Skip to main content

Full text of "Haller als philosoph. Ein versuch .."

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 



I 



y 7-5'3(i. viT 



HARVARD COLLEGE 
LIBRARY 




BOUGHT WITH INCOME 
FROM THE BEQUEST OF 

HENRY LILLIE PIERCE 

OF BOSTON 







J 






/. 



. • 






«l^aEcr afe l^^ifofopß 



€in Perfuc^. 



' t « * ♦■ 



z^- 



.^' ♦ . 






'i'^r^r'-''^ 



3itaii9]iraM)tffertatton 



/ > 



{ 



)itr 



tpimn üer Ptonuärüt Dti Hauen nJiilürfljiliiriDrn lobultüt 

Htt KniBfrritöt lern 



poV^elegt von 



ieinviifi €rttft lenmi* 



^» 



.(k^^' 



xi 






• • • « • • • 
• « • • • « ' • 



••.•• : 



• • • 



• *'• 

•^. ••• • r • • • ••• • •» • •#• 



Bafel 

asicr Drudt' un6 PetCa^S'^tnftalt 
- 1902. 



^7S3C, fr? 




HARVARD 
UNIVERSITY 

LIBRARY 
SEP 25 1973 



M 



L. 



?. 



<^"^^C. 



I 



I 



l 



I 









t - . - ^ • . 



1 .-.-.-■- • - ■ • • - • - - 

' •.--■■. . . "-■.-• . ■ \ ''.'.-. 



I 









'- V 



» —^ 






JBon ber p^ilöfopl^ifc^en f^alultät auf Eintrag pon ^errn 

■ ■-•' * •• .-■*.''* 

^rof. Dr. S. Stein angenommen. 

-*-■ ■ - - ■ ■ ■'--■-->•':/' 

■ '.,■• - ■ ■ ■ ■ ^ ■ ■ '•■ ■-".-"" 

■ • ' I ' -^ ^ - . • . ~ ■ ' r .' - * ■ ..■ 

SBern, ben 18. ®e}ember 1901. ., - : 

.- - , ' ■ ^ . '.."• _.' ■"■*. 



I ~ - -• • • •♦••••••• 

j -. -• *• .^ • : • • •• • #r» 

1 . . • - ■ 



S>er frobetan: 



:•/-;:• 



' . V 






* 9 



« ^ 



^ - 



J -# 



^ortporl 



'^^ (Ein Qn\aU mar eS, ate id^ in SBafel t>oc {toet Salären boi^3^agebu4 
^aQerl^ in bie ^önbe belam unb barin l^ecumblätterte, {nerfi mit einem 
irofi(ofen ®efä]^(, fobonn aber allmä^Ii^ mit immer größer merbenbem 
3ntere{fe. 3^ jal^ jule^t auf einmal, mie mir fd^eint, einen laum 
beachteten Qn^ in ber geifügen ^l^^ftognomie be§ feltenen 3Ranne§, 
finen}fau{U{4en, barf i^ mol^I jagen. (Sr lag in einem SEBuft Don 
nnge^eurer ®ele^rfamleit/ t)on 3^rabition erborgen unb e9 beburft^ 
einiger äRül^e, il^n bat>on lo^utöfen, fomeit ba^ mogß^ ifi. äSenige 
glaubten bi9 jur @tunbe, bag ^aller immerbar mit ftc^ gerungen l^at, 
um iene Don allen ä^ten $]^ilojop]^en geliebte ^öl^e ju geminnen, t>on 
ber aus ber 3Renfc^ alled Srbijd^ in bad SSereic^ bed 93erftänbmffe9 
eittbejiel^en unb bo^ laum mel^r emftl^aft ji^ baton erf^uttern laffen 
möc^ite, eine ^Sl^enrul^e, mie fte auf l^ol^em 9erge9gipfel und erfOHt, 
ate hätten mir bie Seibenfd^aften, menf^Iic^eS Snen unb Suchen, meit 
J^inter und. (Er l^at fte nici^t bduernb gemonnen. 3)o(^ mer tonnte, 
tonn bad? 

SHefer eine 3ttg bemog mi^, fomeit meine ftraft audreic^te, längere 
Stit bei bem äRanne ju t>ermei(en unb il^n jule^t auc^ unferer, mit 
getftigen ©rögen jt^neK fertig merbenben B^it no^ einmal twriuful^ren 
in anberer SSeteuc^tung. 

Sllen benen, bie mic^ ermutigten unb Sntereffe am f^ortfci^reiten 
ber Unterfuc^ung jeigten, meinen 2)anl, t>or allem ^erm $rof. Dr. Staxl 
(Srood in (Sieben, meinem üäterlic^en Seigrer. 



>b> 



H. £• J. 



.:^:r2 



I 1 

I 
: 
I 

J 

t 

X 

l 

i 



\ 



]. 






Jn^alf: 



(Stfie« JtopUef. <iiil<UHn4 

3»died itapltef. 3ttv !net|^o^e . 

IDritted ltaptte(. ^Knjeii 6eT 4latHf erteniitni« 

Sterte« JlapiteL iCel^ 1lll^ Seele 

fünfte« itopttel. X)a0 pvol^lem 6e« Ce^en«. 

- L3rntabi(üöt 
IL yrSformatton 

.@e4dted llaptteC. 'feafler nn6 6te ^ttftUlrttnii 



* • I 



6eite 


.] 


ir ." 


la 


•-v\ 


19 




2^ 



If 



59 
72 



80 



\ 9 

i i 



\- ■ 





7 



3 
1 



I 



i 

!1 



4 

J 

3 






• • ; 



, f 



, • ♦ • %• • •• 



••• l 









-— ■ r'- ' 



■« • 






u-,«^. . 



. . » -..,-' ' ,■ '^ -■•--."• -■■■*'■•-/.-'•." . . • 

,^2)ie ma^re $]^i(ofop]^ie beftel^t eienfo mol^I tm Si^^tf^In, ja felbft 
im 9{ic^tmt|fen ali» im Sßijfen.'' ') (Ei» tft eine eigentfim(ic^e 2)enlergeftalt 

^bie. biefeti äd^t pl^ilojopifc^en @a^ gefc^rteben, man barf fagen, ate einen 
•Stteberfd^tag unermiibli^en f^ocfd^enl» unb $täfend^ eine (Seftalt, bie l^eute 
ni^t mel^r ol^ne meitereS moctant in bie Sugen fpringt ber man aber, 
einmal nSl^er getreten, ben S3lid bod^ ^eme mieber jumenbet* 

' - y , 3n bet (Sef^ic^te ber $]^tIofop]^ie |at Slbrec^t t>on ^aller 6i9 l^eute 
ein jiemlid^ ärmlt(6e9 Safein gefriftet unb ift taum über bie 9{amen3« 
nennung l^inaudgelommen.^) @elbft ber Dortrcffüc^e t$. t(. Sänge erachtete 
il^n ni^t einer naiveren Unterfuc^ung mert, tro^bem ber @treit ^aDerS 
mit Samettrie, femer bie t)on ^aÜer erft neugefc^affene Unterfuc^ung 
ber 3nitabi(ität unb ber SSiogenefe in i^rer SBebeutung für hvt 92atur^ 
pl^ilofopl^ie ber t^olgejeit t% gar mo^I t)erbient l^ätten. 2)te ®runbe aber 
ber bidlgerigen SSergeffenl^eit ^aQerd Hegen bo^ mefentlid^ anberi^mo, t)or 
ädern an il^m felber. Sr l^at \x lein eigentliche^», jufammenl^angenbe^ 

. @9ftem ^ l^interlaffen. @eine mit Sacon fteti» geteilte ^oci^jd^ä^ung be§ 
QE))trimente9, bie Sinfic^t in bal» Sterben unb SBerge^en wn ^t)t)o< 

- tiefen, bie Srlenntnii» ber Uniulänglid^leit bed menfdiüc^en @eifte§ für 
tran^cenbente Probleme, unb ~ man tann mobl auc^ fagen — feine 
fa|t immermäl^renbe amtlid^e Xl^ätigfeit mögen il^n üerl^inbert l^aben, ein 
p|irpfop]^if^ed ®ebantengebäube aufsuri^ten. @o mö^te er benn mant^em 
mel^r all ein pl^ilofopl^ifc^er 2)i(ettant erfd^einen. 96er ift nur 
beriem'ge ein ^l^Uofopl^, ber ein Softem baut? ^at man nicbt auc^ bei 
Socdn fd^on gefragt, ob er äberl^aupt ein $]^i(ofop]^ fei? äSöre ba^ 
Softem bad Kriterium einei» ^l^itofopl^en, bann märe ja aviii Sohate^ 
leiner gemefen. ^^. _ 



^) %vt 9(e$nli(l^!eit bed 9(udfpntrf)ed mit bcm bcd @oh*ated ifl uid^t ju uerleniicn. 
Ue^ngend lounfc^t $aUci: einmal in einem ^rief an iSoCtairc uoin 11. ^ugufl 175^^: 
ft ..... de toats les effets de la philosophie eelai qae j'ambltionnerais le plu» 
ee terait la tranquillite d'an Socrate vis-ä-via d*an Aristophane oa d^un An3'ta8.'^ 
Oenvrea completea de Voltaire. Paris 1880. LX» p. 76. 

*) 3Ran «ecgf. bie SBBcr!e pon »ittcr, gif(^er, ©rbmann, 3«tter, UeBerwcg, 
SBinbelbanb, galfcnberg cc. — ^in^ia SRaj SDeffoir bringt in feiner „©cft^ic^te 
ber neuern bcutft^en ^fpcf^orogie" — »b. I 1894 — einige 3Cudfi*i^rungen iibcr bie 
¥f9c^oIogie Rätter«. @. 362, 363 cc. 






' « * • 



A #■«-. ' 






o- « 



• t • « 



M 6 



— 2 -.- 



■ ^• 



■\ ■ -• ■ • . 






■ » . ' ^- 



.--^ 



1 -■ 



^QÜer^ @ebQntenme(t tft tetne gefd^(offene, in fid| abgerunbete, fie 
tft t)telme|^c burcl^aud offen, aber projpef ttt), l^tnmeijenb auf neue Probleme. 
(£r ifi nid^t ber ftarce 3t)ftematt(er Spinoja, nic^t ber f(attecnbe, ntr« 
flenb^ ju pocfenbe SBoItaire, er tft ein lebendfänglt^er 3n>eif(ec/ ber tro^ 
fetner granbiojen UniDerfolität nic^t magt, mit ber ntenfc^^Iic^en SSernunft 
aä ber ^Qe^ergrünberin 5U fpie(en. 2)afiir gel^ört er aber auc!^ ju jenen 
feltenen ®rogen, rnetd^e etma (eiben, roenn fte benfen unb fuc^en. 2)a]^er 
ftnb. feine mijfenfci^afttici^en €^rtften uberaO burdiaud emß, Dorftc^ttg er^ 
toa^enb, grünMtd^, feine Sagebüc^er t^oU 3oS^n über bie eigene ©cl^mäc^e, 
feine ®cbid|te t)oII fittfid^er ^ol^eit. 

(Sin meiterer ®runb für bie geringere 93ead^tung, bie ^aQer fanb, 
bfirfte barin liegen, bag ^aller al9 eifriger ®egner bei^ in ber fippigften 
Slütejeit ftel^enben 3ßaterialidntud fomie ^yxi^ bei^ 9iationa(i§mud toegeit 
feiner SSerteibigung bed S^riftentumS in ben SRuf eines bigott frommen, 
^,|^9perort]^obo{en'' äßenf^en ge!ommen mar.') Sarum ift ed t^ieUei^t ^vA^ 
nic^t fo auffäflig, bag bid oor brei Sal^rjel^nten meiftentei(i^ Xl^eologen 
ft^ feiner @eftalt bemächtigt unb il^n a(§ Apologeten gefeiert l^aben, 
ol^ne freiließ in i^ren Unterfu^ungen befonberd tief ju gelten. ^) Srft bie 
Sal^rl^unbertfeier feinet 3^obeStageS (1877) l^at aud^ anberen ®ele]^rten 
fiuft unb Gelegenheit gegeben, biefen Unit)erfa(menfc^en aOererften 9iangeS 
aud^ auf i^re tTa^bidjipKnen ju prüfen,^) ol^ne bag freiließ babei bie 
)»]^i(ofop]^ifc6e €eite be9 SOtanned irgenbmie ju il^rem Steci^te gefommen märe. 

9Rag man ^vA^ im 18. 3a^r]§unbert etma9 freigebiger gemefen fein 
mit bem $^t(ofop]§entite(, fo ift bod^ ^aQer t)on feiner 3^t beffer unb 
richtiger beurteilt morben. Sl^r galt er nic^t nur als einer ber größten 
(Sete^rten unb Sinter, man l^ieft il^n aud^ für einen $l^i(ofo)»]^en unb 
fteOte i^n anbie@eite eines Seibnij unb 9temton.®) Sr mürbe als 9tt« 



s >. . »• 



>) Serg(. 6^ iStctot be Sonfietten, Soaveoirs, Paris 1832^ p. 57. 
Voltaire beai^ttgte dalTer fogar ber reltgiöfeii Sntoteratta. — ^5er ouc^ 3. ®. 3ini mer^ 
mannd giftige B^nge, bie einft u6er ^adet fo tobrebnerifd^ ^tte fprec^en (önncn, 
fpdtteCte tlber bie religiöfen 5tämpfe, in bie fein großer Se^rer geraten mar. Scrgt. 
öittfomfeit 11, 216 u. a. a. D. 

^) 3o ^xü^ C. 0. ©repers, 9(Ibr. o. ^aUerd Briefe itber bie wid^tigften ^a^r« 
l^eiten ber Offenbarung nebft ^aUerd SebenSbilb. 1877. — Seffer ift Huberten, 
vi. mit einer ein(eitcnben (S^ara!tertfti! $allerd. 1858. — ^. o. Raffer. 2)arfteUung 
tta<^ ben Briefen feiner gfreunbe linb nad^ feinen eigenen 9(uf,^eic^nungen. Bafet 
.1878. — Kid bie befte in i^aKerd (S^aratter unb ^erfonCid^Ceit einbringcnbe 
Arbeit erad^ten mir ben feinen Gffap: Sllbr. v. ^ader oon ®. Blöfc^, Berner 
a;af<5enbu(^ 1878. (S.6— 42. 

. ») Bergt. 21. ». Rätter, 3)enff($rift. Bern 1877. — gerner: geftfdjrift, 
bem Knbenlen ^. o. daHerd bargebrac^t oon ben ^(ersten ber @cf;meia am 12. ^e^. 
1877. Bem. — 3" ermähnen märe ^icr auc^ noc^ bie ^^cftrebc auf ^. o. .^aUer bei 
ber l^unbertjä^rigen ©cbäc^tniefeier feincö 2:obe^ oon '}Jrof . Dr. Ä ö n i g. Bern 1877. — 
ttnbebeutenb unb ungrunbHc^ ift Siff au er'd Bortrag: H. o. Rätter unb feine 
Bebeiitung für bie beutfc^e ÄuJtur. Berlin 1873. — Sfiic^t ju verachten i|l ©eiler; 
31. 0. i&atter (^ncpflopäbie uon (Srfd) unb ©ruber. 2. iceftion I, 292—304.) 

*) Bergt. 3ean ©enebier: £loge historiqae d'AIbert de Halter. Geo^ve 
1778, p. 6, 18, 57, 70, 79. — @raf o. Sambertt): Epoqaes Raisonnces su ' 
vic d' Albert de Haller. Leipzig 1778, p. 92. — 3)er erfte Biograph §atter 



p 



■*. J 



\ 



■* » , - I » ■» 



• ; ' ■ "'•,■/ •'"'.*•'-,' -^ ' '.'..'. -'7 '". •• ^ '■ • *r>.r.-«», % •.•■■> 

ganger ber SBoIffifc^en ^^tlofopl^ie beanfpruc^t *) unb Samettrie l^at t^n in 
bct SBibmuna be9 „homme machine" ooder SSegetfteruns a(d $^i(o^ 
fop^eii begctt|t^) — mir miffen jttiac nic^t, mte e^rüc^ er ed bamaU ge« 
meint l^at. ©c^iUec joate ^alletd „pl^Uofop^tfdier ©roge" ,,fo ütel 3)e« 
tounberung/^ SOtabame bu 93occage fang il^m 5U: 






Toi c[ae la France a conna 
Com'me an philosophe sablime.* ^^) 

<@rin Zagebuc^ ift 3UC S^aralierifKt feiner „$]^i(o|op]^ie unb 9iengion'' 
Der9ffent(ic^i morben.^^) ^afl oUe bie sal^treic^en fiobreben unb 9te(ro(Dge, 
bie na(^ feinem Zobe (1777) erfc^ienen, rül^men feinen p^ilofop^ifc^en 
^eift: er iftber „profondo pensiero" in einem italienif^en Sobgebici^te;^^) 
3ean @6n6bier, ber Genfer SBotaniter, bri^t 06 ^aller§ ®^ic^ten in 
bie begeiferten SBorte aud: „G'est le phUosopbe profond que la cha- 
leiir de ses möditations consume, dont les id6es brulantes et re- 
tennes s'^chappent comme l'^clair» et laissent ces traits uniques 
qui fönt appercevoir Dieu, rEternitß, THomine et'la Nature."^^) 
IBenn mi| nun aud^ aQ biefen Su^fprü^en, beren ftc^ gemtg noci mant^e 
erbringen liegen, ni^t il^cen DoQen SBert beimeffen lönnen, mei( fte na^ 
bamaltgem 0ebrau(ie Axa^l S^clamatorifc^ed, Ueberjc^mängUc^eS an ftd) 
^aben, fo bemeifen fie boci jnr ©enfige, ba| tl ^aller mol^t üerbient, 
einmal als $]^i(ofop^ unterfu^t ju merben. 



fp&ter fo 5tffige3-^.3^nimermattn, fagt, mon l^abe Jeit ^Sctbmsend 3:obe feinen 
empftnb(t(9eren SBerlufit erfttten" atö ben ^aUerd. ^eutf^ed 9Rufeum 1778, @. 191. — 
3o^anned 0. SRüHer Beaeid^nete tl^n ald «ben gete^cieften unter ben SRönnern 
Gitropad.^ Sergt. 9iub. 9Bo(f: Siogropl^ten a^ itulturgefd^i^te ber ©c^wei}, 
.11, 144. — 2)er Söttinger ^roreftor Salbtnger rühmte in feiner „Oratio in 
laades meritonim Alberti de Haller^ btefcn aTd bad »grl^ftte Seifpiel cincd p^t« 
r^foi^Jififten «rate«.* 

^) 8erg(. Subooici: ®ef(^i(§te ber SBoCffifc^en ^^ilofop^ie. 3. 9(ufCage. 
.:8eips«g 1738. 

*). Samettrie: Oeuvres philosophiques, Amsterdam 1753, Tome I. 3- ^- ^i<^ 
stellen: Dites moi donc, Double Enfant d'Apolloo, Suisse Illustre, Fracastor 
Moderne, vous qui savez tout & la fois connoltre, mesurer la Nature, qui plus 
•est la sentir, qui plus est encore Pexprimer: savant Medecin, encore plus graud 
PoSte, dites. moi par quels charmes l'Fltude pent changer les Heures en momens: 

quelle est la natures de ces plaisirs vulgaires '^ ^mer: ^Le Medecin 

est le senle Philosophe qui merite de sa Patrie.^ — (ttebrigend t)attc 
fd^on ^omer gefagt: Sin ^eilfunbiger, traun, iviegt auf oie(e anbere fRänner." 
Sttad XI, 514. 3;^. ©ompera J^at f&r bie griec^ifc^e ^^ifofopl^ie bie Bebcutun^ 
ber Zierate metfterl^aft geaeid^uet: ,,®riec^ifcl^e l^enfer/ I, 221 f. (Sd iväre ein gtcic^e^S 
aud^ für bie neuere ^^ilofopOie au loünfc^en.) 

*) $()i(ofop^tf4e Briefe: ^^eofop^ie bed Suliu^. 

»0) g^ergl. 3.^.3tmntermann: ^od Sebcn be^ fecrru uon fiaUer, 3"^^^^ 
1755,6.144. 

") Xagebuc^ feiner Scobac^tungen über ©c^riftfteUer unb über ftd) felbft. 



"2 8anbe. »eru 1787. (3m ^olgenben citiert aCd „^agebuc^,'*) 
. ") Versi in morte di Alberto Haller. Milano 1778. p. 9. 
' -»») ©enebier: Elosre bist. d^Albert de Hallcr. p.lS. 



•• • • 



* • • • *t « 



^ i1 



l ( - 



i 

' f 

f 

r I 

-; \ 

■ \ 



\ 1 



1 i 






« 



•— • 4 — 



9tun aber märe ed ein buc(^au9 k)ecfe]^(te8 Unterfangen, Uo% m^ 
ben )»]^t(ofot)]^t{c^en ®ebtc^ten $aner9 ein ©Aftern l^erauSflauben ju mollen.^^) 
Sie liefern uni^ l^o^fienS ben SSemetd, bog ^l^itofopl^ie unb ^ic^tung ftc^ 
nic^t au9f(i|Hegen, ieboc^ oft lieber getrennt blieben, menn jene ni^t an 
3)nrd^ft(ibtigteit t)erlieren nnb btefe an unmittelbarer SBirfung geminnen 
foO. SBir ntüf(en titimz^t ben ganjen ^aUer, fein £eben unb feine 
Schriften flubieren, unb erft bann I5nnen mir ben mirfüd^ ))]^i(o)o))]^ifc^en 
^straft baraud 5u beftimmen t)erfu^n. 

(Eine eigentliche au^fm^rltc^e 93iogra^]^ie ifi ieboc^ fär unferend»'^ 
: burc^au§ nic^t me^r nötig, ba berufene SRänner btefe Arbeit ft^on bef orgt 
l^ben.^') & genügt für un9, biejenigen SebenSmomente l^er aufzugreifen, 
bie uns einen nac^meidbar beßimmenben SinfCug auf paUtxS p]&iIofop]^i|<i^e§ 
Senlen jeigen — anberS gefagt, j[emei(en ba9 3Ri(ieu ansubeuten, au^ 
bem ffttavA fallet feine ®d>anten teilmeife übernommen l^aben ober gu 
neuen Sfbeen angeregt morben fein bürfte. 

3ean $aul fagt einmal im 9nfd^lu| an f^ic^te, man foQe il^m bad 
fieben eines äRenfc^en geben unb et moQe barauS beffen ^^l^ilofof^^ie be^ 
fKmmen. SBenn auc^ Sö^optviffantc unb Stie^f^e il^m biefen @a^ in bec 
Snmenbung auf fie nic^t gerabe leicht mad^en mürben, fo trifft er bod^ 
auf $aller fafi kwQftänbig ju. S3ei il^m mürbe ein grogeS @tttä t)om 
antiten ßioi; (pdoiroccxig mieber einmal jur äSal^rl^eit, freiließ lange nid^t 
im felben 3Ra|e mie bei @))inoia, meil ber 2)rang nac^ 2;^atigteit unb 
Unioerfalitat il^m äl^nlic^ mie einem Seibnij bie nötige iRul^e raubte. 
SS mar aber burc^auS beS großen 3Ranne9 ernfteS 93eftreben, X^eprie 
' unb $ra£i9 aü jmet einträd^tig üerbunbene ®ef(|mifter anjutel^en. 3a 
er. jmedtte fdbliegüc^ feine @ebanfen rein auf bie $ra£id ah, menn fie 
nid^t fd^on birelt auS ber (Srfal^rung gef(bö))ft maren. 2)ie Cuinteffenj 
bei» ganjen fiebend unb 2)entend t)on ^aÖer ift: Xl^eorie unb äBirflidbteit. 
g^ören jufammen, jene mug fic^ in biefer, unb btefe in jener midier^ 
ftnben. fturjgefagt: ^aller ifi ein $]^ilofop]^ ber (Srfal^rung. 
@ein (£m))iridmud fte^t genau auf bem 93oben 93acon§. 9Zu|en unb 
SBol^lergel^en ber SOtenjc^l^eit 5U förbern, ift ^xotd unb 2^ti ber sSSiffen» 
fd^aft. j^ieju mu| fie t)on ber (Srfal^rung aui^ge^en. ^Ijo auc^ biefelbe 
3:eleologie ber SEBiffenfc^aften mie bei SBacon. Slber in einem fünfte 
gel^t $aller meit über 93acon ^inaui^, er fu^t bie 9leligion nid^t mie 
. biefer burc^ il^re mertmürbige SSemunftmibrigteit 5U ftfi^en, üielmel^r — 
^unb l^ierin ift er mol^l 9tationalift im 93anntreife üon Seibnij«2Bolff — 
"foK fie in feinem SBiberfpruc^ 5ur SBernunft {teilen. @S ift i^m aber 
nic^t mol^l bei biefer t)emünftigen 9teligion. @r l^at mel^r ©efü^l al^ 



u^ 



93erg(. ()le8u 9(boCf fjrct): 9((6re4t von ^aUer unb feine IBebeutuna für 
bie beutfc^e iSttteratur. £eipitg 1879, 8. 92 f. 

") S)ie befte 9togra|)^ie ftotmnt oon S üb 10 ig $iciel ald Gtnteitung 
(S.IU— DXXXVI) 5u „«(6rc(5t »on Rätter« ©ebic^ten.* ^rauenfclb 1882, — 
3u nennen mdre etroa no($ (Suoier: Biogr. universelle vol. XIX, 1817. — 
9tubo(f äBoCf: Biographien ^ur itu(htrgef($id;te ber ^c^meis 1859 II, 105~r 



■*«.■- 






" • •■ . - ... ~ ... . ' ' . t • ' • ■ . ' . . 

• .- ■■"'.'■* ' t. ' . . •- 

IBacon unb bie Slationaliften. (Sr fielet ein, bag ber SnteQeft boc^ ben 
SiDen ntci^t genügenb 5U beeinfTuffen vermag, nnb fo ringt ftc6 in il^m 
mit melrn ©^merjeh allmal^nc^ bad ©efül^I nn|iot a(S eine ®Tunb(age 
bei Sfleligion, ol^ne bog ed freiließ il^m perfönli^ gelungen märe, bai 
S)fnfen, gfül^Ien unb SBotlen ju glüdüc^r ©^ntl^efe k^ereinigen ju fönnen. 
@eine bauernbe 9{etgung jum 3^^if^In l^tnberte i^n baran. 

9n einem nix^ mistigeren fünfte gel^t ^aller mieberum über Sacon 
:]^inauf (£r betont ni^t blog bie (Erfahrung, bad (Experiment a{d bie 
83a{t9 ber SBi{fenf(^aft unb beS f^o^tfc^ntteS, er ifi felbft ein gema(tiger, 
gemiffenl^after (Experimentator. 93erm5ße einer ungel^euem SBelefenl^eit ge« 
lingt ed il^m,^®) aQe irgenbmie mistigen (Experimente, meiere je in ber 
Snatomie unb fßl^^ftologie gemacht morben futb, {ufammeninftellen, mit 
ieinen eigenen )u Mrgleiii^ unb barauS @^Iflffe ^u jie^en, meiere bie 
-fc^mierigften Sebendprobleme berül^ren^ober ju töfen Mrfud^en. 
7^ Sber er beftimmt üielfac^ fc^on wt (Emit bu SBoiS^Ste^monb bie 
(Srtnjen ber StaturerfenntniS, unb teilt bamit bie SBef^eibenj^eit aQer 
^|en Slaturforf^er gegenüber ben SBeltr&tfeln. ^ierin tag fein @egen« 
jit| jum 9tationaIidmu9, meld^ier im ^rin^ip memgfitenS bie (Erfennbar« 
lett ader S)inge, ben ootlfiänbigen unb einmütigen Bufammenl^ang aKel 
:(Erfennbaren forbert. 

V SBte fam nun Rätter ju biefer in turienSüfi^ ongebeuteten $l^i(o' 
iopl^ie? 2)iefe gfrage fül^rt und nun an ba9 bereits^ gefteQte 3:bema. 

S)er t^emunf t^l^e SlationaliSmud gj[2uibte, . auc^ ber unbegabte iU^enf c^ 
bringe ed bd Snmenbung ber richtigen affetl^be ^/axXvij meit auc^ in ben 
l^öd^fien 933if|enfd^aften.^^) ^aOer, jeitlebenS DoU URigtrauen gegen bie 
SSemunft, braute ed meDeic^t gerabe bedmegen auf. bie bominierenbe $5]^e 
im meiten 9teid^e ber 9{aturforf(^ung. @Son augerorbentlidi frül^e f atte 
iu^ feine {ritif(|e SBeranlagung. geäußert. (Er k^erfagte atd S^niä^riger 
"^1718) eine lateimfc^e @atire ouf einen aDiuftrengen Seigrer. ^^} Sufgemad^fen 
tm einfamen, an ber Sare gelegenen ^aSligute bei 93em, Dor ftc^ ben 
Taufc^enben @trom, l^inter ft^ einen munbei^aren Slannenmalb, mag ber 
ifeperlic^ f(!bmä(^Ii^e, geiftig aber geniale Jhtabe, audgefiattet mit äu^ft 
feiner (Empfinbung gegenüber 9latur unb SRenfc^en, fcfton merfmürbig frü^ 
iriene 3fi^^^ung in fic^ felbff* erfal^ren l^aben, mel(^ feine geiftige 
t(rt au^ in fpäteren Sebendjal^ren cibarafterifierte.^*) 92a4 Siel ju einem 
Dermanbten Srjte Üteul^auS al8 Se^rling übergefiebelt. lernte er üon biefem 
Mit Staturpl^ilofopl^ie be§ 3)e9carte§ fennen, nal^eju ein Sal^rl^unbert nac^ 
beffen geiftigem ^urc^bruc^.^^) Unb merfmürbig, gerabe am erfien großen 



'^ 3n bem getoalttgen, ac^t&ditbigen oon 1757^-1766 crfc^ienenctt äßccle: 
.£lementa physiologiae corporis hamani. 

^0 ^tal. ^and^euBler: ^er dtaiionaßdmud bed fieBcnse^nten 3a^r()unbert<{ 
in feinen Sejie^ungcn jur @nt)Di(f(ungd(e^re 1885. @. 15. 

- '*) 3intmerntaiin, ^ad ^z^zvi bcd i^emt p. ^aOer @. 11. 

«•) ^irael, @.YI. 

^ 9erg(. Jtuni) ^ifc^er: Oefd^ic^te ber neuern $$t(ofop^ie. 4. Auflage 
\ 173 f. 



— 6 — 



I' 



\ 



r. 



5 Ü 

!■!:■ 



i li. 



fr. - 



i r ■• 
f • \ 



r 



f; 



- V.' 






--. * - - <• 



Sioeiflec bei neueren ^l^Uofopl^ie mucbe bec füntjel^niä^cige ^aDer 
felbft jurn 3^^iP^^/ unb bte Abneigung, meiere er bamal§ gegen ben 
mad^ttgen 2)enter fa^te, l|at iett(e6en9 angebauert unb \xi^ im Saufe ber 
3a]^re noc^ üerfc^ärft. „Celeber ille bypotbesium auctor^ -*) nennt er 
tl^n einmal iiemlid^ fpöttifci^ unb in ber fonft vortrefflichen Slbl^anblung 
„oom 9lu^ ber ^^potl^efen" fagt er mit faft rigoros uti(iiarif(|er 9(uf« 
faffung ber empirijc^en äBiffenfc^aften: „bequemere @temrö^re, runbere 
(StaStrol^fen, ri^tigae Abteilungen eined d^Ded, @pri^n unb 9Ref(er 
tl^aten mel^r jur Sergrögerung be§ 9leiAed ber SBiffenfc^aften, ald ber 
{^9)^erif4e ®eift beS 3)e9carted, ati ber Spater ber Crbnung, Ariftoteied, 
ab ber belefene ©af^enbi." ^-) 2)ie mec^anifd^e 9laturert(ärung, bte (SorpuS^ 
cnlorpl^^ftf ^edcarted' erf(!^ien $aDer ganj ^^potl^efenl^aft, unb er befa^ 
nun eben, mie er fic6 felbft audfpric^t, eine „aQen $9pot]^e|en jumiber^ 
lebenbe ©emütSart." **) 

Saiten mir bad feft, fc^on ber ßnabe ^aQer oertangt bie Srfal^r« 
> bie ®runb(age ber 9}aturerf(ärung.'^) ^Wiot)tt migt i^r, ba^ bie 
Xeiiciben be^ jmeiten (SIemented runb, ba| bie ©tauberen, bie bie SRaterie 
bed iKagnetd audmac^en, fd^raubenförmig ftnb?'' 2)er 93ieler Aufentl^alt 
Befriebigte il^n nid^t, er l^atte offenbar auc^ ju t)ie(^3^t fu!^ poetifd^ea 
Steigungen ju ergeben. Aber auc^ S^übingen, mol^tn er im S)eiember 
1723 jog, bot i^m nic^t bietenige ^{al^rung, . bie er bereitd Don ber ^iffeu^ 
fc^aft forberte. „@rfinb(id^ed mürbe |ier nic^t üiel getl^an/' fagt er in 
feinem Sleifetagebuc^,-^) unb bie ,,$rofefforen maren teild ol^ne Sifer, tei(S 
ol^ne ®ele|rfamfeit/ 2)er miffendburftige Süngüng lenlte {eine Schritte 
im ^]§(ing 1725 ju Soerl^aüe na^ Serben. Sie bortige ©tubienjeit, 
bie er offtiieÜ am 23. SOtai 1727 burd) (Erlangung ber Sottormürbe 
abfc^Iog, ift k)on funbamentaler 93ebeutung ffir $aller§ £enfen unb 
^rfd^en gemorben. @eine 3^it mar mie biejenige be§ iieibnij reicib an 
großen SR&nnem auf bem ®ebiete ber 9{aturmiffenf(^aften, unb er tl^at 
einen glüdtic^en ®riff, ba| er gerabe ju bemjenigen 9J2anne gieng, ber 
hm ©tanbpuntt Dertrat, meieren ^aller einft bei S)edcarte§ unb bann in 
Tübingen l)ermi|t l^atte. SBoerl^aDe l^atte 8acon gelejen unb betonte in 
beffen @tnn unb ®eift ben SSert bed dfperimented, ber (Srfal^rung.-^) Sr 
mar jmar ein (Sflettifer, meber einl^eitlid^, noc^ genial mie etma ber 

*^) Elementa pliysiologiae II, 469. 
: ^ ®amm(uug ftciner ©atterift^cr @{§rifteu. 2. 3Cufl., öcrn 1772, Sanb I^ 
51 unb 52. (3m ^olgenben cttiert aCd Jiltinc ^c^riften.") 9J2an oerg(. aud) Xagobuc^ 
I^ 381, mo ed ^et^t: ,,9Qir fönnen unmöglich annehmen, ba^ ^. jur roa^ren $r;i' 
lofop^ie benäSeg eröfnet, unb ber GoCom im SReid^e ber SOßa^r^cit geiDejen fei. .... 
Od ift ma^r, er ^ie^ jioeifeCn, uiib feinen ^epfaü eiii.^ig ber Ueberjcugung 511 gönnen. 
(Sx ga6 aber ber SßeCt bad ärgcntbe 9ei)fpiet, in ber ^nroenbung biefer ©efe^e gerabe 
gegen biefe(ben su l^anboln, unb b(o^e SRutma^ungeit, fu^tbare Srrt^ümer 5U (e^ren.'^ 

«) Eiern, physiol. IV; lib. XI, §6. 

**) 3^>nmermann, @. 15 unb 16. • 

'^) $irae(: 9(. 0. ^aUerd 3;agebü(4er feiner 92eifen nac^ Xeutfc^tanb, ^offaub 
unb ©ngtonb 1723-1727. £eipjig 1883, ©. 14, 20. (©iticrt afö „:Hcifetagcbuc$."> 

*•) ScrgC. Sirf^- @ef(^id^te ber mebicinifdjen SEBiffenfdjaft in Xeutfdjlot»>* 
©.263. 



f. ■ 



^■: .7 



~.^ 



9ninti{l Bicüfi,, (An ein grogec $ialtifet unb Sntpirifer. 3){ag ^ nun 
au4i tödig ttd^ttg fein, bag . Sobjprüc^e no(^ leinen (Sinf(ug bebeuien, {o 
ftnb bo(^ XDfAji bie SSotte, meldte Soecl^aDe unb ^atler bem großen 
fiorbfaniler fpenben, mel^r als nur SEBorte.-*) 2)ie Stnatomie unb ^^^fio^ 
(ogie l^atte in jenen Salären noc^ genug gegen fc^olaftifc^e @efpenftei ju 
tampfen, Sriftoteled mar noc^ ni(!^t tot. lieber ba9 bio(ogij(^e (Sntmid« 
(ungdprob(em gab ed bamaö bie munberbarften $9potl^e)en, ber ®p\xd 
ber ©eifter in Seib unb @ee(e mar noc^ fel^r toD. SBie, unb ba foKte 
Sacond (Srtöfung^ruf Don ber ISrfal^rung unb ber inbufttoen SDJetl^obe 
nid^t befruc^tenb auf bie 9laturforfd^er gemirft l^aben?'^) @ei ed, bog fein 
eigened fa(!^(i(^ed f^orfciben unbebeutenb mar, fein befreienbed )S3ort mar 
bon 9t&ten^ fo münfc^endmert au^ bie eigene prattifc^e 2)urc^ffi]^rung feiner 
inbuftiMt ältetl^obe gemefen märe. ÜI]?aI|)ig]§i, einer ber aDerbebeutenbften 
9laturforf(!^ bed 17. Sal^rl^unbertd, ^ielt fel^r üiel auf Sacon unb rül^mte 
beffen SOtetl^obil.^'') S)er größte f^orfc^er bed 18. Sal^r^unbertd, ^atler, 
beginnt fein monumentale^ SBert „Elementa physiologiae corporis 
huinani" mit einem ^inmeid auf Sacond meife (Irinnerung, „e§ fei bem 
gemeinen 93eftet| jum Vorteile/ menn mau üon 3<tt ju Seit gleic^fam 
einen Ouerfcibnitt, eine Ueberfi(^t über ben €tani) einer (eben ».Jlnnft" 
liefere, meit babur(^ „bie 92a(^me(t mit leichterer SRäl^e unb auf eine an^ 
ftänbigere 0rt bie ©renken ber menf^Iic^en SEBiffenfii^aft ermeitem'' tonne. 
9(n onberer @teDe fagt ^aUer,^^) 9}acon unb nid^t 2)edcarted l^obe ben 
äBeg gejeigt, bur4 bie SBerfuc^e bie 9?atur fennen ju lernen. S)iefe 3cug^ 
niffe genügen boc!^ mol^l. bafür, bag man oucb auf bem kontinente ni(|t 
glei(^gi(tig an 93acon borbeigieng, fonbem ouf il^n l^orte unb fein Sßort 
fi(^ Jtt ^erjen nal^m.'^) Su^rfi in ^oHanb ber „praeceptor commanis^ 
oon (Suropa, 93oer|^aüe, mie Roller fe(bft fagt Und tommt ed l^ier nur 
barauf an, ju feigen, ba§ ber ®eift Sacond fid| burc^ 8oer|at)e in 
Serben auc^ auf $aQer übertragen l^at. Sr fc^&^te beffen Unioerfaütöt 
unb ^römmigfeit. — 9ber nic^t nur bad miffenf^aftlid^e fieben Se^bend 
l^at befru^tenb auf ^aller gemirft. 2)er gonje (S^aratter bed l^oDänbi- 
fc^en fiebend gefiel t|m, bie 9iu]^e unb @i(!berl^eit bie Sinfac^^eit unb 
t^*tömmigleit ber Semol^ner.'^^) Sr reifte gelegentlich im Sanbe l^erum, 
einmal na^ 9?orbbeutfd^(anb bid Sremen unb fam auf einer fiuftfal^rt 

^ '^y ^^^^ ^tw^itx, S^anctd SBacoit imb feine gef($t(^tlt($c (stettimg. 
1889 & 3*^ • ' 

'-'»)\«ergr. SBinbelBanb, ©efd^idjte ber ?J^i{ofop^ie. 2. «uft: 1900, e.314. 

'») »ergr. Opera posthuma, Slnifterbam 1698, 5. 339. 

*») »ergt. SCogebud)!, 381; II, -^04. 

^*) yuc$ ni)d) @aC(, Der boc§ aVit $4t(ofop()te ooit $(atoit bio Z^z\i\\\^ 
ücrf(^mär)te, berUcfftd)tigte tucnigfteiid ^acon. !Serg(. %. St. (5aru9, $Mi)(. Iti08, 
II. ab. »cr^I. 2agebu(§ II, 98. 

") @etuett £e()rer )(^ä(te ^aUer immer ^oc^, toid) aber immer uou i^m ah, 
tDentt tön „bie stimme ber SDßQ^r()eit unb ber 'Jiatur anberdioo||in" rief. 'l<ergf. 
Elem. phyHiol. I, lib. IV, § 11. 

'^ SIuc^ @pino2a ^atte einfi fjoUänbifc^ed Ztbtn unb l^oUitnbifdic «Staatoform 
fe()r qnge}ogcu« [o ba^ eo uid^t o^ne (SinfCu^ b(ieb <ax\} feine 6taatd= unb 9{ed)t<S= 
p^iCofop^ie. 



-, 8 ^; 



". H 



♦ 






r. 



) 



i----. 



• > 



- 






f 



\ 



i * f 



! 



, 



i 



t i 



i . 



li 
1 1 



- • < 



am 15. Sßetnmonat 1725 nad) Satm^I, „mo 2)elcarted etUd^e Saläre ftc^ 

aufgel^alten, bie (Sbbe unb gf(ut be9 3)^eeied ju betrachten/ ^^ 9{e6en bem 

@tttbium bei SOtebiiin trieb er eifrig Sotanif , loie fci^on teilioeife in Xäbingen. 

92mt foDte ed il^m noc^ oergönnt fein, in ba9 Sanb Sacond felber 

ju fommen. f^ur bie „tieffmntgen unb fpi^fänbiaen (Sngenanber" ^^) ^atte 

er fc^on lange eine ©Ijmpatl^ie gefaxt nnb tief moci^te ber (Sinbrutf ge^ 

»efen fein, ate er nad^ g(üdU(!^er SReerfal^rt am 26. Salt 1727 in einer 

ber f^önften @tra|en Sonbond, gan$ nal^e beim ^^beparf, Quartier 

nd^men fonnte $u einmonatli^em Sufentl^alt. Sber er mor gerabe jum 

, SSiaiahm^ bed k)on il^m ]^o(^t)ere]^rten 9teniton gefommen. 0uf bie (Sng'» 

' lanoer l^atte il^n auBer Soerl^aDe auc^ ber 93emer S3eat .Submig 9J{ura(t 

ttufmerffam gemacht burc^ ba9 Suc^ bie „Lettres sur les Anglais et les 

Franqais^ (1725), morin biefer englifc^e ftulturjafitanbe ben franjöfifc^en 

rSl^menb entgegenfteDte unb bie 9{a<i^a^g ber (entern in ber ©(^meij 

fid^arf geißelte. 3n ber Zl^at ma^te bie @elbftanbigfeit, bie „nad;^bvxh 

lukt mtb el^rfüc^tige Statur" bei» englifc^n Soded (Sinbrud auf il^n. 

\,9n ber (Erforf(^ung ber Statur/ fagt er,**'®) „treff(i(^en SSerfuc^en unb 

aflem beme, mo^in bie 3)teBfunft unb bie Statur ber äBefen ftc^ erftredt, 

fibertreffen fte alle oorige Qüttn unb ijtge fiänber.'' ^nä^ in ber „Unter« 

fn^ung ber menf(^K(^eit @ee(e l^at Stiemanb'' ed ben eng(if(^n SDentern 

jubor aetl^an. SÜ^n freute ed üor aQem, ba| bie SBiffenfd^aft in ben 

xegierenoen Streifen ebenfo l^o^ gefc^ä^t mürbe ali anberdmo, j. 93. in 

feiner fieimat, Sbel unb ftriegdbienft, unb umfo bitterer mu| fpäter feine 

(Enttauf dbung gemefen fein, ald er felber in feiner geliebten SSatcrftabt jo 

totniQ Serftänbnid unb (Sntgegenfommen bei feinen SBcfhebungen für ®t- 

metnmol^t unb SBiffenfdiaft fanb. Sd ift nun taum anjunel^men, ba^ 

^aDer trof^ angeborener Sefemut fi^ m&l^renb feinet nufentl^alted in 

„i^nbon befonberd in bie englif(^e Sitteratur eingelefen l^abe, menigftend 

nic^t in bie $oefte.^^) 93acon, Stemton, oieDeicbt aud) (Starte maren il^m 

f(§on befannt. Sr befuc^te miffenfcftaftli^e Snftitute, (ernte fianb unb 

Seute fennen unb bereid^erte bamit ben bereits anfel^nlic^en @4atf feiner 

Grfal^rungen. — Stm 1. September 1727 traf ^aUer in $arid ein, um 

J^ier feinen anatomifc^en @tubien ju (eben. %bcr bie fauberen Präparate 

nnb bie ©etiauigteit, bie er in Serben unb Sonbon gejel^en, gemacht unb 

iieubt, üermigte er ^ier bei ben „franjöftfc^en ©(^meinen.'' (Sinnig äBind« 
om (1669—1770), bamald ber angefel^enfte 9(natom t^ranfrei^d, be^ 
geifterte il^n ju eifrigem Arbeiten berart, bag er fic^ nic^t f(!^eute, gegen 
^eia]^(ung l^eimlic^ Seichen ausgraben 5u (af(en, um an biefen bed 9J{etfter^ 
^et^obe einjutiben.'**'*) SBieberum ein äugerft t^pifc^er 3^9 für ^aßerd 
SBiffendburft unb (Einfielt in ben SBert jbe^ (Ssperimented. 



■j:r 



**) »eifetageBuc^, c. 51. 
») »cifetagc6u4, @. 128. 



») »eifetagebiic^, ©.132 f. 
^•) «ergC. öirAeC, @. XLf. 

>*) Ueber fein ^lebntd in $ano fc^retbt $aUer in ber Bibl. auat. II, 196: 
,,Hanc di9cendi opportun itatem maligna curiositas operarii turbavit, qui, effo«« 



■ » 

1 • 






« • 



• - Q ..^ . 

aRittf iDtarj bc9 näc^ften ^cü^ja^ied traf er in 99aff( ritt. Sßon 
berjetben loeittragenben 93ebeutung, mie ber 9ufent^a(t in fiet^ben, mürbe 
ber in ber alten Sifc^ofdftabt am Sll^etne. $ier (ernte er iunoc^ft einen 
SRann lennen, ber ft(^ mürbig an 93acon, fieibni}, SRemton, 93oei]6a))e 
anf(6IieBt, ben 9Rat^ematt(er 3o^. 93ernouai (I).''') SBei i^m ^örte ^aUer, 
ber SRebiiiner, Sorlefungen fiber ]^i)^ere SRatl^ematit, über 3ntegra^ unb 
Xiffereniialred^nung. 9Be((^ begeifterted fiob ßeOte er biefem Seigrer oud : 
^Qr mar nic6t mie Seibnig ein t^i^ftem, ein @irtui^, ber mit feinem 
@(an5e eine SRenge oon @p]^firen t)on SBe(ten erfttUt, ol^ne fte ju er« 
marmen, ober au^ genugfam ju erleuci^ten : SBemouKi ift bie Sonne twn 
einer SBelt, t)on einer unbegrenzten SBelt gemefen, beren ganjen Umfang 
aber er mit fiu^t unb ftlarl^eit erfüllt ]§at. SBenn Seibnij, ber in ba§ 
Unenblicibe »ie in bad (Snbtt(^e fal^, einen t^unfen entbedte, einen Sn^^if^l 
^u beteudbten, einen gfunfen, ber bie SBolte brac^, glänjte, ft(^ iurüdjog 
unb bie äßett in f^inftemid lieg, fo ftecfte SemouOt eine ^^adel on, bie 
bem irrenben SBanberer ein unt)eränberti(l^er Seitftem mürbe. Seibnij mar 
fin (Solumbud, ber einige 3nfeln k)on feiner neuen SBelt erblitft l^atte, 
aber ein 92emton, ein SBernoulli ftnb geboren gemefen, bie S9aminger ber- 
felben ^u fein«''^^) ^aQer ergab fic^ mit allem (Eifer bem ©tubium ber 
äRat^matif, benn bte @i(^er]^eit unb 3u^(&{fist^tt i^l^^ Se^rfä^ im* 
4)onierte il^m, unb barin mar er bur^aui^ nod^ ein ftinb bed 9lationalid« 
mud ; ieboc^ |^at er nie bei feinen ^^orfc^ungen bie 9{aturerflärung in bie 
enge Sn'^tngdtade ber geometrifc^en SRetl^obe genötigt. 

8ber nic^t nur ber SRatl^ematiter Semoulli, auc^ ber SOtenfc^ 
30g i^n ^^}'^) äBie SBoerl^aM, fo bejag auc^ ber gro|e Sudler einen tief* 
religiöjen @inn, unb fo begeiftert er auc^ t)on ber l^ol^en Sebeutung feined 
tJfa^ed mar, fo bebauerte er e9 bodE|, mie ^aller einmal fagt/'^) nic^t mel^r 
3eit auf baS @tubium ber 9leligion oermenbet $u l^aben. 9Bte fel^r auc^ 
^aDer oon 3ugenb auf ficib S^aen jebed 3o(!^ ber SutoritSt au^e^nte^'^) 
mit feinem felbftbemugten ©eifte, fo ]§ot er bo^ fpesiell in religiöfa 



pariete, quid agereni specolatas, meam nomen äd viro9 pablicae secnritati prae- 
teeto« detaltt; at graves poenaa, forte triremes effagerem, latendum 
mihi fait et deserenda cadavera.*^ 

*^ (Sr fe(6ft bejetc^net ft(4 in feinem ^auptmerf a(o ^@4ö(er^ oon SernouUi, 
'von weCd^em man eine ^^grö^ere (Srfal^nuia in ber tieferen %na(9ficning" enoarteu 
werbe a(d oon fonß einem. Elem. phys. Fraefatio. 

^^.3^uimermann, @. 48 unb 49. ^nroiemeii ber Sudfpnn^ e^t ifl, föuneu 
n>ir nid^t entfc^eibeti. ^6er bie 6i(berrei4e, poctif^e @prad)e bedfe(6cu iväre ein 
(iibfc^ed @ettcnftfi(! }u ber in 9afe( wieberenuac^ten, (räftigen, fprad^geroattigcn 
^nfe JaUewJ. 

**) 35ergr. 3immcrmann, ©.392. 

^') $a((er: »riefe über bie loic^tigftcn äSaftrieitcn ber Offenbarung. 2. %ufC. 
1780, @ 6. (3m gotflcnbcn aC« „Offenbanini^dbricfe-' citiert.) 

^'> ^Wrgl. ben »rief .Rattert) wl »oltatre 00m 11.9(pri( 1759, mo er fagt: 
nSi par philosophe vous entendez un homme qai s'appliane ä se rendre meilleur, 
4 »armonter ses pasaious, et ä eclairer un es prit revolte \h% aa premiere 
jeaneaae contre le joug de Taatorit^, je ne refaserai pas ee caractere.^ 
Oeuvres completes de Voltaire, XL, 76. 



* .. ■ • 



j - £ 



— 10 — 



11 

i 



Ü 



V 



ir . 



11 
I 



-"-.--r 



.»*» 



^infu^t ftc^ gern an bad Seifpief bebeutenber SOtänner gehalten ober 
Italien moQen, ol^ne aber einer fert)t(en ftrie^erei an^eimjufaQen. Un^ 
tommt t^ jjeboc^ $iet nur barauf on, anjubeuten, bag er in )Ba|e( burd)- 
au9 in feinen ernften religiöfen (£m))finbungen unb @ebanfen geförbert 
mürbe. 2)ad ift be§^aI6 mi(i^tig/ meit f^on ))ielfad| gejagt roorben x% 
et üerrate in jeinen ©ebici^ten, bie ja grogenteite in ^a)e( entftanben 
ftnb, einen rebolutionären ®eift, ber pm S)ei3mud tenbiece/^j unb nad^^ec 
l^abe er baS ou^iumifciben t^rfud^t. Sened iß richtig, aber man ntu& bett 
großen (Srnft nic^t üertennen, ben ^aller jeitlebend religiöfen ^robUmen 
entgegengebracht l^at; biefed aber ift fatfc^, benh ein miifiic^ bemütiger, 
glaubiger S^rift mürbe ^aßer au4 f))äter nic^t; er imeife(te unb grübelte 
tinmerbar, er f(!^manfte gmifc^en überliefertem unb eigenem SDceinen unb 
broii^te e^ nic^t gu einer glfidlic^en, il^n felbft befriebtgenben @Qntlgefe.^'')' 
' fBie ^aller felbft, fo mar auc!^ SSemoußi ein ))iel)eitiger SlJenjc^, 
Qn fc^&t^te bie $oefie {el^r l^o^ unb fo fc^eint er neben bem .^ic^ter 
SHoßinger unb bem $l^9ftfer SBenebict @täl^e(in einer ber SRänner ge^ 
mefen ju fein, bie ^aßerd poetifc^eS 3:alent gleic^fam mieber and fiic^t 
2ogen unb il|n auf bie englifc^e SDic^tung l^inmiefen. 

0u4 für unfere Unterfuii^ung ift ed bon Sebeutung, genau gu miffen, 
ramiefern feine äRufe üon ber englifc^en ^oefie beeinffuBt ober unabl^ängig 
batwn erfc^eint, unb jmar bedl^atb üon SSebeutung, mei( baiin bie midi« 
üftften $rob(eme religiöd^metapl^tififci^er ©pefulation bej^anbett finb, alfo 
ein €tüd üon ^aßerd $]^ilofo^]^ie. 3m aßgemeinen ift man l^eute ber 
Snfic^t, bag ed fic^ um eine birette Snttel^nung ober 92acbo^mung burc!^^ 
ü\a nic^t ]^anbe(n !ann,^®) infofem e9 eben mefentlic^ bie ^^ilofopl^ie bed 
Seibnij ifi, bie il^n bamate bel^errfc^t l^aben bfirfte. ®emig ^ai er 
^o)>e unb @^aftedbur9 ge(efen unb jmar gerabe in jenen S^^^^f ^^ber 
ed ift ebenfo ftc^er, ba§ $aßer, ber einen fo gemattigen 3)rang nad) 
Sefriebigung feinet unioerfal angelegten @eifted l^atte, f^on bamatd 
burd^aud vertraut mar mit ben religiöd^metapl^^fifc^en fragen, me(d)e bie 
2)eifien in Snglanb unb bie leibnig^molffifd^e ^^itojop^ie aufgemorfen 
l^atten. SDad ^ic^tige ift aber baiS, bag ber f^meiierifc^e S)i4|terp^i(o^ 
l^P^ iugeftanbenermagen biejenigen, beren @ebanfen er übernommen l^aben 
foß, an Sr^abenl^eit unb ßraft unb Originalität übertrifft. $oped $au))t^ 
merf neben bem £odenraub, ber „essay on man," etfd)ien erft 1734, 
nac^bem ^aßer bereite feine bebeutenbften Schöpfungen gefc^affen ^atte. 
2)er SOtenfc!^, ba§ 9{aturgefe^, bie 9{emtonfc^e $|i(o)op^ie maren @toffe, 
bie auc^ Voltaire mit feiner fc^riftfteßerijciien ©emonbtl^eit in ^erfen be^ 



(I 

I ! 



i 

• 1 ; ■ 



**) «cral. eri{§ ©(§mibt, e^arafterlftifcu. »eclin 18«6, S. 118. 

*^) $erg(. ^teju bad @c^(ufitapite( : .^atter unb bie 3(uff lärung. 

") «ergl. Subroig §irgcl, ©. LXXIX, — 2CboIf ^xti), S. 96. — 
ffi. (5 euerer :©efd)i(§te ber beutfd;en2ittcratur. 8. 9(uf[. 1899, 3. 573. — gaJoDp: 
im «rcftio für Sitt.=öcfc(). XIII, 126 ff. — Xeilroeifc aurf) $eitner: i>iti.=Öcf($. 
beö 18. SttftrO. 3. 9(ufl. ill, 1, 353. — ©ricö ©d^mibt: (5f;arafter|ftifcn, 8. 114. — 
©c^röter: (^ntiDitfcIungögang ber beut{d)eii :S9rtf, 6.25. 



• • .^ II:; — . ■■-■-•,■." 

■•^ • . • • . . • 1. ■ ■ • 

- - ' ^ • ' ^ ■ . ■ ■ •. 

(anbelte nad^ bem SRufter ^opti. W)tt ed fel^tte bte)em mte jenem bad mt^ 
ber inneiften Stefe be9 ®eified ^eroorquedenbe bed ^ebanfend.^') ^aßer 
i^üpfte feine @eban(en nic^t blog aud ieitgenöffifc^er fiitieratur, fonbeni 
ooc aÜcm ouc^ au9 {einem eigenen ©emüte. (Sc erlebt biefe bid)tecifd[)e 
"iß^ifofopl^ie innerlich; bie alten metapl^^ftfc^en Stoffe: @ott, f^ret^eit, 
llnftecb(i(^tett, Urfpcung bed Uebeld ergreifen tl^n, unb mit ber barftellen« 
ben ^^antnfte bed 3)td)terd bereinigen ft(^ bie äBünfc^e bed SO^^enf^en 
uub bie Xiefe bed ^l^ilofopl^en, ber üorwärtd unb rädmartd fdiaut. 

& ift neuerbingd^^) g^agt morben, befonberd ©l^aftedburt) l^obe ^aller 
ftarl beeinflußt. 3ugegeben mirb, ba% bie fulturfeinblid^e @eftnnung, 
luie fie in ben .rSIpen" t)orIiegt, ba| bec 9luf : S^^ücf }ur92atur! nic^t 
Don @^afte9bur^ ftammt, ber {mar auc^ aQe ©(üäfetigleit aud ber 9tatuc 
.ableitet, aber in anberem @inne. SDie Sel^auptung, Rätter l^abe in 
ben ®ebid^ten unter (Spifur eigentli^ ©l^aftedbur^ gemeint, ift Derfel^It. 
üKic^t bedl^olb, mei( bie bort entmidelte (Stl^if niii^t biejeuige Spifurd ift 
unb nidbt bedl|a(b, mei( fie eine gemiffe Hel^nlic^feit mit berjenigen ©l^ofted« 
bur9§ Qut, meint ^oDer unter Qtpxha eben ben (SngtSnber. Sine fo un« 
nStige ^ntififterung brauci^te er gar nic^t. (£r geftel^t felbft, mie ed 5. ^. 
in ber fed^ften Su^age 1751 ju (efen ift, baß er jene 9leime gefcibrieben, 
„el^ Ol ben (Epifur tannte;" feine nad^l^erige Prüfung l^abe il^n freiließ 
eined beffem belel^rt. 9Ran fann fic!^ l^ier gar nid^t barauf berufen, 
^aUer l|abe eine Sßanblung burcibgemadbt unb jule^t @]^aftedburQd (Stl^if 
uic^t me^r gebilligt, benn er billigte ju gleicber Stxt ebenfo menig bie^ 
ienige bed äci^ten (Sfitur, bie er a(d fogar ftaatiS« unb ftttengefä^rlid^ 
anfal^. (Sd bleibt fomit unfered (Sradb^end bie Hnft^t bie rid^tigere, 
luelc^e ßaUer mel^r unter ben SinflitB Don Seibni), fpejien feiner Xl^eobicee, 
fteKt. Seibnij felbft mar üon ©l^afteUbur^ beeinflußt — fein 3w«ifri — 
unb fo mag ed nal^eliegen, an eine birette (Sinmirtung }U beuten. Sie 
ganje 0rt unb SBeife, mie fi^ ^ader anif in fpäteren Salären ju ben 
genannten fßroblemen Derl^ielt, fpricibt burcbaud ho4 bafär, bag fieibnij 
i^m mol^I betannt mar unb i^m mel|r entfprac!^ ald ber (Snglänber. 

%n 7. 3u(i 1728 Derlieg .^ in ^Begleitung feine« f^reunbed 3o^. 
®egner bie @tabt 93afel, um ^fetne gro|e SBanberung in bie Stfpeu 
mefentli^ ju botanifc&en B^oecfen" anzutreten. @ie fübrte i^n an ben 
9teuenburger @ee ^u Seat fiubmig Don SRuraU, beffen Sbeen il^m fd^on 
bur(!^ bie Settüre mol^l vertraut maren. SDie fc^Due (Sinfieblerftimmung, 
bie er l^ier traf, gieng auc^ auf il^n über, bie fiiebe jur Sinfac^I)eit, bie 
SBegeifterung für bie SRalur. „Heureux peuple," fc^reibt er, „que 
Fignorance preservoit de tant de maux qui suiveut la politesse 
des villes !" SBciter ge^t bie fjal^rt an bie berrlid)en ®eftabe be^ Semau ; 

er bebauert l^ier biejenigen, meldte nur Snbiffereu} gegeit ben 3<^uber ber t •: 

Statur jeigen. 3mmer gemaltiger mirb bie @cenerie, bie granbiofe ®e- I V 

*') fctflr. aRoriu (Siurierc, ^^ie^oefie. 2.«uf(. 1884, e 358. • 

*^) Q^eorg ^oitbt, ^a^ '^cvfjiMun^ oon ^aUcrci pt)tlo|op()ifctHMt (^ebic^teii 
m ^^itofop^ie jcincr 3dt. 2e\\>m lö^^l- 



) 



tl 



•21 



'k\ 



-*; 






1-. 






I 



if 



^: 



•1 V ' 



i 






in 



f 



t 



»I 



••1 



II 



I - 

1 



>< 



^ • ■:■:.. ■■'■'■ — -12 — . ■ '^^ ' ■ " :' 

• ■* • » 

itrgSmelt bei äBallid übetfc^aut et Don ben ^öl^en beS ®emmipaffed ; 
ouf bamoll ^tten betretenen $faben fammelt er bte jc^önften 99(umen 
tinb aente|t bie unerf(^5pf(i(^n Stetje bed Semer OberlanbeS. @efatttgt 
Don Sinbrürfen, bte ber bamaligen „beffern'' äBe(t noc^ fremb n^aren, 
feierte er über Sem nac^ 99a{e( jurüd, um %\tt al9 {leKüertretenber Sej^rer 
ber Anatomie ju mtrfen etnunb5man2tg ^al^re alt. 92e6en jeinen 
fteiligfiten Smbien entftanb baS \fmix^ &Axit „5Die %tpen/ baiS in 
loenigen pa^xm bie ganje bamalige gebUbete SEBelt erobem foQte. (£r 
toax gereift, .um bie 9lat\ix ju fe^en unb ntc^t bie SOtetif^en unb tl^re 
SBerfe/ Siefe @ttmmung fpiegelt ^c^ in bem (Sebic^te »teber, unb bod^ 
barf faum on jene ftulturfeinbfetigteit gebac^t merben, mie fte zttoa 
9iott{feau fpater entmidelte. 3)ie Siffenfc^aft ^at $aOer nie Derac^tet 
ober abgelel^nt, mol^t aber langte er jene überfeinerte SiDilifation, bie er 
in Sonbon, $ari3 unb oucib in Sem beobachtet l^atte in il^ren ^mhtth* 
li(^en gfolgen. liefen ©tanbpuntt ^at er nie Derlaffen. 

S(d Genfer l^at $aDer in biefen Seiten feine $ol^e erreicht. äBol^in 
il|n au(!^ fpäter bod Seben filierte, fei ed ate jungen $rofeffor nacib &oU 
üngen, ober a(S ©aljbergmerfbireftor na^ 9toc^e ober ate Staatsmann 
THU^ Sem, ma§ er au<^ immer iai unb burc^forfci^te, eine mefentli(^e 
Xtmbitbung feiner Hnfc^auungen ift nici^t erfolgt. (Sr war jmar oft ein 
unml^iger &^, aber feine Unrul^e mar nicibt bie eines fanguinif(^en Sie« 
t)oIutionärS, )oiä)ern bie eines t)om ScepticiSmuS angel^au^ten UniDerfaU 
genieS. 2)er Umfang ber Gebiete, bie er fic^ ju eigen machte, mürbe 
immer gro|er; bie @renien feined pofttiDen SEBiffenS auf allen 3^^i9^n 
bec SBiffenfc^aft l^at too\i faum ie ein ©terblid^er erreid^t, %[rißote(eS 
unb Seibnij nid^t ausgenommen. Sr mu|te ju me(, um ein {itaner Sog« 
tnaüfer ^u merben^ unb erlebte ju fel^r bie Saunen beS Sc^idjalS, um 
il^m mit ber eigenen Shaft unmtmegt immerbar trogen ju fönnen unb 
' jU iDoQen. 3R(m tann baS eine ©d^mac^e nennen, aber ber @toff, auS 
bem er gemoben, mar' feiner a(S berienige feiner meiften 3^itgenoffen. 
€i(§ fe(bft im ^aixm p l^atten, mar fein Semül^en. „3Benn @ie unter 
einem $]§iIofo;p§en einm iD^enfc^en Dergjd^ät/ fc^rieb er an So(taire, ,,ber 
[\^ bemüht, \ii^ ju bejfem, feine SetSenfd^aften ju iiberminben unb einen 
<8eift aufiuüoi^n. ber feit ber erften Sugenb ]idi gegen baS 3o(^ ber 
Autorität auflehnte, bann meife iii biefen ^^aratter nic^t t)on mir.'' (Sr 
toünfc^t fic^ bie 9iu^e eines „©otcateS gegenüber 9(nt)tuS.'' @o(rateS 
iü für il^n au(§ ber X^puS beS ©el^orfamS gegen baS Saterlanb unb 
fein ®efe^. Sr fe(bft (iebte feine ^eimat Aber aUeS; ju i^r lehrte er, 
ber l^eigbegel^rte @e(e]^rte, afS einfa^er Sürger jurücf unb mar g(udt(i(^, 
menn er oIS Satjbirettor in 9lo(^e bei %ig(e (SBaabt) Sümpfe auS« 
irodnen, mit @ej&üpp flbermuci^erte $ügel tultioieren unb (Sfparfette 
barauf anfäen tonnte. Sergnügt teilte er baS So(taire mit, unb biejer 
antwortete i^m f^meici^elnb, ja, ber größte ma^re ^^^ftfer {ei ber, me(d)er 
bie (5rbe bebaue.^*) 



4» 



) JSergL Soltatre, Oeavres. XL, 76, 80. 



— 13 — 



AB I^ XfywfcjL 17T7 %K&» f pftiiih 

^Erat i^pe HiILervs »» ex iZii Mtqics iogenüs, qiue 
1 7r}C«>i<>fmB nxätar conecaac loc cmfiiaitibQS B&mrae donis md 
.'Ipraadan popcbrai anaBi abalmtiir. Sdida m eo ftit doc- 
'rJiA» «tilis honno gcseri, qiaeqae mteOectoni non viiiiiis 
;::xstrafet qiauB aautoi ad TirtstcB essRndiM caüeStceret.* ^^> 



* Sie fci 5DcicnlKi, fb knf a4 kn ffiiiia h Ke Sc^ie ^Ikc» 
jntni 0n|CB aii H yop c wuiE|I1i|u§i vcocBt pQob p m i ub, neu tt jtwxc 
pe tti OK woDugi^ wnuBmimiiu^i icxiiunugoi wuiimtety loiMiini 
■eU dtt glmawf fimcr SRe^"^ ■>* f>< ^ fotgenboi Untec^ungm 

«li w^obqife finna mr vo^ «De »tffaijilHtfi^n Scr!e ^aOer^ 
bcid4na. &ia Xnigiuig i^ ja Soam^Qoes^one. SRft^oboIogtfc^ ba« 
grgca « 6tine cnet gaumcn w& toD^öidHgni S)axfldlinig ober X^eorie 
bct toiffnifA^tc^ SciAirt iß im brftai ^^ofle adetn bie S(b^anb(ung 
•über bot Stufeoi bet ^Xffolä^J^ mUbe ^Dec ato »Sonebe 5um elften 
Zeile ber aOgraieiiiai ^ißorie bet Kotnc'* Hon Ouffon im Sa^re 1750 
g efc ftri ete n ^ 9ebo4 omib fie ifl (elften Cnbcd fo loentg ein neite^ 
Ccgonm att ScScosteil' „Dbconrs de la mithode,'* üX% So^n SJcomnd^ 
„ElttD^ta medicmae,'' ober aU eboa S^rnmammsA SBert „Son ber 
Sefo^nrng in bet Vi^ne^Innil.''^*) 

9bi4 einet befKmmten SXet^e ^n einem befUmmten ^xozdt l^at 
Raffet feine Elemeuta physiologiae gefc^cieben, »te er in ber Praefatia 
ium etjlen Sanbe onSffi^tt. St »iU fu^ borin an ein „ber matl^ema« 
tiff^ £d^rart eigoie« Oefeft" l^olten, nämlicb rrni(&t bad äRtnbefte ffit 
nm^ onjunel^men, menn ed nnr auf fd^mac^en @r&nben ftel^e ober b(o^ 
n^Q^^bctnli^" fei* (Ebenfomenig tottt er ^^otl^efen annel^men, blojs „um 
f^ noc^ meiter oudinfc^mfidEen." 2)ad i^ gar nni^t ber 2i^tA berfe(ben^ 
fie ftnb oielmel^r ber SBeg jur SBal^rl^ett, ober ni^t bie äßa^r^eit ]AV\i. 
<£d borf auf bie HutoritSt onberer vki^t gehört merben, „man mug ol|ne 
SSorurteil bad SEBerf angreifen unb nid^t in ber 9(6fi(ibt, baSjentge ^u 
fc^" unb jtt beftattgen, mod ein bemäl^rter Vutor bereite befc^rieben l^at,. 



*^ 8 immer mann, 3)etttfd>eä 2»ufcum. 1778, (S.191. 
.^„^ **) nAnnaa Magni Halleri memoria^ pon Xnbt. Xbam ©enfft. Ulm 
1779, S. 27. 

^ ^er erfle Xtii btefed bama(d raf4 Berühmt getootbcncn SBerli^ ctf^tcit 1763^ 
ber zweite 1764. SJcrgl. bacüber ö o b e m a n n , 3. @. 3immennaim« iöcbeii. 1878, @. 29 



- 14 — 



I j . ^ 



I :: 



4 

i 



1 












^melmel^c mit bcn Sona^ bol ja f4<n, wA bie 92atitc ietbft ^(fianfi 
j^ot."^ 3)aiu flc^ bttn^aal ot^ft tai Sibafpnu^ bte ^ngni l^tftoiiic^ 
Sndeinotibecfr^iiiigni; btrie habm, toam ntd^t data bd^crnben« fo bod 
finen nntet^alteiibcii SBm. ^oQcr aaltet e9 a(9 etne Vufgabe tfo\ 
nxdft pi nntnfd^laiba S^boitiing, j^em Sfocfc^ fräi riifetigel, i^n 
totrttui ]^fbri|4 gtbn^imbef grifHfled (Etgentum iuffoo^ta. Xa^ ®emü 
beS ScfetS, tocmi ci bur^ ba§ Sbn^bciitai bei bot 8ii6ti(ittttni abge 
mottet moibeii, ivenbet fi<!^ bomi bonlbac folc^ (ifbrijc^ (eic^tcrei 
Sottiogni in, ec|o(t fic^ gepinermofim babei, ol^ne bo^ gar feine Oe 
k^nuig jn emtifangen. Str gemimen bobun^ eine tiefere Stuftest ti 
ben SBonbel bet ^liji^oät^m, ber maifc^i^en Xnfii^ten, aber auc^ in bei 
Salanf bed ^ütt^dfAtM in ber 9latnrerfdmtni9. 3n biefem Stmie (a 
^Her feine Elementa phjsiologiae gefi^rieben. S)er (Erfolg berfelbei 
^ i^ dUift g^en mib me^r benn fei^^ig Sn^te fpäter mun^e imme 
mdi anertannt, ba| {ein pb^jiologifc^ Wert bo9 befh mm äffen fei 
boft bid ba^ in boc ^^pftolcgie erfc^ienen.*"*) 

dS nrarbe \fym in ber Sinfeitnng gefagt, ^aDer fei (Sm^nrift %l 
^oiäfK nnb ate gnter ftenna Saconil i^ er natfirli^ ein Vertreter be 
inbnttiiien SRet^obe. Vber a ge|§t infofem »eit fiber Oacon nnb üie( 
onbere, bie nom SBerte ber inbuttbien SXetl^be jn rri^en miffen, btnaud 
üü er niifet b(o| ali ein SBegjeiger boffel^t nnb onbem bie Stiftung jetgt 
in wddftt fte gel^ follen, o^ne felbfl mitjuge^, melme^r fetbft bei 
Seg burc^migt, felbjl bie iältifiobt j^rattif(^ bnrc^jufai^ren Mjiul^t, unl 
{mar in einem Umfange, bog feine 3^t barob in (Erflaunen geriet unl 
t§tt a(9 ben grBgten Anatomen unb ^l^^ftotogen be9 Sal^r^unbertd an 
erfannte. Oerabe bamm, n^eit er bie SRe^obe prattif^ burcibiuffil^rei 
in ber Sag^ mar, l^ben feine 3(eu|emngen i^er bie 0rt unb SEBeife, mi 
man jn ^rf^en bnbe, einen ganj befonbem SBert. Sr (el^rt nic^t ein 
<Erfabmng, obne ^(bft erfal^ren jn $aben, er tl^ut ed üielme^r aud be 
iei^ften (Erfal^mng fjaavisi, aber me^r fo »ie nebenbei, b^cbeiben; unl 
nm ^ bonfborer nimmt inan biefe eingeftrenten t^>cfi^erma£imen l^eraud 

SBenn ^aller gegen ben @(ouben an Autoritäten fäntpft, fo bar 
iHA aber nic^t fo gebeutet merben« aÜ mfid>e er nic^t bad SRinbefte an 
nd^men, ^merni ei» nic^t Mrber erKort unb enoiefen »ori)en.'' 93efonber) 
fftr bie ^ffi\ioloQxt möchte er felbft nic^t biefe fhenge Snforberung {teilen 
^Der 9Regfän{Uer l^be den ba^ oor bem ^^pftologen ooraud, bag ei 
bie (Srunbe feiner ftun(l aud ber ftunft felbfl b^^^^^nten fonne, mabrenl 
ober ber ^^^{tologe eine SRenge ^ilfsbidgiplinen benötige, menn er bi 
MnoiiMten nnb ' nnenblicb mannigfattigen Objefte fetner ^orfc^ung au9 
reiii^enb erflaren imb bar{;fceDen rooKe. 9Ran lönne ed %'m barum au 
Idnedn SBeife üermeiben, oorber^anb SDinge für »al^r anjunel^men, bi 
man erfl nad^b^ ertlaren unb beftdtigen Anne. 

9ei feinem erftaunli^en @ebä(btnid unb ber ebenfo erftaunlic^en SBr 
(efen^t in ber alten nnb neuen Sitteratur mu|te ed für ^aller ein not 



"^ Stavi S. »ubolp^t, Gnmbn^ ber 9(9fto(i>9ic 1830, 8b. I, 6. V. 









.' • : .. - •••.-••-.: 13 —• 

%li ^oOer am 12. SeiemSer 1777 ^ath, empfanb gang Suropa 
ben großen Serlufi fo intenfio nie ben rinf9 Setbrng unb S^emton.-^O 

„Erat quippe Halleras non ex Ulis frivolis ingeniis, quae 
pyrobolornm instar coruscant, aut eminentibus naturae donis ad 
captandam populärem auram abutnntur. Solida in eo fuit doc- 
trina, atilis huniano generi, quaeque intellectum non minus 
illustraret quam auimum ad virtutem exserendam calefaceret.^ ^^) 



Bmtito flapitel. 

- SBie bei S)ed€arte3, fo bacf auc^ beim (Eingang in bie Se^re ^aQei^ 
juerft beffen iKetl^obe beifi(fft(^tigt merben, fd^on borum, loeil er felbft 
fte aü eine @runb(age mifjenfdbafttic^ SefteAmtgen betrachtet, fobann 
mei( bie ftenritnid feiner iKetl^obe unS fär bie folgenben Unterfu^ungeii 
infiruttioe ^nl^altiSpunfte ju geben oermag. 

8U metl^obifd^ fSnnen mir totif^i aUt mif[enf(^aftß(^en SBerfe ^aDer^ 
bejeic^nen. @ein Hudgang ift ja Sacon^Qoerl^m^. 3Jfrt^obo(ogi)d| ba» 
gegen im Sinne einer genauen unb ooDfiänbigen ^arfiellung ober ^l^eorte 
ber miffenfc^aftlit^en S)entart ifi im befien f^aQe aDein bie SCbl^anblun^ 
rtüber ben 92ut^en ber ^^potl^efe/ meldb^^ader a(d ,,9Sorrebe gum erften 
ZAU ber allgemeinen ^iftorie ber 92atttr'' Don 93uffon im Saläre 1750 
gefc^rieben ^at. 3ebo($ au^ fie ift testen (SnbeS fo menig ein neue^ 
Drganon ald S)edcarted' „Discoura de la möthode,** afö Sol^n ^romn^ 
^Elementa medicinae,** ober a(9 etma 3intmermann8 SBert „Son ber 
©rfal^rung in ber arjne^funft/") 

9la^ einer beftimmten iKetl^obe ju einem beßtmmten Qto^^^ ^^^ 
$aQer feine Elemeuta physiologiae gefdbneben, mie er in ber Praefatio 
ium erfiten SBanbe oudffil^rt. (Sr miß fic^ barin an ein ^ba matl^ema« 
tifc^en Sel^rart eigenes ©efe^'' l^alten, nam(i(& „nic&t bad SRinbefte für 
mal^r anjunel^men, menn ed nur auf fc^mac^en @r&nben {lel^e ober b(o^ 
ma^rfd^einlic^'' fei.- ISbenf omenig miu er ^^otl^efen annel^men, btojs „um 
fte no4 meiter au^suf^mfitfen." 2)ad i^ gar nic^t ber Qwtd berfe(ben^ 
fte fmb t)ie(mel|r ber äBeg jur SBa^r^eit, aber nic^t bie SEBa^r^eit felbft. 
<£d barf auf bie Autorität anberer ni(i|t gel^ört merben, „man mujs ol^ne 
Vorurteil bad Sßerf angreifen unb nid^t in ber 9(bft(bt, baSjenige ju 
iel^en" unb ju beftätigen, mad ein bemäl^rter Autor bereite bejc^rieben l^at,. 



*^ gimmcrmaiin, SJeutfdJe« 2Kufcum. 1778, 6.191. 

*^) „Annaa Ma^ni Halleri memoria*' von Xnbr. %bam @enfft. Ulm 
1779,6.27. * 

'*) ^er erfle 2;etC btefcd baiua(d raf(^ Berühmt geworbenen SBerfi^ crf^ieit 1763^ 
ber^mcite 1764. aSergt.barüber^obemann, 3.(SS.3immennann9X)eben. 1878, 6.29. 



i 



.1 



♦ -••-- 



li 






• : > 

•Mi 



) I 



! 



^' ^ *■ 



' -' ..^ 1^ .._ 

•■ - . • ' ' 

■ * f 

^melmel^r mit bem S^ocfa^ ba^ iu feigen, mod bie 9{atuc fe(6ft gefc^affen 

lat." 2)a2U fidlen buTd^au« ni^t im äBtberfpiud^ bie l^öufigen ^iftorijd^eu 

SttSeinanbecfe^ungen ; btefe ffahtn, menn nid^t einen betel^renben, |o bod) 

einen unterl^aftenben äBert. ^aÖec erachtet e9 old eine SCufgabe Don 

nic^t ju unterfc^ä^enbec iBebeutung, iebem gforf(^er fein tic^tigel, i^m 

wvdiiäi ]§tftoiifc^ gebfil^ienbeS geiftiged (Eigentum iujumeifen. j)a§ @emüt 

bei SefecS, menn e^ burd) bad ^{a^benfen bei ben @ubti(itäten abge« 

mattet morben, menbet fi(!^ bann bantbai fd((!^en ^ifton{d)en leisteten 

.Vorträgen ju, ecl^olt ftd^ gemtffeimagen babei, ol^ne bo^l gar feine SSe* 

lel^rung ju empfangen, ^ir gewinnen baburdi eine tiefere Sinfic^t in 

ben SBanbel ber ^^otl^efen, ber menfci^Kd^en Stnftc^ten, aber auc^ in ben 

Serlauf bed t$or^d|ritte^ in ber 9{aturerfenntni9. 3n biefem (Sinne l^at 

.''/■'"■" ^oDer feine Elementa pbysiologiae gef einrieben. 2)er (Srfolg berfetben 

. _ ^ai i^m Sterbt VßAta unb mel^r benn fec^djig Saläre fpäter mürbe immer 

\ noc^ anerfamtt, bag fein p^^ftologifc^ed SBert bad befte Don allen fei, 

i ,11 - :- - ba8 bis bal^in in ber $§t;ftologie «fc^ienen/") 

1 U ^ - " tt« würbe fffion in ber Cinleitung gefagt, Raffer fei Cmpirift. %U 

I ''; l : — :-^ ^^ unb afe guter Äenncr 93aconS ifl er natürlid^ ein Vertreter ber 

i IV ^ /: . .. inbttititien iKetl^obe. Aber er gej^t infofem weit über Sacon unb Diele 

.1; ^ ; , : / anbere^ bie Dom SBerte ber inbuftiDen äffetl^obe ju reben roiffen, ^inau§, 

'. :.i' . . oÖ et nicftt btofe afe ein SBegjeiger baficl^t unb anbem bie SRic^tung jcigt, 

tn »el(!^er fte gelten foKen, o^ne felbft mitsugel^en, Dielmel^r felbft ben 

; SBeg burci^migt, felbft bie SD^et^obe prattifc^ burc^iufül^ren Derfuc^t, unb 

}mar in einem Umfange, bag feine 3^it barob in (Srfiaunen geriet unb 

1. \ : V ^ tl^n afe ben größten Stnatomen unb ^l^^ftologen bed 3a^r]^unbert§ an« 

* ; ertonnte. ®erabe barum, weit er bie SRetl^obe praftifc^ burc^jufäl^ren 

in ber Sage mar, l^aben feine Sleugerungen i^er bie Slrt unb äBeife, wie 

* ' man ju forfc^en l^abe, einen ganj befonbern SBert. (Sr leiert nidbt eine 

- v(Srfal|rung, olbne felbft erfal^ren ju l^aben, er tl^ut ed Dietme^r aud ber 

; i ' tei^jien Srfal^rung l^erai^, aber mel^r fo mie nebenbei, befc^eiben; unb 

t: : .' > . jttm fo banfbarer nimmt man biefe eingeftreuten gorfci^ermajimcn l^crauS. 

!/. SBenn ^aller gegen ben Slauben an Autoritäten fänipft, fo barf 

bad aber nid^t fo gebeutet werben, afe wfirbe er nid^t bad SD'^inbefte an« 

. nel^men, „wenn ed ni^t Dörfer ertlärt unb erwiefen worben."" 93efonber» 

für bie ^l^tjfiolögie mochte er felbft ni(^t biefe ftrenge Stnforberung fteHen. 

i'j • ' ■ : :\. "S)^^ l^abe d^cn ba§ Dor bem $|^fiologen Dorau§, ba| er 

\y ,-:--•- bie ©rilnbe feiner Äunft au3 ber Äunft felbft l^emel^men fönnc, wäl^renb 

tiber ber $]^Qftologe eine äRenge ^ilfdbiSiiptinen benötige, wenn er bie 
t>erwidelten unb ' unenblic^ mannigfaltigen Objelte feiner t$o^f(^ung auS^' 
rei^enb erflären unb barftellen wolle. Wlan tonne e§ l^ier barum auf 
feinerlei äßeije Dermeiben, Dorber^anb 3)inge ffir wal^r anjunel^men, bie 
man erft nad^l^er erflären unb beftätigen fönne. 

99ei feinem erftaunlid^en ©ebäc^tnid unb ber ebenfo erftaunli^en 93e^ 
lefenl^eit in ber alten unb neuen £itteratur mu|te ed für ^aQer ein not« 



«) Statt «. aiuJDorplJi, Grunbri^ ber ?P5vftorogie. 1830, Sb. I, @. V. 



^^^ 









- ' - '. - " '• ■ \ • 

^ • 

Yvenbtged 93ebütfnt^ fein, ba9 @efammeUe ju oibnen, baS 3u)<{inmen* 
gehörige ju üerettttgen, bad SBectDoKe bom SBertlofen ju trennen. Riebet 
ntad^t {t(^ bei il^m im allgemeinen bte äRetl^obe bemectbar, bie ^nfic^ten, 
bie nur noc!^ gefci^ic^tüc^en SBert l^aben, o^ne meitere ftcitil üotiutragen; 
hingegen bie loefentti^ ieitgenöfftjd^en Snjtd^ten untecmirft a einer f^arfen 
^cüfun^, o^ne babei aber ettoa f>erf5nti(b ju merben unb ju ber ba« 
matö m^t fo fettenen Aampfmeife ber Unterfd^iebung bödmidiger SlJotbe 
}U greifen, tote etma fein ®egner ^amberger in 3ena. SSiellei^t mar 
barum ju feiner 3^^ faft ntemanb fo berufen »ie er, einmal ein Sßort 
über ben SBert unb bie SBebeutung ber $9potbefe ju Dertieren, gan$ ah^ 
gefeben baüon, bag baiS ^bema infofent ai^ ieitgem&g erf(bien, ald ber 
9{ationoltdmud mit feiner geometrif^en äRetbobe no(b träftig nacbmirfte 
unb biefelbe motbemotifcbe Strenge üon aQen 2)t8iiplinen t)ertangte, unb 
abgefeben bation,^ bag ber üon $aQer }i^)ott^xit SZemton gegen bie 
^^potbefe prinitpielle Stellung genommen b^tte, faftif^ aber bocb felbft, 
fo menig als ber 9lationalidmuS, obne fte audgetommen mar. 9Bie bei 
Sei^cartcd, fo iß ed bei $aQer perfönlicbed SrfenntniS — unb SBabrbeitS« 
beburfnid, ba| ibn ju fold^en ^etracbtungen fffi^rt. S)a2u tommt ober 
nocb ein micbtigered baconifcbeS SKoment, namli^ bied, bog bie SBiffen^ 
fcbaft im 2)ienfte bed SKenf^enmobled fteben foD, alfo ein allgemein 
fojialer ®e{t(bt8punlt. 

S)amit aber ber ^^ortfcbritt aucb loirtlicb S^^^^» muffen mir und 
nicbt beSjenigen 3){ittel3 entfcblogen moden, bad, mie ber Verlauf ber 
@ef(bicbte ber SBiffenfcbaften bemeidt, febr geeignet ifi und m (Srfenntnid 
ju bringen bejm. und ibr ju näbern. 2)iefed SKittel ift bie ^^otbefe. 
2)en SBert berfelben betont Roller fo ftarf, bog er gemiffermagen feinem 
eigenen ni(bt geringen Stet^tijidmud 3^ong antbut unb ibti bid ju einem 
gemiffen (9rabe preidgiebt gonj analog feinem Serbalten auf religt5i$« 
etbifd^em ®ebiete. 92ur fo tier mögen mir und ben SBiberfprucb ju er- 
tlären, ba& er einmal „ber SEBabrbeit ber (Srf^einungen^ Dertrout mifjen 
min, bad anbere 9Kal mieber meint, mir mügten geflel^en, „bog badjenige 
notmenbig mabr fein muffe, xoal für und miberf|ired^enb fei.''^^) 

3n feiner ^erteibigung ber ^^potbefe menbet ficb ^aller sunä^ft 
gegen 2)edcarted. ^^) (Sr mirft ibm oor, er babe bie SBelt fo fonftruiert, 
„mie er fte ju feinen (Scflorungen nötig" gebabt b^be, alfo etma ein 
SSormurf, ben manfpater gegen ^egeld Sefcbicbtdfon^rultion erboben b^t. 
@an} (Suropa bobe nun 2)edcarted geglaubt unb feine naturpbilofopbif^en 
$9potbefen metter audgebaut. 0ber „bie (Srfinbungen ber (Sinbilbung 
ftnb mie ein getänftelted 9Retall, ed tann bie t^arbe, aber niemald bie 
3)icbtigteit unb bie unjerfiörbare ^^eftigteit beftf^en, bie bie 92atur ibrem 
®olbe giebt; eine falfc^e SKünje ift gangbar, meil bie Üteuigfeit ibr einigen 
@(ldni giebt, bie 3^^^ bed{t ibre diöte unb ibre unecbte ^erlunft auf/ 

") »erjt. DffenBanmg^briefe, @. 43. 

^) 8on ^edcarted' Schriften l^ai ^uUer nac^n)ctd6ar gdefen: beu ^TraitiS de 
rhomme^ unb „De la formation du fiBtus,'', &eibe in ber lateinifc^cn Ucberfef^umj 
^t^n SCorentiu^ @(l^u9r. (Lugdiim Batav. 16ß2— 1664.) | 

• :• ': [ 

' :•..-:'. ■ : • .. . * - • 4 

• ..'..''■-■..•■•..■' . . - . . . 



>. » 



■ . » 



'-: ^ 



.•< 



1* I ' 



< <-■ -*■ 



^:-> 






:[!->V 






-; t 



- *" -<M 



< } 



.•^ • 



• r 

i I 
. I: 



?; - 



« .1» 



C 



: ;w 



j • 



1 

• ! • ! 



i-.i 



f .» 



•. . 



V . 



• - y 



l - ' ' 

9Kan fielet, ^allei: ift fo wenig mie SBacon um ben bilblic^en Studbcuc! 
üerlegen. SBie ift aber biefe Opposition gegen SDedcaited in zttlatm, 
»emt hodf eben ber ^^otl^efe bad SBort gefproc^en metben foO? 2)o^ 
{te ein 9}a(^I(ang märe Don ienet 3ugenbfeinbj(!^aft, bie ber Süngling in 
SBtel gefo|t, liegt nal^e, ift aber nid^t rid^tig. ^atler ))etfte]^t unter $9po« 
f^e eben eine S^ermutung unb feine 93e]^auptung, unb itoax eine ^er> 
mutung, bei »elc^er gefagt mirb, bag {te eben nid^t bie SBal^rl^eit, fon« 
bern bag biefe mög(i(^enoei{e bal^inter gefunben merben tonne. @o l^at 
ei^ $aQer felbft in feiner Xl^eorie bed 9{ert)enf{uibumd ge^a(ten, bie er 
Mrfu^tig unb aufrt^tia nur a(d bloge „Conjectorae'^ be^ei^nete. Sel^n« 
Kc^ uerful^r er in ber fc^mierigen Sntmttfelungdfrage. ^er groBe ^äjUt 
S)e8carte9 n^ar alfo, ba| er fagte, bie SBe(t ift fo, fo gel^t ed in i^r in, 
tote iSi ed beljaupte unb n^ie i$ fte mir benle. — 3ebo(^ aud) bad ift 
nod^ ein f^el^Ier, menn man btog eine ^^potl^efe jecftort unb nichts bej^ 
fere§ bafür la bieten meig, mie ed bet @o{fenbi ber ^aU gemefen, ber 
^bte ©c^mäqen SDeScarted'' entbedt l^abe. ^Sin gemeiner $robftein ent« 
Seit bad ftupfer in bem eb(en SRetade, aber @olb ju mad^en ift für bie 
9Renf(ib^n ju fd^mer." SBeber 9{ationoIidmu8 noc^ Occofionalidmud 
fc^afften (e^ten (£nbe§ mel £o(tbare§. (Srft atö ed ber Sled^nif aUma^Iicfy 
gelang, SBertieuge ffir bie ißatur ju fc^affen, ba begann man mirtli^ in 
bie bidl^erigen ©el&eimniffe l^ineinjufel^en. ©ternrol^r, ©ejiermeffer, Wt^^ 
infbumente bergröserten bad 9lei(^ ber äBiffenfc^aften mel^r ald S)eiScarted, 
Xriftoteied, ©affenbi; benn mit jebem Sd^ritt, ben man mit jener $ilfe 
K&l^er iur Statur tl^at, jeigte ftc^ bie ^(uft imifd^en Xl^eorie unb 2Birt« 
lic^feit um fo grö|er. ^aUerl^ Abneigung gel^t fo meit, bag er bie mo» 
bern Itingenben SEBorte audfpric^t: „S3ad mar bie $^i(ofop^ie ol^ne bie 
Sd^filer ber Statur anberd atö eine fd^ma^l^afte, Dermorrene unb unnU^e 
Unmiffenl^eit!'' — 2)ie carteftanifc^e äßetl^obe, mie fte t)on feinen Sd^ülern 
otti^ebaut mürbe, mar eben eine bebuftibe unb feine inbu{ti))e. „Ate Sbeat 
ber $]^iIofop^ie erfc^ien bie Aufgabe, i^re gefamten ^fenntniffe aö ein 
Softem Don ebenfo fhenger ^olgeric^tigfeit aus bem ©runbprinjip l^erauS« 
inentmidteln, mie (Sntlibd Sel^rbuc^ bie Geometrie mit allen i|ren Sel^r« 
Kl^n aud ben Axiomen unb S)efinitionen ableitet. @o fam ed bann, 
ba| bie äßatl^ematif aU 3bea( ber bemeifenben äBiffenfd^aft betrachtet 
mürbe bid ind 18. Sal^rl^unbert l^inein." (Sine t$o(ge biefer Auffaffung 
mar ber ©feptiiiiSmud gegenüber ben empirifd^en ^idiiplinen. Man bente 
an $a9ca(. S)er antife ^^rr^onidmud, Don 3Rontaigne mieberermedtt int 
16. Sal^rl^unbert, geminnt an Umfang imb SinfluB unb begegnet alfo in 
ber Serac^tung ber ^^pot^efe jener einfeitigen Auffaffung ber Station 
naliften. Aber 2)eScarteg, ber bie (Erfahrung nur fetten jur 8eftätigung 
feiner @petu(ation nad)tcäg(i(^ ^erbeijog, mürbe fd|lieB(id) aud^ bejmeifett, 
fobalb einmal auc^ ber englifdbe (Smpiridmud unb @enfua(idmud auf bem 
kontinente 93oben ju faffen begann. „2)ie Serac^tung ber ^Qpot^efen 
mudb?,'' mie fid^ ^aKer l^ierüber audbrüdtt, p,mtt ber Ueberjeugung, ba§ 
fte eben fo menig ri^tig maren, aU ein aud ber @inbilbung ]^ingemal^(ter 
ftopf eined Aenea^, eined 9{omu(ud, eine§ $^aramunbd, bem magren 



■ y 



•■.■■"-- r- 17 — . 

i ä^nlic^ ff^n !ann; ber SRal^ter mib bet SBeltmeife l^atten bal( 
nie getannt/ '^'') SDiefer @Ie|iti3idmu8 toat eine (Sinjettigteit |o 
e ber einiige @(aube an bie 9}^at§einattf. Sie anatqtifdi^inbuftioe 
^e, bie ^aUn jeltfamermeije atd „matJ^fmottjc^e Selirart'' beseid)« 
- S^nj offenbar in Vnle^nung on 9tmton, ber ja and) ben Sor« 
n Dorgenorfen, fte l^ähen ftd) in ein ^Qpot^efenfpiel üer(oren — 
e beibe, „fie (eierte und triei^en, ba mir Dorl^er fliegen mottten, 
ibrr (angfam und ber SBa^r^eit naivem ate gefd^minb oon berfelBen 
m/^0 ^aller erfc^etnt und alfo bo^ a(d eine auc^ ft^ntl^etifdi ge« 
» Statur; er em|)fte^It im $ciniip ben SRittelmeg, bie aurea. me- 
:as, ,,a6er bie SRittelftrage ifi eine £inie, ein SEBeg ol^ne 93reite, 
)nte ftd) auf bemfetben erl^atten fönnen?" ^^o »enig hai ^erj 
mfc^en ftc^ auf ber SRtttelftrage feftfe^en lann/ balb ]^imme(|od) 
, balb tief ju S^obe betrfibt ift, ,,fo menig fann ed auc^ fein Ser« 
auf ber einen @eite fliegt ber SRenfd^ {U ffo^ mit eigenen @(!^mingen, 
irb ein ^elagianer, er ftntt auf ber anbern, unb mirb unter ben 
i bed Sanfeniften jur äRafc^ine." ^^) 2)ie (Semol^nl^eit, ade @t)fteme, 
Ipot^^en 5U Dementen, bejeid^net $aQer ald eine Sa^rice, ali „äwz 
ligteit bed Serftanbed" unb jmar ald eine, „bie bem menf^lic^en 
c^te fc^üblic^er merben fann, ald bie ZrSume ber @d^ulroeifen je^ 
)aben fein tonnen.'' 3nfofem fteDt er fid^ in (Segenfa^ 5U 9iemton. 
'(epticidmud, bie ^nbifferenj ift alfo eine ftulturgefal^r unb t)iel 
(er ald ein fc^utmägiger S)ogmatidmud. SBeit jener bad Renten 
1 auflödt, il^m nur einen audfcftlie^lic!^ fubjeftioen 933ert beimißt, 
}en ald ^anblungdmotiüe einjig bie 3nftintte unb S^riebe übrig; 
tl^reu einerfeitd jur natürlichen Xrägl^eit, anberfeitd jum bellum 
Dd contra omnes. fflixn ift aber ber f^ortf(^ritt, bie (Sr^altuiig 
tenfc^engef^tecbted unfre Hufgobe unb nic^t bie 3^^^&ttung unb 
ung. $te SBiffenfc^oft, bie l^ieran il^ren lebl|afte|ien Stnteil nimmt, 
c^ alfo beftreben, auf bem SQSege ber (Srfal^tung allgemein gültige 
eiten audiumittetn. %ld förbembed SRittel bient eben bie ^ijpo^ 
nb infofetn l^at fte auc^ il^ren befonbern metl^obifc^en SBert. „3n 
Biffenf(!^aft, bie fi(6 auf (Srfal^rungen grünbet, fann eine Streitig« 
cen iRu^n l^aben; fie giebt und einen Snlag, bie SSerfucbe 5U 
lolen unb ju Dermel^ren; unb bie SBal^rl^eit fann burd^ bad 3^ii9nid 
»iifc^erSinne ermiefen »erben." ^*) @o einfadj »te in berlO^at^c* 
(ann ed unb mirb ed nie in ben empirifd^en Sßiffetifc^aften juge^en, 
rd barnm, meit und gerabe bie „(Elemente ber ftörper üöllig Der« 
fmb.'' 3)ie 9}{at^ematif reid^t ni^t mel^r aud für bie (Srflärung 
iptiiierten 3"foninienmirtend oon Straften im lebenbigeu Organidniu^. 
iberl)aupt üou ben 92aturmiffenf(^aften „eine matl^ematifc^e ©trenge" 
it merbcnV Unb fd^lieglid^, ift benn überl^aupt auc^ bie äJiatl^e^ 

) Hieme 6(^nftctt I, 53 unb 54. 

) Äleinc 6*riften I, 52. 

) ÄCeine ©djriftcn I, 53. 

) Za^tbuH^ II 122. • 






f 

i 

i 



— 18 — 



1 

T 



♦ 
J 



-i: 

T. 

- * 

r 

> * * 

•M! 
'*! 

■ 4 

• '# 

■ 






* t 






I- 

.»-■ 

I 

r 

.1* t 






■'II 



it 



A 



■rf 



matif l^ijpot^ejenloi^? 92ein, benn ,,bei gro§e Sorjug ber J^cutigen obern 
9{ot|ematit, bieje Det6(enbete 9Re|tunft bed Unermegltc^en, ift auf eine 
b(o§e ^\)potfi^e gegrüMbet." @(^on SBertele^ unb ^a\)U l^otten bte ^öl^ere 
SRatlemattt fc^arf trittfiect unb {te nic^t einmanbfrei gefunben. Sber bie 
^^otl^efe Stemtond |at ju pdftttoen (Stgebnijfen gefül^rt, unb menn nun 
gecobe er {te nic^t üerfd^mä^t f^at, ber boc^ im ®runbe ein ^einb bat)on 
mar, fo l^oben mir ollen gerechtfertigten ®runb, üon ber ^tipotl^efe aud) 
auf naturu)i^enfc6aft(i(^em 0ebiete @(ebrQu4 iu mad^n; befonberd ha 
einfhoeilen bie SRenfc^en nod^ feinen glücflid^en SSeg jur Sßal^rl^eit ge« 
funben l^aben. 3ebe§ iSel^rgeböube, bad neu entfielt, gleitet un§ etma^ 
nfi^er jur SSal^rl^eit.'' Sber nic^t b(og bie ©ef^ic^te bemeidt ben SSert 
ber ^^potl^eje, üielmel^r bie menfd^Iic^e Anlage felbft. Z)er wiffenfc^aft« 
li^ Xrteb be§ äRenfc^ t)er(angt fte, verlangt ^eine eigene ^^potl^efe 
unb gleich noii berfetben ba9 SBergnägen, bie ^t^potl^efe eined anbern ju 
ger^ren." SKit onbern SSorten ^ei^t ba9, ed foK bem gteic^fam bog^ 
matifd^en Sl^aralter beS ntenf(^(i(^en 2)entend fein (Eintrag getl^on mer^ 
ben, benn ber Stampf ber 2)ogmen fül^rt nö^er jur (Srienntnid bed äBal^ren. 
Sin @9ftem ober auc^ bie S^f^^^ng bedfelben bringt neue (Srtenntni^, 
SBal^r^eiten unb 9Ba]|rf(^einIi(^teiten. SBenn eS nun etma fo fc^einen 
foUte, a(d ob ^aQer bie $t)pot^efe, baS SRöglic^e unb SBol^rfc^einflc^e 
faft fo merte mie bad SSal^re, bad X|atfäd^(id^e, fo ift baS bo^ nur 
fc^einbar fo. „*Skt äRonb/ fügte er, ,,mirb niemals mie bie @onne 
f(^einen, aber boc^ ift fein fc^mäd^erer, fein f alter @4immer und nü^ü^. " ^'^) 
2)08 äBo]^rf4ein(i(^e barf unb foU bie Süden bed SEBnl^reit ergänzen; 
g(et(^mie ber ®eometer auf ber fiarte gemijfe noc^ ungemeffene ®elänbe^ 
tei(e in ben fc^on gemejfenen ju ergangen fui^t, um bamit feinem Sßlan 
eine gemiffe SoUftänbigfeit geben ju tonnen, fo borf ed au^ ber Statur« 
forfii^r bo tl^un, too i|m einftmei(en bie tl^atfac^tic^e Jtenntnid fel^Ct/*^) 
9Iiemanb koirb bedroegen betrogen merben, menn mir aud bem äBal^r- 
f4einli(6en „über ben Stbgrunb ber Unmiffenl^eit (Srmartungdbrücten bauen, 
ober babei marnen, bog fie nur bid ju einem gemiffen ®rabe judcrlalfig 
finb/ äBir bürfen atfo ^^potl^efen auffteOen, nur mfiffen mir betennen, 
mie meit mir noc^ Don ber äBa^rl^eit entfernt feien, „ed feilte und jur 
Uebei^eugung etma noc^ biefe ungemaci^te (Srfal^rung, jened 9Rag, ober 
ber 99au oon biefem noc^ ni^t beftimmten Seite." SBon 93etrug i^ babei 
(eine 9tebe. „^ann jemanb Hagen, menn man @c^eibemünj: für @(4eibe« 
mfinje angiebt, ttnb il^ren $reid ni^t l^öl^er fe^t, a(d ha^ @i(ber an 
berfelben mert ift? S)er betrügt aOein, ber fie für lauter ®ilber au« 
bietet."«*) 

2)aB ^aQer ein Vertreter ber inbuftioen 3Retl^obe fei, ift f(!^on. mel^r- 
mald gefugt morben. @d mirb unferm Qtotdz oöQig genügen, menn mir 
einige ^eu^erüngen l^ierüber üon il^m ^iel^er fe^jen. „S)ie Sigenjc^aften 






*») Stitine ©(^riftcn I, 72. 
•') Ä(eine Schriften I, 68. 
•«) ÄCeinc Schriften I, 72. 



> 

/ 



'-•■•—• 19 — 

bec 2)inge tonnen nic^t anberS 0(8 burc^ ISrfa|rungen betannt werben."*^') 
„%üt Serfuc^e berufen -auf einem gemiffen ©ninbja^, beffen SBernoc^' 
läifigung bidmeifen ben größten SRannern 9laifttxi eingetrogen ffat, d^ 
mu6 nie ein SBerfuc^ ober eine 93el^anb(ung nur eiit einjigeS iOlai an« 
gefleÜt »erben; ed (agt fid^ bie äBai^r|eit niemals onberd old 
au§ bem unüeranberüc^en (Erfo(ge mieberbolter ISrfo|rungen 
ernennen. 93et ben Serfuc^ (fp^ii^ß ber Anatomie unb ^l^^^ologie) 
mifd^en fi(!^ me(e frembe S^ytlf^enbinge mit ein; ade biefe üerfc^minben 
roieber, menn man ben SBerfuc^ mieberl^olt, »eil {te nid^t baju gel^ören, 
unb bie unMrfinberten S)inge bleiben allein ' übrig, melc^ barum immer 
lieber' ebenfo erfc^einen, weil jte aud ber 9tatur ber Baäf^ felbft l^er^ 
fliegen. '"^) S)ie S3eränberlid)feit ber Statur freitid^ erfc^mert fe^r bie 
©i^erl^eit biefer SRet^obe, unb eigentlich bringen und gerabe mieberl^ofte 
SBerfuc^e auf bie SrtenntniS jener Sigen^aft ber Statur. 2)amit f))ric^t 
^aKer inbireft au^, ed gebe alfo eigenttid^ 6ine abfolut gültige Statur« 
ertenntnid, infof em eben Objelt unb aud^ @ubielt in beftSnbiger 93er« 
änberung finb. So erKSrtftc^ un9 aud) ein SBort aud {))Stem Salären: 
„S)ad ma^ bf8 äRöglid^n nel^men mir orbentlic^ermeife üon unferer (Er« 
fa^rung, unb üon einer Uebereinfiimmung mel^rerer ^&Ue, moburc^ bie 
3Rög(i^teit enoiejen mirb: mir nel^men ed auc^ üon gemiffen ©d^ranten, 
über meldte unfre (Einbilbung nid^t fliegen tann."^'^) 

2)amit fielen mir aber fc^on im fotgenben StapM unfered Serfuc^ed. 



öritteä fiaptteU 
^r engen 6er ^afurerftennfni^. 

.(Sd mürbe fd)on in ber (Einleitung auf eine Suteci^^atton 2)ubotd« 
tRe^monbd ^ingebeutet. 2)a8 gilt natürlich nur in einem gemiffen @inne 
unb genau genommen tonnte ^aller ebenfogut aud) ben Sorten ju« 
ftimmen: „mir miffen unb mir merben miffen.''®^) 3m 0runbe ftnb ia 
f aft alte großen 9?aturforfd^er üon jel^er überzeugt morben oon ber Un« 
iulonglic^teit unferer <3inne unb unfered S)enten9. 2)ie erften ©puren 
t>on @te))fi8, bie mir überhaupt tennen, meidt ber Srjt SItmaeon üon 
i)!roton auf."^') SBenn mir ouc^ 9ieIatioidmu8 bei ^eratüt unb bann 
meiter bialettif^ Qu§gebi(bet bei ©otrateS finbeu, fo ftnb ed bod^ eigent« 
lic^ nic^t bie $]^iIo|op]^en (menigften^ nic^t im mobernen ®inne), me(^e 
iuerft bie 93ernunft in i^re @d|ranten miefen unb einen felbftftd^ern 3)og« 
matidmuS betämpften. ^ierin l^at ^tppotrated unb feine @(^u(e üie( 

'') Sagebud» ber mebtclnifc^en Sttteratur 1791. III, 56. 
. •*) Eiern, phjsiol. I, Praefatio. 

•^ OffenöarungSbriefe, @. 44. 
^ ^) SergC. 9läge(L 9Rec^amfc^'P^9fto(ogif(^e SlbftammungdU^re. SmXn^ang: 
^U 6c^tan1en ber naturtDtffenfc^aftdc^en (ErfcnntnU k. 1884. 

•').«et9l. Öomperi, ©ricc^lfdje 3>cnfcj, l, 119 f. 



• i 
t . 



i ..' 



1. . ' 



i ^ 



I . 



1 — -: 



■ . •■ -— 20 — 

mel^t get^an, ebenfo einer ber fpätern $aut>tt)eitretec ber ^qrrl^onijc^eit 
dxaTuXr^^ia, bet 9tit @e£tui& Smt>trifud. d^ ftnb aitt ouc^ nie bie 
grölen Stoturforjc^er gemefen, toAdft einem ganj rabitaten @Iepttci§mu^ 
anl^etmfielen, j[te begnügten ftc^ ju erlennen, mad fie tonnten, ben iReft 
^eOten ^e entmeber ber 3ubnft anl^etm ober üerel^rten il^n gtäubig. (Eine 
SuSna^me bebeutet l^ierin natürlich bad 3Ritte(a(ter ; aber fobotb ftc^ bie 
9laturforf(^ung ju einer äBiffenfc^aft em))or2uringen beginnt, fobafb 93ocon 
fein ertöfenbeS S3ort gef))ro(^en, ebenfobalb beginnt auc^ ber fcbotaftifc^e 
®pni 5U üerfd^minben, bie SBefc^eibenl^eit ftellt fid) ein, bie nic^t mel^r 
hü 2U tr&umen beginnt, mo bie (Erfenntnid aufl^iirt, unb l^ernac^ bie 
Xräume für äBal^rbeit au9giebt. 2)er groge 3]>2a())ig^i ertlart: „3c^ bin 
mc^t fo . unüug unb lül^n, um ju benfen, bag baS Sttgenium beS SRenfc^en 
baju gelangt fei, oQe ®d^eimniffe ber 92atur ju entlüden." ^^) SBenige 
Sol^riel^nte ]paUi tarn bo8 SBort ßaderd, bad im jmeiten Seil be^ 
18. 3a|rl^unbert9 eine fo b'ebeutfame moUt \piAtt unb bem Snl^alte nac^ 
btil in unfere Xoge feinen SBert üoH unb ganj bel^alten l^at, ba8 SSort: 

#»3'** 3niirc ber Kahnr bringt fein erfc^affncr Öcift. - 
' S» g(&(fß4/ toaun ftc noc^ bie ftu^re Bd^ale rocml'"^) 

@o einbringtic^, fo furj unb flar |atte In ber Zffat bill^er bo4 mol^t 
niemanb auf bie @(^ranten ber 9?aturerfenntnid l^ingemiefen, obfc^on \a 
ber 0ebonte felbft bur^aud nic^t erft 17^30 entftonben i{i. 9ud) bie 
$|i(ofo))]^ie begonn in jenen QtiUn etmo9 Dorficbtiger i^re SSege ju man« 
bein, ba felbft im SRotionalidmud fn^ bereite flnbeutungtnt Dorfinben, bie 
auf eine gemiffe 93ef4rantt|eit unfered Srtenntnii^Dermögenl ^iniDeifen;''^ 
aUerbtngd ftnb eS meiftenS b(o| (ogifc^e ^(gerungen bei i^m unb nic^t 
bie Srgebniffe ber (Srfal^rung. 2>er englifc^e @enfualilmu$ üor aQem 
i/. — V * 'wn ber Koturtoiffenfc^aft entgegen. (Sie trägt bal^er aucb balb bie ftcime 

ir :\ • '-^ ::^ \ bö ©feptici^mu^, ober ift e8 nic^t bad (Ergebnis ber Sc§re 2odt§, bo|- 

eS fiberl^au))t eine (Ertenntnid nur ber (Eigenjc^aften, nic^t ber ©ubfton^ 
ber 2)inge, nur il^rer (Eif(j^einungen, ni^t il^red SSefen§ gebe. Slfo genaa 
badfelbe, maS Roller in jenen SBorten audfpric^t. @ein @ebante ift aber 
tttc^t b(o| ber bic^terif(!^en Intuition in einem großen Hugenblide ent« 
jir- fprungen, benn auc^ in f|?ätem Salären, wo ^aßer bereite im genit^e 

J5 f . ' . - feine« gforjd^en» unb feineiJ SRul^me« ftanb, backte er nod^ ganj gteic^, 

menn er als $l^9fto(oge unb Anatom gefte^t: Unfere ^Heine Vernunft" 



w 






/ •■ ^* 



u 

■ I 
I ^ < 



t 

n 






« 



I » 



:,f '- ' - / .- ••) SRalpig^i^ Opera posthama 1698, p. 289. ,Jo nc-n son co»i incoD- 

ftiderato et ardito, che pensi che i'ingegno dell haoiuo sia imvato a saelare 
. '- '■' ' tutti li secreti della Natara.'* 

•^ ©cbicftte (Ausgabe ©irjcf), ©. 74. 

'•) SergL j. SB. ©pinoja im Tract. theol.-polit. IV, 4: ^Adde qaod no« 

ipsam remm coordinatiooem et concenationem plane igooremat}." 

Sjber XVI, 10| 11: „res tantuni ex parte novirnao, totinsqae Batarae 
' ^ '' .' . ördinem et cohaerentiam maxima ex parte ignonsiai«.'^ — Son- 

. Selbttij enoÄ^nc x^ b(oJ bie Söortc, ba^ er unS nic^t auS bcm Sorjimmcr in 
- ' ; ' bad Äabinct ber 9latur, fonbern bloß ins Slubienjsimmcr führen fönnr. ,!*aiis pretcndre 

de penetrer dans rinteriear." SJergf. 2(u3g. (Srbmann, ©. lÄ 






21 — 



txrmag „o\xä) fogar md) einer fünfjigial^rigen Sufmeitfamtett auf bte 
einjefnen Zeile bec Qtt^ütbzxmiitm^ bennoc^ faum ben l^unbectften Xet( 
i^red eigenen (SebäubeS eininfel^en" ,,unb (emt üon ber Störte i^red eigenen 
Stitptti nid^tö weiter aü bie 93erge uitb SReere fennen, in bem Snnern 
ber (SkntQ^er ober unb ber 3ufnmmenfe^ung bleibt {te ganj unb gar 
unmiftenb, ba unfre @ee(e Don nit^td mei|, au|er road il^r burd^ bie 
Sinne erjällt »irb.-'O 

SSad l^aben mir nun aber nac^ Roller unter jenem 3nnem ber 
9{atur 2U üerfle^en unb marum vermögen mir nic^t ben jtem, fonbecn 
b(o| bie ®d)aie gu erlennen? 

3üna(^ft ifit ed bie einfach S^oge, bie fd^on SeScarted bewegt, 
Salberon poüx\di bel^anbelt l^atte, bie f^rage: SBorin befte^l bad ftri« 
terium beS Unterfc^iebeS Don SBal^r^it, üon SBirUid^feit unb Zraum? 
9(d S)id^ter fc^meigt er unb a(8 ^l^^fiologe ertlfirt er blog, aud^ im 
@(^(afe mürben mir beuten, unb bie Srt bäfelben fei mefentiid^ bebingt 
burc^ bie 93(utiufu]^r ind ©el^irn unb bie bii^^erigen (Sinbrüde ber @inne; 
alfo eine ))ofttiüe Sntmort vermag er (eine p geben. SLber tennt bie 
mobeme ))]|9fio(ogif4e ^f^ci^ologie eine fo((^, bie un8 in allen Zeilen iened 
r&tfeIHte Ser^ItniS ertlärt?'') — Rätter fragt meiter: Sie trennt 
^ba8 gefie fic^ üom 9iaume?'' äBa9 ifi bad SBefen ber (Sspanftondtraft 
beim Sat^dtum? SBie tommt bie rftAm^e" SDtalerie ju ft5r)ierformen, 
bie in bauember SBeranberung ftnb unb „bod^ {t(^ fietd erj^alten?'' SBad 
i{l bad SBefen bed 3Ragneti§mud? ä8ie erffören mir bie fd^neQe 93e« 
toegung bei» Sid^ted, mie ba§ ^emige iBanb'' ber 9tome, bie SLnjiel^ungd« 
traft? Sie ift ber f^aO ju erttfiren? SBaS ift Semegung, ihaft unb 
URaterie? äBaS foll überl^au))t ber Ütaturlel^rer anfangen, menn bie (S(e« 
mente ber S^tptttotli üöUig verborgen ftnb, menn er mit ^^ot^efen nic^t 
anheben mifl? 

9Bir fe^en a(fo, ^aOer fteOt l^ier üielfad^ ganj genau biefelben 
^fragen an bie ftörpermett unb ^re Strafte, imr melc^ bie mobeme 
fZaturmiffenfc^aft, infofem fie $]^i(ofo))]^ie treibt unb üerftel^t, ebenfalls 
ftiQe l^alt. 3u ben fteben äBelträtfeln S)uboi9^9ie^monbd gel^ören ja 
bal^ Sßefen üon Straft unb STZaterie, Urfprung üon 93emegung, erfte Snt^ 
ftel^ung bed fiebenS, anfc^einenbe Zeteologie in ber 9}atureinri^tung, dnU 
Men ber einfachen @innedem)>finbung, SiOeni^frei^eit u. f. m. 3ene ein« 
brinßßd^en f^ragen fteUte ^aller ald imeiunbimaniigia|riger Z)id^ter unb 
blutjunger, aber mie er{i(!^tß(^ ift, f'el^r tritifc^er Z)enter. Z)ie übrigen 
genannten Probleme ber mobernen 9{aturpl^t(ofo))]^ie bemegen il^n teilmeife 
erft fo red^t in feinen 9Ranne§ia|^ren, a(9 er feine $]^^fio(ogie fd^rieb. 
*<£§ mar dielKeic^t, id^ fage üieUeic^t, nid^t ganj biefelbe SBefdbeibenl^eit, 
iie er i|nen entgegenbrachte, aber menn man bd)entt, ba| feinem ruft« 
lofen, unerjättUc^en fl^orfd^ergeifte eine SBerntutung ober eine jur ftritit 



") »ergl. Eiern, physiol. VIII, lib. XXIX, »ect. 11, § 20. 
^') Qergl. ^ubotd'Siepmonb, Ueber bie ®reniett bc^ 92aturerfl?nnen9. 
*. «ufl., 6. 43. 



} 

■.I 






\ 



! ■;- 

i r\ 

9 



I 






I 

4 ' 
( 



!< 1 



— 22 — 



linb jum 9{o(6))rflfen l^eroudforbenibe ^^pot^efe (ie&ec toax m Sntereffe 
I . beS S^rtfc^ritted ber äBiffenft^aft, ol9 troftloje 9ieftgnatton, menn er etiua 

] - in ber 9{ol jur ÜRetopl^tiitf l^inüberfd^aute unb bort ben deus ex machina 

i 8U finben loal^nte, fo borf bo(^ bed^olb nie unb nimmer bel^auptet tverben^ 

/ ^oDer nel^me in betreff ^tieferer SLuffoffung ber 9taturerj(^einungen teine§< 

»egS eine fel^r l^ol^e Stufe" ein, befonberd barf man bo9 bann nic^t^ 

:' j »enn man feinen ^Behauptungen felbfi »ieber nur SBel^auptungen entgegen« 

|: . ' ittfiellen vermag. äRan begreift nit^t rec^t, wie ßaedel baju tarn ju 

. - fogen/') ßaOer c^aratteriftere ft(6 felbfi am beften burc^ Jenen {(udfpni^ 

aber bad innere ber Statur. Ober ift ed erlaubt, il^n bedmegen einen 

/.y-:' . oberfläd^Iic^en .»pl^ftologifc^en ^abft" ju fd^Uen, mei( er baS biologifc^e 

> Chittt>i(Ie(ung9prob(em anberS ju löfen ftc^ erlaubte a(d ftafpar ^x. SBolf ? 
i . ' / - 33tr l^aben ed nic^t n5tig, $aller baburc^ 5U l^teibigen, bag wir bem 

^ '*'- ^ : Gegner in bodl^after SBcife bödwittige SRotiüe unterfc^ieben ffir fein SSer^ 

" ffalttn, aber wa9 2)ogmati8mud anbetrifft, fo bürfte ber ,,3enenfer $ro^ 
• V " rtrt" l)effen nicftt weniger l^aben aü wetlanb ber grofec ©öttinger ^l^^« 

ftofoge l^atte. @ie|t man genauer ju, fo oerfä^rt ^aUer gerabe in ber 
(hitwicfelun^frage fel^r üorfu^tig, t^erfprid^t er boc^ felbft nic^t bem „Sefer 
9u8gSnge, Die il^m @enfige teilen bürften/ unb beflagt fxd) über „bie 
gro^e Stenge uniulängtic^er (Srfal^rungen/ welche SSorfal^ren unb QtiU 
genoffen auf biefem fd^wierigen 0ebiete gemalt l^ätten/^) 8(8 er bie 
Xnfiäten über „bie bauenben ftrafte in ber (Erjeugung neuer Siere'' ju 
: ~ unter^c^n beginnt, fo ift er ftc^ bewußt, „aud ber Dämmerung in bte 

biifte ^JinftemiS" ") ju geraten, fflolf gegenüber erftärt er burci^au^ 

; -.'. mc^t bfol biftatorifc^, t^ gebe feine (Spigeneftd, oielmel^r fteQt er bie 

; gonj bebeutfame t$nige an i|n, wie ed möglich fei, ba^ bie „vis essen- 

öalis" ans unorganif<i^er SRaterie auf rein med^anifc^e SBeife organifdie- 

/•- V- SBefen l^eröorbringcn fbnne, SBefen, bie legten CnbeS bo4 immer ben 

; J^: y gleichen X^pud befftgen. Sie foQte ber reine SRed^anidmuS ein fo wun« 

,' ' berbared Organ, wie baS'Äugc, |ert)orjaubern fönnen? ÜKufe ba nid^t 

notwenbig allen ihäften eine yUftxt SBeidbeit, eine sapienta occolta^ 

aü Seiterin jugebac^t werben? „9Bir muffen eine weife Urfac^e l^aben, 

welche eine taugliche ÜRaterie nad^ üorl^er überlegten 8bfi(!^ten anjuwenben 

;- bie SKoc^t ^at."^«) 

; 2)ie (Srenje bed (Srfennend auf bem @ebieie ber (SntwidetungSfrage 

liegt eben f(6ne|(i(^ in bem Umftanbe, ba| ba, wo man glaubte, ba| 
r Seben entftel^e, ftd^ ft^on üor^anbene SebenSfeime cntwidetten. ^aller 
würbe fic^ üoQfommen ju ber 3]>{einung bequemen tonnen, ba^ bie f^af« 
fenbe SUmac^t üon oornl^erein bie 3]>2aterie mit fotd^en Gräften auSrüftete,. 
oa| unter geeigneten Umftanben auf Srben Sebendteime o^ne 92a(^]^i(fe 
entftel^en mußten. 92ur ifi bad feine rein med^nnifc^e Sebendentftel^ung 
me]|r, wie etwa gemeint worben ift, benn wad l^nt 3){e(^aniSmu§ mit 

") Äaecfcl, «ntiropoacmc. 1874, ©. 30. 
") Eiern, physiol. Vlfj, üb. XXIX, »ect. I, § 1. 
^*) Eiern, phywol. VIII, lib. XXIX, »ect. I, § 12. 
■^ ^•) Eiern, physiol. VIII, lib. XXIX, sect. II, § 18. Äc^nHc^c« §16. 



; - 



.• •. ► - t ■ • / 

-■,■■■ ' •- ■ .' ■ • . r - ; .-.•-. 

■/ ':. ■■" - ■ .. ":. -■••-. . . 
■ - .,. _. 23 _ ; -/ 

• -^ 

@ott, mit Sntedtgens au fc^affen. (Siebt benn nid^t im (Srunbe ge« 

nommen auc^ S)ubotd*9fce9monb ju, am 99rau6tfein f^eitete jebe rein 

atomi^tfc^^me(!^onifc^e (Stfläiung? $aller gel^t aber me( toeiter unb fagt, 

nic^t bloi haxan, fonbem eben au^ an ber Xl^atfa^e, ba| ber ^Rtdia» 

ni^muS {ietd nur ba§ @(ei(^e In gleicher äBeife {c^a^t; in ber 9latur 

je(bß aber ift fein 9Befen üoDtommen gleich njie bad anbere, fobalb mir 

nur irgenbmie auf bie betaiQierte Betrachtung einge^n. SBenn aber tro^« 

bem j. 9. bie Organe lebenbtger SBefen immer ju beftimmten gfunttionen, 

einem burc^gängigeUr einem beftimmten 3^ede bienen, |o i{i ba9 nur fo 

ju ertl&ren, bag l^öl^ere SnteOigenj barin ftc^ äußert, g&tttic^er SBiKe, 

gutttid^e Sbftc^t. (S8 ^errfc^t nac^ ^aUer t^a^äc^Iid^ eine Xeteologie in 

a(len S^atureinric^tungen, fie i{i für i^n nic^t blog eine anfd^einenbe, fon« 

bem eine mirtlicfae. Ober l^at benn, fragt er, ,,bie 9){aterie %bft(^ten, 

unb ift*d il^r SiufaU, baj^ bie Sugentinfe eined im biegten SBoffer fielen« 

ben Si{4e9 runber aU bed in ber bünnen Suft fie^enben SRenfc^en (et)n 

mug?" ^^) äKobem gefagt, mie foQte ber Snpaffungdprojeg oon Organismen 

an il^re iemeilige Umgebung rein mec^anifd^ begriffen merben tonnen? 

H^ft eS bie fBciffl einer ber 0eometrie tunbigen 9J{aterie, menn in ben 

(fingern bei» Sltenfc^en bad 93er|a(tnid ber Sänge fo getroffen ift, ha% bie 

öu^erften am tfirieften, fomie bie äußern an Oft unb SBefi grenjenben 

3)ur(l^fc^nttte einer Jtugel am fleinfien, bie mittelfien ^inatx aber, fomie 

ber Umfang beiber $ole, am längften finb, ba fte biefe $o(e umf^tiegen 

mfiffen?"^"^) (Sd ift nac^ ^aller nic^t eigentlich bad äBac^dtum ober bie 

'i(rt ber (Erzeugung Don lebenbigen äBefen, fonbern mejenilic^ eben bie 

Uebereinftimmung Ded 93aue§ ju einem il^m eigenen Sro^d^, bie unS anf 

ben @d^anfen Don ber ,,meifen $anb eined ©c^öpferS" bringt. 2)ie 

Kräfte ber SRaterie ,,finb mit emigen @dbranten umfc^(o{fen unb bi(ben 

immer ooQtommen, nic^t bad mecftanifc^ ©teicfte," fonbern ba8 Se^nlid^e, 

„etnmd, ba8 in einem unoerle^lic^en @runbriffe oorgef einrieben ift, aber 

ju einer Serfd^iebenl^eit bie (SrlaubniS l^at, bie ben 3^<^iiS einer b(inb« 

lingd mirtenben SJJaterie attdfd^Iiegt."^*) «SEBer ^at ber SRaterie bed 

Samens ertaubt, mel^r ober meniger (Sefäge ju jeugen, me^r ober meniger ! 

fltttttt ju bilben, bie Sxo^iit ju oerboppeln ober ju t)erminbern: aber 

i^r babe^ monarc^ifd) unb unmiberfproc^en befolgten, benno^ aOemal eine 

grole @d^(agaber, atlemal ein $erj, allemal bie großen ftjmpatl^ifc^en 

Sierüen, allemol bie großen 3Rudfe(n unb aQeS badjenige, mo9 nicf)t nur 

jum fieben, fonbern ju beffen 93equemlid)feit unb @Iäde nöt^ig ift, un* 

Derfäumlid) ^rDorjubringen?" SSäre bieS alled rein medjanif^ ju er^ 

Mären, fo ift nitbt einiujel^en, marum nic^t in ber „^auptanlage" eben« 

')otoof)l mie in ben „tteinen unb jal^treidben Sl^eilen beS SBaueS'' bie« 

jelben „l^erfc^iebeu^iten'' fjnb, unb bo^ „gef^iel^t biefed beftänbig unb 

jene« niemate."®^) ÄuberS gefagt, orgonifc^c SBilbungSgefe^e tonnen ni^t 

") ÄWne @(4riftcn I, 112. ' - 

") Kleine e«riftcii T, 113. ' 
'•) Äbine ©(^rincn I, 114. 
••)Äleme ©(^riften 1, 115. 



1 

'1 


• 1. 




1 


i < 


< , • 


■ 


' . •• 


1 fc * 


« 


• 6 


1 i 

1 V . 


, t 


\ i ■ • 


' -, '< 


1 4 . 


t f 


1 ' • 


1 t ■ ■ 

• 4 




• ♦ 


* ^ 


:.. ^ . 


1» * • 


■ "^.-^ 


" * 


t ■ ' : 


f 


5 - 


•• 


' -' .' 




i * 


' - 


1 '.- - ' 


*• . .• 


» ! ■ -^ 


: • ^.' 


' ^i : . 


. {t ; 


^•P 


• sl - - 


• . 


t 


{" :^ 


•? . . 


♦ i' - *- 


f 


) - 


.- • ' 


« ' ^ -2 


it ■ .- 


• (1 / • 


i : -: .- 


i^ 


'■:l '- 


' ■ *'. 






' . ••' 


• 


' ;r= . •• 


. , 1 • . ■ 


, 


1 ' 


• 


_• i 


' 


• .' 


' 


f 


' 




.« i : 


* ". 


1! :-•-.. 



< t 



H 



-j.. 



^.». 



^ . ■ •.-■•--■ ^- 24 ■—" :.'-■•■- 

■ ;■ ■• ■■ : : . \ ■ • ' ' ■:■: ' ■.- 

mcämaiÜQ mieten, loenn nic^t bie 3){Qtene {u Knfang jmedtnäBtg ge> 
fc^offen rourbe; fo roirfenbe ®e{e^e finb olfo mit ber ftteng mec^anijc^eu 
9tatucauffo{fung unoectragüc!^. 

Sd blieben für Roller jmei SEBege offen, entroeber berjenige, ben 
Seibnii angebeutet, näm(i(!^ ®ott l^obe im Utatte bec Schöpfung • jene 
jmectmägigen 93i(bung^gefe^e gejc^affen unb il^r äSeiteiroirten gefc^e^e 
me^amfc^, ober nur jd)etn6ar medianifd^, infofern i^nen bie üon @ott 
gegebene Se(eologie quafi immanent ift unb fleinere Spielarten erlaubt 
ftnb; ober er ging mit Umgel^ung ber äRetap^^ftf ju ber bann na^e« 
Itegenben SReinung, bie innere S^ecfmägigfeit ber organifc^en Schöpfung 
fowol^I mie i^re 9npaffung an bie unorganifc^en 93ebingungeu fei burc^ 
eine nac6 tCrt eine^ äßec^ani^mud mit 9iaturnotmenl)igteit mirtenbe 
Sectettung t)on Umftänben ju erf(ären, a(fo ju einer SKeinung, mie fte 
S)armin in ber natürlichen S^^t^'Q^^ Dtrtritt. SBenn ^aßer ben 
erßen SSeg ging, f o mirb il^m ba8 l^off ent(id^ fein 3){enfd^ üerargen, er 
t^at ja nur, mad bie beften 3Ränner üor il^m unb ^u feiner 3^'^ ^^^ 
getl^on;^^) man fal^ [a bamatö nocb gar nic^t ein, baß ^bie ganje Xe(eo« 
logie i|re Sßurieln in ber Slnfic^t'' l^at, bag ber 93aumeifter ber ^e(ten fo 
kioffol^rt, bag ber äRenfcft nad) Slnalogie menfc^ti(!^en ^ernunftgebrauc^e§ 
fein ^erfol^ren jmecfmäBig nennen mug;" hai aber eigent(id) bie Statur 
iir einer äBeife fortfc^reitet, metc^e mit menf(!^(id)er S^o^c^ntä^igfeit feine 
^e^nlid^feit l^at, bag bei ber „ungel^euren SSergeubung ton Seben^teimen'' 
bie natfirlid^e (Sntmidelung nur ein SpejialfaQ unter Saufenben ift, ba^ 
e9 eigentlich nur ^uSna^men finb, an benen ber S^eleologe bie meife ^aub 
einer J|ö|ern SRac^t p^^t,^^) oOed bad mar testen SnbeS für bie gefamte 
bamolige SSett noc^ terra incognita. 2)ie ©renken ber 9laturerfenntnid 
Quf biefem fc^mierigen (Gebiete fa^ ^aller mo]^(, aber et glaubte, mie e^ 
eben in ber Srabition unb im S^'^S^if^^ ^^^ ^^i^ ^^^ ^^^ Orbnung im 
8oue organifc^er Sebemefen tro^ aQer SBariireung im 2)etai( nur fo be^ 
griffen werben tonne, bag ben bauenben Straften eine sapientia occulta 
^ugebac^t mirb, i>\z einerfeitd iene SSariierung jutägt, anbererfeitd aber 
00^ ben 93au fo birigiert, bag er eine beftimmte ^orm mit bem tt|pifct)en 
Srtc^aratter .auftoeist unb geeignet ift, bie feinen Organismus erl^altenben, 
förbernben f^unttionen auSjuüben. S)ie Sprache ber 92atur felbft, meinte 
$aDer, bejeuge bie. Xe(eo(ogie. hingegen, maS baS äBefen ber SRaterie, 
ber 5häfte fei, bad mugte er nic^t unb moHte er nic^t erKären, fo menig 
atd ein mbberner t$orf(^er®^) ed üerfud^t, baS SSefen ber ttttrattion {u 
beoreifen unb ju erf(aren. (Sbenfo able^nenb unb fc^meigenb üerl^ält er 
ftq gegenüber bem $rob(em ber SBiOenSfrei^eit. Unb ba foK er nun 
bod^ ein feid^ter Ropf fein? ^ 

deboci) ni^t ^aedel allein ^at Rätter angegriffen; fd)on g(eic^ 
ju 93eginn beS neunjel^nten Sa^rl^unbertS mürbe „etn^a« ungtaubCic^eS'' 

**) i^Uer oeriDeiot auf bie Sleugerungcu ooii ^uffon, preface de Tbistoire 
natarelte, p. 40, unb auf bie ooit SBonnet corps or^anises I, S9. 
•^ »ergl. 8ange, ©cfcft. b. SRatcrialiömu«. 6. aufC., 11, ->45 ff. 
■*) 9{ftge(i, !t^eoric ber Äbfitammunö^kOrc. Anfang S. 595. 



i . 



. - : ■.-■.■. -^ 25 — .•..■•.. 

- ■ i ■ - - . 

tc^auptet nämlic^ bo6 ^oHei „gar feine Sl^nung üon 9}Qturmif|en)c^aft 
uitb ftunft"^^) gel^abt l^abe. @eI6ft ®oetl^e feilten ntcf)t ganj mit 
^aflec jufrieben ju fein, tro^em SSielanb, Sefftng unb gerbet üor 
alitm in feinen 3been jut $(i(ofop^ie ber @efc(ic^te bec SRenfc^^ 
^eit^'^O ft(6 ^öHig im gleichen @inn, ja faft mit benfetben äBorten ge« 
äugert Ratten. Sber f^ien er ed üietleid^t nur? (£8 ift l^ier nic^t ber 
Crt, ^aller unb ®oet^e etma aU ^i^ter ju t^ergleic^en, m\^ interefftert 
nur i^re SBelt« unb Sebendauffaffung im allgemeinen unb ba fpringt ber 
Unterfc^ieb fofort in bie SLugen. SBäl^renb biefer ftc^ einS fü^tt mit ber 
iRatur, tu innerer Harmonie ju i^r fle|t, ftelgt iener einen großen (Segen^ 
)ai, bei il^m gel^t ber SRenft^ meit fiber bie Statur l^inauS, benn ed ift 
\a ein Stücf Sngel on il^m. 93ei bem (eben^freunbtic^en @oetl^e ift ber 
Srang, ' bad leibenfc^aftlic^e Slingen unb @u(!^en nac^ (Sott lange nic^t 
fo oonotegenb mie bei i^aQer, melier unter bem ^o>- mc 7:00 truo ge« 
Tobeju leibet. 2)er jUngere (Soet^e |atte ed leichter, ftt^ üon ben 93or^ 
urteilen, oon ber Xrabition freijumafjben, ol9 ^ller, ber erfi im SBerein 
mit feinem Se^rer SSoerl^ooe ,,bie ^etiobe umft^tigerer f^orfc^ung'^^j 
i(()atten l^elfen ,muBte. @oetl)e ift ber bie SZatur fc^ouenbe fiünftler, ^aller 
ift ber beoba^lenbe, analt)fierenbe f^orf^er. (Sr bietete nur fo re^t in 
ber iBeibenfc^aft ber Sugenb, in il^rer Sflot unb ®eträbni8, fpäter mel^r 
au8 $fli^t benn au9 fiuft unb innerem 2)range. 3m Sttter fpric^t er 
oon ber ^^poettfc^en ftrantl^eit/ bie i^n eiuftmald befallen. Unb bodi 
l^aben beibe, ^aUer unb ©oetl^e, üiele Sel^nlic^teiten. 3n beiben finbet 
ein Uebergang üom S)tcbter jum f^orfc^er ftatt, bei Roller frä^jeitig unb 
ausgeprägt, bei (Soetl^e erft im Stter unb meniger beutlic!^. 9el^nlt(6 ift 
aber tn>x allem il^re Stellung jum menfc^lic^en (£rtenntni8t>ermögen. Smax 
ift bei ßaHer nie ein 9Bed)fel jener Suffaffung üon ber SBefc^ränftl^eit 
unferer Sinfu^t in Sßelt unb SRenfc^ eingetreten. Son (Soetl^e lägt fic6 
nic^t gaujt baSfelbe fügen in ber @turni^ unb 2)rangperiobe. Sber fc^ou 
in bem Fragmente ^bte Sflatur'' aud bem Saläre 1783 näl^ert er fic^ 
t)olIftänbig ber Vnftdbt ^aller§, fei e9 nun, ba6 er üon ®ptnoia beein» 
fluBt mar, ober fei e9, bajs er burc^ eigenem S)enten baju tum. Sort 
jagt er üon ber 92atur: ^@ie fpric^t unaufhörlich mit und unb errät 
uns il^re Oel^eimniffe nic^t." „@ie baut immer unb jerflört immer, 
lutb il^re SBertftätte ift unjuganglic^." „@eba(^t l^at fte unb finnt 
beftänbig; aber nic^t als ein uRenfc^, fonbem als Statur. @ie l^at fid} 
einen eigenen allumfaffenben <3inn üorbel^alten, ben il^r niemanb abmerteu 
tann."^^) SSir ^{enf^en tonnen olfo nur einen ^eil ber 9?atur unb 
itoax, mie eS fÄeint, eben im mefentlic^en boc^ nur ieneS Seugere, baS 
auc^ Roller meinte, erfennen. %m 9)tenf(6en liegt ber ^el^ler, er ,,l^at 
ben Star,'' bie «Ratur felbft ift nic^t „öerfd^leiert." „3)aS SBal^re, mit 
bem &Ml\dfiVL ibentifc^, lägt fttb niemals an unS birett erfennen, mir 

naergl. SRinor*« «udflabcn, 3citf(^nft für beutfc^e« Rittertum. X, 272. - 
•*) «rfte 9lu«ga6c 1784, I, 262. - 

^) (SmtC äUnfee, ©cf^id^tc ber .OettiDtffenf^aft nnr> i^rer Sitteratur IV. t>33. 
") »ergC. Weimarer 9lu§ga6e. II. «Dtlg.; XI, 5 ff. 



i 

r 



— 26 — 



• 



■ ♦» 

.1 



1. 

.{ 
%: 

i. 

< 

•i 



1: 

•3! 



•1; 



M- 



.y 



. V, 



t 

:ii 

% 



4 



> ^. 



I 1 I '. 

• -iM; 



' t 









I r 



fc^auen e§ nur im %6glattj, im 93eifpiel, im @9m6o(, \r einietnen unb 
in ücnoanbten Srfc^einungen, »ir merbeu ed gemal^r a(d unbegreifliche^ 
fieben unb fönnen bem SSunfc^ nic^t entfagen, e8 benno(6 ju begreifen." 
9Ran fann es noc^ folc^en Seugerungen ®oet^ed nit^t rec^t Derfteqen, mie 
ec baju gelommen fein fottte, fic^ fo l^ö^nenb gegen ^otter ju üerl^alten 
unb il^n megen feiner fleptifc^en äBorte einen ^$l^i(ifler'' ju f ekelten. 
2)avttm fc^eint und bie SO^einung, (Soetl^e menbe fic^ eigenilid^ gegen bie, 
meiere ^allerd SBerfe migbroud^ten, befonberd gegen zRicotai, burc^aui^ 
rid^tig,^^) lAfd^on io faftifc^ eben bo(^ ein Unterfc^ieb Dorliegt, inbem 
@oetl^e bie Statut nic^t fpolten toiU in ftern unb @(^o(e, in ®eift ober 
ftroft unb 3}2aterie, »ie ed ttxoa Roller t|ut. 3ener traut (e^ten (Enbed 
bo<^ mieber ben Sinnen: 

Jt^n S^Ifc^ed (äffen fie bi($ \d^auen, 
V SBenn bein Serflanb bic^ i9a(4 er^aa." 

mÜtt aber i{l überjeugt, bag mir nid^t ba8 abfolut wal^re SEBefen ber 
linge ju ertennen oermögen megen ber UnjuDerlaffigteit unb SBefc^räntt« 
|eit unfereS @inneiSop))orated. - - 

9ticoIat nun, ber @oet^ei} 9erger enegt ^atte, polemifirtee gegen bie 
Säfult Rant^, gegen iReinl^oIb, ^lijU, @iti^e(Iing zc, gegen bie f^fitema» 
ttfc^e SRorol unb brang auf eine prottifc^e, inbem er bie ©runbfö^e für 
nebenfä^Iid^ erad^tete, menn fte nur gute ^anb(ungen jur ^oIqz Ratten. 
(St liebte bie SBeltmeidl^eit, ba8 SBiffen fär bie groge meite SSk(t, bie 
Huge SBemunft ber 9EBe(tfinber gegenüber ber reinen SSernunft JtantS unb 
l^eiu mugte il^m ^ollerd ^udfpru^ ald ^elferdl^elfer bienen/^)' ^ber 
^aller mar fein populär« unb %uff(arung$p]^i(ofop^ mie etma ißicolai^ 
oielmel^r ein gut @tüd @teptiter unb 9{aturp|i(ofop|, unb bag ba9 nid)t 
ibentifd^ ift liegt auf ber^anb. 

Xro^em mir ermiefen l^aben, ba| ^aller unb ©oetl^e ni^t jiiiei 
entgegengefe^te $o(e bebeuten, üielmel^r a|nli(^e ©renjen feigen für bie 
StoturertenntniS, fo ift, bo4 no(!^ ein @egenfo^ ba. 9Bir motten fagen, 
®oet|^e treibt mel^r (Empiridmud aU (Empirie, ^aller me^r (Empirie aU 
(Empirismus. Sener tann beffer pl^i(ofop]^ieren über toenige ober gar 
btne (Experimente, biefer titac^t Diele (Experimente, fc^aut fic^ bel^utfam 
prüfenb bei anbem (Sele^rten unb S)entern um, unb erlaubt fic^ bod) 
nic^t fel^r üiele @^(äffe baraud ju {iel^en unb^tül^ne ^npotl^efen aufju« 
ftellen. 2)arin fommen aber beibe äberein, bafi[ ber ÜRenfd^, tro^bem er 
ben @tar l^at unb tro^bem er an ber ®d)aU l^aften bleibt, boc^ bem 
f^rfc^en feine ©renjen gu fe^en l^at. ©anj befonberd tritt ba^ bei Rätter 
Ijerüor. 3n biefem @inne l^at er feine Sorrebe „dorn Stutzen ber ^DQpo» 



I '! 



^) Secgl. 4ie$u bie XuSfü^rungen von 9{. 9o£ 6erger im ^xd), f. Sitt.sQ^efc^. IX, 
@. 264—66. — @4röer in feinem gauft II, @. VII unb 53. — von Soeper, ©octjc^ 
©ebic^te II, 541— 43. — SWinor, Seitfc^rift für beutfc^ed Altertum X, 271 u.272. — 
%n ber äßeinung, (3octf)e )ie(e auf Rätter, ^a(ten no($ feft: ^ün^er, ®oet4fja(;r« 
5u(^ III, 328. — » 3». SReper, Öoet^e, 2. »ufC., 6. 669 ff. 

■®) SJergl. 3]i{inor, Seffingd Sugenbfrcunbe, 72. 33b. von Äürfc^ncr« beutfc^cr 
9laitonar«Sitteratur. @. 302. 



. t 



- • 

. t 



■ I ■■ 

. / - 



tiefen'' gefc^tteben unb bomit rei^t er ouc^ bem mobemen e^o^f«^^ Vit 
^anb. (Er- jjel^t btreft gegen bieienigen ju %z{ht, xozii^t meinen, ^bojs 
bcr 9Xenf(^ bte innere SRotur ber S)inge ju fennen untrer mögenb fei; ba| 
roir niti^td gu l^offen l^oben o(d bie äBol^mel^ntung einiger (Srfc^eiitungen, 
unb ba| bte 9Bal^r|eit in einem %6grunb liege, über meieren mir feine 
33rüde laben." ^^) 9Ran tonnte jmar |ier meinen, e8 liege ein äBiber« 
jprudb üor, inbem ja ^aller l^ier kion ber 9Rögti(^teit einer (Ectenntnt^ 
bed 3nnem ber 9tatur ju reben fc^eine. S)em ift ieboc^ nic^t fo. Sr 
frogt: SBo^in mfirbe mo|I eine folc^e ^@{>ro^e ber SSerimeiftung" fäl^ren, 
^menn fie bie Ober^anb gemönne?'' S)te dtüctmirlung more ein ficb gelten 
unb treiben laffen, ein faulet, trägeS Sufi^ unb @enu§(e6en, ein Kaglic^er 
Ouieti9mud. @tedt ober, nic^t hinter bem 9Bi{f endtrieb, bem Streben 
nad^ SBal^rl^it ein '9taturtrieb, ber im (Srunbe eine SBefriebigung eben 
,burd^ geiflige SBet^atianng üertangt? ftann aber bie 9{otur und betrügen, 
m fte felb^ und in otefe Salinen smingt? „SBann ber 9Beg 3ur SBal^r^ 
^eit und fo »eit, fo ungemil, fo fc^mer gemai^t »irb, menn man und 
Dorfagt, bog mir nic^l anberd ald mit bem ©entblei in ber $anb gelten 
follen, unb bo(^ bobei und ju miffen t^ut, ba| mu mit afler 93orftcbt 
ade Sugenblide fallen merben, mann aHe unfere 93emü^ungen und {u 
nic^td, ai^ üon einer pöbelhaften Unmiff en^eit ju einer getel^rtern fül^ren ; 
merben mir und mo^I bemegen? merben mir in einer mfi^famen Sietje 
fortfal^ren, bie und nirgenbd |in fäl^rt? mirb nic^t bie @emäc^lic^teit, 
mie ein neuer Qinead, einem jeben gelehrten ^^rrbud ind O^r fageti: 
marum midfl hvi bie gemifjen SBergnägen ber SBoKuft unb ber S^ul^e 
t)er(eugnen, unb mit einer d^imärifc^en Slitterf^aft bie Steckte ber SSa^r« 
^it, ol^ne ben geringjten f^nf(!^ein etmad audiurid)ten, unfruchtbar üer« 
teibi^en? mann bu aOed getl^an l^aft, fo bifi bu mieber mie ijt, bet) bcr 
Unmiffenl^eit/'^) Sd finb alfo l^ier im mefenttic^en prattifc^e ®ränbe, 
bie ^aQer bemegen, ben ®(auben an bie Srtennbarteit ber 9?aturerfcf)ci« 
nungen in @(^u^ ^u nel^men. Sd liegt aber aud^ gar nic^t im @inne 
jener Serfe, baB toxi überl^aupt nic^td ju ertennen üermöc^ten. Sßielmel^r 
ift ed b(og ein Xeil ber 9latur, unb jmar ber äugere, bie @(^a(e, ber 
und, memt mir glücNic^ genug ftnb unb bie Sugen offen l^atten, fe^r 
mo]^( jugönglic^ fein tarnt. äBenn bal^er gefagt mirb, bie SBal^rl^eit fei 
t)eränber(i(!^, fo ift bad fa(f(^, nic^t iebe S^it l^at i^re befonbere SBal^r« 
^it, bloB i^te befonbere „äRobe," eine (Sigenfc^aft, bie ollen menfc^lic^eu 
Steinungen anl^aftet, bie äSa^eitfelbft ift emig, unoeranbeilic^.'^) äBo 
t)ie(ed fa(f(^ ift, ba ift eben nid^t cS[t% fa(f^ unb bad Unma^re Hegt 
nic^t fomol^t an ben trUgerifci^en ©innen, ald oietmel^r an ber Uiigenauig« 
teit ber (Sinielfbrf^ung unb an ber f^el^Ierl^aftigteit ber einjetnen unge^ 
nauen Segriffdbeftimmungen. 

. Seiten Snbed finb ed bio(ogif(!^«etl^if^e ®rünbe, bie und nötigen, auc^ 
ben ©innen ^u trauen. SBärben fte und belfigett unb betrugen, bann 

•^ ÄCeifte «(^riften I, 56. 
•») Äreinc ©«viften I, 56. 
•*) ÄCeine e^riften I, .58, 59. .^' 



k 



. r 
i \ 



{ 



d 



V - 



— 28 — 

«n$tai iDic ia an noKccc UniDtffni^t ju Ontiibc ge^. Unfent mtolen 

3iit(ief)cii tonnte ntc^t nc^c in einer ii$ Seben ei^ttenben unb fScbern 

. ben SBe^ senngt »oben; mit mücben Stoffe ju nn^ nehmen» bie un« 

. «eiicTbcn tonnten, benn wo allel lägt, bo ijl mdi Irin J^riterium me^r 

-ba fui bo§, nm^ fiötpec nnb Seift fcommt ^fM ®emetnfame bet SKerl« 

male bec ^inge, bie in ben necfd^icbenen äRenfd^n fil^nlicfte beftanbt^e 

SoißeSnnsen tmmcfac^ nnb ivoat nntec benfelben SBebinsungen aOeieit 

bicfelben, baS etlnnbt nnd, nnb ba9 fieben beß&tigt bot, 9iMe(n obiU- 

feilen f& bad nienfii((i(il^ Beben jn nnfetm Qdkvdli unb 0(üd!.*^) Unb bo 

^Het nnn einmal bie SBiffenf^aft, gleic^fam all eine 9(fl(fil|ud^etin 

nnb 'ftnberin betrad^tet, al8 ein Streben no^ Serbefferung ber äu^ecti 

nid) innem B^fl^nbe ber äXenfd^, fo ifi el bur^oud nur eine fton)V 

quen), menn er mdi and btefem Srunbe ein to^fereS» ntutigeft SBeiter« 

fprf(!ben nerlangt nnb ein groBed Vertrauen auf ben SRut^en ber ^^po> 

ti^efen fe^t. Sad Unerforf(|Ud)e barf und nid^t l^inbern, immet meiter 

J in bie Statur ernjubringen. 2)abttn!^ »irb, »ie ft^on onaebeutet, oud^ 

, ' bem äBiffendtrieb genügt. S)ie Suft, eigene Dogmen ju bauen, anbece 

; .. - - jtt jerftöccn, barf nic^t unterbrfldt merben, menn babei bec 3n>^<t ift, bal 

; ' ei(^ne „iBel^rgebäube gemijfer, roa^rfc^einlic^r unb angenehmer** ju machen.**) 

,t ^^^.^^^^ -^ _: / ; ffi^ bie ^^pot^fen gemiffermaften aU „ffJotmünje**. „Sie 

•: • ;'^ -^ »erfen t^^agen auf, beren SBeontmortung öon ber Srfal^rung geforbect 

v^- ' toirb, unb bie o|ne ^^pot^efen und nic^t eingefaDen mären, eine SD3ic* 

;i ' ' tung, bie i^ren unfäglic^en SBotteil in ben SBiffenfc^often l^at/**) „^er 

- $reil x^ bann bie Sl^ce beS 9{ed)tl^a6en8 unb bad gemeine SBefie geniest 

-- bie grilt^te bei »eftrebenl ber Streitenben. **'^«; „Strettenbe Seften finb 

: .mie Stallt unb fyeuerfteine: fie jeugen imor ^uec, aber aud^i fii^t baoep, 

nu9 ju erleuchten/*') S)amit bürfte mol^t juc ®enttge bemiefen fein, ba^ 

.i^aDer burc^auS benfelben Sianbpunft mie ®oet^e einnal^m. Sr meint, 

r ,,ba9 Serbienft bei 9tatur(unbigec9 nic^t fc^&^en/* ^eilse jo me( a(9 „alle 

Sorieile betagten, bie mir bon ber genauem (Einfielt in ben iBou ber 

:' natfirli^en 2)inge genießen." Sein Stol) auf bie Qcgebniffe bec 9tatuc*# 

~ miffenfc^ctft reigt i]^n, mie mir fc^on miefen, ju ben SSocten l^in: „8Bo9 

r mar bie $l^i(ofop^ie ol^ne bie Schüler ber Statur anbecd o(9 eine fdimaj}« 

l^afte, Dermorrene unb unnü^e Unmiffen|ett.'**^) SBie batonijcb bot dingt 1 

i.j ^ /^ ; : fflie ftel^t el nun aber mit unferer Scfenntni» nic^t bloB bec äujecn 

:» 1 './-.:. SBelt gegenüber, fonbem über ben SWenfc^en felbft? ftennen mir jene» 

' ' " .: gd^eimniSnoKe SBefen in un8, bal benft, fül^W, empfinbet, mifl? Obec ift 

j / .- / ed auc^ ein Stüd bon jenem Snnern bec SRatuc, beffen SDefen mie n\d)t 

I ' jn ectiacen tiecmögen? (Ein neuccec S)en(ec l^at gemeint: „SQäce ou^ 

mal^r, mal bie Seele tmr ben gco^en unb gemaltigen 9{ätfe(n bei fiBelten« 



5t 

3;. 






v: - . 






•*) Eiern, physiol. V. 584 unb 85. 

^) Ktetne 6($nften l 06. 

•*) Kteine ek^riftcn l 67. 

*•) Kfeine 64riften l 69. 

^) Kleine 60rtften I, 70. 

**) Wit 0e(. Hn$. 1748. 6. 427^ ober Za%€^ II 161 



I 






UhixA ftaunenb unb Derimeifedtb aufruft, in) Snnie bec Slotur bctngt 
fein crfd^offncr ®eift, mei( bie ganje SuBere Slotur eben immer bie öugere 
auiec und ift unb bleibt; nun, ber SD^enfd) ift auA ein BinA 9}atur, 
ein @(ieb in il^rei; großen ftette, unb l^ier ift et felbft in i^rem Innern, 
ift felbft bad innere, unb fn^ felber fc^auenb unb betracfatenb fie^t er 
bie 9{atur unb il^r ®efe^.^®) @o f^on unb beiul^igenb ba9 Kingt, fa 
menig trifft ed ben ftecn ber @ac^e.^-^) S)ie f^roge ^ei|t nid^t, ob ber 
!Uienfc^ au(^ ein ©tuet ober gar bad @tü(t ber 9{atur fei, üielmel^r ob 
er überhaupt an $anb beS bor^anbenen ober noc^ ju finbenben iD^aterioti^ 
ie in ber Sage i^ ober fein mirb, bo9 3ufianbe(ommen feinet eigenen 
pfQc^ifc^en (Sef^el^enS audreic^enb ju ertlaren, ob er baS, xoal er wx fid^ 
ai% baft innere o|nt unb betrautet, a(8 foId(ieS 3nnere§ oöUig ju be» 
greifen üermog ober nic^t. Z)og ber üorfi^tige, jur @tepftd neigenbe 
jpofler l^ier kiiel Unerforf^Iic^ed fielet, ifi I(ar, unb ed miib nun unfere 
näc^fte Aufgabe fein, ju geigen, mie er ftc^ bem 9lStfe( ber 9i&tfel, bem 
fieben ber @ee(e gegenüber bereit. 

. ' ■ < ,- . - ■ ■ ■ 



. ' . Viertes fiapiteL 
ja;ei6 unb §eeCe. 

SBir l^aben im 93idl^erigen ^ader mefentli^ oX% einen SSertreter be^ 
Smpiridmud tennen gelernt, unb fo merben toir und nid)t fonberlic^ ju 
tounbern brauchen, menn er auc^ auf bem (Gebiete ber ^fpc^ologie fo oft 
a(d mögü^ oon ber (Erfal^rung ausgebt ober audgel^en will, ©anj be« 
fonberd bebeutungdooll unb |ert)oriu]^eben ift bie Xl^atfat^e, baj^ ed ein 
(fc^einbar) bur^aud moberner ®efic^t§puntt ift, ben er ge(tenb mac^t fttr 
ein gebei^ti^ed unb SufHärung bringenbed @tubium ber ^f^^ologie. 
Sderbingd üermebt aud^ er, mie ed im 3^t8^if^< 1^0^ o^ne mettered bie 
SKetop^^ftf, bie t^rage nacb bem Urfprung unb bem @(^idfal ber ®ee(e, 
ebenfo teilmeife aud^ erfenntnidtl^eoretifdje i^ragen in bad @ee(enprobIenv 
iebocb nic^t in ber SSeife, ba^ fte in ben SSorbergrunb treten, unb l^ierin 
bilbet er immerhin einen (obliegen ©egenfa^ }U 93onnet, in beffeti „Essai 



datier min eine pb9fio(ogifc^e $)t)d^oIogie liefern unb jmar eine oer^ 
gleic^enbe. (Er ift jmar faft a priori ttberjeugt, \^a^ „m groger "leiC 
und in (Smigfeit üerborgen bleiben mitb" ^"^) öom 3Befen ber Seele, il^rer 
N^audl^altung'' unb. il^red „Sebend." I^ebocb k)on einer oergtcic^enben 
®e]^irnanatomie eil^offt er, i({% fie „ein gro^ed Sicftt'' in bem 2)unfel 

**) SR. Saiacud, 3)ad £e&en ber @ce(e. 2. Xuf(. 1876, 6. 93, 94. 

^^ "fSkaxi oergletc^e etioa bamtt bie ffeptifc^en ^nfic^ten von Sote, 9Rifto- 
fo^mu« 1856, I, 396, 403 ff . 

.'^) ,ȣxigaam est, quodcerto novimus, matta pars latet, et non extgaa 
aeternaDi latebit, si de futuro hominum profectu ex eo jadicare licet, quem 
•ecula praeterita produxerant.'' Eiern, physiol. 7, 529. 



de Psychologie'' bie äRetopl^^fit faft bie ßälfte bed SSerfed einnimmt. ) 



\ 






i 






^ 



- Ai 



'.1 

t ■ * 






;v 



y \ 



t 

I 



— 30 -r- 



ncrbieiten mürbe, bffonbecd ^loenn mit und ber @e(egenl^eit fteiBioer 6e« 

btenen »outen, bod (Sel^tm närrifd^r, toller 3Ren|(^en unb jolc^er, bie 

i^c (Sebfic^tnU uer{oren ^aben, j^u öffnen; »enn mir ba9 ®e^trn ber* 

jentgen Ziere, beren Sitten unb f^ol^igteiten und betonnt finb, mit beni 

menfii^lic!^ ®e^trn genau oergleid^n mollten, unb menn enblid^ ber tlä* 

gere unb jur Ueberlegung gefc^idtere SRenfd^ baS fieben unb bie SBer« 

ric^tungen feiner @ee(e in einer langen 9iei]^e üon Salären unb oon Sugenb 

-: auf ol^ne ^^potl^efe betrauten unb genau ^ unb ernfll^aft eine @efc^i(^te 

- beS eigenen ®eifted fc^reiben moQte."^^^) 23ir fe^n a(fo ^Qer genou 

bie Huf gäbe fteQen, bie l^eute noäi audbrücUid^ gefiellt mirb, n&mlid^ 

metl^obif^ed Stubium ber ®e|tmfhultur fomol^l bed Slf^enfc^en otd ber 

: ; Ziere unb genaue 93eoba(^tung ber eigenen innem geißigen Sriebniffe. 

^ V Sa| er gerabe bie ßimanatomie, benn biefe tann bo<^ btoB mit jenem 

aSergleid^en gemeint fein, fo betont, ba9 nähert ibn anäi einem mobernen 

- f^rfc^e^^ melc^er h^anpttt, bag biefe neben $at^o(ogie unb S^emie 

bie „funbamentatfte $fi(f§bi9iit>Iin ber ^ftic^iatrie" unb ^fär beren miffen« 

fc^tli^ 93egrünbung abfolut unentbel^rtii^'' fei. SBenn ^aller aber ouc^ 

ba9 @tubium fpejiell üon ^f^c^opatl^ifc^en äRenfd^en bej^m. i^red Selgimed 

' betont, ^^) fo erf^eint er einigermaßen a(9 ein falber 93or(äufcr ber l^eute 

Jbefonberd in t^ranfreic^ blfi^enben @d)u(e ber $J9^opatl^o(ogen. Huf 

'/..^ leben OroQ gebührt ^aOer fc^on einzig um feiner genauen unb {utreffen« 

ben JBefKmmung bed SBeged, ben eine jutünftige ^f^c^ologie iu gelten 

fiaU, ein $(a| in ber ^(efc^ic^te ber @ee(entunbe, mag man nun oon 

feiner eigenen geringe benfen ober nid^t. 

Äant l^at in feiner ^Äntl^ropotogie in tjragmatifc^er §infi(i^t** (1798) 
mit bireliem S8Qug auf Rätter ^^^) bie ®e(bftbeobac^tung abgelel^nt. 3laä) 
Üffm giebt e3 nur einen innern @inn, — ^aUer fprii^t t)on sensus in- 
■ tem — „weit ed nicbt öerfcftiebene Organe feien, burdj welche \\d) 
ber 3]>2enf(^ innerli^ emt^finbe." SOtan barf bad @piel ber äSocftedungen 
' \ bed innern ®inne9 nid^t fUr Srfal^rungSerlenntmd anfeilen. SSiedei^t 
i :■ \ . fpielt ftant l|ier auf ^aflerd lagÄucb über fic^ felbft an, mldkt^ '\a in 

ber Zl&at einen unerquicfUc^en ©nbrud mat^t.^'*') 3i^^K«ft fit^.« ji^w 
■^~"""" » • ' ' 

-^ ^*^ „Maltam vero lacem 8i>erarem adfalsaram, si opportanitatibas inciden- 
^i :' domm hotoinam fatnoram, oblivisioram et maniacorum diligenter nteremar: si 

''■',. animaUam, quonim mores et ingenia nobis cogoita sant, cerebra caro Kuniano 

; .. - 1 cerebro accorate compararemas : si demam ingeniosior et ad meditandom aptas 

'>'■' homo vellet saae animae vitam et festa longo annaoram tempore, aqae javeni- 

f libas annis, absqae bypothesi meditari et accarate et sincere propriae mentis 

^ . . scnbere historiam.- £lem. physiol. V, 529. ' ' 

»•») gtec^fig, ©ejim unb ©ecle, 2. 5(uf(., @.96. 

«*•) ein längerer 216fcl^uitt r)anbc(t oom ^Delirium. Eiern, phvs. V, 563—569. 
' *•*) «ergl. ÄantS ®erfc r^artcnftcin) X, 163. 

^^) 9 erbaue fpric^t: „de sensibus interois.^ SSergf. Institutioiies medicae. 
£d. tertia. La^dani Batavomm MDCCXX, p. 251--256. 

*^) @d ttt benfbar, baf; Rätter 6ei feinem ^inmcid auf bie Selbflbeoba^tungd- 
mei^obe an baS von i^m fett 1736 geführte S^ageburf; feiner „religiöfen Ömpfinbun)ien'' 
badete, lin^ erfc^eint ed afö uniua^rfc^einlic^^ benn n^arum ^tte er bann bfo^ feine 
re(igiöfen Gmpfinbungen ana(t;ftert unb nic^t au(^ bie übrigen? 



t 



— 31 — . 

barauf Stawtt äBorte, ed jet auc^ ^^eniütdhantl^eit,'' fi(^ felbft mit e^nec 
getünjtelten @emätöfttmmung l^injul^alten, üiellet^t toeil man fie für 
|)ei()am unb über bte Sttebrtgfeit ber ©tnnenüocfteOungen erl^aben l^ält, 
unb mit barnac^ geformten ^nf^auungen ftc^ jn l^intergel^en/ ^^enn 
nad^gerabe ^a(t bec SRenfc^ ba9, mad er ft^ felbft üorfäglid^ ind @emät 
hineingetragen l^ot, für etmad, hal^ fc^on t^orl^er . in bemfelben gelegen 
^ätte, unb glaubt ba^, wad er ftc^ felbft aufbrang, in ben Siefen {einer 
@ee(e nur entbedt ju ^aben." S)er SRenf^ mu| »in bie äugere SBelt, 
unb ^temit in bte Orbnung ber S)inge, bie ben fingern Sinnen t^or- 
liegen, »jurüigefül^rt*' »erben. *"**) 

3)^ t^rage naäi bem @i^ ber @eele, melc^ ^aller {temli^ ein« 
ge^nb unb jiemßc^ unsmeibeutig beantwortet, möchte ftant üönig aud 
bem BpitU (äffen, ba eine (otote ®egenwort einem nur nac^ SAU 
bebingungen beftimmbaren 9[)inge etgentü(6 ein 9iaumoerl^ä(tni8 beilege, 
nnxd aber ein SBiberfpru^ {et. Watt t^fite beffer, üon einer blog bir^ 
lueffen (Segenwart, bie b(o| für ben SSerftanb gel^öre, ju reben, ba bamit 
bie Oert(i(^feit audgefc^attet fei.^'''') — 3)ie 0e{(6td|te ber ^{^(^ologie 
bat aber geic;igt, bag ftant ftc^ inte, wenn er glaubte, ba9 Renten ;a(9 
badObjett ber ^ft^c^ologie fei unmegbar; ^aller ift im Siechte geblieben 
menigfteni^ in feinen t>rinjipienen e^orberungen an eine ^f^^ologie ate 
ejatte 9Biffenf(baft. 3m @inne ^allerii l^at bann @aU bie ^irntel^re 
audgebilbet unb aufgefaßt aU eine allgemeine SBilbungdgefd^ic^te bed 
^irned üom Sogel an bid jum äl^enfc^en, nebft ^uffu^ung be§ ton« 
fequenten S3erfa|ren9, ber ©efe^e unb be8 ÜRec^aniSmuS ber yiatnx mit 
fpeiieDer Unterfuc^ung bed äJ^enfc^enl^irnd nac^ (S^tenfton unb ^otenfion 
feiner 3Raffe, wobei er aOerbingd fofort bai» @e^im teleologifc^ bestimmte. 
äBai^ foU aber jener ^inwetd ^aUerd auf ba§ @tubium be§ ®e^imd 
oon 0eifte9franten? 3ft eü nid)t fcbon ein ^f^d^iater, ber l^ier fprid^t? 
Unb wenn er bann gelegentlich bie SBefonberl^eiten bed @enie9 g. 99. bie 
SReland^oIte in eine gewiffe SSejie^ung fe^t ^u ben p^^fifci^en unb pf^^i^ 
fc^en Anomalien t>on Srrfinnigen, erfc^eint er ba nic^t fc^on ali^ ein 
falber Vorläufer Sombrofo'i^? SSieQeicbt, wir werben feigen unb wollen 
l^ier nur nod) auf eine gewiffe Ironie bed @cbi((faU l^inweifen, nämitcb 
ouf ben Umftanb, bag fialler felbft einem £ombrofo ^ot al9 (Stempel 
bienen muffen für feine Sll^eorie öom „®enie unb Snftnn." "^) 

fjfür bie 2)arfteIIung t>on ^allerd $ft|^ologie tommt faft audfi^tie^' 
lt(^ in SSetrac^t ber fünfte 1763 erfc^ienene 93anb ber großen $^9fioIogie. 
SBir werben iebod^ aud^ bie gelegentlichen 93emerfungen in ben übrigen 
@(^riften berüdfic^tigen unb fte ba einflecl^ten, wo fie in ben 3ufammen« 
i^ang paffen bürften. 

'^) It an t, X» 164. — STtögü^eriDeife ^ai and) f^. ^. Garud an ^atterd 
2age6u4 gebac^t, luenn er fagt: ,,9{id)t ber größte 9eo6ad)ter ift afö ©elbftbe- 
backtet gro|, wad SetfptcCe mancher 9{aturfoi'f^er bemeifen.'' ^ergl. $Mo(ogie, 
ßcipiig lö08. II, 358. 

*•*) Äant, X, 108. „3u eömmcring, über ba« Organ ber ecele." 

*/wv "*^ ^^'fßl- Sombrofo, ®cnic unb 3rrfinn. tlu«gabe Äcflam. @. 85, 94, 
109, 320 ff. 338. 



Tt 



I 






¥' ' • ' ■ -..»-.-'■'->- • ■ . ■ " ■ 

'/ ■ • .• - QO 

-■-.." *^"^ i>a "~" ■ ■ . • 

: ' . .- . / ' ' - . - ■ • ■. J ' 

* Sct^je^n 3al^rc rooten oerPoffen, feitbcm fiamettrie feinen beben« 

tung^ooDen, unglüctücien „Homme niachine'' ^oKer gemibntet unb bamit 
einen @fonba( elften 9tongc9 |erou{6e|(^moren l^atte. 2>iefe8 iBuc^, ba^ 
inm erften 9Ra( in ber neuern $J^i(ofop]^ie einen lonfequenten SJ^ateria^ 
li§ttiu8 öeritat in Äntel^nung an benjenigen bec ©toa, fpejiell (Jpifur^, 
mar gonj bejonberiS geeignet, bog ft(^ ^aller fpeiied au4 ber (Srforfc^ung 
X bed @eeIenorgane§ mibmeie, befonberd ba ja fiamettrie au^ aui^ ber 

BdfüU SSoer^otKd l^orgegangen mar, ol^ne freilid^ feinem frommen 

. /^^ ; SDteifter giofee Cl^re ju machen. ÄÖ SEBerf, ba8 Rätter öor unb mäl^renb 

1 ber abfoffungljeit bt% ftebjeftnten SBud^e» ber ^l^fiologie gelefen ^atte,. 

I ifit ju nennen üor aOem: 6^. S3onnetd 1755 in fionbon erfc^ienencr 

\ . ; , ^ „Essai de Psychologie oa consid^rations sur les Operations de 

Täme,^ moxin Sonnet einerfeitS bie Smmateriatität ber @ee(e feftl^alteu 

f : ' ;/ • \ - mollte, anberfeit« aber bo4 bie gröfete Äbi^ängigfeit pf^c^iftften fieben^ 

:i; ' öon förpetütften gunftionen ber SJerüen unb be8 ®e|irn8 ^eroorl^ob, fo 

; j, _ - ' ba^ er e§ für notig fpnb, ftc^ in ber (Einleitung ju feinem SSBerfe gegen 

.^ ' : Jben SJerbac^t ju magren, e^ tonnten einige ®eban!en bebenflid^ fein unb 

v^:— ^ ber Sieligion anftöfeig erfAeinen.^^O SJJit SReci^t l^at man i^n beSl^alb 

, ^ . einen ^j^albcn" ©piritualifien unb eigentlichen ^^^qlob^namiften" genannt! 

2)iefe unflare, 5Uiücf^altenbe Senfmeife, bie ja aud^ SonbiUac ju ffahm 

Jtftien, l^ot fic^ auc^ auf ^aller übertragen, mie mir feigen mcrbcn. ®c« 

(efen |atte ^aller ferner bie in bie $fQ(^oIogie einfc^lagenben ©d^riften 

1 oon ^artleg (observadons on man), Sode (essay concerning human 

• . -. . nnderstanding), Seifele^ (theorie of visage), Sonbillac (traite des 

' ' ^ ; ' sensatioDs), ^etoetiu« (de Tesprit), SBonnet (Essai analytique sui' 

; • - > r les facaltes de Tarne 1760). SBelannt mar il^m aut!^ S)e3carte§ „traite 

:' . de rhomme," SBolffd „Psychologia empirica," STOartin Änu^n§ 1744 

: vetf^ienene p^ilofopl^if^e Äb^anblung „oon ber immateriellen ffiatur ber 

- y * ©eele" unb, um melleic^t baS SBidjtigfte julcfet ju nennen, fflocrl^aöe, 

t ' '^ ba3 SBic^tigfte barum, meil SBoerl^aüe, ber ja ein Dccafionalift mar unb 

:\ : xAdft ein fpinojiftifc^er äRonift, mie auc^ ^aQer audbrfidlidi betont, fei 

■ ei burt^j ben ®cift feiner SBerle ober au^ burcft ben Qmbtx feiner ^er* 

fönli^teit fe^r mal^rfc^einlic^ Roller in ber !Ri(!^tung beeinflußt \)(it, bo^ 

biefer ftc^ ju 93onnet l^inneigen tonnte, o^ne beutli^ genug beffen ©c^mödie 

^ ^ rif^tig ju fe^en unb ol^ne felbftänbig biejenigen ^onfequenien ju (iel^en, 

: bie feiner änfcöauungSmeife üom SBefen ber ©eele eigentlich nal^elagen.^*-) 

. Sieben bem 9}?ateriali2mu§, beffen ®efa^r für ^aller menigcr in 

ber Segtabierung ber ©eele lag, ald üielmel^r in ben ^onfequenjen, bie 

ftci) für bie 3J{orat unb bie @t^it auS einer mec^aniftifc^en äBeltauffnf^ 



4 



v 












4' 
t. 



I 
I 



^y^ 



}f 



"*) SBonnct: Es», de paychologie, preface p. VII. 
'") 3ur ^n^eutintct uon $üer(;avcd $[i)(i)o(ogie bie 3tcUett: . . ita »e 
habent ioter se, at eogitatione» meotis singularen determinati» corporis conditioni- 
bas Hetnper jangantar et vicissim." Inst. p. 8. — Non ergo videtar divcrsita» 
- • baec idearum pendere tantom a varietate illa, qua ultima pars nervi coustruitur; 

i' i»ed a multis aliis praeterea non quideiu causis, sed, ex Inatitutu Condi- 

; |: . . toris Adorandi, conditionibus.'^ Inst, med, p. 252. 

' i". • - * ' , < '..--'■-• 



4 

I 



— 33 — 

fung ergaben, unb bte fiomettrie beut(t4 8^ug in feinem „discours snr 
le bonhenr'* unb in ber „Art de joair'* gesogen l^otte, mar t% noc^ 
ber Slnimii^mud ber @to^(ioner, gegen ben er etnma( Nor unb energifcft 
frontieren moQte. Sd gott o(fo Roller einerfeitö ju seigen, baB unfer 
pfq(^if4e9 ®ef(^^en niqit ibentif4 g(ei(^ ift einem materieUen ^roge^e, 
anberfeitd aber au^, bag bie @ee(e meber ba9 aUeinbouenbe (anima strac- 
trix) noc^ bod aUein ^errf^enbe, bemegenbe (motrix) ^rinji)) im (eben^ 
bigen Organismus fein tann. (SS ^anbelt fid^ o()o um eine SBegrunbung 
bed Dualismus ton Seib unb @eele, ben ber SKoniSmuS unb ber 9Ka* 
terialiSmuS betimpften. S)oS $rob(em mirb ober 5U einem boppelten, 
ju einem pf^d^ologijc^en unb 5U einem titalen. Z)er 5tIor^eit megen motlen 
wir bie beiben getrennt unb boS le^tere in einem ganj befonbem Vbf^nitt 
über baS SebenSproblem bel^onbetn megen feiner Sebeutung für bie 9totur< 
p^i(ofo))^ie ber Sotgejeit. ^ier interefftert un9 olfo sunä^ft nur bie 
^i^c^ologie ^aUerS, alfo bie 9rt unb äßeife, mie er bie Orroge ju löfen 
Mfuc^t: SBie tommt ein innere» Srlebni9 sufionbe? 

beginnen mir mit ben (Smpfinbungen. 

SBad ift eine (Smpfinbung? „SBir tierftel^en unter empfinben in ber 
gemeinen SSortbebeutung, eine ]d)e Seranberung in unferer @eele, me((^e 
ou9 ber SerO^rung bed menf4|(ic^en ftör))ec9 mit ber @eele tierbunben 
entfielt. ''^^') 9(fo dierdenreij plus SBemuBtfein be9fe(ben mo^en eine 
@enfation au9. 2)a9 Unbemufte im mobemen @inne esiftieit fär ^aller 
nodi nic^t fo menig mie ffir feine 3^tgenoffen. 9t fpric^t einmal mit 
Soer]^ot)e uon „bunKen'' ISingemeibeempfinbungen, o^ne ober bofür be« 
fonber9 eingenommen ju fein. (S9 emj^finbet ein ißerü, menn auf feine 
Serfil^rung mit irgenb einem Stitptx f)\n eine Seränbetung in ber @eele 
entfte^t, Dermittetft bereu fte ftd) biefe9 Seräl^ren9 bemuit mirb.' 3e 1^« 
tiger bie Serfll^rung im oQgemeinen, [t l^eftiger bie (Smpfinbung, be^xo. 
SorfteQung.^^^) 92un finb noc^ ^oRerd Xl^eorie nic^t oUe 5törpertei(e 
fenftbel. 9hir bie 9lttMt ftnb e9 eigentlich, mithin nur biejenigen Or« 
gone, in benen 9lert)en fmb. äBo9 empfinbet nun eigentlich im 3lttt>, 
bejn?. meiere Subfton} be9fe(ben ^Uft eine Smpfinbung »ermitteln? IS9 
ift ba9 92erMimort.^^^) 9ber nid^t in biefem ollein tommt bie (Smpfin« 
bung jufionbe, mie e9 ber 9(nimi9mtt9 eine9 $eaouIt^^^) ober eine9 
Kobert SBl^^tt^^^) ju bel^oupten festen, inbem er bie @ee(e trennte unb 
aügegenmortig nloti^te. S)o9 9iertoenmort fie^t oielmel^r in birettem 3^* 



^'*) nS«ntjre hie dicimas, populari omnino gignificationee eins vocis asi, qaam- 
camqne menti« nostrae matationem, qaae ex corpori« hntuani com mente connexi 
contaeta oritur." Eiern, physiol. iV, 269. 

"*) nie bei 9 erbaue, welcher fagt: „Qao dis»tinctior actio objecti ia 
■ensoriam commane, eo nitidior, et distinqtior, idea inde orta.'^ n^^^ vividior 
actio objecti in ttenaorium coniniane, eo clarior idea excitata.** In«titatioDe« 
medicae. p. 253. 

''*) Elem. phjfiiolog. IV, 295. ^inprimis in medalla nervi »enaum '^ 

"*) Verrault: De seDsii tactus p. 530, 591. 

1") &^t|tt: nEtisav on the vital and other involantary motions of animals.'* 
London 1751. p. 383. 

8 



j 

i 



i 



■.'■ ! 



1.1 



J 1 



'f 

. .1 



l 

I 

r» 

: } 



r 



;t 



— 34 — 



Qtitmenl^ang mit bent ®e^irnmarl unb oud) bem dläcfenmaitJ *'') S)al^er 

^enf^t eine SBec^felroirfung imtfc^en Beiben. Sened ift eine bicette ^oxU 

fe^ung Don biefem unb bie SterDenfafer eine So^^^^ung ber SRaitfafer. 

9htn l^oben natürlich ©e^irnmotlftorungen unb «üerle^ungen foroie yitu 

jungen bedfelben eine 9ieattion in ben an ben betreftenben ©teilen ein« 

laufenben iRetoen jur ^dl^it unb umgete^it.^^'-') Störungen unb ^tv 

le^ungen bed dt&dtnmaiM ^oben bie feltfamften Scfc^einungen Don lotaler 

Vnaftl^efte jur t^olge. S)iefe SE^atfac^en benfi^t ^aütt, um ben Snimiften 

eins itt Derfe^en, menn nomlic^ f^on bad ©el^irn oerborben ober bie See« 

binbung smifd^en 9tero unb Sel^icn unterbrochen fei, jo tQnne bennoc^ in 

. t bem gereijten @(iebe eine Semegung entftel^en, meiere aljo unmöglich auf 

■ bie @eele afö Urfa^ jurüäge^^rt merben tonne, oietme^r nac^ ^aller 

'in einem befonbern ^rinji)), in ber 3nitobi(itot, gefuc^t merben mug. 

• Ueber^oupt brauche eS Diel me|r ftroft für eine Seroegung, old fär eine 
.:■. \ . (Sm)ifinbung. — Sßad le^rt un9 nun 3. 8. bie ^Beobachtung, ba| ein 

•f: : : — -- ^oxht 2)ru(f ober eine SBertefeung be« Oe^imeS bie Sinne l^emmt, ober 

■ ,* fogar einen tiefen Sd^lof ^erDorbringt? "^) Sd ergiebt fic^ barau8, bafe 
/ bie Sinne i^ren Si^ im ®e^ime l^oben unb ba| bie 92erDen bie 9ieiie 
bort^in leiten o(d ju il^rem Centrum. 

SBo im @e^irn entfte^t nun Dermitte({i bed burc^ ben 9{erD geleiteten 

. f Sleijed bie bemühte (Smpfinbung? $e(mont unb ^n^onger Stol^U Ratten 

bd^auptet, bog bie membrana cerebi, bie ©el^irnl^aut, ber Si^ ber Sm« 

pftnbungen fei. Sauer fielet auf Seite ber ®egner, unter benen auc^ ber 

Sta^ßaner 9i. SS^^tt ju treffen mor, nnb behauptet, bad ®e|^irnmar( 

fei bet malere Si^. Z)a nun, mie f(f|on gefugt, bie 9terDen mit biefem 

, Derbunben ftnb unb an ben 92erDenfc^Iäu(^en nur bad SRart empfinbet, 

\. : fo mug auc^ bad SRart im (Sel^irn fo fein, bo bie beiben einanber „fe^r 

: Sj^nüt^" finb."^) Ätfo »irb auc^ bo9 (Bel^immarf empfinben. 2)er 

SJetoeiU liegt barin, ba^ Serle^ung ber ©el^irn^aut leine geiftige Störung 

. ; '^ Jur Solge l^at, »o^I aber eine Störung b^ SKarfe^. — SBelc^e Jeite 

bei^ ®e^immarted fmb nun ber befonbere Ouett ober 3i^ ber (Smfin« 
bung?. Sine Kare Antwort giebt und ^aller nid^t, aber er tommt barin 
mit ber mobernen ®e^trnp]^^fioIogie im ftiQen nberein, ba^ nid^t alle 
Zeile be9 ©el^irnS Don gleicher Sebeutung fär bai feelif^e fiebrn feien. /-^) 

• 9ber fein Xei( ber iDtarffubftanj ift o|ne @efü^(. 2)ie Smp^nbungen 
ber Dualen Organe fc^einen im Keinen ®e^im il^ren Si^ ju l^aben. 3^^^ 



"•) Elem. physiol. IV, 298. . 

"•) id. IV, 296. 

^*^) $aUer fe(6ft ^at, nie er eraä^It, bied6eaüg(i(^e Serfud^e an Vieren gemalt, 
um bem 6trette, 06 birehe Seriounbung be^ ©e^imd eine pf^c^ifc^e unb i?f\r)\iiiic 
Sealtion jur golge ^abt ober nic^t, ein (Snbe ju machen. @t fanb, bag cd oft. eine 
orbentltc^e S^unbe brauche, bid 3. S9. btc (^[(^einung bcd Arampfed eintrete. Sergl. 
El. phygiol. IV, üb. X, p. VII, § 21. '^ 

>*0 Elem. physiol. IV, 312. 

*") Sergl. Elem. physiol. V, 544. — SßaxQl gret^fig, ©ejini unb ©ccle. 
2.Xufl. @. 11. — 3u einem ä^ntic^en 9lefultate mar auc^ fc^on i^a Peyronie gc< 
fommen. Serg(. Mömoires 1741, p. 202. 



I 

: 1 



I 



/ 



. •. '-l •■ 



\ 



^■■— ■ 36 — 

•^ ' ■ • ' 

ftörung be§fe(6en ^at Sob jur C^Ifi^, toenn ouc^ ntd^t immer fofoct. 
^bet es fc^eine, meint Rätter, bag boS tieine ®e^trn (einen befonberen 
äJorjug Beft^e Dor bem großen, benn fc^mere SSunben an betben mücben 
ben 2:0b mit ftc^ bringen, leichtere tonnten ertragen werben. ^'^) SBad 
baS Stüdenmort betrifft, beffen SSic^tigleit $aDer gar ni^t unterfcf)ä^t 
unb beffen ©ubftani er fär ganj a](|nU$ ber 9{ert)en« unb 6(e]^imiubftani 
^ä(t, fo l^aben 93er(e^ungen besfelben, mie e§ fc^eint, feinen Sinfiug auf 
bie feelifc^e Z^atigteit. '»') „9Kan fömtte }mar, ba baS 9iadenmart an 
ftd^ grö6er ift otö baS ©el^im, mie oud^ no^ au9 anberen @ränben, 
biefem SRorte me^r ate bem (Sel^irne felbft jutrauen/ (£d ift fc^abe, 
ba^ ^aller ftc^ l^ier nid^t naj^er auf jene p^anbem ©rünbe" eingetaffen 
^at. 3eboc^ i]|m etmaS al^nlic^eS mie eine 9ittdenmartfeele nal^eiutegen, 
ift ni^t erlaubt, ganj befonber9 nic^t in Stadftc^t bed SRenfc^en. ''') 

9Sie gefd^iel^t nun bie Seitung beS 9iei}e8 burc^ bie 9tert)en? — 
^aller felbft beieic^net ben Sbfc^nitt, ber l^ieDon l^anbelt, ald „coniec- 
tarae," a(fo a(9 Sltutmagungen/ 9Sir bürfen i^n bemnac^ ni(^t ju 
emft nehmen im fo(genben. 

^art(e9 lial^m ©d^mingungen ber Keinfien SRerdenteilc^en an, ^er^ 
vorgerufen burd^ Setl^er jd^mingungen, unb * f ül^rte bann folgerichtig aud^ 
baS @ebä(^tni9 auf $irnt)ibrationen jurüd. ^aller befämpft biefe Sl^eorie, 
meil bie ©ubftanj ber 92ert)en unb be9 ©el^imd tiiel ju meic^ fei für 
S^mingungen, befonberS für fo feine ©c^mingungen, bie fic^ jeber 93e^ 
obac^tung unb bal^er iebe9 93er((tei4e9 entjie^en müßten. ^^^) äBie ift 
Hiber bann bie fieitung ju beuten, burd^ »meiere SDIafc^inen merben bie 
SBotfc^aften ber @inne ber €ee(e tunbgetl^an" unb umgetel^rt, mie mirb 
ber „99^e]^( oon ber @ee(e bi9 ju ben bejiimmten SRuStetn" geleitet^ 
bamit eine 93emegung entfielet? — f^eftigteit, meldte ju @d^mingungen 
n5tig finb, fe^tt na^ ^aller ben 92ert)en, a(fo mu^ man in i^rer meieren, 
pfiffigen @ub^ani bad fieitungSDermögen fuc^. %ber mie, finb benn 
bie Sfleroenf afern l^ol^Ie, feine SRbl^rc^en? ^aller meint, e9 fe^(e eigentü^ 
an einem k>5Digen S3emeife unb man bürfe nid^t mit berjelben 3ut>er(äffig^ 
teit bad ^ol^Ifein ber 9ieroen bel^au^ten mie etma ba9 ber „roten ©d^tag»' 
äberdben;" idi^oc^ l^abe man ja no(^ ni(^t gejeigt auf esperimenteüem 
®cge, ba| ed teine Stöl^rd^en geben lönne, atfo l^inbere eigentlich nid^t§, 
fol^e aniune^men, mie e9 richtig auc^ ^aller im meiteren ru^ig t^ut, 
mobei er aber mo^( mugte, ba| (c^on Z)e8carte9 im »traitö de rhomme'' 
unb anbere %^^i3/tx ä^ntic^er 3J{einung gemefen maren. ^'^) :3n einem 
^emiffen Snf^Iu^ an bie tllten nimmt ^aller ein 9tert)enf(uibum an. 



»») Elcm. physiol. IV. 345. 

»•*) id. IV, 3Ö5. 

'^) ftartlei) ocrfel^te noc^ einen %t\\ ber @ee(e ind Studfenmarf unb feine 
^el^te ^at neuerbingd burcf) $f(üger loieber an Sebeutung geroonnen. ipaCter (ei)nte 
1^4 an 9{Q(pia^i, Soed^aoc, 9iib(e9, ipo&ofen unb Knbere ^n, Serg(. £lem. phy- 
«iol. IV. üb. X, sect. VIII, § 23. 

**•) Eiern. phvHiol. IV, 361 f. 

»•^ id. IV, 882. 



— 36 — 






. *• -- 



» 



t 



;< 



S)iefe3 läuft „Itaft feinet angeborenen @efe^d jum ®e^im ^uTücf unb 
trägt ben S)rurf, n^efc^en ed erlitten, ber @ee(e tior, berül^rt bort ent- 
meber eine menfc^lü^ entpfinbenbe SRonobe, ober e9 ift feflgefe^t nad^ 
gdttltd^em ®efe^, bog ber S)ruä biefeS f^IuibumS bte @eele t)erQnbert, 
foBalb eS an ben beftimmten Ort bmntt."^'^) Roller meint, biefer 
le^tere @(^(u6 treffe biejentgen, meiere bte Seele in bem ©inneitorgon 
em^finben loffen, a(fo bie SKaterioIiften, nic^t ober tl^n, bo er glaube,. 
,rba| ftd^ bie (Stnbrüäe ber @inne im (Bel^irn ber @ee(e abbilben." — 
SBte mu| nun biefed S^uil^um befc^affen fein, bamit eS fic^ eignet für 
feine rätfelwUe Stufgobe? 

1. & mu^ fel^r bemeglic^ unb sugleic^ äugerft Iräftig fein, geeignet,. 
bie größten Semegungen l^ertwriurufen ober auc^ Don ber onertteinften. 
Urfa^e ^u einer träftigen Semegung tierantagt ju merben.^^^) 

2. Cl^ne Seil^i(fe be8 ^erjenS mu| ed nur twm SBillen unb oom 
@inneneinbru(f in Seroegung gefegt toerben tonnen. ^^^) ^ingegen mu| 
e9 anäi fel^r lebl^afte Bewegungen Derric^ten tonnen, ol^nc bte ^eritl^otig«' 
Irtt beSmegen ju ftoren. 

,8. & mufs ein „fluidissimam elementum^ fein, bomit eS mit 
äu|erfter Sc^neQigleit t^ätig fein tann, man mag fid^ bte ©ubflanj ba» 
neben beuten, roit man miQ. 

. 4. SS muB „tenuissimum,'' ungemein jart fein, menn eS bie 
ätt^crft feinen 9tert)enr3btc^en burc^laufen foD, fo jart, bo6 ed ft(4 ber 
Beobachtung burc^ bo9 SD^ifrodtop entjiel^en bfirfte.^^^) 

5. Zro^ feiner ungemeinen f^ein^eit barf ed nic^t au9 ben 9terDett 
beraudtreten in bie benachbarten ®emebe. ^aOer ift l^ier nidbt ganj ton^ 
fec|uent. Sr felbfl giebt anberortd ju, ba| biefe 92ert)enfubflani gemiffer^ 
ma^ verloren gel^e bei ben äßuStelinnerüationen unb huxd) bie ^uf^ 
na^me m)n ©peifen in ben Jtörper mieber erfe^t merbe; alfo burd^ ben 
@toffmec^fe( ift biefed $oftu(ot an bad f^Iuibum audgefcbloffen. 

.6. 9^ mu| gefd^maä« unb geruc^Iod, farb(o8 unb ol^ne SBärme 
fein, »ei( fonft unfere @inne beftänbtg bat)on afftciert mfirbeh. $ier 
|ätte fic^ ^aDer f agen tonnen, bag ein @inn nic^t getrennt »erben barf 
kM)n ber iRert^enfubftan}, jumat er ia felbft einer 92erDentommunitatiou 
el^er abgeneigt ift. 

; 9ber man barf, toit fd^on gefogt, $aDer nid^t adjufe^r angreifen 
loegen biefer Stl^eorie, bie er felber nur a(9 Vermutung bejoic^net unb 
gemi| nur aU fold^e angefeben l^aben »oUte. & tarn il^m nur borauf 
an ju {eigen, ba^ e3 fi^ bei ben Smpfinbungen nic^t um Sterbenfcbming* 
ungen l^anble, fonbem um eine Semegung eines anwerft beweglichen 



•»> Elem. phjsiol. IV, 371. 



t * 

• 4 

I 



lOportet id fluidam mobilissimum esse et una maximi moiuenti^apax, 
aat ad sascitaados maximos motus idoneam, nempe a mioima quaque caasa in 
efficacem motum cicri." id. IV, 371, 372. 

*••) ,. . a volantate et a sensuum impressione in niotam cieri posse.*^ 
id. IV, 372. 

»") id. IV, 373. 



• -^ # 



• -■'_ ■• ■ '--■■■37 — ■ •■ ' 

lRect}entnl^aIte9, meiere birett jum ©el^trne geleitet toirb. 3nfofern ift er 
gegenüber ^artfe^ im Stecht gebüeben, ote mir (eutjutoge bie f^ortteitung 
bed 9tetie9 bur^ «tomou3tauf4 tion äRoIeial ju aRoIetttl erilären. «uf 
jeben f^oll ift feine ^^potl^efe, »enn mir fie fo nennen bttrfen, ebenfo 
onne^mbor gemefen oU j. SB. biejenige eines ®ü{fon, 93eßini, 31{a(ptg]^t 
unb onberer, meiere fic^ bie Slecüengeifter, a(fo ben 9lerüenin^a(t, eimeig« 
farbig, trSge unb (angfant bauten, ober meingeiftartig mie f^r. @i(mud 
ober Stl^fc^ mie 92emton; 2)ed€arted \^wi^ ton einer „reinen f^tamme" 
unb noc^ Sonnet ^^') bo^te ft(^ borunter etmaS feuerartige9. @(^e(]^ammer 
(ie(t fte für ein ^ittelmefen }mif(6en flamme unb Suft, ein anberer 
filr eines pif^en Seib unb Seele. ^'') S)ie (Sntbedung ber ®c^nelligtett 
beS e(ettrif(^en Stronted bro^te bie ^^potl^efe, eS feien bie ^tcwxi* unb 
£e6enSgetfter k>on einer ol^nltd^en Oualit&t, mie bie „elettrifc^e SDIoterie/ 
befonberd ba man SRuSlelbemegüngen bontit l^ertwm^ lonnte unb ganj 
onolog benjienigen, bie burd^ SSillenSinnerdotionen, bqm. burcft Sefel^t ber 
@ee(e an bie entfprec^enben SRectengeifter entfhl^en. ^aDer t)erl^a(t ft4 biefen 
^4))otl^efett gegenüber abtel^nenb, meint aber, e8 fet ^ (fitster audfinbig }u 
mad^," ,,moS biefe (Seifter nid^t feien," al9 maS fte feien; baS gelte 
beinal^e tion oQen S)tngen, bie ni^t in bie @inne fallen. äBenn er aber 
Sefd^t belame, feine SJ^einung barüber Dorjutragen, fo mürbe er jene 
@eifter, alfo fein ^(uibum, ein mirtfameS SSefen, ein „activnm^ nennen, 
»fel^r geeignet Dom SBiOten jur Semegung, unb Don ben ftnnlic^en Dingen 
jur Smpfinbung gebrad^t }u mecben,'' Don einer ungemein fc^neüen äSirf« 
famteit, ju fubtiC für Sinnedmal^rnel^mung, aber bod^ „ein (Element bitter 
ab f^euer, Stetiger, a(9 e(eftrif(^e unb magnetifc^e SKaterie,'' unb jmar 
bic^ter offenbar au9 bem ®rUnbe bed ®to^me(^fe(9, unb meil e9 fi^ in 
ben Sterüenröl^rc^en aufhält. — fiepten (£ube9 ^ebt ßoDer aud^ feine 
äSermutungen mieber auf, menn er mit Stecht in bie @cepft9 DerfaRenb 
gefielet, bie9 reiilettenbe 3Befen fei auf jeben gfall Don einer gan} befon« 
bereu (Sigenfc^aft unb \X^% burc^ feine SSirfungen betannt.^'^) 

(Selben mir nun jur Orange nac^ bem @i^ ber @eele über. SBir 
l^aben fc^on im SBidl^erigen jur @enüge Demommen, ba9 Sentrum ber 
<£m|)finbungen fei im ® e^immart unb nid^t in ber Slinbe. ^^^) S)er SSo^n« 
ft^ ber @ee(e mirb a(fo ba fein, mol^in il^n fd^on $(ato unb @a(en l^in^ 
Deilegten ünb mol^in il^u SSoerl^De, ßaQerS Sebrer, Derlegte.^'^) — SSa9 
bie Zitierung $(ato9 betrifft, fo mü|fen mir ^injufügen, ba| biefer eine 
SotaUfierung im @e§im nur für ben Äoyeauxov /zspog angenommen l^atte. 
3)ie ®eele ganj in9 (Sel^irn Derlegt l^at ®alen im (Segenfa^ etma ju 



*") »ergl. öonnct, Oeuvres. Ncuchätel 1781. Tom. IV. part. II, p. 138. 

"") «crgt. Eiern, physlol. IV, Üb. X. wct. VIII, § 16, § 16. 

''^^ . id proprium, suos nnice per effectas motum, elementum sit/ * 



/ n- 



Eiern, phyaiol. IV, 381. 

^*^) 2)eT Qkffixnt^aut fpric^t i^aSer nur ein „fhtmpfed ®cfuiV ju. id. VIII, 
praefatio. ^aUer ^atte (ier oicte @^egner, unter anberm benfelben 3. 1)apt. ^ianc^t^ 
ber i^n negen ber Originalität ber Irritabilität angriff. 

"•) «ergr. Elcm. physiol. IV, 393. 






l: 

! * 

j; 









•1 



1 ! ■ 



r 



— 38 — 



(Sl^r^fi^^ unb ottbeo @toitem, »eld^e bad rjtfiovexov in bie 99rufl Der^ 

legten. — Z)ie Sm;:'n!ibun8 gef^tel^t nod^ ^oQei odetn im ®e^ttne, benn 

UnierBred^ung bei SSl^xotn l^at Smpfinbungdloftgteit gut f^ofge. äSte ober^ 

auf XDzXifi, %rt unb Setfe bie Smp^nbung bemüht mirb, b. % wie itörper 

mib @ee(e in ein jtaujolml^iltnid treten, bod ift ein Stotfel, baiüber 

i( miffen mir nic^t^.^^'.» Sinen fpesieDen SBo^nftg ber ®eele im ®e^itne 

|) oniumeijen, ^olt galtet nid^t für rotfam. 3eoenfoDd mol^nt fie nid^t in 

- : ' ber lS^mix&\t, xo\t 2e§carted gemeint, ober gar im ganjen Seibe, xo\t 

^. ^ ^ ber SnimiSmud behauptete. ^'®) S)a8 ^^ganje (Seionte/ bad biefer ](|erauf* 

..'s befd^moren l^atte, mcd^te ßaller barauf jurfidtfülren, bag man fic^ ni(^t 

flar gemejen fei in ber ,,SrI(arung beS (Em^ftnbend." äSäre bai^ (Sm^finben 
y\ 6(o| irgenb eine SBerSnbemng ober ein S)tudt im 92ert)en Demrfod^t burc^ 

einen Supern ©egenftanb, bann mfl^te freiließ an aßen Octen be9fieibed 

- , V (8mt)ftttbung möglich frin;"*) ift aber bad Cmpfinben eine @a(^e bkr 

I ;. . ' ; Seele unb bebeutet el eine SSeronberung in berfelben, Derui^adbt burc^ 

i V «' ^ . :* ^«o^ ixi%mi Drucf auf bie 3ittota, bann lommt eo ipso bie ffimpfin* 

/ .;^ bung nirgenbd anbei! a(d im ®e]§ime ju ftanbe; benn ^emmt man \itn 

I : / ^v^cmmztiiim^ itoiic^en StetD unb ©el^im, fo entftel^t „t)on gleicher. Ur^ 

''\ .: . fa^e" leine ©enfation mel^r; ebenfo ^»enn bad ©el^im in fd^Iec^tem," 

I b* ^. franfem „Suftanbe ip," Wunen oft leine Senfationen mel^r burcft 

i " : bie jRerDen öermittelt »erben. . ^ 

1 (Kner fiolalijolion!« ober ®t)^drent^eorie ip ^aller ej^er abgeneigt,. 

\\"'. benn bie JBerfud^e legten blofe, bag ein jeber SRetö öon einer bejonbern 

i^ r "'. : @egenb feinen äJonat Don Smpfinbungd« unb SBemegungdlraft belomme 

unb ba| er aufl^öre, bieten ju belommen, »enn biefer Jeil Iranl ift.""> 

.' c ISanj f^ejieUe Zentren für bie (Einbilbungdtraft, für baS ®ebä(^tnii^ u. f. m. 

'^ atqund^men, ^ält er für „fifttoac^e, Iraftlofe ^^potl^iejen." JBefonber» lom* 

:|>lijierte ©eelentJ^Stigfeiten Ibnnen mit Wner SBal^rfdlieintic^leit l^ierauÄ 

ertlürt »erben. 

Serfuc^en mir nun nad^ biefen mel^r einleiienben (Erbrterungen eine 
I : !j ; ; l_^ S)arfteIIung ber |)f9(^iid^en ®efc^einiife, il^re! 6l^aralter§, il^rer SSejiel^ungen 

jlj. . ' P einanber unb ju materiellen Vorgängen. 

^^ „De modo, quo mens com .... sensorio commani conjaDgatar, et 

ignari et securi.** £lem. physiol. IV, 395. 

1 ^ SRerhoürbiger« unb niberfprec^enberroetfe §ajk ftd^ $aUer fpätet boc^ bed 

ji .. / ' SefUmmteften über einen befonbem @eelenftt geöufiert, offenbar im Hampfedeifer 

j!- 9f0^ Voltaire. C^fagtnämüd^: JE^xt miffen burc^ ^erfuc^e unb mit mat^ematifc^er 

idemi^^ett, ba^ bie @eefe im ®e^ime unb jmar im iRcilt, unb noti^ nä^er im 
SRarfe bed anfangenben 9lü((enmarfe3 unb beS !(einen ©e^irned, i^ren 
6it ^at. @o (ange biefe Steile fre^ unb nic^t aUju innigft oerborben finb, fo (ang 
fönnen bie @innen i^ren f^ortgang ^aben unb bie nötigen 93en)egungen- in i^rem 
®ange bleiben u. f. ro." S5ergl. ©riefe über einige noc^ Icbcnbc Jrcijgeifter, %t\{ l, 
©. 21, 22. 
^, • /. "•) Eiern. phyHiol. IV, üb. X, sect. VIII, §24. 

^ , ' ,, '^) „Experimenta non demonstrant, regionem visoriam circa opticam 

nervum esse, auf Bonorum provinciam circa nervi acustici ori^inem: et id unice 
. ^ - '. ostendant, nervum qaemque ex aliqaa pecaliari sede suas suppetias sentieotis et 

■'■ ■ moventis cansae habere, quas emittat, qaando ea pars male adfecta est." Eiern. 

;i Bbysioi. IV, 397. - 

•i' .'."■■ .-■'.- ■ . • '- - '" - - . ■ ^-: > ■ ■ 

''• '- -• ■ ' ^ . • - 



>*^g^^ i ■ _ ^ t ^^^ . — _g - H 



f 



f 






— 39 — 

dunä# Wt ed ^aüer ffir eine (önsft semiffe Z^atjai^e, bog ftc^ 
bie @ee(e bie ^inge nt^t fo McfteOen fönne, wie fte tuittüc^ feien. ISr 
oeimeiSt Riebet auf bie 9Sotie bed ©otroteS in $latoni» S^eätet, auf 
^xa ^ao(o, ®aU(et, ^oote, Soäe, 3lmton, 93oei]§ot)e. — Snfofern l^at 
eigentlid^ atle Srfenntnid nur relatiMi SSert, o6f(^on $aQec ber größte 
^einb alles 9ie(attDiSniull t{l. — 3){an rnul nun genau unteifc^etben 
unb ^en, bog ,,bte Silber tion ben Z)ingen »eber im ®e^irn noc^ in 
ber ®ee(e DorgefleQt merben/^^O ^^ nrirb meber ba^ iSilb oermittelft 
iener SlerMtbemegung ind @e]^im gebracht, no^ ift biefe Semegung bo9 
Stlb felber, fonbem bie Sor^eUung eines ou|em ObjelteS ift Dielntel^t 
bie int ©el^im t)erucfo(6te unb tion berjenigen Semegung l^eu^orgebrac^te 
Se»egung, meiere ber erblidte Sugerli^e 5törper im 9uge erregt ^at.^^-) 
Xlfo bo4 eine 93emegung! Sßun ifi biefe (Bel^imbemegung botb fo ober fo; 
iro^em ft4 meber baS £i4t nod^ ber att|ere (Segenßonb Deränbert, fo 
ift bie uon il^m t)erurfa(^te Semegung bod^ nic^t immer biefelbe, fie l^angt 
ab üoni ietoeiligen 3ufionbe beS ©e^orgoneS. äßitl^in finb bie 93or« 
fieaungen teine getreuen 9bbi(ber ber S)inge.^^') 9So9 ffir baS Selben 
gilt, trifft att(6 ßx bie übrigen @inne }u, j. 93. bei ben ®efc^mod^Dor« 
fteüungen bejm. ^em^finbungen. Serfd^iebener 3u{t<^nb bed @inneS« 
organeS ^at alfo k>erf(^iebene Srnf finbungen b^m. Sorftellungen jur f^olge. 
^aUer meint, iSertele^ unb Soerl^aDe hätten l^ieraud mal^rfc^einli^ ni^t 
mit Unred^t gefc^Ioffen, bo| aDeS miDtttrIicft fei, maS @ott unS oon ber 
SBelt ju ertennen geftatte, unb nid^t notmenbig.^^^) Sber biefe SBiUfgung 
beS OccaftonalidmuS ifi nur eine fc^einbare, mie mir im meitern genugfam 
feigen merben. S8 fleUt ftc^ für un9 Dielmel^r bie t^roge ein : 3ft eigentlich 
nac^ $aDer bie @ee(e eine SRobifitation beS @inneSapparated, ift il^re 
Sl^Stigteit nur eine @ucceffton einanber bebingenber äßobifitotionen, b. I^. ifi 
fie Semegung? 9iein, ermibert er, baS ©el^irn bemegt fid^, aber „bie 
Seele empfängt teine 99emegung. '^ ^^^) @ie f^at bie Sorftedung rot ober 
b(av, ol^ne irgenbmie ben |)](|t)ftf^en ober |)]^9fiotogifc^en SSorgang }u fennen 
ober 5U bemerten. Unfere @eele em|^nbet b(oB angenel^me ober unange« 
nel^me Zone i)ermittelft beS ^örorgoneS, aber baju brauclbt fie gar teine 
!(|^nung, ba| ^öl^e unb Xiefe ber Xöne tion ber @aitenlänge abl^ongen. 
-Sigentti^ ift ed blog ber (Sffett, beffen mir und bemuBt merben. ^^^0 
^tten mir anbere ©inneSorgane, fo befo^en mir ou(^ anbere Sbeen, eine 



*^') ^ . . neque in cerebro repraesentari imagines rernu, neqne in finlma/ 
£Iem. phyaiol. V, 531. 

>•*) Ergo is, qaeip a retina diximuH, propagari motus, in cerebro natns, 

non est imago corporis visi, nt ostendimns, est anteni, qnantuni videmns, 

motns in cerebro excitatus a motu, quem in oculo externum corpus visum excitavit. 

id. V, Ö31. 

A "*)»•• ncquc imago aliqua, neque modnlus.** id. V, 632. 

* »<*)id. V, 534. 

^*^) „Cerebrum, dum videmus, motum aliquem perciptt» mens nostra ne 
motum qnidem, mnlto minus distantias, magnitudinem et aliu, qnae vere sunt 
in corporibus, quae videmus.^ id. V, 532. 

**•) id. AT, 533. 






I ■ • 

* 4 



II 



.'1 



« • 

>' « ■ 
4 . i 



■ ' 

1 ! 



onderc 5£)cnN unb Cmppnbungfwcife. ^Äuf {eben Sößr'' weint |i 
(im 8tif^(u& an Demolrit bei ^Ptutord^ Tzspi nZv dpsaxoyuov), ^ I 
in ben Singen fe(6ji gor leine 92ptmenbigteit, bog fte nur mit ben 
geoebenen ©innen erlannt merben fönnen, unb ic^ imeif(e gar nicl^t bc 
ba| mir nid^t mit anbem ©innen au^ bad „magneticum et electri: 
fluentum," ben Stetiger ebenfo beutüd^ tiorfieÜen tonnten, ald mir 
^ 9&(^e K. ertennen." 3^ ber Hnnal^me, ed (5nne me^r @inne a{% 
nnS betannten geben, üerl^ält ftc^ ^aller jteptifd^ unb er bejei^nel 
„äme sensitive" bei Sam^ gerabeju al8 einen Scfter}.**') — ®o niii 
fc^Iagenb ed nun etma fein moci^te, ba6 mir feine S^orfteDungen üon 
SDtngen, mi^ jte mirtlid^ ftnb, ^aben, fonbem b(o| bie „Signa reru 
\- . fo merben mir beSmegen boc^ meber in unfern öitalen no(^ in uri 

:. \ geizigen Sntereffen l&intergangen. Su9 aUegeit ä^nlid^cn Sorftetlun 

\ ; : tierutfa^t bur^ biefetben Urfac^en, fönnen Siegeln abgeleitet merben, 
■ ^ ^^ mtferm ißeben^Ificfc b^ 
i. '-j\ .: - j /Söffen mir e» nun noc^ roie Roller jufammen, fo finb ^ eigeni 
^ ; T ' *«er terfd&iebene galtoren, mel^e bei einer ^erception in SBetrad^t lomn 

' l- bic Surren Objefte mit i^ren magren (Sigenf(^aften; 
: " : - 2. i^ ISinbruä auf bie Sinnesorgane; 

. '3. ber eflfectus coi-poreus bei ber Uebertrogung ml ®e^im, 
-4: bie SBorfteOung biefer SBirfung in ber @ee(e. 
.. V >-- Äw meiften ober interefjiert ^aller bie ^xa^t: 3ft bie ©eete gl 

-^©emegung ober ma§ ifl fie? ^SBaS im ©el^irne gef^ie^t, bad ift 
megung ber ©e^irnfubftan}, xoal in ber @eete t)orge](|t, ift eine üon b 
: .r -^BÄe^^ ganj öerfc^iebene Sbee.""*) 5Diefe 3bee ft^mebt ber € 
-'• 'v . WC, -ftc o|)|)ercipiert fte unb ift fie^ jugleicft bemufet, bafe fie ftcb biej 

: z ' ; Dorfteßt. S)ie ©el^im* unb Sieröenbemegung fe(bft ift i^r ganjfid^ unbdc 

/': ;^ ;* - . (penitus ignara). — Äe^nficb l^atte ficft Sonnet geäußert in feir 
> , . mie mir miffen^ öon ^aller 1755 getefenen „Essai de psychologi 
. 'v .\^ " / menn er 5. SB. fagt: „l'action des sens sur Farne ne saui'ait ; 

' plus lui douner le sentiment de leur structure et de leur i 

. niSre d'op6rer," ober an gfeici^er ©teile: „perception n'a rien 
- _ comman avec le mouvement qui est la cause occasionelle."^^®) S 
- mutli^ bfirfte alfo ©aller öon Sonnet ^ier beeinffufet fein.^'*^ — % 
^^ ' - auii^ bad ®e]^im empfinbet ftc^ fe(bft ni(^t unb bie 9^ert)en tennen 

felbfl ni^t. „SKit^in ift bie BzAt etmaS anbereS aft ber Äörper, i 
_, ; mfire fie ein ftörper unb tonnte ail fotc^er bennoc^ Sorftedungen ^a 

bann foürbe fie bo^ awi^ bie ©e^irnüorgänge a})percipieren, ba biefe I 
allein im ftörper k>or fid^ gelten; nun aber empfinbet bie ©eete gar t 



I 
f 

i 1 



"^ Elcm. physiol. V, 534. ' 

»«) id. V, f»34, 535. 

'^*) rQood enim in cerebro fit, id motu» est fibrae medullaris; qaod c 
in aniina, id est idea ab eo mota diversiBsima.*' id. V^ 535. 
,>w) tonnet, Essai de psychologic p. 155, 156. 

>»i) ^{an oergl. ^teju bte Derbtiinenb ö^n(i(^en ^udfii^runge» oon £( 
aRifroroömuö 1856. I, 309 ff. 






- / 



..■.■••••-— 41 — 

btefe Seioegutig, fonbem bie %axU, ben Xon, tco^bem ftc^ biefe nicl^t im 
^el^inte obbcfiäen.^'^-) ^aOer tommt alfo 5U bemfelben @d^(u(fe, in bem 
«uc^ ein ^^^fiofoge unb 3Rebtiine( fafl ein Sal^rl^unbert fpäter gefommen 
\% näm(i(^ So^, menn biejer fogt: „Sie ineit mir ou(6 ben einbtingenben 
©innedreii buni ben 9tecoen tierfolgen, mie tietfa^ mit i§n feine ^orm 
änbetn unb ft^ in immer feinere unb jartere Oemegunaen umgeftalten 
(offen, nie merben mir nad^meifen (5nnen, baB eS t)on fetoft in ber Statur 
irgenb einer fo er/^eugten JBemegung liege, a(8 Oemegung oufjul^ören unb 
0(9 (enc^tenber ®(ani, aU Xon, als Sfigigteit bed (3efd)maäed/ old 
<9ebanfe ,,miebergeboren gu merben." „3mmer bleibt ber @prung imi)(^en 
bem legten 3uftanbe ber moterieDen (SIemente, ben mir erreid^en tonnen, 
unb smifd^en bem erften Slufgel^en ber (Sm)>finbung gteid^ gro^."^^^) 
Raffer ^ot alfo mit feinem Sinmanb benjenigen munben $untt getroffen, 
ben ber 9Rateria(i9muS immer l^aben mirb, n&mlic^ a(fo, bag fid^ ba§ 
Semugtfein nid^t aviH^ ftoffüc^en Semegungen erftSren (äBt. S)ad 93er« 
l^UtniS ber äugem 93etoegung jur (Sm^nbung Bleibt unfa^bor. 

Ss fc^eint nun aber, ofd ob bie @eele nur bie (eb^ofteren unb un« 
gemöl^nlit^^en 3been a)»|»erciptere, 3. S. mad^t bie StmungSbemegung, 
obgteic^ mir zl in unfrer SD^ot^t baben, fte ju empfinben, ober baS bleiben 
ber ftleiber an unfrer $aut burc^auS (einen fortma^renb anbauernben 
iSinbrudt, ber 9p))erceptiondiu{lanb ijt alfo nic^t continuierlicfa, obglei^ 
ber 9ieii immer ba ift. Vebnlic^ mie bei folgen atigemeinen peri|>bereu 
ISm|>finbungen oerl^ölt ed ft^ auc^ mit benen üon ben innern Seben9« 
Organen, mir ^aben buntle fcbmoc^e Spuren oon Smpfinbungen baoon. — 
^el^en mir nun ju ben äußern Steiien unb fragen mir: äBenn bie 
äu6er(i(^ törperlic^e Urfacbe jur $erception t^erf^munben ift, mad ge- 
fc^tel^t bann? (SS bleibt, fagt ^aller, ber (Einbrud! ber @inne einige 3ett 
lang im Semugtfein gegenioärtig. ^^^) Z)ie Z)auer biefeS SinbrudteS l^ängt 
nun ab oon ber Sufmerlfamfeit (attentio). 3eboc^ vermögen mir, 
pie ^artle^ unb Socfe ermiefen l^atten, mit $ilfe ber Vufmertfamteit 
bo(^ nur ^tiifiVL (signa repraesentationis) ber erflen SJorftellung 3U 
erhalten, benn ed bleibt }. SB. eine auc^ fe^r lebl^afte ®eru4d« ober f$arben« 
empfinbung nt(^t fo im (Sel^ime erbalten, mie mir fie empfangen ^aben. 
99efonber9 bie burdb ben ®e|ör^ ®eru4< unb Oefc^madtSjtnn oermtttelten 
^orfteQungen oerblaffen leidet, meniger bie ®eft(^t9einbrü(fe. 9Bir träumen 



^^') ,)Meng ergo aliod qaid est a corpore. Corpus si foret, et taiueu apper: 
ciperet, apperciperet utique motum in medalla cerebri, qai solu« est in corpore- 
nanc non emn, sed coiorem percipit, qai in cereoram noa impriiuitur.'^ 
Elcm. physiol. V, 535. 

'**) So^e, affifrofodmii^ I, 161. -- 34 erinnere (ier noc( an ein ^ort 
oon 9ene(e: „^a wir bad aufiennenfc^Uc^e @ein nur burc^ feine (Sinroirfun^jen 
auf und . . . . nic^t aber feinem innern ^efen nad^, ya begreifen im @tanbe ftnb, 
fo mu^ ed vlvA \a ftetd buntet bleiben, oermbge nelc^er innern Iträftc bie äußern ^inge 
unfere 6ee(e ^u ftnn(i4cn (Smpfinbungcn ober 9Ba§rneI^ntungcn anzuregen oermögen.'' 
?19*oCog. ©fiijen 1825. l, 361. 

***) »erge. Eiern, physiol. V, 536. 






J; 



. i 



V; 



I ■ ■ — ,42 — ■ , • ' • 

. . 5iDar, mte fd^on Sonnet angebeuiet f^atU,^^^) and^ Don klönen ic, oSer 

I bD(^ meiftend nur Don ftc^tbaren Obietten. SBtr Dermogen mit bem ®e« 

! ft4t9^nn auc^ gang Keine 2)in9e in georbneter SBeife Doiiuftellen, toa% 

[ }. 93. Beim @e]^ör nic^t im felben @rabe juttifft, mei( [xd) Diele Xöne 

j ia einen einjigen Dereinen, mie SBerfele^ gezeigt ^otte. 

9Rit $i(fe ber attentio olfo ermatten ft^ im SRenfc^en SSorfteQungen, 
^Begriffe. S3o aber erl^alten ftc^ nun bie iBitber, b. 1^. bie SBoiftellungen? 
tm &t\i\m ober in ber @eele? — ^aUer ertoibert Beftimmt, „im ®e« 
l^ime erl^ialten fic^ bie ©innren (yestigia) ber ^ßerceptionen.""*) 3e 
nac^ bem (Sntmiäelungdftabium beS ftör{)er3 mad^dt biefe ©purengol^f, 
b. 1^. baS (Sebod^tnid, ober nimmt ^e ab. 3e nad^ einem gemiffen ftranf - 
l^eitSiuftanbe bed fiör)>er9 ober bur^ eine birette (Sel^imDerle^ung Der« 
f^iDtnbet baS (Sebac^tnid teifroeife ober ganj, ober erl^ott ftd^ aOmäl^Iic^ 



i* 
« • 
t ■ 



vi; 



'^r ' . ::^ »teber ober BleiBt bouernb gefc^mäd^t. ^aßer meint, menn bie richtigen 

']| : ^ äRittel ba mären, um ba^ ©el^irn in feinen natürlid^en gefunben B^f^^n^ 

t . Surfidtfttl^ren ju tonnen, fo mürbe fid^ auc^ eo ipso bai^ @eb&(^tnii^ mieber 

etnfinben. Sßenn alfo rein förperli^e Vorgänge bieje folgen im ®e« 
b&Ätniffe ^o6en, fo mug nottoenbig ber aOerinnigfie 3ufammen^ang 
i»tfd|en Beiben fein. 3)a9 jSebS^tnid mu| im ®el^irne, all^ 
einem Äörper, ben Sife feiner @|)uren (sedes vestigioruro) 
,jj ^ laben. (@djon ber Äu^brudt „vestigium" legt bod nal^e genug.) ^'^^) 

S» mfiffen in biefen Don ben (Sinbräden l^interfaffenen ©puren biejenigen 

- Werfmale gu treffen fein, meiere unfre @ee(e mit ben (Smpfinbungen ju 

: DccBiuben gelernt l^at. S)arin liegt bad primam docamentum Don einer 

SSed^felmirlung imifc^en fieib uno @ee(e. — SEBir merben taum biefeu 

, !fl|nen ©(^(ug ermartet |aBen. 3m Gegenteil, ^aller fd^ien. auf befn 

Beßen äBege ju fein, bie @eele ju ifolieren, ja QBerl^aupt }u etmad }u 

.^ ftem^etn, beffen äBefen und ganj unllar unb bunte! gemorben märe. 9uf 

j[. / ; ber einen @eite finb ed bie äRobi^tationen bed @innelo|>parate8, meldie 

t^|; malgeBenb fein f ollen für unfern geiftigen 3uftunb, ja mel^e il^n gerabeju 

■jj ^ . fftft ganj auSjumod^en fd^einen, fo bag mir und frogen muffen im @tiUen, 

lll [: ja mo bleibt ba bie @eele? %uf ber anbern ®eite taud)t ))lö^i(^ bie 

[ii , / Sufmertfamteit ' afö 9tetterin auf, aU ein SBertgeug ber ®ee(e, unb 6e« 

einffuit bie ^ntenfttät unb Sauer ber materiellen ®|)uren im ®e|ime. 
1;- r Sufftn mir aber biefe attentio mieber ab, fo fragen mir mieberum er» 



?! 






:i: 






■ \ 
j »»*) Sonnet Analyw de l'äme, p. 425. * ' . . 

|. . ***) ^Viz tarnen neges in cerebrohaec perceptionum qnaecumqne Vestigia 

habitare, si cogitaveris, qnid in ea vestigia sola fabrieae corporeae mntatio 
poiwit." Elcm. physlol. Y, 538, 541. 
' -' . < "') Äuc^ £amettrie rcbet einmal oon Spuren, auf bie er ba« ^ebflc^tni« 
:) • .... jurudtfii^rt. „La cause de la memoire est tout-a-fait mecanique, coninie elle-meme; 

. ■ •< . eile paroit d^pendre de ce qne les iropressions corporelles du cerveau, 

qni sont les traces d'idees qui se suivent, aont voisines; et que TAme ne 

pent faire la deconverte d'une trace, on d'une id^e, sann rappeler les autres 

;i : . qni avaient coutnme d'aller ensenible.'' (&in anbermat fpric^t er von ber „premier 

:i V est ige.** S5erg(. Oeuvres philosophiques 1753. I, 75, 76. 

' ^") »erfl(. SBunbt, O^rnnbri^ ber ^fvc^oCogic. 3. «up. 1898. 8. 37^ " 



^m^mmmfß 



»• 



M 



t 



•• —■■43 —••■.. 

• ^ 

{iouitt, la toM B(eiBt bann nod^ fiSrtg füc bie Seele? Ober tfi fte om 

Snbe nur Sufmertfamtett al^nlic^ toiz l^eute bie @eeU SSunbtd al^ „tlftua« 

litätsbegriff" P'""") 9Sa9 ift fte, totnn baS ©el^tm feine ©puren ntel^r ]§ot, | 

wenn bie Sinnesorgane unb bod ©el^irn i^xt Sufna^me nid^t mel^r f 

mögtid^ mofi^en? 9J{on mug gefte^en, bie @ee(e, meldte ba no^ fibrig 

Miebe, ift fo niü toxt gar feine. -^ Sauer ift fi^ ieboc^ genau bemüht ' 

in roe((( fc^niierigent Sra^rnafjer er ftc^ befinbet unb fo meint er benn: 

k34 gtauBe gezeigt ju ^aBen, bag baS @ebä^tni9 im ®e^irne feinen: 

SBo]^n{t1^ l^atr ober eS giebt me(e SSunber barin, bie bu jum ZÄi aü 

wal^r bemonfirieren tannft, bie jum Xeil fiberl^aupt niemanb ertlären 

!ann/"*) 

@4dn langft br&ngt ftd^ uni» bie Ofvage auf: Sa9 finb benn eigent^ 
lic^^bie „@))uren, biefe yestigia, meiere bie @enfationen im ®e^im jurfid« / 
foffen? ^aOer glaubt sunäd^ft, man merbe ni(^t entbeäen tonnen, toa^ 
fie eigentlid) feien. ^^) fütf ieben graQ finb fte feine Silber (imaglDes), 
mie ed etma im SBortfinn liegen fönnte, eBenfomeuig toie bie Spuren, 
met^e lyermittelfl beS ®e^ör{tnne8 entflel^en, XSne finb. Z)ie Spuren 
fmb aber audb nid^t Semegungen, (Se^irnfafeiüibrationen, ,,menn fte fd^on 
au(6 aud ber Semegung" entfielen (etsi et ex motu oriontar); benn 
el^ wäre rein unbegreiftid^, mie eine in ber 3ugenb entftanbene Vibration 
bauernb bis inS ^o^e Stter fic^ fortbewegen fdUte. 9uc^ 93onnet l^atte 
gemeint, man hobt SRul^e biefe l^eimüc^e JtonfeiDierung oon SBibra^ 
lion }u berflel^en, ieboc^ fei fte bod^ möglich, man fenne ja baS SBSefen, 
bie Struftur beS (Sel^imS einflmeifen k>ie( ju wenig. ^^^) ^aller (el^nt 
aber bie ganje Sßibrationdtl^eorie, wie wir f(6on wiffen, ab. . S(fo ba bie 
Spuren nic^t 93ibrationen, ni^t Bewegung finb, fo müßten fte eigentlid^ 
rul^enbe Spuren fein. S)a8 folgert aber ^aOer felbft nid^t, fo nal^e eS 
liegt, fonbem bie Stonfequenj able^nenb Bemertt er einfach : „Ss egiftieren 
Spuren oon ben Senfationen ^r, glei^giUig wie fie im (Sel^ime lauften. " ^^^) 
3u, er ge^t nod^ weiter unb Behauptet, ]egli(!^e Sßieberl^ofung beSfelben 
(£inbru(fe8 t)ertiefe gleic^fam bie Spur beS elften, aber man bürfe babet 
ni^t an eine „wirtliche ^\xxä)t'* ober an Sinfd^nitte, Vertiefungen benfen, 
fonbem an eine „unbefannte auf bad (Sel^im gemad^te Operotion." ^®^) SSo 
wiD ^aDer l^inauS mit biefen bunflen SSenbungen? SEBiQ er unS am 
<Snbe etwas oerl^fiden, will er etwas ni^t fügen? 

93ir l^aben f(^on bie Sdbwierigteit betont, weld^e in feinem Dualis« 
muS liegt. S)iefe wirb je^t um fo beutli(^er unb größer, wenn wir nod) 

'^') ,Sed malta suDt in ea re miracala, qua« posbia partim demonstrare 
Vera esse, modum omnino Demo explicare queat.** £iem. physiol. V, 541. ^ 

'"^ „Primo qaid sint remm vestigia, non pnto posae inveniri/ id. V, 541. 

*•') Äergl. Sonnet Em«« de psychologic, p. 90. 

^*') Sint ergo vestigia Sensation am, qaocumqae deraum modo in cerebro . 
haereant.» Eiern, physiol. V, 542. 

'*') Videtur sensatio qaaeque quasi aliqnanto profemdius vestiginm prios 
imprimere, quibus vocibus non rerum snlcnm et sculptionem aliquam sed igno- 
tarn operationeni in cerebro factam intelligimus, qua sensationis robur et 
constantia angetur. ibid. 



— 44 — 



•I 

•r 



♦' 






1. 5 






•■p 

in 



w 



■ • 

4* 



lN)r bec totofen 9lat)e(l^ofttgtett ber ®pnxtn flehen. Unb boii baut ßallet 
ctne 9rt Stficfe. „Z)te iRotuc biefer ©puren tft fo beidbajfm, bal ftc^ 
bie @ee(e, fo oft fie toill, auf btefrfbe mieber Beftnnen foiin, fo lotige fte 
itO(^ DoÜftonbig utib Ir&ftig jtnb."^*^) S)o9 Vi^t <i^n au(!^, »enn fte 
nic^t mel^r ooDflSnbtg fmb, nicbt tne^t „intesra/ bann lattn bie @ee(e 
ftc^ ni^t mel^r erinnern, ^ufl^ören, ©c^ma^erroerben ber @|)uren ^at 
iuc Sfolge bad Sbfierben bed ©ebäc^tni^eS. ®ut, SJerfagen ber @inned« 
Organe qeigt Snbe aller @enfationen. 3^amntengenommen mad^en fte, 
»ie e9 bodb f^eint, unfre ®eifie9t^&tigteit, Um. menigfienS bie 99aftd 
berfelben au9. .9So ble^t ba bte @ee(e? S« folgt mit St)ibeni baraud 
^unt (Seringften: Ol^ne Sinnesorgane, ol^ne ®e^irn feine SBorfteDungen; 
Je nac^ bem 3uftanbe ber Organe unb ber 9rt unb äSeife ber Sinbrücfe 
Don äugen auc^ ber Suft^nb ber SorfteOungen unb Smpfinbungen. 9Sie, 
ftnb ba nid^t biefe 3Robifttationen beS 3uft<(nbe8 ber Sentorgane am 
4Snbe bie @ee(e fe(ber? ober »ieberum mie tiorbem, ifl bte @eele nic^t 
Semegung? 3i^niti<6 S^n<<u tior berfdben gfrage ftanb Sonnet, uttb er 
crSarte ftc^ audmeidjenb bal^in, eine 3bee fei eine SOtobijttation ber @ee(e 
imb biefe SKobififation fei bie @eele fe(6fl in einem beftimmten 3uftanbe.^^^) 
flbn ^at nic^t Socfe ,,neben6ei'^ gefragt, ob ed nic^t i9a]^rf(^einli(^ fei, 
bag bad Renten bie X^atigleit unb nid^t bad SEBefen ber ®eele fei?^'') 
SBie begegnet nun $aQer jener erften, einen bt)namiftt)d^en 3Ilateria(i9mu3 
beinah aU Stntmort im)oIoierenben ^xa^t? man mui gei^el^en, auf eine 
ni^t fel^r origineQe, aber immerl^in ni(^t ungef^idte SBeife. 3unad^ft ift 
e9 bie „ordo vestigioram,^ bie Steil^e unb Örbnung ber ©puren, auf 
bie er aufmertfam mac^t. 

SBir »iffen, ma9 ^oRer unter 3bee üerfte^t, eine Seranberung in 
ber @ee(e, totiö^t entroeber aud einer gegenwärtigen Senfation ober au9 
ber (Erneuerung ber @pur einer @enfation ober au9 ber SJerbinbung beiber 
entfielet. SBorfteDen ^eigt ftd^ biefer SJeränberung 6en)ugt »erben. 92un 
«rgiebt jt(6 aud ber (Srfal^rung bie merhofirbige Xl^atfa^e, ba| aUt^tftt^ 
manbten 3been, b. % SBeränberungen in ber @eele, aber au^l paroM 
bastt alle ©puren in gemtffe ftlaffen (bejm. in beftimmte ©e^imbejirle?) 
^efonbert toerben.^^^) 9ieue (Smp^nbungen ober il^re 3^i4^n gefeden fi4 
fog(ei4 ol^ne unfere 93emfil^ung ju benienigen 3been, meldte tion eben ber^ 
felben 9rt finb, alfo burd^ Stffociation. ^ber ift baS nid^t eigentlich ein 
rein mec^anifc^ notmenbiger SBorgang? äSenn bem fo t)t, xoai tl^ut bonn 
bie ©ee(e, menn fte ft(^ n^iebererinnert? (Sd fd^etnt, aU fei ^aller nid^t 



^^\ „Earam natura est eias modi, ut anima volendo ea vestiga revocare 
poasit, quamdiu sunt integra et valida.** Elem. physiol. V, 542. 
'•^ »crgl. »oiiRet, Essai de psych., p. 123, 124. 
»••) Sorfe. Et». II, chap. 19, § 4. 
'') „Uunc id summa aamiratione dtguum memoria habet, (|Uod vestigia 



n 



nnllo animae labore snas iu dasses segregentur, inque suos «laasi vicos per 
cerebrum disponantur, quae cognatae snnf Elem. physiol. V, 544. — 
^ergC. ^teju id. IV, 317, 318: „Admirabilis est earam in cerebro ordo . 



In classes genera et species omnino suas per adfinitates. propiis in regionibus 
cerebri habitnnt sensunm impressiones.** 



• * » » "'"^ 






■ / ' - '45 — 

im Haren bacfiber; benn bte 9rt unb SBeife, mte ba frine @ee(e ju bm 
aufgefpeic^en @^uten bc^m. 3been gel^t, mtnn fte eine booon fudit, uni> 
coentueQ mniSge be9 S^ucensufornntenbonged (ber 3beena{foriatton) auf 
eine Mmteintfid^ iietgeffene gebracht mirb, erinnert einem foft on bte Sor« 
ftellung tN>n einem bomonculas, ber im (Be^tm ft^t. Sonnet unb Sode 
baten i^n ^ entfd^teben ein mentg oermirrt.^*'*) ^aUer braucht für feine 
9n{t(^t ein fel^r anfd^uIic^eS S9Ub: „Unfer (Seftm ift ber (Srf abrang 
gem&l eine ungel^eure Sibtiotl^et, in »e(c!^ d^^en unb Silber, g(ei(^« 
fom ol9 9ü(^, na^ il^ren Jtfoffen unb Sermanbtfiaften aufgehellt finb. 
%^ es ift im (Se^im no4 utel^r als in einer Öibliotl^ef twrl^anben; 
benn in biefer finb bie SiU^er bur4 lein Oanb unter einanber tierbunben, 
hingegen {leiten bie Spuren ber 3«(^ unb Silber in einem 3ufammen« 
l^ange, unb obgleich mir baS nid^t begreifen tonnen, fo jtnb fte benniKl^ 
unter ftc^ bergeftolt i^erbunbeUr bag bie (Erinnerung beS einen baS anbere 
nad) ft^ iiel^t." ''''') Sr ia|t eS bann legten (SnbeS bo^ bol^ingefteOt^ 
ob bie Spuren m)n felbfl ober bunl^ bie Seele mieberermail^. Snatomift!^ 
tonn bie^ 9f(octation nic^t erflirt »erben, ebenfo eigentlich au^ ni^t 
genau bie Sotaftfation ber ©puren, mobern gefugt meil ein Seitnero eines 
unb beSfelben ©imteS auS oerifitelten SSui^eln entftnringenb nu(t not» 
menbig nur iu einer einzigen 9rt oon Smpfinbung geeignet ui fein braucht. 

t)ie 3been bejm. SorpeUungen (unb (Smpfinbungen) finb aber nidbt 
nur 9rt(ic^ unb in^attlic^ oerbunben, fonbem auc^ seitlit^. 3been, me^e 
2U einerlei ^\i entftanben finb, bringen ftc^ mec^felfeitig »ieber inS (Be» 
böc^tniS. 9uS ber faft burc^gongigen Sertitfipfung ber 3been entfielet 
bem 3Renf(^en nun ber grojse Sorteil, jtc^ ein ganseS @^em oon Se» 
griffen, bie eine einzige Xotalibee auSma(^, in frinem ganjen Umfang 
ins (Sebfif^tniS rufen 3U lönnen.'^^) 3^o(l^ befi^t bie @ee(e aud^ baS 
Vermögen, 2)inge mit einanber ju oerrinigen, »e(c^ notfirlid^ermeife nicibt 
terbuttben finb. — SonbiUac l^atte gemrint, baS (Sebäc^tniS behalte immer 
bie Sinbrfide in ber Orbnung, mie fte twn aujsen entftanben finb, uni> 
biefe Orbnung madbe i^re Serbinbung auS. — ^uS jener oertnäpfenben^ 
bas 9lebenrinanber(iegenbe unb @egenfä^(i^e jur (Sin^it bringenben Stl^S^ 
tigkit fd^Iiegt ^aOer, man mfifje auf eine rrin medbanifc^e ISri(&rung 
biefer Sorg&nge oersidbten.^^^) 

SBol^er tommt eS nun, bo| bie Spuren, mie bie lErfol^rung lel^rt^ 
teiiwrife oerbtafj^, oerfc^minben, mieber auf tonnen? 

dunSd^ft muffen mir unS mieber erinnern, ba| mir unter ®pur uns 
nur „eine unbefannte auf bnS (Bel^trn gemachte Operation" beulen bfirfen. 
SS ftnb aber immer materieDe Urfad^en, .förperlic^e b. 1^. Oe^irnoorgänge, 



'**) tonnet fagte %. 9.: „Noas dirons qae Täme reproduit les-id^es senHible«^ 
tant6t en donnant aax fibres le moavement qa'ezige Tid^e qii'eUe vent rappeler, 
tantot en remaant Pespece de fibre appropriie a cette idee.** £b8. de peych., p. 76. 

»•^ Elem. phyaiol. t, 544. 

"•) id. V, M5. 

''') nQaare de expositione mechanica deapero, in phaenomenornm veritate- 
■ecurus.- Klem. phytiol. V, 547. 



f 

V 

* , 

♦ r 

I • 



— 46 — ; ■ ' 

» • 

»enn bad ©ebS^tnid bejm. bie @puren raiebec üerfc^minben, „gfet^fam 
in und etnfc^fafen/ 93Jecben biefe gel^oben, fo fteQen fi^^tnie mir fd^on 
tiecnommenr bie ©puren mieber ein, bie Sbeen nierben roieber (ebenbig. 
ipiSine fc^mere ^irnrounbe nimmt jumetlen/ fagt ^aller in ben ^Briefen 
gegen SBoltoire, „für eine lange ^ett ben ®e6rau(6 ber Vernunft meg, 
bi^e Sernunft lömmt aber be^ einem glfid(i(^en (Erfolge mieber, unb bre 
@ee(e, bie baS ®ebä(6tnfl| beS Sergangenen t)erIo^ren l^atte, erl^alt ed 
att4 iurüd. S)ie|er 93erfu4 teilet bal^in, ba| aud^ na^ ferneren Ser« 
le^ungen, nad^ ber 3^iivung bed ®e^im9, bie Seele bur^ bie SEBieber« 
tiiereinigung ber Seile, meDeid^t aud^ ol^ne biefelBe, b(oB burd^ ben SEBiQen 
®otte8 baS ®eba^tnäg unb bie $erfön(i4teit mieber erl^olten tonn : benn 
mie bie 3Ri((6 ber S^utter unb i^r 93(ut mit einem faft unmertbaren 
urf^rfinglid^en fteime fi4 bereinigen unb mein merben, unb bad SBert5eug 
meiner (£m|)ftnbungen, ber @i^ meinet ®ebäd^tnä^ed ^at merben fönnen, 
fp leicht tann auc^ (finftig eine anbere 3){aterie mieberum bad SBert5eug 
meiner €eele fe^n. Unfer @e^im Deranbert fid^ mie aDe anbem feften 
Zeile unferi» fieibed beflSnbig, unb in einem 3Rann Don fec^djig Salären 
i^ Hermutßc^ nic^td mel^r Don bem iDtarte tiorl^anben, bad in feinem 
jd^nten ber @i^ ber Smp^nbung unb bed bemegenben SSiDend mar." 
„9(ber unfere @ee(e bleibt eine unberSnberte $erfon be^ bem abmed^feln^ 
ben Ükl^irne, unb erinnert fid^ mit DoQfommener 99emuBt](|eit bedienigen, 
maS in il^rer Stinbl^eit burc^ bie @inne in bod ©el^im gefommen ift/'^^^) 

iaHer berfll^rt l^ter in ber Sl^at ein {c^mieriged pf^c^ologifd^ed Problem. 

fntereffont i^ nebenbei bie SBemerlung, „Die((eidbt b(o| burc^ ben 
SBiUen ©otted" tonne baS (Sebac^tnid r^ouriert merben, b. ^. er*g(aubt 
idbft ni(6t baran. äBic^tig Dor allem aber ift bie f^rage, mie tann tro^ 
bed Stoff met^feld ftc^ eine 3ugenbfenfation in9 l^ol^e S(lter l^infiberretten? 
{^aOer beutet biefe Zl^atfa^e ju gunßen ber UnDer&nberli^teit ber im« 
materienen @ee(e aud, ol^ne ju bd^enten, ba| er eben oorl^er jugegeben, 
e8 feien audf(^(ieg(idb materteDe SBebingungen , auf benen eine geiftige 
S^ätigteit berul^e. ^eutjutoge beantmorten mir bie Qacfft fo, bag mir 
fügen, im @toffmed^fe( erl^alte ftdb bie f^orm unb nic^t nur bie urj))rttng< 
ltd|e, fonbern felbft bie angebilbite g^orm ftetle fic^ in biefem $ro}eB btd 
jn einem gemiffen 3J{age immer mieber l^er. ^aller nimmt an, ba| im 
afiCgemeinen alle @|)uren mit bem S((ter Derbla{fen, ja ,,e8 mürben in 
aOen 90tenf(^en aOe Spuren Derfc^minben, menn ba^ l^ol^e 9((ter meit 
genug l^inaudgefe^t märe.'' ^^") 2)ie 93erge|(id^teit bed ®reifena(terd analog 

♦ 

'^') Srlefe Aber eintae nod^ (ebenben ^reigeifier, (ctttert ald jQriefe gegen 
«oltoire") 2. «ufC. »em 1778. a;etl I, @. 161, 162. 

^^') jyDeniqne omnia (vestigia) nallam non mortalem desererent, si aenium 
Mtia longe protraheretar.'' £lem. physiol. V, p. 550. ^loax l^atte et id. IV, p. 316 
gefagt: „Eae (impressiones) in eodem cerebro conservantur, ut omnino qamqaa- 
ginta et centara annis, si ad eam aetatem homo sapervixerit, vividae et limpidae 
tapenant.'' ^er SBtberfpnic^ ift nic^t ju erflären. |Jfr. @ exilier ^at bie jtonferoierung 
ber 6f>uren bei Roller getabelt unb offenbar überfe^en, bo^ biefer felbfl ntc^t im 
»einen barüber n>ar. Sergl. «^^iCofop^ie ber ^^^fiologie" 1779. (ferner 
Ueberneg, ©c^iUer a(d ^ifloriter unb ^^ilofop§. 1884, 8. 59 f.) 



— 47 — 

Otrientgen im JtinbeSattei bnittt baiauf ^tn. 3)ort lü^it \\t Don bei 
SJn^äitung, ba^er Unempfänglii^ltit füi Spuren, ^tn Don bii SSei^^eit 
unb unsemeinen !8eraegltd[t(tt bei ©e^icnfubftanj ^ec. "Ülie (ebcnbigen 
ftör))n ntac^tn biefen allmö^Ii^tn jum Sebnt It^Iügtic^ untaugtic^en ^tx' 
^äitungStreoit^ buii^, bei aÖcn üßenninbet {(^Itegltd) bte lontiattiDe Siaft 
bie eEponfioe. — 9Htt onbern Sorten V'it bas ®efagte roiebet: O^ne 
©puren lein @^Jit^tni3, ja teine geiftiQen ^untttonen. SDiaterieUe Ut= 
fa^tn jerftbien aQmätiCic^ baS ^eiceptionSDeimö^en utib nur bie Sück 
beS Sebend Dei^inbeit bie totale @tumpffinnialeit, bie ganilit^e %a\- 
l^ebung bei €inne3fun(tioneii, mithin überhaupt beS pf^i^ifc^en @e!(6e^en9. 
Xie Süi^ei bei S9ibUot^et oeijdiminben eines naif bem anbem, einige 
gautetn unb toiteCn nod) ^eium, e9 merben immer mie roenigei, biS — 
@ine nunbeilu^e %n|ct|auung, a6ei blog barum munbetli^, raeil luii und 
niebei flogen: 3a, mo ift benn ber uttoetanberlii^ iBibliot^etor, ber 
Crbnei, SeitnOpfer, bei aufmeitfame StegiereT? rao ift boS „einige Uns?" 
nio iß bie @ee[e? — 3Bit, man jpaDer am ISnbe bo^ nodi etraaS an» 
bcieS als ein tiobitioneQer Suolijl? 3ft ei nt^t eigentlii^ auSgnüftet mtt 
bei Xenbenj »i einem b9namiftt)i^en SloteiioIiämuS? — Sr roQibe uns 
baS bieClei^t beftreiten, abei eS eifi^etnt unS je^t bo^ nic^t mef|c ali 
ein fo untKijei^lidieS S^nbreiften, roenn Samettne ti genagt ^at, i^m 
ben „homme machine" gu roibmen. 91ui muffen »ti unS baian ei> 
iiinein, bofi bei homme machine 1748 eif^ien, ber fünfte I9anb t>on 
^alters elementa physiolo^ae coi-poiis hamasi abei eift 17Ü3. 

SS bleibt in bei X^at füi bie ®ee(e, bie uns ba nod) gelaffen mirb, 
gor ni^tS itbiig a(S baS bio^e Sßermögen, bie Spunn, b. ^. bie afiah 
tenen Sinbiütfe ju Deieinigen euentueQ ju oeTßäiIen> SIbei aadf jene, 
\a^ tDtr (o^ifi^e X^ätigleit, ijat einen ^alb med)anifd)en S^oratter, fte 
Dcitc^minbet \a out^, man meig nic^t roobin, menn bie Sputen oeibloffen. 
3)ie Seele erf^eint als eine Ätaft, bie erft in Sunttion tritt untn ge- 
eigneten Umflänben, unb erft baun eimeist ftc^ i'^ie S|iftenj al9 t^at> 
fät^Iicfl, .ober um ^aQeiS 99ilb ju venoenben, fie ift ein !8ibIiot^eIai, 
aber ecjl bann, nenn Säifier ba finb. 

Die @eele, mel^e ^allei unbebingt ^eiouSemoncipieren mödite, olfne 
tS 3u tännen, ifi nur ein t^rageseit^en unb bo^ ^at ei eigentlich a^ij 
lec^t, nenn ei jagt, man raiffe gai nicbts über bie Seete. iÖiedeii^t ^at 
i^n iBonnet beeinpiugt, bei (e|(ten SnbeS aud) grßanb : „Noas ignorons 
absoloment la oatuie de l'&me.""*} Senn Roller benno(4 an eine 

■") Sonnet, Essai de pi;cho1ogie I75Ö. Su« er ifl ein @cn[tia(if), tnii: 
ou4 Doi igm Sonbinac. Sber 6etbe Fiit^en ft<ti mteber ju ccr^QSen bun^ fUengeä 
^tll^alten an ber ^.mmotci'Olitflt, oiellci^t nenig«t auä SAangtl an Wut. aui 
xgnjefflon an bie !^at, aii nielme^r toxi aSnngel an p^ilolap^ifttcc Strenge unb 
winfi^t in bie St^roft^c eineä biefetart 6egrünbtlen SualiSmuS. So erfi^cinl eä 
«ir benn gat nii^t [o leitet, iftrcn ,.p^i In (op^if t^en Stanbiiunlt* feftjufltllen, wie 
^ ¥aul Stü^l^aupt Dcrnwint in feiner „SatficIIung titx^\y<liolo%ie bei 
^onbiClac unb Mannet" 1874. 'Sonnet nai gemig mt|t SenFualifl "nb :^i)li>= 
^namifl mit DoUem ^raugtfein, et toar ein e^rlit^er egrift auS bester Ueberjeugung. 
™w er ba« )u pettinigen mugtc an .(dnet .Pkliiigiaiwe philo»." mag ft^roet 






^- -v 



■'•■- : ■ - .48 — , ■■ 

immatetteDe @ee(e gloubte, fo looc entfc^teben bie befte SSegrünbunj 
{ein becettd angebeutetet Stnmanb gegen ben 9Rateria(idmud. 2)i 
UnmögKd^feit, bie ^eute no^l bte benfenbe SBe{t jugiebt, oud blof 
mgung bie Smpfinbungen unb Socßellungen, bie l^ö^em getftigen S 
feiten begreifen unb ernocen ju fönnen, mirb benü^t aU ^rgumi 
bie (£|ifteni ^'"^^ befonbern $rinii))e9. „ffienn ber Sonat bed @ 
niffeS teine Seele ^ätte/ ffil^t unfer ^ter l^ierin nod^ aud, ^i 
bie ©teuren 5U eigen machte, fo f^iene ed, bog unter ben 9rt 
Singe, meiere fic^ in biefem Sonati^^aufe befinben, eine jebe einji 
fi^ bleiben müBte, unb e9 mürbe unfer Oebac^tnid gleic^fom eine 
{orte üorjiellen, auf mld^ fein Dorf jum onbern ^e^örte. Tta 
fi^ oudb nic^t »oifteQen, mie ein Stixpn fic^ feiner Sinfoc^l^eit unb 
tftmfid^feit betonet fein unb ft^ bennoci fo oiele mfc^iebene 2)i 
eigen mac^eu lann." ^Z)ie @eele ift eben uieber eine einzige (Em|)fi 
noii^ olle iufammen/ mie e9 etma SBonnet mit feinem SRobifit 
begriff nol^egelegt ^atte, „fonbem baSjenige ffiefen, baS oQe biefe 
eigen mac^t." f^otgßc^ mug ein ffiefen in un8 fein, bod Don be 
nnb blauen f^arbe Deifc^ieben 1% melc^ed beibe miteinanber üerglei 
beibe unterfc^eibet^*^) SBei{ a(fo ber aRoterioIift nic^t erKaren loi 
eine Semegung ber feinften SterMiteilc^en ))Iö^i(^ ali t$arbenem|)fi 
ab ®eru(^, Xon, aü logifc^er ®ebante auftaud^t, barum ift bi( 
ertlarlic^e bie immaterielle @ee(e, aud^ menn bie gemagte ftonjeff 
mac^t mirb, ol^ne 3)>uren fei bie @ee(e eigentlich nur ein (atentei 
mdgen ober, menn mir fo moDen, latente itraft. 2)eut{i4i gern 
^oQer: ^Sd ift brr SBorrat oon @|)uren, moburd^ bie @eele i^re 2 
feit ium 9[udbru(f bringt." 9te folc^e ift fte meiter natttrli^ ut 
Ji4, mie jebe ftiaft {e^ten (fnbeS. ^aÜerd @eele ift ganj ent! 
üermanbt mit SBunbtd Vuffaffung ber @ee(e a(d SlftuaKtät, nu 
bttfe tlnfd^auung bei i^m oerl^üQter unb unftarer ju Xage ald bei i 
ber io ben 93ortei( üorauS ^atte, im 3a]^rl^unbert ber $fQc^D(og 
^]§5fto(ogie ju leben. 

Sld neued Slrgument für bie 3mmaterialitat bringt $aDer i 
ffiiHendfreil^eit. SBäl^renb jeber Rbxpn unDerönbert feiner ^id^tun^ 
bis er burdl eine anbere Straft oon feinem SBege abgeleitet mirb, , 
l^ingegen bie Seele nad^ SSetieben ben ^aben i^rer ®ebanfen, fi 
mm biefem ju jenem über unb ed ftecft in biefen @ebanfen feine l 
marum fie einen neuen auffuc^en foK.''^^^) ßier aber fönnen mir 
mit feinen eigenen SBaffen angceifen. Sbgefel^en baüon, bog mi 
beutlic^ barau§ tlax toiii, bog bie @ee(e etmai^ gleid^fam über b( 
banfen fte^enbe^ ift, alfo etmad ber Sufmerifamfeit entfpred^enbe 
mirfenbe ^raft, tann man ftc^ bod^ fragen, ob nic^t eine fol^e p\ 

etüärüc^ fein, er empfanb jebenfaSd toenig SBtberfpruc^, ote( toentger 1 
greunb ^aUer. 

"*) Elcm. phy»ioI. V, 551. 

"•) 3JergI. Elem. physiol. V, 551. — SJcrdL ferner ü6er bte3>nmat 
Önefe gegen «ortaire h 232; II, 73, 183, 184. 



itiaft Afn|Dgut bon atibtin fiiäfteii })^qr>'o!ifi:^:4nnii4er Statut in i^in 
So^ir, in i^mn 8}n^alttii beftimnit netben I^nt, mithin a(lD »Bnitlitf) 
unftn toStt. 3)aS pQ^^t )>("<" aud) borhtfflit^ jui ©fiumit^cone. Sic 
Äiäflc, bic ben Stoffmri^feC btft (Se^inttS unb bei 9ten*n, bie Atöfte, 
iDtlf^ bnt StetDOuStaufc^ bei bn älcijftitung bnuiclm, f» mürbm t^re[> 
f(it8 bic ))f94tf((t ftraft aus ü^iem tatentnr Suftantie in altueßc X^ätifj- 
tcit auSldfen- 3e nai^ bcm SJn^altm jcnn Itiäftc, bie itiinfcits npidtrmn 
bim^ bie bct Sufiein SBelt beftimmt nerben, mäibe {idf härm au(4 bie 
pfpi^ifi^ ftraft Dcrlialten. €o müite unS menigftenS iai 9}fi{(tivinbeit 
bn CoifkDungat, baS %bnc^mm beS ^cetittonSDnm&genS Dtel tlattc 
unb begieiflidier eift^einen, als loenn nie un6clUnimect um bie eigenen 
3uQc^änbDif{e tmmn oon ber Unwiänbeili^Icit einer @ceCc leben, bic ja ■ 
bod) ettsoS gang anbeieS fein foQ, als baS l£nit)finbcn, beuten, 3^f|Ut)' 
äSoHen. 9tut f(!^obe, baEt $a[lec biefen itint fo nn^etiegenben Sßeg nic^t 
ging. ZHe UneiKöibaiteit bec Jliaft über^aii^jt, fornie bie 3IJad)t bet 
Xiabition unb bcS SOtilieuS büiften i^n, mie eben legten SnbeS noä} 
utan^ f^Sifent Senlet, ge^nbnt ^oben, feine ^f^t^ofogie, bie {q j^öne 
Sntogrn ^igt bcutlidiei auszubauen. UcbiigmS ge^Qite eine auSfü^iliifie 
$f94oIogte oud) goi nidit in ben 91ii^mni feines SSettes. Witz ba| ei 
fie p^Qftofogift^ BegrÜnbet mifftn iDotlte, i^ ein £ob, unb man tann eS 
nui bebauem, bog ei nit^t boju gelommen \% ein <Spiiialmtt ju Dcr< 
faffen, nie eS in feinet Intention gelegen ^aben fod. ^ieUeidit bog ei 
ein A^nlicficS grunblegenbeS SBett geltcfett ^ätte, nie eS bie Elementa 
physiologiae ftnb. ©eine enorme Sclefen^cit närbe fit^ gcmi| aud) 
barin glänjenb bolumentieit ^ben. Serien mit jebix^ jum Sloi^anbenen 
jurfid! 

Ss ct&btigt udS noc^ beS (Senauem ju untetfu^n, moiin bic 
nfaeoltates asimae" beße^en. SBic begeben uns bamit ju ben mel^t 
«ilcmttnist^orettfdien ISiöttetungen $allerä. 

S}ic elfte facultas bn Seele liegt im S)en!en. XeCcaiteS ^atte 
aus bem 3)enlen baS ^efen bei Seele abgeleitet, ©pötn nurbe bonn 
behauptet, bie Seele nüibe gac nit^t immer benten. ^U S3emei8 ^iefür 
loutben befonbeiS bie 3ußänbt it» ®<^t<ifr in in O^nntac^t ^erbei' 
flfjogen. 3^0^, betont ^olln, au4 ^in oeifc^ninbet baS Senlen nic^t 
ganj. Ss ift nui eine anbne %it beS SentenS, eS fe^t i^m ^aupt- 
fS(^li^ baS @elbftbeniu|tfetn, loelc^eS er au(^ gerne als ÜBemeiS füc baS 
befonbete SBefen b« Seele imroenben möchte, befonbetS in beii fpätnn 
^Briefen gefien SoÜoiic. SS fe!^lt aha nenign baS Selbftberaugtfeiu olS 
nielme^c bie mii^tige facultas bct Üufmeitjamtrit, b. f|. baS auSfc^Iie^lii^ 
mit einem @(genftanb fi(^ befe^äftigen äSoDen bn Seele, ^oiin liegt 
abn bie Utfadie ju biefem SoRen, ju biefn 3Sa^I beS einen ObjetteS? — 
.3n bem näl^eni Sufouimen^ang biefec 3bee mit unfeier ©tüdfeligteit." '") 
go etfdieint aljo bie atjentio auc^ als bec SBiUe jui Oiadfetigteit. Sbcr 

"'' sCkuiR liniui elKtioni« e«t plenraiqni, . . ., eini idete ad noitrau 
fclieiUtem prouior dmu«, nt um mMCiH e n aoun lit pncMitem baber«, 
q<"m ■llam •litm.-' Eiern. ph;uol. V, 668. 






- 50 — 



/ 



« 



nic^t nuc biologijd^ unb enboimoniftifd^ im graöl^nUcben Sinne bebeutfant 
xft bie tLufmerlfamleit, fie ift gecobeiu „omnis scientiae mater'^ unb 
aU ]oUft erfc^eint fte tiertoanbt mit bem „3ntere{fe'' bei ^erbart. Sa 
min ober nac^ ^allec ouc^ bie Siflenfc^oft nic^t um il^rer felbft mill(en> 
fonbem immer bemüht ober unbemu^t in Studfic^t ouf unfere ®(fi(f)elig« 
teit betrieben roirb, i^r 3<c( <>^o ^^ SDtenfc^en äSo^( ift, fo ift natürlich 
bie %ttfmerIfomIrit, a(d SRutter aUer Siffenfc^aft, aud^ in biefem ^öl^em 
@inne bo9 (Streben nac^ bem, mad uni^ nfl^t unb frommt. 

nQioax fonn bie @ee(e ol9 enbUc^ed äßefen" (enblid^ in ber (£r* 
fenntnid) „faft nac^ %rt be9 Vuged t)ieled t)ermonen, beutlid^ ober nur 
ein einjiged Objett erfennen." @ie üermog nid^t, mie SBonnet bel^ouptete, 

'mel^rere Objette jugleic^ ju erlernten, ebenfomenig ^angt l^iebon SBiKe, 
ffiiebererinnern, bie eigene $erfönli(^teit, bie UrteilStroft ob, benn ber 

. Uebergong Don ber einen 3bee jur onbem gef^ie^t mit „ou^erfler ©efd^min^ 
bigteit." ^^^) „3(^ fonn mir ein 2)reied einbitben, bomit ober eine DoH« 
fiänbige tfore Sbee boDon entftel^e, fo betrmi^te xii entmeber b(o| bie 
Aotl^ete ollein, ober bie ^9))ot]^nufe, unb id^ fteÖe mir niemols bie 
beutlic^e 3bee Don einem gongen 5Creied in einem einjigen 3^itt>untte 
bot, menigftend id^ nid^t, mei( idf merte, mie fid^ gefc^minbe Seite an 
Seite, bo^ nac^ einer geoiiffen Orbnung, in meiner SinbKbung oneinonber« 
fügt." — ^Ile Socftedungen ftnb olfo nod^ ^^^^ ieittic^ nod^einonber, 
e3 giebt teine9){ulti)>licität fimultoner %}orfte(Iungen, oud^ menn 
e9 eine gäbe, mie SBonnet unb onbere be^au))teten, fo ift bod^ immer 
irgenb eine 3bee bie l^enfd^enbe, bie onbem on Sebl^ofttgleit äbertreffe% 
ober, mobem gefogt, im innern SSIidpuntt bed innem 99(idtfe(bed. SoUer 
l^ot ftd^ l^ierin geint, menn er bie Simultoneitot beftritt, mir miffen'^^ia 
l^eute, bo| fed^S bid jmölf einfod^e SSorfStellungen jugleid^ mbglid^ jtnb. — 
8ber tro^ biefem iRoc^einonber ber SSorfteÜungen ift bod Urteil burd^ 
Sergleic^ung boc^ mögßd^. „(£d bouert jmor eine im ®ebime entfton« 
bene 3bee, mie ein oor ben Singen fc^mebenbed 99t(b, eine fe^r furje 3^it 
unb fte (ogt eine fc^mäcbere (Em))finbung jurfid, menn eine neue ouf tritt, 
meiere nun bie Seele mit oller Seb^ofttgfeit befcftöftigt/ „yiaif biefem 
erflern fd)mo(6em 93i(be unb bem gegenmärtigen ftorten urteilt bie Seele 
burc^ Sergteicftungen/ ^^^) Aber oud^ eine erneuerte 3bee mirb nii^t 
mel^r in berfelben SSeife mie bod erfte 3Rol em)>funben. äRit^in befinbet 
fid^ unfer 5Centen immer in einer ununterbrochenen SSerönberung. 3)arau§ 
folgt ober ouc^, menn mir bie ftonfequenj siel^, bog jebe SrlenntniS 
immer mieber mobifijiert mirb, unb fo liegt l^ier bod ölte $robtem : mod ift 
mol^r? oerborgen. Sticht, bojs Roller an biejer Stelle fo meit gegongen 
mfire, ober bie (Srenjen, bie er anberorts ber menfi^lic^en Srtenntnid 
9%og^n, erlouben ed, menigftend teilmeife l^ierin il^ren ®runb 5U fuc^en. 
& mürbe oben bie f^reil^eit ber Slufmertfomfeit burd) ^aUerd eigene 
9leu|erungen in gmeifet gesogen, inbem mir bie Seele old ftraft burd^ 



»'•> Elcm. physiol. V, 554. 
"•) Elcra. physiol. V, 554. 



f 



* ' ^ 



•/ 



■,-•■- ■ ■ •• — 61 — : 

tinbere ftrafte beftimmen {äffen. 3ft aber bte Hufmerlfotnfeit unfrei, bann 
tft e9 auäi jebe t)erg(ei(l^enbe Seelentl^fitigfeit, metl fte unter bem StnjTug 
ber attentio fielet. 2)a9 gtdbt ^ader je^t oud^ bis ju einem gerotffen 
(9robe jtt, inbem er ertffirt, ber (Srab ber Sufmertfamfett fei abhängig 
oon ben iemeitigen Sugem (Sinf(ü||en auf unfern Orgonidmud unb @tnne§« 
apporot mäl^renb ber Senbperatton. «^^ ift bte SRorgenflunbe ben 
@tubierenben gfinftig, unb bie 5Cic^ter begeben fic^ in äBatber, nämticf) 
in bte (Einfomfett, mo fte twn feinen frembeit Obirften geftört »erben." ^'^^) 
3ntmer^in lönnte er 6ier barauf l^inmetfen, bog mir e9 relatiti frei in 
unferer SRa^t ^Stten, jene fMrenben (Einbrüde ju meiben ober nid^t. 
^ntereffant iß bie SBemerfung, bog gerobe infolge eined gefteigerten 5ton^ 
jentrierung^tiermögend groge (Beifier, »ie $oeten unb Sntbecfer, öfters 
t^on ntelond^olift^ (Beifie feien, mie e9 j. 9. Zoffo, ^u^genS, @roam* 
merbom zc. getoefen. Ob er >obei ni^t oud^ on ft^i gebockt ^ot? — 
%u9 einem l^o^n (Brobe Don Hufmertfomteit unb oud tiiefer (Srtenntntd 
befke^t nun bie Urtei(9fraft, boS „iadicinm.^ Sie Mf%t langfom 
uitb ferner, eben mei{ il^re beiben t^oftoren ftort poteitjiert ftnb. 3]^re 
(^nltion i^ ba9 Unterfc^en oon 3been, ober menn mir fo moßen, bo9 
3tt(egen, baS {[nol^fteren. 3m ®egenfo^ bo^u fh^t bod „ingenium,'' 
baS @<if|(ugDerm5gen ober, um ben bomote fib(i(!^n unb bei ßoKer l^äu« 
ftgen tLuSbrud ju gebrauten, ber 993 i^. Z)o9 iadiciom Uerfäl^rt {ang< 
jam, bo8 Ingenium aber rafd^» flud^ So& l^otte eine &]§n{i4le Unter* 
fc^eibung gemaii^t {mifd^en „iudgement" unb „wit/ jened ift bie fc^arfe 
Unterfc^eibung, bad Urteil, biefed bie fc^neOe fpielenbe Sergleic^ung, ber 
SBi^.^^) 9Rit bem iadiciam ift bei ^aQer bad @en*era(ifationdt)ermögen 
in und angebeutet, tod^t» aber l^unbert 0{ieber be9 (ogif^en @(^Iug« 
t)erfa]^ren9 l^inmegfpringt birrft jum S^iom. 2)er 8nb(id eines faQenben 
!(pfeU fül^rte dtemton jur SnÜ^dung bed ®rotiitation9gefe^. Roller 
unterfd^eibet tion biefem |5]^ SBi^ no|4 ben gemöl^nlidien, alfo etma bad, 
mai^ ber ^^aniofe „esprit^ nennt. S)iefen fc^reibt er mefentlid^ bem @äb« 
.länber ^u. 2)ad ingenium l^ängt cb, mie und Hör mirb aud bem f^rul^ern, 
Don ber SBefc^affenl^eit be^ ftbrperd, io ^aQer gel^t noc^ meiter unb gtebt 
auc^ eibe gemiffe Slbl^angigleit tion ttimotifii^^geograpl^ifc^n Serl^ättniffen 
iu, inbem er }. 93. glaubt, bie SBorme ffdbt einen gemiffen Sinftug. !3e^ 
bod^ (e^nt er bie SRißeut^eorie unb ©taotdpl^ilofopl^ie, mie fie STJontel« 
quieu boroud entmidelte, "bur^aud ab.^^^) fLndf ^mifc^ ©ubftanjen, 
mie ber äBein, oermögen ben äßi^ ju förbem, ebenfo etma ein mägtged 
lieber, ,,meld^ed mir felbft miberfol^ren ift, bog ed mir fe^r leicht mürbe, 
^erfe audinfc^ütten" (ut facilliine versus funderem). ^®') Z)a3 „In- 
genium'' l^fingt olfo ouc^ tion ber grögem SBIutiuful^r ind ©el^irn ab. 

*••) Eiern, phjrsioi. V, öo^ 

»")2ode, Em. II, eh. ir, §23. 

'*') «ergt. $a((er, ^agebuc^ l, 103. ^adfetbe inUn &m. gel. «nj. 1753. 

***) EUm. physiot. V, 558. — Xai fnndere venas im ^itbtt bei\if)t M 
^f biejtoei X^i^tungcn: „®cbatt!en über Vernunft, Aberglauben unb Unglauben" 1729 
«<^ r»£ie 9alf(^^ett ber menfc^Ud^en Xugenben." 1730. 



_^ _ » 



I s. 



» * 



-' •. >. 



- •■ — -52 — • ; -.-;-'■■ 

-- SBic l^oben 6i9 je^t immer miebei gefeiten, mie legten (Enbed oOfe 
geifHgen t^untttonen burc^ Utpttlxdtt Bebingt maren. SEBie aber lägt fid) 
bad MftrattionSDermögen, tute (offen fid^ bie oflgemetnen SSegriffe barau^ 
erKSren? ©ie f cremen ftd^ io gänitt^l ieber moterieQen @pur entjc^Iageu 
iü (oben. 9}etn, ermibert ^aller, aud^ fie ftnb geneologifc!^ t)onftanbig 
mit ben einfad^ßen @en{ottonen t)erfnü))ft @ie fmb eine ^olge bed burd^ 
fortto&l^renbe Uebung gefc^ulten 5Cento))))orated. SEBtr geben ben einjelnen 
Singen 9tamen. ^urc^ ben l^änfigen €|)ra(^gebrau(6 |)ragen ftc^ biefe 
„signa^ un9 onmäl^ßc^ ein, unb bie @ee(e getoö^nt ftd^ oQmäl^lid^ baron, 
ba% {te bIo| burc^ deichen benft.^^^) 2)aS eigentliche Slbftral^ieren be« 
{h|t nun barin, bod üielen 3been ®emetn{ame ju fammeln unb ju otbnen, 
unb fo entftel^en bie „notiones generales.*^ @ie ftnb ein SEBert ber 
®eele, aber bo9 9Rateria{ baju bilben bie eintelnen ©enfotionen. (S% 
gtebt mithin feine reine Vernunft, meiere a priori, unabhängig don aDer 
Srfal^rung erbnnt, urteilt, benn bie 6ee(e tritt ja über]^ou|)t eift in 
Sfunftion, »enn bie @enfationen toermittelfi be9 @inneda))parate9 fte au^ 
ij^rer Satenj l^ert^oriie^en. Roller tft ©egner Odn Socfe unb mirft il^m 
WC, er b^be unridbtigermeife bod iRad^benten (reflexion) üon ben ©innen 
(sensatioD) o(i» einer OueUe aQer Segriffe getrennt, bad Sta^benlen fei 
fdbft in feinen anfangen nid^ts al9 Sm)>^nbung. „tiefer onfd^einenb 
Heine tJrel^ter" b^be Sode in ber f^olge meit oom rid^tigen SEBege abgc^ 
fftl^rt.^^^) @dbon SonbiClac b^^tte f amtliche f^^cbifd^^ f^unftionen genetifcb 
ju begreifen gefüllt, inbem er fie aü „seosation transformee,^ aU 
Umbilbung ber ©innedmal^rnebmung ertlorte. ^^^) Sbenfo ^aitt auc^ 
Sonnet fd^on oudb bie l^öd^ften 3been auf „einen fe^r förperficben Ur^ 
flirung" jurüdtgefabrt.^^^) @d fcbeint, ba| ^ader üon biefen beiben frott« 
iftftf^ien ©enfuoliften beeinf[u|t mürbe, angeborene 3been abjufel^nen. 
2)ad flbfiroftiondüermögen ift aber nur bem äRenfcben eigen. ^^^) 



I 



u 



. ^ j,Et ita adsaevit anima siguis ati, ut mera per signa eoffitat.*^ Eiern. 
phyaioLV, ö61. 

«•») »ergL Xageducft Ü, 193. a)a8fel6e in ®m, gel. «nj. 1756, ©. 1317. 
-IM) ^aUerd Stecenfton ^esm.SCudaug oon SonbiUacd „trait^ des seDsations*' 
fiele O^att. gel. 9Uis. 1755, @. 1071, 1163 ober STogebud^ I, 125-133. 

"^ 8erg(. Sonnet: „Ce n'eat qn'avec le secoars de sens que Täme acqaiert 
de» id^es, et celies qai semblent les plas apiritaellea nVn ont paa moina 
QDe origjDe trea co'rporelle:^ Eaa. de psychol, p. 1. 

I«) Eiern, phyaiol. V, p. 562; — Xcn Xicren fpri(^t IJ. qu4 „39cgriffe" a«. 
^B\t oerg(ei(|eii biefelben mitetnanber, fie urteilen, fie erinnern ^d^. ^ie Xiere 
knien; fte erwerben bad ^Sermögen, i^re 9{a^rung felber ju fuc^en unb fict ju oer- 
tetbigen. 6ie ^ahcn fogar SRobeUe in i^rer @inbt(bung; tote lönnten fonfi bie S5ge( 
i^re 9{efler, bie Siber i^re Bütten bauen? (Ed ift roaf^t, fte ftnb in einem engen 
Uretd eingefettoffen, aud ne^em fie ni^t §eraudtreten. @ie tonnen einanber gar 
»entge begriffe mitteilen. 9(uc4 bie SRenfd^en n)ürben o^ne @pra($e unb 3^t4^n 
tbrer Segriffe bei gar n)enigen Segriffen bleiben, ^ie triebe (^nftinfte) ftnb nur 
enifa^e &!enntniffe, unb bie Semunft ein »eitgebra^ted oolllommened Sennögen. 
®ie 2iere moc^en gar fetten Hbftraftioncn, fie ^aben »enige affgemeine Segriffe, 
dDed tfl ein ^nbioibnum für fie." Sergt. ®bti gel. 9(ng. 1756, 6. 1316. Xadfelbe 
Xagebuc^ II, 164. 



• f 



— 63 — 



@<l^n mel^tmald tourbe angebeutet, mte qu9 brr Vnnal^me eines 
1)Quetnben ffied^fete üon ®e]^immobtfi(ationen ftc^ bie gcage erge6e: 9Bo9 
tft tnal^r? äSod tft ieneS ^^immefsttnb" mit „bem fteg^aften ©c^an,'' 
bod bec iunge 2)i(!^ter ge)ytiefen? 

ipSBol^r^t nennen mir/ fagt ^aQet, „menn unfte Sbeen mit ben 
S)ingen felbft fibereinftimmen, au9 beten SocfteQnna fte entftanben finb. 
Wx irren, menn unfre 3been twn ben Sachen felbft oerfc^ieben finb." 
S)amit bemegt ft^ ^aQer auf geläufigem SBoben. 9tac^ bem ftriterium 
ber äßal^rl^eit fragt er nic^t. (Sr begnügt ft(i^ bamit, barauf ^tnsumeifen, 
ba6 toir bei einfaii^en 3been, prim&ren Oualitaten, feltener inen; am 
meiften fel^Ien mir bei 3nbuftion8f(^{fiffen, rnetl mir tion menig SBefanntem 
auf ba9 (Banje fd^Iielen. Darin befielet ba9 ®ef&]^r{i(^e ber $t)))ot^efen, 
meiere er aber, mte mir miffen, burribnud nic^t au9 ber 9Be(t gefdtafft 
J^oboi möd^te. Z)a9 3rren ]§at ^vA^ feine pl^^ftologifc^en Urfad^en unb tft 
nit^t bIo| ein SRangel an Sorftc^t unb Uebung. %X% (Sefunbe moüen 
mir irren, ote ©el^imtrante mttffen mir irren. — äBie unfohatifc^ bad 
Hingt! 5Cort l^ieg e9, niemanb fel^It freimiQig, unb l^ier fel^lt total ber 
-©[aul^ baran, bag ber; melc^er bad nichtige meig, eS audSi tl^ue.^^^) — 
^aller' bringt eine f^tle twn 93eif)>ielen. „S>ie gar ju lebhafte 9ttion 
im @k]^ime fül^rt burd^ tiie(e ®rabe Don einem bi^terifii^en ®enie bi§ 
:Sur ZoDl^eit.''^*'^) Zro^em meint ^aQer, eS fei steine gemi^e 93er« 
binbung" imif^en ben Itranf^eiten ber @eele unb benen bed (Selgimed ju 
entbeden, ^ fei eine X^atfac^e, bag bie Seele öfterd in ber größten 
@dbmä4ie be9 £etbed, bie etma furj üor bem Xobe eintrifft, auf eine be^ 
munbemSmerte äBeife mit groger £eb^aftig(eit benfe.^'^) (Ss ift niii^t 
immer mal^r: mens sana in corpore sano unb ebenfomenig umgefe^rt. 
^itl^in ift, nad^ ^aller, bad 8er$ältni9 ber SBet^felmirtung ein burc^aud 
. ic^manlenbed, inbem bie beiben @eiten gar nic^t immer jur felben d^t 
eittftnred^enbe ©tärlegrabe aufmeifen. 2)er ftarfe (Beifi ift nidbt notmenbig 
an einen organifc^ ebenfo entmidelten ftbrper gebunben, unb umgetel^rt 
bebingt ein ftarler gefunber £eib nic^t notmenbig einen entf)>re(^enben ®eift. 

9lirgenb8 tommt ^aQerS te(eoIogif4ie Staturbetrac^tung fo beutßd^ 
itt Zage ate in feinen legten )>]^9fto{ogif(i^')if9(i^ologifc^en (Erörterungen 
über ben 9Bi(ten unb bie Sffette. 9ßa8 er ju fagen meig, ifi, mie 
er felbft fagt, eine „iebermann befannte Sac^." Sd mbge bal^er ge* 
nügen, menn mit nur bad SBic^tigfte, mefentlid^ mit feinen eigenen äBorten, 
berül^ren. Unter ffiiQen t)erfte]^t er eilte „ßanbtung ber @ee(e, t)er« 
m&ge meld^er fte il^ren 3uftonb einem anbern 3uftonbe tioriie^t.^'^) ,,®ut 
ifi Dasjenige, mad mir bei uns ju fein, übeT, maS mit obmefenb Don 
uns münf(|en. ©einen SEBiKen I&nnten mir alfo a(S ben SB t Ken ^um 
®Iü(I bejeici^nen. %X% fotd^er l^ängt er entfc^ieben jufammen mit jener 

*^ «ergl. Elem. pLyaiol. V, 578. 

»•^ Elem. phyBiol. V, 664 ff. 

^*') Xuf.biefem $untt ^atte auc( ber Segnet Samettrte'd-— 'XraKed — auf^ 
-merffam gemalt in bem ^ud)e: homo machina, p. 218. 

»") Elem. pbyaiol.. V, 574. 



— 64 — 






i 



I - 



• t 



. / 



attentio, bon ber ßallec gefagt l^atte, bag tl^re oudfd^tiegtic^e 93ef(6äf^ 
tiQung mit einer Soee eben „auf bem näl^ein Bufarnntenl^ang biefec 3bee 
mtt nnfecet Otüäfeligteit" berul^e. 2)arum ^ängt ber SEBtlle fetbftcd)enb 
mieber mit ben riffelten jttfammen, inbem er ben. Sffelt bei» ©d^merjed, 
ber Un(u{i in ben ber Suft urnjumanbeln fnc^t. n^zt Schmer} iji eine 
^ flarle (Sm)>f!nbung, ba| bie @ee(e t)eranla^t mirb, biefe(6e meit »eg 
Mn ft(6 mfinfc^en." (Sr l^at ober noc!^ eine tiefere p]^qfto(ogtf(^«mebiii' 
iiifc^e SBebeutung. „®ott l^t und SDtenfd^en in bem ©(^merj einen treuen 
SBfi^ter geaeben, „qui de causa corporis destructiice moneat.'^ %tt 
^©d^meri alfo jeigt und ben tronfen 3ttftonb irgenb eined 5törpectei(ed an, 
bamit mir ni^lt unmiftenb ju (Brunbe gelten, bietmel^r barauf bebad^t ftnb, 
biefe (Skfol^ abiumenoen mit ^Ufe ber Mittel, bie und bie (Srfal^cung^ 
a(d boiu smedmögige lennen le^rt 2)q8 ifi bie Zeleologie bed ©d^merjed^ 
ber Un(uft, ber jlarten ^outfenftbiUtot, bed ^ungerd, bed 5Curfted 2c. — 
\,S>ie Sufi ift berjenige ftör^^ufionb, ben man ficft münfcbt." Die 9tert)en« 
bemegung ifl bobei eine fanftere im oQgemeinen ald bei ben ©d^mer}^ 
em))finbungen. debod^ tonnen mir bo^ nic^t beftimmen, marum und bie 
Of^irben eined 9flegenbogend fc^ön bttnten, marum und gemiffe Zone, bie 
anfetnanberfolgen, angenehm finb, morum und ber (8eru$ ber Stofe beffer 
A% ber ber 9cejfe( iwrfommf ') %xA^ borf man nid^t fagen, bag ein 

Jeringed 2uftge|ä]^( ald SBegleiterfc^einung notmenbig fonftere dtert^en^ 
emegung l^aben muffe. @o em)ifinben mir bei l^eigem SBeiter ben täl^Ieu 
3^]^i^ fel^r angenel^m, ol^ne bedmegen befonberd enegt ^u fein. 93ei ber 
fepeOen 23o]§{tu{it tonnen ganje (Blieber jittern unb m ltram)ifjuiftanb 
geraten, unb bo4 '^ nnd fonft tsSi^ anbere Bittern, ieber anbere Scram))f 
nid^td Sngene^med. Stark Suftgeffil^le bongen au(^ gar nid^t immer 
{ufammen mit ber ®efunbbeit bed Seibed, mit ber @elbfter]^a(tung, inbem 
\, 9. fafl olle männßc^en 3nfetten nadb ber ^Begattung ju ©runbe gelten,. 
frlbfl äRenfc^en fdbon boron geftorben jinb. 5Cie aurea mediocritas ift 
olfo bem ftörper jutraglidb* %od Vergnügen, bie £uft \fii ald tion ®ott 
. pemoDten S^etl bie ©elbfterl^altung unb ^^ortpflaniung. — Suc^ bie^ 
lenigen Zriebe, bie ben 9Renf(|en Dom Ziere unterfc^eiben, mie »»^offnung'' 
(,,®runb{age ber Steligion"), bie „cupido discendi nova^ (ouc^ ein^ 
jänen Zieren, mie j. 9. bem ^unbe eigen), ber „instinctus gloriae" 
tiereinigen fidb (e^ten (Snbed in bem einjigen Verlangen nod^ ®(ä(I ober 
in ber Sioenliebe, meiere ber Singong oller Smpftnbungen, ber %udgang 
oDer ßonolungen ijl.^**) 

@ut ifi bem oDem nac^ bie tSrperßd^e Suft unb, xo^i bie @ee(e 
betrifft, bie Hoffnung eined tünftigen @uten, bie S^re unb bie (Srianaung 
neuer Sbeen. Z)araud ertfart fi(^ ou^ ^allerd ^Betonung bed prattifc^en 
SBerted ber ßtipotl^efe, fte bringt neue Sbeen, mitl^in @)uted. 93om Uebel 
bogegen ift 8}erimeif{ung an ben begel^rten ©tttern, @(^am über b5fe 

»•«) Elcni. physiol. V, 576. 

'^) ifOmneii' hi gtimali in aoico demuni nniantar, felicitatis nenip« nostrue 
diaederio, sive amore proprio, qai omnium seoBattonnm finia, pt actionnm foutieat.'^ 
£]em. phyaiol. V,' 579. 



im tlaxta boiübtt; benn bie Sit unb 3Bei)e, nie ba feine ®»tt gu brn 
aufgtftKic^eitoi Qpmtn itffo. ^bfen ge^t, nmin fit tine baoon fud)t, unb 
totniatü baotSge btS @puteniulammen&angee (bti 3bfena[iottation] auf 
eine oeimtintlid) Migeffene gebrai^t mtib, ninnnt rinem fafi an bie iBor= 
ftcHuns bon einem bomimcnlus, btr im @t(int {\^t. Sonnet mib Sötte 
(oben i^n ba entfc^ieben ein menig Deimirrt.'*") ^aüa brauct)t füi feine 
^nfi^t ein febi onft^auItdieS Sitb: .Unfei ©e^tm ift bei Stfa^tung 
getnS^ riiE unge^euK Sibliot^t, in rotiäfit 3t><^ ufb ^Silbei, a(eid|> 
jam atS 99&(^, na<6 i^ien klaffen unb Setmanbtf^aften aufgefteQt ftnb. 
3)0^ eS i|t im ®ebini rtoä) me^t alt in einer 9?ibtiot^et bor^nben; 
benn in bitfei finb bie SSÜ^tr buii^ Irin 93anb unter rinanbti Deibunbtn, 
btngegen fte^en bie Spuren bec S^ättn unb Silbn in einem 3ufommai' 
^ange, unb obgtri(^ mir baS nii^t begmfen lönnen, |o finb fie bemtod> 
untei ft(^ beigepalt Uetbunben, ba& bit (Erinnerung befl einen bai anbrce 
na4 fu^ iKli-"") St ia|t es bonn (e^ten SnbeS hoät ba^ingefteQt, 
ob bie Spuren bon ftibft obn burd) bie ©tele itiiebemmat^en. Snotomifi^ 
tonn bieft Slfociatton nidtt ertfStt neiben, ebenfo tigentlii^ au(^ niqt 
genau bie SofalifatiDn ber Spuren, mobern gefagt mril ein Seitnero eine» 
unb beSfetben Sinnes ouS onäftelten Suijetn entfpringenb nic^t not' 
tpenbig nur ju rinrr einzigen 9it oon Smpfinbung geeignet ju fein brautet. 

Sie 3betn btgm. iSoiftetlungen (unb Smpfinbungen) finb aber nidit 
nur bttlii^ unb in^oltlit^ oeibunben, fonbent auc^ jeitti^' 3been, rcetc^e 
gu einerlei Qtil entflanbni finb, bringen ftt^ nediftlfritig raieber inS @e- 
bSi^tniS. SuS ber faft burc^göngigen Sntnüpfung ber 3been entfielt 
btm ÜRenfi^en nun bei giofte Soiteil, ficE) ein gangeS Sqftem bon 99e=- 
griffen, bit rine einjige Xotalibte au8ma(^, in feinem gongen Umfang 
ins ©tbäc^tniS rufen ju »nnen."*) 3ebo(^ befiel bie Stete an^ ba» 
9)ennögen, Singe mit tinonbei gu bereinigen, nelc^ natürlic^erraeife niift 
betbunben finb. — donbillac l^atte gemrint, baS ®ebäd|tnis befiolte immer 
bie <£tnbrfic(e in bei Oriinung, n>ie fie bon au^n cntflanben finb, unb 
biefe Orbnung mai^e i^re Sietbinbung auS. — %u3 jener bertnüpfenben, 
bas 9iebenrinanbeiltegenbe unb @egenfög(i(f|e jur ISinl^eit bringenben X^S* 
tigteit ftblitgt $aQer, mon milffe auf eine rein ntei^anifdie SitlSrung 
biefer Borgänge betäiifiten."') 

Sol^ei tommt eS nun, ba% bie Spuren, mic bit Scfa^iung [e^tt, 
ieifroeife beib(affen. berf^minben, mitber auftaudien? 

3unäi^ft muffen mir un9 roieber erinnern, bog uii unter Spur uns 
out „eine unbtlannte auf baS @e^itn gemalte Operation" benttn bfirfen. 
Ss ftnb aber immer materielle Uifac^en, .törpeitit^e b. ^. ^t^irnooigänge. 



'**} ttonndfastt]. %.: „Noub dlrans qua raniereprodait l«»id^ wnHibl««, 
Unt6t ea donna&t aoi fibrea le moavement fm'txige Tid^e qn'elle v«ut nppcler, 
l*oti)t en Temnant l'eap^ce de fibre oppropriie s c«tte idue," Esa. de psych., p, Tti. 

'") Elem. phyiid. t, M4. tr ^ , r 

"•) id. V, MS. 

"') nQoKr« de eipoeitione mechanicft deipero, in pbRenomeDomm TeriUlfr 
•«nnw." Eiern, phyiiol. V, W7. 



!■ 



I i 



t 



r 

1! 



■-46- 

»enn hai ®tha^tm^ 66510. bie @)>uren roteber t^erfcftminben, „g(et(!^fQm 
in und einfc^Iafen." SEBeiben biefe gel^oben, {0 fteHen fi(^,rote mir fd^on 
i^emommen, bie ©puren oieber ein, bie 3been »erben mieber (ebenbig. 
„(Sm fernere ^(rnmunbe nimmt ju^etten," fagt Roller in ben Briefen 
gegen SoUaire, „ffir eine longe 3eit ben ®ebrou(!^ ber SBernunft meg, 
biefe SBernunft fömmt aber be^ einem il&Aliäftn (Erfolge mieber, nnb bie 
@ee(e, bie bad ®ebfi(6tnüg bed Sergongenen oerlo^ren l^atte, erl^alt eS 
ani^ iurfl(I. 2)ieier Serfuc^ leitet bo^in^ bo| au(^ noc^ fd^meren 93er* 
(e^ungen, nac^ ber S^i^^ung bed @e]^imd, bie @ee(e burc^ bie SBieber* 
ttereinigung ber Xeile, oieOeic^t and) o^ne biefelbe, blog burd^ ben SBiQen 
(Botted bod Qkbad^tnfig unb bie ^erfönlic^feit tolAtt nffatttn fann: benn 
tote bie aRi(d) ber Butter unb i^r 93(ut mit einem faft unmertbaren 
urft^rüngli^en iteime fic^ oeretnigen unb mein merben, unb bad SBerfjeug 
meiner Sm)iftnbungen, ber @i^ metned ©ebäc^tnflH l^ot merben f&nnen, 
fp lei^t tann aucft tänftig eine onbere SRaterie mieberum bo9 SBerfjeug 
meiner ®eele fe^n. Unfer ®t^m oer&nbert fid^ mie aDe anbem feften 
Steile unferd Seibed beft&nbig, unb in einem SRann oon feci^^jig Salären 
t{l tKrmutIi(6 nid^td mel^r oon bem SRarfe oorl^anben, bdd in feinem 
jd^nten ber ©i^ ber Smp^nbung unb bed bemegenben SBiQend mar." 
„^ber unfere @eele bleibt eine unberänberte $erfon be^ bem abmed^feln« 
ben (Skl^ime, unb erinnert fic^ mit oonfommener SBemugtl^eit bedjenigen, 
nmd in il^rer ftinbl^eit burd^ bie @inne in bad Qkl^im getommen ift.'' ^^^) 
mller berfil^rt ^ier in ber Sll^at ein fd^mieriged pfqc^ologiid^ed $rob(em. 
fntereffant ift nebenbei bie SBemertung, „oieHei^t b(o| burd^ ben 
SSiOen ©ottei»" tonne boS (BebSc^tnid reftauriert werben, b. 1^. er \ia\xii 
jdbfl ni(6t baran. ffiid^tig oor ollem ober ift bie gfrage, mie fann tro^ 
be9 Stoff mec^feld ftdl^ eine Sugenbfenfation ind l^o^e Stlter l^inüberretten? 
^oQer beutet bieje Zl^otfac^e ju gunften ber Unüeronberli^teit ber im^ 
moterteQen @ee(e avi%, ol^ne ju bd)enfen, bo^ er eben oorl^er jugegeben, 
€9 feien ou^fd^Iteglid^ moterieDe S3ebingungen , ouf benen eine geiftige 
Xl^Stigfeit berul^e. ^eutjutoge beontmorten mir bie @ac^e fo, bog mir 
fagen, im @toffme(^fe( erl^alte fid^ bie f^rm unb nic^t nur bie uriprüng^ 
Itd^^ fonbem felbft bie angebilbfte f^orm ftelle ft(( in biefem $rojeg bt§ 
jn einem gemiffen 9Ra|e immer mid)er ^er. Roller nimmt an, bog im 
! allgemeinen oDe ©puren mit bem Stiter oerbloffen, io „ed mürben in 

i . allen SDtenfd^en oQe ©puren oerfc^minben, menn bad l^o^e V(ter meit 

genug l^inaulgefe^t mare." ^^') SHe SSergegßc^teit be§ ©retfenalterd analog 

'^^ Briefe fi6er einige nod^ UbetCbtn ^reigeifler, (citiert aK ,^9nefe gegen 
«oUdre") 2. «ufC. »em 1778. Xeil I, S. 161, 162. 

^^') „Deoiqne omnia (vestigia) nallum non mortalem desererent, si senium 
Mtis longe protraheretar.'' Eiern, physiol. V, p. 550. 3^^^^ ^^^ ^^ 'd* ^V*, p. 316 
gefagt: ^Eae (impressiooes) in eoaem cerebro conservantnr, nt omnino qninqaa- 
ginta et centnni annis, si ad eam aetatem homo snpervixerit, vividae et limpidae 
mpennnt." ^eräBiberfpnid^ ift m(^t ju erftören. gf^- ®<9i^^^^ §^tbieftonfecotentng 
ber 6puren bei ^Uer getdbe(t unb offenbar itberfe^en, ba| biefer fe(b|l ntc^t im 
steinen baruber war. »ergl. ^?§ilofop5ie ber ^J^fiologie" 1779. (gemer 
'• IXeberneg, Sd^iOer atö ^ißorirer unb ^^i(ofop§. 1884, @. 59 f.) 



■ r 






S)omit l^aben roir ^allerd ^iQc^oIogte tut mefentttcften ecfc^öpft. 2Bte 
ioiebec^o(t ^ert)orge^oben mürbe, f)at fte eine fe^t ftarte Xenben} ju einem 
b^nomiftifc^en 3)^atenali9mud. SBenn fte auc^ unt)er(ennbac die(fo^ frembe 
®ebanfen oufroeidt, fo ift fte bo^ in einzelnen fünften burdjaud oiigineU, 
{o tiot allem in bec ©purentl^eorie, meniget in bec bed 9tert)enfluibum§. 
Som beften tft bet flore unb einleu(!btenbe (SinmanS gegen bie Unjuläng^ 
(ic^tett einer rein materioliRifc^n (Erft&rung ber pf^^tfc^en @ejcbe^nifie. 
Sorum mtcb mon fagett fönnen, Roller fei eigentlich boc^ ein Sualift. 
SBir geben ba9 oud^ ^u, ieboc^ nur infofem, a(9 bie naiti buolißiic^en 
<9ebonfen, bie ftcb l^in unb mieber ftnben^ bei i^m bod^ mefentltc^ ber 
Xrabition il^re (E(tften2 Derbanfen unb tior allem aber bem Umftonbe, baft 
^aller in atflcfftd)t auf bad prafttfc^e Sebett bejm. bie 9RoroI unb St^it 
ben alten metapl^^ftfc^en 83egriff ber @eele beibcl^alten möchte; ber 3Ra< 
teriolii^mud tennt nur ein SDtüffen unb fein @oOen, eine Stl^il giebt ed gar 
nic^t fttr il^n, er tennt leinen SBiQen. 8Ba9 ber 9Renf4 tl^ut, gefc^iel^t 
uottpenbig. — @o anfechtbar audb biefe ftonfequenjen etma tiom moberneit 
€tanb)>untte ml erfc^einen tSnnten, befonberi^ feitbem Sänge fein Jtapitel 
über ^ben etl^ifc^en 9RateriaIi9mu9 unb bie Sleligion" gef(6ricben, fo muffen 
toir bo(^ nic^t tiergeffen, ba| ^aller bamaU allen ®runb bntte, unter 
Materialismus bad rf^of^en nad) finnlidbcn ©enüffen" ju derftel^en; benn 
ber (Srifeinb ^allerd — Samettrie — mar SRateriaüft unb ber SSerfajfer 
ber „Art de joair.^ ^aUer felbft ift ed ja amib, ber ade unfere Zl^ätig^ 
feiten auf ben ISgoidmud iurfldsufü^ren fc^eint, fogar bie Steligion unb 
bie ffiiffenfc^aft. 93ei tl^m ift ei^ aber foiufagen ein l^ö^erer, „gebtibeter 
<£goidmu8/ unb ba| biefer ein orbnenbed ^riniip ber ®efelljc^aft ift, 
baran jmeifelt ^eute niemanb me^r. SBenn ed il^n freiließ boc^ fe^r 
fttt^ig maii^t, ba^ ein 9legu{u9 in bie @efangenfc^ft jurfidfe^ren fonnte, 
trotfbem er fein Snbe banitt mit $Bemu|tfein befdbfeunigte, bamit alfo ben 
<3runbtrieb ber Selbfterl^altung tierleugnete, fo ift ba9, toenn aUe ^anb« 
lungen bo^ auf (SgoiSmuS, b. \ auf bem Streben nac^ Suft berufen, 
ttur auf ienen ]^5^ern (Sgoidmu^ jurttd^uffll^ren, ber 5. 93. mie l^ter in ber 
Siebe ju einem fo5ia{en @ebt(be, in ber SBertfcbä^ung eined gel^altenen 
SBorted, in ber abgejuiungenen Vc^tung be9 fjfeinbed 3c. ein @(äddgefäb( 
empftnbet baS etientueQ fo ftart fein tann, ba^ e§ fettft ben p^9)ifc^en 
@c^mer5 ju paraltifteren dermag. 

3d^oc^ mir moDen ben etl^ifc^en %nftc6ten ^allerd ni(!bt tiorgreifett 
unb und no(^ einer lurj^en Unterfuc^ung ber l^tftorifii^en iRac^mirtung 
wvl fiaderS $J9cboIogte {umenben. 

. ^erber, ber mit ^aOer bie ^tuffaffung tion ber Unerfennbarfeit ber 
9latur teilte, fannte fel^r mol^I bie $^qfto(ogie fetned S^itgenoffen. SBir 
Ratten e9 barum nic^t für tiödig o\\^ ber fiuft gegriffen, menn ^erber 
bie @eele a(d ftraft erf(ärte mit ben äBorten, fte tier^alte ft(^ jum Seib, 

100 ed (ei(t: „9Ran(f)e 9Rcnfd^en {c^tafen mit bem größeren XvX bed Qk^trnd fo 
fe|l unb wachen gtetd^jetttg mit einigen erregten 3eUengnippen fo energifc^, ba§ bie 
ZraumoocfteUung im @tanbe ift, Deroegung^reftej^e gewohnter, menn au(^ in igrcm 
3ie( meift unfinntger %xi au€|ulöfen." 



i 



> , 



ij 

i ■- 
f ■. 



^ 68 — / . 

mie hat Ocgon 5er itraft. 5Comit foD nic^t gefogt (ein, bag biefe 9n« 
. ft^t nur eine SSfttetbilbung m)n ^oQeci^ ©rutibanf^auung gemeien fei. 
®ett boüon entfcmt! Slber jjebenfauS fönnie i^n ^oHet nur beftörft l^aim 
' ^m feiner auffajfing. 

&ani Ilar tft bie Stocfemirtung bei bem jugenblic^en Sc^iQer. 5Cie 
Sinflüffe oon geller als Sicibter ouf tl^n tann unS ^ier natfirlic^ nid^t 
tnteref^eren. Sä'iKer l^at in feinen )>^i{ofo)>]^if(!^*mebiitnif4en Sifferto» 
tionen 5. JB. in ba Äb^ünblung öon 1779 ^^^ilofopl^ie ber ?ß]^t|ftoIoflie" 
ntanc^tei ouS ^sOerS )>^9fu)Iogif(^er $ft|(i^o(ogie ^eräbergenommeh, fpe« 
> . iieD bie SJeroecfkibamdtl^eorie. SBaS bie @purent^eorie betrifft, fo nimmt 

et in mefentlicber lldereinfUmmung mit ^aller ^matericDe Sbeen bei» 
Senforgond ober ber ^l^antafte" on, bie twn ben materiellen Sbeen ber 
Senfation erjeugt merben. Unb bie9 g(etd^fall8 mie Roller unbefcfaabet 
ber be^upteten Selb{]tänbigfeit ber immateriellen @ee{e! SBod i^n ftörte^ 
..V f - mar oor allem bie Slotmenbtgteit ber Slnnal^me einer Srl^attuttg jener 
-' : vesügia im SSdjfef ber materiellen ffleftanbteile ber SReroen. 5Diefcr 

(Stnmurf ifi }ebr^ ni^t ftic^l^attig, inbem, mie mir fc^on auSeinonber« 

gefegt ^aben, im Stoffmed^fel bie gorm ftc^ erl^ält. Uebrigen« mar ja 

oitd) ^tltt nid): ganj im Stiaren barin. 

.■ . Seife Änflönae an ßaÜerS Sjjurenll^eorie finben mir aud^ no(^ in 

/ ; : - «arl C^rift. Simibii ,ttm|)irifc^er ^f^c^ologie" (Sena 1791). «u* 

I. .. - ^. leten» fpric^t con ^Spuren/ p^ne fitft ju entfc^eiben, ob fie in ber 

|i ©eete ober im imrem Organ ju fud^en mären, fidier nur in bem SBefen, 

1 ; , . meines fül^let. "*'*•) Cr ge^t aber mefentlicft auf Sonnet jurüd, bei bem 

; . ; . ia bie ©purent^ne boc^ einen etmaS anbcrn S^aratter o(§ bei Rätter 

" l^t, obfc^on beibe ^^lob^namiften ftnb. 

Sie fielet el nun aber mit ® enele, in beffen ^f^c^otoftie bie „©pur," 
- ' :; ; bad yestigium, rine fo gro§e Äolle fpielt? 3fi ^ier ein Sinflufe ^aÜerS 
: ^ . nad^meidbar? Uni fc^eint ed jmeifet^aft. 

: Senefe nimmt mie ^aller eine unbemufete Sortesifieuj öon ftc^ er* 

|ia(tenben ©puren an. 9lä^e8 über berrn SJefen meils er auc6 nic^t ju 

V \ fagen mie ^aßer. 8on ben ©puren miffwi mir nur burc^ bie JRepro* 

- bttftion bertelben, b. ^. burd^ bie Srinnerung^üorfiedungen. Unter ©pur 

mßel^t er naiver ia§, „tocA jmtfcften ber ^robuttion einer ©eetent^ätig* 

•'{i fdt, j. ®. einer pnnlid^en SBal^mel^mung unb il^rer SReprobultion, j. JB. 

. aö (Srinnerung, in ber SKitte liegt." (Sine beftimmte fiofaüfation für 
biefe ©puren giert zi alfo nic^t. . SJarin untcrfc^eibet fic^ mitl^in Senefe 
mefentlic^ oon ^aCer; bei jenem finb bie ©puren an teiu (eib(idE)e3 Organ 
geinfipft; bei ^a2zt finb fie menigftenS eine unbetannte auf ba§ ©el^iru 
gemalte Operatbit^ mitl^in an ein (eiblic^e» Organ gefnüpft. „^er 
^pauptfatf ber bcnetqc^en ^f^d^otogie" ift, mie Uebermeg fagt, «bie ftröfte 
ober Vermögen btz auSgebitbeten @ee(e befleißen auS ben ©puren ber 
früher enegten ©^bitbe." ®anj Hör mirb man, mie un§ frfieint, nid^t. 



■ » 



r. 



t 



tl 



I r 
t 



i t 



1» 






^ Xettns, ^(^c(of. ScrfiK^e u6er bie menfc^itc^e 'Statur unb i()re ^nttoicfc- 
(ung. 1777. II, 155, -221, 243. / 



— 51 — : 

anbere Strafte bcflimnifii [a\)tn. 3ft aber bte KufmetlfamWt «nftei, bann 
ifl ti aüäi icbe Dcr^lddjcnbc 3ceInU^ati^teit, wäl fie unter bem (Etnftufi 
bd fttt«ntio ^^t. Sas gtcbt ^adn jt^t auc^ biS ju einem gemiffeR 
Srabe ju, inbent er eittäit, bei ®iab ber Kufmeilfamleit \t\ abfiängig 
tnn ben iemciligen äu^em (Einffaffen auf unfern Organismus unb ®tRneS° 
opparat »fi^nnb bei SnilopnattDn. ,S)a^ ifl bie ÜRorgen^unbe ben 
Sti^ierenben gQnf^iQ, unb bie IDit^tn begeben ^6) in Kälber, näm(i6 
in bie Sinfamteit, no fre Don leinen frembeH Objetten geftört meiben." ""*) 
Slmmer^in tonnte er 6ier bacouf ^inmeifen, bag mir e9 relatiu frei in 
unfeier 3RacE|t Ratten, jene jtöintben Sinbrüdt ju meiben ober ni^t. 
3nfcitf{ant ift bie SBemertung, bag genbe infolge eines gefleigecten Aon= 
jentiienm^wcniBgenS gro^ (Seiner, nie Rotten unb Sntbnter, äfterS 
von ntelan^Dltfi^em @eiße feien, mie eS g. 9. Zaffo, $u9gen2, ©roont' 
meriiom lt. genefen. Ob er babei nit^t aui^ an fu^ gebadit ^at? — 
%tä einem ^o^n ®iabe Don llufmeiffamteit unb aus Dieter SitenntniS 
tieftest nun bie UrtcÜSlraft, bat „iadiciam." @ie De[f%t [angfam 
unb f^raer, eben meil i^ie beiben i^idtoten ^art potenjieit {\nh. S^re 
t^hion i^ M Unteifc^iben oon 3bten, ober nenn nie fo noRen, baS 
gertegen, ba< Snal^fieren. 3m ®egen{a$ bagu fhl)t baS „ing:eaiam,'' 
baS @(^[u|tKrmöBen ober, um ben bamals üblichen unb bei ßaUer ^äu* 
figtn ^uSbrud ju gebrauten, ber SS ift. £aS iudlcium be^ö^rt tang< 
iam, baS ingeniom aber lafc^. %uc^ Sode ^atte eine ä^nlii^ Unter* 
ji^ung gemacht gnifc^n „iadgement" unb „wit," jenes ift bie fi^arfe 
Unterfi^ung, baS Urteil, biefeS bie fc^neOe fpietenbe Sergleidiung, bec 
SBi^"') SRit bem iadicium i{> bei $(JIer baS @en'ecaIifation8Deimögen 
in uns angebeutrt, netdieS über ^unbert ®(ieber beS logifi^en @(!^{u|< 
Deifa^renS ^inuegfpnngt birelt jum Stjiom. 3)er Snblid einet foQenben 
KpfelS fahrte Snemton jur Sntbedung beS @iaBitationSgefe^. ^oOei 
unterfi^eibet uon biefem |ö^n W\% noc^ ben gemö^nlicben, ulfo etna baS, 
ioaS bei (^njole „eapiit" nennt, liefen fdjieibt er nefentlic^ bem @üb° 
.läuber JU. 3)a8 ingeninm ^ängt ab, mie unS Kar nid) aui btm {Jrii^etR, 
Don ber iBefc^affen^ett beS flüiperS, ja $aDei ge^t nD(^ neitet unb gi^t 
au^ ci^e geniffe Sb^öngigttit Don tlimatifc^'geografi^ifi^n $er{)ä(tniften 
JU, inbem ei j. 99. glaubt, bie äSürme tfait einen geniffen Sinßuti. 3e' 
bo<^ [e^nt n bie SJiititut^eorie unb @taotS))'^i(ofop^ie, nie fte äRonteS* 
quien barauS entnidelte, lutt^auS ab.^'^') Vut^ ^mifc^ Subftanjen, 
mie ber SSein, MimSgen ben 9Bi( ju föibent, ebenfo etna ein mäßiges 
^Atx, ,neI4eS mii fe(bft niberfa^ien ift, ia% ti mir fe^i (ei^t nurbe, 
^erfe auSiuf^ütttn" (ut facillime vei-sus funderem). '^''} XiaS „in* 
geniam" ^ftngt alfo aud) Don bei gröBem Slutjufu^r inS ®e^im ab. 



■••) Eleu, bhvsiol. V, 555, 

"') sotft, Ew. n, eh. ir, S 23. 

"*) e«s<- $•<> Her, Xogebu« I, 103. Xiiil|d6c in ben Q»tt. gtl. Knj. 17&3. 

'••) BlBm. phj«ior. V, &68. — !Cal taoAtn renos im Sieb« bejiett (i<ft 
auf biejDKt 3>i41ungcn: „(Sebanlen üb« Semunft Xbtrgiduben unb Unglauben" 172» 
anb „Sie gal[(66cit bei nKit(0ti*m lufltnben." 1780. 



f 



♦ « 



— 52 — 

SBtc l^oben bt8 je^t immer toteber i^t^tn, mie legten Snbed oOfe 
geiftigen tJfuntttonen burc^ tört^erKc^e bebtng^t macen. 8Bie abec (ögt ftd) 
boS Mftcattion20erm5gen, tute (äffen fi^ bte allgemeinen ^Begriffe baraud 
eiKSren? ©ie fci^einen ftd^ ja g&njKc^ jeber materieDen ®^ur entf (flogen 
2tt (aben. 9}etn, enoibert ^oller^ ouc^ fie finb geneatogtjt^ üoOiftänbtg 
mit ben einfad^ften Senfattonen t)erfnfi))ft @ie finb eine ^olge beS bucd^ 
fottmSl^ienbe Uebung gefd^utten S)enfa|)^orated. 9Sir geben ben einzelnen 
Singen 9tamen. Sbnxdf ben l^oufigen Sptac^gebrouc^ ))rSgen fic^ biefe 
„signa^ uns oQm&I^Uc^ ein, unb bte ®ee(e gemö^nt ^xd) aQm&l^ltd^ botan, 
ba6 fit bIo| bnr^ B^it^n benlt.^®^) S)a9 eigentliche flbfüral^ieren be^ 

'■ {k|t nun barin, bad üielen Sbeen ©emeinfame ju fommetn unb ju orbnen, 

■^ unb fo entftel^en bie „notiones generaleB.^ @ie finb ein SBerf ber 
®eele, aber bod SRoterial baju bilben bie einzelnen @enfotionen. d^ 
gtebt mitbin feine reine Vernunft, »rfc^ a priori, unabb&ngig don aDer 
«rf ol^ning erbnnt, urteilt, benn bie Seele tritt ja ühttffaupt eift in 
§unttion, uiemi bie @enfationen t^ermittelft be9 @innedapporoteS {te auS 

: ^rer Sotenj ^ert^orsieben. Roller i{i @egner tion Socfe unb »irft il^m 
WC, er %abt unridbtigermeife bo9 9tad^benten (reflexion) oon ben Sinnen 
(sensatioD) oll» einer Ouelle aller ^Begriffe getrennt, bad dtocbbenlen fei 
fdbft in frinen anfangen nidbti^ ate Sm)>^nbung. „tiefer onfcbeinenb 
Heine ^t^ltt** f^aU Sode in ber Ofolge »eit tiom rid^tigen äBege abgc« 
fftl^rt.^®'^) @(bon SonbiClac b^tte f am tliiibe pf9<btf^cn f^unttionen genetifcb ^ 
jn begreifen gefucbt, inbem er fie ato „Sensation transfoimöe,^ aU 1 
Umbilbung ber ©innedmal^mebmung ertfärte. ^^*) Sbenfo b^tte auc^ * 

• Sonnet fd^on aucb bie l^öddften Sbeen auf „einen fel^r lörperlidben Ur* 
ftnmng" iurfidgefübrt.^^^) @i^ fcbrint, bag ^oder t)on bitfen beiben fraii« 
iftftf(ben @enfua(i{iten beeinf(u|t mürbe, angeborene 3been ab^ufe^nen. 
%M tLbftraltiondoermSgen ift aber nur bem 9Renf(ben eigen. ^^^) 



~-" . ^ «Et ita adsaevit anima signis ati, nt mera per signa cogitat.' Elem^ 

! - pliviioL V, Ö61. 

; , " - - '•*) «ergl. Xagefeu* II, 193. a)a«fel6e in ®m. gel. «nj. 1756, S. 1317. 

i' ' '*••) ^Qerd Stecenfton 6ejw. Sludjug »on Sonbiltacö „traiti des sensations'' 

, ♦' . v' - . Pip^ Wtt. gel. «ns. 1766, @. 1071, 1163 ober XagebudJ I, 125—183. 

^} ' . - ". V " " *•') Sergl. Sonnet: „Cc n'c«t qn'avec le secours de sens qae Tarne acqaiert 

:' ! ;..' ,; de» id^es, et celies qai semblent les plas spirituelles nVn ont pas moins 

, ' ' , QDe origine tres co'rporelle.^ Ess. de psychol, p. 1. 

. . . *••) Elem. physiol. V, p. 562; — 35en Sieren fpri^t ft. au4 „^Begriffe" ju. 

I - „6ie oerg(ei(^en biefelben miteinanber, fie urteilen, fie erinnern ftdj. ä)ie Xiere 

' ~ . knien; fte erwerben bad iSermdgen, i§rc 9{a^rung f eiber ju fuc^en unb ftct iu oer^ 

ieibigen. 6te ^aben fogar aRobelle in i^rer Stnbtlbung; nie tonnten fonfi bie Sögel 

' i^re 9lefler, bie Siber i§re glitten bauen? @d ift xoaf^t, fte ftnb in einem engen 

Ureift eingefc^loffen, aud »eifern fie nic^t ^eroudtreten. @ie tonnen einanber gar 

»entge Segriffe mitteilen. 9(uc4 bie SRenfc^en würben o^ne @pra(^e unb 3^<4<n 

ärer Qegriffe bei gar wenigen Segriffen bleiben, ^ie triebe (^nftinfte) ftnb nur 
nfa^e «rfenntniffe, unb bie Semunft ein weitgebra^ted DoIItommened Sermdgen. 
^ie 2iere mad^en gar feiten Hbfiraftioncn, fie f^abtn wenige affgemeine Segriffiv 
dDed tfi ein Snbioibuum für fie." Sergl. mtt gel. 9(ng. 1756, 6. 1316. Xadfelbe 
Xagebuc^ II, 164. 



• . « • 

' ■> T 



* 



Sd^n me^rmatd mürbe angebeutet, mie qu8 ber Vmtal^me eined 
1)Quetnben SBed^felS Don ®e]^imntobift(ationen ftc^ bie gcage erge6e: SEBad 
tft »al^c? SBod ift jene» ^^tmme(9ttnb'' mit ^bem fteg^aften ©c^aU/ 
baS ber iunge ^Ctd^ier ge)>ctefen? 

ipSBal^cl^tt nennen mir," fagt ^atler, ,,menn unfre Sbeen mit ben 
S)ingen felbft äbereinftimmen, au8 beren SorfteQnna fte entftanben finb. 
23ir inen, menn unfre 3been üon ben ©ad^en felbft üerf (Rieben finb." 
3)amtt bemegt ft(!^ ^aQei auf gelaufigem SBoben. 9toc^ bem ftriterium 
ber äßal^cl^ett fragt er nic^t. (Sr begnügt ftd^ bamtt, borauf l^injumeifen, 
ba| mir bei einfachen Sbeen, primären Öualitaten, feltener irren; am 
meiflen feilten mir bei dnbuttionSfd^Iflffen, met( mir Don menig SBefanntem 
auf bad (Sanje fd^Iiegen. 5Cartn befielet baS (Sefäl^rKd^e ber ^^potl^efen, 
meiere er aber, mie mir miffen, burd^au^ ntd^t wx% ber 9Be(t gefdiafft 
^aben möd^te. 2)a9 3rren l^at auc^ feine pj^^ftologifdben Urfac^en unb ift 
nid^t blog ein SDtangel an SSorftc^t unb Uebung. 9U8 (Sefunbe moüen 
mir irren, ate @e]^imtrante mttjfen mir irren. — 9Bie unfotratift!^ bad 
fßngt! S)ort l^ieg ed, niemanb fe^tt freimiQig, unb l^ier fel^lt total ber 
-©(aul^ baran, bag ber; me(c^er ba9 Wichtige meig, eS au(^ tl^ue.^^*) — 
^aOer' bringt eine f^tle Don SBeifpielen. „S>ie gar ju tebl^afte 9ltion 
im @k^ime ffil^rt burd^ Diele ®rabe Don einem bi^terifc^en ®enie bis 
jur Zotn^eit."^*'^) Zro^bem meint ^aQer, ed fei kleine gemi^e SBer« 
binbung" ^mifc^en ben Äranf^eiten ber ®ee{e unb benen bed ©el^imed ju 
entbeden, e^ fei eine X^atfac^e, baB bie @ee(e öfterd in ber größten 
@d^m&(^ bed £eibed, bie etma für} Dor bem Xobe eintrifft, auf eine be^ 
munbemdmerte äBeife mit groger Seb^aftigfeit benfe.^'^) Ss ift liic^t 
immer mal^r: mens sana in corpore sano unb ebenfomenig umgetel^rt. 
IDKtl^in ift, nac^ ^aQer, bad 8er$altni9 ber ffie^felmirtung ein burc^aui» 
, id^manlenbeS, inbem bie beiben @eiten gar nic^t immer jur felben 3^t 
entfprec^enbe ©tarlegrabe aufmeifen. 5Cer ftarfe (Seift ift nic^t notmenbig 
an einen organifc^ ebenfo entmidelten ftörper gebunben, unb umgetel^rt 
bebingt ein ßarler gejunber Seib nic^t notmenbig einen entfptec^enben ®eift. 

9lirgenb9 tommt ^aQerS te{eoIogif4ie 92aturbetra(^tung fo beutlid^ 
itt Zage a(8 in feinen (e^ten p^^ftotogifc^'pf^c^oloaifc^en (Erörterungen 
über ben ffiiKen unb bie Vffette. 9ßa8 er ju fagen meig, ifit, mie 
er fetbfi fagt, eine „jebermann befannte ©ac^." (Sd möge bal^er ge« 
nflgen, menn mit nur bad SBic^tigfte, mefenttid^ mit feinen eigenen SBorten, 
berttl^ren. Unter SBiDen Derftel^t er eine ,,ßanbtung ber @ee(e. Der* 
m&ge metc^ fte i^ren B^ftanb einem anbem Buftnnbe Dorsiel^t.^'^) „®ut 
ifi oaSjeniae, maS mir bei unS ju fein, übet, mad mir abmefenb Don 
uns mflnfqen. ©einen SBiDen tonnten mir alfo aU ben SB t Ken ^um 
<8lUcf bejeid^nen. %X% fold^er l^angt er entfc^ieben {ufammen mit jener 

*^ 8ergl. Elem. pLyaiol. V, 578. 
»•^ Elem. phywol. V, 664 ff. 

***) Xuf.biefem $un!t ^atte auc( ber Gegner Samettrte'd-— 'XraKed — auf« 
-mer!fam gemalt In bem ^uc^e: homo machina, p. 218. 
»") Eiern, pbysiol.. V, 574. 



r 

* 



54 — 



t ^ 



i 

J 



4 • < 



' \ 



' ■ 



1 



r 1 




• «4m;-i 



attentio, bon bn ßoncr grfagt l^atte, ba6 il^re audjd^tieglic^e SSefc^af^ 
ti^ung mit einer Soee eben „auf bem nähern Bufamntenl^Qng biefec 3bee 
mit unferec Olttcffeligfeit" berul^e. S)arum l^ongt bec SBille fe{6{hd)enb 
»ieber mit ben riffelten ^ufammen, inbem er ben. Sffeft beS ©(i^merjed, 
bet Untufl in ben bec Suft umsumanbefn fuc^t. ^^tt ©(l^merj ift eine 
^ florfe (Em))finbung, ba| bie Seele t)eron(a6t toirb, biefelbe meit meg 
Mn fi^ mfinfc^en." dt l^at ober noc!^ eine tiefere ))]^qfto(ogtf(!^«mebi2i< 
ttifc^e SBebeutung. ,p@ott M und äRenfd^n in bem ©cftmer} einen treuen 
SB&^ter gegeben, „qni de cansa corporis destructrice moDeat.*^ ^er 
^^meri al\o jeigt und ben tränten Suftanb irgenb eines jtörpecteiied an, 
bamit mir ntii^t unmiffenb ju (Brunbe geben, üielmel^r borouf bebad^t ftnb, 
btefe (Befolg abiumenoen mit $Ufe ber !D2itte(, bie und bie Srfo^tung^ 
0(9 bo^tt smedmögige tennen (eftt. S>ad i{i bie Xeleofogte bed ©d^merjed^ 
ber Vinlvi% ber jlarten {^tfen^biUtfit, bed ^ungerd, bed S)ur^ed zc. — 
\,S>ie Sufi Vit berjenige ftör))er^uftonb, ben man ftcb münfti^t.'' 2)ie ^Htto^n^ 
bemegung ifl babei eine fanftere im aQgemeinen als bei ben ©c^mer}« 
em))finbungen. 3ebo(^ tSnnen mir boc^ nic^t beflimmen, marum und bie 
Ofotben eined StegenbogenS fi:^ön bunten, marum und gemiffe Zone, bie 
anfeinanberfolgen, angenehm finb, marum und ber ®eru$ ber Stofe beffer 
ald ber ber $ejfe( iwrtommf ') 8u4 barf man nici^t fagen, bag ein: 
iged Suftgefübl ald SBegleiterfc^einung notmenbig fanftere dtert^en- 
l^aben mttffe. @o em)ifinben mir bei l^eigem SBetter ben tül^ten: 
3^Vic febr angenel^m, o^ne bedmegen befonberd enegt ju fein. Sei ber 
fepeOen SBobtlufit tonnen ganje (Blieber jittern ui^ in Jham^fjuiftanb 
geraten, unb bocb i{i und fonft alled anbere 3ittetn, ieber anbere Scram)if 
nid^td {[ngenel^med. Starte Suftgefiil^Ie bongen aucb gar ni^lt immer 
{ufammen mit ber @efunbbeit bed Seibed, mit ber ©elbfiterl^altung, inbem 

i\. fd. fafi aQe männlichen 3nfetten nadb ber ^Begattung ju ©runbe gelten,, 
elbfl äRenfcben fcbon baran geftorben ^nb. Sie aurea mediocritas ift 
alfo bem Aörper jutrSgtidb. S)ad Vergnügen, bie £uft bot otd tion (Sott 
pemotlten S^ed bie ©elbfterboltung unb ^ort))f{aniung. — %u(^ bie« 
lenigen Zriebe, bie ben SRenf^en t>om Ziere unterfc^eiben, mie „ßoffnung'' 
(„@runb{age ber Steligion"), bie „capido discendi nova^ (aucb ein^ 
jänen Zieren, mie j. 9. bem ^unbe eigen), ber „instinctus gloriae" 
Mreinigen ftdb legten (Enbed in bem einzigen Serlongen nac^ @lid ober 
in ber (Sioentiebe, melcbe ber Singong oller Sm)iftnbungen, ber Sudgong 
ofler fionolungen ifi.^**) 

@ut ift bem oHem nocb bie tör^erUd^e Suft unb, mod bie ©ee(e 
betrifft, bie Hoffnung eined tünftigen @uten, bie (Eb^e unb bie (Srtongung 
neuer Sbeen. Z)oraud ertfort ficb ou^ ^ollerd ^Betonung bed prottifdb^ 
SBerted ber ßpf^otbefe, fie bringt neue 3been, mitl^in @uted. Som Üebel 
bogegen ift 8}erimeif(ung an ben begel^rten (Sütern, @(bam über böfe 

»•«) Elcni. phvfiiol. V, 576. 

'^) »Omnen' hi stimali in nnico demoni nniantar, felicitatis nempe nostrue 
diaederio, sive amore proprio, qai omnium sengationam finis, Pt actionam foutiest.'^ 
£]em. physio]. V,' 579. 



— 56 — 



Saaten, unb „ha^ größte unter öden Ue(e(n, melc^ed nuc bie 2)etttf(i^en 
mit Siedet Sonsemeile nennen/ benn fie ift %Bmefen^eit gefälliger 3been. 
2)QrQud ergtebt ft(6 bad „ anlangen noc^ (SOtern" 0(8 eine „Serobfc^euung 
Dom Uebel.'''^^) Sd ift untoerfennbor, bag mir ^ier ein ©tfid ber (St^it 
Spifurd tn)r und l^oben, befonberd no^ bonn, menn Roller ber ))f9(^if(^en 
Suii üor ber p^^ftfc^en ben Sorjug giebt im (Segenfai etma ju fiemettrie, 
^elüetiud, wetc^ ]q, mie ed im @inn unb @eift bei ^Vtateriatidmud 
liegt, oOe fiuft ouf törperlic^e (Emt>finbungen jurfidffil^ren, fo bog, mie 
^oOer einmal nidbt ol^ne Sronie fogt, }. 93. boi» Urteil bei il^nen eigent« 
Ii(4 „nic^t§ anbered ali$ ein binominum üon jme^ ®ef filmten ifi." ''*) — 
3n einem SSiberfprudb V^^ SBiQen jum @(üc! flehen nun ober, mir 
mollen fogen, bie tonträren 9Roro(emt>finbungen. äSBir moKen ba§ eine 
t^un, meil bie Srfo^rung ttn§ bef(en S3ortei( geleiert l^at, t^un aber bad 
anbere, ba§ un§ augenblidlic^ Suftgeffl^Ie bringt mit unmittelbar nadb'* 
folgenber Unluft. ffiorauf bad beruht, ertlärt ^aDer nic^t, er fpridbt 
blog Mti einem angeborenen ^d^Ier. 

3u ben guten %ffeften, b. ^. benen ber £uft iSf^lt ^atfer ^cS^tic^« 
(eit, ßoffnungi^ Siebe; ju benen, me(c^ Un(u^geffl|(e ermeden, Xraurig'^ 
feit, Bd^x^fkn, ^xä)t, 3oni, @d)am, ältitleib, 93erimeif(ung. 3n bot 
(Erörterungen fiber ben fludbrud ber (Semütdbemegungen unb über bie 
pl^^fiologifd^en 93eg(eiterfd^einungen tommt ^atler ju ber fel^r beachtend« 
merten ^nfidbt, bag l^iuter ben Unlufigeffil^Ien ber f^urc^t eine munber« 
bare Zifid^t ftede. 2)ie @e(bfter]^a(tung, bie fonft überoD jutmrberft liege, 
tonne l^ier nidbt mit ber %udfc^(ie|(ic^teit eined 9Red)antdmud angenommen 
merben, üielmel^r glaube er, bag bie „Sbnal^me ber ftrafte, bie bei ber 
Ofurcftt eintrete, nidbt jur @elbfter^altung bed fic^ fürd^tenben Snbitoibuumd, 
{onbern ju beffen leichterer d^^nrng beftimmt" fei.^*^) Unter f^urc^t 
oerfie^t er. n&mßdb bie (Srmartung eines UebeU, mobei bad Unüer« 
mögen ifi, bad Uebel abiumenben. S)em @(ei4gemi(^te ber Xiermelt jum 
Se^en muffen frud^tbare Xiere ton meniger fruchtbaren aufgerieben merben, 
„folglich muffen fid) biejenigen nid^t ju (eidbt meieren fönnen, bie ein 
Opfer be§ StaubeS fein foUen/ 3)ie t^urc^t tn>i bem Angreifer beförbert 
ben @ieg bed Angreifers. 

3)a§ Sor^mfc^en eined Sffelted l^at einen bleibenben (Einf(u§ auf 
bie $l^9ftognomie, mei( SRudteln, bie einem gemiffen Affette jugeorbnet 
ftttb, burc^ ben l^äu^gen (Sebrauc^ fic^ ftStfer entmideln unb ftc^ fomit, 
menn mir genau mi^en, meldte Vorgänge einem Affett entfprec^en, auS 
bem Sntli^ eine gemiffe S^aratteriftit ^erauderfennen lägt. Xod ituttt 
^aQer gegen @to|( mieber auS, inbem er fagt, e8 fei alfo nic^t nötig, 
iu ber @eele a(§ 9)aumeifterin bie Buflud^t ju nehmen unb ju glauben, 
bag fie, menn fie einen Seib baue, ungefaßt i^reSg(eicben boue, bog fie . 






»••) Eiern. phyBiol. V, 579. «ergC. bie (ginletlimg. 

/^) „Cau8ae necetisitaH nuper Philosopho« reildidit subtile«, et e»t ex eonim 

re, nihil in oobis esse, nisi corporis adtribata.*" Eleni. phvsiol. V, 579. $era(. 

"•^) Eiern, physiol. V, 5«8. . V 



— 56 — 



I a(fo ein @eft(^t etneS untiernünftigen Zieret mobe(n mürbe, menn fte jelbec 



bumm mfire. SoOQtec*§ Serien (el^nt ^odec gtunbtic^ ob aü n>if)eu 
f(^oft(t(^ unhaltbar. 

9li(^t mel^c im Sugern 3ufontmen^ange ju ben bidl^erifien pfpc^o« 
{ogifc^en ftudeinanberfe^ungen bel^anbelt äader ben X r a u m , tro^bem 
biefec boc^ ein fiatt in bie Sreiie beS pf^c^ifc^en SebenS fadenbec Qn^ 
fhinb t{i. 9Ron l^äft j^mac audi ^eute no^ bie pfpc^op^^^ftic^en ^e« 
bingungen Don @c6Iaf, Xtaum unb ^^noje für mol^rfc^einlid^ mefentKc^ 
fiberetnfKmmenbe unb foniit ift ed Mk gerechtfertigt, roenu ^aÜer ein 
langed ftapitel fiber ben Schlaf Doraudfd^idtt. 92irgenbd beutlid^er aber 
aü l^iec berüdfK^tigt er bie fpe^ieQ p^^fiologifc^en 93eg(eiterf(^einungen, 
unb nirgenb§ i^eigt er fo t(ar bie innige Serfnüpfung ber pf^tj^ifc^ unb 
p^ftfc^en SBelt. Sd ift ganj^ befonberi» bie^99(u^uful^r ind ©el^irn, bie 
i^mfeit^ »ieber burc^ bie ftörpertoge, burcb Singemeibebemegungen :c. 
6d>tn^t x% toüdit ben Serlouf, ben ganjen S^arofter, gemtffermaBen bie 
OnalitSt unb Sntenfität ber Xraume beeinflußt. %ud ber ungleiifemägigeu 
Slutstt^tl^r müßte alfo nad) Roller auc^ bie ftunterbuntl^eit bef Xraum« 
lebenS im »efent(id^n ju ertlären fein. 

„^it meiflen Zräume/ fogt er, im @egenfa^ etwo ju SBunbt 
l^eiite, ^oben „i^ren Urfprung ton ben im @e^im aufgefangenen @pureu 
meiftenS bed optifd^en @inned/ finb a(fo aderbing^ meiftend ju ^aüw 
cinationen gefteigerte SrinnerungdDorftedungen. (Sd giebt \hoi) aud) 
Zroume, wobei fid) bie @ee(e il^rer felbft bemugt ift, urteitt, fdjließt. 
SS Mrliert atfo bod itffojiationdgefe^ {eine 99ebeutung für bie ^raum« 
gebilbe uid^t ganslic!^.^*^) 3m adgemeinen finb bie Spelte im Xraume 
parier aU im tiaä^, ebenfo ift baS Ser^altnid gmijd^en (Smpjinbung 
nnb Sorftedung ein ftärfified, b. 1^. ungleiti^ered. 2)ie geringern Steije, 
an(^ beS adgemeinen @inneS, treten ni(|t in bie Sorfledung ein, {oba(ö 
fte aber intenfitoer merben, ober bie @pur eined frfll^eren 9teiie9 roieber 
fei^r i,teb]|aft mirb," bann mirb „bie Siul^e ber ®ztlt** geftört unb biefe 
„mit @ema(t'' jur Sorftedung genötigt. SBie ^ader bei ben ®emütd- 
bemegungen be9 mac^n 3uftanbe8 andi ben ttudbrudt berfelben berüctftc^« 
[ ' . : '; ; tigte, fo tnupft er auc^ an bie Iraumaffef te eine Betrachtung ber äußern 

,! - J \^- - 'förperlid^en ^eränberungen. 3)er ©cfttafenbe mac^t oft jmeämnßige 8e- 

megungen. S)ie midturltc^e Semegung erHärt er fo : „S8 muß in einem 
Zeile bed ®e^irnd eine lebhafte Semegung oor fic6 ge^en, 
ma^renb ber übrige Xeil in Stulpe ift. Unb auf |o(c^e %rt muffen 
traft bed lebl^afien SBidend 99eroegungen erfo(gen, bie biefer ftraft unter- 
georbnet finb, mobei bennoc^ ber @c6(af fortbauern (ann. "'"**) 



* ■ .* - - 



< 



f . »»•) Elcm. phywol. V, 623 ff. 

■**) Eiern, physiol. V, 627. — &ani äOnüc^ ^atte Samettrie ben 3omnam> 
(ulidmud rrflärt: „Les somnarabules dormeot k la v«rit6 üarfaitement tUnn 
cerUines partie» du cerveau, tandis quMlH Hont ^veill^a daoM (vautrea ä la favaur 

. deaqaelies le sang et les eapriU, qui profttent dea paHaageR ouvarU» coulant au\ 
organea da moavement.'' SSei'g(. Oeuvrea philoHophiuaeA. 9(mfterbam ITiVH» I» 
6. 1.%. —.SergL au bem, wad Raffer fagt 9i»0/ U{ocr bin Zraum 1H78, 3. 4ft^ 



— 65 — 

SBtbctfianb, ben ed finbet. Seiner Xl^atigfeit Broucl^t feine toorouSjugel^en 
ober fiaroKel ju laufen, benn ed f(!^Iogt ou(^ im unempfinblic^en 9)?en)c^cn 
unb Ziere, e8 fci^Iogt, »enn gereist noc^ noc^ bem Zob.*'^) ,,9Benn nun 
after iemonb ^ca^en mollte, maruni bod ^erj fo üie( reijfiarer a(d bie 
onbem 9Ru8(e(n (e^, bem mürben mir/ fogt Roller, „f(^mer(id| antmorten 
ßnnen.""^) äSl^ptt glaubte, bie ^erjnert^en feien empfinb(ic^er a(d bie 
ber übrigen Organe. 9EBe((^ed ift ober bie Urfail^e baoon, fragt ^ader 
unb meint, ed muffe eben eine befonbere Anlage fein, ein leichteres S^eijungd^ 
Dermögen unb meUetc^t auc^ bie befonbere l^iegu geeignete @truftur bed 
^en§.*^^) S« ftel^t feft hcA Srgebni§, bog bie „SBerfaeuge bed SebenS" 
(unb gotu befonberd bod l^erj) rri^barer finb old bie, „bie Don bem 
SBiOen orangen."-**) „Suie lei(!^te Serü^rung ift bei benen, me((6e am 
meiflen reizbar ftnb, ]|in(ang(i(^, fie jnr 93emegung gu bringen." — tSfftftt 
|atte nun im i(nft^fu| on ©tal^I bie Z^rie aufgcfteOt, bog bie (£r< 
fc^einung ber ftontrattion barauf jurüd^ufül^ren. fei, bog bie @ee(e „etmoi» 
befc^mertidbed'' empftnbe unb nun, um btefer SSefc^merlidb^it (od ju merben, 
bie 9Ru9te(fafer tontrol^iere. 2)en Serbo(!^t, e3 fiede etma bo^inter eine 
teitbore Seele, b. 1^. SRaterialidmud, mied er aber f(!^arf iurüdt. Roller 
enoibert troden:''^) „Ob aber biefe Zl^eorie gleich fe^r (eic^t ift, unb mir 
bobe^ gefc^minb üon ber Sod^e fommen, fo fc^eint fie bo^ mit ben (£r« 
fal^rungen nid^t überein ju ftimmen/ Steigborteit ift tota( il^rer ganjen 
92otur nadb t)on (EmpfinbUc^fett oerfcbieben, mei( fte ol^ne biefe e^iftiert. 
Sd „bleibt ba§ Zier, menn ed tot ift, noc^ reijbar, unb feine Zl^ei(e 
gießen ftc^ gufammen, menn fie gereijet merben, auc^ menn fte Don i^rem 
ftßrt^er getrennt, ober fonft ber Smpfinbung beraubt finb.'' Sie @ee(e 
l^at, menn ber Jto)yf abgefd^nitten ift, „feine ^enfc^ft me^r auf ben 
übrigen ftör^^er," unb biefer betoegt ftci^ boc^; iebe (Empfinbung l^ört ouf, 
bie 9{erDenba]^nen ^nb gerflört, aber bie Sleigbarfeit bleibt. «@o erl^eQet 
aud ödem," f(^(ie|t $aQer, „bie Sietibarfett bleibe, menn bie @ee(e ent« 
meber il^ren @i^ Derlaffen l^at, ober il^re @emeinf(6aft mit bem Aörper 
unterbrochen morben ift, unb bie 9teigbarfcit l^onge folglich nidbt Don ber 
@ee(e ab." (S§ mirb und Riebet auffoden, ba| ^ader, menn er Don 
Senftbiütat rebet, er immer nur an bie ind Semufjtfein tommenben 
Sm))ftnbungen benft, aber eine (Empfinbungdmelt unter ber Sd^mede bed 
93emu|tfeind e^iftierte bamald für bie |ßf^o(ogie nocb ni(!^t. Ser 9ni« 
midmud freili^ mü|te geimungenermeife, mie ßader farfaftifc^ bemerft, 
eine (Empfinbung annehmen, „bie nic^t em)^unoen mirb; eine SBirfung 
bed SBidend,'' bie o^ne iBemu^tfein gefd)ie|t, „unb burc^ feine gegen« 
, feittge SD^ad^t bed SBiQend unterbrochen merben tonn.''-'^) 



"*) 8ergC. Xagebuc^ ber mcb. Sitt II, a02. 

*«») JWeine ©(^riften II, 85. 

»«) Elcm. phy»iol. I, IIb. IV, scct. V, § 11, § 13. 

*»») «lehie fet^riftcn II, 87. 

»0 Eiern, phyuiol. I, Üb. IV, »ect. V, § 12. Stkine «(^fiftcn II, 90. 

"") Äletne ©t^riftcn II, 91. 

5 



-66 — 



I 

i 






\ ^ . 



'< 



92un fommett mir jut imeiten f^coge: 9Be((^e§ ift bie Urfod^e 
ber Irritabilität? — lEs ift nic^t „witxi," biefe(be anzugeben, meint 
iinfer Senf er, „ebenfo mie feine mal^rfd^einlic^e Urfac^e bei ^njte^end ober 
bei ©d^mere bei ber SRaterie angegeben merben fann."-^-) p,2>ie pfit)[\^ 
talijd^e Urfac^e Hegt in bem innern Saue verborgen, unb mirb burc^ 
Serfud^e entbedt, bie gmar btefelbe }U bejeugen genugfam, ju Srforfc^ung 
ber Ur|a(^e in bem 93ane aber aüju grob finb.'' 3n ber großen ^l^t)« 
ftologie bemerfte er einige 3a^re fpäter: SBfirbe man ton t§m t)er(angen, 
bag er bie|e itraft erftäre unb bai& Vermögen angebe, "„bad burc^ bie 
3ufammen2te]^ung {eine! 993erfieuge9 ftd^ ber Steijung gemSB jetgt," fo 
foiffe er in ber Xl^at auf biefe ^rage jur Qtxt noc^ nid^t ju antmorten.^^^) 
(Et l^offte alfo bod^, eS fönnte in ber Su^unft mög(ic^ merben. ©c^eDing 
^t ed benn t>erfu(^t, bie Sntmort ju ^nben. 

%m (Eingang biefed ftaf^iteU mürbe bel^auptet, ^aller ^aU bie $9))0s 
ifl^ feine! @(^ü(erd Sin^mermann, bie Irritabilität fei ber eigentliche 
Zräger bed £eben8, ftiQf(!^iDeigenb geteilt. äSir fc6(ojfen ba§ baroud, 
bag er ntrgenbd einen 93erfu(!^ mac^t, biefe ^^potl^efe 5U mibertegen, ab^* 
jufc^mäc^en, ein^ufc^ränten. — S\ii %uff(ärung fiber bie S^ronologie ber 
beiberfettigen @^riften fei nochmals ermäl^nt, bag 3inii"c^tn^nnl „Dis- 
sertatio pbysiologica de imtabilitate" Snbe 1751 in @öttingen er« 
fc^en, ^aOer V\tÜ feine Sorlefung am 6. Mai 1752. 

Sknn auc^ ^aller felbft nirgenbd in fo beutüc^er äBeife bie Steij« 
barteit aU bad $cinit)) ber SebenSfunftionen beiei(^net, fo bfirfen mir 
bennod^ i^m ben @eban!en baran nal^e legen. Sc nennt bad $er5 ,,bie 
Urfa^e" aller jtörperbemegungen. S)adfe(be ^erj ift aber iug(eid^ bad 
trritabelfte £ebenlorgan. Seine X^ätigteit baftert (ebigltc^ auf feiner 
ungel^uren SnitabiCität. (£§ fonn o^ne biefe gar nic^t gebucht merben. 
9^ esifttert aber iug(ei(!^ aud| ol^ne ^n, ol^ne ein Sentralorgan fein 
ammalifd^eS Seben. Ergo (ag bo^ ber @c^(u^ für anbere ^orfc^er auf 
ber ^anb, bag bad ^txh nidbt nur bie UrfatEie aQer fiörperbemegungen, 
fonbern be8 Sebend fiberl^aupt ift. 2)a8 ^rinjip ber ^erjbemegung ift 
tarn aber feine SrritabiUtät, alfo ift bie Srritabiütät auc^ ba9 ^rinjip 
bed SebenS. 9Ran fonnte bann baS ^er} fc^on fahren (äffen. 3lnn tarn 
es ^Ker aOerbingd nic^t fo fel^r barauf an, bad Sebeniprinjip jü ent' 
beäen, baju backte er boc^ mol^l gu ffeptifd^, metmel^r moÜte er unbebingt 
ben ttnimidmul überminben, mie auc^ eine au§f(^lie^(i(!^ medianiflifc^e 
(Srffarung ber Sebenderfd^einungen. „Nulla vis, quae noa sapientia 
regatur." 

2)ie (Srtlärung über bie Urfoc^e ber 3nitabi(ität b(ieb er unl 
f^ulbig. Sber ed fd^eint einmal boc^ faft, a(§ fc^mebe i^m, menn er an 
bie verborgene üuede biefer 5lraft benft, noc^ etma^ vor t)on einem un« 
enblic^ feinen materiellen @ubftrat, etma analog jener munberbaren @ub« 
ftang ber 9{ert)engeifter, iene! „fluidissimum elementum," ba§ auc^ Don 



^ Äleine Sd^riften II, 92. 

*») Elem. physiol. 1, lib. IV, »ect. V, § 20. 



.♦ ( 



V . 



-^67 — 



^ber gertnsften Urjoc^e" gemedtt mit bei icbnellften Bewegung reagieci. 
^n tocfentlidbec Untecf(!^ieb ift obec bo(^ ba. .2)te Ucfoc^e ber Seroeguitgett 
im SZeiMiflutbum Hegt nxdit fomol§( in einer befonbern %n(oge oU t)kU 
me^c tm Conaexus mit bec @ee(e. hingegen bie Cuelle bei 3titta6t« 
(itSt liegt einffaoeiten im Unerfotfc^ücl^en. Senn unfece (eife SBeimutung 
ri(!^tig i^, fo ecfc^eint jiened moteciede @ubfhat in einer gemiifen parallele 
^n ber ^^^otl^eje eines onbem großen @(^ä(erd iion Soer^aoe, 5U bei 
loffmannS, monoc!^ baS piincipiam movens bed Sebend ein ätJ^erifc^ed 
ftuibnm ift^ ol|o ein Snalogon ium Kviufia ber alten griei^ifc^en Xerjte. 
@o nal^ ed nun für ^ollerd @(^ü(er nnb %nl^änger — unb beten 
mar eine fel^r ftatttic^e Sal^P'^) — (ag, bie 3rritabi(ttät a(d ba§ fiebend« 
prinsi)» fiber^aupt aufiufteOen, ebenfo nal^e xmifit ed i^nen liegen, auc^ 
bi€ urfad^ berfelben angeben ju tSnnen. ^ 9Ran tann toienetc^t fagen, hal 
fei ein frii((tlo|er Serfud^ gemefen megen* ber @uprarationa(ität ber ^raft, 
aber ber ))]^i(ofot>]^if(!^*f{ietu(atik)e Conatas ber Sunger mar [tarier afo ber 
beS SRetflerS, nnb ed mar jja gar noi^ nic^t bie j^xi, mo man ft(^ fo 
gerne mit einem ignorabimus bie lErlennbarteit ftber bie testen Urfac^en 
^agte; man.; motite fc^on bamald ins Snnere ber Statur einbringen, man 
xovAt e9 au^ gemalzt a(§ unbegreiflich Seben unb tonnte boc^ bem 
ißttnfd^ nidbt entfagen, eS bemtoc^ ju begreifen. 

ißadb Sintmermann ift bie Irritabilität eine fotc^e Sigenjc^aft ber 
Dörfler, befonberd ber Xiere, „qnae in se contineat motus sui caa- 
sam.*' 2)ad l^eigt aÜerbingd ein 9latfe( burdb ein anbered erfe^en. Sr 
moDte gmar im leibnisifc^ @tnne einen p^^ftjdben Sorgang burc^ eine 
p^^ftfdbe Urfad^ erHaren, aber bad tonnte er l^ier nidbt ^enn er bie 
iSirensen ber Stfal^rung v\6)i t)er(affen mollte. f&ai ift eine Jlraft, bie 
Urfa^e i^rer fetbft ift? 3inimermann * mu|te aber mol^t, in melc^ ein 
t^erfSngHd^ @ebiet er ftd^ magte, unb fo ^ielt er frfi^jeitig an fid^ unb 
gefianb jule^t nic^t o^ne (eife fronte, er fibertaffe bie @petu(ation über 
iEBefen unb Sebeutung ber legten Skmente lieber ,,f(l^ärfem ©etftern/ 
„benen ed Derlie^en fei, au(!^ biejenigen SBerte ber 9}atur bem Calcul }u 
untermerfen, melc^ fonft blog mit ber Semunft erreicht merben/--^) 
^er fielet nvi^i fd^on j^ier ienen ä^enben ®eift bed fpater fo beigenb ge« 
iDorbenen Strititerd f^riebric^d bed (Srogen! 

Senor mir nun 5U bemienigen fibergel^en, ber bie Urfac^e ber 3rri« 
tabilit&t ernfili^ unb geiftceic^ l^at ergrfinben moden, ju @^fling, moQen 
mir mxi^ einen anbem mic^tigen $untt unterfuc^en, ber und auc^ 5U il^m 
ffi^ren mirb, nämlidb bie f^rage: Signet fi(!^ bie Irritabilität b(og für 
bie animalifd^e SSelt? Siefe t$rage ift fel^r begrfinbet, menn mir bebentenr 
bag aud^ $aKer „eine @tufenrei^e in ber SBelt Dom Unorganifc^en 5um 
l^bc^ften Organif(!ben'' annimmt. Sr felbft f^ien ft^üter ni(^t abgeneigt, 
biefei» Sebendprinji)) auc^ auf bie t)egetabilif(^e äBelt au^jubel^nen, unb 



^) ^ne BufammearteSuttfl ftnbet tnan bei: ^\aa^, ®cf(4. ber SRebiatn 1876. 
564. 

'^*) 3^mmmermonn, Dias, phys, * V 



* - i • • *■ 



r« 



1. 



i 



— 68 — 



frin i^reunb, bet 99otaniter @nie(in, mochte il^n borin nur beftärft l^aben. 
SBorum follte auc^ bod ni^t mögti^ fein? i)a ber Sd^iitt t)on ber eineit 
SBett iur onbetn nur geringe ift, ba bie dlabxi feine @pcfinge mod^t^ 
mie burfte ba ptö^lid^ jenes ^rinjip für bie eine äBelt üerfc^roinben, ge« 
robe bomit l^atte fid^ eine ungel^eure 5l(uft oufgetl^an. — Sonnet, ber 
®enfer iRaturforfd^er unb $l^i(ofo))l^ unb fpater intime t^reunb ^oKerd, 
ber eifrige SSerfed^ter ber $räfonnotion§t|eorie, neigte ungern ju biefer 
Serallgemetnerung ber SrritobUitat aü Sebendtraft. „äSBir feigen nid^ts 
in ben ^flonien/ fogt er, ,,bo^ ben $(q^ eined ^erjend einnimmt, ^ie 
fo bemerten^merten Seinegungen il^red ©d^afted, i^rer S9(ätter, il^rer 
Slütl^en 3C. fc^einen üon einer gonj anbem Urfac^e q(8 üon ber Srrita- 
biGtat abittl^ängen."^'^) 3ebo(6 meig fd^Iieglic^ Sonnet boc^ nur bie 
Sebendfraft ber ^flonjen in ^orollele jur Irritabilität ju fe^en. ,,SBe(d^eS 
mii bie ftroft fein mag, weldbe bie Semegung be§ Saftes leitet, gemig 
\% bag jte e^iftiert unb bag fte im pftanjU^en äSefen biefetben mefent« 
lic^ SBirfungen ]^ert)orbringt wie bie jhaft beS ^ei^enS im Xier."^^') 
3n ber „Contemplation de la nature*' fprid^t er Don einer „gei^eimen 
Vnalogie" ber Semegungen im $f[anien« unb Xierförper.'^^) 9m mefent^ 
fidlen fotgte Sonnet ^aOerd Xl^eorie. Sie Irritabilität l^ält au^ er 
für proportional ber @enfibi(ität. 2)ie teilbare @ee(e SB^QttS c^oquiert 
Aenfo ben gefunben älßenfc^enüerftanb mie bie äRetopl^^ftf. Sie oitaten 
Organe finb bie rrijbar^en. SaS malere SBefen ber Snitabiütät ift 
genau fo unbetannt mie bad SBefen jeglicher firaft. 9Bir urteilen b(o^ 
nad^ ben SBirtungen.--*) (Sr möchte in ber ^nitabilität bie £ofung eines 
ber fd^önften Probleme feigen, nämtid^ ba^ bie geleeartige @ubftani ber 
nieberften Sebemefen geeignet fei als @i^ ber ^eijbarteit, unb ^ierouS 
ttnnte bann bie ISntmidtelung ju l^öl^ern Organismen erttärt merben, bie 
3nitobi(ität märe bann bie „pnissance vitale." %ber ift eS nidt|t 
m5g(i(^, bog biefe puissance vitale fic^ ebenfo ber Degeta(en SSBelt eignen 
tann? ^at man nic^t aud^ bie Slafticität auc^ ben ^f^anjen 5Ugefc6rieben? 
SBenn man bie ge(atin5fe ©ubftanj ber ^ftan^en unterfud^te, mQrbe man 
bie Srritabitität nid^t auc^ ba finben tonnen? Sonnet mod|te fid^ no(^ 
ni(6t entfc^eiben; benn ®me(in l^atte jmar fc^ou an gemiffen ^ftanjen, 
j. S. an ben Orc^tbeen unb (Sompofiten, fte ju entbecfen mmeint, fid^ 
aber peäugert, bie tiegetale Irritabilität ber ^flanjen ^abc meniger Energie 
a(S bie anima(e, au^ meniger Umfang unb finbe fic^ mefentlic^ nur in 
ben ©e^uatorganen unb aud| ba nidbt überall. 

%Ber nic^t blog bie ganj na{|en ^^reunbe ^aßerS fud^ten beffen X^eorie 
jtt t)ermerten. Ser 3ta(iener Sine. $etrini fügte bereits in ber Sdtrebe jur 
italienifd^en Ueberfe^ung üon ^aQerS Siffertation : „Sie Srritabiütät ift ein 
fidleres ^ringip, auf melc^eS fid^ bie gange amma(e Oetonomie grfinbet; 
fie ift baS bemegenbe ^ringip biefeS munberbaren SRec^aniSmuS, fte giebt 

. ^ Sonnet, CooBiderations sur les corps orgaoises. III, 129. 

^Sonnet, Considerations sur Jes corps organises. 111, 181. 
- *») «onnet, Oeuvre» 1781. IV, 70. 

»») Sergl. »onnct, Oeuvres IV, 167. 






r ■ 
I 



— 69 — 

♦ r 

Uifptuug, SBod^dtum unb @tatfe bei ganjen SRcjc^tne. ®ie t{i enb(i(^ 
oud^ ba9 Organ, beffen fic^ bte ©eele bebient iuc ^e^errfc^ung bed Slöc^ 
perd." 3o, ^etrint mögt ben tfil^nen 93erg(eic^, bie 3nttQbi(ität bebeute 
füc bie 9lotttc bed tiecifc^en fiöt)yerd, wad bie ^ttcattion für ba§ 3Be(t« 
gebSube.**®) — %n junge granjofe ^onffet treibt 1757 in jeinen 
^ader mitgeteitten Serfuc^en, bie SrntabUitit fei ^rbie SBafid oder förper« 
XvSoitSL t^unttionenZ-'O --^ ^^^ So^ ^oQerS mürbe jeboc^ nidbt uberatl 
gefangen. Sionc^i »arf il^m üor, er l^abe bte Priorität ®(iffond nic^t 
ittgefiel^en moDen, unb fuc^te ju bemetfen, ba| iweraK ©enfibUität unb 
ntrgenbS blol Srritabitität fei. Salbini aber mied ^aKer ben 9tu^m ber 
eigentlidben (Sntbedung ju, be^eid^nete fogar bad neue Sebendprinsi)) nac^ 
ieffen 9{amen unb marf ^iand^i xm, er l^abe ja gar feine eigenen ^er« 
\xiÄ(t gemaiibt.*'') 

Sor allem maren ed natürlii!^ bie %nimi{ien, meiere ^aller anju« 
-greifen fuc^ten. SB^^tt ging fo meit, il^n einen Vtl^eijiteti ju bejeicbnen, 
'ä^niic^ Dnful^r S)e(iu§ in S)eutf(lb(ani^«^'^) 3eboi!^ bamit bemied man 
jinr, ba| bie ®tunbe be8 Knimidmud unmeigertid^ gefc^Iagen l^atte, barau 
'4nberten gemeine unb linfaiibUc^e %nfeinbungen nic^td mel^r. @röBere 
-©elfter fingen je^t an, il^r O^r ber neuen Seigre gu (eilten, ^erber er« 
Harte im engen 9[nf(lb(u& an ^aller, niil^t bie @eele, fonbem „organifd^e 
iträfte" bauen ben Seib. du biefen organifc^n Straften rennet er aud| 
iie SrritabiCitSt. „S)er un^erb(i(!be ^ader/ fagt ^erber, Js^^i bie Der^ 
i^biebenen Strafte, bie ftc^ im 3^iertörper pb9iio(ogif(!b äufiern^ nebmücb 
ibie Slajiicität ber f^afer, bie ateijbarfeit bed SKudfetd, enbli^ bie (Smpftn» 
»bung bed 92erüengebäube8 mit einer (Senauigteit unterfc^ieben, bie im 
-gat^ nic^t nur unmibertegbar bleiben, fonbem nodb bie reic^fle Sumen* 
iung auilb 6^1 anbem a(8 menf^tidb^n Störpem, jur pl^ftologif^en @ee(en« 
le^re gemäbren bürfte.""*) 

2)ie neue Slufgabe mar je^t b(o^ no(i^ meiterl^in SBefen unb 99ebeu' 
tuna ber Zl^eorie genau ju prüfen unb bamt fonnte fie eüentued in einem 
•^ropen natnrp]|i(ofop]|iif(^en (Sebantenaeb&ube einen (Sl^renpta^ ftnben. 

SS Seigte fi^b jiemtic^ früb, bas ber fhenge S)ua(idmud, ben ^ader 
zjmifilb^ Snitabititüt unb Senftbitit&t gefegt l^atte, auf bie 2)auer nic^t 
befriebigen tonnte, aber eS jeigte ftc^ auilbf i>o^ bie ftide Sefc^ränfung, 
bie er ]^ fetbft angetl^an, oief bejfer mar ald jene fafl überfd^mängtic^e 
Sufi Mir ©petulation ber ^aderianer. 

3ur gleich ^i\i, in ber bie ^l^^ftologie burc^ ^ader ibren 9uf« 
filbu^ung nabm, begannen aud^ bie $b9f^t unb S^emie gu blühen unb fie 

^ SergL Memoire« aar les parties aeosibles da corm animal, oovra^e qui 
-aert de aaite aax m^moirea de M. de Haller. Laaaanne 1760. II, 296 ff. 

. "') Sergl. Mimoirea aar lea partia aenaiblea da corpa aniiual, oavrage qui 
aert de aalte aax mtooirea de M. de Haller. Laaaanae 1760. II, 414. 

***) <SaIbani, Salla iaaenaibilitä ed irritabilitä di alcane parti de^Ii 
4liiiiiiali. 1756. 

*») Sergl. bte 96roe^r ^aRecd: Xagebiu^ ber meb. £ttt. III, 58. 

^) Berber, Sbecn \yxx S^Uofop^te ber 6(ef(6t(fitc >cr SRenfc^^eit 1784, l, 
111, 112. 



- r • * 



.,- ♦ - 



t 

« 

* 



f 



— 70 — 



,/ 



I 






♦ 
i 
i 

w 

t 
I 



Dtrfu^ten üon il^ter ®ette aixl ebenfalls bod Seben ju eT((öcen. %xt 
$l§^fil 6co(!^te bie !ßo(aTttät in ben magnetifc^en unb e(eltrij(f)en @i« 
fd^tnungen unb bie (Einernte bie SBenuertung be§ c^emifd^en $ro^effe9 für 
bie Scnäl^rung^pl^änotnene. Sc^eKing mar berienige fiopf, ber bie Srgeb' 
niffe aUer brei 3)idit)yünen mit feinem p^itofopl^ifc^en ®eifte in genia(er 
XBeife ju Dereinigen mugte in feinen „Sbeen ju einer !ß^t(ofo))l^ie ber 
9{atur/ in feiner »SBettfeefe." ^vam aber l^atte noc^ ein anberer f))e* 
(utatitier Senf er im %nf^Iug an ^aDer @(^eQing üorgeaibeitet, e§ mar 
ber f(6ottif(6e ^rjt Sol^n Sromn. Siefer üeraKgemeinerte bie 3nitabi« 
(itSUlel^re ^aKerd bal^in, bag er bie 3rritobi(ität gum (Sentrum bed 
fieben^t^rojeffeS erf(ärte, a(d Zbatigleitdurfac^e iebed Organe9 unb oller 
feiner Zei(e. Ss ift o(fo bad Seben nur in ber Sieaftion duf äußere 
mib innere C^inpffe ju fuc^. Solche äußere onregenbe ^otenjen ftnbi 
Zemt)eratur, 9lol^rung8mitteI, 93(ut, Suft ac; innere: 3Ru8teIbemegung, 
@inne, Sentil^ätigfeit Seibenfc^aften unb anbere ©emütöoffette. Siefe^ 
anregoiben $oten5en aDein erholten bad fieben. Sie ^öl^igfeit, erregt ju 
mecben, nennt 93romn „incitabilitas,^ bie ^otensen fetbft nennt er ^eije^ 
^incitamenta," unb bie SBiifung ber incimenta onf bie incitabilitas 
ifi bie „incitatio/ bie (Erregung. Sie f^oge, ob bie incitabüitas eine 
bfo^e Onolitöt ber äRoterie fei ober eine befonbere ©ubftanj, mirb nic^t 
beontmortet,^'^) unb fo etf^eint ba§ Seben mieber a(d ein ei^mungener 
3uftonb; ni(!^t immanente iträfte ersahen ed, fonbern äugere unb innere 
Sinflüffe, bal^er ift fein Untergang unüermeiblic!^ unb bie Sauer alfo 
bebingt burc^ ba8 Ser^alten ber enegenben $oten5en. 99romn fc^ien 
ottf bem beflen SBege ju fein, jenen fc^on ermä|nten Suatidmud ^allecS 
iu fiberminben, benn fein ®ebante mar ganj ri^tig, bag bem (ebenben 
Orgonidmud eine (Smpfanglic^feit für augere 9leiie jutommt, meiere in 
tl^rer Sinmirlung auf ben Körper benfelben 5U einer lebenbigen Sl^ätigteit 
anregen, unb ^ier alfo l^fitte S[\6) fragen (äffen, ob benn Irritabilität unb 
@enftbi(itSt fo 5mei total tierfc^iebene $riiQipien feien ober ob ^e bo(6 
nic^t einanber naiver gerfidtt merben tonnten, medeidit bid jur (Einheit, 
bie baS eine burd^ ba§ anbere me^felfeitig befielen tagt. Sc^eQing Uer«^ 
^anb bai» Problem fc^örfer. (£r mar ed auc^, ber in Roller iuerft einen 
ttnbemu|ten S^namiSmuS vermutete... ^aVitt j^abe Deifuc^t, mit feiner 
3rrttabi(ität fi(& Don be?c mec^onifc^en $^i(ofop]^ie (o^iulöfen. @o ric&tig. 
biefe Vermutung erfc^eint, fo mug il§r bodb entgegengel^alten merben, bag 
Roller }um äßec^anidmuS fid^ befonnte unb felbft badjenige ^rinjip, in 
mel(!^em @c^eOing iuft eine £o9(öfung baüon fal^, oom 3}{ec^anidmui^ 
m(^t ausnimmt, bemerft er bo^ einmal in einer ISefprec^ung oon „So^. 
9(ua. UnjerS ®ebanten Dom Sinf(uB ber @ee(e in i^ren »örper" fot 
genoeS: „^at $err U. ben (Sinmurf ber mec^anifc^en ^erjte miber« 
legt, menn fie nic^t glauben tonnen, bog ein benfenbeS Sing iQJärfungen 
]|abe, unb burc^ feinen SBiKen bie Urfad^e Don Seränberungen fein fönne. 



*•») «ergC. »ro»n, Elem. nifdicinae 1780, cap.III, § XVIIl. (3n«Xeutfc^e 
überfel^t i^i^n Snbread 9flöf($(au5 1806 u. f. \ 



• » 



I 



. w 



•■ '. -.71 - ■ ■ 

beten ed nic^t nur bemu|t ift, fonbem bte e§ webec nac^ Seiteben, nod) 
nod) {einem beutlid^en SBillen f^affen, anbetn ober aufl^ebeu fann?" 

f^ntttfc^ Koirb nun aber ©(J^eUing boc^ rec^t ^aben, ba8 neue Sebend« 
püni\p i{i ein b^nomiftifcfted, unb mir mtffen fc^on ani ber $|Qd)o(ogie, 
bog ßoOer^Xnfä^ ium 2>9namt8mud oud^ bort ieigte. 

SBie im^alt ftcb nun ©c^eKing jur Irritabilität? (£r meint ju* 
nad^% biefelbe ftefle für bie $]^9{to(ogie eine qualitas occulta Dor, aoer 
^oÖer l^abe bo4 J>^^^ ^^^ f(udbrud )(!^on bie (finftige (Srtlärung 
bed $^Snomen9 felbft gleic^fam Doraudgeje^t, unb ftiflfc^toeigenb DorouS« 
gefegt, bag ber 93egri^ be« fieben§ nur ote abfolute Seteinigung ber 
XfttDitat unb $a{fimtät in jebem SRoturinbimbuum fonftruirbar ift.''''^''0 
Sei ©Delling |at bie Snitabititat alfo nid^t mel^r iene funbamentale 
Sebeutung »ie bei ^oUer bejm. bei Bi^ioermann unb ^etrini. Sei 
il^m finbet fid) auc^ eine fc^ärfere Uuter{(!^eibung jmifdien (Erregung unb 
(Srregbarfeit, er fteflt bie (Enegung toit Sromn in bie äRitte imifc^en 
Sleij unb Steij^barfeit. 3)ie Snegborfeit fa|t ©c^eUing nic^t al3 bloge 
t^S^igfeit gereijt ju »erben, fonbern a(§ organifc^e X^Stigteit felbft, in^ 
fofem fie buic^ bie 9teceptioität, b. 1^. bad organifci^e Sleaftiondüermögen 
b. \i. bie @enfibi(itat vermittelt ift. äBäl^renb alfo ßaUer noc^ {c^arf 
am S)ualidmud t)on @enfibilität unb Irritabilität feft^&It, betrachtet 
bagegen ©c^eÜing biefe beiben aü f^ntl^etifc^ vereinigt, unb jmar erhält 
bie €en{ibißtät bad Üebergemi^t. „3ebe äu|ere Jtraft gel^t erft burc^ 
bie @enfibilität l^inburcb, e^e fie auf bie Irritabilität »irtt, unb @en« 
ftbißtät ift eben beSmegen ber Seben^quell felb^, meil burd^ fie allein 
bad Organifdbc aud bem aUgemeinen SRedianidmud Iftinmeggenommen 
i{|t unb baburc!^ eigener @runb feiner Semegung wirb."^^') $ie 3rrita» 
bUität ifi bie unmittetbarfte (Erfci^einung ber Senftbilität, fte iß eine nacf) 
äugen gel^enbe X^ätigfeit, bie @enftbitität bagegen i{t eine in i^r @ubieft 
Surfidgel^enbe. — SBie beantwortet nun ©^Uing bie Orange nac!^ ber 
Urfa4e ber Irritabilität? 

S)iefe liegt, fagt er, aujserl^alb ber b^namifd^en ©pl^äre. @ie mug 
gebucht werben aU eine felbftänbige Utfac^, a(d eine Urfac^e, bie von 
ftc^ au9 tl^ätig ifl, menn nur i^re Sebingungen gegeben ftnb. W\t ber 
Seränberung ber Sebingungen veränbert fidb auc^ bie Urfad^e ber Srreg« 
barfeit« SRitl^in ift bie (Erregbarfeit eine beftimmte für jebed orgauifc^e 
3nbivibuum unb eine beftimmte für ieben SRoment {einer (E^iftens. 
@^eQing ift alfo im ®runbe genommen boc^ ni^t viel meiter gefommen 
aü Roller, 3ini^^^ni<^nn unb Sromn. S)ie)e fugten, ber eine, fte ift 
ein ^ätfel, ber anbere, fie ifi causa sui. 9De {dieinen aber bamit nur 
iu bemei(en, bag t|atfäd^(id| bad $rob(em be9 SebenS unenbUc^ fd)mer 
}U löfen ift, menn äber^att))t ernftlic^ eine nottoeubig rid^tige Sofung 
moglid^ mirb. Wit bem b(o|en 3ufammenmirfen von Straften unb Stoffen 
ber unbelebten fflainx nad) mec^anifc^en ®efe^ fc^eittt l^eute aded gefugt 



"•\ e<4elling, ,«ou ber «Mtfccrc." SGBcrfc 1857. Grfte «6tfg. 11, ö04.' 
»'> 6(^et(ing, ilVrfc Ilf, 189. 



■ V 



4i 

'i 



1k 



\ -■ 



■ " ' " • ■ ' '■■/■.- 

4 m 

iu fein, mon meint ftotj, nic^t mel^c „auf bem $o(fter bunffer SlnaCi» 
taten" auljurul^en, ober fmb benn mitlxdi jene SOtänner ber „Se6en§« 
feoft'' gän5(i^ fibenuunben?-''^) (Ed mirb auc^ l^eute noc^ bacan ja 
imeifeln fein. Sticht bet äJtec^anidmud, nic&t ba^ SBie ift l^ier allein 
audfc^Iaggebenb, bad SBatum fielet babei. 



I 



1 



i 
■i 

i 
1 



«i! 



••• 
i' 



J' 
f ; 

t 

•t, 



V-- 



•^ 



r- 



^ ■ ^ • ■ : -■ ■• -TT '.:'\ ■ '■• 

(£^ ift Hat, bag bie ^tage na^ bem bemegenben ^tinji)) be§ Or^ 
ganidmud aufd innigfte jufammen|ängt mit bec t^jcage nac^ ber Snt« 
^e§ung bed £ebend, unb fd^einbar ebenfo Hat, bag im mefenttic^en bie« 
fetben ^rinjipien aut^ fui bie Söfung biefer f$rage gä(tig gemacht »erben 
fdmtten. 3ebocb fo einfach bie ^ta^t, fo unenblic^ fdbroec unb tompßjiert 
bie Slntmort. Unb jmar (iegt l^ier bie ©renje ber (Srienntnid barin, mie 
fd^on einmal angebeutet mürbe, bo^ mir niemals unmittelbar bad neue 
fiebemefen oom erften tleinften S^itmomente, mit bem feine Sntftel^ung ju 
beginnen fc^eint, bea^ten unb in feiner äSeiterentmicfelung ol^ne ftörenbe 
(Singriffe mit unbebingter Su^^l^ffisteit verfolgen fönnen, gefc^m^ige benn 
bacauS ©c^lüffe jiel^en über ben Anfang alled organifc^en SebenS fiber^ 
liaWft. SBir finben immer fc^on 5leime, aber niemals fönnen mir in bie 
Sorgef(!^i^te berfelben einbringen. $at md)i ein ^elml^ol^ gefragt, „ob 
flber|au))t baS fieben je entftanben, ob ed nid|t ebenfo alt mie bie Materie 
fei?" ?'^) 3n eine (Senerationdle^re bed fieimeS ftc^ verfangen ju mollen, 
wäre ein alliu fü^ned Unternehmen, benn l^ier mirb ba§ Problem trandcenbent. 
%ber aucb |ier mirb man nic^t gerne bem SBunfc^e entfagen, e§ bennoc^ 
iu begreifen, unb fo fe^lt e3 benn auc^ l^eute nid^t an ja^lreidien $9po« 
tiefen üon mel^r ober minber großem fpefulatioem SBerte. Steigen mir 
über meiter l^inab in bie ©efc^ic^te ber Sntmidelungdfrage, bann meieren 
ftc6 bie ^^potl^efen, aber fie loerben auc^ gröber unb unoermittelter. (Ed 
fel^lt immer beuttic^er ber 3*4an^in^nl§ong mit naturmiffenfc^aftlic^en Qu 
gebniffen, bie 9laturmiffenfc^aft felbft ge^t jurücf, immer loeiter l^inter bie 
$^i(ofot)|ie, unb biefe burfte ed ru|ig magen, au^ über ein Problem ju 
fabulieren, baS am allermenigften einer bic^terifcben fiöjung beburfte. S)ie 
StOdmirfung mar bann bie, bag bie 92aturforfc^ung ebenfo 9Rül|e botte, 
bie Vorurteile unb oagen Sfel^auptungen megjufdbaffen, a(8 ftcb felbft erft 
eine richtige 37{etl^obe anjueignen. Stnatomie unb $§t)fiologie mujsten 
erfi ftd^ felbft entmideln, beoor fte bai biologifc^e CEntmidelungd))roblem 
erfolgreich anfaffen lonnten. Sie ]i^in^^ ^eriobe biefer miffenfc^aftlic^en 
(Sntmidelung fiel gerabe in bie Stit ^aOerd, unb ift 5ugeftanbenermagen 
t^on il^m felbft |eroorgerufen. 3n ben legten breigig !3al^ren feined SebenS 
mürbe ber Stampf imifc^en OntotogiSmud unb Soolutionidmud audge« 
rungen; ber miffenfc^afttidie SBiberftanb, ben jener leiftete, mar nidbt niel^t 

"•) Scrgl. $rever, ®ie ©vpotHcn ü6cr ben Urfpnimj bcd Sebcnd. 2)eut((^c 
Stuabfc^au III, ^prif^eft 1875, e. 58 u. ff. 

^*) $eImt)o(t), !i(orrcbc f^nm 2. 7ei( bed erfton 33aubcd bot Uc6erfct^ung bc^ 
^anbDuc^co bei* tl)coi*ctii(^cn ^^t;fif von 2:()om|on unb Xait p. XI n. ft*. 



-_ 73 — 

adju gtoB, fallet fetbft Erbeutete onf jeben ^yaD lein Bejonhered $emmni§. 
IDenn bie %ct unb SSetfe, wie et am Streite ftd^ beteiligte, ift but(^au§ 
tobendmett unb iebenfoHd ganj frei Don ftauer Sogmotit. Sr rebete 
ni(!^t tote ei^ ^apft in btefer @acf)e (tro^ ^oedel unb ©egenbouer), )on= 
betn toie ein be^utfamer, nomentlic!^ el^tli^ t$ocfd^er. t&a% fonnte er 
bann bafür, ba| feine Slnfic^t angefel^en mutbe wie bie eined mächtigen 
^apfted ? S)ie Unfel^Ibarf eit ift nie feine ®ai^ gemefen, unb 5ubem Ia|t 
fi(6 no4 fragen, ob man il^m mirf(i(!^ ato unbeftrittene Autorität in biefec 
Srvage folgte ober nic^t. 

SBir begegnen im 18. ^al^rl^unbert no(^ ben mannigfaltigften $t)po« 
ll^efeu über ben Urfprung beS fiebeni», im mefentUc^en aber bürften ed 
Dier fein, bie, mei( burc^ bebeutenbe SKänner vertreten, fär un^ t)on einiger 
Sebeutung finb, man mag baneben nodi fo gerne (äc^eln ober gar järnen 
Aber bie §[nftc^ten, bie i^nen ))(auftbel erfc^ienen. S)ie 3citn(ter ber ^9po^ 
tiefen ^b gemig nic^t bie fd^tec^teften. 

1. S)er XnimidmuS, titttttttn unb neubegrfinbet burdi @ta]^(, er^ 
tC&rte bie @ee(e ai% bad fdbSpferifc^e ^rinju^. 3)ie @ee(e felbft ^at i^ren 
Hrfprung ip @ott. — 2. 2)en ^räformidmud ^atte indbefonbere ba§ 
17. 3a]^rl§unbert audgebilbet, Seibnij unb Sonnet vertreten i^n im ad|t« 
^el|nten. Sie ^räformation^tl^eorie leugnet eine 9}eufcbopfung organijc^er 
ffiefen unb behauptet, im erften Sebemefen ieber Gattung feien ade fol^ 
genben proformiert geroefen, fo bag a(fo bie Sntwidelung nur eine 3ud« 
toi&tung ifi. 2}ie erften fiebemefen felbft ftnb üon @ott gefc^affen. — 
3. Suffon ertlärte ftdb bie (Sntftel^ung burc^ ben ^ro^eg ber moule in- 
töriem-e, b. ff. burd^ eine 9leprobu(tion bed SnbiDibuumd, infofern jeber 
^ei( bed ganzen ftörperd überftfifftge, aber immer attioe 99{aterie anf^^ 
fc^bet, i^r babei ben Stempel be8 betreffenben Zei(ed aufbrüdt. S)iefe 
flberflfiffige SDlaterie vereinigt ficf) im @amen, in welchem mitl^in ber 
^anje tiinftige Organismus quasi mie bei ber ^raformation oorgebi(bet 
frfc^nt.^''') SebenfaOd (agt ftd^ baraud %e]^n(id)(eit unb Sererbung fe^r 
bquem erHären. — 4. ^e jflngfte unb für bie ^u^unft erfolgreid^fte 
<3enerationdtl^eorie »ar bann bieienige ber Epigenesis, gefc^affen burc^ 
ben iungen 5lafpar f^riebric^ SSoIf. ISr bel^auptet, ed gebe eine birefte 
9leubi(bung unb in ber Sntmidtetung felbfl mürben bie Xei(e nac^einanber 
unb nic^t nebeneinanber entftel^en. 3)en äBaAStumSprojeg fül^rt er jucüc! 
auf eine vis essentialis, ol^ne aber nä^er ju erfläien, maS er barunter 
t)erfle^e. 

S)ie brei erften biefer üier angebeuteten @(enerationS(e|ren jeigen ade 
i^ren p^ilofop^ifc^en Urfprung, benn fie fragen juerft nad| ber ^orm 
beim, mdi bem formenben ^rinjip, in metcbem ftern unb äSurjel ent« 
^a(ten fein foll. @el^r frül^jeitig mürbe bad ^erj, für beffen £ebenS^ 
bebeutung ed feiner befonbern Sinftc^t beburfte; ber ^uSgangSpuntt für 



S40> 



(Ed füi\\}i }m eine Hcmittidccitj an bic-3toa, na^ meiner ber ^octud 511 
Anfang ber CStirpfämjnid fertig ba ift unb ni^t flc^ aUmd^ftc^ unb flufeutoeifc ent« 
iot(fe(t. Serg(. £. etein^ ^fv^ologie ber 6toa. 6 " 



■f «» 



! 



74 — 



I p]^i(ofo^l§t)^«6to(ogtj(^e @))etu(ationen. ISntpebocIed glaubte, mie Senfortnu^ 

j berichtet, bad ^etj madife iuerft, ^toeU e§ am meiften ba§ Seben be^ 

j ' äRenfc^en in jtc^ entl^alte." f^fir bte niebttgen f^unttionen jal^eu aud) 

I . $(oton unb 9ttftote(ei} bod ^erj old Sentrolotgan an unb »iefen ber 

i JBernunft nuc barum i^ren @i^ im ®e^irne ju, um fte t)on ber tiertfc^en 

I : ^ @ee(e ju unterfc^eiben. %ri{lote(ed begreift bie 93t(bung bed (ebenbigen 

ftörpetd nid^t blo^ aud ben elementaren, im @toffe al% \old)tm mirtenben 

Straften, fonbern au3 ber äÜJirfung ber @ee(e, meldte fid) iener Gräfte a(d 

V - • Öerfaeuge jur ©eftaltung be« Stoffs bebieut."^) S;ie Katur j(^afft nur 

< bte Urgone, metc^e für ben Qto^d iebed Organismus nötig ftnb, unb fie 

t f^offt biefelben in ber %ufeinonberfo(ge, bie il^rer Seftimmung gemä^ 

ift."*) Suerft bilbct fte bie Seile, Don »eldben Seben unb SBac^Stum 

^ ' V^ SBefenS in (e^ter Sejte^ung ausgebt, bei ben Xieren a(fo baS $er^ 

v^ . ober baS il^m entfprec^enbe Organ, l^ernac^ bie übrigen $au})tteile beS 

:/.'.;_ .: Organismus; juerft entmidett fte bie ernöbrenbe @ee(e a(S bie aOgemeine 

\ : — ©runblage beS SebenS, erfl in ber golflf bie ©eelentl^ätigfeiten, burd^ 

V . ' meldte fi^ jebe Stufe über bie öorangel^enben erl^ebt." — (Es ift un* 

r-- ' Mrfennbar, XriftoteleS barf als ber SSater beS SlnimiSmuS lejeic^net 

merben. S)ie Stoifer bUbeten feine Suffafjungen meiter auS unb an i|r 

:^ moterialiflifc^'moniftifc^eS ©Qfiem. Sie bejeidinen bie SBärme a(S ben 

V \ @rttnb beS fiebenS unb beS 93a(^StumS in aDen Singen, unb felbft bie 

:* (Stemente laffen fte burc^ bie SBSrme ft^ in il^rem äBefen erhalten. 2)er 

\^ / - Äo^og ffTctpfiazcxog, ben fttft bie Stoa nun einmal als Urfeuer, oIS 

' ' ^ SBärme bentt, ift bie fc^affenbe unb ge|la(tenbe 92aturtraft im ungemeinen 

unb im befonbem. 3>ie @ee(e, meil materiell gebucht, teilt ftc^ unb ein 

/ .: Seil kH)n il^r manbert im Samen auf baS (Srj^eugte über. %vA biefem 

, enfmidelt ptft im SBinttertetb junäci^ft eine $Panjenfeele, erft bur(^ bie 

■ / : StnmirtUng ber aujsem fiuft nac^ ber @eburt mirb biefe jur animalifc^en 

^ ..' ^ ,;; Seele gefialtet unb öerbic^tet. SDarauS erflärt eS ftd|, warum bie Stoa 

ben Si^ ber Seele in bie SBruft öcrlegte, toeit öon biefer ?ltem, SBlut* 
' ^ ;I marme unb au^ bie Stimme, „biefe unmittelbarfite (Erj^einung beS ®e« 

• V banfenS," ouSjugel^en fdjien. 

(Es bürfte aus biefen !urjen Änbeutungen über bte ®ef(6i(^te bed 

/ \ XnimiSmuS erftc^tlic!^ fein, bag ber SlnimiSmuS beS 17. unb 18. 3a^r>> 

' l^unbertS fic^ iiemlicfi bireft anlehnte an SSorfteDungen ber grie^if^en 

\ ^^ilofopl^ie. SBeil er aber arißotelifc^e unb ftoifc^e @ebanten entl^ält, 

V* barum ift er eine ^albl^eit, benn für SriftoteleS ift bie Seele immateriell 

unb einl^eitli^, für bie Stoa materiell, bal^er teilbar. Siejen SBiberf))rud^ 

. l§at ^aQer angegriffen unb, mie mir miffen, flar unb fc^orf y^yX^i, bo^ 

^ etnerfeitS bie ^nna^me einer Seele als auSfc^lieglic^ formenbeS ^rin^i)) 

unvereinbar ift mit ben (Ergebniffen beS S^perimenteS, ia^ anbrerfeitS eme 

^ Seele, bie fämtlic^e f^unttionen beS JlörperS birigieren {oll, notmenbig 

• teilbar, b. 1^. eine Summation Don Sinjeljeelen fein mu^r bo^ aber bieS 



1 , . - 

< . 141 



) «crflt. ®.3encr,®eW.b. grie*. ?5(nIof. 3.aCufI.2.J:eil,2.2(6trg.S.491u.ff. 
»«) «riftotele«, 0cn. an. il, 6. 744, a, 36. 



-^ 75 — 



Muts ttnt)eret*Y6ac tft mit bet ^nnol^me ber 3mmatecia(ität unb Unfterb« 
(i^teit. @oni feltfam ei|(^ftnt ber f(nitui9inu§, tpenn man i^n fragt, 
wie er ft(^ benn eigentlich nad^ feinem @ebas;fengang ju ber (Sntmicfelung 
bed erft in geringen Anfängen fic^tbar merbenben fiebemefend oerl^atte. 
£ebt unb mirtt bo fc^on eine @ee(e ofeic^ üon Anfang an unb baut ftrf) 
nad^ i^reit Intentionen einen Seib? Sronifc^. fragt ^aDer, ja menn ber 
Seib ein Sretin wirb, war bann bie @ee(e auc^ ein Sretin unb wu^te 
fte bann a(fo ni^t, wie ein gel^Sriger fieib gebaut werben joll ? Unb bann, 
wenn man wiffen mödbte, wie biefe @ee(e, bie ja nic^t ben gleichen QnU 
wtdelungdgefe^en wie ber materielle fieib unterworfen fein tann, in ben 
wtnitgen Smbr^o fomme, wie fie ft(& SRaterie ju eigen ju machen ht- 
ginnt, bann mug ber AnimiR feine BuPudbt 2um Occafionaddniud nel^men, 
wonoi!^ buxdi @otted (Singreifen eine ®ee(e mit bem werbenben fieib auf 
wunberbore, und unergrünMi^e SBeife Dereinigt wirb, ober er nimmt feine 
Sttfluc^t iur {loif(!^en SorfteOung Don ber Xeilbarteit unb tiblöfung, wirb 
aber babui^ notwenbig matertaliftifc^ unb giebt fn^ auf. 92o(6 l^eitler 
ali in ber @enerationd(e]^re wirb bie (Stellung bei» Stninti^mud bei ber 
t$roge mdi htm %oht. SBenn boc^ bie @ee(e bai Sebendprinjip ift unb 
ing(et(^ unfierblicb fein fod, wenn fte bie törperlicbe Snteqrität, bie 
„OBConomia vitalis" ^^^) wahren tann, warum banuberXob? äBad ^ot 
fte für ®runb unb 3ntereffe baran, bad einema( ben fieib ju lieben, bad 
anbremat il^n ju Derlaffen unb bem SBerfaCl preidiugeben?^^^) @ta^( l^at 
ed Derftanben, biefen S^agen audjuweic^en, baffir ift er aber auc^ frä^« 
jettig fdbon Don Seibni}-^^) angegriffen worben. 

3ebo(6 nic^t b(og ber ^(nimtSmud, fo lange er ben S)ua(i§mud auf^ 
rei^t erl^alten wollte, tonnte für bie ®enerationd(e^re nic^td braud)bare^ 
letf^en, aucb bie X^eorie Don SSuffon, Don ber „monle Interieure,^ er^ 
wies fidb ald unl^altbar. 93uffon l^ielt an ber generatio aequivoca feft. 
S)te organijd^e Urmaterie wirb Don ben (ebenben SBejen burd) ben 3Jlmb 
aufgenommen, gelangt fo in ben Organismus, wirb tei(S Derbrauc^t, teits 
btent fie jur Stibung bed @amend. 3eber ^üxpttUxl fd^eibet folc^e orga« 
nif^e ältoletel aus, biefe finb abfolut analog jebem 2:ei(e, auS bem fte 
entlaffen werben. SS giebt leinen präesifiierenben @amen, teine 3nein« 
onberfd^ac^telung ad infinitum, wie eS ber ^röformiSmuS le^rt, „eS 
giebt Dielmel^r eine organifc^e 3Raterie, bie immer attio \% immer bereit 
ä se mouler, k s'assimiler et ä prodaire des 3tres semblables a 
ceux qui la reijoivent.** ^^•) 5)ie Äonftanj ber Arten bleibt beftel^en 
unb er^ ber äBiUe beS ©c^öpferS Dermöc^te baran etwas ju änbern. — 
Sie 93erwanbtf(jbaft biefer Xl^eorie mit berjenigen beS ^ippotrateS unb 
S)emofrit ift unDertennbar, benn fdjon biefe nal^men, wie ^^(utard) be^ 
rietet, ben @amen a(S Dom ganjen ftörper ^erftammenb an; aud| 'ißar^ 

'^') ^taf^l, de mixti et vivi corporis diverBitate. 1707. 
[. «*) SBergL i&irf(^, ®eW. b. met). ffiiff. in ^eiitfc^Ianb. e.->45. 

'^^ 3n einem ^def an $artfoe!cr bejetc^net er @ta^( o(d ^tamentuiu aliorum 
ip^norantia et niira montttra parturientem." 

**!) «uffoti, hiatoire naturelle II. -'^ • **" 



ü. 



— 76 — 






l 



I 



i 



4 



I 



menibed leitete ben @amen Don bet rechten unb Unten @eite l^ec. SUe 
fonnep fo ouf tattoneOe äBeife bie Seceibung ecKären. fallet oetfud^te 
in geigen, bag auc^ bie @eneration3(eVe 93uffond eine Unmögüc^Ieit 6e» 
beute ^^^) unb bomit fommen mir nun ju bec {tc6 fc^on lang aufbrän« 
genben grage: SBe(d)ed toax benn bie ®enerotion^(el^re ^o((erd? 

SRan |at i|m ben fc^roeren Sßormuif gemad^t, er {ei bem ©ebeil^en 
bec mobecnen Sntroidelungdtel^re l^inbemb entgegengetreten bur^ feine SSe- 
fSmpfung ber Zf)tom ber Epigenesis vertreten bur^ S^r. ^mht. SBoIf. 
„NaUa est epigenesis'' äbecfc^rieb ^aller in ber Xl^at einen ^arograpl^en 
fetner großen ^l^ftologie. W)tt barunter ftonb nun feine Dogmotif, fon^ 
. bern einige «orifiglic^e f^rogen, bie weber SBefc^räntt^eit, noc^ ^iftoridmu^ 
^gen. @d tft ma^r, {o originell mie in ber 3rrita6i(ttätdle]^re ift er in 
bec @enerationd(e]^re teineSmegi» unb genau genommen l^at er barin gar 

.feine befonbern eigenen Slnfid^ten; benn bie $räformation§t]^eorie, ju ber 
ec ftd^ l^inneigte, ift nid^t feine S^^eorie, fonbem bie eined SßatiSneri, 

^ lIRatptgli, fiömenl^ol, fieibni}, SBonnet. Malier mugte fel^r genau, ba^ 

' il^ce Seigre bequem unb „einfd^meii^elnb'' audfal^, üieQeic^t mu|te er aber 
mäff bag Sleebl^am fie aU eine unpl^ilofo^jl^ijc^e bejetc^net |atte.^^^) ^eben* 
falld ift ed bei il^m boc^ fein bloged Stad^fpret^en beffen, road anbere 
Sorfd^er fc^on bel^auptet l^atten. (£r fc^manfte eine SEBeite ernftlid^ Stfif^en 
^cäformotion unb @pigeneft8, er neigte bereits ju biefer l^in, aU 99onnet 
il^n mteber iurütfjuiiel^en oermocfate unb er fetbft burc^ bie 93eobac^tung 

. ber immer fd^on Dor^anbenen SBorbitbung be§ fteimeS im (£i beS ^ul^nc^end 
«n ber Spigeneftd, b. 1^. an ber bireften 92eubi(bung Don fiebemefen 5u 
^meifeln begann. ^^''') Sl^m mar ed gar nic^t fo fel^r barum ju tl^un, mit 
biefer SReinung burc^jubringen, aU Dielme^r einmal bie Unl^altbarteit unb 
®dfto&(i)en ber üerf^iebenen ^tjpotl^efen barjut^un. S)ie tritifc^ 3^^' 
ftSrung ifi f^Iie^Iic^ bo^ auc^ ein Serbienft unb ein ®eminn, unb ed 
f))ci(!^t/ pl^ilofopj^ifd^ genommen, bodb ein menig ju ©unften ^aflerS, »enn 

'er f(^(ie|U4 feine (£ntmid(ung§t]^eorie anjupaffen oerf uc^te an feine übrige 

teleologifd^e 9laturauffaffung, e§ bemei^t ba§ immerhin einen pl^ilofopl^if^en 

<3tnn für ben SEBert einer äSeltbetrac^tung aud einl^eitlic^en ^rinjipien. 

(Sr mar in erfter fiinie ein @egner jeber rein mec^aniftifc^en ^uf^ 

faffung ber (Sntmicfelung. Sie fc^mierige f^rage, um bie nac^ feiner 

**') i&ader, ^Sorrcbe über bed i^errn o. Suffon Se^re über bie (Sraeugimg.'*' 
JKeine ©Triften I, 81 — 117. $erg(. auc^ $aUcrS Siccenfton von ^aoid: Philo- 
«ophical observations on the analo^y bet ween the propagation of aainial aod 
that of vegetables (1752) — ®ött. gel. »na. 1753. 6. 519. 
**») »eebijam, Observation» noav.' 1750. p. 168. 

**•) $erg(. $ aller, Memoires aar le ponlet. p. 172, — Eiern, phy«. VIII, 
148. — Sonnet, Considerations aar les corpH organises. III, 111, 186. (Sr 
fagt: ^C^est ainsi qae j'expliqae le developpement : 
.1. Qae le gerine preexiste ä la fecondation, 

2. Qae toates sea parties essentielles ont coexiste dans le meme temps, 
8. Qae le devoloppement des anes parait preceder celai des aatres, 
.., . 4. Qae lear consistance, leurs proportions relative, lear forme, leur 

aitaation subissent pen ä peu de tres grands changements.'^ — 
»ergl. awS^ Sonnet: Palingenesie philos. 1770. II, 273 a. ff. 



l 



■ . •■ . ■ ■^■- . —'77; — 

9Retnung andi ber @))igenefift nicfjt l^ecumfommt tautet: SBtefo unb marum 
entjiel^t immer mtebet bet gleiche ©attungSi^pud? SBarum 5eugen äRenfd^eu 
immer mieber SRenfc^en, morum ein ftirjd^baum immer roieber einen 
ftirfd^boum? SBelc^ed ^rinjip liegt ad bem ju ©runbe? 3ft ed ba^ 
Tzviofta, ber arcbacns, bie anima structrix, bie vis activa, bie force 
v6g6tative, bie vis essentialis — ober ftnb aDe biefe fiöfung3t)etfud)e 
Qttd ben toerfc^iebenen 3^^^^ unjureic^enb unb irrig? 3ft ed fa(f(^, ba^ 
fieben auf ein ^rinjip jurfidfäl^ren ju woOen; fommt nt(6t metmel^r ben 
fefunbären ^rinji^^ien, ben fpgenannten iräRittelurfad^en" (roie (E^panfion, 
Sttroctton, S)ruä, 9letK)Iution, 9tefor))tion, @ecretion 2c.) eine ebenfo gro^e 
Sebeutung ju mie bem Ur))rin5ip, beffen (Emanotionen fie gleic^fam fein 
f ollen? 3f} ber Organii^mud nic^t ein $robutt üerfd^iebener auf munber^ 
bore SBeife, nur burc^ bie immanente fieitung einer göttlichen intelligent 
pfammenmirfenber Jtrafte in ber ältoterie? ältit ber Sifo^rung aÜeiu 
(ommt man nic^t aud. S)ad fo^ ^aller ein, barum feuie Snfic^t^ 
ed gebe teine 5lraf t, in ber nic^t SBeiSl^eit malte. SBäre iiur ber 99led)a^ 
nti»mu§ ba, bann lä^t {id^ nicftt mftel^en, mie bünbe Gräfte immer 
toiAtt, abgefel^en üon Slnomalien, ben gleiten Z\)pn^ f^affen unb boc^ 
babei unenbßc^e Sariotionen im Setail. SBie fommt iiberl^aupt ba^ 
Unbewu|te, bie mec^anifd^ mirfenbe ftroft baju, Semugtfein ju f (Raffen? 
3fl bod flberl^aupt benibar unb richtig? Wlni nic^t oielmel^r notmenbig 
eine ^5|ere dnteOigeni, ®ott in biejen firäften tl^ötig fein?'''') 

S)en @egnern bed Slnimidmud unb lEpigenefidmud blieben nur 5mei 
SBege offen: Sutmeber, menn fte bie 9{euf(!^&))fung acceptierten, aber ben 
älße^anidmud ablel^nten a(S unjurei^enb, mu|ten fte jum Occafionalid^ 
mu§ greifen unb ®ott a(d ben maleren @(^öpfer aud nichts bei jebem 
einjelnen SBilbungdaf te ^erbeijiel^en ; ober aber fte mußten jum $räfor« 
mii}mu§ Obergel^en, menn fte @(ott iion biefem ferneren ©ef^öft emanji» 
liieren moHten, unb fagen, im Urafte ber ©(l^öpfung ftnb oon @ott auf 
eine uni( unertlorlid^e SSeife alle SBefen im fteime Dorgebitbet. 2)ie SluS« 
midelung biefer ^eime gefc^ie^t bann nad^ üon ®ott für emige 3^iten 
befKmmten @efe^en. Seibnis befennt fic^ in faft allen feinen bebeutenberen 
@d^riften iu biefer gmeiten Snftc^t,^'^^) fie mar ja gerabe 5ugefc^nitten für 
feine )iraftabilierte Harmonie. %u^ ba ftnb im Urafte @ee(e unb fieib 
hwcdi @ott bereinigt unb boc^ gef^iel^t a0eS Uipttlxiiz ©efd^el^en burd)« 
au9 medbanifc^, ed giebt feinen influztis psychicus, alfo feine anima 
structrix. S)er OccofionaliMuS erfci^eint immerl^in bod^ noc^ anfprec^enber 
al8 ber $räformiSmud, benn er l^at boc^ einen ftarfen @tic^ in ben $an^ 
tl^eidmuS, mäl^renb ber ^räformidmud eine p^t)ftoIogif(i^e Unmögli^feit 
a(d ein ftotoffa(munber aufftellt unb gtaubt, bonttt fid) retten ju tonnen, 
ba| bie allererften SSitbungdprojeffe ber SSeobac^tung entjogen feien, alfo 
bie 9ßög(i(!^feit eined jur Sntmid(ung bereits üor^anbenen 3Befend bur^« 
aud t)or|anben fei. Sie 93i(bung üon Seben fängt nic^t erft ba an, mo 



**")* »ergr. bad ÄopiUl über bie ^©rennen ber Waturerfenntm«.* 

»*«} Äeibnis, Opera philos. ((Kr*- 17», 475, 659, 711 etc 



.-', __ 7ft 

... _' — _ CO •— - i '* . ' - " 

f 

. utifere ^Beobachtung meint, fonbern fi^on im Uratte, im SBeltbegtnn. 3Ran 

t^äte nun aber ben ^ouptoerttetern bed $räformidmu§, 3irammecbam, 

9RoI))ig^i, Sömenl^of, fieibnii, Sonnet boi^ Unrecht, toenn man etmo 

badete, fte mürben {tc^ 3. 93. unter einem praformierten 3}{en|c^en etma 

einen unenbti^ minjigen, aber in aQen Steilen fc^on proportionierten 

$omuncu{u§ DorfteOen. ^aQer fpri^t Don einem „embryo in- 

. . formis/ anberortd „fetus . . . quo teneiior, eo est figara sim- 

- " - plicior.""-) — ©0 naio mar man auc^ bama(^ nii^t, fe roujaten fel^r 

V^ou, ba^ ed ft(^ eigentlich nur um eine (otente Anlage l^anbetn tonne. 

.. S)ur(^ ben 3^ugungdatt mirb bie {otente (Energie au^gelclt unb tl^re 

^otigfeit äußert fu6 in ber ftc^tbar merbenben StuSbilbung }um Or« 

,. ganidmuS. (£^ ift fpeiieO ber uttramitroffopifc^e ^eriorganilmud, ber 

burcft ben reiieuben S^ufiwng^proiefe belebt mirb-'*'*) öermcge feiner — 

! ^jfrritobiütät. $ot aber einmal biefe %ud(öfung ftattgefunben, fo erfd^eint 

- - ~bo9 ^erj, bejfl). bie Irritabilität, ald bad eigenttid^e ^rinsip, aü ber 

toal^re Sräger unb Sr^alter bed mai^fenben Organismus unb fo erfc^eint 
' : . ^ iufeftt aß baS SebenSprinjip. $ebft bu fte auf, fo giebt e8 fein 

Seben mel^r, fügte g^m^^nnonn. ^ier beräl^ren fid^ alfo bie beiben 

- ' - ^roMeme aufS innigfte. SBeit e« eine I^atfai^e ift, bai baS^erj bejm. 

: /feine Svritabilität für baS einmal Dorl^anbene lebenbige SBefen ber Sebend^ 

. \ träger ift, meit eS aU Sentralpuntt beS SB(utum(aufeS unb ber @äfte^ 

^i^^^ulation notmenbig ift, borum lann nie ein 3uftanb gebaut merben, 

Jn melc^em eS ganj gefehlt l^ätte. SEBeil biefer 3ufton^ unmögHd^ ift 

- - nod^ ber generatio acqaivoca, fo muB notmenbig unb tonfequentermeife 

\'- immer ein 3uftanb gebac^t merben, in meli^em, fogen mir, punttiert jenes 

iSentralorgan mit feiner latenten Srritabilität öoc^anben ift. @o fül^rt 

,:; * - • «Ifo bie fdjeinbar einfat^ftc fiogi! öon einer naturmiffcnfiiÖQftlic^en Sll^at* 

fac^ ju" einer fc^minbelnben Sl^eorie, in meti^er bie Xl^atfac^en feilten. 

-V: -- Unb bod^ ift ein ^el^Ier in biefer fiogif. SBenn fitft jugeftanbenerma^en 

;y^ ; x' b^Suftänbe in ber Sntmidlung änbern, fo ift felbftoerftänblii^ aucfi eine 

. ' Seränberung ber baS äBad^Stum beförbernben Organe gleic^Iaufenb ; mit« 

-'^ / .j;fm lonn unmöglich im minjigen Äcime, im unfttfttbaren Samentferc^en, 

baS einen ganj onbern 3uftanb }eigt, ba^ Sentralorgan oon abfolut 

, . gleich Sefc^affenl^eit, nur in ber Serlleinerung, fein; mithin i(t nid^t 

. notmenbig, bai jenes primitiofte Seben unter benfelben SSebingungen fte^en 

-. ntuBr ^ie baSjenige im DöHig auSgebilbeten Organismus. Ss ift bann 

' nnrt(i(^ ni^t Diel mel^r als reine ©opl^iftil, menn Roller ftc^ bamit 5U 

' ' l^elfen fuc^t, -bog er fagt, bie SBec^felungen l^angen o^ne einen @prung 

jeberjeit burd^ Keine ®rabe jufammen, mitl^in ift „biefeS coUfommene 

. ^ier," baS „juDor unooQfommen mar, Don einer anbern f^igur, oon an« 

berem 93au, ro^ unb unförmli^, bennoc^ unter ben Derfi^iebenen 3Bec^feIn 

einerlei Xier'' gemefen. 2)amit gefte^t ^aller bod^ felbft ju, maS oud^ 

I bie (f )iigenefiS behauptete, nämlic!^ bie gleichmäßige Sntmidtlung 5U einem 




»*) Elem. phys. VllI, 70. 
*«) Eleni. phys. VIII, 154. 



— 79 -r- 



8B€fen, bad ft(6 ganj untecfc^etbet in fjfocm unb @iru(tuc Don feiner 
IteimbUbung. äBarum man bann, namentlich Sonnet, nic^t }ugefte^en 
»oute, ed »ficben Dcgane entftcl^en, bie in tetnec(et SBeife }ut)oc aud^ 
nur irgenbmie e£iftiert l^atten, ift nur {o ertlarli^, bag man bit 3Reta= 
pffiifxt ol^ne Prüfung in bie (£ntmi(f(ung9frage l^ineinjog unb einem trag 
teleologif^en @tanbpuntte fröl^nte, anftatt ru^ig ba8 (Ea)eriment reben 
i|u laffen. — Sd liegt nun na^e, }u vermuten, bie ^nl^änger ber $rä« 
formatton, kior aQem fieibni}, Sonnet unb ^aller, mürben einem extremen 
S)9namidmu9 l^utbigen. fieibni^ ift ber etfte groge ^l^Uofopl^ ber Jtraft. 
€eine SRonabe ift ftraft. S)ad ^Snnere ber ^atur" ift nacft ^atler 
unb Sonnet nid^t t)ie( anberd, aU Don ^nteOigeni geleitete ftraft. äBie, 
miren ba am Snbe jene felfamen, ))räformterten SBefen nic^t t)ie( anbered, 
a(9 latente fträfte, um bie jmar eine m^fttfc^e, unftc^tbare, materielle 
^Ile gemoben ift, benen aber Don ber l^bc^ften, f(^ö))ferif(^en SuteOigenj 
eine beftimmte Stic^tungdtenbenj Derlieben mürbe. S)iefe 3neinanber« 
fc^ad^telung oon fträften mit ij^ren gel^eimnidooden, jd^attenl^aften, mute« 
rteHen @ubftraten märe bann in ber Sl^at bie bentbar ffiäf^z Sufpi^ung 
einer btinamiftifcben SBeUbetrac^tung, gugleii^ aber ebenjo rätfelreic^ unb 
munber^aft, aU ber ®(aube an bie b(oge materielle Sinfd^ac^telung. '^^) 
$8tte bie ftraft einen eigenen ®efe^edfinn, ein eigenes OrbnungS« 
bemugtfein mit georbneteu Sorftellungen unb Sbfid^ten, bann lönnte man 
bie 3n]^aereni einer göttlichen 9Beid|eit unb SRadbt rul^ig leugnen, nur 
mürbe man bie bebeutfame unb nic^t minber Dermidette §rage gu (öjen 
l^aben, moraud mir jenes fd^liegen unb biefeS leugnen; mir müßten er« 
t(ären, ba| bie gefamte 3:e(eo(ogie nur rein menfd^licb'fabiettiüe Snft^au^ 
ungSform ift unb feine apobiftifc^ gemiffe Sigenfi^aft ber gefamten 9?atur« 
melt. Slber man mirb bann miebec fragen, marum biejeS teteotogifii^e 
Renten, maS ift ber Qtoti, bafe mir fo beufen? — ^afler ba^te jeben« 
falld teleologifc^, mie ein jeber, ber irgenbmie eine äSeltbitbung burd) 
einen ©cfiöpfer annimmt. ®ott ift bie 3Be(torbnung, mei( gemifferma^en 
bie SEBeltinteOigeni. Son i^m l^aben bie 92aturhäfte il^re 9tid^tung, il^r 
imedmügiged ^irfeu. W>tt, miegefagt, ®ött fc^afft nic^t jebed Mal 
hixdt i^ed einzelne äSejen neu, menn auc^ $aQer barin gar nici^td W)* 
furbed (el^en tonnte, mie er einmal gegen ben occafionolidmudfeinbUcben 
Sottaire bemerlt. Unfer ^l^ilofopl^ nimmt }u feinem. £obe leine fi^e 
Stellung in ber SntmidUungSlebre. ^r erjd^eint e^er aU ein Uebergang, 
benn aU Vertreter eined trabitioneden <^tanbpunlte9. 9Ba8 atd feine /. 
SReinung erfd^eint, bejeic^net er felbft meife ot« „Sermutungen." @r 
nagt über „bie groge SJ^enge unjulangliii^er (Erfahrungen'' auf biefem / 
fd^mierigen ©ebiete; er betrachtet „bie 9{a(!^ric^ten berül^mter 3Ränner/ 
mit einem argmSl^nift^en unb furi^tfamen ^uge" unb oerfpridit „bem 
Sefer laum ^(udgänge, bie il^m ®euüge (eiften bürften."^'^^) Sergigt man 

^'^y Sßtc ein f^öner ^^ac^fCang au btefeii ^t)iiamidmud erftingt ^rei^erd fßort: 
«9(ae Munitionen ftnb früher ba afö bie i^nen audfd)(te^(t(f) bienenben Organe." 
SergC. ^eutfc^e Siunbfc^au, XIII. ^a^rgang. 1. $eft 1886. 

«") »ergC. Elcm. pb' V 



i 
« 

I i: 



I 



I 






--• - I . • ■ -^ . - 

■ ■ " ■■.:-■■-- ../■•' 

foIc^eäBorte ^aderS nic^t, bann ift ed bo(^ n)ol^( unimetfel^aft ein 3rr« 
tum, i^n etoa a(§ ben Vertreter ber ^räformatton Qnjufel^en. 

Sd mar in ber S^at „bad (e^te ^öc^eln bed fterbenben Dnto(ogi§« 
mud/ bem mir im S^ttaUer ^allerd begegnen. @cf)on fofi im S^obe^^ 
iol^i ^QÜerd ift bie ©enerationdlel^ce SBolfd in bie ^l^ilofopl^ie eingejogen. 
leteni^ *•'**) mad|t bie S^nt^efe jwifd^cn ben feinblid^en Se^ren unb nennt 
fie (Epigenefid burd) Soolution. @d ift nic^t 6egreif(i(^ nac^ feiner %n« 
ft^t, mie bei ber (Sntmidtelung bed tierifcf)en Körpers unb bem Stnfa^ ber 
na^renben unb treibenben SRoterie nid)t au^ neue orgonifc^e formen 
foOten entftel^en tonnen. %cA (Sfperiment, bie S3eo6ac^tung ift biefer 
Snftd^t günftig, a(fo f&IIt bie einfeitige ^uffaffung ber (£))o(ution al^ 
blo|e Slu^midelung gufammen, unb an il^re ©teQe tritt bie neue (Eoolu^ 
tton al9 burc^ @toffanIagerung erfolgenbe, allmä^nd^e 9?eubi(bung ju 
immer l^öl^eren, orgonijc^en formen. 






': '"j J - • Äedjßtes fiapitcl 

ffiÄ ift ber fc^miertgfte Seil unferer gonjen Unterführung, ben mir 

an ben ©d^tufe berfelben fefeen. ©ein Sn^att entfernt fi(% fd»einbar meit 

. t>on ollem 99i§I|engen unb bo^ mirb man barin Siele§ finben, bad 'ttn 

Sufuntmenl^ang betnnbet, unb und namentlich ben @ebanfen aufbröngen 

: . ober »enigftend ernftli^ ju bebenlen geben mirb. ob nic^t Roller eine 

ganj anbere Stellung, eine ganj anbere — ic^ möchte fagen — geiftige 

, \ ^^^fiognomie anjuerfennen fei, ald man ed bisher im allgemeinen getl^an l^at. 

V .": ^ ^^^^^ M ^i^^ l&anbefn um eine ®arfteflung unb Äritif oon 

^allerÄ religio«* etl|if(!^em 3)enten unb (Smpftnben, feiner ftaatstl^eoretifdjen 

• : ^ . Änftc^ten unb fetned SJerl^ältniffe« 5ur ®efc6id)tc. S§ pnb a(fo breierlei, 

»ie man meinen foHte, bod^ jiemlic^ oerfcftiebene Sn^alte, bie l^ier neben* 
einanber, nui^einanber unb burd^einanber bel^anbelt merbeu f ollen. 9ber 
»enn mir fie nic^t in ebenfo oie( befonbere Kapitel auflöfen, fo l^at bad 
feinen ®runb in ^aOerd eigenem SBerl^alten ju bem ©toffe, in bem 
- - (S^örafter feiner ©diriften gegen bie Äufflärung. SBir lernen ha me^r 

bie ^erfonli^leit fennen, unb eine folclie in ein Softem, baS fie felbft 

/ nid^t l^at, treffen ju moßen, märe eine Art .SSergemaltigung, bie bad 

' l^ißorifc^e 93itb nur untlar unb trüb marinen mürbe. 3[mmer|in foH, fo 

Diel ed und erlaubt f<t)ien, ein erquictlic^er ©ebanlengang in ben bei ^aOer 

fo jerflreut uml^erliegenben ©töff gebracht merben. 

(Sd mürbe fc^on in ber S^arfteüung oon ^aderd $ft)(^o(ogie beutUd^ 
barauf l^ingemiefen, bag er foiufagen eine mel^r ober minber unbemu^te 




! **«) 30^. 9lic. 3:ctcnfl: ^^itof. 95crfw(§e über bie mcnfdjficftc 9latur unb i^re 

(SntJüirferung. 1777. JI, 448 u. ff. "XtUn^ Ücfert uiiferc« SBiffen« bie befte un^ 
QUdfü^rtic^ftc jtritif ber beiben @encrattond(cfjren. 



4 



• •' — -■ 81 — 

* 

» • ■ 

hop)fAit SBud^fül^ruttg ^a(te, einecfettt l^abe er auf her koiffenfi^aftltc^en 
Seite eine Zenbenj jum (b^nomiftifcben) SRoteriatidmud, anberecfeitd aber 
^(te ec, bucc^ ben 3ritgeift eine9 SonbilKoc unb SBonnet k)ermut(t(^ be« 
einflult, ben äBtbetf))ruc^ f^einbac fiberfe^enb, bo(^ an bei Srnmateriotttät 
bet €ee(e fefi. S)iefer äRangel an Surc^ftd^ttgteit jeigt ftc^ in einem 
nod^ größeren Umfange in jeinec Stellung ju ben bie bamaüge ^t\U 
mad^tig bemegenben religiöd^etl^ifd^en gftagen, unb bei 9Range( an Sui^^l 
{id^tigfeit »tdb l^iei jn einem 3){ange( an SRut unb ftonfequenj; ed^j 
j^egdt {tc^ abei baiau9 au(6 no^ eine anbeie allgemeine Xl^atfai^e, bag 
Sileligion unb Stl^it feine SBijfenjd^aften fein ISnnen, bag mitl^in alle 
Stieitigteiten auf biefem (Gebiete einen l^o^n, fubjeltioen S^aiaftei be« 
l^alten unb baium oft untei biejem 0efu^ti»))unft betiac^tet werben müfjen. 

SBaft und Dor allem an^ielj^t, ifi bei gewaltige Srnft, ben ^aOei I 
bei So(^ entgegenbringt, unb l^ierin, f^eint mii, fiberrogt er bidmeiten ^ 
oiti^ ganj l^ettwaagenbe Senfei bei SufH&iung. Sc^on a(d jimger 3)ic^tei 
bmd^Iebte ei bie $iobIeme feinei Sel^ibiii^tung innerlich unb gilt barum 
mif siecht a(9 einer bei wal^iften fi^rifei. S)iefe(be Srjc^einung jeigte 
fi4 fpater, i^emt^er 3rit fanb, über 0ott unb ben 9]?enf(^en nac^jubenten. 
8bei ei tiug einen SBibeif))iuii6 in fic^ unb bat)on tonnte er ftt^ nic^t 
befreien. (£i war weit baüon entfernt, baft ju fein, a(3 wad er gelten 
wollte, nämlic^ ein glaubendtwdei (S^rifi. Sein fc^arfei anot^tifci^ei Sei^ 
flanb wai ftärtei a(d bad @emttt. Sai» fal^, ba8 fpüite ei, abei er 
wollte ba8 SBerl^ältnid umfel^ren unb bad getong il^m ni^t — unb barum 
war er oft innerlid^ fo jerriffen, fo unglfidtic^.^^^) @erabe bad untere 
fd^eibet i^n fc^arf Don ben Stationalißen, e9 ift wenig ober gar (ein 
inneres fieiben bei biefen, meiftend nui ein au|ere9. (Ir ift aud^, im 
®egenfa4 etwa }tt SEBolff, ber SReinung, nur bann wirte bie Steligion 
auf unfei fittli(^e8 SSeil^alten, wenn au^ unfei ^eij, alfo unfer @efä^(, 
unfer @emüt Don il^rem ^nl^atte ergriffen wirb, wenn wir joiufagen aud^ 
^l^^fifd^ afftjiert werben. Z)ei SBeiftanb allein, bie Demünftige 3Rora{, 
anbert ben^SRenfi^en nid^t. Sticht bei tl^ut bad ®ute, bei ed mit bei 
Semunft eitennt. S)ie ®ef))altenbrit Don SBentunft unb äBiOen, bie äBoIff 
gan5 fibeifal^, eilebte ^aßei an {t(^ felbß unb baium b^t füi tl^n bai^ 
(SiIöfung§prob(em eine ganj befonbere Sebeutung, unb barum ftelKt er 
al9 JBaftd ber 9te(igion unb äRoral * nic^t bie SBemunf t, nic^t ben 3n« 



^"^ 'SRan tNrrglei^e ^ieau ^agebu^ H. 228, 234, 245 2C. @. 286 : ^te 
Ueberjeugung von einem Scben tiad^ bem S^obe berührt i^n ^raxi ber matten 
llraft einer t^eoretifc^en SBßaijr^eit." — @.288: ,ß^ \\x boc^ nid^t rec^t be^ 
greif ü4, xovt ein SKenfc^ )ng(eid) glauben ..... tmb nod^ fo laix bleiben fönne.'' — 
@.295: ,,SBa^ ^i(ft mir mein äu^erlic^ed ^^nftentum.'^ — @.a04: «äßarum ift 
nur ber ^ifio rt f (^ c ®Iaube ba, unb feine Hoffnung, feine Siebe, feine ^anf bar feit?" — 
€>. 309: »SScber ben flarfen @(aubeh ^abe ic^, no4 ben fc^mac^en. (Sd ift nic^t 
@eIbPgeföIIigfeit, ni(i)t 3utraucn auf meine Strafte, bie mir fc^aben: ed ift b(o^e 
llnfamiliaritöt mit @ott unb äRanget an Vertrauen.* — @.316: ,.^ie 
Vernunft, bie Offenbarung — aUed (|at mic^ an ®ott getoiefen. — 3(ber ba« $era — 
id^ gittre ed ju fagen ! $tein ^txi ift oon %oii entfernt'* :c. — Unb bied einen 
SRonat »or feinem a:obeI 

■ '"••■ ■-..-'■•■.• a 



\ 



4 



II 



1 



-:.\ 



I 

: 



f 

t 

■ 






/]'■ 



— — 82, — . -■•-■. ■,!■ • 

ieOelt l^in, fonbern mefentttt^ Sefül^t unb SEBinen. Stber bie Sinftc^t in 
bie Stotoenbtgfeit ift ntc^t eiitd mit betn SBeft^ beS @(auben3. 2)ai» 
fca| in $aQerd @ee(e, unb menn bann noc^ (''^Qltfc^e 3)6preffionen ^in» 

iiUtamen, benen er mit sunel^menbem SUter immer mel^r unterworfen mar, 
))erfte( er in eine un§ peinlich beräl^renbe @e(bftquä(erei, in fru(^t(o[e 
3Relon(i^oIie.^'^^) S)er beutlic^ Stieberfd^Iag ]^iet)on iß fein XageBu^, 
ba9 ft$ mit Unterbruc^ über Dier ^a^rje^nte erftredt. ißtixa ^oi jmar 
immer üon biefer unb iener Seite Derfui^t, ba^felbe cX^ ein rül^renbed 
3^gnid, a(9 einen ergreifenben Semeid Don ^aderi^ ^rSmmigleit aufju^ 
faffen. SBir ^nb barob gonj anberer SRetnung gemorben; bie äBiber- 
fprüd^ in feiner ^j^c^ologie, bie feltfamen ®erä(^te bei feinem KbleBen 
^aben nnd babei no^ beftärtt. 3ebo(^ $aQer a(d Aeitmeitig fc^ier Der^^ 
räA onjufe^en, toie bo8 Sombrofo ^^^) au9 ftc^ fi^einoar miberfprec^enben 
^eugerungen ^allerd }u iditiegen- beliebt, ift nivA ya, meit gegongen unb 
ein 3^^^ ^pn geringem äJerftanbnid für il^n. 

9^$t koeil ^aller „gläubig" mor im geläufigen @inne be§ SBorted, 
barum^em))fa]^( er ben @Iauben, fonbern meil er ed ni^t mar. @o |)arabo£ 
boiS Utngt, fo menig i{i tl fo. 2)a3 Zogebuc^ l^at etmad Don ber Siatettit 
einer jerriffenen unrubigen @ee{e. Sd gleicht einem Sichte, bad hcX\> l^odb 
aufflaaert, batb in ftd^ jufammenfmtt, alfo nie g(et(^ma|ig brennt. 3n 
,,merunbimoniig ©tunben'' änbert er fic^ „jel^nmal.''^^^) Sie Vernunft, 
faaten mir, mo^t $aQer jum 3^eife(nben on überlieferten ©taubendfä^en. 
Slber er möchte botb bie Xrabition gern in Sl^ren l^aUen. @etn eminente^ 
SerantmortungSgefül^I, feine Slnftdgt Don @ott all bem UnenbUdb^n, Uner- 
grünblic^en füqrt jur olten Aonlequenj, bag ber äJtenfi^ a(d enbtit^ed Sing 
@ott eigentlich bod^ nic^t erfennen tonne, a(fo nic^t miffe, xoa% er ju tl^un 
l^obe, um auf bem rechten, b. 1^. @ott ongenel^men SBege ju fein, ^aller 
ifl testen Snbed Don ®ottei} Safein nur nod^ l^ißorifc^ unb aui^ bem 
allgemeinen ©eftd^tdpunlte ber Staturorbnung überjeugt, unb mie menig 
ba8 l^eigen moUte, bad füllte er felbfit. 9(ber er mugte nic^t, mo er einen 
(Srfa^ finben tonnte, unb rneil nun fc^Iiegtiii^ bad %\M bed 3Renf(6en 
bad 3i^( jeber Sleligion ift, unb mei( bie dbriftlid^e Stetigion l^iftorijc^ 
Seif^iele in groger ^üQe aufmeidt, aud benen er^eQt, bag ber ^tvi\i^ in 
ber Xl^at burc^ ben @(auben unb bie 93efotgung ber @ä^e ber c^rifttid^en 
Stl^it glüdß(i^ unb iufrieben merben tann, barum allein empfal^t er, be^ 
tonte er ben ungel^euren prattifc^en SSert bei^ (^riftlic^en @IaubenS. 
Sber alfo nic^t barum, mei( er bie SEBol^ttl^at eined folc^en in l^ol^em 
SRage felbft genoffen l^ötte. @3 gilt aud^ Don il^m, xooA 9lie^f(^e Don 
(SarlQle fagte: „Sad Serlangen nad^ einem ftarten ®(auben ift nic^t ber 
SBemeid einei^ ftarten ®(aubend, Dietmel^r bad @egenteil.'' S^frieben ift 



s^) Serg(. 3:age5u(^ IL 304, luo er felbft gcftc^t, feine fc^mac^e ©efunb^cit 
!5nne einen ^eU baju beitragen, ba^ i^m „mtit^ \o \6^xoaxi" oorlomme. — 
11^ 267 mVi er freiließ nic^td oon «^ppo^onbrifc^en fünften'' niffen. 

»*») »ergt. Sombrofo, ®eme unb Srrfmn (SHcc(am), S.85, 94, 109, 320, 
322, 324 f., 338. 

»«) «ergl. Sagcbuc^ H 241. 



! ■ ■ w^m^ma^mam 



-. *■ 
t 



- 83 - 



*$aDer nur, toenn er im ftiDen ^rbeitöjtmmer unter feinen überaus 
geliebten JBttc^em fi^t unb in angefhengter SHxhdt ftc^ mgigt.'^^) Sber 
mie er anf bem ®ebieie ber SBiffenfc^oft bie ^^potl^efe betbebatten \doUU, 
nic^t meil er (elbft fte befonberd übte, fonbern »eit er ibren »tffenft^aftUcb^ 
-l^rciitijdb^ SBert einfab, ebenfo qu9 bemfelben ®mnbe üerteibigt er bie 
c^riftlicbe Sleügion gegen bie Angriffe eined SBoItaire unb ber bamaligen 
t$reigei^er. Sr [ab, mie bie ©lepftd legten SnbeS jur S)iffo(ution aUer 
beßebenben etbifcben $rinii))ien fül^rf ') unb einem fc^arf ausgeprägten 
@ub}ettimdmu9 bad SBort rebet. Sa nun ber aRenfdb feinen ft&rtem 
XxiA ffat ald ben nacb SBefriebigung egoiftifc^ SBebürfniffe, unb ber 
-€tonb))untt ber ®tepft9 biefem Srieb nidbti' entgegenjufe^n »eijl, mei( 
-er aOeS al8 ungemi| anfielt, fo fül^rt ber 3nbik)ibua(idmud notmenbiger« 
tDeife jum bellum omniom contra omnes. S)a9 bebeutet aber fq üie( 
4i(9 Semic^tung alled fo^ialen Seben9, ja aller fiultur. — *S)a| ßaUerd 
ibnfequeu} l^ier Diel ju »eit ging, braucht faum g^agt ju »erben, er 
lannte eben noc^ nicbt ben SBert bed fojiaten ZriebeS im üRenfc^en ic. — 
ttter nic^t nur ber @teptiii9mu8 ffil^rt nadb j^^^ SReinung ju einem 
i^lfimmen (Enbe^ fonbern aud^ ber 9RateriaIi9mud. SEBenn alled mec^anifc^ 
notwenbig nacb unabanberticben Sefe^en jugel^t, menn ber 9Renf4 eine 
Wo^äjünt ift, toie Samettrie fo (flbn behauptete, bann ift nicbt abjufel^en, 
marum ber 3l^enf(b nic^t tl^un barf, mad fein $eri begel^rt. Sr ift ja 
nicbt berantmortli^ bafür, meber ft^i, no^i iemattb anberd, nocb einer 
^5^em üRacbt.'®') (Er tl^ut, »ad er mu|, nic^t, wafi er foll. S)a3 ift 
hxt ®efal^r beS STIateriatidmud, ganj abgefel^en baüon, ba| berfelbe »iffen« 
icbaftKc^ bad Senlen überl^aupt ni^t erHären tann aui» rein materiellen 
^riuiipien, mie au(^ ^aOer mugte. 9((fo fomol^I @teptici9mu§ mie 
"StatertaliiSmud bebeuten in il^ren Stonfequeuien für bie (Etl^it eine Suf« 
ISfung unb 3etftörung berfelben. 9tun ift bie ^ufttärungdpbilofopbie 
f(eptif(b^materia(iftif(i^ geftnnt, mitbin ift ^aller ein (Segner berfelben, 
^ber aud allgemein prattif eben Sladftcbten unb gteiibfam aud perfön^ 
iic^m Unmoblbeftnben. Sie Slbneigun^ gegen bie %uft(ärung bringt i^n 
^u ber bunten ^(eu^erung gegen Soltatred unbebingte Zoleranj: ,,9Bann 
finmat ber b5fe äl^enfi^, bur^ bie fienntnfil einei» belol^nenben unb ftraf« 
fenben @otte3 jum ®uten aufgemuntert, üon Saftertj^aten aber binter« 
balten mirb, fo ift bie Sermerfung einer fo((^n 9leIigion ein bem @taate 
ftibfiblUbed Untemel^men, moburt^ bie 99anbe ber (SefeOft^aft erfcbüttert, 
4inb ein jebed STIitglieb berfelben in Unftt^erl^eit gefegt mirb, fo balb fein 
Unglüd bem oorurtl^eilfre^en ^l^ilofopben ju einigem SBortbeit gereidben 
fan." ©olcbe Se^re ift „(Sift," unb ber @taat ift im Jfltiit unb in ber 



sei) 



') 9er^(. %a%cbvLd) 11.253, wo er fagt: „^en ganjen Xag« bie diu^ejcit 
ieben Sugenbdt! metned 2cben%, beflißt mcme unruhige Sierffuc^t, bie i(( jti ni^td 
-bräune, a(8 mi^ 3u ^inbern, ba^ id) mic^ felbfi nid^t einfe^en möge." 
«m 2«. guli 1741. — «ergC. XogebutJ II, 290. — genier aimmermann, 
Heber bie ©infamfeit 11, 220. 

*•*) Uergt. au4 ^gabiufl unb ©ato/' 6. 266. 

»^ «ergt. JBriefe gegen «oltaire II, 53, 54. 5t(eine Schriften I, 12, 13. 



- F' 



..■■.— 84 — ..■'■... 

$f{t$t/ bte Süidbieitung fol^ ©ebanten ,,5U l^emmen unb 2U untet« 

btütfen/*") SKan fielet batau9, »ic rcirt J>caftif(i^ Roller bic (rcfigtöfc) 

/ %}^V^ auffaßt. 3ft bte SBirtung einer Snfii^QUung eine gute, bann ift 

/bte Slnfc^auung je(b{it gut unb rid^tig, bann ntu| an t^r feflgel^aüen 

I »erben. SüaiS) ber Sere^tigung bed 3®etfete au9 SBemunftgrünben mtrb 

^ ) nic^t gefragt. S)te Z^at tjl maggcbenb. 3^^H f^nb t^atenl^emmenb. 

\ . @erabe bted leitete erful^r ^aller perfönlid^, unb bte Ot'P^'fition ba^egen 

t V ^^ ecfc^etnt »te eine O^jpo^tion gegen jtd^ felbft. @d ifit ein romanttfd^er 

% 3ttg liier in il^nt. — Stimmt man ben SRenjc^en bie Jßeranttoortlic^feit, 

f ^ ba9 (Semijfen, bann jerflört man il^r fttiUd^ed 89emu|tfein, man f(|offt 

\ t ber ^ulbigung m ben ntebem SgoiiSmuS Staum, unb barunter (eibet ber 

; : ^•l €taat. S)er aRateriatidmnd ift aQo ftaatdgef&^rnd^. 2)iefe «nftc^ten 

. : - ' 1 Raubte ^aDer l^iftorif^ fc^on t^ermirtltc^t ^u ftnben, bei ben Moment, a\% 

t V - ^e unter bem (Einfluß ber e))ifureif(^en $l§i(ofo))]^ie fianben, fobann neuer« 

i /- .:^ btngS tu ben rebo(utionären 0ett)egungen in Snglanb unb f^tunfreid^.'^^) 

-: 23enn ^aOer bem 3Rateriali9mud fo bitterbSfe begegnet, fo mug 
man bebenten,^ ba| ber $au))tt)ertreter bedfe(ben ein alter perfönß^er fjfeinb 
xm tl^m ift, vS^ meine £amettrie, unb ba§ bte SBaffen, mit benen ber 
^m fonft nic^t fo unliebe Sottaire ju fed^ten beliebte, auc!^ einen mtnber 
emfien S)enfer a(i^ ^aller gehörig in ^arnifc^ bringen mugten. * 

^ £amettrie l^atie in ber S^at ni(f|t nur ben äDtaterialidmud neu be« 
grfinbet, fonbern auc^ bie ftoniequeiijen einer materiatiftifc^en St^it beuttic^ 
mb abftoSenb genug gebogen in feinen beiben Schriften „Anti-Senöque 
ou discoai'S sur le bonbeor^.unb „Art de joaii';'' in ber (entern 
fogar, bie boc^ fc^tie^Hc^ nid^tS mel^r anbereS ald eine u))pige SEBol^Uuft* 
Ie$re in teilmeife noDeUiftif^er fjform bel^anbelt, ba8 reijenbe ®ebtd6t. 
„SHmd" tx)n ^aller in ein fc^te^teS f^ratiiöftfc^ äberfe^t'^^) unb mig' 
braucht, bag fiefftng nic^t uml^in tonnte, i|n in ber fci^ärfften äBeife ivl 
rfigen. Sn ben Singong feiner Se^re {iteOte Samettrie ben einfc^meid^eln« 
ben ©a^: „Nons serons doux, gais et complaisaiis.'' ä8ie tange? — 
] S)a9 ®(fid beftel^t für il^n barin: »Avoir tout ä soobait, heureuse 

\ Organisation, beautö, esprit, graces, talens, boimeai*s, ricbesses». 

! • santö, plaisirs, gloire, tel est le bonheur r6el et paifait."*") 3)ai^ 

^ : '.. 1^ bie «beffere ^l^ilofo^jl^ie, biejenige ber SKebijiner," "®) »ie er fie nannte; 

itimm ben guten SRoment, menn unb überaD »o er tommt, geniege bie 
@egentt)art, Dergig bad SSergangene, hcA nid^t mel§r ift, unb färbte teine§« 
ueg8 bie 3u^nf^- ®(Qube an betne @tnne; „bois, manges; dors, 
ronfles, r^ves, et si tu penses quelquefois, qne ce seit entre deux 
Yins."'**) Sfl man nic^t }ufriebeu bamit, l^aben mol^Kfiftige 9}er^ 



\ 



\ 



~ I 



*") »riefe gegen 35oüaire II, 45, 46. 
«*j ÄCcine ed}xi\ttn l, 40, 41. 

^ Samettrie^ Oeavres philosophiqoes. Amsterdam 1753, tom. II, „L*art 
de joäir.'* p. 7—10. . 

. *•') £amettrie, Oeuvres philottophiqaes. „Discoars sur le bonheur,*^ p. 7. 
«») id. p. 41. 
»•) id. p.98. ' ^ 



IP ^ • ^^ ^ t- . ^^^ A • *-«< '«Ai 






— 86 — 



^nügungen feinen Ket^ m^t, nun «Fordui'e et rinfamie sont ton 
pai*tage; vantres-toi, comme fönt les porcs et tu seras beureaz 
^ lenr mani^re." S)iefe frtoole Suftfel^ce tft {mar ntii^t ganj neu, 
aber barum ntd^t nttnber geringwertig, unb ed mug bo(^ g^fngt merben, 
Samettrie xoax Derbientermagen ,,ber $rfige(]unge bed Watmalii^ 
mu9/^^^) ob er nun bie|e (raffe 9RoraI felbft ge(ebt l^at ober ni^t, ob 
er nun baneben ein guter Itert mar ober nic^t, ob il^n nun ^riebri^ ber 
®ro6e unb 3l^au^ertui9 in Bäfnii genommen, ober ob il^n ^ader oer« 
abfc^eut l^at ober niti^t. SRan mug eben alled (efen unb nic^t auc^ ba 
noi^ retten mollen, koo nii^td mel^r ju retten ift. @elb{i ein So(taire, 
ber bo^ ft(^ gerne att Vertreter ber Zolerana anfal§, urteilte buri^aui^ 
4mgünftig über il^n. Wan tann entf^ieben fiamettrie bie ftonfequeui 
iii^t abftire^en, er ifi bnfequent bid jur (Semein^eit, aber man mug ed 
•aud| unbebingt oerurteilen, bag er jene „Infamie'' felbß ))raltiiierte gegen« 
ftber einem tu morolifd^ ^infi(^t fo burdb^^ud ernfhn unb reinen SO^onne 
toie j^aller. S)er (^l^^fifalifc^e SRaterialidmuft bürfte ^aller nic^t fo ah* 
^gef^redt l^aben, aü Dietmar bie fionfequensen baraud ffir bie Stbif. 
Un9 tnimfftert ed l^ier nid|t meiter, bie {lerftolid^ S^if^is^^ten smifc^en 
Samettrie unb ;^aQer ju erörtern. (Ed ifi bie9 fc^on in Dortre^Itd^fter 
'^eife twn tunbiger unb liebebpQer"^) $anb getl^an morben. f^alfcb ift 
nur, »enn man meinte"^) unb no(^ meint,"') ßaller l^atte rul^ig f^meigen 
foHen, alft il^m fiamettrie in fo geriebener Seife ben ,,homme machine'' 
iVi toibmen oerftanb, fa(f(^ barum, »eil man tbatfäc^ti^ glaubte, Samettrie 
fei ^aller^ @(|äter gemefen, ald ben er ft^ Ifignerifc^ audgab. SKan bot 
iai bidber, mie ed fc^rint, gonj Überfeinen, unb boc^ fianb in ber J^aUi« 
i(^ JBibtiotl^et au lefen: „SBir bebauem ben ^rm ^aOer aufrichtig, 
bo6 er fo ungifimicb gemefen, rinen fo Abel geratenen ©Etiler ju {iel^en, 
ber ben treuen Unterriebt nicbt gef äffet unb ben on il^n gemanbten t¥(ei| 
iintierantmortßc^ oerbanlet. '^ '^^) ®(aubte man baS unb l^atte $aller 
gef^miegen, . koad l^atte bann für neibif^e Smgm — unb beren gab ed 
bamald — näl^er gelegen a(9 ber Serbad^t, ^aller fei in ber S^at rin 
gel^eimer SRaterialift. SBenige ^al^re fpSter l^at man il^n be9 Sltl^eiSmud 
tbejitibtigt, totii er ben KnimidmuS befäm)ifte. 3Rir f(beint, ber ganje 
€trrit fei mel mel^r a(9 b(oge $rik)atfa4e gemefen. SRic^t b(o| jmei 
:iier(e|bte (EiteReiten jmeier l^eterogener Sb^rattere gerieten megen einer 
Sebilation anrinanber ober megen einer biffigen ftritif, bie ben SSormurf 
1)e8 $(agiat9 entl^ielt; nici^t b(og ber emfte, fcbmere^aÜer unb ber fröl^« 
liibe, leicbte, (ebenSluftige Samettrie, an beffen SBi^n fic!^ ein groger 
4König amüfierte, nicbt b(o§ bie büftere 9(ufri(!^tig(rit unb bie (ä($e(nbe 
'^erfibie, nein, eS ftiegen SBeUanfci^auungen jufammen, bie fic^ gegenfeitig 

»*) Sänge, ®ef(^t(^te bed 9Xateria(idmud, 6. lufl. I, 327. 
"*.) feirjet, «. ». $aaec« (Scbid^te, p. CCLI7 ff. 
. *»^ a)tt »oi8»Sflei|monb: Samcttne 1875, ©.10. 

J «Tt) ^orifcJv: ßömettrie, 1900. @.23, 30. Qünev „bünben «öut" war hattet 
^av ni^t fä^ig tro| feinet (^roften (S^rgeijed. 

•!*) «a<jjri(5ten oon einer ^am^en JBibliot^e!. 1748, 6. 75. 



.1 

•4 



4 
t 



•I 



— 86 . — ( 

_ oudfc^Itegen mugten. SRit bec ^I^Uofopl^ie Somettried »ac fioller »a^r« 

f4etnltd| 1747 vertraut gemorben bun^ bie fieftfite ber „Histoire na- 

tnrelle de Päme. ''-'') ®em Urteil bacflbec (te| an ©d^ärfe nic^tt 2«^ 

i ofinfdien fibrtg. Sie ^f^ci^ologie ber beiben mar bo(^ eine fel^r Der« 

fc^tebene. SBenn mir jetgten, bQ| ^aller eigentlich jum S^namidmuS^ 

tenbiere, fo muffen mir uniS ingleid^ erinnern, bol eS bei il^m noc^ ab« 

:• fo(ut bttt burc^gebilbeter, il^m felb^ Kar bemühter S^namidmud mar; 

Sainettrie bagegen l^ulbigte einem ftrengen SDtec^amdmud, für t^n ift bie 

l : ^ ■'■' €ee(e leine befonbere ftraft^ fonbem ®el^trn)>ro}eg. ^aÖer bemerfte ba« 

gegen: SB&re bie @ee(e nnr materieller, alfo andgebel^nter Statur, fo^ 
'i : m&cben jmar bie (Snben ber @(!btagabem bed Q^xca^ unb bie Anfänge 

bec 9tertienfafem in i^ren einjetnen Xeilen ffll^Ien, aber eine SRitteilung. 
bec (Em))finbungen mttrbe ni(6t fiatifinben. Sft mürbe ein befonbereS^ 
G^aDcentrum, ebenfo ein otitifiib^ Sentrum it. ba fein, aber ^»tein aO» 
:' mneinec fyxx," „ber {td| aO biefe ®egenben jueignet," ind einl^eitüc^e 
SoDttltfein bringt, „bem fte au biefe Smp^nbungen soOen;" eS mürbe 
ans bie^ Sbem unb gfafem {ufammen ,,teine $erfon, feine Seele ent« 
^l^en, mte bie unfrige; benn biefe befi^t mit gleid^er 9Ra(^t — ato ein: 
^ - einiget, ftc^ au bie t)erfd|id>enen (Einbrüäe ber @inne gueignenbeS SEBefen — 
aS oiefe Mrft^iebenen SoDf^&tten ber ®inne; fte Dereinigt il^re Stnbrüde 
m einiges Und." SS ifi falfc^, ju fc^ttegen, bie @eele fei SDIaterie, meit 
: ie nac^ ber t)erfd^id)enen 9Df{if(^ung beS f^Iüf^gen unb tieften im menfc^« 
lif!^ fibrper, jje na^ ber Deronberten Sage unb ©teUung unb übrigen 
< : dufSffen bte äßirfung ber @eele fid^ autib ))erf(!^ieben unb baju l^armonif^ 
.. Sn|ere; biefer B0m% fri fo falfc^, als menn man |o(gem mollte: „SBenn 
'^' ^ie Sonne in ben Sßeribian tritt, fo jeiget rine rid^tig gefreute Ul^r SRittag. 
an, folgliilb ift bie @onne ber Semeger ber Ul^r.'' '^*) S)ie ftc^ a(S Sin* 
l^rit bemulte, baB Getrennte jur Sinl^eit bringenbe @eele mSre a(fo avi^ 
SamettrieS flnftc^t Don ber XuSgebe^ntbeit unb Zeitbartrit ber @eele 
ni^t itt erllären. ^aller aber ging boc^ ju meit, menn er glaubte,^ 
£amettrie b^be feine Sufidb^ oon riner „itemlii^en KuSgebel^ntbeit'' '^^) 
beS @eelenfi^es mi^rau^t, meil er baraud folgerte, bie ®eele fetbfi 
I f^ auSgebel^nt. Samettrie ging nic^t kion ibm auS, fonbem kion Sutre}'^^) 

^ ttnb SeScarted, aQerbingS oermertete er au(^ ben ^^{ob^namiSmuS eines 

I . ; SBonnet unb ^aDer, aber ftc^ertii^ juerß nic^t, um jie ju bistrebi« 

\ .:- ^ . \ üeren. Sie tl^eoretifcbe S^mai^e beS SuaßSmuS blieb biefen ganj 
i tierborgen, unb fiamettrie bleutet tro^ allem il^nen gegenüber in ber 



t ■ . ' 

t 



r 



I ' *'•) 3n ben gefammelten SBerfen, Slmfifcerbam 1753, »cröffcntCte^t unter bcm 

* V Xitel .traiti de räme."* 

«•) »ergr. Xagebuc^ I, 16, 17. a:ogc5u4 b. meb/Sitt I, 252. 
\ «') »ergL Jagebuc^ b. meb. Sitt. 1, 212 f. 

1 '^*) Rätter behauptet einmal, ber ganje ^homme machine'' fei eine Stepetttion 

) 9on Sucres' „de natura remm." Son bem geißooHen 9iömer badete er su gering. 

\ . ' sistb fuc^te nic^t nur beffen f^ilofop^tc, fonbem aud^ bie poetifc^e ©prac^e ^erabsu- 

! minbem. (Sr begrüßte ben „9(nti(ucretiud'' bed (Sarbinald be $o(tgnac (1748) oi^ 

\ ^nni meit beffere unb reifere $^i(ofop^te," bie nic^t fo wunbcrlic^e SBiüerfprüt^e 
) enthalte atö bie bed Sucres. Sergl. 2:age6u4 J^ 55, 56. 



n iryj 



■Man 



■> *. > 1^— I». 



•■" I* ' in 'yi i *!^ 



— 87 



SloxfitH bed Senfend einen niii^t 2U t>erlennenben ^.o^tfcfiritt. — Sie( 
fc^arfet aü in ber ^f^d^ologie ftnb bie @egenfa^ Stoildjen Samettrie unb 
^aller in ber Stl^if nnb in il^rem SSerl^ältnid jui Steligion. ^(d ^e* 
tetmtnifi unb STIec^anift tennt jener natürßd^ gor feine rechte $fli(^ten^ 
(el^re, er ^ot alfo eigentliti^ gor teine IStl^il, feine Stellung ber Aufgabe 
bed SRenjd^en. SBenn ed eine $fli(^t giebt, fo tonn ed nur bie fein: 
®enie|e unb tümmere bic^ nur um beine eigenen fiuftgefül^Ie. (Sine 9}er« 
antoortung barf er nic^t fennen, fonft giebt er ben 9]{e(^ani9mu9 auf. 
9Bie ganj ungel^euer onberd ifi ^aller geartet! 3{l fiamettrie in feiner 
Srt ein CEitrem, fo ift e9 $aQer and^ unb itoax in 9flttdfic^t ouf fein 
8erantmortIi(^teit8gefii|r gegenüber 0ott, ben SRitmenfi^en unb ftcib felbft. 
3tt Samettried Xl^eorie fel^It bo9 (Setuiffen; $aQer l^at ein ju großes 
(Sk»iffen, ed f(6mer}t und förniKd^. S)a8 ergiebt ftc^ au3 feinem reli^ 
gtSfen Senten unb ^iXfjUtn. 9Ron l^at SRfil^e, boraud f(ug ju »erben/ 
unb ed ift toum oermunberlic^, ba^ barüber frfij^eitig bie ^Jlnfic^ten aud» 
einanbergingen. SBir miM^ten fogen, e9 ifi ein taTeibo§fopif(6ed 93i(b, 
bai^ und ^aller l^ier jeigt. SBalb erfd^nt er a(9 Sflotionalift, ba(b a(9 
@fe))tifer, fbalb a(d @efai^tdmenf(^, ba(b aü frttiflofer Srabitionalift.^ 
(Er f#oantt, mie vortrefflich gefogt morben ift, s^ifd^en bem, mad er 
gloubt, unb bem, »ad er glauben »oQte."*) Slber bürfen »ir ben @tab 
Aber i^m bred^en, »enn er ald junger Siebter beiftifd^ bentt, o(d reifer 
Sierjiger in (^öttingen einen fiircibenbau begrünbet unb — old ©ec^jiger 
ed bitter empftnbet, Don @otted 2)afein mel^r l^ifbrifc^, ald innerlich ttber^ 
jeugt ju fein? — 3n ber 9?ot »eil er feinen anbem ^[udmeg, old an 
ber äSiffendfreil^eit feftjul^alten, bad Sidl^ige a(d gut ju em))fe]^(en; 
unb barum ift il^m ber Sormurf ber ^^perortJ^obofie-^^) ju teil ge« 
worben, o^ne bog man freiliti^ babei tiefer fal^ unb mertte, mie l^inter 
ber fd^einbaren ^arte unb @taal^eit ßallerd unenblidie Se^^reffion unb 
Unftdberl^eit tytx^tdt (ag, mie i»ei SBelten in il^m fäm))ften unb »ie 
oenig biejenige, ber er em^^fal^I, i]^m felbft bur^l unb burc^ eigen »ar. 
S)ad eine JBemugtfein brängt fi4 i|m babei immer roieber auf, ba| bie 
S^eligion, »enn ^e auf unfer fittUcfied SBerl^alten »irfen foll, nic^t blog eine 
rein üemünftige fein barf, meil mir fonft Don il^rem 3n|a(t nidbt mel^r 
ergriffen »erben ald oon irgenb einer uaturmiffenfdiaftHd^en Xl^atfac^e.-^^) 
9K4t ifi ed beutlic^ unb f(|arf genug audgefprocben, aber äberatl l^eraud« 
julefen, ba| (Seffll^I unb äSille in ebenfo |ol^m STIage für bie 9ieIigion 
beanf))rud^t »erben muffen aü bie SSemunft. 9}ur bad, toa^ ber 3Rtxi\i^ 
attdb füllet, toa^ i]^n ergreift, il^n faft p^t)^x]di erfc^üttert, bad oermag 
»irKid^ bad moralifd^e SBerl^alten ju beeinfluffen. S3ei Isolier felbft f))ielt 



*'•) Sergt. 931 öf(^/ ©efc^. ber [(^wetsertfc^cn reformierten Äirt^c, II, 123, 
124. — 9Le^nlt(^ brudte ftd^ fc^oti ^beier au8, nenn er oon ,,sn)ei irrationalen 
Orölen" in ^aUerd ®eift fpric^t. 3>n Uebrigen ging er }u weit, wenn er meinte, 
^Uer ^abe „aUed fpetuiatioe 2)en!en" oermieben nnb nur bie „Oberfläche ber Sr« 
fc^einungen" aufgefaßt. — Slnt^ropotogie für «erjte, »erJin 18'27, @. 18. 

***) 3. ®. Simmermann, lieber bie (ginfamfeit 1784. II, 217 u. f. 

*•») «ergl. Offenbanmßä&riefe, @. 4. 






i 



1 



t 

> ■ - - - 

t. - . -. . 

i 

/ - • . 

} - - .-■ 






— 88 — 



ba9 SBetvultfetn ber Serantraottung bte ^i^f^enbe fRoUt, bad @efu]^( ber 
gfurc^t, ber Stbl^ängigfett Don einer l^ö^lem 3Raö)t Wit fixier e(emen* 
torec ffiucibt ttifft ed il^n * jumeKen unb bann mirb eS bo(^ »iebec Der- 
bt&ngt. @(!^meri^afi für il^n unb bo(6 mie menfd^ilic^! 
. Ute er om 12. ©ejember 1777 parb, ba ging bie JRebe, er ^abe 

I no^ in feinen (e^ten @tunben gesmeifeli unb ein @otte9ge(e]^rter l^abe 

i . il^nt bied unb bad Dorbemeifen mü^ensu feiner SBerul^igung. Sin groged 

I a}Kgt>erfiänbnii» ! Um Safein eined l^fö^ften äSefend ^at er taum ber« 

I . nta^en ie geimetfelt, nur »ugte er ^ule^t nid^t nte^r rec^t, wie fic^ ber 

^ . vV SRenfc^ i^m gegenüber ju oerl^alten l^abe. Sad beunrul^igte il^n. (£r 

I berurteilte üollftänbig jene alltägtii^e, aud^ bei Il^eologen feiner 8«t 

y \, m^rl^anbene ant^ropomor))]^e Suffaffung @otte9, ol^ne ober boc^ felbft 

\m Vntl^ropomorpl^idmen ^d^ lauten ^u tonnen. Sr fucbte ftc^ immerl^in 

mefentfid^ niit ben p^^lttot^eologifii^en unb l^iftorifd^en ®ottedbemeifen ju 

^nfigen. (E9 ifi falfdbr ®ott ate einen ©li^utgeift einer Srbe ober eined 

. SoRed iu betrad^ten.'^') S)ie Srfenntnid imingt und l^öl^er oon il^m p 

benfen. Sd^on auf bem Gebiete ber em))irif4en SBiffenfd^often fa^en wir, 

^ wie er 0renien bed menfd^Ucben Srtennend 30g. SBie er aber bort nit^t 

wollte, ba| man üom f^orfc^en na^Iaffe, fonbern im @egenteit unüerbroffen 

weiter f (breite, ebenjo wiQ er au(b l^ier leine Saul^eit avA ber geringen ftenntnid 

m)h (SotteS SBefen, fonbern ein intenfioed $anbe{n im @inne ber ^ringipien 

• ber d^riftßd^en St^if. Sr ifil fiberjeugt, ba| bie Sleligion nid^t einf(^(äfemb 

\ . wulen fann. „(£d wirb niemals i^u befürchten fe^n, bog eine SBinbftiQe in 

ber Seele bed äßenft^en entfiele. S^rfuc^t, äBoHuft unb ©ei; leimen mitten 

: nnter ber ©orgfoU ber oufmerlfamen Sfleligionr unb fie fe(bft l^ot ^flid^ten, 

bie und 5ur 9(rbeit unb 2^^ würbigen 93et(eibung unfrer Sebienungen 

-t^rbinben."^^^) Sr beanf))rucl^i olfo gerobe einen S3ortei( oud ber 9teIigion 

l . ba/ wo bie Äufftärung einen SRotftteit, eine ^emmung ber ®eifte9ent^ 

widelung feigen woQte. 2)ad @ro§artige unb UeberwSItigenbe an ber 
d)rift(id^en 9leIigion ift i^m bod $riniip ber Stai^ftenliebe; ed iß fo 
fd^5n unb mit fo „beifpieOofer ^(ufric^tigteit'' t)erlütd)et worben, bog ed 
. oQein fd^ier bie ©öttßd^feit 3efa bejeugen lönnte, wenn nid^t bie Offen« 
barung e9 t^ate. Sd bebeutete für bie bomalige SBelt etwod gong SteueS, 
benn ed ift ja eiu bem SRenfc^en Don SRotur frembed ^rinji)). S)er 
3Renf(^ i{l na4 ^oQer oon Statur Sgoift, er „^onbelt nod^ .Slbficbten, 
er mod^t fein &lvid unb folgt il^m auf bem SBege, ben il^m feine Sr« 
. fenntnid aU ben (eic^teften, ben türgeften unb gewiffeften oormal^It. " 2)er 
SRoteriolift nun fd^rantt „unfre @(üd(feUgIeit auf bte fui^e 2)auer unfrer 
wenigen So^re," „auf angenehme Smpftnbungen ein/ 3^m ift ed Doli« 
lommen gteicbgültig, wie fi^ ber Stebenmenfi^ ju feinem (Erwerb ber 
angenel^men Smpfinbungen oer^alt. Sie Xugenb ift eine ^ebontin, fogt 
Somettrie, ein ^imgefpinft, eine 93rut ber sfunft, ein frembed @ewäc^§, 
bad in un|erm ^erjen nit^t oon Statur leimt.- SDod ®ewt{fen ift ein 



*"*) Sergl. Cffcnbarung^briefc, @. 11. 
«») «reine Schriften I, '27, 28. 



\' • 



». . L .^^C--^ 



• « 






:-. ■ ' -■• . -^ ,89"— 

falfc^eS unb D€rge6(u^e§ Heilmittel fär unfce gtl^ter. (Sd ift eine f^ruc^t 
bec in unferer ftinbl^eit em))fangenen ©li^lSge unb etngefogenen 9}orurtet(e. 
^äRein 93(ut ift boran fd^utb/ »enn i$ am SRorgen tugenbl^aft unb 
am Kbenb (afterl^aft bin.^^^) S)er Untecjc^ieb smifc^en bem böjen unb 
bem guten SRenjc^en befielet bacin, bag jener fein ^rtDatintereffe ni^t 
mobifiiiecen lägt burcft bad aDgemeine ^ntereffe, fonft {tnb fie }iemU^ 
{(eiti^. Stein ©emiffen, feine Xobedfurc^t, meint Somettrie unb glaubt 
bamit ben Stern getroffen ^u l^aben. fiogifc^ mag baS richtig fein, menn 
man unter ©emiffen eine falfd^ Sorfiellung unb bie Xobedfurd^t a(9 
eine ftonfequen^ baDon onftel^t, obfc^on fiamettrie mit SorUebe belfauptet, 
fr erttare blog Zl^atfaii^en unb Derfte^ ftc^ menig auf logifi^e Sprünge. 
^m aber ftnb 0emi{fen unb Xobedfurcl^t nid^t blojse Sdufionen, unb 
n>enn {te ed au(^ »ären, fo (äffen {te fic^ {tti^ertid^ nic^t burd^ bie Sin« 
Itd^t, bag jte ei {tnb, oertreiben, fo »entg oU bie (Einfti^t in bie ißi(^tig> 
feit ber lieber«* unb Xraumgebi(be und bd^ütet Dor beren SSiebereintreten. 
fidmettrie bai^te ba t>xti ju rationaKßifc^, mie bie Sufflärung überl^aupt 
in biefem fünfte. @erabe ber Xob ift eS, für ben ^aller ein eigen« 
tümlii^ ftorfeS Sntereffe befa§.'^^) (Er, a(9 eifriger SSerfecftter einer 
altruiftifc^ gebadeten, Don einem l^öc^ften SBefen und auf bem 9EBege ber 
Offenbarung geft^enften Stl^it, al9 %n(anger ber 3mmateria(ität ber 
@ee(e fal^ {e(bftt)erftänb(i(^ im Sob bie SBegfd^eibe, ba^ (Snbe einei» f(!^on 
burd|me{fenen/ unb ben Snfang eined neuen bamac!^ fi(^ rid^ten merbenben 
SegeS. S)er Zob ^at für il^n etmad erfc^redßd^ed an fi(6 toegen ber 
bal^inter ftc^ öffnenben .»j^redl^aften (Emigfett/ „^u fc^iffefl auf einem 
ongenel^men t^Iuffe'', fi^reibt er feiner Xod^ter, „in ber b^en ©efeOf^aft, 
täg(i(^ fort ; f aum ffil^Ieft bu bad @(eiten bei |eim(i(6 bic^ megfül^renben 
93a{fer9: urplö^Iic^ bift bu an ber SRünbung, an einer unermeßlichen 
€ee, \D0 alle Ufer, alle bie fd|önen ®egenben, moran bu hxd^ beluftigteft, 
n>o aUe beine ÖefeUfc^after, alle bie JBormürfe beiner Sinne unb 93e« 
^ierben, Don bir toeg oerfd^toinben. (Einfam unb bir aQein übertaffen 
mirft bu mit unmiberjptel^barer 9Rad^t in biefe ®ee fortgeriffen, bie feine 
^Brünjen l^at, too fein 4^afen fid^ jeigt, mo bir nid^td übrig bleibt aU 
ba9 unermeglid^e, momit bu umgeben bifl."*^') SBie aber, märe biefe 
in erl^abenen SEBorten fi(^ ergel^enbe Zobedfurd^t $aQer9 wirflidb fo gro|, 
menn er ein ru]§ig in ben SBiQen bei $öd^ften fi(^ ergebenber S^rifi 
gemefen? SBar er mirfßt^ baju berufen, a(d 9(po(oget be§ S^riftentumsl 
anzutreten, mit ber ^(ufflärung eine Sanje ju bred^en? Siefe ^rage 
fül^rt un9 ju einer eingel^enbern Unterfm^ung feiner Setämpfung äJoItairei. 
(Er begel^t ben gletd^en gfel^Ier, mie 3)e Sroufaj gegenüber fÖQt)U, 
inbem er gerne meint, ber SRaterialift unb @feptifer fonftruiere fi(^ barum 
eine fol(^e Stl^if, bie fein (Semiffen, feinen ®ott, feine 9}erantmortung 
entl^Slt, mei( er bamit feine eigenen perfönticben f^el^Ier ju tilgen oerfudie, 

**) Setgl. Same ttrie/ Oeuvres 41, „Discoars »ur le bonheur,*- p. 46, 52^ 
«ergt. Dffenboningöbricfc, @. 23. 

*») »ergl. aiic^ 3tmm ermann, lieber bie (Rnfam!eit IT, til9. 
. *^ Dffenbanmg«6rtefc, e. 14, lo. — »etgC. lagebuc^ II, 319. 



> 



- — 90 — ■ 

ioet( er einen bofen SBillen l^abe unb eine ißerfc^mScung gegen bie SEBal^r« 
Reiten ber Steligion bejmnfe. S)e Sroufoj roax noc^ »ei'tet gegangen m 
feinem Srrtum unb fogte, man bürfe ben ^^rrl^oniften, o(jo ben 
Sttieifler — gemeint bamtt 83oQ(e, STIontaigne 3c. — eigentlich gor nii^t 
cmji nel^men, benn biefer unterfc^eibe fic^ Don einem ernftlici^ bie SEBal^r« 
IfAt @U(!6enben baburc^, bog er bloge niebrige f^freube am 2Biberf))rud^ unb 
an ber SBerminung l^abe. '^^) — S)tefe ^(ngri^dmetl^obe im Unterschieben 
bUmilliger 9){otide ift eine l^öc^ß gefol^rlii^e, aber b(og für ben ^(ngreifer 
unb ttid^t für ben angegriffenen, benn fte beraubt ienen Don ooniel^erein 
beS fd^Snen fiobed ber un^ierfönlid^en Aam^^fmeife, ber ruhigen, fa($tic!^en 
Obidtimtat. — S)en Serfuc^, bie ^otgen beS Unglaubend unb Qm^i^^ 
Ott^useigen, machte ^aller suerft in ber SBorrebe*'^^) ju feiner lieber« 
fe^ng eines üon f^orme^ tierfagten KuSjuged bed ^auptmerfeS Don 2)e 
Srottfai, bed „Examen da pyiThonisme ancien et modeiiie/ 2)teS 
ongel^eure, fc^mecfaOige unb umß&nb(ic^e DpvA, ba8 ben @fetitici9muS 
eines SBa^Ie, ben in ^rantrei^ mieber ßart auflebenben antiten $9n|oniSmuS 
bdam:ipfen unb tritifc^ überminben mollte ju ©unflen eines ßar! t'ofitiDen 
S^rifientumS^ mar aber nichts meniger als mit bem bieju nötigen Slüft« 
geug Dtrfel^en unb eS ift dermunberßc^« bog ^aOer avidi nur einen KuSjug 
eines fo geiftlofen {{^otogeten^äRaci^merfeS l^ot flberfe^ unb fid| ber ^off« 
nung l^ingeben fönnen, er merbe „ben Ungrunb ber fpottenben StoÄ^tt*' 
enoetfen unb Sa^Ie „biefeS berül^mte 3cngbnuS Don Sinmürfen »iber bie 
Keligion," in feinen „maleren äBert" iurficfoerfe^n. (Er felbft mugte, 
»te glänjenb ber ®ti( SBaijte'S mar gegenüber bemjenigen ^e Sroufaj'S, 
nnemel jener baburc^ fc^on kwr biefem DorauS l^atte. ©c^abe ift nur, 
bag er felbft in feinen „^Briefen über einige noc^ lebenben ^reQgeifter 
Simoürfe miber bie Offenbarung" in benfelben unfSglic^ trodenen unb 
unb unertr&g(i(f|en 3:on wie Se Sroufo} geraten ift. 2)a| eine SBer» 
teibigungSfc^rift notmenbig ben Sl^aratter ber Xrodenl^eit erl^atten mttffe^ 
mar eine ganj intfimlic^e ^(nftd^t ^aOerS, unb er ^ätte gerabe an 93o(taire, 
feinem (Segner, ein Dorteill^afteS 93ei{pte( nel^men tonnen, rül^mt er boc^ 
felbft immer beffen @tit unb XBi^. Xer f^l^ler mar einfad^ ber, ba^ 

So) fomol^l S)e (Sroufaj als fpäter Roller oiel ju fel^r auf bie äBiber» 
gung Don einjetnen tleinen Störgeleten einließen, ^aUtx faft überall; 
aoer bie ^auptjat^e, bie großen |)^ilofo))bifd)en unb religiöjen Probleme 
berüdftc^tigten fte gu menig unb barum l^aben il^re Schriften gar leinen 
bteibenben SBert. SBarum aud^ mitterten fie überall fo groge ©efal^r 
fär^bie 9leligion! @inen 93aQle ober gar einen SBoltaire, ber „jum 
&md,** mie ^aQer fagt, „leine SEBifjenfcfiaft'' l^atte, ju miberlegen, mo^te 



^^) Sergf. ^roufaa, Examen du pyrrhonisme ancien et moderne 1733. 
p. 194, 245. — 3Ce$nüc^ wie Scoufaj war fc^on 3o^. Saf. ©c^euc^jer, ben 
^Iler einft in jungen Sauren in S^^^ befuc^t ^atte, verfahren in ber gemaltigen 
oierbänbigen „Physica »acra«* ober „®e^et(igtc 9laturs9BBiffcnf(iJ. bcrcr in heilig, 
©«grifft »or!ommenbcn Sflatiirlidjcn Sad)en.* 1731—35. 

, *••) 3n ben «einen ©(^riften I, 3—46, »eröff entließt unter bem Xitel: 
^Sorrebe jur Prüfung ber ©efte, bie an oHem jrocifelt" pom Sojre 1750. 



— Ol- 



im Stttielnm ntc^t fo (^»er fein; unmBglic^ aber toax ed, ben ®etft 
bec firitif, bem btefe beibeti gegen eine fhenge 99ibe(g(äubigtett iBoben 
fc^offten, auf btefe ffieife aufjul^olten. 

^aller fa§te bie Sfroge, »ie fc^on me^rfai^ betont mürbe, rein 
proltifc^ auf ; er felbft fagt, feine Vbft^t ben 9u9jug Don Se Sroufoj'^ 
SBuc^ 3U fiberfe^en fei ^nic^t aM einer bieg ))^i(ofopbifcben Siebe jur 
SBal^rl^eit entftanben," Dielmel^r gel^e feine ^Dorne^mfte Släcffid)^ ,,auf bie 
)irattif (^en ^iatn beS Unglaubend, ouf bad in nnfäglic^er ©efc^minbig« 
letTjunel^mettbe. SSerberbnid, bad aud ber %ufnal§me ber @otte9üer(eugnung 
quillt. " Srür il^n mar 9Raterio(idmu9 uub ^(t^eidntud fojufagen ibentifd) mit* 
Safier unb 3^ii<ung ber guten fojialen Sinric^tungen. Stber bamit 
]}fta^ er (eiber bod^ nur bad na$, ma9 Sroufo} fe^r meitf^meifig fd^on 
auieinonbergefetft l^atte, unb man Derftel^t il^n laum, menn er fid) mid)er 
freimütig ffir bie Sulbi^ aller mögtic^n Steligionen oudfprid^t. Ober 
mie ftimmen baju bie SBorte: ^Qin Sl^oftei^bur^, ein 93a9(e mog bie 
Ü^eoretifd^e Vtl^ei^ere^ befc^önigen, fie mögen eine ©efeüf^aft üon ®otted« , 
(eugnem fo tugenbl^oft abmal^Ien a(9 fie »offen; bie (eb^afteften f^arben 
finnen i^iem demälbe eine ©d^önbeit, ober teine Sel^nlic^teit geben." '^^) 
t^fil^rt benn nur ber @(aube on ®ott ben SDlenfi^en jur StäcibftenUebe/ 
»bie ba9 mefentluib^ ber SCngenb" audmaci^t? Sarf mirtlic^ ber Sln^ 
langer beS lonfequenten 9Rateria(i9mu9 biefe Siebe nid^t fennen; binbert 
ibn gar nid|td, ftdb felbfl ben eigenen SBiOen ,,ium einzigen (Snbjmedt'' ^^^) 
feiner Zitaten iu machen ? „^Än," enoiebert Raffer, „bennäJerantwortung^ 
0e»iffen, ®ott finb für ibn @ef))enfter. SBenn alfo bie Sb^orie einmal 
in bie Uebung gebrockt mirb, memt bie $ret|geißer nic^t mel^r Don ber 
Sftegierung im Scbodb gegolten merben, menn ^e nidbt mebr unter anber^ 
benlenben 3Rttt\d^tn (eben, mad mirb barni bie SEBe(t für ein 93t(b bieten?'' 
3Ran fielet, mo ^atitt hinaus miff. dt giebt gonj gerne 2u, bog ein 
Stl^eift gütig unb freunb(idb (^ben tSnne, aber menn ber SJ^aterialtft 
bidber nodb 8^(^bt q^t aü ein brauchbarem @(ieb ber @efe((f4aft, be^ 
Staates, fo finb biefe Xugenben einfadb ber „Qiim oor ben Sßitbürgern/ 
ben übrig geb(iebenen (Em|)finbungen ber 9(uferiie]^ung, bem unbemugt 
nac^mirlenben ®eifi beS (El^rißentumft, für) bem c^riftUi^en 37tilieu ju 
tierbanfen. So{taire unb feine SCn^anger ftnb olfo infonfequent, menn fie 
nofl^ ^tmff Don moralifdb^n ^Begriffen" finb, für fie ift bie Zugenb nid)t 
„bie gfS^ist^it anbre g(ü(Iü4 iu machen mit bem SBiQen baju Der« 
fnfi»)ft.-**0 

SRan barf nun aber Raffer bo(^ nid^t fo Derfitel^en, aÜ batte er 

Jar fein Serft&nbnid ffir ben 3tDeife( gebabt, obfdbon er gelegent(id) einen 
ht)U nic^t oj^ne ®rimm einen „^pitUx unb 3*Deifler" -^*) nennt. 
Sbie tJro(gen b{o| bed @tepticiSmuS fielet er für gefäbrlic^e an, benn er 
mar au8 eigener (Erfabrung jur Snficbt gefommen, bog Unficberbeit int 

^ ÄJeine ©djrtften I, 10. 

*n »ergC. Stleiue Schriften I, 38. 

*•*) »riefe gegen «ottaire 111, 151. 

, ««> ©riefe gegen »oUaire I, 57. 



1» 

I 



— 92 — 



^ 



^» 



SBtffen üon ®ott unb äSelt noimenbig au^i Unftc^erl^eit in bec äl^oral, 
itnb bacaud @efa]^r felBft ffic ben ©iaat mit ftd) btinge. SBad ^ei^t 
über Unftd^erl^eit unb Ungemig^eit über bie SBo^rl^eit ber ftttlid^en 
^oftulote? @lar mc^td anbered a(9 Snttoffatng Don il^nen; benn »ie 
lüib »orum foD ic^ einer f^rberung genügen, »enn i(6 Don il^rer Serec^« 
tigung unb äBal^rl^eit gar nid^t überzeugt bin. Roller Derßanb aber 
tnfofern SBa^Ie ganj unrichtig, »enn er meinte, meil biejer ein fjfeinb 
id)er entfd^iebenen Dogmatil fei, fo fei er eben ein ^^einb ber SBo^rl^eit 
über]^au))t. Oa^Ie tampfte gegen ben hitiflofen Slutorität8p(auben, am^ 
'«{Raffer becl^ält ftd^ fo, menigfiend ouf bem (Sebiete ber empinfc^en SBiffen^ 
^aften unb ifi ein 0^ i^^< fatl^olifd^en S)ogmattf. '*') SBa^Ie laugte 
}dbe Sntoterans auf ttn^Iic^em unb religiSfem (Gebiete überl^aupt' unb 
griff befonberd fi^arf bie SRetapl^^fit an, mei( fte ein SBiffen fein moDte 
Itnb bod^ nur ein ®(auben fein fonnte. S)en l^iftorifc^en Semeid für bad 
IDafeitt @otteS l^ielt er für nichtig. ^oUer l^ült baran feft, aber mit 
bem Semugtfein, bamit nic^t met jjx befi^n.^^) IBetbe interefftert, 
man lann mo]§( fagen mit grSgter @tarle, ba9 seitgemüge $robIem bei^ 
tlebeö, bie 0rage, mol^er tommt ba9 SBöfe in ber SEBelt, wenn 0ott 
ütt beren Sd^Spfer bod^ gut unb aümüc^tig ifi unb alled, mad e^ifHert, 
t»ott il^m bmmt. Saqte leitete ba9 Uebe(, mie bie SRonidbäer, nic^t 
i)on ®ott, fonbem Don einem böfen $rinjip ab, ol^ne bag beffen 2)afein 
in ber SEBelt auf eine befriebigenbe SBeife Don ber SBernunft ertlärt werben 
tonnte. S)ie Snnal^me eined folc^n ^rinji^d l^at boc^ ben SBorteil, ba| 
fie bie (Srf al^rnng etmad beffer erttären tann ate ber SeiSmud. ^i 
Raffer liegt bie €ad)e fc^on fomptijierter Dor. @i^on atd Siebter 
grübelte er nac^ „über ben Urfprung bed Uebetd!' unb in feinen alten 
Xagen gefielet er gegenüber Soltaire: „S)er Urfprung bed Uebeld ift 
dlemal^t fd|mer ju erHären."'*^) (EIS ifi rül^renb ju fe|eri, wie er gegen 
ben @)K)tt biefed Seterminiften auf}utommen fuc^t. S)tefer fal^ bie 
^,glüdfe(ige Swigleit" „für eine mol^Igemeinte SRutmagung'' ^^') an unb 
mu^te alft Seift notmenbig auc^ bad Uebel Don (Sott b^Ieiteu. 3Rit 
^fc^meiQl^aftem Satteln" fielet ^aUer bie „ungefttteten Spöttereien" bei» 
$^i(ofop]^en unb boc^ mieber freut il^n SBoItaired SBort innig, »emt ed 
feinen @ott gäbe, müSte man einen erfinben.^^) @d^abe iff nur, ba| 

, ; »») «ergL Xagebuci IT, 157. 
, »*) «ergr. 3;a9e5u4 II, 267. 
- «»•) «Hefe gegen 55oaaire, I, 201. i 

.?^) SBriefe gegen Soltaire, I, 60. 
... »7). (Stn meifter^afted mit mobemen, namentlich franjöftfd^en Stritilern oölli0 
iibereinjlimmenbed Urteil giebt ^aller ü(er Soitaire in ber Slecenfion u6er beffen 
' „QaestiooB aar rEnc^clopedie'' : ßS^x^, Ironie, ftüc^tige ©ele^rfamteit, ^erj^afte 
Seja^ung o^ne Senetfe, unb ein en)ig brennenber $a^ gegen bie Offenbarung, 
bumm oerfc^leiert mit einiger 9(c^tung für bie Sugenb unb ben allgemeinen ©tauben 
an ®ott. UeberaQ fprü^en ^^unfen von bem oerje^renben ^euer bicfc3 @(eptilerd.'' 
<SI5tt. gel. mna. 1771, @. 629. — (Sin anber SRa( bemerlt ^aOer ironifc^ gegenüber 
9o(taire: J^ ^at nic^t nötig, fi($ vor bem ((anatidmud au fürchten. @d giebt ^anaticod 
aud| unter ben offenbaren Reiften, wie bie (Erfahrung (eieret.'' $erg(. Xagebuc^ 1, 9. 
9rtefe gegen 35oItaire I, 61. 



p^^^^ 



' 



■^■i ■■■,■■. ■ ■- . - »3 — . ;"■.,■ 

moti Bei Sotiaire nie »ei|, »o er aufriii^ttg unb ernfl 5U nehmen ift; 
ei» i{i entfc^ieben etoaS ®aunec^afted in feinem SBefen. SBie fel^r Der« 
{d^td)en ifl ba ßaDer mit feinet bflfletn @(f|»ecf(afftgteit unb (Srnftl^of« 
tigteit. Seine Söfung beS $rob(eme8 üom UebeC iji gut gemeint, aber 
boc^, mie et felbft fpüren mugte, eine fel^c ))rob{ematif(^e. (Er geftel^t 
)ion Dornel^in, hal fittlic^ ttebel fei „k)ermtttn(lb bodi niAt un^ 
bebingt notmenbig" gemefen; et lönne ft«^ inen, abet »al^tfc^einti^ erfc^eine 
e9 il^m boc^, ba| einetfettS bie (Enblic^teit ben SRenfc^ \^^^^\i ma^e^ 
anbetfeits liege in bet Setbinbung einet unenblic^en b. 1^. unjiecbßc^en 
Seele mit einem ftecbß(^en enblid^en Seibe etmaS, man tonnte fagen eine 
S)i8he|»ni unb bolzet eine 9tt Sii^pofttion i\m Uebel. SBa8 ben etfien 
^unft bettifft, fo |atte fid^ Seibnis'*^) ebenfo geougett unb l^injugeffigt 
eH fei eine botl^ertfdbenbe Steigung 5um Uebel im äRenfii^en, unb fo alfo 
eine 9tt $täbetmination abet feine 9{otmenbigfeit, feine 9teceffttat/ %a^ 
Unenbli^e, fäl^tt fallet fott, mittt blog geifiig unb niii^t auf bie @inne^ 
baS Snbti^, bad ®egenmättige etfi^&ttett unmittelbat unfre iRetDen. 
3ene9 gteid^t bem leuc^tenben „Si^t/ bie9 b(o| bem entjünbenbeti 
^geuet.'' t 

S)a8 Unenbüc^e l^at nnn fibet]^ou))t in feinem Senten unb (Empfinben 
eine vxijlt ju üerfennenbe Sebeutung. %ll S)i(f|tet befong et in gtog« 
artigen SBotten bad ^.furc^tbate 9Kfeet bet etnften Stoigfeit,'' ben ut^ 
alten OueQ, bod unenbti(|e ®tab twn SBelten unb Briten. SBet tft 
bet ®tttnb Don aQ bem? ®ott, et bleibt unoetänbetli«^, in gleitet 
fitaft unb greisem Slttttog fte^ien.^'') Set a»enf(6 bebeutet bagegett 
niil^td, bie (Erbe ift nut ein $untt. S)ie9 ®ebi4[t, bo8 jum etften« 
mal in bet beutfd^en $oefte einen betottigen @toff mit einet fo mä^ttgen 
(^rifc^en Sm))finbung ju but(i^btingen üetflanb, l^at au(!^ auf ftant Sin« 
btttd gema(|t, obfc^on et mit feinet feitifd^en Sentatt fofott einmenbet^ 
bie (Smigtett meffe b(og bie SDauet bet 2)inoe, abet fte fei nic^t bet 
Xtäget becfetben. '^'^) «.SRan tann ftdb be9 <l)ebantend nic^t enoel^ten,. 
man tann il^n aber auc^ nic^t erttagen, bag ein SBefen, »elc^ed mit un^ 
au(^ all baS l^öc^fte untet allen mOgtic^en tmcfteQen, gleic^fam 5U ft^ 
foge: 3(1^ bin k)on (Emigfeit ju (Emigteit; au|et mit ift nid^td, ol^ne boS^ 
WA b(o6 but(^ meinen SSiuen etroad ifi; abet mol^'bin idb benn?" 
%ix ^aOet flanb natürlich bie f^cage nic^t fo. (Er jagt fi^, bie (Emig« 
feit geminnt baburcib an Sebeutung, bag „mir unfer auf 0ugenb(tdte 
eingefdbtanttei» Seben jur Smigteit" ecl^eben, fteigem. (Es ifl betfetbe 
(BAante, fc^eint mir, bem 9{ie^f(^e ben ^u^bruä gegeben: '„Me iSuft 
miQ (Emigteit, tiefe, tiefe (Smigteit." Siefer Sebendmunft^ iiecbuntelt 
unfre (Ein^c^t in ben SSert ber Singe unb- filiert und pm Uebel. JSS\x 
l^atten bad @egenmärtige für aQein mal^r, aQein mid^ttg unb bad lEmige 

^ S9rief an $atcr ^ed 8offed. Opera phil. ((Srbmann). Scr9(ct(4dioei|> 
ni(^t unmtereffant ift bie ^nftc^t oon 3o^. ^et Uj in feiner Obe „X^eobiccc": 
M^er aXenfd) n>ar immer B}2enf<^ ooU Unuoafommcn^eit.'' 

"^ $i«88^ «o.^aUerd ®ebid)te, ©,151, 153. 

^ Äont, Äritif b. r. «ernunft. 9lu«(j. Äirc^mann, 6,490. 



— 94 — -' 



,' 



.1 



verliert im perfptftiüifc^en Sunft unfcec Sinbtlbung oQe Sebenbtgtett unb 
oQe Smtlic^teit, bie auf unfern SBiQen eine ftroft l^aben tonnte/ SBie 
Detj^tt \xdi nun aber biefed (Stoiqt, bad bei ^aQer bad einemaf eine 
Seitt)oc{leQung, ba9 anberemal @oit bebeutet, )um SRenfd^en, jum 
<Enbti(^en? SRit biefer O^rage tommen mit lieber {um $rob(em bed 
Uebeß jurttd. ^aQec au§erte fc^on frül^seitig bie SBermutung,'^^) bie 
ottdb Aant nic^t abgemiefen \iat, ed tonne 5»if(!^en bem Snblid^en \ivb 
Unenbtic^en no^ SBefen geben k)on einet l^öl^ecn Vxt unb SoIItommen« 
l^eit ab ber SRenfdi, „näj^er bec (Sottl^eit an Siugenben unb an ®aben/'^^) 
<Ec fagte bama(9 au^, iebeS SBefen fei in feiner 0rt üoQtommen gemefen 
tinb ba9 Uebel fei fo entftanben bei ben 9Renf(|en, bag fie aber ftd^ 
l^inauS gemoDt l^ätten unb bobur^ auf Smoege geraten feien, jur Ser« 
meffenl^eit gegen (Sott. 9ber »o^er l^atten fie ben 2:rieb, über ftq l^inauS 
^ tDoDen? SBaren fte benn nic^t in il^rer fixt bontommen au9 be9 
Bäfip^ ^anb ^ert)orgegangen? SBenn er atled f(!^uf, fo mugte er 
wimenbig aud^ biefen Xrieb gefc^affen l^aben, ober mer benn, »enn tein 
anbereS @(f|öpfung9))rinii)) angenommen merben barf ? »enn ber 9ßenf(| 
nid^t „in fid^ felber bie urfa^e feinet Safeind'' l^at? Um biefe t^rage 
lerumsutommen, iftfdimer. fieibni; l^atte ft(^ ni(|t ju breiten gemußt,'®') 
IBa^Ie'i^ ^udmeg mar auc^ unjureid^enb gemefen, unb ^aQer k)erf&ngt 
fidft babet in ein @pinngemebe oon @o|)|tftit unb gutem einfältigem 
<BIouben. Sr bietet, vermutet, üerjid^tet, man mei| taum, mie er e9 
totrt(i(^ unb Hat meint. Sad einemal tonnte man glauben, er nel^me, 
toie Sa^Ie, ein böfed ^rinjip überl^aupt an im SDtenfc^en, bejeugt bur^ 
hm f(!^on im tfeinen ftinbe fic^ l^eftig äugemben Sgoidmud, '^^) bad 
onbre SRal foQ ber „allgemeine @(|öpfer" bad Söfe nur an einem Xeil 
ber bentenben ©efc^öpfe an» un§ unbetannten Sbfic^ten jugelaffen ^aben. '^^) 
S)ie gonje Ol^nmacibt, bie Seibnii in biefer ^^^^g^ i^igte, jeigt ftd^ aud^ 
bei ^aUer mieber. SBarum giebt e§ nur einige „gute (Seifter,'' bie bei 
t^rer „urf))rttngtic^en Steinl^eit" geblieben fmb? (Srl^eQt barauS mirtü^ 
eine i0fög(ic^feit, „bag »ie einige, alfo alle bentenben SBefen l^ätten gut 
fein tonnen?" 3ft ba^ Uebel mirtCid^ nic^t pofitio oon @ott gefc^affen, 
t{i fein SBiQe l^ier blog ))ermif{tt)? S^oeifell^aft erfd^eint boä) jule^t 
dttd^ il^m biefe »irtlic^ pretäre ttntmort, unb fo meint er: „2)a mir 
ober nur bie tieinfte Sde bec SBett unb biefetbe noc^ unt)ontommen tennen, 
fo ift eS un§ unmögtidi, bemeisUc^ ju jeigen, ma§ für ein Serl^ältniS 
biefei» fittlic^e iSöfe mit bem natürliciben Seiben eineS iüU ber ©efc^öpfe 
bereinigt, jur Summe bei^ mel^reren aQgemeinen Seften l^aben tonne : unb 
eben fo menig tonnen mir beftimmen, mo @ott bie ©cänjen btefed Seibend 



• »•*) filrjeC, ©cbic^te, ©.128. — «crgC. Dffen6arungö6nefe, 6.17. 
•^ OffenbarungSbricfc, @. 17. 

»^) «ergl. Dtto ©tdaretö: 3)ie Se^rc »om UcbcC, 1898, @. 12 u. ff. 
«^) ©nefe gegen Foliant l, 159. -- 25crgr. auc^ „5a5iu3 unb Qato," 6. 264. 
£ffen6arungS6riefc, 3. 21. 

*»*) Briefe gegen SSoItaire 1/61. 




— 95 — 



ttnb biefed Serfc^uIbenS feften merbe."'^*) 2)amtt becfll^ten mir ober 
f(f|on eine neue fjftage, bie nadi bem malom physicum. Seibnij l^atte 
itd^ umfonft bemalet in feinet Zl^eobicee, boSfelbe mit ber Snna^me üon 
bet beften SBelt unb @ottei» ®fite in Sinttang ju bringen. 9}o(tatre 
Kagte ni^t ol^ne @runb in feinem „Poöme sor le d6sastre de Lis- 
bonne*' (1756) biefe befte SBelt an: mir leiben ja bartn f^l^^ftldi, taufenb 
fieben gelten mit Sdbmerjen ^u ®runbe, man mei| faum morum; Un« 

?|ere(f|tigteit, ^a%, Sifetfndbt» Verfolgung, Unterbrääung, junger unb S(enb 
inb überall, 9?aturfatoftro))]^en Demic^ten groufam unb rüdjtc^tdted bie 
fc^önften äßenf^enleben."^^) Unb bo9 fott bie befte SBelt fein, bie Don ®ott 

iieliebte? 9Bo ift ba bie ge))riefene pi*ovidentia Dei? 9}o(taire ttagt 
ogor, bo^ ber SRenf«^ fiterben mfiffe; er ^atte nidbt em|)ftnben foQen. 
^aQer fu^t ft«^ bemaegenfiber üon feinem teteotogifc^en Stanbpuntte aud 
bai» fl^i^ftfdb^ Üebe( fo 3U beuten, ba| er fogt: SBenn ic^ Vergnügen 
' mp^nbtti foQ — unb ba| iii^ baS tl^ue unb mid, ift Xl^atfad^e — fo 
.mu| i^ boA mit bem baju nötigen I£m))finbung9k)ermögen au§geftattet 
fein. ®ä)tm Somettrie l^atte ttbrigenS gefugt: „La premi^re condition du 
.bonhem*iest de sehtir,'''®^) aQerbingd nic^t bem @tnne ^aUeri^ gemäg 
l^iniu^effigt, bie malere unb meifere $]^itofop]^ie moQe nur tem^^oreüe 
^(ü(f)eligteit. ^abe ic^ nun aber, f&l^rt unfer Senter fort, biefed Sm« 
^nbung9t)ermögen, mie foQ fu^ bann iierl^inbem laffen, bag ic^ auc^ 
Mtig em))finbe, fo l^tig, ba^ ^ mi^ fcftmerst. Sie Sieteologie beS 
Si^merjed liegt barin, bag er und aufmertfam ma^en foQ auf baS, mad 
ben ftörper fc^&bigt, unb und jur Sbmenbung be§fe(ben bröngt. Sad ift 
bad ®ute am @^merj. @anj richtig, aber ge^en benn nic^t ungol^ttge 
fiebemefen mit ©(^merjen ju ®runbe, mei( il^nen tro^ eifrigem S3emü]^en 
nic^t gel^olfen meri>en fann? — ®emi|, aber S^batfac^e ift, bog ber 
SRenfc^ fterben mu^r bag mithin fein Seib fo befc^affen fein mug, bag 
er bur4 beftimmte Urfa^en ,,3um Seben untücbtig'' mirb. Ueberbaupt 
fragt ed ftdi no(^, ob nid|t bie Silau} ber (Stfiifjeligteit großer ift ald 
bie be8 Seibend, mie fcbon ^artte^ in feinen „Observations on Man'' 
1749 ju ermeifen oerfud^t b^tte, 3ur großen @enugtbuung ^aKerd. 3J2an 
ftebt, ^aller fucbt bem itern ber $rage audjumeic^en. Sie Stotmenbig^ 
fett bed Xobed inbäriert teineSmegd bie iRotmenbigfeit eined empfunbenen 
fieibend; ebenfomenig ift bie ©fite ®otted bamit bemiefen, bag auf eine 
UeberffiQung ber (Srbe mit Sebemefen bingemiefen mirb; benn marum 
lonnte ®ott ni^t btog eine beftimmte Snsabt üon Snbiüibuen fcbaffen, 
bie beti Xob nicbt ju erteiben, bie fic^ nic^t fortjupftanjen brauchten unb 
bodb fi^ immer b^ber entmidelten ; marum tonnte er ed nicbt ia^ einjefne 
Snbiüibuum erleben laffen, bag ed bie ganje ftuIturentmicKung mitmadie 
in emiger Sugenbfrif^e? Sie einfa^fte Sntmort ift gemöbnitcb bie, ja 
^ ift nun einmal ni(ibi f^r aber @ott ift bennocb aQmeife, allmöcbtig 






»**) »riefe .aegen Soltatre I, 62. 

^V) »crgC. 5Jo(taire, Oeuvres IX, p.476. 






M§ 



') Äamettrle, Oeuvres II, „Diwour» »ur le bouheur," p. 26. 



— 96 — 

— ■ . . ■ t ' 

* r 

unb ba er baS ift, meil td^ eS glaube, fo t[t biefe 9Be(t bte beße, unb 
»enn xovc boi^ nidit begreifen lönnen, jo liegt bad an ber fel^I^often 
menfc^Iic^en Sentroeife unb an unferer Unfenntnii^ bed SRatjc^Iuffei^ @otted. 
@o. l^itft ftc^ au4 ^ader. 9lber bamtt tft freiließ jjebe meitece Debatte 
abgefi^nittäi, benn mir fielen wc ber l^orten' ®tim ber ©(aubendmiHfär. 
^aUer fagt joar einmal fel^r Har: 2)er ®{aube mug Jtanbl^aft unb 
gegrfinbet'' fein; unfere Uebergeugung mu§ gegrunbet fein auf ,,bie 
: Srroeaung ber @cttnbe be9 ©tauben«. '''''''^) ^uRon mug bie SBemeife 
ber »etigton felbfi einfel^en, fetbft f tt^(en, fetbjl mit aOen firäften bei» 
Serflanbed nnb beS bergend beladen, menn fie unfern Seiben miberflel^en 
{offen/ ®o(bene SBorte! 9ber bie O^rage ift bie, »orin beftel^en bie 
1 (Brfinbe, l^ben fie 9tot»enbtgteit, finb fie gmingenb, abfolut edibent? 

' JBorauf berul^t bie apobiftif^ ®e»ig^eit, ba| baS „%(x]tvx eine) @(f|ö))ferd^ 

\' bte leic^tefle aUer äBa^r^eit'' ''<") fein foU? ®enfigt ed bo, ft« einfad^ 

.auf baS JBetf))ieI eine« S^ewton, SemouQt, S)itton, 3^er(of, Sittleton, 

IJBonnet it. ju berufen? (Sr felbft geßel^t einmal, „ba| @c^»ierig« 

fetten bei) aOen 9rten ber SBal^rl^eiten fibrig bleiben fönnen, bie mir ju 

fibenoinben unoermögen finb/ ^ier befielet nun bie Sc^mierigfeit iuft 

bann, ^u ermeifen, ba| bie Ssiftenj ®otted eine unbebingt fiebere Xl^ot^ 

- ^^e fet 3Rit ber b(o^ Se^auptung, bie iebermann annel^men fod, 
iil e9 nid^t get^an, fonft gebülgrt biefer SBiatflr iened fc^acfe SBort 
ftanfS: „(ES mag mlji erlaubt fein, bad Safein eined SEBefend üon ber 

^ ^5(!^ften 3ttl&n0ti^teit ate Urfac^e ju aQen möglichen äBirtungen a n^ 

- junel^men, um ber Sernunft bie Sin^eit ber Qm(ärung2grünbe, »el^e 
pe fuc^t, 3tt er(ei(!^teru. SQein fiA fo Diel ^erauSjune^men, \>ql^ man 
fogar fage: ein folc^ed SBefen e^ifdert notmenbig, ift ni(f|t mel^r bie 

-bej^eibene Seugerung einer erlaubten ^^potl^efe, fonbern bie breifle Sn« 

: ma|ung einer apobtttifc^en (Semi^^eit; benn mad man aU fc^Iec^terbing« 
notmenbia ju erfennen üorgiebt, baoon mu^ auc^ bie (ErtenntniS abfolute 

^ »otwenbi(|!eit bei fic^ fübren/ »") — 

SS tft faum %u üertennen, bog ^atler unb fieibrnj eine groge 

(Bebanlengemeinfc^aft befi^ in 9lfidftc^t auf bad eben SargefteUte» eine 

-:'• ®emeinf(^aft, bie un9 bie SBermutung aufbrängt, ^aQer l^abe bie $^il0' 

- fol^ibie be9 Seibnig, menigftenS ben Sn^alt ber S^eobicee getannt. (Er 
fort^t smar auffaOfenb menig Don Seibntj; aber menn mir an bie ^err» 
f^ft beuten, meiere SBoIff ber $]^Uofo))]^ie be8 Seibtfti gegeben ^at, fo 

:ba| aKe SBelt nai^ bem Urf))rung bed UebetS grübelte, menn mir un§ 
an bie £efemut ^allerd erinnern, bie einfach aQed t)ecfc^(ang, fo f(i^eint 
menig ®runb üor^anben ju fein, baran ju jmeifeln, ba^ Roller Don 
Seibni} beeinflußt mar. SBefd^eiben meint er am (Eingang feiner 93rtefe 

?egen Sottaire, „bie Strenge ber $]^i(ofop]^ie, bie tiefe Srgrunbung ber 
eiligen (^efc^id^te, bie 9^euigfeit in ber 9EBol^( ber 93emeiie'' folle man 



?.-' 






*^ DffenbarungSöriefe, ©.4. 

»*•) Offenbarung«6riefe, S. 33. 

'") Äant, Äritif b, r. !8ernunft (Kirc^mann), @.490. 



T. « ^^■-M- — -.w-wrw— , 



I 



-^ 97 



> - 



neBcti anbecn tmn ,,etnem SetBntji, einem Seg"**^') 2c., nur nt^t toon 
\%m emacten. (Er int ft^, benn bie X^eobicee i{l ebenfo t)on[ SBiber^ 
fprfi(!^e unb Unmögli^feiten xo\t feine Serteibiguno^fd^riften, unb menn 
totr nod^ l^insufügen, bog ^atler feine „93ri^ über oie mic^ttoften SEBa^r« 
l^etten bet Offenbarung" für feine Derl^eiratete Xod/ter (Smifie, unb 
Setbmg feine Sil^eobicee oud^ für eine fjfrou, bie Jtönigin @op]^ie Sl^arlotte t)on 
$reu|en, gef^rieben l^at, fo ift ba9 k)ien[ei4t mel^r alfo eine bloge äugere 
S(el§nli(^feit. (£8 f(!^einen beibe aRänner ^fidfulbten genommen ju l^aben. 
Son ^Qer j. S. u?äre e9 fonft gong unbenfbar, ba| er bie brennenbe 
9tage, ob 3efu9 ein 9Renf A gemefen fei ober ni(f|t, einfocib aud ber unb 
bun^ bie Autorität ber S9ibe( o^ne jebe ftritif ertlären fonnte; ba$ er 
femer baS biblifc^e SBunber im k)oQen Umfange onertennen, unb bie f^roge, 
»arum ed l^eute leine mel^r gebe, fo einfältig beantworten (onnte, ®ott 
merbe Aen feine befonbem ®rünbe bagu l^oben. Ober foQte bad mfiecfte 
Ironie fein? ftaum, ^aller ift fein Soltaire, er meint ed gut mit 
feinem Jtinbe. ^ö^ft Derbtfiffenb ift bie Segrfinbung ber 9Bal^( be§ 
SBunberd, man fonn ftc^ bed fiäd^etnd taum ermel^ren : S)er SOtenfdi neige 
jur Sn'eifelftl^t, er traue nur feinen ©innen unb bem SQtägtic^en, bal^er 
labe (Sott bad SlulergemSl^nlic^e gemä^It, ba9 äBunber, mei( bad me^r ISin« 
bnui ma(|e, unb smor ba9 mit Sugen ftc^tbare, optif^e SBunber, baS auf 
ben @e]^organi9mud, al9 ben mid/tigften, mtrtt. (Ein ftommentar boju ift 
nic^t nötig. SBir miffen aber, bag ^aQer au^ in feinen (e^ten 3a^rm 
nof^ ein emftli^er ^xotx^tt fein fonnte, ba|3 toir alfo feinen empfoj^tenen 
@(auben an bie Offenbarung, mie fie in ber 93ibe( fte^t, nur teitn^eife 
ab tl^m eigen anfeilen bürfen, bag ed t^rattifc^ (Srfinbe, 9{ü(Ifi(^ten auf 
bie äRitmeft maren, bie il^n beftimmten, gegenüber ben ffil^nen f^rogcn 
ber KufKärung einen fo trabitioneHen ®tanb))unft einjunel^men. @r 
perfSnli^, bfinft und, ba^te boc^ Karer unb toleranter. S)a9 f^einen 
iene SBorte }u bemeifen, bie üereinjeü etma miebertel^ren, man bfirfe nur 
ba9 glouben, bad in feinem 9Biberf)mt(!^ 3U unferer SBernunft ftel^e, bie 
Steligion ftü^e fidb n^^\ i^^^ innem (Srfinbe'' unb mäffe bur^ fic^ 
felber unb ,,ni^t burc^ i^re Snl^önger beurteilt merben. '''*') (Er ge^t 
bbc^ in einem nichtigen fünfte fiber Seibni} l^inaud. 2)iefer fagte, bie 
Konformität bed ©(aubend unb ber SJemunft laufe barauf ^inau§, ha^ 
bie SK^fterien beS ©taubend, ber Offenbarung, qptiiiert, aber nic^t be« 
griffen ober bemiefen merben fonnen.'^^) ^aller beruft ftc^ auf bie 93er- 
nunft. (Er miQ im $rinjip menigftenS eine völlige ISinl^eit, obfc^on et 
bann faft {u Sacori jurüdfel^rt unb bai^ SSernunftmibrige bem ®Iau6en 
em))fiel^(t. S)iefe eigentümfi^e 2)idfrepani in ^aUerd S)entroeife, biefe 
Ungefd^toffenl^eit bejeic^neten mir ftül^er a\% bo))pe(te ÜBuc^fü^rung. @ie 



. "*) S)iejer 2e6 war ?rofcffor ber S^eologic (1736—1797). (Jr ifl berfclbe, 
ben 5tant in ferner üriti! oon gaQerd ^Tianiim cnoäOnt. 9(nt6ropo(o(|ic. 1. 3:ci( § 4. — 
'Hon i^m ftüramt bad burcö Saoatcr'ö |>rebigten beeinflußte ?Jud() „Som 6elbftinorbe/' 
fc^ienen im a;obc^ia5r ^aUcrä, 1777. 
»»n Cffenbarunflöbricfc, @. 110. 
. '"VSeröl. 8eib Uli, Opera philo», (©rbmann), p. 491. 






I 



' 



— 98 — 



' . geigt ttiti^ itoax, bai ^aQer nt(f|t iener fftfpexoxtohoit Genfer mar, für 

V J ben t^n and) nal^e f^reunbe etnft anfallen, loo^t ober auc^, bo^ er ntc^t 

i ben ridiiigen, fül^nen SKut, bte unerfc^rodene ftonfequenj befag. @o 

i , htatbii er ed meber ju einem für il^n perfSnlid^ erqutcfüc^en SBerl^ättnid 

I - itt &oit, no(f| iu einem mttben 9Bol^(moIIen gegenfiber ber milben f$an> 

farenmuftt ber ttufftörung. ^ätte er ben äßut jur ftoniequenj gefabt, 

mfire er nid^l öfters k)on ber 93täf[e bed ®ebantend angeträntett, fo 

: mfirben il^n fein feined SBerftänbnid für bie 9le(igion, feine ©efc^ic^t^« 

fcmitniS loeit ]§inau§gel^oben l^aben über 9touffeau, Voltaire, SRonted« 

^- :;. qmm. ®o aber ift er boc^ melfac^ l^inter il^nen jurürfgeblieben. — 3)amit 

7^ — '; tönnett »ir ben erften Seit nnfrer Änal^fe a(9 erfc^öpft betrachten. SBir 

: - " »enben und im fjötgenben ^aQer8 @taatW§eorie ju. 



^ s- 



— >* 



9U ®egner beS iDtaterialidmud unb 0t^eidmu9 ift ed t)on ^aller 
ni^tS ato lonfequent, menn er ben 3){en|(^en, bie menf^tic^e ©efeOfc^aft 
nii^t b(o| unter ben (Smf(ug äußerer materieller ^otenjen fteUt, fonbern 
bie SBiUenSfreil^eit für fie beanfpruc^t. ®ie ift il^m^imar „ein itnbegreif^ 
lidt^ ©el^eimniS/ ober bie Srfol^rung im @efü^( bezeugt bie S^ifteni 
berfetben. 3m „©ebroucfe ber ^^reil^eit unferer Sufmertfomteit'' liegt bod 
SRittel iU unfrer Serbefferung. '*^') ^oKer leugnet feinedmegd bie Se^^ 
beutung bed SÄilieui^ füc bie S)enf« unb fiebendmeife bed 3)?enfc^en/ ober 
für folf^ erachtete er bie ^^potl^efe oon SRontrdquieu,^^^) monoc^ bie 
Stooti^form obl^Sngig ift üon tümatifc^'geograp^ifc^en Sebingungen. (Sd 
ifl . bel§out)tet morben, ^oQer fei ^nbonger „ber burd^ SDtontedquieu 
t)0))utär geworbenen S^^eorie Dom (Einfluß ber geogra))^if(|en Soge unb 
Sefd^offenl^eit eined fionbeS auf feine ©toat^form;"'^^) oui^ biefer Srunb« 
anft^auung feien bie brei ©toot^romone ^oQerd: Ufong 1771, lUfreb 
1773, ^obiud unb (Soto 1774, ^eroudgemoc^fen. 3)em i^ ober burc^aud 
nid^t fo, menn ed ou^ auf ben erften SCict ben Snfc^ein l^oben fönnte. 
S>a9j|enige SBert 372onteiSquieu'9, bod jum erftenmol bie fc^on mefentlic^ 
Don ^xppoaaM, Sriftoteted unb SobinuS begrünbete X^eorie t)om geo^^ 

Sa))]^ifc^en, f(imattf(^en 3n^U£Ud auf ben iDtenfc^en unb bie menftfilic^e 
efeÖfdEiQft f(or unb itaüid) oudfproc^, mar — mie betonnt — ber 
j^Esprit des lois" bom dolore 1748. $ünf 3olgre fpäter fciirteb ^oHer 
eine 9{ecenftOn borüber in ben „@öttinger geleierten Sngeigen" unb barin 
fprac^ er beutlic^ genug au§, SOtonteSquieu entmiäele eine unrichtige unb 
j^iftorifc^ bur^oud nic^t ))robefic^ere Xl^eorie. „SS mürbe," fogt er, 
«leicht fein ju geigen, mie menig bie äußere fiuft gu ben Gemütern unb 
ber 8tegierung9form beitragt.'' ^^^) ^aQer, ber fic^ feinen t^^eunb üon 
„(eeren, nic^ti^ fru^tenben (Generalitäten " nennt, bringt 93ei{{)ie{e, oud 



»") »ergl. Cffen6aning«6riefc, o. 211, 212. 
' **') Ue6er 9Ronteöquieu'd ^taatdt^eorie« $ei*g(. (E. 2)utoit, X^eorie be4 
SKUieu, 1899, ©. 62 ff. _ ^ 

»") SRaj SBibmaun, IC. ». Rätter« ©taat^romanc. 1894. 
' -"*) S^e^ie^t fxd^ bed m^ttn offenbar auf bcit ^affud: Esprit des lois. Livre XIV. 



ir « 



— 99 



Irenen }ur SDibenj etl^ellt, bag MonMqmen bie gefc^tc^tlic^e $rü6e nt(!^t 
bepelzt; jum @4(uge fcagt et: „ftonn man nac^ fo beut(id)en groben 
glauben, bai bte l^immüfc^en ©tobe bec Steite be^ ben 3J2en{^en bie 
£lueQe bec Zugenben, bec Saftec, bec @emuti^gaben obec bec 9lcgterungS« 
focm fe^en?" — SKan f&nnte nun einwenben, ^oKec I)abe fo in 
ben fünfiigec Saluten gebucht, imanjig Sal^ce fpätec iebo^ nic^t mel^c. 
Kbec (Sgt et benn nid^t in feinem (eftten unb gebantenoollften SRomane 
ben Sato fogen/ bte StaatSDecfaffung l^abe einen gcogen Sinflug auf ba§ 
^iüd bec Sficgec, auf il^ce Sitten unb Xugenben? ^9)iefec Sinflug ift 
il&cfec al9 bec (Einfluß bec Suft unb bed ^tmmeU. "''''') Sc »acbe 
alfo l^Sd^ftend zugeben, ba^ Sugece p(t)ft(altf(^e Ucfac^en mitioicten, nici^t 
<abec au3fc6Iie|ß(| bie 9ct bed S^acattec9 eines SKenf^en unb eines 
@taat8mefet|d beriefen. 3)amit bflcfte mol^t^ bemiefen fein, hai ^allec 
•niematS baS jtlima zc. aU bte Ucfacfte unb' bie @taatdfocm aU becen 
itotmenbige SBicfung anfal^. Siefec @tanb{iuntt entfpcic^t ja auc^ üoK« 
i^onbig feinem celigiöS^etl^ifc^en unb ift beffen notmenbige Scganjung. 
- €eine eigene f^cage gel^t abec nt^t mef entließ bal^in, mie entftel^t übec« 
J^aupt eine ®taatsf ocm ; fonbecn ec fcagt: 9S3e(^e3 ift bie befte @taats« 
focm? K(fo miebecum eine pcaftifc^ unb in bec bamaligen 3^it ganj 
befonbecS mistige f^cage. Unb mon mu| es boc^ eigenttid^ ^aller ^oc$ 
ancec^nen, bag ec auf beutfc^em Sprachgebiete einec bec ecften mar, bec 
übecl^aupt biefe t^cage, bie in f^confret«^ immec attueQec ju merben 
Jbegonn — mic fiel^en ja batb am SSocabenb bec SReüotution — rec^t 
ecnfttic^ geftetit unb ebenfo ecnftlic^ ju löfen Mcfuc^t l§at, man mag nun 
l^ie ftugece f^ocm, in bec ec bieS $cob{em bel^anbette, ungefc^id t unb oon 
^gecingem tfinfttecifc^en äBecte finben obec nic^t. 

- SBic loiffen fc^on, bag bie l^öc^fte Xugenb ffic ^aOec bie Stäc^ften^ 
itebe bebeutet.'^^) S)acin ift impUcite auSgefpcod^en ovt ©leiAfe^ung unb 
(8(ei(|bece4tigung aKec SDtenfc^en. SBaS folgt bacauS füc ben Staat? 
Sebec SBücgec ift gleich ooc bem ®efe|; nic^t bie toocnel^me Hbfunft be^ 
iäl^igt 5UC 9iegiecung, mo^( abec bie Suc^tigteit, bie SeiftungStcaft. S)ec 
- inteQigente Sauecnfol^n foQ fo gut Senatoc »ecben fSnnen a(S bec intel« 
tigente SlbelSfol^n. Sin Staot, in »elc^em biefe Snfc^auung aOgemetn 
-Dectceten \% mug gebeil^en, benn jlebec iBttcgec ficebt nad^ bec (S^re, eine 
SBficbe im Staate befteiben ju fönnen. SSeit iebecmann im ^cinjip baju 
ierufen »ecben tann, baciim entftej^t ein SBettbemecb/^^) bec bis in bie 
bcetten SoItSfc^ic^ten ^ineingel^t; biefe ftonfuccen} fc^afft abec ®uteS unb 



"•) 2fabiu« unb ©ato, @. 225. — SeraC. XagebucJ IT, ,,Ucber bie Staat«* 
»ittfc^aft* @. 173. 

*») JBefonberS fc^arf tritt biefe ^iifcf)auuu(| ju Xage in feinem Urteil über 

\^(oettud „De TeHprit.*^ ipaUer loitt ^icr nic^U baoon roiffen, ba| aüt unfere 

^dnbfungen auf (g^joidniud jurücfaufa^ren feien, unb bog ber Stuc|ienb^aftefte ber fei^ 

»etc^er am meiften feinen (Sigcnnu^ mit bem allgemeinen ^wtjftn gu oereiuigen loiffe. 

„8« »elcl)er Urquettc gehört benn bie Siebe jur ©a^rieit?** fragt er. ^ergt. Xagc* 

bwSf 1, 182. 

«*^) «ergC. gabiud unb (£ato, S. 243. 



v — 100 — 

M\t\ mel^r ®uted aU in einem @taat, in »etc^em eine ftafte, ein €tanb^ 
eine ^omilie unbeftritten, oudfc^liejsli^ baS Stecht ju regieren befi^t, ol^nr 
fi(^ barum üerbient ma(i^en ju muffen. „3e breiter bie @rnnbf(äc^e ift, 
auf toetc^er »ir baS®ebäube be$®taated errichten, je fidlerer 
mirb ed [teilen. Siugenben unb f^al^igteiten finb an feine tt^nen 
gebunben. Unter Siaufenben tft bie Hoffnung einer guten 9Bo]^( gröger, 
att unter ^unberten."*") — Jb\t ©ürben muffen wie ein gülbener ?[}>fet 
mitten unter ein 93oU geroorfeu »erben; nac^ tl^nen mug jeber Särger mit 
gleidb^m 9lec^t greifen fönnen; er gel^ort bem gefc^idteften.'' ^^^) Slber tft benn 
Itt^n fo gut gefahren mit ber SJablfrei^eit? SBirb nic^t in einem fot(i^en 
@taate baS @t)Io))]^antenmefen einreiben unb fc^tteglic^ bie'93eften in il^rem 
Zl^un ftören? SBirb nic^t bal» iBotf feine SRac^t faxten unb fte mig-- 
braudben?'*''^) (Siebt e8 ba fein ©egengemic^t? — Soc^, gerabe bie bom 
Sotfe gemol^ften SOtänner baben eben fo üie( Urfac^e, Jtal anfeilen bed 
%ate9 ju befeftigen atö bie Sbeln f eiber/' SSie, bie Sblen? 3a, fcbien benn 
nUbt ^aQer eben ein gonjer Semofrat ju fein? 3Bir muffen baran er« 
irniern, bag er l^ier gerobe üon 9lom fpricbt, jebodb foU ed aucib g(eic^ 
gefagt fein, ^a(Ier neigt tro^ aQen fc^önen bemofratif^en ©ebanfen ben- 
notb iur ariftofratifc^en 9legierung$form. @(^on im erften 9lomane, ber 
in f(!^(af(ofen iRäd^ten entftanben mar, im Ufong, in meldjem baS ibea« 
lifierte Sitb eines Orientalen Sefpoten bargefledt mirb, fommt feine ^in« 
neigung 5ur Slriftofratie beutlic^ ju Sage. SBenebig ift i^m bad i^pifcbe 
äRufter einer guten ^[riftotratie. (Er ift aber meit baDon entfernt, eine 
Oßgard^ie ju billigen, barum meint er, „ein großer 9iat Don gteicb^ 
mä|igen dbeln'' fei nötig, um ber Ausartung in bie iD(igard)ie oor« 
iubeugen.'*^) „(Sin t^re^ftaot ift nur fo lang g(üd(icb, a(d feine ^errfc^er 
Don etnanber unabl^ängig finb unb burd^ feine anbere SBanbe 5ufammcn 
oertnü))ft merben, als burc^ bad allgemeine Sefie. 3n einem ja^Ireic^en 
9itegierungdrat]^e gleicher Sblen fönnen bie t(einen SSerbinbungen bcS 
99tutei} unb ber ^reunbfdEiaft feinen großen unb fcbäblidien (£inf(u| ^aben, 
er bSl^net fic^ auf menige au§, benen bie meten unabl^angenben teiiibt 
toiberßel^en/ Stie bilrfen „bie befonbem ^bftc^ten mächtiger Sürger; - 
ftärfer fe^n ate ber gemeine 92u^n bed @taated." 

Sßan tft unmiDtürtic^ bei biefen Knfic^ten Derfuc^t, an ©pino^a^ 
einen üon^aQer mie fpater Don ftant gerne jur @eite gefc^obenen $]^i« 
(ofo))]^en, JU benfen. tiefer l^atte 5uerft burc^au§ eine Sßorliebe 5ur %t» 
mofratie, mürbe aber burc^ bie ))o(itifc^en äSemegungen, burc^ bad SBor- 
[el^en bei» $öbe{d gegen feinen t^^^unb San be äBQt, bete^rt Don feinem 
[utrauen jum gemeinen SSolfe unb beoorsugte 5ule^t bocib bie ariftofra« 
tifdbc 9legierung§form. 9?ei ßaller erfc^eint fein fo auffälliger äBecbfet 
ber ^nf^auungen, mo^( aber fd^ärfte fic^ feine S3etonung be§ Sßerted ber 



»") 5a6iud «nb dato, e. 87. 
* "*) gabiud «nb Gato, ©. 102. 
1 »») Ufong, @. 61 u. ff. 



1 
I 



• • • 
■ • • » • • > 






. v ,>-■■- ■;■■•- 101 - .• ■ 

"Sriftottatie tmmet mel^r 5U 618 5ttr Unbulbfamfett gegen jeben reDo(u^ 
-ttottären ©ebanten. 3ebod^ mu|3 nun beutttd^ gejagt mecben, baB feine 
Kriflotcatte bucc^auS eine im urf))tüng(i(^ SBottfmn gebac^te tft, alfo 
^tt ^enfc^aft bec Sefiten. Sorum ifi ffir i^n aud^ bie Aufgabe be§ 
-Staaten nid^t 6(oB ber @(^u^ bed Sinjetnen, fonbecn ou(6, menn ber 
Xuftbntd beS ^riftoteled erloubt ij), eine Scitel^nng sunt eJ C^t^. Sc^on 
•^»ei dolore nac^ ^Ufongd'' (Eifd^inen behauptet ^aUtt im ^SUfreb/ ber 
tOiel fei oeniget ber @^meid^Iei unb 89efie^ung 5UgängIt(^ aU bad 
'Soß. — S)ted 3utä(t^alten twr einer obfotuten ^motratie mürbe, mie 
un9^ fc^eint, bon 3mei 3Romenten ^eförbert, einmal mar ^aQer f eiber 
tJftrger eined Staated mit ariftohatif^fer 9legierung9form unb felbft ooU 
^^rgei}, borin eine l^erüorragenbe {lolitifc^ SRoQe 3U fpielen, ald l^Stte er 
•auc^ l^ier an JBacon ein Seifpiel nel^men unb M iittt er bamit feine 
-eigene Uniüerfatitat no(^ mel^r begeugen rnoHen; jum anbem mar ed fein 
<9egenfa4 unb feine natürlich Abneigung gegen jene unruhige Auff(arungd« 
.{»(itif, mie fte Don ben moterialiftifc^ f^niöfifi^en $o))ularp]^i(ofop|en 
.^))rebigt mürbe. S)ie8 jeigt fic^ befonberd in feinem SBer^a(tni9 ju 
^Slouffeau. } 

f- JRden Samettrie unb Soltoire ifi biefer mol^( berjenige S^^S^noffe, 
-ben ^aQer am mentgften lieben lernen fonnte, obfc^on biefer unb jener 
-i&AanU aerabe an i^n erinnert, äßan l^at öfters gejagt, ^aßer fönne, 
1008 bie fentimentale jtulturfeinbfeßgfeit betreffe, aö ein 93or(äufer 9iouf« 
feauS boeic^net merben,' benn avA feinen „iüptn** unb au«^ au§ ben 
enbem ®d)i4ten Kinge ed mie ein ^rftlubium ju SRouffeaud 9{uf : Ee- 
tomuez k la nature. 3ebo(^ f^int man giebei einen ttefgreifenben 
Unterf(!^ieb nic^t genfigenb ober gar ni(!^t bead^tet 3U l^aben. (Ed tfi ma^r, 
4^ner erfd^int ate jupenblic^ Siii^ter, beeinfluj^t burcft 9Kura(t, fteptifc^ 
itnb feinbfelig gegen bte jtultur ; bie ^rage ift nur, gegen meltbe jtuttur. 
Siefe gfrage entfd^eibet unb jeigt beutlic^ ben ®egenfa^: SBä^renb nämli^ 
^9%ouffeau aU t^einb aller ftultur, andi ber 9Bt{|enf haften erfc^eint, ift 

taUtc b(oB ein f^einb ber ^^ertultur ben raffinierten ®enu|tebend ber 
. täbte, ben Saftern, ban eine nur auf @innenluft sugefc^nittene ^oral 
nodb )tt billigen fud^t. 3Ran fonnte no<^ auf eine meitere Se^ntic^teit 
!$inmetfen nnb fagen, beibe galten ben äßenfd^en ffir urfprflnglttb gut. 
'%ai ban ift niic^t richtig, «(n Siebter freili^ fc^eint ^aßer ben Op^ 
timinmun Sftouffeaun ju laben, aber leiftet er benn nic^t Serjtc^t barauf, 
ifß iu begrfinben? (Sr fttl^tt fn^ babei birett unficfter, unb um fo ftborfcr 
^eigt fidb fp&ter fein SJJigtrauen gegen menfc^Ii^en SBiffen unb Vermögen. 
" «goift ift ber 5Kenf*, ber 3uftanb ber SRatur ift ba^ fjauftre^t. SRouf* 
feau (unb ©^oftenburtj) lennt ben SRenfc^en ni^t, er überfcftafet i^n, er 
;ttnterf<^afet bie Äultur. greititfi §rfoetiun ärgerte ©aller. 3t)m gegen- 
über t)erf(^anit er fttb mit ben SBorten, mie benn bie Siebe ^ur Sa^r« 
l^eit nun Sgoinmun 3U erllören fei?. %U(^ ba mare er leicbt s» über« 
-fahren unb er glaubte mo^I felbft nidit, bag fein (Sinmaub jcbtagenb fei. 
S>ie Oppoptionntuft unb emig freffenbe 3roeifelfuctit s«0«« f^* 8«ol>« 
l^ier mieber aln feine (Sigenart. Rätter liebte troft allen ^^iveifeln bie 



V ■? • 



• • 



i 

«c 






» • 
« 



•« .•^••» 



• . • « 



• • 



J f « 



:/ 



• »•»«• • 






— 102 — 



h 



1 



i 



- r- 



-V 



SSiffenf^aft settleben» unb üerfprac^ jtc^ bad ^öd^fte, bte größte ^^öc^ 
berung bet äJ^enfdi^ett, ia bie Srfenntntd ®otte§ üon il^c. Siefer @ia\xht 
an bad ®ute ber ^iffenfc^aft, aU ber maleren unb ernften t^öcberin ber 
l^ol^en ftultur, be§ &tmtmoo%% %at \%m faum je gefeMt. 3c^ erinnere 
(in jene 93orrebe tont 91u^n bet ^^od^efen. 3m Saläre 1753 lad er 
ben brei Saläre juDor er{(|ienenen „Discours sur les sciences et les 
arts*^ üon Stoujfeau. Sie betannie Snttage bortn gegen bie äBtffenfc^aft 
aü bie ©ittenüerberberin erfc^ien il^m jmar feurig unb »i^ig, ober aud^ 
a(9 ^unbeftänbig" unb roiberfpru(|düon. @d iß ,,]^ifiorifd) untoa^x,** fagt 
er borüber, ba|3 bie „unge(e^rten Sölfer ben geleierten äberlegen gemefen 
-ftnb/ benn „bte geleierten ©riechen ^aben bie ungelel^rten ^rfer" ge^ 
f(!^togen. (Sd fei au(^ nic^t mal^r, ba|3 rr^ie SBIüte ber SBtffenfc^aften mit 
oem SSerfaQ ber @itten überetntomme/ ^^®) 9l0erbing§ richtig fei eS, bog 
jriele (Selel^rte an bem überJ^anb nel^menben Unglauben ,rg^o&^n KnteiC 
l^ätten, aber bie (Sntbectung ber äEBetdj^eit ©otted mu| ja el^er ju feiner 
.Serel^rung fül^ren, a(S bie bumme Slinbl^eit über bie äBerfe ber 9{atur^ 
bie bem ^rn. 91. fo mo^tgefsnt." Sbenfo »enig erbaut toax ^a0er üon 
bem „Discours sur riii6galit6 entre les liommes" (1755);*") er 
rfil^mt bie „lebl^afte fyeber unb bie ))arabo£e ©tarfe bed Serfaffeci^,"''*®)' 
et. gefielet tl^m gegenüber, er bulbe ,,gern aOe möglichen {Religionen/ aber 
»enn man fid) S^rift nenne/ roie S^ouffeau e9 tl^ue, bann mttffe mam 
ou(^ ben ®taubtix an einen Srtöfer l^aben unb nic^t noc^ lange an 3>efud 
n5rgetn. 2)ie ©ebanten 9iouffeau'8 über bad &titt in ber „Julie ou. 
Ia nouvelle Helo'ise^ l^ält ßader für „fel^r unsureic^enb," 9louffeau 
fUl^Ie eben mie bie meiften ^Qiloiopl^en ber QAt „bad menfcfelic^e ^er< 
berbntS" nidi^t,^^^) ^abe a(jo au^ nic^t bad richtige pf^c^ologifc^e SBerjlänbni§ 
für bte 93ebeutung eine§ ©ebetei^. %(S ftc^ 1763 9touffeau gegen ben 
(Srjbif^of bon $ari§ oerteibigte, mei( btefer il^n gerügt |otte megen ber 
mit $]erafen))omi9 au^gefproc^enen Afinbigung bei^ äSürgerrec^ted ber @tabt 
®enf, ba ftanb ^aDer nic^t auf feiner @eite, unb gegen bie „Lettres- 
sur le Ghristianisme'' erl^ob er ben fc^tagenben Sinmanb /*^') mie 
IRouffeau baju fommen lönne, bem Sl^riftentum t$etnb{c^nft gegen bai» 
gefeUige fieben tabelnb oorjumerfen, menn er felb^ bo4 ben ifolierten 
9{aturiuftanb be§ SRenfc^en preife. 93efonberd bai^ äSene^men gegen bie 
(Senf er 9legterung gefiel i^m nidjt, unb er erinnerte Stouffeau an ben 
(Sel^orfdm eine§ ©ofrateS. 2)er „Contrat social" »oße aOe {Regierung, 
indbefonbere bie ariftotratifc^e umftürjen, er t)erbanne „attt {Rul^e auS ber 
(SefeÜfd^aft" unb tieibe bie bemotratifc^en ©runbfö^e bi§ jum äu^erften 
SBiberftnn. ^ier alfo fe^en mir fc^arf jenen bel^aupteteu potitij^eu ®egen« 
fa^. äBäl^renb Roller bie „ Obermaat in ben ^änben bei gefamtett 
SBolted am menigften biQigen'' fann — benn mie fodteu Seute „mit un«^ 

«•) ©erflC. 2:afle6u(6 1, 111, 112. " '• 

«*^) »ergL a:agcbiic^ I, 137 ff. . '^ . • '• ' 

«») »crfl(. Xagcbud) I, 170. 
" »^) »crgl. Xagebud) 1, 20-2. 



. \ ^ 103 — 

Ottdgebtibeten ©innen'' ''^) Über bte obeiften 9(nge(egenl^eiten etned 9{ei(!^cd 
reben unb uctetlen tonnen — ifl 9lou{feau9 ®runb{o^, ba^ 93oIt fei bcr 
oberfle ^^err unb alle Obrigfeit nur eine ftommiffion, bte nac^ 99e(ieben 
Dom Solle obgefe^t merben tonn. 3)iefec (Sebante ifi fäv ^aDei ein 
non sens; benn fo miib oon bornel^erein jebe SRegtecung „unftc^er unb 
. unttäftig'' gemalt. Watt traut ber SOtaffe eine SnteOigeng ju, bte fte 
gar ntd^t l^at; Soltdteibenfc^aft entfa^t burc^ el^rgeijtge Agitatoren unb 
@treber tonn mol^(erniogene $(äne einer tunbigen ^Regierung üemic^teit. 
Roller Dermigt an 9touffeau unb an ben neuen $]^i(ofop]^en uberl^au^t 
einen funbamentalen @a^, nomitdb ben, baS baS allgemeine S8ei)e »einen 
leit ber grei^it eine3 ieben Sürger»""*) erl^eijc^t (Jr ift einöer* 
ftanben mit bem Sorgel^en ber Slegierungen, SRouffeaui» Süt^er ju oer« 
bieten, benn beffen Orunbfa^ feien „piincipes destructears de tont 
gcayeinement." ''") 3ßan t5nnte ^ier nun ernfttid) üerfuc^t fein, }u 
^agen, ob nid^t egoifiif^e, ^»erfönlid^e @rfinbe biefen SeifaQ l^erüorriefen, 
infpfrm Roller el^er l^ätte ^of^ung l^aben tonnen, üon ber 9legterung in 
Sern berüdft^tigt ju merben, loenn fte miffe, ba^ er 9louffeaud 3been 
beteftiere unb aucft tetn ^eunb tl^rer fc^meiierifc^en ^[nl^änger in ber 
©dbininac^er ©efeüfdiaft fei.^'^) Seboc^ mu|3 bied iBebenlen fallen, benn et 
felbft gefite$t 1767, er fei ja eigentlitb „refnsä par sa Patrie^ unb mürbe, 
g(ei(^gä(tig, ob ©enator ober nic^t, biefelbe @teQung in biefer f^rage ein- 
nd^men. 3n ber X^at ^atte er nid^t aQju me( @runb, bantbar ju fein für 
baS gSgembe (Sntgegentommen, baS man in SBern feinen @c^u(reformgebonten 
fd^entte. Sr ba^te ja bereits an etmai» mie eine fitaatlic^e 9(rbeitd(ofen^ 
t)erforgung, unb ba§ mar ju biet unb 5U frül^. — Seboc^ jurüd ju Siouffeau ! 
>«ine siemttc^ eingel^nbe SBiberlegung ber ^auptibeen be^ „con- 
trat social** berfuc^te ßaQer im vierten SBudie feined „f^abiud unb 
jlSato."''^) 9louffeau3 iSefren merben barih bem griec^ifc^en ^l^itofopl^en 
unb 9tebner Sarneabe9 in ben 3Runb gelegt, unb ed if^ ja auc^ fonft 
nid^t itt leugnen, ba| Sameabed mit 9{ouffeau äugerlic^ unb innerlirt) 
Oemeinfamed l^at: iSeibe maren gute ©tiliften, beibe oerbannt um il^rcr 
üffycz miHen, Sarneabei^ aud SRom, Stouffeau au3 ber 9tepubUt SBern, 
.beibe fotberten bie SD^itmenfcben jur SRfiÄel^r in bie (Einfachheit auf, 
beibe hielten nid^t üiel 00m äBiffen, (Sameabed fal^ e§ für unmöglid^ 
an, fteQte aber bod^ eine S^eorie ber SBal^rf^ieinlid^teit auf, fHouffeau 
fal^ eine SSerberberin ber @ilten in ber SSiffenfc^aft. Cb jeboc^ |)aller 
megen biefer Sel^nlic^teit biefe äBal^l getroffen |at, ift fc^mer ju ent^ 
jd^etben, aber bod^ mal^rfc^eintid), ba er in ber griec^ifdjen ^^ilofopl^ie 



»») 8eröi. SClfrcb. @. 170, 171. 

. »»*) »iTfll. Xagebucft U, 184. 

-*^) JBcrgl. »obcman«, SJon unb über 3(. ü. fi^attcr, c.74. ^«crgLe. 73, 76. 

••*). $aUcr warnte 3""'"f^'nianu t)or bcr «.i&cluctijdjcu ©cfeUfcftüft" bie in 

St^in^nad) i,\i tagen pflegte. 9(0cr unifonft. $ergl. ^obemann, ^}yon uu]> fiOer ^aücv. 

'B.TX — ferner Bobe mann, 3. ®. 3lmmermann, «. <53 ff. 

■''^ ^cw*^ SöWu* ttiib ©ato e ly8ff. «crgl. 3tiibmaun, .'^oüero etaatörouume. 
©. 92 ff . ' . 



- 104 - / \ 

' ' ' " '.■./> 

jiemGd^e ftetintniffe befag. iRun aber jur Jlnttf Siouffeaud! — ^oder 
meint, e9 fet f^tftorifc^ falf^ 3U bel^aupten, ein 3}o(t l^obe ftc^ urfpcfins« 
Itd^ einen ^ecrf^er erroä^It, ben ed midtficlic^ »iebec abfegen fonnte. @t 
l^ulbist jener mobemen ©efc^i^tdll^eoiie t)on ^ac(Q(e«2;reitfc^te, inbent er 
nämlid^ he^aupM, ber Züditigfte unb Sefte, alfo ber ^elb, l^abe ftc^ 
bie 8(^tung, ben ®el^orfam ber SOSitmenfc^en unb bamit (eitenbe SOSac^t 
barflber burc^ feine eigenen perfönltc^en Sorjäge ermorben, biefed Sßer^ 
I^Sttni^ l^abe ftd^ bann allmä^n^ m einem gefe^Ii(| geregelten ober burcft 
®emalt aufredbt erhaltenen tr^ftoKifiert. ^Ss ift eine iDtigrec^nung," 
menn 9touffeou ^bie SRenfdien oKe gleich mac^t." Ser äBert eines Sür« 
gerS ift ber 3)ienft, ben er ber (SefeUfd^aft (eiftet. „^Skt träge, ber md)- 
Ift|ige, ber feige, ber ungefc^iäte, ber unmiffenbe ^aben ben äBel^rt nic^t, 
ben ber arbeitfame, ber mutl^tge, ber erfal^rene unb ber tunbige ^at (S^ 
ifl miber bie 9{atur, jenen ber ©efellfd^aft unnü^en ©liebern eben bie 
äRadit ertl^eilen ju »oHen, bie bem brautfibaren SBerfseuge beS aüge^ 
meinen ®(üded gutömmt."''^) (Es ift berfelbe ©ebante, bem mir fc^on 
tm „Snfreb" begegnet finb. 9{ur ber (Erfal^rene, jum ©taatSbienß Sr^ 
20gene unb ^angebilbete befi^t bai^ notmenbige 9{aftieug, um eine fo 
DerantmortungSüoQe Stellung einnehmen ju f&nnen. Sarum foD bie 
Ma^t bed 83o(fei» aud^ nic^t obne »eiteret bad SRec^t ^aben, biefen fieuten 
oorAufc^reiben, maS fie ju tl^un unb mie fie ju t)erjfa]^ren l^oben. „"Sütan 
tttUB t)om ununtecmiefenen Sanbmann ni^t bie ®ef(|i(!(ic|teit eined ge- 
ftbten fJfed^terS, Don einem ungeübten 3^^^^^ n^^t bie ^infeljäge eines 
yipttltf^ forbem."''') S)aS So(( foQ 3utrauen ju ben leitenben @taatd« 
mSnnem l^aben unb glauben, eS merbe in ber beft möglichen äBeife ge« 
mirtfc^aftet im ©taatSl^auS^alte. Somit aber jene regierenben $äupter 
nidit eine ))erfönlid)e 3ntereifen))o(itif t)erfo(gen tonnen, baju iß nötig: 
erj^Ii^, eine bebeutenbe %niafii Don, fagen mic, ©enatoien, mei( ft^ borin 
immer genügenb tttcfttige Stemente finben, bie einer ftonfpiration, einem 
fi^ablidben 3ntereffen{ompromi| o))))onieren fonnen; fobann ift nötig, bog 
bie 9[emter nic^t erblich finb, t)ie(me^r ben Xäditigften anüertraut »erben. 
S)urc^ 9(mt9bauergefe|e unb WterSgrenjen tann ouc^ bie nötige gefunbe 
Sartation geregelt merben.^^^) Auf biefe SBeife mirb eS möglich fein, ein 
€taatSmefen fo ju leiten, bag baS äBol^I oder ©lieber bedfelben ge^ 
bfil^renb berfiäjtcfttigt unb geförbert mirb, ol^ne bog babei Xalent unb 
<9enie an bie ©c^oße gebunben bleibt. Somit ift auc^ htm Sgitotoren« 
unb @9fo))]^ontentum bec 93oben entjogen; ber glei^enbe SolfSrebnec, ber 
bie „gebontenlofe äßenge" in SBolIung bringt, ift nid^t me^r nötig. Sie 
SBotlSoufftonbe merben fo Dermieben, unb eS mirb ni(i^t ouf fd^redlid^e 
SBeife badjenige „rec^tmägig," „moAU bie größte ©emolt gebrou^t mocbcn 
ift."**®) SKon borf ja ni^t glauben, olle SWenfc^en feien, »ieSRouffeou 



»**) SaDuiö uiib dato, e. 211, 212. 

««^) gabiuo unb (S.ato, 3. 2lü. 

»*) 5abiud unb (Sato, S. 2 nO. 

»») grtbiu-S unb (Sato, e. 22:J, 224. 



— 105 — 



oimel^men möchte, „mit ptotontfdier Siebe 6log fär bo9 $oter(anb ent« 
brannt/ fte l^&tten „feine eigenen Seibenfc^often, feine eigenen Sbfic^ten,'* 
unb bobei bad nötige Sic^t ber Sntenigenj, „burcb ftc!^ fe(6er in ben 
fd^metflen t^äHen ben beften 0u3meg ju »Sielen." (Eine fo(c6e SJ^einung 
nimmt ftdb gut aud im $5tfaa(e eines guten SHebneri», l^ot ober mit bcr 
reoten SBirtlic^feit nichts ju tl^un. S)iefe SBoite ^aQerd tann man nic^t 
mtc a(9 gegen 9louffeau aQein gemenbete betrociiten, fonbern fiberl^aupt 
gegen jene geläufige cationaliftifcfte Suffoffung, ba| bec SRenjc^ üou jelbft 
baSjenige t$ue, ma9 i^m old demflnftig ecfc^eine. @ie bilben eine %it 
(Etganjung beffen, moS mir fc^on Don ^allerd Stellung gegenüber SSoIff 
bemerft ^aben rfidtftd^tHd^ ber 2)i9fre)mn) \>on S^ernunft unb SBillen. 

Kud biefen 9lu8ffi^rungen mirb nun ol^ne meitere§ f (ar fein, metc^er 
@taati^form Roller ben Sor^ug giebt, nämli^ ber Ste^^ublif bejm. ber 
Hriflofrotie, man fonn fagen im @inne $(otond. S)iefe 9{egiecung§form 
aber eignet fu^ mefentlid^ für tieinere @taoten, meldbe ^aUer überhaupt 
für {utrogücber ^ä(t; er benft natürlich on Senebig unb äSern; eine un* 
umfd^tontte SDtonarAie k)ermirft er unter afien Um^anben,^^'^ mol^I aber 
fonn er ftc^ befrmnben mit einer tonftitutioneQen, bie für meit au§gc^ 
be^nte @taoten fogar üorteill^aft fein tonne. 3m @taate felbft münfcbt 
er eine Trennung be9 $riefter^, ftrieger« unb SBeamtenftanbed, bamit jeber 
feiner Stellung ganj genügen fönne. 2)ie ^el^enben S^ruppen foßen in 
Heinere @omifonen bi^Iociert merben, bamit eine äßeuterei nur eine geringe 
Vudbe^nung geminnen unb infolgebeffen auc^ rafcber gebämpft roerben 
fonn. — SBai^ bie SBol^I in ben oberften 9{ot betrifft, fo I)at biefer bo» 
Siecht, mei( bie nötige Sitiftc^t, fid^ fetbjt ju ergänsen, aber niemanb barf 
ol^ne üorberige erfolgreiche 99ef(eibung einer niebem (Sl^arge birett geroal^It 
njerben; benn „bie 9legierung ift eine fernere Äunft."*^^) Um ganj ftdjer 
iu fein, tüd^tige SKönner an ber @pi^ ju l^aben, follte ber @taat bur6 
gefc^idte SD^onner bie jungen jur Stegierung fähigen Sürger bilben, fte 
festen, fie „jur S^ugenb, jur Srbeitfamfeit, jur Siebe b«i ItBaterlanbe^^ 
jur ftenntnid ber ®efe^, ber ®efc^ic^te, bed itriegiSmefend, ju aQen äBiffen« 
f^aften'' onfeiten, bereft jtenntnid einem jur 9legterung berufenen nü^Iic^ 
ifl. Oeffentlic^e Prüfungen, greife mürben ben Sifer ber 3ugenb mU 
flommen. 3laiif befianbenem @{omen mürbe bann bie $ra£id in ange» 
meffener SBeife beginnen unter ber Seitung älterer, erfahrener SO^Snner. 
SBefte^en bann bie iungen fieute biefe'smeite &d)\xU, bann finb fie erji 
fällig, in ben großen 9Jat bed SJaterlanbe« einjutreten.'*^-) — 3)iit biefem 
au(^ l^eute noc^ ju ermögenben großen Gebauten an eine ftaatSmar.nifcte 
ßäfuU, einem ©ebanfen, ben ein anberer groger ©c^meijer, äSaltl^afar/^^'^) 



»*•) »cral. gabiu« mt> Sato, S. 232 ff. 
,," ., •**) Söwu« unb (5ato, ©. 251, 252. 

"**) «crflt. ga6iu« unb (Sato, e. 253, 254. 

. •*•) Sttlt^afar, „^atnotifd^e träume einea ®i)bgfnoffcn von einem Wittel, 

bie öcraltctc Cpbgcnofefc^aft roicbcr sx\ ocrjüngcn." 1758 öcbrurft auf ^JcroulaiTunci 

»on 5«. 3felin, oerfafet fc^ou 1744. Jöalt^afar ipri(^t uon einem nationnlm .ecminar** 

^ brci Äurfcn. . ^ie ^rjic^iungömctJjobc bad)tc er ftrf) ^nW^ wie 4>aUer. 5)«r(h 









X ■ __^ 



- — 106 -T r 

fc^on aufgeiDOcfen l^aiU, molleu tote Sbfc^ieb nel^men Don ^allerd poü* 
tif^ien $(n[ic^ten. 3n ietnen äSciefen {(agt er, ba^ bie 9iegtecungen nid^t 
ba9 ticbiige unb nötige D^r I)ätten für bie ©prac^e ber QAt @ein Sbeat 
iü nie DermirKtc^t mocben, benn bäs poUtijc^e Snftitut, bo^ 1787 in 
^ern gegrfinbet »urbe, retrutierte feine @(^fi(er bod| nur auS ben regi^ 
mentdfä^igen ^atri^iern. Sad attgemorbene S8ern, bod feinen Sßacnungen 
tmb Sbeen nic^t folgte, tft smanjig Solare na^ feinem Sobe gefallen, unb in 
t^rontretc^ l^aben jene 2){änner trtuntp]|iert, beren ®egner er teilmeife mar, 

3m 99egtnn biefe^ StapiUii mürbe eine äSel^anbtung Don ^ a H e r 
dln^iflortfer Derfproc^en. 9Bir muffen nun geftel^en, bai meifte, mad 
roh ju fogen l^offten, tft fd^on im Sßorangegongenett gefagt morben unb 
ed bleibt und nic^t oieled l^insuiufügen äbrig. Sber eS mirb bod^ Don 
(Srteidbterung fein, menn biejenigen @eftc^t§punfte, bie und c^aralteriftifc^e 
WttttmaU {eigen, nochmals gefonbert jufammengeftellt unb ergänzt werben. 
<^ .'. 3m niefentlic^en ftnb brei Unterfc^eibung9tenn;;eid^en ju bemerfen : 

1. Z>te Suftlörung l^at meber ein l^iftorifc^ed nocb ein pf^c^otogtfc^ed 
^erftänbnid für bie ^Religion ; '^^) benn fie betrachtet in il^ren X^pen 
Samettrie, ^etoetiud unb SRanbeüiQe bie 9ieltgion ald ein falfc^ed $ro« 
buft falfd^er (£riiel)ung, \al\d)tt Sßorftellungen. S)em gegenüber betont 

mDer gerabe bie I^Serec^tigung unb ben eminenten praftifc^cn ^ert ber 
feligion, einerfeitd meil fte einem feeltfc^en 93ebflrfntd entfpricibt, anber« 
feitd »eil fte gerabeju mit 92aturnotroenbigteit ba tft, mad fic^ aud ber 
^l^atfac^e ergiebt, ba^ 5U allen Seiten überall Steligion gemcfen ift. S)ie 
^udroüc^fe ber ^Religion bürfen ntc^t, mie ed Voltaire fo gerne mit 3conie 
unb überlegenem Säckeln t^ut, mit ber ganjen ^Religion überl^aupt tu 
einen Zopf geworfen merben otd tac^^after Unftnn. 

2. Z>ie @efc^i4tdauffaffung Voltaires i^ eine rabitat^rationale, bie 
^oQerd bagegen e^er eine pol^l^iftorifc^üergleic^enb^pragmatifci^e mit einent 
freunblic^eit, bidmeilen Dertrauendüollen ^Itd auc^ für ben SR^t^ud. 
SBottaire nftrgelt, er ift fein ^profond historien;"^^*) ^aUer betrachtet 
unb fommt im ©egenfa^ ju jenem ju bem @c^lug: 9^ic^t meil mancbed 
fatfc^ unb erlogen ift, barum ift aUe^ falf^. SSad man nic^t fo ol^ne 
tbeitered in ber ©efd^ic^te mit ber SBernunft ertlären tann, ift bedmegen 
nic^t notmenbig Sug unb S^rug, benn auc^ ber menfc^li^e SSerftanb irrt 
unb jiel^t @(^lüffe, mo er fc^meigen follte. Sd tel^rt alfo auc^ in ber 
©efdbic^tdQuffttffung ^allerl jened groge SRotiD Don ber ftleinl^eit menfc^« 
lid^er ©rfenntnid »ieber. 



Mn tourbe ^K^^^ 6eetnf(uBt 5u oermanbten l^been. SJenjI. $an( 3^"^' »iSfcünd 
$(an einer Slfabemie junger Staatsmänner in $afe(." Sonntaß6ei(age ber „^Ugem. 
e(^n>.ijer»3tg./' 1900, 6. 133, 134. — 3Bic wenig Raffer mit ben 3becn Sfetin« 
elitoerflanben war, beweist lagebuc^ II, 182, 183. Sergr. 1, 174 ff. 

*^) ^ergt. baju üuno gifc^er: ^rancid 99acon unb feine 92ac$fo(ger. 2. Stufl. 
454 u. ff. 

'- '"*') arjieriot, Voltaire en Prassle, 1878, p. 180. — «ergl. bcju Seffing'« 
(ei^enbed UrteiC in ber Sojftf(^en 3eitung. ^tvU (©ofc^e) IV, 239, 240. 



- ... _ 107 — . - - 

3. ^QOer meig tnel^r äii ä}o(taire"^^) unb aQe Orraniofen juiammen. 
9tt(^t umfonft »icft et ben (Enc^ttopäbiften Dor, fte toacben ol^ne £luellen» 
angäbe Singe k)orbringen, a(9 möten {te neu, mäl^cenb fte boc^ f(|on (angft 
betannt feien.'**^) aber ttofe feiner überlegenen Unioerfolität mac^t er 
»enigec Samt, et b(eibt meift fac^fi^, mirb {ogor änaft(t(6, fpie(t, fo t)ie( er 
fonn, Zl^otfad^en gegen 93e^auptungen aud. aJ^on foK bie ©efc^id^te ni^t 
fo bnftruiereu, mie man fie gerne ^atte, nicftt ben eigenen SOto^ftab an« 
legen, fonbem bie Sreignijfe felbft reben (offen. ^aQer beft^t alfo einen 
grobem, objeltiüen S8(id al3 bie ^ufttärung tro^ oOen ®c^mä(|en gegen« 
über ber Irobition. 



S>aniit f(^(iegen mir unfern Serfuc^, einem SDtanne «inen befc^eibenen 
^(a^ in ber @efd^i(^te ber $^iIofoi)^ie einzuräumen. @oQte bai^ ouc^ 
nt^i in bem Umfange unb mit ber @4arfe gelungen fein, mie mir ei» 
gerne münf^ten, fo mirb bo4 lool^I mmtgftenS bie $erfön(tc^teit ^oKerS 
in einem etmaä onbem Si^te erfc^einen, aU ed biSl^er bet ^aü gemefen 
fein ßnnte. 

9Bmn ober bie $]^Uofop]^ie „eigeniti^ ^eimmel^'' ifl, „ber Srieb, 
überoll }u $<xufe ju fein," mie Sloüolid einmal fagt, bann mar ^aDer 
ein großer $^itofop]^, benn er mar überall 5U ^oufe. 



'1 r 



^ Serg(. a.9. ^aOcrd Itritif ber ©efc^t^taiofrre 9)oCtatred. Xagebuc^ I^ 
14a~152. : 

«^) »ergr. 0ött. gel. 9tna. 1752, e. 646 f. 



•K 



H' 



\ 






^ - 




3 2044 051 739 4 



A FINE IS INCURRED IF TTflS BOOK IS 
NOT RETORNED TO THE LIBRARY ON 
pR BEFORE THE LAST DATE STAMPED