\ / \ • /2w + 1 \ . /2m — 1 \
(3.) 2smf- jcos(ma:) = sm( — - — xj — sm( — - — xy
Multiplicirt man Gleichung (2) mit 2 sin (^j , so erhält man
daher
(4.) 25„sin(|)=«,[sm(|) + |sm(f)-sin(|)l
+
h(i)--(i)}
+ ... + |sin(?^:r)-sin(?^a:))]
= aoSin(^ — - — xJ,
oder
. /2n — l \
(5.) S„ = —
2 sing)
§ 51. Oonvergenz der periodischen Reihen.
219
Wächst n in's Unbegrenzte, so schwankt der Werth von
— - — X \ zwischen — 1 und + 1 , nähert sich aber keiner
bestimmten Grenze, folglich ist die Reihe divergent.
Jetzt seien die Coefficienten J^ , Jj > *3 ? • • • alle einander
gleich, und die Coefficienten a^ , a^ , a^ , «3 , . . . seien sämmtlich
gleich 0; es sei also
(6.) Sn* = ii [sin^r + siJi{2x) + • • . + Wi{nx)].
Aus der bekannten Formel
cosJ — cosa = 2sm( — ^— jsmf — ^ j
folgt
(7.) 2sm(- jsm(ma:) = cos( — - — x\— cosf — ^ — x),
Multiplicirt man Gleichung (6.) mit 2sin(- j, so erhält
man daher
(8.) 25'„'sin(|) = b, [{cos(|)- cos (f )}
^ ( /2» — 1
^)-^<^K^^)}]
= j,[^cos(|)-cos(H^x)],
oder
(9.)
ctg^ —
cos
(
2;i+ 1
4
™(i)
eine Grösse, die sich ebenfalls keiner bestimmten Grenze nähert,
wenn n in's Unbegrenzte wächst , folglich ist auch diese Eeihe
divergent.
220 § 51, Convergenz der periodischen Reihen.
Bilden die Coefl&cienten «o? ^15 ^2» ^3>«" oder i^, ij? ^sj»--
eine steigende Reihe, so können sich ^Jn und Sn noch weniger
einer bestimmten, endKchen Grenze nähern; deshalb kann nur
dann Convergenz eintreten, wenn die Coefficienten Oq» ^u ^>
03 , . . . und *! , J2 ? *3 ? • • • fallende Reihen bilden. Ob aber die
periodischen Reihen unter dieser Voraussetzung wirUich conver-
gent sind, muss noch untersucht werden. Es sei jetzt also
(10.) aSh = ^ÖQ + <^\ COSic + «2 cos (2a:) + . . . + an-iC0S(» — l)ar,
wobei
(11.) «0 > ^1 > ^ > • • • > ^»-1 > ^ ^i^d lima« = 0
n = ao
sein möge; dann wird nach Gleichung (3.)
2.S„sin(|) = aoSin(|)+a,[sin(|)-sin(|)]
+
r . {hx\ . /3x\\
r . /2n—l \ . /2n — S VI
+ . . . + «n-i I smf — - — a;j— sm( — - — x)\ ,
oder
(12.) 2/ynSinr|j — an-isinr'^^~ x\=z
(«0 — öl) sin(0 + («1 — (h) sin^y) + («2—03) sin (^^ + ...
, , . . /2n — S \
+ (an_2 — ö„-i)sm( — - — xh
In der Reihe
(13.) («0— «l) + («l— «2) + (ö2— «3)+ ••• +(«»-2— ön-l)= «0— «n-1
sind sämmtliche Glieder positiv, und die Summe der ersten n
Glieder nähert sich mit wachsendem n der bestimmten, endlichen
Grenze a^, d. h. die in Gleichung (13.) angegebene Reihe ist
unbedingt convergent. Deshalb ist auch die in Gleichung (12.)
angegebene Reihe unbedingt convergent, da der absolute Betrag
der einzelnen Glieder kleiner ist als die entsprechenden Glieder
in der Reihe
(«0 — ^l) + («1 Ö2) + («2 Ö53) + . . . .
§ 51. Convergenz der periodischen Reihen. 221
Da noch
hm «n-i sini — - — X ) = 0
ist, so nähert sich 2.5'« sin (-|-j mit wachsendem n einer be-
stimmten, endlichen Grenze. Dasselbe gilt auch für Sn selbst,
wenn man die Werthe von x ausnimmt, für welche sinf - j gleich
0 wird. Dies giebt den Satz:
Die Heike
•J-öo + a^cosx + a2C0S(2a:) + a^COS{Sx) + . . .
ist converffent für alle Werthe von Xj welche von 0, ±27r,
±4 TT,.,, verschieden sind, wenn die Coefficienten öq, a^, «2,
03 , . . . positiv sind und eine bis in^s unendlich Kleine abnehmende
Reihe bilden.
Indem man x mit x + n vertauscht , findet man, dass die
Beihe
+ i^o — ^1 ^Sa: + a2C0S(2:r) — a3COS(3:p) H ...
unter denselben Bedingungen für alle Werthe von x convergirt,
die von ± tt, ± Stt, ± ött, . . . verschieden sind.
Ebenso findet man, wenn die Coefficienten 6^, J27 63,...
positiv sind und eine bis in's unendlich Kleine abnehmende Eeihe
bilden, wenn also
(14.) *! > ^2 > *3 > • • • > *n > 0 und lim J„ = 0,
n=sao
aus
(15.) Sn* = Jj m.x + i2Sin(2:r) -f . . . + i„sin(na;) ,
indem man mit 2sinr-| j multiplicirt und Gleichung (7.) an-
wendet,
(16.)2Än'sin(|)=J,cos(|)-(J,-J2)cos(f)-(S2-is)cos(^^
— ... — {bn-\ — bn) COS^ ^~ x\— JnCOSr— ^ A
222 § 51. Convergenz der periodischen Reihen.
Nun ist aber mit Kücksicht auf die jetzt geltenden Voraus-
setzungen die Reihe
(17.) (J^ - J^) + (6-2 — *3) 4- (^3 — *4) + . . . = h
unbedingt convergent, folglich erst recht die Reihe
(S,— y COs(y)+ (J2— *3)C0s(y^+ (^3 — i4)C0s(yj+.^
bei welcher die absoluten Beträge der einzehien Glieder noch
kleiner sind. Da hierbei noch sin^, sin (2a:), sin (3a:), . . . sämmt-
lieh gleich 0 sind für alle Werthe von x, für welche sinf -1) ver-
schwindet, so bleibt die Reihe
S^sina: + S2sin(2a:) + S3sin(3a:) + . . .
auch noch flir diese Werthe von x convergent, und man erhält
den Satz:
Die Reihp
6isina: + 62sin(2a:) -f- J3sin(3a:) -J- . . .
ist für alle Werthe von x convergent, wenn die Coefßcienten
^1 > ^2 > ^3 ? • • • positiv sind und eine bis in^s unendlich Kleine
abnehmende Reihe bilden.
Indem man x mit x + n vertauscht, findet man, dass die
Reihe
JjSina: — b^Wi{2x) + J3Sin(3a:) h . • .
unter denselben Bedingungen für alle Werthe von x convergirt.
Beispiele.
1) Die Reihe
. COSa: COS (2a:) COS (3a:) ,
ist convergent, wenn x von 0, ± 27r, ± 47r, . . . verschieden ist.
2) Die Reihe
sina: sin (2a:) sin (3a:)
n y^ y^
ist convergent für alle Werthe von x.
VI. Abschnitt.
Maxima und Minima Yon entwickelten
Functionen einer Yeränderlichen.
§ 52.
Bedingungen, unter denen ein Maximum oder Minimum
eintreten Icann.
Wenn sich die unabhängige Veränderliche x^ von der eine
stetige Function
(1.) y =/(^)
abhängt, um eine sehr kleine positive oder negative Grösse ± a
ändert, so sollen die zugehörigen Werthe der Function, nämlich
f{x — d) und/(a; + a),
die zu /(a;) benachb arten Wtr^^ genannt werden, und zwar ist
f{x — d) ein unmittelbar vorhergehender^ f(x + a) ein unmittelbar
folgender benachbarter Werth der Function.
Wenn nun f{x) grösser ist als alle unmittelbar vorher-
gehenden und folgenden Werthe der Function^ so heisstf(x) ein
Maximum; und wennf{x) kleiner ist als alle unmittelbar vor-
hergehenden und folgenden Werthe der Function^ so heisst
fix) ein Minimum.
Im ersten Falle ist also
f{x — a) —f{x) < 0 und auch f{x + a) —f{x) < 0 ;
im zweiten Falle ist
f(x — a) —f(x) > 0 und auch f(x + a) —f{x) > 0.
Am besten wird man sich diese Beziehung klar machen
durch die geometrische Deutung der Gleichung (1.) als eine
224
§ 52« Eintritt eines Maximums oder Minininms,
Curve. Dieser geometrischen Deutung sind auch die oben ein-
geführten Bezeichnungen entnommen.
Wenn z. B. der Gleichung (1.) die Curve in Figur 23 oder
in Figur 24 entspricht, so hat die Function für
a; = ^Tj = OQx
ein Maximum und für
X = X2= OQ2
ein Minimum^ d. h. die Ordinate Q^Px des Punktes P^ ist
grösser als die Ordinaten aller benachbarten Punkte, und die
Ordinate Q2A ist Heiner als die Ordinaten aller benachbarten
Punkte
Fig. 23.
Fig. 24.
Damit nun die Curve einen solchen höchsten Punkt P^
erreicht, muss sie vorher steigen und nachher fallen; und damit
sie einen solchen tiefeten Punkt erreicht, muss sie vorher fallen
und nachher steigen.
Aus diesen Erwägungen kann man die Bedingungen ableiten,
unter denen /(ic) ein Maximum oder Minimum wird.
In § 13 (Seite 74) war nämlich gezeigt worden, dass
-^z=.f{x) positiv sein muss, wenn die Curve mit der Gleichung
y =^f{x) in dem zugehörigen Punkte steifft, und dass ^ =f (x)
negativ sein muss, wenn die Curve in dem zugehörigen Punkte
fällt. Unabhängig von der geometrischen Darstellung gab dies
den Satz:
Wenn eine Function y '=^f(x) gleichzeitig mit x zunimmt^
so ist die Ableitung für den betrachteten Werth positiv; wenn
§ 52. Eintritt eines Maxi-mums oder "UiniTttminfif, ^5
aber die Function abnimmt^ während x zunimmt, so ist die Ab-
leitung für den betrachteten Werth ven x negativ;
und umgekehrt.
Eine Function f{x) nimmt gleichzeitig 'mit x zu für alle
Werthe von x^ für welche f*{x) positiv ist, und die Function
nimmt ai, während x zunimmt, für alle Werthe von x, für
welche f*{x) negativ ist.
Wenn also f(x) ein Maximum werden soll, so muss f'(x)
aus dem Positiven in das Negative übei^ehen; wenn dagegen
f'{x) ein Minimum werden soD, so muss/' (x) aus dem Negativen
in das Positive übergehen.
Hieraus folgt, dass f(x)jaBr für diejenigen Werthe von x
ein Maximum oder ein MinimuTn werden kann, fiir welche die
Ableitung f'(x) einen Zeichenwechsel erleidet. Ein solcher
Zeichenwechsel tritt aber nur dann ein, wenn f*(x) entweder
gleich Null oder unendlich gross wird.
Dies giebt den Satz:
Die Function f{x) kann nur für diejenigen Werthe von x
ein Maximum oder Minimum werden, für welche f'(x) gleich
Null oder unendlich gross wird.
Aus der geometrischen Deutung der Ableitung, nämlich aus
der Formel (Nr. 16 der Tabelle)
folgt, wie auch aus den Figuren zu ersehen ist, dass in den
Curvenpunkten, welche einem Maximum oder Minimum ent-
sprechen, die Tangente zur X-Axe oder zur F-Axe parallel
sein muss.
Ist f'(x) = 0, ist also die Tangente in dem zugehörigen
Curvenpunkte P parallel zur X-Axe, so liegen die dem Punkte
P benachbarten Punkte sämmtUch unterhalb oder sämmtlich
oberhalb dieser Tangente, jenachdem der Punkt P einem Maxi-
mum oder Minimum entspricht (vergl. Fig. 28)»
Ist /'(a:) = 00 , ist also die Tangente parallel zur F-Axe,
so hat ^e Curve in dem zugehörigen Punkte P eiue nach oben
oder nach unten gerichtete Spitste, jenachdem der Punkt P einem
Maximum oder einem Minimum entspricht (vergl. Fig. 24).
Stegemann- Kiepert, Diiferential-BeohnTmg. 15
226
§ 52. Eintritt eineB Maximums oder MinimninH.
Bemerkungen.
1) In dem Vorstehenden ist Btillschweigend die Vorausaetasung ge-
macht worden, dass fix) wohl unendlich gross werden darf, dass aber
alle übrigen Fälle der Unstetigkeit aasgeschloBsen sind.
2) Wird /'(x) gleich Null oder unendlich gross, so ist es mögUeh,
aber nicht immer nothwendig, dass f(x) ein Maximum oder Minimum wird.
Fig. 25.
Fig. 26.
In Figur 25 wird z. B.
/'(ar)=0 für ar=OQ,
und in Figur 26 wird
/'(x) = oo für x^OQ-,
trotzdem findet in beiden Fällen weder ein Maximum noch ein Minimum
statt. Die Punkte P in Figur 25 und 26 sind vielmehr TVendspunJUe,
von denen an einer späteren Stelle noch ausführlich die Bede sein wird.
Die Regel, welche sich aus den vorhergehenden Betrach-
tungen fjir die Aufeuchung der Maxima und Minima ergiebt, ist
daher die folgende:
Man ermittele diejenigen Werthe von x^ für welche f{x)
gleich Null oder unencQich gross wird, und untersuche dann fär
die dadurch gefundenen Werthe von x noch das Vorzeichen von
f'{x — a) und/'(^ + ö).
Wird für hinreichend kleine Werthe von a
f{x—a)<0
und
/'(^ + a)>0,
SO ist/(a;) ein Minimum^ wie man aus den Figuren 27 und 28
erkennt, in denen
§ 52. Eintritt eines Maximums oder MinimnTng.
227
OQ^ =x — a und 00^ =^x + a
sein möge.
Fig. 27.
Fig. 2a
^
a^ a a
und
Wird dagegen für hinreichend kleine Werthe von a
f{x — a)>0
SO isty(2:) ein Maximum^ wie man aus den Figurei
erkemit, in denen wieder
OQi = a: — a und OQ2 = x + a
sein möge.
Fig. 29. Fig 30.
BemerkUBgen.
1) Es kann vorkommen, dass/' {x — a) und/'(a:+ <») för hinreichend
kleine Werthe von a beide positiv sind, obgleich /' (x) = 0 (vergl. Fig. 31),
oder obgleich /'(«)=: 00 wird (vergl. Fig, 32). Ebenso kann es vor-
kommen, dass f'{x — a) und f'{x + a) für hinreichend kleine Werthe von
o beide negativ sind, obgleich /' (x) = 0 (vergl. Fig. 33), oder /' (ar) «= 00
wird (vergl. Fig. 34). In diesen Fällen ist /{x') weder ein Maximum
noch ein Minimum. Die Curven haben vielmehr in den zugehörigen
Punkten einen Wendepunkt.
15*
226
§ 52. Eintritt eines Maximums oder Minimums.
Fig 81. Kg. 82.
Fig. 38.
Fig. 85.
2) Wenn man für einen bestimmten Werth von x die Vorzeichen
von/'(ic — a) und /' (a: + a) unters achen will, so ist es nothwendig , die
Grösse a hinreichend klein zu wählen,
um sichere Schlüsse über das Auf-
treten eines Maximums oder Minimums
ziehen zu können.
Wäre z. B. die Curve, welche der
Function
entspricht, durch die Figur 35 dar-
gestellt, so würde f{x) für x= OQ
ein Maximum, Trotzdem erhielte man,
wenn a so gross gewählt würde, wie
es in der Figur geschehen ist,
/'(« — a) <0 und/'(xH-a)> 0.
Aus diesen Ungleichungen würde man also den falschen Sehlnss
ziehen, dass f{x) ein Minimum sei.
Wenn man aber a hinreichend klein wählt, so ist auch in diesem
Falle, wie man von yomherein erwarten konnte , die angegebene Regel
bestätigt, d. h. es wird
/'(«-a)>0 und/'(xH-a) <0,
dem Umstände entsprechend, dass f{x) ein Maximum ist.
§53. Aufgaben. 229
§53.
Aufgabe».
Aufgabe h Man soU untersachen, für welehe Wertbe von
X die Fnnction
(1.) y = i(x^ - 9x^ + Ibx + 30) ^f(x)
ein Maximum oder MinimiiTn wird.
Auflofang. Aus Gleichmig (1.) folgt
(2.) f'(x) = \(x^ — 6x + 5) = ^(x—l)(x — b).
Die beiden Werthe von x, fiir welche f\x) gleich Null
wird, sind also
(3.) x=zl und x = b.
Für diese Werthe kann möglicher Weise ein Maximum oder
Minimum eintreten. Um zu entscheiden, ob das eine oder das
andere wirklich stattlSndet, bilde man nach Anleitung des vorigen
Paragraphen
und
/'(l-a) = i(l-a-l)(l-a-5) = |(a + 4)
/'(l + a) = ^(1 + a— 1)(1 + a—b) = J(a — 4).
2
Für hinreichend kleine Werthe der positiven Grösse a ist
daher
(4.) /'(i_a)>0,. /'(l + a)<0,
folglich ist
(5.) /(l) = ^(1 — 9 + 15 + 30) = I = 6,1666 . . .
ein Maximum.
Ebenso bilde man
/'(5-a) = i(5-a-l)(5-a-5) = -|(4-a)
und
/' (5 + ö) = ^ (5 + a - 1 ) (5 + a — 5) = + I (4 + a).
Für hinreichend kleine Werthe von a ist daher
(6.) /'(5 — a)<0 und /'(5 + a)>0,
folglich wird
(7.) /(5) = ^{12b — 225 + 75 + 30) = f = 0,8333 . . .
ein MinimiiTn.
230
§ Ö3. Au^aben.
Man könnte jetzt noch fragen, für welche Werthe von x
die erste Ableitung /'(a:) unendlich gross wird. Diese Frage
beantwortet sich aber nach Gleichung (2.) dahin, dass es keinen
endlichen Werth von x giebt, für welchen /'(a?) unendlich gross
wird.
Denmach sind a: = 1 und a: = 5 die einzigen Werthe von
a:, für welche die Function ein Maximum oder Minimum werden
kann.
Bemerknng.
Die Bichtigkeit des gefundenen Besultates kann man durch die
geometrische Deutung der Gßeichung (1.) anschaulich machen. Aus dieser
Gleichung findet man nämlich
Fig. 96.
y = — 7,333... fUr «« — 2,
»
n
« = — 1,
X^ 0,
« = + 3,
« = + 5,
y« + 0,833...
y = + 6,166...
y = + 5,333...
y = + 3,5
y ^ + 1,666 . . .
y = 4- 0,833...
y- + 2
y = + 6,166,..
Wenn man nach diesen An-
gaben die Curve zeichnet, welche
der Gleichung (1.) entspricht, so
findet man in der That, dass dem
Werthe x^ — OQi = l ein Maximum und dem Werthe x^^ OQs^ö ein
Minimum entspricht.
Der Anblick der Figur lehrt femer, dass die Maximal' Werthe durch-
aus nicht immer die gröasten Functions- Werthe sind, und dass die Minimal'
Werih0 ebenso wenig die hUimten Functions -Werthe zu sein brauchen.
Die Maximal -Werthe sind nur grösser und die Minimal -Werthe sind nur
kleiner als die benachbarten Werthe der Function.
Aufgabe 2. Man soll untersuchen, für welche Werthe von
X die Function
(8.) y = |(:r3 — 6x^ -J- 12:r + 48) =/(a:)
ein MATiniiiTn oder MimTmim wird.
Auflösung. Aus Gleichung (8.) folgt
(9.) /' (x) = \(ßx^ — 12rc + 12) = |(a: - 2)2.
§ 53. Aufgaben.
231
Der einzige Werth von x^ für welchen /' (a:) gleich Null
wird, ist
X=: 2
während /' (x) für keinen endlichen Werth von x unendlich
gross wird.
Um zu entscheiden, ob für ^ gleich 1 ein Maximum oder
ein Minimum eintritt, bilde man
/'(2 — a) = |(2 — a — 2)2 = |a2
und
/'(2 + a) = 1(2 + a — 2)2 = |a2.
Es wird also
(10.) /'(2 — ö) > 0 und /'(2 + a) > 0,
folglich ist/(2) weder ein Maximum noch ein Minimum.
Da ir = 2 der einzige Werth von x war, für welchen mög-
licher Weise ein Maximum oder Minimum eintreten konnte, so
besitzt die Function überhaupt weder ein Maximum noch ein
Minimum.
Bemerkungr.
Die Gleichung (8.) giebt
y = — l fUra; = — 2,
y = + 3,625 » X 1,
y = + 6 „ x^ 0,
y« + 6,875 . a: = + l,
y = + 7 « X- + 2,
y = + 7.125 , a: = + 3,
y=+8 . x^+^
y« + 10,375 « x=^ + 6,
Oonstmirt man hiernach die
Curve, welche der Gleichung (8.) ent-
spricht (Fig. 37), 80 findet man es be-
stätigt, dass f(x) für keinen Werth
Ton X ein Maximum oder ein Minimum
wird. Man sieht vielmehr, dass die
Gorye für x gleich 1 einen Wende-
punkt besitzt«
Fig. 87.
IT /
£^
282
§ 5&. Aufgaben.
Aufgabe 3. Man soll die Werthe von x bestimmen, für welche
(11.) y = m — l \[{x — cy' =f{x)
ein Maxirnnm oder MimmuTn wd.
AuflSsung. Die Gleichung (11.) kann man auf die Form
(IIa.) f(x) = m—h{x — cY
bringen und erhält daraus
(12.) f\x)^-\l{x~cf^ = --^^^—.
Hieraus folgt, dass'/'(a0 für keinen
endliche Werth von x gleich Null
werden kaim, Dagegen wird
(13.) /'(a:)=oo für a: = c.
Dies ist also der dnzige Werth
von X , für welchen f{x) möglicher
Weise ein Maximum oder Minimmn
wird. Um darüber zu entscheiden,
"-X bilde man
^a \ —2^ +26
fix - a) = = -^—
5y(c — a— c)3 hycfi
und
r{p + a) =
— 2h
— 24
Unter der Voraussetzung, dass l eine positive Zahl ist,
erhält man also
(14.) /'(c — a)>0 und /'(c+a)<0,
folglich wird
(15.) fic) = m
ein Maximum. (VergL Fig. 38;)
Aufgabe 4. Von einem Rechteck ist der Um£ang gleich 2c\
wie gross muss man die Seiten machen, damit der Flächeninhalt
ein Maximum wird?
§ 53. Aufgaben. 233
AuflSsung. Bezeichnet man die eine Seite AB mit x, so
wird
(16.) BC=C — X, ^i8-89.
und der Flächeninhalt wird I 1^
(17.) F=f(x) =:x(c — x) = cx — x^,
(18.) f'(x) = c—2x = 0,
(19.) X == \c.
Um zu entscheiden, ob für diesen Werth yon x wirklich
ein Maximum eintritt, bilde man
und
/' (x + a) =/' Q + a^ ^ c — (c + 2a) = — 2a.
Da/'(a: — a) >0 und/'(a; + a) <0 ist, so wird f{x) ein
Maximum. Dies giebt den Satz:
Unter allen Rechtecken mit gleichem Umfange hat das
Quadrat den grössien Flächeninhalt,
Aufgabe 5. Von einem Dreieck ABC sind zwei Seiten b
und c gegeben; wie gross muss der eingeschlossene Winkel sein,
wenn der Flächeninhalt ein Maximum werden soll?
Auflösung. Nennt man den eingeschlossenen Winkel x^ so
wird der doppelte Flächeninhalt des Dreiecks
(20.) 2 JP = ic sina: = f{x) ,
(21.) f'(x)^hc(mxt=i^ flir a:Ä^,
/'(|+a)=6ccos(|+a)<0,
folglich wird f{x) ein Maximum für a: = ~ > d. h. der Flächen-
inhalt des Dreiecks wird am grössten, wenn der yon den gege-
benen Seiten h und c eingeschlossene Winkel ein rechter ist.
284 § 54. Entsdieidang über das Eintreten eines Maximums u. s. w.
§ 54.
Entscheidung Ober das Eintreten eines Maximums oder
Minimums durch Untersuchung der höheren Ableitungen.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 79.)
Die Fälle, wof*(x) unendlich gross wird, mögen in den
folgenden Untersuchungen ausgeschlossen sein. Es soll vielmehr
vorausgesetzt werden, dass die Function f(x) mit ihren n ersten
Ableitungen /' (a:), /" (a:) , . . ./^"^(a:) stetig und endlich sei, wobei
über die Zahl n später noch passend verfügt werden soll. Dann
ist nach Formel Nr. 49 der Tabelle
wobei unter Anwendung der zweiten Form des Eestes
(2.) ü = ji. \f(-Kx + @h) -ß-){x)\h-
ist. Setzt man in dieser Entwickelung das eine Mal
Ä = — a
und das andere Mal
Ä = + a,
so kann man sie benutzen, um das Vorzeichen von
(3.) J^ =f{x — a) —fix) und von J^ =f{x + d) —f{x)
zu bestimmen. Sind nun diese Differenzen für hinreichend kleine
Werthe von a beide negativ, so wird f{x) offenbar ein Maximum;
smd aber diese Differenzen beide positiv, so wird f(x) ein Mini-
mum; haben endlich diese beiden Differenzen verschiedenes
Zeichen, so tritt weder ein Maximum noch ein Minimum ein.
Für n = 1 erhält man aus den Gleichungen (1.) und (2.)
(4.) fix + h) -fix) =Ä) h + \f'ix + 0h) -rix)]h.
Hierbei werde
(5.) ri^ + &h)—f\x)=:a
gesetzt, dann erhält man
§ 54: Entscheidung über das Eintreten eines Maximuros u. s. w. 285
(4a.) f{x + K) -f{x) = A |/'(^) + „],
wobei wegen der Stetigkeit der Funktion f'{x) die Grösse «
Hiit h zugleich beliebig klein wird. Ist also
(6.) /'(^)§0,
SO kann man h so klein wählen, dass a, vom Vorzeichen ab-
gesehen, kleiner wird als /' (ar). Das Vorzeichen der Elammer-
grösse /' (x) + a wird deshalb mit dem Vorzeichen von /' {x)
übereinstimmen. Ist a gleich «^ für A = — a und a gleich ct^
für Ä = + a, so folgt hieraus, dass
und
A =f{x + a) —f{x) = + a[f*{x) + aj
entgegengesetztes Vorzeichen haben, dass also weder ein Maximum
noch ein Minimum eintreten kann, so lange die Ungleichung
(6.) besteht.
Ein Maximum oder Minimum von f{x) kann vielmehr nur
eintreten, wenn
(7.) /'(^) = 0
ist. Die geometrische Deutung dieses Resultates giebt wieder
den Satz:
Die Tangente in einem CurvenpunMe, welcher einem Maxi-
mum oder Minimum er^spricht, ist der X-Axe parallel,
Ist die Gleichung (7.) befriedigt, so füge man noch die
Voraussetzung hinzu, dass auch f''{x) fiir die betrachteten Werthe
von X stetig sei, und dass
(8.) nx)mo.
Nach den Gleichungen (1.) und (2.) wird dann fiir n gleich 2
/(:^ + Ä)-/(^)=Ä)ä+Ö)ä2+J^
oder mit Rucksicht auf Gleichung (7.)
(9.) fix + h) -fix) = |i [f- {x) + ßl
wobei
236 § 54. Entscheidung über das Eintreten eineB Maximums tu s. w.
(10.) r{^ + eh)-f-{x) = ß
gesetzt worden ist. Wegen der Stetigkeit von/"(a;) wird diese
Grösse ß mi h zugleich beliebig klein. Man kann also h
immer so klein wäMen, dass /?, vom Vorzeich^ abgesehen,
kleiner wird als f'*{x\ dass also das Vorzeichen von fix) über
das Vorzeichen der Klammergrösse f" {x) + ß entscheidet. Ist
ß gleich ß^ für Ä = — a, und ß gleich /Jj für A = + a, so folgt
hieraus, dass
j^^f(^_a)-f{x) = ^[r{x) + ß,]
und
j, =f{x + d) -fix) = |i irix) + ß^
gleiches Vorzeichen haben, dass also ein Maximum eintritt, wenn
f"{x) negativ ist, während ein Minimum eintritt, wenn f^*{x)
positiv ist.
Dies giebt die folgende Regel:
Ist
f'{x) — 0 und fix) <0,
so wird fix) ein Maximum; ist dagegen
f'ix) = Omdf''ix)>0,
so wird fix) ein Minimum.
Es bleibt nur der Fall übrig, wo
(11.) /'(^) = 0 und /''(rc) = 0.
Fügt man dann die Voraussetzung hinzu, dass f*'*ix) für
die betrachteten Werthe von x stetig sei, und dass
(12.) /'"(^)S0,
SO folgt aus den Gleichungen (1.) und (2.) für » = 3
3!
oder mit Bücksicht auf die Gleichungen (11.)
^[/"(^ + 0Ä)-/"'W]Ä»,
§ 54. Entscheidung über das Eintreten eines Maximums u. s. w. 237
(13.) f{x + Ä) -f{x) = |i [f-*{x) + Yl
wobei
(14.) r\x + eh)-r*{x) = Y
gesetzt worden ist. Wegen der Stetigkeit von/"'(a:) wird diese
Grösse y ^^ ^ zugleich beliebig klein. Man kann also h inuner
so klein wählen, dass y^ vom Vorzeichen abgesehen, kleiner
wird als/'"(a;), dass also das Vorzeichen von/'"(a:) über das
Vorzeichen der Klanunergrösse /'" {x) + y entscheidet. Ist nun
Y gleich T'i für Ä = — a, und y gleich yi für ä = + a, so folgt
hieraus, dass
A=f{x-a)-f{x)^-^\f-*{x) + Y,]
und
^2 =/(^ + a) -fix) = + |i [r-{x) + Y2]
entgegengesetztes Vorzeichen haben, dass also weder ein Maximum
noch ein Minimum eintreten kann, so lange neben den Gleichungen
(11.) die Ungleichung (12.) besteht
Ist dagegen auch/'''(a;) gleich Null, ist also
(15.) r{x)=o, r{x) = o, /-(^) = e,
so ffige man die Voraussetzung hinzu, dass ß^^{x) für die be-
trachteten Werthe von x stetig sei, und dass
(16.) ß'K^)^o
wird. Jetzt folgt aus den Gleichungen (1.) und (2.) für » = 4,
wenn man die Gleichungen (15.) berücksichtigt,
(17.) fix + k) -fix) =Ä) A4 + i^ [/(4)(a:+ &h)-ß%x)]h^
wobei
(18.) /(4)(a: + 0Ä) — /W = d
gesetzt worden ist. Wegen der Stetigkeit von/<4>(a:) wird diese
Grösse d mit h zugleich beliebig klein. Man kann also h immer
288 § 54. Entscheidung über das Eintreten eines Maximums u. s. w.
SO klein wählen, dass d, vom Vorzeichen abgesehen, kleiner wird
als/^*K^)j dfl^s also das Vorzeichen von/^*^(rc) über das Vor-
zeidiea der Klammergrösse ß^^ {x) + d entscheidet. Ist nun d
gleich 9^ fiir Ä = — a, und d gleich dj für Ä = + a, so folgt
hieraus, dass
und
gleiches Vorzeichen haben, dass also f{x) ein Maximum wird,
wenn f^^^ (x) negativ ist, während f(x) ein J/immtim wird, wenn
y(4)(a;) positiv wird.
In dieser Weise kann man fortfahren. Ganz allgemein
findet man das folgende Resultat:
Es sei fiir einen bestimmten Werth von x
(19.) /'(:r) = 0, /"(^) = 0, /-(a:) = 0,... /(«-i)(^) = 0,
ß'^\x) dagegen sei von Null verschieden und für die betrachteten
Werthe der Veränderlichen stetig; dann folgt aus den Gleichungen
(1.) und (2.) mit Rücksicht auf die Gleichungen (19.)
(20.) f{x + Ä) -f{x) ^-^^^ h- + l^[fi-\x+&h)-ß-){x)]h-
n\
wobei
(21.) /c»») (x + eh) — /^«) {x) = V
gesetzt worden ist. Wegen der Stetigkeit von /^*^ {x) wird diese
Grösse v mit h zugleich beliebig klein. Man kann also h immer
so klein wählen, dass y, abgesehen vom Vorzeichen, kleiner
wird als /^•»^ (a;), dass also das Vorzeichen von/^*^(a;) über das
Vorzeichen der Klammergrösse /^'•^(a;) + v entscheidet. Ist nun
V gleich v^ für h = — a und v gleich v^ für ä = + a, so er-
giebt sich hieraus, dass
= ^[/^**K^) + ^],
§ 51. Entscheidung über das Eimtreten eines MHiriTniiiiiH u. a. ^
gleiche» oder entgegengesetztes Zeichen haben, jenachdem n gerade
oder ungerade ist.
Es tritt daher weder ein Maximnm nodi ein Mmimnin ein,
wenn n ungerade ist; dagegen wird /(:):) ein Maximum, wenn
n gerade und /'"•(«) negativ ist;/{«) wird ein JtfwiwjMm, wenn
n gerade und /(">(«) posüiv ist.
Dies g:iebt die a%enieine Regel:
E7n» (fte Werthe von x zu bestimmen, für welche f{x) ein
Maximum oder Minimum wird, bestimme man die Werthe ton
X, für welche f'{x) gleich Null wird. Ein solcher Werth sei x,
und fi'^x) sei die erste spätere Ableitung, welche für diesen
Werth von x nicht verschwindet; dann ist f(x) ein Maximum,
wenn n gerade and ff^'^[x) negativ ist; f(x) ist ein Minimum,
wenn n gerade und /*"' (x) positiv ist. Dagegen tritt weder ein
Maximum noch ein Minimum ein, wenn n ungerade ist.
Bemerknngen,
1) OewOhnlich wird » gleich 2, nar ausnahmsweise kommen anch
giSssere Werthe von n in Betracht.
Fig. 41. Fig. 42.
ü^ ä üj
-Qlt
2) Aus dem Vorhergehenden folgt, dasa Tier wesentlich Tereohiodene
Fülle eintreten hSnnen, wenn fUr irgend einen Werth von x
wird.
240
§ 55. Anwendungen.
I. Ist unter dieser Voraussetzung entweder f**{x) negativ , oder
f" {x) gleich Null, und ist die erste höhere Ableitung, welche von Null Tcr-
■chieden ist, von gerader Ordnung und negativ, so wird der entsprechende
Werth der Function ein Maximum (vergl. Fig, 41).
n. Ist unter der Voraussetzung, dass/'(a;) »0 wird, entweder /"(«)
positiv, oder /" {x) gleich Null, und ist die erste höhere Ableitung, welche
von Kuli verschieden ist, von gerader Ordnung und positiv, so wird der
entsprechende Werth der Function ein Minimum (vergl. Fig. 42).
ni. Ist für einen Werth von x, für welchen /'(ap)«0 wird, auch
f'*(x)m=0, und ist entweder f"'{x) positiv, oder f"(x) gleich NuU und
die erste höhere Ableitung, welche von Null verschieden ist, von un-
gerader Ordnung und positiv, so ist der entsprechende Werth der Func-
tion weder ein Maximum noch ein Minimum (vergL Fig. 43).
Tig. 48.
Fig. 44.
IV. Ist für einen Werth von x, für welchen /'(flp) = 0 wird, auch
f'*(x)'=0, und ist entweder /'"(«) negativ^ oder/"'(ar) gleich Null und
die eiste höhere Ableitung, welche von Null verschieden ist, von un-
gerader Ordnung und negativ, so ist der entsprechende Werth der Func-
tion weder ein Maximum noch ein Minimum (vergl. Fig. 44).
3) In den Figuren 43 und 44 ist der Punkt P ein Wendepunkt, und
zwar steigt die Curve in Figur 43 bis zum Punkte P und fährt unmit-
telbar hinter ihm fort zu steigen. Im Punkte P selbst ist die Bichtung
der Curve parallel zur X-Axe.
In Figur 44 dagegen fUllt die Curve bis zum Punkte P und fährt
unmittelbar hinter ihm fort zu fallen. Auch hier ist P ein Wendepunkt,
in welchem die Bichtung der Curve zur X-Axe parallel ist.
§ 55.
Anwendungen.
Es möge diese Methode zunächst auf die Au^aben ange-
weadet werden, welche schon in § 53 behandelt worden sind;
Aufgabe 3 daselbst kommt hier aber nicht in Betracht; weil
§ 55. Anwendungen. 241
hier nur die Falle berücksichtigt werden, in denen f*{x) stetig
und endlich bleibt.
Aufgabe 1- Für welche Werthe von x wird die Function
(1.) y == i (^^ - 9^^ + 15:r + 30) =/(:r)
ein Maximum oder ein Minimum?
Auflösung. Man bilde
(2.) f\x)=^\{x'^-'^x + b) = \{x—l){x—b),
(3.) /"(a:) = a: — 3
und bestimme die Werthe von x^ für welche /'(a?) gleich 0
wird. Dadurch findet man
(4.) a: = 1 und a; = 5.
Für diese Werthe kann möglicher Weise ein Maximum oder
MiniTTfirnfn eintreten, um darüber zu entscheiden, bilde man
(5.) /"(1) = — 2 und /-(5) = + 2,
folglich wird
(6.) /(l) = 6,1666 . . .
ein Maximum^ weiiy'(l) negativ ist, und
(7.) /(5) = 0,8333 . . .
ein Minimum^ weil f** (5) positiv ist.
(Vergl. Fig. 36 auf Seite 230.)
Aufgabe 2. Für welche Werthe von x wird die Function
(8.) y = \(x^ — 6x^ + 12^ + 48) =/(rc)
ein Maximum oder Minimum?
Auflösung. Man bilde
(9.) f^{x) = 1(^:2 — 4a: + 4) = f(x — 2)2,
(10.) /''(^) = 1(^-2)
und bestimme die Werthe von x, für welche /' (x) gleich 0 wird.
Dadurch findet man nur den einzigen Werth
(11.) x=2,
für den möglicher Weise ein Maximum oder Minimum eintreten
kann. Um darüber zu entscheiden, bildet man/" (2) und findet
(12.) /"(2) = 0.
Siegemaxm^Eiepert) DifTerential-Bechiiiiiig. ^^
242 § 55. Anwendungen.
Deshalb muss man noch die dritte Ableitung
(13.) •/'''(^) = 1
bilden. Da diese Ableitung sogar für jeden Werih von x von 0
verschieden ist, so tritt weder ein Maximum noch ein Minimum
ein.
(Vergl. Fig. 37 auf Seite 231.) ,
Aufgabe 3. Für welche Werthe von x wird
(14.) f(x) = x(c — x) = cx — x^
ein Maximum oder Minimum?
Auflösung. Man bilde
(15.) f%x)^c — 2x,
(16.) /-(:.) = -2
und bestimme den Werth von x^ für welchen f'(x) gleich 0 wird.
Dadurch findet man nur den einzigen Werth
(17.) X:=:\C.
T>dkf**{x) fär Jeden Werth' von x negativ ist, so wird/(a;)
für x^=\c ein Maximum.
Aufgabe 4. Für welche Werthe von x wird
(18.) f{x) = hcmix
ein Maximum oder Minimum?
Auflösung. Man bilde
(19.) f*{x) = bc cos a:,
(20.) /" (ic) = — 6c sin rc
und bestimme den Werth von a:, für welchen f*{x) gleich 0 wird.
Dadurch findet man, weil hier x kleiner als n sein muss, den
einzigen Werth
(21.) a: = f.
Um zu entscheiden, ob für diesen Werth von x wirklich
ein Maximum oder Minimum eintritt, bildet man/"(— ) und
findet
(22.) /"(!)=: -Je.
§ 55. Anwendungen. 243
Da dieser Werth negativ ist, so wird/^— j ein Maximum.
Aufgabe 5. Die Function
wird ein Minimum für a; = a, und zwar wird
Aufgabe 6. Die Function
f(x) = a:3 — 18a:2 4. qq^ _ 20
wird ein Maximum für a; = 4 imd ein Minimum für a: = 8;
dabei ist
/(4:) = 14:0 und /(8) = 108.
Aufgabe 7. Die Function
/(a;) = a+ (x'-cy
wird ein Minimum für rc = c, und zwar ist
Aufgabe 8. Die Function
f(x) =za + {x — cY
hat weder ein Maximum noch ein Minimum.
Aufgabe 9. Die Function
f{x)^a + {x — cr
wird ein Minimum für a: = c, wenn n eine gerade Zahl ist; sie
ist dagegen weder ein Maximum noch ein Minimum, wenn n
ungerade ist.
Aufgabe 10. Die Function
/(a;) = a;2(a — a;)3 = a3a;2 _ 3 a^x^ + Sax^ — x^
wird unter der Voraussetzung, dass a positiv ist, für ^ = 0 eiu
2a
Minimum, für a; = -r- ein Maximum und für a: = a weder ein
5
Maximum noch ein Minimum, obgleich /' (a) = 0 ist.
Aufgabe 11. Die Function
f{x)=^{x^lYix + 2)^
16*
244 § 56. Vereinfachuiigen der Eeclmung, u. s. w.
wird für a: = 1 ein Minimum^
5 . .
„ a: = — =• ein Maximum
" 7
und für a; = — 2 weder ein Maximum noch ein Minimumj
obgleich /'( — 2) = 0 ist.
Aufgabe 12. Die Function
/« =©"
wird für a; = — ein Maximum, .
e
Aufgabe 13. Die Function
wird für a; = tf ein Minimum,
Aufgabe 14. Die Function
f{pc) = ")/^= a;*
wird für a; = ö ein Maximum.
Aufgabe 15. Die Function
wird fiir a: = — ein Minimum.
e
§ 56.
Vereinfachungen der Rechnung,
wenn/'(a?) eine gebrochene Function ist.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 80.)
Hat/'(a;) die Form
so wird im Allgemeinen /' {x) zugleich mit P{x) gleich NulL
WiU man nun entscheiden, ob f{x) für einen Werth von x^ für
welchen P{x) gleich Null ist, ein Maximum oder MinimiiTn wird,
so muss man das Vorzeichen von
§ 57. Aufgaben. 245
bestimmen. Nun ist aber für den betrachteten Werth von x die
Function P{x) gleich Null, folglich wird
Das Vorzeichen dieses Bruches kann man aber Verhältnisse
massig leicht bestimmen.
§ 57.
Aufgaben.
Aufgabe I. Für welchen Werth von x wird die Function
ein Maximum oder Minimum?
Auflösung. Man bilde
(o ^ fs M - 1-^^ _ il-x)(l+x) _ P^
^^ / W ~ (1 + ^2)2 - (1 + ^2)2 - Q(^) •
Daraus folgt, dass P{x) und deshalb auch f'(x) nur ver-
schwindet für
(3.) x=l und x = — 1.
Für diese Werthe von x wird aber
also
/''(1)=-| und /-(-i) = +i.
Deshalb ist
und
/(l) = - ein Maximum
/( — 1) = — - ein Minimum.
246 § 57. Aufgaben.
Aufgabe 2. Für welche Werthe von x wird die Function
/W-2 + 3a: + a:2
ein Maximum oder Minimum?
AuflSsung. /0/2) wird ein Minimum
und/( — 1/2) „ „ Maximum.
Aufgabe 3, Für welche Werthe von z wird die Function
7*3 JLm O*
■ff \ — **^ i **^
ein Maximum oder Minimum?
Auflösung, /(l) wird ein Maximum
und/( — 1) „ „ Minimum,
Aufgabe 4, Für welche Werthe von x wird die Function
ein Ma.ximum oder Minimum?
Auflosung.
fi i^ ) ^^^ /( ~ j werden Maxima,
/(^^^^ — 7" ^ j und /(— — ~ ) werden Minima.
Aufgabe 5. Für welche Werthe von x wird die Function
f{x) = e* + 2cosa: + c-*
ein Minimum?
Auflösung. Hier wird
/'(ä:) = ö* — 2sina: — e-* = 0 für a:=:0,
/''(a:) = ö* — 2C0Sa: + ö"* = 0 für a; = 0,
/'"(a;) = ö« + 2sina: — C-* = 0 für a: = 0,
/(4)(a;) = 6* + 2cosa; + e-' =/(^) = 4>0fara: = 0;
folglich tritt für a: = 0 ein Minimum ein.
§ 57. Aufgaben. 247
Aufgabe 6. Man soll eine positive Zahl o so in zwei Theile.
zerlegen, dass das Product aus der vierten Potenz des einen
Theiles und der siebenten Potenz des anderen Theiles ein Maxi-
mum wird.
Auflösung. Bezeichnet man die beiden Theile von c mit x
und c — x^ so wird
(50 f{x)^x^{c-x)\
folglich ist
(6.) /' {x) = x\c — a;)ö(4c — IIa:).
Die beiden Werthe x = 0 und a: = c, für wdehe /' {x) ver-
schwindet , kommen hier nicht in Betracht , denn a: = 0 liefert
ein Minimum^ weil /' {x) aus dem Negativen in's Positive über-
geht, wenn x den Werth 0 passirt, und für a: = c tritt weder
ein Maximum noch ein Minimum ein, weil für hinreichend kleine
Werthe von a
f{c — a) = {c — afa\— Ic + IIa) < 0,
und auch
f*{c + a) = {c + aYa\— 7c— IIa) <0
ist. Dagegen tritt wirklich ein Maximum ein, wenn
(7.) 4c — IIa; = 0, oder x = —c
ist, weil/'(a;) für diesen Werth von x verschwindet, und weil
(8.) f*{x) = x^{c — xy{12c^ — S0cx+110x^) =z—^j^< 0
ist. Hier ergiebt sich auch aus der Natur der Aufgabe, dass
zwischen a: = 0 und a: = c ein Werth von x liegen muss, für
welchen f{x) ein Maximum wird, denn die stetige Function f{x)
wird för a: = 0 und für a: = c selbst gleich 0 und ist für die
dazwischen liegenden Werthe von x positiv.
Aufgabe 7. Man soll die Zahl c so in zwei Theile zerlegen,
dass das Product aus der mten Potenz des einen Theiles und aus
der n*^ Potenz des anderen Theiles ein Maximum wird.
Auflösung. Aehnlich wie bei der voiigen Aufgabe ist hier
(9.) /(a:) = a:-(c — a:)»
248
§ 57. Au^aben.
mc
ein Maximum wird, demi
die Function, welche für a? =
es wird
Bemerkung«
Man erkennt, dass die vorhergehende Aufgabe, und ebenso Auf-
gabe 3 in § 65 nur besondere Fälle dieser Aufgabe sind.
Aufgabe 8. In einen Ereis (Fig. 45) mit dem Badius r
soU ein Bechteck mit möglichst grossem Flächeninhalt einge-
schrieben werden.
Fig. 46 Auflösung. Bezeichnet man die
eine Seite des Bechtecks AB mit x^
so wird die andere Seite
also der Flächeninhalt
(11.) F= AB.BC=xy^r^—x\
(12.) jF2=a?2(4r2— a;^) = ^.rh^'^—xK
Soll F ein Maximum werden,
dann muss auch F^ eüi Maximum
werden, so dass man
(13.) /(a:) = 4r2a:2 — a:*
setzen kann. Dies giebt
(14.) f\x) = 8r2a: — ^x^ = 4a:(2r2 — x^) ,
(15.) f\x) = 8r2 — 12a;2,
(16.) f{ry2) c= 0, /"(rVä) = — Ur^ < 0,
folgUch tritt für
(17.) ^lB = 5C=ry2
ein Maximum ein. Es gUt also der Satz:
Unter allen Rechtecken^ welche einem Kreise dngeschriehen
werden können^ hat das Quadrat den grössten Flächeninhalt.
§ 57. Aufgaben.
249
Aufgabe 9. In einen Kreis (Fig. 45) mit dem Badios r
soll ein Rechteck mit möglichst grossem Um£mge eingeschrieben
werden.
Auflösung. Benutzt man dieselben Bezeichnungen wie in der
vorhergehenden Auj^be, so wd der halbe Umfang
(18.) \u — x+ y^r^ — x^ =/(a:),
X y 4^.2 — ^ — X -P(^)
y 4r2 — z^ "~ y 4r2 — x"^ "" Q{x)
(19.) r{x)-l-
Hier wird P{x) = 0, wenn
(20.) y 4r2 — x'^ =zx= ry2
ist; für diesen Werth von x wird
'X^_ — 2ry2 _ V^^o
4r2_a;2 "" 2r2 "" r ^ '
folglich tritt ein Maximum ein. Dies giebt den Satz:
Unter allen Rechtecken ^ welche einem Kreise eingeschrieben
werden können^ hat das Quadrat den grössten Umfang.
Bemerkung«
Die Lösung der beiden vorhergehenden Aufgaben wird noch etwas
kürzer, wenn man den Winkel CAB als Veränderliche einführt; es sollten
aber an dieser SteUe trigonometrische Functionen vermieden werden.
Aufgabe 10. Von einem Dreieck ABC (Fig. 46) ist die
Grundlinie AB gleich c und die Höhe HC = h gegeben ; man
soll in dieses Dreieck ein Becht-
eck mit möglichst grossem
Flächeninhalte einzeichnen, so
dass die eine Seite DE in der
Basis AB liegt.
Auflösung. Bezeichnet man
die Höhe DO eines solchen
Bechtecks mit x^ so wird
JC.HC = GFiAB,
oder
PH M
{h — x):h = DE\c,
250
§ 57. Aufgaben.
also
(22.)
h
Mithin ist der Flächeniiihalt des Rechtecks DEFG
(23.) ir=££(^ = ^(A^_^2).
Daher ist in dieser Angabe
(24.) /(4=A:r — rc^^ /' (o:) = Ä — 2rr, /"(a:) = — 2;
daraus folgt, dass/(a:) ein Maximum .wird für ar=-«
Das grösste unter allen Rechtecken, welche sich in der an-
gegebenen Weise in das Dreieck ABC einschreiben lassen, ist
also dagenige, dessen Höhe und Grundlinie halb so gross sind
wie die Höhe und die Grundlinie des gegebenen Dreiecks. Der
Flächeninhalt von diesem Rechteck ist
(25.)
IT— ^*
Fig. 47.
also halb so gross wie der Flächeninhalt des gegebenen Dreiecks.
Bemerkung^,
In vielen Fällen erkennt mian schon aus der Natur der Aufgabe, ob
für die Werthe von x, für welche f*{x) verschwindet, ein Maximum oder
Minimum eintritt. In das Dreieck ABC (Fig 47) lassen sich z. B. unend-
lich viele Bechtecke einschreiben. Denkt man sie sich alle gezeichnet
und fängt man bei demjenigen an,
dessen Höhe gleich h und dessen
Grundlinie gleich KuU ist (Fig. 46),
das also mit der Höhe h des Drei-
ecks selbst zusammenfällt, so wird
bei diesem Rechteck auch der
Flächeninhalt gleich NuU. Wenn
dann die Höhe des Bechtecks
kleiner wird, so wird die Basis
grösser. Auf diese Weisse gelangt
man zu den Rechtecken KLMN^
JDJEFQ, OPQR und endlich zu
einem Rechteck, dessen Höhe gleich Null, und dessen Grundlinie
gleich c ist, so dass auch bei diesem Rechteck der Flächeninhalt gleich
Null wird.
'a
0
■
^
</
N
\
^
\o
yi
,
i
R
-^0 L
yji
:r /
r
? T ■
§ 57. Aufgaben. 251
Daraus folgt, dass der Flächeninhalt dieser Rechtecke zuerst zu-
nehmen und dann wieder abnehmen muss. Deshalb muss es wenigstens
ein Bechteck in dieser Reihe von Rechtecken geben, dessen Flächen-
inhalt ein Maximum ist.
Da man aber aus Gleichung (24.) nur einen einzigen Werth von x,
nämlich x = -. findet, für den ein Maximum oder Minimum eintreten kann,
2 *
so folgt, dass dieser Werth wirklich das Maximum liefert.
Durch derartige Ueberlegungen kann man in vielen Fällen die Bil-
dung und Berechnung von /" {x) ersparen. So würden z. B. in der Auf-
gabe 8 ganz ähnliche Erwägungen zum Ziele geführt haben.
Aufgabe 11. Von einem Kreissector (Fig. 48) ist der ge-
sammte Umfang u gegeben; wie
gross muss man den Halbmesser
machen, damit der Flächeninhalt
ein Maximum wird?
Auflösung. Bezeichnet man
den Halbmesser MA mit x, so
wird der gesammte Umfang des
Sectors
(26.) u = 2x + AB, also ÄB=:u — 2x.
Der doppelte Flächeninhalt des Sectors ist daher
(27.) 2jF= AB.x = {u — 2x)x = ux — 2x^ =^f(x)^
folglich wird
(28.) f'(x)=:u — ^x = 0 für x==jj
(29.) /"(:r) = -4<0.
Der Flächeninhalt wird daher ein Maximum, wenn der
Bogen des Sectors die Hälfte des ganzen Umfangs ist.
Aufgabe 12. Man soll das kleinste unter allen Quadraten
bestimmen, welche sich in ein gegebenes Quadrat AB CD (Fig. 49)
einschreiben lassen.
Auflösung. Es sei EFGH eines der Quadrate, welche sich
in das gegebene Quadrat einschreiben lassen. Bezeichnet man
AB mit a und AE mit x, so wird
EB:=AH=a — x,
252
§ 57. Aufgaben.
Fig. 49.
also
HE^ = a:2 + (a — a?)2.
Dieser Ausdruck ist gleichzeitig auch der Flächeninhalt des
Quadrates EFGH; die Function, welche ein Minimum werden
soll, ist daher
(30.) f(x) = 2a;2 — 2ax + a\
Daraus folgt
(31.) f{x) = 4a: — 2a, f\x) = 4;
die Ableitung f'{x) verschwindet also
nur für a; = -• Da nun/"(a:) für alle
Werthe von x den positiven Werth 4
hat, so wird
(32.)
<i)=f
ein Minimum. Die Punkte jB, F, G^H müssen daher in der
Mitte von den Seiten des gegebenen Quadrates liegen, damit
das eingeschriebene Quadrat EFGH möglichst kleia wird.
Aufgabe 13. Von einem Dreieck ABC (Fig. 50) ist die
Grundlinie AB = c und der Winkel y
^^s- ^' an der Spitze gegeben; wie gross müssen
c die anderen Winkel sein, damit der
Flächeninhalt des Dreiecks ein Maxi-
mum wird?
Auflösung. Bezeichnet man den
Dreieckswinkel a mit x^ so wird der
dritte Winkel ß gleich 180 — {x + ^)
und der Flächeninhalt wird
(33.)
p_ c^sinasin/y _c^mLXWL{y + ^) ^
"~ 2siny "" 2sin/
In dieser Aufgabe ist daher
(34.) f{x) = sina: sin(y + x\
(35.) /' {x) = cosa: sin (r + ^) + cos {y + ^) sina: = sin (^^ + 2x\
(36.) /"(:r) = 2cos(/ + 24
§ 57. Aufgaben.
253
Für
oder, da x gleich a ist, für
(37.) x — a-ß
verschwindet /' (a:) , mid/"(a:) wird gleich — 2<0. Deshalb
wird der Flächeninhalt ein Maximum, wenn das Dreieck ein
ghtchschenkeliges ist.
Aufgabe 14. Von einem Dreieck ABC (Fig. 51) ist die
Grundlinie c und die Höhe h gegeben; wie gross müssen die
anderen Seiten sein, damit der
Winkel /, welcher c gegenüberliegt,
ein Maximum wird?
Auflösung. Die Höhe des Drei-
ecks theile die Grundlinie c in die
Abschnitte x und c — x^ mid den
Winkel y theüe sie in die Winkel §
und Y — §j dann ist
AH^x, HB^c — x,
(38.)
also
X
tgi=p <«(/-?)=
h
.X
ter = tgrs + (r-g)1= *gg + ^(^-g).,
oder
(39.)
tgr =
X c —
X
hc
1 —
x(c — x) h^ — x{c — x)
Ä2
Da die Ableitung von tgx, nämlich 1 + tg^x (vergl. Formel
Nr. 26 der Tabelle) beständig positiv ist, so nimmt tgx mit x
gleichzeitig zu, und zwar für alle Werthe von x. Deshalb wird
tg;' mit r zugleich ein Maximum oder Minimum. In der vor-
liegenden Aufgabe kommt es daher nur darauf an, :r so zu
bestimmen, dass
kc
Ä2 x{c X)
254 § 57. Aufgaben.
ein Maximum wird. Dieser Ausdruck ist aber ein Bruch, dessen
ZäMer eine positive Constante ist. Deshalb wird der Bruch ein
Maximum, wenn der Nenner ein Minimum ist. Man hat also
zu setzen
(40.) f(x):=^h^ — x{c — x) = h^ — cx + x^,
(41.) f'{x) = —c+2x, rix) = 2.
Daraus folgt, dass f(x) für ä; = - ein Minimum wird.
Für diesen Werth von x werden tgy und y ein Maximum und
das Dreieck wird wieder ein gleichschenkdiges.
Aufgabe 15. Von einem Dreieck ist gegeben die Summe
zweier Seiten, nämlich a + h gleich «, und der von diesen Seiten
eingeschlossene Winkel y ; wie gross müssen die Seiten a und b
selbst sein, damit der Flächeninhalt des Dreiecks ein Maximum
wird?
Auflösung. Bezeichnet man die Seite a mit rr, so wird b
gleich s — X, und man erhält für den doppelten Flächeninhalt
des Dreiecks
(42.) 2F—x{8 — x)miY.
Deshalb hat man in diesem Falle zu setzen
(43.) f{x)^8x — x\ f'{x) = 8 — 2x, /"(:r) = — 2,
s
folglich wird für a: = — der Flächeninhalt ein Maximum.
Aufgabe 16. Von einem Dreieck ist gegeben die Summe
zweier Seiten, nämlich a + 6 gleich «, und der anliegende
Winkel a; wie gross müssen die beiden anderen Winkel sein,
damit der Flächeninhalt des Dreiecks ein Maximum wird?
Auflösung. Bezeichnet man den Dreieckswinkel ß mit x, so
wird r gleich 180® — (a + x) und
(44.) F^ f^iosin^
^ 2smr
oder, weil nach dem Sinussatz
§ 57. Aufgaben* 255
""^sina + sin/y
ist,
(Ufi) ^ ^^sina sin/y siny
^^^^'^ ^ 2(sina + siii/?)2'
also
rAt;. V 2JF _ smg siii(tf + x) _ ^, .
'^^^•>' «2sina- (sma + siii:r)2 --/W-
Hieraus folgt nach einigen Umformungen
/..x ^,.. sinarsin(« + 2^) — sina:]_P(^)
^4b.; / W - (sina + sina:)3 ^ Q(a:)
Damit /'(a:) verschwindet, muss
(47.) sin(a + 2x) — siax = 2sin(5^) cos (^^■^) == 0
sein. Da a H- ^ grösser als 0 und kleiner als tv sein muss, so
kann Gleichung (47.) nur beftiedigt werden, wenn
— ^ — = - , oder a + Sx=:n=:a + ß + r
ist. Dies giebt
(48.) 2:c = 2/?=:y = |(7r — a), a: = /? = |(7r — a).
Ob für diesen Werth von x wirklich ein Maximum von f(x)
eintritt, findet man aus dem Vorzeichen von f" (x) , wobei nach
Formel Nr, 80 der Tabelle
ist. Nun wird, weil a + 2a; gleich n; — a: ist,
(50.) P' (x) = sin a [2 cos (a + 2x) — cosa:]
= — 3sinacosa;<0,
(51.) Q(x) = (sina + sina:)3> 0,
folglich ist/"(a:)<0, und/(a:) ein Maximum.
256
§ 57. Aufgaben.
Fig. 52.
Aufgabe 17. Es ist eine Gerade AM gegeben (Fig. 52)
und ausserhalb derselben ein Punkt B ; man soll auf der Oeraden
AM einen Punkt C bestimmen, so dass
(52.) S — p . AC + q . CB
B ein Minimum wird, wobei p<q
vorausgesetzt werden soll.
Auflösung. Es sei der
Winkel, den CB mit dem von
B auf AM gefällten Lothe BF
bildet, gleich x^ und es sei
dann wird
S=f{x)=p{AF— CF) + q.CB
(53.)
= />(« — ht^x) + y .
COSa:
r54^ f'(x\- i^ft , qhmix _h{qwix—p) _P{x)
KP^.) 7W- cos2:r^ cos^a: cos^^ ~ Q(^)
P{x) wird gleich 0, wenn
(55.)
ist; fiir diesen Werth von x wird
(56.) j ^^j - Q^^^ _ ^g2^
folglich tritt ein Minimum ein.
cosa:
>0,
Legt man AE unter dem aus Gleichung (55.) geftmdenen
Winkel x im Punkte A an die Gerade AM an und verlängert
J?C bis zum Schnittpunkte D mit der Geraden AE, so steht
BD senkrecht auf AE, und es wird
(57.) S^p.AC +q.CB=qWix.AC+q.CB
= q{AC^mx + CB) = y(I^e + CJ?) = y . DB.
§ 57. Aufgaben.
257
Aufgabe 18. Es ist eine Gerade AM gegeben (Fig. 53)
und auf verschiedenen Seiten derselben zwei Punkte B und C;
man soll auf AM einen Punkt D bestimmen, so dass
(58.) S = p.AD+ q.BD + r.CD
ein Minimum wird.
Fig. 53.
Auflösung. Es seien BB^ und
(7C| die Lothe, die man von B und
C auf AM fällen kann, und es sei
dann wird
(60.) S —fix) =px + q y(^_a:)24.J^2 + r y{c — xy + c^'^,
q{h—x) _ r{c — x) ^^
y(6_a:)2 + J^2 y(^c — xy + c^^
(61.) /'(^)=/>-
oder, wenn man den Winkel jBiÖ5 mit i^ und den Winkel
C^DC mit (i bezeichnet,
(61a.) p — ycosi^ — rcos/t* = 0.
Ist diese Bedingung erfüllt, so tritt wirklich ein Minimum
ein, denn es ist
2
/"(^) =
qb,^
+
rCi
[{b — Xf + 6i2]Va ^ [{c — Xf + C,2]"/«
>o.
Der Werth von x und die Lage des Punktes D lassen sich
aus der Gleichung (61.) oder (61a.) noch nicht in einfacher
Weise ermitteln, dagegen werden diese Gleichungen benutzt
werden können zur Lösung der folgenden Aufgabe.
Aufgabe 19. Es sind drei Punkte Aj B, C gegeben (Fig. 54);
man soll einen Punkt D bestimmen, so dass
(62.) S =: p. AD + q.BD + r.CD
ein Minimum wird.
Stegemann -Kiepert, Differential-Rechnung. 17
258
§ 57. Aufgaben.
Fig. 64.
Auflösung. Die Gerade AD habe bereits die verlangte
Eichtung, dann ergiebt sich, wenn man Winkel
BDG = CDF mit A,
CDE = ADG mit /»,
ADF = BDE mit v
bezeichnet, aus Gleichung (61a.)
der vorhergehenden Aufgabe
(63.) p — jcosy — rcos^ = 0.
In derselben Weise findet man
(64.) q — rcosX — jDCOS^ = 0,
(65.) r — pcos/* — jcosA = 0.
Eliminirt man aus diesen beiden Gleichungen ^, so erhält man
(66.) y(cos/A + cosA cosi') = r (cosy + cosA cos/a),
oder, weü
cos^ = — cos(A + i') = — cosA cosj' + sinA sin^ ,
cosj' = — cos(A + (i)^ — cosA cos/t* + sinA sin/*
ist,
(66 a.)
oder
(67.) q : sin/* = r : sin>^.
Ebenso findet man
(68.) p : sinA = q : sin/*.
Beschreibt man um das Dreieck ADB den umschriebenen
Kreis i^Fig. 55) und verlängert CD bis zum zweiten Schnitt-
punkte C^ mit diesem Kreise, so sind in dem Dreieck ABCi
die Winkel bei J', B und Ci bezw. A, /* und p, so dass man
erhält
(69.) BCi : C^A : AB = sinA : sin/* : sini^,
oder mit Eücksicht auf die Gleichungen (67.) und (68.)
(70.) BC^ : C^A :AB^p:q:r.
Daraus ergiebt sich die folgende Construction:
Man errichte über AB auf der zu C entgegengesetzten
Seite ein Dreieck ^jBC7i, dessen Seiten in üebereinstimmung
ysinA siny = rsinA sin/*.
§ 57. Aufgaben.
259
mit Gleichung (70.) sich verhalten wie p'q.r^ und ' beschreibe
um dieses Dreieck den umschriebenen Ki'eis, dann schneidet die
Gerade CC^ diesen Kreis in dem gesuchten Punkte D.
Fig. 56.
Fig. 56.
Cr
Man kann natürlich auch über der Seite £C ein Dreieck
BCÄx und über der Seite CA ein Dreieck CAB^ construiien
(F!g. 56), so dass
(71.) BC\ CAi:A^B = B^C: CA.AB^^piqir
ist. Durch den gesuchten Punkt D gehen dann auch die
Geraden AA^ und BB^ und die Kreise, welche diesen Dreiecken
BCAi und CABi umschrieben sind. Gleichzeitig erhält man
für S eine geometiische Darstellung. Nach dem Ptoltmaeisdien
Lehrsatze ist nämlich (Fig. 55)
(72.) AD . 5Ci + BD . AC^ = C^D . AB;
nun ist aber nach Construction
f _pAB ^ _g*AB
Ba
folglich geht Gleichung (72.) über in
AB
{p.AD + q. BD) = CiD, AB.
17
7*
260
§ 57. Aufgaben.
Dies giebt
(73.) S=:p.AD + q.BD + r. CD =zr(CD + DC^) ::=r . CC^.
In derselben Weise findet man
(73a.) S^p. AA^ = q . BB^ = r . CC^.
Ein besonderer Fall ist der, wo
;? = y = r = l, also S^^AD-^- BD+ CD
wird, ein Fall, der auch in Figur 56 berücksiclitigt ist. Dann
sind die Dreiecke BCA^j CAB^, ABC^ gleichseitige Dreiecke^
die Winkel i, /u, v sind alle drei gleich 60®, so dass Winkel
BDC^ CDA :=ADB=^ 120^
wii^d, und endlich ist
(73 b.) S==AA^ = BBi = CC^.
Bemerkung.
1) Der gefundene Pankt 2> hat nur dann die Eigenschaft des Mini-
mums, wenn von den Eckpunkten des Dreiecks keiner innerhalb der um
die Dreiecke BCAi, CABu ABCi beschriebenen Kreise liegt. Läge z. B.
C innerhalb des Kreises um ABC\, so wäre, wie man leicht nachweisen
kann,
p . ÄC + q . BC <p . AD + q . BD + r .CD.
2) Die letzten drei Aufgaben haben ganz besondere Bedeutung für
die Lehre vom Trassiren und bilden den Ausgangspunkt für eine ganze
Reihe von Aufgaben, deren Besprechung hier aber zu weit führen würde..
(Man vergleiche Launhardt, Theorie des Trassirens, Hannover 1887.)
Aufgabe 20. Man soll unter allen Cylindem, die sich in
einen geraden Kegel einschreiben lassen, den grössten bestimmen.
Auflösung. t)ie Höhe des ge-
gebenen Kegels (Fig. 57) CS sei
Ä, der Halbmesser CB der Grund-
fläche sei r, die Höhe CE des
eingeschriebenen Cylinders sei y,
und der Halbmesser CD seiner
Grundfläche sei x. Dadurch findet
man für das Volumen des Cy-^
linders
(74.) V = x^Tiy.
.1
§ 57. Aufgaben. 261
Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke SCB und FDB folgt
CS\ CB = DF\DB,
oder
folgbch wird
(75.) y^^{r-x) und V^^x\r-x).
Die Function, welche ein Maximum werden soll, ist daher
(abgesehen von dem positiven constanten Factor — j
(76.) /(x) = x^(r — x) = rx^ — x\
Dies giebt
(77.) f'{x)^2rx — 3x^^x{2r — 3x), f"(x) — 2r—ßx.
Die Ableitung f* (x) verschwindet erstens für a: = 0 und
2r
zweitens für a: = -r-- Nun ist
/"(0) = 2r>0,
folglich erhält man für a: = 0 ein Minimum. In der That, der
entsprechende Cylinder ist zu einer geraden Linie zusammen-
geschrumpft, und sein Volumen ist gleich Null. Dagegen wird
/.(|:)=_2.<o,
folglich wird/f — j ein Maximum. Die Höhe y des zugehörigen
Cylinders ist nach Gleichung (75.) gleich - und das Volumen
wird nach Gleichung (74.)
(78.) r= i^.
Da das Volumen des gegebenen Kegels gleich —5— ist,
so ist das Volumen des grössten Cylinders, der sich in einen
geraden Kreiskegel einschreiben lässt, gleich - von dem Volumen
des Kegels.
262
§ 57. Aufgaben.
Aufgabe 21. Man soll unter allen Cylindern, welche sich
einem geraden Ereiskegel einschreiben lassen (Fig. 57), denjenigen
bestimmen, dessen Mantelfläche ein Maximum ist.
Auflösung. Wendet man wieder dieselben Bezeichnungen an
wie in der vorhergehenden Aufgabe, so erhält man für die
Mantelfläche des Cylinders
(79.) Jl/=2x7r.y.
Nach Gleichung (75.) ist aber
folglich wird
y = j(f—^\
M = {rx — x^).
Die Function, welche ein Maximum werden soll, ist daher
(80.) f{x) = rx — x\
und es wird
(81.) /'(^) = r-2^, /''(a:) = — 2.
Daraus findet man , dass die Mantelfläche für a: = - ein
Maximum wiid.
Aufgabe 22. Ein cylindrisches Grefass (Fig. 58) soll so ge-
formt werden, dass es bei gegebenem Vo-
lumen eine möglichst kleine Gesammt-
oberfläche besitzt. In welchem Verhält-
nisse stehen dann die Höhe und der Halb-
messer der Grundfläche?
Auflösung. Bezeichnet man den Halb-
messer CB der Grundfläche mit x^ die
Höhe CD mit y, die Oberfläche mit JF
und das Volumen mit F, so wird
Fig 68.
d '* ^"^
^--^
1
•"' — ^^~~^
^--— '^ '^ — ^
B
(82.)
V = a:%y, oder y = --^ >
ar^.T
(83.) F=^ 2x7Ty + 2x'^7t = 2ra:-* + 2.r% =/(ar),
also
(84.) f'{x) = — 2 Vx-^ + 4:X7r == 2^^-2(2,^3;^ — V) = 0.
§ 57. Aufgaben.
263
= r, y = 2. = 2>^.
Dies giebt
(85.) 2^»^ . _ , 2;r
Für diesen Werth von x tritt wii'klich ein Minimum ein,
denn es wird dann
(86.) f*{x) = 4ra:-* + 47r = Stt + 47r = 127r> 0.
2>f'(ß Oesammtoherfläche wird daher möjlichst Alein , wenn
der Durchmesser des Grundkreises uni die Höhe eina?ider
gleich sind.
Aufgabe 23. Ein cylindiisches Gretäss (Fig. 58) soll so ge-
formt werden, dass bei gegebenem Volumen (nicht die Gesammt-
oberfläche, sondern nur) der Mantel und die eine Grundfläche
zusammen ein Minimum werden.
Auflosung. In diesem Falle ist
(87.) f(x) = 25;7ry + x^tv = 2Vx-^ + x^tt,
(88.) f'{x) = — 2Vx-^ + 2x7r = 0 tär x^jt = V.
Dies giebt
(89.) y = ^ = yZ,
und zwar tritt für diesen Werth von x wirklich ein Minimum
ein, weü
(90.) f*{x) = ^Vx-^ + 27r == Ott > 0
wird. Hier muss also der Halb-
messer dei* Grundfläche der Höhe
gleich sein.
Aufgabe 24. Man soll einer
Kugel einen geraden Kegel (Fig.
59) einschreiben, dessen Mantel-
fläche ein Maximum ist.
Auflösung. Bezeichnet man
den Halbmesser BO der Kugel
mit r, den Halbmesser AC von
der Grundfläche des Kegels mit y, die Seitenkante -4/9 mit s und
di3 Höhe CS mit x^ so wird die Mantelfläche des Kegels
(J)l.) M^yns.
264
§ 57. Au^aben.
Nun ist aber nach bekannten Sätzen aus der Planimetrie
(92.) y2 = ;c(2r — z), s^ = 2rx\
deshalb wird
(93.) Jf 2 = 2rx\2r — x) 7r\
Ist M ein Maximum, so gilt dasselbe von M^j folglich hat
man hier zu setzen
(94.) f{x) = x^ (2r — x) = 2rx^ — x^ ;
dies giebt
(95.) f -^^ ^"^"^ ^ ^^"^ ~ ^^^ = a:(4r — Sx),
I /'(a;) = 4ra; — 3:j
|/"(a;) = 4r — 6ar.
Für a: = 0 wird /(a:) ein Minimum, dagegen wird
ein Mft.Tinii|Tn.
Fig. 00.
Aufgabe 25. Man soll aus einem Baumstamme mit kreis-
förmigem Querschnitt (Fig. 60) einen Balken mit rechteckigem
Querschnitte so ausschneiden, da^
seine Tragfähigkeit ein Maximum
wird.
Auflösung. Da die Tragföhig-
keit T proportional zu der Breite
X des Querschnitts und propor-
tional zum Quadrate der Höhe y
desselben ist, so wird
T=^cxy^j
wobei
y^:= d^ — x^,
wenn man mit d den Durchmesser A C des Ki^eises bezeichnet.
Dies giebt
(97.) T—cx{di — ^2^ -: c{d^x — x%
(98.) f{x) = d^x — x^,
(99.) /'(:r) = cP — 3a:2 = 0 für ^ = i"
§ 57. Aufgaben.
265
Für diesen Werth von x tritt ein Maximum ein, denn es ist
(100.) /"(a:) — — 6a;<0.
Die Tragfähigkeit des Balkens ist daher ein Maximum^
wenn
Fig. 61.
l-x Si
(101.) a:2 : y2 : e/2 — 1 : 2 : 3, oder a: : y : rf = 1 : "j/i" : )/3 .
Aufgabe 26. Auf derselben Seite einer geraden Linie MN
(Fig. 61) seien zwei Punkte A und B gegeben; man soll die
Lage des Punktes C auf der
Geraden MN so bestimmen, dass
AC^+ CB^ ein Minimum wird.
Auflösung. Fällt man von A
und B auf MN die Lothe AA^
und jBJ?i, dann sei
A^A = a, B^B = J,
setzt man also
A^C^x, so \\drd CB^=l — x.
Dies giebt
(102.) Je" + C5^ = ö2 + ^2 + J2 + (/ _ ^)2 ==y(^)^
(103.) /'(o;) = 2^ — 2(/ - a:) = 4^ ^ 2/, /"(:r) = 4,
folglich wird /(a:) ein Minimum für :?; = -, d. h., wenn der
Punkt C in der Mitte zwischen A^ und B^ liegt.
Aufgabe 27. Auf derselben Seite einer geraden Linie MN
(Fig. 61) seien zwei Punkte .^ und J? gegeben; man soll die
Lage des Punktes C auf der Geraden MN so bestimmen, dass
-4C+ CB ein Minimum wird.
Auflösung. Die Function, welche hier ein Minimum werden
soll, ist
(104.) AC+ CB = ya^ + x^ + yb^ + (l — xy =f{x).
266 § 57. Aufgaben,
Dies giebt
(105 ) f'(x) = ^ _ \^~^) ^
(106.) /-(^) = ___== +
(a2 + x^)yu^ + x^ [62+(/_a:)2]yj2 + (/— a;)«
Um die Werthe von ar zu bestimmen, für welche /' (r) ver-
schwindet, beachte man, dass aus Gleichung (105.) folgt
Dieser Ausdnick verschwindet, wenn der Winkel
(107.) ACA^ ^BCB^.
Die beiden Dreiecke ÄCA^ und BCB^ sind deshalb ähnlich,
und es wird
a:: a = (/ — x) : b,
oder
(108.) :g= ., l — x =
Da bei dieser Bestimmung von x die zweite Ableitung nach
Gleichung (106.), nämlich
(109.) f-(a:) = 4^+S£
^ -^ ^ ^ AU' BC
positiv ist, so wii-d -4C+ CJ5 ein Minimum.
Wegen Gleichheit der Winkel ACA^ und BCB^ ist die ge-
brochene Linie AGB der Weg, den ein Lichtstrahl nehmen
würde, der von dem Punkte A ausgeht und von der Geraden
MN nach B reflectirt werden soll.
Dieser Weg ist demnach ein Minimum,
Aufgabe 28. Die Gerade MN (Fig. 62) trenne das Medium,
in welchem das Licht sich mit der Geschwindigkeit c fortbewegt,
von dem Medium, in welchem die Geschwindigkeit des Lichtes
gleich rf ist; in welchem Punkte C trifft der Lichtstrahl die
Gerade MN^ damit er in der kürzesten Zeit vom Punkte A in
§ 57. Aufgaben.
267
Fig ea
dem ei'Sten Medium zum Punkte B in dem anderen Medium ge-
langt, und nach welchem Gesetze wird er gebrochen?
Auflösung. Unter Be-
nutzung derselben Bezeich-
nungen T^de bei den beiden
vorhergehenden Angaben
wird in diesem Falle die
Zeit t^ \ welche der Strahl
braucht, um von A nach C
AC
zu gelangen, — , und die
Zeit <2, welche er braucht;
um von C nach B zu ge-
CB
langen, -^. Setzt man also
^1 N
(110.)
so erhält man
1
c ^
1
(111.) /(.r) ^t, + t, =pyä^+x^+ yyj2 + (/_^)2,
(112.)
oder
/'(^)=
px
Yu^
X'
q(l—x) ^ ^
y62 + (/— ar)2 '
(112a.) fix) ^E^ - l:^ = pcosa-qcosß = 0,
wobei die Winkel A^CA und B^CB mit a und ß bezeichnet
sind. Nennt man die Winkel, welche das Einfallsloth im Punkte
C mit den Strahlen A C und B C bildet, y und d, so wii'd
. * , siny sind
= jsina, oder — - =
pwiy
d
also
(113.)
sm/ _ £
sind ^ d
In dieser Gleichung ist das Gesetz ausgesprochen^ nach
welchem der Strahl im Punkte C gehrochen wird.
268 § 57. Aufgaben.
Aus
(114.) /-(.)=.,. ;!!„. ..+ '''
folgt wieder, dass p.AC+g. CB ein Mininnim wird.
Vn. Abschnitt.
Bestimmung Ton Ausdrücken, welche an der
Grenze eine der unbestimmten Formen
J, §, O.x), oo-oD, 0«, oo», 1* haben.
§58.
Ausdrücke von der Form ^.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 81.)
(i) (x)
Werden in dem Bruche -^f^ Zähler und Nenner gleich 0,
wenn man x gleich a setzt, so erhält dieser Bruch flir x gleich
a die unbestimmte Form -• Beispiele dafür kommen in der
Differential-Rechnung sehi* häufig vor. Schon die Erklärung des
Differential-Quotienten (vergl. Formel Nr. 15 der Tabelle)
(1.) f^(:,) = ]inrüatz^
liefert den Grenzwerth eines Ausdruckes von der Form — •
Indem man x mit a und x^ mit x vertauscht, geht Gleichung
(1.) über in
(2.) /'(«) = liluÄzffl;
xs=a X U
ebenso ist
(3.) y'(a) = liin5^^fc^).
x=sa
X — a
270 § 58. Ausdrücke von der Form ^ .
Aus diesen GleicliuDgen folgt schon die Lösung der vor-
gelegten Aufgabe. Weil nämlich nach Voraussetzung
(4w) y(a) = 0 und /(«) = 0
ist, so ^hält man
(5).
also
<6.)
<^(af) (f(x) — (f{a) X — a
W) ^ M^) -/(<*) ~ /(^) -/(«) '
X — a
X — a
- . Ä ix§
Man findet dalier den wahren Werth von lim-^jr-rj indem
man Zähler und Nenner einzeln diferentiirt und in den Qm>'
iienten der Ableitungen x gleich a einsetzt.
Um dieses Verfahren anzudeuten, bringt man die Gleichung
(6.) auf die Foim
Hieraus findet man dann auch sogleich, dass man das an-
gegebene Verfahren noch zum zweiten Male anwenden muss,
wenn auch
(7.) y'(a)=0 und/'(a)=:0
ist. In diesem Falle wird also
,Q>i lim^) - lim^^^^.
Wird auch noch
<9.) y-(a) = o und /"(a) = 0,
so wendet man dasselbe Verfahren auf lim Z,, ,( an , indem
man Zähler und Nenner einzeln differentürt, und erhält
§ 58. Auädröcke von der Form ^. 271
Dieses Verfahren kann man so lange fortsetzen, bis man
endlich auf einen Bruch kommt, der &üc x = a nicht mehr die
Form jr hat. Dies giebt die allgemeine Begel: Ist
^ ; l/(a) = 0, /'(a) = 0, /''(«) = 0,... /(-»)(«) = 0,
so ist
(12 \ lim 5^^ = lim 5^"-^^ = ^^^^.
»sa.
Unter der Voraussetzung, dass die Functionen ^{x) und
f(x) mit ihren ersten n Ableitungen stetig und mdlich bleiben
für alle Werthe von x^ deren Unterschied von a beliebig klein
ist, kann man dieses Resultat auch durch Anwendung der Taylor'-
sehen Reihe finden. Nach Formel Nr. 50 der Tabelle ist, wenn
man ^ + 1 mit n vertauscht,
(la.) /W =/(«) +-^' (» - ») +-^' (»^ -.)> + .. .
^^^» — 1)! ^ ^ 7^! V / >
ebenso findet man
(14.) ^(x) = 9(a) + '^'-^^{x-a)+^{x-aY+...
(» — 1)! ^ '^ w! ^ ^
Wenn aber die in den Gleichungen (11.) angegebenen
Voraussetzungen gelten, so reduciren sich diese Grleichungen
(13.) und (14.) auf
(13a.) /(,)^-^t' + y-)l(.-aA
(U..) y(.) = ^"n°+^.(»—)l (,_„).,
folglich ist
(15.) ^d£l = ^^''^[(^+®x(x — a)\
f{x) ßn^[a^&(x — a)]
und
•i
272 § 59. Uebungs-Bei,<ipiele.
ein Resultat, das mit Gleichung (12.) übereinstimmt.
§ 59.
Uebungs-Beispiele.
1) lim = lim — - — = wa*»-^
^. ,. X — sina: ,. 1 — cos^ 0
2) lim 3 — = lim — r-s — ='r»
^ x=o x^ Bx^ 0
,. 1 — cos:r ,. sina; 0
,. sin^ V cos:r 1
4) lun = hm — r ==— •
Ä=il — x*^ — nx*^^^ n
5) hm — ; = lim — -^ = 2.
«=o Sma: COBX
6) hm -2 , = hm cos^a: = - •
« = o X — Sma: — :; 0
1 — cos«
Nun ist aber
1 _ 1 — COS^« _ (1 — COSa;) (l+C0Sa:+C08^a:)
cos^rc cos^ar cos%;
folghch wird
,. tga; — sin:» ,. 1 + COS« + COS^a:
lim -2 ; = hm — ■ ^r = 3.
x=zo X — sm« cos^«
7) lim f7--r — rr--T = lim = lim«*» = a".
X
J
§ 59. Uebungs-Beispiele. 278
8) lim = lim - — ; = 1.
Die Aufgabe 8 findet folgende geometiische Anwendung.
In der Int^-al-Eechnung erhält man für die Oberfläche des
Körp^«, welcher durch Botation der Ellipse um die gtime Axe
entsteht, den Ausdruck
(1.) jF= 2i% + ^^ arc sin (^Y
oder , wenn man - = a; setzt,
a
(la.) F^ 2h'^7i + 2ab7i • ELSSf .
X
Wenn nun die Ellipse in einen Kreis ttbergeht, wenn also
ö = 6, <j = )/a2 — 42-:0, a;=0
wird, so geht das BottUtons-JEUipsoid in eine Ki$ffel über, und
das zweite Glied in dem Ausdruck fflr F erhält die Form — .
Benutzt man aber das soeben gefundene Besultat, so ergiebt
sich for die OberfläcBe der Kugel aus Gleichung (la.) der be-
kannte Ausdruck
' x=a ^ 1
Auch dieses Besultat findet eine geometrische Anwendung.
In der Int^al-Bechnung erhält man fSr die Oberfläche des Kör-
pers, welcher durch Botation der Ellipse um die kleine Axe
entsteht, und welcher Sphäroid genannt wird, den Ausdruck
(2.) F^ 2«%+^*^ lf^*^= 2ah^^bh?M^t=^l-^,
^ ^ e \a — e/ x
wenn man wieder — mit a: bezeichnet. Geht nun die Ellipse
in einen Kreis über, wird also
a SS b^ c = 0, ic = 0,
Stog*m*mi- Kiepert^ Differeniial-Bechniing. IS
274 § 59. Uebimgd-Beispiele^
SO geht das SpMroid in eine Kuffel über, und das zweite Glied
in dem Ausdrucke für F erhält die Form ~. Benutzt man aber
das soeben gefundene Resultat, so ergiebt sich für die Oberflä-
che der Kugel aus Gleichung (2.) der bekannte Ausdruck
F= 4a27r.
10) hm = lim —z— = n.
»=i X — 1 1
„.N !• ^ — fix + n — 1 ,. wa^""* — n
= lim <^ - 1>^~"^ _ n(n — l) ^
2 2
Die beiden letzten Angaben 10 und 11 finden Anwendung
in der Bentenrechnung. Bezeichnet man nämlich mit JSy den
Baarwerth einer Leibrente, die einer Person im Alter von y
Jahren am Anfange eines jeden Jahres ausgezahlt wird, und
(-)
mit Bif^"^ den Baarwerth einer Leibrente von gleichem Betrage,
die derselben Person aber in n Quoten am Anüange eines jeden
w'*^ des Jahres ausgezahlt wird, so ist
(3.) B,<i'> = -^(i^U-k'-:^+'-^ ,
n^y^i^i \yf— 1 7 ^ (1/7— ly
wobei der Zimfactor r durch die Gleichung
(4.) 100 r == 100 + Procente
erklärt wird. Der in Gleichung (3.) gegebene Ausdruck ffir
(-)
üy^**^ ist für die numerischen Berechnungen sehr unbequem;
deshalb benutzt man gewöhnlich einen Näherungswerth, den man
erhält, indem man den Zinsfactor r, welcher so wie so von L
wenig verschieden ist, gleich 1 werden lässt. Setzt man dann
noch
(5.) r = rt'*, also yr ^ Xj
so wird
T Tj (t) 1- 1 A* — 'IV T> 1« ^ ^ — nx + n — 1
hm jB„^"^ =lun-r-T;-^( ) IL— hm-«- 7 — ^^ 1
§ ea Ausdrücke von der Form ^. 275
oder mit Eficksicht auf die in den Aufgaben 10 und 11 geftin*
denen Besnltate
(6.) limijP=rJS,-^. .
Eine genauere Untersuchung zeigt, dass dieser Näherungs-
werth von dem wahren Werthe sehr wenig verschieden ist.
,„x r af — x ,. (l + lx)^^ — ! 0
— 1 + a;~* — x"^
,8, „.yg-i^+v^^ .„ay^ 2V^—
««a . Yx^ — Or^ ^
Yx^ — a^
"" 2xYx ""2aya"">/2a
^ ^v ,. 1 — COSa; ,. sin;r 0
14) lim r-r- = lun r-r r-^r-^; 5- = -•
"^ x-oCOSÄSm^a: — sm*2: + 2sma:cos2a; 0
Nun ist aber
EE£J__— 1
— sin'rt + 2sin:c cos^:» "" — sin^ + 2cos^'
folglich wird
,. 1 — cosar 1
lim
«
-socosajsin^ar 2
§ 60.
Ausdrücke von der Form ^.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 81.)
Werden die Functionen fp(x) und f{x) beide fftr x gleich
a unendlich gross, so wird
276 § 60. Ausdrücke toh der Form §-.
Um den Grenzweith zu ermitteln, dem sich in diesem Falle
^^ nähert, setze man
/w
(2.) -^^^^^fj^y ^^ -^^^^^^/c^'
dann folgt aus g>(a) = oo und/(a) = oo
(3.) yi (a) = 0 und /, (ö) = 0,
und man erhält
(4) lim 5^^ = lim ^^1^ = -,
d. h. man hat diese Au%abe auf die in § 58 behandelte Auf-
gabe zurfickgefflhrt. Bezeichnet man also den gesuchten Orenz-
werth mit ^, so wird nach der damals gefundene Regel
Nan ist aber
/i(*)--7(^. 9^l(^) ^2'
folglich wird
(6.) ^=.M-$;ii)Ä;=iimÄ
oder mit Bficksicht auf Gleichung (5.)
(6a.) .4 = ^2.1im-^,.
Unter der Voraussetzung, dass A von 0 vei^hieden ist,
kann man beide Seiten dieser Gleichung durch A^ dividiren
und erhält dadurch ^
(7.) -T = hm-SH'
V ^ . -4 9 {x)
oder
^^•^ ^ - «a/(^) - ^/'(:r)
§ 60. Ausdrücke von der Fonn ^. 27T
Es gilt hier also dieselbe Begel wie bei den Ausdrücken,
welche an der Grenze die Form ~ annehmen, d. h. man findete
den Werth von lim ^ßl. indem man Zähler nnd Nenner einzeln
differentiirt und in den Quotienten der Ableitungen x gleich a
einsetzt.
Diese Begel bleibt auch dann noch richtig, wenn A den
Werth 0 hat. Denn, wenn man in diesem Falle den Ausdrude:
betrachtet, so erkennt man, dass er ffir 2; gleich a wohl die Form
^ annimmt, aber einen Werth hat, der von 0 verschieden ist.
Man darf daher die eben ausgesprochene Begel anwenden und"
erhält
(10.) MÄtÄ = lünÄ^fC^,
oder
1 4. lim ''(*) — 1 4. lim '''(^).
folglich ist auch in diesem Falle
(11) iini?^) = lim5^-
Werden f'{a) und 9^{a) beide gleich 0, oder werden sie
beide unendlich gross, so findet man durch nochmalige An-
wendung derselben B^el
(12.) lim|^) = lim^ = lim^
und kann so fortfahren, bis sich ein bestimmter Werth ergiebt.
Bei diesen Untersuchungen ist die Voraussetzung gemacht,
dass man die Ableitungen von q>(x) und f(x) bilden kann,
namentlich aber, dass a ein endlicher Werth ist. Diese zweite
Voraussetzung darf auch wegfallen ; denn wird a unendlich gross,
so setze man
278 § 61. Üebungs-Beispiele.
(13.) ' ^ = j, also ^ = -»
dann wird
(14.) lim 1^) = lim -)rV
Da nun aba*
ist, so findet man, auch wenn man t als die unabhängige Ver-
änderliche betrachtet, nach der angegebenen Regel
(15.) lnn|y=jHu^^.
Orszgo
§61.
Uebungs- Beispiele.
.^ ,. ts(5x) .. C0S*(5a:) ,. Scos^a: 0
^ COS^a;
,. öcos^a; _ ,. — lOcosa; sina; _ ., sin (2a;) _ 0
. "^ cos2(5a:) - "^ — 10 C0S(5a:) sin(5a;) ~ "^ sin(lOar) ~ 0 '
m(2£)^ _ j. _2eos(2£)_ _ -2 _ i,
sin(10a;) ~ 10cos(10a:) — 10 5
2) lim -J = lim -^ = 0.
3) jüft2j. = lim-^ = lim^ = 0.
4) lim^ = f-
Zunächst möge vorausgesetzt werden, dass n eine positive
ganze Zahl ist. Dann wird
§ 61. Uebungs-Bdspiele. 279
!• ^^ _^ !• '^^ OD
wenn »>1 ist;
lim = lim— ^^ •
Dieser Ausdruck wird entweder gleich
^^^^ = 0, oder ^,
jenachdem n gleich 2 oder grösser als 2 ist. Um die Angabe
allgemein zu lösen, muss man Zähler und Nenner »Mal differen-
türen und erhält dadurch
hm— = hm — = -55- = 0.
Dasselbe Resultat findet man aueh, wenn n eine positke ge-
btochene Zahl ist; denn in diesem Falle liegt n zwischen zwei
ganzen Zahlen k — l und A, so dass
k—l<n<k
wird, folglich ist
Imi —- = lim — - — = lim 1 — ?
oder
hm -r = lim -— • -t— - = lim -— • lim
Nun ist nach dem Vorhergehenden
und, da ii — n positiv ist,
lü»^ = 0»
folglich ist auch
x*^
lim:^=0.
Der Sinn dieses Resultates ist der, dass für hinreichend
grosse Weiihe von x die Exponential-Function c* noch grösser
wird als jede beliebig hohe Potenz von x.
280 §. 62. Ausdrücke yon der Form 0 .t|.
5) lim -TT = lim . = lim — = -=--=: o ;
dabei ist war vorausgesetzt, dass n positiv ist, im Uebrigen darf
7% beliebig klein sein. Der Sinn dieses Resultates ist dann der,
dass I2; fBr hinreichend grosse Werthe von x zwar selbst beliebig
gross wird, aber doch noch kleiner bleibt als jede beliebig
niedrige Potenz von x.
Setzt man » = — , so nimmt für positive Werthe von m
Hl
das soeben gefundene Resultat die Form an
lim-J^=0.
'"^Yx
1
«\ 1- l(te^) — 00 1. smarCOSa:
6) hm 1 rx 7o \i = = lun
sin (32:) COS (3a:)
_,. sin(3a;)cos(3ar) _ y sin(to) 0
3sma:C0Sa; 3sm(2a;) 0
^ Sin(6a:) ^^j^6cos(6a;)^6_
™^ 3sin(2-p) ™ 6C0S(2ir) "" 6 - ^'
7) lun-T — = = lim ; — = hm =->
«»oCtga: 00 1 X 0
srn^x
i. — sin^a: .. — 2sina;Gosa; 0
lim = lim ; = — = 0.
X 11
§62.
Ausdrucke von der Form 0 . co .
Bei den Ausdrucken, welche an der Grenze die Form 0 . oo
haben, kann man die Bestimmung auf einen der beiden vorher-
gehenden Fälle zurückfuhren. Wird nämlich
(1.) y(a)=^0, /(a)= 00,
SO setze man wieder
§ 6S. Uebimgs-Beispiela 281
dann ist
(4.) y^(a)=«>, /t(«) = 0.
Deshalb wird
(5.) .■ ^(^)-/(^)=^
ein Aasdrbck, der filr ;c = a die Form — jumimmt; and
wird ein Ausdruck, der fiir :r=:a die Form ^ annimmt.
Daraus ergiebt sich die Regel: Man bringe den Ausdruck auf
die Form — oder auf die Form ^ und behandle ihn^ uns in
§ 58, bezw, in § 60 angegeben tcorden ist.
§ 63.
Uebungs-Beispieie.
X 1
1) lim (;t: . ctga:) = lim t^ — = lim —r— = 1.
X a 0 tgar 1
COS^a;
2) lim(;r — a)[l(a: — a)]2==0.ao,
Um(x -a)\lix~ a)f = lim ^^' = f-,
x^a
lim ß^lZlfiL^ - lim !!^!Z!^ - - 2lim i^^l^ - ^
_J
— 2lim }^'' ~"\ = — 2lim f ~ " , == 4- 2lim(« — «) = 0.
(x — a)-' — (x — a)~^ ^ '
2Q2 § 63. Uebungs-Beispiele.
3) lim(4;—l)tg(^)= 0.00 = lim
x—1 0
ctgC-- 1
xn\ 0
2"/
TT >
l6n-^^^ = lim ^ = -lim \lJ=-l
<f)
— TT 71 71
2sin2
>«•(?)
Noch etwas einfBicher hätte man diese Aufgabe in folgender
Weise behandeln können. Es ist
Jim^a:— i;igi— i=imi ^=lm ___ = _,
«^«/^^\ ^ • fX7t\ TT
4) ^1^2ng(^)=ao.O.
Die Lösung dieser Au%abe wird einfacher, wenn man
a
als Veränderliche einführt. Dadurch wird
2* = — und limy = 0,
y «=»
also
lim --^^ = lim — 5- = a.
y cos^
« ^ 10 1
5) lim a; (j/r — 1) = lim — - — = -j wo ^ = - gesetzt ist,
X=OD <SS0 fr 0 X
,. r' — 1 ,. Hlr .
lim — - — = lim -7- = \r.
§ 64. Ausdrttcke von der Form oo — qo . 283
Von diesem Besultate kann man wieder eine Anwendung
machen. Nach Gleichung (3.) in § 59 war
/l ^ 7? (^)_ 1 IISZLY TL ^ r-nVV+n-l
oder, wenn man n mit x vertauscht,
r[rr(V7— 1)P [;r(y7— 1)]2
Wird nun die Zahl x immer grösser und schliesslich unend-
lich gross, so erhält man mit Eücksicht darauf, dass
%
lim X Q/r — 1) = \r
wird,
§ 64.
Ausdrücke von der Form » — oo.
Wird
(1.) if>(a) = 00 und/(a) = oo ,
so nimmt der Ausdruck
f ür :r = a die unbestimmte Form oo — oo an. Der wahre Werth
dieses Ausdruckes kann wieder dadurch ermittelt werden, dass
man
(3.) ■>'(^)=^)' *^^ -^^^^^ = 7^
setzt. Dann wird
(4.) y,(«) = o, /,(«) = o,
und man erhält
fö^ it>(z)—nx\ i 1 fM—^l=^)
284 § 65. Uebungs-Beispiele/
Dies ist aber ein Bruch, welcher für :» = a die Form ^
annimint und nach der in § 58 angegebenen Regel bestimmt
werden kann.
Mitunter gestaltet sich die Umformung noch etwas einfacher,
wie es die folgenden Beispiele zeigen werden.
§ 65.
Uebungs-Beispieie.
'> .'2',(Ä-drr)=
,. —x + 1 0
co-oo = hm^5— P = ^,
lim ^ \ = lim -rr— = — « •
x^ — 1 2x 2
o\ i:«/ ^ 1\ V x\x — X+1 0
2) liml -^ — r-)= 00— 00 == hm -7 TTT — = ~>
^ ifr^\x — 1 \xj (x — l)la: 0
y.^xlx—x + 1 ,. l:r + l — 1 .. \x 0
nm -7 TT^ — = lim ^ — -^ ; = lim i — —: ; = tt
(:c— l)la: \x + l—x-^ la:+l— a:-^ 0
;= lim ^^^^ ,^ == lim -^-r = ö'
3) liml -: )= 00 — 00 = hm ; = :r>
xsoVsm^t; x/ xsmx 0
i. x — sin:r ,. 1 — C0S:r 0
um '. a= hm -. : = -
:rsm:r sma:+a:COS:r 0
i. sinoT 0
= hm r ; — == -- = 0.
2C0Sa: — ;rsma; 2
'^ ä(iik-^)="-" = "^
x^ — mflx 0
rry
x^mn^x 0
,. x^ — sin^a: ,. 2x — 2sin:2;cos2r 0
Imi ^r^-Ti = lim r-s r-: = —>
x^m^x 2:i:sm%+2:r2smarC0SÄr 0
oder, wenn man 2x gleich y setzt,
§ 65. UebuBgs-Beispiele. 285
iim^'-^'^=iim ^y-^^y
\
,»«0 x^wi^z y=o 2y (1 — cosy) + y^siny
2(1 — cosy) + 4y siny + y^cosy 0
^jjjjj 4siny ^0
6smy + 6ycosy — y^siny '0
_ y '^_ 4 cosy — A — i
"" I2cosy — 8y siny — y^cosy "" 12 ~" 3
Häufig wii^ man bei Behandlung der Ausdrücke, welche
0 OD
für a: = a die unbestinunte Form -, ^, 0 . oo , oder qo — oo
aimehmen, am schnellsten zum Ziele kommen, indem man sie so
umformt, dass sie für :r = a die Form — erhalten, dann Zähler
und Nenner mit Hülfe der 7ay/or'schen Beihe nach steigenden
Potenzen von x — a entwickelt und durch eine möglichst hohe
Potenz von x — a dividirt.
. Für die letzte Angabe erhält man z. B.
x^ — m^x = {x — sina;) (x + sinx)
~V 1!^3! 5!^ •••A ^1! 3!^ "7
Dies giebt
(3r~fr + ~- •)r~?r + "" ••)
x^ — sin^x
x^wi'^x
o-ir+---y
also
,. x'^ — sin^x _ _2^ _ 1
^0 x^iii^x ~" 3! "~ 3
286 §66. Ausdrücke von der Fonn 00, CO 0, 1»
§66.
AusdrOcke von der Form 0\ oo^ r.
Nimmt d^ Aiisdra(± [ff{^)V^'^ ^^ ^ gleich a eine der
Formen
0^ 00», 1*
an, so setze
man
(1.)
dann wird
[y(a:)]/(') = t.,
(2.)
also
\u:=f(x)Ag>(x),
(3.)
w = ö'^c«).iy(a').
Ist nnn
so wird
/(a) = 0, ?>(«) = 0,
lim/(:i:).l9>(:r) = 0.(-oo);
ist
so wird
lim/(a:) . lg>(x) = 0 . 00 ;
und ist
CS«
so wird
/(a)=QO, y(a)==l,
lim/(a:) , ly (a:) = oo .0.
Um den Werth von limt< zn ermitteln, braucht man nur den
Werth von lim (}u) zu berechnen, d^ zunächst die unbestimmte
Form 0.(± Qo) hat und sich deshalb nach den Angaben der
Torhergehenden Paragraphen behandeln Jässt.
§67.
Uebungs- Beispiele.
1) Km (a:*) = O*.
lim Iw = liml(Ä') = lim (z\x) = lim -^ = ^^^^
X. ^ 1
§67. Üebungs-Beispielo! 2Ä7
folglich ist
limw = lim (ar*) == ^o = i.
2) lim(^8«*)=:0^
liml« = limKx'i»») = lim(sina;lar) = lim , .^^, = 31^ '
(sina;)-! »
1
= lün— £_ = ^lim.S2^ = ^
Sin^a:
v 2sin:rcos:r 0
= — um : — = -- = 0,
cosa: — xsmx 1 '
folglich ist
limw = lim(a;"'^*)=: c**ä l.
3) lim(a;'+^'7=: 00.
lim
XmsO
31a: — ^^00
imltt = limi r =— • la: i= lim
V4 + 2la: / ^"
Hm| = limJ = -,
2 2 2
X
4 + 2U —
00
lim w = lim (x'-^'"') ^e^^y^.
limla:"^ )= 00 ^
XSS OD
4) lim
lim li^ = liml^i la:V lim ^ = —
\X / X (X>
1
= lim f. = lim - == 0,
1 X '
folglich ist
limw = lim(^ic*y= e^ = 1.
2«8 § 67. UebungB-Beispiele.
5) limy-^==== l™«"» =: 00«.
lim lu = — 2liin — = — 2lim- = 0,
folglich ist
lim ti = lim y -s- = e« == i.
Die Bestimmimg dieses Ausdrackes war in § 46 (Seite 198)
erforderlich.
6) lim [(Ctgar)"»^] = cx) 0.
liml« = lim[smjrl(ctg:r)] = hm — .^^^ ^_t = f
Sm:r COS:r
^ COSa: sma: ,. smx 0
= Hm — T-T — s-5 = lim — =— = - = o,
— (sma:)-'' COSJ: COS^x 1 '
folglich ist
lim« = lim[(ctg:r)"»'] = ^« = 1.
7) lim(l + ;i:)* s=l^
limlw = limil(l + :c) = limi^i-±-^ = ^
1
= hm— ^ = 1,
folglich ist
limw = lim (1 + xy = ^i = tf.
8) lim(l+-Y=l*.
Diese Aufgabe wird auf die vorhergehende zuril(&geftthrt,
indem man :r mit — vertauscht
X
§ 67. Uebungs^Beispiele. 280
Man beachte, dass nach Formel Nr. 18 der Tabelle die
Zahl e durch die Gleichung
6 = limi 1 + -)
erklärt worden ist.
») s?.t-9 ]='"•
limlt« = ]imtg
V2a/ \ a ) ctg(^^
... 2a — X 2a,.
— Ujn — — lim
. *'(S)
n 71 2a — X n
folglich ist
limM = lim (2 — ^ = «^
Bemerkungen.
1. In vielen FäUen kann man Grenz- Ausdrücke von der Form ^ oder
^ dadurch ermitteln, dass man Zähler und Nenner des Bruches, beyor
man den Grenz werth yon x einsetzt, durch einen passenden Faetor
dividirt. So ist z. B»
I — cosa; _ 1 — cosa; 1 — cosa?
sin^ar "" 1 — cos% "^ (l+cosa;)(l — cosa;) '
folglich wird
1 — cosar ,.1 1
hm ?~ö = iimT — ; ääss*«'
«5=0 ^*^* 1 + cosar 2
2. Zu demselben Resultate hätte man auch, wie schon obe n hervor-
gehoben ist, durch Entwickelung nach steigenden Potenzen von x ge-
langen können. Nach den Formeln Nr. 54 und 55 der Tabelle ist nämlieh
Stegemaim -Kiepert Differential-Beohnim^. 19
290 § 68. Zusammentreffen unbestimmter Formen.
11-3!+— •;-'*Cn-3T+— •;■'
dies giebt
1 X*
sm'x
folglich Mt
1 — oosx 1
§ 68.
Zusammentreffen unbestimmter Formen.
Die Grenz- Ausdrftcke, welche eine nnbestimmte Form haben,
sind durch die behandelten Fälle noch nicht erschöpft; die an-
gegebenen Begeln reichen aber zur Erledigung der nodi übrigen
FftUe aus, die im Wesentlichen nur Gombinationen der bereits
besprochenen Grenz- Ausdrucke sind, wie die noch folgenden
Beispiele zeigen sollen.
1
') ^BKi)
Nun ist aber
,. sinx ,. cosa;
hm — = lim — r- = 1,
folglich ist
\^
(sin.pv^
j = 1*
und
r-^i T Isina: — \x 0
lim lef = hm 5 = -
x^ 0
,. Ctga: — x^^ ,. ;rC0S:r — sina: 0
= iim ^ = lim — ^ ^ . = r-
2x ^x^soix 0
— r — arsina; _ .. — sina: _ 0
"" 4a:sina; + 2a;*C0Sa: ~ 4sinar + 2a:C0Sa; "" 0
— COSa? 1 .
= lim
6C0Sa? — 2a:sinar 6
§ 68. Zusammentreffen unbestimmter Formen. ^^1
dies giebt
1
/»in ^\
lim
t^ = lim| )=« = "5~*
\ X / ®
2) ,Iün [^f = (^)'.
Hier ist
1.
,. l(ax) ^. X -
lim -^^ — - = lim T = 0,
X 1
folglich ist
1
lim« = limP-^n*=0«,
X* 00
111
,. \(ax) X X ^. 1 — \(ax) — od
== um -^^ — ^ = hm — , . \ ^ =
1 Xl{(XX) 00
= lim T— TTT — \ = hm r^ ■ i/ — VI = = 0 ;
1+I(a2r) ar[l+l(aa;)] oo '
dies giebt
lim« = liin[^]'=*'> = l.
3) iuo(l±^lzzf = i:zii.
Nmi ist aber nach Aufgabe 7 in § 67
lim (1 + x)' = e,
ar=0
folghch ist
19
2d2 § ^. Zusammentreffeii unbestimmter Formen.
lim iL±ij— _:: = ^ = Hm
X 0
^ -1(1 + a;)
= lim (1 + a;) lim — 5 =^ * * ä
1 1
,. (1+«)* 1+a; ,. — «
VIII. Abschnitt.
Differentiation der nicht entwickelten
Functionen.
§ 69.
Differentiation einer Function von der Form F{u,t).
(Vergl. die Formel-TAbelle Nr. 82—86.)
Ist z eine Function von zwei Veränderlichen, ist z. B.
(1.) «=:3W»— 71*2©+ llWtj2+ 2V\
SO wird sich z im Allgemeinen schon verändern, wenn sich nur
u verändert, während v constant bleibt, oder wenn sich nur v
verändert, während u constant bleibt. Man kann also, wenn
z in Bezug auf u eine stetige Function ist, in derselben Weise
wie bei Functionen mit einer Veränderlichen den Differenzen-
Quotienten bilden, dessen Grenzwerth dann für verschwindend
kleine Werthe von Ju den Differential-Quotienten oder die Ab-
leitung liefert.
Li diesem Falle bezeichnet man aber die Ableitung nicht
dz dz
mit ^, sondern mit ^ und nennt sie die partielle Ableitung
von z nach «, weil man bei dieser Operation nur u als Verän-
derliche betrachtet und dadurch die Veränderlichkeit der Func-
tion z beschränkt. In dem vorliegenden Falle wird also
dz
(2.) ^ = 9tt2 — Uuv + llr2.
Mit demselben Bechte kann man z so differentüi*en, dass
man v als die einzige Veränderliche und u als eine Constante
betrachtet. In dem vorliegenden Beispiele wird daher
dz
(3.) rl = _ 7«^2 ^ 22uv + 6t?2.
dv
294 § 69. Differentiaüon einer Function von der Form F{Uj ©).
Wie man also nach Formel Nr. 15 der Tabelle die Ableitimg
einer Function y=/(a:) von einer Veränderlichen durch die
Gleichung
erklären kami, so kami man die partiellen Ableitungen von dner
Function von zwei Veränderlichen durch die Gleichungen
^ ^^ du jus^o Ju
erklären.
^«sO
Beispiele.
dz dz
«N i/««\ 1 1 dz 1 dz 1
ö« +1
öt? 2y^(y5r— |/F)2
Ausführlicher wird von den partiellen Ableitungen im zweitegi
Theile dieses Bandes die Rede sein^, der über die Functionen
von mehreren Veränderlichen handelt.
Hier soll nur der Fall in Betracht gezogen werden, wo u
und V beide Functionen von x sind, wo also
(7.) u^g>(x), t?=:i/;(ar)
ist, so dass z als eine Function der einzigen Veränderlichen x
angesehen w^den kann.
Jetzt sind zwar die Veränderlichen u und v nicht mehr v(m
einander unabhängig, man könnte viehnehr aus den Gleichungen
herleiten , man kann aber trotzdem die Ausdrücke -3- nnd -x-
' du üp
§ 68. Differentiation einer Ftmction von der Form JP(tf, 0). 295
(7.) durch Elimination von x eine Gleichung zwischen u und v,
nämlich
(8.) /(«, r) = 0
dz , dz
h
bilden, genau so, wie sie durch die Gleichungen (5.) und (6.)
erklärt sind, und far das Folgende verwenden.
Vermehrt man nämlich :i; um ^:r, so gehen die Grössen u,
V, z bezw. über in
. . j w + Ju = ip(x + -^ä)? t? + -^«^ = V'C^ + «^^)j
\ Z'\' Jz:=^ F{u + Ju^ V + Jv);
daraus folgt
'^ \ Jz=: F(u + Ju,v + Jc) — F{u, v\
od^, wenn man v + Jv mit v^ bezeichnet,
10a.) Jz = F{u + Ju, «?J— F(w, t?i) + F(u, V + Jv)—F(u, t?),
Jz _ F(u+Ju, v^) — F(uj v^) F(ujV+Jv) — F{Ujv)
^x ^x ^x
oder
(11.)
Jz _ F(u+Ju, t?|) — F(u^ t?|) Ju
Jx Ju Jx
F(u, v+Jv) — F(u, v) Jv
Jv Jx
Geht man jetzt zur Grenze über, indem man Jx verschwin-
dend klein werden lässt, so werden auch, wenn 9p (x) und \p{x)
stetige Functionen sind, nach den Gleichungen (9.) die Grössen
Ju und Jv verschwindend klein, und man erhält
(12.) lixn 4^^ = lim ?^^^±4^=-^ = ^,
jxmz^A^ Jx=zo Jx ax
(13.) hm -7- = hm ^^ -j^ ^-i^ =-y. ,
^ jx^^Jx jx=o Jx ax
und da lim «1 = t? ist,
996 § G9. DifFerentaation einer Functian von der Form F(u,v),
_ dF(u, v) _ dz
du ^
(15.) lim ^K ^+^^) - F(u, f>) ^ ^F(u,i,+Jv)-F(u,v)
dF{u^ v) dz
öt? ov
Deshalb folgt aus Gleichung (11.)
.X cfe ffg du dz dv
^ "^ cfo "" du dx "^ 9t? flte'
oder auch, wenn man beide Seiten dieser Gleichung mit dx mul-
tiplicirt,
(16a.) dz = ^du + ^ dv.
In Gleichung (16.) sind mehrere Formeln, die schon früher
hergeleitet wurden, als besondere Fälle enthalten.
Beispiele.
1) Es sei
(17.) • z= u ±v,
dann wird
dz dz
— = 1 — = 4- 1
du ^' dv =^^'
folglich ist in Uebereinstimmung mit den Formeln Nr. 19 und
20 der Tabelle
/1Q^ rfg __ d{u ±v)_^du.dv
^ *^ dx dx dx ~' dx
2) Es sei
(19.) z = UV,
dann wird
dz dz
folglich ist in Uebereiostimmung mit Formel Nr. 28 der Tabelle
§ 69. Differentiation einer Function von der Form F{u, v). 297
(20.)
3) Es sei
dz d{uo) ^^ I ^^
dx dx "" dx dx
u
(21.) z^-,
dann wird
ö« _ 1 Sz ^ u
du V Wo v^
folglich ist in Uebereinstimmung mit Formel Nr. 33 der Tabelle
du dv
dz ^\vj 1 du u de dx dx
(22.) n=-W=i =
^ ^ dx dx V dx v^ dx v*
4) Es sei
(23.) z = l{uv) = \u + h,
dann wird
du u dv V
. s ^ d\(uc) ^l du 1 do
^ '^ dx dx "^ u dx V dx
5) Es sei
(25.) z = \(^^\u — \o,
dann wird
du u dv V
(26.)
dz \v/ 1 du 1 dv
<fe dx u dx V dx
6) Es sei
(27.) 2 = w
dann wird
^« .«-1 ^« V 1
5Ji ' (5ü '
(28.) T- = -W = W""* T- + t^" . It^^T-
"^ dx dx dx dx
298 § 70. Pifferenüation nicht entwickelter Functionen.
Von diesei* letzten Foimel mögen noch einige Anwendungen
gegeben werden.
7) Es sei
also
du ^ dv ^
dz
-j- = x. af-^ + a;* . la; = af{l + \x).
Dasselbe Resultat ergab sich auf atfderem Wege in § 25,
Angabe 54.
8) Es sei
V -
z = yx = rc*,
also
1 du ^ f^_ L
' X dx ^ dx x^
-—- = — . x- * — a; * . \X' — =- = — r- (1 — lic).
dx X x^ x^ ^ ^
Auch dieses Resultat ergab sich auf anderem Wege in § 25,
Aufgabe 56.
9) « = (Lr)*«*,
also
— > --*«^j dx^x^ d^^cos^*
= a^)»«-g
« . \i\x)-\
X
"^ COS*a:J
§70.
HerieHung der aUgemeinen Regel fOr die Differentiation,
der nictit entwioicelten Functionen.
(YergL die Fonnel-TabeUe Nr. 87 nnd 88.)
Es sei 'Wieder
(1.) *=-P(«,»),
§ 70. Differentiation nicht entwickelter Fnnctioiieii. 299
und es seien u und v beide Functionen von x, die eine Ableitung
besitzen, dann wird nach Formel Nr. 83 der Tabelle
dz dz du dz dv
^^'^ di^'Südx'^'Sm'
oder
. cfe __ dF{u, v) du dF{Uj v) cfo
^ *^ efe "~ SfJ dx Sü cfo;
Hierbei ist u eine beliebige Function von x, folglich darf
u auch gleich x sein. Dann geht Gleichung (2.) aber in
dz dz dz dv
^^'^ di'^'Si'^di'di^
Vertauscht man jetzt v mit y, so wird
(4.) z = F{x, y),
wobei y noch eine Function von x, also
(5.) y =/(^)
ist, und man erhält
.. & 6g ff g rfy
^^•>' d^^dx'^dydi'
oder
rft«^ ^ J^(^, y) _ ff J^Qp, y) 6F(^, y) rfy
In diesem Falle ist also z erstens unmittelbar abhängig von
X und ausserdem auch noch mittelbar abhängig von x^ indem z
auch eine Function von y und y wieder eine Function von x ist.
Aus den Gleichungen (6.) und (6a.) ersieht man auch, wie
dz
nothwendig es ist, die partielle Ableitung ^vonderto^o/^nAb-
(rundes) ^, das andere Mal ein (gerades) d schreibt.
Beispiele»
1) z:= x^ = xy^ WO y = \x.
Hier wird
ff:r ^ ' ffy ^ dx x
300 § 70. Differentiation nicht entwickelter Functionen.
folg^ch ist
dz d(x^*) . , 1
dx^ dx y" ^ ^ ^^ ^
2) « = (tga:)^ = y*, WO y = tga:.
Hier wird
%=r\y, 1=^-', i=^'
folglich ist
dz d\(\%xY] . , ic ^ . /x N«i/x X , ^(tga^)*-i
Der Kürze wegen bezeichnet man die partielle Ableitung
von F{xy y) nach der ersten Veränderlichen, also — ^^^, mit
JFJ (x, y) und die partielle Ableitung von F{xy y) nach der zwei-
dFlx v)
ten Veränderlichen, also — 1 ^% mit i^(ar, y).
Dadurch erhält die Gleichung (6 a.) die Form
(7.) i?^ = f,(.,„ + f,(.,„|.
Diese Formel kann man jetzt auch benutzen zur Differen-
tiation von nicht entwickelten Functionen. Ist z. B. y als Func-
tion von X durch die Gleichung
(8.) F{x, y) = 0
gegeben, so kann man sich vorstellen, diese Gleichung sei nach
y au%elöst und dadurch auf die Form
(9.) y =f{x)
gebracht. Man erhält daher nach Gleichung (7.)
(10.) iI^ = Fax,y)-VF,i.,y)%.
Setzt man den Werth von y, welchen die Gleichung (9.)
liefert, in die Function F{xj y) ein, so muss nach Voraussetzung
2^(^,y) = 0
§ 71. Uebnngs-Beispiele. 301
werden, deshalb wird erst recht
dF{x, y) _
dx ~^'
80 dass ans Gleichung (10.) folgt
(11.) F,{x,y) + F^{x,y)^ = Q,
oder
(11 a.) Fy {x, y) dx + F^ {x, y) dy = 0.
Ans Gleichung (11.) findet man jetzt unmittelbar
ng\ ^ -Fl jx, y)
^ ^^ dx- F,(x,yy
§71.
Uebungs-Beispiele.
1) b^x^ + a»y2 — a* b^ == 0.
Hier ist
F(x, y) = b^x^+ a^y"^ — a* JJ = 0,
^^ = F,ix, y) = 2b^x, ^^ = mx, y) = 2«>y,
folglich wird
2) l^(Ä:,y)=«,ia;2+2a,2^+«22yH2aisa:+2a23y+a33=0.
Setzt man hierbei noch fest, dass a^^ gleich a^^ ist, so vmA
F\ (^j y)=2(aiia:+ö,2y+öfi3)j -^2(2:, y)=2(a2, ^+a22y+«Js)5
rfy_ ^11^ + «lay + <»iH
3) jF(a;, y) = x^ + y^ — Saxy = 0,
^i(«>y) = 3a;J — 3ay, F^ix, y) — 3y^ — Sax,
2
dy 3a?^ — 3ay ay —
dz 3y^ — 3ax y^ — cut
302 § 71. Uebungs-Beispiele.
4) -F(^,y) = (rr2 + y2)2_a2(ip2 — y2) = o,
F^{x,y) = 2{x^ + y2).2a: — 2aV,
F^{z, y) = 2{x^ + y«) . 2y + 2a2y,
dy _ a: 2(g2 + y2) — g^
(fe*"" y 2(a:2 + y2) + a2'
5) F{xj y) = a:2y3 + cog^: _ gina; tgy — siny,
Fx (xj y) = 2xy^ — sina: — eosx tgy,
F2 (^, y) = 3a:»y2 _ ^1 _ cosy,
^_ — 2ay^ + sina? + C08a?tgy
_ ( — 2gy^ + sma;)cosV -f cosa; siny cosy
"" Sxh/^cos'^ — sina: — cos^
6) F(x,y)=:^x^y* + siny,
^i (^j y) = 2xy*, F2 (x, y) = 4a:2y3 + cosy,
dy 2ay*
öfe 4a?y + cosy
7) l^(a:, y) ä sinar siny + sina: cosy — y,
-'^ {^9 y) = cosa: (siny + cosy),
F2 (a-, y) = sina: (cosy — siny) — 1,
^y — _ cosa:(cosy + siny)
cfo "~ sina:(cosy — siny) — 1
In ähnlicher Weise findet man die Lösungen der folgenden
AiilQi;aben.
8) ^_^ + ^ = o;| = ?l=|.
9) an(:ry)-.'>-:.V = 0;^ = ytco8(^^-*'>-2x],
^ ^ ^^ ^ ' (fe ar[a: + tf**' — C08(ay)]
10) ,> + j,._.. = 0;| = -i-
§ 72. Ableitongen höherer Ordnung. 303
§ 72.
Ableitungen höherer Ordnung.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 89 und 90.)
Der Kürze w^en setzt man häufig
d^y cPp __dq
dx^ dx^ dx
Ans der Gleichung
^ '^ ^ dx B,{x,y)
folgt dann, dass p wieder eine £\inction von x und y ist, die man
ebenso differentiiren kann wie in § 70 die Function z-^ man er-
halt daher, indem man in Formel Nr. 87 der Tabelle, nSmlich in
dz dz dz dy
dx dx dy dx
z mit p vertauscht,
/o^ ±_dp dpdy
y^') dx^ dx'^ dy dx
oder
cPy dp , dp
(2a.> d = ^'=fx + ^P-
In derselben Weise findet man aus q auch die dritte Ab-
leitung yon y nach x^ denn es ist wieder nach Formel Nr. 87
der Tabelle, indem man z mit q vertauscht,
(3.) dq^dqdqdy
^ '^ dx Wc dy dx
oder
(3a.) ^ = *- = gI + 5p^-
Dies kann man beliebig fortsetzen.
§ 73.
Uebungs-Beispiele.
Aufgabe 1. Man soll die Ableitungen p und q bestimmen,
wenn g^^eben ist
804 § 73. Uebnngs-Beispiole.
(1.) x'^ — ^ + y^ = a\
Hier ist
(2.) F{x, t/) = x^ — xy + y^ — a\
(3.) -Fi(^,y)==2x — y, F^(^x,y) = —x^'^y,
also
(4) ^^ 2:r-y
Daraus folgt
cjp _ — 3y
(^•) da: "^ (ar— 2y)i'
^ dp _ — 3y ar 2g — y
? = ^ "^ S^ ^ ~ («— 2y)2 "^ (x— 2y)2 ' a: — 2y '
oder
Berücksichtigt man noch Gleichung (l.)i so erhält man
__6a2_
(®-) ^-(;2:_2y)3*
Aufgabe 2. Es ist gegeben
(9.) (o: — |)2 + (y — ^)2 — a2=:0,
man soll die Werthe von p und q ermitteln.
Auflösung 1. Hier ist
(10.) F{x,y) = {x-iy + (y_,)2_ai,
(11.) Fxix,y)^2{x-l), 1^2(^,y) = 2(y-i,),
also
dy x — i
Daraus folgt
(13.) ^= ^,
§ 73. Uebungs-Beispiele. 305
. .X ' _^ , Öp _ ___JL X — S X — g
^ "^ * dx'^ dy^ y — fj (y — v)^' y — fj^
oder
^^""'^ ^^dx^-^ {y — nf ^ {y — nY
Auflösung 2. Dasselbe Eesultat kann man hier auch durch
Auflösung der Gleichung (9.) nach y finden. Es wird nämlich
(17.) y = ^±ya2 — (:r — ?)2,
also
„_^_ -3- yg» — (a: — gp
= +
a2
ri'
oder
(19.) ? = -(^^'
ein Eesultat, das mit Gleichung (16.) übereinstimmt.
Aufgabe 3. Man soll ^, q und r bestimmen, wenn gegeben
ist
(20.) F{x^ y) = y2 ^ 2ax = 0.
Auflösung. Hier ist
(22.) g = -^, ^ = 0, ^=+y.
(23.) r = ^^
y5
Stegemann-Kiepert, Düferenidal-Beohnnng. ^
306 § 74. Anwendung auf die Theorie, der Maxima und Minima u. s. w.
Aufgabe 4. Man soll^, q und r bestimmen, wenn gegeben ist
(24.) J V + «y — a%^ = 0
AufIBsung. Hier ist
aV>^
oder
«y ay
Daraus folgt
§ 74.
Anwendung auf die Theorie der Maxima und Minima von
nicht entwickelten Functionen einer Veränderiichen.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 91.)
Es sei y als Fonction von x gegeben durch die Gleichung
(1.) Fix, y) = 0,
es sollen die Werthe von x bestimmt werden, ftir welche y ein
Maximum oder Minimum wird.
Beachtet man, dass man die Gleichung (1.) auf die Form
(2.) y=/(^)
Dringen kann, indem man sie sich nach y aufgelöst denkt, so
erkennt man, dass hier dieselben Regehi anwendbar sind, welche
im VI. Abschnitt fOr die Au&uchung der Maxima und Minima
von entwickelten Functionen gegeben worden sind; d. h. man
bestimmt diejenigen Werthe von x, für welche
§ 74. Anwendung auf die Theorie der Maxima und Minima u. s. w. 307
verschwindet. Wird dann ^^ =/"(x)flir einen solchen Werth
von X negativ^ SO tritt ein Maximum ein, und wird f**{x) für
einen solchen Werth von x positiv^ so tritt ein MininniTn ein.
Dabei ist es aber in dem vorliegendem Fall gar nicht nöthig,
die Gleichung (2.) wirklich zu bilden, denn nach Formel Nr. 88
der Tabelle wird
Schliesst man den Fall aus, wo i^(^,j^) unendlich gross
wird, so kann/'(Ä:) nur dann verschwinden, wenn
(4.) F, {x, y) = 0
ist. Aus den beiden Gleichungen (1.) und (4.) findet man dann
die Werthe von x und y, für welche y möglicher Weise ein
Maximum oder Minimum wird.
Um zu entscheiden, ob füi» einen der geflmdenen Werthe
von X wirklich ein Maximum oder Minimum eintritt, bilde man
nach Formel Nr. 89 der Tabelle
(^•) S =/"» =1+11-
Setzt man der Kürze wegen
/ß^ ^F^_ dF,_ dF^__ dF^_
so wird
^'•^ dx~ i?i2 dy~ i^2*
also
I?I? I?I? TP TP TP TP TP
/Q X ^ _ /^2Al — A At , A-^12 — A-^22 A
(8.) ? -j^^ + ^^ ^•
Dieser allgemein gültige Ausdruck vereinfacht sich in dem
vorliegenden Falle, wo nur solche Werthe von x und y in Be-
tracht kommen, fär welche
F,(x,y)^F,=.0
ist. Deshalb wird hier
20*
308 § 75. Uebungs-Beispiele.
(8a.) y=/"(x) = -^-
Haben also i^j und F^ für das betrachtete Werthepaar
Xy y gleiches Zeichen, so ist f**{x) negativ ^ und y wird ein
Maximum. Haben dagegen i^i und i^ entgegengesetztes Zeichen,
so ist /" {x) positiv^ und y wird ein Minimum, Dies giebt die
Eegel:
Ist F{xy y) == 0 , so wird y ein Maximum oder Minimum^
wenn
istj und wenn i^ mit F^^ gleiches^ hezw, entgegengesetztes Zeichen
hat.
Indem man x und y, und dem entsprechend die Indices 1
und 2 mit einander vertauscht, findet man hieraus auch diä
folgende Eegel:
Ist F(xyy) = 0, «0 wird x ein Maximum oder Minimum^
wenn
F^(x,y) = 0
istj und wenn F^ mit F^i gleiches^ hezw. entgegengesetztes Zeichen
hat.
§ 75.
Uebungs-Beispiele.
Aufgabe 1. Man soll auf der Curve (Fig. 63)
(1.) F{x, y) = x^ + y^ — Saxy = 0
einen Punkt P bestimmen, der höher liegt als die benachbarten
Punkte.
Auflösung. Hier ist
(2.) ^ F[{x,y) = Sx'^ — Say = 0 für y = — •
a
Setzt man diesen Werth in die Gleichung (1.) ein, so wird
x^
(3.) x^ + -Y — Sx^ = 0, oder x^ — 2a^x^ = x^{x^ — 2a^) = 0.
§ 75. Uebungs-Beispiele.
309
Fig. 68.
Diese Gleichung wird zunächst befriedigt für ;i; = 0, dann
ist aber, wie später gezeigt werden soll, der zugehörige Werth
von y ein Minimum. Ein Maximum
kann also nur eintreten, wenn
(4.) x^ — 2a3 = 0,
oder
X = ay2 , y = «K 4.
Es wird nämlich für diese
Werthe
F^(x,y)=^S(y^-ax)
(5.) { = Sa^p2> 0,
-Pii(^,y)= 6^ = 6af2 >0;
da J^ und i^j gleiches Vorzeichen haben, so ist y = a^T ein
Das Maximum von x, dem ein ausser ster Punkt Pi der
Curve entspricht, findet man in ähnlicher Weise, und zwar sind
die Coordinaten dieses Punktes
(6.) x^=aYi, yx=a}f2.
Die hier behandelte Curve hat den Namen „Folium Cartesii^.
Aufgabe 2. Man soll den höchsten, bezw. den tieften Punkt
der Ellipse (Fig. 64)
(7.) F(xj y) = a,irc2 + 2a^.^xy + a^^y^ + 033 == 0
bestimmen.
AuflSsung. ffier ist ^i» ^
(8.) F^{x, y) = 2(ai^a:+a,2y) = 0
für
(9.)
_ «11
y = —
:r.
»12
Dies giebt mit Eücksicht auf
Gleichung (7.)
(10.) «11(011022— «^2>^ = — 0^2033,
oder
310 § 75. Uebungs-Beispiele.
(11.) x=±^W, wobei IV ^y — ^i^^^
ist. Die Grösse W wird sicher reell, denn Gleichnng (7.) stellt
bekanntlich nnr dann eine reelle Ellipse dar, wenn
«ii«» — «^2>0 nnd «11033 <0
ist. Ans den Gleichungen (9.) nnd (11.) folgt dann
(12.) y = T JT.
Femer ist
(13.) Jli = 2a,i, E, = 2(a,,x+a,,y) = ^ ^(^^^22-a\,)W ^
«11
also
(U.) FuF^^T 4(aiia22 — o^^j) W.
Für das o Wa Vorzeichen wird daher y ein Minimum^ weil
dann JFJi nnd i^ ungleiches Vorzeichen haben; für das untere
Vorzeichen dagegen wird y ein Maximum^ weil dann i^i nnd
i^ gleiches Vorzeichen haben.
Dieses Besnltat wird durch Figur 64 bestätigt.
j
IX. Abschnitt.
Yertanschung der Abhängigkeit der yeränder-
lichen Grössen.
§ 76.
Bildung der Grössen p und q, wenn x und y
Functionen von t sind.
(VergL die Formel - Tabelle Nr. 92.)
Ist y eine (entwickelte oder nicht entwickelte) Function von ar,
so ist es häufig von Vorfheil, x als eine Function einer dritten
Veränderlichen t auszudrücken. Dann wird nämlich auch y
eine Function von t
Beim Kreise ist z. B.
(1.) a:2 + y2 — a2 = 0, oder y^zfa^ — x\
Setzt man nun
(2.) X = acos^, so wird y = asin^.
Bei der Ellipse ist
(3.) &2^2 + ö2y2 — a2j2 -: 0, odcr y = ^ya^—x^\
setzt man hier wieder
(4.) x = acos^, so wird y = Jsin^.
Sind die Gleichungen
(5.) ^^<f{t\ y = rp(t) .
gegeben, so kann man umgekehrt durch Elimination von i eine
Gleichung zwischen x und y herleiten, aus der man erkennt,
dass man auch in diesem Falle y als eine Function von x be-
trachten darf.
312 § 76. Bildung der Grössen p und ^ u. s. w.
Es sei z. B.
(6.) z = a{t — sin^), y = a(l — cosf),
dann wird
(7.) acos^ = a — y, asin^ = Y^ay — • y'^^
(8.) t = arccosf^ ^\
folglich ist
(9.) x = a arc cos y ^j — y 2ay — y^.
Es ist nun die Frage, in welcher Weise man die Grössen
p nnd ; bilden kann, wenn die Abhängigkeit zwischen x nnd y
durch die Gleichungen (5.) gegeben ist.
Hier wird
(10.) Jx = (p(t + J() — q>(t), Jy=:tp(t + Jt) — xp(t),
also
xp{t + Jt) — ifj(t)
Jx'^ 9)(^ + ^f) — 9)(0 "" (p{t + Jt) — g){t)'
Jt
oder, wenn ^^ und deshalb auch ^2: und ^/y unendlich klein
werden,
dy
(11.) ^^p^t^^'E.
^ ^ dx ^ q>'{t) dx
dt
Dieses Resultat hätte man auch aus Formel Nr. 35 der
Tabelle finden können. Danach ist nämlich, wenn man u mit t
yertauscht,
dx~' dtdx'^^ ^^ g>*(t) " 9>\t)
In derselben Weise kann man jetzt auch
§ 77. Uebungs-Beispiele. 313
finden, denn es ist, wenn man in Gleichung (11.) y mit p ver-
tauscht,
dp
dp_Tt _ <f'(W{t)-xp'{t)q>-{t)
dt
oder
dx d^ dy d^x
_ <P'{tw(t) — tp*(t)^''(t) _didfi~diap^
\dt)
Diesen Ausdruck schreibt man noch bequemer in der Form
, dh/ _ dxd^y—dyd^
wobei man sich aber bewusst bleiben muss, dass auf der rechten
Seite dieser Gleichung x und y als Functionen von ^ zu be-
trachten sind, dass also
dx = q>' (t) dt, d^x = 9)" (t) dt\
dy = \p' (t) dt, dhf = \p'' (t) dt^
ist.
Dieses Verfahren kann man noch fortsetzen, um die höheren
Ableitungen von y nach x zu ermitteln. So ist z. B.
dq
'^ dx^ dx dx
dt
U. s. w.
§ 77.
Uebungs-Beispiele.
Aufgabe 1. Man soll die Grössen p und q bUden, wenn
gegeben ist
(1.) x = 7 + t^, y = 3 + ^ — 3^*.
AuflSsung. Aus den Gleichungen (1.) folgt
(2.) dx = 2t dt, dy = (2t— 12^) dt,
(8.) d^x = 2dt^, cPy = (2 — 36 t^)dt^;
814 § 77. Üebnngs-Beispiele.
deshalb wird
Aufgabe 2. Man soll die Grössen p und ; bilden, wenn
gegeben idt
(6.) a: = a(f — sin<), y = ö(l — cos^-
AuflSsung. Aus den Gleichnngen (6.) folgt
(7.) cfe = ö(l — COS<)rff, dy=^aWitdt^
(8.) rf^ = asin^rf^, cPy = acos^rf^^j
deshalb wird
oder
(9a.) /^ = ^(|)-
Femer ist
^dxePy—dycPx _ a\<:mt—\)dt^
* "" di» "" a«(l — cos tfdt'^ '
oder
(10.) q = - ^ ^
a(l — cosO^
asin^d)
Dieses Besoltat hätte man auch durch Differentiation von
Gleichung (9 a.) finden können. Es ist nämlich
dp dp dt
^ dx dt dx
dp
e^Ctg(i)
dt dt
2sm
'"•(I)
§ 77. Uebungs-Beispiele. 315
und nach Gleichung (7.)
J*. 1
dx '
folglich ist
^ —
4asin^(|)
Aufgabe 3.
gegeben ist
(11.)
Man soll die
x^ ctg^,
1 Grössen p und q
y = sin^^.
bilden, wenn
Auflösung.
Aus den Gleichungen (11.) folgt
(12.) dx
also
dt
rfy = ^mHojoBtdty
(13.)
dy
— 3sin4^cos<.
Femer ist
dp
dp dt
dt dx
= (— 12sin8^ cos2^ + 3sin5^) (— sin^O»
oder
(14.) q = 3sin*<(4cos2^ — sin«^) = 3sins<(4 — Ssin^Q.
Aufgabe 4. Man soll die Grössen p und q bilden, wenn
gegeben ist
(15.) X = a(mcos/ — cosm^), y = a(msin^ — sinm^).
Auflösung. Aus den Gleichungen (15.) folgt
(16.) dx = ma{ — sin< + mimt)dt^ dy = wa(cos^ — CO^fnt)dty
oder, wenn man
(17.) m — 1 = », fn + l = /
setzt,
dx = 2masin( — )cos(^)d<,
(16 a.) l ^y ^^
dy = 2wasin(^jsinf^- jrf^.
316 §. 77. Uebungs-Beispielö.
\
also
Femer ist
dp l dx ^ , /nf\ /lt\
ri9 ^ a- ^- ^ . ^ - ^
4masm
^(1)^'(f)
^^ Aufgabe 5. Man soll die Grössen p und ; bilden, wenn
gegeben ist
(20.) X = a(cos^ + ^sin^), y = a(sin^ — ^cos^).
Auflösung. Hier ^^d
(21.) dx = a^cos^rf^, dy = a^sin^rff,
(22.) P-% = ^'^
(23.) rf/> = -4i. ? = I^=-Ar/
Aufgabe 6. In der Gleichung
(24.) x^ — ay^O
ist X die unabhängige Veränderliche. Im Yerlaufi^ einer analy-
tischen Untersuchung wird es nothwendig, durch die Gleichung
(25.) x^^
die Grösse t als unabhängige Veränderliche einzuftthren. Welche
Form nimmt dadurch die Gleichung (24.) an?
Auflösung. Zunächst ist
dx . ^ dt .
-57 = c* und ^- = e-*
dt dx
folglich wird
^"^^'^ dx^ dt dx" dt "^ '
so dass die Gleichung (24.) übergeht in
§ 78. Yertaaschung der Function mit dem Argument. 317
oder
(27.) |-«y = o.
Aufgabe 7. In der Gleichung
wird die Grösse t als unabhängige Veränderliche eingeführt durch
die Gleichung
(29.) a: = arctg^.
Welche Form nimmt dadurch die Gleichung (28.) an?
Auflösung. Aus Gleichung (29.) folgt
(30.) tga: = ^ -^=i + tg2:r=l + ^2/
dx li dt
m i.=t=t5=*(i + «').
dx dt dx dt
w '=l=ll=[S('+'')+l-^']('+")--
Setzt man diese Werthe in die Gleichung (28.) ein, so er-
hält man
§(1 + ^2)1,. g.2f](l+^'^)+arctg^y^(l + <2) + (i + ^2) = o,
oder, wenn man die Gleichung durch 1 + ^ dividirt,
(34.) (1 + <2) § + (2t + yaxctgO§ + 1 = 0.
[
§ 78.
Behandlung des Falles, In welchem y die unabhängige
Veränderliche wird.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 93 and 94).
Ein besonderer Fall in der Yertanschung der nnabhängigen
Veränderlichen x mit einer anderen ^ ist der, wo ^ gleich y
318 § 78. Vertaoschung der FuncUoii mit dem Argument,
wird, d. h. wo die Grosse y zur unabhängigen Veränderlichen
gemacht wird.
Dieser Fall konunt z. B. vor, wenn man bei Corven die
Ordinate y als unabhängige Veränderliche ansehen wOl.
Nach Formel Nr. 92 der Tabelle ist
dy dx dhf dy d^x
(\\ dy_'^ , dkf li dfi~dt dfl
^ *^ dx dx dx^ /d£\?
\dt)
dt
Diese Gleichungen bleiben auch noch richtig, wenn man
(2.) y^i
setzt; dann wird aber
/Q \ dx ^dx cPx __ d^x dy ^ d^ __
Die Gleichungen (1.) gehen daher über in
W
dy
Dem entsprechend findet man durch Vertauschung von x
mit y
d^
. . dx^l 1^ d^x __ dx^ q^
^ '^ ^'^^"p^ dy^^ /f^Y~~^*
dx \dx/
Aus dem Werthe von ; kann man durch Differentiation
auch den Werth von r finden. Es ist nämlich
(6) r = ^ = ^^,
^ ^ dx dy dx
dq^ dydy^ W/ , ___
dy /^V ^^ —
\dy) dy *
folglich wird
dy_ 1
:
§ 79. Uebungs-Beispiele. 319
ri\ r =, ^ - _ «^y ^y" \dyv
und dem entsprechend
In dieser Weise kann man mit der Bildung der höheren
Ableitungen fortfahren.
§ 79.
Uebungs-Beispiele.
Aufgabe 1. In der Gleichung
('•) (^+-)iS+'(i)*-'='>
ist X die unabhängige Veränderliche; man soll die Gleichung so
umformen, dass y die unabhängige Veränderliche wird.
Auflosung. Setzt man in die Gleichung (1.) die Werthe von
I und g nach den Gleichungen (4.) des vorheigehenden Para-
graphen ein, so erhält man
dy \dy) \dy)
oder
/o\ ( \ \d^^ X dx /<foV />
(2-) -(^ + '*>^^+^^-U)=«-
Aufgabe 2. In der Gleichung
ist X die unabhängige Veränderliche ; man soll die Gleichung so
umformen, dass y die unabhängige Veränderliche wird.
320 § 79. Uebungs-Beisptele.
Auflösung. Setzt man wieder für ^ und ^ ihre Werthe
ein 9 so erhält man
~''7d^'^ 7d£^ y~"'
W \dy)
oder
Aufgabe 3. Man soll die ersten drei Ableitungen von
X = arc sin y bilden.
Auflösung. Hier ist
(5.) y = sina:, p = coSa:, y = — sina;, r = — COSa:,
folglich wird nach den Formeln Nr. 94 der Tabelle
{a^ da;_ 1 d^x _ SJüx d^x _ cos^a: + Ssin^a;
dy^ cosx^ dy^ "~ cos^^r' dy^ "~ cos^a:
X. Abschnitt.
Untersuchung von Curren,
die auf ein rechtwinkliges Goordinaten-System
bezogen sind.
§80.
Tangenten und Normalen.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 95—101.)
Es sei
die Gleichung einer Curve (Fig. 65), auf welcher der beliebige
Punkt P die Coordinaten x und y haben möge.
Legt man nun in diesem
Punkte eine Tangente TP an
die Curve und bezeichnet man
den Winkel, welchen diese
Tangente mit der positiven
Richtung der X-Axe bildet,
wieder mit a, so ist nach
Formel Nr. 16 der Tabelle
Fig. 65.
(2.) tg« = ^=/'(4
dx
Ist nun die Gleichung der Tangeidte
(^•) y* =zmx* + fi,
wobei die laufenden Coordinaten mit x' und y' bezeichnet sind,
weil a: und y die Coordinaten des Berührungspunktes P sein soUen,'
so ist auch, da die Tangente durch den Punkt P gehen muss'
Stegemann- Kiepert, DiflFerential-Heclmting. * gl
322 § 80. Tangeoitea und Noimaleii.
folglich wird
(4.) y' — y=:fn(p!^—x).
Ausserdem ist bekanntlich
folglich wird
(5.) j^_y = g(^_:,).
Die gerade Linie PN, welche jan Berührungspunkte auf
der Tangente senkrecht steht, heisst Normale. Deshalb ist ihre
Gleichung
(6.) y-y = -|(^-^).
Die Abschnitte der Tangente und der Normale, welche
zwischen der Abscissen-Axe und dem Berührungspunkte P liegen,
also die Strecken TP und PN, heissen auch kurzweg Tangente,
beziehungsweise Normale. Man bezeichnet sie durch T und N.
Die Projectionen TQ und QN dieser Abschnitte auf die Abscissen-
Axe nennt man Subtangente und Subnormale und bezeichnet
sie durch St und Sn.
Es ist daher
(7.) T=TP, N=PN,
(8.) St = TQ, Sn = QN.
Hieraus findet man ohne Weiteres
(9.) Sn = y\%a = y^,
(10.) Ä^ = yctga = y^,
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
323
Die beiden letzten Gleichungen kann man noch etwas ein-
facher schreiben. Haben die benachbarten Curvenpunkte P und
P\ (vergl. Fig. 19 auf Seite 73) bezw. die Coordinaten ar, y und
X + Jx^ y + Jy^ SO ist nach dem pythagoräischen Lehrsatze
oder, wenn die Punkte P und P^ einander unendlich nahe
rücken, und wenn man die unendlich kleine Sehne PP^ durch
ds bezeichnet,
(13.) ds^ = dx^ + dy^,
(-) (iy='+(S)' (D'-+(i)-
Setzt man diese Werthe in die Gleichungen (11.) und (12.)
ein, so erhält man
(14.)
TU ^^
^ dy
(2.)
Fig. 66.
§81.
Anwendung auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Die Gleichung einer Parabel (Fig. 66) sei
(1.) y2==9^.
man soll für den Punkt P, der
die Abcissse
hat, die Subnormale, Subtan-
gente, Normale und Tangente
berechnen.
Auflösung. Aus Gleichung
(1.) folgt
2ydy = ^dx^
oder
^^ 9_
dx 2y
Für X gleich 4 erhält man also, wenn man nur den oberen
Theil der Curve berücksichtigt,
21
324
(3.)
§ 81. Anwendung auf einzelne Ourven.
j,. = 36, y = 6, | = |,
folglich wird
(5.) .5«=QiV=y| = |,
9 25 c^^
cfo 5.
"^■^16 Iß' dx ^' dy 3'
^.= rQ = y|=8,
Fig. 67.
(6.) iyr=Piyr=y| = f, r=rP=y|=io.
Aufgabe 2. Ein Ereis (Fig. 67) ist durch die Gleichung
(7,) a;2 + y2 ^ 25
gegeben; man soll für den
Punkt P mit der Abscisse
a: = — 3
die Grössen Sn, St, N mH T
berechnen.
Auflösung. Aus Gleichung
(7.) folgt
2ar cfe + 2y dy = 0,
oder
(8.)
dy X
e£r y
Für a; gleich — 3 erhält man also, da die Ordinate von P
positiv ist,
(9.) y^ = 25-9=16, y = 4, | = |,
folglich wd
(11.)
(12.)
Ä„ = y| = 3,
i.= y|=5,
o^ (fe 16
*rfy 8
§81. Anwendung auf einzelne Ourven. 325
Die Normale muss, wie auch aus Sn = QN = 3 folgt, durch
den Mittelpunkt 0 des Kreises hindurcligehen, d. h. der Punkt
N fällt mit 0 zusammen.
Aufgabe 3. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die Parabel
(13.) y2 == 2px
berechnen. (Vei^L Fig. 66.)
Auflösung. Aus Gleichung (13.) folgt
2ydy=z 2p dx,
oder
also
(IT- +(!)'= '+g='-^
2
^^^■^ dx y^P^y^ dy-dxdy-p^P ^y-
Dies giebt
(16.)
(17.)
' dy p p
N=PN = y^ = ypnT^
In den Gleichungen (16.) sind die folgenden Sätze aus-
gesprochen:
Satz 1. Die Subnormale ist bei der Parabel constant.
Satz 2. Die Subtangente ist bei der Parabel doppelt so
gross wie die zugehörige Absdsse.
Diese beiden Sätze fahren zu einer sehr einfEichein Construc-
tion beliebig vieler Punkte der Parabel. Beschreibt man näm-
lich um den Brennpunkt F (vergl. Fig. 66) einen Kreis mit dem
326 § 81. Anwendung auf einzelne Curven.
beliebigen Halbmesser TF= J2V = a: + 1- und macht OQ=TO,
so schneidet die Gerade, welche durch Q parallel zur Y-Axe
gezogen wird, den Kreis in zwei Punkten P und P* der Pa-
rabel. Dabei sind TP und TP* die Tangenten und PN und
PiV die Normalen in den Punkten P und P*.
Auch die Gleichungen von Tangente und Normale lassen
sich jetzt ohne Weiteres angeben. Allgemein ist die Gleichung
der Tangente
also hier
y^-y=Tx^^-^^^
y'— y = ~(^— ^),
oder
(18.) y^^ — y'^pix' — x).
Berücksichtigt man noch, dass nach Gleichung (13.)
jp- gleich 2fx ist, so geht Gleichung (18.) über in
(18a.) W=P{^'^^\
Die Gleichung der Normale ist allgemein
also hier
dx
'1:
oder
(19.) y(a:' — rr) + f{y' — y) = 0.
Aufgabe 4. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die Ellipse
(20.) J2a;2 + aY — €fih^ = 0
berechnen, (Vergl. Fig. 68.)
Auflösung. Aus Gleichung (20.) folgt durch Differentiation
2V^xdx + 2a^ydy = 0,
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
327
oder
Löst man noch die
Gleichung (20.) nach
y au^ so erhält man
Fig. es.
(22.)y=±-y55=^,
folglich wird, wenn
man nnr das obere
Vorzeichen berück-
sichtigt,
(23.)
X
dx a y^jp. — x^
(iy-+(iy=
a4 _ qIx^ + IH'^
2-r2
e^'X
a2(a2_a;2)'
(240 :z: =
a\a^ — x^) '
wobei die Excentricität der Ellipse, nämlich die Grösse y«2 — j2
mit e bezeichnet worden ist. Dies giebt.
cfe ds dx ya^ — e^^
dx öVa^ ^ ' dy dx dy hx
folglich ist
(25.) >S«=QiV=y|^=-*^, >S<= TQ = y^ = -f^=f'.
^ dx a^ ^ dy x
In der letzten Gleichung ist der folgende Satz enthalten:
Bei allen Ellipsen mit derselben grossen Axe 2a gehören zu
gleichen Ahsdssen gleiche Subtangenten.
Diesen Satz kann man anwenden, imi in dem Punkte P
einer Ellipse, auch wenn sie nicht gezeichnet vorliegt, wenn nur
die grosse Axe bekannt ist, die Tangente zu construiren.
AuflSsung. Man beschreibe über der grossen Axe als Durch-
messer einen Ereis, welcher von der Ordinate des Punktes P
in einem Punkte P getroffen wird. Legt, man nun im Punkte
P an den Kreis eine Tangente, welche die grosse Axe im
Punkte T schneiden möge, dann ist TP die gesuchte Tangente,
328
§. 81. Anwendung auf einzelne Curven.
weil der Kreis und die Ellipse für die Punkte P' und P die-
selbe Subtangente TQ haben müssen.
Femer ist
iV=PJ^=v^=*J^5^,
(26.)
dx
a'
ax
Die Gleichung der Tangente wird mit Bücksicht auf
Gleichung (21.)
oder
ah/y* — ahf^ + h^xa^ — b^x^ = 0.
Nun ist aber nach Gleichung (20.)
daher erhält man durch
Addition der beiden letz-
ten Gleichungen
V^xx* -f ahfy^ = am^^
oder l
N \A*') ^:2 +"72 — ■'■•
Fig. 60.
a
J2
Die Gleichung der
Normale wird
y'
— y = S(^'-^X
}ßx
oder
oder
(28.)
V^xy* — V^xy — cfl-yoif -|- a^xy = 0,
a^yx^ — ly^xy* — e^xy = 0.
(29.)
In ähnlicher Weise findet man für die Hyperbel (Fig. 69)
/p2 — fjfi
Sn^QN = ^^y
ü'
St^TQ^
X
§ 81. Anwendung auf dnzelne Curven.
329
(30.)
Die Gleichung der Tangente ist bei der Hjrperbel
y.^H ^2 ^2 — ^»
und die Gleichung der Normale
(32.) «V^' + b^xy' — e^a-y = 0.
Aufgabe 5. Man soll Subnoimale, Subtangente, Normale und
Tangente fflr die Sinuslinie
(33.) y = sina:
berechnen. (VergL Fig. 70.)
Fig. 70.
. Auflösung. Aus Gleichung (33.) folgt
34.)
^ = cosa:.
dx
Dies giebt
$. = — Vl + C0S2;r,
rfy C0S2: ^
deshalb wird
(36.) Sn^y-^^ sina; cosa-,
da
(87.) iV = y ^ = sina-VT+cöPr, T = y-j- = tgaryi+COSV
330
§ 81. Anwendung auf einzelne Corven.
Aufgabe 6. Man soll Subnormale, Snbtangente, Normale
und Tangente fär die ExponentiaUinie
(38.) y = ö»
berechnen. (Vergl. Fig. 71.)
Fig. 71.
Auflösung. Ans Gleichung (38.) folgt
(39.)
f^ —
ds
dx
= «*. :j: = Vr+
dx
e
i2x
dy <F^^^^ '
dies giebt
(40.) Ä»=y$=<^=y2, ^=y^=l.
dx
(41.)
Aus den Gleichungen (40.) folgt der Satz:
Die Suhtangente ist hei der ExponentiaUinie comtant,
Aufgabe 7. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die gemeine Kettenlinie
(42.)
all!
= 9V
+ «
)
berechnen. (Vergl. Fig. 72.)
Auflosung. Man kann zunächst
die Gleichung der gemeinen Ketten-
linie noch auf dne andere Form
bringen. Es ist nämlich
y2 _ «2 = ^ (ö*^ + 2 + <?" V- «^
?
0
0 X
OA^a.
= ^(.^-r^),
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
331
±yy5^i^=j(.^-.. 0.
also
(43.) ^r. - -2
Durch Addition der Gleichungen (42.) und (43.) erhält man
y ± Yy^ — ö^ = o^
X
a
oder
(44.)
X
= a\(l
Hierbei gilt das obere oder das untere Speichen, jenachdem
z positiv oder n^ativ ist.
Der Kürze wegen möge in dem Folgenden vorausgesetzt
werden, dass x positiv ist, dann findet man aus Gleichung (42.)
durch Differentiation
(45.)
|=i(.^_r^)=i>^;w=tg«.
(Ö^-+(S)^-+K^--^+«"')
2^
a
=jV"+2+«
^=i(
X
e^ + e
x\2
a
-y.
also
Dies giebt
(47.)
W
" dy Yyi _ «2
y
(48.) N=PN=y^ = ^, T=TP=y^ = -
^ ' ' dx a " dy Vyi «2
Aus Gleichung (45.) ergiebt sich die Construction der Tan-
gente in einem Curvenpunkte P, auch wenn die Curye nicht
gezeichnet vorliegt, in folgender Weise.
332
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
Man beschreibe über QP als Durchmesser einen Kreis
(Fig. 72) und trage von Q ans die Sehne QS gleich a ab, dann
ist die Gerade PS^ welche die X-Axe im Punkte T schneiden
möge, die Tangente im Punkte P, denn es wird
tg QTP = igSQP = Ig = 15!E£? = tga.
Aufgabe 9. Man soll die Gleichungen der gemeinen Cycloide
aufteilen. (Vergl. Fig. 73.)
Auflösung. Wenn ein Kreis auf einer geraden Linie rollt,
ohne zu gleiten, so beschreibt jeder Punkt der Peripherie dieses
Kreises eine gemeine Cycloide.
Um ihre Gleichungen zu bestimmen, mache man die Gerade
OX (Fig. 73), auf welcher der Kreis rollt, zur X-Axe und lege
die r-Axe durch denjenigen Punkt 0, in welchen der die Cy-
cloide erzeugende Punkt filllt, wenn der rollende Kreis in diesem
Punkte die X-Axe berührt.
Rollt der Kreis, von dieser Anfangslage ausgehend, fort,
bis sein Mittelpunkt na^h M und der erzeugende Punkt nach P
gelangt, so ist P ein Punkt der Cycloide mit den Coordinaten
(49.) OQ^x und QP=y.
Ist femer B der Berührungspunkt des Kreises um Jf , so
nennt man den Centriwinkel PMB den Walzungswinkel ; er
wird gemessen durch die Länge t des Kreisbogens, der in einem
Kreise mit dem Halbmesser 1 demselben Centriwinkel entspricht.
Wenn man also den Halbmesser des rollenden Kreises a nediit,
so ist der Bogen
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven. 333
(50.) PB = at.
Dieser Bogen muss aber der Strecke OB gleich sein, auf
welcher der Kreis fortgeroDt ist, um aus der Anfangslage in die
neue Lage zu kommen. Es ist also auch
(51.) OB = at;
femer ist
QB = PD — awit,
und deshalb
(52.) x=^OQ-OB—QB^ a{t — sint).
Da ausserdem
BM=:a und DM=acost
ist, so wird
(53.) y=QP^BD = BM— DM = a(l — cos/).
»
Aus den Gleichungen (52.) und (53.) kann man noch die
Grösse t eliminiren. Man erhält dadurch, wie in § 76 (Gleichung
(9.)) gezeigt wurde,
(54.) a; = aarc cos y M — y2at/ — y\
Bei der Untersuchung der Cydoide ist es aber bequemer,
von den beiden Gleichungen
x = a{t — sin/), y = a(l — cos/)
auszugehen.
Aufgabe 10. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die Cycloide
(55.) x = a{t — sin/), y = a(l — cos/)
berechnen. (Vergl. Fig. 73.)
Auflosung. Aus den Gleichungen (55.) folgt durch Differen-
tiation
(56.) di=a(l — cos/)rf/, dy==asin/rf/,
und daraus durch Division
dx l-cos< 2sin»
■<i)
834 § 81. Anwendung auf einzelne Curven.
oder
(57.) s='^m)=*?«'
wo a der Winkel ist, welchen die Tangente im Punkte P mit
der positiven Bichtung der X-Axe bildet.
Aus Gleichung (57.) ergiebt sich zunächst, dass
(58.) a = 90ö — |-
ist. Nun ist der Winkel PCB (Fig. 73.) als Peripheriewinkel
halb so gross wie der Centriwinkel PJfB, folglich ist
und
2^PCB^^
^ P TÄ = 90 0 — P (75 = 90 0 — 4 = a.
Verbindet man also den höchsten Punkt C des Kreises um
M mit dem erzeugenden Punkte P, so erhält man die Tangente
der Cycloide im Punkte P.
Femer ist
^^ = y'^ = <'^—^^^)^'^{^
= 2asin2(|.)ctg(|) = 2asin(|)c (|)
oder
(59.) 8n =iamit= PD= QB.
Die Normale geht also durch den Punkt £, in dem der
Kreis um Jf die X-Axe berührt.
Dieses Resultat ist schon eine Folge des vorhergehenden,
weil der Winkel CPB als Peripheriewinkel im Halbkreise ein
rechter ist, und die Normale auf der Tangente im Berührungs-
punkte senkrecht steht.
(60.) 'S^ = y^ = «(l-cos^)tg(|)
= 2asin^(|)tg(|)
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
as5
also
ds
dx
^(1)
ds ds dx
dy dx dy
COS
(0
dies giebt
(61.) iy=-p^=y^=-^;;"'-=2asm(i)
(62.) T=2'P = y^=«il:=^=2asm(|)tgQ.
rfy
COS
(ö
Aufgabe 11. Man soll die Gleichungen der gemeinen Epi-
cycloiden und Hjrpocydoiden herleiten.
Auflösung. Wenn ein Kreis mit dem Halbmesser a auf einem
festen Kreise mit dem Halbmesser na rollt, ohne zu gleiten, so
beschreibt jeder Punkt auf dem umfange des rollenden Kreises
eine gemeine Epicydoide oder Hypocydoide, jenachdem die Be-
rührung von Aussen oder von Iimen stattfindet
Findet die Berührung zunächst von Aussen statt (Fig. 74)
so mache man den Mittelpunkt
V\if 74.
0 des festen Kreises zum Null-
punkt und lege die X-Axe
durch deiyenigen Punkt A^ in
welchem der die Curve erzeu-
gende Punkt der Berührungs-
punkt der beiden Kreise wird.
Liegt dann beim Weiterrollen
des beweglichen Kreises um M
der Berührungspunkt in JS, so
nennt man Winkel
AOB = t
den Wälzungsmnkel des festen und PMB den Wälzungstoinkel
3S6 § 81. Anwendung auf einzelne Curven.
des rollenden Kreises, wobei P ein Punkt der Curve ist. Dann
wird ^ _
AB = PB,
oder, weil AB zum Centriwinkel t und zum Halbmesser na
gehört,
PB=^ÄB=:ina.t=^a.nt.
Daraus folgt, dass Winkel
PMB = rd und PCB = ^
ist. Verbindet man noch 0 mit P und bezeichnet die Strecke
OP mit r, den Winkel AOP mit y, so folgt aus dem Dreieck
OPM durch Anwendung des Sinussatzes,
(63.) OP : MP = sin OMP : sin MOP,
(64.) OP : 0 Jfef = sin 03f P : sin OPM,
oder
(63a.) r : a = sin [nf) : sin(< — y),
(64a.) r : (» + 1) a == sin(w<) : sin(n^ + ^ — tf).
Dies giebt, wenn man w + 1 mit m bezeichnet,
(65.) rsin(< — 9)) = asm(»^),
(66.) r sin (fn< — ^) = ma sin («^),
oder
(65a.) rsin^cosy — rcos^siny = asin(n<),
(66 a.) rsin(m^) cosy — rcos(m^) siny = masm(ni).
Die rechtwinkeligen Coordinaten des Punktes P sind
OQ = a; = rcosy und QP = y = rsiny,
folglich gehen die Gleichungen (65 a.) und (66 a.) über in
(67.) a:sin^ — ycos^ = asin(»^),
(68.) X sin (mt) — y cos (mQ = ma sin (nt),
also
x[m{mt) cos^ — cos(iw^) sin^] = ami{nt) [mcos^ — cos(m^)],
y [sin (mt) cost — cos(m^) sin^] = asin(w^) [wsin^ — sin(w<)],
oder, weil
sin {mi) cos t — cos (tni) sin ^ = sin {mt — ^) = sin(«^)
ist,
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
337
(69.) x:= a[tncost — cos {frU)]j
(70.) y = a[msin^ — sm(m^)].
Dies sind die Gleichungen der Epicycloiden.
In ähnlicher Weise findet man die Gleichungen der Hypo-
cycloiden. Wendet man nämlich in Figur 75 die entsprechenden
Bezeichnungen an wie in Figur 74, so findet man wieder aus dem
Dreieck OFM durch Anwendung des Sinussatzes
(71.) OP: MP=^smOMP: sin MOP,
(72.) OP : O-S/ = sin OMP : sin OPM.
In dem vorliegenden Falle Fig. ts.
ist wieder
AB=^PB,
oder
PB zrz na .t^=^ a .nt,
wenn man den Wälzungswinkel
AOB des festen Kreises mit
t bezeichnet. Der Wälzungs-
winkel PMB des rollenden
Kreises ist daher nt. Indem
man wieder OP mit r und
Winkel -4 OP mit y bezeichnet,
gehen daher die Gleichungen (71.) und (72.) über in
(71 a.) r : a = sin(n^) : sin(^ — y),
(72a.) r:{n — l)a = sin(n<) : sin(»^ — 1+ ^).
Dies giebt, wenn man in diesem Falle n — 1 mit m be-
zeichnet,
(73.) rsin(< — y) = asm(nt\
(74.)
oder
(73 a.)
(74 a.)
rsm(m^ + y) = mami(nt),
rsin^ cosy — r cos^ siny = asin(«<),
rBm(nU) cosy -f- rcos(m^) siny = wasin(»<),
also, wenn man wieder die rechtwinkeligen Cioordinaten des
Punktes P durch die Gleichungen
Stegemazm-Kiepert) Düferential-Beolmimg.
22
dsa*
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
arsin(mO + ycos(m^) = wasin(n^),
X = rcoB% y = rsiny
einfuhrt,
(75.)
(76.)
also
x\wi{int) cos^ + cos {mt) sin^] = asm(«^)[mcos^ + cos(m^)],
y[sm(wi^)cos^+cos(m^)sm^] = asin(n^)[wism^ — sin(m^)],
oder weil
sin(m<)cos^+ cos(m<)sin^ = sin(m + 1)^ = sm(»<)
ist,
(77.) a; = a [mcos ^ + cos(m<)],
(78.) y = a [msin ^ — sin {m()\.
Ein besonderer Fall der Epicycloiden ist die Cardioide
(vergl. Fig. 76), deren Oleichungen man aus den Gleichungen
(69.) und (70.) erhält, indem man n = l, also m = 2 setzt.
Dies giebt
(79.) X = a[2cos^ — COS (2/)],
(80.) y = a [2 sin< — sin (2 1)].
Der feste und der rollende Ereis haben in diesem Falle
denselben Halbmesser a.
Fig. 76.
Fig. 77.
Ein besonderer Fall der Hypocychiden ist die Astroide (vei^l.
Fig. 77), deren Gleichungen man aus den Gleichungen (77.) und
(78.) erhält, indem man n = 4, also m = 3 setzt. Dies giebt
§ 81. Anwendung aut' einzelne Corven. 339
(81.) a: = a[3C0S^ + C0S(3^)],
(82.) y = a[3sin^ — sin(30]•
Da bekanntlich
cos (3^ = 4 cos3/ — 3 cos ty
sin(30 = 3sin^ — 4sm3^
ist, so gehen die Gleichungen (81.) und (82.) über in
(81a.) ar = 4 a cos^^, (82 a.) y = 4 a sin'^.
Aufgabe 1^. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die Epicydoide
(83.) X = a[mcos^ — cos{mt)], y = a[msin< — sin(fn^]
berechnen. (Vergl. Fig. 74.)
AuflSsung. Aus den Gleichungen (83.) erhält man durch
Differentiation, wenn man m+ l = n + 2 mit l bezeichnet,
(84.) dx = fna[ — sin^ + sin(w^)] dt = 2masinf ^jcosf - j dt,
(85.) dy = ma[ci9S^ — C0S(w^)]c?^ = 2masinf ^jsin(-jeß,
und daraus durch Division
(86.) |=.s. = tg(D=m+,)
oder, wenn man mit h eine ganze Zahl bezeichnet,
nt
(86a.) a=-y + t±h7t.
Daraus folgt, dass die Gerade PC, welche die X-Axe im
Punkte T schneiden möge, Tangente der Ourve im Punkte P
ist, denn Winkel NTC ist als Aussenwinkel des Dreiecks TCO
gleich Winkel
nf
TCO+ COT=^ + t,
also gleich a. Da der Winkel CPB als Winkel im Halbkreise
ein rechter ist, so muss PB die Normale im Punkte P sein.
Dies giebt den Satz:
Die Tangente im Curvenpunite P schneidet den rollenden
Kreis zum zweiten Male in einem Punkte (7, welcher mit dem
22*
340 § 81. Anwendung auf einzelne Curven.
BerührunffSpunkte B auf einem Durchmesser liegt; oder die
Normale des Punktes P geht durch den Punkt Bj in welchem
der rollende Kreis den festen Kreis berührt.
(87.) ». = ,|=,t,(D. « = i,| = j,cm);
also
. ds 1 ds ds^ dx 1
^^ ' di "" 7ä\' '^~ dx"dy~ ~~ß\
folglich wird
= «^ = _JL_, T = y^= y .
(2) ^^k)
(89.) iV=y^ = -^, T^y^
cos' * ^
Aufgabe 13. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente für die Hypocycloiden
(90.) X = a[fncos / + cos(w^)], y = a [wsin ^ — sin(w^)]
berechnen. (Vergl. Fig. 75.)
Auflösung. Aus den Gleichungen (90.) erhält man durch
Differentiation, wenn man hier m — 1 = « — 2 mit / bezeichnet,
(91.) di=ma[— sin ^ — Wi{mt)\dt == — 2wasinf ^jcos^- jrf^,
(92.) dy = ma [cos t — COS (mt)] dt=^2ma sin ( ~ jsinf — j* ,
und daraus durch Division
(,3.) |=.,. = _m)=_m_,)
oder, abgesehen von einem Vielfachen von tt,
(93a.) a = TT — — + t, oder -^ — ^ = tt — a.
Daraus folgt, dass die Gerade PC, welche die X-Axe im
Punkte T schneiden möge, Tangente der Curve im Punkte P
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven. 341
ist, denn der Dreiecks^^inkel CTO ist gleich dem Anssenwinkel
TOB ( oder — j> weniger dem anderen Dreieckswinkel CO T
(oder t\ also
fit
CTO^^ — t^zn^a.
Da dei- Winkel CPB als Winkel im Halbkreis ein rechter
ist, so muss PB die Normale im Punkte P sein.
Man erhält daher hier denselben Satz wie bei der Epi-
cycloide.
(94.) Sn = y% yü(^ St = yf^ = -y^^;
also
^^^•^ di^ 7lf{ ^= +
/lt\ dy ' . /lt\
"^k) ^(2)
wobei das Vorzeichen dadurch bestimmt ist, dass s für kleine
Werthe von t zunimmt, während x abnimmt, dass also dx und
ds entgegengesetztes Zeichen haben. Dies giebt
(96.) iV=y^ = y—, T = y^=-y--
^(2) ^(2)
Für die Jstroide wird
» = 4, w = 3, / = 2,
also
(97.)
Idy
-^=:—tgt, Sn=:—ytgt, St = —yctgt,
dx
cos^ sin^
Aufgabe 14. Man soll die Gleichungen der Kreisevolvente
herleiten. (Vergl. Fig. 78.)
342
§ 81. Anwendung auf einzelne Curven.
Auflösung. Die Kreisevolvente enteteht durch Abmckelnng
eines Fadens von einem Ej*eise, wobei der Endpunkt des ge-
spannten Fadens die Curve durchläuft. Es sei JS der Punkt,
Fig. 78. in welchem der Faden
den Ej'eis verlässt, dann
ist der gespannte Faden
BP die Tangente des
Ej'eises im Punkte B^ und
es wird die Gerade
BP—BA = at,
wenn A der Endpunkt des
au%ewickelten Fadens,
a der Halbmesser des
Kreises und t der Winkel
AOB ist. Diesen Winkel nennt man auch hier den Wälzung s-
loinkeL
Macht man den Mttelpunkt 0 des Kreises zum An£angs-
punkt der Coordinaten, legt die X-Axe durch den Punkt Ä und
zieht durch B die Gerade BC parallel zur F-Axe und durch
P die Gerade PD parallel zur X-Axe, so wird
OQ = x=ÖC+ CQ= OC+DP,
QPz=y=CB — DB,
oder, weil auch Winkel DBP gleich t ist,
(98.) X = a(cos< + ^sin^), y = a(sin^ — ^cos^).
Aufgabe 15. Man soll die Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente der Kreisevolvente berechnen. (VergL Fig. 78.)
AuflSsung. Aus den Gleichungen der Kreisevolvente, näm-
lich aus den Gleichungen (98.) folgt
(99.) dx = atiM&tdt^ dy = at^mtdtj
und daraus durch Division
(100.)
^=:tfira =
dx
tga = tg^.
Dies giebt den Satz: Die Tangente TP im Curvenpunkte
P ist dem entsprechenden Kreishalbmesser OB parallel^ und der
§ 82. Asymptoten einer Curve. 343
den Kreis im Punkte B berührende Faden BP ist Normale der
Kreisevolvente, Ferner wird
(101.) (|Y = 1 + tg^ = _!-,, 1=0.,
(102.)
ds ^ds dx ^ 1 COS< _ 1
dy^dx rfy ~ cos^* sm^"" sin^'
(103.) Sn=QNz= ytgt, St—TQ — yctgt,
(104.) N^PN = '^^ T=TP = ^,^
§82.
Asymptoten einer Curve.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 102.)
Erklärung. Eine Tangente, deren Bertihrangspunkt unend-
lich fem liegt, heisst eine Asymptote der Curve.
In diesem Falle ist die Formel Nr. 95 der Tabelle, welche
die Gleichung der Tangente angiebt, nämlich
nicht mehr anwendbar, weil die Differentiation dann nicht mehr
ausgeführt werden kann, denn x und y (oder wenigstens die
eine von diesen beiden Grössen) werden unendlich gross. Da-
gegen führen die folgenden algebraischen Untersuchungen zum
Ziele.
Es sei
(1.) f(x) = oa;* -f- «lÄ^-i 4- a2a;*-2 -f- . . . + a^^^ x + a„,
dann wird in der Algebra gezeigt, dass es einen (reellen oder
complexen*)) Werth von x geben muss — er heisse x^ — , für
welchen f{x) = 0 wird, wobei man x^ eine Wurzel der Gleichung
/(a;) = 0 nennt. Es gilt also
Satz 1. Jede algebraische Gleichung besitzt eine Wurzel.
*) Unter einer complexen Grösse versteht man eine Zahl von der
Form a + by^^.
344 § 82. Asymptoten einer Curve.
Ist a?i eine Wurzel der Gleichung f{x) = 0, so wird
Subtaraürt man die Gleichungen (1.) und (2.) von einander,
so erhalt man
oder -nach Formel Nr. 12 der Tabelle
(3 a.) f(x) ^[x — x^) [a(a^i + x^x"'-'^ + x^'^x"'-^ + ... + x^""-^)
+ öj {a^^ + :ria:'*-3 + Xi^x""^ + . . . + a:i*»-2)
+
Bezeichnet man die ganze rationale Function {n — 1)*«**
Grades in der eckigen Klammer mifi{x\ so wird daher
wobei
Damit ist der folgende Satz bewiesen:
Satz 2. /.s< x^ eine Wurzel der Gleichung f{x) = 0, so ist
f{x) durch den Factor x — x^ ohne Rest theilbar.
Nach Satz 1 hat jetzt auch die Gleichung (n — 1)**^
Grades /i (a;) = 0 eine Wurzel, die X2 heissen möge; dann ist
nach Satz 2
(5.) /i {x) =z(x — X2)f2 (X) ,
wobei
eine ganze rationale Function {n — 2)**** Grades ist. Ebenso
findet man die Gleichungen
(6.) /j {x) = (x—x^)f^ (x) = {x—x^)iax'"-^+d^af"^ + . . . + c?n-3),
(7.) fz («) = (^ — ^4)/4 (^) = (^— a?4) (ö^**^ + e^x""-^ + • . . + ^n-4),
(8.) /»-2(«) = {X — Xn^\)fn-\ (x) = {x — Xfir-i) {OX + A),
k
(9.) fn-\{x) = a{x — :rn), wobei a;« = — -
§ 82. Asymptoten einer Curve. 345
ist. Multiplicirt man die Gleichungen (4.) bis (9.) mit einander
und hebt die Factoren
auf beiden Seiten fort, so erhält man
(10.) f{x) ss:a(x X^)(X X2)(x X^) . . . (x Xn).
Daraus folgen die Sätze:
Satz 3. Jede ganze rationale Function n**^ Orades läset
eich in n lineare Factoren (d. h. Factoren ersten Grades) zer-
legen.
Satz 4. Jede Gleichung w**** Grades hat genau n Wurzeln.
Aus Gleichung (10.) ersieht man nämlich, dass f{x) = 0
wird für die n Werthe
X ^~" Xa • X — ^ Xty . X — M/ß. • • • X ^^ Xfi»
und dass f{x) für keinen anderen Werth von x verschwinden
kann. Denn wäre f{x) = 0 für ar = iCn+i, wobei Xn^\ von x^^ x^,
x^j...xn verschieden sein soll, so würde aus Gleichung (10.) folgen
(11.) a(Xn^i X^) (Xn^l — X2) (Xn-^-i — ^^3) • • • (^n+l — ^n) = 0.
Dies ist aber ein Widerspruch, denn nach Voraussetzung
sind sämmtliche Factoren dieses Productes von 0 verschieden.
Lässt man die Voraussetzung a ^ 0 fort, so folgt aus der
Gleichung (11.), dass a = 0 sein muss, und dass sich/(a:) auf
eine rationale ganze Function {n — 1)^*" Grades
a^x^-^ + a^x^"^ + . . . + öfn-i X + an
reducirt, welche fär mehr als n — 1 Werthe von x verschwindet
Daraus würde man wieder schliessen, dass auch «1 = 0 seii^
muss. Indem man diesen Schluss wiederholt, findet man
Satz 5. Verschvnndet die ganze rationale tknction n*^
Chrades
f(x) = ax*" + a^x""'^ + . . . + «n-ia: + »n
für mehr als n verschiedene .Werthe von x, so müssen sämmt-
liche Coefßdenten a, a^, ^9 • • • (^n-u ^n gleich 0 sein.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass unter den t) Wurzeln x^^
X2,... Xn einer Gleichung n^^ Grades auch etliche einander
gleich sind. Ist z. B. x^ = x^, so wird nach dem Vorstehenden
846 § 82. Asymptoten einer Curve.
(12.) f{x) = [x — x,)^Mx),
(13.) fix) = 2 (^ - x,)f^ {x) + (x — x,Yf'i{x)
= {x — Xi) [2/2 {x) + {x — a:i)/'2(a;)] = {x—Xi)^{z),
d. h. x^ ist dann aach eine Wurzel der Gleichung
fix) = 0.
Dieses Besultat kann man noch yerallgemeinem. Ist x,
eine a-&che Wurzel von/(a;) = 0, ist also
X\ — •C2 ""~ »^3 "~ • • • —— «2/0;)
SO wird nach dem Vorstehenden
(14.) f{x) = {x-x,Yfa{x\
(15.) /' {x) = a{x — x,)^^fa {x) + {x — x^) «/'„ {x)
^{X- X.y-^ [afa{x) + {X- X,)ra{x)\
^{x — x^Y-^g>{x).
Dies giebt
Satz 6. Ist x^ eine a-ftushe Wurzel der Okichung f{x)^=^0^
so ist Xi eine (a — 1) 'fache Wurzel der Gleichung f*{x) = 0,
eine (a — 2) -fache Wurzel der Gleichung /"(a;) = 0, . . . und
eine einfache Wurzel der Gleichung f^^-^^{x)-=^^.
Ein besonderer Fall hiervon ist der, dass
wird, dann reducirt sich die Gleichung w^** Grades auf
(16.) f{x) — ax^ + a^sf"^ + . . . + On-«^« = 0
und hat die «-fache Wurzel ä = 0.
Setzt man « = 7, so geht die Gleichung /(^r) = 0 über in
oder, wenn man die ganze Gleichung mit ^ multipUcirt, in
(17.) anf + «n-i^-^ + ... + a^t+a^O.
Jeder Wurzel ^« dieser Gleichung entspricht eine Wurzel
xa = — der Gleichung f(x) = 0. Wenn nun
a = 0, «1 = 0, «2 = 0,... a«-! = 0
§ 82. Asjmaptoten einer Curve. 347
ist, so reducirt sich Gleichung (17.) auf
(17 a.) «H.^ + «n-i ^'»-^ + . . . + ««<** = 0
und hat die «-fache Wurzel ^ = 0, folglich werden in diesem
Falle «Wurzeln der Gleichung /(ar) = 0 unendlich gross.
Die Bestimmung der . Asymptoten einer Curve mit der
Gleichung
(18.) F{x, y) = 0
möge nun auf den Fall beschränkt werden, wo F(xj y) eine
ganze rationale Function n***^ Grades ist. Dann beachte man
zunächst, dass die Asymptote eine gerade Linie ist, deren
Gleichung die Form
(19.) Aa^ + By' + C=0
haben muss. Ist f < 0, so erhält man hieraus
(19 a.) y' = mx' + (a^
und ist .4<0, so erhält man
(19b.) x' = ly' + X,
wobei
(20.) ^ = -5' ^--A = m
ist. Wird -B = 0, so ist die Gerade parallel zur F-Axe und
hat die Gleichung
x' = X,
während die Gleichung (19 a.) nicht benutzt werden kann. Wird
^ == 0, so ist die Gerade parallel zur X-Axe und hat die
Gleichung
y' = /*,
während die Gleichung (19 b.) nicht benutzt werden kann.
Damit die Gerade (19 a.) oder (19 b.) durch den Curven-
punkt P mit den Coordinaten x und y hindurchgeht, muss
y = mx + [i und x = ly + X,
oder
(21.) m = y-^ und / = i-^
XX y y
348 § 82. Asymptoten einer Ourve.
sein, wobei zunächst angenommen ist, dass der Punkt P im
Endlichen liegt. Eückt aber P in's Unendliche, so wird
(2la.) »» = lim(|-^)=M(|) .
(21b.) /=lim('---)=lim('-\
Um nun die Grössen lim(- j bezw. lim(- j zu berechnen,
beachte man, das x und y die Coordinaten eines CiK^ri^^/^punktes
sind, dass man diese Grössen also aus der GMchung der Curve,
nämlich aus
F{x,y) = 0
berechnen muss. Zu diesem Zwecke ordne man F{x^ y) so, dass
(22.) F{x,y) = Z7„ + CTn-i + . . . + Z7i + CTo = 0
wird, wobei
alle Glieder der «^^ Dimension,
alle Glieder der {n — 1)**** Dimension,
ÜJ = Äy + i^x
die Glieder der ersten Dimension enthält, und Uq eine Constante ist.
Dividirt man jetzt die Gleichung (22.) durch af^, so wird
w 5= <!)"+ ».(ir+<ir+-+-<i)+ «•
nur noch von ~ abhängig sein. Dagegen wird
(-) %-'= J[<r + Kr + Kr +-+h-
Lässt man jetzt x unendlich gross werden, so ist
lim(|)=«»,
und wenn m -eine endliche Grösse ist,
lim%l = 0.
i
§ 82. Asymptoten einer Curve. 349
Ebenso werden die Grössen lim— ^,... lim— ^, lim—?
gleich Oy so dass sich die Gleichung (22.) bei der Ausführung
der angegebnen Operationen auf
(25.) lim -^ = aw» + aiin*"^ + «2*'»**""^ + • • • +an-im + an = 0
x^
reducirt.
Die n Wurzehi dieser Gleichung entsprechen n Eichtungen,
in denen unendlich ferne Punkte der Curve liegen.
Eine Curve nf^ Grades hat daher n unendlich ferne Punkte
und deshalb auch n Asymptoten, von denen aber einige imaginär
sein könneny dem Umstände entsprechend, dass die Gleichung (25.)
imaginäre Wurzeln haben kann.
Wenn in Gleichung (25.) der Coefficient von »»•», nämlich
flf, gleich 0 wird, so reducirt sich der Grad der Gleichung (25.)
und somit auch die Anzahl ihrer Wurzehi, nicht aber die An-
zahl der Asymptoten. Es wurde ja schon vorher darauf hinge-
wiesen^ dass die Gleichungsform
y* = mx* + /i*
für die Asymptote nicht immer verwendbar sei. Dieser Fall
tritt ein, wenn a gleich 0 ist.
Dividirt man nämlich die Gleichung (22.) durch y*, lässt
dann y unendlich gross werden und beachtet, dass üm(-j = /
ist, so erhält man •
Wird jetzt a gleich 0, so hat diese Gleichung die Wurzel
m '
und die entsprechende Asymptote steht auf der X-Axe senk-
recht. Ist auch a^ gleich 0, so lässt sich in Gleichung (26.)
auf der linken Seite der Factor /^ abtrennen, d. h. die Gleichung
hat die Wurzel
/=0
350 § 82. Asymptoten einer Ourve.
zwei Mal, so dass zwei Asymptoten auf der X-Axe senkrecht
stehen. XJ. s. w.
Nachdem man ans der Gleichung (25.) einen Werth von
m (oder ans der Gleichnng (26.) einen Werth von l) bestimmt
hat, kennt man erst die Richtung der Asymptote
y* = fnx' + gi;
nm ihre Lage vollständig zu erhalten, mnss man noch den zu-
gehörigen Werth von [ju (bezw. X) an&nchen.
Zu diesem Zwecke bestimme man die Punkte, in denen die
Curve von der Geraden geschnitten wird. Für die Coordinaten
eines solchen Punktes gelten die Gleichungen
F(xj y) = 0 und y^r^mz + fA
gemeinschaftlich, also auch die Gleichung
(27.) F(x, mx + fjL) = 0.
Diese Gleichung enthält nur noch die eine unbekannte x
und lässt sich, da sie höchstens vom n*^ Grade ist, auf die Form
(27 a.) F(x,mx + /i*) = Fa:« + V^a^-^ + V,^-^ + . . .
bringen. Wie die Coeflftcienten F, Fj , F^ , . . . gebildet sind,
ergiebt sich aus der Betrachtung der Ausdrucke
17n(a;, mx + ^), TJ^xix^ mx + ^), Un^i{x, ma: + /i*), . . . ,
in welche die Grössen ?7„, CT^-i, U,^i , . . . übergehen, wenn man
y gleich mx + ii einsetzt. Es ist nämlich
Un{x^ mx + (a) =
a(mx + fj^y + a^x{mx + ^)*»-"i + . . . + an^^x^"^ (mx + /t*)+ö^n^
= (am^ + a^m*^-^ + . . . + On^im + a«)a?"
+ fjt [nam**-^ + {n — 1) a^m*^"'^ + . . . + 2an-2»» + «n-ila^""^
+
J7n-i (a?, mx + [i)=i
h{mx + iaY"^ + hYx{mx + iif"^ + . . . + hn-isf^^^{mx + fi)
= (Jm'»-^ + iim*-2 + . . . + J„_2»» + in-l)iC**~^ +
Daraus folgt
(28.) F= am** + a^m^^^ + • • • + an-\fn + «•*,
§ 82, Asymptoten einer Curve. 351
(29.) Fi = filnam"^^ + (n — l) a^m*"^ + . . . + a»-i]
+ {bm^-^ + h^m^-'^ + . . . + in-am + Jn-i),
Da nuib der Werth von m bereits so bestimmt ist, dass
Gleichung (25.) befriedigt wird, so ist schon deshalb
r=o,
d. h. die Gleichung (27 a.), nämlich die Gleichung
hat bereits eine Wurzel
oder mit anderen Worten, die Gerade
y* = mx* + f*
geht bereits durch einen unendlich fernen Punkt der Curve,
welchen Werth auch ii haben mag.
Damit sie aber die Curve in diesem Punkte berührt, muss
man ^i so bestimmen, dass auch noch eine zweite Wurzel der
Gleichung (27 a.) unendlich gross wird. Dies geschieht, wenn man
(30.) Fl = 0
macht, indem man
^ *^ ^ ^ nam''-^ + (» — \)a^m^'-'^ + . . . + «n-i
setzt.
Die Eegel, welche sich aus dieser Untersuchung für die
Behandlung von Beispielen ergiebt, ist daher folgende:
Man dividirt Vn durch x"" und erhält dadurch, dass man
UmT— ) gleich m setzt, die Gleichung (25.), nämlich
lim-~ = am^ + a^;»**-* + a^m^-'^ + . . . + «n-i»» + «n = 0.
X
Ist m eine Wurzel dieser Gleichung, so setzt many=ma:+/i*
in die Gleichung
F{x,y) = 0
ein , von der man aber nur die Glieder 17» + D^i braucht,
dividirt durch x'^"^ und lässt dann x unendlich gross werden.
352 § 82. Asymptoten einer Ourve.
Dies giebt eine Gleichung ersten Grades für die Bestimmung
von lA.
Man hätte auch x mit y und in Folge dessen m mit l und
fi mit X vertauschen können, um die Gleichung der Asymptoten
in der Form
zu erhalten. Diese Vertauschung ist sogar nothwendig, wenn
eine oder mehrere Asymptoten der F-Axe parallel sind, d. h. wenn
flf == 0, «1=0,....
Eine Modiflcation der gegebenen Regel tritt nur ein, wenn
die Gleichung (25.)9 nämlich
f{m) = am» + öim"-^ + a^m''-^ -f . . . + «n-i i» + «« = 0,
gleiche Wurzeln hat, d. h. wenn unter den Asymptoten etliche
zu einander parallel sind; dann wird nach den vorstehenden
Sätzen aus der Algebra auch
f'(m) = «a7»«-^+(«— l)aim«-2+(»— 2)a2W»-3 + ..- + an-i=0.
Der Werth von f* ist deshalb entweder nach Gleichung
(31.) unendlich, d. h. die zugehörigen Asymptoten rücken in's
IFnendliche, oder es wird auch
In diesem Falle wird Fj gleich 0 für jeden beliebigen Werth
von fjb, so dass man den Werth (oder vielmehi^ die beiden
Werthe) von fi erhält, indem man
^2 = 0
setzt. Ist auch V2 für jeden Werth von f* gleich 0, und gilt
dasselbe für Fg, . . . Fa-i (nicht aber für F«), beginnt also die
Entwickelung von F{x, mx + fjt) nach fallenden Potenzen von x
mit FjjX*^«, so bestimme man [ju so, dass auch
F« = 0
wird. Dies ist dann eine Gleichung a*®» Grades von /i*, dem
Umstände entsprechend, dass a Werthe von m einander gleich
sind, die aber zu a verschiedenen (zu einander parallelen)
Asymptoten gehören.
Am besten wird der Anfanger diese Angaben durch die
Ausfährung an einigen hier folgenden Beispielen verstehen.
§ 83. Anwendungeii auf einzelne Ourven.
353
§ 83.
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll die Asymptoten der Hypt
(1.) V^x^ — ahP' — aW = 0
bestimmen. (Vergl. Mg. 79.)
Auflösung. Hier ist n gleich 2 und
(2.)
(2 a.)
also
(3.)
X'
U.
X'
= J2
«'©
Umii| = J2 — «2^2=0,
5 = 00 ^
a
JPig. 79.
Die Gleichung der einen
Asymptote ist daher
(4.)
y' = ~^' + ^.
Um auch noch den Werfli
von [b zu bestimmen, setze man y
gleich - a; + ^ in die Gleichung (1.) ein.
a
Dadurch erhält man
J2a.2 _ J2a:2 — ^dblbX — «2^2 _ a2j2 — Q,
und wenn man durch x dividirt,
(5.)
— 2a5/i* —
«2^2 + ^2J2
X
= a
Lässt man jetzt x unendlich gross werden, so folgt hieraus
(6.) — 2aJffr = 0, oder ffr = 0.
Die Gleichung der ersten Asymptote ist daher
(7.) y' = *^';
a
ebenso findet man für die zweite Asymptote die Gleichung
(8.) y' = --a:'.
a
Stegexnaxm- Kiepert, Bifferential-Beclmang.
23
354: § 83. Anweaiduiigen auf einzelne Ourven.
Aufgabe 2. Man soll die Asymptoten der Parabel
(9.) y2 — 2pa; = 0
bestimmen.
Auflösung. Hier ist wieder n = 2 und
(10.) ^ = ^' lim^ = m* = 0,
also
(11.) f»i = 0, ^ = 0.
Für beide Asymptoten findet man eine Gleichnng von der
Form
(12.) y' = /*;
Um die zugehörigen Werthe von /ü zu finden, setzt man
y = /i in die Gleichung (9.) ein und erhält
(13.) ffi = 2px^ f*i = + ySpi, /*2 = — K2p^.
Lässt man jetzt x in's Unbegrenzte wachsen, so wachsen
auch f^i und ^^2 in's Unbegrenzte, d. h. die beiden Asymptoten
rücken in's Unendliche.
Aufgabe 3. Man soll die Asymptoten der Curve
(U.) «3 + y3_3aÄy = 0
bestimmen. (VergL Fig. 80.)
Auflösung. Bei dieser Curve, welche man FoKum Cartesü
nennt, ist n gleich 3 und
(15.) 5'=^- + ©'
(15a.) lim^ = l+«»» = (l + »»)(l— »» + m!«) = 0,
also
l + iVE l—iVE
mi= — 1, W2= — ^^— J f»3= — ^-^—
Die beiden imaginären Werthe von m brauchen nicht be-
rücksichtigt zu werden ; die einzige reelle Asymptote erhält man,
wenn man m gleich — 1 setzt. Dadurch wird
§ 83. Anwendungen auf einzelne Curven.
355
und die Gleichung (14.) geht für diesen Werth von y über in
(16.) ^lAX^ — Sgi^x + gi^ + Sax*^ — Safjbx = 0.
Indem man diese Gleichung durch x^ dividirt, findet man
3/1* + Sa ^ r- + T5 = 0.
X
X
X'
Wenn jetzt x unendlich gross
wird; so erhält man
(17.) 3/1* + 3a = 0,
oder
Die Gleichung der reellen
Asymptote ist daher
(18.) y'^ — x* — a,
oder
(18a.) x' + y' + a^O.
Aufgabe 4. Man soll die Asymptoten der Curve
(19.) x^ — 3ay2 _ a3 = 0
bestimmen. (Vergl. Fig. 81.)
Auflösung. Hier ist n gleich 3 und
U^ ^ x^ — Sxy^ = 1 - 3 r^ Y »
x^ x^ \x/
also
(20.)
lim^ = l — 3m2 = o, m—±~
x^ ' |/3
Da m die Tangente des Winkels a ist, den die Gerade
y = mx + fl
mit der positiven Richtung der X-Axe bildet, und da
1
tg30<> =
n
ist, so bilden die beiden Asymptoten, welche den gefundenen
Werthen von m entsprechen, bezw. die Winkel +30® und — 30®
mit der positiven Richtung der X-Axe.
23*
866
§ 83. AnTvendimgeni auf einzelne Cnrven.
Setzt man nun
in die Gleichung (19.) ein, so findet man
(21.) x^ — x^ — 2a: V Yz — ^x^Jk^ — a^ = 0,
oder
Wenn jetzt x unendlich gross wird, so folgt hieraus
(22.) — 2ii*y3 = 0, oder iii = 0.
Die erste Asymptote hat daher die Gleichung
(23.) y'l/3==n;'.
Ebenso findet man für die zweite Asymptote die Gleichung
(24.) y']/3 = — «'.
um noch die dritte Asymptote zu erhalten, bilde man
U^ ^ x^ — %xy^ - /"£ Y _ 8 (^
y3 yS \y) \y)
Dies giebt
(25.)
lim^' = /3 — 3/==0.
y3
(26.)
Die drei Wurzefai dieser Gleichung sind
/=: + y3, / = — 1/3, 1=0.
^•^ Wie man ohne Weiteres
Y erkennt, führen die beiden ersten
Werthe auf die schon bekann-
ten Asymptoten; dagegen liefert
/ = 0 eine dritte Asymptote.
Man muss daher
a; = i
in die Gleichung (19.) einsetzen
und erhält dadurch
^3 _ 3Ay2 _ ^3 = 0,
oder
l,_3;i_lL=:0.
r
T
§ 83. Anweaadungen auf eiiusßlne Cunren. 357
LSast man jetzt y unendlich gross werden, so folgt hieraus,
dass
(27.) A = 0
wird, und dass die dritte Asymptote die Gleichung
(28.) x' = 0
hat. Dies ist aber die Gleichung der F-Axe.
Aufgabe 5. Man soll die Asymptoten der Curve
(29.) x(x^ — a2) — 2y(y2 — a^) — Sxy^ — a^ = 0
bestimmen. (Vergl. Fig. 82.)
AuflSsung. Hier ist wieder n gleich 3 und
U, ^ x^-2y^-3ay^ ^ ^ ^/yy ^ /yy
x^ x^ \x/ \x/
also
(30.) lim -| = 1 — 3m2 — 2m3 = (1 + m) (1 + m) (1 — 2m) = 0.
Die 3 Wurzeh dieser Gleichung sind daher
(31.) ^1= — 1, w, = — 1, »15 = + -.
Bei dieser Curve findet man zwei parallele Asymptoten,
weil zwei Werthe von m einander gleich sind, um die zuge-
hörigen Werthe von /a zu finden, setze man
y = —x + fi
in die Gleichung (29.) ein. Dadurch erhSlt man
x(x^^ä^)+2{x''fA)(x^- 2A*a;+ A*2-a2)^ Sxiafl" 2fttr+A*^) - a»= 0,
oder
(32.) (— 3a2 + 3a*2) ^j _ 2^3 + 2a V — a» = 0.
Indem man diese Gleichung durch x dividirt und x dann
unendlich gross werden lässt, findet man
(33.) — 3fl2 + 3^2 = 0, oder /i* = ± a.
Die beiden entsprechenden Asymptoten haben daher die
Gleichungen
(34.) y' = — a:' + a und y* = — x* — a.
358 § 83. Anwendungen auf einzelne Curven.
Für die dritte Asymptote hat man
1 .
in die Gleichung (29.) einzusetzen. Dadurch erhält man
(35.)
Indem man diese Gleichung
durch x^ dividirt und dann x
unendlich gross werden lässt,
findet man
(36.) /* = 0,
so dass die dritte Asymptote
-^die Gleichung
(37.) 2y' = a^
besitzt.
Aufgabe 6. Man soll die
Asymptoten der Curve
(38.) xy^ — x + 2y'-l = 0
bestimmen. (Vergl. Fig. 83.)
Auflösung. Hier ist wieder n = 3 und
x^ \xj
lim— 1=^2 = 0, mi = 0, ^2 = 0, m^ = <x).
x^
Die Gleichungen der
drei Asymptoten haben
daher die Form
(39.) y' = ^1, y' = f*2,
x'^L
Dabei findet man (ii
'^ und /ii2> indem man y=/t*
in die Gleichung (38.) ein-
setzt. Dies giebt
a:/i2_a: + 2/i*— 1 = 0,
oder
§ 83. Anwendungen auf einzelne Chirven.
359
X
und für lim Ä = 00
(40.) /i*2 = 1,
(41.) f^i = + 1, /*2 = — 1.
Ebenso findet man A, indem man a: = A in die Gleichung
der Curve einsetzt. Dadurch erhält man
(42.) iy2_i + 2y— 1 = 0, oder A + ^ — ^^ = 0,
und für lim y = 00
(43.) A = 0.
Die Gleichungen der drei Asymptoten sind daher
(44.) • y = + l, y' = — 1, ^' = 0.
Aufgabe 7. Man soll die Asymptoten der Curve
(45.) xy*^ + xhf — a^ = 0 ^ig, 84.
bestimmen. (Vergl. Kg. 84.)
Auflösung. In ähnlicher
Weise wie bei den vorher-
gehenden Aufgaben findet man
hier drei Asymptoten mit den
Gleichungen
(46.)
|y' = o, y' =
l a:' = 0.
= — X'
Aufgabe 8. Man soll die
Asymptoten der Curve
(47.) ;r3 + :ry2_aÄ;2 + ay2 = 0
bestimmen. (Vergl. Fig. 85.)
Auflösung. Hier werden zwei Asymptoten imaginär, weil
aus der Gleichung
lim 5 = lim (l + g) = 1 + m2 = 0
folgt, dass
m^ = + i, ^2 = ^ e, W3 = 00
360
§ 83. Anwendnngea auf dnzelne Corven.
Fiff. 86.
wird. Die dritte Asymptote ist reell
und steht auf der X-Axe senkrecht.
Dabei findet man ans Gleichung (47.),
indan man x = l setzt,
;t3 + Ay2 — aX^ + ay^ = 0,
oder
i3 _ aX^
X + a + -
T
= 0.
Dies giebt für lim y = oo
(48.) A = — a;
die einzige reelle Asymptote hat daher die Gleichung
(49.) z* + a^0.
Die Gleichung (47.) kann man auf die Form
(50.)
, xY^fl^
y=±
X'
a + X
bringen, woraus man erkennt, dass die X-Axe eine Symmetrie-
Axe der Curve ist, und dass die Curve zwischen der Asymptote
x' = — a und der Geraden x' ^ + a Hegt. Aus
dy . «2 — (IX — ^2
(51.)
dx {a + x)ya^ — x^
==tga
folgt, indem man x = o setzt, dass die beiden Tangenten im
Nullpunkte die Winkel + 45<^ und — 45® mit der positiven
Richtung der X-Axe bilden.
Aufgabe 9. Man soll die Gleichung der Cissoide des DioAles
bestimmen. (Yergl. Fig. 86.)
Auflösung. Die Cissoide des Diokles entsteht, indem man
an eüien Ereis mit dem Halbmesser a zwei parallele Tangenten
mit den Berfihrungspunkten 0 und A legt, von 0 aus eine be-
liebige Secante zieht, welche den Ereis zum zweiten Male im
Punkte C und die andere Tangente im Punkte B schneiden möge,
und von B aus die Sehne OC rückwärts auf der Secante ab-
trägt, so dass
PB=OC
wird, dann ist P ein Punkt der Cissoide.
§ 83. Anwendungen auf ein2selne Curven.
861
Bezeichnet man den Winkel AOP
mit q> und die Strecke OP mit r, so
findet man aus den rechtwinkligen
Dreiecken OÄB und OCÄ
Fig. ae.
(52.)
also
(53.)
oder
(53 a.)
0B = j OC=2acosg),
cosy ^'
OP=r—OB—OC
= (1 — COS^O)),
cosg)^ ^^'
_ 2asin^y
coS9>
Daraus folgt, da
OQ = rcos9), QP=rsüi9)
ist,
(54.) ;r = 2«smV, y = ^^-
Indem man aus diesen beiden
Gleichungen q> eliminirt, erhält man
(55.) x^ + xy*^ — 2ay^ = 0.
Aufgabe 10. Man soll die Asymptoten der Cüssoide bestimmen.
AuflSsung. Schon aus der Entstehung der Cissoide ergiebt
sich, dass die Ereistangente AB (veigl. Fig. 86) eine Asymptote
der Cissoide sein muss. Dasselbe Resultat findet man auch aus
der Rechnung. Es ist nämlich
lim
^5=C+S)=^+"'=^'
(56.)
also
(57.) mj = + t, ^2 = — «, W3 = 00 ,
d. h. zwei Asymptoten sind imaginär, nur die dritte ist reell
und steht auf der X-Axe senkrecht. Dabei findet man, iadem
man rz; = A in die Gleichung (55.) einsetzt,
;t3 + iy2 _ 2ay2 = 0, oder A — 2a + -3 = 0.
362
§ 84. Concavität, Convexität, Wendepunkte.
Dies giebt für lim y = oo
(58.) A = 2a ;
folglich hat die reelle Asymptote die Gleichung
(59.) x' = 2a.
§ 84.
Concavität, Convexität, Wendepunkte.
(Veirgl. die Formel-Tabelle Nr. 103 und 104.)
Erklärung. Legt man in einem Punkte P an eine Curve
die Tangente, so heisst die Curve in diesem Punkte P nach
oben concav, wenn die dem Berührungspunkte P benachbarten
Curvenpunkte oberhalb der Tangente liegen. (Vergl. Fig. 87.)
Fig. 87.
Fig. 88.
Dagegen ist die Curve im Punkte P nach oben convex
(vergl. Fig. 88), wenn die dem Berührungspunkte P benachbarten
Punkte unterhalb der Tangente liegen.
Wenn endlich die Curve im Punkte P von der Concavität
in die Convexität übergeht (vergl. Fig. 89), oder wenn die Curve
Fig. 89.
Fig. 90.
§ 84. Concavität, Convexität, Wendepunkte* 363
im Punkte P aus der Convexität in die Concavität übergeht
(vergl. Fig. 90), so heisst der Punkt P ein Wendepunkt. Die
Tangente in einem solchen Punkte heisst Wendetangente. Bei
einer Wendetangente muss daher die Curve auf der einen Seite
des Berührungspunktes oberhalb^ auf der anderen Seite des Be-
rührungspunktes unterhalb der Tangente liegen, wobei natürlich
nur die benachbarten Theüe der Curve in Frage kommen.
Die Gleichung einer Curve (Fig. 87) sei
(1.) y =/(^),
und die Curve sei in der Nähe des Punktes P nach oben
concavj dann ist nach der vorstehenden Erklärung
T^P^==Q^P2 — CkT2>0
und auch
riPi = QiPi — Qi2\>0,
wobei Pi und P2 die dem Berührungspunkte P benachbarten
Punkte mit den Absdssen x — a und x + a sind, und wo die
Schnittpunkte der Ordiaaten Q^P^ und Q2P2 ^^ der Tangente
Ti und T2 heissen.
Nun ist nach Formel Nr. 49 der Tabelle
(2.) Q,P,=/(;. + a)=/(^)+Äa+/::(£+®f0^2;
ausserdem wird
(3.) Q2T2-^QP+S^T^^f{x)+'^a,
weü in dem rechtwinklichen Dreieck PS2T2
S2T2 = PS2 • tgS^PT^ = atga = af'(x)
ist. Durch Subtraction der Gleichungen (2.) und (3.) von ein-
ander erhält man daher
(4.) T2P2 = Q2 A — Q2 ^2 = ^/'' (x + 0a).
In ähnlicher Weise findet man
(5.) Q,P,=/(._«)=/(.)_«a+-»ZI^)...
364 § 84. Concavität, Convezität, Wendepunkte.
(6,) Q^T, = QP-T,S^ =f(x) --^ a ,
(7.) TiP, = QiPi - Ol ri = ^f"(x - 0,a).
Damit die Gurve nach oben concav ist, müssen far hin-
reichend kleine Werthe von a die Strecken TjA und r^P,
posüive Bichixmg haben. Das ist nur möglich, wenn/"(a;+®a)
und/"(a; — ©1«) beide i^owtft? sind.
Unter der Voraussetzung, dass/"(a:) für die betrachteten
Werthe von x stetig ist, muss deshalb auch f*\x) positiv sein,
und umgekehrt: ist /"(a:) positiv, so werden auch/"(a;+ @a)
und /" {x — ©1«) fär hinreichend kleine Werthe von a positiv sein.
Die Ourve ist daher im Punkte P nach oben concav, wenn
(8.) • S^-^''^^)^^-
Die Gleichung einer Curve (Fig. 88) sei wieder
y =/(^),
die Curve sei jetzt aber üi der Nähe des Punktes P nach oben
convex, dann ist nach d^ vorstehenden Erklärung
T2P2=Q2P2—QiT^<^
und auch
T,P,^Q,P, — Q,T,<0,
wobei dieselben Bezeichnungen angewendet sind wie in Fig. 87.
Daraus ergiebt sich genau ebenso wie vorhin
(9.) r^Pj = jf'ix + @a), T,P, = ^f-(x-0,a).
Damit die Curve nach oben convex ist, mfissen für hin-
reichend kleine Werthe von a die Strecken T^P^ und 2\Pi
negative Eichtung haben. Das ist nur möglich, wenn f**{x+&a)
vaiäf"{x — ©1«) beide negativ sini.
Unter der Voraussetzung, dass/"(a;) für die betrachteten
Werthe von x stetig ist, muss deshalb auch/"(a;) negativ sein,
und umgekehrt: ist/"(a;) negativ, so werden auch/"(a;-J-0a)
und/"(a; — ®ia) für hinreichend kleine Werthe von a negativ sein.
§ 84. Concavität, Convexität, Wendepunkte.
365
(10.)
Die Curve ist daher im Punkte P nach oben conveXj wenn
In dem yorhergehenden sind die Fälle, wo
/"(a:) = 0 oder /"(a;) = oo
wird, ausgeschlossen worden. Beide Fälle können im Allgemeinen
nur für einzelne Werthe von x eintreten. Ist x ein solcher
Werth, so hat man noch die Vorzeichen Yon f"(x — ä) und
f(x + a) für hinreichend kleine Werthe von a zu untersuchen
und danach die folgenden 8 Fälle zu unterscheiden:
L/''(^) = 0, f''{x — a)>0, nx + a)<0.
In diesem Falle geht die Curve im Punkte P (vergl.
Fig. 89) von der CJoncavität zur Convexität über. Dasselbe
gilt auch, wenn
n./"(ic) = oo, f"ix—a)>Oj /"(a:+ö)<0 (vergLFig. 89).
Wird dagegen
m.f"(x)=0, r{x — a)<% /''(^+a)>0 (vergl. Fig. 90),
oder
IV./"(^) = oo, f**{x — a)<0, /''(a;+a)>0 (vergl. Fig. 90),
so geht die Curve von der Convexität zur Concavität über.
In allen diesen Fällen heisst der Punkt P ein Wendepunkt^
weil sich die Curve von der Concavität zur Convexität oder von
der Convexität zur Concavität wendet.
Ist aber
(a; — a)>0,
(vergl. Fig. 91),
oder
(a: — a)>0,
(vergl. Fig. 91),
so ist die Curve unmittelbar vor dem
Punkte P und ebenso unmittelbar nach
dem Punkte P nach oben concav; sie hat daher im Punkte P
keinen Wendepunkt.
^r/-(a:) = o, /-i
}der
y r{x + a)>o (1
Fig. 9t
366 § 84. Concavitat, Convexität, Wendepunkte.
«
Ist endlich
Vn./"(a:) = 0, r(x — a)<0, /"(a:+a)<0 (vergl. Fig. 92),
oder
Vm. f"{x) = 00 , /'' (^ — a)< 0, /'' {x+a) < 0 (vergL Fig. 92),
SO ist die Gurve munittelbar vor dem Punkte P und ebenso
munittelbar nach dem Punkte P nach
Pig. 02. oben convex, so dass auch hier der
Punkt P kein Wendepunkt ist.
Daraus ergebt sich jetzt die all-
gemeine Begel für die Au&uchung der
etwaigen Wendepunkte einer Curve
y =A^y '
Man ermittele die Wetthe von x,
für welche f"(x) gleich Null oder un-
endlich gross wird. Ist x ein solcher TVerth, so untersuche man
das Vorzeichen von f**{x — a) und von f^^ix-^d) für hin-
reichend Meine Werthe von a. Man erhält dann einen Wende-
punktj wenn entweder
f"{x — a)>0 und f''(x+a)<0,
oder wenn
f"{x — a)<0 und f"(x + a)>0;
und zwar geht die Curve im ersten Falle in diesem Wendepunkte
von der Concavität zur Convexität und im zweiten Falle von der
Convexität zur Concavität über.
Haben dagegen f''(x — a) und /" (x + a) für hinreichend
kleine Werthe von a dasselbe Zeichen, so ist der Punkt kein
Wendepunkt.
Bemerkung.
Es möge hierbei noch besonders hervorgehoben werden, dass sich
die vorstehenden Betrachtangen nur auf Pankte der Curve beziehen,
welche im Endlichen liegen.
§ 85. Anweadongeii auf dnzeliie GurvBiu
367
Fig. 93.
§ 85,
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll die etwaigen Wendepunkte der Curve
(1.) y = h + {c — xY^f{x)
bestimmen. (Vergl. Fig. 93.)
Auflösung. Aus der Gleichung (1.) folgt
(2.) r{x)^-Kc-x)\
(3.) f**(x)= + %{c — x).
Aus Gleichung (3.) erkennt man,
dass es keinen endlichen Werth von
X giebt, für den f*'{x) == oo wird.
Dagegen wird/''(a;) = 0 für
(4.) a; = c.
Der Punkt P, dessen Abscisse
gleich c ist, kann also möglicher Weise
ein Wendepunkt sein. Um darüber zu
entscheiden, beachte man, dass
(5.) /"(c — a) = + 6a>0, /"(c + «) = — 6a<0
ist. Es findet also im Punkte P ein Uebergang von der Con-
cavität zur Convexitat statt. Folglich ist P ein Wendepunkt
(Vergl. Fig. 93.)
Aufgabe 2. Man soll die etwaigen Wendepunkte der Curve
(6.) y^b+{x — cY^f{x)
bestimmen. (Vergl. Fig. 94.)
Auflösung. Aus Gleichung (6.)
folgt
(7.) f\x)= 4.{x-c)\
(8.) /''(^) = 12(rp — c)2.
Auch hier giebt es keinen endlichen
Werth von a?, für welchen f'*{x) = oo
wird. Dag^en wird /" (a:) = 0 für
(9.) X =: C.
Pig. Ö4.
« p «
■<>■
< ä ü*
368
§ 85. Anwendungen auf einzelne Cnrven.
Ffir diesen Werth von x kann man möglicher Weise einen
Wendepmikt erhalten, um darüber zn entscheiden, bilde man
(10.)/"(c — a)= + 12a2>0 nnd /"(c + a)= + 12ö2>0,
folglich ist die Curve auf beiden Seiten des betrachteten Punktes
P nach oben concav, so dass dieser Punkt kein Wendepunkt
sein kann. (Vergl. I^. 94.)
Aufgabe 3. Man soll die etwaigen Wendepunkte der Curve
(11.) y = f» - ft fF=^' =/(^)
bestimmen. (VergL Fig. 95.)
Auflösung. Aus Gleichung (11.) folgt
(12.) f{x) = -^{x-c) \
(13.)
/"(^)= + g(^-^) * =
ßb
25y(x — c)^
Hieraus erkennt man, dass f"{x) tSoc keinen endlichen Werth
von X gleich Null wird, dagegen wird
(14.) /"(a;)=oo ftr x = c.
Fig. 96. Dieser Werth von x kann also mög-
licher Weise einen Wendepunkt liefern.
Um darüber zu entscheiden, bilde man
(15.) /-(c-a) = -^>0
25 Vo»
und
(15a.)/-(c + a) = -4->Ö.
25 Vö»
'^ wobei man b als positiv vorausgesetzt
hat. Die Curve ist also zu beiden
Seiten des betrachteten Punktes P nach oben concav; der Punkt
P ist daher Aein Wendepunkt der Curve, sondern, wie man aus
Figur 95 ersieht, eine Spitze.
§ 85. Anwendungexi auf emzelne Curven.
369
Aufgabe 4. Man soll die etwaigen Wendepunkte der Curve
(16.) y = m — by{x—cy ==f{x)
bestinunen.
Auflösung. Aus Gleichung (16.) folgt
(17.) /'(^) = _^(.:_c)~^,
(18.) /-(^)= + g(.:_c)"* =
6J
2by(x — cy
Auch hier wird f'*{x) für keinen endlichen Werth von x
gleich Null, dagegen wird
(19.) f''(x)=oo für x = c.
Um zu entscheiden, ob dieser Werth ^ig. 96.
von X wirklich einen Wendepunkt
liefert, bilde man
ßb
/"(c-a)^
und
25Va7
< 0
25 y«''
Daraus erkennt man, dass im Punkte P mit den Goordinaten
(20.) a: = c, y = m
eine Wendung von der Convexität zur Concavität stattfindet,
dass also der Punkt P ein Wendepunkt ist. (Vergl. Fig. 96.)
b\b—x) ., .
Aufgabe 5. Man soll die etwaigen Wendepunkte der Curve
(21.)
bestinunen.
Auflösung. Durch Differentiation folgt ans Gleichnng (21.)
(22.)
•^ ^^~ (a;2 + 52)2 '
.,,, ^ _ — 2&'(a;» — Sbx^ — 3b^z + b^)
(23.)
Stegemaim- Kiepert, Differential-Beohn-aiig.
24
370
§ 85. Anwendungen auf einzelne Curven.
Hier kaim/'^(^) für keinen endlichen^ reellen Werth von x
nnendlich gross werden. Dagegen wird /'^^r) gleich Nnll, wenn
(24.) «» — 34ir2 — 3Ä2jr + js = (a; + J) [x'^ — ^hx + Ä2) = o
wird. Die Werthe von «, für welche möglicher Weise ein
Wendepunkt eintritt, sind daher
(25.) x^ = —l, rc2 = 6(2 — ^3), a^, = Ä(2 + ^3),
welche beziehungsweise den Werthen
(26.)
entsprechen.
y, = + J, y, = i(l+y3), y3=|(l-V3)
FiflT. 97.
<-' { X
Da a;2 + J2 far reelle Werthe von x ünmer positiv ist, so
braucht man nur zu untersuchen, ob
(27.) {x^ + V^Yf\x) = — ^h\x + h) («2 _ 4 Ja; + J2) = jpT(a;)
für die angegebenen Werthe von x das Vorzeichen wechselt.
Zunächst ist für hinreichend kleine Werthe von a
JF(— Ä — ö) = + 2aJ2(6 J2 + 6öÄ + a») > 0,
J + a) = — 2aJ2(6Ä2 — 6aJ + «2) <o;
deshalb ist der Punkt P^ mit den Coordinaten x^^ y^ ein
Wendepunkt, in welchem die Curve von der Concavität zur
Convexität übergeht.
Femer ist für hioreichend kleine Werthe von a
. . r jF(2ä— äVs— a)=— 2aJ2(3J-.jyi"_o)(2Äy3+a)<0,
l jF(2ä— Äl/3+a) = + 2aJ2(3J_ jyä + a) (2iy1k-a)> 0,
folglich ist auch der Punkt P^ mit den Coordinaten x^^ y^wa
Wendepunkt, in welchem die Curve von der Convexität zur
Concavität übergeht.
§ 85. Anwendongoa auf einzelne Ourven.
371
Endlich ist noch für hinreichend kleine Werthe von a
. . / F(2i+iy^~a)= + 2aJ2(3i + J)/3 — a)(2iV3— a)>0,
\ F(2i+il/3+a)==— 2ai2(35 + iy3 + a)(2iy3 + a)<0,
folglich ist der Punkt P^ mit den Goordinaten x^^ y^ gleichfidls
ein Wendepunkt, in welchem die Curve von der Goncavität zur
Conyexit&t übergeht.
Es ist dabei noch zu beaditen, dass die drei Wendepunkte
Pj, P2, P3 in einer geraden Linie liegen, weil
(31.) ^ii3fi — y%) + ^2(^3 —yi) + ^ijfx—yi) = 0
wird. (Vergl. Kg. 97.)
Aufgabe 6. Man soll untersuchen, in welchen Punkten die
Parabel nach oben concavy und in welchen Punkten sie nach
oben convex ist.
Auflösung. Die Gleichung der Parabel ist ^^ar- ^
(32.) y^=z2px; r
daraus folgt
(33.)
dy^p^ cPy __ p^
dx
cfo2
d^ 0
Für positive Werthe von y wird ^
negativ, und för negative Werthe von y wird
dhf
Cfe2
positiv. Die obere Hälfte der Curve ist
daher nach oben convex, und die untere
Hälfte ist nach oben conoav. Einen Wendepunkt besitzt die
Curve nicht, da ^ für endliche Werthe von y niemals ver-
schwinden kann.
Aufgabe 7. Man soll untersuchen, in welchen Punkten die
Ellipse und die Hyperbel nach oben concav, und in welchen
Punkten sie nach oben convex sind.
Auflösung. Die Gleichung der Ellipse ist
(34.) b^x^ + a V — a^^ = 0 ;
24*
372
§ 85. Anwendungen auf einzelne Oorven.
daraus folgt
(86.)
^ W£ ^_ *i.
dx
cPy
Auch hier wird ^ negativ
für positive Werfhe von y und
positiv für negative Werfhe von y.
Die obere Hälfte der Curve ist
^ daher nach oben convex und die
untere Hälfte der Curve ist nach
oben concav. Einen Wendepunkt
dh/
besitzt die Curve nicht, da -^
für endliche Werthe von x und
y niemals verschwinden kann.
In ähnlicher Weise erhält man bei der Hyperbel die
Gleichungen
(36.) J2^2 _ ^2y2 _ a2J2 — 0,
/Q7 \ ^ — J. *^^ ^^ — ^ ^^
^ '^ dx dh/ ' dx^ ay
und kann daraus dieselben Schlüsse ziehen wie bei der Ellipse.
Aufgabe 8. Man soll die Wendepunkte der Sinmlinie be-
stimmen. (Vergl. Fig. 100.)
Auflösung. Die Sinuslinie hat die Gleichung
(38.) y = siuic;
Fig. 100.
Y
daraus folgt
(39.)
dy
dx
-^ = COSar,
dx^
= — sma*.
§ 86. Berührang (oder Osculation) n^^ Ordnung.
373
Die Curve ist daher nach oben convex, wenn 0<a?<7r,
2n:<a;<37r, .., allgemein, wenn
2n7t<x<{^n + l)7t
ist; und die Curve ist nach obai cancav, wenn
(2n + l)7r< x<(2n + 2)n
ist, wobei n eüie positive oder negative ganze Zahl bedeuten
soll. Ein Wendepunkt tritt ein, wenn
ist; die zugehörigen Werthe von y sind sämmtlich gleich 0,
d. h. die Wendepunkte liegen aUe in der X'Axe.
§ 86.
Berührung (oder Osculation) n*^ Ordnung.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 105.)
Erklärung. Zwei Curven VW und RS (Fig. 101) mit den
Gleichungen
(1.) y-fi^) und y = g{x),
haben in dem ihnen gemeinschaftlichen Punkte P eine Berührung
(oder Osculation) n*^ Ordnung, wenn für den zugehörigen Werth
von X nicht nur
(2.) fix) = g(x)
isty sondern ausserdem auch noch
(30 r{x)^g*{x), f'{x) = g-{x\...ß-\x)^g(-){x).
Mit welchem Rechte diese Er-
klärung aufeestellt worden ist, er- t
sieht man aus dem folgenden Satze:
Zwei Curven
y=/(^) ^^^ y = ^(^)j
welche im Punkte P eine Berührung
fjf*r Ordnung haben, schmiegen sich
in diesem Punkte enger an einander
an als an jede andere Curve, mit
der sie im Punkte P keine Berührung "^
von gleich hoher Ordnung haben.
Fig. 101.
374 § 86. Berahnmg (oder Osculaiion) m<m- Ordnung.
Beweis. Nach Formel Nr. 49 der Tabelle ist
^ »! " ^ (»+!)! '
gleichviel ob h positiv oder negativ ist. Ebenso wird
(5.) Q^P',=g{x + h) = g{x) + ^h+^h-^ + ...
+ «! '^ + (« + 1)! " '
folglich ist, wdl nadi Yoranssetznng die GMdnmgen (2.) und
(3.) gdten,
iP^P'^=g{x + h)—f{x + h)
Da h eine beliebig kleine, positive oder negative Grösse ist,
so wird -Pi-P*! eine beliebig kleine Grösse von der (n + 1)*~
Ordnung.
Wenn man nun mit diesen beiden Curven noch eine dritte
Curve
y = SP(a;)
zusammenstellt, welche mit der Curve
y=/(^)
im Punkte P nur eine Berührung von der m*** Ordnung hat,
wobei m <n vorausgesetzt wird , so ist fOr iesD. betrachteten
Werth von z
(7.) fix) = 9>{x), f'{x) = 9'{x),... /(-)(«) ^y'-'C^),
aber
(8.) /<-+» (x) %. y (-+»(a;),
SO dass für hinreichend kleine Werthe von h auch
ist. Man findet dann in ähnlicher Weise wie vorhin
g,(x + h)—fix + h)
(9.)
!g)(x -t n) —j {X +
(«+i)(a; + 0jÄ) —/("+»)(« + @ih)].
§ 87. Anwendungen auf einzelne Curven. 875
Diese Differenz wird nur beliebig klein von der {m + !)*•''
Ordnung, weil der Ausdmck in der eckigen Klammer eine end-
liche (von Null verschiedene) Grösse ist. Deshalb wird
(10.) P.P^, = g(x + h) -fix + h)<9{x + h) ^f{x + Ä),
d. h. die Curven y=f{x) und y = g{x) schmiegen sich im
Punkte P enger an einander an als die Curven y ^f(x) und
y=^9>(x).
§87.
Anwendungen auf einzelne Curven.
(VergL die Formel -Tabelle Nr 106 und 107.)
Aufgabe 1. Man soll durch den Punkt P einer Curve mit
der Gleichung
(1-) y =/(^)
eine gerade Linie legen, welche mit der Curve eine Berührung
von möglichst hoher Ordnung hat.
Auflösung. Die Gleichung der geraden Linie sei
(2.) y' = mx' + fi^
wobei die laufenden Coordinaten mit x* und y' bezeichnet sind,^
weQ die Coordinaten des Berührungspunktes x und y heissen
sollen. Damit nun die Gerade durch den Punkt P geht, muss
(3.) y =^f(x) z=imx + fi
sein. In diesem Falle ist also ff{x) gleich mx + fij so dass die
Gleichung /'(a:) = ^'(a:) hier die Form hat
(4.) I = ».
Man hat hier nur aber die beiden Grössen m und [a zu
verfugen, und zwar sind diese Grössen schon durch die Gleichungen
(3.) und (4.) vollständig bestimmt, denn es wird
(5.) m = ^ und /i* = y — mx=:y — ^jr '
so dass die Gleichung (2.) äbergeht in
(6.) y._y = |(,._,).
376 § 87. Anwendungen auf einzelne Ourven.
Dies ist aber die Gleichung der Tangente.
Die Tangente ist daher diejenige Gerade, welche sich im
Punkte P der Curve am engsten anschmiegt. Da ausserdem
jede Gerade in allen ihren Punkten dieselbe Eichtung hat, so
giebt die Tangente in dem betrachteten Punkte die Eichtung
der Curve an.
Aus dem Vorstehenden erkennt man auch, dass die Tangente
mit der Curve im Allgemeinen nur eine Berührung erster Ord-
nung hat. Man kann aber sogleich die Bedingung angeben, unter
welcher die Berührung eine Berührung von der zweiten Ordnung
wird. Es ißt hier nämlich
(7.) g{x) = mx + lA, g*{x) = m, g*\x) — 0,
folglich muss auch
(8.) /"(^) = 0
sein, damit die Berührung höher als von der ersten Ordnung ist.
Diese Bedingung ist nur for einzelne Punkte der Curve
erfüllt, und zwar sind diese Punkte (nach Formel Nr. 104 der
Tabelle) Wendepunkte, wenn /" (x) für den betrachteten Werth
von X das Vorzeichen wechsdt.
Aufgabe 2. Man soll die Gleichung emes Kreises bestimmen,
der im Punkte P mit der Curve
(9.) y =/(^)
eine Berührung von möglichst hoher Ordnung besitzt.
Auflösung. Ein Ereis mit dem Eadius q hat bekanntlich
die Gleichung
(10.) {x - S)2 + (y - riY — p2 = 0,
wobei ^ und ^ die Coordinaten seines Mittelpunktes sind. Iiöst
man die Gleichung in Bezug auf y auf, so erhält man
(10a.) y = fl ± yQ^ — {x — i^Y = g{x).
In der Gleichung des Kreises kommen also drei willkürliche
Constante |, ^ und q vor, über die man so verfugen kann, dass
drei Bedingungen erfüllt sind. Deshalb ist es möglich, die drei
Gleichungen
§ 87. Anwendungen auf einzelne Curven. 377
(11.) fix) = ffix) = fi±yQ^-(x- ?)» = y,
(12.) /-(»)=^'(^)=Ty^,I.~Lg)2=-^'
(13.) f"(x) = ff"(x)= T ^ j = — /-^Lrö*^
durch passende Bestimmung von $, ^ und q zu beMedigen.
Dabei sind x and y die Gootdinaten des Berührungspunktes.
Aus den Gleichungen (12.) und (10.) findet man
(14.) x — l^ = — (ji/-^)f'ix),
(15.) (}^ = {x- ?)2 + (y - ,)2 = (y _ ,)2[1 +/' (xy] ,
SO dass Gleichung (13.) übergeht in
■^ ^ ^ y — ^
Deshalb ist
(16.) y-^=-^-j^'
(n.) ._S = _(y-,i^-(.) = M^fflZ:(l).
folglich wird
3.
(20) ,^^^i±ts^)ni.
Wenn man
P = ^ statt /'(:r) und y = 0- statt /''(a:)
schreibt, so erhält man mit Bücksicht auf Formel Nr. 99 der
Tabelle
*) lieber die Bildung dieser Ableitungen vergleiche man § 73,
Aufgabe 2.
378
§ 87. Anweoidtmgeii auf einzelne Corven
(21.)
s =
MV
9 =
^ ? ^ ?
(1 + p')i , W
Hierbei wird man for ^ das obere oder das untere Vor-
ds
zeichen wäMen, jenachdem ; mit ^ gleiches oder entgegen-
gesetztes Vorzeichen hat, damit q selbst positiv wird.
Da X nnd y die Coordinaten des Berährongspnnktes sind,
so mögen die laufenden Coordinaten des Kreises mit x' und y'
bezeichnet werden, so dass er die Gleichung
(22.) {x' — ^y + (y'-vy — Q^ = 0
hat Man nennt diesen Kreis den Oscuiationskreta oder den
JSrümmungskreis; er hat, wie aus dem Vorhergehenden folgt,
im Allgemeinen nur eine Berührung von der zweiten Ordnung
mit der Curve. In besonderen Punkten der Curve kann aber
auch eine Berührung höherer Ordnung mit dem Krümmungs-
kreise stattfinden. Die Bedingung dafür ist
(23.)
/."(.)=/"(.)=_fci).
Sind X und y Functionen emer dritten Veränderlichen ^,
also
(24.) x = if{t\ y^xp(t\
so gehen, mit Bücksicht auf die Formeln Nr. 92 der Tabelle,
die Gleichungen (21.) über in
§ 87. Anwexkdtmgen auf einzelne Cuiven.
379
(25.)
| = x-
v = y +
Q=±
/^Y
dy
W
dt
z —
ds^dy
dz
d^
dy
d^z
dx dPy — dy d^x '
dt
dP
/ds\^
dt
dz
<Ä2
\di)
dt
y +
dfßdx
dz
dhf
dy
d^~
dxd^ — dy d^'
dt
dfi
/ds'
dt
rf<2
U>
;
-1-
ds^
dz
d^
dy
d^z~
'^ dxd^ — dydhi
dt
dt^
dt
dp'
Aufgabe 3. Man soll eine Parabel bestimmen, deren Axe
zur F-Axe parallel ist, und welche im Punkte P mit den Coordi-
naten a; = a, y = a mit der Curve
(26.) «V — ^3
eine Berührnng von möglichst hoher Ordnung hat.
AuflSsung. Hier ist
/««N ^,_£f dy_^ d^_6x d^_±
K^^') y-^2' dx^ a^' dx^^a'^' dx^ " a^'
Die Gleichung einer Parabel, deren Axe ^ur Y-Axe parallel
ist, hat die Form
(28.) Ax^ + 2By* + 2Ci + 2> = 0.
Man kann hier also über die drei Grössen -^j -t> -j pas-
^ JIjl ^1
send verfugen, so dass für ^r = a
/«..N i dy* dy ^ dM ^ ^
dx'^ dir*
a
dx dx
wird. Dies giebt zunächst
(30.) Aa^ + 2Ba + 2 Ca + 2> = 0,
(31.) A{x'^ — a^) + 2B{y* — a)+2C{x — a)^Q,
(32.) Ax + B^ + C = 0, oder Aa + %B+ (7=0,
380
§ 87. Anwendungen auf einzelne Curven.
(33.) A + B^ = 0, oder ^ + — = 0.
Daraus folget
(34.) 6B = — Aa, 2C= — Aa,
(35.) S(x^ — a^) — a(j/ — d) — Sa(x — ä)
oder
(35 a.) Sx{z — a) = a(y' — a).
= 0,
Nach Gleichung (6.) in § 86 war
Ist also n gerade, so wechselt PiP'j mit A sein Zeichen,
und ist n ungerade, so bleibt das Zeichen von i^i^i unverändert,
wenn auch h sein Zeichen wechselt; d. h. die beiden Curven
schneiden sich, wenn die Ordnung der Berührung gerade ist,
und die beiden Curven schliessen einander ein, wenn die Ord-
nung der Berührung ungerade ist.
Ein Beispiel hierfür liefert bereits die Tangente einer Curve.
Im Allgemeinen ist die Berührung nur von der ersten Ordnung,
dann liegen alle dem Berührungspunkt benachbarten Gurven-
punkte auf derselben Seite der Tangente. Ist aber die Berührung
von der zweiten Ordnung, so ist der Berührungspunkt ein
Wendepunkt der Curve und die Tangente ist eine Wendetan-
gente, welche die Curve im Berührungspunkte schneidet. (Vergl.
Fig. 89 und 90 auf Seite 362.)
Ein zweites Beispiel liefert der Osculationskreis oder
Fig. lOB. Erümmungskreis, der sich
einer Curve im Punkte P
möglichst eng anschliesst.
Im Allgemeinen wird die
Berührung (nach Angabe 2)
von der zweiten Ordnung sein.
Dann wird, wie Figur 102
im Punkte P zeigt, der Kreis
die Curve schneiden. Nur
ausnahmsweise ist die Beruh-
§ 88. Krümmung der Curven. 381
ning von der dritten Ordnung. So ist z. B. in den Scheiteln der
Ellipse, wie später gezeigt werden soll, die Berührung zwischen
Krämmungskreis und Curve von der dritten Ordnung; deshalb
schliessen Ereis und Curve in diesen Punkten einander ein.
§ 88.
Krümmung der Curven.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 106 und 107.)
Der Kreis hat in allen seinen Punkten dieselbe Krümmung^
und zwar ist die Krümmung um so grösser, je kleiner der
Badius q des Kreises ist. Man setzt daher die Krümmung
eines Kreises gleich dem reciproken Werthe des Badius, also
gleich —
Bei anderen Curven ist die ILrümmung in verschiedenen
Punkten eine verschiedene. Um sie zu messen, wird man die
Curve mit demjenigen Kreise vergleichen, welcher sich in dem
betrachteten Punkte unter allen Kreisen am nächsten an die
Curve anschmiegt.
Es giebt nändich für jeden Punkt P einer beliebigen Curve
unendlich viele Kreise, welche die Curve im Punkte P berühren.
Unter diesen Kreisen giebt es jedoch, wie in § 86 gezeigt wurde,
einen, der sich an die Curve näher anschmiegt als alle anderen.
Diesen Kreis, der den Badius q haben möge, nennt man den
Kriimmungskreis. und — nennt man die Krümmung der Curve
in dem betrachteten Punkte.
Der Werth von q und ebenso die Werthe der Coordinaten
S und fi des Krümmungsmittelpunktes wurden bereits in § 87
berechnet. (Vergl. die Formeln Nr. 106 und 107 der Tabelle.)
Der Krümmungskreis kann aber auch in folgender Weise
erklärt werden. Die Gleichung des Kreises
enthält drei willkürliche Constante ?, 17, 9, welche man so be-
stimmen kann, dass der Kreis durch drei gegebene Punkte P,
Pi, P2 hindurchgeht. Dies giebt die drei Bedingungsgleichungen
382 § 88. ExttmmoBg der Gorrea.
(la.) «»-2|a; + g» + y2_2fly + fl» — ^2 = 0,
(2.) «,» — 25ar, + P + yi« — 2fly, + ^^ — ?* = 0,
(3.) «2» — 2ga52 + S2 + y22_2,yj + , 2 — ^2=0.
Indem man die Gleichmigen (la.) and (2.) bezw. von den
Gleichmigen (2.) und (3.) subtrahirt, findet man hieraus
(4.) V — «' — 2S(a5i— «) + y,« — y» — 2i/(y,— y) = 0,
(5.) ajjJ — V — 2S(a^ — a;,) + yj* — J/i* — 2^(y2 — yj = 0,
oder, wenn man Gleichung (4.) durch x, — x und Gleichung (5.)
durch «2 — «1 dividirt,
(4a.) a;i+« — 2§ + (y, + y — 2i/)^i^ = 0,
1
(5a.) «2 + a:i — 2S + (y2 + yi — 2^)^ — ^ = 0.
Aus diesen Gleichungm folgt durch Subtraction
(6.) a:,_x-(y, + y-2,)2LIZl + (y^+y^_2,)^ZZ^ = 0,
oder, wenn man
(y2 + yi-2fl)|^-(y,+yi-2,)|5| = o
addirt,
(6a.) a=,-^ + (y2-y)|=|+(y2+y,-2,)(g5|-^)=0.
Diese Gleichungen gelten, wo auch die Punkte P, P^ , P^
liegen mögen. Nimmt man sie auf der Curve an und setzt
(7.) x^=^ X + Jxj X2=^x + 2Jx,
so gelten die Gleichungen
(8.) y=/(^), yi=^Ax + Jx), y2 =/(^ + 2^2?),
und die Gleichungen (4 a.) und (6 a.) gehen über in
(9.) 2:c + ^^-2S + (yi+y-2i?)ı^ZL£(£) = o,
(10.) 2Jx + [fix + 2Jx) _/(:,)J&+^ZL/M
+ (y,+y,_2,)/(£±^ÄzÄt^^
§ 88. Krümmung der Gurven. 383
oder, wenn man die letzte Gleichung durch 2Jx dividirt, in
(10a.) 1 I /(^+2^^)-/(^) f{x+Jx) -fix)
^ 2Jx Jx
+ i(y2+yi — 2^) ^^^-^ — X^ /-^>^v^ = 0.
Nun ist aber für lim ^2; = a
limy2 = Mniyi =y;
sodann ist nach Formel Nr. 15 der Tabelle
und ebenso, wenn man Jx mit 2^:r vertauscht,
endlich ist nach Formel Nr. 44 a der Tabelle
Deshalb erhält man aus den Gleichungen (9.) und (10a.),
wenn die Punkte P, /\ und P^ einander unendlidi nahe rficken,
so dass sich Jx dem Grenzwerthe 0 nShert,
(11.) ix-t) + i3f-fi)rix) = 0,
(12.) 1 +/' ix)^ + (y — fi)f'ix) = 0.
Aus diesen Gleichungen findet man wieder in üeberein-
stimmung mit den Gleichungen (16.), (17.) und (18.) in § 87
2>^ Krümmungskreis kann also auch erklärt werden ab
der Kreisj welcher durch drei unendlich nahe Punkte der Ourve
hindurchgeht
Dieser Satz ist nur ein besonderer Fall des allgemeüien
Satzes, dass zwei Curyen n + 1 unendlich nahe Punkte gemein-
schaftlich haben, wenn sie eine Bertthinmg n^^ Ordnung besitzen.
384 § 89. Anwendimgen auf einzelne Gurven.
§ 89.
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll den Erünunungskreis für die Parabel
(1.) y2 =: 2ax
bestimmen,*)
Auflösung. Aus Gleichung (1.) folgt
, s — !^ — « — ^. — . ?L ^ — . f!
^ '^ ^ ^ dx^ y^ ^ '~ dx^ y^ dx y^'
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 106 und 107
der Tabelle ein, so findet man
a^ + y2 n / •73\ /i2 _L «y2
y2 y
oder
(4.) § = a: H =1 a + Sx;
y\ ay a
'~^^ y2 \ «V ^ a*
oder
, giy — güy — y8 _ y».
o2 «2
(g2 + y2)l / y»\ _ (g» + yi')i
yä \ ay "•■ g2
Für den Scheitel der Parabel wird y gleich 0, folglich ist
in diesem Punkte
(7.) p = + a, 5 = a, ^ = 0. ^
In dem Scheitel hat auch der Erfimmungskreis mit der
Parabel eine Berührung von der dritten Ordnung. Es wird hier
nämlich
*) In dieser Aufgabe ist der Parameter der Parabel mit a be-
zeichnet, während p hier und in den folgenden Aufgaben gleich JK
ax
sein solL
§ 80*. AnwandungeQ auf dnzelne Curven. SB5!^
(8.) ^..,., = g=^|=-^,.
und mdk GMehimg (23.) in § 87
^"M - - «eH^-g) _ 3(a' + y»)» («' + y') • <»*'
^ ^ ^~ (y — ?)* ~ a* . a . (a» + y?) V
oder
Daraus folgt
nft^ öl)-?^ (a2 + y2)y5 ,,2 4,y2,
deshalb wird für lima: = 0, limy = 0
(11.) iimÖL)=»i, oder lim/^''(2:) = limy'"(a:)/
ffr \X)
Die Parabel hat daher im Scheitel mit dem zugehörigen
ErümmungBkreise eine Bertthnmg von der dritten Qrdnimg.
Aufgabe 2. Man soll den Erömmnngskreis für die Ellipae
(12.) b^x^ + a2y2 _ a2J2 — o
bestimmen.
Auflösung. Ans Gleichung (12.) findet man
(^^•) te; •= ^ +^ = — sy—
Setzt man diese Werthe in die Formeln 106 und 107 der
Tabelle ein, so erhält man
ia?2 + a4y2)
^ "" ^ aV^ V ahf) \ J* / "" ^ a* J2
Mit Bücksicht auf Gleichung (12.) ist aber
(15.) h^x^ +. oy •=? J2(a*. — «2^;^> == «?(i* + ^y),
folglich wird
Stegemazm-Kiepert, DifferentuJ-Bedmimg. 25
386' § 89. Anwendungen auf einzelne Curven.
(16.) 5 = ^ — '—^, — "=-sr'
oder nach Gleichung (15.)
(17.; fl — y j4 — j4 '
(1^-) ? = ± ^V V i^/ "" ^ S^i^
Femer ist
Bb^x
(19.) /'"(:r) = -
«V^
Bh^^x
(JU.; ^ ^a;;^ (y — i?)* aV(J*a;2+ay)
Daraus folgt
f'"{x) __ Bb^x oVH^^^^ + gy) _ ^^^^ + gy
also fiira:=±a, y = 0 wird
(22.) -^j = 1, Oder f'"(x) = ^-'(4
Auch für a? = 0, y = ± 6 wird
(22a.) /'''(:c) = ^'"(:c) = 0.
In den vier Scheitelpunkten der Ellipse findet daher eine
Berührung von der dritten Ordnung mit dem zugehörigen
Krfimmungskreise statt. (Vergl. Fig. 102.)
Dabei wird
(23.) ^ = +^lffir x = 0
und
(24.) e = ±— fury = 0.
Aufgabe 3. Man soll den Erümmungskreis für die Hyperbel
(25.) b^x^ — a2y2 _ a^^ = 0
bestimmen. .
§ 89. Anwendungen auf einzelne Ourven. 887
AuflSsung. Die Bechnungen gestalten sich hier genau
ebenso wie in der vorhergehenden Aufgabe, man hat nur + Ifl
mit — i^ zu vertauschen. Dadurch erhält man wieder
(26.) 1 = -^, n^—V' g = + aV -
genau so wie bei der Ellipse, hier ist aber e^ gleich a^ + 6^^
während bei der Ellipse e^ gleich a^ — V^ war.
Aufgabe 4. Man soll den Krümmungskreis für il(d Ketten-
linie
(27.) y 2
bestimmen.
=jO "+'''")
Auflosung. Aus Gleichung (27.) folgt mit Bücksicht auf die
Formeln, welche in § 81, Aufgabe 7 entwickelt worden sinc^,
(2«.) q
(30.)
^ = i(/ + ."»)=y.
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 106 und 107
der Tabelle ein, so erhält man
(31.) g = a; — i^.i-i = a; — «^i-i- ,
(32.) ? = y + ^2-y = 2y,
Es war aber auch die Normale
(84.) ^=y^ = ^
dx a
26*
3£[8 § 89. Anweadiingen auf einzelne Corvexi.
(vergl. G:}eiphang,(480 auf Seite 881), folglich ist der Ejräimmmgs-
radius bei der Ke;tt^iliiue, der zngßhörigea Nonnale gleich; er
hat aber die; entgegengesetzte Bichtung, wie man schon ans
Gleichung (82.) erkennt.
Aufgabe 5. Man soll den Erämmungskreis für die Cykhide
(86.) x^a{t — Wit\ y = a (1 — COS^)
bestimmen.
A|iflS8|^ng. Aus den Gleichungen (85.) folgt durch Differen-
tiation
(36.) dx = a(l — cos^)cÄ, dy = asin^ cÄ,
(87.) d^x = asm^ . dfl^ dh/=zacoBt. dfij
(88.) Ä2 = cfe2 + rfy2 = 2a2(l — cos^^^ = 4a2sin2(|^d^,
(88a.) ds = 2asm T- j cß,
(89.) dxd^ — dydh! = — a2 (1 — cos^) dfi = — 2a2sm2 {^\ dt\
Dies giebt nach Formel Nr. 106 und 107 der Tabelle
4a2sin2^-yasin<
| = a: =q(< — sip^) + 2asm<,
— 2a2sin2(~j
od.^
(40.) ? = a(^ + siÄO;
4a2sin2 ^|-^ • a(l — cos^
«7 = y + ^^ jrr = a(l — cosQ — 2a(l — cos^),
— 2a2sin2(M
oder
(41.) fl = — a(i — cosO =?..— y ;
8a3sin3(i)
(42.) p = ± ^ = T 4asin(i)
-2a2sia2(y ^^^
§ 89. Anwendungen auf dnzelne Curveti.
8Ö9
Nun war aber (nach GMchnng (61.) in § 81) die Normale
(43.) JV=y^=2a8iil(^),
folglich ist der Krümmungshalbmesser doppelt so gross tote die
Normale,
Noch etwas schneller kommt man auf folgende Weise zum
Ziele. Ans den Gleichungen (36.) findet man
du shit . /t\
^ = i = i3:^<-«H2>
_dh/ _dp dt _ 1
^ dx^ dt dx
2sin^(0 2asin2/0 *«sin*(0
(S/--^— '(l)=4:y
? = a; +
os(i)- 4asin*(|)
4asin*(5-)
-4asin*(|) _
? = ± tt: — = + 4asin(^2/
= a(# + sin#),
cmt),
*'(9
Diese Eesultate
werden durch Figur
103 bestätigt.
Ist nämlich M der
Mittelpunkt des Erflm-
mungskreises für den
Punkt P, so wird
Fig. 103.
390 § 49. AnwexkduDgen auf einzehie Gurven.
PM=2PB,
odei*
PB = EM.
Daraus folgt
A BKM& BQP,
und deshalb
i7 = irjf = — JOr= — QP = — y;
BK=z QB=PD = awit,
also
g= OQ + 2QB = a{t — Wit) + 2a^t
= a(t + sin^).
Aufgabe 6. Man soll den Krömmungskreis der Astroide
(44.) X = acos% y = asin^
bestimmen.
AuflSsung. Aus den Gleichungen (44.) folgt durch Differen-
tiation
(45.) di = — 3acos^ sin^ . cÄ, rfy = Sasin^^ cos^ . rf^,
(46.) ^ = | = -tg<.
(47.) jr — ^^j— cos2<*<fo 3acos<<sm<'
w (iy=i+^^=i+*«''=E^
cos^^ '
(48a.) ^ = -^,-
Dies giebt nach den Formeln Nr. 106 und 107 der Tabelle
(49.) 5 = a; 2>( :)3acos^^sin^= acos^ + 3acos< sin^^ ;
(50.) fi=y^ 2^-3acos*<sin^ = 3acos2^sin< + asm^;
(51.) ß= ± ^^ • 3acos^^sin^ = q= 3asin^ cos^.
cos^
§ 89. Anwendmigen auf emzelne Cnrvem. '391
Aufgabe 7. Man soll den Kränunungskreis für die Gnrye
(52.) X = 3^^ y^St — fi
bestünmen.
AuflSsung. Ans den Gleichungen (52.) folgt durch Differen-
tiation
(53.) dx = ßtdtj dy = 3(1 — t^)dt^
(54.) d^x — %dfi, dh/ = — %tdfi,
(55.) cfe2 = di2 + dy^ == 9(1 + 2fi + t^) dt^ = 9(1 + ^2)2^^2^
(55a.) rfÄ = 3(l + ^)flf^,
(56.) dxd^ — rfy d2^ = — 18 (1 + t^)dt\
Setzt man diese Werthe in die Formehi Nr. 106 und 107
der Tabelle ein, so erhält man
._^ 9(1 + ^^)^3(1-^2)^ 3
^-^ -18(1 + ^2) -3^ +2(1-^^
oder
(57.) 5 = |(i + 2^2_^4).
?=y+_i8(i + ^2)=^^-^^-^^a + ^^)>
oder
(58.) n = — 4**;
Aufgabe 8. Man soll den Erflmmungskreis der Epicykloide
(60.) rr = a(m cos ^ — COS w^) , y = a (msin^ — sinm<)
bestimmen.
Auflösung. Aus den Gleichungen (60.) folgt durch Differen-
tiation, wenn man wieder m — 1 = ;«, w+l = / setzt,
(61.) dx = ma{ — Wit+Wimt)dt = 2wäisin(^ jcosfr-jcft,
(62.) dy = ma(cos^ — COSw^) dt = 2 wasinf— j sin f — j eÄ,
302 § 89. Anwendongeii auf eiazolne Cwfifok.
it)
fRA.\ _^_^ dt _ l 1
COS
««'(I) 2».*.(DC08(D
/
4 ma sin(— j cos^f- j
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 106 und 107
der Tabelle ein, so erhält man
^ 4wa . /lt\ . /nt\
= a(mcos^ — cosw^) H — j- (cosrn^ — cosO,
oder, wenn man
fßti \ 2a na
(65.) a j = — = a^
setzt,
(66.) S = öj (mcos^ + cosm^) ;
, Ama . /nt\ /lt\
= a(msin^ — WLmt) H — r- (sinm^ — mi) ,
oder
(67.) 47 =2= a^ (msin< + sinm^).
Endlich wird
(68.) ,= ±i|fsin(D.
Aus Figur 74 auf Seite 335 erkennt man, dass
(69.) P5 = 2asin(^
wird, folglich ist
(70.) ^^^J1.PB = ^J^.PB.
^ l n + 2
Daraus ergiebt sidi eine sehr einfache Construction des
Krümmungstuittelpunktes.
§ 89. Anwendtmgen auf einzehiedirven. 398
Aufgabe 9. Man soll den Krfimmungskreis dar Hypocykhide
(71.) X = a(incos^ + cosm^), y = a(wsin^ — sinm^
bestimmen.
AuflSsung. Wenn man hier m + 1 mit n und m — 1 mit /
bezeichnet, so wird in ähnlicher Weise wie bei der vorhergehen-
den An^be
(72.) dx = — 2masin f — ) cosf^- jrfi^,
(7B.) rfy = + 2inasin(— jsin(~jefö,
(74.)
^__ /ft\ ds _ 1
dx^ ^\2/ dx'^ /«V
:(75.) ^=+ L__;
4masin (^ jcos»^- j
na
dies gfiebt, w^nn man -j- mit a^ bezeichnet,
(76.) S = % (^cos< — cos w^) ,
(77.) ^ = «1 (msin^ + sinm^),
(78.) ^ = q:*f?sm(D=?p.PÄ (Vgl. Fig. 75.)
Aufgabe 10. Man soll den Erömmungskreis der Ereis-
evolvente
(79.) X = a(cos< + ^sin^), y = a(sin< — ^cos^)
bestimmen.
Auflösung. Durch Differentiation der Gleic^fmgen (79.) er-
hält man
(80.) dx = a^cos^ . dt^ dy == a^sin^ . Ä,
(»1-' " = I = ^'. %-^i'
394 § 90, Die ErOxninimgsmittelpuiiktB-Giirven oder Evoluten.
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 106 und 107
der Formel-Tabelle ein, so wird
(83.) 5 = a: — a^sin^ = acos^,
(84.) 4? = y + ö^cos^ = asin^,
(85.) Q^ ±at.
Daraus ergiebt sich, dass der Punkt JS, in welchem der
abgewickelte Faden den Kreis verlässt (Fig. 78), der Eriim-
mungsmittelpunkt ist.
§ 90.
Die KrOmmungsmittelpunkts-Curven oder Evoluten.
Wenn man sich die Erflmmungskreise zu sämmtlichen Punkten
P, Pi, P2J • • • ^^r Curve construirt denkt, so wird durch die
zugehörigen Erflmmungs-Mittelpunkte 3f, Jf^, M2, . . . eine neue
Curve bestimmt, welche man die SsümmungsmütelpunktS' Curve
der gegebenen Curve nennt. Durchläuft also ein Punkt die ur-
sprüngliche Curve, so durchläuft sein Erämmungsmittelpunkt die
Ernmmungsmittelpunkts- Curve. Um die Gleichung derselben
zu finden, braucht man nur aus den drei Gleichungen
(1.) y=/(^) oder P(ir,y) = 0,
(2.) 5 = ,_(1±£^,
(3.) , = y+l±£'
die Grössen x und y zu eliminiren, dann erhält man die gesuchte
Gleichung zwischen | und 9.
Sind X und y als Functionen einer dritten Veränderlichen t
gegeben, so werden auch
/^\ V ds^dy j . ds^dx
Functionen von ^, so dass die Erümmungsmittelpunkts- Curve
schon durch diese beiden Gleichungen üi zweckmässiger Form
gegeben ist, da man zu jedem Werthe von t die zugehörigen
Werthe von 5 und i? findet.
§ 90. Die Krüminuiigsmittelpuiikts-Ourven oder Evoluten. 395
Um die Beziehungen leichter zu erkennen, welche zwischen
der ursprünglichen Curve und der Krünunungsmittelpunkts-Curve
bestehen, ersetze man die Curve zunächst durch ein Polygon
PP^ P2 P3 . . . mit lauter gleichen, beUebig kleinen Seiten (vergl.
Fig. 104), dessen Ecken P, P^, P2, . . . auf der Curve liegen.
Dann kann man die Mit- -^^ ^q^
telpunkte M, M^, M^^ . . .
der Kreise finden, die
durch je drei auf einander
folgende Punkte P gehen,
indem man die Seiten des
Polygons halbirt und in
den Mittelpunkten B, Jß^,
^2? • • • Lothe JRM, A-^u
RiM2i . . . auf den Seiten
des Polygons errichtet.
Eücken die Punkte
P, Pj , P2, . . . einander
immer näher, so geht das Polygon PP^ P2 . . . in die ursprüng-
liche Curve und das Polygon MM^M^,.. in die Krümmungs-
mittelpunkts- Curve über. Dabei werden die Geraden PP^,
P1P2, P2P3, . . . Tangenten der ursprünlichen Curve, weil sie
zwei unendlich nahe Curvenpunkte mit einander verbinden, und
die darauf senkrecht stehenden Geraden RM^ -Bi-ä^i, ^2-8/2, • • •
werden Normalen der ursprünglichen Curve. Die Gerade R^M^
geht aber auch durch If, die Gerade R^M^ geht auch durch
-Sfj , u. s. w. Da nun auch die Punkte M^ M^^ -äfj , . . . ein-
ander unendlich nahe rücken, so sind die Geraden RM^ Rx^u
R^M^y... gleichzeitig Tangenten der Krümmungsmittelpunkts-
Curve, und man erhält
Satz 1. Die Normalen der ursprünglichen Curvie sind Tan-
genten der Krümmungsmittelpunkts' Curve.
Dabei folgt aus der Congruenz der Dreiecke RMP^ und
RiMP^^ dass
JB3f = R^M
ist. Ebenso wird
R^M^^zR^M^, ÄjJkfi = ^-äf2, R^M^:=R^M^,
396 § dO. Die KrfltmtmngsmittelpniiktB-OurTOn ocler Evolateo.
DaratiB ergeben sich die folgenden Gleichungen
Ifii jfi — RM = ^ Jfj — Ä, jf = JOf,,
JBjJfj — Äi if, = Äjlfj — ÄjJfi = X-Wj,
Ans diesen Gleichnngen folgt durch Addition
(6.) R„Mtt—RM=^ MMi + 3fi Ar2+Ä2Ä,+ . . . + lf„_i Ma.
Eücken die Punkte P, P^, Pj , . . . einander unendlich nahe, so
gehen £ Jf, üj M^ , i22-3f2) ... in die Eriimmungshalbmesser q, q^ ,
^21..., und das Polygon M]U^M2M^... geht in den Bogöi er
der Krflmmungsmittelpunkts- Cftrve über. Bezeichnet man daher
den Unterschied zweier benachbarten Ejummungshalbmesser mit
dg und die entsprechende unendlich kleine Seite des Polygons
JtOfjJfjJfs... mit rfc, so wird da der unendlich kleine Zu-
wachs des feogens er, und .die Gleichungen (5.) und (6.) erhalten
die Form
(5 a.) dQ=:d(T^
(6a.) Qa — Q=^(f,
wobei <T der Bogen der KWliimiungsmittelpunkts-Curve ist,
welcher zwischen den beiden Krümmungsradien q und Qa liegt.
Darin sind die folgenden Sätze ausgesprochen:
Satz 2. Die unendlich Heine Chrösse^ um welche sich der
Krümmungshaibmesser einer Curve ändert^ ist gleich der entsprechen-
den Aenderung des Bogens der JSriimmungsmiitelpunitS'Ourve.
Satz 3. Die Differerhz zweier Krümmungshalbm^ser ^a
und Q giebt die Länge des Bogens a der KrümmungsmittelpunM^'
Curve zwischen q und Qa»
Aus diesen beiden Sätzen folgt, dass die ursprüngliche Curve
aus der EMmmungsmittelpunkts-Curve durch Abwickelung (oder
Aufwickelung) eines Fadens entsteht. Denkt man sich nämlich
zunächst um das Polygon MM^il2M^...Ma einen vollkommen
biegsamen, aber nicht dehnbaren Faden gelegt, dessen Endpunkt
sich in JR befindet, so beschreibt der Endpunkt des Fadens zu-
nächst einen Kreisbogen RR^^ weil MB und MB^ gleich lang
§. 90. Die Krüi^muDgsmittelpuiikts-Curveii oder Evoluten. 397
sind, und aus der gebrochenen Linie M^MR wird die gerade
Linie M^R^. Dann beschreibt der Endpunkt des Fadens einen
Kr^bQgen R^Rii und aus der gebrochenen Linie M^MiRi wird
die gerade Linie M^Ri'i ^« s. w.
Backen die Punkte P, Pi, P2, . . . einander unendli9h nahe,
so fallen die kleinen Kreisbögen üjßi, R^R^^... mit der ur-
sprünglichen Gurve zusammen, und man erhält
Satz 4. Die ursprüngliche Curve entsteht durch Abtoicieltmg
der KrümmungsmittelpunitS' Curve.
Man nennt deshalb auch die Erömmungsmittelpunkts-Curve
gewöhnlich die Evolute und die ursprüngliche Curve die Evol-
vente.
Ba die Länge des Fadens noch beliebig ist, so folgt hieraus,
dass bei der Abwickelung des Fadens unendlich viele Curven
entstehen. (Vergl. Fig. 105.) Dies giebt
Satz 5. Jede Curve hat eine eimig,e Evolute^ aber zu^ jeder
als Evolute angenommenen Curve gehören unendlich viele Evol-
venten.
Diese Sätze ergeben sich auch durch Rechnung aus den
Gleictaingw
(7.) | = ._(kl^ ond , = y+^^
Da y durch die Gleichung
y ==/(«)
als Function yor x erklärt ist, so sind auch die Grössen
und deshalb auch^ und^^ Functionen von x. Durch Diffieren-
tUition n^ X, findet man , daher aus dien Gleichuogen . (7,)
rr,. dS \ qH^+Bp^)—p{l+p^)r _—Bp^q^+p(l-{-p^)r
^^'^ di^^~ ^T" " T^ '
(9) ^?^j, I 2pq^-(l +P^)r ^Spq^-{1 + p^)r
^ ' dx ^ y2 y2j
Indem man diese be|d^ Gleichungen durch einander dividirt,
findet man
398 § 90. Die Krümmungsmittelpunkts-Ourven oder Evoluten.
' *^ d§ p dy
Ist alBQ wie gewöhnlich a der Winkel, den die Tangente
TP in irgend einem Punkte P der Curve y=f{x) mit der
positiven Bichtung^ der
X-Axe bildet, und ß der
Winkel, welchen die Tan-
gente MN der Erüm-
mungsmittelpunkts - Curve
in dem zugehörigenPunkte
M mit der positiven Eich-
tung der X-Axe bildet, so
ist (Fig. 105)
und deshalb nach Glei-
chung (10.)
(11.)
tg/y = -t^ = tg(900+a).
d. h. die beiden Tangenten TP und MN bilden (hinreichend
verlängert) einen rechten Winkel mit einander.
Die Gerade PM steht aber als Krümmungshalbmesser eben-
falls senkrecht auf der Tangente TP, sie muss daher mit MN
zusanunenMlen, da es durch den Punkt M nur eine Gerade
giebt, welche auf TP senkrecht steht. Dies giebt wieder
Satz 1. Die Normalen der ursprünglichen Curve sind zu-
gleich Tangenten der Krilmmungsmittelpunkts-Gurve.
Indem man die Gleichungen (8.) und (9.) in's Quadrat er-
hebt und addirt, findet man
dx^ q^
(12.)
und wenn man die Gleichung
§ 91. Anwendungea auf einzelne Ourven. 399
differentiirt, erhält man
^ '^ dx '~ q^
Setzt man jetzt wieder das Bogenelement der Eriimmimgs-
mittelpmikts-Curve
(14.) yWTdi^ = dfs,
so findet man ans den Gleichungen (12.) und (13.)
(15.) rfc == ± dq.
Dies giebt
Satz 2. Die unendlich kleine Crrösse, um welche eich der
Krümmungshalbmesser einer Curve ändert, ist gleich der entsprechen-
den Aenderung des Bogens der KrümmungsmiUelpunkts- Curve.
Ans diesen Sätzen ergeben sich dann ohne Weiteres auch
die Sätze 3, 4 und 5 in derselben Weise wie oben.
§ 91.
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll die Evolute der Parabel
(1.) y^^2ax
au&uchen.
Auflösung. Nach den Gßeichungen (4.) und (5.) in § 89 wird
für die Parabel
(2;) t = a + ^, ' = -&
folgUch ist
oder
(3.) 27ai?2 = 8(1 — a)\ oder ,n=± ^^^"""Ve^g— «)>
Da fi nur reelle Werthe haben kann, wenn
t — ö^O, also ?^a
ist, so beginnt die Curve in emem Punkte S auf der X-Axe,
welcher den Abstand a vom Scheitel hat. Sie erstreckt sich
400
§ 91. Anwendungen auf einzelne Ourven«
von da in zwei znr X-Axe symmetrisch gelegenen Zweigen bis>
ins Unendliche. (Vergl. Fig. 106.)
Aus Gleichung (3.) folgt durch Differentiation
Für 5 = a wird also der
Winkel a gleich 0, d. h. die beiden
Zweige b^iibren im Punkte S die
X-Axe, so dass die Curve im
Punkte S eine Spitze hat.
Im Uebrigen hat -4 da£»elbe
'Vorzeichen wie i?, der Curven-
zweig über der X-Axe steifft daher
und der unter der X-Axe /alü
beständig.
Femer findet man aus Glei-
chimg (4.) durch nochmalige Diffe-
rentiation
^. 4[2,(g-a)-(g-a)»|]
oder mit Bücksicht auf die Gleichungen (8.) und (4.)
<P^_ 72afi^ß — g) — 16 (S — ay _ 2(S — o)
rf|2 "" ' 81 aV 9a7
Also auch ^ hat. dasselbe. Vorzeich^ wie 9, d. h. der
obere Zweig der Curve ist nach oben concav^ und der untere
Zweig der Curve ist nach oben conpex.
Für a? = 4a wird y^ = Sa^, und
für 5 = 4a wird ^2 = ga^,
folglich wird die Parabel in den Punkten^ mit den Coordinaten
a; = 4a, y = ± 2a yT von ihrer Evolute geschnitten.
Aufgabe 2. Man soll die Evolute der EUipse
(5.)
Ä^»+.aV^a?Ä» = 0,. oder ^ +-^ = 1
(6.)
aofmcheB. (Vexgl. Elg. 107.)
§ 91. Anwendtmgen auf einzelne Oorven.
401
AiillBsung. Nach den Gleichungen (16.) nnd (17.) in § 89
wd for die Ellipse
(7.)
und ^ = ^>
oder •
J3 «2
aJso
Setzt man diese Werthe in die Gleichung (6.) ein, so erhält man
Da die Ellipse die beiden Goordinaten-Azen zu Symmetrie-
Ax&a hat, so gilt dasselbe auch von ihrer Evolute.
Pfir «7 = 0 wird g = + — ^
und für ? = 0
n
JDadnrch erhalt man die vier Schnittpunkte S^, iS^, S^, S^
der Evolute mit den Cioordinaten-Azen, und zwar sind diese
Punkte wieder Spitzen der Curve, weil
e
e'
^^^a^ mid ^»^p
sein muss, und weil die
Curvenzweige in den ange-
gebenen Punkten die X-Aze,
bezw. die F-Axe berühren.
Man kann übrigens diese
Punkte auch leicht constnii-
ren, indem man von dem
Punkte C mit den Coordi-
naten (Fig. 107)
rc = a, y = i
Stegemann- Kiepert, Differential-BechxiTUQg:.
26
402
§ 91. Anwendungen auf einzelne Ourven.
anf die Gerade AB mit der Gleichnng
— 4- — = 1
welche durch die beiden Scheitel A und B der Ellipse hindurch-
geht, em Loth fällt. Dieses Loth, welches die Gleichuig
(9.) . h{tf — h) = a{af — a)
hat, schneidet die X-Aze in einem Punkte S^ mit den Coordinaten
a ^
und die F-Axe in einem Punkte S^ mit den Coordinaten
x^ — Q,
e'
y=-r
Aufgabe 3. Man soll die Evolute der Hyperbel
^^' ^^' (10.) i2a:2-aV-a262«0,
oder
— _y!— 1
»2 J2 - ^
au&uchen.
AufIBsung. In ähn-
licher Weise wie bei der
vorhergehenden Au%abe
findet man hier
(11.)
@/-@/--
Man untersuche die Eigenschaften und die Gestalt dieser
Curve.
Aufgabe 4. Man soll die Evolute der Kettentinie
a
(12.) y = J\^«»+e «), oder VyJ — a2=|(e»
aoMchoi.
-.-)
§ 91. Anwendungen auf einzelne Gurven.
403
Auflösung. Nach den Gleichungen (31.) und (32.) in § 89
wird für die Eettenlinie
(18.) | = .-yV^, , = 2y.
oder mit Rücksicht auf die Gleichungen (12.)
e'-e '), f, = a(e' + e i).
Somit sind $ und tj als Func-
tionen einer dritten Veränderlichen^ ^j^
X dargestellt, so dass man die Gurve
punktweise construiren und ihre
Eigenschaften untersuchen kann.
(Vergl. Fig. 109.)
Da man die Gleichung der
Eettenlinie auf die Form
Fig. 109.
rr
X
= ai(y±}^zif!)
bringen kann, so ergiebt sich aus
den Gleichungen (13.) auch eine Gleichung zwischen 5 und i?,
nämlich
g ^ ^^A ± v?^ — ^«^ ^y?
2 — 4a2
4«
Aufgabe 5. Man soll die Evolute der Cykloide
(15.) ic = a(^ — sinQ, y=a{X — cosO
au&uchen.
Auflösung. Nach den Gleichungen (40.) und (41.) in § 89
wird fftr die Cykloide
(16.) g = a(^ + sinO, 7 = — a(l — cos^.
Diese Gleichungen, welche zur Construction und Unter-
suchung der Evolute wohl geeignet sind, haben einige Aehn-
lichkeit mit den Gleichungen der Cykloide selbst, ja man kann
sogar zeigen, dass die Evolute gleichfalls eine Cykloide ist.
Dies geschieht, indem man ein neues Coordinaten- System ein-
26*
404
§ 91. AnwenduBgea aof eüuselne Gurven.
f&brt, dessen Abscissen-Axe O'X' parallel ist'znr X-Axe, und
dessen Qrdinaten-Axe O'y parallel ist zur F-Axe (Pig. 110).
Dabei soll der neue Anfiangspunkt O* eine solche Lage haben, dass
(17.) 5' = a7r + 5, V = 2a+^
wird. Dadurch gehen die GMchnngen (16.) fiber in
(18.) l» = a{n + t + smO, n' = «(1 + cosO.
Fig. 110.
Setzt man jetzt noch
(19.) t = 1f — nj also ^ = 7r + <,
so wird
(20.) sin^ = — sin^ , cos ^ = — cos^' ,
und die Gleichungen (18.) gehen aber in
(21.) g' = a(^ — sin^, ^' = a(l — COS^.
Diese Gleichungen stinunen genau überein mit den Glei-
chungen (16.); es sind nur die Buchstaben x^ y, t bezw. vertauscht
mit §', fj'j fj d. h. die gemeine Cyüoide ist ihrer Evoltde congruerd.
Nach dem Vorstehenden ist also die Cykloide OPHA
(Pig. 110) eine Evolvente der beiden halben Cykloiden OB und
BA. Befestigt man in B einen biegsamen, aber nicht dehn-
baren Faden und legt ihn um die halbe Cykloide BMO^ so wird
das Ende 0 die Cykloide OPHA beschreiben, wenn man zu-
nächst den Faden von dem Bogen BMO abwickelt und dann
auf den Bogen BA aufwickelt, bis das Ende des Fadens in d^n
Punkte A anlangt. .
§ 91. Anwendungen auf einzelne Curven.
405
Daraus findet man auch leicht die Länge des CykLoiden-
bogens OB^ denn die Länge des Fadens, der auf diesen Bogen
au^ewickelt werden kann, ist
(22.) 6B = HB = 4a.
Der Bogen OB ist aber congruent dem Bogen HÄ^ und HA
ist die Hälfte der ganzen Cykloide, folglich ist
(23.) OPHA = 8a.
Der Bogen der ganzen Cykloide ist daher 8 -mal so lang
tote der Halbmesser des die Cykloide erzeugenden Kreises.
In der Integral -Rechnung wird die Länge des Gykloiden-
bogens durch eine andere, allgemein verwendbare MeÜiode ^-
mittelt werden.
Aufgabe 6. Man soll die Evolute der Astroide
(24.) X = acos^, y = asin^^
au&uchen.
Auflosung. Nach den Gleichungen (49.) und (50.) in § 89
wird für die Astroide
= acos% + 3a cos^ sin%,
3a cos2^ sin< + asin^^.
(25.)
1^ = 3(
Diese Gleichungen stellen,
wie sogleich gezeigt werden
soll, wieder eine Astroide dar,
die aus der gegebenen entsteht,
indem man a mit 2a vertauscht
und die Coordinaten-Axen um
einen Winkel von 45^ dreht
Zwischen den neuen und den
alten Cioordinaten eines Punktes
bestehen bei einer solchen
Drehung der Axen bekanntlich
die Gleichungen
Fig. 111.
(26.)
{
r = 100845« + ifan45«,
?' = — San 450 + 9C0S45*,
406 § 91. AnweiidimgeEi auf emzelne Corven.
oder, weil cos 45^ und sin 45^ beide gleich —=: sind,
(26a.) 1/2.^ = 5 + 7, 1/2 . 7' = — g + ?.
In diesem Falle erhält man deshalb
. V I >^. ?' = a(cos»^ + 3cos2^ sin^ + Scos^sin^/ + sm^^)
\ = a(cos^ + sm<)^
. . I y2 . i = a(sm»^ — 3sin2^ cos^ + Ssin^cos^^— cos«<)
\ = a(sin^ — cos^^
Da aber
cos^ + sin^
cos(^ — 45<^) = cos^cos45^ + sin^ sin45^ =
sin(^ — 45^) = sin^ cos45^ — cos^ sin45^ =
}/2
sin^ — cos^
ist, so wird
. V f (cos^ + sinO^ = 2 y2 . cos»(^ — 45«),
l (sin^ — cos^)3 = 2 V^. sin3(^ — 45»).
Bezeichnet man noch t — 45« mit ^, so gehen die Glei-
chungen (27.) und (28.) aber in
(30.) V = 2ö cosV, i = 2a sinV.
Hieraus erkennt man die Richtigkeit der oben ausgesprochenen
Behauptung.
Aufgabe 7. Man soll die Evolute der Epicykloide
(31.) a; = a(mcos^ — cosw^), y = a(msin^ — sinm^)
aufiuchen.
AuflSsung. Nach den Gleichungen (66.) und (67.) in § 89
wird für die Epicykloide
(32.) ? = ai (mcos^ + cosf»^), 17 = a^ (wsin^ + sinm^),
wobei
/QQ \ na n
(88.) «. = - = _j-^a
ist. Diese Gleichungen siad den Gleichungen der ursprünglichen
Cnrve so Shnlich, dass die Vermuthung nahe liegt, die Evolute
§ 91. Anwendungen auf einzelne Curven.
407
sei [eine den EpicykLoiden verwandte Curve. Durch Transfor-
mation der CoordJnaten kann man diese V ermuthnng bestätigen.
Dreht man n&mlich die Coordinaten-Axen nm den Winkel t?, so
sind die nenen Coordinaten eines Punktes bekamitlich durch die
Gleichungen
(34.) g' = gcost? + fjwiVj 'tf = — gsint? + ^cost?
gegeben. In dem vorliegenden Falle erhält man daher
5' = ai[f»(cos^cosü + sin^sint?) + (cosw^cost? + sinw^sint?)],
vf = ai[w( — cos^sint? + sin<cost?) + ( — cosm^sint? + sinm^cost?)],
oder
5' = Ol [mcos(^ — t?) + cos(m^ — t?)],
t?) + sin(m< — t?)].
Setzt man nun
(35.) |r = «iimcos(«-
(86.)
7t
t? = — und t — 1? = ^,
n
so wird, da m = » + 1 ist,
7t
n
also
cos {mt — t?) = — cosm^,
sin(m< — t?) = — sinm^.
Deshalb gehen die Glei-
chungen (35.) aber in
(37) p'=^(^^s^— ^sm^O)
1 1]^ = aj (msin^ — sinw^).
Die Evolute ist also tvieder
eine Epicykloide derselben Art^
nur die Dimension hat sich in
dem VerhäUniss von n + 2 zu
n verkleinert, und die Richtung
Fig. iia
7t ^ 7ir\
der Azen hat sich um den Winkel — 1 oder j gedreht.
(VergL Fig. 112.)
408 § 91. Anwendongea auf ftinateliw Ganren.
Jetzt kann man auch leicht die Länge des EpqrkliOidfin-
Bog^is berechnen. In Figor 112 entsteht der Bogßn AB durch
Abwickebing des Bogens AC^ folglich muss der Bogen AC die-
selbe Länge haben wie die Gerade OB. Nun ist aber
CB=OB'- 00=(» + 2)a ^a
^ • ^ n + 2
__^{n + l)a _^{n + l)a^
#» + 2 "" n
Deshalb wird
(38.) ^-0 = 1^1+^^., i5 = i(^±l)a.
Ist n eine ganze Zahl, so besteht die Gurre aus 2n Bögen,
welche AB congruent sind; der Um£ang Z7der ganzen Epicykloide
wird dann 8(w + l)a.
Ist z. B-, der Figur 112 entsprechend, « = 3, so wird
(38a.) AB=^^ J7= 32a.
Aufgabe 8. Man soll die Evolute der Hypocykhide
(39.) a; = a(mcos^ + cosm^), y = a(wsin^ — sinmQ
au&uchen.
AufiBsung. Nach den Gleichungen (76.) und (77.) in § 89
wird für die Hjrpocykloide
(40.) g = Oj (mcos^ — cosfirf), 1? = «1 (msin^ + sinm/)^
wobei
ist. Durch Drehung der C!oordinaten-Axen um den Winkel v
findet man in diesem Falle
(42 ) 1 5' = «1 [wcos(^ — t?) — cos(w^ + «?)],
\fl*=za^ [insin(^ — t?) + sin(w^ + t?)].
Setzt man jetzt wieder
(43.) t?Ä— und t — v = t'^
n
SO wird, da hier m^n — 1 ist,
§ 91. Anwendungen auf einzelne Ourven. 409
t = f -{ , mt + V = mf + TT,
cos(f»^ + v) = — coBmf, sm(nd + o) = — sinm^'.
Deshalb gehen die Gleichungen (42.) über in
(44.) S' = «1 (wcos^ + coBmf)^ fj' = a^(mwif — sinm^')-
Die Evolute ist also tcieder eine Hypocykloide derselben Art^
nur die Dimension hat sich in dem Verhältniss von n — 2 zu n
verffrössert, und die Richtung der Axen hat sich um den Winkel
— gedrehte
Auch hier kann man sehr leicht die Länge des Bogens
berechnen und findet, ähnlich wie bei der vorigen Angabe,
wenn n eine ganze Zahl ist, dass der Umfang der ganzen
Hypocykloide
(45.) J7=8(» — l)a
ist.
Als Beispiel kann hier die Astroide dienen, welche man
für den Fall » = 4 erhält. (Vergl. Fig. 111.)
Aufgabe 9. Man soll die Evolute der Kreisevolvente
(46.) X = a(cos^ + twit\ y = a(sin^ — ^cos<)
aufeuchen. (VergL Fig. 78 auf Seite 342.)
Auflösung. Schon aus der Entstehung der Ereisevolvente
durch Abwickelung eines Kreises kann man schliessen, dass
dieser Ereis die Evolute sein muss. (Vei^l. Satz 4 in § 90.)
Dieser Schluss wird auch durdi die Rechnung bestätigt,
denn nach den Gleichungen (83.) und (84.) in § 89 wird fiir
die Kreisevolvente
(47.) | = acos^, ^ = asin^,
also
(48.) P + n"^ «^
und dies ist die Gleichung des Kreises, durch dessen Abwicke-
lung die Kreisevolvente entstanden ist.
XI. Abschnitt.
Untersnehnng Ton Cnnren, welche anf ein
Polarcoordinaten-System liezogen sind.
§ 92.
Tangenten und Normalen.
(Vergl. die Fonnel-TabeUe Nr. 108—113.)
Bei der Bestunmuiig der Lage eines Punktes dnreli Polar-
coordinaten ist eine G^ade OX gegeben and auf dieser Geraden
Fig. 118. ein Punkt 0; den Punkt 0 nennt
man den Nullpunkt oder den Pol, und
die Gerade OX nennt man die An-
fangsricktung oder die Polar -Axe
des Coordinaten-Systems.
Ist nun ein Punkt P beliebig
gegeben, so nennt man die positive
Strecke OP = r den Badius vector und den Winkel y, welchen
OP mit der Anfangsricbtung bildet, das Argument des Punktes
P. (Vergl. Fig. 113.)
Durch die Lage des Punktes P sind daher die beiden
Ooordinaten r und g> gegeben, und umgekehrt: Durch die beiden
Ooordinaten r und fp ist die Lage des Punktes P gegeben,
Macht man 0 zum Anfangspunkte eines rechtwinke%en
Coordinaten-Systems und die Anfengsrichtung OX zur X-Axe,
so ist der Uebergang von rechtwinkeligen Ooordinaten zu Polar-
coordinaten, wie man ohne Weiteres aus der Figur erkennt,
gegeben durch die Gleichungen
(1.) a; = rcosy und y = rsin5p.
§ 92. Tangenten und Normalen.
411
Fig. U4.
Daraus folgen dann die Gleichungen
(2.) r = y^r^ + y2 und y = arctg^^Y
welche den Uebergang von Polarcoordinaten zu rechtwinkeligen
Coordinaten vermitteln.
Ist nun zwischen r und qt eine Gleichung von der Fomt
(3.) Jl(r,5p) = 0, oder r=/(5p)
gegeben, so entspricht dieser Gleichung eine Curve.
Auf einer solchen Curve (Fig. 114) seien P und P^ zwei
benachbarte Punkte, deren Coordinat^ mit r, 9), bezw. mit
r + A* , 5p + rfy bezeichnet werden
mögen, wobei durch die Bezeichnung
sogleich ausgedrückt werden soll,
dass die beiden Punkte einander be-
liebig nahe rücken dürfen. Beschreibt
man dann um 0 mit dem Halb-
messer OP gleich r einen Kreisbogen,
welcher den Radius vector OP^ im
Punkte Q treffen möge, dann ist
(4.) OPy^ = r'\' dr,
also
Od = r, QPy^ = rfr,
(5.) QP^rdg>.
Wenn die Punkte P und Pj einander unendlich nahe rücken,
so darf man das kleine rechtwinke%e Dreieck PQPi als gerad-
linig betrachten und erhält nach dem pythagoräischen Lehrsatze
PP^'^ = PQ^ + aPl^
oder, wenn man den unendlich kleinen Bogen PP^ wieder mit
ds bezeichnet,
(6.) ds^ = rfr2 + r2rfy2.
Femer ist
(7.)
^ ^ » QPi dr
Der Winkel QPiP ist der Winkel, den die Gerade PiP
mit dem Badius vector OPi bildet; räckea aber die Punkte P
< o ■* ■*
J f. ,
412
§ 92. Tangenten und Normalen.
und Pi einander unendlich nahe, so wird P^P die Tangente der
Curve im Punkte P (oder Pj), und der Radius vector OP^ fiUlt
mit OP zusammen. Bezeichnet man also den Winkel, welchen
die Tangente im Punkte P mit dem Radius vector OP bildet,
mit /ti, so wird nach Gleichung (7.)
(7 a.)
tg^
rd(p
SS — ^— — .
dr
Fig. U6.
Nennt man den Winkel, den die Tangente mit der positiven
Richtung der X-Axe bildet,
wieder a, so ist, wie man ohne
Weiteres aus Fig. 115 erkennt,
a = 5p + |ii,
tg« = tg(5P + li)
__ tgy + tg/ti
1 — tgytg/i*
rdg)
^9 +
dr
1 — tg9P
rdg)
dr
oder, wenn man Zähler und Nenner mit cosy . dr multiplicirt,
(8.)
smo) . rfr + rcoso) . rfo)
tga = — ^ , . j'
cosy.ar — rsmg>.dg)
Durch den üebergang von rechtwinkeligen Coordinaten zu
Polarcoordinaten werden die in den Gleichungen (6.) und (8.)
enthaltenen Resultate bestätigt. Da r durch Gleichung (3.) als
Function von g> erklärt ist, so muss man auch
X = rcos^p, y = rsiny
als Functionen von g> betrachten und erhält durch Differentiation
dx dr
dg>
= ^cos^p — rsm^p
oder
(9.)
dy dr .
{cfe = cosy .dr — rsmg> .rfy,
dy = sin^p . dr + rcos^p . dg>.
§ 92^ Tangenten nnd Normalen. 413
Erhebt man diese beiden Gleichungen in's Quadrat und ad-
dirt sie, so findet man wieder wie in Gleichung (6.)
durch Division erhält man in Uebereinstimmung mit Gleichung (8.)
^ — f — siny . dr + rcosy . rfy
cfe"^^ ""cosy.rfr — rsin9>.c?9>
In einem beliebigen Punkte P der Curve seien die Tangente
und die Normale gezogen (Kg. 115), welche die im Punkte 0
auf dem Eadius vector OP errichtete Senkrechte bezw. in den
Punkten T und iV treffen mögen. Man nennt dann
NP die Polar-Normale {N\
NO die Polar-Sulnormdle {Sn\
PT die Polar- Tangente (T),
OT die Polar- SuhtangerUe (St).
Bezeichnet man den Complementwinkel von fi mit v, so er-
kennt man aus Figur 115, dass v auch der Complementwinkel
von ONP ist Deshalb wird
4:0NP^(i,
und man erhält mit Rücksicht auf Gleichung (7 a.)
(10.) NO = Sn=^^;
OT OT
(11.) or=-y< = rtg/* = ^;
]^=^o^+öP=(^y+r.=(0,
4U
§ 93. Anwendungen auf einzelne Ourven.
(12.)
(13.)
NP=N =
— ;
tg/* = igPNT =
PT
NP'
PT^T^Nig,^^.'^
rds
dr
§ 93.
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll Subnonaale, Subtangente, Nonaale und
Tangente far die Archimedische Spirale
(1.) r = aq)
berechnen.
AuflSsung. Die Archimedische Spirale entsteht, indem eine
gerade Linie sich um einen ihrer Punkte 0 dreht, während ein
anderer Punkt P auf ihr mit
gleichmässiger Geschwindigkeit
fortrückt. Dadurch ist es auch
leicht, die Curve punktweise zu
construiren. (Vergl. Fig. 116.)
Aus Gleichung (1.) folgt nun
Fig. 116.
(2.) Ä« = ^ = a,
d. h. die Si4bnormale ist in allen
Punkten der Curve constant;
deshalb kann man in jedem be-
liebigen Punkte der Curve sehr leicht Tangente und Normale con-
struiren, auch wenn die Curve nicht gezeichnet vorliegt. Femer ist
(3.)
tgA*
rdg> r
dr
a
9P,
Für 9) gleich 0 wird auch r gleich 0 und f* gleich 0, d. h.
die Curve geht durch den Anfangspunkt des Coordinaten-Systems
und die Tangente in diesem Punkte der Curve fällt mit der
Anfangsrichtung zusammen.
§ 93. Anwendung^ auf einzelne Curven.
415
(4.)
ar
a
also
(5.)
(6.)
(0=(0 + ^^ = «^+^^ = -'(^ + ^^)'
ds
rqi'=^a
Fig. 117.
Aufgabe 2. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente f&r die hgperboliscAe Spirale
(7.)
berechnen,
AufIBsung. Beschreibt
man um den Anfangs-
punkt 0 eine Schaar von
Kreisen und schneidet
auf ihnen, von der
Anfangsrichtung (Polar-
Axe) an gerechnet, Bö-
gen von gleicher Länge
a ab, so ist der geo-
metrische Ort der End-
punkte, wie man aus t
Gleichung (7.) erkennt,
eine hyperbolische Spi-
rale. (Vergl. Fig. 117.)
Aus Gleichung (7.) folgt
(7 a.)
also
(8.)
(9.)
(10.)
r -=. a^
— 1
dr r^
tg^
rdg> a
dr
9
ar
= — a.
416 § 93. Anwendangeoa auf einzelne Gnrven.
Bei der hyperbolischen Spirale ist also die Subtangente
constant; deshalb kann man Air jeden beliebigen Punkt der Corve
sehr leicht Tangente und Normale constmiren.
Femer ist
also
Für g> gleich 0 ist r unendlich gross; man kann aber auch
dann noch die Tangente an den zugehörigen Curvenpiuikt legen,
obgleich er unendlidi fem ist. Eine Tangente, deren Berühmngs-
punkt unendlich fem liegt, heisst bekanntlich Asymptote. Die
Asymptote der hyperbolischen Spirale ist die Gerade, welche
man im Abstände a parallel zur Anfangsrichtung legen kann.
Denn r fällt für g> gleich 0 in die Anfangsrichtung, die Sub-
tangente also in die Gerade, welche im AnfangEqpunkte auf der
Anfangsrichtung senkrecht steht, und ihre Länge ist nach
Gleichung (10.) gleich — a.
Aufgabe. 3. Man soll Subnormale, Subtangente, Normale
und Tangente der parabolischen Spirale
(13.) r^ = d^g> , oder r = a}/y = aqr
aufeuchen.
Auflösung. Aus Gleichung (13.) felgt
/^Ä.\ o dr a -l a^
(!*•) ^" = ^ = 2'' -2F'
(15.) tgM = r^ = 5 = 2y;
deshalb 'wird ebenso wie bei der Archimedischen Spirale -
rs=o, i*=0 &! y> = 0.
(16.) ^< = -^ = _ = 2r<|D,
§ 93. Anwendimgen auf täxatia» Curvan.
417
(17.)
(18.)
''-^-^y^'+^-iy^^+^'
T = Ntgfi r=z—ya^ + 4r4 = a Vy (1 + 4y2).
ä^
Aufgabe 4. Man soll Subnormale, Subtangente^ Normale
und Tangente der allgemeinen Spirale
(19.) r = ay"
au&uchen.
AuflSsung. Aus Gleichung (19.) folgt
(20.) Sn = j- = nag>'"'\
(21.) tg^ = !a^ = SP, '
dr
n
(22.)
(23.)
of = — T — = j
7»
d%
Fig. 118.
(24.) T = iVtg/it = ^ y«2 + y2 == Iyn2+y2.
Man erkennt, dass in dieser Aufgabe die ersten drei Auf-
gaben als besondere
Fälle enthalten sind,
wenn man bezw.
/e= + l, 72 = — 1,
setzt.
Aufgabe 5. Man soll i^
Subnormale, Subtan- —t
gente. Normale und \
Tangente für einen be-
liebigen Punkt der &-
garitiimischen Spirale
(25.) r = ^^^
berechnen.
Stegemaan - Kiepert, Differential-BeohBung.
27
418 § d3. Anwendungen auf einzelne Curven.
Auflösung. Aus Gleichung (25.) folgt
(26.) Sn=^j-= a^ = ar.
Die Subnormale ist oho dem Radius vectar proportionalj
deshalb beschreibt der Endpunkt iV^ der Subnormale eine Gurre,
welche der ursprunglichen Curve ähnlich ist. (Vergl. Fig. 118.)
Femer ist
(27.) tg^ = ?|? = |, ^ = arctg(l)
der Winkel fs, den eine hdiehige Tangente mit dem zugehöriffen
Madiics vector bildet, ist also constant.
(28.) St^'^^L,
^ ^ dr a
folglich ist auch die Subtangente dem Radius vector proportionalj
so dass auch der Endpunkt T der Subtangente eine Gurre be-
schreibt, welche der urspränglichen Gurve ähnlich ist, (Vergl.
Fig. 118.)
(iy=''+(0='^<'+»').
also
(30.) T=Ni^, = ^-^.^ = LYrT^..
Es sind daher auch Normale und Tangente selbst dem
Radius vector proportional.
Aufgabe 6. Man soll Subnormale, Subtangente^ Normale und
Tangente der Gurve
(31.) r^i=i a"^ cos (wy)
au&uchen.
AuflSsung. Da in Gleichung (31.) die Grösse m noch un-
endlich viele Werthe haben darf, so sind in dieser Gleichung
unendlich viele Gurven inbegriffen, von denen einzelne hervor-
gehoben werden mögen.
I. m = 1. Die Gleichung der Gurve ist
(32.) r = a cos y, oder r^ = ar cos y ,
also, wenn man zu rechtwinkeligen Goordinaten übergeht,
§ 93. Anwendungen auf einzelne Curven.
419
(32 a.) x^ + y^ = ax,
und dies ist die Gleichung eines Kreises mit dem Halbmesser
a
Fig. ue.
o
-9 dessen Mittelpunkt die Coordioaten
hat. (Vergl. Fig. 119.)
n. w = — 1. Die Gleichung
der Curve ist
(33.) r"^ = a-^cosy,
oder
rcosy = a,
also, wenn man zu rechtwinkeligen
Coordinaten übergeht,
(33 a.) x = a.
Dies ist die Gleichung einer Geraden , welche im Abstände
a parallel zur F-Axe gezogen ist. (Vergl. Fig. 119.)
m. m = 2. Die Gleichung der Curve ist
(34.) r2 = a2 cos (2y) , oder r * = a^ (r^ cos V — r^ sin V)j
also, wenn man zu rechtwinkeligen Coordinaten übergeht,
(34 a.) (a:2 + y2)2 — ^^2(^2 _ y2).
Dies ist die Gleichung' der Lemniscate, einer Curve, deren
Gestalt man sehr leicht aus den Gleichungen (34.) und (34 a.)
erkennen kann. Zunächst
folgt aus Gleichung (34.),
dass die Curve innerhalb
eines Kreises mit dem Halb-
messer a liegen muss, d^nn
es ist r^a. (Vergl. Fig.
120.) Aus Gleichung (34 a.)
erkennt man sodann, dass
die Coordinaten -Axen Sym-
metrie-Axen der Curve sind,
weil nur die Quadrate von
X und y in der Gleichung
vorkommen.
Fig. 120.
27'
420 § 93. Anwendimgen auf einssetae Cuttccl.
Für 9) = 0 wird r = a; wächst g>, so wird r kleiner und
nimmt ab bis zu r = 0, wenn der Winkel y = 45® geworden
ist. Liegt y zwischen 45 ® und 90 ®, so wird r^ negativ , r selbst
also imaginär; deshalb liegt kein reeller Punkt der Cnrve
zwischen der Geraden OB mit der Gleichung y = rr und der
y-Axe.
IV. m = — 2. Die Gleichung der Curve ist
(35.) r-* = a-2cos(29)), oder r2cos(2y) = a^,
also
(35 a.) r^cos^y — r^sin^ = a^, oder z^ — y^^a\
Dies ist die Gleichung der gleicJ^eitigen Hyperbel. (VergL
Fig. 120.)
V. m = + |. Die Gleichung der Curve ist
(36.) r* = a*cos^|\ oder r = acos^^^^ ];
daraus folgt
2r2 = 2arcos2f 2 j:=: ar{l + cosy) ^=z ar + arcoSf),
(37.) 2r2 — ax=i ar,
4r* — 4Äir2 + ä^x^ = a V^ = a^ar^ + ay ^
oder
(36 a.) 4 (a:2 + y2) (3^2 4. y2 _ o^;) =- «2y2,
Dies ist die Gleichung der Cardioide. um die Ueberein-
Stimmung dieser Curve mit der bei den Epicykloiden als Cardi-
oide bezeichneten Curve nachzuweisen, setze man
(38.) 2r=a(l — cosO,
dann folgt aus Gleichung (37.)
(39.) 2a: = — a cos ^(1 — COSt),
(40.) 2y = V4r2 _ 4-^2 == asin <(1 — cos t).
Transformirt man noch die Coordinaten, indem man
4a:' = a — 4a:
setzt) so erhält man
4a:' = a(l + 2cos^ — 2cos2^) = a(2cos< — C0S2^),
,.- . f4a:' = a(l + 2cos^-
*^ \ 4y==a(2sin^ — 2si
2sin^cosO = a(2sin< — sin2^).
§. 98. Anwendungen auf einzelne Ourven. 421
Diese Gleichungen gehen in die damals aufgestellten
Gleichungen der Cardioide über, wenn man a mit 4a vertauscht.
(Vergl. Fig. 76 auf Seite 338.)
VI. w = — \. Die Gleichung der Curve ist
(42.) r * = a *cosf2Y oder rcos2^^j=a,
2rcos2f ^j = r + roosy = 2a, oder r = 2a — z,
r^ =z x^ + y^ = 4a2 — 4aic + x^,
also
(42a.) y2 = 4a2 — 4aa: = 4a(a — x).
Dies ist die Gleichung einer Parabel, deren Axe die X-Axe
ist, und deren Scheitel die Coordinaten a: = a, y = 0 hat.
Allgemein folgt aus der Gleichung (31.)
also
f43.) Sn^ — ^ g'^sinCmy) ^ _]/^^^^
oder
(^aa.) ^ = -^=^^^ = -^^^^^^
(44.) tg/t = ^ = — ctgCmy)
= Ctg(7r — m(f) = tg^my — ^\
folglich ist
^A^^ , (2Ä+l)7r
(45.) (A + i^ ^-^^ = wty»
wobei A eine ganze Zahl ist, auf deren Werth es nicht an-
kommt. Dies giebt den Satz:
Der Winkel^ den der Badius vecior mit der Normale hildety
ist m-mal so gross fvie der Winkel, den er mit der Anfangs-
richtung iildet.
422 § 94. JSrüininiuigskreis und Krümmuiigsinittelpuiikts-CarveQQ.
(46.) Ä^ = !:^=:_rctg(my),
(±7^ TV"— — — -^— — ?^—
^ '^ "" rfy "" r~-^ "" cos(w9)) '
(48.) T=mgfi = r ^
sin(my)
§ 94.
KrOmmungskreis und KrOmmungsmittelpunkts-Curven.
(Vergl. die Formel -Tabelle Nr. 114.)
Ist die Gleichung einer Curve in Polarcoordinaten gegeben,
so kann man inuner den Badius vector r als eine Function vom
Argumente 9 betrachten; deshalb sind auch
(1.) X =rcosg) und y = rWLg)
Functionen von 9), so dass man durch Differentiation die fol-
genden Gleichungen erhält
^. dx dr
/«\ dy dr . ,
, , d^x rfV dr .
(*•) rf^ = 5^ *^'»' - % ^9' - »-cos?»,
, s ef^ dV . dr
^7 ^ <fa <Py dy d^ 2j_9/^^V ^
Vertauscht man in den Formeln 106 und 107 der Tabelle t
mit y, setzt die hier gefundenen Werthe ein und multiplicirt in
den Brüchen Zähler und Nenner mit dip^^ so erhält man
(8.)
§ 95. Anwendungen auf einzelne Ourven. 423
Jj. _ ds^ (r COS (f) dg) + dr . siny)
§ - rcosy — ^^2^^2 + 2rfr2 — rdV)cf9)'
\ . . cfe2( — rsincprfo) + rfr . cosw)
I 4!/ = rsm9)H ^^ ^ ^ ^
(9.) ? — ± (^2rfy 2 + 2rfr2 — rdV) dg>
Wenn man in diesen Gleichungen den Werth von r als
Function von 9) einsetzt, so sind ^ und fj als Functionen der dritten
Veränderiichen 9) dargestellt, was für die Untersuchung der
Krimimungsmittelpunkts-Gurve oder Evolute ausreicht. Man kann
aber auch noch g) aus den beiden Gleichungen (8.) eliminiren und
erhält dadurch eine Gleichung zwischen ^ und fj.
WiU man noch die Evolute in Polarcoordinaten darstellen,
so hat man in dieser Gleichung zu setzen
(10.) .5 = r' cosy' , fi=. r* siny'.
§ 95.
Anwendungen auf einzelne Curven.
Aufgabe 1. Man soll den Erämmungskreis der Archimedi-
schen Spirale
(1.) r == ag
bestimmen. (Vergl. Fig. 116 auf Seite 414.)
Auflösung. Aus Gleichung (1.) folgt
(2.) dr = ad(p, dV = 0,
also
(3.) (fc2 == rMtp'^ + dr^ = a\l + (p^)d(p\
(4.) r2rfy2 4. 2ö?r2 — reiV = a%2 + (p^)dg>\
Setzt man diese Werthe in die Formeln 114 der Tabelle
ein, so erhält man
^ a2(l + aß) . afcpcoscp + sincp)
| = a5PC0Sy ^ a^2 + 9^) ^'
, d^Ci + aß) . a( — (p%m(p + coscp)
n = aysrny + -5^ ^ a'(2+V)
494 § 95. Anwendttngen aof ejxunbie Oarvea.
oder
, . fc _ g[y cosy — (1 + y^)siny]
W 5~ 2 + 9)2 '
/ßx „ a[yfflny 4-(l + y2)co8y]
(60 ^ = 2T?2 '
^' ^ ^ =^ 2 + 9?2
Aufgabe 2. Man soll den Eräminfmgskreis der allgememeti
Mirale
(8.) r = oy*
bestunmen.
AiiflSsung. Aus GHeichuiig (8.) folgt durdi Diffef^eirtifttion
deshalb ist
(10.) Cfo2 — y2rfy2 _^ rf^2 =: a2y2H-2(,j2 4. ^2) ^2^
(11.) r^rfyi + 2dr^ — riV = a2y'^2 [^„ + 1) + 9)2]rfy2.
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 114 der Tabelle
ein, so erhält man
,.^v ^ _ n[roosy — (n2 + y«)ay'*-^siny]
^^^•^ * ~ n(« + 1) + y2 '
, . V n[rsiny + (^^-j, y2^ ay*"^ cos tp]
^^^'^ ' " n(n+i) + y2 '
(14) .^±f5C::!^L+s^.
^ ^ ^ "^ n(« + 1) + y2
Aufgabe 3. Man soll den Efimmungskreis und die Evolute
der lofforithmischen Spirale.
(15.) r = /^
bestimmen. (Vergi. Fig. 118 auf Seite 417.)
§ 95. Anwendungen auf einzelne Ourven. 425
AufIKsung. Aus Gleichung (15.) folgt dorch Differentiation
(^«•) 5y^^ •« = '*'•' 5^ = ''5y = «'"'
deshalb ist
(17.) Ä« = r2rf5p2 + rfy.2 = ^2(1 + a2)rfy2^
(18.) r^dg)^+2dr^—r<Pr = r^(l+2a^—a^)dg)^:=:r'^(l+a^)d^^.
Setzt man diese Werthe in die Formeb Nr. 114 der Tabelle
ein, so erhält man
, r2(l + a*) . r( — sin«? + acosa?)
^ = '^9 + -^ Uil + a^) '
oder
(19,) g = — ar sin y, ^ = + «rcosy.
(20.) Q^±'^^=±ryT+TK
Es war aber (nach § 93, Gldchimg (29.)) auch die Normale
da
(21-) ^-=^ = ^^1 + «',
folglich ist der Krümmunffshalbmesser gleich der Polar-NormcUe.
Der Erttmmungsmittelpunkt fällt daher in Figur 118 mit JV
zusammen.
Nach den Gleichungen (19.) wird
(22.) 5 = — ay^ iy = or.
Hieraus erkennt man schon, dass die Evolute wieder eine
ioffarithmtsche Spirale ist, bei der aber die Dimensionen a-mal
so gross sind wie bei der gegebenen. Gleichzeitig sind auch
noch die Coordinaten-Axen um einen Winkel von 90® gedreht.
Durch Einfährung von Polarcoordinaten kann man sogar zeigen,
dass die Evolute der gegebenen Curve ähnlich und ausserdem
auch congruent ist.
Bezeichnet man die Polarcoordinaten der Evolute mit r' und
9', so ist bekanntlich
(23.) r'2 = g2 + ,2, tg9)' = |,
426 § 95. Anwendungen auf einzelne Curven.
folglich wird in diesem Falle
(24.) r'2 = a2^2^ tg(/?' = — ctgy = tg(9) +0
oder
(24a.) r' = ar, y' = SP + 2 ' SP = 9' — 2 '
also
a(p «('P'— t)
(25.) r* = ar^ae =ae ^ ^%
7t
lr' = la+ay' — a— >
oder, wenn man \a mit a bezeichnet,
(26.) r^ = e ^ \
Dreht man die Polar-Axe um den Winkel » so dass
a 2
wird, so geht Gleichung (26.) über in
(27.) r' = /^".
Aufgabe 4. Man soll den Krümmungskreis und die Evolute
der Lemniscate
(28.) r2 = a2cos(2y)
bestimmen. (Vergl. Fig. 121.)
AuflSsung. Durch Differentiation folgt aus Gleichung (28.)
(29.) r j- = — a2sin(2y) = — r^tg{2g)),
und wenn man diese Gleichung nochmals differentürt,
Deshalb wird
oder
(31.) Ä2 = ^ cf(^2.
§ 95. Anwendungen auf einzelne Ourven.
427
Ferner findet man aus Gleichung (30.)
\dg>) ^dg)^ \d(f) LW/ #^J
K0— 0-
folglich ist bei der Lemniscate
(32.) .2+2(g^)-rg^ = 3(^)=:
3a*
r2
Setzt man diese Werthe in die Formeln Nr. 114 der Ta-
belle ein, so erhält man
dr
d(p
dr
oder
(33.)
5 = rcosy — ^(rcosy + -j-' siny J5
= rsin^) + \l — rsin^) + -j- • cosyY
n
I 5 = -l"- [2cos(2y)cos5P + sin (2^)) sin y] = -^-^ — ^>
[ ^ = J: [2cos(2sp)sinsp — sin(29p)cossp] = — ?f-^J£,
/«- \ , M ds , a^
Fig. 12L
folgt
Ans den Gleichungen (33.)
(35.)
i
/3r|\
*^«9' = (2^)
i
cos V + sinV = (^) Ö* + /)=!,
I
cosV — sinV = (^) (1* — /)= cos {2<p) - ^
428 § 95. Anwendungen auf einzelne Curven.
folglich ist
(37.) 9(5* + fi^y (?* — /) = 4a2,
Den beiden Scheiteln A^ und A^ der Lenmiscate ent-
sprechen die Spitzen S^ und S^ der Evolute, wobei
(88.) «'20=0/^1=10.
XII. Abschnitt.
Theorie der Determinanten.
§ 96.
Einleitung.
Fär viele Untersuchmigen in der höheren Mathematik ge-
währt die Anwendung der Determinanten eine wesentliche Er-
leichterung, einerseits dadurch, dass die Rechnungen kürzer
werden, andererseits dadurch, dass die Resultate eine übersicht-
lichere und leichter zu merkende Form erhalten.
Deshalb soll hier ein kurzer Abriss der Determinanten-
Theorie eingeschaltet werden.
Auf die Ausdrücke, welche man Determinanten nennt, ist
man durch die Auflösung von n linearen Gleichungen mit n
unbekannten geführt worden. Sind z. B. die beiden Gleichungen
a^^xi + ai2X2 = ci,
mit den beiden Unbekannten xi und X2 gegeben, so findet man
bekanntlich durch Elimination
(1.) {
, V 01022 C2ai2 Ci(hl + 02011
(2.) Xi = J X2-= •
«11022 «12021 O11O22 Ol2<*21
Den gemeinschaftlichen Nenner dieser beiden Ausdrücke,
nämlich die Grösse
(3.) J = ÖI1O22 Ol2«21 =
«21 «22
nennt man die Determinante ^ welche zu den GoefKcienten der
beiden Gleichungen (1.) gehört. Diese Determinante wird daher
430 § 96. Einleitniig.
auch SO geschrieben, dass man die Coefflcienten in derselben
Reihenfolge wie in den gegebenen Gleichungen au&chreibt und
zwischen zwei senkrechte Striche einschliesst.
Sind drei lineare Gleichungen
<H\!^i + 0822:2 + d^Z = C3
gegeben, so findet man bei der Auflösung für die drei Unbe-
kannten a:i, Z2y xz Werthe, welche den gemeinschaftlichen Nenner
(6w) -^ = Oll {a^Oz» (hsßZ^) + «12 («28081 — Ö21Ö83)
+ Ö18(ö21032 Ö22Ö31)
haben. Diesea Nenner schreibt man wieder in der Form
(5 a.) ^ =
011Ö12Ö18
021 Ö22 «28
«81 ^ Ö33
wobei die Goefflcienten der gegebenen Gleichungen zwischen zwei
senkrechte Striche eingeschlossen sind. Aus Gleichung (5.) er-
kennt man, dass
ist, wobei sich die Summation über alle Permutationsformen
a ß Y der Zahlen 12 3 erstreckt , und wobei das Vorzeichen
( — 1)^ gleich + 1 oder — 1 ist, jenachdem die Permutations-
form €iß Y aus 12 3 durch eine gerade oder ungerade Ang^ftM
von Vertauschungen von je 2 Zahlen hervorgeht. Demnach sind
die Glieder
auC^OzZ j 0^1205230^81 j <^\Z<H\0'Z2
mit dem Vorzeichen + zu nehmen, weil die Reihenfolge der
zweiten Indices
123, 231, 312
bezw. durch 0, 2, 2
solche Vertauschungen von je 2 Zahlen aus der Permutationsfonn
12 3 hervorgehen. Vertauscht man nämlich in 1 2 3 die Zahlen
1 und 2 mit einander, so erhält man 2 13, und vertauscht man
dann die Zahlen 1 und 3 mit einander, so erhält man 2 31.
§ 97. ]raiBBig; einer Determmante n*^ Ordnung. 431
y^i;auscht man in 1 2 3 die Zabkn 1 und 3, so erhält man 3 2 1,
und vertauscht man dann die Zahlen 1 wd 2, so erhält man
312.
Die Glieder
011023032) 0120^210^33) 0^13^22031
dagegen sind mit dem Vorzeichen — zu nehmen, weil die Per-
mutationsformen
132, 213, 321
aus 1 2 3 durch eüie einzige solche Vertauschung hervorgehen ;
vertauscht man nämlich in 1 2 3 die Zahlen 2 und 3, so erhält
man 13 2, vertauscht man in 1 2 3 die Zahlen 1 und 2, so er-
hält man 2 13, und vertauscht man in 1 2 3 die Zahlen 1 und 3,
so erhält man 3 21.
§ 97.
Bildung einer Determinante n*"^ Ordnung aus n^
Elementen.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 115).
In ähnlicher Weise möge jetzt
«11 «12 . . . «in
= 2( — 1) Ctict^2ß^Sy • • • ^ny
(1.) j =
^21 ^2 • • • ^2n
Öfnl ^n2 • • • Clnn
erklärt werden. Die n^ Grössen au, ai2,...a«n heissen Ele-
mente der Determinante; die Determinante J selbst ist eine
Summe, bei der jedes Glied das Product von ;» Elementen ist.
Dabei enthält ein solches Product aus jeder Zeile (Horizontalreihe)
und aus jeder Colonne (Verticalreihe) ein und nur ein Element.
Für das Vorzeichen ( — 1)^ gelte folgende Kegel : Heissen
die ersten Indices
12S. ..n
und die zweiten
cc ß y . . . p,
432 § 98. Einige Sätze am der Foimiitatioiislebxe.
SO ist aßr .. .V eine Fermutationsfoim der Zahlen 1 2 3 ... n.
Ist dann a von 1 verschieden, so yertausche man a mit 1. Ist
in der dadurch entstandenen Permutationsfonn die zweite Zahl
von 2 verschieden, so vertausche man sie mit 2 und feübre so
fort, bis die Reihenfolge der Zahlen die natürliche ist. Wenn
nun X die Anzahl dieser Vertauschungen ist, so wird das Vor-
zeichen des zugehörigen Gliedes ( — 1)^.
So ist z. B. für die Permutationsform 3 14 2 diese Zahl l
gleich 3, und zwar erhält man nach einander die Formen
314 2, 134 2, 124 3, 123 4.
Für die Permutationsform 3 2 5 14 ist X wieder gleich 3,
und zwar erhält man nach einander die Formen
32514, 12534, 12354, 12345. ,
Die Summation erstreckt sich über alle Permutationsformen
aßy . ..V der Zahlen 1 2 3 ... n, folglich ist die Anzahl der
Glieder gleich w! = 1.2.3...w.
Dies kann man auch so zeigen. Nimmt man ein beliebiges
Element der ersten Zeile ai»^ so giebt es n mögliche Fälle, weil a
dabei nWerthe haben darf. Da ß von a verschieden sein muss, so
giebt es bei der Auswahl von a^ß aus den Elementen der zweiten
Zeile nur noch n — 1 mögliche Fälle. Deshalb giebt es bei der
Auswahl von a^„ a^ß im Ganzen n(n — 1) mögliche Fälle.
Ebenso erkennt man, dass für die Auswahl von a^ aus den
Elementen der dritten Zeile nur n — 2 mögliche Fälle und des-
halb für die Auswahl von a^a^i^^zy ^ Ganzen n{n — l){n — 2)
mögliche Fälle vorhanden sind.
Indem man so weiter fortfährt, findet man das oben ange-
gebene Eesultat.
§ 98.
Einige Sätze aus der Permutationsiehre.
Erklärung. Das Permutiren besteht in dem Au&uchen aller
Stellungen, welche ^Elemente a,b,c,...i,l einnehmen k&nneii.
Jede solche Stellung nennt man eine Permutatumsform.
Die Anzahl der Permutationsformen bei 2 Elementen a und h
ist 1.2 = 2!, nämlich a b und h a. Tritt ein drittes Element
i
§ 98. Einige Sätze aus der Permutationslehxe. 43 3
c hinzu, so kann man aus jeder dieser beiden Permutationsformen
drei bilden, z. B. aus 6 a die drei Formen
cb a^ b c a, b a c,
indem man <? an die erste, die zweite und die dritte Stelle setzt.
Die Anzahl der Permutationsformen bei 3 Elementen a, J, c ist
daher gleich 1.2.3 = 3!.
Tritt ein viertes Element d hinzu, so kann man aus jeder
dieser 3! Permutationsformen vier bilden, z. B. aus iac die
vier Formen
dbac, bdac, badcy bacd,
indem man d an die erste, zweite, dritte und vierte Stelle setzt.
Die Anzahl der Permutationsformen bei 4 Elementen ist daher
gleich 1.2.3.4 = 4!.
Indem man so fortfahrt, findet man
Satz 1. Die Anzahl der Permutationsformen bei n Ele-
menten ist »! = 1 . 2 . 3 . . . w.
Vertauscht man nur zwei Elemente mit einander, so nennt
man diese Vertauschung eine Transposiüon.
Satz 2. Von zwei beliebigen Permutationsformen P^ und P^
kann die eine am der anderen durch fortgesetzte Transposition
hergeleitet werden.
Beispiele. Die Permutationsform eabdc kann durch 3
Transpositionen in die Form abcde übergeführt werden, und
zwar erhält man der Reihe nach die Formen
eabdc, aebdc, abedc, abcde.
Die Permutationsform fgacdeb kann durch 5 Transposi-
tionen in die Form abcdefg übergeführt werden, und zwar er-
hält man der Reihe nach die Formen
fgacdeb y agfcdeb, abfcdeg,
abcfdeg, abcdfeg, abcdefg.
Aus diesen Beispielen erkennt man das^Ver&hren, das ganz
allgemein zum Ziele führt. Es ist aber zu beachten, dass man
eine Permutationsform P^ in eine andere P^ in mannigfacher
Weise durch Transpositionen überführen kann, und dass die An-
Stegemazm-Kiepert, Differential-Bechnxmg. 28
434 § d8. Einige Sätze aus der PermutatioDsIehre.
zahl der verwendeten Transpositionen noch unendlich viele Werthe
besitzt. Dabei gilt aber der folgende
Satz 3. Kann man P^ in P^ überführen^ das eine Mal
durch X, das andere Mal durch ia Transpositionen ^ so ist X — fi
stets eine gerade Zahl.
Beweis. Es sei
(1.) -F= (i - a) (c — a) (rf— a) . . . {k — a){l— ä)
müL{c — b) {d— l)...{k — h) \l — h)
mal(rf — <?)...(* — c) (l — c)
mal (/ — k).
Bei der Bildung dieses Productes hat man jedes Element
von allen folgenden subtrahirt und die so entstandenen Diffe-
renzen mit einander multiplicirt. Es soll nun untersucht werden,
wie sich die Grösse F ändert, wenn man zwei Elemente, z. B.
q und s mit einander vertauscht. Alle Differenzen, in denen q
und s gar nicht vorkonmien, bleiben unverändert. Ist femer p
irgend ein Element, das den beiden Elementen q und s voran-
geht, so geht bei der Vertauschung von q mit s das Product
{q — p) {s —p) in {s — p) (q — p) über und behält denselben
Werth* Steht das Element r zwischen q und 5, so geht das
Product (r — q) (s — r) in (r — s) {q — r) über und behalt
gleichfalls denselben Werth. Folgt endlich das Element t den
beiden Elementen q und «, so geht das Product {t — q) {t — s)
in {t — s) {t — q) über und behält auch denselben Werth. Nur
durch den Factor s — q^ welcher bei der Vertauschung von q
mit s m q — s übergeht, wird das Vorzeichen von 2^ geändert,
während der absolute Betrag von F derselbe bleibt.
Die Grösse F ändert daher nur das Vorzeichen^ wenn man
zwei Elemente mit einander vertauscht.
Ebenso kann man zeigen, dass F bei jeder weiteren Trans-
position zweier Elemente nur das Vorzeichen ändert. Entsteht
Fx aus F durch X Transpositionen, so ist daher
(2.) i^, = (- ifF
§ 98. Einige Sätze aus der Permutationslehre. 435
Bezeichnet man also die Werthe von JFJ welche den Per-
mutationsfonnen P^ und Pj entsprechen, mit J\ und i^, und
geht Pj in P^ über, das eine Mal durch i, das andere Mal durch
lA Transpositionen, so gelten die beiden Gleichungen
(3.) F^ = {-lfF, und P2 = (— lyi?;
daraus folgt
(4.) (— i/ = (— 1)/", oder A = ji*±2w?,
wobei 2w eine beliebige gerade Zahl ist.
Um zu bezeichnen, dass die Permutationsform P (z. B.
1 2 3 . . . j») in Pj (oder aßy ...p) durch i Transpositionen
übergeführt wird, schreibt man
(^•) -©=Cr/.:::>
Satz 4. Geht P in P^ über durch X, und geht P^ in P^
über durch (i Transpositionen, so geht P in Pj durch ^ + /t* d: 2m?
Transpositionen über. Ist also
(6.) .=(;_) M=(;;>
so wird
' Der Beweis folgt unmittelbar daraus, dass P in P2 über-
geht, wenn man zuerst P in P^ und dann P^ in P^ überfuhrt.
i Der Satz lässt sich ohne Weiteres verallgemeinem; es
ist z. B.
Satz 5. Dien\ Permutationsformen von n Elementen lassen
sich durch die Transposition zweier Elemente paarweise grup-
piren.
Beweis. Durch die Transposition zweier Elemente, z. B.
der beiden Elemente a und J, geht die beliebige Permutations-
form Pj in Pj über, wobei Pj und P2 von einander verschieden
sind, ist nun die Permutationsform Qi von Pj und P2 ver-
28*
436 § 99. Eigenschaübeoi der Determinanten.
schieden, so geht 0^ durch die Vertauschmig von a mit b in
Q2 über, wobei Q2 von Qj und auch von P^ und P2 ver-
schieden ist. Wäre nämlich Q2 identisch mit P^ (bezw. mit
Ps), so mttsste Q^ identisch sem mit P2 (bezw. mit P^).
Ist femer die Permutationsform E^ von P^, P2, Qi, Q2 ver-
schieden, so geht B^ durch die Yertauschung von a mit b in
JB2 über, wobei iS2 von iZi und auch von P^, Pj, Qi, Q2 ver-
schieden ist.
So kann man fortfahren, bis die sämmtlichen Permutations-
form^ erschöpft sind.
§ 99.
Eigenschaften der Determinanten.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 116—119.)
Satz 1. Zwei Olieder (oder Tenne)
(1.) Ti = (— l/i a,^^ ögft «3yi • • • <^ny^
und
(2.) 2^2 = (— 1/2 a^^ a^ a^^^ . . . a^^^
haben gleiches oder entgegengesetztes Zeichen ^ jenachdem die
Transpositionszahl
(3.) ? = ("^J''' -"O
gerade oder ungerade ist.
Beweis. Es ist
2 _/«i^iyi--^i\
^^"Vl 2 S...nr
. _ /«2 ß2Y2- • - >'2\ _ / 1 2 3 ...» \
~~\1 2 3...n/"" \a2 /^2 ^2 . . . ^2/
folglich ist
(3a.) ^ = Ai + A2 ± 2«^.
Sind ^ und ^ beide gerade oder beide ungerade, haben
also T^ und T^ gleiches Zeichen, so ist q gerade. Wenn da-
gegen von den beiden Zahlen X^ und )^ die eine gerade und
die andere ungerade ist, wenn also T^ und T^ entgegengesetztes
Zeichen haben, so ist q ungerade.
§ 99. Eigezischaften der Determinanten. 437
Satz 2. Die Determinante J hat ebenso viele positive wie
negative Glieder»
Beweis. Wenn die beiden Permutationsformen a^ ßin*" ^x
und oL^ß^Yi'" ^2 dnrch eine einzige Transposition in einander
übergehen, wenn also A = 1 ist, so haben nach Satz 1 die
Glieder 7\ und Tg entgegengesetztes Vorzeichen. Da man nun
durch eine Transposition alle Pennutationsfonnen paarweise
gruppiren kann, so kann man auch die sämmtlichen Glieder der
Determinante paarweise gruppiren, so dass bei jedem solchen
Paare das eine Glied positiv und das andere negativ ist.
Ordnet man in
(4.) T=(— l/ a^^ «2/5 «3y • • • ^ny
die Factoren anders, so geht T über in
(4a.) r = (— l)^a/„^ a^ß^ aj^^ . . . a,^^.
Dabei folgt aus
W«i ^9ß\ ^Ayi • • • ^ivj
dass auch
(tL\ _^/12S...n\_/a ß r "*y\
^ '^ ^'^\fffh...i)'^\a,ß,ri...yj
ist. Ausserdem ist
Deshalb erhält man
\«i A ri • . • »'i/
/f</h...l\/123...n\/aß y • . • >' \ . „
Vl2 3...»/"^V«/»r...»'/"*'Vai/»iri...»'i/^ '
oder
(7 a.) Q = ii + l + [i±2w = X±2v,
(8-) (-l)e=(-l/.
Dies giebt
438
§ 99. Eigensabaften der Determinanteii.
Satz 3. Sind in dem Gliede T die Factoren beliebig ge-
ordnet ^ 80 ist das Vorzeichen von T gleich ( — 1)^, wobei q die
Transpositianszahl zwischen den ersten und den zweiten In-
dices ist.
Jetzt möge die Determinante Ji aus
flu fll2 fll3 • • • flln
Ö21 022 fl28 • • • fl2n
flai fl32 fl33 • • • fl3n
(9.)
J =
flwl fln2 fln3 • • • fl«n
hervoi^ehen, indem man die ZeQen beliebig mit einander und
ebenso die Golonnen beliebig mit einander vertauscht, so wird
^/a ^/ß fl/y • • • fl/y
^ga ^gß ^gy " * «-
(10.)
^1 =
'gy
flu«, fl
ha ^hß ^hy ' • ' ^hy
^la ^Iß ^ly ' " ^ly
wobei fg h...l und aßy...y irgend zwei Permutationsformen
der Zahlen 12 3...» sind.
Die beiden Determinanten J und J^ enthalten dann, abge-
sehen vom Vorzeichen, genau dieselben Glieder; denn ein be-
liebiges Glied von J^ ist
(11.) T,^(-ira^a,<^gß,^Hy,'
wobei
a
lyt^
(12.)
1^1»
ist. Das entsprechende Glied in J heisst
(13.) T = (- 1)9 a^„^ a^ß^ a^^ . . , a
wobei nach Satz 3
(14.) p = //^Ä..-^)
die Traospositionszahl zwischen den ersten und zweiten Indices
ist. Bezeichnet man jetzt
§ 99. Eigensabaften der Determinanten. 439
mit A, so wird
folglich wird
(16.) Ti = (-i)^r,
und da diese Gleichung für alle Glieder der Determinanten J^
und J gilt, so erhält man
(17.) J^ = (— 1)^J.
In dieser Gleichung ist der folgende Satz enthalten:
Satz 4. Vertauscht man in einer Determinante J die Zeilen
heliebig mit einander und die Colonnen heliehig mit einander^ so
geht die Determinante in sich selbst überj multipUdrt mit ( — 1)^,
wobei X die TranspositionszaJU zioischen der neuen Aufeinander-
folge f g h . . .1 der Zeilen und der neuen Aufeinanderfolge
a ß y . . ,v der Colonnen ist.
Hieraus ergiebt sich als besonderer Fall
Satz 5. JEüne Determinante ändert nur ihr Vorzeichen,
wenn man zwei Zeilen oder zwei Colonnen mit einander ver-
tauscht.
Hat eine Determinante J zwei identische Zeil^ oder zwei
iOäitische Colonnen, so ändert sich J nicht, wenn man diese
beiden identischen Reihen mit einander vertauscht. Anderer-
seits erhält aber nach Satz 5 die Determinante bei dieser Ver-
tauschung das entgegengesetzte Vorzeichen, folglich wird
(18.) J = —J, oder 2^ = 0.
Dies giebt
Satz 6. Eine Determinante mit zwei identischen Zeilen oder
mit zwei identischen Colonnen ist gleich Null.
Satz 7. Eine Determinante ändert ihren Werth gar nicht,
wenn man die Zeilen zu Colonnen und die Colonnen zu Zeilen
ma^ht.
440
§ 100. Zerlegung der Determinanten.
'ny
"yn'
Beweis. Die Yertauschiing der Zeilen mit den Colonnen
entspricht einer Yertauschimg der ersten Indices mit den zweiten,
so dass die Determinante
(19.) J = 2(— if a^^a^ßO^ ... a,
bei dieser Yertauschnng übergeht in
(20.) ^1 = 2(— if a„, a^2 V • • ^'
Die beiden Determinanten J und J^ enthalten aber genau
dieselben Glieder, nur sind die Factoren der einzelnen Glieder
in J nach den ersten und in J^ nach den zweiten Indices
geordnet.
Aus diesem letzten Satze erkennt man, dass jeder Satz,
welcher sich auf die Zeilen einer Determinante bezieht, in
gleicher Weise auch von den Colonnen einer Determinante gilt.
Um beide Fälle zusammenzu&ssen, möge in den folgenden Para-
graphen der Ausdruck ^Reihen^ ebenso für die Zeüm wie für
die Colonnen gebraucht werden.
§ 100.
Zerlegung der Determinanten.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 120—124.)
Zieht man aus der Determinante
(1.) ^=
«11 «12 Ö13 . . . öin
Ö21 «22 Ö23 . . • Ö^n
0^31 0^32 Ö33 • • • ^3n
= 2(— 1)^01« a^ a^... a^^
Oni ^«12^3 • • • ÖJfm
alle Glieder heraus, die mit an multiplicirt sind, so erhält man
(2.) 2{— ifa^^ a^ «sy • • • ^ny = «11 ^(— i)^^2ß «sy • • • <^ny,
wo sich die Summation auf alle Permutationsformen ß r •-* ^
der Zahlen 2 3 ... n erstreckt, während X die zugehörige Trans-
positionszahl ist. Der Factor von «n in Gleichung (2.) — er
heisse «n — ist daher
§ 100. Zerlegung der Determinanten.
441
(3.)
«11 =
0^22 ^23 • • • ^n
Ö?32 Ö533 . • • Ö3n
^n2 Ön3 • • • ^nn
er ist also eine Detenninante (n — 1)^'' Ordnung, die aus J
entsteht, indem man die erste Zeile und die erste Golonne
fortlässt.
Vertauscht man in ^ die erste Zeile mit der zweiten,
so wird
0^21 Ö522 0^23 • • • ^n
du «12 Ö13 • • . din
Ö31 «32 Ö33 . • . Ö3n
(4.)
= —J.
^nl (h%2 Ö?i»3 • • • ^nn
Bei dieser Determinante wird in gleicher Weise wie vorhin
der Factor von 021 eine Determinante (n — l)'**" Ordnung, welche
durch Fortlassen der ersten Zeile und ersten Golonne aus der
vorstehenden Determinante hervorgeht; folglich ist der Factor
CC21 von 021 in der ursprünglichen Determinante J
(5.)
«21 = —
«12 Ö13 . . . öin
0^2 Ö33 . . . a^
^n2 ^n3 • • • ^nn
und geht aus J hervor, indem man die zweite Zeile und die
erste Golonne fortlässt und das Zeichen
(6.) - 1 = (- 1)^+^
davorsetzt.
In ähnlicher Weise findet man den Factor von «31, «41, . . .
allgemein den Factor «/i von a^i. Vertauscht man nämlich die
f^ Zeile mit der (/— 1)'*», dann mit der (/— 2)*«* und so
weiter, bis die Reihenfolge der Zeilen (bezw. der ersten Indices)
/, 1, 2, .../— i,/+i, ... n
geworden ist, so geht bei diesen / — 1 Vertauschungen J in
( — ly-^J über, und das Element a/i steht an erster Stelle.
Daraus folgt, dass der Factor von a/i in J, nämlich
442
§ 100. Zerlegong der Determinantein.
(7.)
«/i = (- 1)^-'
ö^/-l, 2 öfy— 1, 8 • • • öf/-i, n
Öfn2 ^nS • • • ®nn
aus J hervorgeht, indem man die /'* Zeile und die erste Colonne
forüässt nnd das Zeichen
(8.) ^ (_ i)/-i = (_ i)/+i
hinznfiigt.
Vertauscht man jetzt in -^ die r*' Colonne mit der (r — 1)*^,
dann mit der (r — 2)'** und so weiter, bis die Reihenfolge der
CJolonnen (bezw. der zweiten Ihdices)
r, 1, 2, . . . r — 1, r + 1, . ,»n
geworden ist, so geht J in ( — ly-^J über; jetzt kann man
den Factor u/r von a/r in gleicher Weise finden, wie vorhin
den Factor a/i von a/i. Daraus folgt dann, dass
(9.) a,r = (- iy+-
«11
ö^l, r— 1 ö^l, r+ 1 •
öln
Ö/-I-1, 1 . . . 0/4-1, r-l 05/4-1, r+1 • • • ö/4_i, «
Ä«l ... öJn, r— 1 ^n, r+1
a,
nn
aus J entsteht, indem man die y** Zeile und r'* Colonne fort-
lässt und den Factor (— iy+'- hinzufügt.
Diese Factoren a/r heissen „ Unterdeterminanten {n — 1)*^
Ordnung von J^ und können auch noch auf die folgende Form
gebracht werden. Durch /— 1 Vertauschungen können die
Zeilen (bezw. die ersten Indices)
1, 2, 3.../— l,/+l,/+2,...n
in die Beihenfolge
/+1, 1, 2, 3,.../— l,/+2,...;j
gebracht werden. Durch weitere / — 1 Vertauschungen erhält
man die Eeihenfolge
/+l,/+2, 1, 2,.../— l,/+3,...;j.
§ 100. Zerlegung der Determinanten. 443
So kann man fortfahren, bis man dm-ch {n — /)(/ — 1)
Vertauschnngen die „cyilische^^ Reihenfolge
f+l,f+2,..,n, 1, 2,.../-l
erhält. Ebenso gelangt man durch (n — r) (r — 1) Ver-
tauschnngen der Colonnen (bezw. der zweiten Indices) zu der
cyAlüchen Seihenfolge
r + 1, r + 2, . . . w, 1, 2, ... r — 1.
Durch diese Vertauschungen ist a/r mit
( l)(n-y) (/-l) 4- (n^r) (r-l) — (_ l)n (/+r) - 2n -/ (/-l) -r (r-1)
== ( — !)•• (Z+r)
multiplicirt, denn 2n, /(/ — 1) und r (r — 1) sind gerade Zahlen.
Deshalb wird das Vorzeichen von «/r
( l)n (/+r)+/4-r — (_ l)(n-f 1) CZ+r),
Dies giebt
^/-hl. r-\-i ö^-f 1, r+2 • • • ^/+U r— 1
^/+2, r+1 Ö/+2, r+2 • • • ^/+2, r— 1
(10.) a/r = (— iy"+*^(-^+'"^
a/_l, r+l Ö5/— 1, r+2 • • • Ö/-.1, r-l
Ist w ungerade , also n + 1 gerade , so sind daher alle diese
Unterdeterminanten mit dem positiven Vorzeichen zu nehmen.
Beachtet man, dass jedes Glied der Determinante J ein
und nur ein Element der ersten Colonne enthält, so findet man,
dass
(11.) J = «11 «11 + 021 «21 + «31^31 + . . . + önittnl
sein muss; denn es sind erstens alle Glieder von J durch [die
Summe auf der rechten Seite von Gleichung (11.) erschöpft,
weil jedes Glied ein Element der ersten Colonne als Factor
enthalten muss, und zweitens kommt in dieser Summe jedes
Glied nur einmal vor, weil kein Glied zwei Elemente der ersten
Colonne als Factoren enthalten kann.
Ebenso kann man die Determinante J nach den Elementen
der r*«*» Colonne zerlegen und erhält
(12.) ^ = öirOfir + (l2rCt2r + dSr^CSr + • • • + ^nr^nr'
444
§ 100. Zerlegung der Determinanten.
Es sei w = 3, also
J =
Beispiel.
«11 »12 «13
<Hl 0^2 0^23
Ö31 ©82 Ö33
dann ist
J = «11
Ö22 Ö523
Ö32 Öf33
«21
«12 «13
0^32 Ö33
+ «31
«12 «13
Ö22 0^23
oder, wenn man die cyMsche Anordnung der Unterdetenninanten
benutzt,
j = «11
«22 0^3
0^32 Ö33
+ «21
0^32 0^33
012 Öfi3
+ «31
«12 «13
«22 «23
= öii («22033 «23 0^32) + 0^21 (0^32 0^13 ÖJ33 012) + ^2,1 {P'Vl <hz «13 022).
Da sich J nicht ändert, wenn man die Zeilen mit den
Colonnen vertauscht, so findet man in gleicher Weise eine Zer-
legung von J nach den Elementen einer beliebigen Zeile und
zwar wird
(13.) J = aji öc/i + a/2(Xj2 + (^/scc/s + . . .+ a/ncc/n.
Ordnet man z. B. für tj = 3 die Determinante nach den
Elementen der zweiten Zeile, so erhält man
J = «21
«12 «13
«32 «33
+ «22
«11 «13
«31 «38
«23
«11 «12
«31 «32
oder bei cyklischer Anordnung
J = 021
«32 «33
«12 «13
+ «22
«33 «31
«13 «11
+ «23
«31 «82
«11 «12 *
Ist s von r verschieden, und vertauscht man in Gleichung
(12.) die Elemente «ir, «2r9 > • »(^nr niit «i«, (hg, • • • «n«, so erhält
man
(14.) Ji = «i,air + «2«a2r + «3*a3r + «n«anrj
WO Ji gleichfalls eine Determinante ist, welche aus J hervor-
geht, indem man die Elemente der r^^ Colonne durch die Ele-
mente der «*•** Colonne ersetzt. Dadurch wird aber Ji eine
Determinante, in welcher die Elemente der r*^ und der «*^
§ 101. Auflösung linearer Gleichungen. 445
Colonne identisch sind. Deshalb wird J^ nach Satz 6 in § 99
gleich Null, und Gleichung (14.) geht über in
(14 a.) öl«air + (h»0t2r + aztUzr + anaf^nr = 0,
wenn r ^ « ist.
Ist femer g von / verschieden, und vertauscht man in
Gleichung (13.) die Elemente a/i, a/2, . . . a/n niit a^, Ugi,... agn,
so erhält man
(15.) ^2= agiCtfi + 0^205/2 + (^gZCt/Z + • • • + «^«/n,
WO J2 gleichfalls eine Determinante ist, welche aus J hervor-
geht, indem man die Elemente der /*^ Zeile durch die Elemente
der g**^ Zeile ersetzt. Dadurch wird aber J2 eine Determinante,
in welcher die Elemente der /^**» und der g*^ Zeile identisch
sind. Deshalb wird J2 nach Satz 6 in § 99 gleich Null, und
Gleichung (15.) geht über in
(15a.) agiUfi + a^oLf2 + ag^a^ + • . . + «^ o/h = 0,
wenn/^^ ist.
§ 101.
Anwendung auf die Auflösung von n linearen Gleichungen
mit n Unbelcannten.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 125.)
Sind n lineare Gleichungen mit n Unbekannten:
flu ^1 + fli2^2 + . . . + flm ^» = ^Ij
, 021 ^1 + fl22 ^2 + . . • + fl2n^ = ^2?
(1*/
flnl^l + fln2 ^2 + • . . + <h»i^n = <?n
gegeben, so findet man 2:1, indem man die erste Gleichung mit
«11, die zweite Gleichung mit «21, . . . die w** Gleichung mit «ni
multiplicirt und alle Gleichungen addirt. Der Coefficient von
x^ wird dann nach Formel Nr. 121 der Tabelle (für r = 1)
(2.) «11 «11 + fl21 «21 + . • . + flnl «nl = -^j
während der Coefficient von x^^ wenn s von 1 verschieden ist,
nach Formel Nr. 123 der Tabelle (für r = l) gleich
446
§ 101. Auflösung liaearer Gleickungea.
(3.) auctii + a2aa2i +. . .+ «nt««! = 0
ist. Man erhält daher bei der Addition
eine Gleichung, aus der sich Xi unmittelbar ergiebt, wenn man
auf beiden Seiten durch J dividirt.
Ebenso leicht findet man den Werth von Xr, indem man
die Gleichungen (1.) bezw. mit
Öf Ir j CC2r ) • • • ^nr
multiplicirt und dann addirt. Ist s von r verschieden, so wird
bei der Addition der Coefflcient von x, nach Formel Nr. 123 der
Tabelle
(5.) öl»air + (hMCC2r +- • •+ (^nsCCnr = 0;
nur der Coefflcient von Xr wird nach Formel Nr. 121 der
Tabelle
(6.) (^irCtir + Ö2ra2r +. . .+ €inr CCnr = ^j
folglich erhält man bei der Addition
(7.)
J. Xr = CiUir + C2a2r +• . .+ CnOCw-.
Wenn man in der Determinante
die Elemente der r*^ Colonne air, a2r,...anr durch die Grössen
ci, C2, . . . Cn ersetzt, so erhält man
deshalb kann man Gleichung (7.) auch schreiben, wie folgt:
(7a.)
«11 ai2 . . . ain
^1 <^2 • • « Ö2n
• Xf —
ö^nl Ön2 . • • ö^n»
öll . . . öi,r— 1 Cl ^l,r-fl • • • ÖiH
021 ... ^, r— 1 ^2 Ö2, r+1 • • • Ö2n
öfil • • • Ö^n, r— 1 ^n ^5«, r-fl • • • (^nn
um ^r selbst zu finden, muss man noch die beiden Seiten
der Gleichung (7.) oder (7a.) durch J dividiren, was nur unter
der Voraussetzung geschehen darf, dass J von Null verschieden
ist. Was geschieht, wenn ^ = 0 ist, möge einer späteren
Untersuchung vorbehalten bleiben.
§ 102. y€i:em&cliimgen bei Ausrechnung der Determinanten. 447
§ 102.
Vereinfachungen bei Ausrechnung der Determinanten.
(Vergl. die Formel- Tabelle Nr. 126—132.)
Satz 1. Wenn alle Elemente einer Beihe bü auf eines a/r
verschtoindeny so ist die Determinante diesem einen Elemente a/t
gleich, mtUtiplicirt mit der ztigehörigen Unterdeterminante {n — 1)**^
Ordnung a/r. '
So ist z. B.
J —
Ai 0 Ci
Aa 0 Ca
= B,
Ä, Ci
-^8 Ca
Der Beweis des aUgemeinen Satzes ergiebt sich immittelbar
aus der Zerlegung der Determinante nach den Elementen der
betreffenden Eeihe«
Satz 2. Eine Determinante kann auf den nächst höheren
Grad gebracht werden, wenn man eine Zeile und eine Colonne
einschiebt, das den beiden eingeschobenen Meihen gememschafU
liehe Element + 1 setzt und die übrigen Elemente der einen
eingeschobenen Reihe gleich 0 macht. Die übrigen Elemente der
anderen eingeschobenen Meihe sind ganz beliebig.
Es ist z. B.
(1.)
ÖU «12 ... «in
021 «22... Ö2n
=
öfnl an2 . • . ann
1 ?1 ?2 •.•§»!
0 öii 012 • • • am
0 «21 «22 • • • «2h
0 «Ml «n2 • • • «im
wobei die Grössen ?i, ?2, • . . ?J noch ganz beliebig sind.
Der Beweis des Satzes folgt unmittelbar aus der Anwen-
dung von Satz 1. Stehen die beiden eingeschobenen Eeihen am
Eande der Determinante, wie in dem angegebenen Beispiele, so
nennt man das Verfahren y,Rändem der Determinante.^
448 § 102. Vereiii&chungein bei Ausreclmmig der Determinanten.
(2.)
= At B<t Cz D4.
Satz 3. Verschtoinden aUe Elemente auf der einen Seite
einer Dioffonalej so reducirt sich die Determinante auf das erste
bezw. auf das letzte Glied.
Es ist z. B.
Ai B, Ci D,
0 0 CsA
0 0 0 I>4
Der Beweis folgt aus der wiederholten Anwendung von
Satz 1.
Satz 4. Haben sämmtliche Elemente einer Seihe einen ge-
meinsamen Factor j so kann man denselben vor die Determinante
setzen.
Es ist also z. B.
(3.)
du • • • ma\r . • . a\^
a^x • . • ma^r • • • ^a
Oni . . . manr • • • ^nn
= m
a\x , . • a\r • • • ^lA
^21 • • • ^2r • • • ^2n
öni . . . af^r • . . öj
'tun
Der Beweis folgt aus der Zerlegung der Determinante nach
den Elementen der betreffenden Eeihe.
Durch die Anwendung dieses Satzes kann man in vielen
Fällen eine Determinante auf eine andere mit kleineren Zahlen
i^educiren. So ist z. B.
12 9 15
16 7 10
8 13 25
= 3.4.5
13 1
4 7 2
2 13 5
Satz 5. Sind die Elemente einer Reihe denen einer paral-
lelen Reihe proportional^ so ist die Determinante gleich Null.
Es ist z. B.
= 0.
Ai mAi d
(4.) A2 mAi O2 = w
Aq mAz Ca
Der Beweis des Satzes folgt aus Satz 4 und Formel Nr. 118
der Tabelle.
Ai Ai C\
A2 A2 Ci
As As Cs
§ 102. Yerem&chungeii bei Ausredmung der Detorminanten. 449
Saiz 6. Sind die Elemente einer Heike Aggregate von
gleich viel Gliedern y so ist die Determinante gleich der Summe
mehrerer Determinanten , welche man aus der ursprünglichen
erhäUj indem man die einzelnen Theüreihen einsetzt
Es ist z. B.
(5.)
-^1 + J^i? Ci, X>i, . . .
^2 "t" '^2> ^25 -^25 • • •
—
Ji.^ C/| JJ^ • • •
^2 ^2 2 * * *
+
jBi (7i Dl . . .
x)2 v/2 -^2 * * *
-4» + -Bnj C», 2)nj • . •
-^n CnDn • • .
Bn Cn Dn . . •
Der Beweis des Satzes folgt aus der Zerlegfung der Deter-
minante nach den Elementen der betreffenden Beihe.
Satz 7. Eine Determinante ändert sich nicht y wenn man
zu den Elementen einer Reihe ein beliebiges Vielfache von den
Elementen einer parcdlelen Reihe addirt.
(6.)
Es ist also z. B.
«11 «12 . • . öl»
021 (3^2 • • • 0^2»
öf»l Ö„2 • • • (^^
öu + möir, Ö12 . . . öln
«21 + ^Wa2r, «22 . . • Ö2»
«nl + ^flW, On2 . . . On»
Der Beweis folgt aus der Verbindung der Sätze 5 und 6.
In welcher Weise die vorstehenden Sätze benutzt werden
können^ mögen die folgenden Beispiele zeigen.
1) Es ist
1^1 — ^) Vi—y^
1^1— ^> Vi—Vs
1 x^
Vi
1
«1
yi
0 X^ X<iy t/i -
-Vi
^
— 1
— «2
— y2
0 Xi— Xsy Vi -
-Vi
— 1
a%
ys
1 ^1 Vi
1 X2 1/2
•
1 «3 VS
Stegemann-Kiepert, Differential-Bechnang.
29
450
§ 103. Mulüplicatlon der Determinanten.
2) Es ist
1
1
1
1
^1
^2
^4
^2
y3
y4
^
^
1 ar^
0 a?!
0 a?!
yi
^2? yi
^3j Vi
^4j yi
y3> ^1
«2
«3
— ^4j yi— y4J ^1 —
1 a:i yi 2r,
1 ^2 y2 ^
1 ^3 y3 ^
1 x^ y^ «4
§103.
Multiplication der Determinanten.
(Vergl. die Fonnel-Tabelle Nr. 133.)
(1.)
wobei
(2.)
Es sei
«11 «12
All Ji2
Cu C12
, 5 =
J2I ^22
, C =
«21 «22
7
/
C21 C22
{Cii =
C21 =
= öu Jii + ai2ftl2, ^12 = 0^11*21 + »12*22,
021*11 + 022*12, ^22 = «21*21 + «22*22,
dann soll gezeigt werden, dass
(3.) A.B=:C
ist. Es wird nämlich nach den Sätzen der vorhergehenden
Paragraphen
«11*11 + «12*12, «11*21 + «12*22
«21 *11 + «22 *12 , «21 *21 + «22 *22
«11*11, «11*21 , «11*11, «12*22
«21*11, «21*21 «21*11, «22*22
«11 «11 , 1 T «11 «12
c =
+
= *11*
11 «'21
«21 «21
+ *11 *22
«21 «22
«12*12, «11*21
«22*12, «21*21
«12 «11
+
+ *12*
21
«22 «21
«12*12, «12*22
«22*12, «22*22
«12 «12
+ *12*22
«22 «22
Da nun aber die Determinanten mit zwei identischen Colonnen
gleich Null sind, so wird
J
§ 103. Multiplication der Detenumanten.
451
(4.) C=bnbn
= A.B.
an «12
+ ^nhi
0120^11
—
^11^12
0^21 Ö22
0220^21
«21 ÖJ22
(511^22 ^12*21)
Es ist
Beispiel.
a, — i
b, a
c, — d
d, c
ac + Jflf, ad — bc
bc — arf, hd + ac
(5.)
oder
(5a.) («2 + i2) (c2 + rf2) = {ac+bdy + {ad — bc)\
Dies giebt den Satz: Midtiplicirt man die Summe zweier
Quadrate wieder mit der Summe zweier Quadrate, so lässt sich
das Product gleichfalls als die Summe zweier Quadrate darstellen.
In ähnlicher Weise, wie vorhin Determinanten 2^^ Ordnung
mit einander multiplicirt worden sind, kann man auch Determi-
nanten n**»* Ordnung mit einander multipliciren. Es sei jetzt
(6.) A =
«11 «12 . . . a\n
Ö21 0^2 • • • öJ2n
Ö5nl Ö5n2 • • • ^nn
,B=
^Il5l2 . . . bin
^21 022... b2n
bnl bn2 • . . bnn
,c=
^11 ^12 • . . Cm
^21^22 . . . C2n
^nl <?n2 • . • Cnn
wobei
(7.) C/r = ö/l bri + a/2*r2 + ... + «/« b^n
sein möge. Der Kürze wegen soll Gleichung (7.) in der Form
(7a.) c/r = ^« ö/a bra , oder c/r = 2ß a^ß b^ß,... oder c^r = 2*^ a^y bry
geschrieben werden, wobei die Summationsbuchstaben a, ß,...v
die Werthe 1 bis w durchlaufen. Dadurch erhält man
^"^^la *i« j ^^«1/5 *2^ j • . . -^"«1,. *,
(8.)
C7 =
ny
ny
oder, wenn man die Determinante nach den Theilcolonnen zerlegt
^2a*ia? ^2ßhßi • • . «21'*«
(9.) C=:2'^2ß...2y
'ny
^ny
^nahai a^ß *2 /•? • • • ^ny^ny\
29»
452
§ 103. MultipliGation der Determinaiiteii.
wobei a, /?,... V alle Werthe von 1 bis » durchlaufen, so dass
die Summe im Ganzen »* Glieder enthält. Die Gleichung (9.)
kann jetzt aber auch in der Form
^ia^i/5 • • • öJiy
^2a ^2/5 •• • ^y
(9a.) C = 2b^a *2Ä • • • *
ny
(^m.»»(lm.fl • • »C^,
"na'^nß
ny
geschrieben werden, wobei das Summenzeichen verlangt, dass
a, ß^...v einzeln alle Werthe von 1 bis n anndmien. Man
darf sich aber darauf beschränken , dass a, ß,...y lauter ver-
schiedene Werthe haben, weil in Gleichung (9a.) die Determi-
nante der a verschwindet, sobald von den Indices a, ß ...v zwei
einander gleich sind. Man braucht daher in Gleichung (9 a.)
die Summation nur über die n\ Permutationsformen aß ...v der
Zahlen 12...» zu erstrecken. Nun ist aber, wenn aß ...v eine
Permutationsform der Zahlen 12...» ist.
(10.)
^la^ip . • . öjy
^2a^2p • • • ^'
2y
^na^nß • • • ^
ny
= (_!)*
^11 ^12 • • • ^1«
^21 ^22 • • • ^»
^nl ^n2 • • • ^nn
= (-1)*-*,
wobei
(11-) ^=(l2...J
ist, folglich geht Gleichung (9 a.) über in
(12.) 0== A.2{— 1)^*1« Jaj} . . . *ni. = ^ • -B.
Dies giebt den Satz:
Zwei Determinanten n*^ Ordnung werden mit einander mtdti-
plicirty indem man die Elemente der f*^ Zeile der ersten De-
terminante mit den Elementen der r*^ Zeile der zweiten De-
terminante muUiplicirtf diese n Producte addirt und aus den so
erhaltenen n'^ Summen eine neue Determinante bildet.
Da man in jeder der beiden Determinanten A und B die
Zeilen mit den Colonnen vertauschen darf, so kann e> auch die
folgenden Werthe erhalten:
§ 104. Homogene, lineare Gleichungen mit n Unbekannten. 453
(13.) Cfr ^ a/i Jir + dj^i^r + ♦ • • + ö/»i JiWj
oder
(14.) Cfr = «1/Jrl + öyJr2 + • • • + öJ^/^Srn,
oder
(15.) C/r = Ci/Jir + (Hs^lr + • • • + O^nf^wr-
§ 104.
Homogene, lineare Gleichungen mit n Unbekannten.
Sind n lineare Gleichungen mit n Unbekannten
(öiii2?i + 012^^2 + . . . + ^m^M = Ci,
(h.\X\ + ^2^2 + . . . + ör2n^n = ^2?
l önl^^l + ««23^2 + . . . + «nn^n = ^n
gegeben, so wird nach Formel Nr. 125 der Tabelle
(2.) J .Xr = Cittir + C2a2r + . . . + C^^wr ^
Lässt man jetzt die Gf^rössen ci, C2, . . . <?„ immer kleiner
werden nnd schliesslich ganz verschwinden, so erhält man die
Gleichungen
«uaJi + ai2Ä?2 + . . . + ^in^n = 0,
021^1 + Ö22i??2 + . . . + ^2»^«! = 0,
(3.)
Diese linearen Gleichungen heissen homogen. Aus den
Gleichungen (3.) findet man in diesem Falle
(4.) ^ . a:r = 0 flir r = 1, 2, 3, . . . w.
Wenn man nun weiss, dass die Gleichungen (3.) auch für
solche Werthe von xx^ 0^2, .. . Xn gelten, die nicht sämmtlich gleich
Null sind, so folgt aus den Gleichungen (4.), dass
^ = 0
sein muss. Dies giebt den Satz:
454 § 105. Anwendungen auf einzelne Aufgaben.
n lineare^ homogene Gleichungen mit n Unbekannten können
für nickt verschwindende Werthe der Unbekannten nur dann
gleichzeitig bestehen, wenn die Determinante J der Coefßcienten
gleich 0 ist.
§ 105.
Anwendungen auf einzelne Aufgaben.
Aufgabe 1. Man soll die Bedingung finden, dass drei Gerade
9u ff2j 9z durch einen Punkt gehen.
Auflösung. Man kann die Gleichungen
(1.) ^,fl;+5iy+Ci = 0, A^x+B^y+C^ = % A^x+B^y+C:^= 0
der drei Geraden g^ , g^, g^ homogen machen, indem man
einsetzt und dann die Gleichungen mit x^ multipliciii;. Dadurch
gehen die drei Gleichungen (1.) über in
iA^x^ + B^x^ + Cia-3 = 0,
(3.) I ^2^1 + B^x^ + C^x^ = 0,
\ A^x^ + ^33:2 + C^x^ = 0.
Dabei darf man noch für x^ jeden beliebigen Werth setzen.
Ist z. B. ä:3 = 1, so wird
rcj = a;, 3^2 = y.
Da also die drei linearen, homogenen Gleichungen (3.)
gleichzeitig gelten sollen für Werthe von ^^1,0:25 ^5 ^6 w^lA
alle drei gleich Null sind, so muss die Determinante der Coefft-
denten verschwinden. Die Bedingung dafür, dass die drei
Geraden durch einen Punkt gehen, ist daher
(4.) A^B^C^ = 0.
A^B^ C3
Aufgabe 2. Man soll die Bedingung finden, unter welcher
vier Ebenen e^, 62, €3, €4 durch einen Punkt gehen.
§ 105. Anwendungen auf einzelne Aufgaben.
455
(5.)
Auflösung. Man kann die Gleichimgen
f Aiz + Biy + Ciz + A = 0,
A^z + Büf + Cjz + I>2 = 0,
A^z + B^y + C^z + A = 0,
l AtZ + Biy ■\-CiZ + D^ = 0
der vier Ebenen e^, ej, «3, e« homogen machen, indem man
(6.)
x^ x^ x^
(7.)
einsetzt nnd dann die Gleichungen mit x^ moltiplicirt. Dadurch
gehen die Gleichungen (5.) über in
' A^x^ + B^X2 + Cix^ + 2^1^:4 = 0,
A^x^ + B^X2 + C^x^ + D^x^ = 0,
. A^x^ + -043:2 + Cj^x^ + D^x^ = 0.
Da diese linearen, homogenen Gleichungen gleichzeitig gelten
sollen für Werthe der Unbekannten x^^ X2^ x^^ x^^ die nicht alle
vier gleich Null sind, so muss die Determinante der Cioefficienten
verschwinden. Die Bedingung dafür, dass die vier Ebenen durch
einen Punkt gehen, ist daher
A^ B^ Cj A
A2 x>2 C2 D2
A,B,C,D,
(8.)
= 0.
Aufgabe 3. Man soll die Bedingung finden, unter welcher
drei Punkte P^, P2> -^s üi einer Geraden liegen.
AuflSsung. Hat die Gerade die Gleichung
(9.) Ax + By+C—%
so liegen die drei Punkte P^, P2, P3 auf dieser Graden, wenn
' Ax, + By^+ C=0,
(10.) { Ax2 + By2+ C=0,
^Ax^ + By^+ C=(i
456
§ 105. Anwendimgen auf einzelne Aufgaben.
ist. Hierbei sind x^^ y^ ; x^, yi\ ^, ^3 die gegebenen Goordinaten
der Punkte P^, P^ -P3, während die drei Grössen A^ B, C noch
unbekannt sind. Man hat also drei lineare, homogene Glei-
chungen mit den drei unbekannten A, B, C. Da diese ünbe-
kamiten nicht alle drei gleich Null sein dürfen, so können die
Gleichungen (10.) nur dann gleichzeitig gelten, wenn die Deter-
minante der Coeffidenten verschwindet. Die Bedingung, unter
welcher die drei Punkte in gerader Linie liegen, ist daher
(11.)
^1 Vi
1
^ y2
1
^ ys
1
= 0.
Aufgabe 4. Man soll die Bedingung finden, unter welcher
vier Punkte P^, P2, P3, P4 in einer Ebene liegen.
Auflosung. Hat die Ebene s die Gleichung
(12.) Ax + By+Cz + D^O,
so liegen die vier Punkte Pj, Pj, P3, P4 in dieser Ebene, wenn
Ax^ + By^ + föi + 2> = 0,
.^^. . Ax^ + By^+ Cz^ + D = 0,
^ Ax^ + By^ + Cz^ + D^Q,
•^4 + -By* + C&4 + D = 0
ist. Hierbei sind x^, y^ z^ ; arj, y2 ^2'^ ^, ya? «3 ; ^4? y4 ^4 di© g^®-
benen Goordinaten der Punkte Pj, Pj, P3, P4, während die vier
Grössen -4, -B, (7, D noch unbekannt sind. Man hat also vier
lineare, homogene Gleichungen mit den Unbekannten -4, -B, C, 2>.
Da diese unbekannten nicht alle vier gleich Null sein dürfen,
so können die Gleichungen (13.) nur dann gleichzeitig gelten,
wenn die Determinante der Coefficienten verschwindet. Die Be-
dingung, unter welcher die vier Punkte in einer Ebene liegen,
ist daher
x^ yi «1 1
X2 y^ ^2 1
a^ y3 ^ 1
rc4 y4 z^ 1
(14.)
= 0.
§ 105. AnweadongeiL auf einzelne Au%aben.
457
Aufgabe 5. Man soll den Ereis bestimmen, der durch drei
gegebene Punkte Pj, P^^ P^ hindurchgeht.
Auflösung. Hat der gesuchte Ereis die Gleichung
(150 (^ — ?P + iy—nf-Q'' = 0,
so geht der Ereis durch die drei gegebenen Punkte, wenn
(16.) a:j2_2ja:i +?24.y^2_2^, +^2 — p2 = o,
(17.) ^2^— 2?:r2 + ?2 + ya' — 2^2 + ly^ — p^ = 0,
(18.) fl^2_ 2J^3 + §2 + y32_ 2^3 + ^2_p2 = 0
ist. Diese drei Gleichungen mit den drei unbekannten S, ^ und
Q sind nicht linearer. Zieht man aber die Gleichungen (17.)
und (18.) von Gleichung (16.) ab, so erhält man zwei lineare
Gleichungen
(19.) I ^^^^ ~ ^2^^ "*" ^^^^ ~ ^^^"^ " ^*^ — ^^ + yi^ — y2^
l 2(:ri— ar3)? + 2(yi— y3)^ = rci2_^2 4.y^2_y^2
mit den beiden unbekannten § und 17. Indem man noch der
Eärze wegen
(20.) Xi^ + y,'^ = r,\ x^^ + y^^^r^^, a^s^ + ya^ = ^32
setzt, findet man durch Auflösung der Gleichungen (19.)
(21.)
(22.)
^1 — ^2> Vi — Vi
a^i — ^, Vi — y%
^1 — ^) Vi — Vi
^1— «8J Vi — Vi
.1 =
n =
n^-
n'
Xa
^2^ yi — y2
— n^ yi— ya
— ^2?
r,2 — ro2
Xa
^j ^1^ — ^3
Die Determinanten, welche hier auftreten, kann man, wie
schon in § 102, Seite 449 gezeigt wurde, umformen und erhält
dadurch
(21 a.)
/
(22 a.)
1 «i yi
1 »-i^ yi
1 «2 Vi
.1 =
1 r^"- y-L
1 «s ys
1 »-s« yj
1 «1 »1
1 «1 ri»
1 iBj yj
•? =
1 «2 ''2*
1 «3 ya
1 ^ r^^
458
§ lOd. Anweadungen auf einzeliie Aufgaben.
Wird
1 ^1 yi
«1 yi 1
1 «2 ya
=
«2 ya 1
1 ^ ys
^ ys 1
= 0,
so werden ? und ^ unendlich gross, d. h. der Mittelpunkt des
Kreises ruckt in's Unendliche, und die drei Punkte Pi, P2, P3
li^en in gerader Linie, wie schon in Aufgabe 3 gezeigt wurde.
Der Werth von q^ ergiebt sich aus Gleichung (16.), oder
(17.), oder (18.), indem man die gefundenen Werthe von ? und
^ einsetzt.
Aufgabe 6. Man soll die Kugelfläche bestimmen, welche
dui'ch vier gegebene Punkte Pj, Pj, P3, P4 hindurchgeht
AuflSsung. Hat die KugeMäche die Gleichung
(23.) (x—^y + (y — ny + (^— C)'^ — ?2 = 0,
so findet man die Werthe von g, iy, C in ähnlicher Weise wie
bei der vorhergehenden Aufgabe die Werthe von ? und ^, und
zwar erhält man, wenn man der Kürze wegen
;^ + y3' + ^3' = ^3^ x^ + y^-^ + z.-^^r,^
(24.)
setzt,
1^3'
(25.)
1 a;, yi z^
1 X2 Vi «2
1 2:3 ys «3
.1 =
1 Xi yi «4
(26.)
1 Xi yi zi
1 X2 1/2 «2
1 a^ ys «3
1
1 Xi y4 «4
(27.)
1 a:i yi «i
1 ^2 y2 ^2
1 a:3 ^3 «3
1 a:4 y4 «4
.c =
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
r%^ y3 %
^4^ ^4 ^4
a^2 ''-^
^3 ''3'' ^
2" ^2
r.2
a:.
^4^
^1 yi ^1^
^2 y2 ^2*
^3 y3 ^3'
1 :r4 y4 r^^
§ 105. Anwendungen auf einzelne Aufgaben.
459
Wird
1 x^ yi z^
1 a:2 y2 «2
1 ^3 ^3 ^
= —
1 x^ y^ «4
^1 yi ^1 1
^2 ^2 ^2 1
^3 ys ^ 1
^4 ^4 ^4 1
= 0,
SO werden ?, ^, C unendlich gross, d. h. der Mittelpunkt der
Kugel rückt in's Unendliche, und die vier Punkte Pj, P^^ P3, P4
liegen, wie schon in Aufgabe 4 gezeigt wurde, in einer Ebene.
Den Werth von q findet man schliesslich aus der Gleichung
(28.) {x, - 1)2 + (y, - rif + (;., - If = ^2.
Zweiter
Functionen von mehreren unabhängigen Veränderlichen.
XIII. Abschnitt.
Differentiation der Functionen von mehreren
Yon einander unabhängigen Yeränderlichen.
§ 106.
Differentiation einer Function
von zwei von einander unabliängigen Veränderliclien.
(VergL die Formel - Tabelle Nr. 134.)
In derselben Weise, wie in § 1 (Seite 3) Functionen von
einer Veränderlichen erklärt wurden, kann man auch Functionen
von zwei (oder mehr) Veränderlichen erklären.
Demncich heisst eine veränderliche Grösse z eine Iknctian
der beiden Veränderlichen x und y für a^ < a; < Oj, ^i < y < ^2?
wenn Jedem Werthsysteme x, y in den angegebenen Intervallen
ein oder mehrere Werthe von z nach einem bestimmten Gesetze
zugeordnet sind.
Hier möge nur der Fall in Betracht gezogen werden, wo
dieses Gesetz durch eine Gleichung zwischen x^ y, z gegeben ist.
Besteht nämlich zwischen drei veränderlichen Grössen Xj
y, z eine Gleichung, so wird man zweien von ihnen, z. B. x und
y, beliebige Werthe beilegen können; dadurch wird dann z die
Wurzel einer Gleichung mit constanten Coefficienten, so dass z
nur noch eine Anzahl ganz bestimmter Werthe haben darf.
§ 106. Functionen von zwei Veränderliclien. 461
Bei dieser Anschauungsweise sind also x und y die unab-
hängigen Veränderliche, während z eine von x und y abhängige
Veränderliche oder eine Function von x und y ist.
Man kann sich die Gleichung zwischen x, y und z deshalb
auf die Form
(1.) z =f(x, y)
gebracht denken und erkennt, dass die Veränderungen von z
auf dreifache Art hervorgerufen werden können, nämlich
1) indem sich x allein ändert,
8) „ „ X und y gleichzeitig ändern.
Den Unterschied zwischen diesen drei Fällen kann man sich
am leichtesten durch ^e geometrische Deutung der Gleichung
(1.) als eine Fläche im Baume klar machen. Bleibt y constant,
so liegen die Flächenpunkte mit den Coordinaten x, y, z alle in
eiuOT Ebene, welche zur ZX- Ebene parallel ist und die Fläche
in einer Curve schneidet. Auf dieser Curve kann dah^ der
Flächenpunkt P nur fortschreiten, wenn a; als die einzige Ver-
änderliche und y als Constante betrachtet wird.
Ebenso kann der Flächenpunkt P nur auf einer Curve fort-
schreiten, welche in einer zur FZ- Ebene parallelen Ebene liegt,
wenn man y als einzige Veränderliche und x als Constante be-
trachtet.
Sind aber x und y beide veränderlich, so kann der Flächen-
punkt auf der Fläche nach allen beliebigen Richtungen fort-
schreiten.
Betrachtet man zunächst nur x als veränderlich und y als
constant, so kann man z wie eine Function der einzigen Ver-
änderlichen X behandeln und auch ebenso differentiiren. Man
bezeichnet dann aber, wie schon in § 69, Seite 293 hervorgehoben
dz
wurde, den Diflferential- Quotienten nicht mit -j-j sondern mit
dz
3~9 so dass man erhält
dx
(2.) ^ = ^f(x + Jx,y)-f(^,t^) ,
■ OX joi^O ^^
462 § 106. Functionen von zwei Veränderlichen.
Betrachtet man sodann nur y als veränderlich und x als
constant^ SO findet man in derselben Weise
(3.) |i = ^fJai±M:z£M) .
^ oy J!f=o ^y
Diese Grössen werden die partiellen Ableitungen von z nach
X und nach y genannt.
Dem entsprechend nennt man die Aenderung, welche z
dadurch erleidet, dass sich nur 2; um die Grösse Jx ändert, die
partielle Zunahme von z in Bezug auf x und bezeichnet sie mit
Jxz. Es ist also
(4.) z + JxZ ^f{x + Jx^ y),
oder, wenn man hiervon die Gleichung (1.) subtrahirt,
(5.) J^ =/(. + Jx,y) -fix,y) ^fJ£±^^l^Lzf^Ml j,.
Ebenso nennt man die Aenderung, welche z dadurch
erleidet, dass sich nur y um die Grösse Jy ändert, die partielle
Zunahme von z in Bezug auf y und bezeichnet sie mit J^,
Es ist also
(6.) z + Jyz =f{x, y + Jy\
oder, wenn man hiervon die Gleichung (1.) subtrahirt,
(7.) J^ ^fi.,y + Jy) -fi.,y) ^fJM±J^lllf(Ml jy,
Lässt man jetzt die Grössen Jx und Jy unendlich klein
werden, indem man sie durch ihre Differentiale dx und dy
ersetzt, so werden auch die entsprechenden Aenderungen von 2,
nämlich Jgfi und J^^ unendlich klein und heissen dann die
partiellen Differentiale dxZ und dyZ von z. Dabei folgt aus den
Gleichungen (5.) und (7.)
(8.) d^ =Jim^-^(^ + Jx,y)-f{x,y) ^^ ^ g ^^^
(9.) dyz = ian/(^,y + ^y) -/(^,y) ^ |i ^
^ ' ^ ^y=o ^y " dy "
Wenn sich dag^ien :r tun ^;e nnd gleichzeitig y vaa ^y
ändert, so nennt man die entsprechende Aenderung von z die
i
§ 106. Functionen von zwei Veränderliclien. 463
vollständige oder totale Zunahme von z und bezeichnet sie mit
Jz, Es wird also
(10.) z + Jz =f{x + Jx,y + Jy),
oder, wemi man hiervon die Gleichung (1.) subtrahirt,
(11.) Jz =f{x + Jx,y + Jy) —f(x, y\
wobei Jx und Jy von einander unabhängige Grossen sind.
Aus Gleichung (11.) folgt nun weiter
Jz —fix + Jx,y + Jy) —fix, y + Jy)
+A^,y + ^y)—A^jy),
oder, wenn man y + Jy der Kürze wegen mit y^ bezeichnet,
!Jz =zf{x + Jx,y^) —f(x,y^) +f(x,y + Jg)—f{x,y)
_f{x-\-Jx,y^)—f{x,y^^^ f{x,y-\'Jy)'-f{x,y)
Jx Jy ^'
Lässt man jetzt wieder Jx und Jy unendlich klein werden,
so wird auch Jz unendlich klein und geht in das vollständige
oder totale Differential von z über, welches man mit dz bezeichnet.
Da nun
^jBssO J^ ^^
2ija/(^> y + ^y) — /(^> y) ^ ^/(^> y)
^sf=o Jy Qy
und limyi = y wird, so geht die Gleichung (12.) über in
(13.) äz = ^^ ä. + M^ dy,
oder
(14.) dz = -^dx + ^dy.
Es gilt also der Satz:
Das totale Differential ist gleich der Summe der partiellen
Differentiale,
Derselbe Satz ist auch in § 69, Gleichung (16a.) ausge-
sprochen; damals handelte es sich aber um eine Function
y =/(«j ^)
464 § 107. Angaben.
von zwei veränderlichen Grössen u nnd t?, die nicht von einander
unabhängig^ sondern beide wieder Functionen von einer Ver-
änderlichen X waren.
§ 107.
Aufgaben.
öz öz
Aufgabe 1. Man soll die Wei'the von ^, ^ und dz er-
mitteln für
(1.) z = xh/\
Auflösung. Die partielle Ableitung nach x bildet man, indem
man x als veränderlich und y als constant betrachtet; und die
partielle Ableitung nach y bildet man, indem man y als veränder-
lich und X als constant betrachtet. Deshalb ist
(2.) I = 3.V, I = 2.^,
dz dz
(3.) (fe = ^ ü+ ^ dy = Zx'hp'dx + 2xhfdy.
dz dz
Aufgabe 2. Man soll die Werthe von ^j ^ und dz er-
mitteh für
(4.) « = y2 gin -j.^
Auflösung. Hier findet man in ähnlicher Weise wie vorhin
^^•^ Tx ^ y^^^^' ^ = 2ysma:,
(6.) dz = y^cosxdx + 2yäJixdy,
dz dz
Aufgabe 3- Man soll die Werthe von ^j ^ und dz er-
mitteln für
(7.) « = y3 + 4tx^ + 2x\
Auflösung.
dz dz
(8.) gj = ^ + 6^*' ä^ = 3y' + **''
(9.) <fe = (8a;y + exi)dx + (3f + Ax^)dy.
§ 106. Functionen von mehreren Veränderliclien. 465
öz öz
Aufgabe 4. Man soll die Werthe von -i^j ^ und dz er-
mitteln für
(10.) z = e^sic^x + x\ ly.
Auflösung.
(11.) ^- = -7== + 2a;.ly, ^- = «yarcsina: H ,
(12.) (fe =^-y=L= + 2a; . ly j<fa +(es'arcsina; + — jrfy.
§108.
Differentiation der Functionen von melirerm von
einander unabliängigen Veränderliclien.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 135 und 136.)
Das in § 106 angedeutete Verfahren lässt sich ohne Weiteres
auf E\inctionen von drei oder von mehr von einander unab-
hängigen Veränderlichen fibertragen. Ist z. B. z eine Function
von drei Veränderlichen, ist also
(1.) z—f(u, ü, w\
so kann man zunächst die partiellen Ableitungen bilden, indem
man setzt
(2.)
(3.)
dz _ i:_ /(^ + ^^, P> ^) —f{^, ^> ^) .
__^ ^— Hill . 7
dz _ ,..„/(«, t> + ^g, to)— /(«, p, to)
w ^v=0 -^^
(4-)
Ö2 _ ,. /(«, P, tg + ^to) — /(«, V, W)
^ — — um j
Aus den drei partiellen Zunahmen von z^ nämlich aus
erhält man sodann, indem man Ju^ Jv, Jw durch die Differentiale
rfw, dt?, rf«^? ersetzt, die drei partiellen Differentiale von «, nämlich
Stegemazm-Kiepert, Differential-Beolmimg. 30
466
§ 108. Functionen von mehreren Veränderlichen.
(6.)
d^^^du, d^ = -^dv, d^^-^duy.
Ist endlich Jz die Aendening von z^ wenn sich gleichzeitig
u mn Ju, V um Jv, w um Jw ändern, ist also
z + Jz =y (u + Ju, V + Jvj w + Jw\
so wird
(7.) Jz ^=^fiu + Ju^ V + z/t?, w? + ^w) — /(«'j ^j ^)j
oder
(7 a.) l +fi'^i v+Jvj w+Jw) — f(u, V, w+Jw)
+f{u,v,w + Jw) — / (u, V, w).
Bezeichnet man der Eüi*ze wegen v + Jv mit v^ und
to + Jw mit w^ , so kann man diese Gleichung auf die Form
Ju
(7b.)
+
f{u, V + Jv, w^) —f{u, t?, fC^)
Jv
Jv
f(u, v,w + Jw) —f{u, V, w) ^^
Jw
bringen. G^ht man jetzt zur Grenze über, indem man Ju, Jv .
und Jw durch die enteprechenden Differentiale du, dv, dw ersetzt,
so wird
limt?i = V, limt^i = w,
und Jz geht über in das volhiändige (oder totale) Differential
von z, nämlich in
(8.) dz = ^f^Y: ""^ ^» + ^-^^Y' ""^ d^ + ^^^V: ""^ ^«'.
oder
du
dv
dw
(8 a.)
dz =^ s-du + s- dv + -j— dw.
au dv dw
Auch hier gilt also der Satz:
Das totale Differential ist gleich der Summe der partiellen
Differentiale,
§ 108. Functionen von mehreren Veränderlichen.
467
Es sei
(9.)
dann wird
(10.)
Beispiel.
z = t?2^sinw + e"^ . \u\
Qz e*"
du u
-sp = 2vwWiu^
dz_
dw
= D^sinw + e^Au^
also
(11.) dz =(t?2w?coswH — Vw + 2«?w?sin«e/t? + (t?2sinw + ö«'.lw)rfw?.
In derselben Weise kann man
(12.) Z =^f(u^U2,...Un)
nach jeder der n Veränderlichen einzehi differentüren, indem man
die anderen Veränderlichen als comtant betrachtet So erhält
man die partiellen Ableitungen. Multiplicirt man dann noch
mit dem Differential der betreffenden Veränderlichen, so sind
die Producte die partiellen Differentiale von «, nämlich
• (13.) duZ = ^du, , d^^Z -=-g^du^, . . . ö«„^ = -£. dUn.
Das vollständige (oder totale) Differential ist dann wieder
gleich der Summe der partiellen Differentiale^ also
(14.)
dz = ^du^ + ^du^^. . . + ^du..
Dabei ist zunächst die Voraussetzung gemacht, dass die n
Veränderlichen u^,u2...un von einander unabhängig sind. Der
Beweis für die Eichtigkeit der Formel (14.) lässt sich aber auch
leicht auf den Fall übertragen, wo u^, U2,...un sämmtlich
Functionen von einer Veränderlichen t sind.
In diesem Falle sind jedoch , wie für w = 2 schon in § 69
gezeigt wurde, die Differentiale du^, du^^.^.dun nicht mehr
von einander unabhängige Grössen; es fo^ vielmehr aus den
Gleichungen
30*
468
§ 106. Functionen von mehreren Veränderlichen.
(15.)
dass
W, = yi(0, «2= y2(0> • • • «n= 9n(t\
(16.) rf«! = 9>i(t)dtj du2=^ VaXO^^j • • • **» = 9n{t)cU
wird. Deshalb darf man in diesem Falle die beiden Seiten der
Gleichung (14.) dnrdi dt diyidiren and erhält anf diese Weise
(17.)
dz dz^ du^ dz dt^ u- ^^ ^^"
ä""5«^ dt du^^ dun'dt'
Die Formel (14.) bleibt sogar noch richtig, wenn u^,
W2J . . • «n wiederum Functionen von m Veränderlichen ^i, ^, . . . ^
sind, wenn also
«1= yj(^i, ^, ...^),
(18.)
[ «n= yn(^i, ^, . . . ^m).
Setzt man nämlich diese Werthe in die Gleichung (12.) ein,
so wird
(19.) ^ = i^^l,^,...^m)
eine Function von ^i, ^, . . . 4i und deshalb, der Formel (14.) ent-
sprechend,
(20.) <^ = W,'^^i + ^^+- + ^<^^'
Ebenso folgt aus den Gleichungen (18.)
(21.) rf««=|.rf.,+^-d^, + ... + ^«^.
für a = 1, 2, 3, ... w. Nun ist aber nach Gleichung (17.), wenn
man zuerst t^, dann ^2> • • • endlich ^m als die einzige Veränder-
liche betrachtet,
dz_ _ dz du^ dz du^ , , dz^ dun
dt^ '^ dü^ 'di^ dü^ di[ dui, dt^ '
dz^ _^ dz öf*! dz dui dz_ dun
(22.) { di^'^ di^'di^'^ dü^'dt^'^''''^ du^'dt^'
dz __ dz ö«i dz du2 . dz^ dun
Mn'" dtTidÄn "du^^ "' dun dt„,
§ 109. Wiederholte Differentiation. 469
Multiplicirt man diese Gleichungen bezw. mit dt^ , (/^, . . . dtm
und addirt sie, so erhält man mit Rücksicht auf die Gleichungen
(20.) und (21.)
§ 109.
Wiederholte Differentiation einer Function von melireren
Veränderliclien.
(Veigl. die Formel-TabeUe Nr. 137.)
Der Kürze wegen bezeichnet man gewöhnlich die partiellen
Ableitungen durch Indices. Ist z. B.
(1.) z =f(u, V, w),
so setzt man
Nun sind ft(uyV,w), f2{u,v,w), f^{u^v,w) im Allgemeinen
wieder Functionen von u, v, w, die man nochmals nach den
einzelnen Veränderlichen difierentüren kann. Dadurch erhält
man, wenn man die Ableitungen wieder durch Indices andeutet,
Es giebt also im Ganzen 9 zweite partielle Ableitungen
einer Function von 3 Veränderlichen.
Die Werthe dieser Ableitungen sind aber nicht sämmtlich
von einander verschieden, sondern es soll sogleich bewiesen
werden, dass
f/12 (W, !?, tt?) = /21 (W, t?, W?),
/l3K«',«^)=/3l(«,«?1«^),
/23(«,t?,W?)=/32(w, «?,«?)
wird. Zum Beweise genügt es, dass man sich zunächst auf eine
Function mit zwei Veränderlichen beschränkt. Es sei jetzt also
470 § 109. Wiederholte Differentiation.
(4.) ^=/(^,y),
und
(5.) SP (y) =/(^ + Äj y) — /(^j y) >
also
(6.) 9>(y + *)=/(^ + Ä,y + A)— /(a:,y + *).
Nun ist nach dem 7ay/or'schen Lehrsatze
(7.) sp(y + *) — y (y) = 9*{y + ©*),- '^^
odei', wenn man die Werthe aus den Gleichungen (5.) und (6.)
einsetzt,
(7 a.) f{x + h,y + k) —f(x, y + Ä) —f(x + Ä, y) +/(:r, y) =
[/2(^ + Ä, y + 0>i) — /2(^, y + ®k)\ . *.
Setzt man dagegen
(8.) xp {x) = f(x, y + *) -/(o:, y),
also
(9.) xp{x + Ä) =/(a: + Ä, y + A) — /(a; + Ä, y),
so folgt aus dem Tay/or'schen Lehrsatze
(10.) \p{x + Ä) — Xp{x) = \i>\x + ©lÄ) . Ä,
oder, wenn man die Werthe aus den Gleichungen (8.) und (9.)
einsetzt,
(10a.) fix + Ä, y + >i) —fix + Ä, y) —fix, y + *) +/(^, y) =
[/i(^ + ©lÄ, y + *) — /i (^ + ©lÄ, y)] . Ä.
Durch Zusammenstellung dieser Gleichung mit Gleichung
(7 a.) erhält man
1 [/2 (^ + Ä, y + 0*) - /2 (^, y + 0*)] . >^,
oder, wenn man auf die beiden Grössen in den eckigen Klam-
mem nochmals den Tay/or'schen Lehrsatz anwendet,
(12.) /i2 ix + ©lÄ, y + ©2*) . hk =/2i (:r + ©3*, y + ©*) • ä*.
Dabei sind h und A hinreichend kleine, aber sonst beliebige
Grössen. Deshalb ist auch
(13.) /12 ix + ©lÄ, y + ©2*) =/2i (5: + (^3^, y + 0*).
Lässt man jetzt h und >?? gleich Null werden, so erhält
man
§ 109. Wiederholte Differentiation. 471
(14.) fni^,y)=Ad^,y), oder -^ = -^.
Dies giebt den Satz:
Wenn man eine JFhnction
« =/(^j y)
zuerst partiell nach x und dann partiell nach y differentiirt^ so
findet man dasselbe jResultat, welches man finden vmrdcy wenn
man zuerst partiell nach y und dann partiell nach x differeniiirt;
oder mit anderen Worten: Die Reihenfolge^ in welcher man die
partiellen Diff'erentiationen ausführt^ ist gleichgültig.
Dieser Satz lässt sich natürlich verallgemeinem, nicht nur
auf die zweiten partiellen Ableitungen von Functionen mit be-
liebig vielen Veränderlichen, sondern auch auf höhere partielle
Ableitungen. Setzt man nämlich
(15.) Uii(^.y)=-ö^=ö^' ^^^(^'y)=-ör"ö^'
^ , , ^ W d^x . , . ^Wy) d^z
Uix, y) = -^^ = ^—,f,^(a:,y) = -^ = -^,,
so erhält der eben ausgesprochene Satz die Fassung
(16.) — 5 — = — 5 — > Oder >> ^ = -s—n-'
^ '^ öy ox oxoy oyox
Bezeichnet man in entsprechender Weise mit ^ ^^ ^ den
Ausdruck, welchen man erhält, indem man z zuerst m-mal
partiell nach x und dann n-mal partiell nach y differentiirt, so
gUt die Gleichung
^ '^ dx'^dy dxdydx ~ dydx"^^
472 § 110. üebnngs-Au^abeDL
und wenn num in ähnlicher Weise fortfährt,
Ebenso wird für
gezeigt, dass
^m+M+i»^ ^m4^^^^ ßm-^9^Pg
(19.)
Qm+n-^p^ ffin-{-ti+p^ Qm-^n-\-pg
dt^dib^dv^ dv^dto^dt^ dto^dv^dt^
§ 110.
Uebungs- Aufgaben.
d^;? d^;? d^2
Aufgabe 1. Man soll die Werthe von ^-^j 5-3-' ^ ^ 1
3-= ermitteln für
(1.) ;? = xh/^ — 3xM/ + ay*.
Aufldsung. Durch Differentiation erhält man
(2.) ^ = 2xy^—12x^ + y^, ^ = 3a; V — 3a:* + 4^^
, , , Ö^2 = 2y3_36.^y, _- = 6^^ _ 12.S + 4y3,
^ = 6^» - 12:^3 + 4y3^ _ = 6^2y + i2a:y2.
Hierdurch wird auch bestätigt, dass
d^z ^ a^g
dxdy dydx
d^z d'h d^z
Aufgabe 2. Man soll die Werthe von ^> ö~ö"' öJTö"*
3-5 ermitteln für
öy2
(4.) z = sinx . ly + e»' . la;.
§ 111. Vollständige Differentiale höherer Ordnung. 473
Auflösung.
(5.) g- = cosa:.ly + -, g. = _+,v.l,:,
:5-ö = — sina; . \y — -r-j -5—3- = »
ö«^: cosa; , e^ d^z siüx , „ ,
= —TT + — ' :är5 = o- + ^^ • 1^-
(6.)
dydx y x dy^ y
Auch hier wird wieder
d^z ___ d^z
dxdy "~ dydx
§ 111.
Vollständige Differentiale hfiherer Ordnung.
(Vergl die Formel-Tabelle Nr. 138.)
Es sei wieder
eine Function von zwei unabhängigen Veränderlichen, dann wird
nach Formel Nr. 134 der TabeUe
(2.) rf^ = |frf:r+|e^
das erste yoUständige Differential von z. Dabei sind dx und
dy zwei von einander und auch von x und y unabhängige^
unendlich kleine Grössen.
Unter dem zweiten vollständigen Differential von z versteht
man nun das vollständige Differential des ersten vollständigen
Differentials und bezeichnet es mit dh.
Um cP^j zu bilden, braucht man also nur in Gleichung (2.)
z mit dz zu vertauschen. Dadurch erhält man
(3.) d^ = d{d.) =^~^d.+ ^) dy.
Weil nun aber dx und dy von x und y unabhängig sind,
so findet man
474 § 111. Vollständige Differentiale höherer Ordnung.
/ d(dz) d^z , , d^z ,
Multiplicirt man diese Gleicliimgen bezw. mit dx und dy
und addirt sie dann, so erhält man
(5.) ^ = grf.2 + 2^cforfy + |^«^y^.
Wenn man auf der rechten Seite dieser Gleichung überall
dH mit dz^ vertauscht, so wird die rechte Seite ein vollständiges
Quadrat, nämlich
Diesen Umstand benutzt man, um die Gleichung (5.) aut
eine einfachere Form zu bringen; man schreibt nämlich
'dz . . dz , \(2)
dy
wobei der eingeklammerte Exponent (2) bedeutet, dass man den
dz dz
Ausdruck ^ efo + ^ dy wirklich in's Quadrat erheben , dann
aber überall dz*^ mit d'^z vertauschen soll.
Man sagt bei der Ausführung dieses Verfahrens, dass
dz dz
•^dx + -^ dy symbolisch in's Quadrat erhoben werde.
Ebenso versteht man unter dem dritten vollständigen Diffe-
rential von z, nämlich unter d^z das erste vollständige Diffe-
rential des zweiten vollständigen Differentials. Es ist also
Nun ist aber nach Gleichung (5.)
d(<Pz) , ö'« , „ ^ „ d^z , » , ^ dH , , ,
d(d^) d^z dh d^z
(5a.) d^z^i^Jx + ^^d^
§ 111. Vollständige Differentiale höherer Ordnung. 475
folglich ist
oder, wenn man wieder die symbolische Bezeichnungsweise
benutzt,
(9a.) d3,=(^grf^+grfy^^'.
Auch hier bedeutet der eingeklammerte Exponent (3) , dass
öz dz
man -^ dx + -^dy zuerst wirklich in die dritte Potenz erheben
und dann überall dz^ mit d^z vertauschen soll.
So kann man fortfahren und findet für das m*'' vollständige
Differential
(10.) '^^ = (I '^ + 1 ^yj^
dz dz
wobei man also -^ dx + -^dy m die mf* Potenz erheben und
dann dz"^ mit d'^z vertauschen soll.
Die Eichtigkeit dieser Formel für einen beliebigen Werth
von m wird durch den Schluss von n auf n+ 1 bewiesen.
Gilt nämlich die Gleichung (10.) für m = », so wird nach dem
binomischen Lehrsätze
Dabei ist A = » — k und das Summenzeichen 2 deutet an,
dass k alle Werthe von 0 bis w durchlaufen soll. Es wird dann
Ersetzt man die Glieder auf der rechten Seite dieser beiden
Gleichungen durch die entsprechenden in der symbolischen Dar-
stellung, so erhält man
476 § 111. Vollständige Differentiale höherer Ordnung.
(13.)
und
2 G)^'^"*"'V=
(14.)
Indem man die Gleichungen (12.) addirt, erhält man auf
der linken Seite
(16.) «^&+5gÖ^, = ^,„
auf der rechten Seite dagegen, wenn man d^^-^h mit d:^+^ ver-
tauscht, mit ßäcksicht auf die Gleichungen (13.) und (14.)
(-»(r>+|'^)(r>+|*)"=(r>+|*r.
folglich ist unter Anwendung der symbolischen Bezeichnungsweise
(dz dz V«+i)
Gilt also die Gleichung (10.) für m = », so gilt sie auch
für m = n+ 1.
Was in dem Vorhergehenden für eine Function von zwei
unabhängigen Veränderlichen gezeigt worden ist, kann man in
ähnlicher Weise auch für Functionen mit n unabhängigen Ver-
änderlichen zeigen. Dadurch findet man für
(18.) Z =f{u^, t^, . . . Un)
zunächst in Uebereinstimmung mit Formel Nr. 136 der Tabelle
(19.) dz = -^ — du4 + -^r— du<i+ . . . + -5 — ^^n
und durch wiederholte Differentiation
(20.)
§ 111. YoUstämdige Difierentiale höherer Ordnving. 477
Bei dem ersten vollständigen Differential von z war es
gleichgültig, ob die Veränderlichen u^^U2^,..Un von einander
unabhängig sind oder nicht, denn man erhielt, auch wenn u^^
«2, . . . «*n sämmtlich Functionen von einer Veränderlichen t oder
von mehreren Veränderlichen ^, t^^.,tm waren,
dz = ^^du,+ l^du, + . . , + ^Ju..
Bei den höheren vollständigen Differentialen aber bleiben
die Gleichungen (20.) nur dann richtig, wenn ti^, t/2, . . . Un von
einander unabhängig^ oder wenn sie lineare Functionen von
neuen unabhängigen Veränderlichen ^1, ^ . . . C sind. Ist z. B.
wieder
(21.) z =/(a;, y)
und sind
beide Functionen einer neuen Veränderlichen ^, so erhält man
zunächst
(22.) dz = ^^dx+^£dy.
Hierbei sind aber dx und dy nicht mehr von einander un-
abhängige Grössen, sondern es ist
(23.) dx = q>\t)dt^ dy == xp'{t)dt.
Deshalb kann man auch die Gleichung (22.) auf die Form
^"^^'^ dt " dxdt '^ dydt
/7 /5 r5
bringen. Da z und _, Ii?, rf, ... als Functionen der einzigen
dt dx dy
Veränderlichen t anzusehen sind, so erhält man durch nochmalige
Differentiation nach t
478
§ 111. Yollständige Differentiale höherer Ordnung.
(25.)
(£)
d(-\
dz \dy/dy dz d^x dz d^
__ .j 57—37 + sz-jj^ + 3::
dt dt ' dt dt ' dx dt^ ^ dy dt^
Nun ist aber nach Gleichung (24.), indem man z bezw. mit
s- oder mit 3- vertauscht,
dx oy '
«D
(26.)
d
dt
'dz
_dh_dx d^z dy
"■ örr2 dt ■•■ dxdy dt '
w_
dh dx^ d^z dy
dt dxdy dt ' Öy2 jt'
folglich geht die Gleichung (25.), wenn man wieder die sym-
bolische Bezeichnungsweise anwendet, über in
dh
dfi
(27.)
(dz^dx dz_dy\^^ dz
dxdt^ dydt) "^ dx
dhi dz d^y
'dfi'^dy'df
Indem man beide Seiten der Gleichung mit dt^ multiplicirt,
giebt dies
(27a.) .^. = (|rf. + |rfy)\|.P. + |<;V
Diese Gleichung unterscheidet sich also von der Gleichung
(5 a.) auch äusserlich dadurch, dass auf der rechten Seite noch
dz dz
die Glieder ^d^x + ^dh/ hinzugetreten sind.
Ist
(28.) z =/(«j,W2)-.-«^«)5
und sind
(29.) Wi = q)^(t\ U2 = 9)2(0? .-'Un=9>n (t)
sämmtiüch Functionen einer neuen Veränderlichen t, so findet
man in ähnlicher Weise
(30.)
dz =: -?;— dui + ^ — dti2 + . • . +
ÖWj
du2
dUn
n>
§ 111. Vollständige Di&ranüale höherer Ordnang. 479
d^z =( -Ji — du, + Ti — du,, + . . . + Q dun I
wobei
J rfwj= 9)1^ {t)dt^ du2=^ q)2* {t)dt, . . . dUn = g)n(t)dt^
^^^'^ { cA/i= q)i'X^)dfi, dh^=:^2''(t)dt^, . . . dh^n^ <pn\t)dt\
Man erkennt aus den letzten Gleichungen leicht, unter
welcher Bedingung die Grössen
oder
■j ,.» ?
verschwinden. Dies geschieht, wenn
(33.) «1 = a^t + Ji, ^2 = ^2^ + *2> • • • ^«= ^«^ + ^n
lineare Functionen von t sind. Dann wird nänüich
. ^. du4 du<i dun
(34.) ^ = «„ -^ = «2,... ^ = «»
und
In diesem Falle ist also meder
(36.) d^=(ß^^du,+ §^^ du, + ... + ^Jun^
(2)
oder
Gerade dieser Fall wird aber in dem Folgenden in Betracht
kommen.
Gelten die Gleichungen (33.), so findet man jetzt auch
ebenso wie früher
. V d^z __/dz du^ dz du^ , \ ^^ dUf^^
^^^'^ dt^ ~\d^^~df '^ diT^W '^ ' ' ' '^ d^n~dt) '
480 § 112. Differentiation simultaner Gleichnngen.
(39.)
d^z __ / Ö« du^ dz du^ \ ^^ du^^^
dt^ "^ \ßu^ dt du2 dt "*"'•• "^ gj^ "^y
/dz dz ^ dz \C~)
§112.
Nicht entwickelte Functionen einer Veränderlichen,
gegeben durch simultane Gleichungen.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 139.)
Es kommt häufig vor, dass y und z als Functionen der
einen Veränderlichen x gegeben sind durch zwei Gleichungen
(1.) F{x, y,z) = 0 und G {x, y, z) = 0,
welche gleichzeitig bestehen und deshalb simuUan genannt werden.
Jede der beiden Gleichungen für sich allein würde, geo-
metrisch gedeutet, einer Fläche entsprechen; gelten sie aber
gleichzeitig, so können ihnen nur die Goordinaten derjenigen
Punkte genügen, welche auf beiden Flächen liegen, d. h. die
Gleichungen (1.) stellen zusammen die Schnittcurve der beiden
Flächen dar.
Eliminirt man aus den Gleichungen (1.) die Veränderliche
z^ so erhält man die Gleichung
(2.) S^(a:,y) = 0, odei" y=f{x).
Dies ist die Gleichung eines Cylinders, welcher die Schnitt-
curve in die XF-Ebene projidrt. Eliminirt man aber aus den
Gleichungen (1.) die Veränderliche y, so erhält man die Gleichung
(3.) ^"(3:, z) = 0, oder z-=^g (x).
Dies ist die Gleichung eines Cylinders, welcher die Schnitt-
curve in die XZ-Ebene projidrt. Da die Baumcurve, welche
durch die beiden Gleichungen (1.) erklärt wird, auf diesen beiden
Cylindem liegt, so ist sie auch die Schnittcurve dieser beiden
Cylinder oder wenigstens ein Theil davon, denn die Cylinder
können möglicher Weise auch noch Punkte gemeinsam haben,
die nicht auf der gegebenen Curve liegen.
Es kommt hier gar nicht auf diese geometrische Deutung
an, es sollte viehnehr die vorstehende Untersuchung nur Zeigen,
j
§ 112. BifTerentiation simultaner Gleichuiigen. 481
dass man y und z als Functionen der einzigen unabhängigen
Veränderlichen x betrachten darf. Deshalb ist es auch möglich,
y und z als Functionen von x zu dififerentüren , und zwar kann
man ^ und ^ auch berechnen, ohne die Gleichungen (2.) und
(3.) wirklich zu bilden.
, Dies geschieht, iadem man auf die Gleichungen (1.) die
Ee^eln anwendet, welche in Formel Nr. 136 der Tabelle aus-
gesprochen sind, wobei man aber in diesem Falle die drei Ver-
änderlichen «1, «2, ^3 bezw. mit ar, y, z und die unabhängige Ver-
änderliche ^, von der u^^ u<^^ i^ abhängig sind, mit x vertauschen
muss. Dadurch erhält man
dF^ dFdx dFdy dFdz _
dx dx dx dy dx dz dx '
dF ÖF dF
oder, wenn man wieder ^ niit -Fi, ^ mit ^j 3- nüt F3 be-
zeichnet,
(4.) J,+i5* + i5g = „.
Ebenso findet man
(5.) G. + e,| + Ö3j = 0.
Aus diesen beiden Gleichungen ergiebt sich jetzt sehr leicht
durch Elimination
^""'^ dx'' F^G^—F^G^ ™^ dx^ F^G^—F^G^
Mit demselben Bechte, mit welchem in dem Vorstehenden
^ als die unabhängige Veränderliche betrachtet wurde , kann
man auch y als die unabhängige Veränderliche ansehen. Da-
durch werden x und z Functionen von y, und man erhält in
Ueberelnstimmung mit den Gleichungen (6.)
. dx _F^G^ — F^G^ dz _F,G^-F^G,
^'•^ dy^F,G,-F,G, ™^ dy' F,G,-F,G,
Stegemann- Kiepert, DifferentiaL-Beohnxmg. 31
482
§ 112. DifFereatiation simultaner Gleichungen.
Macht man ;; zur unabhängigen Veränderlichen, so erhält
man
dx _ E,G,-F^Gt , dy _ F,Gi - F,G,
^^'^ dz ~ FiGi—F^G^ dz ~ FiG^ — F^Gi'
Man kann die G^leichongen (6.), (7.) and (8.) zosammen-
£Btssen in der Formel
(9.) dx : dy : dz = F^G^ — F^Gi-. F^G^ — F, Gj : F^G^ — F^Gi,
oder
F,F,
•
-F, -Fl
•
F,F^
G^G^
•
G»e,
•
GyGi
(9a.) dx:dy:dz=:
üebungs- Beispiele für diese Formeln finden sich bei den
geometrischen Anwendungen der folgenden Paragraphen.
XIV. Abschnitt.
Anwendungen auf die analytische Geometrie
der Ebene und des Baumes.
§ 113.
Bestimmung der Tangenten und der Normalebenen bei
einer Curve im Räume.
(Vergl. die Formel-Tabelle Hr. 140—143.)
Aufgabe 1. Man soll das Bogeaelemeat ds euer Carve im
Räume bestiinmeD und die Cosinusse der Winkel a, ß, y berechnen,
welche ds mit den positiven Eichtungen der Coordinaten-Aiea
bildet.
AuflSsung. Es seien F und P, zwei benachbarte Punkt«
auf der Curve mit den Coordinaten x, y, z bezw.
(1.) x^=z-\- dx, yi=y+dy, z^ = z + dz,
wo wieda: die Bezeichnungen dx, p. ^^
ify, dz andeuten sollen, dass die
Punkte P und P^ einander un-
endlich nahe rücken dürfen.
Legt man jetzt durch die
Punkte P und P, Ebenen pa-
rallel zu den drei Coordinaten-
Ebenen (vergl. Fig. 122), so erhält
man ein rechtwinkeliges Parallel-
epipedon mit den Seitenkanten dx,
dy, dz und der Diagonale
(2.) PP, = ds.
Da die Gerade PP, mit dem Bogen PP, zusammeniäUt,
wenn die Punkte PundP^ einander unendlich nahe rücken, so
31 •
484 § 113. Bestimmung der Tangenten und Normalebenen.
nennt man ds das Bogendement und erhält nach bekannten
Sätzen aus der Stereometrie
(3.) *2 — dx^ + rfy2 + efe2.
Femer ergiebt sich ohne Weiteres aus der Figur, dass
, V dx ^ dy dz
(4.) cosa = ^, «»'» = i' «>sy = ^
ist, wobei a, ß^ r ^^ Winkel sind, welche d% mit den positiven
Richtungen der Coordinaten-Axen bildet.
Aufgabe 2. Eine Baumcurve sei durch die Gleichungen
(5.) F{x, y, ;?) = 0, G (x, y, ;r) = 0
gegeben; man soll im Curvenpunkte P mit den Coordinaten a;, y, z
ihre Tangente bestimmen.
AuflSsung. Die Gleichungen einer geraden Linie im Räume
schreibt man gewöhnlich in der Form
(6.) x' =-mz' -\' fjb^ y' = nz* + v.
Dies seien also auch die Gleichungen der gesuchten Tan-
gente, wobei die laufenden Coordinaten mit x\ y', zf bezeichnet
werden mögen, weil a:, y, r die Coordinaten des Berührungs-
punktes P sind. Damit die Tangente durch diesen Punkt P
geht, müssen die Gleichungen
(7.) ar = m;5 -f f*, y = n^ -f- v
gelten, folglich erhält man für die Tangente die Gleichungen
(8.) a^ — x = m(z' — z), y' — y = n{z' — z).
Um auch noch die Coefßcienten m und n zu bestimmen,
beachte man, dass die Tangente auch durch den Cnrvenpunkt
P' hindurchgehen muss, welcher dem Punkte P unendlich nahe
liegt und deshalb die Coordinaten
(9.) x* =: X + dx, y' = y -{- dyj z' :=^ z + dz
hat. Setzt man diese Werthe in die Gleichungen (8.) m, so
erhält man
(,l(k) dx = mäz, dy = mfe,
oder, indem man durch dz dividirt und Formel Nr. 189 der
Tabelle berücksichtigt,
§ 113. Bestimmimg der Tangenten und Normalebenen. 485
1,11.; ^ - dg - F^Q^ _ F^Q^' "~dz~ FiG^—F-iGi
Die Tangente im Punkte P hat daher die Gleichungen
(12.) a^'-a,==^(z'-z), y' -y = f^(z' -z),
oder
Gewöhnlicli schreibt man diese Gleichungen in der Form
, V X* — X y* — y z' — z
^ '^ dx dy dz
oder
,t
Uöa.; F^Q^_F^Q^- F^Q^_F^G^'- F^G^_F^Q^'
Aufgabe 3. Man soll die Ebene bestimmen, welche im
Curvenpunkte P mit den Coordinaten x, y, z auf der Curve
senkrecht steht.
Auflösung. Die Gleichung einer Ebene, welche durch den
Punkt P hindurchgeht, ist
(14.) A{x' — x) + B{y' — y)+ C(z' — z) = 0.
Damit diese Ebene auf einer Geraden
x' = mz* + (A, y* z=znz* -\- V
senkrecht steht, muss nach bekannten Sätzen aus der analyti-
schen Geometrie des Raumes
(15.) ^ = C ' ^^'C
sein. In dem vorliegenden Fall ist aber die Tangente die
Gerade, welche auf der gesuchten Ebene senkrecht stehen soll,
folglich gehen die Gleichungen (15.) mit Rücksicht auf die
Gleichungen (11.) über in
/^«r N dx A dy B
^1^*-) Tz=-c' Tz=-C'
so dass man für die gesuchte Ebene die Gleichung
486 § 114. Üebmigs-Au%aben.
(16.) {z' — x)dx + (y' — y)dy+(z'— z)dz = 0,
oder
(16a.) mG3 — FiGi)ix' — x) + (i^3<?i — J;Gs)(y'-y)
+ mG^ — F^Gi){z'-z) = 0
erhält. Diese Ebene heisst die Normalebene der Baoincnrve im
Punkte P.
§ 114.
Uebungs-Aufgaben.
Aufgabe 1. Der Kegel
^2 y2 Z^ _
ai "^42 c2
schneidet die Kugel
^2 + y2 + ^2 — ^2 = 0
in einer Eaumcurve ; man soll die Tangente
und die Normal
ebene dieser Curve im Punkte P bestimmen.
Auflösung. Hier ist
(!•) ^=S + F-$' G^x^ + t^
«2 »-2,
folglich wird
(2.) r^-a^' ^«-*^' ^^ =
l G, = 2x, Gj = 2y, G, =
22
C2'
2z,
also
3.)
Ä2 • c2 J2^2
4a:2J 4a» 4ax
c2 a^ c^a^
i?G,-p,G, = -^-:^ = -S(«» + .«),
J'.G,-F,G,=^_^ = -^(..-J.).
Dies giebt nach Formel Nr. 142 der Tabelle fBr die Tan-
gente die Gleichungen
(A\ ^'^\^ — ^) _ c»a V — y) aa&2(g' — z)
^ '^ y2(i2 + c2) ~ 2a;(c2 + a«) ~ a!y(a2 — 5«) '
§ 114. Uebungs-Aiifeaben. 487
oder
fö ) i ^^^"^ "^ ^^^^^"^^ — x)==— a2(J2 + c^)g (^' _ z),
\ C2(a2 — J2)y (y- _ y) =: + ^2(^2 + a^^z{z' — z).
Aus den Gleichungen (3.) folgt sodann nach Formel Nr. 143
der Tabelle für die Normalebene die Gleichung
oder
(6.) a2y;j(62+c2)(a;'— ir)— 62^(c2+a2) (y'-y)-c2a;y(a^J2)(2:i_2;)=0,
oder
(6a.) a2(Ä2 + c'^)yzx* — b^{c^ + a^)zxy* — c\a^ — h^)xyz' = 0.
Aufgabe 2. Die Schraubenlinie hat die Gleichungen
(7.) a:2 + y2_e,2==o und y — ^tg0)=O;
man soll die Tangente und die Normalebene im Cnrvenpunkte
P bestimmen.
Auflösung. Hier ist
(8.) 1^= :r2 + y2 — a2, G = y — x\% 0),
folglich wird
(9.) j; = 2:r, -F2 = ^y, jPs^O;
(10.) Gi = -tg(i)G2=l, Ö3 = -7[l + tg2(i)],
oder mit Bäcksicht auf die Gleichungen (7.)
(loa.) ö,=-|, (?, = l, G3 = -5(l+g) = -g.
Dies giebt
(11.)
i^3Ö, - P1G3 = + ^ = — ,
<?a: c
„ 2v2 2a2 2a2c
Die Gleichungen der Tangente sind daher nach Formel
Nr. 142 der Tabelle
488 §. 114. Uebuiigs-Au%abeii.
cx{x* — x) cx{y* — y) cx{z* — z)
20^? "" 202^ ■" 2a2c '
oder
(12.) x^-x = -\(z^-z), y'-y=.^{z'-z).
Die Gleichung der Normalebene wird nach Formel Nr. 143
der Tabelle
cx ^ ^ ^ ex ^ ^^ ex ^ ^ '
oder
(13.) y{x' — x) — x{y* — y) — c{z* — «) = 0,
oder
(13 a.) yx* — xy* — c[z* — xj) = 0.
Aufgabe 3. Die Kugel
a:2 + y2 + 22_r2 = 0
wird von dem Cylinder
x^ — ra; + y2 = 0
durchbohrt; man soll die Tangente und Normalebene der Schnitt-
curve im Punkte P mit den Coordinaten x^ y, z bestimmen.
Auflösung. Hier ist
(14.) JF=:a;2 + y2 + 2j2_y.2, G — x'^ — TX + y\
folglich wird
(15) f-fl=2^' i^2 = 2y, ^3 = 2^,
\G,= 2x — r, G^ = 2y, G^ = 0,
(F^G,—F,G:,=^-4.yz,
(16.) I -F3 Gl — Fl G3 = 4cxz — 2rz,
{ F,G2-F2G, =4.xy — 4xy + 2yr=:2ry;
dies giebt nach Formel Nr. 142 der Tabelle fiir die Tangente
die Gleichungen
(17.) — - — = -7^ — ^ = ?
^ ^ — 2y;5 z{2x — r) ry
oder
(18.) 1 r{x*-x)=^ — 2z(z^ — z),
§ 115. Tangenten und Tangentialebenen. 489
Die Gleichung der Nonnalebene wird nach Formel Nr. 143
der Tabelle
(19.) 2yz(x' — x) — (2x — r)z{y' — y) — ry {z' — r) = 0,
oder
(19 a.) 2 yzx' — (2x — r) zy' — ryz' = 0.
§ 115.
Tangenten und Tangential- Ebenen an eine beliebige
krumme Fläche.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 144 und 145.)
Eine gerade Linie heisst eine Tangente der Fläche
(1.) F{x,y,z) = ^ oder z=f(x,y\
wenn sie durch zwei unendlich nahe Funkte der Fläche hin-
durchgeht,
Aufgabe 1. Man soll die Bedingung finden, dass die Gerade
(2.) x* = mz* + fi, y' = nz' + p
die Fläche
« =/(^j y)
im Flächenpunkte F mit den Coordinaten x, y, z berührt.
Auflösung. Die laufenden Coordinaten der geraden Linie sind
mit x\ y', z' bezeichnet worden, weil x, y, z die Coordinaten
des Berührungspunktes F sind. Damit nun die Gerade durch
diesen Berührungspunkt F hindurchgeht, müssen die Gleichungen
(3.) X ==^ mz -\- fi, y ■=: nz -Y- V
gelten. Daraus folgt
(4.) x^ — x^=m{z* — z\ y* — y ^= n (z* — z).
Irgend ein Flächenpunkt P', welcher dem Punkte F be-
nachbart ist, hat die Coordinaten
(5.) x' = x-)r^x^ y'=^y+^y^ z' = z+Jz=f{x+Jx,y+Jy),
wobei noch Jx und Jy ganz beliebig und von einander unab-
hängig sind. Damit nun die Gerade auch durch diesen Punkt
P' hindurchgeht, müssen die Gleichungen
(6.) ^/x = mJz und ^y = m^z
befriedigt werden.
490 § 115. Tangenten und Tangentialebenen.
Lässt man jetzt Jx und Jy unendlich klein werden, indem
man sie bezw. durch dx und dy ersetzt, so rückt der Punkt P*
dem Punkte P unendlich nahe. Dann wird auch Jz unendlich
klein, und zwar geht Jz über in
(7.) rf^ = grfa: + |rfy.
Dadurch nehmen die Gleichungen (6.) die Form an
Dies giebt
(9.) «|d.+(„|-l)rfy = 0.
dz
Multiplicirt man Gleichung (8.) mit w^-» Gleichung (9.)
dz
mit 1 — ^ 77~ ' so erhält man durch Addition und Fortlassung
des Factors dy
(10.) ^_+^__l = 0.
Ist diese Bedingung erfüllt, so geht die Gerade durch zwei
unendlich nahe Punkte der Flache, d. h. sie ist eine Tangente
derselben.
Wenn die Gleichung der Fläche in der Form
F(x,y,z)=^0
gegeben ist, so erhält man, indem man y als constant ansieht,
/i 1 \ dF BF dz ,, , 17 , i:t Ö2J ^
und indem man x als constant ansieht,
also
J
§ 115. Tangenten und Tangentialebenen. 491
Deshalb geht die Gleichung (10.) über in
(14.) F^m + F^n + 1^3 = 0.
Aufgabe 2. Die Gleichung einer krummen Fläche sei wieder
(15.) F{x,y,z) = 0, oder z^fix.y);
man soll durch den Punkt P mit den Cioordinaten x^ y, z eine
Tangentialebene legen.
Auflösung. Da in Aufgabe 1 die Grössen dx und dy von
einander unahhängig sind, so giebt es unendlich viele Tangenten
der Fläche im Punkte P. Davon kann man sich auch dadurch
überzeugen, dass man in den Gleichungen (10.) und (14.) den
Werth von m noch beliebig annehmen darf, während man dann
den Werth von n aus dieser ^Gleichung berechnen kann. Es
wird nämlich
(16.) n = ^ = ^
dy
Setzt man diesen Werth von « in die Gleichungen (4.) ein,
so erhält man
(17.) x' — x = m(z*—z), ^(y' — y)=(l — m-£^{z* — z),
oder
(17a.) x^—x = m(z*—z), F^(y^ — y) = — (F,m+F^)(z^ — z).
Diese Gleichungen stellen also eine Tangente im Flächen-
punkte P dar, welchen Werth auch m haben mag. Eliminirt
man jetzt aus diesen beiden Gleichungen m, so erhält man
(180 ^'-^= pjx'-x) + p^(y'-y),
oder
(18a.) F, {x' — x) + F^(i/* — y) + F^(z' — z) = 0.
Dies sind zwei verschiedene Formen für die Gleichung einer
Ebene, in welcher alle Tangenten liegen, die im Punkte P an
die Fläche möglich sind. Man nennt diese Ebene daher die
Tangentialehene der Fläche im Punkte P.
492
§ 115. Tangenten und Tangentialebenen.
Fig. 128.
Die Gleichung der Tangentialebene findet man auch in
folgender Weise. Der Flächenpunkt P habe wieder die Coor-
dinaten x^ y, z. Lässt man jetzt ^ um ^;r wachsen, während
y unverändert bleibt, so gelangt
man vom Punkte P zu einem
benachbarten Flächenpunkte P]
(Fig. 123), dessen Coordinaten
x^^x + Jx, y^^y
und
zi=z + J^ =/(^ + ^a;, y)
sind. Lässt man dagegen y um
Jy wachsen, während x con-
stant bleibt, so gelangt man
vom Punkte P zu einem dritten Flächenpunkte P2 mit den
Coordinaten
X2 = x^ y2 = y + ^y, Z2 = z + Jyz =f(x, y + Jy).
Durch diese drei Punkte P, P^ , P^ ist eine Ebene bestimmt,
deren Gleichung
(19.) Ax* + %' + C^' + D = 0
heissen möge. Auch hier sind die laufenden Coordinaten der
Ebene mit xf^ y\ z* bezeichnet worden, weil x^ y, z die Coordi-
naten des Punktes P sind. Die Gleichung dieser Ebene kann
man noch, indem man durch C dividirt, auf die Form
(20.) z' = ax* + by' + c
bringen. Damit nun die Ebene durch den Punkt P geht, muss
die Gleichung
(21.) z =^ ax + by + c
gelten, folglich wird
(22.) z' — z — a(x' — x) + b(y' — y).
Damit die Ebene durch die Punkte P^ und P^ hindurch-
geht, muss die Gleichung (22.) auch fiir die Coordinaten dieser
Punkte befriedigt werden. Dadurch erhält man die beiden
Gleichungen
J^z = aJx und J yZ = bJy^
§ 116. Uebungs-Aufgaben. 498
oder
(23.) » = f, » = ^.
Lässt man jetzt Jx und Jy unendlich klein werden, indem
man sie durch ihre Differentiale dx und dy ersetzt, so rücken
die Punkte P^ und P2 dem Punkte P unendlich nahe, und die
Gleichungen (23.) gehen über in
rc^A \ dz , dz
(24.) a = ^, J = ^,
SO dass die Gleichung (22.) die Form
(25.) , z'-z = p^iz'-x) + ^{y'-y)
annimmt, welche mit Gleichung (18.) übereinstimmt.
Der Sinn dieser zweiten Herleitung ist folgender:
Die geraden Linien PP^ und PP2 werden Tangenten der
Fläche, wenn die Punkte Pj und P2 dem Punkte P unendlich
nahe rücken. Die Ebene PP^P^ ist also, wenn man Jx und Jy
unendlich klein werden lässt, durch zwei Tangenten des Punktes
P hiQdurchgelegt. Da aber aUe Tangenten eines Flächenpunktes
P in derselben Ebene, nämlich in der Tangentialebene, liegen,
so ist diese Ebene die Tangentialebene.
Die Gleichung der Tangentialebene wird illusorisch, wenn
(26.) Pi = 0, 1^2 = 0, Ps = 0.
In diesem Falle, welcher allerdings nur ausnahmsweise ein-
treten kann, liegen die Tangenten des Flächenpunktes P nicht
mehr sämmtlich in derselben Ebene.
§ 116.
Uebungs -Aufgaben.
Aufgabe 1. Ein EUipsoid ist durch die Gleichung
gegeben; man soll im Flächenpunkte P mit den Coordinaten
x^ y, z die Tangentialebene bestimmen.
494 § 116. Uebungs-Aufgaben.
AufIBsung. Hier ist
* A 2
also
(2.) ^i""^' ^2— -^J ^3—-^'
deshalb wird nach Fonnel Nr. 145 der Tabelle die Gleichung
der Tangentialebene
. . x{x*—x) y{y'—y) , z{z' — z) _
^^•>> «2 + — p— + — ^r- - ö,
oder, wenn man die Gleichungen (1.) und (3.) addirt,
Aufgabe 2. Ein elliptisches Paraholoid ist durch die Gleichung
(5.) x'^ + ahp' — 2pz — 0
gegeben; man soll im Flächenpunkte P mit den Coordinaten
X, y, z die Tangentialebene bestimmen.
Auflösung. Hier ist
-fla:, y, 2?) = a;2 + a^y^ _ 2^2:,
also
(6.) F,^2x, F^ = 2ahf, F,^—2p,
deshalb wird nach Formel Nr. 145 der Tabelle die Gleichung
der Tangentialebene
(7.) x{x* — x) + ahf{y' — y) —p{z* — ;?) = 0,
oder, wenn man die Gleichungen (5.) und (7.) addirt,
(8.) XX* + ahfy* —p{z' + z)^ 0.
Ist z. B.
;r = 3, y = 4, also 2pz = ^ + 16a2,
so geht die Gleichung (8.) über in
(8 a.) ^x* + 8a Y = 2pz* + 9 + 16 a^.
§ 117. Theorie der Enveloppen.
495
§ 117.
Theorie der Enveloppen.
(Vergl. die Formel - Tabelle Nr. 146.)
Ist eine Gleichung zwischen a:, y und w, nämlich
(1.) F{x, y, w) = 0
gegeben, so stellt diese Gleichung für jeden constanten Werth
von u eine Curve dar. Da es aber unendlich viele Werthe von
u giebt, so entspricht der Gleichung (1.) eine ganze Schaar von
Curven. So entspricht z. B. der Gleichung
eine ganze Schaar von concentrischen Kreisen, da der Halb-
messer u noch unendlich viele Werthe haben darf. Der Gleichung
X'
+
r
= 1
entspricht eine Schaar confocaler Ellipsen und Hyperbeln.
Der Gleichung
F(x, y, w) = (:r — w)2 + (y — y 62 _ ^^2)2 _ «2 == 0 ,
entspricht eine ganze Schaar von Kreisen (vergl. Fig. 124), denn
für jeden Werth von u er-
hält man einen Kreis, dessen
Mittelpunkt die Coordinaten
Fig. 124.
hat. Zwischen ? und ly be-
steht daher die Gleichung
?2 + iy2 _ J2 = 0,
d. h. der Mittelpunkt M des
Kreises durchläuft selbst
wieder einen Kreis, welcher
mit dem Halbmesser b um
den Anfangspunkt 0 der
Coordinaten beschrieben ist.
Die Grösse u nennt man
dabei den (variablen) Parameter,
Sind nun u und u^=:u + Ju zwei benachbarte Werthe
von u, so giebt die Zusanmienstellung der beiden Gleichungen
OM^h, 0A"=|, NM-=-ri.
496 § 117. Theorie der Enveloppen.
(2.) JF{x,y,u)^0 und F{x,y,u^) = 0
die Schnittpunkte der beiden entsprechenden Curven.
Die Goordinaten dieser Schnittpunkte genügen daher auch
den beiden Gleichungen
(3.) I{x,y,u)^0 und ^^»y>« + ^j)-i^(^,y,«) ^ q.
Lässt man jetzt Ju unendlich klein werden, so gehen diese
Gleichungen über in
(4.) H^,y,u)=:0 und ^^I|pü) = o,
Gleichungen, welche die Schnittpunkte der Curve F(z, y, w) = 0
mit einer unendlich nahen Curve geben.
Durch Elimination von u aus diesen beiden Gleichungen
erhält man eine Gleichung zwischen x und y allein, nämlich
(5.) S(x,y)^0,
welche den geometrischen Ort aller Schnittpunkte von Je zwei
unendlich nahen Curven der gegebenen Ourvenschaar darstellt.
Die Curve wird die einhüllende Curve oder die Enveloppe
genannt, da sie die sämmtlichen Curven der gegebenen Curven-
schaar einhüllt. Es gilt nämlich folgender Satz :
Die Enveloppe ha;t in den Punkten^ welche sie mit einer
der Curven
F{x, y, w) = 0
gemein hat, auch die Tangente mit dieser Curve gemein.
Zum Beweise dieses Satzes
betrachte man drei benachbarte
Curven C, C^, C^ des gege-
benen Curvensystems (vergl.
Fig. 125), welche den Werthen
u, u^y u^ des Parameters ent-
sprechen. Ein Schnittpunkt der
Curven C und Ci heisse P.
Dieser Schnittpunkt gehe m den
Punkt Pj über, wenn die Curve C in Ci und die Curve Ci in Cj
übergeht Die Punkte Pund P^ liegen also beide auf der Curve C^
und rücken einander unendlich nahe, wenn die Werthe k, u^j u^
§ 117. Theorie der Enveloppen. 497
unendlich wenig von einander verschieden sind, d. h. wenn die
Curven C, C,, C2 einander unendlich nahe rücken. Gleichzeitig
rücken die Punkte P und P^ auf die Curve mit der Gleichung
S{x, y) = 0,
weil sie Schnittpunkte von je zwei unendlich nahen Curven der
gegebenen Curvenschaar sind. Deshalb ist die Verbindungslinie
dieser unendlich nahen Punkte P und P^ eine Tangente der
Curve Ci und gleichzeitig auch der Curve
S{x, y) = 0.
Damit ist bewiesen, dass die beiden Curven im Punkte P
(oder in dem unendlich nahen Punkte P{) eine gemeinsame
Tangente haben, dass sie sich also im Punkte P berühren.
Was von Ci gilt, gilt ebenso von jeder beliebigen Curve
der gegebenen Curvenschaar. Es ist also hiermit bewiesen, dass
die Curve
S{x,y) = 0
sämmtUche Curven des gegebenen Curvensystems berührt; sie
ist daher die UmhüUungscurve oder Enveloppe,
Dasselbe Eesultat findet man auch durch Eechnung. Die
Gleichung
S(x, y) = 0
kann man nämlich aus den Gleichungen (4.) dadurch herleiten,
dass man den Parameter u als Function von x und y darstellt,
indem man die Gleichung
— ^^^^^^^ = 0 auf die Form u = g)(x, y)
bringt, und dass man sodann diesen Werth von «< in die
Gleichung
F{x, y,u) = 0
einsetzt. Dies giebt also
(6.) S (x, y) = F{x, y,u) für w = y (x, y),
dS_dF dFdu^
ox dx du dx
dF öFdu
dy du dy
Stegemann - Kiepert, Differential-Rechnung. 32
(7.)
498 § 117. Theorie der Enveloppen.
Da nun aber für den betrachteten Punkt P mit den Coor-
dinaten x. y
dF ^
du
ist, so gehen die Gleichungen (7.) über in
dS_dF dS_dF
folglich hat nach Formel Nr. 88 der Tabelle
dS öF
dy dx dx
(8.)
dx "" dS ÖF
dy dy
in dem betrachteten Punkte P für beide Curven denselben
Werth, d. h. die beiden Curven haben in diesem Punkte die-
selbe Tangente.
Es ist allerdings noch hervorzuheben, dass die Elimination
von u aus den Qleichungen (4.) durchaus nicht immer die
Gleichung einer reellen Curve liefert.
Dies folgt schon daraus, dass nicht jede Schaar von gleich-
artigen Curven eine Umhüllungs- Curve besitzt. Bei den con-
centrischen Kreisen
a;2 »|_ y2 ^2 := 0
z. B. schneidet kein Ereis den anderen in einem reellen Punkte,
folglich giebt es flir diese Curvenschaar auch keine Umhällungs-
Curve.
Ebensowenig haben die einander benachbarten confocalen
Ellipsen
^2 ./2
oder die einander benachbarten confocalen Hyperbeln
rc2 «/2
+ Ä2^ = l (-a*<«<-i2)
reelle Schnittpunkte mit einander gemein, folglich giebt es auch
bei dieser Curvenschaar keine UmhttUungs-Curve.
§ 118. Uebungs-Aufgaben. 499
Dagegen schneidet jeder der E[reise
(9.) F{x, y, u) — {x — uy + {y — Yb^ — u^f — «2 = 0
den folgenden in zwei reellen Punkten. Deslialb giebt es in
diesem Falle eine Umhällungs-Curve. Dabei wird
(10.) ^^(|>y>^) = _2(^— w) + 2(y— ]/P=:^) " = 0.
Aus den Gleichungen (9.) und (10.) folgt
y _ ]/jyzr^ = £zi!fyj2_^2 = £yj2_t^2 _ yjTzrSi,
oder
(11.) y = ^|/P^=:^, ^ = !<*±fl),
a:2 =
_u^(b±ay
b^
^ _ a:2(52_^2) __ (b^—u^){b±ay
^ "" W2 - J2 '
folglich ist
(12.) a;2 + y2 — (J + a)2.
Nimmt man in diesen Gleichungen das obere Zeichen, so
erhält man einen Kreis mit dem Halbmesser b + a, und nimmt
man das untere Zeichen, so erhält man einen Kreis mit dem
Halbmesser b — a. Die Umhüllungscurve zer^t also bei diesen
Beispiele in zwei concentrische Kreise. (Vergl. Fig. 124.)
§ 118.
Uebungs -Aufgaben.
Aufgabe 1. Ein System von geraden Linien (Fig. 126) sei
durch die Bedingung bestimmt, dass die zwischen den Goordi-
naten-Axen liegenden Abschnitte derselben die constante Länge
c haben. Man soll die Gleichung ihrer Umhällungs-Curve auf-
stellen.
AuflSsung. Es seien OA 3= a und OB = b die Abschnitte,
welche die Gerade auf den Coordinaten-Axen abschneidet, dann
ist bekanntlich ihre G-leichung
32*
I 118. Uebuugs-Aufgabec
oder
+ ^-1 =
:0,
bx + ay — ai = 0.
Der Abschnitt AB der Geraden zwischen den beiden Coor-
dinaten-Axen ist daher gleich Ya'^ + 6^. Hat also dieser Ab-
schnitt die constante Länge c, and setzt man
(2.) a = — ccosw,
so wird
(3.) b = csinu.
Die Gleichung der Geraden AB geht dadurch über in
(4.) F(z,y,u) = aisin« — ycosu + csinwcos« = 0.
Fig. las. Fig. 1^.
Wie man ohne Weiteres si^t, ist dabei u gleich dem
Winkel a, welchen die Gerade AB mit der positiTen Eichtang
der X-Axe bildet.
Um die Enveloppe dieser Schaar gerader Linien zu finden,
bUde man
(5.) — -^ ^' "^ = arCOSM + ysin« + c(cos*u — sin*«) = 0.
Multiplidrt man die Gl^chungen (4.) und (5.) bezw. mit
sin« and cosu, so erhält man durch Addition
§ 118. Üebungs-Auligabeii. 501
Multiplicirt man sie dagegen bezw. mit — cosw mid sinw,
so findet man durch Addition
(7.) y = csin%
Die Gleichungen (6.) und (7.) geben die Coordinaten des
Schnittpunktes der dem Werthe u entsprechenden Geraden mit
der unendlich nahen. Dieser Punkt ist daher auch ein Punkt
der Umhüllungs-Curve. Die Gleichungen
(8.) a: = — ccos^, y = csin%
stellen also die Umhüllungs-Curve dar, wenn u alle Werthe von
0 bis 2 TT durchläuft. Man kann aber aus diesen Gleichungen
auch den Parameter u eliminiren. Erhebt man sie nämlich zur
2
Potenz -? so erhält man
4 4 4-1
x^ = + c^ cos%, y^ = + c^ sin%,
und wenn man diese Gleichungen addirt,
(9.) ^* + y* = c*
Dies ist die Gleichung der Umhüllungs-Curve, und zwar
ist diese Curve unter dem Namen „Asiroide^^ bekannt. (Vergl.
Fig. 127.)
Aufgabe 2. Es ist durch die Gleichung
( 10.) JF(a;, y, u) = a:cos(3w) + ysin(3w) — acosu = 0
eine Schaar von geraden Linien gegeben; man soll die von ihnen
eingehüllte Curve bestimmen. (Vergl. Mg. 129.)
Aufifisung. Hier wird
(11.) — Q ^' ^^ = — SxsmiSu) + SycoB(Su) + asinw = o.
Eliminirt man aus diesen Gleichungen y, bezw. a;, so er-
hält man
n2 ^ j Sx = a[3coswcos(3w) + sinw sin (3«)],
\ 3y = a [3 cos w sin (Su) — sin w cos (3w)].
Nun ist aber
cosw cos (3«) + sin w sin(3t^) = cos(2w),
2C0SW cos(3w) — cos(4w) + cos(2w);
502
§ 118. Uebungs-Aufgaben.
(14.)
femer ist
cosM sm(3w) — sinw cos(3w) = sm(2tt),
2C0SW sin (3m) = sin(4w) + 8in(2w),
folglioli wird
. . j 3x = a[cos(4w) + 2cos(2w)],
l 3y = a[sin(4w) + 2siii(2w)].
Setzt man a = 3a^ und 2u = t + tv, so wird
j cos(2w) = — cos^, sin(2tt) = — sin^,
\ cos(4t«) = + cos(2^), sin(4M) = + sin(2<),
und die Qleichungen (13.) gellen ttber in
(15.) a; == — aj (2 cos^ — cos 2^), y = — a^ (2Bmt — sin2^).
Dies sind bekanntlich die Gleichungen der Cardioide. Die
Cardioide war ein besonderer Fall der Epicykloiden, welchen
man erhält, wenn der Halbmesser des festen Kreises dem Halb-
messer des rollenden Kreises gleich ist. Durch die vorliegende
Angabe findet man also eine andere Erzeugungsweise der Car-
dioide, die sich dann auch so verallgemeinem lässt, dass man
jede beliebige Epicykloide (oder Hypocykloide) erhält.
Die Gleichung (10.)
stellt nämlich eine Gerade
dar (vergl. Figur 128),
welche durch' die beiden
Punkte Pj und P^ mit
den Coordinaten
x^ = acos(2«),
yi = asin(2e*)
und
x<^ = acos(4t<),
y2 = asin(4w)
hindurchgeht, denn diese
Werthepaare von x und y
beMedigen die Gleichung
(10.). Nun wird aber
Fig. laB.
^.^-""^
1^
\
h
0
c
'i <■
1
1
(16.)
X,
+ yi« = a2 und aj2» + y22 = aJ,
§ 118. Uebmigs-Aufgaben.
503
Fig. 129.
d. h. die Punkte P^ und Pj liegen beide auf einem Kreise, der
mit dem Halbmesser a um den Anfangspunkt 0 der Coordinaten
beschrieben ist. Dabei sind die Winkel, welche die Halbmesser
OPi und OP2 mit der X-Axe bilden, nämlich
^X0P^ = 2u, 4:XOP2 = 4w = 2^XOPi.
Wenn sich also der Parameter u verändert, so bewegen
sich die Punkte Pj und Pj beide auf diesem Kreise fort, der
Punkt P2 aber doppelt so schnell wie der Punkt P^.
Dies giebt folgende Erzeugung der Cardioide:
Bewegen sich auf einem Sreis zwei Punkte Pj und P^ sOj
dass P2 doppelt so schnell läuft wie P^, so umhüllt die Gerade
P^P^ eine Cardioide. (Vergi. Fig. 129.)
In ähnlicher Weise können auch die anderen Epicykloiden
erzeugt werden, wenn der Punkt P^ auf dem Kreise m-mnl so
schnell fortschreitet wie der Punkt Pj.
Dabei war bisher vor-
ausgesetzt, dass die Punkte
Pi und P2 den Kreis in
gleicher Eichtung durch-
laufen. Wenn sie aber den
Kreis in entgegengesetzter
Sichtung durchlaufen, so um-
hüllt die Gerade P1P2 eine
,5 HypocyMoide^ .
Man kann sich in fol-
gender Weise von dem Vor-
stehenden durch Zeichnung
überzeugen. Man theile den
umfang eines Kreises in
eine Anzahl gleicher Theile. (Vergl. Fig. 129.) Es sei z. B.
diese Anzahl gleich 48. Dann bezeichne man die Theilpunkte
der Reihe nach durch die Nummern
0, 1, 2, 3, 4, . . . 47, 48,
wobei der Punkt 48 mit dem Punkte 0 zusammenfällt. Jetzt
verbinde man die Punkte
1 und 2, 2 und 4, 8 und 6, . . .
allgemein k und 2k durch gerade Linien. Auf diese Weise er-
504
§ 118. Uebimgs- Aufgaben.
hält man 48 Tangenten der Cardiotde, und zwar wird man
daraus die Gestalt der Cardioide sicherer gewinnen, als wenn
man die Curve punktweise construirt hätte.
Verbindet man dagegen die Punkte A und mk durch Gerade,
so erhält man eine andere EpicyAloide, welche der Zahl m ent-
spricht, mit grosser Genauigkeit als die Enoeloppe ihrer Tan-
genten.
In ähnlicher Weise kann man auch die HypocyJdoidm als
Enveloppe ihrer Tangenten zeichnen. In diesem Falle wird es
zweckmässig sein, die Anzahl der Theilpunkte auf dem Kreise
etwas grösser anzunehmen.
Aufgabe 3. Es ist eine Schaar concentrischer Ellipsen ge-
geben, deren HalbaKen mit den Coordinaten-Axen zusammenfallen
und die constante Summe c haben; man soll die Gleichung der
Enveloppe bestimmen. (Vergl. Fig. 130.)
Auflösung. Die Gleichung einer Ellipse mit den Halbaxen
a und b ist
Fig. 130. b'^x^ -f- a2y2 — a^jfl = o.
^^ Da aber die Axen
veränderliche Länge und
die constante Summe c
haben sollen, so setze man
a = w und Ä = c — u.
Dadurch wird die
Ifli Gleichung der gegebenen
Curvenschaar
{ll.)F{x,y,u) = {c-^uYx^
Hieraus folgt durch
partielle Differentiation
nach u
(18.) — 2 (c — u)x^ + 2uy^ — 2u(c — u) {c — 2u) = 0,
oder, wenn man mit — - multiplicirt,
(18 a.) {c — u)ux^ — uY + w^c — u){c — 2m) = 0.
§ 118. Üebungs-Aufgaben.
505
man
oder
(19.)
Indem man die Gleichungen (17.) und (18a.) addirt, findet
{c — u)cx^ — (c — w)«3 = 0 ,
U'
a:2 == — , a;- =
<9 , _
Setzt man diesen Werth von x^ in die Gleichung (17.) ein,
so folgt
(20.)
l_g— ^
3
Deshalb wird
F^
(21.)
i i ^
a^^ + r = c %
d. h. die Enveloppe ist wieder eine Astroide.
Aufgabe 4. Es ist eine Schaar von Parabehi durch die
Gleichung
(22.) F{x, y, u) = 4c(y — ux) + (1 + u^)x^ = 0
gegeben; man soll ihre Enveloppe bestimmen. (Vergl. Fig. 131.)
Auflösung. Hier ist
(23.)
du
Dies giebt a: = 0, oder
2c
(24.) w =
X
Setzt man diesen
Werth von « in die
Gleichung (22.) ein,
so erhält man für die
Enveloppe die Glei-
chung
(25.)a:2+My-c)==0.
Die Enveloppe ist
also wieder eine Parabel. Ausserdem schnöiden sich alle Para-
beln der gegebenen Schaai* im Punkte 0, welcher als ein Theil
der Enveloppe zu betrachten ist.
506
§ 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte.
Aufgabe 5. Es ist eine Schaar von Kreisen durch die
GleichaBg
(26.) F{x, y, u) = {x — u)^ + y2^2up+p^ = 0
gegeben; man soll die Enveloppe bestimmen. (Yergl. Fig. 132.)
AuflStung. Hier ist
(27.)
oder
(28.)
m^ = -2i.-u)-2p = 0,
x = u — p.
Tig. 182.
Setzt man diesen
Werth von :r in die Glei-
chung (26.) ein, so wird
(29.) y=±V2p(«— ^).
Die Gleichungen (28.)
und (29.) geben die Schnitt-
punkte des Kreises, der
dem Parameter u ent-
spricht, mit dem unend-
lich nahen. Diese Schnitt-
punkte werden erst reell,
wenn
(30.) u^p;
die Kreise selbst dagegen werden schon reell, wenn
(31.) 2u ^p.
Indem man schliesslich noch u aus den Gleichungen (26.)
und (28.) eliminirt, erhält man die Gleichung der Enveloppe,
nämlich
(32.) y2 = 2px.
Dies ist die Gleichung einer Parabel.
§ 119.
Doppelpunkte und isolirte Punkte.
(Vergl. die Formel -Tabelle Nr. 147.)
Wenn eine Curve, deren Gleichung
(1.) F{x, y) = 0
sein möge, 2-mal durch denselben Punkt hindurchgeht, so nennt
§ 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte.
507
Fig. 133.
man diesen Punkt einen Doppelpunkt der Curve. So hat z. B.
das Folium Cartesü mit der Gleichung
^3 _|- y3 — Saxy = 0
im Nullpunkte einen Doppelpunkt. (Vergl. Fig. 80 auf Seite 355.)
Ebenso hat die Lemniscate mit der Gleichung
r2 = a2cos(29p),
oder
(a:2 + y2)2 _ a2(a;2_y2) — 0
im Nullpunkte einen Doppelpunkt. (Vergl. Fig. 120 und 121
auf Seite 419 und 427.)
Um nun zu untersuchen, für welche Werthe von x und y
eine Curve einen Doppelpunkt hat, braucht man nur zu beachten,
dass in einem Doppelpunkte nicht eine^ sondern zwei Tangenten
an die Curve möglich sind, denn man kann an jeden der beiden
Curvenzweige, welche durch den
Doppelpunkt hindurchgehen, eine
Tangente legen. (Vergl. Fig. 133.)
Streng genommen giebt es sogar
in einem Doppelpunkte unendlich
viele Tangenten, wenn man von
der Erklärung ausgeht, dass jede
Gerade, welche zwei unendlich
nahe Punkte der Curve mit ein-
ander verbindet, eine Tangente der Curve ist. Danach würde
Jede Gerade, welche man durch den Doppelpunkt legt, als eine
Tangente au^efasst werden können. Hier soll aber nur die
Verbindungslinie von zwei unendlich nahen Punkten, welche auf
demselben Zweige der Curve liegen^ als eine Tangente angesehen
werden.
Ist nun F{x^y) eine eindeutige Function von x und y, so
gUt dasselbe von
(2.) F,i.,y) = ^^ und P,(..y) = :^;
es wird also für jedes Werthepaar a;, y die Richtungstangente
508 § 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte.
im Allgemeinen nur einen einzigen Werth haben, so dass der
zugehörige Curvenpunkt nur ein einfacher Punkt sein kann.
Nur in dem besonderen Falle, wo Fi(x,y) und F^^x^y)
beide gleich 0 sind, erhält der Ausdruck für tga die unbestimmte
Form — ; dann kann also tga möglicher Weise mehr als einen
Werth haben. Die Methode, welche in § 58 zur Berechnung
von Ausdrucken angegeben wurde, welche an der Grenze die
Form jr- annehmen, führt hierbei in folgender Weise zum Ziele.
Bezeichnet man wieder die zweiten partiellen Ableitungen durch
Indices, so folgt aus Gleichung (3.), indem man Zähler und
Nenner einzeln diflferentürt,
,. dy ,. ^^^+^^^i
lim-r- = — lim r-
fiir
also, wenn man nach Einsetzung der in Betracht kommenden
Werthe von x und y das Zeichen limes fortlässt,
oder
(4.) ü, + 2i,.| + Ji(|; = 0,
oder
(4a.)
dx 2^2
Dasselbe Eesultat findet man auch, indem man die Gleichung
(5.) ^^ = i=;(,,y) + j.^(,,y)| = 0.
nochmals nach x differentiirt'; dann erhält man nämlich
(6.)
oder
§ 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte. 509
dx dy dx
,6.) i,. + 2^„|+^|)'+i?S = »-
(P'U
Aus dieser Gleichung bestimmt man im Allgemeinen ^;
gilt aber die Voraussetzung
(7.) i^, = 0, 1^2 = 0,
so erhält man wieder
(8.) P» + 2F,, I + i^,,(|y = 0,
oder
/o „ ^ dy _ - J;2 ± yPn^ — Fn F^^
^^*-) Tx F^
Hieraus erkennt man, dass unter der gemachten Voraus-
setzung -j- zwei Werthe erhält, dass es also in dem betrachteten
Punkte zwei Tangenten an die Curve giebt, deren Richtungen
durch die Gleichung (8 a.) bestimmt sind.
Diese Untersuchung giebt daher den Satz:
Ist der Punkt D mit den Coordinaten Xj y ein Doppelpunkt
der Curve, so müssen die drei Gleichungen
(9.) F(x,y) = 0, F,(x,y)^0, F,(x,y) = 0
gleichzeitig befriedigt werden*
Die beiden Werthe von -^j welche man aus der quadra-
tischen Gleichung (8.) erhält, sind reell^ wenn
(10.) Fn^ — J^uF22>0;
sie sind dagegen imaginär^ wenn
(11.) F,^^-FuF^2<0.
510
§ 119. Doppelpunkte und isolirte Punkte.
In dem ersten Falle erhält man einen eigentlichen Doppel-
punkt mit zwei reellen Tangenten, in dem zweiten Falle aber
sind die Tangenten imaginär.
Ein Beispiel möge zeigen, wie die Curve in dem Doppel-
punkte beschaffen ist, jenachdem der erste oder der zweite Fall
eintritt. Es sei nämlich
(12.) F{x, y) = y^ — (iT — a)\x — J) = 0,
oder
(12a.) F{x, y) = y'^ — x^ + (2a +h)x'^ — (a^ + 2ab)x + a^h = 0,
dann wird
fF\ (^5 y) = — 3ir2 + (4a + 2b)x — (a^ + 2a6)
z={x — a){—^x + a + 2ft),
(14.) j;i = — 6ä: -f (4a + 2J), i^2 = 0, i^22 = 2.
Für a: = a, y = 0 werden also die drei Gleichungen
-F(^,y) = o, j;(^,y) = o, i^2(^,y) = o
beMedigt, und man erhält
^11 = — 2(a — J), J;2 = 0, 1^22 = 2.
Deshalb wird nach Gleichung (8 a.)
(16.)
%=±V^.
Fig. 134.
Ist a > 5, so wird ya — b
reell; man kann in diesem Falle
nicht nur die Tangenten in dem
Doppelpunkte D mit den Coordi-
naten :r = a, y = 0 zeichnen, son-
dern es ergiebt sich auch aus der
Gleichung (12.), oder aus der
Gleichung
(126.) y= ±{x — a)Yx^^
leicht die Gestalt der Curve. Sie
ist symmetrisch zur X-Axe, und
y wird für Werthe von x, die kiemer als h sind, imaginär, d. h.
die Curve liegt rechts von der Geraden, welche man durch den
§ 120. Uebungs- Aufgaben.
511
Punkt B mit den Coordinaten ar = J, y = 0 parallel zur F-Axe
ziehen kann. Diese Gerade wird von der Curve im Punkte B
berflhrt; und zwar gehen von B aus zwei symmetrische Zweige
der Curve, welche sich im Doppelpunkte D schneiden, so dass
die Curve zwischen B und D eine Schleife bildet (Vergl.
Fig. 134.)
Ist dagegen a<6, so folgt aus der Gleichung
y = ± (^ — ö) yx — h^
dass der Punkt D mit den Coordinaten a: = a, y = 0 wieder ein
Punkt der Curve ist. Für alle Werthe von x aber, die entweder
kleiner als a sind, oder die zwar grösser als a, aber kleiner
als h sind, wird y imaginär, so dass auch hier die Curve eigent-
lich erst mit dem Punkte B beginnt, dessen Coordinaten a: = 6,
y = 0 sind. Der Punkt D ist
daher in diesem Falle ein isoHrter
Punkt oder „Einsiedler^. Ein
solcher isolirter Punkt ist daher
auch als ein Doppelpunkt anzu-
sehen, in dem sich zwei imaginäre
Curvenzweige schneiden. Deshalb
werden in diesem Falle auch
die beiden Tangenten imaginär.
(Vergl. Fig. 135.)
Für
Fig. 135.
0
X
b — a
3 -^ - 3 ^ 3
hat die Curve zwei Wendepunkte
W^ und ^2? wie man durch die
früher angegebenen Methoden leicht bestätigen kann.
§ 120.
Uebungs -Aufgaben.
(Vergl. die Formel -Tabelle Nr. 147.)
Aufgabe 1. Man soll beweisen, dass beim Iblium Cartem
der Nullpunkt ein Doppelpunkt ist, und soll die Richtung der
beiden Tangenten in diesem Punkte bestimmen. (Vergl. Fig. 136.)
512
§ 120. Uebungs-Aufgaben.
Auflösung. Hier ist
(1.)
F(x, y) = a;3 + y3 — Saxy = 0,
also
F^(x,y)=^Sx^ — Say,
(2.) I
(3 ) I ^" "^ ^^' -^^2 = — 3a,
1 i^22 = 6y-
Für a: = 0, y = 0 werden
die drei Gleichungen
F(x,y) = 0,
Fi(x,y) = 0, F^(x,y) = 0
gleichzeitig befriedigt, folglich ist
der Nullpunkt ein Doppelpunkt. Um in diesem Doppelpunkte
die Richtung der Tangenten zu bestimmen, setzt man die
Werthe von JJi, jFJ2? ^2 üi die Formel Nr. 147 der Tabelle ein.
Dies giebt
' <^y ^^^^-Fn± Y^n'-FnF,^
(4.)
i
dx
22
_ Sa ± Yda^ — Sßxy
"" x=o 6y
Nimmt man in dieser Gleichung das obere Zeichen und
setzt a: = 0, y = 0, so erhMt man
(4a.) tg«! = 00 .
Nimmt man dagegen das untere Zeichen, so erhält tga zu-
nächst die unbestimmte Form — • Um den Grenzwerth dieses
unbestimmten Ausdrucks zu erhalten, multiplicire man Zähler
und Nenner des Bruches mit a + Yä^ — 4ay. Dadurch erhält
man
"""" 2x
oder
(5.)
= 0,
«, = 90», «2 = 0«,
§ 120. TJebungs-Aufgaben. 513
d. h. ,dte beiden Coordinaten - Axen sind Tangenten in dem
Doppelpunkte der Curve,
Aufgabe 2. Man soll beweisen, dass bei der Lemniscate der
Nullpunkt ein Doppelpunkt ist, und soll die Richtung der beiden
Tangenten in diesem Punkte bestimmen. (Vergl. Fig. 137.)
Auflösung. Hier ist
(6.) ' F{x, y) = x^ + 2a:2y2 + y4 _ 0^2^:2 + «2^2^^ o,
also
(7.) F,{x,y) = ^^+^xy^—2a% F^(x,y) = ^h/+^y^+2a^,
(8.) I^ii = 12^^+4y2— 2«^ i^i2 = 8^, 1^22 = 4^:2+ 12y2+2a2.
Für x = Oj y = 0 werden
die drei Gleichungen
E,(x,y) = 0
gleichzeitig befriedigt, folglich
ist der Nullpunkt ein Doppel-
punkt. Um die Richtung der
beiden Tangenten in diesem
Punkte zu bestimmen, beachte man, dass für x^=0, y = 0
(9.) F,, = — 2a2, F,2 = 0, F^^ = + 2a2
wird. Dies giebt nach Formel Nr. 147 der Tabelle
(10.) ^=tg« = ^^i±Jffl!Em? = ±i,
dx x'22
also
(11.) «, = + 45«, «2 = — 45«,
d. h. die beiden Tangenten im Nullpunkte halbiren die Winkel,
welche die Coordinaten-Axen mit einander bilden.
Durch fortgesetzte Diflferentiation der Gleichung
JPl(^,y) = 0
erhalt man der Reihe nach unter Anwendung der symbolischen
Bezeichnungsweise die Gleichungen
^^^•^ dx ^ dy dx- ^'
Stegexnann-Kiepert, Differential-Recliimng. 3a
514 § 120. Uebungs-Aufgaben.
...x /dF dFdyf> / d^F d^Fdy\d^ dFdh/_
Bei einfachen Curvenpunkten findet man
aus Gleichung (12.) die Grösse ^9
r n (13.) „ „ ^5?
ist aber der Punkt ein Doppelpunkt, so wird
SF _ , V ^ dF _ , .
dann redudren sich die Gleichungen (13.) und (14.) auf
^^*^' \^ "^ dy dx) ^ \dxdy "*■ dy^ di)d^~^'
oder
(Üb.) p.,+8i^,,,|+8i^,,,(|y+i^,,,(iy
+
Da die Gleichung (12.) zur Berechnung von ^ ülusorisch
wird, liefert die Gleichung (13a.) die beiden Werthe dieser
Grösse, und aus der Gleichung (14 a.) findet man dann die zu-
gehörigen Werthe von ^•
Für die Lemniscate wird z. B.
(15.) -Fui = 24:c, l^m = 8y, 1^22 = 8^, 1^222 = 24y,
Ausdrucke, welche für a: = 0, y = 0 sämmtlich verschwinden.
Mit Bäcksicht auf die Gleichungen (9.) und (10.) geht daher ia
diesem Falle die Gleichung (14 b.) über in
§ 121. Mehrfache Punkte. 515
(16.) 3(0 + a^|)g = 0, oder ±3«Ä = o.
Die Werthe von ^ sind also beide gleich Null. Daraus
folgt, dass die beiden Curvenztoeige der Lemniscate, welche sich
in ihrem Doppelpunkte schneiden, gleichzeitig Wendepunkte sind.
(Vergl. Fig. 137.)
§ 121.
Mehrfache Punkte.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 148.)
Wenn für ein Werthepaar x, y nicht nur die Gleichungen
befriedigt werden, sondern ausserdem auch noch die Gleichungen
so ist es nicht mehr möglich, die Werthe von ^ nach den An-
gaben der Formel Nr. 147 der Tabelle zu berechnen; dann
reducirt sich aber die allgemein geltende Gleichung
m /gj^, dFdy^^) /d^F d^Fdy\dh, dFdh,_
^ ^^ \dx ■*■ dy dx) ■*■ \dxdy "^ öy^ dx) dx'^ "^ dy dx^ "
auf
oder
(2a.) P,, + 3i^., I + 3P.,,(|y + p,,,(|y = 0.
Diese Gleichung ist in Bezug auf -j- vom dritten Grade
und liefert daher drei Werthe dieser Grösse. In dem zugehörigen
Curvenpunkte giebt es daher drei Tangenten der Curve, woraus
man schliessen kann, dass drei Aeste der Curve durch diesen
Punkt hindurchgehen.
Ein solcher Curvenpunkt heisst daher ein dreifacher Punkt
der Curve.
33*
516 § 121. Mehrfache Punkte.
Sind auch die driäen partielleii Ableitungen von F{x^y^
sämmtlich gleich Null, so kann man auch aus der Gleichung
(2a.) noch nicht die Grösse —^ berechnen; dann gilt aber, wie
man durch nochmalige Differentiation der Gleichung (1.) erkennt,
die Gleichung
welche vier Werthe von •— liefert. Der betrachtete Punkt ist
ax
dann ein vierfacher Punkt der Curve, denn es giebt in diesem
Punkte vier Tangenten an die vier verschiedenen Zweige der
Curve, welche durch diesen Punkt hindurchgehen.
In dieser Weise kann man fortfahren und kommt schliess-
lich zu dem folgenden Resultate:
Sind die ri^ partiellen Ableitungen van F(x, y) die ersten^
welche nicht sämmtlich verschmnden j so findet man aas der
Gleichung
n Werthe von -^j denen n Tangenten in dem betrachteten Punkte
an n verschiedene Zweige der Curve entsprechen. Der Punkt
heisst dann ein n-f acher Punkt der Curve.
Beispiel.
Es sei
(5.) F{x, y) = {x^ + y2)3 _ y(y2 _ 3^2) = 0
die Gleichung der Curve, dann wird
F{x, y) = a;6 + 3^V + ^Y + y^ — y^ + ^%
j j; = 6:r^ + lary + 6icy4 + 6:cy,
* *^ l i^2 = 6^V + 12Ä:2y3 + 6y& — 3y2 + Zx'^,
i F^^ == 30a:* + 36rc2y2 + ßy* + ^y,
(7.) I Fn = 24a:3y + 24a:y3 _|. g^^
li^22 =
^x^ + 36a:V + 30y* — 6y,
§ 122. Spitzen oder Rückkehrpunkte.
JJn = 120^» + 72^2, F,,^ = 12xhf + 24y3 + 6,
517
(8.) P"^ =
1 -^122 = 24a:3 + ^2xy\
Für a: = 0, y = 0 werden
die 6 Gleichungen
jF= 0, -Fl = 0, Ji = 0,
befriedigt, folglieh ist der Null-
punkt em dreifacher Punkt, in
welchem man die Sichtung der
drei Tangenten aus Gleichung
(2.) findet, indem man
■^111 = 0, -F112 = ö,
einsetzt. Dies giebt
i^222 = 72a:2y+120y3_6.
(8 a.)
•«S-<S)'=».
oder, wenn man die drei Wurzeln dieser Gleichung mit tgcci,
tga2, tgaj bezeichnet,
(9.) tga, =0, tga2 = +V3; tga3 = — >/3,
(10.) at=0^ «2 = 60^ 03 = 120«.
(Vergl. Fig. 138.)
§ 122.
Spitzen oder Rückkehrpunkte.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 149.)
In Formel Nr. 147 der Tabelle, nämlich in der Gleichung
dx 2^2
welche die Richtung der beiden Tangenten in einem Doppel-
punkte lieferte, kann es vorkommen, dass
(2.) j;2^-j;, 1^22 = 0
wird. Dann sind die beiden Werthe von -j- einander gleich^
(10
518 § 122. Spitzen oder Rückkehrpunkte.
d. h. die beiden Tangenten fallen in eine zusammen. Durch
den betrachteten Paukt gehen daher zwei Zweige der Corve,
die sich gegenseitig berühren. Hierbei werden im Allgemeinen
die beiden Cnrvenzweige nur auf der einen Seite des betrachteten
Punktes reell sein, während sie auf der anderen Seite imaginär
werden. Ist z. B.
(3.) y = sp(^) ± (^— ö) VvK^
wobei ^{x) und rp{x) rationale Functionen sein mögen, die für
x^a nicht unendlich gross werden, so ist
(4.) # = 9'{x) ± 2V>(^) + {^n-).
äx 2y\}){x)
Aus Gleidumg (3.) findet man andererseits durdi Fort-
schafüing des Wurzelzeichens
(5.) F{x, y)=[y-(p (x)]^ -(x- a)hf, (x) = 0,
/ß ) mx,y) = —2\ff—(p{x)]q>'(x)—2(x—a)tp(x)—ix—a)hpXx),
\F^{x,y)= + 2[y-q>{x)l
(F,, = + 2q>'{xf — 2[y — 5P(ar)]5P"(a;) - 2^t>{x)
(7.) ) —Hx — a)rf,'(x) — (x-a)^tp"ix),
\Fi^ = — 2g>'(x), Pj2= + 2.
Deshalb erhSlt man &t x = a
(8.) y^9ia), F{x,y) = 0, F,(x,y)=zO, Fi(x,y) = 0;
(9.) F,i = 2g>'{ay — 2tp{ä), Fi^ = — 2(p' (a), F^= + 2.
Ans den Gleichung^ (8.) folgt, dass der Punkt mit den
Coordinaten x^a, y = g)(a) ein Doppelpunkt ist, und ans den
Gleichungen (9.) ergiebt sidi, dass für diesen Doppelpunkt
(10.) tg« = I = -F..±y^^-FnF^. = ^,(,) ± yi^).
Dasselbe Resultat findet man noch leichter aus Gleichung (4.).
Wenn sich nun der Factor x — a von der Function tfß(x)
absondern lässt, so dass für :r == a
(11.) F,^^ — F,, i^22 = 4V^(«) = 0
wird, so fallen die beiden Tangenten im Doppelpunkte der Curve
in eine zusammen, und die Curve selbst hat in dem Doppelpunkte
§ 122. Spitzen oder Rückkelirpunkte. 519
eine Spitze, wenn xff(x) mit x — a zugleich das Vorzeichen
wechselt. Wird z. B.
\p{x)>0 &Lr x<a und ilj(x)<0 ^ x>a,
wobei (vom Vorzeichen abgesehen) nur hinreichend kleine Werthe
von X — a in Betracht kommen sollen, so sind die beiden Werthe
von y und von -~ nur dann reell, wenn x^a ist; sie werden
imaginär, wemi x>a ist. Wird dagegen
ifß(x)<0 t&r x<a und ifj(x)>0 tiir x>a,
so sind die beiden Werthe Y(m y und von ^ nur dann reell,
wenn x^a ist; sie werden imaginär fm x<a.
Die beiden Curvenzweige haben daher in dem Doppelpunkte
dieselbe Tangente und endigen in diesem Punkte, so dass der
eine Curvenzweig als die Fortsetzung des anderen betrachtet
werden muss. Ein solcher Punkt heisst demgemäss eine Spitze
oder ein Rückkehrpunkt der Curve, und die zugehörige Tangente
heisst Rückkehrtangente.
Eine Spitze ist gewissermassen der Uebergang von einem
eigentlichen Doppelpunkte zu einem isolirten Punkt«, ebenso wie
eine quadratisdie Gleichung mit zwei gleichen Wurzehi den
Uebergang bildet von einer quadratischen Gleichung mit zwei
reellen Wurzeln zu einer mit zwei imaginären Wurzeln.
So liefert das in § 119 gewählte Beispiel
F{x,y)^y^ — {x — ay{x — h)=^0
einen eigentlichen Doppelpunkt^ wenn a> J, einen isoUrten Punkt,
wenn a<b, und eine Spitze, wenn a = J ist. In der That,
dann wird
(12.) F{x, y) = y2 _ (^ _ af,
(13.) F,{x,y) = — Hx-ay, F^{x,y) = 2y,
(14.) JJi= — 6(^ — a), J;2 = 0, i^22 = 2,
folglich ist für ;i: = a, y = 0
(15.) Fix,y)^0, F,{x,y)=:0, F^{x,y)^0
und
(16.) i^i2^--Fiii^22 = 0.
520
§ 122. Spitzen oder Rückkehrpunkte.
Hier kann die Gleichung der Curve auch in der Form
(17.) y = ±(x — ä) Yx — a
Fig. 139. geschrieben werden; dies giebt dann
(18.)
dx — 2 ^
a.
und man erkennt, dass y nur reell
ist, wenn x^a^ und dass far x = a
die beiden Tangenten der Curve mit
der X-Axe zusanmienfellen. Der
Punkt S mit den Coordinaten a; = a,
y = 0 ist daher eine Spitze der
Curve. (Vergl. Fig. 139.)
Andere Beispiele für das Auftreten von Spitzen liefern die
Eptcykhiden und HypocyMoiden ^ ^insbesondere die Cardioide
und die Astroide; femer die Evoluten oder Krümmungsmittel'
punktS'Curven,
Gewöhnlich wird von den beiden Zweigen einer Curve,
welche in einer Spitze zusammentreffen, der eine nach oben
concav und der andere nach oben convex sein, so dass die ge-
meinsame Tangente ztoischen beiden hegt, wie z. B. bei der
Evolute der Parabel (Fig. 106 auf Seite 400), der Ellipse (Fig.
107 auf Seite 401) und der Hyperbel (Fig. 108 auf Seite 402).
Diese Spitzen nennt man Spitzen erster Art. Es können aber
auch die beiden Zweige, welche in einer Spitze zusammen-
treffen, auf derselben Seite der gemeinsamen Tangente liegen.
Es sei z. B.
(19.) y = x^± x^,
oder
(19a.) F{x, y)=:y^ — 2xhf + a:* — a;^ = 0.
Hier wird
(20.) F^ {x, y) = — 4rcy + 4a;3 — bx\ F^ {x, y) = 2y — 2x\
(21.) JJi = _ 4y + 12a;2 — 20^:^, F^^ = — 4a:, F^^ = 2.
Für a: = 0, y = 0 verschwinden F{x^ y), F^ (a:, y), F>^{x^ y),-
folglich ist der Nullpunkt ein Doppelpunkt Dabei wird
(22.)
tg
§ 122. Spitzen oder Bückkehrpunkte.
dx F22 '
521
d. h. die Tangenten an die beiden Curvenzweige in diesem
Doppelpunkte fallen mit der X-Axe zusammen. Deshalb hat die
Gurve in diesem Doppelpunkte eine Spitze. Dass der Nullpunkt
wirklich eine Spitze ist, erkennt man aus Gleichung (19.), weil
y imaginär ist, sobald x negativ wird.
Femer folgt aus Gleichung (19.)
(23.)
dy__
dx
= 2x-\- ^x^i
5
2
3
Fig. 140.
Das doppelte Vorzeichen in den Gleichungen (19.) und (23.)
entspricht dem Umstände, dass jedem Werthe von x zwei Werthe
von y, also auch zwei Punkte der Curve zugeordnet sind.
Im Nullpunkte fallen diese
beiden Punkte zusammen und
gleichzeitig auch die beiden Tan-
genten. So lange a; < l ist, liegen
auch beide Zweige der Curve über
dieser gemeinsamen Tangente,
nämlich über der X-Axe, weil
beide Werthe von y positiv sind.
Für kleine Werthe von x, d. h.
64
für x<^r^ werden sogar beide
225
dh/
Werthe von -r^ positiv , d. h. beide Zweige der Curve sind in
der Nähe der Spitze nach oben concav; erst für
64 . , dV 15, y-
4
X =
225
^^ S = 2-^y^ = o,
d. h. der untere Curvenzweig hat in dem zugehörigen Punkte
einen Wendepunkt W, in dem er sich von der Concavität zur
Convexität wendet.
Eine solche Spitze nennt man eine Spitze zweiter Art oder
Schnabel- Spitze. (Vergl. Fig. 140.)
XV. Abschnitt.
Herleitnng und Anwendnngen der Taylor'schen
Reihe für Functionen Yon mehreren
Yeränderlichen.
§ 123.
Die Taylor'sche Reihe für Functionen von melireren
Verändeiiiclien.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 150.)
Es sei
(1.) ^ =/(^, y)
eine Function von zwei Veränderlichen, dann kann man
fix + Ä, y + A) in ähnlicher Weise nach Potenzen von h und k
entwickln, wie früher (§ 30 und 31) f{x + h) nach Potenzen
von Ä entwickelt wurde.
Man findet diese Entwickelung sehr leicht, indem man zunächst
ht statt Ä, kt statt k
schreibt und f{x + ht^y + kt) nach Potenzen von t entwickelt.
Dies geschieht nach der ilf a<; - Xaz^rm'schen Beihe in folgender
Weise. Man setze
(2.) x + kt = u, y + kt=v, f(u,v) = F(t\
dann wird nach Formel Nr. 51 der Tabelle, wenn man / mit
F und X mit t vertauscht,
(S.) m^F{0) + ^F'iO) + ^r\0) + ...+ ^F(-m + E.
Bei der Bildung von -PCO» ^'(0> • • • ^^^^>ss man beachten,
dass für diese Rechnung t die einzige Veränderliche ist, während
x^ y, A, k constant bleiben, dass also
§ 123. Die Taylor'sche Rdhe. 523
^ •'' dt -^' dt-"
wird. Dadurch erhält man nach Formel Nr. 138 der Tabelle
i.i/j\ «[/(«» ») dfdu dfdv df , , df ,
(5.)
dt du dt dv dt du "Sv
-«==^=(i*+f*)'
h-'(')=^^>=(^*+H'
Die Formel Nr. 138 der Tabelle ist hier anwendbar, weil
M und V lineare Functionen von t sind. Fflr < = 0 wird
folglich ist
F(Q)=f(x,y),
(7.)
/df{x+0ht,y+0kt) df{x+ @ht, y + Q^O A^^+^^
\ öa: "^ dy ) '
Setzt man diese Werthe in die Gleichung (3.) ein, so er-
hält man
(8.) F{t) =/(:r + ht,y + kt) =
^n\\dx^^ dyV ^ '
524 § 123. Die Taylor'sche Reihe.
wobei
<»+l
\\ dx dy ) '
Setzt man schliesslich t gleich 1, so geht diese Grleichung
über in
(/(.+*,j,+i)-/(..y)4{^4+|*)+^^4+|i)°'+...
wobei
^ '^ (»+!)! V dx dy ) '
In den vorstehenden Gleichungen ist wieder von der symboli-
schen Bezeichnnngsweise Gebrauch gemacht, nach welcher z.B.
(10.) { Vö^ + dy V ^dx^^ + ^dxdy^^ + öj^^ ^
l = /ii (^5 y)Ä2 + 2/i2(a:, y)ÄÄ +/22 (a:, y)*^
wird. Die Grösse 0 liegt dabei immer zwischen 0 und + 1.
Diese Art der Entwickelung lässt sich ohne Weiteres auf
Functionen von drei oder von mehr Veränderlichen übertragen.
So ist z. B.
Aus der Tay/or'schen Reihe für Functionen mit mehreren
Veränderlichen lässt sich dann auch die Mac-Laurtn'scäe Reihe
herleiten. So braucht man z. B. bei Functionen mit drei Ver-
änderlichen nur
§ 124« Homogene Functionen. 525
x = 0, y = 0, z:= 0
ZU setzen und dann
X statt Ä, y statt i^ z statt /
zu schreiben, um die Function nach steigenden Potenzen von
X, y und z zu entwickehi.
§ 124.
Homogene Functionen.
(Vergl. die Fonnel-TabeUe Nr. 151.)
Eine Ikinction
(1.) z =/(iri, a:2, . . . Xfi)
mit n Veränderlichen x^, X2j . , . Xn heisst eine homogene fUnction
jj^ten Grades^ wenn sie sich durch Multiplicaiian der sämmüichen
Veränderlichen mit ein und demselben Factor t in sich selbst ver-
wandelt^ multiplicirt mit der m*^* Potenz dieses Factors,
Eine homogene Funtion m*^ Grades wird daher erklärt
durch die Gleichung
(2.) f(tx^j tX2, ... ton) = ^/(^i, X2,... Xn).
So ist z. B.
f{x, y, z) = x^ — 2xh/ + 4y2j2 — 7xyz
eine homogene Function dritten Grades von x, y, z;
z^ 2x^ + z^
/(^j yj z) = x^ + Sxy + — -i—
X y
und
yx^ — «2
sind homogene Functionen zweiten Grades von x, y^ z;
-, V X + y y + g , z + X
ist eine homogene Function nullten Grades von x, y, z,
Satz 1. Dividirt man eine homogene Function m**** Grades
durch die m^ Potenz einer ihrer Veränderlichen j z. B. durch
526 § 124. Homogene Funcüoiien.
iCn"*, so wird der Quotient nur von den n — 1 Verhältnissen der
übrigen Veränderlichen zu dieser einen abhängen ^ d. h. der
Quotient ist noch eine Function von n — 1 Veränderlichen
X^ X>2 Xn—l
9 > • • •
Xn Xn Xn
Beweis. Nach Voraussetzung ist
setzt man in dieser Gleichung t = — ? so erhält man
(^\ f(Xx,X2^..'Xn-uXn) __ ^/fl. , ^,...£^,l\
Xn \^n ^n ^n /
Satz 2. Aus einer nicht homogenen Rcnction mit n — 1
Veränderlichen €p(u^, t^,».. Wn— i) kann man eine homogene
Function m*^ Chrades mit n Veränderlichen machen^ indem man
X\ X^ Xn — 1
U^ = -^J ^2 = -^? • • • Un^l =
Xn Xn Xn
setzt und die Function mit Xn^ multiplicirt.
Beweis. Vertauscht man in
Xi mit tx^y X2 mit tx2,...xn mit txn, so geht Gleichung (4.)
über in
t^Xn'^g)(^i ^' • • '^ ) =/(^^l> ^2J • • --^»X
\Xn Xn Xn /
folglich wird
f(tX^, tX2, . . . tXn) = ^/(^l, iC2, . . . a^n).
Dabei ist der Grad m noch beliebig. Man kaun diesen
Satz benutzen; um Gleichungen zwischen x, y oder zwischen
X, y, z homogen zu machen, wodurch ihre Behandlung für
viele Zwecke bequemer wird. Ist z. B. dje Gleichung
(5.) 011^:2 + 2ai2xy + a^^y^ + 2aizx + 2a23y + 033 = 0
gegeben, so setze man
X4 Xo
X = -^? y = — =•
x^ ^3
\
§ 124, Homogene Functionen. 527
und multiplicire mit a^\ Dadurch erhält man eine homogene
Gleichung zweiten Grades mit drei Veränderlichen aj^, arj, x^^
nämlich
(6.) aiia:i2+2ai2a:irc2+ö22a?2^+2ai3a^i 2:3+20235:23:8+0882^8^ = 0.
Indem man
x^ = 1, also a:i = a:, X2 = f/
setzt, kann man dann jederzeit von den homogenen Gleichungen
zu den nicht homogenen zurückkehren.
Satz 3. Die ersten partiellen Ableitungen einer homogenen
Function m*^*^ Grades sind sämmtlich homogene Functionen
(m — iy*~ Grades.
Beweis. Bezeichnet man, wie gewöhnlich,
so folgt aus der Voraussetzung, nämlich aus der Gleichung
durch partielle Differentiation nach xa
JaytXij tX2j • . • *Xn) • t = ^ja\X\^ X^j • • • Xnjy
oder
(7.) fa (^Ij iX2,... tXn) = t^'^fa(x^i X^, . . . Xn),
d. h. fa(x^,x2,...xn) ist eine homogene Function (m — !)*•"
Grades, wobei a die Werthe 1, 2, . . . n haben dar£
In derselben Weise kann man zeigen, dass jede zweite
partielle Ableitung von einer homogenen Function m^*^ Grades
eine homogene Function (m — 2)*«'* Grades, allgemein, dass jede
partielle Ableitung r*«"» Grades eine homogene Function {m — r)**"*
Grades ist.
Setzt man
(8.) toj = Wi, tX2 = U2,..,tXn = fhi,
SO geht die Gleichung (2.) über in
528
§ 124. Homogene Functionen.
Differentiirt man diese Grleichung, indem man ^ als die ein-
zige Veränderliche ansieht, so erhält man nach Fonnel Nr. 138
der Tabelle
oder für ^ = 1
y 1 (^1 J -^2^ • • • ^n) • ^1 4" y 2 V*^! J ^2j • • ' •^♦*/ • ^2 "T" • • •
Dies kann man noch einfacher schreiben, indem man
setzt; dann erhält man nämlich
(10.)
dz , dz dz __
Beispiel.
Es sei
(11.) 2= aixX^*^+2a^2XiX2+(H2X2'^+2axzXiXz-\-2a2zX^xz+azzXz\
und
dann findet man
(12.)
oz ^, , , .
-^— = 2(aiia;i + «12^:2 + «13^:3),
ÖXi
dz
^— = 2{a2\Xi + a225;2 + «23^3)?
öx^
1x2
dz
(13.) l
-^ = 2(a3ia;i + «32^2 + «33^3);
X\ TT- + X2 -5— + 0:3 -ä^ = 2X\(axxX\ + «123^2 + <^nXz)
dxx
dxi
dx:
+ 2X2(021X1 + «22^2 + 023^3)
+ 2^:3 («31^1 + 032^^2 + 033^3)
= 2z.
\
§ 124. Homogene Functioiien. 529
Wenn man beachtet , dass 3— > s— ? • • • 5— wieder homo-
OX^ 0X2 äXn
gene Functionen (m — l)*«' Ordnung sind, so folgt aus Gleichung
dz
(10.), indem man z mit -5— und m mit m — 1 vertauscht,
OXa
Ö2^ Ö2;j _^?5_-/ IN Ö^
^^Ö^Tö^ "^""^^ + . . . + ^n-g^^ - (m— 1;^,
Ö2;2: , dh ^ .02^/ .X ^r
Multiplicirt man diese Gleichungen bezw. mit x^^ x^^ . ..Xn
und addirt sie, so erhält man unter Anwendung der symbolischen
Bezeichnungsweise und mit Rücksicht auf Gleichung (10.)
In dieser Weise kann man fortfahren und findet
{lb.)\x^-^ +^2g^+---+^ng£j =?m(7»— l)...(m — r+l);?.
Durch diese Formeln kann man die Gleichung der Tangente
einer ebenen Curve und die Gleichung der Tangentialebene einer
Fläche vereinfachen.
Es sei z. B.
(16.) y^fix\ oder i^a:,y) = 0
die Gleichung einer Curve »**** Grades, so erhält man nach
Formel Nr. 95 der Tabelle für die Tangente die Gleichung
oder
(17.) F,{x,y){x* -x) + F2{x,y){y' -y)^(i.
Macht man jetzt aber die Gleichungen (16.) und (17.)
homogen, indem man
Stegemann -Kiepert, Differential - Bechnnng. *^
530 § 124. Homogene Functionen.
^ ' ^ ^ ^ ^
setzt und beide Gleichungen mk x^^ multiplicirt, so gehen die-
selben über in
(19.) ^"^~-' ^) = ^(^i' ^^' ^) = ^'
(20.) (?i (ar'i — rrO + Q^ {x\ — x^ = 0.
Nun ist aber nach Grleichung (10.)
(21.) ffj ÄTi + »2^ + G^3^3 = nO(x^, X2, x^) = 0,
folglich erhält man durch Addition der Gleichungen (20.) und
(21.) für die Tangente die Gleichung
(22.) G^X\ + G2«'2 + »3^3 = 0.
Indem man zum Schlüsse
x^ = 1, also xi = Xj X2 = y, x\ = a;', ic'2 = y*
setzt, gehen
»(arijiCj, a^a), G^, G^
bezw. in
l^(a:, y), J;, 2^2
über. Diese Form für die Gleichung der Tangente ist ein£a^her
als die bisher benutzte, denn die Gleichung (17.) ist in Bezug
auf X und y vom n*^ Grade, während die Gleichung (22.) nur
vom {n — 1)^^ Grade ist.
Beispiel.
Macht man die Gleichung der Ellipse homogen, so er-
hält man
(23.) G{x^, X2J x^) = b^x^^ + a^x<^ — a^b^x^^ = 0,
folglich wird
(24.) (?i = ib^x^ , (?2 = 2a^ , G3 = — ^a^b'^x^ ,
so dass man fär die Tangente die Gleichung
(25.) b^x^x\ + a^x^x^ — aVflx^^ = 0
findet, die für a^ = 1 in
(25 a.) b'^xx' + ahfyt — a^b^ = 0
übergeht.
§ 124. Homogene Functionen. 531
Man erkennt, dass das hier allgemein erläuterte Verfahren
bei den in § 81 behandelten Aufgaben bereits Anwendung ge-
funden hat.
Ist
(26.) F{x,y,z)^0
die Gleichung einer Fläche n*^ Grades, so hat nach Formel
Nr. 145 die Tangentialebene im Flächenpunkte P die Gleichung
(27.) F, {x' — x)-\- F^iy^ —y) + F,(z^ — z) = 0.
Macht man die Gleichungen (26.) und (27.) homogen,
indem man
Xa Xn Ä?q - X*4 , X*ci , X\
x^ "^ x^ x^ x^ "" x^ x^
setzt und beide Gleichungen mit x^"^ multiplicirt , so gehen die-
selben über in
(26a.) x,^f(% % J) = G{x,, x^, x,, ^4) = 0,
(27a.) Gl {x\ — x^) + G^ {x^^ — x^) + G^(x'^ — x^) = 0.
Nun ist aber nach Gleichung (10.)
(28.) G^x^ + G2X2 + G^x^ + G^x^ = nG{x^, X2, x^, x^) = 0,
folglich erhält man durch Addition der Gleichungen (27 a.) und
(28.) für die Tangentialebene die Gleichung
(29.) G^x\ + G^x\ + G^x\ -f G^x^ = 0.
Indem man zum Schlüsse
x^ = 1, also a?! = :r, a:2 = y, ^«^ = «,
x\ = a;', x\ = y', x\ = z*
setzt, gehen
bezw» in
F{x, y, z\ F^, F^, F3
über. Diese Form für die Gleichung der Tangentialebene ist
einfacher als die bisher benutzte, denn die Gleichung (27.) ist
in Bezug auf a:, y, z vom rf^ Grade, während die Gleichung
(29.) nur noch vom (n — l)*««* Grade ist.
34*
532 § 125. Maxima und Minima.
Beispiel.
Macht man die Gleichung des Ellipsoids
f! + y! + £!_i = o
«2 -t- j2 -1- ^2 ^ "
2 ^2 ^«2
homogen , so erhält man
(30.) 0{x,,x^,x,,x,) = ^ + y + ^- V = 0,
folglich wird
(31.) Gi = 5-. Ö2 = ^' ©3 = ^ G, = -2x„
SO dass man für die Tangentialebene die Gleichung
(32.) f^ + ?^+^_.,2 = o
findet, die für 3:4 = 1 in
xx' vv* zz*
Übergeht.
Man erkennt, dass auch diese Vereinfachung bereits in
§116 zur Anwendung gekommen ist.
§ 125.
Maxima und Minima der Functionen von zwei
Verändeiiichen.
(Vergl. die Formel -Tabelle Nr. 152.)
Es sei
(1.) ^ =/(^, y)
eine stetige Function der beiden von einander unabhängigen
Veränderlichen x und y; man nennt dann z ein Maximum^ wenn
wird fttr hinreichend kleine, im üebrigen aber beliebige, positive
oder negative Werthe von h und k. Dagegen nennt man z ein
Minimum^ wenn
wird. Um die Werthe von x und y zu bestunmen, für welche
z ein Maximum oder Minimum wird, muss man also untersuchen,
für welche Werthe von x und y die Differenz
§ 125. Maxima und Minima. 533
(2.) J =f{x + Ä, y + *) — /(^, y)
beständig negatk^ bezw. beständig positiv ist.
Zu diesem Zwecke entwickelt man // mit Hülfe des Taylor'-
sehen Lehrsatzes nach steigenden Potenzen von h und *, wobei
vorausgesetzt wird , dass f{x, y) und die vorkommenden Ablei-
tungen davon für die betrachteten Werthe von a: und y stetig
und endlich sind. Dann erhält man nach Formel Nr. 150 der
Tabelle.
(3.) /(^ + Ä, y + *)=/(^,y)+(§^Ä + ^A)+Ä,
wobei
(4.) Ä = 2TV di ^ 9^ /
mit h und k zugleich unendlich klein wird von der zweiten
Ordnung und deshalb mit [A, k\ bezeichnet werden möge. Aus
Gleichung (3.) folgt daher
(5.) ^ =/iÄ +/2A + [h, k\.
Ist /i von Null verschieden, so kann man A = 0 und h so
klein machen, dass die Glieder der zweiten Dimension [ä, ÄJ2
ihrem absoluten Betrage nach kleiner werden als/jA, so dass J
dasselbe Vorzeichen hat wie fxh. Deshalb wechselt aber J mit
h zugleich das Zeichen, ist also weder beständig negativ y noch
beständig positiv. Daraus folgt, dass f(x, y) nur dann ein Maxi-
mum oder MiniTTfinTTi werden kann, wenn
(6.) /i ix, y) = 0
ist. Die Nothwendigkeit dieser Bedingung erkennt man schon
daraus, dass f{x, y) ein Maximum bezw. ein Minimum bleiben
muss, wenn man y als unveränderlich, also :r als die einzige Ver-
änderliche betrachtet. Wie nun f{x) nur flir Werthe von x ein
Maximum oder Minimum werden konnte, für welche f'{x) = 0
wurde (vergl. Formel Nr. 79 der Tabelle), so kann hier/(a:, y)
nur für Werthe von x und y ein Maximum oder Minimum
werden, flir welche die Gleichung (6.) befriedigt ist.
Ebenso kann man jetzt aber auch zeigen, dass
(7.) /2(^,y) = o
534 § 125. Maxima und Minima.
sein muss. Aus den Gleichungen (6.) und (7.) findet man dann
die Werthe von x und y, fär welche möglicher Weise ein
Maximum oder Minimum von/(a:, y) eintritt.
Ob für die so geftmdenen Werthepaare von x und y wirk-
lich ein Maximum oder MiniTnimri eintritt, darüber entscheidet
in vielen Fällen schon der Charakter der Angabe, wie das fol-
gende Beispiel zeigen möge.
Aufgabe. In der Ebene seien beliebig viele Punkte Pi,
P2? • • • -Pn mit den Coordinaten x^^y^\ x^^y^\>.. iCn, y^ gegeben;
ihre Massen seien bezw. Jfi, Mi^ ^ . ,Mn\ man soll die Coordinaten
eines Punktes P finden, so dass die Summe
M^ . PP^ + Jf 2 . PP2 + . . + Jf „ . PPn
ein Minimum wird.
(8.) |/(^'y)=^iK-
also
l/2(^,y) = 2J/,(y-yO
Auflösung. Hier ist die Function, welche ein Minimum
werden soU,
+ 3f„[(^ — ^n)2 + (y — yn)2],
also
+ 23/20-^2) + ... + 2itfn(y—yn).
Indem man
/i(^,y) = 0 und /2(^,y) = 0
setzt, findet man
(!() ) , "" "" ü/i + 3^2 + . . . + ^n '
Jfiyi + M^y^ + . . . + Mnyn
y M^ + M^^- ... + Mn
Da bei dieser Angabe sicher ein Punkt vorhanden ist,
welcher die Eigenschaft des Minimums besitzt, und da man nur
ein einziges Werthepaar von x und y findet, fär welches die
beiden nothwendigen Bedingungen erAillt sind, so muss dieses
Werthepaar das Minimum liefern.
§ 125. Maxima und Minima. 535
So einfach ist aber die Entscheidung im Allgemeinen nicht.
Dagegen findet man für alle Fälle die folgenden Regeln.
Sind die Bedingungsgleichnngen (6.) und (7.) befriedigt, so
findet man durch die Entwickelung nach der Tayfor'schen Reihe
(11.) ^ = ^ (/iiÄ2 + 2/i2M +/22*2) + [Ä, kl,
wobei der Rest
n2^ E^ 1 /df(x+0A,y+@k)^ df{x+0h,y+0k) ^\')
^ '^ 3! \ dx dy )
mit [Ä, ÄJ3 bezeichnet worden ist, weil er mit h und k zugleich
unendlich kleiu von der dnttm Ordnung wird. Setzt man
(13.) /u Ä2 + 2/12 hk + /22 ^2 = 9) (Ä, k) ,
so ist die Entscheidung darüber, ob f{x, y) für die gefundenen
Werthe von x und y ein Maximum oder Minimum wird, darauf
zurückgeführt, ob die homogene Function zweiten Grades 9>{h,k)
beständig negativ^ oder ob sie beständig positiv ist. Wenn näm-
lich y(Ä, k) beständig positiv oder beständig negativ ist, so kann
man die Werthe von h und k so kleiu machen, dass in dem
Ausdrucke für // die Summe der Glieder zweiter Dimension,
d. h. iy(^>*)> grösser ist als die Summe der Glieder dritter
Dimension [A, k\. Ist also (p (h, k) beständig negativ, so ist dann
auch J beständig negativ, und f(x, y) wird ein Maximum-, ist
dagegen (p{h,k) beständig positiv^ so ist auch // flir hinreichend
kleine Werthe von h und k beständig positiv, und f(x, y) wird
ein Minimum. Kann aber <p{h,k) positive und negative W&r^%
annehmen, so wird f{x, y) weder ein Maximum noch ein Minimum.
Die homogene Function zweiten Grades (p{h,k) heisst eine
deßnite Form, wenn sie für alle Werthe von h und k, die nicht
beide gleich Null sind, entweder beständig positiv oder beständig
negativ ist.
Um darüber zu entscheiden, ob (p{h,k) eine deßnite Form
ist, bilde man
ip{h,k) ./h -= f ii'' h'^ + 2fn f, , Ak +f, 2^ k^ + (/nf 22 -/i22)/t2;
dies giebt
(14.) 9)(Ä, k) = i- [(/,,Ä +fnky + (/n/22 -AüWl-
586 § 125. Maxima und Minima.
Damit dieser Ausdnick für ^ = 0 positiv ist, muss zunächst
(15.) /ii > 0
sein; damit femer gt(h^ k) auch positiv ist, wenn man
/iiÄ+/i2*==0, oder * = — 4^
setzt, muss ausserdem
(16.) /11/22— /i22>0
seiQ. Diese beiden Bedingungen (15.) und (16.) sind nothwendig,
sie sind aber auch hinreichend \ denn wie man auch h und k
bestimmen mag, 9)(A, k) ist dann immer positiv^ so lange h und
k nicht beide gleich Null sind. In diesem Falle wird f{x^ y)
ein Minimum. Ebenso findet man, dass 9>{h,k) beständig ne-
gativ ist, wenn
(17.) /u<0 und /ii/22— /i22>0
ist, und zwar sind auch hier dies die nothtoendigen und hifi-
reichenden Bedingungen. In diesem FaUe wird f{x^y) ein
Minimum,
Ist dagegen
(18.) /ii/22 — /i22< 0,
so ist 9>(h,k) keine deßnüe Form, JXnä f(x,g) wird weder ein
Maximum noch ein Minimum, denn for A; = 0 hat g>{h,k)
gleiches Vorzeich«! mit /n, fiir A = — -^^ aber sind die Vor-
/12
zeichen von 9{h,k) und/n ungleich.
Ist endlich
(19.) /ii/22— /i22 = 0,
so wird nach Gleichung (14.)
(20.) y (Ä, A) = i- (/iiÄ +fi2ky
immer dasselbe Vorzeichen haben wie/n; nur in dem Falle, wo
(21.) /iiÄ+/i2/fe = 0, oder k=z—^
/12
ist, wird ^{h,k) = 0 und kann deshalb nicht mehr über das
Vorzeichen von J entscheiden. Für diesen besonderen Werth
§ 125. Maxima und Minima. 537
von k muss also noch das Vorzeichen von J untersucht werden,
indem man
J^f(x + h,y -f^-f{x, y)
nach steigenden Potenzen von h entwickelt. Da man es hierbei
nur mit einer einzigen Veränderlichen h zu thun hat, so ist
diese Entwickelung verhältnissmässig einfach und beginnt mit
denn unter den gemachten Voraussetzungen verschwinden die
Glieder erster und zweiter Dimension.
Der weitere Verlauf der Untersuchung ist dann in ähnlicher
Weise zu fuhren wie bei Functionen mit einer Veränderlichen.
Ist nämlich C^<0, so wechselt J mit h das Vorzeichen, so
dass weder ein Maximum noch ein Minimum eintreten kann,
Ist aber (7=0, so tritt ein Minimum ein, wenn /u und B
beide positiv sind, ein Maximum^ wenn fn und D beide negativ
sind. Haben aber/n und D verschiedenes Vorzeichen, so tritt
weder ein Maximum noch ein Minimum ein.
Ist endlich auch D gleich Null, so muss man in ähnlicher
Weise die folgenden Glieder der Reihenentwickelung untersuchen.
Die vorstehenden Umformungen sind unter der Voraus-
setzung durchgeführt worden, dass /n < 0 ist. Fällt diese Vor-
aussetzung fort, so wird im Allgemeinen weder ein Maximum
noch ein Minimum eintreten.
Ist nämlich
(22.) /ii = 0, /laSO, /22<0,
so wird
i (p{h,k)^2fnhk+f^2k^
(23.) \ 1 ,
l /22
Für Ä = 0 hat daher y (A, k) mit f^ gleiches Vorzeichen
fiir Ä = — "~— dagegen sind die Vorzeichen von 9>(hj k) und
yi2
^22 ungleich.
538 § 125. Maxima und Minima.
Ist ferner
(24.) /n = 0, /,2§0, /22 = 0,
SO wechselt
(25.) (p{h,k) — 2fnhk
mit h (und ebenso mit k) das Vorzeichen. Wenn also die Vor-
aussetzungen (22.) oder (24.) gelten, kann weder ein Maximum
noch ein Minimum eintreten.
Der Fall .
(26.) /uSO, /i2 = 0, /22=0, '
giebt
/11/22 — /i22 = 0
und ist schon oben ausführlich behandelt worden.
In ähnlicher Weise, indem man nämlich die Indices 1 und
2 mit einander vertauscht, kann man den Fall
(27.) /ii = 0, /i2 = 0, /22SO
untersuchen.
Es bleibt daher nur noch der Fall übrig, wo
(28.) /l1 = 0, /l2=0, /22 = 0
ist Dann wird
oder
(29.) 6^ =/,iiÄ3 + 3/112*2* + 3/mAA2 +f^k^ + 6[Ä, k]^.
Damit J beständig dasselbe Vorzeichen hat, muss zunächst
(30.) /lll = 0, /il2=0, /i22 = 0, /222 = 0
sein. Sind diese 4 Bedingungen nicht aUe erfüllt, so tritt also
weder ein Maximum noch ein Minimum ein.
Sind sie aber erfüllt, so muss man noch untersuchen, ob
(-J- * + -^ *) beständig dasselbe Vorzeichen hat. Diese Unter- -
suchung, die übrigens nur in äusserst seltenen Fällen erforder-
lich sein wird, ist so schwierig, dass sie hier übergangen
werden muss.
Im Allgemeinen wird man schon mit der folgenden Regel
auskommen:
■\
§ 126. Geometrische Deutung. 539
z =^f{x^ y) wird ein Minimum^ wenn
(3iO/i(^,y) = o, /2(^,y) = o, /ii>o, /11/22 — /is^ > o ;
und z '=-f{x^ y) wird ein Maximum^ wenn
(32.)/i(^,y) = 0, /2(^,y) = 0, /ii<0, /11/22— /i22>0;
dagegen wird z =zf{x^ y) weder ein Maximum noch ein Minimum,
wenn zwar
(33.) /i (x, y) = 0, /2 {x, y) = 0, aber f,,f^^ — /la^ < 0.
Die Voraussetzungen, dass f{x, y) mit den hier auftretenden
partiellen Ableitungen stetig' mA endlich sei, hätte man noch
etwas einschränken können, indem man für den Eest der
Tay/oj^'schen Eeihe (in ähnlicher Weise wie bei den Functionen
von einer Veränderlichen) eine andere Form eingeführt hätte.
§ 126.
Geometrische Deutung der vorhergehenden Unter-
suchungen.^)
Die vorstehenden Untersuchungen werden anschaulich, wenn
man
(1-) ^ =/(^j y)
als Gleichung einer Fläche aufifasst. Nach Formel Nr. 145 der
Tabelle hat dann die Tangentialebene im Flächenpunkte P mit
den Coordinaten x, y, z die Gleichung
(2.) ,^_^=:^(;,'_^) + |(y'_y).
Sind nun die Bedingungen
erfallt, so reducirt sich die Gleichung (2.) auf
(4.) z* — z = ^,
^) Der Leser, welcher mit der analytischen Geometrie des Baumes
noch nicht vertraut ist, kann diesen Paragraphen überschlagen, ohne
dass der Zusammenhang gestört wird.
540 § 126. G^metrische Deutong.
cL h. die Tangefdialebene im Punkte P wird parallel zur X Y-
Ebene. Setzt man jetzt noch
(5.) ar' =ss a: + Ä, y* =iy + k^ also Ä = ar' — x, k = y* — y,
SO kann man die Gleichung der Fläche auf die Form
(6.) ^ =/(^', yO = ^ + 1 (/ii*' + 2/12M +/«F) + [Ä, k\
bringen. Deshalb wird z* — z mit h und k zugleich unendlich
klein von der zweiten Ordnung. Sind nun h und k wirklich
beliebig klein und so bestimmt, dass z* — z einen constanten
Weiüh / beibehält, so ist
(7.) ' z'—z = l
die Gleichung einer Ebene, welche der Tangentialebene im Punkte
P parallel ist und ihr beliebig nahe liegt. Für den Durch-
schnitt dieser Ebene mit der Mäche findet man aus Gleichung
(6.), unter Vernachlässigung der beliebig kleinen Grössen dritter
Ordnung,
(8.) /iiA2 + 2/ioA>fe +/22*2 = 2/,
oder
(8a.) /li {a^ — xf + 2/12 {x' — x){y'— y) +/22 (y' — y)^ = 2/.
Diese Gleichung stellt einen kleinen Kegelschnitt dar,
welcher die dem Flächenpunkte P entsprechende „Lidicatrix"^
genannt wird; und zwar ist bekanntlich die Curve eine Ellipse,
wenn
(9.) /11/22— /i22>0
wird. Damit aber diese Ellipse reell ist, müssen fn (und ebenso
/22) mit / gleiches Zeichen haben.
Dies entspricht ganz und gar der Anschauung. Ist näm-
lich der Punkt ein tiefster Punkt, dann muss in Gleichung (7.)
die Grösse / einen positiven Werth haben, weil die Tangential-
ebene nur bei einer kleinen Parallelverschiebui^ nach oben die
Fläche in einer kleinen ellipsenartigen Curve schneiden kann,
d. h. es müssen die Bedingungen
(10.) /ii>0 und /,i/22 — /122 > 0
befriedigt sein.
§ 126. Geometrische Deutung. 541
Ist der Punkt P ein höchster Punkt, so muss in Gleichung
(7.) die Grösse / einen negativen Werth haben, weil die Tangen-
tialebene nur bei einer kleinen Parallelverschiebung nach unten
die Fläche in einer kleinen ellipsenartigen Curve schneiden kann,
d. h. es müssen die Bedingungen
(11.) /u<0 und /11/22— /i22>0
befriedigt werden. In beiden Fällen nennt man den Punkt P
elliptisch.
Die Gleichung (8 a.) stellt dagegen eine Hyperbel dar, wenn
(12.) /ll/22-/i22<0,
gleichviel, ob / positiv oder negativ ist. Die Schnittcurve der
Fläche mit jeder Ebene, welche zur Tangentialebene parallel
ist und ihr sehr nahe liegt, hat dann in der Nähe des Flächen-
punktes P die Gestalt einer kleinen Hyperbel^ was nur dadurch
möglich wird, dass die Fläche im Punkte P sattelförmig ist.
Li diesem Falle nennt man den Punkt P hyperbolisch und
erkennt, dass P weder ein höchster noch ein tiefster Punkt der
Fläche sein kann.
Die dem Flächenpunkte P entsprechende Indicatrix ist
also eine EUipse^ wenn
sie ist eine Hyperbel^ wenn
/11/22 —M < 0.
Von besonderem Interesse ist der Fall, wo
(13.) /ii/22 — /122 = 0, oder /n/22=/i22
wird; dann kann man die Gleichung (8a.) auf die Form
fn\x* — xf + 2/i,/i2(^' -^)iy'- y) +fi2Hy' — yy = 2fni
bringen und erhält, indem man auf beiden Seiten dieser Gleichung
die Quadratwurzel auszieht,
(14.) Mx' - x) +My' — y) = ± V^ÄI
Die Indicatrix zerfällt daher in diesem Falle üi zwei pa-
raUele Gerade. Ein solcher Flächenpunkt entspricht ün Allge-
meinen weder einem Maximum noch einem Minimum von z,
wie folgendes Beispiel zeigen möge.
542
§ 126. Greometrische Deutung.
Es rotire eine Parabel mit der Gleichung
(15.) 2p{z — c) = (x — ay
um die Z-Axe (Fig. 141), dann hat die Rotationsfläche die
Gleichung
(16.) 2p (z — c) = (|/a:2 + y2 _ a)\
Fig. 141.
(17.)
(18.)
Bezeichnet man der Kürze wegen Yx^ + y^ mit r, so wird
dr X dr y
dx r dy r
^ =/(^> y) = c +
2p
Um einen höchsten oder tiefeten Punkt P der Fläche auf-
zufinden, muss man seine Goordinaten x, y, z so bestimmen, dass
ausser der Gleichung (18.) noch die beiden Gleichungen
(19.) M.^y)^t^^o, /,(.,y) = 01^ = 0
beMedigt werden. Dies geschieht, indem man
(20.) a;=acost?, y = asint?, also r = a und « = c
selzt, wobei der Winkel v noch beliebig ist. Nun ist aber
§ 127, Maxima und Minima. 543
, . ^ r^ — ay^ ^ axy ^ r^ — ax^
(21.) /» = -p^' /'^ = ^' /^ = -^j:5-'
oder für die Coordinaten des Punktes P
(22.) /ii = -^' f''^—^ — ' f'^^~'
(23.) /11/22 — /122 = 0.
Der Punkt P ist hier kein tiefeter Punkt, denn er liegt auf
dem Kreise, welchen der Scheitel der Parabel bei der Eotation
beschreibt, so dass es allerdings Punkte in seiner unmittelbaren
Nachbarschaft giebt, welche dieselbe Coordinate z haben und
deshalb mit P in gleicher Höhe liegen. Aus dem vorstehenden
Beispiele erkennt man auch, dass ein Flächenpunkt P durchaus
nicht immer ein tiefeter Punkt ist, wenn seine Tangentialebene
zur xy- Ebene parcMel ist, und wenn die Schnittcurven der
Fläche mit allen durch P gelegten verticalen Ebenen nach oben
concav sind.
Verschiebt man die Tangentialebene im Punkte P um die
kleine Grösse / nach oben, indem man
(24.) zr=zc + l
setzt, so schneidet diese Ebene aus der Fläche zwei concen-
trische Kreise mit den Gleichungen
(25.) x^ + y^^{a + Y^l)^ und a:2 + y^ = {a — Y^t)^
aus. Die Indicatrix besteht in diesem Falle also aus zwei pa-
rallelen Linien, da in hinreichender Nähe des Punktes P die
beiden Kreise mit ihren Tangenten zusammenfallen.
§ 127.
Maxima und Minima der Functionen von drei oder mehr
unabhängigen Veränderlichen.
(Vergl di© Formel -TabeUe Nr. 153 und 154.)
Bei Functionen von drei oder mehr unabhängigen Veränder-
lichen gestaltet sich die Untersuchung ganz ähnlich wie bei
Functionen von zwei Veränderlichen. Soll z. B.
544
§ 127. Maxima und Minima.
(1.) ^ =/(^, Vj «)
ein Maximum oder Minimum werden, so muss
(2.) J =f(x + h,f/ + i,z + l)—f(x,y,z)
für alle hinreichend kleinen, positiven oder negativen Werthe
von A, ^, / bei einem Minimum beständig positiv und bei einem
Maximum beständig negativ sein. Aus der Entwickelung nach der
Taylor'achßn. Beihe findet man, dass dies nur möglich ist, wenn
(3.) /i(^,y,«) = o, /i (ar, y, «) = 0, /3(^,y,«) = o
ist. Sind diese drei Bedingungen erfüllt, so folgt weiter aus der
Entwickelung nach der Tay/or'schen Beihe, dass für hinreichend
kleine Werthe von A, A, / die Differenz J dasselbe Zeichen
hat wie
(4.) y (Ä, i, t) =^UK^ + 2/i2Ä>fe +/22*2 + 2/,3A/+ 2/23 A/+/33/^,
es sei denn, dass diese Function y (A, A, /) gleich Null wird fiir
Werthe von A, A, /, die von Null verschieden sind. Die Ent-
scheidung, unter welchen Bedingungen y(A,A,Z) eine definite
Form ist, d. h. die Entscheidung darüber, ob ^> (A, h^ t) bestandig
positiv bezw. beständig negativ ist, ergiebt sich durch eine
Umformung von y (A, A, /) unter Anwendung der Determinanten-
theorie.
Es seien die Grössen 2>i, X>2, 2>3, «31, «32, «33» A', k% A"
durch die folgenden Gleichungen erklärt:
(5.) D,=fn, A =
/11/12
ö.=
(6.) «31 =
«32 =
(7.) A' = Ä
«31
«33
/, k* = k
«32
«83
l,
fnfnfvz
fnfi2
f2i/i2
A" = A' +•$?*',
«33 =
= Di,
dann wird nach den Formeln Nr. 122 und 124 der Tabelle
(B.) -Ö3 =/31 «31 +y32 «82 +y33 «33 j
(9.) /ll «31 +/l2 «82 +/l3 «33 = 0,
(10.) /*2l «31 +/22 «32 +/23 «33 = 0.
§ 127. Meuüma und Miniiua. ^^
Bringt man also die Gleichung (4.) auf die Fonn
(4a.) y (Ä, i, t) = h(f,,h +/12A +fizl)
+ k{fi\h +/22^ +f^t)
und setzt, den Gleichungen (7.) entsprechend,
«88 «88
SO erhält man
y (Ä, A, /) =
• 17
*(/ii*' +/i2*0 H (/uasi +/l2a82 +/l8a88)
«83
AI
+ A(fiih' +/22*0 + ---(/2ia31 +/22a32 +/2aa8d)
«38
/2
+ /(/siÄ' +/82*0 + — ■ (/aiaai +/82a32 +/88a88).
«88
Dies giebt mit Eücksicht auf die Gleichungen (8.), (9.) und
(10.) (p{h,k,l) =
h{fnh* +/12AO + A(/21 A' 4/22^60 + /(/81Ä' +/82A0+^t
oder y (Ä, A, t)
= h\f,,h +f,^k +f,,t) + k^ifnh +/22A +/82/) + ^
= Ä'(/iiÄ' +/i2*0 H C/uaai +/i2a32 +/i8a88)
«38
>t'/ />g/2
+ *'(/2lÄ' +/22*0 H (/21«31 +/22«32 +/23«83) + -JT 1
«88 ^2
also
(11.) y(A, A, /) =/nA'2 + 2/12Ä' A' +/22Ä'2 4. :^.
Jetzt ist noch, wie schon in § 125 gezeigt wurde,
folglich wird
(12.) (f (Ä, Ä, /) = A Ä"2 + g A'2 + g /2.
Stegemann- Kiepert, Düferential-Beohnang. 35
ft46 § 127. Mazima und Mhuma.
Damit dieser Ansdrack beständig posiUv ist| damit also
f{x^ y, z) ein Minimum wird^ mfissea die drei Bedisgimgeii
(13.) A>0, -D2>0, A>o
erf&llt sein; und damit ^(A, kj t) he9tändig negativ ist, damit also
/(^i y> «) öin Maximum wird, müssen die drei Bedingmiigen
(14.) A<0, 1>2>0, A<0
erfüllt sein.
In fthnUcher Weise findet maq, dass
(15.) u =/(a?i, a%j, . . . a:«)
0m 3fmtme«m trtrd^, toenn die ersten partiellen Ableitungen
/i(a?i, a%i, . . . a:»), /2(äi, a:2> • • • ^n), . • ./n(a^ij a^2> • • • i«^») sämmtUch
gleich Null eindy und wenn
(16.) A>0, -D2>0, 2>3>0,...-Dii>0.
Dabei ist
(17.) D« =
für a = 1, 2, . . . n.
y«! ya2 . . »Jaa
Dagegen toird u ein Maximum, wenn die ersten partiellen
Ableitungen von /(x^ x^j. ••Xn) wieder sämmUich gleich Nully
und wenn die Determinanten D^ mit gereutem Index sämmüich
positiv und die mit ungeradem Index sämmüich negativ sind.
Sind nämlich für ein Werthsystem x^^ x^,... xn die ersten
partiellen Ableitungen /i,/2,.../» sämmtlich gleich Null, so
wird
(18.) J =/(i^l +*l) ^2+^2, . . . Xn+h^ — f{^U ^2> • • • ^n)
= ly (*!> Ä2j •••*») + [*1J *2» • • • ^nja,
wobei die Bezeichnungen den firüheren entsprechend gewählt
sind. Die Differenz J wird für hinreichend kleine Werthe von
A|, A29 • • • ^» beständig positiv oder beständig negativ seia« wenn
die homogene Function zweiter Ordnung
§ 127. Maidma und Minima. 547
(19.) y(Äi, Äj, . . . An) = h^ifnh +/l2Aa + . . . +/i»Än)
+ Jh{f%\hi +/22A2 + . . . +/2nÄn)
+
+ A»(/«iÄi +/n2Ä2 + . . . +/fMiÄn)
eine deßnite Form ist. Bezeichnet man wieder die ünterdeter-
minanten von 2>n mit cxu, .. .awn, so erhSlt man nach den
Formehi Nr. 122 und 124 der Tabelle
(20.) Dn =/nianl +/n2an2 + . . • +/fmann,
(21.) /rl «nl +/r2 ««2 + . . • +/m «^n == 0 fOT r < #».
Daraus folgt, wenn man
(22.)
setzt,
j hi = Ä'i + -^ An, Ä2 = Ä'2 + -^ An, . . .
Of«n CCn»
y(Äi, Ä2, . . .An) =
*l(/n Ä'i +/12 Ä'a + . . . +/l. n-1 Ä'n-l)
+ -r^C/ll a»l +/12 an2 + . . . +/ln »fMi)
öfnH
+ Ä2(/2l Ä'i +/22 Ä'2 + . . . + A «-1 Ä'n-l)
+ — C/21 «nl +y22 ««12 + • • • +y2nann)
+
+ Än(/nl Ä'i +/n2 Ä'2 + . . . +/n,n-l Ä'n-i)
+ ■- — \fni «nl +yn2 «n2 + • • • 4"^«»» a»n)j
oder, wenn man nach den Grössen Ä'i, Ä'2, . • • ^'n-i ordnet und
die Gleichungen (17.), (20.) und (21.) berücksichtigt,
(23.) 9p(Äi, Ä2, . . . An) = Ä'i (/iiÄi +/12Ä2 + . . . +/l»Än)
+ ^'2(^21^1 +^22^2 + . . . +y2nAn)
+
+ Ä'n-l(/n-l,lAi +/ii-.l,2Ä2 +. . ./n-l,nAn)
Indem man die Substitutionen (22.) noch einmal anwendet,
findet man
36*
548 § 128. Angaben.
5p(Äi, Äa, . , . A^) =
h\{fuh\ +fnh*2 + . . . +/i,n-iÄ'«-i)
+ Ä'2(/2lÄ'l +/22Ä'2 + . . . +/2.n-lÄ'n-l)
+ C/21 »nl +^22ai»2 + . • • +y2naiMi)
+
+ Ä'n-l(y«— l,lÄ'i +yn-l,2Ä'2 + • • • +yn-l,n— lÄ'«— 1)
+ (y»-l.l«nl +yn— l,2«n2 + • • • +yn— l,i»«ni»)
oder mit Eäcksicht anf die Gleichungen (21.)
(24.) ff (Äi, Ä2, . . . An) = y (Ä'i, Ä'2, . . . Ä'n-l, O) + -^ Ä„2.
Da nun hierbei die homogene Function zweiten Grrades
9>(A^, Ä^2, . . . A'n-i, 0) nur noch n — 1 Veränderliche enthält, so
kann man diese Function in ähnlicher Weise auf die Form
y (Ä"i, h\ . . . Ä"n-2, 0, 0) + ^ (Ä'n-l)2
bringen und so fortfahren, bis man erhält
(25.) y (Äi, Ä2, . . . An) =
^ ^ IJi ^ "^ JLfn-2 ^-'n— 1
Aus dieser Darstellung ergeben sich dann ohne Weiteres
die oben aufgeführten Sätze.
§ 128.
Aufgaben.
Aufgabe 1. Man soll die Werthe von x und y bestimmen,
für welche
(1.) z =f(x, y)^x'^ + xy + y^ — 5x — 4iy + 10
ein Maximum oder Minimum wird.
§ 128. Au^abeiL 549
AufiSsung. Hier ist
(2.) /i(a:,y)=:2ar + y — 5, Mx,y) - x + 2y — 4:,
(3.) /ii = 2, /l2=l, /22 = 2.
Die beiden ersten partiellen Ableitungen /i(a:, y) und /«(a:, y)
verschwinden nur für
(4.) :r=2, y = 1,
und zwar wird z für diese Werthe von x und y ein Minimum^ weil
(5.) /ii = 2>0, /11/22 — /i22 = 3 > 0.
Aufgabe 2. Man soll die Zahl a so in drei Thefle theilen,
dass ihr Product ein Maximum wird.
AufiSsung. Bezeichnet man zwei von diesen Theilen mit
X und y, so wird der dritte a — x — y, und das Product, welches
ein Maximum werden soll, ist
(6.) z =/(«, y) = xy{a — x — ^y) =^ axy — xhf — xy'^.
Daraus folgt
(7.) f\{x,y)^ay — 2xy — y'^, fi{x^y)^ ax — x^ — 2xy,
(8.) /ii = — 2y, /i2 = a — 2a; — 2y, /22 = — 2a;.
Da die Werthe a; = 0, oder y = 0 hier nicht in Betracht
kommen können, wie schon aus der Natur der Angabe hervor-
geht, so erhält man, indem man /i (a;, y) und f^ (x, y) gleich Null
setzt, die Gleichungen
(9.) a — 2a; — y = 0, a — a; — 2y = 0,
welche nur fiir
(10.) x=|, y = |
befriedigt werden. Da für dieses Werthepaar
(ll.)/u=«y<0,/i2=-|,/22 = -Y./ll/22-/l22==|'>0,
so tritt ein Maximum ein.
Dieser Angabe kann man auch die folgende Fassung geben:
Von einem rechtwinkligen Parallelepipedon ist die Summe aller
Kanten gleich 4a; wie gross müssen die einzelnen Kanten sein^
damit das Volumen ein Maximum wird?
550 § laa. Au^abea.
Aus der vorstehenden Lösung sieht man, dass das recht-
winklige ParaUelepipedon mit möglichst grossem Volumen ein
Würfel ist.
Aufgabe 3. Man soll unter allen Dreiecken sait gegebenem
Um&Dge da^enige ermittehi, welches den grössten Stächen*'
Inhalt hat
Auflösung. Der Elächeninhalt dnes Dreiecks ist bekanntlich
(12.) F— yu{u — a)(u — b)(u — c),
wenn man die Seiten mit a, b, c und den Umfang mit 2u be-
zeichnet. Setzt man aber
(13.) u = 3in, a = a:, i = y,
so wird
(14.) c =^ ßm — X — y, u — c =^ x + y — 3m,
(15.) 2^ = Sm(Sm — x) (3m — y){x-\-y — 3m),
also
•^^"^'^^ ^^^'^^^~^^ (3m — y)(a: + y — 3m)
(^^•) ^ ^xhf + xy'^ — %m{x^'\'ZTy + y^)
+ 18m2(a: + y) — 27ma.
Da F mit f{x^ y) zugleich ein Maximum wird, so bilde man
/i(rp, y)^2xy'\-y'^ — %m{2x + 3y) + ISm»
= (3m — y) (6m — 2x — y),
(18 ) K^ ^^' ^^ = a:2 + 2ay — 3m(3a: + 2y) + ISm^
l = (3m — a:) (6m — a: — 2y).
Da die Summe aller drei Seiten gleich 6m ist, und da jede
Seite kleiuer sein muss als die Summe der beiden anderen SeiteUi
so muss jede der Seiten kleiner sein als 3m. Deshalb dfirfen in
fx(x,y) und/2(a:, y) die Factoren 3m — y bezw. 3m — x nicht
gleich 0 seiu, so dass man vielmehr
(19.) 6m — 2a: — y = 0, 6m — a: — 2y = 0,
oder
(20.) a; = 2m, y = 2m
setzen muss. Für diese Werthe von x und y tritt auch imkr
lieh ein Maximum eia, denn es ist
(17.) I
§ 128. Aufgaben.
551
(21.) /,! = 2y — 6m = — 2»»< 0,
(22.) /i2 = 2a; + 2y— 9m = — m, /22 = 2a: — 6iw = — 2iw,
(23.) /i,/22 —M = 3m2 > 0.
Unter ajlen Dreiecken mit gleichem Umfange hat also das
gleichseitige den grössten Inhalt.
Aufgabe 4. Von einem Dreieck sind die Coordinaten der
Eckpunkte Pj, P^, P3, nämUch x^ y^; x^, y<i\ a^, ys gegeben;
man soll die Coordinaten eines
Punktes P finden, dessen Ab-
stände von den Ecken eine
möglichst kleine Summe haben.
(Vergl. Fig. 142.)
Auflosung. Die Abstände
des Punktes P von den Ecken
seien «t>*2>*3j nnd die Winkel,
welche diese Linien mit der
positiven Eichtung der X-Axe
bilden, seien
2i.XS,P=(p,, 2j,XS^P=<p^^ 2f:XS^P==g>^,
dann wird
(24
■'{
«1 = y(.^ — a^i)' + (y — yl)^ ^2 = Vi^ — ara)» + (y — yj)«,
«» = y(^ — ai,)»+(y-y3)>,
und es ist
(2S.) /(«, y) = «1 + »2 + «j
die Function, welche ein Minimom werden soll. Nun ist für
a = 1, 2, 8
dsa X — Xu
x — x„
(26.)
Ö^ y(^ — a;„)2 + (y — y„)2 ««
= C0S5P„,
dSa
y—Va
^y Vi—^af + iy-ya^-^"^-^^"'
folglich muss man setzen
552 § 128. Ai]%ab«Du
(27.) /i (xj y) = cosyi + cosyj + cos ^3 = 0,
(28.) /2 (x, y) = sinyi + sm9>2 + sinys = 0.
Aus diesen Gleichungen findet man
(29.) sin(yi — 9>2) = sin(y2 — ^s) = sto(y3 — ^x)-
Aus der Figur erkennt man, dass
^2 — yi = ^ P1PP2, 9^2 — 9^3 = ^ (180« - Psi'A),
^3 - yi = ^ (1800 _ p^pp^)
ist, folglich wird Gleichung (29.) beMedigt, wenn man
(30.) ^ P1PP2 = ^ P%PPz = ^ Ai'i'i = 1200
macht, was nur in dem Falle geschehe kann, wo die Dreiecks-
wiDkel alle drei kleiner als 120 0 sind. Dieses Resultat stimmt
mit der Lösung überein, welche in § 57 (Seite 257 — 260) von
dieser Au%abe gegeben wurde. Dort sind auch ausser der
Construction des Punktes P bereits die Bedingungen erläutert
worden, unter welchen der Punkt P die verlangte Eigenschaft
des Minimums besitzt. Um aber die in § 125 au^efimdene
Methode eiozuüben, beachte man, dass
^cosy« __ sin2y„ ff cos y« _ sin y « cos y g
dx " Sa ^ dy ^ Sa
ffsiny« sin y et cos y« ffsiny« __ cos^y«
dx ^ Sa ' dy ^ Sa
wird. Deshalb ist
(31.) «iMs/ii = «2«8 sin2yi+«8*i sin2y2+«i«2 sin^8> 0,
(32.) «1*2*3/12 = — *2*3 siny 1 cosy 1 — *8«i siny 2 cosy 2— *i«2 siny 3 cosy s,
(33.) *i*2«8/22 = «2*8COs2yi+*8«i cos2y2+«i«2 cos^ys,
«l«2«8(/u/22 f\%^) =
*i sin2(y2— y8)+*2Sin2(y3— yi) +*8 sin2(yi — y«),
oder
(84.) /„/,-/,,. = sinM20»(^+^ + ^)>0,
folglich wird/(a:, y) ein Minimum.
Aufgabe 5. In einen Kreis mit dem Badius r soll ein Vier*
eck eingeschrieben werden, welches den gegebenen Winkel a
j
§ 128. Au^bea»
553
enthält; wie gross sind, die Seiten des Vierecks, wenn der
Flächeninlialt ein Maximum wird? (Vergl. Fig. 148.)
AuflBsung. Bezeichnet
n^an die Winkel ÄDB und
BDC bezw. mit x und y,
und die Winkel BAD und
BCD bezw. mit a und y,
so ist bekanntlich
Y = 180« — «,
also
.g^ .{AB^ 2rsina:,
'^ \ 5C=:2rsiny,
(86.) ^^ = 2rsin(y+r),
^ \ DA=^ 2rsin(a:4-a); •
folglich wird der doppelte Flächeninhalt des Vierecks
2JP= 4r2sina:sin(a; + a)sina + 4r2siny sin(y + r)siny,
also, da man den constanten positiven Factor 4r2sin u fortlassen
darf,
(87.) /(ir, y) = sina: sin(a: + «) + siny sin(y + y)-
Dies giebt
(88.) /i {x, y) = sm(ar + a)cosa; + COS(a; + a)wi.x = sm(2:r + a),
(89.) fi{x, y) = sm(y + y)cosy + cos(y + y)smy = sin(2y + y).
Deshalb ^ird
/i («, y) = 0 fttr 2a; + « = 180«,
/,(ar, y) = 0 fÖr 2y + r = 1800,
(40.)
a:=90»-| = |. y=900-|=|.
Die Diagonale AC muss daher die Winkel a und ^^ in den
Eckpunkten A und (7 halbiren; dabei gehen die Gleichungen
(85.) und (86.) über in
^-B==2rsin^j
a
BO = 2rsin ^
&54 § 129. MaTima uod Mininift mit NebenbedüigimgaL
DA = 2rsin^|. + «) = 2rsm|-»
folglich wird
(41.) AB = ^Z>, C5 = CD.
Der FlächeDiDlialt wird für die angegebenen Werihe von x
und y wirklich ein Maximum, denn es ist
/ii(^> y) = 2cos(2a; + «) = — 2 < 0,
/i2 = 0, /22 = 2cos(2y4-r) = — 2,
/11/22 — /122 = + 4 > 0.
§ 129.
Maxima und Minima mit Nebenbedingungen.
Bisher war immer die Voraussetzung gemacht worden, da£»
in der Function
(1.) u =/(a:i, X^,... Xn),
welche ein Maximum oder Minimum werden soU, die n Veränder-
lichen von einander unabhängig sind. Das wird aber bei den
wenigsten Aufgaben der Fall sein. Soll man z. B. die Zahl a
so in drei Thefle theflen, dass das Product dieser Theile ein
Maximum wird, so ist die Function, welche ein Maximum
werden soll,
(2.) u=:xyz,
wo zwischen den drei Veränderlichen die Bedingungsgleichung
(8.) X + y + z = a
besteht. Diese Angabe wurde in dem vorhergehenden Para-
graphen so gelöst, dass man aus Gleichung (3.) den Werth yon
9 berechnete und in die Gleichung (2.) einsetzte.
Dadurch erhält man
(4.) u — xy (or-^x — y) =f(x, y) ,
also eine Function, welche nur noch die beiden unabhängigen
Veränderlichen x und y enthält.
§ 199. Maxinia und Minima mit Nebenbedingongeiu 555
In ähnlicher Weise kann man häufig zum Ziele kommen.
Soll z. B. in die Ellipse
ein Dreieck PiAA ^^ möglichst grossem Flächeninhalte ein-
beschrieben werden, so hängt die Function
(5.) 2F= x^(j/2 — ys) + ^2(y3 — yi) + ^3(yi — y2),
welche ein Maximum werden soll, von sechs Veränderlichen
^i> Vii ^2 5 y2; ^j ya *b- Diese sind aber nicht von einander
unabhängig, sondern sie müssen den drei Gleichungen
(6.) b%^+ah/^^=:a^^, }flx^-\-ahl^=:aV)^, J2^2+^2y^2=:a242
genügen, damit die drei Punkte Pi, Pji A a^ der Ellipse Kegen.
Jetzt kann man aber aus den Gleichungen (6.) die Werthe von
yij y2 5 y% b^zw. als Functionen von x^^ x^^ x^ ausrechnen und
in den Ausdruck für 2F einsetzen. Dann hat man nur noch
eine Function von drei unabhängigen Veränderlichen x^, X2, x^,
welche ein Maximum werden soll.
In den meisten Fällen wird aber eine derartige Elimination
viel zu umständlich sein, als dass man an ihre Ausführung
denken könnte. Dagegen führt die folgende Methode im All-
gemeinen viel leichter zum Ziele.
Es sei wieder
(7.) u =/(a;i, X2^... Xn)
die Function, welche ein Maximum oder Minimum werden soll.
Dabei seien die n Veränderlichen x^,x2,. ,. Xn den m Bedingungs-
gleichungen
( V\ (^1)^2j . . .:ZJn) = 0,
(8.) \ Vi (^1> ^2) • • • ^n) = 0,
' SP«(^lj^2J---^n) = 0
unterworfen, wobei aber m<n sein muss. Da nur solche
Werthe von x^^x^^.^.Xn in Betracht kommen, für welche diese
Gleichungen (8.) befriedigt werden, so ist es gleichgültig, ob man
das Maximum bezw. das Minimum der Function f{x^, a^, . . . x^
oder der Function
556 §^ 129. Maxlnift und Minima mit NebenbedingmigeTi.
(9.) I "'^^^^' ^^' " • ^*'* =/(^l' ^2 • • • ^ti) + ^l9>l(^> ^2J • . • ^*)
1 + ^5P2 (^1) ^2 • • • ^t») + . • • + ^9>m(Xu ^2> • • • ^w)
aufisacht, wenn man anch für ^i, Aj, . . . ^i noch gwz beliebige
Grössen einsetzt. Um nun die Werthe von x^, x^^...xn zu jOnden,
für welche F{x^^ x^,... Xn) ein Maximum oder Minimum wird,
mnss man wieder
(10.) J = JP(a?i + Äi, a%j + Ä2, . . . ar» + An) — F(x^ arj, . . • a:»)
nach Potenzen von A^, Aj . . . A» entwickeln. Dies geschieht nach
der Tay/or'schen Beihe, nnd zwar erhalt man
(11.) J^F^h,+F^h^ + ... + Fnhn + [Äi, A2, . . .Än]2,
wobei die ersten partiellen Ableitungen von F(x^, X2,.,.xn) nach
a:i,a:2,...a:nbezw. mit J^,i^,...i^ und der Best mit [Ai,Ä2,...Äj2
bezeichnet sind. Damit nun F{x^, x^^. . , o^n) ein Minimum wird,
muss J für alle zulässiffen, hinreichend kleinen Werthe der
Grössen A^ , Aj) • * • ^«> beständig positiv sein, und damit F(xi ,x2j...Xn)
ein Maximum wird, muss J Air alle zulässigen, hinreichend
kleinen Werthe der Grössen A^, Ä2 . . . A» beständig negativ sein.
Hierbei muss man aber beachten, dass nur solche Werthe yon
Ai , A2, . . . An zulässig sind, für welche die Gleichungen
9\{^\ + A^, a^ + A2, . . . ar„ + An) = 0,
(12.) / 9^2 (^1 + Ai, 2^ + A2, . . . ÄJn + An) = 0,
9m{Xi + Ai arj + A2, . . . :2;n 4- An) = 0
befriedigt sind. Von den n Grössen A^, A^, ... An sind daher nur
n — m, z. B. Am+i, A«4.2,...An vnUkürlich, während sich die
Werthe der m übrigen (Äi,A2, . . . A^) aus den m Gleichungen
(12.) ergeben. Bezeichnet man jetzt
d€pa{x^^Xt,...Xn) ..
W^ ^^ 5P«/J,
wobei « alle Werthe yon 1 bis iw und ß alle Werthe von 1 bis
n annehmen darf, so kann man die m Grössen A^, ^2? • • • ^ so
bestimmen, dass die m linearen Gleichungen
Fi =/i + ^SPll + ^^21 + . . . + K^(pm\ = 0,
(13.) j "^ "^f^ "^ ^1 yi2 + A2SP22 + . • . + ^m9>m2 = 0,
Fm ^=fm + ^l (pim + ^5P2m + . . . + ^9>mm = 0
§ 129. Maxima und Minima, mit Nebenbedingungen. 557
befriedigt werden. Dadurch geht die GMchang (11.) über in
(14.) J = J^m+l ^+1 + •ßi+2Ä»i+2+ . . * + i^Än + [Äj, Aj, . . . A»]^.
Da nun K^\^ Am+2, ... An willkürlich sind, so kann man
A»^.2 = 0, . . . Ä„ = 0
setzen, so dass sich die Grösse J auf
(15.) J = i^iÄ^^-i + [Ai, A2, . . . A,»+i, 0, . . . 0]2
reducirt. Macht man jetzt A^+i hinreichend klein, so werden auch
Ai, A2 . . . Am beliebig klein. Wäre also JPm+i von Null verschieden,
so könnte man Am^.i so klein machen, dass, vom Vorzeichen
abgesehen, i^m+i ^+1 grösser würde als [A^, A^, . . . Am+i, 0, . . . 0]2,
dass also J dasselbe Vorzeichen hat wie i^^-iAm+i. Diese
Grösse wechselt aber das Vorzeichen zugleich mit Am+i, folglich
kann nur dann ein Maximum oder Minimum eintreten, wenn
ist. In derselben Weise kann man zeigen, dass auch
im+2 = 0, . . . i^ = 0
sein muss. Dies giebt zur Bestimmung der n Grössen x^^
^2> • • • ^» ausser den m Gleichungen (8.) noch die n — m
Gleichungen
(16.) ^ ■'m-h2=ym4-2+^yi,m4-2 + ^2y2,m+2+... + ^mym,i»+2= 0,
' Fn=fn + ^iyin+ ^2^21» + •»•'+ ^»9>«n = 0.
Bei der Herleitung wurden allerdings die m Gleichungen
(13.) zur Berechnung der m Grössen Aj, ^2,...^» und die n
Gleichungen (8.) und (16.) zur Berechnung der n Grössen
x^ , X2, . . . oTn benutzt. Man ist aber natürlich an diese Reihenfolge
in der Ausfuhrung der Eechnungen nicht gebunden, sondern hat
nach dem Vorhergehenden im Ganzen m + n Gleichungen, näm-
lich die Gleichungen
558 §180. Aii%*lMii.
(17.)
die gerade zur Berechnmig der m + » Unbekannte ^i, ^,...Am,
2:1, 2:29 .. . x^ ausreichen.
Auf diese Weise findet man alle Werthsysteme der n Ver-
änderlichen, fOr welche möglicher Weise ein Maximum oder
MiniTniiTn eintreten kann. Ob dann fHr ein so gefundenes Werth-
sjrstem mrHich ein Maximum oder Minimum eintritt, geht in
vielen F&llen schon aus der Natur der Aufgabe hervor. Des-
halb möge hier die etwas weitläufige Entwickelung eines allge-
mein gültigen Kriteriums übergangen werden.
§ 130.
Aufgaben.
Aufgabe 1. Es soll das grösste rechtwinklige Parallelepi-
pedon gefunden werden, das einer Kugel mit dem Radius r un-
beschrieben werden kann.
Auflösung. Da der Mittelpunkt des Parallelepipedons zu-
gleich auch der Mittelpunkt der Engel sein muss, so ist der
Durchmesser der Ku^el, nämlich 2r, eine Diagonale des Paral-
lelepipedons. Nennt man also drei an einander stossende Kanten
X, y, z, so wird
(1.) V —f(x, y, z) = xyz
die Function, welche ein Maximum werden soll, und
(2.) tp{x, y, 2) = a:^ + y2 4- ^2 — 4r* = Q
ist die Bedingung, welche zwischen den drei Veränderlichen
stattfindet. In diesem Falle wird deshalb
(3.) F{x, y, z) =f-{-X<p = xyz + l{x^ + y2 + ^2 _ 4^2)^
(4.) F^—yz + 2Xx = % JF2=«« + 2;iy = 0, i^ = ay + 2A« = 0.
§•130. Aufgaben.
56d
Dies giebt
(5.) _2;i=i^=:^ = ^,
also mit Bücksicht auf Gleichung (2.)
(6.) x^ = y^ = z^ = ^, oder a: = y = 2r = yy8.
Der Würfel ist daher das grösste rechtwinklige Paralldepi-
pedon, welches der Kugel einbeschrieben werden kann.
Aufgabe 2. Es soll das grösste rechtwinklige Parallelepi-
pedon gefimden werden, welches dem Ellipsoid
(7.)
&2
X'' V* z
^ + I; + --1 = 0
2
C2
einbeschrieben werden kann.
Auflosung. In ähnlicher Weise wie bei der vorigen Auf-
gabe findet man hier für die Seitenkanten die Werthe
(8.)
2a
2b
.=^V3, y=f yä,
= |V8.
Aufgabe 3« Unter allen Eegehi mit gleichem Volumen V
denjenigen zu finden, welcher die kleinste Oberfläche hat.
Auflösung. Der Eadius der
Grundfläche sei ^r, die Höhe sei
y, und die Seitenkante sei z (yergl.
Pig. 144); dann wird die Gesammt-
oberfläche
f{x^ y, z) = x^Tt + xzn
= n{x*^ + «^).
(9.)
Dies ist die Function, welche
ein Minimum werden soll. Zwischen
Xj y und z bestehen dabei noch
die Bedingungsgleichungen
F=^, ^2 + y2 = ^2
560 § lao. Au^bem
oder
1 9>2 («, y, ^) = «2 + y2 _ ;,2 == 0.
Dies giebt
(11.) F{x,y,z) = ^(:r2+a?;?)+ ^1 (8 V—x^ny)+h, {pfl-{.y^—z^) ,
(JPi (a?, y, a;) = 7r(ar + z) — 2i^nxy + 2^2^; = 0,
J^2(«,y,«)= — Ai7rar2 4- 2^5^ = 0,
J^ {x^ y, 2?) = yra: — ^X^z = 0*
Durch Auflösung dieser Gleichungen findet man
(13.) ^ = 5' ^""^' :r2 + 2a-;r + ^2 = 2y2,
oder
(14.) x + z = yy¥.
Mit Rücksicht auf die Gleichungen (10.) erhält man daher
z^ — x^ + y'^ = 2y^ — 2y2xy + x\
oder
(15.) y = 2x^2, 3 F= 2a?n 1/2,
also
(16.) :r]/^= y^, y = 2"^, ;.]/2 = ^x\ß= 3"^.
Die Gesammtoberfläche dieses Kegels ist dann
(17.) 0 = 4a:% = 2^97%.
Aufgabe 4. Von einem Viereck sind die yier Seiten a, &, c, ef
gegeben, wie gross müssen die Winkel sein, damit der Flächen-
inhalt ein Maximum wird? (Vergl. Fig. 145.)
Auflösung. Ist AB CD das gesuchte Viereck und setzt mau
4: ABO = X, 4: ADC = y,
so wird
2AABC=^ aJsin^r, 2A-4X>C = crfsiny.
Hätte das Viereck einen einspringenden Winkel, z. B. bei
/>], so könnte man seinen Flächeninhalt jPum das Stück AD^CD
§ 180. Aufgaben;
561
grösser machen, ohne die Länge *"»« ^^
der Seiten zu ändern. Deshalb
können, wenn i^ ein Maxirnnm
werden soll, einspringende Winkel
nicht Torkonunen, so dass man
erhält
(18.) 2 JP=/(ir, y) = akwiz+cdm.y.
Dies ist die Function, welche
ein Maximum werden soll; dabei
sind aber x und y nicht von ein-
ander unabhängig, denn nach dem
Cosinussatz wird
A& = a2 + J2 _ 2ab cosa;,
ÄC^ = c2 + d^ — 2crfcosy,
also
(19.) 9) (x, t/)=z a^+ b^ — 2ab cosa: — c^ — cP + 2crfcosy = 0.
Setzt man daher
F(^^ y) =/(^j y) + ^9 (^. y) ,
so erhält man
f F^ (x, y) = oÄcoSiT + 2aJ^sina: = 0,
[ i^ {x^ y) = cdcoBy — 2cdl siny = 0,
oder
(21.) cosar + 2Asina? = 0, cosy — 2Asiny = 0,
und wenn man X eliminirt,
(22.) siny cosa; + sina: cosy = sin(a; + y) = 0.
Da die Winkel x und y beide grösser als 0^ und beide
kleiner als 180^ sein müssen, so kann diese Gleichung nur be-
friedigt werden fiir
(23.) x + y= 180^
Wenn von einem Viereck die vier Seiten gegeben mid^ so
ist also der Flächeninhalt dann ein Maximum, wenn das Viereck
einem Kreise einbeschrieben ist,
Stegemaim- Kiepert, Differential-Seolmiuig. 3^3
(20.)
562
§ 130. Au^beiL
Den Werth von x findet man jetzt ohne Weiteres ans
Gleichung (19.), weil cosy gleich — cosa? ist. Dies giebt
(24.) a2 + ft2_,2_ep
2(a* + crf)
Aufgabe 5. Auf einer Ellipse mit der Gleichung
(25.) 5p {x^ y) = J2^2 ^a^yi_ fjfl^fl — 0
sind zwei Punkte P^ und P^ gegeben; man soll auf der Ellipse
j-ig 140. einen dritten Punkt P
p V bestimmen, so dass der
Flächeninhalt des Drei-
^' ecks Pi Pi P möglichst
gross wird. (VergL
Kg. 146.)
Auflösung. Bezeich-
net man die Goordina-
ten der Punkte P^ , Pj,
P bezw. mit x^^ y\\
^j y2; ^) y» so wird
bekanntlich der dop-
pelte Flächeninhalt des Dreiecks P1P2P
(26.) 2P= X {yx—t/i) + y (^^2 — x^) + ^1 ^2 — ^2^1 =/(^> y)-
Dies ist die Function, welche ein Maximum werden soll.
Zwischen den beiden Veränderlichen x und y besteht dabei noch
die Gleichung (25.), da der Punkt P auf der Ellipse liegen soll.
Deshalb ist hier
^ ^^ \ +;i(J2^2 4.a2y2_a2J2)^
(28.)
{
^1 (^jy) = yi — y2 + 2^*^^ = 0,
-'^2 (^j y) = ^2 — ^1 + 2Aa2y = 0.
Dies giebt durch Elimination von X
(29.) i^ (ar^ _ x^X+ «2 (y^ —y^y=z 0.
Da die Punkte P^ und Pj auch auf der Ellipse liegen,
gelten die Gleichungen
V^x^^ + ahf^^ — aVy^ = 0 und V^x^ + ah)^ — d^lP- = 0,
so
§ lao. Au^ben. 568
folglich ist auch
(30.) i2 (^^2_ ^^2) + d> (yi^ - y^') = 0 ;
d. h. die Gleichung (29.) wird befriedigt fllr
(31.) X = ^-|-^, y = 2L^J^
und stellt deshalb einen Durchmesser dar, welcher die Sehne
Pi P2 halbirt. Nennt man die Endpunkte dieses Durchmessers
P und P*, so haben diese beiden Punkte die verlangte Eigen-
schaft des Maximums, denn nach der Lehre von den conjugirten
Durchmessern sind die Tangenten in P und P' zu P^P<i parallel.
In dem Dreieck P1P2P (und ebenso in dem Dreieck P1P2P')
ist deshalb die Höhe grösser als in einem jedem Dreiecke P^Pc^P*^
welches dieselbe Grundlinie P1P2 hat, dessen Spitze P" aber
auf der Ellipse dem Punkte P (bezw. dem Punkte P') benach-
bart liegt.
Aufgabe 6. In eine Ellipse soll ein möglichst grosses Drei-
eck P1P2P3 einbeschrieben werden. (Vergl. Fig. 147.)
Auflösung, Diese Fig. u?.
Aufgabe lässt sich un-
mittelbar auf die vor-
hergehende zurückfüh-
ren , indem man z. B.
die Punkte P^ und P2
als gegeben ansieht
und den Punkt P3 sucht.
P3 muss dann auf der
Verlängerung des Halb-
messers OP3 liegen,
welcher P1P2 halbirt.
Ebenso muss die Verlängerung von OP^ die Gerade P2P3, und
die Verlängerung von OP2 die Gerade P3P1 halbiren, d. h. der
Mittelpunkt 0 der Ellipse ist gleichzeitig der Schwerpunkt des
gesuchten Dreiecks P^P^P^.
Da in jedem Dreieck der Schwerpunkt die di'ei Halbirungs-
transversalen im Verhältniss von 1 : 2 theilt, so kann man ein
36*
564 § 130. Au^ben.
solches Dreieck P\P2P% constriiiren, indem man auf der EUipse
einen Punkt P^ beliebig annimmt, den Halbmesser OP^ über O
bis Ni verlängert, so dass
(32.) P^O^ 20 N^
wird, nnd durch N^ eine Parallele zu der Tangente im Pnnkte
Pi zieht; dann schneidet diese Parallele die Ellipse in zwei
Punkten P^ nnd Ps? so dass das Dreieck P1P2PS seinen Schwer-
punkt in 0 hat. Dabei sind nach der Lehre von den conjugirten
Durchmessern die Coordinaten des Punktes N^
^i^^2 + ^ yi _ »2 + ys>
2 2 ' 2 2
folglich gelten die Gleichungen
(88.) a:i + 3-2 + ^3 = 0 und yi + y2 + ya = 0.
Da bei dieser Construction der Punkt Pj noch ganz be-
liebig auf der Ellipse angenommen werden durfte, so findet man
hierdurch unendlich viele Dreiecke, von denen aber sogleich ge-
zeigt werden soll, dass sie alle gleichen Flächeninhalt haben.
Der doppelte Flächeninhalt des Dreiecks P1P2P3 wird nämlich
mit Eücksicht auf die G^leichungen (33.)
(34^ f 2^=^i(y2 — y3) + ^2(y3 — yi) + ^(yi— y2)
t =3(0:1^2— ^2yi)-
Da die Punkte P^ und Pj auf der Ellipse liegen, gelten
die Gleichungen
(35.) b^x.'^x^^ + «^yi^ya^ + «^*^ (^1^2^ + ^2^1*) = «'**•
Femer hat die Tangente im Punkte P^ die Gleichung
folglich ist die Gleichung der G^eraden, welche man durch N^
parallel zu dieser Tangente legt,
(36.) 2lflx^x' + 2a2yiy' + d?V^ = 0.
Da diese Gerade durch den Punkt P2 hindurchgeht, so wird
(37.) 4J*:ri2^2 + ^a^V^x^x^y^y^ + ^a^y^^y^ = a^h\
§ 130. Aufgaben.
565
Fig. 14a
oder mit Eficksicht auf Gleichung (85.)
oder
(38.) 4 [x^y^ — ar^yi)^ = 3«2i^ 2 {x^y^ — x^y^) ^ abYs.
Dies giebt
(39.) ^^ SabyW.
Der Flächeninhalt ist also unabhängig von der Lage des
Punktes P^, so dass es unendlich viele Dreiecke P1P2-P3 giebt,
welche gleichen Inhalt besitzen, und welche grösser sind als alle
übrigen der Ellipse einbeschriebenen Dreiecke.
Aufgabe 7. In eine Eugel mit dem Halbmesser a soll ein
Cylinder mit möglichst grosser Oberfläche einbeschrieben werden.
(VergL Fig. 148.)
Auflösung. Bezeichnet man
die Halbmesser der Grundkreise
mit X und die Höhe des Cylin-
ders mit y, so wird die Ober-
fläche
(40.) F= 2x^7t + 2xTty,
also
(41.) f(x,y) — x^ + xy,
wobei noch zwischen x und y die
OMchung
(42.) 9) {x, y) = 4a;2 + y2 _ 4^2 — 0
besteht. Daraus folgt
^(^5 y) ==/(^, y) + ^y (^» y)»
-Fl («,y) = 2a: + y + 8Aa; = 0,
ar + 2Ay = 0,
2a:y + y^ — 4:^2 = 0,
(43.)
(44.)
|-p;(^,y) =
li^2(^,y) =
(45.)
oder
(45 a.)
(46.)
(^ + y)2 = 5a;2, y = :r(— 1±]/5),
a:2 (10 HF 2^5) = 4a2,
566 § 130. Aufgaben.
(47.) - = |l/l±^'y = -|/lT^'
(48.) fix, y) = x{x + y)^ x^^^ ^ (l/ö ± 1).
um den grösseren Werth von / (x, y) zu erhalten , muss
man also in den vorstehenden Gleichungen das obere Zeichen
nehmen.
Aufgabe 8. Durch den Mittelpunkt O eines EUipsoids
(49.) y^ (^, y, ^) = g + |! + f! _ 1 = 0
ist eine Ebene
(50.) 5p2 (^j y^z)=i Ax^ By -{- Cz = 0
gelegt; man soll dieAxen der^von dieser Ebene ausgeschnittenen
Ellipse bestimmen.
Auflösung. Verbindet man einen beliebigen Punkt P der
Schnittcurve mit O, so wird
(51.) OP =/ (x, y, z)^x^ + y^ + z\
wobei die Veränderlichen x^ y, z den Gleichungen (49.) und (50.)
genügen müssen. Unter diesen Halbmessern OP ist die grosse
Halbaxe ein Maodmum und die kleine Halbaxe ein Minimum.
Man findet daher die beiden Axen, indem man die Werthe von
x^ y, z bestimmt, für welche / (ic, y, z) ein Maximum oder Mini-
mum wird. Hierbei ist
(52.) F{x, y, z) =/ +^1^1 + ^9)2j '
(53.) Fi = 2x-\--^ + AX^ = 0,
(54.) i?j = 2y + ?^ + 5^2 = 0,
(55.) i^3 = 22 + ^ + (7^ = 0,
also
§ 130. Aufgaben. 567
Mit Rücksicht auf die Gleichungen (50.) und (49.) folgt
hieraus
A^a^ B'^h'^ (72^2 ^
V^"^-) a^ + l^ + W+\ '^ c^ + i^ " ^'
Aus Gleichung (57.) findet man die beiden Werthe von ^i
und aus Gleichung (58.) die zugehörigen Werthe von ^2. Indem
man diese Werthe von l^ und A2 in die Gleichungen (56.) ein-
setzt, erhält man schliesslich die gesuchten Werthe von x^ y, z.
XVI. Abschnitt.
Theorie der complexen Grössen.
§ 131.
Erklärung der complexen Grössen.
(Vergl. die Fomel-Tabelle Nr. 155—163.)
Bekanntlich fahrt schon die Auflösung der quadratischen
Gleichungen häufig auf imaginäre Wurzeln. Ist z. B.
a;2 + 6a: + 13 = 0,
SO wird
X— •-3±)/^^ = — 3±2«,
wobei y — 1 mit i bezeichnet worden ist. Aus )/ — 1 = t folgt
(1.) t2 = — 1, |3 = — t, *4= + l, i^^ + i,....
Es ist nicht nur von grossem Vortheil, imaginäre Grössen in die
Bechnung einzuführen, sondern es steUt sich sogar bei vielen
Untersuchungen die Nothwendigieit heraus, mit solchen Grössen
zu rechnen. Da die Bezeichnung ^^imaginär^^ leicht die falsche
Vorstellung erwecken könnte, dass die Eechnung mit imaginären
Grössen unzulässig sei, nennt man dieselben gewöhnlich zum
Unterschiede von d^ reellen Grössen complexe Grössen und
kann zeigen, dass sich alle Rechnungen mit ihnen in derselben
Weise ausfuhren lassen wie mit reellen Grössen. Ihre allge-
meine Form ist
a + ly — 1 oder a + W,
wobei a und b reelle Grössen sind, a heisst der reelle TheU
und b der Factor des imaginären Theils. Ist der reelle Theil
einer complexen Grösse gleich 0, so heisst sie rein imaginär.
§ 131. ErkläruDg der complexen Grössen. 569
Wie die reellen Grössen ans den beiden Einheiten + 1 und
— 1 gebildet sind, so werden die complexen Grössen aus den
vier Einheiten
+ 1, — 1, + *, — i
gebildet. Auf die so erklärten Grössen kann man ohne Weiteres
die Eegeln der Addition, Subtraction, Multiplication und Divi-
sion, wie sie fflr reelle Grössen gelten, anwenden. Das Eesultat
dieser Operationen ist, wie sogleich gezeigt werden soll, wieder
eine Grösse von der Form A + Bi. Daraus folgt dann die
Berechtigung^ mit complexen Grössen ebenso zu rechnen, wie mit
reellen.
I. Addition. Complexe Grössen werden addirt, indem man
die reellen Theile zu den reellen und die Factoren der imaginären
TheUe zu den Factoren der imaginären Theile addirtj also
(2.) (a + hi) + (c + dt) = (a + c) + (J + d)i.
Das Eesultat hat wieder die Form A + Bi.
II. Subtraction. Zwei complexe Grössen werden von ein-
ander suhtrahirty indem man die reellen Theile und die Factoren
der imaginären Theile von einander subtrahirt, also
(3.) {a + bi) — {c + di) = (a — c) + (b — d)i.
Das Eesultat hat wieder die Form A + Bi.
III. Multiplication. Zwei complexe Grössen werden mit ein-
ander multiplidrtj indem man jeden Theil des einen Factors mit
jedem Theile des anderen Factors muüiplicirty also
(4.) {a + bt) (c + di) = ac + bei + adi + bdi^
= (ac — bd) + (ad + bc)i.
Auch hier hat das Eesultat die Form A + Bi.
In dem besonderen Falle, wo c=a, d= — b ist, erhält man
(5.) (a + bi) (a — bi) = a2 + b\
Hier ist das Eesultat sogar eine positive reelle Grösse.
Zwei solche complexe Grössen, die sich nur durch das Vor-
zeichen des imaginären Theiles von einander unterscheiden,
heissen conjugirt; es gelten für sie die folgenden Sätze:
670 § 131. Erklärung der compleoLen Grosseo.
1) Die Summe zweier conjugirt camplexen Grössen ist reeü:
(6.) (a + hi) + (a — b%) = 2a.
2) Die Differenz zweier can/uffirt complexen Grössen ist
rein imaginär:
(7.) (a + bi) — (a _ W) = 2bi.
3) Das Product zweier conjugirt complexen Grössen ist reeü
und positiv:
(a + bi)(a — bi) = a^ + b\
Dieses Product heist nach Gauss die Norm von a + bi und
ebenso die Norm von a — bi. Um die Norm einer complexen
Grösse zu bezeichnen, setzt man ein N vor dieselbe; es ist also
(8.) N{a + bt) = N{a^ bi) = a» + b\
Die Quadratwui'zel aus der Norm, mit positivem Vorzeichen
genommen, heisst der Modul oder (nach Weierstrass) der ab-
solute Betrag der complexen Grösse. Das Zeichen dafür ist ein
vorgesetztes M oder zwei senkrechte Striche, von denen die
complexe Grösse eingeschlossen wird, also
(9.)
j M(a + bi) = \a + bi\ = + Ya^ + b^,
\ M{a — bt)^\a—bi\^ + yWT^\
Aus der Gleichung
XX 1 a — bi a — bi
^^^') a + bi" {a + bi){a — bi) "" «2 + j2
folgt der Satz:
4) Der reciproke Werth einer complexen Grösse ist gleich
ihrer conjugirten^ dividirt durch die Norm.
IV. Division. Bei der Division complexer Grössen multi-
plicirt man Zähler und Nenner mit der zum Nenner conjugirten
Grösse, dann hat man nur noch durch eine reelle Grösse, nämlich
nur durch die Norm des Nenners zu dividiren. Dies giebt
. . c + di (c + di) (a — bi) ac + bd ad — bc ,
(^^•) 74rw""(a+ W)(a — W)"" a^ + i^ + «2 + ^2 *•
Auch hier hat das Eesultat die Form A + Bi.
Da eine Potenz mit ganzzahligem Exponenten em Product
ist, so kann man auch eine complexe Grösse potenziren. Es
wird also
% 182. Einige Sätze über complexe Grössen. 571
§ 182.
Einige Sätze Ober complexe GrBssen. Moi vre 'sehe
Formein.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 164—169.)
Da eine rein imaginäre Grösse die Quadratwurzel aus einer
negativen Zahl ist, so kann eine reelle Grösse, welche von 0
verschieden ist, niemals einer rein imaginären Grösse gleich sein.
Ist also
(1.) a + W=0,
so mässen a und h einzeln gleich 0 sein. Dies giebt
Satz 1. Sind zwei complexe Grössen einander gleich^ so
müssen die reellen Theile und ebenso auch die Faktoren der
imaginären Theile einander gleich sein.
Beweis. Aus
(2.) a + W = c + di
folgt
(3.) (a + ht) — {c + di) — {a — c)+{b — d)i=iO.
Dies giebt aber
(4.) a — c = 0, h — rf=0, oder a = c, b = d.
Jede Gleichung zwischen complexen Grössen umfasst daher
zwei Gleichungen zwischen reellen Grössen.
Die complexen Grössen lassen sich auch noch in einer etwas
anderen Form darstellen« Setzt man nämlich
(5.) I a + W| = + ya2 + i2 = r,
so wird r^a und r ^ 5, folglich kann man zwischen 0 und 2n
(bezw. zwischen 0® und 360®) einen Winkel y so bestimmen, dass
n
90« „ 180^
n
r
180« „ 270«,
n
»
270« „ 360«,
n
572 § 132. Einige Sätze über complexe GrössexL
(6.) cosy = — > srny = —
wird. Dabei liegt der Winkel q>
zwischen 0« und 90«, wenn a>0, i >0,
a<0, i>0,
a<0, i<0,
ö>0, J<0.
Dieser Winkel ^ heisst das Argument der complexen Grösse
a + hi. Durch Einfahrung dieser Bezeichnungen wird
(7.) a '\- bi:=ir (cosy + i sin 9)).
Multiplicirt man jetzt die complexen Grössen r^ (cos y , + tsin^pi )
und rj (cosyj + t sin 9)2) mit einander, so erhält man
Ir^ (cos^i + t sinyi) . r^ (cosy2 + **siny2) =
^1 ^2 [(cos y 1 COS5P2 — sin y isin5p2) + 1 (siny?! 0089)2 + cosy , sin5p2)]
= r^r^ [cos (^1 + ^2) + ♦ sin {tp^ + yj)]-
Diese nach Moivre genannte Formel giebt
Satz 2. Complexe Grrössen werden mit einander multiplicirt^
indem man ihre absoluten Beträge mit einander multipUcirt und
ihre Argumente addirt.
Dieser Satz lässt sich ohne Weiteres auf Producte von drei
oder mehr Factoren übertragen; es ist also
ri(cos9)i+tsinyi) . ^2(0039)2 + * sin9)2) • ^3 (cos 9)3 + «sin y^)
1^2^3 [COS(yi + y2 + SP3)-|-»Sto(yi + 9>2 + SPs)]-
Sind die Factoren alle einander gleich, so erhält man
(10.) [r (COS9) + i siny)]»* = r~ [cos (»y) + t sin (»5p)] :; -^^
und damit
Satz 3. Eine complexe Grösse wird potenzirt, indem man
den absoluten Betrag potenzirt und das Argument mit dem Potenz-
exponenten multiplicirt.
Für r = 1 geht die Gleichung (10.) über in
cos (nq)) + «sin (ny) = (cosy + « siny)* =
(9.) /^»(«^^T
l ='•1
§ 132. Einige Sätze über complexe Grössen. 578
cos*5p — f ^ jcos«-2y sin^y + ( ^)cos**~V sin^y — h ...
+ t f ^ jcos**~V siny — ( jcos**-^9) sin^ H ... .
Dies giebt mit Eücksicbt auf Satz 1
(11.) cos(n9))=cos'*9) — C^^ — h. . .,
(12.) sin (ng>) =f ^ jcos'*-^ siny— f ^ jccs^-V sin^yH ....
Durch diese Formeln, in denen das Multiplicationstiieorem
der trigonometrischen Functionen ausgesprochen ist, lassen sich
Qjo^in^) und sin(n^) als rationale Functionen von cosjp und sin 9)
darstellen.
Es wird z. B. für w = 5, wenn man noch die Kelation
cos^jp + sin^y = 1 anwendet,
cos (55p) = cos^y — 10 cos^y sinV + 5 cosy sinV
= 16 cos^y — 20cos^y + 5 cosy,
sin (5 5p) = 5 cos^ siny — 10 cos^jp sin^jp + sin^y
= 16 sin^y — 20 siQ^y + 5 siny.
Für die Division zweier complexen Grössen erhält man jetzt
r^ (cosy^ +^'sinyt) _ r^ (cos y^ + 1 sin y^) (cos ^2 — ^ sin (p^
r^ (cos ^2 + * süi ^2) "~ ^2 (cosy2 + * siny2) (cos 5P2 — * sin (p^
__r^ (cosyt cosy2+sinyi siny2) + 1 (sin y^ cosy2 — cosy^ siny2)
^ r^ C0S^y2 + SÜi2y2
oder
/-.«\ /•i(cosyi +*'sinyi) ^1 r / \ • • • / m
(!»•> 4(008 yU^sinS = t f^« ^^^ - f'^^ + ' ^ (^> - ^^)]-
Daraus folgt
Satz 4. Complexe Gfrössen werden durch einander dwidirt,
indem man die absoluten Beträge durch einander dividirt und
die Argumente von einander suhtrahirt.
Der Satz 3 macht es jetzt auch möglich, aus einer complexen
Grösse die »*• Wurzel auszuziehen. Unter yr (cos y + t sin y)
versteht man nämlich eine Grösse, deren ;^*• Potenz gleich
574 § 1B3. Geometrische DarsteUung der complexen Grössen.
r (cos 9) + « siny) ist. Diese Eigenschaft besitzt für ganzzahlige
Werthe von h die complexe Grösse
(14.) ^ = yV[o.(SH^)+.«n(2±i*2)}
denn es wird nach Gleichung (10.)
^♦» = r [cos (y + 2Ä7r) + i sin {tp + 2Ä7r)],
oder, weil
cos(9) + ^Att) = COS5P und sin (y + 2Ä7r) = siny
ist,
(15.) ^•* == r (cos 9P + * siujp).
Dies giebt
(16.) f r (cosy +«smy) = v7[cos(J^i^) +.sm(^^i^)]
Dabei erhält man für die w*® Wurzel aus einer complexen
Grösse im Ganzen n von einander verschiedene Werthe, wenn
man der ganzen Zahl h die Werthe 0, 1, 2, . . . n — 1 beilegt.
Damit ist bewiesen:
Satz 5. Aus einer complexen Grösse wird die Wurzel ge-
zogen^ indem man sie aus dem absoluten Betrage zieht und das
Argument durch den Wurzel-Exponenten dividirt.
Gleichzeitig sind hiermit auch die Potenzen, deren Exponent
eine gebrochene Zahl ist, ebenso für complexe Grössen erklärt
wie für reelle, indem man
(17.) A^ = \r^P=(\/A)p
findet.
§ 133.
Geometrische Darstellung der complexen Grössen.
Wie man die reellen Grössen durch Punkte oder Strecken
in einer geraden Linie geometrisch darstellen kann, so kann man
die complexen Grössen durch Punkte oder Strecken in einer JEbene
darstellen. Dabei soll der folgende Grundsatz gelten:
Zwei Strecken sind einander gleich^ wenn sie gleiche Länge
und gleiche Richtung hohen.
§ 133. Geometrische DarsteUung der complezen Grössen« 575
Fig. 149.
T
Jl
(J
+1
Fig. 150.
Dann bezeichne man mit + 1 eine Strecke , deren Länge
gleich 1 ist, und deren Eichtung parallel ist zur positive
Eichtimg d^ X-Axe. Mit +i dagegen bezeichne man eine
Strecke, deren Länge auch gleich 1 ist, deren Eichtung aber
parallel ist zur positiven Eichtung der F-Axe. (Vergl. Fig. 149.)
Damit ist natürlich noch nicht ge-
sagt, dass + i dieselbe Bedeutung habe
wie in den vorhergehenden Paragraphen,
dass nämlich i gleich Y — 1 sei; es
sollen vielmehr die hier folgenden Un-
tersuchungen zunächst ganz unabhängig
von den vorhergehenden geführt werden.
Demnach werde hier die complexe Grösse
a + hi durch eine Strecke OP erklärt,
welche den Anfangspunkt der Coordinaten 0 und einen Punkt
P mit den Coordinaten OQ = a^ QP = h verbindet. (Vergl.
Fig. 150.) Man gelangt nämlich vom
Punkte 0 aus zum Punkte P, indem
man a Einheiten in der Eichtung der
X-Axe und b Einheiten in der Eichtung
der F-Axe durchläuft, oder indem man
zuerst b Einheiten in der Eichtung der
F-Axe und dann a Einheiten in der
Eichtung der X-Axe durchläuft.
So entspricht jeder complexen Grösse a + bi ein Punkt P
in der Ebene und jedem Punkte P eine complexe Grösse
a + bi. Durch die Gleichungen
(1.) a = rcosy, b = rsiny, a + W = r{co^(p + isin^))
kann man auch Polarcoordinaten einführen. Dabei heisst r der
absolute Betrag der Strecke OP, weil ihre Länge gleich r ist, und
der Winkel y heisst das Argument der complexen Grösse.
Die so erklärten complexen Grössen kann man nun durch
Addition, Subtraction, Multiplication und Division mit einander
verbinden, indem man dieselben Eegeln anwendet, welche für
reelle Grössen gebräuchlich sind; und zwar geschieht das in
folgender Weise:
576 § 133. Geometarisclie DarsteUung der compleoLen GröBseiL
Fig. 151
0
P
I. Addition. Will man die Addition zweier reellen Grrossen
geometrisch ausführen, so trägt man auf einer Geraden, z. B.
auf der X-Axe vom Anfangspunkte 0 aus eine Strecke OP ab,
welche der einen Grösse entspridit,
und darauf vom Punkte P aus eine
zweite Strecke PÄ, welche der an-
deren Grösse entspricht. Dadurch
erhält man eine Strecke OB, welche
die Summe der beiden gegebenen Grössen geometrisch darstellt.
In welcher Reihenfolge man die beiden Strecken auf einander
folgen lässt, ist dabei gleichgültig.
Genau ebenso kann man zwei complexe Grössen a^ + bii
und «2 + hh welche durch die Strecken OF^ und OP2 geome-
trisch dargestellt sind, addiren (vergl. Fig. 152). Man macht
Pig 152^ zu diesem Zwecke den Punkt
Pi zum Anfangspunkte einer
Sü'ecke Pi-B, welche der
Strecke OP^ gleich ist, d. h.
welche mit OP^ gleiche Länge
und gleiche Sichtung hat. Da-
durch erhält man ein Parallelo-
gramm OP^RP^, in welchem
der Punkt ü, bezw. die Diago-
nale OR die Summe der beiden
gegebenen Strecken OP^ und OP2 ist.
Da die Seite P^R der Seite OP^ gleich und parallel ist,
so hätte man auch P^ zum Anfangspunkte einer Strecke P^R
machen können, welche der Strecke OP^ gleich ist, und wäre
zu demselben Punkte R gekommen.
Wie man sehr leicht aus Figur 152 nachweisen kann, sind
dabei die Coordinaten des Punktes R gleich a^+a^ und Äi-fi^,
so dass er in der That der complexen Grösse
(2.) («1 + b^i) + («2 + *2*J = («1 + «2) + (*i + *2)*
entspricht.
In dieser Gonstruction ist der Satz vom Parallelogramm der
Kräfte enthalten. Versteht man nämlich unter OP^ und OP^
§ 133. Geometrische Darstellung der complexen Grössen. 577
zwei Kräfte mit demselben Angriffspunkte 0, so haben sie mit
der Diagonale OR des Parallelogramms OP^BP^ gleiche
Wirkung. Dabei sind
a^ und ii die Componenten von OP^^
^2 » ^2 ?) » w ^-M>
«1 + «2 „ *! + ^2 J9 M » Ö-S-
Die Componenten der resultirenden Kraft findet man also,
indem man die Einzelkräft)e in ihre Componenten zerlegt und
die gleichgerichteten Componenten addirt.
II. Subtraction. Da eine Grösse von der anderen subtrahirt
wird, indem man die entgegengesetzte Grösse addirt, so kann
man die Subtraction auf die Addition zurückfiihren und findet
(3.) (ai + b^i) — («2 + *2*) = («1 + *iO + {—<h — h^l
= («1 — «2) + (*i — ^2) *'•
III. Multiplicatlon. Für reelle Grössen gilt die Regel: Das
Prodicct A . B entsteht aus B wie A aus der Einheit. Dieselbe
Regel kann man auch bei der Multiplicatlon zweier complexen
Grössen r^ (cos 9)1 + tsin^i) und rjCcos^j + «sin 9)2)? welche den
Strecken OP^ und OP^ entsprechen, anwenden.
Hat der Punkt E (Fig. 153) '^^' ^^'
die Coordinaten a = 1 und i = 0,
so entsteht die Strecke OP^ aus
der Einheit O JB, indem man durch
0 eine Gerade legt, welche mit
OE den Winkel y^ bildet, und
auf dieser Geraden die Länge der
Einheit (OJE) r^-mal abträgt.
Ebenso findet man das Product
der beiden Strecken OP^ und OP2,
indem man durch den Anfangs-
punkt 0 eine Gerade legt, welche
mit der Geraden OP^ den Winkel y^ bildet, und auf dieser
Geraden die Länge von OP^ (also r<^ r^-mal abträgt. Dadurch
erhält man einen Punkt Ä, welcher dem Producte der beiden
complexen Grössen entspricht.
Stegemann- Kiepert, Differential-Rechn\ing.
37
578 § 133. Geometrische Daistellung der complexen Grössen.
Durch den Umstand, dass die beiden Dreiecke OEP^ und
OP^It einander ähnlich sind, wird auch die Construction des
Punktes JR verhältnissmässig einfach. Man mache zu diesem
Zwecke das Dreieck OE'P*^ dem Dreieck OEP^ congruent und
ziehe P^B parallel zu E'P^, Dabei hat die Strecke OB nach
Construction die Länge r-^r^ und bildet mit der positiven Richtung
dOT X-Axe den Winkel y^ + ^2) so dass man erhält
.^ 1 ^i(^^S9i + isin^j) . rjCcos^a + iwi^^
\ = n ^2[«>s(yi + 9)2) + i^{(px + SPa)]-
Es gilt also auch hier der Satz: Complexe Ghrössen werden
mit einander muUiplicirt ^ indem man die ahaoluten Beträge mit
einander mtUtiplicirt und die Argumente addirt.
In dem besonderen Falle, wo
TV 7t
ri = l, ^2 = 1, SPi=-2' ^2 = ^
ist, geht die Gleichung (4.) über in
(5.) «2 = _ 1.
Damit ist bewiesen, dass die complexen Grössen j welche in
diesem Paragraphen geometrisch erklärt tourden^ mit den früher
betrachteten identisch sind.
IV. Division. Da die Division die Umkehrung der Multipli-
cation ist, so liegt in der eben angegebenen Construction aach
die Anleitung zur Division complexer Grössen« Soll man nämUch
die den Strecken OB und OP^ entsprechenden complexen
Grössen durch einander dividiren, so macht man wieder das
Dreieck OP^B (Fig. 153) ähnlich dem Dreieck OEP^ , so dass
Pj und E homologe Punkte sind. Die Strecke OP2 entspricht
dann dem gesuchten Quotienten, und es gilt der Satz : Complexe
Grrössen werden durch einander dividirt, indem man die abso-
luten Beträge durch einander dividirt und die Argumente von
einander subtrahirt.
Man kann die Sätze über Addition und Multiplication aus-
dehnen auf Summen von beliebig vielen Summanden und auf
§ 134. Vier Sätze über die absoluten Beträge.
579
Producte mit beliebig vielen Factoren. Soll man z. B. die
Strecken
«1 + *i«, «2 + hh . - «n + bni
addiren, so erhält man für die Summe der beiden ersten Strecken
einen Punkt Ä^ ™t den
Coordinaten a^ + Oj uiid
Jj + ijj flu" die Summe
der drei ersten Strecken
einen Punkt iJj mit den*
Coordinaten «i + «2 + 03
und ^1 + *2 + *3; Mi die-
ser Weise kann man fort-
fahren, bis man einen
Punkt Bn mit den Coor-
dinaten ai + «2 + ... + an
und ij + *2 + . . . + *n er-
hält, welcher der Summe entspricht. Ist das Polygon
OPiÄjJBs ' ..Bn geschlossen, so dass der letzte Punkt J2„ mit
dem Anfangspunkte 0 zusammenfällt, so ist die Summe gleich
NuU; die Bedingung flir einen geschlossenen Streckenzug ist
daher
(6.) 2(a + bi)^0.
§ 134.
Vier Sätze über die absoluten Beträge.
Satz 1. Der absolute Betraff der Summe zweier compUxen
Grössen ist {gleich oder) kleiner als die Summe der absoluten
Beträge und {gleich oder) grösser als die Differenz derselben.
Beweis. Die Summe der beiden complexen Grössen
r^ (cos 9)1 -f tsin^i) und r2 (cos 9^2 + «sin 9)2) ist
(r^cosyt + ^2^089)2) + «(^iSin^i + r2siny2);
der absolute Betrag dieser Sunmie wird daher
V^i^ + ^2^ + 2rir2COS(9)i — y,)-
37
580 § 134. Vier Sätae über die absoluten Beträge.
Dieser Ausdruck erhält seinen grö&sten Werth, nämlich den
Werih r^ + ^2? wenn cos(yi — y^) = + 1 wird; den kleinsten
Werth dagegen, nämlich den Werth \r^ — r^\^ erhält er, wenn
cos(5Pi — ^2) = — 1 wird. Deshalb ist
(1.) I ri — ^2 I ^ Vr^^ + ra^ + 2r^r^ cos(yi — 9P2) ^ n + r^.
Damit ist der Satz bewiesen.
Viel einfacher gestaltet sich der Beweis mit Hülfe der geo-
metrischen Darstellung; denn da ist dieser Satz identisch mit
dem Satze: In einem Dreiecke OP^R (Fig. 152) ist die Seite
OR kleiner als die Summe und grösser als die Difi^erenz der
beiden anderen Seiten OP^ und P^R.
Satz 2. Der absolute Betrag der Differenz zweier com-
plexen Grössen ist {gleich oder) kleiner als die Summe der
absoluten Beträge und (gleich oder) grösser als die Differenz
derselben.
Beweis. Man kann die Differenz auch als eine Summe auf-
fassen, indem man die Grösse, welche subtrahirt werden soll,
mit dem entgegengesetzten Vorzeichen versehen, addirt. Deshalb
folgt dieser Satz schon aus dem vorhergehenden Satze.
Man kann somit den Satz 1 auch ohne Weiteres ausdehnen
auf die Summe oder Differenz beliebig vieler Grössen.
Satz 3. Der absolute Betrag des Productes zweier complexen
Grössen ist gleich dem Product der absoluten Beträge,
Der Beweis des Satzes folgt aus der Gleichung
(2 ) I ^^ (cosy?! + esin^i) . r^ (cos^a + «sinyj)
Satz 4. Der absolute Betrag des Quotienten zweier com-
plexen Grössen ist gleich dem Quotienten der absoluten Beträge.
Auch hier folgt der Beweis unmittelbar aus der Gleichung
/•.(coscpi + *sincpi) ^1 r / \ , • • / \i
\tz
§ 135. Unendliche Reihen mit complexen Gliedern. 581
§135.
Unendliche Reihen mit complexen Gliedern.
(Vergl. die Formel-Tabelle Nr. 74 und 75.)
Eine unendliche Seihe
K + V) + («1 + *!*) + («2 + hi) + . . -J
bei der die eit%zelnen Glieder complexe Grössen sind, heisst con-
verffentj wenn die reellen Theile und die Factoren der imaginären
TheÜe für sich zwei convergente Reihen bilden ^ wenn also die
Reihen
^ = «0 + «1 + «2 + • • •?
*0 + *1 + *2 + •••?
converffent sind; und zwar heisst sie unbedingt convergent, wenn
A und B unbedingt coiivergente Reihen sind. Ihre Summe wird
sich dann derselben Grenze
(2.) S^A + Bi
nähern, wie man auch die Glieder der Reihe anordnen mag.
Auch hier gilt der bereits in § 48 bewiesene Satz:
Eine Reihe mit complexen Gliedern ist unbedingt convergent,
wenn die Summe der absoluten Beträge convergirt
Beweis. Ist
(3.) ro = [öo + VIj ^1 = kl + *i«1, ^2 = |a2 + M j • • • ?
SO convergirt nach Voraussetzung die Reihe
^0 + Tj + r2 . . . .
Nun ist aber
^0 ^ KIj ^1 ^ My ^2 ^ hl> • • • J
folglich sind die Reihen
l«ol+|öil + KI+---,
l*o| + |*l| + |52|+...
erst recht convergent, d. h. die Reihen
«0 + «1 + ö^ + . . . und Jo + *i + *2 + • • •
sind nach Formel Nr. 74 der Tabelle unbedingt convergent.
Deshalb gilt auch dasselbe für die Reihe
K + *o*) + («1 + *iO + i^2 + hi) +
582 § 135. Unendliche Reihen mit complexen Gliedern.
. Der Wortlaut dieses Satzes stimint genau überein mit dem
letzten Satze in § 48 (S. 213, vergl. auch Formel Nr. 74 der.
Tabelle); dort handelte es sich aber um Reihen mit positiven
und negativen reeUen Gliedern, während hier die einzelnen
Glieder complexe Grössen sind.
Auch der Satz, welcher in § 49 für die Multiplication zweier
unbedingt convergenten Reihen mit reellen Gliedern bewiesen
wurde, lässt sich jetzt auf Reihen mit complexen Gliedern über-
tragen. Dieser Satz lautet:
Sind
. U =^ Uq + U^ + IC2 + . . , und V=:Vq+V^+V2 + ...
zwei unbedingt convergente Reihen (deren Glieder jetzt auch
complex sein dürfen), und ist
Wq == UqVq ,
W2 = Wo ^2 + ^1^1 + "2«^0>
^n = Wot?« +,Wit?»_i + . . .+ Wn-lt?i + UnVQ,
SO ist auch die Reihe
^0 + ^1 + ^2 + • • •
unbedingt convergent, und ihre Summe W ist gleich dem Pro-
dukte UV der Summen der beiden ersten Reihen,
Beweis. Nach Voraussetzung sind die Reihen
l«o| + I wi I + I «^2 1 + • • • und I t?o I + I t?i I + I «?2 1 + • • •
convergent. Bezeichnet man ihre Summen bezw. mit TP und P,
und mit W* die Reihe, welche durch Multiplication der beiden
Reihen TP und V* entsteht, so kann man in diesen drei Reihen
die Summen U'ny V'n, W*n der n ersten Glieder absondern und
findet ebenso wie in § 49, dass
' U*n V'n— W'n-= K-l| • K-l| + (K-2| • |e?n-l| + K-l| • |«?«-2|) + • - •
+ (|Wi|.|t?n-l| + N.K-2| + ... + K-2|.|ü2| + K-l|-K^
= |Wn-lt?n-l| + (|Wn-2«?n-l| + |w„-it)n-2|) + • • •
für hinreichend grosse Werthe von n beliebig klein wird; folg-
lich wird nach den Sätzen des vorhergehenden Paragraphen der
absolute Betrag von
§ 136. Function einer complexen Veränderlichen. 583
+ (Wit?n-1 + tt2^«~2 + . . . + Wn-2«^2 + Un^[V\)
erst recht beliebig klein, denn der absolute Betrag einer Summe
Ist kleiner als die Summe der absoluten Beträge. Es wird daher
limTr^=:lim?7„F'n= UV.
n =sQo n =00
Dabei ist auch w?o + ^1 + ^^2 • • • unbedingt concergentj denn
ersetzt man die Grössen Wo? ^ij ^2> • • «j ^oj ^d «^2> • • • durch ihre
absoluten Beträge, so verwandeln sich die Grössen w^^ w^^w^,..,
in lü'o, w\, w*2, . . ., und es wird
Jetzt ist die Eeihe w'q+ w\+w\+ . . . convergent, folglich
ist die Reihe
I «^0 1 + I «^1 1 + 1 «^2 1 + . . .
erst recht convergent.
§136.
Functionen einer complexen Veränderlichen.
(Vergl. die Formel-TabeUe Nr. 170.)
Da man die Operationen der Addition, Subtraction, Multi-
plication und Division bei complexen Grössen in derselben Weise
ausfähren kann wie bei reellen, so kann man auch ganze und
gebrochene rationale Functionen von einer complexen Veränder-
lichen
(1.) z = x + yt
bilden. Eine solche Function kann immer auf die Form
(2.) / (z) =f{x + yi) — 9> (x, y) + ixp {x, y) = u + vi
gebracht werden, wenn man die Operationen, welche durch die
Bildung der Function gefordert werden, wirklich ausführt.
Dabei sind <f (x, y) und xp {x, y) wieder rationale Functionen der
beiden Veränderlichen x und y, die nur reelle Grössen enthalten.
Auch irrationale Functionen von x + yi kann man bilden,
da es möglich ist, bei jeder complexen Grösse n Werthe der
Wurzel n^^ Grades anzugeben. Ausserdem kann man noch
transcendente Functionen von x + yi durch convergente Reihen
erklären. Beispiele hierzu bieten die Reihen
584 § 136. Function einer complezen VeranderlichecL
1 o. ^ + y*' o. (^ + y*')^ 4. (^ + y»)^ .
^■*' 1! ■*■ 2! "^ 3! ■*■•••'
1! 3! "^ 5! ■*■•••'
A 2! ■*■ 4! ■*■•••
u. s. w., welche bezw. in ^, sin^r, cos z übergehen, wenn y gleich
0 wird. Diese Beihen sind anch convergent, weil die Summe
der absoluten Beträge convergirt. Auf die so gebildeten Func-
tionen lassen sich ohne Weiteres alle Erklänmgen nnd Sätze
ausdehnen, welche in der Differential-Bechnung für Functionen
mit einer reeUen Veränderlichen gegeben worden sind; dabei ist
natürlich
(3.) dz^:^ dx + idy, df{z)-=^d{u-\- vi) = dw + idv^
SO dass man es, abgesehen von dem Factor i, auch hier nur
mit den Differentialen reeller Grössen zu thun hat.
Bemerkenswerth sind hier aber noch die folgenden Formeln :
Man kann/(«) als Function der beiden Veränderlichen x
und y betrachten und erhält deshalb
dx dz ^' dy dz dy
oder
Dies giebt
oder mit Bücksicht auf Gleichung (2.)
/« \ du , .dv , .du dv
also
. du^dv öw_ dv
1
§ 137. Zusammenhang der Functionen e", smx und cos 2;. 585
§ 137.
Zusammenhang der Exponential-Function mit den
trigonometrischen Functionen.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 171—179.)
Es sei eine Function / (2:) erklärt durch die Gleichung
(1.) /(^)=i+n + lT+lT + '--'
wobei z jetzt auch complexe Werthe x + yi haben darf.
Multiplicirt man diese Beihe mit
(2.) /(^^)=i+iL+|i+|!+...,
so erhält man
(3.) f{z) ,f{z^) = w?o + «^1 + «^2 + • • M
wobei nach Formel Nr. 75 der Tabelle
Z + Zx
w^
= 1, «'1=11 + 1!^ V.
^~ 2!"^ 1!' l!"*" 2! - 2! ~ 2! '
'*'" „!^ („_!)! i! + („_2)! 2!^'
~ »!
wird. Deshalb ist
Beschränkt man z und «i auf reelle Werthe, so wird
und die Gleichung (4.) giebt die bekannte Relation
(5.) e« . e«i = <9»+«i.
586 § 137. Zusammenhang der Functionen e*, sin 2: und coso:.
Man bezeichnet nun die durch Gleichung (1.) erklärte Func-
tion/(xj) auch dann noch mit ^ und nennt sie Exponential-Ikmc-
tion, wenn z beliebige complexe Werthe annimmt, obgleich dann
z kein eigentlicher Exponent mehr ist. Es ist also bei dieser
Erweiterung des Begriffes die Function ^ nicht mehr als eine
Potenz aufzufassen, sondern als die Reihe
z z z
Wie aber soeben gezeigt wurde, gilt auch dann noch die
Gleichung (5.), in welcher das Additionstheorem der Exponential-
Function ausgesprochen ist.
Um zu untersuchen, welchen Sinn c* für complexe Werthe
von z hat, setze man zunächst :r = 0, also z = y^; dann wird
(6.) r ~V 2!^4! 6!+ '')^\l\ 3!^5! +"7
I ==cosy + tsiny.
Ebenso findet man für « = — yi.
(7.) e-y^ = cos y — i siny.
Daraus folgt
.^ . ev' + e-y' . ev' — e'V^
(8.) cosy = 2 ' smy= -.
Setzt man jetzt z-=ix + yi, so wird nach Gleichung (5.)
(9.) ^y* = e^ey* = ^ (cosy + * siny).
Aus diesen Beziehungen ergeben sich auch mit grosser
Leichtigkeit die Moivr e^^chen Formeln (vei^L die Formel-
TabeUe Nr. 165 bis 169). Die Gleichung
kann nämlich auch in der Foim
(10.) (cos yi + tsinyi)(cosy2+*siny2) = cos(yi +y2)+*sin(yi +92)
geschrieben werden. Dies bestätigt Formel Nr. 165 der Tabelle.
Femer ist
1 1
(11.) e^^^* = cosy2 — esmy2 =
cos 9^2 + * sin 9)2 0^2»
§ 137. Zilsammeiüiaiig der Functionen c«, sina; und cobx, 587
also
(12.) = ef^' . e - ^2»- = e(<Pi-'f 2)» ,
oder
Dies bestätigt Formel Nr, 168 der Tabelle.
Durch wiederholte Anwendung des Addüionstheorems ergiebt
sich das MuUiplicatiomtheorem der Exponential-Function, das in
der Gleichung
(14.) {e'f'Y = e"^'
ausgesprochen ist. Diese Gleichung enthält aber zugleich auch
das MuMiplicaiiomtheorem der trigonometrischen Functionen,
denn sie kann auch in der Form
(cosy + isiny)'* = cos(wy) + tsin(/iy)
geschrieben werden und liefert dann die Formeln Nr. 167 der
Tabelle, nämlich
cos(»y) = cos**y — (9)cos*'~V sin^y
(15.) }
+ Cv\ cos^-^y sin^y h • . . ,
sin(wy) =( j cos**-^9)sin9) — f jcos"~V sinV
+
Besonders zu beachten ist es noch, dass aus Gleichung (6.)
für y = 27r, 47r, . . . 2h7t
(16.) e^^ = 1, ö*^*" = 1, ö^*^« = 1
folgt, wenn h eine beliebige positive oder negative ganze Zahl
ist. Femer wird deshalb
(17.) g»+2Am -- ^ ^ ^2A7f — ^^
Die Exponential-Function hat also die Eigenschaft, dass
sich ihr Werth gar nicht ändert, wenn man die Veränderliche z
um ein Vielfaches von 2n% vermehrt. Man nennt deshalb 27vi
eine Periode der Exponential-Function und ^ selbst eine perio-
dische Function. In ähnlicher Weise sind auch die trigonometri-
588 § 137. Zusammenliang der Functionen e'^, sirx und cosx.
sehen Functionen periodische Functionen, und zwar ist ihre
Periode 27r, denn sie ändern ihren WerÜi gar nicht, wenn man
den WerÜi der Veränderlichen um ein Vielfaches von 2n vermehrt.
Setzt man der Kürze wegen
(18.) ö^* = C0S5P + tsiny = w, ^r-V* = cosy — tsingp = v,
so wird
Iw + t? = 2COS9), u — ü = 2ism^, UV = 1,
w« + t?« = ^(pi + e-*^* = 2cos(m5p),
u^ — ü» = e«»y«' — e-^V* = 2^sin(m9)).
Nach dem binomischen Lehrsatze erhält man dann
oder, wenn man auf der rechten Seite dieser Gleichung je zwei
Glieder mit einander vereinigt, von denen das eine ebenso weit
vom Anfange wie das andere vom Ende absteht,
{U + t?)2» = (m2« + v^) +C^^^^«e?(w2«-2 + ^2n-2)
+ Q^\ U^V\U^-^ + t?2n-4) ^ _
Dies giebt mit Eücksicht auf die Gleichungen (18.) und (19.)
2^« (cos y )^'» = 2 cos (2w5p) + Q^ 2 cos (2» — 2) y
(20.) ! +(^2^)2cos(2» — 4)y + ...
+
C-0^-(^'+D
1
§ 137. Zusammenhang der Functionen e^, sinx und cosa:. 589
Ebenso findet man
^ J2cos(2»— l)y + ...
Bildet man jetzt in ähnlicher Weise
+ (^^) w2^2(«^2n-4 + tp2n-4) + . _
+ (_ l)«-^(^ ^ ^^n-l^n-l (e^2+^2) + (« l)«^^^^Vü«,
SO findet man mit Rücksicht auf die Gleichongen (18.) und (19.)
(— ly 22» (siny)2« = 2 cos (2^9)) — ^^f*^2 cos (2w — 2) y
2 J2cos(2« — 4)y h...
Dagegen wird
(„_t,)2«+l = (mI»+1— »2"+l)— (^^"■'"^)mp(m2»-1 — »2«-!) + — . . .
+ (— 1)"(^'* ^ ^)«"t)»(M— »).
Beräcksichtigt man jetzt wieder die GMchungen (18.) und
(19.) und diyidirt beide Seiten der Gf^Ieichung durch i, so erhält
man
(_l)«22«+i(sin9.)2"+» =
(23.)
2sin(2w + l)?» — ( ^ ^)2sin(2« — l)y + — . . .
( + (-l)»-'(f +J)28in(3y) + (-l)«(2"+l)2sin<p.
590 § 138. Loguithmen der complexeii Grössen.
Bernttrinuigreii.
1. Dem Anfänger wird dringend «mpfohlen, diese Formeln durch
Zahlenbeispiele einznttben, also die Aasdritoke für cos^qp, sin^, eos^
sin^, COB^, sin^, . . . wirklich tu. bilden.
2. Die vorstehenden Formeln finden in der IntQgral-Bechnnng eine
wichtige Anwendung.
§ 138.
Logarithmen der complexen Grössen.
(Vergl. die Formel -Tabelle Nr. 180 und 181.)
Nach Gleichung (9.) des vorhergehenden Paragraphen war
(1.) ß*+y*' = ö* . ey* = ^ (cosy + isiny) = « + vi,
wo
(2.) u = e*cosy, V = ö*siny
reelle Grössen sind. Hierbei waren x und y ganz beliebige
Grössen. Man kann aber auch die Gleichung (1.) befriedigen,
wenn die Grössen u und v beliebig g^eben sind, denn aus den
Gleichungen (2.) folgt dann
(3.)
^2« = «2 + v^, oder x — ^ 1(«2 + t?2)^
I tgy = ^j oder y = arc tgQj,
wobei man aber den Werth von y so bestimmen muss, dass
0<y< — ) wenn w>0, f?>0,
y<y<^, „ u< 0, «?>0,
7r<y< — j „ w<0, ü<0,
— <y<2nr, „ «>0, »<0
ist, damit die Gldchimgen (2.) befriedigt werden.
§ 1B9. Zusammenhang der Functionen \x und arctgo;. 591
Für reelle Grössen war niin der natürliche Logarithmus
einer Zahl a der Exponent, zu welchem die Basis e erhoben
werden muss, damit man a erhält, d. h. aus der Gleichung
^" = a folgte u = la.
Man erkennt aus dem Vorstehenden, dass man diese Er-
klärung jetzt ohne Weiteres auf complexe Grössen ausdehnen
kann^ indem man aus Gleichung (1.) die Gleichung
(4.) X + yt=^ l(w + vi)
ableitet. Dabei tritt aber der äusserst bemerkenswerthe Umstand
ein , dass der Logarithmus von u + vi unendlich viele Werthe
haben kann, denn nach Formel Nr. 175 wird for ganzzahlige
Werthe von h auch
(5.) ^-\ryi+2hni =zu + vi.
Dies giebt
(6.) l(u + vi) = X + yi + 2hni.
Liegt y zwischen — tv und + tt, so nennt man x + yi
den Hauptwerth von l(w + vt). Aus diesem gehen alle übrigen
Werthe von l(w + t?t) durch Addition eines ganzzahligen Viel-
fachen von 27ti hervor.
Aus der Gleichung
(7.) ö^* = COSTT + iänn = — 1
folgt z. B.
(8.) 1(— 1) = Tri + 2hni = (2Ä + 1)^».
§ 139.
Zusammenhang der Functionen \x und arctga?.
(VergL die Formel-Tabelle Nr. 182.)
Nach Formel Nr. 59 der Tabelle istftir— l<a:<+l
{ \H \ \ ^ x^ . x^ x^ .
(!•) ' 2 3 1
X X^ Z^ X*
'i'-^)- 1 2 3
also
592 § 140. Auftreten complexer Wurzeln einer Gleichung.
<^-) '(lil)=<f+f+T+->
Damals war x eine reelle Grösse; jetzt gelten aber die znr
Herleitüng dieser Beihenentwickelong nothwendigen Voraos-
setzungen anch noch, wenn x eine complexe Grösse ist, deren
absoluter Betrag kleiner als 1 bleibt. Setzt man z. B. x = gn^
wo g) eine reelle Grösse zwischen — 1 und + 1 sein möge, so
erhält man
(«•) •(l^)=Kf-¥+¥-l^+— •)•
Dies giebt aber nach Formel Nr. 65 der Tabelle
§ 140.
Auftreten complexer Wurzeln einer Gleichung.
In § 82 war bewiesen worden, dass jede Gleichung «**"
Grades n Wurzeln hat, und dass sich die ganze rationale
Function «*** Grades f{x) auf die Form
(1.) fix) = (x — x^)f,(x) = (x—x,)(aai^'' + b^x^-^ + ...+bn-0
bringen lässt, wenn x^ eine Wurzel der Gleichung
(2.) f{x) = ax*^ + a^x^-^ + . . . + a„-ia: + «n = 0
ist. Daraus ergiebt sich der folgende Satz:
Sind die Coefßcienten einer Gleichung n*^ Grades f{x) = 0
sämmüich reeß, und ist x^:=g + hi eine Wurzel dieser Gleichung^
so muss auch g — hi eine Wurzel derselben sein.
Beweis. Nach Voraussetzung ist
(3.) Ax) = (x-x,)Mx)=:(x-g-ht){P+Qi),
wobei X als eine reelle Grösse betrachtet werden möge, daun
wird
(4.) (x^g-h{){P+Qt)==[(x-g)P+Qh] + [{x—g)Q—Ph]i,
(5.) (x-g+ht){P-Qt)^[{x-g)P+Qh]--[(x-g)Q—Ph]i.
§ 140. Auftreten complexer Wurzeln einer Gleichung. 593
Nun ist aber
(6.) {x^g — hi){P+ Qi) ^f{x)
reeUj folglich muss
(7.) {x — g)Q — Ph = 0
sein, d. h. {x — g)Q — Ph muss fiär alle Werthe von x gleich
Null sein. Daraus erkennt man nach Gleichung (5.), dass auch
(8.) ix — 9 + ht) {P — Qt) ^f{x)
wird. Die complexen Wurzeln einer Gleichung rtf^ Grades mit
reellen Goeffldenten treten also paarweise auf, so dass jeder
compleKen Wurzel die conjugirte Grösse als eine zweite Wurzel
der Gleichung isugeordnet ist.
Dies gilt auch noch, wenn x^^ g + hi eine mehrfache
Wurzel der Gleichung ist; denn man kann in derselben Weise
wie oben zeigen, dass/(a;) durch {x — g + htf theilbar sein muss,
wenn/(a:) durch {x — g — h%f theilbar ist.
^d die Goefficienten der Gleichung n*^ Grades sämmtlich
reell, und ist n eine ungerade Zahl, so muss mindestem eine
Wurzel der Gleichung reell sein.
Stegemami-Kiepert, Differential-Bechnnng. 3g
Tabelle
der wiehtigsten Formell ans d«r Differential-Rechiiiuig.
, . ,. sin«
1.) hm -— = 1. [§ 4, GL (5.)]
2.) lim(X± r) = limX±limF. [§ 5, Gl. (i.)]
3.) liin(X . Y) = limX . lim F. [§ 5, Gl. (2.)]
4,) liinf^^)= j^^' wenn lim X 2 0 ist. [§ 5, Gl. (3.)]
5.) Eine Function
y =/(^)
heisst fiir einen Werth von x stetig, wenn die Differenz
mit den positiven Grössen d und e zugleich unendlich klein
wird. [§ 8.]
7-) G) + G-l) = CD (§9, GL (2.)]
8-) G) = C-1ä) [§9,aL(3.)]
Die Formel Nr. 8 gilt nur unter der Voraussetzung, dass
n eine positive, ganze Zahl ist
Tabelle der wichtigsten Formeln. 595
9.) ii+xr=i+(^y+(^y+...
[§ 9, GL (4.) und Gl. (6.)]
10.) (a + by = a» + (^\ «»-« b + (2)«""^ 42 + . . .
[§ 9, GL (7.) und § 29, Gl. (5.)]
Bei den Formeln Nr. 9 und 10 wird vorausgesetzt, dass m
eine positive game Zahl ist.
11.) S=A + Ap-\-Ap^ + ...-\- Ap^^= ^ (^ "P") . [§ 10, GL (2.)]
IIa) Ist jö ein positiver oder negativer ächter Bruch, und wird
n unendlich gross, so ist
S=^A + Ap + Ap'^ + Ap^ + ...— iZZZ' [§ 10, GL (5.)]
12.) a;i*»-i + xx^''-'^ + x^x.*""'^ + . • . + x^'-^x. + af"-^ = ^^ ~^-
^ Xi — X
[§ 10, GL (3.) und (4.)]
13.) e = limfl + -Y= lim/SA: + limÄik',
WO
«^/* = i + rr + ¥! + ir+-+i!'
IJ^-^»' < TTi- [§ 11. GL (2.), (5.), (6.) und (10.)]
n = ao
iklk
14.) « = i + i- + i- + i- +
• • .
1!^ 2! • 3!
= 2,718281828459 [§11, GL (12.) und (13.)]
38*
596 Tabelle der wiohtiggteii Formeln.
15.) Die Ableüung (der Differential -Quotient) ^er stetigen
Function y =f{x) ist
dy ^ df(x) .. _ ^f{x + Jx) -fix) ^ ^f{x,) -fix)
dx dx Jxtao ^x ^_c 2| — X
= lim ^—^- [§ 12, GL (5.), (5a.), (5b.) und (6.)]
16.) Ist a der Winkel, welchen die Tangente einer Cnrye mit
der positiven Richtung der X-Axe bildet, so wird
wobei y =fix) die Gleichung der Curve und x^ y die Cioordi-
naten des Berfihrungspuidsi^s sind. [§ 13, GL (3.)]
17.) -^^' = J- [§14,Gl.(la.)l
18.) ^^ = ^^- [§ 14, GL (2a.)]
.^\ diu^-v) du , dv
1«-) -V^=^ + ^- [§14.GU3.)]
^^ X diu — v) du dv
2^) "^^^ = ^-^' [§14, GL (4.)]
21.^ ^i^) = ma--i. (§ 15' ^1- (ö.) und GL (9.); § 17, GL (8.);
^ cfa § 21, GL (17.), (22a) und (26.)]
^«N d(\ogx) log^. di\x) 1
^^•^ "^ = "f~' "fc^^r* [§ 18, GL (9.) und (9a.)l
\x
23.) loga: = jy^ = la; . loge. [§ 18, GL (13.) und (14.)]
^ - . dißSix)
24.) \fo ' = COSa:. (§ 19, GL (8.)]
r.r \ ^'(cosa:)
25.) -^^-^ = — sm:r. [§ 19, GL (15.)]
2^^ ^^^ = - ^ = - (1 + CteH [§ 20. Gl. (12.)]
I
Tab^e dw wichtigsten Fotmän. 59^7
. d(uo) du . dv
2^-) -kr = «wü: + ^:^- [§ 21, gl (6a;)]
m
(2r cir dx
du< , rfwo . , du
,, . ^ [§ 21, Gl. (160]
^^*-^ "^ "= '^'^~^' t§ 21, GL (17.), (22.) und (26.)]
3^^ äV^^_^^^ [§ 21, GL (27.)]
^10 ^i^=^^p^- [§ 21, GL (27.),
32.) JL__ = ___. [§21,01.(28.)]
j/^\ rfw dv
33.) Afz;^ ^^ ^ . [§ 21, GL (34 a.)]
dx ©2
34.) dy = df{x) =/' (o;) rfo;. [§ 22, GL (7.)]
35.) fet
y =/ W lind w = 5P (a:),
so wird
rfw = q)\x)dx, dy =/* (w)rfw ■=^f*{u)(p\x)dx^
oder
J=/'(w)y'(rt:)==^^. [§22, GL (6.), (6a.) und (8.)]
36.) Aus a: = y (y) folgt ^= ~^. [§ 24, GL (4.)]
37.) f[(«J^M_ 1_. [§ 24, GL (8a.)].
38.) ^(a^CCOS:r)_ 1 [§ 24, GL (12a.)]
39.) 1(5^ ^j^^. f§ 24, GL (16a.)]
f
598 Tabelle der wichtigsten Formeln,
£(arCCtg^^_ 1 " [§ 24, GL (20a.)]
^ dx 1 + a;2
41.) '^("^«^^) = / . [§ 24, Gl. (24 a.)]
rf(arc cosecx) ^ 1 [§ 24, Gl. (28a.)]
43.) ^^ = a*la, ^ = c». [§ 24, GL (32 a.) und (33.)]
[§ 26, GL (2.) und (3.)]
44a.) /-(;r)=lim-^(^ + ^^^)-y(^ + ^^>+-^H [§26. GL (7.)]
45.) «Py = rf(rfy) =/"(a;)rfa;2,
dV = «/(dV) =f"'{o^)dx\
df'y ■=■ d(d^-^y) =/(»)(a;>fo;". [§ 26, GL (11.) bis (14.)]
46.) 2 =/"'(a^)- [§ 26, GL (14a.)
, ^"C« ± «>) ^ ^ + gÜ. [§ 27, Angabe 11.]
wenn « = ^ (a;), » = i/> (a;) ist. [§ 27, Angabe 12.]
49.) f(z+h) =/(^) ^--^^ Ä +-^) ÄH . . . +-^A«+Ä,
wobei
Die Grössen ®i, ©j? ®3 liegen zwischen 0 und 1.
[§ 31, Gl. (31.) und (32.), § 36, Gl. (3 a.) und (15.)]
Tabelle der wichtigsteiii FormeliL 599
+''-^— «)- + Ä,
50.) f{x) =/(a) +-'-^ (X - a) +-'-^ (a: _ «)2 + . . .
(« + i)i
= ^ {/<"' [a+02(«-«)] -/<*'(«)} (^ -«)•
Die Grössen ®i, ®2> ®3 liegen zwischen 0 und !•
[§ 31, Gl. (33.) und (34.); § 36, GL (5.) und (17.)]
51.) /(.) =/(«) +/^ .+»,,+... +/JÄ) ^ + Ji,
wobei
Die Grössen @], @2> ®3 liegen zwischen 0 und 1.
[§ 32, GL (1.) tind (2.) ; § 36, GL (7.) und (19.)]
Z . X^ . Z^ . X*
[§ 33, GL (6.)]
52.) [^=1+- + - + ^+^+....
53^ «*_i . £l^ . fiMi + fiMl + f^ä^V
53.) a -1+ jj +—^^+ ^j + ^, +....
[§ 33, GL (9.)]
54.) änx=^-f^ + ^-^ + -.... [§34,GL(5.)]
55.) cosz=l_|5 + f5 — !? + —...• [§ 34, GL (10.)]
2! 4! 6!
In den Formeln 52 bis 55 darf x jeden beliebigen endlichen
Werth haben.
56.) {i+xr=i+(^y+Qy^+(^^y^+...
für — 1 < .r < + 1. [§37, Gl. (19.) und (20.)]
«00 Tab«Ue der wiolitfgate» FonwiliL
57.) {a+by = «^+(^)<^->*4(2 V"'*'+(7)""~'**+—
für 1*1 <|a|. B37, GL(31.)1
58.) (a+ by = i-+ (7)«*^' +( 2 )"**"~'+(3 )'''*^''*" * " "
f!ir|Ä|>|a|. [§ 37, GL (32.)]
X ar* . a;' x*
59.) l(l + x) = j — -^ + j — j + — ...
für — 1 < a;^ + 1. (§38, Gl. (8.)}
60.) I2 = i — i + ~i + —.... |§ 38, GL (8».)]
X ^ O 4
61.) l(a+y>=la + ^ — -l^ + i^— i!^ + — ...
' ^ ' '^ ' a 2a* 3a' 4a*
fBr|y|<|a|. [§ 38, OL (9.)]
62.) l(« + l) = la + l-^+^_^ + _....
[§ 38, GL (9a.)]
63.) l(y + .) = ly + 2[^^+^^+^-^^+...]
filr —1 <-s-4 < + 1- [§ 38, GL (12.)]
64.) l(y+l) = ly+2[^+^^^+^^^,+ ...}
[§ 38, GL (12a.))
•Z7 X X X '
65.) arctgaj = -— - + - — - + — ...
für — l<a;< + 1. {§ 42, GL (4.)]
66.) ^=1 — i+i — i+l -+— .
^ 4 3^5 7^9 11^
[§ 43, GL (1.) ond § 47, BeLspiel 2 auf Seite 209.]
» 4% GL (14.)]
«8.) 7= ^(s — §753+5755— +--)—(239'" 039»''' "•• 7*
(§ 43, GL (28.)]
Tabelle der wichtigsten Formeln. 601
69.)arcsm^=:^ + ^3+274^ + 2TiT67+---
für — l<:r < + 1. [§ 44, Gl (3.)J
70.) Eine Beihe mit lauter positiven Gliedern convergirt^ wenn
von einer bestinunten Stelle ab eine der folgenden Bedingungen
erfallt ist:
m. „(i-!^)£,>i.
[§ 46, Satz 3, 5 und 10.]
71.) Eine Reihe mit lauter positiven Gliedern diver girt, wenn
von einer bestimmten Stelle ab eine der folgenden Bedingungen
erfiUlt ist:
L^^^^l,
n
n. }/«„ ^ 1,
[§ 46^ Satz 4, 6 and 11.]
72.) Eine B.eihe mit positiven und negativen GUedera con-
vergirt, wenn die Summe der absolute» Beträge eonvei^irt.
[§ 47, vergl. auch Formel Nr. 74.]
78.) Eine altemirende B.eQie convergirt, w«m der absolute
Betrag der einzelnen Glieder immer kleiner und schliesslich un-
endlich kleiu wird. [§ 47.]
74.) Eine B.eihe ist unbedingt convergent, wenn die Summe der
absoluten Beträge convergirt. [§ 48 und 135.]
75.) Sind
cr= «^ + t^j + «2 + . . . und F= vq + Vi + ©2 . . .
zwei unbedingt convergente Beihen, und ist
602 Tabelle der wichtigsten Formeln.
Wn = UQVn + Wi«?n-1 + . . . + Un-iV^ + Wn«?o>
SO ist auch die Reihe
«<?0 + «^l + ^2 + • • •
unbedingt convergent, und ihre Sunune W ist gleich dem Pro-
ducte UV der Summen der beiden ersten Reihen. [§ 49 u. I3ö.]
76.) Eine Potenzreihe convergirt unbedingt fiir alle Werthe von
X, deren absoluter Betrag kleiner ist als die positive Grösse x^j
wenn von eiaer bestimmten Stelle ab
ist, wobei ff eine bestimmte endliche Grösse bedeutet. [§ 50.]
77.) Wenn die Grössen a^, »i, «2> %> • • • positiv sind und eine
bis in's unendlich Kleine abnehmende Reihe bilden, so ist die
Reihe
i«o + ^1 COSa: + 02 C0S(2a:) + a^ C0S(3a:) + . . .
convergent für alle Werthe von x, welche von 0, ± 27r, ±47r, . . .
verschieden sind; und die Reihe
^Oo — a^ COSa: + a^ C0S(2a:) — % COS (3a;) H ...
ist convergent für alle Werthe von x, welche von ± n, ± Sn,
± OTT . . . verschieden sind. [§^51.]
78.) Wenn die Grössen Jj, 52> ^3> • • • positiv siad und eine bis
in's unendliche Kleine abnehmende Reihe bilden, so siad die
Reihen
*! sinx + Ja sin(2a;) + ^3 sin (3a:) + b^ sin(4a:) +. . .
und
Jj Wix — 62 sin(2a:) + b^ sin {Bx) — b^ sin(4a;) H ...
fiir alle Werthe von x convergent. [§ 51.]
79.) Um die Werthe von x zu bestimmen, fiir welche /(a;) ein
Maximum oder Minimum wird, bestimme man die Werthe von
X, fiir welche f\x) gleich Null wird. Ein solcher Werth sei x,
und ß''\x) sei die erste spätere Ableitung, welche fiir diesen
Tabelle der wichtigsten Formeln. 603
Werth von x nicht verschwindet; dann ist/(a;) ein Maximum^
wenn n gerade mAf^^\x) negativ ist; ß^ ist ein Minimum^
wenn' n gerade und f^^\x) positiv ist. Dagegen tritt weder ein
Maadmum noch ein Minimum eiuy wenn n ungerade ist. [§ 54.]
80.) Ist
SO wird für alle Werthe von x^ für welche P(x) verschwindet,
^^""^^Qi^) [§ 56, Gl. (3.)]
81.) lim^ = hm^-r^S
wenn
if[a) = 0, if\a) = 0, . . . if^''-\a) = 0,
/[«) = 0, f\a) = 0, . . . /<«-^)(a) = 0 ; [§ 58, Gl. (12.)]
oder wenn
y(a) = 00, <f*(a) = 00, . . . y^'»—^)(a) = oo,
f{a) = 00, f\a) = 00, . . ./(»*-^)(a) = oo. [§ 60, Gl (12.)]
82.) Ist
z = F{u, v\
so wird
dz ,. i^(« + Juy v) — Fiuj v) „ f
du ju^o ^^ 1 \ » /j
dz ,. F{Uy V + Jv) — F(u, o) TP r \
[§ 69, Gl. (5.) und (6.)]
83.) Ist
z = F(u, v),
und sind u und v beide Functionen von x, so wird
cfe dz du dz dv
dx du dx dv dx
oder
dz = ^4- d^+ — d^' [§ ß^> ^1- (1^0 ^- (Iß «-)]
84.) ^)_1^ Irf.^ [§ 69, GL (24.)]
dx u dx V dx
Ö04 Tabdle der wichtigsten Formeln.
-d^^-uTx-Tdb^' [§ 69, Gl. (26.)]
86.) ^ = t,t.-ig + ^,..i^.g. [§ 69, GL (28.)]
87.) J&i z = F{x, y) und y =f{x), so wird
& ģ ^ rfy
dx^ dx dydx^
oder
, dz y , dz y
88.) Ist JP(a:, y) = 0, SO wird
dy F. (x. y)
91.) Ist JFl[rc, y) = 0, SO wird y ein Maximnm oder Minimum,
wenn
ist, und wenn F^ mit i^^i gleiches, bezw. entgegengesetztes
Zeichen hat. [§ 74.]
92.) Ist rr = y(^), y = xp{t\ SO wird
_d^ _ 9*{tW{t) — tp'(t)^"{t) _ dxdhf — rfycPa:
*'~rfa:2"~ y'(^)3 "" dx^
[§ 76, GL (11.), (12.) und (12 a.)]
[^ 72, GL (2a.)]
Tabelle der wichtigsten Formeln. 605
93) « = ^=J-, ^ _ ^ _ rfy2
'^ ^ dx dx ^ dx^ /dx^^
__dhf _^ äy'dy^~ \dy^)
<3?y i>' c^2 ~" p^^ ^^ "p
[§ 78, €H. (5.) und (8.)]
95.) Gleichung der Tangente:
2^' — y = ^ (^' — ^)- I§ 80, Gl, (5.)]
96.) Gleichung der Normale:
y ""2^ = — ^(^ — ^)- [§ 80, Gl. (6.)]
97.) SubnormaJe (Sn) = y ^- [§ 80, GL (9.)]
98.) Subtangente (St) = y^. [§ go, Gl. (lo.)}
99.) (fe2 — ^^2 ^ ^y2^
100.) Nonoaks W = y J- [§ 80, GL (14.)]
101.) Tangente (r) = y~ (§ 80, öl (14.)]
102.) Die Asymptoten i/' = mx' + ii einer Cnrve
F(x, y) = Un{x, y) + £r„_i(a;, y)+ . . . + D;(ar, y) + CT, = 0
findet man, indem man die n Werthe von m ans der GUdchung
lim Unjx^ _ ]jp^ «»y" + «»lay«-^ + 0,3:^-=^ + • • • + g»a;»
= am» + «jOT"-! + a^m^^ + . . . 4. «„ = 0
606 Tabelle der wichtigsten Formeln.
ausrechnet und darauf aus der Gleichung
lim-^(^>"^ + ^) = 0
^mM 1
«asoo ««^
die zugehörigen Werthe von f* bestimmt.
Siad a Werthe von m einander gleich, so findet man die
a zugehörigen Werthe yon fA aus der Gleichung
«SSdO
a;*-«
In ähnlicher Weise erhält man durch Vertauschung von x
mit y auch! die] Asymptoten, wenn die Gleichung derselben
die|[Form x* =ily' + X hat. [§ 82.]
103.) Eine Curve y = f(x) ist nach oben concav oder convex,
jenachdem -^ =/" (x) grösser oder kleiner als Null ist.
[§ 84, GL (8.) und GL (10.)]
104.) Ein Wendepunkt tritt ein, wenn für den zugehörigen
Werth von x
2,=f"(.) = 0, oder g =/"(.) = 00
wird und ausserdem das Zeichen wechselt. [§ 84.]
105.) Zwei Curven y ^f(x) und y = g(x) haben im Punkte P
eine BeiUhrung (oder Osciüation) von der «**" Ordnung, wenn
für den zugehörigen Werth von x
f{^) = 9{^\ /'(^) = /(^), r{x)^g-{x)...ß-){x) = gi-){x).
[§86.1
106.) Der Mittelpunkt des Erümmungskreises hat die Coordinaten
= ,_(L±.£^=^_
9 i
, l+i>' , \dx)
v = y+ —^ = y + ---'
oder
Tabelle der wichtigsten Formeliu 607
(cfoV dy
Tt) 11
l^x-^ -- 7 ^ ^x "^^^
dx d^ dy d^x dxdh/ — dydhc
HIß ~ dt dfi
\dt) dt . ds^dx
dx d^ dy dh^ ^ dxdhf — dyd^x
'didfi~'di'dP
[§ 87, GL (21.) und (25.); § 88.]
107.) Der Halbmesser des Erimunimgskreises ist
oder
\dt) ds^
dx dhj dy iPx dxd^ — dydh^
diW ~ dilfi
[§ 87, GL (21.) und (25.); § 88.]
108.) efo2 — Jr^ + r^d^\ [§ 92, GL (6.)]
109.) Nennt man den Winkel, den eine Tangente mit dem zu-
gehörigen Radius vector bildet, /a, so ist
rdo)
tg^ = -^- [§ 92, GL (7a.)]
df
110.) Polar-Subnormale {Sn) = -j-- [§ 92, GL (10.)]
111.) Polar-Subtangente (St) = rtgji* = ^^- [§ 92, Gl. (li.)]
ds
112.) Polar-Normale (N) = ^. [§ 92, GL (12.)]
113.) Polar-Tangente (T) ^N.tgfi=: ~ [§ 92, GL (13.)]
114.) Der Jtfittelpunkt des Krümmungskreises hat die Coordi-
naten
606
Tabelle der wichtigsten Fonneln.
^ ^ .,.r^.. ds\rQmq>dip + dr , siny)
^ "" '^ (^2rfy2 + 2dr'^ — r€Pr)dip'
und der Halbmesser des E^rfimmuBgskrdses ist
Cfo3
(^=±
(r2rfy2 + 2rfr2 — rdh')d^
• [§ 94, GL (8.) und (9.)]
115.)
J =
021 082 • . • ^'2«
= -:?(— l)^ai«Ö2^a3y . . . Onr
WO
\12S...n/
die Transpositionszahl zwischen den Permutationsfonnen
aßY...v und 12 3...^ ist, und wo sich die Sununation über
alle n ! Permutationsfonnen aßY...v der Zahlen 1 2 3 ... ;»
erstreckt. [§ 97, GL (i.)]
116.)
^Jtt ^Jß ^jy '" <^/y
^gn %? ^gy ' ' * ^gy
ctj.fi cth^i . . . a
«Ä« ^hß ^hy
hy
dj^ Ctm di^ . . . O
na ^Iß '*iy
ly
= (- 1/
«11 0^12 Ö13 . . . a\n
«21 Öf22 ^28 . . • 02»
Ö31 Ö32 Ö83 . . . Ö8n
ö^nl Ö5n2 Ö^nS • • • ^nn
WO
[§ 99, Satz 4.]
117.) Entsteht Ji aus J durch Vertauschung zweier parallelen
Beihen, so ist
^1 = — ^. [§ 99, Satz 5.]
118.) Sind die Elemente zweier parallelen Beihen der Deta--
minante identisch, so ist
-^ = 0. [§ 99, Satz 6.
Tabelle der wichtigsten Foimeiln,
609
119.)
Oll Osi . . . a»i
^12 ^ha • • • ^n2
^In ^n • • • ö^nn
etil «12 • • • ö^in
^21 ^22 • • • 02»
ö^nl Ön2 • • • ö^n»
[§ 99, Satz 7.]
120.) Ist Ofr der Coefflcient von a/r in -^, so ist
«/r = (— 1)^+»'
ö^/— 1, 1 . . . ö/_i, ,.«1 Of^i^ r+i
• • •
a,
= ( — l)(n+l) (/+r)
ö^ti ... Ön, r— 1 ö», r+1 . . .
^/+1, r+1 Ö/+1, r+2 . . . Ö/+1, r-1
«/f2, r+1 Ö/+2, r+2 . . . Ö/+2, r-1
fM»
121.)
122.)
123.)
124.)
1250
Ö/-1, r+1 «/-l, r+2 . . . «/-l, r-1
[§ 100, GL (9.) und (10.)]
J = airttir + Ö2ra2r + . . . + »«rOnr. [§ 100, GL (12.)]
^ = ö/i a/1 + ö/2a/2 + . . . + »AÄ/n. [§ 100, GL (13.)]
ö^i»air + Ö2«a2r + . . . + 0«««^ = 0 fttr r^s.
[§ 100, GL (14a.)]
ö^i«/! + «^20/2 +...+ agna/n = 0 für/^^.
Sind die Gleichungen
fl^u i2^i + «12^2 + . . . + öl« a;» = Ci,
«21 a:i + «22 ^2 + . . . + a2«a;n = C2,
ö^nl^l + Ön2 a^2 + • . . + ^n^n = C»
gegeben, so wird unter der Voraussetzung, dass die Determi-
nante J der Coefficienten von Null verschieden ist,
J. Xr = CiUil + C2a2r + . . . + CnOL^r^
oder
öu «12 . . ; öm
Ö21 «22... Ö2n
• •c7r ^^^
«11 . . . öl,r-l Ol ai,r+l . . . «in
«21 ... «2, r-1 C% 02, r+1 . . . «2»
ö^ni ö„2 • » . ö^n»
Stegemaim-Eiepert^ Bifferential-Beohniing
ö^l . . . öJn, r-1 C^ ort, r+1 . . . «„„
[§ 101, GL (7.) und (7 a.)]
39
610
Tabelle der widitigsten Foxmeiln.
126-)
1270
128.)
129,)
130.)
«11 «12 »18 . . . <hn
0 022 (h9 • • • ^hn
0 082 Ö88 . . • CI9» = ö^ii
0 €fn%(lmS • • • <hm
022 ^ • • • (hn
0]|2 033 • . • Osi^
OnjOnS • • • (htn
[§ 102, Satz 1.]
»11 «12 ... (hn
Ö21 «22 • • • O2»
ö»l «n2 . • • Onn
Oll Ö12 O18 . . . Ol«
0 O22 028 . . • ^M
0 0 088 . • *(hH
0 0 0 ...Onn
Oll . . . WOir . . . Oin
O21 • . • fna^r . • • 02n
Oni • . • fna,ir . . , Omm
1 bl b2 • • • b n
0 Oll O12 • . . Ol»
0 O21 O22 • . . 02M
0 Oni 0|i2 • . . (hm
[§102, Satz 2.)]
= aii022088 . . . o»» [§ 102, Satz 3.]
= m
Oll . . . Oir . . . Oin
O21 • • • 02r • • • O2»
0»i • • . dfff , . . Ohm
[§ 102, Satz 4.]
mOi2 O12 • . • Ol»
I72O22 O22 • . • 02h
mO|i2 0»2 . . . (hm
= 0.
[§ 102, Säte 5.]
131.)
A^ + Su 0^, 2>i, , . .
A2 + -B2> ^2j -^2> • • •
—
2 ^2 2 * * *
+
5i (7i Dj . . .
x^2 ^2 "^2 * * *
An+Bn, Cn,I>n,...
•"n (^n-^n • • •
-ß» CnDn . • •
132.)
Oll O12 • . . Ol»
O21 022 . . . 02»
0»i 0»2 . . • O»»
[§ 102, Satz 6J
Oll + ^»irj O12 . . • Ol»
O21 + ma^ O22 • . • Oa»
o»i + muf^^ o»2 . . . ihm
[§ 102, Satz 7.]
Tabelle der Tviobtigston Formeln.
611
188.)
011012.. -Om
«21 «22 • . • «2n
•
*llSl2. . . bin
^21 ^22 • • . b%n
Cii Ci2 . . . Cin
©21 C22 . . . C2n
^lO»2« • •C^n
bni ftn2 • • • bnn
i
I
ö»iCn2. . *Ctm
WO
oder
oder
oder
^A = «/l bri + O/^b,^ + . . . + a/n imi
C/r = a/iÄir + a/^bir + ♦ • • + C^/nbnry
0fr = «v^rl + Öyftr2 + . . . + C^bm^
0fr = Oi/*ir + (hfb^ + . . . + a^bnr.
t§ 103, Gl. (7.) und (12.) bis (15.)]
134.) .Ist
« =/(^, y)
eine Function von zwei von einander unabhängigen Veränder-
lichen X und y, so wird
135.) Das partielle Differential einer Function
in Bezug auf ua ist gleich der partiellen Ableitung von z nach
Ua^ multiplicirt mit dua^ also
Ott 25 = -5 — diwa.
[§ 108, GL (18.)]
136.) Das voUständige (oder totale) Differential von
ist
und zwar gleichviel, ob t^i, t^, . • . u« von einander unabhäogig
sind, oder ob t^, t^, . . . Un selbst wieder Functionen von einer
89*
612 Tabelle der wichtigstea Formehu
oder von mehreren Veränderlichen sind. Wenn z. B. ui, c^, . • . t4
sämmtlich Fnnctionen einer Veränderlichen t sind, so kann man
anch schreiben
dz dz dwj , dz du2 . I ^^ ^^*
Ä " dü^'df "^ 'Su^'dF "^ * ""^ dün dt
[§ 108, GL (14.), (17.) und (23.)]
\dxj \dyj ,^^ d^ d^z
— 3 — = — h > Oder 3—5- = n n '
oy ox dxoy oyox
oder
/uC^j y) =/2i(^, y). [§ 109, Gl (14.) u. ae.)]
138.) Ist
und sind die Veränderlichen t^i, t^, . • . t^n von einander tmaft-
hänyiff^ so ist
- /dz . ^ dz , ^ , dz , \^^
Diese Formel bleibt noch richtig, wenn t^^, ti2, . • . t^ lineare
Functionen einer Veränderlichen t sind, wenn also
dann kann man anch schreiben
d^z _/ dz du^ dz du^ . 1 ^^ dun\'^^
'df^^Xdü^'df'^dü^ 'W^ "^'^dun^/
/dz dz . dz V~)
[§ 111, GL (20.) und (39.)]
139.) GMten die Gleichungen
F{x^ y,z) ^0 und O (x, y, 2) = 0
gemeinschaftlich, so wird
dx:dy:dz:=^ F, G3 — -F3 öj : -F3 »i — ^1 Ö3 : F^ O^ — F^O^.
[§ 112, GL (9.)]
140.) ds^ — dx^ + dy^ + dz\ [§ 113, GL (3.)]
- -- V dx a dy dz
141.) ^^^^"^X' ^'^^"^^ COSr = ^j
Tabelle der wichtigsten Formeln. 613
WO a, ß, r die Winkel sind, welche das Bogenelement ds mit den
positiven Bichtongen der Coordinaten-Axen bildet.
[§ 113, Gl. (4.)]
142.) Sind
F(x, y, «) == 0 und 0(x, y,z) = 0
die Gleichungen einer ßaumcurve, so hat die Tangente im
Curvenpunkte P mit den Coordinaten x, y, z die Gleichungen
X* — X y* — y z* — z'
dx dy dz
oder
X* — X y* — y
J^Gs — F^O^ F^Gr\ — -^6^3 •'^^2 — ^2^\
{[§ 113, GL (13.) und (13a.)]
143,) Gleichung der Normalebene
{x* — x)dx + iy* — y)dy + (z* — z)dz = 0,
oder
{^F^G,-F^G^){x'-x) + {F,G,-F,G^W-y)
+ {F^G^—F^G^){z*—z) == 0.
[§ 113, GL (16.) und (16 a,)]
144.) Die Gerade
x' — a; = m{z* — «), y* — y = n{z* — z)
ist eine Tangente der Fläche
■^^C^, y» «) = 0, oder z=f{x,y\
wenn
Qz öz
F^m + F^n + l^j = 0, oder; w^ + n-^ 1 = 0.
[§ 115, GL (10.) und (14.)]
145.) Die Tangentialebene der Fläche
F{x,y,z) = 0, oder z=f(x,y)
hat die Gleichung
F,(x'—x) + F^{y' — y) + F^(z*—z) = 0,
oder
z' — z- — (x'-x^4-^(v*—v) [§115, GL (18.),
z z-Q^[x ^; + ^(y ^^- (18a.) und (25.)]
614 Tabelle der wichtigsteii Formeln.
146.) Die Enveloppe der Gurvenschaar
erhält man durch Elimination von u aus den Gleichungen
F{x,y,u)r^O und ^^gj^ ^^ = 0. [§ 117J
147.) Hat die Curve F{x^ y) = 0 im Punkte D mit den Coor-
dinaten rr, y einen Doppelpunkt^ so müssen die drei Gleichungen
F{x,y) = 0, -F,(:r,y) = 0, F^{x,y) = 0
gleichzeitig befriedigt werden. Die beiden zugehörigen Werthe
von ^ findet man dann aus der Gleichung
oder
rfy _ — -Fii ± V Jti» — -Fii -F« .
tfrr JF22
und darauf die zugehörigen Werthe von ^ aus der Gleichung
/dF dFdy>S^) /d^F d^Fdy\(ßy_^
\dx "^ dy dx) "^ \ß^ "*" öy^ cfe/cfe« '"'
[§ 119, GL (7.), (8.) und (Sa.); § 120, Gl. (14a )]
148.) Hat die Curve F{x, y) = 0 im Punkte D mit d^n Coordina^
ten x, y einen dreifachen Punkt, so müssen die sechs Gleichungen
F^Q, i^i = 0, i^2 = 0, l?li = 0, JFi2 = 0, J?22 = 0
gleichzeitig befriedigt werden. Die drei zugehörigen Werthe
von ^ findet man dann aus der Gleichung
dF dFdySi^^
^ + ^i) =«• t§ m, GL (2.)]
149.) Hat die Curve F(x^ y) = 0 im Punkt D mit den Coor-
dinaten x, y eine Spitze (einen BUcJkiehrpunkt), so mfissen die
vier Gleichungen
F(x, y) =0, F^{x, y) = 0, F<, {x, y) = 0, und -F122— JI1JF22 = 0
gleichzeitig befriedigt werden. [§ 122, GL (2.)]
(:
1
Tabelle der wichtiestem Formeln.
615
150.) /(.+Ä, y+k) =/(., y)+(%k+ 1*)+|-,(| Ä+f Af
1 /df df V*>
«!\öa; dt/ / '
WO
[§ 123, GL (8a.) und (9a.)]
151.) z =/(ari, a:2, . . . x^
heisst eine homogene IkjtncHon rnf^ Grades^ wenn
/(äTj, äTj, . . . Ar») = ^(a:i, arj, . . . a:«);
dann wird
dz dz dz
Xa -k h ^2 ST" + • • • + ^» ^ — = ^^)
Öa:.]
dXn
+ X2
dz
\ • • • \ Xn
dx2 " * dXnJ
dz \(2)
K — 1 = m ( m —
m (m — 1) z,
[§ 124, Gl. (2.), (10.) und (14.)]
152.) «=/(ir, y) wird ein Minimum, wenn
/i(^,y) = 0, /2(a:,y) = 0, /u>0, /11/22— /i22>0;
jp =y (iT, y) wird ein iifcmmtim, wenn
/i (^1 y) = 0, /2 (rr, y) = 0, /u< 0, /u/22 — /122 > 0;
z =f{x, y) wird dagegen weder ein ]\Iaximnm »ooÄ ein Minininni^
wenn zwar
/i(^,y) = 0, /2(a;,y) = 0, aber f^^f^^—fi^^KO.
[§ 125, GL (31.) bis (33,)]
153.) u^=f{xyy,z) wird ein Minimum, wenn
/i(^»yi«) = 0, f2{x,y,z) = 0, fs(x,y,z)^0,
und wenn
/11/12/13
>0, 2>3 =
A=/ii>0, 2>2 =
^21/22
u^=Lf{x,y,z) wird ein Maximum, wenn
>0;
616
Tabelle der wiclitigsteii Formeln.
und wenn
1>1<0, 2>2>0, A<0. [§ 127, Gl. (3.), (13.) und (14.)]
154.) u =/(a?i, ÄTj, . . . i2?n) wird ein Minimum wenn
und wenn
A>o, A>o, A >o,...i>n>o,
wobei
^21 j^22 • • «^2«
2>« =
• • • •
w =jf (a?!, ajj, . . . a:n) wird ein Maximum, wenn wieder
und wenn
n+1
n
l>2r~i<0, Ar>0 für r = 1,2, ...-oder
[[§1270
155.) {a + K)+(c + di) = (a + c)+(i + rf)t. [§ 131, GL (2.)]
156.) (a + bi)—(c + di) = {a — c)+(i — d)i. [§ 131, GL (3.)]
157.) (a + hi) (c + di) = (ac —bd)+{ad + bc)i. [§ 131, GL (4.)]
158.) (a + bi) (a — bi) = a^ + b\
159.) N(a + bi) = N(a — bi) = a^ + b^.
160.) |a+ W| = |a— W|= +|/a2+62.
1 a — W
161.)
a + bi a^+b^
[§ 131, GL (5.)]
[§ 181, Gl. (8.)]
[§ 181, GL (9.)]
[§ 131, GL (10.)]
[§ 181, GL (11.)]
1 ß9 ■> c + di ac + bd ad — bc ,
163.) (a + W)" = p— (2)0— » J2 + /")a— 464_ + . . .1
[§ 181, GL (12.)]
Tabelle der wichtigsteii Formeln. 617
r = + yä^+b^, COSy = -, sina) = -• [§ 132, GL (5.), (6.) u. (70]
164.) a + W = r(coS5p + »siny),
wobei
b
165.) r^ (cos^)! + « sinyi) . rj (0039)2 + i^g>2) ==
r^rj [cos(9)i + 9)2) + esm(yi + 9P2)]. [§ 132, GL (8.)]
166.) [r(cos9P + « smy)]** = r^ [cos(«y) + f sm(ny)].
[§ 132, GL (10.)]
167.) cos (ng>) = cos*y —(Z) cos»-^^) sin^ y
sin(»9)) = ^^jcos^^V siny — ^^^cos^-^ sin^ + — ....
. . , [§ 132, GL (11.) und (12.)]
169.) fr((X)sy+tsiny)=j^[cos(S^i^
wobei Ä eine beliebige ganze ZaM ist. I§ 132, GL (16.)]
170.) Ist /(«) =/(ir + yi) = u + vi eine Function der com-
plexen Veränderlichen x + yi^ so wird
du dv du dv
Wx^Wy^ Wy'^^'-Tx C§ 136, GL (7.)]
171.) ey^ = cosy + t siny, er-y* = cosy — i siny.
[§ 137, GL (6.) und (7.)]
172.) cosy = -^ — , siny = ^—^ — [§ 137, GL (8.)]
173.) e«+y* = e* (cos y + e sin y). [§ 137, GL (9.)]
174.) c2A7ri = 1, Y^renn h eine ganze Zahl ist. [§ 137, GL (16.)]
175.) e-+2Am = ^, wenn h eine ganze Zahl ist. [§ 137, GL (17.)]
176.) 22-(cos9))2»* =
2 cos {2ng))+ ( ^p Cj0^(2n — 2)^+ (T)^ cos(2;^— 4) 9+
'••+(;,!! 1)2 C0S(2y)+ (^^'*)- [§ 137, GL (20.)]
528 Tabelle der wiclitigsteii FormeM.
177 \ 2**+* (cos 9))^**+^ =
' 2cos(2n + l)y+("*;^>cos(2n-l)9) +
...+(^_+l)2.C0S(3y)+f'*;^')2C0Sy. U§137. Gl. (21.)]
178.) (_i)»22«(8in9))»» =
2cOB(2«<p)-f;)2co8(2«-2)y +f;)2cos(2«-4)y- +
. . . + (-i)-C!:i>-(^^) + ^-<i} '' "'• '^- ^"^
179.) (_i)»2^«+Xffln9)r+* =
2sm(2« + 1) y-f "+')2sm(2«-l)9 + -
^" ^' [§ 137, GL (23.)]
180.) Aus der Glfflchimg . , „i •
^i = „ + «• folgt 1(« + »0 = a; + y» + 2Ä^t.
Dabei ist h eine beliebige positive, oder negative ganze Zahl und
a:=i-l(«« + e'), y = arctgu)
tu
tmd zwar ist
0<y<Y *"^ ">^' *'^^'
§!L<y<2;r„ «>0, «<0.
^ [§ 188, ÖL (1.), (3.) ond (6.)]
, , ^^ • l§ 138, GL ^.)1
181.) 1(-1) = (2A+1)^»- >5
/1 -I- m\ • * [§ 139. GL (4.)]
182.) l(i^)=2*arctgy. 19 . V J
Druckfehler- Verzelchniss,
Seite 9, Z. 3 v. u« lies dass statt das.
« 22, Z. 1 y. u. „ folgHch statt foglich.